Geschichte
des
Alterthums
Eduard Meyer
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GESCHICHTE
DES
ALTEBTHUMS
VON
EDUARD MEYER.
FÜNFTER BAND.
DAS PERSERREICH UND DIE GRIECHEN.
VIERTES BÜCH:
DER AUSGANG DER GRIECHISCHEN GESCHICHTE.
STUTTGART und BERLIN 1902.
J. G. COTTA'SCHE BUCHHANDLUNG NACHFOLGER
G M B. H.
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Alle Rechte vorbehalten.
Druck der Union Deutsche VerUgsgeiellsohaft in Stuttgart.
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, A 3 5" 3
UG 1 1902
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5"
MEINEM LIEBEN FREUNDE
DIETRICH SCHÄFER
ZUM ANDENKEN
AN DIE ZEITEN GEMEINSAMER WIRKSAMKEIT IN BRESLAU
GEWIDMET.
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Vorwort.
^Nach den Vorbemerkungen zum dritten und vierten
Bande würde der fünfte keines weiteren Geleitworts bedürfen»
wenn nicht ein neuer Fund hier noch Berücksichtigung er-
heischte.
Im Herbst 1901 hat Bruno Keil unter dem Titel Anonymus
Argentinensis ein Papyrusblatt veröffentlicht und mit einem an
werth vollen Excursen reichen Commentar begleitet, dessen Rück-
seite Notizen über die Geschichte Athens im fünften Jahrhundert
enthält. Das Blatt ist in der Mitte der Länge nach durch-
gerissen, so dass von den 26 Zeilen immer nur die zweite
Hälfte erhalten ist. Geschrieben ist der Text etwa gegen Ende
des ersten Jahrhunderts n. Chr. Die Aufzeichnungen erinnern
an die unter Heraklides' Namen gehenden Auszüge aus Ari-
stoteles' Politien; es sind zusammenhangslose Excerpte aus
einem grösseren Werk, wahrscheinlich, trotz der abweichenden
Ansicht des Herausgebers, doch aus einer Atthis; genauer
wird sich die Vorlage schwerlich bestimmen lassen. Soweit
man nach dem Erhaltenen urtheilen kann, sind die Notizen,
wenn auch ebenso sprunghaft, so doch sorgfaltiger excerpirt
als die des sog. Heraklides; ob die Vorlage selbst einen grös-
seren Werth beanspruchen darf, darüber kann nur die Analyse
der einzelnen Angaben Aufschluss gewähren, die freilich durch
die unvollständige Erhaltung, die nur in wenigen Fällen
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VI
Vorwort.
einigermassen sichere Ergänzungen zulässt, ausserordentlich
erschwert wird.
Im ersten Paragraphen war von der Einsetzung einer
Baucommission die Rede, offenbar für die Akropolis, und dann
heisst es: xal töv Ilapftsvüva u.st' Styj i', xa[TajroXeu,7}#§vtü»v fß-ij
td)v üspjotov, ^p4avto oixoSou^aat. Falls der Verfasser hierbei
das urkundliche Datum des Beginns des Parthenonbaus, 447,
im Auge hat, würden die Beschlüsse über die Bauten ins
Jahr 457, in die Zeit der Schlacht bei Tanagra, fallen. Die
sorgfaltigen und eingehenden Untersuchungen des Heraus-
gebers J) zeigen, dass allgemeine Beschlüsse über die Neugestal-
tung der Akropolis für diesen Zeitpunkt recht wahrscheinlich
sind: so scheint der Papyrus hier eine richtige Notiz zu be-
wahren, oder correcter gesprochen ehemals bewahrt zu haben.
Wesentlich anders steht es mit der nächsten Angabe,
dass unter Euthydemos (correct Euthynos, 450/49) auf Antrag
des Perikles die Verlegung des Bundesschatzes von 5000 Ta-
lenten von Delos nach der Akropolis beschlossen worden sei.
Dass Perikles die Massregel beantragt hat, mag richtig sein;
aber die angegebene Summe ist einfach absurd, und das Datum
völlig unmöglich. Denn wir wissen urkundlich, dass seit 454
die a-apy^ der eingehenden Tribute von den Hellenotamien
an die Göttin auf der Burg gezahlt ist; dass trotzdem der
Schatz selbst noch vier Jahre lang auf Delos geblieben sei,
wird trotz allem, was Br. Keil zur Verteidigung dieser,
wenn die Angabe des Papyrus richtig ist, unvermeidlichen
Folgerung ausführt, bei ruhiger Erwägung schwerlich irgend
Jemand für glaublich halten. Ueberdies ist die Verlegung des
Schatzes im Jahre 450/49 ebenso wenig zu erklären, wie sie
') In allen Einzelheiten kann ich ihm freilich nicht beistimmen;
am wenigsten in dem Ansatz des pan hellenischen Congresses des
Perikles ins Jahr 456, mitten in den Krieg zwischen Athen und den
Peloponnesiern, und ebenso wenig in der Annahme, dass der Bau des
Niketempels zwar um 450 beschlossen, aber erst um 435 ausgeführt
worden sei.
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Vorwort.
VII
454, unmittelbar nach der aegyptischen Katastrophe, natur-
lich, ja nothwendig war.
Die weitere Angabe, dass der Rath die Controlle über die
alten Trieren führen und 100 neue bauen soll, wird richtig sein. —
Dann folgen theils unverständliche, theils gleichgültige Excerpte
(über einen Hülfszug gegen die Thebaner innerhalb 3 Tagen,
über den Namen einer Triere, über die Namen der Theile des
peloponnesischen Kriegs — hier erscheint der Name »archidami-
scher Krieg« zum ersten Mal in der historischen Literatur [vgl.
§. 548 A.] — , über Adeimantos* Verrath bei Aegospotamoi), und
zum Schluss eine Reihe von Angaben über die nach dem Sturz der
Dreissig vorgenommenen Aenderungen (darunter über die Kola-
kreten, deren Ersetzung durch andere Finanzbeamte berichtet
sein wird, wie die erhaltenen Worte rcdXai xoXaxp&at'. schliessen
lassen). Am werthvollsten darunter würde, wenn sie voll-
standig ergänzbar wäre, die Notiz sein, dass im Jahre des
Pythodoros oder der Anarchie rrjv twv vo(A.o<poXdx<i>v apxfy
[ av]$pwv t'c'. Die Frage nach den Nomophylakes ge-
hört zu den dunkelsten der attischen Verfassungsgeschichte (vgl.
§. 318 A.). Es ist anerkannt, dass diejenigen Nomophylakes,
von denen Philochoros im 7. Buch erzählte (lex. Gantabr. s. v.),
erst in die Zeit des Demetrios von Phaleron gehören; mög-
lich aber bleibt es, dass (wie Br. Keil annimmt) die an-
schliessende Angabe xat xatdanjoav, a>? <£iX(fyopoc, ors 'EtpizXzrfi
jiöva xat£Xtite rg l£ 'Apstoo Trdfot) ßouX^ ta bvkp toö ou>(j.a?o<
doch eine richtige Nachricht enthält, wenn die Nomophylakes
auch im fünften Jahrhundert eine grössere Rolle im öffent-
lichen Leben gewiss nicht gespielt haben. Zu einem sicheren
Resultat ist aber auch mit der fragmentarischen Notiz unseres
Papyrus nicht zu kommen. In derselben scheint von einer Be-
hörde von 16 Nomophylaken die Rede zu sein. So unwahrschein-
lich wie möglich ist jedoch Br. Keil's Annahme, hier sei ihre
Aufhebung unter der Anarchie berichtet worden. Viel wahr-
scheinlicher ist, dass von der Einsetzung einer derartigen Be-
hörde durch die Dreissig die Rede war, die dann natürlich
den Sturz der Oligarchie nicht überlebt hat. —
VIII
Vorwort.
Zu meinem Bedauern habe ich die Schrift von Joseph
Brunsmid, Die Inschriften und Münzen der griechischen Städte
Dalmatiens, 1898 (Abh. des archäol.-epigr. Seminars der Uni-
versität Wien , Heft XIII) und die darin S. 2 ff. mitgetheilte
wichtige Inschrift von Schwarzkorkyra zu spät kennen gelernt,
um sie §. 822 noch berücksichtigen zu können» obwohl die-
selbe auch von Dittenberger in der Sylloge unter no. 933
abgedruckt und eingehend commentirt ist. Die Inschrift
stamnit aus dem vierten Jahrhundert und enthält einen Ver-
trag zwischen den Issaeern und zwei vermuthlich illyrischen
Machthabern, Pyllos und seinem Sohn Dazos, über den Grund-
besitz der in die neugegründete Stadt entsandten Colonisten.
Daraus geht hervor, dass Issa in der Zeit des Dionysios oder
kurz nachher auf Schwarzkorkyra eine Golonie angelegt hat.
-
Halle a. S., den 25. Januar 1902.
Eduard Meyer.
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Inhalt.
Das Perserreich und die Griechen.
Viertes Buch.
Der Ausgang der griechischen Geschichte.
Seite
I. Lysanders Herrschaft und Sturz 3
Die politische La?e nach der Vernichtung des attischen
Reichs §.739—742. Durchführung der Herrschaft Spartas
und Lysanders §. 743—750. Innere Gegensätze in Sparta
§. 751 — 755. Befreiung Athens und Sturz Lysanders §. 756
bis 760. Die spartanische Herrschaft nach Lysanders Sturz.
Thessalien und Makedonien §.761—765.
II. Die Karthager und Dionysios von Sicilien . . . 59
Sicilien nach der Abwehr der Athener §. 766. 767. Erste
Invasion der Karthager. Zerstörung von Selinus und Himera
§. 768 — 771. Ausgang des Her mok rate«. Zweite karthagische
Invasion. Einnahme von Atfrigent §. 772 — 775. Usurpation
des Dionysios. Verlust von Gela und Kamarina und Friedens*
schlug* §. 776 — 780. Sicilien nach dem Frieden. Dionysios*
Aufgaben. Niederwerfung des Aufslands und erste Erobe-
rungen §. 781 — 786. Dionysios" Regiment. Rüstungen. Fi-
nanzen §. 787—792. Zweiter karthagischer Krieg §. 793—800.
III. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom, die Sa-
beller und die Kelten. Das Reich des Dionysios . 122
Niedergang der Etrusker. Vordringen der Sabeller. Der
italiotische Bund §. 801—304. Dionysios in Italien §. 805
bis 807. Rom und Latium bis zur Eroberung Vejis §. 808
bis 816. Die Kelteninvasion §. 817—821. Dionysios im
Adriatisehen Meer und gegen die Etrusker §. 822. 823.
Neuer Krieg mit Karthago und den Italioten §. 824—826.
Persönlichkeit und Reich des Dionysios §. 827—830.
IV. Sparta im Kriege mit Persien 180
Abfall Aegyptens. Kyros' Erhebung und Untergang §. 831
bis 836. Spartas Angriffskrieg gegen Persien. Agesilaos,
Konon und Euagoras §. 837 — 346. Theben und Athen. Die
restaurirte Demokratie. Verurtheilung des Sokrates §. 847
bis 853. Ausbruch des Kriegs in Griechenland. Schlachten
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X Inhalt.
Salt f.
bei Haliartos, Nemea. Koronea §.854—853. Die Schlacht
hei Knidos und ihre Folgen. Krieg um Korinth. Friedens-
verhandlungen §. 859 — 800. Fortgang des Kriegs. Versuch
der Wiederherstellung des attischen Reichs. Aufstand des
Euagoras §. 867-874. Der Königsfriede §. 875—879.
V. Griechenland unter dem Königsfrieden. DieCul-
turderBeactionszeit 274
Politische, sociale und wirtschaftliche Zustande der Re»
actionszeit §. **Q— SSS. Durchführung der spartanischen
Herrschaft. Theben. Olynth und Makedonien. Athen §. sS9
bis 896. Die Perser gegen Euagoras und Aegypten. Son-
stige Aufstände im Perserreich §. 897 — 900. Die Cultur der
Beactionszeit. Kunst und Dichtung 9i '1—005. Sophistik
und Bhetorik. Isokrates QQi; — OOS. Wissenschaft und
Philosophie. Demokrit. Die Sokratiker. Plato §. 909—918.
Individuum und Staat. Die politischen Theorien. Isokrates'
Panegyrikos 919-923.
VI. Wiedererhebung Thebens und Athens, bis zum
Frieden von Sparta 373
Befreiung Thebens. Bruch zwischen Athen und Sparta
924 — 927. Der zweite athenische Seehund §. 928—930.
Der Landkrieg. Der hoeotigche Einheitsstaat, lason von
Pherae 931 -933. Der Seekrieg bis zum Flieden von
374 §. 934—93«;. W'iederaushruch des Kriegs. Friede von
Sparta §. 937-941.
VII. Kpamiriondas und die Vernichtung der spartani-
sche n M acht. Der Ausgang des athenischen S e e-
I) undes . . . . . . . . . . . . , . . . . . , 4M
Schlacht bei Leuktra §. 942—944. Die Folgen der Schlacht,
lasons Ausgang §. 945. 94G. Revolutionen im Peloponnes.
Kpaminondas ge^n Sparta. Messene und der arkadische
Dundesstaat §. 947 -9'»4. Parteikämpfe in Theben. Inter-
vention in Thessalien und Makedonien 955 — 957. Ver-
handlungen und Kämpfe bis zum Frieden von 306 §. 953
bis 902. Athens Eroberungen und der Satrapenaufstand
s>. 903 — 9*'.5. Die Thehaner in Thessalien. Unternehmungen
zur See §. 9r,ö, 9'i7. Der Peloponnes. Eli-s und Arkadien
§. 968. 969. Die Schlacht bei Mantinea und ihre Folgen.
Kpaminondas1 geschichtliche Stellung §. 97" — 974. Athen
bis zum Dundesgenossenkriege 97.') — 978. Das Perser-
reich. Niederwerfung der Aufstände. Die Tyrannen. Kle-
archos von Heraklea 5. 979 — 9S1. Der Bundesgenossen-
krieg und das Ende der athenischen Macht §. 9S2— 9V4.
VIII. Der Ausgang Dionysios1 I. Der Beform versuch
und d i e Auflösung des w e s t g r i e c h i s c h e n Deichs 497
Vierter Karthagerkrieg und Tod Dionysios* I. §. 985. 9S6.
Dionysios II. Dion . Plato und der Befortmersuch §. 9>7
bis 991. Die Befreiung Siciliens §. 992— 997. Pions Aus-
gang. Scheitern des Beformversuchs. Auflösung des west-
griechischen Boichs $.998 — 1001.
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Geschichte des Alterthum
Dritter Tkeil.
Das Perserreich und die Griechen.
Viertes Buch.
Der Ausgang der griechischen Geschichte.
I. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Oie politische Lage nach der Vernichtang des attischen
Reichs.
739. Dreimal haben die Gegner Athens sich gegen seine
Uebermacht erhoben. Das erste Mal, in den Jahren 460—446,
haben sie die Unabhängigkeit des Festlandes erstritten und
Athen auf die Seeherrschaft beschränkt. Der Versuch, in
einem zweiten Kampf, 431—421, auch diese Seeherrschafl zu
brechen und die Festsetzung Athens im Ionischen Meer zu
vereiteln, welche den Peloponnes zu umklammern drohte, ist
gescheitert. Als dann aber Athen, statt die Wunden des
Kampfes zu heilen, getragen von seinem Siege und getrieben
von dem leidenschaftlichen Ehrgeiz eines Staatsmanns, der
sich die Krone von Hellas erobern wollte, in verblendeter
üeberschätzung seiner Mittel die Hand nach der Herrschaft
über die ganze Hellenenwelt ausstreckte, ist seine Macht zu-
sammengebrochen. Da die Demokratie und ihre Führer die
Fähigkeit vollständig verloren hatten, die Lage zu über-
schauen und die Kräfte ihres Staats richtig zu schätzen, fand
der Kampf nicht eher ein Ende, als bis das Reich gänzlich
vernichtet war. Dass Athen selbst nicht vom Erdboden ver-
tilgt wurde, wie ehemals das Assyrervolk oder wie Sybaris,
sondern als ohnmächtiger Vasall Spartas fortbestehen durfte,
verdankte es nicht seinem verzweifelten Widerstande, sondern
lediglich der Grossmuth des Siegers.
4 IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturr.
740. Im Namen der Freiheit der Hellenen und der alten
von den Vätern begründeten Ordnung, welche die Nation
gross und glücklich gemacht hatte, war der Kampf gegen den
Staat geführt worden, der ganz Hellas seiner Zwingherrschaft
zu unterwerfen strebte. Aus eigener Kraft freilich hatte der
Particularismus nichts vermocht gegen den mit allen Mitteln
der modernen Grossmacht ausgerüsteten Einheitsstaat; jeder
Insurrectionsversuch der schon unterworfenen Gemeinden schei-
terte hoffnungslos, und auch die stärksten der noch selb-
ständigen Griechenstaaten, wie Theben und Korinth im
Mutterlande, Syrakus und die übrigen Gemeinden Siciliens und
Italiens im Westen, waren nicht stark genug, um selbst ver-
einigt dem energischen Vordringen Athens zu widerstehen,
ganz abgesehen von der Zerrissenheit und ungenügenden An-
spannung der Mittel, welche mit dem Princip des Particula-
rismus unvermeidlich verbunden ist. So hatten sie alle sich,
gern oder ungern, um den Militärstaat geschaart, der allein,
weil er iri seinen Anfangen, wenn auch nicht in seiner Aus-
gestaltung, denselben Tendenzen entsprungen war wie Athen,
diesem einen kaum zu überwältigenden Widerstand entgegen-
zusetzen vermochte. Dem Wesen des spartanischen Staats
lag an sich der particularistische Gedanke ganz fern, im
Gegentheil, er wollte herrschen so gut wie Athen. Hätte dieses
ihm innerhalb der zwar theoretisch weit umfassenderen aber
thatsächlich viel bescheideneren Grenzen, auf die sich Spartas
Ansprüche erstreckten, Anerkennung und Unterstützung zu ge-
währen vermocht, so hätte eine dauernde Allianz beider
Staaten und die Aufrichtung ihrer gemeinsamen Herrschaft
über ganz Hellas das Ergebniss sein können. Aber alle Ver-
suche, die wieder und wieder von beiden Seiten gemacht
wurden, sind gescheitert und mussten scheitern, nicht nur
weil die radicale Demokratie Athens und der ständige Fort-
schritt seiner commerciellen und maritimen Macht einen ernst-
haften Verzicht auf einen Theil des in seiner Machtsphäre
liegenden Gebiets ausschloss, sondern vor allem, weil die Macht
ihrem Wesen nach untheilbar ist und jedes dualistische System,
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Sparta und der Particularismus. 5
in welcher Form immer es auftreten möge, den Entscheidungs-
kampf nicht aufhebt, sondern nur vertagt. So blieb Sparta,
wollte es nicht freiwillig auf die Macht verzichten, nichts übrig,
als dem Drängen seiner Verbündeten nachzugeben und den
Kampf zu beginnen. Es acceptirte das Programm des Par-
ticularismus und der Reaction, um unter dieser Fahne seine
eigene Herrschaft aufzurichten. Ueber die Gefahren für den
Bestand seines Staatswesens, denen man dadurch sich aussetzte,
machte man sich keine Illusionen; wieder und wieder hat der
Eurotasstaat gezögert, den letzten entscheidenden Schritt zu
thun. Aber auch hier waren die Verhältnisse mächtiger als
der Wille der Staatsmänner; auch Sparta hatte keine Wahl
mehr, sondern sah sich gezwungen den Kampf bis zum letzten
Ende durchzukämpfen. Jetzt lag die Entscheidung über die
zukünftige Gestaltung von Hellas in seinen Händen. Dass
damit Sparta vor Aufgaben gestellt war, vor denen es bisher
immer zurückgescheut war, wusste es sehr wohl. Nach
dem Programm des Parti cularismus sollte man jetzt einfach
die Weltgeschichte um ein Jahrhundert zurückschrauben und
jeden Staat, ob gross oder klein, sich selbst überlassen. Das
war eine Utopie, die ins Werk zu setzen Sparta weder ver-
suchen durfte noch wollte; denn seine Vorherrschaft wollte es
unter allen Umständen behaupten und damit zugleich die
Pflichten erfüllen, die ihm gegen ganz Hellas auferlegt waren.
Nun rausste sich zeigen, ob es seine Ehre wahren könne, indem
es seine Suprematie behauptete, ohne das Programm mit
Füssen zu treten, in dessen Namen es das Schwert gezogen
und die Verbündeten sowie die Unterthanen Athens um sich
geschaart hatte.
Die von Sparta beschirmte rc&cpto; itoXttela wird am besten bei
{Herodes] irepl icoX. [§. 764 A..] 6 beschrieben: wu»? £v strcoi" iU*
o).tf ap^tav Äitavtaxoö xaftiotäoi (oi Aax.) . . . el oy, rp03r,x8i oXifap^ta;
Üytiv exs'va; npö; ta$ sv&63t (in Thessalien)* ttoö Yotp otku> jx:xpi »cöXt;,
iv ijj to Tpltov {lipo«; ob jme/Ei xü»v icpaYjAÄTtov autoO-i; Sxtp 5e jat^t« onXa
jAYjte £XVr) Sovajxt; eoxt ta xoivä Tcpias.tv, o&x urco AaxE^aijxovtcov aXX' t>rco
™yrfi 3uwoTsp-rj(H) t<Lv icpaf|J.aTtuv, anesTsp^xai ZI xoaoOtov XP0V0V>
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0
IV, 1. Lysandera Herrschaft und Sturz.
741. Aber in dem Moment, wo der Entscheidungskampf
in Griechenland begann, stand die Hellenenwelt nicht mehr
allein. Die Nationalfeinde, die beiden grossen orientalischen
Staaten im Osten und im Westen, die auf den Schlachtfeldern
von Salamis, Himera, Plataeae definitiv abgewehrt schienen, die
dann siebzig Jahre lang keinen Angriff, ja selbst kaum eine Ab-
wehr gewagt hatten, sie erschienen in dem Moment, wo die
griechische Grossmacht, die bisher Hellas beschirmt hatte, dem
Untergang entgegenging, von neuem auf dem Plan. Die alte
Allianz zwischen beiden Mächten war längst inhaltlos ge-
worden; indem sie jetzt ihren Antheil an der Beute in Sicher-
heit zu bringen suchten, wirkten sie auf die Weltlage in ent-
gegengesetzter Richtung. Karthago streckte die Hände aufs
neue nach Sicilien aus, zog dadurch die sicilischen Griechen
vom Kriege gegen Athen ab und befreite dies von einem sehr
energischen Gegner. Persien dagegen war durch das Streben,
zunächst die asiatischen Küstenlande wieder zu erhalten, wo-
möglich aber die Suprematie auch über die griechische Halb-
insel zu gewinnen, auf den Bund mit Sparta und dem Par-
ticularismus angewiesen. Erst dadurch kam der griechische
Krieg zur Entscheidung: so lange Persien, um Sparta nicht zu
mächtig werden zu lassen, ihn nur lau betrieb, konnte Athen
sich immer noch gegen die Alliirten behaupten; als es diesen
seine Geldmittel in reicher Fülle zur Verfügung stellte, brach
Athens Widerstandskraft zusammen. So fiel der Hauptgewinn
des Krieges nicht Sparta und seinen griechischen Verbündeten
zu, sondern dem Perserreich, so gering die Anstrengungen
waren, die dies gemacht hatte. Denn das Reich war that-
sächlich überhaupt nicht ernstlich in Action getreten ; lediglich
die Satrapen der Küstenprovinzen hatten den Krieg geführt,
der König hatte nur Geld hergegeben. Athen war, das mussten
auch seine Feinde anerkennen, so sehr sie die von ihm er-
griffenen Mittel verdammen mochten, das Bollwerk von Hellas
gegen Persien gewesen. Dies Bollwerk hatte Sparta nieder-
gerissen; es war der dunkelste Flecken auf seiner Politik, dass
es zu dem Zweck nicht nur den Bund mit dem Nationalfeind
Griechenland, Pennen und Karthago. Lysanders Stellung. 7
geschlossen, sondern auch seinen Anspruch auf die Herrschaft
über die Griechen in Asien anerkannt hatte. Sollte es jetzt,
wie Alkibiades und Tissaphernes vorausgesagt hatten, sein
Wort brechen und zu den fast unlösbaren Aufgaben, die ihm
in Griechenland gestellt waren, noch die weit grössere Auf-
gabe auf seine Schultern nehmen, deren Lösung die Nation von
der fuhrenden Macht fordern durfte? Aber auch wenn es sich
dazu nicht entschliessen wollte, rausste, da die Ansprüche sich
nun einmal kreuzten, das Verhältniss zu Persien alsbald zu
Verwickelungen führen, denen man in Sparta nur mit schwerer
Sorge entgegensehen konnte.
742. Indessen wie die Dinge im Moment des Sieges sich
gestaltet hatten, lag die Entscheidung über die spartanische
Politik thatsächlich überhaupt nicht in Sparta. Uebermächtig
hatte sich dem siegreichen Staat der Mann zur Seite gestellt,
der es weniger durch seine Feldherrntüchtigkeit als durch sein
diplomatisches Geschick verstanden hatte, ihm den Sieg zu
verschaffen. Indem der spartanische Staat gezwungen war,
neue politische Bahnen einzuschlagen, wurde auch er dem
dominirenden Element der modernen Welt und der modernen
Politik unterthan. Wie in Athen Alkibiades dem Staate als
selbständige Macht gegenüberstand, wie auf Sicilien eben jetzt
Dionysios Aufgaben löste, welche die Republiken zu lösen nicht
vermochten, so gelangte auch in Sparta durch Lysander die
Persönlichkeit mit ihren Sonderinteressen zu massgebender
Bedeutung. Es war die nächste Frage, welche die weitere
Entwickelung beantworten musste, ob die siegreiche Bürger-
schaft wirklich den Gewinn aus dem Siege werde davon-
tragen können, oder ob sie sich werde begnügen müssen, den,
Namen herzugeben für die Aufrichtung der Herrschaft Lysanders
über Hellas.
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8 IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Durchführung der Herrschaft Spartas und Lysanders.
743. Durch den Sturz der Herrschaft Athens standen
die Städte seines Reichs, soweit sie nicht, wie mit Ausnahme
von Milet und Ephesos die meisten und namentlich die
kleineren Orte des ionischen und karischen Festlandes, von den
persischen Satrapen besetzt waren, zur Verfügung Spartas.
Sparta hatte ihnen die Autonomie zugesichert, das heisst Frei-
heit nach aussen und Wiederherstellung der altererbten, durch
die Gewaltherrschaft der Demokraten unterdrückten aristokra-
tischen Verfassung im Inneren, die das politische Recht auf
die Besitzenden beschränkte, die sich selbst bewaffnen konnten.
Der Ausführung des zweiten Theils des Programms stand
jetzt kein Hinderniss mehr im Wege. Ueberall wurde die
Demokratie gestürzt und Oligarchien eingerichtet. Wenn das
in manchen Fällen, wie namentlich auf Samos, ohne arge
Gewaltthätigkeit nicht abging, so trugen die Demokraten selbst
die Schuld: sie hatten durch ihr Wüthen gegen die Gegner
die Vergeltung unvermeidlich gemacht. Alle Golonien Athens
wurden aufgehoben, die Ansiedler und ebenso die mit Land
ausgestatteten Kleruchen auf Euboea, Samos, Lesbos, Naxos
u. a. verjagt, das Land den rechtmässigen Eigentümern zu-
rückgegeben, nach Aegina, Melos, Hestiaea, Skione, Torone,
Potidaea die Reste der alten Einwohner zurückgeführt. Nur
die drei Inseln Lemnos, Imbros und Skyros musste man den
attischen Ansiedlern lassen, wenn auch ihre Abhängigkeit von
Athen jetzt gelöst war, da es hier Reste der alten überdies
nicht griechischen Bevölkerung nicht mehr gab. Dagegen der
erste Theil des Programms erwies sich sofort als unausführbar
und ist auch von Sparta niemals ernsthaft in Aussicht ge-
nommen worden. Es musste seine Anhänger schützen und seine
Suprematie aufrecht erhalten und konnte, wenn es geordnete
Zustände schaffen wollte und das Ergebniss der Zertrümmerung
des attischen Reiches nicht ein wüstes Chaos werden sollte,
die Städte nicht sich selbst überlassen. Im Kriege mit Athen
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Spartas Herrschaft im Gebiet des attischen Reichs. p
hatte es, zuerst unter Brasidas in Thrakien, dann im See-
krieg auf den Inseln und in Kleinasien, in die von Athen
abgefallenen oder eroberten Städte überall Garnisonen (meist
aus geworbenen Truppen) unter Fuhrung eines spartanischen
Officiers gelegt, der als »Ordner« (Harmost) die Vertheidigung
leiten und die Verfassung im conservativen Sinne organisiren
sollte. An diesem System hielt man auch weiter fest. Die
Anhänger Sparta3 waren damit einverstanden und baten
vielfach selbst um Entsendung eines Harmosten; sie bedurften
eines Rückhalts gegen die ihrer politischen Rechte beraubte
Masse, die zu Athen hielt. Ueberdies hatte Sparta die
Küstenstädte in Thrakien gegen die Barbaren des Binnen-
landes, die Inseln und Häfen gegen die durch den Krieg und
den Wegfall der athenischen Seepolizei aufblühende Piraterie
zu schirmen, und die asiatischen Küstenstädte suchten bei
ihm Anlehnung gegen die drohende Herrschaft der persischen
Satrapen. Auch die »freiwilligen« Beiträge, welche die Bündner,
wenn auch unregelmässig genug, gezahlt hatten, wurden bei-
behalten und jetzt nach athenischem Muster fest geregelt;
angeblich hat Sparta, wie sein Vorgänger, jährlich einen Tribut
von über 1000 Talenten erhoben. Es konnte die Bundes-
steuern um so weniger entbehren, da sein eigenes Finanzwesen
gänzlich unentwickelt war, und es doch, bei der numerischen
Schwäche seines Bürgerheers, wesentlich auf geworbene oder
von den abhängigen Gemeinden, namentlich denen Arkadiens,
gestellte Söldner angewiesen war.
Da X-inophon die Geschichte der Jahre 404—400 absichtlich fast
ganz übergangen hat, ist unsere Kenntniss dieser Zeit sehr mangelhaft
und namentlich die Chronologie vielfach nicht herzustellen. Einzelnes
bieten Ephoros (Diodor) und namentlich Plutarchs Lysander, ferner Nepos
und die allgemeinen Schilderungen der spartanischen Herrschaft bei
Isokrates 4, 110 ff. 8, 95 ff. 12, 54. 67 f. 103 f., bei Xenophon in der
Rede der Tbebaner III, 5, 8 IT., sowie in der unter Herodes' Namen
überlieferten Rede ictpi noutsia« (§. 764). Von neueren Werken : Sievers,
Gesch. Griechenlands vom Ende des pelop. Krieges bis Mantinea, 1840.
Scheibe, Die oligarch. Umwälzung in Athen, 1841. Beloch, Alt. Politik.
Judeich, Kleinasiat. Studien, 1892. - Tributerhebungen: I*okr. 4, 132.
10
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
12, 67. Diod. XIV, 10. Polyb. VI, 49, 10: aus Mangel an Geld -ijva-r-
xdcö-r^av (ot Aax.) ercl &upac jilv iropjusad-ai td? IltpotLv, «popoot Jfc 1015
v^aiu>tai( stutgcttbcv, U^of»o\oftlv Ii ndvta^ xou( "EXXr^va^. Athen ist zu
Zahlungen tt; tö ao|X|iaxixov verpflichtet: Arist. pol. Ath. 89, 2. — Re-
stitution von Aegina cet. Xen. II, 2, 9. Plut. Lys. 14.
744. Nur mit Hülfe der Truppen, Schiffe und Geldmittel
seiner Verbündeten hatte Sparta den Sieg erringen können. Jetzt
suchte es seine Führerstellung zunächst im peloponnesischen
Bunde noch fester zu gestalten, als es nach der Niederwerfung
des Sonderbundskrieges geschehen war. Einen Ersatz aus der
Siegesbeute erhielten die Bündner für ihre Leistungen nicht;
dafür wurden jetzt in manche verdächtige Gemeinden, nament-
lich in Arkadien und Achaia, Harmosten und Garnisonen
gelegt, um jede Opposition im Keime zu ersticken. Von den
alten Gegnern Spartas hatte Argos rechtzeitig Frieden ge-
schlossen. Auch Mantinea war im J. 417 wieder in den
peloponnesischen Bund eingetreten. Freilich war es noch
immer demokratisch und im Grunde Sparta feindlich gesinnt;
aber die Truppenunterstützung, die Athen von hier für den
Zug nach Sicilien erhalten hatte, war von Privatleuten gestellt,
officiell hatte die Stadt Sparta Heeresfolge geleistet. So
scheute Sparta vor einem Bruch des dreissigjährigen Friedens
zurück. Ganz ungeregelt waren noch die Beziehungen zu
Elis. Die schweren Provocationen der Zeit des Sonderbunds-
krieges waren nicht gesühnt; immer noch behauptete es die
Herrschaft über Triphylien und hatten die Demokraten das
Regiment. In den peloponnesischen Bund war es nicht wieder
eingetreten, sondern neutral geblieben; ja als König Agis ein-
mal in Olympia ein Opfer darbringen wollte, damit Zeus ihm
Sieg gewähre, wiesen die Elier ihn zurück: es sei nicht Brauch,
den panhellenischen Gott in einem Kriege zwischen Hellenen
um Sieg anzuflehen. Trotzdem wurde auch hier die Abrech-
nung noch verschoben. Selbst gegen die Messenier, die es
doch unmöglich in Naupaktos dulden konnte, ist Sparta zu-
nächst noch nicht eingeschritten; und den Westen, Korkyra
und die ionischen Inseln, Akarnanien, Aetolien, um die im
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Spartas Stellung zu den Bundesgenossen. H
archidamischen Kriege so heftig gestritten war, überliess es
gänzlich sich selbst. Auch Sparta bedurfte nach den grossen
Anstrengungen der letzten Jahre zunächst der Ruhe, und vor
einem grösseren Landkriege scheute es um so mehr zurück,
da auch ein Sieg leicht schwere Verluste an Menschenleben
bringen konnte. — Trotzdem empfanden die Bundesgenossen
Spartas sofort, wie sehr sich mit dem Wegfall des von Athen
geübten Gegendrucks ihre Stellung verschlechtert hatte. All-
gemein hatte man sich dem Gefühl hingegeben, dass mit dem
Falle Athens irgend etwas Unerhörtes, eine neue glückliche
Zeit eintreten werde, und dass Sparta das bringen müsse.
Aber alles blieb beim Alten ; ja die ökonomische Lage Griechen-
lands wurde durch die gewaltsamen Umwälzungen und durch
die Unsicherheit der Meere noch schlechter als vorher, zumal
der Haupthandelsplatz durch die inneren Wirren noch über
ein Jahr lang vollkommen brach gelegt war. Politisch standen
auch die nicht zum peloponnesischen Bunde gehörenden
Staaten Mittelgriechenlands, Boeotien, Phokis, Lokris, jetzt zu
Sparta nicht anders als jene. Mit der erträumten Autonomie
war es nichts. Gerade die grössten Bundesstaaten, Theben
und Korinth, die eben noch die Zerstörung Athens gefordert
hatten, mussten jetzt empfinden, dass sie in der freien Be-
wegung noch mehr gehemmt waren als früher; ihr Ideal von
Autonomie, eine selbständige Politik und Erweiterung ihrer
Macht über die Nachbarn, war durch eben den Staat vereitelt,
dem sie durch ihr Geld und Blut die Herrschaft verschafft
hatten. Als sie ihren Antheil an dem Zehnten der Beute
forderten, um auch ihrerseits dem delphischen Apollo ein
Weihgeschenk darbringen zu können, wurden sie abgewiesen ;
Sparta errichtete das Monument im Namen der Verbündeten
und gestaltete es zu einem Siegesdenkmal für Lysander. So
schlug überall in kürzester Frist die Stimmung vollkommen um,
vor allem aber in Theben und Korinth ; wenn ihnen bisher Athen
im Wege gestanden hatte, so spähten sie schon ein Jahr nach
seinem Fall nach einer Gelegenheit, das weit härtere Jöch
abzuschütteln, das Sparta ihnen auferlegt hatte.
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12 IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Sparta und Mantinea: Xen. V, 2, 1 ff. Der Grund, weshalb Sparta
nicht gegen Argos und Mantinea vorgeht, wird von Lys. 34, 7 f. (im
J. 403) ganz richtig beurtheilt. — Sparta und Elis: X^n. III, 2, 21 f. —
Ansprüche auf die Beute : Xen. Hell. III, 5, 5. Plut. Lys. 27. Justin V.
10, 12. Im allgemeinen Xen. III, 5, 12 (Rede der Thebaner) KopivfKou;
xal 'Apxa^ac xal 'Ay/uo^s Tt »«Lfitv; ot Iv jiiv ttö Kpi? ttoXiju»
jj.aXa Xiftapouficvot ort* &xs(vuiv rcdtvTtuv xal iroviuv xal xtvS'jvwv xal xütv &a-
itavy^jidtTUiv jtttstyov, trctl V ercpa^av a ££o<iXovTo ot Aaxe^atjiövtot, nota; y4
aß^Tjc Tj xtfJL'*il» *'i no''(uv /.p^naTcuv }is?a8s$u>xa3iv a&tol; ; a/.Xa to-j; |uv sTXtu-tac
[d. i. Mothaken, §. 720] dpjAOOtds av.oüct xaftwtavat, töiv ou^jjidytuv tXtufrt-
ptuv ovrcuv, eirsl t&tu'/Y^av, ?soi:otat avaTK^-rjvasiv. Wenn dagegen in der
Rede an die Larisaeer [Herod.] rcsp- KoXttcta; 5 die spartanische Herrschaft
gepriesen wird, weil sie allen Staaten die Freiheit lasst und nirgends
Herrscher einsetzt (Gp&juv . . . <I>u>xsa<; eXsoftipoos ovxa$ . . . Bouutoo; o^te
<fopov ifepovta^ sxstvot^ «ms apyovTa oi»?sva Aaxg§ui}i.Gvtu>v a6xdd". , . .
Koptv&touc a&tovö}i.oü5 ovta; xal tu*v eat)Td»v xpatotmas, ebenso die Achaeer,
Elier, Arkader, evft* o&2«l$ eSpTp« r.iu Aaxt&x'.fiovtov ap/ovra . . .. T.o).:ui*z
o» Kavtayoü xal vojiouc tnt^xa^.sd'a xct}iivoo{, xal ta xoiva xotvr xaoircj-
}i£voo{), so ist das eine bei der Tendenz der Rede sehr begreifliche Ueber-
treibung; auch ist ja ein spartanischer Harmost kein Spytuv der Stadt,
sondern nur ein Gehülfe der einheimischen legitimen Regierung.
745. Zunächst war dazu freilich wenig Aussicht. So
gering Spartas Kriegsmacht, so gross seine Kriegsscheu war,
seine absolute Ueberlegenheit irn Feld war allgemein anerkannt;
und überall hatte es feste Verbindungen und zuverlässige
Anhänger. Die Gegner dagegen waren isolirt und ohnmächtig ;
sollte ein Staat wagen ihm zu trotzen, so war sein Schicksal im
voraus besiegelt. Spartas Hauptstützen aber waren die beiden
Staaten, die ihm als selbständige Mächte im Kriege gegen
Athen zur Seite gestanden hatten, Persien und Sicilien. Gleich
nach dem Frieden schickte Sparta den Aristos als Gesandten
an den neuen Machthaber in Syrakus, um mit allen Mitteln
seine Stellung zu festigen (§. 784) und die Allianz mit Dio-
nysios abzuschliessen, die unerschüttert bestanden hat über die
Zeit hinaus, wo Sparta eine Grossmacht war. So gern Sparta
sich als Tyrannenfeind preisen liess, so wenig hat es jemals
Bedenken getragen sich mit einem Tyrannen zu verbinden und
seine Stellung zu stärken, wo es ihm dienlich war: es hat
immer nur praktische Politik getrieben. Verwickelter waren die
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Sparta, Dionysios und Persien. — Lysander. 13
Beziehungen zu Persien. In den Verträgen halte Sparta das
Recht des Königs auf das asiatische Festland anerkannt; aber
zur Zeit befanden sich zahlreiche Küstenstädte in Spartas
Händen, und es traf keinerlei Anstalten sie herauszugeben.
Einstweilen drohte hier noch keine Gefahr. Kyros befand sich
noch am Hofe und hatte Lysander gestattet in seinen Pro-
vinzen nach Belieben zu schalten. Tissaphernes von Karien
hatte den Prinzen begleitet und war überdies durch ihn ganz
in den Hintergrund gedrängt. Mehr Schwierigkeiten waren
von Pharnabazos zu erwarten, der am Kriege mit Eifer per-
sönlich Theil genommen hatte und nicht gewillt war, seine
Rechte ruhen zu lassen. Indessen so lange Lysander unum-
schränkt schaltete, konnte auch er nicht daran denken mit
Gewalt vorzugehen.
746. Die Durchführung der Neuorganisation des attischen
Reichsgebiets lag in den Händen des Siegers von Aegospotamoi,
und damit eine so unumschränkte Machtstellung, wie sie noch
nie ein Grieche besessen hatte. Das Schicksal von mehreren
hundert Städten, Leben und Besitz von Hunderttausenden
griechischer Bürger hing allein von seinem Willen ab. Ly-
sanders Ziel war, diese Stellung für sich festzuhalten; die
ihm von Sparta gegebenen Instructionen führte er in dem
Sinne aus, der seinen Zwecken dienlich war. So ging er
ganz andere Wege als ehemals Brasidas in Thrakien. Schon
in seiner ersten Nauarchie 408/7 hatte er den Grund zur Auf-
richtung seiner persönlichen Herrschaft gelegt, indem er
überall in Ionien 'die oligarchischen Clubs organisirte und
zugleich die feste Verbindung mit Kyros knüpfte (§. 724).
Als er im Winter 406/5 zum zweiten Mal den Oberbefehl
übernahm, hat er diese Stellung weiter gefestigt. Gewissens-
skrupel kannte er nicht; die ihm zugeschriebenen Worte:
»wo das Löwenfell nicht ausreicht, muss man den Fuchspelz
umhängen« und »Knaben betrügt man mit Würfeln, Männer
mit Eiden« zeichnen treffend seinen Charakter und seine
Politik. Wie er Milet durch ein Blutbad unter den Demokraten
in die Hände seiner Anhänger brachte, ist schon erzählt
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
(§. 783). Nach dem Siege wiederholten sich ähnliche Scenen
vielerorts. Auf Thasos, das seit 408 (§. 710) wieder fest zu
Athen gestanden hatte, hat er (vielleicht erst Anfang 403)
die Anhänger Athens durch eine feierlich im Heraklestempel
abgegebene Erklärung, sie hätten nichts zu befürchten und
man müsse den Gegnern verzeihen, aus ihren Schlupfwinkeln
gelockt und dann in der Stadt sämmtlich aufgreifen und
umbringen lassen. An anderen Orten warteten seine Ver-
trauensmänner nicht, bis er kam; sie waren sicher, dass er
sie nöthigenfalls schützen werde. So führte die Befreiung vom
Joch Athens in allen Städten seines Reichs zu Blutthaten
und Greuelscenen, die alles weit hinter sich Hessen, was man
der attischen Demokratie und ihren Beamten und Gerichten
mit Recht oder Unrecht zum Vorwurf gemacht hatte. Eine
ächte Aristokratie, wie sie Sparta verheissen hatte, lag durch-
aus nicht in Lysanders Interesse. Vielmehr kamen unter dem
Namen der Restauration des gerechten patriarchalischen Re-
giments der Vorzeit überall die verworfensten Gesellen ans
Ruder, die kein anderes Ziel kannten als die Herrschaft mit
vollen Zügen auszukosten, ihre Taschen zu füllen und Rache
zu üben an dem Demos, der sie bedrückt hatte. Auf der
Siegesfahrt nach der Schlacht und während der Belagerung
Athens suchte Lysander möglichst viele Städte selbst auf, hob
überall die demokratische Verfassung auf und verjagte die
Anhänger Athens. Die Regierung vertraute er durchweg Com-
missionen von 10 Männern (Dekarchien) an, die völlig unum-
schränkt über Leben und Eigenthum der Bürger schalten
konnten. Nach der Gapitulation von Samos wurde auch hier
bei den restaurirten Oligarchen die gleiche Verfassung ein-
geführt. Sein Einfluss in Sparta war gross genug, dass zu
Harmosten nur Männer seines Vertrauens bestellt wurden, oft
Leute niederer Herkunft; die bereits in älterer Zeit ernannten
wusste er ganz an sich zu fesseln, indem er ihren Lüsten nach-
sah und sie verlockte, ihre Macht nach seinem Vorbilde zu
missbrauchen. Wo ein Anlass zu weiterem Einschreiten vor-
lag, zögerte er keinen Augenblick. Aus Sestos vertrieb Ly-
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Lysanders Herrschaft. Die Dekarchien.
15
sander die alten Einwohner und siedelte hier seine Schiffs-
officiere an. Dadurch sicherte er sich zugleich den Schlüssel
zur hellespontischen Meerstrasse. Am schlimmsten fuhr Chios,
wett es der mächtigste aller Seestaaten war und als freier
Verbündeter zu Sparta übergetreten war. Die Conflicte, in
die es mit den spartanischen Nauarchen gerieth, haben wir
schon kennen gelernt; sie endeten damit, dass Kratesippidas
die Verbannten zurückführte, den Oligarchen das Regiment
gab, und die Führer des Demos verjagte (§. 716). Lysander
scheint dann diese Massregeln noch einmal in grösserem Um-
fange wiederholt zu haben; die Verbannten sammelten sich
unter persischem Schutz in Atarneus an der aeolischen Küste.
Ausserdem aber hat Lysander die gesammte Flotte der ehe-
mals seemächtigen Insel fortgeführt. So mochten die Chier
jetzt aufe bitterste bereuen, dass gerade sie, die bevorrechteten
Bundesgenossen Athens, die ersten gewesen waren, welche
zum Sturze der attischen Macht die Hand geboten hatten.
Thasos: Polyaen I, 45, 4. Nepos Lys. 2 [bei Plut. Lys. 19 wie es scheint
falschlich auf Milet übertragen, von dem schon c. 8 die Rede war]. — Chios :
Isokr. 8, 98 Xtcov II tou; pulv npcuxoo; tü»v rcoXttmv tyoftöwzrAv [das könnte
sich iur Noth auf Kratesippidas' Massregel §. 716 beziehen], tot; 8i xp'/z-pst;
W tÄv vgaipMDv HtXxüoavte; dicdaa; &xovto >»*ßov«S. Verbannte in Atarneus:
Xen. III, 2, 11. — Sestos: Plut. Lys. 14, bei Diod. XI II, 106, 8 abergangen.
— Dekarchien [bei Xen. nur von Samos berichtet II, 8, 7 und von den
lesbischen Städten II, 2, 5 durch xaxjaxtodoaxo xd$ xe aXXa; tr6Xsi? (v
a&x-jj xal MoxtXigvTjV angedeutet]: Isokr. 4, 110 o\ x&v dexapytüv xotvwvT4-
cavtt^ xal td; a&xwv itatpl8a<; Xojvrjvdfitvot cet., vgl. 5, 95. 12, 54. 68. Plut.
Lys. 18 ivo jxiv dpfiorr>)v ixdoxifl (rc6X«i) Aaxj?ai{x6vtov xaxlXirc«, Ssxa 51
£pyovfftc 4* ***»v a6xoü oof^^po^^lviuv xaxd rcoXtv £xatps'.üiv . . . out»
7*p dpistiv^TjV Oüti ttXooxt'v?*rjv drcgSetxvos tobt dpyovxa^, &XX' exaipsiat; xal
4sv''«5 ]£apiC©fUvoc xd np^YfLaxa xai xopCoo; ttotmv v.\x.5\z xe xal xoXd-«<u;,
KoXXali; Zh rcapaYiv<5jitvo; a&x&s 3<paYaT; xal auv.xßdXXcuv xov>; x<Lv <p'lX<uv
*X*poo« cet.; c. 14: während der Belagerung Athens xuiv uiv SXXwv ro-
Xwov dzasutv xaxiXoB td<; «oXtxtta; xal xaft{?rv) SexaSapyta;, äoXXiüv jasv
iv KdTrg o^axxojiivwv , tcoXXäv U «psuYovxtuv, Eajuoo; St rcdvxa; fcxßaXu»
xapttuix« rot; 707*-» xd; tcoXec; (leg. rr,v «6Xtv). Letzteres ist von PIu-
tarcb gleich hier vorweggenommen. Weiteres c. 19. Nepos Lys. 1, 5.
Diod. XIV, 13. Pausan. IX, 32, 9. Ferner Xen. Hell. III, 4, 2 f. 5, 12 f.':
De von Athen abgefallenen Städte haben statt der Freiheit doppelte
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz
Knechtschaft erhalten; 6n6 *c« y«P t«»v 4p|xoat{uv xupavvoövtat xal 6n& Sexa
av5pd»v, Aüoavopo? xaxbrrpsv ev ixfarQ izöXt: (vgl. VI, 3, 8).
747. Auch Athen konnte dem Schicksal der Städte seines
Reichs nicht entgehen. Wiederherstellung der Verfassung
der Väter war hier seit langem das Schlagwort der conserva-
tiven Partei, und diese war es, welche durch Theramenes den
Frieden geschlossen und damit den Anspruch auf die Leitung
der Stadt gewonnen hatte. Aber neben sie traten jetzt die
von Lysander zurückgeführten Exulanten, meist von den
Radicalen verjagte und zum Theil wegen offenkundigen Hoch-
verraths geächtete Mitglieder der Vierhundert, unter ihnen
Männer wie Onomakles, Aristoteles, Chankies, der ehemalige
Genosse des Peisandros in der Verfolgung der Hermokopiden.
An ihre Spitze trat alsbald Kritias, der Sohn des Kallaischros.
Auch er war wie Alkibiades und Theramenes ein ächter
Jünger der Sophistenzeit. Der Spross eines der vornehmsten
altischen Adelshäuser, der Medontiden, aus dem ehemals die
Könige Athens und später Solon hervorgegangen waren, ge-
boren etwa um 455, hatte er bereits ein viel bewegtes Leben
hinter sich. Als junger Mann hatte er die Sophisten gehört
und sich namentlich Sokrates angeschlossen; dann entfaltete
er eine rege Thätigkeit auf allen Gebieten der Literatur. Wir
kennen von ihm Tragödien im Stile des Euripides, in denen
z. B. Sisyphos die ächt sophistische Lehre entwickelte, die
Sittengesetze seien von den Menschen aus socialen Be-
dürfnissen geschaffen worden, dann habe, um ihre Be-
obachtung zu erzwingen, ein besonders schlauer Mann die
Götter erfunden. In Vers und Prosa behandelte er Sitten
und Lebensweise mehrerer griechischer Staaten (speciell Sparta
und Thessalien, wahrscheinlich auch Athen), mit unverhohlener
Bewunderung der spartanischen Institutionen, z. B. des mass-
haltenden spartanischen Trinkcomraents im Gegensatz zu dem
in Athen herrschenden Trinkzwang. Ferner hat er rhetorische
Musterreden und ethische und naturwissenschaftliche Abhand-
lungen verfasst. Tiefe und selbständige Gedanken hat er, so-
viel wir sehen können, nirgends aufzuweisen; aber seine
Die Reaction in Athen. Kritias.
17
Darstellung war gewandt und nicht ohne Wirkung; er ver-
stand eben die Mache. Jedoch seinem Ehrgeiz genügte es nicht
sich als einen neumodischen, allen Sätteln gerechten Literaten
zu erweisen und womöglich den ersten Platz unter ihnen zu
erobern; er wollte eine herrschende Rolle spielen, so gut wie
sein etwas jüngerer Genosse und späterer Rivale Alkibiades
oder wie Lysander. Bei der Bewegung der Vierhundert sass
er im Rathe, trat aber hinter seinem Vater zurück (§. 697).
Dann schwenkte er wie Theramenes und so viele andere noch
rechtzeitig zu den Gegnern ab, half den Extremen den Process
machen, und beantragte Alkibiades' Rückberufung (§. 707);
trotzdem wurde er von den Radicalen unter Kleophon ver-
bannt (§. 713). Er ging nach Thessalien und hetzte hier die
leibeigenen Bauern gegen die Grundherrn auf (§. 764). So
war er eine ebenso gewissenlose Natur wie Lysander, und
für diesen der gegebene Mann. Einstweilen ging er mit Thera-
menes zusammen; die patriarchalische Verfassung und die
Herrschaft der Tüchtigsten nach spartanischem Muster war
das Ideal, das auch er bekannte. Aber thatsächlich erstrebte
er wie seine Anhänger, vor allem Gharikles, nichts anderes
als die unumschränkte Gewalt und Rache an den Demokraten;
um dies Ziel zu erreichen, war ihm so gut wie seinen Ge-
sinnungsgenossen, die Lysander in den anderen Städten ans
Ruder brachte, jedes Mittel recht.
üeber Kritias' Scbriftstellerei vgl. vor allem Blass, Att. Bereda. I.
Wilamowit2, Arist. It 131 f. 174 ff. Der junge Plato, Kritias' Verwandter
von Muttersseite, hat anfangs Neigung gehabt, unter Kritias politisch
tbfttig zu sein, so gut wie sein Oheim Charmides; die Gewaltthaten der
Dreissig und speciell ihr Vorgehen gegen Sokrales haben ihm noch recht-
zeitig das Gewissen geweckt (epist. VII, 824 — wie Gelehrte von Ge-
schmack dies Selbtbekenntniss und gar die schönen. Worte: yCkov <5v$pa
tjtoi icptoßuTtpov E<oxp<£rrj, Sv evü> s^täöv fiv atoYüvoijATv r.nuuv otxatö-
tatov «Iva*, xüiv tot« für das Machwerk eines Fälschers haben ausgeben
können, gehört zu den Dingen, für die mir das Verstftndniss versagt ist).
Aber sympathisch ist ihm der Oheim immer geblieben, und so hat er
ihm gegen Ende seines Lebens im Kritias ein Denkmal gesetzt, das er
wahrlich nicht verdient hat; vorher im Charmides und Protagoras tritt
sein wahres Wesen starker hervor. Offenbar mit Rücksicht auf die pla-
Mey er, Geschichte des Alterthums. V. 2
18
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
tonische Tradition hat Aristoteles pol. Ath. weder Kritias noch sonst
einen Namen der Extremen unter den Dreissig genannt, wahrend er in
der Politik VIII, 5, 3 wenigstens Charikles nennt. — Ausserdem ist die
Geschichte der Dreissig bei Aristoteles, richtiger gesagt in der Haupt-
quelle, der er folgt (Androtion ?) — daneben benutzt er [oder auch schon
die Quelle?] c. 36 Xenophon — gründlich verfälscht zu Gunsten des
Theramenes. Aus Lysias 12» 72 ff. wissen wir, dass gerade dieser in
Verbindung mit Lysander die Einsetzung der Dreissig forderte und zehn
von ihnen ernannte; und hier, bei offenkundigen Thatsachen, können
Lysias' Angaben nicht einfach erlogen sein, werden überdies durch Kritias*
Worte bei Xenophon II, 8,28 vöv hl a&to<; (Ther.) £p$a; t?j; upö? Aaxsfotfio-
vtoo$ ttt3t6u>5 xai <piXta$, abxbz 81 tyjc toü 3 -rj ji o o xaxaXuaeux;, jiaXista
5i t^opp.TjOa^ 6}iä? xot^ nputtotc 6iccq ojjivoi<; t\$ ujjiäs (rr;v ßouXr4v) <5txvjv siciuöi-
vat vollkommen bestätigt. Nach Aristoteles dagegen (ähnlich mit noch stär-
keren Farben Ephoros bei Diod. XIV, 3, der sonst Xenophon folgt) hatten die
hli-i*pyixo( mit Lysander ihre Ernennung im Gegensatz zu Theramenes und
seinen Anhängern, die die icdxpto<; rcoXttna suchen, durchgesetzt. Unter
letzteren nennt Aristoteles ausser Kleitophon (§. 696), den auch Aristoph.
ran. 967 neben Theramenes nennt, und Phormisios, den Aristophanes
als ihr Gegenbild anfühlt, der aber politisch ähnliche Ziele verfolgte
(§. 848), auch Anytos (etwa nach Xen. II, 3, 42. 44?) und Archinos.
Das bat schwerlich irgend welche Gewähr; und jedenfalls stand keiner
dieser Männer dem Theramenes besonders nahe, da keiner von ihnen
unter den Dreissig ist. Auf derselben Tendenz beruht die verfälschte
Chronologie bei Aristoteles, f. §. 749 A. Das hat Bufolt in dem sonst viel
Richtiges bietenden Aufsatz Aristoteles oder Xenophon? Hermes XXXIII
nicht erkannt. — Bei Ephoros ist die Geschichte gleichfalls zu Gunsten
des Theramenes verfälscht, wenn auch zum Theil in anderer Weise.
748. Durch den Frieden mit Sparta war den Athenern
in ihren inneren Angelegenheiten freie Hand gelassen worden ;
wollte die Umsturzpartei ihre Pläne durchsetzen, so musste
sie, wie im J. 411, den Demos dazu bringen, freiwillig auf
seine Rechte zu verzichten. Sie setzte ein geheimes Actions-
comite von fünf von den Clubs ernannten Ephoren ein, die die
Volksversammlung, die Wahlen und die Garnison terrorisiren
und nach ihrem Willen lenken sollten. Die Demokraten ver-
suchten sich zur Wehr zu setzen, voran die Strategen und
Taxiarchen, welche schon die Annahme des Friedens zu ver-
hindern gesucht hatten (§. 737). Aber sie kamen nicht mehr
ans Ziel; ihr Gomplott wurde beim Rath angezeigt, und dieser,
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Einsetzung der Oligarchie in Athen. 19
der bereits ganz unter dem Einfluss der Oligarchen stand, Hess
sie verhaften. Indessen zeigten diese Vorgänge doch, dass die
Umstorzpartei ohne einen kräftigen Druck von aussen nicht
ans Ziel gelangen konnte; sie wandte sich an Lysander, der
noch vor Samos lag. Theramenes und seine Genossen sorgten,
dass die entscheidende Volksversammlung bis auf seine An-
kunft verschoben wurde. Dann wurden die noch im Lande
stehenden feindlichen Truppen zusammengezogen, und eine
Volksversammlung ins Theater von Munychia berufen. Dra-
kontides brachte den Antrag ein, dreissig Männer zu ernennen,
welche die neue Verfassung auf Grund der Ordnungen der
Väterzeit ausarbeiten und bis dahin das Regiment führen
sollten. Die Menge murrte; aber Theramenes erklärte, das
kümmere ihn wenig, wo alle besser Gesinnten mit ihm ein-
verstanden seien. Den Ausschlag gab die Erklärung Lysanders,
Athen habe die für die Niederlegung der Mauern gesetzte
Frist bereits verstreichen lassen und somit den Friedensvertrag
gebrochen; jetzt müsse es die neue Bedingung annehmen.
Von den Dreissig wurden zehn von Theramenes, zehn von den
Ephoren der Clubs vorgeschlagen, zehn nominell frei gewählt
(etwa Juni 404). Damit war die Demokratie dem Untergang
des Reichs nachgefolgt; ihre letzten Vertheidiger, die verhafteten
Strategen, Taxiarchen, Trierarchen, wurden dem Gericht zur
Aburtheilung überwiesen.
Actionscomit6 der fünf Ephoren : Lys. 12, 43 ff. 76. Dass sie keine
Regierungsbehörde waren, wie Boerner, de rebus a Graecis inde ab a
410 gestis S. 75 ff. annimmt, zeigen Lysias' Worte unwiderleglich; dass
Kritias und Eratosthenes zu ihnen gehörten, kann er nur durch Zeugnisse
über deren Aussagen beweisen. — Denuntiation Ober das demokratische
Complott: Lys. 13, 17—35. 54. 55 f. (wonach in der Volksversammlung
in Munychia Kritias' Schwager Hagnodoros eine weitere Denuntiation
und neue Verhaftungen veranlasst). 58 ff. Vgl. 30, 14. 18, 4; vgl. §. 737 A.
und daselbst über die von Lysias vorgenommene Verfälschung. Thera-
menes ob xpoxtpov »Tao« rrjv ixxXvplav (nämlich die über die Verfassung,
nicht wie Lysias glauben machen will , die über den Frieden) -fsveafrai. scu;
6 Xrfopsvo; ük' ixstvujy xaipo; IntjjLg/.ui^ u-y aötoü itv]p^0-r), xcti \izxtKip.'l>cfzo
{ilv ta$ {Uta Ausdv2poo vaö$ ix 8iu8yj{xvj08 8e tö xcüv noXejuwv
oxpat6«?ov Lys.. 12, 71. Dass noch peloponnesische Truppen im Lande
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
stehen, bis die Friedensbedingungen voll ausgeführt sind, ist selbstver-
ständlich. Die entscheidende Volksversammlung: Lys. 12, 78 ff. 13, 34,
und Ephoros (Diod. XIV, 3), nur dass bei diesem Theranienes der Wort»
führ er der Opposition gegen Lysander ist! Ausserdem lftsst Ephoros
fälschlich Lysanders Intervention erst nach der Einnahme von Samos
erfolgen, anstatt während der Belagerung. Xenophon II, 3, 1 ff. geht
zwar auf die Details nicht ein , stimmt aber in dem , was er mittheilt,
vollständig zu Lysias: ttj> 8' $rei6vtt fest ?3o$t tw ür^ip Tpidxovt* 5v3pac
iXtoJhci, o? toüs «atptoo; vojxod; oüYYpd^oooiv, xa»' o*>$ koXiwüsodo:. xal
^psd-r^av otS»- folgen die Namen, toütwv U TCpotx^vrtuv QtitsjtUt Auoav-
8pog Jipö? Idfiov, 'A-ft? V ix rrt; AsxsX«[a<; äizu^afuiv xb otpdttujxa lii\oat
xatä KÖXsi; exdstoos. Die Verfassungsänderung fällt also vor die Ein-
nahme von Samos, und vor den Beginn des neuen attischen Jahres (beg.
7. Juli 404), in dem Pylhodoros Archon wurde (gegen Boerker). Auch
Xen. II, 8, 11 ol tptaxovta ^p4&*rjoav fiiv extl ta^tata ta fxaxpa ttt^tj xal
xä icspl xov Ilsipaiä xad-^pitHj (das war II, 2, 33 erzählt) beweist, dass ihre
Einsetzung nicht lange nach der Capitulation stattfand.
749. Wie die Vierhundert im J. 411 waren die Dreissig
ernannt als eine interimistische Behörde, welche den Staat
aus der demokratischen Corruption in das Ideal der gesetz-
mässigen und gerechten Ordnung überfuhren sollte, und die
Gemässigten, wie Theramenes, mögen auch wirklich dies Ziel
im Auge behalten haben. Aber die Extremen dachten so wenig
wie vor sieben Jahren ihre Vorgänger daran, ihre eigentliche
Aufgabe zu erfüllen: sie wollten die Herrschaft dauernd be-
halten und womöglich mit niemand anders theilen. Zunächst
gingen beide Richtungen noch Hand in Hand. Die Grund-
gesetze der Demokratie wurden aufgehoben, die ausgeleerten
Schiffshäuser, das Symbol der Seemacht und der auf ihr be-
ruhenden Pöbelherrschaft, auf Abbruch verkauft. Die ein-
fachen Zustände des Agrarstaats sollten wiederkehren. Daher
wurden alle Sätze des solonischen Rechts gestrichen, welche
eine feinere Casuistik enthielten und dadurch zu juristischen
Erörterungen Anlass boten, ferner der neumodische Unterricht
in der Redekunst verboten — eine Massregel, die speciell auf
Kritias' ehemaligen Lehrer Sokrates zielte. Im übrigen brauchte
man keine Verfassungsgesetze, wohl aber willfährige Organe.
Neue Beamte wurden ernannt, darunter als Archon Pytho-
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Regiment der Dreissig. Beginn der Schreckensherrschaft. 21
doros; der Rath wurde aus dem letzten Rath der Demokratie,
der sich bereits gefugig genug erwiesen hatte, mit geringen
Modifikationen entnommen. Ihm wurde, nach spartanischem
Muster, auch die Criminaljurisdiction übertragen; um ihn
völlig zu terrorisiren, fand die Stimmabgabe bei den Processen
öffentlich statt, unter dem Präsidium der Dreissig. Auch darüber
war Theramenes mit Kritias und Gharikles einig, dass, ehe
festgestellt werden könne, wer würdig sei dem neuen Staat
als Bürger anzugehören, Athen von den schlechten Elementen
gründlich gesäubert werden müsse. So wurden, wie in der
französischen Revolution, die Polizei- und Henkercommissionen
die wichtigsten Hülfsorgane des Staats, die Etfmänner in der
Stadt unter Satyros (§. 737), die Zehnraänner im Piraeeus unter
Kritias' Vetter und Mündel Gharmides, dazu eine Leibgarde
von 300 Peitschenträgern. Die wegen des demokratischen
Complotts Verhafteten (§. 748) wurden vom Rath zum Tode
verurtheilt, ebenso zahlreiche Sykophanten und Demagogen
niedern Ranges, die ehemals die Geissei der Besitzenden ge-
wesen waren. Das fand auch bei den Gemässigten volle Zu-
stimmung, und vor allem bei der Ritterschaft, die sich über-
haupt mit Begeisterung der Reaction in die Arme warf. Bei
jedem weiteren Schritt aber traten die inneren Gegensätze
unter den Machthabern hervor. Theramenes und seine An-
hänger wollten jetzt wirklich an die Ausarbeitung der Ver-
fassung gehen; den Extremen, Kritias und Charikles voran,
erschien das als Thorheit: sie seien Gewaltherrscher, auch
wenn sie dreissig seien und nicht einer, und jede Concession
an die constitutionellen Einrichtungen könne ihre Stellung
nur gefährden. Aber um die Herrschaft dauernd zu behalten
und nach Gutdünken schalten zu können, bedurften die Macht-
haber der demokratischen Masse gegenüber noch viel mehr
eines ständigen Rückhalts an Sparta, als die Zehnherrschaften
in den übrigen Städten. So gingen Aeschines und Aristoteles
nach Sparta, um sich die Entsendung eines Harmosten und
einer Garnison zu erbitten. Lysander, jetzt nach Sparta heim-
gekehrt (Herbst 404), erwirkte die Bewilligung. Kallibios
22 IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
wurde mit 700 Mann nach Athen geschickt und nahm sein
Quartier auf der Burg. Kritias und die Seinen kamen ihm
auf alle Weise entgegen, so dass er ihnen jeden Excess ge-
stattete. Zugleich brauchte man immer dringender Geld, nicht
nur um die' Anhänger zu belohnen und die eigenen Taschen
zu füllen, sondern auch um der Besatzung den Sold zu zahlen.
So mehrten sich von Tag zu Tag die Executionen und Gon-
fiscationen, nicht mehr nur unter den Führern der Gegen-
partei und dem Gesindel, sondern gegen jeden, der den Herr-
schern gefahrlich schien oder ihre Rache oder auch ihre Be-
gehrlichkeit reizte, darunter Männer wie der ehemalige Stratege
Leon (§. 686 ff. 727 A.) und Nikias' Sohn Nikeratos — sein Oheim
Eukrates war bereits mit den demokratischen Verschwörern
hingerichtet. Das Sykophantengewerbe blühte alsbald unter
der Oligarchie noch mehr als unter der Demokratie, und
manche der ärgsten Denuntianten der früheren Zeit wurden
jetzt bequeme Werkzeuge der Gewaltherrscher. Noch grösser
als die Zahl der Hingerichteten war die der Verbannten und
Geflüchteten. Die spartanische Regierung verbot allen griechi-
schen Staaten, die Flüchtlinge aufzunehmen ; aber Theben und
Argos trotzten dem Befehl und gewährten ihnen Schutz, und
selbst in Megara fanden nicht wenige Zuflucht. Auch die
bisherigen Anhänger der Reaction in Athen begannen stutzig
zu werden, zumal auch ihr Leben der Willkür der Macht-
haber schutzlos preisgegeben war; und wieder wie 411 über-
nahm Theramenes die Führung der Opposition gegen die Ex-
tremen. Kritias und Gharikles sahen ein, dass sie eine
Concession machen mussten: die Dreissig entschlossen sich,
eine Liste von 3000 Namen aufzustellen, welche fortan Voll-
bürger sein und nur durch einen Spruch des Raths verurtheilt
werden sollten, während sie über alle anderen sich selbst die
volle Gewalt vorbehielten. Die Zahl 3000 entsprach, nach
den gewaltigen Verlusten, welche die letzten Jahre an Leben
und Eigenthum gebracht hatten, den 5000 Vollbürgern des
Jahres 411. Aber eben darum war Theramenes auch damit
nicht zufrieden: es sei eine Absurdität, eine Normalzahl fest-
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Schreckensregiment in Athen. Hinrichtung des Theramenes. 23
zusetzen, während der richtigen Theorie nach Vollbürger alle
die sein müssten, welche sich selbst bewaffnen und aus eigenen
Mitteln etwas für den Staat leisten könnten. »Was wir thun,t
sagte er, »widerspricht sich diametral: wir gründen eine Ge-
waltherrschaft, die schwächer ist als die Unterworfenen. t
Kritias und Charikles Hessen sich dadurch nicht beirren. Sie
entwaffneten alle Athener, die nicht im Katalog der 3000
standen, und fuhren fort zu morden. Sie suchten möglichst
viele Athener zu ihren Massregeln als Gehülfen heranzuziehen,
um so durch den Kitt des Verbrechens ihre Herrschaft zu
festigen. Um sich Geld zu beschaffen, setzten sie einen Be-
schluss durch, dass jeder der Dreissig einen reichen Metoeken
greifen und hinrichten und sein Vermögen einziehen solle.
Theramenes beharrte auf seinem Widerspruch. Da sah Kritias,
dass er sich des Rivalen mit Gewalt entledigen müsse; er
berief eine Rathssitzung und erhob gegen ihn die Anklage
wegen Hochverraths. Obwohl der Sitzungssaal mit Be-
waffneten unigeben war, machte die Majorität nach Thera-
menes* glänzender Verteidigungsrede aus ihrer Gesinnung
kein Hehl. Da half sich Kritias, indem er Theramenes' Namen
aus dem Verzeichniss der 3000 strich und ihn jetzt aus
eigener Machtvollkommenheit den Henkern übergab. Mit
seinem Tode begann die volle Schreckensherrschaft. So ßel
durch sein Ende ein verklärender Abglanz auf Theramenes'
Persönlichkeit zurück; man vergass seine Ränke und Intriguen,
man verzieh ihm selbst seine Schuld im Arginusenprocess,
weil er als Märtyrer für ein Ideal gefallen war, das viele
der besten Männer im Herzen trugen. Freilich hat eben sein
Leben und sein Schicksal .erwiesen, dass, wie Athen sich
einmal entwickelt hatte, die gemässigte Aristokratie ein Traum
war, und dass jeder Versuch, ihn zu verwirklichen, zwischen
den Extremen, die er beide mit gleicher Entrüstung von sich
wies, zermalmt werden musste.
In der Darstellung und der Chronologie folge ich Xenophon, im
Gegensatz zu Aristoteles, dessen Daten Wilamowitz, Arist. I, 166 und
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24
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Bi'solt, Hermes XXXIII, 71 ff. mit Unrecht vertheidigen. Es ist doch
undenkbar, dass Xenophon, der diese Zeit als Hitglied des Rittercorps mit
durchlebt hat, fälschlich die Berufung des Kallibios weit vor Theramenes'
Tod gesetzt haben sollte, statt nach demselben, wie Aristoteles behauptet.
Wenn die Dekarchien einen Harmosten brauchten, so die Dreissig erst
recht. Ueberdies ist die Tendenz offenkundig: durch Aristoteles wird The«
ramenes von jeder Mitschuld an der Berufung der spartanischen Garnison
•entlastet (die er nach Xen. II, 3, 42 bekämpft hat). Zu Xenophon stimmt
Ephoros, vielfach mit wörtlicher Benutzung, nur dass er (Diod. XIV, 5)
in geradezu kindischer Weise Sokrates einen Versuch zur Rettung des
Theramenes unternehmen Ifisst. — Ueber die Differenz betreffs der Be-
setzung von Phyle s. §. 756 A. — Plato ep. 7. 824 c: rfc |ASTctßoX-?js *U *<*i
itevrrjxovrd ttveg fiv3pt<; npouarqoav äpyoYzts, ivSrjta |*iv ev ohtji, Sexa 8' iv
Utifi'.tl , Tzepi ts ifopäv fcttätepo: xouxutv Ssa t' fcv tot( 5at«3t otoixttv ?3ei,
tpidxovtct 8c ndvttuv äp^ovt»? xatssx-rjoav atWoxpatopsc. Vgl. Arist. pol.
Ath. 35. Zu den Zehn im Piraeeus gehörten Charmides (Xen. II, 4,
19) und Molpis (Harpocr. s. v. aus Lysias und Androtion fr. 11). — Von
der ßooX*>] *pö tAv xpidxovta ßouXstioooa waren o'i itoXXot Mitglieder des
Raths der Dreissig: Lys. 13, 20. — Aufhebung der solon. Gesetze: Arist.
pol. Ath. 35, 2. Niederreissung der v«<opta Lys. 18, 46. Isokr. 7, 66:
tooc tptdxovta . . . to?k vEiusotxou? tut xocftatpfar. tpuuv taXcmtuv inoSo-
jjlsvoü«. Gesetz des Kritias und Charikles \6^<ov ti}(w)v jjlt4 3t8aaxtiv und
Einschreiten gegen Sokrates : Xen. mem. I, 2, 31 ff. — Processverfahren :
Lys. 13, 87. Andoc. 1, 101. Xen. III, 4, 9. Dass die ersten Hinrichtungen
der Sykophanten Beifall fanden (Xen. II, 3, 12. Diod. XIV, 4. Arist. pol.
Ath. 35, 3. Sallust Cat. 51 u. a.), sagt auch Lysias 25, 19, vgl. 27, frei-
lich in der Verteidigungsrede für einen Aristokraten. — Die nicht zu
den Dreitausend Gehörigen waren in eine Liste der Verdachtigen einge-
tragen, die bei Isokr. 18, 16. 21, 2 den rathselhaften Namen b jmöt
Aooavipo'j xataXofo? führt. — Hinrichtung der verhafteten Demokraten:
Lys. 13, 35 ff. 18, 4 f. 30, 14; des Leon und Nikeratos: Lys. 18, 6. Xen.
II, 3, 39. Andoc. 1, 94. Diod. XIV, 5 [Leon ist vielleicht, nach Sauppe's
Vermuthung, der Vater des Theomnestos Lys. 10, 4. 27]; Verhalten des
Sokrates dabei: Plato apol. 32c. ep. 7, 324e. Xen. mem. IV, 4, 3; Hin-
richtung des Antiphon (unbek.): Xen. II, 3, 40; des Autolykos: Diod.
XIV, 5, 7. Pausan. IX, 32, 8. Plut. Lys. 15 (mit einer chronologisch
werth losen Anekdote); des Lykophron: vit. Lycurg. init. ; der Metoeken:
Xen. II, 3, 21. 40. Lys. or. 12 [bei Diod. XIV, 5, 6 sind es 60 und wird
ihre Hinrichtung nach Theramenes" Tod gesetzt]. — Sykophanten : Andoc.
1. 94 f. 99. Lys. 6, 45. 12, 48; vgl. 25, 15 f. — Aechtung der Flücht-
linge durch Sparta : Diod. XIV, 6. Justin V, 9. Nach Megara (Xen. II,
4, 1) flüchtete z. B. Lysias (12, 17, danach die vita). Aufnahme in
Argos auch Demosth. 15, 22, in Theben Ly?. c. Pherenic. fr. 78. Dinaren.
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Alkibiades' Ausgang.
25
1, 25. Plut. Pelop. 6. — Zu Theramenes' Vertheidigungsrede auch Lys,
12, 77. Wilamowitz' seltsame Ansicht, dass die Aeusserung des Thera-
menes Xen. II, 3, 19 = Arist. pol. Ath. 86, 2 einer wahrscheinlich von
Theramenes selbst verfassten Broschüre entnommen sei (Arist. I, 165 ff.),
hat wohl nirgends Zustimmung gefunden. Aristoteles (oder seine Quelle)
schöpft deutlich aus Xenophon.
750. Ganz Griechenland lag wehrlos Sparta und seinem
Feldherrn zu Fussen. Aber noch lebte ein Mann, der ihnen
gefahrlich werden konnte, Alkibiades. Nach dem Siege Ly-
sanders war für ihn auf seinen thrakischen Besitzungen keines
Bleibens mehr; aber er hoffte noch immer, sein altes Ziel er-
reichen zu können. Die Pläne des Kyros und seine enge Ver-
bindung mit Sparta waren ihm nicht verborgen; wenn er dem
neuen König Artaxerxes II. die Augen öffnete über die dro-
henden Gefahren und die Treulosigkeit seiner Verbündeten,
musste es gelingen, ihn auf Athens Seite hinüberzuziehen und
Spartas Uebermacht zu brechen. Nach mancherlei Abenteuern
gelangte er an den Hof des Pharnabazos: und auch hier er-
wies er seine Fähigkeit, die Menschen zu gewinnen und nach
seinen Zwecken zu lenken. Der Satrap gewährte ihm die
Möglichkeit an den Hof zu gehen. Nur um so dringenderes
Interesse hatten all seine Feinde, ihn zu beseitigen, ehe er
neues Unheil anrichtete. Die Dreissig hatten ihn ver-
bannt und geächtet, König Agis hasste ihn als den Schänder
seiner Ehre; die Ephoren sandten an Lysander den Befehl,
ihn aus der Welt zu schaffen, und dieser, der in ihm noch
immer seinen gefahrlichsten Rivalen in dem Kampf um die
persönliche Herrschaft sehen musste, stellte an Pharnabazos
im Namen Spartas die peremptorische Forderung, seinen
Schützling zu tödten. Pharnabazos war mit der Uebermacht,
die Lysander gewonnen hatte, und mit seinem herrischen Auf-
treten keineswegs einverstanden; aber zur Zeit fühlte er sich
noch zu schwach ihm zu widerstehen, und überdies mochte
er, wenn er auch dem regierenden König die Treue wahrte,
doch Bedenken haben, sich durch eine gegen Kyros gerichtete
Massregel allzu sehr zu compromittiren. So gab er der For-
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20
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
derung nach; er liess Alkibiades auf der Reise in Phrygien
überfallen und niedermachen.
Die Berichte über Alkibiades' Tod Plut. Ale. 37 IT. (vgl. Äther.
XII, 535 c. XIII, 574 e). Nepos Ale. 9 f. Diod. XIV, 11. Justin V, 8 [wie
es scheint gehört auch Polyaen I, 40, 8 hierher] geben der Hauptsache
nach dieselbe Tradition wieder, wenn auch die Motive verschieden variirt
werden. Ephoros, den Diodor hier citirt (Ephoros' eigene Worte haben
offenbar dem Sinne nach gelautet : <t»apvaßaCo<; 'AXx-.ßiot^v ivetXs, oj; {jl*v
ol itoXXoi \iyooy.v, ^apioaadoti £ouXö}isvoc Accxe2ai|jiovio:<;, 105 2' ejj/k Zoxtl cet.),
behauptet, Pharnabazos habe dem König selbst die Nachricht mittheilen
und die Belohnung erhalten wollen, und deshalb Alk. getödtet, als derselbe
sich an den Satrapen von Paphlagonien (?) wandte. Das ist wenig wahr-
scheinlich; denn Pharnabazos hat nichts gegen Kyros gethan, und Alkibiades'
Ermordung lag im Interesse des Kyros, nicht in dem des Arlaxerxes. —
Als Localität der Bestattung nennt Athen. XIII, 574 e einen Ort in SQd-
phrygien, also in Kyros' Satrapie. — Verfolgung durch die Dreissig:
Xen. II, 3, 42, vgl. Justin V, 8, 12; durch Sparta und Lysander: Isokr.
16, 40.
Innere Gegensätze in Sparta.
751. Während die Welt des Aegaeischen Meeres durch
Spartas Sieg den heftigsten Erschütterungen anheimfiel, ent-
brannte auch in dem siegreichen Staat selbst, zwar nicht so
gewaltsam, aber darum nicht minder verhängnissvoll der
Kampf um die altüberlieferte Verfassung, die irdtptoc ^oXitsta.
Es erfüllte sich, was die Einsichtigen immer hatten kommen
sehen; und die Rückwirkung der Herrscherstellung war um
so tiefer, da der Staat in seiner bisherigen Gestalt den neuen
Aufgaben in keiner Weise gewachsen war und man doch
seine Organisation nicht ändern konnte, ohne sein innerstes
Wesen anzutasten. Sinnfällig trat der Gegensatz allen vor
Augen, als im Herbst 404 Lysander mit der Kriegsbeute im
Siegeszuge nach Sparta heimkehrte. Er führte nicht nur die
Schnäbel der vernichteten Flotten und die Trieren aus dem
Piraeeus mit sich, sondern auch Massen von goldenen Kränzen,
welche die Städte überall ihm verehrt hatten, und dazu
für den spartanischen Staatsschatz 470 Talente aus den Resten
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Gegensätze in Sparta. Streit um den Geldbesilz. 27
der ihm von Kyros überwiesenen Tribute und der sonstigen
Beute. Angeblich hat er bereits im Jahr vorher Gylippos
mit noch weit grössern Summen vorausgeschickt. Das wider-
sprach allen Traditionen und Satzungen des Staats: die hei-
lige Ordnung des Lykurgos verpönte jeden Besitz von Edel-
metall. So kam der Conflict zunächst über diese Frage
zum Ausbruch; die Vertreter des Alten forderten, dass man
das fremde Gold nicht zulassen und sich nach wie vor mit
dem heimischen Eisengeld begnügen solle. Dass das politisch
gänzlich undurchführbar war, konnten Lysander und seine
Anhänger leicht nachweisen. Aber die Versuchung, welche
damit an den Staat und den Einzelnen herantrat, war nicht
minder offenkundig; eben jetzt war Gylippos, der Sieger von
Syrakus, bei der Ablieferung der Geldsummen auf einem
plumpen Diebstahl ertappt worden. Er wurde verbannt, wie
ehemals sein Vater (§. 345), und soll sich selbst den Tod ge-
geben haben. Für die Zukunft aber einigte man sich dahin,
dass zwar der Staat Gold und Silber besitzen dürfe, dagegen
jedem Bürger der Besitz von Edelmetallen bei Todesstrafe
untersagt sei.
Nach Xen. II, 3. 8 bringt Lysander selbst nach dem Fall von
Samoa 470 Talente nach Sparta; nach Diod. XIII, 106 schickt er schon
405 den Gylippos mit 1500 Talenten, wovon dieser 300 unterschlagt. Bei
PluL Lys. 16 ist beides vereinigt: Lysander schickt nach dem Fall von
Samos und der Einsetzung der Dreissig Gylippos nach Sparta und geht
selbst nach Thrakien. — Gylippos1 Diebstahl auch Posidon. fr. 41 (Athen.
VI, 234 a: roXtnitov . . . irco&avetv inoxapTtpYjOavTa Xo-ps, xatotYvu>°^vTa
6xö täv ttpöpcuv ü»? vo3'f toäfuvov ex toö AooavSpsiou ^p-rjjxato?). Piut. Nie.
28. Timaeos bei Plut. comp. Timol. et Aem. Pauli. 2. — Die Verhand-
lung Ober den Geldbesitz Plut. Lys. 17 nach Theopomp und Ephoros;
angedeutet Diod. XIV, 10, 2; ferner als Hauptgrund des Falles Spartas
Plut. Lyc. 30. Agis 5. inst. lac. 42. Diod. VII. 12, 8. Pausan. IX, 32, 10.
Aelian v. h. XIV, 29; x?°^ov xa- &p"pptov Ipsovätat. xal fiv tt tcoo <pavrjj,
b ?x<ov C^oöTrzt Xen. pol. Lac. 7, 6 ; vofibpar. xpüvtai o*»rivtp [wohl
falsche Uebertragun^ von Karthago, statt ot^py] • eav U itotpd tm s&peO-g
Xpos&c 9j 5pfi>pos, &avat<o C^jAiouta«. Nie. Dam. 114, 8.
752. In der That sind in den nächsten Jahren derartige
Todesurtheile gefallt worden (§, 759); aber geholfen haben sie
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28 IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
nicht viel. Der spartanische Staat war aufgebaut auf die
militärische Disciplin und auf den Wetteifer der Burger, deren
jeder von Jugend auf streben sollte, es seines Gleichen zuvor-
zuthun. Aber längst war die innere Homogenität der Bürger-
schaft geschwunden; arm und reich schufen auch hier eine
tiefe Kluft, welche durch die militärische und gesellschaftliche
Ordnung nur noch künstlich überbrückt und dem Auge des
Fremden verborgen wurde (§. 262). Und nun eröffnen sich
dem Ehrgeiz Ziele, von denen sich noch vor wenigen Jahr-
zehnten kein Spartiat hätte träumen lassen. Vor dem Namen
des spartanischen Bürgers zittert ganz Hellas; mit unum-
schränkter Macht schaltet der Feldherr und der Harmost über
die > verbündeten c Städte, alle Versuchungen, welche die Macht
bringt, treten an ihn heran, der im Eurotasthai unbekannte
Luxus der Fremde, die devote Schmeichelei der von seiner
Gnade abhängigen Parteien; wie hätte er, eben aus der strengen
äusseren Zucht der Heimath gekommen, widerstehen sollen,
wo er nur zuzugreifen brauchte? Fremd war dem Kriegerstaat
das Streben nach Gewinn, nach Mehrung des Besitzes, nach
beherrschendem Einfluss niemals gewesen; jetzt wächst es
ins Ungemessene. Da kann der Einzelne das moderne Macht-
mittel des Geldes so wenig mehr entbehren wie der Staat.
Wege, das Gesetz zu umgehen, gab es auch hier, vor allem
dadurch, dass man das Baar vermögen ausser Landes bei den
Tempeln deponirte, z. B. in Tegea oder wie Lysander in Delphi;
andere mochten es heimlich auf ihren Gütern verbergen. Die
Aufrechterhaltung eines an sich schon unnatürlichen Gesetzes
wird eben unmöglich, wenn die Betheiligten selbst es nicht
wollen. So konnte wenig später ein athenischer Schriftsteller
sagen: »Gold und Silber gibt es in ganz Griechenland zu-
sammen nicht so viel wie in Sparta allein; denn seit vielen
Generationen strömt es dorthin aus ganz Griechenland und
oft auch von den Barbaren, aber heraus kommt es niemals,
sondern es gilt hier, was in Aesops Fabel der Fuchs zum
Löwen sagt, man sieht deutlich die einwärts gewandten Spuren
des nach Sparta eingehenden Geldes, aber nirgends solche,
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Einwirkung der Herrscherstellung auf die Spartaner.
29
die herausführen. So kann man sicher sein, dass seine Be-
wohner die reichsten Griechen an Gold und Silber sind, und
unter ihnen wieder der König.« Die Zeitgenossen sahen darin
die Ursache der Gorruption und bald auch der äusseren
Katastrophe Spartas; schon dem Lykurg, so behauptete man,
habe die Pythia verkündet: »die Geldgier wird Sparta ver-
derben und nichts anderes« ; in Wirklichkeit war es das cha-
rakteristischste Symptom der inneren Umwandlung des Staats
unter der Einwirkung seiner Herrscherstellung.
Die angeführte Stelle aus [Plato] Alcib. I. 122 e ist deutlich vor
Leuktra geschrieben. Auch in der Schilderung der xtfioxpsma (rep. VIII,
548), in der Plato vor allem Sparta vor Augen hat, spielt die Intd-ujua
XPJfiaxwv eine grosse Rolle (xtfi.u>vxf<; a-fpunc, 6it& cxoxoo yposov xt *al äp-ppov,
fix* wxTYipivoi tajAttta xal olxtiooc *Yjoa'jpo6<;, ol (Kpisvot av a&xa xpi^siav . . .
obxoöv xal <p«3wXo: xp-njL&caiv, fix» xtfiwvxt? xat ob tpavspA; xtu»|uvoi, f ;Xava-
Xu>xal 8k aXXoxp'ouv IC ftnt9-u|i'!ay, xai X.a9-pa xä$ *^ov&s xapxtoujxBvoi cet.). Vgl.
auch Plato Hipp. mai. 288 d. Ferner Aristot. pol. II, 6 u. a. Xen. rep. Lac.
14. 3 xat itpoafl'sv jiiv olla a&xouf <po{Uoo}Jtivot>s ypootov fyovta? <patv»3$-at,
vöv V fot'.v obz xal xaXXcuitiCopivou; titt xil> xext'fjoO'at. Posidon. fr. 41 bei
Athen. VI, 233 f. : Aax«5at(iövtot öicfc io>v tft&v xutXoojisyoi ela^ipstv tl? xyjv
Ercapxvjv xal xxao&ai fip^opov xal yposbv ixxdivxo fiiv o68iv Tjxxov , rcapaxa-
x«ttHvxo 21 xol( ojiopot; 'Apxaatv [oh Xuthias Sohn des Philachaios, der
sein Geld in Tegea deponirt bat IGA. 68, ein Spartaner (Ktochhoff, Ber.
Berl. Ak. 1870, 51) oder etwa ein Perioeke (Meister, Ber. Leipz. Ges.
1896, 266) ist, scheint nicht sicher zu ermitteln]. Lysander hatte in
Delphi 1 Tal. Silber, 52 Minen, 11 Goldstatern deponirt: Anaxandrides von
Delphi bei Plut. Lys. 18. — Den Spruch d fiXoxfwyxaxta Sttaptav oXst,
SXXo 85 obtov kennen schon Ephoros (Diod. VII, 12, 5) und ihm folgend
Aristoteles (Zenob. II, 24) als Orakel an Lykurg, vgl. Forsch. I, 226 f. —
Nach Leuktra ist vielfach ausgesprochen, dass Sparta durch seine Ver-
fassung zwar befähigt sei, die[Herrschaft zu erwerben, aber nicht sie zu
behaupten, so Arist. pol. II, 6, 22. Polybios VI, 48, 6. c. 49. 50, der
den Hauptgrund in den ökonomischen Verhältnissen und der Geldfrage
sieht; Plut. Lyc. 30 bekämpft natürlich diese Ansicht.!
753. Durch diese Entwickelung wurde die Ungleichheit
des Besitzes und der ökonomische Ruin der Aermeren noch
weiter gefördert; immer grösser wurde die Zahl der »Min-
deren« (u~ou,etovs^) , die wegen Armuth das Vollbürgerrecht
verloren "(§. 262). Ausser Königen, Geronten undEphoren zahlte
30 N\ 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
im J. 399 Kinadon (§. 7(52) auf dem Markt von Sparta nur
noch etwa 40 Spartiaten unter mehr als 4000 anderen, He-
loten, Neodamoden, Hypomeiones und Perioeken. 4uf dem Lande
tritt dasselbe Verhältniss noch schärfer hervor. Die Bürgerschaft
bestand im J. 404 noch etwa aus 2000 waffenfähigen Männern
(§. 264 A.), ging aber in den nächsten Jahrzehnten an Zahl
ständig zurück. Und nun sollte sie nicht nur diese Masse
von Unzufriedenen und Unterjochten niederhalten, »unter
denen keiner es bergen kann, dass er nicht mit Freuden
jeden Spartiaten roh auffrässe«, sondern zugleich die Herr-
schaft über ganz Hellas Östlich vom Ionischen Meer behaupten,
über ein Volk von etwa 8 bis 4 Millionen Seelen. Athen,
mit einer bürgerlichen Bevölkerung, die etwa 17mal so gross
gewesen war als die Spartas, hatte die gleiche Aufgabe doch
nur in etwa der Hälfte dieses Gebiets erfüllen können. An der
Organisation des Staats liess sich nichts ändern, abgesehen
von einigen Reformen im Heerwesen. Seit dem Ende des
peloponnesischen Kriegs ist die spartanische Armee (einschliess-
lich der Garde der urestc von 800 Mann) in sechs aus Spar-
tiaten und Perioeken gebildete Hoplitenregimenter (Moren)
getheilt (§. 264 A.). Die Stärke schwankte nach der Höhe
des Aufgebots; die Normalzahl scheint 600 Mann gewesen
zu sein, darunter, auch wenn man die waffenfähigen Bürger
(Vollbürger und Mindere) bis zum 55. Jahre aufbot, weit
über die Hälfte Perioeken. Hinzu kommen die Skiriten
und seit Brasidas die aus freigelassenen Heloten gebildeten
Neodamoden, von denen jetzt immer stärkere Corps auf-
gestellt werden. Ausserdem hatte Brasidas eine Reiterei
ins Leben gerufen, die jetzt gleichfalls aus sechs Moren zu
100 Pferden besteht. Aber im Gegensatz zu Athen, Boeotien,
Thessalien stand diese Truppe in Sparta auch jetzt in ge-
ringem Ansehen; sie wurde im Frieden nicht einexercirt,
sondern erst zu Beginn des Feldzugs formirt. Die Pferde
hatten die Reichsten zu stellen, aber zu Reitern nahm man
die am wenigsten leistungsfähigen Leute, darunter gewiss nur
wenige Spartiaten. So vermochte Sparta aus eigenen Mitteln,
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31
abgesehen von den verstreut in seinem Machtbereich liegenden
Truppen, im Nothfall ein Heer von Ö000 Mann und G00 Rei-
tern aufzustellen, das durch seine Disciplin und seine ununter-
brochene Schulung noch immer dem Aufgebot jedes anderen
griechischen Staats überlegen war und den festen Kern des
von Sparta geführten Bundesheeres abgab. Aber damit war
der Staat auch an der äussersten Grenze seiner Leistungsfähig-
keit angelangt; selbst an eine Verstärkung seiner kleinen See-
macht konnte er trotz der jetzt disponiblen Geldmittel nicht
denken, sondern blieb hier nach wie vor im wesentlichen auf
die Schiffe seiner Bundesgenossen angewiesen. Daher gab es für
die Behauptung der Herrschaft über die griechischen Staaten
gar keine anderen Mittel, als die, welche man daheim zur
Niederhaltung der Heloten und Perioeken anwandte. Die
brutalen und perfiden Massregeln Lysanders, die unter der
Phrase der Freiheit die rücksichtslose Gewaltherrschaft auf-
richteten, mochte man verschmähen; eine gewundene Politik,
welche den Zwang, den sie nicht entbehren konnte, unter den
Formen des Rechts zu verbergen suchte, war dem spartani-
schen Staat durch die Gewalt der Umstände aufgezwungen,
wenn er nicht freiwillig zurücktreten und seinen Feinden die
Möglichkeit einer neuen Erhebung gewähren wollte.
Kinadons Aeusserungen : Xen. III, 8, 4 ff. — Bevölkerungszahl und
Heerwesen: §. 264 A. Xen. pol. Lac schildert die seit etwa 404 bestehende
Organisation. Das frpjn« iy^ irpurcYjs ^op«; 13» 6 sind die alten Innel?
zu Fuss. Reiterei: ib. 11. 2. 3. Hell. VI, 4, 11. Zur Starke der Mora:
Plut. Pelop. 16. Diod. XV, 32, 1 (Ephoros fr. 140).
754. Aber noch gab es in Sparta nicht wenige Männer,
welche es ehrlich meinten mit den ererbten Ordnungen und
wie Kallikratidas als Nauarch die neumodische Politik mit
Abscheu von sich wiesen. Spartas Grösse lag ihnen ebenso
sehr am Herzen wie Lysander und seinen Genossen; aber
seine Ehre wollten sie rein erhalten und das feierlich ver-
pfändete Wort Spartas wahr machen, es sei gekommen, die
Hellenen von Athens Tyrannis zu befreien und die glücklichen
und gerechten Zustande der Vorzeit wieder herbeizuführen.
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32
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Die Opposition gegen Lysander war um so stärker, da die
neue Politik in erster Linie ihm selbst zu gute kam und die
Stellung, die er einnahm, in schroffem Widerspruch stand
zu der Gleichheit, auf der die Freiheit der Bürger beruhte.
Lysander machte kein Hehl daraus, dass er seine Stellung
dauernd zu behaupten trachtete; er wird auch damals schon
für den Plan gewirkt haben, das erbliche Doppelkönigthum
durch eine Wahlmonarchie zu ersetzen und so seiner Tyrannis
auch die eigene Heimath zu unterwerfen. In dem Kampf um
Zulassung des Geldes hatte die Opposition mindestens einen
. halben Sieg errungen; sie konnte dabei nicht stehen bleiben.
Ein Umsturz der Verfassung und der Herrscherstellung der
Spartiaten, wie sie die Hörigen erstrebten, lag diesen Be-
strebungen ganz fern; aber so wie die Verhältnisse in Sparta
sich gestaltet hatten, durften sie nicht bleiben, wenn nicht
Sparta, das man jetzt in ganz Hellas als das Muster einer
weisen Staatsordnung anstaunte, an innerer Fäulniss zu Grunde
gehen sollte. Wie überall in Hellas die Parole der Rückkehr
zu den Zuständen der alten Zeit ausgegeben war, wie die
athenischen Oligarchen der verkommenen Verfassung der
Demokratie die Idealverfassung des Drakon entgegenstellten
(§. 695), so musste auch Sparta zurückkehren zu den wahren
Ordnungen des Lykurgos, von denen es abgefallen war. Man
aeeeptirte die in Griechenland weit verbreitete, in Sparta ur-
sprünglich nicht heimische Anschauung, dass Lykurgos von
dem delphischen Gotte inspirirt gewesen sei und dieser dem
Staate ewiges Gedeihen verheissen habe, so lange er seihen
Geboten getreu bleibe; um so mehr sei Sparta verpflichtet,
jede Neuerung und jede Verfälschung seiner Satzungen rück-
gängig zu machen. Die Führung der Reformbestrebungen
übernahm König Pausanias , der Enkel des Siegers von
Plataeae, der im J. 408 seinem Vater Pleistoanax gefolgt war.
In ihm vereinigten sich die Reform bestrebungen mit den alten
Tendenzen des Agiadenhauses. Das gottbegründete Königthum
der Herakliden, das Lykurg mit den höchsten Ehren aus-
gestattet hatte, war durch die weitere Entwickelung völlig ge-
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Reformbestrebungen in Sparta. König Pau9anias. 33
knechtet worden; die Ephoren waren aus seinen Dienern seine
Herren geworden, selbst die militärische Leitung hatten sie
ihm beschränkt, an Stelle des weisen Rathes der Alten, der
mit den Königen Hand in Hand gehen sollte, herrschte auch
in Sparta die Demokratie durch die alljährlich aus der Menge
gewählten Ephoren, beliebige Leute, die durch Intriguen und
Connexionen zur höchsten Macht gelangten. Hier musste die Re-
form einsetzen ; nur das wahre Königthum in seiner alten Macht-
vollkommenheit konnte eine Besserung der Zustände schaffen.
Eine Reihe von Orakelsprüchen wurde in Umlauf gesetzt, die
authentischen Verse, welche Lykurg von der Pythia erhalten
hatte — Pausanias hat sie später im Exil (§. 85G) in einer
Schrift publicirt. Hier wird Recht und Frömmigkeit, Heilig-
haltung der Eide, Ehrfurcht vor den Alten (dem Rath), Eh-
rung der Schutzgötter des Königthums, der Tyndariden und
des Menelaos, geboten; nur dieser Weg führt zu Tapferkeit
und Eintracht und damit zur Freiheit, der andere zu Bürger-
zwist, Feigheit und Knechtschaft. Auch der Spruch über die
Geldgier gehört hierher, ferner eine Anzahl von Distichen,
welche die Grundzüge der ächten Verfassung enthalten —
vielleicht sind sie schon damals für ein Gedicht des Tyrtaeos
ausgegeben worden. Völlig bei Seite geschoben wird das
Ephorat: die Ephoren hat König Theopompos im messenischen
Kriege als seine Gehülfen bei der Rechtsprechung eingesetzt,
ihre spätere Macht ist usurpirt. Auch die Volksversammlung
soll nicht selbständig entscheiden wollen, sondern dem zu-
stimmen, was Könige und Geronten im Rath beschliessen.
Endlich gehört in diesen Zusammenhang die Erzählung, Lykurg
habe das Gebiet von Sparta gleichmässig unter die Bürger
aufgetheilt und so die wahre Gleichheit geschaffen: das ist das
Programm einer umfassenden socialen Reform, welche der
Armuth der Menge ein Ende machen und die Wehrkraft des
Staats auf eine breitere und festere Grundlage stellen soll.
Meine Darstellung beruht auf Forsch. I, 222 ff. Die Orakel hat
Ephoros (bei Diod. VII, 12 und Oenomaos von Gadara bei Euseb. praep.
«v. V, 18 CT.) seiner Darstellung der Geschichte des Lykurg tu Grunde
Meyer, Geschichte des Alterthuras. V. 3
34
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
gelegt; und er selbst gibt an (Strabo VIII, 5, 5), dass er sie der Schrift
des Pausanias entnommen hat. — Von den beiden Fassungen der an-
geblichen Tyrtaeosverse Plut. Lyc. 6. Diod. VII, 12, 6 halt Wilamowitz,
Textgesch. der griech. Lyriker (Abb. Gött. Ak. 1900) S. 109 die bei Plu-
tarch für die jüngere, was mir unmöglich scheint; im übrigen trägt er
(ohne mich zu nennen) meine Deutung vor, so dass ich nicht recht weiss,
weshalb er gegen mich polemisirt. Die beiden Fassungen sind Erzeug-
nisse des politischen Kampfs um die spartanische Verfassung aus dem
Anfang des vierten Jahrhunderts, ebenso wie die verschiedenen Angaben
über die Beziehungen Lykurgs zu Kreta und Delphi, über Ursprung und
Berechtigung des Ephorats, über die Landauflheilung'. — Eine andere
Redaction der Orakel, in Prosa, sind die von Aristoteles mitgetbeilten
Rhetren; dieselben sind nicht in Sparta entstanden, weil sie das Wort
£Vf>a als >Orakel«, nicht als »Gesetz« verstehen. — Arist. pol. IV, 13. 13:
in erobernden Staaten -cAv icoXitd» t«> Suva^ivio toöto tc«pa«ov 8uux«tv,
okü>s ?6vv,tat tyj? oixstac n6Xiu>? apx«v* oiwp t'fxaXoOo'.v ol Aaxtuve;
Ilaosavta t<i) ßasiXtt. VIII, 1, 5: «uojrgp tv Aaxt&ai)iovt <paoi Aisavfyov
tivti itct/eipYjoat xataXusttt fr(v ßastXtiav xai Ilaosavtav töv ßaoiXia tyjv
tcpopeta/.
755. Wie wenig die Mehrheit der Bürgerschaft von der
neumodischen Politik wissen wollte, zeigte sich bei den Ephoren-
wahlen; in dem neuen Collegium, das im Herbst 404 antrat, be-
stand die Mehrzahl aus Gegnern Lysanders und Anhängern des
Pausanias. Trotzdem gelangten die Reformbestrebungen nicht
zum Ziel. Es ist das Verhängniss Spartas und ganz Griechen-
lands gewesen, dass das Königthum zu schwach und die
Gefahren zu gross waren. Entscheidende Bedeutung gewannen
die Gegensätze daher nur in den praktischen Fragen der
auswärtigen Politik. Hier gewann Lysander zunächst, wahr-
scheinlich noch durch die alten Ephoren und durch König Agis,.
mit dem er während des Krieges in gutem Verhältniss ge-
standen hatte, einen vollen Sieg. Seine Anordnungen wurden
bestätigt; die grossen Weihdenkmäler, welche Sparta daheim
und vor allem in Delphi aus der Beute zum Dank für die
Beendigung des Krieges errichten liess, dienten ausschliesslich
seiner Verherrlichung: in Delphi stand seine Statue inmitten
der Götter, umgeben von sämmtlichen spartanischen und
bundesgenössischen Heerführern, und Poseidon setzte ihm den
Siegeskranz auf. Für das neue Amtsjahr wurde sein Bruder
Lysanders dritte Ausfahrt.
35
Libys zum Nauarchen gewählt; thatsächlich übernahm als
sein Adjutant auch diesmal Lysander den Oberbefehl. So
konnte er gegen Ende des Jahres 404 an der Spitze der
spartanischen Flotte noch einmal einen Triumphzug durch
Hellas halten und seine Massregeln festigen und ergänzen.
Diesmal scheint er namentlich an der thrakischen Küste operirt
zu haben, wo sich noch mancher Widerstand regen mochte;
auch sein Eingreifen auf Thasos (§. 746) gehört wohl in diese
Zeit. In allen Städten überhäuften ihn seine Anhänger mit
den höchsten Ehren: der Mann, der unumschränkt in ganz
Hellas schaltete, war mehr als ein Mensch, er war ein Gott
und sein Wille Gesetz wie das Gebot der Gottheit. Die
Aristokraten auf Samos haben ihm Altäre errichtet, geopfert,
und »dem Feldherrn des wackeren Hellas aus dem reigenfrohen
Sparta« Päane gesungen; das Herafest wurde durch ein Ly-
sanderfest ersetzt. Die Dichter drängten sich um ihn und
verherrlichten wetteifernd seine Thaten, Choirilos von Samos,
Antimachos von Eolophon, Nikeratos von Heraklea, dem er
selbst beim Lysanderfest den Preis ertheilte. Die Ephesier er-
richteten ihm und seinen Mitfeldherrn im Artemistempel, die
Samier in Olympia eine Statue. Er war in der That der
ungekrönte König von Hellas. Aber während er auf dem
Gipfel seiner Macht stand, nahmen die Dinge in Athen eine
Wendung, die rasch und unerwartet den Anstoss gab zu
jähem Sturz aus schwindelnder Höhe.
Ausfahrt Lysanders: itataorfjsavxsf vauap^ov AuoavSpov todtcp icpoo-
tta'av iitticoptutotau tag xiXr.c cet. Diod. XIV, 10 unter dem J. 404 3
[daran schliesst c. 13 an]. Da Lysander im Sommer 403 vor Athen
liegt, muss seine Ausfahrt früher fallen. Dass in Wirklichkeit Libys Nau*
arch war, zeigt Xen. II, 4, 28. Dieselbe Ausfahrt wird bei Plut. Lys. 16
gemeint sein: b 5i Aooav&po; &icö tootcuv ftvofuvoc (nach der Einsetzung
der Dreissig) a&t&c iitl 0paxY]« igfeXios» cet. In den thrakischen
Aufenthalt gehört die Belagerung von Aphytis auf Pallene, das durch
eine Traumerscheinung des hier als Localgott verehrten Ammon gerettet
wird : Plut. Lys. 20. Pausan. III, 18, 3. — Ein gutes Verhältnis zwischen
Agis und Lysander ergibt sich auch aus Agis' Verhalten gegen Pau-
sanias und Athen (§. 759); dagegen will nichts besagen, dass ihm ein-
mal der Ausspruch in den Mund gelegt wird, Lysander sei ein zweiter
36
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Pausanias (der Sieger von Plataeae): Athen. XV, 543 b. — Ehren Ly-
sanders: Plut. Lys. 18, darunter der Päan nach Duris (fr. 65, auch bei
Athen. XV, 696 e). AoadvSpeta auch Hesych. s. v. Die Siegesdenkmäler
(vgl. §. 734 A.) auch Pausen. III, 17, 4 f. VI, 3, 14. X, 9, 7 ff.
Befreiung Athene und Sturz Lysanders.
756. Zu Anfang des Winters des J. 404 hatte sich eine
Schaar flüchtiger Athener, geführt von Thrasybulos und
Anytos, insgeheim unterstützt von den Häuptern der demokra-
tischen Partei in Theben , in dem attischen Bergdorf Phyle
inmitten des Parnes, nordwestlich von Athen, festgesetzt. Es
waren zuerst nicht mehr als 70 Mann: aber der steile Gipfel,
auf dem sie sich verschanzten, ermöglichte ihnen, die Angriffe
der Dreissig abzuwehren; und eine regelrechte Belagerung
wurde durch starken Schneefall verhindert. Die Machthaber
legten der Bewegung anfangs wenig Bedeutung bei ; sie fuhren
fort in ihrer bisherigen Weise zu regieren, liessen hinrichten
wer ihnen im Wege stand oder ihre Habgier reizte, und
zogen den Grundbesitz der Verurtheilten für sich und ihre
Freunde ein. Wie auf Sa mos der Demos verjagt war, sollten
auch in der Stadt Athen nur Anhänger der neuen Ordnung
leben; wer nicht im Katalog der Dreitausend stand, wurde
in die Vororte und den Piraeeus ausgewiesen. Aber auch
hier waren sie ihres Lebens nicht sicher, so dass sich alle
Nachbarstaaten mit Flüchtigen füllten. Mit Thrasybulos sollen
die Dreissig Verhandlungen angeknüpft und ihm den Eintritt in
ihr Collegium geboten haben. Das wies er ab. Seine Macht war
jetzt auf 700 Mann angewachsen-, damit gelang es ihm die
spartanische Garnison und zwei Reiterschwadronen, die nörd-
lich von Acharnae lagerten, um das Land gegen seine Raub-
züge zu schützen, in der Morgenfrühe zu überfallen und zu
schlagen. Da begannen die Dreissig um ihre Zukunft besorgt
zu werden; um sich für alle Fälle einen festen Zufluchtsort
zu sichern, überfielen sie mit der Ritterschaft Eleusis und
führten die Bewohner gefangen fort. Auch eine Anzahl
Salaminier theilten ihr Schicksal ; der Rath wurde gezwungen,
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Thrasybul in Phyle. Eroberung des Piraeeus.
37
ihnen sämmtlich, etwa 300 Bürgern, unterschiedlos das Todes-
urtheil zu sprechen.
Xenophon erzfthlt die Verjagung twv Ifcw toö xatoX^oo (erwähnt
auch Lys. 13, 47. 25. 22. 26, 2. 31, 8. Isokr. 7, 67 «t« t6v Dtipata <po-
fitv rcXstooc $j jwvtaxtoyiXtoos ^vdtYxaoav) vor der Besetzung von Phyle,
Aristoteles, Diodor XIV, 32, 4 (jmtpxtoav aüto£>c «?c tiv flttpaiä), Justin
V, 9, 12 (demigrare eos ex urbe iubent et in bracchiis muri, quae diruta
fuerant, habitare) nach derselben. Das sieht glaubwürdig aus, kann aber
sehr leicht auch (Kombination sein, die darin eine Massregel zum Schutz
gegen Thrasybul sieht, während nach Xenophon Habsucht der Grund
war. Lyp. 25, 22 spricht eher für Xenophons Chronologie. — Flücht-
linge in Chalkis: Lys. 24, 25, in Oropos 31, 9. 17. — Anytos Strateg in
Phyle: Lys. 13. 78. — Verhandlungen mit Thrasybul: Diod. XIV, 82, 5.
Justin V, 9, 18. — In den Angaben über die Zahl der Truppen Tbrasy-
buls weichen die Späteren (Diod. Nepos. Pausan. I, 29, 3 u. a.) zum
Theil von Xenophon ab, dessen Zahlen ich beibehalte. — Ab Localit&t
des Ueberfalls Xen. II, 4, 6 nennt Diod. XIV, 32 Acharnae. — Hin-
richtung der Eleusinier, neben denen Lys. und Diod. Salaminier nennen :
Xen. II, 4, 8 ff. Lys. 12, 52. 13, 44. Diod. XIV, 32, 4 (an falscher Stelle).
757. Diese ununterbrochene Kette von Verbrechen schadete
der Sache der Dreissig mehr als sie nützte ; auch unter denen,
die zu Anfang den Sturz der Demokratie und die ersten
Massregeln der Oligarchie mit Freude begrüsst hatten, wandten
sich die meisten mit Abscheu von ihnen ab, selbst viele der
jungen Aristokraten, die im Reitercorps dienten, wie Xenophon
und Piaton, der Neffe des Gharmides, des Vetters des Kritias;
verlassen konnten sie sich höchstens noch auf die, welche
ihnen freiwillig Schergendienste geleistet hatten und den Raub
nicht fahren lassen wollten. Thrasybuls Streitmacht wuchs
von Tag zu Tag; er konnte jetzt einen entscheidenden Schlag
versuchen. Vier Tage nach dein Gefecht bei Acharnae zog
er mit 1000 Mann in den jetzt offen daliegenden Piraeeus
ein und setzte sich auf dem steilen Hügel Munychia fest, der
die Hafenstadt beherrschte. Die Dreissig führten die sparta-
nische Garnison und das Gesammtaufgebot der Stadt heran
und suchten vom Markt aus durch die zur Höhe führende
Hauptstrasse die feindliche Stellung zu stürmen. Aber alle
Vortheile des Terrains waren auf Seite der Freiheitskämpfer;
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38
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
in Massen strömte die waffenlose Bevölkerung des Piraeeus
ihnen zu und schleuderte, gedeckt durch die in der Front
stehenden Hopliten, Steine und Speere auf die Schaaren der
Angreifenden. In dem Strassenkampf fielen Kritias und Char-
mides und etwa 70 andere. Mit dem Scheitern des Angriffs
brach in Athen die Macht der Dreissig zusammen; am nächsten
Tage traten die Dreitausend zusammen, kündigten ihnen den
Gehorsam und setzten sie ab (etwa Anfang März 403). Acht
Monate lang hatten sie das Regiment geführt; die Zahl ihrer
Opfer wird auf 1500 Bürger geschätzt, »beinahe eine grössere
Zahl von Athenern als die Peloponnesier während der zehn
Jahre des Krieges getödtet hatten«. Die Ueberlebenden
von den Dreissig entwichen nach Eleusis, bis auf Pheidon
und Eratosthenes, zwei Parteigänger des Theramenes, die sich
am gemässigtsten gehalten hatten; die Dreitausend aber be-
stellten sich eine neue Regierung, zehn Männer, einen aus
jeder Phyle, darunter der eben genannte Pheidon, ferner
Rhinon, Hippokles, Epichares, Phayllos, alles angesehene
Männer, die zwar zum Theil im Rath der Dreissig gesessen,
aber aus ihrer Abneigung gegen das Treiben des Gharikles
und Kritias kein Hehl gemacht hatten. Sie sollten den Staat
neu ordnen und dem Bürgerkrieg ein Ende machen. Auch
Thrasybul und die Seinen Hessen es an Aufforderungen nicht
fehlen, den Kampf aufzugeben und sich mit Männern zu ver-
söhnen, denen nur die schmählichsten Gewaltthaten die
Waffen gegen die Heimath in die Hand gezwungen hatten.
Dazu war man in der Stadt bereit; aber die Demokraten im
Piraeeus forderten zugleich Zulassung zu gleichen Rechten
und Wiederherstellung der alten Verfassung, während die
Städter und die Zehnmänner auch nach dem Sturz der
Tyrannen die aristokratische Verfassung ebenso gut aufrecht
erhalten wollten wie im J. 411 Theramenes und die Fünf-
tausend nach dem Sturz der Vierhundert. Ausserdem hatten
sie auf Sparta und auf die Garnison unter Kallibios Rücksicht
zu nehmen. So war die den Zehnmännern gestellte Aufgabe
unlösbar; eine Versöhnung Hess sich zur Zeit nicht erreichen.
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Sturz der Dreissig. Das Collegium der Zehn.
39
Statt dessen wurden die Zustände in der Stadt noch wirrer
als vorher. Niemand traute dem anderen, nicht wenige
gingen zu den Leuten im Piraeeus über; Tag und Nacht er-
wartete man einen Ueberfall. Um ihre Autorität zu behaupten,
mussten auch die Zehn Todesurtheile sprechen; ihre einzigen
zuverlässigen Stützen waren Kallibios und das Rittercorpst
und auch bei diesem gewann bald der Wunsch nach Ver-
söhnung die Oberhand. Während dessen wuchs die Macht
Thrasybuls ununterbrochen. Von allen Seiten strömten die
Verbannten ihm zu, dazu zahlreiche Metoeken und Fremde,
denen man für ihre Unterstützung Gleichstellung mit den
Bürgern in den Abgaben (Isotelie) verhiess; auch entlaufene
Sklaven und mancherlei Gesindel schloss sich an. Von aus-
wärts erhielt man Geld, namentlich aus Theben und von
Thrasydaeos, dem Führer der Demokraten in Elis ; der Waffen-
fabrikant Lysias, ein reicher Metoeke, dessen Bruder von den
Dreissig umgebracht und der selbst mit genauer Noth nach
Megara entkommen war, sandte Schilde und warb Söldner
an. Auch die Aermeren konnten mit Waffen ausgerüstet
werden; man unternahm Streifzüge, um Lebensmittel zu be-
kommen, schlug sich mit den Reitern aus der Stadt herum,
und konnte schliesslich directe Angriffe auf die Stadtmauer
versuchen.
Xenophon schildert die Vorgänge und speciell die Stimmung und
die Thaten der Inns!; aus lebendigster Erinnerung. Aus den späteren
Kämpfen hat Ephoros (Diod. XIV, 33, 3. Nepos Thrasyb. 2, 5) eine zweite
Schlacht nach dem Tode des Kritias, aber vor der Absetzung der Dreissig
gemacht; sonst tritt die (indirecte) Abhängigkeit alleF Späteren von Xeno-
phon deutlich hervor; daneben sind die Redner, namentlich Lysias, be-
nutzt. — Dauer der Herrschaft der Dreissig acht Monate Xen. II, 4, 21 ;
die drei Monate bei Isokr. 4, 113 dagegen beziehen sich nicht auf Athen
<§. 759 A.). 1500 Bürger als Zahl ihrer Opfer: Isokr. 12, 67. 20, 11.
Aeschin. 8, 235. Arist. 35, 4. — Philoch. fr. 123 über Kritias ist corrupt;
ist etwa herzustellen: itejntTu) <|rr)vl> Gotepov rrj<; Opaoüßo-jXoo <xafrö3oo
•i; 3>üX-})v oder ahnl.> Kptxtas lv Ilsipats: xsAeotiV — Ueber die An-
griffe auf Athen auch Isokr. 16, 13. — Unterstützung durch Lysias und
Thrasydaeos von Elis: vit. Lys. Justin V, 9, 9. — Zu den grüssten
Ueberraschungen, die Arist. pol. Ath. brachte, gehörte, dass nach dem
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Sturze der Dreissig hinter einander zwei Zehnercommissionen eingesetzt
seien: die erste habe ihre Aufgabe nicht erfüllt, sondern tyrannisch re-
giert, darauf sei sie durch eine zweite unter Rhinon und Phayllos ersetzt
worden, welche die Versöhnung abschloss und unter der Demokratie
Rechenschaft ablegte. Natürlich hat man ihm das allgemein geglaubt
und die übrigen Quellen gescholten, die nichts davon wissen; aber auch
hier erweist sich Aristoteles' Bericht als unhaltbar und verfälscht. Denn
auch Isokrates 18, 5 (in einer um 899 geschriebenen Processrede) saglr
y^/ov jxsv Y&p ot Sexot o: jxsta xp'axovTa xatacTavt«? , zu denen
Rhinon gehört (§. 6. 8); so könnte er sich nicht ausdrücken, wenn es
hinter einander zwei Zehnercommissionen gab und er die zweite von
diesen meinte. Diese Commission, und darunter gerade Rhinon, geht
gegen die Anhänger tü»v tv Ilcipotut vor gairz wie bei Aristoteles die ersten -
Zehnm&nner; sie hat aber nachher offenbar Rechenschaft abgelegt, denn
Rhinon xol ot ooväp^ovtsc leben in Athen und können als Zeugen auf-
treten (§. 8). Das stimmt also zu Arist. 38, 4. Ebenso bleibt Epichares,
Mitglied der nach dem Sturz der Dreissig eingesetzten Behörde (Lys. 12,
55), unter der Demokratie politisch tbätig und klagt 899 Andokides an
(Andoc. 1, 95. 99 f., der ihn Mitglied des Raths der Dreissig nennt und
die üblichen Beschuldigungen vorträgt, aber nicht erwähnt, dass er auch
zu den Zehn gehörte). Somit ist die Entstehung der Angabe bei Ari-
stoteles folgende : die Zehnmänner, darunter Pheidon, Hippokles und Epi-
chares (Lys. 12, 55), sind nach dem Sturz der Dreissig gewählt, um die
Versöhnung herbeizuführen: Lyp. 12, 58, vgl. §. 53. 60; Isokr. 18, 17
(unter der Herrschaft der Zehn o-i iis^Kr^xo piv ol xptäy.ovta, 6 5s Ilsi-
paieu; 7jv xstTS'./.Tjjj.pivo? , sxpüxsi 8' 6 ot^o^, rcspl 2totXXaYu»v Z" -r^av ol
X6701); Ephoros [Diod. XIV, 33, 5]; Aristot. 38, 1 a'ipoüvtcti oixa ttl>v rco-
Xiitöv aötoxpdxopa; tni ir^ toü tioIujaou xaxa/.ü3tv. Aber sie fflhren den Krieg
gegen die Leute im Piraeeus energisch weiter und wenden sich an Sparta
um Hülfe (Lys. 12, 55 — 60), erfüllen also nach Lysias' Auffassung ihren
Auftrag nicht und sind daher schlimmer als die Dreissig. Das berichten
auch Ephoros (Diod. XIV, 33, 5. Justin V, 10, 5) und Aristoteles, der es
durch Damaretos* Schicksal weiter illustrirt. Aristoteles' Quelle Über-
nimmt also wie Ephoros über die Zehnmänner die Auffassung des Lysias ;
andererseits aber hat sie entschiedene Sympathien für Rhinon und
Phayllos als gemässigte Männer, die dit Versöhnung herbeiführen und
Rechenschaft ablegen; sie hilft sich dadurch, dass sie die Zehnmänner
in zwei Collegien mit entgegengesetzten Tendenzen zerschneidet. Auch
die Urkunde der Versöhnung bei Arist. 39 kennt nur eine Commission
von Zehn: von der Amnestie sind ausgeschlossen die Dreissig, die Zehn,
die Elf und die Zehnmänner im Piraeeus, und auch diese nicht tav
5iiJ»3tv i'jOüva?. Die Wahl zwischen freiem Abzug und Rechenschafts -
ablegung musste doch auch der zur Zeit der Versöhnung in der Stadt
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Die Zehnmänner. Intervention Lysanders.
41
herrschenden Behörde gewahrt werden. Diese Zehnmänner haben aber
sammtlich unbeanstandet Rechenschaft gelegt und sind in der Stadt
geblieben. Deshalb erwähnt sie Xenophon II, 4, 88 in- seinem summa-
rischen Bericht nicht; das ist von Ephoros (Justin V, 10. 7. Nepos
Thrasyb. 8/ 1) auf Grund des Documents berichtigt, wie bei Aristoteles.
— So erklärt sich auch, dass Eratosthenes , das einzige beim Auszug
nach Eleusis in der Stadt gebliebene Mitglied der Dreissig ausser Pheidon
(der durch die Rechenschaftsablage der Zehnmänner bereits entlastet
war), sich der Rechenscbaftsablage stellt. — Die (irtä t-Jjv x&taXosiv xeüv
k' £ttpotovY}«HvTC£ avdpsc t' werden auch aus Androüon angeführt (fr. 10,
bei Harpokr. 8txa; s. v. M6Xtu<; verwechselt Barp. sie mit den Zehn im
Piraeeus). — Archippos' Komödie Rhinon (Kocx I, p. 687) wird kurz
nach 408 fallen.
758. Indessen die Entscheidung lag nicht in Athen,
sondern in Sparta. Bereits hatten sich beide Parteien der
Städter, die Dreissig aus Eleusis und die Zehnmänner, um
Hülfe nach Sparta gewandt: der Demos habe sich gegen Spartas
Herrschaft empört, lasse man ihn gewähren, so werde Athen
den Boeotern in die Hände fallen. Lysander forderte ener-
gisches Einschreiten; hier handle es sich um die Aufrecht-
erhaltung der spartanischen Machtstellung. Er erwirkte die
Erlaubniss, dass sein Bruder Libys sich mit vierzig Schiffen
vor den Piraeeus legte, während er selbst ein Landheer an-
warb und zugleich den Zehnmännern einen Vorschuss von
100 Talenten vermittelte. Im Hochsommer 403 war der
Piraeeus aufs neue durch ein spartanisches Heer zu Lande
und zu Wasser eingeschlossen. Alsbald waren die Demokraten
in grosser Noth; ihre Sache schien rettungslos verloren, und
manche suchten bereits ihr Heil in der Flucht. Aber König
Pausanias war nicht gewillt, Lysander gewähren zu lassen;
die Rivalität gegen den übermächtigen Feldherrn und das
Gefühl für die Ehre Spartas, die unheilbar kompromittirt war,
wenn es durch sein Einschreiten die Schandthaten der Dreissig
nachträglich sanktionierte, wirkten bei seinem Entschluss zu-
sammen. Er gewann drei Ephoren für sich und erhielt die
Erlaubniss, den Heerbann des peloponnesischen Bundes auf-
zubieten. Die Boeoter (d. h. Theben) und Korinth weigerten
die Heeresfolge, da Athen nichts Unrechtes gethan habe; mit
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
den übrigen Truppen lagerte sich Pausa nias in der Ebene
zwischen der Stadt und dem Hafen. Auch Lysander mit
seinen Soldtruppen musste sich jetzt dem Oberbefehl des Königs
unterstellen. Pausanias forderte zunächst die Räumung des
Piraeeus; aber als das geweigert wurde, betrieb er den Krieg
nur lässig und zum Schein, so dass er bei einem Gefecht
schliesslich nur unter schweren eigenen Verlusten die Feinde
zurückwerfen konnte. Aber in seinen Absichten liess er sich
dadurch nicht irre machen; und zugleich bestürmten ihn die
Neutralen aus der Stadt und manche Exulanten, die in sein
Lager kamen; Nikias' Bruder Diognetos, der früher von den
Radicalen verbannt worden war, führte dem König die Enkel
und die Neffen des Feldherrn zu und beschwor ihn bei seinem
Andenken, Athen zu retten. Pausanias wies die Dreissig
schroff zurück; er veranlasste die Bürger aus der Stadt, ihm
versöhnliche Erklärungen zu geben, und die Demokraten, eine
Friedensgesandtschaft in sein Lager zu schicken. Die beiden
Ephoren, die ihn nach spartanischer Ordnung begleiteten,
waren mit ihm einverstanden, die Gesandten aus dem Piraeeus
und zwei Mittelsmänner aus der Stadt wurden nach Sparta
gesandt. Diese gaben die Stadt völlig in die Hände Spartas
und forderten die Demokraten auf, das Gleiche zu thun, so
dass Sparta über Athens Schicksal frei entscheiden könne.
Die Ephoren und die Volksversammlung stimmten Pausanias'
Vorschlägen zu; eine Commission von 15 Männern wurde
entsandt, um mit dem König zusammen die Versöhnung ins
Werk zu setzen. Beide Parteien stimmten zu, alles Geschehene
für ewige Zeiten zu vergeben und zu vergessen und sich
wieder zu einem Staate zu vereinigen. Ausgenommen wurden
nur die Dreissig und ihre Gehülfen, die Elf- und Zehnmänner
in der Stadt und im Piraeeus, sowie die bisher in der Stadt
herrschende Zehnercommission; diesen und allen, die sonst
dem Frieden nicht trauten, wurde freier Abzug nach Eleusis
bewilligt, wo sie ein selbständiges Gemeinwesen bilden sollten.
Aber auch den von der Amnestie ausgeschlossenen war frei-
gestellt, vor einem aus den Besitzenden beider Parteien ge-
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Pausanias gegen Lysander. Freigabe Athens. Die Versöhnung. 43
bildeten Gerichtshof Rechenschaft zu legen und dann unbe-
helligt in der Stadt zu bleiben ; und das haben die regierenden
Zehnmänner sofort gethan. Auf diese Bedingungen wurde
die Versöhnung abgeschlossen ; am 12. Boedromion (4. Oct.
403) hielten die Demokraten aus dem Piraeeus ihren Einzug
in die Stadt, brachten der Gottin auf der Burg das Dankopfer
dar und leisteten mit den Städtern zusammen den Eid, der
die Amnestie besiegelte. Die Neuordnung ihres Staates wurde
diesmal wirklich, genau nach den Bestimmungen des Friedens
von 404, allein der Bürgerschaft überlassen. Pausanias führte
sein Heer zurück ; fortan hat sich Sparta jeder Intervention in
Athen enthalten. Rein politisch betrachtet, ist Pausanias' Vor-
gehen ein Fehler gewesen ; schwer hat Sparta dafür büssen müssen,
dass es selbst den Gegner, da er wehrlos am Boden lag, wieder
aufgerichtet und dadurch die nochmalige Erneuerung des ver-
derblichen Dualismus in Hellas möglich gemacht hat. Aber
eben darum ist Spartas Verfahren gegen Athen der stolzeste
Ruhmestitel in seiner Geschichte; ihm und in erster Linie
dem hochsinnigen König aus dem Agiadenhaus verdankt Athen
und verdankt die Welt alles, was diese Stadt in der folgenden
Zeit an unvergänglichen Werken geschaffen hat.
Die Verhandlungen in Sparta Xen. II, 4, 28 f. lernen wir durch
Lysias 12, 58 ff. genauer kennen, der auch den Unterhändler Pheidon
nennt. Das Hülfsgesuch der Dreissig hat Ephoros (Diod. XIV, 32, 6)
vor den Tod des Kritias gesetzt; bei Aristoteles 37, 2 ist es gar mit der
Entsendung des Kallibios zusammengeworfen (§. 749 A.). — Nolhlage im
Piraeeus: Isokr. 18, 49. — Theben und Korinth: Xen. II, 4, 30. III,
5, 5. Plut. Lys. 27. — Diognetos: Lys. 18, 10 f. — Der Unterhändler aus
der Stadt Meietos Xen. II, 4, 36 ist wohl der Ankläger des Andokides
(vgl. Andoc. 1, 94), aber nicht der des Sokrates. — Diodor, Justin, Nepos
Thras., Plut. Lys. 21 bieten nichts von Bedeutung; bei Diod. XIV, 83
fehlt am Scbluss die Wiedergewinnung von Eleusis, um derentwillen er
doch die Befreiung Athens ins Jahr des Xenainetos 401/0 gesetzt hat.
Die jedenfalls entstellte Angabe bei Pausan. HI, 8, 6, nach Aegospotamoi
hätten Lysander und Agis gegen die beschworenen Eide bei der
Bundesversammlung gefordert exx<Hat spopptCoo? tä; 'Ad-r]v&;, bezieht
sich wohl auf das Verhalten der beiden im J. 403. — Urkunde der Ver-
söhnung Arist. 39 (vgl. §. 757 A.); der Eid (verkürzt) Andoc. 1, 90 u. a.
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44 IV- 1- Lysanders Herrschaft und Sturz.
i
V
faaX'kayxi und itofur»] tl? *öXtv Lys. 18, 80 = Xen. II, 4, 39» der eine
Rede Thrasybuls folgen lasst. Das Datum bewahrt Plut. de glor. Ath. 7
rjj du>5r/«irfl (BofjBpofttüivo?) yapwrr^ta efroov sXso&tpiac' ev »xsivtj -pR °*
anb *t>X-rj; xarJjX&ov. Dass die BtaXustic unter Eukleides 403/2 fallen,
sagt auch Arist. pol. Ath. 39, 1; e*i IlufroSwpoo 41, 1 ist Flüchtigkeit,
wenn nicht eine Lücke vorliegt. [Dass in dem Ehrendekret für die
Phylek&mpfer MAI. 23, 28. 25, 34 nicht IlufroSwpJo; r^/t, sondern Et-
va:vrc]os r,px» zu ergänzen ist, zeigt A. Körte MAI. 25, 392 ff.]
759. Die von Sparta durchgeführte Versöhnung der Par-
teien in Athen war zugleich eine offene Absage an Lysander und
seine Politik. Regierung und Volk hatten erklärt und durch
die That erwiesen, dass sie mit ihm nichts gemein hätten und
keine Gewaltherrschaft aufrichten, sondern ihr Wort wahr
machen wollten. Lysander hatte Pausanias nicht hindern
können; jetzt versuchten seine Anhänger, geführt von König
Agis, wenigstens nachträglich das Geschehene rückgängig zu
machen. Pausanias wurde wegen Preisgebung der Interessen
Spartas vor den aus den 28 Geronten, den 5 Ephoren und
dem anderen König gebildeten Staatsgerichtshof gestellt. Agis
und 14 Geronten sprachen ihn schuldig, die übrigen Stimmen
fielen zu seinen Gunsten. Damit war seine Politik nach-
träglich noch einmal gebilligt. Das gab den Gegnern Lysanders
Muth. Ueberall hatten er und seine Anhänger ähnliche Ver-
brechen begangen wie in Athen; jetzt strömten von allen Seiten
die Klagen und die Bitten um Sühne und Besserung nach
Sparta. Entscheidend wurde, dass auch Pharnabazos sich
insgeheim mit Beschwerden an die Ephoren wandte; seit Ly-
sanders Stellung erschüttert war, konnte er hoffen, für seine
Uebergrifife Genugthuung zu erhalten. Die Ephoren, Gegner
Lysanders, willfahrten dem Satrapen und riefen Lysander ab.
Er war, vermuthlich von Athen aus, mit der Flotte wieder
an den Hellespont gegangen; jetzt bat er Pharnabazos, mit
dem er nach wie vor auf vertrautem Fusse zu stehen wähnte,
um ein Rechtfertigungsschreiben. Aber der Satrap betrog
ihn und gab ihm statt dessen eine Anklageschrift; so musste
er selbst seinen Sturz besiegeln (Ende 403 oder Anfang 402).
Dem Sieger von Aegospotamoi durfle man nicht den Process
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Sturz Lysanders und seiner Geholfen. Klearchos. 45
machen; aber gegen seine Gehülfen ging man energisch vor.
Thorax, eines seiner vertrautesten Werkzeuge, den er zum
Harmosten von Samos gemacht hatte, wurde abberufen und
hingerichtet, weil er im Besitz von Geld befunden wurde.
Derkylidas, Harmost von Abydos, über den Pharnabazos sich
beschwert hatte, wurde mit einer entehrenden Disciplinarstrafe
belegt. Nach Byzanz hatte die Regierung, als die Stadt um
Schutz gegen die Thraker bat, an Stelle des 405 von Lysander
eingesetzten Harmosten Sthenelaos den Klearchos gesandt, der
hier schon früher gegen Alkibiades das Gommando geführt
hatte (§. 717). Er sammelte ein Söldnercorps; aber anstatt
gegen die Thraker zu kämpfen, machte er die Beamten und
die angesehensten Bürger nieder, zog ihr Vermögen ein und
schaltete als Tyrann. Jetzt wurde er abgerufen; aber er wei-
gerte sich zu gehorchen, so dass den Spartanern nichts übrig
blieb, als ihn zum Tode zu verurtheilen und eine Truppen-
macht unter Panthoidas gegen ihn zu entsenden. Klearchos
konnte sich in Byzanz inmitten einer feindseligen Bevölkerung
nicht behaupten; er zog sich nach Selymbria zurück, das er
gleichfalls besetzt hatte, und führte von hier aus den Bürger-
krieg gegen Panthoidas. Schliesslich wurde er belagert; dann
entfloh er und ging zu Kyros. Der konnte für seine Pläne
solche Menschen brauchen; er gab ihm 10,000 Dareiken
(234,000 M.) zum Anwerben von Söldnern, und mit diesen
führte er zunächst den Krieg gegen die Thraker im Hinter-
lande der Chersones auf eigene Hand weiter, unterstützt durch
Contributionen der schutzbedürftigen Griechenstädte und jetzt
unbehelligt, ja insgeheim begünstigt von Sparta, das sich an
dem Schützling des Kyros nicht vergreifen mochte.
Process des Pausanias: Pausan. III, 5, 2. — Lysander und Phar-
nabazos: Plut. Lys. 19 f. Nepos Lys. 4. Polyaen VII, 19. — Thorax:
Diod. XIV, 8. 5. Plut. Lys. 19. - Derkylidas: Xen. III, 1, 9 (apuoarrj;
•j8v6|Uvo? iv 'Aßö5u> ercl AüsavSpoo vayoipxo5vT00- — Plutarch erzahlt erst
die Pharnabazosgeschichte und die Abberufung Lysanders, dann seine
Heise zum Ammonion, dann seine Intervention in Athen; dieser Anord-
nung ist Judeich, Kleinas. Studien, gefolgt. Aber sie ist chronologisch
ebenso unmöglich, wie sachlich; denn zwischen Lysanders Rückkehr von
40
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Samos und erneuter Ausfahrt und den Operationen gegen Athen im
Sommer 403 ist dafür kein Platz, und bei der Intervention in Athen
war Lysanders Macht offenbar noch ungebrochen; vielmehr bat ihm
Pausanias' Auftreten den ersten Stoss gegeben. Plutarchs Anordnung
ist offenbar dadurch entstanden, dass Ephoros nach der Einsetzung der
Dreissig zuerst Lysanders neue Ausfahrt 404/3 (Diod. XIV, 10, 1. 13;
dabei eingeschoben Aristos' Sendung nach Syrakus und Alkibiades' Tod
c. 10, 2 ff. 11, sowie Klearchos' Thaten c. 12), dann seinen Sturz [den
Diodor 13, 2 übergangen hat] und seine Pläne gegen das Königthum
(c. 13, 2 ff.), die Befreiung Athens dagegen erst viel später (nach
dem Krieg gegen, Elis und Kyros' Feldzug) erzählte (c. 32. 83). Diese
sachliche Anordnung hat Plutarchs Quelle für chronologisch gehalten.
Allerdings konnte man aus Isokr. 4, 113 »die Mitglieder der Dekarchien
haben in 3 Monaten mehr Menschen ohne Process getödtet, als Athen
während seiner ganzen Herrschaft verurtheilt hat« [die Stelle bezieht
sich durchaus nicht speciell auf Athen und die Dreissig, wie man meist
glaubt, sondern auf die Zeit der spartanischen Schreckensherrschaft Ober-
haupt] folgern , dass die Dekarchien nur 3 Monate bestanden hätten.
Doch scheint mir das unmöglich, und Isokrates hat wohl nur den Höhe-
punkt des Terrorismus in Griechenland während des Winters 404/8 im
Auge; vgl. 12, 66. — Klearchos: Diod. XIV, 12. Weiteres über seine
Thaten in Byzanz und seine thrakischen Feldzüge Polyaen II, 2, 1. 5—10.
Frontin III, 5, 1, zum Theil abweichend (Klearch ist schon von den
Ephoren bestraft, Byzanz abgefallen; er fährt nach Lampsakos, während
die Thraker Byzanz belagern ; deshalb bittet dies ihn um Hülfe, er fährt
bin, nimmt die Feldherrn mit List gefangen und bringt sie um, und be-
mächtigt sich der Stadt). Sicherheit ist nicht zu erlangen. Xenophon
Anah. I, 1, 9. 3, 4. II, 6. 2 ff. hat die entscheidenden Vorgänge absicht-
lich übergangen, weil er Klearch für eine Idealgestalt hält. Plutarchs
Angabe Artax. 6 AaxsSaifj.öviot TxoxdXirjv npo? KXsap^ov ärürrttXav uirfjp*-
Tstv K'jpui ffdcvta xsXsuovtt; wird wohl richtig sein. — Vor Klearch ist
Sthenelaos (Xen. Hell. II, 2, 2), nach ihm Kleandros (Anah. VI, 2, 13)
und nach diesem Aristarchos (Anah. VII, 2, 5) Harmost in Byzanz; dass
die Gegensätze in der Stadt noch nicht ausgeglichen sind (Anab. VII,
1, 39), ist begreiflich.
7 00. In ähnlicher Weise ist die spartanische Regierung
offenbar noch an manchen Orten eingeschritten. Die Har-
mosten und die Besatzungen konnte man nicht entbehren,
und mancherlei Reibungen waren nicht zu vermeiden; aber
es sollte doch anständig zugehen. Daher wurden die Zehner-
collegien überall aufgelöst und statt ihrer die wahre Verfassung
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Aufhebung der Dekarchien. Lysander nach seinem Sturz. 47
der Väterzeit hergestellt, eine gemässigte Aristokratie der Grund-
besitzer (vgl. §. 740 A.). Wir können nicht zweifein, dass sich wie
bei der Einsetzung so auch beim Sturz der Gewaltherrschaften
vielerorts ähnliche Vorgänge abgespielt haben, wie in Athen;
doch ist von den Einzelheiten keine Kunde auf uns gekommen,
da Xenophon diese Dinge absichtlich verschweigt (§. 162) und
unsere sonstigen sehr dürftigen Quellen versagen. Nur das er-
fahren wir, dass Lysanders Militärcolonie in Sestos aufgelöst
und die Stadt den alten Bewohnern zurückgegeben wurde. —
Lysander hat die Zerstörung seiner Macht zähneknirschend mit
ansehen müssen ; so mächtig er da gestanden hatte, ihm fehlte
die Legitimität. Nur durch den Namen und die Macht des Hei-
mathsstaats hatte er wirken können ; da dieser ihn verläugnete,
brach seine Stellung zusammen. Gegen ihn sich aufzulehnen,
konnte er noch weniger wagen, als vor vier Jahren Alkibiades
gegen den Demos von Athen. Der Bau des spartanischen Staats
war so fest, dass er nicht nöthig hatte, den gestürzten Macht-
haber auszustossen. Zu diplomatischen Aufgaben ist Lysander
noch mehrfach benutzt worden, so bei Verhandlungen mit
Dionys (§. 784) und mit den Peloponnesiern, auch militärische
Commandos hat man ihm später wieder anvertraut; aber zur
Macht ist er nicht wieder gelangt. Seine Pläne freilich hat
er niemals aufgegeben, und unter der Bürgerschaft hatte er
immer noch einen grossen Anhang. Er trug sich mit dem
Gedanken, die legitime Macht des Erbkönigthums, der er er-
legen war, zu beseitigen und durch ein Wahlkönigthum zu
ersetzen; da sein Vater Heraklide war, hoffte er alsdann die
Stimmen auf sich vereinigen zu können. Er engagirte einen
Literaten Kleon von Halikarnass, der ihm eine Rede für die
Verfassungsänderung entwarf, die sich später in seinem Nach-
lass fand — das Gegenstück zu den literarischen Producten,
mit denen König Pausanias arbeitete; er versuchte die Orakel
von Delphi und Dodona für seine Pläne zu gewinnen, ja er
reiste selbst nach dem Ammonion in der libyschen Wüste,
das jetzt, wo das Ansehen der heimischen Orakelstätten zu
erblassen begann, zu um so grösserer Autorität anwuchs; er
48
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
soll einen Schwindelpropheten aufgetrieben haben, der sich für
Silenos, den Sohn des Apollo ausgab und unter seine Sprüche
auch die Weisung an Sparta aufnahm, den König fortan aus
den besten Bürgern zu wählen. Aber all diese Machinationen
halfen ihm nichts; seine eigenen Werkzeuge versagten, die
Orakel zogen die reale Macht der imaginären vor und erwiesen
sich seinen Bestechungen unzugänglich. Noch sieben Jahre
lang hat Lysander sich mit diesen Entwürfen abgegeben, ein
trauriges Bild eines gestürzten Intriganten, der den richtigen
Massstab für die realen Verhältnisse verloren hat. Einmal
noch schien ihm die Hoffnung zu winken, als König Agis im
Sommer 399 gestorben war. Seinen Sohn Leotychidas hatte
der Vater selbst als Bastard von Alkibiades bezeichnet; gegen
ihn erhob daher Agis' Bruder Agesilaos den Anspruch auf die
Nachfolge. Lysander trat mit aller Energie für diesen ein; er
deutete einen zweideutigen Spruch aus Delphi zu seinen Gunsten
und setzte durch, dass Agesilaos das Königthum erhielt. Er
hatte gehofft, in ihm ein Werkzeug seiner Pläne zu gewinnen ;
bald sollte er erfahren, dass er seinen Meister gefunden und
sich selbst zum Herrn gesetzt hatte.
Harmosten finden sich auch in der folgenden Zeit überall: Xen.
Anab. VI, 6, 13. Hellen. III. 2, 20, vgl. rep. Lac. 14. 2. 4 u. a., so in
Byzanz §. 759 A. — Sturz der DeLarchien: Xen. Hell. III, 4, 2 tot; 5sx-
apxt«S • • • exiwRTcuxota; 8ta tobt ly6poo<; , oi xa; naxpioy; itoXtxsia; icap-
•rjf»iXav. ib. 7 oüvxstapaY}A5vu>v tv tat; Tt6).83t xAv komxeuöv, xal outt
^fioxpatta; ?xi wr^, mzntp ix 'AtHjvattuv, ooxt ßtxapxia;, üonsp ini
Aosavtyoo. Plut. Ages. 6. Nepos Lys. 3. — Sestos: Plut. Lys. 14. —
Auch die Freisprechung des Byzantiers Anaxilaos, der im J. 409 in der
Nothiage der Stadt die Athener eingelassen hatte (Xen. Hell. I, 3, 19),
gehört wohl in diese Zeit. — Zu Lysanders späterer Stellung vgl. die
Anekdote von seinem Auftreten gegen einen corpulenten Bürger: Agalh-
archidas fr. 6 bei Athen. XII, 550 d. Ueber Lysanders Pläne hat
Ephoros ausführlich berichtet : Plut. Lys. 25 f. 30. Nepos Lys. 3. Diod.
XIV, 13; vgl. Arist. pol. VIII, 1, 5. 6, 2. Plut. Ages. 8. Cic. div. I, 96.
— Diplomatische Thätigkeit Lysanders: Plut. Lys. 2. 22. — Agesilaos'
Thronbesteigung: Xen. Hell. III, 3, 1 fT. ; danach, mit Anführung des
Orakels, Plut. Lys. 22. Ages. 3. Pausan. III, 8, 8.
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Lysander nach seinem Sturz. Machtstellung Spartas.
49
Die spartanische Herrschaft nach Lysanders Sturz.
Thessalien und Makedonien.
761. Die spartanische Herrschaft über Hellas bietet ein
eigenartiges Bild. Das numerische Missverhältniss zwischen
Herrschern und Beherrschten war noch grösser als im Perser-
reich, und die Aufgabe weit schwieriger; aber unangefochten
besteht zu Lande wie zur See die Herrschaft einer verschwinden-
den Minderzahl über ein weit ausgedehntes, vielfach zer-
splittertes Gebiet, das kein höheres Ideal kannte, als die
Autonomie jeder einzelnen Gemeinde. Die Zwangsmassregeln
Lysanders erwiesen sich in der That zunächst als überflüssig;
die Furcht vor dem spartanischen Kriegsheer, die Isolirung
der Gegner, die Machtmittel, über die der Staat verfügte und
über die er frei verfügen konnte, mochten die Gemeinden, die
sie ihm stellten, noch so widerwillig sein, genügten, jedem
Befehl der Regierung Gehorsam zu verschaffen. Die strenge
Disciplin, die energische Durchführung der Autorität des Be-
fehlshabers, die den Staat daheim zusammenhielt, hielt jetzt
die ganze hellenische Welt in Fesseln. So stark überall die
Missstimmung war, nirgends wagte die Opposition sich zu
regen. »Wo in einer Stadt auch nur ein Lakedaemonier erschien,
konnte er durchsetzen, was er wollte« (Xen. Anab. VI, 6, 12 ;
Hellen. III, 1, 5; vgl. Isokr. 6, 52). Eine zuchtlose Schaar von
8000 griechischen Söldnern unterwarf sich im J. 400 an der
Küste Bithyniens blindlings dem herrischen Begehren eines
spartanischen Harmosten, weil sie wusste, dass sie bei einem
Conflicte mit der spartanischen Regierung verloren war. Nicht
durch den Widerstand der Griechen ist die spartanische Macht
erschüttert worden, sondern durch den Conflict mit dem persi-
schen Alliirten, dem sie den Sieg verdankte. Hier ist denn
auch Sparta gleich nach Lysanders Sturz einen Schritt zurück-
gewichen. Die Stellung der Griechenstädte auf dem klein-
asiatischen Festlande war noch völlig ungeregelt; in vielen
schalteten bisher die Harmosten und die Dekarchien. Als aber,
Meyer, Geschichte des Altertlmms. Y. 4
50
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
wahrscheinlich um dieselbe Zeit, wo diese aufgelöst wurden,
Kyros in seine Satrapie zurückkehrte, haben die Spartaner
ihre Harmosten und Besatzungen aus den noch behaupteten
ionischen Städten des Festlandes zurückgezogen, so aus Ephesos
und Milet, und sie dem persischen Prinzen überlassen. Recht-
lich gehörten die Küstenstädte freilich zur ersten Satrapie (§. 91),
die Tissaphernes verwaltete; darum kümmerte sich Kyros
nicht. Nur Milet, die südlichste der Städte, gelang es Tissa-
phernes zu besetzen; er führte die verjagten Demokraten,
denen er schon Schutz gewährt hatte, in die Stadt zurück und
verbannte die bisherigen Machthaber. Diese wandten sich an
Kyros. Dem Prinzen war der Conflict sehr willkommen; er
warb griechische Söldner und begann die Belagerung zu Lande
und zur See, mit der Absicht, die Truppen alsbald für ein
anderes Unternehmen zu verwerthen. — Auf Pharnabazos
brauchte Sparta so viel Rücksicht nicht zu nehmen; im
hei lespon tischen Gebiet commandirte ein spartanischer Nauarch
und lagen Harmosten und Garnisonen auch in den Küsten-
städten am asiatischen Ufer, ohne dass der Satrap Einspruch
erhob. In der troischen Landschaft freilich hat Mania, die
Wittwe des Zenis von Dardanos, die diesem in der Statthalter-
schaft über das Binnenland gefolgt war, ein paar Küstenorte
(Larisa, Hamaxitos, Kolonae) mit griechischen Söldnern er-
obert, ohne dass Sparta dagegen einschritt.
Dass Sparta Ionien geräumt und dem Kyros überlassen hat, wird
nirgends erzählt, geht aber aus Xen. Anab. I, 1, 6 ff. 9, 9 deutlich her-
vor [auch Ephesos ist in Kyros' Besitz I, 4, 2]; Xenophon erzählt diese
Dinge mit rührender Naivität. Dass die ssupv«; aus Milet die Olig-
archien Lysanders sind, lehrt die Geschichte der vorhergehenden Jahre.
— Die Zustände im hellespontischen Gebiet schildert Xen. Anab. VI.
VII sehr anschaulich. Garnison in Chalkedon VII, 1, 20; ebenso sind
offenbar Kyzikos VII, 2, 5 und Parion VII, 2, 7 spartanisch, und gewiss
die meisten anderen Griechenstädte, vor allem Abydo«. Ueber Troas und
Manias Erfolge Xen. Hell. III, 1, 10 IT.
702. In Sparta selbst hat der Gegensatz der herrschenden
Vollbürger zu allen anderen Schichten der Bevölkerung eine
weit angelegte Verschwörung erzeugt, die leicht den Bestand
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Ueberlassung Ioniens an Kyros. Kinadon. Krieg gegen E)is. 51
des Staats hätte umstürzen können. An ihre Spitze trat
Kinadon, ein Spartiate mindern Rechts, dessen sich die Ephoren
zu Schergendiensten bei Verhaftungen zu bedienen pflegten. Er
organisirte einen grossen Geheimbund; und in der That schien es
ja aussichtsvoll genug, an einem Tage die wenigen Bürger in der
Stadt und auf dem Lande zu überfallen und umzubringen und
dann den Staat auf neuer Grundlage aufzubauen ; die gesammte
Bevölkerung des Landes musste den Verschworenen zuströmen.
Aber wie so oft bei ähnlichen Versuchen, zögerte Kinadon
mit dem Losschlagen, um immer mehr Anhänger zu werben ;
so wurde er schliesslich verrathen und mit den Haupträdels-
führern verhaftet und hingerichtet (398 v. Chr.). — Inzwischen
hatte Sparta mit Elis abgerechnet. Unter Zustimmung der
Volksversammlung stellten die Ephoren im J. 401 an Elis die
Forderung, die unterthänigen triphylischen und pisatischen
Orte frei zu geben. Als die Elier sich weigerten, rückte König
Agis von Achaia aus in das Land ein. Diesmal veranlasste
ihn ein Erdbeben umzukehren; aber im nächsten Jahre,
400 v. Chr., durchzog er mit dem Aufgebot aller Bundes-
genossen, ausser Korinth und den Boeotern, das ganze Land
von Süden nach Norden. Die Triphylier und Pisaten traten
sämmtlich zu ihm über, die Arkader besetzten das gebirgige
Hinterland (die Akroreia mit dem Ort Lasion) am oberen Peneos,
das von den Eliern selbst bewohnte Gebiet wurde von Grund
aus verwüstet und grosse Beute fortgeschleppt. Die Elier
hatten sich in die im J. 470 erbaute Hauptstadt geflüchtet
und Hülfstruppen aus dem befreundeten Aetolien an sich ge-
zogen. Agis verheerte die Vorstädte; die Stadt selbst anzu-
greifen unterliess er, obwohl sie nicht befestigt war, offenbar
weniger weil er sich vor dem Kampf fürchtete, als weil er
sie möglichst verschonen wollte. Er hoffte auf eine Revolution
zu Gunsten Spartas ; und in der That machten die Oligarchen,
geführt von dem reichen Xenias, den Versuch, durch nächt-
lichen Ueberfall der Häupter der Gegenpartei sich der Herr-
schaft zu bemächtigen. Indessen das Haupt der Demokraten,
Thrasydaeos (§. 757), entkam dem Gemetzel, der Demos raffte
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
sich auf und schlug die Verschworenen zur Stadt hinaus.
Aber auch sie sahen ein, dass ein weiterer Widerstand un-
möglich war; im nächsten Frühjahr, 399, unterwarf sich Elis
den von Sparta dictirten Bedingungen. Es trat das bergige
Hinterland an Arkadien ab und gab die Unterthanenorte bis
über den Alpheos hinaus frei. Nur im Besitz Olympias wurden
die Elier belassen, da es unmöglich schien, die Leitung des
Nationalfestes den kleinen Dorfgemeinden zu übertragen. Eine
Verfassungsänderung wurde auch von Elis nicht verlangt; die
Demokratie behauptete sich in der Herrschaft. — Der Feld-
zug gegen Elis war das letzte Unternehmen, das König Agis
geleitet hat; noch im Sommer desselben Jahres ist er gestorben
(§. 760).
Die Verschwörung des Kinadon erzählt Xen. III, 3. 4 ff. (daraus
Arist. pol. VIII, 6, 2. Polyaen II, 14, 1) in durchaus officiöser Darstellung ;
wie weit etwa die Parteien innerhalb der Bürgerschaft selbst daran be-
theiligt waren, lässt sich nicht sagen. — Feldzug gegen Elis: Xen. III,
2, 21 ff. (danach Pausan. III, 8. 8 ff. mit kleinen Zusätzen; der Kampf
im Tempel von Olympia V, 4. 8. 20, 4. 27, 11 wird von ihm fälschlich
hierhergesetzt) ; vgl. auch Polyaen VI, 36. Diodor XIV, 17. .84 weicht wesent-
lich ab, indem er einmal, offenbar mit Unrecht, Pausaniasan Stelle von Agis
nennt, sodann aber fast nur den Feldzug in der Akroreia erzählt, den Xeno-
phon übergeht. Die 1000 Aetoler in Elis Diod. XIV, 17, 10 f. s-ind die bei
Xen. III, 2, 24 von den Eliern geworbenen Bundesgenossen. Die *Axf>»i>psto'.
xai AaoKÜvtoi sind nachher selbständige Gemeinden wie die Triphylier
und die kleinen pisatischen Gemeinden Letrinon, Amphidolon, Marganon
Xen. IV, 2, 16. — Chronologie: Xenophon erzählt den elischen Krieg
und die Vorgänge in Sparta nach dem Feldzuge des Thibron und Der-
kylidas, als Einleitung zum Feldzug des A^esilaos, mit dem vagen Syn-
chronismus Toutojv U nparcojiivtuv sv Tjj "Asta, AaxB&atjj.6vtot xato tov
a&t&v xpovov cel. Dass Agis 399 gestorben ist, lehrt die auf die rich-
tigen Jahre reducirte spartanische Königsliste (Diod. XII, 35. XVI, 63),
s. Forsch. II, 506 ff. Mithin beginnt das drei natürliche Jahre (so richtig
Pausan. III, 8 nach den Andeutungen bei Xenophon) umfassende Unter-
nehmen gegen Elis im J. 401; bei Diodor ist der Krieg ein Jahr zu
hoch 402/1, der Friede 401/0 gesetzt.
703. Nach der Züchtigung von Elis wurden die Messenier
gezwungen, die Ansiedelungen in Naupaktos und auf Kephal-
lenia (§. 032) zu räumen; sie fanden zum Theil bei Dionys
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Sparta gegen Elis und die Messenier. Athen und Theben. 58
auf Sicilien Aufnahme (§. 799), eine andere Abtheilung suchte
sich in Kyrenaika (vgl. §. 356) eine neue Heimath, wurde
aber in den dortigen Wirren grösstentheils aufgerieben. Nau-
paktos wurde den Lokrern zurückgegeben. Daran schloss sich
vermuthlich eine weitere Festigung der Stellung Spartas im
Norden. Athen war durchaus botmässig; die Bürgerschaft
leistete die vertragsmassige Heeresfolge und zahlte die von den
Dreissig und den Zehnmännern bei Sparta aufgenommenen
Anleihen pünktlich zurück, obwohl nach dem Versöhnungs-
vertrage nicht der Staat, sondern nur die städtische Partei
dazu verpflichtet war. So duldete Sparta, dass im J. 401
die Athener gegen Eleusis vorrückten, auf die Kunde, dass
man hier Truppen anwerbe, die Feldherrn bei einer Unter-
handlung überfielen und tödteten, den übrigen Bewohnern des
aristokralischen Gemeinwesens den Einschluss in die Amnestie
zusicherten und so die beiden Theile, in die der attische Staat
aus einander gefallen war, wieder vereinigten. Schon vorher,
gleich nach der Wiederherstellung der Demokratie, hat Athen
die Verbindung mit den samischen Flüchtlingen auf dem Fest-
land (§. 738) erneuert und den Beschluss vom J. 405, wonach
Samos und Athen einen einzigen Staat bilden sollten (§. 735),
bekräftigt. Das war jetzt eine Gefühlsdemonstration, die für
die Politik nicht mehr bedeutete, als die Aufnahme der Reste
der Plataeer — die jetzt auch aus Skione hatten weichen
müssen — in den attischen Bürgerverband, die Sanctionirung
der von den Dreissig aufgehobenen Privilegien der athenischen
Parteigänger in den ehemaligen Bundesstädten, z. B. in Thasos,
oder die Ehrung der Boeoter, welche die Demokratie unter-
stützt hatten. Weit bedenklicher war die Haltung, die Korinth
und der boeotische Bund unter Theben eingenommen hatten,
namentlich die zweimalige Verweigerung der Heeresfolge (§. 758.
762). Aber auch hier ist Sparta nicht eingeschritten, ja
es hat zugelassen, dass Theben im J. 401 die seit 411 selb-
ständige Stadt Oropos (§. 694), die von innerem Hader zer-
rissen war, im Namen der einen Partei besetzte und dem
boeotischen Bunde einverleibte. Damit hatte es auch das letzte
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IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Stück boeotischer Erde gewonnen; denn die Graer, die in
Oropos sassen, betrachteten die Boeoter als zu sich gehörig.
Dagegen besetzte Sparta Heraklea Trachinia (§. 715) aufs neue
und stellte seine Autorität über die Nachbarstämme, die
Malier, Oetaeer, Aenianen, Phthioten her, wie sie im J. 413
Agis geübt hatte; selbst die epirotischen Athamanen im Pindos
erkannten Spartas Oberhoheit an. Als in Heraklea neue Un-
ruhen ausbrachen, hat der Harmost Herippidas die alten mali-
schen Einwohner erschlagen oder verjagt und die Stadt ganz
in die Hände der lakonischen und peloponnesischen Ansiedler
gegeben (399 v. Chr.).
Verjagung der Messenier: Diod. XIV, 34 (401/0), vgl. 78, 5. Pausan.
IV, 26. 2. — Rückzahlung der athenischen Schulden: Lyi«. 30. 22. Isokr.
7, 68. Demostb. 20, 11. 12. Aristot. pol. Ath. 40, 3. Plu». Ly*. 21. —
— Eroberung von Eleusis: Amt. pol. Ath. 40, 4 (Archon Xenainetos
401/0). Xen. II. 4, 43. Justin 25. 9. Lys. 25. 9. 6. 45. Plato Menex. 243 e.
— Beschluss für die Samier unter Eukleides 403/2: CIA. II. lb p. 393.
57. Ehrendecrete für Thasier: CIA. II, 3. 4 (ÜS. 59); Tür einen
Boeoter ib. 1 d, Suppl. p. 3. — Theben und Oropos: Diod. XIV, 17
(402/1). - Heraklea: Diod. XIV, 38 (ao. 399/8), vgl. 82, 6 f. Polyaen
II. 21. Besetzt ist die Stadt offenbar schon früher wieder. Bestand der
spartanischen Herrschaft: Pboker, Oetaeer, Herakleoten, Malier, Aenianen
Xen. III, 5, 6. Phthiotis IV, 3, 9. Athamanen Diod. XIV, 82, 7.
764. Durch die Suprematie über Phthiotis und die Gebiete
am malischen Golf hatten die Spartaner bereits in die Macht-
sphäre Thessaliens eingegriffen; ihr Ziel aber war, ganz Thes-
salien, wie sie es schon 469 versucht hatten (§. 287), und
weiter Makedonien in Abhängigkeit zu bringen, und so die
Verbindung mit den thrakischen Küstenstädten auch zu Lande
herzustellen. Alsdann war ganz Hellas östlich von der Adria
ihnen unterthan. — In Thessalien herrschten die wirrsten Zu-
stände; in allen Städten lagen die Parteien sich in den Haaren.
In den Binnen^tädten behaupteten meist noch die Adels-
geschlechter ihre nach Willkur geübte Herrschaft, vor allem
die Aleuaden in Lari^a, an deren Spitze jetzt Aristippos und
Medios standen. Hier hatte Gorgias auf seine alten Tage
sich niedergelassen und bei dem Adel grossen Anklang
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Sparta im Norden. Thessalien und Makedonien. Arcbelaos. 55
gefunden. Aber uberall gährie es unter den leibeigenen Penesten
und den von allen politischen Rechten ausgeschlossenen Hand-
werkern und Händlern, die in manchen Orten sich nicht ein-
mal auf dem »freien Markt« blicken lassen durften, sondern
auf den Kaufmarkt beschrankt waren. Unter diesen Elementen
hat Kritias geschürt, als er während seiner Verbannung aus
Athen in Thessalien zur Macht zu gelangen suchte, in Ver-
bindung mit einem Demagogen Prometheus. In Pherae, der
dem Meere zunächst gelegenen Stadt, zu deren Gebiet Pagasae,
der einzige Hafen Thessaliens (jetzt Volo) gehörte, gelangte
um das Ende des peloponnesi sehen Kriegs L'ykophron zur
Herrschaft; im Herbst 404 erfocht er einen glänzenden Sieg
über die Larisaeer und die übrigen Thessaler, durch den er
die Herrschaft über das ganze Land gewinnen zu können
hoffte. Aber ihm erstand ein Goncurrent in König Archelaos
von Makedonien, dem Bastard des Perdikkas, der sich nach
dem Tode seines Vaters unter Beiseiteschiebung des un-
mündigen rechtmässigen Thronfolgers der Herrschaft bemäch-
tigt (413 v. Chr.) und sich seitdem als den berufenen Herrscher
bewährt hatte. Sein Ziel war, Makedonien zu einer starken,
festgefügten Grossmacht im Norden zu erheben. Er schuf
eine wohlorganisirte Wehrmacht; er legte Strassen an und
führte mancherlei Bauten auf; er reorganisirte das makedonische
Münzwesen. Vor allem aber versuchte er in noch ganz anderer
Weise als seine Vorgänger sein Volk der griechischen Cultur
zuzuführen. Die Residenz verlegte er von der alten Königs-
stadt Aegae oder Edessa am Fuss der Berge in die Ebene
nach Pella an dem schiffbaren Ludios; die Tragiker Euripides
und Agathon, die Dithyrambiker Melanippides und Timotheos,
den Epiker Choirilos (§. 755) zog er an seinen Hof, auch
Sokrates hat er zu sich geladen; in Dion am Fuss des
Olympos stiftete er musische und gymnastische Wettspiele
nach griechischem Muster; seinen Palast Hess er von Zeuxis
ausmalen. Seit Athens Macht zusammenbrach, konnte ihm
die Herrschaft über die Küsten nicht mehr streitig ge-
macht werden; um so eher konnte er mit dem grössten
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od
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
Handelsplatz Griechenlands und dem Mittelpunkte der helleni-
schen Bildung ein gutes Verhältniss pflegen. So hat er Athen
mehrfach materielle, wenn auch nicht militärische Unter-
stützung gewährt (§. 686), und dies hat ihm dafür im J. 411/0
bei der Unterwerfung der rebellischen Küstenstadt Pydna ge-
holfen (§. 711). Schwieriger war es, die Bergeantone des
oberen Makedoniens in Abhängigkeit zu halten; als Archelaos
von dem Fürsten von Lynkestis Arrhabaios und seinem
Schwiegersohn Sirrhas bedrängt wurde, gab er seine Tochter
dem Herrscher von Elimiotis (Derdas?), um sich dessen Hilfe
zu sichern.
Die Verfassung Thessaliens o-jvast.ta jiäXXov Tj laovo{xta Thuk. IV,
78, 3, von Gilbert . Griecb. Staatsalterth. II, 10, 2 mit Recht erläutert
durch Aristot. pol. VI, 5, 1, wonach Suvaatefa eine erbliche Oligarchie ist,
oxav ap/u ja-*] o vojio{ aXX' ot äp^ovtsc. EAsodipa a*ppd ib. IV, 11, 2. Im
allgemeinen s. [Herodes] «pi ^oXtrsta^ 6 (§. 740 A.), wonach die Oligarchie
in Larisa viel exclusiver war, als die im übrigen Griechenland von Sparta
beschirmte Aristokratie. Diese Rede an die Larisaeer, deren Bedeutung
zuerst Köhler , Ber. Berl. Ak. 1893, 504, dann Beloch, Griech. Gesch.
II, 132 ins rechte Licht gestellt haben (vgl. Hass, de Herodis Att.
oral. ;wp! r»oX., 1880, diss.), ist meines Erachtens zweifellos eine ächte
Schrill aus dem J. 401 oder 400; sie hält sich durchaus an die poli-
tische Situation des Moments und macht gar keine Phrasen (wenn sie
natürlich auch ein Product des fsvoc eitifoixTtxov dieser Zeit ist), son-
dern trägt die massgebenden Erwägungen vor und gibt dabei eine äusserst
werthvolle Schilderung der Zustände Thessaliens. Schon wenige Jahre
später hätte kein Rhetor mehr etwas Derartiges schreiben können. Sie
bat gar nichts an sich von einer Deklamation, obwohl sie gewöhnlich als
solche bezeichnet zu werden pflegt, weil sie durch irgend einen Zufall
unter dem Namen des Herodes (Atticus?) überliefert ist. — Kritias'
Umtriebe : Xen. Hell. II, 3, 36. 47. mem. 1, 2. 24. Prometheus auch Plut.
de inimic. util. 6. Aristippos: Xen. Anab. I, 1, 10. 2, 1. H, 6, 28 und vor
allem Plato Menon 70, wo auch über Gorgias' Stellung in Larisa. Ein Lari-
saeer Eurylochos beruft Sokrates: Diog. L. II. 25. Medios als Gegner Lyko-
phrons: Diod. XIV, 82. Lykophrons Sieg: Xen. Hell. II, 3, 4. Nach Aristot.
hist. anim. IX, 31 (Plin. X, 33) waren r.tpl tolx; xp<5vou;, sv oi{ iirtoXovto ol
WLvfiw} ;;vot ev <I>ap3&Xoi in Athen und dem Peloponnes keine Raben zu
finden , weil sie alle dorthin geflogen waren. So muss damals wohl im
übrigen Griechenland Friede gewesen sein , und so bezieht Beloch , Gr.
Gesch. II, 130, 1 die Angabe wohl mit Recht auf Lykophrons Erfolge.
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Arcbelaos in Thessalien. Plan einer Intervention Sparlas. 57
— Auf weitere Unruhen in Larisa weist Gorgias' Spott Aapiaato-j; thai
toö? üKb tü>v Sr^ioopfuiv witofrjjiivo'j; Arist. pol. III, 1,9. — Ueber Arche-
laos grundlegend Köhler, Ber. Berl. Ak. 1893, 489 ff. Bekannt ist Thu-
kydides' kurze Skizze II, 100. Dass die Verlegung der Residenz auf ihn
zurückgeht , ist höchst wahrscheinlich. Festspiele in Dion : Diod. XVII,
16. Arrian I, 11, 1. Zeuxis' Gemälde: Aelian v. h. XIV, 17. Krieg mit
den Vasallenfürsten : Arist. pol. VIII, 8, 11; vgl. Strabo VII, 7, 8. Derdas:
Arist. pol. VIII, 8, 10. Xen. V, 2, 88; vgl. §. 898 A.
765. Sobald die Macht Makedoniens erstarkte, musste
sein Augenmerk sich auf Thessalien richten ; es war die Brücke
nach Griechenland, nur auf dem Wege durch Thessalien
konnte Makedonien einen entscheidenden Einfluss auf die
Welthändel gewinnen und seine Unabhängigkeit sichern. Thes-
salien war von Natur äusserst reich ausgestattet, aber völlig
unentwickelt; ökonomisch war es gänzlich von den fremden
Händlern abhängig, die es nach Kräften ausbeuteten; die
innere Zerrissenheit und die rückständige politische Organisation
Hessen einen ernsthaften Widerstand nicht erwarten. Bereits
König Perdikkas hatte in Thessalien grossen Einfluss geübt;
sein Nachfolger ging auf diesem Wege weiter. Die Umstände
kamen ihm entgegen; von einer der sich bekämpfenden olig-
archischen Parteien gerufen bemächtigte er sich Larisas,
machte die Gegner nieder, brachte seine Anhänger ans Re-
giment und Hess sich zehn vornehme Knaben als Geiseln geben.
Sparta konnte diese Machtentfaltung nicht dulden; es erklärte,
Archelaos züchtigen zu wollen, weil Makedonien im Kriege
gegen Athen Sparta im Stich gelassen habe. Zugleich rief
es den nationalen Gedanken an: es handle sich um einen
Krieg für die Freiheit Griechenlands gegen den barbarischen
König. Dadurch hofifle man den Anschluss von ganz Thessa-
lien zu gewinnen und auch Larisa zum Abfall von Archelaos
zu bringen. Thrasymachos von Ghalkedon, einer der ange-
sehensten Literaten der Zeit, verfasste eine Schrift »für die
Larisaer«, aus der uns der Satz bewahrt ist: »Sollen wir
dem Archelaos dienen, Hellenen einem Barbaren?« Eine
andere Broschüre mit gleicher Tendenz ist uns erhalten. »Im
Perserkrieg sind wir nicht dabei gewesen,« heisst es hier;
58
IV, 1. Lysanders Herrschaft und Sturz.
»jetzt wird ein zweiter nationaler Krieg angekündigt; wie
können wir uns da zurückhalten, wo die Bundesgenossen selbst
kommen und für uns und unser Land kämpfen wollen!« Zweifel-
los war es bereits im Einverständniss mit Sparta geschehen, dass
im J. 402 Kyros dem Aristippos von Larisa Geld gab, um ein
Heer gegen seine Feinde zu werben, wenn er auch beabsich-
tigte, diese Truppe alsbald selbst für andere Zwecke zu ver-
wenden. Auch Lykophron von Pherae wurde durch den
Gegensatz gegen Larisa und Makedonien auf die Seite Spartas
geführt. Die Spartaner sind in Thessalien eingerückt und
haben eine Besatzung nach Pharsalos gelegt. Indessen weiter
sind sie nicht gegangen, obwohl die Verhältnisse alsbald
durch die Ermordung des Archelaos im J. 309 und die dar-
aus hervorgehenden Thronwirren, unter denen die neuge-
schaffene makedonische Macht jäh zusammenbrach, sich noch
günstiger zu gestalten schienen. Denn inzwischen waren
durch die Wendung, welche die Dinge im Perserreich genommen
hatten , grössere Aufgaben an sie herangetreten , die alsbald
den vollen Einsatz ihrer Kraft erforderten.
Ehe wir aber diese Entwickelung weiter verfolgen können,
ist es noth wendig, die Gestalt kennen zu lernen, welche in-
zwischen die Verhältnisse im Westen angenommen hatten.
Oekonomische Lage Thessaliens: [Herodes] 5. Getreideexport: Xen.
Hell. VI, 1, 11. — Archelaos' Intervention in Larisa: Herodes 2 ff. 7. Rede
des Thrasymachos 6tsip Aaptoauov: Giern. Alex. Strom. VI, 2, 17. Mit
ihr ist die erhaltene Rede nicht identisch, da die citirte Wendung in ihr
nicht vorkommt, aber eng verwandt: auch ihr Eingang berührt sich mit
dem von Thrasymachos' Broschüre icepl icoXttsta? (§. 695 A.). Die Herr-
schaft des Archelaos über Larisa wird dadurch bestätigt, dass ihm
Hellenokrates den Vorwurf macht, ihn gegen sein Versprechen nicht in
die Heimath zurückgeführt zu haben: Ari-t. pol. VIII, 8. 12. — Sparta
und Lykophron: Xen. VI, 4, 24. Besatzung in Pharsalos: Diod. XIV,
82. 6. — Kyros und Aristippos: Xen. Anah. I, 1, 10. II, 6, 21. — Er-
mordung des Archelaos: [Plato] Alcib. II, 141 d. Aristot. pol. VIR, 8,
11 ff. Diod. XIV, 87, 6.
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IL Die Karthager und Dionysios von Sicilien
Sicilien nach der Abwehr der Athener.
766. In Syrakus hat nach der Vernichtung des athenischen
Angriffs zunächst Hermokrates wieder entscheidenden Einfluss
gewonnen, ohne Zweifel gestützt durch Gylippos und die
Peloponnesier; er setzte durch, dass man sich mit ansehnlicher
Macht an der Fortführung des Krieges beiheiligte. Aber im
Frühjahr 412 verliess Gylippos mit seinen Truppen die Insel,
und Hermokrates selbst führte die syrakusanische Flotte
auf den ionischen Kriegsschauplatz (§. 689). Dadurch ge-
wannen die Demagogen aufs neue Raum. An ihrer Spitze
stand jetzt Diokles (oder Eurykles?), der nach dem Siege
gegen Gylippos und Hermokrates durchgesetzt hatte, dass die
feindlichen Feldherrn hingerichtet und die Gefangenen in die
Steinbrüche geworfen wurden. Den Massen, die die Strapazen
der Belagerung ertragen und die Schiffe bemannt hatten, vin-
mcirten sie das Verdienst des Sieges; jetzt sollten sie den
Lohn davontragen. Auf Diokles' Antrag wurde die Verfassung
umgeändert, natürlich nach dem Muster des besiegten Athens,
die volle Souveränität der Volksversammlung hergestellt , die
Strategen, 10 an Zahl — vor dem attischen Kriege waren
es 15 — , aus Leitern zu ausführenden Organen ihrer Be-
schlüsse gemacht, die Givilämter durch das Loos besetzt,
und zweifellos wie eine Besoldung für die Truppen, so auch
00
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Diäten für die Beamten eingeführt. Schliesslich konnte man
gegen den der Menge längst verdächtigen Hermokrates vor-
gehen; zu Anfang des J. 410 wurde er abgesetzt und ver-
bannt und an seiner Stelle drei Strategen von acht demo-
kratischer Färbung an die Spitze der Flotte in Asien gestellt
(§• 714).
Diokles To» o-rjpiaf w;wv £v$o;6tato; wv DioJ. XIII, 19, 4 ; ttLv ^jAa-
•fu>fü>v ö nXelaTöv ts/üoa^ irap' <*t>:o't<; ib. 34, 6; vgl. 75, 4; identisch mit
Eurykles t> S^na-fur,*^ Plut. Nie. 28. Vielleicht ist letzteres sein richtiger
Name. Diodor hat ihn mit dem syrakusanischen Gesetzgeber Diokles zu-
sammengeworfen, dessen Recht, unter Timoleon (vgl. Diod. XVI, 70, 5.
82, 6) und Hieron modißeirt, bis auf Caesar in Syrakus und vielen an
deren sicilischen Städten gültig war. Dass dieser weit älter sein muss,
hat Holm, Gesch. Sic. II, 78 erkannt. Die Gesetze waren in alter Sprache
und kurzer Formulirung ahgefasst (XIII, 85, 3 f.) und offenbar garnicht
demokratisch ; auf seinen Tod ist bei Diodor (XIII, 33, 3. 35, 5, vgl. XII,
19. 2) eine sonst von Charondas erzählte Geschichte übertragen. Dass
Diodor die [sehr ungeschickt auf zwei Jahre vertheilte XIII, 33. 34, 6 ff.]
Episode in den Bericht seiner Quelle selbst eingefügt hat, sagt er 85, 5
ausdrücklich. — Ueber die Verfassungsänderung Arist. pol. VIII, 3. 6 sv
Sopaxoysati; o ^}io; attto; ^svou-svo^ er,; vi'xy^ to-> foXipou toü jcpö? 'Adij-
vaioo? ix noXiTsta? (gemässigte Vf.) «I; oryioxpattuv jisteßaXsv. Zehn Stra-
tegen: Plalo ep. 8, 354 d. Loosämter: Diod. XIII, 84, 6. apxovt*? Leiter
der Volksversammlung (früher waren es die Strategen §. 359): XIII
91, 4; sie belegen gesetzwidriges Verhalten mit Geldstrafen. Feststellung
der Reihenfolge der Redner durch das Loos: Plut. apophth. reg. Dionys. 1.
Sold der Truppen: Diod. XIII, 93, 2. 95, 1. Für die Loosbeamten kann
er unmüglich gefehlt haben; das ist ja das Kennzeichen der radicalen
$Tjp.oxpaiia. Was besagen aber Dionys' Worte bei seinem Auftreten gegen
die Keldberrn rcapaxaXü>v p.r4 iKpijietvai xöv xaxä xob$ vc{j.oo( xXfjpov,
&XX' ix xuP°C ei^iu)? cKtfrsivat rr;v Stxvjv Diod. XIII, 91, 8? Wird der
Tag der gesetzlichen Anklage durch das Loos bestimmt?
767. Durch Athens Angriff war Sicilien aufs neue un-
mittelbar in die allgemeine Politik hineingezogen; das wirkte
weiter in der Unterstützung, welche Syrakus und Selinus
ebenso wie einige unteritalische Städte (§. 680) den Spar-
tanern gewährten. Aber für die Insel selbst war der Kampf
mit Athen nur eine Episode, die nichts Neues geschaffen, ja
nicht einmal den Besitzstand verändert hatte. Alsbald waren
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Sicilien nach der athenischen Expedition. Diokles.
61
ihre Spuren völlig verlöscht; man knüpfte da wieder an,
wo man vorher stehen geblieben war. Syrakus, nach wie
vor im Besitz der Feldmark von Leontini, setzte den Krieg
gegen die Ghalkidier von Katana und Naxos fort, die sich
mit Hülfe der Reste des athenischen Heeres (§. 678) seiner
Angriffe so gut zu erwehren suchten wie es anging (Diod.
XIII, 56, 2). Agrigent, Gela, Kamarina hielten sich neutral.
Selinus, mit Syrakus eng verbündet, nahm den Krieg gegen
Segesta wieder auf. Ueberall wiegte man sich in voller Sicher-
heit und schwelgte im Genüsse des Reichthums und eines
raffinirten Luxus. Aus der eben mit äusserster Noth über-
standenen Gefahr etwas für die Zukunft zu lernen kam den
Sikelioten nicht in den Sinn: weder eine gemeinsame Orga-
nisation irgend welcher Art zur Abwehr gegen einen gemein-
samen Feind war vorhanden, noch hatten die einzelnen
Städte ihre Wehrmacht kräftig entwickelt. Syrakus Hess die
im Kriege gegen Athen geschaffene Flotte wieder eingehen
bis auf etwa 40 Schiffe, von denen 25 den Spartanern zu
Hülfe gesandt wurden; und auch sein Landheer entsprach in
den folgenden Kriegen in keiner Weise dem, was es seiner
Bevölkerungszahl nach hätte leisten können. Viel wichtiger
war es, das lustige Spiel des Parteihaders fortzusetzen und
die unumschränkte Freiheit zu sichern, wie ein Jeder nach
seinen Interessen sie verstand. Eine Gefahr von aussen
schien von keiner Seite zu befürchten; in Selinus und in
Messana Hess man selbst die Stadtmauern verfallen. Um so
vernichtender brach, im vierten Jahr nach dem Sieg über die
Athener, die Katastrophe herein , bei der es sich nicht mehr
wie damals um die politische Selbständigkeit der einzelnen
Gemeinden, sondern um die Existenz des Griechenthums auf
der Insel handelte.
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02
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien
Erste Invasion der Karthager. Zerstörung von Selinus und
Himera.
708. Die Segestaner hatten, um schlimmeren Gefahren
zu entgehen, sich bereit erklärt, das streitige Grenzland an
Selinus zu überlassen. Aber Selinus glaubte jetzt Grösseres
erreichen zu können; es wollte den alten Gegner, der die
Athener nach Sicilien gezogen halle, womöglich vernichten.
Da blieb Segesta keine Wahl, als sich den Karthagern in die
Arme zu werfen (410 v. Chr.). — Seit der Himerasch lacht hatte
sich Karthago 70 Jahre lang von den Welthandeln fern ge-
halten und seine ganze Kraft dem Ausbau seines Reiches zu-
gewandt. Die Vorgänge auf Sicilien hat man ohne Zweifel
genau verfolgt ; aber man mied jede Einmischung. Selbst die
alten Bundesgenossen, die Elymer, hat man in ihren Kämpfen
mit den Nachbarn, ohne Unterstützung gelassen und geduldet,
dass sie sich um Hülfe an Athen wandten (§. 302), unbe-
kümmert darum, dass dadurch der karthagische Einfluss, der
schon durch das immer intensivere Eindringen der griechischen
Gultur namentlich in Segesta (§. 304) geschwächt war, noch
weiter eingeschränkt wurde. Man war zufrieden, dass die
eigenen Besitzungen, die Inselstadt Motye mit dem gegenüber-
liegenden Küstenstrich, Panormos und Soloeis, unangetastet
blieben, und pflegte im übrigen die Handelsbeziehungen; in
allen Griechenstädten waren zahlreiche karthagische Kaufleute
zu finden. Auch während des athenischen Krieges Hess man
sich weder durch Athen noch durch Syrakus aus der Neutra-
lität locken. Sollte ein Eingreifen nöthig werden, so war
dazu immer noch Zeit; einstweilen konnte man zusehen, wie
die Rivalen sich gegenseitig aufrieben. Jetzt aber sah sich
Karthago vor eine verhängnissschwere Entscheidung gestellt,
der es nicht mehr ausweichen konnte. Dass eine Segesta
gewährte Unterstützung den Krieg nicht nur mit Selinus,
sondern auch mit Syrakus und den übrigen Griechen nach
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Hülfsgesuch Segestas an Karthago. Hanniba]. t>3
sich ziehen musste, konnte kaum zweifelhaft sein. Sollte
Karthago aus der reservirten Haltung heraustreten, die bisher
so gute Früchte getragen hatte, und einen Krieg von gewaltigen
Dimensionen beginnen, dessen Ausgang sich jeder Berechnung
entzog? Durfte Karthago aber mit ansehen, dass mit Segesta
der letzte noch selbständige einheimische Staat auf der Insel,
der ihm im Nothfall eine Stütze gewähren konnte — denn
die noch unabhängigen Reste der Sikaner und Sikeler kamen
dafür kaum in Betracht — , den Griechen in die Hände fiel?
Gab es damit nicht zu, dass es sich diesen nicht mehr ge-
wachsen fühlte, und provocirte so erst recht den Angriff auf
die eigenen Besitzungen? Es ist begreiflich, dass die Ent-
scheidung lange und heftig umstritten war; allgemein empfand
man, dass, wie sie auch fallen möge, Karthago in eine neue
Phase seiner Politik eintrat. In der That haben die sicilischen
Händel den karthagischen Staat, nachdem er einmal den
Kampf aufgenommen hatte, nicht wieder losgelassen; der
Krieg, der jetzt begann, hat sich durch zwei Jahrhunderte
fortgesetzt und nicht eher sein Ende gefunden, als bis die
karthagische Macht vernichtet war, und schliesslich, ein halbes
Jahrhundert später, auch die Hauptstadt selbst von dem
Schicksal ihres Reichs ereilt wurde.
769. Ueber die inneren Zustände in Karthago sind wir
auch in dieser Zeit nur ganz dürftig unterrichtet. Wir sehen,
dass das Haus Magos aufs neue zu Einfluss gelangt ist;
Hannibal, der Sohn des im Exil zu Selinus gestorbenen Gisgo
(§. 383), steht als Suffet an der Spitze der Regierung. Er
war schon ein älterer Mann, erfüllt von Hass gegen das
Griechenthum und zugleich von dem Wunsche, die Niederlage
seines Grossvaters Hamilkar an der Himera zu rächen. Er
setzte durch, dass den Segestanern die erbetene Hülfe zuge-
sagt und damit der Krieg im Princip entschieden wurde; ihm
selbst wurde das Commando übertragen. Er war nicht im
Zweifel, dass der Krieg im grossen Stile geführt werden
müsse, und begann sofort umfassende Rüstungen. Indessen
so weit wollte die Majorität offenbar noch nicht gehen; viel-
4M IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
leicht fand sich doch noch ein Ausweg, den Krieg wenig-
stens zu localisiren. Eine Gesandtschaft von Karthago und
Segesta ging nach Syrakus und trug diesem das Schiedsgericht
in dem Streit zwischen Segesta und Selinus an, in der Hoff-
nung, dadurch seine Neutralitat zu sichern — eine Massregel,
die sich deutlich als Ergebniss eines Compromisses zwischen
entgegengesetzten Tendenzen erweist. Auch in Syrakus hätte
man den Krieg gern vermieden, konnte aber doch Selinus
nicht preisgeben. Nach langen Debatten entschied man sich,
<Jas Schiedsgericht abzuweisen und an der Allianz mit Selinus
festzuhalten, aber zugleich womöglich mit Karthago den Frieden
zu wahren. Beide Staaten, Karthago wie Syrakus, befanden
sich in ähnlicher Lage wie Athen bei den korkyraeischen
Händeln ; aber in Syrakus fehlte ein Staatsmann wie Perikles,
der die Dinge klar überschaut und das Noth wendige sofort
mit voller Energie ins Werk gesetzt hätte. So liess der Staat
sich willenlos treiben und war gänzlich unvorbereitet, als das
Unheil hereinbrach.
Für die sicilische Geschichte ist, da Justin (Ib. XIX. XX) hier noch
mehr geschlafen hat als gewöhnlich, Diodor fast die einzige Quelle.* Er
folgt im wesentlichen Timaeos, hat aber daneben Ephoros benutzt; für
die Stärke der Heere citirt er wiederholt (XIII, 54. CO. 80. 109. XIV, 54.
ß2, 3) beide neben einander. Einigermassen zuverlässig scheinen nur die
Zahlen des Timaeos über die griechischen Heere zu sein, die daher auch
im Text angeführt sind. — Ephoros wie Timaeos haben zweifellos den
Philistos benutzt, wenn auch mit entgegengesetzter Auflassung; dass ein
vortrefflich orienlirter Autor die letzte Grundlage bildet, ist auch bei
Diodor noch zu erkennen ; aber sehr viel des Wichtigsten ist weggefallen
oder entstellt, und wer beherzigt, was bei Diodor aus der Geschiebte des
peloponnesischen Kriegs geworden ist, wird sich von der Illusion fern
halten, dass die Geschichte der Karthagerkriege und des Dionys uns
auch nur in den Grundzügen zuverlässsig bekannt sei. — Chronologie:
die sicilischen Notizen bei Xenophon Hell. I, 1, 37. 5, 21. II, 2, 24. 8, 5
sind sichtlich interpolirt [denn kein selbständiger Schriftsteller wird so
erzählen wie II, 3, 5 geschieht, und II, 2, 24 wiederholt zum Theil, was
schon I, 5, 21 berichtet war] ; sie stammen deutlich aus Timaeos, dessen
Zahlen sie wiedergeben, und gehören offenbar mit den interpolirten
Archontennamen (§. 714 A.) zusammen. Unter dieser Voraussetzung er-
halten wir folgende Angaben:
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Kriegsentschluss in Karthago. Verhandlungen mit Syrakus. (35
Eroberung von Selinus nach Xen. unter Diokles 409/8 ; Diod. ebenso.
» » Agrigent » » » Antigenes 407/6; » Kallias 406/5.
Usurpation des Dionys » » > Alexias 405/4; * » 406/5.
Verlust von Gela » » » Pytbodoros 404/3 ; » Alexias 405/4.
Die Usurpation des Dionysios wird bei Xen. II, 2, 24 in die Mitte des
Jahres gesetzt, das mit der Gapitulation Athens zu Ende geht (xal 6
cviocdt&c SXfjfev, ev u> jjlsooövu Atoyusicc . . . it'jp&wqst)« Sie fällt aber in
den Frühling 405 (§. 776 A.), und wird daher bei Justin V, 8, 7 mit dem
Jahre de? Falles Athens (405/4) und des Todes des Darius II. (t An-
fang 404) gleichgesetzt Der Interpolator Xenophons hat also den Ar-
chon Alexias antedatirend dem Kriegsjahr 405/4 gleichgesetzt und den
Fall von Gela mit Unrecht in das folgende Jahr gesetzt. Bei Diodors
Daten liegt dagegen die griechische Jahrform zu Grunde: Dionys wurde
Tyrann gegen Ende des attischen Jahres 406 15, Gela fiel Anfang 405/4.
Die Eroberung von Agrigent fallt ein halbes Jahr vorher, Dec. 406, unter
Kallias; die Belagerung begann aber zu Anfang Sommers 406, unter
Antigenes. So dürften sich hier die Differenzen der Daten erklären.
Das Datum för den Fall Agrigents wird durch Diod. XIII, 90, 5 be-
stätigt. Unsicher bleibt, ob man die bei beiden unter Diokles 409/8 gesetzte
Eroberung von Selinus und Himers, die jedenfalls in die ersten Sommer-
monate fällt, nach griechischer Rechnung Anfang 408, oder nach Rech-
nung nach Kriegsjahren (resp. nach römischer Jahrform) Anfang 409
setzen soll. Letzteres ist wahrscheinlicher, da nach Diodors Erzählung
zwischen der Eroberung der beiden Städte und dem Feldzug gegen Agri-
gent zwei Jahre liegen. Dazu kommt, dass während der Belagerung von
Himera die syrakusanische Flotte eintrifft, die von dem griechischen
Kriegsschauplatz abberufen war (Diod. XIII, 61, 1). Hier erscheint Sie
zuletzt während des Feldzugs von 410 (§. 716), ist also Anfang 409 heim-
gekehrt. Andererseits hat sie wahrscheinlich erst nach dem Fall von
Selinus die Abberufungsordre erhalten, da die Bemannung der beiden
heimathlos gewordenen selinuntischen Trieren in Ephesos zurückbleibt
und hier Bürgerrecht und Grundbesitz erhält (Xen. Hell. I, 2, 10). Das
alles führt auf das Frühjahr 409 als Datum des Falles von Selinus.
770. Einstweilen, bis die Rüstungen vollendet waren,
sandte Karthago nach Segesta eine Garnison von libyschen
Truppen, und nahm ausserdem 800 campanische Söldner in
seine Dienste, welche Athen für den Krieg gegen Syrakus an-
geworben (§. 658) und die sich seitdem auf der Insel herum-
getrieben hatten. In Selinus war man voll Siegeszuversicht;
die Stadtgemeinde von etwa 30,000 Einwohnern fühlte sich
jedem Feinde gewachsen. Als die Selinuntier dann freilich
Meyer, Geechiohte des Alterthums. V. 5
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66 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
bei einem neuen Angriff auf Segesta von der Besatzung mit
schweren Verlusten geschlagen wurden, wandten sie sich nach
Syrakus um Hülfe, und diese wurde auch zugesagt. Aber
weiter geschah gar nichts; nicht einmal die Stadtmauern
wurden in Stand gesetzt, und in den übrigen Städten vollends
war von ernstlichen Rüstungen keine Rede. Inzwischen hatte
Hannibal ein Heer aufgebracht, das an Stärke die Gesammt-
macht, mit der Athen den Krieg gegen Syrakus geführt hatte,
noch übertreffen mochte, theils ausgehobene Libyer, Phoeniker
und Karthager, theils in Spanien geworbene Söldner: auch
griechische Reisläufer hatten sich anwerben lassen. Im Früh-
jahr 409 landete er unter dem Schutz von 60 Kriegsschiffen
an der Westspitze der Insel beim Gap Lilybaeum und rückte
sofort in das Gebiet von Selinus ein. Der Landort Mazara
wurde genommen, Selinus selbst eingeschlossen, sechs gewaltige
Holzthürme errichtet und die Sturmböcke gegen die Mauern
geführt. In der Stadt gab es eine von Empedion geführte
Partei, welche immer vor dem Kriege gewarnt hatte und auch
jetzt zur Unterwerfung rieth; aber die Masse wollte davon
nichts wissen und wehrte sich heldenmüthig. Indessen die
Hoffnung auf den von Syrakus verheissenen Entsatz erwies
sich als eitel, und die schwachen Mauern hielten nicht lange
Stand. Nach neun Tagen drangen die Feinde durch die
Bresche ein. In den Strassen und auf dem Markt tobte der
Verzweiflungskampf; aber zu retten war nichts mehr. Die
Karthager und ihre barbarischen Söldner mordeten, was ihnen
in die Hände fiel, ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht;
nur den in die Tempel Geflüchteten wurde das Leben zu-
gesichert, um diese um so gründlicher ausplündern zu können
— Achtung vor den griechischen Göttern hatten die Karthager
nicht. 16,000 Erschlagene wurden gezählt, 5000 Gefangene;
entkommen waren 2600 Mann, die zunächst in Agrigent Auf-
nahme fanden, dann aber durch Empedions Vermittelung von
Hannibal die Erlaubniss erhielten, in die gründlich verwüstete
und ihrer Mauern beraubte Stadt als zinspflichtige Unterthanen
Karthagos zurückzukehren.
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Eroberung von 8elinus. Rüstungen in Syrakus. 07
Stärke des karthagischen Heeres: etwas Ober 100,000 Mann nach
Timaeos [ebenso Xen. Hell. I, 1, 87], 200,000 und etwa 4000 Reiter nach
Ephoros; die Flotte wird auf 60 Kriegsschiffe und 1500 Transportschiffe
angegeben (Diod. XIII, 54). Dazu kommen beim Angriff auf Himera
20,000 Sikeler und Sikaner 59, 6; in Folge dessen besteht hier die Be-
lagerungsarmee aus 80,000 Mann 60, 3 (dabei kann Diokles mit seinem
kleinen Heer ungehindert zu Lande abziehen!), wozu ein Reservecorps
von 40,000 Mann im Lager fat tivwv X6<pu>v 5icu>tov rr,; iroXato; kommt
59, 6. Die 80,000 Mann, die sich auf einen Punkt zusammendrängen (!),
werden dann bei dem Ausfall von 10,000 Mann vollkommen geschlagen !
Im Kampf fallen nach Ephoros 20,000, nach Timaeos 6000. Ephoros'
Zahlen sind geradezu kindisch; dass aber auch Timaeos' Zahlen v iel zu
hoch sind, bedarf keiner Bemerkung. — Aus den angefahrten Zahlen
über die Selinuntier (hinzu kommen noch 1000 gegen Segesta Gefallene
Diod. XIII. 44, 4 und die Verluste der ersten Kämpfe ; vgl. it6Xtc xoXoav-
3poü3a ib. 44, 8) berechnet Belogh, Bevölkerung 285 f. eine Bevölkerung
von 82 — 38,000 Seelen. Man wird vielleicht für das gesammte Gebiet
noch etwas höher gehen müssen, da in den Landorten, wie Mazara
(Diod. XIII, 54, 6), ein Theil der Bewohner zurückgeblieben sein wird.
Indessen die Mehrzahl ist gewiss in die Stadt geflüchtet, so dass ich
Holm's Berechnung auf 60,000 Seelen (Gesch. Siciliens II, 422. III, 391)
für viel zu hoch halte. — Dass (trotz Diod. XIII, 59, 2) die Tempel von
Seimus nicht durch die Karthager, sondern durch ein Erdbeben zerstört
sind, nehmen alle Archäologen an. Doch hat Himilko die Tempel von
Agrigent systematisch zerstört : Diod. XIII, 108, 2. 96, 5. Schleifung der
Mauern Diod. XIII, 59, 4. Auf die meines Wissens noch nicht völlig
geklärten topographischen Probleme kann ich hier nicht eingehen.
771. Auf die Kunde von Hannibals Angriff hatten Syrakus
und die übrigen Griechenstädte endlich eine Ahnung von der
wahren Lage bekommen und zu rüsten begonnen; auch die
Flotte, welche in Ionien mit den Spartanern zusammen operirte,
wurde schleunigst zurückberufen (§. 716). Die Syrakusaner
stellten 3000 Mann ins Feld, die unterwegs die Truppen von Gela
und Agrigent an sich ziehen sollten; die Führung übernahm
Diokles selbst, das Haupt der Demokratie. Er traf in Agrigent
gerade gleichzeitig mit den Flüchtlingen aus Selinus ein. Ein
Versuch sich für die Stadt und die Gefangenen zu verwenden
wurde von dem karthagischen Feldherrn mit Hohn abgewiesen.
Hannibal hatte seine nächste Aufgabe gelöst; jetzt wandte
er sich zu dem Rachezuge gegen Himera, verstärkt durch
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08
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Zuzüge der Sikaner und Sikeler, die das karthagische Heer
als Befreier begrüssten. Auch hier gelang es alsbald eine
Bresche in die Mauer zu legen ; aber die Himeraeer, an Volks-
zahl den Selinuntiern etwa gleich und überdies durch Diokles'
Truppen verstärkt, schlugen die Eindringenden zurück. Am
nächsten Morgen unternahmen sie mit 10,000 Mann einen
Ausfall; die Belagerungsarmee, überrascht und verwirrt, wurde
geschlagen und auf das Lager zurückgeworfen. Aber bei
der Verfolgung lösten sich die Reihen der Angreifer auf.
Hannibal führte die intacte Reserve heran und warf die
Himeraeer unter schweren Verlusten zurück; eine Abtheilung
von 3000 Mann, die im Kampfe aushielt, wurde völlig auf-
gerieben. Jetzt war die Stadt nicht mehr zu halten; die
einzige Rettung war ein schleuniger Abzug. Noch war die
Cinschliessung zu Lande nicht vollendet und die See frei.
Denn Hannibal hatte seine Flotte bei Motye liegen lassen, um
sich nicht den Gefahren eines Seekampfes auszusetzen, und
zugleich, wie berichtet wird, um Syrakus nicht zu provociren
und womöglich neutral zu erhalten. Indessen musste man hier
immer befürchten, dass die karthagische Flotte plötzlich im
Hafen von Syrakus erscheinen und die zur Verteidigung in
keiner Weise ausreichend gerüstete Stadt überfallen werde.
Um so mehr drängte Diokles zur Heimkehr. Gerade jetzt
traf die aus Ionien abberufene syrakusanische Flotte von
25 Trieren vor Himera ein. So wurde bei Nacht eingeschifft,
so viel die Trieren fassen konnten, während Diokles mit
seinen Truppen und einem Theil der Weiber und Kinder zu
Lande abzog; der Rest musste versuchen die Stadt zu halten,
bis die Flotte zurückkehrte. Hannibal hat die Abziehenden
nicht angegriffen, dafür aber den Sturm auf die Mauern um
so heftiger erneuert. Am zweiten Tage trafen die Schiffe
wieder ein. Aber sie kamen zu spät; kurz vorher waren die
Iberer in die Stadt eingedrungen , und das Morden hatte be-
gonnen. Von den Gefangenen wurden die Weiber und Kinder
in die Sklaverei geschleppt, 3000 Männer aber den Manen
Hamilkars als Opfer geschlachtet. Auch die verhasste Stadt
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Räumung und Zerstörung von Himera. (J9
sollte vom Erdboden verschwinden; sie wurde niedergebrannt
und von Grund aus zerstört. Himera ist aus den Trümmern
nie wieder erstanden ; statt ihrer gründeten die Karthager im
J. 407 bei den warmen Quellen zwei Meilen weiter westlich
die Stadt Thermae (j. Termini), die mit Colonisten aus Afrika
besiedelt wurde. Den Krieg weiter fortzusetzen war nicht
Hannibals Absicht; im Triumph kehrte er mit der Beute nach
Karthago zurück. Durch seine Erfolge hatte er sich den
Staatsmännern und Feldherrn seines Hauses, die. so lange in
Karthago das Regiment geführt hatten, und selbst seinem
grossen Oheim Hanno ebenbürtig zur Seite gestellt; binnen
drei Monaten hatte er zwei blühende griechische Städte ver-
nichtet und für Karthago eine neue Provinz erobert. Denn erst
durch ihn ist aus der karthagischen Oberhoheit über die drei
Phönikerstädte auf der Insel ein wirkliches, fest organisirtes
und tributzahlendes Herrschaftsgebiet (£irtxp<rueta) geworden.
Die Niederlage der Belagerungsarmee bei Himera ist bei Frontin
III, 10, 3 in eine Kriegslist Hannibals verwandelt. In diesem Kampf
fielen nach Timaeos 6000, nach Ephoros 20.000 Mann Diod. XIII, 60, 5.
Dreimonatliche Dauer des Feldzugs: Xen. Hell. I, 1, 37.
Ausgang des Hermokrates. Zweite karthagische Invasion.
Einnahme von Agrigent.
772. Die Ereignisse des karthagischen Krieges haben über
die Zustände, die in den griechischen Städten Siciliens
herrschten, ein vernichtendes ürtheil gesprochen. Trotz ihres
Reichthums und ihrer Volkszahl hatten sie sich unfähig er-
wiesen, irgend etwas für die Wahrung ihrer Unabhängigkeit,
ja ihrer Existenz zu leisten; kein Zweifel, dass wenn die
Karthager den Krieg weiter geführt hätten, eine Stadt nach
der anderen das Schicksal von Selinus und Himera getheilt
haben würde. Die Hauptschuld trug Syrakus, das die Insel
beherrschen wollte und nicht schirmen konnte; die herrliche
demokratische Freiheit und ihr Führer hatten ihre Unfähigkeit
offenkundig erwiesen. So ist es begreiflich, dass die Oppo-
70
IV, 2. Die Karthager und Dionysioe von Sicilien
sition sich von neuem erhob und auf eine Verfassungsänderung
hinarbeitete. Hermokrates, der bisher als Verbannter für
Sparta gewirkt und sich deshalb zu Ende des Jahres 409 der
an den persischen Hof geschickten Gesandtschaft angeschlossen
hatte (§. 718), glaubte die Zeit gekommen, wo er die Rück-
kehr in die Heimath erreichen könne; wie für den Krieg gegen
Athen, so fühlte er sich für den Karthagerkrieg als den be-
rufenen Führer. Pharnabazos unterstützte ihn mit Geld; er
landete in Messana und brachte alsbald ein ansehnliches Heer
zusammen. Ein Handstreich auf Syrakus misslang; dafür
durchzog er weit und breit die Insel, besetzte Selinus und
stellte die zerstörten Mauern wieder her, verwüstete das Ge-
biet von Motye und Panormos und zog schliesslich nach den
Trümmern von Himera. Die Karthager hatten kein Heer
mehr auf der Insel und mussten Hermokrates gewähren
lassen. Um so grösser war der Eindruck, den seine kühnen
Streifzüge in Syrakus hervorriefen, zumal als er die un-
bestatteten Leichen der syrakusanischen Gefallenen auf dem
Schlachtfeld von Himera auflas und in feierlichem Zuge nach
Syrakus entsandte. Die Stimmung schlug um : Diokles musste
um seine Existenz kämpfen. Er verlangte, man solle die
Leichen aus der Hand des hochverrätherischen Exulanten
nicht annehmen; aber er drang damit nicht durch, sondern
wurde verurtheilt und selbst ins Exil geschickt. Trotzdem
gelang es nicht, Hermokrates' Rückberufung durchzusetzen;
mit Recht sah die Menge in ihm den kommenden Tyrannen.
Da versuchte er, im Einverständniss mit seinen Parteigängern
in der Stadt, noch einmal, durch Gewalt ans Ziel zu gelangen.
Mit 3000 Mann zog er von Selinus aus und erschien bei Nacht
vor den Mauern von Syrakus. Er fand seine Freunde bereit
und das Thor geöffnet. Aber von seinen Truppen hatte ihm
auf dem eiligen Marsch nur ein geringer Theil folgen können ;
die Bürgerschaft sammelte sich auf dem Markte und über-
wältigte die Eindringenden. Hermokrates selbst fiel, mit ihm
viele seiner Anhänger ; die übrigen wurden vor Gericht gestellt
und verbannt (407 v. Chr.).
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Hermokrates' Ausgang. Neue Küstungen Karthagos. 71
Hermokrates' Unternehmungen erzählt Diodor XIII, 63. 75 unter
Diokles 409/8 und Euktemon 408/7; sie fallen wahrscheinlich Ende 408
und Anfang 407. Polyb. XII, 25 k, 11 lässt Hermokrates falschlich an
der Schlacht bei Aegospotamoi Theil nehmen. — Bekanntlich hat Plato
in hohem Alter die Absicht gehabt, Hermokrates in der dritten Abhand-
lung der Trilogie, der Timaeos und Kritias angehören, zum Träger der
Untersuchung über praktische Politik auf der Grundlage seiner Staats-
idee zu machen; er hat aber diesen Plan niemals ausgeführt, wohl weil
er selbst empfand, dass die Aufgabe für ihn unlösbar sei. Die Quali-
fication des Hermokrates wird Timaeos 20 a besonders attestirt: rfc V
'EpjioxcatO'JC *8pl <p6stu>i; %a\ tpoip^? npos 5icavtot xox>i' ttvat 'i*av9); rcoXXiüv
{Aapropouvtwv nwttotiov; das sind die Schriften des Thukydides und Phi-
listos und die Tradition, die Plato in Sicilien kennen gelernt hatte.
773. Der Angriff des Hermokrates zeigte den Karthagern,
dass der Krieg nicht zu Ende war. Wollten sie ihre Stellung
behaupten, so mussten sie weiter gehen. Der vorige Feldzug
hatte erwiesen , dass die Griechen ihnen in keiner Weise ge-
wachsen waren ; warum sollten sie nicht versuchen, die ganze
Insel zu erobern? So wurden die Rüstungen wieder auf-
genommen, diesmal in noch umfassenderer Weise als vorher;
zu den Bürgertruppen und den Unterthanen aus der afrika-
nischen Provinz und den Phönikerstädten kamen Söldner aus
Spanien und von den Balearen, sowie Hülfstruppen der numi-
dischen und maurischen Häuptlinge. Auch campanische
Reisläufer wurden angeworben; die alte Truppe von 800 Mann,
die sich für ihre Dienste nicht genügend belohnt sah, trat
dagegen zu den Griechen über. Obwohl Hannibal sich mit
Hinweis auf sein Alter sträubte, wurde ihm der Oberbefehl
von neuem übertragen, und ihm sein Vetter Himilko, der
Sohn des grossen Hanno, beigegeben. Die Syrakusaner suchten
durch Verhandlungen der Gefahr zuvorzukommen; aber sie
erhielten eine ausweichende Antwort. So blieb auch den
Griechen nichts übrig als zu rüsten. Die Agrigentiner , die
der erste Angriff treffen musste, brachten ihre Habe in die
Stadt und verproviantirteq sich nach Kräften; die übrigen
Städte sagten Unterstützung zu. Zugleich wandte man sich
nach Italien und Sparta um Hülfe, und letzteres sandte den
72 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Dexippos als Feldherrn, der Söldner anwarb und zunächst in
Gela Stellung nahm. Auch Syrakus begann Truppen aus-
zuheben und setzte seine Flotte in Stand; neue Schiffe zu
bauen, so dass man den Karthagern gleich beim Landungs-
versuch hätte entgegentreten können, hielt man auch jetzt
nicht für nöthig. Immerhin war man besser gerüstet als drei
Jahre zuvor. Aber fraglich genug war es doch, ob man im
Stande sein werde, der feindlichen Macht zu widerstehen.
Ueberdies wirkte der Schrecken, der vor den Eroberern von
Selinus und Himera einherging, lähmend auf alle Operationen :
und dazu kamen in allen Städten die Gegensätze des Partei-
treibens. So ist es begreiflich, dass überall Stimmen laut
wurden, welche der Unterwerfung das Wort redeten, weil der
Widerstand aussichtslos sei, und dass gegen die Feldherrn,
wenn sie zögernd und unsicher operirten, der Vorwurf erhoben
wurde, sie seien bestochen und ständen mit den Feinden in
heimlichem Einvernehmen — ob daran irgend etwas Wahres
ist, lässt sich für uns nicht mehr entscheiden.
Stärke des karth. Heeres: nach Tiraaeos bei Diod. XIII, 80, 5
[ebenso Xen. Hell I, 5, 21] 120,000 Mann, nach Ephoros 800,000 Mann;
dazu nach Xen. 120 Trieren (bei Diod. werden 40 + 50 erwähnt), so-
wie nach Diod. Ober 1000 Transportschiffe. — Dexippos lebt nach Ti-
maeos bei Diod. 85, 8 xat' exeivov xöv ypovov in Gela, f/tov a;uujia 8wc
x-ijv JwcpLäa; er ist aber doch wohl auf das HQlfsgesuch 81, 2 von Sparta
geschickt. — Bestechung und Verrath : Diod. XIII, 87, 2 (die agrigent.
Feldherrn). 88, 7 (Dexippos). 91, 3. 94 (Syrakus).
774. Im Frühjahr 406 ging die karthagische Expedition
in See. Die Vorhut von 40 Trieren wurde an der Westküste
der Insel von der gleich starken syrakusanischen Flotte ge-
schlagen. Als aber Hannibal mit 50 weiteren Schiffen heran-
kam, erwies sich dieselbe als zu schwach und kehrte nach
Syrakus zurück. So konnte das karthagische Heer ungehindert
landen. Hannibal bot den Agrigentinern Frieden und Bünd-
niss, wenn sie sich ruhig halten wollten; als sie das ablehnten,
begann er die Belagerung (Mai 400). Freilich war Agrigent
eine ganz andere Stadt als Selinus und Himera, an Umfang
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Belagerung von Agrigent.
73
nahezu so gross wie Athen und der Piraeeus zusammen,
wenn auch schwerlich so dicht bewohnt, mit einem Gebiet
weit grösser als Attika, mit einer Bevölkerung von etwa
200,000 Menschen, darunter 20,000 waffenfähige Männer aus
den oberen Ständen. Ausserdem hatte die Bürgerschaft
Dexippos mit 1500 Mann und die 800 Gampaner in Sold ge-
nommen und auf die hochragende Burg, den Athenahügel,
gelegt. Der Mauerring Therons lief fast durchweg auf steil
abfallenden Höhen ; nur im Südwesten, wo er sich zum Thal
des Hypsas hinabsenkt, war die Stadt angreifbar. Hier er-
richteten denn Hannibal und Himilko ein verschanztes Lager,
erbauten zwei Belagerungsthürme, und begannen den Sturm;
die Reserve, namentlich die spanischen und campanischen
Söldner, dazu einen Theil der Libyer, legten sie auf die Höhen
im Osten der Stadt, um einem von Syrakus kommenden Ent-
satzheer entgegenzutreten. Die Belagerten steckten bei einem
nächtlichen Ausfall die Thürme in Brand; Hannibal Hess
Dämme gegen die Mauern aufführen, wozu die Grabbauten
der grossen Nekropole im Westen bequemes Material boten.
Aber jetzt war die heisse Jahreszeit herangekommen ; die Erd-
arbeiten und die Miasmen der Flussniederung erzeugten in den
zusammengedrängten Menschenmassen eine verheerende Epi-
demie, der auch Hannibal zum Opfer fiel. Jedoch Himilko
hielt aus; er Hess fortan die Gräber unangetastet, brachte
den zürnenden Göttern einen Knaben als Opfer, warf einen
Damm durch den Fluss, und brachte seine Maschinen bis auf
die Höhe der Stadtmauer.
Die Dauer der Belagerung wird bei Xen. Hell. I, 5, 21 auf 7, bei
Diod. XIII, 91 auf 8 Monate angegeben; die Stadt fällt juxp&v rcpi trt<;
Xetfxtpivrj^ tpoirfjc; also begann die Belagerung im Mai. — Die Zurück-
fQhrung der Epidemie auf die Schändung der Gräber Diod. XIII , 86 ist
charakteristisch für Timaeos. — Bevölkerungszahl: Diod. XIII,
84i 3 (aus Timaeos) : 'Axpafavttvot "Jjoav nXttouc t«»v Sto[U>ptu>v, auv 2s
tot? xatoixooai Sevoic qüx i\&xv>t>z td»v ttxoot ptoptd8cov (~ 90, 8). Letzteres
mag die Gesammtzabl der Einwohner des Gebiets sein, aber unmöglich
hat Agrigent 180,000 Metoeken gehabt, wenn das auch Holm, Gesch.
Sic. III, 391 »als durchaus nicht unglaublich erscheint«; Holm hat He-
74
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
loch's Ausführungen Bevölkerung 281 ff. keineswegs widerlegt. Bei
Diog. Laert. VIII, 63 gibt Potamilla im Coramentar zu Empedokles der
Stadt sogar 800,000 Einwohner. Die 20,000 sind offenbar das Hopliten-
heer. — Zur Topographie vor allem Schubrixo, Hist. Topographie von
Akragas, 1870, berichtigt von Toniazzo in der ital. Uebersetzung 1888
(Beloch, Gr. Gesch. II, 87). Betreffs der Oertlichkeit der beiden kartha-
gischen Lager ist die Annahme von Grote und Holm, Gesch. Sic. II,
426 gegenüber der von Schi bring, der beide Lager in den Westen setzt,
zweifellos richtig; vgl. Freemax, hist. of Sic. III, 728.
775. Inzwischen waren die Syrakusaner endlich mit ihren
Rüstungen fertig geworden. Einschliesslich der Zuzüge aus
Unteritalien und aus den sicilischen Städten, vor allem aus
Messana, Gela und Kamarina, hatten sie eine Armee von
30,000 Mann und 5000 Reitern zusammengebracht. Damit
rückte der Feldherr Daphnaeos längs der Südküste vor, ge-
deckt durch eine Flotte von 30 Schiffen. Westlich von
der Mündung des Himeraflusses trat ihm die karthagische
Reservearmee entgegen ; sie wurde vollständig geschlagen und
auf das Hauptlager zurückgeworfen. Vielleicht wäre es jetzt
möglich gewesen einen entscheidenden Schlag zu führen
und die Karthager zum Abzug zu zwingen. Aber die
Erfahrungen, die man in den Kämpfen vor Himera gemacht
hatte, hemmten jeden kühnen Entschluss. Daphnaeos hielt
seine Truppen zurück, um sie nicht dem Angriff des intacten
feindlichen Hauptheers auszusetzen, und die Feldherrn in
, Agrigent wagten keinen Ausfall, um nicht Himilko die Mög-
lichkeit zu geben, während dessen in die Stadt einzudringen.
Daphnaeos besetzte das Lager der Reservearmee; die Agri-
geutiner strömten zu ihm, und jetzt brach der Sturm gegen
ihre Feldherrn aus. Die Verbündeten, voran Menas, der Führer
des Kontingents von Kamarina, erhoben Klage, dass man sie
nicht unterstützt und so den sichern Sieg sich habe entgehen
lassen. Vier von den fünf Strategen wurden von der er-
bitterten Menge gesteinigt. Auch gegen Dexippos, auf dessen
Kriegserfahrung man gebaut hatte, erhoben sich die schwersten
Vorwürfe ; in acht spartanischer Art hatte er die Bedächtigkeit
bis zu schwachherziger Aengstlichkeit gesteigert. — Immerhin
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Kfimpfe vor Agrigent. Räumung der Stadt.
75
war der Erfolg bedeutend genug; die Verbindungen waren
frei, die Karthager, auf das Lager im Westen beschränkt, ge-
riethen in arge Noth. Die festen Lagerwälle vermochten die
Griechen freilich nicht zu stürmen; aber sie schnitten den
Feinden die Zufuhr ab, so dass die Söldner, die Campaner
voran, zu meutern begannen. Indessen Himilko blieb fest;
er hielt die aufsässigen Truppen mit VerspVechungen hin und
verpfändete ihnen die kostbaren Trinkgeschirre der karthagischen
Officiere. Die Sorglosigkeit der Griechen, die den vollen Sieg
schon in Händen zu haben glaubten, bot ihm die Gelegenheit
zu einem entscheidenden Schlag. Schon kam der Winter
heran; um so weniger glaubten die Syrakusaner, dass die
karthagische Flotte, die sich bisher nie hatte sehen lassen,
sich jetzt noch auf die See wagen werde. Ein grosser Pro-
vianttransport kam zur See heran, von wenigen Kriegsschiffen
gedeckt; plötzlich wurde er von 40 Trieren, die Himilko von
Motye herbeigerufen hatte, überfallen, die Begleitschiffe ver-
nichtet, der Transport abgefangen. Damit schlug die Situation
in ihr Gegentheil um. Die Karthager beherrschten jetzt die
See, zu Lande war auf den schlechten Wegen Verpflegung
nicht zu beschaffen, in Agrigent war man mit den Vorräthen
sorglos umgegangen. Alsbald brach Hungersnoth aus. Dexippos,
angeblich bestochen, erklärte die Stadt für nicht mehr haltbar,
die Campaner traten gegen 15 Talente wieder zu Karthago
über, die italischen Gontingente kehrten in die Heimath zu-
rück. Wie drei Jahre zuvor in Himera, so entschloss man sich
jetzt in Agrigent, die Stadt zu räumen, so lange es noch Zeit war.
Unter dem Schutz der Armee zog bei Nacht die gesammte
Bevölkerung ab; am nächsten Morgen konnte Himilko ohne
Kampf in die Stadt einrücken (Dec. 406). Wer wegen Krank-
heit oder Altersschwäche, oder weil er den Untergang der
Heimath nicht überleben wollte, zurückgeblieben war, wurde
niedergemacht oder gab sich selbst den Tod, so Gellias, der
reichste Bürger, berühmt durch seine Freigebigkeit und Gast-
lichkeit. Die Tempel wurden niedergebrannt und ihre Reliefs
verstümmelt, unermessliche Beute, darunter zahlreiche berühmte
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76
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Kunstschätze, nach Karthago gesandt; m den leeren Häusern
bezog Himilko mit seiner Armee Winterquartiere. Der ge-
retteten Bevölkerung wies Syrakus das in Trümmern liegende
Leontini zum Wohnsitz an.
»
Zum Sieg des Daphnaeos vgl. Polyaen V, 7. Ob das angebliche
Strategem des Himilko Polyaen V, 10, 4 = Frontin III. 10, 5 sich auf
diesen oder die vorhergehenden Kämpfe bezieht, ist nicht zu sagen. —
Plato hat ep. 8, 354 d die Vorgänge in Agrigent mit den ähnlichen,
die sich wenig später in Syrakus abspielten (§. 776), zusammengeworfen,
was bei der mündlichen Tradition, aus der er schöpft, sehr begreiflich
ist. — Unter der Beute war bekanntlich der Stier des Phalaris (Bd. II,
§. 423).
Usurpation des Dionysios. Verlust von Gela und Kamarina
und Friedensschlu88.
776. Die Katastrophe von Agrigent erfüllte alle Griechen
Siciliens mit Entsetzen; welche Gemeinde durfte noch hoffen
zu widerstehen, wenn diese Stadt sich nicht hatte retten
können? Die Entrüstung richtete sich in erster Linie gegen
die Staatsleiter in Syrakus und seine unfähigen Feldherrn,
die mit der gewaltigen Kriegsmacht unter ihrem Commando
nichts anzufangen gewusst und auch Agrigent ohne Kampf
den Nationalfeinden hatten in die Hände fallen lassen. Offen
beschuldigten die flüchtigen Agrigentiner den Daphnaeos und
seine Collegen des Verraths. In Syrakus selbst erhoben sich
die Gesinnungsgenossen des Hermokrates von neuem, ent-
schlossen, diesmal auf jede Weise die Revolution zu erzwingen,
um das Vaterland zu retten. Nach ihrer Ueberzeugung gab
es nur noch einen Weg der Rettung: den Sturz der unfähigen
Demokratie und ihre Ersetzung durch die unumschränkte Ge-
walt eines bewährten Officiers. An die Spitze dieser Partei
traten Hipparinos und der noch in jugendlichem Alter ste-
hende Philistos, zwei der angesehensten und reichsten Bürger
der Stadt. Sie selbst fühlten sich nicht befähigt, die Führer-
stellung zu übernehmen; den geeigneten Mann erkannten sie in
einem jungen Krieger, dem 25jährigen Dionysios (geb. 430 v.Chr.).
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Opposition in Syrakus. Dionysios' Auftreten. 77
Sein Vater Hermokrates (mit dem gleichnamigen Strategen
nicht zu verwechseln) gehörte dem Mittelstande an; Dionysios
selbst hatte bisher einige untergeordnete Stellen im Staats-
dienst bekleidet, vor allem aber durch seine Tapferkeit im
Kampf gegen die Karthager die Augen auf sich gelenkt. Der
Erhebung zu Gunsten des Hermokrates hatte er sich an-
geschlossen, aber der Verfolgung sich zu entziehen gewusst,
angeblich indem er, schwer verwundet, sich todt stellte. Jetzt
trat er als Volksmann auf. Als in der Volksversammlung
die Massregeln für die Fortführung des Kriegs zur Berathung
standen und Niemand sich mit Vorschlägen her vorwagte, er-
hob er die Anklage des Verraths gegen die Feldherrn und
forderte ihre sofortige Absetzung. Das war verfassungswidrig;
als aber die Vorsitzenden ihn mit einer Geldstrafe belegten,
zahlte Philistos die Busse und forderte ihn auf weiter zu reden :
er werde auch jede weitere Summe zahlen, um die man ihn
büssen werde. So fuhr Dionys mit den Angriffen fort: die
Feldherrn hätten sich bestechen lassen, sie seien, wie alle
Leute aus vornehmem Hause, ebenso habgierig wie herrisch
und Feinde der Demokratie; das Volk müsse an ihrer Stelle
Männer aus dem Volke wählen, die nur das Gemeinwohl im
Auge hätten und niemals versuchen würden, aus dem Unglück
der Heimath Gewinn zu ziehen. Dionys' Angriffe wirkten; in
tumultuarischem Verfahren wurden die Strategen abgesetzt
und neue gewählt, darunter Hipparinos und Dionysios selbst.
Hipparinos, itptoxfosas Eupaxooüuv xal Atovoslo» oovap£ac 5« rcptüxov
at>xoxpdxu»p tpSfrfl axparrfto? Plut. Dio 3. 6?><5oxijxu>xaxos Diod. XVI, 6.
■pfvovw. oi (ircafioXal rfj? oXifapyla^ xai oxav avaXwoutsi xa t$ia C">vxs?
ascX-fcZ»;' xal y^P °' xoioaxoi xaivotop.eiv C^xo&at **l ^ xupawtoi sictxt-
ftsvxai auxol $} xaxa3x*od>ct>3tv txtpov, u*:nip 'lnicap:vo; Aiovöotov ev £opa-
xoüsatc Arist. pol. VIII, 5, 6; der hier dem H. gemachte Vorwurf der
Verschwendung seines Vermögens stimmt zu den übrigen Notizen schlecht.
Plato ep. 8, 353 a (der die Bedeutung des Vaters Dions vielleicht über-
treibt): »jetzt herrscht in Sicilien ein Geschlecht, itoxe xaxSox^oav o-
«axfptg 6p,div »i; anoptav sX$6vxi<; x^v aicaaav, xo*' Stt xivfovo; i^ivexo
soyaxex; EcxsXi'a rjy xü»v 'EXXyjVcuv 6äö Kapx^Sovttuv ävdoxaxov oXtjv exßap-
ßapwfclaav f tvtsfrat. xöxs f ap s'Xovxo Atovuaiov piv u>c v*ov xal jcoX«p.txov
e-1 xa; xoo icoXtpoo itpinodsa« a&xü» npa^i;, oopßooXov ?i xal npttfonpov
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78
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
'I-TTOtplvov, srrl ciutr^-a xt(; StxiXtac aüxoxpdxopa? iL; <par., topawoo; ehovo-
fxäCovt»«. ib. 854d werden die Wirkungen der damals herrschenden
a^txpot; sXsüiHpi'a geschildert : ot yap Atovosto-j xal 'Iirnaptvoo apjotvxts
£txtMu>xai . . . o't xal xou; oexa sxpaxYjYOt^ xaxi>.fj3av ßdXXovxs; (vgl.
§. 775 A.) xouc npö Atovooiou, xaxa vojiov ou3tva xptvavxt?. Dass die Feld-
herrn weder getödtet noch verbannt wurden (gegen Polyaen V, 2, 2),
wird dadurch bestätigt, dass Daphnaeos erst nach dem Staatsstreich von
Dionys getödtet wird (Diod. XIII, 96, 3). — Philistos: Diod. XIII. 91.
Dionys1 Herkunft und frühere Schicksale: Diod. XIII, 75, 9. 92, 1. 96, 4
(Ix fP*fJI-}J,-aT'w? xo^ t^X^0? t&twxoo e^sv-^^-r] xopawo^). XIV, 67. 1.
Isokr. 5, 65 (icoXXooxö^ xal xü> -(fau xai rjj So'^j xal xot; a).Xot; arcaoiv).
Polyaen V, 2, 2 (&ÄY|pexü>v xa* Ypajj.fiaTt6u>v xot$ axpaxTrjfot?). Demosth.
20, 161. Polyb. XV, 35, 2. Dagegen Cic. Tusc. V, 58 bonis parentibus
atque honesto loco natus (etsi id quidem alius alio modo tradidit).
Dionys ist im Frühjahr 367 nach 38jahriger Regierung gestorben (Diod.
XIII, 96, 4. XV, 73. Cic. Tusc. V, 57. de nat. deor. III, 81. Hieron. a.
Abr. 1649. chron. par. 76), mithin Anfang 405 zur Regierung ge-
kommen. Das wird bestätigt durch den Synchronismus Justin V, 8, 7
(vgl. §. 769 A.) und durch Timaeos, der seinen Antritt mit Euripides*
Tod gleich setzte (fr. 119 bei Plut. symp. quaest. VIII, 1, 3, wo an
Stelle der Geburt der Antritt der Tyrannis zu setzen ist). Die Daten
des chron. par. und Eusebius für den Antritt sind werthlos. Bei der
Usurpation 25 J. alt: Cic Tusc. V, 57. Die Daten bei Ephoros, an
denen TimaeoS Kritik übte, beruhen, wie Polyb. XII, 4a richtig be-
merkt, auf Schreibfehler. Zahlreiche Vorzeichen der Tyrannis des Dionys
hat Philistos dem damals bereits dominirenden Geschmack gemäss (vgl.
Isokr. Euagoras 21) berichtet (Cic. div. I, 39. 73. Plin. VIII, 158. Aelian
v. h. XII, 46. Val. Max. I, 7. ext. 6. 7) — fast das einzige, was aus
seinem Werke erhalten ist! Dionysios xaxYjYopdW Aa<pvatot> xal twv
it).0!>3t«ov r^tuiiH) xr4<; xupavvtöos, Ziä x-rjv fyfrpav t«3X»u&s1s oYjfioxixos
iuv Arist. pol. VIII, 4, 5, vgl. 8. 4. Der Hergang bei Diod. XIII, 91 f.
und kurz bei Polyaen V, 2, 2; vgl. auch PluL apophth. Dionys. 1.
777. Zu Einfluss gelangt, beantragte Dionys die Rück-
berufung der Verbannten: es sei absurd, in der Fremde um
Hülfe zu werben, die Kräfte so vieler Börger aber zu ver-
schmähen; dass man ihnen trauen dürfe, hätten sie bewiesen,
indem sie sich trotz aller Lockungen den Karthagern nicht
angeschlossen hätten. Die Menge stimmte zu, in den Heim-
kehrenden aber — es waren meist Parteigänger des Hermo-
krates — gewann Dionys eine feste Stütze. Von seinen Col legen
(ausser Hipparinos) hielt er sich fern; auch sie, behauptete
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Dionys in Gela. Vorbereitung des Staatsstreichs. 70
er, ständen mit den Feinden in Verbindung. Um so rühriger
betrieb er die Kriegsrüstungen. Inzwischen kam von Gela,
wohin Dexippos mit seinen Truppen gegangen war, das Gesuch
um Hülfe; hier musste man mit Beginn des Frühlings den
Angriff der Feinde erwarten. Dionys ging mit 2000 Mann
und 400 Reitern hin. Er fand die Stadt voll Verwirrung und
Parteihaders. Natürlich ergriff er die Partei der Demokraten ;
er liess die Führer der Reichen zum Tode verurtheilen und
aus ihrem eingezogenen Vermögen den Söldnern des Dexippos
den rückstandigen Lohn zahlen. So gewann er auch diese
für sich; Dexippos selbst dagegen lehnte seine Anerbietungen
ab. Seinen eigenen Truppen versprach er doppelten Sold und
führte sie nach Syrakus zurück, nachdem er in Gela seine
baldige Rückkehr mit stärkerer Macht verheissen hatte. In
Syrakus hatten geloische Gesandte, die Ehrendecrete für den
volksfreundlichen Feldherrn überbrachten, die Stimmung für
ihn noch verstärkt; er konnte den entscheidenden Schritt
wagen. Er erklärte der Menge, jetzt erst habe er den vollen
Umfang der Verrätherei kennen gelernt; während man in
Syrakus Feste feiere — er traf gerade am Abend einer Schau-
stellung ein — , entzögen die Leiter der Stadt den Truppen
die Lohnung und verhandelten ununterbrochen mit dem
Feind; Himilko selbst habe ihn durch einen Boten aufgefordert,
wenn er sich an dem Treiben nicht betheiligen wolle, solle
er wenigstens nichts dagegen thun. Das könne er nicht mit
ansehen; er lege daher sein Amt nieder. Ob an seinen Be-
schuldigungen etwas Wahres ist, können wir nicht mehr fest-
stellen; denkbar wäre es, dass gar manche, theils weil sie die
Vertheidigung für hoffnungslos ansahen, theils um ihre Stel-
lung in der Stadt zu behaupten und der Gegner Herr zu
werden, Syrakus den Karthagern in die Hände spielen wollten
— derartiges war z. B. in den Griechenstädten Kleinasiens
ganz gewöhnlich. Wie dem auch sein mag, die Menge glaubte
seinen Erklärungen. Am nächsten Tag wurde der Antrag
gestellt, Dionys zum alleinigen Feldherrn mit unumschränkter
Vollmacht zu ernennen; auch Gelon habe nur, weil er alle
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SO IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Gewalt in Händen hatte, den Sieg an der Himera erfochten.
Der Antrag wurde angenommen ; als Berather Hess sich Dionys
den Hipparinos beiordnen. Sofort liess er durch Volks-
beschluss, wie er versprochen hatte, die Löhnung der Truppen
verdoppeln. Wenige Tage darauf that er den letzten Schritt
Er berief die wehrpflichtige Mannschaft von Syrakus nach
Leontini, wo er unter den Agrigentinern und den übrigen
Flüchtlingen, die hier versammett waren, auf starken Anhang
rechnen konnte, während zu erwarten war, dass von den
Syrakusanern ein grosser Theil dem Befehl nicht Folge leisten
werde. Bei Nacht erschien er selbst in eilender Flucht, voll
Angst und Verwirrung: er sei auf dem Marsche im Lager
von seinen Gegnern überfallen worden und mit Mühe dem
Tode entgangen. Die zusammenströmende Menge gestattete
ihm, sich eine Leibgarde von 600 Mann auszusuchen. Statt
dessen ernannte er über 1000, lauter zuverlässige, im Kampfe
erprobte Leute, die fortan den Kern des Heeres bilden
sollten und glänzende Rüstungen und hohen Lohn erhielten.
Die Söldner waren ihm bereits ergeben und wurden durch
Verheissungen noch weiter gefesselt. Die Insel, durch die
Karthager in grenzenlose Verwirrung gestürzt, war voll von
Flüchtlingen und Abenteurern; wer immer bereit war, bei ihm
Dienste zu nehmen, wurde angeworben. Die Officiersstellen
wurden mit zuverlässigen Männern besetzt, Dexippos, dem der
neue Herrscher nicht trauen konnte, nach Sparta entlassen.
Dann ging Dionys nach Syrakus, schlug seinen Wohnsitz im
Arsenal auf, und nahm Besitz von der Regierungsgewalt. Vor
der Volksversammlung erhob er Anklage gegen Daphnaeos,
den unglücklichen Feldherrn des vorigen Jahres, und Da-
marchos, einen der drei Strategen, die 410 dem Hermokrates
zu Nachfolgern bestellt waren, liess sie verurtheilen und hin-
richten. Weitere Gewaltthaten waren nicht nöthig; die Masse
der Syrakusaner war den Söldnern und der Garde gegenüber
ohnmächtig, ein grosser Theil des Volkes begrüsste die absolute
Gewalt als einziges Rettungsmittel im Kampf gegen Karthago.
Aus seinen Tendenzen machte der neue Machthaber jetzt kein
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Dionysios' Staatsstreich. Himilko gegen Gela
81
Hehl mehr; er vermählte sich mit der Tochter des Hermokrates,
und gab dessen Schwager Polyxenos seine Schwester zur Ge-
mahlin.
Ueber Hipparinos Plato ep. S. 353 a. 354 d (§. 776 A.); p. 355 e sagt
Dion von seinem Vater a-ö ßapßapiov Y^jofliptostv ev tö> tot» /povto rqv
Ttö/vtv, natürlich als Gehülfe des Dionys; es ist begreiflich, dass er in dem
summarischen Beriebt Diodors XIII, 92 ff. (ausser der kurzen Notiz bei
Polyaen V, 2, 2 unserer einzigen Quelle) übergangen wird. Die Bezug-
nahme auf Gelon und die 300,000 Karthager an der Himera c. 94, 5 ist
speeifisch timaeisch. Arist. pol. III, 10, 10 berichtet den Witz — • denn
mehr ist es nicht — A'.ovosim ti;, ox' tou^ tpuXaxu;, ouvsßouXsus tot;
— opaxoustoi; otoovat tosoutou; toö; tpjXaxac (d. h. man solle dem Volk
eine ebenso starke Garde zum Schutz geben wie dem Feldherrn, um eine
Usurpation unmöglich zu machen).
778. Ueber diesen Vorgängen war der Sommer 405 her-
angekommen. Himilko vollendete die Zerstörung von Agrigent
und rückte mit seinem Heer ins Gebiet von Gela und Kama-
rina ein, weit und breit alles verwüstend. Wie im Westen
•die Sikaner, so warfen hier die Sikeler das fremde Joch ab.
Dann schlug er westlich von Gela ein befestigtes Lager auf
und begann den Sturmangriff. Die Geloer wehrten sich aufs
tapferste, bis Dionys mit der Ersatzarmee herankam. Auch
er halte ein Heer von 30,000 Mann aufgebracht, theils die
Soldner und das Aufgebot von Syrakus, theils Zuzüge aus
Sicilien und Unteritalien, dazu 1000 Reiter und 50 Kriegs-
schiffe. Zwanzig Tage lang belästigte er die Karthager beim
Fouragiren; dann, als seine Truppen für den Kampf genügend
vorbereitet schienen, entwarf er einen grossen combinirten
Angriff auf das feindliche Lager, der die Entscheidung bringen
sollte. Gela liegt auf einem langgestreckten, etwa 40 m hohen
Hügelrücken, der steil zum Meer abfallt und nur für einen
schmalen Küstenpfad Raum lässt, während sich im Norden
ein weites Blachfeld ausdehnt. Durch dasselbe floss damals
noch der Bach Gelas, der in dieser Zeit westlich von der Stadt,
am Lager der Karthager, mündete. Nach Dionysios' Plan sollte
zunächst die Flotte das Lager von der See aus angreifen,
Meyer, Geschichte des Alterthuins. V. 6
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82 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
wo Himilko keine Befestigungen aufgeführt hatte; dann sollten
die Truppen aus Italien an der Küste, die sicilischen Truppen
durch die Ebene im Norden, Dionys selbst mit den Söldnern
in der Mitte durch die Stadt gegen das Lager vordringen,
während die Reiterei die Bewegungen des Fussvolks deckte
und die fliehenden Feinde zersprengte; diesem plötzlichen An-
griff von allen Seiten musste das feindliche Heer erliegen.
Zunächst schien das Unternehmen vollkommen zu glücken.
Während die Karthager sich gegen die Angriffe der Flotte
vertheidigten, drangen die Italioten über den Graben ins Lager
ein. Aber Dionys hatte die Entfernungen und die Schwierig-
keiten des Marsches nicht richtig berechnet; die sicilischen
Truppen kamen zu spät, während er selbst mit seinen Söldnern
in den engen Gassen der Stadt nicht vorwärts kam. So
konnten die Karthager zuerst die Italioten aus dem Lager
herausschlagen und dann die sicilischen Truppen zurück-
werfen; Dionys mit den Söldnern aber kam überhaupt nicht
dazu, in den Kampf einzugreifen. Die Schlacht brachte
nicht nur einen Verlust von 1600 Mann, sondern, was noch
schlimmer war, sie brach den Muth der Griechen und erfüllte
sie mit Misstrauen gegen den Feldherrn, der sich mit seiner
Eliteschaar vom Kampfe fern gehalten hatte. Dionys hielt
Kriegsratb; er musste sich überzeugen, dass jetzt auch Gela
nicht mehr zu halten war. Ihm blieb nichts übrig als das
Beispiel nachzuahmen, das Daphnaeos bei Agrigent gegeben
und um dessentwillen er so schwere Anklagen gegen diesen
erhoben hatte. Während der Nacht wurde Himera von seinen
Bewohnern geräumt, und auf dem Rückmarsch auch die Be-
völkerung von Kamarina aufgenommen, das nach Gelas Fall
nicht mehr zu vertheidigen war. Die einzige Griechenstadt,
wo jetzt noch ein Widerstand möglich erschien, war Syrakus.
Die Karthager haben die Abziehenden, deren Marsch die
Armee deckte, auch diesmal nicht verfolgt; die beiden Städte
wurden besetzt und zerstört, was von Gefangenen in ihre Hände
fiel, wie immer niedergemacht, zum Theil unter grausamen
Martern und Verstümmelungen.
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Räumung von Gela und Kamarina. Aufstand gegen Dionys. 83
Für die Topographie von Gela ist grundlegend Schcbrinc, Rh. Mus.
28, 1873, zum Theil berichtigt von Holm, Gesch. Sic. II, 429; vgl. Fbkk-
MAif, hist. or Sic. I, 402. III, 732. — Die Zahlen nach Timaeos; andere,
d. i. Ephoros, gaben das syrak. Heer auf 50,000 Mann an (Diod. XIII,
109, 2). — Nach Timaeos (Diod. XIII, 108) ist das Apollobild von Gela,
welches die Karthager nach Tyros schenkten, an demselben Tage und in
derselben Stunde geraubt worden, in der später Alexander Tyros eroberte,
das wäre am letzten Hekatombaeon (August): Aman II, 24, 6. Plut.
Alex. 25. Nach Timaeos fiele der .Raub vor den Reginn der Belagerung,
diese hätte also erst im September begonnen. Das ist kaum denkbar;
auf den Synchronismus, eine Spielerei im ächten Stil des Timaeos, wird
nichts zu geben sein. — Abfall der Sikeler auch Diod. XIV, 7, 5.
779. Dieser Ausgang war ein schlimmes Ergebniss für
die mit so grossen Hoffnungen begrüsste absolute Gewalt: auch
sie hatte sich um nichts besser bewährt als die Feldherrn der
Demokratie. Während des Rückzugs kam die Stimmung zum
Ausbruch. Die italischen Truppen kehrten, wie im vorigen
Jahr, entrüstet in die Heimath zurück; bei den Syrakusanern
aber wurden die heftigsten Vorwürfe laut. Auch Dionys sei
ein Verräther; er habe nur die Aufrichtung seiner Herrschaft
im Sinn und wolle diese mit Hülfe der Karthager befestigen
statt sie zu bekämpfen; weshalb habe er sonst seine Söldner
geschont und sich selbst vom Kampfe fern gehalten? Diese
Anklagen sind zweifellos unbegründet; denn an persönlichem
Muth hat es Dionys niemals fehlen lassen, und für die
Sicherung seiner Macht konnte ihm nichts dienlicher sein als
ein glänzender Sieg über die Karthager, während der schimpf-
liche Rückzug seine eben gewonnene Stellung aufs schwerste
erschüttern musste. Indessen begreiflich sind diese Stim-
mungen durchaus. Am lebendigsten waren sie in dem Reiter-
corps, dessen Mitglieder, der reichen Jugend angehörig, sich
ohnehin durch die Aufrichtung der Militärdictatur beengt
fühlten, die ihrer politischen Laufbahn ein Ende machte. Ein
Versuch, Dionys auf dem Marsche umzubringen, erwies sich
als unausführbar; so brachen sie nach Syrakus auf und be-
mächtigten sich der Stadt, ohne dass Dionysios' Anhänger,
die von den Vorgängen noch keine Kunde hatten, irgend welche
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84 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Gegenwehr versuchen konnten. Sie überfielen und plünderten
das Haus des Tyrannen und misshandelten sein Weib auf so
brutale Weise, dass sie sich selbst den Tod gab. Damit
wähnten sie am Ziel zu sein; Dionys' Macht müsse jetzt von
selbst zusammenbrechen. Aber Dionys folgte ihnen auf dem
Fusse mit den zuverlässigsten seiner Söldner; um Mitternacht
gelangte er mit 100 Reitern und 000 Mann zu Fuss nach
Syrakus. Mit angehäuften Schilfbündeln steckte er das Thor
in Brand; dann drang er in die Stadt ein, inzwischen durch
weitere Nachzüge verstärkt. Die Gegner waren vollständig
überrascht; wie sie sich sammelten und Gegenwehr versuchten,
wurden sie niedergehauen, andere aus den Häusern geholt und
getödtet oder verjagt. Wer von der Ritterschaft entkommen
war, flüchtete nach Aetna (Inessa). Im Laufe des Tages
rückte das Gros der Armee in Syrakus ein; die Bewohner von
Gela und Karnarina aber zogen nach Leontini zu den Agri-
gentinern und den Resten der alten Bevölkerung, die sich in
der neubesiedelten Stadt zusammenfanden, und sagten dem
Tyrannen, der sie im Stiche gelassen habe, den Gehor-
sam auf.
Hauptquelle. Diod. XIII. 112 f. Das Schicksal der Frau auch XIV,
44. Ptut. Dio 3. Die wichtigsten Begebenheiten sind auch in der Inter-
polation Xen. Hell. II, 3, 5 in abgerissenen, zusammenhangslosen Sätzen
erwähnt: die Niederlage und der Verlust von Gela und Karnarina, der
Abfall von Leontini [Atovtivot lupaxostot; cuvoixoüvtj; ä-i3TY4oav «t; rf4v
tarnet» ro)»:v azb Atovjstoy xat Ejpaxostu» ; es wird richtig sein, dass auch
die Reste der Leöntiner bei dieser Gelegenheit in die alte Heimath zu-
rückkehrten, vgl. Diod. XIV, 14. 3. 15. 4; der Haupttheil der Abge-
fallenen aber waren die Flüchtlinge aus Agrigent, Gela und Karnarina];
schliesslich rapa/p^jia ofe xat oi Sopaxosio: \r.r.*;.z or.h A'.ovjsioo v-i KottdvYjv
[richtig ATtvtjv, was Wesseling bei Diod. XIII, 113, 3 aus XIV, 7, 7. 9,
5. 14, 2 für *Ap-/a&vqv der Handschriften hergestellt hat] iittzzak^av
— eine seltsame Formulirung für den Abfall der Reiter.
780. Die Herrschaft über Syrakus hatte Dionys behauptet ;
von der Karlhagergefahr befreite ihn nicht sein Schwert, son-
dern ein neuer Ausbruch der Epidemie, die schon im letzten
Jahre im karthagischen Lager vor Agrigent so arge Ver-
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Dionys gewinnt Syrakus zurück. Friede mit Karthago.
85
heerungen angerichtet hatte. Himilko fühlte sich nicht mehr
stark genug , den Angriff auf Syrakus zu wagen ; er bot
Frieden auf den Status quo. Dionys war nicht im Stande,
bessere Bedingungen auch nur zu fordern; er musste zufrieden
sein, wenn er zunächst eine Zeit der Ruhe und die Möglich-
keit zur Festigung seiner Stellung und zu umfassenden Rü-
stungen erlangte. So nahm er die Bedingungen an. Karthago
erkannte die Unabhängigkeit von Syrakus und die Herrschaft
des Dionysios über die Stadt an. Auch gegen Katana und
Naxos scheint man ihm freie Hand gelassen zu haben ; wenig-
stens ist in unserem Bericht von beiden Städten nicht die
Rede. Dagegen die Freiheit von Leontini und Messana wurde
ausdrücklich festgesetzt, ebenso die aller Sikeler; die Macht-
stellung von Syrakus war damit vernichtet. Das übrige Si-
cilien, nahezu die Hälfte der Insel, behielt Karthago, sowohl
den alten Colonialbesitz, wie das Land der Elymer und Sikaner
— beide Völkerschaften waren durch den Krieg Schutzbefohlene
Karthagos geworden — und das Gebiet der eroberten Griechen-
städte. Den geflohenen Griechen wurde gestattet, als tribut-
zahlende Unterthanen in die Heimath zurückzukehren und
ihre Städte wieder aufzubauen; nur die Mauern durften sie
nicht wieder herstellen. Ausserdem sollten die Gefangenen
und die erbeuteten Schiffe von beiden Seiten zurückgegeben
werden. Auf diese Bedingungen ist zu Ende des Jahres 405,
nahezu gleichzeitig mit dem Ausgang des grossen Kriegs in
Griechenland, der Friede auf Sicilien wieder hergestellt worden.
. Hatte Himilko auch das letzte Ziel, die Eroberung der ganzen Insel,
nicht erreichen können, hatte er auch durch die Epidemie die
Hälfte seiner Armee verloren, so hatte er doch Gewaltiges er-
reicht; ruhmgekrönt konnte er in die Heimath zurückkehren.
Karthago beherrschte jetzt fast die ganze Südküste der Insel, und
von der Nordküste etwa die Hälfte, bis weit über die Ruinen
von Himera hinaus. Zum Schutz der neuen Provinz wurden
vor allem die campanischen Söldner zurückgelassen, die bald
darauf an der Nordküste, östlich von Himera, die Stadt Ha-
laesa anlegten.
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86 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Die Pest (Diod. XIII, 114, 2) und der Ausgang des Kriegs ist bei
Diodor in einer Lücke ausgefallen; Justin XIX, 2, 7 ff. hat in seiner ge-
wöhnlichen Manier diese Epidemie mit der nächsten von 396 zusammen-
geworfen. — Der Wortlaut der Friedensbedingungen bei Diod. XIII, 114
ist von Madvio und Unger (Philo). 35, 210) hergestellt: Kaj>yir)&oviu»v
tlvot juxä (codd. jiiv) tü>v t; «p/^? anoiv.tuv 'EXofxo'j? (codd. £XXot>c) xal
Eixavoo;. — Campanische Besatzungen : Diod. XIV, 8, 5. Gründung von
Halaesa (vgl. §. 786) durch die Karthager zur Zeit des Friedens, wohl
nach Ephoros (v.ve; -far.v) : Diod. XIV, IC, 4. Die Vermuthung Meltzer's
(Fl. Jahrb. 1873, 232; Gesch. d. Karth. I, 279. 511), dass sich hier Canv
paner niederliessen , wird von Holm, Gesch. Sic. II, 433 durch den Hin-
weis auf den FIuss 'Orctxavo; in seinem Gebiet CIG. 5594 bestätigt.
Sicilien nach dem Frieden. Dionysios' Aufgaben.
Niederwerfung des Aufstands und erste Eroberungen.
781. Die Karthager haben den Frieden von 405 als
definitiv belrachtet. Ihr Uebergewicht auf der Insel schien
nicht nur politisch fest begründet. Wenn bisher , da der
wirtschaftliche Aufschwung der libyschen Provinz (§. 379)
noch nicht voll entwickelt war, Karthago einen Theil seines
Getreides von Agrigent beziehen mussle, so erhob es jetzt selbst
den Bodenzehnlcn in der Hälfte der Insel. Die Griechen waren
so gründlich gedemüthigt, dass eine neue Erhebung nicht mehr
zu befürchten schien. Auch hätten die eroberten Städte aus
eigenem Antrieb schwerlich noch einmal den Waflfengang mit
Karthago gewagt; die Reste der alten Bevölkerung mussten
froh sein, überhaupt wieder zu einer erträglichen Existenz zu
gelangen. Mit Ausnahme von Himera, dessen Stelle von
Thermae ersetzt war 771), sind sie wieder hergestellt
worden; aber sie alle waren in ihrer Kraft gebrochen, und
die Zeiten ihres Glanzes definitiv vorbei. Selbst Agrigent, das
bald wieder eine volkreiche Stadt wurde und noch einmal eine
bedeutende Rolle in der Geschichte spielen sollte, hat, wenn es
auch die übrigen Tempel nothdürftig restaurirte, doch nie daran
denken können, den gewaltigen Zeustempel (§. 3(35) zu voll-
enden, der mitten im Bau war, als die Karthager kamen: bis auf
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Sicilien nach dem Frieden. Stellung Karthagos.
87
den heutigen Tag liegt er da, wie die Karthager ihn gelassen
haben. Von den frei gebliebenen Griechenstädten an der Ost-
küste schien erst recht nichts zu befürchten; diese fünf oder
sechs Gemeinden (Syrakus, Leontini, Katana, Naxos, Messana,
dazu die flüchtigen Syrakusaner in Aetna) mochten fort-
fahren wie bisher sich zu zerfleischen, gefahrlich konnten
sie schwerlich werden; dafür war schon durch die Clausel des
Friedensvertrags gesorgt, welche die Unabhängigkeit aller
Sikeler anerkannte. Auch diese Rechnung hätte sich wahr-
scheinlich als richtig erwiesen, wenn nicht Karthago selbst,
indem es den Vertrag mit Dionysios abschloss und durch seine
Anerkennung seine Stellung festigte, ein neues Element in die
Verhältnisse eingefügt hätte. Die karthagische Regierung
mochte glauben, dass der Usurpator sie als Rückhalt benutzen
werde gegen die republicanische^Opposition und von ihm daher
Feindseligkeiten weniger zu erwarten seien als von der
Demokratie, und Dionys wird es bei den Verhandlungen an
Versicherungen in diesem Sinne nicht haben fehlen lassen.
Aber diese Annahme war ein Irrthum; eine dauernde Allianz
mit Karthago war für Dionys eine Unmöglichkeit.
782. Was Alkibiades und Lysander in der Fülle ihrer
Macht nicht gelungen war, hat Dionysios in Syrakus erreicht.
Dass in Syrakus die staatlichen Formen, die er, wenn nicht
umstossen, so doch bei Seite schieben musste, nicht so fest-
gewurzelt waren, wie in Athen und Sparta, hat ihm den Er-
folg erleichtert; aber möglich war er doch nur, weil in dem
Kampf um die nationale Existenz die Monarchie als das einzige
Mittel erschien, das vielleicht noch Rettung bringen konnte.
So beruhte seine Herrschaft auf der Idee des Nationalkriegs
gegen Karthago; nicht nur seine Heimathgemeinde, sondern
die ganze Insel, zum wenigsten soweit sie griechisch war, aus
der Hand der Barbaren zu erretten, war seine Aufgabe. Wenn
er dies Princip aufgab und den Frieden als dauernd an-
erkannte, hob er damit selbst die Basis seiner Stellung auf;
dann war er in der That nichts anderes als ein elender
Abenteurer, der schleunigst beseitigt zu werden verdiente. In
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88
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Syrakus dachten jetzt viele so, auch von denen, die ein Jahr
zuvor für die Aufrichtung der Monarchie gestimmt hatten; um
so dringender war es geboten, dass er all seine Kraft der
grossen nationalen Aufgabe widmete. Freilich war es nicht
möglich, einen Schritt in dieser Richtung zu thun, ehe er nach
innen seine Stellung gesichert und in Jahre langer schöpferi-
scher Arbeit die Vorbereitungen vollendet hatte. Dies ist das
Verhängniss des Dionysios gewesen. Ganz anders würde er
wie im Leben so im Gedüchtniss der Menschen dastehen, wäre
ihm gleich in seinem ersten Feldzug ein entscheidender Erfolg
beschieden gewesen: dann konnte man über alle Schwächen
hinwegsehen, die seinem Regiment etwa anhaften mochten,
dann hatte er das wahre Königthum gewonnen und jeder
Versuch, ihn zu stürzen, war von vornherein als Hochverrath
gegen die Nation verurtheilt. So aber, nach dem ruhmlosen
Ausgang des Krieges, hatte er die Berechtigung der Usur-
pation erst zu erweisen: und doch war das unmöglich, wenn
er nicht die unumschränkte Macht behauptete. So musste er,
um das Grosse leisten zu können, zu dem er die Kraft in sich
fühlte, zunächst jede freiheitliche Bewegung durch Zwangs-
massregeln ersticken. Dadurch fällt ein finsterer Schatten auf
sein Andenken; einstweilen konnte sich jede Erhebung gegen
ihn, mochte sie aus idealen oder aus gemeinen Motiven her-
vorgehen, mit dem Nimbus eines Kampfes für die höchsten
Güter eines freien Gemeinwesens umkleiden. Als er dann
wirklich Grosses geleistet und sich als den Mann erwiesen
hatte, der allein, so weit menschliches Urtheil reicht, im Stande
gewesen war, die schon dem Untergang geweihte Existenz
der hellenischen Nation im Westen zu retten, da war es zu
spät. Niemand hat das mehr empfunden als er selbst; nie,
auch in der Fülle seiner Macht, hat er seines Lebens froh
werden können. Die verherrlichende Darstellung seiner Thaten
durch Philistos hat ihm wenig geholfen; die späteren Historiker,
Ephoros so gut wie Timaeos, haben das Material aus ihm
entnommen, aber seine Auffassung in ihr Gegentheil verkehrt.
Das ist herrschend geblieben; wie im Alterthum Polybios mit
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Dionysioa' geschichtliche Stellung. 89
seiner ächt historischen, die landläufigen Phrasen kühl bei
Seite schiebenden Auffassung fast allein dasteht, so haben sich
auch von den Neueren immer nur wenige von dem traditionellen
Schema freimachen können, das in dem Tyrannen lediglich
den politischen Verbrecher sieht. Dem gegenüber wird eine
besonnene historische Würdigung dem älteren Scipio Recht
geben, der Dionys und seinen Nachfolger Agathokles als die
beiden bedeutendsten und zugleich bei aller Besonnenheit kühn-
sten Staatsmänner bezeichnete, von denen er wisse; sie wird
mit Plato, der wahrlich kein Freund des von Dionysios be-
gründeten Systems gewesen ist, bekennen müssen, dass »möge
man in göttlicher Fügung oder in der Tüchtigkeit der beiden
Regenten (um Dions willen nennt er neben Dionys den
Hipparinos) oder in beidern zusammen die Ursache der Rettung
Siciliens sehen, Thatsache bleibt, dass Sicilien damals gerettet
ist; und so ist es gerecht, dass alle den Rettern die Dankes-
schuld abtragen, mag die Tyrannis in der Folgezeit auch ihre
Stellung missbraucht haben c, und dass »jene Manner, indem
sie die Hellenen von den Barbaren erretteten, es überhaupt
erst möglich gemacht haben, dass wir jetzt (im J. 351) über
die Verfassungsfragen discutiren können«. Zugleich aber wird
sie im Gegensatz zu Plato anerkennen, dass die Mittel, zu
denen Dionys gegriffen hat und die das Bild des gewaltigen
Tyrannen verdunkeln , nicht von seiner Wahl abhingen,
sondern ihm durch die Umstände aufgezwungen sind — das
hat eben das Scheitern des unter Piatos Auspicien unter-
nommenen Versuchs erwiesen, den Staat des Dionysios in einen
anderen umzuwandeln, der den idealen Anforderungen an ein
griechisches Staatswesen besser entsprach.
Polybios' Urtheil und Scipios Aeusserung (npaY^attxotttaxoü; 5väpac
•fefovsyai xai oüv vü» toXfJLTjpotdtoui; to->s xzpi 'AfötfroxXea xai Atovuo'.ov
tous StxsXtcuta;) : Pol. XV, 85. Piatos Aeusserungen : ep. 8, 353 1>. 855 d.
-r Die bei Diodor mehrfach vorkommende Behauptung, Dionys habe die
Kriege gegen Karthago mit Absicht nicht energisch geführt, um sich
dadurch unentbehrlich zu mächen, ist trotz ihrer Absurdität von den
Neueren vielfach nachgesprochen worden ; im Munde seiner Gegner ist
sie allerdings begreiflich genug.
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IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
783. Nach dem Friedenssehl uss hat Dionys zunächst die
notwendigsten Massregeln zur weiteren Sicherung seiner Herr-
schaft ergriffen. Er verlegte seine Residenz auf die Landzunge
zwischen dem Festland und der Altstadt auf der Insel Ortygia
und trennte sie durch gewaltige Mauern, die auch den Kriegs-
hafen einschlössen, von der Neustadt. Die alten Bewohner
mussten die Altstadt räumen und den Vertrauten und Söldnern
des Herrschers Platz machen. Der confiscirte Grundbesitz der
Gegner, namentlich der erschlagenen oder geflohenen Reiter,
wurde an die Söldner und die ärmere Bürgerschaft vertheilt, und
diese durch befreite Sklaven ergänzt. Darauf ging Dionys gleich
im nächsten Frühjahr 404 an die Wiedereroberung des Ge-
biets von Syrakus; der erste Angriff galt der Sikelerstadt
Herbessos im Hinterlande der Hauptstadt. Aber während der
Belagerung kam die Opposition der Bürgertruppen zum offenen
Ausbruch; sie kehrten die Waffen, die sie jetzt wieder in
Händen hatten, gegen den Tyrannen statt gegen die Feinde.
Als ihr Oberst Dorikos die Meuterei unterdrücken wollte, wurde
er erschlagen und die Ritter aus Aetna herbeigerufen. Trotz aller
Vorsichtsmassregeln war Dionys völlig überrascht; er flüchtete
nach Syrakus in seine feste Burg. Die Bürger rückten ihm
nach und begannen die Belagerung; von Messana und Rhegion
erhielten sie eine starke Flotte, die ihm die See sperrte. Auf
den Kopf des Tyrannen wurde ein Preis gesetzt; um dem
Hader und Misstrauen innerhalb der Bürgerschaft ein Ende
zu machen, berief man aus der Mutterstadt Korinth einen
Vermittler Nikoteles, der die Verhältnisse neu ordnen und zu-
nächst den Freiheitskrieg zu Ende führen sollte. Dionys' Sache
schien verloren, weder zu Lande noch zur See hatte er einen
Ausweg offen; viele seiner Söldner und Freunde verliessen
ihn und wurden von den Aufständischen mit offenen Armen
aufgenommen. Dionys selbst verzweifelte sich zu behaupten;
er berief seine Vertrautesten, um über die Möglichkeit des Ent-
kommens zu berathen. Aber die Freunde, Philistos, Heloris,
sein Adoptivvater, und andere, waren muthvoller als der
Herrscher: ein Tyrann müsse in seiner Macht sterben, er
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Neuer Aufstand gegen Dionysios.
91
dürfe nicht, wie Dionys' Schwager Philoxenos meinte, auf
einem Renner die Flucht suchen, sondern müsse sich eher an
den Beinen aus seiner Burg schleifen lassen. Eine Möglich-
keit der Rettung gab es noch, wenn es gelang, die auf kar-
thagischem Gebiet stehenden campanischen Söldner heranzu-
ziehen ; sie hatten bereits wiederholt bewiesen, dass sie, wenn
man ihnen genügenden Gewinn bot, einem Jeden zu Diensten
standen, der sie werben wollte. Um Zeit zu gewinnen, ver-
handelte Dionys mit den Aufständischen. Diese gingen darauf
ein ; mit 5 Schiffen dürfe er davon fahren. Sie glaubten jetzt
die Freiheit bereits erstritten zu haben. Ihre Truppen be-
gannen sich aufzulösen; die Reiter kehrten heim, auch von
den Hopliten ging ein grosser Theil zur Feldarbeit aufs Land.
Da erschienen plötzlich 1200 campanische Reiter in ihrem
Rücken, bahnten sich den Weg durch die kaum besetzten
Posten, und vereinigten sich mit Dionys. Auch zur See trafen
Verstärkungen ein. Die Bürger, völlig überrascht, begannen
unter einander zu hadern; nicht wenige betrachteten jetzt den
Kampf bereits als aussichtslos. So hatte Dionys bei einem
Ausfall leichten Erfolg und zersprengte die feindlichen Heer-
haufen. Er gab Befehl, kein weiteres Bürgerblut zu vergiessen ;
er wollte die Gegner versöhnen, nicht vernichten. Auch den
nach Aetna Geflüchteten bot er Verzeihung und nahm alle,
die zurückkehrten, freundlich auf; nicht wenige freilich ver-
schmähten jede Versöhnung. Aber in der Stadt war Dionys'
Herrschaft jetzt dauernd gefestigt; er benutzte die Zeit, wo
die Bürger zur Ernte auf die Felder gingen, um durch eine
allgemeine Haussuchung die Waffen zu confisciren. Die Cam-
paner entliess er reich belohnt, da er diesem unruhigen Ele-
mente nicht trauen durfte. Sie erwiesen sogleich die Be-
rechtigung seiner Vorsicht, indem sie die Elymerstadt Entella,
die sie aufgenommen hatte, bei Nacht überfielen, die Männer
umbrachten und sich in ihrem Besitz behaupteten. Die Kar-
thager Hessen das ruhig geschehen; ob es Elymer waren oder
Gampaner, die ihnen Zins zahlten, mochte ihnen gleich-
gültig sein.
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92
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Quelle: Diod. XIV, 7—9. Die Berathung des Dionys und die Aus-
sprüche St: xaXov svcaif töv srrtv tupavvi; und oetv o-»x iy* «jt^ou O-sovto;
txKTjSäv i-A irfi Tupawtöo; , aX'/.i xoö sxc Xoug fcXxrffisvov exirdttBiv werden
oft erwähnt (Diod. XX, 78. Isokr. 6, 44. Aelian v. h. IV. 8. Plut. Cato
mai. 24. an seni 1, 5) und der erste gelegentlich fälschlich dem Dionys
selbst in den Mund gelegt (Liv. 24, 22, vgl. Plut. apophtb. Dionys. 2);
den zweiten schrieb Timaeos dem Philistos zu gegen dessen ausdrückliche
Angabe: Plut. Dio 35 (dem Timaeos folgt Diod. XIV, 8, 5, dagegen nicht
XX, 78). — Den Nikoteles erwähnt das einzige Bruchstück des Hermias
von Methymna (§.826) Athen. X, 438 c als «ptXo-orr,;. — Da die Cam-
paner den Weg über Agyrion einschlugen, sind sie von der Nordküste,
der Gegend von Panormos und Himera, gekommen. Ihre Festsetzung in
Entella (Diod. XIV, 9. 9. 61. 5) erzählte Ephoros (fr. 124, St. Byz. yKv-
tsXXa) in lb. 16. Münzen von Entella mit der Legende Kajj.irav<öv : Holm,
Gesch. Sic. III, 667.
784. Die wirksamste Unterstützung für die Befestigung
seiner Herrschaft fand Dionys in Sparta. Offenbar hat er
gleich nach der Usurpation die Verbindung angeknüpft. Die
spartanische Regierung war bereit, den Erben des Hermokrates
zu unterstützen; sie erkannte, welche Dienste für die Be-
hauptung ihrer Machtstellung im Osten der energische Herrscher
ihr werde leisten können. Als daher Dionys sich jetzt nach
Sparta wandte, entsandte dies den Aristos als Gesandten, mit
dem Auftrag, nach Kräften für Dionys zu wirken (§. 745).
Officiell trat er als Vermittler auf; aber er benutzte die Ver-
bindungen, die er mit Dionys' Gegnern anknüpfte, um sie und
ihre Pläne dem Tyrannen zu verrathen und den Korinther
Nikoteles aus dem Weg zu räumen. Die Beziehungen zwischen
beiden Staaten blieben dauernd intim; Lysander, um dessen
Gunst, als er der allmächtige Mann war, auch Dionys geworben
hatte, ist später, nach seinem Sturz, als Gesandter Spartas
am Hofe von Syrakus gewesen.
Aristos (Diod. XIV, 70, 3 'Apit-rj;) in Syrakus: Diod. XIV, 10. Ly-
sander und Dionys: Plut. Lys. 2. de glor. Ath. I, 9. coni. praec. 2.
Apophtb. Lysandr. 1. Im allgemeinen Isokr. 4, 126. 8, 99. Plut. Pelop. 31.
785. Nachdem Dionys den Aufstand bezwungen hatte,
nahm er die Kriege zur Eroberung Ostsiciliens wieder auf.
Er lenkte dabei ein in die auch von der Demokratie niemals
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*
Dionys und Sparta. Dionys' Politik: der Einheitsstaat. 93
völlig verlassenen Bahnen seiner Vorgänger, des Geion und
Hieron. Noch weit entschiedener als diese ging er darauf aus,
eine einzige grosse Hauptstadt zu schaffen, neben der nur
abhängige Gemeinden bestehen durften; ihr sollte die ganze
Insel unterthan werden. Nur auf diesem Wege, durch Auf-
hebung der kleineren, ewig mit Syrakus im Hader liegenden
Nachbarstädte, konnte dem ununterbrochenen Kriege zwischen
den Griechen ein Ende gemacht und ihre ganze Kraft gegen den
Nationalfeind geeinigt werden ; zugleich aber Hess sich alsdann
«ine gewaltige, mit allen Mitteln ausgerüstete Festung schaffen,
die jeder Gefahr trotzen konnte. Wie dringend das nöthig
war, hatte der Karthagerkrieg erwiesen; er hatte in ver-
nichtenden Schlägen dem Particularismus auf der Insel das
Todesurtheil gesprochen. Den Krieg führte Dionys, seit der
Kriegszug des J. 404 die ihm von dem Bürgerheer drohenden
Gefahren gezeigt halte, zunächst ausschliesslich mit Söldnern,
deren Bestand er noch weiter vermehrte. Material dafür war
genug vorhanden, nicht nur in den auf allen Strassen und
in allen Orten sich drängenden Abenteurern, die um Haus und
Hof gekommen waren oder auch dem Glücke die Hand bieten
wollten, sondern auch im Peloponnes und in den in immer
grösserer Menge aus Italien nach der Insel hinüberströmenden
Sabellern aus Campanien. Wie bedenklich es war, zu den
um den Besitz der Insel ringenden Nationalitäten noch dies
neue Element hinzuzufügen, hat Dionys, wie sein Verhalten im
J. 404 zeigt, nicht verkannt. Aber nicht er hat sie zuerst nach
der Insel gerufen, und als Realpolitiker musste er nehmen,
was sich ihm bot ; er mochte hoffen, dass der griechische Ein-
heitsstaat, den er schaffen wollte, auch diese Elemente werde
absorbiren können so gut wie die Sikeler und Sikaner.
786. Im J. 403 (oder 402) unterwarf Dionys zunächst
die Flüchtlinge in Abtna ohne Kampf; wer sich nicht fügen
wollte, suchte in der Fremde, namentlich in Rhegion, Zuflucht.
Dann wandte er sich, nach einem vergeblichen Angriff auf
Leontini, gegen die Sikeler. Auch sie unterwarfen sich meist
der Uebermacht; um sie in Abhängigkeit zu halten, legte
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94 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Dionys im J. 401 am Südwestfuss des Aetna bei dem Heilig-
thum eines einheimischen Gottes die Stadt Hadranon an. In
Henna, der festen Burg im Binnenlande, gewann er die
Suprematie, indem er einen Usurpator, den er anfangs unter-
stützt hatte, als er sich treulos erwies, mit der Bürgerschaft
zusammen bekämpfte und die Volksfreiheit herstellte. Dagegen
trat der mächtige Dynast Agyris von Agyrion auf seine Seite.
Nur in dem Bergland des Nordens behauptete sich Archonides
von Herbita, wahrscheinlich der Enkel des Athenerfreundes
(§. 657), mit einem starken Söldnerheer unabhängig, ja er
konnte Halaesa (§. 780) an der Küste besetzen und hier eine
neue Golonie gründen. — Dionys wandte sich jetzt gegen
die chalkidischen Städte. Katana und Naxos fielen durch
Verrath in seine Hände, Leontini unterwarf sich. Alle drei
Städte wurden aufs neue aufgehoben, wie Naxos und Katana
schon unter Hieron (§. 353), Leontini durch die syrakusanische
Demokratie (§. 597). Von den Naxiern und Katanaeern wurde
ein Theil verkauft, andere flüchteten nach Rhegion; der Rest
wurde mit sämmtlichen Leontinern nach Syrakus übergeführt.
Die Feldmark von Naxos wurde den Sikelern überwiesen, in
Katana, das um seiner günstigen Lage willen bewohnt bleiben
sollte, campanische Söldner angesiedelt. Diese Ereignisse
haben mehrere Jahre (etwa 403—400) ausgefüllt. Die Flücht-
linge suchten in Messana und Rhegion Hülfe zu gewinnen
und stellten dort die Gefahr vor, die ihrer Existenz drohe,
seit Dionys seine Macht bis an die Grenzen von Messana vor-
geschoben habe. Die Rheginer, seit Alters erbitterte Gegner
von Syrakus, gingen voll Eifer auf den Plan ein und boten Heer
und Flotte auf. Auch in Messana war eine Partei dazu bereit ;
die Feldherrn machten mobil und rückten mit den Rheginern
zusammen gegen Syrakus vor (399). Aber die Majorität der
Messanier wollte von einem Angriff nichts wissen ; die Truppen
weigerten den Gehorsam und kehrten nach Hause zurück.
Allein waren die Rheginer zu schwach um etwas auszurichten;
sie mussten sich bequemen um Frieden zu bitten. Dionys
stand bereits mitten in den Vorbereitungen zum Angriff auf
i
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Unterwerfung der Sikeler und Chalkidier. Rhegion und Messana. 95
Karthago; ein Krieg mit den Griechen konnte ihm nur störend
sein. So verzieh er beiden Städten. Messana zog er bald
ganz auf seine Seite, indem er ihm einen Theil des Grenz-
gebiets abtrat. Auch Rhegion suchte er für sich zu gewinnen:
er bot den Burgern Verschwägerung und bat sie, ihm eine
Braut aus ihrer Mitte zu senden; dafür versprach er ihnen
Erweiterung ihres Gebiets und reiche Geschenke. Aber die
Rheginer wiesen das Anerbieten mit Hohn zurück. Die Folge
war, dass Dionys mit ihren alten Feinden, den Lokrern, in
Verbindung trat und sich von ihnen die Braut holte (§. 792).
Diodor hat alle früheren Kampfe unter dem J. 403/2 zusammen-
gefaßt (XIV, 14—16); den Conflict mit Messana und Rhegion XIV, 40
setzt er 399/8. — Die Unterwerfung der Sikeler (auch Assoros Ostl. von
Henna) auch c. 58, 1. Agyris: Diod. XIV, 9, 2, vgl. 78, 7. 95, 4. Grün-
dung von Halaesa 'ApxwviBeto; (so auch auf Münzen Holm III, 717.
729) c. 16, von Hadranon c. 37, 5 [der Gott Hadranos auch Plut. Tim.
12. Aelian hist. an. XI, 20 u. a.; Tempel in Halaesa CIG. 5594 ZI. 54.
62]. — Ueber die Eroberung von Naxos und die Gewinnung Messanas
gibt Polyaen Y, 2, 5. 18 abweichende Berichte; da nach ihm Naxos sich
freiwillig unterwirft, ist die Angabe Diodors (vgl. 66, 4. 68, 3), alle Ein-
wohner ausser den Angehörigen des Verräthers seien zu Sklaven gemacht
worden, mit Beloch Gr. Gesch. II, 154 wohl für eine Uebertreibung des
Timaeos zu halten. — Sikeler in Naxos auch Diod. XIV, 59, 2. — Bünd-
niss mit Messana : Diod. XIV, 44, 3 f. 56, 3. — Abweisung durch Rhe-
gion: Diod. 44, 5. 107, 3.
Dionysios' Regiment. Rüstungen. Finanzen.
787. Seit der Niederwerfung des Aufstandes von 404
war Dionys in sicherem Besitz der Herrschaft über Syrakus.
Man hat vermuthet, dass seine Stellung verfassungsmässig
festgelegt sei, etwa in der Art, wie Augustus seine Macht-
befugnisse innerhalb der Republik gesetzlich regelte; aber in
unseren allerdings auf diesem Gebiet über alle Maassen
dürftigen Quellen führt keine Spur darauf hin. Officiell blieb
die Souveränität des Volks unangetastet bestehen; wie die
Verurtheilung des Daphnaeos und die Kriegserklärung an
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IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
i
Karthago und seine finanziellen Massregeln (§. 791) hat Dionys
offenbar auch sonst alle wichtigeren Entscheidungen durch die
Volksversammlung annehmen lassen. Auch der Rath und
die republikanischen Behörden haben nach wie vor functionirt,
wie unter den älteren Tyrannen Siciliens und des Mutterlandes.
Aber neben sie war im J. 405 Dionys gestellt worden, als
alleiniger Feldherr mit unumschränkter Machtbefugniss für
den Krieg und alle militärischen Massnahmen; und diese
Stellung hat er auf Lebenszeit festgehalten. Sie gab ihm ein
so entscheidendes Uebergewicht , dass die republikanische
Ordnung daneben vollständig verschwand und Volk und
Beamte zu ausführenden Organen des Herrscherwillens wurden.
Ohne Zweifel hat er thatsächlich alle Aemter nach seinem
Ermessen besetzt. Ob ihm* auch richterliche Befugnisse über-
tragen waren und wie die Gerichte unter ihm gebildet wurden
und funetionirten, wissen wir nicht ; über seine Soldaten und
Officiere und seine Umgebung sprach er das Urtheil kraft
seiner Militärgewalt. So stand er, wie Gelon und Hieron oder
wie Pisistratos, als eine selbständige Macht zugleich in und
neben der auf die inneren Angelegenheiten beschränkten und da-
durch thatsächlich vollständig dem allmächtigen General unter-
worfenen Republik. Bei den Festen wurde für das Wohl und
den Fortbestand seiner Herrschaft gebetet. Einen Titel zur
Bezeichnung seiner Macht hat Dionys innerhalb des Staates
so wenig geführt, wie die älteren Tyrannen — daher tragen
auch die unter ihm geprägten Münzen den Namen von Syrakus,
nicht etwa den des Herrschers. Im Verkehr mit auswärtigen
Staaten hat er sich vermuthlich von Anfang an »Herrscher
Siciliens« (#pxwv EhwMäc) genannt, mit un verhüllter Angabe
des Ziels, das er sein Leben hindurch unverrückbar im Auge
behalten hat.
Bkloch, Pimpero siciliano di Dionisio, mem. della reale Ac. dei
Lincei, 1887 (vgl. Gr. Gesch. II, 153) hat eine Neuordnung der Verfassung
im J. 404 angenommen und meint, Dionys1 Stellung sei durch den
Archontitel bezeichnet, schwerlich mit Recht. Nach seinem Tode beruft
sein Sohn eine Volksversammlung und fordert sie auf (ttapexdXs«) tf)fs:>
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I
Dionys' Herrscherstellung und die Demokratie.
97
vijv ^atpoirapä5otov rcpö; aoiov ebvotav Diod. XV, 74, 5; er lSsst sich offen-
bar die Machtbefugnisse seines Vaters, die er zunächst usurpirt hat, durch
Volksbesch] uss sanctioniren. Gebet des v.^p'j', Biajjivtiv rrjv Topawtäa
[lies Wort ist gewiss nicht gebraucht, obwohl es für die Anekdote un-
entbehrlich ist] äaaXso-rov wo/.Xoo; yp&vo\>; Plut. Dio 13. Dionys 5p/u*v
Stwto;: CIA. II, 8 (DS. 66). 52 (DS. 90), vgl. Diod. XV? 23 o S-.xtMac
SovdotYi; Atovüoto«. Polyb. XV, 35, 4 : Dionys und Agathokles tb fiiv trpö.t&v
i^tYT^zav . . . tupavvot Xupaxooröv, . . . jmä 8e taöta ßaa-.Xs:; anda-rj;
Stxs/.'.a; vojicoO-tvcs«; xa( ::vwv xal rr^ 'Ita^ta? jA'piuv xopieuaavte^. Der
Spartaner Pharakidas ist Gesandter lovxxorlot; xal Atovostu) Diod. XIV,
70, 2. Ebenso redete Hieron auf dem olympischen Weihgeschenk (§. 352).
— Umfang und Organisation des Reichs hat Beloch 1. c. so weit es
möglich ist festgestellt und kartographisch fixirt. In dem BQndniss mit
Athen CIA. II, 52 schwören neben Dionys und seinen Söhnen nach Be-
locm's richtiger Ergänzung die $oi).rk von Syrakus und die <ppoupapyoi.
788. In seiner inneren Structur ruht der Staat des
Dionysios durchaus auf moderner Grundlage; in dieser Be-
ziehung steht er dem demokratischen Athen viel näher als
dem Staat der älteren Tyrannen von Syrakus. Von Privi-
legien der Aristokratie war keine Rede mehr. Wie die freien
Bewohner des Gebiets wurden zahlreiche Sklaven aus Stadt
und Land unter die »Neubürger« aufgenommen; ja vielleicht
hat Dionys überhaupt das leibeigene Landvolk, das aus der
Urbevölkerung hervorgegangen war, emancipirt; von den
Schaaren der hörigen Killyrier (Bd. II, 305) ist in der Folgezeit
keine Rede mehr. In dieser Beziehung hat Dionys den demo-
kratischen Ursprung seiner Macht nicht verläugnet. Aber der
Demagoge war zugleich der Erbe des Hermokrates und der
Erfüller seiner Entwürfe. Das Volk ist nicht fähig zu herrschen,
sondern muss regiert werden. Es delegirt seine Souveränität
auf den erwählten Machthaber, der fortan 'seine wahren In-
teressen gegen alle äusseren und inneren Gegner zu vertreten
hat. Durch seine Zwingburg im Arsenal, auf dem schmalen
Isthmus zwischen Festland und Insel, hielt Dionys die Stadt
in Unterthänigkeit. Die starken Mauern und Thürme, welche
den Rebellen im J. 404 Trotz geboten hatten, wurden jetzt
noch durch eine neue Mauer verstärkt; der einzige Zugang
war durch einen gewaltigen Thorbau gesperrt, mit fünf Thoren
Hey er, Geschichte des Alterthums. V. 7
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98
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
hinter einander. Dies Bollwerk beherrschte zugleich den grossen
von Dionys angelegten Markt der Unterstadt auf dem Festlande
mit seinen Hallen und Geschäftsräumen. Die entwaffnete
Bürgerschaft war wehrlos gegen die Söldner und die Garde.
Auf die Majorität der Bevölkerung, die Aermeren, die er mit
Grundbesitz ausgestattet, die befreiten Sklaven und die Fremden,
denen er das Bürgerrecht verliehen hatte, konnte der Herrscher
sich verlassen; gegen Complotte sicherte er sich durch ein
umfassendes mit raffinirter Kunst gehandhabtes Polizei- und
Ueberwachungssystem. Ohne vorherige Untersuchung, ob er
Waffen bei sich trage, wurde Niemand vorgelassen ; zum Volk
redete der Herrscher von einem hohen thurmartigen Bau, da
er das gewöhnliche Tribunal nicht zu betreten wagte. Un-
nöthiges Blutvergiessen hat er jederzeit zu vermeiden gesucht,
sowohl nach dem Staatsstreich wie nach den beiden Auf-
ständen, in scharfem Gontrast gegen die Art, wie gleich-
zeitig im griechischen Mutterlande die neuen Machthaber, die
sich für den Adel der Nation ausgaben, ihr Regiment übten.
Dass er die Ritter, die sein Weib misshandelt hatten, um-
brachte oder verjagte, ist selbstverständlich; aber sonst ist
von grösseren Strafgerichten in unserem gegen Dionys durch-
aus feindlich gesinnten Bericht niemals die Rede. Freilich
wer sich verdächtig machte, sei es auch nur durch ein unbe-
sonnenes Wort, oder wer gar mit der Idee des Tyrannenmords
liebäugelte, war verloren. Dionys wusste, wie schnell aus
geringfügigem Anlass eine Umwälzung entstehen und wie
leicht nicht nur die unzufriedenen Magnaten, sondern auch
ehrgeizige Emporkömmlinge und Männer, die ihm persönlich
nahestanden, sich zu einem Attentat konnten verlocken lassen;
nach den Erfahrungen, die er zweimal gemacht hatte, durfte
er keine Nachsicht mehr üben. So fehlte es denn nicht an
Todesurtheilen und Verbannungen, Einkerkerungen und Con-
fiscationen. Allmählich jedoch begann er milder aufzutreten,
zeigte sich leutselig, erschien wie ein Privatmann unter der
Menge, zog angesehene und verdiente Bürger an seine Tafel.
Je deutlicher das Ziel hervortrat, um dessentwillen er die
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Dionys' Regiment. Der Mauerbau.
91>
Herrschaft ergriffen hatte, desto mehr durfte er hoffen, dass
die Gegensätze sich ausgleichen und die ünterthanen sich frei-
willig in seine Herrschaft fügen würden.
Befreite Sklaven als vtojtoXtxai Diod. XIV, 7, 4. 58, 1. 65, 2. 3. 66,
5. 73, 3. 96, '2. Cic. Tusc. V, 58 ; darauf dass die Killyrier seitdem ver-
schwinden und Dionys gegen sie offenbar verfahren ist, wie die thessali-
schen Tyrannen gegen die Penesten, macht Beloch, Bevölkerung 280,
aufmerksam. — Die Confiscationen und Hinrichtungen auch Diod. XIV,
65, 2. 3. 66, 5. — Ueber Dionys' Vorsichtsmassregeln vor allem Cic.
Tusc. V, 58 ff., offenbar nach Philistos, den er ja genau kennt (ad Qu.
fr. II, 11, 4). Ferner Plut. Dio 28 Ober die Spione (rpooafcuTtSai) u. a.
— Die Burg und ihre Mauern: Diod. XIII, 96, 2. XIV, 7. juvraicoXa:
PluU Dio 29. Im allgemeinen s. Cavallari u. Holm, Die Stadt Syrakus,
deutsch von Lupus. — xaJhlXoo aitotHjAtvoc xb rrj? «px*^1» ß^P°? tJuütvjv
a&toy «xritixvot Diod. XIV, 18. 7, vgl. 42, 1. 45, 1. 70, 3. <p:Xavfrpu»cta
gegen die Städte 44, 3.
789. Nachdem Dionys den Osten der Insel dem Staat
von Syrakus einverleibt hatte, begann er die systematischen
Vorbereitungen für den grossen Krieg; und hier entfaltete er
neben einer auch vor den grössten Aufgaben nicht zurück-
schreckenden Energie ein ungewöhnliches Organisationstalent,
durch das er sich einen hervorragenden Platz in der Geschichte
der Kriegskunst gewonnen hat. Das Wichtigste war die
Sicherung der Hauptstadt. Dass für dieselbe die bisherigen
Befestigungen nicht ausreichten, hatte die athenische Belagerung
erwiesen; Dionys beschloss das ganze Plateau von Epipolae,
auf dem die Athener sich festgesetzt hatten, in die Festungs-
werke ein zu beziehen. Zunächst wurde die Nordmauer, längs
des steilen Abhangs des Plateaus, in Angriff genommen, eine
Strecke von drei Viertelmeilen. Sie wurde stadienweise unter
die Architekten vertheilt, und die gesammte arbeitsfähige Be-
völkerung des Landgebiets, 60,000 Männer, aufgeboten, die
Quader zu behauen, herbeizuschaffen und aufzuschichten.
Für die eifrigsten Arbeiter wurden Preise ausgesetzt; Dionys
selbst legte uberall mit Hand an und spornte durch sein
Beispiel die Bürgerschaft. In 20 Tagen war das gewaltige
Werk vollendet. Die Südmauer ist wie es scheint langsamer
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100 IV. 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
1
gebaut worden; auch sie lief zunächst am Rande der Höhe,
stieg dann abe*r in die Ebene hinab, um die ausgedehnte^ von
Dionys erweiterte Neustadt am Fuss der Achradina ein-
zuschliessen. Da wo beide Mauern im äussersten Westen
von Epipolae zusammentreffen, bei dem schmalen Sattel, der
das Plateau mit den Höhen des Hinterlandes verbindet, legte
Dionys das mächtige Castell Euryalos an, mit breiten Gräben,
zahlreichen Thürmen und in den Felsen gearbeiteten Tunneln
und Casematten, ein Musterbeispiel des entwickelten Festungs-
baus. In der Nordmauer war der Zugang zur Stadt auf
der von Katana kommenden Küstenstrasse durch ein sechs-
faches Thor, das Hexapylon, gedeckt. So war Syrakus in
eine Riesenfestung verwandelt. Die Grundfläche der Stadt be-
trug 1814 Hektar; Syrakus war jetzt weitaus die grösste Stadt
nicht nur der Hellenenwelt, mehr als dreimal so gross als
Athen mit dem Piraeeus, anderthalbmal so gross als das
Rom der Kaiserzeit, mit einem Mauerring von 180 Stadien
(27,320 Meter). Durch die umfassenden Transplantationen
und die Ansiedelung der Söldner und befreiten Sklaven erhielt
das gewaltige Areal eine ausreichende Bevölkerung, wenngleich
unzweifelhaft noch immer manche Strecken gar nicht oder nur
sehr dünn bebaut waren; leider fehlt uns jede Angabe über
die Zahl der Bevölkerung.
Diodor gibt XIV, 18 unter den J. 402/1 eine ausführliche Schilde-
rung des Baus der Nordmauer, während er die Erbauung der Gesaramt-
mauer erst XV, 13, 5 unter 385/4 in einem abschliessenden Resum6 (vgl.
§. 822 A.) erwihnt. Doch ist allgemein anerkannt, dass während der
Belagerung durch die Karthager auch die SQdmauer schon vorhanden ge-
wesen sein muss. — Umfang von 180 Stadien Strabo VI, 2, 4, was zu
den Ueberresten genau stimmt. Areal nach Beloch , Bevölkerung 490;
über die Einwohnerzahl ebenda 277 ff.
790. Während dessen wurde das übrige Kriegsmaterial
in Stand gesetzt. Aus ganz Hellas, auch aus der karthagischen
Provinz , berief Dionys tüchtige Werkmeister und Techniker
gegen hohen Lohn. Ununterbrochen waren die Waflfenfabriken
in Thätigkeit: 140,000 Schilde, ebenso viele Dolche und Helme,
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Festungsbau und Beschaffung ües Kriegsmaterials. 101
über 14,000 für die Reiterei, die Garde und die Officiere be-
stimmte Panzer wurden angefertigt. Dionys passte die Rü-
stungen den nationalen Gewohnheiten seiner buntscheckigen
Truppen an, nahm aber jede technische Vervollkommnung an.
Auch einen Belagerungspark hat er geschaffen ; damals zuerst
ist das Geschütz, die Wurfmaschine, erfunden worden. Neben
der Landarmee sollte eine gleich unbesiegbare Flotte stehen.
Bisher war das Schlachtschiff die Triere; Dionys ging darüber
hinaus und schuf die Schlachtschiffe der folgenden Epoche,
die Tetreren und Penteren. Auf dem Aetna und in den
grossen Waldungen Unteritaliens — zu denen ihm die Lokrer
den Zugang gewährten — wurde das Holz geschlagen, auf den
Werften von Syrakus entwickelte sich eine fieberhafte Thätigkeit;
angeblich hat er den Bestand seiner Flotte auf über 300 Schiffe
gebracht, und für die Zukunft war eine noch weitere Ver-
mehrung in Aussicht genommen: in den Docks des Kriegs-
hafens von Syrakus waren 310 Schiffshäuser angelegt, die
meist für zwei Schiffe Raum hatten. Auch zu diesen Arbeiten
wurde die gesammte Bevölkerung herangezogen. Die Schiffs-
officiere und Ruderer wurden zur Hälfte aus der Bürgerschaft
genommen, die übrigen waren geworbene Matrosen ; insgesammt
hat er für die nahezu 200 Schiffe, mit denen er ausfuhr, über
40,000 Mann Bemannung gebraucht. Als alle Vorbereitungen
fertig waren, begannen die Werbungen zur weiteren Verstärkung
des Landheers, namentlich im Peloponnes, wo die Spartaner
ihrem Alliierten die Werbung freigaben. Auch auf die Kräfte der
Unterthanen aus Stadt und Land wollte Dionys keineswegs
verzichten; nur gebrauchte er die Vorsichtsmassregel, dass er
den ausgehobenen Bürgern erst nach dem Ausmarsch aus der
Stadt die Waffen in die Hand gab.
Rüstungen: Diod. XtV, 41 ff.; vgl. Philistos fr. 34 (aus Theon):
?^Ofi«v «tiXistcu ev tt) ofooifl tä Tttpt x-rjv «ap-aaxcu-rjv tr4v srcl Kap-
-fiyfiövoz Aiovootoo xoö tupdvvoo xal x<Lv onXtuv xal tü»v vsäv, xa\ t<£v
opydvtov rr}v xoitpw. Ueber den Bestand am Ende seiner Regierung .
s. '§. 987. Die Zahlen sind vielleicht übertrieben oder vom Bestand
der Flotte am Ende der Regierung des Dionys auf das J. 897 über-
tragen; wenigstens ist im Kriege nur eine beträchtlich geringere Flotte
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102 IV» 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
verwendet worden. Dass die Erfindung der Pentere auf Nachahmung
der Korinther zurückgeführt wird, die die Triere erfunden haben (Diod.
-42, 8), ist ächter Timaeos [von Holm II, 108 zu einem kleinen Roman
erweitert]. Wenn Aristoteles (Plin. VII, 208 = Clem. Alex, ström. I,
16, 75) die Erfindung der Tetrere den Karthagern zuschrieb, so liegt
dem offenbar eine Bosheit gegen Dionys zu Grunde, die ihm die Er-
findung nicht gönnt. Ebenda wird die Pentere den Salaminiern zuge-
schrieben, und VII, 201 die Katapulte den Syrophoenices ! Alle diese
Listen der Erfinder mischen Werthvolles und ganz Werthloses kritiklos
-durch einander. — Bewaffnung der Bürger Polyaen V, 2, 14
791. So hat Dionysios in sieben Jahren (404 — 398) Syrakus
zur ersten Militärmacht der griechischen Welt erhoben. Es
war der wahre Erbe Athens, ja es übertraf noch dessen
Leistungen, da es zu Lande wie zur See gleich stark dastand.
So gewaltige Flotten und Truppenmassen, wie Dionys zu An-
fang des Jahres 397 besass , hat Athen auch auf der Höhe
seiner Macht niemals gleichzeitig aufstellen können. Und doch
ist es fraglich, ob man beide Mächte mit Recht würde als
gleichwerthig betrachten dürfen. Denn so bewunderungswürdig
Dionys' Leistungen sind, eins fehlte ihnen, was Athen besass:
die solide Fundirung, welche nur eine stetige Ent Wickelung
schaffen kann, die die Kräfte nicht überspannt. Bei Dionys
war, seiner Stellung und Aufgabe entsprechend, alles in mög-
lichster Eile künstlich getrieben und fieberhaft überhastet; es
war sehr fraglich, ob seine Macht in der Feuerprobe sich so
widerstandsfähig würde erweisen können wie die Athens.
Nirgends tritt das deutlicher hervor als im Finanzwesen. Im
attischen Reich bildeten die Finanzen das feste Fundament;
als sie erschöpft waren, begann es zusammenzubrechen. Dionys
rauss für seine Bauten, Rüstungen und Werbungen noch viel
mehr Geld aufgewandt haben, als Athen jemals in einem
gleichen Zeitraum : und überdies schluckte alljährlich der Sold
und die Verproviantirung gewaltige Summen. Baare Geld-
mittel aber, wie sie Athen seit Alters in dem Schatz der
Göttin besass, waren in Syrakus schwerlich in irgendwie er-
heblichem Umfang vorhanden. So musste Dionys beständig aus
der Hand in den Mund leben und immer neue Mittel ersinnen,
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Finanzwesen des Dionys.
103
um das nöthigste Geld zu beschaffen. So wenig er für sich
selbst brauchte, seine Regierung erhielt dadurch Zeit seines
Lebens das Gepräge eines schweren finanziellen Drucks; wenn er
durch Förderung commercieller und industrieller Unternehmungen
den Wohlstand zu heben suchte, so hemmte er ihn ebenso sehr
durch fortwährende Auflagen und neue Steuern. Nirgends so
sehr wie hier empfinden wir das Fehlen eine^Avirklich ausreichen-
den Darstellung seiner Regierung, wie sie Ailistos ohne Zweifel
geboten hat; was uns erhalten ist, beschränkt sich auf eine
Anzahl tendenziös entstellter Anekdoten von Finanzkniffen, die
sich ohne chronologische Daten über seine ganze Regierung ver-
theilen und in keiner Weise genügen, um System und Umfang
seines Finanzwesens festzustellen. Die ersten Bedürfnisse
mochten durch die Gonfiscation des Vermögens der Gegner
gedeckt sein; weitere Mittel schafften die Tempel. Das peri-
kleische Athen hat bei seinem Finanzsystem wenigstens die
Fiction gewahrt, dass es die Summen, die es der Göttin
nahm, sich nicht aneignete, sondern nur entlieh; Dionys war
auch darin ein vollständig moderner Mensch, dass er vor dem
in den Heiligthümern aufgehäuften und verarbeiteten Edel-
metall nicht den mindesten Respect zeigte, sondern es ohne
jedes Gewissensbedenken confiscirte, wenn er Geld brauchte.
Wie die Athener war auch er der Ansicht, dass die Götter,
die der Staat verehre, verpflichtet seien, ihm in seiner Noth
zu helfen — nur dass die Athener an diese Götter glaubten,
er dagegen nicht. Doch derartige Massregeln und ebenso die
Kriegsbeute konnten nicht mehr ergeben als willkommene
Zuschüsse; den Haupttheil des Bedarfs mussten die Bürger
selbst decken. Es ist kein Zweifel, dass Zehnten, Marktsteuern,
Zölle in hohen Sätzen erhoben wurden; auch eine Viehsteuer
hat Dionys eingeführt. Wenn die regelmässigen Abgaben nicht
reichten, blieb, wie in Athen, kein anderer Ausweg als die
Erhebung einer ausserordentlichen Vermögenssteuer. Dabei ist
Dionys jedoch nie willkürlich verfahren, sondern hat immer die
gesetzliche Form gewahrt, dass er einen motivirten Antrag an
die Volksversammlung brachte und annehmen Hess. Die directe
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104 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Steuer war wohl immer für einen besondern Zweck bestimmt,
z. B. für die Flottenrüstung, oder etwa für die Summe, durch die
er eine feindliche Stadt durch Bestechung gewinnen zu können
glaubte — dafür hat er sich einmal zwei Stater auf den Kopf
der steuerpflichtigen Bürger geben lassen und den Betrag, als
der Plan scheiterte, zurückgezahlt., Wir erfahren, dass die
Bürger mehrfach erklärten, an der Grenze ihrer Leistungs-
fähigkeit angelangt zu sein, und Dionys von seinem Antrag
abstehen und auf andere Mittel sinnen musste. Dann hat er
wohl Anleihen bei den Bürgern erhoben oder sich die Mündel-
gelder vorschiessen lassen mit der Verpflichtung sie zurück-
zuzahlen, wenn die Kinder grossjährig geworden seien; oder
er hat beantragt, dass die Frauen ihren Schmuck der Demeter
weihen sollten und ihn dann mit Beschlag belegt, oder auch
eine Steuer an die Göttin für das Tragen von Goldschmuck
erhoben. Endlich blieb als letzter Ausweg die Münzver-
schlechterung: das Silber wurde durch Zinngeld ersetzt und
dies zum vierfachen Betrage des Werthes ausgegeben; ein
Dekadrachmenstück von Kupfer, das mit Zinn überzogen ist,
mit dem prächtigen, von Euainetos geprägten Stempel der
Silbermünzen, ist uns erhalten. Ein andermal hat Dionys bei der
Rückzahlung einer Anleihe den Werth des Silbers durch einen
aufgedrückten Stempel verdoppelt. Daneben werden mancherlei
kleine Mittel berichtet, durch die der Herrscher das bei den
Bürgern vorhandene Geld zu ermitteln und in seine Hände
zu bringen suchte; z. B. soll er einmal seine eigene Habe
versteigert und dann den Käufern wieder abgenommen haben.
% Natürlich erregten alle diese Massregeln sehr viel Erbitterung,
zumal bei der Eintreibung der Steuern rücksichtslos vor-
gegangen wurde. Ohne Zweifel ist die Steuerkraft der Bürger
während seiner ganzen Regierung aufs äusserste angespannt
worden; und doch kann zweifelhaft erscheinen, ob er ihnen
so viel zugemuthet hat, wie Athen während des zehnjährigen
Verzweiflungskampfes um seine Herrschaft. In beiden Fällen
handelte es sich um die Existenz des Staats, ja in Syrakus
in noch weit höherem Maasse als in Athen, wo, wenn es sich
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Finanzwesen des Dionys.
105
rechtzeitig unterwarf, der Fortbestand der Stadt und der
Nationalität nicht, wie bei Syrakus, in Frage stand; da war
die äusserste Anspannung aller Kräfte vollauf gerechtfertigt.
Es war der Einsatz für den unermesslichen Gewinn, der in
Aussicht stand, wenn es gelang, den Kampf zum glücklichen
Ende durchzufechten. Für Athen war, wie jeder besonnen
Urtheilende eingestehen musste, nach 413 dies Ziel nicht mehr
erreichbar. Aber auch Syrakus ist der volle Gewinn nicht
beschieden gewesen, da Dionys trotz aller Erfolge sein letztes
Ziel, die Unterwerfung ganz Siciliens, doch nicht erreicht hat,
und alsbald nach seinem Tode, wo die Ernte hätte reifen
können, sein Reich der Opposition erlegen ist.
Hauptquelle sind die Anekdoten bei [Arist.] Oecon. II, 21, die nur
ihrer zum Theil absurden Tendenz entkleidet werden müssen ; z. B, wird
das zur Hebung der Viehzucht erlassene Verbot, Kdhe zu schlachten,
als eine gehässige finanzielle Massregel zur Hebung der Viehsteuer be-
trachtet, u. S. Ferner Polyaen V, 2, 19. Plut. apophth. Dionys. 5. Nach
Arist. pol. VIII, 9, 4 hätte Dionys in fünf Jahren das ganze Vermögen
dc>r Bürger als slsspopa erhoben, eine Angabe, die in dieser Fassung ab-
surd ist. Es ist rührend, mit welcher Naivität manche Neuere diese
Geschichten, und ebenso die Einziehung der Edelmetalle aus den Tem-
peln ([Arist.] Oer. II, 42. Gic. nat. deor. III, 83 f. = Val. Max. I, 1 ext. 3.
Athen. XV, 693e. Plut. de Is. 71. Polyaen V, 2. 19; vgl. Diod. XIV, 65,
2. 67, 4. 69, 2. XV, 13, 1. 14, 4; vgl. Xenophon Hiero 4, 11; im ein-
zelnen finden sich namentlich bei Cicero viel Entstellungen) als entsetz-
liche Frevel darstellen, die sie, wenn sie mit entgegengesetzter Tendenz
erzählt wären , aufs höchste bewundern würden. Was für Syrakus und
ganz Hellas auf dem Spiel stand, haben sie sich nie klar gemacht. Die
richtige Auffassung hat vor allem DrotsEX, Zum Finanzwesen des Dio-
nysios, Ber. Berl. Ak. 1882 = Kl. Sehr. II, 306 ff. ausgesprochen. —
Wie weit die sicilische Steuerordnung der Römerzeit (lex Hieronica) schon
unter Dionys bestand, ist nicht zu ermitteln. Abgaben der Bürger auch
Diod. XIV, 106, 3. Justin 21, 1, 5. — Zinngeld: [Arist.] Oec. II, 21, 3.
Pollux XI, 79. Die erhaltene Münze: Evans, contributions to Sicil.
numism. 31. Holm, Gesch. Sic. IU, 616. — Ob mit der Ausgabe des Sil-
bers zum doppelten Betrag seines Werthes [Arist.] Oec. II, 21, 8 die Herab-
setzung des (Kupfer- )Talents von 24 nummi auf 12 (Aristoteles i>ei Pollux IX,
87) zusammenhängt, wie man oft vermuthet hat, ist nicht zu entscheiden.
792. Zu Anfang des J. 397 waren die Rüstungen voll-
endet. Wie sicher Dionys sich des Erfolges fühlte, geht daraus
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106
IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
hervor, dass er beschloss, vor Beginn des Krieges sich wieder
zu vermählen und dadurch den Grund zum Fortbestand seiner
Dynastie zu legen. Aus politischen Gründen führte er, mit
Hinwegsetzung über die Sitte, zwei Frauen heim, die Syrakuserin
Aristoraache, die Tochter des Hipparinos, seines vertrautesten
Gehülfen, und Doris, die Tochter des Xenetos aus Lokri , die
die Bürgerschaft selbst ihm ausgesucht hatte (§. 786). Das
stolzeste Kriegsschiff seiner Marine, die erste vom Stapel ge-
laufene Pentere, führte die Braut heim; die Hochzeit mit beiden
Frauen wurde am gleichen Tage mit allem Glanz gefeiert, die
Truppen und die Bürger zu Gast geladen. Wenige Tage
darauf brachte Dionys bei der Bürgerschaft den Antrag ein,
Karthago den Krieg zu erklären. Er wurde mit Begeisterung
angenommen. Eine Gesandtschaft ging nach Karthago, um
irn Namen von Syrakus den Krieg anzukündigen, falls es
nicht freiwillig sich entschliessen wolle, alle Griechenstädte
herauszugeben.
Die Doppelehe: Diod. XIV, 44. Plut. Dio 8. Aelian v. h. XIII, 10.
Nach Plut. Timol. 6 war zuerst die Tochter des Ix>krers Aristeides in
Aussicht genommen; aber dieser weigerte sie, wofür Dionys grausame
Rache flbte. — Beloch's Vermutbungen Ober die Doppelehe Gr. Gesch.
II, 178 scheinen mir grundlos.
Zweiter karthagischer Krieg.
793. In Karthago hat man über das Ziel der Rüstungen
des Dionys kaum in Zweifel sein können. Aber die Seuche,
welche dem vorigen Kriege ein Ende gemacht hatte, wüthete
jetzt verheerend in Afrika und in der Hauptstadt und stei-
gerte die Kriegsscheu der Regierung; man sah der Entwicke-
lung thatenlos zu und war völlig unvorbereitet, als die
syrakusanische Gesandtschaft eintraf, deren Forderung man
doch unmöglich erfüllen konnte. Jetzt wurde schleunigst ge-
rüstet und Werber nach allen Richtungen entsandt; der Ober-
befehl wurde aufs neue dem für das nächste Jahr zum
Suffeten erwählten Himilko übertragen. Bis er ein Heer nach
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Kriegserklärung an Karthago. Belagerung von Motye. 107
Sicilien führen konnte, hatte Dionysios freie Hand. Gleich
nach dem Kriegsbescbluss hatte sich überall auf Sicilien der
Nationalhass in wilden Ausbrüchen entladen; in Syrakus so
gut wie in den karthagischen Griechenstädten fiel der Pöbel
über die phoenikischen Händler her, plünderte ihre Magazine
und Schiffe, und vergalt ihnen selbst mit Martern aller Art,
was Karthago an den Griechen verübt hatte. Inzwischen war
Dionys mit seiner Armee, ohne Widerstand zu finden, in die
karthagische Provinz eingerückt. Alle Griechenstädte be-
grüssten ihn als Befreier und sandten ihm Zuzug; auch die
Elymer von Eryx traten zu ihm über, das Landvolk musste
sich unterwerfen; nur die alten Phoenikerstädte , sowie En-
tella, Halikye, Segesta hielten bei Karthago aus. Auf
80,000 Mann und über 3000 Reiter soll sein Heer angewachsen
sein, dazu gegen 200 Kriegsschiffe und etwa 500 Transport-
schiffe, welche die Belagerungsmaschinen und den Proviant
herbeiführten. Dionys' Ziel war Motye , das auf einem Fels-
eiland in dem lagunenartigen Meer an der Westspitze der
Insel gelegene Hauptbollwerk der karthagischen Herrschaft.
Die kleine Stadt, ein getreues Abbild von Tyros, Arados und
Gades, war stark befestigt und sehr dicht bevölkert, dabei
ausserordentlich wohlhabend. Dionys' Flotte fuhr in die Bucht
«in. Der Damm, der die Insel mit dem Festland verbunden
hatte, war von den Bewohnern zerstört worden; so liess
Dionys einen neuen sechs Stadien langen Damm in das seichte
Meer werfen. Himilko versuchte Hülfe zu bringen. Ein paar
karthagische Trieren drangen bei Nacht in den Hafen von
Syrakus ein und richteten unter den überraschten Fahrzeugen
argen Schaden an. Dann wiederholte er selbst das gleiche
Manöver im Hafen von Motye. Plötzlich erschien er mit
100 Schiffen früh Morgens im Eingang der Bucht und ver-
nichtete eine Anzahl der feindlichen Schiffe. An weiterem Vor-
dringen hinderte ihn die Landarmee und vor allem der Stein-
hagel der neuen Geschütze; aber er durfte hoffen, wenn die
feindliche Flotte, die am Slrande lag, in See ginge, die Schiffe
in dem engen Raum einzeln angreifen und vernichten zu
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108 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
können, andernfalls aber die Stadt von der Seeseite her zu
schirmen. Indessen Dionys liess seine Schiffe auf einer
Schleppbahn über die schmale Landzunge bringen, die damals
noch die Bucht im Norden abschloss, und gewann so die
offene See. Dadurch wurde Himilkos Stellung unhaltbar, da
er viel schwächer war als die Feinde. Er musste nach Kar-
thago zurückkehren und Motye seinem Schicksal überlassen.
Dionys vollendete den Damm, brachte seine Maschinen heran,
und legte Bresche in die Mauer. Die Einwohner wehrten sich
verzweifelt ; mehrere Tage dauerte der Strassenkampf zwischen
den hohen Häusern in den engen Gassen. Schliesslich wurden
sie überwältigt, und nun begann das Morden nach dem Bei-
spiel, das Karthago in den Griechenstädten gegeben hatte.
Was gefangen war, wurde verkauft, die reiche Beute den
Soldaten überlassen; eine Schaar griechischer Söldner, die in
der Stadt Dienste genommen hatte, liess Dionys als Hoch-
verräther an der hellenischen Nation ans Kreuz schlagen.
Ueber diesen Kämpfen war der Winter herangekommen:
Dionys liess den Flottencommandanten, seinen Bruder Leptines,
mit 120 Schiffen und genügenden Landtruppen zurück, um
die Insel gegen einen feindlichen Angriff zu decken und
womöglich den Rest der karthagischen Besitzungen zu er-
obern.
Pest in Afrika : Diod. XIII, 114, 3. XIV, 41, 1. 45, 2. 47, 4. — Belage-
rung von Motye : Diod. XIV, 47 ff. Polyaen V, 2, 6. Zur Topographie :
Schubring, Philol. XXIV. Holm, Gesch. II, 434. Meltzer, Gesch. d. Kartb.
I, 512.
794. Im nächsten Frühjahr (396) zwang Dionys Halikye
zur Unterwerfung und begann die Belagerung von Segesta.
Inzwischen aber hatten die Karthager ein gewaltiges Heer zu-
sammengebracht. Die Gefahr war freilich gross, dass die
widerstandsunfähigen Transportschiffe von der starken feind-
lichen Flotte aufgefangen würden. Himilko liess sie deshalb,
ganz gegen die Gewohnheit des Alterthums, möglichst auf
hoher See bleiben und wies ihnen durch versiegelte Ordres
Panormos als Landungsplatz an; er selbst fuhr, um sie zu
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Eroberung von Motye. Erfolge der Karlhager. Zerstörung Messanas. 1 09
decken, mit der Kriegsflotte an der sicilischen Küste entlang.
Eine Anzahl Schiffe, angeblich 50, wurde trotzdem von Lep-
tines abgefangen und in den Grund gebohrt; der Mehrzahl
gelang es, glücklich Panormos zu erreichen. Von hier aus
rückte Himilko nach Westen vor und gewann Eryx und Motye
zurück; Dionys war gezwungen die Belagerung von Segesta
aufzuheben und sah sich plötzlich in eine sehr schwierige
Lage versetzt. Er stand mitten in Feindesland; die ein-
heimische Bevölkerung neigte in dem Nationalkrieg durchweg
zu Karthago, auch wenn sie sich vorübergehend den Griechen
hatte unterwerfen müssen. Ein Versuch, die Sikaner durch
grosse Versprechungen zum Eintritt in sein Heer zu bewegen,
misslang, dagegen strömten sie in Massen den Karthagern zu;
auch Halikye fiel sofort wieder ab. Entscheidend war, dass
die Verpflegungsschwierigkeiten sich immer fühlbarer machten.
So wagte Dionys trotz des Drängens der Griechen nicht, dem
an Zahl vielleicht von Anfang an stärkeren und durch Zu-
züge sich täglich vermehrenden Feinde die Schlacht zu bieten
und damit alles aufs Spiel zu setzen; er entschloss sich zum
Rückzug auf Syrakus. Damit gab er nicht nur seine Er-
oberungen Preis, sondern auch sein eigenes Machtgebiet.
Himilko folgte ihm nach, wandte sich aber zunächst nicht
gegen Syrakus, sondern rückte längs der Nordküste vor.
Himera (d. i. Thermae) und Kephaloedion unterwarfen sich,
die liparischen Inseln wurden gebrandschatzt: dann ging er
gegen Messana vor. Ein Theil der Bevölkerung verzweifelte am
Widerstand, zumal die Mauern verfallen waren, und flüchtete
nach Syrakus: der Rest Hess sich zu einem Ausfall gegen
die Karthager im Norden der Stadt beim Vorgebirge Peloron
verlocken und ermöglichte dadurch der karthagischen Flotte,
den Hafen zu überfallen und über die schwachen Mauern in
die Stadt einzudringen. Die Messenier flüchteten in die be-
festigten Dorfschaften ihres Gebiets und in die Nachbarstädte;
ihre Stadt erlitt dasselbe Schicksal wie ihre Schwestern: sie
wurde auf Himilkos Befehl von Grund aus zerstört. Von dem
blühenden Kranz griechischer Städte, der ehemals Sicilien ura-
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IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
schlössen hatte, stand jetzt nur noch Syrakus unversehrt auf-
recht. Das zerstörte Motye dagegen ersetzte Himilko durch
eine neue Phoenikerstadt auf dem flachen Westcap der Insel,.
Lilybaeon, das heutige Marsala, das mit starken Mauern und
Festungsgräben umgeben wurde und durch einen ins Meer
geworfenen Molo einen künstlichen Hafen erhielt.
Der Bericht über Himilkos Operationen (Diod. XIV, 54 f. Polyaen
V, 10, 2. Frontin I, ], 2; gehört auch Polyaen VI, 16, *3 hierher?) und
Dionys1 RQckzug (vgl. Diod. XIV, 68, 5) ist völlig unzulänglich; gerade
an den entscheidenden Wendepunkten macht sich das Fehlen eines sach-
kundigen Berichts am empfindlichsten fühlbar. Eine Episode aus den
Kämpfen ist vielleicht Polyaen V, 10, 5, ferner V, 2, 9. Frontin I, 8, 11
mit den Zahlen des Epboros; wohin Polyaen V, 8, 1 = Frontin II, 5,
11 gehört, ist völlig unklar. — Zahl der Karthager nach Timaeos
100,000 Mann, auf Sicilien durch 30,000 weitere verstärkt ; nach Ephoros
über 300,000, 4000 Reiter, 400 Wagen, 400 Kriegs-, über 600 Transport-
schiffe: Diod. XIV. 54, vgl. 55, 3. 62, 8 (wo das Cilat aus Timaeos aus-
gefallen ist). - Lilybaeon: Diod. XXII, 10, 4, vgl. XIII, 54, 4.
795. Auf die Kunde von dem Fall Messanas traten alle
Sikeler mit Ausnahme der Stadt Assoros (nordöstl. von Henna)
aufs neue zu Karthago über, auch die von Dionys im Gebiet
von Naxos Angesiedelten, die jetzt auf der steilen Berghöhe
nördlich von den Trümmern der alten Griechenstadt die
Festung Tauromenion anlegten. So war Dionys' Macht arg
zusammengeschmolzen. Er ergriff alle Mittel der Gefahr zu
begegnen; er fuhr fort mit der Freilassung von Sklaven und
gewann dadurch die Ruderer für 60 Schiffe; er warb weitere
Söldner im Peloponnes ; er befestigte die Ortschaften des Land-
gebiets und die beiden Burgen des zerstörten Leontini; er
verpflanzte die in Katana angesiedelten Campaner nach dem
festen Aetna; er brachte möglichst viel Proviant zusammen.
Dann nahm er mit Landheer und Flotte, 30,000 Mann,
3000 Reitern, 180 Schiffen, Stellung bei dem Vorgebirge
Tauros (bei Augusta) 4 Meilen nördlich von Syrakus, um den
Angriff der Feinde zu erwarten. Himilko rückte von Messana
aus längs der Küste vor, von der Flotte unter Mago begleitet.
Aber am Fuss des Aelna hinderten gewaltige Lavamassen.
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Himilko gegen Syrakus. Magos Seesieg bei Katana. Hl
von einer vor kurzem erfolgten Eruption seinen Vormarsch;
er musste das Bergmassiv in weitem Bogen durch das Binnen-
land umschreiten. Dadurch wurde die Flotte isolirt; Dionys
rückte bis Katana vor und befahl seinem Bruder Leptines, mit
der Flotte, meist Tetreren und Penteren, Mago anzugreifen. Die
feindliche Seemacht war an Zahl überlegen, aber sie bestand
nur aus Trieren und hatte zahlreiche Lastschiffe bei sich, so
dass Mago den Kampf gern vermieden hätte. Indessen Lep-
tines griff ihn mit den 30 besten Schiffen an und bohrte zu-
nächst eine Anzahl feindlicher Trieren in den Grund. Bald
jedoch gerieth er durch die Ueberzahl in arge Bedrängniss
und musste auf die offene See entweichen; die übrigen syra-
kusanischen Schiffe, die so rasch nicht hatten folgen können,
wurden beim Herankommen in aufgelöster Ordnung überfallen
und meist genommen, üeber 100 Schiffe fielen den Karthagern
zur Beute, die Mannschaften fanden grösstentheils im Meer
den Tod, die syrakusanische Seemacht war so gut wie ver-
nichtet. Dionys wagte jetzt nicht mehr, dem Landheer unter
Himilko entgegenzutreten, da inzwischen die feindliche Flotte,
trotz eines ausgebrochenen Sturms, in den Hafen von Syrakus
eindringen und die von Vertheidigern entblösste Stadt erobern
konnte, wie kurz vorher Messana; so entschloss er sich zu
eiligem Rückzug. Die Folge war allerdings, dass seine Macht
noch weiter zusammenschrumpfte; überall wurden Vorwürfe
laut gegen den Feldherrn, der trotz seiner unumschränkten
Tyrannengewalt, die er so rücksichtslos ausübte, nicht im
Stande sei, die Feinde zu besiegen, sondern eine Niederlage
nach der andern erleide. Zahlreiche Truppen verliessen ihn,
die Städte, mit Ausnahme der Gampaner in Aetna, unter-
warfen sich den Karthagern. Auch in Syrakus gab es, nament-
lich unter den Vornehmen, gar viele, denen die Partei über
die Nationalität ging und die sich gern den Karthagern unter-
worfen hätten, wenn sie sich dadurch von der Herrschaft des
Tyrannen befreien konnten.
Tauromenion: Diod. XIV, 59. 87, 4 ff. Der Sturm nach der Schlacht
61. 4 erscheint auch in Theodoros' Rede 68, 6. Diese (trotz Holm)
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112 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
zweifellos aus Timaeos stammende Rede (vgl. 66, 1. 67, 1 über Gelon)
gibt die Gedanken der Opposition in 8yrakus, die Timaeos mit voller
Ueberzeugung theilt, offenbar im wesentlichen richtig wieder.
796. Indessen Dionys verzweifelte nicht. Noch einmal
erliess er einen Hülferuf an ganz Hellas, nicht thatenlos zu-
zuschauen, wie das Griechenthum in Sicilien vollständig ver-
nichtet werde; sein Schwager Polyxenos ging nach Unteritalien
und dem Peloponnes, um Soldner zu werben. Sparta, gerade
im Kampf gegen Persien für die Freiheit der Hellenen be-
griffen, Hess auch im Westen die nationale Sache nicht im
Stich; es sandte seinem alten Verbündeten ein Hülfscorps von
30 Trieren unter dem Commando des Nauarchen Pharakidas
(§. 845). Diesem gelang es, unterwegs eine Anzahl karthagischer
Schiffe abzufangen und, indem er sie seinen eigenen Schiffen
voranfahren Hess, die Feinde zu täuschen, so dass er mit den
von Polyxenos geworbenen Truppen ungehindert in den Hafen
von Syrakus einlaufen konnte. Während dessen hatte Himilko
die Belagerung von Syrakus begonnen. Es wiederholten
sich die Vorgänge, welche sich neunzehn Jahre zuvor beim
Angriff der Athener abgespielt hatten; nur war nicht nur
die belagernde Armee, sondern auch die Festung weit
grösser und überdies in ganz anderer Weise für die Ver-
teidigung vorbereitet als damals. Die Flotte lief in den
grossen Golf im Süden der Stadt ein, in dem die Athener
den Untergang gefunden hatten; das Landheer nahm in der
Anaposebene Stellung, gedeckt durch drei Castelle auf dem
Plemmyrion, dem Höhenrücken im Süden des Golfes, wo
Nikias sich eine Zeit lang festgesetzt hatte, im Tempel des
olympischen Zeus, den damals die syrakusanischen Reiter
behauptet hatten, und zwischen beiden am Vorgebirge Daskon.
Zur Schlacht Hessen sich die Syrakusaner weder zu Lande
noch zur See verlocken, und ein Sturm war zur Zeit noch
aussichtslos; man musste versuchen, die Stadt auszuhungern.
Freilich reichte die karthagische Macht, so stark sie war, nicht
aus, die Riesenfestung von allen Seiten einzuschliessen ; vor
allem den Kriegshafen im Norden der Stadt, zwischen der
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Belagerung von Syrakus. Versuch einer republikanischen Erhebung. 1 13
Insel und der Achradina, konnte die feindliche Flotte wohl
durch Angriffe belästigen, aber eine regelrechte Blockade war
hier, vor der stark befestigten Einfahrt, mitten zwischen den
Festungsmauern im Norden und im Süden, für sie so wenig
möglich wie für die Athener. So kam der Krieg zum Stehen ;
einen Monat lang musste Himilko sich mit Demonstrationen
und gründlicher Verwüstung des Landgebiets und der Heilig-
thümer und Wohnhäuser vor den Stadtmauern begnügen. Die
Hoffnungen der Syrakusaner belebten sich; während Dionys
und Leptines ausfuhren um Proviant herbeizuführen, griffen
sie ein Geschwader von 40 Schiffen an, das vor dem Hafen
demonstrirte, und nahmen 25 von ihnen. Durch diesen ohne
Mitwirkung des Herrschers erfochtenen Sieg schwoll den Bür-
gern der Muth; die Waffen hatten sie in der Hand, ihre
Kriegstüchtigkeit hatten sie erwiesen; war es nicht möglich
sich jetzt des Zwingherrn zu entledigen? Die Sache schien
nicht aussichtslos, zumal auch die Söldner schwierig zu werden
begannen, vermuthlich weil Dionys den Sold nicht mehr regel-
mässig zahlen konnte. Als Dionys zurückkehrte und in einer
Volksversammlung die bestimmte Erwartung aussprach, er
werde den Krieg bald zu Ende führen können, stellte Theo-
doras, ein angesehener Mann aus der Ritterschaft, den An-
trag, den Feldherrn, der das Vertrauen der Bürgerschaft
schmählich getäuscht habe, abzusetzen und ins Exil zu schicken.
Er fand viel Zustimmung, wenn man auch wird annehmen
dürfen, dass es unter der Bürgerschaft genug Leute gab,
welche vor einer derartigen selbstmörderischen Handlung
zurückscheuten. Den Ausschlag gab der spartanische Nauarch
Pharakidas; er erklärte, von seiner Regierung entsandt zu
sein, um den Syrakusanern und Dionys beizustehen, nicht aber
um Dionys zu stürzen. Da wagten die Republikaner nicht,
weiter zu gehen; Dionys konnte sich im Regiment behaupten,
(n seinem Verhalten gegen die Bürger hat er nichts geändert :
weder jetzt noch später erfahren wir von einem Einschreiten
gegen Theodoros und seinen Anhang. Dass Pharakidas wegen
seiner Erklärung, durch die er Syrakus und die Griechen auf
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 8
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114 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
Sicilien gerettet hat, von Timaeos und seinen Gesinnungs-
genossen aufs schwerste getadelt wird, ist nicht wunderbar,
wohl aber, dass es auch jetzt noch Historiker gibt, die ihm
das nachsprechen.
Pharakidas wird bei Diodor XIV, 63, 4. 70, 2 ausdrücklich als
spartanischer Nauarch beieichnet. Als solcher hat er 397 und 89&
in Asien commandirt: dass er hier mit der Kurzform Pharax genannt
wird, beweist natürlich nichts gegen die Identität beider. Sein Hulfs-
zug nach Syrakus fallt also in den Sommer 396, in Uebereinstinv»
mung mit Diodors Datum. Ueberdies ist eine Hfllfssendung nach Sici-
lien im J. 395 durch den damaligen Stand des Perserkriegs ausge-
schlossen. Somit drängen sich allerdings die Ereignisse im J. 396 sehr;
die Landung der Karthager bei Panormos mag Anfang Mai, die Ein-
nahme von Messana Ende Juni, die Belagerung von Syrakus im heissesten
Sommer (Diod. XIV, 70, 4; die SOtfigige Pause c. 02, 5) in den August
und September, die entscheidende Schlacht Ende September oder An-
fang October fallen. — Diodor erzflhlt (trotz Holm) nach Timaeos, dessen
Charakter wie in der Rede des Theodoros (§. 795 A.) so in der Betonung
der Religionsfrevel der Karthager (c. 63. 70, 4. 73. 5. 74) und in den ge-
gehässigen Motiven, die Dionys beim Abzug der Karthager untergeschoben
werden (c. 75), unverkennbar ist. Die Zahl von 150,000 an der Pest
Gestorbenen c. 76, 2 stammt allerdings, wie Holm betont, aus Epboros;
aber sie steht in dem abschliessenden Rückblick, wo Diodor selbständiger
schreibt. — Die Zahlen für die karthagische Flotte c. 02, 2 sind in Ver-
wirrung, für das Landheer werden 62. 3 die des Ephoros u»c jjiv t:vs<;
avifp^av) gegeben , 300,000 Mann , 3000 Reiter , die des Timaeos sind
ausgefallen. — Pharakidas' Landung : Polyaen II, 11. Frontin I, 4, 12.—
Aufsässigkeit der Söldner: Diod. XIV, 72, 2. 78.
797. Die Belagerung von Syrakus fiel in die heissesten
Sommermonate des J. 39(5. Wie bei den Athenern im J. 414
erzeugte auch bei den Karthagern die Anhäufung einer ge-
waltigen Menschenmasse in dem Sumpfland des Anapos ver-
heerende Seuchen; und alsbald wuchsen dieselben zu einer
Epidemie an — vielleicht war es diesmal wirklich die Beulen-
pest — , welche an Furchtbarkeit die Pest in Athen und die
Epidemie des J. 405 vielleicht noch übertraf. In wenig Wochen
wurde ein grosser Theil des Heeres hinweggerafft, so dass die
Leichen nicht mehr bestattet werden konnten; alle Mittel sich
gegen die Ansteckung zu schützen, versagten. Die Ueber-
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Die Pest. Vernichtung des karthagischen Heer?. H5
lebenden wurden vollständig demoralisirt. Trotzdem hielt
Himilko aus; war ihm doch auch im J. 406 die Eroberung
von Agrigent trotz der Seuche und trotz der Niederlage durch
Daphnaeos gelungen. Aber diesmal zeigte sich Dionys der
Situation gewachsen. In einer dunklen Nacht umging er mit
seinen Kerntruppen die feindliche Stellung, liess sie am nächsten
Morgen durch eine Söldnerschaar, deren Untergang ihm nicht
unwillkommen war, in der Front angreifen und fiel ihnen selbst
in den Rücken. Während er die Castelle und das Lager erstürmte,
drang eine Flotte von 80 Schiffen unter Pharakidas und Lep-
tines in den Golf ein und überfiel die karthagischen Trieren,
während sie noch bemannt und flott gemacht wurden. Die
Feinde suchten sich zu wehren so gut es ging; aber durch
den plötzlichen Angriff von allen Seiten waren sie überrascht
und verwirrt, und als nun Dionys Feuer in die Schiffe werfen
liess und der Sturm dies alsbald zu einem Ungeheuern Brande
anfachte, war ihre Stellung vollends verloren. An derselben
Stelle, wo die athenische Invasion in Wochen langen ver-
zweifelten Kämpfen zu Grunde gegangen war, haben Dionys
und Pharakidas mit einem einzigen Schlage die karthagische
Invasion vernichtet. Himilko versuchte zu retten, was noch
zu retten war; er begann um freien Abzug zu verhandeln.
Dionys erklärte, dass er das nicht bewilligen könne; nur die
karthagischen Bürger wollte er, gegen eine Zahlung von
300 Talenten, entkommen lassen. Himilko ging darauf ein,
und Dionys hat Wort gehalten; als in der vierten Nacht die
Karthager auf 40 Trieren davonfuhren, hielt Dionys seine Truppen
zurück. Nur die unter den peloponnesischen Hülfstruppen
befindlichen Korinther, die in diesem Verhalten Verrath sahen,
bestiegen die Schiffe und bohrten noch einige der feindlichen
Trieren in den Grund. In Wirklichkeit war Dionys' Verfahren,
das dem des Demosthenes bei den Kämpfen um Ambrakia
(§. 575) entsprach, politisch sehr richtig berechnet: indem er
die Karthager veranlasste, ihre Söldner und die sicilischen
Hülfstruppen Preis zu geben, that er weit mehr zur Discredi-
tirung ihrer Herrschaft, als er durch ihre Vernichtung hätte
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116 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
erreichen können. Am nächsten Tage griff er den Rest der
Feinde an. Den Sikelern gelang es zu entkommen, die übrigen
worden umzingelt und gezwungen, bedingungslos die Waffen
zu strecken ; nur die Spanier hielten fest zusammen, bis ihnen
ein Vertrag gewährt wurde, durch den sie als Söldner in
Dionys' Dienste übertraten.
798. Auch der erste Feldzug Himilkos auf Sicilien hatte
durch eine Seuche ein vorzeitiges Ende gefunden; jetzt aber
war, als er das letzte Ziel schon fast erreicht zu haben glaubte,
sein ganzes Heer vernichtet worden. Er wollte den Unter-
gang seines Ruhms nicht überleben ; als er den dürftigen Rest
seiner Truppen nach Karthago zurückgeführt und den Göttern
die Sühnopfer dargebracht hatte, schloss er sich in sein Haus
ein und rührte keine Speise mehr an. — Die nächste Folge
der Niederlage war nicht nur der Verlust des grössten Theils
Siciliens, sondern zugleich eine grosse Insurrection in Afrika
selbst. Die Libyer sehnten längst eine Gelegenheit herbei,
den harten Druck ihrer Herrn abzuschütteln; die Treulosig-
keit, mit der Himilko die nicht bürgerlichen Truppen den
Feinden aufgeopfert hatte, steigerte die Erbitterung, die schwere
Niederlage Karthagos gab die Hoffnung auf Erfolg. In ge-
waltigen Massen rotteten sich die Libyer zusammen, zahlreiche
Sklaven strömten ihnen zu; sie besetzten Tunes vor den Thoren
Karthagos, schlugen die Bürger zurück und sperrten die Stadt
völlig von der Verbindung mit dem Binnenlande ab. Die
Bürgerschaft gerieth in die grösste Angst: durch Opfer und
Gebete suchte man die erzürnten Götter zu besänftigen, der
Demeter und ihrer Tochter, deren Tempel vor Syrakus Himilko
zerstört hatte, errichtete man ein Heiligthum mit griechischen
Priestern. Allmählich gewann dann Karthago dank seiner
politischen Ueberlegenheit und der Beherrschung der See
das Uebergewicht über die unorganisirten und uneinigen In-
surgenten zurück. Die Lebensmittel gingen ihnen aus, und
das karthagische Geld begann seine Wirkung zu üben; es
fanden sich Verräther, manche Landstädte traten zu Karthago
zurück, das libysche Heer löste sich auf. Nach dreijährigem
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Aufsland in Afrika. Erfolge des Dionys.
117
Kampf (396 — 393) war Karthagos Herrschaft über die afri-
kanischen Unterthanen im wesentlichen wieder hergestellt.
Hirailkos Tod : Diod. XIV, 76, und mit breiler Ausmalung Justin
XIX, 2. 8. Libyscher Aufstand Diod. XIV, 77. In denselben gehören
wahrscheinlich die bei Polyaen V, 10, 1. 3. Frontin II, 5. 12 von Hi- *
milko oder Maharbal erzählten Geschichten.
799. Während dessen erntete Dionys die Früchte des
Sieges. Er verhaftete den Rädelsführer der widerspenstigen
Söldner, Aristoteles, um ihn zur Aburtheilung in seine Heimath
Sparta zu schicken. Als dann die anderen sich zusammen-
rotteten und ihren Lohn forderten, wusste er sie durch das
Versprechen einer Landanweisung zu gewinnen: er hat sie,
10,000 Mann, in dem zerstörten Leontini angesiedelt. Dann
stellte er Messana wieder her und verstärkte es durch An-
siedler aus den italischen Griechenstädten. Eine Schaar der
von Sparta aus Griechenland verjagten Messenier (§. 763)
siedelte er Sparta zu Gefallen nicht hier an, sondern 7 Meilen
weiter westlich in Tyndaris, auf einer festen Höhe an der
Nordküste , wo sie sich alsbald durch zugezogene Fremde
zu einem ansehnlichen Gemeinwesen verstärkten. In den
nächsten Jahren wurden sämmtliche Sikelerstädte der Reihe
nach unterworfen, wenn sie nicht wie das treu gebliebene
Assoros und die Dynasten Agyris von Agyrion (§. 786) und
Dämon von Kentoripae freiwillig auf seine Seite traten. Auch
Herbita, das bisher noch immer seine Unabhängigkeit gewahrt
hatte (§. 786), fügte sich jetzt der Oberhoheit von Syrakus.
Die Griechenstädte an der Südküste waren von den Karthagern
vielleicht überhaupt nicht wieder besetzt worden; an der Nord-
küste entriss er ihnen Kephaloedion , und schloss einen Ver-
trag mit den Himeraeern von Thermae. Als diese ihn dann
aber bei den weiteren Kämpfen gegen die kleineren Ortschaften
nicht genügend mit Proviant unterstützten, griff er sie an und
legte eine Besatzung in die Stadt. Schliesslich fiel auch Solus
durch Verrath in seine Hände. Am weiteren Fortschreiten
gegen den Rest der karthagischen Besitzungen wurde er
durch einen Angriff der Rheginer gehindert. Diese alten Feinde
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118 IV, 2. Die Karthager und Dionysios von Sicilien.
von Syrakus, welche die Emigranten bei sich aufgenommen
hatten (§. 786), hätten offenbar Sicilien lieber in den Händen
Karthagos als in denen eines griechischen Einheitsstaats ge-
sehen, der ihnen unmöglich machte, auf der Insel Fuss zu
fassen, wie ehemals unter Anaxilaos. Durch die Wiederher-
stellung von Messana sahen sie sich unmittelbar bedroht; sie
griffen unter Führung des Hcloris, eines syrakusanischen
Exulanten, die neue Colonie an und besetzten westlich von
derselben die Landzunge von Mylae mit den Flüchtlingen aus
Naxos und Katana. Indessen noch ehe Dionys selbst eingriff,
wurden sie von den Messeniern zurückgeschlagen und die
Colonie in Mylae aufgelöst (Herbst 394). Dionys rüstete sich
mit ihnen abzurechnen, wollte aber vorher die Sikeler aus
Tauromenion (§. 795) verjagen, um den Rücken frei zu haben.
Mitten im Winter, in tiefem Schnee, suchte er bei Nacht die
Feste zu erstürmen und drang auch bis auf die Höhe vor;
aber im Strassenkampf wurde er zurückgedrängt und entging
mit Mühe der Gefangenschaft. Die Folge war, dass Agrigent
und die Messenier von Tyndaris dem Tyrannen aufsagten:
so unausrottbar war der Particularismus der Griechenstädte.
Diodor erzählt den libyschen Aufstand und die Eroberungen des
Dionys XIV, 77 f. noch unter 396/5 , berichtet im nächsten Jahre nichts
Sicilisches, und erzählt den Krieg gegen fthegion und Tauromenion c. 87 f.
unter 394/3. Es ist klar, dass die zuerst erwähnten Ereignisse sich auf
mehrere Jahre vertheilen (vgl. 78, 7 -Xeoväy.'; stpatrisa;). — Zum Con-
flict mit den Söldnern vgl. Polyaen V, 2, 1, wonach Dionys sie in Leon-
tini umgebracht hätte. Das ist gewiss nicht richtig, da diese Stadt
fortan wieder besteht; vgl. Plut. Dio 27. — Eroberung von Himera: Polyaen
V, 10 = Frontin III, 4, 4; dass in der Stadt eine Besatzung liegt, lehrt
Aeneas poliorc. 10, 22. — Für Aajuova töv oMvasTsiovTa Ksvtop'.jttviuv Diod.
XIV, 79, 7 bietet die Inhaltsangabe aurfallender Weise den Vollnamen
Nix<töY)fi6v. — Dass die abgefallenen Ms^rrv.o: Diod. XIV, 88, 5 die Tyn-
dariten sind, ist mehrfach mit Recht vermuthet; Messana bleibt auf Seiten
des Dionys c. 90 . 3. — üeber Heloris Diod. XIV, 103, 5; mit dem
Freunde oder Adoptivvater des Dionys (§. 783) ist er schwerlich identisch.
800. Inzwischen hatten die Karthager ihre Macht so
weit gekräftigt, dass sie zu Anfang des J. 393 wieder einen
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Krieg mit Rhegion. Neue Angriffe Magos. Agyris. H9
Versuch der Offensive machen konnten. Ihr Feldherr Mago
bemühte sich, durch humanes Auftreten den Hass gegen Kar-
thago zu beschwichtigen und die Städte zu sich herüberzuziehen,
und es gelang ihm auch, einen Theil der Sikeler zu gewinnen.
Dann ging er verheerend gegen Messana vor; aber bei Aba-
kainon (im Gebirge oberhalb Tyndaris) wurde er von Dionys
geschlagen. Dieser ging jetzt mit 100 Trieren gegen Rhegion
vor und steckte bei Nacht die Thore in Brand. Aber die
Flamme, die Heloris, der Strateg der Rheginer, absichtlich
schüren liess, hinderte sein Eindringen; und als die Belagerung
nicht von der Stelle rückte, schjoss er einen Waffenstillstand auf
■ein Jahr, um gegen Karthago freie Hand zu haben. Hier
hatte man noch einmal durch Werbungen in Afrika und Sar-
dinien, sowie bei den Oskern in Italien ein starkes Heer zu-
sammengebracht, mit dem Mago im J. 392 durch die Mitte
Siciliens vorrückte. Die meisten Sikeler unterwarfen sich; aber
Agyris von Agyrion hielt am Bunde mit Syrakus fest. Er
war zur Zeit der mächtigste der sikelischcn Dynasten; nach
dem Beispiel des Dionys hatte er in der Stadt seine Gegner be-
seitigt, die umliegenden Ortschaften unterworfen, Agyrion durch
neue Ansiedler verstärkt, einen wohlgefüllten Schatz und eine
grosse Kriegsmacht gesammelt. Dionys führte 20,000 Mann
aus Syrakus herbei und vereinigte sich mit ihm. Dadurch
war Mago an weiterem Vordringen gehindert und gerieth als-
bald in eine missliche Lage; die ortskundigen Feinde schnitten
ihm die Zufuhr ab und belästigten ihn unaufhörlich* durch
erfolgreiche Scharmützel. Die Syrakusaner forderten eine
Schlacht; aber Dionys, so kühn er vorging, wenn es sein
musste, war nach seinen bisherigen Erfahrungen nicht geneigt,
ohne Noth in einer Entscheidungsschlacht nochmals alles aufs
Spiel zu setzen, zumal offenbar bereits Friedensverhandlungen
angebahnt waren. Das nächste Ziel, die Befreiung der
Griechen von der Fremdherrschaft, war jetzt erreicht; denn
auch die Karthager sahen ein, dass sie die im vorigen Frieden
gewonnene Position nicht behaupten konnten, und wollten
Magos Heer nicht der Gefahr der Vernichtung aussetzen. Eine
:
I!
i
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IV, 2. Die Karibager und Dionysios von Sicilien.
Eroberung der Westspitze der Insel, wie er sie 397 versucht
hatte, war jetzt, nach den schweren Verlusten des Kriegs, für
Dionys um so weniger erreichbar, da er der Treue der Griechen-
städte keinen Augenblick sicher sein konnte. Als Dionys sich
weigerte anzugreifen, kehrten die Bürgertruppen entrüstet
nach Hause zurück, und er machte schon Miene, zum Ersatz,
die Sklaven zur Freiheit aufzurufen. Indessen das war nicht
mehr nöthig; kurz darauf traf eine Gesandtschaft aus Kar-
thago ein, um den Frieden abzuschliessen. Karthago ver-
zichtete auf alle Eroberungen und beschränkte sich auf seine-
alten Besitzungen — Solunt ist ihm vermuthlich zurück-
gegeben worden — und die Elymerstädte; ausserdem erkannte
es die Herrschaft des Dionys über sämmtliche Sikeler aus-
drücklich an.
Damit war nach sechsjährigem Kampf der Friede wieder
hergestellt. Mit gewaltigen Schlägen hatte der Krieg eingesetzt ;
auf den verheerenden Vorstoss der Griechen war ein noch
verhängnissvollerer Rückschlag von Seiten Karthagos erfolgt;
dann aber, als ihre Offensive vor Syrakus zusammenbrach,
hatte der Krieg seinen Charakter geändert und war schliess-
lich langsam im Sande verlaufen, da jeder der beiden Gegner
erkennen musste, dass seine Kräfte nicht ausreichten, den
anderen zu vernichten. Dionys hat seine letzten Pläne nicht
aufgegeben, sondern nur vertagt. Das Wesentlichste hatte er
doch schon erreicht; etwa fünf Sechstel der Insel waren ihm
unterthan, sämmtliche Griechenstädte mit Einschluss von
Selinus und der Himeraeer von Thermae, und das ganze
Sikelerland. Agrigent und Tyndaris haben sich ihm offenbar
ohne Kampf unterworfen ; die Sikeler von Tauromenion wurden
jetzt mit leichter Mühe bewältigt und grösstenteils verjagt
und durch Söldner ersetzt. Dionys durfte sich fortan mit
Recht den Herrscher Siciliens nennen. Aber er hatte erfahren,
dass seine Herrschaft über die Insel nicht sicher stand, so
lange er nicht auch in Unteritalien festen Fuss gefasst hatte;
die Abrechnung mit Rhegion war die nächste Aufgabe , die
ihm gestellt war.
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Der Friede von 39'2.
121
Die von Diodor XIV, 95 für Magos Heer gegebene Zahl (80,000 Mann)
ist offenbar zu hoch, ebenso die 20,000 Bürger von Agyrion ; eher mögen
Dionys* 20,000 Mann richtig sein. — Dass die Friedensbedingungen bei
Diod. XIV, 96 unvollständig sind, ist allgemein anerkannt; der nächste
Friedensschluss Diod. XV, 17 beweist, dass Selinus und Agrigent mit
ihrem Gebiet dem Dionys gehörten ; ebenso Himera nach Aeneas poliorc.
10, 22. Agrigent wird unter Dionys I. nicht wieder erwähnt, gehörte
aber natürlich ru seinem Reich so gut wie zu dem seines Sohnes (Plut.
Dio 26). — Wie die Elymer wird auch die Sikanerstadt Halikye kar-
thagisch geblieben sein.
■
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III. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom, die
Sabeller und die Kelten. Das Reich des
Dionysios.
Niedergang der Etrusker. Vordringen der Sabeller.
Der itallotische Bund.
801. Das wenige, was wir von der Geschichte Italiens
im fünften Jahrhundert wissen, ist früher bereits grösstentheils
zusammengestellt worden (§. 370 ff.). Die Offensivkraft der
Etrusker war auf den Schlachtfeldern von Aricia (Bd. II, 499)
und Kyme (III, 349) gebrochen, und damit auch die Allianz
mit Karthago, die im sechsten Jahrhundert dem weiteren
Vordringen der Griechen ein Ziel gesetzt hatte, praktisch
gegenstandslos geworden. Seitdem hören wir wohl noch von
ihrem Luxus, ihrer Industrie und ihren Handelsbeziehungen,
aber von ihrer Geschichte haben wir, abgesehen etwa von dem
Raubzug der Syrakusaner gegen Elba und Corsica um 453
(§. 363), auf viele Jahrzehnte hinaus keine Kunde mehr. Die
Herrschaft über Latium und das Volskerland haben sie ver-
loren, die Colonien in Gapua und Nola sind isoiirt. Im
Poland mögen sie ihre Macht noch weiter ausgedehnt haben,
wie denn die Festsetzung in Marzabotto oberhalb Felsina
(Bononia) und die Blüthc ihres Handels in Adria und Spina
erst ins fünfte Jahrhundert fällt. Aber im wesentlichen be-
schränkt sich der etruskische Adel darauf, zu behaupten und zu
geniessen, was er besitzt. An Fehden zwischen den einzelnen
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Niedergang der Etruskermacht. Vordringen der Sabeller. 123
Gemeinden wird es niemals gefehlt haben ; dadurch verlor der
sacrale Stammbund der zwölf Städte Toscanas (Bd. II, 331)
alle politische Bedeutung. In den Kämpfen mit Rom erscheint
Veji immer völlig isolirt, während sein westlicher Nachbar Caere
mit Rom zusammengeht; fester scheinen im allgemeinen die
Städte des Centrums der Landschaft zusammengehalten zu
haben.
802. Hätten die Griechen des Westens eine geschlossene
Macht gebildet, hätte das Reich Gelons und Hierons Bestand
gehabt und sich ständig nach Norden erweitert, oder wäre
ein Mann wie Dionys alsbald an ihre Stelle getreten, um mit
rücksichtsloser Energie die etwa zwanzig hellenischen Klein-
staaten zusammenzuschmieden, vielleicht hätten die Hellenen
die Erbschaft der Etrusker antreten und systematisch vor-
dringend die Vorherrschaft über die langgestreckte Halbinsel
gewinnen können; und wäre es gar Alkibiades gelungen,
den Traum eines hellenischen Einheitsstaats mit Athen als
Centrum unter seinem Königthum zu verwirklichen, so mochte
an Stelle Italiens Griechenland die Weltherrschaft erringen.
Aber wie die hellenische Politik sich gestaltet hatte, ist die
Verwirklichung der höchsten Aufgabe der Nation an der
Uebermacht der centrifugalen Tendenzen, an dem Wahngebilde
der äusseren und inneren Autonomie, dem man unablässig
nachjagte, im Westen wie im Osten gescheitert. Inzwischen
benutzte ein einheimischer italischer Volksstamm die Gelegen-
heit sich auszubreiten und nach der vacanten Führerstellung
die Hände auszustrecken. Es waren die Sabeller, die kriege-
rischen Bauernschaften des Centraiapennins, die jetzt verheerend
über das alte Culturland der Küstengebiete sich ergossen.
Rohe Barbaren waren sie keineswegs; wie die Bearbeitung
des Metalls und die Anfertigung tüchtiger Waffen hatten sie,
durch etruskische Vermittlung, die Kunst des Schreibens ge-
lernt und wohl auch schon manche griechische Götter über-
nommen (vgl. Bd. II, 337); aber die verfeinerte griechische
Civilisation , welche in Campanien, Latium, Apulien, am Po
Boden gefasst hatte, deren entnervendem Luxus der etruskische
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VI, 8. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Saheller.
Adel sieb ganz in die Arme warf, war in diese Berggaue noch
nicht eingedrungen. Die freie Bauernschaft lebte in den Dorf-
schaften nach alter Zucht und Sitte der Väterzeit, ebenso ge-
wohnt die Waffe zu handhaben, wie Acker und Vieh zu be-
stellen; der nationale Gott Mavors, dessen Schutz ein jeder
dieser Stamme sein Gedeihen dankte, war ein Gott des Krieges
und der Schlacht. Die Familien waren, wie die Namen zeigen,
durchweg zu Geschlechtern verbunden (Bd. II, 327), und die
reichsten Häuser mochten in den Gemeinden den entscheidenden
Einfluss haben ; aber von einer ausgebildeten Adelsherrschaft, wie
sie sich in Rom und Etrurien und sonst überall in den Cultur-
ländern entwickelt hatte, findet sich bei den sabellischen
Völkern keine Spur. Die Landgemeinde (tuta), zu der die
Dorfschaften des Stamnigebiets zusammentraten, hat die Ent-
scheidung, sie bestellt die Beamten für Rechtssprechung und
Kriegsführung. In dem Aufgebot bilden die Reiter ein starkes
Corps, das Fussvolk kämpft in geschlossenen Haufen, bewaffnet
mit Wurfspeeren, Schwertern und grossen lederüberzogenen
Holzschilden. Die Nachbarstämme bilden mehrfach eine
Föderation; ebenso häufig sind aber erbitterte Fehden von
Stamm zu Stamm. Wenn die Volkszahl sich mehrt und der
Gau zu eng wird, ist die überschüssige Mannschaft, der Nach-
wuchs der jungen Leute, jederzeit bereit in die Fremde zu
ziehen und unter Führung des Mars eine neue bessere Heimath
zu erobern; die Sage führt den Ursprung aller sabellischen
Völker auf das Gelöbniss des ver sacrum zurück (Bd. II, 333).
Nicht minder lockend erweist sich alsbald der Werberuf;
binnen kurzem, sowie sie mit den Culturvölkern in Berührung
getreten 6ind, werden sie die begehrtesten Landsknechte. So
tapfer sie sind, so grausam und unzuverlässig sind sie; be-
liebig wechseln sie den Soldherrn, aber stets erspähen sie
eine Gelegenheit, den eigenen Vortheil zu verfolgen und wo-
möglich durch Ueberfall irgend eines günstig gelegenen Ortes
sich eine neue Heimath zu gewinnen. So sind sie das Gegen-
bild der Schweizer des 14. und 15. Jahrhunderts; und auch
ihre Geschichte ist in denselben Bahnen verlaufen, nur dass
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Cultur und Charakter der sabellischen Stämme. Die Gampaner. 125
bei den Sabellern die Einheit des Handelns nach fester poli-
tischer Directive vollkommen fehlt, welche den Schweizer
Alpencantonen die mit ihnen verbündeten Städte gaben. Bei
den Sabellern handelt jeder Stamm auf eigene Hand; wenn
es ihnen gelungen ist, ganz ünteritalieri sabellisch (oskisch)
zu machen, so haben sie den politischen Gewinn auf die Dauer
nicht zu behaupten vermocht, sondern durch den dauernden
Hader unter einander am meisten dazu beigetragen, dass ihnen
in einem ursprünglich weit schwächeren aber politisch viel
hoher organisirten Staat der Herr erwuchs.
Im allgemeinen s. Bd. II, 327 ff. lieber die Einzelheiten sind wir
leider Oberall nur ganz unzulänglich unterrichtet, auch Ober das Kriegs-
wesen der Sabeller. Die alte und vortreffliche römische Tradition, die voll-
ständig in v. Arxim's ineditum Vatic. Hermes 27, 121, bruchstückweise bei
Diod. 23, 2. Sallust Gat. 51, 38. Athen. VI, 273 f. Plut. Rom. 21 (wo die
Sabiner anstatt der Samniten genannt werden) vorliegt, lässt die Römer
das pilum (ozzoq), das scutum (O-upso;) und die Reiterei von den Sam-
niten übernehmen. Diese Bewaffnung mag bei den Samniten schon vor
400 heimisch gewesen sein; wie weit wir sie den übrigen Sabellern
{Oskern) zuschreiben dürfen, bleibt aber fraglich. Die campanischen
Söldner hatten offenbar wie die tbrakischen cet. Peltasten leichtere
Waffen als die griechischen Hopliten ; und vielfach dienen sie als Reiter,
so die, welche Dionys 404 an sich zieht (§. 783). Ebenso haben die
Lukaner eine starke Reiterei Diod. XIV, 101, 2.
803. Das Vordringen der Sabeller beginnt um die Mitte
des fünften Jahrhunderts. Von dem Verlauf der Bewegung
ist keinerlei zusammenhängende Kunde auf uns gekommen;
nur die Ergebnisse liegen zu Tage, und sind gelegentlich schon
in anderem Zusammenhange erwähnt worden. Im J. 438
nach der älteren römischen Ueberlieferung — die jüngere
nennt statt dessen das J. 415 — Gel die Etruskerstadt Capua
in die Hände der aus dem Apennin hervorbrechenden Sabeller
(vgl. §. 370. 435). Nola wird ihr Schicksal getheilt haben,
und bald war die ganze Ebene am unteren Volturnus und um
den Vesuv in ihrer Gewalt. So entstand das neue Volk der
Campaner, der »Leute der Ebene«. Von den Etruskern, die
vor ihnen weichen mussten, übernahmen sie mit den städtischen
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126 IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Sabeller.
Wohnsitzen auch die Cultur und den Luxus von Gapua ; mit der
älteren Bevölkerung der ausonischen Opiker (Bd. II, 315), die ohne
Zweifel noch immer den Grundstock der Bewohner bildete, ver-
schmolzen sie zu einer Einheit, so dass deren Name (lateinisch
Osker) zum Gesammtnamen für sie und die gleichsprachigen
Stämme des Hinterlandes wurde. Im J. 421 (nach der
jüngeren Ueberlieferüng 412) fiel nach hartem Kampf auch
Kyme in ihre Hände; die Stadt wurde erstürmt und aus-
gemordet, an die Stelle der ehrwürdigen Metropole griechischer
Cultur in Italien trat jetzt die Campanerstadt Cumae. Auch
die übrigen griechischen Ansiedelungen, vor allem Dikaearchia
(Puteoli), scheinen sie erobert zu haben; nur Neapel be-
hauptete noch lange seine Unabhängigkeit. — Wir haben
gesehen, wie die Campaner alsbald begannen, als Reisläufer
über See zu gehen. Schon die Athener warben im J. 414
campanische Söldner (§. 658) ; die karthagische Invasion und
die Kämpfe des Dionys gaben ihnen dann Gelegenheit, dauernd
auf der Insel festen Fuss zu fassen (§. 780. 783. 780. 795).
To sö-vo; ttüv Kapscaviliv sovior^ Diod. XII, 31 unter den co?. von
309 u. c, nach gew. Gleichung = 445 v. Chr., nach der richtigen Gleichung,
die Diodor bewahrt (vgl. §.817 A.), = 438; bei Euseb. und Hieron. unter Ol.
86, 1 = 43C/5 ev 'ltctXtqt K«^navÖ»v tfrvo; eovi—r,: bei Liv. IV, 37 unter 331
u. c, d. i. 415 v. Chr. Vgl. auch Strabo V, 4, 3. Einnahme von Kyme:
Diod. XII, 76 unter den cos. von 326 u. c. = 421 v. Chr.; Liv. IV, 44. 1&
unter 334 u. c. = 412 v. Chr. — Die Samniten, die bei Skylax zwischen
Campanern und Lucanern an der Küste erscheinen, haben sich wohl erst
beim Vordringen gegen die Campaner im vierten Jahrhundert hier fest-
gesetzt. Die Züge der Samniten nach Latium bei Strabo V, 3. 5. 4, 11
gehören in den zweiten samn. Krieg (Schlacht bei Lautulae). — Opiker
als Gesammtname dessen was wir Osker nennen erscheint zuerst bei
Plato ep. 8, 353 e.
804. Gleichzeitig mit den Campanern beginnen in Unter-
italien, in dem Lande südlich vom Silarus und Bradanus, die
Lucaner sich auszubreiten. Sie erscheinen in unserer Ueber-
lieferüng zuerst in der Nachbarschaft von Thurii bald nach
Gründung der Stadt, wo Kleandridas ihnen mehrere Nieder-
lagen beibringt (§. 400). In den nächsten Jahrzehnten haben
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Die Campaner. Die Lucaner. Italiotischer Bund. 127
sie sich weithin in der langgestreckten Halbinsel ausgedehnt. Die
alte freie Stammverfassung blieb erhalten; nur für die Kriegs-
führung wählte man aus den Beamten ein Oberhaupt mit
monarchischer Gewalt. Die ältere oenotrische und chonische
Bevölkerung wird von den Lucanern aufgesogen und ver-
schwindet seitdem aus der Ethnographie. An der Westküste
fielen etwa um 400 v. Chr. Posidonia (fortan Paestum), Pyxus
und Laos in ihre Hände; nur Elea behauptete sich noch in
fortwährenden Kämpfen. In Paestum lebte ein Jahrhundert
später die Erinnerung an den griechischen Ursprung , ausser
in den Tempeln , die noch heute von der alten Herrlichkeit
zeugen, nur noch in einem einzigen Feste fort: »da kamen«,
so erzahlt Aristoxenos, »die Bewohner zusammen und ge-
dachten unter Jammer und Thränen der alten Bräuche und
Worte«, während die griechische Sprache längst geschwunden
war. Volkreicher und wehrkräftiger waren die Städte an der Ost-
küste, und zugleich im Besitze eines grösseren Gebiets; aber
der Gefahr, die ihrer Existenz drohte, konnten auch sie die
Augen nicht mehr verschliessen. Der erbitterte Parteikampf,
in dem die Pythagoreer zu Grunde gegangen waren, hatte
sich endlich beruhigt, namentlich durch die Vermittelung der
Achaeer des Mutterlandes (§. 371); jetzt verbanden sich nach
ihrem Vorbild Sybaris am Traeis (§. 399), Kroton und Kau-
lonia zu einer Föderation mit einem Bundesrath am Heilig-
thum des Bundesgottes Zeus Homarios. Bald traten auch
Thurii, Elea und vielleicht Metapont dem Bunde bei. Bei
einem Angriff der Lucaner waren alle Bundesglieder zu
sofortiger Hülfeleistung verpflichtet; blieb eine Stadt fern, so
sollten ihre Feldherrn mit dem Tode büssen. Nur die Städte
des äussersten Südens fürchteten noch keine Gefahr; vielmehr
honte Lokri, der alte Gegner Krotons, jetzt erst recht,
in engem Bunde mit Dionys seine Macht behaupten und er-
weitern zu können. Eben durch diesen Gegensatz wurde dann
Rhegion zum Anschluss an die Ilalioten gedrängt. Auch im
Norden hielt sich Tarent zunächst abseits. Es war durch
seine Seemacht und die Gunst seiner Lage unbesiegbar, und
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128 IV. 3. Italien *ur Zeit des Dionysios. Die Sabeller.
hatte von dem Vordringen der Sabeller zunächst nur Vortheil,
da jetzt sowohl die Lucaner, wie namentlich die samnitischen
Stämme des Hinterlandes auf seine alten Feinde, die Japyger,
drückten; zu den engen Beziehungen der Folgezeit zwischen
Tarent und den Samniten wird bereits zu Anfang des vierten
Jahrhunderts der Grund gelegt worden sein.
• tü>v Iaovttu»v aö$Yj&svT(ov eiti tcoXo xal too? Xu>va<; xai xou; Olvto-
xpoo; exßaXovtu»v, Aeuxavoo« U *!; tijv fwptöu Taurrjv ajtotxtsavttuv Strabo
VI, 1, 2. o't 31 Atüxavoi zb filv ?svo? elol lauvttat, üoasiW.aTÄv St xal
xwv ou}jL}idx"*v xparfjoavts; roXtjitp xat8ayov tÄS ^iXst? abxütv. xiv piv ot»v
&iXov xf*6vov tvfinoxpaxoüvxo , »v 8s toi? itoXtpoic jjptl-o ßaa-.Xeu? &-o tu»v
vejiofiivcov apx^ 'D* 3. Einnahme von Posidonia auch ib. 1, 1. Aristo-
xenos fr. 90 bei Alhen. XIV, 623 a. Die Münzen hören um 400 auf,
ebenso die von Laos (das 390 lucanisch ist, §. 875), wahrend die von
Elea (rcpö; Asoxavoy; avcesyov Strabo VI, 1, 1) viel weiter hinabreichen.
— Italiotischer Bund : Polyb. II, 39, 6. Diod. XIV, 91. 101, wonach er bei
Dionys' Angriff auf Hbegion 393 geschlossen wäre ; dass aber der Haupt-
zweck die Abwehr der Lucaner ist, lehrt die Satzung Diod. XIV, 101, 1 ;
wahrscheinlich sind seine Anfange schon älter, und Diodors Quelle hat
ihn nur aus Anlass des Kriegs mit Dionys zuerst erwähnt. — Dass Elea
dazu gehört, lehrt Polyaen VI, 11; Metapont Polyaen V, 2, 22. Tarent
kann zur Zeit des ersten Kriegs mit Dionys noch nicht dazu gehört
haben, da es sonst dabei genannt werden würde.
Dionysios in Italien.
805. Diese Verhältnisse fand Dionys vor, als er sich als-
bald nach dem Friedensschluss mit Karthago der Abrechnung
mit Rhegion zuwandte. Im J. 390 setzte er mit 100 Schiffen,
20,000 Mann und 1000 Reitern nach Lokri über, und fiel
von hier aus verheerend in das Gebiet von Rhegion ein. Die
Rheginer waren bereits, um Schutz zu gewinnen, in den
Bund der Italioten eingetreten, und dieser konnte sie nicht
zurückweisen, wenn er die Unabhängigkeit Italiens behaupten
wollte. Denn der Gedanke, sich freiwillig der neuerstandenen
hellenischen Grossmacht unterzuordnen, lag den freiheitsstolzen
Republiken noch völlig fern; sollten die Griechen gerettet
werden, so mussten sie hier wie überall mit Gewalt dazu
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Dionys in Unteritalien. Bundniss mit den Lucanern. 129
gezwungen werden. Zunächst hatten die Italioten vollen Er-
folg. 60 Schiffe von Kroton kamen Rhegion zu Hülfe. Dionys
wollte sie auf der Fahrt abfangen und drängte sie ans Land;
hier aber wurden sie von den rheginischen Truppen unterstützt,
und zugleich gerieth Dionys durch einen Sturm in so arge
Noth, dass er den Kampf mit schweren Verlusten aufgeben
musste. Die Folge war, dass er mit den Lucanern ein
Bündniss schloss. So geriethen die Italioten zwischen zwei
Feuer. Im nächsten Jahr 389 fielen die Lucaner ins Gebiet
von Thurii ein; die Thuriner aber zogen mit 14,000 Mann
und 1000 Reitern aus, ohne den Zuzug der Bundesgenossen
abzuwarten, und drangen zunächst erfolgreich vor. Als sie
aber Laos am Westmeer wieder erobern wollten, wurden sie
in dem bergigen Terrain an der Küste von dem Gesammt-
aufgebot der Lucaner — 30,000 Mann und 4000 Reiter —
umzingelt und grösstenteils zusammengehauen. Gleichzeitig
traf die syrakusanische Flotte unter Leptines , dem 'Bruder
des Tyrannen, ein. Er fing die Flüchtlinge auf, die sich ins
Meer warfen, und vermittelte nicht nur den Loskauf der Ge-
fangenen, sondern auch einen Frieden zwischen den Lucanern
und Italioten. Auch Dionys hatte die Griechen nicht ver-
nichten, sondern für sich gewinnen wollen ; aber der Friedens-
schluss war nicht nach seinem Sinn; er entfernte Leptines
vom Commando und ersetzte ihn durch seinen zweiten Bruder
Thearidas.
Da in Diodors Erzählung XIV, 100 ff. unter 890/89 nach der Nieder-
tage bei Rhegion der Winter eintritt, wird der Angriff auf Rhegion 390
<Beloch 391), die Schlacht bei Laos Anfang 389 (Bbloch 390) fallen, in
dasselbe Kriegsjahr, in dessen zweite Hälfte die Schlacht am Eleporos
gehört. — Die Niederlage der Italioten bei Laos auch Strabo VI, 1, 1 fin.
806. Jetzt ging Dionys aufs neue zum Angriff vor.
Während Thearidas die liparischen Inseln besetzte und hier
zehn Schiffe von Rhegion abfing, begann Dionys die Belagerung
von Kaulonia. Zwölf Schiffe unter Aristides, die Elea sandte,
gelangten durch eine List glücklich in den Hafen ; die Führung
des Entsatzheeres übernahm Kroton, wohin sich jetzt mit der
Meyer, Geschichte de* Alterthums. V. 9
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130 IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Sabeller.
Masse der übrigen Exulanten aus Syrakus auch Heloris
(§. 799 f.) begeben hatte; ihm wurde der Oberbefehl über das
Bundesheer anvertraut. Mit 25,000 Mann und 2000 Reitern
zog er zum Entsatz von Kaulonia. Aber im Morgengrauen
überfiel Dionys am Fluss Eleporos seine Vorhut, und als das
Gros eintraf, konnte es die Schlacht nicht mehr herstellen.
Heloris selbst fiel tapfer kämpfend, mit ihm ein grosser Theil
seiner Truppen; die übrigen wurden auf einem Hügel ein-
geschlossen und durch Wassermangel zu bedingungsloser Er-
gebung gezwungen. Jetzt bewies Dionys, dass er nicht aus
Blutdurst Leptines' Verhalten getadelt hatte; wie er auf
Sicilien Milde geübt hatte, wo immer es rathsam erschien, so
entliess er hier die Gefangenen, über 10,000 an Zahl, ohne
Lösegeld. Die Folge war, dass überall die Stimmung um-
schlug; die Städte baten urn Frieden und überhäuften den
Sieger mit Ehren. Dionys gewährte billige Bedingungen; er
verlangte für sich nur den südlichsten Ausläufer der Halbinsel,
das älteste Italien bis zu den Buchten von Skyletion und
Hipponion. Daraufhin trat der Bund vom Kriege zurück.
Kaulonia musste sich ergeben; die Einwohner wurden nach
Syrakus übergeführt und erhielten Bürgerrecht und Steuerfreiheit
auf fünf Jahre, die Stadt selbst wurde zerstört, ihr Gebiet den
Lokrern geschenkt, ebenso das nördlich davon gelegene Sky-
letion, das Kroton hatte abtreten müssen. Im nächsten Jahre,
388, erfuhr Hipponion das gleiche Schicksal.
Schlacht am Eleporos: Diod. XIV, 103 fT. Polyb. I, 6, 2, vgL
Polyaen V, 3, 2. Aristides von Elea: Polyaen VI, II. Kaulonia und Hip-
ponion : Diod. XIV, 106. 107; nach Pausan. VI, 3, 11 lässt sich der Olym-
pionike Dikon aus Kaulonia als Syrakusaner ausrufen ercl ypr^aat. Sky-
letion : Strabo VI, 1, 10 KootiuvicitiLv e/ovtiuv Atovtjr.o; Aoxpoi? npostopt^sv-
Eine kurze Uebersicht gibt Dion. Hai. XIX, 5. Justin XXI, 1 bietet nur
Phrasen. Vgl. Isokr. 4, 169. 8, 99.
807. Noch blieb die Züchtigung Rhegions. Die Stadt, von
allen Bundesgenossen verlassen und allein dem mächtigen
Herrscher gegenüber wehrlos, hatte gleich nach der Schlacht
am Eleporos einen erträglichen Frieden zu erlangen gesucht*
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Schlacht am Eleporos. Eroberung von Rhegion. 131
und Dionys hatte denselben auch einstweilen gewährt, gegen
Auslieferung sämmtlicher Schiffe (angeblich 70), Zahlung von
300 Talenten, und Stellung von 100 Geiseln. Aber er war
nicht gewillt auf seine Rache zu verzichten ; er reizte die Stadt
durch Forderungen für die Verpflegung seines Heeres so lange,
bis sie erklärte, sie sei zu weiteren Lieferungen nicht mehr
im Stande. Da sandte er ihr die Geiseln zurück und erklärte
den Krieg (Sommer 388). Die Stadt wehrte sich unter dem
Gomraando Phytons bis aufs äusserste. Die Stürme wurden
abgeschlagen, Dionys selbst schwer verwundet. Aber es war
ein Verzweiflungskampf ohne Hoffnung auf Rettung. Nach
elf Monaten gingen die Lebensmittel aus, die Kräfte waren er-
schöpft, der Rest der Vertheidiger, noch über 6000 Einwohner,
musste sich der Gnade des Siegers ergeben. Wer sich gegen eine
Mine (91 AI.) lösen konnte, behielt die Freiheit, die übrigen
wurden verkauft, der tapfere Feldherr und seine Kinder unter
Martern hingerichtet. Die Stadt selbst wurde zerstört und auf
den Trümmern ein Lustgarten angelegt (SommSr 387). —
Damit hatte Dionys die Meerenge in sicherem Besitz. Den
syrakusanischen Emigranten war die letzte Stütze entzogen,
und bei einem neuen Kriege mit Karthago ein unmittelbarer
Angriff in seinem Rücken nicht mehr zu befürchten. Zugleich
hatte Dionys auf der Halbinsel festen Fuss gefasst. Lokri
war völlig an ihn gefesselt. Er konnte den Plan fassen, das
auf das Doppelte vergrösserte Gebiet der treuen Bundesgenossen
durch eine über den Isthmos von Skyletion nach Hipponion
gezogene Mauer zugleich gegen die Einfalle der Lucaner zu
schützen und von dem Gebiet der freien Griechenstädte völlig
loszutrennen, ein Unternehmen, das allerdings nicht zur Vollen-
dung gelangt ist.
Krieg gegen Rhegion: Diod. XIV, 100—108. 111. 112. Frontin III,
4, 3. [Arist.] oec. II, 19, 7. In den Anfang desselben fällt die Fesige-
sandtscbaft zu den Olympien von 388 : Diod. XIV, 109 (§• 876). Dass
Rhegion zerstört wurde (Strabo VI, 1, 6), hätte Bkloch, Gr. Gesch. II, 167
nicht bezweifeln sollen. Einzelne Hauser mögen stehen gebliehen sein,
aber als politische Gemeinde existirte es nicht mehr; erst Dionys II. hat
es wieder hergestellt. — Mimos des Xenarchos, in dem die Rheginer als
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IV. 3. Italien zur Zeit des Pionysios. Rom.
feige verspottet werden: Suid. s. v. 'Ptj-voj; (Kaibel, fr. com. I, p. 182).
— ftapdtät'.^oi; des Dionys mit Platanen : Theophrast. bist, plant. IV, 5. 6
= Plin. XII, 7. — Isthmosmauer : Strabo VI, 1, 10. Plin. III. 95. Die
Verhinderung der Ausführung (aX).' sxuVf.o^v o:. extö; s^e»ovct;) ist
offenbar während des nächsten Kriegs §. 825 erfolgt.
Rom und Latium bis zur Eroberung Vejis.
808. Um dieselbe Zeit haben sich im Gentrum und im
Norden der Halbinsel die tiefgreifendsten Veränderungen voll-
zogen. In ihrer Mitte begann ein Gemeinwesen zu grösserer
politischer Bedeutung zu gelangen, das zwei Generationen
später das entscheidende Wort über ihr Geschick sprechen
sollte; und gleichzeitig überschritt eine neue Nation den Grenz-
wall der Alpen, welche die ganze Halbinsel mit dem Schrecken
ihrer Waffen erfüllte. — In den Landorten des Flachlandes
rings um den Albanerberg, an den Abhängen des Apennin,
und an der Küste von der Tibermündung bis zu dem insel-
artig aufragenden Felsen von Circei und dem Engpass von
Tarracina sass der kleine Volksstamm der Laliner eingekeilt
zwischen den Etruskern im Norden und den Bergvölkern der
Sabiner, Aequer, Volsker im Osten und Süden. Die etrus-
kische Herrschaft freilich war gebrochen, und dass Rom noch
einmal der Sitz eines etruskischen Königsgeschlechts werden
sollte, kaum zu befürchten. Dagegen fehlte wenig, dass jetzt
auch die Latiner der Invasion der sabellischen Bergvölker erlegen
wären wie ihre Stammesbrüder, die Ausoner, Opiker, Oenotrer.
Von Süden, aus dem Bergland zu beiden Seiten des Liris,
dem Apennin um Arpinum , und dem isolirten , weit nach
Latium hineinragenden Küstengebirge der Monti Lepini, drangen
die Volsker (Volser) vor. Bie ganze Küste von Campanien
aufwärts ist zu Ende des fünften Jahrhunderts in ihrem Be-
sitz; wenn die Ausoner (Aurunker), die ursprünglichen Be-
wohner dieses Gebiets, später in Suessa und Minturnae noch
wieder genannt werden, so haben sie vermuthlich unter der
Einwirkung des Vordringens der Römer das fremde Joch ab-
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Die Latiner. Bedrängniss durch die Volsker und Aequer. 133
geschüttelt. Die alte Latinerstadt Tarracina, über die Rom
um 500 im Vertrage mit Karthago (Bd. II, 500) die Ober-
hoheit beanspruchte, ist jetzt zur Volskerstadt Anxur geworden.
Welt durch die pomptinischen Sümpfe und die latinische
Ebene dehnten die Volsker sich aus; die etwa im Zeitalter
des ersten punischen Krieges entstandene Coriolansage be-
trachtet, unzweifelhaft mit Recht — denn der Ort ist noch
lange volskisch geblieben — , Antium inmitten der Latinerküste,
sieben Meilen südlich von Rom, als den Sitz ihrer Regierung
und den verschollenen Ort Corioli am Fuss des Albanerberges
als eine ihrer Festen. Dass Velitrae am südlichen Abhang
des Berges längere Zeit in ihrem Besitz war, beweist noch
heute eine Bronzetafel in volskischer Sprache, eine Ritual-
ordnung für den Dienst der Göttin Decluna, welche die beiden
volskischen Oberbeamten (medix) für die Gemeinde der
Velestrer erlassen haben. — Nicht minder bedrohlich waren
die Aequer in den Apenninketten am oberen Anio und
der Hochebene am Fucinersee; fortwährend suchten sie die
latinischen Fluren mit Raubzügen heim. Nicht nur das breite
Hügelland zwischen dem Apennin und dem Albanergebirge
mit den Orten Bola und Labici, sondern auch der Algidus,
die Kette am Nordrand dieses Gebirges, mit der Festung
Corbio, war Jahrzehnte lang in ihrem Besitz, ja zeitweilig
selbst Tusculum. Die ansehnliche Latinerstadt Praeneste am
Fuss des Aequergebirges wird sich ihnen angeschlossen haben;
mit Rom ist sie erst im vierten Jahrhundert, in Beziehungen
getreten. Im Quellgebiet des Trerus, bei Verrugo, stiessen
Aequer und Volsker zusammen ; die späteren Annalen werden
Recht haben mit der Annahme, dass beide Stämme im Kampf
gegen die Latiner zusammenstanden, wenn auch, was sie
davon berichten, lediglich Ausschmückung ist.
Bei Skylax reichen dievOXaoi (= Voluso, Bd. II, 315 A.) von Circei
(excl.), der Grenze der Latiner, bis Campanien. — rrjv oovr/Tj taorjj
(der pomptinischen Ebene) zpo-zspov Ausovec wxodv, oir.zp xai rqv Kajxttavtav
tlyov Strabo V, 3, 6, vgl. Plin. III, 56. Wenn die Annalisten freilich zum Theil
die Aurunker in Pometia sitzen und mit Rom kämpfen lassen (Liv. II, 16, 8.
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IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom.
17. 26, 4; eine andere Version, die bei Livins als Dublette erscheint,
nennt statt ihrer die Volsker II, 22, vgl. I, 53. 2), so beruht das nur auf
dem Namen Suessa Pomelia, der mit Suessa Aurunca zusammengeworfen
wird. — Ueber die Coriolansage und ihr Alter s. Mommsen, Röm. Forsch. II ;
da sie einen Marcier, also einen Plebejer, zum Typus des selbstherrlichen
Adligen macht, kann sie vor dem Schwinden der Erinnerung an die
Ständekämpfe nicht entstanden sein. — Inschrift von Velilrae: Zvetajeff.
inscr. Ital. dialect. 47. Die Stadt ist volskisch auch Liv. II, 30 u. a. —
Dass Antium bereits 287 u. e. (462 v. Chr.) Colonie geworden sei (Liv.
III, 1), ist handgreiflich eine Antedatirung der Bürgercolonie nach dem
. Ende des Latinerkriegs (416 u. c. = 334 v. Chr.) Liv. VIII, 14, 8. Erst
von da an steht die Stadt thalsächlich unter römischer Botmässigkeit ;
vgl. Strabo V, 3, 5. Ebenso unmöglich ist es, dass Velilrae, Norba und
gar Signia zu Anfang des fünften Jahrhunderts von Rom colonisirt seien
(Liv. I, 56, 3. II, 21, 7. 31, 4), oder dass die Römer bereits 268 u. c. (480
v. Chr.) ein Bflndniss mit den Hernikern geschlossen hätten. Livius und
Dionys lassen in den folgenden Kriegen, die sie ganz nach dem Schema
der grossen Kriege des dritten und zweiten Jahrhunderts ausmalen, die
Herniker ständig mit den Römern und Latinern zusammengehen; in
Wirklichkeit kann das Foedus erst ins vierte Jahrhundert gehören, als
Rom die Macht der Aequer und Volsker gebrochen hatte und ins Liris-
thal vordrang. — Tusculum aequisch: Diod. XI, 40; ebenso bei Livius,
wo der Algidus nebst Tusculum und Gorbio der regelmässige Schauplatz
des Kampfes mit den Aequern ist (das ist Ausmalung und Vervielfälti-
gung der ursprünglichen Tradition, welche von Einern Kampf zwischen
Rom und den Aequern am Algidus erzählte). Labici : Diod. XIII, 6.
Liv. III, 25, 6. IV, 45 fT. Bola: Diod. XIII, 42. Liv. IV, 49 ff. Verrugo
volskisch: Diod. XIV, 3. Liv. IV, 55, S. 58, 3 (vgl. 1, 4). aequisch Diod.
XIV. 98. Liv. V, 28.
800. So ist um die Mitte des fünften Jahrhunderts nur
noch die bei weitem kleinere Hälfte der Latiner im Besitz
voller Unabhängigkeit; im wesentlichen sind sie auf das Thal
des Tiber und des unteren Anio, die Westhälfte des Albaner-
gebirgs, und die Küste von der Tibermündung bis in die Nähe
von Antium beschränkt, alles in allem ein Gebiet von etwa
27 Quadratmeilen. Aber hier hat sich ihre Nationalität be-
hauptet und von hier aus in hartem Ringen die verlorenen
Positionen zurückerobert. Der Haupttheil des Gebiets gehörte
den Römern. Rom war unter der etruskischen Dynastie zu einer
grossen Stadt erwachsen, die an Umfang die meisten Städte
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Rom und sein Gebiet.
135
des damaligen Italiens, ja selbst das themistokleische Athen
übertraf, wenn sein Mauerring auch noch manchen unbebauten
Fleck und auf dem Esquilin selbst einzelne Haine umschloss.
Seit Alters gehörten ihm das breite, tief eingeschnittene Tiber-
thal bis zum Meer, mit dem Hafenort Ostia, und die von zahl-
reichen kurzen Wasserläufen durchschnittenen Höhen des
linken Ufers. Aber weithin hatte es sein Gebiet nach Osten
und Norden ausgedehnt. Die wichtigste Eroberung war die
des alten Königssitzes Alba auf den Höhen des Albanerberges
und seines ausgedehnten Gebiets. Daneben nennt die Ueber-
lieferung zahlreiche verschollene Orte auf dem römischen Gebiet,
die ehemals selbständige Gemeinden gewesen seien (Ficana, Tel-
lenae, Antemnae, Gollatia u. a„ ferner nördlich vom Anio Cae-
nina, Ficulea u. a.); die Annalen vertheilen ihre Eroberung auf
die einzelnen Könige. Jenseits des Anio war ein grosses sabini-
sches Geschlecht, die Claudier, mit all seinen Hintersassen in die
römische Gemeinde eingetreten. Alle diese Orte verloren mit der
Einverleibung in Rom ihre Existenz und bestanden höchstens
als Dörfer weiter, ohne auch nur eine politische Organisation
nach Art der Deinen Attikas zu erhalten; ihre Bewohner
wurden zu Bürgern von Rom und standen unter seinen
Beamten nicht anders als die Einwohner der Hauptstadt und
ihres ursprünglichen Gebiets. Als aber Rom den Anschluss
der ansehnlichen Landstadt Gabii südlich vom Anio unweit
der Aequerberge gewann, hat es ihre Bewohner zwar in die
Bürgerschaft aufgenommen, aber ihr die Communal Verwaltung
und die Fortexistenz als Sondergemeinde innerhalb des Staats
belassen — der erste Schritt auf einer Bahn, die dereinst
einer ungeahnten Zukunft entgegenführen sollte.
Die etwa 280 ha. grosse Vierregionenstadt, die staatsrechtliche Stadt
der Republik, ist offenbar von den Tarquiniern geschaffen ; das Genturiat-
gesetz de Aventino publicando, das die Annalen vor das Decemvirat
setzen und falschlich als lex Icilia bezeichnen (vgl. Hermes XXX, 14, 1),
setzt sie voraus, ebenso das Tribunal und die Tribuseintheilung (s. m.
Aufsatz Hermes XXX, 1 ff.). Die servianische Stadt dagegen ist erst in
der Zeit der Samniterkriege geschaffen. Zur Zeit der Gallierkatastrophe
müssen Capitolium und Arx eine besondere Festung vor der Stadt gebildet
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IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom
haben, während das VeJabrum damals offenbar noch unbebaut und Sumpf
war. Haine (lucus) auf dem Esquilin nennt die Argeerurkunde Varro ling.
Lat. V, 45 ff. — Ueber die Entwickelung des römischen Gebiets und des
latinischen Bundes ist grundlegend Beloch, Der italische Bund, 1880.
Manche treffende Bemerkung bietet C. P. Bürger, Sechzig Jahre aus der
älteren Geschichte Roms, 1891 (Verb. Akad. Amsterdam XX); aber seine
grundlegenden Annahmen, dass bei Diodor zahlreiche Dubletten vorlägen
und dass die Auslassung der Jahre 331—335 u. c. nicht von Diodor.
sondern aus einer von den übrigen abweichenden Fasten redaction stamme,
kann ich nicht für richtig halten, und muss darum auch alle daraus ge-
zogenen Folgerungen verwerfen. In Einzelheiten wird sich noch manches
genauer ermitteln lassen. Momm^kn, Staatsrecht III, 1 hat weder die
Entwickelung noch die Verhältnisse der BlQthezeit der Republik überall
richtig dargelegt; die Voraussetzungen, von denen aus er construirt, kann
ich nicht für zutreffend halten. — Foedus mit Gabii: Dion. Hai. IV, 58.
Paulus p. 56. Horat. epist. II, 1, 24. Münze des C. Antistius Velus
aus dem J. 16 mit der Aufschrift foedus p. R. cum Gabini?: Babelon.
monnaies de la rep. Rom. I, p. 152. Die Familie stammte aus Gabii:
Dion. Hai. IV, 57. Ager Gabinus ist nach Varro ling. Lat. V, 33 in der
Augurallehre eines der fünf genera agrorum, und steht in der Mitte
zwischen dem ager Romanus und peregrinus (zu letzterem gehört auch
das Gebiet der Latinerstädte ; die von Mommsen, Staatsrecht III, 1, 598, 4
zusammengestellten Stellen beweisen das Gegentheil von dem, was er
daraus folgert).
810. Die Machtstellung, welche Rom unter den Tarquiniern
eingenommen hatte, ist mit dem Sturz des Königthums und
im Kriege gegen Porsena verloren gegangen. Aber den Anspruch
auf die Suprematie über Latium hielt es fest; auf seinem
Gebiete lagen seit dem Falle Albas das Stammesheiligthum
des Juppiter Latiaris auf dem Albanerberg und die Quelle
Ferentina mit dem Hain, in dem die Stammversammlungen
stattfanden. Die Landstädte des noch unabhängigen Gebiets
haben seine Führung anerkannt: Aricia und Lanuvium am
Südvvestfuss des Albanerberges, Laurentum und die Rutulerstadt
Ardea an der Küste, Tibur am Rande der Aequerberge, wo
der Anio aus dem Apennin hervorbricht, ferner Tusculum am
Algidus (§. 808), das im J. 478 den Acquern entrissen wurde,
aber vielleicht später noch wieder in ihre Hände gefallen ist.
Im J. 487 hat Spurius Gassius mit den latinischen Gemeinden
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Rom und die Latinerstädte.
137
den ewigen Bund geschlossen, durch den Rom und Latium sich
zu gegenseitiger Hülfeleistung verpflichteten. Wie den Athenern
die Gesammtheit ihrer Bundesgenossen, so stand Rom die
Gesammtheit der alliirten Latinerstädte als Einheit gegenüber,
und in seiner Hand lag daher die politische Führung. Aber
anders als dort erkannte Rom seine Bundesgenossen als
rechtlich gleichstehend an; für jedes Rechtsgeschäft -war das
Gericht des Ortes zuständig, an dem es geschlossen war, und
der Kriegsgewinn wurde zwischen Rom und den Latinern
zu gleichen Theilen getheilt.
Den Wortlaut des Foedus mit den Latinern gibt im Auszug Dion.
Hai. VI, 95, vgl. Gic. pro Balb. 53. Liv. II, 83. Festus p. 166 s. v.
nancitor, wonach dasselbe eingehende Process Vorschriften enthielt. —
Die alphabetische Liste der Latinerstädte Dion. Hai. V, 61 hat keinen
historischen Werth, und noch weniger das Verzeichniss der Orte des
albanischen Gebiets Plin. III, 69 ; vgl. Bu och, Ital. Bund 177 ff. — Cato
fr. 58 Peter hat die Stiftungsurkunde des lucus Dianae in nemore Ari-
cino (Nemi) bewahrt, den der Dictalor von Tusculum Egerius Laevius
geweiht hat; hier waren als weihende populi genannt: Tusculanus, Ari-
cinus, Lanuvinus, Laurens, Coranus, Tiburtis, Ponietinus, Ardeatis Rutulus.
Das ist der Bestand des Bundes etwa um 450. Die Urkunde bestätigt, dass
in der That Pometia eine Zeit lang latinisch gewesen ist, und ebenso
Cora, vgl. Liv. II, 16, 8. 22, 2. Um so bezeichnender ist, dass No-
mentum, Labici, Pedum, Praeneste, Velitrae, Antium, Circei, Tarracina
fehlen; sie gehörten also damals nicht zum Bunde. Der populus Lau-
rens urafasst hier wie in dem Vertrage mit Karthago Lavini um in sich,
das nie eine besondere Gemeinde gewesen ist, vgl. Liv. 1, 1. 14. Beloch
p. 183 f.
811. Bis Rom den Anspruch auf die Herrschaft über die
Küste bis nach Tarracina zur Wahrheit machen konnte, der
in dem Vertrage mit Karthago ausgesprochen ist, sind noch
Generationen vergangen; aber den Schutz über die Latiner
gegen die Einfalle der Volsker und Aequer hat es nach Kräften
geübt. Die Vorstellung freilich, als habe Rom seit dem Be-
ginn seiner Geschichte ununterbrochen Krieg geführt, ist spät
und grundfalsch; sie beruht lediglich auf dem Bestreben der spä-
teren Annalisten, die vielen friedlichen und inhaltsleeren Jahre *
der langen Beamtenliste bis auf die Samniterkriege, so gut es
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138
IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom.
gehen mochte, mit Begebenheiten auszufüllen. Im Durchschnitt
mag im fünften Jahrhundert etwa auf acht Jahre ein Krieg
gekommen sein, und die Kriege waren kurze Soramerfeldzüge
von wenigen Wochen. Aber langsam sehen wir Rom und
die Latiner Schritt für Schritt vordringen. Im Kampf gegen
die Volsker war das Hauptziel die Gewinnung der Ebene süd-
lich vom Albanerberg und am Fuss des Volskergebirges , des
pomptinischen Sumpf landes. Eine dunkle Erinnerung erzählte
von einer alten Stadt Suessa Pometia, die Rom hier eroberte;
aber die Stadt fiel zu den Feinden ab und wurde von den
Römern zerstört, die 300 Geiseln, die sie gestellt hatte, auf
dem Markt enthauptet. Dauernd scheinen die Latiner dagegen
die Stadt Cora am Rande des Volskergebirgs , östlich von
Velitrae, behauptet zu haben. Erfolgreiche Kämpfe gegen die
Volsker verzeichneten die ältesten Annalen unter den Jahren
479 und 439. Eine andere Sage herichtet von der Zerstörung
der Volskerstadt Gorioli unweit von Aricia. Im J. 435 wurden,
die Rutuler von Ardea durch römische Colonisten verstärkt.
Gegen die Aequer ist um den Besitz von Tusculum und der
Höhen des Algidus vielfach gekämpft worden; im J. 425 er-
focht der Oberfeldherr (Dictator) Aulus Postumius über sie
einen glänzenden Sieg, im J. 410 wurde ihnen Labici, im
J. 400 Bola entrissen. — Zugleich suchten die Römer im
Tiberthal weiter aufwärts zu dringen; schon früh wurde die
Feidmark des sabinischen Ortes Crustumerium von Rom
annectirt, während das benachbarte Nomentum dem Latiner-
bunde beitrat. Hier geriethen die Römer aber in Conflict
mit der Etruskerstadt Veji, mit der sie auch über die Be-
sitzungen am rechten Tiberufer in fortwährendem Streit lagen.
Veji lag auf einem Felsplateau im Quellgebiet des kleinen
Baches Gremera, der gegenüber dem Orte Fidenae in die Tiber
mündet ; es ist begreiflich, dass es sich den Zugang zum Fluss
sichern wollte und Fidenae den Römern streitig machte. Zwei
Episoden sind aus den ununterbrochenen Kämpfen um diese
Position im Gedächtniss geblieben. Einmal hatten die Römer
sich an der Mündung der Gremera festgesetzt; aber sie
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Kämpfe Roms mit den Volskern, Aequern, Veji. * 139
•wurden von den Vejentern überfallen und dabei das stolze
Geschlecht der Fabier, das bis dahin 6 Jahre hinter einander
die eine Feldherrnstelle bekleidet hatte, 300 Mann mit ihren
dienten, bis auf einen Knaben vernichtet (472 v. Chr).
Fünfzig Jahre spater, im J. 421, fielen die Fidenaten von Rom
ab und erschlugen die römischen Gesandten. Aber Aulus
Kornelius Cossus rächte die Schmach blutig, indem er den
Vejenterkönig Lars Tolumnius im Zweikampf erlegte und sein
Panzerhemd in Rom als herrlichste Siegesbeute im Tempel
des Juppiter Feretrius aufhing.
Für eine eingehende Kritik der römischen Ueberlieferung ist hier
nicht der Ort. Die einzige Quelle, die als zuverlässig behandelt werden
darf, ist Diodor (vgl. m. Aufsatz Rh. Mus. XXXVII, 1882). Es läset sich
mit Leichtigkeit nachweisen, dass das meiste, was Livius und Dionys
mehr bieten, durch secundäre Erweiterung aus den kurzen Notizen her-
ausgesponnen ist, die bei Diodor erhalten sind. Natürlich wich üiodors
Quelle (nach meiner Meinung Gassius Hemina) in manchen Eintragungen
von den anderen alten Annalen ab, und ohne Zweifel boten diese mit-
unter Richtigeres, was dann von einer Hand zur anderen verschlechtert
und verwässert schliesslich in Livius und Dionys abergegangen ist; und
ausserdem mag Diodor [abgesehen von der Auslassung der sicilischen
und italischen Geschichte durch die Abschreiber in Buch XVII und
XVIII] gelegentlich römische Nachrichten übergangen haben ; so z. B.
den Process des Camillus, der in XV, 23 stehen sollte, auf den er XIV,
117, 6 verweist. Viel ist das aber nicht; im allgemeinen bietet seine
römische Geschiebte ein vollständiges Bild der ältesten Annalen. Was
etwa bei Livius und Dionys ächte Ueberlieferung enthalten mag, ist
im Texte berücksichtigt. — Zur Chronologie §. 817 A. und Bd. II,
500. Dass die kurzen Notizen nicht auf gleichzeitige Aufzeichnungen
zurückgehen, sondern später nach Erinnerung und Combination in die
Beamtenliste eingetragen sind, lehren, abgesehen von der Geschichte des
Decemvirats, die verschiedenen Berichte über Pometia (vgl. §. 808 A,),
die doppelten Angaben über den Verlust von Verrugo, 347 u. c. an die
Volsker (Diod. XIV, 11. Liv. IV, 58, 3), 360 an die Aequer (Diod. XIV,
98. Liv. V, 28); vgl. Liv. IV, 1, 4. 55, 8, und vor allem die von Mommsen,
Höm. Forsch. II vortrefflich analysirte Cossusgeschichte. Die Aelteren
setzen sie in Cossus' Consulartribunat 328 u. c. (Diod. XII, 80. Liv. IV,
31 ff.), die Späteren in das Gonsulat des L. Sergius Fidenas 317 u.'c,
um seines Beinamens willen (Liv. IV, 17, 7); in Wirklichkeit gehört sie
nach der von Augustus entdeckten Inschrift des Linnenpanzers Liv. IV,
20, 7 in Cossus' Consulat 326 u. c. Bei Livius sind durch weitere Aus-
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140 IV« 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom.
spinnungen beider Versionen glücklich 8 Jahre (316—320. 326—328 u. c>
mit dem Fidenatenkrieg gefüllt. — Wir müssen natürlich an den Daten
der ältesten Ueberlieferung festhalten ; ob sie völlig correct sind, ist ziem-
lich irrelevant, da die Einzelheiten historisch gleichgültig sind und nur
das allgemeine Bild geschichtliche Bedeutung hat. — Colonie in Ardea:
Diod. XII, 34. Liv. IV, 11 mit breiter Vorgeschichte durch mehrere Jahre.
Das urkundlich erhaltene Foedus mit Ardea (Licinius Macer bei Liv. IV,
7, 10 IT. Dion. Hai. XI, 62), über dessen lohalt wir nichts wissen, ist
wahrscheinlich von den Consulartribuncn des J. £38 u. c. mit den Colo-
nisten geschlossen worden (Mommsen , Röm. Chrono]. 94) ; Macer setzte
es ins J. 310 u. c. vor die Coloniegründung. — Crustumerium, nach der
Tradition von Romulus (Liv. I, 11) und Tarquinius I. (Liv. I, 38, 4) und
nochmals 255 u. c. (Liv. II, 19, 2) genommen, kann erst nach Einrich-
tung der 20 Tribus (§. 812) römisch geworden sein; die tribus Crustu-
mina ist die erste, die nach einem eroberten Gebiet benannt ist. — Die
vielen Sabinerkriege , von denen Livius und Dionys erzählen, scheinen
sämmtlich Erfindung zu sein. — Ueber die Kämpfe mit Veji und die
Cremeraschlacht vgl. O. Richter, Hermes XVII, 425.
812. Auch in seinen inneren Verhältnissen war Rom
ständig vorgeschritten. Allerdings behauptete der Adel nach wie
vor die politische Herrschaft; aber wenn es auch Patricier
genug geben mochte, welche ihre Privilegien rücksichtslos aus-
beuteten — was die Spätem davon erzählten, ist freilich durch-
weg Erfindung ohne jeden geschichtlichen Werth und erst
nach dem Bilde der Revolutionszeit seit den Gracchen zurecht
gemacht; eine lebendige Erinnerung reichte in diese Zeit nicht
mehr hinauf, und den älteren Annalisten galt sie gerade um-
gekehrt als die ideale Zeit eines gerechten und weisen Regiments
des Senats — , als Ganzes hat der herrschende Stand offenbar
schon damals die weilschauende Umsicht und die Bereit-
schaft zu zeitgepiässen Goncessionen gezeigt, welche den Staat
Schritt für Schritt der Weltherrschaft zugeführt haben. Die
verschollenen Staatsmänner des fünften Jahrhunderts, deren
Namen in der langen Liste der Jahrbeamten versteckt sind
und die keine Kunst mehr zum Leben erwecken kann, müssen
manchen gefeierten Männern der Folgezeit an Einsicht und
politischer Bedeutung ebenbürtig gewesen sein: sie haben die
Grundsteine für den Bau der Grösse Roms gelegt. In alter
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Innere Zustände Roms. Adel und Plebs.
141
Zeit war wie im mittelalterlichen Griechenland das Stadtvolk,
so abhängig es von den vornehmen Herren sein mochte, po-
litisch frei und stimmberechtigt in den auf der durchgeführten
•Geschlechterorganisation beruhenden 80 Gurien. Die Masse des
Landvolks dagegen war politisch unfrei, »Höriget (clientes) der
grossen meistens patricischen Grundbesitzer; sie wurden von den
■Grundherrn geschirmt und vor Gericht vertreten und leisteten
ihnen dafür Hofdienste und Heeresfolge im Kriege. Doch hat
■es unzweifelhaft schon in der Königszeit auch freie Bauern und
nichtadlige Grossgrundbesitzer gegeben. Darauf beruht die
von der Tradition an den Namen des Königs Servius geknüpfte
Heeresorganisation nach dem Vermögen, d. h. nach dem
Grundbesitz. Mit der Begründung der Republik War der
■ältesten Versammlung des Volks der » Curiengenossen « (Qui-
nten) diese Heergemeinde der »Hundertschaften« (Genturien)
zur Seite getreten, die sich ihre Feldherrn, die beiden Prä-
loren (Consuln), selbst wählte und über Krieg und Frieden
entschied — der Adelsrath der Alten oder »Väter« (patres,
senatus) hatte sich freilich das Recht der Bestätigung oder
Verwerfung ihrer Wahlen und Beschlüsse vorbehalten. Auch
die Gerichtsbarkeit übte die Wehrgemeinde in letzter Instanz;
es war Herkommen, wenn auch noch nicht Gesetz, dass die
Beamten einer Berufung gegen ihren Rechtsspruch an die
Volksversammlung nachgaben und ihr die letzte Entscheidung
überliessen. Alle diese Einrichtungen sind bis in die Zeit
der Samniterkriege nicht angetastet worden; aber neue In-
stitutionen haben sich überall daran angesetzt. Die Plebs,
-d. h. die Bauernschaft und die Kleinbürger und Handwerker
in der Stadt, organisirte sich zunächst als sacrale Gemein-
schaft um das an den griechischen Demetercult anknüpfende
Heiligthum der Geres auf dem aventinischen Hügel vor
<ler Stadt und wählte sich zwei »Tempelherrn« (Aedilen),
die zugleich die Aufsicht über ihre Standesgenossen, speciell
die Marktpolizei, ausübten. Dann erhielt, im J. 4G6 (283 u. c),
die Stadtbevölkerung das Recht, sich alljährlich nach den
4 Stadtbezirken (tribus) 4 Vorsteher (tribuni) zu bestellen,
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IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom.
die jeden Plebejer, dessen sie sich annahmen, mit ihrem Leibe-
decken und gegen Willkür oder einen Rechtsspruch der
Beamten schirmen durften. Um diesen Rechtsschulz wirksam
ausüben zu können, wurde ihnen die Unverletzlichkeit zu-
gesichert; wer es wagen sollte sie anzutasten, war vogelfrei
und konnte von ihnen als Hochverräther vom tarpeischen
Felsen herabgestossen werden — ein formelles TodesurtheiU
wie die höchsten Beamten der Gemeinde, konnten sie nicht
vollziehen, aber es durfte sich Niemand gegen sie zur Wehre
setzen, ohne ihre Heiligkeit zu verletzen. Der nächste und folgen-
schwerste Schritt war die Emancipation des Landvolks: das
Landgebiet wurde in IG Districle (tribus) getheilt, deren Be-
wohner denen der 4 Stadtbezirke rechtlich gleichgestellt
wurden, mit ihnen zusammen in den Versammlungen der
Plebs stimmten und die Tribunen wählten, deren Zahl jetzt
auf 10 erhöht ward. Nach der Eroberung von Crustumerium
(§. 812) kam dann als 21. Bezirk die tribus Crustumina
hinzu. Den vorläufigen Abschluss dieser Entwicklung bildete
die Codification des Landrechts (vgl. §. 370), die unter starker
Benutzung griechischer Rechtssätze in den Jahren 444 und 443
von zwei Zehnmännercollegien durchgeführt wurde. Fortan waren
die Beamten, wie in allen griechischen Staaten ausser Sparta»
bei der Rechtssprechung an das geschriebene Recht gebunden :
auch Rom war damit aus einem patriarchalischen Adelsstaat
ein Rechtsstaat geworden.
Auf die innere Entwicklung Roms werde ich im nächsten Bande
zurückkommen. Ich habe meine Ansicht in dem Aufsatz »Der Ur-
sprung des Tribunats und die Gemeinde der vier Tribus« Hermes XXX
näher begründet und in dem Artikel Plebs im Handwörterbuch der Staats-
wissenschaften (II. Suppl.-Bd. = Bd. VI der 2. Aufl.) kurz skizzirt, und
muss einstweilen darauf verweisen. In geistvoller Weise hat K. J. Nkü-
mann, Die Grundherrschaft der röm. Rep., Bauernbefreiung und Ent-
stehung der servian. Verf., 1900, die Entwicklung weiter klarzulegen
versucht. Seinen Ergebnissen kann ich aber nicht durchweg zustimmen r
namentlich ist meines Erachtens nicht zu bezweifeln, dass die servia-
nische Heerordnung bereits aus der Königszeit stammt und die Grund-
lage der Consularverfassung bildet; und sie setzt die Existenz freier
grundbesitzender Plebejer voraus. — Dass die Geschichte vom Sturz des-
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innere Entwickelung Roms.
14:*
Decemvirats lediglich Fiction ist, liegt auf der Hand : mit der Annahme,
dass die zweiten Decemvirn Usurpatoren waren, die gewaltsam gestürzt
wurden, vertragt sich die Tbatsache absolut nicht, dass ihre Gesetz-
gebung das geltende Recht von Rom gewesen ist [daher hilft sich Dio-
dors Quelle damit, dass die Gesetze erst von den Gonsuln des nächsten
Jahres publicirt seien]. Die alteren Annalen (so Polybios und Diodor
und im wesentlichen auch noch Cicero de rep.) lassen vom Sturz des
Decemvirats an die Verfassung ihrer Zeit, mit der Reservirung der einen
Consulstelle für die Plebejer und der höchsten Gewalt der Tribunen in
der Stadt, unverändert in Kraft bestehen (vgl. m. Aufsatz aber Diodor
Rhein. Mus. 37). Dass das falsch ist, haben die Annalisten der Revolu-
tionszeit erkannt ; sie haben die Altere Darstellung durch eine ausgemalte
Schilderung des Ständekampfes ersetzt, der im wesentlichen mit der
Wahl des ersten plebejischen Consuls zum Abschluss gekommen sei. Die
Neueren folgen ihnen darin ; den wahren historischen Hergang haben sie
so wenig erkannt, wie ihre römischen Vorgänger, so deutlich er aus den
Quellen zu entnehmen ist. In Wirklichkeit ist die Zulassung der Ple-
bejer zu den höchsten Aemtern nur das Vorspiel für den entscheidenden
Kampf der beiden Stände um die Herrschaft, der 287 mit dem vollen
Sieg der Plebs endet. Das entscheidende Moment ist hier wie in der
gesammten römischen Entwickelung das militärische.
813. Durch diese Reihe von Goncessionen hat der pa-
tricische Adel die Herrschaft in Rom behauptet und die Stadt
vor gewaltsamen Krisen bewahrt, wie sie in den griechischen
Republiken an der Tagesordnung waren. Zweimal ist im
fünften Jahrhundert der Versuch gemacht worden, das König-
thum wieder herzustellen, von dem Urheber des Bundes mit
den Latinern Spurius Gassius (479 v. Chr.) und von Spurius
Maelius (432), und dann nach der Gallierkatastrophe noch-
mals von Marcus Manlius (377); alle drei Usurpatoren sind
überwältigt worden, ehe sie ans Ziel gelangt waren. Neben
den politischen Reformen gehen die militärischen einher, ja
sie sind das Ausschlag gebende Moment gewesen; man wird
annehmen dürfen, dass eben die bedrängte Lage, in der sich
Rom dauernd befand, und die es zwang alle Kräfte anzuspannen,
um seine Machtstellung, ja seine Freiheit und Nationalität zu
behaupten, den Adel dazu gebracht hat, der Menge ent-
gegen zu kommen. Um die Wehrkraft der Bauernschaft in
grösserem Maasse verwerthen zu können, wird sie emancipirt
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IV, 8. Italien zur Zeit des Dionysios. Rom.
und mit politischen Rechten ausgestattet; um ihr Vertrauen
zu gewinnen, wird ihr das geschriebene Landrecht verliehen.
Wir kennen die Heeresverfassung Roms um das J. 400 in
ihren Einzelheiten nicht; aber das sehen wir, dass sie über
die älteren Formen des Adelsheers und auch des ursprüng-
lichen servianischen Classenheers weit hinausgewachsen war.
Die Wehrpflicht hängt an dem Besitz, der einzelne Mann be-
waffnet sich selbst, und die ärmeren sind daher wie in den
griechischen Republiken vom Kriegsdienst ausgeschlossen und
höchstens als Tross und als Plänkler verwerthet. Das Auf-
gebot ist ein Hoplitenheer , in dem die militärische Disciplin
so strenge durchgeführt ist, wie nur in Sparta. Jeder Mann
hat dem Befehl des Vorgesetzten unweigerlich zu gehorchen
und den Platz innezuhalten, der ihm zugewiesen ist. Daher
verliert die Reiterei ihre alte Bedeutung ; und gänzlich verpönt
ist der Einzelkampf der adligen Recken der Heroenzeit, der die
Disciplin sprengt. Von Aulus Postumius, dem Sieger über
die Aequer im J. 425, ist im Gedächtniss geblieben, dass er
dem eigenen Sohn den Kopf vor die Füsse legen Hess, weil
er ohne Erlaubniss seinen Platz in der Schlachtreihe verlassen
hatte, um sich auf einen Zweikampf einzulassen. Denn wie
in Sparta die Königsgewalt, so besteht auch in Rom die
Beamtengewalt im Felde in unverändertem Umfang. Alle
Goncessionen gelten nur für den befriedeten Stadtbezirk, die
Provocation an die Volksversammlung, das Einschreiten der
Tribunen; jenseits des geheiligten Mauerringes ist der Beamte
Herr über Leben und Tod, und seine Büttel tragen die Beile
in den Ruthenbündeln, mit denen sie die Executionen voll-
ziehen. — In Nothföllen kann, wie früher schon erwähnt
wurde (Bd. II, 500), an Stelle der beiden gleichberechtigten
Feldherrn von einem derselben ein einziger Kriegsoberst (ma-
gister populi, später dictator) ernannt werden, dem als Ge-
hülfe ein Reiteroberst (magister equitum) zur Seite tritt. Als
die Aufgaben des Oberamts in Krieg und Frieden sich mehrten,
hat man vom J. 437 ab je nach Bedürfniss nicht selten an
Stelle der zwei auch drei oder mehr (bis sechs) Oberbeamte
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Militärische Organisation Roms. Emporkommen der Plebejer. 145
ernannt, die von der Ueberlieferung als »Ofßciere mit Con-
sulargewalt« (tribuni militum consulari potestate) bezeichnet
werden. Eine Verfassungsänderung aber war damit nicht
verbunden.
Ueber die drei Usurpatoren s. den grundlegenden Aufsatz von Mommsek,
R6m. Forsch. II. — Ueber das Heerwesen ist die Hauptstelle die Angabe
des ARNiM'schen ineditum Vaticanum (§. 802 A.) Hermes XXVII, 121. Der
Verfasser betrachtet das spatere Manipularheer als die nationale römische
Heerordnung, und die Ordnung um 400 v. Chr. als eine von den Etrus-
kern entlehnte Neuerung: Topp-rjvoi -fyüv eiroUjxoov x«^a«^«5 xal ?a-
ob xatä csstpa? jxa/Ofievoi • xat Yjuet? jisth>iiXi3&evTtc *«i töv
exstvtuv osXto|iöv jj.eTaXoßovts; napttattopitO-a a&xot<; . . . obZ% uittuttv
tr/uofisv, xo Zi näv 3j xo tcXtlatov rfj; Puj{iatx*fj? iuvdtfxscu*; itsCov fy;
dann Obernehmen sie die Reiterei von den Saiuniten. — A. Postumius:
Diod. XII, 64. Liv. IV, 29, 5, spater bekanntlich auf Manlius Torquatus
Obertragen, unter Einwirkung des Liv. per. 54 berichteten Vorgangs. —
Die Einsetzung der Consulartribunen, welche als nackte Thatsache in der
Beamtenliste stand (Diod. XII, 32), wird von den Aelteren damit erklärt,
dass Rom in diesem Jahre drei Kriege zu führen hatte, die denn auch
fOr diesen Zweck erfunden werden (Liv. IV, 7, 2). Die Späteren haben
dann den Ständekampf hineingetragen und eine lex Canuleia erfunden,
vgl. Rhein. Mus. XXXVII, 624. In Wirklichkeit gehört der erste ple-
bejische Consulartribun dem J. 354 u. c. an, Liv. V, 12, 9, und im ganzen
enthalten von 51 Collegien nur 6 plebejische Mitglieder (354. 355. 358.
371. 875. 376 u. c).
814. Die Fortschritte der staatlichen Gestaltung wirkten
wieder fördernd auf die innere Entwicklung des Gemein-
wesens zurück. Das Geschäftsleben und der Handel konnten
sich unter der festen, ihre Bedurfnisse berücksichtigenden
Rechtsordnung frei bewegen; der Wohlstand mehrte sich, und
damit zugleich die Steuerkrafl der Gemeinde. Nicht wenige
plebejische Häuser gelangen zu Reichthum und grossem Grund-
besitz und können in ihrer Lebenshaltung mit den alten
Adelsgeschlechtern wetteifern und wie diese einen grossen An-
hang um sich sammeln und politischen Einfluss erstreben.
Auch diesen Bestrebungen ist die Regierung entgegen-
gekommen. Zu dem Adelsrath der > Väter« werden plebejische
»Beigeschriebene« [?] (conscripti) hinzugezogen, denen freilich
Meyer, Geschichte de» Alterthumi. V. 10
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146 IV, 3. Italien mr Zeit des Dionysios. Rom.
ein Antheil an dem Recht der Bestätigung der Wahlen und Ge-
setze nicht zusteht. Für die unteren Aemter und die Ofificiers-
stellen waren Plebejer seit langem nicht mehr zu entbehren.
In dem zweiten Zehnmännercollegium für die Gesetzgebung
sind mehrere Plebejer, und 50 Jahre später erhallen sie
vereinzelt Zutritt zum Oberamt. Zum ersten Male erscheint
im J. 392 ein Plebejer unter den Consulartribunen, im
nächsten Jahre sind es sogar 5 unter 0; dann finden sich
Plebejer mit Sicherheit noch in den Jahren 388, 375, 37 lt
370. So dürftig diese Daten sind, sie zeigen, dass die Plebejer
sich fühlen gelernt haben und dass der Kampf um die Gleich-
berechtigung beginnt; zugleich aber auch, dass, so heftig in
einzelnen Jahren gestritten sein mag, der Adel es verstanden
hat, im richtigen Momente nachzugeben — denn ohne die
Einwilligung der > Väter« konnte die Wahl nicht perfect
werden — und dadurch seine herrschende Position immer
aufs neue zu festigen.
815. Die äussere Geschichte Roms und Latiums im fünften
Jahrhundert hat sich unzweifelhaft wenig von dem unter-
schieden, was sich an vielen anderen Stellen Italiens abspielte,
und bietet, an sich betrachtet, nichts, was die Aufmerksam-
keit der Culturwelt in höherem Maasse auf sich ziehen konnte.
Aber sie enthält die Voraussetzung für die innere Entwickelung
des Staats, und darin besteht ihre Bedeutung. In der That
sind alle Institutionen, auf denen die zukünftige Grösse Roms
beruht, jetzt bereits vorgebildet: bei einer in liberaler Richtung
fortschreitenden Ausbildung der Verfassung und des Rechts
die Behauptung einer starken Regierungsgewalt und vor allem
eines immer kräftiger entwickelten Heerwesens; die Heran-
ziehung und steigende Anspannung aller Kräfte des Staats-
gebiets und die Ausgleichung aller Gegensätze innerhalb des-
selben, die Beseitigung jedes Unterschieds zwischen einer herr-
schenden Bürgerschaft und einer beherrschten und zinsenden
und daher militärisch und politisch nicht leistungsfähigen
Unterthanenschaft ; die Aufnahme fremder Gemeinwesen in
den Staatsverband zu gleichen Rechten mit Wahrung ihrer
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:
Politische Stellung Roms. Erfolge gegen Volsker und Aequer. 147
localen Sonderinteressen, wie sie zuerst gegen Gabii geübt ist
und für die Zukunft die Möglichkeit bietet, dass die Stadt-
gemeinde Rom ständig weiter hineinwächst in Italien und in
ganz anderer Weise als Athen, das über die Grenzen von
Attika nicht mehr hinaus konnte, trotz der Formen des Stadt-
staats sich umwandelt in einen ein gewaltiges Gebiet um-
fassenden Einheitsstaat; endlich der feste Anschluss verbündeter
Gemeinden, die die äussere Politik an Rom abgeben, aber
weder zu Perioeken noch zu tributären Unterthanen degradirt
werden und daher eine ganz andere Ausnutzung ihrer Wehr-
kraft gestatten als das je einer herrschenden griechischen Stadt
ihren Unterthanen gegenüber möglich gewesen ist. Diese
Liberalität in allen grossen politischen Fragen ist das Ent-
scheidende, der charakteristische Grundzug des römischen
Staatswesens; auf ihr beruht es denn auch im letzten Grunde,
dass, wenn denn einmal die Welt von der Tiber aus regiert
werden sollte, die Weltsprache nicht volskisch oder aequisch
geworden ist, sondern lateinisch. — In den ersten Jahren des
vierten Jahrhunderts beginnt Rom nach einer langen Zeit
langsamen Fortschreitens zum ersten Mal nach allen Seiten
gewaltig um sich zu greifen: die Früchte der bisherigen Ent-
wicklung beginnen zu reifen. Um grössere Heere dauernd
im Felde halten zu können, wurde jetzt ein Sold für die
Truppen eingeführt, der durch eine den Bürgern districtsweise
auferlegte Umlage (tributum) aufgebracht wurde. Den Volskern
wird die ganze Ebene entrissen, im J. 398 selbst Anxur
(Tarracina) besetzt. Velitrae (396) und Circei (385) werden
als latinische Städte wieder hergestellt. Auch Antium wird
jetzt dem Bunde beigetreten sein. Alle gewonnenen Positionen
freilich konnten nicht behauptet werden; Velitrae und Satricum
(in der Nähe von Antium) fielen 385 ab, Verrugo im Quell-
gebiet des Trerus ging an die Volsker oder Aequer verloren
(399 oder 380). Dafür erlitten die Aequer 385 eine schwere
Niederlage. Gleichzeitig hatte Rom sich zum entscheidenden
Schlage gegen Veji aufgerafft; nach harten Kämpfen, in denen
die Römer einmal eine empfindliche Niederlage erlitten, wurde
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IV, 3. Italien xur Zeit des Dionysios. Rom.
die Stadt eingeschlossen und, angeblich im elften Jahre des
Kriegs, im J. 388 von Marcus Furius Gamillus erobert. Ge-
waltige Beute fiel den Siegern in die Hände; aus dem Zehnten
weihten die Römer einen goldenen Dreifuss nach Delphi ins
Schatzhaus der Massalioten. Die Stadt wurde zerstört, die
Feldmark mit den Latinern getheilt. Die an das römische
Gebiet grenzenden Districte wurden unter die Bürger auf-
geteilt; auf ihrem Antheil, weit nach Etrurien hinein vor-
geschoben, gründeten die Latiner zwei neue Bundesstädte,
Sutrium und Nepet.
816. Durch die Eroberung Vejis wurde Roms Gebiet
nahezu verdoppelt ; es war jetzt eine der ansehnlichsten Mächte
in Italien geworden. Ohne es zu ahnen, wuchs es hinein in
die politischen Aufgaben, welche die hellenische Nation seither
vergeblich zu lösen versucht hatte. Seit Alters standen die Latiner
nicht nur culturell mit den Griechen in vielfachen Beziehungen;
wie mit Massalia (§. 370) und ehemals mit Kyme, so mit Sicilien
war Rom nicht nur durch den Handel, sondern ebensosehr durch
den gemeinsamen Gegensatz gegen die Etrusker verbunden.
Wie stark das Gefühl der Zusammengehörigkeit war, spricht
sich darin aus, dass Massalia zu der Summe beigesteuert
hat, durch die Rom sich von den Kelten loskaufte (§. 819 A.),
und deutlicher noch darin, dass der griechische Schriftsteller
Heraklides aus Heraklea am Pontos (um 340) Rom eine
griechische Stadt nannte (§. 818 A.). Motivirt wurde diese
Anschauung in der Tradition, der Heraklides folgte, ohne
Zweifel dadurch, dass die griechische Ethnographie Rom wie
so viele andere Völker Italiens von den Heroen des troischen
Kriegs ableitete. Dennoch dürfen wir sie als einen lebendigen
Ausdruck der politischen Interessengemeinschaft betrachten;
schwerlich hätte man je von einer etruskischen oder sabelli-
schen Stadt das Gleiche gesagt. Ohne Zweifel sind, wenn
nicht früher, so doch jetzt auch zwischen Dionys und Rom
politische Beziehungen angeknüpft worden. Als Seeräuber von
Lipara die Gesandten mit dem römischen Weihgeschenk nach
Delphi abfingen, hat der Strateg der Insel, die kurz vorher
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I
Eroberung Vejis. Hellas und Rom. Etruskerkriege. 149
von Dionys unterworfen war (§. 800), sie befreit und ihnen
den kostbaren Schatz zurückgegeben. Jetzt fährte Rom erfolg-
reich den Krieg gegen die Etrusker, den die Griechen niemals
ernstlich hatten in Angriff nehmen können, und bereitete da-
durch eine Umwälzung der politischen Lage ganz Italiens vor.
Gleich nach dem Siege über Veji ging es weiter. Caere, die
südlichste Etruskerstadt an der Küste, hat offenbar den Fall
von Veji gern gesehen und erscheint in den nächsten Jahren
mit Rom eng verbündet. Dagegen griff Rom gleich im J. 387
Falerii mit Erfolg an, und im J. 383 schlug es die Volsinier.
Offenbar war seine Absicht, im Tiberthal vordringend ganz
Südetrurien zu erobern. Da trat ihm mitten im Siegeslaufe
ein neuer unbekannter Feind entgegen, der ihm mit jähem
Schlage fast das Schicksal Vejis bereitet hätte.
Die Kelteninvasion.
817. Die ältesten Nachrichten über die Kelten sind früher
schon zusammengestellt (Bd. II, 426. III, 375). Die grosse
Masse des Volkes sass, in zahlreiche Stämme gespalten, zu
beiden Seiten des Rheins in Oberdeutschland und Nordfrank-
reich sowie auf den britischen Inseln ; vorgeschobene Schaaren
hatten sich in Spanien festgesetzt, wo sie an den Küsten des
Oceans, am Guadiana, den Griechen des fünften Jahrhunderts
zuerst bekannt wurden. Um das J. 400 geht eine neue grosse
Bewegung durch die keltischen Stämme. Vermuthlich fallt
das Vordringen der Kelten die Rhone abwärts und die Zu-
rückwerfung der Ligurer in die Westalpen, der Iberer in das
Land westlich von der Garonne (Aquitanien) und bis an die
Pyrenaeen in diese Zeit. So erreichten die Kelten das Mittel-
meer; allmählich wurden die Thäler der Rhone und ihrer
Nebenflüsse und die Küstenebene am Fuss der Sevennen von
keltischen Stämmen besetzt. — Folgenschwerer war ihr Vor-
dringen über die Alpen: das Hochgebirge erwies sich hier wie
sonst ebensowenig als eine feste Völkerscheide wie ein Strom
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150
IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Kelten.
oder ein Meerarm. Im J. 388 v. Chr. überschritt ein ge-
waltiger, aus zahlreichen Stämmen zusammengesetzter Heer-
haufe die Alpenpässe. Dass die penninischen und lepontischen
Alpen und ihr italisches Vorland fortan von Kelten besetzt
sind (im Gebiet der Dora Baltea die Salassier, am Lago
Maggiore die Lepontier), dagegen weder die Westalpen und
das Gebiet des obern Po, die ligurisch blieben, noch die rhäti-
schen und die Ostalpen, zeigt deutlich den Weg, den die Kelten
gekommen sind. Es war eine Bewegung, wie die Kimmerier-
und Skythen stürme, welche im siebenten Jahrhundert Vorder-
asien überschwemmten, und wie die Völkerwanderung, welche
um 1200 v. Chr. europaeische Krieger mit Weib und Kind
nach Syrien und Aegypten geführt hatte. Zum ersten Male
klopften die Barbaren Nordeuropas an die Pforten der süd-
lichen Culturwelt. Mit unheimlicher Angst blickten die Söhne
des Mittelmeers auf zu den Riesengestalten mit langem rothen
Haupthaar und mächtigem Schnurrbart. Es war ein wildes
Kriegervolk, das niedertrat, was ihm in den Weg kam, und
mit den abgehauenen Köpfen der Feinde seine Pferde, mit
ihren Schädeln die Hütten schmückte. Halbnackt zogen sie
in den Kampf, Hals und Arme geschmückt mit dicken gol-
denen Ringen und Ketten. Den bunten Mantel warfen sie
ab; nur ein ungefüger Schild deckte den Körper. Die Waffen
waren Spiesse und ein gewaltiges, aber dünnes und schlecht-
gestahltes Schwert. Trotzdem waren die Kelten beim ersten
Zusammenstoss mit regulären Truppen unwiderstehlich. Wie
bei allen ähnlichen Invasionen zerschellten auch hier die an
einen regelrechten , methodisch geführten Kampf gewöhnten
Heere der Gulturvölker an den wilden Schaaren; sie konnten
sich in die fremdartige Kampfweise nicht finden. Eben weil
sie keine entwickelte Taktik kannten, sondern todesverachtend
mit furchtbarem Kriegslärm auf die Feinde einstürmten, konnten
die Kelten sie überrennen. Ein lähmender Schrecken ging
vor ihnen einher; die Gegner gaben sich verloren, ehe der
Kampf zum Stehen gekommen war. — Wie die Eroberung
Oberitaiiens im einzelnen verlaufen ist, erfahren wir nicht.
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Einbruch der Kelten in Oberitalieu.
151
Mit einem Schlage brach die Herrschaft der Etrusker über die
Poebene zusammen. »An demselben Tage,« erzählt Cornelius
Nepos, »an dem Gamillus Veji nahm, wurde Melpum von den
Insubrern, Bojern und Senonen zerstört.« Die übrigen Zwölf-
städte theilten sein Schicksal, auch Felsina (Bononia) und das
ehemals umbrische Küstenland bis nach Ancona wurde besetzt;
in Marzabotto liegen die Gräber keltischer Krieger in den
Trümmern der etruskischen Ansiedlung.
Ueber die Zeit, wann die Kelten im Rhonegebiet ans Miltelmeer
gekommen sind, wissen wir nichts Genaueres. Skylax kennt sie hier noch
nicht; doch müssen sie zu seiner Zeit, um 850. wohl schon hier gesessen
haben. — Den Einfall in Italien betrachten alle alteren Nachrichten als
eine plötzlich hereingebrochene Katastrophe, welche die Einnahme Roms
unmittelbar im Gefolge hat. So die griechische Ueberlieferung bei Diod. XIV,
113, 1 [denn dieser Satz mit dem Synchronismus und der Angabe Aber die
Etrusker gehört noch der griechischen Quelle an, nicht der römischen] und
Justin XX, 5, und die römische, welche den Einbruch in Italien direct auf
den Angriff auf Clusium, d. h. die Katastrophe Roms zuspitzt: ein Glusiner
Aruns habe, um die Verführung seiner Frau durch den Vornehmen Lucumo
zu rächen, den Kellen Wein gebracht und sie dadurch über die Alpen ge-
lockt (Liv. V, 33. Plutarch [in dessen Vorlage Livius benutzt ist, s. c. 16]
Cam. 15. Dion. Hai. XIII, Uff.; eine spätere Variation Plin. Xlf, 5);
diese Version, die bereits Cato erzählte (fr. 36, Gell. 17, 13, 4) kennt
auch Polybios II, 17, 3, nach dem die Kelten ex fAtxpä;jrpo<paosiu;
ys-fak-Q axpaxi* rcapa8ö$cus «tctX&ovxss e££ßaXov ex rrj? «epl xov Utäov yüpvi
Toppv]vcü<; xal xaxioyov a&toi xa nsZib. Daneben steht die Motivirung
durch Landtioth, sei es für den Zug Qber die Alpen im allgemeinen
(Appian Celt. 2 xrfi '(r^ xt»v KcXxwv oox apxo63Y|^ afoot? 8ta xö itX'fjO'OS,
avtcxaxa: jiotpa KtXxüv t<Lv ftfift töv 'PYjvov Ixavrj xaxa C^ttjoiv exspa?
■yfjS ' o: xo x« ^AXjisiov opo? OTtepeßfjaav xa; KXouatvo:<; . . . cjtoXsjaoov) , sei
es speciell für den Angriff auf Clusium (Liv. V, 30. Plut. Cam. 17); in
Diodors röm. Geschichte XIV, 113, 3 wird der Uebergang über die Alpen
gai nicht, der Zug der Senonen nach Clusium durch die Hitze ihrer
Wohnsitze (bei Ariminum) erklärt, statt deren sie bessere suchen. Als
einen vor kurzem erfolgten grossen Kriegszug kennt den Kelteneinfall
auch Skylax, der in seine ältere Vorlage die Kelten an der Koste des
Adriatischen Meeres nach den Umbrern von Ancona und den Etruskern
von Hadria und vor den Venetern eingeschoben hat, statt sie an Stelle der
Etrusker zu setzen [<o richtig Nikbuhr, Röm. Gesch. II, 578; dass der Satz
ein Einschub ist, zeigt auch, dass hier allein eine Angabe über die Länge
der Küste fehlt]: jitxa 8fc Toppfjvoö? «ici KeXxol s$vo$, aTCoXenpdevxz;
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152 IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Kelten.
5tpatt(at5, siri otmiv {Uxp: 'Atyioa. — Die Spateren haben dann
alle Keltenzuge, nach Italien, dem Donaugebiet, Griechenland, in pra-
gmatischen Zusammenhang gebracht (vgl. Niese, Zur Gesch. der kelt.
Wanderungen. Z. f. deutsches Alterthum 42. 1898), so Justin XXIV, 4
bei Gelegenheit des Einfalls in Makedonien [diese Erzählung ist von Niese
fälschlich mit XX, 5 combinirt]. Darauf beruht die Erzählung, durch
welche Livius V, 33—35 die römische Vulgata berichtigt: zur Zeit der
Gründung Massalias und mithin des Tarquinius Priscus seien zwei grosse
gallische Heerzöge, der eine nach dem hercynischen Wald, der andere
nach Oberitalien gegangen. Es ist seltsam, dass diese Erzählung trotz
allem, was seit Niebuhr dagegen gesagt ist, vor allem von Möllenhoff,
Deutsche Alterthumskunde II, noch immer wieder Glauben findet (so bei
Hirschfeld , Ber. Berl. Ak. 1894, 331), obwohl sie allem widerspricht,
was wir über die ältere Geschichte Oberitaliens wissen. Dass es sich
auch nicht um eine einheimische gallische Sage handelt, wie Niebuhr
und Möllenhoff meinen (nach Doticker durch Posidonioe, nach Möllen-
hoff durch Timagenes, nach Hirschfeld durch Nepos vermittelt), son-
dern um gelehrte Combination, hat Niese erwiesen. Niese's Annahme,
die Kelten seien aus Oberdeutschland gekommen, ist sehr unwahrschein-
lich : jedenfalls nimmt Polybios an, sie seien aus Frankreich gekommen,
auf demselben Wege wie Hannibal (III, 48, 6), und die Namen der Lin-
gonen und Senonen weisen eben dahin. — Lepontios et Salassos Tauriscae
gentis Cato (fr. 37) arbitratur, Plin. III, 134; ihren keltischen Charakter
bestätigen die Inschriften ihres Gebiets. Strabo IV, 6, 8 bezeichnet sie fälsch-
lich als Rhaeter. — Melpum: Nepos bei Plin. III, 125. — Chronologie:
Das unendlich viel behandelte Problem hat meines Erachtens Unoer, Rö-
misch-griechische Synchronismen vor Pyrrhos, Ber. Münch. Ak. 1876, I,
im wesentlichen richtig beantwortet, nachdem schon Niebuhr die ent-
scheidenden Daten richtig gefunden hatte. Nach Dion. Hai. I, 74 setzten
fast alle Schriftsteller den Kelteneinfall , bei dem Rom genommen wurde
(yj KcXtüiv tyoBo«;, xaö-' vjv yj fPu>jiauu>v itöXtg iaXcu, ot>|A<p<uvsfta: s^tSöv uico
7i(ivT<Bv äp/ovxoi *Aö-^vY]ot llupYtcuvoc Ysvsafrai), iR Ol. 98, 1 archon Pyr-
gion = 388/7 v. Chr. Dies Datum findet sich in der erhaltenen Literatur
nur noch bei Appian Celt. 2, 1: 'OXofinidtötuv tolc rEXXYjaiv eictä xal tvt-
vojxovta y*ybwu«viuv (codd. 'OXujiJt'.a — YtYEVYjjiiva), d. h. doch nach Ablauf
von 97 Olympiaden, also Ol. 98, 1, fielen die Kelten in Italien ein. Da-
gegen setzen Polyb. I, 6. Diod. XIV, 117. Justin VI, 6, 5 übereinstimmend
die Einnahme Roms gleichzeitig mit dem Antalkidasfrieden und der Be-
lagerung Rhegions, also Ol. 98, 2 Archon Theodotos = 387/6 v. Chr.
Das kann nur so erklärt werden , das sie (resp. ihre ältesten Quellen)
die Einnahme Roms in das nächste Jahr nach dem Kelteneinfall setzten.
Nun kann kein Zweifel sein, dass ein Ereigniss wie der Kelteneinfall von
allen zeitgenössischen Schriftstellern über die Geschichte des Dionys richtig
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Der Kelteneinfall. Chronologie.
153
fixirt worden ist, vor allem von Philistos; die Einnahme Roms dagegen
war für sie ein secundäres Ereignis», das nicht aufs Jahr genau bestimmt
zu sein braucht. Nun ist es wenig wahrscheinlich, dass die Einnahme
Roms gleich im nächsten Jahr nach dem Kelteneinfall stattfand ; die Be-
richte selbst (Diod. XIV, 117, 3. Polyb. II, 18, 2 fut& Ii ttva xpövov)
deuten auf ein Intervall von mehreren Jahren. Das wird bestätigt durch
die ächte römische Chronologie, die uns, mit geringen Entstellungen, bei
Diodor erhalten ist. Diodor kennt im vierten Jahrhundert anstatt der
fünfjährigen Anarchie 879—383 u. c. nur eine einjährige, und kennt
ebenso wenig die interpolirten Dictatorenjahre 421. 480. 445. 453 u. c.
Bei ihm fehlt ausserdem das Jahr 387 u. c; dass das aber nur ein Ver-
sehen Diodors und dies Jahr in Wirklichkeit mitzuzählen ist, geht dar-
aus hervor, dass nach seiner Rechnung die Consuln von 454 u. c. ein
Jahr zu früh fallen, 801 v. Chr. statt 800 v. Chr., und dass er XIV, 93
die Einnahme von Veji 137 Jahre vor die Einnahme von Lipara im
J. 251 v. Chr. (Polyb. I, 40, 13) setzt, also 388 v. Chr. Dies Datum
kommt nur heraus, wenn das J. 387 u. c. mitgerechnet wird. — Nach
derselben Gleichung sind die römischen Eponymen in Buch XI und XII
bei Diodor geglichen. Dann aber merkte er, als er das Material für die
beiden nächsten Bücher disponirte, dass auf diese Weise die Einnahme
Roms nicht, wie er auf Grund des griechischen Synchronismus für richtig
hielt, ins J. 387/6, sondern 5 Jahre später fallen würde. Er half sich
dadurch, dass er zu Anfang des 13. Buchs 5 Jahrcollegien (831—335 u. c.)
ausliess, und dafür zu Anfang des 15., um seine Chronologie wieder ein-
zurenken, die 5 letzten Collegien (360—364 u. c.) wiederholte. Beseitigen
wir diese Manipulation, so fällt die Eroberung Vejis ins J. 388 v. Chr.,
in dasselbe Jahr mit dem Kelteneinfall, in schönster Uebereinstimmung
mit der Angabe des Nepos über Melpum, und die Einnahme Roms ins
J. 882, übereinstimmend mit der Angabe Justins XX, 5, 4 über die Be-
lagerung von Kroton (s. §. 825). Ich halte daher die Chronologie, welche
Diodors römische Quelle befolgte, für völlig correct; nach ihr sind in
diesem Buch alle römischen Daten auf die vorchristliche Aera reducirt,
vgl. Bd. II, 500 A. — Aus den chronologischen Daten der viel behandelten
Uebersicht der Gallierkriege bei Polybios II, 18 ff. ist bei der Mehrdeutig-
keit der Intervallangaben ein zwingender Beweis nicht zu gewinnen.
Meiner Ansicht nach hat Moatusra, Röm. Forsch. II, 352 ff. sie im wesent-
lichen richtig behandelt: die Quelle sind römische Annalen (wenn auch
nicht nothwendig die des Fabius), welche die alte Chronologie befolgen
und die Eroberung Roms 382 v. Chr. setzen. Dass er selbst I, 6 nach
griechischem Synchronismus die Eroberung 387/6 setzt, hat Polybios
hier nicht berücksichtigt. [Mommsen's Annahme, die Dictatorenjahre seien
»ein sehr altes, ja in gewissem Sinne gleichzeitiges Zeitrechnungscom-
plement«, das man bei Herstellung der wahren Chronologie berück-
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154 IV, 3. Italien zur Zeit de« Dionysios. Die Kelten.
sichtigeu müsse, halte ich für falsch; sie sind handgreiflich ganz junge
Erfindung.]
818. Die Polandschafl bot den Kelten, was sie begehrten,
ein weites fruchtbares Ackerland, in dem sie sich nach allen
Seiten ausbreiten und reichliche Nahrung finden konnten. Hier
haben sie ihre Wohnsitze aufgeschlagen. Aber der rasche
Erfolg lockte zu weiterem Vorgehen. Weithin haben ihre Streif-
schaaren die ganze Halbinsel durchzogen und ausgeplündert;
so erfuhren wir von einem Heerhaufen, der bis nach Apulien
vordrang. Die Senonen, der am weitesten vorgeschobene
keltische Stamm, überschritten den Apennin und brachen in
Etrurien ein. Als sie im J. 382 Clusium angriffen, wandte
dieses sich um Hülfe an das von Süden mächtig vordringende
Rom, das im Jahre vorher im Krieg mit Volsinii bereits bis
an die Grenze des Gebiets von Clusium gelangt war und mit
dieser Stadt Verbindungen angeknüpft haben mochte. In Rom
war man wenig geneigt, den Kampf mit einem fernen Feinde
aufzunehmen, der Rom nicht zu bedrohen schien; man ver-
suchte durch Gesandte zu vermitteln und zugleich über das
neue unbekannte Volk Kundschaft einzuziehen. Aber einer
der Gesandten Hess sich verleiten am Kampfe Theil zu nehmen
und erschlug einen keltischen Häuptling. Die Senonen for-
derten seine Auslieferung; als diese verweigert wurde, wandten
sie sich von Clusium ab zum Rachezug gegen Rom. Aus
dem Poland kam starker Zuzug; das Tiberthal hinab wälzte
sich der gewaltige Heerhaufe gegen die Stadt, die die von
allen Völkern heilig gehaltenen Satzungen des Gesandtenrechts
schnöde verletzt hatte. Zwei Meilen vor der Stadt, auf der
Heerstrasse am rechten Ufer des Flusses, gegenüber der Mün-
dung des kleinen Baches Allia, erwarteten die Römer den
Feind. Hier kam es am 18. Juli des Jahres 382 zur Schlacht.
Das römische Heer hatte in der Ebene am Fluss Stellung
genommen, und die Höhen zur Linken mit leichten Truppen
besetzt. Es erging den Römern nicht anders wie den Etruskern.
Die Eliteschaar der Kelten warf sich auf die Truppen auf der
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Die Kelten gegen Clusium und Rom. Schlacht an der AUia. 155
Höhe und rollte von hier aus die römische Schlachtreihe auf.
Zu geschlossenem Widerstand kam es nicht mehr; ein wildes
Morden begann. Das Gros des römischen Heeres wurde an
den Fluss gedrängt; wer durch Schwimmen sich retten wollte,
versank durch die schwere Rüstung oder ward, wenn er die
Waffen wegwarf, den feindlichen Speeren zur Beute; nur
wenige von vielen retteten sich auf das jenseitige Ufer und
fluchteten nach Rom. Anderen Abtheilungen war es gelungen,
sich der Umzingelung zu entziehen. Der Weg nach Rom
war ihnen allerdings verlegt; aber sie konnten sich auf den
Höhen sammeln, die Versprengten an sich ziehen und sich nach
Veji fluchten. Hier haben sie sich, so gut es gehen mochte,
in den Ruinen der zerstörten Stadt verschanzt und die weitere
Entwicklung abgewartet.
Kelten in Apulien: Diod. XIV, 117, 7 [bei Liv. VI, 42, 8 ins J. 387
u. c. versetzt]. — Die einzige brauchbare Quelle für die Alliascblacht ist
«ler Bericht Diodors XIV, 117 IT. Seinen Werth bat zuerst Möhnsen,
Röm. Forsch. II in helles Licht gestellt und die für die Arbeitsmethode
der späteren Annalisten äusserst instructive Umgestaltung klar gelegt,
aus der die jüngeren Berichte hervorgegangen sind. Nur hat sich auch
Momhsen noch nicht uberall von dem alten Vorurtheil frei gemacht, dass
Diodor entstellt habe, und aus den Späteren manches, z. B. den angeb-
lichen Antritt neuer Consulartribunen unmittelbar vor der Schlacht, in
ihn hineingetragen, wodurch der ächte Bericht verfälscht wird. Dass
die Schlacht auf dem rechten Tiberufer, der AUia gegenüber, stattfand,
wie Diodor angibt, nicht wie die Späteren meinen, an der AUia selbst,
haben Hülsen und Lindner, Die Alliascblacht, 1890, im Anschluss an
Mo mmsen erwiesen. — Die ältere Ueberlieferung nannte keinen Namen eines
gallischen Heerführers; die jüngeren Annalisten haben den Namen
Bremms aus dem Zug gegen Delphi eingesetzt. — Dass der Zug der
Senonen nicht ein zielloser Raubzug, sondern gegen Rom gerichtet und
von diesem provocirt war, wie die Ueberlieferung angibt, bestäligt sein
ganzer Verlauf. — Die Einnahme Roms haben die griechischen Histo-
riker, z. B. Pbilistos, ohne Zweifel schon vor Theopomp erwähnt, trotz
Plin. III, 57 : Theopompus, ante quem nemo mentionem (Romae) habuit,
urbem dumtaxat a Gallis captam dicit. Nach Plut. Cam. 22 führte Hera-
kleides in seinem Dialog r.epl tywrfi als Beispiel an : ar.b rfji; ioisspa;
Xoyov xaxaay^iv, im? sxpaxo? e£ Tirepßopstuv (Xfrauv t^cuö-tv -jp-rxo». koXiv
*EXXviv(8a 'Ptofiifjv, vgl. §. 816; Aristoteles (vgl. Plin. III, 57, pnmus ex-
ternorutn aliqua de Romanis diligentius scripsit, natürlich in den Politien
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156 IV, 3. Italien zur Zek des Dionysios. Die Kelten.
oder den vojr.jia) xb jiiv äXiüva*. rrjv nokiv 6wö KsXtüiv axptß&c fr?j).ö; «att*
OXY4xoa>?, tiv 'A zmiavxa A*6xiov stvat y-rjou
819. Nachdem fast das ganze Heer theils vernichtet,
theils durch die Versprengung der Geretteten nach Veji von
Rom abgedrängt war, war die Stadt unhaltbar. Aber die
Römer verzagten nicht; noch war der Staat zu retten, wenn
es gelang Zeit zu gewinnen. So entschloss man sich, die
Stadt freiwillig zu räumen; nur die Burg mit dem Capitol
auf dem Hügel vor den Thoren wurde besetzt gehalten. Den
Haupttheil der Bevölkerung, vor allem die Weiber und Kinder,
brachte man in die Nachbarstädte in Sicherheit, zahlreiche
Flüchtlinge, darunter die Vestalinnen mit dem heiligen Feuer,
nahm Caere auf. Die Masse der Wehrfähigen wird nach Veji
zur Armee gegangen sein, die jetzt die Zukunft des Staats re-
präsentirte. Versuchungen, wie sie die Perser ein Jahrhundert
zuvor an Athen gerichtet hatten, traten an Rom nicht heran,,
und an sich, aus der politischen Lage der Zeit heraus betrachtet,
handelte es sich um keine welthistorisch bedeutsame Frage;
denn für die Welllage war es auch jetzt noch ziemlich irrelevant,
ob der römische Staat sich behauptete oder aus Mittelitalien ver-
schwand. Aber indem Rom in der schwersten Krise es ver-
mochte, das Gebot der Noth wendigkeit in einen freien Entschluss
des staatlichen Willens umzuwandeln, hat es nicht nur seine
Existenz gerettet, sondern auch die innere Kraft offenbart, die
in diesem Staate lag, und dadurch die Möglichkeit einer stets
mächtiger fortschreitenden Entwickelung gewonnen ; und so ist
die Entscheidung von 382 dennoch welthistorisch bedeutsam
geworden, wie wenig andere. — Die Kelten hatten inzwischen
den Gefallenen die Köpfe abgehauen und ein wildes Siegesfest
gefeiert; dann rückten sie vor die Stadt. Sie argwöhnten
eine Kriegslist; erst am vierten Tage nach der Schlacht er-
brachen sie die Thore und besetzten und verheerten die Stadt.
Sieben Monate haben sie in ihr gelegen; aber das Capitol
vermochten sie weder zu erstürmen noch auszuhungern. Sich
in Latium dauernd niederzulassen, hatten sie nie beabsichtigt;
zu einem neuen Kampf mit dem Heer, das sich inzwischen
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Die Kelten in Rom. Ihr Abzug. 157
in Veji verschanzt und neue Kraft gewonnen hatte, hatten
sie keine Neigung ; auch hätten sie dadurch der Besatzung
auf dem Capitol Raum gegeben, ihnen in den Rücken zu
fallen. Während des Winters mochten ihnen die Lebensmittel
ausgehen; überdies kam jetzt, wie Polybio3 berichtet, die
Kunde, dass die Veneter in ihr Gebiet eingefallen seien. So
nahmen sie die Anerbietungen an, die die Römer ihnen
brachten; gegen Zahlung von 1000 Pfund Gold (913,000 M.)
räumten sie die Stadt und zogen von dannen (Februar 381).
xal -ctöv 6ttapxövtuiv dtJtavrwv sYxpatsic *at tvj; icöXsu>; aorr4; inta {Vfjvas
xopteusavts«; «Xo? s&iXovtl xal jieta gapttoc *apa56v«; rrjv *oXtv S&paootO'.
xal äatv«!;, txov?>* t^v cöfiXtiav, el? t^v olxstav eitavrjXä-ov Polyb. II, 22, 5;
ebenso I, 6, 3. II, 18, 3, wo der Venetereinfall berichtet wird. Gegen
diesen ältesten Bericht, zu dem stimmt, dass nach Justin 43, 5 die Mas-
salioten zu dem Lösegeld beigesteuert haben, fallen alle späteren, welche
durch Camillus Rom retten und den Kelten das Lösegeld wieder ab-
nehmen lassen, in sich zusammen. Der erste Ansatz dieser Fälschung
Kegt bei Diod. XIV, 117, 5 vor, wonach Camillus die Kelten gerauine
Zeit nach dem Abzug bei der Belagerung von Veasciuin [welcher Name
darin steckt , ist nicht zu sagen, alle Conjecturen sind werthlos] angreift
und ihnen Beute und Gold wieder abnimmt. Darin wird ein ächter
Kern stecken, ein Sieg des Camillus Ober irgend einen Keltenhaufen.
Damit ist der Sieg der Caeriten Ober die abziehenden Kelten verbunden,
der in zwei verschiedenen Versionen bei Siraho V, 2, 3 und Diod. XVII,
117, 7 erzählt wird. Freilich zeigte man später im Juppitertempel das
-den Galliern abgenommene Gold (im J. 52 wurde es gestohlen): aber es
waren 2000 Pfund (Liv. V, 50, 6. Plin. 33, 14). Hirschfeld, Zur Ca-
milluslegende, Festschrift für Friedländer, S. 136 vermuthet mit Recht,
dass dies Gold mit Camillus in Verbindung gebracht ist, weil daneben
die mit seinem Namen geweihten Schalen aus der Etruskerbeute lagen:
Liv. VI, 4, 2. [Nach einer anderen Version hat Livius Drusus als pro-
praetor, wahrsch. im J. 282. das Gold aus Gallien zurückgebracht: Sueton
Tib. 3, vgl. Hirschfeld 1. c. 134; daher wird bei Servius ad Aen. VI,
825 Camillus' Sieg nach Pisaurum verlegt.] — Verhalten von Caere:
Strabo V, 2, 3. Liv. V, 40, 10. 50, 3. — Auf dem Capitol kann natürlich nur
eine verhältnissmässig kleine Besatzung gelegen haben. Von dem Detail
sind alt die Botschaft des Corainius aus Veji [von den Späteren in eine
-absurde staatsrechtliche Erzählung umgesetzt] und die Errettung durch
.Manlius und die Gänse. Wenn Aristoteles (Plut. Cam. 22, §. 818 A.) den
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158 IV, 8. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Kelten.
Befreier Aeoxto? nannte, wird darin wohl ein falscher Name für M. Man-
lius stecken.
820. Die Niederlage Roms haben die Nachbarn zu den>
Versuche benutzt, die alten Zustände wieder herzustellen.
Die Etrusker hatten schon, als die Kelten noch in Rom lagen r
das Heer in Veji angegriffen, waren aber zurückgeschlagen
worden; jetzt eroberten sie die neue Grenzfestung Sutrium.
Im Süden brachen die Volsker und die Aequer in die ihnen
entrissenen Gebiete ein. Aber es zeigte sich, dass die Krise,
trotz der schweren Verluste an Menschenleben, Rom nicht
gebrochen, sondern eher neu gekräftigt hatte. Die Volsker
wurden bei Marcium in der Nähe von Lanuvium geschlagen;
als sie dann mit stärkerer Macht wieder kamen und das
römische Lager angriffen, rückte Marcus Furius Camillus als
Dictator mit dem römischen Gesammtaufgebot bei Nacht aus,
fiel ihnen im Morgengrauen in den Rücken und vernichtete,
unterstützt durch einen Ausfall aus dem Lager, fast das ganze
Heer der Feinde. Dann entsetzte er Bola, das die Aequer
angegriffen hatten. Darauf schlug er die Etrusker, gewann
Sutrium zurück, und stellte die latinische Colonie wieder her.
Auch eine Keltenschaar soll er damals geschlagen haben. Um
dieselbe Zeit vernichteten die mit Rom verbündeten Caeriten.
eine Keltenschaar, die auf dem Rückweg von einem Raubzug
nach Apulien ihr Gebiet durchzog. Im J. 370 wurden aus
den Ansiedlern auf dem römischen Theil des Vejentergebiets
vier neue Bezirke der Bürgerschaft gebildet. Auch auf das
Meer griff Rom hinüber; im J. 378 entsandte es, wohl in
Verbindung mit dem gleichzeitigen Aufstand auf der Insel
gegen Karthago (§. 826), eine Colonie von 500 Ansiedlern
nach Sardinien. — So ist es Rom nicht anders ergangen als den
Lydern, als die Kimmerier ihr Land überschwemmt und Sardes^
bis auf die Burg genommen hatten; nachdem die Hochfluth
sich verlaufen hatte, erhob sich die Stadt aufs neue, gewann
ihre bisherige Stellung zurück und konnte in wenig Jahr-
zehnten zur Vormacht Mittelitaliens und zugleich zum Bollwerk
des Culturlandes gegen die wilden Horden des Nordens er-
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Neue Erfolge Roms.
— Die Kelten im Poland.
wachsen. Die Kraft der Volsker und der Aequer war durch
die letzten entscheidenden Niederlagen gebrochen; im J. 374
begann Rom den Angriff auf Praeneste, bald darauf nahm
es den durch den Kelteneinfall unterbrochenen Krieg gegen
die Etrusker erfolgreich wieder auf.
Hauptquelle: Diod. XIV, 117, dessen Bericht bei Livius in gewöhn-
licher Weise überarbeitet und mannigfach erweitert ist Marcium (so
auch Plut. Cam. 33. 34), 200 Stadien von Rom, heissl bei Li?. VI, 2, 8
Mecium bei Lanuvium; die Entfernungsangabe stimmt dazu. — An
Camillus' Siege knüpfen bei Diodor die Berichte Ober seinen von den
Tribunen gehinderten oder aber mit weissen Rossen gefeierten Triumph
und seine zwei Jahre darauf erfolgte Verurtheilung in eine Geldstrafe,
die die Späteren in Verbannung umwandeln und vor die Keltenkata-
Strophe setzen. — *Pa>jiaioi ercl atsXsta itmaxostou; axotxooc Sap&a»-
vtav antixtCkoLv Diod. XV, 27 unter 368 u. c. = 378 v. Chr.; das kann
nur Sardinien sein. Bei allen Späteren ist die Kunde davon verschollen.
821. Die Kelten haben die Poebene bis zur Etsch dauernd
in Besitz genommen. Die ligurischen Stämme wurden in den
Apennin und das Quellgebiet des Po zurückgedrängt; Reste
der Etrusker erhielten sich in den Alpen an der Etsch und
dem Inn unter dem Namen Raeter; jenseits der Etsch be-
haupteten sich die Veneter, ohne Zweifel unter fori währenden
Kämpfen mit den Kelten. Das übrige ' Land besetzten die
keltischen Stämme, auf dem Nordufer des Po die Libikier
(bei Vercellae und bis zum Ticin), die Insubrer (bei Mailand)
und die Cenomanen (bis zur Etsch), im Süden die Arianen
(Anamaren ?, bei Placentia), die Bojer (bei Bononia), und am
Meer die Lingonen und weiter südlich in dem Vorland des
umbrischen Apennins bis nach Ancona hin die Senonen.
Reste der älteren Bevölkerung mögen vielfach als ünterthanen
und Knechte im Lande geblieben sein; aber ein gewaltiges
Gebiet, dessen Erschliessung für die Gultur soeben begonnen
hatte, war ihr auf Jahrhunderte hinaus wieder entrissen.
Die neuen Ansiedler blieben Barbaren, auch wenn sie neben
der Viehzucht Ackerbau trieben. Die etruskischen Städte lagen
in Trümmern. »Die Kelten wohnen in offenen Dörfern,« sagt
Polybios; »sie schlafen auf Streu und leben von Fleischnahrung,
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160 IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios. Die Kelten.
ihre einzige Beschäftigung ist Krieg und Ackerbau. Andere
Kenntnisse und Fertigkeiten gibt es bei ihnen überhaupt nicht ;
der Besitz eines jeden besteht in Vieh und Gold.t »Zwei
Dinge gibt es, welche fast ganz Gallien mit regstem Eifer be-
treibt,« lautet Catos berühmte Schilderung : »das Kriegswesen
und scharfsinnig zu reden« (rem militarem et argute loqui).
Ihre Waffen und ihren Goldschmuck verstanden sie selbst zu
bearbeiten, wenn auch in ziemlich roher Weise. Der Schlem-
merei und dem Wein waren sie eifrig ergeben; sonst brauchten
sie keine Erzeugnisse der Gultur. Zu einer festeren politischen
Organisation haben sie es hier so wenig gebracht wie sonst,
wo immer sie in der Geschichte auftreten. Die Stämme zer-
fallen in zahlreiche Glans — 112 zählte Cato bei den Bojern — ,
das Parteiwesen steht in voller Blüthe; ein jeder sucht eine
möglichst grosse Schaar von Anhängern und Gefolgsleuten
um sich zu sammeln und dadurch zu Macht und Ruhm
zu gelangen. Ununterbrochen dauern die Stammfehden; die
Nachbarn, wie die Genomanen und Insubrer, sind aufs bitterste
mit einander verfeindet. Wenn in den Kriegen auf eigene
Faust kein Erfolg zu gewinnen war, sind sie, wie die Sa-
beller, stets bereit, in fremden Diensten zu fechten, wo sie
sich ganz wie diese als ebenso tapfer und gefürchtet wie un-
zuverlässig erweisen. — An Raubzügen gegen das übrige
Italien hat es auch in der Folgezeit nie gefehlt; namentlich
die in den Apennin zurückgedrängten Umbrer konnten sich
offenbar der Kelten kaum erwehren, und mehrfach sind sie
wieder in Etrurien eingebrochen. Grössere Erfolge machte
ihre politische Zerfahrenheit unmöglich. Aber noch war der
Schrecken vor ihrem Namen lebendig. Als sie im J. 353
wieder einmal plündernd bis nach Latium vordrangen und
auf dem Albanerberg lagerten, wagten die Römer nicht, ihnen
ein Heer entgegenzuführen, sondern warteten ab, bis der
Schwärm wieder davongezogen war.
Charakteristik der Kelten: Polyb. II, 17, 8 ff. Cato fr. 34. Ihre
Trunksucht kennt schon Plato leg. I, 637 d. Vgl. auch die Notizen bei
Aristoteles pol. II, 6, G (Päderastie). IV, 2, 5 (kriegerischer Sinn). 15, 2
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Die Kelten im Poland. 161
(Abhärtung). Die Sage, dass die Kelten der Sturmfluth mit Waffen entgegen
gehen (vgl. §. 375), wird eth. Nie. III, 10. Eud. III, 1 erwähnt. — Wohnsitze:
Polyb. II, 17. Liv. V, 35, vgl. Justin XX, 5. Nissen, Ital. Landeskunde
I, 474 ff. Die Laever westlich von den Libikiern (bei Liv. Libui) sind
nach Polybios Kelten, nach Liv. V, 35, 2 und Plin. III, 124 Ligurer. Der
corrupt überlieferte Satz des Livius: Libui considunt post hos (d. i.
Cenomanos) Salluvii qui prote antiquam gentem Laevos Ligures, inco-
lentes circa Ticinum amnem, enthielt offenbar dasselbe wie die auch
ziemlich dunkle Notiz bei Plin. III, 124: Vercellae Libiciorum ex Salluis
ortae, so dass Niese Livius mit Unrecht den Vorwurf macht, er habe die
Salluvier für Kelten gehalten. — Raeter: Justin XX, 5. Liv. V, 33, 11.
Plin. III, 133. Veneter: Polyb. II, 17, 5. Trog. prol. 20. Liv. V, 33, 10 —
An den Keltenzug nach Alba Polyb. II, 18, G, 30 J. nach der Einnahme
Roms, also 353 v. Chr. — 401 u. c, haben die Späteren die Geschichte
von Manlius Torquatos' Einzelkampf geknüpft. Der Zug stand ursprünglich
auch in den Annalen unter dem J. 401 u. c. (Liv. VI, 42, 6). Dann ist er
in gewöhnlicher Weise über mehrere Jahre ausgedehnt (Liv. VII, 11, 3, wo
der Albanus ager aus der alten Ueberlieferung stammt, ao. 394 u. c. ;
12, 7 ff . ao. 396; der Kampf des Torquatus steht bei Livius VII, 9 ff .
unter 893 u. c.) und mit römischen Siegen ausstaffirt; ausserdem aber
haben Claudius und andere ihn ins J. 387 u. c. hinaufgerückt (Liv. VI,
42, wo sich §. 6 der Albanus ager gleichfalls erhalten hat), wohl um
Camillus noch einmal über die Kelten siegen zu lassen. Vgl. Mommskn,
Röm. Forsch. II, 362.
Dionysius im Adriatischen Meer und gegen die Etrusker.
822. Der Sieg am Elleporos und die Eroberung von
Rhegion bezeichnete für Dionys den Abschluss einer elfjährigen
schweren Kriegszeit. Sein Reich war jetzt im Inneren wie
nach aussen fest begründet ; es war zu einer gewaltigen Macht
erwachsen, die fortan Ausschlag gebend in die Welthändel ein-
zugreifen vermochte. Schon während der Belagerung Rhegions
hatte er bei der Olympienfeier von 388 den vollen Glanz
seiner Macht entfaltet (§. 875); im Jahr 387 entsandte er
seinen Schwager Polyxenos mit 20 Schiffen nach dem Helles-
pont, um Sparta die ihm geleistete Unterstützung in einem
entscheidenden Momente zu vergelten und, indem er im Bunde
mit diesem und dem Grosskönig der Griechenwelt den Frieden
Meyer, Oe«chichte des Alterthums. V. 11
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162
IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios.
auferlegte, Spartas Herrschaft neu zu festigen (§. 878). Vor
allem aber waren seine Blicke auf das Adriatische Meer
gerichtet: die Herrschaft über dies Meer zu gewinnen war
das nächste Ziel seiner Politik. Schon vor einiger Zeit hatte
er im südlichen Illyrien an der Mündung des Drilon (Drin)
die Stadt Lissos (j. Alessio) angelegt. Von hier aus unter-
stützte er den verjagten Molosserfürsten Alketas, der an seinen
Hof geflüchtet war, warb ihm illyrische Truppen und führte
ihn in sein Land zurück. Weiter im Norden, in dem Archipel
an der dalmatischen Küste, scheinen die Griechen schon früher
Niederlassungen gegründet zu haben : Schwarz - Korkyra
(j. Curzola) ist von Knidos aus besiedelt, auch Issa (j. Lissa),
gleichfalls mit dorischer Bevölkerung, mag schon früher besetzt
sein. Jetzt, im J. 385, legten die Parier mit Dionys' Unter-
stützung eine Golonie auf der Insel Pharos (j. Lesina) an;
als sie von den Illyriern des Festlandes angegriffen wurden,
sandte Dionys ihnen den Gommandanten von Lissos zu Hülfe,
der mit seinen Trieren die illyrischen Kähne versenkte und
unter den Barbaren ein grosses Blutbad anrichtete. Auch Issa
scheint von Dionys besetzt und durch neue Ansiedler verstärkt
worden zu sein. Während der nächsten Jahrzehnte haben
diese Colonien manche Erfolge errungen: die Pharier erfochten
einen Sieg über die Iadasiner, die Bewohner von lader (j. Zara)
im Liburnergebiet, Issa besetzte auf dem Festlande die Orte
Tragurion (j. Trau) und Epetion; auch eine Griechenstadt
Herakleia (im Gebiet der Hylleer, unweit Zara) wird erwähnt.
Aber als das syrakusanische Reich zusammenbrach, vermochten
die Griechen sich in ihrer Isolirung nur mit Mühe zu behaupten ;
die Münzprägung von Issa illustrirt die hereinbrechende Ver-
wilderung. Im dritten Jahrhundert wären die Städte den Illy-
riern erlegen, wenn nicht Romjür sie eingetreten wäre.
Die Geschichte des Dionys von der Einnahme Rhegions ab bei
Diodor Ib. XV steht in starkem Contrast zu den früheren Abschnitten. Sie
ist nicht mehr chronologisch geordnet und geht auf das Detail kaum
noch ein, sondern gibt nur noch eine kurze, sehr löckenhafte Uebersicht,
die Diodor in derselben Art, wie er sonst bei Ephoros verfährt, auf einige
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Dionys im Adriatischen Meer. Bund mit den Kelten. 163
wenige Jahre vertheilt hat. Der Inhalt ist: 1) Verhalten zu den Dich-
tern, Plato, Philistos und Leptines XV, 6 f. unter 386/5 (wobei XIV,
109 Ober die Olympien von 388 in verschlechterter Form wiederholt
wird); 2) Epiros und Pharos XV, 13 f. unter 385/4 und 384/3, und da-
zwischen eine Notiz Ober die Bauten in Syrakus c. 13, 5; 3) Agylla
XV, 14, 3 f. unter 384/3; daran anschliessend 4) der Karthagerkrieg XV,
15—17 unter 383/2 ; 5) die Karthager in Hipponion; Aufstände gegen
Karthago XV, 24 unter 379/8; daran scjiliesst unmittelbar an 6) Dionys'
leteter Karthagerkrieg und Tod c. 73 unter 368/7. Ebenso behandelt ist
7) die Geschichte Dionys' II. XVI, 5 unter 859/8, woran Dions Geschichte
anschliesst. Es ist klar, dass auf die Daten sehr wenig zu geben ist,
wenn wir auch nichts Besseres haben. Wahrscheinlich hat also Diodor
jetzt eine andere Quelle benutzt; oder, falls Timaeos wirklich so erzählt
hat, hat dieser den Charakter seines Werks völlig geändert. Für uns
ist der Verlust aller besseren Nachrichten unersetzlich ; die paar von
Steph. Byz. aus Philistos bewahrten Notizen Qber italische Dinge
(fr. 39 — 41, vgl. 52. 53) werden jeden mit Wehmuth erfüllen, da sie ge-
rade ahnen lassen, was hier verloren gegangen ist. — lieber die Ansiede-
lungen in Ulyrien vgl. A. Bauer, Das erste Capitel österreichischer Ge-
schichte, in der Festschrift für Krones = Archäol.-epigr. Mitth. XVIII,
128 ff. Die Unterstützung des Alketas erzählt Diod. XV, 13 ganz unzu-
länglich und motivirt sie mit der Absicht Delphi zu plündern! Das
könnte Timaeos in der That fertig gebracht haben; vgl. XV, 14 über
den Raubzug nach dem Heiligthum von Agylla. Dass die Spartaner
nachher die Molosser gegen die Illyrier unterstützen, beweist noch keinen
Conflict mit Dionys; denn gegen Alketas sind sie nicht aufgetreten, da
dieser in der Folgezeit König geblieben ist. Lissos: Diod. XV, 13, 4.
14, 2; dass der Name nicht in Issa zu corrigiren ist, hat A. Bauer er-
wiesen. Schwarz-Korkyra : [Scymn.] 428. Strabo VII, 5, 5. PHn. III, 152.
Pharos: Diod. XV, 13. 14. Ephoros fr. 150. Strabo und Scymn. 1. c. CIG.
1837 b— e. Skylax 23: evtauO-a ?<ip eati v£o; 4><ipo<;, vy^o? 'EXXyjvi,;, xal
"looa vrpoi, xa: soXet; ' EXX-rjvioe? a&ta:. — Issa ist nach [Scymn.] 414 von
Syrakus colonisirt, was ich nicht bezweifeln möchte. Colonien Tragurion
und Epetion: Polyb. 32. 18. Strabo VII, 5. 5. Herakleia: Skylax 22 und
auf Münzen. CIG. 1837 c : 4>dtpiot uxb 'Iadasivutv xat t<Lv <zop.\L<xyuiv ta orcXa.
823. Zu weiteren Erfolgen gab der Zusammenbruch
der Etruskermacht die Möglichkeit. Der Kelteneinbruch, der
die Kraft ihrer alten Feinde vernichtete, konnte den Griechen
nur willkommen sein. Bald nach dem Falle Roms, im J. 381,
hat Dionys mit den Kelten ein förmliches Bündniss geschlossen
(§. 825) ; von da an erscheinen keltische Söldner unter seinen
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IV, 3. Italien zur Zeit des Dionysios.
Truppen. Vielleicht schon vorher hat er in Oberitalien zwei
Punkte besetzt: an der Umbrerküste den Felsvorsprung von
Ancona mit geschützter Rhede, und an der Pomündung die
alte Handelsstadt Adria; auch der Ort Numana südlich von
Ancona wird als sicilische Colonie bezeichnet. Wenn Strabo
sagt, Ancona sei von Syrakusanern gegründet worden, die vor
Dionys' Herrschaft flohen, so mag dem zu Grunde liegen, dass
die Ansiedelung als Verbannungsort diente; denn unmöglich
kann die rasch zu einem bedeutenden Handelsplatz erwachsene
Colonie ohne Dionys' Mitwirkung entstanden sein. Ebenso
schickte Dionys den Philistos, seinen alten Parteigänger, nach
Adria ins Exil (§. 830), aber offenbar als Gouverneur der
Stadt ; denn ein mächtiger Ganal, der wie es scheint von der
Etsch in die Lagune von Adria führte, trug noch in der
Römerzeit Philistos' Namen, muss also von ihm angelegt sein.
Auch im Westmeer setzte Dionys die Politik seiner Vorgänger
in der Bekämpfung der Etrusker und ihrer Piraterie fort. Im
J. 384 überfiel seine Flotte Pyrgi, den Hafenort von Caere
(Agylla), plünderte den Tempel einer mächtigen hier verehrten
Göttin, und schlug den Heerbann der Caeriten. Die landläufige
Ueberlieferung, die nur für Tyrannenanekdoten Sinn hat, be-
trachtet den Tempeiraub als das eigentliche Ziel; aus einer
gelegentlichen Notiz ersehen wir aber, dass die Landung in
Pyrgi nur eine Episode einer Expedition gegen Corsica gewesen
ist. Vielleicht verdankt der »Syrakuserhafen« auf der Insel
diesem Zuge seinen Namen. Wie weit Dionys im etruskischen
Meer hat festen Fuss fassen können, wissen wir nicht. Das
Hauptziel seiner Unternehmungen in beiden Meeren war jeden-
falls die Sicherung und Erweiterung der Handelsverbindungen
und die Unterdrückung der Piraterie; noch sein Sohn hat zu
dem Zweck zwei neue Colonien in Apulien angelegt.
Bündniss mit den Kelten: Justin 20, 5. Keltische Söldner: Xen.
Hell. VII, 1, 20. 31, neben Iberern (vgl. §. 797). — Ancona: Strabo V,
4, 2. Plin. III, 111, vgl. Juvenal IV, 40 dorica Ancon. Adria: Etym.
magn. s. v. (wo leider das Olympiadendatum zerstört ist). Plut. Dio 11.
Fossa Pliilistina: Plin. III, 121, und dazu Nissen, Ital. Landeskunde If
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Dionys in Ancona und Adria und gegen die Etrusker. 165
206. Aus Adria bezog Dionys offenbar die venetischen Rosse Strabo
V, 1, 4. — Pyrgi mit dem Eileithyia- (bei anderen Leukothea-)Tempel :
Strabo V, 2, 8 scoX-rjse 2' aöto A:ov6cios . . . xftta töv nXo&v tov trcl Kup-
vov. Die gewöhnliche Erzählung Diod. XV, H. [Arist.] Oec. II, 19, 9.
Polyaen V, 2, 21. Aelian v. h. I, 20; auch Serv. ad Aen. X, 184. Sopaxooto;
Xtfi-fjv auf Corsica : Diod. V, 13, 3. — Dionys II. xati rrjv 'ArooXtav Mo ^öXet? *
fx-ci«, ßooXöfuvo*; ao<paX7] toi; tsXjoooi tov 'ioviov tto&ov itoirfiz: , da das
ganze Adriatische Meer voll Piraten ist : Diod. XVI, 5, 3. Zur Unsicherheit
des Adriatischen Meers vgl. Lysias c. Aeschin. fr. 1. bei Athen. XIII, 612.
Neuer Krieg mit Karthago und den Italioten.
824. Dionys hat versucht, mit den unteritalischen Städten
dauernd zu einem guten Einvernehmen zu gelangen. Aber
die republikanische Idee und mit ihr untrennbar verbunden
die Idee des autonomen Particularismus standen ihm ent-
gegen; die Pythagoreer, die seit ihrer Rückberufung in den
Städten wieder zu grossem Einfluss gelangt waren, wurden
die Fuhrer der Opposition. So wurden seine Anerbietungen
von Metapont und dem gesammten Italiotenbunde , dem jetzt
offenbar auch Tarent beitrat, zurückgewiesen. Als dagegen
Leptines, Dionys' Bruder, mit dem Herrscher zerfallen war
und flüchten musste (§. 830), fand er in Thurii offene Auf-
nahme. Dionys liess sich in seinen Bestrebungen nicht beirren ;
er berief Leptines zurück und vermählte ihm seine Tochter,
ja er verzieh dem pythagoreischen Agitator Euphemos aus
Parion, als er in seine Hände fiel — daran knüpft die wie
es scheint älteste Version der Erzählung von der Bürgschaft
des Freundes für den zum Tode verurlheilten pythagoreischen
Genossen. Aber ans Ziel war er noch nicht gelangt, als im
Jahre 383 der Krieg mit Karthago aufs neue ausbrach. Nach
dem einzigen, äusserst ungenügenden Bericht, der uns erhalten
ist, hätte Dionys ihn veranlasst, indem er die noch unter
karthagischer Herrschaft stehenden Städte zum Abfall be-
wog. Das klingt sehr unwahrscheinlich ; und unmöglich wäre
es nicht, dass vielmehr Karthago ihn herbeiführte, indem
es, vielleicht gestützt auf eine andere Auslegung des Friedens
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IV, 8. Das Reich des Dionysios
von 392, die Rückgabe der in Dionys' Besitz befindlichen
Städte forderte, und als er das weigerte, den Krieg erklärte.
Die Folge war, dass wie zehn Jahre zuvor die griechischen
Kleinstaaten mit Persien in ein Bündniss traten, um Spartas
Macht zu brechen, so hier die Italioten sich mit Karthago gegen
den neuen Einheitsstaat verbanden. Dionys scheint auch diesmal
von Sparta Unterstützung oder wenigstens die Erlaubniss zu
Werbungen im Peloponnes erhalten zu haben; wir erfahren,
dass Leptines, als er auf der Rückfahrt nach Tarent kam, nur
mit Mühe der Gefangennahme entging. Die Karthager warfen
ein starkes Heer unter Mago, der schon in den letzten Jahren
des vorigen Krieges den Oberbefehl geführt hatte und jetzt
zum Suffeten gewählt war, nach der Insel und sandten zu-
gleich den Italioten Hülfe. Von dem Gange des Krieges haben
wir nur ganz unzureichende Kunde. Einmal erfocht Dionys
einen grossen Sieg bei Kabala, in dem Mago fiel und das ge-
schlagene Heer auf einem wasserlosen Felsen abgeschnitten
wurde. Die Truppen begannen zu unterhandeln; Dionys, der
jetzt am Ziel zu sein glaubte, forderte die Räumung der ganzen
Insel. Die Führer des Heers baten um Waffenstillstand, um
die Weisungen der Regierung einholen zu können; und Dionys
gewährte denselben gegen Leptines' Rath. Aber Magos Sohn
— wahrscheinlich war es Hanno — , den die Truppen zum
Feldherrn erhoben hatten, benutzte die Frist, um das Heer
aus der Umklammerung herauszuziehen und wieder kampffähig
zu machen. Dann brach er die Verhandlungen ab. Bei
Kronion, vielleicht in der Nähe von Panormos, kam es zu
einer zweiten Schlacht. Dionys drang anfangs siegreich vor:
aber der andere Flügel unter Leptines wurde geworfen, und
als Leptines tapfer kämpfend gefallen war, auch Dionys in
die Niederlage verwickelt. Der Tag endete mit dem vollen
Siege der Karthager; zu Haufen deckten die erschlagenen
Feinde das Schlachtfeld. Dionys' Hoffnung, ganz Sicilien er-
obern zu können, war auch diesmal vereitelt.
Dionys und Euphemos (?, bei Polyaen Eor^evo;) : Polyaen V, 2,
22. Die hier geschilderte Situation, gescheiterte Verhandlungen r.pbq
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Dritter Karthagerkrieg. Kampfe in Italien. Eroberung von Kroton. 167
Metijcovtivoo? xotl to6c oXXoo? 'ItaAMotot? ictpl <ptXta(, ist jedenfalls historisch
und kann nur in diese Zeit geboren. Die Geschichte von Dämon und
Phintias will Aristoxenos fr. 9 von dem jüngeren Dionys selbst gebort
haben. — Leptines (und Philistos, was nicht richtig ist) in Thurii : Diod.
XV, 7, 4. — Leptines mit spartanischen va&rctt bei Taren t: Polyaen V,
8. 2. Ein spart. Söldnerfübrer Aristomenes: Polyaen II, 31, 1. — Den Krieg
erzahlt Diod. XV, 15—17 sehr summarisch unter dem einen Jahre 383/2 ;
es ist oft bemerkt worden, dass er in Wirklichkeit viel langer gedauert
haben muss, vgl. XV, 24. Auf das Detail ist gar kein Verlass; die Ver-
handtungen bei Kabala erzählt Polyaen VI, 16, 1 zum Theil abweichend.
In den Krieg gehört vielleicht auch Polyaen V, 2, 17. Nach Aelian v. h.
13, 45. Plut. de Alex. fort. II, 5 ist Dionys an Leptines* Tode schuld!
825. Bessere Erfolge hatte Dionys in Italien. Zwar haben
die Karthager im J. 379 Hipponion besetzt und die alten Ein-
wohner zurückgeführt. Auch missglückte* ein Versuch Thurii
zu erobern; die Angriffsflotte wurde durch Sturm zersprengt.
Dagegen hat Dionys Kroton nach langen Kämpfen und tapferer
Gegenwehr im J. 379 genommen; die steile Burg fiel durch List
in seine Gewalt. Das zu Kroton gehörige Heiligthum der Hera
am lacinischen Vorgebirge hat er ausgeplündert. Ob daraus,
dass er auch die Tempelschätze der Persephone in Lokri
sich aneignete, zu folgern ist, dass auch diese Stadt sich
einmal empört hat, ist dagegen sehr fraglich; vermuthlich
ist sie wie im vorigen Kriege sein Hauptstützpunkt gewesen,
das Geld aber, das er für seine Kriegsführung dringend
brauchte, hat er wie früher (§. 791) genommen, wo immer
er es fand. Dagegen ist nicht zweifelhaft, dass er. wie er um
diese Zeit mit den Kelten einen Vertrag schloss und aus ihnen
Söldner für den Krieg mit Kroton warb (§. 823), so auch
das Bündniss mit den Lucanern erneuert hat. Sie haben
sich jetzt in Petelia, drei Meilen nördlich von Kroton, festge-
setzt, und von hier aus Thurii befehdet; und auch sonst mögen
sie jetzt noch weiter vorgedrungen sein und manche bisher von
den Griechen behauptete Landorte besetzt haben. Wie im
Mutterlande kam auch im Westen der Hader zwischen den
Griechen und die immer erneuerte Auflehnung gegen die einzige
Macht, die sie schirmen konnte, nur den Nationalfeinden zu Gute.
!
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IV, 3. Das Reich des Dionysios.
Die Karthager in Hipponion: Diod. XV, 24; weiter erzählt Diodor
von dem Krieg in Italien überhaupt nichts! Angriff auf Thurii: Aelian
XII, 61. Eroberung von Kroton: Liv. 24, 3, 8. Den Krieg erzfihlt
Justin 20. 5; während desselben schlössen die Gallier, qui ante menses
Romam incenderant, mit Dionys ein Bündnis*. Dazu stimmt das Ex-
cerpt aus Dion. Hai. 19, 5 xal KpoTwv.äTa; e£s;.Xs v.ai 'Pfjfivoo?, xal 3*.-
stiXestv ttfj 5u>58xa toütojv t-jpavvtöv tiLv rtoksiuv, d. i. 37918— 368/7. Dass
Rhegion hier genannt ist, ist wohl Schuld der Kürzung durch den Ex-
cerptor; das Datum kann sich nur auf Kroton beziehen und wird durch
Justin bestätigt, nach dem Dionys nach dem BQndniss mit den Kelten
den Angriff auf Kroton velut ex integro restaurat. Aus dem Tempel der
lacinischen Hera entführte Dionys einen kostbaren Peplos, den er dann
(nach dem Frieden, etwa bei der Abzahlung der Contribution ?) für
120 Talente an die Karthager verkaufte: [Arist.] mir. ausc. 99 und Po-
lemo bei Athen. XII, 541b. — Tempelschatz von Locri: Cic. nat. d. III,
83 = Val. Max. I, 1 ext. 3. Dass Justin 20, 5, 1 sagt: expugnatis
Locris Crotonienses ädgreditur, beweist bei diesem Autor gar nichts;
es wird Rhegion gemeint sein. — Das Excerpt aus Dion. Hai. fährt fort:
sjtei*' ol (liv tov t'ipavvov SrJtoxi? to;.<; ßapßapon; a-kou; bs^eipiCov, ol 8\
6h' i*8tvtuv noXsfjLO'ijjievot , t<j> tupivveu xä? r.i\v.$ stapeSiSosav. Strabo VI,
1, 3 Uet^Xia . . . spüjxvYj estiv, wste v.at Saovttsu irors 9o?>ptot? itctxtiytzav
a^rfiv; die Lucaner bezeichnet Strabo durchweg als Samniten. Da9
kann nur in diese Zeit gehören : vor 390 waren die Lucaner noch nicht
so weit vorgedrungen, nach 356 aber sitzen hier die Bruttier. Gegen die
Lucaner kämpft auch Dionys II. in diesen Gegenden: Diod. XVI, 5, 2;
ebenso die Lokrer: Justin 21, 3, 3.
826. Die Niederlage bei Kronion hat Dionys nie wieder
auszugleichen vermocht. Aber auch die Karthager haben den
Sieg nicht ausnützen können. Wie in den früheren Kriegen
brach auch diesmal eine verheerende Epidemie aus, und die
Libyer benutzten die Gelegenheit zu einer neuen Empörung;
auch nach Sardinien griff der Aufruhr hinüber (vgl. §. 820). So
begannen sie aufs neue Friedensverhandlungen. Dionys ging
darauf ein; offenbar waren seine Kräfte erschöpft und er sah,
dass er weitere Erfolge nicht erzielen könne. Er trat den
Karthagern Selinus und den westlichen Theil des Gebiets von
Agrigent bis zum Fluss Halykos ab, und östlich desselben
noch Heraklea Minoa; ebenso im Norden das Gebiet von
Himera mit Thermae — hier hat offenbar jetzt der Himera-
fluss die Grenze gebildet. Ausserdem verpflichtete er sich,
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Friede mit Karthago. Archylas von Tarent.
169
eine Kriegscontribution von 1000 Talenten zu zahlen, die in
Jahresraten abgetragen wurde. Dafür gaben die Karthager
Italien dem Dionys Preis. — Wann der Friede geschlossen
ist, wissen wir nicht; vielleicht im J. 376 , da mit diesem
Jahre das Werk des Hermias von Methymna über die Geschichte
Siciliens abschloss. — Die Karthager haben die Friedenszeit
zur Bekämpfung der Aufstände in Afrika und auf Sardinien
benutzt, die Hanno, zubenannt der Grosse, niederwarf. Für
Dionys aber begann jetzt, zum ersten Male nach fast 30jähriger
Regierung, eine Epoche des Friedens. Auf Sicilien hatte er
den Karthagern einen ansehnlichen Grenzdistrict überlassen
müssen, so dass ihnen jetzt nahezu ein Drittel der Insel unter-
than war. Aber das übrige hielt er noch immer fest in seiner
Gewalt, und in Italien hatte er sein Reich durch die Eroberung
von Kroton erweitert. Mit den Resten des italiotischen Bundes
erreichte er jetzt endlich gute Beziehungen. Derselbe war seit
dem Falle Krotons auf Thurii, Metapont und Tarent beschränkt,
und die Führung auf Tarent übergegangen ; in dem von diesem
gegründeten und abhängigen Heraklea am Siris (§. 400) wurde
das Bundesfest gefeiert. Der leitende Staatsmann von Tarent
u-urde der Pythagoreer Archytas, und er hat die Beziehungen
zu dem mächtigen Tyrannen und seinem Nachfolger sorg-
fältig gepflegt. Siebenmal stand er als Stratege an der Spitze
des Staats und damit zugleich des Bundes; seiner umsich-
tigen und besonnenen Führung verdankt Tarent nicht zum
wenigsten , dass es an Wohlstand und Macht stetig zunahm,
während fast überall in Italien das Griechenthum niederging.
Seuche und Aufstände in Karthago: Diod. XV, 24. vgl. 73. Justin
20. 5, 10 bellum quod lue deseruerant. — Friedensbedingungeu : Diod.
XV, 17. Thermae ist in Agatbokles1 Geburtsjahr 301 karthagisch : Diod.
XIX, 2. Heraklea Minoa: Plut. Dio 25. Diod. XVlf 9. Selinus, Enteila,
Eryx, Lilybaeon karthagisch: Diod. XVI, 73. Plato ep. 7, 333a: Dionys 1.
föpov ttd;ato «pepetv tote ßap^dpot;. — Abschluss des Werks des Hermias
(der sonst fast unbekannt ist, vgl. §. 783 A.): Diod. XV, 37, 3; einen An-
lass muss der Endpunkt doch gehabt haben. — Unterwerfung des Auf-
stands in Afrika: Diod. XV, 24. 73, 1. Trog. prol. 20 res quas Anno
magnus in Africa gessit [vgl. Arist. pol. VIII, 6, 2]. Hierher gehört wohl
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170
IV, 8. Das Reich des Dionysios,
Ephoros fr. 149 a aus Ib. 28: MuvSovec eftvo; Ai^u-r^, berühmt durch
Verstand und Reichthum. — Von Aristoxenos' Leben des Archytas sind
leider nur dürftige Trümmer erhalten (fr. 13 — 15); ein paar Daten bei
Diog. L. VIII, 79. 82 (ungenau Aeluin v. h. VII, 14. XIV, 19). Besonders
werthvoll ist die Notiz bei Suidas: toö xoivoD tüiv 'ltaXu»T«iv «poeo^,
OTparrftk aipcO-«; aütoxpdtoup 6«ö t&v «oXttwv xa: tcLv rcepl exttvov töv
*6*ov 'EXXtjvoiv. Detail kennen wir fast gar nicht. Die Beziehungen zu
Dionys II. sind erst durch Plato vermittelt: ep. VII, 338c. 839 d; von Piatos
Briefen an ihn ist ep. 9 ächt, ep. 12 (= Diog. L. VIII, 80 f.) unacht.
— Geschenk Dionys' II. nach Tarent: Euphorion bei Athen. XV, 700 d.
— xocvtj «avyjopt« in Heraklea: Strabo VI, 8, 4.
Persönlichkeit und Reich des Dionysios.
827. »Es scheint widersinnig und Wahnwitz, dass ein
beliebiger Syrakusaner ohne Ansehen und Herkunft, wie
Dionysios, nach der Monarchie gestrebt hat; aber er hat
alle Mittel ergriffen, die ihm diese Macht verschaffen konnten,
und hat Syrakus behauptet, alle Griechenstädte auf Sicilien
unterworfen, und sich eine solche Macht zu Lande und zur
See geschaffen, wie nie ein Mann vor seiner Zeit.« So fasst
Isokrates das Urtheil über den Tyrannen zusammen. Keine
Persönlichkeit hat den Zeitgenossen einen so mächtigen und
zugleich einen so unheimlichen Eindruck gemacht wie Dionys.
Mit Abscheu sahen die griechischen Republikaner, die Idealisten
wie die begehrlichen Massen des Pöbels und der Reichen, denen
die Freiheit nur das Schlagwort war, unter dem sie den
Staat für sich ausbeuten wollten, auf den Gewalthaber, der
Jahrzehnte lang unumschränkt über Leben und Eigenthum
vieler Tausende griechischer Bürger schaltete; und voll Ent-
rüstung vernahmen sie, wie er eine Stadt nach der anderen
knechtete, ja nicht wenige vernichtete. »Zahlreiche Städte
sind durch die Tyrannen zerstört,« ruft Lysias im J. 388 den
Hellenen zu; tltalien ist verwüstet, Sicilien geknechtet,« klagt
Isokrates im J. 380. Nur wer kühl die Dinge nahm, wie sie
lagen, und lediglich die praktischen Aufgaben der Politik
verfolgte, wie Sparta, konnte mit dem Tyrannen Hand in
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Dionys in der Auffassung der Zeitgenossen. 171
Hand gehen. Dagegen auch die modernen Theoretiker, welche
in der Monarchie eine ideale, ja selbst die höchste Gestaltung
des Staats anerkannten, vermochten sich doch mit der Art,
in welcher Dionys die Herrschaft führte, nicht zu befreunden:
für sie blieb er der Typus des brutalen Egoisten und sein
Staat das Gegenbild jeder wahren Staatsverfassung. Und doch
konnte man sich der Empfindung nicht verschliessen, dass hier
eine ganz aussergewöhnliche Leistung vorlag: inmitten der
immer verzweifelteren Gestaltung der hellenischen Welt hatte
sich hier und hier allein eine wirkliche festgegründete Macht
erhoben, welche in gewaltigen Kämpfen sich behauptete und
ständig anwuchs, während ringsum alles zusammenstürzte,
selbst die Macht von Sparta, die der des Dionys am nächsten
verwandt schien. Nicht nur die Begehrlichkeit schaute be-
wundernd und neidisch auf zu dem allmächtigen Tyrannen,
nicht nur rief sein Beispiel in den Wirren der Zeit alsbald aller
Orten Nachahmer hervor, die mit mehr oder weniger Beruf und
Erfolg in ihrem Kreise es ihm gleichzuthun suchten, sondern
auch bei ruhigen der politischen Thätigkeit fern stehenden Be-
il rt heilern mischte sich, oft halb unbewusst, Bewunderung in
den Abscheu. Je mehr Isokrates' politische Einsicht wuchs,
je mehr er die Ausschlag gebende Bedeutung der Macht für
die Verwirklichung des hellenischen Ideals erkannte, das in
seinem Herzen lebte, desto mehr hat er Dionys' Bedeutung
würdigen gelernt; und Plato hat, als er am Ende seiner Lauf-
bahn in die praktische Politik einzugreifen gezwungen war,
gerade der nationalen Bedeutung des Tyrannen die volle An-
erkennung nicht versagt (§. 782).
Isokrates' Urtheile Aber Dionys: paneg. 169, vgl. 126. Nicocl. 23.
Archid. 44. pac. 99. Phil. 65, und daneben sein Brief an Dionys ep. 1.
— Lysias 38, 3. — In seinem Hieron entwirft Xenophon c. 1—7 eine
Schilderung der Herrschaft des Dionys, an die sich c. 8—11 die auf
Dionys II. zielenden Reformvorschläge schliessen. Im allgemeinen vgl.
Sill, Unters, über die piaton. Briefe I. Diss. Halle 1901.
828. Dionys war eine geborene Herrschernatur; von viel-
seitigster Begabung, ein tüchtiger Feldherr, ein vorzüglicher
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IV, 3. Das Reich des Dionysios.
Organisator, immer erfinderisch in neuen Gombinationen und
Auswegen, dabei tapfer und unverzagt auch in den schwie-
rigsten Lagen, von unermüdlichem Thätigkeitsdrange — »möge
ich nie in die Lage kommen, freie Zeit zu haben,c ist einer
seiner Aussprüche — , geistreich und voll witziger Einfalle, ein
Freund lebendig angeregten Gesprächs. Er war ein durch
und durch moderner Mensch, so aufgeklärt wie nur einer, im
guten wie im bösen Sinne. Die Macht zu gewinnen und zu
behaupten war das Ziel, dem all sein Thun diente, und dafür
war ihm, wie Alkibiades, wie Lysander und Agesilaos und so
vielen Kleineren, jedes Mittel recht. Nur eine Leidenschaft kannte
er ausser dem politischen Ehrgeiz: er wollte ein grosser Dichter
sein, der Erbe des Euripides, des Ideals der modernen Welt-
anschauung, den er in seinen Tragödien ebenso nachgeahmt
hat, wie Kritias. Mit der Empfindlichkeit fürstlicher Dilettanten
liess er seinem Groll freien Lauf gegen jeden, der seinen Dich-
tungen das Lob versagte, mochte es auch der gefeierte
Dithyrarabiker Philoxenos sein; und manchen politischen Er-
folg hätte er hingegeben, wenn er dafür die Anerkennung
des Publicums und vor allem Athens errungen hätte. Sonst
aber hatte er seine Triebe völlig in seiner Gewalt; nie hat er
sich irgend welchen Ausschweifungen hingegeben. Von Natur
war er weder grausam noch habgierig; gegen Rhegion hat
er seiner Rache freien Lauf gelassen, sonst aber hat er nach
seinen Siegen viel eher Milde geübt und den Gegnern ver-
ziehen, wo es möglich war, und auch ein freies Wort hat er
sich nicht selten gefallen lassen. Aber all sein Thun ist be-
herrscht von der Staatsraison; die Grundsätze Macchiavellis hat
er durchgeführt wie nur irgend einer der Usurpatoren und Mon-
archen, welche die Staaten des modernen Europas geschaffen
haben. Die Gefangnisse in den Steinbrüchen füllten sich mit
Gefangenen; wer verdächtig war, musste fallen, auch wenn
er ihm nahe stand; und wo es nöthig war, hat er die Städte
ebenso rücksichtslos vom Erdboden vertilgt, wie er das Tempel-
gut in die Staatscasse abführte. Mit seinen beiden Frauen
lebte er in dauernder Eintracht; aber die Mutter der Doris
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Dionysia»1 Persönlichkeit. 173
hat er tödten lassen , weil er sie im Verdacht hatte, durch
Zauber die Aristomache unfruchtbar gemacht zu haben; und
seinen ältesten Sohn und Erben wagte er nicht in die Staats-
geschäfle einzuführen, damit er ihm nicht gefährlich werde.
Wenn ein Fürst keine Freunde haben kann, so ein Usurpator
am wenigsten. »Dionysios,« sagt Plato, »der in seiner Klug-
heit ganz Sicilien in eine einzige Stadt zusammengebracht hat,
hat sich mit Mühe dadurch erhalten, dass er Niemand traute;
denn er war arm an Freunden und Getreuen.« Je länger er
lebte, desto tiefer schlugen Argwohn und Menschen Verachtung
in seiner Seele Wurzel: er sah in den Menschen, die sich um
ihn drängten, nichts als hartgesottene Egoisten, die ihm
dienten und schmeichelten, weil er die Macht hatte, und jede
Gelegenheit ergreifen würden, ihn zu betrügen und ihm den
Dolch in die Brust zu stossen, wenn er sie nicht gewaltsam
niederhielt. Er selbst hat die Qualen des freudlosen Lebens
-empfunden, das er sich bereitete: die Anekdote vom Schwert
des Damokles gibt dem Ausdruck, und auch in dem Schluss der
Erzählung von der Bürgschaft hat die Legende diese Stimmung,
♦
•die Sehnsucht nach einem Freunde, zu Wort kommen lassen.
Aber er konnte aus seiner Stellung nicht heraus. Er hatte
so viel erlebt und so viel geleistet, dass er mit seinem kühl
rechnenden Verstände auf alle anderen Menschen voll Gering-
schätzung herabsah. Sie konnten ihm nichts rathen und nichts
helfen; und wenn ihm einmal eine selbständige, frei denkende
Persönlichkeit gegenübertrat, so konnte er sie erst recht nicht
gebrauchen. Wenn Plato, der um das J. 388 nach Syrakus
kam (§. 988), mit Dionys in persönliche Berührung getreten
ist, so musste dieser gegen ihn die gründliche Abneigung
empfinden, mit der Napoleon die Ideologen verfolgt hat. —
Dadurch kommt ein kleinlicher Zug in sein Wesen; zu den
wahrhaft grossen Gestalten der Weltgeschichte gehört er
nicht, trotz seiner gewaltigen Leistungen. Weder den grossen
Staatsmännern Athens, wie Themistokles und Perikles, kann
man ihn * trotz aller Verwandtschaft gleichstellen, noch den
grossen Königen Makedoniens, Philipp und Alexander. Aber
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174
IV, 3. Das Reich des Dionysios.
wenn hier der Fluch der Illegitimität nachwirkt, den nie ein
Usurpator hat überwinden können, selbst Caesar nicht, so darf
er auch mit Alkibiades nicht verglichen werden; er gehört,
so sehr er sie nach anderer Seite überragt, seiner Persönlich-
keit nach in die Glasse der Lysander und Agesilaos, oder
Ludwigs XI., Heinrichs VII., Karls V. und ihrer Genossen.
Ihm fehlt die höchste, geheimnissvolle Weihe des Genius, die
allein auf die höchsten Höhen der Menschheit führt. Das tritt
auch in seinen Thaten hervor. Wie er den Sieg über Rhegion
und die politisch nothwendige und moralisch begreifliche Rache
an der Stadt durch die brutale Misshandlung des Phyton ge-
schändet hat, wie Karl XII. seine Siege durch die Rache an Patkul,
so hat er trotz staunenerregender Anstrengungen und Erfolge
und unzweifelhafter grosser strategischer und organisatorischer
Begabung dennoch fast nie einen entscheidenden Sieg errungen
und sein letztes Ziel, die Herrschaft über ganz Sicilien , nicht
erreicht. Das ist doch nicht nur die Wirkung der unzähligen
Zufalle, die jede militärische Entscheidung beeinflussen; viel-
mehr erhält man den Eindruck, dass eben seine Vielgeschäftig-
keit, seine Erfindsamkeit in immer neuen Mitteln ihm den
Blick für das sicher Erreichbare getrübt hat. Schwerlich wird
man Dionys als Strategen auch nur in weitem Abstände mit
Hannibal oder Caesar auf eine Linie stellen dürfen.
Charakteristik des Dionys: Nepos reg. 2. Cic. Tusc. V, 57 AT. und
ad. Qu. fr. II, 11, 4, beide im wesentlichen nach Philistos. Ferner zahl-
reiche Anekdoten , namentlich in Plutarchs Schriften. Die Angabe de
Alex. fort. II. 5, er habe 10.000 oder mehr Bürger tödten lassen, ist
ebenso übertrieben, wie die sonstigen Daten dieser Stelle. Dionys' Dich-
tungen: Diod. XV, 6 f. u. a. Ferner Xenophons Hieron (§. 827 A.), Isokr.
ep. 1, 4, Eubulos' Komödie Dionysios fr. 25 (Kock II, p. 173); das tiefste
sagt, trotz aller Einseitigkeil, Plato im 7. und 8. Brief. — Erziehung des
Sohns: Plato ep. 7, 332c. Plut. Dio 9.
829. Auch Dionysios' Reich trägt dieses Doppelantlitz.
Ihm war die Aufgabe gestellt, einen grossen, widerstands-
fähigen und wehrkräftigen Staat mit Syrakus als Mittelpunkt
zu schaffen, der die nationale Existenz der Griechen im Westen
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Dionysios' Reich. Das Problem des Einheitsstaats. 175
retten und für die Zukunft sichern konnte. Diese Aufgabe
hat er erfüllt. Aber er konnte es nur, indem er die Grund-
lage des griechischen Staats aufhob, die Autonomie der Einzel-
gemeinde. Dionys stand vor demselben Problem, welches Athen
im fünften Jahrhundert, welches gleichzeitig Sparta und dann
Athen zum zweiten Mal und wieder in anderer Weise Kortnthund
Argos (§. 863), die Olynthier, Thebaner, Arkader und so manche
andere, und in Latium und bald in ganz Italien Rom zu lösen
suchte. Der natürlichste Weg schien den Griechen die Herr-
schaft einer Stadt, welche all die anderen Gemeinden in Ab-
hängigkeit hielt und ausbeutete; aber das machte eine volle
Ausnutzung ihrer Wehrkraft unmöglich, wenn man nicht, wie
Sparta, zu einem Zwangssystem greifen wollte, welches sich
auf die Dauer doch nicht behaupten konnte. Der andere Weg,
der der freien Föderation, erwies sich überall alsbald als
kraftlos und den thatsächlichen Verhältnissen nicht ent-
sprechend; die Union aber scheiterte, auch wo sie wie in
Arkadien nach der Schlacht bei Leuktra freien Spielraum
hatte, an dem unüberwindbaren Widersland des Particularismus.
Die erfolgreichste Lösung hat Rom gefunden, indem es die
verschiedensten Formen der Incorporation , Föderation und
Colonisation neben einander benutzte und innerhalb derselben
die locale Autonomie der abhängigen Gemeinden wahrte, aber
die politische Leitung an sich nahm und von Bürgern und
Bundesgenossen gleichmässig die volle Hingabe ihrer Wehr-
kraft für das gemeinsame Ziel forderte. Dieser Weg war in
der griechischen Welt kaum gangbar; das Selbstgefühl der
Einzelgemeinden war zu stark entwickelt, als dass Herrscher
wie Beherrschte die Concessionen hätten machen können, die
dazu erforderlich waren. Wir haben gesehen, wie die attische
Demokratie den Gedanken zwar erwogen aber niemals ernst-
lich auszuführen versucht hat; und Olynth, Theben und
andere, die ihn zu betreten versuchten, sfnd nach kurzem
Erfolge gescheitert. Dionys hat den radicalsten Weg ein-
geschlagen: er hob die Einzelgemeinden auf und verpflanzte
die Einwohner in die eine Grossstadt Syrakus. Zwar wurde
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176 IV, 3. Das Reich des Dionysios.
auf dem einverleibten Gebiet eine Reihe von Militärcolonien
angelegt, und um Syrakus gruppirten sich mehrere no-
minell verbündete Gemeinden x Agrigent, Gela, Kamarina,
eine Anzahl von Sikelerstädten wie Assoros, Agyrion, Ken-
toripa, Herbita, ferner Lokri, vielleicht auch Kroton. Im
einzelnen fehlt uns über die politische Organisation seines
Reichs jede Kunde; wie es aber um die Autonomie dieser
Gemeinden bestellt war, spricht sich deutlich darin aus, dass
unter Dionys' Herrschaft keine von ihnen Münzen geprägt hat,
abgesehen von vereinzelten Kupferprägungen; in dem ganzen
von ihm abhängigen Machtgebiet galt ausschliesslich das Geld
von Syrakus. Ohne Zweifel haben auch in allen Bundesstädten
Vögte des Herrschers das Regiment geführt. Syrakus selbst
war jetzt zwar die grösste Stadt von Hellas, und vielleicht
der Welt überhaupt; und dem Namen nach gebot sie über
ein grosses Reich. Aber mochte auch der Schein der Volks-
freiheit und der Souveränität des Demos aufrecht erhalten
sein, thatsächlich waren ihre Bürger dem Willen des Despoten
ebenso vollständig unterthan wie jeder andere Bewohner seines
Reichs. Ein Staat im griechischen Sinne war Syrakus nicht
mehr. Die Bevölkerung war aufs gründlichste durch einander
geworfen, die Besitzverhältnisse revolutionirt, Alteingesessene
und Fremde, Herren und befreite Knechte, Hellenen und Bar-
baren zu einer neuen Bürgerschaft verbunden, die thatsäch-
lich politische Rechte nicht mehr besass. Eben darum konnte
Dionys aber auch wohl ihre Steuerkraft bis aufs äusserste
anspannen, aber nicht ihre Wehrkraft; nur mit grosser Vor-
sicht durfte das Bürgerheer für den Krieg verwendet werden.
Nur durch Zwang konnte dieser Staat zusammengehalten
werden; seine feste Stütze war das Söldnerheer des Tyrannen,
in dem sich, wie im Heer der Karthager, alle Nationalitäten
in buntem Gemisch zusammenfanden, Griechen von Ost und
West, namentlich aber aus dem Peloponnes, Sikeler und
Campaner, Iberer und Kelten. Und diese Leute mussten
nicht nur reich besoldet, sondern auch versorgt werden, wenn
sie ausgedient hatten: immer aufs neue hat Dionys Veteranen
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Dionysia*' Reich. Der Despotismus. Die Söldner. 177
angesiedelt und dadurch die von ihm zerstörten Städte wieder
hergestellt. So war er, der Vorkämpfer und Retter der
Hellenen des Westens, gezwungen, die Feinde der hellenischen
Nationalitat zur Festigung seiner Herrschaft zu benutzen.
Während unter seinem Regiment die Hellenisirung der Sikeler
sich vollendete, hat er Campaner in Massen nach Sicilien ge-
führt, ebenso wie sein Krieg gegen den italiotischen Bund das
Vordringen der Lucaner begünstigt hat.
Im allgemeinen: Beloch, l'impero di Dionisio (§. 787 A.), der aber
■die Kehrseite und die Bedeutung der fremden Elemente unterschätzt.
Die wichtigste Quelle bilden Piatos Briefe, welche die Zustände in Sy-
rakus und auf der ganzen Insel lebendig vor Augen führen, speciell ep.
S, 315 d. 7, 331 c ff. 8, 353 e. 357 a. Campanische Söldner und Colo-
nisten: Diod. XIV, 15, 3 u.a. Plut. Dio 27. Xen. Hieron 5. 3. 6, 5. An-
siedelung der Veteranen auch Polyaen V, 2, 8. Vgl. Plut. Timol. 1 rr)<;
& oXXtj? E'.xtXia; v. jiev &vaotaTo; xal £rcoXi$ Kavtaitaotv *J]5y] iob$
ffoXcpoo; 6ic?jpxsv» a'- &i nXsictat k6Xb'.£ 6k6 ßapßdfxuv jitfaScuv xal 3tf»a-
«tta»tu)v fy.t'3»üiv xatstxovto. — Cic. rep. III, 43: alle Bauten in Syrakus
und die Grösse der Stadt nihilo magis efficiebant Dionysio lenente, ut esset
illa respuhlica; nihil enim populi, et unius erat populus ipse.
830. Trotz dem allem durfte Dionysios sich sagen, dass
er seine Berechtigung erwiesen habe, die Herrschaft zu fähren.
Die Verhältnisse hatten sich so gestaltet, dass es keinen an-
deren Ausweg mehr gab, als das persönliche Regiment; und
dies Hess sich in anderen Formen nicht durchführen. In einer
seiner Tragödien hat er die Tyrannis als »Mutter des ün-
rechtst bezeichnet; aber seinen Töchtern gab er die Namen
Gerechtigkeit, Selbstbeherrschung und Tugend (Dikaiosyne,
Sophrosync, Arete). Der Mitwelt klang das wie Gotteslästerung;
in Wahrheit hat er damit dem Bewusstsein lebendigen Aus-
druck gegeben, dass er trotz all seiner Gewaltthaten und all
seiner engherzigen Polizeimassregeln dennoch ein sittliches
Princip vertrat, das besser berechtigt war, als alle Phrasen,
die man ihm entgegen hielt. Er hatte alle Schwierigkeiten
siegreich überwunden. Zu einer republikanischen Erhebung
ist es nach 396 nicht wieder gekommen; die republikanische
Gesinnung mochte in der Bürgerschaft weiter leben, aber ihre
Meyer, Geschiebte des Alterthums. V. 12
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178
IV, 3. Das Reich des Dionysios.
Kraft, längst geschwächt durch die Verwilderung des sicili-
schcn Lebens, wo die materiellen Interessen und die zügellose
Genusssucht den Bürgersinn erstickten, war jetzt vollständig
und für alle Zukunft gebrochen. Nicht mehr von den ünter-
thanen und den äusseren Feinden drohte seinem Werke Ge-
fahr, sondern nur noch von seiner nächsten Umgebung, von
seinen Gehülfen und Verwandten. Auch hier hat Dionys jede
Opposition, die bedrohlich werden konnte, energisch nieder-
gehalten. Sein Bruder Leptines (vgl. §. 824), sein Schwager
Polyxenos wurden von ihm verbannt und mit ihnen Philistos,
der getreueste seiner Gehülfen, der bis dahin den wichtigsten
Vertrauensposten eines Kommandanten der Burg von Syrakus
bekleidet hatte; er war ihm verdächtig geworden, weil er sich
ohne sein Vorwissen mit Leptines' Tochter vermählt hatte. Lep-
tines wurde nach einiger Zeit wieder zu Gnaden aufgenommen
(§. 824); Philist os musste bis zum Tode des Herrschers im
Exil in Adria bleiben (§. 823). — Dionys konnte sich der
Ueberzeugung hingeben, ein Dauer verheissendes Werk ge-
schaffen zu haben. »Mit Ketten von Stahl,« rühmte er, habe
er sein Reich gefesselt; ohne irgend welche Erschütterung ging
bei seinem Tode 367 die Herrschaft auf seinen Sohn über.
In der ruhigeren Zeit nach der Eroberung Rhegions und in
den letzten Jahren seiner Regierung, wo der Friede nur noch
einmal durch den Karthagerkrieg von 368 unterbrochen wurde
(§. 985), hat Dionys viel zur Hebung von Syrakus gethan,
und nicht nur den Bau der Festungswerke, Häfen und Ar-
senale fortgesetzt, sondern die Stadt auch mit Tempeln,
breiten Strassen und Säulengängen geschmückt und in der
Anaposebene ein grosses Gymnasion gebaut. Wenn die Ver-
hältnisse sich weiter festigten, wenn die alte Generation ab-
gestorben war und die Bevölkerung sich eingelebt hatte in
die neue Ordnung, dann mochten die Schattenseiten zurück-
treten und die Nachwelt dankbar auf das Andenken des
Mannes zurückblicken, der den mächtigsten und am festesten
gefügten aller hellenischen Staaten geschaffen hatte. Aber es
ist anders gekommen. Freilich nicht durch eigene Kraft haben
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Dionys1 Reich. Conflicte mit seiner Umgebung. Festigkeit seiner Stellung. 179
die Syrakusaller die Freiheit zurückgewonnen; trotz der
Schwäche des Thronfolgers war von hier aus eine Gefahr
nicht zu befürchten. Dionys' Reich ist zerschellt an der Macht,
auf die der Herrscher vor allen anderen mit Geringschätzung
herabblickte, an der Macht der Idee. Sein Werk zu zer-
trümmern ist sie stark genug gewesen ; etwas Neues an seine
Stelle zu setzen hat sie nicht vermocht. Und so hat der
Ausgang erwiesen, dass der Weg, den Dionysios einge-
schlagen hat, dennoch der allein berechtigte gewesen ist.
Dionys1 Conflict mit Leptines und Philistos: Plut. Dio 11. Diod.
XV, 7. Aeneas tact. 10, 21 f. (vgl. Nepos Dio 3, 2. Pausan. I, 13, 9. Plut.
Timol. 15), mit Abweichungen im Detail; mit Polyxenos: Plut. Dio 21;
im allgemeinen Plato ep. 7, 331 e Dionys napaXaßüiv StxcXiat «oXXas xat
prfctXa; soXei? uiro twv ßapßaptuv sxusnopO^fiiva«;, oo/ otoc x' -rjv xatoi-
xioas rcXttttac tv exdatat^ xaxaot^aas&a'. rci3ta{ £tatpu>v äv&puiv, o5ts
aXXu>v 3iq trofov oftvsiuiv oöte &3eX<pwv, oö^ eftpe^s te ahxb$ vttutipoo?
ovxa? cet. — Bauten : Diod. XV, 13, 5. Gic. rep. III, 43 : urbs praeclara
illa , quam ait Timaeus Graecarum maximam , omnium autem esse pul-
cberrimam, arx visenda, portus . . . viae latae, porticus, templa, muri;
vgl. Isokr. 3, 23: Dionys hat Syrakus prfiovrp tü»v 'EXXYjv&tov itoXetov
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IV. Sparta im Kriege mit Persien.
Abfall Aegyptens. Kyros' Erhebung und Untergang.
831. Zu Anfang des J. 404 ging die Regierung Darms' II.
zu Ende. Sie ist so thatenarm und inhaltsleer verlaufen wie
die seines Vaters; dass er zu Ende seiner Regierung eine aus-
schlaggebende Stellung in der griechischen Welt und einen
grossen Theil der Küstenstädte Kleinasiens zurückgewann, ist
nicht sein Verdienst, sondern das Ergebniss der veränderten
Weltlage. Um dieselbe Zeit erlitt das Reich einen weit em-
pfindlicheren Verlust durch den erneuten Abfall Aegyptens.
Die Erhebung ging aus von Amyrtaeos von Sais, vermuthlich
einem Enkel des libyschen Dynasten, der mit Inaros zusammen
den vorigen Aufstand geführt und sich dann in den Sümpfen
des westlichen Deltas behauptet hatte (§. 336. 420). Weder
über den Hergang noch über die Zeit der Erhebung haben
wir irgend welche Kunde; nur das wissen wir, dass um das
J. 404 das ganze Nilthal einschliesslich der Festungen den
Persern entrissen war. Vermuthlich haben die Krankheit des
Königs und dann der Thronwechsel mit den anschliessenden
Wirren den Widerstand der Perser lahm gelegt. Zu geordneten
Verhältnissen ist indessen Aegypten nicht gelangt. Offenbar
waren die Zustände ähnlich denen der Assyrerzeit; eine ganze
Anzahl localer Dynasten erhob sich im Delta, und in ihren
Fehden vermochte der momentane Träger der Doppelkrone
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Abfall Aegyptens. Darms' II. Ausgang.
181
des Nilthals immer nur eine schwächliche Rolle zu spielen.
So finden wir im J. 400 an der Deltaküste einen König
Psammetich (§. 837), der sich von dem Pharao der 26. Dy-
nastie ableitete und wohl ein Nachkomme des Herrschers ist,
der den Athenern im J. 445 Getreide sandte (§. 392). Manetho
rechnet den Amyrtaeos als einzigen König der 28. Dynastie
und gibt ihm nur 6 Regierungsjahre 404 — 399 (die Daten
sind unsicher); dann folgt mit Nepherites I. eine neue Dynastie
aus Mendes im mittleren Delta.
Dass die Aegypter im J. 401 bereits seit längerer Zeit abgefallen sind,
lehrt Xen. Anab. II, 1, 14. 5, 13 (vgl. Isokr. 5, 101), und möglich ist, dass
Abrokomas sein starkes Heer ib. I, 4, S. 5 zunächst gegen sie gerüstet hatte
(Bebdahtz). Im Übrigen sind wir — da der Abfall Aegyptens im Excerpt
aus Ktesias und bei Diodor nicht erwähnt wird — lediglich auf die Ex-
cerpte aus Manetho angewiesen (Africanus b. Synkellos p. 142. 144.
Euseb. I, p. 149); über ihre Daten (die vielfach, auch ton Jodeich,
Kleinas. Studien 144 ff. nicht richtig behandelt sind) s. Forsch. II, 490.
Manetho lasst die 28. Dyn. im J. 404, nach dem Tode des Darius II.
beginnen, und die 30. Dyn. 64 J. darauf, im J. 841, enden. Letzteres
Datum ist jedenfalls zu tief; Aegypten ist 844 oder 348 von Artaxerxes III.
wieder unterworfen worden. Daraus folgt aber noch nicht, dass auch
die übrigen Daten um 2 J. hinaufzurücken sind. Vermuthlich Hess sich
Aroyrtaeos' Abfall überhaupt nicht fest datiren, und im übrigen sind
Manethos Daten nirgends absolut zuverlässig. — Aus Diod. I, 44, 3,
wo die Perserherrschaft auf 135 J. mit Ausschluss der einheimischen
Fürsten angegeben wird, ist ein sicheres Datum auch nicht zu gewinnen.
Es bleiben 59 J., was ungefähr der Summe der 29. u. 30. Dyn. Manethos
(zusammen 58 J. 4 Mte.) entspricht. Die sog. »demotische Chronik«, ein
dunkler Commentar zu noch dunkleren Prophezeiungen (besprochen von
Rbtillout, rev. arch. n. ser. 33, 1877. rev. egyptol. L II), nennt einige
Königsnamen dieser Zeit, gibt aber sonst bis jetzt keine Aufschlüsse.
832. Darius II. hatte trotz der Intriguen der Königin
Parysatis (§. 719) seinen ältesten Sohn Arsakes zum Nach-
folger bestimmt und deshalb vor seinem Ende den Kyros an
den Hof berufen (§. 733). Arsakes nahm bei der Thron-
besteigung den Namen seines Grossvaters Artaxerxes an,
dessen glückliche Zeit er fortsetzen wollte. Auch in seinem
Wesen war er ihm ähnlich geartet, weit mehr als sein Vater,
gutmüthig und leutselig, dabei persönlich tapfer und in seinem
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182
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
•
Auftreten nicht ohne Würde, aber innerlich noch haltloser und
bestimmbarer als der gepriesene Vorgänger; ihm fehlte jede
Ader acht königlichen Machtbewusstseins und rücksichtslos
durchgreifender Energie, ohne die ein grosses, auf Eroberung
begründetes Reich nicht bestehen kann, und so degenerirte,
wie bei so vielen der späteren osmanischen Sultane, sein Wohl-
wollen zu unheilvoller Schwäche. Von Anfang an schwankte
er hin und her zwischen den Einflüssen seiner Mutter und
seiner Gemahlin Stateira, die sich gegenseitig grimmig hassten ;
so brachte er seine treuesten Diener abwechselnd der einen
oder der anderen zum Opfer und Hess sich willenlos treiben
und die Zügel des Reichs am Boden schleifen. Einem solchen
Herrscher gegenüber war Kyros nicht gewillt, seine vermeint-
lichen Ansprüche aufzugeben. Er stand jetzt in der Vollkraft
der Jugend. Bereits hatte er sich als einen tüchtigen Ver-
walter und einen erfolgreichen Politiker erwiesen; aber er
fühlte sich als den ächten König, würdig des grossen Namens,
den er trug, thatkräftig und muthig, unermüdlich thätig, allen
Strapazen des Kriegs und der Jagd und nicht minder der
Zechgelage gewachsen: »er trage ein schwereres Herz im
Leibe als sein Bruder,« erklärte er den Spartanern. Gleich
bei der Thronbesteigung versuchte er Artaxerxes II. zu be-
seitigen; aber sein Plan wurde durch Tissaphernes, der mit
ihm an den Hof gegangen war, und durch Mitverschworene
verrathen. Der König wollte ihn hinrichten lassen; indessen
auf die Bitten der Mutter gab er ihn nicht nur frei, sondern
gewährte ihm die Rückkehr in seine Provinz und sein mili-
tärisches Commando. Im Sommer 403 kehrte Kyros nach
Kleinasien zurück (§. 761), entschlossen, seinen Anspruch mit
Waffengewalt durchzusetzen; er empfand nur die Schmach,
die man ihm angethan hatte, und verachtete den erbärmlichen
König nur um so mehr, weil er den Todfeind, wo er ihn in
der Gewalt hatte, gnädig hatte laufen lassen.
Ueber die Geschichte Artax. II. sind wir durch die hier völlig
authentischen Angaben aus Ktesias, durch PJutarchs Leben des Arta-
xerxes, das vor allem auf Deinon basirt, aber auch Ktesias und Xenophon
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Artaxerxes II. und Kyros, Kyros' Rüstungen. 183
benutzt, und durch einige Notizen in Xenophons Anabasis sehr gut
unterrichtet. — Selbstcharakteristik des Kyros in einem Schreiben nach
Sparta: Plut. Artax. 6.
833. Die militärische Ueberlegenheit der Griechen über
die asiatischen Truppen hatte Kyros mit eigenen Augen kennen
gelernt; mit Recht war er überzeugt, dass ein hinlänglich
starkes griechisches Söldnercorps auch die stärkste Armee be-
siegen werde, die sein Bruder aufbringen könne. Der Krieg
mit Tissaphernes um Milet (§. 701) gab ihm den erwünschten
Anlass, seine Truppen zu vermehren; andere Corps hielten
Klearchos auf der Chersones (§. 759) und Menon von Larisa,
der Söldnerführer des Aristippos (§. 765), in Thessalien bereit,
und überdies erhielten mehrere griechische Condottieri, der
Boeoter Proxenos, der Achaeer Sokrates, der Arkader Sophai-
netos u. a. den Auftrag, für ihn zu werben. Brodlose Leute,
die aus dem Krieg ein Handwerk machten, gab es jetzt, wo
Friede geworden war, aller Orten in Griechenland, vor allem
in Arkadien und Achaia ; nicht wenige lockte auch der Name
und die Freigebigkeit des persischen Prinzen, Haus und Hof
im Stich zu lassen, um nach mühelosen Kämpfen mit reicher
Beute heimzukehren. Officiell gab Kyros an, er plane einen
Kriegszug gegen die rebellischen Pisider; der spartanischen
Regierung dagegen hat er seine wahren Absichten raitgetheilt.
Sie suchte den offenen Bruch mit dem König möglichst zu
vermeiden; aber sie stellte ihm Hülfe zu Lande und zur
See in Aussicht und förderte überall die Werbungen, vor allem
die des Klearchos, der von Kyros zum Oberfeldherrn der grie-
chischen Truppen ersehen war und von Sparta insgeheim
wieder in Gnaden aufgenommen wurde. Im Frühjahr 401
waren Kyros' Rüstungen vollendet; er zog seine Truppen zu-
sammen, gegen 9600 griechische Hopliten, 2100 Peltasten
(darunter 800 Thraker), 200 kretische Schützen, dazu ein
starkes Heer von Asiaten, und brach von Sardes auf. Der
König war vollständig überrascht; Parysatis hatte sich für
ihren Liebling verbürgt und zugleich ihm möglichst viel An-
hänger geworben, und öffentlich hatte Kyros von seinen Plänen
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184 IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
nichts verlauten lassen. Erst Tissaphernes, der beim Aufbruch
des Kyros an den Hof eilte, hat dem König die Augen geöffnet.
Jetzt begann er schleunigst zu rüsten ; alle Reichsarmeen (§. 44)
wurden aufgeboten. Einstweilen sollte Abrokomas, der General
der syrischen Armee, dem Usurpator den Weg durch die
syrischen Pässe sperren; ausserdem hoffte man, dass der
Herrscher von Kilikien ihm am Tauros entgegentreten werde.
Der Syennesis war in einer schwierigen Lage; einen festen
militärischen Rückhalt hatte er nicht, und in dem Kampf der
beiden Brüder Partei zu ergreifen war immer gefahrlich. So
versicherte er Artaxerxes seiner Treue und verhandelte zugleich
durch seine Gemahlin Epyaxa mit Kyros und zahlte ihm Sub-
sidien. Um den Durchmarsch durch die Pässe und das
Küstenland zu erzwingen, entsandte Kyros seine Flotte unter
Tamos in den Golf von Issos. Mit ihr zusammen erschien
eine spartanische Flotte von 35 Trieren unter dem Nauarchen
Samios mit 700 Mann Hülfstruppen unter dem Commando
des Spartiaten Cheirisophos an Bord. So konnte Syennesis
behaupten, er sei gezwungen; er gestattete dem Kyros, die
Taurospässe ohne Kampf zu besetzen und nahm ihn in Tarsos
auf. Auch Abrokomas wagte keinen Kampf; er räumte den
Küsten pass am Amanos ohne Schwertstreich und zog mit
seinem starken Heer zum König; 400 seiner griechischen
Söldner traten zu Kyros über. Dagegen regte sich bei Kyros*
eigenen Söldnern der Widerstand, als ihnen klar wurde, zu
welchem Zwecke sie geworben seien ; indessen sie waren schon
zu weit gelockt, um umkehren zu können, und alsbald gewann
sie Klearchos durch geschickte Politik und Kyros durch Er-
höhung des Soldes vollends zum Ausharren.
För die Geschichte des Kyros besitzen wir ausser Xenophon und
den Ueberresten des Ktesias und Deinon eine selbständige Darstellung
bei Diodor ; denn hier ist Xenophon nicht benutzt [er wird erst XIV, 37
genannt, wo er officiell Feldherr wird]. Wahrscheinlich schöpfte Ephoros
aus der Anabasis des Sophainetos. Im allgemeinen stimmt seine Dar*
Stellung in den Tbatsachen sehr gut mit Xenophon überein und beweist
dessen Zuverlässigkeit. — Ueber Heimalh und Lebensstellung der Söldner
Xen. Anab. VI, 2, 10. 4, 8 und mit anderer Auffassung Isokr. 4, 146. —
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Kyros' Rebellion und Zug gegen seinen Bruder.
185
In der Aufzählung der griechischen Truppen Xen. Anab. I, 2, 3. 6. 9 ist
durch Interpolation Sophainetos mit 1000 Mann zweimal genannt, und
danach I, 2, 9 die Summe (in runden Zahlen) in 11,000 Hopliten,
2000 Peltasten corrigirt; yikioi ist als Interpolation zu streichen. Denn
es kommen noch 700 Hopliten des Cbeirisophos, 400 des Abrokomas
hinzu I, 4, 8; verloren sind 100 im Tauros I, 2, 25 und sonst natürlich
einige auf dem Marsch; die Gesammtsummen vor der Schlacht aber
sind: 10.400 Hopliten, 2500 Peltasten I, 7, 10 (danach 13,000 bei Epboros
Diod. XIV, 19. Plut. Art. 6; Isokrates paneg. 146 gibt absichtlich die
Zahl 6000, das ist der Rest des Heeres, der in Seuthes' Dienste trat,
Anab. VII, 7, 23). Das asiatische Heer des Kyros gibt Xenophon mit
arger Uebertreibung auf 100,000 an (bei Ephoros 70,000) [wie hätte ein
solches Heer durch die mesopotamiscbe Wüste marschieren können!];
die vier Armeecorps des Königs mit noch viel absurderer Schätzung auf
je 300,000 Hann, so dass, da Abrokomas zu spät kommt, 900,000 Mann
an der Schlacht Theil nehmen (nach Epboros 400,000 Diod. XIV, 22, 2.
23i 2). In Wirklichkeit kann Kyros' asiatisches Heer nicht viel stärker
gewesen sein als die Griechen, und das Heer des Artaxerxes mag höch-
stens etwa 40,000 Mann stark gewesen sein ; denn seine Schlachtordnung
ist zwar noch einmal so lang wie die des Kyros, aber nicht nur die ein-
zelnen Corps, sondern die ganze Armee bewegt sich in den wenigen
Stunden der Schlacht mit der grössten Leichtigkeit hin und her. Ueber-
dies sind nachher bei dem Rückzug der Griechen diese ganzen Massen
spurlos verschwunden. Bei der Schätzung grösserer Massen versagt eben
auch einem so geschulten Militär wie Xenophon der Zahlensinn voll-
ständig, weil er bereits mit einer Zahl wie 100,000 gar keine Anschauung
mehr verbindet. — Ueber Syennesis' Verhalten vgl. Ktesias und Diod. XIV,
20. — Mit der Unterstützung der Spartaner, die Xenophon Hellen. III, 1, 1
offen erzählt (vgl. Diod. XIV, 19. 21; Isokrates 8, 98. 12, 104, vgl. 5, 95,
und Plut. Artax. 7 betrachten Klearchos offenbar mit Recht als heim-
lich von Sparta beauftragt), hat er in der Anabasis aus politischen Rück-
sichten ein seltsames Versteck spielen getrieben und deshalb auch den
Namen Samios durch Pythagoras ersetzt, was manche Neuere genarrt
hat. — Dasselbe naive Versteckspielen hat nicht nur veranlasst, dass
Xenophon Hell. III, 1, 2 seine Anabasis von Themistogenes von Syrakus
verfasst sein lässt (§. 161), sondern liegt auch Anab. II, 1, 12 vor; denn
der <ptX<Joo<poc v*avtoxo$ Theopompos von Athen (Diod. XIV, 25, 4 nennt
an seiner Stelle Proxenos) ist doch offenbar Xenophon selbst.
834. Artaxerxes hatte seine Armee in der babylonischen
Tiefebene zusammengezogen; ungehindert konnte Kyros den
Euphrat überschreiten und längs desselben die mesopotamische
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18(5
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Wüste durchziehen. Auch den ersten der grossen Ganäle Baby-
ioniens Hess der König ihn passiren; jenseits desselben, etwa
15 Meilen oberhalb Babylons, bei dem Dorfe Kunaxa, erwartete
er ihn zur Schlacht. Obwohl Abrokomas noch nicht zu ihm
gestossen war, war sein Heer etwa noch einmal so gross als
das des Feindes. Es war bereits Nachmittag, als (im October
404) beide Heere einander ansichtig wurden; sofort stellte
Kyros, der schon halbwegs gehofft hatte, sein Bruder werde
überhaupt keinen Kampf mehr wagen, seine Truppen in
Schlachtordnung. Er forderte von Klearchos, dieser solle die
Griechen gegen das Centrum der Feinde führen, wo der König
stand ; indessen Klearchos erwies sich hier wie sonst als ächter
Spartaner, indem er erklärte, er wolle mit seiner Flanke nicht
vom Flusse weichen, um nicht von den Feinden umzingelt zu
werden; so tüchtig er als Taktiker war, strategisch war er
seiner Aufgabe in keiner Weise gewachsen. Kyros konnte
nichts mehr ändern; die Griechen blieben auf dem rechten
Flügel. Die Sichelwagen vor der persischen Schlachtreihe
erwiesen sich als unwirksam. Dagegen durchbrach Tissaphernes,
der den Griechen gegenüberstand, mit seiner Reiterei hart am
Fluss die hier stehenden Peltasten und die paphlagonischen
Reiter, ohne indessen viel Schaden anzurichten — einen
Nahkampf gegen das Fussvolk wagte er nicht. Der Haupt-
theil seines Corps aber wurde fast ohne Kampf in die Flucht
gejagt und von Klearch und den Griechen weithin verfolgt.
Dieser rasche Erfolg war für die Sache des Kyros nur von
Nachtheil, denn dadurch wurde seine Armee vollends zerrissen
und gerieth in Gefahr von der feindlichen Uebermacht um-
zingelt zu werden. Da warf sich Kyros mit seiner berittenen
Leibgarde in raschem Ansturm auf das Centrum der Feinde
und drang bis zum König vor. Artaxerxes wurde von seiner
Hand verwundet und musste das Schlachtfeld verlassen ; aber
beim ungestümen Vordringen fand Kyros, der sich schon als
Sieger fühlte, durch einen feindlichen Speer den Tod. Damit
war der Kampf um die Herrschaft entschieden; das persön-
liche Gefolge des Prinzen suchte an seiner Leiche den Tod,
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Schlacht hei Kunaxa.
187
die übrigen flohen, das Heer des Königs eroberte und plünderte
das Lager. Dann suchte es gegen die Griechen vorzugehen,
die inzwischen auf ihrer Verfolgung Halt gemacht hatten ; aber
vor ihrem Angriff wichen die Perser auch diesmal zurück.
So hatten die Griechen das Schlachtfeld behauptet; sie und
ihre Führer übersahen die Situation so wenig, dass sie auf
Grund ihres taktischen Erfolges sich als Sieger fühlten und in
aller Naivität dem Ariaeos, dem Führer der asiatischen Armee
des Kyros, die Krone anboten, ohne eine Ahnung davon, dass
sie durch die Halsstarrigkeit des Klearch und sein kopfloses
Vorgehen die Hauptschuld an dem Scheitern ihrer Sache trugen.
Die Schilderung der Schlacht bei Xenophon (die durch Ktesias, den
Xenophon bereits benutzt I, 8, 26. 27, sowie durch Diodor und Plutarch
nur in unwesentlichen Dingen ergänzt wird) ist militärisch keineswegs
ausreichend und trägt mehr den Charakter eines Soldatenjournals (vgl.
die Angabe, dass kein Grieche oder höchstens einer gefallen sei I, 8, 20) ;
Xenophon konnte als Volontär im Heere des Proxenos nicht einmal die
Vorgänge bei den Griechen völlig übersehen. Namentlich was Ober den
Durchbruch des Tissaphernes erst nachträglich I, 10, 7 f. berichtet wird,
ist sehr dunkel. — Der Graben Xen. Anab. I, 7, 12 ist offenbar einer
der babylonischen Canäle; bei Diod. XIV, 22, 4 und Plut. Art. 7 er-
scheint er als vom König zur Vertheidigung angelegt und dann doch
aufgegeben.
835. König Artaxerxes hat den Sieg, dem er die Be-
hauptung seiner Krone verdankte, mit Milde ausgenutzt;
Strafgerichte gegen die Anhänger seines Bruders und die vielen
Magnaten, die sich unzuverlässig gezeigt hatten, erfolgten nur
ganz vereinzelt. Syennesis von Kiükien allerdings musste für
seine Unzuverlässigkeit büssen; sein Reich wurde eingezogen
und in eine gewöhnliche Satrapie verwandelt. Im übrigen
verstand es Parysatis, die Männer, die den Tod ihres Lieblings
herbeigeführt und seine Leiche geschändet hatten, in ihre
Gewalt zu bringen und an ihnen furchtbare Rache zu üben.
Der ganze Groll des Königs dagegen richtete sich gegen die
Griechen, die es gewagt hatten, ins Centrum seines Reichs
vorzudringen und sein Heer schimpflich in die Flucht zu jagen.
Tissaphernes , der jetzt beim Herrscher wieder in höchster
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Gunst stand, übernahm es, den Willen des Königs zu vollziehen.
Da die Griechen, im Vollbewusstsein ihrer taktischen Ueber-
legenheit, die Unterwerfung und die Auslieferung der Waffen
ablehnten und ihnen mit Gewalt ohne übergrosse Opfer nicht
beizukommen war, nahm er zu treuloser List seine Zuflucht.
Dem Ariaeos und den Resten des Heers des Kyros wurde
Pardon gewährt; den Griechen aber gelobte Tissaphernes im
Namen des Königs, sie unangetastet in die Heimath zurück-
zugeleiten. Er führte sie über den Tigris ins alte Assyrerland;
an der Mündung des grossen Zab lockte er mit Hülfe des
Ariaeos fünf ihrer Feldherrn (Klearchos, Menon, Proxenos,
Agias, Sokrate?) in sein Zelt und Hess sie festnehmen. Sie
sind später auf Befehl des Königs hingerichtet worden; nur
Menon, der aus Rivalität auf Klearchos am Verrath betheiligt
gewesen sein soll, wurde verschont — später soll auch er ein
elendes Ende gefunden haben. Der führerlosen Truppen
glaubte Tissaphernes mit Leichtigkeit Herr werden zu können.
Aber er hatte sich getäuscht. Gheirisophos , ein massig be-
gabter aber ehrlicher Officier, dem als Spartaner das Ober-
commando zufiel, und vor allem der junge Athener Xenophon,
der aus Freundschaft für Proxenos und in der vom Schicksal
erfüllten Hoffnung, sich einen ruhmreichen Namen zu gewinnen,
als Volontär in die Armee eingetreten war, belebten den schon
verzagenden Muth und organisirten die Heerleitung aufs neue.
Es gelang ihnen die Armee ohne schwere Verluste durch das
persische Gebiet hindurchzuführen. Tissaphernes war zu schwach
und zu muthlos, um einen entscheidenden Kampf zu wagen;
seine Plänkler aber wurden durch improvisirte Reiter und
Schleuderer erfolgreich zurückgeschlagen. Schliesslich, als auch
der Versuch gescheitert war, den Griechen den Eintritt in das
Bergland der seit lange unabhängigen Karduchen (§. 89) zu
verlegen, musste er die Verfolgung aufgeben und die Griechen
ihrem Schicksal überlassen (Ende Dec. 401). Der unermüd-
lichen und trotz aller Widersetzlichkeit des zuchtlosen Söldner-
haufens niemals verzagenden Umsicht Xenophons ist es zu
danken, dass sie sich glücklich durch das rauhe Gebirgsland
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Rückzug der Griechen. Xenophon. 189
hindurchschlugen, trotz der unablässigen Angriffe der wilden,
keine Autorität anerkennenden Bergvölker und der Nachstel-
lungen des westarmenischen Satrapen Tiribazos. 8600 Mann
erreichten im März des Jahres 400 bei der Griechenstadt
Trapezus die Küste des Schwarzen Meeres; etwa ein Drittel
war in den Kämpfen aufgerieben oder den Strapazen des
Winters auf dem Marsch durch das schneebedeckte armenische
Hochland erlegen.
836. Wenn die Geretteten geglaubt hatten, nun aller
Sorgen ledig zu sein und als ruhmgekrönte Sieger »behag-
lich ausgestreckt wie Odysseus« zu Schiff heimkehren zu
können, so erwies sich das alsbald als eine arge Täu-
schung. Sie setzten ihre Hoffnung auf Sparta, unter dessen
Beihülfe sie ausgezogen waren ; Cheirisophos ging nach Byzanz,
um von dem Nauarchen Anaxibios Schiffe zu erbitten. Aber
die Schlacht bei Kunaxa und der Tod des Kyros war zugleich
eine schwere Niederlage der spartanischen Politik gewesen;
mochte man die dem Kyros gewährte Unterstützung noch so
sehr verschleiert haben, man empfand, wie sehr man sich
dem Grosskönig gegenüber compromittirt hatte, dessen Hülfe
Sparta doch den Sieg über Athen verdankte. So ist es be-
greiflich, dass den Spartanern die Rückkehr der Söldner sehr
ungelegen kam; überdies fürchtete Anaxibios nicht mit Un-
recht, eine so grosse und siegesstolze Truppe könne ihm
aufsässig und gefährlich werden. Ein lakonischer Perioeke
Dexippos, der das Heer verlassen hatte, bestärkte ihn darin;
er stellte Xenophon als einen ehrgeizigen Spartanerfeind dar,
von dem man sich alles Schlimmen versehen könne. So hielt
Anaxibios den Cheirisophos Monate lang zurück und entliess
ihn schliesslich ohne Schiffe mit dem leeren Versprechen,
wenn das Heer nach Europa gekommen sei, werde er es in
seinen Sold nehmen. Während dessen lag das Heer den
Griechenstädten am Pontos zur Last, Trapezus, Kerasus,
Kotyora, Colonien von Sinope, die der Mutterstadt botmässig
und vom Pefserreich längst unabhängig waren. Sie benutzten
die Kyreer ganz gern zu Raubzügen gegen feindlich gesinnte
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100
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Nachbarstämme, aber sie zu verpflegen war äusserst kost-
spielig, und dabei hatten sie immer Besorgniss vor einem
Handstreich. Auch dem mächtigen und selbständigen Herr-
scher von Paphlagonien , Korylas, dessen Gebiet sich vom
Parthenios bis über den Thermodon ausdehnte (§. 93), waren sie
unbequem. Xenophon hätte mit der stattlichen Armee gern
irgendwo am Pontos, am liebsten in Kolchis, eine Golonie
gegründet; aber davon wollten weder die Städte etwas wissen
noch die Truppen selbst, die sich mit der Beute in die Heimath
zurücksehnten. Schliesslich fuhren sie auf zum Dienste ge-
pressten Kauffahrern und einer Anzahl von Sinope und
Heraklea gestellter Schiffe nach Heraklea, und zogen von
hier unter argen Zerwürfnissen und schweren Verlusten durch
die kriegerischen Bithyner zu Lande weiter. In der Mitte der
bithynischen Küste, bei dem Vorgebirge Kalpe, mussten sie
liegen bleiben ; und hier, auf dem leicht zu befestigenden Fels-
vorsprung mit fruchtbarem Hinterland, reichlichem Wasser
und einer brauchbaren Rhede, wäre es Xenophon — Gheiri-
sophos war inzwischen gestorben — durch geschickte Be-
nutzung der Opferzeichen fast gelungen, seine Golonie zur
Ausführung zu bringen. Auch den Griechenstädten war hier,
inmitten einer wilden, griechenfeindlichen Bevölkerung, die
Gründung eines neuen Gemeinwesens nicht unerwünscht. Aber
als das Lager sich bereits in eine Stadt zu verwandeln be-
gann, erschien im Herbst 400 der Harmost von Byzanz,
Kleandros (§. 759 A.). Er wie Anaxibios wollten die Colonie-
gründung unter keinen Umständen dulden. Denn Pharnabazos
forderte die Entfernung und womöglich die Vernichtung der
Kyreer, und hatte zu dem Zwecke bereits den Bithynern Hülfe
geschickt; und mit dem Satrapen, mit dem es trotz aller
latenten Spannung officiell noch auf gutem Fusse stand, wollte
Sparta es nicht verderben. Die Autorität Spartas war so
gross, dass Xenophon und die Kyreer sich dem Befehl ohne
weiteres fügten und auch ferner sich jede Unbill gefallen
Hessen, ja als sie nach Byzanz übergeführt waren, die Stadt,
in der sie sich mit Leichtigkeit hätten zu Herren machen
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Die Kyreer und Sparta. Xenophons Colonisationsplan. 191
können, trotz allen Murrens ohne Kampf räumten. Anaxibios
drohte, jeden Kyreer, der sich in der Stadt antreffen Hesse, zu
verkaufen, und hat das alsbald an 400 Kranken und Invaliden
ausgeführt. Er wollte das Heer entweder nach der Chersones
abschieben oder lieber noch sich auflösen und in den Kämpfen
mit den Thrakern sich aufreiben lassen; und als zu Anfang
des Winters er und Kleandros durch Polos und Aristarchos
abgelöst wurden, verfuhren diese nicht anders. Schliesslich
blieb dem Reste des Heeres, noch etwa 6000 Mann, nichts
übrig, als für den Winter bei dem thrakischen Dynasten
Seuthes, einem Unterkönig des Odrysenkönigs Amadokos, des
Nachfolgers des Seuthes (§. 601), des Neffen des Sitalkes,
Dienste zu nehmen und ihm zu helfen, sich sein väterliches
Gebiet an den Küsten des Pontos und der Propontis wieder
zu erobern.
Xenophons Colonialpläne : Anab. V, 6, 15 ff. VI, 4—6. Seine Dar-
stellung der Vorgänge in Kalpe ist officiell gewiss richtig; aber offenbar
hat er es verstanden, die Opferreichen halb gläubig, halb sich selbst be-
trügend so einzurichten, wie er sie wünschte. — Ueber die thrakischen
Verhältnisse Hoeck, Hermes 26, 85 ff.
t>
Spartas Angriffskrieg gegen Persien. Agesilaos, Konon
und Euagoras.
837. Im Frühjahr 400 kehrte Tissaphernes nach Klein-
asien zurück. Der König hatte ihm zu seiner karischen Sa-
trapie auch die Satrapien des Kyros verliehen, von denen er
Lydien schon einmal besessen hatte, und ihm den Oberbefehl
über die kleinasiatische Armee übertragen. Die Statthalter und
Diener des Kyros gaben ihm jede Genugthuung, die er forderte;
nur Tamos, der Unterstatthalter loniens, flüchtete mit der Flotte
nach Aegypten zu König Psammetich (§. 831), der jedoch ihn
und seine Söhne umbrachte, um sich seiner Schiffe und seiner
Schätze zu bemächtigen. Die schwerste Heimsuchung hatten
dagegen die aeolischen und ionischen Städte zu befürchten, da sie
gegen den Befehl des Grosskönigs zu Kyros übergetreten waren
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192
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
(§. 761); zum mindesten stand ihnen eine Verfassungsände-
rung und die Verjagung der von Sparta und Kyros beschirmten
Oligarchen bevor. Sie waren entschlossen sich nicht zu
fügen, und wandten sich um Hülfe nach Sparta, das denn
auch eine Gesandtschaft anTissaphernes sandte. Aber dieser
kümmerte sich nicht um die Intervention und begann zunächst
den Angriff auf Kyme, ohne es freilich nehmen zu können.
Mit Eintritt des Winters vertagte er die weiteren Operationen
auf das nächste Jahr. — Damit war Sparta vor eine folgen-
schwere Entscheidung gestellt. Dass Tissaphernes vollständig
in seinem Rechte war, konnte nicht zweifelhaft sein; Sparta
hatte die Herrschaft des Königs über die Griechen des asiati-
schen Festlands als Preis für die Hülfe gegen Athen wieder-
holt anerkannt. Aber bisher hatte es einer definitiven Ent-
scheidung noch immer auszuweichen verstanden; wenn es die
Städte seinem treuen Alliirten Kyros überlassen hatte, so
mochte die herrschende Partei selbst damit einverstanden sein,
und immer noch hielt es über diese seine schützende Hand.
Auch jetzt hätte es mit Persien Frieden halten können, trotz
der dem Kyros gewährten Unterstützung, wenn es die Fest-
landsgriechen ihrem Schicksal überliess, wie ein Jahrhundert
zuvor beim ionischen Aufstand; dass die Perser versuchen
würden weiter ins Aegaeische Meer vorzudringen, war bei
der inneren Schwäche des Reichs nicht zu befürchten, zumal
so lange Aegypten sich unabhängig behauptete. Eine be-
sonnene Politik hätte sich vielleicht zu dieser Goncession be-
quemt. Aber sollte Sparta bekennen, dass es entweder zu
schwach oder zu feige sei, um zu leisten, was doch Athen
mit weit geringerer Macht 60 Jahre lang geleistet hatte? Seine
Feinde hatte es mit starker Hand niedergeworfen, sein An-
spruch, allein die Geschicke von Hellas zu leiten, war, gern
oder ungern, von aller Welt anerkannt; aber zugleich hatte
es mit der egoistischen Interessenpolitik gebrochen und sich zu
dem nationalen Gedanken bekannt. Eben jetzt rief es ihn an bei
der Intervention in Thessalien gegen Archelaos (§. 765), und
nur durch ihn konnte es die Unterstützung rechtfertigen, die
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Sparta und Tissaphernes. Entschluss zum Perserkriege. 193
es der Gewaltherrschaft des Dionys in Syrakus gewährte; wie
hätte es sich ihm entziehen können, wo der Hülferuf aus
Asien erscholl? Jetzt war die Gelegenheit gegeben, Sparta
von dem Makel zu befreien, der durch das Bündniss mit Per-
sien an seiner Politik haftete. Auch schien die Gefahr nicht
allzu gross. Die See beherrschte Sparta zur Zeit ebenso voll-
kommen, wie vordem Athen, und dass die Hellenen zu Lande
auch der grössten feindlichen Uebermacht gewachsen waren,
hatten soeben die Söldner des Kyros aller Welt erwiesen. So
entschied sich Sparta, das Hülfsgesuch anzunehmen. Zu An-
fang des Winters 400 entsandte es eine Armee von 1000 Neo-
damoden, 4000 Peloponnesiern und 300 von Athen gestellten
Reitern nach Ephesos, um die kleinasiatischen Griechenstädte
gegen Tissaphernes' Angriffe zu schirmen. Die unvermeidliche
Folge war freilich, dass man die Fortführung des kurz zuvor
inaugurirten Unternehmens gegen Thessalien und Makedonien
auf gelegenere Zeit vertagen musste.
Die herrschende Geschichtsauffassung, welche alle griechischen
Dinge nur durch die attische Brille ansieht, hat die Bedeutung des
Kriegsentschlusses Spartas in keiner Weise gewürdigt. Sie folgt, ohne
es selbst recht zu wissen, der Auffassung des Isokrates, der in Äusserst
geschickter und seiner Tendenz dienlicher Weise im Panegyrikos Sparta
den Vorwurf macht, es habe die nationalen Interessen vernachlässigt und
die kleinasiatischen Griechen an Persien ausgeliefert, während doch die
Schuld daran allein Athen und seine Bundesgenossen tragen (vgl. auch
Isokrates Euagoras 54, wo in sehr naiver Weise den Spartanern der
Vorwurf gemacht wird, dass sie, nicht zufrieden Griechenland zu be-
herrschen, tlc toöt' iicXijotia; fy&ov, wo« xal ttjv 'Aot&v xaxü»c «otttv
ijwx»tpY)oav ! Ebenso Justin VI, 1). — Vorgeschichte des Kriegs: Diod.
XIV, 85 (ao. 400/399). Xen. Hell. III, 1, 8. Trogus prol. 5 bellum quod
Lacedaemonii in Asia cum Artaxerxe gesserunt propter Ephesum motum
ist wohl ungenau. — Dass Thibron erst im Winter entsandt ist, sagt
Diodor ausdrücklieb, und wird durch Xenophons Anabasis erwiesen. Als
die Kyreer in Seuthes' Dienste treten, ist noch Friede ; zwei Monate dar-
auf, etwa Anfang Februar 399, kommen Thibrons Gesandte, um sie an-
zuwerben, mit der Meldung 8ti AaxsSaifxovlois hoxsl oxpaTtdsod-at iic: Tis-
sacflprqv Anab. VII, 6, 1. Diodors Erzählung von Operationen Thibrons
liegen Magnesia und Tralles XIV, 86, aus der die Neueren meist einen
Feldzug desselben im Sommer 400 construirt haben , halte ich für eine
Meyer, Geschichte de> Attenhams. V. 13
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194
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Uebertragung der Operationen des Derkylidas in diesem Gebiet 398 Xen.
Hell. Iii; 2, 19; Xenophons Bericht in der Anabasis wie in den Helle-
nika schjiesst derartiges direct aus. Thibron hat den Winter thatenlos
in den Griechenstädten verbracht (Hell. III, 2, 1). Dass Isokrates 4. 144
Thibron ganz Lydien verwüsten l&sst, ist entweder Uebertreihung , oder
es ist das lydische Colonialland hei Adramytion gemeint, wie Xen. Anab.
VII, 8, 7. 20 und bei Skylax. Jedenfalls lagen gerade Magnesia a. M. und
Tralles nicht in Lydien. [Denkbar erscheint auch, dass bei Diodor Thi-
brons Operationen im J. 391 (§. 869) auf den Feldzug 899 übertragen sind.)
838. Thibron verstärkte sein Heer durch Aushebungen
in den Griechenstädten; aber gegen die persische Reiterei
konnte er nicht viel ausrichten. Erst als im Frühjahr 399
die Reste der Söldner des Kyros , noch 6000 Mann , zu ihm
stiessen — sie hatten sich mit Seuthes bald überworfen, der,
als sie seine Feinde besiegt hatten, ihnen den Sold vorenthielt
und sie los zu werden wünschte, und folgten daher gern der
Werbung Spartas — , konnte er die Offensive ergreifen. Die
meisten Aeolerstädte schlössen sich ihm an, ebenso die Dy-
nasten von Pergamon, Teuthrania und Halisarne, die Nach-
kommen des verbannten Spartanerkönigs Dcmarat, und die
von Gambrion, Myrina und Gryneion, die Nachkommen des
Gongylos von Eretria (§. 36); andere Orte wurden erobert.
Aber das feste Larisa in der Mündungsebene des Hermos
konnte er nicht nehmen. So verzettelte er seine Zeit, während
die Städte über die Zuchtlosigkeit seiner Soldaten, denen der
allen Ausschweifungen ergebene Feldherr mit schlechtem Bei-
spiel voranging, und über die Bedrückungen, die er sich schon
während der Winterquartiere erlaubt hatte, Beschwerde führten.
Die Ephoren schritten energisch ein ; sie wollten Zustände, wie
sie unter Lysander bestanden hatten, nicht wieder aufkommen
lassen, forderten dagegen eine nachdrückliche Kriegsführung.
Das Heer erhielt den Befehl, in Karien einzufallen, Thibron
wurde abberufen und ins Exil geschickt, und Derkylidas, der
ehemalige Harmost von Abydos (§. 759), an seine Stelle ge-
setzt. Er hatte sich schon früher als einen kriegserfahrenen
und listenreichen Mann erwiesen; aber die Aufgabe, die
ihm jetzt gestellt war, war auch Air ihn nicht lösbar,
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FeldzQge des Tbibron und Derkylidas in Kleinasien. 195
weil sie nicht greifbar war. Denn Tissaphernes hatte nicht
die mindeste Neigung, einen Kampf mit dem griechischen
Heer und zumal mit den Kyreern zu wagen; dagegen trug der
spartanische Feldherr mit Recht Bedenken sich weiter von der
Küste zu entfernen und ihn dadurch zu einer Schlacht zu zwingen.
Er schloss mit Tissaphernes einen Waffenstillstand und wandte
sich nach der Satrapie des Pharnabazos, gegen den er einen
persönlichen Hass hegte (§. 759). In acht Tagen entriss er dem
Unterstatthalter Midias von Troas, der seine Schwiegermutter
Mania (§. 761) umgebracht hatte, neun Städte der Küste und
des Binnenlandes, zum Theil mit zweideutiger List. Auch
Pharnabazos wagte nicht zu schlagen ; er schloss einen Waffen-
stillstand zunächst für den Winter, dann auch für den Sommer
398. Derkylidas benutzte die Zeit, um, unterstützt von dem
Thrakerfürsten Seuthes, zunächst die Bithyner im Hinterland
von Ghalkedon heimzusuchen — das war auch Pharnabazos
ganz willkommen — , dann die Griechen auf der thrakischen
Chersones durch einen Wall über den Isthmos gegen die Ein-
falle der Thraker zu schirmen. Schliesslich nahm er die Stadt
Atarneus, wo die Flüchtlinge aus Chios sich festgesetzt hatten
(§. 746), und bezog dann Winterquartiere in Ephesos. Die
Griechenstädte konnten zwar mit diesem Zustand, der ihnen
keinerlei Belästigungen auferlegte, ganz wohl zufrieden sein,
zumal Derkylidas, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, gute
Mannszucht hielt; aber begreiflich ist es, dass sie zu einer
definitiven Lösung zu kommen suchten. Auf ihr Drängen ge- .
boten die Ephoren für das nächste Jahr noch einmal einen ener-
gischen Angriff auf Karien ; der Nauarch Pharax (Pharakidas)
sollte dabei mitwirken. Aber auch diesmal (397) verliefen
die Dinge nicht anders als vorher. Pharnabazos führte zwar
das Aufgebot seiner Provinz dem Oberfeldherrn Tissaphernes
zu und forderte eine Schlacht. Aber trotz der Ueberlegenheit
an Zahl und namentlich an Reiterei und trotz der schlechten
Qualität der aeolischen und ionischen Hülfstruppen des
Derkylidas wagte Tissaphernes die Schlacht nicht. Er ver-
handelte aufs neue; von beiden Seiten wurden die Forderungen
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
bestimmt formulirt — hier Freigabe der Griechenstadte, dort
Räumung des Festlandes durch die spartanischen Truppen
und Harmosten — und ein Waffenstillstand geschlossen, bis
man den Entscheid der Regierungen eingeholt habe.
Feldzflge des Thibron und Derkylidas: Xen. Hell. III, 1. 2. Diod.
XIV, 86 f. 88. 89, 4 ff. (unter 400/399 und 399/8 ; in den beiden folgenden
Jahren berichtet Diodor aus Griechenland gar nichts). Vgl. Isokr. paneg.
144, wonach der von Derkylidas in Atarneus eingesetzte Drakon von
Pellene von hier aus mit 8000 Peltasten Raubzüge durch Mysien unter-
nimmt. Ueber Derkylidas auch Ephoros fr. 130. Ueber Thibrons Verhalten
Xen. Hell. III, 1, 10. 2, 1. 7. IV, 8, 9. Zwei Slrategeme, die seine be-
denkliche Kriegsführung illustriren : Polyaen II, 19. VI. 10. Ob die Er-
oberung von Kistbene am Golf von Adramytion Isokr. 4, 153 hierher ge-
hört, ist unsicher. — In dem 8$pu»viov v6jiioji.a (Photius s. v.) oder ip-
foptov (Poll. III, 86) vermuthet Willers, Z. f. Num. XXI, 66 wohl mit
Recht plattirte Kupfermünzen, die von diesem Thibron ausgegeben seien.
— Dass Xenophon bei den Kyreern geblieben ist (vgl. Hell. III, 2, 7),
hätte nie bezweifelt werden sollen. Er wollte nach der Uebergabe des
Heeres an Thibron nach Haus gehen Anab. VII, 7, 57 ob vaf> nu> '^«poe
a&ttj» 5nY4xto 'Aö^vy^i *sp: ?uyy4; (vgl. V, 3. 7). Damit ist zugleich ge-
sagt, dass er seinen Vorsatz nicht ausgeführt hat, wahrscheinlich doch,
weil er jetzt verbannt wurde ; möglich bleibt allerdings, dass er aus einem
anderen Grunde (etwa weil er von Sokrates' Hinrichtung erfuhr, wie
man vermuthet hat) seinen Vorsatz änderte und erst später verbannt ist.
839. Auf persischer Seite war es mit den Friedens-
verhandlungen und dem Bericht an den König nicht ernst
geraeint; man wollte nur Zeit gewinnen, bis die Rüstungen
vollendet seien, die dem Krieg eine neue Wendung geben
sollten. Tissaphernes allerdings, der Oberfeldherr, scheint in
acht orientalischer Art die Dinge haben gehen zu lassen wie
sie wollten, überzeugt, dass das Beharren im passiven Wider-
stand schliesslich die Feinde mürbe machen müsse; mit stiller
Schadenfreude mochte er zusehen, wie Persien jetzt dafür
büssen musste, dass man im Krieg mit Athen seinem und
Alkibiades' Rath nicht gefolgt war, die beiden griechischen
Staaten gegen einander im Gleichgewicht zu halten. Pharna-
bazos dagegen erwies sich wie im Kriege gegen Athen so
auch je.tzt als eine weit thatkräftigere Natur. Er empfand es
schmerzlich, dass er militärisch dem Nachbar unterstellt war,
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Persische Rüstungen. Pharnabazos.
197
und war entrüstet über dessen schlaffe Kriegsführung, und viel-
leicht noch mehr über die Treulosigkeit Spartas, das sich jetzt
mit offener Verletzung der Verträge gegen den Bundesgenossen
wandte, der es gross gemacht hatte. Allerdings konnte auch
er nicht daran denken, allein zu Lande den Spartanern ent-
gegen zu treten; war er doch im vorigen Kriege, obwohl er
damals von Sparta unterstützt war, Athen auf die Dauer nicht
gewachsen gewesen. Um so mehr musste jetzt das Reich selbst
mit seiner ganzen Macht eintreten und den Krieg nicht den
Satrapen der Küstenprovinzen allein überlassen. Spartas An-
griff war nur abzuschlagen, wenn Persien seine völlig ver-
nachlässigte Seemacht reorganisirte und endlich, nach mehr
als achtzig Jahren, seine Flagge wieder im Aegaeischen Meere
zeigte. Zugleich musste es mit allen mit Spartas Herrschaft
unzufriedenen Elementen in Griechenland Verbindungen an-
knüpfen, namentlich mit den alten Verbündeten Theben und
Argos. Ohne Bedenken konnte Persien jetzt auch Athen die
Hand bieten; dass dies noch einmal versuchen sollte, Persien
entgegenzutreten, war kaum zu erwarten, und Persien hatte
es völlig in der Hand, Athen nicht mächtiger werden zu lassen,
als dem Reiche dienlich war. Wenn es gelang, in Griechen-
land den Krieg zu entfachen und zugleich zur See einen ent-
scheidenden Schlag zu führen, dann musste Spartas Macht
noch rascher zusammenbrechen als im vorigen Krieg die Athens ;
dann konnte Persien die Oberherrschaft über ganz Hellas ge-
winnen und ohne allzu grosse Anstrengung das Ziel erreichen,
das ein Jahrhunderl zuvor Darius und Xerxes mit ihren ge-
waltigen Rüstungen nicht hatten erringen können. — Schon
während des Waffenstillstands von 398 hatte Pharnabazos
sich an den Hof bogeben, um den König für seine Pläne zu
gewinnen. Seine Beschwerden über Tissaphernes hatten keinen
Erfolg; es war nicht persische Art, verdienten Männern so
rasch die Gunst zu entziehen. Wohl aber überzeugte sich
der König, dass man auf dem bisherigen Wege nicht zum Ziel
gelangen könne; er billigte Pharnabazos* Vorschläge und gab
ihm Vollmacht und Geldmittel für die Flottenrüstung. Zum
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Stützpunkt für seine Operationen hatte der Satrap die Insel
Gypern ersehen, die, im Gentrum des persischen Theils des
Mittelmeers gelegen und für Sparta unangreifbar, zugleich die
Möglichkeit bot, neben den Phoenikern und Kilikern ein starkes
griechisches Element zu verwerthen , das man nach allen
früheren Erfahrungen auch für die Flotte nicht mehr ent-
behren konnte.
Pharnabazos am Königsbof: Diod. XIV, 39. Justin VI, 1; vgl. Ktes.
Pers. 63. Im J. 897 war er wieder in Kleinasien.
840. Auf Gypern hatten sich die Verhältnisse in eigen-
artiger Weise für die momentane Situation günstig gestaltet.
Zwei Menschenalter hindurch hatten die Griechen mit den
Phoenikern um die Herrschaft über die Insel gerungen; seit
Athen sie im Kalliasfrieden dem Perserköriig überlassen musste,
gewannen die Phoeniker das Uebergewicht. Die ehemals von
den Griechen behauptete Stadt Idalion im Binnenlande wird
jetzt dauernd den phoenikischen Königen von Eition unter-
than. In Salamis wurde das alte Königshaus, das seinen
Stammbaum auf Teukros, den Bruder des Aias, zurück-
führte, durch einen phoenikischen Minister des Herrschers ge-
stürzt. Der neue König und seine Nachfolger bemühten sich
nach Kräften, Salamis in eine semitische Stadt umzuwandeln;
die persische Regierung förderte diese Bestrebungen. Salamis
war jetzt, wie Isokrates es schildert, »in eine Barbarenstadt
verwandelt und nahm in Folge der phoenikischen Herrschaft
keine Griechen auf, vernachlässigte Handel und Gewerbe, und
hatte nicht einmal einen Hafen; von den Beamten galten die
für die besten, welche sich gegen die Griechen am brutalsten
benahmen«. Die neue Dynastie hat sich nicht allzu lange be-
hauptet; ein gewisser Abdemon aus Tyros brachte den Herr-
scher um und scheint die Stadt ganz in Abhängigkeit von
Kition gebracht zu haben. Da führte im J. 411 oder 410
ein junger Mann, der sich rühmte von dem alten griechischen
Königshaus abzustammen und der vor dem neuen Herrscher nach
Soli in Kilikien geflüchtet war, Euagoras, einen völligen Um-
schwung herbei. Mit etwa 50 Genossen fuhr er nach Cypern
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Pharnabazos' Pläne. Euagoras von Salamis.
199
hinüber, drang bei Nacht in die Stadt ein, erstürmte die
Königsburg, überwältigte den Machthaber und seinen Anhang,
und gewann sich das Königthum.
Für Euagoras ist die Hauptquelle Isokrates' bald nach seinem Tode
374 geschriebene Lobrede, ein von seinem Sohn bestellter Nekrolog
von durchaus offlciöser Färbung. Das Bild ist so verschwommen und
unvollständig, wie nur je in einer Leichenrede (vgl. Bruns, Literar. Porträt
115 ff.); offenbar hat Isokrates nicht gerade viel Material zur Disposition
gehabt, und anderes hat 'er absichtlich übergangen. Die Erzählungen
von den Vorzeichen der zukünftigen Grösse des E. §. 21 und die ver-
schiedenen Angaben über die Zahl seiner Genossen §. 28 scheinen auf
schriftliche Quellen hinzuweisen. Ob E. wirklich aus dem alten Teu-
kridenhause stammte (ebenso Theopomp fr. 111; Pausan. I, 3, 2; vgl.
die Inschrift des Nikokreon, des Sohnes seines Enkels oder Urenkels
Pnytagoras, Lebas II, 122, und dazu Forsch. I, 86, 4), wird man trotz
Isokrates bezweifeln dürfen. Ephoros (Diod. XIV, 98) und Theopomp
fr. 111 sind deutlich von Isokrates abhängig; bei jenem heisst der Vor-
gänger 'Aß^Yjjuov b T6p»io$, bei diesem A686pov L Kituüc, xaovrfi (£aXa-
jüvo;?) iic&pyu>v, was vielleicht in der im Text angedeuteten Weise zu
vereinen ist; auch bei [Lys.] 6, 26 ist er offenbar unter 6 Ktrctttuv ßaoi-
Xe'jc zu verstehen , zu dem Andokides geht. Die Zeit der Erhebung
(Isokr. 9, 19 ff. vgl. 3, 28) ergibt sich daraus, dass Andokides von seinem
Vorgänger gefangen gesetzt war, dann 411 (über Makedonien) nach Athen
tfing, darauf sich zu Euagoras begabt und diesen zu Getreidesendungen nach
Athen veranlasste, die er um 407 hier ankündigte, in vergeblicher Hoff-
nung, dadurch seine Hückberufung zu erwirken: [Lys.] 6, 26 — 28, vgl.
6. 48 [die Biographie gibt dazu weiteres] ; Andoc. 2, 20 f., vgl. 1, 4. 132.
145. — üeber die Zustände auf Cypern (Isokr. 9, 19 ff.) bieten die zahl-
reichen Münzen leider wenig genaue Auskunft; die Combinationen der
Numismatiker (vor allem Srx, rev. num. 1883. Numism. chron. 1888.
Babelon, les Perses Achemenides p. CXI V ff., woselbst die weitere Lite-
ratur) können keineswegs als sicher betrachtet werden. Einigermassen
fest steht nur die Serie der älteren Könige von Salamis und der Dy-
nastie des Euagoras ; die Münzen mit einheimischer Schrift, die man der
phoenikischen Dynastie zuschreibt, bieten keinerlei Aufklärung. Ausser-
dem kennen wir durch nach Regierungsjahren datirte Münzen und phoe-
nikische Inschriften (CISem. I, 10. 11. 14. 17. 88—93. Eitting, Ber. Berl.
Ak. 1887, 119 ff. 422) und einzelne Erwähnungen bei Schriftstellern die
meisten Könige von Kition. Nach der 7. Inschrift von Idalion (Eitting,
Ber. Berl. Ak. 1887, 422) war Ba'almelek (reg. um 460) nur König von
ft'tion, sein Sohn (Azbacal und sein Enkel Ba*a)[ram?] dagegen nennen
sich »Könige von Kition und von Idalion«; ebenso im vierten Jahr-
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
hundert Melkijaton (ca. 392—360), dessen Vater Ba'alräm nicht König
war, and sein Sohn Pumjaton (IIojxaToc, Duris fr. 12; nu-fiiaXunv Diod.
XIX, 79) ♦ der nach Ausweis der Münzen mindestens 47 Jahre regierte
(ca. 860 — 312). Ihnen gehörte auch Tamassos, wo sich eine Inschrift
aus dem 30. Jahre des Melkijaton gefunden hat ; Pumjaton nimmt daher
gelegentlich auch die Bezeichnung »König von Tamassos« unter seine
Titel auf. [Oer Ba'alräm der Bilinguis von Idalion GISem. I, 89, der
den Titel ^dva£, j^tt führt, ist ein Prinz (vgl. Isokr. 9, 72) und ver*
muthlich ein Sohn, aber nicht der Vater des Melkijaton.] Ob die phoeniki-
schen Münzen mit der Athena Promachos und dem Herakles von Kition,
deren Legende man zur Noth 130*1 "I^dV »König Droku« lesen kann,
Oberhaupt nach Kition und nun gar einem hier von Euagoras um 388
eingesetzten griechischen Herrscher gehören, den die Numismatiker in
Demonikos, Sohn des Hipponikos, suchen, för den die erste Broschüre der
isokratischen Sammlung geschrieben ist (dieser war ein sehr angesehener
Privatmann, steht aber unter der Herrschaft eines Königs §. 11. 36), ist
doch recht fraglich. Die Münzen mit kyprischer Schrift, die man De-
monikos zugeschrieben hat, stammen nicht von ihm, s. Babklon p. CXXXII.
CXXXIX._ CXLIII. Auch Er. Kkil's Combinationen Hermes XXI II, 375
sind unhaltbar.
841. Euagoras von Salamis ist das Gegenbild zu Dio-
nysios von Syrakus; wie dieser hat er es als seine Lebens-
aufgabe betrachtet, sich als Vorkämpfer und Befreier der
hellenischen Nationalität die Herrschaft über die ganze Insel
zu erringen, die im Osten, wie Sicilien im Westen, den Kampf-
platz der Hellenen und der Phoeniker bildete. Diese Tendenz
wies ihn auf die Seite Athens. Er hat mit diesem sogleich
Beziehungen angeknöpft und es während des verzweifelten
Ringens mit Sparta und Persien nach Kräften unterstützt,
vor allem durch Getreidesendungen; zum Dank dafür haben
ihm die Athener neben anderen Ehren das Bürgerrecht ver-
liehen (§. 715). Auch geistig stand er, wie Dionys, auf dem
Boden der attischen Gultur; die Beziehungen zu den an-
gesehensten Literaten der Zeit hat er sein Leben lang gepflegt.
Im übrigen hat er seine verwahrloste Heimath nach Kräften
gehoben, Befestigungen angelegt, den Hafen wieder hergestellt,
eine Kriegsflotte geschaffen und dem Hellenenthum aufs neue
das Uebergewicht verschafft. Er zog griechische Kaufleute in
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Euagoras von Salamis. Konon. Verbindung mit Pharnabazos, 201
die Stadt und sah es gern, wenn seine Unterthanen sich mit
Griechen aus dem Mutterlande verschwägerten. Als Athens
Macht bei Aegospotamoi zusammenbrach, flüchtete Konon mit
den geretteten Schiffen zu ihm, und es bildete sich in der Stadt
eine starke und betriebsame athenische Colonie. Alsbald be-
gann Euagoras erobernd um sich zu greifen, und scheint
mehrere seiner griechischen Nachbarn unterworfen und den
Angriff gegen die Phoeniker begonnen zu haben ; in einer atheni-
schen Broschüre aus dem J. 399 (der Schrift gegen Andokides
[Lys.J 6, 28) heisst er bereits »König von Cypern«. Natür-
lich wurde dadurch das Verhältniss zur persischen Regierung
gespannt, ja diese wäre wohl schon jetzt eingeschritten, wenn
sie die Hände frei gehabt hätte. So aber bot umgekehrt die
eigenartig verwickelte Weltlage dem aufstrebenden Herrscher
die Möglichkeit, zunächst als getreuer Diener des Perserkönigs
seine Pläne weiterzuführen. Konon hatte das ganze Vertrauen
des Fürsten gewonnen; er bestärkte ihn in seinen Sympathien
für Athen und mahnte ihn, die Gelegenheit zu ergreifen, um
Athens Macht wieder herzustellen und sich dadurch einen
unsterblichen Namen in Hellas zu schaffen. Auf seinen An-
trieb wandte sich Euagoras durch Vermittelung griechischer
Hofbeamten, darunter des Leibarztes Ktesias von Knidos, an
den König, versprach Genugthuung für seine Uebergriffe und
sandte Tribut und Geschenke; er forderte Artaxerxes auf, in
Cypern eine Flotte zu rüsten, und empfahl dafür Konon als
den geeigneten Mann. Pharnabazos ging mit Eifer auf den
Vorschlag ein, der zu seinen Gedanken stimmte — offenbar
war er schon vorher mit Euagoras und Konon in Verbindung
getreten — , der König stimmte bei und ernannte Konon zum
Flottenführer, während Pharnabazos die Oberleitung des Unter-
nehmens übertragen wurde. Gegen Anfang des J. 397 kam
Pharnabazos selbst nach Cypern, um mit Konon die Flotten-
rüstung zu betreiben. Er brachte 500 Talente mit; 100 Trieren
gedachte man aufzustellen. Die Ausführung wurde Konon
überlassen, während Pharnabazos in seine Satrapie zurück-
kehrte, um mit Tissaphernes zusammen den Krieg gegen
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Derkylidas fortzusetzen, zunächst allerdings, wie wir gesehen
haben, ohne jeden Erfolg.
Euagoras' Regierung: Isokr. 9, 47 AT. Die Bürgerrechtsverleihung
in Athen fallt nach Isokr. 9, 54 vor Aegospotamoi , müsste also in dem
Psephisma CIA. I, 64 gestanden haben ; nach dem ebenso verstümmelten
Beschluss CIA. H, 10 b p. 897 scheint sie dagegen erst nach Knidos er-
folgt zu sein. — Euagoras' Eroberungen haben Ephoros (fr. 135) und
Diodor XIV, 98 erst später im Zusammenhang erzahlt; dass sie schon
vor 398 begannen , bestätigt Ktes. fr. 63 attiai 8i' E?>*rr£p? ßaaiXst
£aXafüvoc ßastXeüc 'Apto^p^? 8tirjvfc^d-rj, und der von Ktesias ertheilte Rath,
sich mit Anaxagoras, t<j> Korcpuuv ßaatXst, zu versöhnen. Verrauthlich ist
das der nach Diod. XIV, 98, 2 von Euagoras getödtete König Agyris,
dessen Name jedenfalls nur durch einen Schreibfehler der Handschriften
mit dem gleichzeitigen sicilischen König (§. 786. 800) identisch geworden
ist. — Die Verhandlungen mit Persien hat Ktesias am Ende seines Werks,
das mit dem J. 398/7 schloss (Diod. XIV, 46), in dem er mit einem
Brief des Königs an Konon und nach Sparta geschickt wurde, ausführ-
lich berichtet; Photios' Excerpt (§. 63) gibt leider nur die Aeusserlich-
keiten; einiges weitere bei Plut. Artax. 21. Im übrigen vgl. Isokr. 9, 55,
vgl. 5, 63. Diod. XIV, 39. Justin VI, 1. Nepos Conon 2. Nach Xen.
Hell. III, 4. 1 hätte man sogar 800 Trieren ausrüsten wollen.
842 . Den Spartanern wurde die persische Flottenrüstung
so lange wie möglich verheimlicht; eine Gesandtschaft, die im
J. 398 an den Hof gegangen war, wurde hier eine Zeit lang
fest gehalten, und auch im Sommer 397 Hessen sich Tissa-
phernes und Pharnabazos noch einmal zum Schein auf
Friedensverhandlungen ein (§. 838). Um dieselbe Zeit aber
erhielt die spartanische Regierung durch einen syrakusani sehen
Kaufmann, der in Phoenikien Handel trieb, die erste Kunde
von den umfassenden Rüstungen, die hier im Gange waren.
Ueber ihr Ziel konnte kein Zweifel sein; um der drohenden
Gefahr bei Zeiten entgegenzutreten, musste man die Kriegs-
rüstung vermehren. Auf Betreiben Lysanders trat König
Agesilaos, dem jener zwei Jahre zuvor den Thron verschafft
hatte (§. 760), als Bewerber um die Heerführung auf. Ly-
sander hoffte in ihm ein willfahriges Werkzeug für seine Pläne
zu besitzen ; jetzt, wo der Krieg gegen Persien in grossem Stil
betrieben werden musste, glaubte er den Moment gekommen,
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Persische Flottenrüstung. Agesilaos Oberfeldherr der Spartaner. 203
wo er sich aufs neue als den unentbehrlichen Mann erweisen
und seine Machtstellung zurückgewinnen könne. Gesandt-
schaften aus Kleinasien, vor allem von den gestürzten Partei-
gangern Lysanders, unterstützten die Bewerbung; Agesilaos
wurde das Gommando zunächst auf ein Jahr übertragen. Er
appellirte nochmals an den nationalen Gedanken: als würdiger
Erbe Agamemnons wollte der Heraklide, der die Königsgewalt
in dem ersten Staate Griechenlands inne hatte, an der Spitze
des Aufgebots von ganz Hellas in den neuen Nationalkrieg
ziehen. Indessen sofort zeigte sich , dass Spartas Macht , so
stark sie sich erwiesen hatte, nicht ausreichte, um den frei-
willigen Anschluss seiner Verbündeten zu erreichen ; wie beim
Kriege gegen Elis weigerten Theben und Korinth die Be-
theiligung, und auch Athen wagte diesmal sich der Heeres-
folge zu entziehen. Die spartanische Regierung musste die
Zurückweisung einstweilen hinnehmen, wenn sie nicht statt
des asiatischen Kriegs zunächst einen Krieg in Hellas beginnen
wollte. Eine positive Gefahr schien nicht zu befürchten;
schwerlich würden die widerspenstigen Staaten freiwillig einen
Waffengang mit Sparta provociren, und so konnte man die
Abrechnung mit ihnen auf einen gelegeneren Zeitpunkt ver-
schieben. Einstweilen war Sparta auch ohne ihre Hülfe stark
genug, um dem König ein fast noch einmal so grosses Heer
mitzugeben, wie 399 dem Derkylidas. Von den peloponnesi-
schen Bündnern wurden 6000 Mann aufgeboten, Sparta selbst
stellte 2000 Neodamoden. Wie man sieht, ging der Staat, trotz
der Verschwörung des Kinadon (§. 762), weiter auf dem von
Brasidas inaugurirten Wege, die auswärtige Kriegsführung auf
die Unterthanen und Leibeigenen abzuwälzen. Bei der Festig-
keit der spartanischen Disciplin war von ihnen im Felde keine
Gefahr zu befürchten; die Kräfte der Vollbürger aber mussten
nach Möglichkeit geschont und für eventuelle Verwickelungen
in Griechenland aufgespart werden. _ Nur 30 Spartiaten , mit
Lysander an der Spitze, wurden dem König beigegeben, zu-
gleich als controllirender Kriegsrath und als Adjutanten und
höhere Officiere. Die Einnahmen aus den Tributen ermöglichten,
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
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das Heer mit den nöthigen Mitteln für Verpflegung und Löhnung
zunächst auf sechs Monate auszustatten. Ausserdem trat man
in Verbindung -mit dem aegyptischen König Nepherites I.f der
inzwischen seine Rivalen verdrängt zu haben scheint (§. 831);
er versprach, Sparta gegen den gemeinsamen Feind durch eine
Flotte von 100 Trieren und durch Getreide zu unterstützen.
Von der Festhaltung der spartanischen Gesandten hatte Ktesias be-
richtet; er selbst wurde 397, als er einen Brief des Königs nach Sparta
überbringen sollte, in Knidos von spartanischen Gesandten festgehalten
(offenbar wegen seiner Verbindung mit Euagoras), aber freigesprochen:
Ktes. fr. 63. Das übrige nach Xen. Hell. III, 4 = Ages. 1, 6 ff., vgl. Plut.
Ages. 6. Lys. 23. Diod. XIV, 79, der die Gesammtslärke des Heers auf
nur 6000 Mann angibt. Verhalten von Korinth, Athen, Theben: Pausan.
III, 9, 2 f., vgl. Xen. Hell. III, 5, 5. Wie die Anfange des Seekriegs über-
geht Xenophon auch die Verbindung mit Aegypten; sie wird bei Diod.
XIV, 79, 4 und Justin VI, 2 berichtet, wo der Name N«<p»pt6s (Nepherites
bei Manetho, nach dem er 398—393 regiert) in Hercynion corrumpirt ist.
843. Im Frühjahr 390 sammelte Agesilaos seine Mann-
schaft an der Südspitze Euboeas beim Vorgebirge Geraistos;
er selbst begab sich nach Aulis, um hier nach Agamemnons
Vorbild der Artemis ein Opfer zu bringen. Aber in Theben
war die Erbitterung gegen Sparta so gross, dass man auch
das nicht dulden wollte; unter dem Vorwande, er habe das
Ritual verletzt, störten die Boeotarchen das Opfer und wiesen
den König vom Altar fort. Agesilaos musste die Insulte hin-
nehmen; er führte sein Heer nach Ephesos hinüber. — Kaum
war er gelandet, so begann Tissaphernes sein altes Spiel von
neuem; er bat um Waffenstillstand, um während desselben
die Entscheidung des Königs einzuholen. Agesilaos zweifelte
nicht, dass das Trug war; aber er sah sich trotz seiner weit
stärkeren Macht derselben Schwierigkeit gegenüber, wie. seine
Vorgänger, er konnte den Feind, der nicht kämpfen wollte,
nicht zum Kampf zwingen. So bewilligte er einen Waffen-
stillstand auf drei Monate, und benutzte die Zeit, sein Heer
durch Zuzüge aus den Griechensfädten zu verstärken und ihre
Verhältnisse zu ordnen. Von allen Seiten drängten sich die
alten Genossen, die Männer der Zehnherrschaften und der
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Agesilaös in Kleinasien. Sein Charakter. Conflict mit Lysander. 205
oligarchischen Clubs, an Lysander, überzeugt, dass dieser beim
König alles durchsetzen könne. Aber Agesilaös war nicht
gewillt, sich wie ehemals Arakos und Libys zum Strohmann
eines anderen zu machen; er wollte selbst und allein herr-
schen. In Sparta war er als echter Eurypontide im Gegen-
satz zu seinem Collegen als der ergebene Diener der Burger-
gemeinde aufgetreten ; geflissentlich hatte er bei jeder Gelegen-
heit die Unterordnung unter ihren Willen und die Befehle der
Ephoren als der eigentlichen Organe der Volkssouveränität
zur Schau getragen. Eben dadurch hat er sich den Weg zu
einer dauernden Machtstellung gebahnt, wie sie seit einem
Jahrhundert in Sparta kein König eingenommen hatte. Jetzt
stand er als Träger der militärischen Gewalt an der Spitze
eines grossen Heeres; ohne seinen Befehl konnte nichts ge-
schehen, und er brauchte keinen allmächtigen Minister, son-
dern nur Diener seines Willens. So hatte Lysander, statt
seine Hoffnungen erfüllt zu sehen, jetzt erst recht die Bitter-
keit der gestürzten Grösse voll auszukosten: bei jedem Anlas?
wurde er von Agesilaös gedemüthigt und jede seiner Empfeh-
lungen principiell abgewiesen. Er musste schliesslich selbst
eingestehen, dass er nichts mehr vermochte, und den ver-
hassten Gegner demüthig bitten, ihn mit irgend einer unter-
geordneten Mission zu betrauen, um ihn nur aus seiner uner-
träglichen Lage zu erlösen. Der persönliche Charakter des
Conflictes trat nur um so peinlicher hervor, da Agesilaös prin-
cipiell auf ganz demselben Standpunkt stand, wie Lysander.
Auch Agesilaös kannte kein anderes Ziel, als die rücksichts-
lose Aufrichtung der spartanischen und damit zugleich
seiner eigenen Herrschaft, und für seine Anhänger sorgte
er nicht weniger skrupellos, als jener. Aber vortrefflich ver-
stand er die Kunst, wie seinen Ehrgeiz so die problematischen
Massregeln, die er ergriff, unter dem Schein der Correctheit
und salbungsvoller moralischer Aussprüche zu verbergen. Er -
erkannte, dass er Gewaltmassregeln nach Art Lysanders ent-
behren könne, nicht nur weil er der König war, sondern vor
allem weil die lysandrische Schreckensherrschaft ihm gründ-
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20(3
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
lieh vorgearbeitet hatte. Ohne Blutvergiessen und Ver-
bannungen konnte er überall seine Parteigänger und Günst-
linge ans Regiment bringen ; so lange er mit seiner Armee in
Asien stand, machte keine Stadt auch nur den Versuch, seinen
Befehlen sich zu widersetzen.
Xenophon hat für seine Biographie des Agesilaos (die bei Plutarch,
Nepos, Polyaen II, 1 zu Grunde liegt) das Manuscript seiner Hellenika
stark benutzt, aber seinem Zwecke entsprechend theils gekürzt, theils
durch Zusätze erweitert, die zum Theil rhetorisch sind, zum Theil aber
sehr werthvolles Detail bieten. Die panegyrische Auffassung beider Schriften
lässt sich leicht corrigiren. — Opfer in Aulis : Xen. Hell. III, 4-, 3 f.
Plut. Ages. 6. Pelop. 21. Pausan. III, 9, 3 f. — Dass Ages. im Früh-
jahr 896 in Ephesos landete, lehrt Xen. Hell. III, 4, 20. — Dauer des Waffen-
stillstands: Xen. Ages. 1, 10. — Ueher Agesilaos1 Regiment in den
Städten Xen. Ages. 1, 37, und von anderem Standpunkt mit viel rich-
tigerem Urtheil Isokr. epist. 9 (an Archidamos), 11 ff. — Philipp. 86 IT.
844. Nach Ablauf des Waffenstillstands, im Hochsommer
396 , erklärte Tissaphernes , der inzwischen weitere Ver-
stärkungen erhalten hatte, den Krieg. Er erwartete jetzt einen
Angriff auf Karien; aber Agesilaos, der einen Kampf mit der
weit überlegenen persischen Reiterei vermeiden wollte, über-
liess den Süden sich selbst und zog nach Teuthranien und weiter
in die Satrapie des Pharnabazos, wo kurz zuvor Lysander
einen mächtigen und reichbegüterten Perser Spithridates zum
Abfall gebracht hatte. Eine Anzahl keinerer Orte wurde ge-
nommen und reiche Beute gemacht; in der Nähe von Das-
kylion freilich erlitten die griechischen Reiter durch Pharnabazos*
Reiterei eine empfindliche Schlappe. Agesilaos erkannte, dass
er ohne Cavallerie nichts ausrichten könne; er benutzte die
Winterquartiere, die er wieder in Ionien nahm, um sich von
den reichsten Bürgern gegen Befreiung vom Kriegsdienst
tüchtige Pferde und Reiter stellen zu lassen und im übrigen
sein bunt zusammengesetztes Heer nach Kräften zu schulen.
In seiner Armee, die einschliesslich der Besatzungstruppen
weit über 20,000 Mann stark gewesen sein muss, waren jetzt
alle Truppengattungen vereinigt, Hopliten, Reiter, Schützen
und ein starkes Corps von Peltasten. So konnte Agesilaos
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Agesilaos' Feldzüge.. Anfange des Seekriegs. 207
jetzt einen Vorstoss tiefer ins Binnenland wagen. Die Armee
des Tissaphernes erwartete ihn auch diesmal (Anfang 395) in
Karien; aber Agesilaos rückte statt dessen verheerend gegen
Sardes vor. Am Ufer des Paktolos, vor den Thoren von
Sardes, trat ihm die persische Reiterei entgegen und nahm
den Kampf mit den griechischen Reitern auf; als aber auch
die Peltasten und die jüngeren Jahrgänge der Hopliten gegen
sie vorgingen, wurde sie vollkommen geworfen und das
persische Lager genommen. Agesilaos plünderte die Vorstädte
von Sardes; die Festung selbst anzugreifen, durfte er nicht
wagen. Als Tissaphernes sich zu einem neuen Kampf nicht
bringen Hess, kehrte er mit der Beute nach lonien zurück.
Feldzug von 396: Xen. Hell. III, 4, 11 ff., ergänzt durch Ages. 1,
16-22. Oberflächlich Diodor XIV, 79 (wo Ephorös durch die Erwäh-
nung von Kyme charakterisirt ist). Hierher gehört vielleicht die Ein-
nahme von Phokaea Polyaen II, 1, 16 - Frontin III, 11, 2. — Von der
Schlacht des J. 395 gibt Diodor XIV, 80 eine ganz andere Schilderung
(sie findet auf dem Rückzug von Sardes zwischen diesem und Thybarnon
statt, und die gesammte Armee des Tiss. wird geschlagen, vgl. Pausan.
III, 9, 6) als Xen. Hell. III, 4, 21 IT. (dazu Ages. 1, 33 f.); und doch lehrt
der Ausgang, dass dieselbe Schlacht gemeint ist. Wie Beloch, Gr. Gesch.
II, 147 halle ich Judeich's Constructionen (Kleinas. Stud. 59 ff.) für un-
haltbar; es ist undenkbar, dass Xenophon einen zweiten grossen Sieg
des Agesilaos verschwiegen haben sollte.
845. Inzwischen hatten die Perser den Seekrieg eröffnet.
Freilich, bis die grosse Flottenrüstung zu Stande kam, hatte
es wie gewöhnlich noch gute Wege; 40 Trieren waren alles,
was Konon einstweilen in Gypern und Kilikien aufbringen
konnte. Mit ihnen ging er Anfang 396 nach Kaunos, dem
ehemals auch von Tissaphernes im Kriege gegen Athen be-
nutzten Hafen an der Südgrenze Kadens. Die spartanische
Flotte lag ihm gegenüber bei Rhodos, noch immer unter dem
Commando des Pharakidas (§. 838). Ob sie von Nepherites die
versprochene Verstärkung erhalten hatte, wissen wir nicht;
jedenfalls aber war sie Konon an Zahl bedeutend überlegen.
So ging Pharakidas zum Angriff über und schloss Konon in
Kaunos ein. Indessen Pharnabazos brachte Entsatz, wohl zu
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20S
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Lande, und Pharakidas musste sich nach Rhodos zurück-
ziehen. Trotzdem erschien die Lage so wenig bedenklich, dass
die spartanische Regierung im Hochsommer 896 den Nau-
archen mit 30 Schiffen auf das dringende Hülfsgesuch des
Dionys nach Sicilien schicken konnte (§. 796). An Eifer fehlte
es Konon nicht, und Zuzug für die Schiffsmannschaft fand er
genug, sowohl aus Athen wie aus den mit der spartanischen
Herrschaft unzufriedenen Elementen in den Griechenstädten;
aber die Perser betrieben das Unternehmen mit gewohnter
Lässigkeit, und das Geld, das der König sandte, verschwand
raeist in den Händen der Magnaten. Trotzdem gelang es
Konon schliesslich, seine Flotte zu verdoppeln und sich auf
der zerklüfteten Landzunge gegenüber von Rhodos — der
rhodischen Chersones mit dem Hafenort Loryma — festzusetzen.
Das hatte den Erfolg, dass in Rhodos die Demokraten das
Uebergewicht erhielten, die Spartaner und ihre Flotte verjagten,
und statt dessen Konon in ihren Hafen einliessen (etwa An-
fang 395). Bald darauf fiel ihnen ein grosser Getreide-
transport in die Hände, den Nepherites den Spartanern zu-
gesandt hatte, und jetzt erhielt Konon endlich noch eine
weitere Verstärkung von 90 Schiffen aus Phoenikien und
Kilikien. — Trotzdem kam der Krieg nicht weiter; denn Monat
für Monat blieb die Löhnung aus, so dass die Flottenmann-
schaften schwierig wurden und nur durch Konons Autorität
und durch die Furcht vor dem spartanischen Strafgericht bei
der Fahne gehalten wurden. Denn gegen die Abtrünnigen
ging Sparta mit Energie vor ; selbst der Rhodier Dorieus, im
Kriege gegen Athen einer der eifrigsten und erfolgreichsten
Parteigänger Spartas (§. 680. 733), wurde hingerichtet, als er
im Peloponnes in ihre Hände fiel. Alle Beschwerden Konons
bei den Satrapen und beim König selbst halfen nichts; auch
Pharnabazos, so eifrig und ehrlich er bei der Sache war,
konnte nichts ausrichten. So entschloss sich Konon, die Flotte
zwei Athenern, Hieronymos und Nikophemos, zu übergeben
und selbst zum König zu gehen. Die Beschwerden, die er
über Tissaphernes vorbrachte, fanden bei der Königinmutter
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!
i
Der Seekrieg. Konon am Hofe. Sturz des Tissaphernes. 209
Parysatis freudige Aufriahme, die keinen anderen Wunsch
kannte, als alle, die bei dem Untergang des Kyros mitgewirkt
hatten, zu vernichten ; auch der Chiliarch (§. 23) Tithraustes,
der Vezir des Königs, trat für ihn ein. Durch seine Ver-
mittelung — eine Audienz unterliess Konon, um sich nicht
in den Augen seiner Landsleute durch den vom Hofceremoniell
geforderten Fussfall herabzusetzen — erreichte er alles, was er
wollte. Der König überzeugte sich, dass Tissaphernes dop-
peltes Spiel getrieben und das Reich an die Spartaner ver-
rathen habe. Er sprach das Todesurtheil über ihn und
beauftragte Tithraustes mit der Vollstreckung und der einst-
weiligen Führung des Landkriegs; zugleich sollte er die ge-
eigneten Mittel ergreifen, um in Europa den Krieg gegen
Sparta zu erregen. Für den Seekrieg erhielt Konon un-
beschränkte Vollmacht und reiche Mittel; auf seine Bitten
wurde ihm Pharnabazos wie bisher als College beigegeben.
Er wird den Winter mit Vorbereitungen, vielleicht auf Cypern,
zugebracht haben und Anfang 394 zur Flotte zurück-
gekehrt sein.
*
Xenophon hat den ganzen Seekrieg bis zur Schlacht bei Knidos
offenbar absichtlich übergangen, um Agesilaos1 Thaten in vollem Glänze
erstrahlen zu lassen; und so sind wir hier noch viel schlimmer daran
als beim Landkrieg, wo uns Xenophon auch schon oft genug im Stich
lässt, vor allem bei den Heereszahlen. — Nach Isokr. paneg. 142. Euag.
64 (vgl. ib. 56. 5, 68) dauert der Seekrieg (6 icspl T65ov niXtjiocJ bis zur
Schlacht bei Knidos 8 Jahre, also 806-894 [wie man gewöhnlich 397
als Anfang herausgerechnet hat, verstehe ich nicht; überdies beweist Xen.
III, 4, 1, dass er damals noch nicht eröffnet war]. Diodor erzahlt Konons
Aufbruch von Cypern nach Kilikien noch unter 899/8 (XIV, 89, 4), und dann
die Kriege der beiden Jahre 896 und 895 unter 896/5, und zwar in jedem
Jahre zuerst den Land-, dann den Seekrieg (XIV, 79—81). Ueber Ko-
nons Verhandlungen am Hof ist der (abgesehen von einigen Flüchtig-
keiten; ausserdem werden die Beschuldigungen gegen Tissaphernes als
zutreffend betrachtet) vortreffliche Bericht bei Nepos Conon 2 — 4 die
Hauptquelle; mit ihm stimmt Justin VI, 2 [vgl. auch Pausan. III, 9, 2].
I )araus ergibt sich, dass die Entsendung des Tithraustes im Sommer 895
die Folge der Reise Konons ist, der Abfall von Rhodos also in den
Winter 896/5 fallt; die 15 Monate, während deren die persische Flotte
Meyer, Geschichte des Alterthum«. V. 14
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210 IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
keinen Sold erhielt (Isokr. 4, 142), fallen vor Konons Rückkehr An-
fang 394. Die Folge des Verlastes von Rhodos und der neuen persischen
Rüstungen ist die Uebertragung der Nauarchie an Agesilaos, die Xeno-
phon (Hell. III, 4, 27. Ages. I, 36) allein der Erwähnung würdigt. —
Nach Isokr. 4, 142 führen die Spartaner den Seekrieg mit 100. nach
Diod. XIV, 79, 4 mit 120 Schiffen, wahrend diese nach Xen. III, 4, 28
erst von Agesilaos ausgerüstet werden. Hier ist Klarheit nicht zu ge-
winnen ; vermuthlich ist 120 die unter Peisandros 394 erreichte Gesammt-
zahl der spartanischen Flotte. — Schicksal des Dorieus: Androtion bei
Paus. VI, 7, 6. Der athenische Feldherr Hieronymos (Aristoph. eccl. 201)
wurde auch von Ephoros lb. 18 und 19 (fr. 125 bei Harpokr.) erwähnt;
über Nikophemos (bei Diod. XIV, 81, 4 verschrieben Nw68f)|j.o$, vgl. Xen.
IV, 8, 8), der vielleicht schon 'mit Konon zusammen nach Cypern ge-
flüchtet war, gibt Lysias or. 19 weitere Auskunft.
846. Tithraustes ist kurz nach der Schlacht am Paktolos,
im Hochsommer 395, in Eleinasien eingetroffen und hat
Tissaphernes durch Ariaeos, den ehemaligen Genossen des
Kyros (§. 835), gefangen nehmen und hinrichten lassen; aber
für die Kriegsführung wusste er sich auch nicht anders zu
helfen als dieser. Er verhandelte mit Agesilaos und erklärte
sich bereit, die politische Freiheit (Autonomie) der Griechen-
städte anzuerkennen, wenn sie dem Könige den seit Alters
festgesetzten Tribut zahlten. Als Agesilaos sich darauf nicht
einliess, bat er wenigstens um einen Waffenstillstand: er möge
seine Provinz räumen zum Dank dafür, dass er den Urheber
des Kriegs, den alten Hellenenfeind Tissaphernes, beseitigt
habe, und sich einstweilen gegen Pharnabazos wenden.
Schliesslich zahlte er den Spartanern für den Abzug noch
30 Talente Verpflegungsgeld. — In Sparta war man mit
Agesilaos' Erfolgen sehr zufrieden. Man hatte ihm bereits
Anfang 395 das Gommando verlängert und statt der von
Lysander geführten Gommission eine andere beigegeben ; jetzt
wurde ihm angesichts der grösseren Dimensionen, die der See-
krieg angenommen hatte, gegen alles Herkommen auch der
Oberbefehl über die Flotte übertragen, damit die Leitung der
Operationen in einer Hand liege. Agesilaos bestellte seinen
Schwager Peisandros zum Nauarchen und ordnete eine starke
Flottenrüstung auf den Inseln und in den Küstenstädten an,
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Agesilaos gegen Tithraustes und Pharnabazos.
211
um im nächsten Jahre Konon entgegentreten und womöglich
Rhodos wieder gewinnen zu können. Er selbst wandte sich
im Herbst 395, Tithraustes' Vorschlag folgend, nach dem
Hellespont und verheerte die Satrapie des Pharnabazos aufs
neue. Der mächtige Fürst der Paphlagoner, Otys, der Nach-
folger des Eorylas (§. 836), der bereits von Persien abgefallen
war, schloss sich ihm an. Freilich kam es alsbald um die bei
Daskylion gemachte Beute zu einem Zerwürfniss, das zur
Folge hatte, dass mit den Paphlagonern auch Spithridates
(§. 844) die Spartaner verliess, um im Bunde mit dem eben
genannten Ariaeos, der auch Selbständigkeilsgelüste zeigte,
den Krieg gegen Persien auf eigene Hand zu führen. Trotz-
dem konnte Pharnabazos mit seiner schwachen Landmacht
nichts ausrichten; Agesilaos nahm seine Winterquartiere bei
Daskylion, in dem Park und den Landgütern des Satrapen.
Schliesslich bequemte sich auch Pharnabazos zu Verhand-
lungen; er mochte von Konons Erfolgen am Hof noch keine
sichere Kunde haben und war über das schmähliche Verhalten
des Tithraustes aufs äusserste entrüstet. Zugleich aber be-
schwerte er sich bitter und nicht mit Unrecht über das Ver-
fahren der Spartaner: er sei im Kriege gegen Athen der
treueste und ehrlichste ihrer Verbündeten gewesen; zum Lohne
dafür verheerten sie jetzt nicht nur seine Provinz, sondern
zerstörten die Pflanzungen und Wohnungen, die er von seinem
Vater ererbt habe. Trotzdem sei er bereit sich mit Sparta
zu verbinden, falls der König ihn einem anderen unterordne;
andernfalls aber werde er seinem Herrscher wie bisher die
Treue wahren. Man sieht, er wollte sich auf alle Fälle den
Rücken decken und sich vor einem Geschick bewahren, wie es
Tissaphernes ereilt hatte. So unbestimmt das Versprechen
war, Agesilaos konnte der Zukunft mit grossen Hoffnungen
entgegensehen. In den zwei Jahren hatte er 1000 Talente
(5,440,000 Mk.) Beute gewonnen, die zur Bestreitung der
Kriegskosten vollauf ausreichten; seine Stellung zu Lande und
die Herrschaft über die Griechenstädte war unerschüttert, die
Feinde wagten keinen Kampf mehr; wenn es mit Hülfe der
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
verstärkten Seemacht gelang, die feindliche Flotte im Schach
zu halten oder womöglich zu schlagen, konnte er seine Zöge
immer tiefer ins Binnenland ausdehnen und hoffen, das west-
liche Kleinasien dauernd den Persern zu entreissen. Zu An-
fang des J. 394 führte er sein Heer in die thebische Ebene
südlich vom Ida zurück, um die Vorbereitungen für den
nächsten Feldzug zu treffen. — Während dessen war aber
in Europa eine Wendung eingetreten, welche den König zwang,
auf alle weiteren Pläne zu verzichten.
Tod des Tissaphernes : Xen. III, 4, 15 f. Diod. XIV, 80, 6 fT. Polyaen
VII, 16, 1. Nepos Conon 8. Verhandlungen mit Tithraustes: Xen. Hell.
III, 4, 25 f., vgl. Ages. 4, 6. Diod. XIV, 80, 8 (iSajrrivatot ivoyai). Isolcr.
4, 158 (oxtui fi^vac tat? autdiv &axavaic 3t4d-ps'}av). — Nauarchie des
Ages. Xen. III, 4, 27 fT. — Winlerfeldzug: Xen. IV, 1, vgl. Ages. 5, 4 ff.
A resilaos bei Lampsakos : Polyaen II, 1, 26. — Sexatir] der Beute 100 Ta-
lente: Xen. Hell. IV, 3, 21. Ages. 1, 34. — Die Angabe Aber Ariaeos'
Aufstand Xen. Hell. IV, 1, 27 ist sehr dunkel.
Theben und Athen. Die restaurirte Demokratie.
Verurtheilung des Sokrates.
847. Unter allen Staaten des griechischen Mutterlandes
war zur Zeit nächst Sparta, wenn auch in weitem Abstände,
der boeotische Stammbund der stärkste. Seit 440 war er
unter Thebens Vormacht geeint. An der Berathung der ge-
meinsamen Angelegenheiten, an den Bundesversammlungen
und an der Bestellung der Bundesfeldherrn, der Boeotarchen,
hatten alle Mitglieder Antheil. Die politische Leitung aber
lag in den Händen Thebens. Nach der Schlacht bei Delion
hatte Theben die Bande noch fester gezogen, im Kriege mit
Athen Plataeae zerstört, schliesslich (§. 703) auch Oropos ge-
wonnen. Die Verfassung war eine gemässigte Aristokratie,
welche die politischen Rechte auf die Grundbesitzer beschränkte
und das Uebergewicht der reichen und vornehmen Familien
sicherte. Diese Verfassung entsprach im allgemeinen den
natürlichen Verhältnissen des Landes, da zwar Industrie und
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Theben und der boeotische Bund. Spannung mit Sparta. 213
Handel keineswegs unentwickelt waren — das zeigt schon die
alte recht productive Thonindustrie Boeotiens — , aber die
Landwirtschaft (daneben der Fischfang im Kopaissee) auch
ökonomisch die Vorherrschaft behauptete und die Grundlage
des Wohlstandes bildete. Die kleinen Hafenorte waren nicht
selbständige Gemeinden, sondern gehörten zum Gebiet der
Hauptstädte, die Küste des korinthischen Golfs zu Thespiae,
die des Euripos zu Tanagra, Theben, vielleicht auch Kopai.
Die selbständigen Bundesstädte lagen sämmtlich in dem äusserst
fruchtbaren Binnenland. Die Truppen, die Boeotien ins Feld
zu stellen vermochte, hatten sich bei Delion dem Landheer
Athens an Zahl gewachsen, an Leistungsfähigkeit überlegen
gezeigt; den Kern bildete der tief aufgestellte thebanische
Heerbann. Neben den Hopliten stellte man auch Peltasten
und eine starke Reiterei ins Feld. — Mit der Einigung ganz
Boeotiens hatte Theben sein nächstes Ziel erreicht; aber sein
Ehrgeiz ging weiter, auf Gewinnung der Suprematie über
Euboea, auf Zurückdrängung und womöglich Unterwerfung
der phokischen Landstädte in der oberen Kephisosebene , auf
ein Vordringen gegen die Thessaler, mit denen es schon im
sechsten Jahrhundert im Kampf gelegen hatte (Bd. II, 468). Im
fünften Jahrhundert war ihm Athen überall in den Weg getreten,
und deshalb hatte es mit Eifer am Kriege Theil genommen
und den zeitweiligen Rücktritt Spartas im J. 421 schwer em-
pfunden. Mit dem Momente des Sieges aber schlug die Lage
um. Schon die Festsetzung Spartas in Heraklea Trachinia
im J. 426 hatten die Thebaner als eine lästige Beengung em-
pfunden, und deshalb den Ort im J. 420 zeitweilig selbst besetzt
(§. 637); jetzt fühlten sie sich durch die spartanische Uebermacht
nach allen Seiten beengt. Der Gegensatz machte sich um so
stärker fühlbar, da Boeotien nicht Mitglied des durch Eide auf
ewige Zeit begründeten peloponnesischen Bundes war, sondern
mit diesem in freier Bundesgenossenschaft stand. So wurde
Theben sofort nach dem Siege der Führer der Opposition gegen
Sparta; während es im J. 404 die Zerstörung Athens gefordert
hatte, unterstützte es im nächsten Jahre die athenischen Demo-
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214 IV. 4. Sparta im Kriege mit Persien.
kraten. Korinth, welches durch den Ausgang des Kriegs ebenso
wenig seine Rechnung gefunden hatte und sich durch seinen
Verlauf aus der stolzen und selbständigen Stellung, die es,
obwohl Mitglied des peloponnesischen Bundes, bisher ein-
genommen hatte, dauernd in die ohnmächtige Rolle einer
Macht dritten Ranges zurückgedrängt sah, schloss sich ganz
an Theben an; auch mit Argos, das seine Neutralität sorgfaltig
wahrte, aber in der Uebermacht Spartas eine fortwährende
Bedrohung seiner Freiheit erblicken musste, trat es in nahe
Beziehung. So bahnten sich, wenn auch in vorsichtigeren
Grenzen, ähnliche Zustände an, wie sie nach dem Nikiasfrieden
zum Sonderbundskrieg geführt hatten. Die starke Kriegs-
macht der Boeoter gab der Opposition einen festen Rückhalt;
die Spartaner, durch andere Aufgaben vollauf in Anspruch
genommen, liessen sie gewähren, so dass Theben eine Pro-
vocation nach der andern wagen konnte, im Krieg gegen Elis
und gegen Persien die Bundeshülfe weigerte, und beim Opfer
in Aulis Agesilaos aufs schwerste insultirte. Im Inneren
standen sich unter den Staatsmännern, die um die Leitung
des Gemeinwesens mit einander rangen, wie in jedem griechi-
schen Staat eine oligarchische und eine demokratische Faction
gegenüber; es war natürlich, dass die letztere, geführt von
Ismenias, einem der reichsten Männer seiner Zeit, Andro-
kleidas u. a., durch den Gegensatz gegen Sparta das Ueber-
gewicht gewann. Durch den Ausbruch des Perserkriegs hatten
sich die Verhältnisse noch günstiger gestaltet; wenn man jetzt
zu den Waffen griff, war man der Unterstützung des Gross-
königs gewiss. Nationale Bedenken hatte Theben nicht; auch
zur Zeit des Xerxes war es der Bundesgenosse der Perser
gewesen, warum sollte es jetzt ihre Hülfe zurückweisen? Es
durfte hoffen, an der Spitze einer grossen Coalition Sparta
entgegenzutreten und zum mindesten die Herrschaft über
Mittelgriechenland zu gewinnen. Mit Sicherheit konnte man
erwarten, dass auch Athen, der ehemalige Todfeind, sich jetzt
der Führung Thebens anschliessen werde, um sich von der
spartanischen Suprematie zu hefreien.
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Theben und Sparta. Athen. Neuordnung der Verfassung. 215
848. Seit dem Sturz der Oligarchie war Athen, Dank der
Hochherzigkeit der spartanischen Regierung, wieder eine freie
Stadt. Die Sorge um die äussere Politik freilich hatte Sparta
ihm abgenommen; um so mehr konnte man die Jahre un-
gestörten Friedens, die nun folgten, zum Wiederaufbau des
in seinen Grundfesten erschütterten Staats benutzen. Eine
einfache Wiederherstellung der früheren Ordnungen hätte zu
heilloser Verwirrung geführt; hatte man doch das Bedürfhiss
nach einer neuen Regelung und Aufzeichnung des Rechts
und der Verfassung schon nach dem Sturz der Vierhundert
und der gemässigten Verfassung von 411 empfunden und auch
Jahre lang daran gearbeitet, ohne zum Abschluss zu gelangen
(§. 713). So ging man jetzt an eine systematische Revision
der überlieferten Ordnungen. Das erste, was nach der Wieder-
besetzung der Stadt und der feierlichen Verpflichtung auf die
von Sparta vorgeschriebene Amnestie geschah, war die
Wiedereinführung des von den Dreissig aufgehobenen soloni-
schen Rechts nebst den Satzungen Drakons über die Blut-
gerichte. Die Führung des Regiments wurde zunächst einer
Commission von 20 Männern übertragen und unter deren
Leitung der Rath und die Beamten erloost, darunter der
Archon Eukleides. Der Rath ernannte einen Ausschuss von
10 Nomotheten, der die Gesetze sammeln und öffentlich aus-
stellen sollte; jeder Bürger erhielt das Recht, Amendements
einzubringen. Dann sollte, nach der von Ephialtes und Pe-
rikles eingeführten Ordnung (§. 318), ein Gerichtshof von
500 aus den Demen gewählten Nomotheten mit dem Rath zu-
sammen diese Gesetze ihrem Eide gemäss prüfen und die
Godiflcation zum Abschluss bringen. In Zukunft sollte der
Areopag dafür sorgen, dass die Beamten die Gesetze genau
beobachteten — in diesem Punkte kehrte man also, freilich
in sehr engen Grenzen, zu den von Ephialtes aufgehobenen
alten Ordnungen zurück. Alle nicht sanctionirten Gesetze und
Psephismen sollten ungültig sein; auch die Berufung auf »un-
geschriebene Gesetzet, d. h. auf Gewohnheitsrecht, wurde für
unzulässig erklärt. Alle unter den Dreissig verfügten An-
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210
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Ordnungen und Urtheile wurden aufgehoben. Die gemässigt
conservative Partei hat noch einmal den Versuch gemacht, ihr
Ideal« für das Theramenes eingetreten und gefallen war, zu
verwirklichen, in ihrem Namen brachte Phormisios, der wie
so viele seiner Gesinnungsgenosssen mit dem Demos zusammen
gegen die Dreissig gekämpft hatte, den Antrag ein, das activc
Bürgerrecht auf die Grundbesitzer zu beschränken ; er sah die
wahre »Verfassung der Väter« in den Zuständen unter
Kleisthenes und Kimon. Die Spartaner Hessen erkennen, dass
sie die Annahme des Antrags wünschten; aber dass sie zu
seinen Gunsten mit den Waffen einschreiten würden, war
nicht zu befürchten, und wie die Dinge lagen, war es un-
möglich, dass der siegreiche Demos eine Bestimmung annahm,
die etwa 5000 Athener — Theten und verarmte Männer aus
den höheren Ständen — des activen Bürgerrechts beraubt
hätte. Für ihn war, aller Geschichte zum Trotz, die radicale
Demokratie die altererbte nationale Verfassung Athens. Auch
von den Besitzenden und Conservativen waren nicht wenige
durch die Schreckensherrschaft der Extremen von dem Wahne
gründlich geheilt, als sei für Athen eine andere Verfassung
möglich. Fast alle leitenden Staatsmänner, die bei der Be-
freiung mitgewirkt hatten, bekannten sich zu dieser Auffassung,
voran Thrasybul und der Hauptführer der Radicalen, der
Töpfer Kephalos , aber auch die Gemässigten, Anytos ■ und
Archinos. Nur unter dem Banner der Demokratie durfte
Athen hoffen in Zukunft einmal das spartanische Joch abzu-
schütteln und eine selbständige Bedeutung wieder zu gewinnen.
So fiel Phormisios' Antrag; die neue Staats- und Rechts-
ordnung, welche die Gesetzgebungscommission annahm, war
nur eine Erneuerung der von Ephi altes und Perikles be-
gründeten Verfassung, mit einigen zeitgemässen Modifikationen,
wie sie theils der Wegfall des Reichs, theils praktische Be-
dürfnisse — z. B. im Finanzwesen — bestimmten. Auch
mancher alte Zopf wurde weggeschnitten, darunter die vom
Staat officiell bisher noch immer festgehaltene, aber völlig
obsolet gewordene attische Localschrift, die durch das bereits
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Phormisios' Antrag. Die restaurirte Demokratie in Athen. 217
in ganz Hellas zur Herrschaft gelangte ionische Alphabet er-
setzt wurde. Der Abschluss zog sich noch vier Jahre lang
hin, bis 399 , und es konnte nicht ausbleiben, dass, wie bei
allen attischen Commissionen , die eigentliche Arbeit und in
der Regel auch die thatsächliche Entscheidung in den Händen
der zu der Gommission gehörenden Bureaubeamten lag, und
diese ihre Stellung für sich ausnutzten und manche von per-
sönlichen Interessen beeinflusste Detailbestiramung aufnahmen.
Im allgemeinen aber ist ein achtungswerthes und einheitliches
Werk entstanden, bei dem Staat und Gesellschaft bestehen
und gedeihen konnten, und das noch segensreicher hätte
wirken können, wenn sich nicht Volk und Staatsmänner oft
genug über die Gesetzesbestimmungen hinweggesetzt hätten;
denn das dem Areopag und jedem Bürger zustehende Hecht,
gegen gesetzwidrige Anträge Einspruch zu erheben und die
Entscheidung der Geschworenen herbeizuführen , hat, nament-
lich in erregten Zeiten, eine wirksame Abhülfe nicht immer
schaffen können.
Die ersten Massregeln für die Neuordnung des Staats kennen wir
aus Andoc. 1, 81 ff. (vgl. scho). Aesch. 1, 39), der auch das Psephisma
des Tisamenos bewahrt, welches die Gesetzesrevision ordnete. Weitere
Bestimmungen sind in Demosthenes' Timokraten enthalten, namentlich
24, 42 das Gesetz des Diokles. Aufhebung der Acta der Zeit der Dreissig :
Dem. 24, 56 f., vgl. Aeschin. 1, 39. Zu den ava-fpaf ^ T4iv vo>wv, d. h.
offenbar den Mitgliedern der vom Rath gewählten Zehnercommission,
gehörte ausser Tisamenos (vgl. Lys. 30, 28) auch der schon von 410 — 404
in gleicher Stellung thälige Nikomachides, den wir durch die giftige und
blutdürstige Rede kennen, die Lysias (or. 80) für seinen Ankläger im
Rechenschaftsprocess 399 (Lys. 80, 4) geschrieben hat. — Den Antrag
des Phormisios kennen wir durch das von Dionys Hai. de Lys. 32 be-
wahrte Fragment der von Lysias verfassten Gegenrede (or. 34), nebst
den einleitenden, wohl aus Philochoros stammenden Bemerkungen. Gegen
die auf falscher Interpretation beruhenden Folgerungen von Uskskr , Fl.
Jahrb. 1873, und Wilakowitz, Arist. II, 225 s. Blass, Att. Bereds. I, 451
und Forsch. II, 177. — Kephalos (vgl. Aristoph. eccl. 248 ff. Plato com.
fr. 185 [Kock I, 652J. Aesch. 3, 194. Demosth. 18, 219. 251. Pausan.
III, 9, 8) wird zuerst Andoc. 1, 116. 150 erwähnt. Ueber Anytos §. 756.
Archinos (neben Kephalos als Leiter des Staats Dinarch 1, 76) Demosth.
24, 185: MüfNuvtö-rjc 6 'Apxtvoo olö; tou xottaXaßovto«; <J>tA4jv xal futd fe
■
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien
tob; $eoi>$ aittcutdtoo ovro; rrj? xad-oioo tü> SVjfitp *al aX/.a itoXXa xat
y.aXa «e^oXtteo{iivoo v.»l iatpanfifirjxoxo; roXXäuc. Seine Nachkommen haben
dieselben Ehren wie die Thrasybuls: Derooslh. epist. 3, 19. Nach dem
Namen des Sohnes vermuthet man , dass er ein Nachkomme des Stra-
tegen Myronides aus der kimonischen Zeit war. Ferner Arist. pol. Ath.
40. Aeschin. 2. 176. Auf ihn geht auch die Einführung des ionischen
Alphabets zurück: Theopomp fr. 169.
849. Die ächten Demokraten haben es an Versuchen nicht
fehlen lassen, den Sieg zu ihren Gunsten auszubeuten. Ihr
dringendster Wunsch war, trotz der beschworenen Amnestie
Rache zu nehmen an den Leuten aus der Stadt, den Geholfen
der Schreckensmänner. Bei dem Rechenschaftsprocess des
Eratosthenes, des einzigen unter den Dreissig, der sich wie die
Zehnmänner dem Gericht gestellt hatte (§. 757 A.), erhob der
Metoeke Lysias, der Bruder des unter Eratosthenes' Mitwirkung
umgebrachten reichen Fabrikanten Polemarchos (§. 749), die
Anklage. Als er freigesprochen war, hat Lysias seine Rede
als Broschüre ausgegeben, mit einem heftigen Ausfall gegen
Theramenes, der zeigen sollte, dass die Gemässigten um kein
Haar besser gewesen waren als die Extremen. Aber die
Führer der Demokraten, Archinos, Anytos, Thrasybul, traten
mit voller Energie gegen dies Treiben ein; sie erkannten, dass
die einzige Rettung in der gewissenhaften Beobachtung der
Amnestie liege. Allerdings wurden die Ritter, die Haupt-
stütze der Dreissig, gezwungen, ihre Equipirungsgelder heraus-
zugeben, und im J. 399 benutzte man die Hülfsforderung
Spartas, um einen Theil von ihnen nach Asien zu schicken
(§. 837). Als aber zum ersten Male der Versuch gemacht
wurde, die Amnestie offen zu verletzen, Hess Archinos den
eidvergessenen Kläger ergreifen und vom Rath als offen-
kundigen Verbrecher hinrichten. Ausserdem erwirkte er einen
Beschluss, der jedem Angeklagten, der sich auf die Amnestie
berufen konnte, die Einrede (Tcapafpa^Tj) gestattete, die vom
Gerichtshof zuvor entschieden werden musste, ehe er in die
Sache selbst eintrat. Das half. Freilich haben die Radicalen
noch Jahrzehnte lang versucht, bei jedem politischen oder privaten
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Durchführung der Amnestie. Die Extremen niedergehalten. 210
•
Process und bei jeder Rechenschaftsablage, wo immer sich die
Handhabe bot, gegen den Angeklagten als Mitglied des Reiter-
corps oder des Raths oder als Schergen der Dreissig Stimmung
zu machen. In der Regel bedienten sie sich dabei der Feder
des Lysias; wenn sich indessen einmal der Angeklagte bei
ihm eine Rede bestellte, hat er als ächter Advocat der mo-
dernen Sorte auch den entgegengesetzten Standpunkt ver-
treten und das Treiben, dem er sonst seine Beihülfe lieh, in
scharfen Worten gegeisselt. So kamen die Leidenschaften
noch Jahre lang nicht zur Ruhe; aber die Gerichtshöfe blieben
fest, an mächtiger Fürsprache fehlte es niemals und so haben
all diese Anklagen kaum je einen Erfolg erzielt. Auch nach
der Gewinnung von Eleusis im J. 401 (§. 763) hielt man an
derselben Richtung fest. Das Ergebniss war, dass trotz allen
Hetzens der Extremen die Versöhnung der Parteien den Athenern
schliesslich doch in Fleisch und Blut überging und Athen fortan
bis zum Ende seiner Selbständigkeit vor Revolutionen bewahrt
blieb. Ohne den Druck, den Sparta ausübte, wäre dies Er-
gebniss kaum erreicht worden: aber ebensowenig ohne die
grosse Vergangenheit, die in der Bürgerschaft den Staats-
gedanken geschaffen hatte und mit ihm die Hoffnung auf eine
neue bessere Zukunft lebendig erhielt. So bleibt der atheni-
schen Bürgerschaft und ihren Staatsmännern der Ruhm un-
geschmälert, dass sie allein von allen griechischen Staaten die
Versöhnung der Parteien ehrlich durchgeführt und die Aera
der Revolution geschlossen haben.
Hauptquelle sind die Proceasreden des Lysias aus dieser Zeit, die
Anklage gegen Eratoathenes und Agoratos (or. 12. 13), die Reden 25. 31.
30. 18 und als spatere Nachzügler 16 und 26; ferner Isokrates or. 18.
21 und Andokides' Mysterienrede. — Archinos' Einschreiten : Arist. 40, 2
[bei Nepos Tbras. 8, 3 auf Thrasybul übertragen]. Geseta über die
«apafpeupV; : Iaokr. 18, 2. — Einziehung der xataoxasi« der Ritter: Lys.
16. 6 f. — Aus dem confiscirten Vermögen der Dreissig wurde die icop.-
ittta hergestellt: Philoch. fr. 124. — Loyales Verhalten der Führer tü»v
ix to5 Dtipaio);: Lys. 25, 28. Isokr. 18, 23. 42 ff., vgl. Andoc. 1, 116. 150
und dazu [Lys.] 6, 37 ff. Lys. 30, 31 IT. ; ebenso offenbar im Process des
Eratosthenes, vgl. 12, 84 ff.
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
850. Wer freilich das Athen, welches jetzt unter der Schutz-
herrschaft seines Besiegers aus den Verheerungen des Kriegs
und der Revolution sich aufzurichten suchte, mit der alten
Macht und Herrlichkeit verglich, mochte fast verzweifeln, ob
das Werk der Restauration, welches man in Angriff nahm,
je gelingen werde. Die ökonomischen Zustände waren voll-
kommen zerrüttet. Durch die Vernichtung der Landwirth-
schaft, durch die ununterbrochenen Steuern und Liturgien,
durch den Stillstand von Handel und Industrie, durch die
Confiscationen und Verbannungen unter der Herrschaft der
extremen Demokratie und dann unter den Dreissig, war der
Wohlstand vernichtet und zahlreiche altbegüterte Familien
vollständig ruinirt; glücklich mochte sich schätzen, wer aus dem
allgemeinen Schiffbruch noch ein kleines Capital gerettet hatte.
Im Frieden konnten die Grundbesitzer wieder anfangen zu
wirtschaften oder aber durch den Verkauf ihres Guts etwas
Geld bekommen; Handel und Industrie konnten wieder auf-
athmen und mit dem Vertrauen auf eine längere Zeit der
Ruhe auch der alte Unternehmungsgeist zurückkehren; und
immer noch waren Athen und der Piraeeus allen anderen
griechischen Handelsplätzen weitaus überlegen. Inzwischen
aber hatte die ärmere Bevölkerung die volle Noth der neuen
Lage auszukosten. Zwei Generationen lang hatte sie ganz
wesentlich auf Kosten des Staats und der Herrschaft über
die Bündner gelebt. Jetzt war das Reich zusammengebrochen
und die Tribute weggefallen, und damit alle Emolumente,
welche der attische Bürger bisher genossen hatte. Die Schaaren
von Bürgern, welche in die Kleruchien entsandt waren, hatten
ihren gesammten Besitz verloren. Nur ein Theil von ihnen
ist nach Athen zurückgekehrt; viele gingen zu Grunde, oder
suchten in der Fremde, z. B. auf Cypern (§. 841), ihren
Lebensunterhalt zu gewinnen; und zu ihnen kamen die von
den Dreissig Ausgewiesenen, von denen auch nur ein Theil
an der Befreiung Theil nehmen oder später zurückkehren
konnte; Athen war zu verarmt, um ihnen allen Lebenserwerb
zu bieten. Dadurch wurde der Bevölkerungsstand nach all
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Oelconomische Lage Athens. Verarmung. Bürgerrechtsgesetz. 221
den Verlusten, die der Krieg gebracht hatte, noch weiter
herabgedrückt. So erklärt es sich, dass die Zahl derer, die
durch Phormisios' Antrag das Bürgerrecht verlieren sollten,
auf nicht mehr als 5000 geschätzt wird, und dass wir im
J. 399 die Klage hören über den Menschenmangel unter der
Bürgerschaft. Dafür hatten sich dem Befreiungswerk die ver-
schiedenartigsten Elemente angeschlossen, Halbbürger aus den
Plataeern und den 406 befreiten Sklaven, eng mit dem Staat
verwachsene Metoeken wie Lysias, Förderer der Bewegung
aus Boeotien, Thessalien, den Inseln, dazu zweifelhafte Ele-
mente aller Art, z. B. entlaufene Sklaven. Alle diese Leute
forderten Belohnung und Ehren; es ist begreiflich, dass der
Gedanke laut ward, durch sie die Lücken in der Bürgerschaft
auszufüllen. Nach der Wiedergewinnung von Eleusis, als die
Bewegungsfreiheit grösser ward, brachte Thrasybul den An-
trag ein, allen, die mit dem Demos aus dem Piraeeus zurück-
gekehrt seien, das Bürgerrecht zu gewähren. Der Vorschlag
bezeichnete zugleich einen entschiedenen Bruch mit der von
Perikles inaugurirten Politik der radicalen Demokratie; er hätte,
wenn man auf diesem Wege weiterschritt, den attischen Staat
auch in seiner jetzigen Gestalt zu einem der volkreichsten
und wehrkräftigsten Griechenlands machen können. Aber
gegen ihn erhoben sich die Conservativen: Archinos legte die
Klage wegen Gesetzwidrigkeit ein und setzte die Verwerfung
durch. Man wollte nicht dulden, dass die Pforten der atheni-
schen Bürgerschaft, die mehr als irgend eine andere auf die
Reinheit ihres Blutes stolz war, all dem zweifelhaften Gesindel
geöffnet würden, das sich herandrängte. Nur diejenigen
Fremden, welche an den ersten Kämpfen in Phyle Theil ge-
nommen hatten, erhielten, dem damaligen Versprechen gemäss,
das volle Bürgerrecht (401/0 v. Chr.). Nochmals zeigte sich
die Engherzigkeit des griechischen Stadtstaats; für die Zukunft
blieb es bei dem von Aristophon erneuten Gesetze des Perikles,
dass nur Bürger sei, wer von Vaters- und Muttersseite atti-
schen Blutes war. Nur rückwirkende Kraft wurde dem Ge-
setze nicht beigelegt; wer unter dem Archontat des Eukleides
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
(403/2) als Bürger anerkannt war, behielt sein Recht, so
zweifelhaft seine Herkunft sein mochte.
Ueber den Ruin der reichen Familien kehren die Klagen ständig
wieder; vgl. vor allem Lys. 26, 22. 19, 45 ff. Wirkung des Verlustes der
Kleruchien: Xen. inem. II, 8, 1 tnetS-Jj itp-jjpt&irjv jxiv tu. ev rjj 6irtpop!a
xn^fiatct, tv ZI 'AtTix-jj 6 itarrjp jaoi o&?fcv xatiXmev, ava^x^Copiat vöv
satSyjfi^aa^ tü> awjiatt epfaCofisvoc ta ii?*.rf}3tia itopi'Ctsd-ai. Antrag Thra-
sybuls und vpa?*^ ^apovojimv des Archinos : Arist. pol. Alh. 40, 2. Aeschin.
3, 195. In der Biographie des Lysias wird die Sache so dargestellt, als
habe der Antrag diesen allein betroffen; denn Archinos hatte in seiner
Rede diesen speciell als XofOTpd:po; angegriffen (Plato Phaedr. 257 c) und
Lysias hatte in einer Broschüre geantwortet. Das beweist zugleich, dass
der Antrag geraume Zeit nach 403 eingebracht ist; denn erst damals hat
Lysias* Redeschriflstellerei begonnen. Nun stammt das theilweise erhaltene
Psephisma (§. 758 A.) über die Bflrgerrechtsverleihung an die fremden
Phylekampfer aus dem Jahr des Xenainetos 401/0 [Ziebarth, MAI XXIII,
27; v. Trott ib. XXV, U ; und vor allem A. Körte XXV, 392], damals
wird also auch Thrasybuls weiter gehender Antrag eingebracht sein. —
Ehren der Bürger von Phyle, auf Antrag des Archinos : Aeschin. 3, 187.
190. Auch hier tritt der Gegensatz gegen Thrasybul deutlich hervor in
der Bestimmung axptßuic tyjv Jsoi>Xy4v axrvctpirrjv, oaot a6td>v ercl <I>üX£ «ito-
Xtopx*q&T)3uv cet. Gesetz des Arislophon: Athen. XIII, 577 b, nach schol.
Aesch. 1, 89 von Nikomenes, vgl. Arist. pol. Ath. 42. — Zur Situation
dieser Jahre vgl. auch Archippos' 'Ix&ue; fr. 27 (Kock I, 684).
851. Wenn der Wohlstand in den commerciellen und
industriellen Kreisen sich langsam wieder zu heben begann,
so dauerte es lange, bis dem Staat etwas davon zu Gute
kam. In den Finanzen herrschte fortdauernd die tiefste Ebbe;
Jahr aus Jahr ein musste man Vermögenssteuern erheben und
die Ansprüche an die Liturgien und freiwilligen Leistungen
der Besitzenden steigern (Lys. 18, 21. 21, 13f. u. a.); und
doch reichten die Einnahmen nicht aus für die Bestreitung
auch nur der nothwendigsten Bedürfnisse. Dass durch die
neuen Gesetze die Ausgaben für die Opfer alljährlich um
0 Talente (32,640 Mk.) gewachsen waren, stellt eine Rede aus
dem J. 399 als todeswürdiges Verbrechen des Bureaubeamten
Nikomachides (§. 848 A.) dar, der die betreffende Bestimmung
veranlasst hat. >Denn er musste doch sehen, dass der Staat
kein Geld hat, wo die Spartaner drohen, wenn wir ihnen nicht
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Nolbstand in Athen. Verwilderung. Die Processe.
223
zahlen, und die Boeoter zu Pfändungen schreiten, weil wir
ihnen 2 Talente nicht zurückzahlen können, und die Schiffs-
werften und die Mauern zusammenfallen « (Lys. 30, 22). Die
Folge war, dass die alten Gebrechen der Demokratie aufs neue
hervortraten. Zwar mit der politischen Tagedieberei war es
einstweilen vorbei; die ärmere Bevölkerung musste froh sein,
wenn sie etwas zu verdienen fand, und konnte den Ausfall
des Tagelohns, den der Besuch der Volksversammlungen mit
sich brachte, nicht mehr erschwingen. So blieben die Volks-
versammlungen leer, was auch die Prytanen ersinnen mochten,
die Bürger an ihre Pflicht zu mahnen (Arist. pol. Ath. 41, 3;
vgl. Aristoph. Eccles. 183). Aber der Staat brauchte not-
wendig Geld, und wer ihm welches verschaffte, war willkommen.
Es wurde aufs neue Raum für Demagogen und Sykophanten
schlimmster Sorte, und wieder erhebt sich die Klage, dass
diese sich auf Kosten ihrer Mitbürger bereichern, während sie
den Staat zu den ärgsten Verbrechen verleiten. »Wenn ge-
nügend Geld für die Zwecke der Verwaltung da ist,« sagt
Lysias in der Rede gegen Nikomachides, als handle es sich
um ebenso notorische wie selbstverständliche Dinge, »lässt
sich der Rath nichts zu Schulden kommen ; wenn aber Geld-
noth eintritt, sieht er sich gezwungen, Denunciationen anzu-
nehmen und zu Confiscationen zu schreiten und den Rednern
zu folgen, welche die schlimmsten Anträge stellen.« Das
Gegenstück dazu sind die fortwährenden Processe und Hin-
richtungen wegen Unterschleifs und Bestechung, welche damals,
vier Jahre nach der Restauration, bereits an der Tagesordnung
sind, vielleicht noch mehr als in den schlimmsten Tagen der
alten Demokratie (Lys. 30, 25 u. a.). Die Integrität der füh-
renden Staatsmänner, eines Thrasybulos, Anytos, Archinos,
war allerdings über jeden Zweifel erhaben; hatten sie döch,
obwohl sie genau wussten, in wessen Händen sich ihr unter
den Dreissig confiscirles Vermögen befand, auf jeden Versuch
verzichtet, dasselbe wieder zu erlangen (Isokr. 18, 23). Aber
gegen die untergeordneten Demagogen und die »Beamten
reissen die Processe niemals ab, und die Kläger werden nicht
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
müde, die Hinrichtung des Angeklagten als abschreckendes
Beispiel zur Hebung der politischen Moral zu verlangen, während
die Vertheidigung ebenso ständig den Vorwurf der Sykophantie
gegen die Ankläger erhebt (Lys. or. 25. 21 u. a.).
852. So ist die politische Demoralisation und Corruption
das Erbtheil, welches die restaurirte Demokratie von ihrer
Vorgängerin am unversehrtesten übernommen hat. Aber war
es nicht möglich, den modernen Geist zu bannen, Gottesfurcht
und fromme Sitte und damit die wahrhaft demokratische Zucht
wieder herzustellen, welche das Individuum unter die Staats-
idee zwingt? Gerade die überzeugten Idealisten unter den
Führern der demokratischen Reaction mussten hierin denken
wie Kleon, mochten sie sonst auch von seinem politischen
Radicalismus noch so weit entfernt sein. In dem frivolen
Egoismus der modernen Bildung sahen sie die Wurzel aller
Leiden Athens, der ruchlosen Politik des Alkibiades und des
Kritias nicht minder als der corrupten Demagogie, welche
unter der Flagge des Volkswohls nur ihr persönliches Interesse
verfolgte. Lysias suchte die feinen Künste der neuen Redekunst
der ächten Demokratie dienstbar zu machen, und verstand es, mit
unübertroffener Meisterschaft in der Handhabung des Wortes,
unter der Form schlichter Erzählung und harmloser Sachlichkeit,
die perfidesten Insinuationen vorzubringen, welche den Sach-
verhalt in sein Gegentheil verdrehten. Aber gerade sein Auf-
treten gab für Archinos ein Hauptargument ab in der Be-
kämpfung des Antrags Thrasybuls: solche Gesellen wie diesen
gewissenlosen Redeschreiber durfte die ächte Demokratie in
ihren Reihen nicht dulden. Ein Jahr darauf, im Frühjahr 399,
erhob sich Anytos zu einem Hauptschlag gegen das moderne
Gift: er veranlasste den jungen tragischen Dichter Meietos,
gegen Sokrates als Gegner der Staatsreligion und Verführer
der Jugend die Anklage auf den Tod zu erheben, und trat im
Process zusammen mit einem anderen Staatsmann, Lykon,
eifrig für die Klage ein. Persönliche Reibungen, wie sie bei
keiner politischen und gerichtlichen Action fehlen, mochten
den Gegensatz verschärft haben; aber es war nur consequent,
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Die Demokratie gegeo den modernen Geist. Process des Sokrates. 225
dass die restaurirte Demokratie sich ebenso, wie vorher die Olig-
archen (§. 749), gegen den Mann wandte, der ihr als der typische
Vertreter der Weltanschauung galt, die ihr Wesen negirte; und
Anytos, der seine politische Laufbahn als begeisterter Verehrer
Herodots begonnen hatte (§. 583), war der berufene Vertreter der
Anklage. Dass auch er einmal zu den zahlreichen Männern ge-
hört hatte, die für die Jugendschönheit des Alkibiades schwärmten,
hat mit seinen politischen Anschauungen nichts zu thun; die Ge-
dankenkreise, in denen dieser lebte, lagen ihm vollständig fern.
Er gehörte zu den wohlhabendsten Männern Athens; von seinem
Vater Anthemion hatte er eine grosse Gerberei ererbt, deren
Betrieb er wie Kleon als Staatsmann fortsetzte. Er wollte
nichts sein als ein schlichter Burger, der seine Einsicht der
Heimath zur Verfügung stellte. Jede Berührung mit den mo-
dernen Ideen und mit den Künsten der Sophisten war ihm
ein Greuel, und als Sokrates ihn mahnte, seinem Sohn eine
höhere Erziehung zu geben, statt ihn für das Gerberhandwerk
auszubilden, wies er die Zumuthung mit Entrüstung von sich.
Sokrates war ihm um nichts besser als die anderen Sophisten,
einer von den aufdringlichen Gesellen, welche ihre perversen
Gedanken über jede geheiligte Autorität erhoben und sich an-
raassten, dem Staat und der gesammten Bürgerschaft Vor-
schriften zu machen; durch die Art, wie er sich den jungen
Leuten aufdrängte, trug er den Unfrieden und die Ueber-
hebung eines eitlen Verstandes in jede Familie hinein. Was
dabei herauskam, lehrten Alkibiades und Kritias nur zu deut-
lich, die Sokrates nun einmal nicht von sich abschütteln konnte.
Im einzelnen war die Anklage natürlich beherrscht von der popu-
lären, am schärfsten von Aristophanes formulirten Auffassung,
welche Sokrates die von ihm aufs heftigste bekämpften Lehren
der Sophisten und Naturphilosophen zuschrieb. Daher liessen
sich einzelne Angriffe leicht zurückweisen, vor allem der Haupt-
vorwurf, dass Sokrates den Glauben an die Götter des Staats
bekämpfe und neue Götter einführe. Auch unter den Richtern
waren viele, die wussten oder jetzt an sich erfuhren, dass der
wahre Sokrates doch ein sehr anderer sei, als die Ankläger
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 15
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien
ihn schilderten, und nicht wenige mochten Bedenken tragen,
sich an einem Manne zu vergreifen, der zu den ersten
Berühmtheiten Athens zählte und den jeder Fremde auf-
suchte. So hätte Sokrates bei einigem Eingehen auf die Vor-
urtheile des Gerichtshofs leicht eine Freisprechung oder doch
eine Verurtheilung in eine geringe Strafe erreichen können.
Aber er selbst hat in seiner Vertheidigung den unüberbrück-
baren Gegensatz der Weltanschauungen aus den unsicheren
Argumenten der Gegner zu voller principieller Klarheit her-
ausgearbeitet. Auch nicht um Haaresbreite wich er von seinem
Standpunkt, von der Vertheidigung des Rechtes der freien
Forschung, unbekümmert um jede andere Autorität als die
der Wahrheit, welche die eigene Erkenntniss erschliesst, von
der Forderung einer neuen, auf der Durchbildung des Intellects
und damit der ächten Sittlichkeit beruhenden Erziehung des
Staatsbürgers für das wahre politische Leben. Jede Goncession
an seine Gegner wäre ihm als eine Verläugnung seines ganzen
Lebens erschienen. Mit Geringschätzung wies er die Be-
schuldigungen von sich, und nahm, im schärfsten Gegensatz
zur Anklage, unter Berufung auf die ihm gegebenen Vorzeichen
und den Spruch von Delphi, für sich eine göttliche Mission in
Anspruch. Als er dann schuldig gesprochen war — die Mehr-
heit betrug nur 30 Stimmen über die absolute Majorität — ,
hat er, um dem Gesetze zu genügen, sich herbeigelassen, als
Strafe eine Geldsumme zu beantragen, aber unter ausdrück-
licher Verwahrung, dass er die Berechtigung des Wahrspruchs
nicht anerkenne; was er von Rechts wegen beanspruchen dürfe,
sei die Speisung im Prytaneon als Wohlthäter der Stadt. So
hat er selbst das Todesurtheil unvermeidlich gemacht. Für ihn
gab es keinen anderen Ausweg; wo die Grundlagen seiner
intellectuellen und sittlichen Existenz angegriffen waren, war
ein Compromiss unmöglich. Daher hat er auch die Flucht
verschmäht, als ihm die Möglichkeit geboten wurde: das wäre
eine Auflehnung gewesen gegen das Gesetz des Staats und
darum für ihn ein Verbrechen. Dass er als Märtyrer für die
wahre Freiheit der Menschen in den Tod ging, war der har-
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Process und Hinrichtung des Sokrates.
227
monische Abschluss seines Lebenswerks. Durch seinen Tod
hat er den Sieg der sein Leben und seine Lehre beherrschenden
Idee besiegelt; der Urtheilsspruch, durch welchen Kläger und
Richter in gutem Glauben an das Recht ihrer Sache sie ver-
nichten wollten, lebt nun schon durch Jahrtausende im Ge-
dächtniss der Menschheit als das grösste Verbrechen der
athenischen Geschichte.
Von Anytos' Persönlichkeit und Anschauungen entwirft Plato im
Meno ein offenbar völlig zutreffendes Bild ; vgl. Xen. apol. 29 f. Be-
ziehungen zu Alkibiades: Plut. Ale. 4 = Satyros bei Athen. XII, 534 e.
— Ueber den Process des Sokrates kann ich den scharfsinnigen Unter-
suchungen von Schanz (Ausgew. Dial. Piatos III; vgl. auch Brüns,
Liters r. Porträt 203 ff.) kaum irgendwo beistimmen. Das von Favorin
bei Diog. Laer». II, 40, in der Fassung wie sie bei der Antomosie
zu Protokoll gegeben wurde, bewahrte Original der Anklage ist un-
zweifelhaft ächt, und stimmt aufs beste zu den Formulirungen bei
Plato apol. 24 b. Xenophon apol. 10. mem. I, 1, 1. Ebenso 5cht ist
(trotz der von Wilamowitz , Hermes 82, 99 ff. wieder aufgenommenen
Zweifel) Xenopbons Apologie, eine für den Verfasser ausserordentlich be-
zeichnende Schrift. Xenophon hat aus den ihm zugekommenen Be-
richten erkannt, dass Sokrates durch sein Verhalten das Todesurtheil
unvermeidlich machte; das ist ihm, dem Nützlichkeitsapostel, dem der
von Plato in der Apologie und im Kriton herausgearbeitete principielle
Standpunkt völlig unfassbar war, nur durch die Annahme erklärlich,
Sokrates habe den Tod gewünscht, weil er alt geworden und sein Leben
ausgelebt war; Xenophon ist hier wie so oft ein Vorläufer stoischer Ge-
danken. Dass Plato Gedankengang und Inhalt der von Sokrates selbst
gesprochenen Verteidigungsrede richtig wiedergibt, wenn auch in künst-
lerisch gesteigerter Fassung, ist mir im Gegensatz zu den meisten Neueren
nicht zweifelhaft. Dass er sich schliesslich zur Schätzung der Strafe auf
30 Minen herbeiliess, ist dadurch, dass Plalo 38b sich selbst hinter den
Bürgern nennt, gegen jeden Zweifel gesichert, trotz der leicht erklärlichen
Bestreitung durch Xenophon apol. 23 — was dieser den Sokrates sagen
lässt, 5ti tö uitotcp.<io&at OjAoXoYOÜ/to; tirk aoixsiv, sagt Sokrates bei Plato
auch — ; und wie man es für möglich hält, dass Plato gewagt hätte,
die Forderung der Speisung im Prytaneon zu erfinden, verstehe ich nicht.
Nur wenn Sokrates das wirklich gesagt hatte, durfte er es wiederholen.
— Otr sonst unbekannte Ankläger Lykon ist gewiss nicht der Vater des
Aulolykos, wie die Scholien meinen. — Dass Anytos sxi xal tETsXsotYjy.uj?
to?x«v«i xaxo$o£ta$ (Xen. apol. 31, vgl. Plato apol. 39c Meno 95 a), ist
vom Standpunkt der Sokratiker richtig, aber nicht von dem der Masse
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228
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien
der Athener; vgl. Aeschin. 1, 178 Ituxf-arrjv tov ao^ptst^v aitcxtttvatc, Stt
Kpttiav i^dvnrj nsnaiStoxJ);. Die Spateren freilich wissen von dem Schick-
sal der Ankläger das Schlimmste zu erzählen (so Diod. XIV, 37, 7 aus
Apollodor; epist. 8ocrat. 17. Diog. L. II, 43. VI, 9 u. a.), doch sind das
notorische Erfindungen. Anytos war 888/7 oixo<poAa£ (Lys. 22, 8, vgl.
Wilamowitz, Arist. II, 374 ff.); bald darauf wird er gestorben sein. —
Ein interessantes Gegenstück zu dem Process des Sokrates ist die An-
klage des Andokides aus dem Ende desselben Jahres durch einen anderen
Meietos (§. 651 A.; über den Ankläger §. 758 A.), wo er als notorischer
Feind der Götter, Frevler an den Mysterien, Verräther seiner Freunde cet.
angegriffen wird. Hier traten Anytos und Kephalos energisch für den
Angeklagten ein und er wurde freigesprochen.
853. Gegen Sparta hat die restaurirte Demokratie alle
Verpflichtungen gewissenhaft erfüllt, ja sogar die von den
Dreissig aufgenommene Anleihe aus der Staatscasse zurück-
gezahlt (§. 763), so schwer ihr das bei dem Tiefstande der
Finanzen auch fallen mochte. Noch um 397 lässt Lysias einen
Redner sagen: »ihr würdet den anderen Griechen zürnen, wenn
einer von ihnen euch an Loyalität gegen die Spartaner übertreffen
wolltet (18, 15). Aber alles Sinnen und Trachten war doch
stillschweigend beherrscht von dem einen Gedanken, den Staat
so zu kräftigen, dass er, wenn der Moment gekommen sei,
gegen Sparta losschlagen und die alte Selbständigkeit und
Macht wieder gewinnen könne. Die Dankbarkeit spielt im
Leben der Völker und Staaten kaum eine Rolle; es war natür-
lich, dass die Bürger Athens in Sparta nicht den Staat sahen,
der ihnen die Heimath erhalten und die Freiheit zurückgegeben
hatte, sondern nur den Feind, der ihre Macht vernichtet hatte.
Wenn von Dankespflicht die Rede sein sollte, so erschien sie
viel grösser gegen Theben, das im J. 403 die Demokraten
unterstützt hatte, mochte es auch das Jahr vorher die Ver-
nichtung Athens gefordert haben. Dass man im Kampf gegen
Sparta dem Nationalfeinde die Hand bieten und damit den
höchsten Ruhmestitel der athenischen Geschichte Preis geben
musste, fiel für die momentane Stimmung nicht mehr ins
Gewicht; Sparta hatte Athen mit Persiens Hülfe gestürzt,
warum sollte dies nicht, wie es schon im letzten Kriege ver-
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Athens Stellung zu Sparta und Theben.
229
sucht hatte, sich mit seiner Hülfe wieder aufrichten? Die
Haltung, die Theben jetzt einnahm, gab der Hoffnung Raum ; im
J. 396 wagte man, nach dem Beispiel Thebens und Korinths,
Agcsilaos den Zuzug zu verweigern. Mit den Emigranten
auf Gypern hatte man enge Fühlung, und mit äusserster
Spannung wird man die Fortschritte der persischen Flotten-
rüstung verfolgt haben (Pausan. III, 9, 2). Kam es jetzt zum
Kriege zwischen Sparta und Boeotien, so sah sich Athen mit
einem Schlage wieder zur ausschlaggebenden Macht in Hellas
erhoben. Denn so lange ihre Flanke nicht gedeckt war,
waren die Boeoler Sparta gegenüber ohnmächtig. Athen und
Boeotien vereinigt und verbündet mit Korinth und Argos und
voraussichtlich noch gar manchen anderen griechischen Ge-
meinden durften hoffen, der Macht Spartas und seiner Ver-
bündeten gewachsen zu sein. Man wird Athens Verhalten be-
greifen und verzeihen ; aber ebenso wenig darf man verkennen,
dass die Politik, welche dieser Staat seit 395 eingeschlagen
hat, unsägliches Unheil über Athen und ganz Hellas gebracht,
und jede gedeihliche Entwickelung der Nation, auch in den
engeren Grenzen, in denen Sparta sie organisirt und die
Durchführung der ihr gestellten Aufgaben begonnen hatte, für
alle Zukunft unmöglich gemacht hat.
Ausbruch des Kriegs in Griechenland. Schlachten bei
Haliartos, Nemea, Koronea.
854. Als die persische Flotte sich im Südosten des
Aegaeischen Meeres festgesetzt und Rhodos den Spartanern
entrissen hatte, hielten die Führer der thebanischen Volks-
partei den Zeitpunkt für gekommen, um den Krieg in Griechen-
land zum Ausbruch zu bringen. Auf ihr Betreiben besetzten
die mit Boeotien verbündeten Lokrer von Opus im Mai 395
einen phokischen Grenzdistrict, auf den sie Anspruch zu haben
behaupteten. Darüber kam es zum Kriege zwischen beiden.
Die Lokrer erhielten von Theben die vertragsmässige Unter-
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Stützung: die Phoker wandten sich um Hülfe nach Sparta.
Hier war man froh, jetzt einen unanfechtbaren Kriegsgrund
gegen Boeotien zu haben. Gefahr schien nicht zu befürchten,
wo Agesilaos einen Erfolg nach dem andern meldete, und die
Flotte trotz des Verlustes von Rhodos gegen die unzulänglichen
persischen Rüstungen die See behauptete. Wohl aber war
es höchste Zeit, den Uebermuth von Theben zu brechen.
Vor allem Lysander betrieb den Krieg mit Eifer: seit sich
deutlich gezeigt hatte, welche Gefahren die gemässigte Politik
brachte, die Sparta seinem Rath entgegen eingeschlagen hatte,
durfte er hoffen wieder zur Macht zu gelangen. Die Ephoren
entsandten ihn nach Phokis, um die Truppen der benachbarten
Bundesgenossen zusammenzuziehen, während König Pausanias
mit dem Aufgebot der Peloponnesier auf dem Landwege
nachfolgen sollte. Dann sollten sie von beiden Seiten in
Boeotien einfallen und sich an einem festgesetzten Tage bei
Haliartos vereinigen. Lysander brachte aus den Phokern,
Heraklea und den Volksstämmen am Oeta ein ansehnliches
Heer zusammen und gewann Orchomenos, die nördlichste
Stadt Boeotiens, die sich der Vormacht Thebens immer nur
ungern gefügt hatte. Damit war der Krieg erklärt. Theben
wandte sich um Hülfe an Athen; seine Gesandten mahnten
an die Dankespflicht und entwickelten die grossen Aussichten,
welche sich jetzt Athen böten, wenn es zugreife. In Athen
war man frohen Muths; in dieser Frage gab es zur Zeit
wenigstens zwischen den Staatsmännern keine Meinungsver-
schiedenheit. Alle Redner sprachen für den Abschluss des
Bündnisses. Thrasybul selbst redigirte den entscheidenden
Beschluss; er verfehlte nicht darauf hinzuweisen, dass Athen
den Boeotern Hülfe leiste, obwohl der Piraeeus noch unbe-
festigt sei.
Xenophons Bericht Hell. III, 5 wird durch Pausan. III, 9, 8 ff. [der
aber fälschlich die Lokrer von Amphissa nennt] ergänzt; Diodor XIV,
81 (unter 396/5) bietet wenig. Einzelnes weitere Detail bei Plut. Lys.
27 ff. Paus. Hl, h, 8 ff. IX, 32, 5. Nach Plut. Lys. 29 fallt die Schlacht
bei Haliartos ins J. 395/4. Ausbruch des phokischen Kriegs *oö sitoo
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Ausbruch des Kriegs in Griechenland. Schlacht bei Haüartos. 231
£xfj.äCovtoc Pausan. III, 9, 9. Es ist oft darauf hingewiesen, dass Xenophon,
wenn er den Ausbruch des griechischen Kriegs auf die von Tithraustes
gesandten Gelder zurückführt (vgl. §. 855 ; ebenso Pausan. Plut. Lys. 27.
Ages. 15 ; vgl. Polyaen I, 48, 3). die officielle spartanische Version wieder-
gibt (vgl. Hell. V, 2, 35), die chronologisch unhaltbar ist. Trotzdem ist
aber (was manche Neuere verkennen) das Verhältniss zu Persien das
Entscheidende; ohne den Krieg in Asien und die persische Flotten-
rüstung hätten Theben und Athen die Erhebung nie gewagt. — Der Ab-
fall von Orchomenos als offizieller Kriegsgrund : Andoc. 8, 20. — Bruch-
stück des Vertrags zwischen Alhen und den Boeotem: CIA. II, 6. DS.
61 ; vgl. Philoch. fr. 125 bei schol. Arist. eccles. 193. Der Abschluss des
Bündnisses fällt offenbar in den Anfang des attischen J. 395/4. — Zur
Aushebung in Alhen vgl. Lys. 16, 13 f. und den Process des Alkibiades
Lys. 14. 15. — Zur Stimmung in Athen Andoc. 3, 25. Vgl. Demosth.
4, 17. 18, 96. Dass auch Archinos zur Kriegspartei gehörte, geht daraus
hervor, dass er im korinthischen Krieg eine berühmte Leichenrede ge-
halten hat: Phot. cod. 260, p. 487b. Giern. Alex, ström. VI, 22, vgl.
Plato Menex. 234 b.
855. Inzwischen führte Pausanias den Heerbann der
Spartaner und Peloponnesier (mit Ausnahme der Korinther)
über den Isthmos. Aber Lysander konnte sich nicht entschliessen
zu warten; offenbar wollte er einen entscheidenden Schlag
führen, ehe der König eingreifen konnte, den er als Urheber
seines Sturzes über alles andere hassen musste. Er rückte
über Lebadea gegen Haüartos vor, um die Stadt zu gewinnen
oder zu erstürmen. Aber die Thebaner hatten bereits eine
Besatzung in die Stadt gelegt, und jetzt kam ihr gesammter
Heerbann im Eilmarsch heran. Zwischen diesem und der
Mauer eingekeilt kam Lysander in eine höchst gefahrliche
Lage; als er trotzdem einen Sturm wagte, wurde er von
beiden Seiten angegriffen. Er selbst fiel unter der Mauer,
sein Heer wurde zersprengt ; bei der Verfolgung erlitten freilich
auch die Thebaner in dem bergigen Terrain beträchtliche
Verluste. Am nächsten Tage traf Pausanias ein; aber auch
die Athener unter Thrasybul waren zur Stelle. Gegen die
Uebermacht, namentlich an Reiterei, konnte Pausanias eine
Schlacht um so weniger wagen, da unter den peloponnesischen
Truppen viele unzuverlässig waren. Die Folgen einer Nieder-
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232
IV, 4. Sparta im Kriege mit Pereien
läge waren unabsehbar ; auch im Falle eines Sieges aber
konnte man, wenn er nicht ganz entscheidend war, kaum
hoffen, die unter der Mauer liegenden Leichen aufzuheben.
So entschloss sich Pausanias, in Uebereinstimmung mit dem
Kriegsrath, um die Auslieferung der Gefallenen zu bilten und
Boeotien zu räumen (Herbst 395). — Damit hatte Sparta
freilich eingestanden, dass es zur Zeit die Erhebung nicht
niederzuwerfen vermöge; die Schlappe des Lysander war
dadurch in eine schwere Niederlage verwandelt. Die Folge
war, dass Korinth und Argos sofort dem Bunde zwischen
Boeotien und Athen beitraten, während Megara, wo vor einiger
Zeit die Demokraten die im J. 424 hergestellte strenge Olig-
archie (§. 595) gestürzt hatten, sich dauernd neutral hielt.
Alsbald folgten die Städte Euboeas und die Chalkidier in
Thrakien, und im Westen die Akarnanen, Leukas und Ambrakia.
In Thessalien erhoben sich die binnenländischen Städte, ge-
führt von Medios von Larisa (§. 704), aufs neue gegen
Lykophron von Pherae, schlössen ein Bündniss mit den
Boeotern und eroberten das von Sparta besetzt gehaltene
Pharsalos (§. 765). Dann eroberten die Boeoter unter Isme-
nias, von Argos unterstützt, Heraklea Trachinia, machten die
hier stationirten Spartaner nieder, verjagten die Ansiedler aus
dem Peloponnes, und gaben die Stadt den alten Bewohnern
zurück. Damit waren die meisten kleinen Stämme am Oeta
für Theben gewonnen. Ganz Mittelgriechenland bis auf Phokis
und Orchomenos, wohin Sparta ein Regiment (Mora) als Be-
satzung gelegt hatte, ging den Spartanern verloren. Auch die
ozolischen Lokrer und die Athamanen in Epirus schlössen
sich dem Bunde an; nur die Aetoler hielten sich nach wie
vor den allgemein griechischen Händeln fern. Bei den Phokern
suchte der Spartaner Alkisthenes den Widerstand zu organisiren;
aber er erlitt durch Ismenias eine schwere Niederlage. Mit
den Persern hatte man sofort Beziehungen angeknüpft; der
neue General Tithraustes (§. 846) sandte, vielleicht noch vor
der Schlacht bei Haliartos, den Rhodier Timokrates mit
50 Talenten (272,000 Mark) nach Griechenland, die er unter
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Die Coalition gegen Sparta. Pausanias' Verurtheilung. 233
die Führer der zu Persien neigenden Demokraten in Theben,
Korinth, Argos, Athen vertheilte. Im Juni 394 begannen die
Athener den Wiederaufbau der Mauern des Piraeeus. Zur
Leitung der Operationen wurde ein aus Deputirten der Ver-
bündeten gebildeter Kriegsrath in Korinth eingesetzt.
Xenophon hat die GrOndung und die ersten Unternehmungen des
Bundes absichtlich übergangen, so dass Diod. XIV, 82 (unter 395/4)
unsere einzige Quelle ist; seine Erzählung wird durch Xenophons An-
gaben über die Theilnehmer an der Nemeaschlacht IV, 2 bestätigt. Vgl.
auch Andoc. 3, 22. Megara wird in den folgenden Kämpfen niemals
erwähnt [denn Piatos Theaetet gehört in weit spätere Zeit] und muss
neutral geblieben sein, vgl. §. 8G3 und Isokr. 8, 117 f. Den Sturz der
Oligarchie deutet Thuk. IV, 74 an; nach dem Königsfrieden ist es demo-
kratisch: Diod. XV, 40, 4. Vgl. §. 888. — Das persische Geld (vgl.
$. 854 A.) : Xen. III, 5, 1. Plut. Agt s. 15. Ly«. 27. Pausan. III, 9, 8 mit
einzelnen Abweichungen; Xenophon bestreitet im Gegensatz zu den an-
deren, dass auch die Athener Geld bekommen hätten. Plato Meno 90 a
b vöv vsü>3xI tlkrtf u>c ta Ho\oxpaxoo<; yjprpaxa 'lojiYjVtas o ötjßaioi; bezieht
sich trotz des abweichenden Namens (Polykrates statt Timokrates) offen-
bar auf dasselbe Ereigniss; vgl. rep. I, 336a. — Vertrag Athens mit den
Ukrern: CIA. 11, 7; mit Eretria (aus dem J. 394/3): ib. 7 b. suppl. p. 5.
DS. 62. Decrete Athens für Iphitos von Pharsalos und Kallippos von
Gyrton CIA. II, 11 d. e. suppl. p. 6. DS. 70. 71. Bau der Piraeeusmauern
im Skirophorion unter Diopbantos (Juli 394): CIA. II, 830 b. suppl.
p. 197. DS. 63.
856. In Sparta hat man den unerwarteten Schlag auf das
schwerste empfunden. Die stolze Siegeszuversicht, mit der man
auf alle Feinde herabsehen zu dürfen glaubte , war gebrochen ;
von einer Fortführung des Angriffskriegs gegen Persien konnte
nicht mehr die Rede sein, wo die Feinde eine Invasion des
Peloponnes planten und bereits von einem Angriff zu Lande
auf das spartanische Gebiet reden konnten — ein Gedanke,
den bisher auch in den schlimmsten Zeiten der Kriege
mit Athen kein Gegner Spartas ernsthaft zu erwägen gewagt
hätte. Der volle Ingrimm entlud sich gegen König Pausanias.
Er wurde angeklagt, weil er Lysander nicht rechtzeitig zu
Hülfe gekommen sei und weil er, statt um die Leichen zu
kämpfen, durch Verhandlungen die Niederlage eingestanden
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234 IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
habe; der eigentliche Grund der Erbitterung aber war sein
Verhalten im J. 403. Jetzt hatte es Sparta zu büssen, dass
es sich damals von sentimentaler Hochherzigkeit hatte leiten
lassen, in kindischem Vertrauen auf die Dankbarkeit der
Feinde, statt wie Lysander forderte lediglich den Vortheil des
eigenen Staates zur Richtschnur zu nehmen. Diesmal wagte
Pausanias überhaupt nicht, sich dem Gericht zu stellen: wie
vor 51 Jahren sein Vater flüchtete er nach Arkadien. Wäh-
rend daheim der Rath der Alten das Todesurtheil über ihn
sprach, fand er Schutz im Heiligthum der Göttin Alea in
Tegea. — Für die Fortführung des Krieges blieb der sparta-
nischen Regierung kein Ausweg, als Agesilaos den Befehl zu
senden, dass er schleunigst mit möglichst grosser Heeresmacht
nach Griechenland zurückkehre. Für den Seeweg waren keine
Schiffe disponibel ; so musste er den Landweg über Thrakien
einschlagen. 4000 Söldner unter Euxenos liess er zum Schutze
der Griechenstädte Asiens zurück. Auch von seinen übrigen
Truppen hatten viele keine Lust, den bequemen und ertrag-
reichen Kriegsdienst in Asien mit den Strapazen eines euro-
paeischen Feldzugs zu vertauschen. Aber durch Prämien,
welche er auf die beste Ausrüstung setzte, brachte er die
Städte dazu, ihm tüchtige Truppen zu stellen. So konnte er
etwa im Juni 394 mit einem immer noch ansehnlichen Heer
den Hellespont überschreiten; auch die Reste der Kyreer
unter Xenophon haben sich ihm angeschlossen.
Verurtheilung des Pausanias: Xen. HF, 5. 25. Diod. XIV. 89 (unter
394 3, vgl. Forsch. II, 511). Pausan. Hl, 5, 6. Plut. Lys. 80. Justin VI, 4;
vgl. Ephoros bei Straho VIII, 5, 5. — Agesilaos' Abberufung: Xen. Heil.
IV, 2. Dass er für den Rückmarsch weniger als einen Monat gebraucht
habe (Xen. Ages. 2, 1), ist offenbar übertrieben. Die Stärke seines
Heers gibt Xen. wie es scheint absichtlich nicht an.
857. Für den Feldzug des J. 394 hatten die Verbündelen
ein starkes Heer aufgestellt, angeblich nicht weniger als
22,000 Hopliten aus Athen, Boeotien, Euboea, Korinth und
Argos, dazu 1500 Reiter und eine grosse Schaar leichtbe-
waffneter Lokrer, Akarnanen, Malier; nur die Thessaler nahmen
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ROckberufung des Agesilao?. Schlacht am Nemeabacb. 235
nicht Theil, offenbar waren sie durch die heimischen Wirren
vollauf beschäftigt. Man gedachte direct gegen Sparta vorzu-
gehen, um, wie Timolaos von Korinth sagte, den feindlichen
Strom an der Quelle zu fassen, ehe er sich durch Zuflüsse
verstärkt habe. Aber über den Vorbereitungen und militä-
rischen Discussionen verging die Zeit; als die Verbündeten
eben aufgebrochen waren und durch das Thal des Nemea-
bachs (westlich von Korinth) ins Gebirge vorrückten, waren
die Spartaner bereits zur Stelle. Den spartanischen Heerbann,
6000 Hopliten (offenbar einschliesslich der Neodamoden) und
600 Reiter, führte Aristodemos als Vormund des unmündigen
Königs Agesipolis, des Sohnes des Pausanias. Mit Ausnahme
von Phlius, wo die Demokraten ans Ruder gekommen waren
und die Neutralität proclamirten, hatte keiner der peloponne-
sischen Bundesstaaten gewagt, den Zuzug zu weigern, so dass
das spartanische Heer den Feinden an Zahl mindestens gleich
kam; auch hatten sie 300 Schützen aus Kreta angeworben,
und die kleinen jetzt autonomen Gemeinden von Elis (§. 762)
stellten 400 Schleuderer. Nach längerem Zögern nahmen die
Feinde in der Küstenebene unweit der Mündung des Nemea-
bachs in der zweiten Hälfte des Juli 394 die Schlacht an.
Der Kampf verlief noch ganz im alten Stil, wie die Schlacht
bei Mantinea 418. Jede der beiden Armeen schob sich beim
Anmarsch nach rechts und suchte die Feinde in der Flanke
zu fassen. Die meisten peloponnesischen Contingente wurden
von den tief aufgestellten Gegnern, auf die sie trafen, geworfen ;
aber die Athener unter Thrasybul wurden von den Spartanern
umklammert und vollständig geschlagen, und dann die bisher
siegreichen Abtheilungen der Feinde, wie sie einzeln den
Rückmarsch antraten, der Reihe nach in die Flucht geschlagen.
Die Verluste waren auf beiden Seiten gross ; aber die Spartaner
selbst hatten nur 8 Mann verloren und aufs neue ihre Unbesieg-
barkeit in der Feldschlacht erwiesen. Den Sieg auszunützen
wäre indessen nur möglich gewesen, wenn* es gelungen wäre
Korinth zu gewinnen. Die spartanisch gesinnte Partei machte
einen Versuch, ans Ruder zu kommen, und setzte durch, dass
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236
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
den Flüchtigen die Thore gesperrt wurden; aber sie konnte
die Stadt nicht vom Bunde losreissen, und alsbald gewannen
die Gegner wieder das Uebergewicht. Da überdies der Haupt-
theil des feindlichen Heeres ein festes Lager bei Korinth be-
zogen hatte, durfte die Gesammtmacht der Spartaner den
Isthmos nicht überschreiten; sie mussten sich begnügen eine
Mora dem Agesilaos nach Boeotien entgegenzuschicken.
Diodor XIV, 83 gibt das spartanische Heer auf 23,000 Mann und
500 Reiter (davon 1100 Gefallene) an, das der Feinde (82, 10) auf
15,000 Mann und 500 Reiter (davon 2800 Gefallene). Davon weichen
Xenophons Zahlen Hell. IV, 2, 16 ff. sehr stark ab; bei den Spartanern
sind die Contingente der Arkader (§. 13) und Acbaeer (§. 18. 20) aus-
gefallen, die der Feinde geben vielleicht die Sollstärke, hinter der die
Effectivstärke beträchtlich zurückblieb (so Wilamowitz, Homer. Unters.
273, der aber die Situation falsch beurtheilt); daher Diyovro §. 17. —
Zahl der gefallenen Spartaner: Xen. Hell. IV, 3, 1. Ages. 7, 4. — Die
von Xenophon IV, 2, 23 dunkel angedeuteten Vorgänge in Korinth klärt
Demosth. 20, 52 f. auf. — Feste Stellung bei Korinth Lys. 16, 16. —
Ueber Phlius: Xen. IV, 2, 16. 4, 15. V, 2, 8. — Zur Niederlage der
Athener vgl. Lys. 16, 15 (wonach Thrasybul die Athener führte). 3, 45.
Andoc. 3. 18. Demosth. 20, 52. Die Schlacht fällt bereits unter Eubulides
(394/3; beginnt 17. Juli) offenbar in die ersten Tage des neuen Jahrs:
Aristid. or. 44, p. 370 Dindorf, was durch die Grabschrift des Dexileos
CIA. II, 2084. DS. 67 bestätigt wird. Grabmal der bei Korinth und
Koronea gefallenen Reiter CIA. II, 1673. DS. 68. Grabdenkmal der
übrigen Gefallenen Pausan. I, 29, 11.
858. Um dieselbe Zeit war Agesilaos unter kleinen
Kämpfen mit den Thrakern nach Amphipolis gelangt; hier
erhielt er die Siegesbotschaft, mit der er den Ueberbringer
Derkylidas sofort weiter nach Asien sandte; er durfte honen
bald auf den Schauplatz seiner Siege zurückkehren zu können.
In Makedonien machte König Aeropos (§. 893) Miene ihm
entgegenzutreten; aber durch rasches Vorgehen erzwang er
den Durchzug. Die Thessaler versuchten ihn aufzuhalten, und
ihre Reiterschaaren umschwärmten die Marschcolonnen ; aber
durch einen raschen Ausfall schlug er sie zurück. Fortan
blieb er unangefochten ; er konnte in Boeotien einrücken und
sich mit der ihm entgegengesandten Mora vereinigen. Ferner zog
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Schlacht bei Koronea,
237
er das Aufgebot der Phoker und der Orchomenier und die Hälfte
der hier liegenden spartanischen Besatzung (§. 855) an sich;
überdies hatte er von den Griechenstädten Thrakiens Truppen
erhalten. So gebot er über ein ansehnliches Heer, das nament-
lich an Peltasten den Gegnern überlegen war. Inzwischen
war ein Theil der bei Korinth lagernden Armee den Boeo-
tern zu Hülfe gezogen und hatte bei Koronea an der
Strasse, die südlich um den Kopaissee herumführt, Stellung
genommen. Hier kam es gegen Ende August, wenige Wochen
nach der Nemeaschlacht , zum Kampf. Agesilaos siegte mit
dem rechten Flügel und dem Gentrum ; während dessen hatten
aber die Thebaner seinen linken Flügel , auf dem die Orcho-
menier standen, durchbrochen und waren bis ins spartanische
Lager vorgedrungen. Agesilaos dachte den Sieg voll ausnützen
und die Thebaner vernichten zu können; er griff sie nicht,
wie die Spartaner bei Nemea, auf dem Rückmarsch in der Flanke
an, sondern verlegte ihnen den Weg. Aber er konnte ihren
Schlachthaufen nicht sprengen; in heftigem Kampf bahnten
sie sich den Weg ins freie Feld ; Agesilaos, selbst schwer ver-
wundet, musste vom Kampf abstehen. Indessen wenn auch
der Sieg nicht vollständig war, so erkannten die Gegner doch
ihre Niederlage an, indem sie um Auslieferung der Leichen
baten. Die Schlappe von Haliartos war ausgeglichen; die
Folge der beiden rasch hinter einander erfochtenen Siege am
Nemeabach und bei Koronea war, dass die Verbündeten in
den 7 Jahren, die der Krieg noch dauerte, eine offene Feld-
schlacht gegen Sparta nicht wieder gewagt haben.
Details aus dem Zuge des Agesilaos: Xen. Hell. IV, 3, 15. Diod.
XIV, 83, 3. Plut. Ages. 16 f. Polyaen II, 1, 17. 81. — Entsendung eines
athenischen Detachements von dem Heer hei -Korinth Lys. 16, 16. —
Schlacht bei Koronea: Xen. Hell. IV, 8 = Ages. 2. Polyaen II, 1, 5. 18.
19. 23. Plul. Ages. 18 f. Diod. XIV, 84, wonach auf Asesilaos' Seite 850.
von den Verbündeten über 600 fielen; die Heeresstarke kennen wir
nicht. Die Zeit ergibt sich aus der Sonnenfinstemiss vom 14. Aug. 894,
bei der Agesilaos an der Grenze Boeotiens die Nachricht von der Schlacht
• bei Knidos erhielt (Xen. IV, 8, 10). Xenophon hat die militärische Be-
deutung der 8chlacht übertrieben, weil sie die grösste war, an der er
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238 IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
selbst Theil genommen baf. Aber man halte nie verkennen sollen, dass
nach derselben die Wiederherstellung der vollen Herrschaft Spartas über
Griechenland ohne Schwierigkeit erreichbar gewesen wäre, wenn nicht
kurz vorher die Schlacht bei Knidos die ganze Situation umgestaltet hätte.
Die Schlacht bei Knidos und ihre Folgen. Krieg um
Korinth. Friedensverhandlungen.
859. Inzwischen war zur See die Entscheidung gefallen.
Seit Beginn des Sommers 304 lagen sich die persische Flotte
unter Konon und Pharnabazos und die spartanische unter
Peisandros aufs neue in den rhodischen Gewässern gegenüber,
zunächst wie es scheint Monate lang ohne etwas zu unter-
nehmen. Aber durch die Mittel, die Konon jetzt zur Verfügung
standen, und durch die von ihm und EuagoraS entwickelte
Energie wuchs die persische Flotte ständig an Zahl und
Leistungsfähigkeit. Das mag den Anlass gegeben haben, dass
Peisandros sich endlich zum Handeln entschloss. Von Knidos
aus ging er gegen die feindliche Flotte vor, und diese nahm
den Kampf auf. Wie die Schlacht verlaufen ist, die sich jetzt,
um den 10. August 394, kurz vor der Schlacht bei Koronea,
entspann, davon ist keinerlei zuverlässige Nachricht auf uns ge-
kommen; nur das wissen wir, dass Konon das erste aus den
griechischen Schiffen bestehende Treffen führte, während Pharna-
bazos mit den phoenikischen Trieren folgte, und dass Peisandros
der Uebermacht erlag. Als er alles verloren sah, suchte und
fand er wie Kallikratidas tapfer kämpfend den Tod. Die
spartanische Flotte war zersprengt oder vernichtet, ein grosser
Theil der Schiffe, angeblich 50, ans Land geworfen und er-
beutet, während die Mannschaft entkommen konnte.
Ueber die Schlacht haben wir, abgesehen von der unbedeutenden
Notiz Folyaen I, 48, 5, nur zwei kurze und völlig unzureichende Berichte
bei Xen. Hell. IV, 3. 11 f. und Diod. XIV, S3. Nepos Conon 4 und
Justin VF, 3 sind werthlos. Die von Diodor gegebenen Zahlen (85 Schiffe
für Peisandrcs, über 90 für die Feinde) widersprechen nicht nur Xeno-
phon, sondern auch den früheren Angaben Diodor?, vgl. §. 845 A. Zum
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Schlacht bei Knido?. Erfolge der Perser.
239
Datum §. 858 A. Ly9. 19, 28 i^inxo 3' yj vaujiaxt* E'jßo-iXoo apyovro?
(394/3).
860. Die Schlacht bei Knidos hat thatsächlich den Krieg
entschieden, wenn er auch noch Jahre lang weiter ging. Der
aegyptische König, der Sparta immer nur lau unterstützt hatte,
ist spätestens jetzt von dem Bündniss zurückgetreten, ver-
mutlich unter der Einwirkung des Euagoras, der ihn zu
Athen hinüberzog. Mit der Seeherrschaft, die Sparta durch
die Besiegung Athens gewonnen hatte, war es vorbei; jetzt
geboten die Perser im Aegaeischen Meer, wie ein Jahrhundert
zuvor bis auf die Flottenschöpfung des Themistokles. Denn
wenn auch Sparta in den nächsten Jahren noch kleine Flotten
aufgebracht hat, so war es doch, zumal nach dem Abfall
Korinths, gänzlich ausser Stande, den Verlust zu ersetzen. Die
Seemacht war hier eben nicht, wie in Athen, eine Schöpfung
der eigenen Volkskraft, sondern lediglich ein Ergebniss der
Herrschaft über andere, zur See leistungsfähigere Gemeinden. —
Pharnabazos und Konon nahmen das von Sparta ausgegebene
Schlagwort der Autonomie auf und erklärten, die Städte sollten
unbelästigt bleiben und in ihre Gitadellen hinfort keine per-
sischen Besatzungen gelegt werden. Der Reihe nach fielen
die Städte und Inseln an der kleinasiatischen Küste von Sparta
ab, verjagten die Harmosten und Garnisonen und die zu
Sparta haltenden Aristokraten, und traten zu den Persern
über. So Karpathos, Kos, Knidos, Teos, Ephesos, Erythrae
und die kleineren Orte Ioniens, vor allem aber das von Sparta
schwer geschädigte Chios, sowie auf Lesbos Mytilene. Die
kleinen Orte der Insel und ebenso manche aeolische Städte,
wie Temnos und Aegae, blieben Sparta treu, und am Helles-
pont behauptete Derkylidas, der von Agesilaos mit der Siegesbot-
schaft von Ncmea hierhin geschickt war (§. 858), Abydos, das seit
410 immer eifrig spartanisch geblieben war, und gewann Sestos
und mehrere andere Plätze der thrakischen Ghersones zurück.
Ein Versuch des Konon und Pharnabazos, ihn zu bezwingen,
scheiterte. Im nächsten Frühjahr aber (393) zogen beide an
der Spitze einer starken Flotte nach den Kykladen und ver-
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240
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien
jagten überall die Spartaner und ihren Anhang, wobei es
natürlich ohne Blutthaten und arge Verbrechen so wenig ab-
ging wie in den asiatischen Städten. Dann begannen sie die
lakonischen Küsten zu verheeren. Mehr als die Athener in
den vorigen Kriegen konnten freilich auch sie an den felsigen
Küsten mit ihren unentwickelten Perioekenorten nicht aus-
richten ; nur Kythera wurde besetzt, wie ehemals von Athen,
die Spartaner verjagt, und die Insel dem Athener Nikophemos
(§. 845) als Vogt übergeben. Dann fuhren die persischen
Feldherrn nach Korinth, wo die Delegirlen des hellenischen
Bundes versammelt waren, um die Fortführung des Krieges
zu bereden, und zahlten ihnen Subsidien, die sie dringend
gebrauchen konnten.
HauptqueUe: Xen. Hell, IV, 8, 1—8, durch Diod. XIV, 84, 3 ff. er-
gänzt. Die Verheerung der lakonischen Küsten auch Isokr. paneg. 119,
der sie als eine Schmach für Hellas darstellt und die Schuld am liebsten
den Spartanern in die Schuhe schieben mochte, obwohl sie im Interesse
Athens geschah ! Konon otparrj-fiüv nspi nY/.onowvjsov mit Nikophemos
und Trierarchen aus Alhen : Lys. 19, 12. Ein anschauliches Bild der
Umwälzung auf den Inseln gibt Isokr. or. 19 , speciell §. 18 ff. — Die
persische Suprematie Ober Ionien wird durch den Schiedsspruch des
Strulhas in dem Grenzstreit zwischen Milet und Myus illustrirt: Ber.
Berl. Ak. 1900, 112, vgl. §. 86<>A. — Ehren Konons in kleinasiatischen
Städten: Pausan. VI, 3, 16. Lkbas III, 39 = ÜS. 65, vgl. Isokr. epist. 8, 8.
861. Konon hatte seine Erfolge als persischer Admiral
errungen ; aber sein Ziel wie das seines thatkräftigen Gehülfen
Euagoras war durchaus nicht die Aufrichtung der persischen
Herrschaft, sondern die Wiederherstellung des attischen Reichs,
womöglich in dem ganzen Umfang der Zeit vor 413. Er er-
hielt von Pharnabazos die Erlaubniss, mit der Flotte nach
dem Piraeeus zu fahren und den Athenern 50 Talente
(272,000 Mark) zum Wiederaufbau ihrer Mauern zu über-
bringen. Mit hellem Jubel, mehr noch vielleicht als Alkibiades
bei seiner triumphirenden Heimkehr, wurde er von den Athenern
aufgenommen, die höchsten Ehren auf ihn und Euagoras ge-
häuft; auf dem Markt, bei dem Altar des die Freiheit schirmen-
den Zeus, errichtete man ihre Standbilder in Erz. Mit vollem
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Die Perser im Aegaeischen Meer. Konon in Athen.
241
Eifer machte man sich an den im Jahr zuvor begonnenen
Mauerbau ; die einzelnen Strecken wurden auf die Phylen ver-
teilt, die Flottenmannschaft legte mit Hand an, auch die
Boeoter, die Argiver und andere Bundesgenossen schickten
Baumeister und Arbeiter. So hatten sich innerhalb eines
Jahrzehnts die Verhältnisse gewandelt, dass dieselben Städte,
die damals die Niederlegung der Befestigungen des Piraeeus
und der Schenkelmauern als Beginn der Freiheit von Hellas
begrüsst hatten, jetzt selbst sie wieder aufrichteten als Boll-
werk gegen die Herrschaft Spartas. Erst jetzt konnte Athen
sich wieder als einen selbständigen Staat ansehen, der jeder
Gefahr gewachsen sei. Durch die persischen Subsidien war
zugleich der ärgsten Geldnoth abgeholfen, man konnte wieder
daran denken, Trieren zu bauen und neben dem Landkrieg
auch den Seekrieg energisch aufzunehmen. Die nächste und
unvermeidliche Folge war freilich, dass die Gegensätze der
Parteien, die bisher durch den Druck der äusseren Lage
niedergehalten waren, jetzt sofort aufs neue hervorbrachen.
Die ärmere Bevölkerung sah wie ehemals im Kriege das er-
wünschte Mittel, zu Einnahmen und einer besseren Lebenslage
zu gelangen; sie forderten den Seekrieg, der ihnen den Ruderer-
sold brachte, Wiederaufrichtung des Reichs und seiner Abgaben,
Wiederherstellung der Kleruchien. Die Bauern und die Reichen
wollten davon nichts wissen ; seit Athen aus der ärgsten Noth
befreit und wieder unabhängig geworden war, konnte ihnen
nur eine friedliche Entwicklung Vortheil bringen, während
sie im Kriege alle finanziellen und militärischen Lasten zu
tragen hatten und abermals den Ruin ihrer eben erst noth-
durftig gebesserten Lage befürchten mussten. Aber durch Ko-
nons Eingreifen gewann die radicale Strömung die Herrschaft.
Die bisherigen Führer, Archinos und Anytos, traten zurück,
ebenso Kephalos von Kollytos, der mit Eifer für das Bündniss
mit Theben eingetreten war; an ihrer Stelle kamen die ächten
Erben des Kleon und Kleophon in die Höhe, Demagogen wie
Agyrrhios, Epikrates, Thrasybulos von Kollytos, ferner der
Dithyrambiker Kinesias, der jetzt das Gomponistenhandwerk
Meyer, Geschiohte des Alterthums. V. 16
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242 IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
an den Nagel hängte und sich mit Eifer in das einträglichere
Gewerbe des Demagogen stürzte. Agyrrhios hat den Volks-
massen die Möglichkeit gegeben , die politische Entscheidung
wieder in ihre Hand zu bekommen, indem er als Entschä-
digung für den verlorenen Arbeitstag eine Geldzahlung auch
für die Besucher der Volksversammlung einführte, zunächst
von 1 Obolos, der dann sofort auf Antrag des Herakleides
auf 2 und weiter von Agyrrhios auf 8 Obolen (45 Pfennig)
erhöht wurde. Damit war das Uebergewicht gebrochen, das
bisher in Folge der Verarmung die Besitzenden ausübten.
Auch der Einfluss des Befreiers Thrasybulos, des Steiners,
war im Sinken. Zwar lebte er wie Konon in dem Gedanken,
Athen die Weltmachtstellung wiederzugewinnen; aber wie er
ehemals mit Alkibiades zusammen den hellespontischen Krieg
geführt hatte, so erhob er jetzt, auf seine Verdienste gestützt,
den Anspruch auf die Regentenstellung und forderte von den
Bürgern die Unterordnung, mit der sie sich ehemals der
Leitung des Perikles gefügt halten ; voll Geringschätzung sah
er auf die Demagogen und ihr sykophantisches Treiben herab.
Auch sein von Archinos zu Fall gebrachter Antrag auf Er-
weiterung des Bürgerrechts (§. 850) entsprach viel mehr den
Tendenzen einer autokratischen Politik, als den Idealen der
engherzigen Demokraten, die nichts lieber im Munde führten,
als das Gerede von der Autochthonie der Athener und der Rein-
heit ihres Bluts. Bei der Erhebung Athens gegen Sparta im
J. 395 hatte er die Führung gehabt ; so fiel auch die Nieder-
lage am Nemeabach auf ihn zurück, und dass er den fliehen-
den Athenern schwere Vorwürfe machte, weil sie nicht ge-
wagt hatten, den Spartanern Stand zu halten, hatte seine
Stellung nicht verbessert. Als dann einen Monat später Konons
Sieg die Entscheidung brachte, die Thrasybul nicht hatte er-
kämpfen können, hatte man für »den Hochmuth des Steiriers,
der alle Menschen wegen Feigheit schmäht« (Lys. 16, 15),
nur noch Spott. Wieder einmal, wie nach dem Sturz des
Alkibiades, hatte sich Konon als den ächten Feldherrn der
Demokratie erwiesen ; und diesmal, wo er ganz nach eigenem
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Die Radicalen in Athen. Konon und die Reichspolitik. 243
Ermessen hatte handeln können, hatte er gezeigt, was er ver-
mochte: das Programm, mit dem Alkibiades die Menge genas-
führt hatte, hatte er zu verwirklichen verstanden, noch dazu
ohne dass es Athen etwas kostete.
Ueber Konons Mauerbau s. ausser Xen. IV, 8, 9 ff. und Diod. XIV,
85 die Urkunden CIA. II, 830—832. 830c.d.e suppl. p. 197. DS. 64, so-
wie Wachsmuth , Stadt Athen II, 24 ff. 187 ff. Ferner Pbilochoros Ib. 5
fr. 80. 81 (Harpokr. 'Vjpprfi 6 ic<>&; xy rtoX^t und stpö; rjj 'E.). Ehren
des Konon und Euagoras: Pausan. I, S, 2. 24, 3, vgl. 29, 15. Isokr. 9,
57. Demostb. 20, 68 ff. CIA. II, 10 b, p. 397 (vgl. §. 841 A.). Vgl. auch
Athen. I, 3d. Demosth. 22, 72. - Ekklesiastikon : Aristot. pol. Ath. 41, 3,
vgl. Aristophanes' Ekklesiazusen , speciell 182 ff. 290 ff. 800 ff. Für die
Zustande in Athen sind Aristophanes* Ekklesiazusen , speciell v. 176 ff.
193fT., die wichtigste Quelle, nach schol. v. 193 aufgeführt im J. 392,
wahrscheinlich an den Lenaeen. Wir haben kein Recht, diese offenbar
auf die verlorene Didaskalie zurückgehende Notiz um einer durchaus
problematischen Chronologie willen zu verwerfen, wie das gewöhnlich
geschieht. — Ueber die Demagogen und Staatsmänner dieser Zeit: Sievers,
Gesch. Griecheul. 106. 110 ff. Beloch, Att. Pol. 116 ff., vgl. Plato fr. 186
(Kock I, 653) über die Hydra der Demagogen: f&p azod'dvTg s'c. «c».c
•orrjpos , 56' avstpooav pr4Top*?. — Ueber Thrasybuls Stellung und Ten- '
denzen Aristoph. eccles. 203. Plut. 550. schol. Arist. eccles. 203. Plut.
550 (Strattis fr. 17). Lys. 16, 15. 28, 5 f. Kovtuv epaou^ooXov $paou£ooXov
txäXu Arist. rheL II, 23 ; es ist doch wohl der Steirier, nicht der Kolly-
teer gemeint. — Epikrates: Aristoph. eccles. 71. Lys. or. 27. Demosth.
19,277. Agyrrhios: Aristoph. eccles. 102. 184. Plut. 176, vgl. Andoc.
I, 133. Demosth. 24, 134. Kinesias: Aristoph. eccles. 330. Lys. 21. 20.
fr. 139. 140 (Harpokr. s. v. Kivrjaia;. Athen. XI f, 551 d). Strattis wid-
mete ihm eine ganze Komödie.
862. Konon hat alles gethan, um die Neugründung des
attischen Reichs zu fördern. Mit ihm waren zahlreiche Emi-
granten, die zum Theil auf Cypern ein grosses Vermögen
gewonnen hatten, nach Athen zurückgekehrt. Auch die
Mannschaft seiner Flotte bestand grössten theil s aus flüchtigen
Athenern und Anhängern Athens aus den Inseln. Die atti-
schen Kleruchengemeinden Lemnos, Imbros, Skyros traten
unter die Herrschaft Athens zurück, die von Sparta abgefallenen,
jetzt wieder von den Demokraten regierten Inseln schlössen
mit Athen Bündnisse ab. Nach seinem Einzug in Athen fuhr
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244
IV, 4 Sparta im Kriege mit Persien.
Konon fort seine Macht im Aegaeischen Meer auszudehnen;
aber man konnte zweifeln, ob er als Feldherr des Perserreichs
oder als Stratege Athens die Verfassungen umstürzte und
Gontributionen für die Flotte erhob, wie er denn z. B. auf
Kythera einen Athener als Commandanten eingesetzt halte
(§. 860). Um so weniger war es erforderlich, dass Athen
selbst eine grössere Flotte aufstellte; statt dessen sandte es
ein starkes Heer zu der Armee der Alliierten nach Korinth,
theils aus bürgerlichen Hopliten, theils aus geworbenen Pel-
tasten. Denn die letzten Kriege hatten gelehrt, dass man
eine starke, leichter bewaffnete und darum beweglichere Truppe
nicht mehr entbehren konnte; der junge Athener Iphikrates,
der ihr Commando übernahm, erwies sich alsbald als ein
tüchtiger Feldherr, der es verstand, ihre Taktik voll auszu-
bilden. Freilich wurden dadurch die Finanzen schwer be-
lastet; da auf persische Subsidien schwerlich mehr zu rechnen
war, musste man die Steuerkraft aufs äusserste anspannen.
Indessen Konon trug sich mit noch höheren Plänen. Die Spar-
taner hatten sich an Dionys von Sicilien gewandt mit der
Forderung, ihnen jetzt die ihm so energisch gewährte Unter-
stützung durch Entsendung einer Flotte zu vergelten. Konon
aber hoffte, Dionys auf Athens Seite hinüberziehen zu können;
der Vorkämpfer der Hellenen im Westen sollte sich mit Eu-
agoras, der auf Gypern dieselbe Stellung zu gewinnen strebte,
verschwägern, beide zusammen würden dann im Bunde mit
Athen die Griechenwelt beherrschen, Spartas Macht vernichten
und Persien in seine ehemalige ohnmächtige Stellung zurück-
drängen können. Im Februar 393 hatte Kinesias bereits ein
Ehrendecret für Dionys, seine Brüder Leptines und Thearidas,
und seinen Schwager Polyxenos beantragt; jetzt gingen auf
Konons Antrag Aristophanes, der Sohn des Nikophemos, und
Eunomos zu ihm, um ihm die lockende Gorabination vorzu-
tragen. Es ist wenig wahrscheinlich, dass Dionys sich dadurch
blenden liess und daran dachte, die bewährte Stütze gegen
eine sehr problematische Goalition zu vertauschen. Aber er
war zur Zeit in Folge des neuen Angriffs Magos (§. 800)
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Konons Pläne. Verhandlungen mit Dionys. Spartas Stellung. 245
überhaupt nicht im Stande in Griechenland zu interveniren ;
so konnte er den Athenern die Unterlassung der Hülfs-
sendung an Sparta als eine ihnen erwiesene Gefälligkeit
hinstellen.
Ueber Konons Verhalten : Xen. Hell. IV, 8, 9. 12. Lemnos, Imbros,
Skyros: ib. 8, 15. Andoc. or. 3. Bruchstücke von Anordnungen für die
Kleruchen auf Lemnos aus dem J. 387/6: CIA. IT, 14. — Decret Athens
für einen Eteokarpathier , aus dem hervorgeht, dass Athen mit Kos,
Knidos, Rhodos, Karpathos verbandet ist: BCH. XII, 1"3. DS. 69. De-
cret für einen Rbodier (394/3): CIA. II, 9; analog no. 10; für einen lasier:
CIA. IT, 11 f (suppl. p. 6). — Was sich hinter Piatos Angabe Menex.
246b verbirgt, dafes die Athener 6nlp Uapituv den Krieg mit Sparta an-
gefangen hätten, ist nicht zu sagen. — Dass eine athenische Flotte in
diesen Jahren nicht in See war, zeigen die Ereignisse; vgl. Aristoph.
eecles. 197 Vau; 3«t xafHXxr.v* t«> xtvrpt jxiv ?ox»t, toc«; nXooai'ot$ fefc xat
7>«i?yo:c oo 3oxeü Wenn Beschlösse gefasst sind, wurden sie offenbar
nicht ausgeführt. — Ueber die Zusammensetzung des athenischen Heers
bei Korinth vgl. Demostb. 4, 23 f. — Iphikrates mit den Peltasten steht
schon 393 in Korinth: Xen. Hell. IV, 4, 9. Einer seiner Collegen ist Poly-
stratos, der auf seine Verwendung das Bürgerrecht erhält, Demosth. 4.
23. 20, 84. Lysias c. Thrasyb. fr. 116 (Harpokr. s. v. noXustpato?). — De-
cret för Dionys: CIA. II, 8. DS. 66, vgl. Kf hler, MAI. I. Konons Pläne
und die Gesandtschaft des Aristophanes : Lys. 19, 19 f. (die ganze Rede
illustrirt die Verhältnisse dieser Zeit).
863. Sparta hat die Niederlage von Knidos hinnehmen
müssen , ohne für die Verteidigung seiner Herrschaft im
Aegaeischen Meer etwas thun zu können. Auch an eine Aus-
beutung der Siege zu Lande war jetzt nicht mehr zu denken.
Die Schlacht bei Koronea hat Agesilaos nur schlagen können,
indem er seinen wenig kampflustigen Soldtruppen die See-
schlacht, von der er kurz zuvor Kunde erhalten hatte, für
einen Sieg ausgab. Als dann die Wahrheit bekannt wurde,
ist sein Heer, das jetzt in einen raschen Erfolg Spartas kein
Vertrauen mehr hatte, grösstentheils auseinandergegangen.
Der wunde König begab sich selbst nach Delphi; mit dem Reste
der Truppen und dem spartanischen Contingent hat dann der
Oberst (Polemarch) Gylis noch versucht die Lokrer zu unter-
werfen, aber eine empfindliche Schlappe erlitten, bei der er
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246
IV, 4. Sparta im Kriege mit Pereien.
selbst fiel. Darauf eniliess Agesilaos das Heer und ging selbst
zu Schiff in die Heimath — der Landweg war durch Korinth
gesperrt. Fortan musste sich Sparta auf die Vertheidigung
des Peloponnes beschränken ; nur die feste Stellung in Orcho-
menos hat es dauernd gegen die Boeoter behauptet. Der Land-
krieg concentrierte sich auf das Gebiet von Korinth. Die
Verbündeten hatten hier ein starkes Heer aufgestellt, das
sich auf die Stadt und die Verbindungsmauern zum Hafen
Lechaion stützte; die Spartaner mit ihren Bundesgenossen
führten von Sikyon aus die Vertheidigung, zugleich versuchte
ihr Nauarch Podanemos gegen die mit dem Gelde des Pharna-
bazos (§. 860) von Korinth ausgerüsteten Schiffe unter Aga-
thinos die achaeische Küste zu schützen. Zu grösseren Ge-
fechten kam es nicht ; aber Korinth hatte unter dem ununter-
brochenen Kriegszustand schwer zu leiden. Man begreift, dass
die spartanisch gesinnten Aristokraten Hoffnung hatten, durch
eine Erhebung die Stadt zugleich vom Kriege und von der Herr-
schaft der Demokratie befreien zu können, und einen Hand-
streich vorbereiteten. Aber die Demokraten kamen ihnen
zuvor; gestützt auf die verbündeten Truppen überfielen sie
bei einem Volksfest ihre Gegner und erschlugen, wer ihnen
in die Hand fiel. Korinth war durch die Kämpfe der letzten
vierzig Jahre so heruntergekommen und seine Stellung so
exponirt, dass die Demokraten daran verzweifelten, sich aus
eigener Kraft auf die Dauer selbständig behaupten zu können;
sie beschlossen sich mit Argos zu einem Staat zu vereinigen.
Die Grenzsteine des Gebietes wurden ausgehoben, der Name
Korinth verschwand aus der politischen Geographie; der Demos
in der Stadt war fortan ein Theil des Demos von Argos.
Für Argos war das ein gewaltiger Erfolg, der erste Schritt
zu dem ersehnten Ziel seiner Herrschaft über den Peloponnes.
Die Athener freilich waren nichts weniger als erbaut über
den Vorgang; und die Reste der Aristokraten schäumten vor
Entrüstung über diese Selbstvernichtung ihrer alten ruhm-
reichen Heimath. Soweit sie bei dem Massacre nicht zu den.
Spartanern geflohen waren, hatten sie versucht, sich auf
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Kämpfe um Korinth. Union zwischen Korinth und Argos. 247
Akrokorinth zu vertheidigen, dann aber mit dem Demos Frieden
geschlossen und gegenseitig beschworen. Jetzt aber öffneten
ihre Führer, Pasimelos und Alkimenes, dem spartanischen
Oberst Praxitas, der in Sikyon stand, bei Nacht die Thore
und setzten sich mit den Eingedrungenen zusammen zwischen
den Verbindungsmauern fest. Das Gesammtaufgebot von
Argos rückte eiligst aus und suchte mit den Korinthern und
den boeotischen und athenischen Truppen die feindliche Stel-
lung zu erstürmen; aber trotz ihrer Ueberzahl erlitten sie in
dem engbegrenzten Raum eine blutige Niederlage. Auch der
Hafen Lechaion wurde den hier stationirten Boeotern ent-
rissen (Hochsommer 393). Praxitas legte Bresche in die
Schenkelmauern und besetzte mehrere korinthische Castelle im
Norden des Isthmos; den Spartanern war der Landweg nach
Mittelgriechenland geöffnet, den Korinthern die Verbindung
mit dem korinthischen Golf unterbunden; da Megara neutral
blieb, konnten sie die Verbindung mit Boeotien nur vom
Hafen Peiraion aus, in dem Gebirgslande nördlich vom Isth-
mos, aufrecht erhalten.
Agesilaos' Operationen: Xen. Hell. IV, 3, 21—4,1. Kampf bei Ko-
rinth: 4, 1—13. Diod. XIV, 86. Durch ein Missverst&ndniss wird seit
Grote allgemein angenommen , dass Lechaion selbst erst im folgenden
Jahre genommen sei, obwohl nicht nur Diodor, sondern auch Xenophon
IV, 4, 12, vgl. 17 die Einnahme am Ende des Kampfes zwischen den
Mauern erzählt, und ebenso Andokides zwei Jahre nach dem Ereigniss 8,
18 : vevtx-rjxaot ol Aax. . . . tpitov -^vixa ASyatov fXaßov , 'Apfetooc fiiv
änavtac *<*l Koptvfttooc, "fyuöv 3c xai Botiutwv xo6? -apovra^. Vgl. Xen.
Hell. IV, 5, 1. Ages. 2, 18 Aber den Hafen Peiraion. Die Schlacht bei
Lechaion setzt Aristides II, p. 870 noch unter Eubulides (394/3). Dazu
stimmt, dass nach Diodor XIV, 86, 6 der mit ihr beginnende korinthische
Krieg acht Jahre dauert, d. i. 394/3 — 387/6. — Zur Spannung zwischen
Athen und Argos vgl. Aristoph. eccles. 201. Andoc. 8, 24 ff. — See-
kämpfe auf dem korinth. Golf: Xen. IV, 8, 10 f.
864. Zum dritten Male hatten die Spartaner die Armee
der Verbündeten geschlagen, und zwar diesmal noch weit
empfindlicher als zuvor. Trotzdem konnten sie zu einer
energischen Offensive nicht gelangen, nicht nur weil sie in
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IV, 4. Sparta im Kampfe mit Persien.
das geschlossene Gebiet der Feinde nicht ernstlich vorzudringen
wagten, sondern vor allem aus Mangel an Geld. Die sparta-
nischen Bürgertruppen waren zwar jederzeit mobil, aber sie
mussten möglichst geschont werden; die Peloponnesier da-
gegen konnten grössere Bürgerheere auf längere Zeit so wenig
ins Feld stellen, wie die Gegner. So begnügte man sich auf
beiden Seiten, die wichtigsten Punkte mit Garnisonen zu
belegen und im übrigen die Kriege mit Soldtruppen zu führen;
für die Aufstellung grösserer Soldheere aber waren nirgends
Geldmittel vorhanden, wenn nicht Persien Subsidien zahlte.
Es blieb nur der Kleinkrieg, der die Entscheidung möglichst
hinauszog, bis der Gegner erschöpft wäre und einen annehm-
baren Frieden böte. In diesen Kämpfen hat Iphikrates die
Peltastentaktik ausgebildet, den Mannschaften längere Spiesse
und Schwerter gegeben und die Schutzwaffen leichter und
bequemer gemacht. Er dehnte seine Streifzüge bis nach Ar-
kadien aus und that den Gegnern mancherlei Abbruch, trieb
aber dafür das bisher neutral gebliebene (§. 857) Phlius
durch einen Angriff den Spartanern in die Arme. Argos be-
hauptete seinen Einfluss in Korinth und sicherte zugleich sein
Gebiet gegen spartanische Einfalle, indem es den heiligen
Monat Karneios, dessen Waffenruhe alle Dorier anerkannten,
im Jahre hin und her schob — das umgekehrte Spiel hatte
es einmal während des Sonderbundskriegs getrieben (§. 038,
Thuk. V, 54, 3). Die Spartaner Hessen sich das gefallen, da
sie ohnehin zur Zeit den Krieg nicht ernsthaft führen wollten.
Die Chronologie der folgenden Jahre, für die Xenophon nur ganz
unzureichende Angaben bietet, hat erst Grote, der erkannte, dass die
Isthmien Xen. IV, 5, 1 die von 390 sind, und vor allem, unter Berück-
sichtigung der Angaben Ober die spartanischen Nauarchen, Bkloch, Alt.
Pol. 846 ff. aufgehellt; Jüdeich's Behandlung dieser Fragen (Kleinas.
Studien) bezeichnet nicht eben einen Fortschritt. Agesilaos' Zug gegen
Argos und die WiederzerstOrung der langen Mauern Korinths Xen. IV, 4.
19 fallt ins J. 391, gleichzeitig mit der ersten Nauarchie des Teleutias IV.
8, 11 (= 392/1; sein Vorgänger Podanemos ist der Nauarch von 398/2).
Mithin füllen die kleinen Kämpfe und der Aufbau der Mauern durch
Athen IV, 4. 14-18 das J. 392. — Bei Diodor sind die Kämpfe bei
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Korinthischer Krieg. Iphikrates. Sparta und Persien. 249
Korinth bis zum Streit um die Isthmien in das eine J. 394/3 zu-
sammengezogen XIV, 86; in dasselbe Jahr wird der Hauerbau in Athen
(mit Recht), aber auch bereits Konons Gefangennahme gesetzt (XIV, 85).
In Folge dessen sind bei ihm alle folgenden Ereignisse zu hoch hinauf-
gerückt. Die Vernichtung der Mora wird unter 394/3 erzählt und hier
erst die Union zwischen Argos und Korinth nachgeholt XIX, 91. 92.
Weiteres §. 867 A. — Ueber Iphikrates* Reformen Diod. XV, 44. Nepos
Iphicr. 1. Angriff auf Phlius auch Polyaen II!, 9, 49. 54, auf Sikyon
Diod. XIV, 91. 5. Polyaen III, 9, 24. Vgl. ArisÜd. panatb. p. 282 Diedorf.
Pampbilos hat proelium ad Phliuntem ac victoriam Atheniensium gemalt :
Plin. 35, 76. — Im allgero. Rkhdantz, Vitae Iphicratis Chabriae Timothei,
1845. — Dass die Argiver ihr Manöver mit der Verschiebung des Monats
(Xen. Hell. IV, 7, 2) schon vor 891, also vor Agesilaos' Einfall, getrieben
haben, lehrt Andoc. 3, 27: aotot ZI (ol 'Ap-fstoi) t£ca elp-rjrrjv aoir^aiievoi
rr;, £iupav oü nxpi/ooziv tjxnoXejABiv ; sie nennen das rcatpta elp-r^w).
865. Die spartanische Regierung hatte längst erkannt,
dass durch den Landkrieg nicht zum Ziele zu gelangen sei.
Seit der Schlacht bei Haliartos und vollends seit Knidos war
sie über die Verkehrtheit der bisherigen Politik nicht mehr im
Zweifel. Gleichzeitige Behauptung der Herrschaft über Hellas
und Erfüllung der nationalen Aufgaben war für Sparta eine
Unmöglichkeit. Fortan hatte es ausschliesslich nur seine In-
teressen zu verfolgen ; Wiedergewinnung des alten Verhältnisses
zu Persien auf der Basis der Verträge von 412 war das
einzige Mittel, das es aus der gegenwärtigen Bedrängniss be-
freien konnte. In Sardes war inzwischen als Nachfolger des
Tissaphernes als Satrap und Reichsfeldherr — der Ghiliarch
Tithraustes war, nachdem er den Satrapen beseitigt und die
nöthigsten Massregeln für die Kriegsführung getroffen hatte,
alsbald an den Hof zurückgekehrt — der bisherige Satrap von
Westarmenien, Tiribazos (§. 835), eingetroffen, der das Vertrauen
des Königs in hohem Grade besass. Mit ihm knüpfte Sparta
im Winter 393/2 Verhandlangen an; der Gesandte Antalkidas,
der Sohn des Leon, erwies sich für seine Aufgabe vortrefflich
geeignet. Er stellte dem Satrapen vor, dass Pharnabazos,
wenn er sich blindlings von dem Hass gegen Sparta leiten
lasse und dem Konon volles Vertrauen geschenkt habe, den
wahren Interessen des Reiches zuwiderhandle: Konon wirke
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25U
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
nicht für Persien, sondern lediglich für Athen, und so richte
Persien mit seinen eigenen Mitteln seinen gefahrlichsten Feind
wieder auf. Sparta habe jetzt den Fehler erkannt, den es
begangen habe : es biete Frieden auf Grund der doppelten Be-
stimmung, dass die Städte auf dem asiatischen Festland, den
alten Verträgen entsprechend, dem König überlassen bleiben,
alle anderen Griechenstädte auf den Inseln wie in Europa aber
autonom sein sollten. Die Goalirten versuchten Antalkidas
entgegen zu wirken; Athen schickte Konon mit vier anderen
Gesandten nach Sardes, und mit ihm kamen Gesandte des
boeotischen Bundes und des argivisch-korinthischen Einheits-
staats. Tiribazos war bereit auf die Propositionen Spartas
einzugehen und legte sie dem Friedenscongress vor. Aber
von den Goalirten wollte keiner sie annehmen. Nationale
Gesichtspunkte kamen allerdings auch für sie nicht in Be-
tracht; aber die Autonomieclausel, die wie sie richtig erkannten
nichts anderes bedeutete, als die Wiederherstellung der sparta-
nischen Suprematie, war für sie unannehmbar: Theben wollte
auf die Hegemonie über Boeotien nicht verzichten, Athen die
Inseln Lemnos, Imbros und Skyros, Argos Korinth nicht heraus-
geben. So scheiterten die Verhandlungen. Jedoch Tiribazos
war von Antalkidas vollständig gewonnen. Auf eigene Hand
die neue Schwenkung der persischen Politik zu vollziehen
wagte er allerdings nicht. Aber während er die übrigen Ge-
sandten entliess, setzte er Konon als Verräther an der Sache
des Königs gefangen und gab dem Antalkidas insgeheim Geld,
um aufs neue eine Flotte auszurüsten und dadurch die Feinde
zum Frieden zu zwingen. Dann ging er an den Hof, um
seine Entscheidung anzurufen,
Verhandlungen mit Tiribazos: Xen. IV, 8, 12 ff. Die Erzählung
greift deutlich über die vorher §. 11 kurz berichteten Kämpfe im korin-
thischen Golf zurück. Wenn Aristoph. eccles. 202 oiorrjpta Kapixt^tv
(das weitere über Thrasybul ist corrupt und unverständlich, und v. 356,
der sich vielleicht auf dieselben Vorgänge, Verhandlungen mit Sparta,
bezieht, ebenfalls dunkel) auf die Friedensverhandlungen zu belieben ist,
so siud sie vor Anfang 392 gescheitert. — Konons Gefangennahme auch
Isokr. 4, 154, Nepos Con. 5. Diod. XIV, 85, 4.
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Verhandlungen in Sardes. Der König gegen Sparta. 251
866. So lag die Entscheidung in den Händen des Perser-
königs. Dass die von Tiribazos befürwortete Politik allein
richtig sei, konnte bei kühler Erwägung nicht zweifelhaft sein.
Aber es ist begreiflich, dass wie bei Pharnabazos so auch beim
König und seinen Ministern zur Zeit noch die Erbitterung
über Spartas Treulosigkeit überwog; man beschloss an der von
Pharnabazos und Tithraustes — der vermuthlich als Vezir auch
jetzt für die Fortführung des Krieges eingetreten sein wird —
inaugurirten Politik festzuhalten. Daher wurde an Tiribazos'
Stelle Struthas als Oberfeldherr und Statthalter des ionischen
Küstenbezirks nach Kleinasien gesandt, mit dem Auftrag den
Krieg gegen Sparta fortzusetzen. In Lydien wurde Autophra-
dates als Satrap eingesetzt, während Karien wenn nicht schon
nach dem Sturz des Tissaphernes, so jetzt einem einheimischen
Dynasten Hekatomnos von Mylasa übergeben wurde (vielleicht
unter Struthas als Obersatrapen?). — Inzwischen hatten die
Athener, um den Spartanern einen Angriff auf Attika unmöglich
zu machen, die Bresche in den Schenkel mauern von Korinth durch
ihre Architekten und Steinmetzen wieder aufgebaut, zugleich wohl
in der stillen Hoffnung, dadurch die Stadt aus der Verbindung
mit Argos zu lösen und zu sich herüberzuziehen. Daneben
ging der Kleinkrieg vor Korinth ergebnisslos weiter. Gegen
Ende des J. 392 mag dann Struthas in Kleinasien eingetroffen
sein: er nahm sofort die Verbindung mit Athen und seinen
Bundesgenossen wieder auf. Die Folge war, dass Sparta
seinen Gegnern einen Schritt weiter entgegen kam. Auch in
Athen und Theben waren weite Kreise des Krieges müde, der
sich nun ergebnisslos schon vier Jahre hinzog und grosse Opfer
an Bürgerblut und noch grössere an Geld gekostet hatte.
Etwa Anfang 391 kam es zu neuen Friedensverhandlungen
in Sparta. Dies erbot sich, die Suprematie Thebens über die
boeotischen Landstädte mit Ausnahme von Orchomenos und
die Athens über die drei Klerucheninseln anzuerkennen und
die Bedingungen des Friedens von 404, welche die Wieder-
herstellung der Mauern Athens und die Vermehrung seiner
Flotte verboten, zu cassiren. Dagegen sollten im übrigen alle
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Griechenstädte autonom sein. Vor allem bestand Sparta auf
der Freigebung von Korinth; und in der That hatte ohne
diese Concession der Friede für Sparta keinen Werth. Der
boeotische Bund war bereit auf diese Bedingungen hin Frieden
zu schliessen, während Argos natürlich aufs heftigste opponirte.
Die Entscheidung lag bei Athen. Die athenischen Gesandten,
geführt von Andokides, der unter der Restauration heimgekehrt
und trotz schwerer Anfeindungen (§. 852 A.) im Anschluss
an die Conservativen wieder zu Einfluss gelangt war, hatten
selbst Bedenken, ob der Demos bereit sein werde, sich mit
diesen Bedingungen zu begnügen, und hatten deshalb, obwohl
sie Vollmacht hatten, den Frieden nicht abgeschlossen, sondern
die Entscheidung der Volksversammlung überlassen. Es kam,
wie sie gefürchtet hatten. Vergeblich hielt Andokides dem
Volke vor — seine Rede ist uns noch erhalten — , dass Athen
völlig ausser Stande sei, mehr zu erreichen: »Weshalb sollen
wir den Krieg fortsetzen? Um die Chersones und die Inseln
und den auswärtigen Grundbesitz und die ausstehenden
Schulden wieder zu bekommen? Aber das will weder der
König noch die Bundesgenossen zugeben, mit denen zusammen
wir doch den Krieg führen müssen. Oder sollen wir Krieg
führen, bis wir Sparta und seine Bundesgenossen völlig zu Boden
geworfen haben ? Aber dazu haben wir gar nicht die Mittel.
Wenn wir das aber erreichen würden, was würden wir dann
erst von den Persern zu leiden haben ! Auch wenn wir dafür
genügend Geld hätten und unser Bürgerheer selbst leistungs-
fähig wäre, dürften wir diesen Krieg doch nicht führen.« Er
wies darauf hin, dass Athen Sparta zu Dank verpflichtet sei
für sein Verhalten in der Zeit, als Athens jetzige Bundes-
genossen seine Zerstörung forderten, und dass Sparta jetzt
alles gewähre, was man billiger Weise verlangen könne; Athen
solle sich nicht wieder wie ehemals durch die trügerische
Hoffnung auf Argos verleiten lassen und die Ruhe, deren es
für eine Neukräftigung dringend bedürfe, darangeben, um
Korinth für die Argiver zu behaupten. Es war umsonst. Die
Demagogen erklärten, dass sie für Athen nichts mehr herbei-
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Neue vergebliche Friedensunterhandlungen. Andokides. 253
sehnten als den Frieden, dass sie aber einen solchen Frieden
verschmähen müssten, der die Stadt aufs neue gebunden an
Sparta ausliefere — damals wird Philokrates das Wort ge-
sprochen haben, dass man den Spartanern nur trauen dürfe,
wenn sie nachwiesen, dass es ihnen unmöglich gemacht sei
unrecht zu thun; denn dass sie es immer thun wollten, wenn
sie könnten, sei zweifellos — ; und die Armen schrieen : »von
den Mauern könnten sie nicht leben, sie müssten ihr recht-
mässiges Eigenthum in dem alten Reichsgebiet wieder haben.«
Den Ausschlag hat offenbar eben die Wendung in Persien
gegeben, die Sparta zu seinen Goncessionen veranlasste; im
Bunde mit Argos und Persien meinte man die alte Macht
aufs neue wieder gewinnen zu können. Der Friede wurde
verworfen und der Krieg ging weiter.
Stmthas' Entsendung (ftmjxsX-rpojisvo; tö>v xatü ddXattav): Xen. IV,
8, 17. In einer Inschrift aus Milet (Kekule, Ber. Berl. Ak. 1900, 112 IT.)
heisst er Zxpobrrfi t^a:tpdjrr^ etuv 'Luvt-rj;; damit ist die alte Controverse
über seine Stellung entschieden. Autophradates b Auo-a; 6*a?paTt-rt; und
Hekatomnos (£» Kccp;ac tstoxaö-jjio? Isokr. paneg. 162; o Kapta<; Boväotirjc
Diod. XIV, 98, 3. Heiinath Mylasa Strabo XIV, 2, 23. Lkbas III, 377
= DS. 95) erscheinen zuerst im J. 390 bei Theopomp fr. 111 (§. 870).
Die Friedensverhandlungen in Sparta und Athen kennen wir (abgesehen
von der Angabe des Philochoros in der Hypothesis der Rede) nur aus
Andokides' dritter Rede, die nach vier Kriegsjahren (895-392), also An-
lang 891, gehalten ist (§. 20). Philokrates* Aeusscrung: Dem. 23, 116;
es ist offenbar der Stratege nach Cypem im J. 889 (§. 870). Erschöpfung
und Geldnoth der Boeoter Andoc. 3, 20 ; ihre Friedenssehnsucht wird durch
Xen. Hell. IV, 5, 6 bestätigt. — Die Angabe der vita, dass Andokides
wegen der Friedensverhandlungen verbannt sei, scheint nur eine, wenig
wahrscheinliche, Combination zu sein.
Fortgang des Kriegs. Versuch der Wiederherstellung des
attischen Reichs. Aufstand des Euagoras.
867. Da der Friede nicht zu erreichen war, blieb Sparta
nichts übrig, als wohl oder übel den fast völlig zum Stillstand
gelangten Krieg wieder aufzunehmen. Im Frühjahr 391 brach
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IV, 4. Sparta im Kriege mii Persien.
Agesilaos zunächst verheerend in das Gebiet von Argos ein,
unbekümmert um den heiligen Monat; dann eroberte er, ver-
muthlich auf Lechaion gestützt, die von Athen wiederherge-
stellten Schenkelmauern aufs neue. Gleichzeitig gewann sein
Bruder Teleutias als Nauarch (sein Vorgänger Podanemos war
in einem Gefecht gefallen) mit 12 Schiffen das Uebergewicht
im korinthischen Golf. Im nächsten Jahr 390 ging Agesilaos
zum Angriff auf den Isthmos vor. Die argivisch-korin-
tbische Gemeinde feierte gerade die Isthmien; Agesilaos zer-
sprengte die Versammlung und Hess das Fest durch die
korinthischen Exulanten abhalten — später haben die Argiver
es dann noch einmal wiederholt. Darauf nahm er den Hafen
Peiraion (§. 863) und plünderte den letzten, bisher noch vom
Kriege verschonten Rest des korinthischen Gebiets; von* den
Gefangenen wurden die, welche an dem Massacre in Korinth
(§. 863) Theil genommen hatten, den Exulanten zur Abur-
teilung übergeben, die übrigen verkauft. Agesilaos konnte
hoffen, Korinth alsbald wiederzugewinnen. Die Boeoter, des
Krieges längst überdrüssig und jetzt unmittelbar von einer
Invasion bedroht, begannen aufs neue Unterhandlungen. Da
erhielt der König die Kunde von einer schweren Schlappe,
die gleichzeitig in seiner nächsten Nähe die spartanische Be-
satzung von Lechaion betroffen hatte. Hier war eine Mora
Hopliten und eine Mora Reiterei stationirt. Während die
übrigen Peloponnesier vor den Peltasten des Iphikrates grossen
Respect hatten und bei ihren Streifzügen keinen Kampf wagten,
hatten die Spartaner in blindem Vertrauen auf ihre taktische
Ueberlegenheit ihnen bei jeder Gelegenheit ihre Geringschätzung
bezeigt, und auch die Peltasten hatten sich bisher noch nicht
an sie herangewagt. So marschirte auch jetzt der Poleraarch
von Lechaion mit seinen Hopliten unbesorgt unter den Mauern
von Korinth vorbei. Die Korinther aber hatten zum Schutz
gegen Agesilaos nicht nur Iphikrates, sondern auch die attischen
Bürgerhopliten unter Kallias herangezogen ; und beide Feldherrn
haben die sich bietende Gelegenheit mit Geschick ergriffen.
Kallias stellte die Hopliten in Schlachtordnung; Iphikrates
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Agesilaos* Operationen. Iphikrates' Sieg bei Lechaion. 255
aber warf sich auf die Mora. Gegen seine raschen Angriffe
waren die Spartaner wehrlos; wenn die Mannschaften der
jüngeren Jahrgänge einen Ausfall machten, zogen sich die
leichter beweglichen Peltasten unter den Schutz der Hopliten-
phalanx zurück und warfen sich dann, wenn die Verfolger
den Rücken wandten, mit erneuter Kraft auf sie. Allmählich
wurden die Verluste der Spartaner immer grösser; den Pel-
tasten konnten sie mit ihren kürzeren Speeren nicht viel an-
haben, auch die Reiterei, die jetzt eintraf, konnte das Gefecht
nicht wieder herstellen. Schliesslich wurden sie auf einen
Hügel am Meer gedrängt, und von hier wenigstens ein Theil
auf Kähnen nach Lechaion gerettet. 250 Mann, fast die Hälfte
der Mora, waren gefallen (Hochsommer 390).
Agesilaos* Angriff auf Argos (för Xenophon ist charakteristisch, dass
er die Hinwegsetzung Aber die iepofrrjvia nicht hier, sondern nur IV, 7, 2
bei Agesipolis' Angriff 387 erwähnt) und die Einnahme der Schenkel-
mauern (eine grössere WafTentbat war das nicht, sonst würde Xenophon
mehr davon erw&hnen) fällt vor die Hyakinthien im Hochsommer (vgl.
Herod. IX, 7. 11): Xen. Ages. 2, 17, vielleicht auch vor die Friedensver-
handlungen mit Andokides, die dann in den Herbst 391 zu verlegen wären.
Gleichzeitig ist Teleutias' Nauarchie Hell. IV, 4, 19 = 8, 11. Die Ver-
nichtung der Mora im nächsten Jahr Xen. Hell. IV, 5 [vgl. Diod. XIV,
91, 2, unter dem J. 894/3; bekanntlich wird sie bei den Rednern sehr
oft erwähnt], gleichfalls zur Zeit der Hyakinthien, fällt dagegen nach
Andokides* Rede; also sind die Isthmien IV, 5, 1 die des Frühjahrs 890.
868. So empfindlich der Verlust an Mannschaften für
Sparta war, schwerer wog der moralische Eindruck des Er-
eignisses. Wieder einmal war gezeigt worden, dass auch die
Spartaner im offenen Felde nicht unbesiegbar waren. Ueber-
au erhob sich die Opposition zu neuen Hoffnungen. Nament-
lich in Mantinea konnte man jederzeit den offenen Abfall ge-
wärtigen; insgeheim wurde Argos von hier mit Getreide unter-
stützt, und mehrfach weigerte die Stadt die Heeresfolge. Die
Boeoter brachen die Friedensverhandlungen ab; zu einem
thatkräftigen Eingreifen in den Krieg haben sie sich freilich
doch nicht wieder aufgerafft. Agesilaos konnte an weiteres Vor-
dringen nicht mehr denken, sondern führte sein Heer nach
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256
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien
Hause zurück. Die von den Spartanern besetzten Gastelle im
Isthmosgcbiet wurden der Reihe nach von Iphikrates genommen ;
nur Lechaion haben sie behauptet. Von einem neuen Angriff
auf Argos sah man ab und Hess sich den von diesem verkündeten
Gottesfrieden aufs neue gefallen. Agesilaos begnügte sich, im
nächsten Jahre den Achaeern zu lieb die Akarnanen, welche
die mit jenen verbündete Aetolerstadt Kalydon angegriffen
hatten, mit Krieg zu überziehen und ihr Land zu verheeren.
Die Athener sandten eine Flotte in den Golf, konnten aber
in den Kampf nicht eingreifen; die Boeoter hielten sich voll-
kommen passiv. So bequemten sich die Akarnanen im J. 388
zum Frieden und traten in die Bundesgenossenschaft Spartas
ein. Im Peloponnes dagegen herrschte ^tatsächlich Waffen-
ruhe; selbst im Gebiet von Korinth ist es während der letzten
(ireieinhalb Jahre des Krieges zu ernsthaften Gefechten nicht
mehr gekommen. Wohl aber überwarf sich Iphikrates bald
nach seinem Erfolge mit den Korinthern; er wollte die Stadt
für Athen gewinnen und schritt gegen die Anhänger von Argos
ein, worauf die Korinther ihn abwiesen. So kehrte er 389
mit dem Haupttheil seiner Peltasten nach Athen zurück (§. 874) J
die Athener begnügten sich fortan wie die Boeoter, ein kleines
Gontingent unter Chabrias zum Bundesheer zu stellen.
Wirkungen der Schlacht: Xen. Hell. IV, 5. 18 f., vgl. V, 2, 2. In
diesen Zusammenhang gehört wohl Agesilaos" Ablehnung des von den
Flüchtlingen geforderten Sturmversuchs auf Korinth Xen. Ages. 7, 6.
Akarnanischer Feldzug: Hell. IV, 6. 7, 1. Kalydon achaeisch auch Di od.
XV, 75, 2. — Zerwürfnis« zwischen Iphikrates und Korinth: Xen. IV, 8,
34. Diod. XIV, 92 (fälschlich unter 394/3). Ein athenisches £bv.%gv steht
noch 888 in Korinth: Aristoph. Plut. 173. Chabrias' Operationen: sc hol.
Aristid. p.274. 275 Dlndorf [Verwechselung mit Iphikrates?]. — Boeotische
»eiter leisten 387 den Argivern Hülfe: X>?n. IV, 7, 6.
869. Inzwischen hatte Sparta auch den Seekrieg wieder
aufgenommen; die von Tiribazos an Antalkidas gezahlten
Gelder gewährten dazu die Mittel. Zunächst wurde Thibron,
der, als Sparta die idealistische Politik als undurchführbar
aufgegeben hatte, aus dem Exil (§. 838) zurückgerufen war,
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Agesilaos in Akarnanien. Die Spartaner in Kleinasien. 257
mit einem kleinen Heer nach Kleinasien geschickt. Ephesös
trat aufs neue zu Sparta über und wurde nochmals , wie in
Lysanders und Agesilaos1 Zeit, der Stützpunkt seiner Ope-
rationen. Thibron gewann Priene, Magnesia und andere Orte
und brachte seine Streitmacht auf 8000 Mann, mit denen er
in alter Weise, sorglos im vollen Gefühl seiner taktischen
Ueberlegenheit , das Feindesland verheerte. Dadurch wurde
es Struthas möglich, ihn mit der persischen Reiterei zu über-
fallen und seine Truppen fast völlig zu vernichten; Thibron
selbst war unter den ersten, die niedergehauen wurden
(391 v. Chr.). Die Reste sammelte der neue Nauarch Ekdikos,
der mit 8 Schiffen in Ephesos eintraf; Diphridas, der ihn
als Commandant des Fussvolks begleitete, schirmte die Städte
und gewann bei vorsichtig ausgeführten Ueberfällen genügend
Beute, um seine Söldner zahlen zu können. Weitere Aus-
sichten eröffneten sich zur See: Samos, Knidos und andere
Städte traten wieder zu Sparta über, auf Rhodos erhoben sich
die Aristokraten in blutigem Kampf gegen den Demos und
riefen Sparta um Hülfe an. Auf die Dauer konnten sie sich
allerdings in der Stadt nicht behaupten, sondern mussten sich
in ein Castell auf dem Lande zurückziehen. Aber im all-
gemeinen war die Sache Spartas im Fortschreiten; Ekdikos
konnte mit seiner kleinen Seemacht wie ehemals Peisandros
bei Knidos Stellung nehmen, wenn er auch gegen die rho-
dische Uebermacht nichts auszurichten vermochte. Im Sommer
390 ernannten die Spartaner den Teleutias, der inzwischen das
Commando im korinthischen Golf behalten hatte, aufs neue
zum Nauarchen — das Verbot, dieses Amt wiederholt zu be-
kleiden, war offenbar inzwischen aufgehoben ; nur die directe Con-
tinuirung durch mehrere Jahre hinter einander scheint man nicht
zugelassen zu haben — und sandten ihn mit seinen 12 Schiffen,
die jetzt bei der Ohnmacht Korinths in Europa nicht mehr
gebraucht wurden, nach Knidos. Durch Zuzüge aus Samos
brachte er seine Flotte auf ganze 27 Schiffe, mit denen er,
unterstützt von den Aristokraten, dem Demos von Rhodos
mancherlei Abbruch thun konnte.
Meyer, Geschieht« des Alterthums. V. 17
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258
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Feldzug Thibrons: Xen. Hell. IV, 8, 17 ff. Diod. XIV, 99 (vgl. §. 837 A.).
Von dem Bürgerkrieg auf Rhodos erzählen Diod. XIV, 97 und Xen. IV, 8,
20. 22. 25 jeder nur einen Theil. Feldzug des Ekdikos und Diphridas : Xen.
IV, 8, 20 ff. Diod. XIV, 97, 3 f., wo die spartanischen Feldherrn Eudo-
kimos (= Ekdikos), Philodokos (unbek.) und Diphilas (= Diphridas)
beissen. — Die Chronologie steht, wie L'elocu erkannt bat, durch die
Folge der spartanischen Nauarchen fest. Teleutias ist zum ersten Male
Nauarch Hochsommer 392/1, Ekdikos 3910, Teleutias zum zweiten Mal
(Xen. IV, 8, 23 f.) 390/89. Diodor erzählt zuerst die Kämpfe um Korinth
unler 394/3 und 393 2; dann den Seekrieg in folgender Ordnung: 1) unter
392,1 Thrasybuls Auszug c. 94; 2) unter 391/0 die Kämpfe bei Rhodo«,
Agesipolis' Zug gegen Argos, Euagoras' Abfall c. 97. 98; 3) unter 390/89
Thibrons Feldzug und Thrasybuls Tod c. 99. Da er die letzten Ereignisse
des Kriegs übergeht, ist damit sein Material erschöpft, und so erzählt er
unter 389/8 und 388/7 von griechischen Vorgängen Oberhaupt nichts.
Dass das keine chronologische Erzählung ist, sondern Diodor hier genau
wie in der Pentekontaetie die Capitel des Ephoros willkürlich auf seine
Jahre vertheilt hat, liegt auf der Hand.
870. Die Perser haben seit dem Sommer 303 zur See
nichts mehr unternommen. Die Flotte, die bei Knidos gesiegt
hatte, hatte sich aufgelöst, theils weil die Perser nach ihrer
Gewohnheit kein Geld hergaben, theils wohl in Folge der
Schwenkung des Tiribazos von Konon und Athen zu Sparta.
Pharnabazos ist fortan wieder auf seine Provinz beschränkt,
wo er indessen des Derkylidas in Abydos so wenig Herr
werden kann wie der noch von Sparta behaupteten Städte
am Bosporos. Auch Struthas hat den Seekrieg nicht wieder
aufgenommen. Konon war aus dem persischen Gewahrsam
entflohen, aber mit seiner Admiralstellung war es vorbei; er
ging zu Euagoras, wo er bald darauf erkrankte und starb.
Inzwischen aber war Euagoras auf Cypern eifrig thätig gewesen,
sich den Gewinn zu sichern, um dessen willen er Persien in
den Seekrieg getrieben und die Wiederherstellung Athens ge-
fördert hatte; er lag jetzt im Kriege mit Kition, Soli und
Amathus. Diese wandten sich um Hülfe an ihren Oberherrn,
und am Hofe von Susa erkannte man, wie bedenklich es sei,
den griechischen Fürsten noch weiter gewähren zu lassen.
Artaxerxes sandte dem Satrapen von Sardes, Autophradates,
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Konons Ausgang. Euagoras' Aufstand gegen Fersien. 2o9
und dem von Kaden, Hekatomnos (§. 806), Befehl, Heer und
Flotte auszurüsten und den bedrängten Städten zu Hülfe zu
kommen (390 v. Chr.). Die Folge war, dass Euagoras sich
nach Athen wandte mit der Forderung, ihm jetzt den Dank
für seine Thaten abzustatten. So erschöpft Athen war, es
konnte das Gesuch nicht abweisen; der Staat versprach
10 Trieren, die Anhänger Konons, voran Aristophaftes , der
Sohn des nach Cypern zurückgekehrten Nikophemos, streckten
seinen Gesandten Geld vor zur Anwerbung von Peltasten und
zum Ankauf von Waffen. Ausserdem schlössen beide Staaten
ein Bündniss mit dem König von Aegypten, jetzt Akoris, dem
Sohne des Nepherites I. (§. 81*7). Die natürliche Gruppirung
der Mächte begann sich wieder herzustellen. Besonders sinn-
fällig trat der Widersinn der momentanen Situation hervor,
als Teleutias, wahrscheinlich zu Anfang des Frühlings 389,
die 10 athenischen Schiffe unter Philokrates sämmllich ab-
fing, die dem Feinde der Macht Hülfe bringen sollten, gegen
die er selbst gleichfalls Krieg führte.
Konons Tod und Testament: Ly-\ 19, 39. 41. Demnach ist Dei-
nons Angabe bei Nepos Gon. 5 richtig, im Gegensatz zu der anderen,
er sei in der Gefangensch alt gestorben. Dass Aristoph. eccles-. 195 f. auf
Konon zu bezieben sei, halte ich für völlig ausgeschlossen ; wer geineint
ist, wissen wir nicht , die Scholien haben auf Konon lediglich gerathen.
— Euagoras: Diod. XIV, 98, wörtlich = Ephoros Ib. 18 bei Steph. Bjrz.
'ihu^ [verschrieben für Kir.tlcJ. Theopomp fr. 111. Ueber das Bünd-
niss mit Athen erfahren wir Genaueres aus Lys. 19, 21 ff.; Aristophanes
(v*l. §• 862) lebte in Athen nach der Schlacht bei Knidos 394 3 noch vier
bis fünf Jahre, also bis 390/89, dann ging er als Gesandter nach Cypern §. 23.
wo ihn die Athener später hinrichten Hessen. Dass hier von der ersten
Hülfssendung nach Cypern, nicht von der zweiten unter Chabrias die Rede
ist, hätte man nicht bezweifeln sollen. Da Aristophanes Gesandter war,
war sein Schiff offenbar nicht unter den zehn von Teleutias abgefangenen
(Xen. Hell. IV, 8, 24), und konnte später nach Athen zurückkehren (§. 24).
- Der Krieg der Perser gegen Euagoras dauert im ganzen 10 Jahre
(Isokr. 9. 64. Diod. XV, 9, 2; davon sechs nach dem Antalkidasfrieden
k°kr. 4, 141) und ist zur Zeit des Panegyrikos Sommer 380 beinahe zu
Ende; er hat also 390/89 begonnen; vgl. §. S97A. — Bündniss zwischen
Athen und Aegypten: Aristoph. Plutos (aufgeführt 388) v. 178. Akoris'
Bündniss mit Euagoras: Theopomp fr. 111.
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I
260 H\ Sparta im Kriege mit Persien.
871. Athen hatte den Frieden abgelehnt; aber die Fort-
führung des Krieges hatte ihm bisher nur Lasten und nicht
den geringsten Gewinn gebracht. Die griechische Goalition
war am Zerfallen, das Verhältniss zu Argos und Korinth
äusserst gespannt, Boeotien gänzlich unthätig, von Persien kam
keinerlei Unterstützung mehr; und dazu sollte man jetzt noch
Euagoras Hülfe leisten. Noch trauriger womöglich sah es im
Innern aus. In den Finanzen herrschte nach wie vor voll-
ständige Ebbe, so dass man es sogar einmal mit der Ein-
führung von Kupfergeld versuchte, das aber bald wieder ausser
Gurs gesetzt wurde. Die Steuerschraube wurde aufs äusserste
angespannt, neben den Vermögenssteuern neue indirecte Ab-
gaben vorgeschlagen, und doch reichte, was einkam, kaum aus,
um die Söldner in Korinth zu zahlen. So fasste man wohl
die schönsten Beschlüsse, aber zur Ausführung kam keiner;
an die Neuschöpfung einer Flotte war nicht zu denken. Wohl
aber jagte ein Process den anderen, und regelmässig lautete
das Urtheil auf Tod und Gonfiscation des Vermögens: >wenn
ihr den Angeklagten nicht verurtheilt, ist kein Geld da für
die Diäten«, declamirte Epikrates bei jeder Gelegenheit (Lys.
27, 1) nach bewährtem Muster. Gegen jeden Politiker, gegen
Thrasybul so gut wie gegen den elendesten Demagogen, erhob
sich der Vorwurf des Unterschleifs und der Bestechung; und
wenn sich nach der Verurtheilung die erwarteten Schätze nicht
vorfanden, so hatten offenbar seine Verwandten und Freunde
das Geld unterschlagen, und der Processkrieg ging fröhlich
weiter. Die Plaidoyers, die Lysias in dieser Zeit geschrieben
hat, gehören zu den widerwärtigsten Erzeugnissen aller Literatur,
würdig des französischen Revolutionstribunals und nur um
so ärger, weil sie mit geistreichem Raffinement abgefasst
sind. Jeder Sinn für Recht und Gesetz ist diesen Menschen
abhanden gekommen; offen kann gefordert werden — z. B.
in dem Process des Epikrates (Lys. 27), der es allerdings
ebenso gemacht hatte — , dass die Richter, wenn sie gerecht
verfahren wollen, den Angeklagten überhaupt nicht anhören
dürfen. Die Radicalen in der restaurirten Demokratie waren
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Nothlage und Demoralisation Athens. Thrasybul. 261
in der That die würdigen Nachfolger der Demagogen des
peloponnesischen Kriegs, ebenso unfähig wie gewissenlos.
Zugleich aber offenbart uns dieses Treiben die volle Ohnmacht
aller griechischen Verhältnisse, die mit den hohen Phrasen,
die man im Munde führt{, aufs kläglichste contrastirt. Nur
der Schwäche der Feinde verdankte es Athen, dass es nicht
aufs neue, und diesmal ohne jeden Ruhm, den Gegnern
erlag.
Die Zustände in Athen zeigen deutlich Lysias1 Reden 28. 29. 27.
19. 22. Or. 19 (über das Vermögen des Aristophanes) ist eine Vertheidi-
gung gegen Anklagen genau derselben Art, wie sie Lysias in den anderen
vier Reden erhebt ; welcher von diesen (gegen Ergokles, Philokrates, Epi-
krates, die Kornhändler) der Preis der Gemeinheit zuzuerkennen ist,
dürfte schwer zu entscheiden sein. — Weiteres bieten Aristophanes' Ek-
klesiazusen. Von finanziellen Massregeln werden hier v. 814 ff. erwähnt
eine Salzsteuer, eine vorübergehend eingeführte Kupfer Währung, und die
Einführung einer tstTspaxoorfi durch Euripides, die auch nichts ein-
brachte.
872. Jetzt aber schien dieser Moment nicht mehr fern.
Wenn Sparta zur See weitere Fortschritte machte, wenn es
Teleutias gelang, Rhodos zu gewinnen, musste Athen capitu-
liren wie im J. 404. Da hat Thrasybul durchgesetzt, dass
es sich noch einmal aufraffte. Bei den Friedensverhandlungen
hatte er, wie es scheint1), sich nicht ablehnend verhalten;
jetzt aber stellte er den Athenern vor, dass sie, wenn sie
nicht auf den Krieg verzichten wollten, versuchen müssten,
die alte Seeherrschaft wieder zu erlangen ; auch seien die Aus-
sichten günstig genug, falls sie mit genügender Macht auf-
träten. So setzte er durch, dass ihm 40 Trieren bewilligt
wurden — mehr konnte Athen zur Zeit neben den 10 nach
Cypern gesandten Schiffen auch bei äusserster Anspannung
des Steuerdrucks nicht aufbringen. An der Spitze dieses
Geschwaders - ging er, von einer Anzahl ihm befreundeter
') Falls nämlich, im Anschluss an die Scholien, die dunkle An-
spielung bei Aristophanes eccles. 856 vgl. 203 (§. 865 A.) richtig so ge-
deutet wird.
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262
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
Strategen begleitet, im Frühjahr 118!) in See, zunächst mit dem
Auftrag, den rhodischen Demokraten Hülfe zu bringen. Statt
nach Rhodos wandte er sich aber nach dem alten Schauplatz
seines Ruhms, nach Thrakien und dem Hellespont. Er hatte
vollen Erfolg. Eine Stadt nach der andern verjagte die sparta-
nischen Harmosten und die Oligarchien und trat zu ihm über,
Thasos, Samothrake, die Ortschaften der Ghersones, sodann
Byzanz und Ghalkedon. Pharnabazos unterstützte ihn; den
Odrysenkönig Amadokos versöhnte er mit seinem an der
Propontis machtigen Vasallen Seuthes (§. b'3t3) und stellte das
alte Verhältniss Athens zu dem thrakischen Reich wieder her.
Dann ging er nach Lesbos, wo bisher nur Mytilene zu Athen
hielt, verstärkte sein Landungsheer von 400 Hopliten durch
die Truppen von Mytilene und die Flüchtlinge aus den übrigen
Städten, besiegte und erschlug den spartanischen Harmosten
von Methymna, Theriraachos , und gewann die ganze Insel.
Ghios und die Kykladen standen schon seit 394 mit Athen
im Bündniss, ebenso Rhodos, während Samos, Knidos und
wohl auch Kos zu Sparta zurückgetreten waren ; jetzt schlössen
sich weitere Orte an der Küste an, so der Demos von Klazo-
menae, der in alter Weise mit den Aristokraten, die sich in
Ghyton auf dem Festlande behaupteten, in ununterbrochener
Fehde lag. Halikarnass wurde von Thrasybuls Collegen Er-
gokles besetzt. Ucberall stellte Thrasybul die Verhältnisse des
alten attischen Reichs wieder her; die Aristokratien wurden
durch Demokratien ersetzt, die fünfprocentige Bundessteuer, die
413 an Stelle der Tribute getreten war, wieder eingeführt, dazu
andere Abgaben und Contributionen erhoben; an die Stelle
der spartanischen Harmosten traten, wo es nöthig war, athe-
nische Gommandanten und Besatzungen, im Bosporus wurde
der von Alkibiades eingeführte Sundzoll von 10 °/o aller durch-
passirenden Waaren wieder hergestellt. Bis freilich diese
Massregeln Ertrag brachten, musste geraume Zeit vergehen;
einstweilen sah sich Thrasybul, um seine Flotte zu erhalten,
wesentlich auf freiwillige Beiträge und Erpressungen Und auf
Raubzüge in Feindesland angewiesen.
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Thrasybuls Versuch einer Wiederherstellung des attisehen Reichs. 203
Die Zeit des Zuges Thrasybuls (Xen. IV, 8. 25 IT. vgl. 31. Diod.
XIV. 04, wonach er bei Lesbos durch Sturm 23 Trieren verliert) wird
durch Aristophanes' Plutos (Anfang 888) sicher datirt; derselbe ist deut-
lich nach seinem Auszug, aber vor seinem Tod aufgeführt (v. 550). Dazu
stimmt die aus Xenophon zu gewinnende Chronologie. Nur ist zu be-
achten, dass Xenophon zunächst Thrasybuls Feldzug und die weiteren
Kämpfe am Hellespont im Zusammenhang bis Ende ;->*8 erzählt (IV, 8,
25—39), und dann mit V, 1, 1 die gleichzeitigen Kämpfe auf Aegina
nachholt. Pamphilos* Missgeschick auf Aegina V, 1, 2 fällt noch ins
J. 389 (Aiist. Plut. 174), im Spätsommer dieses Jahres wird Teleutias
(Vauarch 390/89) durch Hierax ersetzt (V, 1, 3), Spätsommer 388 tritt
Antalkidas an dessen Stelle (V, 1, C); hier wird dann mit Nikolochos'
Hülfszug nach Abydos an den Schluss von IV. 8 angeknüpft. — Dass
Thrasybul die Expedition beantragt bat, sagt Lys. 28, 4. Seine Opera-
tionen haben sich bis ins J. 333 ausgedehnt ; sein Aufenthalt auf Lesbos
mag, wie Peloch vermuthet , in den Winter 381*3 fallen. — Auf die
tbrakischen Verhältnisse bezieht sich das Fragment CIA. II, 12 b (suppl.
p. 7); ferner CIA. U, 12, wo Chabrias erwähnt wird, der vielleicht mit
Thrasybul zusammen in Thrakien operirt hat, ehe er nach Korinth ging.
Später ist Iphikrates fOr Seulhes eingetreten: Nepos I^h. 2, 1. — Thasos
(vgl. Xen. V, 1, 7): CIA. II, IIb (suppl. p. 5). 11t. Klazomenae (vgl.
Ephoros lb. 19 fr. 136 bei Steph. Byz. Xotöv. Aristot. pol. VIII, 2. 12):
ib. 14 b. DS. 73; beide Decrete erwähnen die Einführung der etxoorfj
durch Thrasybul. Pecret für einen Chier aus dem J. 388/7 CIA. II, 13
(dazu suppl. p. 7). Die Amphiktionie von Delos wird schon 390/89 wieder
von Athen verwaltet: CIA. II, 813b. suppl. p. 19G. — Zu Byzanz vgl.
Demosth. 20, 60.
873. In Athen haben Thrasybulos' Erfolge die höchsten
Erwartungen erregt ; schon sah man im Geiste die alte Herr-
lichkeit wiederkehren. Die Komödie, die Aristophanes Anfang
388 auf die Bühne brachte, schloss mit dem Einzug des Gottes
des Reichthums in seine alte Wohnstätte, den Opisthodomos
auf der Burg. Aber man hatte sich verrechnet. Was man
ersehnte, war nicht Macht, sondern Geld ; und das kam nicht
ein. Die von Thrasybul neu erschlossenen Einnahmen wurden
von der Flotte verschlungen, die erhobenen Steuern wurden
nicht ersetzt, die Schiffe verbraucht, die Kräfte seiner Mann-
schaften stark in Anspruch genommen. Man war thatsäch-
Hch nicht weiter als in den letzten verzweiflungsvollen Jahren
des vorigen Krieges, nur dass die Flotte nur noch etwa halb
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26*4
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien
so stark war und dass die Bürgerschaft die Kraft verloren
hatte, sich zu so heroischen Entschlüssen aufzuraffen, wie
damals. Dazu hatten die Spartaner das wirksamste Gegen-
mittel ergriffen. Bisher hatten die Aegineten, seit 404 wieder
im Besitz ihrer alten Heimath, sich neutral gehalten, um sich
nicht noch einmal der Gefahr der Vernichtung auszusetzen;
jetzt aber sandten die Ephoren den Eteonikos, den alten Ge-
nossen des Kallikratidas und Lysander, nach der Insel, und
eröffneten einen Kaperkrieg gegen Attika selbst und den at-
tischen Handel. Die Athener suchten sich zu wehren, so gut
es ging; sie schickten Pamphilos mit 10 Schiffen nach Aegina,
und dieser setzte sich auch in der Nähe der Stadt fest. Aber
der Nauarch Teleutias kam von Rhodos herüber und verjagte
seine Schiffe. Sein Nachfolger Hierax Hess dann, als er im
Spatsommer H89 nach Rhodos ging, seinen Adjutanten Gor-
gopas mit 12 Trieren bei Aegina zurück, und dieser zwang
die Athener, die Insel zu räumen, und setzte darauf den
Piratenkrieg energisch fort. Gleichzeitig kamen aus den bundes-
genössischen Städten und von den Parteigängern Athens
Klagen über die von Thrasybul und seinen Genossen verübten
Grausamkeiten und Erpressungen ; und die Demagogen daheim
erklärten, dass die Feldherrn die gewaltigen Summen, die sie
eingenommen haben müssten, selbstverständlich in die eigene
Tasche gesteckt hätten. Dazu kam das Misstrauen des ge-
meinen Mannes gegen Thrasybul ; als ächte Demokraten fühlten
die Athener sich verletzt, weil Thrasybul, der letzte Repräsen-
tant der alten Zeit, sich für besser hielt als das Gesindel.
So absurd es klingt, sie waren des Glaubens, in dem Manne,
der zweimal Athen aus den Händen der Oligarchen gerettet
hatte, stecke ein zweiter Dionysios. So wurde der Beschluss
gefasst, ein Verzeichniss aller von den Städten erhobenen
Gelder aufzustellen und Thrasybul und seine Collegen zur
Rechenschaftslegung nach Athen zu rufen. Im Lager Thra-
sybuls war die Entrüstung gross ; Ergokles forderte ihn auf, mit
der Flotte Byzanz zu besetzen und sich mit Seuthes zu verbinden,
und so das sykophantische Gesindel zu Paaren zu treiben. So
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Krieg auf Aegina. Anklagen gegen Thrasybul ; sein Ausgang. 265
weit wollte freilich Thrasybul nicht gehen; aber er ignorirlc
den Beschluss und zog mit der Flotte nach Pamphylien, um
auch hier Gelder beizutreiben. Hier ist er bei einem Raub-
zug seiner Soldaten von den Aspendiern des Nachts überfallen
und erschlagen worden (388 v. Chr.). So ruhmlos sein Tod
war, er hat ihn der traurigen Alternative überhoben, entweder
zum dritten Male die Waffen gegen die Regierung seiner
Heimath zu tragen, diesmal aber gegen die von ihm selbst
begründete Demokratie, oder sich den attischen Gerichten zu
stellen. Nach seinem Tode brach der Processkrieg aus, und
die Demagogen konnten die wüstesten Orgien feiern. Pam-
philos kam mit einer schweren Geldstrafe davon; Ergokles,
und vielleicht auch andere seiner Collegen, wurde zum Tode
verurtheilt, ebenso die Gesandten Nikophemos und Aristophanes
auf Cypern (§. 870), denen man das Urtheil sandte, ohne ihnen
die Möglichkeit der Vertheidigung zu gewähren. Als sich dann
in dem Nachlass der Hingerichteten die erwarteten Summen
nicht fanden, wurden ihre Verwandten und Freunde mit
weiteren Processen verfolgt.
Krieg auf Aegina: Xen. V, 1, 1—5; die Athener haben sich fünf
Monate auf der Insel behauptet, in der zweiten Hälfte von 389. Pam-
philos' Process: Aristoph. Plut. 174 mit den Scholien (Piaton fr. 14
Kock); vgl. Beloch, Att. Pol. 327 ff. — Thrasybuls Tod: Xen. IV, 8, 30.
Diod. XIV, 99. Nepos Thrasyb. 4. 4. Aristoph. Plut. 550 6jitlc (?axl)
vu öpaooßooXcp Atovjsiov slvat Sjjloiov. Die inneren Vorgänge und den Pro-
cess des Ergokles (vgl. Demostb. 19, 180) kennen wir nur aus Lysias or.
28. 29. In dieselbe Zeit gehört die Rede gegen Thrasybul, die Harpokr.
wiederholt unter Lysias* Namen citirt, mit dem Zusatz ti fvüjsioc, (fr. 112
bis 119). Das ist gleichgültig; ein ächtes Product der Zeit war sie jeden-
falls, vielleicht aber eine Broschüre in Redeform, keine wirkliche Process-
rede. — Es ehrt Xenophon, der so viel Schlimmes von Athen zu er-
zählen bat, dass er diese Vorgänge verschweigt und durch die Worte
*al 8pa36{JooXo£ (iiv 3yj \>.aka 3oxö>v iv/jp ifaftöc «Ivat oütiü? stsXsutyjObv
ersetzt. — Hinrichtung des Nikophemos und Aristophanes: Lyp. or. 19.
Sie ist wahrscheinlich durch die Truppe des Chabrias (§. 874) ausgeführt;
denn der anschliessende Process, in den Lysias' Rede gehört, fällt nach
§. 50 frühestens Ende 387. Hierher gehört wohl auch die Notiz aus
einer zweiten Rede des Lysias über denselben Gegenstand bei Harpokr.
Xvtpot (fr. 5; : snaio^ toivov to&c Xütpoo? b Af)fxapatog ief/.tu nf.ov.ooü$.
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260
IV, 4. Sparta im Kriego mit Persien.
874. Das Commando der Flotte übernahm der grosse
Volks beglücker Agyrrhios. Thatcn hat er nicht aufzuweisen;
er wird versucht haben, gegen den spartanischen Nauarchen
Hierax bei Rhodos die See zu behaupten. Inzwischen machten
die Spartaner den Versuch, die verlorenen Positionen im
hellespontischen Bezirk wieder zu gewinnen. Sie schickten den
Anaxibios (§. 83(3) mit 3 Trieren und 1000 Söldnern dem
Derkylidas, der sich in Abydos behauptete, zu Hülfe. Zunächst
hatte Anaxibios im Piratenkriege und zu Lande im Idagebiete
manchen Erfolg. Aber die Athener sandten Iphikrates, der
inzwischen von Korinth heimgeschickt war (§. 868), mit
1200 Peltasten und 8 Schiffen, und diesem gelang es, in
einem Engpass bei Abydos die Feinde zu überfallen. Anaxi-
bios selbst fiel im Kampfe, mit ihm 250 Mann; die Spartaner
waren wieder auf Abydos beschränkt. Sonst konnte freilich
auch Iphikrates nicht viel anderes thun, als das herkömmliche
Erpressungssystem fortzusetzen. Inzwischen verhielten sich die
Hauptflotten unthätig in den Gewässern von Rhodos undEphesos.
Erst Anfang 387 traf der Spartaner Nikolochos mit 25 Schiffen
in Abydos ein. Da erhielt auch Iphikrates Zuzug unter Dio-
timos; mit 32 Trieren konnte er von der Chersones aus
Abydos angreifen und in arge Bedrängniss bringen. — Wäh-
rend dessen war der Seekrieg bei Aegina weitergegangen:
Eunomos, dem die Athener die Deckung ihrer Küsten über-
trugen, konnte mit seinen 13 Schiffen — das war alles, was
Athen in seiner Noth noch aufbringen konnte — gegen Gor-
gopas und die peloponnesischen Kaper wenig ausrichten; ja
schliesslich wurde er bei Nacht von Gorgopas an der Küste
beim Vorgebirge Zoster überfallen und verlor 4 Schiffe. Athen
gerieth in arge Bedrängniss; die Getreidezufuhr nach dem Pi-
raeeus war schwer behindert, so dass während des Winters 3887
in der Stadt Theuerungspreise herrschten. Erst im nächsten
Frühjahr bekam die Stadt wieder Luft. König Euagoras hatte ein
neues Hülfsgesuch nach Athen gesandt, und dies schickte ihm
den Ghabrias, der bisher bei Korinth stand (§. 868), mit
800 Peltasten und 10 Schiffen. Ghabrias war^als Kriegs-
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Kämpfe am Hellespont, auf Aegina und Cypern. 2<>7
künstler dem Iphikrates ebenbürtig. Er setzte sich bei Nacht auf
Aegina in einer Felsschlucht fest: am nächsten Tage landete
ein athenisches Hoplitenheer unter Deraainetos, und als nun
Gorgopas mit den Aegineten und der Schiffsmannschaft her-
beieilte, wurde er von zwei Seiten gepackt. Er selbst fiel,
und mit ihm die 8 Spartiaten, die er bei sich hatte, und
etwa 350 Mann seines Heeres. Die Schlappe auszugleichen
fehlte es den Spartanern an Geld; die Matrosen, die nicht
bezahlt wurden, weigerten sich die Schiffe zu besteigen. So
hatte Athen die See wieder frei. Ghabrias ging zu Euagoras.
Der geplanten persischen Rüstung war es gegangen wie
gewöhnlich; zu einem ernsthaften Angriff kam es überhaupt
nicht, zumal Hekatomnos, von ehrgeizigen Absichten erfüllt,
insgeheim den Rebellen begünstigte. So konnte Euagoras mit
Chabrias' Hülfe fast die ganze Insel bis auf Kition erobern.
Agyrrhios: Xen. IV, 8, 31. Diod. XIV, 99. Plato com. fr. 185
[I, 652 Kock]. Krieg am Hellespont: Xen. IV, s. 31—30. V, 1. C. 7. 25
[wo Diotimos nachträglich genannt wird, vgl. Lys. 19, 50; derselbe hatte
vorher gegen Sikyon operirt: schol. Aristid. p. 275 Dindorf]. — Krieg
bei Aegina: Xen. V, 1, 5—9. Theuerung in Athen: Lys. 22. 8 [zur Zeit-
bestimmung Wilamowitz, Arist. II, 374]. Chabrias: Xen. V. 1, 10 — 13
Demosth. 20, 76. Nepos Chabr. 2. 2. Diod. XIV, 110. 5. XV, 2, 4. Heka-
tomnos' Verhalten: Diod. XV, 2, 3. Isokr. 4f 162.
Der Königsfriede.
875. In elenden Scharmützeln und schmachvollen Er-
pressungen schleppte der Krieg sich von Jahr zu Jahr hin ; je
länger er dauerte, desto mehr gewann er zu Lande wie zur
See den Charakter einer Räuberfehde. Keiner der sich be-
kämpfenden Staaten hatte genügende Mittel um der Gegner Herr
zu werden. Athen, ehemals das Bild gesunder, emporstreben-
der Volkskraft, bot jetzt das traurige Schauspiel ohnmächtiger
Prätension: an diesen elenden Zuständen ging jede achtungs-
werthe Persönlichkeit zu Grunde. Argos, dessen Politik einzig von
der Kriegsscheu geleitet war, machte sich mit seinen Ansprüchen
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268
IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
nur lächerlich; es hat gar nichts mehr geleistet, und ebenso wenig
der boeotische Bund. Diesen Gegnern gegenüber musste Sparta
immer noch imponiren: es war doch noch ein achtunggebieten-
der Staat mit einer Festgefügten Macht und consequenter
politischer Leitung. Aber ihm fehlte sowohl eine seinen jetzigen
Aufgaben gewachsene Kriegsmacht, wie das, was diese hätte
ergänzen, ja ersetzen können, das Geld ; und so konnte es aus
eigener Kraft nicht ans Ziel gelangen. Doch war es, eben weil
es noch eine wirkliche politische Macht war, allein von allen
griechischen Staaten, abgesehen von dem mächtigen sicilischen
Reich, im Stande, diese Mängel durch diplomatische Mittel zu
ersetzen. Dadurch ist es ihm möglich geworden, dem Krieg
ein Ende zu setzen, der sich sonst unabsehbar und völlig
resultatlos hätte hinschleppen können. Im J. 388, unter der
Einwirkung der Erfolge Thrasybuls, that es den entscheiden-
den Schritt. Antalkidas wurde zum Nauarchen ernannt, mit
dem Auftrag nicht sowohl das Gommando der Flotte zu über-
nehmen, als vielmehr die Verhandlungen mit Persien wieder
anzuknüpfen, die schon einmal beinahe zum Ziele geführt
hatten. Zugleich wandte es sich aufs neue an Dionysios mit
der Aufforderung, jetzt endlich seinem getreuen Alliirten den
schuldigen Gegendienst zu leisten ; und Dionys, jetzt in sicherem
Besitz seiner Macht und mitten auf dem Wege zu grossen
neuen Erfolgen — er hatte gerade die Belagerung von Rhegion
begonnen — , war dazu bereit. Dass er zu der Olympien-
feier im Hochsommer 388 eine glänzende Festgesandtschaft
schickte mit zahlreichen Viergespannen und Rhapsoden für den
Vortrag seiner Gedichte, war die Ankündigung, dass er fortan
die Verhältnisse des Mutterlandes nicht unbeachtet lassen werde.
876. In Athen war man sich der drohenden Gefahr be-
wusst und suchte ihr zuvorzukommen. An den Perserkönig
wurde eine Gesandtschaft geschickt, um ihn bei dem alten
Bündniss festzuhalten, geführt von dem grossen Volksmann
Epikrates und seinem Antipoden, dem Conservativen Phor-
misios. Dagegen sah man ein, dass man Dionysios nicht ge-
winnen könne; die schönen Hoffnungen, mit denen man sich
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Sparta verhandelt mit Persien und Dionys. Lysias gegen Dionys. 209
in Konons Zeiten getragen hatte, waren längst begraben. So
versuchte man sich seiner zu erwehren, indem man die popu-
lären Leidenschaften gegen den Tyrannen aufhetzte. Lysias,
der gewandte Advocat, war der gegebene Mann, das stolze
Programm der radicalen Demokratie vor aller Welt zu ver-
künden. Er ging nach Olympia und stellte in kunstvoller
Rede der zu den Festspielen versammelten Hellenenwelt vor,
wie unrecht sie thue, sich in blutigem Hader zu zerreissen
und dadurch auf der einen Seite die Macht des Tyrannen,
auf der andern die des Perserkönigs gross zu ziehen, die
mit ihren Geldmitteln und ihrer Seemacht Hellas erdrücken
könnten; Sparta, das sich durch seine Thaten die Führer-
schaft in Hellas gewonnen habe, thue sehr unrecht, das zu
dulden, statt sich durch einen Kampf für die Freiheit nach
dem Muster des Herakles unsterblichen Ruhm zu erwerben.
Vielleicht glaubte der Redner in der That, durch diese Worte
auf die Spartaner Eindruck machen zu können ; dass es Athen
gewesen war, das mit seinen Bundesgenossen den Krieg in Hellas
entzündet und den Perserkönig, den Sparta bekriegte, zur ent-
scheidenden Macht im Aegaeischen Meer erhoben hatte, ver-
schwieg er wohlweislich. Er forderte die Versammelten auf,
zur That zu schreiten und an dem Tyrannen von Sicilien
ein Exempel zu slatuiren. Lysias' Worte haben Erfolg gehabt:
der Pöbel insultirte Dionysios' Festgesandtschaft und plünderte
ihre Zelte. Dass sie durch ein derartiges Auftreten das Gegen-
theil von dem erreichten, was sie erstrebten, und den mäch-
tigen Herrscher vollends den Spartanern in die Arme trieben
— diese Einsicht zu fordern, hiesse in der That von über-
zeugten Demokraten zu viel verlangen.
Die Vorgänge in Olympia : Diod. XIV, 109. Lysias" Bede (or. 83)
ist durch Dion. Hai. de Lys. 29 theilweise erhalten ; sie illustrirt drastisch
die allgemeine politische Situation und zeigt, dass die Coalition, die An-
fang 386 zum Ziele führte, damals bereits in der Bildung begriffen war.
Antalkidas' Nauarchie: Xen. V, 1, 6. Epikrates und Phormisios als Ge-
sandte: Plato Jlobßr.; fr. 119 (Kock p. 633); weiteres §. 896. [Die
Anekdote Hegesanders Athen. VI, 251a = Plut. Pelop. 30 hat keinen
Werth].
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
877. Antalkidas hat gegen Ende des Sommers 388 das
Gommando der Flotte übernommen und seinen Adjutanten
Nikolochos nach dem Hellespont, Gorgopas aufs neue nach
Aegina gesandt (§. 874). Er selbst ging nach Susa. Hier
fand er die günstigste Aufnahme. Tiribazos, der beim König
immer in Gnade geblieben war, unterstützte seine Pläne eifrig,
Artaxerxes selbst fand grosses Wohlgefallen an dem gewandten
Unterhändler. Das Ausschlaggebende war die politische Situ-
ation. Der Hass gegen Sparta war allmählich verraucht,
die Absurdität einer weiteren Unterstützung Athens einleuch-
tend, wo dieses sein Reich wieder aufrichtete, seine Herrschaft
auf Städte des Festlands ausdehnte, und den Rebellen Euagoras
unterstützte. Entscheidend wurde, dass der König freie Hand
haben wollte, diesen niederzuwerfen und zugleich Aegypten
, wieder zu erobern. So einigte sich der König mit Sparta auf
Grund der von diesem fünf Jahre zuvor gemachten Vorschläge :
das asiatische Festland sowie von den Inseln Cypern und
Klazomenae sollten ihm überlassen bleiben, alle übrigen Griechen-
städte, gross und klein, frei sein; jede* Widersetzlichkeit werde
der König in Gemeinschaft mit den gleichgesinnten Staaten
mit allen Mitteln bekämpfen. Den Athenern wurde die von
Sparta 391 gebotene Concession gewährt , dass sie die drei
Klerucheninseln behalten sollten. — Um die neue Politik
durchzuführen, wurde Tiribazos aufs neue als Statthalter nach
Sardes und Ionien geschickt, und Pharnabazos in hohen Ehren
abberufen, eine Tochter des Königs zu heirathen; an seine
Stelle trat als Satrap des hellespontischen Gebiets Ariobarzanes.
Mit Tiribazos zusammen trat Antalkidas im Sommer 387 den
Rückweg nach Kleinasien an.
Die Formel des Friedens: Xen. V, 1, 31 = Diod. XIV, 110. Isokr.
14, 10. Tiribazos und Ariobarzanes: Xen. V, 1, 28. Antalkidas am Perser-
hof: Plut. Artax. 21 f. Peiop. 30. Athen. II, 48 e. Aelian v. h. XIV, 39.
Rücksicht auf Euagoras: Justin VI, 6. Diod. XIV, 110, 5. — Die angeb-
liche Feindschaft zwischen Agesilaos und Antalkidas Plut. Ages. 23 hat
schwerlich historische Bedeutung. Mit Antalkidas' Politik war Agesilaos
vollkommen einverstanden; er hat bei ihrer Durchführung entscheidend
mitgewirkt.
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Antalkidas in Susa. Entscheidende Massregeln Spartas. 271
878. Während in Susa die Entscheidung fiel, hatte sich \
Sparta endlich wieder zu einem neuen Angriff auf Argos
aufgerafft. Diesmal trat der junge König Agesipolis an die
Spitze des Heeres. Nachdem er sich von den Orakeln ge-
wissenhaft die Erlaubniss hatte geben lassen, sich über die
heiligen Monate hinwegzusetzen, fiel er im J. 387 in das Ge-
biet von Argos ein und rückte gegen die Stadt selbst vor;
indessen wagte er doch keinen ernstlichen Angriff, sondern
zog schliesslich unverrichteter Dinge wieder ab. Sonst scheinen
während des Sommers die Waffen geruht zu haben. Als aber
im Herbst 387 Antalkidas nach Kleinasien zurückkehrte, traf
er sofort die Massregeln für den entscheidenden Schlag. Er
selbst ging zu Lande nach Abydos und knüpfte zugleich mit
Chalkedon Verhandlungen an. Dionysios entsandte 20 Schiffe
unter dem Gommando seines Schwagers Polyxenos in die
griechischen Gewässer, und die neuen Satrapen Tiribazos
und Ariobarzanes begannen gleichfalls aufs neue eine Flotte
auszurüsten. So zog sich wieder wie im J. 405 das Ungewitter
drohend um den Hellespont, den Lebensnerv Athens, zusammen.
Athen that, was es konnte, der Gefahr zu begegnen ; Iphikrates
ging nach Byzanz, die Strategen Demainetos, der zu Anfang
des Jahres den Angriff des Chabrias auf Aegina unterstützt
hatte (§. 874), Dionysios, Leontichos, Phanias wurden nach
Abydos geschickt, Thrasybul von Kollytos folgte mit 8 weiteren
Schiffen und nahm zunächst bei Tenedos Stellung. Antalkidas
brach, in der vorgegebenen und laut verkündeten Absicht,
Chalkedon Hülfe zu bringen, bei Nacht von Abydos auf: die
athenischen Feldherrn folgten ihm schleunigst mit allen Schiffen.
Aber er lief in eine gedeckte Bucht bei Perkote nördlich von
Abydos ein und Hess sie vorbeifahren; und als dann Thra-
sybul versuchte, den Hellespont zu durchfahren, um sich mit
dem Gros zu vereinigen , wurde er mit seinen 8 Schiffen von
Antalkidas abgefangen. Darauf zog dieser die Syrakusaner
und die persischen Schiffe an sich heran und brachte seine
Flotte auf über 80 Schiffe. Der Hellespont war in seiner
Gewalt, die attische Flotte im Bosporos von der Heimath ab-
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IV, 4. Sparta im Kriege mit Persien.
geschnitten, Athen die Zufuhr unterbunden; auch König Seutlies
zog es vor, mit der Macht zu gehen und wie im J. 400 auf
die Seite Spartas zurückzutreten. Gleichzeitig ging Teleutias,
jetzt zum dritten Male mit der Nauarchie bekleidet, im Herbst 387
nach Aegina. Er hatte schon früher verstanden, seine Leute
an sich zu fesseln; unter seiner Führung hoffte die Schiffs-
mannschaft aufs neue Beute und damit reichlichen Lohn zu
gewinnen und war bereit, die Schiffe wieder zu besteigen.
.Die Athener waren keines Angriffs gewärtig; so konnte er
bei Tagesanbruch ungehindert mit 12 Schiffen in den Piraeeus
eindringen und, ehe die Athener zur Besinnung gekommen
waren, eine grosse Zahl Kauffahrteischiffe und selbst ein paar
Trieren davonführen, und dann die ganze Küste bis nach
Sunion hin absuchen und abfangen, was ihm in den Weg
kam. Die Situation war reif zur Entscheidung; zu Anfang
des Winters 387 erliess Tiribazos die Aufforderung an alle
griechischen Staaten, Gesandte zu ihm zu schicken, um den
Befehl des Königs entgegen zu nehmen.
Agesipolis gegen Argos: Xen. IV, 7, vgl. V, 1, 29. Diod. XIV, 79, 5
(verschrieben Agesilaos). — Die Vorgänge im Hellespont hat Xenophon
durch die gespreizte Manier, in die er nicht selten verfällt , namentlich
wenn er wie hier über ihm unangenehme Dinge möglichst rasch hinweg-
kommen will, sehr unklar und ungenügend erzählt. Eine wesentliche
Ergänzung gibt Polyaen II, 24. Ferner das Bruchstück eines Psephismas
für Phanokritos von Parion, der die athenischen Feldherrn trtpl xü>v
vecüv xoü napdtcXoo [nämlich des Antalkidas] gewarnt halte: CIA. II, 38.
DS. 74. Dass Kephalos hier in seinem Antrag ausdrücklich hervorhebt: xoti
r. o:. 3Tparrtyo! eniftovto, kaXiuzav 5v ott xpir^ti^ a\ rtoXsfiiai, bereitet die
peinliche Anklage gegen Thrasybul vor; vgl. Lys. 20, 23: Tbrasybul von
Kol ly tos (§. 13. 21) toc£ vaö? icpo^um xal ty4v iröXiv rcepl aa»rr4pta^ £ou-
Xsotodou KtKGiYjxs ; die Gefangenen müssen für ihre Freigebung 80 Minen
aufbringen , woraus ihm ein weiterer Vorwurf gemacht wird , ib. 24.
Thrasybuls Expedition auch Demosth. 57, 38. 42. Seuthes' Uebertritt:
Aristid. panath. p. 282 Dindorf. — Teleutias auf Aegina: Xen. V, 1,
13 fT. — Die Zeit des Antalkidasfriedcns unter dem Archon Theodotos
387/6 (Piod. XIV, 110. Aristid. II, p. 370 DwronF; vgl. §. 817 A.) ist
genauer dadurch bestimmt, dass das vor dem Frieden abgefasste Pse-
phisma für Klazomenae CIA. IV, 14 b. suppl. p. 7. DS. 73 unter Theo-
dotos, natürlich in den ersten Monaten seines Amtsjahrs, beschlossen ist.
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Athens Bedrängniss. Der Königsfriede.
273
Die Operationen im Hellespont fallen offenbar in den Herbst, ebenso die
des neuen Nauarchen Teleutias auf Aegina; der Friede kann erst An-
fang 386 zum Abschluss gekommen sein. Vgl. Swoboda, MAT. VIT, 180 ff.
— Ueber Dionysios' Politik : Köhler, MAI. I.
870. In Athen war man in fieberhafter Aufregung. Ein
Gerücht jagte das andere: »die Schiffe im Pontos seien ver-
loren, sie seien von den Spartanern genommen, die Häfen
gesperrt, der Friede werde nicht zu Stande kommen« (Lys.
22, 14). Aufs neue stand die Hungersnoth vor der Thür. Die
Extremen wollten auch diesmal den Verzweiflungskampfwagen;
hatte man doch eben erst dem Demos der Inselstadt Klazomenae,
die der König für sich beanspruchte, feierlich die Freiheit und
den Schutz gegen alle Feinde zugesagt. Aber sie drangen
nicht mehr durch. Wie alle anderen betheiligten Staaten
schickten auch die Athener Gesandte an den Satrapenhof und
nahmen die Bedingungen entgegen, die der König den Hellenen
gnädig gewährte. Die Ausführung wurde einem Gongress in
Sparta überlassen. Athen fügte sich; es musste froh sein,
dass es von allen Gegnern noch am besten davon kam und
nicht nur seine Autonomie, seine Mauern und Schiffe und
damit seine Bewegungsfreiheit , sondern auch die drei Inseln
behalten durfte. Ernsthafteren Widerspruch erhoben die
Landmächte. Korinth wollte von der Verbindung mit Argos
nicht ablassen, Theben die Suprematie über Boeotien be-
haupten und im Namen des boeotischen Bundes den Eid
leisten. Da erwirkte Agesilaos von den Ephoren den Befehl,
mobil zu machen, und damit verstummte der Widerspruch.
Theben, das jetzt bitter bereuen mochte, in den Jahren 391
und 390 die Verhandlungen abgebrochen zu haben, gab die
boeotischen Städte frei, die Argiver zogen aus Korinth ab.
Zu Anfang des J. 386 wurde der Königsfriede von allen
griechischen Staaten, gross und klein, beschworen, und über-
all die Bürgerheere entlassen und die Soldtruppen aufgelöst.
Die Welt des Aegaeischen Meeres hatte wieder Ruhe.
Annahme und Ausführung des Königsfriedens : Xen. V, 1, 29 ff.
Strauben Athens: Plato Menex. 245b ff. Aristid. I, p. 282 Dindorf.
Meyer, Geschichte des Altertlroms. V 18
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V. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Die Cultur der Reactionszeit.
Politische, sociale und wlrthschaft liehe Zustände der
Reactionszeit.
880. Das Ergebniss der Erhebung gegen Sparta und des
neunjährigen Krieges in Griechenland war, dass jetzt, drei
Menschenalter nach den Siegen von Salamis und Plataeae,
der Perserkönig der Griechenwelt sein Gesetz auferlegte. Die
asiatischen Griechenstädte waren ihm definitiv überlassen, und
niemals haben Griechen wieder den Versuch machen können,
sie ihm zu entreissen. Spartas Macht, die im J. 400 bis ins
Schwarze Meer gereicht hatte , war jetzt auf das Mutterland
und die Inseln beschränkt; und hier regierte es als Wächter
und Executor der von Artaxerxes erlassenen Ordnung, gründ-
lich curirt von jeder Anwandlung einer idealistischen und
nationalen Politik. Alle anderen Staaten waren erschöpft und
ohnmächtig. Einzig im Westen hatte sich eine neue starke
Macht gebildet, die an Leistungsfähigkeit Sparta noch über-
traf und weit unabhängiger dastand als dieses; als der nächste
nach dem Perserkönig, wenn auch in weitem Abstand, galt
den Zeitgenossen der Herrscher des sicilischen Reichs. Aber
das war eine Macht, die allem ins Gesicht schlug, was den
Hellenen politisch und sittlich als Ideal galt, die sie als wahren
Staat überhaupt nicht anerkennen konnten, sondern als frevel-
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Die Lage nach dem Königsfrieden. 275
hafte Gewaltherrschaft schlechthin verurtheilten. Mit einander
waren die drei Mächte eng verbündet und erstickten jedes
Unabhängigkeitsgelüste der andern. Der Kampf für die alt-
ererbte hellenische Autonomie erst gegen Athen, dann gegen
Sparta, hatte mit der Unterdrückung aller Bewegungsfreiheit
geendet. Geblieben war von dem schönen Programm, mit dem
431 und wieder 413 der Krieg gegen Athen eröffnet war, einzig
die Reaction im Inneren, die von den herrschenden Mächten
überall in den Formen durchgeführt wurde, welche ihren
Zwecken dienten. Im Reich des Dionys erschien sie als Herr-
schaft des einen Despoten, in Kleinasien als Herrschaft der
Satrapen, im Machtbereich Spartas als Regiment der wahren
Aristokraten ; thatsächlich bedeutete sie überall die unbedingte
Unterordnung unter den Willen der drei Mächte.
881. Der äusseren Noth entsprach die innere. Furcht-
bar hatte die Kriegszeit, die nun mit kurzen Unterbrechungen
schon 45 Jahre andauerte, überall das Land verwüstet. Und
im Gefolge des Kriegs kam die Revolution, die eine Stadt
nach der andern ergriff und die Parteien in wüthendem
Bürgerkrieg verzehrte. In zahlreichen Gemeinden hatte sie
alle Besitzverhältnisse aufs schwerste erschüttert, ja oft mehr-
mals hintereinander vollständig umgestürzt. Abgesehen etwa
von Sparta und einigen Theilen des Peloponnes und von dem
abgelegenen Bergland Aetolien, sowie von Aussenposten wie
Massalia und den Städten des Schwarzen Meeres, gab es kaum
noch ein griechisches Gemeinwesen, in dem nicht der altererbte
Wohlstand vernichtet, die alten Familien ausgerottet oder
verarmt und ohne Nachwuchs hinweggestorben waren. Die
Landwirthschaft lag vollständig darnieder, Handel und Industrie
stockten, die Finanzen der Gemeinden waren gänzlich zerrüttet ;
Athen, das im fünften Jahrhundert mit Tausenden von Ta-
lenten gewirthschaftet hatte, war jetzt froh, wenn es ein-
mal 20 Talente zur Verfügung hatte. Aus der ständigen
Finanznoth ist im Mutterlande kein Staat je wieder heraus-
gekommen. In Italien und Sicilien waren durch die National-
feinde und durch den Kampf gegen Syrakus um die Wette
-
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27() IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
die meisten der ehemals blühenden Städte vernichtet, und nicht
alle waren auf Dionys' Machtwort, in völlig veränderter Ge-
stalt, aus den Trümmern wieder erstanden. Im Mutterlande
war es zum Aeussersten nur in vereinzelten Fällen gekommen,
in Aegina, Plataeae, Melos und einigen chalkidischen Städten,
sowie unter Lysander in Sestos; und die Restauration hatte
wenigstens versucht den Schaden wieder gut zu machen.
Aber die Verheerung und die innere Zersetzung waren darum
nicht minder gross, ja nur um so heilloser, weil hier nicht,
wie im Westen, auf den Trümmern ein starker und leistungs-
fähiger Staat sich erhob. Nirgends, ausser in Sparta und
jetzt wieder in Athen, bestanden gefestete Verhältnisse, die
irgend welche Garantie der Dauer boten. In den meisten
Staaten hatte die eine Partei die andere, soweit sie nicht um-
gebracht war, ins Exil getrieben, und wenn zur Zeit Sparta
und Persien die bestehenden Zustände gewaltsam aufrecht
erhielten, so warteten die Tausende von Exulanten, die in-
zwischen kümmerlich in fremden Gemeinden oder als Soldknechte
ihr Leben fristeten, doch nur auf die erste Gelegenheit, um
durch eine neue Revolution die Heimkehr zu erzwingen und
blutige Rache zu üben. Zu wie furchtbarer Verwilderung die
Parteikämpfe geführt 'haben, ist uns aller Orten entgegen ge-
treten ; einen drastischen Ausdruck dafür bietet der Eid , den
nach Aristoteles' Angabe an manchen Orten die Oligarchen
schworen: »Ich will dem Demos schlecht gesinnt sein und
ihm so schlecht rathen, wie ich nur immer kann« (pol. VIII,
7, 19), und das Grabepigramm, welches man in diesen Kreisen
für Kritias und seine Genossen verfasste: »Das ist das Grab-
mal wackrer Männer, welche dem verfluchten Demos von
Athen eine kurze Zeit die Frechheit gelegt haben« (schol.
Aeschin. 1 , 39). — Wie tief Griechenland in den letzten
25 Jahren heruntergekommen war, veranschaulicht die winzige
Zahl von Schiffen , mit denen man jetzt den Seekrieg führte :
die 40 Trieren Thrasybuls waren im J. 389 eine Ausschlag
gebende Macht. Noch bezeichnender ist vielleicht, dass die
50 Talente, welche Timokrates im J. 395 nach Griechenland
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Das Elend der Reactionszeit. Der Sieg des modernen Geistes. 277
brachte (§. 855), für eine gewaltige Summe galten, welche die
Politik aller gegen Sparta verbündeten Staaten entscheidend be-
einflusst habe. Wohin man blickte, herrschte nichts als Elend
und hoffnungslose Zersetzung: nur zu furchtbar hatten sich die
trüben Ahnungen erfüllt, mit denen Herodot die scheinbar so
hoffnungsfrohe Entwickelung von Hellas im fünften Jahrhundert
betrachtet hatte.
882. Der grosse Kampf der Parteien um die politische
Herrschaft in den Einzelstaaten und der mit ihm untrennbar
verbundene Spartas und des Particularismus gegen Athen
war zugleich ein Ringen zwischen entgegengesetzten wirt-
schaftlichen Zuständen und ein Ringen zwischen entgegenge-
setzten Weltanschauungen gewesen. Die fortschrittlichen Ten-
denzen hatten den Kampf bis aufs äusserste durchgekämpft;
aber sie waren erlegen. Im Namen der altererbten An-
schauungen und der Ordnungen der Vorzeit hatte Sparta den
Sieg errungen und die Herrschaft angetreten ; und so sehr sich
Dionys' modernes Reich in der Theorie und in der Praxis
von der von Sparta geschaffenen Ordnung unterscheidet, ge-
meinsam ist beiden das streng durchgeführte Autoritätsprincip
und die rücksichtslose Umgestaltung der vorgefundenen Zu-
stände nach dem Bedürfniss der herrschenden Macht. In
der That schaltete ein spartanischer Harmost in einer ab-
hängigen Stadt nicht anders als in Sicilien und Italien Dionys
und seine Vögte. Sieht man jedoch auf den Grund der
Dinge, so zeigt sich, dass tatsächlich der moderne Geist
dennoch gesiegt und auch die Herrscher sich unterworfen hat.
Dionys hat ihn anerkannt ; Sparta konnte ihn nicht anerkennen,
ohne die Grundlagen des eigenen Staatswesens aufzuheben.
Darauf beruht der innere Widerspruch, über den Spartas
Politik nicht hinauskam, auch da nicht, als es nach Lysanders
Sturz versuchte, ehrlich sein Programm durchzuführen; eben
darum hat es nicht, wie Dionys, etwas Neues geschaffen, son-
dern nur innerlich abgestorbene Zustände künstlich wieder ins
Leben gerufen, die sofort zusammenbrachen, sobald Sparta sie
nicht mehr schützen konnte. Die Restauration, die es durch-
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IV, :,. Griechenland unter dem Königsfrieden.
führte, ist in Wahrheit eine durchweg vom modernen Geist
durchtränkte Reaction gewesen, so gut wie die, welche auf die
französische Revolution und das Weltreich Napoleons gefolgt
ist. Die lebendigen Kräfte, welche die Gegenwart bewegen,
verläugnet sie; aber die alte Zeit ist todt und begraben; was
sie der Welt bietet, ist nur ihr fratzenhaft verzerrtes Abbild.
Die >Guten« (/prptot), die »Idealisten« (xaXoi xaYafroi), die sie
ans Regiment bringt, sind nicht mehr der alte ehrenhafte
Adel — der hat längst alle Bedeutung verloren — , sondern
die Reichen, und ihre Regierung ist eine wüste Glassenherrschafl
so arg wie die der schlimmsten Demokraten; an der Spitze
stehen oft genug gewissenlose Emporkömmlinge schlimmster
Sorte, die es verstanden haben, die Gunst der Machthaber zu
gewinnen. Gottesfurcht und fromme Sitte will die Restau-
ration wieder ins Leben rufen ; aber an Stelle der alten naiven
Frömmigkeit tritt eine formalistische Religiosität, wie sie Xeno-
phon zeigt, der typische und überzeugte Repräsentant der Re-
action in der Literatur. Die Moral soll die Norm alles mensch-
lichen Handelns bilden; aber wenn irgend etwas, so ist die
doppelte Wahrheit der Sophisten dieser Zeit in Fleisch und Blut
übergegangen, und so trägt die Moral, sobald sie die Entscheidung
geben soll, eine wächserne Nase, bei den Aristokraten so gut
wie bei Dionys und bei den Demokraten. Die einzige Richt-
schnur des Handelns ist, bei Xenophon unbewusst, bei Lysander
und Agesilaos und ihren Genossen mit klarem Bewusstsein,
die Nützlichkeit, die einzige Norm des Urtheils der Erfolg —
denn glückt ein Unternehmen, so ist damit erwiesen, dass
die Götter es gut geheissen haben. Die Unterordnung des
Bürgers unter den Staat ist das Höchste; aber selbstverständ-
lich nur, wenn der Staat so gestaltet ist, wie es den eigenen
Idealen entspricht; andernfalls hat der ächte Conservative das
Recht und die Pflicht, ihn gewaltsam in die richtige Gestalt
zu bringen und die bösen Demokraten zu vernichten, die in
ihrer Verblendung dasselbe Recht für sich in Anspruch nehmen ;
Xenophon hat nie Skrupel darüber empfunden, dass er bei
Koronea im Dienste des Agesilaos gegen das Heer seiner
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Die Zustände unter der Reaction. Ideal und Wirklichkeit. 279
Vaterstadt gekämpft hat. Thatsächlich ist allein die Persön-
lichkeit ausschlaggebend, und sie wird anerkannt und be-
wundert, so lange sie die Macht hat. Die militärische Aus-
bildung des Burgers ist die wichtigste Aufgabe des Staats;
aber wie Dionys und die Demokratien führt auch Sparta jetzt
seine Kriege wesentlich mit Söldnern und zum Kriegsdienst
gepressten Unterthanen, und Xenophon hat seine Laufbahn
begonnen als Fuhrer eines heimathlosen , bunt zusammen-
gewürfelten Söldnerheers. In dem allen — und das ist
vielleicht das Trostloseste an dieser trostlosen Zeit — sind die
Gegner um nichts besser. Auch das restaurirte Athen steht
unter dem Zeichen der Reaction: auch dieser Staat kennt
keine andere Aufgabe als die Wiederbelebung und künstliche
Aufrechterhaltung einer Vergangenheit, die unwiederbringlich
dahin ist. So ehrlich es die Führer der Restauration meinten,
sobald Athen sich wieder regen kann, beginnt auch hier die
wüste Classenherrschaft. Wohl declamiren alle Athener bis
zum Ueberdruss von der Grösse und Herrlichkeit des Staats ;
aber das Ideal ist die Demokratie, d. h. ins praktische über-
setzt, wie es die Redner unzahlige Male aussprechen, die
Versorgung der Massen. Was ehemals das Mittel war, ist
jetzt der Zweck geworden; die Gewinnung der Macht und die
Erfüllung der grossen Aufgaben der Nation sind nur noch das
Mittel für die Lösung der Magenfrage. So ist es kein Wunder,
dass für die nationalen Aufgaben kein Interesse, ja kein Ver-
ständniss mehr vorhanden war, so oft man auch die alten
Phrasen von den Grossthaten der Perserkriege im Munde
führte. Dass ein Mann wie Xenophon, dem doch trotz aller
Beschränktheit ideale Gesinnung nicht fremd war, zu Ruhm
und Einfluss zu gelangen hoffte, indem er in die Dienste eines
persischen Prinzen trat, ist charakteristisch für die Genera-
tion, welche in den Nöthen des Todeskampfes Athens heran-
gewachsen war. »Ich muss mich wundern über die Macht-
haber in den Städten,« schreibt Isokrates im J. 380, »dass
sie mit gewaltigen Ansprüchen auftreten, aber den Gedanken
eines Nationalkrieges gegen Persien niemals ausgesprochen, ja
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280 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
auch nur gefasst haben, sondern ihn mir überlassen, der ich
mich von aller Politik fern halte. Ja vielleicht verlachen mich
viele wegen meiner Einfalt, dass ich mit dem Unglück der
Menschen Mitleid habe in einer Zeit, wo Italien verwüstet,
Sicilien geknechtet ist, wo so viele Städte den Barbaren aus-
geliefert sind und die übrigen Theile von Hellas in den
grössten Gefahren leben« (4, 1(39. 170; vgl. ep. 9, 8. 15). Für
einen wahren Staatsmann war eben in Griechenland kein
Raum mehr. In Athen ist Thrasybul der letzte Nachzügler
der alten Zeit gewesen, und nur ein rechtzeitiger Tod hat es
verhindert, dass er von den gemeinen Mächten zerrieben wurde,
welche jetzt die Welt beherrschten. Als dann in Theben in
Epaminondas noch einmal ein grosser Mann erstand, hat er
nur zerstören können; seine Versuche, aufzubauen, sind re-
sultatlos geblieben. Eine Zukunft hatte die Nation nicht
mehr, sondern nur noch eine Vergangenheit.
Die wichtigste Quelle für die Erkennlniss der Zustände Griechen-
lands sind Isokrates' Schriften, der Panegyrikos, die Friedensrede und der
Brief an Archidamos, und der Philippos, die von dem ständig wach-
senden Elend ein sehr lebendiges Bild geben und für die wahren Auf-
gaben der Nation Sinn und Verständniss haben, welche die auf ein Partei-
programm eingeschworenen Schriftsteller wie Xenophon und Demosthenes
nicht zu sehen vermögen. Mit dem gründlichen Studium dieser Schriften
muss beginnen, wer die griechische Geschichte des vierten Jahrhunderts
und die Zeit Philipps verstehen lernen will. — üeber die wirthschaft-
lichen Zustände s. vor allem die sehr werthvolle Zusammenstellung bei
Beloch, Griech. Gesch. II, 836 ff. , die aber meines Erachtens zu opti-
mistisch gefärbt ist. Eine kurze Skizze habe ich in meiner Schrift : Die
wirthschafll. Entwickelung des Alterthums, 1895, gegeben.
883. Wenn die neue Ordnung, welche Sparta durchführte,
auf politischem Gebiet den bestehenden Zuständen nicht ent-
sprach, so noch weniger auf wirtschaftlichem. Das Ideal
war der alte Agrarstaat; für diesen aber war kein Raum
mehr in Hellas. Die Entwickelung, die wir im fünften Jahr-
hundert in Athen verfolgt haben, hat jetzt ganz Griechenland
ergriffen. Geld, Industrie und Handel sind die Ausschlag
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Wirtschaftliche Zustände. Ruin d. Land wirtbschaft. DerCapitalismus. 281
gebenden wirtschaftlichen Factoren geworden, zunächst in
den Küstenstädten, dann sind sie von hier aus auflockernd
vorgedrungen bis in die Bergeantone des Peloponnes, ja bis
in den starren Eurotasstaat. Die Bebauung des Landes war
intensiv genug, auf den Inseln waren die Berghänge hoch
hinauf bestellt (Isokr. 4, 132), und im Peloponnes war es
nicht anders; in Attika war der Felsboden mit Olivenpflan-
zungen bedeckt. Aber der Bodenertrag reichte, ausser in
Thessalien (§. 765), nirgends aus, die gewaltig angewachsene
Bevölkerung zu ernähren: auch der Peloponnes konnte schon
nn archidamischen Kriege ohne uberseeisches Getreide nicht
mehr existiren. Der Import drückte wieder auf die Renta-
bilität des Ackerbaus. Wesentliche technische Fortschritte
wurden nicht gemacht; nur vereinzelt ging man von der
Zweifelderwirthschaft mit jährlich wechselnder Brache zur Drei-
felderwirthschaft über. So wurde das Ackerland in immer
grosserem Umfang zum Gemüsebau verwendet oder in Wein-
und Oelpflanzungen umgewandelt. Jetzt aber drang der Krieg
verheerend in immer weitere Gebiete. Nicht nur in Attika
waren alle Anpflanzungen vernichtet, sondern ebenso im Gebiet
von Korinth, Phlius, Sikyon, und weithin auf den Inseln (vor
allem auf Chios) und an den Küsten Kleinasiens; wo immer der
Krieg seinen Sitz aufgeschlagen hatte, liess er eine Einöde
zurück. Dadurch wurde die natürliche Entwicklung noch
beschleunigt. Zahllose Bürger waren ihres Lebensunterhalts
beraubt, und viele der verarmten Grundbesitzer waren froh,
wenn sie ihren Acker gegen eine Summe Geldes losschlagen
konnten. In die Lücke trat das Capital; der Untergang des
bäuerlichen Mittelstandes beginnt und mit ihm die Vereinigung
des Grundbesitzes in wenigen Händen, welche im nächsten
Jahrhundert eines der entscheidenden Momente für den Rück-
gang der Bevölkerung gebildet hat. Mit dem Capital und
dem Grossbetrieb kam die Sklavenarbeit, die jetzt auch in
der Landwirthschafl immer grössere Ausdehnung gewann;
die fortwährenden Kriege warfen billiges Menschenmaterial in
Masse auf den Markt. Auch sie drang stets tiefer ins Binnen-
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282 1V» 5/ Griechenland unter dem Königsrrieden.
land ein; in Phokis, dessen Landgeraeinden bis dahin die
Sklaverei noch fast fremd war — es erregte hier Aufsehen,
wenn eine vornehme Dame sich von zwei Dienerinnen begleiten
Hess — , importirte um 3G0 ein reicher Unternehmer Mnason
von Elatea 1000 Sklaven, unbekümmert um den Nothschrei
seiner Landsleute, dass dadurch ebensoviel Bürgern der Lebens-
unterhalt genommen sei. Aber auch für den wirtschaftlichen Be-
trieb bedeutete diese Umwandlung in der Regel weit mehr als
einen einfachen Besitzwechsel. Der bürgerliche Grundbesitzer,
der sich selbst um seine Wirthschaft kümmert und mit den
Knechten aufs Feld geht, ist zwar das Ideal Xenophons, das
er selbst zu verwirklichen suchte, als die Spartaner ihm in -
Skillus südlich von Olympia ein Landgut schenkten ; aber eben
seine Schilderung beweist, eine wie seltene Ausnahme er bildete.
Vielmehr ist die ganze Cultur städtisch geworden : der Grund-
besitz, ehemals die Basis der socialen und politischen Existenz
der höheren und im Staat herrschenden Stände, wird jetzt
eine Beigabe zum Reichthum und ein Besitz neben vielen
anderen, und oft genug ein Object der Speculation. — Und
nun wird der Nothstand, aus dem ein grosser Theil der Be-
völkerung nicht mehr herauskann, noch »künstlich vermehrt
durch den Krieg und durch die Politik. Im Peloponnes hält
Sparta jede fortschrittliche Ent Wickelung nieder, welche Handel
und Gewerbe fördern und dem kleinen Mann Erwerb und
Wohlstand verschaffen könnte. Wie es den elischen Staat
zersprengte, so hätte es am liebsten alle Städte auf den Zu-
stand der Landgemeinden der Urzeit zurückgeschraubt, und
in Mantinea hat es das in der That durchgeführt (§. 890).
Die letzte Gonsequenz derartiger Zustände, die völlige De-
moralisation, Eheflucht und äusserste Beschränkung der Kinder-
erzeugung, war noch nicht eingetreten. Vielmehr ist die Be-
völkerungszahl, wenigstens in den Binnenstädten — in Athen
wird das schon anders gewesen sein — , noch immer im Zu-
nehmen, vor allem im Peloponnes, während die Bedingungen
der Ernährung nicht einmal stabil bleiben, sondern gewaltig
zurückgehen. So ist das Ergebniss ein fortwährendes An-
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Der Nothstand. Anwachsen des Proletariats. Die Söldner. 283
wachsen eines besitz- und erwerblosen Proletariats, dem alle
Subsistenzmittel genommen sind.
Ueber die Landwirtschaft vgl. Xenophons Oekonomikos und Beloch,
Gr. Gesch. II, 345 — Sklavenimport in Phokis : Timaeos fr. 67 hei
Athen. VI, 264 c = 272 b. — Ueber die socialen Bewegungen vgl. Pöhl-
11155, Geschichte des antiken Sozialismus und Communismus I. II. der
aber schon im Titel Gesichtspunkte zum Ausdruck bringt, die meines
Erachtens nicht zutreffend sind.
884. In früheren Zeiten war die überschüssige Kraft des
griechischen Volkes von der Colonisation aufgenommen worden.
Dafür ist jetzt kein Raum mehr; es ist eine seltene Ausnahme,
wenn noch einmal ein Staat wie Paros (§. 822), vielleicht
infolge innerer Wirren, den Versuch einer Colon ialgründung
wagt. Als einzige Erwerbsquelle bleibt daher für die Besitz-
losen, wenn der Staat sie nicht ernährt, wie in Athen, der
Krieg. Auch hier arbeitet die politische Gestaltung der ökono-
mischen Entwickelung in die Arme. Die ununterbrochenen
Kriege fordern die Ausbildung der Kriegskunst; das alte
Bürgerheer genügt den gesteigerten militärischen Anforderungen
nicht mehr. Ueberdies sind die Kräfte der Bürgerschaften
erschöpft. Die Besitzenden, auf denen bisher der Hoplitendienst
lastete, weigern sich, jahraus jahrein ins Feld zu ziehen;
wenn sie schon die Steuern für den Krieg zahlen müssen,
wollen sie wenigstens persönlich unbehelligt bleiben und
daheim ihren Geschäften nachgehen, um nicht gänzlich ruinirt
zu werden. Und nun sind Menschen genug da, die mit
Freuden jedem Werberuf folgen, für welche Sache es auch
sein mag, wenn sie nur genügend bezahlt werden oder
wenigstens Aussicht haben, gute Beute zu machen. So sind
schon im peloponnesischen Krieg Söldner verwerthet worden ;
und als dann Friede ward und die Staaten abrüsteten, hatten
nicht nur diese, sondern auch zahlreiche Bürger, die bisher
in den Heeren gedient hatten, ihren Lebensunterhalt verloren.
Die Folgen zeigten sich sofort: als Kyros sein Heer warb,
strömten aus ganz Griechenland die Söldner unter seine
Fahnen; über die Hälfte aber waren Arkader und Achaeer
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284 IV. 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
aus dem Peloponnes (Xen. Anab. VI, 2, 10). Wie dann im
Kriege gegen Sparta das Söldnerwesen anwächst, haben wir
schon gesehen: für die grossen Schlachten rücken noch die
Bürgertruppen ins Feld, aber den langen Krieg bei Korinth
haben Iphikrates und seine Gollegen im wesentlichen mit
Söldnern geführt. Die Spartaner, die ihre Bürgertruppen trotz
ihrer vorzüglichen Schulung noch mehr schonen müssen als
irgend ein anderer Staat, machen es nicht anders, und wie
schon Agesilaos in Kleinasien (§. 844), so sind sie in der
Folgezeit gern bereit ihren Bundesgenossen entgegenzukommen
und Stellvertretung und Loskauf für die Besitzenden zuzulassen
(§. 895). Im J. 378 führen selbst zwei arkadische Gemeinden ihre
Fehden mit Söldnern (Xen. Hell. V, 4, 30 f.). Wie stark die Zahl
der gewerbsmässigen Söldner von Jahr zu Jahr wuchs, geht
daraus hervor, dass inmitten des Krieges in Griechenland der
Peloponnes auch noch den Hauptwerbeplatz für Dionys ab-
geben konnte: und dazu hatten die kleinasiatischen Satrapen
griechische Söldner in ihren Diensten. Jetzt nach dem Frieden
und der Auflösung der griechischen Heere waren diese kräftigen
Arme auf den Dienst bei den Persern gegen Cypern und
Aegypten angewiesen — das war bei der Entscheidung des
Königs mit in die Wagschale gefallen. Wer aber nicht in
die Dienste des Perserkönigs oder seiner Gegner oder etwa
in die des Dionys gehen wollte, für den blieb in der Heimath
kaum etwas anderes übrig, als ein Banditen leben, wie für die
Schaaren der Exulanten, welche von ihrem Vermögen nichts
gerettet und nicht in einer fremden Stadt Aufnahme und
Unterstützung gefunden hatten. So füllten sich die Land-
strassen mit Räubern, die Meere mit Piraten. »Der Mangel
an Erwerb«, schreibt Isokrates im J. 380, »sprengt die politi-
schen Verbindungen und verfeindet die Verwandten und stürzt
alle Menschen in Krieg und Revolution, so dass der eine
Theil in seiner Heimath widerrechtlich erschlagen wird, die
anderen mit Weib und Kind in die Fremde getrieben werden
und umherirren müssen, und viele, weil sie nichts zu leben
haben, gezwungen sind für ihre Feinde gegen ihre Freunde
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Söldner und Exulanten. Proletariat und (Hassen kämpf. 285
zu kämpfen und zu fallen« (4, 174. 168; Tgl. 115). Von
Jahr zu Jahr verschlimmerten sich diese Zustände. * Zur Zeit
des Kyros und Klearchos«, sagt derselbe Schriftsteller im
J. 340, »gab es in Griechenland noch kein Söldnercorps, so
dass diese, als sie ihre Truppen warben, für die Werber mehr
Geld ausgeben mussten als für die geworbenen Soldaten;
jetzt aber steht es um Hellas so, dass man mit weniger
Mühe ein grösseres und besseres Heer aus den heimathlos
Umherirrenden zusammenbringen kann als aus der Bürger-
schaften den Städten« (5, 90). Wie zu allen Zeiten gehen
auch in Griechenland der Sieg, des Capitalismus und die
Proletarisirung der Massen Hand in Hand. Exulanten, Söldner
und Banditen bilden mit dem Proletariat zusammen die grosse
Umsturzarmee, die jedem Abenteurer zur Verfügung steht; zu
verlieren haben sie nichts mehr, nur die Revolution kann
ihnen Erlösung bringen. Auch für Dionys sind sie die festen
Stützen seiner Macht, trotzdem er als Parteigänger der Ari-
stokraten begonnen hatte und es seinen Tendenzen nicht ent-
sprach, diese zu vernichten. Ihnen gegenüber schaaren sich
die Besitzenden um jede Macht, die sie zu schirmen vermag.
Alle anderen Gegensätze werden von diesem mächtigsten ver-
schlungen, wenn auch wie in jeder fortgeschrittenen Ent-
wicklung die alten Schlagwörter bleiben und es immer noch
ehrliche Leute gibt, die für diese zu fechten wähnen. Immer
unverhüllter erhebt sich aus den politischen Kämpfen der er-
bitterte, rücksichtslos durchgeführte Classenkampf.
885. Mit dem Berufssoldaten entwickelt sich der Berufs-
officier. Bereits im J. 400 treibt sich am Bosporos ein Con-
dottiere Koiratadas von Theben herum, der im J. 409 unter
Klearchos Führer der boeotischen Besatzung in Byzanz gewesen
war (Xen. Hell. I, 3, 15. 21 f.); er zieht von Ort zu Ort und
bietet den Städten seine Dienste an (Xen. Anab. VU, 1, 33). Die
Obersten und Hauptleute in Kyros' Heer waren Leute desselben
Schlages. Schon seit dem archidamischen Kriege ist in Athen
das Feldherrnamt thatsächlich ein Beruf geworden, und bald wird
es völlig unmöglich, einen Krieg anders als mit gewerbsmässigen
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286 IV» 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Strategen zu fuhren; man muss froh sein, wenn man deren
eine genügende Zahl unter der Bürgerschaft besitzt, wie Athen
in Iphikrates und Ghabrias und bald daneben in Timotheos
und Chares. Wenn es daheim keine Beschäftigung für sie
gibt, so suchen sie wohl in der Fremde Dienst, in Aegypten
oder beim Perserkönig oder in Thrakien ; die Heimath meiden
sie in Friedenszeiten, um sich der Anfeindung und den Partei-
kämpfen zu entziehen. Wie Alkibiades, das Vorbild der ge-
sammten modernen Entwicklung, werden sie zu selbständigen
Mächten; sie treiben Politik auf eigene Hand. So hatJConon
die Wege gefunden, Athen wieder herzustellen; als eine Macht
für sich steht er zwischen Athen und Persien; und selbst
Thrasybulos, so sehr er sich von den anderen unterscheidet,
ist schliesslich auf diese Bahn gedrängt worden. Wie unter
ihrer Leitung die Taktik sich vervollkommnet und die Ope-
rationen und Schlachten verwickelter und vielgestaltiger werden,
haben wir bereits gesehen. Das wirkt dann wieder fördernd
auf das Söldnerwesen und die Zerstörung des alten Bürgerthums
zurück. Weil Sparta der neuen militärischen Entwicklung nicht
mehr zu folgen vermochte, ist seine Macht vernichtet worden.
Die alten Culturstaaten verlieren die Leitung. Wie im alten
Aegypten, als die Söldner und die Libyer die Herrschaft ge-
wannen, und wie im Römerreich, als die Culturwelt das
Schwert aus der Hand gegeben hatte, gewinnen die rohen,
aber wehrkräftigen Elemente, die noch Schlachten zu schlagen
im Stande sind, die Herrschaft: neben den Söldnern und
ihren Führern, den modernen Tyrannen und militärischen
Usurpatoren, die in der Cultur zurückgebliebenen Gebiete,
zunächst die Boeoter und Thessaler, dann die Phoker, Make-
donen, Aetoler.
886. Auch in den Handels- und Industriestädten steht
es nicht wesentlich besser, trotz ihrer modernen Grundlage.
Zwar sind die Ansprüche an das Leben mit der steigenden
Gultur überall gewachsen und nur um so grösser geworden,
je mehr in der allgemeinen Unsicherheit die Gier wächst,
den Moment zu geniessen; das Leben im Mutterlande wird
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Die Condoüieres. Handwerk und Handel der Städte. 287
dem der italischen und sicilischen Griechen immer ähnlicher.
Dementsprechend haben sich die Gewerbe und Industrien ver-
mehrt und ihre Technik vervollkommnet. Man fordert gute,
kunstvoll gearbeitete Waaren und zahlreiche Luxusartikel, von
denen die frühere Zeit noch keine Ahnung hatte; namentlich in
der Kochkunst uberstürzen sich die Erfindungen und die neuen
Delicatessen. Die Folge ist eine raffinirte Arbeitsteilung, wie
nur in den modernen Gewerben. »In kleinen Städten«, sagt
Xenophon einmal (Gyrop. VIII, 2, 5), »macht derselbe Mann
Bett, Thür, Pflug, Tisch, ja oft baut er daneben noch Hauser,
und ist froh, wenn er dadurch Kunden genug hat, um leben
zu können; es ist aber unmöglich, dass Jemand, der viele
Gewerbe betreibt, alles gut macht. In den Grossstädten aber
genügt in Folge des grossen Absatzes jedem Handwerker ein
Gewerbe zum Lebensunterhalt, und oft nicht einmal ein
ganzes, sondern der eine macht Männer-, der andere Damen-
schuhe, und in manchen Städten ist der eine nur Flickschuster,
der andere verschneidet das Leder, und im Schneidergewerbe
ist der eine lediglich Zuschneider, der andere näht aus-
schliesslich die zugeschnittenen Stücke zusammen.« Der
Warenaustausch, der Import und Export, die Production für
den Handel sind so unentbehrlich und so entwickelt, wie je:
»Dass eine Stadt an einem Ort liegt, wo sie keine Einfuhr
nöthig hat,« sagt Plato (rep. II, 370 e), »ist so gut wie unmög-
lich; wenn aber der Kaufmann mit leeren Händen kommt
und nichts bringt , was die Leute brauchen , von denen er
einführen will, so wird er auch mit leeren Händen zurück-
kehren ; mithin muss man daheim neben dem eigenen Bedarf
auch solche Waaren in genügender Qualität und Quantität
produciren, welche jene brauchen. Für den Vertrieb aber
sind neben den Kaufleuten, welche den Handel nach auswärts
betreiben, auch Krämer unentbehrlich, welche auf dem Markt
sitzen und den Detailhandel betreiben So gab es denn
') Vgl. auch sopb. 223 d und zahlreiche ähnliche Aeusserungen ge-
rade bei Plato, daneben natürlich bei den Rednern cet. Diese Stellen
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IV. 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
hier Leute genug, welche zu Wohlstand und Reichthum ge-
langten. Vor allem blühten die Geldgeschäfte ; die Speculation
warf oft gerade in Folge der Unsicherheit der Verhältnisse nur
um so grösseren Gewinn ab; wer Geld hatte, brachte es auf
Zinsen in ein Bankgeschäft, aus den Wechslern und Geld-
verleihern wurden Bankiers, die über grosse Capitalien und
ausgedehnten Credit verfügten. Wenn der Seehandel in Folge
der Unsicherheit der Meere und der fortwährenden Kriege viel
gefährdeter war als im fünften Jahrhundert, so vertheilte man
das Risico durch Aufnahme von hoch verzinsten Darlehen auf
Schiff und Ladung und Bildung von Handelsgesellschaften.
Der Werth des Geldes sank ununterbrochen und die Preise
stiegen. Am deutlichsten wird das dadurch illustrirt, dass
in Athen die Diäten für die Volksversammlung in den etwas
über CO Jahren von ihrer Einführung durch Agyrrhios (§. 801)
und ihrer Erhöhung auf 3 Obolen bis auf Aristoteles' Zeit auf
das Doppelte (1 Drachme, 90 Pf.)t ja für die erste Versammlung
in jeder Prytanie auf 9 Obolen (1,35 Mark) gestiegen sind.
Selbst die Pension für besitzlose Invaliden, d. h. die Armen-
unterstützung, haben die Athener in dieser Zeit von 1 auf
2 Obolen für den Tag erhöht.
887. Trotz alledem, und trotz der gewaltigen Vermögen
einzelner Gapitalisten, ist der durchschnittliche Wohlstand der
Gesammtbevölkerung im Verhältniss zu den Lebensbedürfnissen
auch in den am günstigsten gestellten Städten im Vergleich mit
den Zustanden des fünften Jahrhunderts gesunken. Athen ist
nach wie vor die erste Industriestadt, der Piraeeus der erste
Hafen der griechischen Welt, hinter dem auch das von Dionys
umgeschaffene Syrakus beträchtlich zurücksteht; und ausserdem
ist es als die geistige und künstlerische Gapitale von Hellas
allgemein anerkannt. Die agrarische Opposition, die während
des peloponnesischen Krieges um ihre Existenz kämpfte, ist
sollten Bücher und seine Gesinnungsgenossen beherzigen, statt sich in
Hirngespinnsten über Oikenwirthschaft und Stadtwirthschaft und die
»Autarkiec des Oikos und der Stadt zu ergehen.
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Gesch&ftsleben in Athen. Capitalisten und Proletariat. 289
hier vollständig erlegen und hat jetzt keine Bedeutung mehr;
in Personenfragen mögen die Reste der Partei noch einmal
einen Erfolg erringen, in der Politik aber sind sie ohnmächtig,
und wenn sie sich den vollendeten Thatsachen nicht fugen
wollen, bleibt ihnen nichts übrig, als sich grollend vom öffent-
lichen Leben zurück zu ziehen. Aber die siegreichen Gapita-
listen können ihres Lebens nicht froh werden; statt dass sie
jetzt die Macht in vollen Zügen geniessen könnten, ist ihnen
das Proletariat übermächtig an die Seite getreten. Sie selbst
haben es gross gezogen und ihm die politischen Rechte ver-
liehen, in dem Glauben es beherrschen zu können, nachdem
sie mit seiner Hülfe die Aristokraten und Agrarier nieder-
geworfen hatten. Jetzt mussten sie erkennen, dass sie sich in
ihm einen Herrn gesetzt hatten, dessen Joch sie nicht wieder
abschütteln konnten. Das Proletariat hatte gelernt, auf Kosten
des Staats und seiner Machtstellung zu leben ; jetzt war diese
weggefallen, aber die Ansprüche blieben. Zu Wohlstand
konnten immer nur einzelne gelangen, aber niemals die Masse,
zumal bei der Concurrenz, die ihr die Sklavenarbeit machte,
und bei den Ansprüchen, welche der freie Bürger zu erheben
sich berechtigt hielt. So wächst denn in Athen wohl die
Zahl der Metoeken, und manche von ihnen werden schwer-
reiche Leute, z. B. Wechsler und Speculanten aus dem Sklaven-
stande, wie in den ersten Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts
Pasion, und dann sein Freigelassener und Geschäftsführer
Phormion, der sein Bankgeschäft übernahm. Anders steht
es mit der bürgerlichen Bevölkerung. Aus dem Tiefstande
der ersten Jahre nach der Revolution hat sich ihre Zahl
allerdings wieder gehoben; die besitzlosen Bürger mögen von
5000 (§. 850) auf das Doppelte und Dreifache gewachsen sein,
und nach Korinth konnte Athen im J. 394 gegen 6000 Hop-
Uten, 600 Reiter senden. Aber von da an bleibt die Bürger-
zahl stabil; im J. 322 ergab ein Gensus 9000 Bemittelte,
12,000 Besitzlose, und viel höher kann der Stand der bürger-
lichen Bevölkerung auch in der Mitte des Jahrhunderts nicht
gewesen sein. Der Grund lag nicht etwa in Seuchen und
Meyer. Geschichte des Alterthuma. V. 19
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200
IV, 5. Griechenland unter dem Konigsfrieder.
schweren Verlusten im Kriege, wie im fünften Jahrhundert,
sondern darin, dass für einen Nachwuchs kein Raum mehr
war und deshalb die Zahl der Eheschliessungen und Geburten
möglichst beschränkt wurde J). Die Aermeren forderten ihren
Lebensunterhalt vom Staate, d. h. einstweilen, bis es gelungen
wäre, ein Herrschaftsgebiet wieder zu gewinnen, das man
ausbeuten konnte, von den Reichen. Bis aufs äusserste
waren diese durch die ununterbrochenen Steuern und Litur-
gien belastet; und dabei schwebte jederzeit über ihnen die
Gefahr einer peinlichen Anklage, bei der Leben und Besitz
der Laune eines demokratischen Gerichtshofs Preis gegeben
war, und im besten Falle von den Künsten eines geriebenen
Advocatcn abhing. »Um Athen ist es so bestellt,« schreibt
Isokrates im J. 355 (8, 127 f.), »dass kein einziger Bürger
sorglos und in Behagen leben kann, sondern die Stadt voll
ist von Jammer. Denn die einen haben alle Nöthe der Armuth
und des Mangels zu ertragen, die anderen aber die Fülle von
Verfügungen und Liturgien und das Elend der Steuererhebungen
und Processe wegen Vermögenstausch; das ist so arg, dass
die Vermögenden in grösserer Bekümmern iss leben als die,
welche am Hungertuch nagen.« Die besitzlose Masse ist ein
gefügiges Werkzeug in der Hand jedes gewissenlosen Agitators,
der unter dem Versprechen, ihnen Macht und Wohlstand zu
verschaffen, seine eigene Macht zu gründen und seine Taschen
zu füllen suchte, bis er dann von einer neuen Sturm woge
hin weggeschwemmt und durch einen gleich gearteten Rivalen
ersetzt wurde. Wohl finden sich immer noch tüchtige und
ehrliche, zum Theil hochbegabte Politiker, aber auf die Dauer
hat sich keiner zu behaupten vermocht, und die Mehrzahl der
vornehm gesinnten Männer, die in früheren Zeiten in der
') Es ist dabei noch zu berücksichtigen, dass ein ansehnlicher
Theil der späteren Bürger aus Fremden bestand, die zum Theil das
Bürgerrecht erhalten (Isokr. 8, 49 f.)t in noch grösserer Zahl aber trotz
aller Gesetze sich in das Bürgerrecht eingedrängt hatten; tbatsächlich
hat offenbar der bürgerliche Nachwuchs den Abgang nicht mehr aus-
geglichen.
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Zustände in Athen. Megara, Korinth, Argos, die Inseln. 291
politischen Thätigkeit zum Wohle ihrer Mitbürger ihren natür-
lichen Beruf sah, wendet sich wie Plato mit Ekel und Ver-
zweiflung von dem öffentlichen Leben ab. So macht Athen
wohl einen Anlauf nach dem andern, aber jeder scheitert
nach kurzem Erfolge. Die alte Kraft des Staates ist gebrochen ;
alle Versuche, sich wieder zu erheben, offenbaren nur die
innere Ohnmacht, zu der es herabgesunken war.
888. Das kleine Megara, im fünften Jahrhundert zwischen
Athen und den Peloponnesiern vom Parteihader zerrissen und
ganz heruntergekommen, hat im vierten unter der Herrschaft
der Demokratie (§. 855) verstanden, durch geschickte Politik
seine* Neutralität nach Kräften zu wahren — wenn es auch
nach dem Königsfrieden Sparta wieder Heerfolge leisten musste
— und dadurch seinen Wohlstand zu heben , nicht mehr als
Agrarstaat wie ehemals, sondern als Industriestaat; nament-
lich seine Hemdenwirkereien, die mit Sklaven betrieben wurden,
fanden grossen Absatz. Korinth dagegen lag vollständig da-
nieder. Sein Colonialreich war vernichtet, die Revolution,
welche eine weise Regierung so lange fern gehalten hatte,
hatte jetzt auch diese Stadt ergriffen, wie ein Menschenalter
zuvor ihren Rivalen Korkyra. Argos, nach wie vor von allen
griechischen Staaten derjenige, den wir am wenigsten greifen
können, hatte im Sonderbundskriege schwere innere Krisen
durchgemacht, und wenn seitdem die Parteikämpfe geruht zu
haben scheinen, so sollte sich hier die Revolution alsbald nur
um so furchtbarer entladen. Die Gebiete des alten attischen
Reichs waren aus der steigenden Prosperität, deren sie sich trotz
aller Beschwerden über Athens Excesse erfreut hatten (§. 426),
jäh herausgeworfen, von Krieg und Revolution verheert, durch
die Abgaben und Contributionen, die Sparta, Persien, Athen
abwechselnd erhoben, ausgesogen, während der Handel stockte
und der Landbau daniederlag. Am schwersten hatten die
Kykladen, Thasos und die ionischen Städte gelitten; besser
war es, abgesehen von den von Athen wieder eroberten und
zerstörten Orten, den Ghalkidiern ergangen, die sich um Olynth
zusammengeschlossen und ihre Unabhängigkeit siegreich be-
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292
IV, 5. Griechenland unler dem Königsfrieden.
hauptet hatten, und seit 413 von dem Kriege kaum mehr
direct berührt waren. Rein materiell betrachtet waren jetzt
vielleicht die Städte des asiatischen Festlandes am besten daran.
Die nationale Unabhängigkeit hatten sie definitiv verloren, und
mancherlei Bedrückungen und Gewaltthaten der persischen
Beamten und Garnisonen raussten sie über sich ergehen lassen ;
aber die Autonomie war für sie seit der Lyderzeit immer
nur ein Trugbild gewesen. Dafür machte die Perserherrschafl
dem äusseren Kriege und dem inneren Hader ein Ende und
stellte die Verbindung mit dem Hinterlande wieder her, auf
der ehemals die Blüthe dieser Städte beruht hatte. Ephesos
hatte daraus, dass es Jahre lang das Hauptquartier der
Spartaner bildete, bedeutenden Vortheil gezogen; und jetzt
erhob sich in Karien ein Fürstengeschlecht, das es verstand,
die materiellen Interessen der Städte seines Gebiets mit allen
Kräften zu fördern. Die Städte an der Propontis wurden den
griechischen Händeln allmählich entrückt und konnten alsbald,
wie die am Pontos, daran denken, ihre eigenen Wege zu gehen.
Auch die grösseren Inseln an der Westküste Kleinasiens, vor allem
Rhodos und Chios — Samos hat sich von den Nachwirkungen
der blutigen Revolutionen nicht wieder völlig erholen können — ,
profitirten von ihrer Zwischenstellung zwischen dem übrigen
Griechenland und dem Perserreich. Auch Kos nahm an dieser
aufsteigenden Entwickelung Theil: im J. 366 verlegten die Be-
wohner die Hauptstadt, ähnlich wie die Rhodier 408, auf die Nord-
ostspitze der Insel, mit trefflichem Hafen, und erbauten hier
eine der schönsten Städte der griechischen Welt. Dazu wuchs
in den nun folgenden 50 Jahren, die der Friede mit Persien
bestehen blieb, der griechische Einfluss auf Vorderasien ständig.
Griechische Söldner waren dem Reich und allen Machthabern
unentbehrlich ; das westliche Kleinasierh füllte sich mit griechi-
schen Kaufleuten und Abenteurern aller Art, griechische
Kunst und griechisches Wesen wurden allen der Küste näher
gelegenen Plätzen vertraut, die westlichen Satrapenhöfe ge-
riethen immer mehr unter griechischen Einfluss, ja die kari-
schen Dynasten betrachteten sich culturell bereits vollständig
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Aufschwung Kleinasiens. — Spartas Politik. Ageailaos. 293
als Hellenen (§. 899), So bereitet sich allmählich die nochmalige
Verschiebung des Schwerpunkts der griechischen Welt von
Europa nach Vorderasien vor, die äusserlich das Endergebniss
der Geschichte der griechischen Nation gewesen ist.
Megara: Isokr. 8, 117. Xen. raem. II, 7, 6. — Kos: Diod. XV, 76, 2.
Strabo XIV, 2, 19. - Weiteres Ober die Entwicklung des Hellenismus
in Vorderasien s. im nächsten Band.
Durchführung der spartanischen Herrschaft. Theben.
Olynth und Makedonien. Athen.
889. »Alle Städte, gross und klein, sollen nach ihren
eigenen Gesetzen leben« — so lautete die Entscheidung, die
der König für das europaeische Griechenland gegeben hatte.
Das spartanische Programm der Autonomie war damit als
Grundgesetz für Hellas anerkannt. Unter dieser Form gedachte
Sparta seine Oberhoheit fest und dauerhaft wieder herzustellen,
wie sie vor 395 bestanden hatte. Denn die Autonomie (vgl.
§. 33 A.), d. h. die Souveränität der Einzelstaaten, schloss ein
Bündniss mit dem führenden und den Frieden schirmenden Staat
und die Verpflichtung, ihm Heerfolge zu leisten, wohin immer
er das Heer führe, wie sie im peloponnesischen Bunde seit
Alters bestand, keineswegs aus. Ausserdem nahm Sparta
nach wie vor das Recht für sich in Anspruch, zu prüfen, ob
die Verfassung der Staaten der wahren Rechtsordnung ent-
spräche, und diese nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen und
durch Harmosten und Garnisonen aufrecht zu erhalten; ja es
forderte von den Inseln Abgaben wie zur Zeit Lysanders,
vermuthlich als Beisteuern für die Aufrechterhaltung der Ord-
nung zur See. Die Leitung des Staats lag jetzt ganz in den
Händen des Agesilaos. Mit der Bürgerschaft und ihren Ver-
tretern, den Ephoren, stand er vortrefflich; die Opposition
des Agiadenhauses war durch Pausanias' Verurtheilung ge-
brochen, und wenn auch der junge lebensfrohe König Agesi-
polis zu der lediglich die Staatsraisoh anerkennenden Art des
kühlen Rechners im Gegensatz stand und seine Massregeln
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294 IV, 5. Griechenland unter dem KOnigsfrieden.
missbilligen mochte t so konnte er doch nicht daran denken,
dem gewiegten Politiker ernstlich Opposition zu machen, ja
er hat wiederholt die von ihm veranlassten Unternehmungen
ausgeführt. Auf die Eroberungspolitik in Asien hat Agesilaos
verzichten müssen ; dafür war er jetzt der anerkannte Regent
des europaeischen Griechenlands geworden. Seine Stellung
war so fest, dass er nur in entscheidenden Momenten hervor-
trat, und sonst, auch wenn er von der Regierung aufgefordert
war, unter irgend einem Vorwand die Ausführung seinem
Collegen oder einem anderen Kriegsobersten überliess; dass er
thatsächlich alle Fäden der Politik in seiner Hand hielt, ist
nicht zu bezweifeln.
Ueber die Geschichte der folgenden Zeit s. ausser Sikvehs (§. 743 A.)
vor allem E. v. Stkrx, Gesch. der spart, und theban. Hegemonie vom
Königsfrieden bis zur Schlacht bei Mantinea, Dorpat 1884, der, wenn er
auch Agesilaos* und Xenophons Bericht mehrfach zu günstig beurtheilt,
doch vielfach eine gesunde Reaction gegen die Einseiligkeiten der von
Nfkbuhr begründeten und seitdem namentlich durch Grote herrschend
gewordenen Auffassung bezeichnet. Ueber viele Einzelheiten sind wir
auch hier in Folge des absichtlichen Schweigens Xenophons nur un-
genügend unterrichtet. — Tributerhebung auf den Inseln (too; vtjsoös
8«3jj.oXof etv) : Isokr. 4, 132, vgl. 175. Euboea ist bis 377, die Kykladen
bis 376 Sparta unterthan. Harmosten: Isokr. 4, 117. Xenopb. rep. Lac.
14, 2. 4. Hell. VI, 3, 18. 4, 2. — Ueber Ajesipolis: Xen. Hell. V, 8, 20.
Ephoros, der ihn als Vertreter der Friedenspolitik und Gegner der Unter-
drückungstendenzen des Agesilaos hinstellt (Diod. XV, 19, 4, vgl. Plut
Ages. 20), übertreibt ohne Zweifel.
890. Die nächste Aufgabe war die volle Wiederherstellung
der Autorität Spartas im Peloponnes. In Korinth wurden
nach der Räumung durch Argos (§. 879) die Aristokraten
zurückgeführt, während die Führer der Demokratie und die
Urheber der Blutthaten von 393 ins Exil nach Argos gingen.
Megara trat zum Bunde zurück, behauptete aber seine demo-
kratische Verfassung. Gegen Argos ist Sparta nicht vorge-
gangen, weniger weil es niemals zum Bunde 'gehört hatte,
als weil es jetzt in seiner Isolirung nicht mehr gefahrlich
war, ein Krieg aber schwere Verluste und Gefahren bringen
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Die Spartaner im Peloponnes. Krieg gegen Mantinea. 295
konnte. Dagegen war jetzt endlich die Zeit für die Abrechnung
mit Mantinea gekommen. Der dreißigjährige Friede von 417
war abgelaufen; so stellte Sparta die Forderung, es solle
seine Mauern niederlegen, wenn Sparta an seine friedliche
Gesinnung glauben solle. Als Mantinea sich weigerte, erklärte
Sparta den Krieg. Mantinea wandte sich vergeblich um
Hülfe nach Athen. Agesipolis verwüstete sein Gebiet und
schloss die Stadt mit Graben und Mauer ein; schliesslich
brachte er sie dadurch zu Fall, dass er im Herbst den durch
die Stadt fliessenden Fluss Ophis aufstaute und das Wasser
die Luftziegel der Stadtmauer aufweichte und ihre Fundamente
unterspülte. Da blieb den Mantineern nichts übrig als sich
zu ergeben (384 v. Chr.). Auf Verwendung seines verbannten
Vaters Pausanias schenkte Agesipolis den Führern der Demo-
kratie das Leben und entliess sie, 60 an der Zahl, ins Exil ; die
Stadt aber wurde aufgehoben und die Bevölkerung musste sich
wieder, wie vor dem Synoikismos von 460 (§. 325), in fünf
Dorfgemeinden auflösen, deren jede fortan ein gesondertes
Gontingent unter einem spartanischen »Fremdenführer« (£evafd<;,
§. 285) zum Bundesheer stellte. So wurde hier das Ideal der
Reaction voll durchgeführt. »Anfangs,« erzählt Xenophon,
»war es den Mantineern verdriesslich , dass sie ihre Häuser
niederreissen und neue bauen mussten; alsbald jedoch, da die
Grundbesitzer jetzt in der Nähe ihrer Felder wohnten und unter
einer Aristokratie leben konnten, die argen Demagogen aber
los waren, freuten sie sich über die neue Einrichtung; und
jetzt leisteten sie auch den Spartanern viel bereitwilliger
Heerfolge, als unter der Demokratie.« — Auch in vielen
anderen peloponnesischen Gemeinden ist Sparta in ähnlicher
Weise zu Gunsten seiner Anhänger eingeschritten und hat die
Häupter der Demokratie verjagt; so z. B. in Phigalia. Zu
ernsthaften Verwickelungen kam es nur noch in Phlius, das
sich während des letzten Krieges schwierig gezeigt (§. 857),
schliesslich aber doch trotz der herrschenden Demokratie die
Spartaner aufgenommen hatte (§. 864). So lange der Krieg
dauerte, hatten diese sich gehütet, die Verfassung anzutasten.
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296 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden,
Jetzt aber zwangen die Ephoren die Gemeinde, die Exulanten
zurückzurufen; sie sollten ihren confiscirten Besitz zurück-
erhalten, die Käufer aus der Staatskasse entschädigt werden.
Darüber kam es zu neuen Zerwürfnissen ; die Zurückgekehrten
wollten sich bei den Besitzstreitigkeiten dem städtischen Gericht
nicht fügen, sondern forderten ein Schiedsgericht und wandten
sich um Hülfe nach Sparta. Die herrschende Partei hatte alles
gethan, um Sparta nicht zu reizen, und für den Kriegszug
gegen Olynth (§. 894) an Agesipolis eine grosse Geldsumme
gezahlt; aber dies Vorgehen konnte sie sich nicht gefallen
lassen: sie verurtheilte die Kläger in eine Geldstrafe. Da
rückte Agesilaos gegen Phlius vor (Herbst 381). Die ge-
ängstigte Stadt erklärte sich zu jeder Concession bereit; aber
Agesilaos blieb unerbittlich, so starke Bedenken sein Vorgehen
auch in Sparta selbst hervorrief, durch das man ohne zu-
reichenden Grund eine wehrkräftige Gemeinde bekriegte, die
5000 Mann ins Feld stellen konnte; er verlangte die Ueber-
gabe der Burg. Da setzten sich die Phliasier zur Wehr. Sie
hielten bis zum Aeussersten aus, 20 Monate lang; schliesslich
zwang sie der Hunger zur Unterwerfung. Sie wollten ihr
Schicksal in die Hände der spartanischen Regierung legen,
diese aber überwies sie an Agesilaos, und der König, dadurch
noch weiter gereizt, setzte einen Gerichtshof von 50 Exulanten
und 50 Männern aus Phlius ein, um zu entscheiden, »wer
am Leben bleiben dürfe und wer zu sterben verdiene«, und
ausserdem eine neue Verfassung zu entwerfen. Eine sparta-
nische Besatzung sorgte für die Durchführung der Anord-
nungen (Frühjahr 379 v. Chr.). So war Spartas Autorität
überall durchgeführt. Wenn diese anerkannt war, so griff es
im übrigen in die Autonomie der Einzelgemeinden jetzt so
wenig ein wie früher und gestattete ihnen nach wie vor das
Vergnügen sich unter einander mit Krieg zu überziehen, wie
das z. B. im J. 378 die arkadischen Nachbarstädte Kleitor und
Orchomenos gethan haben.
Ephoros (Diod. XV, 6, vgl. 19, 1) hat die Darstellung dieser Zeit
mit einer allgemeinen Schilderung der von Sparta in den einzelnen
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Sparta gegen Phlius. Boeotien.
297
Städten geübten Gewalttätigkeiten begonnen, die dann durch das Schick-
sal der grösseren Städte Mantinea, Olynth, Phlius, Theben weiter illu-
strirt werden. Man hält diese Angaben meist für unhistorisch; das* sie
im wesentlichen zutreffend sind, bestätigt nicht nur Diod. XV, 40, son-
dern auch Isokr. 4, 115 f. KtXTootal ta$ itoXtts xaTaXct|ijäavot>aiv . . . ol ico-
Xttau itpfc? 4XX*^Xot>? (icr/ovrat, rXciodc ?l rcoXtic, at^fidXcutat f*Tovaotv ^
itptv ri]v tlprrj'/Trjv "ty-ä^ Koc-fjaooO-at cet. Eine Andeutung gibt auch Xen,
V, 2, 8 ol oi 4>Xioüvto£ <po*fä$cc alafravofitvot toü; Aotxt$auiovtoi>€ iict*
sxoicoövTo? tuitv ou^fia^cuv o^oiot tiv6( ixaatot iv ttj) ftoXijJLtji autot? tfg-
fivrjvTo; vgl. VI, 3, 7. — Korinth: Xen. V, 1, 34. Diod. XV, 40, 3. Me-
gara steht Xen. V, 4, 18. 41. 55. 58 offenbar auf Seiten der Spartaner,
ist aber nach Diod. XV, 40, 4 demokratisch gebliehen. Phigalia: Diod.
XV, 40, 1. — Mantinea: Xen. V, 2. Diod. XV, 5. 12 (unter 886/5 und
385/4). Ephoros fr. 138. Pausan. VIU, 8, 7 f. Isokr. 4, 126. 8, 100. Polyb.
IV, 27, 6. Nach Ephoros (Diod. XV, 5, 3) beginnen die Spartaner den
Krieg o&ii 56o ?rr| ;poXd£avrtg tök; xotva<; 3:tovJ6;, also Ende 385. Dass
Theben den Spartanern Halfstruppen gesandt hat, halte ich auf Grund
von Plut. Pelop. 4. Pausan. IV, 13, 1 (§. 942 A.) doch ffir wahrschein-
lich (vgl. Isokr. 14, 27 f.), trotz Stern S. 36, wenn auch die Ausmalung
des Kampfes Phantasie ist. — Phlius: Xen. V, 2, 8 ff. 3, 10 ff. 21 ff. (vgl.
IV, 2, 16. 4, 15). Diod. XV, 19, 3 (unter 383/2). Isokr. paneg. 126 (vgl.
Phil. 100). üeber die Chronologie §. 894 A. — Kleitor und Orchomenos:
Xen. V, 4, 36 f.
891. In Mittelgriechenland betrachtete Sparta mit Recht
Theben als seinen gefahrlichsten Gegner; denn Athen war ohne
Rückendeckung durch Boeotien wehrlos. Die boeotischen Land-
städte waren jetzt sammtlich unabhängige Einzelstaaten, ebenso
Oropos; auch Plataeae wurde nach dem Frieden wieder her-
gestellt und die Nachkommen der alten Einwohner aus Athen
zurückgerufen. Alle Städte nahmen die Münzprägung wieder
auf, die zur Zeit der thebanischen Suprematie geruht hatte.
Das Regiment lag durchweg in den Händen einer extremen
Oligarchie (ouvaoteia), welche sich eng an Sparta anlehnte
und wohl meist durch eine Garnison unter einem Harmosten
gestützt war, während die Demokraten auf Theben hofften.
Theben war zwar jetzt wieder mit Sparta verbündet und
hatte sich verpflichtet ihm Heeresfolge zu leisten ; aber in der
Stadt hielten sich beide Parteien das Gleichgewicht. Die Olig-
archen , geführt von Leontiadas , einem Nachkommen des
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298 IVi 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
alten Oligarchenchefs aus der Perserzeit (§ 219 A.) und des
Führers des Corps, das 431 Plataeae überfiel, suchten mit
Spartas Hülfe in den vollen Besitz der Macht zu gelangen,
während die Demokraten unter Ismenias und Androkleidas
(§. 847) die Verbindung mit Athen aufrecht erhielten und in
Olynth eine Stütze suchten. Als Sparta im J. 382 den Krieg
gegen Olynth begann, setzten sie es durch, dass Theben die
Heeresfolge weigerte, wie ehemals gegen Athen, Elis und Persien,
und allen Bürgern verbot, als Freiwillige Kriegsdienste zu
nehmen. Die spartanische Regierung konnte diese Provocation
nicht dulden ; mit Recht betrachtete sie sie als den Vorläufer
des Versuchs, gestützt auf die Demokraten Thebens Suprematie
über Boeotien wieder herzustellen. Gewitzigt durch die Er-
fahrung des letzten Krieges beschloss sie, der Gefahr zuvor-
zukommen, wo es noch Zeit war, mochte dadurch auch die
Vorschrift des Königsfriedens, als dessen Garant Sparta auf-
trat, noch so offenkundig verletzt werden. Während Euda-
midas im Sommer 382 gegen Olynth ins Feld zog, erhielt
sein Bruder Phoebidas, der ihm Truppen nachführen sollte,
insgeheim den Auftrag, die Kadmea, die Burg von Theben,
zu besetzen. Leontiadas, der mit seinem Rivalen Ismenias
zusammen Polemarch war, setzte sich mit Phoebidas in Ver-
bindung und öffnete ihm, als er durch Boeotien zog, an einem
schwülen Mittag, als die Weiber auf der Burg das Thesmo-
phorienfest feierten und diese daher von den Beamten geräumt
war, die Thore der Kadmea (August 382). Die Häupter der
Gegenpartei entkamen meist nach Athen ; Ismenias dagegen wurde
verhaftet und auf die Kadmea geschleppt. Die That machte
in Griechenland ungeheures Aufsehen, und auch in Sparta
waren die Nichteingeweihten empört über den offenkundigen
Rechtsbruch. Aber Agesilaos erklärte, man müsse unter-
suchen, ob die That, die Phoebidas auf eigene Hand gewagt
habe, Sparta zum Schaden oder zum Nutzen gereiche; in
letzterem Falle sei sie nach altem Herkommen auch ohne
Auftrag der Gemeinde gesetzlich erlaubt. Leontiadas eilte nach
Sparta, um die Sanctionirung der Massregel durchzusetzen
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Besetzung der Kadmea. Sparta in Mittelgriechenland. 299
und Ismenias' Verurtheilung zu betreiben. Phoebidas wurde
zum Schein in eine Geldbusse verurtheilt; dagegen entschied
die Volksversammlung der »Auserlesenen« (Uy.vXr^oi), dass die
Besatzung der Kadmea aufrecht zu erhalten und Ismenias vor
ein Gericht von Delegirten Sparlas und der Bundesgenossen
zu stellen sei; dasselbe hat ihn als Hochverräther , der die
Nation an die Perser verrathen habe, zum Tode verurtheilt
und hinrichten lassen.
Zustände in Boeotien: Xen. Hell. V, 4, 46, vgl. 49. 55. Wieder-
herstellung Plataeaes: Pausao. IX, 1, 4, vgl. Xen. V, 4, 14. Isokr. 14, 12 f.
Theben heerespflichtig : Isokr. 14,28, vgl. §. 890 A. Ueber Thebens
Politik Xen. V, 2, 14. 27. 83. 34. — Besetzung Thebens : Xen. V, 2, 25 ff.
Diod. XV, 20 (382/1 v. Chr.). Plut. Pelop. 5. de genio Socr. 1. Die Ver-
urtheilung des Pboebidas (bei Xen. übergangen) wird bei Diod., Plut.,
Nepos Pelop. 1, Polyb. IV, 27, 6 erwähnt und ist gewiss historisch.
Dass Phoebidas im Auftrag der spartanischen Regierung handelte, ist
schon bei Plut. Ages. 23 f. mit Recht vermuthet und evident; Xenophon
gibt natürlich die officielle Version. — Ueber das Datum §. 894 A.
892. Nördlich und westlich von Boeotien hat Sparta
überall seine Suprematie ohne Kampf wieder aufgerichtet. Die
Phoker waren ihm immer treu geblieben; die Euboeer, die
Lokrer und die kleinen Stämme an der thessalischen Grenze
traten wieder unter seine Oberhoheit zurück, auch das 394 von
Theben eroberte Heraklea (§. 855) ist jetzt wieder hergestellt
worden. Die Akarnanen waren 388 durch Agesilaos be-
zwungen worden (§. 868); die Inseln Zakynthos, Kephallenia,
Leukas, selbst Korkyra waren wieder botmässig, ebenso Am-
brakia; bei den Molossern intervenirten die Spartaner, nachdem
Dionys den Alketas wieder eingesetzt hatte, gegen die Illyrier
(§. 822), und ohne Zweifel ist Alketas zunächst in ihre Sym-
ruachie eingetreten. In Thessalien hatten die Stadtrepubliken sich
395 im Bunde mit Theben gegen den mit Sparta verbündeten
Tyrannen Lykophron von Pherae erhoben und ihn auf seine
Hauptstadt zurückgeworfen (§. 855); weiter hatten sie sich
an dem Kriege nicht betheiligt. Jetzt stellte sich die natür-
liche Verbindung wieder her: die Aristokratien suchten an
Sparta Rückhalt und stellten ihm Reiterei, während die
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300
IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Tyrannis gegen Sparta in Opposition steht. In Pherae war
inzwischen an Lykophrons Stelle Jason getreten, vermuthlich
sein Schwiegersohn, ein Mann, der an Energie und Begabung
hinter Dionys nicht zurückstand. An grössere Unternehmungen
konnte er zur Zeit nicht denken; aber das grosse Vermögen
seiner Familie ermöglichte ihm, ein starkes Söldnercorps zu
halten und sich zu behaupten. Er versuchte zur See seine
Macht auszubreiten und unternahm einen Handstreich auf
Hestiaea (Oreos) an der Nordküste Euboeas, gegenüber der
Mündung des pagasaeischen Golfs; aber sein Parteigänger
Neogenes, den er zum Tyrannen der Stadt gemacht hatte,
wurde durch den Spartaner Therippidas überwältigt, die
Republik hergestellt, und eine spartanische Garnison in die
Stadt gelegt.
Den Bestand der spartanischen Herrschaft im Norden müssen wir
aus den zerstreuten Notizen bei Xenophon und Diodor herstellen. Heeres-
folge der Akarnanen, Phoker, Lokrer: Diod. XV, 31. Xer. V, A, 60. VI,
3, 1. 4, 9; der Thessaler: Xen. V, 3, 9. Heraklea: Xen. VI, 4, 9. 27.
Für den Westen : Xen. V, 4. 65. VI, 2, 3. 23. Diod. XV, 36, 5. — Iason.
als dessen izavi\p Xen. VI, 4, 24 Lykophron bezeichnet zu werden scheint
(vgl. aber Pahlb, F). Jahrb. 1866, 532), erscheint zuerst bei der Inter-
vention in Hestiaea Diod. XV, 30 (vgl. Xen. V, 4, 56), die vor 379 fallen
muss. Eine Anzahl Geschichten, wie er sich das grosse Vermögen seiner
Mutter und seiner Bröder "nutzbar macht, erzahlt Polyaen VI, 1.
893. Zu ernsthafteren Verwickelungen kam es weiter im
Norden. In Makedonien war die von Archelaos geschaffene
Macht mit seiner Ermordung im J. 399 (§. 765) zusammen-
gebrochen. Der Mörder Krateuas freilich wurde rasch über-
wältigt; aber Archelaos' Sohn Orestes brachte der Vormund
ASropos um und schmückte sich selbst mit dem Diadem, wie
es scheint, unter dem Namen Archelaos II. Er regierte noch
im J. 394, wo er Agesilaos' Durchmarsch zu hindern suchte
(§. 858). Bald darauf starb er; sein Sohn Pausanias wurde
von Amyntas II. ermordet, wahrscheinlich einem Bastard des
Archelaos; aber auch dieser wurde nach kurzer Frist, ähnlich
wie sein Vater, von seinem Liebling Derdas umgebracht. Jetzt
bemächtigte sich der Herrschaft ein Seiten verwandter des
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Iason von Pherae — Makedonien. Olynth und der chalkidische Staat. 301
Königshauses, Amyntas III., der Sohn des Aridaios, der zuerst
zur Partei des Aeropos gehört, sich dann aber vielleicht gegen
diesen empört hatte. Freilich vergingen noch Jahre, bis sein
Thron einigermassen sicher stand. Von der einen Seite erhob
sich ein neuer Prätendent Argaeos, von der andern drängten
die IUyrier, welche die Wirren benutzten, Makedonien zu
überschwemmen und die Grenzgebiete von ihm abzureissen;
auch die Vasallenfürsten in den Cantonen des Hinterlandes
mögen unzuverlässig genug gewesen sein. In seiner Noth
suchte der König Hülfe bei den Ghalkidiern von Olynthos. —
Der chalkidische Bund, der sich im J. 432 auf dem Rumpf
der Chalkidike gegen Athen gebildet hatte, hatte sich trotz
des Verlustes von Potidaea durch alle Wirren der Folgezeit
siegreich behauptet, gestützt bald auf Makedonien, bald auf
Sparta. Dann hatte er sich 395 der Erhebung gegen Sparta
angeschlossen, ohne doch ernstlich am Kriege Theil zu nehmen.
Auf Perdikkas' Rath hatten die Chalkidier im J. 432 ihre
Landgemeinden aufgegeben und sich in Olynth concentrirt
(§. 536) ; dadurch war diese Stadt mächtig angewachsen und
das Oberhaupt eines grossen Gebiets geworden. Sie hatte inner-
halb desselben die volle staatliche Einigung durchgeführt ähnlich
wie Rom in Latium : für alle zugehörigen Gemeinden galt glei-
ches Recht, volle Freizügigkeit und Ehegemeinschafl. Das Land
war fruchtbar und gut bebaut, Handel und Wohlstand ge-
diehen, wo ein kräftig aufblühender Staat Sicherheit ge-
währte, die Bevölkerungszahl wuchs; so konnte der chalki-
dische Staat ein starkes Heer von Hopliten, Reitern und vor
allem Peltasten ins Feld stellen. Jetzt wandte sich Amyntas
an Olynth um Hülfe gegen die Illyrier; ausser günstigen
Handelsbedingungen bot er die Abtretung von Grenzgebieten.
Das nahm der chalkidische Staat gern an und schloss auch
eine Offensiv- und Defensivallianz auf 50 Jahre; aber an
eine ernstliche Unterstützung des Königs dachte er nicht,
vielmehr hofften die Olynthier sich selbst zu Herren von
Makedonien machen zu können. Amyntas dachte schon daran,
aus dem Lande zu fliehen. Aber die Illyrierinvasion verlief
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302 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
sich; überdies fand er Hülfe bei den Thessalern, ferner wie
es scheint bei Derdas, dem Fürsten von Elimia. So gewann
er sein Reich zurück; auch der Prätendent Argaeos verschwand
vom Schauplatz. Jetzt forderte Amyntas das abgetretene
Gebiet von den Olynthiern zurück. Indessen diese weigerten
sich nicht nur, sondern hatten inzwischen die Eroberung
Makedoniens begonnen; Pella und andere Rüstenplätze be-
grüssten sie als Befreier, sie konnten bereits gegen das Binnen-
land vorgehen. Zugleich dehnte Olynth seine Macht nach
allen andern Seiten aus. Schon waren Torone und Potidaea
dem Bunde beigetreten und damit die Städte von Pellene zum
Anschluss gezwungen; nur die Griechenstädte im Osten,
Akanthos und Apollonia, leisteten noch Widerstand, doch gab
es auch hier bereits eine starke Partei, die zum Anschluss
geneigt war. Waren diese Städte erst gewonnen, so konnte
Olynth gegen Amphipolis und das Strymongebiet vorgehen
und die Hände nach den Goldminen des Pangaeon ausstrecken:
schon hatten sich die kleinen thrakischen Stämme der Nach-
barschaft ihm angeschlossen. Mit Theben und Athen knüpfte
man Verhandlungen an; noch" wenige Jahre, so hatte sich im
Norden eine starke griechische Macht gebildet, die die Hand
auf Makedonien, Thessalien, Thrakien legen konnte und von
Sparta nichts mehr zu befürchten brauchte.
Die Geschichte Makedoniens in dieser Epoche ist nur ganz unzu-
länglich überliefert; die hier gegebene Skizze kann nur auf ungefähre
Richtigkeit Anspruch machen. Heillos zerrüttet ist die Königsfolge und
Chronologie, die auch von Gutschmid, Kl. Sehr. IV, 35 ff. nicht mit
Sicherheit hergestellt bat, trotz mancher richtiger Bemerkungen, zumal
er nach Regierungsjahren anstatt nach chronographischen Königsjahren
rechnet. Als sicher kann gelten, dass das eine Jahr der Regierung Ale-
xanders II. = 369/8 v. Chr., Amyntas* III. letztes Jahr mithin = 370/69
ist, ebenso dass Archelaos' Tod (= dem ersten Jahr seines Nachfolgers)
in 399/8 fallt. Wir haben für die Königsliste vier Quellen: 1) Diodor
XIV, 37. 84. 89. 92. XV, 60, excerpirt von Euseb. I, p. 227. 2) Die Liste
des Synkellos p. 482. 494 f. 500 (= p. 498 marg.). 3) Die Liste des
Africanus (vgl. Gflzer, Africanus I, 155 ff.), erhalten Exc. Barb. p. 43 b
(wo, wie Gelzer erkannt hat, die 6 J. des Amyntas an falsche Stelle
gerathen sind). 4) Die Liste des Eusebius I, p. 229, im Kanon und in
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Amyntas III. und die Chalkidier von Olynth. 303
der series regum, die zwischen Synkellos und Africanus in der Mitte
steht. Die Daten sind:
Diodor
Synkellos
Barb.
E u s e b
Archelaos t 400/399
Orestes, sofort ermordet
Orestes 3 J.
3 J.
3 J.
Aeropos 6 J. 400/399-395/4
Archelaos 4 »
1 V» >
4 »
4
(p. 500 Aerepos)
Amyntas 1 J.
3 »
1 »
Pausanias 1 » 394/3
Pausanias 1 >
1 V* »
1 >
Amyntas 24 » 393/2-370/69
Amyntas 5 >
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[nach einigen während dessen
Argaios 2 »
3 •
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Argaios 2 J.]
Amyntas 12 »
18 »
18 »
Alexander 1 J. 869/8
Alexander 1 »
2 »
1 >
Sa. 32 J.
Sa. 29 J.
38 J.
36 J.
Die Summe ist bei Diodor um 1 zu hoch (in Wirklichkeit wäre wohl das
eine Jahr des Pausanias seinem Vorgänger oder Nachfolger zuzurechnen),
bei Synkellos um 2 zu klein. Im übrigen scheint klar zu sein, dass Diodor
die offizielle Rechnung geben will, während die anderen die thalsäch-
lichen Regierungen berücksichtigen. Sicher ist nur, dass Aeropos noch
394 regierte (Polyaen II, 1, 17); im nächsten Jahr mag Amyntas III. zu-
erst aufgetreten sein (falls er nicht in Diodors Liste mit Amyntas II. zu-
sammengeworfen ist), während er den Haupttheil des Landes erst viel
später in seine Gewalt bekam, und dann noch einmal, um 384—382,
von Argaeos verdrängt wurde. Weiter ist nicht zu kommen. — Kra-
teuas ein paar Tage König: [Plato] Alcib. II, 142 d = Aelian v. h. VIII, 9.
— Archelaos' Sohn (offenbar ein Bastard, der bei seinem Tode schon
erwachsen war) : Arist. pol. VIII, 8, 11 ; er ist wahrscheinlich identisch mit
dem ersten hei den Chronographen genannten Amyntas und mit 'Apiuvta? b
]uxp*c, den Derdas ermordet Arist. pol. VIII, 8, 10. Amyntas b 'Epptoouoo
oder 'App'.&euoo, so in den Urkunden benannt zum Unterschied von seinem
Vorgänger oder Rivalen, DS. 77. 78, ist nach Synk. p. 500 ein Enkel des
Amyntas, des Bruders des Perdikkas, dagegen nach Aelian v. b. XII, 43.
Justin VII, 4, 3 ein Sohn des Menelaos (§. 429) ; in Wahrheit wird er
dessen Enkel gewesen sein. Als 6rc»perr]<; 'Aspörcoo bezeichnet bei Aelian
1. c. — Amyntas, die Illyrier und Olynth: Diod. XIV, 92, 3 = XV, 19, 2.
Xen. V, 2, 12 f. 88. Justin VII, 4, 6; vgl. Isokr. 6, 46 (= Aelian v. h.
IV, 8). Vertrag mit den Chalkidiern : DS. 77. Swoboda, Arch.-epigr.
Mittb. VII. Rückführung durch die Thessaler : Diod. XIV, 92, 3. [Durch
eine Verwechselung behauptet Demosth. 28, 111, die Thessaler hätten
ihn verjagt; ebenso schol. Aesch. 2, 26.] Derdas von Elimia: Xen. V,
2, 38. - Entwicklung der Macht Olynths: Xen. V, 2, 11 ff. Die Zahl
der Hopliten ist verschrieben. Torone: V, 3, 18. Die Bezeichnung des
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■
304 IV, 5- Griechenland unter dem Königefrieden.
Einheitsstaats in dem Vertrag mit Amyntas ist xb xoivov oder Xabti$st<;.
Damals sind ihnen feindlich Amphipolis, Akanthos, die Bottiaeer (Spar-
tolos, vgl. Xen. V, 3, 6) und Mende (auf Pallene).
894. König Amyntas blieb kein Ausweg, als sich um
Hülfe nach Sparta zu wenden; mit ihm kamen Gesandte
von Akanthos und Apollonia. Sparta nahm das Gesuch an.
Während die Bundesgenossen Befehl erhielten, ein Heer von
10,000 Mann aufzustellen, brach Eudamidas mit 2000 Neoda-
moden, Perioeken und Skiriten im Sommer 382 nach Norden
auf, gewann Potidaea und andere Orte und führte den Krieg
zunächst defensiv. Während dessen führte sein Bruder Phoebidas
den Handstreich gegen Theben aus , der allen Hoffnungen
Olynths auf eine Unterstützung durch die Gegner Spartas im
Mutterlande ein Ende machte. Jetzt folgte das inzwischen
vollzählig gewordene und durch weitere Zuzüge, namentlich
aus Theben, verstärkte Hauptheer unter Teleutias, dem in
zahlreichen Feldzügen bewährten Bruder des Agesilaos. Auch
Amyntas und Derdas von Elimia stiessen mit ansehnlicher
Macht zu ihm. Vor den Mauern von Olynth kam es zum
Kampf. Die Ghalkidier warfen die Reiterei auf dem rechten
Flügel der Feinde, aber Derdas und Teleutias hinderten sie
an der Ausnutzung des Erfolgs und drängten sie in die Stadt
zurück. Indessen fühlte sich Teleutias nicht stark genug,
während des Winters die Belagerung in Angriff zu nehmen;
die Olynthier konnten Streifzüge gegen die zu Sparta über-
getretenen Städte und gegen Apollonia unternehmen, erlitten
aber dabei im Frühjahr 381 durch Derdas eine Schlappe. Als
dann aber Teleutias sich aufs neue vor Olynth lagerte, Hess
er sich durch die chalkidischen Reiter zu einem Gefecht ver-
leiten, in dem seine Truppen vollständig geschlagen wurden
und er selbst den Tod fand. Den Spartanern blieb nichts
übrig, als aufs neue einen starken Nachschub zu senden,
diesmal unter König Agesipolis, dem als Stab 30 Spartiaten
mitgegeben wurden, wie dem Agesilaos in Asien (§. 842).
Auch von den Bundesgenossen trafen neue Verstärkungen ein.
Jetzt war das spartanische Heer den Feinden weitaus über-
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Spartas Krieg gegen Olynth.
305
legen. Das feindliche Gebiet wurde weithin verwüstet; die
meisten Städte traten zu Sparta über, Torone wurde erobert.
Zwar starb Agesipolis im Sommer 380 am Fieber, aber
Polybiadas, der an seiner Stelle das Gommando übernahm,
schloss Olynth von allen Seiten ein. Als die Lebensmittel
ausgingen, unterwarf sich die Stadt (Sommer 379): der chal-
kidische Staat wurde aufgelöst, Olynth selbst und die übrigen
Einzelgemeinden wurden Bundesgenossen Spartas und ver-
pflichteten sich zu unbedingter Heeresfolge. In Makedonien aber
war Amyntas' Herrschaft dauernd befestigt.
Olynthiacher Krieg: Xen. V, 2. 3. Diod. XV, 19-23. Ephoros folgt,
von einigen Zusätzen und Entstellungen abgesehen, im wesentlichen
X 'nophon, auch in dem Schlusspasaus über Spartas Machtstellung XV,
23, 3 f. 5= Xen. V, 3, 27. Xenophon hebt mit Absicht allein das Hülfs-
gesuch von Akanthos und Apollonia hervor, während der Krieg vor allem
für Amyntas geführt ist; vgl. Isokr. 4, 126. 6, 46. Diod. XV, 19, 8. —
Zu Eudamidas Aeneas 27, 7. — Chronologie. Im wesentlichen hat
Judeich, Kleinas. Stud. 137 IT. die richtigen Daten gefunden; den An-
sätzen von Fabricius, Rh. Mus. 48, 456 ff. und Beloch, Gr. Gesch. II,
228 vermag ich nicht überall zuzustimmen (Diodor hat die Begebenheiten
auf die J. 383/2 — 38079 vertheilt). Agesipolis starb nach der Agiaden-
liste im Sommer 380: Diod. XV, 23 (vgl. Forsch. II, 511). Sein Tod
kann nicht in dasselbe Jahr mit Teleutias' Tod fallen , da dieser frühe-
stens etwa im Mai gefallen ist (vgl. Xen. V. 3, 3 icpo-.ovto; xo'j ypovoo), dar-
auf ein neues Heer ausgehoben wird (V, 3, 8), und Agesipolis eine Anzahl
von Einxelunternehmungen ausgeführt hat (V, 3, 18). Also ist Teleutias
Mai 381 gefallen, Agesipolis etwa Juli oder August 881 ausgerückt. Dazu
stimmt, dass die Belagerung von Phlius längere Zeit nach seinem Aus-
zug beginnt, also Herbst 381, und nach 20 Monaten zu Ende ist, also
Anfang Sommer 379, vor der Capitulation von Olynth. Zur Zeit der
Veröffentlichung des Panegyrikos Sommer 880 waren beide Belagerungen
im Gang (Isokr. 4, 126). Mit der Einnahme beider Städte noch weiter
hinabzugehen und sie nach der Befreiung Thebens anzusetzen, wie Fa-
bbiciis will, ist unmöglich (vgl. Beloch 1. c); denn dann wären beide
Heere sofort gegen Theben vorgegangen, während beide nach Xenophona
ausdrücklichen Angaben entlassen und aufgelöst wurden (V, 3, 25. 26).
— Teleutias ist offenbar erst zu Ende des Sommers 382 nach Olynth
gekommen; denn für die V, 2, 38—43 berichteten Operationen ist kein
grösserer Zeitraum nöthig. Mithin fällt der Ausbruch des Kriegs und
die Besetzung Thebens ins J. 882, in Uebereinstimmung nicht nur mit
Meyer, Geschichte des AlterthumB. V. 20
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300 IV» 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Diodor, der die Besetzung Thebens unter 382/1 erzählt, sondern auch
mit Aristid. I, p. 419 Dindorf, der sie in die Zeit der Pythien, d. i.
August 382, seilt.
895. Mit Ausnahme von Argos und Athen war jetzt fast
das ganze europaeische Griechenland aufs neue von Sparta
abhängig; nur die Inseln an der asiatischen Küste und ab-
gelegene Städte wie Byzanz wagten noch, sich seiner Ober-
hoheit zu entziehen. Wie Athen im fünften Jahrhundert hat
auch Sparta seinem Reiche eine feste Organisation gegeben.
Die Inseln zahlten Tribut (g. 889) und waren wohl auch, wenn das
Bedürfniss eintrat, zur Stellung und Bemannung von Schiffen
verpflichtet. Thessalien war zwar von Spartas Politik ab-
hängig, aber so wenig zur Heeresfolge verpflichtet wie Make-
donien, und Aetolien blieb nach wie vor allen griechischen
Händeln fern. Das übrige Festland wurde im J. 382 aus
Anlass des Zuges gegen Olynth in 10 Kreise getheilt und
die Contingente der einzelnen Staaten festgesetzt , nach dem
Massstabe eines Normalheeres von 10,000 Mann. Den ersten
Kreis bildete das spartanische Gebiet, die sechs folgenden der
übrige Peloponnes (zwei arkadische Kreise, Elis, Achaia, Korinth
mit Megara, Sikyon mit Phlius und den argivischen Küsten-
städten), den achten Akarnanien, den neunten die Phoker und
Lokrer. Boeotien, das damals offenbar einen zehnten Kreis
gebildet hat, nennt unser aus dem J. 378 stammendes Ver-
zeichniss nicht mehr; dafür kamen nach dem Falle Olynths
die thrakischen Städte hinzu. Wenn auch natürlich Sparta
im Verhältniss bedeutend mehr Truppen stellte als die übrigen
Gemeinden, lässt diese Ordnung doch erkennen, wie stark es
die abhängigen Gebiete für seine Kriege heranziehen konnte.
Im J. 378 soll das gegen Theben ausrückende Heer aus
18,000 Mann bestanden haben; darunter waren 5 spartanische
Moren zu 500 Mann, also 2500 Spartaner (Vollbürger und
Perioeken), ferner die Skiriten, wahrscheinlich 500 Mann ; die
Bündner stellten also etwa 15,500 Mann. Um die Bürger der
abhängigen Städte zu entlasten, wurde bestimmt, dass sie an
Stelle der Mannschaften Geld zahlen dürften, 3 aeginetische
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• Organisation des spartanischen Machtgebiets. — Athen. 307
Obolen (0,65 Mark) taglich für den Mann; ein Reiter wurde gleich
vier Hopliten, zwei Leichtbewaffnete gleich einem Hopliten
gerechnet. Säumige Staaten hatten für jeden fehlenden Mann
täglich einen Stater (2,60 Mark) zu zahlen. Für Sparta war
diese Anordnung nur vurtheilhaft ; bei dem grossen Angebot
von Söldnern bekam es dadurch statt schlecht geschulter und
unlustiger Bürger (meistens Handwerker, vgl. §. 931) kriegs-
gewohnte und politisch indifferente Soldaten.
üeber die militärische Organisation Xen. V, 2, 21 f. (im J. 382),
vgl. VI, 2, 16. Die Kreise Diod. XV, 31 (im J. 378). Stfirke des Heeres
Diod. XV, 32, 1.
896. Durch den letzten Krieg war Athen wieder ein un-
abhängiger Staat geworden. Die langen Mauern, die Befesti-
gung des Piraeeus, die Flotte waren wieder hergestellt. Auch
die drei Klerucheninseln hatte es behalten ; alle weitergehenden
Hoffnungen freilich hatte der Königsfriede vereitelt. Auf
den Abschluss des Friedens war das übliche Nachspiel gefolgt;
eine lange Reihe von Crirainalprocessen entlud sich über die
Häupter der Demagogen, welche seit dem Sturz des Befreiers
Thrasybul das grosse Wort geführt und doch das Unheil nicht
hatten abwenden können. Die ehrlichen unter den Demokraten
gewannen wieder die Oberhand, vor allem Kephalos von
Kollytos (§. 848), der sich rühmen konnte, in einem langen
politischen Leben niemals wegen eines gesetzwidrigen Antrags
angeklagt zu sein. Agyrrhios wurde wegen Unterschleifs in
eine schwere Geldstrafe verurtheilt, die seiner politischen
Laufbahn ein Ende machte; er hat lange Jahre im Gefangniss
gesessen, bis er sie abgetragen hatte. Mehrere der ärgsten
Schreier und Sykophanten wurden zum Tode verurtheilt.
Ueber Epikrates, den Führer der Gesandtschaft nach Susa,
der bisher bei ähnlichen Anklagen davon gekommen war,
sprach die Volksversammlung selbst das Todesurtheil, weil er
seine Vollmacht überschritten, die Bundesgenossen verrathen
und vom König Geschenke angenommen habe; sein College
Phormisios dagegen wurde als conservativer Mann freigesprochen.
Von den Strategen des letzten Jahres wurde Dionysios hin-
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V
308 Ivr 5. Griechenland unter dem Kflnigsfrieden. •
gerichtet, während Diotimos die Beschuldigung ungerechter
Bereicherung widerlegte und auch Thrasybulos von Kollytos,
obwohl man ihn in Fesseln geworfen hatte, der Verurtheilung
entging und seinen Einfluss behauptete. Während des nächsten
Jahrzehnts haben die Gemässigten die Führung behauptet,
wenn auch die Radicalen "gelegentlich durch die alte Be-
schuldigung, die Dreissig unterstützt zu haben, in Personen-
fragen noch einmal einen Erfolg erzielten. — Den inneren
Verhältnissen ist die Friedenszeit nach der vollen Verwilderung
der letzten Kriegsjahre ohne Zweifel zu Gute gekommen: im
J. 378 steht Athen materiell, politisch und sittlich ganz anders
da als im J. 388. Vor allem scheint die Regierung mit Eifer
für die Regeneration der Flotte thätig gewesen zu sein (§. 929).
Nach aussen suchte Athen festzuhalten, was sich unter den
Satzungen des Königsfriedens noch behaupten Hess. Nament-
lich die grösseren Inseln, deren Unabhängigkeit der Friede
anerkannt hatte und die gar keine Neigung verspürten, sich
Sparta aufs neue unterzuordnen, suchten bei Athen Anlehnung;
sie schlössen mit ihm Verträge >zur Aufrechter ha ltung des
Friedens und der Eide und Verträge, die der König, Athen,
Sparta und die übrigen Griechen beschworen haben « und
verpflichteten sich zu gemeinsamer Bundeshülfe unter pein-
licher Wahrung »der Freiheit und Autonomie, ohne irgend
eine in der Friedensurkunde aufgezeichnete Bestimmung zu
übertreten«. So zuerst, gleich nach dem Abschluss des
Friedens, das von Sparta so arg gemisshandelte Chios, ferner
Mytilene und Methyrana, sowie Byzanz. Auch Rhodos, das zu-
gleich, wie die Münzen dieser Zeit lehren, einen Bund mit Knidos,
Iasos, Samos, Ephesos geschlossen hatte, scheint Anlehnung
bei Athen gesucht zu haben, während die übrigen Städte,
namentlich Samos, sich zurückhielten — es waren die Orte,
welche im J. 391 zu Sparta zurückgetreten waren (§ 869)
und in denen jetzt eine gemässigte Aristokratie herrschen
mochte. Sparta, das selbst ähnliche und noch viel weiter
gehende Verträge abgeschlossen hatte, konnte rechtlich dagegen
nichts einwenden und musste es dulden, da es keine Neigung
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Athen und seine Verbündeten. Die Inseln. Thrakien. 309
hatte, einen neuen Seekrieg zu beginnen. Auf den Kykladen
freilich ist es Athen erfolgreich entgegengetreten; wie es
scheint, hat es Athen sogar gezwungen, die Suprematie über
Delos aufzugeben. Das Bündniss mit Euagoras musste Athen
lösen; mit Aegypten suchte es die Beziehungen aufrecht
zu erhalten und gestattete, dass Chabrias von Cypern aus in
seine Dienste überging, bis dann ein energischer Protest der
Perser Athen zwang, ihn zurückzurufen. Mit dem Odrysenreich
dagegen, wo 386 Hebrytelmis auf Amadokos gefolgt war,
hielt Athen das alte Freundschaftsverhältniss aufrecht; und
als dann im J. 383 Kotys das Königthum gewann, wahr-
scheinlich ein Sohn des Seuthes, trat Iphikrates in seine Dienste
und half ihm in zahlreichen kleinen Kämpfen sein Reich
festigen. Zum Lohn dafür gab ihm Kotys seine Tochter zur
Gemahlin und beschenkte ihn mit Land. Auch mit Theben
und Olynth stand Athen in Beziehung und verhandelte bereits
über den Abschluss eines Bündnisses mit diesem, als Sparta den
Krieg begann. Die Besetzung der Kadmea freilich machte allen
weiter gehenden Hoffnungen ein Ende. Die neue oligarchische
Regierung in Theben brach die Beziehungen mit Athen ab und
vernichtete die Bündnissurkunde von 395 ; und Sparta forderte
die Verjagung der 300 Thebaner, die nach Athen geflüchtet
waren. Das hat Athen geweigert; dass Androkleidas, der
Führer der Emigranten, auf Anstiften der thebanischen Olig-
archen in Athen ermordet wurde, konnte es dagegen nicht
hindern, und die leitenden Staatsmänner mussten sich so
nachgiebig zeigen, dass die Gegner den Thrasybul beschuldigen
konnten, er habe gegen Geld bei dem Verfassungsumsturz in
Boeotien mitgewirkt. Athen war eben isolirt; schon musste
man befürchten, dass auch die Inseln, die Werthlosigkeit des
Rückhalts an Athen erkennend, lieber bei Zeiten ein gutes
Verhältniss zu Persien suchen würden (Isokr. paneg. 1G3).
Nach der Unterwerfung von Phlius und Olynth konnte kein
Zweifel sein, dass Sparta bei nächster Gelegenheit den Versuch
machen werde, auch Athen aufs neue seiner Herrschaft zu
unterwerfen.
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310 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Kephalos' Aeusserung: Aeschin. 3. 194 = Dem. 18, 251. Er ist
erster Gesandter bei dem Vertrage mit Chio?. — Verurtbeilung des
Agyrrbios: Demostb. 24, 134. Psephisma über Epikrates: Demostb. 19,
277 IT. Aristid. I, 283. schol. p. 277 Dindorf. In einen früheren Pro-
cess des Epikrates gehört Lysias or. 27, von der Ueberlieferung und der
Interpolation in §. 1 auf die Gesandlschaft bezogen. Dass Pbormisios
nicht verurtheilt wurde, lehrt Dinaren 1, 38. Hinrichtung des Dionysios :
Demosth. 19. 180. Process des Tbrasybul: Demostb. 24, 134, vgl. Lys.
26, 23 und §. 878 A. Beschuldigung des Diotimos: Lys. 19, 50. — Aus
Lysias' Rede 26 gegen Euandros, den Archon von 882, lernen wir
das damalige Treiben kennen; Erfolg hat diese Anklage nicht gehabt,
dagegen die des Leodamas ib. §. 13. In der Rede wird Thrasybul des
Verraths der Boeoter beschuldigt §. 23, im Widerspruch mit CIA. II, 17
ZI. 77 und Aeschin. 3, 138. — Verbündete Athens: Isokr. 14. 27 (Chioe,
Mytilene, Byzanz), vgl. CIA. II, 17 ZI. 24. 69; unter den dort aufgezählten
Mitgliedern des neuen Seebunds waren die zuerst genannten, nach der
Schrift Chi os, Mytilene, Methymna, Rhodos, Byzanz schon vorher mit
Athen verbündet [ebenso Theben seit 878], ?. Fabricius, Rhein. Mus. 46, 589.
Gött. Gel. Anz. 1*93, 932. Das bestehende Bündniss mit Methymna wird
CIA. II, 18 b (Suppl. p. 10. DS. 82) ZI. 5 erwähnt. — Vertrag mit Chios:
CIA. II, 15 und 15 c, Suppl. \\ 9. D?. 75; mit Byzanz CIA. II, 19. DS. 79;
mit Hebrytelmis: CIA. II, 14c Suppl. p. 8. DS. 76, vgl. Höck, Hermes
26, 454. Kotys regiert 24 J.f 383—360: Harpokr. s. v. Auf Iphikrates'
Kriege in Thrakien beziehen sich zahlreiche Strategeme bei Polyaen.
Die Zeit ergibt sich daraus, dass Menestheus, sein Sohn von der Thra-
kerin, im J. 856/5 Stratege ist. — Ueber die Bundesmünzen von Rhodos
u. s. w. (Head, hist. num. p. 495 cet.) s. Waddington, rev. nura. 1803.
223. Beloch, Griecb. Gesch. II, 216, 2, der die Zeit richtig bestimmt zu
haben scheint. — Im allgemeinen vgl. Photios' Excerpt aus Theopomp
lt>. 12 (fr. 111) 'Athqvauov nokt$ xal$ wpö? ßastXia aovxKjxats ir.ti-
päto ifijiivttv, Aaxeäaifiovtot oi öicipofxa fpovoövrs^ itapeßaivov ta^ oov-
d-r4xag. — nspl tu»v Kt>xX£$u>v vy4oü>v ijxf wßfjtoö^v (Athen und Sparta):
Isokr. 4, 136. Ueber Delos Beloch, Gr. Gesch. II, 282. 6. Wenn Iso-
krates paneg. 16 sagt: tü>v TAX^wov ot uiv 6<p* Yifuv, ol 8' uro Aax«3at-
jxoviot? «istv, so ist das absichtliche Uebertreibung, vgl. §. 923 A. — Be-
ziehungen zu Olynth : Xen. V, 2, 14. — Auf die Besetzung der Kadmea
bezieht sich die Namenliste (etwa die Flüchtlinge?) CIA. II, 16. Forde-
rung der Ausweisung der Flüchtlinge: Plut. Pelop. 6. Zerstörung der
ot-fjXYj in Theben: Aristid. I, 283 Dindorf.
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Die Perser gegen Akoris von Aegypten. Euagoras' Erfolge. 31 1
Die Perser gegen Euagoras und Aegypten. Sonstige
Aufstände im Perserreich.
897. Während in Griechenland Sparta den Gewinn des
Friedens einheimste, haben die Perser die Griechenstädte
Kleinasiens, die noch nicht in ihren Händen waren, besetzt,
und den Krieg gegen die Rebellen begonnen. Euagoras war
jetzt Herr von fast ganz Cypern (§. 874) und im Besitz einer
starken Land- und Seemacht ; die Perser hatten ihn fast un-
behelligt gelassen, ja Hefcatomnos, der sich in Karien eine
ähnliche selbständige Macht zu gründen gedachte, unterstützte
ihn insgeheim mit Geld. Seine Hauptstütze aber war König
Akoris von Aegypten (§. 870). Dieser Herrscher, der nach
Manetho im J. 392 auf den Thron gelangt war, hatte das
Nilland fester in seiner Gewalt als seine Vorgänger; er hat
daher auch eine grössere Zahl von Monumenten in Theben,
Memphis u. a. hinterlassen. Er verfügte über eine ansehn-
liche Flotte und reiche Geldmittel und konnte daher gleich-
falls ein starkes Söldnerheer anwerben; auch Ghabrias trat
jetzt in seine Dienste (§. 896). Zu dem Zwecke hat er mit
den Pisidern, die in den zerrissenen Alpenthälern des Tauros
seit langem die persische Oberhoheit abgeschüttelt hatten,
ein Bündniss geschlossen;, auch Barka trat mit ihm in
Verbindung. — Während Tiribazos mit der Rüstung der
Flotte gegen Euagoras beauftragt wurde, gingen Abrokomas,
Tithraustes und Pharnabazos zu Lande gegen Aegypten vor.
Aber obwohl Pharnabazos die Abberufung des Chabrias von
Athen forderte und erreichte, konnten sie nichts ausrichten.
Das Ergebniss des dreijährigen Krieges (etwa 385—383 v. Chr.)
war, dass das persische Unternehmen aufgegeben werden musste;
Akoris konnte daran denken nach Asien hinüberzugreifen. Wäh-
rend dessen hatte Euagoras seine Macht über das Meer hin-
aus erweitert und die Insurrection nach den Küsten Kilikiens
und Phoenikiens getragen ; selbst das feste Tyros fiel in seine
Hände. Mit seiner Flotte von 90 Trieren aus Cypern und
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312 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Tyros brachte er die Kauffahrer auf und fing den Feinden
die Zufuhr ab; das Ostbecken des Mittelmeers war zur Zeit
in seiner Gewalt.
Besetzung der griechischen Städte: Isokr. 4, 137» vgl. 123. Hier-
her gehört wohl die Art , wie Autophradates Ephesos überrumpelt :
Polyaen VII, 27, 2. — Diodor erzählt den Krieg gegen Euagoras XV,
2 — 4. 8 f. sehr unvollständig: Photios' Auszug aus Theopomp Philipp.
Ih. XII (fr. 111) und Isokrates paneg. 140 f. 153. 161. Euag. 57 ff. zeigen,
wie viel er übergangen hat; vgl. auch Polyb. XII, 25 f, 2 über Ephoros'
Darstellung der Seeschlacht bei Cypern. Den dreijährigen Krieg gegen
Aegypten kennen wir nur aus Isokrates. Wer in dem ßostXtu? tiüv ßapßdp<uv
(Rhodomann 'Apaßuiv) steckt, der Euagoras unterstützt (Diod. XV, 2, 4),
ist nicht zu sagen. — Chabrias in Aegypten : Demosth. 20, 76. Diod. XV,
29 unter 377/6 bei dem neuen Angriff des Pharnabazos (§. 900), was ent-
schieden falsch ist, da Ghabrias 379 schon wieder in Athen Stratege Ut.
Nepos Chabr. 2, 1. 3,- 1 hat dieseu Zug des Chabrias nach Aegypten mit
dem von 361 zusammengeworfen ; daher ist auch aus 2, 1 nam Nectanebini
adiutum profectus regnum ei constituit nichts zu folgern. Xaßpioo x«P«i
bei Pelusium Strabo XVI, 2, 33. Plin. V, 68; Xaßpto» x^ji-rj im Delta
StraboXVII, 1, 22. - Die Chronologie ist von Judeich, Kleina?. Stu-
dien 117 ff. und anderen recht verkehrt behandelt; die richtigen Daten
gibt Ueloch, Gr. Gesch. II, 219. Dass Diodor den Krieg gegen Euagoras in
unmittelbarem Anschluss an den Königsfrieden (vgl. XIV, 110, 5 = XV, 2)
unter 386/5 und 385/4 erzählt, beweist natürlich gar nichts. Zur Zeit
des Panegyrikos 380 dauert der Krieg sechs Jahre (4, 41) und ist bei-
nahe zu Ende; das ist natürlich vom Königsfrieden an gerechnet (386/5
bis 381/0). Der ganze Krieg dauert zehn Jahre (Isokr. 9, 64. Diod. XV,
9, 2), also 890/89 — 381/0. Diodor sagt ausdrücklich, dass nur in den beiden
letzten Jahren ernstlich gekämpft wurde, also 382/1 und 381/0. Der drei-
jährige Krieg gegen Aegypten fällt nach Isokr. 4, 141 vor den entscheiden-
den Angriff auf Euagoras, also etwa 385 — 383, vielleicht auch ein Jahr
früher. Ihn vor den Königsfrieden zu setzen, wie Judeich will, ist schon
darum unmöglich, weil Pharnabazos bis 387 in seiner Satrapie war (Xen.
V, l, 28), verkennt aber auch die ganze Situation der Perser vor dem
Frieden. — In diesen und die folgenden Kriege gehören die in Kilikien von
Tiribazos, Pharnabazos und einem Unbekannten (meist für Datames er-
klärt, was gewiss falsch ist) geprägten Münzen mit aramaeischer und
griechischer Legende, ?. Babei on, les Perses Achem. p. XXIX ff. u. a.
898. Diese Erfolge machten es für die Perser nur noch
dringender, alle Kräfte an die Niederwerfung des Euagoras
zu setzen; sonst liefen sie Gefahr, ihre Herrschaft über die
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Die Perser gegen Euagoras.
313
Küsten, aus denen sie bisher die Flotten genommen hatten,
vollends zu verlieren, und hier ira Osten ein neues und un-
abhängiges grosses griechisches Reich entstehen zu sehen, wo
sie eben die übrige Griechenwelt unter ihren Willen gebeugt
hatten. Im J. 382 war Tiribazos endlich mit seinen Rüstungen
fertig. Die Schiffe stellten vorwiegend die Ionier; ein starkes
Landheer, dessen Kern die griechischen Söldner bildeten,
führte des Königs Schwager Orontes heran. Von Kilikien aus
gingen sie zum Angriff auf die Insel vor. Auch Euagoras
hatte zu den Bürgertruppen ein griechisches Söldnerheer ge-
worben und von Akoris oO Schiffe erhalten. Seine Flotte,
jetzt angeblich 200 Trieren stark, gegen 300 persische, that
den Feinden starken Abbruch, so dass, als die Lebensmittel
ausgingen und überdies in üblicher Weise der Sold ausblieb,
die Söldner zu meutern begannen; nur durch rücksichtsloses
Vorgehen gegen die Rädelsführer konnte der Flottencomman-
dant Glos, der Sohn des. Tamos, des Admirals des Kyros
(§. 837), und Schwiegersohn des Tiribazos, die Disciplin wieder
herstellen. Auch zu Lande errang Euagoras manchen Vor-
theil. Endlich kam es bei Kition zur Seeschlacht. Euagoras
war anfangs im Vortheil; schliesslich aber erlagen seine Schiffe
trotz ihrer besseren Schulung der Ueberzahl. Damit brach
seine Macht zusammen (381 v. Chr.). Sein Landheer verlief
sich bis auf 3000 Peltasten, er musste sich nach Salamis
zurückziehen und auf die Belagerung einrichten. Er machte
noch einen Versuch, aus Aegypten Hülfe zu bekommen ; wäh-
rend sein Sohn Pnytagoras die Vertheidigung der Stadt leitete,
ging er selbst zu Akoris. Aber dieser verhielt sich lau, und
er konnte nur wenig Geld zurückbringen. Inzwischen hatte
Tiribazos vom König neue Geldmittel und Truppen geholt;
Euagoras erkannte, dass seine Stellung nicht mehr zu halten
war. Er erbot sich, auf alle Eroberungen zu verzichten und
den Jahrestribut zu zahlen. Tiribazos war bereit darauf ein-
zugehen; aber er forderte zugleich, dass Euagoras erklären
solle, »dem König gehorsam zu sein wie ein Knecht dem
Herrn«. Das weigerte Euagoras; er wollte sich nur unter-
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314
IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden
werfen »als König dem Könige«. So ging der Krieg weiter;
der Ausgang konnte kaum zweifelhaft erscheinen. Aber die
persischen Oberfeldherrn vertrugen sich schlecht miteinander;
Orontes, neidisch auf Tiribazos' Erfolge, verklagte ihn beim
König, dass er den Krieg nicht energisch zu Ende führe, da-
gegen mit Sparta in Verhandlung stehe und an Abfall denke,
und Artaxerxes gab Befehl, Tiribazos festzunehmen und zur
Aburtheilung an den Hof zu schicken. Die Folge war, dass
die persische Stellung sich zusehends verschlechterte: die
Truppen hingen an dem alten Feldherrn; Glos, der besorgt
war in das Schicksal seines Schwiegervaters verwickelt zu
werden, bereitete sich abzufallen und trat mit Akoris und mit
Sparta in Verbindung; Euagoras, der nach Theopomps An-
gabe bei Orontes1 Intriguen mitgewirkt und ihm das Material
zur Anklage des Tiribazos geliefert hatte, fasste neuen Muth
und rief Spartas Entscheidung an. Orontes sah keine andere
Möglichkeit den drohenden Gefahren zu entgehen, als dass er
die Forderung des Euagoras bewilligte und einen Frieden
schloss, der ihn als tributären König, nicht als Knecht des
Grosskönigs bezeichnete (380 v. Chr.). So war zwar das
selbständige cyprische Reich gebrochen, aber zugleich die innere
Schwäche des Perserreichs aller Welt offenbart; obwohl sie,
wie lsokrates behauptet, nicht weniger als 15,000 Talente für
den Krieg ausgegeben hatten, hatten sie zuletzt doch nach-
geben müssen. Wenn Euagoras durch seine Ausdauer sich
schliesslich gegen die Uebermacht ruhmvoll als König von
Salamis behauptet hatte, was hätte er erreichen können, wenn
die Griechen des Mutterlandes ihn unterstützt hätten, statt
den Feinden der Nation die besten Truppen zu liefern ! —
Der Ausgang des Krieges hatte zur Folge, dass Tiribazos
freigesprochen und in alle Ehren wieder eingesetzt wurde,
während Orontes in Ungnade fiel. Euagoras hat noch 6 Jahre
in Salamis regiert und eine Verschwörung Nikokreons unter-
drückt; im J. 874 wurde er und der Thronfolger Pnytagoras
in Folge einer Liebesintrigue von einem Eunuchen umgebracht,
und sein jüngerer Sohn Nikokles übernahm die Herrschaft
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Euagoras' Ausgang. Aufstand des Glos. Datames. 315
An der Ermordung seines Vaters war er vielleicht nicht un-
betheiligt ; aber er richtete ihm eine glänzende Leichenfeier aus
und bestellte bei Isokrates einen Nekrolog, der die herrlichen
Thaten und Eigenschaften des Verstorbenen im ruhmreichsten
Lichte der Welt verkündete (§. 840 A.). Im übrigen suchte
Nikokles die Ruhe in der Stadt aufrecht zu erhalten und den
leeren Schatz wieder zu füllen ; an eine Erhebung gegen Persien
dachte er nicht mehr.
Ueber Tiribazos' Heer Isokr. 4. 124. 134. 135. Der Nauarch Glos
auch Aeneas 31, 35. — Glos unterdrückt durch List die widersetzlichen
Ionier: Polyaen VII, 20, vgl. Isokr. 4, 153. Tiribazos' Gefangennahme
ausser bei Diod. und Theopomp auch Polyaen VII, 14, 1. Plut. de super»
stit. 8. Euagoras und Sparta : Theopomp. Isokr. 4, 135. Glos* Empörung
als bevorstehend angekündigt Isokr. 4, 141. Kriegskosten: Isokr. 9, 60.
— Process des Tiribazos Diod. XV, 10 f. — Euagoras' Tod : Theopomp
fr. 111. Arist. pol. VIII, 8, 10. Diod. XV, 47. 8 [flüchtig excerpirt]. Die
Wirren sind in Isokrates' Nikokles mehrfach angedeutet; im Euagoras
benutzt er den plötzlichen Tod zu einer prachtigen Phrase 9, 71. —
Leichenfeier: Isokr. 9, 1. Nikokles' Politik: Isokr. 8, 31 ff. und sonst.
899. Die Empörung des Glos ist gescheitert wie 20 Jahre
früher die seines Vaters (§. 837). Zwar schloss Akoris ein
Bündniss mit ihm, und auch Sparta, das eben jetzt den Krieg
gegen Olynth und Phlius glücklich zu Ende führte, schien
nicht abgeneigt sich mit ihm einzulassen; aber er wurde er-
mordet, und damit ging die Gefahr vorüber. Mit den Resten
seines Heeres behauptete sich Tachos noch ein paar Jahre bis
an seinen Tod in Leukae an der Hermosmündung. Im übrigen
hielt Autophradatcs, der Satrap von Sardes, die Bewegungen
im westlichen Kleinasien nieder. Um dieselbe Zeit gelang es
dem Karer Datames, dem Statthalter eines Theils Kappa-
dokiens, den Fürsten von Paphlagonien, Thuys, gefangen zu
nehmen, und wenig später einen Rebellen Aspis in Kataonien
niederzuwerfen. Die eroberten Gebiete sind offenbar zu seiner
Provinz geschlagen worden, so dass er hier im Osten vom
Tauros bis zum Schwarzen Meer ein grosses Gebiet beherrschte,
in dem er dem Reich bald gefährlicher werden sollte, als die
von ihm besiegten Rebellen. — In den Griechenstädten am
316 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
Schwarzen Meer hatten die Perser einstweilen noch nicht
mehr zu sagen wie zur Zeit, als die Kyreer hier durchzogen.
Die Räuberstämme, im Norden die Bithyner und Myser, im
Süden die Pisider, schlugen alle Versuche der Satrapen, sie
wieder botmässig zu machen, erfolgreich ab; ihre Plunderungs-
züge waren eine fortdauernde Plage der Gulturländer. Die
Pisider traten mit Akoris in Verbindung (§. 897) und unter-
stutzten die Erhebung des Aspis. Auch Lykien, wo nach
der Zurückdrängung der Athener die persische Oberhoheit
zeitweilig wieder hergestellt war (§. 083), ging jetzt dem
Reiche aufs neue verloren. Perikles von Limyra, dem Vor-
ort einer kleinen Küstenebene im Osten, zwang alle Dynasten
unter seine Herrschaft; er besiegte den persischen Fürsten
Artembares, der in Pinara und Tlos gebot, unterwarf das
Xanthosthal und schuf einen nationalen Einheitsstaat unter
seinem Königthum. Auch Telmessos, die berühmte Orakelstadt
an der Grenze gegen Karien, wurde zur Anerkennung seiner
Oberhoheit gezwungen ; und ob im Osten die reiche Griechen-
stadt Phaseiis, die früher fest zu Athen gehalten hatte, sich
jetzt noch unabhängig behaupten konnte, ist recht fraglich.
Dasssein nördlicher Nachbar Hekatomnos von Karien (391—377)
gleichfalls darauf ausging, seine Satrapie in ein erbliches
Königreich umzuwandeln, wenn er auch die offene Auflehnung
gegen den Grosskönig vermied, ist schon erwähnt (§. 874).
Wie es scheint, hat er, wie später sein Sohn Maussollos, den
karischen Adel in den Städten und Burgen der Gaue (§. 94),
aus dem er selbst hervorgegangen war, nicht ohne Kämpfe
niedergehalten. Seine Hauptstütze war das Griechenthum in
den Küstenstädten und in seinem Söldnerheer. Wie er
griechische Münzen nach rhodischem Fuss prägte, mit dem
karischen Kriegsgott mit der Streitaxt als Münzbild, so haben
die Karierstädte unter der Herrschaft seiner Dynastie ihre
Beschlüsse griechisch abgefasst (§. 94), und sein Sohn und
Nachfolger Maussollos hat dann das Land vollends der griechi-
schen Gultur erschlossen. — Auch König Artaxerxes selbst
hat um das Jahr 380 den Versuch gemacht, sich auf einem
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ZustAnde Kleinasiens. Perikles von Lykien. Hekatomnos von Karien. 317
grossen Heerzug gegen die Kadusier ara Kaspischen Meer
(§. 71) kriegerisch zu bethätigen; aber er gerieth in dem
wilden Bergland in arge Bedrängniss und musste froh sein,
dass Tiribazos die feindlichen Häuptlinge dazu brachte, ihm
den Rückweg zu öffnen.
Glos und Tachos: Diod. XV, 10. 18. 19, 1. cum Autophradates
iossu regis hello persequeretur eos qui defecerant Nepos Dat. 2, 1 (2, 5
beisst Ariobarzanes fälschlich praefectus Lydiae et Ioniae totiusque Phry-
giae ; er war nur Satrap des hellespontischen Phrygiens, mag aber aller-
dings den Posten des Obercommandos in Kleinasien erhalten haben).
Data m es gegen Thuys (vgl. Theopomp fr. 198 = Aelian, v. h. I, 27)
und Aspis : Nepos Dat. 2 — 4. Vgl. meine Geschichte des Königreichs
Pontos p. 27. — Perikles von Lykien: Theopomp fr. 111 (gegen Tel-
misaos). Folyaen V, 42 (gegen Charimenes von Milet, offenbar einen
Söldnerführer, dem er bei Phaseiis auflauert; jener entkommt aber ver-
kleidet zu Lande). Wir haben von ihm zahlreiche Münzen; ferner wird
er in Inschriften von Timiusa, Arneae und vor allem Limyra genannt
(Tituli Lyciae ed. Kalinka no. 67. 83. 103. 104. 132. 183), in no. 104
wahrscheinlich als Sieger über Artembares (Artuampara). Letzterer trägt
auf einer Münze (Six, rev. num. 1877, p. 63 no. 221. Babelon, ies Perses
Achem. p. CVI u. a.) persische Tracht, und wird in einer Inschrift von
Tlos (Tit. Lyc. 29 ZI. 7) wahrscheinlich als »Mederc bezeichnet [ungenau
oben §. 96]; ferner ist er 11, 3 in Pin ara genannt. — Hekatomnos:
nach Suid. s. v. Ae^ijiko; fordert dieser, ein Arzt aus Kos, von Heka«
tomnos zum Lohn für die Heilung seiner Kinder das Versprechen toü
iraosat t&v Kpo<; Käpas tot« abzip «vsaTiLTO icoXsjaov. Im allgemeinen Isokr.
paneg. 161 f. Atmag obV $!<; «iü^ot« rUpocüv expdrrpsv. ' ExatifjLvwc 5' 6
Kapta; sjctaTa&{io; Tijj jiiv aX^fota ttoXuv y^yj ^pövov ayizxrptv, ojjLoXoY"Jjaei
3' «av Yjjisls ßooX^O-wftev. — Artaxerxes gegen die Kadusier: Diod. XV,
8, 5. 10. 1. Trog. prol. 10. Plut. Artax. 27 f. Nepos Dat. 1, 2.
900. In Aegypten ist König Akoris im J. 379 gestorben.
Sein Sohn Psamuthis konnte sich nicht lange behaupten;
vielmehr traten aufs neue Prätendenten auf, von denen
Nektanebis I. (aeg. Nechtharhebi) von Sebennytos, der sich
vielleicht schon in den letzten Jahren des Akoris empört
hatte, im J. 378 die Krone gewann und eine neue Dynastie
gründete. Der Perserkönig beabsichtigte diese Wirren zu einem
neuen Kriegszug gegen Aegyten zu benutzen. Wieder wurde
Pharnabazos mit der Ausrüstung eines grossen Heeres beauf-
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318 IV, 5. Griechenland unter dem Königsfrieden.
tragt; er erbat und erhielt von Athen den Iphikrates als
Führer der griechischen Söldner. Aber auch diesmal vergingen
Jahre, bis die Rüstungen vollendet waren; wie immer liess
die Regierung ihre Feldherrn bei der Ausführung im Stich.
Die Eifersucht der Hofbearaten und die Reibereien zwischen
den höheren Officieren thaten das übrige; zo zog es z. B.
Datames (§. 899), der eine Zeit lang an Pharnabazos' Stelle
den Oberbefehl erhalten haben soll, alsbald vor, aus Furcht
vor Intriguen am Hofe in seine Provinz zurückzukehren und
Vorbereitungen zur Insurreclion zu treffen. Endlich im Früh-
jahr 373 (oder 374?) war man so weit, dass Heer und Flotte
von Akko in Palaestina, das zum Sammelpunkt bestimmt war,
aufbrechen konnten. Inzwischen hatte Nektanebis Aegypten
in Verteidigungszustand gesetzt, alle Nilmündungen befestigt,
und namentlich den Zugang bei Pelusium durch Canäle und
Verschanzungen gesperrt. Hier war nicht durchzudringen;
aber die Feldherrn sandten ihre Flotte nach der mendesischen
Nilmündung, und hier gelang es festen Fuss zu fassen und
das Gastell an der Mündung zu nehmen. Iphikrates rieth,
jetzt sofort zu Schiff gegen Memphis vorzugehen; man werde
die Stadt nehmen können, ehe das feindliche Heer herange-
kommen sei. Aber Pharnabazos versagte derMuth; er wollte
zunächst seine gesammte Armee heranziehen, auch misstraute
er dem Iphikrates, der sich hier leicht unabhängig machen
könne. Darüber verging der günstige Moment; die aegypti-
schen Truppen kamen heran und brachten die Feinde auf
dem engbegrenzten und öden Fleck, den sie besetzt hatten, in
arge Bedrängniss. Als nun vollends mit dem Hochsommer
die Nilschwelle begann, wurde ihre Stellung unhaltbar. Phar-
nabazos führte das Heer nach Asien zurück, Iphikrates, der
sich nicht mehr sicher fühlte, entwich nach Athen. An
seine Stelle trat freilich im J. 372, nach seiner Absetzung in
Athen (§. 938), sein Rivale Timotheos; aber er konnte
nicht9 mehr ausrichten. Den Feldzug noch einmal von neuem
zu beginnen, besassen die Perser nicht mehr die Kraft, zu-
mal alsbald wieder Insurrectionen in Asien ausbrachen. So
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Nektanebis von Aegypten. Zweiter persischer Angriff. 319
war die Unabhängigkeit des Nilthals zum zweiten Mal ge-
rettet.
Manethos Königsliste (zur Reconstruction s. Forsch. II, 490) scheint
für diese Zeit in den Daten zuverlässig zu sein. Sie lautet:
28. Dyn. aus Sais Amyrtaeos 6 J. 404—399
29. Dyn. aus Mendes Nepberites I. 6 » 398—393
Achoris 13 » 392-380
Psamuthis 1 » 379
[Muthes 1 J. nur bei Eusebios, offenbar ein
Usurpator, der chronologisch nicht mitzählt]
Nepherites II. 4 Mte. (379)
30. Dyn. aus Sebennytos Nektanebis 18 J. 378—361
Teos 2 » 360—359
Nektanebos 18 • 358-341
Dass Theopomp fr. 111 Nektanebis' Autritt vor dem Frieden mit Eu-
agoras erwähnt hat, beweist bei seiner sprunghaften Art zu erzählen
wenig; doch mag er damals schon als Usurpator aufgetreten sein. Dass
Psamuthis der rechtmässige Nachfolger des Akoris ist, lehrt auch die
verstümmelte Inschrift aus Karnak bei Maspero im Recueil VI, 20. —
Diodor erzählt Chabrias* Abberufung (noch unter Akoris, §. 897) und den
Beginn der Rüstungen XV, 29 unter 377/6, die Fortsetzung der Rüstungen
XV, 38, 1 unter 375/4, den Feldzug XV, 41—44 unter 374/3. Letzteres
wird richtig sein; im Herbst 373 ist Iphikrates wieder in Athen (§. 938).
Erwähnt wird der Feldzug auch Trog. prol. 10. Plut. Artax. 24. Nepos
Iphicr. 2, 4; ferner Nepos Dat. 3, 5. 5, 1 ff., wo Datames' Rolle offenbar
übertrieben ist. Einzelheiten bei Polyaen III, 9, 25. 38. 56. 59. 63 [wo-
nach es in Poenikien noch Feinde gegeben zu haben scheint, wohl die
Nachwirkung der Insurrection des EuagorasJ. — Timotheos: [Demosth.]
49, 25.
Die Cultur der Reactionszeit. Kunst und Dichtung.
901. »Wenn Jemand von aussen käme und die gegen-
wärtige Lage Griechenlands kennen lernte,« schreibt Isokrates
im J. 380, »er würde uns (Sparta und Athen) für grosse
Thoren halten, dass wir uns um Kleinigkeiten herumstreiten
und unser eigenes Land zu Grunde richten, wo wir ohne Ge-
fahr Asien erobern könnten.« So war es in der That. Die
innere Zerrissenheit fesselte alle Kräfte der Nation und ver-
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IV, 5. Die Cultur der Reactionsieit.
dämmte sie zur Abhängigkeit von einem schwachen Feinde,
dessen Ohnmacht offenkundig war und der sich in seinem
eigenen Gebiet nur durch die Kräfte zu behaupten vermochte,
welche Hellas selbst nicht zu verwerthen verstand. Und das zu
einer Zeit, wo Hellas materiell und geistig eine Höhe der Cultur
erreicht hatte, wie sie auf Erden noch nie gesehen war; wo
es als selbstverständlich galt, dass, wie Euripides es formulirt
hatte, die Ausländer von der Natur bestimmt seien, den Hel-
lenen zu dienen, den einzelnen als Sklaven, der Gesammtheit
als zinsende Unterlhanen; wo die Benennung »Ausländer«
den gehässigen und verächtlichen Klang erhielt, den das
Wort Barbar bis auf den heutigen Tag behalten hat; wo
die Hellenen von sich rühmten, sie seien das einzige Volk, in
dem das wahre Leben der Menschheit in der Form eines
freien Staats sich verwirklichen könne; wo gleichzeitig die
griechische Cultur, nicht nur ihre materiellen und militäri-
schen Errungenschaften, sondern auch ihre künstlerischen und
geistigen Güter, in immer weitere Kreise drang, zu Make-
donen und Thrakern, Kleinasiaten und Phoenikern, zu den
Völkern Italiens, ja nach Karthago und an die Höfe der per-
sischen Satrapen, so dass Isokrates, die Anschauung der
folgenden Jahrhunderte antieipirend, bereits behaupten konnte,
dass >der Hellenenname nicht mehr als Bezeichnung der Ab-
stammung, sondern der Gesinnung gilt, und wir Hellenen
eher die nennen, die an unserer Bildung Theil haben, als die,
welche von Geburt zum Volke gehören« (paneg. 50). Es war,
das durfte er mit Stolz aussprechen, Athen, das diese Cultur
geschaffen hatte; und noch immer war es die Bildungsstätte
von Hellas, noch immer drängte sich hier zusammen, wer
das Leben in höherem Sinne geniessen oder wer für seine
Schöpfungen und Gedanken Anerkennung finden wollte, und
in noch weit höherem Maasse als im vorigen Jahrhundert galt
der Satz, dass >was vor dem Urtheil Athens bestanden hatte,
damit bei allen Menschen der Anerkennung sicher sei«. Aber
als politische Macht, welche bestimmend in die Geschicke der
Welt eingriff, lag es am Boden; und an seine Stelle war mit
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Die neue Gultur. Hellenen und Barbaren. Euripides und Homer. 321
der allgemeinen Verwilderung eine Reaction getreten, die un-
fähig zu schöpferischer That sich in dem Bestreben verzehrte,
die lebendigen Kräfte niederzuhalten, auf denen allein die Zu-
kunft der Nation beruhen konnte.
902. Aus dem grossen Kampf um die Gultur, der die letzte
Generation in ihren Tiefen erschüttert hatte, war die moderne
Weltanschauung als Siegerin hervorgegangen (§. 882); trotz
aller aristokratischen und demokratischen Reaction beherrscht
sie mit ihrem Doppelantlitz alle Geister. Euripides, der Bahn-
brecher der neuen Ideen, hält jetzt nach seinem Tode den
Triumphzug durch ganz Hellas. Er verdrängt, zwar nicht in
der officiellen Werthung, wohl aber thatsächlich für alle Ge-
bildeten Homer aus seiner Stellung als Lehrmeister der Na-
tion, etwa in derselben Weise, wie für die Deutschen Goethe
an die Stelle der Bibel getreten ist. Schon beginnen in den
Kreisen der Fortgeschrittenen die Angriffe auf Homer: er ist
doch gar zu beschränkt und veraltet, und seine Behandlung
der Mythen und der Götter und Heroen gar zu kindlich und
abgeschmackt und garnicht zu vergleichen mit der tiefsinnigen
Art, wie die Modernen dem Stoff immer neue Seiten abzu-
gewinnen verstehen. Andere, die so weit nicht gehen wollten,
halfen sich mit allegorischen Deutungen, und wer feiner em-
pfand , konnte sich auch in der neuen Zeit der wunderbaren
poetischen Kraft und Wahrheit des ewig jugendfrischen Epos
nicht entziehen. Aber man fordert von dem Dichter nun einmal
ethische und philosophische Belehrung, wie Homer sie, wörtlich
verstanden, nicht bietet; so hat auch Plato, so schmerzlich es ihn
ankam, sich entschliessen müssen, Homer und seine Genossen
aus dem Idealstaat zu verbannen, ja er sieht in dem alten Sänger
den Urquell des vergiftenden Irrwahns, der den Schein für die
Wahrheit nimmt — wenn er auch als alter Mann eingesteht,
dass er keinen grösseren Kunstgenuss kennt als den Vortrag
Homers oder Hesiods durch einen guten Rhapsoden (leg. II,
58 d). Und dabei ist Plato durchaus Reactionär und Classicist
auch auf künstlerischem Gebiete. Deutlicher lässt sich nicht
aussprechen, dass eine unüberbrückbare Kluft die neue Zeit
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 21
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322
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
von der allen Cultur getrennt hat; die Naivität des Empfin-
dens, die unmittelbare Hingabe an den Eindruck, den 'natur-
wüchsigen fast möchte man sagen ins tinct massigen Glauben
der alten Zeit kann und will sie nicht mehr anerkennen: sie
ist durch und durch und mit vollem Bewusstsein reflectirt,
und nur was reflectirt ist, hat für sie noch Berechtigung.
903. In der äusseren Gestaltung des Gulturlebens zeigt
sich die lähmende Wirkung der ununterbrochenen Kriege und
Revolutionen auf allen Gebieten des künstlerischen Schaffens.
An hervorragenden Geistern und bedeutenden Künstlern frei-
lich war das vierte Jahrhundert nicht weniger reich als das
fünfte. Aber wenn damals die Cultur unter dem Zeichen
eines mächtig aufstrebenden Staats und darum der Staatsidee
stand, so fehlt jetzt der staatliche Mittelpunkt durchaus. Ly-
sander allerdings hat als Regent von Hellas zahlreichen Künst-
lern und Dichtern Beschäftigung gegeben (§. 755) ; aber Sparta
war auf diesem Gebiet am wenigsten geeignet Athen zu er-
setzen. Auch bei Dionys überwogen durchaus die rein prakti- j
sehen Aufgaben, auch in seiner Bauthätigkeit ; trotz oder vielmehr
gerade in Folge seiner eigenen Dichterthätigkeit hat er weder
Kunst noch Poesie gefördert, wenn auch Dichter wie Philo-
xenos und Literaten aller Art an seinem Hofe ein Unter-
kommen suchten. Weit mehr hat Archelaos von Makedonien
gethan: er wollte sein Volk in die griechische Cultur ein-
führen. Wie er die hervorragendsten Dichter zu sich berief
und auch Sokrates zu gewinnen suchte, so hat er seinen
Palast von Zeuxis ausmalen lassen. Aber mit seiner Ermor-
dung war es mit dem ephemeren Aufschwung Makedoniens
fürs erste vorbei. Grössere künstlerische Aufgaben sind in
der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts von den griechi-
schen Staaten nur ganz vereinzelt gestellt worden. So hat
Tegea, durch den engen Anschluss an Sparta zur Zeit viel-
leicht, wenn auch nicht die volkreichste, so doch die am
festesten stehende und wohlhabendste Gemeinde des Pelo-
ponnes, als im J. 394 der Tempel der Alea (Athena) nieder-
gebrannt war, durch Skopas von Paros den grössten und
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Die Kunst Zurücktreten der staatlichen Aufgaben. 323
schönsten aller Tempel des Peloponnes erbauen lassen. Da-
neben ist etwa noch der Tempel des Asklepios in der grossen
Kuranstalt von Epidauros zu nennen. In Athen dagegen
bildet das Erechtheum, das in der Noth des dekeleischen
Kriegs vollendete Wunderwerk des ionischen ätils (§. 713),
auf lange Zeit den Abschluss der grossen staatlichen Bau-
thätigkeit. Mehr Beschäftigung durch die Staaten erhielten
Plastik und Malerei; Götterstatuen, Weihgeschenke von Erz
und Marmor, Gemälde wurden auch jetzt noch in grosser
Zahl in Auftrag gegeben, und auch Athen hat, wenn es ein-
mal Erfolge hatte, sie künstlerisch verherrlichen lassen. So
malte Pamphilos von Amphipolis den siegreichen Kampf bei
Phlius (§. 864 A.); nach dem Frieden von 374 schuf Kephisodot
von Athen sein berühmtestes Werk, die Statue der Friedens-
göttin (§. 936) ; und die Schlacht von Mantinea wurde in der
Halle des Zeus Eleutherios auf dem Markt von Euphranor durch
drei grosse Wandgemälde verherrlicht, den Reiterkampf vor
der Schlacht, die Versammlung der zwölf Götter, und Theseus
zwischen der Göttin Demokratie und dem personificirten Demos.
Palast des Archelaos: Aelian v. h. XIV, 17. Tempel von Tegea :
Pausan. VIII, 45. 4 f. lieber die Chronologie der Bauten in Epidauros:
Br. Keil, MAI. XX. Gemälde des Euphranor: Pausan. I, 3, 3 f. — Auf
die innere Entwicklung der Kunst in diesem Zeitraum , die noch sehr
wenig aufgehellt ist, werden wir im nächsten Bande zurückkommen
müssen. Vgl. W. Klein, Praxiteles, 1898.
904. Indessen das alles waren doch nur Ausnahmen, die
für die Gesammtentwickelung der bildenden Kunst kaum mehr
ins Gewicht fielen; die erste wahrhaft grosse und neue Auf-
gabe, die ihr nach dem Falle Athens wieder von einer Regierung
gestellt worden ist, war das Grab des Maussollos von Karien
(353 v. Chr.). Im wesentlichen hat die Kunst des vierten Jahr-
hunderts für Privatleute gearbeitet, und zwar nicht mehr allein,
wie in der alten Zeit, Weihgeschenke, die sie den Göttern als
Zehnten ihres Geschäftsgewinns oder sonst als Dank für ihre Hülfe
darbrachten, und daneben etwa noch die Reliefs der Gräber,
sondern in stets steigender Zahl auch Kunstwerke für den
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324 IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
Schmuck der Wohnungen. Die Lebenshaltung war üppiger
geworden ; und wenn die Masse verarmt war, so konnten die
Reichen um so mehr jedes Bedürfniss befriedigen. Daher über-
nimmt unter den bildenden Künsten jetzt die Malerei entschie-
den die Führung, und zwar nicht mehr das Wandgemälde mit
seinen grossen, rasch hingeworfenen Com Positionen, sondern
das Tafelbild, das erst die volle Entfaltung des künstlerischen
Könnens und die sorgfaltigste Ausführung im Detail gestattet.
Durch Apollodoros, Zeuxis, Parrhasios war die Malerei tech-
nisch ebenso sehr vervollkommnet wie künstlerisch : man konnte
jetzt die verschiedensten Nuancen der Farben herstellen und
ein warmes lebenswahres Golorit schaffen; die Schattirung
war durch Apollodor eingeführt, in der Feinheit und Prä-
cision der Zeichnung wetteiferten Zeuxis und Parrhasios mit
einander. Auf der neu erschlossenen Bahn schritten die
Künstler des vierten Jahrhunderts von Generation zu Genera-
tion vorwärts. Die Gemälde der grossen Meister waren viel-
fach in Tempeln oder sonst an allgemein zugänglichen Orten
zu finden; aber weit grösser muss bei ihnen und vollends
bei den Künstlern zweiten und dritten Ranges und bei den
höheren Kunsthandwerkern die Zahl der Werke gewesen
sein, die in Privatbesitz übergingen. Dadurch wurde die Fort-
entwickelung in der Richtung, die im fünften Jahrhundert
begann, nur gefördert: die Kunst löst sich los von den prak-
tischen Aufgaben sowohl wie von den religiösen und staat-
lichen Bedürfnissen, aus denen sie erwachsen ist, sie wird
Selbstzweck, und jeder Meister schafft sein Werk unbekümmert
um jede andere Rücksicht rein aus der individuellen Auf-
fassung seiner Kunst heraus. Auch da, wo ihm eine bestimmte
Aufgabe gestellt ist, etwa ein Götterbild, ein Votivgemälde,
die Darstellung eines Priesters oder eines Kriegers für ein
Weihgeschenk, gestaltet er es lediglich nach seinem künst-
lerischen Triebe, und die Besteller sind damit zufrieden, weil
auch ihnen das Kunstwerk an sich zur Hauptsache geworden
ist. Daher gewinnt auf der einen Seite die individuelle Cha-
rakterisirung nicht mehr nur des Vorgangs, sondern auch der
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Malerei und Plastik.
325
dargestellten Figuren immer grösseren Raum, auf der anderen
das Genre. Mit Vorliebe greifen die Maler ihre Sujets aus dem
täglichen Leben, und sie tragen diese Behandlung auch in die
Darstellung von religiösen und mythologischen Gegenständen, von
Kampfscenen u. ä. hinein — berühmt ist, wie aus dem fünften
Jahrhundert Zeuxis' Kentaurenfamilie, so jetzt, die von Aristides
von Theben gemalte Scene aus der Eroberung einer Stadt, »wo
ein kleines Kind zu der auf den Tod getroffenen Mutter heran-
kriecht, um aus der Brust zu trinken, und man empfindet, wie
die Mutter fürchtet, es möchte statt Milch Blut saugenc, ein Ge-
mälde, das Alexander bei der Zerstörung Thebens nach Pella
entführte; ferner Pausias' Blumenscenen und sein Stieropfer
mit der verkürzten Darstellung eines riesigen Stieres. Der
Hochsitz der Malerei — und auch das ist für die veränderte
Stellung der Kunst bezeichnend — war jetzt nicht mehr eines
der grossen politischen Gentren der Nation, sondern das ab-
seits gelegene Sikyon. Hier haben Eupompos (um 400) und
sein Schüler Pamphilos von Amphipolis eine Malerschule be-
gründet, die sich durch Generationen fortsetzt und in Pam-
philos' Schülern Pausias und Melanthios und in der nächsten
Periode in dem grössten von allen, Apelles von Kolophon, ihren
Höhepunkt erreicht. Daneben stehen die Fortsetzer der atheni-
schen Traditionen, vor allem der ältere Aristides von Theben und
Euphranor von Korinth. Auch in der Plastik tritt die gleiche Ten-
denz hervor, sehr stark namentlich in den herrlichen, zum Theil
von Meistern ersten Ranges geschaffenen athenischen Grabreliefs
aus dem vierten Jahrhundert. Aber auch in Kephisodots Eirene
mit dem Plutosknaben ist die Annäherung an diese Behand-
lungsweise unverkennbar. Die Göttin wahrt noch die Majestät
des alten Cultbildes ; aber sie trägt den Knaben nicht mehr als
Attribut, wie Phidias' Athena die Nike, sondern sie wendet sich
ihm zu und er streckt ihr den Arm entgegen: das Gottesbild zeigt
uns zugleich eine Familienscene aus dem Leben der Götter.
Im übrigen steht die Plastik in einem Uebergangsstadium ;
erst zu Ende der Epoche erstehen die grossen Meister, Skopas
von Paros, Praxiteles von Athen, der Sohn Kephisodots, und
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IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
dann Lysippos von Sikyon, welche den von der Malerei ge-
wonnenen Vorsprung einzuholen und die Plastik zu einer zweiten
Epoche höchster Blüthe zu erheben berufen waren.
905. Aeusserlich betrachtet scheint es um Musik und
Poesie wesentlich anders zu stehen. Hier hat Athen seine
grossen Culturschöpfungen auch in den Zeiten des Nieder-
gangs unverändert aufrechterhalten und daher auch seine
centrale Stellung behauptet. Nach wie vor folgt ein Fest dem
anderen, jedes mit musikalischen und dramatischen Auf-
führungen. Die einzige Abweichung von der alten Ordnung
ist, dass das Satyrdrama von den Tragödien losgelöst,
und auf ein einziges Stück zu Anfang der Aufführungen be-
schränkt ist ; dann folgt die Wiederaufführung eines classischen
Stücks, und darauf die drei um den Preis concurrirenden
Trilogien. Bei den Komödien ist die Zahl der Stücke sogar
auf fünf erhöht worden. So stand das vierte Jahrhundert an
Masse der Production dem fünften in keiner Weise nach.
Das Publicum, Athener wie Fremde, nimmt an ihr den-
selben Antheil wie früher; und dazu hält jetzt wie der in
Athen wenn nicht geschaffene so doch in seiner modernen
Form ausgebildete Dithyrambos, so die dramatische Poesie
ihren Siegeszug durch die ganze Hellenenwelt; bei jedem
grösseren Feste sind sie unentbehrlich, überall erbaut man
Theater nach dem Muster Athens. Aber innerlich haben
beide Künste ihr Wesen vollständig geändert. Die alte Kunst
ist mit der alten Cultur untergegangen; mögen vereinzelte
Idealisten, wie Plato, auch jetzt noch darüber klagen, dass die
moderne Kunstweise durch und durch corrupt ist, dass die
Musiker und Dichter dem Geschmack des grossen Haufens
fröhnen statt das Publicum zu sich emporzuheben und wahr-
haft zu belehren, mögen sie, in Anknüpfung an ein Wort
Dämons (§. 313A.), darin eine der tiefliegendsten Wurzeln
der von Sicilien und Italien herübergekommenen sittlichen
und politischen Gorruption sehen (rep. IV, 424 c. leg. II,
659 b ff.) , die Hoffnungslosigkeit einer Reform müssen auch
sie anerkennen. Die Musik und der Dithyrambos haben offen-
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Dichtung und Musik. Dithyrambos und Tragödie.
327
bar ähnlich wie die Malerei, nachdem die Grundlagen der
neuen Kunst geschaffen waren, eine lange Epoche höchster
Blöthe erlebt; sie stehen jetzt durchaus im Mittelpunkt des
ästhetischen Interesses, vielleicht in noch höherem Maasse als
die Musik im deutschen Gulturleben des neunzehnten Jahr-
hunderts und — das darf man angesichts der zahlreichen
Zeugnisse der Literatur nicht verkennen — in weit höherem
als die bildende Kunst. Kein Name eines Dichters des vierten
Jahrhunderts ist auch nur annähernd so gefeiert wie die des
Philoxenos und des Timotheos (§. 488) und ihrer grossen Nach-
folger, vor allem des Telestes von Selinus (siegt in Athen 401)
und des Polyidos — für uns sind sie freilich so gut wie ver-
schollen. Wesentlich anders steht es um das Drama. In
der Tragödie herrscht jetzt Euripides durchaus; fast ohne
Ausnahme folgen die neueren Dichter seinem Vorbild. Aber
Euripides selbst hatte bereits die Tragödie innerlich zersprengt;
über ihn hinaus führt kein Weg mehr. So bleiben seine
Nachfolger trotz aller Begabung doch nur Nachahmer, die
wohl einen Tageserfolg gewinnen und zeitweilig hoch gefeiert
werden mögen, wie Astydamas und später Theodektes von
Phaseiis, von denen sich aber kein einziger dauernd im Ge-
dächtniss der Nation behauptet hat. Das lebendigste Inter-
esse haftet doch immer an den classischen Stücken der grossen
Zeit, vor allem des Euripides selbst, die man immer aufs
neue zu hören begehrt. Daher wird jetzt für die Aufführungen
der Schauspieler fast wichtiger als der Dichter; auch für ihn
werden Preise ausgesetzt, die ihm ermöglichen ganz seinem
Berufe zu leben, und in der Schauspielkunst entwickelt sich
ein Virtuosenthum genau derselben Art wie in den musikali-
schen Aufführungen. — Auch die Komödie hat in ihrer ur-
sprünglichen Gestalt den Fall Athens nicht überlebt. Es ist
ergreifend zu sehen, wie Aristophanes , der uns wie kein
anderer das alte Athen und die alte Komödie lebendig macht,
nun auch das Bild der gefallenen Stadt, die sich trotz aller
Versuche nicht wieder aufraffen kann, und mit ihm die neue
Komödie vorführen muss, die wie die neue Stadt von der
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IV, 5. Die Cultur der Reactionsieit.
alten Herrlichkeit nur noch die Trümmer bewahrt. Gerade
die Ekklesiazusen (§. 861 A.) führen uns den Wandel der Zeiten
und den ungeheuren Abstand nur um so deutlicher vor Augen,
weil sie mit Ausnahme des durch musikalische Zwischenspiele
fast völlig verdrängten Chors nicht nur die alte Form festhalten,
sondern . auch beweisen , dass der Dichter nicht gealtert und
seine komische Muse so zeugungskräftig ist wie je. Im Plutos
(§. 873) sehen wir dann die neue Gestaltung schon im wesent-
lichen vollendet. Die jüngeren Rivalen des Aristophanes, vor
allem Plato und dann Theopompos und Strattis, haben den
Wandel mitgemacht, die Nachfolger, in erster Linie Ana-
xandridas und Antiphanes, die neue Form, >die mittlere
Komödie«, voll ausgebildet. Die Politik und die persönliche
Invective tritt ganz zurück bis auf gelegentliche Anspielungen
auf Zeitereignisse und stadtbekannte Persönlichkeiten, wie in
unseren Possen ; den Gegenstand bilden Scenen aus dem All-
tagsleben und Vorführung von Charaktertypen, Verspottung
philosophischer Lehrmeinungen und Lebensführung, wozu die
Ekklesiazusen die Vorläufer bilden, und daneben mytho-
logische Parodien, <Jie nicht selten ein bekanntes Drama tra-
vestiren; ferner Märchen und allegorische Darstellungen,- wie
eben schon Aristophanes' Plutos. So knüpft die »mittlere«
Komödie nicht an Kratinos, Aristophanes und Eupolis an,
sondern vielmehr an Krates und Pherekrates; sie nähert sich
immer mehr dem sicilischen Lustspiel Epicharms. Daher ist
sie auch nicht mehr untrennbar an den Boden Athens ge-
bunden; unter ihren Vertretern stammen gerade die hervor-
ragendsten aus der Fremde, Anaxandridas aus Rhodos, Anti-
phanes aus Kleinasien, der etwas jüngere Alexis aus Thurii;
und zum Theil haben sie wohl auch nicht nur für Athen,
sondern daneben für andere Bühnen gedichtet.
Für die dramatischen Aufführungen in Athen s. die Fragmente der
Kataloge CIA. II, 971 ff. DS. 695 ff. Dass schon im J. 388 fönf Komö-
dien aufgeführt wurden, lehrt die Didaskalie zu Aristophanes' Plutos. —
Für die Bedeutung der Dithyrambiker vgl. die Daten der parischen
Chronik und bei Diodor, ferner Plut. Alex. 8, wonach Alexander ausser
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Die mittlere Komödie. — Die sophistisch-rhetorische Erziehung. 329
den drei grossen Tragikern die Dithyramben des Telestes und Philo-
xenos mit nach Asien nahm, ausserdem noch Philistos' Geschichts-
werke. Ferner §. 489 A.
Sophistik und Rhetorik. Isokrates.
906. Aber die Poesie steht im vierten Jahrhundert über-
haupt nicht mehr im Centrum des geistigen Lebens. An ihre
Stelle ist die Prosaliteratur und zunächst vor allem die Rede-
kunst getreten. Durch die Praxis der politischen und Gerichts-
rede und durch die theoretisch begründete Thätigkeit der
Sophisten hat die sprachliche Form der Prosa ihre volle Aus-
bildung erhalten, so dass jetzt ihre Erzeugnisse, z. B. die
Schriften des Isokrates, beanspruchen dürfen, als gleich-
berechtigte Kunstschöpfungen der poetischen Literatur zur
Seite zu treten. Auf der anderen Seite ist die Unentbehr-
lichkeit einer geistigen Schulung für das praktische Leben an
der Hand des Sprachunterrichts, wie sie die Sophisten be-
gründet haben, jetzt in der ganzen gebildeten Welt anerkannt.
In Thessalien wirkt zu Anfang des Jahrhunderts noch der
alte Gorgias, und neben ihm seine Schüler, wie Polos von
Agrigent, Likymnios von Ghios (zugleich Dithyrambendichter),
Lykophron; auf Gypern wird unter Euagoras Salamis auch
auf diesem Gebiet geradezu eine Filiale Athens. Aber der
Hochsitz der modernen Erziehungskunst bleibt Athen. Wenn
dieselbe nicht in Athen entstanden ist, so sind es jetzt
Athener, welche auch auf diesem Gebiet alle auswärtigen
Concurrenten in den Schatten stellen : die schöpferische Kraft,
welche im fünften Jahrhundert dem Drama zufloss, wendet
sich jetzt der Redekunst zu. Bald strömt aus ganz Hellas
die wohlhabende Jugend nach Athen, um bei den attischen
Meistern zu lernen. Die Erben der grossen Sophisten halten
fest an dem Anspruch ihrer Vorgänger, durch den Besitz der
richtigen Erkenntniss und der richtigen Methode jede Frage
in angemessener Weise ebenso geistreich wie überzeugend be-
handeln zu können und daher auch die berufenen Erzieher
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830
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
für das sittliche und praktische Leben zu sein. Allerdings
ist der Sophistenname durch die Angriffe gegen seine Träger
in Misscredit gekommen; so nehmen ihre Nachfolger ganz wie
Sokrates und seine Schüler den bescheidener klingenden Philo-
sophennamen für sich in Anspruch, so wenig er für ihr Wesen
passt, und verwerthen den alten Ehrentitel geringschätzig zur
Bezeichnung ihrer Concurrenten. Thatsächlich freilich ist diese
Philosophie nichts anderes als Rhetorik, eventuell verbrämt
mit dialektischen Vorübungen und einigen moralischen und
politischen Unterweisungen. Hier behauptet jeder Lehrer die
empfehlenswertheste und am besten bewährte Methode zu
besitzen, durch die er jeden Schüler mit Sicherheit ans Ziel
führt, der anerkannte Meister in einem langen Lehrcursus
gegen hohes Honorar, der weniger Erfolgreiche und der An-
fanger in ein paar Stunden für drei oder vier Minen. Ein
Theil, die > Streithähne« (Eristiker), bevorzugt die üebungen
im Disputiren und im Fangspiel sophistischer Trugschlüsse,
in der Art, wie sie Plato im Euthydemos so köstlich ge-
schildert hat. Wer höhere Ansprüche erhebt, folgt meist der
von Tisias, Gorgias, Thrasymachos begründeten Methode, und
lässt den Schüler auf Grund eines systematisch durchgebildeten
Lehrsystems — das sie dann eventuell auch als Buch (tfyvr,)
publiciren — schriftliche Ausarbeitungen über ein gegebenes
Thema und Uebungen im Vortrag ausführen. Da hat dann
jeder seine besonderen Erfindungen, auf die er sich nicht
wenig zu Gute thut, neue Definitionen und Eintheilungen,
praktische Rathschläge, und vor allem sprachliche Kunststücke,
wie bei Isokrates die Meidung des Hiatus und die Rhythmi-
sirung der Prosa. Dieser Richtung gehören neben vielen
anderen, die für uns verschollen sind, Theodoros von Byzanz
und vor allem Isokrates von Athen an, ein Schüler des Gorgias;
ferner sein Landsmann Polykrates, der in höherem Alter, nach-
dem er in der Heimath Schiffbruch gelitten hatte, auf Cypern
eine Schule eröffnete. Neben den Theoretikern stehen die Prak-
tiker, unter denen seiner Zeit Lysias, der begehrteste Anwalt
Athens, und eben darum nur nebenbei als Lehrer thätig, die
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Sophisten und Rhetoren. Die moderne Erziehung. 331
erste Stelle einnahm; sodann Isaeos und andere. Im Gegen-
satz zu der herrschenden Manier stellt Alkidamas von Elea,
gleichfalls ein Schüler des Gorgias, der vor 380 in Athen als
Lehrer auftrat, in einer lebendig geschriebenen Streitschrift,
die Kunst der Improvisation in den Vordergrund: sie allein
sei der wahren Rhetorik und Philosophie würdig, die übliche
Manier dagegen, »aus den Schriften der früheren Sophisten
Sentenzen zusammenzulesen und nachzuahmen«, sei für die
Praxis werthlos; vor Gericht komme es auf Schlagfertigkeit
an, und mit einem auswendig gelernten Vortrag mache man
. sich nur lächerlich. — Neben all diesen seltsamen Lehrern
der Weisheit und Tugend stehen die wahren Philosophen,
die Erben des Sokrates, auch sie mit dem Anspruch, die
richtige Erziehung für das Leben zu geben, auch sie zum
Theil wenigstens bereit, die rednerische Ausbildung in ihr
Programm aufzunehmen, aber alle mit der Forderung einer
tieferen Begründung der Erziehung auf der Basis der Sittlich-
keit und der Erkenn tniss.
Ueber die Gestaltung des Erziehungsproblems im vierten Jahrhun-
dert und die Stellung der Sophistik, Rhetorik und Philosophie zu dem-
selben s. vor allem die Einleitung zu v. Arnim's Leben und Werken des
Dio von Prusa, 1898, die auch in dem Abschnitt über die Sophistik
Buch III, 4 hätte citirt werden sollen. Für die einzelnen Redner genügt
meist der Verweis auf Blass' attische Beredsamkeit. — Nicht nur Iso-
krates nennt genau wie Plato durchweg sich selbst Philosoph und seine
Gegner Sophisten, sondern ebenso Alkidamas (c. soph. 2. 15. 29) und
Polykrates (Isokr. Busir. 1: er ist avaStcuc Sooxo^iüv, ex 3fe «piXoso^ i'a$
ypYjji.aTiCBsä'ai CTjtfiv, während Isokrates ihn 43 als Sophisten bezeichnet);
desgleichen nennt Lysias Olymp. 3 seine Rivalen Sophisten (ebenso den
Aeschines und Plato Athen. XIII, 612 f. Aristid. II, p. 407 Dikdorf).
Ohne gehässigen Nebensinn finde ich ootpistr,; bei Isokrates nur 2, 13.
— Die von Isokrates in der Sophistenrede bekämpften jetzt lebenden
Gegner (ol Spxi t<Lv sotpisxüiv avay o6|j.svoi xal vsiorcl itposneTtxojxox«; tat?
ÄXaCovsiaic §. 19, im Gegensatz zu den Aelteren , deren xiyyv.: im fol-
genden angegriffen werden) zerfallen in zwei Classen : 1) ol nspl ti; eptoa?
2tatpQsovTtc [= ol Kipl xä<; fptSa? xaXiv&oujisvoi, die, trotz der Unbrauchbar-
keit ihrer XoYto"ia, ojuuc ipsxYjv enYjfYe^avT0 owfpoaövrjv], armselige Ge-
sellen, die ihren 8chölern für ein Spottgeld beibringen wollen, dass sie & ts
Rpftxxlov iaxlv etaovxat xal Sta xaoxYjc xy^ licvstrptfi »^atfiovt; YßvYjOovtat —
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IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit
und dabei trauen sie ihnen nicht einmal, dass sie das Honorar zahlen
werden! [ebenso Plato Gorg. 519c; wie man behaupten kann, dass Iso-
krates hier gegen Antisthenes oder Plato polemisire, ist unverständlich];
2) oi -coli; tioX:-ty.o*j; Xo-you; •jnt^vou'i.ivot , die Anleiter zur Redekunst,
zu denen Isokrates zwar auch gehört, denen er aber, weil er Methode
und Ziel richtig erkennt, weitaus überleben ist. Die erste Ciasse erscheint
auch in der Helena: a)./.o». ?A 7t:y. -ci; fyt'/a; dtaTot^oos: -ü; oöoiv jiiv
ilif i>.o6stt( cet., §. 1 ; damit wollen sie von jungen unerfahrenen Leuten
Geld verdienen, obwohl diese '/.vtoi jay/^ npo; tv ypY^tjjio'. f>Y//ivoj-:v ovts^,
§. 6. Aber neben sie treten hier die Sokratiker, speciell Antisthenes
($. 1. 8), die die Unmöglichkeit eines Widerspruchs und die Einheit aller
Tugenden behaupten und die Tugend nicht im Charakter (y 'jzt:), sondern
im Wissen (tKistV p.*;) suchen, und das Leben der Bettler und Verbannten
für glücklicher erklaren als das der anderen Menschen. Plato ist natürlich
unter diese Leute eingeschlossen; aber dass Isokrates ihn speciell im
Auge gehabt habe, ist in der Helena nirgends nachweisbar. Alle an-
deren Deutungen dieser Stellen scheinen mir verfehlt zu sein. — Das
Verbältniss zwischen Isokrates und Plato hat verschiedene Wandlungen
durchgemacht. Der Schluss des Euthydem ist wohl zweifellos gegen Iso-
krates und zwar speciell gegen seine Verachtung der »Eristik« gerichtet
(305 d); damals aber, etwa um 390, stand Isokrates noch im Anfang
seiner Laufbahn. Später, nach dem Panegyrikos, folgt die Anerkennung
im Phaedro?, dass Isokrates alle seine Concurrenten weit hinter sich lasse
und in Zukunft eine noch höhere Stufe erreichen könne. Auch Isokrates
hat sich damals dem Plato genähert ; im Busiris (s. u.) bezieht sich die
Angabe, das.« tu>v 3'.Xo~Ö5u>v o: otiso tiöv toigütiuv (die Staatsverfassung) Xevstv
ZTZ'./v.po'r/'zi xal \kauzx' sjooxtjjLotjvxe^ dem aegyptischen Kaslenstaat und
nächstdem dem spartanischen Staat den Vorzug geben , offenbar auf
Piatos Politik. Vgl. Praxiphanes bei Diop. L. III, 8, der in einem Dialog
tcspi jcoiYjttfiv Isokrates als Gast Piatos einführte. Noch mehr besagt, dass
Isokrates später den erzieherischen Werth der Eristik als pjAvcoia rr^
'iV.'fi *«• -'*y/.?A-iy\ rr(; yXwi anerkennt (antid. 258 ff. ; vgl. ep,
5, 3), im Gegensatz zur Sophistenrede und zur Helena. Aber als End-
ziel kann keiner von beiden die »Philosophie« des anderen anerkennen.
Für Isokrates sind jetzt oi ev to:; sv.raxo!; S'jvasxsuov:!; x«: oi
Tispi ttjv astp&Xo-pav xal "in»\i.sx'/:'jL/ xai z* xoiaOta xiüv •xaJW-uäTojv v.a-
tptgiovtic, d. i. Plato, »zwar nützlicher als die Menge glaubt, aber doch
nicht in dem Maasse wie sie behaupten« (antid. 261). Plato bleibt für Iso-
krates der Eristiker; denn eine Erkenntniss der W;ahrheit gibt es nicht:
tY,v xa/.d'jpivqv >'}zo t:vu>v tfiMzofi™ o;>x slvat ^ YtjAt $. 270. Zu den spä-
teren Beziehungen der Schulen vgl. ep. 5 an Alexander, und Kephiso-
dots Angriff auf Aristoteles. — Auf Alkidamas' Sophistenrede erwidert
Isokrates im paneg. 11 ff. — üeber Polykrates 8. vor allem Isokrates' Bu-
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Die rhetorische Literatur. Prunkreden und Cabinetsstücke. 833
siris, der wahrscheinlich erst nach dem Scheitern des persischen Angriffs
von 878 (§. 900) geschrieben ist, s. §. 13 ; auch die Angriffe auf Sparta
§. 19 f. können erst geraume Zeit nach dem Königsfrieden geschrieben
sein. Seine Rede gegen Sokrates wird übrigens Poly^rates früher (um
890?) verfasst haben, ehe er aus Athen fortgehen musste und Lehrer
wurde.
907. Nach alter Weise geben die Erziehungskünstler
Musterstücke als Proben ihres Könnens heraus« durch die sie
die Rivalen überbieten und die Kunden anlocken wollen. Die
universellen naturwissenschaftlichen und erkenntnisstheoreti-
schen Probleme freilich, welche die älteren Sophisten behan-
delt haben, sind jetzt abgethan; das sind Themata, über die
so viel Paradoxen aufgestellt sind, dass sich nichts Neues mehr
vorbringen lässt. Die neuen Formen der rhetorischen Lite-
ratur hat bereits Gorgias in seinen späteren Jahren aufgestellt ;
neben den grossen Prunkreden, die noch an eine praktische
Aufgabe anknüpften, einer Leichenrede auf die gefallenen
Athener, und der olympischen Rede, in der er wahrscheinlich
im J. 408 die Griechen zur Einigung und zum Nationalkrieg
gegen Persien aufforderte , verfasste er ' eine Anzahl kleiner
Gabinetstücke, das Lob der Helena, die Vertheidigung des
Palamedes. Die Aufgabe war, die Behandlung des unschein-
baren Themas unmerklich auf grosse allgemeine Gesichts-
punkte hin überzuführen , die dem Schriftsteller vor allem am
Herzen liegen. So wird Gorgias' Helena eine Verkündigung
der Allgewalt der Rede, Isokrates' Concurrenzschrift über das-
selbe Thema nicht nur ein Preis der Allmacht der Schönheit,
sondern zugleich eine Verherrlichung Athens und seiner Cultur,
sein Busiris eine Darlegung des festgefügten aegyptischen
Staatswesens und seiner socialen Gliederung, die hier als ein
politisches Ideal erscheint, das auch Sparta nur unvollkommen
nachgeahmt hat. Ebenso hat Antisthenes die Reden des
Aias und Odysseus im Streit um die Waffen Achills benutzt,
um seine Ansicht über die Minderwerthigkeit der physischen
Kraft gegenüber dem wahren Staatsmann und Feldherrn dar-
zulegen, der in) Besitz der Weisheit ist und daher die Situ-
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IV, 5. Die Cultur der Reactionsieit.
ation beherrscht. Aehnlich hatte bereits Hippias sein Lehr-
programm dem Nestor in den Mund gelegt (§. 524). Bei
anderen dagegen artete diese Manier in kindische Spielerei
aus, so bei Alkidamas in der Lobschrift auf den Tod, bei
Polykrates in dem Preis der Fliegen oder des Busiris und der
Klytaemnestra. Auch Lysias' bei Plato erhaltene Liebesrede,
die beweisen will, dass es rathsamer sei, dem nicht Verliebten
als dem Liebhaber zu willfahren, ist um nichts besser. Ver-
einzelt stellten die Redner ihre Kunst auch den politischen
Bestrebungen zur Verfugung, so Thrasymachos in der Rede
für die Larisaeer (§. 765), Lysias in der olympischen Rede
gegen Dionys (§. 87(3), Polykrates in seiner Anklageschrift
gegen Sokrates, die offenbar zur Abwehr des Plato und an-
derer Sokratiker auf Betreiben des Anytos und seiner Ge-
sinnungsgenossen verfasst ist, und auf die dann wieder Lysias
mit einer Verteidigungsrede antwortete. Nicht minder leb-
haft als um den todten Sokrates wurde um Alkibiades
gekämpft (§. 919). Hinzu kommt die Veröffentlichung der
Plaidoyers aus den Processen. Lysias hat nach dem Muster
Antiphons Hunderte von Processreden veröffentlicht, ebenso
Isaeos, Isokrates dagegen nur einige wenige. Die feiner Em-
pfindenden freilich sahen auf das Treiben der »Redenschreibert
mit unverhohlener Verachtung herab (§. 852) — etwas wesent-
lich anderes war es, wenn ein Politiker wie Andokides die in
eigener Sache gehaltenen Reden veröffentlichte — ; aber trotz-
dem fand diese ganze Literatur ein grosses Publicum und wurde
namentlich von der Jugend mit Begier verschlungen (vgl.
Phaedros bei Plato). Sie war nun einmal recht eigentlich
der Ausdruck der modernen Zeit; das praktische Bedürfniss
nach rhetorischer Ausbildung und das theoretische nach Ge-
winnung einer ethischen und politischen Lebensnorm wurde
allgemein empfunden, und daneben stand die Freude an der
Discussion und dem wenn auch noch so verschrobenen Scharf-
sinn und nicht am wenigsten an der schönen Form.
Ueber Gorgias' und Isokrates' Helena vgl. jetzt Thiele, Hermes 86,
218 ff., dem ich freilich nicht in allem zustimmen kann.
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Die Redeliteratur. Isokrates. 335
908. Innerlich freilich war dies ganze Treiben hohl und
unwahr im höchsten Grade, und nur zu geeignet alles
gesunde Empfinden zu zerstören und das durch die furcht-
baren politischen Zustände schon verwüstete moralische Ge-
fühl vollends zu ersticken. Das Aergste war, dass Publicum
und Schriftsteller sich gegenseitig ernst nahmen oder wenig-
stens ernst zu nehmen vorgaben; wie Gorgias, der trotz all seiner
Schwächen doch immer ehrlich war, ihre kleinen Aufsätze als
eine Spielerei (rco^viov, Helena 21) zu bezeichnen, wäre seinen
Nachfolgern nie in den Sinn gekommen. Es ist nicht anders
als wie Plato wieder und wieder das Wesen der Sophistik
charakterisirt : sie jagen dem Schein nach und geben ihn für
Wahrheit aus; sie sind in Wirklichkeit, mögen sie formell
noch so begabt sein, doch nur armselige Schlucker, welche
die Verirrungen einer todtwunden Zeit benutzen, um ihren
Schülern für eine Summe Geldes ein paar praktische Kunst-
griffe für das Leben beizubringen. — Die innere Wert-
losigkeit der herrschenden Manier hat auch der Mann er-
kannt, der unter ihnen allen den grössten Namen gewonnen
hat , Isokrates von Athen (geb. 436 v. Chr.). Er war der
Sohn eines wohlhabenden Flötenfabrikanten, und hat in seiner
Jugend den Erziehungscursus des Gorgias durchgemacht: als
er durch den Krieg sein Vermögen verloren hatte, wie so
viele andere, hat er gleich nach der Restauration der Demo-
kratie begonnen, was er bei Gorgias gelernt hatte, als Reden-
schreiber praktisch zu verwerthen. Seine Begabung reichte
über das Durchschnittsmaass kaum hinaus ; und in der Kunst,
schlicht und klar das Treffende zu sagen, stand er hinter
Lysias weit zurück. Aber er hatte eine feine Empfindung
für den Wohlklang der Sprache; und durch unermüdlichen
Fleiss, durch ununterbrochenes Feilen, wusste er seinen Perio-
den eine vollendete Abrundung zu geben, die über die er-
müdende Breite hinwegtäuschte — den modernen Leser aller-
dings, der für diese Art der Schriftstellerei kaum noch ein
Organ hat, verführt sie umgekehrt oft genug dazu, den In-
halt seiner Schriften zu unterschätzen, üeberhaupt war Iso-
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IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
krates eine feinfühlige Persönlichkeit, sehr ähnlich seinem
römischen Gegenbilde Cicero; die Schroffheit und die rabu-
listische Art des geborenen Advocaten, welche Lysias zeigt,
war ihm fremd. Zwar war er unermesslich eitel, wie alle
flachen Geister, und daher empfindlich und gegen Gegner und
Concurrenten oft gehässig und boshaft (vgl. den Eingang des
Busiris), aber keineswegs ohne wahre Empfindung; er hatte
wirklich Ideale, und wenn er von seiner Heimath und von
der Noth von Hellas spricht, kann man durch alle Phrasen
hindurch ein warmes Gefühl nicht verkennen. Vor allem aber
besass er Verständniss für das was seine Zeit brauchte. So
war er zwar zum Redner gänzlich ungeeignet — er konnte
überhaupt nicht frei sprechen, und es ist ein sinnverwirrender
Missbrauch, wenn wir seine Broschüren Reden nennen — .
wohl aber geschaffen zum tonangebenden Literaten, der immer
Dem formvollendeten Ausdruck gibt, was die grosse Masse
der Gebildeten empfindet und sagen möchte. Durch seine
Advocatenthätigkeit konnte er sich nicht befriedigt fühlen, und
den Widerspruch zwischen Theorie und Praxis in dem üb-
lichen rhetorischen Unterricht empfand er sehr wohl. So trat er,
als er um das J. 393 in Athen seine Schule eröffnete — vor-
her soll er eine Zeit lang auf Chios gelehrt haben — , mit
einem anderen Programm auf als seine Gollegen.' Der An-
spruch die Tugend lehren zu können, ist lächerlich, und eine
sichere Erkenntniss gibt es überhaupt nicht; die Eristik be-
schäftigt sich mit nutzlosen Dingen, die praktischen Rede-
lehrer aber besitzen weder die richtige Unterrichtsmethode,
noch ist die Abrichtung für Rechtshändel ein würdiges und
sittlich gerechtfertigtes Ziel der Erziehung. Die wahre Auf-
gabe ist, die angeborenen Anlagen richtig zu entwickeln, die
Schüler vom Schlechten abzulenken und zu tüchtigen Staats-
bürgern zu machen, die zugleich im Stande sind, vernünftig
zu urtheilen und das Wahrscheinlichste zu erkennen. Das ist
die einzig wahre Philosophie. Das Mittel dazu bietet die ernst-
hafte Beschäftigung mit der Redekunst, die nicht an trivialen
Objecten und Processen, sondern an grossen und edlen Gegen-
Digitized by
Isokrates und sein Erziehungsprogramm.
337
ständen geübt wird und nur mit der Tugend und einem
guten Ruf bestehen kann. Etwas Neues enthalten diese Sätze
kaum; im Grunde sind sie nur das alte sophistische Lehr-
programm. Aber die Anstösse, die dieses eine Generation
früher bot, sind jetzt weggefallen, und die energische Ab-
sage nach beiden Seiten, gegen die gewöhnlichen Rhetoren
so gut wie gegen die anspruchsvollen Eristiker und Philo-
sophen, gab ihm eine bedeutende Zugkraft. Auch war die red-
nerische Ausbildung, die Isokrates gab, in der That etwas
anderes als die übliche Advocatenerziehung : die »Reden c, die
er seine Schüler verfassen lässt, entsprechen den Aufsätzen
und Vorträgen der modernen Erziehung, eine harmonische
Verbindung formaler, intellectueller und sittlicher Ausbildung
des Schülers. — Auch für sich selbst setzte Isokrates jetzt
höhere Ziele: es galt zu zeigen, dass seine Kunst mehr
zu leisten vermöge als die Abfassung brauchbarer Gerichts-
reden. Indem er unternahm, die grossen politischen Fragen,
welche die Nation bewegten, in formvollendeten Essays zu
behandeln und ihr die idealen Aufgaben vorzuhalten, welche
in dem Hader des Tagestreibens dem Bewusstsein völlig
entschwunden waren, hat er in der That eine historische
Wirksamkeit gewonnen, welche alles überragte, was die Po-
litiker gewöhnlichen Schlages zu leisten vermochten. Durch
diese Thätigkeit ist er ständig gewachsen weit über das hin-
aus, was seine Anlagen erwarten Hessen, vom Rhetor zwar
nicht zum Staatsmann, wohl aber zum politischen Wortführer
der Nation : ihm ist es zu verdanken, dass neben und in der
Stimme Athens auch die Stimme der Nation zu Worte ge-
kommen ist.
Wissenschaft und Philosophie. Demokrit. Die Sokratiker.
Plato.
909. In reicher Fülle waren im fünften Jahrhundert die
Wissenschaften erblüht; aus der Enge eines kleinen Kreises
von Fachgelehrten waren sie hinausgedrungen vor ein gröV
Meyer, Geschichte dea Alterthuras. V. 22
Digitized by Google
338 IV, 5. Die Cultur der Reactionweit.
seres Publicum, und ihre Probleme und Ergebnisse vielfach
in die allgemeine Discussion verschlungen. Eine Reihe von
Erkenntnissen, die im fünften Jahrhundert noch das Eigen-
thum einiger weniger Gelehrten waren, beginnen jetzt Ge-
meingut der Gebildeten zu werden, vor allem auf geographi-
schem und astronomischem Gebiet; ja die Mathematik gewinnt
durch die Pythagoreer, deren Forderungen Plato aufnahm,
eine feste Stelle im propädeutischen Unterricht. Die wissen-
schaftliche Literatur wächst an Umfang und in Folge dessen
an Specialisirung ; neben zusammenfassende Werke treten
die Einzeluntersuchungen, neben die streng wissenschaft-
liche Behandlung die popularisirende Darstellung für das
grosse Publicum ; und wie früher begegnen sich auf beiden
Gebieten die Fachgenossen mit den von universelleren Be-
strebungen aus auf die Einzeluntersuchung geführten Arbeiten
der Sophisten und Philosophen. So dürftig unsere Kunde
im einzelnen ist, so können wir doch mit voller Sicherheit
behaupten, dass es in der ersten Hälfte des vierten Jahrhun-
derts bereits keinen Gegenstand gegeben hat, der irgendwie
das Interesse erregen konnte, über den nicht bereits eine ganze
Anzahl von Schriften erschienen wären; so auch über prak-
tische Fragen, wie Landwirtschaft, Pferdezucht, Kriegskunst,
Kochkunst u. ä. — In der Geschichtsschreibung hat Thuky-
dides neben die populäre Erzählung, die in Herodot ihren
Höhepunkt erreicht hatte, die wissenschaftliche Behandlung
gesetzt. Der Torso seines Werks, der um 395 veröffentlicht
sein mag, hat alsbald eine gewaltige Wirkung geübt. Unter
den gleichartigen Werken, die es hervorrief, war weitaus das
bedeutendste die sicilische Geschichte des Philistos. Im Mutter-
lande hat, etwa dreissig Jahre nach Thukydides' Tode, Xeno-
phon den Faden da aufgenommen, wo er abgerissen war, und
ihn durch die ganze Zeit, die er mit durchlebt hatte, fortzu-
führen versucht. Daneben gab es nicht wenige Schriften über
einzelne Gebiete und Episoden (§. 161). Die alte Geschichts-
schreibung im ionischen Stil, die nach Herodot in Hellanikos'
Chroniken und rationalistischen Bearbeitungen der Sagen-
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FachwissenschaftlicJie und historische Literatur. Die Philosophen. 339
geschiente zu einem gewissen Abschluss gelangte, findet noch
einzelne Nachzügler, so in den vorwiegend geographischen Ar-
beiten des Damastes von Sige und in der Geschichte des Orients
von Etesias. Aber auch aus diesem Gebiete, für dessen halb-
märchenhaften Inhalt sie sich am besten eignete, schwand sie
mit der nächsten Generation : Deinon von Kolophon und Hera-
kleides von Kyme (§. 6) schrieben die Geschichte des Perser-
reichs und seiner Vorgänger in durchaus wissenschaftlicher
Weise, die namentlich in dem Versuch, die inneren Zustände
des Reiches darzulegen, sehr Beachtenswertes leistete. Das
Gleiche gilt von der Localgeschichte : die Atthis des Kleidemos
(um 380) war noch ganz in der rationalistischen Art des
Hellanikos gehalten, die des Androtion (gegen 340)., eines
Schülers des Isokrates, war formell und inhaltlich ein modernes
Werk, das den aristokratischen Standpunkt vertrat. Aehnliche
Schriften hat es in grosser Zahl gegeben ; etwas näher kennen
wir nur die Geschichte Megaras von Dieuchidas, der Athens
Ansprüche auf seine Heimath und Salamis scharf zurückwies,
und die Homerverse, auf die es sich berief, für eine Fälschung
des Pisistratos erklärte.
910. Von den älteren Philosophenschulen gelangen die
Pythagoreer in Unteritalien zu neuem Glanz, vor allem durch
Archytas von Tarent (§. 826), und haben auch im Mutter-
lande Eingang gefunden; ihre wissenschaftliche Bedeutung
liegt nach wie vor in der Fortbildung der Mathematik und
Astronomie, ihre Wirkung auf die Masse in der ernsten Sitt-
lichkeit, die sie fordern und im Leben bewähren, und in der
Verkündung des Unsterblichkeitsglau()ens und der Seelen-
wanderung. Die übrigen Schulen sind meist abgestorben oder
leben nur noch in einzelnen Nachzüglern fort, wie die Hera-
kliteer in Ephesos. An die Eleaten knüpfen die Paradoxien
der Eristiker (§. 906) an ; zu ihnen gehört auch Euklides von
Megara, der aber zugleich ein eifriger Schüler des Sokrates
war, und dessen Tugendlehre mit der eleatischen Dialektik* ver-
band. Die universale Naturwissenschaft der Ionier hat sich
lebenskräftig nur noch in der jüngsten ihrer Hauptrichtungen
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340
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit
erhalten, der Atomistik Leukipps. In Demokritos von Abdera
(vgl. §.514) hatte dieser den Schüler gefunden, der seiner
Lehre erst die volle und allseitige Durchbildung geben sollte.
Demokrit hat lange Jahre ein Wanderleben geführt, bei dem er
die griechische Welt und den Orient weithin kennen lernte, wo
er bei den Weisen der Aegypter und Ghaldaeer in die Lehre
ging. Dann hat er sich in Abdera zur Ruhe gesetzt und bis
ins höchste Alter — er scheint etwa um 370 v. Chr. gestorben
zu sein — das gewaltige durch Forschung und Denken gesam-
melte Material wissenschaftlich verarbeitet. An Zahl und Umfang
haben seine Werke die Piatos vielleicht noch übertroffen ; aber
sie concentriren sich nicht auf einen sein ganzes Denken be-
herrschenden Gegenstand, sondern streben, wie es vor ihm
schon Anaxagoras versucht hatte, im ganzen wie im einzelnen
die Gesammtheit der menschlichen Forschung zu umspannen.
So ist Demokrit ein typischer Vertreter des »Viel Wissens«, das
Heraklit so arg geschmäht hatte, und der ächte Vorläufer
des Aristoteles. »Ich bin,« so rühmt er sich selbst, »von den
Menschen meiner Zeit der, der die grössten Länderstrecken
durchwandert und das Entfernteste durchforscht hat, und ich
habe am meisten Klimate und Länder gesehen und kundige
Menschen gehört; und in der Gonstruction von Figuren mit
Demonstrationen hat mich nie Jemand übertroffen, auch nicht
die aegyptischen ,Seilspanner* (Feldmesser), mit denen ich
fünf Jahre in der Fremde zusammengelebt habe.« Neben
systematischen Werken schrieb er zahlreiche Einzelaufsätze
und ausführende Untersuchungen, welche das atomistische
System durch alle Reiche der Natur verfolgten und Ent-
stehung und Beschaffenheit der Einzelwesen darlegten ; neben
Himmelskunde und Kosmophysik tritt bei ihm zum ersten
Male der Versuch einer wissenschaftlichen Mineralogie, Botanik
und Zoologie auf. Wie in den gleichzeitigen medicinischen
Schriften finden sich hier neben manchen seltsamen Behaup-
tungen sehr achtungswerthe Kenntnisse, namentlich in der
Anatomie. Auch Medicin hat Demokrit studirt und eine ganze
Anzahl medicinischer Schriften verfasst, in denen gleichfalls
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Demokrits wissenschaftliche Werke.
341
exacte Beobachtungen und wunderliche alte und neue Theo-
reme in sehr charakteristischer Weise gemischt sind, z. B. in
der Embryologie. Daran reihen sich so gut wie verschollene
Abhandlungen über angewandte Wissenschaften und Techno-
logie, über Ackerbau, Kriegskunst, Perspective (wie Anaxa-
goras), Sternkunde, Wetterprognose, den Kalender u. a. Nicht
selten zeigt sich freilich, dass der grosse Systematiker da,
wo die Wissenschaft bereits auf fester Grundlage aufgebaut
war, mit den Fortschritten der Fachmänner nicht Schritt
halten konnte. Die Länge des Sonnenjahrs von 365 1/4 Tag
entlehnte er den Aegyptern, aber die Länge des Mondmonats
bestimmte er gegenüber Oinopides und Meton (§. 500) beträcht-
lich zu hoch. Seine zahlreichen mathematischen Schriften haben
offenbar, trotz der Beherrschung der Technik, deren er sich
rühmt, die Entwickelung der Wissenschaft nicht wesentlich
gefördert ; sonst würden wir wenigstens etwas davon erfahren.
Dass ihm der ächte mathematische Geist fehlte, der die For-
scher im Westen belebte, ist eigentlich für einen atomistischen
Materialisten selbstverständlich und wird dadurch bestätigt,
dass er wie Anaxagoras sein Leben lang an der Scheiben-
gestalt der Erde festgehalten hat und dass ihm für die Neigung
zur Himmelsachse und das Schweben in der Mitte derjenigen
der unzähligen Welten, in der wir leben, naive Erklärungen
nach Art des Anaxagoras genügten — hier steht er tief unter
Plato, der auf diesem Gebiete allen Fortschritten der Wissen-
schaft gefolgt ist und schliesslich sogar die neueste Theorie
der Pythagoreer angenommen hat, dass die Erde sich um
ihre Achse drehe und die scheinbar regellose Bewegung der
Planeten in Wirklichkeit völlig gesetzmässig verlaufe (Tim.
40 b, vgl. Arist. de caelo II, 13. leg. VII, 821 ff.). — Für die
Länderbeschreibung dagegen scheint Demokrit Bedeutendes ge-
leistet zu haben; auch war er der erste, der behauptete, der
bewohnte (d. h. thatsächlich der den Griechen bekannte) Theil
der Erdoberfläche sei länger als breit, und zwar um ein
Drittel. — Auch alle Gebiete des geistigen Lebens, mit Aus-
nahme der Geschichte, hat Demokrit in den Bereich seiner
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342
IV, 5. Die Cultur der Keactionszeit.
Forschung gezogen ; unter seinen Schriften finden sich Werke
über Rhythmus und Harmonie, Gesang, Poesie, über leicht
und schwer zü sprechende Worte, d. h. über Phonetik, über
Grammatik und Wortwahl, über Homererklärung. — Dass
uns von all diesen Werken so garnichts erhalten ist, ist ein
unersetzlicher Verlust. Mochte auch Demokrit mehr in die
Breite als in die Tiefe gehen, einen selbständigen und vor
keiner Gonsequenz zurückschreckenden Denker würden wir
in jedem von ihnen kennen lernen, und zugleich würden sie
uns einen lebendigen Einblick geben in den Stand des Wis-
sens, den die hellenische Nation nach einem Jahrhundert ent-
wickelter Einzelforschung erreicht hatte.
911. Das Interesse der alten Zeit war auf die Erklärung
der Naturerscheinungen gerichtet; die Gegenwart verlangte
von dem Weisen in erster Linie einen Wegweiser durch die
Wirrnisse des politischen und socialen Lebens. Auch dieser
Forderung hat Demokrit zu genügen gesucht; in einer ganzen
Anzahl von Schriften hat er seine ethischen Anschauungen
vorgetragen, nicht sowohl als geschlossenes System, als viel-
mehr als Rathschläge für eine rationelle Lebensführung, in
aphoristischer Form, die sich nicht selten mit Sätzen Heraklits
berührt. Die Grundgedanken stehen natürlich im Einklang
mit seiner Weltanschauung: jede religiöse Motivirung wird
abgelehnt, ebenso der Unsterblichkeitsgedanke. Den Ausgang
für alles Handeln bildet das Streben nach Lust und die
Vermeidung der Unlust. Aber nicht jede Lust ist ein Gut;
jedes Uebermaass ist vielmehr schädlich und führt zum Gegen-
theil, und die geistigen Genüsse stehen höher als die kurzen
und vergänglichen Genüsse des Leibes oder der Sinne —
diese sind für das ethische Verhalten ebenso irreführend, wie
die Sinneseindrücke für die wahre Erkenntniss (§. 514). Auch
auf sittlichem Gebiete ist die richtige Einsicht das wichtigste,
die Unwissenheit der schlimmste Feind. Das Höchste, was
der Mensch erreichen kann, ist die innere Ruhe des Gemüths,
das »Wohlseint (eü>eotd>) oder die »gute Gemüthsstimmung«
(e&ftuijda), die sich durch nichts aus der Fassung bringen lässt,
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Demokrits Ethik. 343
und den Zustand des nil admirari, die ÄOajtßfca oder atapa&a,
erreicht. So berühren sich Demokrits ethische Vorschriften
in den Gründgedanken wie in der Einzelausführung vielfach
mit Sätzen Piatos, und dieser hat, wie neuerdings erkannt
ist, wiederholt mit hoher Anerkennung von ihnen gesprochen.
Aber ein fundamentaler Unterschied trennt beide Systeme:
Demokrits Ethik ist durchweg und ausschliesslich individua-
listisch und daher im Grunde zugleich <juietistisch. Zwar er-
kennt auch Demokrit den Werth der socialen Güter, vor
allem der Freundschaft; und er räth zur Unterordnung unter
die Gebote des Staats und handelt gelegentlich von der besten
Einrichtung desselben. Aber alle diese Dinge kommen doch
nur in Betracht, soweit sie dem Weisen die Möglichkeit eines
ungestörten beschaulichen Daseins gewähren. Er soll alles
von sich fern halten, was ihn von einer friedlichen, harmo-
nischen Existenz in einem durch die Gesetze der Sittlichkeit
und des Masshaltens geregelten geistigen Genussleben ab-
lenken könnte. Selbst Kinder in die Welt zu setzen, räth
Demokrit ab, denn man weiss nicht, wie sie ausschlagen
werden; besser ist es, wenn man so gestellt ist, den Sohn
eines Freundes zu adoptiren, dessen Anlagen schon erkennbar
sind. Für eine praktische Thätigkeit im öffentlichen Leben
ist in dieser Ethik kein Raum, und die Probleme, die dieses
bietet, werden nach Möglichkeit bei Seite geschoben. Darauf
beruht es, dass Demokrit auf seine Zeit keine grössere Wir-
kung ausüben konnte; die Zeit des staatlosen Individualismus
war noch nicht gekommen. — Auch Demokrits naturwissen-
schaftliches System hat einen Fortsetzer zunächst nicht ge-
funden; in den Händen seiner Nachfolger (Metrodoros von
Chios, Anaxarchos von Abdera u.a.) wandelte es sich, in
natürlicher Consequenz des inneren Widerspruchs zwischen
der Behauptung von der absoluten Realität der Atome
und der trügerischen und rein subjectiven Sinnenerkenntniss
(§. 515), mehr und mehr zur Skepsis um, zur Läugnung
jeder Möglichkeit der Erkenntniss, zu der sich Demokrits Enkel-
schüler Pyrrhon und Nausiphanes bereits offen bekannten.
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IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
Ueber Demokrits Ethik ist grundlegend Natorp, Die Ethika des
D., 1898, der die üblichen Zweifel an der Aechtheit der Fragmente end-
gültig erledigt hat. Im Anschluss an Hirzel fQhrt er weiter aus, dass
Plato rep. 583 b ff. und Phileb. 44 b ff. sich auf Demokrit bezieht.
912. Für Demokrit bildeten die Probleme des praktischen
Lebens nur eines der vielen Gebiete, mit denen er sich be-
schäftigte, ja im Grunde existirte das Erziehungsproblem für
ihn überhaupt nicht. Für Sokrates und seine Schüler war
es das Fundamentalproblem ihres Denkens und Lehrens, das
seine Lösung dringend erheischte, sollte nicht Griechenland
trotz seiner hohen Cultur oder vielmehr eben in Folge derselben
unrettbar zu Grunde gehen. — Die Hinrichtung des Sokrates
hat das Gegentheil von dem bewirkt, was seine Ankläger er-
strebt hatten. Den lästigen Fragcr und Mahner, den Ver-
derber der Jugend, glaubte man los zu sein ; aber sofort zeigte
sich, dass mit seinem Leibe weder seine Person zu Grabe
getragen war noch seine Lehre. Die Probleme, mit denen
er gerungen und an denen mitzuarbeiten er die Menschen ge-
zwungen hatte, gaben Keinen, den er einmal gepackt hatte,
wieder frei; und über ihnen erhob sich immer gewaltiger
das verklärte Bild seiner Persönlichkeit und seiner Art zu
discutiren. Mit seinem Tode begann die sokratische Literatur;
Jahr auf Jahr folgten in unübersehbarer Fülle die Schriften,
die ihn und seine Lehre der Welt vorführten. Es waren Auf-
zeichnungen der Gespräche, die er geführt hatte: der sokra-
tische Dialog ist nicht die Schöpfung eines Einzelnen, weder
des Plato noch des Antisthenes, sondern die nothwendige und
selbstverständliche Form dieser Literatur, die Fortsetzung des
mündlichen Gesprächs des Meisters im Gegensatz zu den
Lehrvorträgen und Prunkreden der Sophisten und Rhetoren.
Viele der Schüler des Sokrates hatten kein weiteres Ziel, als
seine Sache zu vertheidigen, der Welt zu zeigen, welches Ver-
brechen die Stadt begangen hatte, die sich die Hochburg der
Cultur zu sein rühmte, sein Bild festzuhalten und jetzt, wo
sein Mund verstummt war, wenigstens seine Worte den
nach Erkenntnis lechzenden Mitmenschen zu übermitteln. Dass
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Die sokratische Literatur.
345
dabei ein subjectives Moment sich eindrängte, war unvermeid-
lich; ein Jeder gab die Lehre so, wie er' sie verstanden hatte,
er mochte auch wohl mit unbewusster Abweichung von dem
Meister die Discussion so zu Ende führen, wie er es für richtig
hielt, oder jenen ein Problem besprechen lassen, das ihm fern
gelegen hatte, dem Jünger aber am Herzen lag. Die Tendenz
wird dadurch nicht geändert; die Person des Aufzeichnenden
tritt überall völlig hinter der des Lehrers zurück. Derart
war^n die Dialoge des Aeschines von Athen, von denen ge-
rühmt wird , dass sie die Art des Sokrates am treuesten
wiedergaben, die des Phaedon von Elis, wohl auch die des
Euklides von Megara, später die Aufzeichnungen des Xeno-
phon und daneben viele andere, die bald diesem bald jenem
zugeschrieben werden, weil ihre Verfasser überhaupt nicht be-
kannt waren — - darunter ohne Zweifel neben manchen acht-
baren auch recht viele unbedeutende Erzeugnisse.
Von der Fülle der sokratischen Dialoge (vgl. auch §. 907) geben uns die
Verzeichnisse bei Diog. Laert. ein Bild. Als ächt erkannte Panaetios (D. L.
II, 64) nur die des Plato, Xenophon, Antistbenes, Aeschines und vielleicht
die des Phaedon und Euklides an ; Aristippos hat keine sokratischen Dia-
loge geschrieben. Darüber können wir nicht hinauskommen. Die übrigen
sind aber deshalb noch durchaus nicht spätere Fälschungen, so wenig
wie die sehr alten Dialoge Minos, Hipparchos, Alkibiades, Theages und
vielleicht noch andere, die unter Piatos Schriften stehen. — Wie es
sich mit den Ituxpauxol äidXo-fot des Alexamenos von Teos verhält, die
Aristoteles (Athen. XI, 505 c. Diog. L. III, 48) für die ältesten erklärte,
wird nie ein Mensch sagen können.
913. Manche dieser Jünger mochten daneben, wo die Ge-
legenheit sich bot, mündlich von Sokrates erzählen und in seiner
Art die Discussion der Probleme fortsetzen. Ein höheres Ziel,
die selbstthätige Fortführung seines Werks, die Gründung einer
sokratischen Schule, die mit dem Anspruch auftrat, die wahre Er-
ziehung für das Leben geben zu können, haben nur einige wenige
erstrebt. Sie sahen sich daher auch gezwungen, den Kampf
aufzunehmen, den Sokrates sein Leben lang gekämpft hatte
sowohl gegen die Unwissenheit und Lethargie der Masse auch
derer, die sich ihrer Bildung rühmten, wie gegen die concurriren-
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346
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
den Lehren und das Schein wissen der Sophisten. Drei Männer
und drei Systeme treten uns entgegen, die von Sokrates aus-
gegangen und zu selbständiger Bedeutung erwachsen sind —
denn Euklides (§. 910) hat für die weitere Entwicklung weder
als Lehrer noch als Philosoph grössere Bedeutung, und Phae-
don noch weniger — : Aristippos, Antisthenes und Plato. —
Aristippos von Kyrene war, durch Sokrates' Ruf gelockt, als
junger Mann nach Athen gekommen. Seinem Naturell lag
Sokrates* Auffassung der Tugend ebenso fern, wie sein po-
litisches Ziel; er war ein Weltmann, auf den die Verhältnisse
seiner Heimath — wir wissen, dass es in Kyrene gerade um
diese Zeit zu einer blutigen Revolution kam (§. 356) — keinen
Reiz ausübten, und der es viel behaglicher fand, sich ohne festen
Aufenthalt in der Welt herumzutreiben, unbehelligt von allen
politischen Händeln und frei von der Pflicht des Steuerzahlens, als
sich für ein politisches Ideal aufzuopfern oder wie ein eingebildeter
Thor dem Phantom der Macht nachzujagen. Aber die Persön-
lichkeit des Sokrates und sein Verhalten im Angesicht des Todes
haben einen unauslöschlichen Eindruck auf ihn gemacht. So
hat er mit seiner Anschauung, dass die Lust, und zwar in
erster Linie die Sinnenlust, das höchste Gut sei — denn, so
lehrte er in extremster Gonsequenz des Satzes des Protagoras,
unsere Empfindungen sind das einzig Reale, von den Dingen
wissen wir überhaupt nichts ; unser Meinen darüber hat nicht
einmal für uns selbst Gültigkeit — , dennoch sokratische Lehren
verbunden. Denn nur die Einsicht gibt die innere Freiheit
und den Gleichmuth, der zum wahren Genuss befähigt und
den Menschen zum Herrn, nicht zum Knecht seiner Begierden
macht. So wird Aristipp zum Lehrer der Lebensklugheit, die
sich jederzeit in die Dinge zu schicken weiss; wo er hin-
kommt, sammelt er nach Sophistenart einen Kreis von Schü-
lern um sich, die er gegen ein ansehnliches Honorar in die
Kunst einführt, wirksam zu reden und sich von Aberglauben
und Todesfurcht frei zu halten, indem sie die Lehre von den
Gütern und Uebeln auswendig lernen. In Vorträgen und Auf-
sätzen hat er seine Anschauungen ausgeführt ; von allen theo-
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Aristippos von Kyrene. Antisthenes. 347
retischen Fragen hält er sich fern, sowohl von der Dialektik
wie von der Naturwissenschaft; das hat keinen praktischen
Nutzen. In seiner Ethik berührt er sich mit Demokrit, so-
wohl im Ausgangspunkt wie im Ziel und in dem uneinge-
schränkten Individualismus; aber gerade weil er die Lust
weit niedriger fasst, hat er, der gewandte und geistreiche
Lebenskünstler, der auch da, wo er sich tief erniedrigt, seine
intellectuelle Superiorität doch immer zu wahren weiss, und
sei es auch nur durch ein schlagendes Witzwort, blasirte
Leute an sich zu ziehen vermocht, die auch nichts Höheres
erstreben, ja ihnen einen gewissen Halt für das Leben gegeben.
Alle tieferen Gedanken der Sokratik freilich sind hier völlig
bei Seite geworfen.
Von Aristipps Persönlichkeit bieten die zahlreichen Anekdoten, aus
denen seine Biographie besteht (aus ihr haben auch die Sokratikerbriefe
geschöpft, eine Art Roman in Briefform), ein lebendiges und authenti-
sches Bild. Im übrigen s. vor allem v. Arnim, Dio von Prusa 25 ff.
914. In dem allem war Antisthenes das Gegenbild Ari-
stipps. Er war der Sohn eines Atheners von einer Thra-
kerin und daher nach attischem Recht ein Bastard und vom
politischen Leben ausgeschlossen. In seiner Jugend hatte er
den Einfluss des Gorgias und der sophistischen Rhetorik er-
fahren ; dann hat er sich ganz an Sokrates hingegeben. Auch
ihm ist die praktische Seite der Lehre für das Leben des
Einzelnen das allein Wesentliche; aber im Gegensatz zu Ari-
stipp hat er Sokrates' Tugendlehre voll in sich aufgenommen
und in seinem Leben zu verwirklichen gestrebt. »Die Tugend
ist lehrbar, und sie allein verleiht den Adel; sie genügt zur
Glückseligkeit, wenn nur die sokratische Willensstärke (Ic/oc)
hinzukommt. Sie besteht im Handeln, und braucht weder
vieler Reden noch Wissenschaften.« Die »Selbstgenügsam-
keit« (aordtpxtta) des Weisen — das ist das Schlagwort des
Antisthenes und seiner Schule. Die Anschauungen, welche
die unwissende Masse beherrschen und der landläufigen Moral
zu Grunde liegen, sind lediglich conventionell und völlig werth-
los. Ehre, Macht, politische Stellung, Reichthum, Sinnengenuss,
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348 IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
selbst die gewöhnlichsten und am unentbehrlichsten scheinen-
den Besitztümer, Kleidung und Hausrath, das alles sind
gleichgültige Dinge, die den Weisen niemals in seiner Ruhe
stören dürfen, ja die er von sich werfen wird, um nicht von
ihnen in Abhängigkeit zu gerathen; was zum Leben absolut
unentbehrlich ist, ist so wenig, dass jeder es finden kann,
ohne sich zu mühen. Der Aermste ist der Reichste, weil er
der Bedürfnissloseste ist. Auch der Unterschied des Freien
und des Sklaven verschwindet völlig vor dem Angesicht der
Wahrheit ; der Sklave, der die Erkenntniss besitzt, ist frei, der
Herr, der in den Banden seiner Sinne gefesselt ist, ist der
wahre Knecht Nur auf sich selbst soll der Mensch ruhen;
so hat Herakles es gehalten, den Antisthenes zu der Ideal-
gestalt seiner Schule erhebt. — In einer grossen Zahl von
Schriften, die an Gesammtumfang denen Piatos mindestens
nahe kommen, hat Antisthenes seine Ansichten verkündet. Als
Lehrer hat er seinen Sitz in der Turnschule der Bastarde aufge-
schlagen, dem Gymnasion des Herakles von Kynosarges ; nach
dieser Stätte heissen seine Schüler spater »die Hunde«. Er
stellte hohe sittliche Anforderungen; aber auf den Anspruch,
für das praktische und politische Leben vorzubereiten, ver-
zichtete er nicht; waren doch auch Herakles und Odysseus,
der vielgewandte Weise, der in jeder Situation die Ueber-
legenheit des Intellects über die rohe Kraft erwies (vgl. §. 907),
im Leben wirksam gewesen. Für diesen Unterricht konnte er
weder die theoretische Discussion, noch die rhetorische Aus-
bildung entbehren, so geringschätzig er auf sie herabsah:
denn die Tugend hat zwar die richtige Einsicht zur Voraus-
setzung, aber erworben wird sie durch Uebung, nicht durch
Speculation. In der Erkenntnisstheorie verwickelte er sich
freilich in seltsame Irrgänge, indem er die Unmöglichkeit des
Widersprechens behauptete: wie man etwas aussagt, so ist
es. Dass er dadurch die Möglichkeit der wahren Wissen-
schaft aufhob, war ihm ganz recht. Natürlich kam er da-
durch in Gonflict mit Plato, und ebenso lag er als Lehrer der
Rhetorik in heftiger Fehde mit Isokrates; welche Gonces-
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Antisthenes und die kynische Schule.
349
sionen er hier der Praxis machte, geht daraus hervor, dass
er sogar eine vielbewunderte Gerichtsrede des Isokrates, über
ein Darlehen aus der Zeit der Dreissig, für das es keine
Zeugen gab, durch eine Gegenrede zu widerlegen suchte. Dem
Volksglauben trat er überall schroff entgegen, wie in der
Ethik und Lebenshaltung, so in der Religion ; nur emen Gott
gibt es, unsichtbar und über das menschliche Fassungsver-
mögen erhaben; die herrschenden Anschauungen sind hier
ebenso conventionell und unhaltbar, wie in der Ethik. Aber
er folgte der populären, auch von den Sophisten aufgenom-
menen Lehrmethode auch darin, dass er — in der Art, die So-
krates in Piatos Protagoras verspottet, indem er sie nach-
ahmt und zeigt, dass er derartiges auch kann — die Dichter,
specieü den Homer, benutzte, um zu beweisen, dass in ihnen
bereits seine ethischen und religiösen Anschauungen enthalten
seien. Trotz dieser Concessionen konnte Antisthenes immer
nur einige wenige an sich fesseln ; und seine Ethik war ebenso
wenig wie die des Aristipp und des Demokrit geeignet, die Grund-
age für einen Neubau des Staats und der Gesellschaft zu
bilden, wenn sie auch diesen Anspruch erhob: sie war im
Grunde ebenso individualistisch wie jene, ja sie hatte trotz
aller Gegensätze genau dasselbe Ziel: die Seelenruhe des
wahren Weisen. Wohl aber hat der Rigorismus der kyni-
schen Tugendübung, so sehr er den Spott der Weltkinder
hervorrief, erbauend auf gar manche gewirkt, denen hier in
den Nöthen und der sittlichen Zersetzung der Zeit ein Ideal
entgegentrat, das sie bewundern mussten, auch wenn sie
nicht die Kraft in sich fühlten, selbst ihm nachzuleben.
Auch Ober Ant ist vor allem v. Arnim's Dio 82 ff. zu vergleichen,
der aber die Stellen in Isokrates' Helena zum Theil falsch deutet, vgl.
§. 906 A. Auf Antisthenes1 Schrift «po<; töv 'Iooxpitoo? apcptupov (or. 21)
replicirt U. im Paneg. 188. Gegen Plato war Antisthenes' Edfl-iov yj rcspl
tot> avu)if8tv in drei Büchern gerichtet. Die zahlreichen Anspielungen
auf Ant, die man bei Plato gesucht hat, scheinen grösstenteils sehr
problematisch.
915. Inmitten all dieser sich bekämpfenden Strömungen
steht Plato als der wahre Erbe und Fortbildner des Sokrates.
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350
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
Plato (geb. 428 v. Chr.) entstammte einer angesehenen und
wohlhabenden athenischen Familie; von Muttersseite war er mit
Gharmides und Kritias verwandt. Durch diese mag er zuerst
mit Sokrates in Berührung gekommen sein; und bald hat er
sich ihm mit ganzer Seele hingegeben. Wenn irgend einer,
schien er zu einer politischen Laufbahn berufen, und sein
Sinn war ursprünglich auf kein anderes Ziel gerichtet. Aber
das Schicksal des geliebten Lehrers, den die Oligarchen mass-
regelten (§. 749) und die Demokraten hinrichteten, zeigte
ihm, dass in Athen für eine gedeihliche Wirksamkeit als
Staatsmann kein Boden war. »Je älter ich wurde,« schreibt
er (ep. 7, 825), »um so schwieriger erschien sie mir. Denn
ohne treue Freunde und Genossen war sie unmöglich, diese
aber waren (in Folge der Revolution) überhaupt kaum noch
vorhanden, denn unsere Stadt regierte sich nicht mehr nach
den Sitten und Einrichtungen der Väter ; neue zu erwerben war
unthunlich, zumal der Wortlaut der Gesetze und die Sitte
einer immer ärgeren Corruption und Missachtung Platz machten.
So gerieth ich, der ich zu Anfang ganz von dem Triebe nach
öffentlicher Wirksamkeit beherrscht war, im Hinblick darauf,
wo ich alles planlos hin- und hergetrieben sah, schliesslich
in eine verzweifelte Stimmung; zwar gab ich die Hoffnung
nicht auf, dass es einmal besser werden könnte, aber immer
musste ich warten, dass der Moment zum Handeln kommen
sollte, bis ich endlich erkannte, dass alle jetzt bestehenden
Staaten ohne Ausnahme in schlechter und heilloser Verfassung
seien ... So musste ich zum Preise der richtigen Philosophie
aussprechen, dass nur durch diese erkannt werden könne,
was sowohl für die Staaten Recht sei wie für alle privaten
Verhältnisse; und niemals werde das Menschengeschlecht aus
seiner schlimmen Lage erlöst werden, ehe nicht entweder das
Geschlecht der wahren und richtigen Philosophen in die Staats-
ümter komme oder aber das der Herrscher in den Städten
durch göttliche Fügung zu wahren Philosophen werde.« Was
er hier als Greis von 70 Jahren ausspricht — und ähnlich
hat er sich zehn Jahre früher gegen Perdikkas III. von Make-
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Plato.
351
donien geäussert (ep. 5) — , hat sein Leben lang den Mittel-
punkt seines Wirkens gebildet; in dem grossen Hauptwerk
seines früheren Mann es alters, den zehn Büchern vom Staat als
der Verwirklichung der Idee der Gerechtigkeit, sind diese Ge-
danken ausgeführt. Zwar hat er durch die rastlose Arbeit seines
Lebens noch etwas Höheres kennen gelernt, das ganz der
Erkenntniss gewidmete Leben des Wissenschaft liehen Forschers,
den #sü>p7}uxöc ßfoc, der dem Dasein der Gottheit nahe kommt
und ihren Wegen nachzuforschen strebt. Aber eben darum
geht dies über das Menschendasein hinaus ; wer diese Höhe er-
klommen hat, fühlt auch die Verpflichtung, die er gegen seine
Mitmenschen hat, sich ihrem Dienste zu widmen, ebenso wie um- '
gekehrt der wahre Staat die Verpflichtung hat, dem Weisen,
der zugleich der wahre Staatsmann ist, die Möglichkeit zu
gewähren, auch der Wissenschaft zu leben. »Wohl ist es das
Angenehmste im Leben,c schreibt Plato an Archytas (ep. 9),
als dieser sich vom Staatsleben zurückziehen wollte, >nur die
eigenen Angelegenheiten zu betreiben, zumal wenn man solche
sich erwählt hat, wie du; aber auch das sollst du bedenken,
dass jeder von uns nicht nur für sich selbst in die Welt ge-
setzt ist ; . . . und wenn die Vaterstadt selbst ruft, ist es wohl
unmöglich nicht zu folgen. c Wiederholt bricht bei Plato die
Verachtung des politischen Treibens seiner Zeit in schroffen
Ausdrücken hervor — nirgends stärker als in der berühmten
Episode des Theaetet 172 ff. — , während das über alle irdi-
schen Interessen erhabene Forscherleben des Philosophen in
seiner ganzen Herrlichkeit geschildert wird; aber so warm
und wahr er empfindet, was er sagt, so beweist doch gerade
die Ueberschwenglichkeit die getäuschten Hoffhungen, die da-
bei mitspielen. Wenn sich die Gelegenheit bietet, politisch zu
wirken, so wird er trotz alledem zugreifen. In der That hat
Plato die Erwartung jederzeit so bestimmt wie möglich aus-
gesprochen, dassB doch einmal der Moment kommen werde, wo
seine politischen Gedanken [sich verwirklichen lassen würden,
und dass es gelte, alles dafür vorzubereiten. So ist er auch in
seinen literarischen Arbeiten immer aufs neue zu diesen Pro-
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352 IV> 5. Die Cultur der Reactionszeit.
blemen zurückgekehrt. Eben deshalb ist er der wahre Erbe
des Sokrates; seine Grundidee hält er fest, wie dieser kann
er von sich sagen : »ich glaube einer von wenigen Athenern,
um nicht zu sagen der einzige zu sein, der an die wahre poli-
tische Kunst die Hand anlegt, und der allein von allen jetzt
Lebenden eine politische Thätigkeit übte (Gorg. 521 d).
Ueber Piatos Geburtsjahr vgl. Busse, Rh. Hus. 49, 72 ff.
916. Mit dem Ziel übernimmt Plato von Sokrates die
Methode, den Versuch, durch Definitionen und Begriffsanalyse
zur Erkenntniss des Wesens der Begriffe zu gelangen. Dass
sie etwas Reales, ja das Reale sind, der absolute Massstab
aller Einzelerscheinungen und aller menschlichen Urtheile, da-
von ist Plato ebenso fest überzeugt wie Sokrates. Aber wäh-
rend Sokrates immer der unermüdlich Suchende geblieben ist,
der so scharf wie möglich ausspricht, dass er eine positiv formu-
lirbare Erkenntniss des Wesens der realen Dinge nicht besitzt,
glaubt Plato, nachdem er in der Art des Meisters unablässig
mit den Problemen gerungen hat, über ihn hinausgekommen
zu sein zur Erkenntniss selbst. Freilich ist diese Erkenntniss
nur intuitiv und daher in Worten nicht aussprechbar; sie
vollzieht sich unmittelbar in der Seele selbst durch Anschauen
der ewigen Begriffe, der Urgestalten (Ideen) der Dinge, von
denen alle Erscheinungsformen in dieser Welt nur ein unvoll-
kommenes Abbild sind. In begeisterten Worten, wie im Taumel
des Rausches oder der Verzückung einer Vision, schildert
Plato im Symposion, wie aus der unablässigen Versenkung
in die Erscheinungsformen des Schönen zuerst in der körper-
lichen, dann in der geistigen Welt urplötzlich die Erkenntniss
des Schönen an sich in seiner unvergänglichen und absolut
vollkommenen Gestalt, ungetrübt durch jede stoffliche Bei-
mischung, der schauenden Seele aufsteigt, und sie dadurch in
den Besitz der ewigen Erkenntniss gelangt. Dass Sokrates
zu dieser Erkenntniss nicht gelangt ist, lässt Plato ihn selbst
aussprechen: er legt die Offenbarung einer Prophetin, der
Diotima von Mantinea, in den Mund. Der Schüler ist über den
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Piatos Ideenlehre. Orpbiscbe Einflösse. Die Unsterblichkeit. 353
Meister hinausgeschritten. Und in der That, die Erkenntniss,
die Plato verkündet und die fortan den Kern seiner Philo-
sophie bildet, ist nicht nach der Art des Sokrates. Im Grunde
waren beide Männer sehr verschiedene Naturen, und eben darum
konnten sie sich vortrefflich ergänzen. Bei Sokrates herrscht
der Verstand unumschränkt und duldet keine Abweichung von
seinen Wegen. PJato zwingt sich, ebenso streng zu sein, ja er
versucht in späterer Zeit seine logischen Untersuchungen so
nüchtern und trocken zu gestalten wie nur möglich; aber das
dominirende Element seines Wesens ist die Phantasie. Er
war eine Dichternatur; und wenn er seine Jugendgedichte bei
Seite geworfen hat, als er durch Sokrates die ernsten Auf-
gaben des Lebens kennen lernte, so umgibt sich unter seinen
Händen alles, was er sagt und schreibt, mit dem Zauber der
Poesie. Darum hat auf Plato ein Kreis von Vorstellungen
die tiefste Einwirkung geübt, der Sokrates ganz fern lag:
die orphische Theologie mit ihrer Lehre von der Unsterblich-
keit und der Seelenwanderung. Je weiter er in der Begriffs-
analyse vorwärts dringt, desto mehr verschmelzen ihm diese
Anschauungen mit dem Ergebniss seiner Forschung, mit
der Ideenlehre. Das lebendige Princip, welches die Welt ge-
staltet und bewegt, ist ewig und unvergänglich und hat allein
eine reale Existenz, im Gegensatz zu der Schattenwelt der
Sinne, die den trügerischen Schein erweckt, als ob sie sei,
während sie doch — darin hat Heraklit ganz Recht — nichts
ist als Werden und Vergehen und daher > Nichtsein«. Diese
Unvergänglichkeit kommt auch der menschlichen Seele zu;
denn sie ist Ursache der Bewegung und kann daher nicht
vergänglich sein wie diese, sondern ist ewig, und zwar so-
wohl in Vergangenheit wie in Zukunft. Das ist, wenn man
einmal den sinnlichen Eindruck für nichts beweisend erklärt,
sondern sich allein an das innere Bewusstsein hält, die philo-
sophisch einzig consequente, ja überhaupt die allein vorstell-
bare Lösung des Problems. Dass von denjenigen Religionen,
welche das Unsterblichkeitsdogma verkünden, die meisten ledig-
lich an die Zukunft denken und dass uns die Anschauung der
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 23
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354 IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
Inder, der Orphik und Piatos befremdlich erscheint, beruht ledig-
lich darauf, dass den lebenden Menschen praktisch allein die
Zukunft, nicht die Vergangenheit interessirt. Immer fester wird
Plato diese Ueberzeugung , welche Sokrates vollständig fern
gelegen hatte; sie gibt ihm zugleich die Lösung des ethischen
Lebensproblems durch das ganz nach orphischer Art ausge-
führte Gericht der Seelen Wanderung , das unter dem Gesetz
des Zwanges, der Ananke, das Schicksal der Seele bestimmt
nach der Schuld, die sie auf sich geladen hat, und sie läutert
durch den ewigen Wandel von einer Existenz zur anderen.
Plato glaubt wenigstens die Ewigkeit der Seele streng beweisen
zu können ; in Wirklichkeit erhält seine Philosophie im Gegen-
satz zu Sokrates dadurch eine ausgesprochene theologische
Grundstimmung.
917. Auf diese Anschauungen hat Plato seine ethisch-
politische Lehre gegründet. Die menschlichen Seelen sind nicht
gleichartig, sondern bilden in unendlicher Mannigfaltigkeit eine
Stufenleiter von der höchsten, die in ihrer Präexistenz die
wahre Welt der Ideen geschaut und ein Erinnerungsbild da-
von bewahrt hat und wieder zu erwecken befähigt ist, bis zu
den niedrigsten, die ganz in die Bande der Sinnenwelt ver-
strickt sind. Zur Herrschaft berufen aber sind in dem wahren
Staat, der ein Abbild der wahren Welt sein soll, allein die
höchststehenden, das sind die philosophischen Naturen, die
allein zugleich die wahren Staatsmänner sind; alle anderen
müssen von ihnen beherrscht werden, sie haben diesen die
Lebensstellung zuzuweisen, die ihnen zukommt. Die Ordnungen
dieses besten Staats, der wahren »Aristokratie«, lassen sich
mit Sicherheit erkennen, weil sie aus der Natur der Erkennt-
niss fliessen. Daher können die Herrscher, die» Besten«, auch
gar nicht anders, als ihnen folgen. Aber trotzdem und ge-
rade deshalb sind sie völlig frei; es wäre widersinnig sie an
ein Gesetz zu binden, wo sie selbst die Einsicht und das Ge-
setz in sich tragen, und daher kein Unrecht begehen können.
Denn mit voller Ueberzeugung kann Plato an den sokratischen
Sätzen von der Allmacht des Intellects und von der Unmög-
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Piatos ethisch-politisches System.
355
lichkeit, wider besseres Wissen Unrecht zu thun, festhalten.
Im praktischen Leben erkennt er die Unterschiede der Natur-
anlage und Begabung ebenso wohl an wie die Schwäche des
Willens, welcher von unzähligen materiellen Einflüssen ab-
hängig ist und daher es nur wenigen möglich macht, zur
Erkenntniss der Wahrheit zu gelangen; aber diese Leute
kommen für seine Unterweisung überhaupt nicht in Betracht,
sie sind die Diener, nicht die Herrscher. »Wer von Natur
schlecht geartet ist, so wie die meisten beschaffen sind sowohl
in Bezug auf das Lernen wie auf die Ethik, und dann noch
weiter verdorben ist, den kann auch Lynkeus nicht sehen
machen« (ep. 7, 343 e). Deshalb hat die praktische Staats-
kunst, welche so zahlreiche Lehrer dem Publicum anbieten,
d. h. die Rhetorik, für ihn keine Bedeutung. Ursprünglich
verwarf er sie ebenso schroff wie Sokrates; und als er dann
doch, in Folge seiner Lehrthätigkeit, Anlass fand, sich mit
ihr zu beschäftigen (im Phaedros), kann er ihr nur eine unter-
geordnete Stellung zuweisen, als Ueberredungskunst, die, wenn
sie von richtiger Philosophie geleitet ist, nicht ohne Nutzen
sein wird. Dass darin Isokrates mehr leistet und höher steht
als seine Rivalen, hat er unumwunden anerkannt. Er selbst
aber wendet sich an die wenigen, welche befähigt sind, unter
seiner Anleitung, durch seine »Geburtshülfe«, zur Erkenntniss
des Wahren zu gelangen, in deren Seelen das Schauen der Idee
aufleuchten kann; und für diese sind Erkenntniss und Sittlich-
keit, Theorie und Praxis eins. Auf den Weg zur Erkenntniss
führen wie bei Sokrates die logischen und begrifflichen Unter-
suchungen, unter denen allmählich die mathematischen Pro-
bleme die erste Stelle erhalten haben, weil sie sich mit den
reinsten, von der Materie nicht getrübten Formen beschäftigen ;
die Erkenntniss selbst, das Erfassen der Idee kann der Lehrer
nicht geben, sondern nur vorbereiten, sie muss in dem Schüler
»hervorbrechen wie ein Licht« (ep. 7, 344b; vgl. ep. 2,
312 d ff. und den Ausgang des Theaetet, der bis an die
Schwelle führt), wie sie in dem Lehrer durch Intuition aufge-
leuchtet ist. Wenn man diesen Zusammenhang erfasst hat,
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350
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
schwindet alles Befremdliche in der vollständigen Ignorirung
des Willens in allen ethischen Untersuchungen Piatos; der
Glaube, dass durch richtige Einrichtungen und richtige Er-
ziehung sofort nicht nur der Charakter des Staats, sondern
auch der seiner Bürger sich von Grund aus ändern werde, wird
verständlich, und ebenso die ungeheure Einseitigkeit seiner politi-
schen Lehre, welche den Staat ausschliesslich auf die Erkenntniss
basirt und die Erörterung der Machtfrage, von der die äussere
Existenz des Staats abhängt, ausdrucklich als nicht zur Frage
nach seiner richtigen Beschaffenheit gehörig abweist (leg. 1, 638 b,
vgl. §. 922). — Der beste Staat (vgl. §. 920) hat ohne Zweifel in
der unendlichen Zeit, seitdem es Menschen gibt, einmal existirt,
und es ist kein Grund, weshalb er nicht wieder in die Erscheinung
treten sollte, wenn auch nur durch eine gewaltsame Revo-
lution — alle Bürger über zehn Jahre, meint Plato (rep. 540e),
müssten aus der Stadt aufs Land geschickt, d. h. aus Voll-
bürgern zu politisch unfreien Bauern degradirt, und ihre Kinder
für die neue Ordnung erzogen werden, dann werde das volle
Glück schnell und leicht sich einstellen. Aber der Staat ist, wie
alles menschliche Dasein, getrübt durch die Beimischung der
sinnlichen Dinge, und daher vergänglich. So entwickeln sich aus
ihm die entarteten Staaten der Gegenwart in all ihren Ab-
stufungen, der spartanische Staat, der die Ehre an Stelle der
Erkenntniss setzt, die Oligarchie, die Demokratie, die Tyrannis.
Ihr Wesen hat Plato bereits in der Politik in scharfen Strichen
gezeichnet. Für eine schöpferische Thätigkeit des wahren Philo-
sophen ist in ihnen nach seiner ursprünglichen Ueberzeugung um
so weniger Raum, je tiefer der Staat steht, in dem er lebt; von
jeder Befleckung mit der herrschenden sittlichen Gorruption wird
er sich frei halten, und wo er etwa durch seine Lebensstellung
zur Theilnahme an der Regierung gezwungen ist, wird er ver-
suchen, sich möglichst an die Forderungen des Ideals zu halten.
Die Frage, ob nicht doch auch in diesen Staaten der philosophische
Staatsmann eine gedeihliche Wirksamkeit ausüben und sie auf
eine höhere Stufe heben kann, ist dann Plato in seiner Lehr-
tätigkeit näher getreten; literarisch behandelt hat er sie
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Elitwickelung der politischen Theorien Piatos.
erst, als im Jahre 367 der Ruf zu einer schöpferischen Wirk-
samkeit, den er so lange ersehnt hatte, wirklich an ihn er-
ging und er erkennen musste, dass das höchste Ideal, die
Herrschaft des »Wissenden«, des »wahren Monarchen, der im
Besitz von Tugend und Wissen allen zutheilt, was ihnen zu-
kommt und jederzeit von uns misshandeln und schädigen
kann, wen er will«, weil er ebenso gut über dem Gesetz
steht, wie der wahre Steuermann und der wahre Arzt über
den äusseren Regeln seiner Kunst, dass dieser Idealstaat (das
Ideal des aufgeklärten Despotismus) in Praxis unausführbar
ist, weil die Menschen sich in ihrer Verblendung ihm nie fügen
werden (nicht etwa weil es derartige Idealmenschen nicht
geben kann — dieser Gedanke liegt Plato völlig fern). So
bleiben nur die correcten Nachahmungen1) des besten Staats,
die nicht mehr auf dem Wissen, sondern auf dem richtigen
Meinen beruhen, und die daher an Gesetze gebunden sind:
das Königthum (wir würden sagen die constitutionelle Mon-
archie), die Aristokratie, und die gesetzmässige Demokratie.
Wie diese Gedanken entscheidend in die Geschicke von Hellas
eingegriffen haben, wird später darzustellen sein. Das Schei-
tern des Reform Versuchs hat Plato nicht gehindert, noch im
höchsten Alter die Hand an einen neuen breit ausgeführten Ver-
fassungsentwurf zu legen, der, nachdem die Undurchführbar-
keit des ursprünglichen Ideals erkannt war — »dies sei nur
für Götter oder Götterkinder«, meint er jetzt (leg. V, 739 d) — ,
den realen Verhältnissen und darum auch den Einflüssen der
historischen Entwicklung, für deren Bedeutung er jetzt Ver-
standniss gewonnen hat, so viel Rechnung tragen sollte,
■
wie das Princip es nur irgend zuliess.
918. Wenn Sokrates den Schriften der alten Philosophen
*) Grundlegend für das Schema ist Piatos logische Gliederung :
1) Wissen (ihm entspricht der Philosoph und der Idealstaat); 2) rich-
tiges Meinen (ihm entspricht der praktische Staatsmann [icoXtxtxo;] und
die drei Gesetzesstaaten); 3) der falsche Schein (ihm entspricht der So*
phist und die drei gesetzlosen Staaten, Massenherrschaft, Oligarchie und
Tyrannis). — Ueber Sokrates' Ansichten s. §. 619.
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358 IV, 5. Die Cultar der Reaclionszeit.
für seine Ziele wenig entnehmen konnte, so hat Plato von
jedem zu lernen gesucht, der ihm etwas bot, und, auch darin
von seinem Lehrer sehr abweichend, durch grosse Reisen
seine Kenntniss der Menschen und ihrer Institutionen und
Ansichten erweitert. Die nächsten Jahre nach Sokrates' Tod
hat er ohne Zweifel in Athen zugebracht; in diese Zeit fallen
seine zahlreichen kleineren Schriften, in denen er mit unüber-
troffener Kunst das Bild des Lehrers gezeichnet und in An-
knüpfung an seine Lehre die grundlegenden Probleme weniger
zu lösen, als richtig zu fassen gesucht hat. Dann ist er nach
Aegypten, dessen geschlossene Gultur mit ihren festgefügten
hieratischen Ordnungen ihm einen gewaltigen Eindruck machte,
und um 388 (ep. 7, 324 a) nach Unteritalien und Sicilien ge-
gangen (§. 988). Schon vor Sokrates hatte er den Herakliteer
Kratylos gehört; von weit grösserer Bedeutung aber ist es ge-
wesen , dass er jetzt , vor allem durch Archytas von Tarent
(§. 826), die Lehren und Schriften der Pythagoreer und ausser-
dem die eleatische Philosophie kennen lernte. Der Pythago-
reismus bestärkte ihn in seinen orphischen Anschauungen und
lehrte ihn die fundamentale Bedeutung der Mathematik für
die Erziehung des Denkens und Anschauens kennen; in den
Lehren der Eleaten aber fand er die unentbehrliche Ergänzung
zu der sokratischen Untersuchung der Begriffe. Je länger er
forschte, desto mehr hat er die Bedeutung ihrer Lehrsätze
erkannt: Plato, und nicht Euklides und die Eristiker, ist der
wahre Erbe des Parmenides so gut wie des Sokrates, und
seine Bedeutung für den Fortschritt der Wissenschaft beruht
vor allem darin, dass er beide mit einander verband und so
der eigentliche Begründer der wissenschaftlichen Logik und
Erkenntnisstheorie geworden ist. Ferner steht Plato der Natur-
wissenschaft ; aber principiell ablehnend hat er sich gegen
kein Wissensgebiet verhalten, wenn es wahrhafte Erkenntniss
oder wenigstens annehmbare Ansichten bot und nicht nur
trügerischen Schein. Wie Solon kann er von sich sagen, dass
er bis ins höchste Alter ununterbrochen gelernt habe; ja je
älter er wird, desto freier ist er allen wissenschaftlichen Rich-
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Plato und die Eleaten. Wissenschaft und Lehre. Schriften. 359
tungen gegenüber geworden, und wenn er in der Naturwissen-
schaft nicht selbstthätig mitarbeiten konnte wie in der Mathe-
matik, so hat er sich doch auch hier bemüht, sich anzueignen
und zu einem einheitlichen Weltbilde zusammenzufassen, was
die anderen erforscht hatten (§. 910). Je weiter er vorwärts
schreitet, desto lebendiger wird ihm das Gesammtbild der einen in
stetigem Erkennen fortschreitenden und ihrem Ideal sich mehr
und mehr annähernden Wissenschaft. — Junger wird Plato
schon bald nach Sokrales' Tode um sich gesammelt haben;
die Schule in dem von Kimon angelegten Park beim Gym-
nasium des Heros Akademos und spater in einem Gartengrund-
stück in dessen Nähe hat er vermuthlich alsbald nach seiner
Rückkehr aus Sicilien eröffnet. Fortan ist für ihn die Lehr-
thätigkeit sein eigentlicher Beruf. Denn nur durch eine Dis-
cussion, wie sie Sokrates geübt hatte, in ununterbrochenem
Fragen und Antworten, lässt sich eine wahrhafte Erziehung
ausüben; von dem geschriebenen Worte, das man nicht zur
Rede stellen kann und bei dem sich daher nie ermitteln lässt,
ob der Leser es richtig verstanden hat, hält Plato, der un-
übertroffene Meister schriftlicher Darstellung, sehr wenig, und
von dem abgerundeten Lehrvortrag auch nicht, in scharfem
Gegensatz zu allen Rhetoren und Sophisten. Trotzdem hat
Plato wieder und wieder zur Feder gegriffen, vor allem um
sich selbst zur Klarheit durchzuarbeiten, daneben um seine
Lehren gegen andere zu vertheidigen und für sich Jünger zu
werben. »Es gibt keine Schrift Piatos und wird keine geben,«
schreibt er an Dionys (ep. 2, 314 c); »was dafür gilt, stammt
von Sokrates, der wieder jung und schön geworden ist.« Das
ist eine scherzhafte Formulirung; und in seinen späteren
Schriften (Pannen ides , Sophistes, Politikos; Timaeos, Kritias)
tritt Sokrates überhaupt nicht mehr als Lehrer auf, sondern
wird belehrt, da die hier vorgetragenen Untersuchungen seinen
Gedanken ganz fern lagen. Aber was Plato ausdrücken will,
ist vollkommen zutreffend ; seine zahlreichen Schriften sind fast
alle nur entweder propädeutischer Art, indem sie dem Leser
das Problem verständlich machen und ihn zu weiterer ünter-
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300
IV, 5. Die Cultur der Reactionsieit.
suchung anlocken sollen, oder, namentlich die Schriften aus
späterer Zeit, logische und ethische Einzeluntersuchungen, in
denen er sich mit den entgegenstehenden Ansichten der Vor-
gänger und auch der Zeitgenossen aus einander setzt. In das
innerste Heiligthum seiner Gedanken führen nur Andeutungen,
namentlich in der Politik. Abgesehen von dieser und von
den logischen Untersuchungen und den Schriften, welche die
Aussenwerke seiner Lehre behandeln, über die es ein Wissen
nicht gibt, sondern höchstens ein richtiges Meinen (z. B. Ti-
maeos über das Weltbild), enden sie fast alle mit der rich-
tigen Formulirung der Frage, nicht mit der Antwort: »nur
so viel vermag meine geburtshülfliche Kunst zu leisten, und
mehr nichts,« schliesst noch der Theaetet; »und ich weiss
nichts von dem, was all die anderen grossen und wunder-
baren Männer wissen«. Das trifft das Wesen der platoni-
schen Philosophie; denn »das, was mir die Hauptsache ist,
lässt sich überhaupt nicht aussprechen wie ein anderer Wissens-
satz, sondern nachdem man lange Zeit im Zusammenleben
mit einander die Gedanken darauf gerichtet hat, entsteht es
plötzlich, wie ein Licht, das sich aus einem Funken entzündet,
in der Seele des Schülers und nährt sich dann aus sich selbst.
Wenn ich glaubte, dass man darüber etwas Ausreichendes
und der Menge Verständliches schreiben könnte, was hätte ich
Schöneres in meinem Leben thun können? . . . Aber ich glaube,
dass der Versuch, etwas darüber zu schreiben, den Menschen
nicht einmal gut ist, ausser einigen wenigen, die es auffinden
können, wenn man mit wenigen Worten darauf hinweist ; von
den übrigen aber würde es die einen mit unschicklicher Ver-
achtung erfüllen, die anderen mit hoher und eitler Hoffnung,
als hätten sie etwas Brauchbares gelernt« (ep. 7, 341 d, vgl.
2, 314 b). So hat sich Plato immer mit Andeutungen be-
gnügt; der Kern seiner Lehre, die Erkenntniss der Ideen, ist
eben durchaus intuitiv.
Hermodoros' Angabe (Diog. L. II, 106. III, 6), nach Sokrates* Tode
seien Plato und die übrigen Sokratiker nach Megara geflöchtet, hat
schwerlich irgend welche Gewahr; jedenfalls muss Plato sehr bald wieder
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Der Kern der platonischen Lehre. — Die Bedeutung der Persönlichkeit. 36 1
nach Athen zurückgekehrt sein, da seine Schriften deutlich hier ge-
sch rieben sind. — Dass ich in der Chronologie der platonischen Schriften
Lutoslawsü s Ansätze (Piatos Logic, 1897) im wesenllichenTür richtig halte,
bedarf kaum der Bemerkung. Entscheidend sind für mich die inneren
Gründe (vgl. §. 618 A.); dass die stilistischen dazu stimmen, ist eine sehr
willkommene Bestätigung. — Auf die abschliessende Gestalt der Lehre
Piatos und die Gesetze werde ich natürlich im nächsten Bande noch
zurückkommen müssen.
Individuum und Staat. Ofe politischen Theorien.
Isokrates* Panegyrikos.
919. Als das ausschlaggebende Moment im menschlichen
Leben hatte sich in der fortschreitenden Entwicklung, so schien
es, die mächtige Persönlichkeit erwiesen. Allgemein ist ihre
Bedeutung jetzt anerkannt. In Athen wird um den todten
Alkibiades nicht minder lebhaft gekämpft als ehemals um den
lebenden: ob er ein Genie gewesen sei oder ein gemeiner
Verbrecher, ob Athen mit Recht oder zu seinem Verderben
ihn von sich gestossen habe, wird in zahlreichen Abhandlungen
leidenschaftlich behandelt. Die Erfolge des Lysander, des
Dionys, des Agesilaos, des Konon und Euagoras bringen immer
aufs neue zum Bewusstsein, was ein Mann zu leisten ver-
mag, wenn er den Moment richtig zu ergreifen versteht. Beim
Tode des Euagoras stellte Isokrates die Forderung, dass die
Schriftsteller der Gegenwart das Lob eines bedeutenden Mannes
nicht mehr den Dichtern überlassen dürften. Sein biographi-
scher Nekrolog ist freilich schwach genug ausgefallen (§. 840 A.).
Aber er hat zahlreiche Nachfolger gefunden; als ein Jahrzehnt
später Xenophons Sohn Gryllos bei Mantinea gefallen war
(§. 971), erschienen »unzählige Lobschriften und Nekrologe« auf
den braven jungen Mann. In der Geschichtsschreibung tritt,
im Gegensatz zu Thukydides' zurückhaltender Art, das per-
sönliche Element immer stärker hervor. Philistos' Geschichte
Sicilien8 setzte sich in ihrem zweiten Theil nothwendig um in
eine Biographie des Dionys, der auch die üblichen Vorzeichen
und Wunder bei seiner Geburt nicht fehlten (§. 776 A.). Xeno-
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362 IV, 5. Die Cultur der Reactionsieit.
phon, der Reactionär, hat nicht nur in der Anabasis dem Kyros
und den griechischen Heerführern eine ausführliche Charakte-
ristik gewidmet und von seinen eigenen persönlichen Erleb-
nissen sehr eingehend berichtet, und nach Agesilaos' Tode dessen
Biographie geschrieben; sondern auch in seiner griechischen
Geschichte bricht immer wieder der Trieb hervor, charakte-
ristische Einzelheiten und Anekdoten mitzutheilen, die nur für
die Persönlichkeit, nicht aber für den Gang der politischen
Ereignisse Bedeutung haben, so sehr der Schriftsteller sich be-
wusst ist, dass er sich damit über die Gesetze des historischen
Stils hinwegsetzt, die er von Thukydides übernommen hat. Ge-
radezu bahnbrechend aber ist der sokratische Dialog geworden.
Vor allem Plato ist das unübertroffene Muster individueller
Charakteristik: immer aufe neue stellt er in seinen Dialogen
die Persönlichkeit des grossen Lehrers uns vor Augen, wie sie
leibt und lebt, und um ihn gruppiren sich in gleich unver-
wüstlicher Frische die grossen Sophisten und all die Gestalten
der attischen Gesellschaft, in deren Mitte er gewirkt hat.
Auch in der bildenden Kunst wird der Trieb zu charakteri-
siren vorherrschend (§. 904); und erst jetzt erhält das Porträt
individuelle Züge (§. 484 f.). Wie in der Praxis nimmt in der
Theorie die Persönlichkeit ihr volles und alleiniges Recht un-
umwunden in Anspruch: die mächtige Persönlichkeit kennt
nur sich selbst, sie hat das Recht zu herrschen und das Leben
in vollen Zügen auszukosten. Die Moral ist nur für die Masse
der Dummen und Schwachen, für die Knechtesseelen, nicht
für die Herrscher. Diese »Herrenmoral « Nietzsche's, deren
Programm Plato aus dem Munde des Kallikles im Gorgias mit
Meisterstrichen ausgeführt hat, und die in dein erfolgreichen
Usurpator, dem Tyrannen, ihr höchstes Ideal sieht, schranken-
lose Sinnenlust bei niedrigen Naturen, unbegrenzte Macht bei
höher strebenden, das ist das Ideal, welches unzählige Menschen
dieser Zeit unwiderstehlich anlockt; in einer uns erhaltenen Dis-
cussion mit Archytas von Tarent vertritt es Polyarchos, ein
Höfling des Dionys, unter Berufung auf seinen Herrn und den
Perserkönig, welche das höchste Glück gewonnen haben, das
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Der Individualismus in Theorie und Praxis.
363
dem Menschen erreichbar ist. Die hedonistische Moral Ari-
stipps verkündet im Grunde dasselbe Programm, nur in ab-
geschwächter Gestalt: den Gefahren sich auszusetzen, welche
das Streben ins Ungemessene bringt, im politischen Leben wie
im Sinnengenuss, hat keinen Sinn, man wird dann die un-
vermeidlichen Ruckschläge nur um so schwerer empfinden.
Nur das Gegenbild dazu ist die Moral Demokrits sowohl wie
die des Kynismus: sie stellen höhere Forderungen und erkennen
die Verbindlichkeit des Sittengesetzes unumschränkt an; aber ihr
Ziel ist nur der Einzelne und sein Glück, nicht die Gesammt-
heit. Diese Systeme führen in ihrer letzten Consequenz wie das
Aristipps zur Loslösung des Einzelnen vom Staat und zum
Kosmopolit ismus, dort in einem behaglichen Genussleben, hier
in Weltflucht. Plato hat wie Sokrates die individualistische
Auffassung, mag sie im moralischen Gewände erscheinen oder
die Moral negiren, als unwahr verworfen: denn nur in der
Gemeinschaft, d. h. im Staat, kann der Mensch existiren und
seine Lebensaufgabe erfüllen. Wie der Mensch durch richtige
Erziehung so geleitet werden kann, dass er in dem Nutzen der
Gesammtheit zugleich seinen eigenen wahren Nutzen erkennt,
so dass individuelle und sociale Moral zusammenfallen, das ist
das grosse Problem, mit dem Plato ringt.
Im allgemeinen vgl. Bruns, Literar. Porträt, vor allem seine vor-
treffliche Behandlung Xenopbons und der Schriften Ober Alkibiades :
Lysias or. 14. Isokrates 16 (§. 645 A. 651 A.). [Andokides] 4 (§. 644 A.),
ferner Piatos Symposion und die beiden Dialoge Alkibiades, die unter
der Einwirkung der Schriften Piatos entstanden sind, und von denen der
erste jedenfalls vor Leuktra geschrieben ist (§. 752). — <pt)oi 8' 'Apioxo-
*4X*»}<, Sti i'fX("fua X<*1 fottifiov rpöXXoo {Aoptoi 8oot Qovifpatyav, xb pipoc
xal tq> naxpi xaptCopsvoi (Diog. L. 11, 55). Nebenbei bemerkt zeigt die
letztere Bemerkung (ebenso wie die durchgangige Benutzung der Hellenika
bei Ephoros), was von der jetzt herrschenden Ansicht zu halten ist,
Xenopbons Schriftstellerei habe bei den Zeitgenossen keine Beachtung
gefunden. — Polyarchos: Aristoxenos fr. 15 bei Athen. XII, 545.
920. Den Individuen gegenüber steht der Staat, der sie
dem Zwange des Rechts unterwirft, das sie alle nur als
Glieder der Gesammtheit anerkennt. Er befindet sich jetzt in
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364
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
einer schweren Krise. Die wirtschaftlichen und politischen
Gegensätze haben seine innere Einheit zerrissen und seine
Gestalt ununterbrochen den heftigsten Schwankungen aus-
gesetzt ; der Individualismus aber will die Staatsidee überhaupt
aufheben, sei es, dass er den concreten Staat seinen egoisti-
schen Zwecken zu unterwerfen strebt, sei es, dass er sich
ganz von ihm zurückzieht und fordert, dass er ihn unbehelligt
seine Wege gehen lasse. Mit der inneren Zersetzung verbindet
sich die äussere Krisis, welche nicht wenige Staaten verschlingt
und die übrigen fast alle zur Ohnmacht und Abhängigkeit
von fremder Gewalt verurtheilt. So erhebt sich die Frage,
ob sich nicht eine Staatsform finden lässt, welche aus dem
Elend der Gegenwart herausführt und aufs neue dauerhafte,
geordnete, glückliche Zustände schaffen kann. Aus der Noth-
lage der Zeit heraus ist die politische Theorie der Griechen
geboren, selbst ohne es zu wissen der deutlichste Beweis für
die Zersetzung des alten Staatsbegriffs : denn sie betrachtet
die Staatsordnung nicht mehr als etwas Naturwüchsiges und
Gegebenes, sondern als ein Kunstproduct, welches beliebig
lediglich nach dem Willen des Gesetzgebers so oder so ge-
staltet werden kann; sie will die Normen aufstellen, nach
denen dieses Menschenwerk am zweckmässigsten eingerichtet
wird. Der einzige Staat, der sich dauernd bewährt hat, ist der
spartanische; wo alles ringsum zusammenstürzt, steht er allein
unerschüttert durch Jahrhunderte, in festen, wie es scheint un-
abänderlichen Ordnungen. So ist es natürlich, dass die Theorie
zunächst in ihm die Norm sieht, und Hand in Hand geht mit
der politischen Reaction, welche Sparta durchführt. Ueber-
dies legt Sparta, wie die Theorie fordert, das Hauptgewicht
auf die Erziehung; Lykurgos, wie die Legende ihn bildet,
hat bereits erkannt, dass nur durch sie die Schöpfung des
wahren Bürgers, der sich freiwillig dem Gesetz unterordnet,
und damit die allein wahre Freiheit zu erreichen ist, und
so hat er verwirklicht, was die Gegenwart erstreben muss
und trotz aller Bemühungen doch nicht erreichen kann.
So erscheint denn eine Schrift über die spartanische Staats-
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Zersetzung des Staats. Die politische Theorie. Sparta. 365
Ordnung nach der anderen. Dass sie in ihrer gegenwär-
tigen Gestalt dem Ideal nicht mehr vollständig entspricht,
muss man allerdings anerkennen: die Kämpfe, die im In-
neren des Staates um seine richtige Gestaltung geführt
werden, setzen sich fort in der theoretischen Discussion.
König Pausanias fordert Beseitigung der Neuerungen, welche
den Staat verderbt haben, und Rückkehr zu den Weisungen
der Orakel, welche Lykurg aus dem Munde der Pythia er-
halten hat (§. 754) ; Thibron, der gewandte Schüler Lysanders
(§. 838. 869), stellt die militärische Erziehung Spartas als die
unerschütterliche Grundlage seiner Herrschaft dar; Xenophon
entwirft, als Spartas Macht bereits ins Wanken kam (um 375),
ein Idealbild seiner Erziehung und seiner militärischen Ord-
nungen, wenn er auch zugeben muss, dass die Gegenwart von
ihnen abgewichen ist. In anderen Schriften wurde erörtert, ob
die Beschränkung des Königthums durch die volksthümliche
Gewalt der Ephoren ursprünglich und ob sie ein Segen oder
ein Verderb gewesen sei, wie die ursprüngliche Gleichheit des
Besitzes entstanden und wie sie wiederherzustellen sei, und
daneben untersucht, ob Lykurg seine Satzungen mit Hülfe
Apollos selbständig gefunden oder ob er sie aus anderen Staaten
entlehnt habe, aus Kreta oder aus Aegypten, wo ähnliche Einrich-
tungen bestehen. Die Theoretiker suchen noch vollkommenere
Gestaltungen zu ersinnen ; aber auch Piatos bester Staat ist nur
eine Verbesserung des lykurgischen Staats, welche die Einrich-
tungen Spartas überall rücksichtslos bis ins letzte Extrem durch-
führt, die scharfe Sonderung der drei Stände, der regierenden
Philosophen (= Könige und Geronten), des lediglich dem Krieger-
beruf lebenden aber nicht durch Erwerb befleckten Wehrstandes
(= spartiatische Vollbürger), und des politisch rechtlosen Nähr-
standes der Bauern und Gewerbtreibenden (= Heloten und
Perioeken); ebenso die Gütergemeinschaft und die heerden-
mässige Erziehung der Jugend durch den Staat, nicht durch
die Familie, was Plato zu voller Aufhebung der Familie und zur
Weibergemeinschaft mit einer vom Staat geregelten geschlecht-
lichen Zuchtwahl steigert. Der spartanische Staat ist nach
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366 IV> 5. Die Cultur der Reaetionsieit.
Plato die beste der verfehlten Staatsformen (§. 917); und auch An-
tisthenes erkennt an, dass der spartanische Staat allen anderen
weit überlegen ist und sich zu Athen verhält, »wie eine Männer-
versammlung zu den Weibern im Frauengemach c ; die Spar-
taner sind ihm die Pädagogen von Hellas, die übrigen Staaten
die Kinder, die sich gegen den Lehrmeister auflehnen.
Zu den Schriften Ober die spartanische Verfassung vgl. Forsch.' I,
250. Thibron: Arist. pol. IV, 13, 11. — Antisthenes' Aeusserungen : Theon
progymn. 5, 33, Rbet. I, p. 215 Walz (bei Diog. Laert. VI, 59 von Dio-
genes erzahlt). Plut. Lyc. 30 (vgl. Diog. L. VI. 27). Isokrates lässt Archi-
damos sagen, es sei anerkannt, dass eine icoXtttia otav stvat y?^ allein in
Sparta bestehe (6, 48).
921. Aber der Erfolg, so stark er die Gestaltung der Theorie
beeinflusst hat, ist keineswegs das Entscheidende gewesen.
Vielmehr, da die moderne, individualistische, zersetzende Ten-
denz ihr Ideal erreicht entweder in der Herrschaft eines ein-
zelnen oder einiger weniger, welche die gesetzliche Ordnung
zu ihren Gunsten durchbrechen (Tyrannis und Oligarchie),
oder in der Herrschaft des Pöbels und der Demagogen, welche
sich ebenso unbedenklich über Recht und Gesetz hinwegsetzen,
um den Staat auszubeuten, so muss die Theorie, welche nur
diejenige Staatsordnung anerkennen kann, die allein das Wohl
der Gesammtheit erstrebt, mag die Gewalt in den Händen eines
einzelnen oder einer wahren Aristokratie liegen, nothwendig
einen reactionären Charakter tragen. Sie möchte die Zustände
der Vorzeit wieder herstellen, die im Gegensatz zu dem Elend
der Gegenwart in den glänzendsten Farben erschien. So
führt sie wie die politische Reaction zunächst den Kampf des
Agrarstaats gegen die moderne capitalistische Entwickelung,
welche in den Städten die volle Herrschaft gewonnen hat, mag
die Form der Verfassung sein, welche sie wolle. Darin aber
steckt der innere Widerspruch, der allen diesen Bestrebungen
anhaftet und sie sämmtlich von vorn herein zum Scheitern
verurtheilt hat. Denn wie die Praxis der Reaction ist auch ihre
Theorie, ohne es zu ahnen, vollständig durchsetzt vom mo-
dernen Leben und von den Anschauungen des Capitalismus.
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Moderner Charakter der reaetionären Theorie. Stadtstaat u. Kleinstaat. 3Q7
Piatos Staat ist thatsächlich nichts, weniger als der alte natur-
wüchsige Agrarstaat mit seinen patriarchalischen Ordnungen;
sondern er hat die moderne, städtische Cultur zur Voraus-
setzung. Die Bedeutung des in der gemeinen Praxis freilich
unentbehrlichen Erwerbslebens erkennt er für den Staat über-
haupt nicht an, und von dem modernen capitalistischen Betrieb
will er nichts wissen; trotzdem sieht er auf das Leben der Bauern
und Handwerker voll Verachtung herab, weil es ungebildet und
sklavisch ist. Seine Philosophen und Krieger sind in Wahrheit
nichts anderes als die gebildeten Menschen aus der Stadt, welche
von ihren Einkünften, d. h. von ihren Zinsen leben und des-
halb herrschen und das Leben geniessen können, ohne zu ar-
beiten, ganz so wie die Oligarchen, die jetzt in den Städten
die Herrschaft haben — nur dass bei Plato das Ideal der
geistige, bei diesen der materielle Genuss ist. Darum ist jeder
seiner Staatsentwürfe, mag er auch in der gemilderten Form
der >Gesetze« auftreten, nothwendig utopisch; darum trägt er,
trotz aller Begeisterung seines Schöpfers, im letzten Grunde
die Züge greisenhafter Erstarrung, die alles peinlich reglemen-
tirt und ein frisches, innerlich bewegtes Leben nicht mehr
ertragen kann: der aegyptische Kastenstaat — wir würden
sagen der chinesische Staat — kommt seinem Ideale am
nächsten.
922. Die Theorie hält die richtige Lösung der Verfassungs-
frage für die Aufgabe des Staats: wenn Plato oder einer
seiner Gesinnungsgenossen die Macht in Händen hat, wird er
alle Kräfte daran setzen, sie zu erfüllen. Aber Selbstzweck
ist ihm die Macht nicht ; der Idealstaat ist der alte Kleinstaat
und darf nur der Kleinstaat sein, denn jede Herrschaft über
andere ist Unrecht und Entartung. In der En t Wickelung zur
Seeherrschaft und damit zur Grossmacht lag der Fluch Athens ;
dadurch ist es innerlich corrumpirt und äusserlich zu Grunde
gegangen. Die ganze bisherige Entwickelung Griechenlands,
auf der seine Grösse beruht, wird schlechthin verurtheilt. Die „
»Unthätigkeit nach aussen« (ärcpaYii.oouvT]) , die Thukydides
verspottet und für den wahren Staat für unmöglich erklärt,
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IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
der Verzicht auf jede Macht und auf jede äussere Politik, ausser
soweit sie zur Abwehr feindlicher Angriffe nöthig ist, das ist
das Ideal dieser Theorie. Wer dagegen im praktischen Leben
steht und weiss, dass der Staatsmann ununterbrochen folgen-
schwere Entschlüsse zu fassen hat, von denen nur zu oft die
Existenz des Staates abhängt, der erkennt, dass es sich in Wahr-
heit gerade umgekehrt verhält, dass die Macht das eigentliche
Wesen des Staates ist, und dass eine den gegebenen Verhält-
nissen richtig angepasste Verfassung nur eins der Mittel ist, seine
Macht zu entwickeln und zu mehren. Die äussere Politik ist
der Nerv des Staates, nicht die innere. Die Zeiten waren
längst vorbei, wo die Staaten noch im wesentlichen isolirl
neben einander standen wie auf abgelegenen Inseln und nur
gelegentlich einmal in einen Conflict mit einander geriethen, in
dem sie sich meist das Gleichgewicht halten konnten, weil
ihre materiellen Kräfte noch fast gleich waren. Je weiter die
Cultur fortschreitet, desto grösser und desto ungleichartiger
werden die Verhältnisse, und desto mehr wird das Leben des
Staats ein fortwährendes Ringen um die Behauptung und
Mehrung seiner Macht. Hier liegt der Schwerpunkt jeder
praktischen Politik, die der Nation helfen soll, und nicht in
den Verfassungsfragen. Allerdings um sich behaupten zu können
namentlich gegen die widerstrebenden Elemente in seinem In-
neren, bedarf der Staat einer Autorität, die gross genug
ist, dass all seine Angehörigen sich ihr fügen und das Staats-
wohl über das Interesse der Person und der Partei stellen.
Diese gefestigte Stellung des eigenen Staats ist der Gegenwart
fast völlig verloren gegangen, aber weit weniger, weil die
Verfassungen schlecht waren, als weil die Staaten machtlos ge-
worden sind: die mächtigsten Staaten, Sparta und Athen,
haben sich auch nach innen als die stärksten erwiesen, und
in Athen sind die Revolutionen erst ausgebrochen, als die
Macht des Staates zusammenbrach. Wie eine solche Macht
von neuem geschaffen werden kann, wie es möglich ist, >über
Willige zu herrschen« (idsXövtwv apystv), das ist das Pro-
blem, dem Xenophon zeitlebens nachgehangen hat; die that-
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Das praktische Ideal und die absolute Monarchie. Xenophon. 369
kräftige, im richtigen Handeln bewährte Persönlichkeit ist sein
Ideal, nicht der intelligente und daher tugendhafte Theoretiker,
dessen politische Wirksamkeit nach aussen immer nur negativ
sein kann. Als auch die Macht Spartas darniedersinkt, sucht
er die Lösung in der Bildung einer festgefügten und sieg-
reichen Militärmacht unter einem genialen Heerführer und
Organisator; am Ende seines langen Lebens hat er die
Schöpfung eines mächtigen Militärstaats aus den unbedeutend-
sten Anfangen in einem didaktischen Roman methodisch dar-
zulegen versucht, zu dessen Helden er den Gründer des grossen,
auch in seinem Verfall noch allen Erschütterungen Stand
haltenden persischen Weltreichs wählte. Das ist das noth-
wendige Endergebniss der griechischen Verfassungsentwicke-
lung: wo alles zusammenbricht, bleibt als einzige Rettung die
absolute Militärmonarchie, wie sie Dionys von Sicilien, der
verabscheute Despot, aufgerichtet hat. Auch Plato hat das
anerkennen müssen, indem er immer bestimmter all seine
Hoffnungen nicht mehr auf einen freien Verband intelligenter
und uneigennütziger Männer setzt, sondern auf einen aufge-
klärten Despoten, der die Ideen des Gesetzgebers annimmt
und seinen Unterthanen aufzwingt und so eine gesetzmässige
Ordnung herstellt. An der Erwartung, dass so doch noch einmal
sein Ideal sich werde erfüllen lassen, hat er festgehalten, auch
als der Versuch, es durch Dionys II. und dann durch Dio zu
erreichen, vollständig gescheitert war.
923. Auch für Isokrates und seine praktische Politik
stehen die Verfassungsfragen in zweiter Linie. Er kann einem
absoluten Monarchen, wie Nikokles von Salamis, ebenso gut Rath-
schläge ertheilen, wie Sparta und der athenischen Demokratie,
und fanatische Oligarchen und Spartanerfreunde, wie z. B. Theo-
pompos von Chios, sind ebenso gut unter seinen Schülern
wie Prinzen und Demokraten. Was er bekämpft, ist die ver-
blendete Selbstsucht, welche das wahre Interesse des herr-
schenden Politikers nicht minder verkennt als das seines Staats;
beides ist auch ihm untrennbar verbunden. Bei vernünftiger
Handhabung des Regiments dagegen lässt sich unter jeder
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 24
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370 IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit.
Verfassung Nützliches erreichen. Aber Isokrates kennt ein
höheres Ziel als das Gedeihen des Einzelstaats: die Noth
von t?anz Hellas, die innere Verwüstung, die Auslieferung der
asiatischen Griechen an die Barbaren, die ziellose Politik der
Gegenwart, die sich in kleinlicher Selbstsucht und nutzlosem
Hader verzehrt, wo die grössten Aufgaben gestellt sind und
die Hellenen die Weltherrschaft erringen könnten, wenn sie
nur einig wären — das sind die Sorgen, die ihm am Herzen
liegen. Hier will er helfen, da er es nicht als handelnder
Staatsmann kann, so als Rathgeber und Mahner durch die
Macht seines Worts. Je länger er diesen Fragen nachhängt,
desto mehr hat er die Bedeutung der Macht für die Aus-
führung seines Programms anerkannt, und der Reihe nach
hat er sich an jede griechische Macht gewandt, mochte sie
sonst beschaffen sein wie sie wollte. Zunächst aber setzte er
seine Hoffnung auf die Wiederherstellung der Machtverhält-
nisse der Vergangenheit, die ein Jahrhundert zuvor im Perser-
kriege sich so herrlich bewährt hatt( n. Sparta hat seine
grossen Verdienste; wenn es seine Macht gegenwärtig in eigen-
nützigster Weise missbraucht, so kann doch kein Mensch daran
denken, sie ihm zu entreissen und dadurch Griechenland noch
schwächer zu machen als es jetzt schon ist. Aber die Zwing-
herrschaft, die es ausübt, ist allerdings unerträglich, und die
Ohnmacht Athens das schwerste Unglück von Hellas. Die
Seemacht Athens und damit den alten Dualismus wieder her-
zustellen, soll die nächste Aufgabe der nationalen Politik sein ;
wenn dann beide Staaten sich einigen und das Commando
theilen, Sparta zu Lande, Athen zur See, dann kann auch
die Zeit der Perserkriege wiederkehren und die dringende
nationale Aufgabe der Befreiung der asiatischen Hellenen und
der Eroberung der westlichen Provinzen des Perserreichs wie-
der aufgenommen werden. — Das sind die Gedanken, die Iso-
krates in der ersten seiner grossen politischen Broschüren, dem
Panegyrikos, im Sommer 380 der Nation vorgelegt hat, formell
anknüpfend an eine Festrede, die etwa ein Menschenalter zuvor
(wahrscheinlich 408) Gorgias in Olympia gehalten und in der er
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Isokrates' Panegyrikos. Die nationale Aufgabe.
371
zur Beilegung des Bruderkriegs und zum Kampf gegen die
Barbaren gemahnt hatte. Das gebildete Publicum von Hellas
für den Gedanken einer Wiederherstellung der athenischen
Herrschaft zur See, in verbesserter Gestalt, unter Abstellung
aller Beschwerden, zu gewinnen, ist die nächste Aufgabe der
Schrift; deshalb werden die Vorwürfe der Gegner widerlegt,
Athens Vorgehen entschuldigt, seine grossen politischen und
culturellen Leistungen in glänzenden Farben gezeichnet, wäh-
rend die Führung der Herrschaft durch Sparta, wenn auch
in schonender Form, im schlimmsten Lichte erscheint. Sehr
geschickt versteht der Verfasser, die Schuld an dem letzten
Kriege und der gegenwärtigen Lage, der Oberherrschaft
des Perserkönigs, allein Sparta aufzubürden, während doch
thatsächlich Athen und seine Genossen sich im Bunde mit
Persien gegen Sparta erhoben haben, als dies den Na-
tionalkrieg gegen Persien führte. Die Schrift hat eine gewal-
tige Wirkung ausgeübt; sie erhob Isokrates mit einem Schlage
zu dem ersten der lebenden Publicisten. Ohne Zweifel ist sie
im Einverständniss mit den massgebenden Staatsmännern
Athens geschrieben, vor allem wohl mit Isokrates' Schüler
und Freund Timotheos, dem Sohne Konons, der sich berufen
fühlte, das Werk seines Vaters fortzusetzen und der leitende
Staatsmann des neuen Reichs zu werden. Sie enthält die
Ankündigung, dass Athen, durch die Friedensjahre gestärkt,
die erste Gelegenheit zu dem Versuch der Wiederaufrichtung
seiner Seeherrschaft benutzen werde. Das bedeutete einen
neuen Krieg gegen Sparta; denn der Illusion, dass Sparta
sich durch Isokrates' schön abgerundete Perioden zu einem
freiwilligen Verzicht auf die bisherige Alleinherrschaft werde
bewegen lassen, kann sich auch der Schriftsteller selbst nicht
hingegeben haben, so sehr er bereit ist, die Macht der Rede
aufs gewaltigste zu überschätzen. Aber das Ziel ist nicht der
Krieg, sondern nach demselben die Versöhnung, und dann die
Aufnahme des gemeinsamen Nationalkriegs gegen Persien. —
Die Zeit, wo die Gelegenheit sich bot, war näher, als Iso-
krates und seine Gesinnungsgenossen ahnen mochten; die
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372
IV, 5. Die Cultur der Reactionszeit,
Probe stand bevor, ob es gelingen werde, mit dem neuen
Programm Hellas aus seiner Nothlage zu erlösen.
In Isokrates' Panegyrikos muss man, wie in all seinen Broschüren,
sehr viel zwischen den Zeilen lesen. Dass Athen bereits im wesentlichen
gleichberechtigt neben Sparta stehe (§. 16 u. a.), ist bewusste Fiction:
in Wirklichkeit ist das die Forderung, die die Rede verkündet, und die
erst durch die zukünftige politische Action verwirklicht werden soll.
Dass die Schrift das Programm des zweiten Seebundes ist, hat Wilamo-
witz, Arist. II, 880 ff. richtig erkannt; aber er beurtheilt sie und Iso-
krates und die Lage von Hellas falsch, wenn er die »Entfesselung des
veralteten (!) Hasses gegen die Barbaren« für Phrase erklärt. [Seine An-
nahme, Isokrates polemisire §. 100—114 gegen eine von einem oligarcbi-
schen Ionier verfasste Schmähschrift gegen Athen , beruht auf Missver-
ständniss von §. 111.] — §. 122 — 132 ist eine Einlage; das beweist nicht
nur der von dem Uebrigen aufs stärkste abweichende Ton (hier allein
werden die Spartaner bei den Angriffen auf sie mit Namen genannt),
sondern ebenso der Umstand, dass §. 133 unmittelbar an 121 , nicht an
132 anschliesst. Offenbar ist der Passus unter dem frischen Eindruck
der letzten Gewaltthaten Spartas in das schon im wesentlichen fertige
Manuscript eingelegt und nicht mehr völlig eingearbeitet. Aber daraus
folgt keineswegs, dass der Haupttheil schon früher (3S4) veröffentlicht
sei, wie vielfach angenommen wird [vgl. dagegen zuletzt Drerup, Philol.
54, 1895, 636 ff.J; damals ist die Schrift noch undenkbar.
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VI. Wiedererhebung Thebens und Athens, bis
zum Frieden von Sparta.
Befreiung Thebens. Bruch zwischen Athen und Sparta.
924. Die thebani sehen Flüchtlinge hatten in Athen Schutz
gefunden. Bei einem Versuche, die Heimath von der dop-
pelten Zwingherrschaft der Oligarchen und der Spartaner zu be-
freien, konnten sie der Sympathie des attischen Demos sicher
sein; wenn er auch nicht wagen durfte, offen zu den Waffen
zu greifen, war doch kein Zweifel, dass er ihnen dieselbe
Unterstützung gewähren würde, welche er selbst bei dem
Sturz der Dreissig in Theben gefunden hatte. Auch in
Theben war an eine offene Erhebung nicht zu denken; die
spartanische Garnison von etwa 1500 Mann unter drei höheren
Officieren hielt die entwaffnete Bürgerschaft in Unterwürfig-
keit, und Leontiadas und sein Anhang schalteten in der
Stadt unumschränkt, besetzten die militärischen und civilen
Aemter mit zuverlässigen Genossen und gingen gegen die Ver-
dächtigen mit Hinrichtungen und Verbannungen vor. Nur
durch Ueberfall und Mord konnte man hoffen, zum Ziele zu
gelangen. Die Exulanten fanden unter ihren Gesinnungs-
genossen in Theben eine Anzahl entschlossener Männer, die
bereit waren die Hand dazu zu bieten und alles vorzubereiten;
in Athen waren die massgebenden Kreise, vor allem Kephalos,
insgeheim mit dem Unternehmen einverstanden. Im De-
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374
IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
cember 379 glaubte man den geeigneten Moment gekommen.
Zwei athenische Strategen führten unter irgend einem Vorwand
die mobilen Truppen an die Grenze. Die Exulanten sammelten
sich in der thriasischen Ebene (ö. von Eleusis); sieben von ihnen,
junge Manner aus vornehmen Häusern, geführt von Melon,
schlichen sich als Jäger verkleidet in Theben ein und fanden
im Hause des Charon Aufnahme. Hier sammelten sich die
Genossen aus Theben. Das unwirthliche Winterwetter be-
günstigte das Unternehmen; eine unbestimmte Kunde, die zu
den Machthabern drang, wurde nicht genügend beachtet, eine
Warnung aus Athen — wo das Vorhaben nicht verborgen
bleiben konnte — kam zu spät. Phyllidas, der Secretär der
Polemarchen Archias und Philippos, war im Complott und
lud seine beiden Vorgesetzten — es war der Festtag der Aphro-
dite — zu einem wüsten Gelage. Die Diener wurden ent-
fernt, die Verschworenen als Hetären verkleidet eingeführt.
Sie stiessen die Polemarchen nieder, ebenso den Archon Kabi-
richos; Leontiadas und Hypates (vielleicht der dritte Polem-
arch) wurden in ihren Häusern überfallen. Dann wurde
das Gefängniss erbrochen und die Bürger zur Freiheit auf-
gerufen; die Heiligthümer und die Werkstätten der Waffen-
schmiede boten Rüstungen in genügender Zahl. Die Besatzung
der Kadmea rührte sich nicht; die entscheidenden Vorgänge
hatten sich so rasch und geheim abgespielt, dass sie erst spät
Kunde erhielt, und dann wagten die überraschten Comman-
danten keinen Ausfall mehr. Am nächsten Morgen trat das
Volk zusammen. Die Oligarchie wurde aufgehoben, die Demo-
kratie wieder hergestellt und mit ihr das Amt der Boeotarchen,
das den Anspruch auf die Herrschaft über Boeotien involvirte
Unter den Gewählten waren die Führer der Befreier, Melon
und Charon, ferner Gorgidas und Pelopidas, der Sohn des
Hippokles aus einem der vornehmsten und reichsten Häuser,
der sich besonders ausgezeichnet und Leontiadas nach hartem
Ringen niedergeworfen hatte. Gleich darauf trafen die übrigen
Flüchtlinge ein, und wenig später die athenischen Truppen; die
beiden Strategen hatten kein Bedenken getragen, den Thebanern
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Befreiung Thebens.
375
Hülfe zu bringen und damit dem Volk die Entscheidung
über den Kopf wegzunehmen. Die Besatzung der Kadmea
suchte aus Plataeae und Thespiae Verstärkungen heranzu-
ziehen; doch die Zuzüge wurden abgefangen, und die Belage-
rung begonnen. Die Lebensmittel waren knapp und die Truppen
aus den Bundesstädten unzuverlässig; die Commandanten aber
hatten durch ihren Mangel an Energie alle Autorität einge-
büsst. So capitulirten sie auf freien Abzug, wenige Tage ehe
das spartanische Entsatzheer eintreffen konnte. Die sparta-
nisch gesinnten Thebaner freilich, welche sich auf die Burg
geflüchtet hatten, wurden mit ihren Kindern niedergemacht,
soweit sie nicht von den Athenern gerettet wurden.
-
Ueber die Befreiung Thebens haben wir zwei Berichte, deren Cha-
rakter E. v. Stern, Xonophons Hellenika und die boeotische Geschichts-
überlieferung, 1887, richtig erkannt hat: 1) die boeotische Version (wohl
durch Anaxis und Dionysodoros fixirt Diod. XV, 95), die bei Plutarch
de genio Socratis und in der Biographic vorliegt (Plut. Pelop. = Nepos
Pelop.; nur stellt die Biographie natürlich Pelopidas in den Vordergrund
und drängt Melon, den eigentlichen Führer, zurück; dass für Plutarchs
Pelopidas Kallisthenes die Mittelquelle bilde, wie Stern annimmt, glaube
ich um so weniger, da Nepos, den Steux garnicht berücksichtigt, ganz
mit Plutarch übereinstimmt); 2) Xenophon V, 4, 1 ff. [Hypates' Tod er-
wähnt er nur VII, 3, 7], der die andere Version kennt, aber verwirft
(V, 4, 7: ot jxsv oyj outük; Xifouv.v a&tooc i^o&avBiv, o't 8fe x»l ui$ xu>}ia3t4^
8V58>.d-övta<; to'ji; apupi M£Xu>vu aitox-cetva» xo'>$ nolkefidp^oos). Im allge-
meinen ist Xenophon weit zuverlässiger, wie Stern im einzelnen aus-
führt; mit Sicherheit ist das Detail bei solchen Vorgängen niemals zu
erkennen, da berichtet jeder Mithandelnde anders. — Ephoros scheint
die boeotische Version zu berücksichtigen; doch gibt Diod. XV, 25 [der
die Befreiung unter 378/7, also ein Jahr zu spät setzt] nur kurz die
Hauptpunkte. Nach Xenophon sind die Befreier Melon und sechs Ge-
nossen, nach der anderen Version zwölf. [Eine romanhafte Entstellung :
Polyaen II, 3, 1.] — Die neuen Boeotarchen: Plut. Pelop. 13; dass auch
Gorgidas zu ihnen gehörte, lehrt c. 14 und Polyaen II, 1, 2. 5, 1. 2. — Eine
tendenziöse Fälschung hat die athenische Ueberlieferung begangen, in-
dem sie gleich nach der Befreiung den Staat Athen Theben Hülfe leisten
und auf Antrag des Kephalos ein Bündniss schliessen lässt, dagegen den
Rücktritt Athens und die Verurtheilung der eigenmächtigen Feldherrn
streicht: diese Version, die Dinaren 1, 38 f. und Aristid. I, 283 wieder-
geben, hat Ephoros aufgenommen (Diod. XV, 26, wo der Feldherr Derao-
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370
IV, 6. Wieiiererhebimg Thebens und Athens.
phon hierher versetzt wird, der in Wirklichkeit wohl, wie Fchäfer, De-
mostb. I\ 20 annimmt, mit Demeas identisch ist, der nach schol. Aristid.
p. 281 Dixdorf nachher mit Ghabrias zusammen operirt). Dass das eine
Fälschung ist, hat Grote schlagend erwiesen [gegen Fabricius' Ansicht
s. §. 894 A.]. Nicht nur tragt Xenophons Darstellung (V. 4. 9 0*. 19)
alle Zeichen der inneren Evidenz, sondern zwischen der Befreiung und
dem Eintreffen der Athener ist gar keine Zeit für einen Volksbeschluss.
Beim Angriff des Kleombrotos leisten denn auch die Athener den The-
banern keine Hülfe, sondern besetzen nur die Landesgrenze. Kephalos*
Antrag gehört erst ins nächste Jahr, nach dem Ueberfall des Sphodrias.
— Eine eingehende Darstellung der Geschiebte der folgenden Zeit hat
auch A. SchIfer, Demosthenes und seine Zeit, Bd. I, gegeben.
925. In Sparta hat man auf die Kunde von den Vor-
gangen in Theben sofort ein Heer aufgeboten. Den Ober-
befehl erhielt König Kleombrotos, Agesipolis' Bruder und Nach-
folger; Agesilaos hielt sich zurück, um nicht der Opposition,
die ihm sein Eintreten für jede Zvringherrschaft zum Vorwurf
machte, neue Nahrung zu geben. Bis indessen mitten im
Winter das Heer, das auch diesmal meist aus Bundesgenossen
und Söldnern bestand, mobil gemacht war, verging längere
Zeit; als Kleombrotos in Megara angelangt war, hatte die
Kadmea capitulirt. Von den Gommandanten wurden zwei
hingerichtet, der dritte, Lysandridas, der sich zur Zeit des
Aufstandes in Haliartos befunden hatte, in eine schwere Geld-
strafe verurtheilt Viel konnte Kleombrotos jetzt nicht mehr
ausrichten. Die Athener unter Ghabrias besetzten die Landes-
grenzen und sperrten ihm die Heerstrasse; er musste aufGe-
birgspfaden über Plataeae vorrücken. Den Pass gelang es zu
forciren, aber für eine Feldschlacht gegen den thebanischen
Heerbann war er zu schwach. Nachdem er 16 Tage im
Lande gestanden hatte, Hess er Sphodrias mit dem dritten
Theile seines Heeres in Thespiae, westlich von Theben, zurück
und trat den Heimweg an. — Trotzdem ist das energische
Vorgehen Spartas nicht ohne Folgen geblieben. Die Hoffnung,
die man in Theben und Athen liegen mochte, dass die Em-
pörung um sich greifen und auch Korinth sich aufs neue er-
heben werde, wie im J. 395, erfüllte sich nicht. In beiden
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Die Spartaner gegen Theben. Beziehungen zu Athen.
377
Staaten beschloss man einzulenken: Theben erklärte sich be-
reit, Spartas Suprematie anzuerkennen und auf alle weiteren
Ansprüche zu verzichten, und Athen, das sich schon von einer
neuen Invasion bedroht sah, zog die beiden Feldherrn, die
eigenmächtig den Thebanern Hülfe gebracht hatten, zur Ver-
antwortung und verurtheilte sie zum Tode; der eine wurde
hingerichtet, der andere war rechtzeitig entflohen. Die the-
durchsetzen können.
Verurtheilung der spartanischen Corumandanten : Xen. V, 4, 13, wo
nur der eine Harmost erwähnt wird; Plut. de gen. Soor. 34. Pelop. 13.
Diod. XV, 27, 3. Theopomp fr. 268. — Verurtheilung der athenischen Stra-
tegen : Xen. V, 4, 19. Plut. Pelop. 14. Die Namen kennen wir nicht. —
Ueber Theben Isokr. 14, 29 : atud-svrti; Si<i tr4<; -S-ietepot^ [der attischen]
?ov4ft»CD? xal xaTsXftovres tlq tvjv aotiLv o'iSeva /povov Jvejutvav
et? Aaxe?atp.ova icpesßei? arcsaTsXXov, stoijjloi ?ooX»6siv Svte; xa: jiyjoev xtvttv
xtbv spoTspov irp&<; a?>tou? oijxoXoY^jfievtuv.
926. Aber Sparta konnte sich zum Nachgeben nicht ent-
schließen. Hatte es doch seither alle Schwierigkeiten über-
wunden und soeben erst Phlius und Olynth niedergeworfen,
trotz ihres hartnäckigen Widerstandes; wie sollte es sich vor
dem isolirten und unter die Zwingherrschaft einer Rolte von
Revolutionären gerathenen Theben fürchten und damit zu-
geben, dass es zu schwach sei, seinen Willen durchzusetzen?
Thebens Angebot wurde abgewiesen, und das Comraando für
den nächsten Feldzug Agesilaos übertragen. Um sicher zu
gehen, wer es allerdings nöthig, Athen vollends für den
Anschluss an Sparta zu gewinnen; daher ging eine sparta-
nische Gesandtschaft nach Athen, um die Verhandlungen zu
führen. Sicherer Verlass war indessen auf den Demos nie-
mals, mochte er auch momentan eingeschüchtert sein; weitaus
das Erwünschteste war es, wenn Sparta die Stellung wieder
gewinnen konnte, die es im Jahre 403 leichtsinnig aufgegeben
hatte. Es kann ernstlich kein Zweifel sein, dass wie früher
Fhoebidas, so jetzt Sphodrias wenn nicht im Auftrag so doch
in geheimem Einvernehmen mit den leitenden Männern in
banisch gesinnten
Willen nicht
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378
IV. 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
Sparta gehandelt hat, als er einen Handstreich auf den
Piraeeus versuchte. Wenn daneben nicht nur von spartani-
scher, sondern wie es scheint auch von theba nischer Seite be-
hauptet wird, dass er dazu durch Einflüsterungen und Geld
der thebanischen Patriotenpartei verlockt sei, die in einem
Bruch zwischen Sparta und Athen die einzige Möglichkeit der
Rettung sah, so kann aucjj das etwas Wahres enthalten: die
erste Anregung mag von hier aus gekommen sein. Nur
bleibt es doch fraglich, ob Pelopidas und seine Genossen
mit Sicherheit voraussehen konnten, dass der Anschlag schei-
tern müsse; wenn er aber gelang, waren sie rettungslos ver-
loren. Thatsache ist, dass Sphodrias noch vor Beginn des
Frühlings 378 spät Abends von Thespiae aufbrach, in der
Hoffnung, noch vor Tagesanbruch den Piraeeus überfallen zu
können, in dessen Mauern die Thore nicht eingesetzt waren.
Aber er hatte die Entfernung unterschätzt; als der Morgen
graule, war er nicht über Thria (östlich von Eleusis) hinaus-
gekommen. Jetzt Hess sich sein Unternehmen weder aus-
führen noch verheimlichen; er kehrte um und plünderte unter-
wegs die umliegenden Ortschaften. In Athen hatte man so-
fort die gesammte Bevölkerung zu den Waffen gerufen und die
spartanischen Gesandten festgenommen. Diese konnten nach-
weisen, dass sie an dem schnöden Friedensbruch völlig un-
schuldig seien, und verhiessen glänzende Genugthuung. So
entschlossen sich die Athener, zu warten; die Gefahren eines
neuen Krieges in der jetzigen Lage standen ihnen klar vor
Augen. In Sparta erhoben denn auch die Ephoren Anklage
gegen Sphodrias vor dem Rath der Geronten, und dieser
wagte nicht sich zu stellen; trotzdem wurde er freigesprochen.
Persönliche Momente haben mitgewirkt: Sphodrias gehörte zu
dem Anhang des Kleombrotos , Agesilaos , der ihm feindlich
gesinnt war, wurde durch seinen Sohn gewonnen ; aber Aus-
schlag gebend kann wenigstens für Agesilaos' Haltung nur
die Erwägung gewesen sein, dass man sich Athen gegen-
über doch schon hoffnungslos compromittirt habe und um
seinetwillen einen bewährten und energischen Mann nicht
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Sphodrias' Handstreich auf den Piraeeus. Krieg in Boeotien. 379
nutzlos opfern dürfe. Damit hatte freilich der spartanische
Staat Sphodrias' Friedensbruch officiell sanctionirt.
Sphodrias' Handstreich wird nicht nur von Xlmi. V, 4, 20 ff. auf
die Thebaner zurückgeführt, sondern auch von der boeotischen Ueber-
lieferung, der, wie v. Stern (§. 924 A.) erwiesen hat, Plutarch Pelop. 14
(vgl. Ages. 24) folgt. Denn dieser gibt mehr als Xertophon ; er nennt die
Boeotarchen Pelopidas und Gorgidas und den Mittelsmann Diemporos
(so ist mit Keil, sylloge inscr. Boeot. 190 und Stern für io:a ejxjiopöv uv«
zu lesen). Ephoros (Diod. XV, 29, 5) schiebt die Schuld auf Kleom-
brotos; das ist offenbar aus Xenophons Angabe über seine Partei-
stellung gemacht. — Ueber Sphodrias auch Kallisth. fr. 2 (bei Harpokr.
s. v.)» wo er tiWjftfjs Xtav xat xoü'foi; -po; ta? tXiuoa; genannt wird,
= Plut. Pelop. 14 o^öxo'j'fo? TYjV f vo'jjfrjv xal xcvtuy iXftfötuv xal ÜGtifiia;
avor,xot> fieoto; = «posst (Lv jutsiupo; xal scpotcst-f-^ bei Diod.
927. Auf die Kunde von Sphodrias' Freisprechung war
in Athen kein Halten mehr; jetzt lag klar vor Augen, wessen
man sich von Sparta zu versehen hatte, wenn es Theben be-
zwang. Die boeolische Partei, geführt von Kephalos und
Thrasybul von Kollylos, gewann die volle Herrschaft. Stadt
und Land wurden in Vertheidigungszustand gesetzt, und auf
Kephalos' Antrag die Allianz mit Theben abgeschlossen.
5000 Mann unter Ghabrias, meist geworbene Peltasten, dazu
200 Reiter, stiessen zum thebanischen Heer. Man wusste,
dass man den Feinden in der Feldschlacht nicht gewachsen
sei; die thebanischen Burgertruppen waren noch nicht ge-
schult. Aber Chabrias, durch seine Kriegserfahrung zum
Leiter der Operationen berufen, hatte bereits in Aegypten den
Vertheidigungskrieg organisirt (§. 897); er deckte das theba-
nische Gebiet durch ein ausgedehntes System von Pallisaden
und Gräben. Als Agesilaos im Sommer 378 mit einem Heer
von insgesammt 18,000 Mann und 1500 Reitern, darunter
5 spartanische Moren und Gontingente von allen Bundes-
genossen, von Megara aus über Thesptae vorrückte, konnte er
eine Feldschlacht nicht erzwingen. Nach mehreren kleinen
Scharmützeln gelang es ihm allerdings, in die Verschanzungen
einzudringen; aber Ghabrias' Peltasten erwarteten seinen An-
griff in fester Stellung, mit vorgestreckter Lanze knieend, so
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380 IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athen?.
dass der Schild den ganzen Körper deckte. Da wagte Age-
silaos den Sturm nicht; er musste sich begnügen, das Land
nach Kräften zu verwüsten. Dann kehrte er heim; eine
grössere Armee ohne fremde Subsidien, wie sie vor Olynth
Makedonien und in Kleinasien die Beute gewährt halte, länger
als ein paar Sommermonate im Felde zu halten, gestattete die
wirtschaftliche und politische Organisation der Peloponnesier
jetzt so wenig wie früher. In Thespiae Hess er Phoebidas
zurück. Bei einem Angriff der Thebaner wagte dieser
sich in der Verfolgung zu weit vor; er selbst fiel, seine
Truppen wurden vollständig geschlagen. Thespiae selbst
konnte nur mit Mühe bis zur Ankunft einer stärkeren spar-
tanischen Besatzung gehalten werden; denn hier wie in
allen boeotischen Landstädten stand die Menge mit ihren Sym-
pathien auf Seiten der demokratischen Thebaner.
Athens Böndniss mit Theben: Xen. V, 4, 34. Diod. XV, 29, 7.
Kephalos: Dinarch 1. 3S (vgl. §. 924 A.). Thrasybul: Aeschin. 3, 138,
vgl. CIA. II, 17 ZI. 77. — Feldzug von 378: Xen. V, 4, 34-46. Ages.
2, 22. Diod. XV, 32. 33 (unter 377/6; die Angabe über die Stärke der
Mora ist — Ephoros fr. 140 bei Plut. Pelop. 16). Nepos Chabr. 1. Po-
lyaen IT, 1. 2. 5, 2. Demoslh. 20. 76. Aristid. I, p. 284. schol. p. 281.
Der zweite athenische Seebund.
928. Aber Athen verfolgte ein höheres Ziel, als Theben
zu retten und sich der von Sparta drohenden Gefahr zu er-
wehren. Jetzt war der Moment gekommen , das Programm
auszuführen, welches Isokrates zwei Jahre zuvor der Welt
verkündet hatte. Während des Winters 378/7 legte Athen
in Gonferenzen mit seinen alten Bundesgenossen (§. 806) Chios,
Mytilene, Methymna, Rhodos, Byzanz und mit Theben die
grundlegenden Satzungen eines neuen Bundes fest. Die Wieder-
aufnahme der nationalen Ziele der Perserkriege musste frei-
lich auf die Zukunft vertagt werden: der König von Asien
war zur Zeit für Athen wie für jeden anderen griechischen
Staat unantastbar, und gerade jetzt hielt Athen es für rath-
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Gründung des zweiten athenischen Seebundes.
381
sam, ihn sich durch Ueberlassung des Iphikrates für den
aegyptischen Feldzug (§. 900) zu verpflichten. Auch sonst ver-
zichtete Athen auf alle Aspirationen der Grossmachtspolitik ;
der neue Bund sollte nicht eine Wiederherstellung des Reichs
der Zeit des Kleon und Alkibiades sein, wie sie Thrasybul im
J. 389 versucht hatte, sondern eine Ruckkehr zu den ur-
sprünglichen Ordnungen des delischen Bundes aus der Zeit
des Aristides, von denen Athen zu seinem Verderben abge-
wichen war. Der Königsfriede musste die Grundlage der Neu-
ordnung Griechenlands bleiben, im Inneren wie nach aussen.
Aber seine Bestimmungen wurden gerade von der Macht,
welche sich für seinen Garanten ausgab, Jahr für Jahr mit
Füssen getreten. So erging denn im März 377 der Aufruf
an alle Hellenen und Barbaren, soweit sie nicht durch den
Frieden dem König überlassen waren, sich mit Athen und
seinen Bundesgenossen zu verbinden, »damit die Spartaner die
Griechen frei und autonom in Ruhe leben lassen, in sicherem
Besitz ihres Gebietst. Die Verbündeten schlössen sich, im
Anschluss an den Vertrag mit Chios (§. 890), zu einem Staaten-
bunde zusammen und hielten jedem, der wollte, den Beitritt
offen. Athen erhielt die politische Führung und das militä-
rische Gommando; aber alle Missstände des alten Reichs, über
die die Bündner sich mit Recht beschwert hatten, wurden
verfehmt, und der Bund durch starke Garantien gegen ihre
Wiederkehr geschützt. Eine ständige Versammlung von Dele-
girten der Bundesstaaten (oovsfyot) tagt in Athen, legt ihre
Beschlüsse dem athenischen Volk vor und nimmt von diesem
durch Vermittelung des Vorsitzenden des Raths Antrage ent-
gegen. Athen selbst hat in diesem Bundesrath weder Sitz noch
Stimme, sondern fasst seine Beschlüsse selbständig und kann
die Anträge der Bündner annehmen oder verwerfen. So soll jede
Vergewaltigung vermieden werden; die Bundesgenossen ins-
gesammt stehen den Athenern als Einheit gegenüber, wie im
delischen Bunde (§. 277), aber beide Theile sind darauf an-
gewiesen sich zu einigen, wie in einem modernen Staat Krone
und Parlament. Nur gemeinsam können sie Krieg und Frieden
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382
IV, 0. Wiedererhebung Thebens und Athens.
beschliessen. Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgt durch
übereinstimmende Beschlüsse; den Eid nehmen und leisten
sowohl die Beamten Athens wie die Delegirten. Alle Ueber-
griffe Athens sind verpönt, die Intervention in Verfassungs-
fragen, die Entsendung von Garnisonen und Aufsichtsbeamten;
seine Verfassung kann jeder Staat einrichten, wie er Lust hat.
Ebenso fällt der Gerichtszwang fort; für Processe zwischen
Athenern und Bündnern *wird bei höheren Beträgen die Ueber-
weisung an das Gericht einer vereinbarten Stadt (sxxXtjtoc
7röXic) vorgeschrieben. Feierlich verzichtet Athen auf alle An-
sprüche auf Landbesitz in den verbündeten Gemeinden, welche
dem Staat und seinen Bürgern aus den Zeiten des Reichs
zustanden und deren Wiedergewinnung ein wesentlicher An-
trieb zu der Eroberungspolitik des letzten Krieges gewesen war
(§. 86(3); die darauf bezüglichen Urkunden sollen vernichtet
werden. Ja man ging noch darüber hinaus: »Vom J. 378,7
an soll es keinem Athener, weder einem Privatmann noch
dem Staat, gestattet sein, im Gebiet der Bündner ein Haus
oder ein Grundstück zu erworben , sei es durch Kauf oder
durch Hypothek oder wie sonst.« Wer sich dagegen vergeht,
soll vor das Gericht der Bundesversammlung gestellt werden;
und wenn irgend Jemand einen Antrag gegen die Grund-
satzungen des neuen Bundes einbringt, verpflichtet sich Athen,
ihn als Hochverräther von einem Gericht von Athenern und
Bundesgenossen aburtheilen zu lassen. Nur die Verpflichtung
haben alle Verbündeten übernommen, jeden Angriff auf
einen von ihnen gemeinsam abzuwehren: der Bund trägt zu-
nächst die Form einer Defensivallianz, wie ehemals gegen die
Perser, so jetzt gegen Sparta. Aber thatsächlich geht er unter
den gegenwärtigen Verhältnissen sofort in ein Schutz- und
Trutzbündniss über: in einer aus dem J. 375 erhaltenen Eides-
formel schwören die Athener — und vermutlich war diese
Formel von Anfang an festgesetzt — : »betreffs Kriegs und
Friedens werde ich thun, was die Majorität der Bundesgenossen
beschliesst, und auch alles andere thun nach den Beschlüssen
der Bundesgenossen,« während die neu zutretende Gemeinde
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Satzungen des neuen Seebundes.
:$83
schwört, in allem »den Beschlüssen der Athener und der
Bundesgenossen« zu folgen. Dass beide stets harmonisch
Hand in Hand gehen, ist dabei selbstverständliche Vor-
aussetzung-. — Zum Kriegführen brauchte man Truppen (jetzt
vorwiegend Söldner), Schiffe und vor allem anderen Geld,
die man dem Vorort zur Verfügung stellen musste. Es
kann nicht zweifelhaft sein, dass die Höhe der Contingente
und der Beiträge — für die man, um den alten, gehässige
Erinnerungen weckenden Namen »Abgaben« ('fokoot) zu ver-
meiden, die wohlklingende Bezeichnung »Beisteuern« (sovidSetc)
wählte — zunächst vom Bundesrath festgesetzt wurde, wenn
auch im Zusammenwirken mit Athen und seinen Executiv-
beamten, den Strategen, und vermuthlich hatten diese ihm auch
Rechnung zu legen; aber unvermeidlich war es, dass that-
sächlich wenigstens in Kriegszeiten — und eine Friedensepoche
hat der neue Bund niemals erlebt — die Bestimmung mehr
und mehr in die Hände Athens fiel, zumal man ihm die Bei-
treibung nothgedrungen überlassen musste. Denn der Bund
hatte keine Executivorgane und konnte keine haben, sondern war
dafür ausschliesslich auf Athen und seine Beamten angewiesen.
Die wichtigste zusammenfassende Arbeit ist Bu«olt, Der zweite
athenische Bund, 1874 (Fl. Jahrb. VII. Suppl.-Bd.); daneben die Dar-
stellungen in den Geschichtswerken und Handbüchern der Staatsalter-
tbömer, und viele Einzeluntersuchungen, vor allem Swobo-a, Rhein. Muf.
49, 339 ff. und Lipsiis, Ber. sächs. Ges. 1898, 146 ff. [dessen Ansicht,
dass Athen allein das Recht hatte, neue Mitglieder aufzunehmen, ich
aber nicht für richtig halten kann]. — Betreffs der erhaltenen Urkunden
ist scharf zu betonen, dass wir keine Beschlüsse und Urkunden des
Bundes besitzen, sondern nur solche Athens. So ist auch das Psephisma
des Aristoteles aus dem Marz 377 (CIA. II, 17. DS. 80) nicht etwa das
Grundgesetz des Bundes, sondern ein Beschluss des Volks von Athen,
durch den dieses die Bedingungen sanetionirt, zu denen es sich beim
Abscbluss des damals bereits constituirten Bundes verpflichtet hat. Ueber
die meisten organischen Einrichtungen des Bundes erhalten wir durch
die attischen Urkunden nur nebenbei oder auch gar nicht Ausschluss,
t. B. Ober die eovtdSstc fehlen alle Nachrichten [vielleicht bezog sich
CIA II, 17c Suppl. p. 10 auf die Beitreibung der Bundessteuern]; es ist
aber verkehrt, das Verfahren Athens in späterer Zeit, und nun gar nach
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384 IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
855, als bei der Gonstituirung eingeführt zu betrachten. So richtig Be-
loc», Gr. Gesch. II, 239, dessen Benennung »der dritte attische Seebund«
aber irrefflhrend und historisch falsch ist. Thrasybul hat 389 nur das
alte Reich nach freiwilliger oder gezwungener Unterwerfung der Rebellen
wieder herstellen wollen, so wie es vor 405 bestand ; erst der Bund von
377 ist etwas Neues. — Die angeführte Eidesformel stammt aus dem
Vertrag mit Korkyra CIA. II, 49 b Suppl. p. 14. DS. 84. — Xenophon
verschweigt die Gründung des Bundes, obwohl er nachher bei ihm auf-
taucht; er erwähnt V, 4, 34 nur die Flottenrüslung. Diodor XV, 28. 29, 7
gibt die Entwickelung im wesentlichen richtig, wenn auch an falscher
Stelle, vor dem Handstreich des Sphodrias, im Zusammenhang mit der
§. 924 A. besprochenen Fälschung; zu seinen Angaben stimmt die Eintragung
der Bflndner in CIA. II, 17 [vgl. §. 896 A.]. Beitritt des schon mit Athen ver-
bündeten Methymna CIA. II, 18 b Suppl. p. 10. DS. 82. Verhandlungen mit
Theben und Mytilene CIA. II, 18. — Zum Programm des Bundes Isokr.
Plat. 17. Verzicht auf die Kleruchien ib. 44 (vgl. paneg. 114). Dass die-
jenigen, welche vor Nausinikos' Archontat überseeischen Grundbesitz er-
worben hatten, ihn jetzt aufgeben mussten, ist CIA. II, 17 nicht gesagt,
ja eigentlich durch den Wortlaut ausgeschlossen; es können das aber
schwerlich viele gewesen sein. — Zur Gerichtsbarkeit vgl. Szanto, MAI.
XVI, 30 ff. und, ihn zum Theil berichtigend, Lipsius 1. c. Die Urkunden
über Keos CIA. II, 54 b Suppl. p. 15. DS. 101 und II, 546 ZI. 20 f. [vgl.
Köhler, MAI. II, 150] und Naxos CIA. II, 88 d p. 29 beweisen, dass Athen
auch diesmal nach Rebellionen den Gerichtszwang eingeführt hat (§ 967).
Aber die Formulirung 54 b, ZI. 49, dass der Process stattfinden soll iv
Tg sxxKyjTü) k<5).bi 'AiHjVYjS: (vgl. ZI. 74) zeigt, dass die ursprüngliche Vor-
schrift die Ueberweisung an eine exxXr^o; itöXtc. gewesen ist; es ist
sehr charakteristisch für die Art, wie Athen scheinbar das Bundesrecht
wahrt, während es thatsächlich die Autonomie aufhebt, dass die alte
Formel beibehalten, aber durch den ihren Sinn aufhebenden Zusatz
'AJhqvq« die Ueberweisung nach Athen obligatorisch gemacht wird.
929. Auch der neue Bund verläugnet den Charakter seiner
Zeit nicht. Sein Antlitz ist rückwärts gewandt, nicht vor-
wärts; er verdammt die Bestrebungen zur Schöpfung einer
starken und einheitlichen staatlichen Macht, wie sie gleich-
zeitig in Olynth und Theben zu dem Versuche der Gründung
eines Einheitsstaats führten, und sieht sein Ideal in den
Bildungen einer längst vergangenen Zeit, die von der Ge-
schichte nur zu rasch als unhaltbar erwiesen waren. Darin
liegt seine innere Schwäche : indem er, wie jede Restauration,
ein theoretisches Ideal verwirklichen will, geräth er in Wider-
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Charakter des neuen Seebundes. Schätzung in Athen. 385
spruch mit den im realen Leben dominirenden Gewalten und
sieht sich alsbald gezwungen, ihnen nachzugeben und in der
Praxis seine Principien zu verläugnen. Ein Bund, wo Recht
und Macht so ungleich vertheilt sind, kann auf die Dauer
nicht bestehen. So ist auch Athen nur zu bald in die alten
Bahnen gedrängt worden, trotz alles Idealismus; und der da-
durch hervorgerufene Rückschlag war alsdann um so stärker,
da es nicht mehr wie ehemals die Macht besass, die Bündner
auf die Dauer unter seinen Willen zu zwingen. — Aber idea-
listisch gedacht war das Unternehmen allerdings. Wenn es
hohe Anerkennung verdient, dass die Bundesgenossen, und
zwar zunächst meist von den gegenwärtigen Händeln weit
abgelegene Städte und Inseln, trotz aller Erfahrungen der
Vergangenheit sich noch einmal Athens Vormacht gefügt
haben, so gereicht es Athen nicht minder zur Ehre, dass
die ärmere Bevölkerung sich bereit erklärte, definitiv auf
die Hoffnung zu verzichten, wie ihre Väter auf Kosten der
Bündner leben zu können, und dass die Reichen sich noch ein-
mal neue schwere Lasten auferlegten. Schon in den Friedens-
jahren muss der Bestand der athenischen Flotte beträchtlich
vermehrt worden sein; jetzt beschloss Athen, 10,000 Soldaten
(natürlich vorwiegend Söldner) ins Feld zu stellen und 100
Trieren zu bemannen, und traf Anstalten zu einer raschen
und ständigen Vermehrung der Flotte, die in den nächsten
Jahren trotz des Kriegs durchgeführt wurde. Um für die
finanziellen Leistungen der Bürgerschaft eine feste Grundlage
zu gewinnen, wurde der gesammte Besitz der Bürgerschaft
(und der Metoeken), Immobilien und Mobilien, eingeschätzt;
die Schätzung ergab einen Gesammtbetrag von 5750 Ta-
lenten (31,280,000 Mark). Auf Grund derselben wurde die
Bürgerschaft in Steuerbezirke (Symmorien) getheilt, welche
die Vermögenssteuer aufzubringen hatten; die Vertheilung ge-
schah jetzt auf Grund der Schätzung, nicht mehr nach den
seit dem dekeleischen Kriege für finanzielle Zwecke völlig un-
brauchbar gewordenen (§. 713), aber vom Staatsrecht immer
noch beibehaltenen solonischen Steuerclassen.
Hey er. Geschichte des Alterthums. V. 25
,386 IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens
Schätzung unter Nausinikos: Philocb. fr. 126 (Harpokr. aofj.ftof.tou);
Betrag der Schätzung: Polyb. II. 62, 6. Demostb. 14, 19; zur Erklärung
Bbloch, Hermes XX, 237. XXII, 371, gegen die unhaltbaren Deutungen
von Boeckh und Roibertus. Heer und Flotte: Polyb. U, 62, 5. Diod.
XV, 29, 7 gibt 20.000 Hopliten [ein grosser Theil waren aber Peltasten !],
500 Reiter, 200 Schiffe. — Die Pentakosiomedimnen finden sich noch
im J. 387/6 in einem Beschluss Ober eine Kleruchie CIA. II. 14 ZI. 12;
ihr Fortbestehen im Staatsrecht lehrt Aristot. pol. Ath. ; vgl. Isaeos 7.
39 liticdoa ttX<üv (3f>4/3).
930. Unter den Staatsmännern, welche die neue Rich-
tung der attischen Politik geleitet haben, beginnt neben den
alten Häuptern der thebanisch gesinnten Partei, Kephalos und
Thrasybulos, jetzt der Schwestersohn des Agyrrhios, Kallistratos
von Aphidnae, eine leitende Stellung zu gewinnen. Die mili-
tärische Führung fiel dem Chabrias zu, der sich im letzten Feld-
zug so vortrefflich bewährt und als dem in Aegypten abwesenden
Iphikrates mindestens ebenbürtig erwiesen hatte. Iphikrates
hatte sich aus niederen Verhältnissen emporgearbeitet und im
korinthischen Kriege seinen militärischen Ruhm begründet;
zeitlebens, auch seitdem er zu grossem Wohlstand gelangt war
und Schlösser in Thrakien besass (§. 896), bewahrte er die Hal-
tung des ächten Berufssoldaten, streng gegen sich und gegen
andere. Chabrias dagegen, einer reichen Familie entstammend,
war eine leichtlebige Natur, den Genüssen des Lebens nicht ab-
hold und auch den geistigen Interessen zugethan — das be-
weist seine Freundschaft mit Plato. Gern Hess er sich gehen;
seinen Reichthura verwendete er wie die Staatsmänner des
fünften Jahrhunderts zu glänzenden Festen und Spenden an
das Volk; auch Rennpferde hat er gehalten und im J. 374
einen Sieg bei den Pythien seinen Siegen im Felde ange-
reiht. In der Schlacht zeigte er den klaren Blick des Feld-
herrn, der die Verhältnisse richtig beurtheilt, und daneben
einen frohen Kampfesmuth, der es dem tapfersten seiner Sol-
daten zuvorthat. Neben ihm tritt jetzt Timotheos hervor, der
Schüler des Isokrates (§. 923), der Erbe des grossen auf
Cypern erworbenen Vermögens Konons. Er erstrebte ein
höheres Ziel als seine Rivalen; wie Perikles, Alkibiades,
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Die leitenden MSnner. Iphikrates, Chabrias, Timotheos. 387
Thrasybul, wie sein eigener Vater wollte er nicht nur der
Feldherr, sondern auch der leitende Staatsmann der neuen
Grossmacht sein. Im Kriege und in der äusseren Politik,
namentlich in der Behandlung der Bündner und in der Kunst,
ohne Gewaltsamkeit Geld zu beschaffen, erwies er sich seiner
Aufgabe gewachsen. Aber ihm fehlte die Gabe, das athenische
Volk richtig zu behandeln; hochfahrend und verschlossen sah
er auf die Menge herab, und die Demagogen durch ein
schmeichelndes Wort zu gewinnen oder wenigstens nach
Nikias' Art ihnen den Mund zu stopfen hielt er unter seiner
Würde. — Schon für das Jahr 378 7 waren neben Chabrias
auch Timotheos und Kallistratos zu Strategen gewählt worden;
Chabrias leitete damals die Vertheidigung Thebens. Jetzt, gleich
nach der Gründung des Bundes, ging er nach Euboea, wo
alle Städte ihn mit Begeisterung als Befreier aufnahmen bis auf
das ehemals von Athen so arg misshandelte Hestiaea, in dem
überdies eine spartanische Besatzung lag (§. 802). Des wei-
teren traten die kleineren Inseln im Norden bei, wie Pepa-
rethos und Skiathos, ferner die thrakischen Städte Perinthos,
ohne Zweifel durch den Einfluss von Byzanz, und Maronea,
sowie vielleicht Tenedos. Die Kykladen dagegen blieben noch
unter spartanischer Herrschaft.
Kallistratos: Demosth. 24, 135. Theopomp fr. U7 ; vgl. Plut. de
gen. Socr. 31. — Lieber Chabrias' Persönlichkeit Plut. Phoc. 6. Nepos
Chabr. 3. Demosth. 20, *2. 09, 33. Hyperid. fr. 137 Blass. Plut. apophth.
Cbabr. 2. Diog. L. III, 24. Leber Timotheos Isokr. 15, 130 IT. — Theo-
pomp hat in seinen Charakteristiken wie immer masslos übertrieben
(Nepos Iph. 3. Chabr. 4 = fr. 117 bei Athen. XII, 5^2 h). — Die Stra-
tegen von 37 "\ 7: Diod. XV, 29, 7. — Erste Erweiterung des Bundes:
Diod. XV. 30, in Uebereinstimmung mit dem Verzeichniss CIA. II, 17,
wo Fabriciub, Rhein. Mus. 46, 506 f. die verschiedenen Hände genau ge-
schieden hat. Weihgeschenk der Euboeer Iv\3osi? s/.sufrspiofHvtJi; ectt-
fdvtuw tiv o/jjxov Demosth. 22, 72. 24, 180. Nach Plut. de glor. Ath. 8
hätte Timotheos Euboea befreit, nicht Chabrias, wie Diodor angibt.
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388
IV, C. Wiedererhebung Thebens und Athens.
Der Landkrieg. Der boeotische Einheitsstaat,
lason von Pherae.
931. Sparta suchte der Propaganda Athens durch Ge-
sandtschaften entgegenzuwirken; als seine nächste Aufgabe
aber betrachtete es mit Recht die Bezwingung Thebens. Im
Sommer 377 ruckte Agesilaos zum zweiten Mal in Boeotien
ein. Die Thebaner und Athener unter Chabrias wiederholten
die Taktik des letzten Feldzug?. Auch diesmal hat Agesilaos
in raschem Ueberfall die Pallisadenkette durchbrochen und
das thebanische Gebiet weithin verwüstet. Aber so geschickt
er operirte, eine Feldschlacht konnte er nicht erzwingen. Ein-
mal wäre es ihm beinahe gelungen, durch einen Seiten marsch
das von Vertheidigern entblösste Theben zu überfallen; als
aber das thebanische und athenische Heer im Eilmarsch aus
der festen Stellung, in der es ihn erwartet hatte, herbeikam
und den JCampf aufnahm , wurden die spartanischen Reiter
und Skiriten , welche sich ungestüm vorgewagt hatten , zu-
rückgeworfen. Die Schlappe war trotz des geringen Verlustes
an Menschenleben für Sparta äusserst empfindlich ; sie bewies,
dass es seiner taktischen Ueberlegenheit nicht mehr sicher war.
Einen neuen Kampf lehnten die Feinde auch diesmal ab;
Agesilaos musste sich nach Thespiae zurückziehen. Die ver-
folgenden Pcltasten wurden von den olynthischen Reitern ge-
schlagen; aber Agesilaos konnte nichts mehr ausrichten und
trat wie im vorigen Jahr den Heimweg an. — Der ergebniss-
lose Verlauf der beiden Feldzüge bedeutete für Sparta fast so
viel wie eine Niederlage. Die Feinde halten sich nicht, wie
fünfzig Jahre zuvor die Athener, hinter die Mauern zurück-
gezogen, sondern das Feld behauptet und kleine Erfolge er-
rungen. Die Bundesgenossen waren sämmtlich noch botmässig
und leisteten Heeresfolge, selbst die Olynthier, aber sie waren
unlustig und aufsässig. Ein rascher Erfolg hätte sie mit fort-
gerissen; die resultatlosen Operationen brachten das Bewusst-
sein zum Durchbruch, dass sie nicht, wie ehemals gegen Athen,
für die eigene Sache, sondern für eine fremde und ungerechte
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Agesilaos in Boeotien. Erfolge der Thebaner und Athener. 389
Zwingherrschaft kämpften. Nur mit Mühe konnte Agesilaos
sie dazu bringen, das thebanische Gebiet zu verheeren und
die Bäume umzuhauen; und schon wurden Stimmen laut,
dass die spartanischen Truppen nur einen kleinen Theil des
Heeres ausmachten — worauf Agesilaos ihnen allerdings drastisch
vor Augen führte, dass seine Mannschaften sämmtlich Krieger
von Beruf, die ihrigen zum Kriegsdienst gepresste Handwerker
seien. Den Thebanern wuchs der Muth; allerdings hatten
sie unter der Verwüstung ihrer Felder schwer zu leiden und
konnten nur mit Mühe aus Thessalien Zufuhr beziehen, da der
Landweg durch Orchomenos und die Phoker gesperrt war und
die spartanische Besatzung in Hestiaea die See beherrschte. Aber
mit Recht haben die Zeitgenossen die Invasionen des Agesilaos
als die Kriegsschule Thebens bezeichnet : die Bürgerschaft lernte
sich fühlen und gewann das Vertrauen, im Felde den Feinden ge-
wachsen zu sein. Schon bei Delion hatte die tiefe Aufstellung
des thebanischen Hoplitencorps die Entscheidung gebracht
(§. 590) ; jetzt gab Gorgidas dem ersten Gliede grössere Festig-
keit, indem er es aus 800 auserwählten, in fester Freund-
schaft bis zum Tod verbundenen Bürgern bildete. Diese »hei-
lige Schaar« hat dann Pelopidas nach dem Siege bei Tegyra
(§. 932) als selbständigen Truppenkörper formirt, der den Kern
der Phalanx bildete. Theben konnte der Zukunft mit Vertrauen
entgegen sehen. Es kam hinzu, dass Agesilaos auf dem Rück-
marsch in Megara schwer erkrankte und Jahre lang kein
Commando wieder übernehmen konnte. Als im Frühjahr 376
Kleombrotos in Boeotien einrücken wollte, hatten die Thebaner
die Kithaeron passe besetzt, die Agesilaos sich jedesmal vor-
her gesichert hatte. Kleombrotos, der wie sein Bruder (§ 889)
die Politik des Agesilaos im Herzen missbilligte, wagte nicht,
sie zu stürmen; er gab den Feldzug auf und entliess sein
Heer. — Ueberdies war schon im Herbst 377 Hestiaea durch
die Sorglosigkeit des spartanischen Commandanten Alketas
von der gefangenen Rudermannschaft zweier thebanischer
Schiffe, die sich frei machte, besetzt worden. Damit hatte
Theben auch die See und die Zufuhr frei.
390
IV, Wiedererhebung Thebens und Athens.
Spartanische Gesandtschaften: Diod. XV, 28, 4. Feldzug von 377:
Xen. V, 4, 47 fT. Diod. XV, 34. Polyaen II, 1, 7 (= Plu\ Ages. 26). 11.
18. 20. 21. 25. Xenophons äusserst gezierte Darstellung lässt deutlich er-
kennen, wie empfindlich die Schlappe für Agesilaos gewesen ist. — Hei-
lige Schaar: Plut. Pelop. 18 f. Polyaen II. 5, 1. Athen. XIII 5G1 f u. a.
— Hestiaea: Xen. V, 4, 56. Polyaen II, 7 [von Diod. XV, SO, 5 über-
gangen]. Kleombrotos: Xen. V, 4, 59; vgl. Polyb. IX, 23, 7.
932. Jetzt hatte Theben gegen Boeotien freie Hand/ In
der Stadt hatte die Demokratie die volle Herrschaft ge-
wonnen; die spartanisch gesinnten Oligarchen waren er-
schlagen oder verbannt, ihr Vermögen confiscirt. Die Folge
war, dass die Demokraten Boeotiens überall den Anschluss
an Theben ersehnten, und vielfach bereits nach Theben
auswanderten; in Thespiae wäre es bei Agesilaos' Rück-
zug 377 beinahe zum Bürgerkrieg gekommen. Die theba-
nische Demokratie hatte mit der Bestellung von Boeotarchen
(§. 924) das Programm der Einigung Boeotiens unter Theben
sofort wieder aufgenommen, aber diesmal nicht mehr in
der Form des alten Bundesstaates, sondern eines Einheits-
staates nach dem Muster Olynths. Alle Städte sollen ihre
Selbständigkeit verlieren und zu Dörfern nach Art der atti-
schen Demen degradirt werden; auch Theben selbst geht in
den boeotischen Einheitsstaat auf, wenn es auch Sitz der
Regierung und der Volksversammlung bleibt, wie Athen und
Olynth. Daher hat Theben auch die locale Münzprägung auf-
gehoben; der neue Staat prägt nur noch Münzen mit seinem
Wappen, dem boeotischen Schild, und dem Namen des prä-
genden Boeotarchen, aber ohne Stadtnamen. Die alte, auf die
Bundesstädte Rücksicht nehmende Zahl von 11 Boeotarchen
wird auf 7 reducirt, und diese aus der Gesammtheit gewählt. —
Nach dem Scheitern der spartanischen Invasion konnte Theben
an die Ausführung des Programms gehen, unter Führung von
Gorgidas, Pelopidas, Charon. Noch behaupteten in allen Land-
städten die Oligarchen das Regiment, gestützt auf die spartani-
schen Besatzungen und Harmosten ; aber seitdem nach der Sper-
rung des Kithaeron die Verbindung mit dem Peloponnes nur noch
zur See, über Kreusis am korinthischen Golf oder durch Pho-
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Der boeotiscbe Einheitsstaat. Unterwerfung der Landstädte. 391
kis, offen war, wurde ihre Stellung stets schwieriger. Die
gleichzeitigen Seesiege Athens (§. 934 f.) gestatteten Theben,
Jahr für Jahr neue Erfolge zu gewinnen. Charon siegte in
einem Reitergefecht bei Plataeae, Pelopidas versuchte im
J. 375 einen Handstreich auf Orchomenos und schlug sich,
als zwei spartanische Moren ihm den Rückweg verlegten, bei
Tegyra durch dieselben durch — zwar sein Unternehmen
musste er aufgeben, aber es war der erste zweifellose Sieg über
Spartaner im offenen Felde. Auch Thespiae wurde genommen.
Zu Anfang 374 waren die meisten boeotischen Städte frei-
willig oder gezwungen dem Gesammtstaate beigetreten; die
Oligarchen wurden beseitigt, die Mauern niedergelegt. Nur
Orchomenos im Norden und Plataeae im Süden, die alten
Feinde Thebens, hielten an Sparta fest und wiesen jede Ver-
bindung ab, und auf Oropos (§. 936) legte Athen die Hand
als seinen alten und rechtmässigen Besitz.
Demokratie in Theben: Polyb. V] 43. 44, <>. Isokr. 14. 35. Xen.
V. 4, 46 : o jttvto'. S^o^ i$ aotwv (kov iwpiotxt5o>v t:6Xbu>v) t!? ta; &-r$a$
äti/üpv.. Ueber Thespiae Xtn. V, 4, 55. — Charon bei Plataeae : Plut.
Pelop. 25. Kampf bei Tegyra: Diod. XV, 37. 81, 2. Plut. Pelop. 15, vgl.
KallUthenes fr. 3 (Steph. Byz. s. v.). — Dass Boeotien unter Thebena
Herrschaft einen Einbeitastaat bildete, hat W. Vischkr, Kl. Sehr. 344 fT.
richtig erkannt [dagegen mit Unrecht Bbloch, Gr. Gesch. II, 248] ; s. Isokr.
14. 8: die Thebaner ta; j«v Uta? -^uuv ixaixtov noXei« a<paviCooatv , rrjs
oi assxtpau; abxöiv itoMttia« oMfcv Stopivoa? xotvtovriv ava^x^Coostv ; 14, 9,
wonach Tbeapiae und Tanagra gezwungen sind oovttXsiv «t$ tä; (KjfJac;
ferner 14. 17. 35. 44. 8, 27. Diod. XV, 50, 4: ol B^aiot . . . oomxov rrjv
Bouottav tv rjj xafr' a6to&<; \uä aovteXti'a. Daher heissen die Thespier bei
Xen. VI, 3, 1 aitoXtSec ^tvo^vot (v^- 3> 5 Ö«am4tuv avotpsat?). Diodors
Angabe XV, 4G, 6, dass Thespiae zerstört sei wie Plataeae, ist ein leicht
begreifliches Missveretändniss; vgl. Pausan. IX, 13, 8. Polyaen II, 3, 3.
— Dass die Unterwerfung der ictpioixtSt? noXst; in die J. 87t> und 875
fallt, sagt Xen. V, 4. 63 ausdrücklich. — Zahl der Boeotarcben: Diod.
XV, 53, 3. Pausan. IX, 13, 6 und die Inschriften IGr. Sept. 2407 (DS. 99).
2408; vgl. Köhler, Hermes 24, 636. — Oropos: Isokr. 14, 20.
933. Durch die Fortschritte Thebens wurde der Norden
Griechenlands den Einflüssen Spartas entzogen. Dadurch
wurde es dem thatkräftigen Tyrannen Iason von Pherae
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392
IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
(§. 892) möglich, ungestört seine Macht auszudehnen; binnen
wenigen Jahren hatten alle Städte Thessaliens mit Ausnahme
von Pharsalos freiwillig oder gezwungen seine Oberhoheit an-
erkannt, ebenso eine Anzahl von Nachbarstämmen, wie die
Doloper und der Molosserkönig. Er war eine Persönlichkeit
wie Dionys von Sicilien, ehrgeizig, tapfer und verschlagen,
ein tüchtiger Feldherr, der seine Soldaten an sich zu fesseln
verstand, rastlos thätig und völlig Herr seiner Begierden,
dabei gebildet — er war ein Schüler des Gorgias — und
leutselig im Umgang. Mit einem trefflich geschulten Corps
von üÜOO auserlesenen Söldnern war er jedem Gegner ge-
wachsen. Schon trug er sich mit höhere] \ Plänen: er wollte
das alte thessalische Gesammtherzogthum wieder herstellen
und damit die legitime Gewalt über alle Kräfte des reichen
Landes gewinnen. Dann konnte er sich eine Flotte schaffen
und zu Lande und zur See die Suprematie über ganz Hellas
gewinnen. Bereits gab er zu erkennen, dass er das Programm
des Nationalkriegs gegen Persien, mit dem Athen nur ge-
spielt hatte, ernstlich aufzunehmen gedenke, und gewann da-
durch weithin die Sympathien der Nation. Alle Gegner Spartas
traten mit ihm in Verbindung; mit Theben schloss er ein
Bündniss. Sparta war unfähig, irgend etwas gegen diese
Machtentfaltung zu thun; als Iason im J. ö74 die Pharsalier
und den über die Stadt gebietenden Staatsmann Polydamas,
der die Burg in der Gewalt hatte und die Finanzen verwaltete,
vor die Alternative stellte, sich ihm freiwillig zu unterwerfen
oder einen Angriff zu gewärtigen, erklärte Sparta selbst nach
langer Berathung, dass es ausser Stande sei, eine ausreichende
Macht nach Thessalien zu schicken. Darauf schloss Polyda-
mas mit Iason ab und wurde von ihm in seiner herrschen-
den Stellung über die Stadt befestigt. Alsdann wurde Iason
zum Herzog (1*70?) von Thessalien erwählt. Er stellte sofort
die alte Steuer- und Wehrverfassung des Landes, wie sie zu
Anfang des fünften Jahrhunderts bestanden hatte (§. 211.
338), wieder her. Die umwohnenden Gebirgsstämme (Per-
rhaeber, Magneten, Achaeer, Bd. II, 189) hatten Tribut zu
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Iason von Pherae. — Schlacht hei Naxos. 393
zahlen; das Gesammtaufgebot der Thessaler wurde auf
8000 Reiter und 20,000 Hopliten festgestellt, dazu Peltasten in
beliebiger Anzahl. Das war eine Macht, wie sie ausser Dionys
jetzt kein anderer griechischer Staat mehr aufbringen konnte.
Ueber Iason Xen. Hell. VI, 1. Die Anekdoten bei Polyaen VI. 1
bieten leider äusserst wenig. — Schüler des Gorgias Pausan. VI, 17, 9.
Aussprüche: Arist. pol. III, 2, 6. Plut. de sanit. praec. 24. Beziehungen
zu Theben (Epaminondas) auch Xen. VI, 4. 20. Plut. apophlh. Epam. 13.
— Plan des Perserkriegs auch Isokr. 5, 119. — Im allgemeinen vgl.
Tropea, Giasone, il tago della Tessaglia, Riv. di storia antica III, 1898.
Der Seekrieg bis zum Frieden von 374.
934. Nachdem Sparta die Hoffnungslosigkeit des Land-
kriegs erkannt hatte, machte es den Versuch, durch ein Vor-
gehen zur See gegen Athen der Gegner Herr zu werden. Im
Sommer 076 legte sich der Nauarch Pollis mit 05 Trieren
vor den Ausgang des saronischen Golfs — Aegina und die
Kykladen hielten sämmtlich noch zu Sparta — und schnitt Athen
die Zufuhr ab. Athen sah sich gezwungen, mit der Flotten-
rüstung ernst zu machen. Fremde Matrosen anzuwerben war
unmöglich; wieder wie zur Zeit der Arginusenschlacht musste
fast die gesammte Burgerschaft selbst das Ruder in die
Hand nehmen. Im Herbst 376 ging Ghabrias mit 83 Trieren
(16,000 Mann) in See und griff Naxos an, die grösste der
Kykladen, um im Rücken der Feinde eine feste Stellung zu
gewinnen. Pollis eilte zum Entsatz herbei; vor der Stadt
kam es am 16. Boedromion (9. October) zu einer grossen See-
schlacht. Die Entscheidung war hart umstritten, der linke Flügel
der Athener gerieth in arge Bedrängniss; schliesslich aber
gewann Ghabrias den vollen Sieg. 24 feindliche Schiffe waren
vernichtet, 8 genommen; doch hatten auch die Athener
18 Schiffe verloren. Eine Verfolgung wagte Ghabrias nicht,
eingedenk des Schicksals der Sieger in der Arginusenschlacht ;
er wandte sich zur Rettung der Schiffbrüchigen. Trotzdem
war der Sieg von weittragenden Folgen: er stellte mit einem
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39 i
IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
Schlage die Herrschaft Athens im Aegaeischen Meere wieder her.
Der Reihe nach traten die Kykladen dem attischen Bunde bei
und lieferten Schiffe und Geld; die spartanischen Besatzungen
wurden überall verjagt, und noch etwa 20 feindliche Kriegs-
schiffe aufgebracht. Mit 49 erbeuteten Trieren, 3000 Ge-
fangenen, 100 Talenten kehrte Chabrias nach Athen zurück.
Der Sieg, der erste, den Athen seit 406 wieder selbst und
allein erkämpft hatte, wurde gefeiert wie kaum je ein anderer:
die Tage der alten Herrlichkeit schienen wieder anzubrechen.
Schlacht bei Naxos: Xen. V, 4. 60 ff. Diod. XV, 34 f. (anter 377,6).
Plut. Phoc. 6 f., wo in der gewöhnlichen Uebertreibung der Biographien
dem Phokion, der den linken Flügel commandirt habe (im Widerspruch
initDodor), das Hauptverdienst zugeschrieben wird. Ferner Demosth.
20, 77 ff., vgl. 24, 180. Das Datum Plut. Phoc. 6. Cam. 19. Polyaen III,
11, 2. Nach der Schlacht sind die letzten CIA. II, 17 auf der Vorder-
seite verzeichneten Städte (Paros, Athenae auf Euboea und eine Reihe
zerstörter Namen, darunter ohne Zweifel Naxos) beigetreten, im nächsten
Jahre die auf der Seitencolumne stehenden (vgl. Fabricius. Rhein. Mus.
46, 597 f.). — Delos stand seit 877 unter athenischer Leitung — das hat
Sparta wohl stillschweigend zugegeben — ; zur Zeit des Poliis aber
wurden die Athener verjagt: CIA. II, 814 fr. B ZI. 24 ff. (DS. 86 ZI. 183 ff.)
— Die von Chabrias und Timotheos erbeuteten Schiffe erscheinen in
der Seeurkunde CIA. II. 789 ZI. 20 u. a.
9;>5. Im nächsten Jahre, 375 1 ging Chabrias nach der
thrakischen Küste. Auch hier brach die Macht Spartas überall
ohne Kampf zusammen. Die Chalkidier stellten ihren Bundes-
staat wieder her und traten in den attischen Bund ein; Ab-
dera, das gerade jetzt durch einen Einfall der Triballer, die
von der Donau her Thrakien plündernd durchzogen, nach
einem ruhmvollen Sieg eine schwere, fast vernichtende Nieder-
lage erlitten hatte, nahm die Athener mit offenen Armen als
Retter auf. Chabrias verjagte die Triballer und legte eine
starke Garnison in die Stadt — das war zwar nothwendig
und ihr selbst erwünscht, zeigte aber zugleich die ünhaltbarkeit
der idealistischen Grundsätze, die man aufgestellt hatte. Auch
Thasos, Aenos, Samothrake und andere Orte traten bei, ferner
Elaeus auf der Chersones, Selymbria an der Propontis, sowie die
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Cbabrias in Thrakien, Timotheos im Westen. 395
letzten Städte auf Lesbos und Euboea und unter den Kykladen,
die bisher noch fern geblieben waren. Auch mit Amyntas
von Makedonien wurde ein Bündnissvertrag geschlossen. Wenn
die Entwickelung so weiterging, war binnen kurzem, abgesehen
vom asiatischen Festland, der alte Bestand des attischen
Reichs wieder erreicht. Schon gab man sich der Hoffnung
hin, alsbald auch den alten Colonialbesitz auf der Chersones
und vor allem Amphipolis wieder gewinnen zu können. —
Gleichzeitig war Timotheos mit 60 Trieren ausgelaufen, um
in alter Weise den Peloponnes zu umfahren und die sparta-
nischen Küsten zu verwüsten. Dadurch wurden die Spartaner
gehindert, ein Heer über den korinthischen Golf nach Boeotien
zu schicken, und Theben behielt für sein Vorgehen gegen die
Landstädte freie Hand (§. 932). — Als Timotheos im Westmeer
erschien, wiederholten sich die alten Vorgänge. Die Akarnanen
schlössen sich an Athen an, ebenso Pronnoi auf Kephallenia;
auf Korkyra erhob sich der Demos von neuem gegen die Aristo-
kraten. Timotheos gewann die Insel mit ihrer starken See-
macht ohne Kampf für Athen und verhinderte weiteres Blut-
vergiessen, wie er überhaupt durch humanes Auftreten und
geschickte Unterhandlungen die Sympathien für Athen zu er-
wecken verstand. Die Spartaner versuchten, mit Hülfe ihrer
Verbündeten wenigstens das Westmeer zu behaupten; der
Nauarch Nikolochos ging mit 55 Schiffen gegen Timotheos
vor. Zwischen Leukas und Akarnanien, bei Alyzia, kam es
zur Schlacht. Timotheos siegte, wenn auch Nikolochos, nach-
dem er Verstärkungen aus Ambrakia an sich gezogen hatte,
sich zur See behauptete und Timotheos eine zweite Schlacht
ablehnte. Allmählich verstärkte sich seine Flotte immer mehr,
namentlich durch Zuzug aus Korkyra. Auch mit den Chao-
nern und Athamanen in Epirus knüpfte er Verbindungen an,
ja der Molosserkönig Alketas trat jetzt dem attischen Bunde bei,
ebenso, wie es scheint, Iason von Pherae, so wenig er ernst-
lich die Absicht hatte, Athens Sache zu fördern; aber zur Zeit
war es auch sein Interesse, dass Sparta möglichst gedemüthigt
würde, und Timotheos war ihm homogen und sympathisch.
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396
IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
Die Triballer gegen Abdera: Diod. XV, SQ. Aen. tact. 15, 8 f. schol.
Arist. p. 275. Chabrias in Thrakien (von Xen. übergangen): Diod. XV, 36
(unter 376/5) [dass er ermordet sei, ist natürlich ein durch starke Kürzung
hervorgerufenes Versehen], Genaueres lehrt das Verzeichniss der Bundes-
genossen CIA. IJ, 17. — Der Vertrag mit Amyntas CIA. II, 15 b p. 397.
423. DS. 78 gehört offenbar in diese Zeit, vgl. Aeschin. 2, 26 ; wann Iphi-
krates bei ihm gewesen und von ihm als Sohn adoptirt worden ist (ib. 28),
wissen wir nicht ; vgl. §.940 A. — Gehören die Niederlagen der athenischen
Feldherrn Simichos und Protomachos bei Amphipolis (schol. Aesch. 2.
31) etwa in diese Zeit? — Timothys* Operationen: Xen. V, 4. 62 ff.
Dioc'. XV, 36, 5 f. Nepos Tim. 2. Isokr. 15, 109 f. (nach dem er nur
50 Schiffe hat). Details aus der Schlacht: Polyaen III, 10 4; 6 = 12
= 16 [also nach drei Quellen, = Frontin II, 5 47]: 13 = 17. Vertrag
mit Korkyra: CIA II, 49. 49 b (Suppl. p. 14). DS. 84. 85. Nach CIA.
II, 17 sind beigetreten : Ks(oxoptti<i>v h ^rjio? [hier wird also die Demo-
kratie verbürgt], 'Av.apvivsf , Ks<f a).X-rjvtöv Hpcuwoi [offenbar hatte man
den Beitritt aller Städte der Insel erwartet, vgl. no. 49 und Diod. XV.
36, 5; aber die anderen hielten sich schliesslich ablehnend, vgl. Xen. VI,
2, 33], Wtastac und sein Sohn Xeo-xoXcjxo;. Dann folgt ein später ge-
tilgter Name, in dem FAnnicius, Ith. Mus. 46, 589 ff. (trotz Pflocii, Griecb.
Gesch. II 252) mit Recht Iason erkannt hat; dass er damals mit Athen
freundlich stand, beweist sein Auftreten für Timotheos. Sachlich bleibt
es natürlich völlig zutreffend, dass Xen. VI, 1, 10 ihn sagen lässt: &/./.'
ifu* o'jx 5v jtot Soxti» itpi; "Afl-^vaioö? «fiXtav .toiY^ot-fl-at, so sehr sie es
wünschen ; sein Beitritt war eben ganz ephemer und nichtssagend.
936. Trotz dieser Erfolge war in Athen die Kriegsstim-
mung am Erlöschen. Der Krieg brachte zwar viel Ehre, aber
wenig materiellen Gewinn; die Besitzenden litten unter den
immer aufs neue erhobenen Steuern und dem ununterbrochenen
Besatzungsdienst zur Sicherung der Grenzen, den Aermeren
gewährten die Satzungen des neuen Bundes keinerlei Aussicht
auf dauernde Besserung ihrer Lage. Timotheos war mit ganz
ungenügenden Mitteln entsandt worden, nur 13 Talenten
(70,720 Mark); er verstand es zwar vortrefflich, von den
Bündnern in schonender Form Gontributionen beizutreiben,
aber jetzt kamen von ihm die dringendsten Gesuche um Geld ;
sonst lasse sich seine starke Flotte auf die Dauer nicht zu-
sammenhalten. Und dazu erstand in dem neuen boeoti-
schen Staat unmittelbar an Attikas Grenze eine Macht, die
ihm leicht gefahrlicher werden konnte als Sparta. Mit Noth-
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Spannung zwischen Alhen und Theben. Friede von 874. 397
wendigkeit ging die Allianz zwischen beiden Staaten in die
Brüche, sobald das nächste Ziel, die Demüthigung Spartas,
erreicht war. Theben stellte zwar noch Schiffe, aber die
Zahlungen zur ßundescasse blieben aus; und dafür streckte
es die Hände aus nach den Grenzorten, vor allem nach Plataeae
und Oropos, die Athen als seinen rechtmässigen Besitz be-
trachtete: als Oropos sich an Athen anschloss (§. 932), hatte
Theben versucht, sich mit Gewalt in den Besitz der Stadt zu
setzen, und stand davon erst ab, als Athen erklärte, alsdann
werde es den Bund als gebrochen betrachten. — Auch Sparta
hatte erkannt, dass es die Stellung von 379 zur Zeit nicht
zurückgewinnen könne; es musste bestrebt sein zu retten, was
noch zu retten war. Im J. 374 wurde Kleombrotos mit
4 Moren und den zugehörigen bundesgenössischen Contingenten
nach Phokis geschickt, um das Land gegen Theben zu schützen.
Zugleich aber hatte sich Sparta an seine alten Verbündeten,
Dionys und den Perserkönig, gewandt; Antalkidas ging wieder
nach Susa und scheint hier Jahre lang geblieben zu sein.
Der König forderte von den Griechen die Wiederherstellung
des Friedens auf Grund der alten Bestimmungen; und Athen
wie Sparta waren bereit, darauf einzugehen. Auch Theben
trat bei, zumal Sparta einwilligte, seine auf die Dauer doch
unhaltbaren Garnisonen aus den noch behaupteten boeotischen
Städten, vor allem aus Plataeae, wegzuziehen; vermuthlich
enthielt, der Vertrag überhaupt die allgemeine Bedingung, ab-
zurüsten und alle besetzten Städte frei zu geben. Der neue
athenische Bund wurde davon nicht berührt, weil er auf der
Basis der vollen Autonomie errichtet war. So kam im
Sommer 374 der allgemeine Friede zu Stande. Athen be-
trachtete den Abschluss mit Recht als einen grossen Erfolg;
stand es doch jetzt wieder ebenbürtig neben Sparta. Timo-
theos erhielt sofort den Befehl, das Ionische Meer zu räumen ;
die siegreichen Feldherrn wurden mit Ehren überhäuft, und
der Friedensgöttin, welche den Reichthum bringt, ein jähr-
liches Fest gestiftet und ein Götterbild errichtet — das be-
rühmte Meisterwerk Kephisodots (§. 904).
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398 IV. 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
Nothlage Athens: Xen. V, 4, 66. VIr 2. 1. Isokr. 15, 109. 120.
Arist. Oer. II, 22 — Oropos: Isokr. 14. 20. 37. — Der Friede: Xen.
VI, 2. 1. Xenophon ubergeht hier wie 371 absichtlich die Vermittelung
Persiens, die Diodor XV, 38 berichtet (nur VI, 3, 12 erfahren wir neben-
bei, dass Antalkidas in Persien ist; vgl. Plut. Artnx. 22 ouv
iirpcuttocv -fj Ssaprif), ;£vov Jroislto ('ApTO^ep^c,) xat y'ikov uivöjxa'sv ea-jioä
töv 'AvtaXxiäav); im übrigen aber hat, wie jetzt wohl allgemein aner-
kannt ist, Diodor den Frieden von 374 mit dem von 371 zusammen-
geworfen, und erzählt daher dieselben Vorgänge und Bedingungen zwei-
mal, XV, 38 f. und 50; auch die Bewegungen im Peloponnes r. 40
gehören deutlich erst in die Zeit nach Leuktra. lieber den Frieden
Isokr. 15, 110. Nepos Timotb. 2. Aus der Friedenszeit stammt Isokrates'
Plataikos (or. 14, s. §. 5. 14. 17); er zeigt, dass die Basis die xoivrj r),et>-
ftjv.a des Königsfriedens ist (5. 10. 17), und dass Platneae jetzt von Sparta
geräumt wird (§. 13 r.). — Wie Persien wird auch Dionys beim Frieden
mitgewirkt haben, wie 371 ; daher greift er im nächsten Jahr für Sparta
ein; vgl. Aristid. I, 291. Kleombrotos in Phokis: X*n. VI, 1, 1. 2, 1.
Bkloch nimmt an, dass Xenophon diesen Zug drei Jahre zu früh angesetzt
habe; aber dafflr liegt kein Grund vor, nur ist Kl. offenbar nach dem
Frieden abgezogen und 372 oder 371 wieder in Phokis eingerückt.
Wiederausbruch des Kriegs. Friede von Sparta.
937. Aber dem Frieden war keine Dauer bestimmt. Auf
Zakynthos hatte sich die spartanische Partei im Regiment be-
hauptet und die Demokraten verjagt. Bei der Rückfahrt nach
Athen besetzte Timotheos für die Verbannten eine Anhöhe
auf der Insel und gab ihnen die Mittel, die Städter zu be-
kriegen. Ob damit der Wortlaut des Vertrages verletzt war,
ist nicht zu entscheiden; jedenfalls beschwerte sich Sparta in
Athen. Aber die Athener nahmen die Demokraten von Za-
kynthos in den Bund auf. In Folge dessen sandte Sparta
den Aristokraten eine Unterstützung von 25 Schiffen unter
Aristokrates. Damit war zwar nach griechischen Anschau-
ungen der Friede noch nicht officiell gebrochen, aber that-
sächlich der Kriegszustand wieder eingetreten; es war eine
ähnliche Lage wie ehemals nach dem Frieden des Nikias.
Bald ging Sparta einen Schritt weiter. Die Aristokraten von
Korkyra traten mit ihm in Verbindung; Sparta schickte Al-
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■
Bruch des Friedens. Sparta gegen Korkyra. Theben nimmt Plataeae. 399
kidas mit 22 Schiffen ins Ionische Meer mit dem Auftrage,
einen Handstreich zu versuchen. Doch die herrschenden Demo-
kraten waren gewarnt; sie setzten die Stadt in Vertheidigungs-
zustand und riefen Athen um Hülfe an;. Alkidas war zu
schwach, um etwas ausrichten zu können. — Es ist klar, dass
Sparta den Krieg wollte; offenbar hatte Dionys inzwischen
seine Unterstützung in Aussicht gestellt — daher erhielt Al-
kidas officiell den Auftrag nach Sicilien zu fahren — , und
auch der Perserkönig machte Hoffnung auf Subsidien ; so be-
reute man, so rasch nachgegeben zu haben. — In Athen da-
gegen war die Stimmung durchaus nicht kriegerisch; man
hatte einen günstigen Frieden geschlossen und wollte seiner
froh werden, aber nicht durch neue Kämpfe wieder alles aufs
Spiel setzen. Es kam hinzu, dass Theben den Frieden be-
nutzte, um gegen die letzten noch selbständigen boeotischen
Städte vorzugehen, die Sparta jetzt Preis gegeben hatte. Die
Plataeer hatten sich, da sie ohne fremden Schutz nicht exi-
stiren konnten, wie ehemals an Athen anschliessen wollen;
aber Theben kam diesem zuvor. Da Plataeae sich weigerte,
dem boeotischen Gesammtstaate beizutreten, wurde es be-
lagert und musste alsbald gegen freien Abzug der Bewohner
capituliren. Ihre Habe durften sie mitnehmen, aber das boeo-
tische Gebiet mussten sie räumen, und die Stadt wurde aufs
neue zerstört (Sommer 373). Die Flüchtlinge fanden in Athen
Aufnahme, wo sie seit dem peloponnesischen Kriege das Bürger-
recht besassen. In Athen entschuldigte sich Theben vor dem
Bundesrath damit, dass es nur im allgemeinen Interesse den Krieg
gegen die verstockten Anhänger Spartas geführt habe. Aber die
Entrüstung der Athener war dadurch nicht beschwichtigt. Auf
das Hülfsgesuch von Zakynthos und Korkyra hatten sie eine kleine
Truppe von 600 Peltasten unter Stesikles auf dem Landwege ent-
sandt, die der Molosserkönig Alketas nach Korkyra zu bringen
übernahm. Auch die Flotte wurde wieder mobil gemacht; im
Mai 373 ging Timotheos mit 60 Trieren aufs neue in See.
Aber Geld war nicht da und die Mannschaften blieben aus;
offenbar hatten die Bundesgenossen, froh der neuen Unab-
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400 1V> 6- Wiedererhebung Thebens und Athens.
hängigkeit, nicht die mindeste Lust, sich für die Inseln des
Westmeers und die Interessen Athens, die sie nichts angingen,
grössere Opfer aufzuerlegen. Die innere Schwäche des neuen
Bundes trat deutlich hervor; es war eben im Grunde doch
nur eine Defensivallianz, die versagte, sobald grössere, positive
Ziele erreicht werden sollten. Timotheos that was er konnte;
er ging auf die Inseln, um Geld einzutreiben, er zwang die
Trierarchen zu Vorschüssen, er nahm Anleihen bei den Ban-
kiers auf und verpfändete sein ganzes Vermögen. Aber er
kam nicht vorwärts; thatenlos blieb die Flotte den ganzen
Sommer über bei Kalauria an der argivischen Küste liegen.
Theben hatte, wie es verpflichtet war, ein paar Schiffe zu der
Flotte gestellt; aber die Brüchigkeit der Allianz lag klar zu
Tage. Sollte Athen sich jetzt aufs neue in einen grossen Krieg
stürzen, der im Grunde nur dem Rivalen zu Gute kam und
den Thebanern die Möglichkeit bot, ungestört immer weiter
um sich zu greifen, während Sparta, das doch dadurch weit
starker provocirt war als durch Athens Intervention auf Za-
kynthos, sich das ruhig gefallen Hess und sich mit aller Kraft
auf Athens Stellung warf? Die alte boeoterfcindliche Stimmung
kam wieder in die Höhe. Isokrates machte sich zu ihrem
Wortführer; in einer Broschüre, in der Form einer Rede der
Plataeer an das athenische Volk, erhob er die schwersten An-
klagen gegen Theben, das jetzt der wahre Friedensbrecher sei.
Spartas Uebergriffe seien abgewehrt; Athen solle sich nicht
in der trügerischen Hoffnung, durch den Bund mit Boeotien
gegen jeden Angriff zu Lande gedeckt zu sein — als ob irgend
welche Gefahr sei, dass Theben sich wieder wie ehemals mit
Sparta verbände — , dazu hergeben, an Stelle der spartani-
schen die Zwingherrschaft Thebens aufzurichten, sondern an
dem Princip der unbedingten Autonomie von Hellas festhalten.
Xenophon erzählt die Vorgänge der Jahre 874 und 873 nur ganz
kurz und unzureichend (VI, 2, 1 f.); es ist klar, dass er sehr viel zu ver-
tuschen hat und absichtlich verschweigt. Weit mehr gibt Diodor XV,
45. 46 (unter 874 3). Zu einiger Sicherheit können wir nur dadurch ge-
langen, dass uns in Isokrates' Plataikos ein Stimmungsbild aus der Zeit,
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Spannung zwischen Athen und Theben. Die Spartaner auf Korkyra. 40 1
und in der Rede Apollodors gegen Timotheos aus dem J. 362 (Demosth.
or. 49) genauere Angaben über Timotheos' Feldzug erhalten sind. Den
politischen Zusammenhang scheint mir Stern weit richtiger zu be-
urtheilen als Beloch , der in Timotheos' Vorgehen auf Korkyra die Ab-
sicht sieht den Krieg zu verlängern und ihn als den eigentlichen Ver-
treter der Kriegspolitik betrachtet. Dagegen spricht ebensowohl sein
Verhalten im Sommer 373 wie Isokrates' Plataikos; denn zunächst müssen
wir doch annehmen, dass Isokrates die Politik des Timotheos und nicht
etwa die des Kallistralos vertritt. Die zum Kriege treibende Macht war
Sparta ; das lehrt gerade Xenophons Schweigen ; und überdies ist nach ihm
Athen sowohl 374 wie 371 der Staat, der in Sparta um Frieden bittet.
— Vorgänge auf Zakynthos: Xen. VI, 2, 2 f. Diod. XV, 45; daher ist
CIA. II, 17 am Schluss der Liste der Bundner Zaxuv&uov h 'Aßi-os b tv
tu» NVjXXtp eingetragen. Ueber Korkyra gibt nur Diod. XV, 46 Auskunft.
Stesikles' Entsendung: Xen. VI, 2, 10 f. Diod. XV, 46, 3. Timotheos'
Ausfahrt: Xen. VI, 2, 11 f.; [Demosth.] 49, 6. 9. 11—15. 21. Dass er
vorher in Thrakien operirt und viele Städte gewonnen habe (Diod. XV,
47, 2), ist offenbar ein Versehen, durch das Chabrias' Erfolge im J. 375
auf ihn Obertragen werden. — Die Schwäche der athenischen Macht
charakterisirt Xenophon VI, 1, 10 IT. treffend in der Rede Iasons. —
Plataeae: Diod. XV, 46, 4 unter 874/3, Pausan. IX, 1, 8 unter 373/2,
also jedenfalls im Sommer 373. Genaueres bei Isokr. 14, 8 f. 12 IT. 21.
Es ist zu beachten, dass trotz der Verwickelungen im Westen im Sommer
373 der Friede officiell noch nicht gebrochen war ; daher liegt kein Grund
vor, Isokrates1 Rede und in Folge dessen auch die Eroberung Plataeaes
ins J. 374 hinaufzusetzen.
938. Inzwischen aber hatten die Spartaner eine Flotte
von 60 Schiffen, zu der alle pelopon n es i sehen Küstenstaaten,
sowie Zakynthos, Leukas und Ambrakia Contingente stellten,
unter dem Nauarchen Mnasippos nach Korkyra geschickt.
Auch Dionys hatte seine Mitwirkung verheissen. Die neue
Erhebung Athens war seiner Politik keineswegs genehm —
offenbar auf sein Betreiben hat ein Syrakusaner Aristoteles
eine Broschüre gegen Isokrates' Panegyrikos veröffentlicht, die
Spartas und Dionysios' Politik gegen dessen Angriffe ver-
theidigt haben wird — ; und als Athen sich jetzt vollends
im Ionischen Meere festsetzte, konnte er nicht mehr unthätig
zusehen. Mnasippos führte 1500 Söldner mit sich, die er auf
Korkyra im Norden der Stadt ans Land setzte, während die
Flotte den Hafen blockirte. Die Korkyraeer waren der Ueber-
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 26
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402 IV» G. Wiedererhebung Thebens und Athens.
macht nicht gewachsen; die 600 Mann des Stesikles (§. 937)
konnten wenig helfen. Das Gebiet wurde weithin verwüstet,
die Stadt gerieth in grössle Bedrängnis?. Schaaren von Ueber-
läufern und flüchtigen Sklaven strömten ins Lager der Spar-
taner; Mnasippos freilich wies sie zurück, um die Hungersnoth
in der Stadt zu steigern, und da auch die Korkyraeer sie
nicht wieder aufnahmen, mussten sie elend vor den Mauern
verkommen. Trotzdem hielt die Stadt bis zum Aeussersten aus;
aber ihr Fall schien nur noch eine Frage der Zeit. — Auf die
Kunde von diesen Vorgängen brach in Athen ein Entrüstungs-
sturm aus gegen den Feldherrn, der seine Pflicht vernach-
lässige, die Gelder, die man ihm zur Verfügung stelle, unter-
schlage und die schöne Flotte thatenlos bei Kalauria festhalte,
statt Korkyra zu Hülfe zu eilen. An die Spitze der Opposi-
tion trat Kallistratos. Er war kein Freund Thebens; im
Gegentheil, auch er sah, dass hier den Athenern ein Gegner
erstehe, der gefährlicher zu werden drohe, als ehemals Sparta.
Aber um den Frieden mit Sparta wieder zu gewinnen, war es
nöthig, dass Athen seine Machtstellung zur See behaupte; in der
gegenwärtigen Lage musste die Flotte Korkyra zu Hülfe eilen,
mochte ihre Beschaffenheit auch noch so mangelhaft sein. Mit
ihm verband sich Iphikrates, der vor kurzem aus Aegypten zurück-
gekehrt (§. 900) und jetzt wieder zum Strategen gewählt war ;
auch Chabrias, gleichfalls Stratege, scheint sich ihnen ange-
schlossen zu haben. Im Herbst 373 wurde Timotheos abge-
rufen, um sich vor Gericht zu verantworten; Iphikrates, der
in ihm einen unbequemen Rivalen sehen mochte, und Kalli-
stratos führten die Anklage. Im December 373 kam der Pro-
cess zur Verhandlung. Timotheos selbst zu verurtheilen, wagten
die Richter nicht, theils um seiner und seines Vaters Ver-
dienste willen, vor allem aber aus Rücksicht für seine mäch-
tigen Fürsprecher, die Könige Iason und Alketas, die selbst
nach Athen gekommen waren, um den befreundeten Feldherrn
zu retten. Timotheos wurde zwar freigesprochen, aber abgesetzt,
sein Schatzmeister Antimachos dagegen wegen Unterschleifs
verurtheilt und hingerichtet, sein Vermögen confiscirt. Poli-
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Absetzung des Timotheos. Kallistratos. Befreiung Korkyras. 403
tisch war Timotheos ein lodter Mann, sein Wohlstand ver-
nichtet; er ging nach Persien, um dem König seine Dienste
bei einem neuen Zug gegen Aegypten anzubieten (§. 900).
Krieg auf Korkyra : Xen. VI, 2, 3 Pf. Diod. XV, 47. Zur Topo-
graphie B. Schmidt, Korkyr. Studien 50 IT. — Aristoteles SixtXiwrrjs p^ttup,
rcpöc tov 'Iaoxpätooc IlavTjoptxöv ivt^YP01?*"? Diog. L. V, 85. — Process
des Timotheos : Xen. VI, 2, 13. Diod. XV, 47, 3 [wo fälschlich behauptet
wird , er sei wieder in die Strategie eingesetzt worden]. Nepos Tim. 4,
und vor allem [Demosth.] 49, 9 f. 22. Tim. in Persien: ib. 3. 25. 28 f.;
vermutlilich hat er dann Jahre lang auf Lesbos gelebt: Theopomp fr. 117
= Nepos Ghabr. 3, 4, vgl. Isokr. ep. 8, 8. Ob in seiner und seines
Schatzmeisters Finanzverwaltung Unregelmässigkeiten vorgekommen sind,
ist natörlich nicht zu entscheiden. — Die Rede des Iphikrates gegen
Timotheos ging unter Lysias' Namen, s. dessen vita und Dion. Hai. de Lys.
12. — üeber Kallistralos' Stellung Xen. VI, 2, 39. 3, 3 t>Kovy(6\Lsvos -yAp
*l<pntpaTrM ei «5tov &ptt-r), yj ^p^pata rcsjA'^siv tm> vaimxiu 9j slp-^vYjV rcot-r]-
3Biv, o5tu>s 'A8-r4vrjoi xs xai ficparts ^epl elp^vrfi.
939. An Stelle des Timotheos wurde Kallislratos zum
Strategen gewählt ; er übernahm die politische Leitung in der
Stadt, während Iphikrates im Frühjahr 372 mit der Flotle in
See ging. Freilich war es um die Ausrüstung mangelhaft
genug bestellt, und Geld war nach wie vor nicht vorhanden;
er suchte sich zu helfen, indem er in den Dienst presste,
wer immer in seine Hände fiel. Auf der Fahrt hielt er strenge
Kriegszucht und bereitete die Mannschaften durch ununter-
brochene Manöver auf den Kampf vor. — Aber inzwischen war
auf Korkyra selbst ein Umschwung eingetreten. Mnasippos,
der die Stadt schon in Händen zu haben glaubte, hielt es
nicht mehr für nöthig, auf seine Söldner viel Rücksicht zu
nehmen; er hielt sein Geld zusammen, zahlte den Lohn nur
unregelmässig, und entliess die, welche gehen wollten. Da-
durch verfiel die Disciplin seines Heeres. Die Korkyraeer
schöpften neuen Muth; als seine Truppen meuterten, machten
sie einen Ausfall und schlugen die Feinde vollkommen ; Mna-
sippos selbst fiel im Kampf. Damit war die spartanische Stel-
lung unhaltbar, zumal jetzt die Kunde eintraf, dass Iphikrates
herankomme; Hypermenes, Mnasippos' Epistoleus, zog Flotte
404
IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
und Landheer zusammen und fuhr mit Hinterlassung eines
grossen Theils seiner Bagage davon, um sich über Leukas in
Sicherheit zu bringen. — So kam Iphikrates zu spät, um
selbst noch etwas Entscheidendes auszurichten. Aber die zehn
Schiffe des Dionys, welche jetzt bei Korkyra eintrafen, gelang
es ihm bis auf eines abzufangen und dadurch reiche Beute zu
gewinnen, sowohl aus goldenen Weihgeschenken, die sie nach
Olympia und Delphi halten bringen sollen, wie aus dem Lose-
geld der Gefangenen. Die Uebermacht Athens im Ionischen
Meer war wieder hergestellt ; die letzte Flotte, die Sparta auf-
gebracht hat, war vom Meere verschwunden. Iphikrates hat
Kephallenia unterworfen und den Akarnanen gegen die re-
bellische Stadt Thyria Hülfe geleistet: dann rüstete er zu einer
Verwüstung der lakonischen Küsten. Wie es im übrigen that-
sächlich um Athens Macht bestellt war, geht daraus hervor,
dass seine Ruderer sich während des Sommers den Korky-
raeern als Knechte für die Feldarbeit verdingten, um leben
zu können, wie nach der Arginusenschlacht die Spartaner auf
Chios (§. 731); von einer Wiederherstellung der alten Macht
war man eben noch unendlich weit entfernt.
Quellen : Xen. VI, 2. Polyaen III, 9, 55. Diod. XV, 47. XVI, 57
Ober die Weihgeschenke des Dionys. [Auf die Gesandtschaft, durch die
sich dieser beschwerte, bezieht sich wahrscheinlich das Decret für seinen
Neffen Alketas, S. d. Leptines, CIA. II, 50 b. suppl. p. 15. DS. 87.] — Ob
Iphikrates' Operationen bei Epidauros Polyaen III, 9, 39. 48 in den An-
fang dieses Feldzugs gehören, ist nicht sicher zu sagen. Das Mittel,
durch eine Steuer auf die Vorbauten Ober die Strassenflucht Geld zu ge-
winnen, erzahlt Polyaen III, 9, 80 von Iphikrates, [Arist.] oec. II, 5
aber wohl richtiger von Hippias.
940. Während dessen war Kallistratos für den Frieden
thätig gewesen. Sobald Spartas Angriff auf Athens Stellung
im Westen zurückgewiesen war, lag zur Fortfuhrung des
Kriegs kein Grund mehr vor; wohl aber musste man be-
fürchten, dass Dionys die Niederlage seiner Flotte und zumal
die Confiscation seiner Weihgeschenke nicht ruhig hinnehmen
und dass bei weiterem Vorgehen auch Persien in den Krieg ein-
greifen werde, wenn auch nur durch Subsidien. Ueberdies wurde
Iphikrates' Erfolge. Kallistratos und die Friedensverhandlungen. 405
das Verhältniss zu Theben immer gespannter, und auch Iason
trat aus der Annäherung an Athen zurück; er liess deut-
lich erkennen, dass er nur Timotheos zu Gefallen die athe-
nische Seite ergriffen habe und jetzt selbst an Athens Stelle
treten wolle. Wie es scheint hat sich Iphikrates von Epirus
aus zu ihm begeben und ihn bei einer Zusammenkunft durch
einen raschen Angriff auf seine Person, der ihm trotz aller
Vorsichtsmassregeln gelang, gezwungen, einen Athen günstigen
Vertrag zu beschwören. Aber Erfolg hatte das nicht; Iasons
Haltung wurde entschieden feindlich, und Athen tilgte seinen
Namen aus der Urkunde des Seebundes. — Auch in Sparta
erkannte man, dass die Haltung, die man in den letzten beiden
Jahren eingenommen hatte, ein Missgriff gewesen war: die
neue athenische Seemacht zu brechen reichten die Kräfte zur
Zeit nicht aus. Der ursprüngliche Gedanke, zunächst Theben
zu demüthigen und dadurch Spartas Herrschaft zu Lande
wieder herzustellen, war allein richtig gewesen. König Kleom-
brotos ging aufs neue mit einem Heere nach Phokis ; die An-
erbietungen Athens aber wurden angenommen. So trat im
Sommer 371 ein allgemeiner Friedenscongress in Sparta zu-
sammen, unter Mitwirkung von Gesandten des Dionys und
Persiens; die athenische Gesandtschaft führte Kallistratos selbst.
Auch Amyntas von Makedonien nahm an demselben Theil;
er wünschte mit allen griechischen Mächten gut zu stehen
und namentlich an Athen einen Rückhalt gegen Iasons Ueber-
griffe zu haben. Daher erkannte er Athens Ansprüche auf Am-
phipolis an — er selbst konnte ja doch nicht daran denken,
die Stadt zu erobern. Ebenso wurde Athens Anrecht auf die
thrakische Chersones als sein altes Kleruchenland anerkannt.
Im übrigen wurden als Grundlage des Friedens die Bestim-
mungen des Königsfriedens aufs neue angenommen : alle Grie-
chen sollten frei und autonom sein, die kriegführenden Staaten
ihre Besatzungen aus den Städten fortziehen und ihre Heere
und Flotten auflösen ; wenn Jemand gegen diese Bedingungen
handle, sollte es allen, die wollten, freistehen, den Friedens-
störer zu bekriegen, und die übrigen sich verpflichten, diesem
400 IV, 6. Wiedererhebung Thebens und Athens.
keine Hülfe zu leisten, auch wenn sie mit ihm im Bündniss
ständen. Die beiden grossen Bünde wurden dadurch nicht
angetastet: sie waren ja auf das Princip der Autonomie ge-
gründet, das Sparta jetzt auch in seinem Machtbcreich voll
durchzuführen gelobte, indem es seine Harmosten und Be-
satzungen aus allen Städten abberief.
Iphikrates und lason: Polyaen III, 9, 40. Das kann kaum in eine
andere Zeit gehören ; vielleicht gehört hierher auch Iphikrates' Verbin-
dung mit Amyntas §. 935 A. Nach Nepos Tim. 4 hat Timotheos nach
seinem Process gegen lason populi iussu Krieg geführt; das ist zwar
falsch , da Timotheos im J. 372/1 noch in Persien war (Dem. 49, 29 f.) ;
aber dass zwischen Athen und lason Kriegszustand eintrat, wird richtig
sein. — Der Friede: Xen. VI, 3. Diod. XV, 50. Dion. Hai. de Lys. 12
(Archon Alkisthenes 372/1). Datum: Plut. Ages. 28. — Mitwirkung des
Dionys: CIA. II, 51 (DS. 89). Anregung und Mitwirkung des Perser-
königs [von Xenophon nur VI, 3, 12 angedeutet]: Diod. XV, 50, 4. Dion.
Hai. de Lyp. 12 (rr4v eipvjvrjv 'AO-rjvalot te xftl Aax3§at|AGvtot xal ßot3tX.cu(
<7»jAO<jav). Demosth. Phil. III, 16 Xeppovtpov, y4v ßar.Xsü; xai Kerne; o:
"KXXr4ve? ojitttpav t-fvuixaoiv slvai. Der Friede ist wie der von 386 *?■ ßaoi-
X4u»s stpYjVif) snoYjsavto 'AtWjvaiot xat AaxeSa'.fj.öv.o: xal o'. &XX01 "EX-
hrptq CIA. II, 51; ebenso in der Urkunde Xen. VI, 5, 2 ijtfwvÄ tai;
OTCOvSa-s, ä<; ßaaiXrj; xa«xrejr}8. Amyntas und Amphipolis: Aeschin. 2,
32 (vgl. Isokr. 5, 106: Amyntas stand zu allen griechischen Staaten gut).
941. Auf diese Bedingungen wurde am 14. Skirophorion
(IG. Juli) 371 der Friede in Sparta beschworen. Sparta leistete
den Eid zugleich im Namen seiner Bundesgenossen, mit Athen
schworen die Gesandten aller im Synedrion vertretenen Ge-
meinden. Zu denselben gehörte auch Bocotien, und auch dessen
Gesandte leisteten den Eid. Aber am nächsten Tage erhoben
sie Einspruch: die Spartaner hatten den Namen Thebens,
nicht den Boeotiens in das Protokoll gesetzt. Die Gesandten,
an der Spitze Epaminondas, der hier zum ersten Male hervor-
trat, forderten die Aenderung und damit die Anerkennung des
boeotischen Einheitsstaats. Da erhob sich Agesilaos, der auch
hier wieder als der Leiter der spartanischen Politik erscheint ;
wie im .T. 386 wies er Thebens Anspruch zurück und ver-
langte auf Grund des eben beschworenen Vertrags die Frei-
gebung der boeotischen Landstädte. Epaminondas erklärte
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Friede von Sparta. Ausschluss Thebens. 407
mit scharfem Hohn, Theben sei bereit, wenn auch Sparta
seinen Perioeken die Autonomie gewähren wolle; in zündender
Rede hielt er yor dem Congress von ganz Hellas den Spar-
tanern die Gewaltthaten und Verbrechen ihrer Politik vor.
Aber einen Erfolg erzielte er nicht. Die Thebaner waren
überrumpelt; offenbar stand Agesilaos in geheimem Einver-
nehmen mit Kallistratos und den übrigen athenischen Ge-
sandten. Aber wenn er die Hoffnung hegen mochte, Theben
werde nachgeben wie 15 Jahre zuvor, so hatte er sich ge-
täuscht. Zwar stand Theben jetzt völlig isolirt — denn Iason,
mit dem es verbündet war, war ein sehr bedenklicher Ge-
nosse, dem es sich nicht rückhaltslos in die Arme werfen
durfte — und konnte nur mit schwerer Besorgniss in die Zu-
kunft blicken; aber das Werk der letzten Jahre aufzugeben
war Epaminondas nicht gewillt; die erfolgreichen Kämpfe,
auch gegen Sparta selbst, hatten den Muth und das Vertrauen
in die eigene Kraft gestärkt. Die boeotischen Gesandten ver-
liessen den Congress, ihr Name wurde aus der Friedens-
urkunde getilgt.
So war der Königsfriede noch einmal als das Grund-
gesetz von Hellas verkündet. Aber die Lage hatte sich
wesentlich geändert: Spartas tyrannische Herrschaft war ge-
brochen, Athen als ebenbürtige Macht anerkannt; gleichberech-
tigt standen sich beide Staaten gegenüber, der eine als Führer
zu Lande, der andere zur See. Der neu geschlossene Friede
bot die Aussicht, dass beide sich einander immer mehr
nähern, dass ein gesunder Dualismus, wie er im Perserkriege
bestanden, wie ihn Kimon, Thukydides und die conservative
Partei in Athen so lange vergeblich erstrebt hatten, auf die
Dauer die feste Organisation der Griechen weit bilden würde.
Der erste Theil des Programms, das Isokrates im J. 380 aus-
gegeben hatte, schien erfüllt. Theben war vor ganz Hellas
als der alleinige Friedensstörer hingestellt. Die Execution
blieb Sparta überlassen; wenn sie Erfolg hatte, durfte man
hoffen, dass der Hellenenwelt nach so vielen vergeblichen Mühen
eine dauernde Epoche des Friedens und der Eintracht be-
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408 lv» 6- Wiedererhebung Thebens und Athens.
schieden sein werde, und dass dann auch die Zeit nicht mehr
fern sei, wo der zweite Theil des Programms verwirklicht
werden könne, die Abschüttelung des persischen Jochs, die
Befreiung der asiatischen Griechen und die Eroberung Klein-
asiens.
Conilict mit Theben: Xen. VI, 3, 18 ff., der ohne Zweifel den Her-
gang völlig authentisch darstellt, wenn er auch nur die eine Seite des
Bildes gib». Diod. XV, 50, 4. Pluf. Ages. 27 f. Nepos Epam. 6, 4. Pausan.
IX, 13, 2.
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VII. Epaminondas und die Vernichtung der
spartanischen Macht Der Ausgang des
athenischen Seebundes.
Schlacht bei Leuktra.
942. Nach dem Wortlaut des Friedens hätte Sparta das
Bundesheer, das in Phokis stand, auflösen müssen ; wenn dann
Theben in seiner Widersetzlichkeit verharrte, mochte Sparta die
Staaten, die dazu bereit waren, auffordern, an neuen Kriegs-
rüstungen gegen die widerspenstige Stadt Theil zu nehmen.
König Kleombrotos, niemals mit dem Krieg gegen Theben
einverstanden, war dieser Ansicht, und auch in der Volks-
versammlung in Sparta wurde sie ausgesprochen; aber die
Majorität erklärte ein derartiges Verfahren mit Recht für
thöricht. Kleombrotos erhielt den Befehl, nochmals an Theben
die Forderung zu stellen, die Städte freizugeben, und wenn es
sich weigere, sofort in Boeotien einzurücken. So geschah es.
Der Haupttheil des boeotischen Heeres besetzte bei Koronea
die grosse Heerstrasse längs des Kopaissees; aber Kleom-
brotos schlug den Bergpfad ein, der am Fuss des Helikon
über Thisbe nach der Küste des korinthischen Golfs führt.
Der Pass war nur schwach besetzt ; Kleombrotos überfiel den
Hafen Kreusis, nahm die zwölf hier liegenden thebanischen
Kriegsschiffe und rückte ins Gebiet von Thespiae ein. Die
boeotische Armee eilte herbei und zog auch die Truppen an
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410 IV» 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
sich, welche den Kithaeron besetzt hielten; auf den Höhen zu
beiden Seiten der etwa einen Kilometer breiten Thalebene von
Leuklra nahmen die Heere einander gegenüber Stellung. Bei
den ßoeotern waren , als man sich jetzt unmittelbar vor die
Entscheidung gestellt sah, von der Thebens Existenz abhing,
die Meinungen getheilt, wie bei den Athenern vor Marathon;
drei Boeotarchen forderten den Rückzug und die Vertheidi-
gung innerhalb der Stadtmauern. Aber Epaminondas, jetzt
zum ersten Male Boeotarch, setzte es durch, dass man Stand
hielt. Wer von den Mannschaften nicht bleiben wollte — und
in den Contingentcn der unterthänigen Städte wurde die Ab-
neigung, für Theben zu kämpfen, vielfach laut — , erhielt die
Erlaubniss, davon zu gehen, vor allern die Thespier; das übrige
Heer stellte sich in Schlachtordnung auf. Auch Kleombrotos
hatte wenig Neigung, für eine Politik, die er missbilligte, den
Entscheidungskampf zu wagen. Aber er wusste, wie man in
Sparta über ihn dachte; kehrte er diesmal wieder unverrichteter
Dinge heim, so war ihm das Schicksal seines Vaters gewiss.
So blieb auch ihm nichts übrig als den Kampf anzunehmen.
Vorgeschichte der Schlacht: Xen. VI, 4, 1 IT. Genaueres und zu-
verlässiges Material gibt Pausan. IX, 13, 3. 6—8 [wie Wilamowitz er-
kannt hat, ein Auszug aus Plutarchs Biographie des Epaminondas]. Die
Berathung der Boeotarchen ausserdem Diod. XV, 53, 3, vgl. Plut. Pelop.
20, die Entlassung der Thespier Polyaen II, 3. 3.
043. Die Seele des boeotischen Heeres war Epaminondas,
der Sohn des Polymnis. Er stammte aus einem angesehenen,
wenn auch verarmten Geschlechte; geboren ist er spätestens
um 415. Seine geistige Ausbildung verdankte er dem nach
Theben verschlagenen Lysis von Tarent, einem der wenigen
Pythagoreer, die bei der Katastrophe in Kroton (§. 371) ent-
kommen waren; auch sonst stand er in gymnastischer und
musischer Ausbildung keinem anderen nach. Den politischen
Händeln hatte er sich fern gehalten und auch an der Be-
freiung und ihren Blutthaten nicht Theil genommen; wie es
sich bei einem Pythagoreer von selbst versteht, war er aristo-
kratisch gesinnt und hat sich mit der jetzt in Theben herr-
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Epaniinoudos und die neue Taktik.
411
sehenden radicalen Demokratie nie vertragen können. Ueber-
haupt aber war sein Interesse zunächst weit mehr den gei-
stigen und philosophischen Fragen als der Politik zugewandt.
Aber in den Kriegen Thebens hatte er sich ausgezeichnet und
die Freundschaft des weit jüngeren Pelopidas gewonnen ; durch
ihn scheint er in die politische Laufbahn eingeführt zu sein.
Im J. 371 war er zum ersten Male Boeotarch; und jetzt
zeigte sich sofort, dass er als Staatsmann wie als Feldherr
alle Genossen weitaus überragte, zuerst bei den Verhandlungen
in Sparta, deren Führung ihm zufiel, sodann auf dem Schlacht-
felde von Leuktra. Epaminondas hat aus der Eigenart der
boeotischen Kampfweise eine neue Taktik entwickelt, welche,
weit hinaus gehend über die Reformen des Iphikrates und
des Chabrias, der griechischen Kriegsführung eine neue Gestalt
gab und der allen Kampfweise, welche in Sparta verkörpert war
und auf der Spartas Herrschaft beruhte, definitiv ein Ende
machte. Die bisherigen Schlachten waren Flügelschlachten
gewesen: in jeder der beiden Armeen suchte der rechte Flügel,
nach rechts vorwärts drängend, den feindlichen linken zu um-
klammern und zu werfen und dann die feindliche Schlacht-
reihe aufzurollen. Daneben hatte sich, zunächst in den
Kämpfen mit rohen Volksstämmen, wie den Aetolern und
Thrakern, die aufgelöste Fechtart der Leichtbewaffneten ent-
wickelt, und dann durch die Ausbildung des Söldnerwesens und
der Peltasten in kleineren Gefechten oft entscheidende Bedeu-
tung gewonnen. Die Folge war gewesen, dass man seit dem
korinthischen Krieg Entscheidungsschlachten nach Möglichkeit
vermied und durch geschickte Manöver Theilerfolge zu erringen
und dadurch den Krieg bis zur Ermattung des Gegners hin-
zuhalten suchte; darin hatten sich Iphikrates und Chabrias als
Meister gezeigt. Die Reiterei, welche die Thessaler und Boeoter
niemals aufgegeben, und die Athener seit den Perserkriegen,
Sparta seit Brasidas wieder eingeführt hatten, war immer
eine Hülfstruppe geblieben, die zur Flankendeckung, zur Ein-
leitung des Gefechts, zur Verfolgung und Aufklärung und zu
raschen üeberfallen verwerthet wurde. Die Boeoter hatten
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412 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
immer eine gute Reiterei gehabt und dieselbe in den letzten
Kriegen weiter ausgebildet; die Entscheidung aber hatten sie
durch tiefe Aufstellung des rechten Angriflfsflügels zu gewinnen
gesucht, so bei Delion. Daran hielt Epaminondas fest; aber
zum Angriffsflügel bestimmte er jetzt den linken Flügel und
stellte ihn so tief auf, dass er einen entscheidenden Stoss gerade
gegen den feindlichen Offensivflügel führen konnte. Die Reiterei
sollte den Kampf eröffnen und das Schlachtfeld frei machen,
der rechte Flügel, von dem die Feinde den Angriff erwarteten,
zurück bleiben und den Kampf hinhalten; gelang es während
dessen den feindlichen rechten Flügel zu werfen, so war der volle
Sieg erfochten. Der Kern der Neuerung war, dass Epaminondas
die gewöhnliche Schlachtordnung umkehrte und die Entschei-
dung an derselben Stelle suchte, wie der Gegner; weil aber
im Kampfe der linke Flügel sich weit vorschob, während der
rechte zurückblieb, hat diese Aufstellung den Namen der
»schiefen Schlachtordnungt erhallen.
Ueber Epaminondas' Jugend und Charakter s. vor allem Nepos'
Biographie; ferner Plut. Pelop. 3. 4. Diod. XV, 39, 2 — 50, 6 u. a. Zur
Abstammung Pausan. VIII, 11, 8. Ep. 5t<; ?i33apaxo3töv reo? a-rvofjSfci;
Pluf. Ttept toö Xd&s ßuusac 4, 5; bisher noch nicht Stratege Plut. Ages.
28. Die Späteren haben sich viele Mühe gegeben, sein Fernbleiben bei
der Befreiung Thebens zu erklären, vgl. namentlich Plutarch de genio Socr.
944. Die Stärke des spartanischen Heeres wird auf 10,000,
die des boeotischen auf G000 Mann angegeben. Doch ist
auf diese Zahlen kein Verlass; beide Heere mögen leicht un-
gefähr gleich slark gewesen sein. Während die Peltasten und
Reiter der Verbündeten die Boeoter umschwärmten und den
abziehenden Tross ins Lager zurücktrieben, stellte Kleombrotos
sein Heer am Südrande der Ebene in Schlachtordnung, auf
dem rechten Flügel die 4 spartanischen Moren, 2300 Mann,
darunter 700 Spartiaten , in einer Tiefe von 12 Mann (also
192 Mann in der Front), dann links anschliessend die Con-
tingente der Bündner, meistens Soldtruppen; die Reiterei
stand vor der Front, die Aufstellung zu decken. Epaminondas
dagegen bildete auf seinem linken Flügel eine 40 Schilde tiefe
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Schlacht bei Leuktra.
413
Colonne, an der Spitze die heilige Schaar (§. 931) unter Pelo-
pidas; der rechte Flügel war um so flacher aufgestellt. Trotzdem
kann die Front der Boeoter höchstens etwa halb so lang ge-
wesen sein als die der Feinde. Die boeotische Reiterei er-
öffnete den Kampf und warf die spartanische auf das Fuss-
volk zurück. Trotzdem versuchte Eleombrotos in gewohnter
Weise zum Angriff vorzugehen und den schmalen linken
Flügel der Feinde zu umklammern : da traf ihn der Stoss des
thebanischen Gewalthaufens, der mit unwiderstehlicher Wucht
wie ein Keil in seine Reihen eindrang. Die spartanische
Offensive war gebrochen, ehe sie sich hatte entfalten können.
Die Spartaner fochten aufs tapferste. Kleombrotos selbst fiel,
und um ihn die Elite der spartanischen Bürgerschaft, Spho-
drias und sein Sohn Kleonymos, der Polemarch Deinon und
zahlreiche andere, im ganzen gegen 1000 Mann, darunter
400 Spartiaten, über die Hälfte derer, die am Kampfe
Theil nahmen. Wenigstens den sterbenden König gelang es
vom Schlachtfelde aufzuheben; aber die Schlacht war nicht
mehr zu retten, nur noch die Ehre. Der linke Flügel war,
als der erwartete Angriff der Feinde nicht erfolgte, seinerseits
vorgegangen; jetzt wurde auch er von der Niederlage mit
fortgerissen. Das geschlagene Heer zog sich in das durch
einen Graben geschützte Lager auf den Höhen zurück. Ein-
zelne Spartiaten, die den Gedanken einer Niederlage nicht er-
tragen konnten, forderten eine Wiederaufnahme des Kampfes.
Aber das war unausführbar, zumal auch die Bundesgenossen
jetzt nicht mehr zuverlässig waren; man musste sich bequemen,
durch die Bitte um Ueberlassung der Leichen die Niederlage
einzugestehen. Einen Sturm auf das Lager wagten die Boeoter
nicht; aber auf der Höhe, wo ihr Lager gestanden hatte, er-
richteten sie ein steinernes Tropaeon, dessen Trümmer noch
heutigen Tages die Stätte bezeichnen, an der Spartas Macht
ins Grab gesunken ist.
Ueber die Schlacht haben wir nur sehr unzulängliche Kunde.
Xenophon (VI, 4) setzt deutlich eine Darstellung von gegnerischer Seite
als bekannt voraus; ihr gegenüber sucht er die Niederlage der Spartaner
414 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
nach Möglichkeit durch unglückliche Zufälle zu erklären , ohne auf die
überlegene Taktik des Epaminondas, den er Oberhaupt nicht nennt,
irgendwie einzugehen; es ist der schwächste Abschnitt seines Werks.
Dennoch müssen wir ihm die wichtigsten Daten entnehmen. Die werth-
vollste Ergänzung bietet Plut. Pelop. 23, wenn man nur berücksichtigt,
dass der Autor ganz unmilitärisch ist und dass er seinen Helden hier wie
sonst möglichst in den Vordergrund drängt ; dass die heilige Schaar unter
Pelopidas den Kern des linken Flügels ausmachte, nicht eine gesonderte,
selbständig operirende Abtheilung, wie Plutarch sie auffasst, ist zweifel-
los. Diodor XV, 51—56 ist ganz entstellt, sogar lasons und Arcbidamos*
Hölfszug werden vor die Schlacht gesetzt; doch enthält 55, 2 f. richtige Mo-
mente. Dass Ephoros die Schlacht bereits so schlecht darstellte, wie Diodor,
beweist Polyb. XII, 25 f, 3. Pausan. IX, 13, 9 gibt der Abneigung der Bündner
gegen Sparta die Schuld. Die neueren militärischen Bearbeitungen (Köchlt
und RCstow, Griech. Kriegswesen 172 f. DelbrCck, Gesch. d. Kriegskunst
I, 130 CT.) tragen einige falsche Momente in den Kampf, vor allem indem
sie eine Flankendeckung für den linken Flügel verlangen ; die ist aber
völlig unnötbig; denn sobald die feindliche Reiterei geworfen war, war
das Feld für den Stoss der Phalanx frei. — Starke der Spartaner: Plut.
Pelop. 20, der Boeoter Diod. XV, 52, 2 [arge Uebertreibungen bei Polyaen
II. 3, 8. 12 und Fronlin IV, 2, 6]; aus Xenophon VI, 4, 12 ergibt sich
die Stärke des spartanischen Contingente. Zahl der Gefallenen Xen. VI,
4, 15. Pausan. IX, 13, 12; übertrieben Diod. XV, 56, 4. Zur Topographie
Grundy, the lopogr. of the battle of Plataea. 1894, p. 73 IT., mit vor-
trefflicher Karte [er gibt aber der thebanischen Linie eine zu grosse
Länge]. — Die boeotisebe Geschichtsschreibung hat die Muthlosigkeit
vor der Schlacht gesteigert und, wie es sich gehört, eine Anzahl von
Vorzeichen erfunden (Kallisth. fr. 9 bei Cic. div. I, 74 ff. II, 56 f. Diod.
XV, 52-54. Plut. Pelop. 20-22. Pausan. IX, 13, 4 f. Polyaen II, 3, 8.
12. Plut. de Pyth. orac. 8), die dann von den Rationalisten für schlaue
Veranstaltungen des Epaminondas erklärt werden (so Diod. XV, 5.% 4);
Xenophon VI, 4, 7 kennt bereits beide Versionen. — Datum der Schlacht:
Plut. Ages. 28. Camill. 19.
Die Folgen der Schlacht, lasons Ausgang.
945. Die Schlacht bei Leuktra, am 5. Hekatombaeon
(5. August) 371 v. Chr., hat die Grundlage der bisherigen
Gestaltung der griechischen Welt umgestossen. Drei Wochen,
nachdem Sparta, noch einmal als der mächtigste Staat von
Hellas anerkannt, von Theben die Unterwerfung unter seinen
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Wirkungen der Schlacht. Abweisung Thebens durch Athen. 415
Willen gefordert hatte, war der vernichtende Schlag erfolgt.
Sparta besass nicht die Mittel, ihn wieder auszugleichen. Der
Verlust von 400 Bürgern, so schwer ihn der menschenarme
Staat empfand, war doch nicht das Schlimmste; entscheidend
war, dass der Ruf seiner Unüberwindlichkeit gebrochen warr
dem allein es den Gehorsam all der anderen Staaten ver-
dankte, die ihm an Volkszahl und an materiellen Mitteln viel-
fach weit überlegen waren. Die Politik der letzten Jahrzehnte,
welche jeden grossen Kampf vermied und durch kleine Mittel
und diplomatischen Druck zum Ziel zu gelangen suchte, hatte
sich als allein berechtigt erwiesen. Jetzt erhob sich an Spartas
Stelle eine neue Militärmacht in dem bisher allgemein mit
Geringschätzung behandelten boeotischen Staate. — Freilich
verging noch einige Zeit, bis den Menschen die totale Um-
wandlung der Lage zu vollem Bewusstsein kam und sich alle
Gonsequenzen der Schlacht entwickelten. Sparta machte auf
die Kunde von der Niederlage den Rest seines Heeres mobil,
zwei Moren und dazu die ältesten Jahrgänge vom 55. bis
zum 60. Jahr, die bisher nicht mit ins Feld gerückt waren.
Die Führung übernahm, da Agesilaos noch immer invalide
war, sein Sohn Archidamos. Auch die Peloponnesier leisteten
noch in alter Weise Heeresfolge. Archidamos rückte bis an
die Nordgrenze des megarischen Gebiets vor, um dem Heere,
das sich noch in dem Lager von Leuktra hielt, die Hand zu
bieten; Korinth und Sikyon rüsteten Schiffe, um ihn über
das Meer zu führen. — Die Thebaner hatten gleich vom
Schlachtfeld Boten mit der Siegesnachricht an Athen und an
Iason entsandt, die schleunige Bundeshülfe fordern sollten:
jetzt sei der Moment gekommen, Sparta seine Thaten heim-
zuzahlen. In Athen war man bitter enttäuscht; unter Kalli-
stratos' Leitung war der Staat ganz ins spartanische Fahr-
wasser eingelenkt, und hatte eine gründliche Demüthigung der
Thebaner mit Freuden erwartet. So machte man aus der
Enttäuschung kein Hehl; der thebanische Herold wurde aufs
unfreundlichste abgewiesen. Um so bereitwilliger war Iason;
er rückte sofort mit starker Macht in Boeotien ein und machte
416 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
zugleich seine Flotte mobil. Die Thebaner forderten einen
gemeinsamen Angriff auf die spartanische Stellung; das lehnte
er ab: man solle die Gegner nicht zu einem Verzweiflungs-
kampf zwingen, dessen Ausgang Niemand absehen könne;
er wollte Sparta als Gegengewicht gegen Theben erhalten,
um beide um so sicherer zu beherrschen. So bot er den
Spartanern seine Vermittelung an ; und diese sahen ein, dass
sie nichts mehr ausrichten konnten. Unter dem Schutze eines
Waffenstillstands zog das Heer von Leuktra über den Kithae-
ron ab zu Archidamos, und dieser führte die gesammte Armee
in die Heimath zurück.
Quelle: Xen. VI. 4, 16—26. Iasons HQlfszug und der Waffenstill-
stand auch Diod. XV, 54, 5, wo er vor die Schlacht gesetzt ist (§. 944 A.).
946. So schien es, als ob der Gewinn des Sieges an
Stelle des Siegers dem Herzog von Thessalien zufallen werde.
Auf dem Rückmarsch verwüstete Iason das Land der Phoker,
der alten Feinde seines Volks, und besetzte die sparta-
nische Zwingburg Heraklea Trachinia, deren Truppen bei
Leuktra für Sparta gefochten hatten. Die Mauern wurden
niedergelegt, die Stadt den Oetaeern und Maliern übergeben.
Dann zwang er die Perrhaeber an der Nordgrenze Thessa-
liens, seine Oberhoheit anzuerkennen; und auch König Amyn-
tas von Makedonien blieb jetzt nichts mehr übrig, als sich
seiner Suprematie durch Abschluss eines Bündnisses zu fügen,
wie schon seit Jahren die Fürsten und Stämme von Epirus.
Damit war der Norden ihm botmässig; die Zeit war gekommen,
wo er seine Hand auf den Haupttheil der griechischen Welt
legen konnte. Für die nächsten Pythien, im September 370,
kündete er sein Erscheinen in Delphi an; er selbst wollte
die Leitung der Spiele übernehmen, der gesammte Heerbann
Thessaliens sollte ihm folgen. Bereits wurden riesige Massen
von Opferthieren zusammengetrieben. Mit banger Erwartung
sah man der weiteren Entwickelung entgegen ; auch die reichen
Schätze des Tempels, so glaubte man, werde er sich an-
eignen, und nirgends war eine Macht, die ihm hätte wehren
können. Da wurde er bei einer Heerschau in Pherae von
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Iasons Auagang. Thebens Suprematie in Miltelgriechenland. 417
sieben jungen Leuten erschlagen. Wer der Anstifter war, ist
nicht festgestellt; der Verdacht ruhte auf seinem Bruder Poly-
doros, dessen reiche Schätze der Herrscher sich, wie die aller
seiner Verwandten, zu Nutzen gemacht hatte. Mit Iasons Tode
brach seine Macht zusammen ; seine Erben (§. 956) waren De-
spoten gewöhnlichen Schlages, welche die Herrschaft zu ge-
messen und die ihnen drohenden Gefahren zu ersticken trach-
teten, aber einen auf höhere Ziele gerichteten Ehrgeiz nicht
kannten. — Die griechische Welt athmete auf, als die Kunde
von Iasons Tode kam; die Städte überhäuften seine Mörder
mit Ehren. Der altgewohnte Hader, dem er vielleicht ein Ende
gemacht hätte, konnte wieder beginnen. Jetzt war es für
Theben möglich, die Folgen des Sieges für sich zu gewinnen.
Aus Thespiae wurden die Spartanerfreunde verjagt, Orchu
menos, die einzige noch selbständige Stadt ßoeotiens, zwar
nicht dem Gesammtstaat einverleibt, aber zum Bündniss ge-
zwungen — härtere Massregeln hat Epaminondas verhindert.
Dann dehnte Theben seine Suprematie über ganz Mittel-
griechenland aus. Die Lokrer von Opus und die Ozoler,
die Phoker, die jetzt den Schutz Spartas gegen ihre Feinde
verloren hatten, weiter, offenbar erst nach Iasons Tod, die
Malier, Herakleoten, Aenianen, ferner die Städte Euboeas und
Akarnaniens schlössen mit Theben Verträge ab, durch die die
Contrahenten sich zu gegenseitiger Hülfsleistung im Fall eines
feindlichen Angriffs verpflichteten. Gegen Ende 370 erstreckte
sich Thebens Macht über ganz Mittelgriechenland mit Aus-
schluss von Attika und Aetolien. Formell hielt sich der neue
thebanische Bund genau wie der athenische in den Grenzen
des Königsfriedens; er war eine Defensivallianz wie dieser.
Auch ein Synedrion der Bundesgenossen tagte jetzt in Theben
ganz wie in Athen, und fasste mit dem Boeoterstaat zusammen
Beschlüsse ab, welche die Einzelstaaten banden. Daher konnten
dem Namen nach beide Bünde sehr gut neben einander be-
stehen, da keiner von beiden formell zur Theilnahme an An-
griffskriegen verpflichtete, ja diese der Idee nach perhorres-
cirte. Thatsächlich freilich hatte Athen durch sein Verhalten
Meyer, Geschichte des AHerthoms. V. 27
418 IV, 7. Epaminoudas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
nach der Schlacht bei Leuktra den Bund mit Theben be-
reits gebrochen; und so war auch der Uebertritt der Euboeer
und Akarnanen zu Theben factisch ein Abfall von Athen.
Für die praktische Politik wandelte sich der thebanische
Defensivbund ganz wie der athenische sofort um. in eine
Allianz, welche die Kräfte der schwächeren Staaten den Boeo-
tern unbedingt zur Verfugung stellte, so lange diese die
Macht besassen, sie zu zwingen. — Zu Thessalien bestanden
die freundschaftlichen Beziehungen zunächst auch nach Iasons
Tode fort; Theben erhielt von hier Zuzug von Reitern und
Peltasten beim Zuge in den Peloponnes.
Iasons Ausgang: Xen. VI, 4, 27 fT. Diod. XV, 57, 2. 60, 1 f. 5; be-
treffs der Ermordung ist Ephoros, den Diodor hier citirt, Xenophon ge-
folgt. — Abhängigkeit Makedoniens auch Isokr. 5, 20 öertaXot»? too; -pö-
«pov tndpx,ovta? MaxeSovJa^. — Ueber Thebens Stellung zu seinen Bundes-
genossen vgl. Swoboha , Rhein. Mus. 55, 465 ff. Im J. 362 erklären die
Phoker, Stt soviK;xat sf.3». rx:j*ol$ elev, s; Tic, esl 9-r,ßa<; tot, ßo*»)fretv* Iis9
o).Xoo( os stpatBÜetv oix etvot 6v tat? 0'jv8-r1y.a».^, Xen. VII, 5, 4. o6v«2po:
in Theben: IGSept. I, 2418. DS. 120 ZI. 12 [aus der Zeit des heiligen
Kriegs]. 5v6i> xotvoü xtüv ou;i(i«i^tt)v ^oYjiaxo? ist die Rückführung von
Verbannten verboten Xen. VII, 3, 11. Bestand des Bundes: Diod. XV,
57, 1, wo AitioXooc verschrieben sein muss, wie Beloch, Gr. Gesch. II,
258 mit Recht bemerkt ; Xen. Hell. VI, 5, 23 = Ages. 2, 24. Mit Un-
recht streichen Schäfer, Demoslh. I, 81, Beloch, Swoboda u. a. hier die
Akarnanen; in der angeführten Inschrift ZI. 5. 7. 16 gehören die Afcar-
nanenslädte Alyzia und Anaktorion [seit 425 akarnanisch , §. 5941 zur
thebanischen Symmachie. — Thespiae : Pausan. IX, 14, 2. 4. ürchc-
menos: Diod. XV, 57, vgl. 79.
Revolutionen im Peloponnes. Epaminondas gegen Sparta.
Messene und der arkadische Bundesstaat.
947. Im Peloponnes hatte die Abberufung der spartani-
schen Harnioslen und Garnisonen, welche der Friede von
Sparta vorschrieb, überall den Demokraten und den Exulanten
neue Hoffnungen eröffnet; und als dann wenige Wochen
darauf die Macht der »Zuchtmeister von Hellas« einen tödt-
lichen Schlag erhielt, da war die nächste Folge, dass überall
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Revolulioi.äre Bewegungen im Peloponne?. 419
die Erhebung zum Ausbruch kam. Die Exulanten rüsteten
sich zur Heimkehr, die Massen erhoben sich, die Besitzenden
sahen sich zu einem Verzweiflungskampf nicht nur um ihre
politische Stellung, sondern um Gut und Leben gezwungen.
Das gewaltig angewachsene Proletariat und die jedem Werbe-
ruf folgenden Söldnerschaaren bildeten ein unerschöpfliches
Reservoir für jede revolutionäre Erhebung; ehrgeizige Männer
bemächtigten sich der Bewegung, um bald unter dieser, bald
unter jener Flagge ihre persönliche Herrschaft zu begründen.
Alle Versuche, die Parteien zu versöhnen und etwas Neues
und Dauerhaftes zu schaffen, erwiesen sich in kürzester Frist
als unhaltbar, mochten sie noch so hoffnungsvoll begonnen
haben; kein Staat war auch nur von einem Tage zum an-
deren seiner Existenz sicher. Innere Freiheit und äussere
Selbständigkeit der Einzelgemeinden war das Programm, eine
permanente Folge von Revolutionen, und zwar in der furcht-
barsten Gestalt eines erbarmungslosen Glassenkampfs, ein un-
unterbrochener Krieg jeder Gemeinde gegen jede andere und
innerhalb einer jeden der Vernichtungskampf der Parteien
gegen einander war das Ergebniss der Abschüttelung des
spartanischen Jochs. In diesen Kämpfen ist nicht nur der
durch Sparta zu einer geschlossenen Macht zusammenge-
fügte Peloponnes zu Grunde gegangen, sondern überhaupt
eine jede griechische Macht. Es ist die traurige Pflicht des
Historikers, die Entwickelung der griechischen Geschichte auch
durch diese hoffnungslosen Zeiten zu verfolgen, wo nirgends
eine Aussicht auf eine bessere Zukunft hervorleuchtet und
überdies die Darstellung kaum noch einen Faden findet, der
durch den wüsten Kampf aller gegen alle hindurchführt.
Von den furchtbaren Zuständen im Peloponnes gibt Isokrates Archid.
64 ff. ein anschauliches Bild ; vgl. die Schilderungen der Friedensrede
und des Philippos.
948. Der Hauptheerd der revolutionären Erhebung war
Argos. Hier hatten die verbannten Feinde Spartas und der
Oligarchie aus allen Theilen des Peloponnes Zuflucht gefunden;
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420 IV. 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
jetzt zogen sie hinaus, die Heimath wieder zu gewinnen. In
Phigalia, der Bergstadt im Südwesten Arkadiens, gelang es dem
Demos, sich der Stadt zu bemächtigen ; die gestürzten Aristo-
kraten kamen zwar noch einmal zurück und hieben auf die
beim Dionysosfest im Theater versammelte Menge ein, aber
schliesslich mussten sie nach Sparta flüchten. In Korinth da-
gegen behauptete sich die herrschende Partei, wehrte den Ueber-
fall der Unionisten, die vor dem Königsfrieden die Herrschaft ge-
führt hatten, ab, und machte ihre Anhänger in der Stadt un-
schädlich. Ebenso schlugen Sikyon und Phlius die Angriffe
ab, wie umgekehrt in Megara die herrschende Demokratie einen
Angriff der Oligarchen niederwarf. In Argos selbst erwachte
aufs neue die Hoffnung, eine führende Stellung gewinnen
zu können; die Vorbereitung dazu war eine Revolution von
einer Brutalität, wie sie selbst in der griechischen Geschichte
kaum ihres Gleichen hat. Die Demagogen hetzten gegen die
Reichen; unter diesen bildete sich ein Gomplott, und als das-
selbe entdeckt wurde, wurden nicht nur alle Verdächtigen
summarisch zum Tode verurtheilt, sondern der Pöbel erhob
sich in Masse, fiel mit Knütteln über die Reichen her, und
erschlug ihrer weit über 1000. Schliesslich, um vollständig
reinen Tisch zu machen, wurden auch die Demagogen, die
vor diesem Ergebniss ihres Treibens doch zurückgeschreckt
waren, sammt und sonders umgebracht (370 v. Chr.).
Die Bewegungen im Peloponnes hat Diodor XV, 40 (vgl 45, 1)
fälschlich schon an den Frieden von 374 angeschlossen (§. 936 A.). Skyta-
lismos in Argos: Diod. XV, 58. Isokr. 5, 52. Plut. praer. reip. ger. 17, 9.
049. Sparta hat bei diesen Bewegungen nichts thun
können. Dagegen hatte Athen bereits den Versuch gemacht,
aus der Lage zu profitiren und in die durch Spartas Nieder-
lage vacant gewordene Stellung der führenden Macht einzu-
rücken. Auf seine Einladung kamen, wahrscheinlich noch
371, Gesandte aus allen peloponnesischen Staaten nach Athen
und schlössen einen Vertrag, der den Königsfrieden aufs neue
anerkannte. Alle Theilnehmer verpflichteten sich zur Hülfs-
Revolution in Argos. Athens hellenischer Bund. Mantinea. 421
leistung gegen jeden Angreifer. Nur die Elier lehnten die Be-
theiligung ab, da sie den alten Umfang ihres Staates, vor der
Befreiung ihrer Unterthanen durch Sparta, wieder herstellen
wollten ; alle anderen Städte leisteten den Eid, darunter wahr-
scheinlich auch Sparta, dem ein derartiges Defensivbündniss,
durch das es keine Ansprüche aufgab, die es nicht schon im
Frieden von Sparta hatte fallen lassen, immerhin einen Rück-
halt gewähren konnte. Das schien ein grosser Erfolg Athens,
die Ausdehnung des Bundes von 377 auch auf das Festland.
Aber in Wirklichheit bedeutete es garnichts; der lediglich
negative Grundcharakter dieses Bundes trat jedesmal deutlich
hervor, sobald Athen den Versuch machte, mit seiner Hülfe
etwas Positives zu schaffen. So hat denn seine Erweiterung
überhaupt keine Bedeutung gewonnen. Die Autonomieklausel
beschworen fast alle Staaten sehr gern, so oft man wollte;
dadurch waren sie zu nichts verpflichtet, und wie sie sie aus-
legten, war allein ihre Sache. — Wie wenig Athen wirklich
die Leitung Griechenlands in Händen hielt, zeigte sich, sobald
in Arkadien eine weitergreifende Bewegung eintrat. Natür-
lich gingen die Dörfer von Mantinea, sobald es möglich war
— bei Archidamos' Zug zum Isthmos hatten sie noch Heeres-
folge geleistet — , daran, sich wieder zu vereinigen und die
Stadt neu aufzubauen, ohne Zweifel unter Leitung des Ly-
komedes, der in den nächsten Jahren die Politik Mantineas
geleitet hat. Agesilaos versuchte vergeblich, Spartas Autorität
wenigstens der Form nach zu wahren; er stellte ihnen die
Einwilligung und Unterstützung Spartas in Aussicht, wenn
sie warten wollten. Aber er wurde mit Hohn abgewiesen.
Dafür gaben die Elier, die alten Verbündeten Mantineas, Geld
zum Mauerbau, und auch andere Arkader wirkten mit. Die
neue Stadt erhielt eine demokratische Verfassung. Ihr Erfolg
gab den Demokraten in Tegea Muth; ihre Führer, Proxenos
und Kallibios, gingen auf die Anregung Mantineas ein, zu-
gleich ganz Arkadien zu einem festen Bundesstaat mit ein-
heitlicher Politik nach dem Muster der Ghalkidier und Boeo-
tiens zu einigen. Darüber kam es, im Sommer 370, zum
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422 Iv» 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
Aufstand. Proxenos wurde mit einigen anderen erschlagen;
aber Kallibios und sein Anhang flüchteten nach Mantinea,
und Stasippos, das Haupt der siegreichen Partei, unterliess
jede Verfolgung, um das Blutvergiessen nach Möglichkeit zu
beschranken. So konnten die Demokraten mit Hülfe der Man-
tineer in die Stadt eindringen; die Gefangenen wurden hin-
gerichtet, darunter Stasippos; 800 seiner Anhänger flohen
nach Sparta. Da konnte Sparta nicht länger ruhig zusehen;
Tegea war ein Jahrhundert lang, seit etwa 460 (§. 325), der
treueste seiner Bundesgenossen gewesen. Agesilaos selbst
übernahm trotz seines Leidens das Commando und rückte,
obwohl der Winter schon herangekommen war, in Arka-
dien ein.
Das Vorgehen Athens kennen wir nur aus Xen. VI, 5, 1 f. ; vgl.
Swoboda, Der hellen. Bund von 871, Rh. Mus. 49, der ihn mit Recht
als eine Erweiterung des Seebundes fasst. Xenopbon betrachtet als sein
Ziel die weitere Demüthigung Spartas; trotzdem scheint mir gegen Swo-
boda u. a. die Ansicht Busolt's (zweiter athenischer Rund S. 794) richtig,
dass auch Sparta dem Bunde beitrat; denn nach Xen. rufen die Athener
tas TtoXet; oaat (Jo-iXotvTO vr^ slp-fjvrjc |i8«£6iv, und diese leisten rcdtvt*;
izlrp 'HXeUdv den Eid. Auch erklärt sich so (trotz Stern, Swoboda u. a.)
VI, 5. 36. 37 am leichtesten. — Die Vorgänge in Arkadien Xen. VI,
5, 3 IT. Diod. XV, 59, der an dieser Stelle Lykomede*. wohl nur durch
flüchtiges Excerpiren, zu einem Tegeaten macht; 62, 2 nennt er ihn
richtig Mantineer. Xenophon nennt ihn erst VII, 1, 23 (vgl. 4. 2 f):
dass er ihn an diesen Stellen gehässig behandle, wie meist behauptet
wird, kann ich nicht finden; im Gegentheil, seine Tendenzen sind ihm,
nachdem es einmal mit Sparlas Herrschaft vorbei war, relativ sym-
pathisch. — Ueber die Topographie des neuen Mantinea vgl. BCH. XIV.
950. Durch diese Vorgänge wurde der Peloponnes in
zwei Theile zerrissen. Die Isthmosstaaten hielten treu zu
Sparta, Korinth, Sikyon, Phlius, Pellene in Achaia, ferner die
Küslenstädtc von Argolis, Epidauros, Troezen, Hermione, Ha-
licis, von den Arkadern Orchomenos, das mit seinem Nachbar
Mantinea verfeindet war, und Heraea an der elischen Grenze,
endlich die Triphylier von Lepreon, die sich von Elis bedroht
sahen — bereits hatte dies die Mehrzahl seiner alten Unter-
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Demokratische Einheitsbewegung in Arkadien. Intervention Thebens. 423
thanen wieder unterworfen und in den Staatsverband auf-
genommen und deshalb die Zahl der Phylen auf 12 ver-
mehrt. Auf Seiten Mantineas und Tegeas, die jetzt, das
einzige Mal in ihrer Geschichte, freiwillig zusammengingen,
stand das Gros der Arkader, die sich nunmehr wirklich zu
einem Staate zusammenschlössen. Die Führung fiel Mantinea
zu, das den Demos von Tegea beschützt hatte; Lykomedes
wurde der erste Strateg des Bundes. Mit Argos und Elis
waren sie verbündet; ausserdem forderten sie auf Grund des
Vertrages vom vorigen Jahre Hülfe von Athen. Aber dies
weigerte sich. Es hatte den Peloponnes sich dienstbar machen
wollen, verspürte aber nicht die mindeste Neigung, einen ar-
kadischen Einheitsstaat aufrichten zu helfen, der ihm ebenso
gefährlich werden musste wie Boeotien; sein Interesse gebot
jetzt weit eher, Sparta nicht völlig erliegen zu lassen. So
wandten sich die Verbündeten nach Theben, und hier sagte
man ihnen gern Unterstützung zu; der boeotische Staat
nahm dafür eine Anleihe von 10 Talenten beim Tempelschatz
von Olympia auf. — Inzwischen hatten die Feindseligkeiten
begonnen. Lykomedes hatte Orchomenos nicht nehmen können,
aber ein von Korinth geworbenes Söldnercorps geschlagen.
Gleichzeitig war Agesilaos von Süden her vorgerückt. Aber
auch er wagte keinen Kampf, sondern beschränkte sich, vor
den Mauern von Tegea und Mantinea zu demonstriren , um
zu beweisen, dass Sparta sich trotz der Niederlage immer noch
im Felde zeigen könne. Schliesslich, nachdem er die Reste
des geschlagenen Söldnercorps an sich gezogen hatte, kehrte
er nach Sparta zurück. — Jetzt kam, etwa Ende December 370,
das boeotische Heer heran, geführt von Epaminondas und
Pelopidas, begleitet von den Gontingenten Thessaliens und
aller mittelgriechischen Bündner. Die Arkader, Elier, Argiver
strömten in Masse hinzu. In Arkadien freilich, das zu ver-
theidigen ihr Auftrag lautete, gab es nichts mehr zu thun,
und ein Winterfeldzug widersprach allem Herkommen; aber
die Verbündeten forderten, man solle diese Macht benutzen,
um den spartanischen Staat vollends zu vernichten, und Epa-
424 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
minondas erklärte sich dazu bereit. In vier Colon nen brach
die Armee in das Eurotasthai ein ; der kleine Grenzposten bei
Oion in der Skiritis unter Ischolaos wurde von den Arkadern
nach harter Gegenwehr überwältigt. Bei Sellasia vereinigte
sich das Heer und rückte auf dem linken Eurotasufer gegen
Sparta selbst vor. Die Perioekenstädte fielen ab, die Heloten
erhoben sich; Sparta schien der Vernichtung Preis gegeben.
In der Sladt selbst gährte es; die unzufriedenen Elemente,
auf die Kinadon sich gestützt hatte, vor allem die ver-
armten und ihrer Rechte beraubten Bürger, planten eine Er-
hebung und gewaltsamen Umsturz. Die zuverlässigen Mann-
schaften waren eine geringe Minderzahl; dass, als man die
Heloten unter dem Versprechen der Freiheit zu den Waffen
rief, über 0000 sich meldeten, schien eher eine neue Gefahr
als eine Hülfe. Perioeken und Knechte desertirten in Masse;
die Weiber, die nie den Rauch eines feindlichen Lagers ge-
sehen hatten, bewährten ihren Ruf sehr schlecht und erfüllten
alles mit Geschrei und Verwirrung. Es ist das Verdienst des
Agesilaos, dass trotzdem die Verteidigung gelang. In der
Stadt hielt er mit eiserner Strenge die Disciplin aufrecht,
unterdrückte die Complotte und Hess die Rädelsführer sofort
hinrichten; von den Feinden aber Hess er sich durch keine
Provocation und keine Hohnrede zur Schlacht verlocken. Die
Vororte wurden geplündert und niedergebrannt; im Angesicht der
Feinde den Eurotas zu überschreiten und von hier aus den Sturm
auf die offene Stadt zu versuchen, wagte Epaminondas doch nicht.
Erst eine halbe Meile weiter südlich, bei Amyklae, ging er
über den Fluss, um auch hier alles zu verheeren. Dabei er-
litten am dritten oder vierten Tage seine Streifschaaren eine
Schlappe, die den Muth der Vertheidiger hob. Dazu war die
Masse der Invasionsarmee wenig diseiplinirt und dachte nur
ans Plündern; und jetzt erhielt Sparta auch Zuzug von seinen
Bundesgenossen im Norden, die zur See nach Prasiae ge-
zogen waren und von hier aus den Parnon überschritten
hatten. So fühlte sich Epaminondas der Entscheidung in
einem Verzweiflungskampf nicht mehr sicher. Er wandte sich
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Epaminondas* erster Zug gegen Sparta. 425
zur Verheerung des Südens Lakoniens; dann führte er seine
Truppen nach Arkadien zurück.
Xenophons Manier, unangenehme Thalsachen zu verschweigen oder
höchstens auzudeuten , macht seine Darstellung dieser Zeit wie die der
Schlacht bei Leuktra ganz ungeniessbar; was er gibt, erweist sich als
zuverlässig, aber das Wichtigste erfährt man höchstens ganz nebenbei auf
Umwegen. So muss man sich den Bestand der beiderseitigen Bundesgenossen
erst möhsam zusammenlesen. Einen zusammenhängenden Bericht, der im
wesentlichen zuverlässig ist und Xenophon (VI, 5, 10-32 und dazu VII,
2, 2 f.) mehrfach ergänzt, gibt Diodor XV, 62 fT. (unter 369/8; dass die
Ereignisse in Wirklichkeit in den Winter 370/69 fallen , ist zweifellos).
Pausan. IX, U, 4 (Plntarch) ist in der Weise der Biographie ausge-
schmückt, ebenso Plul. Pelop. 24. — Hülfsgesuch der Arkader in Athen :
Deraosth. 16, 12. 19. Diod. XV, 62, 3; in Theben: Xen. VI, 5, 19. De-
mosth. und Diod. 1. c. — Vordringen der Elier: Xen. VII, 4, 14, vgl. VI,
5, 2. Bekanntlich wurde auch Skillus besetzt, das Xenophon verlassen
musste; er ging nach Korinth (Diog. L. IT, 54; falsch Pausan. V, 6, 6).
Zwölf Phylen: Pausan. V, 9, 5. — Für die Verteidigung Spartas gibt
Plutarch Ages. 31 ff. reiches Detail, das zum Theil bei Polyaen II, 1, 14.
15. 27 (= Frontin I, 10, 3). 29. Nepos Ages. 6. Aelian v. h. XIV, 27
= Val. Max. VII, 2 ext. 15 wiederkehrt. Vgl. auch Xen. Ages. 2, 24 f.
Bei Diodor ist die Verteidigung übertreibend ausgemalt. Das schlechte
Verhalten der Frauen auch Arist. pol. II, 6, 7 (xp^otp-oi jiiv y«p ooSiv
TjSGtv, oisjcep ev itspotcc rcoXsstv, d-opußov 21 napstyov TtXetuj tu»v itoXtfittuv).
Die Zahl der Invasionsarmee wird hei Diod. XV, 62, 5 auf 50.000, XV,
81, 2 und bei Plutarch gar auf 70,000 angegeben. — Theopomp, aus dem
auch eine rhetorische Wendung bei Plutarch aufgenommen ist (Ages. 31)r
erklärte Epaminondas' Abzug durch Bestechung (Plut. Ages. 32 f.). Nach
Polyaen II, 3, 5 hätte Ep. Sparta als Gegengewicht gegen die übrigen
Peloponnesier verschonen wollen ; das wäre ganz rationell gewesen, wird
aber durch sein Verhalten im J. 362 widerlegt. — Siegesdenkmal der
Arkader in Delphi: Pomtow, MAI. XIV, 16 AT. (Pausan. X, 9, 5 mit fal-
scher Datirung).
951. Wenn indessen Epaminondas das letzte Ziel nicht
erreichen konnte oder wollte, so ist sein Zug darum nicht
weniger ergebnissreich gewesen. Die Schlacht bei Leuktra
hat die spartanische Herrschaft zersprengt, die Invasion La-
koniens den spartanischen Staat. Die perioekischen Grenz-
gebiete im Norden, die Skiritis mit Karyai, die Aigytis mit
Malea und Leuktron, ja selbst Sellasia und das ihm nenach-
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426 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
barte Pellene, das Lykomedes im J. 369 eroberte, wurden von
den Arkadern behauptet; auch im Süden hatten sich mehrere
Perioekenorte empört. Vor allem aber erhoben sich die Heloten
in der messenischen Ebene, wie ein Jahrhundert zuvor nach
dem Erdbeben von 464. Epaminondas hat aus den frei-
gewordenen Bauern und Handwerkern einen Staat geschaffen.
Er rückte in Messenien ein und gründete am Abhang des
Ithome, der alten Hochburg des Landes, eine feste, durch
Mauern geschützte Stadt, die den Namen der Landschaft er-
hielt. Alle flüchtigen Heloten wurden aufgenommen, und in
alle Welt erging der Aufruf an die Nachkommen der alten
Messenier, in die befreite Heimath zurückzukehren. Die peri-
oekischen Küstenorte blieben hier meist noch Sparta treu; die
grosse fruchtbare Ebene westlich vom Taygetos dagegen war den
Spartanern fortan unwiderbringlich verloren, und damit etwa
die Hälfte und zwar der beste Theil des Gebiets, von dessen
Ertrage die Bürgerschaft bisher gelebt hatte. — Gleichzeitig
wirkte Epaminondas für die Festigung des neuen arkadischen
Einheitsstaats (§. 953); dann trat er, etwa im Februar 369,
den Rückmarsch an. Während dessen hatten die Spartaner,
unterstützt von Korinth und den übrigen Bundesgenossen, ein
dringendes Hülfsgesuch an Athen gerichtet, während die The-
baner Gegenvorstellungen erhoben. In der Volksversammlung
kam es zu sehr erregten Debatten; schliesslich setzte Kalli-
stratos seine Ansicht durch, dass Theben jetzt der eigentliche
Feind Athens sei und dies Sparta unterstützen müsse. Moti-
virt wurde die Hülfssendung mit der Verpflichtung, gegen jeden
Friedensstörer einzuschreiten. An der Spitze des Gesamml-
aufgebots der Bürgerschaft rückte Iphikrates in Arkadien ein.
Das mag den Rückmarsch des Epaminondas beschleunigt
haben, wenn auch der Hauptgrund war, dass er den ihm
gestelllen Termin längst überschritten hatte, und dass jetzt
auch das peloponnesische Heer sich mehr und mehr verlief.
Indessen Iphikrates halte nicht den Wunsch, und vielleicht
auch nicht den Auftrag, es zu einem ernsthaften Kampf kom-
men zu lassen; er kehrte um und sperrte zwar die Isthmos-
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Befreiung Messeniens. Allianz zwischen Sparta und Athen. 427
passe, Hess aber einen Küstenweg frei, so dass die Thebaner
ungehindert nach Boeotien zurückkehren konnten. Offenbar
war seine und wohl auch Kallistratos* Absicht von Anfang an
lediglich auf eine Demonstration, nicht auf einen Kampf ge-
richtet gewesen. Die beabsichtigte Wirkung wurde erreicht:
Sparta und seine Bundesgenossen schickten eine zweite Ge-
sandtschaft nach Athen, die den Abschluss eines formellen
Bündnisses auf der Grundlage völliger Gleichheit beantragte;
Sparta solle zu Lande, Athen zur See das Obercommando
haben. Das war das Höchste, was Athen noch vor wenigen
Jahren zu erreichen hatte hoffen dürfen; aber unter den
jetzigen Umständen genügte es seinen Ansprüchen nicht mehr.
Die Athener forderten ein alle fünf Tage wechselndes Ober-
commando ; und Spartas Lage war so bedrängt, dass es auch
darein willigte. Damit war Athen aus seiner vermittelnden
Haltung endgültig herausgetreten.
Verlust der spartanischen Grenzgebiete: Xen. VII, 1, 28. 4, 12. 21.
vgl. VI, 5, 25. 32. Diod. XV, 67, 2. Gründung Messeniens: Diod. XV.
66. Pausan. IX, 14, 6. IV, 26. 27 (im J. 370/69). Plut. Pelop. 24. Ages.
34. Bei Pausa nias wird die Mitwirkung des argivischen Feldberrn Epi-
teles hervorgehoben. Xenophon hat die Gründung verschwiegen (obwohl
die Stadt von VII, 1, 27 an erscheint); sie verbirgt sich VII, 2, 2 unter
der Wendung airootavTcuv p£v ko/»X<üv Ktp:oixa>v , ctrcosT'ivxcov U navtoiv
«cäv tlXtuTcuv. Die Bewohner nicht die ächten Messenier, sondern «ö;
ElXcota; ojxöpoo; 4jp.:v xatouu'Coustv Isokr. Archid. 28, vgl. 8. 87; als oi
T»x6vtts av^pto^o: von Lycurg. c. Leoer. 62 bezeichnet. Umfang Mes-
seniens: Asine (Xen. VII, 1, 25) und Mothone bleiben bis auf Philipp
spartanisch, ebenso die ganze Sudküste, s. Skylax 46 (vgl. Pausan. IV,
27, 8); Kyparissia und Sphakteria werden im J. 365 erobert (Diod. XV.
77, 4) und daher bei Skylax 45 zu Messenien gerechnet. — Dauer des
Feldzugs des Ep. 85 Tage Diod. XV, 67, 1 (4 Monate Plut. Pelop. 25:
6 Monate App. Syr. 41); auch nach Xen. VI, 5, 50 erfolgt die Rück-
kehr noch im Winter. — Sparta und Athen: Xen. VI, 5. 83— VII. 1,
14. Diod. XV, 63. 1 f. 65, 6. 67. 1. Kallisth. fr. 12. ote A*xri«:2uv:o!>;
6}jucc £ou>Crcs KsioiHvTgc uro KaXX'.st&dtoo [Demosth.J 59, 20. [The-
banische Gesandle in Athen Xen. VI, 5, 40.] Ferner mit den üblichen
Uebertreibungen Isokr. 5, 44 und oft bei den Hednern. Iphikrates' Ver-
halten auch Polyaen III, 9, 28; falsch Nepos Iphicr. 2, 5 und Pausan.
IX, 14, 7.
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428 IV. 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
952. In einem kurzen, allen bisherigen Gepflogenheiten
griechischer Kriegsführung widersprechenden Winterfeldzuge
von 21/* Monaten hatte Epaminondas mehr erreicht als
andere in langjährigen Kriegen. Namentlich die Befreiung
von Messene machte Sensation in ganz Hellas; war doch
seit langem die Knechtschaft, in der Sparta einen ganzen
griechischen Volksstamm hielt, als ein Widerspruch gegen die
Theorie anerkannt worden, dass alle Hellenen zur Freiheit
und politischen Selbständigkeit geboren seien, wenn sie auch
in der Stellung der Penesten Thessaliens und der Leibeigenen
Kretas ihre Analogie hatte. Der neu geschaffene Staat
bildete ein festes Bollwerk gegen die Wiederkehr der spar-
tanischen Herrschaft. Freilich hatte der Feldzug zugleich ge-
zeigt, dass Sparta noch keineswegs vernichtet war. Der
energische Widerstand unter Agesilaos gab dem Staate neue
Kraft. Nach dem Verlust zahlreicher Perioekengemeinden,
die in den letzten Jahrzehnten einen so wesentlichen Theil
des Heeres gestellt hatten — am empfindlichsten war auch
in dieser Beziehung der Verlust der Skiritis — , musste das
Heer neu organisirt werden; es wird fortan in 12 Lochen
anstatt der 6 Moren getheilt. Die freigelassenen Heloten und
die verjagten Parteigänger aus Theben, Argos, Arkadien ver-
stärkten die Truppenzahl. Die Isthmosstaaten, die anderenfalls
zwischen Boeotien, Arkadien und Argos verloren waren, hielten
standhaft auf seiner Seite aus; namentlich in Phlius wehrte
sich die von Sparta 379 eingesetzte Aristokratie heldenmüthig
und erfolgreich gegen alle Versuche der Argiver und Arkader,
mit Hülfe der Verbannten und ihrer Anhänger die Stadt in
offenem Kampf oder durch Ueberfall und Verrath zu nehmen.
Jetzt hatte Sparta auch von Athen die Zusage energischer
Unterstützung erhalten; und zugleich stellten die alten Ver-
bündeten, Persien und Syrakus, diplomatische und militärische
Hülfe in Aussicht. So brauchte Sparta noch nicht zu ver-
zweifeln. Bald nach der Heimkehr des Epaminondas besetzte
ein starkes Heer sämmtlicher Verbündeten, insgesammt gegen
20,000 Mann, die Isthmoslinie. Chabrias, der jetzt die Athener
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Sparta und seine Verbündeten. Kämpfe am Isthmos. 429
führte, verwendete sein forlificatorisches Talent, durch das
er neun Jahre zuvor den Widerstand der Thebaner gegen
Agesilaos ermöglicht hatte, diesmal gegen die früheren Kampf-
genossen; binnen kurzem war der Isthmos von Kenchreae
bis Lechaion durch Pallisaden und Gräben gesperrt. Epami-
nondas, der zu Anfang des Sommers 369 einen zweiten Heer-
zug in den Peloponnes unternahm, konnte mit seiner weit
schwächeren Macht (7000 Mann, 600 Reiter) die Linie nicht
stürmen. Doch gelang es ihm, im Morgengrauen die spartani-
schen und pellen aeischen Posten zu überrumpeln ; und zu einer
Schlacht gegen den Sieger von Leuktra hatten die Spartaner
den Muth noch nicht wieder gefunden. So konnte das boeo-
tische Heer sich mit den Peloponnesiern vereinigen. Sikyon
und Pellene in Achaia wurden genommen und erhielten eine
thebanische Garnison; Phlius, Epidauros, Troezen dagegen
wehrten alle Angriffe ab, und durch die Korinther und
Athener unter Ghabrias erlitten die Feinde eine empfindliche
Schlappe. Kurz darauf trafen 20 Schiffe von Dionys ein, mit
keltischen und iberischen Truppen und 50 Reitern ; und diese
Schaaren, die vor dem neu erworbenen Kriegsruhm Thebens
gar keinen Respect hatten, setzten den Boeotern und ihren
Bundesgenossen arg zu. So erfolgreich Epaminondas' erster
Zug in den Peloponnes gewesen war, so arm an Ergebnissen
war der zweite ; ohne einen den Anstrengungen entsprechenden
Gewinn musste er im Herbst 369 in die Heimath zurück-
kehren.
Die Mitwirkung der tpu-faSe? im spart. Heer wird bei Diod. XV, 62,
1. 65, 6 mit Recht hervorgehoben; die neu ausgehobenen Heloten gibt
Diodor auf 1000, Xenophon VI, 5, 29 auf über 6000 an. 12 U/o> Xen.
VII, 4, 20. 5, 10. — Euthyktes von Sparta beim Perserkönig Xen. Vit. 1. 33.
— Feldzug von 369: Xen. VII, 1, 15-22. 25. 2, 5-9. Diod. XV, 68-70:
übertreibend Pausan. IX, 15, 4. Den Angriff auf Sikyon und Pellene er-
wähnt Xen. VII, 1, 18; dass sie genommen sind, verschweigt er in üblicher
Weise; es ergibt sich aber aus VII, 1, 22. 44. 2, 1 f. 11 ff. Die Einnahme von
Sikyon auch Diod. XV, 69, 1 [der daneben fälschlich Phlius nennl], vgl.
Pausan. IX, 15. 4. — Nach Diod. XV, 68, 2 stand auch Megara auf Seiten
Spartas und Athens; vgl. dagegen Isokr. 8, 118. Xenophon nennt es nie;
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430 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
vermuthlich blieb es neutral, gestattete aber beiden Theilen den Durch-
marsch. Dazu stimmt Isokr. 5, 53: Oirjßaloi . . . Ms^apeuotv opSpotc oustv
•rjKBiXoov; war es feindlich, so hätten sie es aunectirt. — Die Chronologie
hat bereits Sievers, Gesch. Griechenlands 395 ff. sicher festgestellt. Ent-
scheidend ist, dass Dionys I. zweimal ein Hülfsrorps gesandt hat, also,
da er im Frühjahr 367 starb, in den Jahren 369 und 368. Mithin fällt
Epaminondas* zweiter Zug in den Sommer 369. Er ist gleichzeitig (Plut.
Pelop. 26) mit Pelopidas' erstem Zug nach Thessalien und Makedonien;
und auch für diesen steht als Datum 309 fest, s. §. 955 f. Dazu stimmt
weiter das urkundliche Dalum Ober Dionys* Bemühungen für den Frieden
§. 958 A.
953. In diesen Kämpfen ist der arkadische Bundesstaat
zu voller Ausbildung gelangt. Orchomenos und wer sonst
etwa noch fern geblieben war, hatte sich anschliessen müssen ;
ebenso das triphylische Küstenland, jetzt in Lepreon städtisch
geeinigt, das gegen Elis Schutz brauchte, und der Grenzort
Lasion am Fuss des Erymanthos. Die entscheidenden Be-
schlüsse fasste die Volksversammlung der Zehntausend«
(pptot), an der alle Angehörigen einer jeden arkadischen Ge-
meinde Theil nehmen konnten; sie bestellte die Strategen und
den Bundesausschuss (oa\Lio^oi)f neben denen auch ein Rath
nicht gefehlt haben kann. Alljährlich wurde eine ständige
Truppe von 5000 Mann (kn&pixoi) ausgehoben — offenbar
stellten die arkadischen Kriegsknechte, die bisher in der Fremde
hatten Dienste nehmen müssen, dazu das Haupteontingent.
Die Truppe wurde aus der durch Beiträge der einzelnen Ge-
meinden gebildeten Bundescasse besoldet; die localen Prä-
gungen wurden durch eine arkadische Bundesmünze ersetzt.
So bildete das ganze von den Söhnen des Arkas bewohnte
Land eine Einheit so gut wie Boeotien. Nur trat in dem
neuen Staat der föderative Charakter stärker hervor, weil
eine wie Theben alle anderen Gemeinden überragende Stadt
fehlte und die zugehörigen Städte zum Theil sehr volkreich
und selbständig waren. Sie behielten, anders als in Boeotien,
die Leitung ihrer inneren Angelegenheiten, vermuthlich etwa
in derselben Weise wie in der Schweiz und den ameri-
kanischen Bundesstaaten; bei Besetzung der Bundescollegien
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Der arkadische Bundesstaat. Megalopolis. 431
wurden sie im Verhältniss zu ihrer Bedeutung berücksichtigt.
Die Verfassung war natürlich überall demokratisch; die aristo-
kratischen Spartanerfreunde waren erschlagen oder verjagt.
Die Oberleitung des Bundes lag zunächst in den Händen
Mantineas und seines Staatsmanns Lykomedes, des Begründers
der Einigung. Auf ihn geht auch die wichtigste Massregel
zu ihrer Gonsolidirung zurück. Die Grenzdistricte Arkadiens
im Osten, Norden und Westen mit Ausnahme von Ky-
nuria waren überall städtisch organisirt, die Städte Tegea,
Mantinea, Orchomenos, Kaphyai, Alea, Stymphalos, Pheneos,
Kleitor, Kynaitha, Psophis, Thelpusa, Heraea, Phigalia durch
Synoikismos an Stelle der alten Dörfer getreten ; im Gentrum
und im Süden dagegen bestanden noch die ursprünglichen
Gauverbände mit zahlreichen Dörfern und halbslädtischen Ort-
schaften, wie in Aetolien und halbwegs bei den Phokern und
den ozolischen Lokrern. Jetzt wurde der Beschluss gefasst,
alle diese Gaue, Mainalien, Eutresia, Parrhasia, Kynuria, Tri-
polis, zu einer einzigen Stadt zu verbinden; auch die den
Spartanern abgenommenen Grenzdistricte Aigylis und Skiritis
(§. 951) wurden hinzugeschlagen, ferner musste Orchomenos
drei Ortschaften seines Gebiets abtreten. So entstand ein
Stadtgebiet, das an Umfang mindestens ein Drittel Arkadiens
umfasste. Eine Gommission von zehn Männern, mit Lyko-
medes an der Spitze, wurde eingesetzt, um die neue »Gross-
stadt« Megalopolis anzulegen; vertreten waren die drei wich-
tigsten Städte Mantinea, Tegea und Kleitor und die beiden
Gaue Mainalia und Parrhasia durch je zwei Deputirte. Als
Stätte der neuen Gründung wählte man einen Platz am He-
lisson in der Hochebene, welche vom oberen Eurotas zum
Alpheosgebiet hinüberführt; dadurch wurde das Gentrum und
der Westen Arkadiens gegen einen Angriff von Sparta . ge-
deckt und zugleich das spartanische Gebiet ständig bedroht.
Epaminondas sandte ein Hülfscorps von 1000 Mann unter
Pammenes zum Schutz der Arbeiten, bis das neue Gemein-
wesen sich selbst vertheidigen könne; dadurch hat er seinen
Namen ebenso mit der Gründung von Megalopolis wie mit
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432 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
der von Messene verknöpft. Der Bedeutung der neuen Stadt
entsprechend erhielt sie einen Umfang von 5-4 Meilen. Wie
bei jedem Synoikismos verloren alle kleineren Ortschaften
des ihm zugewiesenen Gebiets, nicht weniger als 39 Ge-
meinden, ihre politische Selbständigkeit, und wenigstens die
wohlhabenden Einwohner sollten sämmtlich in die neue Stadt
übersiedeln; wo sie, nachdem der erste Enthusiasmus verrauscht
war, sich sträubten, wurde Zwang geübt. Völlig ist das ur-
sprüngliche Programm allerdings niemals durchgeführt worden ;
so erscheinen die Orte Asea und Pallantion in Mainalien im
J. 362 als selbständige, mit Megalopolis verbündele Gemeinden.
Die neue Stadt war zugleich zum Centrum des arkadischen
Bundesstaats bestimmt, dessen Gedanken sie verkörperte; in
ihrer Mitte wurde eine überdeckte Halle von gewaltigen Dimen-
sionen erbaut, nach dem Stifter Thersileion benannt — sie
ist vor wenigen Jahren wieder aufgedeckt worden — , die den
»Zehnlausendt als Versammlungsraum dienen sollte. Die Grün-
dung von Megalopolis ist wahrscheinlich im J. 369 alsbald
nach dem Zuge gegen Sparta erfolgt; der Ausbau der Stadt
muss sich mehrere Jahre hingezogen haben.
Geschichte des arkadischen Bundes : Niese, Hermes 34, 520 ff. Nach
Plut. adv. Colot. 32, 8 hat Piatos Schüler Aristonymos bei der Einrich-
tung der Verfassung mitgewirkt; vgl. §. 988. Die |i'jptot: Xen. VIT, 1, 38. 4.
2. 33. Diod. XV, 59; Tagung in Megalopolis: Demosth. 19, 11. 198. Aeschin.
2, 79. Aristot. pol. fr. 41 bei Harpokr. jiopioi. Die enap:tot Xen. VII, 4, 22-
33 f. 5, 3. Hesych. s. v. t-apoYjxoi • "za-^im 'Apxa5».xov p.*x'.\i(uxrrzov, xal o-
itapa 'Apxcbi or4|iooio: <puXaxs$, liei Diod. XV, 62, 2. 67, 2 fctuXexToi genannt
[confus Steph. Byz. s. v.]. Strategen : Diod. I. c. Xen. VII, 3, 1. Wir be-
sitzen ein Decret der jvjptot des arkadischen Gesamratstaats , in dem
50 lay.'.opyÄ aus den zugehörigen Städten und Gauen aufgezählt sind,
Lebas II. 340a. DS. IOC; dasselbe stammt aber, wie jetzt Niese, Hermes
34, 542 ff. ausführt, wahrscheinlich erst aus der Zeit um 250- Indessen
wird der Bundesstaat von 370 ebenso organisirt gewesen sein. — Le-
preon (Triphylien): Xen. VII, 1, 26. Skylax 44; daher ist in dem Weih-
gedicht MAI. XIV, 17 Triphylos ein Sohn des Arkas; vgl. Niese, Her-
mes 34, 522, 5. Lasion: Xen. VII, 4, 12. — Ueber die Gründung von
Megalopolis haben wir bei Pausan. VIII, 27 völlig authentisches Material.
Das Thersileion Pausan. VIII, 32, 1. Bexson, J. Hell. Stud. XIII; Umfang
Polyb. IX, 21, 2, durch die Ausgrabungen bestätigt. Büry, the double
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Megalopolis. —
Spannung zwischen Theben und Arkadien. 433
Cily of Megalopolis, J. Hell. Stud. XVIII, 15 vermuthet, die Stadth&lfte
nördlich vom Helisson sei allein das neue selbständige Gemeinwesen ge-
wesen, die Südhälfle dagegen die Hauptstadt des arkadischen Gesammt-
bundes und der Sitz seiner Behörden und der &napttot. Xenophon über-
geht die Gründung, wie die von Messene, und aus demselben Grunde.
Diod. XV, 59 erzählt die Gründung des Einheitsstaats unter 370/69, die
von Megalopolis aber erst XV, 72. 4 unter 368/7 nach der »thränenlosen«
Schlacht (aoppi'|avtt( ig a&rrjv xu>jAa£ ctxost tü»v ovojxaCofjiviov MaivftXttuv
xal Happasuuv 'Apxdtoov; die vollständige Liste bei Pausanias zeigt, dass
der Synoikismös viel umfassender war); Pausan. VIII, 27, 8 setzt sie
371/0. die par. Chronik ep. 73 ins J. 370/69 oder 869/8. Niese, Hermes
34, 527 ff. hat Diodors Datum vertheidigt, wie mir scheint, mit Unrecht;
dagegen verwirft er mit Recht Pausanias' Datum und weist nach, dass der
bei ihm genannte Commissar Proxenos von Tegea mit dem bei Xen. VI,
5, 6 genannten (§. 949) nicht identisch sein kann. Die Gründung fallt
erst nach Eroberung der spartanischen Grenzdistricte. Asea und Pallan-
tion : Xen. VII, 5, 5. — Die Mitwirkung des Epaminondas (Pausan. IX,
14, 4. VIII, 27, 2) und die Entsendung des Pammenes (Pausan. VIII,
27, 2) wird durch das Epigramm auf der Statue des Epaminondas in Theben
Pausan. IX. 15, 6 bestätigt; daraus konnte die Uebertreibung, dass er
der Urheber der Wiederherstellung Mantineas und Einigung Arkadiens
sei (Plut. Pelop. 24, vgl. Dinarch 1, 73 u. a.), leicht entstehen. — Dass
die Entsendung des Pammenes erst in die Zeit fällt, in die Diodor die
Gründung von Megalopolis setzt, ist möglich; allerdings waren damals
die Beziehungen zwischen Arkadien und Theben bereits gespannt. — Vgl.
auch R. Weil, Z. f. Numism. IX, 1882, 26 ff.
954. Den Arkadern war die Unterstützung Thebens sehr
willkommen gewesen. Aber an Stelle der spartanischen die
thebanische Suprematie über den Peloponnes aufzurichten war
nicht ihre Absicht; als der wehrkräftigste und volkreichste
Stamm der Griechenwelt fühlten sie sich Manns genug, nach-
dem das Einigungswerk gelungen war, den Peloponnes, in
dem sie allein von Anbeginn an heimisch waren, selbst zu be-
herrschen. Namentlich Lykomedes begann jetzt in dieser
Richtung zu wirken ; er warnte, sich zu eng mit Theben ein-
zulassen. Der Misserfolg des letzten Feldzugs des Epaminon-
das und die Krisis, die in Folge dessen in Theben eintrat
(§. 955), begünstigten diese Wendung. Im nächsten Jahre, 368,
führten die Arkader ihre Kriege ohne thebanische Hülfe; und
Meyer, Geschichte des Alterthume. V. 28
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434 IV» 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
immer deutlicher trat ihre Absicht hervor, alle Nachbargebiete
zu annectiren. Die Elier, längst erbittert über die Besetzung
von Lepreon und Lasion, traten von der Allianz zurück; die
Argiver und Messenier dagegen, die in Sparta ihren Todfeind
sahen, hielten auf ihrer Seite aus. Mit den Argivern zu-
sammen unternahmen sie wieder einmal einen vergeblichen
Angriff auf Phlius ; in Messenien schlugen sie die Spartaner bei
Asine, konnten aber den Ort selbst nicht nehmen. Inzwischen
aber hatten die Spartaner von den Persern 2000 Söldner und
reichliches Geld erhalten (§. 958), und von Dionys kam aufs
neue ein Hülfscorps. Mit diesen Truppen und dem Bürger-
heer rückte Archidamos, Agesilaos' Sohn, zur Wiedereroberung
der entrissenen Gebiete aus. Er eroberte und zerstörte Karyai
in der Skiritis und fiel in Arkadien ein. Als aber die Arkader,
Argiver und Messenier heranrückten, und überdies Dionys' Heer-
führer erklärte, die Zeit, für die er entsandt sei, sei abgelaufen,
musste er umkehren. Die Feinde verlegten ihm den Weg.
So war er gezwungen, an der Grenze Lakoniens die Schlacht
zu wagen ; und diesmal erfocht er, theiis durch die Tapferkeit
seiner Bürger, theiis durch den wilden Ansturm der Kelten des
Dionysios, einen glänzenden Sieg. Wie in den alten Spartaner-
schlachten wagten die Feinde überhaupt nicht Stand zu halten,
sondern wandten sich sogleich zur Flucht. Auf der Verfolgung
erlitten sie schwere Verluste; von den Spartanern dagegen war
. kein Mann gefallen. Diese »thränenlose Schlacht« war der
erste Erfolg, den Sparta seit Leuktra in offenem Felde errungen
hatte; er gab die Hoffnung, dass die schlimmsten Zeiten über-
standen seien. Als die Siegeskunde nach Sparta kam, er-
zählt Xenophon, >sollen alle Spartiaten daheirn, voran Agesi-
laos und die Geronten und Ephoren, in Thränen ausge-
brochen sein«.
Lykomedes und die Arkader: Xen. VII, 1, 22 — 26, vgl. 32. Phlius:
Xen. VII, 2, 10. Asine: Xen. VII, 1, 25. Persische Hülfe: Xen. VII, 1,
27. Diod. XV, 70, 2. Die »thränenlose Schlacht« Xen. VII, 1, 28 ff. Diod.
XV, 72, 3 f. (unter 368 7). Plut. Ages. 33.
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Die thränenlose Schlacht. — Epaminondas' Politik. 435
Parteikämpfe in Theben. Intervention in Thessalien und
Makedonien.
955. Seit dem Siege von Leuktra hat Epaminondas ge-
strebt, Theben zur herrschenden Macht in Griechenland zu
erheben. Seine Individualität ist in dem Wust moralisirender
Anekdoten, die den Haupttheil unserer Ueberlieferung über
ihn bilden, nicht vollständig fassbar; dass er aus demselben
Holz geschnitten war, wie die Männer, welche vor ihm nach
demselben Siegespreis gegriffen hatten, zeigte sich, sobald er
in Theben zu einer führenden Stellung gelangte. Mochte er
durch die Reinheit seiner Gesinnung und seinen Patriotismus,
dem alle persönlichen Interessen fern lagen, als Mensch einen
Alkibiades, Lysander, Agesilaos weitaus überragen, so war doch
das Ziel das gleiche. Deshalb war für ihn die volle Nieder-
werfung Spartas die nächste Aufgabe der thebanischen Politik ;
ihr dienten die beiden Feldzüge in den Peloponnes. Aber
vom specifisch thebanischen Standpunkt aus gab es näher
liegende Aufgaben; was auch Epaminondas sagen mochte, der
eigentliche Feind war jetzt nicht mehr Sparta — denn dass
dieses je wieder die volle Herrschaft über den Peloponnes er-
langen und gar Theben noch einmal gefahrlich werden könne,
war fortan völlig ausgeschlossen — , sondern, wie man dort mit
dem Scharfblick des Hasses sofort erkannt hatte, Athen, das
mit seinen Ansprüchen auf die See und die Beherrschung
Euboeas und der thessalisch-makedonischen Küsten Boeotien
umklammerte und nicht aufkommen Hess; das nächste Object
einer erfolgreichen Expansion aber war nicht der Peloponnes
sondern Thessalien. Das hat Pelopidas erkannt, in dem sich
überhaupt das eigentliche Thebanerthum viel mehr verkörpert
hat als in Epaminondas. Während dieser im Sommer 369
zum zweiten Mal in den Peloponnes zog, ging Pelopidas nach
Thessalien (§. 956). — Zu den Gegensätzen in der äusseren
Politik kamen die der inneren. Die alte oligarchische Partei
hatte zwar noch heimliche Anhänger in der Stadt, und in den
43G IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
Landstädten war die Opposition gegen den Einheitsstaat nach
wie vor lebendig, wenn sie sich auch nicht zeigen durfte; aber ihre
Führer, soweit sie noch lebten, waren aus ganz Boeotien ver-
jagt und zu den Feinden geflüchtet. Die Thebaner hatten sie
geächtet und brachten sie um, wo immer sie in ihre Hände
fielen. Epaminandos wollte von diesem Terrorismus nichts
wissen. Die Exulanten hatten ihm zum Theil früher näher
gestanden, als die jetzt herrschenden Demagogen; er liess es
geschehen, dass die gefangenen Boeoter sich für Fremde aus-
gaben und gegen Lösegeld entlassen wurden wie die übrigen
Gefangenen. Im Gegensatz zu Epaminondas war in Theben
die radicale Demokratie friedlich gesinnt; sie wollte zunächst
das Leben geniessen und sah keinen Anlass zu den fort-
währenden neuen Kriegen mit ihren Ansprüchen an Leben
und Steuerkraft der Bürger. Ihr Führer war der Demagoge
Menekleidas, der ehemals bei der Befreiung mitgewirkt, jetzt
aber auch mit Pelopidas sich überworfen hatte: gegen ihn
spielte er Gharon (§. 924. 932) als den eigentlichen Befreier und
den ersten Sieger über die Spartaner aus. Als Epaminondas
im Herbst 369 aus dem Peloponnes zurückkehrte, ohne neue
Erfolge heimzubringen, brach der Sturm los; er wurde mit
seinen Gollegen vor Gericht gestellt, sei es, weil sie bei dem
Winterfeldzug ihre Gompetenz überschritten hätten, wie der
gewöhnliche Bericht lautet, sei es, wie Diodor erzahlt, weil
er in den Kämpfen am Isthmos seine Erfolge nicht ausge-
nutzt habe; auch dass die Arkader jetzt begannen, sich von
Theben abzuwenden , mochte ihm zur Last gelegt werden.
Die Männer zum Tode zu verurtheilen , denen Theben seine
Errettung aus tiefster Noth und seine gegenwärtige Grösse
verdankte, wagte das Gericht doch nicht; aber Epaminondas
und Pelopidas wurden vom Gommando entfernt und durch
neue Boeotarchen ersetzt. Die Folge war, dass Theben im
J. 368 an den Kämpfen im Peloponnes nicht Theil nahm
(§. 954).
Aechtung der «po-piSsc: Xen. VII, 3, 11. Pausan. IX, 15, 4. Ueber
die Oligarchen: Diod. XV, 79, 3. Menekleidas: Nepos Epam. 5. Plut.
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Epaminondas und die Opposition in Theben. Sein Process. 437
Pelop. 25; erwähnt auch Plut. praec. reip. ger. 10, 3. — üeber den Pro-
cess des Epaminondas und Pelopidas haben erst Beloch, Gr. Gesch. II,
266 und Swoboda, Rhein. Mus. 55, 460 ff. Klarheit geschafft. Beide
waren sowohl 370 wie 369 Boeotarchen (vgl. §. 952 A.), dagegen nicht im
J. 368, wo Pelopidas als Gesandter ohne Heer nach Thessalien geht
(Plut. Pel. 27) und Epaminondas W opfrjv xtva nicht Feldherr ist (Plut.
Pelop. 28), sondern «v toi« oTpaT«oo|Asvoi« (Pausan. IX, 15, 1) oder lScu>-
witov (Diod. XV, 71, 6) unter fremdem Commando ins Feld zieht. Also
fällt der Process Ende 369 nach dem zweiten Zug in den Peloponnes,
wie Diod. XV, 72 angibt, nicht nach dem Winterfeldzug von 370/69, wie
Plut. Pelop. 25. apophth. Epam. 23. Pausan. IX, 14, 7. Nepos Epam.
7 f. Appian Syr. 41. Aelian v. h. 13, 42 berichten, die auch in der
rhetorischen Ausmalung des Details im wesentlichen übereinstimmen.
Angeklagt ist Ep. nach Diodor, weil er auf dem zweiten Feldzug die
Spartaner bei Korinth geschont habe; doch da ohne Zweifel auch Pe-
lopidas verklagt ist, wird die Anklage auch den vorigen Feldzug be-
rücksichtigt haben. Zwar nicht, dass sie das Commando Ober den
Ablauf ihrer Amtszeit hinaus behalten haben , wie die Vulgata be-
hauptet, wohl aber, dass sie in Lakonien einbrachen, während ihr
Auftrag nur lautete, Arkadien zu schützen, und vielleicht auch, dass sie
den für die Dauer des Feldzugs gesetzten Termin überschritten hatten
[vgl. Xen. VII, 5, 18, wonach Ep. auch im J. 362 ein fester Termin gesetzt
war], wird man ihnen zum Vorwurf gemacht haben. Swoboda hält meines
Erachtens mit Unrecht daran fest, dass dieser Process wegen Competenz-
überschreitung im Frühjahr 369 stattgefunden habe; dann hätte Ep.
nicht sofort wieder in den Peloponnes ziehen können.
956. In Thessalien waren nach Iasons Ermordung zu-
nächst seine beiden Brüder Polydoros und Polyphron gemein-
sam zu Herzögen bestellt worden; doch starb der erstere schon
nach wenigen Tagen, wahrscheinlich von dem Bruder umge-
bracht, und dieser wurde im nächsten Jahre (369) von Poly-
doros' Sohn Alexandras erschlagen. Bereits Polyphron hatte
ein Schreckensregiment begonnen, in Pharsalos den Polydamas
(§. 933) und acht seiner vornehmsten Anhänger getödtet, und
in Larisa die Adligen verjagt. Alexander, der jetzt das Her-
zogthum erhielt und Iasons Tochter Thebe zwang, seine Ge-
mahlin zu werden, fuhr damit fort; während Iason die Par-
teien hatte versöhnen und seinen höheren Zielen dienstbar
machen wollen, trat jetzt der ursprüngliche Charakter der
Tyrannis von Pherae als einer auf die revolutionirten Massen
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438 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
sich stützenden Gewaltherrschaft wieder deutlich hervor. Der
verjagte Adel von Larisa, geführt von den Aleuaden, suchte
Hülfe in Makedonien , wo vor kurzem auf Amyntas III. sein
Sohn Alexander II. gefolgt war. Dieser war rasch zur Hand;
er besetzte Larisa und gewann auch Krannon, ohne dass der
Herrscher von Plierae etwas dagegen thun konnte. Aber der
makedonische König behielt die Städte für sich. Die Folge
war, dass der Adel aus beiden Theilen Thessaliens sich
jelzt an Theben wandte. Noch im J. 369 rückte Pelopidas
in Thessalien ein. Gegen Alexander von Pherae wagte er
keinen Kampf; er suchte zwischen ihm und seinen Unter-
thanen zu vermitteln und that nichts, als der Tyrann un-
willig die Conferenz verliess. Dagegen besetzte er Larisa ohne
Kampf; denn in Makedonien hatte sich inzwischen gegen
Alexander Ptolemaeos von Aloros erhoben, der Buhle der
Eurydike, der Mutter des Königs. Beide Parteien riefen Pelo-
pidas um Hülfe an; dieser vermittelte zu Gunsten des legitimen
Königs und schloss mit ihm einen Vertrag. — Aber dieser
Erfolg war nicht von Dauer. In Thessalien griff Alexander
von Pherae gleich nach Pelopidas' Abzug von neuem um
sich; und in Makedonien liess Ptolemaeos den König Alexander
bei einem Gastmahl ermorden (368 v. Chr.), heirathete die
Eurydike, und machte sich zum Regenten im "Namen ihrer
jüngeren, noch unmündigen Söhne Perdikkas und Philippos.
Jedoch gegen ihn erhob sich ein Verwandter des Königshauses,
Pausanias, und brach, offenbar unterstützt von den Chal-
kidiern, von Osten her mit einem starken Heer in Makedonien
ein; ein grosser Theil des Volks fiel ihm zu. Da wandten
sich Ptolemaeos und Eurydike an Iphikrates, der grade mit
einigen athenischen Schiffen an der Küste stand, um zu ver-
suchen, ob er nicht Amphipolis wieder gewinnen könne; die
Königin führte ihm ihre Knaben zu und berief sich darauf,
dass Amyntas III. den athenischen Feldherrn einmal zum Sohne
angenommen hatte (§. 935 A.). Iphikrates hat denn auch den
Pausanias zum Lande hinausgeschlagen. Aber die Hoffnung, da-
durch Makedonien für Athen zu gewinnen, erfüllte sich nicht ;
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Thessalien und Makedonien. Pelopidas' Intervention. 439
vielmehr blieb jetzt auch der Friedenspartei, die inzwischen
in Theben ans Ruder gekommen war, nichts übrig, als zu
interveniren. Ein Heer freilich entsandte sie nicht; sie hoffte
durch diplomatischen Druck auszukommen, und schickte Pelo-
pidas und Ismenias als Gesandte. Ein Söldnercorps, das diese
in dem von Alexander von Pherae abgefallenen Pharsalos sam-
melten, trat zu Ptolemaeos über; aber diesem selbst war Theben
ein willkommenerer Bundesgenosse als Athen, dessen Ansprüche
auf Amphipolis er nicht anerkennen wollte. Daher schloss er
mit Theben ein Schutz- und Trutzbündniss und gab ihm ausser
seinem Sohn Philoxenos und 50 makedonischen Adligen den
jungen Prinzen Philippos als Geisel.
Thessalien : Xen. VI, 4, 33 ff. Diod. XV, 61. Plut. Pflop. 28. 29. Poly-
phron ist offenbar der tpaf 1x05 tupavvo? 4>epaio« des Dionys Plut. Galba 1,
der nach 10 Monaten ermordet wird. — Zur makedonischen Chronologie vgl.
§. 893 A. Alexander II. in Thessalien Diod. XV, Gl. Pelopidas' erste Inter-
vention : Diod. XV, 67, 3 f. Plut. Pelop. 26. Alexanders II. Ermordung:
Justin VII, 5. Diod. XV, 71, 1. schol. Aeschin. 2, 29. Marsyas fr. 4. bei Athen.
XIV, 629 d. Demoslb. 19, 195 und die Chronographen (chron. par. 74 unter
368/7 wie Diodoi). Pausanias und Iphikrates: Aeschin. 2, 26 ff. Nepos
Iphicr. 8. Pelopidas* zweite Intervention: Diod. XV, 71, 2. Plut. Pelop.
27 mit stark enkomiastischer Färbung; vgl. Aeschin. 2, 29: IltoX»-
jiato?, 0£ enttpono? xad-sorrjxtu^ , . . . otr&p 'Ap/f trcoXe<uc &vxsKparcs
rc<5Xst xat rcpö? ö^j^aiou? Siatpfpojisvtuv 'AO-rjvattuv Gfjjijj.ay £av snoiY,oaxo
Die Behauptung aller Schriftsteller (Piut. Pelop. 26. Uiod. XV, 67, 4.
Justin VII, 5, nach dem er schon vorher von Alexander den Illyriern als
Geisel gegeben worden ist; vgl. Diod. XVI, 2, 2), Philippos sei bereits von
Alexander II. bei der ersten Intervention des Pelopidas als Geisel gegeben
worden, wird durch Aeschin es' Erzählung widerlegt.
957. Auf dem Rückweg machte Pelopidas den Versuch,
Pharsalos mit Hülfe seiner Parteigänger zu besetzen, um
sich der Familien und der Habe der abgefallenen Söldner
zu bemächtigen. Aber Alexander von Pherae rückte mit
einem Heere heran; Pelopidas und Ismenias, auf das An-
sehen Thebens vertrauend, betraten sein Lager zu neuen
Verhandlungen; indessen der Herrscher nahm beide gefangen
und besetzte Pharsalos. Jetzt war Theben gezwungen, ein
Heer nach Thessalien zu schicken, während Alexander mit
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440 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht
Athen ein Bündniss abschloss. Die neuen demokratischen
Feldherrn der Boeoter zeigten sich ihrer Aufgabe nicht ge-
wachsen. Sie hatten zwar ein starkes Heer, aber sie gerielhen
durch Alexander und die Athener unter Autokles in arge Be-
drängniss und wären schliesslich vernichtend geschlagen wor-
den, wenn ihre eigenen Truppen ihnen nicht den Gehorsam
aufgesagt und dem Epaminondas, der als Soldat mitgezogen
war, den Oberbefehl übertragen hätten. So wurde wenig-
stens das Heer gerettet In Theben erkannte man, dass man
Epaminondas nicht entbehren könne; die unfähigen Boeot-
archen wurden in eine Geldstrafe verurtheilt und Epaminondas
wieder gewählt. Im nächsten Jahre, 367, rückte er aufs neue
in Thessalien ein. Einen energischen Angriff durfte er frei-
lich nicht wagen, so lange die Gesandten in der Hand des
Tyrannen waren; aber durch geschickte Operationen gelang
es ihm, Alexander so einzuschüchtern, dass er einen Waffen-
stillstand schloss und Pelopidas und Ismenias frei gab. Auch
Pharsalos scheint er herausgegeben zu haben. Im übrigen
aber schaltete er in Thessalien ungehinderter denn zuvor;
gegen seine Gegner und die Anhänger Thebens ging er mit
Strafgerichten vor, bei denen er der Neigung zu Martern
und grausamen Executionen freien Lauf liess. In Skotussa
im pelasgischen Binnenlande rief er die Bevölkerung zu einer
Versammlung ins Theater und liess sie in?gesammt nieder-
hauen. Nicht viel anders wurde Meliboea an der magnesi-
schen Küste behandelt, und sonst jede Bewegung durch Garni-
sonen niedergehalten. Dass er eine brutale und gemeine
Natur war, unterliegt keinem Zweifel; im übrigen aber haben
bald darauf die Thebaner in Orchomenos und früher, während
des peloponnesischen Kriegs, und später gegen Sestos, die
Athener in den abgefallenen Städten nicht viel besser gehaust.
Quellen: Plut. Pelop. 27—29. Diod. XV, 71 (Gefangennahme und
erster Kriegszug unter 368/7; die Befreiung 75, 2 unter 867/6). Ferner
Nepos Pelop. 5. Pausan. IX, 15, 1 f. Vertrag Alexanders mit Athen
auch Demosth. 23, 120. Plut. Pelop. 31. apophth. Epam. 17 (vgl. CIA.
II, 59 b. DS. 108 ZI. 39 aus dem J. 361: tty Ii sr^-rjv t^v «p*< 'AXc-
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Theben gegen Alexander von Pherae. Athens Politik. 441
SavSpov xad-tXsiv too; totfuac rr^ dsoö tr,v Jiepl rv;; oojjijxaxiac). — Ale-
xanders Wüthcn (vtfl. Aelian v. Ii. 4, 40) und die Vernichtung von Sko-
tussa (Diod. XV, 75, 1 unter 367/6. Pausan. VI, 5, 2) und Meliboea ver-
setzt Plutarch Pelop. 29 fälschlich schon vor Pelopidas' Gefangennahme.
Verhandlungen und Kämpfe bis zum Frieden von 366.
958. Neben den militärischen Operationen gingen ununter-
brochen die Friedensverhandlungen einher; wurden doch alle
Kriege von allen Betheiligten nur als Defensivkriege ange-
sehen, die lediglich den Friedensstand wiederherstellen sollten,
so wie er nach ihrer Auffassung von Rechts wegen bestehen
musste. In Athen war man, wie ein von Kallistratos bean-
tragtes Belobigungsdecret für Mytilene lehrt, noch im J. 368
stolz, den Krieg für die Freiheit der Hellenen erfolgreich zu
Ende geführt zu haben. Athen betrachtete sich jetzt an Stelle
Spartas als den eigentlichen Garanten des Königsfriedens ;
alles war in schönster Ordnung, wenn nur der Vertrag, den
es alsbald nach der Schlacht bei Leuktra mit der Mehrzahl
der hellenischen Staaten beschworen hatte (§. 949), wirklich
durchgeführt wurde. Dazu gehörte nur noch, dass Theben, der
neue lästige Ruhestörer, gründlich abgethan wurde; zu dem
Zwecke hatte sich Athen im J. 369 mit Sparta, im J. 368
mit Alexander von Pherae verbündet. In offenem Kriege
lagen übrigens nach griechischen Anschauungen beide Staaten
trotzdem nicht mit einander, weder jetzt noch später, da sie
sich zwar sonst allen möglichen Abbruch thaten, aber jeder
sich hütete das Gebiet des Nachbarn zu verletzen. Die selbst-
verständliche Voraussetzung der Politik Athens war natürlich,
dass es dabei das seine erhielt ; und so kreuzte Iphikrates von
368 an Jahre lang an der thrakischen Küste (vgl. §. 956), um die
im Frieden von Sparta anerkannten Ansprüche auf Amphipolis
und die Chersones durchzusetzen, allerdings mit so schwacher
Macht, dass er nichts ausrichten konnte, zumal Makedonien
und auch die Chalkidier Amphipolis unterstützten. — Die Politik
des Kallistratos hatte zugleich eine Annäherung Athens an
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442 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
die beiden mit Sparta verbündeten Grossmächte Dionys und
Persien herbeigeführt. Beide wirkten, während sie Sparta Unter-
stützung zukommen Hessen, zugleich unablässig für den Frieden.
Auch in Theben gab es, wie wir gesehen haben, eine starke
Friedenspartei; nach dem Sturz des Epaminondas, im Früh-
jahr 368, schienen die Verhältnisse für die Wiederaufnahme
der Verhandlungen günstig zu liegen. Im Auftrag des Gross-
königs sandte der Satrap Ariobarzanes von Phrygien den
Philiskos von Abydos mit grossen Geldmitteln nach Griechen-
land, um einen Congress nach Delphi zu berufen. Alle grie-
chischen Staaten schickten ihre Bevollmächtigten, und Dionys'
Gesandte wirkten eifrig mit. Darüber, dass der Königsfriede
die Basis bilden müsse, herrschte Einverständniss , und der
Vorschlag, die Gelder, die der Krieg verschlang, lieber für die
Wiederherstellung des kurz zuvor, wahrscheinlich durch Erd-
beben, zerstörten Tempels von Delphi zu verwenden, wird all-
gemeinen Beifall gefunden haben. Aber über die richtige Inter-
pretation der grundlegenden Bestimmung konnte man jetzt
noch weniger als drei Jahre zuvor zu einer Einigung ge-
langen: Theben wollte die boeotischen Städte, Sparta Mes-
senien nicht freigeben. So ging der Congress resultatlos aus-
einander. Die Folge war, dass einstweilen der Krieg weiter ging
und Dionys und Persien Sparta aufs neue unterstützten (§.954),
dass aber zugleich alle Staaten sich entschlossen, Gesandte
nach Susa zu schicken, um an die Entscheidung des Königs
selbst zu appelliren. — Athen gab sich alle Mühe, Dionys
ganz auf seine Seite zu ziehen ; gar gern hätte es dessen
Hülfscorps für den Krieg in Thessalien auf Alexanders Seite
gegen Theben gewonnen. Das konnte es nicht erreichen; aber
es überhäufte den Tyrannen mit Ehren und Schmeicheleien.
Im Juli 308 erhielt er von Athen und seinen Bundesgenossen ein
Belobigungsdecret und zugleich mit seiner ganzen Familie das
Bürgerrecht, zu Anfang des J. 367 wurde seine Tragödie »die
Lösung Hektors« mit dem ersten Preis gekrönt. Isokrates
machte sich daran, den viel gelästerten Herrscher durch eine
Broschüre, mit der er freilich nicht zu Ende kam, für seine
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Persische Friedens vermittel ung. Athen und Dionysios. 443
nationalen Pläne zu gewinnen: jetzt, wo er von Karthago
nichts mehr zu besorgen habe, wo Sparta nicht mehr über
Hellas gebiete und Athen bereit sei sich mit ihm zu ver-
tragen, könne er mit seiner wahren Gesinnung hervortreten
und sich als den Wohlthater von Hellas erweisen. Endlich
im März 367 kam man ans Ziel: Dionys schloss mit Athen
ein Defensivbündniss. Damit trat auch der mächtigste aller
Griechen in die lange Reihe der Staaten ein, deren Führung
in Händen zu haben Athen wähnen konnte. Kurze Zeit dar-
auf kam freilich die Nachricht, dass Dionys gestorben sei ; und
mit ihm waren die Hoffnungen begraben, die man auf ihn ge-
setzt hatte.
Beeret frtr Mylilene: CIA. II, 52 r, p. 401. DS. 91. Iphikrates in
Thrakien: Demosth. 23, 149. Friedenscongress in Delphi: Xen. VII, 1,
27. Diod. XV. 70. 2 (Winter 369/8); das Datum bestätigt durch das De-
cret für Dionys CIA. II. 51. DS. 89 ZI. 7 aus «1er 10. Prytanie 369/8:
ictp: xtiv f paji.fi.axa»v ujv ejcsvisv A'.ovy~io<; xrfi olxoSojnac toö vttu xal tyjs
b^vtjs, vgl. Köhler, MAI. 1, 13 ff". [D.iss der delphische Tempel irgend-
wie zerstört war, lehrt bekanntlich die viel behandelte Inschrift DS. 93.]
Bündnissvertrag, nach Dittemiergers sehr wahrscheinlicher Ergänzung
aus der 7. Pryt. 368/7: CIA. II, 52. DS. 90. Gleichzeitig ein Decret für
den Spartaner Koroibos, der die athenischen Gesandten unterstützt hat:
CIA. II. 50 (vgl. p. 402 und suppl. p. 15), D<. 92. V*l. Philipps Brief
Demosth. 12, 10. Sieg bei den Lenaeen : Diod. XV, 74. Tzetzes chil.
V, 180. — Forderung der Unterstützung in Thessalien: X*n. VII, 1, 28.
— In die Gesandtschaft des Philiskos gehölt wohl der Bestechungs-
versuch in Theben durch Dioraedon von Kyzikos: Nepos Epam. 4. Plu».
apophth. Epam. 14. Aelian v. h. V, 5.
959. Im Sommer 367 begann in Susa der Wettlauf um
die Gunst des Perserkönigs. Spartanische Gesandte waren be-
reits in der Hofburg, Antalkidas und Euthykles; jetzt trafen
von Theben die eben aus der thessalischen Gefangenschaft
befreiten Gesandten Pelopidas und Ismenias ein, von den Ar-
kadern der Ringkämpfer Antiochos von Lepreon, von Elis
Archidamos, ferner Timagoras und Leon von Athen, und ein
Gesandter von Argos. Alsbald erfuhr Sparta, dass seine
Niederlage auch in der Ferne einen für sein Ansehen ver-
nichtenden Eindruck gemacht hatte. Der König erinnerte sich
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444 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
jetzt wieder, wie Sparta seinen Bruder unterstützt und den
Dank für die persische Hülfe gegen Athen durch einen An-
griff auf seine Provinzen heimgezahlt hatte; er behandelte
seinen bisherigen Günstling Antalkidas mit voller Gering-
schätzung. Theben dagegen war immer der treue Bundes-
genosse Persiens gewesen, mehr noch alsArgos; es hatte an
keinem Kriege gegen das Reich Theil genommen, wohl aber
bei Plataeae auf seiner Seite gefochten. So erhielt Pelopidas
bewilligt, was erforderte: die Autonomie Messeniens, die Ein-
heit Boeotiens, die Forderung, dass Athen zur See abrüsten
solle und dass alle Griechen verpflichtet sein sollten, gemein-
sam, natürlich unter Thebens Führung, gegen jeden vorzu-
gehen, der sich nicht fügen wollte. Als die Athener protestirtcn,
erklärte der König, wenn sie gerechtere Bestimmungen wüsslen,
sollten sie ihn durch eine neue Gesandtschaft belehren. In
dem Grenzstreit zwischen Elis und Arkadien entschied der
König zu Gunsten von Elis; das war ohne Zweifel auch den
Thebanern in Folge der Spannung mit Arkadien sehr genehm.
— Die neue Wendung der persischen Politik war eine schwere
Enttäuschung für Sparta und Athen. Dass sie sich der Ent-
scheidung fügen würden, war ausgeschlossen; für den Augenblick
Hess sich freilich nicht viel mehr dagegen thun, als dass man
seinen Groll an den Gesandten ausliess, die Besseres nicht hatten
erreichen können. In Athen wurde Timagoras in üblicher
Weise verurtheilt und hingerichtet — sein College Leon selbst
erhob die Anklage, dass er vom König Geschenke angenommen
und mit Pelopidas unter einer Decke gespielt habe — ; und
Antalkidas gab sich auf der Heimreise selbst den Tod aus
Furcht vor der Strafe der Ephoren. Die Boeoter dagegen ver-
suchten den Gewinn einzuziehen; wie ehemals nach Sparta,
so wurden jetzt alle Griechen nach Theben berufen, um den
Willen des Königs ehrerbietig entgegenzunehmen. Aber Theben
fand wenig Gegenliebe. Seine eigenen Bundesgenossen sagten ihm
auf, vor allem die Arkader; ihr Gesandter Lykomedes verliess
entrüstet die Versammlung, ohne das Ergebniss abzuwarten.
Die feindlichen Staaten vollends wiesen die boeotischen Ge-
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Verhandlungen in Susa. Epaminondas in Achaia. 445
sandten ab, welche ihnen den Eid abnehmen sollten, Korinth
voran; sie erklärten, sie brauchten keinen neuen Vertrag mit
dem König — in der* That standen sie ja nach wie vor fest
auf dem Boden des alten Königsfriedens. Um zum Ziele
zu gelangen, hätte Theben einer thatkräftigen Unterstützung
durch den König bedurft, vor allem durch Geld; dann war
die Opposition ohnmächtig. Dazu aber war das Perserreich
bei den zur Zeit herrschenden Zuständen (§. 964) völlig ausser
Stande. So hat die diplomatische Action auch für Theben kein
weiteres positives Ergebniss gebracht, als dass sie den Geg-
nern die Unterstützung des Königs entzog.
Die Verhandlungen in Susa (Xen. VII, 1, 33 IT. Plut. Pelop. 30; ferner
Xepos Pelop. 3. Plut. Artax. 22) können wegen Pelopidas1 Betheiligung
nicht vor den Herbst 367, aber auch nicht später fallen. Bei Diodor
werden diese Verhandlungen nur XV, 81, 3 im Nekrolog des Pelopidas
erwähnt Timagoras' Schicksal auch Demosth. 19, 137. 191 ; Antalkidas'
Tod Plut. Artax. 22. Ueber Antiochos von Lepreon Pausan. VI, 8, 9.
— D<?r König hat später den Athenern wenigstens noch das Vergnügen
gemacht, ihr Anrecht auf Amphipolis anzuerkennen: Demosth. 19, 187.
253. 7, 29.
960. Inzwischen war in Theben in Folge des Verlaufs
des thessalischen Krieges (§. 957) Epaminondas aufs neue ans
Regiment gekommen. Er hatte durchgesetzt, dass er im
J. 367 zum dritten Male in den Peloponnes gesandt wurde,
diesmal nicht sowohl um Sparta zu bekriegen, sondern viel-
mehr um gegen die Arkader eine feste Position zu gewinnen.
Bereits im J. 369 hatten die Boeoter Sikyon und Pellene be-
setzt; jetzt wollte er auch die übrigen, bisher neutral geblie-
benen Städte Achaias gewinnen, auf die der Arkaderstaat be-
reits seine Blicke geworfen halte. Die Argiver, die sich auch
schon durch die Expansionsgelüste Arkadiens bedroht fühlen
mochten, besetzten für ihn bei Nacht die korinthischen Pässe,
welche die Spartaner und Athener nicht rechtzeitig gedeckt
hatten. Epaminondas rückte in Achaia ein und wurde überall
von den Aristokraten, die von einer Verschmelzung mit Ar-
kadien nichts wissen wollten, freundlich aufgenommen; auch
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446 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
Naupaktos und Kalydon in Aetolien, das sich schon vor mehr
als 20 Jahren den Achaeern angeschlossen hatte (§. 868),
folgten ihrem Beispiel. Alle Städte schlössen mit Boeotien
Verträge, in denen sie sich zu unbedingter Heeresfolge verpflich-
teten, auch in einem Angriffskriege. Aber in Theben war
man auch diesmal mit den Ergebnissen nicht zufrieden, die
Epaminondas heimbrachte. Die Demokraten in Achaia hatten
auf einen Umsturz der Verfassungen gehoffl, und die Arkader
unterstützten ihre Forderungen: durch sein Verhalten arbeite
Epaminondas nur den Spartanern in die Hände. So verfügte
die boeolische Volksversammlung, dass in den Achaeerstädten
die Demokraten ans Regiment zu bringen und die Aristokraten
zu verjagen seien, und entsandte Vögte zur Durchführung
dieser Massregeln. Das hatte die Folge, dass die verjagten
Aristokraten sich zusammenrotteten, der Reihe nach alle Städte
überfielen, und nun wirklich auf Spartas Seite übertraten.
Auch Pellene, das bisher mit Sikyon und Argos zusammen
ebenso eifrig wie erfolglos Phlius bekämpft halte, fiel jetzt
von Theben ab und unterstützte Phlius gegen seine Feinde;
zugleich wurde diese Stadt durch ein athenisches Söldnercorps
unter Chares vertheidigt. Aufs neue hatten die Ereignisse
erwiesen, dass Epaminondas' Politik die allein richtige ge-
wesen war. — Auch in Sikyon hatte die Besetzung durch Theben
im J. 369 zu einer Revolution geführt Euphron, der bis-
herige Vertrauensmann der Spartaner, trat jetzt an die Spitze
der Demokraten; er liess die Reichen verjagen und ihr Ver-
mögen einziehen. Die Verfassung wurde auf der Basis demo-
kratischer Gleichheit neu geordnet, die freigelassenen Sklaven
in die Bürgerschaft aufgenommen, die Aemter mit Euphrons
Vertrauensmännern besetzt; auch an Hinrichtungen fehlte es
nicht. Euphron selbst war der leitende Stratege; seinen Geg-
nern galt er als Tyrann. Er warb ein Söldnercorps von
2000 Mann und unterstützte damit die Arkader und die The-
baner, die die Burg besetzt hielten, in allen Kriegen; sein
letztes Ziel aber war natürlich weder die dauernde Unterord-
nung unter Theben noch die Union mit Arkadien, sondern
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Wirren in Achaia. Euphron von Sikyon. Theben besetzt Oropos. 447
die Selbständigkeit Sikyons. So wurde er schliesslich seinen
Verbündeten unbequem. Die Arkader, unter dem Bundesfeld-
herrn Aeneas von Stymphalos, griffen ihn an (366) und riefen
die Verbannten zurück. Euphron musste flüchten und machte
nun den Versuch, die Stadt den Spartanern in die Hände zu
zu spielen, die denn auch wirklich den Hafen besetzten; die
Stadt selbst wurde von Theben behauptet. — Aehnliche Wirren
sind unzweifelhaft vielerorts vorgekommen, wie z. B. in Eretria
unter Thebens Schutz Themison sich zum Tyrannen machte;
die Einzelheiten aber sind uns nicht bekannt.
Die Thebaner in Achaia: Diod. XV, 75, 2 unter 367/6 'Elton*.
tou; 'A^aious x«l xivac ctXXa«; noXci; rcpooTrjYäY6™» AojiYjv ?e (vgl. Ephoros
fr. 146) xai Nayrcaxtov xal KaXoSiüva (ppoüpoojjivYjv 6n' 'Axaiiüv 7jX»u9i-
pa>3»v; Xen. VII, 1, 41—43. Dass Diodors Datum richtig ist und Epa-
minondas* Zug in die Zeit der Verhandlungen in Susa fällt, ist kaum
zweifelhaft. In diese Verhältnisse gehört die Angabe des Polybios II,
39, 8 ff . = Strabo VIII, 7, 1 , Theben und Sparta hätten den Achaeern
nach Leuktra das Schiedsgericht Ober ihre Streitigkeiten übertragen;
etwas Derartiges mag von Theben bei den letzten Friedensverhandlungen
angeboten sein. — Pellene: Xen. VII, 4, 17. 2, 18, vgl. 16. Phlius: Xen.
VII, 2, 1. 11-23. Diod. XV, 75, 3. — Euphron: Diod. XV, 70, 8 (unter
369/8). Xen. VII, 1, 44 ff. 2, 11. c. 3. - Themison: Diod. XV, 76.
961. So war Hellas voll von Gegensätzen. Keine der
beiden sich bekämpfenden Coalitionen war innerlich noch einig;
wohl aber erschöpften sich die Kräfte in dem ununterbrochenen
ergebnisslosen Hader. Beides, die Erschöpfung und das tiefe
gegenseitige Misstrauen, hat dann im J. 366 schliesslich doch
den Frieden herbeigeführt. Die entscheidende Wendung ging
von Athen und Arkadien aus. Athen hatte bald nach 377
Oropos wieder gewonnen (§. 936), die Gegner verjagt und die
alte Unterthänigkeit wieder hergestellt. Jetzt besetzte, An-
fang 366, Themison von Eretria mit Hülfe der Verbannten
die Stadt; und als das athenische Gesammtaufgebot unter
Chares heranrückte, übergab er sie den Thebanern. Diese
anzugreifen und damit den offenen Krieg herbeizuführen wagte
Athen nicht; aber es hoffte auf die Hülfe seiner peloponnesi-
schen Verbündeten. Jedoch auch diese hatten zu einem An-
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448 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
griffskriege auf Boeotien weder Lust noch Kraft; sie ver-
trösteten Athen auf ein zukünftiges Schiedsgericht, bis dahin
möge Theben die Stadt besetzt halten. In Athen war die
Entrüstung gross über die Bundesgenossen, die man mit Eifer
unterstützt hatte und die nun ihrerseits Athen im Stich Hessen,
wo es sie brauchte. Diese Stimmung benutzte Lykomedes von
Arkadien, um mit Athen anzuknüpfen; er suchte seit langem
einen Rückhalt gegen Thebens Uebergriflfe. Allerdings fiel
Lykomedes auf der Rückfahrt den arkadischen Exulanten in
die Hände und wurde von ihnen getödtet; aber der Vertrag
zwischen Athen und Arkadien kam zu Stande. Kallislratos
selbst begab sich nach Arkadien ; es war umsonst, dass auch
Epaminondas auf der Bundesversammlung erschien, um ihm
entgegenzuwirken. Formell schloss die Defensivallianz Athens
mit Sparta und Korinth eine Defensivallianz mit Arkadien
nicht aus; und mit Recht konnte man in Athen sagen, dass
es im Interesse aller Betheiligten liege, Arkadien von Theben
abzuziehen. Athen plante, sogleich einen Schritt weiter zu
gehen und sich durch einen Handstreich Korint hs zu bemäch-
tigen. Dadurch wäre die Isthmosstellung gesichert und den
Boeotern der Zugang zum Peloponnes gesperrt worden ; zugleich
konnte man dann den alten, schon zur Zeit des korinthischen
Kriegs gefassten Plan einer Annexion Korinths verwirklichen.
Aber Demotion, auf den der Plan zurückging, redete davon in
der Volksversammlung; die Folge war, dass die Korinther er-
fuhren, was im Werke war, und schleunigst die athenischen
Truppen, die in ihrem Gebiet standen, heimschickten und sich
ebenso höflich wie energisch jede weitere Unterstützung ver-
baten. Dadurch wurde aber eine Fortführung des Kriegs für
Korinth zur Unmöglichkeit; es begann Friedensverhandlungen
mit Theben. Hier hoffte man Anfangs, Korinth auf die
boeotische Seite herüberziehen zu können. Aber dies lehnte
jeden Bündnissvertrag ab; es wollte Sparta nicht verrathen,
dem es die Wiederherstellung seiner staatlichen Selbständig-
keit nach der Union mit Argos verdankte. Phlius und die
übrigen Verbündeten dachten ebenso; und da auch Theben
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Band 2wischen Arkadien und Athen. Friede von 866. 449
den Frieden dringend bedurfte, willigte es endlich ein. So
kam etwa zu Ende des Sommers 366 der allgemeine Frieden
in Griechenland wirklich zu Stande, auf der Grundlage des
Königsfriedens unter Anerkennung der bestehenden Machtver-
hältnisse. Wenn es auch nicht ausdrücklich überliefert ist,
kann doch kein Zweifel sein, dass Athen mit seinem Bunde
gleichfalls dem Frieden beigetreten ist, obwohl es eine Ent-
scheidung über Oropos nicht erlangte. Auch der Perserkönig
hat für den Frieden gewirkt; doch wurden seine Vertreter
ziemlich schnöde abgefertigt, da eben jetzt die beginnende Er-
hebung der kleinasiatischen Satrapen (§. 964) die Ohnmacht
des Reiches deutlich zur Schau stellte.
Die Besetzung von Oropos hat Xenophon VII, 4, 1 in unausstehlich
manirierter Weise berichtet; weit klarer ist Diod. XV, 76. 1. Ferner
Aeschin. 3, 85. Demosth. 18, 99. Datum (367/6) schol. Aesch. 3. 85 ed.
Schultz. Das weitere bei Xen. VII, 4. 2 — 11: die Friedensverhandlungen
erzählt er ausschliesslich vom Gesichtspunkt Spartas und schweigt über
Athen. Weiteres Isokr. 6, 11. 91. Diodor XV, 76. 3 unter 366/5 hat die
richtige Angabe: 6 xiüv flspoütv ßastXsu? diroattiXa*; irpiaßecc zzv.zb tous
"EXXfjva; too? uiv ^o)ijj.oo? xataXo softer. , xal xoivtjv slp-rjvrjv oovOiofrat
xpö; iXXijXou;; damit hat der mit Leuktra begonnene Krieg ein Ende,
Kktiut jmvac Stuiv itivw, d. i. Hochsommer 371 bis Herbst 366. Die mo-
dernen Zweifel an der Realität des Friedens sind wenig überlegt. Auf
denselben scheint sich die verstümmelte Urkunde von Argos CIG. 1118
= IGr. Pelop. 556 zu beziehen, die Wilhelm. Jahreshefte d. österr. Inst.
III. 145. Rh. Mus. 56, 571 [sehr ungeschickt Frankel, Rh. Mus. 56, 233]
behandelt hat. Hier wird »dem Abgesandten der Satrapen« erklärt, dass
die Hellenen ihren Hader beglichen und Frieden geschlossen haben; dass
sie aber mit dem König im Krieg lägen, sei ihnen nicht bekannt. Wenn
er die Griechen unbehelligt lasse, werde man auch mit ihm Frieden
halten, anderenfalls aber seine oder seiner Uuterthanen UebergrifTe ab-
wehren. — Bei welcher der vielen Verhandlungen mit Persien Konig
Straton von Sidon die athenischen Gesandten befördert hat (CIA. II, 86.
D3. 118), lässt sich nicht sagen. — Das Rededuell zwischen Kallistratos
und Epaminondas in conventu Arcadum Xepos Ep. 6. Plut. apophth.
Epam. 15. praec. reip. ger. 14, 21 gehört doch wohl zweifellog hierher,
nicht ins J. 363, wohin Schäfer, Dem. I, 127 f. und Heloch es setzen.
Damals kann Epaminondas nicht als Gesandter in Arkadien gewesen sein.
Auch die Stellung in Plutarchs Apophthegmen, die im wesentlichen die
chronologische Folge inne halten, spricht für den früheren Ansatz. Ob
Meyer, Geschichte des Alterthuras. V. 29
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450 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
der Process gegen Kallistratos wegen Oropos vor oder nach dieser Ge-
sandtschaft anzusetzen ist, ist nicht zu entscheiden, doch letzteres wohl
wahrscheinlicher; die Anklage kann sehr wohl erst mehrere Monate nach
dem Ereigniss erfolgt sein.
962. Auch Sparta war der Beilritt zum Frieden offen ge-
halten. Aber weder durch Bitten noch durch Drohungen war
es dazu zu bringen, Messenien aufzugeben; es lehnte ab.
Gerade wegen der Hoffnungslosigkeit seiner Lage hat seine
zum Aeussersten entschlossene Haltung doch einen gewaltigen
Eindruck gemacht; von beiden Seiten wandte man sich an
die angesehensten Publicisten der Zeit, um die Anspräche vor
dem grossen Publicum zu rechtfertigen. Alkidamas (§ 906)
verfasste eine Broschüre, die den messenischen Standpunkt
vertrat und sich auf das Naturrecht berief, nach dem »Gott
alle Menschen zur Freiheit geschaffen hatt. Isokrates dagegen
trat für Sparta ein; in Form einer Rede des Kronprinzen
Archidamos an die spartanische Bürgerschaft erklärte er den
unabänderlichen Entschluss Spartas, lieber in Ehren zu Grunde
zu gehen, als feige und ruhmlos den seit Jahrhunderten be-
haupteten und bisher von aller Welt anerkannten Besitz auf-
zugeben und die freigewordenen Knechte als einen gleichbe-
rechtigten Staat anzuerkennen. Auch sei Spartas Lage noch
nicht verzweifelt; Athen und andere hätten weit Schlimmeres er-
dulden müssen und sich doch wieder aufgerafft. Was Epidauros,
Korinth, Phlius jetzt thun dürften, sei eines Staats von Spartas
Vergangenheit unwürdig. Sollte es zum Aeusserten kommen, so
werde die Bürgerschaft Weiber und Kinder übers Meer bringen,
nach Sicilien oder Kyrene, sich in irgend einer Burg fest-
setzen, und von hier aus den Vernichtungskrieg gegen alle
Feinde fortführen, wie die Ahnen, da sie den Peloponnes
eroberten. So weit aber sei man noch nicht gekommen; die
Drohung, dass alle Griechen sich gegen Sparta einigen würden,
schrecke nicht, wo ihre Uneinigkeit offen zu Tage liege und
das Elend, in das sie den Peloponnes gestürzt haben, einen
baldigen Umschwung erwarten lasse. Auch dürfe man immer
noch auf Bundesgenossen hoffen: Athen werde Sparta nie-
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Ablehnung des Friedens durch Sparta.
451
mals zu Grunde gehen lassen, die besseren Elemente in Hellas
ständen mit ihren Sympathien auf Spartas Seite, ebenso
Dionys; auch vom Aegypterkönig und von den rebellischen
Satrapen in Kleinasien dürfe man jetzt, wo der Perserkönig
Sparta Preis gegeben habe, Unterstützung erwarten. — Diese
Argumente waren in der That zutreffend; von den griechi-
schen Staaten hatte keiner Neigung, einen neuen Kreuzzug
gegen Sparta zu unternehmen. Auch Argos verhielt sich
passiv; so blieben als seine Feinde einzig Arkadien und Mes-
senien. Im J. 365 sandte dann Dionys II., dem Beispiel seines
Vaters folgend, noch einmal ein Hülfscorps auf 12 Trieren,
mit dessen Hülfe die Spartaner Sellasia zurückeroberten; da-
für wurden ihnen allerdings Kyparissia und Koryphasion an
der messenischen Küste durch die Arkader entrissen und mit
dem messenischen Staate vereinigt.
Spartas Ablehnung: Xen. VII, 4, 9. Plut. Ages. 34. — Dionys' Hülfs-
zug : Xen. VII, 4, 12 (3-/«oov wp^ toötov tov gpo'vov gleich nach den Friedens-
verhandlungen, also Ende 366 oder Anfang 365). Kyparissia und Kory-
phasion: Diod. XV, 77, 4 unter 865/4; vgl. Skylax 45. — Alkidamas
MtooTiVtaxo« : Arist. rhet. I, 18. 2. II. 23, 1. Isokrates' Archidamos (or. 6)
will Blass, Att. Bereds. II», 288 (vgl. Rhein. Mus. 54. 33) in die Zeit
nach 855 setzen, weil die Schrift in dem [trotz Wilamowitz, Arist. II, 394.
Hermes 33, 494 zweifellos ächten] Brief an Archidamos (ep. 9) nicht er-
wähnt wird. Aber das ist unmöglich ; die Schrift ist deutlich im J. 860
geschrieben , mitten aus der politischen Situation des Moments heraus,
und nichts weniger als ein Product der Stubengelehrsamkeit, wie man
behauptet hat. Zu einer Erwähnung in dem Brief an Archidamos (§. 984),
d. i. einer im J. 356 begonnenen aber nicht vollendeten Broschüre nach
Art des Philippos, lag kein Grund vor; erwähnt doch Isokrates in der
Friedensrede nicht einmal den Areopagitikos.
Athens Eroberungen und der Satrapenaufstand.
963. Die hochfliegenden Erwartungen, mit denen sich Athen
seit der Schlacht hei Leuktra getragen hatte, waren in nichts
zerronnen; der hellenische Gesammtbund , an dessen Spitze
es hatte treten wollen, war über ein schemenhaftes Dasein nie-
432 I^f. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
mals hinausgelangt. All die Kämpfe, an denen es Theil ge-
nommen hatte, hatten ihm nichts eingebracht als den Verlust
von Euboea, Akarnanien, der Chalkidike, und schliesslich den
von Oropos. So ist es natürlich, dass der Zweifel, ob Kalli-
stratos die Politik Athens in die richtigen Bahnen gelenkt
habe, immer weitere Kreise ergriff. Der im J. 373 gestürzte
Timotheos, der nach seiner Rückkehr aus Persien, wo er nichts
ausgerichtet hatte, Jahre lang in Unthätigkeit den Dingen
hatte zusehen müssen, kam wieder zu Ansehen und mit ihm
die Erben des Kephalos und seiner Genossen, die den neuen
Staatenbund gegründet und an Thebens Seite gegen Sparta
gekämpft hatten. Wie gewöhnlich entlud sich der Gegensatz
in einem Processkrieg. Nach dem Scheitern der auf Persien
gesetzten Hoffnungen wurde der Gesandte Timagoras ver-
urthcilt (§. 959); nach dem Verlust von Oropos klagte Leo-
damas von Acharnae, der Führer der zu Theben neigenden
Partei, einer der gefeiertsten Redner seiner Zeit, den Kalli-
stratos und den Chabrias auf den Tod an : sie hätten Oropos
verrathen. Der Vorwurf war freilich absurd, und die zün-
dende Beredsamkeit des Kallistratos erreichte die Freisprechung
der Angeklagten. Kallistratos blieb ein einflussreicher Poli-
tiker; aber die Leitung des Staats, die er 6 Jahre lang fast
wie Perikles behauptet hatte, hielt er nicht mehr in Händen.
Iphikrates, der seit Jahren an der makedonischen Küste ope-
rirte und daher an diesen Händeln unbetheiligt war, behielt
einstweilen sein Commando; der leitende Stratege dagegen
wurde im Hochsommer 3G6 Timotheos. Unter ihm lenkte die
attische Politik in neue Bahnen ein. Von einer Versöhnung
mit Theben allerdings wollte die Masse jetzt erst recht nichts
wissen — Jahrzehnte lang haben Leodamas und seine Ge-
nossen, Archedemos, Aristophon, Pyrrhandros vergeblich dar-
auf hingearbeitet, bis in der Noth des letzten Kampfes gegen
Philipp Demosthenes sie im J. 339 erreichte — , und am
Bunde mit Sparta hielt man um so mehr fest, da auch dieses
sich jetzt gegen das treulose Persien wandte; Isokrates hat
im Archidamos den Sympathien Athens für Sparta Ausdruck
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Athen. Process des Kailistratos. Timotheoa' Eroberungspolitik. 453
gegeben. Aber daneben schloss Kailistratos selbst den De-
fensivbund mit Arkadien (§. 961); und auch im übrigen war
Athen entschlossen, jetzt lediglich für sich selbst zu sorgen.
Was hatte die bisherige idealistische Politik, die sich für das
Wohl der Hellenen aufopferte, für einen Sinn, wenn die
Hellenen Athen in allen vitalen Fragen — in Thessalien, vor
Oropos — im Stich Hessen? Die Cassen waren leer, die
Reichen durch die fortwährenden Steuern und Trierarchien
erschöpft, die Menge darbte; man hatte zwar den Bestand
der Flotte fortwährend vermehrt von etwas über 100 Trieren
im J. 377 bis auf mehr als 250 — die grösseren Schiffe, die
Dionys aufgebracht hatte, baute man zur Zeit im Osten noch
nicht — ; aber sie erfolgreich zu verwenden, fehlte es an Geld
und an Matrosen. Der Haupttheil des athenischen Kriegs-
budgets wurde von den Soldtruppen verschlungen, die man
seit 369 abermals Jahr für Jahr am Isthmos stehen hatte. Es
war Zeit, dass Athen wieder materiellen Gewinn aus seinen
Kriegen heimbrachte, wenn es als Macht weiter bestehen und
nicht im Bankerott zu Grunde gehen sollte. Schon der Ver-
such, Korinth zu annectiren (§. 961), gehört in diesen Zu-
sammenhang. Durch den Friedensschluss im Sommer 366 be-
kam dann Athen die Hände frei ; wenn man auch Sparta und
den Arkadern nach wie vor bei einem Angriff auf ihr Gebiet
zur Hülfsleistung verpflichtet war und wenigstens die letzteren
sie alsbald im Kriege mit Elis in Anspruch nahmen, konnte
Athen doch jetzt zu Lande abrüsten und sich wieder ganz auf
die See werfen. Es lenkte zum dritten Mal ein in die Reichs-
politik, die Konon und Thrasybul wieder aufgenommen, der
neue Bund von 377 dagegen feierlich verworfen hatte. Trotz
aller damals gegebenen Verheissungen beschloss Athen aufs
neue überseeische Gebiete zu erwerben und mit attischen
Kleruchen zu besiedeln, unbekümmert um die Warnung des
Kydias, die Augen von ganz Hellas seien auf Athen gerichtet.
Der Process des Kailistratos ist durch die Demostbenesbiographie
(Plut. Dem. 5 = vit. Liban. und Suidas = Hermippos fr. 61 bei Gell.
III, 18) bekannt; Process des Chabrias : Demostb.21, 64 mit schol.; Diog.L.
454 IV> Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
III, 23 f. (Verteidigung durch Plato, vgl. §. 930). Leodamas als An-
kläger (neben anderen): Arist. rhet. I, 7. Die Vertreter der Verbindung
mit Boeotien: Aeschin. 3, 139. — Ueber die Entwicklung der Flotte
Köhler , MAI. VI, 28 ff., auf Grund der S-eurkunden CIA. II 789. 793.
795; im J. 377/6 waren es etwas Ober 100 Trurnn . 357/6 283 [davon
31 in den 6 letzten Jahren neu gebaul]. 353/2 349. [Vgl. aber jetzt
Br. Keil. Anonymus Argentinensis S. 205 IT.] — Kydias: Arist. rhet. II, 6.
964. In Asien lagen die Verhältnisse günstig für Athens
Pläne. Artaxerxes II. war uralt; und wenn er immer ein
schwacher Herrscher gewesen war, so hatte er jetzt vollends
kaum für anderes mehr Sinn als für das Leben im Harem.
Zu einem neuen Feldzug gegen Aegypten kam es nicht mehr.
In Kappadokien machte sich Datames (§. 899 f.) unabhängig,
bemächtigte sich Paphlagoniens, dessen einheimischen Herr-
scher er früher gefangen an den Hof geführt hatte, besetzte
Amisos und eroberte nach längeren Kämpfen Sinope, das er
offenbar zu seiner Hauptstadt ausersah. Mit Erfolg behauptete
er sich gegen Autophradates von Lydien, der mit einem ge-
waltigen Heere in Kappadokien einbrach, um ihn wieder zu
unterwerfen. Datames war ein Meister in Kriegslisten aller
Art — als sein Schwiegervater Mithrobarzanes mit der Reiterei
zu den Feinden übergehen wollte, wusste er durch raschen An-
griff auf diese zu erreichen, dass auch sie auf die Ueberläufer
einhieben — , und verstand zugleich wie alle griechischen und
barbarischen Feldhauptleute dieser Zeit die Kunst, Geld zu
machen und die Soldtruppen ohne zu zahlen durch Ver-
sprechungen und Betrug unter den Fahnen zu halten. Im
Grunde sympathisirten alle Machthaber in Kleinasien mit ihm,
vor allem Ariobarzanes von Daskylion und Maussollos von Ka-
rien ; nur Autophradates von Sardes wahrte wie früher (§. 899)
dem König die Treue. Ariobarzanes und sein Gesandter Philiskos
waren bei der ersten Friedensvermittelung im J. 368 (§. 958) in
Athen und Sparta mit Ehren überhäuft worden und hatten wie
Dionys das attische Bürgerrecht erhalten. Jetzt, wo der Ueber-
tritt des Königs zu Theben die Beziehungen des Reichs zu Sparta
und Athen getrübt hatte, hielt Ariobarzanes den Zeitpunkt zur
Erhebung für gekommen. Er trat in Verbindung mit Datames
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Datames, Ariobarzanes und der Satrapenaufstand. 455
und mit Aegypten, wo inzwischen an Stelle des Nektanebis
(der sich aber noch in einem Theile des Landes behauptet
zu haben scheint) Tachos zur Regierung gekommen war, viel-
leicht durch Usurpation. Maussollos hielt sich auch diesmal
vorsichtig zurück, obwohl er der Bewegung Erfolg wünschte.
Die Verbündeten warben griechische Söldner und rüsteten
Heer und Flotte. Ausserdem aber wandte sich Ariobarzanes
um Hülfe an Sparta und Athen. Beide Staaten waren bereit ;
sie erhielten dadurch Aussicht, Geld zu bekommen, das sie
für ihre Soldtruppen dringend brauchten, und Athen wollte
zugleich Land erobern. Von Sparta ging der greise Agesilaos,
jetzt von seiner Krankheit genesen, selbst nach Asien — die
Verteidigung der Heimath konnte er getrost seinem Sohne
Archidamos anvertrauen — , freilich ohne Truppen, als Ge-
sandter; aber seine Kriegserfahrung und seine Verbindungen
waren den Rebellen von hohem Werthe. Die Athener ent-
sandten den Timotheos mit dem Auftrag, »Ariobarzanes zu
unterstützen, ohne den Frieden mit dem König zu verletzen«.
Das war eine Instruction recht im Stile der Zeit. Es sollte
wohl bedeuten, dass man in Anerkennung des Königsfriedens
die Perserherrschaft über das Festland respectiren wolle —
freilich ist Timotheos sofort wenigstens mit Erythrae in Ver-
bindung getreten — ; in einem Kampf auf Seiten der Rebellen
gegen die Truppen des Königs sah man dagegen noch keine
Friedensverletzung.
Im allgemeinen vgl. Judbich, Kleinasiatische Studien 193 ff. — Die
letzte Zeit des Arlaxerxes wird durch die Haremsgeschichten bei Plut.
Artax. 26 ff. Justin X, 1. 2 vortrefflich illustrirt. — Diodor hat das Ca-
pitel des Ephoro?, welches die etwa die Jahre 366 — 360 füllende Rebellion
erzählte, unter dem einen Jahre 362/1 untergebracht XV, 90—93, und
dabei aufs stärkste gekürzt; ins J. 366 ff. gehören c. 90. 1. 2. Ck>rrecter
hatte Trogus erzählt (prol. 10) : ut Artaxerxes . . . defectores in Asia purpu-
ratos suos persecutu?, primum Datamen praefectum Paphlagoniae (Paphla-
gonon origo repetita), deinde praefectum Hellesponti Ariobarzanen, deinde
in Syiia praefectum Armeniae Oronten, omnibusque victis, decesserit. —
Datames in Amisos: Arist. Oec. II, 23 = Polyaen VII, 21, 1; in Sinope:
Polyaen VII, 21, 2. 5. Aen. pol. 40, 4 und auf Münzen [die aramaeischen
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456 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
Münzen hei Babelon, Perses Achem. XXXVII ff., deren Legende jeder
anders liest, gehören jedenfalls nicht ihm; andere, ebenso wenig lesbare
aram. Münzen von Sinope ib. LXXIX ff.]. Verteidigung gegen Auto-
phradates: Nepos Dat. 7 f. Polyaen VII, 21, 6; die Vernichtung des
Mithrobarzanes, Nepos Dat. 6. Polyaen VII, 21, 7 = 28, 2. Frontin II,
7. 9. Diod. XV, 91 (mit Varianten), gehört wahrscheinlich in diese Kämpfe.
[In den gefälschten Stammbaum der späteren kappad. Könige ist auch Da-
tames aufgenommen, mit einem verschobenen Abriss seiner Thaten : Diod.
XXXI, 19. 2.] — Hörgerrecht des Ariobarzanes und Philiskos: Demosth. 23,
141. 202. — Ueber Agesilaos' »Gesandtschaft« zu den Rebellen gibt allein
Xennphon im Ages. 2, 26 f. (daraus Nepos Ages. 7, 2) Auskunft, wodurch
Isokr. Archid. 63 vortrefflich illustrirt wird. Bei Xen. erscheint bereits Ta-
chos als König, in Uebereinstimmung mit Diod. XV, 90, 2; wenn er nach
Manetho (vgl. Forsch. II, 490), bei dem er Teos heisst, nur 2 Jahre,
360—359, regiert, so liegt hier eine officielle Rechnung vor, deren Grund-
lagen wir nicht kennen; über einen Theil Aegyptens hat er mindestens
7 Jahre (366 bis Anfang 359) regiert. Die Gelder, die er dem Agesilaos
»schenkt* Xen. Ajjes. 2. 27, sind thatsächlich zur Anwerbung der Söldner
bestimmt, die Agesilaos ihm 361 zufflhrt, s. Plut. Ages. 36: 'App.
•rj&poioe jxia&o<p6poos a?' ujv 6 Ti^co? aüt<j> ^pYjfidtwv fiuo^t. Vgl. auch
c. 37, wo Tachos sich als rcdXat aofi^ax0« -r«T0V(i>« xa\ «ptXo; Spartas be-
zeichnet. Gesandte des Tachos in Alben : CIA. II, 60. — Timotheos'
Instruction: Demosth. 15, 9. Im Januar 865 steht Timotheos in Asien
und veranlasst ein leider ganz verstömmeltes Decret für Erythrae: CIA.
II, 53. Weiteres zur Chronologie §. 979.
965. Timotheos ging gegen Ende des Sommers 366 mit
30 Trieren und 8000 Peltasten in See. Geld nahm er nicht
mit, so wenig wie 375 bei dem Zuge nach Korkyra; alle Unter-
nehmungen Athens tragen eben jetzt, wie schon zur Zeit
Thrasybuls, im wesentlichen den Charakter eines Raubzuges,
der sich in den folgenden Kriegen immer brutaler ausgeprägt
hat; es war schon ganz gewöhnlich geworden, dass die atti-
schen Capitäne und ebenso die Söldner nebenbei etwas Pira-
terie gegen Freund und Feind trieben. Timotheos selbst Hess
es auch diesmal an Aufopferung nicht fehlen; er nahm Anleihen
auf und stellte Wechsel auf seine Rückkehr aus, und im
übrigen trieb er »freiwillige Beiträge« von den Bündnern ein
und half sich unter anderem dadurch, dass er schlechtes Geld
ausgab und alle Fremden zwang, nur bei seinem Heer ihre
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. Timotheos und Agesilaos in Kleinasien. Einnahme von Samo*. 457
Lebensmittel zu kaufen, oder dass er auf Samos die Ernte
den Besitzern Hess und dafür Geld nahm. Er warf sich zu-
nächst auf Samos t das die Perser unter Tigranes besetzt
hatten; nach zehnmonatlicher Belagerung wurde die Stadt
genommen (Sommer 365). Die Athener schickten 2000 Kle-
ruchen hin, welche alsbald die alten Einwohner (es waren
vorwiegend die Nachkommen der Oligarchen Lysanders) wie-
der einmal verjagten und die ganze Insel in Besitz nahmen;
in den Jahren 361 und 352 wurden sie durch neue Colonisten
verstärkt. — Von Samos aus fuhr Timotheos nach dem Helles-
pont, um mit Agesilaos zusammen dem Ariobarzanes zu helfen.
Dieser war inzwischen durch Autophradates in arge Bedräng-
niss gerathenxind wurde in Assos belagert; und auch Maussollos
war mit 100 Schiffen eingetroffen. Aber es war beiden Satrapen
nicht Ernst mit dem Kriege ; als Timotheos und Agesilaos ein-
trafen, begannen sie Verhandlungen und Hessen sich zum Abzug:
bewegen, ja Maussollos gab dem Agesilaos Geld so gut wie
sein Gegner Ariobarzanes. Dann befreiten die beiden Griechen
das von dem Satrapen besetzte Sestos von einem Angriff des
Thrakerkönigs Kotys, und Timotheos erhielt diese Stadt und
das benachbarte Krithote zum Geschenk. Damit hatte Athen
endlich auf der Chersones wieder festen Fuss gefasst. Von
Kotys erlangte Timotheos eine grosse Gontribution. Auch
Perinthos, von dem Kotys Gelder erpresste, scheint er ge-
schirmt zu haben; Philiskos, Ariobarzanes' Vertrauter und
Herrscher über Lampsakos, zahlte der Garnison, die in jene
Stadt gelegt wurde, den Sold. Byzanz brachte Timotheos zur
Anerkennung der attischen Suprematie zurück. — Nach diesen
Erfolgen, die den Athenern in den heimgesandten Geldern
greifbar vor Augen traten, wurde dem siegreichen Feldherrn
das Commando Jahr für Jahr verlängert und im J. 364 zu-
gleich der Krieg gegen Amphipolis und die Chalkidier an
Stelle des Iphikrates übertragen. Timotheos hat sich ver-
mutlich zunächst gegen Makedonien gewandt; er entriss
diesem die Hafenstädte Pydna und Methone und brachte
den König — seit 365 war es Perdikkas III., der den ihm auf-
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458 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
gedrängten Vormund Ptolemaeos (§. 956) ermordet hatte — zum
Anschluss an Athen. Mit seiner Hülfe bekriegte er die Olyn-
thier. Im J. 363 eroberte er Torone und Potidaea, und zwang
schliesslich einen grossen Theil der chalkidischen Städte, aus
der Union mit Olynth zu Athen zurückzutreten, vorwiegend
wohl die Orte der drei Landzungen, die sich nach dem Fall
von Torone und Potidaea nicht mehr behaupten konnten ; denn
den Rumpf der Halbinsel und Olynth selbst hat Timotheos
unzweifelhaft nicht unterworfen. Auch Amphipolis hat er
nicht nehmen können; die Stadt fand bei den Thrakern des
Kotys Hülfe, der jetzt, nach der Abberufung seines Schwieger-
sohnes Iphikrates, keinen Anlass mehr hatte, auf Athen Rück-
sicht zu nehmen. Im J. 363 wurde Alkiniachos, den Timo-
theos gegen Amphipolis sandle, gezwungen, sich den Thrakern
zu ergeben. — In Potidaea wurde im J. 361 die athenische
Colonie wiederhergestellt, auf Betreiben des athenisch gesinnten
Theils der Einwohner selbst ; die Gegner waren natürlich ver-
jagt worden.
Piraterie: Demosth. 28, 148 betrachtet es als unvermeidlich, dass
Charidemos als SAldner Athens seit etwa 368 gelegentlich sX-jCs-ro too;
up-ttipoo; aofxudyoo;. — Xenophon übergeht den Seekrieg absichtlich ganz,
und Diodor hat sich mit der kurzen Notiz XV, 81, 6 begnügt; unsere
Hauptquelle (ausser der kurzen Notiz bei Dinaren 1, 14) bilden die beiden
Abrisse bei Isokr. 15, 108 ff. und Nepos Tim. 1; für Agesilaos: Xeno-
phon Ages. 2, 26 f., wo von diesem erzählt wird , was Isokrates von
Timotheos, und Nepos richtig als gemeinsames Werk beider berichtet.
Ausrüstung und Finanzkniffe: Isokr. 15, 108. 111. 113. Arist. oec. II, 22.
Polyaen III, 20, 1. 9. 10. Samos: Isokr. 15. 111. Nepos 1, 2. Demosth.
15, 9. Vgl. Plut. Pelop 2. üeber die Kleruchie [Heraklides] pol. 10. 7.
Sie fällt nach Diod. XVIII, 18. 9 ins J. 365; spätere Kleruchien: sc hol.
Aesch. 1, 53. Philoch. fr. 131. — Arinharzanes in Assos [Adramytion
Polyaen VII, 26] belagert und befreit: X^n. Ages. 2, 26. Nepos Timoth.
1, 3. Sestos und Krilhole: Xen. Ages. 2, 26. Nepos 1, 3. Isokr. 15, 112.
Byzanz: Nepos 1, 2. Kotys gegen Perinth : Arist. oec. II, 26. Philiskos '
«fjuofroSoxsi xo:? ev lleptvfl-w tfvoic Demosth. 23. 142, vgl. 165. — Krieg
ge^en die Cualkidier (oder Olynthier) und Amphipolis: Demosth. 23,
149 f. schol. Aesch. 2, 31. Polyaen III, 10. 7. 14. Methone und Pydna:
Dinaren 1, 14, durch die Geschichte Pnilipps bestätigt Bündniss mit
Perdikkas: Demosth. 2, 14. Polyaen III, 10, 14. Ehrung des Pelagonen
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Timolheos gegen die Chalkidier. Pelopidas' Ausgang.
459
Menelaos (d. i. wahrscheinlich des Fürsten von Lynkestis, s. Dittenberger's
Commentar) auf Grund von Tiraotheos' Bericht: oovttoUjioövTa xai x?V
jtata ttapc^ovta tiv rcoXejiov töv Kpöj XaXxiäsac xai npo? *A{if tnoXiv, im
Frühjahr 362: CIA. II, 55. DS. 102 mit Dittenberokr's Commentar, vgl.
DS. 103 und CIA. II. 95 c suppl. p. 30. Torone und Potidaea: Diod. XV,
81, 6 (364/3). Isokr. 15. 108. 113. Polyaen 111. 10, 15. Kleruchie in Poti-
daea: CIA. II. 57. DS. 104; vgl. CIA. II. 59. 60. Dem. 6, 20. 7, 10. Isokr.
15, 113 sagt XaXxi&eac Scxavta? xotxenoXtjiYiosv, Nepos 1, 2 Olynthios hello
subegit. Aber wenn er Olynth selbst gewonnen hätte, würde das gesagt
werden ; und überdies hat Tim. nach Isokr. 1. c. alles in allem 24 Städte
Athen unterworfen, also lange nicht die Hälfte der chalkidischen Städte.
— Niederlage bei Amphipolis: scho). Aesch. 2, 31. Nach Iphikrates' Ab-
berufung gibt dessen Söldnerofficier Charidemos den Amphipoliten eine
Anzahl Gefangener, die durch Verrath in Iphikrates1 Hände gefallen waren,
frei und gebt zu Kotys über, während Timotbeos gegen Amph. Krieg führt:
Demosth. 23, 149 f. — Ptolemaeos' Ermordung: Diod. XV, 77, 5 (365/4),
vgl. XVI, 2, 4 und die Chronographen; schol. Aesch. 2, 29 werden ihm
5 Jahre anstatt 3 gegeben.
Die Thebaner in Thessalien. Unternehmungen zur See.
966. In Theben ist, nachdem auch der dritte Zug des
Epaminondas in den Peloponnes (§. 960) keinen Erfolg gebracht
hatte, wenn auch nicht durch seine Schuld, sondern durch die
der Demokraten, die Friedenspartei aufs neue ans Ruder ge-
kommen und hat sich zunächst auch nach dem Frieden von
366 behauptet, wenngleich ihr Fuhrer Menekleidas auf Pelo-
pidas' Betreiben in eine schwere Geldstrafe verurtheilt wurde.
Man bedurfte nach 13jähriger Kriegszeit dringend der Ruhe;
und das Verhalten der Arkader und Achaeer lehrte deutlich,
dass die Boeoter nicht im Stande waren, den Peloponnes
dauernd zu beherrschen. Megara freilich hätte man gern ge-
habt; aber die Versuche, den Staat zur Aufgabe seiner Neu-
tralität zu bewegen, hatten keinen Erfolg, und zur Gewalt ist
man nicht geschritten. Auch die Herrschaft im Norden wünschte
man festzuhalten und weiter zu festigen, und Pelopidas brannte
vor Begier, die ihm von Alexander von Pherae zugefügte
Schmach zu rächen. In Thessalien tobte der Bürgerkrieg
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460 IV» 7. Epaminondas und . die Vernichtung der spartanischen Macht.
gegen den gewaltthätigen Herrscher; so griff Theben mit Freuden
zu, als im Sommer 364 die unterliegenden Aristokraten aufs
neue um Hülfe und Befreiung baten. Pelopidas übernahm das
Commando; aber eine Sonnenfinsterniss (13. Juli 364) bewirkte,
dass das Aufgebot von 7000 Mann wieder entlassen wurde.
Nur mit 300 freiwilligen Reitern und einer Söldnerschaar zog
Pelopidas nach Thessalien; hier erhielt er von den Aufständi-
schen weiteren Zuzug. Alexander erwartete ihn mit einem
starken Söldnerheer bei dem Höhenzug der Kynoskephalai,
Pelopidas' Reiter drangen erfolgreich vor, sein Fussvolk dagegen
wurde zurückgedrängt. Da stürzte er sich selbst in den dich-
testen Kampf und erfocht auch einen vollen Sieg; aber er
fiel, als er auf den verhassten Gegner eindrang, um ihn im
Zweikampf niederzuhauen. Der Tod des Befreiers hat dann
die Thebaner gezwungen, endlich mit genügender Macht vor-
zugehen; im nächsten Jahr, 363, rückten die Boeotarchen
Malekidas und Diogeiton mit einem starken Heer in Thes-
salien ein, schlugen Alexander zum zweiten Mal, und zwangen
ihn zur Unterwerfung. Er wurde auf Pherae und sein Ge-
biet beschränkt, und musste sich verpflichten, den Boeotern
Heeresfolge zu leisten; Magnesia und Phthiotis wurden an
Theben abgetreten, das übrige Thessalien als Bundesstaat con-
stituirt, der gleichfalls mit Theben in Bündniss trat. — Wäh-
rend dessen war in Boeotien selbst der Versuch gemacht, die
Demokratie zu stürzen. Er ging von den Exulanten aus und
fand seine Hauptstütze in Orchomenos ; aber auch in Theben
hatten sie Anhänger. Indessen die Verschwörung wurde ent-
deckt, und jetzt beschlossen die Thebaner, an ihrem alten
Rivalen blutige Rache zu nehmen: Orchomenos wurde er-
obert, die Männer umgebracht, die Weiber und Kinder ver-
kauft, die Stadt wie Plataeae vom Erdboden vertilgt.
0-r$aioi . . . Mrppsüaiv ijxopot; olr.v -rj-stXouv I*okr. 5, 53. — Pelo-
pidas' Au^ang: Plul. Pel. 81 ff. Uiod. XV. 80 (364/3, in Uebereinstim-
mung mit dem astronomischen Dalum). Nepos Pel 5. Die Boeotarchen
von 363 erscheinen, wie Köhler, Herme» 24. 637 erkannt hat, in der
Inschrift CIGrSept. 2408. [Pelopidas war ISmal Boeotarch gewesen, Plut.
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Die Thebaner in Thessalien. Eparainondas' Seeexpedition. 461
Pelop. 25.] — Zur Heeresfolge der Thessaler Xen. VII, 5, 4. In Phthiotis hat
Theben den Hafen Ecbinos besetzt gehalten: Dem. 9. 34 mit den sc hol.,
ebenso Nikaia bei den Thermopylnn Aeschin. 3, 140, Dem. 11, 4- — Orcho-
menos: Üiod. XV, 79, 3 IT. (364|3j; Pausan. IX, 15. 3 (falschlich nach
dem vorigen Kriege gegen Alexander). Demosth. 20, 109. Plut. comp.
Pel. et Marc. 1. Das Dalum Diodors wird dadurch bestätigt, dass Iso-
krates im Archidamos 27 das Ereigniss offenbar noch nicht kennt. —
Gehört der Ausgang de* Menekleidas Plul. Pelop. 25 (nach seiner Ver-
urtheilung Jin^stp*rjo« xiWJaat xai fjutaarypai tyjv «okt-rtiav) in diesen Zu-
sammenhang?
967. Epaminondas war während dieser Vorgänge nicht
in Theben. Da seine Pläne auf den Peloponnes gescheitert
waren, wollte er den Versuch machen, Boeotien aus seinen
beschränkten Verhältnissen herauszureissen , indem er es zu
einer Seemacht entwickelte, es dadurch aus der Umklammerung
durch Alhen befreite, und ihm neue Hülfsquellen und Verbin-
dungen erschloss. Er meinte, was Athen ein Jahrhundert zuvor
erreicht habe, könne Boeotien auch leisten: »man müsse die
Propylaeen von der Burg Athens nach der Vorhalle der Kad-
mea verpflanzen«. In der That waren die Erfolge, die Timo-
theos errungen hatte, für Boeotien bedenklich genug, und es
konnte rathsam erscheinen, einen Gegenzug zu wagen. Die
Volksversammlung stimmte zu; der Bau von 100 Trieren und
die Anlage von Schiffswerften wurde beschlossen — wohl zu
diesem Zweck wurde der lokrische Hafen Larymna von
Boeotien annectirt — , und Epaminondas auf die See ent-
sandt (wahrscheinlich 364). Die Bundesgenossen Athens,
längst der Bundessteuern überdrüssig und durch die neue
Wendung der attischen Politik erst recht misstrauisch ge-
macht, nahmen ihn mit Freuden auf. Euboea war bereits
eng mit Boeotien verbunden; jetzt fielen die Stalte der un-
mittelbar vor Attika gelegenen Insel Koos ab, ebenso wahr-
scheinlich Naxos. Chios und Rhodos, die zwanzig Jahre zu-
vor in Athen ihre einzige Stütze gesehen halten, traten mit
Theben in Verbindung, das eben durch Timotheos wieder ge-
wonnene Byzanz rief Epaminondas als Befreier herbei. Epami-
nondas und Timotheos gingen sich sorgfältig aus dem Wege; der
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462 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
Stratege Laches aber, der zum Schutz des Bundesgebiets ent-
sandt war und Epaminondas die Durchfahrt verlegen wollte,
wurde von diesem zum Rückzug gezwungen. Epaminondas
konnte am Bosporos erscheinen und mit Byzanz einen Ver-
trag abschliessen. Auch Kyzikos und Kalchedon scheinen sich
ihm angeschlossen zu haben. — Indessen über diese vielver-
heissenden Anfange ist die thebanische Seemacht nicht hinaus-
gekommen; inzwischen waren im Peloponnes Ereignisse ein-
getreten, die eine neue Intervention der Thebaner unvermeid-
lich machten. Dadurch wurden die Athener unter Chabrias
in den Stand gesetzt, Keos und Naxos wieder zu unterwerfen.
Auch hier lenkte man in die Bahnen des alten Reichs ein:
ausser den unvermeidlichen Strafgerichten wurde den Städten
der attische Gerichtszwang auferlegt, und Keos musste sich
verpflichten, das Hauptproduct der Insel, den Röthel, fortan
nur nach Athen zu exportiren. Timotheos aber ging aufs
neue nach dem Hellespont und stellte Athens Ansehen wieder
her. Wenn auch Byzanz im Bunde mit Theben blieb, so ge-
wann er dafür Kyzikos, das er aus einer Belagerung (durch
wen?) befreite. Dann kehrte er etwa Anfang des Som-
mers 362 sieggekrönt nach Athen zurück (vgl. §. 975).
Epaminondas' Flottenplan und Seefahrt: Diod. XV, 78 f. (unter
364/3). Isokr. 5, 53. Aeschin. 2, 105; vgl. Demosth. 50. 5. Plut. Philop.
14. Das boeotische Decret von 368 CIGSept. 2408 (vgl. §. 966 A.) ist, wie
D ittenberger erkannt hat, für einen Byzantier verfasst; es beweist,
dass Epam. in diesem Jahre nicht Boeotarch war. Indessen ist nicht
sicher, dass er die Ausfahrt als Boeotarch unternommen hat. Vgl.
auch §. 980 Aber Epaminondas' Beziehungen zu Heraklea. — Larymna :
Pausan. IX, 23, 7. — Keos: Plato legg. I, 638b. CIA. II, 54b suppl.
p. 15. DS. 101, vom J. 363/2; vgl. Köhler, MAI. II, 146 ff., der die Ver-
hältnisse vortrefflich illustrirt bat. Die Insel ist von Chabrias unterworfen,
das Decret von Aristophon beantragt, der nach schol. Aesch. 1. 64
gleichfalls auf Keos gekämpft bat. Daran schliesst sich seine Anklage
durch Hyperides, vgl. Hyperid. c. Euxen. 28. — Rötheimonopol: CIA.
II, 546; Naxos CIA. II. 88 d suppl. p. 29, vgl. §. 928 A. — Timotheos be-
freit Kyzikos : NeposTim. 1, 3. Diod. XV, 81, 6, nach dem chalkidischen
Kriege [vgl. Demosth. 23, 150]. Byzanz bleibt im Bunde mit Theben:
CIGSept. I, 2418. DS. 120, vgl. Demosth. 50, 5.
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Epaminondas und Athen zur See. Korinth. Sikyon. Elis. 463
Der Peloponnes. Arkadien und Elis.
968. Im Peloponnes hat der Friede von 366 den inneren
Wirren kein Ende gemacht. In Korinlh versuchte der Führer
des Söldnercorps Timophanes, selbst ein Mitglied der herr-
schenden Aristokratie t sich zum Tyrannen zu machen, be-
seitigte die gefährlichsten Gegner und besetzte die Burg ; aber
sein eigener Bruder Timoleon, der die Bürgerpflicht des Ty-
rannenmordes höher stellte als die Bande des Bluts, überfiel
ihn und Hess ihn durch seine Genossen niederstossen. In
Sikyon gelang es dem Euphron (§. 960), in dem Parteihader,
dem der thebanische Commandant auf der Burg unthatig zu-
sah, zurückzukehren und die Herrschaft der Demokratie wieder
herzustellen; er war dabei von Athen aus mit Söldnern unter-
stützt worden. Jetzt war sein Ziel, die Thebaner los zu
werden; er ging nach Theben, um zu erreichen, dass man
ihm die Burg übergebe, indem er sich als den treuen Ge-
nossen der Boeoter hinstellte. Jedoch er wurde vor den Augen
des Raths, mit dem er verhandelte, auf der Kadmea von sikyo-
nischen Exulanten erschlagen (etwa 364). Die Thebaner bil-
ligten die That und erklärten Euphron für einen Tyrannen
und Verräther; der Demos von Sikyon dagegen feierte ihn als
den Befreier und bestattete ihn auf dem Markt als seinen
Schutzheros. Seine Anhänger und Nachkommen haben die
leitende Stellung in der Stadt dauernd behauptet. Die the-
banische Besatzung freilich scheint in der Stadt geblieben zu
sein. — Folgenschwerer war der Hader zwischen Elis und
Arkadien. Elis war von den Arkadern, zu deren Befreiung
es so eifrig mitgewirkt hatte, durch die Einverleibung eines
grossen Theils seiner alten Unterthanenlande aufs schwerste
verletzt worden; seit 368 hatte es sich daher vom Kriege zurück-
gezogen, wohl aber vom Perserkönig einen seinen Ansprüchen
günstigen Bescheid erwirkt. Der Gegensatz gegen Arkadien
hatte zur Folge, dass wie in den Achaeerstadten so auch in
Elis die Aristokraten an der Herrschaft blieben. Jetzt, im
464 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht
J. 365, hielten sie die Zeit für gekommen, mit Gewalt vorzu-
gehen; sie überfielen den von Arkadien besetzten Ort Lasion
(§. 953). Die Arkader schlugen sie zurück, eroberten ihr ge-
sammtes Gebiet und drangen in die Stadt Elis ein. Hier wurden
sie freilich herausgeschlagen; aber die Unterthanen der pisati-
schen Landschaft wurden jetzt aufs neue als selbständiges
Gemeinwesen constituirt. In Elis versuchten die Demokraten
die Herrschaft zu gewinnen und dann mit Arkadien in enge
Verbindung zu treten; doch wurden sie überwältigt und
mussten nach Pylos am oberen Peneios flüchten. Die Achaeer
hatten den Eliern bereits Hülfe geleistet — die Arkader
rächten sich dadurch, dass sie, gestützt auf ihre Verbindungen
mit den Demokraten, einen Handstreich auf Pellene ver-
suchten — ; jetzt schloss Elis ein Bündniss mit Sparta, wäh-
rend Athen den Arkadern vertragsmässig, wenn auch wider-
willig genug, ein Reitercorps zu Hülfe schickte. Im J. 364
wurden die Elier von neuem geschlagen; aber die Spartaner
unter Archidamos machten ihnen dadurch Luft, dass sie in
Arkadien einbrachen und die Bergfeste Kromnos im Quell-
gebiet des Alpheos besetzten. Jetzt wandten sich freilich die
Arkader gegen sie, verstärkt durch Zuzüge von Messenien,
Argos und Theben — Athen hatte sich vorbehalten, bei
einem Krieg gegen die ihm gleichfalls verbündeten Spartaner
fern zu bleiben. Sie schlössen den Ort ein und brachten die
drei hier liegenden Lochen in grosse Noth; Archidamos, der
Entsatz bringen wollte, erlitt eine Niederlage und wurde selbst
verwundet. Schliesslich gelang es wenigstens einem Theil der
Besatzung durchzubrechen , die übrigen , über 100 Spartiaten
und Perioeken, mussten sich ergeben. — Während dessen
hatten die Elier einen Theil ihres Hinterlandes wieder erobert
und die Demokraten in Pylos bewältigt und zusaramengehauen.
Als jetzt die Pisaten, von den Arkadern mit der Leitung des
olympischen Heiligthums betraut, im Hochsommer 364 die
Festspiele feierten, brachen die Elier in die Feier ein; auf dem
heiligen Boden, inmitten der Tempel und Hallen, kam es vor
den Augen der aus ganz Hellas zusammengeströmten Fest-
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Elis und Arkadien. Zersetzung des arkadischen Bundesstaats. 465
Versammlung zu einem blutigen Kampf. Schliesslich schlugen
die Arkader den Angriff ab; aber sie wagten nicht, weiter
vorzudringen, und die Elier konnten ungehindert in ihre Stadt
zurückkehren.
Timophanes : Plut. Timol. 3 ff. eTxost cx«3ov tx<Lv Sia^svo^viuv wird
Timoleon im J. 845 nach Syrakus gerufen. Nepos Timol. 1. Diod. XVI,
65 [mit falscher Chronologie]. Arist. pol. VIII, 5, 9. — Euphrons Aus-
gang: Xen. VII, 3. Seine Nachkommen: CIA. II, 231b suppl. p. 64.
DS. 161. 163. Bei Mantinea bat die Stadt den Thebanern Heerfolge ge-
leistet (Diod. XV, 85, 2). — Elis und Arkadien: Xen. VII, 4, 12 ff. Diod.
XV, 77. 78 (unter 365/4 und 364/3). Pausan. VI, 4, 2. 22, 3 [hierher
gehört wahrscheinlich auch Pausan. V, 27, lj. Proxeniedecret der Pi-
saten für zwei Sikyonier: Inschr. von Olympia 36. DS. 98. — Gehört in
diese Zeit die gemässigt conservative Verfassung , die Phormion , angeb-
lich ein Schöler Piatos, in Elis einführt (Plut. praec. reip. ger. 10, 15.
adv. Colot. 32, 8)?, vgl. §. 988. — Ueber Kromnos auch Kallisth. fr. 13
(Athen. X, 452 a). Polyaen II, 15 (der fälschlich Prasiae nennt). Justin
VI, 6, 6 ff., der von hier an wieder zu schlafen aufhört Plut. de vitando
pudore 16.
969. Diese Vorgänge brachten in Arkadien selbst die
inneren Gegensätze zum Ausbruch. Die alte Rivalität zwischen
Mantinea und Tegea war durch die Union wohl zeitweilig
überbrückt, aber nicht aus der Welt geschafft worden. Man-
tinea hatte in dem Bundesstaate zunächst die Führung gehabt ;
nach Lykomedes' Tode (§. 961) mag es durch die Majorität
der anderen zurückgedrängt sein, so dass es bei den jetzigen
Zuständen nicht mehr seine Rechnung fand. Die Arkader
hatten bei der Occupation Olympias die Tempelschätze mit
Beschlag belegt — ein Gedanke, der schon beim Ausbruch des
arch idamischen Kriegs aufgetaucht war; auch in Delphi hatte
man im J. 370 von Iason nichts anderes erwartet, und Theben
hatte 370 eine Anleihe in Olympia erhoben (§. 950). Das Gold
hatte man von dem Pisatenstaat ausprägen lassen und zur Löh-
nung des Eparitencorps (§. 953) verwendet. Jetzt erklärten die
Mantineer, dass sie an diesem Frevel nicht länger Theil haben
wollten ; statt dessen brachten sie ihren Beitrag zu den Kriegs-
geldern durch eine Steuer auf. Die Bundesregierung sah darin
Hey er, Geschichte des Alterthums. V. 30
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466 1»V, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht
mit Recht die Ankündigung einer Separation; sie schritt mit
grosser Energie gegen Mantinea ein. Aber dies schloss ihren
Schergen die Thore ; und auch anderswo begann jetzt das Ge-
wissen zu schlagen über die Vergreifung am nationalen Tempel-
gut. Die Versammlung der Zehntausend desavouirte ihre Be-
amten und beschloss, die heiligen Gelder nicht länger anzutasten.
Die Folge war, dass die Epariten sich verliefen, weil sie jetzt
keinen Lohn mehr erhielten; statt ihrer stellten die Wohl-
habenden sich in Menge zur Aushebung, um sich so des Re-
giments zu bemächtigen. Die bisherige Regierung, die ihr
Leben in Gefahr sah, wandte sich um Hülfe nach Theben;
die übrigen Peloponnesier vermittelten und brachten noch ein-
mal einen Frieden zu stände. Die Arkader Hessen den Pi-
satenstaat fallen, da der Besitz Olympias jetzt für sie keinen
Werth mehr hatte, und gaben zu, dass Elis die Leitung der
Spiele wieder übernahm; den Boeotern wurde erklärt, dass
man ihrer Hülfe nicht mehr bedürfe (363 v. Chr.). Doch die
bisherigen Machthaber konnten sich damit nicht zufrieden
geben; unter Mitwirkung eines von den Boeotern einstweilen
vorausgesandten Corps von 300 Hopliten überfielen sie auf
dem Bundestage in Tegea die Versammlung und nahmen die
Häupter der aristokratischen Partei aus allen Städten fest.
Aber sie hatten den Muth nicht, den Staatsstreich bis zum
Ende durchzuführen, zumal da von den Mantineern, auf die
man es vor allem abgesehen hatte, die meisten entkommen
waren; als sich die heftigsten Beschwerden erhoben, stimmte
auch der thebanische Truppenführer für die Freigabe der Ge-
fangenen. Jetzt beschwerte sich der arkadische Bund in Theben.
Aber er erhielt keine Genugthuung. Vielmehr erklärte Epami-
nondas, der boeotische Oflicier würde besser gethan haben, die
Gefangenen festzuhalten: Arkadien habe die Boeoter um Hülfe
gerufen; es sei offener Bundesbruch, wenn es jetzt ohne ihre
Zuziehung Frieden schliesse. So werde er selbst in den Pe-
loponnes ziehen, um mit denen, die treu geblieben seien, den
Krieg fortzuführen. Die Folge war, dass die Einheit Arka-
diens auseinander brach. In Tegea, Megalopolis und den
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Sprengung des arkadischen Bundes. Epaminondas im Peloponnes. 467
meisten anderen Städten gewannen die Demokraten die volle
Herrschaft ; die Gegner schaarten sich um Mantinea. Jeder der
beiden Theile behauptete, den wahren arkadischen Bund zu
repräsent iren , den die Gregner vergewaltigen wollten. Tegea
und seine Genossen wandten sich um Hülfe nach Argos,
Messene und Boeotien, Mantinea schloss ein Bündniss mit den
Gegnern der arkadischen Expansionsgelüste Elis, Achaia und
Sparta. Auch Athen trat natürlich auf diese Seite; dadurch
war es diesmal in der Lage, die übernommenen Bundes-
pflichten zugleich gegen Sparta und gegen Arkadien zu erfüllen.
Vorgange in Arkadien: Xen. VII, 4, 33-5, 3. Diod. XV, 82 (unter
363/2), wo seltsamer Weise die Rollen von Mantinea und Tegea in dem
Streit über die olympischen Gelder vertauscht sind. Goldmünzen von
Pisa: R. Weil, Z. f. Numism. XXII, 1 ft*., der auch nachweist, dass die
von Frankel, Ber. Berl. Ak. 1898, 635 ff. auf diese Zeit bezogene Inschrift
(Abrechnung Ober Geldbussen) in spätere Zeit gehört und wahrscheinlich
mit den Nemeen zusammenhängt.
Die Schlacht bei Mantinea und ihre Folgen. Epaminondas'
geschichtliche Stellung.
970. Epaminondas hat vermuthlich nicht ungern gesehen,
wie die Dinge in Arkadien sich entwickelten; musste doch
jetzt auch dem blödesten Auge klar werden, dass eine be-
waffnete Intervention im Peloponnes unvermeidlich sei, wenn
nicht Thebens Einfluss auf der Halbinsel definitiv verloren gehen
sollte. Er erreichte denn auch, dass er im J. 362 mit einem
starken Heere Von Boeotern und sämmtlichen Bundesgenossen
mit Ausnahme der Phoker — diese erklärten , sie seien ver-
tragsmässig zur Hülfsleistung bei einem Angriffskriege nicht ver-
pflichtet (vgl. §. 946) — in den Peloponnes entsandt wurde. Me-
gara und Korinth blieben wie es scheint neutral, gestatteten aber
den Durchmarsch. Bei Nemea hielt sich Epaminondas längere
Zeit auf, in der Hoffnung, die Athener abfangen zu können.
Diese gingen zwar mit Eifer auf den Krieg ein und stellten
wie früher ein starkes Heer auf; aber mit Recht suchten sie
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468 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht
einen isolirten Kampf zu vermeiden und warteten daher ab,
um im Fall der Noth über See zu gehen. Inzwischen halten
sich die Verbündeten Mantineas bei der Stadt gesammelt. Von
Sparta rückte diesmal der greise Agesilaos selbst ins Feld, mit
den Reitern , den Söldnern , die er durch die aus Asien mit-
gebrachten Gelder (§. 964 f.) hatte anwerben können, und drei
Lochen des Bürgerheers. Epaminondas zog nach Tegea und
vereinigte sich mit den Argivern, Arkadern und Messeniern.
Beide Armeen standen jetzt in der grossen ostarkadischen
Hochebene, und zwar die boeotische im Süden der feindlichen,
so dass die Spartaner von ihrer Heimath abgeschnitten waren.
Diesen Vortheil benutzte Epaminondas zu einem raschen Ueber-
fall auf das ahnungslose und von Vertheidigern fast entblösste
Sparta ; er durfte hoffen, dass der vor sieben Jahren geschei-
terte Versuch, Sparta zu vernichten, diesmal gelingen werde.
Spät Abends brach er auf, vom Feinde unbemerkt, und rückte
ins Eurotasthai vor; aber auch diesmal war ihm der Erfolg
nicht beschieden. Agesilaos hatte durch einen Ueberläufer
Kunde erhalten ; in eiligem Marsch kam er Epaminondas zu-
vor und rief die kleine Bürgerschaar zu den Waffen. Die
Boeoter drangen in die Stadt ein ; aber in erbittertem Strassen-
gefecht wurden sie hinausgeschlagen, und bei einem Ausfall
mit noch nicht hundert Mann warf Archidamos die erschreckten
Gegner zurück. Sparta war zum zweiten Male gerettet ; Epa-
minondas erkannte, dass er nichts ausrichten könne, und führte
seine Truppen ebenso eilig zurück, wie sie gekommen waren,
um nun wenigstens Mantinea zu überrumpeln.
Mit dem grundlegenden Bericht bei Xenophon VII, 5, 4—14 stimmen
die übrigen (Diod. XV, 82 f. Plut. Ages. 84. Justin VI, 7. Polyb. IX, 8
— vgl. ferner Aeneas tact. 2, 2. Isokr. ep. 9, 4. Polyaen II, 3, 10
= Frontin III, 11, 5) im wesentlichen überein, abgesehen von einzelnen
Uebertreibungen. Dass Diodor aus Ephoros schöpft, geht daraus hervor,
dass er XV, 82, 6 eine Erweiterung des Berichts Xenophons gibt, nicht
den des Kallisthenes (Plut. Ages. 34). Im übrigen ist seine Schilderung
der Schlacht bei Mantinea so elend und Iftsst die strategisch entscheiden-
den Momente so völlig ausser Acht, wie es nach Polybios* Zeugniss XII,
•25 f, 3. 4 die des Ephoros gethan hat. — Der athenische Feldherr war
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Epaminondas' zweiter Zug gegen 8parta. Schlacht bei Mantinea. 469
Hegesileos : Ephoros bei Diog. L. II, 54. Xen. vect. 3, 7 ; bei Diod. XV,
84, 2 verschrieben 'H^Xoxoq.
971. Aber auch dieser Plan wurde vereitelt. Zwar waren
die Mantineer sorglos bei dem Einbringen der Ernte beschäf-
tigt und wären mit ihrem Vieh den Reitern, die Epaminondas
sofort gegen sie ausschickte, sicher zur Beute gefallen ; aber un-
mittelbar vorher waren vom Isthmos her die athenischen Reiter
eingetroffen. Obwohl von dem langen Ritt erschöpft, warfen
sie sich sofort auf die Feinde. In dem harten Gefecht fan-
den viele von ihnen den Heldentod — darunter Xenophons
Sohn Gryllos — ; aber durch ihre Aufopferung hatten sie
die Mantineer gerettet. — Jetzt blieb Epaminondas nichts
übrig, als den offenen Entscheidungskampf zu wagen, zumal
der Termin, zu dem er heimkehren musste, vor der Thür
stand. Sein Heer hatte er mit kriegerischem Muthe erfüllt;
am 12. Skirophorion (5. Juli) 362 v. Chr. stellte er es in der
Ebene vor Mantinea zur Schlacht. Aber dann schwenkte er
ab in die Höhen im Westen, um den Feinden den Glauben zu
erwecken, er wolle nicht schlagen, und lockerte dadurch ihre
Aufstellung. Jetzt liess er plötzlich aus der Marschcolonne
in die Schlachtordnung einschwenken und brach zum Angriff
vor; die überraschten Feinde hatten kaum Zeit, ihre Glieder
wieder herzustellen. Eine eingehendere Schlachtschilderung be-
sitzen wir nicht; nur die Hauptmomente stehen durch Xeno-
phons Angaben fest. Der Grundgedanke der Schlacht bei
Leuktra kehrt auch hier wieder, der vernichtende Stoss mit
dem Gewalthaufen der boeotischen Phalanx auf den Offensiv-
flügel der Feinde; aber er ist weiter entwickelt und die
Verhältnisse sind grösser geworden. Die Reiterei stand in
beiden Heeren auf den Flügeln ; Epaminondas formirte jetzt die
seine gleichfalls als einen dicht gedrängten tiefen Haufen und
unterstützte sie durch zwischen die Schwadronen gestellte Leicht-
bewaffnete (a{itZÄOt rceCoi' Xen. VII, 5, 24 — auch das war eine
Fechtweise, die bei den Boeotern schon früher vorkommt: Thuk.
V, 57, 2), in der richtigen Erwägung, dass wenn die feind-
liche Reiterei entscheidend geworfen werde, damit die Schlacht
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470 Epaminondaa und die Vernichtung der spartanischen Macht.
schon gewonnen sei ; er traute also seiner Reiterei eine grös-
sere Manövrirfahigkeit im Angriff auf feindliches Fussvolk zu,
als in den früheren Schlachten vorhanden war1). Da sein
rechter Flügel überhaupt nicht emsthaft ins Gefecht kommen
sollte T bereitet sich hier schon die Schlacht der makedoni-
schen Zeit vor, in der der Kampf in der Regel durch die
Reiterei entschieden wird und der Kern der Armee, die Pha-
lanx, oft überhaupt nicht mehr in Thätigkeit tritt. Um den
rechten Flügel gegen einen Angriff der gegenüberstehenden
Athener zu schützen, schob er in der Flanke eine Abtheilung
Reiter und Hopliten auf einen Hügel vor, die den Feinden,
wenn sie vorgingen, in den Rücken fallen konnte. So war
der Sieg nach Möglichkeit gesichert. Die boeotische und thes-
salische Reiterei eröffnete den Kampf und warf die Gegner,
wenn auch die Athener sich wieder sammelten und tapfer
wehrten; ja die Leichtbewaffneten und Peltasten, die den
Reitern folgten, wurden von dem athenischen Fussvolk zu-
sammengehauen. Inzwischen aber brach der Keil der boeoti-
schen Phalanx, von Epaminondas geführt, in die Mantineer
und Spartaner auf dem rechten Flügel der Feinde ein, »wie
eine Trieret, nach Xenophons trefflichem Gleichniss. Die feind-
lichen Reihen wurden auseinandergesprengt. Aber Epami-
nondas sank tödtlich getroffen zusammen. Seinen Sieg hat
er noch feststellen können; dann hat er seine Seele &usge-
haucht. Unter den anderen Heerführern war keiner, der den
Kampf weiter zu leiten und die Schlacht auszunutzen befähigt war;
jedes der beiden Heere schrieb sich den Sieg zu und erkannte
sich zugleich für besiegt, indem es den Feind um die Aus-
lieferung der Gefallenen bat und dadurch zugab, dass es nicht
Herr des Schlachtfeldes sei. So war man nach der Schlacht
l) Das hängt gewiss damit zusammen, dass die Reiterei auf die
leichter gerüsteten Peltasten erfolgreicher einhauen konnte als auf Ho-
pliten, gegen die sie offenbar, wenn diese nicht den Kopf verloren,
ziemlich wehrlos war — das ist ein Moment, welches in den Dar-
stellungen der früheren Schlachten auch von mir nicht genügend be-
rücksichtigt ist.
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Schlacht bei Manünea. Thebens Rücktritt. Friede von 362. 471
genau so weit wie vorher; der gewaltige Kampf endete ohne
jedes positive Ergebniss.
Reitergefecht: Xen. VII, 5, 14 ff. Diod. XV, 84, Polyb. IX, 8. Plut. de
glor. Ath. 2 (Gemälde des Euphranor, vgl. Pausan. I, 3, 4, falsch IX, 15, 5).
Ueber Gryllos' Tod Diog. L. II, 54 u. a. (§. 919); die spätere attische
Tradition (Pausan. VIII, 11, 6. IX, 15, 5) lässt thörichter Weise Epami-
nondas durch ihn fallen. — Datum der Schlacht: Plut. de glor. Ath. 7;
unter dem Archon Charikleides 363/2 Diod. und vit. X. orat. Demosth. 27.
Es ist ebenso unzulässig, das durch Xenophons Angabe über die Ernte
bestätigte Datum zu bezweifeln , wie die Schlacht erst ins nächste Jahr
zu setzen, was man auf Grund des Bündnissvertrags CIA. II, 57 b (§. 973)
jetzt in der Regel versucht; s. dagegen Fodcart, rev. arcb. 3. ser. XXXIII,
1898, 313 ff. — Für die Schlacht gibt Xenophon VII, 5, 19 ff. die Haupt-
momente in scharfer Beleuchtung; Diodors Bericht (d.i. Ephoros, §. 970 A.)
ist nicht nur ganz unmilitärisch, sondern auch allein vom attischen Inter-
esse beherrscht; höchstens einige Einzelheiten über die Aufstellung u. ä.
darf man ihm entnehmen, schwerlich die Zahlen (auf Ep. Seite über
30,000 zu Fuss, 3000 Reiter, bei den Feinden 20,000 und 2000; an Zahl
überlegen war aber Ep. schwerlich). — Ueber Ep. Tod auch Plut. Ages.
35. Nepos Epam. 9. Pausan. VIII, 11, 5. ff. Sonstige Notizen: Polyaen
II, 3, 14 = Frontin II, 2, 12.
972. Epaminondas selbst hat im Sterben, als er erfuhr,
dass auch Daiphantos und Iollidas gefallen seien, die er allein
für fähig hielt, sein Werk fortzusetzen, seinen Mitbürgern den
Rath gegeben Frieden zu schliessen. Mit seinem Tode ge-
wannen in der Bürgerschaft, die er wider ihren Willen in
scina Bahnen gezwungen hatte, die Friedenstendenzen aufs
neue und diesmal dauernd die Herrschaft. Zwar wollte man
die Schöpfungen Thebens , Megalopolis und Messenien , nicht
Preis geben; aber von irgend welchen weiteren Bestrebungen
war keine Rede mehr. Wieder einmal trat ein allgemeiner
Friedenscongress zusammen, und wieder wurde der Friede
beschworen auf Grund des status quo : »jeder Staat solle un-
abhängig sein«. Sparta verweigerte auch diesmal wieder den
Beitritt, weil es Messenien nicht anerkennen wollte. Aber von
einem neuen Angriff auf Lakonien war keine Rede mehr,
nicht weil man den redlichen Wunsch gehabt hätte, sich zu ver-
tragen, sondern weil alle Staaten erschöpft waren. Die Fehden
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472 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht.
gingen unaufhörlich weiter. Die Raubzüge der Messenier gegen
Lakonien nahmen kein Ende: »Tag und Nacht werden die
Spartaner von ihren Knechten geplündert, und nie haben sie
etwas anderes zu thun als irgendwo Krieg zu führen oder
Bürgern, die in Gefahr sind, zu Hülfe zu eilen« (Isokr. 5, 49).
Dabei mussle die decimirte, verarmte, grossentheils ihrer
Knechte und ihres Besitzes beraubte Bürgerschaft anfangen,
die Felder selbst zu bestellen; und ohne Söldner konnte sie
sich überhaupt nicht halten. Agesilaos ging im J. 3G1 mit
einem Söldnercorps in die Dienste des Aegypterkönigs Tachos
(§. 964), um seiner Heimath Geld zu verschaffen; hier fand
er sich zusammen mit seinem alten Gegner im Kampfe um
Theben, Ghabrias, dem die inneren Wirren in Athen die Hei-
math verleidet hatten. Seine letzte That war, dass er aus
Eifersucht auf Ghabrias seinen Dienstherrn verliess und zu
dem Rebellen Nektanebis IL, Tachos' Neffen, übertrat. Dafür
erhielt er von diesem, nachdem er ihm den Sieg verschafft
hatte, reiche Geschenke und 230 Talente. Auf der Heimfahrt
ist der 84jährige König im Winter 360,59 an der Küste Ky-
renes gestorben. — Wenn dann Sparta sich wieder einmal
gekräftigt fühlte, versuchte es einen neuen Vorstoss, so im
J. 352 gegen Megalopolis — ebenso stand es schon seit 355
im Bunde mit den Phokern im Kriege gegen Theben — , aber
jedesmal ohne Erfolg. Sein Stammgebiet hat Sparta behauptet,
eine Macht ist es niemals wieder geworden.
Epaminondas' Rathschlag: Plut. apophlh. Epam. 24. — Friede von
362: Diod. XV, 80. 04, 1. Plut. Ages. 35. Polyh. IV, 33, 8 f. - Feldbau der
Spartiaten: Arist. pol. II, 2, 11. Sparta yprjiortcuv Ssojjivrj xal fcevotpoipoösa
Plut. Age?. 40, vgl. Xen. Ages. 2, 25 u. a. Agesilaos in Aegypten : Xen.
Ages. 2. 20 ff. [arg idealisirt]. Plut. Ages. 20 ff. Diod. XV. 92. 03. Weiteres
im nächsten Bande. — Datum seines Todes: Forsch. II, 509 [wo durch
eine Flüchtigkeit Sommer 350 steht; er starb im vorhergehenden Winter:
Xen. Ages. 2, 31. Plut. Ages. 40]. — Ueber Spartas Beziehungen zu
Sicilien s. §. 992 A. 997.
973. Kaum besser sah es in Argos aus, das mit seinen
Nachbarn, den Städten der Akte, ununterbrochen Krieg führte;
im J. 353 wurde es auch von den Spartanern einmal wieder
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SparU. Ageailaos' Ausgang. Arkadien. Theben und Thessalien. 473
bei Orneae geschlagen. — In Arkadien hatten beide Bünde
den Frieden beschworen, und beide führten den Gesammt-
namen noch Jahrzehnte weiter; aber sofort schlössen die Ar-
kader von Mantinea und ihre Genossen, Elis, Achaia und
Phlius, eine neue Defensivallianz mit Athen und seinen Bundes-
genossen. Der demokratische Gegenbund drohte im J. 361 voll-
ends auseinanderzubrechen; die in Megalopolis incorporirten Ge-
meinden wollten in ihre Heimathsorte zurück und riefen Man-
tinea um Hülfe an. Da hat Theben aufs neue intervenirt;
sein Feldherr Pammenes besiegte die aufständischen Ortschaften
und ^wang die Bewohner, in Megalopolis zu bleiben. Neun
Jahre später ist Theben nochmals eingeschritten, als im J. 352
die Spartaner Megalopolis angriffen; damals ist es noch ein-
mal zu einem grösseren, aber gleichfalls völlig ergebnisslosen
Kriege gekommen. Das war das letzte Mal, dass die Thebaner
in die Angelegenheiten des Peloponnes eingegriffen haben. —
Im Norden Hessen sie die Dinge gehen wie sie mochten.
Um Makedonien haben sie sich überhaupt nicht mehr geküm-
mert, und in Thessalien geduldet, dass Alexander von Pherae
sich wieder selbständig machte, Magnesia besetzte, und Kaper
ausrüstete, um die See zu brandschatzen wie früher das Land.
Das übrige Thessalien schloss sich unter der Herrschaft des
Adels zu einem Bundesstaat zusammen, der nach den vier
Landschaften (Tetrarchien) Pelasgiotis, Phthiotis, Thessaliotis
und Hestiotis gegliedert war; an der Spitze stand ein Archon,
unter ihm die Polemarchen der vier Gaue. Der neue thessalische
Staat suchte Anlehnung sowohl bei Theben wie bei Athen;
als diese Mächte versagten, musste er sich der neu erstehen-
den makedonischen Macht in die Arme werfen. Das einzige
Interesse Thebens war die Behauptung von Euboea — das führte
alsbald zu neuen Händeln mit Athen (§. 978) — und die Unter-
jochung der verhassten Phoker, die durch die Weigerung der
Heeresfolge im J. 362 Thebens Zorn gereizt hatten. Um sie
zu züchtigen, haben die Thebaner im J. 356 einen Krieg
provocirt, der in seinen Folgen die Vernichtung ihres Gemein-
wesens herbeigeführt hat.
474 IV, 7. Epaminondas und die Vernichtung der spartanischen Macht,
Ueber Arg09: Isokr. 5, 51. Krieg mit Sparta: Diod. XVI, 34. 3,
vgl. 39, 4. — Vertrag der \Apxd3»? (d. i. Manlinea) xal 'A^atol xal JH\siot
xal 4>Xeii3ioi mit Athen aus dem J. 362/1: CIA. II, 57 b p. 403. DS. 105;
vgl. §. 971 A. — Ueber die Geschichte Arkadiens in der nSchsten Zeit
Niese, Hermes 24, 526. — Krieg von 361 : Diod. XV, 94 ; von 352 : Diod.
XVI, 39, vgl, Demosth. or. 16. — Alexander Herr von Magnesia: Polyaen
VI, 2, 1. Ueber den thessalischen Bundesstaat s. CIA. II, 59 b suppl.
p. 20, DS. 108. CIA. II. 88, vgl. auch 93. — In die Vorbereitungen des
Conflicts zwischen Theben und Phokis Xen. VII, 5, 4 gehört offenbar
CIA. II, 54. DS. 100, das Decret für Astykrates und andere Delpher, die
im J. 363 von den Amphiktionen , nach Athens Auffassung widerrecht-
lich, verbannt sind.
974. Epaminondas ist die letzte grosse Gestalt unter den
Feldherrn und Staatsmännern der griechischen Geschichte, weil
er der letzte Grieche gewesen ist, dem die Verhältnisse längere
Zeit hindurch eine freie, ins Grosse gehende Wirksamkeit auf
dem Boden der hei mathlichen Staatsordnung gewährt haben.
Dass er eine ideale, von warmer Empfindung für seine Vater-
stadt beseelte Persönlichkeit war, ist nicht zweifelhaft; aber
nachdem er die Feinde aufs Haupt geschlagen hatte, die Theben
politisch vernichten wollten, hat er Positives für dieses nicht
mehr schaffen können. Es ist ihm gelungen, die Thebaner
trotz alles Widerstrebens immer aufs neue dazu zu bringen,
dass sie ihm die Mittel für die Ausführung seiner Pläne
gewährten. Aber im Grunde hatten seine Landsleute Recht,
wenn sie sich sträubten: sie empfanden, dass Boeotien trotz
der Tapferkeit seiner Krieger, die noch auf dem Schlacht-
felde von Ghaeronea ihren Heldenmuth bewährt haben, weder
materiell noch intellectuell im Stande sei, die Herrschaft
über Hellas zu erobern und zu behaupten, die Athen und
Sparta nicht hatten festhalten können. Man könnte alles,
was Epaminondas seit Leuktra gethan hat, aus der Geschichte
streichen, ohne dass sich für Theben" irgend etwas änderte:
es steht im J. 360 nicht anders da als 370. Epaminondas
hatte gehofft, durch die Gewalt seiner Persönlichkeit und seines
Idealismus die Boeoter mit sich fortreissen und auf eine höhere
Stufe erheben zu können: der Rath, den er im Tode gab,
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Epaminondas' geschichtliche Bedeutung.
475
enthält das Eingeständniss , dass er das Ziel nicht hat er-
reichen können und dass sein Lebenswerk verfehlt war. Gerade
in der Zeit, welche die Persönlichkeit über alles schätzt und
in ihr die eigentlich allein treibende Kraft der Geschichte er-
kennen will, tritt in seinem Geschick — und ebenso in dem
der zahlreichen achtbaren Männer, welche immer aufs neue
und immer vergeblich den Anlauf nehmen, Athen oder einen
der anderen Staaten zu einer wirklich lebenskräftigen Macht
zu erheben — für den tiefer Blickenden ihre Gebundenheit
»
und die historische Bedingtheit ihres Schaffens nur um so
klarer hervor. Die Zersetzung der griechischen Verhältnisse
war im Mutterlande so weit gediehen, dass auch die genialste
Persönlichkeit nichts Neues und Dauerhaftes mehr schaffen
konnte, selbst wenn sie die Bahnen einschlug, auf denen im
Westen Dionys zu gesicherten Erfolgen gelangt war: die
widerstrebenden Kräfte waren so stark, dass sie jeden Ansatz
zu einer Neubildung nach kurzem Scheinerfolg zersprengten.
So ist das einzige, was von Epaminondas' Thätigkeit ge-
blieben ist, die Vernichtung der spartanischen Macht gewesen,
und damit des Staates, der bisher trotz all seiner Schwächen
und Gebrechen dennoch neben Dionys allein in der Griechen-
welt noch eine leistungsfähige Macht darstellte.
Zwar konnte es scheinen, als bestehe daneben noch eine
zweite Macht in Athen und seinem Bunde. Aber weder in
der idealistischen, im Grunde negativen Gestalt des Bundes
von 377, noch in der realistischen und erobernd vordringenden
der Reichsbildung, welche Timotheos seit 366 versucht hatte,
ist Athen wirklich zu einer politisch leistungsfähigen Macht ge-
worden, die eine Zukunft in sich trug; nach wenigen Jahren
scheinbaren Erfolges ist seine Stellung aufs neue kläglich zu-
sammengebrochen. Um den vollen Abschluss der griechischen
Geschichte zu gewinnen, müssen wir diese Entwicklung noch
in kurzen Umrissen kennen lernen.
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476 IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
Athen bis zum Bundesgenossenkriege.
975. Officiell hat Athen den Frieden mit Theben niemals
gebrochen ; aber mit vollem Eifer war es in den letzten Krieg
eingetreten, in der Hoffnung, jetzt endlich den entcheidenden
Schlag fähren zu können und dann, gestützt auf sein Bund-
niss mit Sparta und dem legitimen Arkadien, die Leitung der
hellenischen Angelegenheiten in die Hände zu bekommen.
Jedoch der Tag von Mantinea brachte eine schwere Enttäu-
schung. Fortan war für Athen im Peloponnes nichts mehr zu
holen; der Bund, den es noch einmal mit Mantinea und seinen
Alliirten abschloss (§. 073), blieb dauernd unfruchtbar. Und dazu
kamen von allen Seiten die schlimmen Botschaften. Kaum war
im Sommer 362 Timotheos heimgekehrt (§. 067), so verband sich
König Perdikkas III. aufs neue mit Amphipolis, während Kotys
von Thrakien die attischen Eroberungen auf der Ghersones
angriff; die Byzantier, Ghalkedonier, Kyzikener brachten die
pontischen Getreideschiffe auf und zwangen sie in ihren Häfen
auszuladen statt im Piraeeus; Kyzikos griff die mit Athen
verbündete Insel Prokonnesos an. Zu dem allem brandschatzten
jetzt Alexander von Pheraes Raubschiffe die Kykladen ; Ende
August 362 haben sie die Insel Tenos ausgeplündert und
die Einwohner als Sklaven fortgeschleppt. So kam Athen
aus der Noth nicht heraus. Energische Beschlüsse wurden
genug gefasst, und ein Feldherr nach dem anderen entsandt
und, wenn er nichts ausrichtete, verurtheilt und hingerichtet;
aber Resultate sind seit Timotheos' letztem Feldzug nirgends
mehr erzielt worden. Es konnte nicht anders sein; denn so
stark man immer aufs neue die Steuerkraft der Besitzenden
anspannte, es war kein Geld mehr vorhanden, um auch nur
die dringendsten Bedürfnisse zu decken. Die Trierarchen er-
hielten als Rudermannschaften nur elendes Gesindel, und wenn
sie selbst Geld vorstreckten und Vorschüsse aufnahmen, um
bessere anzuwerben, so wurde ihnen viele Monate lang der
fallige Sold vorenthalten; schliesslich gingen die Ruderer
i
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Athens Nöthe und Ohnmacht. Kämpfe am Hellespont. 477
auf und davon so gut wie die Söldner. Was übrig blieb,
war zum Kriegführen völlig unbrauchbar und half sich durch
Erpressungen gegen Freund und Feind. Die > Bundesgenossen c
aber waren seit Timotheos' Eroberungen mit vollem Recht
gegen Athen von dem äussersten Misstrauen erfüllt ; wie Athen
mit ihnen umging, wird drastisch dadurch illustrirt, dass z. B.
Timomachos Ende 361 zuerst die Dienste von Maronea in
Anspruch nahm und unmittelbar darauf den Versuch machte,
ihm mit Hülfe von Thasos den zwischen beiden streitigen
Küstenort Stryme zu entreissen. Es lohnt nicht, alle Einzel-
heiten aufzuzahlen, die uns zufallig bekannt sind; eine zu-
sammenhängende Darstellung besitzen wir nicht und würde
auch bei dem reichsten Material nicht zu geben sein, da eben
alle Verhältnisse hoffnungslos verfahren waren.
icoXXä jiiv etOYjVCfxrv *J «6).ic ots'Apxdai t^o-rjO-si ird Aoats-paToo r^oo-
jtivoo (wahrscheinlich 864 gegen Elia), ttoXXot U itti 'H^oIXbui (hei Mantinea)
Xen. vect. 3. 7. — Einen lebendigen Einblick in die Zustände dieser Zeit ge-
währen vor allem die Reden des Apollodor und Demosthenes gegen Polykles
(Dem. 50) und Aristokrates (Dem. 23); bo fraglich es ist, ob jede einzelne
Angabe glaubwürdig ist (wir können gegen die Redner nie misstrauisch
genug sein), so werthvoll sind sie als Gesamtutbild der Ober alle Maassen
elenden Zustände. — Eingehend hat Schäfer, Demosthenes Bd. I die
Geschichte dieser Zeit zusammengestellt; für Thrakien vgl. Höck, Hermes
26, 95 ff. — Die Botschaften und Beschlüsse am 24. Metageitnion (14. Sept.)
862 s. Demosth. 50, 4 ff. — Ueber Stryme Demosth. 50, 20 ff. Philo-
choros fr. 128 (Harpokr. s. v.). Philipps Brief Dem. 12, 17.
976. Am Hellespont haben nacli einander Ergophilos
(363/2), Autokles und nach seiner Absetzung Menon (362/1),
Timomachos (361/0) , Theotimos und nach ihm Kephisodotos
(360/59) commandirt, und mit Ausnahme Menons sind sie alle
zum Tode oder zu schweren Geldstrafen verurtheilt worden.
Das Ergebniss war, dass trotz der von Athen unterstützten
Rebellion eines Dynasten Miltokythes gegen Kotys alle Städte
auf der Ghersones bis auf Krithote und Elaeus verloren gingen ;
auch Sestos entriss Kotys dem Theotimos mit Hülfe der Athen
immer feindlich gesinnten Abydener. Als dann Kotys (etwa
Ende 360) ermordet wurde, festigte der energische Söldnerhaupt-
478 IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
mann Charidemos (vgl. §. 965 A. 979) seinem jungen Sohn Ker-
sobleptes die Herrschaft gegen ein paar Prätendenten, und zwang
Kephisodot, von dem Angriff auf die Ghersones abzustehen und
in einem Vertrage die Rechte des Thrakerkönigs anzuerkennen.
Deshalb wurde Kephisodot abgesetzt und in eine Strafe von 5 Tal.
verurtheilt ; aber Chabrias, der jetzt aus Aegypten (§. 972) wie-
der nach Athen zurückgekehrt war und im Vertrauen auf seinen
Feldherrnruhm mit einer einzigen Triere entsandt wurde, konnte
auch nichts erreichen. Der Vertrag, den er schloss, wurde in
Athen gleichfalls verworfen ; indessen geändert wurde die Lage
dadurch nicht, vielmehr musste man die Dinge hier einst-
weilen gehen lassen wie sie gehen mochten. — Nicht viel
anders sah es auf den anderen Kriegsschauplätzen aus. Gegen
Perdikkas operirte Kallisthenes (362/1?); aber er schloss mit
dem König einen Vertrag und wurde deshalb hingerichtet.
Dann übernahm 360/59 Timotheos selbst noch einmal das
Commando gegen Amphipolis, das inzwischen eine makedo-
nische Garnison aufgenommen hatte; doch gegen die Ueber-
macht konnte er den Kampf nicht wagen, sondern musste
schleunigst abziehen und sogar seine auf dem Strymon liegen-
den Schiffe verbrennen, damit sie den Feinden nicht in die
Hände fielen. Inzwischen war zu Ende des J. 360 König Per-
dikkas III. in einer blutigen Schlacht gegen die Illyrier gefallen,
und dem makedonischen Reich drohte die Auflösung. Von Nord-
westen her brachen die Illyrier ins Land, von Nordosten die
Paeoner; der Prätendent Pausanias (§. 956) versuchte mit
Hülfe des Thrakerkönigs die Krone zu gewinnen, die Athener
unter Mantias unterstützten einen anderen Prätendenten Ar-
gaeos (den Usurpator von 383? §. 893); auch die Stiefbrüder
des Königs, vor allem Archelaos, erhoben sich; der legitime
Thronerbe aber, Amyntas IV., war noch ein Kind. Da hat
Perdikkas' Bruder Philippos das Land gerettet. Drei Jahre
lang hatte er in Theben als Geisel in Epaminondas' Hause
zugebracht (§. 956); nach Ptolemaeos' Ermordung war er ent-
lassen worden, und Perdikkas hatte ihm auf Veranlassung seines
Günstlings Euphraios von Oreos, eines Schülers Piatos, ein
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Athen, Makedonien und Thessalien. Korkyra. Philipps Anfinge. 479
Theilfürstenthum überlassen. Jetzt ergriff er die Vormund-
schaft mit fester Hand ; die Paeoner und Thraker fand er ab,
den Argaeos mit den athenischen Soldnern schlug er bei
Aegae. Die athenischen Gefangenen aber entliess er ohne
Lösegeld, und zugleich rief er die makedonische Garnison aus
Amphipolis ab; ja insgeheim versprach er den athenischen Unter-
händlern, er wolle der Stadt Amphipolis verschaffen, wenn sie
ihm dafür Pydna (§. 965) zurückgebe. Dieser Köder wirkte ; die
Athener schlössen mit Philipp Frieden und hofften vertrauens-
selig, demnächst Amphipolis ohne irgend welche Anstrengung
von ihrer Seite zu bekommen. Philipp aber gewann Zeit, die
Illyrier zum Lande hinauszuschlagen und seine Herrschaft zu
festigen. — Im J. 361 , als Alexander von Pheraes Piraterie
immer unerträglicher wurde und er die zum attischen Bunde
gehörende Insel Peparethos angriff, hatte Athen sich dazu auf-
gerafft, dem alten Freunde den Krieg zu erklären, und mit dem
thessalischen Bunde (§. 973) eine Allianz abgeschlossen. Auch
hier ging es nicht besser. Leosthenes erlitt bei dem Versuche,
Peparethos zu entsetzen, eine schwere Niederlage, und Ale-
xanders Flotte überfiel unvermuthet den Piraeeus und plün-
derte die Wechslerbanken am Hafen, ehe Hülfe zur Stelle
war. Natürlich wurde Leosthenes deshalb zum Tode ver-
urtheilt — er ist nach Makedonien geflohen — ; an seine
Stelle trat Chares. Dieser hat jedoch in Thessalien nicht
operirt. Er ging vielmehr ins Ionische Meer, um hier Athens
verfallende Herrschaft zu festigen. Auf Korkyra planten die
Besitzenden wieder einmal eine Erhebung gegen die Menge,
und Chares war bereit, sie zu unterstützen. So gelang es
ihnen diesmal wirklich, ans Regiment zu kommen, natürlich
nicht ohne Blutvergiessen. Die Folge aber war, dass sie
Athen aufsagten, und dies bei den Bündnern vollends alles Ver-
trauen verlor, da sich gezeigt hatte, dass nicht einmal die Demo-
kratie sich länger auf ihre alte Schutzmacht verlassen könne.
So war es mit der Stellung Athens im Westen vorbei ; es hat
hier niemals wieder dauernden Einfluss gewonnen. — Kurz
darauf, im J. 359, wurde in Thessalien Alexander auf An-
480
IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
stiften seiner von ihm tödtlich beleidigten Gemahlin Thebe
von deren Brüdern, Iasons Stiefsöhnen, ermordet. Eine Zeit
lang schien es, als wollten diese in volksfreundliche Bahnen ein-
lenken; dann aber bemächtigte sich der älteste von ihnen,
Tisiphonos, der Herrschaft. Wie sein Vorgänger schlug er
sich mit dem thessalischen Bundesstaat herum. Athen hat
diesem keine Hülfe mehr geleistet; es war völlig ausser
Stande, zu Lande noch mit einer Achtung gebietenden Macht
aufzutreten.
Für den hellespontischen Krieg s. Demosth. or. 50 und ,23 ; ferner
Androt. fr. 17 (Harpokr. K-r)<pt3o$otot). schol. Aesch. 3, 51 ed. Schultz,
und die Fragmente des Philocboros, Theopomp, Anaximenes in dem von
Blas*, Hermes XVII, 150 publicirten Lexikon zu Demosth. Aristokratea.
Verlust von Sestos: Hyperid. f. Euxenippos 1. Demosth. 23, 158. Polyaen
1, 37. — Kallisthenes: Aeschin. 2. 30. Arist. Rhet. II, 3. Timotheos
gegen Amphipolis: schol. Aesch. 2, 31. Polyaen III, 10, 8. — Euphraios
und Philipps Theilfürstenthum : Karystios aus Speusipp bei Athen. XI,
506 e. 508 e, vgl. Plato ep. 5. Üeber Philipps Anfänge Diod. XVI, 2 ff.
Justin VII, 6. Der Vertrag mit Athen: Theopomp fr. 18« [natürlich
aus lh. I, nicht lb. XXXI]; Demosth. 2, 6 mit den schol., vgl. 23,
121. — Krieg gegen Alexander: Diod. XV, 95 (361/0). Polyaen VI,
2, 1. 2. Demosth. 51, 8. Seine Piraterie auch Dem. 23, 162. Vertrag
mit Thessalien: CIA. II, 59b suppl. p. 20. DS. 108, vgl. CIA. II. 88.
93. Alexanders Tod: Xen. VI, 4, 35 f. Plut. Pelop. 35. Cic. off. II, 25.
Val. Max. IX, 13, exl. 3. Diod. XVI, 14 erwähnt ihn nachträglich
unter 357/6, aber nach XV, 61, 2 regiert er 11 J., also 369/8—359/8.
Dass Tisiphonos und seine Brrtder nicht Söhne, sondern Stiefsöhne
Iasons sind (wie Konon narr. 50 richtig angibt), hat Pahlb, Fl. Jahrb.
1866, 533 f. gezeigt. In der Zeit, wo sie zwischen einer populären
Hichtung und der Tyrannis schwankten, hat lsokrates den 6. Brief, ?oi;
'Idoovo; ncr.scv, begonnen, in dem er sie in der ersteren Richtung festzu-
halten versuchen wollte, s. §. 9. 12. Vollendet hat er das Schreiben
nicht. Damals standen sie mit Athen feindlich, §. 3. — Chares auf
Korkyra: Diod. XV, 95, 3. Aen. tact. 11, 13 f.; Feindschaft zwischen
Athen und Korkyra Dem. 24, 202. 18, 234.
977. So ist Athen Jahre lang nicht zur Ruhe gekommen.
Es ist natürlich, dass der Parteihader im Inneren dabei kein
Ende nahm. Ununterbrochen folgten sich die Processe wegen
Pflichtverletzung und Hochverraths ; wir haben gesehen, wie
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Zustände in Athen. Kallistralos' Ausgang.
481
ein Feldherr nach dem anderen vor Gericht gezogen ward,
von den Processen gegen Trierarchen und andere gar nicht
zu reden. Fast ausnahmslos erfolgte die Verurtheilung zum
Tode oder in eine schwere Geldstrafe; glücklich wer in rich-
tiger Erkenntniss der Sachlage sich rechtzeitig aus dem Staube
machte. Das hat auch Kallistratos gethan, als er im J. 361
aufs neue vor das Volksgericht gezogen wurde, »weil er dem Volk
nicht das Beste gerathen habe«. Natürlich lautete der Spruch
auf den Tod. Er ist nach Makedonien und Thrakien gegangen,
und hat unter anderem den Thasiern geholfen, die Golonie
Datos an der gegenüberliegenden Küste einzurichten. Den
Gedanken an eine Heimkehr gab er nicht auf; schon im
Winter 361/0 machte er den Versuch, sie mit Hülfe seines
Schwagers Timomachos (§. 975) zu erreichen, der bald dar-
auf sein Schicksal t heilen musste. Einige Jahre später ist er
wirklich als Schutzflehender nach Athen zurückgekehrt, wahr-
scheinlich nach der Katastrophe des Bundesgenossen kr iegs.
Aber seine Hoffnung, das Volk werde den alten Führer in
Gnaden aufnehmen und das Urtheil cassiren, erfüllte sich
nicht: er musste den Giftbecher leeren. So endete der Mann,
der in anderen Zeiten der Nachfolger des Perikles hätte wer-
den können, dem er an Kraft der Beredsamkeit und vielleicht
auch an politischem Blick kaum nachstand. — An die ge-
feierten Feldherrn, welche den neuen Aufschwung Athens
herbeigeführt hatten, wagte man sich allerdings doch nicht
heran; aber zu leitendem Einfluss ist schliesslich nur Timo-
theos noch einmal gelangt. Iphikrates war nach seiner Ab-
berufung im J. 364 (§. 965) auf die Besitzungen gegangen,
die ihm Kotys in Thrakien geschenkt hatte. Als er dann
etwa 362 nach Athen zurückkehrte, versöhnte sich Timotheos
mit dem alten Rivalen und vermählte seine Tochter mit
Iphikrates' Sohn Menestheus, dem Enkel des Thrakerkönigs;
aber im Felde erscheint während der nächsten Jahre weder
Iphikrates, noch nach dem Misserfolg vor Amphipolis (§. 976)
Timotheos. Auf Chabrias setzte man nach seiner Rückkehr
aus Aegypten grosse Hoffnungen, und schickte ihn 358 nach
Meyer, Geschichte de« Alterthums. V. 31
482
IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
der Chersones. Als er dann freilich mit einem unglücklichen
Vertrage zurückkehrte (§. 976), war es mit seiner Laufbahn
zu Ende ; als er im Sommer 357 zum Feldherrn gewühlt war,
ist seine Wahl alsbald cassirt worden. Der Mann des Ver-
trauens war jetzt Chares, ein unverzagter Kriegsknecht, aber
im übrigen schon mehr Räuberhauptmann als Feldherr. Ge-
wallthätigkeiten aller Art zu üben, Gontributionen beizutreiben,
und seinen Soldaten durch die Finger zu sehen, verstand er
gründlich; und wenn er dabei sich selbst nicht vergass, so
bekam doch der Demos daheim auch etwas ab. »Noch jetzt, <
hält Aeschines (2, 71 f.) im J. 343 den Athenern vor, »könnt
ihr in den Anklagen gegen Chares immer hören, dass er
1500 Talente verbraucht hat nicht für Soldaten, sondern für
die Prunksucht der Officiere, den Auswurf von ganz Hellas,
und für die Bestechung der Redner und der Volksversamm-
lung; von den unglücklichen Inselbewohnern wurden alljähr-
lich 60 Talente als Beisteuer eingetrieben und dabei die Han-
delsschiffe und die Griechen vom Meere als Beute eingebracht ;
statt des alten Ansehens und der Führerstellung in Hellas
prangte jetzt unsere Stadt im Ruf eines Räubernests wie
Myonnesos . . . Und dabei forderten , wenn eine Katastrophe
eintrat, die Redner uns auf, auf die Propylaeen und den
Sieg von Salamis und die Gräber und Trophäen der Vorfahren
zu blicken.« Nicht anders hat im J. 355 Isokrates geschrieben
(8, 29 ff. 125 u. a.): »Wenn wir viele Trieren aufs Meer
schicken und die Städte zwingen, Beisteuern zu zahlen und
Deputirte hierher zu senden, glauben wir etwas erreicht zu
haben ; aber das Gegcntheil ist der Fall : wir erregen uns da-
durch nur Hass und Krieg und grosse Kosten . . . Wir sind
seit langem durch Leute corrumpirt, die nichts verstehen als
zu schwindeln ; wenn sie Krieg führen wollen, stecken sie das
Geld in die Tasche und sind dabei frech genug uns aufzufordern,
die Vorfahren nachzuahmen und uns nicht zum Gespött machen
zu lassen, sondern die, welche uns keine Beisteuern zahlen
wollen, nicht auf dem Meere zu dulden.« Mit Verachtung
sah der freie Demos von Athen auf die Gewaltherrschaft des
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Treiben Athens. Chares. Krieg auf Euboea. Amphipolis. 483
Dionys von Sicilien und die Bedrückungen herab, die sich
ehemals Sparta hatte zu Schulden kommen lassen; in Wirk-
lichkeit stand er unendlich viel tiefer. Es muss anerkannt
werden, dass Athen trotz seiner besseren Intentionen in diesen
Zustand gekommen ist durch die allgemeine Lage, welche
jeden wirklichen politischen Aufschwung von vornherein un-
möglich machte; trotzdem ist ein schlimmeres Bild des Ver-
falls und der politischen Zersetzung, als es Athen in dieser
Zeit bietet, in der gesammten Geschichte kaum zu finden. Es
war Zeit, dass dieser Staat aufhörte, eine Macht sein zu
>
wollen.
Eine lange Liste von Hochverrathsprocessen dieser Jahre gibt Hy-
perides f. Emen. 1, vgl. auch Demosth. 51, 8 u. a. Kallistratos' Ausgang:
Dem. 50, 48 ff. Lycurg c. Leoer. 93. Hyperides 1. c. u. a.; vgl. Schäfer,
Demostb. I, 133 ff. Datos: Skylax 67. Isokr. 8. 64, vgl. Harpokr. s. v.
Aato; und Zenob. paroem. III, 11. IV, 34 (aus Demon); wahrscheinlich
ist es nur Flüchtigkeit, wenn Diod. XVI, 3, 7 statt dessen im ,1. 360,59
Krenides von Thasos gegründet werden lässt. Vgl. auch §. 988. — Kall,
in Makedonien: Arist. oecon. II, 21. — Versöhnung zwischen Timotheos
und Iphikrates: Demosth. 49, 66. Chabrias' Name ist in der Liste der
Strategen von 357/6 CIA. II, 64 suppl. p. 23. DS. 109 nachträglich getilgt.
978. Einige Erfolge errang Athen, als im J. 357 die The-
baner den Versuch machten, Euboea vollends zu unterwerfen,
und von Tisipho/ios von Pherae unterstützt auf die Insel hin-
übergingen. Auf das Hülfsgesuch der Städte setzte Timotheos
durch, dass die Athener, geführt von Diokles, Menon und
anderen Strategen, sofort die Waffen ergriffen und nach der
Insel eilten; im Lauf eines Monats waren die Thebaner ge-
zwungen, Frieden zu schliessen, und die meisten Städte .der
Insel, Karystos, Eretria, Chalkis, Hestiaea standen jetzt eine
Zeit lang wieder auf Seiten Athens. — Während dessen hatte
Philipp den Angriff auf Amphipolis begonnen. Die Stadt, die
erkannte, dass es diesmal Ernst wurde, sandte eine Gesandt-
schaft mit der Bitte um schleunige Hülfe nach Athen und bot
ihre Unterwerfung an. Aber in Athen freute man sich, dass
Philipp daran ging, sein Versprechen zu erfüllen, und gönnte
der Stadt das bevorstehende Strafgericht von Herzen. Man
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484 IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seehundes.
wies das Hülfsgesuch ab und sandte statt dessen Chares mit
einem starken Söldnercorps nach der Chersones. Hier erreichte
er wirklich, dass Kersobleptes und seine Mitkönige — denn
jener hatte sich mit seinen Rivalen vertragen müssen — , oder
vielmehr sein allmächtiger Schwager und Minister Charidemos,
einen günstigen Vertrag bewilligten, in dem Athens Anrechte
auf die Chersones anerkannt und wie es scheint die Einkünfte
getheilt wurden. Nur Kardia wurde ausgenommen; diese Stadt
hatte immer eine Athen feindliche Haltung eingenommen und
war für die Thraker von höchster Bedeutung, weil sie den
Zugang zu der Halbinsel sperrte. Aber an eine Ausnutzung
des Erfolges war nicht mehr zu denken. Denn inzwischen
hatte Philipp die Maske abgeworfen: er behielt Amphipolis
für sich, besetzte dagegen auch Pydna, das Athen ihm ins-
geheim abgetreten hatte (§. 970), und schloss einen Vertrag
mit Athens Feinden, den Ghalkidiern von Olynth, in dem er
versprach, ihnen Potidaea, die athenische Kleruchenstadt , zu
erobern. Und unmittelbar darauf, gerade als Chares sich gegen
Philipp wenden wollte , kündigten die wichtigsten der atheni-
schen Bundesgenossen, Chios, Rhodos und Kos, den Athenern
den Bund auf und schlössen ein Bündniss mit Maussollos von
Karien und dem seit Epaminondas' Seezug von Athen ab-
gefallenen Byzanz (Herbst 357) So sah sich Athen mit
einem Schlage zwei grossen Kriegen gegenüber. Es war selbst-
verständlich, dass es einstweilen Philipp gewähren lassen und
alle Kraft daran setzen musste, die rebellischen Bundesgenossen
wieder zu unterwerfen. Aber dabei trat ihm aufs neue die
Macht entgegen, die seit dem Falle des attischen Reichs durch
ihr Schwergewicht hemmend auf allen griechischen Verhält-
nissen lastete: das persische Reich.
Euboeischer Krieg: Diod. XVI, 7, 2 unter 358/7, der den Erfolg
Athens zu gering darstellt; Demosth. 8, 74. 18, 99. 21, 174. 22, 14 u. a.
Aescb. 2. 104. 3, 85. Weiteres geben CIA. II, 64 suppl. p. 22, und
no. 65. DS. 109. 110, ersteres aus dem .1.357/6, offenbar aus den ersten
Ta^en des Amtsjahrs. Danach fällt der Krieg in die erste Hälfte des
Sommers 357. — Philipp und Amphipolis: Demosth. 1, 8, vgl. 2. 6. Theo-
pomp fr. 47. Diod. XVI, 8. — Chares auf der Chersones: Demosth. 23, 173.
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Ausbruch der Kriege mit Philipp und mit den Bundesgenossen. 485
181 f., vgl. 7, 42 f. Bruchstücke des Vertrags CIA. II, 66 b p. 405. DS.
114. Dass er damals schon Seslos erobert habe, wie Grote, Hoeck,
Beloch u. a. annehmen, ist bei der Kürze des Zeitraums, in dem die Er-
eignisse sich abspielen, unmöglich; überdies wird Diodors Datum 353 2
XVI, 34, 3, wie Köhler, MAI. VI, 28 erkannt hat, durch CIA. II, 795 f,
ZI. 133 f. bestätigt. — Dass Cbares gegen Philipp vorgehen sollte , sagt
Nepos Tim. 3, 1. — Abfall der Bundesgenossen: Diod. XVI, 7, 3 (357/6).
Das Perserreich. Niederwerfung der Aufstände.
Die Tyrannen. Klearchos von Heraklea.
079. Der grosse Satrapenaufstand, dessen Anfange im
J. 366 wir kennen gelernt haben (§. 964 f.), hatte sich in den
nächsten Jahren zu gewaltigen Dimensionen entwickelt. Die
Intervention Athens und Spartas hatte Ariobarzanes Luft ge-
macht ; Autophradates wagte keinen ernsthaften Kampf mehr.
Der Satrap von Armenien Orontas, des Königs Schwiegersohn,
trat den Aufständischen bei, Datames konnte eine Zeit lang
über den Euphrat vordringen. Die phoenikischen Städte, vor
allem Sidon, erhoben sich, ebenso die Kiliker; die Pisider und
Lykier traten mit den Rebellen in Verbindung. König Tachos
von Aegypten gab Geld und Schiffe; grosse Schaaren griechi-
scher Söldner wurden angeworben; Maussollos machte aus
seinen Sympathien kein Hehl, selbst Autophradates, der sich
in Lydien völlig isolirt sah, ist eine Zeit lang dem Bunde
beigetreten: es konnte scheinen, dass die westliche Hälfte des
Reichs sich in eine Anzahl selbständiger Fürstenthümer auf-
lösen werde. Aber eben darin lag die Schwäche der Er-
hebung: jeder der Satrapen wollte für sich möglichst viel ge-
winnen und war bereit, sich wieder mit dem König zu ver-
tragen und die Genossen zu verrathen, wenn dieser ihm
Belohnungen in Aussicht stellte; und daher misstraute jeder
dem anderen. Die königliche Regierung machte sich diese Ten-
denzen zu Nutzen. Orontas, der das Landheer fuhren sollte und
den Krieg in Syrien organisirte, Hess sich durch das Versprechen
einer Kustensatrapie in Kleinasien gewinnen, ging zum König
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48G IV, 7. Der Ausgang des athenischen* Seebundes.
über und lieferte ihm aust was von Rebellen in seinen Händen
war; nicht anders verfuhr Rheomithres, der von Tachos Geld
und Schifte erhalten und sich damit in Leukae an der Hermes-
mündung (§. 899) festgesetzt hatte (um 362 v. Chr.). Damit
war dem Aufstand die Kraft genommen: Autophradates trat
wieder zum König zurück und nahm in Troas den Rebellen
Artabazos gefangen (um 303), der durch seine Schwäger, die
Rhodier Mentor und Memnon, ein Söldnerheer angeworben
halte. - Diese Truppen übernahm der Condottiere Charidemos
(§. 976), besetzte Skepsis und Kebren im Skamanderthal, und
eroberte Ilion. Aber Autophradates entliess Artabazos, nach-
dem dieser versprochen hatte, für die Sache des Königs zu
kämpfen; dafür wurde ihm der Haupttheil der Provinz des
Ariobarzanes zugesagt, während Orontas Mysien (d. i. Teu-
thranien) mit Pergamon und den aeolischen Küstenstädten
erhielt. Charidemos musste im J. 360 das Idagebiet räumen und
in die Dienste des Thrakerkönigs zurückkehren (§ 976. 978).
Ariobarzanes wurde durch den eigenen Sohn Mithridates ver-
rathen und gefangen ausgeliefert 5 er hat am Kreuze geendet.
Schliesslich gelang es dem Mithridates, gleichfalls durch Verrath,
auch des Datames Herr zu werden ; er stellte sich, als sei er
vom König abgefallen, und stiess den Rebellen bei einer Zu-
sammenkunft, zu der dieser sich trotz alles Misstrauens hatte
bewegen lassen, mit einem im Boden versteckten Schwert
nieder. So war, als zu Ende des J. 359 Artaxerxes II. starb
und sein energischer Sohn Ochos unter dem Namen Arta-
xerxes III. den Thron bestieg, die Autorität des Reichs fast
überall wieder hergestellt; nur Aegypten (vgl. §.972) hatte
man auch diesmal nicht wieder unterwerfen können.
Ueber die Geschichte der grossen Rebellion s. vor allem Krumb-
holtz, de Asiae min. satrapis pers. , 1883, und Judkiuh, Kleinasiatische
Studien. Diodors summarische Darstellung XV, 90 IT. (§. 964 A.) ist auch
hier unzureichend. — Datames' spätere Kämpfe Polyaen VII, 21, 3. 4;
sein Ausgang: Nepos Dat. 10 f. Polyaen VII, 29, 1. Diod. XV, 91, 7.
Ariobarzanes' Ausgang: Xen. Cyrop. VIII, 8. 4. Arist. pol. VIII, 8, 15.
Harpokr. s. v. Rheomithres' Verrath: Diod. XV, 92. Xen. 1. c. — Auto-
phradates wird unter den Rebellen nur bei Diod. XV, 90, 3 genannt
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»
Ausgang des Satrapenaufstands.
487
(gehört hierher Polyaen VII, 27, 3?); im Kampf gegen Artabazos (der
bei Diöd. XV, 91, 2 ff. nur durch Versehen statt A'itophradates als
Gegner des Datames genannt ist, vgl. §. 964 A.) steht er wieder auf
Seiten des Königs: D?mosth. 23, 154 ff. in der Geschichte des Charidemos;
Ober diesen ferner Arist. oec. II, 29. Polyaen III, 14. Aen. tact. 24, 3 ff.
Plut. Sert. 1. — Die Hauptschwierigkeit bietet Orontas. Diodor nennt
ihn XV, 90, 3 tyjs Moata; oottpait-rj;; nach Trogus prol. 10 dagegen hat
der König in Syria praefectum Armeniae Oronten bekriegt. Diodor er-
zählt seinen Verrath ohne Angabe der Localität XV, 91, sagt aber, ihm
sei versprochen tf^ rcapa^aXXaasioo itaovji; «apaXvj'i/soO-ai tyjv o&tparcEiav.
Nun wissen wir, dass er nach 360 in Teuthranien gebietet und sich hier
abermals empört; mitbin ist Diodors Bezeichnung oatpdirrjs Moaia; eine
Prolepse: diese Provinz hat er eben (neben Armenien?) als Belohnung
für seinen Verrath erhalten. Dass er Aber Pergamon geboten hat und
bier abgefallen ist, lehrt das Fragment der Chronik von Pergamon Inschr.
v. Pergamon (VIII, 2) no. 613. Hier heisst er 'Opovrrj? 'Aptaaupoo to
fevos Bdxxpio^; er ist also identisch mit >Apodv3rii; 'Aptasoupa, Gemahl
der Rhodogune, Tochter Artaxerxes' II., den Antiochos von Kommagene
als seinen Vorfahren ehrt (Humann und Puchstein, Reisen in Kleinasien
p. 283). Im J. 854 finden wir ihn im Aufstand gegen den König wie
Artabazos (Dem. 14, 31); in diese Zeit gehören also die Berichte über seine
Kämpfe bei Kyme u. 8. Polyaen VII, 14, 3. 4, vgl. die Chron. von Pergamon
[die Pellasten, die einen Reiterangriff abwehren, indem sie wie Chabrias'
Truppen vor Theben ins Knie sinken Polyaen VII, 14, 3, hat er auf
Münzen dargestellt: Babelon, les Perses achem. p. LXX1VJ. Im J. 349/8
erhält er von Athen das Börgerrecht CIA. II, 108; zu demselben Stein
gehören die Reste eines Decrets über seine Unterstützung durch Athen
zu einer Zeit als Chares, Charidemos und Phokion Strategen waren. Die
Abfassungszeit ist viel umstritteu (vgl. Berok, Rhein. Mus. 37, 355 ff.);
Judeich hat erkannt, dass es schon um Charidemos' willen nicht in die
Zeit um 360 gehören kann, und setzt es ins J. 853/2; er hätte noch
weiter hinabgehen müssen, denn vor Demosthencs' Aristokratea Anfang
352 kann Charidemos nicht Stratege gewesen sein. Das Decret stammt
wahrscheinlich aus den J. 851/0.
980. Die Griechenstädte des Perserreichs sind durch diese
Wirren auf das mannigfachste in Mitleidenschaft gezogen.
Vielerorts erheben sich ehrgeizige Parleihäupter oder Söldner-
fuhrer, um sich mit Hülfe der persischen Machthaber oder im
Kampfe gegen sie eine Tyrannis zu gründen. So in Lampsakos
Philiskos, Ariobarzanes' Günstling (§. HÜ4. 965), in Abydos
Iphiades, der sich als Mittelsmann im Kampfe zwischen Oligarchie
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488 IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
und Demos der Gewalt bemächtigte. Beide haben Athen nach
Kräften Abbruch getban. Philiskos wurde ermordet, ebenso später
ein anderer Tyrann Astyanax. Auch Gharidemos hat in Troas
eine Herrschaft zu begründen gesucht (§. 1)79). Erfolgreicher war
in der Aeolerstadt Atarneus Eubulos, der auch Assos am Ida
gewann. Am mächtigsten aber wurde Klearchos in Heraklea
am Pontos. Diese Stadt, wohlhabend und Herrin eines grossen
Gebiets, dessen Bauern, die eingeborenen Mariandyner, den
Städtern als Leibeigene dienten, Mutterstadt von Kallatis in der
Dobrudscha und Chersonesos (Sewastopol) auf der Krim, hätte
sich eines ruhigen Daseins erfreuen können, zumal sie der
Persermacht seit dem Verfalle des Reichs kaum erreichbar
war, wäre nicht auch hier der Hader zwischen Oligarchen
und Demos, zwischen Arm und Keich ausgebrochen, der sich
zunächst um die Besetzung von Rath und Gericht drehte.
Die inneren Wirren benutzte im J. 36i Mithridates, wahrschein-
lich der Sohn des Ariobarzanes, um die Stadt anzugreifen.
Die Regierung wandte sich um Hülfe erst an Timotheos,
dann an Epaminondas, der gerade in Byzanz war (§. 961):
keiner von beiden halte die Macht, ihr zu helfen. So blieb
ihr nichts übrig, als sich einem ehrgeizigen Exulanten in die
Arme zu werfen, dem Klearcho>, der in der Nähe ein Söldner-
heer gesammelt hatte, wie es scheint im Dienste des Mithri-
dates. Klearchos war ein hochgebildeter Mann; er hatte in
Athen studirt, Isokrates' Lehrcursus vier Jahre lang durch-
gemacht, auch Plato gehört; sein Ziel war die Gewinnung der
Macht in der Heimath. In allem hatte er sich Dionysios zum
Vorbild genommen. Jetzt schloss er ein heimliches Abkommen
mit Mithridates; dann führte er seine Söldnerschaaren in die
Stadt, überfiel nach kurzer Zeit den Adelsrath, liess #ie Ge-
fangenen hinrichten, das Vermögen der Gegner einziehen, ihre
Sklaven in die Bürgerschaft aufnehmen ; als Haupt der Demo-
kratie, im Kampf gegen die herrschende Faction, die ihn ge-
rufen hatte, begründete er die Monarchie und inaugurirte sie
wie Dionys mit einer socialen Revolution. Nach aussen hat
er sich tüchtig bewährt ; er schlug die Exulanten zurück, nahm
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Tyrannen in den Griechenstädten. Klearchos von Heraklea. 489
Mithridat gefangen und erpresste von ihm ein grosses Löse-
geld. Die Nachbarstädte Tieon und Kieros und ein Theil
der paphlagonischen Küste erkannten seine Herrschaft an. Im
Inneren zeigte er sich misstrauisch und grausam, und dabei
eitel und prachtliebend; nur in glänzender Gewandung trat
er auf, ja er verlangte göttliche Ehren, wie Lysander als Herr-
scher von Hellas. Doch hat er die geistigen Interessen nicht
vernachlässigt: er ist der erste Herrscher, von dem wir wissen,
dass er eine Bibliothek gegründet hat. Nach zwölfjähriger
Regierung (363 — 352) erlag er einer Verschwörung, an deren
Spitze sein Verwandter Chion stand, ein Schüler Piatos: auch
hier waren es, wie auf Sicilien, die idealen von der Akademie
gepflegten Gedanken, die sich gegen die brutale Gewalt er-
hoben und zur Verwirklichung ihrer Pläne vor dem Mord
nicht zurückschreckten. — Die Verschworenen haben den Ty-
rannen getödtet, aber die Tyrannis nicht beseitigen können:
sie selbst wurden von den Leibwächtern niedergehauen, die
Herrschaft behauptete Klearchs Bruder Satyros für seinen
Neffen Timotheos.
Philiskos: Demosth. 23, 141 f. Astyanax: Aen. po). 31, 33. Iphiades:
Arist. pol. VIII, 5, .5.9. Aen. pol. 28, 6. Demosth. 23, 176 f. und aur Mflnzen,
— Für Heraklea beginnt unsere Hauptqnelle, Photios' Excerpt aus Memnon,
erst nach Klearchs Usurpation, lieber die Verfassungskämpfe in Hera-
klea Arist. pol. VIII, 4, 2. 5, 2. 5. 10. Aen. tact. 12, 5 (vgl. 11, 10).
Klearchs Erhebung: Justin XVI, 4 ff . Diod. XV, 81, 5 (3(34/3); weiteres
Suidas s.v. KUap/o? (d. i. Aelian fr. 86 Hekchkr). Polyaen II, SO; vgl.
Isokr. ep. 7, 12, an Klearchos1 Sohn Timotheos.
981. Wenn so das Perserreich nicht minder ein Bild der
Zersetzung bietet, wie Griechenland, und mehr und mehr in
ein lockeres Bündel einzelner Gebiete zu zerfallen droht, von
denen jedes seinen eigenen Weg geht, so unterscheidet es
sich von der Griechenwelt dadurch, dass die schon aus den
Fugen weichende Einheit doch immer wieder hergestellt wird,
vor allem weil es den Machthabern an dem rechten Willen
fehlt sie zu sprengen. Die Satrapen wollen sich schützen
gegen die Launen des Hofs und möglichste Selbständigkeit
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490
IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
gewinnen; aber sie empfinden, dass sie ohne den Rückhalt
am Reich auf die Dauer nicht bestehen können. Artaxerxes III.
hat es an energischem Zugreifen nicht fehlen lassen. Wie er
am Hof alle seine Verwandten umbringen Hess, um seinen
Thron zu festigen, so ist er gegen die Rebellen mit blutiger
Strenge vorgegangen. Den Machthabern in Kleinasien sandte
er im J. 350 den Befehl, ihre Söldnerheere zu entlassen. Die
meisten wagten nicht, dem Befehl zu trotzen ; Artabazos aber,
jetzt Satrap von Phrygien, und Orontes in Teuthranien nahmen
aufs neue ihre Zuflucht zur Empörung (§. 983). — Gesicherter
war die Stellung des Maussollos in Kaden ; er hatte sich bei
keiner Rebellion ernstlich compromittirt, wohl aber die Herr-
schaft über seine Satrapie immer mehr gefestigt, so dass die-
selbe sich zu einem einheitlichen Reich zu entwickeln im Be-
griff war. Dabei hat der König ihn unbehelligt gelassen; er
konnte stets weiter um sich greifen. Längst hatte er das
Streben, auch in den Besitz der vorliegenden Inseln zu ge-
langen. Er knüpfte mit den aristokratischen Parteien Be-
ziehungen an; es war auf seinen Anlass und im Vertrauen
auf den Rückhalt, den er gewährte, dass Rhodos, Kos und
Ghios im J. 357 den Athenern aufsagten.
Artax. Befehl an die Satrapen: schol. Demoslh. 4, 19. Ueber Maus-
sollos ist im nächsten Bande eingehender zu handeln; Ober seine Be-
ziehungen zu den Inseln s. Demosthenes' Rede för die Rhodier (or. 15).
■ *
Der Bundesgenossenkrieg und das Ende der athenischen
Macht.
982. In Athen hat man auf die Kunde von dem Abfall
der Bundesgenossen alle Kräfte zusammengerafft. Die Trier-
archie, deren Anforderungen nicht mehr zu erschwingen waren
— man hatte bereits seit dem Ausgang des peloponnesischen
Kriegs zur Bestellung von zwei Trierarchen für ein Schiff
greifen und in den letzten Jahren zu freiwilligen Meldungen
seine Zuflucht nehmen müssen — , wurde in rationellerer Weise
geordnet, indem man nach dem Muster der 20 Jahre zuvor
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Das Perserreich unter Artaxerxes IlL Der Bundesgenossenkrieg. 491
eingeführten Steuerordnung (§. 929) die 1200 reichsten Bürger
in 20 Symmorien eintheilte und diesen insgesammt, nicht mehr
den einzelnen Bürgern, die Ausrüstung der Trieren und die
Bestellung eines Trierarchen zuwies. Die vorhandenen Schiffe
wurden nach Kräften in Stand gesetzt, die Gebiete der treu
gebliebenen Bundesgenossen geschirmt. Chares ging, wahr-
scheinlich Anfang 356, mit 60 Schiffen zur Bewältigung von
Chios vor und griff die Stadt zu Land und zur See an. Aber
bereits hatte Chios von seinen Verbündeten und von Maus-
sollos Unterstützung erhalten. Ghabrias, der sich als Trier-
arch auf der Flotte befand — seine Wahl zum Strategen war
cassirt worden (§. 977) — forderte eine Seeschlacht und ging
selbst zum Angriff vor; aber die anderen Schiffe folgten nicht,
er wurde umzingelt, und fand, die Rettung verschmähend,
tapfer kämpfend den Tod. Jetzt musste Chares den Angriff
auf Chios aufgeben; statt dessen versuchte er den Helles-
pont zu sperren und Byzanz anzugreifen. Die Verbündeten
dagegen vermehrten ihre Flotte auf 100 Schiffe, griffen die
Inseln an, verheerten die attischen Besitzungen auf Imbros
und Lemnos, und wandten sich schliesslich zum Angriff auf
Samos. Inzwischen hatten die Athener weitere 60 Schiffe
mobil gemacht und unter Führung des Timotheos, des Iphi-
krates und seines Sohnes Menestheus dem Chares nachge-
schickt (August 356); die vereinigte Flotte wandte sich zum
Entsatz von Samos. Da gaben die Verbündeten die Be-
lagerung auf und fuhren den Athenern entgegen. Im Sunde
zwischen Chios und dem Festlande, bei Embata, stiessen die
Flotten aufeinander. Chares wollte sofort kämpfen; doch die
See ging hoch, und Iphikrates und Timotheos erklärten, dass
man den Kampf nicht wagen dürfe. Chares musste sich
fügen; aber er sandte einen Bericht voll schwerer Anklagen
gegen seine Collegen nach Athen und beschuldigte sie der
Feigheit und des Verraths; durch ihre Schuld sei Athen der
sichere Sieg entgangen. In Athen war man entrüstet; die
drei Feldherrn wurden abgesetzt , und Aristophon , ein schon
betagter vielgeschäftiger Politiker, der sechs Jahre zuvor selbst
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492 IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
nach seiner Strategie auf Keos (§. 907 A.) mit Mühe und Noth
einer Verurtheilung entgangen war, erhob gegen sie die An-
klage auf den Tod wegen Hochverraths: sie hätten sich von
den Feinden bestechen lassen, und seien überhaupt nur dar-
auf ausgegangen, ihre Taschen zu füllen. Iphikrates machte
aus seiner Verachtung des Anklägers und des wahnsinnigen
Treibens in Athen kein Hehl, hatte aber zugleich seine
Veteranen zur Einschüchterung des Gerichtshofs aufgeboten.
So setzte er seine und seines Sohnes Freisprechung durch.
Timothcos dagegen wurde zwar nicht zum Tode, aber in
eine Geldbusse von 100 Talenten verurtheilt, die selbst er
nicht erschwingen konnte. Er ging ins Exil nach Chalkis
und ist hier kurz darauf gestorben.
Trierarchische Symmorien: Demostb. 47, 21, vgl. 44,. und oft bei
den Rednern. Besetzung von Andros zur Verteidigung CIA. II, 62. DS.
III (Mai 35«). Ein Decret für Philisko* von Sane (auf der Chalkidike),
der den Athenern wahrscheinlich die Ankunft der feindlichen Flotte ge-
meldet hat, aus dem Juni 354: CIA. II, 69. DS. 116. — Von der Ge-
schichte des Bundesgenossenkriegs gibt Diodor XVI, 7, 3 f. (358,7) und
21. 22 (356 6) einen sehr kurzen und ungenauen Bericht, der durch
Nepos Tim. 3 trotz mancher Fehler wesentlich ergänzt wird. Die Lo-
calität der Schlacht bei Embata erfahren wir nur aus Polyaen III, 9, 29
(vgl. Theopomp hei Steph. Byz. s. v.); Diodor wie Nepos haben hier arge
Confusion gemacht. — Chabrias' Tod: Demosth. 20, 81 f. Nepos Chabr. 4.
Plut. Phok. 6; bei Diodor wird er fälschlich zum Strategen gemacht. —
Process der Feldherru: Diod. XVI, 21. 4. Nepos Ipb. 3. Tim. 3. Dinarch
1, 14. Polyaen III, 9, 29. Dion. Hai. de Lys. 12. de Dinarch. 18, u. a.,
vgl. die Fragmente der unter Lysias' Namen gehenden Hede bei Aristoteles
rhet. II, 23. III, 10. Plut. apophth. Iph. 4 u. a. — Chronologie: Nach
Dion. Hai. de Ly>. 12 fallt der Krieg unter Agathokles 357 6 und El-
pines 35»'»/5; dazu stimmt, dass er nach Diodor XVI, 22, 2 drei Jahre
dauerte, d. i. Herbst 357 bis Ende 355. Im einzelnen ist Genaueres nicht
zu ermitteln. Unmöglich aber ist, wie Grote und Bkloch mit Recht
gegen Schäker und andere betonen, dass Timotheos' Process erst unter
Diotimos 854/3 fallt, wie Dion. Hai. de Din. 13 angibt, lange nach dem
Frieden. Als I^okrates 353 (§.!>) die Antidosis schrieb, war Timotheos
schon todt ($. 101).
983. Seine Rivalen hatte Chares beseitigt; aber selbst
einen Erfolg zu erringen war er nicht mehr im Stande. Der
Ausgang des Bundesgenossenkriegs.
493
Krieg hatte bereits mehr als 1000 Talente gekostet; jetzt
waren Athens Finanzen und Steucrkr*aft erschöpft, und auch
von den kleinen noch treu gebliebenen Gemeinden der Bundner
liess sich nichts mehr erpressen. So kam der Seekrieg zum
Stillstand. Söldner dagegen hatte man genug, da die ent-
lassenen Truppen der Satrapen (§. 981) unter Athens Fahnen
geströmt waren. Aber als sie keinen Sold mehr bekamen,
forderten sie einen Kriegszug auf eigene Hand, und der Feld-
herr musste ihnen nachgeben. Zunächst plünderte er Lampsakos
und Sigeon; dann traf ein Hülfsgesuch des Rebellen Arta-
bazos ein, der von den treu gebliebenen Satrapen bedrängt
wurde : Ghares sah sich gezwungen, ihm zu folgen. Die feind-
liche Uebermacht schlug er aufs Haupt, und stolz schrieb er
nach Athen, er habe einen zweiten Sieg von Marathon er-
fochten. Die Athener nahmen die Botschaft, die den ruhm-
reichen Anfang ihrer Grösse mit dem schmachvollen Ende
verband, mit Freuden auf, zumal Artabazos jetzt reichlich
Geld schickte; zweimal feierten sie ein Siegesfest. Aber nur
zu bald wurde ihnen deutlich gemacht, wie es in Wahrheit
um sie stehe: König Artaxerxes schickte ihnen ein Schreiben,
in dem \r seine Missbilligung in scharfen Worten aussprach
und mit Krieg drohte. Einen Augenblick mochten die Athener
wähnen, auch dieser Gefahr trotzen zu können; aber lange
konnten sie sich der Einsicht nicht versehliessen , dass jetzt
alles verloren sei. Sie hatten sich an Maussollos nicht heran-
wagen können; wie sollten sie es mit dem Perserkönig auf-
nehmen, ohne Geld, ohne Truppen, ohne brauchbare Flotte,
wo überdies inzwischen König Philipp in Thrakien im Som-
mer 356 die Kleruchie Potidaea erobert hatte und den Athe-
nern weiter einen Platz nach dem anderen entriss. So be-
quemten sie sich, mit den Rebellen Frieden zu schliessen und
ihre Unabhängigkeit anzuerkennen (Ende 35">).
Chares und Artabazos: Diod. XV, 22. Demosth. 4, 24, vgl. 2, 28;
schol. Dem. 3, 31. 4, 19. Plut. Arat. 10. Sigeon (vgl. Dem. 2, 28) be-
hielt Chares für sich: Theopomp fr. 117 — Nepos Chabr. 3. 4. Ueber
die Lage Isokrates' Areopag. 8 ff. 81, geschrieben nach Chares' Sieg und
494
IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
dem Eintreffen des Briefs des Königs, aber vor dem Frieden; ferner
Aeschin. 2, 70 ff. Die Friedensrede dagegen ist nach dem Frieden ge-
schrieben, wenn sie auch fingirt, bei den entscheidenden Verhandlungen
gehalten zu sein. Aber in Wirklichkeit setzt sie den Abschluss voraus,
und discutirt ausschliesslich das Programm der zukünftigen Politik. —
Beloch's Annahme, dass die Besorgniss vor einem Angriff des Perser-
königs, welche zu Demosthenes' Symmorienrede (354) den Anlass ge-
geben hat, noch vor das Ende des Kriegs falle, halte ich nicht für richtig.
984. Mit dem Frieden von 355 hörte Athen auf, eine
Macht zu sein, die in der Welt etwas bedeutete. Die abge-
fallenen Inseln hat Maussollos sich alsbald völlig unterthan ge-
macht. Von den verbliebenen lösten die lesbischen Städte wenige
Jahre später (um 350) ihre Verbindung mit Athen und fielen
der Herrschaft von Tyrannen anheim ; Euboea trat um dieselbe
Zeit zu Theben zurück; dauernd blieben den Athenern als
^ Bundesgenossen t nur noch die Kykladen und eine Anzahl
kleiner Inseln, dazu einige Punkte in Thrakien und als Eigen-
besitz Samos, die alten Klerucheninseln Lemnos, Imbros,
Skyros, und ein paar Orte auf der Chersones. Die Erschöpfung
im Inneren führte dazu, dass jetzt die gemässigte Partei das
Regiment in die Hände bekam, geführt von Eubulos von Proba-
linthos. Das neue Programm verkündete Isokrates in zwei Bro-
schüren. Die eine, der Areopagitikos, noch vor dem Friedens-
schluss geschrieben , forderte eine Verfassungsänderung und
Rückkehr zu der Verfassung des Kleisthenes; die andere, die die
Form einer Rede bei der Berathung des Friedens trägt, thatsäch-
lich aber nach demselben geschrieben ist, fordert Frieden um
jeden Preis und Verzicht auf die Herrschaft und die Seemacht.
Auch Xenophon hat gleichzeitig durch eine Broschüre, welche
Rathschläge zu einer Hebung der Einkünfte bringt, dasselbe
Programm vertreten. Ganz liess es sich freilich nicht durch-
führen; die leitenden Staatsmänner mussten auf die Stim-
mung der Menge Rücksicht nehmen, und Athen lag nicht auf
einer einsamen Insel ohne Berührung mit der übrigen Welt.
An eine Verfassungsänderung war nicht zu denken ; und noch
stand man nicht nur mit Philipp im Kriege, sondern man
hatte sich auch durch den Hass gegen Theben verleiten lassen,
Athen nach dem Bundesgenossenkrieg. Isokrates' Friedensrede. 495
eben während des Kriegs gegen die Bundesgenossen ein Bünd-
niss mit den Phokern zu schliessen, welche jetzt gegen Theben
in Waffen standen. In beiden Fällen konnte Athen sich zu
einem Verzicht und zur Anerkennung der bestehenden That-
sachen nicht entschliessen; aber es führte den Krieg mög-
lichst lässig und Hess die Dinge gehen wie sie mochten. Da-
gegen wenigstens die Chersones wollte man wieder haben und
den 357 mit Kersobleptes geschlossenen Vertrag (§. 978) zur
Wahrheit machen. Hier hat man denn auch noch einen Erfolg
erzielt; im J. 353 (§. 978 A.) hat Ghares Sestos erobert und
durch Abschlachtung seiner Bewohner und Verkauf der Weiber
und Kinder in die Sklaverei Athens Namen noch einmal ge-
schändet. — Isokrates' und Xenophons Erwartung, dass, wenn
Athen Frieden halte und nur die gerechte Sache vertrete statt
des eigenen Gewinns, alle Hellenen es freiwillig als ihren
Führer anerkennen und ihm geben würden, was ihm zu-
komme, Philipp Amphipolis und der Thrakerkönig die Cher-
sones, konnte sich nicht erfüllen. Im übrigen aber haben die
beiden 80jährigen Männer, die jetzt alle Hoffnungen zu Grabe
getragen sahen, die ihr Leben erfüllt hatten, die Lage richtig be-
urtheilt. Im J. 356 hat Isokrates sich noch mit dem Gedanken
getragen, dass König Archidamos sein altes Programm der
Einigung von Hellas und des Nationalkriegs gegen Persien
verwirklichen könne, und eine an ihn gerichtete Broschüre
begonnen (ep. 9); aber er überzeugte sich bald, dass Spartas
Macht nicht mehr stark genug sei, um für die Nation noch
etwas zu leisten. Jetzt hat er alle Hoffnungen fahren lassen.
Seine Friedensrede ist der Widerruf all der hohen Erwar-
tungen, mit denen er 25 Jahre zuvor das Programm ent-
wickelt hatte, das Athen und Hellas erfüllen sollten. Das
einzig Mögliche ist die Unterwerfung unter die bestehenden
Zustände, die Anerkennung des Königsfriedens, der Verzicht
auf die Macht und den Kampf um die Macht, die doch, wie
er wohl wusste, den Lebensnerv des wahren Staats bildet.
Er lenkt ein in die Gedanken, welche seit Jahrzehnten die
Sokratiker verkünden: die Seeherrschaft ist der Fluch von
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496
IV, 7. Der Ausgang des athenischen Seebundes.
Hellas gewesen, an ihr ist erst Athen zu Grunde gegangen,
dann Sparta, und jetzt Athen zum zweiten Mal. Nieraals hat
Isokrates in seinen politischen Anschauungen Plato so nahe
gestanden, wie hier. Er sollte es noch erleben, dass wenige
Jahre später seinen Idealen die Erfüllung kam von einer Seite
her, von der es jetzt noch Niemand ahnte, dass Philipp von
Makedonien sich eine Macht schuf, welche Willens und zu-
gleich stark genug war, die zerrissene Nation zum Frieden
zu zwingen und sie grösseren Aufgaben entgegen zu fuhren.
Während seine Landsleute, die nur noch Athen sahen und
nicht mehr Hellas, in Philipp den Todfeind Griechenlands er-
blickten, haben die Götter Isokrates die Kraft verliehen, auch
die neue Wendung noch mit jugendlichem Enthusiasmus zu
begrüssen ; sie haben sein Leben erhalten, bis er die Erfüllung
der Ideale, deren Verkündung sein Leben gewidmet war, der
nächsten Zukunft gesichert sah.
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VIII. Der Ausgang Dionysio9* I. Der Reform-
versuch und die Auflösung des westgriechischen
Reichs.
Vierter Karthagerkrieg und Tod Dlonysios' I.
985. Am Abend seines Lebens, während er den Spar-
tanern Unterstützung gegen Theben leistete (§. 952. 954), hat
Dionys noch einmal, zum vierten Mal, einen Krieg gegen Kar-
thago geführt. Den Anstoss gaben die Karthager, die den
letzten Frieden (§. 826) nur als einen Waffenstillstand be-
trachtet hatten ; er sollte ihnen die Möglichkeit gewähren, sich
von der Epidemie zu erholen und den Aufstand in Afrika
und auf Sardinien niederzuwerfen, der sie an der Ausnutzung
des Sieges über Dionys gehindert hatte. Aber auch diesem
musste, nach einer längeren Epoche ungestörten Friedens, ein
neuer Krieg willkommen sein, der ihm die Möglichkeit ge-
währte, sein Lebenswerk zu vollenden, ehe der Tod ihn er-
eilte. In Karthago wurde eifrig gerüstet und der Krieg durch
einen Einfall in das syrakusanische Gebiet eröffnet. Darauf
brach Dionys im Frühjahr 368 mit einem starken Heer, von der
Flotte begleitet, in das karthagische Gebiet ein. Selinus und En-
tella fielen ihm zu, Eryx wurde genommen, die Belagerung von
Lilybaeon begonnen. Aber ein Erfolg war dem Herrscher nicht
mehr beschieden. Hanno, der den Aufstand in Afrika nieder-
geworfen hatte, erschien mit einer starken Flotte. Einem An-
Meyer, Geschichte de» Alterthums. V. 32
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498 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
griff der überlegenen feindlichen Seemacht wusste er geschickt
zu entgehen; dann aber überfiel er die syrakusanische Flotte
im Hafen von Eryx (Drepana) und erbeutete einen Theil der
Schiffe. Dionys musste die Belagerung von Lilybaeon aufheben.
Auf beiden Seiten hatte man doch nach dem dreimaligen ge-
waltigen Ringen den rechten Muth nicht mehr zu einem
vierten entscheidenden Waffengang; zu Anfang des Winters
wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Im nächsten Frühjahr
ist Dionys nach kurzer Krankheit gestorben, bald nachdem er
die Kunde erhalten hatte, dass die Athener endlich seine Dich-
tungen gewürdigt und ihm bei den Lenaeen 367 den Preis zu-
erkannt hatten (§. 958), ein Erfolg, der ihm grössere Freude be-
reitet haben soll, als mancher seiner Siege im Felde. Sein Sohn
Dionysios II. hat dann mit Karthago Frieden geschlossen, auf
Grund des Besitzstands vor dem Kriege; die im letzten Frie-
den abgetretenen Gebiete blieben im Besitze Karthagos (367).
Letzter Krieg des Dionys: Diod. XV, 73 (unter 368/7). Justin XX,
5, 10 ff. Diodors Darstellung (vgl. §. 822 A.) ist ebenso entstellt, wie die
anschliessende Erzählung über Dionys' Sieg in Athen und seinen Tod
in Folge des Festgelages [das entspricht weder Dionys' sonst genugsam
bezeugter Enthaltsamkeit noch der durch CIA. II, 52 feststehenden That-
sache, dass er noch etwa zwei Monate nach den Lenaeen am Leben war :
§. 958 A.]. Bei Diodor wird Dionys die Schuld am Kriege zugeschrieben ;
aber er selbst gibt an, dass die Karthager zuerst die Grenze verletzten.
So ist Justins Angabe, dass die Karthager reparato exercitu bellum, quod
lue deseruerant, auctis viribus repetebant, offenbar correcter. Die an-
schliessende Erzählung, dass Dionys durch den Karthager Suniatus von
Hannos Röstungen erfahrt und Suniatus deshalb vernrtheilt wird [daher
hätten die Karthager das Erlernen des Griechischen verboten], enthält gewiss
etwas Historisches, ist aber von Trogus und Justin in ihrer Manier phan-
tastisch ausgemalt. Diodors seltsamer Bericht Ober Dionys1 Sorglosigkeit
auf die Kunde von einem Brande in den karthagischen Docks ist mit
Hannos Strategem Polyaen V, 9 nicht zu vereinigen ; die Details sind uns
eben vollständig unbekannt. — Zum Friedensschluss Dionys' II. vgl. Plui.
Dio 6. 14. Diod. XVI, 5. Heraklea Minoa bleibt karthagisch: Plut. Dio
25. Diod. XVI, 9, 4, ebenso Thermae: Diod. XIX, 2.
986. Dionys ist 63 Jahre alt geworden; 38 Jahre lang
hat er die Herrschaft behauptet. Wie seine Thaten und seine
Dionysios' I. Ausgang. Dionysios II. Friede mit Karthago. 499
Erfolge hat auch sein Tod auf die Zeitgenossen einen gewal-
tigen Eindruck gemacht: jetzt erst zeigte sich, wie fest, »mit
stählernen Ketten«, seine Herrschaft gegründet war. »Nicht
weniger als 400 Kriegsschiffe,« lautet die allerdings aufs stärkste
übertreibende Schilderung des Timaeos, »Hexeren und Pen-
teren, 100,000 Mann zu Fuss, 9000 Reiter hatte der Vater
dem Erben hinterlassen ; dazu besass Syrakus grosse Häfen und
war mit einer gewaltigen Mauer geschirmt, in dem Arsenal lag
das Geräth für weitere 500 Schiffe, das Zeughaus strotzte
von Schilden, Schwertern, Speeren, Panzern, Beinschienen
und Wurfmaschinen; in den Magazinen war eine Million
Scheffel Korn aufgespeichert.« — Dionys I. hat vier Söhne
hinterlassen, von der Lokrerin Doris den Thronerben Dio-
nysios II. und Hermokritos, von Hipparinos' Tochter Aristo-
mache den Hipparinos und Nysaios. Für die letzteren hatte sich
ihr Oheim Dion, Aristomaches Bruder, bei dem sterbenden Vater
verwenden und eine Theilung der Erbschaft erreichen wollen ;
aber die Aerzte hatten ihn nicht ans Todtenbett gelassen.
So ergriff Dionysios II. allein die Regierung. Er berief eine
Volksversammlung, die ihn als den Erben der Machtstellung
seines Vaters anerkannte; dann rüstete er diesem eine glän-
zende Leichenfeier. Ohne irgendwelche Erschütterung, wie in
einer seit unvordenklicher Zeit bestehenden legitimen Mon-
archie vollzog sich der Uebergang der Regierung auf den
Nachfolger.
Ueber Dionysios1 Lebensalter §. 776 A. ; Ephoros hatte es trotz seines
Versehens (Schreibfehlers?) betreffs der Regierungsdauer richtig ange-
geben: Polyb. XU, 4 a, 3. — Die Schilderung seiner Macht Aelian v. h.
VI, 12 = Diod. XVI, 9, 2 = Plut. Dio 14 = Nepos Dio 5, mit kleinen
Variationen, aber überall an derselben Stelle, also aus Timaeos. Dions
Verwendung für seine Neffen: Plut. Dio 6. Nepos Dio 2. Timaeos (bei
Plut.) hat behauptet, Dionys sei vergiftet worden; das erzählen daher
Nepos und Justin XX, 5, 14, der weiter behauptet, Dionys II. habe
seine Brüder umgebracht (XXI, 1, 6 f . = Aelian v. h. VI, 12), in offen-
kundigem Widerspruch mit den Thatsachen [es ist das natürlich aus
der Verbannung Dions herausgesponnen]; man sieht, wie vorsichtig man
sein muss! — Volksversammlung (vg). §. 787 A.) und Leichenfeier Diod.
XV, 74, 5 (von Philistos fr. 42 und Timaeos fr. 120 ausfuhrlich ge-
500 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
schildert). Nach Justin XXI, 1 ist Dionys II. dagegen von den Soldaten
erhoben worden; natürlich haben auch sie zugestimmt.
Dionysius II. Dion, Plato und der Reform versuch.
987. Der junge, noch nicht dreissigjährige Herrscher war
für seinen Beruf ganz unvorbereitet ; der Vater hatte ihn allen
Geschäften fern gehalten (§. 828). Unbegabt war er nicht, und
noch weniger bösartig: aber dem in der Engendes Fürstenpalastes
bei Tischlerarbeiten aufgewachsenen Prinzen fehlte der klare
Blick für Verhältnisse und Persönlichkeiten, und die rasch
durchgreifende Energie des Vaters hatte er nicht geerbt, ernste
Arbeit und strenge Selbstzucht nicht gelernt. Jetzt fand sich
der junge Fürst urplötzlich im Besitz einer gewaltigen Macht,
die ihm jeden Genuss, den sein Herz begehren mochte, mühe-
los zur Verfügung stellte. Die Schaaren der Höflinge drängten
sich um ihn, Schmeichler bewunderten jede seiner Aeusse-
rungen, und dazu sah er sich sofort inmitten des Kampfes
der Parteien, in dem er das entscheidende Wort sprechen
sollte. Die Gehülfen seines Vaters suchten ihn in dessen
Bahnen festzuhalten und wollten von Neuerungen nichts wissen ;
ihnen gegenüber erhob sich jetzt eine Reformpartei, welche
dem Staat ein anderes Aussehen geben wollte. An ihrer
Spitze stand Dion, der Schwager des neuen Herrschers —
denn der alte Dionys hatte den Sohn mit seiner Stiefschwester
Sophrosyne vermählt, deren leibliche Schwester Arete aber
nach dem Tode ihres ersten Gemahls Thearidas, des Bru-
ders des Tyrannen, ihrem Oheim Dion gegeben. Dion, ge-
boren im J. 408, war auch in seiner politischen Stellung der
Erbe des Hipparinos. Wie dieser sah er in der Demokratie
nur Gorruption und Verderben; hatte sie doch Syrakus an
den Rand des Abgrunds geführt. Aber der stramme Des-
potismus des Dionys war ebenso wenig sein Ideal; er hatte
dem Staat zwar Rettung und Macht gebracht, aber er er-
stickte jedes freie und menschenwürdige Dasein und erzog
die Unterthanen zu Knechten, die in der Befriedigung niederer
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Dionysios II. Die Parteien am Hofe. Dion und Plato. 501
Lüste und gemeinen Ehrgeizes ihr höchstes Ziel sahen. In
diesen Gesinnungen war er gefestigt worden, als um das
J. 388 Plato von Tarent aus nach Syrakus kam. Der junge
Mann, der gerade in den für seine Entwickelung entscheiden-
den Jahren stand, schloss sich mit voller Hingebung an den
grossen Lehrer an und nahm seine ethischen ujid politischen
Anschauungen mit Begeisterung in sich auf: zunächst im eigenen
Leben, indem er sich am Tyrannenhofe, im Besitz eines fürst-
lichen Vermögens, allen Ausschweifungen und jeder Schmei-
chelei fern hielt, sodann aber, wenn die Umstände es gestatten
sollten, in seinem Heimatstaate das Ideal Piatos zu verwirk-
lichen wurde sein Ziel. Dionys I., so wenig er Piatos stolz ab-
weisende Haltung vertragen konnte — dass er den Philosophen,
nachdem ihn Dion an seinem Hofe eingeführt hatte, alsbald da-
von schickte, ist sehr glaublich; dass er dem spartanischen Ge-
sandten Pollis den Auftrag gegeben habe, ihn in die Sklaverei
zu verkaufen, wird dagegen Fabel sein — , Hess den jungen Ver-
wandten gewähren; er hat ihm immer Vertrauen geschenkt
und ihn mehrfach zu diplomatischen Missionen verwendet, so
nach Karthago. Jetzt suchte Dion den jungen Herrscher für
die Umwandlung des despotischen Regiments in einen ge-
mässigten verfassungsmässigen Zustand zu gewinnen. Trotz
des Misstrauens, das Dionys II. gegen seinen Verwandten hegen
musste, da er wusste, dass dieser seine Stiefbrüder begünstigte,
hat er sich mehr und mehr Dions Einfluss hingegeben. Dionys
war sehr ehrgeizig und dabei im Grunde gutmüthig; es lockte
ihn, sich im Lichte der Popularität zu sonnen und den Ruf
eines erleuchteten und humanen Herrschers in Hellas zu ge-
winnen. Auch war das Fürstenthum durch seinen Vater so
fest begründet, dass es unbedenklich schien, etwas nachzu-
lassen, zumal der neue Herrscher zum Feldherrn keinen Beruf
in sich fühlte und nach aussen Frieden halten wollte; er
musste besorgen, dass im Kriege aller Ruhm dem Dion zu-
fallen werde. So begann Dionys II. sein Regiment mit einem
dreijährigen Steuererlass und der Freigabe zahlreicher Ge-
fangenen. Bald gelang Dion ein neuer Erfolg: er erreichte,
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502 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
dass Dionys eine Einladung an Plato sandte, ihm als Rath-
geber zur Seite zu treten. Die Gehülfen des alten Herrschers
waren aufs äusserste erschrocken; um der drohenden Gefahr
begegnen zu können, erwirkten sie die Rückberufung des
Philistos aus dem Exil in Adria, als des berufensten prinzi-
piellen Vertreters des despotischen Regiments, dessen Unent-
behrlichkeit und Erfolge er soeben in einem grossen Geschichts-
werk über den älteren Dionys dargelegt hatte.
Hauptquelle sind Piatos Briefe 13. 2. 3. 7. 8, die bei Plutarch im
Dio (von ihm selbst wie von seiner Quelle) eingehend benutzt sind [in
sehr naiver Weise kehren die Modernen meist das Verhältnis um, in-
dem sie aus Plutarch die Bestätigung für die Richtigkeit einzelner An-
gaben »Pseudoplatos* entnehmen wollen]. Bei Nepos und Diodor sind
die Briefe nicht verwerthet; sie erwähnen beide nur Piatos ersten Aufent-
halt in Syrakus (Diod. XV, 7. Nepos Dio 2). Dass Plalo damals ver-
kauft sei, und zwar auf Dionys' Anstiften durch den Spartaner Pollis
(§. 934) auf Aegina, und dann durch Annikeris von Kyrene frei gekauft
sei (Nepos. Plut. Dio 5. Diog. L. III, 19 u. a.; bei Diod. XV, 7 wird der
Verkauf nach Syrakus selbst verlegt), ist wohl Uebertreibung der Philo-
sophenbiographie; er mag von den aeginetischen Kapern (§. 873 f. 878)
aufgebracht sein und Annikeris das Lösegeld bezahlt haben. Mehr besagt
auch das von Arist. phys. II, 8 angeführte Beispiel nicht : äni '6xTi?
YjXd-sv 6 £evo; xal Xoodjuvoc ärc-rjX&tv, das Diels , Zur Textgesch. der
arislot. Physik, Abb. Ber). Ak. 1882, 23, 1 auf den Vorgang deutet. —
Zu Dionys' II. Charakter Plato ep. 7, 338 d : © 3s out« 5XXu>; latlv a? o-r^
itpbi ttjv xoü {j.av9-Avttv 8uvap.iv <pc).ör.}iö<; ts ^aufiasttüc. — Dios Geburts-
jahr: Nepos 10, 3. In Karthago: Nepos 1, 5, vgl. Plut. Dio 6. 12. Dionys'
populäre Massregeln : Justin XXI, 1. — Philistos' Berufung: Plut. Dio 11.
Nepos Dio 3. Plato nennt ihn als seinen Hauptgegner nur ep. 8, 315 e
(mit der volleren Form Philistides).
988. Plato und die Akademie waren inzwischen zu einer
Macht im geistigen Leben von Hellas erwachsen. Wie zu Iso-
krates kamen auch zu ihm von überall her junge Leute, um
sich für den Lebensberuf vorzubereiten; und schon gewannen
manche von ihnen hervorragende politische Bedeutung, so
Euphraios von Oreos, der seit etwa 365 bei Perdikkas III.
von Makedonien zu massgebendem Einfluss gelangte (§. 976).
In Elis wird der Gesetzgeber Phormion als Schüler Piatos be-
zeichnet, in Arkadien Aristonymos, der die Verfassung von
Berufung des Philistos und des Plato, Plato und Dionysios II. 5Q3
Megalopolis entwarf; als die Thasier eine Golonie anlegten,
vermuthlich Datos (im J. 360, §. 977), wandte sich der philo-
sophisch gebildete Staatsmann Laodamas an Plato mit der
Aufforderung, entweder selbst zu kommen oder einen Schüler
zu schicken, um bei der Einrichtung mit zu helfen. Plato
galt eben als die höchste Autorität in Verfassungsfragen.
Jetzt bot sich ihm urplötzlich die sein Leben lang ersehnte
Gelegenheit, selbst zu wirken. Was er 20 Jahre zuvor ge-
schrieben hatte, dass die Herrscher Philosophen oder die Philo-
sophen Herrscher werden müssten, schien sich zu erfüllen:
hier war ein Herrscher, der Philosoph werden wollte, und er
selbst sollte jetzt zum praktischen Staatsmann werden. Wohl
mochten ihm Bedenken kommen ob des Ausgangs; ablehnen
konnte er nicht, weder um seiner selbst und der Philosophie,
noch um Dions und der sicilischen Griechen willen. In hohen
Ehren wurde er vom Tyrannen empfangen. Die Persönlich-
keit und das Wort des gewaltigen Lehrers verfehlten auch hier
ihre Wirkung nicht. Der Gedanke, den Staat auf eine neue,
verfassungsmässige Grundlage zu stellen, zündete bei Dionys:
»willst du nicht aufhören, mir zu fluchen !< rief er dem Herold
zu, als dieser bei einem Fest das übliche Gebet für den uner-
schütterten Fortbestand der Tyrannis sprach. Zwar der an Ein-
sicht und Tugend alle anderen überragende Herrscher der pla-
tonischen Republik war Dionys nicht und konnte es schwerlich
werden ; aber Plato hatte sich inzwischen selbst überzeugt, dass
dies Ideal für Menschen unerreichbar sei (§. 917). Wohl aber
mochte der begabte und ehrbegierige Mann zu einem tüchtigen
Regenten erzogen werden, der sich einer besseren Einsicht willig
unterordnete. Darauf zu wirken, war Piatos Aufgabe. Das erste
war, dass der junge Herrscher sich selbst in seine Gewalt be-
kam und die Lüste bekämpfte, an deren Befriedigung er sich
gewöhnt hatte; nur dann konnte er wahrhaft frei werden
und sein wahres Bestes erkennen. Der Weg dazu war die
Beschäftigung mit den erkenntnisstheoretischen Fragen und
den mathematischen Disciplinen, welche im Unterricht der
Akademie die propädeutische Grundlage bildeten. War hier-
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504 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reich?.
durch die nöthige Schulung des Geistes und des Charakters
gewonnen, dann konnte der Herrscher auch für seine Unter-
thanen segensreich wirken. Umwandlung der Tyrannis in
das wahre Königthum, d. h. des Despotismus in eine con-
stitutionelle Monarchie, Freigabe von Syrakus durch Einfuhrung
einer rationellen aristokratischen Verfassung, Wiederherstellung
der von Dionys geknechteten und entweder aufgehobenen oder
mit Barbaren (entlassenen Söldnern) besiedelten Griechen-
städte: das war das politische Programm, das dann in An-
griff genommen werden sollte.
Plut. adv. Colot. 32, 8 IlXdtwv tiüv eraif.uiv tiaitsawiKsv 'Apxdbt piv
\4pt3Tiovofiov oiaxoo|i-f4oovta tr4v wMttiav (vgl. Pamphile bei Diog. L. III,
23 'ApxdSec xal 0Y)ßa;.ot Mrfd).rtv soXiv otxtCovte^ napexdXouv airov [Plato]
vojiod-ttrjV ' 6 3» jiafriuv tsov s/s*.v oo {friXovtas o'jx snopstjfhrj), 'H).«iotj; es
<I>opfuu>va (vgl. §. 968 A.), MsvÜtjjxov 8£ IluppaiV.;. Ueber Leodamas (Tbasier
Diog. L. III, 24) s. Plat. ep. 11; sein hier genannter Schüler Sokrates ist
natürlich 1 . 6 v«u»x6po? Arist. Metapb. VI, 1, den er im Theaetet, Sophistes,
Politikos eingeführt bat. — Die Vermittelung der Freundschaft zwischen
Hermias von Atarneus und Erastos und Koriskos von Skepsis (Diog. L.,
III, 41. Strabo XIII, 1, 54) ep. 6 gebort natürlich in seine letzten Lebens-
jahre. Ueber Piatos Schüler, die (ganz seiner Theorie entsprechend) eine
herrschende Stellung gewannen und daher von den Gegnern als Tyrannen
bezeichnet wurden, s. Athen. XI, 508. — Dionys und der Herold: Plut.
Dio 13. — Im 7. Briefe vertheidigt Plato sein Verhalten nach der Kata-
strophe Dions; als er nach Syrakus ging, wird Auffassung und Stimmung
etwas anders gewesen sein. Bei Plutarch im Dio ist die Chronologie
nicht immer genau beachtet ; dass Dionys sich erst nach Pialos Fort-
gang ernstlich der Philosophie zugewendet hat, sagt Plato ep. 7, und
wird dadurch bestätigt, dass ep. 13, nach dem ersten Aufenthalt, auf
philosophische Fragen nicht eingebt, wohl aber ep. 2 aus dem J. 360.
Piatos Programm: ep. 3, 315 d. 316b. 319 b.c. 7, 331 e. 382 c.e.
989. In ganz Hellas machte die Verbindung »der grossen
Macht mit dem grossen Intellect«, wie Plato selbst (ep. 2,
310 e. 7, 335 d) sich ausdrückt, ungeheures Aufsehen. Aller
Augen waren auf Syrakus gerichtet, und die Sympathien
kamen dem jungen Herrscher entgegen. Plato erhielt den
Auftrag, die neuen Verfassungen für die Einzelgemeinden zu
entwerfen, und begann auch mit der Ausarbeitung der Ein-
Plato in Syrakus. Bruch zwischen Dionys und Dion. 505
leitungen, welche die Motive enthalten sollten. Aber weiter
kam die Bewegung nicht. Mit allen Kräften wirkten die
Gregner dem Einfluss Piatos entgegen. Mochte gemeinen Na-
turen nur die Behauptung der Macht am Herzen liegen, so
liess sich ein Mann wie der greise Philistos an seinen Ueber-
zeugungen auch durch die Verbannung nicht irre machen, die
der von ihm selbst erhobene Herrscher über ihn verhängt
hatte: er konnte in jeder Abweichung von den überkommenen
Grundsätzen und nun vollends in der Lockerung des von
Dionys so rücksichtslos aufgerichteten Einheitsstaats mit vollem
Recht nur ein verhängnissvolles Experiment sehen, das, in-
dem es einer Utopie nachjagte, die Dynastie zu Grunde richtete.
Nicht minder aber sland Plato das Naturell des Herrschers
selbst entgegen. Durch einen hochherzigen Act sich eines
Theiles der Gewalt wenigstens dem Namen nach zu ent-
kleiden, dazu hätte er sich vielleicht bewegen lassen; dass er
die Reform mit sich selbst beginnen sollte, wollte ihm nicht
in den Sinn, von den Genüssen des Lebens, namentlich
von seinen Zechgelagen, wollte er nicht lassen. Entschei-
dend wurde sein Verhältniss zu Dion. Wie immer mischen
sich untrennbar die persönlichen und die allgemeinen Be-
strebungen. Dion war eine strenge, herrische Natur, die
es nicht verstand, die Menschen richtig zu nehmen und
an sich zu fesseln. Allerdings war er ohne Zweifel von
idealen Gedanken erfüllt; die volle Bürgschaft, die Plato wie-
der und wieder für die Reinheit seiner Absichten übernimmt,
muss auch für uns gelten. Indessen es war klar, dass die
Reform in erster Linie ihm zu Gute kommen musste; wenn
sie gelang, so war er der erste Mann im Reiche und Dionys
das Werkzeug seiner Pläne. Hier setzten seine Gegner ein;
und ein aufgefangener Brief Dions an die Karthager, in dem er
sie bat, bei den Friedensverhandlungen sich seiner Vermitte-
lung zu bedienen, überzeugte Dionys von der Berechtigung
des längst in ihm erwachten Verdachtes. Sein Vater würde
den gefahrlichen Rivalen kurzer Hand beseitigt haben. So weit
wollte der Sohn nicht gehen ; aber er liess ihn auf ein Schiff
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506 IVt 8. Der Reform versuch und die Auflösung des westgriecb. Reichs.
bringen und schickte ihn ins Exil. Das geschah vier Monate
nach Piatos Ankunft (306?); damit war diesem die Stütze
entzogen. Plato zu entlassen, war indessen nicht Dionys' Ab-
sicht; das hätte seinem Ansehen geschadet. Er hielt Plato
fest und Hess ihn in die Burg übersiedeln. Mit seinem poli-
tischen Einfluss allerdings war es vorbei; aber Dionys wollte
auch in der Philosophie glänzen; in raschem Fluge hoffte er ihr
Wesen zu erhaschen. Sein Wunsch freilich, Plato von Dion
loszureissen und auf seine Seite zu ziehen, erfüllte sich nicht, trotz
alles schmeichelnden Werbens. Plato hielt dem Freunde die
Treue und gab sich alle Mühe, ihm die Gunst des Herrschers
wieder zuzuwenden ; aber auch die Hoffnung gab er noch nicht
ganz auf, Dionys doch noch für die Philosophie gewinnen zu
können. Schliesslich, als ein Krieg den Herrscher zwang,
zur Armee zu gehen, hat Dionys Plato entlassen, mit dem
Versprechen, nach dem Frieden sich mit Dion zu versöhnen
und ihn wie Plato aufs neue zu sich zu berufen. Sie schieden
in Freundschaft. Plato vermittelte auf der Heimreise in Ta-
ren t die Anknüpfung näherer Beziehungen zwischen Dionys und
Archytas und den Tarentinern, besorgte ihm in Athen meh-
rere Kunstwerke, und sandte ihm Abhandlungen und Freunde
zu: Dionys stellte ihm dafür seine Unterstützung für Steuern
und andere Ausgaben zur Verfügung und benutzte ihn als
Vertrauensmann in den Verhandlungen mit Dion und bei an-
deren diplomatischen Anlässen. In Athen drängte sich alle
Welt an den Philosophen, um durch ihn Empfehlungsschreiben
an den mächtigen Herrscher zu erhalten.
Plato verfasst zu Anfang vojuuv trpoolfua (vgl. legg. IV, 718 ff. 722 e ff.
und sonst); dann hört sein politischer Einfluss völlig auf: ep. 3, 316 a,
vgl. 7, 330 ab. Dions Verbannung jvrjvl tstaptu) ep. 7. 329c. 853a, bei
den Schriftstellern mit Varianten im einzelnen: Plut. Dio 14 (Timaeos'
Angabe über den Brief nach Karthago ist gewiss historisch). Nepos Die 4.
Diod. XVI, 6 (mit vielen Fehlern). Der Krieg: ep. 3, 317a. 7, 333a;
obAvohl Plato hier sagt: y4v -(ap x^x* -o).e}io; tv S:x?Xl<y, ist doch wohl
der Lucanerkrieg gemeint. Verbindung mit Archytas: ep. 7, 338c. 339 d.
In die nächsten Jahre fällt Plato ep. 13. Der Brief zeigt, was man
auch ohnehin annehmen würde, dass Piatos Beziehungen zu Dionys in
Piatos Entlassung. Dionys und die Philosophen. Dion in Athen. 507
dieser Zeit intimer waren, als er in ep. 7 Wort haben will, wenn er
auch natürlich in dem Schreiben an den Herrscher (ebenso in ep. 2)
einen wärmeren Ton anschlagt, als dem wahren Verhftltniss entsprechen
mochte. Die Siatpisuc, die Plato ep. 13, 360b dem Dionys schickt, sind
bekanntlich der Sophistes und der Politikos (Aristot. de generat. et com.
II. 8 p. 330 b, 16, de part. anim. I, 2 p. 642 b, 12).
990. Der Erfolg, den Plato erzielt zu haben schien, lockte
andere an: Aristippos ging nach Syrakus, der rechte Lehr-
meister für einen Tyrannenhof; auch Aeschines (§. 912), der
in Athen ein armseliges Dasein fristete, fand hier eine Zu-
fluchtsstätte und wurde von Aristipp hochherzig protegirt.
Der Astronom und Philosoph Eudoxos von Knidos hatte schon
vorher durch Plato bei Dionys Eingang gefunden; jetzt sandte
Plato ihm einen Schüler desselben, Helikon von Kyzikos. Auch
Xenophon hat seine Stimme erhoben : in einer Broschüre, die
deutlich für Dionys bestimmt ist, lässt er durch Simonides vor
Hieron entwickeln, wie die Tyrannis in ein Königthum um-
gewandelt und das politische Ideal des willigen Gehorsams der
Unterthanen (§. 922) verwirklicht werden könne. Dionys sah
es gern, dass die Weisen Griechenlands sich um ihn drängten ;
zwischen den Festgelagen mit ihren Lustbarkeiten und Tänzen
wurden metaphysische und logische Probleme erwogen, und die
Geometrie wurde Modesache am Hofe von Syrakus. Der Herr-
scher war intelligent genug, um zu erkennen, dass alle anderen
ihm doch nicht dasselbe bieten konnten wie Plato; überdies
plagte ihn die Begierde, hinter das eigentliche Geheimniss seiner
Lehre zu kommen; die Sehnsucht wuchs mit der Trennung.
Dazu kam das Verhältniss zu Dion. Dieser war nach Athen
gegangen und lebte hier ganz in den Kreisen der Akademie,
mit deren Jüngern er Freundschaft schloss. Einen Theil seines
Vermögens hatten seine Verwandten ihm heimlich zugestellt;
das übrige belegte Dionys mit Beschlag, schickte ihm aber
zuerst regelmässig die Zinsen. Den gefahrlichen Mann zurück-
zurufen war niemals ernstlich seine Absicht gewesen ; dagegen
hat er Plato den Auftrag gegeben, zu sondiren, ob er ein-
willigen werde, dass Dionys seine Gattin einem anderen gäbe.
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508 Iv» 8. Der Reform versuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
Dion wies das mit Entrüstung zurück : er bewies dadurch, dass
er den Gedanken an die Heimkehr nicht aufgegeben hatte. Da
hielt Dionys die Zinsen zurück und verkaufte einen Theil
seines Vermögens. Zugleich bemühte er sich, Plato aufs
neue an seinen Hof zu ziehen. Die erste Einladung wies
Plato zurück ; aber von allen Seiten wurde er bestürmt, nicht
durch seine Weigerung die Durchführung des grossen Werks,
das er begonnen habe, unmöglich zu machen. Ueberdies er-
klärte Archytas, seine Stellung in Tarent sei gefährdet, wenn es
durch einen Bruch zwischen Dionys und Plato auch zwischen
ihm und dem mächtigen Herrscher zum Conflict käme; er
verbürgte sich, dass ihm nichts geschehen werde. Dion aber
forderte, dass der Freund sich ihm nicht versage. Als dann
ein Jahr später Dionys die Einladung wiederholte und er-
klärte, wenn Plato komme, werde er Dion alles bewilligen, was
dieser fordere, im anderen Falle aber keine Rücksicht mehr
nehmen, da blieb Plato nichts übrig als »sich noch einmal in
die Charybdis zu wagen t (Frühjahr 361 v. Chr.). Mehrere
seiner Schüler nahm er mit sich, darunter seinen Neffen Speu-
sippos und Xenokrates von Chalkedon. Auch diesmal wurde er
freundlich aufgenommen ; aber er musste erfahren, dass Dionys
ihn zu sich gelockt habe, um mit ihm zu prunken und zu-
gleich um ihn als Pfand gegen jede Unternehmung Dions in
der Hand zu haben. Von irgend welchem Abkommen über
das Vermögen war keine Rede; wohl aber zeigte Dionys seinen
Unwillen, dass Plato zu seinem Feinde halte und nicht zu
ihm. Plato wollte wieder gehen; aber Dionys zwang ihn
noch ein Jahr zu bleiben, während er Dions Vermögen als-
bald vollständig confiscirte und Arete wirklich einem anderen
vermählte. »Dabei,« sagt Plato, »galten Dionys und ich in
ganz Sicilien als Freunde.« Endlich brachte eine Revolte von
Veteranen, denen Dionys den Sold kürzen wollte, die Ent-
scheidung. Der Herrscher sah in dem Feldhauptmann Hcra-
klides den Urheber und wollte ihn verhaften ; dessen Oheim Theo-
dotes und mit ihm Plato verwendeten sich für ihn. Es kam zu
einer heftigen Scene zwischen dem Tyrannen und dem Philo-
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Plato zum zweiten Mal bei Dionys
509
sophen ; voll Hohn hielt Dionys ihm vor, dass er ihn erst habe
erziehen wollen, ehe er an das Reformwerk Hand anlegen dürfe,
und zwar durch Geometrie. Heraklides war entkommen ; Plato
aber wurde vom Hofe verwiesen. Sein Leben war durch die
Soldateska gefährdet; denn er galt für den Urheber aller Mass-
regeln des Herrschers. Auch mochte bekannt geworden sein,
dass Xenokrates und Speusippos inzwischen die Bürgerschaft
sondirt und für Dion Stimmung gemacht hatten. Es gereicht
Dionys zur Ehre, dass er auch diesmal nicht zum Aeussersten
geschritten ist. Ohne seine Einwilligung konnte Plato die
Stadt nicht verlassen; aber als Archytas sich zu seinen
Gunsten verwandte, hat er ihm die Heimkehr gewährt. Auch
diesmal schieden sie äusserlich in freundschaftlichen Formen
(Sommer 360).
Ueber Arislippos und Aeschines s. Diog. L. und Suidas, sowie die auf
den Biographien fussenden Sokratikerbriefe (§. 913 A.). Plut.Dio 19. de adulat.
et arnico 26. Unter den philosophischen Concurrenten Flatos ep. 2, 312 a
313 r. 7, 315 b ist natürlich in erster Linie Atistipp zu verstehen. Eudoxos
und Helikon: Plat. ep. 13. Aelian v. h. Vit, 17. Plut. Dio 19. Ueber Xeno-
phons Hiero: Sill, Unters. Ober Piatos Briefe, 1901 («liss. ; das vollständige
Werk wird eine erschöpfende Behandlung aller einschlägigen Fragen
bringen, vgl. §. 827 A.). — Die Andeutung Piatos ep. 13, 362 e über
die Sondirung Dions erklärt Plut. Dio 21. Dio in Athen: Plut. Dio 17.
Ueber die Vermögensfrage handelt Plato ausführlich; vgl. Plut. Dio 15. —
Piatos letzte Reise: ep. 3. 7. Bei der Sonnenfinsternis vom 12. Mai 361
war Plato in Syrakus: Plut. Dio 19; kurz nach seiner Rückkehr fallen
die Olympien von 360: ep. 2, 310. 7, 350 b. Die Daten der vorigen
Reise sind dagegen nur approximativ zu bestimmen. — Speusipp und
Xenokrates: Plut. Dio 17. Diog. L. IV, 6. 11. Timaeos fr. 128 = Aelian
v. b. II, 41. — Die entscheidende Scene hat Plato ep. 3, 318 c. 319.
7, 348. 349 mit lebendigster Anschaulichkeit geschildert: das soll ein
Fälscher erfunden haben!
991. Ueber Plato hatte Philistos gesiegt; aber von einer
Rückkehr zu dem Regierungssystem seines Vaters wollte Dionys
nichts wissen. Vielmehr erklärte er jetzt, Plato habe ihn ge-
hindert, die Griechenstädte wieder herzustellen — das war
nicht unrichtig, da dieser erst die Erziehung der Herrschers
verlangt hatte, ehe man an Weiteres gehen dürfe — ; jetzt
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510 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
wolle er das Programm allein ausführen. An Stelle des
zerstörten Rhegion erbaute er selbst eine neue Stadt, die nach
dem Sonnengotte den Namen Phoibia erhielt; auf dem Berge
von Tauromenion (§. 799 f.) Hess er im J. 358 durch Andromachos
(den Vater des Historikers Timaeos) eine neue Griechenstadt
anlegen, die mit den Resten der Bevölkerung von Naxos be-
siedelt wurde. Für die Constitutionen wurden Piatos Entwürfe
der Motive benutzt. Im übrigen setzte Dionys seine philo-
sophischen Studien eifrig fort; auch an Plato wandte er sich
noch mit Fragen über das Urprincip, an das er noch nicht
recht glauben wollte, und legte ihm geometrische Construc-
tionen vor; ja er verfasste eine Schrift oder Hess sie auf
seinen Namen verfassen, in der er der Welt das tiefste Ge-
heimniss der platonischen Philosophie enthüllte. Daneben be-
gann er zu dichten, wie sein Vater. Im übrigen gingen die
Dinge, wie sie unter einem schwachen und eitlen dilettirenden
Schöngeist gehen mussten. Die festen Grundlagen der Macht
waren erschüttert und der Respect vor dem Herrscher ge-
schwunden, aber befriedigt war niemand; wohl aber lernte
der Herrscher immer mehr seinen Lüsten fröhnen. Er beging
Excesse aller Art, und die Verbannungen und Gonfiscationen
mehrten sich, zumal er für seine Bedürfnisse viel Geld brauchte;
dem Trunk war er so unmässig ergeben, dass er sich ein
schweres Augenleiden zuzog. — Nach aussen stand das Reich
unerschüttert. Die Karthager, bei denen etwa um diese Zeit
Hanno, der Feldherr der letzten Kriege (§. 985), einen rasch
unterdrückten und grausam bestraften Aufstandsversuch machte,
hielten Frieden. In Italien führte Dionys einen längeren Krieg
gegen die Lucaner, die schliesslich zurückgeschlagen wurden;
in Apulien wurden zwei Colonien angelegt (§. 823). Sparta
hat Dionys II. im J. 365 noch einmal unterstützt (§. 962);
auch zu Athen und zum Perserreich hielt er die vom Vater
ererbten Beziehungen aufrecht.
Phoibia: Strabo VI, 1, 6. Tauromenion: Diod. XVI, 7, 1 (358/7).
Mit Recht hebt Belccw, Gr. Gesch. II, 169 hervor, dass das Datum da-
durch bestätigt wird , dass im Inventar von Delos seit diesem Jahr die
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Dionys nach Piatos Fortgang. Dions Rüstungen. 511
von Tauromenion geweihten Silberschalen erscheinen: CIA. II, 817, 10.
Natürlich kann die Stadt nur mit Einwilligung des Dionys erbaut sein.
Die vojxtuv npoot|ta, über deren Benutzung und Entstellung Plato sich ep.
3, 316 beschwert, gehören offenbar hierher. Gegen Dionys' Vorwurf ver-
theidigt sich Plato nicht nur ep. 3, sondern der ganze 7. Brief hat zu-
gleich die Tendenz, ihn zu widerlegen. — Philosophische Fragen: Plat.
ep. 2. Schrift: ep. 7, 341b. 344 d. — Dionys' Trunksucht und Augen-
krankheit: Arist. pol. VIII, 8, 14. Aelian II, 41. VI, 12 (Theopomp fr. 217).
Justin XXI, 2 u. a. Dass D. auch einen Paean auf Asklepios gedichtet
hat, sagt Timaeos fr. 127; und seine neu erfundenen Worte erwähnt
Athen. III, 98 d, zum Theil nach Athanis ; danach im "Sokratikerbrief 36
(Dionys an Speusipp). Der bei Timaeos fr. 127 genannte Demokies
(= Polyaen V, 46) ist aber derselbe wie Darookles, an den die bekannte
Anekdote vom älteren Dionys anknüpft (Cic. Tusc. V, 61). Timaeos er-
wähnt hier eine Depesche itapa tü»v •r^tji.ovtuv tu>v el<; Neav icoXtv anoataXtv-
tu>v; darin sieht Beloch, Gr. Gesch. II, 179 Neapolis in Apulien, das dann
eine der beiden von D. gegründeten Colonien wäre (Diod. XVI, 5, 3). —
Krieg mit den Lucanern : Diod. 1. c, vgl. Justin XXI, 3, 3. 1000 yo-yaZst;:
Plut. Dio 22. Die saevitia wird bei Justin XXI, 2, 2 übertrieben; grau-
sam war D. II. keineswegs. — Verhandlungen mit Persien : Plato ep. 13.
363c. — Hanno: Arist. pol. VIII, 6, 2. Mit Justins Erzählung XXI, 4
ist wenig anzufangen. Seine Söhne sind vermuthlich, wie A. Schäfer
annimmt, Hamilkar, der JtaßX^0^i<; u>c tKtflifuvos tt>powt?t otv^pSfl-r), und
sein Bruder Gisgo, der verbannt wird: Polyaen V, 11, vgl. Diod. XVI, 81, 3.
Die Befreiung Siciliens.
992. Der Versuch einer friedlichen Reform war geschei-
tert ; so folgte der Versuch, sie mit den Waffen durchzusetzen.
Schon bei der Olympienfeier 360 erklärte Dion, dass er jetzt
erzwingen wolle, was ihm verweigert werde; er begann, mit
seinem Bruder Megakles zusammen, überall in Griechenland
Anhänger zu werben. Die Akademie stellte ihm ihren ganzen
Einfluss zur Verfügung. Plato selbst hielt sich zurück; aber
um so eifriger war Speusippos thätig — man kann es Dionys
nicht verargen, dass er Plato darüber schwere Vorwürfe
machte und schliesslich völlig mit ihm brach. Ausser zahl-
reichen Athenern — darunter Kallippos, bei dem Dion ge-
wohnt hatte, und sein Bruder Philost ratos — wurden Eudemos
M2 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
von Kypros, der Freund des jungen Aristoteles, Miltas der thes-
salische Zeichendeuter, Timonides von Leukas gewonnen. Auch
Heraklides und Theodotes (§. 990) verbanden sich mit Dion für
die gemeinsame Sache; sie bereisten den Peloponnes und wur-
den überall mit hohen Ehren aufgenommen, ja Sparta ertheilte
Dion das Bürgerrecht. Die übrigen Exulanten freilich hatten
kein Zutrauen zu der Sache; nur 25 von etwa 1000 erklärten
sich zur Theilnahme bereit. Nur um so deutlicher tritt der
Grundcharakter der Bewegung hervor. Mochten auch persön-
liche Interessen mitspielen, in der Hauptsache handelt es sich
um ein durchaus idealistisches Unternehmen. Mit voller Be-
geisterung ging Dion in den Kampf: »er wolle mit Freuden
st erben erklärte er, »wenn er bei einem solchen Werk auch
nur den Fuss auf sicilischen Boden habe setzen können«.
Die geläuterte politische Theorie erhob sich gegen die ent-
artete und unwürdige Gestaltung des Staats; sie machte den
Versuch, den stärksten aller griechischen Staaten in ihre Hand
zu bekommen, um hier, im Vollbesitze der Macht, durch eine
systematische Umgestaltung von oben herab ihr Ideal in Wirk-
lichkeit umzusetzen.
Plato und Dion in Olympia: Plat. ep. 2. 7. 850. Rechtfertigungs-
schreiben an Dionys: ep. 2. 3. Dions Rüstungen und Anhänger : Plut. Dio 22.
üeber seine Betheiligung spricht sich Plalo natürlich in dem Schreiben an
Dio ep. 4, 320 a anders aus als nachher in der Rechtfertigungsschrift ep.
7, 350c. — Timaeo* (Diod. XVI, 6, 5. Nepos Dio 5. 1) hat mit Unrecht
Korinth in den Mittelpunkt der Hüstungen gestellt. Dio und 8parta : Plut.
Dio 17; auch Heraklides und Theodotes haben hier Verbindungen: Plat.
ep. 4, 321 b. Dio und Heraklides &sapo$oxo: in Epidauros: Cavvadias, Fouilles
d'Epidaure no. 243, p. 106. Kallippos: Plut. Dio 17. 28, Demosth. 86, 53. 50,
47 fT. Philostratos : Nepos Dio 9. cf. Plat. ep. 7, 333 e. Dions Ausspruch :
Arial, pol. VIII, 8, 17. — Die Geschichte Dions bat zahlreiche zeit-
genössische Darstellungen gefunden, durch Athanis (§. 996 A.), den Fort-
setzer des Philistos (von 362/1 ab, Diod. XV, 94 4), bei dem offenbar
Heraklides' Standpunkt zum Wort kam, durch Ephoros, durch Theopomp
Philipp. II». 39 und 40; ferner durch Timonides, der über die Expedition in
Briefform an Speusipp berichtete (Plut. Dio 80. 35. Diog. L. IV, 5); dass
seine Darstellung in diesem Abschnitte die Grundlage für Plutarch im
Dio bildet, wird Sill im einzelnen erweisen. Sonst ist Timaeos' Dar-
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Dions Rüstungen und Ausfahrt nach Siethen. Heraklides» 513
Stellung herrschend geworden, der Nepos und vorwiegend wohl auch
Diodor folgen, trotz c. 16, 4 (s. §. 995 A ). Einzelnes ergeben auch hier
noch Piatos Briefe (4. 10. 7. 8); auch von Speusipp lagen Briefe an
Dion vor: Diog. L. IV, 5 (.lanach ep. Socratic. 35). Die Polemik zwischen
Dionys und der Akademie hat sich nach Dionys' Sturz in einem Schrift-
wechsel zwischen diesem und Speusipp fortgesetzt: Diog. L. IV, 2. 5;
danach ep. Socratic. 36.
993. Ueber den Vorbereitungen sind Jahre vergangen;
im Sommer 357 waren die Rüstungen vollendet. Zum Sammel-
punkte hatte Dion Zakynthos bestimmt. Freilich brach in
seinem Anhang sofort Zwiespalt aus: Heraklides wollte von
den Idealen der Akademie nichts wissen und sich Dion nicht
unterordnen, sondern blieb im Peloponnes zurück, um das
Befrei ungs werk auf eigene Hand zu versuchen. So hatte
Dion noch nicht 800 Söldner bei sich; nur mit Mühe konnten
er und der achaeische Staatsmann Alkimenes, der das Unter-
nehmen nach Kräften förderte, sie beschwichtigen und sie fest-
halten, als sie erfuhren, dass diese winzige Schaar bestimmt
sei, das mächtigste Reich der griechischen Welt umzustürzen.
Aber mit vollem Recht rechnete Dion, dass die Macht des
Herrschers morsch und von ihm selbst unterwühlt sei ; es be-
dürfe nur eines Anstosses, so werde sie zusammenbrechen.
Am 9. August 357 brach er von Zakynthos auf, mit zwei Kauf-
fahrern und drei mit Rüstungen beladenen Booten. Die ge-
wöhnliche Route, längs der Küste, konnte er nicht einschlagen,
da Philistos ihm mit der Flotte am japygischen Vorge-
birge auflauerte; er musste den Curs über das offene Meer
nehmen. Dabei erging es ihm ähnlich wie den Peloponnesiern
im J. 413 (§. 671); schon hatte er das Vorgebirge Pachynon
erreicht, als er vom Sturm in das Syrtenmeer verschlagen
wurde. Schliesslich gelangte er aber doch nach Minoa, der
Grenzstadt der karthagischen Provinz. Der Commandant
Synalos nahm ihn freundlich auf. Die Soldaten selbst drängten
zum raschen Vormarsch : unter Zurücklassung der mitgeführten
Rüstungen gingen sie sofort gegen Syrakus vor. Unterwegs
erhielten sie Zuzug von Agrigent, Gela, Kamarina; in wenig
Meyer, Geschichte des Alterthums. V. 33
514 IV, 8. Der Reform versuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
Tagen war Dions Macht auf 5000 Mann angewachsen, die meist
freilich nur schlecht bewaffnet waren. Dionys hatte einen An-
griff von dieser Seite nicht erwartet; er selbst war kurz zu-
vor mit 80 Schiffen nach Italien gefahren« und die erste De-
peschet die ihm nachgesandt wurde, ging unterwegs verloren.
Der Stadtcommandant Timokrates, jetzt mit Dions Gemahlin
Arete vermählt, erwies sich unfähig, die Verteidigung zu
organisiren, zumal auch in der Stadt der Aufstand aus-
brach; er flüchtete zu Dionys, und Dion konnte ohne Kampf
in Syrakus einziehen, während der Pöbel über die Spione
des Tyrannen herfiel und die Habe seiner Anhänger plünderte.
Dion berief eine Volksversammlung und verkündete den Syra-
kusanern, dass nach 48jähriger Knechtschaft der Tag der Frei-
heit gekommen sei. Er selbst und sein Bruder Megakles wurden
zu Strategen mit unumschränkter Macht erwählt, und ihnen
auf ihren Wunsch 20 Beamte, 10 aus den Exulanten und 10
aus der Stadt, zur Seite gestellt. Alsbald trafen auch die
Rüstungen aus Minoa ein und ermöglichten die Bewaffnung
eines Theils der Bürger, während die anderen sich rüsteten
so gut es gehen mochte.
Ueher Heraklides: Diod. XVI, 6, 5. 16, 2. Plut. Dio 32, vgl. Plato
ep. 4, 320 e. 321b, wodurch bestätigt wird, dass der Gegensatz des Hera-
klides gegen Dion und die Akademie schon vor Dions Abfahrt bestand, wie
Plutarch angibt, und Heraklides keineswegs zurückgeblieben ist, um Dion
von der See aus zu unterstützen. Bei Plutarch wird Heraklides nach
Möglichkeit in den Hintergrund gedrängt. — Das Datum von Dions Aus-
fahrt ergibt sich aus der Mond finster niss Plut. Dio 24. Diodor hat den
zusammenhängenden Bericht seiner Quelle (vgl. §. 822 A.) so vertheilt, dass
er den Ueberblick über Dionys' II. frühere Geschiebte XVI, 5 unter 859/8,
Dions Vorbereitungen c. 6 unter 858/7, die Befreiung c. 9—18 unter 357?6
gibt, letzteres völlig correct. Sein Bericht (Timaeos) steht an Zuver-
lässigkeit hinter dem Plutarchs, der aus dem Augenzeugen Timonides
stammt, weit zurück; aus den ttevt(xxiaxi^<t>v ftdretoos *pwrrrov6t«s
xaxä tt)v tööv Plut. 27 sind bei ihm c. 9, 6 20,000 (nachher c. 10, 4 gar
50,000) geworden, was zur Beurtheilung der übrigen Zahlen bei Timaeos
sehr beachtenswerth ist. Nepos bietet nichts (denn dass Dion post diem
tertium quam Siciliam attigerat in Syrakus eingezogen sei, ist handgreif-
liche Uebertreibung); Justin XXI, 2 schläft.
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Dion in Syrakus. Kampfe mit Dionys. Heraklides. 515
994. Die schwerste Aufgabe stand freilich noch bevor.
Zwar war fast die ganze Insel (auch die Militärcolonie Leon-
tini) in den Händen der Aufständischen, und Dionys' Truppen
hatten die weit ausgedehnte Neustadt von Syrakus geräumt;
aber die feste Burg und die Altstadt auf der Insel wurde von
ihnen gehalten. Jetzt kehrte auch Dionys mit der Flotte aus
Italien heim. Er bot zunächst Concessionen ; als das abge-
wiesen wurde, lockte er durch das Anerbieten, über die Be-
dingungen, unter denen er seine Gewalt niederlegen wolle,
zu verhandeln, syrakusanische Gesandte zu sich, und Hess
dann seine Söldner einen plötzlichen Ausfall unternehmen.
Sie durchbrachen die von den Syrakusanern aufgeführte Mauer
und drangen in die sorglose Stadt ein. Fast wäre das Unter-
nehmen geglückt; nur durch die Tapferkeit Dions und die
Standhaftigkeit der kriegserfahrenen Truppen, die er mitge-
bracht hatte, wurde das Gefecht wiederhergestellt und die
Barbaren schliesslich zurückgeschlagen. Dionys entliess die
Gesandten; zugleich aber suchte er durch gefälschte Briefe
an Dion unter dem Namen seines Sohnes Hipparinos, deren
Verlesung die Volksversammlung verlangte, Misstrauen zwischen
die Gegner zu säen. Er erreichte seinen Zweck um so leichter,
da Dion gar kein Hehl machte, dass seine Absicht sei, das
Regiment fest in der Hand zu behalten wie Lykurg und Kyros,
die Plato ihm als Muster vorhielt (ep. 4, vgl. die Gesetze),
und keineswegs die Pöbelherrschaft herzustellen, sondern die
ächte Aristokratie. Er hielt sich Leibwächter wie die Ty-
rannen ; und durch stolzes und selbstbewusstes Auftreten ent-
fremdete er sich viele, die sich einer gewinnenderen Persön-
lichkeit gefügt hätten. Als jetzt Heraklides mit 7 Schilfen in
Syrakus eintraf, kam der Gonflict zum Ausbruch; er trat an
die Spitze der Volkspartei und wurde zum Admiral bestellt.
Darin sah Dion einen Eingriff in die ihm übertragenen Rechte ;
und da er die Macht noch in Händen hatte, mussten die
Syrakusaner Heraklides wieder absetzen. Dion versuchte den
Rivalen zu gewinnen: er ubertrug ihm selbst das Gommando
zur See und gestattete ihm, sich gleichfalls Leibwächter zu
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516 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
halten. Aber Heraklides fuhr fort, die Opposition zu schüren.
In der Volksversammlung wurden Stimmen laut, man habe
nur den trunkenen Tyrannen gegen einen weit gefahrlicheren
nüchternen vertauscht ; ein gewisser Sosis erhob Klage, er sei
von den fremden Soldaten misshandelt und verwundet worden.
Ihn vermochte Dion freilich als Betrüger zu entlarven; aber
es war klar, dass er schon jetzt seiner Macht wäre entkleidet
worden, hätte er nicht in den Söldnern eine feste Stütze be-
sessen, an die die Gegner sich noch nicht heran wagten.
Verhandlungen und Kampf: Plut. 30 ff. Polyaen V, 2, 7. 8. Diod.
XVI, 11, 3 ff. Justin XXI, 2. — Dions Stellung Plut. 32 ff. Leihwächter:
Plut. 33. Nach Diod. XVI, 16, 2 hringt Heraklides 20 Trieren und
1500 Mann. Piatos vierter Brief, an Dion, vor Heraklides1 Abgang ge-
schrieben, zeigt in seinen offenen und versteckten Warnungen die Ge-
fahren deutlich.
995. Inzwischen war der Krieg ins Stocken gerathen.
Dionys suchte sich durch Piraterie zu verproviantiren ; die
Syrflkusaner begannen eine Flotte zu bauen. Philistos war
aus Italien zurückgekehrt und hatte neue Truppen mitgebracht,
mit denen er vergeblich Leontini wieder zu erobern ver-
suchte. Im J. 356 kam es zu einer Seeschlacht zwischen Hera-
klides und Philistos; die Schiffe des Tyrannen wurden ge-
schlagen, und Philislos selbst fiel in die Hände seiner Gegner,
die ihn auf das schmählichste misshandelten und noch an
dem Leichnam ihre Wulh ausliessen. — Der Verlust der See-
schlacht und der Tod seines treuesten und begabtesten An-
hängers zeigten Dionys, dass er seine Stellung in der Festung,
der die Zufuhr unterbunden war, in der bisherigen Weise
nicht mehr aufrecht erhalten könne; er bot Dion noch einmal
ein Abkommen auf billige Bedingungen, und als das abge-
wiesen wurde, übergab er das Gommando der Burg mit den
besten Truppen seinem jungen Sohn Apollokrates und begab
sich selbst mit seinen Schätzen in den italischen Theil seines
Reichs, den feindlichen Wachtschiffen glücklich entgehend. Die
Hoffnung auf einen schliesslichen Sieg gab er noch nicht auf;
noch verfügte er über reiche Mittel, und zugleich erwartete er
Pbilistos' Tod. Dionys nach Italien." Heraklides stürzt Dion. 517
Unterstützung von seinen alten Bundesgenossen, den Spartanern.
— In Syrakus brachte der Seesieg den inneren Gegensatz zu
offenem Ausbruch. Heraklides' Ansehen wuchs, Dions und der
Landtruppen glaubte man jetzt nicht mehr zu bedürfen. Auf
Heraklides' Betreiben brachte Hippon den Antrag auf eine neue
Landauflheilung ein. Als Dion sich widersetzte, wurde ihm
das Commando aberkannt und seinen Truppen der Sold ent-
zogen; zugleich aber bot man ihnen insgeheim das Bürger-
recht und Antheil am Land, wenn sie Dion verlassen wollten.
Sie blieben treu ; mit Dion zusammen räumten sie die Stadt, die
zu befreien sie gekommen waren. Auf dem Abmarsch wurden
sie von der Bürgermiliz zweimal angegriffen; aber > als sie
sich formirten und einen Vorsloss machten, stob dieselbe aus
einander. Weiteres Bürgerblut wollte Dion nicht vergiessen;
er zog mit seiner Schaar nach Leontini, wo sie mit offenen
Armen aufgenommen wurden. Auch die übrigen Städte Sici-
liens traten auf ihre Seite; der alte Gegensatz gegen Syrakus
trat aufs neue ins Leben. • ; »
Dionys' Piraterie Diod. XVI, 13, 3. Philislos gegen Leontini (vgl.
Plut. Dio 27) und die Seeschlacht Diod. XVI, 16 unter 356/5. Die An-
gabe über Philistos' Tod zeigt, dass Diodor hier Ephoros folgt, der ihn
sich selbst tödten lies?, während Timonides, der zuverlässigste Zeuge, die
Misshandlungen schildert und Timaeos sie weiter ausmalt: Plut. 36 f.
Das weitere nach Plut. 37 ff.; Diodors Darstellung XVI, 17 ist ohne
Zweifel parteiisch. Nach ihm hätten die Söldner (angeblich über 3000),
denen aus Geldmangel der Sold vorenthalten wird, Dion gezwungen, die
Syrakusaner anzugreifen; aber thatsächlich thut er das auch bei Dioior
nicht, sondern zieht ab. Sein Sieg wird dann in üblicher Weise über-
trieben ; aber auch hier nutzt er ihn in keiner Weise aus, ?ondern geht
nach Leontini. — Die neuen Verhandlungen mit Dionys erzählt auch Nepos
5, 6, der sie fälschlich angenommen werden lässt.
906. Zum zweiten Mal war der Reformversuch geschei-
tert, diesmal an dem Widerstand der Masse, die sich nicht
zum Object staats Wissenschaft! icher Experimente hergeben
wollte. Die neue Regierung von 25 Strategen — man sieht,
wie sich die Demokratie im Misstrauen gegen die Amtsgewalt
gar nicht genug thun konnte — r mit Heraklides an der Spitze
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518 IV, 8. Der Reform versuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
sollte bald in die Lage kommen , zu zeigen , was sie leisten
könne. Dionys schickte von Lokri aus den Neapolitaner
Nypsios mit Schiffen und Proviant nach der Inselstadt, die
durch den Mangel an Zufuhr in arge Noth gerathen war.
Diesem gelang es zu landen und die Lebensmittel auszuschiffen:
dabei wurde er allerdings von den Feinden angegriffen und
verlor einen Theil seiner Schiffe. Das ausgelassene Sieges-
fest, das man in der Stadt feierte, benutzte Nypsios zu einem
nächtlichen Ausfall. Auch diesmal wurden die Posten über-
rumpelt, die Sperrmauer überstiegen; die Soldner ergossen
sich mordend und raubend durch die Unterstadt und drangen
bereits gegen die Höhen von Achradina vor. Der einzige,
der Rettung bringen konnte, war Dion ; seine Anhänger eilten
nach Leontini, ihn herbeizurufen. Dion versagte sich der Hei-
math nicht, und auch seine peloponnesischen Söldner ver-
gassen, was man ihnen angethan hatte; in eilendem Marsch
traten sie in der nächsten Nacht den Rückweg nach Syrakus
an. Hier hatten sich die Söldner doch zu schwach gefühlt,
die ausgedehnte Oberstadt zu erobern, und sich gegen Abend
in die Burg zurückgezogen; so fassten Heraklides und die
Demokraten neuen Muth und beschlossen bereits, Dion nicht
eirlzulasen. Da brach Nypsios von neuem los und trug zum
zweiten Male Mord und Brand in die wehrlose Stadt. Jetzt
blieb auch den Verstocktesten keine Wahl mehr; Heraklides
sandte seinen Oheim Theodotes und seinen eigenen Bruder,
Dion um Hülfe anzuflehen. Die Truppen beschleunigten ihren
Marsch nach Kräften ; noch im Laufe des zweiten Kampftages
trafen sie ein, und nach hartem Strassenkanjpf, langsam vor-
dringend unter Flammen und Trümmern, gelang es ihnen, die
Feinde in die Burg zurückzuwerfen. Dann wurde der Brand
gelöscht und die Verschanzung, welche die Feinde absperrte,
in stärkerer Gestalt wieder hergestellt.
25 Strategen: Plut. 38; zu ihnen gehört der Historiker Atuanis
(§. 992 A.): Theopomp fr. 212 (Steph. Byz. Aujiifj). — Die Operationen des
Nypsios erzählt Diodor XVI, 18 genauer als Plutarch, dagegen gibt dieser
von den folgenden Begebenheiten ein viel correcteres Bild; Dlodors Ab-
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Letzte Kampfe. Dions Rückkehr. Spartanische Intervention. 519
weichungen gehen zum Theil auf starke Kürzung zurück. Alle weiteren
Ereignisse bis zu D'ons Ermordung hat Diodor übergangen.
997. Dion hatte es in der Hand, seine Gegner zu ver-
nichten. Aber er hat ein Strafgericht verschmäht; er gab
die Hoffnung nicht auf, Heraklides und seinen Anhang durch
Nachsicht und Ermahnungen für die richtige Erkenntniss zu
gewinnen. Heraklides fügte sich einstweilen; er selbst bean-
tragte die Wiedereinsetzung Dions in sein unumschränktes
Feldherrnamt. Als dann freilich die Menge grollte, dass dadurch
Heraklides seine Nauarchie verliere, willigte Dion ein, dass
auch diese bestätigt wurde. Dagegen bestand er auf der Auf-
hebung des Gesetzes über die Landaufteilung. Binnen kurzem
begann der Hader von neuem. Dionys hatte inzwischen von
Sparta Hülfstruppen erhalten, unter Führung des Pharax ; und
dieser setzte sich im Gebiet von Agrigent fest. Zugleich aber
erschien ein Spartaner Gaisylos, um die Dinge auf Sicilien zu
ordnen wie ehemals Gylippos. Mit beiden trat Heraklides von
Messana aus, wo er mit der Flotte gegen Dionys operirte, in
Verbindung; er hatte schon vorher zu Sparta Beziehungen ange-
knüpft (§. 992 A.), und erklärte jetzt Gaisylos für den Bringer
der wahren Ordnung im Gegensatz zu dem neuen Tyrannen
Dion. Während dieser gegen Pharax ins Feld gerückt war,
machte er den Versuch mit der Flotte in Syrakus einzu-
dringen und sich der Herrschaft zu bemächtigen. Aber Dion
erhielt davon Kunde; eiligst zog er nach Syrakus und kam
seinem Rivalen um wenige Stunden zuvor. Schliesslich ver-
mittelte Gaisylos eine neue Versöhnung der beiden Gegner;
er selbst gab seine Rolle auf und trat auf Dions Seite über.
Damit hatte Dion das Regiment aufs neue fest in der Hand.
Er löste die Flotte auf, als den ärgsten Nährboden der Demo-
kratie — ganz nach Piatos Lehren — , und beschränkte sich
auf den Kampf zu Lande. Endlich gelangte er ans Ziel.
Apollokrates , der sich nicht mehr halten konnte, capitulirte
auf freien Abzug, und übergab die Burg an Dion (354?).
Von den späteren Kämpfen haben wir nur ungenügende Kunde,
da Plutarcb, hier die einzige Quelle, nur das biographisch Wichtige an-
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520 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
führt. Daher steht auch die Chronologie nicht fest. — Pharax (Plut. 48*
vgl. §. 1000) kann unmöglich mit dem Nauarchen von 396 (§. 796. 845>
identisch sein; vielleicht ist er sein Sohn oder Enkel.
Dions Ausgang. Scheitern des Reformversuchs. Auflösung
des westgriechischen Reichs.
998. Die Befreiung Siciliens von der Tyrannenherrschafl
war Dion und seiner kleinen Schaar gelungen, zum Staunen
der ganzen Welt, deren Augen gespannt auf die Vorgänge
im Westen gerichtet waren. Aber Dion hatte bereits erfahren
müssen, dass er damit nur den ersten und leichteren Theil
seines Programms erfüllt habe; verglichen mit den Schwierig-
keiten, die er jetzt zu überwinden hatte, musste selbst Dio-
nysios' Macht geringfügig erscheinen. Wie ein erlahrener
Arzt, nach dem von Plato immer aufs neue wiederholten*
Gleichniss, das er ihm nach seinen ersten Erfolgen nochmals
vorgehalten hat, sollte der wahre Staatsmann über der Masse
der Bürger stehen, wegschneiden was unbrauchbar war, und
als Erziehungscur ihnen die richtigen Gesetze verordnen, die sie
in wahre Staatsbürger umwandeln und einem jeden den Platz
zuweisen würden, der ihm von Rechts wegen zukam. Dazu ge-
hörte unermüdliche Selbstbeherrschung und Geduld; aber die
Macht durfte er nicht aus den Händen geben, ehe sein Werk
vollendet war. Dass die Thoren ihn einen Tyrannen schalten,
konnte den wahren Weisen so wenig berühren, wie den Arzt
das Geschrei der Kinder und des Pöbels, wenn er brennen
und schneiden muss oder auch nur eine strenge Diät ver-
langt. Wenn dagegen andere von Dion behaupteten, er
habe »von einer Art spartanischen Königthums geträumte,
so war das völlig zutreffend — nur den Traum würden er
und Plato nicht zugegeben haben — , aber in seinem Sinne
kein Tadel, sondern das höchste Lob; trotz aller Gebrechen
kam der spartanische Staat von allen bestehenden dem Ideal
doch immer noch am nächsten. Wie die Menschen nun ein-
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Dions Stellung. Ermordung des Heraklides.
521
mal sind, genügt die Ehrfurcht (a!5<&c) allein nicht, um den
Gehorsam gegen die Gesetze zu erzwingen, und mögen sie
noch so gut sein; es müssen die Zwangsmittel der staat-
lichen Gewalt, der Schrecken (^ößoc), hinzukommen, wenn
nicht die Begehrlichkeit und damit die Zwietracht ewiglich
herrschen und jeden Ansatz zum Bessern ersticken soll. So
lehrte Plato (vgl. ep. 7, 337 a), wie einst Aeschylos es aus-
gesprochen hatte, als man in Athen die Rechte des Areopags
beschränkte (§. 308 A.) ; das war die Richtschnur , nach der
Dion zu handeln hatte.
Ueber Dions Plane Plato ep. 7, 333b. 335e, vgl. 351a. 8, 857a.
Atcuva tsoXXot jiovapxias opr^aftat xal ßaoiXstav r.vä Aaxumxrjv ovtiporcoXslv
6«v6oov Plut. comp. Timol. et Paul. 2, vgl. D o 53. Das ist genau das,
was Plato sagt und fordert wie in seinen Briefen, so im Politikos und in den
Gesetzen. Dion als Tyrann im 8inne des D:onys'03 zu behandeln, wie
es neuerdings noch wieder Bkloch thut, ist ganz verkehrt ; dann hätte
er Heraklides und seinen Anhang spätestens sogleich nach seiner Rück-
kehr aus Leontini beseitigt und die Herrschaft fest ergriffen und be-
hauptet.
999. Für den Augenblick besass Dion die Macht. Alle
Ausschreitungen des Pöbels hielt er nieder, wie die Land-
aufteilung und die Schöpfung einer Flotte, so die Schleifung
der Königsburg und die Zerstörung des Grabes des alten
Dionys — war er doch trotz all seiner Gewaltthaten der Be-
freier Siciliens gewesen. Dadurch gab er freilich der Oppo-
sition nur neue Nahrung; da Dion einmal vor Gewaltthaten
zurückscheute, begann Heraklides trotz aller bei der Versöh-
nung geschworenen Eide aufs neue die Agitation. Er wei-
gerte sich, im Rathe des Regenten zu erscheinen; er sei ein
einfacher Bürger, und sein Platz in der Volksversammlung.
Da endlich gab Dion dem Drängen seiner Anhänger nach,
welche die Beseitigung des gefahrlichen Mannes forderten; er
liess Heraklides ermorden. Auch darin handelte er durchaus
nach Piatos Lehren: den unverbesserlichen Bürger aus der
menschlichen Gesellschaft hinwegzutilgen , ist die Pflicht des
wahren Staatsmanns. Freilich musste er sofort empfinden,
522 IV, 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
dass er damit seine Lage nicht gebessert, sondern sich nur
noch tiefer in den Widerspruch verstrickt habe: es mag ihm
zum Bewusstsein gekommen sein, dass die Kluft zwischen der
Theorie und der Praxis unüberbrückbar sei. Er liess den
Rivalen feierlich bestatten. Aber sein Gewissen liess ihm keine
Ruhe mehr; mit wachen Augen sah er die Erinnys umgehen.
Zudem musste er, seit er erst einmal zur Gewaltthat seine Zu-
flucht genommen hatte, die einzige feste Stütze seiner Macht,
seine Söldner, ganz anders berücksichtigen als vorher: sie
forderten und erhielten Landbesitz und waren damit doch
nicht befriedigt. Auch weitere Hinrichtungen und Vermögens-
confiscationen waren unvermeidlich: der ideale König unter-
schied sich äusserlich in nichts mehr von dem verächtlichen
Tyrannen. Ueberdies verfolgte ihn das Unglück in seiner Familie,
mit der er eben erst, nach der Capitulation, wieder vereinigt war;
sein kaum erwachsener Sohn, in den Lüsten der Tyrannen-
burg aufgewachsen, gab sich nach einem Streit mit dem Vater
selbst den Tod. Es war der Vorbote der Katastrophe. Der
vertrauteste Genosse Dions war Piatos Schüler Kallippos von
Athen (§.992); je mehr die Seele des Regenten sich umdüsterle,
desto mehr wusste er sich sein volles Vertrauen zu sichern.
Aber Kallippos sah, dass hier Höheres zu gewinnen war, als
der Posten eines Ministers des constitutionellen Königs, unter
dessen Thron der Boden schwankte; insgeheim trat er mit
den Missvergnügten in Verbindung und wurde die Seele eines
Gomplotts zur Wiederherstellung der wahren Freiheit. Der
Schwester und der Frau Dions, die ihn mit argwöhnischen
Blicken verfolgten, schwor er die heiligsten Eide; Dion selbst
wollte von allen Warnungen nichts hören. Auch mochte
er des Lebens überdrüssig sein, wo all seine Hoffnungen
zusammengebrochen waren, und das Ende herbeisehnen.
Während er in seinem Hause mit Freunden zusaromensass,
wurden die Thören besetzt, die Mörder drangen herein; sie
suchten Dion zu erwürgen, als das nicht gelang, Hessen
sie sich einen Dolch hereinreichen und stiessen ihn nieder
(353 v. Chr.).
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Dions Ermordung. KallippoB. Hipparinos. 523
Heraklides' Ermordung: Plut. Dio 53; bei Nepos Dio 6 mit den
vorhergehenden Ereignissen zusammengelogen. Dagegen bietet Nepos c. 7
über die folgenden, tyrannischen Massregeln Dions manches, was Plutarch
offenbar absichtlich übergangen hat. — üeber den Sohn Dions besteht eine
nicht zu lösende Differenz zwischen den Biographien und Plalo. Nach
diesem hat er seinen Vater überlebt und ist im J. 852 etwa 20 J. alt (ep.
7, 824 b. 8, 355 e. 357 c; der Sohn Dionysios' I. kann 324 b nicht gemeint
sein, da er, obwohl er betrachtlich jünger war als Dionysios II. [Plut. Dio 3],
doch unmöglich erst im J. 372 geboren sein kann), wie der Sohn bei Plu-
tarch 55 ; aber dieser und Nepos 6 lassen ihn vor dem Vater sterben. Nach
Plutarch war er der einzige Sohn (ein zweiter wird erst nach Dions Tod
geboren c. 57). Sollen wir annehmen, dass Plutarchs und Nepos* Bericht
falsch ist? oder folgt daraus, dass Timaeos (Plut. Dio 31) den Sohn nicht
Hipparinos (so Timonides und Plato), sondern Aretaios nannte, dass Dion
zwei Söhne gehabt bat? Anderenfalls muss man wohl annehmen, dass Plato
von dem Tode des Sohnes nichts erfahren hat — Dions Ermordung: Plut.
54 ff. = Nepos 8 ff. Diod. XVI, 31, 7 unter 854/3, in Uebereinstimmung
mit Nepos 10: quartum post annum quam ex Peloponneso in Siciliam
redierat. Vgl. ferner Plato ep. 7, 333 b ff.
1000. Der neue Befreier wurde von den Syrakusanern mit
Freuden begrüsst. Er that, was zu erwarten war: er machte
sich zum Tyrannen und versuchte alsbald auch die Nachbar-
städte zu unterwerfen. Aber während er vor Katana lag, erhoben
sich Dions Freunde, die nach einem gescheiterten Erhebungsver-
such in Syrakus vor ihm nach Leontim entwichen waren, wie
ehemals Dion selbst vor Heraklides. Sie fanden Unterstützung bei
Hipparinos, dem Sohn des alten Dionys von Aristomache, der
sich seinem Oheim Dion angeschlossen und nach seinem Tode
offenbar in Leontini festgesetzt und sich auch eine Flotte verschafft
hatte. Nach 13 monatlicher Herrschaft verlor Kallippos, wäh-
rend er Katana gewann, die Herrschaft über Syrakus (352).
Die Dionische Partei wandte sich — so fest gewurzelt war
ihr Idealismus — noch einmal an Plato um Rath. Plato war
durch das Scheitern des mit so stolzen Hoffnungen unternom-
menen Werkes und durch den Tod des Mannes, der seinem
Herzen wie kein anderer nahe gestanden hatte, mit tiefer Weh-
muth erfüllt; und schwer lastete auf ihm der doppelte Vor-
wurf, dass er die Hand geboten habe zu einem Unternehmen,
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524 IV. 8. Der Reform versuch und die Auflösung des westgrieoh. Reichs.
welches nur Unheil gezeitigt hatte, und der andere, dass die
Akademie sich so schlecht bewährt habe, dass aus ihren
Reihen der schwärzeste Verräther hervorgegangen sei. Er be-
nutzte den Anlass, in einem grossen offenen Briefe »an Dions
Verwandte und Genossene sich vor der Welt zu rechtfertigen.
Aber in seinen Ueberzeugungen war er nicht erschüttert (vgl.
§. 917. 922): nur durch den festen Entschluss, die entsitt-
lichende Lebensweise aufzugeben und sich den Gesetzen unter-
zuordnen, sei Besserung zu erreichen. Wenn die Sikelioten das
nicht Wollten, sei ihnen nicht zu helfen; wollten sie aber, so
sollten sie eine Commission von fünfzig der tüchtigsten und an-
gesehensten Familienväter einsetzen, mit dem Auftrag, ohne
Rücksicht auf die Parteien die Gesetze festzustellen. »Sind diese
gegeben, so ist damit alles erreicht.« In einem zweiten
Schreiben macht er in Dions Namen detaillirtere Vorschläge.
Drei constitutionelle Könige, nach dem Vorbilde Spartas, solle
man einsetzen: Hipparinos, den Sohn des Dionysios, den
gleichnamigen Sohn Dions, und daneben, wenn er sich der
neuen Ordnung fügen wolle, Dionysios II. Mit der Gesetzgebung
sollen sie so wenig zu thun haben wie mit der Rechtsprechung,
sondern im wesentlichen auf Ehrenrechte beschränkt werden;
die eigentliche Leitung des Staats soll in den Händen einer
Commission von 35 Männern liegen, die auch über Leben
und Tod Recht zu sprechen haben ; die übrigen Richter sollen
jedesmal aus denjenigen abgetretenen Beamten ernannt werden,
welche sich am besten bewährt haben. — Es versteht sich
von selbst, dass mit diesen Vorschlägen Syrakus nicht zu
helfen war; der unverwüstliche Glaube an die Allmacht der
Gesetze und die bewusste Beiseiteschiebung der im mensch-
lichen Leben Ausschlag gebenden Mächte, welche nicht mit-
sprechen sollen, wo es sich um die Gründung eines Staats
handelt, tritt in ihnen noch einmal in seiner ganzen im-
ponirenden Starrheit zu Tage. Thatsächlich hat in Syrakus
Hipparinos das Regiment geführt so gut es gehen mochte,
und als er 350 starb, ist ihm sein Bruder Nysaeos ge-
folgt. Kallippos hatte inzwischen zunächst noch einen Hand-
Piatos Rathschläge. Hipparinos und Nysaeos. Die übrigen Tyrannen. 525
streich auf Messana versucht; dann hat er mit dem syraku-
sanischen Söldnerführer Leptines zusammen Rhegion dem
Dionys entrissen, ist aber alsbald von seinem Genossen
umgebracht worden (350). Während dessen gründete sich
Phärax eine Zeit lang an einer anderen Stelle (in Agrigent?)
eine Herrschaft, in Tauromenion behauptete sich Andromachos
(§. 991), in Katana ein oskischer Söldnerführer Mamerkos,
in Leontini Hiketas, in Messana Hippon. Dionys hatte sich
inzwischen in Lokri festgesetzt und hier die Verfassung um-
gestossen, die sein Vater in der treu verbündeten Stadt hatte
bestehen lassen; nachdem man ihm seine schönen Absichten
so mit Undank gelohnt hatte, gab er sich jetzt ganz dem Ge-
nussleben und den wüstesten Ausschweifungen hin. Schliess-
lich im J. 346 gelang es ihm aufs neue in Syrakus einzu-
dringen und seinen Stiefbruder Nysaeos zu verjagen; dafür
empörten sich die Lokrer und nahmen grausame Rache an
seinem Weib und seinen Kindern, die er hier zurückgelassen
hatte. :
Kallippos' Herrschaft : Diod. XVI, 31, 7. 36, 5, wonach Dions Freunde
nach Leontini verjagt sind. Dass Hipparinos während Kallippos' Abwesen-
heit Syrakus nimmt, und zwar von Leontini aus, also mit Hülfe der
Awovo; vlXot, mit der Flotte, ergibt sich aus Diod. 1. c. Polyaen V, 4.
Plut. Dio 58. Das ist die Situation, die Piatos 7. und 8. Brief voraus-
setzen; vgl. 8, 356a: Hippaiinos soll König sein x»plv TJ 3vj vöv ßovj-
$e{a; xa« 7 vi ozioo tponoo, Ö; ysvojibvo«; -opavvou Jtatpö; ixtuv xrp itoXiv
tXsofopot. — Bekannt ist Piatos Epigramm auf Dion (Berok 7). — Hip-
parinos' Tod nach 2jähriger Herrschaft Diod. I. c. Die weiteren Schick-
sale von Syrakus hat Diodor ausgelassen. Nysaeos Tyrann: Plut. Timol. 1 ;
vgl. Theopoinp fr. 204. 213 = Aelian v. h. II, 41, nach dem beide
Brüder f iXonotat waren. — Kallippos' Ausgang : Pint. Dio 58. Diod. XVI,
45, 9 unter 351/0. — ä oi <J>dp«S o Sitapxidn]«; x»l KaXXt'tttto; o 'Adnrj-
vatc{ fiXttfoavTtc &p£ctv LixtX(ot; jiapsv6fAY4cav xa'i rcapssftcväirpav, utcc itoX-
Xutv dvcrfifpaKtat Plut. comp. Timol. et Paul. 2 (vgl. Timol. 11); wir
wissen von Pharax nichts weiter, als dass Theopomp fr. 218 seine Aus-
schweifungen erwähnt. — Die übrigen Tyrannen Plut. Timol. 1. 13. 34.
35 u. a. — Dionys in Lokri: Plato legg. I, 638b. Arist. pol. VIII, 6. 7.
Strabo VI, 1, 8. Justin XXI, 2, 9 f. 3. Klearch bei Athen. XII, 541
= Aelian v. h. IX, 8. Rückkehr nach Syrakus ?t«: 8«xdt(j> Plut. Timol. 1,
nach 6jähriger Herrschaft über Lokri Justin XXI, 3, 9.
526 IV» 8. Der Reform versuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
1001. Das gewaltige Reich, das Dionysios I. gegründet
hatte, war wieder in seine Bestandtheile aufgelöst, und die
alten Fehden von Stadt zu Stadt hatten aufs neue begonnen:
das ist das einzige Ergebniss, welches der Versuch, den Des-
potismus durch etwas Besseres zu ersetzen, erreicht hat. Das
eben ist die erschütternde Tragik des Unternehmens Dions:
wie kaum je in der Weltgeschichte hat sich der Idealismus zu
einem Kampfe erhoben gegen die realen Gewalten des Lebens,
einem Kampfe, der nie siegreich enden konnte, wohl aber
seinen Führer in Schuld und Sünde verstrickte und Verderben
schuf statt Segen. Es erfüllt mit tiefer Wehmuth, zu sehen,
wie Plato allen Erfahrungen zum Trotz — auch der Versuch
seines Schülers Chion, Heraklea zu befreien, scheiterte im
Jahre nach Dions Tode (§. 980) — unerschüttert an seinen
Ueberzeugungen und an seinem Glauben festhält: das »Und
dennoch!« klingt uns aus den »Gesetzen« überall vernehmlich
entgegen. Aber Rettung bringen konnte der Weg nicht, den
er wies, weil er für Menschen überhaupt nicht gangbar war,
sondern, wenn überhaupt etwas, nur die Gewalt, die er be-
kämpft hatte: der rücksichtslos durchgreifende Despotismus.
Das hat in der nächsten Generation Timoleons Unternehmen
nochmals erwiesen, das trotz aller momentanen Erfolge den-
noch haltbare und dauerhafte Zustände auf der Basis des
republicanischen Particularismus nicht zu schaffen vermochte,
sondern nur den Uebergang bildete zu einer zweiten weit
furchtbareren Erhebung des unitarischen Despotismus. — Die
Folgen der Zerstörung des Reichs des Dionysios zeigten sich
sofort. In Unteritalien sammelten sich im J. 356 Schaaren
von Hirtenknechten der Lucaner, Bruttier genannt, halb
Räuber und halb Krieger, und gründeten einen eigenen Staat
mit dem Mittelpunkt Gonsentia im Quellgebiet des Krathis,
des Flusses von Thurii. Sie erwehrten sich der Angriffe der
Lucaner und drangen erobernd gegen die griechischen Städte
vor, die jetzt keine Macht mehr schirmte. Terina, Temesa,
Hipponion an der Westküste fielen alsbald in ihre Hand,
ebenso im Osten Sybaris am Traeis; auch Thurii wurde von
Auflösung des westgriechischen Reichs. Die Bruttier. 527
ihnen angegriffen, hat sich aber noch behauptet. — Dazu
strömten nach wie vor Schaaren von Oskern nach Sicilien,
wo sich ihnen jetzt von neuem die Aussicht eröffnete, aus
Soldknechten zu Herren des Landes zu werden; und auf der
anderen Seite rüsteten sich die Karthager, die zur Zeit des
ihnen befreundeten Dion Frieden gehalten hatten, die Anarchie
zu benutzen, um abermals die Hand nach der Herrschaft über
die ganze Insel auszustrecken. Es war so wie Plato im
J. 352 schreibt (ep. 8, 353 e): iWenn es so weiter geht, so
ist kein Ende abzusehen, bis die ganze Bevölkerung, Tyrannen-
freunde wie Demokraten, zu Grunde gegangen ist und in
ganz Sicilien die griechische Sprache verschwindet, die Insel
aber unter die Herrschaft und Gewalt der Phoeniker oder
der Osker fallt.« Ein Jahrhundert spater war der Moment
gekommen, wo diese Voraussagung sich erfüllt hat.
So bietet Griechenland dasselbe Bild in Ost und West.
Jede Macht ist vernichtet, geblieben ist nur noch die Ohn-
macht und der unabsehbare Hader i^ Inneren wie nach
aussen, der die Kraft der Nation verzehrt und aus sich selbst
heraus niemals ein Ende finden kann. In derselben Zeit, wo
die griechische Gultur ihr Höchstes geleistet hat und reif ge-
worden ist, zur Weltcultur zu werden, hat die Nation politisch
alle Bedeutung verloren. Sie ist in Stücke zerschlagen, und
die Trümmer liegen da, eine leichte Beute für jeden, der sich
bücken will, sie aufzuheben. Das ist der Ausgang der grie-
chischen Geschichte.
Entstehung der Bruttier: Diod. XVI, 15 (856/5). Strabo VI, 1, I
(•^vtxa tiw3Tpdw>oe Aituv Atovostm xal s^redpa^v änavta; icpi$ 5r«vfx;) ;
vgl. V, 8, 1- Justin XXIII, 1 (sehr phantastisch ausgemalt). Beloch, Gr.
Gesch. 592, 1 bietet manches Richtige ; aber seine Ansicht, die Deutung
des Namens als »entlaufene Sklaven« sei falsch, und eine Variante der
Erklärung des Namens Bruttiani für die Amtsdiener der römischen Pro-
vincialbeamten aus einer nach dem hannibalischen Krieg Ober die Bruttier
verhängten Strafe, kann ich nicht für richtig halten. Allerdings kam
ultra Bpftttta schon bei Aristophanes vor (fr. 629) , fpaftc BpotTix-rj bei
Antiphanes (fr. 45), Alexis dichtete eine Komödie Bprttfa (fr. 33. 34),
So muss der Name schon zu Ende des fünften Jahrhunderts aufgekommen
528 IV» 8. Der Reformversuch und die Auflösung des westgriech. Reichs.
sein; es war vermutlich die lucanische Bezeichnung der Hirtensklaven
und des von ihnen bewohnten Gebiets. Die Behauptung dagegen, dass
Bpsixta schon bei Antiochos von Syrakus vorgekommen sei (Steph. Byz.),
ist deutlich aus Strabo VI, 1, 4 entstellt, wonach Antiochos seinem Italien
dieselbe Grenze gab 8;ttp xai Bprtttac frpafisv, nämlich den Laos [so
auch Bkloch], — Consentia ivfjtporcoXic Bpsttuov Strabo VI, 1, 5. Er-
oberung von Temesa ib., von Terina und Hipponion Diod. 1. c., der da-
neben Thurii nennt; dies erwehrt sich aber im J. 344 ihrer Angriffe:
Flut. Timol. 16. 19. Sybaris am Traeis: Diod. XII, 22, 1, von Beloch
1. c. richtig gedeutet. — Skylax kennt die Bruttier noch nicht.
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Index zum dritten Theil
(Band III bis V.)
Die Zahlen bezeichnen die Paragraphen ; A. Anmerkung.
A.
Abakainon, Sikelerstadt 3ßü A. 800.
' Abarnaharä, pers. Prov. Syrien
(= itfpav E6(ppdtot>) 22, 29 A. 50.
84. 04. A.
Abdemon, K. v. Salamis 840.
Abdera in Thrakien, im de). Bund
276, 422. 428; abgefallen 716;
unterworfen 718; im zweiten See-
bund 935; Philosophie 503, 514.
522. — in Spanien 877.
*Abdhadad, Priesterfflrst von Bam-
byke (?) 32,
Abrokomas, pers. Feldherr, 43. 44,
831 A. 833. 834. 897.
Abydos persisch 112 A.; im del.
Bund 426; Abfall 698. 709 f.;
Schlacht bei A. 710.; bleibt spar-
tanisch 718. 734. 860. 874. 878;
. gegen Athen 976; Tyrannen 980.
Achaeer, Achaia, im Perserkrieg
neutral 211: von Athen besetzt
337; geräumt 346; im pel. Krieg
545 566,591. 638. 641; nach dem
Krieg 744. 868. 868. 895; in boeoU
Zeit 960. 960 A. 968. 969. 973.
— in Thurii 89& 399j Verniitte-
lung in Unteritalien 371. — ,
phtbiotische, s. PbthiOten.
Achaemenes, S. d. Darius, Satrap
Aegyptens 102, 323; Admiral der
Flotte 42. 224. "
Hey er, Geschichte des Alterthums.
Achaemeniden IL 11 A.
Achaeos v. Eretria, Tragiker 441.
Acbarnae 301. 550; Treffen bei —
757.
Adeimantos, korinth. Stratege 22JL
223 A. — athen. Stratege 718 A.
722 f. 732. 733 f. 733 A. Bd. V,
S. VII.
Admetos, Molosserkönig 288 A. 333.
Adonis in Athen 446. 611.
Adramytion, lydische Colonie ÜL
91 A.; bleibt persisch 292, 343.
unter Kleon von Athen einge-
schätzt 292 A. 593 A.
Adria am Po 870 ; von Dionys colo-
nisirt 801. 823.
Aedilen in Rom 812.
Aegae in Aeolis 860.
Aegina, Kaufmannsaristokratie 242;
unterstützt Sparta gegen Arpos
137; Kleomenes gegen Aeg. 188.
203 ; Krieg mit Athen 204, 204 A.;
im Perserkrieg 212, 2Hl 2JiL 222,
223. 223 A. 225, 22E, 235j gegen
Athen 293; für Sparta gegen die
Messenier 315 A.; von Athen be-
siegt 82iL 321.331; im del. Bunde
331. 346. 426; die Bewohner nach
Thyrea verjagt 541. 551. von Athen
vernichtet 595 ; athen. Colonie 551.
551 A. 394, 700. 705. 734; restau-
rirt 743: im 4, Jahrb. 873 f. 878.
934. 987 A. — Pindar und Aegina
34
530
Index zum dritten Theil.
259, 33L Giebelsculpturen 422,
482.
Aegospotamoi, Schlacht bei 734.
Aegvpt«»n unter den Persern 14, 28*
4L 52, 98, 101 f.; Satrapie 29:
Abgaben 50, 55j Bewaffnung 45,
45 A.; Handel mit Athen 415 ;
Religion LQLL 105. 106j Einflösse
auf die pers. Kunst 24, 2jL auf
Arabien 81, — Aufstände: erster
102, 196. zweiter, athen. Expedi-
tion 323 ff. 335 f. 34L 343, 420,
dritter 831. 837. 842. 845. 800.
870. 896; Angriffe der Perser 897 f.
900, vgl. 906 A. 964. 972. 979;
Königsliste 900 A.; hist. Urkuuden
L — Aegypten und der griech.
Idealstaat 920. 921.
Aeneas von Ötymphalos, arkad.
Stratege 960.
Aenianen 213, 513, 763. 946.
Aenns in Thrakien im del. Bunde
425, 422, 428, 592 ; im zweiten
Seebund 935.
Aeoler 9L 12iL 837. 860.
Aequer 320, 808. 811. 815. 820.
Apropos, K. v. Makedonien 858. 893.
893 A.
Aeschines, einer der Dreissig 749.
— , Demokrat 585 A. — , Sokrati-
ker 618 A. 912. 990. — , Redner
977.
Aeschylos, Tragiker 252 ff. 490 f.;
Zahl der Tragödien 441; von So-
phokles besiegt 312; A. und Peri-
kies 412; aufSicilien 297.851.353.
300; über den Areopag und das
Bündniss mit Argos 2il3 A. 321.
321 A.998; Weltanschauuni?258f.;
8tellung zur Orpbik 253, 252 : Ari-
stophanes' Stellung zu A. 015. —
Danaidentrilogie 258. 259, über
Argos 188 A.; Oedipodie 258:
Orpstie 258, 259, 321i Perser Ull
210, 258. 280* als geschieht!. Quelle
3, 140, Localcolorit 3_, Liste der
Perserkönige 10 A., Starke der
Flotten 21L 223, Schi, bei Sala-
mis 223 A. 225 A., über Themi-
stokles 269. Bekanntschaft mit
Thrakien 22£A.; Prometheustri-
logie259; über die Himeraschlacht
23L 231 A.
Aeschylos, Astronom 500.
Aethiopen, pers. -Unterthanen in
Nubien 5L 100. — Reich A.(Kusch)
lüO. — in Gadrosien £L
Aetna, Gründung Hierons 35L 353,
358; aufgehoben 358 3450, —
= Ineasa 358, 361, 528, 781;
die syrak. Ritter in A. 779. 781.
783; unterworfen 786. 795.
Aetoler, im Perserkrieg neutral 211;
Beziehungen zu Korinth 332; im
archidam. Krieg 574 f.; im 4. Jahrh.
744. 762. 855. 868. 895.
Afrika, Umschiffungsversuche til
m 328,
Agatharchides, Quelle Diodors4A.
Agatharchos, Decorationsmaler, s.
Schrift 499,
Agathe, Col. v. Massalia 376.
Agathinos, korinth. Stratege 863.
Agathokles v. Kyzikos, pers. Stadt-
fürst 36.
Agathon, Tragiker 42iL 494, 730.
764.
äffapo« 2fi, 39.
Agesandridas, spartan. Heerführer
706. 710. 710 A. 716.
Agesilaos, K. v. Sparta 760. 842;
Charakter 843. 889; Feldzüge in
Asien 842 ff.; abberufen 856; bei
Koronea 857; im korinth. Krieg
863. 867 f.; beim Königsfrieden
879. 877 A . Leitung der spartan.
Politik 889. 891 ; gegen Phlius 890;
gegen Theben 925 ff. 931; Er-
krankung 931. 945; beim Frieden
von Sparta 941 ; in Arkadien 949 f. ;
Yertbeidigung von Sparta 950.
970; in Asien 964 f.; bei ManÜnea
970 f.; in Aegypten, Ausgang 972.
Agesipolis L von Sparta 857. 878.
889. 890. 894.
Agesippidas, spart. Heerführer 639.
Agiaden, Politik 265.
Agias, Söldnerführer des Kyros 835.
Agis, K. v. Sparta 589. 606; im
Sonderbundskrieg 638 ff. 645; in
Dekelea 669. 680. 683. 690; An-
griffe auf Athen 703. 711. 711 A.
712. 714. 734. 786. 738. 748 A;
nach dem pel. Krieg 744. 750.
755. 759; gegen Elis 762; Tod
760.
Agora auf der Chersones 3S6 A.
Agorakritos v. Paros, Bild bauer 419,
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Index zum dritten Theil.
Agoratos, Lysias' Rede gegen —
737 A. 738 A. 748 A.
Agraeer in Aetolien 575. 596.
'Arpatot, Bew. von igr in Arabien
82 A.
Agrigent unter den Tyrannen H47.
35Q ff.; Therons Bauten 353, 774 ;
Bevölkerung 774 A.; Ackerbau
364; Sturz der Tyrannis 354. 858;
unter Empedokles 353. ÜßS ; gegen
Duketiosä&l; Krieg mit Syrakus
362; Tempel 365, 781; im pel.
Krieg 597; bei der sie. Exped. 047.
673. 676. 767; Krieg mit Karthago
und Zerstörung 769 A. 771. 773 ff.
778; Wiederherstellung 780. 781;
unter Dionys 793. 799. 800. 800 A.
826. 829. 993; Pharax in A. 997.
1000.
Agylla s. Caere.
Apvrion, Sikelerstadt, unter Agyris
783 A. 786. 799. 800. 829; vgl.
841 A.
Agyrrhios, athen. Demagoge 730 A.
861. 874. 896. 930.
Ahuramazda 1D A. HL 12, 25. 2üj
»Gott der Arier« 14.
Aiakes, Tyrann v. Samos lfiL
Aigytis, spart. Grenzdistrict 951. 953.
Aineia auf der Chalkidike 427.
Aineios, Arzt 516. 5_lfi A.
Airai, Stadt in Ionien 426, 687.
Aison, Stadt in Pierien, im de).
Bunde 295.
Aithaia in Messenien, Perioekenort
263 A. 294.
Aithalia (Elba) 363.
Akademos, athen. Heros, Anlagen
Kimons 228. 918. — Akademie
s. Plato.
Akanthos auf der Chalkidike, im
del. Bunde 422, 537; Abfall 599.
607; A. und Olynth 893. 894.
Akarnanen, im Perserkrieg neutral
211 ; ausser Oeniadae feindlich zu
Korintb 332; Verbindung mit
Athen 332, 434, 548, 548 A.; im
archid. Krieg 55L 566. 524: f. 594.
596; im Frieden 607; bei der sie.
Exped. 672; nach dem pe). Krieg
744; Abfall von Sparta 855. 857;
unterworfen 868. 892. 895; im
zweiten Seebund 935. 939; auf
Seiten Thebens 946. 946 A.
Akes, Fluss und Bassin bei Herat fi8.
Akestor v. Knossos, Bildhauer 428.
— athen. Demokrat 585 A.
Akko in Phoenikien, zu Tyros 85.
900.
Akoris, K. v. Aegypten 870. 897 bis
900. 900 A.
Akroreia, Hinterland von Elis, selb-
ständig 762.
Alabanda in Karien $6. 3fi A.
Alarodier &L x
Alba in Latium 809; Eeltenzug
nach Alba 821. 821 A.
Albaner im Kaukasus 63.
Aleos, St. in Arkadien 636 A.
Aleuaden v. Larisa, Stellung 2_LL
211 A.212; VerbindungmitPersien
123. 1S2. 212: Angriff Spartas
287 . Atheus 338j Stellung um
400: 764; gegen Alexander v.
Pherae 956. 957.
Alexamenos v. Teos, Dialoge 912 A.
Alexander L v. Makedonien 172;
im Perserkriege 218, 232. 234,
286 ; Machtstellung 235. 295 A.;
nimmt die Hykenaeer auf 825;
Tod 429. — II. v. Makedonien
956. 959. — v. Pherae, Krieg mit
dem Adel und Theben 956. 957.
966; Böndniss mit Athen 957.
958; nach Epaminondas' Tod 974;
Kapereien und Krieg mit Athen
975. 976; Ermordung 976.
Alexikles, athen. Oligarch 696. 705.
707. 707 A.
Alexis v. Thurii, Komiker 905.
Algidus, Berg in Latium 808. 811.
Alkamenes v. Athen, Bildhauer 41s,
Alketas, makedon. Prinz 429.429 A.
— K. der Molosser 822. 892. 935.
937. 938. — spart. Harmost 931.
Alkibiades der Aeltere, angebt. Ostra-
kismos 198 A. — S. d. Kleinias,
Familie 559 ') ; Geburtsdatum
559 A.; Jugend 559; Discussion
mit Perikles über Gesetz und
*) Der Stammbaum der Familie ist von Dittemjerger , Hermes 37
1902, 1 ff. richtig folgendermassen hergestellt:
582
Index zum dritten Theil.
Willkür 450i A. und Sokrates
618 A. 625, und Anytos 852 ;
Auftreten als Ankläger hML 581 ;
Anfänge seiner polit. Laufbahn
634; Kriegspolitik, im Sonder-
bundskriege 634. 636. 638 ff. 641.
644; Eupolis gegen A. 642; beim
Ostrakismos 644 f.; Machtstel-
lung 645; Beschluss Aber Melos
646; sicil. Exp. 648—654; Sturz
und Flucht 656 f. 656a A.; in
Sparta 656 l 664.683; in Ionien
687—690; Verhandlungen mit
Tissaphernes 690—693. 708. 711.
mit den athen. Obligarchen 698 f.
703; Stratege der Flotte 703. 704;
Rockberufung nach Athen 707.
707 A.; im hellespont. Krieg 710
bis 718; Rückkehr naeh Athen
718; gegen Lysander 722; zweiter
Sturz 723; Beziehungen zu Athen
732. 734. 734 A.; Tod 750; Per-
sönlichkeit und geschichtl. Stel-
lung 469. 559, 649. 885; Streit
um seine Persönlichkeit919.919 A.
644 A. 645 A. — S. d. Vorigen,
sein Process 645 A.
Alkidamas v. Elaea, Rhetor 906.
907, für die Messenier 962.
Alkidas, spart. Nauarch im J. 427:
568. 572. — desgl. im J. 373:
937.
Alkimachos, athen. Stratege 965.
Alkimenes, korinth. Oligarch 863.
— Acbaeer 993.
Alkisthenes, Spartaner 855.
Alkiphron, Argiver 641.
Alkmaeon v. Kroton, pythagor. Arzt
und Naturphilosoph 5HL hUL 513.
Alkmeoniden, leitende Stellung beim
ion. Aufstand 176. 176 A.; ihre
Stellung erschüttert 182. 184: Ver-
bindung mit der Tyrannis und
Persien 18JL ISfi A. IMi nach
Marathon Hilf.; nach dem Perser-
krieg 2^0; Allianz mit Kimon gegen
Themistokles 282. 288i Bruch
mit Kimon 313; Erringung der
Herrscherstellung durch Perikles
321! ; letztes Auftreten des Gegen-
satzes gegen die Philaiden 656.
Allia, Schlacht an der 818. 818 A.
Aloa, am blauen Nil 100.
Alopekonnesos auf der Chersones
mA.
Alyzia, Schlacht bei 935; akarna-
nisch 946 A.
Amadokos, K. der Odrysen 601. 836.
872. 896.
Amarder in Medien CiL
Amathus auf Cypern 8iL 178. 870.
Ambrakia im Perserkrieg 215 2'2H.
285; auf Seiten Korinths 332 ;
k'egen die Amphilocher 332, 834 ;
ppgenKorkyra 532.534; im archid.
Krieg 5liG. 572. 575 ; Katastrophe
575 : unterstützt Syrakus 665. 674;
Abfall von Sparta 855; wieder
auf Spartas Seite 892. 935. 938.
Ameipsias, Komiker 496; Kowoc, 616.
Amisos, von Athen colonisirt 430;
von Datames besetzt 964.
Ammon v. Napata 100. — in Aphytis
755 A.
Ammoniter und Juden 86* 1 15. 12ZL
128. 129.
Ammonium in Libyen 446. 760.
Amompharetos . 8partaner 236 A.
Amorges, S. d. Pissuthnes. Aufstand
sregen die Perser 662. 662 A. 683.
683 A. 687. 689. — Sakenkönig
6JL 68 A.
Alkibiades 1^ geb. ca 550,
Genosse des Kleisthenes
. *
Kleinias L, bei Salamis Alkiblades II., geb. ca MO, verzichtet auf die spart.
Proxenie, angeblich ostrakisirt, Antragsteller für
Lysimachos Plnt. Arist. iL Deraosth SO, 115.
... *
Kleinias IL, f 447 bei Axiocho*
Koronea
Alkibiades III. Kleinias III Kleinias IV., in Piatos
450 — 404 Euthydem und im Axio-
chos
Alkibiades IV.
Index zum dritten Theil,
Amorgos, von Samos losgelöst 423.
Amphiktionen nach dem Perserkrieg
240; ohne polit. Bedeutung 2S2 A.
Amphilocher 332. 434; Krieg um
Amphilochien 5t i6. 575.
Ampbipolis (Enneahodoi), Besied-
lungsversuch durch Aristagoras
122. IIA A. 179j erster durch
Athen 2JiL 216 A„ zweiter 294;
angebi. makedonisch 295 A.;
athen. Colonie 396. 394. 416; von
Brasidas besetzt 599; Schlacht bei
A. 605; von Sparta preisgegeben
607. 629. 632; Angriff Athens 662;
Stellung zu Olynth 893; Angriffe
Athens 935. 935 A. 940. 956.
958. 959 A. 965. 975. 976; von
Philipp erobert 978.
Amyklae 950; nicht perioekisch
263 A.
Amynias, athen. Gesandter 601.
601 A.
Amyntas L v. Makedonien , pers.
Vasall 122. — II. 893. 893 A. —
III., S. d. Aridaios 893. 893 A.
894. 935. 940. 946. 956. — IV.
976. — S. d. Philippos 565. —
Makedone, in Alahanda 3b".
Amyrgische Saken 68» 68 A. ü2_.
Amyrtaeos, libyscher Dynast, Auf-
stand in Aegypten 323. flflfi. 341.
420. — v. Sais (Enkel des Vorigen V)
831.
Amytis, Gemahlin des Xerxes 836.
4va*fpo«9j^ t(Lv vojjicuv 713 A. 848.
848 A.
An&bita, Anaitis 28. 7JL Hl A.
Anaia b. Ephesos, Sitz der flüchtigen
Samier 424, 523. 687.
Anaktorion im Perserkrieg 215. 235 ;
von Korinth abhängig 33JL 534,
566; akarnanisch 594. 607. 946 A.
Ananen (Anamaren), kelt. Stamm
821.
Anariaken in Medien 63.
Anaxagoras v. Lampsakos, Leben
513, 447a Auftreten 516» 518i Be-
ziehungen zu Perikles 419. 414,
zu Sokrates 618; System 513; von
Leukipp angegriffen 514; Stil 517;
Verurtheilung 53L 531 A.
Anaxandridas v. Rhodos, Komiker
905.
Anaxandros, Thebaner 212 A.
Anaxibios, spart. Nauarch 836. 874.
Anaxikrates, athen. Stratege 342.
Anaxilaos, Tyrann v. Rhegion 203.
206» 23L 348. 353. 355. — v.
Byzanz 760 A.
Anaximander v. Milet, Weltsystem
242. 504. 508,
Anaximenes v. Milet, Naturerklärung
504. 513. — v. Lampsakos, Hei«
lenika 163,
Anaxis, boeot. Historiker 161. 924 A.
Ancona, von Dionys besetzt 823.
Andokides, athen. Stratege 343.
346 A. 4LL — . Enkel d. Vorigen,
der Redner 655; beim Hermen-
frevel (or. L 2) 651 A. 655; auf
Cypern 840 A.; Process 852 A.;
für den Frieden (or. 3] 866; or. 3
Ober attische Geschichte 146. —
or. 4 gegen Alkibiades 644 A.
Androkleidas, theban. Demokrat 847.
891. 896.
Androkles, athen. Demagoge 58L
651. 661. 661 A. 684; ermordet
700.
Andromachos v. Tauromenion 991.
1000.
Andron, athen. Aristokrat 696. 696 A.
697; Ankläger Antiphons 707.
707 A.
Andros, persisch 223; von den
Griechen angegriffen 228: im de).
Bunde, Tribut 339.426; alL Colo-
nisten 396: Umsturz der Demo-
kratie 700; von Athen angegriffen
722. 724 A. 733.
Androtion, Atthis 152, lüL 909.
Angelos, Aleuade 287.
Annikeris von Kyrene und Plato
987 A.
Anomymus Argentinensis Bd. V,
S. Vff.
Anschan (Susiana) IL 11 A. 16.
Antagoras v. Chios 222»
Antalkidas, Spartaner, in Sardes 865;
Nauarch 875. 878; in Susa 877.
93G. 959.
Antandros in Troas 122. h&L 710.
714.
Antenor, Bildhauer, Gruppe der
Tyrannenmörder 280. 42L 482.
Anlikles, athen. Stratege 41L
Antimachos, Athener, Schatzmeister
534
Index zum dritteo Theil.
des Timotheos 988. — v. Kolo-
phon, Epiker 4S& 755.
Antiochos, Steuermann des Alki-
hiades 722. — v. Lepreon, arkad.
Gesandter 959. — v. Syrakus 165:
Quelle des Thukydides 526 A.
597 A.; angebl. Fragment Ober
die Bruttier 1001 A. — K. v.
Thessalien 211 A. 338 A.
Antiphanes, Komiker 905.
Antiphon v. Rhamnus, Kedel ehrer
523. 612; Führer der 0!i garchen
612. 585 A 612 A.; unter den
Vierhundert 696. 704. 705; hin-
gerichtet 707. 707 A. Reden
gegen Philinos und or. 6: 580 A.
585 A. 684 A., aber die Tribute
593 A., gegen Laispodias 661 A. ;
Tetralogien unter s. Namen 527.
— der Sophist 522; Naturer-
klärungen 524; ethische Schriften
524; Ober Raum und Zeit 52»;
Mathematik 526.
Antipolis, col. v. Massalia 374. 374 A.
Antissa auf Lesbos 393.
Antisthenes der Kyniker 618 A. 625;
seine Lehre 914. 919; rhetor.
Schriften 907; Ober Sparta 920.
— spart. Flottenföhrer 691.
Antium in Latium 808. 808 A. 810 A.
815.
Anxur (Tarracina) 808. 815.
Anytos, Athener, fGr Herodot 583;
bei Pylos 715; Führer der Demo-
kratie 756. 747 A. 848. 849. 850.
851; gegen Sokrates 852; Aus-
gang 852 A. 861: Persönlichkeit
852.
Apelles v. Kolophon, Maler 904. —
Syrakus. Stratege 363.
Aphytis auf Pallene 42L 755 A.
Apodekten in Athen 401.
Apolexis, Ankläger Antiphons 707 A.
713 A.
Apollodoros v. Athen, der Schatten-
maler 42SL 904.
Apollokrates, S. d. Uionysios II. 995.
Apollonia in Illyrien 332. — in
Thrakien 898. 894.
Apsephion, athen. Archon SJjL
Apulien, Kelten in — 818. 820;
Dionys' II. Colonien 828. 99 1. 99 1 A .
Araber im Perserreich üfi_i Abgaben
Iii : Arabien von den Persern um-
schifft 60: arab. Handel 87;
in Gaza 85. 81; in Syrien 8Jh in
Palästina 8iL 12h* — 'Apa^.a
bei Xenophon (in Mesopotamien)
84 A.
Arados, phoenik. Stadtkönigthum
85. — im pers. Meerbusen 62,
Ära kos, spart. Nauarch 731. 731 A.
Aramaeer im Perserreich 84, 85. —
Aramaeische Reichssprache 2iL
Urkunden und Siegel L 28.
Arbarios, pers. Reiteroberst 682.
Archaeanaktiden in Panlikapaeon
431.
Archedemos 6 -fX&fMuv, athen. Dema-
goge 713. 713 A. 729. 732. —
boeotisch gesinnter athen. Dema-
goge 968.
Archelaos v. Athen, Philosoph 513.
526. 618 A.; angebl. Verf. eines
Gedichts auf Kimon 148. — L v,
Makedonien 686. 711. 764. 765.
893.898 A.; Beziehungen zu Kunst
und Literatur 780. 764. 903. —
II. von Makedonien 893. 893 A.
— Stiefbruder Philipps II. 976.
Archeptolemos, S. d. Hippodamos,
athen. Oligarch 696. 707. 707 A.
Archestratos, athen. Stratege 411.
530. — fällt bei Mytilene 727 A.
729. — , Gesetze über den Areopag
Hl«>. — Athener 736.
Archias, thehan. Polemarch 924.
Archidamischer Krieg, Name 548 A.
Bd. V, S. VII.
Arcbidamos L v. Sparta 281; beim
Erdbeben 294: gegen Messenien
328: Politik 335, 54Jj iß Attika
550. 552. 5_fi2; gegen Plataeae 564;
Tod 589. — II., S. d. Agesilaos 945 ;
in Arkadien 954. 968; vertbeidigt
Sparta 970; A. und I sokrates
962. 962 A. 984. — Gesandter v.
Elis 959.
Archinos, athen. Staatsmann 848.
848 A. 849. 850. 851. 852. 854 A.
861.
Archippos, Pythagoreer 371.
Archonides I. v. Herbita, sikel. Dynast
362, 657. — II. 786.
Archontat, Einführung des Looses
in Athen 198 f.
Archytas v. Tarent, pytbagor. Philo-
soph 9 10; als Staatsmann 826.
Index zum dritten Theil.
989. 990: A. und Plato 915. 918.
989 f.
Ardea, Rutulerstadt 810. 811. 811 A.
Areopag, zur Zeit der Perserkriege
l&L 199, 199 A. 222- 299; Kampf
um den A. 3öS, M4j Sturz 81 fi.
318: in der restaurirten Demo-
kratie 848.
Arelate 375.
Arete, T. d. Dionysios L 880. 987.
993. 999.
Argaeos, Prätendent in Makedonien
893. 893 A. 976.
Argilos auf der Chalkidike 53L 599.
607.
Arginusen, Sehlacht bei den 727.
728.
Argippaeer in Centraiasien 65.
Argos, von Kleomenes bekriegt 1S&
188 A. ; Verlust des Landgebiets,
Demokratie 188. 188 A.; unter-
stutzt Aegina gegen Athen 204;
Verbindung mit Persien 173. 187.
206. 21L 21ä 234. 235. 339; neue
Erbebung gegen Sparta, Unter*
werfung von Tiryns 2R5. 286 : Ver-
bindung mit der atben. Demo-
kratie 309. 321 ; Krieg mit Athen
gegen die Peloponnesier 325 ff.
329: erobert Mykene 825: Kack-
tritt 335, 3&L Friede mit Sparta
340: im archid. Krieg neutral 54Ä.
593. 595: zur Zeit des Nikias-
friedens 604. 606. 607. 629; argi-
vischer Sonderbund 681. 635;
Allianz mit Athen 636: Sonder-
bundskrieg 637—641; Anschluss
an Sparta 641 ; demokrat Revo-
lution, neue Verbindung mit Athen
645. 646. 656; gegen Phlius 645:
[ bei der sie. Exped. 652, 656 a;
Krieg mit Sparta 645. 646. 663.
670; Röcktritt 670. 689; Friede
mit Sparta 689. 689 A. 744. 705 ;
nach dem pel. Krieg 744. 749.
888; Bund mit Theben 847. 855.
857 ; Union mit Korinth 863. 864 ;
im korinth. Krieg 864. 866. 867.
875. 878; Aufhebung der Union
879 ; Stellung zu Sparta 890 ; Revo-
lution (Skytalismos) 948; Bünd-
niss mit Arkadien und Theben
950. 954. 959; Spannung mit Ar-
kadien 960. 962; gegen Sparta
968; nach der Schi, bei Man-
tinea, Krieg mit Sparta 973. —
Argos und die Kunst 481. —
Heraeon von Argos, Brand und
Herastatue Polyklets 478.
Argos, amphilochisches 332. 434.
Ariaeos, Hyparch des Kyros 29 A.
834. 835. 846. 846 A.
Ariamnes, Satrap v. Kappadokien 70.
Ariantbidas, Boeotarch 596.
Ariaspen in Drangiana 25 A.
Aricia 810; Schlacht bei 801.
Aridaios, Vater Amyntas' III. 893.
893 A.
Arier = Iranier LL 14 A.
Arier (Areier) bei Herat 9* 68»
Arimaspen 6JL
Arioharzanes. Satrap des Hellespont
877. 878. 958. 964 f. 979.
Ariomandes, pers. Feldherr 291.
Ariopeithes, Skythenkönig 42iL
Arisbe am Hellespont 426.
Aristagoras v. Milet 1ZL 124. 115.
im 119.
Aristarchos, athen. Oligarcb 696.
704. 705. 707. 707 A. — spart.
Harmost in Byzanz 759 A. 836.
— v. Tegea, Tragiker 292, 441.
Aristeas, 'AptjiÄOTcsta ftVr) 65* 65 A.
Aristeus, korinth. Stratege 537. 557.
Aristias v. Phlius, Tragiker 441.
Aristides v. Alopeke 126, 1£2. IM A.;
Archon 197; oslrakisirt 207: bei
Salamis 225; übernimmt die Lei-
tung in Athen 233. 233 A.; bei
Plataeae 234 ff. ; Zusammengehen
mit Themistokles 269, 269 A.
270; bei der Flotte 271 : organi-
sirt den delischen Bund 275. 225 A. ;
letzte Jahre und Tod 2SL 281 A.;
Beiname h Stxato; 225 A. ; an-
gebt. Psephisrna über Archonten-
wahl 269 A.; Beurtheilung bei
Aristoteles 269 A. 225 A. — Strateg
v. Elea 806. — v. Theben, Maler
904.
Aristippos v. Kyrene, Philosoph 913.
919. 990. — v. Larisa, thessal.
Partei haupt 764 f.
Aristodemos, Tyrann v. Kyme 349.
— Regent v. Sparta 857. — Gesch.
der Pentekontaetie 15JL
Aristogeiton, Bildhauer 325 A.
536
Index zum dritten Theil.
Aristogenes, Stratege bei den Argi-
nusen 7-9.
Aristokleidas, Musiker 4ftfi.
Aristokrates, S. d. Skellias, athen.
Aristokrat 696. 696 A.; Führer
der Gemässigten 704. 705 ; Stratege
722. 723; im Arginusenproress
hinger. 729. — spartan. Nauarch
704. 706. 987.
Aristomache, Gemahlin des Dionys,
792. 828. 986.
Aristomede?, Aleuade 287.
Ariston, Kyrenaeer 356.
Ar i Stenns, Schwager Gelons 8.50.
asa»
Aristonymos, Gesetzgeber v. Megalo-
polis 953 A. 988.
Aristophanes , S. d. Nikophemos,
Athener 862. 870. 870 A. 873. —
der Komiker, auf Aegina 551 A. ;
erstes Auftreten 587 ; Kampf gegen
Kleon und die Radicalen 586.
601; gegen die moderne Bil-
dung 618 f. ; gegen Sokrates 614.
614 A.; gegen Euripides 615;
Persönlichkeit und Stellung inner-
halb der modernen Strömungen
587. 613. 617; spätere Komödien
905; Verh&itniss zu Plato 614 A.
— AattaX-?]? 613; BaßoXumoi 587;
Acharner 587. 562. 583 : 539. 544 A.
581 A. 582 A.; Ritter 587^ 5Ü9_ A.
5S1. 5 Kl A. 586i Wolken 614.
.r>14;*0Xx<&tc 601 A. 614; Wespen
587. 604-, 401 A. 58L 585 A. ; r«u»p-
-roi C04; Elp^vTj 608. 607 A. ; röpai
612; Vogel 642; Lysistrale 700;
391. 669 A.; Thesmop horiazusen
615. 700. 700 A. ; 684 A. ; Frösche
615. 730. 782; Ekklesiazusen 905.
UZu 861 A. ; 614 A. 862 A. 866 A.
871 A. 872 A. lj Plutos 873. 905.
Aristophon, athen. Staatsmann 850.
968. 967 A. 982.
Aristo«, spart. Gesandter hei Dionys
745. 784.
Aristoteles, athen. Oligarch 696.
697. 736; unter den Dreissig 747.
749. — v. Syrakus, gegen I sokrates'
Panegyrikos 988. — spartan.
Söldnerführer des Dionys 799. —
der Philosoph, Politien 152; pol.
Athen. 139, 151, IM, Olig-
archische Quelle 15L 390; Aber
Aristides 269 A. 225 A.; Themi-
stokles und der Areopag 281 A.
313 A-; Perikles und Damonides
313 A.; drakont. Verf. 696 A.;
über die Vierhundert 701 A.;
Theramenes 704 A. 729 A. 749 A.;
Arginusenprocess 729 A.; Fall
Athens und die Dreissig 738 A.
747 A. 749 A. ; Zehnmftnner 757 A.;
Benutzung Xenophons 747 A.,
Androtions 152.
Aristoxenos v. Selinus, Iamben-
dichter 3&L Stifl,
Arkader Städte und Gaue 242. 953;
von Kleomenes aufgewiegelt 202;
bei Plataeae 285; gegen Sparta
285. 325; im Sonderbundskriege
689 ff.; unter Sparta 744. 895;
Conflict mit Elis 762; demokra-
tische Bewegung, Krieg gegen
Sparta 948 ff. ; arkadischer Bundes-
staat 949. 953; Spannung mit
Theben 954. 959. 960; Grenzstreit
mit Elis 953. 954. 959; gegen
Sikyon 960; Bündniss mit Athen
961; Krieg mit Sparta 962, mit
Elis 968; Sprengung des Bundes-
staats 969; die beiden Bünde 969 f.
973. — Arkader in Thurii 338,
899. — arkad. Söldner 580. 652.
671. 884.
Arkesilaos III. und IV. von Kyrene
9k 356.
Armenier, Herkunft und Gebiet 89;
Provinzen 82» 89 A. ; Abgaben ML:
Verbreitung der pers. Religion 79.
Arrhabaios von Lynkestis 599. 603.
764.
Arsakes = Artaxerxes II. 719. 832.
— Hyparcb des Tissaphernes 43»
Arsites, Bruder Dar ius' II., Usurpator
682.
Artahanos, Vezir des Xerxea ."23.
328 A. — Satrap v. Baktrien, Auf-
stand 823»
Artahazos, S. d. Pharnakes, pers.
Feldherr 22L 282, 236i führt den
pers. Rückzug 2M, 2M A. 238:
Satrap von Daskylion 286. 2s* A.;
sein Haus dauernd in der Provinz
91; seine Traditionen als Quelle
Herodots 143» — Satrap v. Phry-
gien, Rebell 979. 981. 988.
Artagnes, pers. Gott Z2.
Index zum dritten Theil.
&i2
Artaphrenes, Bruder des Darius,
Satrap v. Sardes 33. 43. HL 177.
1ÄJL — Sohn des Vorigen, bei
Marathon ULL — pers. Gesandter
582. 593.
Artas, Messapierhäuptling 400. 672.
Artasyras, Perser 682.
Artaxerxes 1^ König 323; Charakter
seiner Regierung 681; Tod 593.
681. Stellung zur Religion 78;
A. und die Juden 122. 124. 125,
und Themistokles 288; aegypt.
Aufstand 823 ff.; Verbandlungen
mit Sparta 335; Friede mit Athen
312 f.; griech. Politik nach dem
Frieden ±20. 424. 433. hAZ 582,
593. — II. (Arsakes) 719. 832;
Charakter 832.835; Stellung zur
Religion, Einführung des Mithra-
und Anähitacults 78_i Ehe mit
den Töchtern 23j Krie* mit Kyros
838 ff., mit Sparta 887 ff; Ver-
bandlungen 865 f.; Friede 877 f.;
gegen die Kadusier 899; Krieg
mit den Rebellen 897 ff.; spatere
griechische Politik 936 f. 940. 952.
958 f. 961 ; letzte Zeit und grosser
Sa tr apenaufstand 964 f. 979. —
III. (Ochos) 12 A. 979. 981. 983;
gegen die Juden 128.
Artayktes in Sestos 42 A. 239.
Artem bares »der Meder«, lyk. Dynast
96. 899. 899 A.
Artemisia v. Halikarnass 292. 457;
bei Salamis 224 A. 225 A.
Artemision, Schlacht hei 218—220.
Arthmios v. Zelea 337. 332 A.
Artybios, pers. Feldherr 128.
Artyphios, S. d. Megabyzos, Rebell
682.
Arxanes, Satrap v. Aegypten 682.
Aryandes, Satrap v. Aegypten 43*
9JL 9fi. 12L
Asagarta = Sagarlier 10. 10 A.
As Jod in Philistaea, zu Tyros 85j
A. und die Juden 125, 128.
Asea in Arkadien 953.
Asine in Messenien 951 A. 954;
Perioekenstadt 263 A.
Askalon, zu Tyros &L 85.
Asklepios, in Athen von Sophokles
eingeführt 456. 643; in Epidauros,
Curen 501. Asklepiaden als Aerzte
501. 503.
Asopios, att. Stratege 566. 588.
Aspasia v. Milet und Perikles 414.
445; Angriffe aufA. 496. 53L
531 A., vgl. 423 A.; mit Lysikles
vermählt 560. — die jüngere 138.
Aspendos in Pamphylien 51. 9JL
708. 710. 873.
Aspis v. Kalaonien 899.
Assoros, Sikelerstadt 786 A. 795.
799. 829.
Assos am Ida 5_L 425. 965. 980.
Assyrer, Untergang der Nationalität
89 ; 'Aosoptcc im Perserreich =
Babylouien 84 A.
Astakos in Akarnanien 551. — in
Bilhyuien 339.425; athen.Colonie
430.
Astrologie in Babylonien 82j Ver-
breitung 8JL 105.
Astyanax, Tyrann v. Lampsakos980.
Astydamas, Tragiker 905.
Astylos v. Kroton 372.
Astyochos, spart. Nauarch 689 — 693.
698. 708. 709.
Astyra in Mysien 425.
Atalante, lokr. Insel 551. 607.
Atargatis, syr. Göttin 84.
Atarneus 980; Chier in — 746. 838.
Athamanen 855. 935.
Athanis v. Syrakus Historiker lfifi.
991 A. 992 A. 996 A.
Athen, Stadt: Mauer in der Perser-
zeit 193 A. ; Mauerbau 220 ; Aus-
sehen 280. 298; I«eicbenfeier und
Gräber 280. 2 TO A.; Mauern nach
den Häfen 29^ 405, 405 A.
— Gebiet nach dem Perserkriege
266; Unterthanenorte 2ßfi. 2fifi A.
391 ; Bevölkerung Attikas 266. 302.
m 39Q f. 416. 544 A. 596. 685.
695. 789. 850. 887; Bürgerrecht
391 f. 735. 848. 850. 887; Heer-
wesen 123. 2ÜS. 2£& 411 f. 544 A.
580. 596. 685; wirthschaftl. Ver-
hältnisse 262. 296. 299 ff. 320 f.
415 r. 850 t. 881. 886. 887. — Emi-
granten und persisch Gesinnte im
Perserkrieg 186. 186 A. 206. 222.
223. — Geschichte im 5. Jahrb.
Bd. III, IV passim; nach dem pel.
Kriege 747—749. 756—758. 763.
889. 841.848—853. 854—879. 881.
886. 887. 896. 923. 924—984. —
Quellen: urkundl. Material 148.
Index zum dritten Theil.
159: Reden UiL ILSL IMj Atthi-
den 112. 152. 151L liiL
Atbena v. Athen, Verkörperung des
Staats 262. 44iL — Schatz der
A. 403 ff. hM, 543.
Athenae auf Euboea 934 A.
Athenagoras, svrakus. Demagoge
658.
Athenokles, athen. Stratege 430.
Athos, Sturm am — ISO, 710; Canal
des Xerxes 2Q5. 205 A. 202. 212.
— Haihinsel, Abfall von Athen
600; Rücktritt 605.
Atomistik 514: f. 910.
Atossa, T. d. Kyros, Gemahlin d.
Darius 23, 196.
Attaginos, theban. Oligarch 237.
Atthiden 189. 152. 159. 161.
Attika, Gebiet 266; wirth schädliche
Verhaltnisse 301 f.
Aulon in Messenien , Perioekenge-
meinde 268 A.
Ausoner (Aurunker) 803. 808. 808 A.
Autokles, athenischer Stratege 957.
976.
Autonomie, Begriff 23, 33 A.
Autophradates, Satrap v. Sardes 866.
870. 897. 899. 964 f. 979.
Avenion an der Rhone 375.
Avienus, ora maritima 376 A.
B.
Babylon, pers. Residenz 15. 81; Be-
satzung 41i Rechtsgeschäfte 38;
nnter Zopyros 3iL
Babylonien, das bab. Reich und die
Juden 102 f.; Untergang des Chal-
daeerreichs 112: unter Kyros 80;
Aufstände unter Darius 80» 117;
Aufhebung des bab. Reiches durch
Xerxes 80 ; Aufstände unter Xerxes
80. IM. Bd. m, S. XIV. — im
pers. Heich 14. 52. 80. 81i Ab-
gaben 32. 50. 5L 55. 81j Handel
£1 f.; Priester (Chaldaeer) und
Theologie 82j Verbreitung der
bab. religiösen Anschauungen 83.
83 A. 105; Einflösse auf die pers.
Religion 22. 78t in Syrien 84^
auf das Judenthum 105. 138.
Einflösse auf die pers. Kunst 22.
23. 26. — Juden in B. 119 ff. —
Bab. Urkunden L 1 A.; histor.
Literatur 2.
Bagoas, Vezir Artaxerxes' III., und
die Juden 128.
Bakchylides 242.486. 482; inSieilien
35L
ßaktra (Ralch) 64.
Baktrien, Satrapie 29. 322; Aufstand
323; Baktrer im pers. Heer 211
Balearen, unter Karthago 880.
Bambyke (Hierapolis) 32. 84.
Barbaren und Hellenen 901.
BargyHa in Karien 424.
Barka 99. 12L 356. 897.
ßaotXtuc, der Perserkönig 13.
Battos IV. v. Kyrene 92, 356.
Bei v. Babel 80. 88; in Syrien und
Phoenikien 84. 105.
Be'el samen, syr. u. pboen. Himmels-
gott 103.
Beloch 120.
Bendis, thrak. Göttin in Athen 438.
611.
Berossos 2.
Berytis in Troas 425.
Berytos, zu Byblos 85.
Betiehera, kalibbitisch 86. 107.
Betsur in Palaestina 116.
Biographie, hellenistische 153. 159.
Bion von Milet, Bildhauer 231.
Bisalten u. Makedonien 295; athen.
Colonie 396.
Bisanthe in Thrakien 428 A. 723.
Bithyner 93. 430. 836. 838. 899.
Blauda in Phrygien, mit Milesiera
besiedelt 733 A.
Boeotarchen 844. 596; wiederher-
gestellt 924. 932.
Boeoter (vgl. Theben) im Perser-
krieg 21L 2Ul Auflösung des
Bundes ifach dem Perserkrieg 329;
die Spartaner in B. 329; von
Athen unterworfen 830. 388; Ab-
fall 344: Organisation des boeot.
Bundes 344. 344 A. 847; mit
Sparta verböndet 545: im archid.
Krieg 550. 564. 573. 523 A. 595.
596. 604; lehnen den Frieden
ab 607. 608. 629: Verhandlungen
mit Argos und Sparta 681. 632.
685. 687; im Sonderbundskrieg
689 f.; während der sie. Exped.
655. 655 A. 671; im dekel. Krieg
080. 694. 707. 788; Stellung nach
Index zum dritten Theil.
dem Krieg 738. 847; im korinth.
Krieg 854 ff. 866. 867.868; Auf-
lösung des boeot. Bundes 879.
891; von Theben als Einheits-
staat wiederhergestellt 924. 932.
941 ; Heerwesen 596. 847. 931.
943. — Boeot. Geschichtsschrei-
bung 1£L 924 A. 926 A. -- B. in
Thurii 398, 399.
Boges, pers. Commandant von Eion
276.
Bojer 821.
Boiotios. spart. Gesandter nach Per-
sien 714. 719.
Bola in Latium 808. 811. 820.
Borsippa in Babylon ien 82.
Bosporus von Darius überbrückt 7Q;
Inschrift 15 A. — kimmerischer,
Reich 431 f.
Bottiaeer (Spartolos) 427; Abfall
von Athen 53k 5fi5* 607. 646.
Brahuis in Beludschistan 9.
Branchiden von Didymoi 92* 176.
18L 181 A.
Brasidas 598. 5üfL 572j bei Megara
595; Reformen 598; in Thrakien
598-605.
, Brasideer in Lepreon 687. 640.
Brea, atben. Golonie in Thrakien
395. SM. 3SßA. 428.
Bruttier, Entstehung 1001. 1001 A.
Bryger, Kämpfe mit Mardonios 190.
Bryllion bei Daskylion 292 A. 425.
Bubastis ££L
Buchhandel in Athen 497.
Budiner, finnischer Stamm £üL 70.
Burckhardt ]M*
Bvblos , phoen. Stadtfflrstenthum
85,
Bysbikos, Insel der Propontis 425.
Byzanten in Afrika, Byzacium 379.
ßyzantion persisch 172; im ion.
Aufstand ITL 181 : von den
Griechen erobert 271 ; Pausanias
in B. 222. 284; von Athen er-
obert 28fi. 28ßA.; im del. Bund
292 A. 42ü ; Abfall 422. 424; gegen
die Bithyner 430 ; neuer Abfall
709. 712; wiedergewonnen 717;
von Lysander besetzt 735 ; Klearch
in B. 756. 756 A.; unter Sparta
760 A. 836; Anschluss an Athen
872. 878. 895. 896. 928. 965;
Uebertritt zu Theben 967. 967 A.;
gepren Athen 975. 978; im Bundes-
genossenkrieg 982.
c.
Caere (Agylla) und Rom 802. 816.
819. 820; und Dionys 828.
Camillus 815. 819 A. 820. 820 A.
Campaner, Entstehung 870. 435.
803; Söldner in attischen Dien-
sten 658. 658 A.; auf Sicilien
770. 773. 774. 775. 780. 788; bei
Dionys 783. 785. 786. 795. 829.
829 A.
Capitalismus in Athen 803 ff.; in
Griechenland im 4. Jahrh. 883.
887. 921.
Gapua 34JL 435. 801. 803.
Sp. Cassius 810. 813.
Cenomanen 821.
Ghabbas, K. v. Aegypten 1Q2A.
323 A.
Chabrias, Persönlichkeit 930; bei
Korinth 868. 872 A.; auf Cypera
873 A. 874; in Aegypten 896.
897. 897 A.; Verteidigung Boeo-
tiens 925. 927. 931; Sieg bei
Naxos 934; weitere Feldzüge 935.
938. 952; Process 962; gegen
Keos und Naxos 966; wieder in
Aegypten 972; letzte Zeit in Athen
976. 977; Tod 982.
Ghaeronea, zu Orchomenos 344. 596.
Ghaireas, Athener, auf der Paralos
703- 704.
Chairephon, Sokrates' Schüler 616.
625.
Ghaldaeer (vgl. Babylonien), bab.
Priesterschafl 82. 82 A.
Chaleb in Syrien 84.
Chaleion, lokriscbe St. 330.
Ghalkedon persisch I22i im del.
Bunde, Tribut 426; gegen die
Bithyner 4Mi ABTaTl von Athen
709. 712. 714; wieder genommen
717; von Lysander besetzt 735;
athenisch 872. 878; Anschluss
an Epaminondas 967; gegen
Athen 975.
Ghalketor, karischer Ort 4JLL
Ghalkideus, spart. Nauarch 687 bis
689.
Chalkidier auf Sicilien 362, 570.
uiguizea Dy ^oogie
540
Index zum dritten Theil.
767. 786. — in Thrakien, Abfall
von Athen 586 f. ; Synoikismos
in Olynth 53JL 888: Athen Reifen
die Ch. 5_5_L 58ü\ 599. 599 A.
600. 603. 605; im Nikiasfrieden
607 ; Bund mit Argos 631 ; Fort-
gang des Kriegs mit Athen 633.
646. 662; Bund mit Sparta 641;
Abfall von Sparta, Bund mit
Theben 855; Zustände, Macht
und Verfassung 888. 893; Angriff
Spartas, Auflösung des Einheits-
staats 894; unter Sparta 895;
Wiederherstellung , im zweiten
Seebund 935; unabhängig 950.
958; Kriege mit Athen 958. 965.
978 (vgl. Olynth).
Cbalkidike, Halbinseln 217; im
delischen Bund 225, 2Ha Ort-
schaften und Tribute 427; Kampfe
um die Chalk. 600. 603 ff. 633.
646. 965.
Ghalkis in Aetolien, korinthisch
332; von Athen genommen 334,
346 A. — auf Euboea, im Perser-
krieg 215. 219: athen. Kleruchen
192. nach dem Ferserkriege auf-
gegeben 2üfL 2S6A.; Ch. im del.
Bund 275j hat keine SchifTe 219.
275; Aufstand und Unterwerfung
345. 391. 393; Rechtsordnung
21s. 2I£A. 391j Tribut 426:
Abfall 706. 711: im zweiten See-
bund 930; Anschluss an Theben
946; Krieg mit Athen 978. Vgl.
Euboea.
Chalyber am Pontos ß& 98.
Chares, athen. Feldherr 960. 961;
gegen Korkyra 976; in Thrakien
978; im Bundesgenossenkrieg
982. 983; gegen Sestos 984; Per-
sönlichkeit 977. — athen. Ge-
sandter nach Sparta 346 A.
Charidemos von Oreos, Condottiere,
in ath. Diensten 965 A.; in thrak.
Diensten 976. 978; in Troas 979.
980.
Charikles, athen. Stratege 670;
Führer der Dreissig 747. 749.
Charinos, Psephisma gegen Megara
551.
Charitimides(Charmantides?),athen.
Stratege 324. A.
Charmides, Kritias* Vetter 625.
325 A. 713 A.; Haupt der Zehn-
männer im Piraeeus 749. 757.
Charminos, ath. Stratege, Oligarcb
686. 690 f. 696. 703.
Charoiades, athen. Stratege 576. 578.
Gharon von Lampsakos, pers. Ge-
schichte & 142. 122 A.; Gesch.
von Lampsakos 148. 288 A. —
von Theben, Boeotarch 924. 932.
955.
Charrftn in Mesopotamien 84.
Chawlla 82 A.
Chazzija (Tarzija?), bab. Usurpator
Bd. III, S. XIV.
Gheirisophos, spart. Heerführer bei
Kyros 833. 885. 836.
Chelidonische Inseln 343«
Cheröi, S. d. Harpagos v. Xanthos,
lyk. König 683.
Gbersonesos Heraklea auf der Krim
43L 890.
Cbersones. thrakischer, unter Mil-
tiades II. 171. 181: persisch 275;
von Athen erobert 2S2j Ort-
schaften 39fiA.; Tribut 426 : ath.
Golonien 394. 396: Kämpfe mit
den Thrakern 759. 836. 838;
wieder athenisch 860. 866. 872;
Athens Ansprüche 935. 940. 958;
von Timotheos besetzt 965;
Kämpfe Athens gegen die Thraker
975. 976. 978. 984.
Ghileos von Tegea 233. 215 A.
Ghiliarch im Perserreich 1£L 23.
23A. 24, 845.
China G5_*
Chion Mihionides) von Heraklea
980. 1000.
Ghionides, Komiker 44J1 140 A. 4M.
Chios im ion. Aufstand 179. 180 ;
Aufforderung zum Abfall 238; im
del. Bund 223, 225, 8äk 425:
Rechtsverhältnisse 2l£L 213 A.
290; im archid. Krieg 593 t>05;
sie. Exped. 652. 670; Abfall 680.
683. 687 ; Kämpfe um Chios 689 ff.
709. 716. 724 f. 728. 731; unter
spar tan. Herrschaft 716. 746;
Abfall von Sparta 860. 872 888;
Anschluss an Athen 896; im
zweiten Seebund 928; Verbin*
dung mit Theben 967; fallt von
Athen ab 978 ; Kämpfe bei Chios
982. — Schulen auf Chios 24i
Index zum dritten Theil.
541
Choerilos von Samos, Epiker 4 Sri.
755. 764. ütpaixdt 14a, 70A.86A.
Chorasmier in Chiwa fiR. fi4. 68.
Chremon, athen. Oligarch 737.
Chrom ios, Schwager Gelons 850.
353.
Chronik, Bücher der & 133,
Cbrysaoris, Zeus von, karischer
Bundesgott 94.
Chrysopolis am Bosporus 712. 717.
Chyton hei Klazomenae 872. 872 A.
Circei 808. 810 A. 815.
Claudier in Horn 809.
Clienten in Rom 812.
Clusium und die Kelten 817 A. 818.
Consentia, Hauptstadt der Bruttier
1001.
Consuln in Rom 812; Consular-
tribunen 813. 814.
Gora in Latium 810 A. 811.
Gorbio in Latium 808.
Corioli, Goriolansage 808. 811.
A. Cornelius Cossus 811. 811 A.
Corsica 22k 863. 876. 823.
Cremera, Schlacht an der 811.
Cumae 803, s. Kyine.
Curtius Hü.
Cypern, zur syrischen Satrapie 84;
Stadtfürstenthümer 85i im ion.
• Aufstand HL 178i Feldzug des
Pausanias 221; Angriffe der
Athener 29L SM, 33jL 341 f.;
Verzicht Athens 343; unter per-
sischer Herrschaft 840. Vgl.
Euagoras.
D.
Daher in Persis lOj in Turan 63.
Daiphantos, Thebaner 972.
Damarchos, Syrakus. Stratege 777.
Damarete, T. d. Theron, Gem.
Gelons 230* 350; Damareteion,
Münze 23ÖA.
Damaskos 84.
Damastes von Sige 909. 5S2A.
Dämon (Nikodemos) von Kentoripae
799. 799 A. — (Damonides) von
Oa, Musiktheoretiker, Rathgeber
des Perikles 313. 313 A. 4&L
492. 905.
Damokles und Dionys 828. 991 A.
Damophilos, Kyrenaeer 356.
Dahielbuch als bist. Quelle für das
Perserreich 2.
Daphnaeos, Syrakus. Stratege 775.
776. /77.
Daphne, Festung in Aegypten 4L 98.
Daphnus bei Klazomenae, Sitz der
Oligarchen 689 A. 722.
Dardanos am Hellespont 426. -
Darden in Indien 58.
Dareikos, Münze 48. 48 A. Bd. III,
8. XIV.
Darius L, König llj Persönlichkeit
2L 49. 6L 24i Verhftltniss zu
Kyros üfi ; pol it. Aufgabe, Ausbau
des Reichs 58j Satrapien- und
Steuerordnung 29. 49 f.? Münz-
ordnung 48,48 A. Bd. III, S. XIV;
Stellung zur Religion 52; in In-
dien 58 f. ; Erforschung des Ind.
Oceans, Nilcanal ßOf.; an der
Nordgrenze 02 ; gegen Kolcbis 67;
gegen die Saken 69_; gegen die
pontiscben Skythen 69 f. 20 A. ;
in Babylon SOj in Aegypten 101.
102; D. und die Juden 117;
griechische Politik HUT.; aegypt.
Aufstand 1Ü2. 196j Tod 196;
Palast in Susa 15i Bauten in
Persepolis IL 22; Grab 12. 74i
Siegel 22. — Inschriften L UL.
2L 25i flDer Persien 9. 16j über
die Stellung des Königs 13j über
den Skylhenkrieg TOj Völker-
listen 5S A. — II., Gewinnung
der Herrschaft 682; Politik 683;
Vertrag mit Athen 593; Bruch
mit Athen 683: Verhandlungen
mit Sparta 714. 718. 719; Meder-
aufstand Tlj Tempelbau in der
grossen Oase 102. — Sohn des
Xerxes, ermordet 323.
Daskylion 844. 846; in den athen.
Tributlisten 292,292 A. —Satrapie
von D. 29. 31 Uli Theilung im
4, Jhdt. 9L 91 A. 719.
Datames 899. 900. 964. 979.
Datis. Feldzug von Marathon lül
bis 125. 124 A.; Verh. zu den
griech. Göttern 255.
Datos, Colonie vonThasos 977. 988.
Daurises, pers. Feldherr 179.
Decemvirn in Rom 320. 812. 812 A.
Decluna, volsk. Göttin 808.
Deinolochos, sicil. Komiker 367.
542
Index zum dritten Theil.
Deinomenes, S. d. Hieron 3'>0. 353.
Deinon von Kolopbon, pers. Ge-
schichte 3, & 909.
Dekarcbien Lysanders 746. 760. 761.
Dekelea von Sparta besetzt 669.
G69A.
Delion, Schlacht bei 596.
Deliscber Bund, Gründung und
Organisation 221 ff.; Dienstpflicht
der Bündner 409 A.; athen. Ge-
richtsbarkeit 22JL 228 A.; Er-
weiterung 292; Verlegung der
Gasse nach Athen 332* 332 A.
393. Bd. V, S. VI ; Herabsetzung
der Tribute während des ersten
pelop. Kriegs 339; Umwandlung
in ein Reich 323* 402 ff. ; Pro-
vinzen 409; Finanzen und Schatz
402 ff. ; Bestand und Verhältnisse
der Bündner, Tribute 425 ff. ; Ver-
luste imsamischen Krieg 424; Ab-
schluss des Gebiets 409; Erhöhung
der Tribute 598; Ersatzdurch eine
5proc. Steuer 669; Ende 735;
Wiederherstellungsversuch Thra-
sybuls 872 f. 928 A.
Delos, die Ferser aufD. 1Ü2, 255 ;
von Athen gereinigt 611; Fest
44L 611 ; im 4, Jhdt. 872 A. 896.
935 A.
Delphi und Kroesos 103; Stellung
zum Perserkrieg 213 f.; von den
EfiiSfini besetzt 22L 221 A.; Be-
deutung der Entscheidung für
Delphi 255 f.; Umdeutung der
Orakel 240 ; Siegesdenkmäler 240 ;
Schlangensäule 273. 215 A . ; Inter-
vention Spartas und Athens
(heil. Krieg) 344, 344 A.; Feste
443 ; Ansehen in Athen 446:
im Nikiasfrieden 607; Iason und
Delphi 946 ; Congress in D. 958.
— Orakel über Detnarat 189; im
Perserkrieg 213; über Thurii 435;
über Epidamnos 532; für Sparta
541 ; über Sokrates 626.
Delphinion auf Chios 709. 724.
Demagoge in Athen, Stellung und
Bedeutung 20k S1& 320. 563;
spätere Demagogen 560 ff. 584 ff.
Demainetos, athen. Stratege 874.
878.
Demaratos, K. v. Sparta 188 A. 183;
bei Xerxes 19_ßA. 20JL 224.
Fürstenthum und Nachkommen
182L 3fix 838 ; Traditionen, Quelle
für Herodot 143* — athen. Stra-
tege 668.
Demarchen in Athen 20JL 403 A.
Demetrios von Athen, Bildhauer
428, 485,
Demokedes von Kroton, Arzt 23,
501 ; von Darius nach Italien ge-
schickt 123,
Demo kri tos von Abdera, Leben 514.
514 A. 910; atomist. Lehre 514.
910; Schriften 910; Ethik 911. 919.
— von Naxos, 8tratege 22JL223A.
Demonikos v. Cypern (Isoer. or. I)
840 A.
Demophantos, Psephisma des, 713.
713A.
Demophon, angebl. athen. Stratege
924 A.
Demostbenes, athen. Feldherr 561 ;
in Aetolien und gegen Amhrakia
523 A. 524 f.; in Pylos 589
594; gegen Megara 595; gegen
Boeotien 596; nach Sicilien 668.
670. 672; auf Sicilien 675—678.
Demostratos der Buzyge, Demagoge
650 A. 684.
Demotion, athen. Demagoge 961.
Derdas, S. d. Aridaios 429. 423 A.
536. — Mörder Amyntas' II. 893.
893 A. — von Elimia 893. 894.
Vgl. 764.
Derkylidas, spartan. Harmost 693.
709. 759. 838. 858. 860. 870. 874.
Derusiaeer, pers. Stamm 10.
Deuterojesaja 113 f. 113. A.
Deuteronomistiscb es Geschichtswerk
LLL
Dexippos von Sparta auf Sicilien
773. 774. 775. 777. — Perioeke,
unter den Kyreern 836.
Diagoras von Melos, Atheist 446.
44ÖA. 5JA
Diakrier auf Euboea 425.
AiaXi£t:c 52L
Didyma bei Milet, Tempel tffi. 18L
Dieitrephes, athen. Oligarch 696.
708.
Dieuchidas von Megara, Historiker
909.
Dikaearchia bei Neapel 803.
Jtxai ättö £ufi(J6Xu»v und Sixat ofi-
ßoXatat 228, 228 A.
uiguizea Dy Vjuogie
Index zum dritten Thei).
Dikaios, athen. Emigrant 186 A.;
Erzählungen bei Herodot 141].
Dikaiösyne, T. d. Dionys 830.
Diobelie in Athen 713. 713 A. 312 A.
Diodor, Geschichte und Quellen
150, lfi2.. IßT. Cbronol. der
Pentekontaetie 15JL 276 A. 294 A.
326 A. 332 A. äMA.; knrkyr.
Krieg 532 A. ; pelop. Krieg 549 A. ;
korinth. Krieg 864 A. 869 A. —
Sicil. Gesch. 796 A. 822 A. 985 A.
987 A. 993 A. 995 A. 996 A. —
Rom. Gesch. 809 A. 811 A. 812 A.
817 A. — Vgl. Epboros und
Timaeos.
Diodotos, S. d. Eukrates, Athener
5Ji9.
Diogeiton, Boeotarch 966.
Diogenes v. Apollonia aur Kreta,
Lehre 513 ; abhängig von Leukipp
514; bei Aristopbanes 514. 613;
Einfluss auf Herodot 447: Stil 517.
Diognetos, Nikias' Bruder 758.
Diokleides, Denuntiant im Hermen-
frevel 655.
Diokles v. Elea, über Musik 499,
— v. Syrakus, Gesetzgeber 766 A.
— Syrakus. Demogoge (richtiger
vielleicht Eurykles) 766. 766 A.
771. 772. — athen. Stratege 978.
Diomedon, athen. Stratege 686. 688 f.
691. 703. 728; hinger. 729.
Dion auf der Athoshalbinsel 600.
Dion, S. d. Hipparinos 986—999.
Dionysios, athen. Stratege 878. 896.
— 6 XaXxoöc v. Athen, Dichter
486; in Thurii 39& — v. Milet,
pers. Gesch. 3. 139. — v. Phokaea.
Feldherr derlonier 180: in Sicilien
206. 2Ö£ A. — J. v. Syrakus 776
his 800. 805—807. 822—830.
985 f.; D. und Athen 862. 958.
985; und Sparta 745. 784. 875 f.
878. 936. 937—940. 952. 954. 958;
und Korn 816; in Olympia 822.
875; Stellung zur Kunst 903; Be-
urtheilung bei den Zeitgenossen
782. 827 ff. 880. 881. 882. 922.
977. — IL, Erziehung 828. 987;
Geschichte 986— 1000; unterstützt
Sparta 962.
Dionysodoros, boeot. Historiker 101.
9l'4 A. — v. Chios, Sophist, in
Thurii 398.
Diopeitbes, athen. Mantis, gegen die
Atheisten 53L
Dioskurias in Kolcbis 64*
Diotimos, S. d. Strorobichos, athen.
Stratege 411 ; Gesandter in Persien
582 A. — in Neapel 435. — athen.
Stratege im Hellespont 874. 896.
Dipaia, Schlacht bei 285.
Diphilos, athen. 8tratege 671.
Diphridas, spartan. Heerführer 869.
Dithyrambe« 243. 439, 441 f. 486 ff.
905.
Dodona, Ansehen in Athen 446.
Doidalsos, Bilhynerhäuptling 430.
Doloper am Oeta 213, 938. — von
Skyros 216.
Dor in Palaestina, zu Sidon 85.
Dorier und Ionier 250. — Dorier
am Oeta 828. 523»
Dorieus v. Rhodos, Stratege von
Thurii 435 A. 680. 690. 708 [ver-
schr. DiagorasJ. 710; von den
Athenern gefangen 733. 724 A.;
von den Spartanern hinger. 845.
Dorikop, Oberst des Dionys 788.
Doris, Gemahlin des Dionys 792.
828. 986.
Doriskos am Hebros, persisch 112.
212, 226, 292; thrakiscb 428.
Dorkis, spartan. Nauarch 222.
Drabeskos, Niederlage der Athener
bei 294.
Drakon, angebl. Verfassung 695.
695 A.
Drakontides, athen. Oligarch 748.
Drangen, iran. Stamm 9± »38.
Dropiker, pers. Stamm 10.
Dryoper von Karytos 97H.
Duketios, SikelerkOnig 358. 360 bis
362,
Duris v. Samos, Gesch. v. Samos
152.422 A. 718 A. ; Heilenika 163.
E.
Ebusos, Pityuseninsel, karthagisch
322. 380,
Echekratidas, K. derThessaler2U A.
m 338 A.
Echinos in Phthiotis, thebanisch
966 A.
Edomiter, Vordringen in Palaestina
(in Hebron) 86. gfi A. 107j Nieder-
544
Index zum dritten Theil.
läge durch die Araber 118: gegen
die Juden 115.
Edoner am Strymon 112, 129. 27fL
234. 605.
Egbatana 14. 15, 4L 53.
Eion am Strymon, persisch 172;
von Athen erobert 22fL 22fi A.;
athen. Colonie 894. 599. 605.
Ekdikos, spart. Nauarch 869.
Ekklesiastikon in Athen 861. 886.
fxxXijtog icoXt? 928. 928 A.
Ekphantides, Komiker 49fL
Ekphantos v. Syrakus, Fylhagoreer
513.
Eiam k 11 A., vgl. Susiana.
Elaeus auf der Chersones 896 A.
935. 976.
Elea in Italien 322. 804. 806.
Eleaten, Philosophie 509— 512; Ein-
wirkung auf den Osten 512. 513;
auf Leukipp 514; auf Plato 918;
Nachleben 910.
Eleios, S. d. Kimon 312.
Elephantine in Aegypten 4L 98.
Eleporos, Schlacht am 806.
Eleusis unter den Dreissig 756. 757.
758; von Athen genommen 768.
— Getreideabgabe an die Göt-
tinnen 643; Mysterienfrevel 651.
656.
Eleutherae, athen. Grenzkastell 266 A.
2iiL 39L
Elimia, Elimiotis, maked. Fürsten-
thum 429. 764. 898. 894.
Elis, zur Zeit des Kleomenes 202.203;
bei Plalaeae 235. 235 A.; Sturz
der Oligarchie, Synoikismos 285;
für Korinth gegen Korkyra
hi9 534; Zerwürfniss mit Sparta
606; lehnt den Frieden ab 608.
629; Bündniss mit Argos 631,
mit Athen 636; im Sonderbunds-
krieg 637. 639 ff.; bleibt neutral
641. 744. 757; von Sparta besiegt
762; unter Spartas Herrschaft 857.
895; nach Leuktra, Wiedergewin-
nung des Gebiets 949. 950 ; Bruch
mit Arkadien 953. 954. 959. Krieg
968. 969. 973.
Elisyker in Südfrankreich 229. 376.
377.
Eljaälb, jüd. Hoherpriester 125. 122.
Elpinike, Kimons Schwester 282.
314, 314 A. 322 A.
Elvmer auf Sicilien 341. 3Ü2.
768. 780. 793. 800, vgl. Segesta.
Em bata, Schlacht bei 982.
Empedion, Selinuntier 770.
Empedokles v. Agrigent, polit.Thätig-
keit 359. 359 A.; in Tburii 398;
Auftreten 369. 516; Lehre und
Schriften 369. 369 A.; naturphilos.
System 513; abhängig von Par-
menides 513; Einwirkung auf die
Atomistik 514.
Emporiae, col. v. Massalia 376.
Endios, Ephor 683. 687. 712.
Enteila, Elymerstadt 362: von Cam-
panern besetzt 783. 783 A. 793.
795.
Epaminondas 941—944. 950—960.
966—972 ; Persönlichkeit 943. 955.
974; geschichtl. Stellung 882. 974;
Taktik 943. 971.
Epariten, arkad. Truppen 953. 969.
Ephesos, Gesch. im fi, u. 5. Jahrb.
505; persisch 2TL 288; im del.
Bund, Tribut 292. 42£l Abfall
687.716; Hauptquartier Lvsanders
721 ff. 731. 738. 755; im Perser-
krieg der Spartoner 837. 838;
Abfall von Sparta 860; wieder
spartanisch 869; unter Persien
896; Wohlstand 888.
Ephialtes, athen. Staatsmann 292.
313. 313 A. 3U-316. — Malier,
als Verräther geächtet 240.
Ephoren in 8parta 2Q3, 211L 2fiL
754. — oligarch. Führer in Athen
748.
Ephoros, Perserkriege 141. 145; be-
nutzt Herodot 219 A. 225 A. 238 A.;
Perserheer 212 A. ; hellen. Bund
215 A. 240 A.; über Elis 235 A.
— Pentekontoetie 15Ü2M A. 22fi A.
285 A. 2M A. 294 A. 32I> A. 326 A.
32i} A. — Pelop. Krieg 15JL 549 A.
710 A. 711 A.; Benutzung Xeno-
phons lfiL 717 A. 725 A. 727 A.
728 A. 729 A. — Fall Athens 738 A. ;
Gesch. der Dreissig 747 A. 748 A.
757 A.; Alkibiades' Tod 750 A.
— Zug des Kyros (Sopbainelos?)
161. — Spätere Zeit 163; über
Lysander 759 A. ; Benutzung Xeno-
phons 894 A. 926 A. 971 A. ; boeot
Geschichte 924 A. ; Leuktra 944 A. :
Mantinea 970 A. 971 A.; pers.
Index zum dritten Theil.
Geschichte 964 A. — Sicil. Gesch.
lfifi. 769 A. 770 A. 773 A. 795 A.
796 A. 992 A. 995 A. - Vgl. Diodor.
Epichares, einer der Zehnmänner
in Athen 757.
Epicbarmos, sie. Komiker 866. 3(i7.
Epidamnos 532, 533,
Epidaurus im Perserkrieg 219. 223 A.
235; Krieg gegen Athen 322, 315;
lür Korinth 532: Angriff des
Per i kies 552; Ar*os und Athen
gegen E. 638. 639. 641 : in der
theban. Zeit 950. 952; Asklepios-
tempel 903; Fest 443, — Limera
in Lakonien 663.
Epikrates v. Acharnae, Anhänger
des Themistokles 288- — athen.
Demagoge 861. 871. 876. 896.
Epikur und die Atomistik MS.
Epilykos, athen. Gesandter an Da-
rius II. 593.
Epiroten und Korinth 332 ; im archid.
Krieg 5ü& 515, Vgl. Molosser.
irclaxoicot, athenische, in den Städten
279. 323. 393 A.
Erasinides, atlien. Stratege 726. 729.
Eratosthenes, einer der Dreissig 757.
757 A. 849.
Erechtbeum, Bau 713. 903.
Eresos auf Lesbos 393. 709.
Eretria im ion. Aufstand Ufi f.; zer-
stört 192j im Perserkrieg 215,
21äi im del. Bund, Aufstand H_45j
unterthänig B9& Tribut 426; Ab-
fall, Schlacht bei 706; im zweiten
Seebund 930: zu Theben 946;
Tyrann 960 f.; Krieg mit Athen
978. Vgl. Euboea.
Ergokles, athen. Stratege 872. 873.
Ergophilos, athen. Stratege 976.
Eristiker 906. 910.
Erythrae in Ionien, im ion. Aufstand
180: von Alben unterworfen 279.
292. 39äi Tribut 42&j Abfall 680.
683 6*7. 690.
Eryx. Elymerstadt 2Dfi A. 2Ü2, m
793 f. 985; Tempel 650.
Erziehung, griechische 248. 438.442.
442 A. 4AL 613; Erziehungs-
problem 51Äf.; bei den Sophisten
52L 525 ff. 906 f.; bei Sokrates
610 ff.; bei Isokrates 908; bei
Plato 917 f.
Estherroman IM, Uli A. 133j Quelle
M eyer, Geschichte des Altertirams.
für das Perserreich 2, 27i über
Xerxes 822.
Etenna in Pisidien 93,
Eteonikos, sparlan. Harmost 703.
716; Epistoleus des Kallikratidas
728. 781 ; aur Aegina 873.
t*virj im Perserreich 34.
Eirusker gegen Kyme 349; Kriege
mit Syrakus 349, 363; Bez. zu
Massalia 376; Handel mit Athen
2I& 392 ; anirebl. Etrusker in athen.
Diensten 658 A.: Niedergang ihrer
Mach! 32£L 801 f. 808; E. und
Rom 815. 816. 820 : Kelteninvasion
817. 818. 821 ; Angriffe des Dionys
823. — E. von Plakia und Skylake
292.
Euatrora*, K. v. Salamis, Anfänge
840 f. 715. 734; im Krieg gegen
Sparta 841 ff. 853. 861 ; Krieg mit
Persien 870. 874. 896—898.
Euainetos, sparlan. Heerführer 218.
Euandros, athen. Archon (Ly*. or.
261 896 A.
Euangelos, Sklave des Perikles 414.
Euarchos v. Astakos in Akarnanien
55L
Euathlos v. Athen, Schüler des Prota-
gons 5*1 A. 613 A.
Euboea, athen. Kleruchen auf 192.
nach den Perserkriegen aufge-
geben 2fifL2fifi A.; im Perserkrieg
215, 22S, 235j im del. Bund 275;
Aufsland u. Unterwerfung344.345,
393: Tribul 426: athen. Kleruchen
393. 895. 396. 396 A.; Abfall 680.
G94. 706. 7 1 1. 743 ; Ahrall v. Sparta
855. 857; wieder spartanisch 892;
im zweiten 8eebund 930. 935;
Uebertritt zu Theben 946. 973.
978; von Athen besiegt 978; neuer
Abtall 984. — Sladt auf Sicilien,
zerstört 34>L 35L 3^ 35&
Euhulos, Tyrann v. Atarneus 980.
— v. Prohalinthos, athen. Staats-
mann 984.
Eudamidas, spart. Heerführer gegen
Olynth 891. 894.
Eudemos v. Kypros, Piatos Schüler
992.
Eudoxos v. Knidos bei Dionys II.
990.
Euenos v. Paros, Lyriker 486 : Sophist
522.
V. 35
54(3
Index zum dritten Theü
thtpfiw im Perserreich 2Ü, 25,
25 A. 35.
Euetion, athen. Strateg 662.
Eubesperides in Kyrenaik;i Oft, 356.
Eukles, athen. Strateg 599.
Euklides v. Megara, Philosoph 910.
912. 913.
Eukrates, athen. Demagoge 500.
560 A. — Bruder d. Nikias 651 A.
686. 686 A. 737. 737 A. 748. 749.
.Euktemon v. Athen, Geograph 499.
Eumacho«, athen. Stratege 712.
Eunomos, athen. Gesandter 862:
Stratege 874.
Eunuchen im per?. Reich 2iL
Euphemos, Kyrenaeer 356. — von
Parion, Pythagoreer, gegen Dio-
nys 824.
Euphraios v. Oreos, Schüler Piatos,
bei Perdikkas III. 976. 988.
Euphranor v. Korinlh. Malei 903. 904.
Euphron, sikyon. Demagog und
Tyrann 960. 968.
Euphronios, Komiker 496.
Eupolis, Komiker, erstes Auftreten.
Angriffe auf die Radiralen 587;
spätere Angriffe 642. 661; geuen
Sokrates 616; Tod 730. — AS-r«?
616:'A3Tpartoxoi58iJ Hapten 642.
A-r^ot 5ÜL 616. G42. 601, über
Perikles 413; Goldenes Zeitalter
582,616; Kolakes und Autolykos
616; Marikas 5S2j üö/.sk; fiSL
588.
Eupompos v. Sikyon, Maler 904.
Euripides, Leben 412* 474. 476 : im
archidam. Krieg 5&L 610. 628;
Aber die sicil. Exped. 650. 668;
im dekel. Kripg 695; nach Make-
donien 730. 764. — als Tragiker
490 ff.; Zahl der Tragödien 441 :
musikalische Bedeutung 494. —
Weltanschauung 468 ff. 413 ff.;
Ablehnung des Rationalismus und
der Naturphilosophie 411 ; Prophet
der modernen Weltanschauung,
doppelte Wahrheit, Dissonanz und
Pessimismus 423 ff. 526. 528; Be-
ziehungen zu Philosophen und
Sophisten 420. 412. 5_1L h2&
522. 526. 612; zu Protagoras
522 ; zu Sokrates in der Komö-
die 615. 615 A. ; zu Kritias
747; Ober die Frauen 145; ari-
stokrat. Tendenzen 423, 612. —
Stellung der Athener zu E. 471.
476 ; Aristophanes' Angriffe 615.
Wirkung 476. im 4, Jahrb. 902.
905. — Andromache, gegen Sparta
583, Ober den Ruhm der Feld-
herrn 454: Bakchen 474: Belle-
ropbon452.424: Elektra 493.668;
Hekabe 512, 520j Helena 474:
Hiketiden 596 A.; Orestes 49H;
troische Trilogie 650. — Epinikion
auf Alkibiades 645. 645 A.
Eurybates, Argiver 204.
Euryhiades, spartan. Nauarch 219.
Eurydike, Königin v. Makedonien
956.
Eurykles v. Syrakus = Diokles 766 A.
Euryponliden, Politik 265.
Euryphon v. Knidos, Arzt 501.
Euryptolemos, S. d. Peisianax, im
Arginusenprocess 729.
Euthydemos v. Chios, Sophist, in
Thurii 328.
Euthykles, spartan. Gesandter nach
Persien 952 A. 959.
Euthymenes von Massalia, Ent-
deckungsreise 376.
Euxenos, von Agesilaos in Asien ge-
lassen 856.
Ezechiel 109-111.
Ezra 119j Persönlichkeit 124. IM;
Verf. d. Priestercodex U2, 119 A.;
sein Gesetzbuch 12D f.; in Jeru-
salem 122—124. 12fi, — Memoiren
8. 135, 123 A.
F.
Fabier 811.
Falerii 816.
Fidenae 811. 811 A.
M. Furius Camillus 815. 819 A. 820-
820 A.
G.
Gabae, pers. Schloss 12.
Gabii, foedus mit Rom 809. 809 A.
814.
Gadalas, pers. Domänen Verwalter
bei Magnesia, Erlass des Darius
an G. L 26. 34, 52,
Index zum dritten Theil.
Gades, von Karthago unterw. 877.
Gadrosien 9. 9 A.
Gaisylos, Spartaner, auf Sicilien 997.
Galaia in Thrakien 49ft.
Galaria, Sikelerstadt 860 A.
Galepsos am Pangaion 605.
Gambrion in Aeolis 34. 838.
Gandarer in Kabul 58.
ganzabara, faCo'foXaS 52»
Gargara am Ida 425.
Gaza 8£j arab. Handel 85. 87.
Gela unter Gelon und Hieron 353.
354. 358. 862; im ersten sie. Krieg
576. 579. 597; während der sie.
Exped. 657. 665; nach derselben
767. 771. 775; Belagerung und
Zerstörung durch die Karthager
777 f.; unter Dionys 829. 993.
Gelen in Medien 63.
Gellias v. Agrigent 775.
Gelon v. Syrakus 2Ü6. 229—231.
847. 348.
Gelonos, griech. Ansiedlung bei den
Budinen 65.
Gentinos in Troas 425.
Georgier (Iberer) 63-
Gergis, Teukrerstadt, persisch 2ihi
348.
Germanier (Karmanier) hl 10 A. UL
Gerrha, arab. Stadt am pers. Mb.
62; Handel 62, 62 A. 82.
Geten, von Darius besiegt 7JL
Gibeon in Palaestina 30. 116.
Gillos v. Tarent, in Persien 173.
Gisgon, S. d. Hamilkar 383. 769.
Gjölbaschi (Trysa) in Lykien, Monu-
mente 95 A. QfL
Glaukon, S. d. Leagros, athen. Stra-
tege 41L — v. Teos, Rhapsode,
Ober Homer 499.
Glaukos v. Aegina, Bildhauer 2EL
— v. Rbegiou, über Musik 488.
499.
Glos, S. d. Tamos, Rebell 898. 899.
Gongylos v. Eretria, Fürslenthum
und Nachkommen Sfi. 284 A. 838.
Gorgias v. Leontini, Leben und Lehre
368. 368 A. 522. 906; Persönlich-
keit 529] Vortrage 502. 521; Lehrer
der Rhetorik 524. 529; Gesandter
in Athen 522. 57JL 610; in
Thessalien 528. 764. 764 A. 900.
983; Statuen in Delphi und
Olympia 528. 528 A.: attischer
Dialekt 523j Stil 368.523; Schaler
906: Reden 907; olymp. Rede
907. 923 ; Leichenrede 610 ; Helena
und Palatnedes 907. 908. 368 A;
n«pi ^ü380>; flj too ^y] ovtoc. 368.
368 A. 524. 525.
Gorgidas, theban. Boeotarch 924.
926 A. 931. 932.
Gorgopas, spart. Flottenführer 878.
874. 877.
Gorgos v. Salamis auf Cypern 178.
Gosatn, Araber in Samaria 86. 125.
Grestonen, thrak. Stamm 295.
Grote 14L liü. 712 A.
Gryllos, S. d. Xenophon 919. 919 A.
971.
Gryneion in Aeolis 838.
Gunkel 83 A. 138 A.
Gutaeer im Zagros, Truppen 4L 4P,.
Gylippos, Spartaner, p.6fra£262.262A ;
auf Sicilien 665—667. 673-678;
Rückkehr 687. 766; Verbannung
751; hist. Stellung 720.
Gylis», spart. Polemarch 863.
Gylon, athen. Commandant v. Nym-
phaeon 432 A.
Gytbion, spart. Hafen 2£ä A. 721;
verbrannt 334.
Gyzanten in Byzacium 379.
IL
Habronichos, athen. Gesandter in
Sparta 270.
Hadramaut 87.
Hadranon auf Sicilien, von Dionys
gegr. 786.
Hagarener 8ii A.
Hagelaidas v. Argos, Bildhauer 297.
Haggai, Prophet 117.
Hagnodoros, Kritias' Schwager 788 A.
748 A.
Hagnon, S. d. Nikias, gründet Amphi-
polis 396. 411: gegen Potidaea
544. 556 A. — Vater des Thera-
menes 556 A. ; Probule 684.
696 A. [Kihchxer, Prosopographia
Attica I, 1901 p. 12 erklärt beide
Hagnau wieder für identisch.]
Halaesa auf Sic, cam panisch 780.
780 A.; von Archonides besetzt
786. 786 A.
Haliartos 925; Schlacht bei 855.
548
Index zum dritten Theil.
Halieis hei Hermione, Ansierilung
der Tirynthier 2£L 321. 636 A.
950.
Halifcarnass, griech.-karische Stadt
94; unter der Tyrannis 292» 292 A.;
persisch 271 ; im del. Bund 292.
426; bleibt athenisch 710. 726;
unter Thrasyhul besetzt 872.
Halikyai, Sikanerstadt 362. 362 A.
793 f. 800 A.
Halisarne in Teuthranien 3fL 189.
838.
Hamaxitos in Troas 569.
Hamilkar, S. d. Mago 383, 3&L
fällt an der Himera 229. 229 A.
231,
Hannibal, S. d. Hasdrubal 383. —
S. d. Gisgo 769—771. 773. 774.
Hanno, S. d. Hamilkar 383: afrikan.
Entdeckungsfahrt 378: unterwirft
die Libyer 379: Sturz 383; Peri-
plus 318. 318 A. — S. d. Mago
824; »der Grosse« 826. 985. 991.
991 A.
Harmosten, spartanische 263 A. 743.
744. 744 A. 746. 760. 860. 872.
932; abberufen 940. 947.
Harpagos, Feldherr des Kyros, in
Kleinasien 44, 94» 95.1 in Lykien
9L 96»
Hasdrubal, S. d. Hasdrubal 383.
Hebron in Palaestina, edomitisch
86» 101. Ufi.
Hebrytelmis, Odryseukßnig 896.
Hegesileos, athen. Stratege b. Man-
tinea 970 A. 975 A.
Hegesistratos , Telliade, Mantis»,
Gegner Spartas 2üiL 2M» 2&i.
llegias, athen. Bildhauer 292. 478.
Hekataeos v. Milet 3j im ion. Auf-
stand 115 f. 119. IM A. lS2i
Reisen 247.
Hekatomnos v. Mylasa , Satrap v.
Karien 866. 870. 874. 897. 899.
Hekatonnesoi bei Lesbos 869.
Heiiaea in Athen, Heliasten 317.
318; Corruption 469.
Helikon v. Kyzikos, Astronom 990.
Helixos, megar. Stratege 709.
Hellanikos v. Mytilene 909; pers.
Geschichte 3- 145; Chroniken 148;
AUhis 148. 149.
Hellenischer Bund von 480 : 213.
215. 21 fi. 2 1 A. : nach dem Krieg
240. 240 A. 213. 214j Aufnahme
der Ionier 239; gesprengt 32L
Hellenotamien 214» 319. 702 A.
Hellespont, Ueberbrückung durch
Xerxes 20ä» 212. 239, — Helles-
politisches Gebiet im de). Bunde
215. 211» 292» 425 f. — Krieg um
den Hellespont 693. 708 IT. 872.
875. 878. 965. 967. 975 f. 978.
984. — hellespont. Salrapie im
L Jahrb. SL äl A. 719. 877.
979.
Heloris, Dionysios Adoptivvater 783.
— Syrakus. Exulant und Feldherr
der Rheginer 799. 800. 800.
Heloten, Gebiet und Zahl 263» 263 A. ;
Aufstünde 202. 203. 203 A. 294.
950.951; vgl. Messenien. — urspr.
nicht im Heer 264: zum Kriegs-
dienst herangezogen 598; vgl. Neo-
damoden.
Hemeroskopion, col. v. Massalia X76.
Henna, Sikelerstadt 360 A. 786.
Hephaestien in A*hen 441. 441 A.
Heraea in Arkadien 640. 950.
Heraklea in Illyrien 822. — Minoa
826. 985 A. 998. — am Pontos
430. 593. 836; Tyrannis 980. —
am Siris 400» 826. — Trachinia
gegründet 573; boeolisch 637.
847; von Sparta besetzt 680; über-
fallen 715; spartanisch 763.854:
boeotisch 855; wieder spartanisch
892; von lason besetzt 946.
Heraklesstrasse im Westen 375.
Heraklides, S. d. ibanollis v. Mylasa
179. 119 A. — v. Klazomenae,
athen. Demagoge 861. 593 A. —
v. Kyme, pers. Geschichte 6. 909.
— v. Syrakus, Stratege 658. —
v. Syrakus, der Rivale Dions 990.
992—999.
Heraklit v. Ephesos, Leben 505.
505 A. ; Weltsystem 504. 508;
Philosophie 506— 509. 5Q&A. 518:
Polemik gegen Pythagoras und
Xenophanes 506; von Xenophanes
abhängig 508. 508 A., von den
Milesiern 508; Einwirkung auf
Leukipp 5U, auf Plato 918.
Herakliteer 508. 508 A.
Herbessos, Sikelerstadt, von Dionys
angegriffen 788.
Herbita, Sikelerstadt, Fürstenthum
Index zum dritten Theil.
3Ü2. 657. 786; unter Dionys 79(J.
829.
Herippidas, Harmostiu Herakles 763.
Hermes itpö^ ffi rcuX&t und ä-ropato;
183 A.
Herrn ias v. Methymna, sie. Geschichte
16(3. 826. 783 A. — v. Atarneus
988 A.
Hermione im Perserkrieg 223 A. 23iL
273; für Korinth 532: in theban.
Zeit 950.
Hermippos, Komiker 496; Anklager
der Aspasia 531 ; gegen Perikles
550; über Athens Handel 455;
über Korkyra 571 ; 'AptoTctoXtoe;,
gegen Hyperbolos 587.
Hermodoros v. Ephesos, Freund
Heraklits 505; in Rom 370.
Hermokrates v. Syrakus, in Gela 597 ;
bei der sie. Exped. 653. 658 — 660.
. 678. 676. 677. 678 A.; Stellung
in Syrakus 766; im dekel. Krieg
680. 689. 691. 708; Ahsetzung
714. 766; nach Susa 718. 772;
Ausgang 772. 776 ; seine Tochter
mit Dionys vermahlt 777. 779.
IL bei Plato 653 A. 772 A.
Hermokritos, S. d. Dionys 986.
Herniker, angebl. Bündniss mit Rom
808 A.
Herodes rrspe tco)»v«ta<; 740 A. 743 A.
744 A. 764 A. 765.
Herodikos v. Knidos, Arzt 501. —
v. Selymbria, Naturarzt 5Ü2.
Herodot, Leben 457; in Thurii 398;
verjagt 39t); Weltanschauung 450 ;
Stellung zu den Naturwissen-
schaften 447; Geographie 458:
Einwirkung des Diogenes v. Apol-
lonia 442 ; Verhältnis zum Ratio-
nalismus 448: Orakelglaube 451 ;
Empirismus 1 14. 458; reli-
giöse Anschauungen, Ablehnung
des ethischen Postulats, Neid der
Götter 4&L 459, — Sein Werk 142;
Veröffentlichung 583; Charakter
und Stil 4Ü4. 497i Geschichtsauf-
fassung 144: Reden 144; militä-
risch ungenügend 144; polit. Ten-
denz 142. 583 ; Auflassung seiner
Zeit 609. — Quellen: Benutzung
von Vorgängern, namentl. in der
Chronologie & 448; schriftliche
Quellen für die Satrapienliste, die
Königsstrasse und Xerxes' Feldzug
bis Therme 141 : Traditionen
und Verarbeitung derselben 1AL
143. — persische Geschichte 3;
über die Perser 21 A.; centralas.
Handelsstr. ÜiL 65 A. ; Königs-
strasse ÖS A.; Skythenfeldzug ID;
über die Juden 131 A. ; über
Histiaeos 121 A.; ion. Aufstand
124 A. 126 A.; Ermordung der
Herolde 1*2 A.; KleomeneslSS A.;
gehässig gegen Themistokles 142.
182 A. 22fi A. 22* A.; Apologie
der Alkineoniden 142 A. 176 A.
186 A. 542; über Xerxes' Heer
217. 212 A.; Theben bei Thermop.
219 A.; gegen Korinth bei Salamis
223. 223 A.; Plataeae 236 A.;
Aesehylos für Salamis benutzt
223 A. 225 A.
Hestiaea (Oreos) auf Euboea, alt.
Colonie 393. 394- 39_& 706. 706 A. ;
Rechtsordnung 27* A. ; aufgehoben
743. 706 A.; im 4. Jahrh. *92.
930. 931. 978.
Hetoimaridas, Spartaner 223 A.
Hieramenes, Perser 692 A.
Hierax, spart. Nauarch 873. 874.
Hieron v. Syrakus 23L 348—354.
372; Persönlichkeit 348, 352j He?,
zu Themistokles 2B1L 2S8 A.
Hieronvmos, Athener, hei Konon 845.
845 Ä.
Hiketas, Tyrann v. Leoutini 1000.
Himera, von Theron erobert 20JL
229; unter Theron 350, 353: nach
dem Sturz der Tyrannis 35 t. 354 A.
358. 362 ; im ersten sie. Krieg 576.
578; bei der sie. Exped. 665. 673;
Zerstörung durch die Karthager
771.772; vgl. Thermae.- Schlacht
an der Himera 23L
Himilko = Hamilkar 222 A.
Himilko, S. d. Hamilkar 328, 383.
— S. d. Hanno 778— 780. 793—798.
Hiob, Buch 134. 132. 132 A. ; Sce-
nerie 82. *2 A.
Hipana, Sikelerstadt 3ÜÜ A.
Hipparchos, S. d. Charmos, Athener,
Anhänger der Pisistratiden , Ar-
ebon 182. l*£j ostrakisirt 198;
geächtet 2*0.
Hippasos v. Metapont, Pythagoreer
-in
Index zum dritten Theil.
Hipparinoe.syrakus. Staatsmann 776.
777. 782. 792. 987. — Enkel des
Vorigen, Sohn Dionys' L 986.
«99 A. 1000. — S. d. Dion 994.
999. 999 A. 1000.
Imctic in Athen, solon. Classe 2t«9.
929 A.; im Felde l&L Reiterei
266. 417; unter den Dreissig 749.
756. 757. 757 A. 849.
Hippias v. Athen, in Sigeon, pers.
Vasall 1JJ1: hei Marathon
101 A. — v. Elis, Sophist 5 '22 ;
wissensch. ThAtigkeit, Vortragt;
und Schriften 524, 52£L vgl. 521;
Mathematik 524, h2lL h2Q A.; Er-
folge 528,
Hippodamos v. MileJ, Stadtbau-
meister, in Thurii 398; Piraeeus
419; angebl. in Rhodos 725 A.:
Aultreten 516: Schrift über Stadt-
anlage und Verfassung 40t).
Hippokrates, Alkmeonide 176.
athen. Stratege, Brudersohn des
Perikles 55S, 588. 595. 596. —
v. Chios, Astronom und Mathe-
matiker 500. 51 6. — spartan.
Harmost 717. — v. Kos, Arzt 501.
503. 517; twpl ip^-ufjs tatpixTj?
503, 517: Schriftencorpus 501 A.
502 A.; vom Arzt 504_i Eid der
Aerzte iäi 428 A.; vojio? der
Aerzte 501 A. ; ttipl StaLtv^, hera-
kliteist'h 508 A. : nepl <pooil»v, sophi-
stisch 502 A.; ictpl tf^vj«, sophist.
Schrift ü2L 522 A. — Therons
Vetter, Rebell 350,
Hippon v. Samo«, Philosoph 51 3:
bei Kratinos 613. — Tyr. v. Mes-
sana 1000.
Hipponikos v. Athen , Reichthum
.10 i. — Enkel d. Vorigen, Stratege
500. 523, uSiL 588 A.
Hipponion in Italien, unter Lnkri
372. 597; unter Dionys 806. 825;
von den Bruttiern erobert 1001.
Hippyllos, athen. Oligarch 585 A.
Hippys v. Rhegion, Gesch. d. Westens
165.
Himiaeos v. Milet HL III A. H2,
179.
Hohes Lied 133.
Homer, Beurtheilung im 4, Jahrh.
902 ; Erklärung und Literatur 499.
1MA. 51&
Horographen, u*pot 139. 14>.
Hybla, Sikelerstadl 360, 657.
Hydarnes, Commandant der Garde
220* 232 ; sein Haus in Armenien
1& 18 A. 35,
Hykkara, Sikanerstadt, von Athen
zerstört 657. 657 A.
Hypates, Thebaner 924.
Hypatodoros, Bildhauer 325 A.
Hyperbolos, athen. Demagoge 5>ffl.
576. 581 ; Angriffe der Komödie
581; gegen den Frieden 634. 636 A.
642 ; ostrakisirl 644 ; ermordet 703.
Hyperboreer des Aristeas = Chi-
nesen 65x
Hypermenes, spart. Flottenführer
939.
Hyrkaner & 14. 2iL 68; angebl.
Deportation von Juden nach Hyr-
kanien 128, 128A.
Hyromos, karischer Ort, im del.
Bund 292. 424,
Hysiae bei Argos 645.
Hystaspes, Vater des Darius, Sa-
trap 1£A. 29, 43,
L
Jader, Jadasiner in Illyrien 822.
822 A.
Jahwe, ExclusivitSt 104 : Himmels-
gott v. Jerusalem 105; Hofstaat
105; babyl. Einflösse 105; Welt-
regent und Gott für alle Völker
113 f. — in Samaria 84. — Weg-
lall des Opferdienstes für die
Laien und die Diaspora 108; ge-
steigerte Bedeutung des Tempel-
cults 111. 11& 121j Offenbarung
des Opferdienstes am Sinai 121;
„Eingesperrte" im Tempel 10«).
Ialysos auf Rhodos 228, 228 A.
426.
Japyger gegen Tarent 355. 370;
unterstützen Athen 672
lason von Pherae 892. 933; im
zweiten Seebund 935 935 A. 938;
Spannung mit Athen 940 ; unter-
stützt Theben 945. 944 A.; Er-
folge und Ermordung 946.
lasos in Karien 689. 734 A. 896.
Iberer in Spanien 222. 326 377.
81 7 ; iber. Inschriften 877 A. ; Iberer
uigmzea Dy Vjoogie
Index zum dritten Theil.
bei Dionys 707. 952. — am Kau- I
kasus (Georgier) 68.
Ichthyophagen in Gadrosien fi
Uaeos v. Himera, Philosoph 513.
Idalion auf Cypern, griech. Fürsten-
thum 85j im ion. Aufstand 178.
12&A.; phoenikisch 840. 840 A.
Idyma, karischer Ort 424.
Jechawmelek v. Byblos 85_* 85 A.
Jerachmeel, WOstenstamm, in Bet-
lehem und Jerusalem 107; An-
schluss an die Juden 112, 129.
Jericho 1 lfi.
Jerusalem, Zerstörung durch die
Chaldaeer 107 ; von Kalibbitern
und Jerachmeel itern besetzt 107 ;
wiederhergestellt 112* H6j Tem-
pelhau 116. 117 ; Mauerbau unter
Ezra 123, vereitelt 124. von Ne-
hemia durchgeführt 125.
Jesaja: Deuterojesaja 113 f.; Trito-
jesaja HS,
Jezd in Persien SL
Ikkos von Tarent, Naturarzt 522.
Iklinos, Baumeister des Parthenon
413; Schrift 4M,
Uion 979.
Ilienser (lolaer) auf Sardinien 3*0.
Illyrier im korkyr. Krieg 582 : gegen
Makedonien 603. 893. 976; Dio-
nys in Illyrien 822.
Imbros, persisch 172. 122 A ; wie-
der athenisch 266 ; im del. Bunde
275 ; Colonie 324. 395; verstärkt
396; im archid. Krieg 592. 605;
den Athenern genommen 736.
738. 743; wieder athenisch 862.
866. 877. 879. 982.
Inaros, libyscher Kürst, Abfall in
Aegypten 32k 324j Ausgang 836.
:U0.
Indien, Darius in — hü f. 58 A.;
Abgaben 50_j Münzwesen 42* 49_i
Schrift 5JL 52 A.; Handelsstrassen
zum Pontos 64. 04: A. — Skylax
Ober Indien ßfiA.
Indiketen, span. Stamm 376.
Indus von Skylax erforscht ßlL
neditum Vaticanum v. Arnim's
802 A. 813 A.
Inessa s. Aetna.
Insubrer 821.
Intaphrenes, einer der 1 Perser 1&.
25A. 1
[ Inykon, Sikelerstadt 3M, 364 A.
Joel, Prophet 133.
Johannes, Hoherpriester, Bruder-
mord 12& 128 A.
Jojakin, jQd. Konig, im Exil 108;
Nachkommen 112.. 117.
lolaer (Ilienser) auf Sardinien 380.
Iollidas, Thebaner 972.
Ion v. Chi os, Tragödien 221. 441 ; über
fviLd-t oatrcov 620 ; lyrische Dich-
tungen 486; Memoiren 147. 454 :
Ober Sophokles 456; Kimon 271 A.;
Sokrates erwfihnt 618 A.; philos.
Schrift (-cpta-fjAot) 513.
Ionier im Perserreich, Stellung der
Städte 33. 97j zur kariscben Sa-
trapie 2L 97j beim Skythenzug
m 171i Aufstand 114 fT. ; Quel-
len und Chronologie 114 A. 180 A.;
Neuordnung 181 33; bei Salamis
22i 223 A. 225j Abfall 233. 23&
23(J ; im hellen. Bund 231» ; im del.
Bund 215., 215. A. 426; Abfall von
Athen 687 IT.; von Kyros besetzt
761. — Niedergang der Kunst 4£1.
— Ionier und Dorier 250; ionische
Weltanschauung, Aufklärung und
Bationalismus 25JL 252. 448.
Joppe, zu Sidon 116.
los, Insel, Tribut 339.
Josua ben Josadaq, jöd. Hoher-
priester 116
Iphiades. Tyrann von Aby los 980.
Iphikrates, Persönlichkeit 930; im
korinth. Krieg 862. 864. 867. 868;
am Hellespont 874. 878; in Thra-
kien 872 A. 896. 896 A.; in Aegyp-
ten 900. 928; gegen Timotheos,
nach Korkyra 938—940; in Ar-
kadien gegen Epaminondas 951 ;
gegen Ainphipolis und in Make-
donien 956. 958. 963; Bez. zu
Amyntas III. 985 A. 940 A. 956;
abberufen 965; spätere Thätig-
keit, Versöhnung mit Timotheos
I»77 ; im Bundesgenossenkrieg,
Process 982.
Iran 9 ; Satrapien und Abgaben 5_fL
55 A. II ; Stellung der Iranier im
Reich Ii liA.
Isaeos, Redner 901.
Isaura, 1 saurer 93.
Ischolaos, spart. Commandant 950.
552
Index zum dritten Theil.
Isinda in Lykien. bilingue Inschrift
95A. Bd. III, S. XIV.
Ismenias, thehan. Demagoge 847.
855. 855 A. 891. — theban. Ge-
sandter fiifi. 957. 959.
Isodike, Kimona Gemahlin 282.
Isokrate--, Lehen. Schule und L»»hr-
system 906. 908; Beziehungen zu
s. Rivalen und Gegnern 906 A,
zu Plato 906 A. 917. 984.; polit.
Ideale 928. 984 ; panhellen. Stand-
punkt 882. 884. 887. 901. 977;
Ober Dionys 827; historischer
Werth 1AL 16A 882 A. — Or. IKl
757 A. ; or. 16. für A'kibiades
645 A. 651 A.; or. 19_; 860 A.;
Sophiftenred»* 906 A. 908; Eu-
agoras 840 A. 898 A 919; an
Demonikns 840 A.; Helena 907;
Busiri» 907. Al»fiissnn*rszeit 906 A. ;
Panegyrikos 923 923 A.; Gegen-
schrifl 938; paneg. LL3j 759 A. ;
Beurtheiluug der spaitnn. Politik
837 A.; Plataikos 936 A. 937.
937 A.; an Dinny« (-p 1} 958;
Archidamos 962. 962 A. 963; np. 9
an Archidamos 962 A. 984; ep.
an Iason« Sohne 976 A. ; Areopa-
gitikos 983 A. 984; Friedensrede
983 A. 984; Amidosis 906 A.
Issa. griech. Insel in Iilynen 822.
Bd. V, S. VIII.
Issedonen ÖJL
Issos in Kilikien 90.
Isthmos, hellen. Congress 213. 215.
216; Isthmo-stellung 222. 223;
Vorrücken 227; die Flotie am L
228; Befestigungen 223. 952. —
Mhmien 867.
Italia, T. d. Themistokles 28.3, 201
Italien und die Perser 173 ; Ge-
schichte 34k 32Ü fl". 3Ö2 ff 435,
801 ff. — Italioten während der
sie. Exped. 654 ; unler>tüt7en
Sicilien gegen Karthago 773. 775.
778. — Handel mit Athen 370.
415. — Geschichtsquellen 168.
Italiotischer Bund 804; Krieg mit
Dionys u. den Lucaner n 805 f. 824 f.
Ithome 2&L 315 f. 334.
Ituraeer im Antilihanon 8JL
Juden , Untergang des Staats 107 ;
Deportation 107. A.; in Aegyp-
ten 108; im Exil 10U Rück-
kehr unter Kyros 52. 112. 115:
Gebiet 116. — pers. Provinz 84j
Organisation SSL 116; Abgaben
37. 116. — - Nutblage 116; mes-
sian. Bewegung und Tempelbau
117 ; Bruch mit den SamariU-
nern 118; Forderungen der babyl.
Judenscbafl, nicht nationale Re-
stauration, sondern Organisation
einer religiösen Gemeinde 1 19 ;
Mauerbau und Einführung des
babylonischen Gesetzes 122 — 126;
Gestaltung als Theokratie unter
Voraussetzung der Fremdherr-
schaft 121; spätere Geschichte
128, 188j Ausbreitung 129j Durch-
ftihrung des Gesetzes 129. 133 ff.;
Charakter des Judenthums 1 1 1.
131. 132, 133; Judenthum und
Gr.echenthum IM. 4M. 464; Dia-
spora, Rachedurst und Judenhass
131. A.; Zeichen des Juden-
thums, Sabbat und Bescbneidung
1Ü8. 120. — Gegensatze im Juden-
thum 133 ff.; die Bewegung der
makkabaeischen Zeit und die pha-
risaeische Religion 138. — Priester-
schaft 116; Widerstreben gegen
das Gesetz 128; herrschende Stel-
lung 122 f. — Schriflgelehrte IM,
— Prophetie, innere Umwandlung
109, 111 ; Ende 133, — Vgl. Jahwe,
Lewiten, Messias, Proselyten. —
Die Griechen Ober das Juden-
thum 131 A. — Quellen und Ur-
kunden &
Justin, pers. Gesch. 3. 6j griech.
Gesch. 150j karthag. Gesch. liü
Jutija = Utier 10 A.
Jyrken in Sibirien 6JL
E.
Kabala auf Sic. , Schlacht bei 824.
Kabalien in Kleinasien 91.
Kabellion in Sudfrankreich 375.
Kabiricho«, theban. Archon 924.
Kadmos, Gelons Gesandter 230.
Kadnsier in Medien 6JL IL 899.
Kadyanda in Lykien 95.
Kadytis = Gaza 85.
Kaiamis, Bildhauer 292» 477. 482:
auf Sicilien 35.L 361 A.
Index zum dritten Theil.
Kalauria 937. 938.
Kalchedon s* Chalkedon.
Kaieakte auf Sicilien,. gegr. 362.
Kaleb, Kalibbiter in Betlehem und
Jerusalem 86. 102 ; Anschluss an
die Juden lü 12k
Kallaischros, athen. Oligarcb 696.
697.
Kallias v. Athen, Keichthum 304.
— S. d. Hipponikos, Enkel des
Vorigen, Geraabi der Elpinike 282;
in Susa 342 f ; Friede mit Per-
sien 34JL 343 A. , vgl. 699; ver-
urtbeilt 343, 385: Gesandter in
Sparta 346 A. — S. d. Hipponikos,
Enkel des Vorigen, athen. Stra-
tege 867; Angriffe des Eupotis
616. — S. d. Kalliades 411 ;
Finanzantrag 534, 4MA.; fällt
bei Potidaea 587 ; Schüler des
Zeno 509 A. — 8. d. Didymiös,
Athlet, angebl. Ostrakismos 198 A.
Kallibios, spartan. Harmost 749.
757. — v. Tegea, Demokrat 949.
Kallikrates, athen. Bauunternehmer
410. 4Ü5A. — athen. Demagoge
703. 737 A.
Kallikraiidas, spartan. Nauarch 725.
726. 728; u.6&a$ 262 A.
Kallimachos, athen. Polemarch 193.
194. — 6 xatarrj$ttt^vo{, athen.
Bildhauer 4m 4S5.
Kailipolis am Hellespont 425.
Kallippos v. Athen, Schüler Piatos,
Freund Dinns 992; ermordet ihn
999 ; Tyrannis und Ausgang 1000.
Kallisthenes, Hellenika 163; Eury-
medonschlacht 146, 290 A.; Kal-
liasfrieden 343 A.; boeot. Zeit
926 A. 971 A. — athen. Stratege
976.
Kall ist ratos v. Aphidnae, athen.
Staatsmann 930; mit Iphikrates
gegen Timotheos, für den Frieden
mit Sparta 938—941 ; gegen The-
ben 945; Bündniss mit Sparta
951. 958, mit Arkadien 961.
961 A.; erster Process 963; Aus-
gang 977.
Kallixenos, Demagoge im Arginusen-
process 729. 729 A. 737. 737 A.
xaXoi x&raftot 612. 612 A.
Kalpe in Bithynien, Xenophons ver-
suchte Coloniegründung 836.
Kalydon in Aetolien, mit den
Achaeern verbündet 868. 960.
Kalymna, Insel, zu Halikarnass 099.
Kalynda in Karien 424.
Kamarina, von Gelon zerstört 353;
wiederhergestellt 358. 362; im
ersten sie. Krieg 576. 579. 597;
bei der sicil. Exped. 654. 657.
658 .653 A.; nach derselben 767.
775; von den Karthagern zer-
stört 778 ; unter Dionys 829. 993.
Kambyses IL 12. 57j in Babylon
80; in Aegypten 10L
Kamiros auf Rhodos 42fL
Kannonos, Psephistna des 713 A.
729. 729 A.
Kappadokien im l'erserreich 92.
430; im Besitz der Otaniden 18A.
35 ; Abgaben 50. 51 ; Verbreitung
der persischen Religion 2fit 29 A.
92; in den Satrapenaufständen
899. 964.
Kapys, Therons Vetter, Rebellion
350.
Kardia auf der Chersones 396 A.
711. 978.
Karduchen 89, S9.A. 835.
Karien, unter den Persern 94j ka-
rische Satrapie 9_L 91 A 9A 9_7 ;
im ion. Aufstand 175. 1 TT. 179.
181 ; karische Orte im del. Bund
290. 292; Abfall der meisten von
Athen 422.424; Angriffe Athens
552. 523, 593. 718; im Perser-
kriege Spartas 838; unter Heka-
tomnos 866. 888. 899.
Karka = Roleber 62.
Karkinos v. Agrigent, Tragiker 441.
Karmanier (Germanier), persischer
Stamm HL 10; Abgaben 50. 52.
Karne in Nordsyiien, zu Arado* 85.
Karneios, heil. Monat der Dorier
63?. 804. 867. 878.
Karpathos 425. 860.
Karrhotos, Kyrenaeer 356.
Karteja in Spanien 377.
Karthago, Beziehungen zu Phoeni-
kien 85j zu Persien 173. 173 A.;
Bündniss mit Xences 206. 206 A.;
gegen Sicilien 229—281 ; nach
der Himeraschlacht 347. 362; im
5. Jahrh. 377—384; Verfassung
3*2. 383 : Absperrungssystem 378;
Handel mit Athen 3_9_7j Pläne
554
Index zum dritten Theil.
Athens gegen K. 433, 5IiL 648;
während der sie. Exped. 647. 653.
658. 768: Krieg gegen Sicihen
76«— 771; neuer Krieg 773—780
(erster gegen f Kon vs). zweiter Krieg
mit Dionys 792—800, dritter Krieg
824-826, vierter Krieg 9*5. 986;
Aufstände in Afrika und Sardinien
IM* 826. 985; Aufstand Hnnnos
991 ; Karthago und Dion 987. 939.
993. 1001. — kartb. Geschichts-
quellen 168.
Karyai in der Skiritis 951. 954.
Karystos, Dryoperstadt auf Euhoea,
von den Parsern unterworfen 193.
223; von den Griechen gebrand-
schätzt 228 ; von Athen unter-
worfen 226; Tribut 331L 426 ; Um-
sturz der Demokratie 700; im
zweiteu Seebund 930. 978.
Kaschmir 58.
Kasos, Insel, im de). Bund 42JL
Kaspier in Medien 63.
Kaspier, Kaspeirer = Kaschmir 5k.
58 A. 68,
Kaspisches Meer 6jL 6JL
Kastolosfeld, Sammelplatz der pers.
Truppen in Kleinasien 4JL 45 A.
Kaiana von Hieron zerstört 853;
wiederhergestellt 358, 362; im
ersten sie. Krieg 576. 597 ; während
der sie. Exped. 654. 657. 658. 678.
678 A.; nach derselben 767. 780;
von Dionys zerstört , mit Cam-
panern besiedelt IM. 795; Flücht-
linge 799; Kallippos in Katana
1000; Schlacht bei — 795.
Kataonien 20. 899.
Kaukasus, Grenze des Perserreichs
GL
Kaulonia in Italien 804. 806.
Kaunos in Karien 94j im lon. Auf-
stand 177: im del. Bunde 433.
433 A.; von Tissapbernes besetzt
6*9. 691: von Konon besetzt 845.
Kehren in Troas 22iL 425. 979.
Kedriai in Karien, athenisch 726.
726 A. 734.
Kekryphaleia, Schlacht bei 322,
Kelaenae in Phrygien, Besatzung
4L 4JL
KelenderU in Kilikien, athenisch 593.
Kelten 325., 318. 817; Beziehungen
zu Massalia 375; Vordringen an
die Rhone 817; Einfall in Italien
817 ff.; Chronologie 817 A.; gegen
Korn 818 f.; in Oberitalien 821:
Züge nach Apulien 818. 820;
spätere Zöge 821; Böndniss mit
Dionys 823; Söldner bei Dionys
825. 952. 954; Sitten 817. 821.
821 A.
Kentoripa, Sikelersladt 659. 799. 829.
Keos im Perserkrieg 2UL 219: im
del. Bunde 275j Tribut 426; im
zweiten Seebund, Abfall v. Athen
967. 928 A.
Kepballenia im Perserkrieg 235 :
Stellung zu Korinth 332; An-
schluß an Athen 334: Bündniss
548. 548 A. 5JU; im archid. Krieg
551. 574: bei uVr sie. Exped. 672;
Messenier auf K. 632. 639. 763;
spartanisch 892; im zweiten See-
bund 935. 935 A. 939.
Kephaloedion auf Siethen 794. 799.
Kephalos, athen. Demagoge 848.
848 A. 852 A. 861. 878 A. 896.
924. 924 A. 927. 930.
Kephieodotos, alben. Stratege, bei
Aegospotaraoi 733. — athen.
Stratege im Hellespont 976 —
athen. Bildhauer 903. 904. 936.
Keramos in Karien 04^ 424
Kerasus am Pontos. athenisch 430.
430 A. 432_; zu Sinope 83iL
Kerne, Insel in Westafrika 378.
Kersobleptes, Odrysenkönig 976. 978.
Kieros bei Heraklea pont. 430. 980.
Kilikien, pers. V.isallenkönigreich
32» 42* 2k Besatzung 41j Ab-
gaben 5JL 5_L 5_5_I Sammelplatz
der pers. Heere ISO 191: Schiffe
in der pers. Flotte 220; Absetzung
des Syennesis 833. 835; Aufsl&nde
897. 979. — bei Mazaka 20,
Kimmerikon auf der Krim, athenisch
432,
Kimon, S. d. Miltiades 197: beim
Auszug aus Alben 222 A.; Ge-
sandter in Sparta 234; mit Ari-
stides bei der Flotte 21L 211 A.;
erste Feldzuge 276j Führer der
Conservativen 281—283; Persön-
lichkeit 282, 282 A.; Bauten 280,
298: gegen Pausa nias 286; gegen
Themistokles 288 ; Eurymedon-
schlacht 290—292; auf der Cher-
Index zum dritten Theil.
sones 292; Regen Thasos 294 f.;
Stellung in Athen 312; Verhältniss
zu Sparta 310; Opposition u. Pro-
cess 313 f.; Hülfszug nach Sparta
315 f.; Ostrakismos 317. Datum
315 A.; bei Tanagra 329j Rück-
berufung 330; angeht. Friedens-
verhandlungen 322 A.; Aechtung
des Arth mios 332. 332 A.; Waffen-
stillstand mit Sparta 340; cypri-
scher Feldzug 341; Tod 841.
Kimon v. Kleonae, Maler 479.
Kinadon. Spartaner, Verschwörung
753. 762.
Rineas, K. der Tbessaler 211 A.
Kinesias, alhen. Dilhyrambiker und
Demagoge 4£& 861. 861 A. 862.
Kios in Mysien 733 A.
Kition, phoen. Fürstenlhum 85. 178;
von Kimon belagert 341. 342;
Dynastie 840. 840 A.; von Eua-
goras angegr. 870. 874.
Klazomenae im del. Bund 426: im
dekel. Krieg athenisch, Partei-
kämpfe 687. 689. 689 A. 69Ö. 710.
722; unter Thrasybul athenisch
872. 878 A.; persisch 879.
Kleandridas, spart. Heerfahrer, in
Tegea $25 A.; in Attika
345; in Thurii 398—400.
Kleandros, Harmost in Byzanz759 A.
836.
Kleantlies v. Korinth, Maler 470.
Klearchos, Tyr. v. Heraklea 980. —
Spartaner, in Byzanz 709. 714.
717. 759. 759 A.; bei Kyros 759.
833—835.
Klearidas, Spartaner, in Amphipolis
605. 629.
Kleidemos, Atthis 152. lüJL 909.
Kleinasien unter den Persern 91 fT.;
Sitrapien und Absahen 50. 91.
21 A.; milit. Organisation 43, 44;
Bewaffnung 45i im 4. Jahrh. 888.
Kleinias, Vater d. Alkihiades 559.
244 A. — Tyrann v. Kroton 871 A.
Kleisthenes v. Athen , Verfassung
185. 299. 306; im ion. Aufstand
176.
Kleitophon, atben. Aristokrat 696.
696 A. 697. 747 A.
Kleitor in Arkadien 890. 953.
Kleobulos, Ephor 635.
Kleombrotos, Regent v. Sparta, am
Isthmos 222. 227j Tod 234. —
Kg. v. Sparta, gegen Theben 925.
931. 936. 940: bei Leuktra 942.
944.
Kleomenee, K. von Sparta 170. 188.
188 A. 199. 202.
Kleonae bei Argos. unabhängig 1>8 ;
argivisch 28h. 2S5 A. 329 A.
Kleon, athen. Demagoge, gegen Peri-
kles 550j nach s. Sturz 5ü£L 5&L
584—588; Verh. Ober Mytilene
569. 569 A.; Pylos und Sphakteria
591. 592; Ehren und Machtstellung
598. 596; Erhöhung der Tribute
593; s. Stellung erschüttert 601;
Beschluss Ober Skione 603; thrak.
Feldzug und Tod 604—606; s.
Verfahren gegen die Rebellen
durchgeführt 009; Stellung zur
Religion 611. 611 A.; Führer der
demokrat. Reaction gegen Sitten-
losigkeit, Rhetorik und Aufklärung
611.013. — v. Halikarnass, Literat
760.
Kleonymos, Alhener, f.:'}»d3^i;651 A.
Kleophon, athen. Demagoge, Erbe
Kleons 712. 712 A. 713. 723 A.
731. 731 A. 736. 737.
Kleopompos, athen. Stratege 554.
Kleruchien Athens auf Eubo^a vor
dem Perserkriege 122. 2£6_ A.;
unter Perikles 393 ff. ; rechtl. Stel-
lung 391. 39fL 410; unter Timo-
theos 963. 905.
Knemos, spart. Nauarch 566. 725 A.
Knidos im del. Bunde, Tribut 426;
von Tissaphernes besetzt 689. 691.
710; Schlacht bei 859; von Ko-
non gewonnen 800; Rücktritt zu
Sparta 869. 806. — medic. Schule
501. 502.
Koes, Tyr. v. Mytilene 1 75.
Koiratadas, theban. Con<loltiere885.
Kolakrelen in Athen 4QL 702 A.
Bd. V, S. Vif.
Kolcher 64. 64 A.; unter Darius
tributär fiL
Kolonai in Troas 280.
Kolnphon. von Athen unterworfen
27!). -292 ; Trihut 4211; Abfall zu
Persien 5_7JL 513 A. 716.
Kolotes v. Paros, Bildhauer 478.
Komana am Saros und am Iris,
Priesterfflrstenthflmer 92.
550
Index tum dritten Theil.
Komödie, Vorstufen 243, 366, 440;
sicilische 366 f.; in Athen, staat-
liche Einführung 440, 441) A. ;
Aufführungen 441 f.; Gesetze gegen
ihre Ausschreitungen 440. 531.
661. — Wesen und Entwicklung
495 f.; Märchenkomödie 498 f.
616; gegen die Radicalen 587.
661 ; gegen die moderne Bildung,
Hhetorik und Sophistik 613 ff.;
im 4* Jahrb., mittlere K. 905.
Konnos, athen. Musiker 616. 616 A.
Konon in Naupaktos 668. 671; auf
Kotkyra 715; mit Alfcihiades Stra-
tege 718; gegen A- dro« 722; Nach-
folger des Alk. 723. 724; Reduc-
tion der Flotte , Piraterie 724 ;
gegen Kallikratidas 726. 728. 729;
bei Aegospotamni 734. 734 A.;
bei Kuagoras 841; jws. Fiotten-
röstung und Seekrieg 841. 845;
Sieg hei Knidos 859; »» Aihen
861 f. 805 ; Ausgang 865. 870 f. ; ge-
schieht!. Stellung 885.
Korax v. Syrakus, Rhetor 868.
Koraxer im Kaukasus 64 A.
Korbilon an der Loire 375.
Korinna, boeot. Dichterin 247.
Korinth, Kaufmannsaristokralie 242.
249; unterstützt Athen gegen
Aegina 204: im Perserkrietie
223, 235; Colonialreich 215, 212,
vgl. 215 A. 332 f.; gegen Argus
285; gegen Athen 223, 316; gegen
Megara 326; Krieg mit Athen
326 ff. 345; Verluste im Westen
334. 337; Politik 235, 340, 340,
420 ff.; Niedergang 34iL 415, —
Krieg mit Korkyra 532 ff. 571 ;
für Potidaea 536 f.; treibt zum
Kriege 538, 540 f.; Verluste durch
Athen im Westen 55L 566, 51L
524 f. 594. 631; Nikias' Angriff
595; Spannung mit Sparta 606;
Ablehnung des Friedens 607. 608.
629. 632; Verhandlungen mit Ar-
gos 631. 635; Rücktritt zu Sparta
637; im Sonderbundskriege 639 IT;
Neutralität gegen Argos 645 ; Fehde
mit Athen 646; Unterstützung v.
Syrakus 658. 664. 665. 671. 674;
fordert Athens Zerstörung 738. —
nach dem Kriege, Spannung mit
Sparta, Verbindung mit Theben
744. 758. 702. 763. 842. 847;
Bund mit Theben und Athen gegen
Sparta 855. 857; Parteikampfe,
Union mit Argos. Kampfe um
Korinth 863 f. 866. 867 ; Aufhebung
der Union 879; von Sparta ab-
hangig 890. 895; nach Leuktra
945. 948. 949. 951. 952. 959. 961 ;
Friede mit Theben 961; Usurpa-
tion des Timophanes 968. — Zu-
stände im 4. Jahrh. 888.
Korlyra. Stellung und Macht 21L
296. 333: im Perserkriege neutral
21L 228; Themistokles und K.
288; Krieg mit Korinth 532-535:
Vertrag mit Athen 534 : Hündniss
548. 551 ; Parleikämpfe 511 f. 524,
589. 594; bei der sie. Exped. 652.
672; neu»* Revolution 715; seitdem
neutral 715. 744; Anschluss an
Sparta 892; im zweiten Seebund,
neue Parteikämpre 935. 937—939;
Bruch mit Athen 976. — melaina
822. Bd. V, S. VUI.
Koroib'os, athen. Baumeister 419.
Koronea, Schlachten bei 344. 858.
863.
Korydallos in Lykien 95.
Korylas, K. v. Paphlagonien 23,844.
Koryphasion (Pylos) 589. 715. 962.
Kos unter Hahkarnass 292; bleibt
im dekel. Krieg athenisch 691.
710. 726; von Konon besetzt 860;
Blülhe im 4. Jahrh. 888; Abfall
v. Athen 978. — medicin. Schule
501. 503.
Kossaeer 10, 71.
Kolyora am Pontos 836.
K .tv. Odrysenkönig 896. 965. 975.
976.
Krauion auf Kephallenia, Ansiedlung
der Messenier 632.
Krannon in Thessalien 956.
Krateros, Urkundensammlung 152.
288 A. 3&2 A.; über die Tribute
2ü2 A. 593 A.
Krates, Komiker 496. 616.
Kratesippidas, spart. Nauarcb 716.
Kraieuas, Mörder des Archelaos 893.
893 A.
Kratinos, Komiker 496; gegen Peii-
kles 405 A. 531 ; Panoptai 613.
Kratippos, Fortsetzer d. Thukyd. 1 fiO.
Kratylos, Heraklileer 5QE A. 918.
Index zum dritten Theil.
552
Kresilas v. Kydonia, Bildhauer 297.
429. 484.
Kreta, neutral 21L 213, 225, 425:
Intervention Athens 566 ; kret.
Schätzen in alhen. Dienst 652;
Musik 489 A.
Kreusis, boeot. Hafen 932. 942.
Krios, S. d. Polykrilos v. Aegi a lßJL
Kiithote auf der Chersones 965. 976.
Krilias, S. d. Kallaischros 696 A.
697; Schüler des Sokrates 625;
Persönlichkeit und Schriftstellerei
147. 747 : Röckberufung des Alki-
biades 707; Verbannung 713; in
Thessalien 764; Rückkehr 736;
Haupt der Dreissig 747 ff. 757;
Tod 757; Grabepigramm 881.
Kritios, athen. Bildhauer 280. 29L
428, 48Ü,
Kromnos in Arkadien 968.
Kronion auf Sirilien, Schlacht bei
824.
K rot oh im Perserkrieg 21L 223;
Beziehungen zu Hieron 34 s 372;
im 5, Jahrh. SIL 372: gegen die
Sybariten 39& 400: während der
sie. Exped. 674; im ital. Bunde
804; gegen Dionys 805. 806; von
Dionys erobert 825. 829.
Krya in Karien 424,
Ktesia«, per?. Gesch. 4, 5, lüL 909;
Skythenkriefr 2£L 20 A.; Perser-
kriege 145, 212, 223 A.; Verhand-
lungen mit Euagoras 841. 841 A.
842 A.
Kunaxa, Schlacht bei 834.
Kurden (Kupxtot) 90 A„ vgl. 10 A.
Kurion auf Cypern 85, 17ft.
Kusch (aethiop. Reich) 100.
Kyaneai, lyk. Stadt 95,
Kybernis, S. d. Kossikas, K. der
Lykier 95* 95 A.
Kydias, Athener 962.
Kykladen im Perserkrieg 215. 223:
im del. Bund 225. 426, 726; nach
der Schi, bei Kuidos 860. 872.
883; wieder unter Sparta 889.
895. 896. 930. 934; im zweiten
Seebund 934. 935. 975. 984; Be-
bauung 883.
Kyme in Aeolis unter den Persern
97; im del. Bunde 222, 292 A.
426; Abfall 687 [verschrieben
Kyrene]. 722. 722 A ; von Tissa-
phernes angegriffen 837. — in
Campanien im 5, Jahrh. 870:
Schlacht bei 349. 352; campanisch
803.
Kynegiros, Athener, bei Marathon
194.
K y i liska, Agesilaos' Schwester, Reich-
thum 262 A.
Kynoskephalai, Kampf bei 966.
Kynossema, Schlucht bei 709.
Kyparissia in Messenien 951 A. 962.
Kyrauis (Kerne) in Westafrika 37s.
Kvrene persisch 99. 211 ; Geschichte
356. 763.913; Handel mit Athen
415; erwähnt S3Ü. 671.
Kyros, ReichpgrOndung IL 12L 20j
Autorität 56; Satrapien 29j Ab-
gaben 49; Stellung zur Religion
SZ; Grat» IL 12 A. 74i in Ba-
bylon 80. 103j >n Indien 58;
gegen die Turanier 68j K. und
die Juden 112; bei Deuterojesaja
als Messias 1 13. — der jüngere
719; Oberfeldherr 43. 44, 719;
Verbindung mit Lysander 719
bis 721. 724. 731. 733. 734; K.
und Kallikratidas 725. 726; narb
Susa 738; gegen Tissaphernps 761;
Verbindung mit Sparta 759. 761.
834; Rüstungen 759. 761. 765;
Aufstand und Tod 832— 834; Cha-
rakter 832.
Kyrtier = Kurden 10 A. ÖÜ A.
Ky Hiera perioekisch 263, 263 A.;
von Athen angegr. 334 A. : von
Athen besetzt 595. 607 ; behalten
632. 632 A. 670. 686. 712; von
Konon besetzt 860.
Kythnos im Perserkrieg 215. 223;
im del. Bunde 225, 426.
Kyzikos, von den Persern unter-
worfen 181 ; im del. Bunde, Tribut
426: im dekel. Krieg 709—711;
Schlacht bei 711; K. umi Epa-
minondas 967; gegen Athen 975.
L.
Labici in Latium 808. 810 A. 811.
Labolas, spartan. Harmost in Hera-
klea 715.
Laches, athen. Stratege 561; auf
Sicilien 52fL 528, 528 A.: Process
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558
Index zum dritten Theil.
588; Friedenspolitik 602.607.630;
im Sonderbund«krieg 639; mit
bei Mantinea «»40. — athen. Stra-
tege, gegen Epaminondas 967.
Lade, Schlacht bei lfiü.
Laever, kelt. oderligur. Stamm 821 A.
Lais», Hetaere aus Hykkara 657 A.
Laispodias, athen. Stratege 661.
601 A. 663. 6%.
Lakedairnonios, S. d. Kimon 812. 534.
535.
Lakonien, polit. Organisation 263.
Lamactioe, alhen. Stratege 411. 56 1 .
582 A.; im Pontos 43(L 593; hei
der §ir. Exped. 650. 651. 654. 657 ;
Tod 660.
Lampon, athen. Wahrsagei 398.412.
576 A.
Lampon ion in Troas 172.
Lampsakos an Themistokies ge-
schenkt 3JL 28fi.28aA.; im del.
Bunde 292. 4 .!H. 693 ; von Lysander
srenommen 734; unter Pbiliskos
965. 980; von Chares geplündert
983.
Landwirtschaft in Attika 3ÜL 302.
302 A. ; in Griechenland im 4.Jahrh.
883; auf Sicilien 864 : in Afrika
379.
Lange, Julius ±7_7_ A. 482.
Lanuvium in Latium 810.
Laodamas v. Thasos 9^8.
Laos in Unteritalien, sybaritisch 398;
lucanisch 804. 805.
Lapelhos auf Cypern , phoen. 85.
Larisa in Aeolis 838. — in Thessa-
lien 764 f. 855. 956. — in Troas
569.
Larymna, lokr. Hafen, von Theben
besetzt 967.
Las, lakon. Hafen 705.
Lasion in Elis, selbständig 762. 953.
968.
Lasonier in Kabalien 9_L
Latiner 34k äTJL 808 IT.
Laurentum in Latium 810. 810 A.
Lavinium in Lalium 810 A.
Leagro«, alhen. Stratege 29i
Lebedos in Ionien 426. 687.
Lechaion, korinth. Hafen, von den
Spartanern erobert 863. 863 A. ;
Schlacht bei L. 867.
Lemnos, persisch 172. 172 A . ; Ueber-
gang zu den Griechen 223; athe-
nisch 26JL 275] Colonie 394, 8V«5 :
verstfirkt 396: im arcbid. Krieg
592; unabhängig 736. 738. 743;
wieder athenisch 862. 866. 877.
879. 982.
Leoboles, S. d. Alkmaeon, Ankläger
des Themistokies 288.
Leodamas. Athener, verbannt 713 A.
— v. Acharnae 963.
Leogoras, Vater d. Andokides 655.
Leokrates, athen. Feldherr 233 A.
82L 321 A. 322.
Leon, athen. Stratege 686. GM f.
699. 703. 723. 726. 727 A. 749.
— athen. Gesandter in Susa 959.
— spartan. Heerführer 691.
Leonidas, spartan. K. 203. 219. 22lL
Leonliadas, theban. Oligarch 219 A.
— Nachkomme des Vorigen 891.
924.
Leonticbos, athen. Stratege 878.
Leosthenes, athen. Stratege 976.
Leotychida*, K. v. Sparta 18JL 1S3 A.
203. 203 A.; bei der Flotte 233,
bei Mykale 238 f.; in Thessalien,
verurtheilt 28L — S. d. Agis 760.
Lepreon in Tnphylien, hei Plataeae
235; gegen Elis 606; v. 8parta
besetzt 637; Anschluss an Arka-
dien 950. 953. 954. 959.
Leptines, Dionys' Bruder 793 f. 795 f.
805. 824. 830. 862. — syraku?.
Söldnerführer 1000.
Leptie, Tribut an Karthago 3SL
Leros, Insel 179; mi lesisch 422 A.
Lesbos, zur karischen Satrapie 9J ;
im ion. Aufstand 179. 180; im
del. Bunde 27_k 393, 42&I im
sa mischen Krieg 422. 423: Auf-
stand 567 ff.; athen. Kleruchen
569. 395 ; Verhandlungen mit Aais
680. 683 ; Kämpfe um Lesbos 689 f.
709. 726 IT. 735; unter Konon und
Thrasybul 860. 872. 896; im
zweiten Seehund 928. 985; Ab-
fall von Athen 984.
Leukae an der Hermosmündung899.
979.
Leukas im Perserkrieg 215. 223, 235. :
auf Seiten Korinths332.532— 534;
im archid. Krieg £6JL 512, 574]
unterstützt Syrakus »i65; Anfall
v. Sparta 855; spartanisch 892.
938. 939.
Index zum dritten Theil.
.vi 9
Leukimme, Schlacht bei 533.
Leukippos v. Milet, in Ahdera 514;
atomistische Lehre 514. 515; Ein-
fluss d. Empedokles 514: gegen
Anaxagoras 514.
Leukon, Komiker 587.
Leuktra, Schlacht hei 942—944.
944 A. — in der Aigytis 951.
Lewiten bei Ezechiel 110, Uli Ent-
wickelung der spateren Lewiten
IIB. 128u
Libikier (Libuei), kelt. Stamm 821.
821 A.
Libyer hei Aegypten, aufständisch
92- 32k — bei Karthago, unter-
worfen Elfi. 334j Aufstände 79$.
826. 980.
Libys, Lysanders Bruder, Nauarch
755. 758
Lichas, Spartaner 637. 691 f. 708.
Ligurer 22iL 314, STA 817. 821. —
— in Nord frank reich von den
Kelten verdrängt 378.
Likymnios v. Chios, Sophist 524.
906.
Lilybaeon, gegründet 794. 985.
Limne auf der Chersones 3Üß A.
Limyra in Lykien 95.
Lindos auf Rhodos 42fL
Lingonen, kelt. Stamm 821.
Lipara im ersten sie. Krieg 576.
Ö78; unter Dionys 806; Peziehun-
gen zu Rom 816.
Lissos in Illyrien, Colonie des Dionys
822.
Lixos in Westafrika 378.
Lokrer, opuntische (hypoknemi-
dische) huldigen den Persern 213;
bei Artemision und Thermop. 2JJ1 ;
von Athen abhängig 330; Abfall
344; im archid. Krieg, mit Sparta
verbündet 5±k 55L 596 607;
Krieg gegen Phokis 637 A.; im
dekel. Krieg 680; mit Theben ver-
bändet 854. 857.863; spartanisch
892. 895; wieder thebanisch 946.
— ozolische (ioitlpiot), und Nau-
paktos 830 A ; im archid. Krieg
mit Athen verbündet 548. 548 A.
574 f.; thebanisch 855; unter
Sparta 892. 895; wieder theba-
nisch 946.
Lokri in Italien, gegen Rhegion, mit
Hieron verbündet 348. 354: mit
Syrakus 362. 372: im ersten sie.
Krieg 576-579. 597; während
der sie. Exped. 654. 674; für
Sparta 680; Verbindung mit Dio-
nys 786. 792. 804. 807. 825. 829;
unter Dionys II. 996. 1000.
Longana, Sikelerstadt 360 A.
Lucaner, Vordringen 370. SIÜ; gegen
Thurii 400: gegen die Italioten
800. 804; Bündniss mit Dionys
805. 807. 825; unter Dionys II.
989 A. 991; L. und Bruttier 1001.
Lydien im Perserreich 88, 4L 9L.
92; Bewaffnung 45i Verbreitung
der pers. Religion 7JL 29 A.; Ein-
dringen des Griechenthums 92»
Lygdamis, Tyrann v. Halikarnass
Lykaonen 92*
Lykaretos v. Lemnos 112 A.
Lykien, in der karischen Satrapie
9J ; Zustände unter pers. Herr-
schaft 95 f.; Verfassung 95j König-
thum S4i Dynasten 96_i Kriech.
Einfluss 96j Kunst 2fL 479j In-
schriften und Münzen 95 A. —
im del. Bunde 290. 292; Abfall
424 ; Angriffe der Athener 557 ;
auf Seiten der Perser 683. 689;
lyk. Reich im 4. Jahrb. 899. 979.
Lykios, S. d. Myron, Bildhauer 478.
Lykomedes v. Mantinea, arkad.
Staatsmann 949. 949 A. 950. 951.
953. 954. 959. 961.
Lykon, Ankläger des Sokrates 852.
852 A.
Lykophron, Tyrann von Pherae 764.
765. 855. 892.
Lykurgos, Ueberlieferung über die
Verr. 254. 262 A. 750. 920.
Lynkeslis, makedon. Fürstenthum
42fi. 599. 603. 764. 965 A.
Lysandridas, spartan. Officier auf
der Kadmea 925.
Lysandros, Mot hax 262, 2fi2 A . 720 A. ;
Persönlichkeit 720; in Kleinasien
721—725; Parteitreiben 724. 725;
in Milet 733; zum zweiten Male
Flottenführer 731. 733—738; Stel-
lung als Sieger 742; Herrschaft
746. 748. 750; Opposition 751.
758 f.; dritte Ausfahrt 755; vor
Athen 758; Sturz 758. 759; nach
dem Sturz 760; L. u. Agesilaos
560
Index zum dritten Theil.
842. 843; hei Haliartos, Tod K.4 :
bei Dionys 7*4. Denkmäler für
L. 744. 755.
Lysias, Hedner 164. 757. 906; aus
Thurii verbannt 680 A.; polit.
Thätigkeit 849. 850; Bürgerrecht
verweigert 850. 852; Anwalt der
Hadicalen, Typus des gewissen*
losen Anwalts 8ol. 852. 858. 871.
873 A. 896 A.; in Olympia (or. 29]
876; or. 12 (c Eratosth.) 737 A.
738 A. 747 A. 748 A. 757 A.; or.
13 (c. Agorat.) 737 A. 738 A. 748 A ;
or. 14 (c. Alcih.) 645 A. ; or. 3±
(über die Verf.) 848. 848 A.; or.
2Ü (für Polystratos) 701 A. 707 A.;
ipwxtxo« 907; Rede gegen Thra-
sybul 873 A. ~ athen. Stratege
hei den Arginusen, hinger. 727 A.
729.
Lysikles, Nachfolger des Perikles
5ÜQ, 513,
Lysippos, Bildhauer 904.
Lysis v. Tarent, Pythagoreer 37 1 .
944.
Lysistratos, athen. Oligarch 5X5 A.
613.
M.
Madytos auf der Chersones 292 A.
398 A.
Sp. Maelius 813.
Magier lü, 10 A. 21* 12 A.
Magnes, Komiker 440 A. 496.
Magnesia am Maeander, Apollo-
tempel irn pers. Reich 261 31, 36_i
bleibt persisch 22L 292; unter
Themistokles 34L 288. 288 A.;
Thibron gegen M. 837 A. 869. —
am Sipylos, persisch 2IL 222* —
in Thessalien, huldigt den Persern
213; unter Alexander v. Pherae
957. 966. 973.
Magof sein Haus in Karthago 383.
769. — karth. Feldherr 795 800.
824. — über Landwirtschaft 379.
Mainake, Col. Massalias in Spanien
376; zerstört EIL
Maka = Myken 9 A.
Makedonien , persisch 172; im
5. Jahrh.2M, 429; unter Archelaos
764 f.; im 4, Jahrb. 893. 956. 965.
976; Königslisle und Chronologie
429 A. 893 A.
Malaka, karth. Co), in Spanien 377.
Malea in Aigytis 951.
Maleachibuch 118.
Malekidas, Boeotarch 966.
Malerei in Griechenland 429 ff. 903 f.
Malier 213, 523, 680. 857. 946.
Mallos in Kilikien 90.
Mamerkos, Tyrann v. Katana 1000.
Ma nasse, Hoherpriester der Samari-
taner 130.
Manda = Meder 14 A.
Mandrokles v. Saraos, Baumeister
der Bosporusbrücke 20- 2Q A.;
Gemälde 422,
Man et ho, aeg. Gesch. 2, 900 A.
Mania von Troas 761. 838.
M. Manlius 813.
Mantias, athen. Stratege 976.
Mantinea, bei Plataeae 235 ; auf
8eiten Spartas 285, Sü A. ; Synoi-
kismos 325. 325 A. 28ä A.; Ver-
bindung mit Argos, Spannung mit
Sparta 825. 421; wieder im pel.
Bunde 340; Ausdehnungsversuche
606; Austritt aus dem pel. Bunde,
Kämpfe mit Sparta 631; Allianz
mit A^-gos 631, mit Athen 636;
Friedenscongress 637; im Sonder-
bundskriege 639 fT.; Schlacht bei
M. 640. 234 A.; wieder im pel.
Bunde 641 ; Mantineer im athen.
Heer nach Sicilien 652; nach dem
pel. Krieg 744. 868; von Sparta
aufgelöst 890; wiederhergestellt,
im arkad. Bundesstaat 949. 950.
958; Bruch mit Tegea 969; Rück-
tritt zu Sparta und Athen 969 f.;
Schlacht bei M. 971; Bund von
Mantinea 973.
Marakanda (Samarkand) 63.
Maraphier, pers. Stamm HL lfi A.
21 : Mapd<p.c, bei Aeschylos lü A.
Marathon, Schlacht bei 193 ff.;
Heeresstärke 12L 121 A. 123 A.
Ma rathos in Phoen., zu Arados 85,
Marcium (Mecium), Schlacht bei 820.
Marder, pers. Stamm KL lü A.,
MäpJJo? bei Aeschylos lü A.
Mardonios, S. d. Gobryas, in Klein-
asien IBL 187j Rüstungen IST;
erster Feldzug 12Ü, 12Ü A.; ab-
berufen 1Ä1 ; Ratbgeberdes Xerxes
Index zum dritten Theil.
205. ; Commandant in Europa 227.
232; Feld Zug von Plataeae 232 bis
236; Stellung zur griech. Religion
Marea, aeg. Grenzfestung IL 98.
Margastana, pere. Insel 62,
Marler (in Merw) 11^
Mariaba, Hauptstadt v. Saba 85.
Mariandyner, unter Heraklea 430.
Marion auf Cypern 8JL
Marna, Gott v. Gaza 85.
Maronea in Thrakien, im del. Bund
2StL 42L 428; im zweiten See-
bund 930. 975. — bei Laurion
207 A.
Marzabotto, Etruskerstadt 801. 817.
Masistes, Xerxes' Bruder, Satrap v.
Baktrien 43. 322.
Masistios, Perser 236.
Maskames, pers. Commandant v.
Doriskos 226. 292.
Maspier, pers. Stamm HL
Mastia, Mastiener in Spanien 377.
Massalia 874—376. 322, 816.
Mathematik, griechische 500. 500 Ai
504; bei den 8ophisten 524, 5_2fL
526 A.; Stellung im Unterricht
909; bei PJato 918. 990 618 A.
Matiene, pers. Provinz 8JL 89. A.
Matschijä hei Darius, pontische
Stämme 87.
Mauren 322,
Maussollos v. Karten 899. 964. 965.
978 T. 981—984; Verhältniss zu
den Karern 899; Maussolleum
904.
Maxyer, lib. Stamm 329.
Mazaeos, Satrap v. Kilikien u. Syrien
22 A.
Mazaka in Kappadokien 90.
Mazara auf Sicilien 770.
Mazares, Oberfeldherr in Kleinasien
44.
Medicin, griechische 247. 5JH bis
503; Auftreten der Aerzte 516.
IIS A.
Medien 9j Meder 10j Mazdajasnier
10. 1QA.; Stellung im Reich 14
(Name auf das Reich Obertragen
14 A.); im Heer iL 217; Be-
waffnung und Kampfweise 50. 51 ;
Salrapien und Abgaben 29. 5JL
5_L Iii Aufstand unter Darius II.
71. — nichtarische Stämme in
Meyer, Geschichte des Alterthuras.
Medien 63. 62. — Mr43t« bei Xeno-
phon = Matiene 82 A.
Medios v. Larisa 764. 855.
Medma in Unteritalien 372. 597.
Megabates, pers. Feldherr 174. —
Satrap v. Daskylion 284 A.
Megabazos, pers. Feldherr 44, 171.
122. — pers. Gesandter in Sparta
335.
Megabyzos, S. d. Zopyros 21 ; unter-
wirft Babylon 80, 196l beim Thron-
wechsel S21L 323 A.; unterwirft
Aegypten 336i Aufstand 242. 421.
125 A. L
Megakles, S. d. Hippokrates 126.
186; ostrakisirt 128. 19S A. —
Bruder Dions 992. 993.
Megalopolis gegründet 953. 953 A.;
von Theben geschützt 973; Krieg
mit Sparta 972. 973.
Megaphrenes, kgl. «poivixisr^c 35 A.
Megara in Griechenland, im Perser-
kriege 212 212, 223. 235 f. ; Handel
mit Alben 301; Anschluss an
Athen 326j Kämpfe bei 827j Ab-
fall v. Athen 845. 345 A. 346j
für Korinth gegen Korkyra 532.
534: megar. Psephisma 539. 541.
543 ; Invasionen Athens 551 ;
Parteikämpfe und Eroberung ver-
such Athens 595; lehnt den Frieden
ab 607. 608.629; im Sonderbunds-
krieg 632. 639; Exulanten beim
athen. Heer 652; gewinnt Nisaea
zurück 715; nach dem Krieg 749;
neutral 855. 855 A.; geordnete
Zustände 888; unter Sparta 890.
895; in theban. Zeit 925. 927.
931. 948. 952 A.; Thebens Pläne
auf M. 966. — auf Sicilien, von
Gelon zerstört 348, 351. 353. 358;
von den Athenern besetzt 654.
659.
Me'in in Südarabien (Minaeer) 82.
Mekyberna bei Olynth 607 A. 633.
Melanchridas, spartan. Nauarch 687.
Melanippides , Dithyrambiker 488.
764.
Melanthios, athen. Stratege im ion.
Aufstand ITA 201 A. — Maler
904. — Tragiker, Gedicht auf
Kimon 148j athen. Oligarch 696.
Melesandros, athen. Stratege 557.
552 A.
V. 3fi
Index zum dritten Theil.
Melesias, S. d. Thukydides 696.
Meietos, Unterhändler aus Athen
mit Sparta 758 A.; Ankläger des
Andokides 852 A. — Ankläger
des So k rat es 852.
Meliboeain Magnesia, von Alexander
v. Pherae heimgesucht 957.
Melissos v. Samos, Stratege 423;
Philosophie 512. 517.
Melon, Befreier Thebens 924.
Melos im Perserkrieg 215: gegen
Athen neutral 225» 425 ; Angriffe
Athens 521L 593; erobert 646;
restaurirt 743.
Melpum, Etruskerstadt 817.
Memnon v. Rhodos 979.
Memphis, pers. Besatzung iL 98j
von Athen beseUt 324. SjilL
Menainon (Menai), Sikelerstadt 3fi0.
m. A.
Menandros, athen. Stratege 733.
Menas, Stratege v. Kamaritia 775.
Mende auf Pallene, Tribut an Athen
427: Abfall 603.
Mendes in Aegypten 101.
MenedaTos, spart. Heerführer 575.
Menekleidae, theban. Demagoge 955.
966. 966 A.
Menelaos, S. d. Alexander I. v. Maked.
429. 429 A. 893 A. — Pelagonen-
fürst 965 A.
Menestheus, S. d. Ipbikrates 977.
982.
Menon v. Larisa bei Kyros 833. 835.
— athen. Stratege 976. 978.
Mentor v. Rhodos 979.
Meroe" 100.
Meronot in Palaestina 116.
Mesopotamien im Perserreich 84.
84 A.
Messana auf Sic. , von Anaxilaos
geschalten 2Q3_. 353 ; frei 355, 358.
362; im ersten sie. Krieg 576—579.
597; während der sie. Exped. 654.
656 a. 658; im Krieg mit Karthago
767. 775. 780; M. und Dionys 783.
786; von den Karth. zerstört 794;
wiederhergestellt 799. 1000.
Messapier 400.
Messenden unter Sparta 263; Auf-
stand zur Zeit der Perserkriege
193 A. 203. 203. A.; grosser Auf-
stand 294.31:.. 316. 325. 32H. 334;
Chronologie 8_2ü A. — Messenier
in Naupaktos angesiedelt 334.
334 A. 332 A. 346i im archid.
Krieg 548. hlL 589. 592; in Pylos
594; fortgeführt 632; zurück 639;
verjagt 715; auf Kephallenia 632.
639. 723 ; aus Naupaktos vertrieben
744. 763; bei Dionys 763; in Tyn-
daris 799. 799 A. 800; in Kyrene
763. 356. 356 A. - Befreiung
und Anlage Messenes 951 f.; Krieg
gegen Sparta 954. 962. 968 ff. 972.
Messias: Kyros bei Deuterojesaja
113; Zerubabel bei Haggai und
Zacharja 117; Nehemia als Messias
125» — die messianischo Idee,
Voraussetzung des Gesetzes und
des Judenthums 108. 12L 133;
bei den Samaritanern 130.
Metagenes. athen. Baumeister 419.
Metapont 32L 323. 400; för Athen
672; im italiot. Bund 804. 824.
826.
Methana bei Troezen 334= 595. 607.
Methone in Pierien, im del. Bund
■?95. 599; von Timotheos er-
obert 965. — in Messenien, s.
Mothone.
Methymna auf Lesbos im del. Bunde
275. 393. -'.67 : von KaUikratidas
erobert 72a. 728; von Tbraaybul
gewonnen 872 ; Anschluss an Athen
896. 928.
Metoeken bei den Juden in Prose-
lyten umgewandelt LLL 129. —
in Athen 208. 24L 296. 302, 303.
391 ; als Hopliten 412. 580; als
Ruderer 412. 652.
Meton von Athen, Ingenieur 510;
Kalender 500.
Metrodoros v. Lampsakos, Homeriker
4M; Schüler des Anaxagoras 513.
531.
Midias v. Troas 838.
Mikon, athen. Maler, Marathon-
schlacht 194 A. 292. 298. 429.
Mikythos, herrscht in Rhegion 355.
Milet unter den Persern 171; im
ion. Aufstand 175: erobert 180.
181 ; im del. Bunde, Aufstand 339.
293 ; Rechtsordnung 22S A.; Fehde
mit Samos 422. 422 A. 423; Tribut
426; Abfall 687; Kämpfe um M.
688 ff. ; gegen Tissaphernes 708 ;
Hauptquartier der Spartaner 716.
Index zum dritten Theil.
725; Staatsstreich unter Lysander
733. 733 A. : Angriff des Kyros
761. 833.
Milesiscbe Philosophie 504; Ein-
wirkung auf Heraklit £08, auf
Anaxagoras 513 ; spätere Fortsetzer
513,
Milkoros in Thrakien 428.
Miltas, Thessaler, bei Dion 992.
Mütiades II., Tyrann der Chersones
184; unter Persien 122, 20 A.;
Flucht nach Athen 1£L 184j An-
klage 184; gegen Themistoklei-
und die Flotte 184 f. 1MA.;
bei Marathon 193 — 195; gegen
Paros 197 ; Process und Tod 197.
Miltokythes, thrak. Dynast 976.
Milyas, zur karischen Salrapie 91.
Minaeer in Sfldarabien, Handel und
Colon ien 82, 87 A.; Inschriften
14 A. 84 A.
Mindaros, spart. Nauarcb 708—711.
Minoa bei Megara 595. — auf Sicilien
s. Heraklea Minoa.
Mispa in Palaestina 30, 116.
Mithra 28. 29.
Mithridates, S. d. Ariobarzanes 979.
980.
Mithrobarzanes, Datamea' Schwie-
gervater 964. 964 A.
Mnasippos, spart. Nauarch 938. 939.
Mnason v. Elatea, Sklaveneinfubr
888.
Mnesikles, Baumeister der Propy-
laeen 419.
Mnesiphilos u. Themistokles 223 A.
Moab 86^ gegen die Juden 115, 128.
122,
Moerissee, Abgaben 52. 98.
Molosser in Epirus 822. 892. 933. 935.
Molykreion in Lokris, korinthisch
332; von Athen besetzt 334; be-
hauptet 346 A.
Morgantina, Sikelerstadt 360. 360 A.
Moscher am Pontos 63. 64 A. 93,
Mothakes in Sparta 2&L 2£2 A.
Mothone in Messenien, Perioeken-
Stadt 263 A. 334 A. 598. 646.
951 A.
Motye, karthagisch 364, 768. 771.
772. 775; von Dionys zerstört 793.
794.
Motyon bei Agrigent 3üL 361 A.
Münzwesen, im Perserreich 47j in
Phoenikien 42, 85; in Indien 4L
59; Münzordnung des Darius 48.
. Bd. III, S. XIV; in Sicilien 206 A.
23Ü A. 360 A. 364, 365j unter
Dionys 791 ; in Karthago 384; in
Makedonien 295.
Musik, griechische 488 f. 494, 905.
Muthes, aeg. Prätendent 900 A.
Mygdonen 295,
Mykale, Schlacht bei 238 f.
Mvkalessos in Boeotien, Katastrophe
670; Schulen 248,
Myken in Gadrosien & 45.
Mykene von Argos unabhängig 188;
bei Plalaeae 235; von Argos zer-
stört 325.
Mylasa in Kaden im ion. Aufstand
179; im del. Bunde 292i Abfall
424,
Mylae, Hafen Messanas 578 ; be-
siedelt 799.
Myra in Lykien 95,
Myriandos am Amanos, phoen. 90.
Myrina in Aeolis 838.
Myrkinos, edonischer Ort 122, 179.
Mvron v. Eleutherae, Bildbauer 297.
'428. 48k 482. 485.
Myronides, athen. Feldherr, Ge-
sandter in Sparta 234; bei Plataeae
233 A. ; Stellung 32L 821 A. ; gegen
Korinth 327j bei Oenophyta 330;
Tod 342; Nachkommen 848 A.
Myser im Perserreich 9_L 93, — vom
Arganthonios im del. Bunde 92_j
von Astyra desgl. 425,
Mytilene im ion. Aufstand 175- 179 ;
im del. Bunde 225, 393j Gebiet
27.5. 393; Spannung mit Athen
422; Aufstand 562 ff.; athen. Colo-
nisten ,r)()9. 395 ; Rechtsordnung
218, 228 A.; Konon in M. belagert
726. 728 ; Abfall von Sparta 860.
872; auf Seiten Athens 896; im
zweiten Seebund 928. 958; Abfall
984.
Myus im ion. Aufstand 175. 180;
dem Themistokles geschenkt 3JL
288,
N.
Nahataeer, Vordringen gegen Edora
86. 107. 118 ; Lebensweise 86*
8ii A.
564
Index zum dritten Theil.
Napata in Aethiopien lflo.
Naphis in Arabien 86 A.
Nauarchie in Sparta 715 A. 725 A.
Naukrarien in AUien 207. 202 A.
402 A.
Naukratis in Aegypten 98.
Naukydes v. Argos, Bildhauer 478.
Naupaktos, Col. der opunt. Lokrer
33k 330 A.; von Athen besetzt
330; Ansiedlung der Messenier
834. 331 A., vgl. Messenier; athen.
Flottenslation 55L 566, 575rft88.
671. 715; Seeschlacht 566j die
Messenier verjagt 763: Bez. zu
den Achaeern 960.
Naxos, Angriff der Perser 174: er-
obert 122; bei Salamis 22Ü 223 A.;
von Athen un terworf en 279. 288 A . ;
Tribut 426; Colonisten 396. 396 A.,
verjagt 743; Schi, bei Naxos 934;
im zweiten Seebund 934: Abfall
v. Athen 967. 928 A. — auf Sicilien,
von Hieron zerstört 353; wieder-
hergestellt m 362j im ersten
sie. Krieg 576. 579 ; bei der sie.
Exped. 654. 657; nach derselben
767. 780; von Dionys zerstört 786.
799.
Neapel 368 A. 370; Verbindung mit
Athen 435, 658; im 4. Jahrb..
803.
Neapolis in Apulien 991 A. — auf
der Chersones, athenische Colonie
394 A. 39Ü A.
Nearchos, Alexanders Admiral, Ober
Persien 59_i pers. Meerbusen 62.
Nebo in Syrien 84.
Nehemia nach Jerusalem als Statt-
halter 125; Einkünfte 37; Mauer-
bau 125; Einführung des Gesetzes
126; spätere Reformen 128. —
Memoiren 13IL & 123 A.
Nektanebis L von Aegypten 900.
900 A. 964. — II. 972.
Nemeabach, Schlacht am 857. 337 A.
Neodamoden 598. 640. 753. 842; in
Lepreon 637. 637 A.
Neogenes, Usurpator in Hestiaea 892.
Neophron v. Sikyon, Tragiker 446.
Neopolis bei Thasos 427. 716. 716 A.
Nepet, latin. Colonie 815.
Nepherites I., aeg. König 831. 842.
845. 860. 870. 900 A. — II. 900 A.
Nepos iL Lä& IM,
Nesiotes, Bildhauer 280. 297. 478.
480.
Nikaia, col. v. Massalia 374. — an
den Thermopylen , thebanisch
906 A.
Nikeratos, S. d. Nikias, hinger. 749.
— v. Herakles, Dichter 755.
Nikias, S. d. Nikeratos, athen. Feld-
herr 411; Stellung Sfik 560 A.
561.588: Frömmigkeit 61 1 ; Reich-
thum 304 ; Feldzüge 573; bei Pylos
591 f.; gegen den Pelop. 595;
Stellung in Athen 596. 601; in
Thrakien 603; Frieden 607 f. 630.
Politik in der Friedenszeit 630.
633 f. 636. 639; beim Ostrakisraos
644 f.; in Thrakien 646; sie. Exp<>d.
650 f. 654. 657-660. 665—668.
673—678. — Syrakus. Rhetor, in
Thurii 328.
Nikodromos v. Aegina, demokraU
Erhebung 204,
Nikokles, S. d. Euagoras 898.
Nikokreon ermordet Euagoras 898.
Nikolochos, spart. Flottenführer 874.
877. 935.
Nikomedes, Regent in Sparta, bei
Tanagra 328- 32k
Nikonia, gr. Stadt am Dniestr 431.
482.
Nikophemos, Athener bei Eonon 845.
845 A. 860. 870. 873.
Nikostratos, athen. Stratege 511 f.
596. 608. 639; fällt bei Mantinea
640.
Nikoteles, Korinther, in Syrakus
783 f.
Nil, Canal zum Rothen Meer 60. 98:
Verfall 62.
Nippur in Babylonien 1 A. 81»
Nisaea, Hafen v. Megara, athenisch
326. 345; ger&umt 846. 591; aufs
neue erobert 595. 607 ; von Megara
genommen 715.
Nisibis in Mesopotamien 84.
Nisyra, Insel, zu Halikarnass 29JL
Nodab in Arabien 86 A.
Nola in Campanien. 34JL 310, 801.
803.
Nomentum in Latium 810 A. 811.
vojtoWtai in Athen 318, 318 A. 848.
Nomophylakes in Athen 318 A. Bd.V,
S. VII.
Norba, Volskerstadt 808 A.
Index zum drillen Theil.
Notion bei Kolophon 573. 578 A.
738; Schlacht bei 722.
Nubien lfiQ.
Numana bei Ancona, von Dionys
besetzt 823.
Numider und Karthago 329.
Nymphaion am kimmer. Bosporos,
athenisch 432, 432 A.
Nypsios v, Neapel, Söldnerführer
Dionys' IL 996.
Nysaeos, S. d. Dionys L 986; Herr-
scher v. Syrakus 1000.
0.
Oasen, persisch 99j Tempelbauten
101. 102.
Obadja, Prophet IlfL
Ochos = Darius II. 682. — = Arta-
xerxes in. 979.
Odomanten in Thrakien, athenische
Söldner 5ÜQ A. 605. .
Odrysenreich in Thrakien 428. 601.
836. 872. 896. 976. 978.
Oeniadae in Akarnanien, mit Korinth
verbündet 382; von den Athenern
angegriffen 332. 331 A. 435. 548.
506; von den Akarnanen ge-
nommen 594.
Oenopides v. Chios, Astronom 500 ;
Kalender 500.
Oestrymnis (Bretagne) älfi A. 378.
Oetaeer 573. 680. 946.
Oinobios, athen. Stratege 716; An-
trag für Thukydides 735 A.
Oinoe\ alt. Grenzcastell 550. 707. —
bei Argoa, Schlacht bei 325. 325 A.
Oinophyta, Schlacht bei 3M A.
Oion in der Skiritis 950.
Oktamasades, Skythenkönig 428.
el-'Ola, minaeische Col. in Nord-
arabien 87.
Olbia am Borysthenes 65. 431. —
in Südfrankreich , Co). Massalias
374. — auf Sardinien 316. 316 A.
Olpae in Ampbilochien 525.
Olympia , Tempel und Zeusstatue
297. 292 A. ; Giebelsculpturen 4SL
482. 484; Siegesdenkmftler des
Perserkriegs 240; Fest 443. 762;
Olympien von 420: 637, von 416:
645 (Alkibiades); Kämpfe im -L
Efiii 968; Dionys und Ol. 822.
875 f.; Dion in Ol. 992; Vorträge
des Hippias 528; olympische Re-
den 876. 907. 923 ; Anleihen 546.
950. 969.
Olyntbos im del. Bunde, Tribut 427;
Abfall, Synoikismös der Chalki-
dier 536 f. 603. 607; Ol. und der
chalkid. Bund 888; Verb, zu
Theben und Athen 891. 896 ; gegen
Makedonien 893; Besiegung durch
Sparta 894. 895. 931 ; Krieg gegen
Athen 965; Vertrag mit Philipp
978. Vgl. Chalkidier.
Onasilos v. Salamis auf Cypern 178.
— Arzt in Idalion 128 A.
Onatas v. Aegina, Bildhauer 351.
422.
Onomakritos, athen. Orakelsammler
im
Onomakles, athen. Stratege 686. 689.
*;96. 707 A.; unter den Dreissig
747.
Ophiusa, griecb. Gol. am Dniestr
481.
Orche (Uruk) in Babylonien 82.
Orchomenos in Arkadien 935. 693.
890. 950. 953. — in Boeotien,
Erhebung gegen Athen 344: im
archid. Krieg 596 ; von Sparta be-
setzt 854. 855. 858. 863 866; von
Theben angegriffen 93 1 .932 ; unter-
worfen 946; zerstört 966.
Oreos s. Hestiaea.
Orestes, S. d. Ecbekratidas, K. v.
Thessalien MB* — S. d. Phere-
krates, Thessaler 338 A. — K. v.
Makedonien 893. 893 A.
Orestis, maked. Landschaft 420.
Orneai bei Argos, argivisch 285 A.
646.
Oroetes, Satrap v. Sardes 40. 43. 44.
9_L
Orontas, Schwager Artaxerxes1 II.,
gegen Cypern 898; Satrap von
Armenien, Aufstande 979. 979 A.;
in Kleinasien 981.
Oropos, athen. Unterthanen 2fifL
266 A. 391: angegriffen 550l Gar-
nison 669; von den Boeotern ge-
nommen 694. 694 A. 696. 706;
selbständig 706 A.; in Boeotien
einverleibt 763; wieder selbständig
891; athenisch 932. 986; von
Theben besetzt 961. 963.
566
Index zum dritten Theil.
opoo4*f*fat (*fap?c™i) 25 A.
Orphik 245. 252} in Athen 446;
bei Pindar u. Aeschylos 253. 257 :
Parmenides und die Orphik 511;
Einwirkung auf Plato 916.
Osker 803. 1001, s. Sabeller.
Ostrakismos, erster in Athen (Hip-
parchos, Megakles, Xanthippos)
108; Bedeutung in der Demokratie
200. 320; Bestimmungen Ober die
Verbannten 202. 207 A.; O. des
Aristides 20L Hflckberufung 222,
222 A. ; O. des Kimon 312, des
Damonides 885. des Thukydides
409; angeblicher des Kleisthenes,
Alkibiades, Kallias Iii* A.; Ver-
sagen (O. des Hyperbolos) 644.
— O. in Argos 188: Nachahmung
in Syrakus 359.
Otanes, einer der 2 Perser, Feld-
herr 4JL 44- 172; Besitiungen in
Kappadokien 1& 18 A. 35. 02,
— S. d. Sisamnes, Feldherr 44.
Otys, K. v. Paphlagonien 846.
Oxus, Fluss <L 64. 64 A.
P.
Paches, athen. Stratege 567—569.
573; Process 588. 588 A.
Paeoner, von den Persern unterw.
172; gegen Makedonien 295. 976;
■ im Odrysenreich 428.
Paestum, lucanisch 804.
Pagae, megar. Hafen, athenisch 334,
33L 345 A.; geräumt 346. 591;
megar. Oligarchen in P. 595.
Pagasae, angebl. Flotte in P. 269 A.
287 A.
Pagondas, Boeotarch 596.
Paionios v. Mende, Bildhauer 478.
Paktye auf der Chersones 728.
Paktyer in Afghanistan 44* — Pak-
tyike 89 A.
Palaegambrion P>fi.
Palaeskepsis 36 A. 288.
Pale auf Kephallenia im Perserkrieg
235. 235 A. 215 A.; för Korinth
332. 532i üebertritt zu Athen fiSL
Palike, Königsstadt des Duketios
360. HilL
Pallantion in Arkadien 953.
Pallene, Halbinsel der Chalkidike
893 [in 545 Druckfehler för Pel-
lene].
Pal tos in Nordsyrien, zu Arados 85.
Pammenes, theban. Heerführer 953.
973.
Pamphilos, athen. Stratege 872 A.
873. — v. Amphipolis, Maler 804 A.
903. 904.
Pamphylien im Perserreich 9L 93.
878; pers. Flotte in — 2£LL 202.
708.
Panainos, athen. Haler, Marathon-
schlacht IM A. 291, 228. 4m
Panakton, atben. Grenzcastell 266 A.
891 ; von den Boeotern erobert
004. 632; Röckgabe 685.
Pangaion, Minen und Gebiet des P.
122. 266, 293, 295- 401.
Panormos, karthagisch 222. 364.
768. 772. 794.
Panthialaeer, per«. Stamm 10*
Panthoidas, spart. Heerführer 759.
Pantias v. Ghios, Bildhauer 478.
Pantikapaeon (Kertsch) 43L
Paphlagonien im Perserreicb, unter
eigenen Försten 32, 836. 846.
899. 964.
Paphos, griech. Förstenthum 85.
Papremis, Schlacht bei 323.
Paradiese, kgl. Domänen 34. o2.
Paraetakene 9.
Paralos, S. d. Perikles 558. 55&A.
Pargasa, karischer Ort 424.
Parikanier in Gadrosien £L 45.
Parion am Hellespont 426±
Parmenides v. Elea 323. 313 A. ; in
Athen 509 A.; Lehre 509—512.
51Ö A. hll A., vgl. Eleaten.
Paros, von Miltiades angegr. 197.
197 A. ; im Per8erkrie«e neutral
223; gebrandschatzt 228; im deL
Bunde 275i Tribut 426j Sturz
der Demokratie 700; unter Konon
862 A.; im zweiten Seebund 934 A.;
gründet Pharos 822.
Parrhasier in Arkadien 606. 631.
953.
Parrhasios v. Ephesos, Maler 479.
484. 904; Schrift 499i Auftreten
Partbenonbau 298. 228 A. 244. 405.
419. Bd. V, S. VI ; Sculpturen 4M-
482. 4M. 484,
Parthyaeer, Parther 9, 14. 2£L
Index zum dritten Theil.
Parvsatis, Gemahlin Darius' II. 682.
719. 832. 838. 885. 845.
Pasargaden, pers. Stamm HL IL Iii
Stadt (= Murgbäb) 12, 12 A.;
Bauten 12, 23j Schatzhaus 53.
Pasimelos, korinth. Oligaroh 863.
Pasion, Bankier in Athen 877.
Pasippidas, spart. Nauarch 714. 716;
nach Susa 718.
Patara in Lykien 95.
Ilatitaxop«^ = Patisuvara, pers.
Stamm lü A.
Patrae in Achaia 683.
Patrasys am kimmerischen Bosporos
432 A.
Patricier und Plebejer 812 ff.
icdtptoc icoXttsia 740. 740 A.; in
Athen 617. 695 r. 746. 749. 848;
in Sparta 751. 754.
Patrokleides v. Athen, Amnestie-
decret 735.
Patrokles v. Argos, Bildhauer 47*.
Pausanias v. Sparta, Regent 234;
bei Plataeae 234—286; gegen
Theben 237; gegen Cypern und
Byzanz 221 ; seine Pläne 2SJL 212,
284. 2*4 A. ; Abberufung 222, 284;
wieder in Byzanz 223, 284: Ver-
jagung durch Kimon 286; Kata-
strophe 28fL 28fi A.; Persönlich-
keit 28JL — König v. Sparta,
?egen Athen 736; Reformplane
754; gegen Lysander, Befreiung
Athens 758; angeklagt 759: in
Boeotien 854 f.; verurtheilt 856.
890; Schrift Ober Lykurg 754. 920.
• — Makedonier, gegen Perdikkas
429 A. — K. v. Makedonien, S.
d. Aeropos 898. 893 A. — maked.
Prätendent 956. 976.
Pausias, Maler 904.
Pauson v. Athen, Maler 485.
Pausiris, libyscher Dynast 420,
Pedasos in Karlen 94, 292,
Pedneltssos in Pisidien 93.
Pedum in Latium 810 A.
Peiraion hei Korinth 863. 867.
Peisandros, athen. Demagoge 581.
607. 651. 651 A.; in der Unter-
suchung Ober den Hermen frevel
651. 655; Machtstellung 661.
661 A.; Uebertritt zu den Olig-
archen 684. 697 ; Fahrer der Be-
wegung 698 f. 700. 701. 704.
Flucht 706. — spart. Nauarch
846; fallt bei Knidos 859.
Pelagonen in Makedonien 965 A.
Pella, Hauptstadt Makedoniens 764;
tritt zu den Chalkidiern Ober 893.
Pellana, Pellene in Achaia 446 A.
545, 950. 952. 960. 968. — in
Lakonien 263, 951.
Pelltchos, korinth. Stratege 485.485 A.
Pelopidas, bei der Befreiung Thebens
924. 926 ; Sieg bei Tegyra 931. 932 ;
bei Leuktra 944; im Peloponnes
950; Process 955; polit. Stellung
955; gegen Thessalien, gefangen
955—957; in Susa 959; gegen
Menekleidas 966; zweiter thessaJ.
Zug, Tod 966.
Peloponnesischer Bund, unter Kleo-
menes 202 f. ; im Perserkrieg 211.
215; Aufstände und Festigung der
spart. Herrschaft 285; erster Krieg
gegen Athen 325 ff. ; im pel. Krieg
«541. 544: erschüttert 606. 600.
681; Sonderbundskrieg 638 ff.;
wiederhergestellt 641; nach dem
Krieg 744; Heerwesen 740 8(34.
895. 931; neue Organisation 895;
Auflösung 945. 947 ff.
PelUsten 58(L 593. 652 670. 862.
864. 927 943.
Pentakosiomedimnen IM, 299, 929 A.
Penteren, von Dionys gebaut 790.
Peparethos 426, 930 976.
Perdikkas II. v. Makedonien 429.
536 f.; Krieg mit Athen 565:
Friede 566; Spannung mit Athen
56ti. 573. 599 ; Bündniss mit Bra-
sidas 599. 608; Rücktritt zu Athen
603. 605; Verh. mit Sparta und
Argos 641 ; neuer Krieg mit Athen
646; Friede 662; Tod 686. — III.
956. 965. 975 976.
Pergamon 838. 979.
Ferge in Pamphylien 93.
Perikleidas, spart. Gesandter in Athen
815 A.
Perikles, S. d. Xanthippos 281 ;
Fahrt nach Osten 292; gegen
Kimon 313 f.; neue Verfassung
312 ff.; an der Spitze des Staats
320; bei Tanagra 32$ A. ; Ver-
legung der Bundescasse 337. Bd.
V, S. VI; im korinth. Golf 337j
Friedenspolitik 34L 842; Friede
568
Index zum dritten Theil.
mit Persien 344; Intervention in
Delphi 344: gegen Euboea und
die Spartaner 345; Friedenssehl uss
:UG; Stellung nach dem Frieden
385 ff; hell. Congress 38L Bd. V,
S. VI A.; Bünrerrechtsgesetz 'M2 ;
Kleruchien 323 ff.; Thurii 3Mi
Finanzen 4uL 4M ff.; Bauten
405 f. 419; Vermehrung der mu-
sischen Aufführungen 43i». 4H9 A.;
Odeon 405. 486; Kampf mit
Thukydides 402 ff.; Regent des
Staats 410 ff.; samischer Krieg
420 ff. ; im Fontos 430. 432 ; gegen
die Kriegspolitik der Radicalen
433, 530i Angriffe auf P. 531;
korkyr. Krieg 534 f.; pelop. Krieg
538—555; Sturz des P. 55f> ;
Wiederwahl und Tod 558» Per-
sönlichkeit 313, SSiL 410 ff. ; ge-
schichtl. Stellung 563; Stellung
zur Aufklärung 412. 611, zu
Phidias 412, 531, zu Anaxagoras
414, 531, zu Aspasia 414. 531;
Porträt des Kresilas 484. — S. des
Vorigen von Aspasia 558. 729. —
K. v. Lykien 899.
Perint hos, persisch 172; im ion.
Aufstand 181; im del. Bunde 426.
712; im zweiten Seebund 930. 965.
Perioeken, spartanische, Gebiet und
Zahl 263. 263 A.; Kriegsdienst
264; Abfall 950 f.
Peripatetiker als Geschichtsquellen
151. 152.
Perkote am Hellespont 36 A. 288.
Perrhaeber in Thessalien 213. 94o\
Persepolis, von Darius gegründet 17;
Schatzhaus 53; Bauten 22 ff-
Perser, geschichtl. Stellung U. 21j
Einigung durch Kyros IQ A. 16;
Aufstand unter Darius 16j Volks-
zahl 55j Stellung zum König und
im Reich 16—21; Recht 18» 25;
Erziehung 19_; Heerwesen K*j
Bewaffnung und Kampfweise 45»
45 A.; Garde 19. 19 A.; Grund-
besitz der Perser im Reich 2£L
20 A. 35. 40; in Kleinasien 92» —
Religion Iii IT. ; Mazdajasnier KL
10 A. ; Geschlechtsgötter 10; Göttin
17; Bestattung 24i Propaganda
29. 92. — Kunst 22 ff.; Schrift
28.28 A. — Die „7 Perser" 18 A.
Perserreich , Bedeutung 12 f. ; Um-
fang und Revölkerung 55j Reic be-
sprachen 15. 28; Königstitel 13;
Stellung d. Königs 19—23; Thron-
folge 23; Verwaltung 24 ff.; Kanzlei
22 f.; Rechtspflege 25 f.; Reichs-
strassen 31L IlL — Heerwesen des
Reichs 41 ff.; Heerbezirke 44;
Prfisenzarmee 4L 41 A.; Flotte 46j
angebt. 600 Schiffe 20 A. 180.
191. — Provinzen und Steuer-
ordnung 49 ff. ; Höhe der Abgaben
und Lasten 55j Naturalverpflegung
am Hot* 4L 54; Münzordnung 48;
Schatzhäuser 53 ; Religionspolitik
57. in Griechenland 255; Reli-
gionen im Reich 103 ff. — Auf-
hören der Eroberungen 58; Re-
gulirung der Reichsgrenze durch
Darius 58 ff. 63 ff. — Politik
s. unter den einzelnen Königen.
— Urkunden L 8.. 26 ff.; Denk-
mäler 1; Königsinschriften L 1 A.
15 ; Münzen L 1 A.; Tradition 2*
Persischer Meerbusen, Schifffahrt
GL 62,
Pessinus, PriesterfQrstentbum 92;
Göttin 1Q4,
Petalismos in Syrakus 359.
Petelia, Lucanerstadt 825.
Petra in Arabien 8JL
Peuketier gegen Tarent 370.
Phaeax, Athener, auf Sicilien 597;
angebl. Rede gegen Alkibiades
(Andoc. or. 4) 645 A.
Phaedon v. Elis, Philosoph 912.
Fhanagoreiaam kimm. Bosporus 431.
Phanias, athen. Stratege 878.
Phanodemos' Atthis 152*
Phanos, athen. Demokrat 585 A.
Phanosthenes v. Andros, in attischen
Diensten 724 A.
Pharakidas, Pharax, spart. Nauarch,
in Kleinasien 838. 845; auf Sici-
lien 796. 796 A. 797. — Spar-
taner, in Dions Zeit auf Sicilien
997. 997 A. 1000. 1000 A.
Pharasmanes, K. der Ghorasmier 64.
Pharnabazos, S.d.Pharnakes, Satrap
v. Daskylion 683; Besitzungen 35.
846; Verhandlungen mit Sparta
683. 691. 692. 692 A.; im helle-
spont. Krieg 709—711. 714. 716.
717. 719; Stellung zu Sparta und
Index zum dritten Tbeil.
569
Lysande.r 745. 761; bei Alkibiades'
Tod 750; gegen die Kyreer 836;
Krieg mit Sparta 838 f.; Ober-
feldherr Mi 841. 846; Organi-
sation des Seekriegs mit Konon
840 r. 845; Agesilaos' Angriffe 844.
846; mit Konon, Sieg bei Knidos
- 859 ff.; in den letzten Jahren des
Kriegs 865 f. 870. 872; Abbe-
rufung 877; gegen Aegypten 897.
900.
Pharnakes, Satrap v. Daskylion ÜL
91 A.; seine Söhne 692 A.
Pharos, col. v. Paros 822.
Pharsalos von Athen an gegr. 838;
von Sparta besetzt 765; befreit
855; Ph. und Iason 933, und
AI. v. Pberae 956 f.
Phaseiis, rhod. Colonie in Lykien 95j
von Kimon erobert 290; im del.
Bunde 292; Rechtsordnung 218 A.;
bleibt Alben treu 34k 424; Tribut
339. 426; Pb. und Lykien im
4, Jabrh. 899.
Phasig, griech. Stadt in Kolchis 64.
Phayllos, einer der Zehnmänner in
Athen 757. — v. Kroton im Perser-
krieg 21L 223, — Syrakus. Stratege
363,
Pheidon, unter den Dreissig und
Zehnmännern in Athen 757. 757 A.
Phellos in Lykien 95.
Pherae in Messenien, Perioeken-
gemeinde 263 A. — in Thessalien,
Tyrannis 764 f. 892. 933. 945 f.
956 f. 966. 973. 975. 976.
Pherekydes von Leros, Sagenge-
schichte 448.
Pherekrates, Komiker 4ML 616.
Pberetime v. Kyrene 9iL
Phidias v. Athen, Bildhauer 478.
4S2, 483, 484j als Maler 47)1; in
Elis 2üL 291 A.; Bauten in Athen
419; Ph. und Perikles 411 f.;
Process 53L 531 A.
Phigalia 890. 948.
Phileas v. Athen, Geograph 499.
Philinos, Antiphons Rede gegen Pb.
580 A. 585 A.
Philippos, Sohn Alexanders L von
Makedonien 429. 536. r>6.r>. —
. II. v. Makedonien, Jugend, in
Theben 956. 956 A.; Anfange des
Königthums 976; gegen Amphi-
polis 978; gegen Athen 978. 1*83.
984. — theban. Polemarch 924.
Philiskos v. Lampsakos 958. 964.
965. 980. — v. Sane 982 A.
Philistos v. Syrakus als Staatsmann
776. 783; in Adria 823. 830; zu-
rückberufen 987. 989; in Italien
993; gegen Dion 993 ; Tod 995. —
sein Werk 905 A. 909. 919; als
Geschichtsquelle 165; sie. Exped.
159. 671 A. ; Karthagerkrieg 769 A.;
Ober Dionys 782. 822 A.
Philocharidas, spart. Gesandter 636.
Philochoros, Atthis 1 52.
Philokles, athen. Stratege 729. 783.
734. 734 A.
Philokrates, athen. Stratege 866. 870.
Philolaos v. Kroton, Py thagoreer 513;
Kalender 500 ; Medicin 501.
Philosophie, griechische. Anfange
244; Geschichte 504—515. 909 bis
922; Wirkung der Philosophen
517 ff. ; Name 470] Auftreten 516;
Philosophie und Medicin 502. 517;
Gegensatz gegen die Sophisten
52L 906. 906 A.
Philoxenos von Kythera, Dithyram-
biker 488. 828. 905.
Phlius bei Plataeae 235 f.; für
Korinth gegen Korkyra 532; im
Sonderbundskrieg 639 ; Krieg mit
Argos 645; neutral 857; auf Seiten
Spartas 864. 864 A.; Sparta gegen
Phlius 890. 894 A. 895; für Sparta
gegen Thebaner, Arkader, Argiver
948. 949. 952. 954. 960. 961; Ver-
trag mit Atben 973. 975.
Phoebidas, besetzt die Kadmea 891 ;
Tod 927.
Phoibia (Rhegion) 991.
Phoeniker, pers. Provinz 84; Stellung
der Städte im Reich 33; Stadt-
fflrstenthflmer 85i auf Cypern 85;
Ph. am Amanos 90j Religion 10-~>;
Kunst 85; griech. Einfluss 85;
Münzprägung 41* 85. — Angriff
Athens 824; Handel mit Athen
415; Ph. und Griechen auf Cypern
840 f.; Aufstände der Ph. 897. 979.
PhoinikonaufderSinaihalbinsel81A.
Pbokaea im ion. Aufstand 180; im
del. Bunde, Tribut 426; Abfall
687; von Athen angegriffen 722.
Phoker im Perserkrieg national
570
Index zum drillen Theil.
21L 215. 21k 220j von den
Persern verwüstet 221 ; bei Mar-
donios 235 ; Angriff auf Doris 328j
von Athen abhangig 33JL 338;
Intervention Spartas und Athens
(heil. Krieg) 844: für Athen ver-
loren 344. 344 A.; im archid.
Krieg mit Sparta verbündet' 545
514; Krieg mit den Lok rem 637 A. ;
im dekel. Krieg 680; Eintreten
für Athen 494, 738 A.; nach dem
Krieg 744 ; Angriff der Lokrer 854 ;
gegen Theben auf Spartas Seite
855. 858. 892. 895. 931. 936. 940.
942. 946 ; unter Theben 946; Bruch
. mit Theben 970. 973. 973 A. 984.
— Einführung von Sklaven 883.
Phokion, athen. Feldherr 984 A.
Pbormio, athen. Stratege 411 ; in
Akarnanien IM; bei Potidaea5ü7 ;
in Naupaktos 5-'>7 : Sieg 566: Pro-
cess 588. — athen. Bankier 887.
— Gesetzgeber v. Elis 968 A. 988.
Phonnis, sicil. Komiker. 867. 358 A.
Phormisios, conserv. athen. Staats-
mann 747 A. 848; Gesandter nach
Susa 876. 896.
Phradmon v. Argos, Bildhauer 478.
Phryger im Perserreich 9_L 92.
Phrynichos, athen. Oligarch 585 A.
686; Tendenzen 696; Stratege 686;
in Ionien 689. 698; abgesetzt 699;
unter den Vierhundert 700. 704;
ermordet 705. 795 A. 707. —
Tragiker 140; Bez. zu Themisto-
kles 1B£ 188 A.; in Sicil ien 291,
MtXvjtoü &Xu»otc 183; Phoenissen
280. — Komiker 496, 616. 661 A.
Phrynisv. Mytilene, Musiker 48R 489 .
Phthioten persisch 213; unter Sparta
680. 718; unter Theben 966.
Phyle, athen. Bergort» von Thrasybul
besetzt 756.
Phylüdas, Thebaner 924.
Phyton, Stratege v. Rhegion, v. Dio-
nys besiegt und hinger .807 .828.
Pinara in Lykien 95.
Pindar 247. 251 ff.; im Perserkrieg
212 ; nach demselben 240; Bez.
zu Sicilien 851. 858, zu Kyrene
356. zu Aegina 258, 3J£L; Ver-
herrlichung Athens 240. 297:
Dichtung und Weltanschauung
257—259; Stellung zur Orphik
253 ; Absterben der Lyrik mit s.
Tode 259. 486 f.
Piraeeus, Anfang der Anlage 183;
vollendet und befestigt 270. 270 A.;
Aufschwung 296; Ausbau 419 ;
lange Mauern 29JL 32& 405 ; Auf-
führungen 438. 441. — Versuch
eines Ueberfalls durch die Pelop.
566; Schleifung 788; Thrasybul
im P. 757 f.; Wiederaufbau der
Mauern 855. 861. — Name von
Amisos als athen. Colonie 430.
Pisatis, von den Spartanern den
Eliern gelassen 762; durch die
Arkader selbständig 968. 969.
Pisider 9L 93. 888. 897. 899. 979.
Pisindelis, Tyr. v. Halikarnass 292*
Pisistratiden und Persien 173. 198:
bei Xerxes 206, 222: Anhang in
Athen 1ÄL IM, 186 A. 19JL 195,
233. 280.
Pissuthnes, Satrap v. Sardes 422,
568. 662; angebt. Aufstand 683 A.
Pithekusai (Ischia b. Neapel) von
Hieron besetzt 349, 863.
Plakia, Etruskerstadt an der Pro-
pontis 292.
Plastik, griechische, Geschichte der
477 ff. 903 f.
Plataeae bei Marathon 193; Zahl
der Truppen 193. A.; im Krieg
des Xerxes 2LL 215, 22L 235;
Schlacht bei 235 f. ; Heeresstarke
212 A. 285 A.; Siegesfest 237,
232 A.; Unterstützung Spartas
gegen die Messenier 815 A.; auf
athen. Seite 34L 548j üeberfall
durch Theben 549: Belagerung
und Zerstörung b&L 570. 607. —
megarische Oligarchen in PI. 595.
— Plataeer in Skione 688, in
Athen 763; Wiederherstellung 891.
932. 936; von Theben zerstört 937.
Plato, Komiker 661. 730. 905;
Hyperbolos 587 ; Peisandros 661 ;
Kleophon 713; über Hyperbolos'
Ostrakismos 644.
Plato, Philosoph, Leben 915; zur
Zeit der Dreissig 747 A. 757;
Schule 918. 988; bei Dionys L
828. 987 A. ; Verbindung mit Dion
und Dionys, politische Wirksam-
keit auf Sicilien 987—1001 ; Ein-
wirkung auf Heraklea 980. 1001.
Index zum dritten Theil
all
— Plato und Sokrates 618 A. 918.
und Kritias 747 A., und Ari-
stophanes 614 A., und Isokrates
906 A. 917. 984; Freundschaft mit
Chabrias 930, mit Archytas 916.
989 f.; Ober Hermokrates 653 A.
772 A.; Aber Dionys L 782. 827.
828. — Lehre 916 ff.; Ober die
Sophisten 521 A.; Ober Protagoras
(Theaetet) 525 A.; über Homer
. 902; Mathematik SM, 918; Natur-
wissenschaft 910. 918; Stellung
zu Demokrit 911; Fortbildung des
Parmenides 511. 918; orphiscbe
Einflüsse 916. 918; . Pythagoreer
918; polit. und geschichtl. Auf-
fassung 15L 917. 920 ff.; Ober
die wirtbschafll. Entw. 886. 921.
— Schriften 618 A. 918. 918 A.
919; Apologie 614 A. 618 A.;
Euthydem 906 A.; Menexenos*
Leichenrede 146; Phaedros 618 A.
906 A. ; Symposion 614 A. 618 A.;
Theaetet 525 A.; Stottpfoetc (So-
phistes und Politikos) 989 A.;
Republ. 917. 920 ff. 988, Ober
Sparta 752 A., Bez. zu Aristo-
phanes eccles. 614 A. : Politikos
917. 988; Leges 917. 921. 1001,
Benutzung des Ktesias 5^ Ober
Persien 18 A. ; Briefe l&L 747 A.
782. 826 A. 915. 917. 918. 987 bis
1001. — Unächtes 912 A. ; Alkib. L
über Sparta und Abfassungszeit
952 A.; Axiocbos benutzt Xeno-
phon 729 A.
Plebejer in Rom 812. 815.
Pleistarchos, K. v. Sparta 222, 328.
Pleistoanax, K. v. Sparta 328 : in
Attika, Verbannung 34ö; zu-
rückberufen, für den Frieden 602.
606; gegen Mantinea 681. 640;
Tod 736.
Plutarch, Biographien fi. 145,
153. 164; de Herod. malign. 143 A.
Pnytagoras, S. d. Euagoras 898.
Podanemos, spart. Nauarch 863.
864 A.
Polemarchos, Lysias' Bruder 749. 849.
Poleten in Athen 401.
Pollis, spart. Nauarch 934. 987.
987 A.
Polos v. Agrigent, Gorgias' Schüler
524. 906.
Polyarcbos v. Aegina 2IÜ A. —
Höfling des Dionys 919.
Polybiadas, spart. Heerführer 894.
Polybios über Dionys 782.
Polybos, Arzt, Hippokrates' Schwie-
gersohn 501 A. 503.
Polydamas, pharsalischer Staats-
mann 933. 956.
Polydoros, Tyrann v. Pherae 946.
956.
Polygnot v. Thasos, Haler 479.
479 A 482, 484i in Athen 222.
298,
Polyidos, Dithyrambiker 905.
Polyklet v. Argos, Bildhauer 2£L
478. 481. 4*2: als Maler 479;
Schrift 499.
Polykrates v. Athen, Rhetor 906.
906 A. 907.
Polyphron, Tyrann v. Pherae 956.
956 A.
Polystratos, athen. Oligarch (Lysias
or. 20} 696. 701 A. 706 A. 707.
707 A. — athen. Stratege 862 A.
Polyxenos, Schwager d. Dionys 777.
783 (verschr. Philoxenos). 796.
822. 830. 862. 878.
Polyzelos, Hierons Bruder, Rebellion
350.
Pometia in Latium 808 A. 811.
Pontos, Handel mit Athen 22L 40 L
415; die Athener im Pontos 430 ff*
— Handelsslrasse nach Indien 64.
64 A. , nach Centraiasien 65 f. —
pont. Stämme, Satrapie 67, 9£L
Pordoselene, Insel bei Lesbos 569.
Poristen in Athen 684 A.
Posidonia (Paestum) 372; lucanisch
804.
A. Postumius siegt über die Aequer
811. 813.
Potidaea, von den Persern angegr.
227; angebl. bei Plataeae 235,
235 A.; im del. Bund, Tribut 427;
Abfall 536i Schlacht 537; Be-
lagerung 55L 554^ 380; Capitu-
lation 557 ; Kleruchen 565; An-
griff des Brasidas 603; restaurirt
743; im chalkidiscben Staat 893.
894; von Athen erobert, Kleruchie
965. 978; makedonisch 983.
Praeneste in Latium, selbständig
808. 810 A. 820.
ffpäxTopsc in Athen 4ÜL
572
Index zum dritten Theil.
Prasiae, lakon. Hafen o&L 663.
Prasiassee 295.
Praxitas, spartanischer Heerführer
863.
Praxiteles v. Athen 904; der altere
4Ü5 A.
Prien e im ion. Aufstand 180; unter
Milet 422i von Tbibron besetzt
869.
Priestercodex , von Ewa verfasst
. 111L Lüi A. ; Inhalt und Tendenz
12üf.
Probulen in Athen 684. 700. 701.
Prodikos v. Keos 522; Vortrage 521;
Synonymik h2iL 526j Ethik 524 ;
religiöse Theorie 526: Lehrtätig-
keit in Athen 522. 610; Bez. zu
Sokrates 618. 618 A., zu Thera-
menes 696 A. 097.
icpoi&pot in Athen 701 A. 707 A.
Prokies, athen. Stratege 574.
Prokonnesos 975.
Prometheus, thessalischer Demagoge
764.
Pronnoi auf Kepballenia 935.
Proselytismus der asiat. Religionen
104; im Judenthum HL 114. llfi.
Prosopitis, Nilinsel, Kampfe um ZM.
Protagoras v. Abdera 522. 522 A.
529; in Thurii 89& Lebrthätig-
keit 524, 529j in Athen 610. 618;
Schriften 52fi. 52ß A.; System,
der Satz des Pr. 525. 525 A. ; Aber
die Götter 52fij Mathematik 52ß;
sprach I. Theorien 52fi. — Pr. und
Perikles 412. und Euripides 522;
bei Eupolis 616; in den Wolken
mit Sokrates contaminirt 614;
Aechtung und Tod 643.
Protomachos, athenischer Stratege
729.
Proxenos, Boeoter, bei Kyros 833.
835. — v. Tegea, Demokrat 949.
954 A.
Psalmen 134—137.
Psammetieh, Hebell im Delta 39 2.
3Ü2 A. 420 A. 433. — aeg. Dynast
831. 837.
Psauiulhis, K. v. Aegypten 900.
900 A.
Ptolemaeos v. Aloros, K. v. Make-
donien 950. 965.
Ptolicbos v. Aegina, Bildhauer 478.
Pydna, makedonisch 288. '295: von
Athen angegr. 536 f. ; von Arche-
laos unterworfen 711. 764; von
Athen erobert 965. 976; von
Philipp genommen 978.
Pygela b. Ephesos, Gefecht bei 716-
Pylos in Messenien (Koryphasion)
263; von Athen besetzt 589 CT.;
Topographie 589 A.; Messen i er in
P. 594; im Frieden 607; die
Messenier fortgeführt 632, zurück-
gebracht 639. 646. 686. 712; von
Sparta erobert 715. 716; von den
Messeniern erobert 962. — am
Peneios in Elis 968.
Pyrgi, Hafen v. Caere, von Dionys
Oberfallen 823.
Pyrrha auf Lesbos 31 >3.
Pyrrhandros, athenischer Demagoge
968.
Pythagoras v. Rhegion, Bildbauer
323. 323 A. 422. — von Samos,
in Unteritalien 371; Bedeutung,
Schöpfer der wissen sc h. Mathe-
matik 500. 500 A. 504. 504 A.
513; vgl. Pythagoreer; Angrifl'
Heraklits 566. — angebl. spart.
Nauarch (Samios) lfil A. 883 A.
Pythagoreer, politische Partei, Kata-
strophe 871 ; in der Zeit des
Dionys 824. — philos. Schule
und Literatur 323. 504, 5JJL 910;
Medicin 500; Kalender 500 :
Kugelgestalt der Erde 504. 5JÜ;
Röckstftndigkeit des Ostens gegen
sie 513 (Anaxagoras). 910 (Demo-
kril); Einwirkung auf PJato 910.
918.
Pythodoros, Archon der Dreissig 749.
— athen. Stratege auf Sicilien
528. 597. 601. — , desgl., gegen
Lakonien 663. — 8. d. Epizelos
669 A. — S. d. Polyzelos, von
Anaphlystos, Anklage des Pro-
tagoras 643. 648 A. ; unter den
Vierhundert 696. 701.
Pyxus in Unteritaiien 355: lucaniscb
804.
Qe'lla in Palaestina 116.
Qens (Nubien) 100.
Index zum dritten Theil.
573
R.
Raeter 821.
Ranke, Weltgeschichte l&L
Rechum, Statthalter v. Samaria 124.
Reiterei, Entwickelung und Be-
deutung bei den Griechen 943.
971 u. A. Li persische bei Mara-
thon ULL lSlA.; in Athen bei
Marathon noch nicht 193; nach
den Perserkriegen eingeführt 2fifL
417, Ygl.lrcKgtc; in Sparta 598. 753.
Rekab, Wöstenstamm, Anseht uss
an die Juden 11JL
Religion, im Perserreich, Universali-
tat und Individualität, Propaganda
und Concurrenz 103—106; Reli-
gionspolitik der Achaemeniden
52. 25iL_= Vgl. Baby lonien, Juden,
Perser. — Griech. Religion 244j
neue Anschauungen und Gonflicte
244 ; die neue Religion, Orgiasmus
und Orphik 245. 241. 252i Gegen-
satz zur Aufklärung 252. — Die
rel. Probleme bei Pindar 257;
bei Aeschylos 259: Verbreitung
des Rationalismus 468. — Religion
in Athen 446; Gonservatisraus
und Gläubigkeit 44G; Religions-
verfolgungen 44iL 643; Ablehnung
des Rationalismus 449; die Pro-
bleme und der Glaube 450 ff.; der
ethische Conflict 451; Empirismus
455 ; die Religion unter Ein-
wirkung der Staatsidee 25S ff.
455 ; rel. Anschauungen des Hero-
dot und Sophokles 459; Hervor-
treten der abstraclen Gottheit 401.
473; die Krisis 4G5ff; Sieg des
Sittengesetzes Ober die Religion
466; die modernen Anschauungen
470 ff.
Rbamphias, spart. Heerführer 606.
Rhapsoden als Lehrer 24& 442.
613; Vorträge in Athen 439;
Homerliteratur 499; Auftreten 516.
Rhegion unter der Tyrannis 848.
355; Sturz derselben 355; im
5. Jahrb. 358. 3fi2. 32L 372;
Bündniss mit Athen 435; im ersten
sie. Krieg 576—579: während
der athen. Exp. 654. 665; Rh.
und Dionys 783. 786. 799; letzter
Krieg und Zerstörung 805—807.
828. 825 A. ; als Phoibia wieder-
hergestellt 991.
Rbeomilhres im Satrapenaufstand
979.
Rhetorik, Anfänge auf Sicilien 368.
529 ; Entwickelung 523. 524. 522.
90G ff.
Rhinon, einer der Zehnmänner in
Athen 757. 757 A.
Rhinthon v. Tarent, Phlyaken-
dichter 373.
Rhion in Achaia 5££. 638.
Rhodae, massal. Gol. an den Pyre-
naeen 876.
Rhodanusia, massal. Colonie an der
Rhone 875.
Rhodos im del. Bunde, Tribut 426;
bei der sie. Exp. 652; Ah fall
691 f.; Synoikismos 725. 725 A. ;
Seekrieg bei Rh. 845; Abfall von
Sparte, Parteikämpfe 869. 872;
Bez. zu Athen 896; im zweiten
Seebund 928; Verbindung mit
Theben 967; Abfall von Athen 978.
Rhoisakes, Perser, in Athen 332 A.
Rhoiteion in Troas 5fi9. 710.
Rhossos am Amanos, phoenikisch 90.
Rom, Geschichte 320. 808 ff.; Ge-
setzgebung der Decemvirn 370.
812; Heerwesen 818; Roms Po-
litik 829; Gol. auf Sardinien 820;
R. und die Griechen 816, und
Sicilien 342. 3Ö4. 370, und
Massalia 32fi. 816, und Delphi
815. — Geschicbtsquellen 1P>S.
s.
Saba, Reich von g7_i Verbindung
mit Persien 60.
Sabazios, thrak. Gott, in Athen 611.
Sabeller 320, 435. 802 ff. 1001.
Sadokos, S. d. Sitalkes 42^
Sagalassos in Pisidien 93.
Sagartier, pers. Stamm 1£L 10 A. 16.
Sagunt in Spanien 376 A.
Sais in Aegypten 101.
Sakaeen, babylon. Fest, von den
Persern übernommen 2g. 28 A. 2Ä.
Saken 58 A. 63. 68j von Darius
unterwoifen ß9j im Perserheer
45. 194. 217. — S. jenseits des
Meeres =pontische Skythen 69.20.
574
Index zum dritten Theil.
Salaithos, spart. Gesandter auf Les-
bos 5fi& 569.
Salamis, athen. Unterthanenland
2fifL 266 A. 3äL — Schlacht bei
22.H ff.; Starke der Flotten 2IL
212 A. 223 A. — von Lysander
verwüstet 734; unter den Dreissig
756.
Salamis auf Cypern, Stadtkönigthum
85; im ion. Aufstand 1 78 ; zur
Zeit Kimons 34_li Schlacht U2 ;
unter Euagoras 840 f.
Salrnakis bei Halikarnass 94. 292 A.
Salyer und Hassalia 374.
Salynlhios, K. der Agraeer 596.
Samaria als pers. Provinz 84j Statt-
halter S_L 124; fremde Ansiedler
84, 115, vgl. Bd. III, S. XIV; die
Samaritaner gegen die Juden 115.
118, gegen Ezra 124. gegen
Nehemia 125: Uebernahme des
jüdischen Gesetzes und Organi-
sation der Kirche 130.
Samasirbä, Usurpator in Babylon
&l m
Samios, spart. Nauarch 833. 833 A.
IM A.
Samos persisch 171 ; im ion. Auf*
stand ISO. 181j Samier in Zankle
181 ; Aufforderung zum Abfall 238 ■
im del. Bunde 223, 225, '211.
337. 393; Aufstand 422- 424;
dernokrat. Revolution 688. 688 A.;
Stützpunkt der athen. Flotte 688 ff.;
oligarch. Bewegung 698. 700.
703; die athen. Flotte auf S.
698. 703 f. 707. 707 A. 708 f.
716; Ausharren bei Athen 735;
Union 735. 391. 763; Fall von S.
738; Oligarchie 743. 746. 755;
Flüchtlinge in Asien 738. 763;
unter Ronon 860; Rücktritt zu
Sparta 869. 872. 896; Zustande
888; von Timotheos erobert,
Kleruchien965.965 A.; im Bundes-
genossenkrieg 982. 984.
Samothrake im del. Bund, Tribut
426 ; unter Thrasybul 872; im
zweiten Seebund 935.
Sandokes, Statthalter v. Kyme 97.
Sane auf der Atboshalbinsel 600.
607 A.
Saparda — Sardes 58 A.
äapho, S. d. Hasdrubal
Sarangen = Drangen tiiL
Sarapana in lberien, Pass £4.
Sardes, Satrapie von 2JL 91 ; Stellung
der Stadt 38. 92j Besatzung 4J_j
von den Iouiern genommen 177;
Agesilaos' Kampfe bei S. 844.
Sardinien 376; karthagisch 229.
380; Aufstand 826; röm. Col. 820.
Sarmalen 65. 70.
Saspeiren am Araxes £3. £L 89.
Sataspes, Perser, Entdeckungsfahrt
um Afrika 6L 61 A. 222«
Satrapen, Satrapien 2JL 29 A. 5Q ff. ;
Stellung des Satrapen 30 f.; Ein-
künfte 3L 5L 54i Truppen 42 f. ;
Aufstande 43, 899 f. 964 f. 979 ff.
983.
Satrapes, Gott 22 A.
Satricum in Latium 815.
Sattagyden, iran. Stamm 14. 58 A.
Satyros v. Leukonoe, Secretar der
Hellenotamien 409- — athen.
Oligarch, Haupt der Elfmänner
737. 749. — Herrscher des Bos-
poros 431. — Tyr. v. Heraklea
980.
Schuach (mesopot. W äste ^Suchi) 80.
Schülzencorps in Athen 2Ü& 23i
26Ö, 417: skythische Schützen als
Polizei 3Q4. — pers. Schützen 45.
Schwarzkorkyra 822. Bd. V, S. VIII.
Segesta, Elymerstadt 206 A. 362.
364; Bündniss mit Athen 3ti2.
397 ; Hülfsgesuch in Athen gegen
Selinus 647 f. 650. 654; im sie
Krieg 654. 657; neuer Krieg mit
Selinus 768. 770; von Dionys
angegr. 793 f.
Sekydianos, pers. König 682.
Selge in Pisidien 93.
Selinus 23L 231 A. 354, 'ML 383;
Tempel 865; Krieg mit Segesta
647; während der sie. Exp. 657.
665 ; im dekel. Krieg 680. 689. 714.
716. 767; gegen Segesta 768; Zer-
störung 770. 7t39A. 716; wieder-
hergestellt 770. 772; karthagisch
826. 985.
Sellasia in Lakonien, nicht peri-
oekiscb 263; von Sparta abgerissen
950. 951; wiedererobert 962.
Selymbria an der Propontis, von den
Persem eingeäschert 181 ; im del.
Bunde 426. 428j im deke). Krieg
Index zum dritten Theil.
712. 717. 717 A.; Rechtsordnung
218 A.; im zweiten Seebund 935.
Senonen, kelt. 8tamm 818. 821.
Seripbos im Perserkrieg national
215. 228i im del. Bund 839.
Servianische Verf. 812. 812 A.
Sermylia auf der Chalkidike im del.
Bunde 427: Abfall 607. 607 A. ; für
Athen 716.
Sesb assar (Sinbalusur) 112, lllL
Sestos von Athen erobert 238; Tri-
but 3Sß A.; im dekel. Krieg 693.
709— 711 ; Colonie Lysanders 740,
aufgehoben 760; im 4. Jahrh.
860. 965. 976; von Athen zerstört
984. 978 A.
Seuthes, Odrysenkönig, Neffe des
Sitalkes 5£L 601. — Unter-
könig in Thrakien 836. 838. 872.
878.
Sexi in Spanien 377.
Sicilien und die Perser 123, 206;
Krieg mit Karthago 229 ff.; im
Jahrh. Sil ff.; Charakter der
Tyrannis 242. 25fL 350 ff.; Be-
ziehungen zu Athen 370. 897. 415.
433. zu Sparta 547: erster athen.
Krieg hl& ff. 597; grosse Exped.
647 ff.; im 4, Jahrh. 766—830.
985—1001; Bevölkerungszahlen
770 A. 774 A.; Rhetorik 3fi& 520;
Geschichtsquellen lfiäff.
Side in Pamphylien 93.
Sidon, Fürstenthum 85: assyr. Ele-
mente 85. A. ; griech. Einfluss 85;
Königssärge 85, 85 A.; Aufstand
979.
Sigeon, Hippias in S. 173; athenische
Colonie 394; von Chares besetzt
983.
Signia, angebl. lat. Colonie 808 A.
Sikaner 342, 353, 657. 771. 778.
780. 794.
Sikanos, Syrakus. Stratege 658.
Sikeler unter den Tyrannen 347.358;
Erhebung und Reich des Duketios
35«. 'Ml!.; unter Syrakus M2,
578 f.; während der sie. Exped.
654. 657. 658. 659. 665; im kartb.
Krieg 771. 778. 780; unter Dionys
783. 786. 795. 799. 800. 829.
Sikinnos, Sklave des Themistokles,
Botschaft an Xerxes 224; angebl.
zweite Botschaft 226 A.
Sikyon für Kleomenes gegen Argos
188; im Perserkrieg 219. 223 A.
235 ; Anschluss an Korinth 332 ;
Angriffe Athens 334. 332, 232 A.
345; Vermittelungsversuch zw.
Körkyra u. Korinth 333, 538; im
arebid. Krieg 566. 596; im Sonder-
bundskrieg 639. 641 ; bei der sie.
Exp. 671; unter Sparta 863. 895;
nach Leuktra för Sparta 945. 948.
950; von den Thebanern erobert
952; demokrat. Revolution 960.
968.
Simonides 240, 24_Zi Bez. zu Thes-
salien 211 A.; angebl. Epigramme
240 A.; in Sicilien 350. 35_L
Simyra in Phoenikien, zu Arados 8iL
Sinaigesetz (Lewit. 17—26) 111.
Öinbalusur (§e§bassar) v. Juda 112.
116.
Singe auf der Chalkidike 42L 607 A.
Sinope, von Athen besetzt 430; zur
Zeit der Kyreer 830; unter
Datames 964.
Sinuballit, Föhrer der Samaritaner.
125, 128,
Siphae, Hafen v. Thespiae 596.
Siphnos, im Perserkrieg national 215,
223; im del. Bunde 426; Ver-
theilung der Ueberschüsse auf S.
202 A.
Sippara in Babylonien 80, 82,
8irakes, Perser 69,
Siris in Unteritalien, zerstört «870.
320 A.
Sls 3 (34. s. Panonnos.
Sisines (Tatnai, Ustani), Satrap von
Syrien 29j in Jerusalem 1 17.
Sitalkes, Odrysenkönig, sein Reich
428; mit Athen verbündet 55 1 .
557. 565; Tod 601.
aitotpoXotxec in Athen 548.
Skepsis in Troas, im del. Bunde
292; verloren 425; Charidemos
in S. 979.
Skiathos, Insel, im zweiten See-
bund 930.
Skidros in Italien, sybaritisch 398.
Skione auf Pallene, im del. Bunde
427; Abfall 603. 607; Strafgericht
633; restaurirt 743. 763.
Skiritis, lakon. Perioekenlandschaft
263: Skiriten im Heer 26±i von
Sparta losgerissen 950. 951. 953.
576
Index zum dritten Theil.
Skironides, athen. Stratege 68(5.
689. 609.
Sk laven in Athen 303. 304 A. 412 A. 1 ;
in Korkyra auf der Flotte 833;
aufSicilien 364; Verbreitung der
Sklaverei im 4* Jahrb. 883
Skoloten s. Skythen.
Skopaden in Thessalien 211 A.
Skopas v. Paros, Bildhauer 903. 904.
Skotussa in Magnesia, von Alexander
v. Pherae misshandelt 957.
Skudra bei Darius = Thrakien 58 A.
112 A.
Skylake, Etruskerstadt an der Pro-
pontis 222.
Skylax v. Karyanda, Fahrt auf dem
Indus und dem Ind. Ocean 60;
Periplus fiü A. 94j über Indien
i 6ü A.; Ober Heraklides von
Mylasa 122 A.
Skyles, Skythenkönig 42a 431.
Skyletion in Unteritalien, von Dionys
zerstört 806.
Skyllaion bei Rhegion 355.
Skyros, von Athen erobert und
colonisirt 226. 226 A.; Stellung
im Reich 894. 395; selbständig
736. 738. 743; wieder athenisch
866. 877. 879.
Skythen (Skoloten), Angriff des
Darius 62. 20, 172; auf der
Ghersones H2_ A.; Reich 428. 4JiL
— Schützen als Polizei in Athen
:\Q4. = Saken und Daher 63- <ift.
Skythes v. Zankle und Persien 173.
Sraerdis, Perserkönig 117.
Smyrna zerstört, nicht im del. Bunde
222. 343.
Sogdiana 32, 63,
Sogdianos, Perserkönig 682.
Sokrates, Achaeer, bei Kyros 833.
835.
Sokrates v. Athen 618—626; Ueber-
lieferung 618; beim Arginusen-
proccss 729. 729 A.; unter den
Dreissig 749; S. und Arcbelaos
764. 764 A.; Process und Hin-
richtung 852. 912; Begegnung mit
Parmenides und Zeno 509 A.;
Verbindung mit Euripides in der
Komödie 615. 615 A.; Angriff des
Aristophanes 614. 614 A.; des
Ameipsiasu. Eupolis616. — soma-
tische Literatur 618 A. 912. 912 A.
919. — Sokratikerbriefe 913 A.
990 A. 991 A. 992 A. — L vtwtBpo;
988 A.
Söldner, griechische, im 5_, Jahrb.
auf Sicilien 850. 353; in Athen
580. 652; im Peloponnes 598; bei
den Persem 662. 681; thrakische
in Athen 580. 58Q A. 593. 605.
670; Söldnerwesen und Condot-
tieres im 4, Jahrh. 884. 885; in
athen. Diensten 862 u. a.; in
Spartas Diensten 844. 884. 895.
931; bei Dionys 777. 783. 785.
790. 796. 797. 829; bei den
Persern 833. 884. 897. 898.
Soli auf Cypern 85. IIS, 870.
Sollion in Akarnanien. korinthisch
332; von Athen für die Akarnanen
erobert 551. 607.
Soloeis, Solunt, auf Sicilien f kar-
thagisch 768. 799.
Solygeion, G»fecht bei 595.
Sopbainetos, Arkader bei Kyros 833;
Anabasis 1ÜL 833 A.
Sophanes, athen. Stratege 294.
Sophisten 521—529. 610 ff.; er-
haltene Literatur 522; im 4. Jahrb.
906 ff.; Name 521. in gehässiger
Bedeutung 906. 906 A. — So-
phistik und Medicin 502.
Sophokles, Leben 456; Anhänger
des Perikles 4M, 41L 412. 414;
Hellenotamias409; Stratege 422 A.;
Probule 684. 695; Tod 730; führt
den Asklepioscult ein 456. 643;
als Tragiker 490 ff.; Zahl der
Tragödien 441; Sieg über Aescby-
los 312; Gesammtcharakter 464 ;
Charaktertypen 453;Weltanschau-
ung 450; Orakelglaube 451: Ab-
lehnung des ethischen Postulats
451 ; religiöse Anschauungen 459
bis 464; Beziehungen zu Herodot
457; bei Aristophanes 615. —
Oedipus 462 ; Antigone 463; Schrift
iupl xopoö 423 A. 499]Urtheile
über die drei Tragiker 493. 493 A.
— , d. Sostratides, athen. .Stra-
tege 589.594. 597; verurtheilt 601.
Sophron, Mimen 367.
Sophrosyne, T. d. Dionys 830; Ge-
mahlin Dions 987. 990.
Sosis, Denuntiant gegen Dion 994.
Spanien 326, 322,
Index zum dritten Theil.
Sparta, Entwicklung und Staats-
wesen 261i Demokratie 242. 201;
innere Umwandlung 262. 265; Po-
litik, Conservatismus 265; Kriegs-
scheu 265; Bund mit dem Parti-
cularisinus 2£S, ">43. 740. — Ge-
meinde der fünf Dörfer 2Ü2. 265;
Gebiet der Bürgerschaft 2frL
2ß3 A.; Zahl 2M, 753; Volks-
versammlung der txvXvpoi 891;
urcojietovt; 2ö2» 753; Heerwesen
264. 2ß4 A.. unter Brasidas 598,
nach 404: 753. 842, Organisation
von 382: 895, nach 320; 952;
Neodamoden s. das.; Reiterei 598.
753; Soldner 844. 884. 895. 931;
Finanzen 2ftL 265 A. 546 ; Ein-
führung des Geldes 751 f.; Flotte
265.721. 753. — Culturelle Stellung
250 ; Ablehnung der modernen
Bildung 520. der modernen Musik
489; Beurtheilungdurch dieathen.
Radicalen 309. durch die Conser-
vativen 310: Ideal der aristokr.
Jugend Athens 5SJL 612. 625;
Schriften über spart. Vf. 920. —
im ion. Aufstand 176; unter Kleo-
menes IBS f. 20_2 f.; Ermordung
der pers. Herolde 187. 187 A.;
Verbindung mit Athen 189; bei
Marathon IM, 193 A. 195j messen.
Aufstand 2ÜS. 1£3 A.; im Perser-
krieg 2i6— 239; Sparta u. Athen
268 ff.; Fortführung des Perser-
kriegs 211 f.; Rücktritt 273;
Kämpfe im Peloponnes 285. in
Thessalien 287; Beziehungen zu
Athen, Pausanias u. Themistokles
283—288; Verbindung mitThasos
293; Erdbeben und Helotenauf-
stand 2M ; H ülfsgesuch nach Athen
315; Bruch mit Athen EliL 321;
Krieg mit Athen und Arpes 325.
328—330; Bündniss mit den
theban. Demokraten 829; Ende
des messen. Kriegs 334; Ver-
handlungen mit Persien 828. 335.
337; Friede mit Argos, WaflWn-
stilTstand mit Athen 339. 340;
in Phokis 344; gegen Athen 345;
dreissigjähriger Friede 346. —
Wahrung des Friedens 421 ff. 530;
Beziehungen zu Korkyra 333. 533:
Verh. mit Potidaea und Korint h
Hey er, Geschichte des Alterthums.
536 f.; Kriegsenden luss 54Ü f.;
im archidam. Krieg 542—608;
Verhandlungen mit Persien 547.
557. 582; mit Sicilien 547. —
nach dem archid. Krieg 629—637;
Sonderbundskrieg 638 — 641 ; nach
demselben 641. 645. 647: zur Zeit
der sie. Exp. 655. 656 a. 658.
663; Kriegsentschluss 664; Ent-
scheidungskrieg gegen Athen 665
bis 738 ; Verhandlungen mit Persien
688. 688. 690—692. 699. 714.
718. 719 f. — Spartas Herrschaft
in Hellas 732 — 765; innere Krisen
751—755. 762; Sparta und Kyros
833. 833 A. 836; Krieg mit Persien
und korinthischer Krieg 887 bis
879; Stellung nach dem Königs-
frieden 880; Durchführung der
Herrschaft in Hellas 889—895.
896. 898. 899; Krieg mit Theben
und Athen 924—941; Leuktra
942— 945; nach Leuktra 947—952.
954. 958—962; Persien bricht mit
Sparta 961; Sparta gegen den
Perserkönig 964. 965. 972; Krieg
mit Arkadien 968; Mantinea 970
bis 972; Sparta nach Mantinea
972. 973. 974. — Sparta und
Dionysios L 741. 745. 784. 796.
845. 875 ff. 880. 822 A. 937 ff.
954. 958, und Dionysios II. 962.
991. 995. 997, und Dion 992.
992 A. 997.
Spartokos, Herrscher d. Bosporos431 .
Spartolos, St. der Bottiaeer, im del.
Bunde 427j Abfall 536, 607. 646;
Schlacht bei 565.
Speusippos, Plato's Neffe, auf Si-
cilien 990. 992.
Sphakteria 590. 592. 951 A.
Sphodrias, spart. Harmost. überfällt
d. Piraeeus 925. 926; Tod 944.
Spina, Etruskerstadt am Po 370.
801.
Spithridates, pers. Rebell in Klein-
asien 844. 846.
Stagiros auf der Chalkidike 537;
Abfall 599. 605. 607.
Stasikypros, K. v. Idalion 178.
Stasippos, Aristokrat in Tegea 949.
Stenyklaros in Messenien 294,
Stesanor, K. v. Kurion 178.
Stesikles, athen. Stratege 937 f.
v.
578 Index zum dritten Theil.
Stesileos, athen. Stratege bei Mara-
thon 194.
Stesimbrotos v. Thasos, Rapsode,
Schrift über die athen. Staats-
männer 147. 454. 531 ; über Homer
und Mysterien 499.
Stbenelaidas, Ephor 541.
Sthenelaos, Harniost in Byzanz 759.
Stolos auf der Cbalkidike 407.
Strabo über Persien L 2 A.
Strategen, athenische. Stellung 2ÜL
201 A. 5fiL 588; Wahlzeit 552 A.
Straton, K. v. Sidon S5_*
Stratos in Akarnanien 566.
Strattis, Komiker 905.
Strombichides, athen. Stratege 686.
687—693. 708. 737. 737 A. 748.
Struthas, Satrap v. lonien und Ober-
feldherr 44. 860 A. 866. 866 A. 869.
870.
Stryme in Thrakien 975.
Styra auf Euboea, im Perserkrieg
national 215* 219; im del. Bunde
225.
Suchi, mesop. Wüste, = Schuach 86.
Suez, Nilcanal nach &L 62.
Suffeten in den kartb. Städten 381.
Susa, persisch LL 11 A.; Haupt-
stadt des Reichs 15. 15 A.; Schatz-
haus 53j Palastbauten 72; Ver-
bindung mit der See 61. — Susiana,
Abgaben 50; Aufstände 71.
Sutrium in "Etrurien, Iat. Colonie
815. 820.
Sybaris, Sybariten 348. 85JL 3ül
bis 22k — am Traeis 392. 804;
bruttisch 1001. — T. d. The-
mistokles 2&L 397.
Sybota, Schlacht bei 535.
Svennesis, Könige v. Kilikien 32. 42,
' QIL 833. 835.
Svkophanten in Athen 487. 5Ü0.
749. 851. 896.
Syloson, Tyrann v. Samos 2TL
Syme, Insel an der karischen Küste
425. 691.
Symmorien in Athen 929; trierarchi-
sche 982.
Synalos, kartb. Commandant in
Heraklea Minoa 993.
Syrakosios, Athener, gegen die
Komödie 661.
Syrakus unter den Tyrannen 206.
229 ff. 342 ff.: Grossstadt 353;
Befreiung 354 ; Gesch. im 5. Jahrb.
357—363; gegen die Etrusker 363;
Verfassung 359 ; Cullur 364 ff. ; Ver-
handlungen mit Sparta während
des archid. Kriegs 547. 576; Krieg
auf Sicilien und mit Athen 576
bis 579. 597; nach dem Kriepe,
Incorporation Leontinis 597. 647;
Parteiungen 653; Krieg mit Athen
654 ff.; im dekel. Krieg 680. 689.
711. 714. 716; innere Verhältnisse
766 f.; Karthagerkrieg 768 ff.; Ab-
berufung der Flotte aus dem Osten
716. 771; unter Dionys 776 ff.
985 ff.
Syrien, pers. Provinz (= ' Abarnaharä)
84 ; Abgaben 50_i Heerwesen 44;
Zustände 84. ff.; Religion 105,
T.
Tachos, Rebell, in Leukae 899. —
. K. v. Aegypten 964. 964 A. 972.
979.
Taimä in Nordarabien 87j In-
schriften 82. 82 A.
Tamassos auf Cypera, zu Idalion 85.
840 A.
touAtat in Athen 403. 403 A.
Tamos, Hyparch von lonien 97j
Flottenführer des Kyros 3L 838.
837.
Tanagra, Schlacht bei 329 A.;
von Athen geschleift 33Q ; Kämpfe
mit Athen &2B. 596.
Taoke in Persis 17.
Tapurer in Medien 63.
Tarent und Persien 173: Niederlage
durch die Iapyger 354, 370. 871 ;
Verfassung 372; gepen Thurii 400;
während der sie. Ezp. 654. 665.
674 i für 8parta 680. 706 A.;
Stellung zu den Lucanern 804; im
italiot. Bunde, gegen Dionys 824;
unter Archytas 826. 989.
Tarracina in Latium 808. 810 A.
- 811. 815.
Tarsos 90.
Tartessos, Tartessier 376. 377.
Tarzija (Chazzija?), Usurpator in
Babylon Bd. III, S. XIV.
Tauroeis, co). ▼. Massalia 374.
Tauromenion, als Sikelerstadt ge-
Index zum dritten Theil. r>70
gründet795. 799.800; als Griechen-
stadt 991. 1000.
Taxila im Fendjab ML
Tegea gegen Sparta 202, 203; bei
Plataeae 233. 236; gegen Sparta,
8ch lacht bei T. '285 ; für Argos
325; Umschwung, Wendung zu
Sparta 825 ; gegen Mantinea 606 ;
bleibt Sparta treu 631; im Sonder-
bundskrieg 639 f.; demokratisch,
im arkadischen Bundesstaat 949.
950. 953; Bruch mit Mantinea
969. — Tempel der Alea 903.
Tegyra in Boeotien, Schi, bei 932.
Teispes, Perserk., erobert Susa IL
Telekleides, Komiker 4M. 616 ; gegen
Perikles 41& 581.
Telemessos, Telmessos, Orakelstadt
in Lykien 22, 95, 899.
Telephanes v. Phokaea, Bildbauer
25 A. 481.
Teleutias, Atresilaos' Bruder, Nauarch
864 A. 867. 869. 869 A. 870. 873.
878; fällt vor Olynth 894.
Telesilla v. Argos 188.
Telestes v. Selinus, Dithvrambiker
905.
Temesa in Unteritalien lokrisch 372;
bruttisch 1001.
Temnos in Aeolis 860.
Tenedos 42iL 878. 930.
Tenos tritt bei Salamis zu den
Griechen über 223, 225; im del.
• Bund, Tribut 426 ; Sturz der Demo-
kratie 700; von Alexander von
Pherae geplündert 975.
Teos, im ion. Aufstand ISO; im del.
Bund, Tribut 420 ; im ion. Krieg
687.688; von Lysander genommen
724. 724 A.; unter Eonon 860.
Teqoa* in Palaestina IlfL 125.
Teres, Odrysenkönig 428.
Terillos, Tyr.W. Hiraera 206,
Terina in Unteritalien, gegen Thurii
400; bruttisch 1001.
Termessos in Pisidien 93.
Tetreren von Dionys gebaut 790.
Teuthranien, Landschaft, zu Lydien
£L 2S2, 979; Stadt, Fürstenthum
Demarats 3k 189. 838.
Thaies, Erzählungen über 516.
Thamanaeer, iran. Stamm >>8.
Thamudaeer in Nordarabien 87. 87 A.
Thamyras, Hb. Dynast 420.
Thargelia v. Milet in Thessalien 2 1 1 A.
Tharros auf Sardinien 376.
Thasos und Histiaeos 179; Ver-
theilung der Ueberschüsse, Mauer-
bau 202 A. ; persisch 190 : im
. del. Bunde 225; Aufstand 223 bis
'295; Tribut 42ÖJ Sturz der Demo-
kratie 703. 703 A ; von Athen
bekriegt und unterworfen 711. 716.
716 A.; Lysanders Intervention
746. 763; unter Thrasybul 872;
im zweiten Seebund 935. 975;
gründet Datos 977. 998. — Hippo-
krates auf Th. 503. 503 A.
Theagenes v.Bhegion, Rhapsode 479.
Thearidas. Bruder d. Dionys 805.
862. 987.
Thebe, Tochter Iasons 956. 976.
Theben und Persien 173.. 1£L 206.
211.213; oligarch. Verfassung 21 1.
212, lLL9 A.; bei Thermopylae auf
griecb. Seite 215. 219, 219 A.;
Uebertritt zu Xerxes 221; bei
Marrinnios 232. 235. 236j Straf-
gericht 232; Verlust der Herr-
schaft über Boeotien, Demokratie
32JL 329 A.; Bündniss mit Sparta
32ü ; bei Oenophyta besiegt, von
Athen abhängig 330; Wiederge-
winnung der Unabhängigkeit und
der Suprematie über Boeotien 344:
für Korinth gegen Korkyra 532;
mit Sparta verbündet 545; Ueber-
fal 1 Plataeaes 549 ; besetzt Plataeae
564; Theilnahme am Krieg vgl.
Boeotien; in Heraklea Tracbin.
637; fordert Athens Zerstörung
738; Spannung mit Sparta, Unter-
stützung Athens 744. 749; weigert
die Heeresfolge 758. 762. 842. 843;
polit. Stellung 847; im korinth.
Krieg 853 ff. 866 ff.; Auflösung
des boeot. Bundes 879. 891: Be-
setzung der Kadroea 891. 894 A.
896 A.; die Oligarchien gegen Athen
896; Befreiung 924; Geschichte
bis Mantinea 924—971 ; boeot.
Einheitsstaat 932; heil. Schaar
931; tbeban. Symmachie 946;
nach Mantinea 972. 973; Krieg
mit Athen um Euboea 97*.
Themison, Tyr. v. Erelria 960. 961.
Themistogenes v. Syrakus = Xeno-
phon IE lfilA. 833 A.
580
Index mm dritten Tbeil.
Themistokles v. Athen, Ueberliefe-
rung und Beurtheilung 182, 182 A.
2*1 A. 4.">4 : Anfänge 182: Archon
und Anfänge des Piraeeus 183;
Verb, zu Phrynichoa 182. 183 A. ;
Opposition des Miltiades 184 f.;
bei Marathon 194 A.; leitender
Demagoge und Stratege 201 ; gegen
Aegina 204; Flottengeseti 207:
Stellung und Politik 200; Kriegs-
plan216; im Perserkrieg 218-228 ;
auf den Inseln 228: in Sparta
22*. 228 A. 233i gestürzt 233,
2Ü3 A.; nach dem Perserkrieg
gegen Sparta 2fi2 ; Mauerbau und
Piraeeus 270: Stellung und Politik
281—283; Ostrakismos 286: Aus-
gang 288; Besitz im Perserreich
86. 288: Nachkommen 288 A.;
Tb. und Korkyra 222 A.;
Pläne auf den Westen 283. 391 ;
Th. und der Areopag 313 A.; ge-
schichtliche Würdigung 282, 28JL
Theodektes v. Phaseiis, Tragiker 905.
Theodoros v. Byzanz, Rbetor 906.
— v. Kyrene, Mathematiker 500-
— v. Syrakus« Gegner d. Dionys
796. 795 A.
Theodotes, Söldnerbauptmann des
Dionys II. 990. 992. 996.
Theognis, Gedichte aus dem Perser-
krieg unter s. Namen 212. 212 A.
Theophrastos, athen. Oligarch 585 A.
— Peripatetiker 152; über Ari-
stides 215 A. ; über Aspasia 422 A.
Theoporop v. Chios, Hellenika 160.
163; Philippika 168; über den
Westen 166; über die Demagogen
168; Perserkriege 141; Marathon
IM A.; Mauerbau des Themist.
220 A.; Kalliasfrieden 343 A.;
Kleon und die Ritter 581 A.;
Euagoras 840 A. — Komiker 905.
Theorikon in Athen, unter Perikles
317. an A.
Theoros, athen. Demagoge 58L 585A.
Tbeotimos, athen. Stratege 976.
Thera neutral 215.. 425, 593.
Tberamenes.S. d. Hagnon 696.696A. ;
Persönlichkeit 697. 704 A.; unter
den Vierhundert, Führer der ge-
mässigten Aristokratie 704 — 707;
gegen Euboea 711; im hellespont.
Krieg 711. 712. 717; Trierarch
bei den Arginusen 728; im Argi-
nusenprocess 729. 729 A.; bei der
Capitulation Athens 737. 737 A.
738; setzt die Verfassungsände-
rung durch 747. 748; Opposition
gegen Kritias und Tod 749. An-
griffe des Lysias 849.
Therimenes, spart. Feldherr 689. 691.
Therippidas, spart. Harmost 892.
Thermae bei Himera, von Karthago
gegr. 771. 794; unter Dionys 799.
800; wieder karthagisch 826. 985 A.
Therme (Salonik) 217; makedonisch
225; von Athen erobert 536; zu-
rückgegeben 551. 662.
Tbermopylae, Schlacht bei 215 bis
220,
Theron, Tyr. v. Agrigent 2Q& 229 ff.
34L 350. 352j Persönlichkeit 352j
Bauten in Agrigent 354. 774.
Thersandros v. Orchomenos, Er-
zählungen bei Herodot 143.
Theseus als Heros der athen. Demo-
kratie 280.
Thespiae im Perserkrieg, national
2LL 215 219 f.; eingeäschert 221;
Verh. mit Athen 596; von Theben
gesichert 596. 662; von Sparta
behauptet 924. 925. 927. 932;
von Theben genommen 932. 932 A.
bei Leuktra 942. 946.
Thessalien und Kleomenes 202;
innere Verh. 21L 211 A.: Ver-
bindung mit Persien 215, vgl.
Aleuaden; auf griech. Seite 215.
218; Xerxes in Th. 22th bei Mar-
donios 932. 235: dje Spartaner
gegen Thessalien 281; Bund mit
Athen 321i bei Tanagra 329;
athen. Intervention 338 : im archid.
Krieg mit Athen verbündet 548.
548 A. 550j neutral 513. 599. 601.
603. 604. 606. .637; im dekel.
Krieg 680; bedrängniss durch
Makedonien, spart. Intervention
764 f. ; mit Theben gegen Sparta
855. 857. 858; nach dem Königs-
frieden 892. 895; Tyrannis s.
Pherae; nach Leuktra 933. 946.
956 f. 966. 971. 973. 976; thessal.
Bundesstaat 966. 973.
Thessal os, S. d. Kimon 312; gegen
Alkibiades 656.
Theten in Athen 185, 299. :-'.17. 395;
index zum dritten Theil.
Zahl 416, 685: als Schützen 20*,
2fi£L 4J7: Huderer 208. 412. 652;
Tross bei Delion 596; Plan sie
als Hopliten zu verwerthen 580.
580 A.; Hoplitencorps aus den
Theten 652; als Epi baten nach
der sie. Exped. 685; nach der
Restauration 848. 887.
Thibron, spart. Feldherr, in Klein-
asien 837. 838. 869; Schrift über
Sparta 920.
Thorax u. s. Bruder, Aleuaden 211 A.
— spart. Harmost 734. 759.
Thrakien, von Darius unterworfen
20, 172i Mardonios in Thr. 190;
Xerxes 217; Reich 428, s. Odry-
sen. — Küsten im del. Bunde
oder athen. Kleruchenland 276.
29iL 425 f. — Söldner in Athens
Diensten 5S0, 580 A. 598. 605.
670.
Thrasybulos, Gelons Bruder 350. SM,
— Neffe Therons 354 A. 352, —
v. Kollytos, athen. Demagoge 861 :
im Hellespont 878. 878 A. 896.
896 A.; für Theben 927. 930. —
v. Steina, S. d. Lykos, Stratege
der Flotte auf Sumos 703: im
hellespont. Krieg 709 — 711; gegen
Thasos 711. 716. 718; gegen Pho-
kaea 722; nicht wiedergewählt
723 ; bei den Arginusen Trierarch
728. 729; in Phyle 756, im Pirae-
eus 757. 758 ; nach der Befreiung
848. 849. 851 ; Bürgerrechtsantrag
850. 850 A.; Bündniss mit Theben
854; Hüllszug nach Haüartos 855;
bei Nemea 857; Stellung nach
Knidos und zu Konon 861. 865 A.
872; Versuch der Wiederher-
stellung des Reichs 872. 928 A.;
Angriffe der Radicalen und Tod
873. 882. 885.
Thrasydaeos, S. d. Theron 3_5iL 3Ü4.
— Demagoge in Elis 757. 762.
Thrasykles, athen. Stratege 688 f.
Thrasylos, argiv. ötratege 639. —
Strateg der athen. Flotte auf Samos
703. 709. 711; in Ionien 716;
Heimkehr 718; Stratege hei den
Arginusen 723; hinger. 729.
Thrasymacbos v. Chalkedon, Hhetor
und Sophist 522, 524, 529; in
Athen 0_ÜL 613; attische Kunst-
prosa 523 ; über die tcdtpio? «oXt-
tc(a 695 A.; für die Larisaeer 765.
Thukydides, S. d. Melesias, athen.
Staatsmann 3S5, 407—409. 4Ü9 A.
— S. d. Menon v. Pharsalos 705 A.
— S. d. Oloros 627 ; polit. Stellung
696; Stratege bei Eion 599; ver-
urtheilt601;Rückberufung735A.;
Geschieh ts werk 627; Veröffent-
lichung 909 ; Pentekontaetie 149 f. ;
pelop. Krieg 155 ff.; Entstehung
und Vollendung des Werks 1 55.
155 A. ; Geschichtsauffassung 15_ß_ ff.
627; Reden 156j Glaubwürdigkeit
158. — Ausbruch des pel. Kriegs
530 A. 5JÜA. 532 A.544A.; aber
Plataeae 5_M A. ; Pylos und Sphak-
teria 589 A.; Benutzung des Antio-
chos 5_26_ A. 597 A. : sicil. Exped.
649 ; Hermokrates 653 A. ; Hermen-
frevel, Benutzung des Andokides
651 A.; ionischer Krieg 690 A.
693 A. 704 A.; Gesch. der Vier-
hundert 701 A.; über Therame-
nes 704 A.; über Antiphon 612.
Leichenrede 142, 308 A. 382 A.;
Reden über die Mytilenaeer 611.
611 A.
Thuria in Messenien, Perioekenge-
roeinde 263, 263 A. 294.
Tburii, Gründung und älteste Ge-
schichte 398—400; Bruch mit
Athen 435 : während der sie.
Exped. 656 a. 665; Uebertritt zu
Athen 672; für Sparta 680. 690.
708. 724 A. ; im italiot. Bunde 804;
Niederlage durch die Lucaner 805.
825; gegen Dionys 824. 825. 826;
gegen die Bruttier 1001. 1001 A.
Thuys, K. v. Paphlagonien 899.
Thymaridas, pythagor. Arithmetik
500,
Thymbrara in Kleinasien 4L 41 A.
Thymochares, athen. Stratege 706.
710.
Thyrea in Lakonien IM. 263; An-
siedelung der Aegineten 551 . 595 ;
von Athen verwüstet 595. 668.
Thyria in Akamanien 939.
Thyssageten in Sibirien 65.
Thyssos auf der At hoshalbinsel 605 A.
633.
Tibarener 6JL
Tibet ML Ü£, 0±L
582 Index zum dritten Theil.
Tibur in Latium 810.
Tieon am Pontos, von Heraklea ab-
hängig 430, 980.
Tigranes, pers. Feldherr bei Mykale
238 f. — auf Samos 965.
Timaeos, Geschichte des Westens
167; Himeraschlacht 322 A.; Ober
(Jelon 348 A.; Sicil. im iL Jahrh.
252 A.; erster sie. Krieg aus Thu-
kyd. überarbeitet 597 A.; Kar-
thagerkrieg und Dionys 769 A.
770 A. 773 A. 774 A. 778 A. 794 A.
795 A. (Rede des Theodoras).
796 A. 822 A.; Aber Dionys 782.
796. 986. 986 A.; Ober Dion 992 A.
993 A. 995 A. 999 A.
Timagenidas, theban. Oligarch 237.
Timagoras, athen. Gesandter in Susa
959. 963.
Timesileos, Tyrann v. Sinope A'AO.
Timokrates, Demagoge im Argi-
nusenprocess 729. — v. Rhodos,
pers. Unterhändler 855. 855 A.
— Commandant v. Syrakus 993.
Timokreon v. Rhodos, Gedichte lASu
225. 228 A.
Timolaos, korinth. Stratege 857.
Timoleon v. Korinth, Befreier Sici-
liens 968. 1000.
Timomacbos, atben. Stratege 975.
976. 977.
Timonides v. Leukas. Genosse und
Geschichtsschreiber Dions 16JL
992. 992 A. 998 A. 995 A. 999 A.
Timophanes, Tyrann von Korinth
968.
Timotheos, S. d. Konon 930; Bez.
zu Isokrates 923; Persönlichkeit
und Politik 930; im Westen 935
bis 938; Process 938; in. Aegypten
900. 938. 940A. ; gegen Kallistratos,
Wiederaufnahme der Eroberungs-
politik 963; FeldzQge in Klein-
asien und Thrakien 964. 965; am
Hellespont 967. 980; Heimkehr
967.975; Niederlage bei Ampbi-
polis 976; spatere Stellung 977;
im Bundesgenossenkrieg. Verur-
teilung und Tod 982. 982 A. —
v. Milet, Dithyrambiker 488. 4&L
764. 905.
Tiribazos, Satrap v. Westarmenien
835; Oberfeldherr in Kleinasien
IL 865 f.; Verbindung mit Sparta,
Königsfriede 877—879 ; gegen
Euagoras 897 f.; Process 898.
Tiryns, von Argos unabhängig 188;
bei Plataeae 235; von Argo3 zer-
stört 285, 285 A. ; Tirynthier in
Halieis 285.
Tisamenos, ava^pa^tus in Athen
848 A. — lamide, in Diensten
Spartas 236. 285 A.
Tisias v. Syrakus, R betör 368; in
Thurii 398.
Tisipbonos, Tyrann v. Pherae 976.
978.
Tissaphernes, Satrap v. Sardes und
Karien6S3; Besitzungen 35; Ober»
feldherr 683. A1L 44i gegen Amor-
ges und Athen 683; im ionischen
Krieg 687—692. 708; Verhand-
lungen mit Athen 692. 699. 703;
Verhalten in den nächsten Jahren
710. 714. 716; muss die Satrapie
von Sardes und den Oberbefehl an
Kyros abtreten 719. 722; schützt
die milesischen Demokraten 733 A.
761; gegen Kyros 745. 832. 883;
bei Kunaxa 834; gegen die Kyreer
835; Nachfolger des Kyros 837;
Krieg pegen Sparta 837 ff.; Ver-
urteilung und Tod 845 f.
Tithraustes, Chiliarch, gegen Tissa-
phernes 845 ; in Kleinasien, Ver-
handlungen mit Agesiiaos 846.
33 A., mit Theben 854 A. 855;
am Hof gegen Sparta 865 f.
Tlos, Stadt in Lykien 95.
Tobia, Samaritaner 125. 128.
Tolmides, atben. Stratege 32 1 ; Fahrt
um den Peloponnes 334; fübrt
Kleruchen nach Euboea, Naxos,
Andres 22& 337 A.; fällt bei
Koronea 344.
Torone auf der Chalkidike, im del.
Bund 421; Abfall 600; zerstört
605.607 ; restaurirt743; im cbalkid.
Bund 893. 894; von Athen er-
obert 965.
Tragia bei Samqs. Schlacht 423,
Tragödie, staatliche Organisation
440. 441 f. 4'.M) ; xatvol tpftf cpSot
441. 441 A. ; Entwickelung durch
Aeschylos 257 — 259. 490; die neue
Tragödie (Sophokles und Euri-
pides) 491—494; Stichomythie u.
Reden 444, 425, 492; Charakter-
Index zum dritten Theil.
typen 453; Zersetzung durch Euri-
pides 42ä. 494^ im 4. Jahrh. 905.
Tragurion, col. v. Issa in Illyrien
822.
Trailes, Thibron gegen 837 A.
Trapezus am Pontes 43lL 835. 836.
Triballer 601. 601 A. 935.
Tribus und Tribunen in Rom 812.
Triphylien 285. 606. 744. 762. 949;
arkadisch 953 ; vgl. Lepreon.
Tripolis in Phoenikien 85.
Tritojesaja 118.
Troas im del. Bunde 292. 426; unter
Zeno und Hania aL 761. 838;
Charidemos in Troas 979. 980.
Troezen im Perserkrieg 219. 222.
222 A. 235; Anschluss an Athen
331. 334 : geräumt 346. 591 ; für
• Korinth gegen Korkyra 532; An-
. griff Athens 595; für Sparta 950.
952.
Tragus Pom pejus, s. Justin.
Trysa (Gjölbaschi) in Lykien 95 A.
Turdetaner (Tarlessier) 377.
Tusculum in Latium 808. 810. 811.
Tydeus, athen. Stratege. 733. 734 A.
Tylos, arab. Insel im pers. Mb. 62.
Tymnes, karischer Dynast, im de).
Bunde 424,
Tyndarides, Usurpationsversuch in
Syrakus S59.
Tyndaris, von Dionys mit Messe-
niern besiedelt 799. 799 A. 800.
Tyras, griech. Stadt am Dnieslr
iÜL 432.
Tyrodiza, Thrakerstadt an der Pro*
pontis, im del. Bunde 292. 425,
428.
Tyros, phoen. FQrstenthum 85] von
Euagoras genommen 897.
u.
Uliades v. Samos 212.
Umbrer und Kelten 821.
Urartu (Alarodier) 89.
Unik (Orche) in Baby Ion ien S2±
*Us, in der syr. Wüste £7 A.
Ustani (Sisines), Satrap v. Syrien und
Babylonien 29. HL
Utier, pere. Stamm KL 10 A. l±L 4JL
Utika und Karthago 381.
Uxier (Uvädia) Iß. U A. IL
Uzahor, Oberpriester von Sais, bei
Darius 101.
V.
Veji, Kriege mit Rom 811. 811 A.;
erobert 815; die Römer in V.
818-820.
Velitrae in Latium, volskisch 808.
808 A.; latinisch 815.
Veneter und Kelten 819. 821.
Verrugo in Latium 808. 815.
Volsinii und Rom 816.
Volsker 808. 811. 815. 820.
w.
Wellhausen &
Wilamowitz 170.
Wissenschaft, griechische, Anfange
243. 498; wissensch. Literatur im
5. Jahrh. 491, 493 ff.; im 4. Jahrh.
909.
X.
Xanthippos, athen. Staatsmann 116.
182; gegen Miltiadea IM A. 197;
Ostrakismos 191* lfifi A.; neuer
Einfluss 233. 233 A.; Gesandter
in Sparta 284j bei der Flotte 233.
Mykale und Sestos 239; Tod 28L
— S. d. Perikles 53L 558. 558 A.
Xanthos in Lykien 95; 8tele von X.
557 A. 688 A.
Xanthos der Lyder 92.
gtvafot im pelop. Bunde 285.
Xenagoras v. Halikarnass in Kilikien
90. A.
Xenarchos, Mimen, Ober Rhegion
807 A.
Xenares, Ephor 685. 636; Tod 637.
Xenias, eliscber Oligarcb 762.
Xenokrates, Bruder Therons 350.
— v. Chalkedon, Schüler Piatos,
in Sicilien 990.
Xenokritos, in der Gründungscom-
mission von Thurii 398. .
Xenophanes von Elea, System 509.
509 A.; Einwirkung auf Heraklit
508. 508 A., auf Parmenides 510.
51 1 -. gegen den Sport 249.
584 Index zum dritten Theil.
Xenophon, athen. Stratege 561. 5ü">.
-r— der Sokratiker, Leben lö2 A.;
X. und Sokrates 618 A.; bei Kyros
835 f.; Führer der Kyreer in Klein-
asien 838 A.; mit Agesilaos bei
Koronea 856. 858 A.; Bez. zu Dio-
nys II. 990; polit. Anschauungen
882. 883. 922. 924; Abfassungszeit
seiner Werke lfi2 A. — Agesilaos
lÜL 834 A. 919. — Anabasis 5.
161. 919. 833 A. 834 A. 836 A.;
Anhang 5, — Apologie »52 A.
— Cyropädie 5- 922; Benutzung
Herodots 5 A. 9_ A. 12 A. 20, 23 A.
45 A. — Hellenika 909. 919; Ende
des pel. Kriegs im 710 A. 711 A.
716 A. ; Chronologie 7 14 A. 725 A. ;
chronol. Interpolationen 714 A.
769 A. ; Arginusenprocess 729 A. ;
Über Theramenes 704 A.; Fall
Athens und Gesch. der Dreissig
736 A. 737 A. 747 A. 748 A. 749 A.
756 A. 757 A.; die folgende Zeit
162; memoirenhafter Charakter,
Tendenz und Glaubwürdigkeit l&L
162 A.; Zeit Lysanders 748 A.;
über die pers. Gelder 854 A.; über
Thrasybul 873 A. ; gespreizte Ma-
nier bei unangenehmen Ereig-
nissen 878 A. 931 A. 937 A. 944 A.
961 A.; Uebergehen des Seekriegs
845 A., der Gründung der Allianz
von 395 : 855 A., der Gründung des
Seebundes 928 A.. der Beziehungen
zu Persien 936 A.; thebanische
Zeit 924 A.; Leuktra 944 A.; An-
griff auf Sparta 950 A.; Schweigen
über Messene und Megalopolis
951 A. 953 A ; Beurtheilung des
Lykomedes 949 A. ; über Schi. b.
Mantinea 971. Benutzung durch
Aristoteles 747 A.; durch Ephoros
8, das. — Hieron 827 A. 990. —
Memorab. 618 A. 912. — Oecon.
über Persien 5, 4& über Land-
wirtschaft 883. — iroX. Aax. 920.
— rcopoi 984. — die noXittta ' A^rj-
vauov unter X. Namen 147. 308 A.
585. 696.
Xerxes, Perserkönig, Antritt 190;
unterwirft Aegypten 102, 196; Ab-
schaffung des babyl. Königthums
80. 196j X. und die Juden 118;
Verhalten zu den griech. Göttern
25 5 ; Bauten LL 72i Bündniss
mit Karthago 206; Zug cremen
Griechenland 2Ü5 f. '11SL 213 ff.:
Heeresstärke 217. 211 A. ; Rück-
zug 22ö A. 222, 222 A. ; letzte
Zeit und Ermordung 322 f. 323 A.
— II., Perserkönig 682.
loftpafrtfi in Athen 31M A. 701.
701 A. 713 A.
z.
Zacharja, Prophet LH. — der An-
hang, über die Propheten 133.
Zakynthos (reiten Sparta 285; gegen
Korinth 332; Anschluss an Athen
334 ; für Korkyra 535 ; Bündniss
mit Athen 548, 548 A. 574^ An-
griff der Pelop. 566; bei der sie.
Exped. 672; unter Sparta 892;
Kämpfe um Z. 937. 938. — Dion
. auf Z. 993.
Zankle und Persien 173; Samier in
Z. 181 ; Umwandlung in Messana
203, 353. 358.
Zarathustra, Persönlichkeit lö A.;
Alter des Awesta 10 A. 45 A.;
Lehre und Umgestaltung 76. ff.;
Verbreitung der Religion IQ. lü A.
2L 2& 19_ 104. 106.
Zela in Kappadokien, pers. Cultus-
stätte 92,
Zelea am Hellespont, im del. Bunde
Zenis von Troas 3L 761.
Zeno v. Elea, Leben 37 J; in Alben
412. 509 A.; Lehre 512. 510 A.
Zeruhabel, Statthalter von Juda,
Tempel bau IIS, H9, vgl. Bd. III,
S. XIV.
Zeugitana karthagisch 379.
Zeugiten in Athen 2iüL BOti. 395 ;
Archontat ihnen zugänglich 317;
Zahl 416. 685; auf der Flotte 41L
567. 727.
Zeuxis(Zeuxippos)v. Herakles, Maler
373. 479. 479 A. 484. 764. 903.
904.
Zinninseln 378.
Zopyros, Satrap v. Babylon 3iL 8JL
— Enkel d. Vorigen, S. d. Mega-
byzos, Rebellion 433,
Zyganten (Byzanten) in Afrika 312.
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