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Full text of "Geschichte des Alterthums"

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Geschichte 
des 

Alterthums 


Eduard  Meyer 


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GESCHICHTE 


DES 


ALTEBTHUMS 


VON 


EDUARD  MEYER. 


FÜNFTER  BAND. 


DAS  PERSERREICH  UND  DIE  GRIECHEN. 

VIERTES  BÜCH: 
DER  AUSGANG  DER  GRIECHISCHEN  GESCHICHTE. 


STUTTGART  und  BERLIN  1902. 

J.  G.  COTTA'SCHE  BUCHHANDLUNG  NACHFOLGER 

G  M  B.  H. 


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Alle  Rechte  vorbehalten. 


Druck  der  Union  Deutsche  VerUgsgeiellsohaft  in  Stuttgart. 


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,  A  3  5"  3 
UG  1  1902 

FOX 
'  A\J57 

5" 


MEINEM  LIEBEN  FREUNDE 

DIETRICH  SCHÄFER 


ZUM  ANDENKEN 

AN  DIE  ZEITEN  GEMEINSAMER  WIRKSAMKEIT  IN  BRESLAU 


GEWIDMET. 


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Vorwort. 


^Nach  den  Vorbemerkungen  zum  dritten  und  vierten 
Bande  würde  der  fünfte  keines  weiteren  Geleitworts  bedürfen» 
wenn  nicht  ein  neuer  Fund  hier  noch  Berücksichtigung  er- 
heischte. 

Im  Herbst  1901  hat  Bruno  Keil  unter  dem  Titel  Anonymus 
Argentinensis  ein  Papyrusblatt  veröffentlicht  und  mit  einem  an 
werth  vollen  Excursen  reichen  Commentar  begleitet,  dessen  Rück- 
seite Notizen  über  die  Geschichte  Athens  im  fünften  Jahrhundert 
enthält.     Das  Blatt  ist  in  der  Mitte  der  Länge  nach  durch- 
gerissen, so  dass  von  den  26  Zeilen  immer  nur  die  zweite 
Hälfte  erhalten  ist.  Geschrieben  ist  der  Text  etwa  gegen  Ende 
des  ersten  Jahrhunderts  n.  Chr.  Die  Aufzeichnungen  erinnern 
an  die  unter  Heraklides'  Namen  gehenden  Auszüge  aus  Ari- 
stoteles'  Politien;  es  sind  zusammenhangslose  Excerpte  aus 
einem  grösseren  Werk,  wahrscheinlich,  trotz  der  abweichenden 
Ansicht  des  Herausgebers,  doch  aus  einer  Atthis;  genauer 
wird  sich  die  Vorlage  schwerlich  bestimmen  lassen.  Soweit 
man  nach  dem  Erhaltenen  urtheilen  kann,  sind  die  Notizen, 
wenn  auch  ebenso  sprunghaft,  so  doch  sorgfaltiger  excerpirt 
als  die  des  sog.  Heraklides;  ob  die  Vorlage  selbst  einen  grös- 
seren Werth  beanspruchen  darf,  darüber  kann  nur  die  Analyse 
der  einzelnen  Angaben  Aufschluss  gewähren,  die  freilich  durch 
die    unvollständige  Erhaltung,  die  nur  in  wenigen  Fällen 


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VI 


Vorwort. 


einigermassen  sichere  Ergänzungen  zulässt,  ausserordentlich 
erschwert  wird. 

Im  ersten  Paragraphen  war  von  der  Einsetzung  einer 
Baucommission  die  Rede,  offenbar  für  die  Akropolis,  und  dann 
heisst  es:  xal  töv  Ilapftsvüva  u.st'  Styj  i',  xa[TajroXeu,7}#§vtü»v  fß-ij 
td)v  üspjotov,  ^p4avto  oixoSou^aat.  Falls  der  Verfasser  hierbei 
das  urkundliche  Datum  des  Beginns  des  Parthenonbaus,  447, 
im  Auge  hat,  würden  die  Beschlüsse  über  die  Bauten  ins 
Jahr  457,  in  die  Zeit  der  Schlacht  bei  Tanagra,  fallen.  Die 
sorgfaltigen  und  eingehenden  Untersuchungen  des  Heraus- 
gebers J)  zeigen,  dass  allgemeine  Beschlüsse  über  die  Neugestal- 
tung der  Akropolis  für  diesen  Zeitpunkt  recht  wahrscheinlich 
sind:  so  scheint  der  Papyrus  hier  eine  richtige  Notiz  zu  be- 
wahren, oder  correcter  gesprochen  ehemals  bewahrt  zu  haben. 

Wesentlich  anders  steht  es  mit  der  nächsten  Angabe, 
dass  unter  Euthydemos  (correct  Euthynos,  450/49)  auf  Antrag 
des  Perikles  die  Verlegung  des  Bundesschatzes  von  5000  Ta- 
lenten von  Delos  nach  der  Akropolis  beschlossen  worden  sei. 
Dass  Perikles  die  Massregel  beantragt  hat,  mag  richtig  sein; 
aber  die  angegebene  Summe  ist  einfach  absurd,  und  das  Datum 
völlig  unmöglich.  Denn  wir  wissen  urkundlich,  dass  seit  454 
die  a-apy^  der  eingehenden  Tribute  von  den  Hellenotamien 
an  die  Göttin  auf  der  Burg  gezahlt  ist;  dass  trotzdem  der 
Schatz  selbst  noch  vier  Jahre  lang  auf  Delos  geblieben  sei, 
wird  trotz  allem,  was  Br.  Keil  zur  Verteidigung  dieser, 
wenn  die  Angabe  des  Papyrus  richtig  ist,  unvermeidlichen 
Folgerung  ausführt,  bei  ruhiger  Erwägung  schwerlich  irgend 
Jemand  für  glaublich  halten.  Ueberdies  ist  die  Verlegung  des 
Schatzes  im  Jahre  450/49  ebenso  wenig  zu  erklären,  wie  sie 


')  In  allen  Einzelheiten  kann  ich  ihm  freilich  nicht  beistimmen; 
am  wenigsten  in  dem  Ansatz  des  pan hellenischen  Congresses  des 
Perikles  ins  Jahr  456,  mitten  in  den  Krieg  zwischen  Athen  und  den 
Peloponnesiern,  und  ebenso  wenig  in  der  Annahme,  dass  der  Bau  des 
Niketempels  zwar  um  450  beschlossen,  aber  erst  um  435  ausgeführt 
worden  sei. 


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Vorwort. 


VII 


454,  unmittelbar  nach  der  aegyptischen  Katastrophe,  natur- 
lich, ja  nothwendig  war. 

Die  weitere  Angabe,  dass  der  Rath  die  Controlle  über  die 
alten  Trieren  führen  und  100  neue  bauen  soll,  wird  richtig  sein.  — 
Dann  folgen  theils  unverständliche,  theils  gleichgültige  Excerpte 
(über  einen  Hülfszug  gegen  die  Thebaner  innerhalb  3  Tagen, 
über  den  Namen  einer  Triere,  über  die  Namen  der  Theile  des 
peloponnesischen  Kriegs  —  hier  erscheint  der  Name  »archidami- 
scher  Krieg«  zum  ersten  Mal  in  der  historischen  Literatur  [vgl. 
§.  548  A.]  — ,  über  Adeimantos*  Verrath  bei  Aegospotamoi),  und 
zum  Schluss  eine  Reihe  von  Angaben  über  die  nach  dem  Sturz  der 
Dreissig  vorgenommenen  Aenderungen  (darunter  über  die  Kola- 
kreten,  deren  Ersetzung  durch  andere  Finanzbeamte  berichtet 
sein  wird,  wie  die  erhaltenen  Worte  rcdXai  xoXaxp&at'.  schliessen 
lassen).  Am  werthvollsten  darunter  würde,  wenn  sie  voll- 
standig  ergänzbar  wäre,  die  Notiz  sein,  dass  im  Jahre  des 
Pythodoros  oder  der  Anarchie  rrjv  twv  vo(A.o<poXdx<i>v  apxfy 
[  av]$pwv  t'c'.  Die  Frage  nach  den  Nomophylakes  ge- 
hört zu  den  dunkelsten  der  attischen  Verfassungsgeschichte  (vgl. 
§.  318  A.).  Es  ist  anerkannt,  dass  diejenigen  Nomophylakes, 
von  denen  Philochoros  im  7.  Buch  erzählte  (lex.  Gantabr.  s.  v.), 
erst  in  die  Zeit  des  Demetrios  von  Phaleron  gehören;  mög- 
lich aber  bleibt  es,  dass  (wie  Br.  Keil  annimmt)  die  an- 
schliessende Angabe  xat  xatdanjoav,  a>?  <£iX(fyopoc,  ors  'EtpizXzrfi 
jiöva  xat£Xtite  rg  l£  'Apstoo  Trdfot)  ßouX^  ta  bvkp  toö  ou>(j.a?o< 
doch  eine  richtige  Nachricht  enthält,  wenn  die  Nomophylakes 
auch  im  fünften  Jahrhundert  eine  grössere  Rolle  im  öffent- 
lichen Leben  gewiss  nicht  gespielt  haben.  Zu  einem  sicheren 
Resultat  ist  aber  auch  mit  der  fragmentarischen  Notiz  unseres 
Papyrus  nicht  zu  kommen.  In  derselben  scheint  von  einer  Be- 
hörde von  16  Nomophylaken  die  Rede  zu  sein.  So  unwahrschein- 
lich wie  möglich  ist  jedoch  Br.  Keil's  Annahme,  hier  sei  ihre 
Aufhebung  unter  der  Anarchie  berichtet  worden.  Viel  wahr- 
scheinlicher ist,  dass  von  der  Einsetzung  einer  derartigen  Be- 
hörde durch  die  Dreissig  die  Rede  war,  die  dann  natürlich 
den  Sturz  der  Oligarchie  nicht  überlebt  hat.  — 


VIII 


Vorwort. 


Zu  meinem  Bedauern  habe  ich  die  Schrift  von  Joseph 
Brunsmid,  Die  Inschriften  und  Münzen  der  griechischen  Städte 
Dalmatiens,  1898  (Abh.  des  archäol.-epigr.  Seminars  der  Uni- 
versität Wien ,  Heft  XIII)  und  die  darin  S.  2  ff.  mitgetheilte 
wichtige  Inschrift  von  Schwarzkorkyra  zu  spät  kennen  gelernt, 
um  sie  §.  822  noch  berücksichtigen  zu  können»  obwohl  die- 
selbe auch  von  Dittenberger  in  der  Sylloge  unter  no.  933 
abgedruckt  und  eingehend  commentirt  ist.  Die  Inschrift 
stamnit  aus  dem  vierten  Jahrhundert  und  enthält  einen  Ver- 
trag zwischen  den  Issaeern  und  zwei  vermuthlich  illyrischen 
Machthabern,  Pyllos  und  seinem  Sohn  Dazos,  über  den  Grund- 
besitz der  in  die  neugegründete  Stadt  entsandten  Colonisten. 
Daraus  geht  hervor,  dass  Issa  in  der  Zeit  des  Dionysios  oder 
kurz  nachher  auf  Schwarzkorkyra  eine  Golonie  angelegt  hat. 

- 

Halle  a.  S.,  den  25.  Januar  1902. 


Eduard  Meyer. 


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Inhalt. 


Das  Perserreich  und  die  Griechen. 
Viertes  Buch. 
Der  Ausgang  der  griechischen  Geschichte. 

Seite 

I.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz  3 

Die  politische  La?e  nach  der  Vernichtung  des  attischen 
Reichs  §.739—742.  Durchführung  der  Herrschaft  Spartas 
und  Lysanders  §.  743—750.  Innere  Gegensätze  in  Sparta 
§.  751 — 755.  Befreiung  Athens  und  Sturz  Lysanders  §.  756 
bis  760.  Die  spartanische  Herrschaft  nach  Lysanders  Sturz. 
Thessalien  und  Makedonien  §.761—765. 

II.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien     .    .    .  59 

Sicilien  nach  der  Abwehr  der  Athener  §.  766.  767.  Erste 
Invasion  der  Karthager.  Zerstörung  von  Selinus  und  Himera 
§.  768 — 771.  Ausgang  des  Her  mok  rate«.  Zweite  karthagische 
Invasion.  Einnahme  von  Atfrigent  §.  772 — 775.  Usurpation 
des  Dionysios.  Verlust  von  Gela  und  Kamarina  und  Friedens* 
schlug*  §.  776 — 780.  Sicilien  nach  dem  Frieden.  Dionysios* 
Aufgaben.  Niederwerfung  des  Aufslands  und  erste  Erobe- 
rungen §.  781 — 786.  Dionysios"  Regiment.  Rüstungen.  Fi- 
nanzen §.  787—792.  Zweiter  karthagischer  Krieg  §.  793—800. 

III.  Italien    zur  Zeit  des  Dionysios.    Rom,   die  Sa- 
beller  und  die  Kelten.    Das  Reich  des  Dionysios  .  122 

Niedergang  der  Etrusker.  Vordringen  der  Sabeller.  Der 
italiotische  Bund  §.  801—304.  Dionysios  in  Italien  §.  805 
bis  807.  Rom  und  Latium  bis  zur  Eroberung  Vejis  §.  808 
bis  816.  Die  Kelteninvasion  §.  817—821.  Dionysios  im 
Adriatisehen  Meer  und  gegen  die  Etrusker  §.  822.  823. 
Neuer  Krieg  mit  Karthago  und  den  Italioten  §.  824—826. 
Persönlichkeit  und  Reich  des  Dionysios  §.  827—830. 

IV.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien  180 

Abfall  Aegyptens.  Kyros'  Erhebung  und  Untergang  §.  831 
bis  836.  Spartas  Angriffskrieg  gegen  Persien.  Agesilaos, 
Konon  und  Euagoras  §.  837 — 346.  Theben  und  Athen.  Die 
restaurirte  Demokratie.  Verurtheilung  des  Sokrates  §.  847 
bis  853.    Ausbruch  des  Kriegs  in  Griechenland.  Schlachten 


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X  Inhalt. 

Salt  f. 

bei  Haliartos,  Nemea.  Koronea  §.854—853.  Die  Schlacht 
hei  Knidos  und  ihre  Folgen.  Krieg  um  Korinth.  Friedens- 
verhandlungen §.  859  —  800.  Fortgang  des  Kriegs.  Versuch 
der  Wiederherstellung  des  attischen  Reichs.  Aufstand  des 
Euagoras  §.  867-874.    Der  Königsfriede  §.  875—879. 

V.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden.  DieCul- 
turderBeactionszeit  274 

Politische,  sociale  und  wirtschaftliche  Zustande  der  Re» 
actionszeit  §.  **Q—  SSS.  Durchführung  der  spartanischen 
Herrschaft.  Theben.  Olynth  und  Makedonien.  Athen  §.  sS9 
bis  896.  Die  Perser  gegen  Euagoras  und  Aegypten.  Son- 
stige Aufstände  im  Perserreich  §.  897 — 900.  Die  Cultur  der 
Beactionszeit.  Kunst  und  Dichtung  9i '1—005.  Sophistik 
und  Bhetorik.  Isokrates  QQi; — OOS.  Wissenschaft  und 
Philosophie.  Demokrit.  Die  Sokratiker.  Plato  §.  909—918. 
Individuum  und  Staat.  Die  politischen  Theorien.  Isokrates' 
Panegyrikos  919-923. 

VI.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens,  bis  zum 

Frieden  von  Sparta  373 

Befreiung  Thebens.  Bruch  zwischen  Athen  und  Sparta 
924  —  927.  Der  zweite  athenische  Seehund  §.  928—930. 
Der  Landkrieg.  Der  hoeotigche  Einheitsstaat,  lason  von 
Pherae  931  -933.  Der  Seekrieg  bis  zum  Flieden  von 
374  §.  934—93«;.  W'iederaushruch  des  Kriegs.  Friede  von 
Sparta  §.  937-941. 

VII.  Kpamiriondas  und  die  Vernichtung  der  spartani- 
sche n  M  acht.  Der  Ausgang  des  athenischen  S  e  e- 
I)  undes  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  ,  .  .  .  .  .  ,  4M 

Schlacht  bei  Leuktra  §.  942—944.  Die  Folgen  der  Schlacht, 
lasons  Ausgang  §.  945.  94G.  Revolutionen  im  Peloponnes. 
Kpaminondas  ge^n  Sparta.  Messene  und  der  arkadische 
Dundesstaat  §.  947  -9'»4.  Parteikämpfe  in  Theben.  Inter- 
vention in  Thessalien  und  Makedonien  955 — 957.  Ver- 
handlungen und  Kämpfe  bis  zum  Frieden  von  306  §.  953 
bis  902.  Athens  Eroberungen  und  der  Satrapenaufstand 
s>.  903  — 9*'.5.  Die  Thehaner  in  Thessalien.  Unternehmungen 
zur  See  §.  9r,ö,  9'i7.  Der  Peloponnes.  Eli-s  und  Arkadien 
§.  968.  969.  Die  Schlacht  bei  Mantinea  und  ihre  Folgen. 
Kpaminondas1  geschichtliche  Stellung  §.  97" — 974.  Athen 
bis  zum  Dundesgenossenkriege  97.') — 978.  Das  Perser- 
reich.  Niederwerfung  der  Aufstände.  Die  Tyrannen.  Kle- 
archos  von  Heraklea  5.  979  — 9S1.  Der  Bundesgenossen- 
krieg und  das  Ende  der  athenischen  Macht  §.  9S2— 9V4. 

VIII.  Der  Ausgang  Dionysios1  I.    Der  Beform  versuch 

und  d  i  e  Auflösung  des  w  e  s  t  g  r  i  e  c  h  i  s  c  h  e  n  Deichs  497 

Vierter  Karthagerkrieg  und  Tod  Dionysios*  I.  §.  985.  9S6. 
Dionysios  II.  Dion .  Plato  und  der  Befortmersuch  §.  9>7 
bis  991.  Die  Befreiung  Siciliens  §.  992— 997.  Pions  Aus- 
gang. Scheitern  des  Beformversuchs.  Auflösung  des  west- 
griechischen  Boichs  $.998  —  1001. 


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Geschichte  des  Alterthum 

Dritter  Tkeil. 

Das  Perserreich  und  die  Griechen. 

Viertes  Buch. 
Der  Ausgang  der  griechischen  Geschichte. 


I.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Oie  politische  Lage  nach  der  Vernichtang  des  attischen 

Reichs. 

739.  Dreimal  haben  die  Gegner  Athens  sich  gegen  seine 
Uebermacht  erhoben.  Das  erste  Mal,  in  den  Jahren  460—446, 
haben  sie  die  Unabhängigkeit  des  Festlandes  erstritten  und 
Athen  auf  die  Seeherrschaft  beschränkt.  Der  Versuch,  in 
einem  zweiten  Kampf,  431—421,  auch  diese  Seeherrschafl  zu 
brechen  und  die  Festsetzung  Athens  im  Ionischen  Meer  zu 
vereiteln,  welche  den  Peloponnes  zu  umklammern  drohte,  ist 
gescheitert.  Als  dann  aber  Athen,  statt  die  Wunden  des 
Kampfes  zu  heilen,  getragen  von  seinem  Siege  und  getrieben 
von  dem  leidenschaftlichen  Ehrgeiz  eines  Staatsmanns,  der 
sich  die  Krone  von  Hellas  erobern  wollte,  in  verblendeter 
üeberschätzung  seiner  Mittel  die  Hand  nach  der  Herrschaft 
über  die  ganze  Hellenenwelt  ausstreckte,  ist  seine  Macht  zu- 
sammengebrochen. Da  die  Demokratie  und  ihre  Führer  die 
Fähigkeit  vollständig  verloren  hatten,  die  Lage  zu  über- 
schauen und  die  Kräfte  ihres  Staats  richtig  zu  schätzen,  fand 
der  Kampf  nicht  eher  ein  Ende,  als  bis  das  Reich  gänzlich 
vernichtet  war.  Dass  Athen  selbst  nicht  vom  Erdboden  ver- 
tilgt wurde,  wie  ehemals  das  Assyrervolk  oder  wie  Sybaris, 
sondern  als  ohnmächtiger  Vasall  Spartas  fortbestehen  durfte, 
verdankte  es  nicht  seinem  verzweifelten  Widerstande,  sondern 
lediglich  der  Grossmuth  des  Siegers. 


4  IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturr. 

740.  Im  Namen  der  Freiheit  der  Hellenen  und  der  alten 
von  den  Vätern  begründeten  Ordnung,  welche  die  Nation 
gross  und  glücklich  gemacht  hatte,  war  der  Kampf  gegen  den 
Staat  geführt  worden,  der  ganz  Hellas  seiner  Zwingherrschaft 
zu  unterwerfen  strebte.  Aus  eigener  Kraft  freilich  hatte  der 
Particularismus  nichts  vermocht  gegen  den  mit  allen  Mitteln 
der  modernen  Grossmacht  ausgerüsteten  Einheitsstaat;  jeder 
Insurrectionsversuch  der  schon  unterworfenen  Gemeinden  schei- 
terte hoffnungslos,  und  auch  die  stärksten  der  noch  selb- 
ständigen Griechenstaaten,  wie  Theben  und  Korinth  im 
Mutterlande,  Syrakus  und  die  übrigen  Gemeinden  Siciliens  und 
Italiens  im  Westen,  waren  nicht  stark  genug,  um  selbst  ver- 
einigt dem  energischen  Vordringen  Athens  zu  widerstehen, 
ganz  abgesehen  von  der  Zerrissenheit  und  ungenügenden  An- 
spannung der  Mittel,  welche  mit  dem  Princip  des  Particula- 
rismus unvermeidlich  verbunden  ist.  So  hatten  sie  alle  sich, 
gern  oder  ungern,  um  den  Militärstaat  geschaart,  der  allein, 
weil  er  iri  seinen  Anfangen,  wenn  auch  nicht  in  seiner  Aus- 
gestaltung, denselben  Tendenzen  entsprungen  war  wie  Athen, 
diesem  einen  kaum  zu  überwältigenden  Widerstand  entgegen- 
zusetzen vermochte.  Dem  Wesen  des  spartanischen  Staats 
lag  an  sich  der  particularistische  Gedanke  ganz  fern,  im 
Gegentheil,  er  wollte  herrschen  so  gut  wie  Athen.  Hätte  dieses 
ihm  innerhalb  der  zwar  theoretisch  weit  umfassenderen  aber 
thatsächlich  viel  bescheideneren  Grenzen,  auf  die  sich  Spartas 
Ansprüche  erstreckten,  Anerkennung  und  Unterstützung  zu  ge- 
währen vermocht,  so  hätte  eine  dauernde  Allianz  beider 
Staaten  und  die  Aufrichtung  ihrer  gemeinsamen  Herrschaft 
über  ganz  Hellas  das  Ergebniss  sein  können.  Aber  alle  Ver- 
suche, die  wieder  und  wieder  von  beiden  Seiten  gemacht 
wurden,  sind  gescheitert  und  mussten  scheitern,  nicht  nur 
weil  die  radicale  Demokratie  Athens  und  der  ständige  Fort- 
schritt seiner  commerciellen  und  maritimen  Macht  einen  ernst- 
haften Verzicht  auf  einen  Theil  des  in  seiner  Machtsphäre 
liegenden  Gebiets  ausschloss,  sondern  vor  allem,  weil  die  Macht 
ihrem  Wesen  nach  untheilbar  ist  und  jedes  dualistische  System, 


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Sparta  und  der  Particularismus.  5 

in  welcher  Form  immer  es  auftreten  möge,  den  Entscheidungs- 
kampf nicht  aufhebt,  sondern  nur  vertagt.  So  blieb  Sparta, 
wollte  es  nicht  freiwillig  auf  die  Macht  verzichten,  nichts  übrig, 
als  dem  Drängen  seiner  Verbündeten  nachzugeben  und  den 
Kampf  zu  beginnen.  Es  acceptirte  das  Programm  des  Par- 
ticularismus  und  der  Reaction,  um  unter  dieser  Fahne  seine 
eigene  Herrschaft  aufzurichten.  Ueber  die  Gefahren  für  den 
Bestand  seines  Staatswesens,  denen  man  dadurch  sich  aussetzte, 
machte  man  sich  keine  Illusionen;  wieder  und  wieder  hat  der 
Eurotasstaat  gezögert,  den  letzten  entscheidenden  Schritt  zu 
thun.  Aber  auch  hier  waren  die  Verhältnisse  mächtiger  als 
der  Wille  der  Staatsmänner;  auch  Sparta  hatte  keine  Wahl 
mehr,  sondern  sah  sich  gezwungen  den  Kampf  bis  zum  letzten 
Ende  durchzukämpfen.  Jetzt  lag  die  Entscheidung  über  die 
zukünftige  Gestaltung  von  Hellas  in  seinen  Händen.  Dass 
damit  Sparta  vor  Aufgaben  gestellt  war,  vor  denen  es  bisher 
immer  zurückgescheut  war,  wusste  es  sehr  wohl.  Nach 
dem  Programm  des  Parti cularismus  sollte  man  jetzt  einfach 
die  Weltgeschichte  um  ein  Jahrhundert  zurückschrauben  und 
jeden  Staat,  ob  gross  oder  klein,  sich  selbst  überlassen.  Das 
war  eine  Utopie,  die  ins  Werk  zu  setzen  Sparta  weder  ver- 
suchen durfte  noch  wollte;  denn  seine  Vorherrschaft  wollte  es 
unter  allen  Umständen  behaupten  und  damit  zugleich  die 
Pflichten  erfüllen,  die  ihm  gegen  ganz  Hellas  auferlegt  waren. 
Nun  rausste  sich  zeigen,  ob  es  seine  Ehre  wahren  könne,  indem 
es  seine  Suprematie  behauptete,  ohne  das  Programm  mit 
Füssen  zu  treten,  in  dessen  Namen  es  das  Schwert  gezogen 
und  die  Verbündeten  sowie  die  Unterthanen  Athens  um  sich 
geschaart  hatte. 

Die  von  Sparta  beschirmte  rc&cpto;  itoXttela  wird  am  besten  bei 
{Herodes]  irepl  icoX.  [§.  764  A..]  6  beschrieben:  wu»?  £v  strcoi"  iU* 
o).tf ap^tav  Äitavtaxoö  xaftiotäoi  (oi  Aax.)  .  .  .  el  oy,  rp03r,x8i  oXifap^ta; 
Üytiv  exs'va;  npö;  ta$  sv&63t  (in  Thessalien)*  ttoö  Yotp  otku>  jx:xpi  »cöXt;, 
iv  ijj  to  Tpltov  {lipo«;  ob  jme/Ei  xü»v  icpaYjAÄTtov  autoO-i;  Sxtp  5e  jat^t«  onXa 
jAYjte  £XVr)  Sovajxt;  eoxt  ta  xoivä  Tcpias.tv,  o&x  urco  AaxE^aijxovtcov  aXX'  t>rco 
™yrfi  3uwoTsp-rj(H)  t<Lv  icpaf|J.aTtuv,  anesTsp^xai  ZI  xoaoOtov  XP0V0V> 


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IV,  1.  Lysandera  Herrschaft  und  Sturz. 


741.  Aber  in  dem  Moment,  wo  der  Entscheidungskampf 
in  Griechenland  begann,  stand  die  Hellenenwelt  nicht  mehr 
allein.  Die  Nationalfeinde,  die  beiden  grossen  orientalischen 
Staaten  im  Osten  und  im  Westen,  die  auf  den  Schlachtfeldern 
von  Salamis,  Himera,  Plataeae  definitiv  abgewehrt  schienen,  die 
dann  siebzig  Jahre  lang  keinen  Angriff,  ja  selbst  kaum  eine  Ab- 
wehr gewagt  hatten,  sie  erschienen  in  dem  Moment,  wo  die 
griechische  Grossmacht,  die  bisher  Hellas  beschirmt  hatte,  dem 
Untergang  entgegenging,  von  neuem  auf  dem  Plan.  Die  alte 
Allianz  zwischen  beiden  Mächten  war  längst  inhaltlos  ge- 
worden; indem  sie  jetzt  ihren  Antheil  an  der  Beute  in  Sicher- 
heit zu  bringen  suchten,  wirkten  sie  auf  die  Weltlage  in  ent- 
gegengesetzter Richtung.  Karthago  streckte  die  Hände  aufs 
neue  nach  Sicilien  aus,  zog  dadurch  die  sicilischen  Griechen 
vom  Kriege  gegen  Athen  ab  und  befreite  dies  von  einem  sehr 
energischen  Gegner.  Persien  dagegen  war  durch  das  Streben, 
zunächst  die  asiatischen  Küstenlande  wieder  zu  erhalten,  wo- 
möglich aber  die  Suprematie  auch  über  die  griechische  Halb- 
insel zu  gewinnen,  auf  den  Bund  mit  Sparta  und  dem  Par- 
ticularismus  angewiesen.  Erst  dadurch  kam  der  griechische 
Krieg  zur  Entscheidung:  so  lange  Persien,  um  Sparta  nicht  zu 
mächtig  werden  zu  lassen,  ihn  nur  lau  betrieb,  konnte  Athen 
sich  immer  noch  gegen  die  Alliirten  behaupten;  als  es  diesen 
seine  Geldmittel  in  reicher  Fülle  zur  Verfügung  stellte,  brach 
Athens  Widerstandskraft  zusammen.  So  fiel  der  Hauptgewinn 
des  Krieges  nicht  Sparta  und  seinen  griechischen  Verbündeten 
zu,  sondern  dem  Perserreich,  so  gering  die  Anstrengungen 
waren,  die  dies  gemacht  hatte.  Denn  das  Reich  war  that- 
sächlich  überhaupt  nicht  ernstlich  in  Action  getreten ;  lediglich 
die  Satrapen  der  Küstenprovinzen  hatten  den  Krieg  geführt, 
der  König  hatte  nur  Geld  hergegeben.  Athen  war,  das  mussten 
auch  seine  Feinde  anerkennen,  so  sehr  sie  die  von  ihm  er- 
griffenen Mittel  verdammen  mochten,  das  Bollwerk  von  Hellas 
gegen  Persien  gewesen.  Dies  Bollwerk  hatte  Sparta  nieder- 
gerissen; es  war  der  dunkelste  Flecken  auf  seiner  Politik,  dass 
es  zu  dem  Zweck  nicht  nur  den  Bund  mit  dem  Nationalfeind 


Griechenland,  Pennen  und  Karthago.   Lysanders  Stellung.  7 

geschlossen,  sondern  auch  seinen  Anspruch  auf  die  Herrschaft 
über  die  Griechen  in  Asien  anerkannt  hatte.  Sollte  es  jetzt, 
wie  Alkibiades  und  Tissaphernes  vorausgesagt  hatten,  sein 
Wort  brechen  und  zu  den  fast  unlösbaren  Aufgaben,  die  ihm 
in  Griechenland  gestellt  waren,  noch  die  weit  grössere  Auf- 
gabe auf  seine  Schultern  nehmen,  deren  Lösung  die  Nation  von 
der  fuhrenden  Macht  fordern  durfte?  Aber  auch  wenn  es  sich 
dazu  nicht  entschliessen  wollte,  rausste,  da  die  Ansprüche  sich 
nun  einmal  kreuzten,  das  Verhältniss  zu  Persien  alsbald  zu 
Verwickelungen  führen,  denen  man  in  Sparta  nur  mit  schwerer 
Sorge  entgegensehen  konnte. 

742.  Indessen  wie  die  Dinge  im  Moment  des  Sieges  sich 
gestaltet  hatten,  lag  die  Entscheidung  über  die  spartanische 
Politik  thatsächlich  überhaupt  nicht  in  Sparta.  Uebermächtig 
hatte  sich  dem  siegreichen  Staat  der  Mann  zur  Seite  gestellt, 
der  es  weniger  durch  seine  Feldherrntüchtigkeit  als  durch  sein 
diplomatisches  Geschick  verstanden  hatte,  ihm  den  Sieg  zu 
verschaffen.  Indem  der  spartanische  Staat  gezwungen  war, 
neue  politische  Bahnen  einzuschlagen,  wurde  auch  er  dem 
dominirenden  Element  der  modernen  Welt  und  der  modernen 
Politik  unterthan.  Wie  in  Athen  Alkibiades  dem  Staate  als 
selbständige  Macht  gegenüberstand,  wie  auf  Sicilien  eben  jetzt 
Dionysios  Aufgaben  löste,  welche  die  Republiken  zu  lösen  nicht 
vermochten,  so  gelangte  auch  in  Sparta  durch  Lysander  die 
Persönlichkeit  mit  ihren  Sonderinteressen  zu  massgebender 
Bedeutung.  Es  war  die  nächste  Frage,  welche  die  weitere 
Entwickelung  beantworten  musste,  ob  die  siegreiche  Bürger- 
schaft wirklich  den  Gewinn  aus  dem  Siege  werde  davon- 
tragen können,  oder  ob  sie  sich  werde  begnügen  müssen,  den, 
Namen  herzugeben  für  die  Aufrichtung  der  Herrschaft  Lysanders 
über  Hellas. 


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8  IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Durchführung  der  Herrschaft  Spartas  und  Lysanders. 

743.  Durch  den  Sturz  der  Herrschaft  Athens  standen 
die  Städte  seines  Reichs,  soweit  sie  nicht,  wie  mit  Ausnahme 
von  Milet   und  Ephesos  die  meisten  und  namentlich  die 
kleineren  Orte  des  ionischen  und  karischen  Festlandes,  von  den 
persischen  Satrapen  besetzt  waren,  zur  Verfügung  Spartas. 
Sparta  hatte  ihnen  die  Autonomie  zugesichert,  das  heisst  Frei- 
heit nach  aussen  und  Wiederherstellung  der  altererbten,  durch 
die  Gewaltherrschaft  der  Demokraten  unterdrückten  aristokra- 
tischen Verfassung  im  Inneren,  die  das  politische  Recht  auf 
die  Besitzenden  beschränkte,  die  sich  selbst  bewaffnen  konnten. 
Der  Ausführung  des  zweiten  Theils  des  Programms  stand 
jetzt  kein  Hinderniss  mehr  im  Wege.   Ueberall  wurde  die 
Demokratie  gestürzt  und  Oligarchien  eingerichtet.   Wenn  das 
in  manchen  Fällen,  wie  namentlich  auf  Samos,  ohne  arge 
Gewaltthätigkeit  nicht  abging,  so  trugen  die  Demokraten  selbst 
die  Schuld:  sie  hatten  durch  ihr  Wüthen  gegen  die  Gegner 
die  Vergeltung  unvermeidlich  gemacht.  Alle  Golonien  Athens 
wurden  aufgehoben,  die  Ansiedler  und  ebenso  die  mit  Land 
ausgestatteten  Kleruchen  auf  Euboea,  Samos,  Lesbos,  Naxos 
u.  a.  verjagt,  das  Land  den  rechtmässigen  Eigentümern  zu- 
rückgegeben, nach  Aegina,  Melos,  Hestiaea,  Skione,  Torone, 
Potidaea  die  Reste  der  alten  Einwohner  zurückgeführt.  Nur 
die  drei  Inseln  Lemnos,  Imbros  und  Skyros  musste  man  den 
attischen  Ansiedlern  lassen,  wenn  auch  ihre  Abhängigkeit  von 
Athen  jetzt  gelöst  war,  da  es  hier  Reste  der  alten  überdies 
nicht  griechischen  Bevölkerung  nicht  mehr  gab.   Dagegen  der 
erste  Theil  des  Programms  erwies  sich  sofort  als  unausführbar 
und  ist  auch  von  Sparta  niemals  ernsthaft  in  Aussicht  ge- 
nommen worden.  Es  musste  seine  Anhänger  schützen  und  seine 
Suprematie  aufrecht  erhalten  und  konnte,  wenn  es  geordnete 
Zustände  schaffen  wollte  und  das  Ergebniss  der  Zertrümmerung 
des  attischen  Reiches  nicht  ein  wüstes  Chaos  werden  sollte, 
die  Städte  nicht  sich  selbst  überlassen.  Im  Kriege  mit  Athen 


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Spartas  Herrschaft  im  Gebiet  des  attischen  Reichs.  p 


hatte  es,  zuerst  unter  Brasidas  in  Thrakien,  dann  im  See- 
krieg auf  den  Inseln  und  in  Kleinasien,  in  die  von  Athen 
abgefallenen  oder  eroberten  Städte  überall  Garnisonen  (meist 
aus  geworbenen  Truppen)  unter  Fuhrung  eines  spartanischen 
Officiers  gelegt,  der  als  »Ordner«  (Harmost)  die  Vertheidigung 
leiten  und  die  Verfassung  im  conservativen  Sinne  organisiren 
sollte.  An  diesem  System  hielt  man  auch  weiter  fest.  Die 
Anhänger  Sparta3  waren  damit  einverstanden  und  baten 
vielfach  selbst  um  Entsendung  eines  Harmosten;  sie  bedurften 
eines  Rückhalts  gegen  die  ihrer  politischen  Rechte  beraubte 
Masse,  die  zu  Athen  hielt.  Ueberdies  hatte  Sparta  die 
Küstenstädte  in  Thrakien  gegen  die  Barbaren  des  Binnen- 
landes, die  Inseln  und  Häfen  gegen  die  durch  den  Krieg  und 
den  Wegfall  der  athenischen  Seepolizei  aufblühende  Piraterie 
zu  schirmen,  und  die  asiatischen  Küstenstädte  suchten  bei 
ihm  Anlehnung  gegen  die  drohende  Herrschaft  der  persischen 
Satrapen.  Auch  die  »freiwilligen«  Beiträge,  welche  die  Bündner, 
wenn  auch  unregelmässig  genug,  gezahlt  hatten,  wurden  bei- 
behalten und  jetzt  nach  athenischem  Muster  fest  geregelt; 
angeblich  hat  Sparta,  wie  sein  Vorgänger,  jährlich  einen  Tribut 
von  über  1000  Talenten  erhoben.  Es  konnte  die  Bundes- 
steuern um  so  weniger  entbehren,  da  sein  eigenes  Finanzwesen 
gänzlich  unentwickelt  war,  und  es  doch,  bei  der  numerischen 
Schwäche  seines  Bürgerheers,  wesentlich  auf  geworbene  oder 
von  den  abhängigen  Gemeinden,  namentlich  denen  Arkadiens, 
gestellte  Söldner  angewiesen  war. 

Da  X-inophon  die  Geschichte  der  Jahre  404—400  absichtlich  fast 
ganz  übergangen  hat,  ist  unsere  Kenntniss  dieser  Zeit  sehr  mangelhaft 
und  namentlich  die  Chronologie  vielfach  nicht  herzustellen.  Einzelnes 
bieten  Ephoros  (Diodor)  und  namentlich  Plutarchs  Lysander,  ferner  Nepos 
und  die  allgemeinen  Schilderungen  der  spartanischen  Herrschaft  bei 
Isokrates  4,  110  ff.  8,  95  ff.  12,  54.  67  f.  103  f.,  bei  Xenophon  in  der 
Rede  der  Tbebaner  III,  5,  8  IT.,  sowie  in  der  unter  Herodes'  Namen 
überlieferten  Rede  ictpi  noutsia«  (§.  764).  Von  neueren  Werken :  Sievers, 
Gesch.  Griechenlands  vom  Ende  des  pelop.  Krieges  bis  Mantinea,  1840. 
Scheibe,  Die  oligarch.  Umwälzung  in  Athen,  1841.  Beloch,  Alt.  Politik. 
Judeich,  Kleinasiat.  Studien,  1892.  -  Tributerhebungen:  I*okr.  4,  132. 


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IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


12,  67.  Diod.  XIV,  10.  Polyb.  VI,  49,  10:  aus  Mangel  an  Geld  -ijva-r- 
xdcö-r^av  (ot  Aax.)  ercl  &upac  jilv  iropjusad-ai  td?  IltpotLv,  «popoot  Jfc  1015 
v^aiu>tai(  stutgcttbcv,  U^of»o\oftlv  Ii  ndvta^  xou(  "EXXr^va^.  Athen  ist  zu 
Zahlungen  tt;  tö  ao|X|iaxixov  verpflichtet:  Arist.  pol.  Ath.  89,  2.  —  Re- 
stitution von  Aegina  cet.  Xen.  II,  2,  9.  Plut.  Lys.  14. 

744.  Nur  mit  Hülfe  der  Truppen,  Schiffe  und  Geldmittel 
seiner  Verbündeten  hatte  Sparta  den  Sieg  erringen  können.  Jetzt 
suchte  es  seine  Führerstellung  zunächst  im  peloponnesischen 
Bunde  noch  fester  zu  gestalten,  als  es  nach  der  Niederwerfung 
des  Sonderbundskrieges  geschehen  war.  Einen  Ersatz  aus  der 
Siegesbeute  erhielten  die  Bündner  für  ihre  Leistungen  nicht; 
dafür  wurden  jetzt  in  manche  verdächtige  Gemeinden,  nament- 
lich in  Arkadien  und  Achaia,  Harmosten  und  Garnisonen 
gelegt,  um  jede  Opposition  im  Keime  zu  ersticken.  Von  den 
alten  Gegnern  Spartas  hatte  Argos  rechtzeitig  Frieden  ge- 
schlossen. Auch  Mantinea  war  im  J.  417  wieder  in  den 
peloponnesischen  Bund  eingetreten.  Freilich  war  es  noch 
immer  demokratisch  und  im  Grunde  Sparta  feindlich  gesinnt; 
aber  die  Truppenunterstützung,  die  Athen  von  hier  für  den 
Zug  nach  Sicilien  erhalten  hatte,  war  von  Privatleuten  gestellt, 
officiell  hatte  die  Stadt  Sparta  Heeresfolge  geleistet.  So 
scheute  Sparta  vor  einem  Bruch  des  dreissigjährigen  Friedens 
zurück.  Ganz  ungeregelt  waren  noch  die  Beziehungen  zu 
Elis.  Die  schweren  Provocationen  der  Zeit  des  Sonderbunds- 
krieges waren  nicht  gesühnt;  immer  noch  behauptete  es  die 
Herrschaft  über  Triphylien  und  hatten  die  Demokraten  das 
Regiment.  In  den  peloponnesischen  Bund  war  es  nicht  wieder 
eingetreten,  sondern  neutral  geblieben;  ja  als  König  Agis  ein- 
mal in  Olympia  ein  Opfer  darbringen  wollte,  damit  Zeus  ihm 
Sieg  gewähre,  wiesen  die  Elier  ihn  zurück:  es  sei  nicht  Brauch, 
den  panhellenischen  Gott  in  einem  Kriege  zwischen  Hellenen 
um  Sieg  anzuflehen.  Trotzdem  wurde  auch  hier  die  Abrech- 
nung noch  verschoben.  Selbst  gegen  die  Messenier,  die  es 
doch  unmöglich  in  Naupaktos  dulden  konnte,  ist  Sparta  zu- 
nächst noch  nicht  eingeschritten;  und  den  Westen,  Korkyra 
und  die  ionischen  Inseln,  Akarnanien,  Aetolien,  um  die  im 


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Spartas  Stellung  zu  den  Bundesgenossen.  H 


archidamischen  Kriege  so  heftig  gestritten  war,  überliess  es 
gänzlich  sich  selbst.  Auch  Sparta  bedurfte  nach  den  grossen 
Anstrengungen  der  letzten  Jahre  zunächst  der  Ruhe,  und  vor 
einem  grösseren  Landkriege  scheute  es  um  so  mehr  zurück, 
da  auch  ein  Sieg  leicht  schwere  Verluste  an  Menschenleben 
bringen  konnte.  —  Trotzdem  empfanden  die  Bundesgenossen 
Spartas  sofort,  wie  sehr  sich  mit  dem  Wegfall  des  von  Athen 
geübten  Gegendrucks  ihre  Stellung  verschlechtert  hatte.  All- 
gemein hatte  man  sich  dem  Gefühl  hingegeben,  dass  mit  dem 
Falle  Athens  irgend  etwas  Unerhörtes,  eine  neue  glückliche 
Zeit  eintreten  werde,  und  dass  Sparta  das  bringen  müsse. 
Aber  alles  blieb  beim  Alten ;  ja  die  ökonomische  Lage  Griechen- 
lands wurde  durch  die  gewaltsamen  Umwälzungen  und  durch 
die  Unsicherheit  der  Meere  noch  schlechter  als  vorher,  zumal 
der  Haupthandelsplatz  durch  die  inneren  Wirren  noch  über 
ein  Jahr  lang  vollkommen  brach  gelegt  war.  Politisch  standen 
auch  die  nicht  zum  peloponnesischen  Bunde  gehörenden 
Staaten  Mittelgriechenlands,  Boeotien,  Phokis,  Lokris,  jetzt  zu 
Sparta  nicht  anders  als  jene.  Mit  der  erträumten  Autonomie 
war  es  nichts.  Gerade  die  grössten  Bundesstaaten,  Theben 
und  Korinth,  die  eben  noch  die  Zerstörung  Athens  gefordert 
hatten,  mussten  jetzt  empfinden,  dass  sie  in  der  freien  Be- 
wegung noch  mehr  gehemmt  waren  als  früher;  ihr  Ideal  von 
Autonomie,  eine  selbständige  Politik  und  Erweiterung  ihrer 
Macht  über  die  Nachbarn,  war  durch  eben  den  Staat  vereitelt, 
dem  sie  durch  ihr  Geld  und  Blut  die  Herrschaft  verschafft 
hatten.  Als  sie  ihren  Antheil  an  dem  Zehnten  der  Beute 
forderten,  um  auch  ihrerseits  dem  delphischen  Apollo  ein 
Weihgeschenk  darbringen  zu  können,  wurden  sie  abgewiesen ; 
Sparta  errichtete  das  Monument  im  Namen  der  Verbündeten 
und  gestaltete  es  zu  einem  Siegesdenkmal  für  Lysander.  So 
schlug  überall  in  kürzester  Frist  die  Stimmung  vollkommen  um, 
vor  allem  aber  in  Theben  und  Korinth ;  wenn  ihnen  bisher  Athen 
im  Wege  gestanden  hatte,  so  spähten  sie  schon  ein  Jahr  nach 
seinem  Fall  nach  einer  Gelegenheit,  das  weit  härtere  Jöch 
abzuschütteln,  das  Sparta  ihnen  auferlegt  hatte. 


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12  IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Sparta  und  Mantinea:  Xen.  V,  2,  1  ff.  Der  Grund,  weshalb  Sparta 
nicht  gegen  Argos  und  Mantinea  vorgeht,  wird  von  Lys.  34,  7  f.  (im 
J.  403)  ganz  richtig  beurtheilt.  —  Sparta  und  Elis:  X^n.  III,  2,  21  f. — 
Ansprüche  auf  die  Beute :  Xen.  Hell.  III,  5,  5.  Plut.  Lys.  27.  Justin  V. 
10,  12.   Im  allgemeinen  Xen.  III,  5,  12  (Rede  der  Thebaner)  KopivfKou; 

xal  'Apxa^ac  xal  'Ay/uo^s  Tt  »«Lfitv;  ot  Iv  jiiv  ttö  Kpi?  ttoXiju» 
jj.aXa  Xiftapouficvot  ort*  &xs(vuiv  rcdtvTtuv  xal  iroviuv  xal  xtvS'jvwv  xal  xütv  &a- 
itavy^jidtTUiv  jtttstyov,  trctl  V  ercpa^av  a  ££o<iXovTo  ot  Aaxe^atjiövtot,  nota;  y4 
aß^Tjc  Tj  xtfJL'*il»  *'i  no''(uv  /.p^naTcuv  }is?a8s$u>xa3iv  a&tol; ;  a/.Xa  to-j;  |uv  sTXtu-tac 
[d.  i.  Mothaken,  §.  720]  dpjAOOtds  av.oüct  xaftwtavat,  töiv  ou^jjidytuv  tXtufrt- 
ptuv  ovrcuv,  eirsl  t&tu'/Y^av,  ?soi:otat  avaTK^-rjvasiv.  Wenn  dagegen  in  der 
Rede  an  die  Larisaeer  [Herod.]  rcsp-  KoXttcta;  5  die  spartanische  Herrschaft 
gepriesen  wird,  weil  sie  allen  Staaten  die  Freiheit  lasst  und  nirgends 
Herrscher  einsetzt  (Gp&juv  .  .  .  <I>u>xsa<;  eXsoftipoos  ovxa$  .  .  .  Bouutoo;  o^te 
<fopov  ifepovta^  sxstvot^  «ms  apyovTa  oi»?sva  Aaxg§ui}i.Gvtu>v  a6xdd".  ,  .  . 
Koptv&touc  a&tovö}i.oü5  ovta;  xal  tu*v  eat)Td»v  xpatotmas,  ebenso  die  Achaeer, 
Elier,  Arkader,  evft*  o&2«l$  eSpTp«  r.iu  Aaxt&x'.fiovtov  ap/ovra  .  .  ..  T.o).:ui*z 
o»  Kavtayoü  xal  vojiouc  tnt^xa^.sd'a  xct}iivoo{,  xal  ta  xoiva  xotvr  xaoircj- 
}i£voo{),  so  ist  das  eine  bei  der  Tendenz  der  Rede  sehr  begreifliche  Ueber- 
treibung;  auch  ist  ja  ein  spartanischer  Harmost  kein  Spytuv  der  Stadt, 
sondern  nur  ein  Gehülfe  der  einheimischen  legitimen  Regierung. 

745.  Zunächst  war  dazu  freilich  wenig  Aussicht.  So 
gering  Spartas  Kriegsmacht,  so  gross  seine  Kriegsscheu  war, 
seine  absolute  Ueberlegenheit  irn  Feld  war  allgemein  anerkannt; 
und  überall  hatte  es  feste  Verbindungen  und  zuverlässige 
Anhänger.  Die  Gegner  dagegen  waren  isolirt  und  ohnmächtig ; 
sollte  ein  Staat  wagen  ihm  zu  trotzen,  so  war  sein  Schicksal  im 
voraus  besiegelt.  Spartas  Hauptstützen  aber  waren  die  beiden 
Staaten,  die  ihm  als  selbständige  Mächte  im  Kriege  gegen 
Athen  zur  Seite  gestanden  hatten,  Persien  und  Sicilien.  Gleich 
nach  dem  Frieden  schickte  Sparta  den  Aristos  als  Gesandten 
an  den  neuen  Machthaber  in  Syrakus,  um  mit  allen  Mitteln 
seine  Stellung  zu  festigen  (§.  784)  und  die  Allianz  mit  Dio- 
nysios  abzuschliessen,  die  unerschüttert  bestanden  hat  über  die 
Zeit  hinaus,  wo  Sparta  eine  Grossmacht  war.  So  gern  Sparta 
sich  als  Tyrannenfeind  preisen  liess,  so  wenig  hat  es  jemals 
Bedenken  getragen  sich  mit  einem  Tyrannen  zu  verbinden  und 
seine  Stellung  zu  stärken,  wo  es  ihm  dienlich  war:  es  hat 
immer  nur  praktische  Politik  getrieben.   Verwickelter  waren  die 


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Sparta,  Dionysios  und  Persien.  —  Lysander.  13 

Beziehungen  zu  Persien.  In  den  Verträgen  halte  Sparta  das 
Recht  des  Königs  auf  das  asiatische  Festland  anerkannt;  aber 
zur  Zeit  befanden  sich  zahlreiche  Küstenstädte  in  Spartas 
Händen,  und  es  traf  keinerlei  Anstalten  sie  herauszugeben. 
Einstweilen  drohte  hier  noch  keine  Gefahr.  Kyros  befand  sich 
noch  am  Hofe  und  hatte  Lysander  gestattet  in  seinen  Pro- 
vinzen nach  Belieben  zu  schalten.  Tissaphernes  von  Karien 
hatte  den  Prinzen  begleitet  und  war  überdies  durch  ihn  ganz 
in  den  Hintergrund  gedrängt.  Mehr  Schwierigkeiten  waren 
von  Pharnabazos  zu  erwarten,  der  am  Kriege  mit  Eifer  per- 
sönlich Theil  genommen  hatte  und  nicht  gewillt  war,  seine 
Rechte  ruhen  zu  lassen.  Indessen  so  lange  Lysander  unum- 
schränkt schaltete,  konnte  auch  er  nicht  daran  denken  mit 
Gewalt  vorzugehen. 

746.  Die  Durchführung  der  Neuorganisation  des  attischen 
Reichsgebiets  lag  in  den  Händen  des  Siegers  von  Aegospotamoi, 
und  damit  eine  so  unumschränkte  Machtstellung,  wie  sie  noch 
nie  ein  Grieche  besessen  hatte.  Das  Schicksal  von  mehreren 
hundert  Städten,  Leben  und  Besitz  von  Hunderttausenden 
griechischer  Bürger  hing  allein  von  seinem  Willen  ab.  Ly- 
sanders  Ziel  war,  diese  Stellung  für  sich  festzuhalten;  die 
ihm  von  Sparta  gegebenen  Instructionen  führte  er  in  dem 
Sinne  aus,  der  seinen  Zwecken  dienlich  war.  So  ging  er 
ganz  andere  Wege  als  ehemals  Brasidas  in  Thrakien.  Schon 
in  seiner  ersten  Nauarchie  408/7  hatte  er  den  Grund  zur  Auf- 
richtung seiner  persönlichen  Herrschaft  gelegt,  indem  er 
überall  in  Ionien  'die  oligarchischen  Clubs  organisirte  und 
zugleich  die  feste  Verbindung  mit  Kyros  knüpfte  (§.  724). 
Als  er  im  Winter  406/5  zum  zweiten  Mal  den  Oberbefehl 
übernahm,  hat  er  diese  Stellung  weiter  gefestigt.  Gewissens- 
skrupel kannte  er  nicht;  die  ihm  zugeschriebenen  Worte: 
»wo  das  Löwenfell  nicht  ausreicht,  muss  man  den  Fuchspelz 
umhängen«  und  »Knaben  betrügt  man  mit  Würfeln,  Männer 
mit  Eiden«  zeichnen  treffend  seinen  Charakter  und  seine 
Politik.  Wie  er  Milet  durch  ein  Blutbad  unter  den  Demokraten 
in  die  Hände  seiner  Anhänger  brachte,  ist  schon  erzählt 


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IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


(§.  783).  Nach  dem  Siege  wiederholten  sich  ähnliche  Scenen 
vielerorts.  Auf  Thasos,  das  seit  408  (§.  710)  wieder  fest  zu 
Athen  gestanden  hatte,  hat  er  (vielleicht  erst  Anfang  403) 
die  Anhänger  Athens  durch  eine  feierlich  im  Heraklestempel 
abgegebene  Erklärung,  sie  hätten  nichts  zu  befürchten  und 
man  müsse  den  Gegnern  verzeihen,  aus  ihren  Schlupfwinkeln 
gelockt  und  dann  in  der  Stadt  sämmtlich  aufgreifen  und 
umbringen  lassen.  An  anderen  Orten  warteten  seine  Ver- 
trauensmänner nicht,  bis  er  kam;  sie  waren  sicher,  dass  er 
sie  nöthigenfalls  schützen  werde.  So  führte  die  Befreiung  vom 
Joch  Athens  in  allen  Städten  seines  Reichs  zu  Blutthaten 
und  Greuelscenen,  die  alles  weit  hinter  sich  Hessen,  was  man 
der  attischen  Demokratie  und  ihren  Beamten  und  Gerichten 
mit  Recht  oder  Unrecht  zum  Vorwurf  gemacht  hatte.  Eine 
ächte  Aristokratie,  wie  sie  Sparta  verheissen  hatte,  lag  durch- 
aus nicht  in  Lysanders  Interesse.  Vielmehr  kamen  unter  dem 
Namen  der  Restauration  des  gerechten  patriarchalischen  Re- 
giments der  Vorzeit  überall  die  verworfensten  Gesellen  ans 
Ruder,  die  kein  anderes  Ziel  kannten  als  die  Herrschaft  mit 
vollen  Zügen  auszukosten,  ihre  Taschen  zu  füllen  und  Rache 
zu  üben  an  dem  Demos,  der  sie  bedrückt  hatte.  Auf  der 
Siegesfahrt  nach  der  Schlacht  und  während  der  Belagerung 
Athens  suchte  Lysander  möglichst  viele  Städte  selbst  auf,  hob 
überall  die  demokratische  Verfassung  auf  und  verjagte  die 
Anhänger  Athens.  Die  Regierung  vertraute  er  durchweg  Com- 
missionen  von  10  Männern  (Dekarchien)  an,  die  völlig  unum- 
schränkt über  Leben  und  Eigenthum  der  Bürger  schalten 
konnten.  Nach  der  Gapitulation  von  Samos  wurde  auch  hier 
bei  den  restaurirten  Oligarchen  die  gleiche  Verfassung  ein- 
geführt. Sein  Einfluss  in  Sparta  war  gross  genug,  dass  zu 
Harmosten  nur  Männer  seines  Vertrauens  bestellt  wurden,  oft 
Leute  niederer  Herkunft;  die  bereits  in  älterer  Zeit  ernannten 
wusste  er  ganz  an  sich  zu  fesseln,  indem  er  ihren  Lüsten  nach- 
sah und  sie  verlockte,  ihre  Macht  nach  seinem  Vorbilde  zu 
missbrauchen.  Wo  ein  Anlass  zu  weiterem  Einschreiten  vor- 
lag, zögerte  er  keinen  Augenblick.   Aus  Sestos  vertrieb  Ly- 


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Lysanders  Herrschaft.   Die  Dekarchien. 


15 


sander  die  alten  Einwohner  und  siedelte  hier  seine  Schiffs- 
officiere  an.  Dadurch  sicherte  er  sich  zugleich  den  Schlüssel 
zur  hellespontischen  Meerstrasse.  Am  schlimmsten  fuhr  Chios, 
wett  es  der  mächtigste  aller  Seestaaten  war  und  als  freier 
Verbündeter  zu  Sparta  übergetreten  war.  Die  Conflicte,  in 
die  es  mit  den  spartanischen  Nauarchen  gerieth,  haben  wir 
schon  kennen  gelernt;  sie  endeten  damit,  dass  Kratesippidas 
die  Verbannten  zurückführte,  den  Oligarchen  das  Regiment 
gab,  und  die  Führer  des  Demos  verjagte  (§.  716).  Lysander 
scheint  dann  diese  Massregeln  noch  einmal  in  grösserem  Um- 
fange wiederholt  zu  haben;  die  Verbannten  sammelten  sich 
unter  persischem  Schutz  in  Atarneus  an  der  aeolischen  Küste. 
Ausserdem  aber  hat  Lysander  die  gesammte  Flotte  der  ehe- 
mals seemächtigen  Insel  fortgeführt.  So  mochten  die  Chier 
jetzt  aufe  bitterste  bereuen,  dass  gerade  sie,  die  bevorrechteten 
Bundesgenossen  Athens,  die  ersten  gewesen  waren,  welche 
zum  Sturze  der  attischen  Macht  die  Hand  geboten  hatten. 

Thasos:  Polyaen  I,  45,  4.  Nepos  Lys.  2  [bei  Plut.  Lys.  19  wie  es  scheint 
falschlich  auf  Milet  übertragen,  von  dem  schon  c.  8  die  Rede  war].  —  Chios : 
Isokr.  8,  98  Xtcov  II  tou;  pulv  npcuxoo;  tü»v  rcoXttmv  tyoftöwzrAv  [das  könnte 
sich  iur  Noth  auf  Kratesippidas'  Massregel  §.  716  beziehen],  tot;  8i  xp'/z-pst; 
W  tÄv  vgaipMDv  HtXxüoavte;  dicdaa;  &xovto  >»*ßov«S.  Verbannte  in  Atarneus: 
Xen.  III,  2,  11.  —  Sestos:  Plut.  Lys.  14,  bei  Diod.  XI II,  106,  8  abergangen. 
—  Dekarchien  [bei  Xen.  nur  von  Samos  berichtet  II,  8,  7  und  von  den 
lesbischen  Städten  II,  2,  5  durch  xaxjaxtodoaxo  xd$  xe  aXXa;  tr6Xsi?  (v 
a&x-jj  xal  MoxtXigvTjV  angedeutet]:  Isokr.  4,  110  o\  x&v  dexapytüv  xotvwvT4- 
cavtt^  xal  td;  a&xwv  itatpl8a<;  Xojvrjvdfitvot  cet.,  vgl.  5,  95.  12,  54.  68.  Plut. 
Lys.  18  ivo  jxiv  dpfiorr>)v  ixdoxifl  (rc6X«i)  Aaxj?ai{x6vtov  xaxlXirc«,  Ssxa  51 
£pyovfftc  4*  ***»v  a6xoü  oof^^po^^lviuv  xaxd  rcoXtv  £xatps'.üiv  .  .  .  out» 
7*p  dpistiv^TjV  Oüti  ttXooxt'v?*rjv  drcgSetxvos  tobt  dpyovxa^,  &XX'  exaipsiat;  xal 
4sv''«5  ]£apiC©fUvoc  xd  np^YfLaxa  xai  xopCoo;  ttotmv  v.\x.5\z  xe  xal  xoXd-«<u;, 
KoXXali;  Zh  rcapaYiv<5jitvo;  a&x&s  3<paYaT;  xal  auv.xßdXXcuv  xov>;  x<Lv  <p'lX<uv 
*X*poo«  cet.;  c.  14:  während  der  Belagerung  Athens  xuiv  uiv  SXXwv  ro- 
Xwov  dzasutv  xaxiXoB  td<;  «oXtxtta;  xal  xaft{?rv)  SexaSapyta;,  äoXXiüv  jasv 
iv  KdTrg  o^axxojiivwv ,  tcoXXäv  U  «psuYovxtuv,  Eajuoo;  St  rcdvxa;  fcxßaXu» 
xapttuix«  rot;  707*-»  xd;  tcoXec;  (leg.  rr,v  «6Xtv).  Letzteres  ist  von  PIu- 
tarcb  gleich  hier  vorweggenommen.  Weiteres  c.  19.  Nepos  Lys.  1,  5. 
Diod.  XIV,  13.  Pausan.  IX,  32,  9.  Ferner  Xen.  Hell.  III,  4,  2  f.  5,  12  f.': 
De  von  Athen  abgefallenen  Städte  haben  statt  der  Freiheit  doppelte 


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IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz 


Knechtschaft  erhalten;  6n6  *c«  y«P  t«»v  4p|xoat{uv  xupavvoövtat  xal  6n&  Sexa 
av5pd»v,        Aüoavopo?  xaxbrrpsv  ev  ixfarQ  izöXt:  (vgl.  VI,  3,  8). 

747.  Auch  Athen  konnte  dem  Schicksal  der  Städte  seines 
Reichs  nicht  entgehen.  Wiederherstellung  der  Verfassung 
der  Väter  war  hier  seit  langem  das  Schlagwort  der  conserva- 
tiven  Partei,  und  diese  war  es,  welche  durch  Theramenes  den 
Frieden  geschlossen  und  damit  den  Anspruch  auf  die  Leitung 
der  Stadt  gewonnen  hatte.  Aber  neben  sie  traten  jetzt  die 
von  Lysander  zurückgeführten  Exulanten,  meist  von  den 
Radicalen  verjagte  und  zum  Theil  wegen  offenkundigen  Hoch- 
verraths  geächtete  Mitglieder  der  Vierhundert,  unter  ihnen 
Männer  wie  Onomakles,  Aristoteles,  Chankies,  der  ehemalige 
Genosse  des  Peisandros  in  der  Verfolgung  der  Hermokopiden. 
An  ihre  Spitze  trat  alsbald  Kritias,  der  Sohn  des  Kallaischros. 
Auch  er  war  wie  Alkibiades  und  Theramenes  ein  ächter 
Jünger  der  Sophistenzeit.  Der  Spross  eines  der  vornehmsten 
altischen  Adelshäuser,  der  Medontiden,  aus  dem  ehemals  die 
Könige  Athens  und  später  Solon  hervorgegangen  waren,  ge- 
boren etwa  um  455,  hatte  er  bereits  ein  viel  bewegtes  Leben 
hinter  sich.  Als  junger  Mann  hatte  er  die  Sophisten  gehört 
und  sich  namentlich  Sokrates  angeschlossen;  dann  entfaltete 
er  eine  rege  Thätigkeit  auf  allen  Gebieten  der  Literatur.  Wir 
kennen  von  ihm  Tragödien  im  Stile  des  Euripides,  in  denen 
z.  B.  Sisyphos  die  ächt  sophistische  Lehre  entwickelte,  die 
Sittengesetze  seien  von  den  Menschen  aus  socialen  Be- 
dürfnissen geschaffen  worden,  dann  habe,  um  ihre  Be- 
obachtung zu  erzwingen,  ein  besonders  schlauer  Mann  die 
Götter  erfunden.  In  Vers  und  Prosa  behandelte  er  Sitten 
und  Lebensweise  mehrerer  griechischer  Staaten  (speciell  Sparta 
und  Thessalien,  wahrscheinlich  auch  Athen),  mit  unverhohlener 
Bewunderung  der  spartanischen  Institutionen,  z.  B.  des  mass- 
haltenden  spartanischen  Trinkcomraents  im  Gegensatz  zu  dem 
in  Athen  herrschenden  Trinkzwang.  Ferner  hat  er  rhetorische 
Musterreden  und  ethische  und  naturwissenschaftliche  Abhand- 
lungen verfasst.  Tiefe  und  selbständige  Gedanken  hat  er,  so- 
viel wir  sehen  können,  nirgends  aufzuweisen;  aber  seine 


Die  Reaction  in  Athen.  Kritias. 


17 


Darstellung  war  gewandt  und  nicht  ohne  Wirkung;  er  ver- 
stand eben  die  Mache.  Jedoch  seinem  Ehrgeiz  genügte  es  nicht 
sich  als  einen  neumodischen,  allen  Sätteln  gerechten  Literaten 
zu  erweisen  und  womöglich  den  ersten  Platz  unter  ihnen  zu 
erobern;  er  wollte  eine  herrschende  Rolle  spielen,  so  gut  wie 
sein  etwas  jüngerer  Genosse  und  späterer  Rivale  Alkibiades 
oder  wie  Lysander.  Bei  der  Bewegung  der  Vierhundert  sass 
er  im  Rathe,  trat  aber  hinter  seinem  Vater  zurück  (§.  697). 
Dann  schwenkte  er  wie  Theramenes  und  so  viele  andere  noch 
rechtzeitig  zu  den  Gegnern  ab,  half  den  Extremen  den  Process 
machen,  und  beantragte  Alkibiades'  Rückberufung  (§.  707); 
trotzdem  wurde  er  von  den  Radicalen  unter  Kleophon  ver- 
bannt (§.  713).  Er  ging  nach  Thessalien  und  hetzte  hier  die 
leibeigenen  Bauern  gegen  die  Grundherrn  auf  (§.  764).  So 
war  er  eine  ebenso  gewissenlose  Natur  wie  Lysander,  und 
für  diesen  der  gegebene  Mann.  Einstweilen  ging  er  mit  Thera- 
menes zusammen;  die  patriarchalische  Verfassung  und  die 
Herrschaft  der  Tüchtigsten  nach  spartanischem  Muster  war 
das  Ideal,  das  auch  er  bekannte.  Aber  thatsächlich  erstrebte 
er  wie  seine  Anhänger,  vor  allem  Gharikles,  nichts  anderes 
als  die  unumschränkte  Gewalt  und  Rache  an  den  Demokraten; 
um  dies  Ziel  zu  erreichen,  war  ihm  so  gut  wie  seinen  Ge- 
sinnungsgenossen, die  Lysander  in  den  anderen  Städten  ans 
Ruder  brachte,  jedes  Mittel  recht. 

üeber  Kritias'  Scbriftstellerei  vgl.  vor  allem  Blass,  Att.  Bereda.  I. 
Wilamowit2,  Arist.  It  131  f.  174  ff.  Der  junge  Plato,  Kritias'  Verwandter 
von  Muttersseite,  hat  anfangs  Neigung  gehabt,  unter  Kritias  politisch 
tbfttig  zu  sein,  so  gut  wie  sein  Oheim  Charmides;  die  Gewaltthaten  der 
Dreissig  und  speciell  ihr  Vorgehen  gegen  Sokrales  haben  ihm  noch  recht- 
zeitig das  Gewissen  geweckt  (epist.  VII,  824  —  wie  Gelehrte  von  Ge- 
schmack dies  Selbtbekenntniss  und  gar  die  schönen.  Worte:  yCkov  <5v$pa 
tjtoi  icptoßuTtpov  E<oxp<£rrj,  Sv  evü>  s^täöv  fiv  atoYüvoijATv  r.nuuv  otxatö- 
tatov  «Iva*,  xüiv  tot«  für  das  Machwerk  eines  Fälschers  haben  ausgeben 
können,  gehört  zu  den  Dingen,  für  die  mir  das  Verstftndniss  versagt  ist). 
Aber  sympathisch  ist  ihm  der  Oheim  immer  geblieben,  und  so  hat  er 
ihm  gegen  Ende  seines  Lebens  im  Kritias  ein  Denkmal  gesetzt,  das  er 
wahrlich  nicht  verdient  hat;  vorher  im  Charmides  und  Protagoras  tritt 
sein  wahres  Wesen  starker  hervor.  Offenbar  mit  Rücksicht  auf  die  pla- 
Mey er,  Geschichte  des  Alterthums.   V.  2 


18 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


tonische  Tradition  hat  Aristoteles  pol.  Ath.  weder  Kritias  noch  sonst 
einen  Namen  der  Extremen  unter  den  Dreissig  genannt,  wahrend  er  in 
der  Politik  VIII,  5,  3  wenigstens  Charikles  nennt.  —  Ausserdem  ist  die 
Geschichte  der  Dreissig  bei  Aristoteles,  richtiger  gesagt  in  der  Haupt- 
quelle, der  er  folgt  (Androtion  ?)  —  daneben  benutzt  er  [oder  auch  schon 
die  Quelle?]  c.  36  Xenophon  —  gründlich  verfälscht  zu  Gunsten  des 
Theramenes.  Aus  Lysias  12»  72  ff.  wissen  wir,  dass  gerade  dieser  in 
Verbindung  mit  Lysander  die  Einsetzung  der  Dreissig  forderte  und  zehn 
von  ihnen  ernannte;  und  hier,  bei  offenkundigen  Thatsachen,  können 
Lysias'  Angaben  nicht  einfach  erlogen  sein,  werden  überdies  durch  Kritias* 
Worte  bei  Xenophon  II,  8,28  vöv  hl  a&to<;  (Ther.)  £p$a;  t?j;  upö?  Aaxsfotfio- 
vtoo$  ttt3t6u>5  xai  <piXta$,  abxbz  81  tyjc  toü  3 -rj  ji o o  xaxaXuaeux;,  jiaXista 
5i  t^opp.TjOa^  6}iä?  xot^  nputtotc  6iccq  ojjivoi<;  t\$  ujjiäs  (rr;v  ßouXr4v)  <5txvjv  siciuöi- 
vat  vollkommen  bestätigt.  Nach  Aristoteles  dagegen  (ähnlich  mit  noch  stär- 
keren Farben  Ephoros  bei  Diod.  XIV,  3,  der  sonst  Xenophon  folgt)  hatten  die 
hli-i*pyixo(  mit  Lysander  ihre  Ernennung  im  Gegensatz  zu  Theramenes  und 
seinen  Anhängern,  die  die  icdxpto<;  rcoXttna  suchen,  durchgesetzt.  Unter 
letzteren  nennt  Aristoteles  ausser  Kleitophon  (§.  696),  den  auch  Aristoph. 
ran.  967  neben  Theramenes  nennt,  und  Phormisios,  den  Aristophanes 
als  ihr  Gegenbild  anfühlt,  der  aber  politisch  ähnliche  Ziele  verfolgte 
(§.  848),  auch  Anytos  (etwa  nach  Xen.  II,  3,  42.  44?)  und  Archinos. 
Das  bat  schwerlich  irgend  welche  Gewähr;  und  jedenfalls  stand  keiner 
dieser  Männer  dem  Theramenes  besonders  nahe,  da  keiner  von  ihnen 
unter  den  Dreissig  ist.  Auf  derselben  Tendenz  beruht  die  verfälschte 
Chronologie  bei  Aristoteles,  f.  §.  749  A.  Das  hat  Bufolt  in  dem  sonst  viel 
Richtiges  bietenden  Aufsatz  Aristoteles  oder  Xenophon?  Hermes  XXXIII 
nicht  erkannt.  —  Bei  Ephoros  ist  die  Geschichte  gleichfalls  zu  Gunsten 
des  Theramenes  verfälscht,  wenn  auch  zum  Theil  in  anderer  Weise. 

748.  Durch  den  Frieden  mit  Sparta  war  den  Athenern 
in  ihren  inneren  Angelegenheiten  freie  Hand  gelassen  worden ; 
wollte  die  Umsturzpartei  ihre  Pläne  durchsetzen,  so  musste 
sie,  wie  im  J.  411,  den  Demos  dazu  bringen,  freiwillig  auf 
seine  Rechte  zu  verzichten.  Sie  setzte  ein  geheimes  Actions- 
comite  von  fünf  von  den  Clubs  ernannten  Ephoren  ein,  die  die 
Volksversammlung,  die  Wahlen  und  die  Garnison  terrorisiren 
und  nach  ihrem  Willen  lenken  sollten.  Die  Demokraten  ver- 
suchten sich  zur  Wehr  zu  setzen,  voran  die  Strategen  und 
Taxiarchen,  welche  schon  die  Annahme  des  Friedens  zu  ver- 
hindern gesucht  hatten  (§.  737).  Aber  sie  kamen  nicht  mehr 
ans  Ziel;  ihr  Gomplott  wurde  beim  Rath  angezeigt,  und  dieser, 


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Einsetzung  der  Oligarchie  in  Athen.  19 

der  bereits  ganz  unter  dem  Einfluss  der  Oligarchen  stand,  Hess 
sie  verhaften.  Indessen  zeigten  diese  Vorgänge  doch,  dass  die 
Umstorzpartei  ohne  einen  kräftigen  Druck  von  aussen  nicht 
ans  Ziel  gelangen  konnte;  sie  wandte  sich  an  Lysander,  der 
noch  vor  Samos  lag.  Theramenes  und  seine  Genossen  sorgten, 
dass  die  entscheidende  Volksversammlung  bis  auf  seine  An- 
kunft verschoben  wurde.  Dann  wurden  die  noch  im  Lande 
stehenden  feindlichen  Truppen  zusammengezogen,  und  eine 
Volksversammlung  ins  Theater  von  Munychia  berufen.  Dra- 
kontides  brachte  den  Antrag  ein,  dreissig  Männer  zu  ernennen, 
welche  die  neue  Verfassung  auf  Grund  der  Ordnungen  der 
Väterzeit  ausarbeiten  und  bis  dahin  das  Regiment  führen 
sollten.  Die  Menge  murrte;  aber  Theramenes  erklärte,  das 
kümmere  ihn  wenig,  wo  alle  besser  Gesinnten  mit  ihm  ein- 
verstanden seien.  Den  Ausschlag  gab  die  Erklärung  Lysanders, 
Athen  habe  die  für  die  Niederlegung  der  Mauern  gesetzte 
Frist  bereits  verstreichen  lassen  und  somit  den  Friedensvertrag 
gebrochen;  jetzt  müsse  es  die  neue  Bedingung  annehmen. 
Von  den  Dreissig  wurden  zehn  von  Theramenes,  zehn  von  den 
Ephoren  der  Clubs  vorgeschlagen,  zehn  nominell  frei  gewählt 
(etwa  Juni  404).  Damit  war  die  Demokratie  dem  Untergang 
des  Reichs  nachgefolgt;  ihre  letzten  Vertheidiger,  die  verhafteten 
Strategen,  Taxiarchen,  Trierarchen,  wurden  dem  Gericht  zur 
Aburtheilung  überwiesen. 

Actionscomit6  der  fünf  Ephoren :  Lys.  12,  43  ff.  76.  Dass  sie  keine 
Regierungsbehörde  waren,  wie  Boerner,  de  rebus  a  Graecis  inde  ab  a 
410  gestis  S.  75  ff.  annimmt,  zeigen  Lysias'  Worte  unwiderleglich;  dass 
Kritias  und  Eratosthenes  zu  ihnen  gehörten,  kann  er  nur  durch  Zeugnisse 
über  deren  Aussagen  beweisen.  —  Denuntiation  Ober  das  demokratische 
Complott:  Lys.  13,  17—35.  54.  55  f.  (wonach  in  der  Volksversammlung 
in  Munychia  Kritias'  Schwager  Hagnodoros  eine  weitere  Denuntiation 
und  neue  Verhaftungen  veranlasst).  58  ff.  Vgl.  30,  14.  18,  4;  vgl.  §.  737  A. 
und  daselbst  über  die  von  Lysias  vorgenommene  Verfälschung.  Thera- 
menes ob  xpoxtpov  »Tao«  rrjv  ixxXvplav  (nämlich  die  über  die  Verfassung, 
nicht  wie  Lysias  glauben  machen  will ,  die  über  den  Frieden)  -fsveafrai.  scu; 
6  Xrfopsvo;  ük'  ixstvujy  xaipo;  IntjjLg/.ui^  u-y  aötoü  itv]p^0-r),  xcti  \izxtKip.'l>cfzo 
{ilv  ta$  {Uta  Ausdv2poo  vaö$  ix  8iu8yj{xvj08  8e  tö  xcüv  noXejuwv 

oxpat6«?ov  Lys..  12,  71.    Dass  noch  peloponnesische  Truppen  im  Lande 


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IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


stehen,  bis  die  Friedensbedingungen  voll  ausgeführt  sind,  ist  selbstver- 
ständlich. Die  entscheidende  Volksversammlung:  Lys.  12,  78  ff.  13,  34, 
und  Ephoros  (Diod.  XIV,  3),  nur  dass  bei  diesem  Theranienes  der  Wort» 
führ  er  der  Opposition  gegen  Lysander  ist!  Ausserdem  lftsst  Ephoros 
fälschlich  Lysanders  Intervention  erst  nach  der  Einnahme  von  Samos 
erfolgen,  anstatt  während  der  Belagerung.  Xenophon  II,  3,  1  ff.  geht 
zwar  auf  die  Details  nicht  ein ,  stimmt  aber  in  dem ,  was  er  mittheilt, 
vollständig  zu  Lysias:  ttj>  8'  $rei6vtt  fest  ?3o$t  tw  ür^ip  Tpidxovt*  5v3pac 
iXtoJhci,  o?  toüs  «atptoo;  vojxod;  oüYYpd^oooiv,  xa»'  o*>$  koXiwüsodo:.  xal 
^psd-r^av  otS»-  folgen  die  Namen,  toütwv  U  TCpotx^vrtuv  QtitsjtUt  Auoav- 
8pog  Jipö?  Idfiov,  'A-ft?  V  ix  rrt;  AsxsX«[a<;  äizu^afuiv  xb  otpdttujxa  lii\oat 
xatä  KÖXsi;  exdstoos.  Die  Verfassungsänderung  fällt  also  vor  die  Ein- 
nahme von  Samos,  und  vor  den  Beginn  des  neuen  attischen  Jahres  (beg. 
7.  Juli  404),  in  dem  Pylhodoros  Archon  wurde  (gegen  Boerker).  Auch 
Xen.  II,  8,  11  ol  tptaxovta  ^p4&*rjoav  fiiv  extl  ta^tata  ta  fxaxpa  ttt^tj  xal 
xä  icspl  xov  Ilsipaiä  xad-^pitHj  (das  war  II,  2,  33  erzählt)  beweist,  dass  ihre 
Einsetzung  nicht  lange  nach  der  Capitulation  stattfand. 

749.  Wie  die  Vierhundert  im  J.  411  waren  die  Dreissig 
ernannt  als  eine  interimistische  Behörde,  welche  den  Staat 
aus  der  demokratischen  Corruption  in  das  Ideal  der  gesetz- 
mässigen  und  gerechten  Ordnung  überfuhren  sollte,  und  die 
Gemässigten,  wie  Theramenes,  mögen  auch  wirklich  dies  Ziel 
im  Auge  behalten  haben.  Aber  die  Extremen  dachten  so  wenig 
wie  vor  sieben  Jahren  ihre  Vorgänger  daran,  ihre  eigentliche 
Aufgabe  zu  erfüllen:  sie  wollten  die  Herrschaft  dauernd  be- 
halten und  womöglich  mit  niemand  anders  theilen.  Zunächst 
gingen  beide  Richtungen  noch  Hand  in  Hand.  Die  Grund- 
gesetze der  Demokratie  wurden  aufgehoben,  die  ausgeleerten 
Schiffshäuser,  das  Symbol  der  Seemacht  und  der  auf  ihr  be- 
ruhenden Pöbelherrschaft,  auf  Abbruch  verkauft.  Die  ein- 
fachen Zustände  des  Agrarstaats  sollten  wiederkehren.  Daher 
wurden  alle  Sätze  des  solonischen  Rechts  gestrichen,  welche 
eine  feinere  Casuistik  enthielten  und  dadurch  zu  juristischen 
Erörterungen  Anlass  boten,  ferner  der  neumodische  Unterricht 
in  der  Redekunst  verboten  —  eine  Massregel,  die  speciell  auf 
Kritias'  ehemaligen  Lehrer  Sokrates  zielte.  Im  übrigen  brauchte 
man  keine  Verfassungsgesetze,  wohl  aber  willfährige  Organe. 
Neue  Beamte  wurden  ernannt,  darunter  als  Archon  Pytho- 


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Regiment  der  Dreissig.   Beginn  der  Schreckensherrschaft.  21 

doros;  der  Rath  wurde  aus  dem  letzten  Rath  der  Demokratie, 
der  sich  bereits  gefugig  genug  erwiesen  hatte,  mit  geringen 
Modifikationen  entnommen.  Ihm  wurde,  nach  spartanischem 
Muster,  auch  die  Criminaljurisdiction  übertragen;  um  ihn 
völlig  zu  terrorisiren,  fand  die  Stimmabgabe  bei  den  Processen 
öffentlich  statt,  unter  dem  Präsidium  der  Dreissig.  Auch  darüber 
war  Theramenes  mit  Kritias  und  Gharikles  einig,  dass,  ehe 
festgestellt  werden  könne,  wer  würdig  sei  dem  neuen  Staat 
als  Bürger  anzugehören,  Athen  von  den  schlechten  Elementen 
gründlich  gesäubert  werden  müsse.  So  wurden,  wie  in  der 
französischen  Revolution,  die  Polizei-  und  Henkercommissionen 
die  wichtigsten  Hülfsorgane  des  Staats,  die  Etfmänner  in  der 
Stadt  unter  Satyros  (§.  737),  die  Zehnraänner  im  Piraeeus  unter 
Kritias'  Vetter  und  Mündel  Gharmides,  dazu  eine  Leibgarde 
von  300  Peitschenträgern.  Die  wegen  des  demokratischen 
Complotts  Verhafteten  (§.  748)  wurden  vom  Rath  zum  Tode 
verurtheilt,  ebenso  zahlreiche  Sykophanten  und  Demagogen 
niedern  Ranges,  die  ehemals  die  Geissei  der  Besitzenden  ge- 
wesen waren.  Das  fand  auch  bei  den  Gemässigten  volle  Zu- 
stimmung, und  vor  allem  bei  der  Ritterschaft,  die  sich  über- 
haupt mit  Begeisterung  der  Reaction  in  die  Arme  warf.  Bei 
jedem  weiteren  Schritt  aber  traten  die  inneren  Gegensätze 
unter  den  Machthabern  hervor.  Theramenes  und  seine  An- 
hänger wollten  jetzt  wirklich  an  die  Ausarbeitung  der  Ver- 
fassung gehen;  den  Extremen,  Kritias  und  Charikles  voran, 
erschien  das  als  Thorheit:  sie  seien  Gewaltherrscher,  auch 
wenn  sie  dreissig  seien  und  nicht  einer,  und  jede  Concession 
an  die  constitutionellen  Einrichtungen  könne  ihre  Stellung 
nur  gefährden.  Aber  um  die  Herrschaft  dauernd  zu  behalten 
und  nach  Gutdünken  schalten  zu  können,  bedurften  die  Macht- 
haber der  demokratischen  Masse  gegenüber  noch  viel  mehr 
eines  ständigen  Rückhalts  an  Sparta,  als  die  Zehnherrschaften 
in  den  übrigen  Städten.  So  gingen  Aeschines  und  Aristoteles 
nach  Sparta,  um  sich  die  Entsendung  eines  Harmosten  und 
einer  Garnison  zu  erbitten.  Lysander,  jetzt  nach  Sparta  heim- 
gekehrt (Herbst  404),  erwirkte  die  Bewilligung.  Kallibios 


22  IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


wurde  mit  700  Mann  nach  Athen  geschickt  und  nahm  sein 
Quartier  auf  der  Burg.  Kritias  und  die  Seinen  kamen  ihm 
auf  alle  Weise  entgegen,  so  dass  er  ihnen  jeden  Excess  ge- 
stattete. Zugleich  brauchte  man  immer  dringender  Geld,  nicht 
nur  um  die' Anhänger  zu  belohnen  und  die  eigenen  Taschen 
zu  füllen,  sondern  auch  um  der  Besatzung  den  Sold  zu  zahlen. 
So  mehrten  sich  von  Tag  zu  Tag  die  Executionen  und  Gon- 
fiscationen,  nicht  mehr  nur  unter  den  Führern  der  Gegen- 
partei und  dem  Gesindel,  sondern  gegen  jeden,  der  den  Herr- 
schern gefahrlich  schien  oder  ihre  Rache  oder  auch  ihre  Be- 
gehrlichkeit reizte,  darunter  Männer  wie  der  ehemalige  Stratege 
Leon  (§.  686  ff.  727  A.)  und  Nikias'  Sohn  Nikeratos  —  sein  Oheim 
Eukrates  war  bereits  mit  den  demokratischen  Verschwörern 
hingerichtet.  Das  Sykophantengewerbe  blühte  alsbald  unter 
der  Oligarchie  noch  mehr  als  unter  der  Demokratie,  und 
manche  der  ärgsten  Denuntianten  der  früheren  Zeit  wurden 
jetzt  bequeme  Werkzeuge  der  Gewaltherrscher.  Noch  grösser 
als  die  Zahl  der  Hingerichteten  war  die  der  Verbannten  und 
Geflüchteten.  Die  spartanische  Regierung  verbot  allen  griechi- 
schen Staaten,  die  Flüchtlinge  aufzunehmen ;  aber  Theben  und 
Argos  trotzten  dem  Befehl  und  gewährten  ihnen  Schutz,  und 
selbst  in  Megara  fanden  nicht  wenige  Zuflucht.  Auch  die 
bisherigen  Anhänger  der  Reaction  in  Athen  begannen  stutzig 
zu  werden,  zumal  auch  ihr  Leben  der  Willkür  der  Macht- 
haber schutzlos  preisgegeben  war;  und  wieder  wie  411  über- 
nahm Theramenes  die  Führung  der  Opposition  gegen  die  Ex- 
tremen. Kritias  und  Gharikles  sahen  ein,  dass  sie  eine 
Concession  machen  mussten:  die  Dreissig  entschlossen  sich, 
eine  Liste  von  3000  Namen  aufzustellen,  welche  fortan  Voll- 
bürger sein  und  nur  durch  einen  Spruch  des  Raths  verurtheilt 
werden  sollten,  während  sie  über  alle  anderen  sich  selbst  die 
volle  Gewalt  vorbehielten.  Die  Zahl  3000  entsprach,  nach 
den  gewaltigen  Verlusten,  welche  die  letzten  Jahre  an  Leben 
und  Eigenthum  gebracht  hatten,  den  5000  Vollbürgern  des 
Jahres  411.  Aber  eben  darum  war  Theramenes  auch  damit 
nicht  zufrieden:  es  sei  eine  Absurdität,  eine  Normalzahl  fest- 


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Schreckensregiment  in  Athen.   Hinrichtung  des  Theramenes.  23 

zusetzen,  während  der  richtigen  Theorie  nach  Vollbürger  alle 
die  sein  müssten,  welche  sich  selbst  bewaffnen  und  aus  eigenen 
Mitteln  etwas  für  den  Staat  leisten  könnten.  »Was  wir  thun,t 
sagte  er,  »widerspricht  sich  diametral:  wir  gründen  eine  Ge- 
waltherrschaft, die  schwächer  ist  als  die  Unterworfenen. t 
Kritias  und  Charikles  Hessen  sich  dadurch  nicht  beirren.  Sie 
entwaffneten  alle  Athener,  die  nicht  im  Katalog  der  3000 
standen,  und  fuhren  fort  zu  morden.  Sie  suchten  möglichst 
viele  Athener  zu  ihren  Massregeln  als  Gehülfen  heranzuziehen, 
um  so  durch  den  Kitt  des  Verbrechens  ihre  Herrschaft  zu 
festigen.  Um  sich  Geld  zu  beschaffen,  setzten  sie  einen  Be- 
schluss  durch,  dass  jeder  der  Dreissig  einen  reichen  Metoeken 
greifen  und  hinrichten  und  sein  Vermögen  einziehen  solle. 
Theramenes  beharrte  auf  seinem  Widerspruch.  Da  sah  Kritias, 
dass  er  sich  des  Rivalen  mit  Gewalt  entledigen  müsse;  er 
berief  eine  Rathssitzung  und  erhob  gegen  ihn  die  Anklage 
wegen  Hochverraths.  Obwohl  der  Sitzungssaal  mit  Be- 
waffneten unigeben  war,  machte  die  Majorität  nach  Thera- 
menes* glänzender  Verteidigungsrede  aus  ihrer  Gesinnung 
kein  Hehl.  Da  half  sich  Kritias,  indem  er  Theramenes'  Namen 
aus  dem  Verzeichniss  der  3000  strich  und  ihn  jetzt  aus 
eigener  Machtvollkommenheit  den  Henkern  übergab.  Mit 
seinem  Tode  begann  die  volle  Schreckensherrschaft.  So  ßel 
durch  sein  Ende  ein  verklärender  Abglanz  auf  Theramenes' 
Persönlichkeit  zurück;  man  vergass  seine  Ränke  und  Intriguen, 
man  verzieh  ihm  selbst  seine  Schuld  im  Arginusenprocess, 
weil  er  als  Märtyrer  für  ein  Ideal  gefallen  war,  das  viele 
der  besten  Männer  im  Herzen  trugen.  Freilich  hat  eben  sein 
Leben  und  sein  Schicksal  .erwiesen,  dass,  wie  Athen  sich 
einmal  entwickelt  hatte,  die  gemässigte  Aristokratie  ein  Traum 
war,  und  dass  jeder  Versuch,  ihn  zu  verwirklichen,  zwischen 
den  Extremen,  die  er  beide  mit  gleicher  Entrüstung  von  sich 
wies,  zermalmt  werden  musste. 

In  der  Darstellung  und  der  Chronologie  folge  ich  Xenophon,  im 
Gegensatz  zu  Aristoteles,  dessen  Daten  Wilamowitz,  Arist.  I,  166  und 


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24 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Bi'solt,  Hermes  XXXIII,  71  ff.  mit  Unrecht  vertheidigen.   Es  ist  doch 
undenkbar,  dass  Xenophon,  der  diese  Zeit  als  Hitglied  des  Rittercorps  mit 
durchlebt  hat,  fälschlich  die  Berufung  des  Kallibios  weit  vor  Theramenes' 
Tod  gesetzt  haben  sollte,  statt  nach  demselben,  wie  Aristoteles  behauptet. 
Wenn  die  Dekarchien  einen  Harmosten  brauchten,  so  die  Dreissig  erst 
recht.  Ueberdies  ist  die  Tendenz  offenkundig:  durch  Aristoteles  wird  The« 
ramenes  von  jeder  Mitschuld  an  der  Berufung  der  spartanischen  Garnison 
•entlastet  (die  er  nach  Xen.  II,  3,  42  bekämpft  hat).  Zu  Xenophon  stimmt 
Ephoros,  vielfach  mit  wörtlicher  Benutzung,  nur  dass  er  (Diod.  XIV,  5) 
in  geradezu  kindischer  Weise  Sokrates  einen  Versuch  zur  Rettung  des 
Theramenes  unternehmen  Ifisst.  —  Ueber  die  Differenz  betreffs  der  Be- 
setzung von  Phyle  s.  §.  756  A.  —  Plato  ep.  7.  824  c:  rfc  |ASTctßoX-?js  *U  *<*i 
itevrrjxovrd  ttveg  fiv3pt<;  npouarqoav  äpyoYzts,  ivSrjta  |*iv  ev  ohtji,  Sexa  8'  iv 
Utifi'.tl ,  Tzepi  ts  ifopäv  fcttätepo:  xouxutv  Ssa  t'  fcv  tot(  5at«3t  otoixttv  ?3ei, 
tpidxovtct  8c  ndvttuv  äp^ovt»?  xatssx-rjoav  atWoxpatopsc.    Vgl.  Arist.  pol. 
Ath.  35.    Zu  den  Zehn  im  Piraeeus  gehörten  Charmides  (Xen.  II,  4, 
19)  und  Molpis  (Harpocr.  s.  v.  aus  Lysias  und  Androtion  fr.  11).  —  Von 
der  ßooX*>]     *pö  tAv  xpidxovta  ßouXstioooa  waren  o'i  itoXXot  Mitglieder  des 
Raths  der  Dreissig:  Lys.  13,  20.  —  Aufhebung  der  solon.  Gesetze:  Arist. 
pol.  Ath.  35,  2.   Niederreissung  der  v«<opta  Lys.  18,  46.    Isokr.  7,  66: 
tooc  tptdxovta  .  .  .  to?k  vEiusotxou?  tut  xocftatpfar.  tpuuv  taXcmtuv  inoSo- 
jjlsvoü«.   Gesetz  des  Kritias  und  Charikles  \6^<ov  ti}(w)v  jjlt4  3t8aaxtiv  und 
Einschreiten  gegen  Sokrates :  Xen.  mem.  I,  2,  31  ff.  —  Processverfahren : 
Lys.  13,  87.  Andoc.  1,  101.  Xen.  III,  4,  9.   Dass  die  ersten  Hinrichtungen 
der  Sykophanten  Beifall  fanden  (Xen.  II,  3,  12.  Diod.  XIV,  4.  Arist.  pol. 
Ath.  35,  3.  Sallust  Cat.  51  u.  a.),  sagt  auch  Lysias  25,  19,  vgl.  27,  frei- 
lich in  der  Verteidigungsrede  für  einen  Aristokraten.  —  Die  nicht  zu 
den  Dreitausend  Gehörigen  waren  in  eine  Liste  der  Verdachtigen  einge- 
tragen, die  bei  Isokr.  18,  16.  21,  2  den  rathselhaften  Namen  b  jmöt 
Aooavipo'j  xataXofo?  führt.  —  Hinrichtung  der  verhafteten  Demokraten: 
Lys.  13,  35  ff.  18,  4  f.  30,  14;  des  Leon  und  Nikeratos:  Lys.  18,  6.  Xen. 
II,  3,  39.  Andoc.  1,  94.  Diod.  XIV,  5  [Leon  ist  vielleicht,  nach  Sauppe's 
Vermuthung,  der  Vater  des  Theomnestos  Lys.  10,  4.  27];  Verhalten  des 
Sokrates  dabei:  Plato  apol.  32c.  ep.  7,  324e.  Xen.  mem.  IV,  4,  3;  Hin- 
richtung des  Antiphon  (unbek.):  Xen.  II,  3,  40;  des  Autolykos:  Diod. 
XIV,  5,  7.  Pausan.  IX,  32,  8.  Plut.  Lys.  15  (mit  einer  chronologisch 
werth losen  Anekdote);  des  Lykophron:  vit.  Lycurg.  init. ;  der  Metoeken: 
Xen.  II,  3,  21.  40.  Lys.  or.  12  [bei  Diod.  XIV,  5,  6  sind  es  60  und  wird 
ihre  Hinrichtung  nach  Theramenes"  Tod  gesetzt].  —  Sykophanten :  Andoc. 
1.  94  f.  99.  Lys.  6,  45.  12,  48;  vgl.  25,  15  f.  —  Aechtung  der  Flücht- 
linge durch  Sparta :  Diod.  XIV,  6.  Justin  V,  9.   Nach  Megara  (Xen.  II, 
4,  1)  flüchtete  z.  B.  Lysias  (12,  17,  danach  die  vita).    Aufnahme  in 
Argos  auch  Demosth.  15,  22,  in  Theben  Ly?.  c.  Pherenic.  fr.  78.  Dinaren. 


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Alkibiades'  Ausgang. 


25 


1,  25.  Plut.  Pelop.  6.  —  Zu  Theramenes'  Vertheidigungsrede  auch  Lys, 
12,  77.  Wilamowitz'  seltsame  Ansicht,  dass  die  Aeusserung  des  Thera- 
menes Xen.  II,  3,  19  =  Arist.  pol.  Ath.  86,  2  einer  wahrscheinlich  von 
Theramenes  selbst  verfassten  Broschüre  entnommen  sei  (Arist.  I,  165  ff.), 
hat  wohl  nirgends  Zustimmung  gefunden.  Aristoteles  (oder  seine  Quelle) 
schöpft  deutlich  aus  Xenophon. 

750.  Ganz  Griechenland  lag  wehrlos  Sparta  und  seinem 
Feldherrn  zu  Fussen.  Aber  noch  lebte  ein  Mann,  der  ihnen 
gefahrlich  werden  konnte,  Alkibiades.  Nach  dem  Siege  Ly- 
sanders  war  für  ihn  auf  seinen  thrakischen  Besitzungen  keines 
Bleibens  mehr;  aber  er  hoffte  noch  immer,  sein  altes  Ziel  er- 
reichen zu  können.  Die  Pläne  des  Kyros  und  seine  enge  Ver- 
bindung mit  Sparta  waren  ihm  nicht  verborgen;  wenn  er  dem 
neuen  König  Artaxerxes  II.  die  Augen  öffnete  über  die  dro- 
henden Gefahren  und  die  Treulosigkeit  seiner  Verbündeten, 
musste  es  gelingen,  ihn  auf  Athens  Seite  hinüberzuziehen  und 
Spartas  Uebermacht  zu  brechen.  Nach  mancherlei  Abenteuern 
gelangte  er  an  den  Hof  des  Pharnabazos:  und  auch  hier  er- 
wies er  seine  Fähigkeit,  die  Menschen  zu  gewinnen  und  nach 
seinen  Zwecken  zu  lenken.  Der  Satrap  gewährte  ihm  die 
Möglichkeit  an  den  Hof  zu  gehen.  Nur  um  so  dringenderes 
Interesse  hatten  all  seine  Feinde,  ihn  zu  beseitigen,  ehe  er 
neues  Unheil  anrichtete.  Die  Dreissig  hatten  ihn  ver- 
bannt und  geächtet,  König  Agis  hasste  ihn  als  den  Schänder 
seiner  Ehre;  die  Ephoren  sandten  an  Lysander  den  Befehl, 
ihn  aus  der  Welt  zu  schaffen,  und  dieser,  der  in  ihm  noch 
immer  seinen  gefahrlichsten  Rivalen  in  dem  Kampf  um  die 
persönliche  Herrschaft  sehen  musste,  stellte  an  Pharnabazos 
im  Namen  Spartas  die  peremptorische  Forderung,  seinen 
Schützling  zu  tödten.  Pharnabazos  war  mit  der  Uebermacht, 
die  Lysander  gewonnen  hatte,  und  mit  seinem  herrischen  Auf- 
treten keineswegs  einverstanden;  aber  zur  Zeit  fühlte  er  sich 
noch  zu  schwach  ihm  zu  widerstehen,  und  überdies  mochte 
er,  wenn  er  auch  dem  regierenden  König  die  Treue  wahrte, 
doch  Bedenken  haben,  sich  durch  eine  gegen  Kyros  gerichtete 
Massregel  allzu  sehr  zu  compromittiren.    So  gab  er  der  For- 


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20 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


derung  nach;  er  liess  Alkibiades  auf  der  Reise  in  Phrygien 
überfallen  und  niedermachen. 

Die  Berichte  über  Alkibiades'  Tod  Plut.  Ale.  37  IT.  (vgl.  Äther. 
XII,  535  c.  XIII,  574  e).  Nepos  Ale.  9  f.  Diod.  XIV,  11.  Justin  V,  8  [wie 
es  scheint  gehört  auch  Polyaen  I,  40,  8  hierher]  geben  der  Hauptsache 
nach  dieselbe  Tradition  wieder,  wenn  auch  die  Motive  verschieden  variirt 
werden.  Ephoros,  den  Diodor  hier  citirt  (Ephoros'  eigene  Worte  haben 
offenbar  dem  Sinne  nach  gelautet :  <t»apvaßaCo<;  'AXx-.ßiot^v  ivetXs,  oj;  {jl*v 
ol  itoXXoi  \iyooy.v,  ^apioaadoti  £ouXö}isvoc  Accxe2ai|jiovio:<;,  105  2'  ejj/k  Zoxtl  cet.), 
behauptet,  Pharnabazos  habe  dem  König  selbst  die  Nachricht  mittheilen 
und  die  Belohnung  erhalten  wollen,  und  deshalb  Alk.  getödtet,  als  derselbe 
sich  an  den  Satrapen  von  Paphlagonien  (?)  wandte.  Das  ist  wenig  wahr- 
scheinlich; denn  Pharnabazos  hat  nichts  gegen  Kyros  gethan,  und  Alkibiades' 
Ermordung  lag  im  Interesse  des  Kyros,  nicht  in  dem  des  Arlaxerxes.  — 
Als  Localität  der  Bestattung  nennt  Athen.  XIII,  574  e  einen  Ort  in  SQd- 
phrygien,  also  in  Kyros'  Satrapie.  —  Verfolgung  durch  die  Dreissig: 
Xen.  II,  3,  42,  vgl.  Justin  V,  8,  12;  durch  Sparta  und  Lysander:  Isokr. 
16,  40. 

Innere  Gegensätze  in  Sparta. 

751.  Während  die  Welt  des  Aegaeischen  Meeres  durch 
Spartas  Sieg  den  heftigsten  Erschütterungen  anheimfiel,  ent- 
brannte auch  in  dem  siegreichen  Staat  selbst,  zwar  nicht  so 
gewaltsam,  aber  darum  nicht  minder  verhängnissvoll  der 
Kampf  um  die  altüberlieferte  Verfassung,  die  irdtptoc  ^oXitsta. 
Es  erfüllte  sich,  was  die  Einsichtigen  immer  hatten  kommen 
sehen;  und  die  Rückwirkung  der  Herrscherstellung  war  um 
so  tiefer,  da  der  Staat  in  seiner  bisherigen  Gestalt  den  neuen 
Aufgaben  in  keiner  Weise  gewachsen  war  und  man  doch 
seine  Organisation  nicht  ändern  konnte,  ohne  sein  innerstes 
Wesen  anzutasten.  Sinnfällig  trat  der  Gegensatz  allen  vor 
Augen,  als  im  Herbst  404  Lysander  mit  der  Kriegsbeute  im 
Siegeszuge  nach  Sparta  heimkehrte.  Er  führte  nicht  nur  die 
Schnäbel  der  vernichteten  Flotten  und  die  Trieren  aus  dem 
Piraeeus  mit  sich,  sondern  auch  Massen  von  goldenen  Kränzen, 
welche  die  Städte  überall  ihm  verehrt  hatten,  und  dazu 
für  den  spartanischen  Staatsschatz  470  Talente  aus  den  Resten 


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Gegensätze  in  Sparta.   Streit  um  den  Geldbesilz.  27 

der  ihm  von  Kyros  überwiesenen  Tribute  und  der  sonstigen 
Beute.  Angeblich  hat  er  bereits  im  Jahr  vorher  Gylippos 
mit  noch  weit  grössern  Summen  vorausgeschickt.  Das  wider- 
sprach allen  Traditionen  und  Satzungen  des  Staats:  die  hei- 
lige Ordnung  des  Lykurgos  verpönte  jeden  Besitz  von  Edel- 
metall. So  kam  der  Conflict  zunächst  über  diese  Frage 
zum  Ausbruch;  die  Vertreter  des  Alten  forderten,  dass  man 
das  fremde  Gold  nicht  zulassen  und  sich  nach  wie  vor  mit 
dem  heimischen  Eisengeld  begnügen  solle.  Dass  das  politisch 
gänzlich  undurchführbar  war,  konnten  Lysander  und  seine 
Anhänger  leicht  nachweisen.  Aber  die  Versuchung,  welche 
damit  an  den  Staat  und  den  Einzelnen  herantrat,  war  nicht 
minder  offenkundig;  eben  jetzt  war  Gylippos,  der  Sieger  von 
Syrakus,  bei  der  Ablieferung  der  Geldsummen  auf  einem 
plumpen  Diebstahl  ertappt  worden.  Er  wurde  verbannt,  wie 
ehemals  sein  Vater  (§.  345),  und  soll  sich  selbst  den  Tod  ge- 
geben haben.  Für  die  Zukunft  aber  einigte  man  sich  dahin, 
dass  zwar  der  Staat  Gold  und  Silber  besitzen  dürfe,  dagegen 
jedem  Bürger  der  Besitz  von  Edelmetallen  bei  Todesstrafe 
untersagt  sei. 

Nach  Xen.  II,  3.  8  bringt  Lysander  selbst  nach  dem  Fall  von 
Samoa  470  Talente  nach  Sparta;  nach  Diod.  XIII,  106  schickt  er  schon 
405  den  Gylippos  mit  1500  Talenten,  wovon  dieser  300  unterschlagt.  Bei 
PluL  Lys.  16  ist  beides  vereinigt:  Lysander  schickt  nach  dem  Fall  von 
Samos  und  der  Einsetzung  der  Dreissig  Gylippos  nach  Sparta  und  geht 
selbst  nach  Thrakien.  —  Gylippos1  Diebstahl  auch  Posidon.  fr.  41  (Athen. 
VI,  234  a:  roXtnitov  .  .  .  irco&avetv  inoxapTtpYjOavTa  Xo-ps,  xatotYvu>°^vTa 
6xö  täv  ttpöpcuv  ü»?  vo3'f toäfuvov  ex  toö  AooavSpsiou  ^p-rjjxato?).  Piut.  Nie. 
28.  Timaeos  bei  Plut.  comp.  Timol.  et  Aem.  Pauli.  2.  —  Die  Verhand- 
lung Ober  den  Geldbesitz  Plut.  Lys.  17  nach  Theopomp  und  Ephoros; 
angedeutet  Diod.  XIV,  10,  2;  ferner  als  Hauptgrund  des  Falles  Spartas 
Plut.  Lyc.  30.  Agis  5.  inst.  lac.  42.  Diod.  VII.  12,  8.  Pausan.  IX,  32,  10. 
Aelian  v.  h.  XIV,  29;  x?°^ov  xa-  &p"pptov  Ipsovätat.  xal  fiv  tt  tcoo  <pavrjj, 
b  ?x<ov  C^oöTrzt  Xen.  pol.  Lac.  7,  6 ;  vofibpar.  xpüvtai  o*»rivtp  [wohl 
falsche  Uebertragun^  von  Karthago,  statt  ot^py]  •  eav  U  itotpd  tm  s&peO-g 
Xpos&c  9j  5pfi>pos,  &avat<o  C^jAiouta«.  Nie.  Dam.  114,  8. 

752.  In  der  That  sind  in  den  nächsten  Jahren  derartige 
Todesurtheile  gefallt  worden  (§,  759);  aber  geholfen  haben  sie 


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28  IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 

nicht  viel.  Der  spartanische  Staat  war  aufgebaut  auf  die 
militärische  Disciplin  und  auf  den  Wetteifer  der  Burger,  deren 
jeder  von  Jugend  auf  streben  sollte,  es  seines  Gleichen  zuvor- 
zuthun.  Aber  längst  war  die  innere  Homogenität  der  Bürger- 
schaft geschwunden;  arm  und  reich  schufen  auch  hier  eine 
tiefe  Kluft,  welche  durch  die  militärische  und  gesellschaftliche 
Ordnung  nur  noch  künstlich  überbrückt  und  dem  Auge  des 
Fremden  verborgen  wurde  (§.  262).  Und  nun  eröffnen  sich 
dem  Ehrgeiz  Ziele,  von  denen  sich  noch  vor  wenigen  Jahr- 
zehnten kein  Spartiat  hätte  träumen  lassen.  Vor  dem  Namen 
des  spartanischen  Bürgers  zittert  ganz  Hellas;  mit  unum- 
schränkter Macht  schaltet  der  Feldherr  und  der  Harmost  über 
die  > verbündeten c  Städte,  alle  Versuchungen,  welche  die  Macht 
bringt,  treten  an  ihn  heran,  der  im  Eurotasthai  unbekannte 
Luxus  der  Fremde,  die  devote  Schmeichelei  der  von  seiner 
Gnade  abhängigen  Parteien;  wie  hätte  er,  eben  aus  der  strengen 
äusseren  Zucht  der  Heimath  gekommen,  widerstehen  sollen, 
wo  er  nur  zuzugreifen  brauchte?  Fremd  war  dem  Kriegerstaat 
das  Streben  nach  Gewinn,  nach  Mehrung  des  Besitzes,  nach 
beherrschendem  Einfluss  niemals  gewesen;  jetzt  wächst  es 
ins  Ungemessene.  Da  kann  der  Einzelne  das  moderne  Macht- 
mittel des  Geldes  so  wenig  mehr  entbehren  wie  der  Staat. 
Wege,  das  Gesetz  zu  umgehen,  gab  es  auch  hier,  vor  allem 
dadurch,  dass  man  das  Baar vermögen  ausser  Landes  bei  den 
Tempeln  deponirte,  z.  B.  in  Tegea  oder  wie  Lysander  in  Delphi; 
andere  mochten  es  heimlich  auf  ihren  Gütern  verbergen.  Die 
Aufrechterhaltung  eines  an  sich  schon  unnatürlichen  Gesetzes 
wird  eben  unmöglich,  wenn  die  Betheiligten  selbst  es  nicht 
wollen.  So  konnte  wenig  später  ein  athenischer  Schriftsteller 
sagen:  »Gold  und  Silber  gibt  es  in  ganz  Griechenland  zu- 
sammen nicht  so  viel  wie  in  Sparta  allein;  denn  seit  vielen 
Generationen  strömt  es  dorthin  aus  ganz  Griechenland  und 
oft  auch  von  den  Barbaren,  aber  heraus  kommt  es  niemals, 
sondern  es  gilt  hier,  was  in  Aesops  Fabel  der  Fuchs  zum 
Löwen  sagt,  man  sieht  deutlich  die  einwärts  gewandten  Spuren 
des  nach  Sparta  eingehenden  Geldes,  aber  nirgends  solche, 


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Einwirkung  der  Herrscherstellung  auf  die  Spartaner. 


29 


die  herausführen.  So  kann  man  sicher  sein,  dass  seine  Be- 
wohner die  reichsten  Griechen  an  Gold  und  Silber  sind,  und 
unter  ihnen  wieder  der  König.«  Die  Zeitgenossen  sahen  darin 
die  Ursache  der  Gorruption  und  bald  auch  der  äusseren 
Katastrophe  Spartas;  schon  dem  Lykurg,  so  behauptete  man, 
habe  die  Pythia  verkündet:  »die  Geldgier  wird  Sparta  ver- 
derben und  nichts  anderes« ;  in  Wirklichkeit  war  es  das  cha- 
rakteristischste Symptom  der  inneren  Umwandlung  des  Staats 
unter  der  Einwirkung  seiner  Herrscherstellung. 

Die  angeführte  Stelle  aus  [Plato]  Alcib.  I.  122  e  ist  deutlich  vor 
Leuktra  geschrieben.  Auch  in  der  Schilderung  der  xtfioxpsma  (rep.  VIII, 
548),  in  der  Plato  vor  allem  Sparta  vor  Augen  hat,  spielt  die  Intd-ujua 
XPJfiaxwv  eine  grosse  Rolle  (xtfi.u>vxf<;  a-fpunc,  6it&  cxoxoo  yposov  xt  *al  äp-ppov, 
fix*  wxTYipivoi  tajAttta  xal  olxtiooc  *Yjoa'jpo6<;,  ol  (Kpisvot  av  a&xa  xpi^siav  . . . 
obxoöv  xal  <p«3wXo:  xp-njL&caiv,  fix»  xtfiwvxt?  xat  ob  tpavspA;  xtu»|uvoi,  f  ;Xava- 
Xu>xal  8k  aXXoxp'ouv  IC  ftnt9-u|i'!ay,  xai  X.a9-pa  xä$  *^ov&s  xapxtoujxBvoi  cet.).  Vgl. 
auch  Plato  Hipp.  mai.  288  d.  Ferner  Aristot.  pol.  II,  6  u.  a.  Xen.  rep.  Lac. 
14.  3  xat  itpoafl'sv  jiiv  olla  a&xouf  <po{Uoo}Jtivot>s  ypootov  fyovta?  <patv»3$-at, 
vöv  V  fot'.v  obz  xal  xaXXcuitiCopivou;  titt  xil>  xext'fjoO'at.  Posidon.  fr.  41  bei 
Athen.  VI,  233  f. :  Aax«5at(iövtot  öicfc  io>v  tft&v  xutXoojisyoi  ela^ipstv  tl?  xyjv 
Ercapxvjv  xal  xxao&ai  fip^opov  xal  yposbv  ixxdivxo  fiiv  o68iv  Tjxxov ,  rcapaxa- 
x«ttHvxo  21  xol(  ojiopot;  'Apxaatv  [oh  Xuthias  Sohn  des  Philachaios,  der 
sein  Geld  in  Tegea  deponirt  bat  IGA.  68,  ein  Spartaner  (Ktochhoff,  Ber. 
Berl.  Ak.  1870,  51)  oder  etwa  ein  Perioeke  (Meister,  Ber.  Leipz.  Ges. 
1896,  266)  ist,  scheint  nicht  sicher  zu  ermitteln].  Lysander  hatte  in 
Delphi  1  Tal.  Silber,  52  Minen,  11  Goldstatern  deponirt:  Anaxandrides  von 
Delphi  bei  Plut.  Lys.  18.  —  Den  Spruch  d  fiXoxfwyxaxta  Sttaptav  oXst, 
SXXo  85  obtov  kennen  schon  Ephoros  (Diod.  VII,  12,  5)  und  ihm  folgend 
Aristoteles  (Zenob.  II,  24)  als  Orakel  an  Lykurg,  vgl.  Forsch.  I,  226  f.  — 
Nach  Leuktra  ist  vielfach  ausgesprochen,  dass  Sparta  durch  seine  Ver- 
fassung zwar  befähigt  sei,  die[Herrschaft  zu  erwerben,  aber  nicht  sie  zu 
behaupten,  so  Arist.  pol.  II,  6,  22.  Polybios  VI,  48,  6.  c.  49.  50,  der 
den  Hauptgrund  in  den  ökonomischen  Verhältnissen  und  der  Geldfrage 
sieht;  Plut.  Lyc.  30  bekämpft  natürlich  diese  Ansicht.! 

753.  Durch  diese  Entwickelung  wurde  die  Ungleichheit 
des  Besitzes  und  der  ökonomische  Ruin  der  Aermeren  noch 
weiter  gefördert;  immer  grösser  wurde  die  Zahl  der  »Min- 
deren« (u~ou,etovs^) ,  die  wegen  Armuth  das  Vollbürgerrecht 
verloren "(§.  262).  Ausser  Königen,  Geronten  undEphoren  zahlte 


30  N\  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


im  J.  399  Kinadon  (§.  7(52)  auf  dem  Markt  von  Sparta  nur 
noch  etwa  40  Spartiaten  unter  mehr  als  4000  anderen,  He- 
loten, Neodamoden,  Hypomeiones  und  Perioeken.  4uf  dem  Lande 
tritt  dasselbe  Verhältniss  noch  schärfer  hervor.  Die  Bürgerschaft 
bestand  im  J.  404  noch  etwa  aus  2000  waffenfähigen  Männern 
(§.  264  A.),  ging  aber  in  den  nächsten  Jahrzehnten  an  Zahl 
ständig  zurück.  Und  nun  sollte  sie  nicht  nur  diese  Masse 
von  Unzufriedenen  und  Unterjochten  niederhalten,  »unter 
denen  keiner  es  bergen  kann,  dass  er  nicht  mit  Freuden 
jeden  Spartiaten  roh  auffrässe«,  sondern  zugleich  die  Herr- 
schaft über  ganz  Hellas  Östlich  vom  Ionischen  Meer  behaupten, 
über  ein  Volk  von  etwa  8  bis  4  Millionen  Seelen.  Athen, 
mit  einer  bürgerlichen  Bevölkerung,  die  etwa  17mal  so  gross 
gewesen  war  als  die  Spartas,  hatte  die  gleiche  Aufgabe  doch 
nur  in  etwa  der  Hälfte  dieses  Gebiets  erfüllen  können.  An  der 
Organisation  des  Staats  liess  sich  nichts  ändern,  abgesehen 
von  einigen  Reformen  im  Heerwesen.  Seit  dem  Ende  des 
peloponnesischen  Kriegs  ist  die  spartanische  Armee  (einschliess- 
lich der  Garde  der  urestc  von  800  Mann)  in  sechs  aus  Spar- 
tiaten und  Perioeken  gebildete  Hoplitenregimenter  (Moren) 
getheilt  (§.  264  A.).  Die  Stärke  schwankte  nach  der  Höhe 
des  Aufgebots;  die  Normalzahl  scheint  600  Mann  gewesen 
zu  sein,  darunter,  auch  wenn  man  die  waffenfähigen  Bürger 
(Vollbürger  und  Mindere)  bis  zum  55.  Jahre  aufbot,  weit 
über  die  Hälfte  Perioeken.  Hinzu  kommen  die  Skiriten 
und  seit  Brasidas  die  aus  freigelassenen  Heloten  gebildeten 
Neodamoden,  von  denen  jetzt  immer  stärkere  Corps  auf- 
gestellt werden.  Ausserdem  hatte  Brasidas  eine  Reiterei 
ins  Leben  gerufen,  die  jetzt  gleichfalls  aus  sechs  Moren  zu 
100  Pferden  besteht.  Aber  im  Gegensatz  zu  Athen,  Boeotien, 
Thessalien  stand  diese  Truppe  in  Sparta  auch  jetzt  in  ge- 
ringem Ansehen;  sie  wurde  im  Frieden  nicht  einexercirt, 
sondern  erst  zu  Beginn  des  Feldzugs  formirt.  Die  Pferde 
hatten  die  Reichsten  zu  stellen,  aber  zu  Reitern  nahm  man 
die  am  wenigsten  leistungsfähigen  Leute,  darunter  gewiss  nur 
wenige  Spartiaten.  So  vermochte  Sparta  aus  eigenen  Mitteln, 


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31 


abgesehen  von  den  verstreut  in  seinem  Machtbereich  liegenden 
Truppen,  im  Nothfall  ein  Heer  von  Ö000  Mann  und  G00  Rei- 
tern aufzustellen,  das  durch  seine  Disciplin  und  seine  ununter- 
brochene Schulung  noch  immer  dem  Aufgebot  jedes  anderen 
griechischen  Staats  überlegen  war  und  den  festen  Kern  des 
von  Sparta  geführten  Bundesheeres  abgab.  Aber  damit  war 
der  Staat  auch  an  der  äussersten  Grenze  seiner  Leistungsfähig- 
keit angelangt;  selbst  an  eine  Verstärkung  seiner  kleinen  See- 
macht konnte  er  trotz  der  jetzt  disponiblen  Geldmittel  nicht 
denken,  sondern  blieb  hier  nach  wie  vor  im  wesentlichen  auf 
die  Schiffe  seiner  Bundesgenossen  angewiesen.  Daher  gab  es  für 
die  Behauptung  der  Herrschaft  über  die  griechischen  Staaten 
gar  keine  anderen  Mittel,  als  die,  welche  man  daheim  zur 
Niederhaltung  der  Heloten  und  Perioeken  anwandte.  Die 
brutalen  und  perfiden  Massregeln  Lysanders,  die  unter  der 
Phrase  der  Freiheit  die  rücksichtslose  Gewaltherrschaft  auf- 
richteten, mochte  man  verschmähen;  eine  gewundene  Politik, 
welche  den  Zwang,  den  sie  nicht  entbehren  konnte,  unter  den 
Formen  des  Rechts  zu  verbergen  suchte,  war  dem  spartani- 
schen Staat  durch  die  Gewalt  der  Umstände  aufgezwungen, 
wenn  er  nicht  freiwillig  zurücktreten  und  seinen  Feinden  die 
Möglichkeit  einer  neuen  Erhebung  gewähren  wollte. 

Kinadons  Aeusserungen :  Xen.  III,  8,  4  ff.  —  Bevölkerungszahl  und 
Heerwesen:  §.  264  A.  Xen.  pol.  Lac  schildert  die  seit  etwa  404  bestehende 
Organisation.  Das  frpjn«  iy^  irpurcYjs  ^op«;  13»  6  sind  die  alten  Innel? 
zu  Fuss.  Reiterei:  ib.  11.  2.  3.  Hell.  VI,  4,  11.  Zur  Starke  der  Mora: 
Plut.  Pelop.  16.  Diod.  XV,  32,  1  (Ephoros  fr.  140). 

754.  Aber  noch  gab  es  in  Sparta  nicht  wenige  Männer, 
welche  es  ehrlich  meinten  mit  den  ererbten  Ordnungen  und 
wie  Kallikratidas  als  Nauarch  die  neumodische  Politik  mit 
Abscheu  von  sich  wiesen.  Spartas  Grösse  lag  ihnen  ebenso 
sehr  am  Herzen  wie  Lysander  und  seinen  Genossen;  aber 
seine  Ehre  wollten  sie  rein  erhalten  und  das  feierlich  ver- 
pfändete Wort  Spartas  wahr  machen,  es  sei  gekommen,  die 
Hellenen  von  Athens  Tyrannis  zu  befreien  und  die  glücklichen 
und  gerechten  Zustande  der  Vorzeit  wieder  herbeizuführen. 


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32 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Die  Opposition  gegen  Lysander  war  um  so  stärker,  da  die 
neue  Politik  in  erster  Linie  ihm  selbst  zu  gute  kam  und  die 
Stellung,  die  er  einnahm,  in  schroffem  Widerspruch  stand 
zu  der  Gleichheit,  auf  der  die  Freiheit  der  Bürger  beruhte. 
Lysander  machte  kein  Hehl  daraus,  dass  er  seine  Stellung 
dauernd  zu  behaupten  trachtete;  er  wird  auch  damals  schon 
für  den  Plan  gewirkt  haben,  das  erbliche  Doppelkönigthum 
durch  eine  Wahlmonarchie  zu  ersetzen  und  so  seiner  Tyrannis 
auch  die  eigene  Heimath  zu  unterwerfen.  In  dem  Kampf  um 
Zulassung  des  Geldes  hatte  die  Opposition  mindestens  einen 
.  halben  Sieg  errungen;  sie  konnte  dabei  nicht  stehen  bleiben. 
Ein  Umsturz  der  Verfassung  und  der  Herrscherstellung  der 
Spartiaten,  wie  sie  die  Hörigen  erstrebten,  lag  diesen  Be- 
strebungen ganz  fern;  aber  so  wie  die  Verhältnisse  in  Sparta 
sich  gestaltet  hatten,  durften  sie  nicht  bleiben,  wenn  nicht 
Sparta,  das  man  jetzt  in  ganz  Hellas  als  das  Muster  einer 
weisen  Staatsordnung  anstaunte,  an  innerer  Fäulniss  zu  Grunde 
gehen  sollte.  Wie  überall  in  Hellas  die  Parole  der  Rückkehr 
zu  den  Zuständen  der  alten  Zeit  ausgegeben  war,  wie  die 
athenischen  Oligarchen  der  verkommenen  Verfassung  der 
Demokratie  die  Idealverfassung  des  Drakon  entgegenstellten 
(§.  695),  so  musste  auch  Sparta  zurückkehren  zu  den  wahren 
Ordnungen  des  Lykurgos,  von  denen  es  abgefallen  war.  Man 
aeeeptirte  die  in  Griechenland  weit  verbreitete,  in  Sparta  ur- 
sprünglich nicht  heimische  Anschauung,  dass  Lykurgos  von 
dem  delphischen  Gotte  inspirirt  gewesen  sei  und  dieser  dem 
Staate  ewiges  Gedeihen  verheissen  habe,  so  lange  er  seihen 
Geboten  getreu  bleibe;  um  so  mehr  sei  Sparta  verpflichtet, 
jede  Neuerung  und  jede  Verfälschung  seiner  Satzungen  rück- 
gängig zu  machen.    Die  Führung  der  Reformbestrebungen 
übernahm  König  Pausanias ,  der  Enkel  des  Siegers  von 
Plataeae,  der  im  J.  408  seinem  Vater  Pleistoanax  gefolgt  war. 
In  ihm  vereinigten  sich  die  Reform bestrebungen  mit  den  alten 
Tendenzen  des  Agiadenhauses.  Das  gottbegründete  Königthum 
der  Herakliden,  das  Lykurg  mit  den  höchsten  Ehren  aus- 
gestattet hatte,  war  durch  die  weitere  Entwickelung  völlig  ge- 


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Reformbestrebungen  in  Sparta.   König  Pau9anias.  33 


knechtet  worden;  die  Ephoren  waren  aus  seinen  Dienern  seine 
Herren  geworden,  selbst  die  militärische  Leitung  hatten  sie 
ihm  beschränkt,  an  Stelle  des  weisen  Rathes  der  Alten,  der 
mit  den  Königen  Hand  in  Hand  gehen  sollte,  herrschte  auch 
in  Sparta  die  Demokratie  durch  die  alljährlich  aus  der  Menge 
gewählten  Ephoren,  beliebige  Leute,  die  durch  Intriguen  und 
Connexionen  zur  höchsten  Macht  gelangten.  Hier  musste  die  Re- 
form einsetzen ;  nur  das  wahre  Königthum  in  seiner  alten  Macht- 
vollkommenheit konnte  eine  Besserung  der  Zustände  schaffen. 
Eine  Reihe  von  Orakelsprüchen  wurde  in  Umlauf  gesetzt,  die 
authentischen  Verse,  welche  Lykurg  von  der  Pythia  erhalten 
hatte  —  Pausanias  hat  sie  später  im  Exil  (§.  85G)  in  einer 
Schrift  publicirt.  Hier  wird  Recht  und  Frömmigkeit,  Heilig- 
haltung der  Eide,  Ehrfurcht  vor  den  Alten  (dem  Rath),  Eh- 
rung der  Schutzgötter  des  Königthums,  der  Tyndariden  und 
des  Menelaos,  geboten;  nur  dieser  Weg  führt  zu  Tapferkeit 
und  Eintracht  und  damit  zur  Freiheit,  der  andere  zu  Bürger- 
zwist, Feigheit  und  Knechtschaft.  Auch  der  Spruch  über  die 
Geldgier  gehört  hierher,  ferner  eine  Anzahl  von  Distichen, 
welche  die  Grundzüge  der  ächten  Verfassung  enthalten  — 
vielleicht  sind  sie  schon  damals  für  ein  Gedicht  des  Tyrtaeos 
ausgegeben  worden.  Völlig  bei  Seite  geschoben  wird  das 
Ephorat:  die  Ephoren  hat  König  Theopompos  im  messenischen 
Kriege  als  seine  Gehülfen  bei  der  Rechtsprechung  eingesetzt, 
ihre  spätere  Macht  ist  usurpirt.  Auch  die  Volksversammlung 
soll  nicht  selbständig  entscheiden  wollen,  sondern  dem  zu- 
stimmen, was  Könige  und  Geronten  im  Rath  beschliessen. 
Endlich  gehört  in  diesen  Zusammenhang  die  Erzählung,  Lykurg 
habe  das  Gebiet  von  Sparta  gleichmässig  unter  die  Bürger 
aufgetheilt  und  so  die  wahre  Gleichheit  geschaffen:  das  ist  das 
Programm  einer  umfassenden  socialen  Reform,  welche  der 
Armuth  der  Menge  ein  Ende  machen  und  die  Wehrkraft  des 
Staats  auf  eine  breitere  und  festere  Grundlage  stellen  soll. 

Meine  Darstellung  beruht  auf  Forsch.  I,  222  ff.    Die  Orakel  hat 
Ephoros  (bei  Diod.  VII,  12  und  Oenomaos  von  Gadara  bei  Euseb.  praep. 
«v.  V,  18  CT.)  seiner  Darstellung  der  Geschichte  des  Lykurg  tu  Grunde 
Meyer,  Geschichte  des  Alterthuras.  V.  3 


34 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


gelegt;  und  er  selbst  gibt  an  (Strabo  VIII,  5,  5),  dass  er  sie  der  Schrift 
des  Pausanias  entnommen  hat.  —  Von  den  beiden  Fassungen  der  an- 
geblichen Tyrtaeosverse  Plut.  Lyc.  6.  Diod.  VII,  12,  6  halt  Wilamowitz, 
Textgesch.  der  griech.  Lyriker  (Abb.  Gött.  Ak.  1900)  S.  109  die  bei  Plu- 
tarch  für  die  jüngere,  was  mir  unmöglich  scheint;  im  übrigen  trägt  er 
(ohne  mich  zu  nennen)  meine  Deutung  vor,  so  dass  ich  nicht  recht  weiss, 
weshalb  er  gegen  mich  polemisirt.  Die  beiden  Fassungen  sind  Erzeug- 
nisse des  politischen  Kampfs  um  die  spartanische  Verfassung  aus  dem 
Anfang  des  vierten  Jahrhunderts,  ebenso  wie  die  verschiedenen  Angaben 
über  die  Beziehungen  Lykurgs  zu  Kreta  und  Delphi,  über  Ursprung  und 
Berechtigung  des  Ephorats,  über  die  Landauflheilung'.  —  Eine  andere 
Redaction  der  Orakel,  in  Prosa,  sind  die  von  Aristoteles  mitgetbeilten 
Rhetren;  dieselben  sind  nicht  in  Sparta  entstanden,  weil  sie  das  Wort 
£Vf>a  als  >Orakel«,  nicht  als  »Gesetz«  verstehen.  —  Arist.  pol.  IV,  13.  13: 
in  erobernden  Staaten  -cAv  icoXitd»  t«>  Suva^ivio  toöto  tc«pa«ov  8uux«tv, 
okü>s  ?6vv,tat  tyj?  oixstac  n6Xiu>?  apx«v*  oiwp  t'fxaXoOo'.v  ol  Aaxtuve; 
Ilaosavta  t<i)  ßasiXtt.  VIII,  1,  5:  «uojrgp  tv  Aaxt&ai)iovt  <paoi  Aisavfyov 
tivti  itct/eipYjoat  xataXusttt  fr(v  ßastXtiav  xai  Ilaosavtav  töv  ßaoiXia  tyjv 
tcpopeta/. 

755.  Wie  wenig  die  Mehrheit  der  Bürgerschaft  von  der 
neumodischen  Politik  wissen  wollte,  zeigte  sich  bei  den  Ephoren- 
wahlen;  in  dem  neuen  Collegium,  das  im  Herbst  404  antrat,  be- 
stand die  Mehrzahl  aus  Gegnern  Lysanders  und  Anhängern  des 
Pausanias.  Trotzdem  gelangten  die  Reformbestrebungen  nicht 
zum  Ziel.  Es  ist  das  Verhängniss  Spartas  und  ganz  Griechen- 
lands gewesen,  dass  das  Königthum  zu  schwach  und  die 
Gefahren  zu  gross  waren.  Entscheidende  Bedeutung  gewannen 
die  Gegensätze  daher  nur  in  den  praktischen  Fragen  der 
auswärtigen  Politik.  Hier  gewann  Lysander  zunächst,  wahr- 
scheinlich noch  durch  die  alten  Ephoren  und  durch  König  Agis,. 
mit  dem  er  während  des  Krieges  in  gutem  Verhältniss  ge- 
standen hatte,  einen  vollen  Sieg.  Seine  Anordnungen  wurden 
bestätigt;  die  grossen  Weihdenkmäler,  welche  Sparta  daheim 
und  vor  allem  in  Delphi  aus  der  Beute  zum  Dank  für  die 
Beendigung  des  Krieges  errichten  liess,  dienten  ausschliesslich 
seiner  Verherrlichung:  in  Delphi  stand  seine  Statue  inmitten 
der  Götter,  umgeben  von  sämmtlichen  spartanischen  und 
bundesgenössischen  Heerführern,  und  Poseidon  setzte  ihm  den 
Siegeskranz  auf.    Für  das  neue  Amtsjahr  wurde  sein  Bruder 


Lysanders  dritte  Ausfahrt. 


35 


Libys  zum  Nauarchen  gewählt;  thatsächlich  übernahm  als 
sein  Adjutant  auch  diesmal  Lysander  den  Oberbefehl.  So 
konnte  er  gegen  Ende  des  Jahres  404  an  der  Spitze  der 
spartanischen  Flotte  noch  einmal  einen  Triumphzug  durch 
Hellas  halten  und  seine  Massregeln  festigen  und  ergänzen. 
Diesmal  scheint  er  namentlich  an  der  thrakischen  Küste  operirt 
zu  haben,  wo  sich  noch  mancher  Widerstand  regen  mochte; 
auch  sein  Eingreifen  auf  Thasos  (§.  746)  gehört  wohl  in  diese 
Zeit.  In  allen  Städten  überhäuften  ihn  seine  Anhänger  mit 
den  höchsten  Ehren:  der  Mann,  der  unumschränkt  in  ganz 
Hellas  schaltete,  war  mehr  als  ein  Mensch,  er  war  ein  Gott 
und  sein  Wille  Gesetz  wie  das  Gebot  der  Gottheit.  Die 
Aristokraten  auf  Samos  haben  ihm  Altäre  errichtet,  geopfert, 
und  »dem  Feldherrn  des  wackeren  Hellas  aus  dem  reigenfrohen 
Sparta«  Päane  gesungen;  das  Herafest  wurde  durch  ein  Ly- 
sanderfest  ersetzt.  Die  Dichter  drängten  sich  um  ihn  und 
verherrlichten  wetteifernd  seine  Thaten,  Choirilos  von  Samos, 
Antimachos  von  Eolophon,  Nikeratos  von  Heraklea,  dem  er 
selbst  beim  Lysanderfest  den  Preis  ertheilte.  Die  Ephesier  er- 
richteten ihm  und  seinen  Mitfeldherrn  im  Artemistempel,  die 
Samier  in  Olympia  eine  Statue.  Er  war  in  der  That  der 
ungekrönte  König  von  Hellas.  Aber  während  er  auf  dem 
Gipfel  seiner  Macht  stand,  nahmen  die  Dinge  in  Athen  eine 
Wendung,  die  rasch  und  unerwartet  den  Anstoss  gab  zu 
jähem  Sturz  aus  schwindelnder  Höhe. 

Ausfahrt  Lysanders:  itataorfjsavxsf  vauap^ov  AuoavSpov  todtcp  icpoo- 
tta'av  iitticoptutotau  tag  xiXr.c  cet.  Diod.  XIV,  10  unter  dem  J.  404  3 
[daran  schliesst  c.  13  an].  Da  Lysander  im  Sommer  403  vor  Athen 
liegt,  muss  seine  Ausfahrt  früher  fallen.  Dass  in  Wirklichkeit  Libys  Nau* 
arch  war,  zeigt  Xen.  II,  4,  28.  Dieselbe  Ausfahrt  wird  bei  Plut.  Lys.  16 
gemeint  sein:  b  5i  Aooav&po;  &icö  tootcuv  ftvofuvoc  (nach  der  Einsetzung 
der  Dreissig)  a&t&c  iitl  0paxY]«  igfeXios»  cet.  In  den  thrakischen 
Aufenthalt  gehört  die  Belagerung  von  Aphytis  auf  Pallene,  das  durch 
eine  Traumerscheinung  des  hier  als  Localgott  verehrten  Ammon  gerettet 
wird :  Plut.  Lys.  20.  Pausan.  III,  18,  3.  —  Ein  gutes  Verhältnis  zwischen 
Agis  und  Lysander  ergibt  sich  auch  aus  Agis'  Verhalten  gegen  Pau- 
sanias  und  Athen  (§.  759);  dagegen  will  nichts  besagen,  dass  ihm  ein- 
mal der  Ausspruch  in  den  Mund  gelegt  wird,  Lysander  sei  ein  zweiter 


36 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Pausanias  (der  Sieger  von  Plataeae):  Athen.  XV,  543  b.  —  Ehren  Ly- 
sanders: Plut.  Lys.  18,  darunter  der  Päan  nach  Duris  (fr.  65,  auch  bei 
Athen.  XV,  696  e).  AoadvSpeta  auch  Hesych.  s.  v.  Die  Siegesdenkmäler 
(vgl.  §.  734  A.)  auch  Pausen.  III,  17,  4  f.  VI,  3,  14.  X,  9,  7  ff. 

Befreiung  Athene  und  Sturz  Lysanders. 

756.  Zu  Anfang  des  Winters  des  J.  404  hatte  sich  eine 
Schaar  flüchtiger  Athener,  geführt  von  Thrasybulos  und 
Anytos,  insgeheim  unterstützt  von  den  Häuptern  der  demokra- 
tischen Partei  in  Theben ,  in  dem  attischen  Bergdorf  Phyle 
inmitten  des  Parnes,  nordwestlich  von  Athen,  festgesetzt.  Es 
waren  zuerst  nicht  mehr  als  70  Mann:  aber  der  steile  Gipfel, 
auf  dem  sie  sich  verschanzten,  ermöglichte  ihnen,  die  Angriffe 
der  Dreissig  abzuwehren;  und  eine  regelrechte  Belagerung 
wurde  durch  starken  Schneefall  verhindert.  Die  Machthaber 
legten  der  Bewegung  anfangs  wenig  Bedeutung  bei ;  sie  fuhren 
fort  in  ihrer  bisherigen  Weise  zu  regieren,  liessen  hinrichten 
wer  ihnen  im  Wege  stand  oder  ihre  Habgier  reizte,  und 
zogen  den  Grundbesitz  der  Verurtheilten  für  sich  und  ihre 
Freunde  ein.  Wie  auf  Sa  mos  der  Demos  verjagt  war,  sollten 
auch  in  der  Stadt  Athen  nur  Anhänger  der  neuen  Ordnung 
leben;  wer  nicht  im  Katalog  der  Dreitausend  stand,  wurde 
in  die  Vororte  und  den  Piraeeus  ausgewiesen.  Aber  auch 
hier  waren  sie  ihres  Lebens  nicht  sicher,  so  dass  sich  alle 
Nachbarstaaten  mit  Flüchtigen  füllten.  Mit  Thrasybulos  sollen 
die  Dreissig  Verhandlungen  angeknüpft  und  ihm  den  Eintritt  in 
ihr  Collegium  geboten  haben.  Das  wies  er  ab.  Seine  Macht  war 
jetzt  auf  700  Mann  angewachsen-,  damit  gelang  es  ihm  die 
spartanische  Garnison  und  zwei  Reiterschwadronen,  die  nörd- 
lich von  Acharnae  lagerten,  um  das  Land  gegen  seine  Raub- 
züge zu  schützen,  in  der  Morgenfrühe  zu  überfallen  und  zu 
schlagen.  Da  begannen  die  Dreissig  um  ihre  Zukunft  besorgt 
zu  werden;  um  sich  für  alle  Fälle  einen  festen  Zufluchtsort 
zu  sichern,  überfielen  sie  mit  der  Ritterschaft  Eleusis  und 
führten  die  Bewohner  gefangen  fort.  Auch  eine  Anzahl 
Salaminier  theilten  ihr  Schicksal ;  der  Rath  wurde  gezwungen, 


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Thrasybul  in  Phyle.   Eroberung  des  Piraeeus. 


37 


ihnen  sämmtlich,  etwa  300  Bürgern,  unterschiedlos  das  Todes- 
urtheil  zu  sprechen. 

Xenophon  erzfthlt  die  Verjagung  twv  Ifcw  toö  xatoX^oo  (erwähnt 
auch  Lys.  13,  47.  25.  22.  26,  2.  31,  8.  Isokr.  7,  67  «t«  t6v  Dtipata  <po- 
fitv  rcXstooc  $j  jwvtaxtoyiXtoos  ^vdtYxaoav)  vor  der  Besetzung  von  Phyle, 
Aristoteles,  Diodor  XIV,  32,  4  (jmtpxtoav  aüto£>c  «?c  tiv  flttpaiä),  Justin 
V,  9,  12  (demigrare  eos  ex  urbe  iubent  et  in  bracchiis  muri,  quae  diruta 
fuerant,  habitare)  nach  derselben.  Das  sieht  glaubwürdig  aus,  kann  aber 
sehr  leicht  auch  (Kombination  sein,  die  darin  eine  Massregel  zum  Schutz 
gegen  Thrasybul  sieht,  während  nach  Xenophon  Habsucht  der  Grund 
war.  Lyp.  25,  22  spricht  eher  für  Xenophons  Chronologie.  —  Flücht- 
linge in  Chalkis:  Lys.  24,  25,  in  Oropos  31,  9.  17.  —  Anytos  Strateg  in 
Phyle:  Lys.  13.  78.  —  Verhandlungen  mit  Thrasybul:  Diod.  XIV,  82,  5. 
Justin  V,  9,  18.  —  In  den  Angaben  über  die  Zahl  der  Truppen  Tbrasy- 
buls  weichen  die  Späteren  (Diod.  Nepos.  Pausan.  I,  29,  3  u.  a.)  zum 
Theil  von  Xenophon  ab,  dessen  Zahlen  ich  beibehalte.  —  Ab  Localit&t 
des  Ueberfalls  Xen.  II,  4,  6  nennt  Diod.  XIV,  32  Acharnae.  —  Hin- 
richtung der  Eleusinier,  neben  denen  Lys.  und  Diod.  Salaminier  nennen : 
Xen.  II,  4,  8  ff.  Lys.  12,  52.  13,  44.  Diod.  XIV,  32,  4  (an  falscher  Stelle). 

757.  Diese  ununterbrochene  Kette  von  Verbrechen  schadete 
der  Sache  der  Dreissig  mehr  als  sie  nützte ;  auch  unter  denen, 
die  zu  Anfang  den  Sturz  der  Demokratie  und  die  ersten 
Massregeln  der  Oligarchie  mit  Freude  begrüsst  hatten,  wandten 
sich  die  meisten  mit  Abscheu  von  ihnen  ab,  selbst  viele  der 
jungen  Aristokraten,  die  im  Reitercorps  dienten,  wie  Xenophon 
und  Piaton,  der  Neffe  des  Gharmides,  des  Vetters  des  Kritias; 
verlassen  konnten  sie  sich  höchstens  noch  auf  die,  welche 
ihnen  freiwillig  Schergendienste  geleistet  hatten  und  den  Raub 
nicht  fahren  lassen  wollten.  Thrasybuls  Streitmacht  wuchs 
von  Tag  zu  Tag;  er  konnte  jetzt  einen  entscheidenden  Schlag 
versuchen.  Vier  Tage  nach  dein  Gefecht  bei  Acharnae  zog 
er  mit  1000  Mann  in  den  jetzt  offen  daliegenden  Piraeeus 
ein  und  setzte  sich  auf  dem  steilen  Hügel  Munychia  fest,  der 
die  Hafenstadt  beherrschte.  Die  Dreissig  führten  die  sparta- 
nische Garnison  und  das  Gesammtaufgebot  der  Stadt  heran 
und  suchten  vom  Markt  aus  durch  die  zur  Höhe  führende 
Hauptstrasse  die  feindliche  Stellung  zu  stürmen.  Aber  alle 
Vortheile  des  Terrains  waren  auf  Seite  der  Freiheitskämpfer; 


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38 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


in  Massen  strömte  die  waffenlose  Bevölkerung  des  Piraeeus 
ihnen  zu  und  schleuderte,  gedeckt  durch  die  in  der  Front 
stehenden  Hopliten,  Steine  und  Speere  auf  die  Schaaren  der 
Angreifenden.  In  dem  Strassenkampf  fielen  Kritias  und  Char- 
mides  und  etwa  70  andere.  Mit  dem  Scheitern  des  Angriffs 
brach  in  Athen  die  Macht  der  Dreissig  zusammen;  am  nächsten 
Tage  traten  die  Dreitausend  zusammen,  kündigten  ihnen  den 
Gehorsam  und  setzten  sie  ab  (etwa  Anfang  März  403).  Acht 
Monate  lang  hatten  sie  das  Regiment  geführt;  die  Zahl  ihrer 
Opfer  wird  auf  1500  Bürger  geschätzt,  »beinahe  eine  grössere 
Zahl  von  Athenern  als  die  Peloponnesier  während  der  zehn 
Jahre  des  Krieges  getödtet  hatten«.  Die  Ueberlebenden 
von  den  Dreissig  entwichen  nach  Eleusis,  bis  auf  Pheidon 
und  Eratosthenes,  zwei  Parteigänger  des  Theramenes,  die  sich 
am  gemässigtsten  gehalten  hatten;  die  Dreitausend  aber  be- 
stellten sich  eine  neue  Regierung,  zehn  Männer,  einen  aus 
jeder  Phyle,  darunter  der  eben  genannte  Pheidon,  ferner 
Rhinon,  Hippokles,  Epichares,  Phayllos,  alles  angesehene 
Männer,  die  zwar  zum  Theil  im  Rath  der  Dreissig  gesessen, 
aber  aus  ihrer  Abneigung  gegen  das  Treiben  des  Gharikles 
und  Kritias  kein  Hehl  gemacht  hatten.  Sie  sollten  den  Staat 
neu  ordnen  und  dem  Bürgerkrieg  ein  Ende  machen.  Auch 
Thrasybul  und  die  Seinen  Hessen  es  an  Aufforderungen  nicht 
fehlen,  den  Kampf  aufzugeben  und  sich  mit  Männern  zu  ver- 
söhnen, denen  nur  die  schmählichsten  Gewaltthaten  die 
Waffen  gegen  die  Heimath  in  die  Hand  gezwungen  hatten. 
Dazu  war  man  in  der  Stadt  bereit;  aber  die  Demokraten  im 
Piraeeus  forderten  zugleich  Zulassung  zu  gleichen  Rechten 
und  Wiederherstellung  der  alten  Verfassung,  während  die 
Städter  und  die  Zehnmänner  auch  nach  dem  Sturz  der 
Tyrannen  die  aristokratische  Verfassung  ebenso  gut  aufrecht 
erhalten  wollten  wie  im  J.  411  Theramenes  und  die  Fünf- 
tausend nach  dem  Sturz  der  Vierhundert.  Ausserdem  hatten 
sie  auf  Sparta  und  auf  die  Garnison  unter  Kallibios  Rücksicht 
zu  nehmen.  So  war  die  den  Zehnmännern  gestellte  Aufgabe 
unlösbar;  eine  Versöhnung  Hess  sich  zur  Zeit  nicht  erreichen. 


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Sturz  der  Dreissig.   Das  Collegium  der  Zehn. 


39 


Statt  dessen  wurden  die  Zustände  in  der  Stadt  noch  wirrer 
als  vorher.  Niemand  traute  dem  anderen,  nicht  wenige 
gingen  zu  den  Leuten  im  Piraeeus  über;  Tag  und  Nacht  er- 
wartete man  einen  Ueberfall.  Um  ihre  Autorität  zu  behaupten, 
mussten  auch  die  Zehn  Todesurtheile  sprechen;  ihre  einzigen 
zuverlässigen  Stützen  waren  Kallibios  und  das  Rittercorpst 
und  auch  bei  diesem  gewann  bald  der  Wunsch  nach  Ver- 
söhnung die  Oberhand.  Während  dessen  wuchs  die  Macht 
Thrasybuls  ununterbrochen.  Von  allen  Seiten  strömten  die 
Verbannten  ihm  zu,  dazu  zahlreiche  Metoeken  und  Fremde, 
denen  man  für  ihre  Unterstützung  Gleichstellung  mit  den 
Bürgern  in  den  Abgaben  (Isotelie)  verhiess;  auch  entlaufene 
Sklaven  und  mancherlei  Gesindel  schloss  sich  an.  Von  aus- 
wärts erhielt  man  Geld,  namentlich  aus  Theben  und  von 
Thrasydaeos,  dem  Führer  der  Demokraten  in  Elis ;  der  Waffen- 
fabrikant Lysias,  ein  reicher  Metoeke,  dessen  Bruder  von  den 
Dreissig  umgebracht  und  der  selbst  mit  genauer  Noth  nach 
Megara  entkommen  war,  sandte  Schilde  und  warb  Söldner 
an.  Auch  die  Aermeren  konnten  mit  Waffen  ausgerüstet 
werden;  man  unternahm  Streifzüge,  um  Lebensmittel  zu  be- 
kommen, schlug  sich  mit  den  Reitern  aus  der  Stadt  herum, 
und  konnte  schliesslich  directe  Angriffe  auf  die  Stadtmauer 
versuchen. 

Xenophon  schildert  die  Vorgänge  und  speciell  die  Stimmung  und 
die  Thaten  der  Inns!;  aus  lebendigster  Erinnerung.  Aus  den  späteren 
Kämpfen  hat  Ephoros  (Diod.  XIV,  33,  3.  Nepos  Thrasyb.  2,  5)  eine  zweite 
Schlacht  nach  dem  Tode  des  Kritias,  aber  vor  der  Absetzung  der  Dreissig 
gemacht;  sonst  tritt  die  (indirecte)  Abhängigkeit  alleF  Späteren  von  Xeno- 
phon deutlich  hervor;  daneben  sind  die  Redner,  namentlich  Lysias,  be- 
nutzt. —  Dauer  der  Herrschaft  der  Dreissig  acht  Monate  Xen.  II,  4,  21 ; 
die  drei  Monate  bei  Isokr.  4,  113  dagegen  beziehen  sich  nicht  auf  Athen 
<§.  759 A.).  1500  Bürger  als  Zahl  ihrer  Opfer:  Isokr.  12,  67.  20,  11. 
Aeschin.  8,  235.  Arist.  35,  4.  —  Philoch.  fr.  123  über  Kritias  ist  corrupt; 
ist  etwa  herzustellen:  itejntTu)  <|rr)vl>  Gotepov  rrj<;  Opaoüßo-jXoo  <xafrö3oo 
•i;  3>üX-})v  oder  ahnl.>  Kptxtas  lv  Ilsipats:  xsAeotiV  —  Ueber  die  An- 
griffe auf  Athen  auch  Isokr.  16,  13.  —  Unterstützung  durch  Lysias  und 
Thrasydaeos  von  Elis:  vit.  Lys.  Justin  V,  9,  9.  —  Zu  den  grüssten 
Ueberraschungen,  die  Arist.  pol.  Ath.  brachte,  gehörte,  dass  nach  dem 


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40 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Sturze  der  Dreissig  hinter  einander  zwei  Zehnercommissionen  eingesetzt 
seien:  die  erste  habe  ihre  Aufgabe  nicht  erfüllt,  sondern  tyrannisch  re- 
giert, darauf  sei  sie  durch  eine  zweite  unter  Rhinon  und  Phayllos  ersetzt 
worden,  welche  die  Versöhnung  abschloss  und  unter  der  Demokratie 
Rechenschaft  ablegte.  Natürlich  hat  man  ihm  das  allgemein  geglaubt 
und  die  übrigen  Quellen  gescholten,  die  nichts  davon  wissen;  aber  auch 
hier  erweist  sich  Aristoteles'  Bericht  als  unhaltbar  und  verfälscht.  Denn 
auch  Isokrates  18,  5  (in  einer  um  899  geschriebenen  Processrede)  saglr 
y^/ov  jxsv  Y&p  ot  Sexot  o:  jxsta  xp'axovTa  xatacTavt«? ,  zu  denen 

Rhinon  gehört  (§.  6.  8);  so  könnte  er  sich  nicht  ausdrücken,  wenn  es 
hinter  einander  zwei  Zehnercommissionen  gab  und  er  die  zweite  von 
diesen  meinte.  Diese  Commission,  und  darunter  gerade  Rhinon,  geht 
gegen  die  Anhänger  tü»v  tv  Ilcipotut  vor  gairz  wie  bei  Aristoteles  die  ersten  - 
Zehnm&nner;  sie  hat  aber  nachher  offenbar  Rechenschaft  abgelegt,  denn 
Rhinon  xol  ot  ooväp^ovtsc  leben  in  Athen  und  können  als  Zeugen  auf- 
treten (§.  8).  Das  stimmt  also  zu  Arist.  38,  4.  Ebenso  bleibt  Epichares, 
Mitglied  der  nach  dem  Sturz  der  Dreissig  eingesetzten  Behörde  (Lys.  12, 
55),  unter  der  Demokratie  politisch  tbätig  und  klagt  899  Andokides  an 
(Andoc.  1,  95.  99  f.,  der  ihn  Mitglied  des  Raths  der  Dreissig  nennt  und 
die  üblichen  Beschuldigungen  vorträgt,  aber  nicht  erwähnt,  dass  er  auch 
zu  den  Zehn  gehörte).  Somit  ist  die  Entstehung  der  Angabe  bei  Ari- 
stoteles folgende :  die  Zehnmänner,  darunter  Pheidon,  Hippokles  und  Epi- 
chares  (Lys.  12,  55),  sind  nach  dem  Sturz  der  Dreissig  gewählt,  um  die 
Versöhnung  herbeizuführen:  Lyp.  12,  58,  vgl.  §.  53.  60;  Isokr.  18,  17 
(unter  der  Herrschaft  der  Zehn  o-i  iis^Kr^xo  piv  ol  xptäy.ovta,  6  5s  Ilsi- 
paieu;  7jv  xstTS'./.Tjjj.pivo? ,  sxpüxsi  8'  6  ot^o^,  rcspl  2totXXaYu»v  Z"  -r^av  ol 
X6701);  Ephoros  [Diod.  XIV,  33,  5];  Aristot.  38,  1  a'ipoüvtcti  oixa  ttl>v  rco- 
Xiitöv  aötoxpdxopa;  tni  ir^  toü  tioIujaou  xaxa/.ü3tv.  Aber  sie  fflhren  den  Krieg 
gegen  die  Leute  im  Piraeeus  energisch  weiter  und  wenden  sich  an  Sparta 
um  Hülfe  (Lys.  12,  55 — 60),  erfüllen  also  nach  Lysias'  Auffassung  ihren 
Auftrag  nicht  und  sind  daher  schlimmer  als  die  Dreissig.  Das  berichten 
auch  Ephoros  (Diod.  XIV,  33,  5.  Justin  V,  10,  5)  und  Aristoteles,  der  es 
durch  Damaretos*  Schicksal  weiter  illustrirt.  Aristoteles'  Quelle  Über- 
nimmt also  wie  Ephoros  über  die  Zehnmänner  die  Auffassung  des  Lysias ; 
andererseits  aber  hat  sie  entschiedene  Sympathien  für  Rhinon  und 
Phayllos  als  gemässigte  Männer,  die  dit  Versöhnung  herbeiführen  und 
Rechenschaft  ablegen;  sie  hilft  sich  dadurch,  dass  sie  die  Zehnmänner 
in  zwei  Collegien  mit  entgegengesetzten  Tendenzen  zerschneidet.  Auch 
die  Urkunde  der  Versöhnung  bei  Arist.  39  kennt  nur  eine  Commission 
von  Zehn:  von  der  Amnestie  sind  ausgeschlossen  die  Dreissig,  die  Zehn, 
die  Elf  und  die  Zehnmänner  im  Piraeeus,  und  auch  diese  nicht  tav 
5iiJ»3tv  i'jOüva?.  Die  Wahl  zwischen  freiem  Abzug  und  Rechenschafts  - 
ablegung  musste  doch  auch  der  zur  Zeit  der  Versöhnung  in  der  Stadt 


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Die  Zehnmänner.   Intervention  Lysanders. 


41 


herrschenden  Behörde  gewahrt  werden.  Diese  Zehnmänner  haben  aber 
sammtlich  unbeanstandet  Rechenschaft  gelegt  und  sind  in  der  Stadt 
geblieben.  Deshalb  erwähnt  sie  Xenophon  II,  4,  88  in- seinem  summa- 
rischen Bericht  nicht;  das  ist  von  Ephoros  (Justin  V,  10.  7.  Nepos 
Thrasyb.  8/  1)  auf  Grund  des  Documents  berichtigt,  wie  bei  Aristoteles. 
—  So  erklärt  sich  auch,  dass  Eratosthenes ,  das  einzige  beim  Auszug 
nach  Eleusis  in  der  Stadt  gebliebene  Mitglied  der  Dreissig  ausser  Pheidon 
(der  durch  die  Rechenschaftsablage  der  Zehnmänner  bereits  entlastet 
war),  sich  der  Rechenscbaftsablage  stellt.  —  Die  (irtä  t-Jjv  x&taXosiv  xeüv 
k'  £ttpotovY}«HvTC£  avdpsc  t'  werden  auch  aus  Androüon  angeführt  (fr.  10, 
bei  Harpokr.  8txa;  s.  v.  M6Xtu<;  verwechselt  Barp.  sie  mit  den  Zehn  im 
Piraeeus).  —  Archippos'  Komödie  Rhinon  (Kocx  I,  p.  687)  wird  kurz 
nach  408  fallen. 

758.  Indessen  die  Entscheidung  lag  nicht  in  Athen, 
sondern  in  Sparta.  Bereits  hatten  sich  beide  Parteien  der 
Städter,  die  Dreissig  aus  Eleusis  und  die  Zehnmänner,  um 
Hülfe  nach  Sparta  gewandt:  der  Demos  habe  sich  gegen  Spartas 
Herrschaft  empört,  lasse  man  ihn  gewähren,  so  werde  Athen 
den  Boeotern  in  die  Hände  fallen.  Lysander  forderte  ener- 
gisches Einschreiten;  hier  handle  es  sich  um  die  Aufrecht- 
erhaltung der  spartanischen  Machtstellung.  Er  erwirkte  die 
Erlaubniss,  dass  sein  Bruder  Libys  sich  mit  vierzig  Schiffen 
vor  den  Piraeeus  legte,  während  er  selbst  ein  Landheer  an- 
warb und  zugleich  den  Zehnmännern  einen  Vorschuss  von 
100  Talenten  vermittelte.  Im  Hochsommer  403  war  der 
Piraeeus  aufs  neue  durch  ein  spartanisches  Heer  zu  Lande 
und  zu  Wasser  eingeschlossen.  Alsbald  waren  die  Demokraten 
in  grosser  Noth;  ihre  Sache  schien  rettungslos  verloren,  und 
manche  suchten  bereits  ihr  Heil  in  der  Flucht.  Aber  König 
Pausanias  war  nicht  gewillt,  Lysander  gewähren  zu  lassen; 
die  Rivalität  gegen  den  übermächtigen  Feldherrn  und  das 
Gefühl  für  die  Ehre  Spartas,  die  unheilbar  kompromittirt  war, 
wenn  es  durch  sein  Einschreiten  die  Schandthaten  der  Dreissig 
nachträglich  sanktionierte,  wirkten  bei  seinem  Entschluss  zu- 
sammen. Er  gewann  drei  Ephoren  für  sich  und  erhielt  die 
Erlaubniss,  den  Heerbann  des  peloponnesischen  Bundes  auf- 
zubieten. Die  Boeoter  (d.  h.  Theben)  und  Korinth  weigerten 
die  Heeresfolge,  da  Athen  nichts  Unrechtes  gethan  habe;  mit 


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IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


den  übrigen  Truppen  lagerte  sich  Pausa nias  in  der  Ebene 
zwischen  der  Stadt  und  dem  Hafen.  Auch  Lysander  mit 
seinen  Soldtruppen  musste  sich  jetzt  dem  Oberbefehl  des  Königs 
unterstellen.  Pausanias  forderte  zunächst  die  Räumung  des 
Piraeeus;  aber  als  das  geweigert  wurde,  betrieb  er  den  Krieg 
nur  lässig  und  zum  Schein,  so  dass  er  bei  einem  Gefecht 
schliesslich  nur  unter  schweren  eigenen  Verlusten  die  Feinde 
zurückwerfen  konnte.  Aber  in  seinen  Absichten  liess  er  sich 
dadurch  nicht  irre  machen;  und  zugleich  bestürmten  ihn  die 
Neutralen  aus  der  Stadt  und  manche  Exulanten,  die  in  sein 
Lager  kamen;  Nikias'  Bruder  Diognetos,  der  früher  von  den 
Radicalen  verbannt  worden  war,  führte  dem  König  die  Enkel 
und  die  Neffen  des  Feldherrn  zu  und  beschwor  ihn  bei  seinem 
Andenken,  Athen  zu  retten.  Pausanias  wies  die  Dreissig 
schroff  zurück;  er  veranlasste  die  Bürger  aus  der  Stadt,  ihm 
versöhnliche  Erklärungen  zu  geben,  und  die  Demokraten,  eine 
Friedensgesandtschaft  in  sein  Lager  zu  schicken.  Die  beiden 
Ephoren,  die  ihn  nach  spartanischer  Ordnung  begleiteten, 
waren  mit  ihm  einverstanden,  die  Gesandten  aus  dem  Piraeeus 
und  zwei  Mittelsmänner  aus  der  Stadt  wurden  nach  Sparta 
gesandt.  Diese  gaben  die  Stadt  völlig  in  die  Hände  Spartas 
und  forderten  die  Demokraten  auf,  das  Gleiche  zu  thun,  so 
dass  Sparta  über  Athens  Schicksal  frei  entscheiden  könne. 
Die  Ephoren  und  die  Volksversammlung  stimmten  Pausanias' 
Vorschlägen  zu;  eine  Commission  von  15  Männern  wurde 
entsandt,  um  mit  dem  König  zusammen  die  Versöhnung  ins 
Werk  zu  setzen.  Beide  Parteien  stimmten  zu,  alles  Geschehene 
für  ewige  Zeiten  zu  vergeben  und  zu  vergessen  und  sich 
wieder  zu  einem  Staate  zu  vereinigen.  Ausgenommen  wurden 
nur  die  Dreissig  und  ihre  Gehülfen,  die  Elf-  und  Zehnmänner 
in  der  Stadt  und  im  Piraeeus,  sowie  die  bisher  in  der  Stadt 
herrschende  Zehnercommission;  diesen  und  allen,  die  sonst 
dem  Frieden  nicht  trauten,  wurde  freier  Abzug  nach  Eleusis 
bewilligt,  wo  sie  ein  selbständiges  Gemeinwesen  bilden  sollten. 
Aber  auch  den  von  der  Amnestie  ausgeschlossenen  war  frei- 
gestellt, vor  einem  aus  den  Besitzenden  beider  Parteien  ge- 


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Pausanias  gegen  Lysander.   Freigabe  Athens.   Die  Versöhnung.  43 

bildeten  Gerichtshof  Rechenschaft  zu  legen  und  dann  unbe- 
helligt in  der  Stadt  zu  bleiben ;  und  das  haben  die  regierenden 
Zehnmänner  sofort  gethan.  Auf  diese  Bedingungen  wurde 
die  Versöhnung  abgeschlossen ;  am  12.  Boedromion  (4.  Oct. 
403)  hielten  die  Demokraten  aus  dem  Piraeeus  ihren  Einzug 
in  die  Stadt,  brachten  der  Gottin  auf  der  Burg  das  Dankopfer 
dar  und  leisteten  mit  den  Städtern  zusammen  den  Eid,  der 
die  Amnestie  besiegelte.  Die  Neuordnung  ihres  Staates  wurde 
diesmal  wirklich,  genau  nach  den  Bestimmungen  des  Friedens 
von  404,  allein  der  Bürgerschaft  überlassen.  Pausanias  führte 
sein  Heer  zurück ;  fortan  hat  sich  Sparta  jeder  Intervention  in 
Athen  enthalten.  Rein  politisch  betrachtet,  ist  Pausanias'  Vor- 
gehen ein  Fehler  gewesen ;  schwer  hat  Sparta  dafür  büssen  müssen, 
dass  es  selbst  den  Gegner,  da  er  wehrlos  am  Boden  lag,  wieder 
aufgerichtet  und  dadurch  die  nochmalige  Erneuerung  des  ver- 
derblichen Dualismus  in  Hellas  möglich  gemacht  hat.  Aber 
eben  darum  ist  Spartas  Verfahren  gegen  Athen  der  stolzeste 
Ruhmestitel  in  seiner  Geschichte;  ihm  und  in  erster  Linie 
dem  hochsinnigen  König  aus  dem  Agiadenhaus  verdankt  Athen 
und  verdankt  die  Welt  alles,  was  diese  Stadt  in  der  folgenden 
Zeit  an  unvergänglichen  Werken  geschaffen  hat. 

Die  Verhandlungen  in  Sparta  Xen.  II,  4,  28  f.  lernen  wir  durch 
Lysias  12,  58  ff.  genauer  kennen,  der  auch  den  Unterhändler  Pheidon 
nennt.  Das  Hülfsgesuch  der  Dreissig  hat  Ephoros  (Diod.  XIV,  32,  6) 
vor  den  Tod  des  Kritias  gesetzt;  bei  Aristoteles  37,  2  ist  es  gar  mit  der 
Entsendung  des  Kallibios  zusammengeworfen  (§.  749  A.).  —  Nolhlage  im 
Piraeeus:  Isokr.  18,  49.  —  Theben  und  Korinth:  Xen.  II,  4,  30.  III, 
5,  5.  Plut.  Lys.  27.  —  Diognetos:  Lys.  18,  10  f.  —  Der  Unterhändler  aus 
der  Stadt  Meietos  Xen.  II,  4,  36  ist  wohl  der  Ankläger  des  Andokides 
(vgl.  Andoc.  1,  94),  aber  nicht  der  des  Sokrates.  —  Diodor,  Justin,  Nepos 
Thras.,  Plut.  Lys.  21  bieten  nichts  von  Bedeutung;  bei  Diod.  XIV,  83 
fehlt  am  Scbluss  die  Wiedergewinnung  von  Eleusis,  um  derentwillen  er 
doch  die  Befreiung  Athens  ins  Jahr  des  Xenainetos  401/0  gesetzt  hat. 
Die  jedenfalls  entstellte  Angabe  bei  Pausan.  HI,  8,  6,  nach  Aegospotamoi 
hätten  Lysander  und  Agis  gegen  die  beschworenen  Eide  bei  der 
Bundesversammlung  gefordert  exx<Hat  spopptCoo?  tä;  'Ad-r]v&;,  bezieht 
sich  wohl  auf  das  Verhalten  der  beiden  im  J.  403.  —  Urkunde  der  Ver- 
söhnung Arist.  39  (vgl.  §.  757  A.);  der  Eid  (verkürzt)  Andoc.  1,  90  u.  a. 


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44  IV-  1-  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 

i 

V 

faaX'kayxi  und  itofur»]  tl?  *öXtv  Lys.  18,  80  =  Xen.  II,  4,  39»  der  eine 
Rede  Thrasybuls  folgen  lasst.  Das  Datum  bewahrt  Plut.  de  glor.  Ath.  7 
rjj  du>5r/«irfl  (BofjBpofttüivo?)  yapwrr^ta  efroov  sXso&tpiac'  ev  »xsivtj  -pR  °* 
anb  *t>X-rj;  xarJjX&ov.  Dass  die  BtaXustic  unter  Eukleides  403/2  fallen, 
sagt  auch  Arist.  pol.  Ath.  39,  1;  e*i  IlufroSwpoo  41,  1  ist  Flüchtigkeit, 
wenn  nicht  eine  Lücke  vorliegt.  [Dass  in  dem  Ehrendekret  für  die 
Phylek&mpfer  MAI.  23,  28.  25,  34  nicht  IlufroSwpJo;  r^/t,  sondern  Et- 
va:vrc]os  r,px»  zu  ergänzen  ist,  zeigt  A.  Körte  MAI.  25,  392  ff.] 

759.  Die  von  Sparta  durchgeführte  Versöhnung  der  Par- 
teien in  Athen  war  zugleich  eine  offene  Absage  an  Lysander  und 
seine  Politik.  Regierung  und  Volk  hatten  erklärt  und  durch 
die  That  erwiesen,  dass  sie  mit  ihm  nichts  gemein  hätten  und 
keine  Gewaltherrschaft  aufrichten,  sondern  ihr  Wort  wahr 
machen  wollten.  Lysander  hatte  Pausanias  nicht  hindern 
können;  jetzt  versuchten  seine  Anhänger,  geführt  von  König 
Agis,  wenigstens  nachträglich  das  Geschehene  rückgängig  zu 
machen.  Pausanias  wurde  wegen  Preisgebung  der  Interessen 
Spartas  vor  den  aus  den  28  Geronten,  den  5  Ephoren  und 
dem  anderen  König  gebildeten  Staatsgerichtshof  gestellt.  Agis 
und  14  Geronten  sprachen  ihn  schuldig,  die  übrigen  Stimmen 
fielen  zu  seinen  Gunsten.  Damit  war  seine  Politik  nach- 
träglich noch  einmal  gebilligt.  Das  gab  den  Gegnern  Lysanders 
Muth.  Ueberall  hatten  er  und  seine  Anhänger  ähnliche  Ver- 
brechen begangen  wie  in  Athen;  jetzt  strömten  von  allen  Seiten 
die  Klagen  und  die  Bitten  um  Sühne  und  Besserung  nach 
Sparta.  Entscheidend  wurde,  dass  auch  Pharnabazos  sich 
insgeheim  mit  Beschwerden  an  die  Ephoren  wandte;  seit  Ly- 
sanders Stellung  erschüttert  war,  konnte  er  hoffen,  für  seine 
Uebergrifife  Genugthuung  zu  erhalten.  Die  Ephoren,  Gegner 
Lysanders,  willfahrten  dem  Satrapen  und  riefen  Lysander  ab. 
Er  war,  vermuthlich  von  Athen  aus,  mit  der  Flotte  wieder 
an  den  Hellespont  gegangen;  jetzt  bat  er  Pharnabazos,  mit 
dem  er  nach  wie  vor  auf  vertrautem  Fusse  zu  stehen  wähnte, 
um  ein  Rechtfertigungsschreiben.  Aber  der  Satrap  betrog 
ihn  und  gab  ihm  statt  dessen  eine  Anklageschrift;  so  musste 
er  selbst  seinen  Sturz  besiegeln  (Ende  403  oder  Anfang  402). 
Dem  Sieger  von  Aegospotamoi  durfle  man  nicht  den  Process 


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Sturz  Lysanders  und  seiner  Geholfen.   Klearchos.  45 

machen;  aber  gegen  seine  Gehülfen  ging  man  energisch  vor. 
Thorax,  eines  seiner  vertrautesten  Werkzeuge,  den  er  zum 
Harmosten  von  Samos  gemacht  hatte,  wurde  abberufen  und 
hingerichtet,  weil  er  im  Besitz  von  Geld  befunden  wurde. 
Derkylidas,  Harmost  von  Abydos,  über  den  Pharnabazos  sich 
beschwert  hatte,  wurde  mit  einer  entehrenden  Disciplinarstrafe 
belegt.  Nach  Byzanz  hatte  die  Regierung,  als  die  Stadt  um 
Schutz  gegen  die  Thraker  bat,  an  Stelle  des  405  von  Lysander 
eingesetzten  Harmosten  Sthenelaos  den  Klearchos  gesandt,  der 
hier  schon  früher  gegen  Alkibiades  das  Gommando  geführt 
hatte  (§.  717).  Er  sammelte  ein  Söldnercorps;  aber  anstatt 
gegen  die  Thraker  zu  kämpfen,  machte  er  die  Beamten  und 
die  angesehensten  Bürger  nieder,  zog  ihr  Vermögen  ein  und 
schaltete  als  Tyrann.  Jetzt  wurde  er  abgerufen;  aber  er  wei- 
gerte sich  zu  gehorchen,  so  dass  den  Spartanern  nichts  übrig 
blieb,  als  ihn  zum  Tode  zu  verurtheilen  und  eine  Truppen- 
macht unter  Panthoidas  gegen  ihn  zu  entsenden.  Klearchos 
konnte  sich  in  Byzanz  inmitten  einer  feindseligen  Bevölkerung 
nicht  behaupten;  er  zog  sich  nach  Selymbria  zurück,  das  er 
gleichfalls  besetzt  hatte,  und  führte  von  hier  aus  den  Bürger- 
krieg gegen  Panthoidas.  Schliesslich  wurde  er  belagert;  dann 
entfloh  er  und  ging  zu  Kyros.  Der  konnte  für  seine  Pläne 
solche  Menschen  brauchen;  er  gab  ihm  10,000  Dareiken 
(234,000  M.)  zum  Anwerben  von  Söldnern,  und  mit  diesen 
führte  er  zunächst  den  Krieg  gegen  die  Thraker  im  Hinter- 
lande der  Chersones  auf  eigene  Hand  weiter,  unterstützt  durch 
Contributionen  der  schutzbedürftigen  Griechenstädte  und  jetzt 
unbehelligt,  ja  insgeheim  begünstigt  von  Sparta,  das  sich  an 
dem  Schützling  des  Kyros  nicht  vergreifen  mochte. 

Process  des  Pausanias:  Pausan.  III,  5,  2.  —  Lysander  und  Phar- 
nabazos: Plut.  Lys.  19  f.  Nepos  Lys.  4.  Polyaen  VII,  19.  —  Thorax: 
Diod.  XIV,  8.  5.  Plut.  Lys.  19.  -  Derkylidas:  Xen.  III,  1,  9  (apuoarrj; 
•j8v6|Uvo?  iv  'Aßö5u>  ercl  AüsavSpoo  vayoipxo5vT00-  —  Plutarch  erzahlt  erst 
die  Pharnabazosgeschichte  und  die  Abberufung  Lysanders,  dann  seine 
Heise  zum  Ammonion,  dann  seine  Intervention  in  Athen;  dieser  Anord- 
nung ist  Judeich,  Kleinas.  Studien,  gefolgt.  Aber  sie  ist  chronologisch 
ebenso  unmöglich,  wie  sachlich;  denn  zwischen  Lysanders  Rückkehr  von 


40 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Samos  und  erneuter  Ausfahrt  und  den  Operationen  gegen  Athen  im 
Sommer  403  ist  dafür  kein  Platz,  und  bei  der  Intervention  in  Athen 
war  Lysanders  Macht  offenbar  noch  ungebrochen;  vielmehr  bat  ihm 
Pausanias'  Auftreten  den  ersten  Stoss  gegeben.    Plutarchs  Anordnung 
ist  offenbar  dadurch  entstanden,  dass  Ephoros  nach  der  Einsetzung  der 
Dreissig  zuerst  Lysanders  neue  Ausfahrt  404/3  (Diod.  XIV,  10,  1.  13; 
dabei  eingeschoben  Aristos'  Sendung  nach  Syrakus  und  Alkibiades'  Tod 
c.  10,  2  ff.  11,  sowie  Klearchos'  Thaten  c.  12),  dann  seinen  Sturz  [den 
Diodor  13,  2  übergangen  hat]  und  seine  Pläne  gegen  das  Königthum 
(c.  13,  2  ff.),  die  Befreiung  Athens  dagegen  erst  viel  später  (nach 
dem  Krieg  gegen,  Elis  und  Kyros'  Feldzug)  erzählte  (c.  32.  83).  Diese 
sachliche  Anordnung  hat  Plutarchs  Quelle  für  chronologisch  gehalten. 
Allerdings  konnte  man  aus  Isokr.  4,  113  »die  Mitglieder  der  Dekarchien 
haben  in  3  Monaten  mehr  Menschen  ohne  Process  getödtet,  als  Athen 
während  seiner  ganzen  Herrschaft  verurtheilt  hat«  [die  Stelle  bezieht 
sich  durchaus  nicht  speciell  auf  Athen  und  die  Dreissig,  wie  man  meist 
glaubt,  sondern  auf  die  Zeit  der  spartanischen  Schreckensherrschaft  Ober- 
haupt] folgern ,  dass  die  Dekarchien  nur  3  Monate  bestanden  hätten. 
Doch  scheint  mir  das  unmöglich,  und  Isokrates  hat  wohl  nur  den  Höhe- 
punkt des  Terrorismus  in  Griechenland  während  des  Winters  404/8  im 
Auge;  vgl.  12,  66.  —  Klearchos:  Diod.  XIV,  12.    Weiteres  über  seine 
Thaten  in  Byzanz  und  seine  thrakischen  Feldzüge  Polyaen  II,  2,  1.  5—10. 
Frontin  III,  5,  1,  zum  Theil  abweichend  (Klearch  ist  schon  von  den 
Ephoren  bestraft,  Byzanz  abgefallen;  er  fährt  nach  Lampsakos,  während 
die  Thraker  Byzanz  belagern ;  deshalb  bittet  dies  ihn  um  Hülfe,  er  fährt 
bin,  nimmt  die  Feldherrn  mit  List  gefangen  und  bringt  sie  um,  und  be- 
mächtigt sich  der  Stadt).    Sicherheit  ist  nicht  zu  erlangen.  Xenophon 
Anah.  I,  1,  9.  3,  4.  II,  6.  2  ff.  hat  die  entscheidenden  Vorgänge  absicht- 
lich übergangen,  weil  er  Klearch  für  eine  Idealgestalt  hält.  Plutarchs 
Angabe  Artax.  6  AaxsSaifj.öviot  TxoxdXirjv  npo?  KXsap^ov  ärürrttXav  uirfjp*- 
Tstv  K'jpui  ffdcvta  xsXsuovtt;  wird  wohl  richtig  sein.  —  Vor  Klearch  ist 
Sthenelaos  (Xen.  Hell.  II,  2,  2),  nach  ihm  Kleandros  (Anah.  VI,  2,  13) 
und  nach  diesem  Aristarchos  (Anah.  VII,  2,  5)  Harmost  in  Byzanz;  dass 
die  Gegensätze  in  der  Stadt  noch  nicht  ausgeglichen  sind  (Anab.  VII, 
1,  39),  ist  begreiflich. 

7 00.  In  ähnlicher  Weise  ist  die  spartanische  Regierung 
offenbar  noch  an  manchen  Orten  eingeschritten.  Die  Har- 
mosten und  die  Besatzungen  konnte  man  nicht  entbehren, 
und  mancherlei  Reibungen  waren  nicht  zu  vermeiden;  aber 
es  sollte  doch  anständig  zugehen.  Daher  wurden  die  Zehner- 
collegien  überall  aufgelöst  und  statt  ihrer  die  wahre  Verfassung 


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Aufhebung  der  Dekarchien.   Lysander  nach  seinem  Sturz.  47 

der  Väterzeit  hergestellt,  eine  gemässigte  Aristokratie  der  Grund- 
besitzer (vgl.  §.  740  A.).  Wir  können  nicht  zweifein,  dass  sich  wie 
bei  der  Einsetzung  so  auch  beim  Sturz  der  Gewaltherrschaften 
vielerorts  ähnliche  Vorgänge  abgespielt  haben,  wie  in  Athen; 
doch  ist  von  den  Einzelheiten  keine  Kunde  auf  uns  gekommen, 
da  Xenophon  diese  Dinge  absichtlich  verschweigt  (§.  162)  und 
unsere  sonstigen  sehr  dürftigen  Quellen  versagen.  Nur  das  er- 
fahren wir,  dass  Lysanders  Militärcolonie  in  Sestos  aufgelöst 
und  die  Stadt  den  alten  Bewohnern  zurückgegeben  wurde.  — 
Lysander  hat  die  Zerstörung  seiner  Macht  zähneknirschend  mit 
ansehen  müssen ;  so  mächtig  er  da  gestanden  hatte,  ihm  fehlte 
die  Legitimität.  Nur  durch  den  Namen  und  die  Macht  des  Hei- 
mathsstaats  hatte  er  wirken  können ;  da  dieser  ihn  verläugnete, 
brach  seine  Stellung  zusammen.  Gegen  ihn  sich  aufzulehnen, 
konnte  er  noch  weniger  wagen,  als  vor  vier  Jahren  Alkibiades 
gegen  den  Demos  von  Athen.  Der  Bau  des  spartanischen  Staats 
war  so  fest,  dass  er  nicht  nöthig  hatte,  den  gestürzten  Macht- 
haber auszustossen.  Zu  diplomatischen  Aufgaben  ist  Lysander 
noch  mehrfach  benutzt  worden,  so  bei  Verhandlungen  mit 
Dionys  (§.  784)  und  mit  den  Peloponnesiern,  auch  militärische 
Commandos  hat  man  ihm  später  wieder  anvertraut;  aber  zur 
Macht  ist  er  nicht  wieder  gelangt.  Seine  Pläne  freilich  hat 
er  niemals  aufgegeben,  und  unter  der  Bürgerschaft  hatte  er 
immer  noch  einen  grossen  Anhang.  Er  trug  sich  mit  dem 
Gedanken,  die  legitime  Macht  des  Erbkönigthums,  der  er  er- 
legen war,  zu  beseitigen  und  durch  ein  Wahlkönigthum  zu 
ersetzen;  da  sein  Vater  Heraklide  war,  hoffte  er  alsdann  die 
Stimmen  auf  sich  vereinigen  zu  können.  Er  engagirte  einen 
Literaten  Kleon  von  Halikarnass,  der  ihm  eine  Rede  für  die 
Verfassungsänderung  entwarf,  die  sich  später  in  seinem  Nach- 
lass  fand  —  das  Gegenstück  zu  den  literarischen  Producten, 
mit  denen  König  Pausanias  arbeitete;  er  versuchte  die  Orakel 
von  Delphi  und  Dodona  für  seine  Pläne  zu  gewinnen,  ja  er 
reiste  selbst  nach  dem  Ammonion  in  der  libyschen  Wüste, 
das  jetzt,  wo  das  Ansehen  der  heimischen  Orakelstätten  zu 
erblassen  begann,  zu  um  so  grösserer  Autorität  anwuchs;  er 


48 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


soll  einen  Schwindelpropheten  aufgetrieben  haben,  der  sich  für 
Silenos,  den  Sohn  des  Apollo  ausgab  und  unter  seine  Sprüche 
auch  die  Weisung  an  Sparta  aufnahm,  den  König  fortan  aus 
den  besten  Bürgern  zu  wählen.  Aber  all  diese  Machinationen 
halfen  ihm  nichts;  seine  eigenen  Werkzeuge  versagten,  die 
Orakel  zogen  die  reale  Macht  der  imaginären  vor  und  erwiesen 
sich  seinen  Bestechungen  unzugänglich.  Noch  sieben  Jahre 
lang  hat  Lysander  sich  mit  diesen  Entwürfen  abgegeben,  ein 
trauriges  Bild  eines  gestürzten  Intriganten,  der  den  richtigen 
Massstab  für  die  realen  Verhältnisse  verloren  hat.  Einmal 
noch  schien  ihm  die  Hoffnung  zu  winken,  als  König  Agis  im 
Sommer  399  gestorben  war.  Seinen  Sohn  Leotychidas  hatte 
der  Vater  selbst  als  Bastard  von  Alkibiades  bezeichnet;  gegen 
ihn  erhob  daher  Agis'  Bruder  Agesilaos  den  Anspruch  auf  die 
Nachfolge.  Lysander  trat  mit  aller  Energie  für  diesen  ein;  er 
deutete  einen  zweideutigen  Spruch  aus  Delphi  zu  seinen  Gunsten 
und  setzte  durch,  dass  Agesilaos  das  Königthum  erhielt.  Er 
hatte  gehofft,  in  ihm  ein  Werkzeug  seiner  Pläne  zu  gewinnen ; 
bald  sollte  er  erfahren,  dass  er  seinen  Meister  gefunden  und 
sich  selbst  zum  Herrn  gesetzt  hatte. 

Harmosten  finden  sich  auch  in  der  folgenden  Zeit  überall:  Xen. 
Anab.  VI,  6,  13.  Hellen.  III.  2,  20,  vgl.  rep.  Lac.  14.  2.  4  u.  a.,  so  in 
Byzanz  §.  759  A.  —  Sturz  der  DeLarchien:  Xen.  Hell.  III,  4,  2  tot;  5sx- 
apxt«S  •  •  •  exiwRTcuxota;  8ta  tobt  ly6poo<; ,  oi  xa;  naxpioy;  itoXtxsia;  icap- 
•rjf»iXav.  ib.  7  oüvxstapaY}A5vu>v  tv  tat;  Tt6).83t  xAv  komxeuöv,  xal  outt 
^fioxpatta;  ?xi  wr^,  mzntp  ix  'AtHjvattuv,  ooxt  ßtxapxia;,  üonsp  ini 
Aosavtyoo.  Plut.  Ages.  6.  Nepos  Lys.  3.  —  Sestos:  Plut.  Lys.  14.  — 
Auch  die  Freisprechung  des  Byzantiers  Anaxilaos,  der  im  J.  409  in  der 
Nothiage  der  Stadt  die  Athener  eingelassen  hatte  (Xen.  Hell.  I,  3,  19), 
gehört  wohl  in  diese  Zeit.  —  Zu  Lysanders  späterer  Stellung  vgl.  die 
Anekdote  von  seinem  Auftreten  gegen  einen  corpulenten  Bürger:  Agalh- 
archidas  fr.  6  bei  Athen.  XII,  550  d.  Ueber  Lysanders  Pläne  hat 
Ephoros  ausführlich  berichtet :  Plut.  Lys.  25  f.  30.  Nepos  Lys.  3.  Diod. 
XIV,  13;  vgl.  Arist.  pol.  VIII,  1,  5.  6,  2.  Plut.  Ages.  8.  Cic.  div.  I,  96. 
—  Diplomatische  Thätigkeit  Lysanders:  Plut.  Lys.  2.  22.  —  Agesilaos' 
Thronbesteigung:  Xen.  Hell.  III,  3,  1  fT. ;  danach,  mit  Anführung  des 
Orakels,  Plut.  Lys.  22.  Ages.  3.  Pausan.  III,  8,  8. 


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Lysander  nach  seinem  Sturz.   Machtstellung  Spartas. 


49 


Die  spartanische  Herrschaft  nach  Lysanders  Sturz. 
Thessalien  und  Makedonien. 

761.  Die  spartanische  Herrschaft  über  Hellas  bietet  ein 
eigenartiges  Bild.  Das  numerische  Missverhältniss  zwischen 
Herrschern  und  Beherrschten  war  noch  grösser  als  im  Perser- 
reich, und  die  Aufgabe  weit  schwieriger;  aber  unangefochten 
besteht  zu  Lande  wie  zur  See  die  Herrschaft  einer  verschwinden- 
den  Minderzahl  über  ein  weit  ausgedehntes,  vielfach  zer- 
splittertes Gebiet,  das  kein  höheres  Ideal  kannte,  als  die 
Autonomie  jeder  einzelnen  Gemeinde.  Die  Zwangsmassregeln 
Lysanders  erwiesen  sich  in  der  That  zunächst  als  überflüssig; 
die  Furcht  vor  dem  spartanischen  Kriegsheer,  die  Isolirung 
der  Gegner,  die  Machtmittel,  über  die  der  Staat  verfügte  und 
über  die  er  frei  verfügen  konnte,  mochten  die  Gemeinden,  die 
sie  ihm  stellten,  noch  so  widerwillig  sein,  genügten,  jedem 
Befehl  der  Regierung  Gehorsam  zu  verschaffen.  Die  strenge 
Disciplin,  die  energische  Durchführung  der  Autorität  des  Be- 
fehlshabers, die  den  Staat  daheim  zusammenhielt,  hielt  jetzt 
die  ganze  hellenische  Welt  in  Fesseln.  So  stark  überall  die 
Missstimmung  war,  nirgends  wagte  die  Opposition  sich  zu 
regen.  »Wo  in  einer  Stadt  auch  nur  ein  Lakedaemonier  erschien, 
konnte  er  durchsetzen,  was  er  wollte«  (Xen.  Anab.  VI,  6,  12 ; 
Hellen.  III,  1,  5;  vgl.  Isokr.  6,  52).  Eine  zuchtlose  Schaar  von 
8000  griechischen  Söldnern  unterwarf  sich  im  J.  400  an  der 
Küste  Bithyniens  blindlings  dem  herrischen  Begehren  eines 
spartanischen  Harmosten,  weil  sie  wusste,  dass  sie  bei  einem 
Conflicte  mit  der  spartanischen  Regierung  verloren  war.  Nicht 
durch  den  Widerstand  der  Griechen  ist  die  spartanische  Macht 
erschüttert  worden,  sondern  durch  den  Conflict  mit  dem  persi- 
schen Alliirten,  dem  sie  den  Sieg  verdankte.  Hier  ist  denn 
auch  Sparta  gleich  nach  Lysanders  Sturz  einen  Schritt  zurück- 
gewichen. Die  Stellung  der  Griechenstädte  auf  dem  klein- 
asiatischen Festlande  war  noch  völlig  ungeregelt;  in  vielen 
schalteten  bisher  die  Harmosten  und  die  Dekarchien.  Als  aber, 

Meyer,  Geschichte  des  Altertlmms.  Y.  4 


50 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


wahrscheinlich  um  dieselbe  Zeit,  wo  diese  aufgelöst  wurden, 
Kyros  in  seine  Satrapie  zurückkehrte,  haben  die  Spartaner 
ihre  Harmosten  und  Besatzungen  aus  den  noch  behaupteten 
ionischen  Städten  des  Festlandes  zurückgezogen,  so  aus  Ephesos 
und  Milet,  und  sie  dem  persischen  Prinzen  überlassen.  Recht- 
lich gehörten  die  Küstenstädte  freilich  zur  ersten  Satrapie  (§.  91), 
die  Tissaphernes  verwaltete;  darum  kümmerte  sich  Kyros 
nicht.  Nur  Milet,  die  südlichste  der  Städte,  gelang  es  Tissa- 
phernes zu  besetzen;  er  führte  die  verjagten  Demokraten, 
denen  er  schon  Schutz  gewährt  hatte,  in  die  Stadt  zurück  und 
verbannte  die  bisherigen  Machthaber.  Diese  wandten  sich  an 
Kyros.  Dem  Prinzen  war  der  Conflict  sehr  willkommen;  er 
warb  griechische  Söldner  und  begann  die  Belagerung  zu  Lande 
und  zur  See,  mit  der  Absicht,  die  Truppen  alsbald  für  ein 
anderes  Unternehmen  zu  verwerthen.  —  Auf  Pharnabazos 
brauchte  Sparta  so  viel  Rücksicht  nicht  zu  nehmen;  im 
hei lespon tischen  Gebiet  commandirte  ein  spartanischer  Nauarch 
und  lagen  Harmosten  und  Garnisonen  auch  in  den  Küsten- 
städten am  asiatischen  Ufer,  ohne  dass  der  Satrap  Einspruch 
erhob.  In  der  troischen  Landschaft  freilich  hat  Mania,  die 
Wittwe  des  Zenis  von  Dardanos,  die  diesem  in  der  Statthalter- 
schaft über  das  Binnenland  gefolgt  war,  ein  paar  Küstenorte 
(Larisa,  Hamaxitos,  Kolonae)  mit  griechischen  Söldnern  er- 
obert, ohne  dass  Sparta  dagegen  einschritt. 

Dass  Sparta  Ionien  geräumt  und  dem  Kyros  überlassen  hat,  wird 
nirgends  erzählt,  geht  aber  aus  Xen.  Anab.  I,  1,  6  ff.  9,  9  deutlich  her- 
vor [auch  Ephesos  ist  in  Kyros'  Besitz  I,  4,  2];  Xenophon  erzählt  diese 
Dinge  mit  rührender  Naivität.  Dass  die  ssupv«;  aus  Milet  die  Olig- 
archien Lysanders  sind,  lehrt  die  Geschichte  der  vorhergehenden  Jahre. 
—  Die  Zustände  im  hellespontischen  Gebiet  schildert  Xen.  Anab.  VI. 
VII  sehr  anschaulich.  Garnison  in  Chalkedon  VII,  1,  20;  ebenso  sind 
offenbar  Kyzikos  VII,  2,  5  und  Parion  VII,  2,  7  spartanisch,  und  gewiss 
die  meisten  anderen  Griechenstädte,  vor  allem  Abydo«.  Ueber  Troas  und 
Manias  Erfolge  Xen.  Hell.  III,  1,  10  IT. 

702.  In  Sparta  selbst  hat  der  Gegensatz  der  herrschenden 
Vollbürger  zu  allen  anderen  Schichten  der  Bevölkerung  eine 
weit  angelegte  Verschwörung  erzeugt,  die  leicht  den  Bestand 


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Ueberlassung  Ioniens  an  Kyros.    Kinadon.    Krieg  gegen  E)is.  51 


des  Staats  hätte  umstürzen  können.  An  ihre  Spitze  trat 
Kinadon,  ein  Spartiate  mindern  Rechts,  dessen  sich  die  Ephoren 
zu  Schergendiensten  bei  Verhaftungen  zu  bedienen  pflegten.  Er 
organisirte  einen  grossen  Geheimbund;  und  in  der  That  schien  es 
ja  aussichtsvoll  genug,  an  einem  Tage  die  wenigen  Bürger  in  der 
Stadt  und  auf  dem  Lande  zu  überfallen  und  umzubringen  und 
dann  den  Staat  auf  neuer  Grundlage  aufzubauen ;  die  gesammte 
Bevölkerung  des  Landes  musste  den  Verschworenen  zuströmen. 
Aber  wie  so  oft  bei  ähnlichen  Versuchen,  zögerte  Kinadon 
mit  dem  Losschlagen,  um  immer  mehr  Anhänger  zu  werben ; 
so  wurde  er  schliesslich  verrathen  und  mit  den  Haupträdels- 
führern verhaftet  und  hingerichtet  (398  v.  Chr.).  —  Inzwischen 
hatte  Sparta  mit  Elis  abgerechnet.  Unter  Zustimmung  der 
Volksversammlung  stellten  die  Ephoren  im  J.  401  an  Elis  die 
Forderung,  die  unterthänigen  triphylischen  und  pisatischen 
Orte  frei  zu  geben.  Als  die  Elier  sich  weigerten,  rückte  König 
Agis  von  Achaia  aus  in  das  Land  ein.  Diesmal  veranlasste 
ihn  ein  Erdbeben  umzukehren;  aber  im  nächsten  Jahre, 
400  v.  Chr.,  durchzog  er  mit  dem  Aufgebot  aller  Bundes- 
genossen, ausser  Korinth  und  den  Boeotern,  das  ganze  Land 
von  Süden  nach  Norden.  Die  Triphylier  und  Pisaten  traten 
sämmtlich  zu  ihm  über,  die  Arkader  besetzten  das  gebirgige 
Hinterland  (die  Akroreia  mit  dem  Ort  Lasion)  am  oberen  Peneos, 
das  von  den  Eliern  selbst  bewohnte  Gebiet  wurde  von  Grund 
aus  verwüstet  und  grosse  Beute  fortgeschleppt.  Die  Elier 
hatten  sich  in  die  im  J.  470  erbaute  Hauptstadt  geflüchtet 
und  Hülfstruppen  aus  dem  befreundeten  Aetolien  an  sich  ge- 
zogen. Agis  verheerte  die  Vorstädte;  die  Stadt  selbst  anzu- 
greifen unterliess  er,  obwohl  sie  nicht  befestigt  war,  offenbar 
weniger  weil  er  sich  vor  dem  Kampf  fürchtete,  als  weil  er 
sie  möglichst  verschonen  wollte.  Er  hoffte  auf  eine  Revolution 
zu  Gunsten  Spartas ;  und  in  der  That  machten  die  Oligarchen, 
geführt  von  dem  reichen  Xenias,  den  Versuch,  durch  nächt- 
lichen Ueberfall  der  Häupter  der  Gegenpartei  sich  der  Herr- 
schaft zu  bemächtigen.  Indessen  das  Haupt  der  Demokraten, 
Thrasydaeos  (§.  757),  entkam  dem  Gemetzel,  der  Demos  raffte 


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52 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


sich  auf  und  schlug  die  Verschworenen  zur  Stadt  hinaus. 
Aber  auch  sie  sahen  ein,  dass  ein  weiterer  Widerstand  un- 
möglich war;  im  nächsten  Frühjahr,  399,  unterwarf  sich  Elis 
den  von  Sparta  dictirten  Bedingungen.  Es  trat  das  bergige 
Hinterland  an  Arkadien  ab  und  gab  die  Unterthanenorte  bis 
über  den  Alpheos  hinaus  frei.  Nur  im  Besitz  Olympias  wurden 
die  Elier  belassen,  da  es  unmöglich  schien,  die  Leitung  des 
Nationalfestes  den  kleinen  Dorfgemeinden  zu  übertragen.  Eine 
Verfassungsänderung  wurde  auch  von  Elis  nicht  verlangt;  die 
Demokratie  behauptete  sich  in  der  Herrschaft.  —  Der  Feld- 
zug gegen  Elis  war  das  letzte  Unternehmen,  das  König  Agis 
geleitet  hat;  noch  im  Sommer  desselben  Jahres  ist  er  gestorben 
(§.  760). 

Die  Verschwörung  des  Kinadon  erzählt  Xen.  III,  3.  4  ff.  (daraus 
Arist.  pol.  VIII,  6,  2.  Polyaen  II,  14,  1)  in  durchaus  officiöser  Darstellung ; 
wie  weit  etwa  die  Parteien  innerhalb  der  Bürgerschaft  selbst  daran  be- 
theiligt waren,  lässt  sich  nicht  sagen.  —  Feldzug  gegen  Elis:  Xen.  III, 
2,  21  ff.  (danach  Pausan.  III,  8.  8  ff.  mit  kleinen  Zusätzen;  der  Kampf 
im  Tempel  von  Olympia  V,  4.  8.  20,  4.  27,  11  wird  von  ihm  fälschlich 
hierhergesetzt) ;  vgl.  auch  Polyaen  VI,  36.  Diodor  XIV,  17.  .84  weicht  wesent- 
lich ab,  indem  er  einmal,  offenbar  mit  Unrecht,  Pausaniasan  Stelle  von  Agis 
nennt,  sodann  aber  fast  nur  den  Feldzug  in  der  Akroreia  erzählt,  den  Xeno- 
phon  übergeht.  Die  1000  Aetoler  in  Elis  Diod.  XIV,  17,  10  f.  s-ind  die  bei 
Xen.  III,  2,  24  von  den  Eliern  geworbenen  Bundesgenossen.  Die  *Axf>»i>psto'. 
xai  AaoKÜvtoi  sind  nachher  selbständige  Gemeinden  wie  die  Triphylier 
und  die  kleinen  pisatischen  Gemeinden  Letrinon,  Amphidolon,  Marganon 
Xen.  IV,  2,  16.  —  Chronologie:  Xenophon  erzählt  den  elischen  Krieg 
und  die  Vorgänge  in  Sparta  nach  dem  Feldzuge  des  Thibron  und  Der- 
kylidas,  als  Einleitung  zum  Feldzug  des  A^esilaos,  mit  dem  vagen  Syn- 
chronismus Toutojv  U  nparcojiivtuv  sv  Tjj  "Asta,  AaxB&atjj.6vtot  xato  tov 
a&t&v  xpovov  cel.  Dass  Agis  399  gestorben  ist,  lehrt  die  auf  die  rich- 
tigen Jahre  reducirte  spartanische  Königsliste  (Diod.  XII,  35.  XVI,  63), 
s.  Forsch.  II,  506  ff.  Mithin  beginnt  das  drei  natürliche  Jahre  (so  richtig 
Pausan.  III,  8  nach  den  Andeutungen  bei  Xenophon)  umfassende  Unter- 
nehmen gegen  Elis  im  J.  401;  bei  Diodor  ist  der  Krieg  ein  Jahr  zu 
hoch  402/1,  der  Friede  401/0  gesetzt. 

703.  Nach  der  Züchtigung  von  Elis  wurden  die  Messenier 
gezwungen,  die  Ansiedelungen  in  Naupaktos  und  auf  Kephal- 
lenia  (§.  032)  zu  räumen;  sie  fanden  zum  Theil  bei  Dionys 


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Sparta  gegen  Elis  und  die  Messenier.   Athen  und  Theben.  58 

auf  Sicilien  Aufnahme  (§.  799),  eine  andere  Abtheilung  suchte 
sich  in  Kyrenaika  (vgl.  §.  356)  eine  neue  Heimath,  wurde 
aber  in  den  dortigen  Wirren  grösstentheils  aufgerieben.  Nau- 
paktos  wurde  den  Lokrern  zurückgegeben.  Daran  schloss  sich 
vermuthlich  eine  weitere  Festigung  der  Stellung  Spartas  im 
Norden.  Athen  war  durchaus  botmässig;  die  Bürgerschaft 
leistete  die  vertragsmassige  Heeresfolge  und  zahlte  die  von  den 
Dreissig  und  den  Zehnmännern  bei  Sparta  aufgenommenen 
Anleihen  pünktlich  zurück,  obwohl  nach  dem  Versöhnungs- 
vertrage nicht  der  Staat,  sondern  nur  die  städtische  Partei 
dazu  verpflichtet  war.  So  duldete  Sparta,  dass  im  J.  401 
die  Athener  gegen  Eleusis  vorrückten,  auf  die  Kunde,  dass 
man  hier  Truppen  anwerbe,  die  Feldherrn  bei  einer  Unter- 
handlung überfielen  und  tödteten,  den  übrigen  Bewohnern  des 
aristokralischen  Gemeinwesens  den  Einschluss  in  die  Amnestie 
zusicherten  und  so  die  beiden  Theile,  in  die  der  attische  Staat 
aus  einander  gefallen  war,  wieder  vereinigten.  Schon  vorher, 
gleich  nach  der  Wiederherstellung  der  Demokratie,  hat  Athen 
die  Verbindung  mit  den  samischen  Flüchtlingen  auf  dem  Fest- 
land (§.  738)  erneuert  und  den  Beschluss  vom  J.  405,  wonach 
Samos  und  Athen  einen  einzigen  Staat  bilden  sollten  (§.  735), 
bekräftigt.  Das  war  jetzt  eine  Gefühlsdemonstration,  die  für 
die  Politik  nicht  mehr  bedeutete,  als  die  Aufnahme  der  Reste 
der  Plataeer  —  die  jetzt  auch  aus  Skione  hatten  weichen 
müssen  —  in  den  attischen  Bürgerverband,  die  Sanctionirung 
der  von  den  Dreissig  aufgehobenen  Privilegien  der  athenischen 
Parteigänger  in  den  ehemaligen  Bundesstädten,  z.  B.  in  Thasos, 
oder  die  Ehrung  der  Boeoter,  welche  die  Demokratie  unter- 
stützt hatten.  Weit  bedenklicher  war  die  Haltung,  die  Korinth 
und  der  boeotische  Bund  unter  Theben  eingenommen  hatten, 
namentlich  die  zweimalige  Verweigerung  der  Heeresfolge  (§.  758. 
762).  Aber  auch  hier  ist  Sparta  nicht  eingeschritten,  ja 
es  hat  zugelassen,  dass  Theben  im  J.  401  die  seit  411  selb- 
ständige Stadt  Oropos  (§.  694),  die  von  innerem  Hader  zer- 
rissen war,  im  Namen  der  einen  Partei  besetzte  und  dem 
boeotischen  Bunde  einverleibte.  Damit  hatte  es  auch  das  letzte 


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'  54 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Stück  boeotischer  Erde  gewonnen;  denn  die  Graer,  die  in 
Oropos  sassen,  betrachteten  die  Boeoter  als  zu  sich  gehörig. 
Dagegen  besetzte  Sparta  Heraklea  Trachinia  (§.  715)  aufs  neue 
und  stellte  seine  Autorität  über  die  Nachbarstämme,  die 
Malier,  Oetaeer,  Aenianen,  Phthioten  her,  wie  sie  im  J.  413 
Agis  geübt  hatte;  selbst  die  epirotischen  Athamanen  im  Pindos 
erkannten  Spartas  Oberhoheit  an.  Als  in  Heraklea  neue  Un- 
ruhen ausbrachen,  hat  der  Harmost  Herippidas  die  alten  mali- 
schen Einwohner  erschlagen  oder  verjagt  und  die  Stadt  ganz 
in  die  Hände  der  lakonischen  und  peloponnesischen  Ansiedler 
gegeben  (399  v.  Chr.). 

Verjagung  der  Messenier:  Diod.  XIV,  34  (401/0),  vgl.  78,  5.  Pausan. 
IV,  26.  2.  —  Rückzahlung  der  athenischen  Schulden:  Lyi«.  30.  22.  Isokr. 
7,  68.  Demostb.  20,  11.  12.  Aristot.  pol.  Ath.  40,  3.  Plu».  Ly*.  21.  — 

—  Eroberung  von  Eleusis:  Amt.  pol.  Ath.  40,  4  (Archon  Xenainetos 
401/0).  Xen.  II.  4,  43.  Justin  25.  9.  Lys.  25.  9.  6.  45.  Plato  Menex.  243  e. 

—  Beschluss  für  die  Samier  unter  Eukleides  403/2:  CIA.  II.  lb  p.  393. 

57.  Ehrendecrete  für  Thasier:  CIA.  II,  3.  4  (ÜS.  59);  Tür  einen 
Boeoter  ib.  1  d,  Suppl.  p.  3.  —  Theben  und  Oropos:  Diod.  XIV,  17 
(402/1).  -  Heraklea:  Diod.  XIV,  38  (ao.  399/8),  vgl.  82,  6  f.  Polyaen 
II.  21.  Besetzt  ist  die  Stadt  offenbar  schon  früher  wieder.  Bestand  der 
spartanischen  Herrschaft:  Pboker,  Oetaeer,  Herakleoten,  Malier,  Aenianen 
Xen.  III,  5,  6.  Phthiotis  IV,  3,  9.  Athamanen  Diod.  XIV,  82,  7. 

764.  Durch  die  Suprematie  über  Phthiotis  und  die  Gebiete 
am  malischen  Golf  hatten  die  Spartaner  bereits  in  die  Macht- 
sphäre Thessaliens  eingegriffen;  ihr  Ziel  aber  war,  ganz  Thes- 
salien, wie  sie  es  schon  469  versucht  hatten  (§.  287),  und 
weiter  Makedonien  in  Abhängigkeit  zu  bringen,  und  so  die 
Verbindung  mit  den  thrakischen  Küstenstädten  auch  zu  Lande 
herzustellen.  Alsdann  war  ganz  Hellas  östlich  von  der  Adria 
ihnen  unterthan.  —  In  Thessalien  herrschten  die  wirrsten  Zu- 
stände; in  allen  Städten  lagen  die  Parteien  sich  in  den  Haaren. 
In  den  Binnen^tädten  behaupteten  meist  noch  die  Adels- 
geschlechter ihre  nach  Willkur  geübte  Herrschaft,  vor  allem 
die  Aleuaden  in  Lari^a,  an  deren  Spitze  jetzt  Aristippos  und 
Medios  standen.  Hier  hatte  Gorgias  auf  seine  alten  Tage 
sich   niedergelassen  und  bei  dem  Adel  grossen  Anklang 


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Sparta  im  Norden.   Thessalien  und  Makedonien.   Arcbelaos.  55 


gefunden.  Aber  uberall  gährie  es  unter  den  leibeigenen  Penesten 
und  den  von  allen  politischen  Rechten  ausgeschlossenen  Hand- 
werkern und  Händlern,  die  in  manchen  Orten  sich  nicht  ein- 
mal auf  dem  »freien  Markt«  blicken  lassen  durften,  sondern 
auf  den  Kaufmarkt  beschrankt  waren.  Unter  diesen  Elementen 
hat  Kritias  geschürt,  als  er  während  seiner  Verbannung  aus 
Athen  in  Thessalien  zur  Macht  zu  gelangen  suchte,  in  Ver- 
bindung mit  einem  Demagogen  Prometheus.  In  Pherae,  der 
dem  Meere  zunächst  gelegenen  Stadt,  zu  deren  Gebiet  Pagasae, 
der  einzige  Hafen  Thessaliens  (jetzt  Volo)  gehörte,  gelangte 
um  das  Ende  des  peloponnesi  sehen  Kriegs  L'ykophron  zur 
Herrschaft;  im  Herbst  404  erfocht  er  einen  glänzenden  Sieg 
über  die  Larisaeer  und  die  übrigen  Thessaler,  durch  den  er 
die  Herrschaft  über  das  ganze  Land  gewinnen  zu  können 
hoffte.  Aber  ihm  erstand  ein  Goncurrent  in  König  Archelaos 
von  Makedonien,  dem  Bastard  des  Perdikkas,  der  sich  nach 
dem  Tode  seines  Vaters  unter  Beiseiteschiebung  des  un- 
mündigen rechtmässigen  Thronfolgers  der  Herrschaft  bemäch- 
tigt (413  v.  Chr.)  und  sich  seitdem  als  den  berufenen  Herrscher 
bewährt  hatte.  Sein  Ziel  war,  Makedonien  zu  einer  starken, 
festgefügten  Grossmacht  im  Norden  zu  erheben.  Er  schuf 
eine  wohlorganisirte  Wehrmacht;  er  legte  Strassen  an  und 
führte  mancherlei  Bauten  auf;  er  reorganisirte  das  makedonische 
Münzwesen.  Vor  allem  aber  versuchte  er  in  noch  ganz  anderer 
Weise  als  seine  Vorgänger  sein  Volk  der  griechischen  Cultur 
zuzuführen.  Die  Residenz  verlegte  er  von  der  alten  Königs- 
stadt Aegae  oder  Edessa  am  Fuss  der  Berge  in  die  Ebene 
nach  Pella  an  dem  schiffbaren  Ludios;  die  Tragiker  Euripides 
und  Agathon,  die  Dithyrambiker  Melanippides  und  Timotheos, 
den  Epiker  Choirilos  (§.  755)  zog  er  an  seinen  Hof,  auch 
Sokrates  hat  er  zu  sich  geladen;  in  Dion  am  Fuss  des 
Olympos  stiftete  er  musische  und  gymnastische  Wettspiele 
nach  griechischem  Muster;  seinen  Palast  Hess  er  von  Zeuxis 
ausmalen.  Seit  Athens  Macht  zusammenbrach,  konnte  ihm 
die  Herrschaft  über  die  Küsten  nicht  mehr  streitig  ge- 
macht werden;  um  so  eher  konnte  er  mit  dem  grössten 


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od 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


Handelsplatz  Griechenlands  und  dem  Mittelpunkte  der  helleni- 
schen Bildung  ein  gutes  Verhältniss  pflegen.  So  hat  er  Athen 
mehrfach  materielle,  wenn  auch  nicht  militärische  Unter- 
stützung gewährt  (§.  686),  und  dies  hat  ihm  dafür  im  J.  411/0 
bei  der  Unterwerfung  der  rebellischen  Küstenstadt  Pydna  ge- 
holfen (§.  711).  Schwieriger  war  es,  die  Bergeantone  des 
oberen  Makedoniens  in  Abhängigkeit  zu  halten;  als  Archelaos 
von  dem  Fürsten  von  Lynkestis  Arrhabaios  und  seinem 
Schwiegersohn  Sirrhas  bedrängt  wurde,  gab  er  seine  Tochter 
dem  Herrscher  von  Elimiotis  (Derdas?),  um  sich  dessen  Hilfe 
zu  sichern. 

Die  Verfassung  Thessaliens  o-jvast.ta  jiäXXov  Tj  laovo{xta  Thuk.  IV, 
78,  3,  von  Gilbert .  Griecb.  Staatsalterth.  II,  10,  2  mit  Recht  erläutert 
durch  Aristot.  pol.  VI,  5,  1,  wonach  Suvaatefa  eine  erbliche  Oligarchie  ist, 
oxav  ap/u  ja-*]  o  vojio{  aXX'  ot  äp^ovtsc.  EAsodipa  a*ppd  ib.  IV,  11,  2.  Im 
allgemeinen  s.  [Herodes]  «pi  ^oXtrsta^  6  (§.  740  A.),  wonach  die  Oligarchie 
in  Larisa  viel  exclusiver  war,  als  die  im  übrigen  Griechenland  von  Sparta 
beschirmte  Aristokratie.  Diese  Rede  an  die  Larisaeer,  deren  Bedeutung 
zuerst  Köhler  ,  Ber.  Berl.  Ak.  1893,  504,  dann  Beloch,  Griech.  Gesch. 
II,  132  ins  rechte  Licht  gestellt  haben  (vgl.  Hass,  de  Herodis  Att. 
oral.  ;wp!  r»oX.,  1880,  diss.),  ist  meines  Erachtens  zweifellos  eine  ächte 
Schrill  aus  dem  J.  401  oder  400;  sie  hält  sich  durchaus  an  die  poli- 
tische Situation  des  Moments  und  macht  gar  keine  Phrasen  (wenn  sie 
natürlich  auch  ein  Product  des  fsvoc  eitifoixTtxov  dieser  Zeit  ist),  son- 
dern trägt  die  massgebenden  Erwägungen  vor  und  gibt  dabei  eine  äusserst 
werthvolle  Schilderung  der  Zustände  Thessaliens.  Schon  wenige  Jahre 
später  hätte  kein  Rhetor  mehr  etwas  Derartiges  schreiben  können.  Sie 
bat  gar  nichts  an  sich  von  einer  Deklamation,  obwohl  sie  gewöhnlich  als 
solche  bezeichnet  zu  werden  pflegt,  weil  sie  durch  irgend  einen  Zufall 
unter  dem  Namen  des  Herodes  (Atticus?)  überliefert  ist.  —  Kritias' 
Umtriebe :  Xen.  Hell.  II,  3,  36.  47.  mem.  1,  2.  24.  Prometheus  auch  Plut. 
de  inimic.  util.  6.  Aristippos:  Xen.  Anab.  I,  1,  10.  2,  1.  H,  6,  28  und  vor 
allem  Plato  Menon  70,  wo  auch  über  Gorgias'  Stellung  in  Larisa.  Ein  Lari- 
saeer Eurylochos  beruft  Sokrates:  Diog.  L.  II.  25.  Medios  als  Gegner  Lyko- 
phrons:  Diod.  XIV,  82.  Lykophrons  Sieg:  Xen.  Hell.  II,  3,  4.  Nach  Aristot. 
hist.  anim.  IX,  31  (Plin.  X,  33)  waren  r.tpl  tolx;  xp<5vou;,  sv  oi{  iirtoXovto  ol 
WLvfiw}  ;;vot  ev  <I>ap3&Xoi  in  Athen  und  dem  Peloponnes  keine  Raben  zu 
finden ,  weil  sie  alle  dorthin  geflogen  waren.  So  muss  damals  wohl  im 
übrigen  Griechenland  Friede  gewesen  sein ,  und  so  bezieht  Beloch  ,  Gr. 
Gesch.  II,  130,  1  die  Angabe  wohl  mit  Recht  auf  Lykophrons  Erfolge. 


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Arcbelaos  in  Thessalien.   Plan  einer  Intervention  Sparlas.  57 

—  Auf  weitere  Unruhen  in  Larisa  weist  Gorgias'  Spott  Aapiaato-j;  thai 
toö?  üKb  tü>v  Sr^ioopfuiv  witofrjjiivo'j;  Arist.  pol.  III,  1,9.  —  Ueber  Arche- 
laos grundlegend  Köhler,  Ber.  Berl.  Ak.  1893,  489  ff.  Bekannt  ist  Thu- 
kydides'  kurze  Skizze  II,  100.  Dass  die  Verlegung  der  Residenz  auf  ihn 
zurückgeht ,  ist  höchst  wahrscheinlich.  Festspiele  in  Dion :  Diod.  XVII, 
16.  Arrian  I,  11,  1.  Zeuxis'  Gemälde:  Aelian  v.  h.  XIV,  17.  Krieg  mit 
den  Vasallenfürsten :  Arist.  pol.  VIII,  8,  11;  vgl.  Strabo  VII,  7,  8.  Derdas: 
Arist.  pol.  VIII,  8,  10.  Xen.  V,  2,  88;  vgl.  §.  898  A. 

765.  Sobald  die  Macht  Makedoniens  erstarkte,  musste 
sein  Augenmerk  sich  auf  Thessalien  richten ;  es  war  die  Brücke 
nach  Griechenland,  nur  auf  dem  Wege  durch  Thessalien 
konnte  Makedonien  einen  entscheidenden  Einfluss  auf  die 
Welthändel  gewinnen  und  seine  Unabhängigkeit  sichern.  Thes- 
salien war  von  Natur  äusserst  reich  ausgestattet,  aber  völlig 
unentwickelt;  ökonomisch  war  es  gänzlich  von  den  fremden 
Händlern  abhängig,  die  es  nach  Kräften  ausbeuteten;  die 
innere  Zerrissenheit  und  die  rückständige  politische  Organisation 
Hessen  einen  ernsthaften  Widerstand  nicht  erwarten.  Bereits 
König  Perdikkas  hatte  in  Thessalien  grossen  Einfluss  geübt; 
sein  Nachfolger  ging  auf  diesem  Wege  weiter.  Die  Umstände 
kamen  ihm  entgegen;  von  einer  der  sich  bekämpfenden  olig- 
archischen  Parteien  gerufen  bemächtigte  er  sich  Larisas, 
machte  die  Gegner  nieder,  brachte  seine  Anhänger  ans  Re- 
giment und  Hess  sich  zehn  vornehme  Knaben  als  Geiseln  geben. 
Sparta  konnte  diese  Machtentfaltung  nicht  dulden;  es  erklärte, 
Archelaos  züchtigen  zu  wollen,  weil  Makedonien  im  Kriege 
gegen  Athen  Sparta  im  Stich  gelassen  habe.  Zugleich  rief 
es  den  nationalen  Gedanken  an:  es  handle  sich  um  einen 
Krieg  für  die  Freiheit  Griechenlands  gegen  den  barbarischen 
König.  Dadurch  hofifle  man  den  Anschluss  von  ganz  Thessa- 
lien zu  gewinnen  und  auch  Larisa  zum  Abfall  von  Archelaos 
zu  bringen.  Thrasymachos  von  Ghalkedon,  einer  der  ange- 
sehensten Literaten  der  Zeit,  verfasste  eine  Schrift  »für  die 
Larisaer«,  aus  der  uns  der  Satz  bewahrt  ist:  »Sollen  wir 
dem  Archelaos  dienen,  Hellenen  einem  Barbaren?«  Eine 
andere  Broschüre  mit  gleicher  Tendenz  ist  uns  erhalten.  »Im 
Perserkrieg  sind  wir  nicht  dabei  gewesen,«  heisst  es  hier; 


58 


IV,  1.  Lysanders  Herrschaft  und  Sturz. 


»jetzt  wird  ein  zweiter  nationaler  Krieg  angekündigt;  wie 
können  wir  uns  da  zurückhalten,  wo  die  Bundesgenossen  selbst 
kommen  und  für  uns  und  unser  Land  kämpfen  wollen!«  Zweifel- 
los war  es  bereits  im  Einverständniss  mit  Sparta  geschehen,  dass 
im  J.  402  Kyros  dem  Aristippos  von  Larisa  Geld  gab,  um  ein 
Heer  gegen  seine  Feinde  zu  werben,  wenn  er  auch  beabsich- 
tigte, diese  Truppe  alsbald  selbst  für  andere  Zwecke  zu  ver- 
wenden. Auch  Lykophron  von  Pherae  wurde  durch  den 
Gegensatz  gegen  Larisa  und  Makedonien  auf  die  Seite  Spartas 
geführt.  Die  Spartaner  sind  in  Thessalien  eingerückt  und 
haben  eine  Besatzung  nach  Pharsalos  gelegt.  Indessen  weiter 
sind  sie  nicht  gegangen,  obwohl  die  Verhältnisse  alsbald 
durch  die  Ermordung  des  Archelaos  im  J.  309  und  die  dar- 
aus hervorgehenden  Thronwirren,  unter  denen  die  neuge- 
schaffene makedonische  Macht  jäh  zusammenbrach,  sich  noch 
günstiger  zu  gestalten  schienen.  Denn  inzwischen  waren 
durch  die  Wendung,  welche  die  Dinge  im  Perserreich  genommen 
hatten ,  grössere  Aufgaben  an  sie  herangetreten ,  die  alsbald 
den  vollen  Einsatz  ihrer  Kraft  erforderten. 

Ehe  wir  aber  diese  Entwickelung  weiter  verfolgen  können, 
ist  es  noth wendig,  die  Gestalt  kennen  zu  lernen,  welche  in- 
zwischen die  Verhältnisse  im  Westen  angenommen  hatten. 

Oekonomische  Lage  Thessaliens:  [Herodes]  5.  Getreideexport:  Xen. 
Hell.  VI,  1,  11.  —  Archelaos'  Intervention  in  Larisa:  Herodes  2  ff.  7.  Rede 
des  Thrasymachos  6tsip  Aaptoauov:  Giern.  Alex.  Strom.  VI,  2,  17.  Mit 
ihr  ist  die  erhaltene  Rede  nicht  identisch,  da  die  citirte  Wendung  in  ihr 
nicht  vorkommt,  aber  eng  verwandt:  auch  ihr  Eingang  berührt  sich  mit 
dem  von  Thrasymachos'  Broschüre  icepl  icoXttsta?  (§.  695  A.).  Die  Herr- 
schaft des  Archelaos  über  Larisa  wird  dadurch  bestätigt,  dass  ihm 
Hellenokrates  den  Vorwurf  macht,  ihn  gegen  sein  Versprechen  nicht  in 
die  Heimath  zurückgeführt  zu  haben:  Ari-t.  pol.  VIII,  8.  12.  —  Sparta 
und  Lykophron:  Xen.  VI,  4,  24.  Besatzung  in  Pharsalos:  Diod.  XIV, 
82.  6.  —  Kyros  und  Aristippos:  Xen.  Anah.  I,  1,  10.  II,  6,  21.  —  Er- 
mordung des  Archelaos:  [Plato]  Alcib.  II,  141  d.  Aristot.  pol.  VIR,  8, 
11  ff.  Diod.  XIV,  87,  6. 


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IL  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien 


Sicilien  nach  der  Abwehr  der  Athener. 

766.  In  Syrakus  hat  nach  der  Vernichtung  des  athenischen 
Angriffs  zunächst  Hermokrates  wieder  entscheidenden  Einfluss 
gewonnen,  ohne  Zweifel  gestützt  durch  Gylippos  und  die 
Peloponnesier;  er  setzte  durch,  dass  man  sich  mit  ansehnlicher 
Macht  an  der  Fortführung  des  Krieges  beiheiligte.  Aber  im 
Frühjahr  412  verliess  Gylippos  mit  seinen  Truppen  die  Insel, 
und  Hermokrates  selbst  führte  die  syrakusanische  Flotte 
auf  den  ionischen  Kriegsschauplatz  (§.  689).  Dadurch  ge- 
wannen die  Demagogen  aufs  neue  Raum.  An  ihrer  Spitze 
stand  jetzt  Diokles  (oder  Eurykles?),  der  nach  dem  Siege 
gegen  Gylippos  und  Hermokrates  durchgesetzt  hatte,  dass  die 
feindlichen  Feldherrn  hingerichtet  und  die  Gefangenen  in  die 
Steinbrüche  geworfen  wurden.  Den  Massen,  die  die  Strapazen 
der  Belagerung  ertragen  und  die  Schiffe  bemannt  hatten,  vin- 
mcirten  sie  das  Verdienst  des  Sieges;  jetzt  sollten  sie  den 
Lohn  davontragen.  Auf  Diokles'  Antrag  wurde  die  Verfassung 
umgeändert,  natürlich  nach  dem  Muster  des  besiegten  Athens, 
die  volle  Souveränität  der  Volksversammlung  hergestellt ,  die 
Strategen,  10  an  Zahl  —  vor  dem  attischen  Kriege  waren 
es  15  — ,  aus  Leitern  zu  ausführenden  Organen  ihrer  Be- 
schlüsse gemacht,  die  Givilämter  durch  das  Loos  besetzt, 
und  zweifellos  wie  eine  Besoldung  für  die  Truppen,  so  auch 


00 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Diäten  für  die  Beamten  eingeführt.  Schliesslich  konnte  man 
gegen  den  der  Menge  längst  verdächtigen  Hermokrates  vor- 
gehen;  zu  Anfang  des  J.  410  wurde  er  abgesetzt  und  ver- 
bannt und  an  seiner  Stelle  drei  Strategen  von  acht  demo- 
kratischer Färbung  an  die  Spitze  der  Flotte  in  Asien  gestellt 
(§•  714). 

Diokles  To»  o-rjpiaf  w;wv  £v$o;6tato;  wv  DioJ.  XIII,  19,  4 ;  ttLv  ^jAa- 
•fu>fü>v  ö  nXelaTöv  ts/üoa^  irap'  <*t>:o't<;  ib.  34,  6;  vgl.  75,  4;  identisch  mit 
Eurykles  t>  S^na-fur,*^  Plut.  Nie.  28.  Vielleicht  ist  letzteres  sein  richtiger 
Name.  Diodor  hat  ihn  mit  dem  syrakusanischen  Gesetzgeber  Diokles  zu- 
sammengeworfen, dessen  Recht,  unter  Timoleon  (vgl.  Diod.  XVI,  70,  5. 
82,  6)  und  Hieron  modißeirt,  bis  auf  Caesar  in  Syrakus  und  vielen  an 
deren  sicilischen  Städten  gültig  war.  Dass  dieser  weit  älter  sein  muss, 
hat  Holm,  Gesch.  Sic.  II,  78  erkannt.  Die  Gesetze  waren  in  alter  Sprache 
und  kurzer  Formulirung  ahgefasst  (XIII,  85,  3  f.)  und  offenbar  garnicht 
demokratisch ;  auf  seinen  Tod  ist  bei  Diodor  (XIII,  33,  3.  35,  5,  vgl.  XII, 
19.  2)  eine  sonst  von  Charondas  erzählte  Geschichte  übertragen.  Dass 
Diodor  die  [sehr  ungeschickt  auf  zwei  Jahre  vertheilte  XIII,  33.  34,  6  ff.] 
Episode  in  den  Bericht  seiner  Quelle  selbst  eingefügt  hat,  sagt  er  85,  5 
ausdrücklich.  —  Ueber  die  Verfassungsänderung  Arist.  pol.  VIII,  3.  6  sv 
Sopaxoysati;  o  ^}io;  attto;  ^svou-svo^  er,;  vi'xy^  to->  foXipou  toü  jcpö?  'Adij- 
vaioo?  ix  noXiTsta?  (gemässigte  Vf.)  «I;  oryioxpattuv  jisteßaXsv.  Zehn  Stra- 
tegen: Plalo  ep.  8,  354 d.  Loosämter:  Diod.  XIII,  84,  6.  apxovt*?  Leiter 
der  Volksversammlung  (früher  waren  es  die  Strategen  §.  359):  XIII 
91,  4;  sie  belegen  gesetzwidriges  Verhalten  mit  Geldstrafen.  Feststellung 
der  Reihenfolge  der  Redner  durch  das  Loos:  Plut.  apophth.  reg.  Dionys.  1. 
Sold  der  Truppen:  Diod.  XIII,  93,  2.  95,  1.  Für  die  Loosbeamten  kann 
er  unmüglich  gefehlt  haben;  das  ist  ja  das  Kennzeichen  der  radicalen 
$Tjp.oxpaiia.  Was  besagen  aber  Dionys'  Worte  bei  seinem  Auftreten  gegen 
die  Keldberrn  rcapaxaXü>v  p.r4  iKpijietvai  xöv  xaxä  xob$  vc{j.oo(  xXfjpov, 
&XX'  ix  xuP°C  ei^iu)?  cKtfrsivat  rr;v  Stxvjv  Diod.  XIII,  91,  8?  Wird  der 
Tag  der  gesetzlichen  Anklage  durch  das  Loos  bestimmt? 

767.  Durch  Athens  Angriff  war  Sicilien  aufs  neue  un- 
mittelbar in  die  allgemeine  Politik  hineingezogen;  das  wirkte 
weiter  in  der  Unterstützung,  welche  Syrakus  und  Selinus 
ebenso  wie  einige  unteritalische  Städte  (§.  680)  den  Spar- 
tanern gewährten.  Aber  für  die  Insel  selbst  war  der  Kampf 
mit  Athen  nur  eine  Episode,  die  nichts  Neues  geschaffen,  ja 
nicht  einmal  den  Besitzstand  verändert  hatte.   Alsbald  waren 


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Sicilien  nach  der  athenischen  Expedition.  Diokles. 


61 


ihre  Spuren  völlig  verlöscht;  man  knüpfte  da  wieder  an, 
wo  man  vorher  stehen  geblieben  war.    Syrakus,  nach  wie 
vor  im  Besitz  der  Feldmark  von  Leontini,  setzte  den  Krieg 
gegen  die  Ghalkidier  von  Katana  und  Naxos  fort,  die  sich 
mit  Hülfe  der  Reste  des  athenischen  Heeres  (§.  678)  seiner 
Angriffe  so  gut  zu  erwehren  suchten  wie  es  anging  (Diod. 
XIII,  56,  2).    Agrigent,  Gela,  Kamarina  hielten  sich  neutral. 
Selinus,  mit  Syrakus  eng  verbündet,  nahm  den  Krieg  gegen 
Segesta  wieder  auf.  Ueberall  wiegte  man  sich  in  voller  Sicher- 
heit und  schwelgte  im  Genüsse  des  Reichthums  und  eines 
raffinirten  Luxus.    Aus  der  eben  mit  äusserster  Noth  über- 
standenen  Gefahr  etwas  für  die  Zukunft  zu  lernen  kam  den 
Sikelioten  nicht  in  den  Sinn:  weder  eine  gemeinsame  Orga- 
nisation irgend  welcher  Art  zur  Abwehr  gegen  einen  gemein- 
samen Feind  war  vorhanden,   noch  hatten  die  einzelnen 
Städte  ihre  Wehrmacht  kräftig  entwickelt.    Syrakus  Hess  die 
im  Kriege  gegen  Athen  geschaffene  Flotte  wieder  eingehen 
bis  auf  etwa  40  Schiffe,  von  denen  25  den  Spartanern  zu 
Hülfe  gesandt  wurden;  und  auch  sein  Landheer  entsprach  in 
den  folgenden  Kriegen  in  keiner  Weise  dem,  was  es  seiner 
Bevölkerungszahl  nach  hätte  leisten  können.    Viel  wichtiger 
war  es,  das  lustige  Spiel  des  Parteihaders  fortzusetzen  und 
die  unumschränkte  Freiheit  zu  sichern,  wie  ein  Jeder  nach 
seinen  Interessen  sie  verstand.     Eine  Gefahr  von  aussen 
schien  von  keiner  Seite  zu  befürchten;  in  Selinus  und  in 
Messana  Hess  man  selbst  die  Stadtmauern  verfallen.    Um  so 
vernichtender  brach,  im  vierten  Jahr  nach  dem  Sieg  über  die 
Athener,  die  Katastrophe  herein ,  bei  der  es  sich  nicht  mehr 
wie  damals  um  die  politische  Selbständigkeit  der  einzelnen 
Gemeinden,  sondern  um  die  Existenz  des  Griechenthums  auf 
der  Insel  handelte. 


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02 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien 


Erste  Invasion  der  Karthager.  Zerstörung  von  Selinus  und 

Himera. 

708.  Die  Segestaner  hatten,  um  schlimmeren  Gefahren 
zu  entgehen,  sich  bereit  erklärt,  das  streitige  Grenzland  an 
Selinus  zu  überlassen.  Aber  Selinus  glaubte  jetzt  Grösseres 
erreichen  zu  können;  es  wollte  den  alten  Gegner,  der  die 
Athener  nach  Sicilien  gezogen  halle,  womöglich  vernichten. 
Da  blieb  Segesta  keine  Wahl,  als  sich  den  Karthagern  in  die 
Arme  zu  werfen  (410  v.  Chr.).  —  Seit  der  Himerasch  lacht  hatte 
sich  Karthago  70  Jahre  lang  von  den  Welthandeln  fern  ge- 
halten und  seine  ganze  Kraft  dem  Ausbau  seines  Reiches  zu- 
gewandt. Die  Vorgänge  auf  Sicilien  hat  man  ohne  Zweifel 
genau  verfolgt ;  aber  man  mied  jede  Einmischung.  Selbst  die 
alten  Bundesgenossen,  die  Elymer,  hat  man  in  ihren  Kämpfen 
mit  den  Nachbarn,  ohne  Unterstützung  gelassen  und  geduldet, 
dass  sie  sich  um  Hülfe  an  Athen  wandten  (§.  302),  unbe- 
kümmert darum,  dass  dadurch  der  karthagische  Einfluss,  der 
schon  durch  das  immer  intensivere  Eindringen  der  griechischen 
Gultur  namentlich  in  Segesta  (§.  304)  geschwächt  war,  noch 
weiter  eingeschränkt  wurde.  Man  war  zufrieden,  dass  die 
eigenen  Besitzungen,  die  Inselstadt  Motye  mit  dem  gegenüber- 
liegenden Küstenstrich,  Panormos  und  Soloeis,  unangetastet 
blieben,  und  pflegte  im  übrigen  die  Handelsbeziehungen;  in 
allen  Griechenstädten  waren  zahlreiche  karthagische  Kaufleute 
zu  finden.  Auch  während  des  athenischen  Krieges  Hess  man 
sich  weder  durch  Athen  noch  durch  Syrakus  aus  der  Neutra- 
lität locken.  Sollte  ein  Eingreifen  nöthig  werden,  so  war 
dazu  immer  noch  Zeit;  einstweilen  konnte  man  zusehen,  wie 
die  Rivalen  sich  gegenseitig  aufrieben.  Jetzt  aber  sah  sich 
Karthago  vor  eine  verhängnissschwere  Entscheidung  gestellt, 
der  es  nicht  mehr  ausweichen  konnte.  Dass  eine  Segesta 
gewährte  Unterstützung  den  Krieg  nicht  nur  mit  Selinus, 
sondern  auch  mit  Syrakus  und  den  übrigen  Griechen  nach 


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Hülfsgesuch  Segestas  an  Karthago.    Hanniba].  t>3 


sich  ziehen  musste,  konnte  kaum  zweifelhaft  sein.  Sollte 
Karthago  aus  der  reservirten  Haltung  heraustreten,  die  bisher 
so  gute  Früchte  getragen  hatte,  und  einen  Krieg  von  gewaltigen 
Dimensionen  beginnen,  dessen  Ausgang  sich  jeder  Berechnung 
entzog?  Durfte  Karthago  aber  mit  ansehen,  dass  mit  Segesta 
der  letzte  noch  selbständige  einheimische  Staat  auf  der  Insel, 
der  ihm  im  Nothfall  eine  Stütze  gewähren  konnte  —  denn 
die  noch  unabhängigen  Reste  der  Sikaner  und  Sikeler  kamen 
dafür  kaum  in  Betracht  — ,  den  Griechen  in  die  Hände  fiel? 
Gab  es  damit  nicht  zu,  dass  es  sich  diesen  nicht  mehr  ge- 
wachsen fühlte,  und  provocirte  so  erst  recht  den  Angriff  auf 
die  eigenen  Besitzungen?  Es  ist  begreiflich,  dass  die  Ent- 
scheidung lange  und  heftig  umstritten  war;  allgemein  empfand 
man,  dass,  wie  sie  auch  fallen  möge,  Karthago  in  eine  neue 
Phase  seiner  Politik  eintrat.  In  der  That  haben  die  sicilischen 
Händel  den  karthagischen  Staat,  nachdem  er  einmal  den 
Kampf  aufgenommen  hatte,  nicht  wieder  losgelassen;  der 
Krieg,  der  jetzt  begann,  hat  sich  durch  zwei  Jahrhunderte 
fortgesetzt  und  nicht  eher  sein  Ende  gefunden,  als  bis  die 
karthagische  Macht  vernichtet  war,  und  schliesslich,  ein  halbes 
Jahrhundert  später,  auch  die  Hauptstadt  selbst  von  dem 
Schicksal  ihres  Reichs  ereilt  wurde. 

769.  Ueber  die  inneren  Zustände  in  Karthago  sind  wir 
auch  in  dieser  Zeit  nur  ganz  dürftig  unterrichtet.  Wir  sehen, 
dass  das  Haus  Magos  aufs  neue  zu  Einfluss  gelangt  ist; 
Hannibal,  der  Sohn  des  im  Exil  zu  Selinus  gestorbenen  Gisgo 
(§.  383),  steht  als  Suffet  an  der  Spitze  der  Regierung.  Er 
war  schon  ein  älterer  Mann,  erfüllt  von  Hass  gegen  das 
Griechenthum  und  zugleich  von  dem  Wunsche,  die  Niederlage 
seines  Grossvaters  Hamilkar  an  der  Himera  zu  rächen.  Er 
setzte  durch,  dass  den  Segestanern  die  erbetene  Hülfe  zuge- 
sagt und  damit  der  Krieg  im  Princip  entschieden  wurde;  ihm 
selbst  wurde  das  Commando  übertragen.  Er  war  nicht  im 
Zweifel,  dass  der  Krieg  im  grossen  Stile  geführt  werden 
müsse,  und  begann  sofort  umfassende  Rüstungen.  Indessen 
so  weit  wollte  die  Majorität  offenbar  noch  nicht  gehen;  viel- 


4M  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

leicht  fand  sich  doch  noch  ein  Ausweg,  den  Krieg  wenig- 
stens zu  localisiren.  Eine  Gesandtschaft  von  Karthago  und 
Segesta  ging  nach  Syrakus  und  trug  diesem  das  Schiedsgericht 
in  dem  Streit  zwischen  Segesta  und  Selinus  an,  in  der  Hoff- 
nung, dadurch  seine  Neutralitat  zu  sichern  —  eine  Massregel, 
die  sich  deutlich  als  Ergebniss  eines  Compromisses  zwischen 
entgegengesetzten  Tendenzen  erweist.  Auch  in  Syrakus  hätte 
man  den  Krieg  gern  vermieden,  konnte  aber  doch  Selinus 
nicht  preisgeben.  Nach  langen  Debatten  entschied  man  sich, 
<Jas  Schiedsgericht  abzuweisen  und  an  der  Allianz  mit  Selinus 
festzuhalten,  aber  zugleich  womöglich  mit  Karthago  den  Frieden 
zu  wahren.  Beide  Staaten,  Karthago  wie  Syrakus,  befanden 
sich  in  ähnlicher  Lage  wie  Athen  bei  den  korkyraeischen 
Händeln ;  aber  in  Syrakus  fehlte  ein  Staatsmann  wie  Perikles, 
der  die  Dinge  klar  überschaut  und  das  Noth wendige  sofort 
mit  voller  Energie  ins  Werk  gesetzt  hätte.  So  liess  der  Staat 
sich  willenlos  treiben  und  war  gänzlich  unvorbereitet,  als  das 
Unheil  hereinbrach. 

Für  die  sicilische  Geschichte  ist,  da  Justin  (Ib.  XIX.  XX)  hier  noch 
mehr  geschlafen  hat  als  gewöhnlich,  Diodor  fast  die  einzige  Quelle.*  Er 
folgt  im  wesentlichen  Timaeos,  hat  aber  daneben  Ephoros  benutzt;  für 
die  Stärke  der  Heere  citirt  er  wiederholt  (XIII,  54.  CO.  80.  109.  XIV,  54. 
ß2,  3)  beide  neben  einander.  Einigermassen  zuverlässig  scheinen  nur  die 
Zahlen  des  Timaeos  über  die  griechischen  Heere  zu  sein,  die  daher  auch 
im  Text  angeführt  sind.  —  Ephoros  wie  Timaeos  haben  zweifellos  den 
Philistos  benutzt,  wenn  auch  mit  entgegengesetzter  Auflassung;  dass  ein 
vortrefflich  orienlirter  Autor  die  letzte  Grundlage  bildet,  ist  auch  bei 
Diodor  noch  zu  erkennen ;  aber  sehr  viel  des  Wichtigsten  ist  weggefallen 
oder  entstellt,  und  wer  beherzigt,  was  bei  Diodor  aus  der  Geschiebte  des 
peloponnesischen  Kriegs  geworden  ist,  wird  sich  von  der  Illusion  fern 
halten,  dass  die  Geschichte  der  Karthagerkriege  und  des  Dionys  uns 
auch  nur  in  den  Grundzügen  zuverlässsig  bekannt  sei.  —  Chronologie: 
die  sicilischen  Notizen  bei  Xenophon  Hell.  I,  1,  37.  5,  21.  II,  2,  24.  8,  5 
sind  sichtlich  interpolirt  [denn  kein  selbständiger  Schriftsteller  wird  so 
erzählen  wie  II,  3,  5  geschieht,  und  II,  2,  24  wiederholt  zum  Theil,  was 
schon  I,  5,  21  berichtet  war] ;  sie  stammen  deutlich  aus  Timaeos,  dessen 
Zahlen  sie  wiedergeben,  und  gehören  offenbar  mit  den  interpolirten 
Archontennamen  (§.  714  A.)  zusammen.  Unter  dieser  Voraussetzung  er- 
halten wir  folgende  Angaben: 


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Kriegsentschluss  in  Karthago.    Verhandlungen  mit  Syrakus.  (35 


Eroberung  von  Selinus  nach  Xen.  unter  Diokles     409/8 ;  Diod.  ebenso. 

»  »  Agrigent  »  »  »  Antigenes  407/6;  »  Kallias  406/5. 
Usurpation  des  Dionys  »  »  >  Alexias  405/4;  *  »  406/5. 
Verlust  von  Gela  »     »     »   Pytbodoros  404/3 ;    »  Alexias 405/4. 

Die  Usurpation  des  Dionysios  wird  bei  Xen.  II,  2,  24  in  die  Mitte  des 
Jahres  gesetzt,  das  mit  der  Gapitulation  Athens  zu  Ende  geht  (xal  6 
cviocdt&c  SXfjfev,  ev  u>  jjlsooövu  Atoyusicc  .  .  .  it'jp&wqst)«  Sie  fällt  aber  in 
den  Frühling  405  (§.  776  A.),  und  wird  daher  bei  Justin  V,  8,  7  mit  dem 
Jahre  de?  Falles  Athens  (405/4)  und  des  Todes  des  Darius  II.  (t  An- 
fang 404)  gleichgesetzt  Der  Interpolator  Xenophons  hat  also  den  Ar- 
chon  Alexias  antedatirend  dem  Kriegsjahr  405/4  gleichgesetzt  und  den 
Fall  von  Gela  mit  Unrecht  in  das  folgende  Jahr  gesetzt.  Bei  Diodors 
Daten  liegt  dagegen  die  griechische  Jahrform  zu  Grunde:  Dionys  wurde 
Tyrann  gegen  Ende  des  attischen  Jahres  406 15,  Gela  fiel  Anfang  405/4. 
Die  Eroberung  von  Agrigent  fallt  ein  halbes  Jahr  vorher,  Dec.  406,  unter 
Kallias;  die  Belagerung  begann  aber  zu  Anfang  Sommers  406,  unter 
Antigenes.  So  dürften  sich  hier  die  Differenzen  der  Daten  erklären. 
Das  Datum  för  den  Fall  Agrigents  wird  durch  Diod.  XIII,  90,  5  be- 
stätigt. Unsicher  bleibt,  ob  man  die  bei  beiden  unter  Diokles  409/8  gesetzte 
Eroberung  von  Selinus  und  Himers,  die  jedenfalls  in  die  ersten  Sommer- 
monate fällt,  nach  griechischer  Rechnung  Anfang  408,  oder  nach  Rech- 
nung nach  Kriegsjahren  (resp.  nach  römischer  Jahrform)  Anfang  409 
setzen  soll.  Letzteres  ist  wahrscheinlicher,  da  nach  Diodors  Erzählung 
zwischen  der  Eroberung  der  beiden  Städte  und  dem  Feldzug  gegen  Agri- 
gent zwei  Jahre  liegen.  Dazu  kommt,  dass  während  der  Belagerung  von 
Himera  die  syrakusanische  Flotte  eintrifft,  die  von  dem  griechischen 
Kriegsschauplatz  abberufen  war  (Diod.  XIII,  61,  1).  Hier  erscheint  Sie 
zuletzt  während  des  Feldzugs  von  410  (§.  716),  ist  also  Anfang  409  heim- 
gekehrt. Andererseits  hat  sie  wahrscheinlich  erst  nach  dem  Fall  von 
Selinus  die  Abberufungsordre  erhalten,  da  die  Bemannung  der  beiden 
heimathlos  gewordenen  selinuntischen  Trieren  in  Ephesos  zurückbleibt 
und  hier  Bürgerrecht  und  Grundbesitz  erhält  (Xen.  Hell.  I,  2,  10).  Das 
alles  führt  auf  das  Frühjahr  409  als  Datum  des  Falles  von  Selinus. 

770.  Einstweilen,  bis  die  Rüstungen  vollendet  waren, 
sandte  Karthago  nach  Segesta  eine  Garnison  von  libyschen 
Truppen,  und  nahm  ausserdem  800  campanische  Söldner  in 
seine  Dienste,  welche  Athen  für  den  Krieg  gegen  Syrakus  an- 
geworben (§.  658)  und  die  sich  seitdem  auf  der  Insel  herum- 
getrieben hatten.  In  Selinus  war  man  voll  Siegeszuversicht; 
die  Stadtgemeinde  von  etwa  30,000  Einwohnern  fühlte  sich 
jedem  Feinde  gewachsen.    Als  die  Selinuntier  dann  freilich 

Meyer,  Geechiohte  des  Alterthums.  V.  5 


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66  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

bei  einem  neuen  Angriff  auf  Segesta  von  der  Besatzung  mit 
schweren  Verlusten  geschlagen  wurden,  wandten  sie  sich  nach 
Syrakus  um  Hülfe,  und  diese  wurde  auch  zugesagt.  Aber 
weiter  geschah  gar  nichts;  nicht  einmal  die  Stadtmauern 
wurden  in  Stand  gesetzt,  und  in  den  übrigen  Städten  vollends 
war  von  ernstlichen  Rüstungen  keine  Rede.  Inzwischen  hatte 
Hannibal  ein  Heer  aufgebracht,  das  an  Stärke  die  Gesammt- 
macht,  mit  der  Athen  den  Krieg  gegen  Syrakus  geführt  hatte, 
noch  übertreffen  mochte,  theils  ausgehobene  Libyer,  Phoeniker 
und  Karthager,  theils  in  Spanien  geworbene  Söldner:  auch 
griechische  Reisläufer  hatten  sich  anwerben  lassen.  Im  Früh- 
jahr 409  landete  er  unter  dem  Schutz  von  60  Kriegsschiffen 
an  der  Westspitze  der  Insel  beim  Gap  Lilybaeum  und  rückte 
sofort  in  das  Gebiet  von  Selinus  ein.  Der  Landort  Mazara 
wurde  genommen,  Selinus  selbst  eingeschlossen,  sechs  gewaltige 
Holzthürme  errichtet  und  die  Sturmböcke  gegen  die  Mauern 
geführt.  In  der  Stadt  gab  es  eine  von  Empedion  geführte 
Partei,  welche  immer  vor  dem  Kriege  gewarnt  hatte  und  auch 
jetzt  zur  Unterwerfung  rieth;  aber  die  Masse  wollte  davon 
nichts  wissen  und  wehrte  sich  heldenmüthig.  Indessen  die 
Hoffnung  auf  den  von  Syrakus  verheissenen  Entsatz  erwies 
sich  als  eitel,  und  die  schwachen  Mauern  hielten  nicht  lange 
Stand.  Nach  neun  Tagen  drangen  die  Feinde  durch  die 
Bresche  ein.  In  den  Strassen  und  auf  dem  Markt  tobte  der 
Verzweiflungskampf;  aber  zu  retten  war  nichts  mehr.  Die 
Karthager  und  ihre  barbarischen  Söldner  mordeten,  was  ihnen 
in  die  Hände  fiel,  ohne  Rücksicht  auf  Alter  und  Geschlecht; 
nur  den  in  die  Tempel  Geflüchteten  wurde  das  Leben  zu- 
gesichert, um  diese  um  so  gründlicher  ausplündern  zu  können 
—  Achtung  vor  den  griechischen  Göttern  hatten  die  Karthager 
nicht.  16,000  Erschlagene  wurden  gezählt,  5000  Gefangene; 
entkommen  waren  2600  Mann,  die  zunächst  in  Agrigent  Auf- 
nahme fanden,  dann  aber  durch  Empedions  Vermittelung  von 
Hannibal  die  Erlaubniss  erhielten,  in  die  gründlich  verwüstete 
und  ihrer  Mauern  beraubte  Stadt  als  zinspflichtige  Unterthanen 
Karthagos  zurückzukehren. 


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Eroberung  von  8elinus.   Rüstungen  in  Syrakus.  07 

Stärke  des  karthagischen  Heeres:  etwas  Ober  100,000  Mann  nach 
Timaeos  [ebenso  Xen.  Hell.  I,  1,  87],  200,000  und  etwa  4000  Reiter  nach 
Ephoros;  die  Flotte  wird  auf  60  Kriegsschiffe  und  1500  Transportschiffe 
angegeben  (Diod.  XIII,  54).  Dazu  kommen  beim  Angriff  auf  Himera 
20,000  Sikeler  und  Sikaner  59,  6;  in  Folge  dessen  besteht  hier  die  Be- 
lagerungsarmee aus  80,000  Mann  60,  3  (dabei  kann  Diokles  mit  seinem 
kleinen  Heer  ungehindert  zu  Lande  abziehen!),  wozu  ein  Reservecorps 
von  40,000  Mann  im  Lager  fat  tivwv  X6<pu>v  5icu>tov  rr,;  iroXato;  kommt 
59,  6.  Die  80,000  Mann,  die  sich  auf  einen  Punkt  zusammendrängen  (!), 
werden  dann  bei  dem  Ausfall  von  10,000  Mann  vollkommen  geschlagen ! 
Im  Kampf  fallen  nach  Ephoros  20,000,  nach  Timaeos  6000.  Ephoros' 
Zahlen  sind  geradezu  kindisch;  dass  aber  auch  Timaeos' Zahlen  v iel  zu 
hoch  sind,  bedarf  keiner  Bemerkung.  —  Aus  den  angefahrten  Zahlen 
über  die  Selinuntier  (hinzu  kommen  noch  1000  gegen  Segesta  Gefallene 
Diod.  XIII.  44,  4  und  die  Verluste  der  ersten  Kämpfe ;  vgl.  it6Xtc  xoXoav- 
3poü3a  ib.  44,  8)  berechnet  Belogh,  Bevölkerung  285  f.  eine  Bevölkerung 
von  82 — 38,000  Seelen.  Man  wird  vielleicht  für  das  gesammte  Gebiet 
noch  etwas  höher  gehen  müssen,  da  in  den  Landorten,  wie  Mazara 
(Diod.  XIII,  54,  6),  ein  Theil  der  Bewohner  zurückgeblieben  sein  wird. 
Indessen  die  Mehrzahl  ist  gewiss  in  die  Stadt  geflüchtet,  so  dass  ich 
Holm's  Berechnung  auf  60,000  Seelen  (Gesch.  Siciliens  II,  422.  III,  391) 
für  viel  zu  hoch  halte.  —  Dass  (trotz  Diod.  XIII,  59,  2)  die  Tempel  von 
Seimus  nicht  durch  die  Karthager,  sondern  durch  ein  Erdbeben  zerstört 
sind,  nehmen  alle  Archäologen  an.  Doch  hat  Himilko  die  Tempel  von 
Agrigent  systematisch  zerstört :  Diod.  XIII,  108,  2.  96,  5.  Schleifung  der 
Mauern  Diod.  XIII,  59,  4.  Auf  die  meines  Wissens  noch  nicht  völlig 
geklärten  topographischen  Probleme  kann  ich  hier  nicht  eingehen. 

771.  Auf  die  Kunde  von  Hannibals  Angriff  hatten  Syrakus 
und  die  übrigen  Griechenstädte  endlich  eine  Ahnung  von  der 
wahren  Lage  bekommen  und  zu  rüsten  begonnen;  auch  die 
Flotte,  welche  in  Ionien  mit  den  Spartanern  zusammen  operirte, 
wurde  schleunigst  zurückberufen  (§.  716).  Die  Syrakusaner 
stellten  3000  Mann  ins  Feld,  die  unterwegs  die  Truppen  von  Gela 
und  Agrigent  an  sich  ziehen  sollten;  die  Führung  übernahm 
Diokles  selbst,  das  Haupt  der  Demokratie.  Er  traf  in  Agrigent 
gerade  gleichzeitig  mit  den  Flüchtlingen  aus  Selinus  ein.  Ein 
Versuch  sich  für  die  Stadt  und  die  Gefangenen  zu  verwenden 
wurde  von  dem  karthagischen  Feldherrn  mit  Hohn  abgewiesen. 
Hannibal  hatte  seine  nächste  Aufgabe  gelöst;  jetzt  wandte 
er  sich  zu  dem  Rachezuge  gegen  Himera,  verstärkt  durch 


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08 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Zuzüge  der  Sikaner  und  Sikeler,  die  das  karthagische  Heer 
als  Befreier  begrüssten.  Auch  hier  gelang  es  alsbald  eine 
Bresche  in  die  Mauer  zu  legen ;  aber  die  Himeraeer,  an  Volks- 
zahl den  Selinuntiern  etwa  gleich  und  überdies  durch  Diokles' 
Truppen  verstärkt,  schlugen  die  Eindringenden  zurück.  Am 
nächsten  Morgen  unternahmen  sie  mit  10,000  Mann  einen 
Ausfall;  die  Belagerungsarmee,  überrascht  und  verwirrt,  wurde 
geschlagen  und  auf  das  Lager  zurückgeworfen.  Aber  bei 
der  Verfolgung  lösten  sich  die  Reihen  der  Angreifer  auf. 
Hannibal  führte  die  intacte  Reserve  heran  und  warf  die 
Himeraeer  unter  schweren  Verlusten  zurück;  eine  Abtheilung 
von  3000  Mann,  die  im  Kampfe  aushielt,  wurde  völlig  auf- 
gerieben. Jetzt  war  die  Stadt  nicht  mehr  zu  halten;  die 
einzige  Rettung  war  ein  schleuniger  Abzug.  Noch  war  die 
Cinschliessung  zu  Lande  nicht  vollendet  und  die  See  frei. 
Denn  Hannibal  hatte  seine  Flotte  bei  Motye  liegen  lassen,  um 
sich  nicht  den  Gefahren  eines  Seekampfes  auszusetzen,  und 
zugleich,  wie  berichtet  wird,  um  Syrakus  nicht  zu  provociren 
und  womöglich  neutral  zu  erhalten.  Indessen  musste  man  hier 
immer  befürchten,  dass  die  karthagische  Flotte  plötzlich  im 
Hafen  von  Syrakus  erscheinen  und  die  zur  Verteidigung  in 
keiner  Weise  ausreichend  gerüstete  Stadt  überfallen  werde. 
Um  so  mehr  drängte  Diokles  zur  Heimkehr.  Gerade  jetzt 
traf  die  aus  Ionien  abberufene  syrakusanische  Flotte  von 
25  Trieren  vor  Himera  ein.  So  wurde  bei  Nacht  eingeschifft, 
so  viel  die  Trieren  fassen  konnten,  während  Diokles  mit 
seinen  Truppen  und  einem  Theil  der  Weiber  und  Kinder  zu 
Lande  abzog;  der  Rest  musste  versuchen  die  Stadt  zu  halten, 
bis  die  Flotte  zurückkehrte.  Hannibal  hat  die  Abziehenden 
nicht  angegriffen,  dafür  aber  den  Sturm  auf  die  Mauern  um 
so  heftiger  erneuert.  Am  zweiten  Tage  trafen  die  Schiffe 
wieder  ein.  Aber  sie  kamen  zu  spät;  kurz  vorher  waren  die 
Iberer  in  die  Stadt  eingedrungen ,  und  das  Morden  hatte  be- 
gonnen. Von  den  Gefangenen  wurden  die  Weiber  und  Kinder 
in  die  Sklaverei  geschleppt,  3000  Männer  aber  den  Manen 
Hamilkars  als  Opfer  geschlachtet.    Auch  die  verhasste  Stadt 


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Räumung  und  Zerstörung  von  Himera.  (J9 

sollte  vom  Erdboden  verschwinden;  sie  wurde  niedergebrannt 
und  von  Grund  aus  zerstört.  Himera  ist  aus  den  Trümmern 
nie  wieder  erstanden ;  statt  ihrer  gründeten  die  Karthager  im 
J.  407  bei  den  warmen  Quellen  zwei  Meilen  weiter  westlich 
die  Stadt  Thermae  (j.  Termini),  die  mit  Colonisten  aus  Afrika 
besiedelt  wurde.  Den  Krieg  weiter  fortzusetzen  war  nicht 
Hannibals  Absicht;  im  Triumph  kehrte  er  mit  der  Beute  nach 
Karthago  zurück.  Durch  seine  Erfolge  hatte  er  sich  den 
Staatsmännern  und  Feldherrn  seines  Hauses,  die. so  lange  in 
Karthago  das  Regiment  geführt  hatten,  und  selbst  seinem 
grossen  Oheim  Hanno  ebenbürtig  zur  Seite  gestellt;  binnen 
drei  Monaten  hatte  er  zwei  blühende  griechische  Städte  ver- 
nichtet und  für  Karthago  eine  neue  Provinz  erobert.  Denn  erst 
durch  ihn  ist  aus  der  karthagischen  Oberhoheit  über  die  drei 
Phönikerstädte  auf  der  Insel  ein  wirkliches,  fest  organisirtes 
und  tributzahlendes  Herrschaftsgebiet  (£irtxp<rueta)  geworden. 

Die  Niederlage  der  Belagerungsarmee  bei  Himera  ist  bei  Frontin 
III,  10,  3  in  eine  Kriegslist  Hannibals  verwandelt.  In  diesem  Kampf 
fielen  nach  Timaeos  6000,  nach  Ephoros  20.000  Mann  Diod.  XIII,  60,  5. 
Dreimonatliche  Dauer  des  Feldzugs:  Xen.  Hell.  I,  1,  37. 


Ausgang  des  Hermokrates.   Zweite  karthagische  Invasion. 

Einnahme  von  Agrigent. 

772.  Die  Ereignisse  des  karthagischen  Krieges  haben  über 
die  Zustände,  die  in  den  griechischen  Städten  Siciliens 
herrschten,  ein  vernichtendes  ürtheil  gesprochen.  Trotz  ihres 
Reichthums  und  ihrer  Volkszahl  hatten  sie  sich  unfähig  er- 
wiesen, irgend  etwas  für  die  Wahrung  ihrer  Unabhängigkeit, 
ja  ihrer  Existenz  zu  leisten;  kein  Zweifel,  dass  wenn  die 
Karthager  den  Krieg  weiter  geführt  hätten,  eine  Stadt  nach 
der  anderen  das  Schicksal  von  Selinus  und  Himera  getheilt 
haben  würde.  Die  Hauptschuld  trug  Syrakus,  das  die  Insel 
beherrschen  wollte  und  nicht  schirmen  konnte;  die  herrliche 
demokratische  Freiheit  und  ihr  Führer  hatten  ihre  Unfähigkeit 
offenkundig  erwiesen.    So  ist  es  begreiflich,  dass  die  Oppo- 


70 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysioe  von  Sicilien 


sition  sich  von  neuem  erhob  und  auf  eine  Verfassungsänderung 
hinarbeitete.  Hermokrates,  der  bisher  als  Verbannter  für 
Sparta  gewirkt  und  sich  deshalb  zu  Ende  des  Jahres  409  der 
an  den  persischen  Hof  geschickten  Gesandtschaft  angeschlossen 
hatte  (§.  718),  glaubte  die  Zeit  gekommen,  wo  er  die  Rück- 
kehr in  die  Heimath  erreichen  könne;  wie  für  den  Krieg  gegen 
Athen,  so  fühlte  er  sich  für  den  Karthagerkrieg  als  den  be- 
rufenen Führer.  Pharnabazos  unterstützte  ihn  mit  Geld;  er 
landete  in  Messana  und  brachte  alsbald  ein  ansehnliches  Heer 
zusammen.  Ein  Handstreich  auf  Syrakus  misslang;  dafür 
durchzog  er  weit  und  breit  die  Insel,  besetzte  Selinus  und 
stellte  die  zerstörten  Mauern  wieder  her,  verwüstete  das  Ge- 
biet von  Motye  und  Panormos  und  zog  schliesslich  nach  den 
Trümmern  von  Himera.  Die  Karthager  hatten  kein  Heer 
mehr  auf  der  Insel  und  mussten  Hermokrates  gewähren 
lassen.  Um  so  grösser  war  der  Eindruck,  den  seine  kühnen 
Streifzüge  in  Syrakus  hervorriefen,  zumal  als  er  die  un- 
bestatteten  Leichen  der  syrakusanischen  Gefallenen  auf  dem 
Schlachtfeld  von  Himera  auflas  und  in  feierlichem  Zuge  nach 
Syrakus  entsandte.  Die  Stimmung  schlug  um :  Diokles  musste 
um  seine  Existenz  kämpfen.  Er  verlangte,  man  solle  die 
Leichen  aus  der  Hand  des  hochverrätherischen  Exulanten 
nicht  annehmen;  aber  er  drang  damit  nicht  durch,  sondern 
wurde  verurtheilt  und  selbst  ins  Exil  geschickt.  Trotzdem 
gelang  es  nicht,  Hermokrates'  Rückberufung  durchzusetzen; 
mit  Recht  sah  die  Menge  in  ihm  den  kommenden  Tyrannen. 
Da  versuchte  er,  im  Einverständniss  mit  seinen  Parteigängern 
in  der  Stadt,  noch  einmal,  durch  Gewalt  ans  Ziel  zu  gelangen. 
Mit  3000  Mann  zog  er  von  Selinus  aus  und  erschien  bei  Nacht 
vor  den  Mauern  von  Syrakus.  Er  fand  seine  Freunde  bereit 
und  das  Thor  geöffnet.  Aber  von  seinen  Truppen  hatte  ihm 
auf  dem  eiligen  Marsch  nur  ein  geringer  Theil  folgen  können ; 
die  Bürgerschaft  sammelte  sich  auf  dem  Markte  und  über- 
wältigte die  Eindringenden.  Hermokrates  selbst  fiel,  mit  ihm 
viele  seiner  Anhänger ;  die  übrigen  wurden  vor  Gericht  gestellt 
und  verbannt  (407  v.  Chr.). 


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Hermokrates'  Ausgang.    Neue  Küstungen  Karthagos.  71 

Hermokrates'  Unternehmungen  erzählt  Diodor  XIII,  63.  75  unter 
Diokles  409/8  und  Euktemon  408/7;  sie  fallen  wahrscheinlich  Ende  408 
und  Anfang  407.  Polyb.  XII,  25  k,  11  lässt  Hermokrates  falschlich  an 
der  Schlacht  bei  Aegospotamoi  Theil  nehmen.  —  Bekanntlich  hat  Plato 
in  hohem  Alter  die  Absicht  gehabt,  Hermokrates  in  der  dritten  Abhand- 
lung der  Trilogie,  der  Timaeos  und  Kritias  angehören,  zum  Träger  der 
Untersuchung  über  praktische  Politik  auf  der  Grundlage  seiner  Staats- 
idee zu  machen;  er  hat  aber  diesen  Plan  niemals  ausgeführt,  wohl  weil 
er  selbst  empfand,  dass  die  Aufgabe  für  ihn  unlösbar  sei.  Die  Quali- 
fication  des  Hermokrates  wird  Timaeos  20  a  besonders  attestirt:  rfc  V 
'EpjioxcatO'JC  *8pl  <p6stu>i;  %a\  tpoip^?  npos  5icavtot  xox>i'  ttvat  'i*av9);  rcoXXiüv 
{Aapropouvtwv  nwttotiov;  das  sind  die  Schriften  des  Thukydides  und  Phi- 
listos  und  die  Tradition,  die  Plato  in  Sicilien  kennen  gelernt  hatte. 

773.  Der  Angriff  des  Hermokrates  zeigte  den  Karthagern, 
dass  der  Krieg  nicht  zu  Ende  war.  Wollten  sie  ihre  Stellung 
behaupten,  so  mussten  sie  weiter  gehen.  Der  vorige  Feldzug 
hatte  erwiesen ,  dass  die  Griechen  ihnen  in  keiner  Weise  ge- 
wachsen waren ;  warum  sollten  sie  nicht  versuchen,  die  ganze 
Insel  zu  erobern?  So  wurden  die  Rüstungen  wieder  auf- 
genommen, diesmal  in  noch  umfassenderer  Weise  als  vorher; 
zu  den  Bürgertruppen  und  den  Unterthanen  aus  der  afrika- 
nischen Provinz  und  den  Phönikerstädten  kamen  Söldner  aus 
Spanien  und  von  den  Balearen,  sowie  Hülfstruppen  der  numi- 
dischen  und  maurischen  Häuptlinge.  Auch  campanische 
Reisläufer  wurden  angeworben;  die  alte  Truppe  von  800  Mann, 
die  sich  für  ihre  Dienste  nicht  genügend  belohnt  sah,  trat 
dagegen  zu  den  Griechen  über.  Obwohl  Hannibal  sich  mit 
Hinweis  auf  sein  Alter  sträubte,  wurde  ihm  der  Oberbefehl 
von  neuem  übertragen,  und  ihm  sein  Vetter  Himilko,  der 
Sohn  des  grossen  Hanno,  beigegeben.  Die  Syrakusaner  suchten 
durch  Verhandlungen  der  Gefahr  zuvorzukommen;  aber  sie 
erhielten  eine  ausweichende  Antwort.  So  blieb  auch  den 
Griechen  nichts  übrig  als  zu  rüsten.  Die  Agrigentiner ,  die 
der  erste  Angriff  treffen  musste,  brachten  ihre  Habe  in  die 
Stadt  und  verproviantirteq  sich  nach  Kräften;  die  übrigen 
Städte  sagten  Unterstützung  zu.  Zugleich  wandte  man  sich 
nach  Italien  und  Sparta  um  Hülfe,  und  letzteres  sandte  den 


72  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

Dexippos  als  Feldherrn,  der  Söldner  anwarb  und  zunächst  in 
Gela  Stellung  nahm.  Auch  Syrakus  begann  Truppen  aus- 
zuheben und  setzte  seine  Flotte  in  Stand;  neue  Schiffe  zu 
bauen,  so  dass  man  den  Karthagern  gleich  beim  Landungs- 
versuch hätte  entgegentreten  können,  hielt  man  auch  jetzt 
nicht  für  nöthig.  Immerhin  war  man  besser  gerüstet  als  drei 
Jahre  zuvor.  Aber  fraglich  genug  war  es  doch,  ob  man  im 
Stande  sein  werde,  der  feindlichen  Macht  zu  widerstehen. 
Ueberdies  wirkte  der  Schrecken,  der  vor  den  Eroberern  von 
Selinus  und  Himera  einherging,  lähmend  auf  alle  Operationen : 
und  dazu  kamen  in  allen  Städten  die  Gegensätze  des  Partei- 
treibens. So  ist  es  begreiflich,  dass  überall  Stimmen  laut 
wurden,  welche  der  Unterwerfung  das  Wort  redeten,  weil  der 
Widerstand  aussichtslos  sei,  und  dass  gegen  die  Feldherrn, 
wenn  sie  zögernd  und  unsicher  operirten,  der  Vorwurf  erhoben 
wurde,  sie  seien  bestochen  und  ständen  mit  den  Feinden  in 
heimlichem  Einvernehmen  —  ob  daran  irgend  etwas  Wahres 
ist,  lässt  sich  für  uns  nicht  mehr  entscheiden. 

Stärke  des  karth.  Heeres:  nach  Tiraaeos  bei  Diod.  XIII,  80,  5 
[ebenso  Xen.  Hell  I,  5,  21]  120,000  Mann,  nach  Ephoros  800,000  Mann; 
dazu  nach  Xen.  120  Trieren  (bei  Diod.  werden  40  +  50  erwähnt),  so- 
wie nach  Diod.  Ober  1000  Transportschiffe.  —  Dexippos  lebt  nach  Ti- 
maeos  bei  Diod.  85,  8  xat'  exeivov  xöv  ypovov  in  Gela,  f/tov  a;uujia  8wc 
x-ijv  JwcpLäa;  er  ist  aber  doch  wohl  auf  das  HQlfsgesuch  81,  2  von  Sparta 
geschickt.  —  Bestechung  und  Verrath  :  Diod.  XIII,  87,  2  (die  agrigent. 
Feldherrn).  88,  7  (Dexippos).  91,  3.  94  (Syrakus). 

774.  Im  Frühjahr  406  ging  die  karthagische  Expedition 
in  See.  Die  Vorhut  von  40  Trieren  wurde  an  der  Westküste 
der  Insel  von  der  gleich  starken  syrakusanischen  Flotte  ge- 
schlagen. Als  aber  Hannibal  mit  50  weiteren  Schiffen  heran- 
kam, erwies  sich  dieselbe  als  zu  schwach  und  kehrte  nach 
Syrakus  zurück.  So  konnte  das  karthagische  Heer  ungehindert 
landen.  Hannibal  bot  den  Agrigentinern  Frieden  und  Bünd- 
niss,  wenn  sie  sich  ruhig  halten  wollten;  als  sie  das  ablehnten, 
begann  er  die  Belagerung  (Mai  400).  Freilich  war  Agrigent 
eine  ganz  andere  Stadt  als  Selinus  und  Himera,  an  Umfang 


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Belagerung  von  Agrigent. 


73 


nahezu  so  gross  wie  Athen  und  der  Piraeeus  zusammen, 
wenn  auch  schwerlich  so  dicht  bewohnt,  mit  einem  Gebiet 
weit  grösser  als  Attika,  mit  einer  Bevölkerung  von  etwa 
200,000  Menschen,  darunter  20,000  waffenfähige  Männer  aus 
den  oberen  Ständen.  Ausserdem  hatte  die  Bürgerschaft 
Dexippos  mit  1500  Mann  und  die  800  Gampaner  in  Sold  ge- 
nommen und  auf  die  hochragende  Burg,  den  Athenahügel, 
gelegt.  Der  Mauerring  Therons  lief  fast  durchweg  auf  steil 
abfallenden  Höhen ;  nur  im  Südwesten,  wo  er  sich  zum  Thal 
des  Hypsas  hinabsenkt,  war  die  Stadt  angreifbar.  Hier  er- 
richteten denn  Hannibal  und  Himilko  ein  verschanztes  Lager, 
erbauten  zwei  Belagerungsthürme,  und  begannen  den  Sturm; 
die  Reserve,  namentlich  die  spanischen  und  campanischen 
Söldner,  dazu  einen  Theil  der  Libyer,  legten  sie  auf  die  Höhen 
im  Osten  der  Stadt,  um  einem  von  Syrakus  kommenden  Ent- 
satzheer entgegenzutreten.  Die  Belagerten  steckten  bei  einem 
nächtlichen  Ausfall  die  Thürme  in  Brand;  Hannibal  Hess 
Dämme  gegen  die  Mauern  aufführen,  wozu  die  Grabbauten 
der  grossen  Nekropole  im  Westen  bequemes  Material  boten. 
Aber  jetzt  war  die  heisse  Jahreszeit  herangekommen ;  die  Erd- 
arbeiten und  die  Miasmen  der  Flussniederung  erzeugten  in  den 
zusammengedrängten  Menschenmassen  eine  verheerende  Epi- 
demie, der  auch  Hannibal  zum  Opfer  fiel.  Jedoch  Himilko 
hielt  aus;  er  Hess  fortan  die  Gräber  unangetastet,  brachte 
den  zürnenden  Göttern  einen  Knaben  als  Opfer,  warf  einen 
Damm  durch  den  Fluss,  und  brachte  seine  Maschinen  bis  auf 
die  Höhe  der  Stadtmauer. 

Die  Dauer  der  Belagerung  wird  bei  Xen.  Hell.  I,  5,  21  auf  7,  bei 
Diod.  XIII,  91  auf  8  Monate  angegeben;  die  Stadt  fällt  juxp&v  rcpi  trt<; 
Xetfxtpivrj^  tpoirfjc;  also  begann  die  Belagerung  im  Mai.  —  Die  Zurück- 
fQhrung  der  Epidemie  auf  die  Schändung  der  Gräber  Diod.  XIII ,  86  ist 
charakteristisch  für  Timaeos.  —  Bevölkerungszahl:  Diod.  XIII, 
84i  3  (aus  Timaeos) :  'Axpafavttvot  "Jjoav  nXttouc  t«»v  Sto[U>ptu>v,  auv  2s 
tot?  xatoixooai  Sevoic  qüx  i\&xv>t>z  td»v  ttxoot  ptoptd8cov  (~  90,  8).  Letzteres 
mag  die  Gesammtzabl  der  Einwohner  des  Gebiets  sein,  aber  unmöglich 
hat  Agrigent  180,000  Metoeken  gehabt,  wenn  das  auch  Holm,  Gesch. 
Sic.  III,  391  »als  durchaus  nicht  unglaublich  erscheint«;  Holm  hat  He- 


74 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


loch's  Ausführungen  Bevölkerung  281  ff.  keineswegs  widerlegt.  Bei 
Diog.  Laert.  VIII,  63  gibt  Potamilla  im  Coramentar  zu  Empedokles  der 
Stadt  sogar  800,000  Einwohner.  Die  20,000  sind  offenbar  das  Hopliten- 
heer.  —  Zur  Topographie  vor  allem  Schubrixo,  Hist.  Topographie  von 
Akragas,  1870,  berichtigt  von  Toniazzo  in  der  ital.  Uebersetzung  1888 
(Beloch,  Gr.  Gesch.  II,  87).  Betreffs  der  Oertlichkeit  der  beiden  kartha- 
gischen Lager  ist  die  Annahme  von  Grote  und  Holm,  Gesch.  Sic.  II, 
426  gegenüber  der  von  Schi  bring,  der  beide  Lager  in  den  Westen  setzt, 
zweifellos  richtig;  vgl.  Freemax,  hist.  of  Sic.  III,  728. 

775.  Inzwischen  waren  die  Syrakusaner  endlich  mit  ihren 
Rüstungen  fertig  geworden.  Einschliesslich  der  Zuzüge  aus 
Unteritalien  und  aus  den  sicilischen  Städten,  vor  allem  aus 
Messana,  Gela  und  Kamarina,  hatten  sie  eine  Armee  von 
30,000  Mann  und  5000  Reitern  zusammengebracht.  Damit 
rückte  der  Feldherr  Daphnaeos  längs  der  Südküste  vor,  ge- 
deckt durch  eine  Flotte  von  30  Schiffen.  Westlich  von 
der  Mündung  des  Himeraflusses  trat  ihm  die  karthagische 
Reservearmee  entgegen ;  sie  wurde  vollständig  geschlagen  und 
auf  das  Hauptlager  zurückgeworfen.  Vielleicht  wäre  es  jetzt 
möglich  gewesen  einen  entscheidenden  Schlag  zu  führen 
und  die  Karthager  zum  Abzug  zu  zwingen.  Aber  die 
Erfahrungen,  die  man  in  den  Kämpfen  vor  Himera  gemacht 
hatte,  hemmten  jeden  kühnen  Entschluss.  Daphnaeos  hielt 
seine  Truppen  zurück,  um  sie  nicht  dem  Angriff  des  intacten 
feindlichen  Hauptheers  auszusetzen,  und  die  Feldherrn  in 
,  Agrigent  wagten  keinen  Ausfall,  um  nicht  Himilko  die  Mög- 
lichkeit zu  geben,  während  dessen  in  die  Stadt  einzudringen. 
Daphnaeos  besetzte  das  Lager  der  Reservearmee;  die  Agri- 
geutiner  strömten  zu  ihm,  und  jetzt  brach  der  Sturm  gegen 
ihre  Feldherrn  aus.  Die  Verbündeten,  voran  Menas,  der  Führer 
des  Kontingents  von  Kamarina,  erhoben  Klage,  dass  man  sie 
nicht  unterstützt  und  so  den  sichern  Sieg  sich  habe  entgehen 
lassen.  Vier  von  den  fünf  Strategen  wurden  von  der  er- 
bitterten Menge  gesteinigt.  Auch  gegen  Dexippos,  auf  dessen 
Kriegserfahrung  man  gebaut  hatte,  erhoben  sich  die  schwersten 
Vorwürfe ;  in  acht  spartanischer  Art  hatte  er  die  Bedächtigkeit 
bis  zu  schwachherziger  Aengstlichkeit  gesteigert.  —  Immerhin 


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Kfimpfe  vor  Agrigent.   Räumung  der  Stadt. 


75 


war  der  Erfolg  bedeutend  genug;  die  Verbindungen  waren 
frei,  die  Karthager,  auf  das  Lager  im  Westen  beschränkt,  ge- 
riethen  in  arge  Noth.  Die  festen  Lagerwälle  vermochten  die 
Griechen  freilich  nicht  zu  stürmen;  aber  sie  schnitten  den 
Feinden  die  Zufuhr  ab,  so  dass  die  Söldner,  die  Campaner 
voran,  zu  meutern  begannen.  Indessen  Himilko  blieb  fest; 
er  hielt  die  aufsässigen  Truppen  mit  VerspVechungen  hin  und 
verpfändete  ihnen  die  kostbaren  Trinkgeschirre  der  karthagischen 
Officiere.  Die  Sorglosigkeit  der  Griechen,  die  den  vollen  Sieg 
schon  in  Händen  zu  haben  glaubten,  bot  ihm  die  Gelegenheit 
zu  einem  entscheidenden  Schlag.  Schon  kam  der  Winter 
heran;  um  so  weniger  glaubten  die  Syrakusaner,  dass  die 
karthagische  Flotte,  die  sich  bisher  nie  hatte  sehen  lassen, 
sich  jetzt  noch  auf  die  See  wagen  werde.  Ein  grosser  Pro- 
vianttransport kam  zur  See  heran,  von  wenigen  Kriegsschiffen 
gedeckt;  plötzlich  wurde  er  von  40  Trieren,  die  Himilko  von 
Motye  herbeigerufen  hatte,  überfallen,  die  Begleitschiffe  ver- 
nichtet, der  Transport  abgefangen.  Damit  schlug  die  Situation 
in  ihr  Gegentheil  um.  Die  Karthager  beherrschten  jetzt  die 
See,  zu  Lande  war  auf  den  schlechten  Wegen  Verpflegung 
nicht  zu  beschaffen,  in  Agrigent  war  man  mit  den  Vorräthen 
sorglos  umgegangen.  Alsbald  brach  Hungersnoth  aus.  Dexippos, 
angeblich  bestochen,  erklärte  die  Stadt  für  nicht  mehr  haltbar, 
die  Campaner  traten  gegen  15  Talente  wieder  zu  Karthago 
über,  die  italischen  Gontingente  kehrten  in  die  Heimath  zu- 
rück. Wie  drei  Jahre  zuvor  in  Himera,  so  entschloss  man  sich 
jetzt  in  Agrigent,  die  Stadt  zu  räumen,  so  lange  es  noch  Zeit  war. 
Unter  dem  Schutz  der  Armee  zog  bei  Nacht  die  gesammte 
Bevölkerung  ab;  am  nächsten  Morgen  konnte  Himilko  ohne 
Kampf  in  die  Stadt  einrücken  (Dec.  406).  Wer  wegen  Krank- 
heit oder  Altersschwäche,  oder  weil  er  den  Untergang  der 
Heimath  nicht  überleben  wollte,  zurückgeblieben  war,  wurde 
niedergemacht  oder  gab  sich  selbst  den  Tod,  so  Gellias,  der 
reichste  Bürger,  berühmt  durch  seine  Freigebigkeit  und  Gast- 
lichkeit. Die  Tempel  wurden  niedergebrannt  und  ihre  Reliefs 
verstümmelt,  unermessliche  Beute,  darunter  zahlreiche  berühmte 


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76 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Kunstschätze,  nach  Karthago  gesandt;  m  den  leeren  Häusern 
bezog  Himilko  mit  seiner  Armee  Winterquartiere.  Der  ge- 
retteten Bevölkerung  wies  Syrakus  das  in  Trümmern  liegende 
Leontini  zum  Wohnsitz  an. 

» 

Zum  Sieg  des  Daphnaeos  vgl.  Polyaen  V,  7.  Ob  das  angebliche 
Strategem  des  Himilko  Polyaen  V,  10,  4  =  Frontin  III.  10,  5  sich  auf 
diesen  oder  die  vorhergehenden  Kämpfe  bezieht,  ist  nicht  zu  sagen.  — 
Plato  hat  ep.  8,  354  d  die  Vorgänge  in  Agrigent  mit  den  ähnlichen, 
die  sich  wenig  später  in  Syrakus  abspielten  (§.  776),  zusammengeworfen, 
was  bei  der  mündlichen  Tradition,  aus  der  er  schöpft,  sehr  begreiflich 
ist.  —  Unter  der  Beute  war  bekanntlich  der  Stier  des  Phalaris  (Bd.  II, 
§.  423). 

Usurpation  des  Dionysios.  Verlust  von  Gela  und  Kamarina 

und  Friedensschlu88. 

776.  Die  Katastrophe  von  Agrigent  erfüllte  alle  Griechen 
Siciliens  mit  Entsetzen;  welche  Gemeinde  durfte  noch  hoffen 
zu  widerstehen,  wenn  diese  Stadt  sich  nicht  hatte  retten 
können?  Die  Entrüstung  richtete  sich  in  erster  Linie  gegen 
die  Staatsleiter  in  Syrakus  und  seine  unfähigen  Feldherrn, 
die  mit  der  gewaltigen  Kriegsmacht  unter  ihrem  Commando 
nichts  anzufangen  gewusst  und  auch  Agrigent  ohne  Kampf 
den  Nationalfeinden  hatten  in  die  Hände  fallen  lassen.  Offen 
beschuldigten  die  flüchtigen  Agrigentiner  den  Daphnaeos  und 
seine  Collegen  des  Verraths.  In  Syrakus  selbst  erhoben  sich 
die  Gesinnungsgenossen  des  Hermokrates  von  neuem,  ent- 
schlossen, diesmal  auf  jede  Weise  die  Revolution  zu  erzwingen, 
um  das  Vaterland  zu  retten.  Nach  ihrer  Ueberzeugung  gab 
es  nur  noch  einen  Weg  der  Rettung:  den  Sturz  der  unfähigen 
Demokratie  und  ihre  Ersetzung  durch  die  unumschränkte  Ge- 
walt eines  bewährten  Officiers.  An  die  Spitze  dieser  Partei 
traten  Hipparinos  und  der  noch  in  jugendlichem  Alter  ste- 
hende Philistos,  zwei  der  angesehensten  und  reichsten  Bürger 
der  Stadt.  Sie  selbst  fühlten  sich  nicht  befähigt,  die  Führer- 
stellung zu  übernehmen;  den  geeigneten  Mann  erkannten  sie  in 
einem  jungen  Krieger,  dem  25jährigen  Dionysios  (geb.  430  v.Chr.). 


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Opposition  in  Syrakus.   Dionysios'  Auftreten.  77 

Sein  Vater  Hermokrates  (mit  dem  gleichnamigen  Strategen 
nicht  zu  verwechseln)  gehörte  dem  Mittelstande  an;  Dionysios 
selbst  hatte  bisher  einige  untergeordnete  Stellen  im  Staats- 
dienst bekleidet,  vor  allem  aber  durch  seine  Tapferkeit  im 
Kampf  gegen  die  Karthager  die  Augen  auf  sich  gelenkt.  Der 
Erhebung  zu  Gunsten  des  Hermokrates  hatte  er  sich  an- 
geschlossen, aber  der  Verfolgung  sich  zu  entziehen  gewusst, 
angeblich  indem  er,  schwer  verwundet,  sich  todt  stellte.  Jetzt 
trat  er  als  Volksmann  auf.  Als  in  der  Volksversammlung 
die  Massregeln  für  die  Fortführung  des  Kriegs  zur  Berathung 
standen  und  Niemand  sich  mit  Vorschlägen  her  vorwagte,  er- 
hob er  die  Anklage  des  Verraths  gegen  die  Feldherrn  und 
forderte  ihre  sofortige  Absetzung.  Das  war  verfassungswidrig; 
als  aber  die  Vorsitzenden  ihn  mit  einer  Geldstrafe  belegten, 
zahlte  Philistos  die  Busse  und  forderte  ihn  auf  weiter  zu  reden : 
er  werde  auch  jede  weitere  Summe  zahlen,  um  die  man  ihn 
büssen  werde.  So  fuhr  Dionys  mit  den  Angriffen  fort:  die 
Feldherrn  hätten  sich  bestechen  lassen,  sie  seien,  wie  alle 
Leute  aus  vornehmem  Hause,  ebenso  habgierig  wie  herrisch 
und  Feinde  der  Demokratie;  das  Volk  müsse  an  ihrer  Stelle 
Männer  aus  dem  Volke  wählen,  die  nur  das  Gemeinwohl  im 
Auge  hätten  und  niemals  versuchen  würden,  aus  dem  Unglück 
der  Heimath  Gewinn  zu  ziehen.  Dionys'  Angriffe  wirkten;  in 
tumultuarischem  Verfahren  wurden  die  Strategen  abgesetzt 
und  neue  gewählt,  darunter  Hipparinos  und  Dionysios  selbst. 

Hipparinos,  itptoxfosas  Eupaxooüuv  xal  Atovoslo»  oovap£ac  5«  rcptüxov 
at>xoxpdxu»p  tpSfrfl  axparrfto?  Plut.  Dio  3.  6?><5oxijxu>xaxos  Diod.  XVI,  6. 
■pfvovw.  oi  (ircafioXal  rfj?  oXifapyla^  xai  oxav  avaXwoutsi  xa  t$ia  C">vxs? 
ascX-fcZ»;'  xal  y^P  °'  xoioaxoi  xaivotop.eiv  C^xo&at  **l  ^  xupawtoi  sictxt- 
ftsvxai  auxol  $}  xaxa3x*od>ct>3tv  txtpov,  u*:nip  'lnicap:vo;  Aiovöotov  ev  £opa- 
xoüsatc  Arist.  pol.  VIII,  5,  6;  der  hier  dem  H.  gemachte  Vorwurf  der 
Verschwendung  seines  Vermögens  stimmt  zu  den  übrigen  Notizen  schlecht. 
Plato  ep.  8,  353  a  (der  die  Bedeutung  des  Vaters  Dions  vielleicht  über- 
treibt): »jetzt  herrscht  in  Sicilien  ein  Geschlecht,  itoxe  xaxSox^oav  o- 
«axfptg  6p,div  »i;  anoptav  sX$6vxi<;  x^v  aicaaav,  xo*'  Stt  xivfovo;  i^ivexo 
soyaxex;  EcxsXi'a  rjy  xü»v  'EXXyjVcuv  6äö  Kapx^Sovttuv  ävdoxaxov  oXtjv  exßap- 
ßapwfclaav  f  tvtsfrat.  xöxs  f  ap  s'Xovxo  Atovuaiov  piv  u>c  v*ov  xal  jcoX«p.txov 
e-1  xa;  xoo  icoXtpoo  itpinodsa«  a&xü»  npa^i;,  oopßooXov  ?i  xal  npttfonpov 


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78 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


'I-TTOtplvov,  srrl  ciutr^-a  xt(;  StxiXtac  aüxoxpdxopa?  iL;  <par.,  topawoo;  ehovo- 
fxäCovt»«.  ib.  854d  werden  die  Wirkungen  der  damals  herrschenden 
a^txpot;  sXsüiHpi'a  geschildert :  ot  yap  Atovosto-j  xal  'Iirnaptvoo  apjotvxts 
£txtMu>xai  .  .  .  o't  xal  xou;  oexa  sxpaxYjYOt^  xaxi>.fj3av  ßdXXovxs;  (vgl. 
§.  775  A.)  xouc  npö  Atovooiou,  xaxa  vojiov  ou3tva  xptvavxt?.  Dass  die  Feld- 
herrn  weder  getödtet  noch  verbannt  wurden  (gegen  Polyaen  V,  2,  2), 
wird  dadurch  bestätigt,  dass  Daphnaeos  erst  nach  dem  Staatsstreich  von 
Dionys  getödtet  wird  (Diod.  XIII,  96,  3).  —  Philistos:  Diod.  XIII.  91. 
Dionys1  Herkunft  und  frühere  Schicksale:  Diod.  XIII,  75,  9.  92,  1.  96,  4 
(Ix  fP*fJI-}J,-aT'w?  xo^  t^X^0?  t&twxoo  e^sv-^^-r]  xopawo^).  XIV,  67.  1. 
Isokr.  5,  65  (icoXXooxö^  xal  xü>  -(fau  xai  rjj  So'^j  xal  xot;  a).Xot;  arcaoiv). 
Polyaen  V,  2,  2  (&ÄY|pexü>v  xa*  Ypajj.fiaTt6u>v  xot$  axpaxTrjfot?).  Demosth. 
20,  161.  Polyb.  XV,  35,  2.  Dagegen  Cic.  Tusc.  V,  58  bonis  parentibus 
atque  honesto  loco  natus  (etsi  id  quidem  alius  alio  modo  tradidit). 
Dionys  ist  im  Frühjahr  367  nach  38jahriger  Regierung  gestorben  (Diod. 
XIII,  96,  4.  XV,  73.  Cic.  Tusc.  V,  57.  de  nat.  deor.  III,  81.  Hieron.  a. 
Abr.  1649.  chron.  par.  76),  mithin  Anfang  405  zur  Regierung  ge- 
kommen. Das  wird  bestätigt  durch  den  Synchronismus  Justin  V,  8,  7 
(vgl.  §.  769  A.)  und  durch  Timaeos,  der  seinen  Antritt  mit  Euripides* 
Tod  gleich  setzte  (fr.  119  bei  Plut.  symp.  quaest.  VIII,  1,  3,  wo  an 
Stelle  der  Geburt  der  Antritt  der  Tyrannis  zu  setzen  ist).  Die  Daten 
des  chron.  par.  und  Eusebius  für  den  Antritt  sind  werthlos.  Bei  der 
Usurpation  25  J.  alt:  Cic  Tusc.  V,  57.  Die  Daten  bei  Ephoros,  an 
denen  TimaeoS  Kritik  übte,  beruhen,  wie  Polyb.  XII,  4a  richtig  be- 
merkt, auf  Schreibfehler.  Zahlreiche  Vorzeichen  der  Tyrannis  des  Dionys 
hat  Philistos  dem  damals  bereits  dominirenden  Geschmack  gemäss  (vgl. 
Isokr.  Euagoras  21)  berichtet  (Cic.  div.  I,  39.  73.  Plin.  VIII,  158.  Aelian 
v.  h.  XII,  46.  Val.  Max.  I,  7.  ext.  6.  7)  —  fast  das  einzige,  was  aus 
seinem  Werke  erhalten  ist!  Dionysios  xaxYjYopdW  Aa<pvatot>  xal  twv 
it).0!>3t«ov  r^tuiiH)  xr4<;  xupavvtöos,  Ziä  x-rjv  fyfrpav  t«3X»u&s1s  oYjfioxixos 
iuv  Arist.  pol.  VIII,  4,  5,  vgl.  8.  4.  Der  Hergang  bei  Diod.  XIII,  91  f. 
und  kurz  bei  Polyaen  V,  2,  2;  vgl.  auch  PluL  apophth.  Dionys.  1. 

777.  Zu  Einfluss  gelangt,  beantragte  Dionys  die  Rück- 
berufung  der  Verbannten:  es  sei  absurd,  in  der  Fremde  um 
Hülfe  zu  werben,  die  Kräfte  so  vieler  Börger  aber  zu  ver- 
schmähen; dass  man  ihnen  trauen  dürfe,  hätten  sie  bewiesen, 
indem  sie  sich  trotz  aller  Lockungen  den  Karthagern  nicht 
angeschlossen  hätten.  Die  Menge  stimmte  zu,  in  den  Heim- 
kehrenden aber  —  es  waren  meist  Parteigänger  des  Hermo- 
krates  —  gewann  Dionys  eine  feste  Stütze.  Von  seinen  Col legen 
(ausser  Hipparinos)  hielt  er  sich  fern;  auch  sie,  behauptete 


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Dionys  in  Gela.   Vorbereitung  des  Staatsstreichs.  70 

er,  ständen  mit  den  Feinden  in  Verbindung.  Um  so  rühriger 
betrieb  er  die  Kriegsrüstungen.  Inzwischen  kam  von  Gela, 
wohin  Dexippos  mit  seinen  Truppen  gegangen  war,  das  Gesuch 
um  Hülfe;  hier  musste  man  mit  Beginn  des  Frühlings  den 
Angriff  der  Feinde  erwarten.  Dionys  ging  mit  2000  Mann 
und  400  Reitern  hin.  Er  fand  die  Stadt  voll  Verwirrung  und 
Parteihaders.  Natürlich  ergriff  er  die  Partei  der  Demokraten ; 
er  liess  die  Führer  der  Reichen  zum  Tode  verurtheilen  und 
aus  ihrem  eingezogenen  Vermögen  den  Söldnern  des  Dexippos 
den  rückstandigen  Lohn  zahlen.  So  gewann  er  auch  diese 
für  sich;  Dexippos  selbst  dagegen  lehnte  seine  Anerbietungen 
ab.  Seinen  eigenen  Truppen  versprach  er  doppelten  Sold  und 
führte  sie  nach  Syrakus  zurück,  nachdem  er  in  Gela  seine 
baldige  Rückkehr  mit  stärkerer  Macht  verheissen  hatte.  In 
Syrakus  hatten  geloische  Gesandte,  die  Ehrendecrete  für  den 
volksfreundlichen  Feldherrn  überbrachten,  die  Stimmung  für 
ihn  noch  verstärkt;  er  konnte  den  entscheidenden  Schritt 
wagen.  Er  erklärte  der  Menge,  jetzt  erst  habe  er  den  vollen 
Umfang  der  Verrätherei  kennen  gelernt;  während  man  in 
Syrakus  Feste  feiere  —  er  traf  gerade  am  Abend  einer  Schau- 
stellung ein  — ,  entzögen  die  Leiter  der  Stadt  den  Truppen 
die  Lohnung  und  verhandelten  ununterbrochen  mit  dem 
Feind;  Himilko  selbst  habe  ihn  durch  einen  Boten  aufgefordert, 
wenn  er  sich  an  dem  Treiben  nicht  betheiligen  wolle,  solle 
er  wenigstens  nichts  dagegen  thun.  Das  könne  er  nicht  mit 
ansehen;  er  lege  daher  sein  Amt  nieder.  Ob  an  seinen  Be- 
schuldigungen etwas  Wahres  ist,  können  wir  nicht  mehr  fest- 
stellen; denkbar  wäre  es,  dass  gar  manche,  theils  weil  sie  die 
Vertheidigung  für  hoffnungslos  ansahen,  theils  um  ihre  Stel- 
lung in  der  Stadt  zu  behaupten  und  der  Gegner  Herr  zu 
werden,  Syrakus  den  Karthagern  in  die  Hände  spielen  wollten 
—  derartiges  war  z.  B.  in  den  Griechenstädten  Kleinasiens 
ganz  gewöhnlich.  Wie  dem  auch  sein  mag,  die  Menge  glaubte 
seinen  Erklärungen.  Am  nächsten  Tag  wurde  der  Antrag 
gestellt,  Dionys  zum  alleinigen  Feldherrn  mit  unumschränkter 
Vollmacht  zu  ernennen;  auch  Gelon  habe  nur,  weil  er  alle 


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SO  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

Gewalt  in  Händen  hatte,  den  Sieg  an  der  Himera  erfochten. 
Der  Antrag  wurde  angenommen ;  als  Berather  Hess  sich  Dionys 
den  Hipparinos  beiordnen.  Sofort  liess  er  durch  Volks- 
beschluss,  wie  er  versprochen  hatte,  die  Löhnung  der  Truppen 
verdoppeln.  Wenige  Tage  darauf  that  er  den  letzten  Schritt 
Er  berief  die  wehrpflichtige  Mannschaft  von  Syrakus  nach 
Leontini,  wo  er  unter  den  Agrigentinern  und  den  übrigen 
Flüchtlingen,  die  hier  versammett  waren,  auf  starken  Anhang 
rechnen  konnte,  während  zu  erwarten  war,  dass  von  den 
Syrakusanern  ein  grosser  Theil  dem  Befehl  nicht  Folge  leisten 
werde.  Bei  Nacht  erschien  er  selbst  in  eilender  Flucht,  voll 
Angst  und  Verwirrung:  er  sei  auf  dem  Marsche  im  Lager 
von  seinen  Gegnern  überfallen  worden  und  mit  Mühe  dem 
Tode  entgangen.  Die  zusammenströmende  Menge  gestattete 
ihm,  sich  eine  Leibgarde  von  600  Mann  auszusuchen.  Statt 
dessen  ernannte  er  über  1000,  lauter  zuverlässige,  im  Kampfe 
erprobte  Leute,  die  fortan  den  Kern  des  Heeres  bilden 
sollten  und  glänzende  Rüstungen  und  hohen  Lohn  erhielten. 
Die  Söldner  waren  ihm  bereits  ergeben  und  wurden  durch 
Verheissungen  noch  weiter  gefesselt.  Die  Insel,  durch  die 
Karthager  in  grenzenlose  Verwirrung  gestürzt,  war  voll  von 
Flüchtlingen  und  Abenteurern;  wer  immer  bereit  war,  bei  ihm 
Dienste  zu  nehmen,  wurde  angeworben.  Die  Officiersstellen 
wurden  mit  zuverlässigen  Männern  besetzt,  Dexippos,  dem  der 
neue  Herrscher  nicht  trauen  konnte,  nach  Sparta  entlassen. 
Dann  ging  Dionys  nach  Syrakus,  schlug  seinen  Wohnsitz  im 
Arsenal  auf,  und  nahm  Besitz  von  der  Regierungsgewalt.  Vor 
der  Volksversammlung  erhob  er  Anklage  gegen  Daphnaeos, 
den  unglücklichen  Feldherrn  des  vorigen  Jahres,  und  Da- 
marchos,  einen  der  drei  Strategen,  die  410  dem  Hermokrates 
zu  Nachfolgern  bestellt  waren,  liess  sie  verurtheilen  und  hin- 
richten. Weitere  Gewaltthaten  waren  nicht  nöthig;  die  Masse 
der  Syrakusaner  war  den  Söldnern  und  der  Garde  gegenüber 
ohnmächtig,  ein  grosser  Theil  des  Volkes  begrüsste  die  absolute 
Gewalt  als  einziges  Rettungsmittel  im  Kampf  gegen  Karthago. 
Aus  seinen  Tendenzen  machte  der  neue  Machthaber  jetzt  kein 


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Dionysios'  Staatsstreich.    Himilko  gegen  Gela 


81 


Hehl  mehr;  er  vermählte  sich  mit  der  Tochter  des  Hermokrates, 
und  gab  dessen  Schwager  Polyxenos  seine  Schwester  zur  Ge- 
mahlin. 

Ueber  Hipparinos  Plato  ep.  S.  353  a.  354  d  (§.  776  A.);  p.  355  e  sagt 
Dion  von  seinem  Vater  a-ö  ßapßapiov  Y^jofliptostv  ev  tö>  tot»  /povto  rqv 
Ttö/vtv,  natürlich  als  Gehülfe  des  Dionys;  es  ist  begreiflich,  dass  er  in  dem 
summarischen  Beriebt  Diodors  XIII,  92  ff.  (ausser  der  kurzen  Notiz  bei 
Polyaen  V,  2,  2  unserer  einzigen  Quelle)  übergangen  wird.  Die  Bezug- 
nahme auf  Gelon  und  die  300,000  Karthager  an  der  Himera  c.  94,  5  ist 
speeifisch  timaeisch.  Arist.  pol.  III,  10,  10  berichtet  den  Witz  — •  denn 
mehr  ist  es  nicht  —  A'.ovosim  ti;,  ox'  tou^  tpuXaxu;,  ouvsßouXsus  tot; 
— opaxoustoi;  otoovat  tosoutou;  toö;  tpjXaxac  (d.  h.  man  solle  dem  Volk 
eine  ebenso  starke  Garde  zum  Schutz  geben  wie  dem  Feldherrn,  um  eine 
Usurpation  unmöglich  zu  machen). 

778.  Ueber  diesen  Vorgängen  war  der  Sommer  405  her- 
angekommen. Himilko  vollendete  die  Zerstörung  von  Agrigent 
und  rückte  mit  seinem  Heer  ins  Gebiet  von  Gela  und  Kama- 
rina  ein,  weit  und  breit  alles  verwüstend.  Wie  im  Westen 
•die  Sikaner,  so  warfen  hier  die  Sikeler  das  fremde  Joch  ab. 
Dann  schlug  er  westlich  von  Gela  ein  befestigtes  Lager  auf 
und  begann  den  Sturmangriff.  Die  Geloer  wehrten  sich  aufs 
tapferste,  bis  Dionys  mit  der  Ersatzarmee  herankam.  Auch 
er  halte  ein  Heer  von  30,000  Mann  aufgebracht,  theils  die 
Soldner  und  das  Aufgebot  von  Syrakus,  theils  Zuzüge  aus 
Sicilien  und  Unteritalien,  dazu  1000  Reiter  und  50  Kriegs- 
schiffe. Zwanzig  Tage  lang  belästigte  er  die  Karthager  beim 
Fouragiren;  dann,  als  seine  Truppen  für  den  Kampf  genügend 
vorbereitet  schienen,  entwarf  er  einen  grossen  combinirten 
Angriff  auf  das  feindliche  Lager,  der  die  Entscheidung  bringen 
sollte.  Gela  liegt  auf  einem  langgestreckten,  etwa  40  m  hohen 
Hügelrücken,  der  steil  zum  Meer  abfallt  und  nur  für  einen 
schmalen  Küstenpfad  Raum  lässt,  während  sich  im  Norden 
ein  weites  Blachfeld  ausdehnt.  Durch  dasselbe  floss  damals 
noch  der  Bach  Gelas,  der  in  dieser  Zeit  westlich  von  der  Stadt, 
am  Lager  der  Karthager,  mündete.  Nach  Dionysios'  Plan  sollte 
zunächst  die  Flotte  das  Lager  von  der  See  aus  angreifen, 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthuins.  V.  6 


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82  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

wo  Himilko  keine  Befestigungen  aufgeführt  hatte;  dann  sollten 
die  Truppen  aus  Italien  an  der  Küste,  die  sicilischen  Truppen 
durch  die  Ebene  im  Norden,  Dionys  selbst  mit  den  Söldnern 
in  der  Mitte  durch  die  Stadt  gegen  das  Lager  vordringen, 
während  die  Reiterei  die  Bewegungen  des  Fussvolks  deckte 
und  die  fliehenden  Feinde  zersprengte;  diesem  plötzlichen  An- 
griff von  allen  Seiten  musste  das  feindliche  Heer  erliegen. 
Zunächst  schien  das  Unternehmen  vollkommen  zu  glücken. 
Während  die  Karthager  sich  gegen  die  Angriffe  der  Flotte 
vertheidigten,  drangen  die  Italioten  über  den  Graben  ins  Lager 
ein.  Aber  Dionys  hatte  die  Entfernungen  und  die  Schwierig- 
keiten des  Marsches  nicht  richtig  berechnet;  die  sicilischen 
Truppen  kamen  zu  spät,  während  er  selbst  mit  seinen  Söldnern 
in  den  engen  Gassen  der  Stadt  nicht  vorwärts  kam.  So 
konnten  die  Karthager  zuerst  die  Italioten  aus  dem  Lager 
herausschlagen  und  dann  die  sicilischen  Truppen  zurück- 
werfen; Dionys  mit  den  Söldnern  aber  kam  überhaupt  nicht 
dazu,  in  den  Kampf  einzugreifen.  Die  Schlacht  brachte 
nicht  nur  einen  Verlust  von  1600  Mann,  sondern,  was  noch 
schlimmer  war,  sie  brach  den  Muth  der  Griechen  und  erfüllte 
sie  mit  Misstrauen  gegen  den  Feldherrn,  der  sich  mit  seiner 
Eliteschaar  vom  Kampfe  fern  gehalten  hatte.  Dionys  hielt 
Kriegsratb;  er  musste  sich  überzeugen,  dass  jetzt  auch  Gela 
nicht  mehr  zu  halten  war.  Ihm  blieb  nichts  übrig  als  das 
Beispiel  nachzuahmen,  das  Daphnaeos  bei  Agrigent  gegeben 
und  um  dessentwillen  er  so  schwere  Anklagen  gegen  diesen 
erhoben  hatte.  Während  der  Nacht  wurde  Himera  von  seinen 
Bewohnern  geräumt,  und  auf  dem  Rückmarsch  auch  die  Be- 
völkerung von  Kamarina  aufgenommen,  das  nach  Gelas  Fall 
nicht  mehr  zu  vertheidigen  war.  Die  einzige  Griechenstadt, 
wo  jetzt  noch  ein  Widerstand  möglich  erschien,  war  Syrakus. 
Die  Karthager  haben  die  Abziehenden,  deren  Marsch  die 
Armee  deckte,  auch  diesmal  nicht  verfolgt;  die  beiden  Städte 
wurden  besetzt  und  zerstört,  was  von  Gefangenen  in  ihre  Hände 
fiel,  wie  immer  niedergemacht,  zum  Theil  unter  grausamen 
Martern  und  Verstümmelungen. 


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Räumung  von  Gela  und  Kamarina.   Aufstand  gegen  Dionys.  83 

Für  die  Topographie  von  Gela  ist  grundlegend  Schcbrinc,  Rh.  Mus. 
28,  1873,  zum  Theil  berichtigt  von  Holm,  Gesch.  Sic.  II,  429;  vgl.  Fbkk- 
MAif,  hist.  or  Sic.  I,  402.  III,  732.  —  Die  Zahlen  nach  Timaeos;  andere, 
d.  i.  Ephoros,  gaben  das  syrak.  Heer  auf  50,000  Mann  an  (Diod.  XIII, 
109,  2).  —  Nach  Timaeos  (Diod.  XIII,  108)  ist  das  Apollobild  von  Gela, 
welches  die  Karthager  nach  Tyros  schenkten,  an  demselben  Tage  und  in 
derselben  Stunde  geraubt  worden,  in  der  später  Alexander  Tyros  eroberte, 
das  wäre  am  letzten  Hekatombaeon  (August):  Aman  II,  24,  6.  Plut. 
Alex.  25.  Nach  Timaeos  fiele  der  .Raub  vor  den  Reginn  der  Belagerung, 
diese  hätte  also  erst  im  September  begonnen.  Das  ist  kaum  denkbar; 
auf  den  Synchronismus,  eine  Spielerei  im  ächten  Stil  des  Timaeos,  wird 
nichts  zu  geben  sein.  —  Abfall  der  Sikeler  auch  Diod.  XIV,  7,  5. 

779.  Dieser  Ausgang  war  ein  schlimmes  Ergebniss  für 
die  mit  so  grossen  Hoffnungen  begrüsste  absolute  Gewalt:  auch 
sie  hatte  sich  um  nichts  besser  bewährt  als  die  Feldherrn  der 
Demokratie.  Während  des  Rückzugs  kam  die  Stimmung  zum 
Ausbruch.  Die  italischen  Truppen  kehrten,  wie  im  vorigen 
Jahr,  entrüstet  in  die  Heimath  zurück;  bei  den  Syrakusanern 
aber  wurden  die  heftigsten  Vorwürfe  laut.  Auch  Dionys  sei 
ein  Verräther;  er  habe  nur  die  Aufrichtung  seiner  Herrschaft 
im  Sinn  und  wolle  diese  mit  Hülfe  der  Karthager  befestigen 
statt  sie  zu  bekämpfen;  weshalb  habe  er  sonst  seine  Söldner 
geschont  und  sich  selbst  vom  Kampfe  fern  gehalten?  Diese 
Anklagen  sind  zweifellos  unbegründet;  denn  an  persönlichem 
Muth  hat  es  Dionys  niemals  fehlen  lassen,  und  für  die 
Sicherung  seiner  Macht  konnte  ihm  nichts  dienlicher  sein  als 
ein  glänzender  Sieg  über  die  Karthager,  während  der  schimpf- 
liche Rückzug  seine  eben  gewonnene  Stellung  aufs  schwerste 
erschüttern  musste.  Indessen  begreiflich  sind  diese  Stim- 
mungen durchaus.  Am  lebendigsten  waren  sie  in  dem  Reiter- 
corps, dessen  Mitglieder,  der  reichen  Jugend  angehörig,  sich 
ohnehin  durch  die  Aufrichtung  der  Militärdictatur  beengt 
fühlten,  die  ihrer  politischen  Laufbahn  ein  Ende  machte.  Ein 
Versuch,  Dionys  auf  dem  Marsche  umzubringen,  erwies  sich 
als  unausführbar;  so  brachen  sie  nach  Syrakus  auf  und  be- 
mächtigten sich  der  Stadt,  ohne  dass  Dionysios'  Anhänger, 
die  von  den  Vorgängen  noch  keine  Kunde  hatten,  irgend  welche 


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84  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Gegenwehr  versuchen  konnten.  Sie  überfielen  und  plünderten 
das  Haus  des  Tyrannen  und  misshandelten  sein  Weib  auf  so 
brutale  Weise,  dass  sie  sich  selbst  den  Tod  gab.  Damit 
wähnten  sie  am  Ziel  zu  sein;  Dionys'  Macht  müsse  jetzt  von 
selbst  zusammenbrechen.  Aber  Dionys  folgte  ihnen  auf  dem 
Fusse  mit  den  zuverlässigsten  seiner  Söldner;  um  Mitternacht 
gelangte  er  mit  100  Reitern  und  000  Mann  zu  Fuss  nach 
Syrakus.  Mit  angehäuften  Schilfbündeln  steckte  er  das  Thor 
in  Brand;  dann  drang  er  in  die  Stadt  ein,  inzwischen  durch 
weitere  Nachzüge  verstärkt.  Die  Gegner  waren  vollständig 
überrascht;  wie  sie  sich  sammelten  und  Gegenwehr  versuchten, 
wurden  sie  niedergehauen,  andere  aus  den  Häusern  geholt  und 
getödtet  oder  verjagt.  Wer  von  der  Ritterschaft  entkommen 
war,  flüchtete  nach  Aetna  (Inessa).  Im  Laufe  des  Tages 
rückte  das  Gros  der  Armee  in  Syrakus  ein;  die  Bewohner  von 
Gela  und  Karnarina  aber  zogen  nach  Leontini  zu  den  Agri- 
gentinern  und  den  Resten  der  alten  Bevölkerung,  die  sich  in 
der  neubesiedelten  Stadt  zusammenfanden,  und  sagten  dem 
Tyrannen,  der  sie  im  Stiche  gelassen  habe,  den  Gehor- 
sam auf. 

Hauptquelle.  Diod.  XIII.  112  f.  Das  Schicksal  der  Frau  auch  XIV, 
44.  Ptut.  Dio  3.  Die  wichtigsten  Begebenheiten  sind  auch  in  der  Inter- 
polation Xen.  Hell.  II,  3,  5  in  abgerissenen,  zusammenhangslosen  Sätzen 
erwähnt:  die  Niederlage  und  der  Verlust  von  Gela  und  Karnarina,  der 
Abfall  von  Leontini  [Atovtivot  lupaxostot;  cuvoixoüvtj;  ä-i3TY4oav  «t;  rf4v 
tarnet»  ro)»:v  azb  Atovjstoy  xat  Ejpaxostu» ;  es  wird  richtig  sein,  dass  auch 
die  Reste  der  Leöntiner  bei  dieser  Gelegenheit  in  die  alte  Heimath  zu- 
rückkehrten,  vgl.  Diod.  XIV,  14.  3.  15.  4;  der  Haupttheil  der  Abge- 
fallenen aber  waren  die  Flüchtlinge  aus  Agrigent,  Gela  und  Karnarina]; 
schliesslich  rapa/p^jia  ofe  xat  oi  Sopaxosio:  \r.r.*;.z  or.h  A'.ovjsioo  v-i  KottdvYjv 
[richtig  ATtvtjv,  was  Wesseling  bei  Diod.  XIII,  113,  3  aus  XIV,  7,  7.  9, 
5.  14,  2  für  *Ap-/a&vqv  der  Handschriften  hergestellt  hat]  iittzzak^av 
—  eine  seltsame  Formulirung  für  den  Abfall  der  Reiter. 

780.  Die  Herrschaft  über  Syrakus  hatte  Dionys  behauptet ; 
von  der  Karlhagergefahr  befreite  ihn  nicht  sein  Schwert,  son- 
dern ein  neuer  Ausbruch  der  Epidemie,  die  schon  im  letzten 
Jahre  im  karthagischen  Lager  vor  Agrigent  so  arge  Ver- 


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Dionys  gewinnt  Syrakus  zurück.   Friede  mit  Karthago. 


85 


heerungen  angerichtet  hatte.    Himilko  fühlte  sich  nicht  mehr 
stark  genug ,  den  Angriff  auf  Syrakus  zu  wagen ;  er  bot 
Frieden  auf  den  Status  quo.    Dionys  war  nicht  im  Stande, 
bessere  Bedingungen  auch  nur  zu  fordern;  er  musste  zufrieden 
sein,  wenn  er  zunächst  eine  Zeit  der  Ruhe  und  die  Möglich- 
keit zur  Festigung  seiner  Stellung  und  zu  umfassenden  Rü- 
stungen erlangte.  So  nahm  er  die  Bedingungen  an.  Karthago 
erkannte  die  Unabhängigkeit  von  Syrakus  und  die  Herrschaft 
des  Dionysios  über  die  Stadt  an.    Auch  gegen  Katana  und 
Naxos  scheint  man  ihm  freie  Hand  gelassen  zu  haben ;  wenig- 
stens ist  in  unserem  Bericht  von  beiden  Städten  nicht  die 
Rede.  Dagegen  die  Freiheit  von  Leontini  und  Messana  wurde 
ausdrücklich  festgesetzt,  ebenso  die  aller  Sikeler;  die  Macht- 
stellung von  Syrakus  war  damit  vernichtet.    Das  übrige  Si- 
cilien,  nahezu  die  Hälfte  der  Insel,  behielt  Karthago,  sowohl 
den  alten  Colonialbesitz,  wie  das  Land  der  Elymer  und  Sikaner 
—  beide  Völkerschaften  waren  durch  den  Krieg  Schutzbefohlene 
Karthagos  geworden  —  und  das  Gebiet  der  eroberten  Griechen- 
städte.   Den  geflohenen  Griechen  wurde  gestattet,  als  tribut- 
zahlende Unterthanen  in  die  Heimath  zurückzukehren  und 
ihre  Städte  wieder  aufzubauen;  nur  die  Mauern  durften  sie 
nicht  wieder  herstellen.    Ausserdem  sollten  die  Gefangenen 
und  die  erbeuteten  Schiffe  von  beiden  Seiten  zurückgegeben 
werden.  Auf  diese  Bedingungen  ist  zu  Ende  des  Jahres  405, 
nahezu  gleichzeitig  mit  dem  Ausgang  des  grossen  Kriegs  in 
Griechenland,  der  Friede  auf  Sicilien  wieder  hergestellt  worden. 
.  Hatte  Himilko  auch  das  letzte  Ziel,  die  Eroberung  der  ganzen  Insel, 
nicht  erreichen  können,  hatte  er  auch  durch  die  Epidemie  die 
Hälfte  seiner  Armee  verloren,  so  hatte  er  doch  Gewaltiges  er- 
reicht; ruhmgekrönt  konnte  er  in  die  Heimath  zurückkehren. 
Karthago  beherrschte  jetzt  fast  die  ganze  Südküste  der  Insel,  und 
von  der  Nordküste  etwa  die  Hälfte,  bis  weit  über  die  Ruinen 
von  Himera  hinaus.  Zum  Schutz  der  neuen  Provinz  wurden 
vor  allem  die  campanischen  Söldner  zurückgelassen,  die  bald 
darauf  an  der  Nordküste,  östlich  von  Himera,  die  Stadt  Ha- 
laesa  anlegten. 


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86  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

Die  Pest  (Diod.  XIII,  114,  2)  und  der  Ausgang  des  Kriegs  ist  bei 
Diodor  in  einer  Lücke  ausgefallen;  Justin  XIX,  2,  7  ff.  hat  in  seiner  ge- 
wöhnlichen Manier  diese  Epidemie  mit  der  nächsten  von  396  zusammen- 
geworfen. —  Der  Wortlaut  der  Friedensbedingungen  bei  Diod.  XIII,  114 
ist  von  Madvio  und  Unger  (Philo).  35,  210)  hergestellt:  Kaj>yir)&oviu»v 
tlvot  juxä  (codd.  jiiv)  tü>v  t;  «p/^?  anoiv.tuv  'EXofxo'j?  (codd.  £XXot>c)  xal 
Eixavoo;.  —  Campanische  Besatzungen :  Diod.  XIV,  8,  5.  Gründung  von 
Halaesa  (vgl.  §.  786)  durch  die  Karthager  zur  Zeit  des  Friedens,  wohl 
nach  Ephoros  (v.ve;  -far.v) :  Diod.  XIV,  IC,  4.  Die  Vermuthung  Meltzer's 
(Fl.  Jahrb.  1873,  232;  Gesch.  d.  Karth.  I,  279.  511),  dass  sich  hier  Canv 
paner  niederliessen ,  wird  von  Holm,  Gesch.  Sic.  II,  433  durch  den  Hin- 
weis auf  den  FIuss  'Orctxavo;  in  seinem  Gebiet  CIG.  5594  bestätigt. 


Sicilien  nach  dem  Frieden.   Dionysios'  Aufgaben. 
Niederwerfung  des  Aufstands  und  erste  Eroberungen. 

781.  Die  Karthager  haben  den  Frieden  von  405  als 
definitiv  belrachtet.  Ihr  Uebergewicht  auf  der  Insel  schien 
nicht  nur  politisch  fest  begründet.  Wenn  bisher ,  da  der 
wirtschaftliche  Aufschwung  der  libyschen  Provinz  (§.  379) 
noch  nicht  voll  entwickelt  war,  Karthago  einen  Theil  seines 
Getreides  von  Agrigent  beziehen  mussle,  so  erhob  es  jetzt  selbst 
den  Bodenzehnlcn  in  der  Hälfte  der  Insel.  Die  Griechen  waren 
so  gründlich  gedemüthigt,  dass  eine  neue  Erhebung  nicht  mehr 
zu  befürchten  schien.  Auch  hätten  die  eroberten  Städte  aus 
eigenem  Antrieb  schwerlich  noch  einmal  den  Waflfengang  mit 
Karthago  gewagt;  die  Reste  der  alten  Bevölkerung  mussten 
froh  sein,  überhaupt  wieder  zu  einer  erträglichen  Existenz  zu 
gelangen.  Mit  Ausnahme  von  Himera,  dessen  Stelle  von 
Thermae  ersetzt  war  771),  sind  sie  wieder  hergestellt 
worden;  aber  sie  alle  waren  in  ihrer  Kraft  gebrochen,  und 
die  Zeiten  ihres  Glanzes  definitiv  vorbei.  Selbst  Agrigent,  das 
bald  wieder  eine  volkreiche  Stadt  wurde  und  noch  einmal  eine 
bedeutende  Rolle  in  der  Geschichte  spielen  sollte,  hat,  wenn  es 
auch  die  übrigen  Tempel  nothdürftig  restaurirte,  doch  nie  daran 
denken  können,  den  gewaltigen  Zeustempel  (§.  3(35)  zu  voll- 
enden, der  mitten  im  Bau  war,  als  die  Karthager  kamen:  bis  auf 


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Sicilien  nach  dem  Frieden.   Stellung  Karthagos. 


87 


den  heutigen  Tag  liegt  er  da,  wie  die  Karthager  ihn  gelassen 
haben.  Von  den  frei  gebliebenen  Griechenstädten  an  der  Ost- 
küste schien  erst  recht  nichts  zu  befürchten;  diese  fünf  oder 
sechs  Gemeinden  (Syrakus,  Leontini,  Katana,  Naxos,  Messana, 
dazu  die  flüchtigen  Syrakusaner  in  Aetna)  mochten  fort- 
fahren wie  bisher  sich  zu  zerfleischen,  gefahrlich  konnten 
sie  schwerlich  werden;  dafür  war  schon  durch  die  Clausel  des 
Friedensvertrags  gesorgt,  welche  die  Unabhängigkeit  aller 
Sikeler  anerkannte.  Auch  diese  Rechnung  hätte  sich  wahr- 
scheinlich als  richtig  erwiesen,  wenn  nicht  Karthago  selbst, 
indem  es  den  Vertrag  mit  Dionysios  abschloss  und  durch  seine 
Anerkennung  seine  Stellung  festigte,  ein  neues  Element  in  die 
Verhältnisse  eingefügt  hätte.  Die  karthagische  Regierung 
mochte  glauben,  dass  der  Usurpator  sie  als  Rückhalt  benutzen 
werde  gegen  die  republicanische^Opposition  und  von  ihm  daher 
Feindseligkeiten  weniger  zu  erwarten  seien  als  von  der 
Demokratie,  und  Dionys  wird  es  bei  den  Verhandlungen  an 
Versicherungen  in  diesem  Sinne  nicht  haben  fehlen  lassen. 
Aber  diese  Annahme  war  ein  Irrthum;  eine  dauernde  Allianz 
mit  Karthago  war  für  Dionys  eine  Unmöglichkeit. 

782.  Was  Alkibiades  und  Lysander  in  der  Fülle  ihrer 
Macht  nicht  gelungen  war,  hat  Dionysios  in  Syrakus  erreicht. 
Dass  in  Syrakus  die  staatlichen  Formen,  die  er,  wenn  nicht 
umstossen,  so  doch  bei  Seite  schieben  musste,  nicht  so  fest- 
gewurzelt waren,  wie  in  Athen  und  Sparta,  hat  ihm  den  Er- 
folg erleichtert;  aber  möglich  war  er  doch  nur,  weil  in  dem 
Kampf  um  die  nationale  Existenz  die  Monarchie  als  das  einzige 
Mittel  erschien,  das  vielleicht  noch  Rettung  bringen  konnte. 
So  beruhte  seine  Herrschaft  auf  der  Idee  des  Nationalkriegs 
gegen  Karthago;  nicht  nur  seine  Heimathgemeinde,  sondern 
die  ganze  Insel,  zum  wenigsten  soweit  sie  griechisch  war,  aus 
der  Hand  der  Barbaren  zu  erretten,  war  seine  Aufgabe.  Wenn 
er  dies  Princip  aufgab  und  den  Frieden  als  dauernd  an- 
erkannte, hob  er  damit  selbst  die  Basis  seiner  Stellung  auf; 
dann  war  er  in  der  That  nichts  anderes  als  ein  elender 
Abenteurer,  der  schleunigst  beseitigt  zu  werden  verdiente.  In 


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88 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Syrakus  dachten  jetzt  viele  so,  auch  von  denen,  die  ein  Jahr 
zuvor  für  die  Aufrichtung  der  Monarchie  gestimmt  hatten;  um 
so  dringender  war  es  geboten,  dass  er  all  seine  Kraft  der 
grossen  nationalen  Aufgabe  widmete.  Freilich  war  es  nicht 
möglich,  einen  Schritt  in  dieser  Richtung  zu  thun,  ehe  er  nach 
innen  seine  Stellung  gesichert  und  in  Jahre  langer  schöpferi- 
scher Arbeit  die  Vorbereitungen  vollendet  hatte.  Dies  ist  das 
Verhängniss  des  Dionysios  gewesen.  Ganz  anders  würde  er 
wie  im  Leben  so  im  Gedüchtniss  der  Menschen  dastehen,  wäre 
ihm  gleich  in  seinem  ersten  Feldzug  ein  entscheidender  Erfolg 
beschieden  gewesen:  dann  konnte  man  über  alle  Schwächen 
hinwegsehen,  die  seinem  Regiment  etwa  anhaften  mochten, 
dann  hatte  er  das  wahre  Königthum  gewonnen  und  jeder 
Versuch,  ihn  zu  stürzen,  war  von  vornherein  als  Hochverrath 
gegen  die  Nation  verurtheilt.  So  aber,  nach  dem  ruhmlosen 
Ausgang  des  Krieges,  hatte  er  die  Berechtigung  der  Usur- 
pation erst  zu  erweisen:  und  doch  war  das  unmöglich,  wenn 
er  nicht  die  unumschränkte  Macht  behauptete.  So  musste  er, 
um  das  Grosse  leisten  zu  können,  zu  dem  er  die  Kraft  in  sich 
fühlte,  zunächst  jede  freiheitliche  Bewegung  durch  Zwangs- 
massregeln ersticken.  Dadurch  fällt  ein  finsterer  Schatten  auf 
sein  Andenken;  einstweilen  konnte  sich  jede  Erhebung  gegen 
ihn,  mochte  sie  aus  idealen  oder  aus  gemeinen  Motiven  her- 
vorgehen, mit  dem  Nimbus  eines  Kampfes  für  die  höchsten 
Güter  eines  freien  Gemeinwesens  umkleiden.  Als  er  dann 
wirklich  Grosses  geleistet  und  sich  als  den  Mann  erwiesen 
hatte,  der  allein,  so  weit  menschliches  Urtheil  reicht,  im  Stande 
gewesen  war,  die  schon  dem  Untergang  geweihte  Existenz 
der  hellenischen  Nation  im  Westen  zu  retten,  da  war  es  zu 
spät.  Niemand  hat  das  mehr  empfunden  als  er  selbst;  nie, 
auch  in  der  Fülle  seiner  Macht,  hat  er  seines  Lebens  froh 
werden  können.  Die  verherrlichende  Darstellung  seiner  Thaten 
durch  Philistos  hat  ihm  wenig  geholfen;  die  späteren  Historiker, 
Ephoros  so  gut  wie  Timaeos,  haben  das  Material  aus  ihm 
entnommen,  aber  seine  Auffassung  in  ihr  Gegentheil  verkehrt. 
Das  ist  herrschend  geblieben;  wie  im  Alterthum  Polybios  mit 


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Dionysioa'  geschichtliche  Stellung.  89 

seiner  ächt  historischen,  die  landläufigen  Phrasen  kühl  bei 
Seite  schiebenden  Auffassung  fast  allein  dasteht,  so  haben  sich 
auch  von  den  Neueren  immer  nur  wenige  von  dem  traditionellen 
Schema  freimachen  können,  das  in  dem  Tyrannen  lediglich 
den  politischen  Verbrecher  sieht.  Dem  gegenüber  wird  eine 
besonnene  historische  Würdigung  dem  älteren  Scipio  Recht 
geben,  der  Dionys  und  seinen  Nachfolger  Agathokles  als  die 
beiden  bedeutendsten  und  zugleich  bei  aller  Besonnenheit  kühn- 
sten Staatsmänner  bezeichnete,  von  denen  er  wisse;  sie  wird 
mit  Plato,  der  wahrlich  kein  Freund  des  von  Dionysios  be- 
gründeten Systems  gewesen  ist,  bekennen  müssen,  dass  »möge 
man  in  göttlicher  Fügung  oder  in  der  Tüchtigkeit  der  beiden 
Regenten  (um  Dions  willen  nennt  er  neben  Dionys  den 
Hipparinos)  oder  in  beidern  zusammen  die  Ursache  der  Rettung 
Siciliens  sehen,  Thatsache  bleibt,  dass  Sicilien  damals  gerettet 
ist;  und  so  ist  es  gerecht,  dass  alle  den  Rettern  die  Dankes- 
schuld abtragen,  mag  die  Tyrannis  in  der  Folgezeit  auch  ihre 
Stellung  missbraucht  haben  c,  und  dass  »jene  Manner,  indem 
sie  die  Hellenen  von  den  Barbaren  erretteten,  es  überhaupt 
erst  möglich  gemacht  haben,  dass  wir  jetzt  (im  J.  351)  über 
die  Verfassungsfragen  discutiren  können«.  Zugleich  aber  wird 
sie  im  Gegensatz  zu  Plato  anerkennen,  dass  die  Mittel,  zu 
denen  Dionys  gegriffen  hat  und  die  das  Bild  des  gewaltigen 
Tyrannen  verdunkeln ,  nicht  von  seiner  Wahl  abhingen, 
sondern  ihm  durch  die  Umstände  aufgezwungen  sind  —  das 
hat  eben  das  Scheitern  des  unter  Piatos  Auspicien  unter- 
nommenen Versuchs  erwiesen,  den  Staat  des  Dionysios  in  einen 
anderen  umzuwandeln,  der  den  idealen  Anforderungen  an  ein 
griechisches  Staatswesen  besser  entsprach. 

Polybios'  Urtheil  und  Scipios  Aeusserung  (npaY^attxotttaxoü;  5väpac 
•fefovsyai  xai  oüv  vü»  toXfJLTjpotdtoui;  to->s  xzpi  'AfötfroxXea  xai  Atovuo'.ov 
tous  StxsXtcuta;) :  Pol.  XV,  85.  Piatos  Aeusserungen :  ep.  8,  353 1>.  855  d. 
-r  Die  bei  Diodor  mehrfach  vorkommende  Behauptung,  Dionys  habe  die 
Kriege  gegen  Karthago  mit  Absicht  nicht  energisch  geführt,  um  sich 
dadurch  unentbehrlich  zu  mächen,  ist  trotz  ihrer  Absurdität  von  den 
Neueren  vielfach  nachgesprochen  worden ;  im  Munde  seiner  Gegner  ist 
sie  allerdings  begreiflich  genug. 


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00 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


783.  Nach  dem  Friedenssehl uss  hat  Dionys  zunächst  die 
notwendigsten  Massregeln  zur  weiteren  Sicherung  seiner  Herr- 
schaft ergriffen.  Er  verlegte  seine  Residenz  auf  die  Landzunge 
zwischen  dem  Festland  und  der  Altstadt  auf  der  Insel  Ortygia 
und  trennte  sie  durch  gewaltige  Mauern,  die  auch  den  Kriegs- 
hafen einschlössen,  von  der  Neustadt.  Die  alten  Bewohner 
mussten  die  Altstadt  räumen  und  den  Vertrauten  und  Söldnern 
des  Herrschers  Platz  machen.  Der  confiscirte  Grundbesitz  der 
Gegner,  namentlich  der  erschlagenen  oder  geflohenen  Reiter, 
wurde  an  die  Söldner  und  die  ärmere  Bürgerschaft  vertheilt,  und 
diese  durch  befreite  Sklaven  ergänzt.  Darauf  ging  Dionys  gleich 
im  nächsten  Frühjahr  404  an  die  Wiedereroberung  des  Ge- 
biets von  Syrakus;  der  erste  Angriff  galt  der  Sikelerstadt 
Herbessos  im  Hinterlande  der  Hauptstadt.  Aber  während  der 
Belagerung  kam  die  Opposition  der  Bürgertruppen  zum  offenen 
Ausbruch;  sie  kehrten  die  Waffen,  die  sie  jetzt  wieder  in 
Händen  hatten,  gegen  den  Tyrannen  statt  gegen  die  Feinde. 
Als  ihr  Oberst  Dorikos  die  Meuterei  unterdrücken  wollte,  wurde 
er  erschlagen  und  die  Ritter  aus  Aetna  herbeigerufen.  Trotz  aller 
Vorsichtsmassregeln  war  Dionys  völlig  überrascht;  er  flüchtete 
nach  Syrakus  in  seine  feste  Burg.  Die  Bürger  rückten  ihm 
nach  und  begannen  die  Belagerung;  von  Messana  und  Rhegion 
erhielten  sie  eine  starke  Flotte,  die  ihm  die  See  sperrte.  Auf 
den  Kopf  des  Tyrannen  wurde  ein  Preis  gesetzt;  um  dem 
Hader  und  Misstrauen  innerhalb  der  Bürgerschaft  ein  Ende 
zu  machen,  berief  man  aus  der  Mutterstadt  Korinth  einen 
Vermittler  Nikoteles,  der  die  Verhältnisse  neu  ordnen  und  zu- 
nächst den  Freiheitskrieg  zu  Ende  führen  sollte.  Dionys'  Sache 
schien  verloren,  weder  zu  Lande  noch  zur  See  hatte  er  einen 
Ausweg  offen;  viele  seiner  Söldner  und  Freunde  verliessen 
ihn  und  wurden  von  den  Aufständischen  mit  offenen  Armen 
aufgenommen.  Dionys  selbst  verzweifelte  sich  zu  behaupten; 
er  berief  seine  Vertrautesten,  um  über  die  Möglichkeit  des  Ent- 
kommens zu  berathen.  Aber  die  Freunde,  Philistos,  Heloris, 
sein  Adoptivvater,  und  andere,  waren  muthvoller  als  der 
Herrscher:  ein  Tyrann  müsse  in  seiner  Macht  sterben,  er 


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Neuer  Aufstand  gegen  Dionysios. 


91 


dürfe  nicht,  wie  Dionys'  Schwager  Philoxenos  meinte,  auf 
einem  Renner  die  Flucht  suchen,  sondern  müsse  sich  eher  an 
den  Beinen  aus  seiner  Burg  schleifen  lassen.  Eine  Möglich- 
keit der  Rettung  gab  es  noch,  wenn  es  gelang,  die  auf  kar- 
thagischem Gebiet  stehenden  campanischen  Söldner  heranzu- 
ziehen ;  sie  hatten  bereits  wiederholt  bewiesen,  dass  sie,  wenn 
man  ihnen  genügenden  Gewinn  bot,  einem  Jeden  zu  Diensten 
standen,  der  sie  werben  wollte.  Um  Zeit  zu  gewinnen,  ver- 
handelte Dionys  mit  den  Aufständischen.  Diese  gingen  darauf 
ein ;  mit  5  Schiffen  dürfe  er  davon  fahren.  Sie  glaubten  jetzt 
die  Freiheit  bereits  erstritten  zu  haben.  Ihre  Truppen  be- 
gannen sich  aufzulösen;  die  Reiter  kehrten  heim,  auch  von 
den  Hopliten  ging  ein  grosser  Theil  zur  Feldarbeit  aufs  Land. 
Da  erschienen  plötzlich  1200  campanische  Reiter  in  ihrem 
Rücken,  bahnten  sich  den  Weg  durch  die  kaum  besetzten 
Posten,  und  vereinigten  sich  mit  Dionys.  Auch  zur  See  trafen 
Verstärkungen  ein.  Die  Bürger,  völlig  überrascht,  begannen 
unter  einander  zu  hadern;  nicht  wenige  betrachteten  jetzt  den 
Kampf  bereits  als  aussichtslos.  So  hatte  Dionys  bei  einem 
Ausfall  leichten  Erfolg  und  zersprengte  die  feindlichen  Heer- 
haufen. Er  gab  Befehl,  kein  weiteres  Bürgerblut  zu  vergiessen ; 
er  wollte  die  Gegner  versöhnen,  nicht  vernichten.  Auch  den 
nach  Aetna  Geflüchteten  bot  er  Verzeihung  und  nahm  alle, 
die  zurückkehrten,  freundlich  auf;  nicht  wenige  freilich  ver- 
schmähten jede  Versöhnung.  Aber  in  der  Stadt  war  Dionys' 
Herrschaft  jetzt  dauernd  gefestigt;  er  benutzte  die  Zeit,  wo 
die  Bürger  zur  Ernte  auf  die  Felder  gingen,  um  durch  eine 
allgemeine  Haussuchung  die  Waffen  zu  confisciren.  Die  Cam- 
paner  entliess  er  reich  belohnt,  da  er  diesem  unruhigen  Ele- 
mente nicht  trauen  durfte.  Sie  erwiesen  sogleich  die  Be- 
rechtigung seiner  Vorsicht,  indem  sie  die  Elymerstadt  Entella, 
die  sie  aufgenommen  hatte,  bei  Nacht  überfielen,  die  Männer 
umbrachten  und  sich  in  ihrem  Besitz  behaupteten.  Die  Kar- 
thager Hessen  das  ruhig  geschehen;  ob  es  Elymer  waren  oder 
Gampaner,  die  ihnen  Zins  zahlten,  mochte  ihnen  gleich- 
gültig sein. 


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92 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Quelle:  Diod.  XIV,  7—9.  Die  Berathung  des  Dionys  und  die  Aus- 
sprüche St:  xaXov  svcaif  töv  srrtv  tupavvi;  und  oetv  o-»x  iy*  «jt^ou  O-sovto; 
txKTjSäv  i-A  irfi  Tupawtöo; ,  aX'/.i  xoö  sxc Xoug  fcXxrffisvov  exirdttBiv  werden 
oft  erwähnt  (Diod.  XX,  78.  Isokr.  6,  44.  Aelian  v.  h.  IV.  8.  Plut.  Cato 
mai.  24.  an  seni  1,  5)  und  der  erste  gelegentlich  fälschlich  dem  Dionys 
selbst  in  den  Mund  gelegt  (Liv.  24,  22,  vgl.  Plut.  apophtb.  Dionys.  2); 
den  zweiten  schrieb  Timaeos  dem  Philistos  zu  gegen  dessen  ausdrückliche 
Angabe:  Plut.  Dio  35  (dem  Timaeos  folgt  Diod.  XIV,  8,  5,  dagegen  nicht 
XX,  78).  —  Den  Nikoteles  erwähnt  das  einzige  Bruchstück  des  Hermias 
von  Methymna  (§.826)  Athen.  X,  438  c  als  «ptXo-orr,;.  —  Da  die  Cam- 
paner  den  Weg  über  Agyrion  einschlugen,  sind  sie  von  der  Nordküste, 
der  Gegend  von  Panormos  und  Himera,  gekommen.  Ihre  Festsetzung  in 
Entella  (Diod.  XIV,  9.  9.  61.  5)  erzählte  Ephoros  (fr.  124,  St.  Byz.  yKv- 
tsXXa)  in  lb.  16.  Münzen  von  Entella  mit  der  Legende  Kajj.irav<öv :  Holm, 
Gesch.  Sic.  III,  667. 

784.  Die  wirksamste  Unterstützung  für  die  Befestigung 
seiner  Herrschaft  fand  Dionys  in  Sparta.  Offenbar  hat  er 
gleich  nach  der  Usurpation  die  Verbindung  angeknüpft.  Die 
spartanische  Regierung  war  bereit,  den  Erben  des  Hermokrates 
zu  unterstützen;  sie  erkannte,  welche  Dienste  für  die  Be- 
hauptung ihrer  Machtstellung  im  Osten  der  energische  Herrscher 
ihr  werde  leisten  können.  Als  daher  Dionys  sich  jetzt  nach 
Sparta  wandte,  entsandte  dies  den  Aristos  als  Gesandten,  mit 
dem  Auftrag,  nach  Kräften  für  Dionys  zu  wirken  (§.  745). 
Officiell  trat  er  als  Vermittler  auf;  aber  er  benutzte  die  Ver- 
bindungen, die  er  mit  Dionys'  Gegnern  anknüpfte,  um  sie  und 
ihre  Pläne  dem  Tyrannen  zu  verrathen  und  den  Korinther 
Nikoteles  aus  dem  Weg  zu  räumen.  Die  Beziehungen  zwischen 
beiden  Staaten  blieben  dauernd  intim;  Lysander,  um  dessen 
Gunst,  als  er  der  allmächtige  Mann  war,  auch  Dionys  geworben 
hatte,  ist  später,  nach  seinem  Sturz,  als  Gesandter  Spartas 
am  Hofe  von  Syrakus  gewesen. 

Aristos  (Diod.  XIV,  70,  3  'Apit-rj;)  in  Syrakus:  Diod.  XIV,  10.  Ly- 
sander und  Dionys:  Plut.  Lys.  2.  de  glor.  Ath.  I,  9.  coni.  praec.  2. 
Apophtb.  Lysandr.  1.  Im  allgemeinen  Isokr.  4,  126.  8,  99.  Plut.  Pelop.  31. 

785.  Nachdem  Dionys  den  Aufstand  bezwungen  hatte, 
nahm  er  die  Kriege  zur  Eroberung  Ostsiciliens  wieder  auf. 
Er  lenkte  dabei  ein  in  die  auch  von  der  Demokratie  niemals 


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* 


Dionys  und  Sparta.    Dionys'  Politik:  der  Einheitsstaat.  93 

völlig  verlassenen  Bahnen  seiner  Vorgänger,  des  Geion  und 
Hieron.  Noch  weit  entschiedener  als  diese  ging  er  darauf  aus, 
eine  einzige  grosse  Hauptstadt  zu  schaffen,  neben  der  nur 
abhängige  Gemeinden  bestehen  durften;  ihr  sollte  die  ganze 
Insel  unterthan  werden.  Nur  auf  diesem  Wege,  durch  Auf- 
hebung der  kleineren,  ewig  mit  Syrakus  im  Hader  liegenden 
Nachbarstädte,  konnte  dem  ununterbrochenen  Kriege  zwischen 
den  Griechen  ein  Ende  gemacht  und  ihre  ganze  Kraft  gegen  den 
Nationalfeind  geeinigt  werden ;  zugleich  aber  Hess  sich  alsdann 
«ine  gewaltige,  mit  allen  Mitteln  ausgerüstete  Festung  schaffen, 
die  jeder  Gefahr  trotzen  konnte.  Wie  dringend  das  nöthig 
war,  hatte  der  Karthagerkrieg  erwiesen;  er  hatte  in  ver- 
nichtenden Schlägen  dem  Particularismus  auf  der  Insel  das 
Todesurtheil  gesprochen.  Den  Krieg  führte  Dionys,  seit  der 
Kriegszug  des  J.  404  die  ihm  von  dem  Bürgerheer  drohenden 
Gefahren  gezeigt  halte,  zunächst  ausschliesslich  mit  Söldnern, 
deren  Bestand  er  noch  weiter  vermehrte.  Material  dafür  war 
genug  vorhanden,  nicht  nur  in  den  auf  allen  Strassen  und 
in  allen  Orten  sich  drängenden  Abenteurern,  die  um  Haus  und 
Hof  gekommen  waren  oder  auch  dem  Glücke  die  Hand  bieten 
wollten,  sondern  auch  im  Peloponnes  und  in  den  in  immer 
grösserer  Menge  aus  Italien  nach  der  Insel  hinüberströmenden 
Sabellern  aus  Campanien.  Wie  bedenklich  es  war,  zu  den 
um  den  Besitz  der  Insel  ringenden  Nationalitäten  noch  dies 
neue  Element  hinzuzufügen,  hat  Dionys,  wie  sein  Verhalten  im 
J.  404  zeigt,  nicht  verkannt.  Aber  nicht  er  hat  sie  zuerst  nach 
der  Insel  gerufen,  und  als  Realpolitiker  musste  er  nehmen, 
was  sich  ihm  bot ;  er  mochte  hoffen,  dass  der  griechische  Ein- 
heitsstaat, den  er  schaffen  wollte,  auch  diese  Elemente  werde 
absorbiren  können  so  gut  wie  die  Sikeler  und  Sikaner. 

786.  Im  J.  403  (oder  402)  unterwarf  Dionys  zunächst 
die  Flüchtlinge  in  Abtna  ohne  Kampf;  wer  sich  nicht  fügen 
wollte,  suchte  in  der  Fremde,  namentlich  in  Rhegion,  Zuflucht. 
Dann  wandte  er  sich,  nach  einem  vergeblichen  Angriff  auf 
Leontini,  gegen  die  Sikeler.  Auch  sie  unterwarfen  sich  meist 
der  Uebermacht;  um  sie  in  Abhängigkeit  zu  halten,  legte 


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94  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

Dionys  im  J.  401  am  Südwestfuss  des  Aetna  bei  dem  Heilig- 
thum eines  einheimischen  Gottes  die  Stadt  Hadranon  an.  In 
Henna,  der  festen  Burg  im  Binnenlande,  gewann  er  die 
Suprematie,  indem  er  einen  Usurpator,  den  er  anfangs  unter- 
stützt hatte,  als  er  sich  treulos  erwies,  mit  der  Bürgerschaft 
zusammen  bekämpfte  und  die  Volksfreiheit  herstellte.  Dagegen 
trat  der  mächtige  Dynast  Agyris  von  Agyrion  auf  seine  Seite. 
Nur  in  dem  Bergland  des  Nordens  behauptete  sich  Archonides 
von  Herbita,  wahrscheinlich  der  Enkel  des  Athenerfreundes 
(§.  657),  mit  einem  starken  Söldnerheer  unabhängig,  ja  er 
konnte  Halaesa  (§.  780)  an  der  Küste  besetzen  und  hier  eine 
neue  Golonie  gründen.  —  Dionys  wandte  sich  jetzt  gegen 
die  chalkidischen  Städte.  Katana  und  Naxos  fielen  durch 
Verrath  in  seine  Hände,  Leontini  unterwarf  sich.  Alle  drei 
Städte  wurden  aufs  neue  aufgehoben,  wie  Naxos  und  Katana 
schon  unter  Hieron  (§.  353),  Leontini  durch  die  syrakusanische 
Demokratie  (§.  597).  Von  den  Naxiern  und  Katanaeern  wurde 
ein  Theil  verkauft,  andere  flüchteten  nach  Rhegion;  der  Rest 
wurde  mit  sämmtlichen  Leontinern  nach  Syrakus  übergeführt. 
Die  Feldmark  von  Naxos  wurde  den  Sikelern  überwiesen,  in 
Katana,  das  um  seiner  günstigen  Lage  willen  bewohnt  bleiben 
sollte,  campanische  Söldner  angesiedelt.  Diese  Ereignisse 
haben  mehrere  Jahre  (etwa  403—400)  ausgefüllt.  Die  Flücht- 
linge suchten  in  Messana  und  Rhegion  Hülfe  zu  gewinnen 
und  stellten  dort  die  Gefahr  vor,  die  ihrer  Existenz  drohe, 
seit  Dionys  seine  Macht  bis  an  die  Grenzen  von  Messana  vor- 
geschoben habe.  Die  Rheginer,  seit  Alters  erbitterte  Gegner 
von  Syrakus,  gingen  voll  Eifer  auf  den  Plan  ein  und  boten  Heer 
und  Flotte  auf.  Auch  in  Messana  war  eine  Partei  dazu  bereit ; 
die  Feldherrn  machten  mobil  und  rückten  mit  den  Rheginern 
zusammen  gegen  Syrakus  vor  (399).  Aber  die  Majorität  der 
Messanier  wollte  von  einem  Angriff  nichts  wissen ;  die  Truppen 
weigerten  den  Gehorsam  und  kehrten  nach  Hause  zurück. 
Allein  waren  die  Rheginer  zu  schwach  um  etwas  auszurichten; 
sie  mussten  sich  bequemen  um  Frieden  zu  bitten.  Dionys 
stand  bereits  mitten  in  den  Vorbereitungen  zum  Angriff  auf 


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Unterwerfung  der  Sikeler  und  Chalkidier.   Rhegion  und  Messana.  95 

Karthago;  ein  Krieg  mit  den  Griechen  konnte  ihm  nur  störend 
sein.  So  verzieh  er  beiden  Städten.  Messana  zog  er  bald 
ganz  auf  seine  Seite,  indem  er  ihm  einen  Theil  des  Grenz- 
gebiets abtrat.  Auch  Rhegion  suchte  er  für  sich  zu  gewinnen: 
er  bot  den  Burgern  Verschwägerung  und  bat  sie,  ihm  eine 
Braut  aus  ihrer  Mitte  zu  senden;  dafür  versprach  er  ihnen 
Erweiterung  ihres  Gebiets  und  reiche  Geschenke.  Aber  die 
Rheginer  wiesen  das  Anerbieten  mit  Hohn  zurück.  Die  Folge 
war,  dass  Dionys  mit  ihren  alten  Feinden,  den  Lokrern,  in 
Verbindung  trat  und  sich  von  ihnen  die  Braut  holte  (§.  792). 

Diodor  hat  alle  früheren  Kampfe  unter  dem  J.  403/2  zusammen- 
gefaßt (XIV,  14—16);  den  Conflict  mit  Messana  und  Rhegion  XIV,  40 
setzt  er  399/8.  —  Die  Unterwerfung  der  Sikeler  (auch  Assoros  Ostl.  von 
Henna)  auch  c.  58,  1.  Agyris:  Diod.  XIV,  9,  2,  vgl.  78,  7.  95,  4.  Grün- 
dung  von  Halaesa  'ApxwviBeto;  (so  auch  auf  Münzen  Holm  III,  717. 
729)  c.  16,  von  Hadranon  c.  37,  5  [der  Gott  Hadranos  auch  Plut.  Tim. 
12.  Aelian  hist.  an.  XI,  20  u.  a.;  Tempel  in  Halaesa  CIG.  5594  ZI.  54. 
62].  —  Ueber  die  Eroberung  von  Naxos  und  die  Gewinnung  Messanas 
gibt  Polyaen  Y,  2,  5.  18  abweichende  Berichte;  da  nach  ihm  Naxos  sich 
freiwillig  unterwirft,  ist  die  Angabe  Diodors  (vgl.  66,  4.  68,  3),  alle  Ein- 
wohner ausser  den  Angehörigen  des  Verräthers  seien  zu  Sklaven  gemacht 
worden,  mit  Beloch  Gr.  Gesch.  II,  154  wohl  für  eine  Uebertreibung  des 
Timaeos  zu  halten.  —  Sikeler  in  Naxos  auch  Diod.  XIV,  59,  2.  —  Bünd- 
niss  mit  Messana :  Diod.  XIV,  44,  3  f.  56,  3.  —  Abweisung  durch  Rhe- 
gion: Diod.  44,  5.  107,  3. 


Dionysios'  Regiment.    Rüstungen.  Finanzen. 

787.  Seit  der  Niederwerfung  des  Aufstandes  von  404 
war  Dionys  in  sicherem  Besitz  der  Herrschaft  über  Syrakus. 
Man  hat  vermuthet,  dass  seine  Stellung  verfassungsmässig 
festgelegt  sei,  etwa  in  der  Art,  wie  Augustus  seine  Macht- 
befugnisse innerhalb  der  Republik  gesetzlich  regelte;  aber  in 
unseren  allerdings  auf  diesem  Gebiet  über  alle  Maassen 
dürftigen  Quellen  führt  keine  Spur  darauf  hin.  Officiell  blieb 
die  Souveränität  des  Volks  unangetastet  bestehen;  wie  die 
Verurtheilung  des  Daphnaeos  und  die  Kriegserklärung  an 


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IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


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Karthago  und  seine  finanziellen  Massregeln  (§.  791)  hat  Dionys 
offenbar  auch  sonst  alle  wichtigeren  Entscheidungen  durch  die 
Volksversammlung  annehmen  lassen.  Auch  der  Rath  und 
die  republikanischen  Behörden  haben  nach  wie  vor  functionirt, 
wie  unter  den  älteren  Tyrannen  Siciliens  und  des  Mutterlandes. 
Aber  neben  sie  war  im  J.  405  Dionys  gestellt  worden,  als 
alleiniger  Feldherr  mit  unumschränkter  Machtbefugniss  für 
den  Krieg  und  alle  militärischen  Massnahmen;  und  diese 
Stellung  hat  er  auf  Lebenszeit  festgehalten.  Sie  gab  ihm  ein 
so  entscheidendes  Uebergewicht ,  dass  die  republikanische 
Ordnung  daneben  vollständig  verschwand  und  Volk  und 
Beamte  zu  ausführenden  Organen  des  Herrscherwillens  wurden. 
Ohne  Zweifel  hat  er  thatsächlich  alle  Aemter  nach  seinem 
Ermessen  besetzt.  Ob  ihm*  auch  richterliche  Befugnisse  über- 
tragen waren  und  wie  die  Gerichte  unter  ihm  gebildet  wurden 
und  funetionirten,  wissen  wir  nicht ;  über  seine  Soldaten  und 
Officiere  und  seine  Umgebung  sprach  er  das  Urtheil  kraft 
seiner  Militärgewalt.  So  stand  er,  wie  Gelon  und  Hieron  oder 
wie  Pisistratos,  als  eine  selbständige  Macht  zugleich  in  und 
neben  der  auf  die  inneren  Angelegenheiten  beschränkten  und  da- 
durch thatsächlich  vollständig  dem  allmächtigen  General  unter- 
worfenen Republik.  Bei  den  Festen  wurde  für  das  Wohl  und 
den  Fortbestand  seiner  Herrschaft  gebetet.  Einen  Titel  zur 
Bezeichnung  seiner  Macht  hat  Dionys  innerhalb  des  Staates 
so  wenig  geführt,  wie  die  älteren  Tyrannen  —  daher  tragen 
auch  die  unter  ihm  geprägten  Münzen  den  Namen  von  Syrakus, 
nicht  etwa  den  des  Herrschers.  Im  Verkehr  mit  auswärtigen 
Staaten  hat  er  sich  vermuthlich  von  Anfang  an  »Herrscher 
Siciliens«  (#pxwv  EhwMäc)  genannt,  mit  un verhüllter  Angabe 
des  Ziels,  das  er  sein  Leben  hindurch  unverrückbar  im  Auge 
behalten  hat. 

Bkloch,  Pimpero  siciliano  di  Dionisio,  mem.  della  reale  Ac.  dei 
Lincei,  1887  (vgl.  Gr.  Gesch.  II,  153)  hat  eine  Neuordnung  der  Verfassung 
im  J.  404  angenommen  und  meint,  Dionys1  Stellung  sei  durch  den 
Archontitel  bezeichnet,  schwerlich  mit  Recht.  Nach  seinem  Tode  beruft 
sein  Sohn  eine  Volksversammlung  und  fordert  sie  auf  (ttapexdXs«)  tf)fs:> 


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I 


Dionys'  Herrscherstellung  und  die  Demokratie. 


97 


vijv  ^atpoirapä5otov  rcpö;  aoiov  ebvotav  Diod.  XV,  74,  5;  er  lSsst  sich  offen- 
bar die  Machtbefugnisse  seines  Vaters,  die  er  zunächst  usurpirt  hat,  durch 
Volksbesch] uss  sanctioniren.  Gebet  des  v.^p'j',  Biajjivtiv  rrjv  Topawtäa 
[lies  Wort  ist  gewiss  nicht  gebraucht,  obwohl  es  für  die  Anekdote  un- 
entbehrlich ist]  äaaXso-rov  wo/.Xoo;  yp&vo\>;  Plut.  Dio  13.  Dionys  5p/u*v 
Stwto;:  CIA.  II,  8  (DS.  66).  52  (DS.  90),  vgl.  Diod.  XV?  23  o  S-.xtMac 
SovdotYi;  Atovüoto«.  Polyb.  XV,  35,  4 :  Dionys  und  Agathokles  tb  fiiv  trpö.t&v 
i^tYT^zav  .  .  .  tupavvot  Xupaxooröv,  .  .  .  jmä  8e  taöta  ßaa-.Xs:;  anda-rj; 
Stxs/.'.a;  vojicoO-tvcs«;  xa(  ::vwv  xal  rr^  'Ita^ta?  jA'piuv  xopieuaavte^.  Der 
Spartaner  Pharakidas  ist  Gesandter  lovxxorlot;  xal  Atovostu)  Diod.  XIV, 
70,  2.  Ebenso  redete  Hieron  auf  dem  olympischen  Weihgeschenk  (§.  352). 
—  Umfang  und  Organisation  des  Reichs  hat  Beloch  1.  c.  so  weit  es 
möglich  ist  festgestellt  und  kartographisch  fixirt.  In  dem  BQndniss  mit 
Athen  CIA.  II,  52  schwören  neben  Dionys  und  seinen  Söhnen  nach  Be- 
locm's  richtiger  Ergänzung  die  $oi).rk  von  Syrakus  und  die  <ppoupapyoi. 

788.  In  seiner  inneren  Structur  ruht  der  Staat  des 
Dionysios  durchaus  auf  moderner  Grundlage;  in  dieser  Be- 
ziehung steht  er  dem  demokratischen  Athen  viel  näher  als 
dem  Staat  der  älteren  Tyrannen  von  Syrakus.  Von  Privi- 
legien der  Aristokratie  war  keine  Rede  mehr.  Wie  die  freien 
Bewohner  des  Gebiets  wurden  zahlreiche  Sklaven  aus  Stadt 
und  Land  unter  die  »Neubürger«  aufgenommen;  ja  vielleicht 
hat  Dionys  überhaupt  das  leibeigene  Landvolk,  das  aus  der 
Urbevölkerung  hervorgegangen  war,  emancipirt;  von  den 
Schaaren  der  hörigen  Killyrier  (Bd.  II,  305)  ist  in  der  Folgezeit 
keine  Rede  mehr.  In  dieser  Beziehung  hat  Dionys  den  demo- 
kratischen Ursprung  seiner  Macht  nicht  verläugnet.  Aber  der 
Demagoge  war  zugleich  der  Erbe  des  Hermokrates  und  der 
Erfüller  seiner  Entwürfe.  Das  Volk  ist  nicht  fähig  zu  herrschen, 
sondern  muss  regiert  werden.  Es  delegirt  seine  Souveränität 
auf  den  erwählten  Machthaber,  der  fortan 'seine  wahren  In- 
teressen gegen  alle  äusseren  und  inneren  Gegner  zu  vertreten 
hat.  Durch  seine  Zwingburg  im  Arsenal,  auf  dem  schmalen 
Isthmus  zwischen  Festland  und  Insel,  hielt  Dionys  die  Stadt 
in  Unterthänigkeit.  Die  starken  Mauern  und  Thürme,  welche 
den  Rebellen  im  J.  404  Trotz  geboten  hatten,  wurden  jetzt 
noch  durch  eine  neue  Mauer  verstärkt;  der  einzige  Zugang 
war  durch  einen  gewaltigen  Thorbau  gesperrt,  mit  fünf  Thoren 

Hey  er,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  7 


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98 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


hinter  einander.  Dies  Bollwerk  beherrschte  zugleich  den  grossen 
von  Dionys  angelegten  Markt  der  Unterstadt  auf  dem  Festlande 
mit  seinen  Hallen  und  Geschäftsräumen.  Die  entwaffnete 
Bürgerschaft  war  wehrlos  gegen  die  Söldner  und  die  Garde. 
Auf  die  Majorität  der  Bevölkerung,  die  Aermeren,  die  er  mit 
Grundbesitz  ausgestattet,  die  befreiten  Sklaven  und  die  Fremden, 
denen  er  das  Bürgerrecht  verliehen  hatte,  konnte  der  Herrscher 
sich  verlassen;  gegen  Complotte  sicherte  er  sich  durch  ein 
umfassendes  mit  raffinirter  Kunst  gehandhabtes  Polizei-  und 
Ueberwachungssystem.  Ohne  vorherige  Untersuchung,  ob  er 
Waffen  bei  sich  trage,  wurde  Niemand  vorgelassen ;  zum  Volk 
redete  der  Herrscher  von  einem  hohen  thurmartigen  Bau,  da 
er  das  gewöhnliche  Tribunal  nicht  zu  betreten  wagte.  Un- 
nöthiges  Blutvergiessen  hat  er  jederzeit  zu  vermeiden  gesucht, 
sowohl  nach  dem  Staatsstreich  wie  nach  den  beiden  Auf- 
ständen, in  scharfem  Gontrast  gegen  die  Art,  wie  gleich- 
zeitig im  griechischen  Mutterlande  die  neuen  Machthaber,  die 
sich  für  den  Adel  der  Nation  ausgaben,  ihr  Regiment  übten. 
Dass  er  die  Ritter,  die  sein  Weib  misshandelt  hatten,  um- 
brachte oder  verjagte,  ist  selbstverständlich;  aber  sonst  ist 
von  grösseren  Strafgerichten  in  unserem  gegen  Dionys  durch- 
aus feindlich  gesinnten  Bericht  niemals  die  Rede.  Freilich 
wer  sich  verdächtig  machte,  sei  es  auch  nur  durch  ein  unbe- 
sonnenes Wort,  oder  wer  gar  mit  der  Idee  des  Tyrannenmords 
liebäugelte,  war  verloren.  Dionys  wusste,  wie  schnell  aus 
geringfügigem  Anlass  eine  Umwälzung  entstehen  und  wie 
leicht  nicht  nur  die  unzufriedenen  Magnaten,  sondern  auch 
ehrgeizige  Emporkömmlinge  und  Männer,  die  ihm  persönlich 
nahestanden,  sich  zu  einem  Attentat  konnten  verlocken  lassen; 
nach  den  Erfahrungen,  die  er  zweimal  gemacht  hatte,  durfte 
er  keine  Nachsicht  mehr  üben.  So  fehlte  es  denn  nicht  an 
Todesurtheilen  und  Verbannungen,  Einkerkerungen  und  Con- 
fiscationen.  Allmählich  jedoch  begann  er  milder  aufzutreten, 
zeigte  sich  leutselig,  erschien  wie  ein  Privatmann  unter  der 
Menge,  zog  angesehene  und  verdiente  Bürger  an  seine  Tafel. 
Je  deutlicher  das  Ziel  hervortrat,  um  dessentwillen  er  die 


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Dionys'  Regiment.   Der  Mauerbau. 


91> 


Herrschaft  ergriffen  hatte,  desto  mehr  durfte  er  hoffen,  dass 
die  Gegensätze  sich  ausgleichen  und  die  ünterthanen  sich  frei- 
willig in  seine  Herrschaft  fügen  würden. 

Befreite  Sklaven  als  vtojtoXtxai  Diod.  XIV,  7,  4.  58,  1.  65,  2.  3.  66, 
5.  73,  3.  96,  '2.  Cic.  Tusc.  V,  58 ;  darauf  dass  die  Killyrier  seitdem  ver- 
schwinden und  Dionys  gegen  sie  offenbar  verfahren  ist,  wie  die  thessali- 
schen  Tyrannen  gegen  die  Penesten,  macht  Beloch,  Bevölkerung  280, 
aufmerksam.  —  Die  Confiscationen  und  Hinrichtungen  auch  Diod.  XIV, 
65,  2.  3.  66,  5.  —  Ueber  Dionys'  Vorsichtsmassregeln  vor  allem  Cic. 
Tusc.  V,  58  ff.,  offenbar  nach  Philistos,  den  er  ja  genau  kennt  (ad  Qu. 
fr.  II,  11,  4).  Ferner  Plut.  Dio  28  Ober  die  Spione  (rpooafcuTtSai)  u.  a. 
—  Die  Burg  und  ihre  Mauern:  Diod.  XIII,  96,  2.  XIV,  7.  juvraicoXa: 
PluU  Dio  29.  Im  allgemeinen  s.  Cavallari  u.  Holm,  Die  Stadt  Syrakus, 
deutsch  von  Lupus.  —  xaJhlXoo  aitotHjAtvoc  xb  rrj?  «px*^1»  ß^P°?  tJuütvjv 
a&toy  «xritixvot  Diod.  XIV,  18.  7,  vgl.  42,  1.  45,  1.  70,  3.  <p:Xavfrpu»cta 
gegen  die  Städte  44,  3. 

789.  Nachdem  Dionys  den  Osten  der  Insel  dem  Staat 
von  Syrakus  einverleibt  hatte,  begann  er  die  systematischen 
Vorbereitungen  für  den  grossen  Krieg;  und  hier  entfaltete  er 
neben  einer  auch  vor  den  grössten  Aufgaben  nicht  zurück- 
schreckenden Energie  ein  ungewöhnliches  Organisationstalent, 
durch  das  er  sich  einen  hervorragenden  Platz  in  der  Geschichte 
der  Kriegskunst  gewonnen  hat.  Das  Wichtigste  war  die 
Sicherung  der  Hauptstadt.  Dass  für  dieselbe  die  bisherigen 
Befestigungen  nicht  ausreichten,  hatte  die  athenische  Belagerung 
erwiesen;  Dionys  beschloss  das  ganze  Plateau  von  Epipolae, 
auf  dem  die  Athener  sich  festgesetzt  hatten,  in  die  Festungs- 
werke ein  zu  beziehen.  Zunächst  wurde  die  Nordmauer,  längs 
des  steilen  Abhangs  des  Plateaus,  in  Angriff  genommen,  eine 
Strecke  von  drei  Viertelmeilen.  Sie  wurde  stadienweise  unter 
die  Architekten  vertheilt,  und  die  gesammte  arbeitsfähige  Be- 
völkerung des  Landgebiets,  60,000  Männer,  aufgeboten,  die 
Quader  zu  behauen,  herbeizuschaffen  und  aufzuschichten. 
Für  die  eifrigsten  Arbeiter  wurden  Preise  ausgesetzt;  Dionys 
selbst  legte  uberall  mit  Hand  an  und  spornte  durch  sein 
Beispiel  die  Bürgerschaft.  In  20  Tagen  war  das  gewaltige 
Werk  vollendet.    Die  Südmauer  ist  wie  es  scheint  langsamer 


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100  IV.  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

1 

gebaut  worden;  auch  sie  lief  zunächst  am  Rande  der  Höhe, 
stieg  dann  abe*r  in  die  Ebene  hinab,  um  die  ausgedehnte^  von 
Dionys  erweiterte  Neustadt  am  Fuss  der  Achradina  ein- 
zuschliessen.  Da  wo  beide  Mauern  im  äussersten  Westen 
von  Epipolae  zusammentreffen,  bei  dem  schmalen  Sattel,  der 
das  Plateau  mit  den  Höhen  des  Hinterlandes  verbindet,  legte 
Dionys  das  mächtige  Castell  Euryalos  an,  mit  breiten  Gräben, 
zahlreichen  Thürmen  und  in  den  Felsen  gearbeiteten  Tunneln 
und  Casematten,  ein  Musterbeispiel  des  entwickelten  Festungs- 
baus. In  der  Nordmauer  war  der  Zugang  zur  Stadt  auf 
der  von  Katana  kommenden  Küstenstrasse  durch  ein  sechs- 
faches Thor,  das  Hexapylon,  gedeckt.  So  war  Syrakus  in 
eine  Riesenfestung  verwandelt.  Die  Grundfläche  der  Stadt  be- 
trug 1814  Hektar;  Syrakus  war  jetzt  weitaus  die  grösste  Stadt 
nicht  nur  der  Hellenenwelt,  mehr  als  dreimal  so  gross  als 
Athen  mit  dem  Piraeeus,  anderthalbmal  so  gross  als  das 
Rom  der  Kaiserzeit,  mit  einem  Mauerring  von  180  Stadien 
(27,320  Meter).  Durch  die  umfassenden  Transplantationen 
und  die  Ansiedelung  der  Söldner  und  befreiten  Sklaven  erhielt 
das  gewaltige  Areal  eine  ausreichende  Bevölkerung,  wenngleich 
unzweifelhaft  noch  immer  manche  Strecken  gar  nicht  oder  nur 
sehr  dünn  bebaut  waren;  leider  fehlt  uns  jede  Angabe  über 
die  Zahl  der  Bevölkerung. 

Diodor  gibt  XIV,  18  unter  den  J.  402/1  eine  ausführliche  Schilde- 
rung  des  Baus  der  Nordmauer,  während  er  die  Erbauung  der  Gesaramt- 
mauer  erst  XV,  13,  5  unter  385/4  in  einem  abschliessenden  Resum6  (vgl. 
§.  822 A.)  erwihnt.  Doch  ist  allgemein  anerkannt,  dass  während  der 
Belagerung  durch  die  Karthager  auch  die  SQdmauer  schon  vorhanden  ge- 
wesen sein  muss.  —  Umfang  von  180  Stadien  Strabo  VI,  2,  4,  was  zu 
den  Ueberresten  genau  stimmt.  Areal  nach  Beloch  ,  Bevölkerung  490; 
über  die  Einwohnerzahl  ebenda  277  ff. 

790.  Während  dessen  wurde  das  übrige  Kriegsmaterial 
in  Stand  gesetzt.  Aus  ganz  Hellas,  auch  aus  der  karthagischen 
Provinz ,  berief  Dionys  tüchtige  Werkmeister  und  Techniker 
gegen  hohen  Lohn.  Ununterbrochen  waren  die  Waflfenfabriken 
in  Thätigkeit:  140,000  Schilde,  ebenso  viele  Dolche  und  Helme, 


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Festungsbau  und  Beschaffung  ües  Kriegsmaterials.  101 

über  14,000  für  die  Reiterei,  die  Garde  und  die  Officiere  be- 
stimmte Panzer  wurden  angefertigt.  Dionys  passte  die  Rü- 
stungen den  nationalen  Gewohnheiten  seiner  buntscheckigen 
Truppen  an,  nahm  aber  jede  technische  Vervollkommnung  an. 
Auch  einen  Belagerungspark  hat  er  geschaffen ;  damals  zuerst 
ist  das  Geschütz,  die  Wurfmaschine,  erfunden  worden.  Neben 
der  Landarmee  sollte  eine  gleich  unbesiegbare  Flotte  stehen. 
Bisher  war  das  Schlachtschiff  die  Triere;  Dionys  ging  darüber 
hinaus  und  schuf  die  Schlachtschiffe  der  folgenden  Epoche, 
die  Tetreren  und  Penteren.  Auf  dem  Aetna  und  in  den 
grossen  Waldungen  Unteritaliens  —  zu  denen  ihm  die  Lokrer 
den  Zugang  gewährten  —  wurde  das  Holz  geschlagen,  auf  den 
Werften  von  Syrakus  entwickelte  sich  eine  fieberhafte  Thätigkeit; 
angeblich  hat  er  den  Bestand  seiner  Flotte  auf  über  300  Schiffe 
gebracht,  und  für  die  Zukunft  war  eine  noch  weitere  Ver- 
mehrung in  Aussicht  genommen:  in  den  Docks  des  Kriegs- 
hafens von  Syrakus  waren  310  Schiffshäuser  angelegt,  die 
meist  für  zwei  Schiffe  Raum  hatten.  Auch  zu  diesen  Arbeiten 
wurde  die  gesammte  Bevölkerung  herangezogen.  Die  Schiffs- 
officiere  und  Ruderer  wurden  zur  Hälfte  aus  der  Bürgerschaft 
genommen,  die  übrigen  waren  geworbene  Matrosen ;  insgesammt 
hat  er  für  die  nahezu  200  Schiffe,  mit  denen  er  ausfuhr,  über 
40,000  Mann  Bemannung  gebraucht.  Als  alle  Vorbereitungen 
fertig  waren,  begannen  die  Werbungen  zur  weiteren  Verstärkung 
des  Landheers,  namentlich  im  Peloponnes,  wo  die  Spartaner 
ihrem  Alliierten  die  Werbung  freigaben.  Auch  auf  die  Kräfte  der 
Unterthanen  aus  Stadt  und  Land  wollte  Dionys  keineswegs 
verzichten;  nur  gebrauchte  er  die  Vorsichtsmassregel,  dass  er 
den  ausgehobenen  Bürgern  erst  nach  dem  Ausmarsch  aus  der 
Stadt  die  Waffen  in  die  Hand  gab. 

Rüstungen:  Diod.  XtV,  41  ff.;  vgl.  Philistos  fr.  34  (aus  Theon): 
?^Ofi«v  «tiXistcu  ev  tt)  ofooifl  tä  Tttpt  x-rjv  «ap-aaxcu-rjv  tr4v  srcl  Kap- 

-fiyfiövoz  Aiovootoo  xoö  tupdvvoo  xal  x<Lv  onXtuv  xal  tü»v  vsäv,  xa\  t<£v 
opydvtov  rr}v  xoitpw.    Ueber  den  Bestand  am  Ende  seiner  Regierung  . 
s.  '§.  987.    Die  Zahlen  sind  vielleicht  übertrieben  oder  vom  Bestand 
der  Flotte  am  Ende  der  Regierung  des  Dionys  auf  das  J.  897  über- 
tragen; wenigstens  ist  im  Kriege  nur  eine  beträchtlich  geringere  Flotte 


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102  IV»  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

verwendet  worden.  Dass  die  Erfindung  der  Pentere  auf  Nachahmung 
der  Korinther  zurückgeführt  wird,  die  die  Triere  erfunden  haben  (Diod. 
-42,  8),  ist  ächter  Timaeos  [von  Holm  II,  108  zu  einem  kleinen  Roman 
erweitert].  Wenn  Aristoteles  (Plin.  VII,  208  =  Clem.  Alex,  ström.  I, 
16,  75)  die  Erfindung  der  Tetrere  den  Karthagern  zuschrieb,  so  liegt 
dem  offenbar  eine  Bosheit  gegen  Dionys  zu  Grunde,  die  ihm  die  Er- 
findung nicht  gönnt.  Ebenda  wird  die  Pentere  den  Salaminiern  zuge- 
schrieben, und  VII,  201  die  Katapulte  den  Syrophoenices !  Alle  diese 
Listen  der  Erfinder  mischen  Werthvolles  und  ganz  Werthloses  kritiklos 
-durch  einander.  —  Bewaffnung  der  Bürger  Polyaen  V,  2,  14 

791.  So  hat  Dionysios  in  sieben  Jahren  (404 — 398)  Syrakus 
zur  ersten  Militärmacht  der  griechischen  Welt  erhoben.  Es 
war  der  wahre  Erbe  Athens,  ja  es  übertraf  noch  dessen 
Leistungen,  da  es  zu  Lande  wie  zur  See  gleich  stark  dastand. 
So  gewaltige  Flotten  und  Truppenmassen,  wie  Dionys  zu  An- 
fang des  Jahres  397  besass ,  hat  Athen  auch  auf  der  Höhe 
seiner  Macht  niemals  gleichzeitig  aufstellen  können.  Und  doch 
ist  es  fraglich,  ob  man  beide  Mächte  mit  Recht  würde  als 
gleichwerthig  betrachten  dürfen.  Denn  so  bewunderungswürdig 
Dionys'  Leistungen  sind,  eins  fehlte  ihnen,  was  Athen  besass: 
die  solide  Fundirung,  welche  nur  eine  stetige  Ent Wickelung 
schaffen  kann,  die  die  Kräfte  nicht  überspannt.  Bei  Dionys 
war,  seiner  Stellung  und  Aufgabe  entsprechend,  alles  in  mög- 
lichster Eile  künstlich  getrieben  und  fieberhaft  überhastet;  es 
war  sehr  fraglich,  ob  seine  Macht  in  der  Feuerprobe  sich  so 
widerstandsfähig  würde  erweisen  können  wie  die  Athens. 
Nirgends  tritt  das  deutlicher  hervor  als  im  Finanzwesen.  Im 
attischen  Reich  bildeten  die  Finanzen  das  feste  Fundament; 
als  sie  erschöpft  waren,  begann  es  zusammenzubrechen.  Dionys 
rauss  für  seine  Bauten,  Rüstungen  und  Werbungen  noch  viel 
mehr  Geld  aufgewandt  haben,  als  Athen  jemals  in  einem 
gleichen  Zeitraum :  und  überdies  schluckte  alljährlich  der  Sold 
und  die  Verproviantirung  gewaltige  Summen.  Baare  Geld- 
mittel aber,  wie  sie  Athen  seit  Alters  in  dem  Schatz  der 
Göttin  besass,  waren  in  Syrakus  schwerlich  in  irgendwie  er- 
heblichem Umfang  vorhanden.  So  musste  Dionys  beständig  aus 
der  Hand  in  den  Mund  leben  und  immer  neue  Mittel  ersinnen, 


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Finanzwesen  des  Dionys. 


103 


um  das  nöthigste  Geld  zu  beschaffen.  So  wenig  er  für  sich 
selbst  brauchte,  seine  Regierung  erhielt  dadurch  Zeit  seines 
Lebens  das  Gepräge  eines  schweren  finanziellen  Drucks;  wenn  er 
durch  Förderung  commercieller  und  industrieller  Unternehmungen 
den  Wohlstand  zu  heben  suchte,  so  hemmte  er  ihn  ebenso  sehr 
durch  fortwährende  Auflagen  und  neue  Steuern.  Nirgends  so 
sehr  wie  hier  empfinden  wir  das  Fehlen  eine^Avirklich  ausreichen- 
den Darstellung  seiner  Regierung,  wie  sie  Ailistos  ohne  Zweifel 
geboten  hat;  was  uns  erhalten  ist,  beschränkt  sich  auf  eine 
Anzahl  tendenziös  entstellter  Anekdoten  von  Finanzkniffen,  die 
sich  ohne  chronologische  Daten  über  seine  ganze  Regierung  ver- 
theilen und  in  keiner  Weise  genügen,  um  System  und  Umfang 
seines  Finanzwesens  festzustellen.  Die  ersten  Bedürfnisse 
mochten  durch  die  Gonfiscation  des  Vermögens  der  Gegner 
gedeckt  sein;  weitere  Mittel  schafften  die  Tempel.  Das  peri- 
kleische  Athen  hat  bei  seinem  Finanzsystem  wenigstens  die 
Fiction  gewahrt,  dass  es  die  Summen,  die  es  der  Göttin 
nahm,  sich  nicht  aneignete,  sondern  nur  entlieh;  Dionys  war 
auch  darin  ein  vollständig  moderner  Mensch,  dass  er  vor  dem 
in  den  Heiligthümern  aufgehäuften  und  verarbeiteten  Edel- 
metall nicht  den  mindesten  Respect  zeigte,  sondern  es  ohne 
jedes  Gewissensbedenken  confiscirte,  wenn  er  Geld  brauchte. 
Wie  die  Athener  war  auch  er  der  Ansicht,  dass  die  Götter, 
die  der  Staat  verehre,  verpflichtet  seien,  ihm  in  seiner  Noth 
zu  helfen  —  nur  dass  die  Athener  an  diese  Götter  glaubten, 
er  dagegen  nicht.  Doch  derartige  Massregeln  und  ebenso  die 
Kriegsbeute  konnten  nicht  mehr  ergeben  als  willkommene 
Zuschüsse;  den  Haupttheil  des  Bedarfs  mussten  die  Bürger 
selbst  decken.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  Zehnten,  Marktsteuern, 
Zölle  in  hohen  Sätzen  erhoben  wurden;  auch  eine  Viehsteuer 
hat  Dionys  eingeführt.  Wenn  die  regelmässigen  Abgaben  nicht 
reichten,  blieb,  wie  in  Athen,  kein  anderer  Ausweg  als  die 
Erhebung  einer  ausserordentlichen  Vermögenssteuer.  Dabei  ist 
Dionys  jedoch  nie  willkürlich  verfahren,  sondern  hat  immer  die 
gesetzliche  Form  gewahrt,  dass  er  einen  motivirten  Antrag  an 
die  Volksversammlung  brachte  und  annehmen  Hess.  Die  directe 


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104  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

Steuer  war  wohl  immer  für  einen  besondern  Zweck  bestimmt, 
z.  B.  für  die  Flottenrüstung,  oder  etwa  für  die  Summe,  durch  die 
er  eine  feindliche  Stadt  durch  Bestechung  gewinnen  zu  können 
glaubte  —  dafür  hat  er  sich  einmal  zwei  Stater  auf  den  Kopf 
der  steuerpflichtigen  Bürger  geben  lassen  und  den  Betrag,  als 
der  Plan  scheiterte,  zurückgezahlt.,  Wir  erfahren,  dass  die 
Bürger  mehrfach  erklärten,  an  der  Grenze  ihrer  Leistungs- 
fähigkeit angelangt  zu  sein,  und  Dionys  von  seinem  Antrag 
abstehen  und  auf  andere  Mittel  sinnen  musste.  Dann  hat  er 
wohl  Anleihen  bei  den  Bürgern  erhoben  oder  sich  die  Mündel- 
gelder vorschiessen  lassen  mit  der  Verpflichtung  sie  zurück- 
zuzahlen, wenn  die  Kinder  grossjährig  geworden  seien;  oder 
er  hat  beantragt,  dass  die  Frauen  ihren  Schmuck  der  Demeter 
weihen  sollten  und  ihn  dann  mit  Beschlag  belegt,  oder  auch 
eine  Steuer  an  die  Göttin  für  das  Tragen  von  Goldschmuck 
erhoben.  Endlich  blieb  als  letzter  Ausweg  die  Münzver- 
schlechterung: das  Silber  wurde  durch  Zinngeld  ersetzt  und 
dies  zum  vierfachen  Betrage  des  Werthes  ausgegeben;  ein 
Dekadrachmenstück  von  Kupfer,  das  mit  Zinn  überzogen  ist, 
mit  dem  prächtigen,  von  Euainetos  geprägten  Stempel  der 
Silbermünzen,  ist  uns  erhalten.  Ein  andermal  hat  Dionys  bei  der 
Rückzahlung  einer  Anleihe  den  Werth  des  Silbers  durch  einen 
aufgedrückten  Stempel  verdoppelt.  Daneben  werden  mancherlei 
kleine  Mittel  berichtet,  durch  die  der  Herrscher  das  bei  den 
Bürgern  vorhandene  Geld  zu  ermitteln  und  in  seine  Hände 
zu  bringen  suchte;  z.  B.  soll  er  einmal  seine  eigene  Habe 
versteigert  und  dann  den  Käufern  wieder  abgenommen  haben. 
%  Natürlich  erregten  alle  diese  Massregeln  sehr  viel  Erbitterung, 
zumal  bei  der  Eintreibung  der  Steuern  rücksichtslos  vor- 
gegangen wurde.  Ohne  Zweifel  ist  die  Steuerkraft  der  Bürger 
während  seiner  ganzen  Regierung  aufs  äusserste  angespannt 
worden;  und  doch  kann  zweifelhaft  erscheinen,  ob  er  ihnen 
so  viel  zugemuthet  hat,  wie  Athen  während  des  zehnjährigen 
Verzweiflungskampfes  um  seine  Herrschaft.  In  beiden  Fällen 
handelte  es  sich  um  die  Existenz  des  Staats,  ja  in  Syrakus 
in  noch  weit  höherem  Maasse  als  in  Athen,  wo,  wenn  es  sich 


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Finanzwesen  des  Dionys. 


105 


rechtzeitig  unterwarf,  der  Fortbestand  der  Stadt  und  der 

Nationalität  nicht,  wie  bei  Syrakus,  in  Frage  stand;  da  war 

die  äusserste  Anspannung  aller  Kräfte  vollauf  gerechtfertigt. 

Es  war  der  Einsatz  für  den  unermesslichen  Gewinn,  der  in 

Aussicht  stand,  wenn  es  gelang,  den  Kampf  zum  glücklichen 

Ende  durchzufechten.    Für  Athen  war,  wie  jeder  besonnen 

Urtheilende  eingestehen  musste,  nach  413  dies  Ziel  nicht  mehr 

erreichbar.    Aber  auch  Syrakus  ist  der  volle  Gewinn  nicht 

beschieden  gewesen,  da  Dionys  trotz  aller  Erfolge  sein  letztes 

Ziel,  die  Unterwerfung  ganz  Siciliens,  doch  nicht  erreicht  hat, 

und  alsbald  nach  seinem  Tode,  wo  die  Ernte  hätte  reifen 

können,  sein  Reich  der  Opposition  erlegen  ist. 

Hauptquelle  sind  die  Anekdoten  bei  [Arist.]  Oecon.  II,  21,  die  nur 
ihrer  zum  Theil  absurden  Tendenz  entkleidet  werden  müssen ;  z.  B,  wird 
das  zur  Hebung  der  Viehzucht  erlassene  Verbot,  Kdhe  zu  schlachten, 
als  eine  gehässige  finanzielle  Massregel  zur  Hebung  der  Viehsteuer  be- 
trachtet, u.  S.  Ferner  Polyaen  V,  2,  19.  Plut.  apophth.  Dionys.  5.  Nach 
Arist.  pol.  VIII,  9,  4  hätte  Dionys  in  fünf  Jahren  das  ganze  Vermögen 
dc>r  Bürger  als  slsspopa  erhoben,  eine  Angabe,  die  in  dieser  Fassung  ab- 
surd ist.  Es  ist  rührend,  mit  welcher  Naivität  manche  Neuere  diese 
Geschichten,  und  ebenso  die  Einziehung  der  Edelmetalle  aus  den  Tem- 
peln ([Arist.]  Oer.  II,  42.  Gic.  nat.  deor.  III,  83  f.  =  Val.  Max.  I,  1  ext.  3. 
Athen.  XV,  693e.  Plut.  de  Is.  71.  Polyaen  V,  2.  19;  vgl.  Diod.  XIV,  65, 
2.  67,  4.  69,  2.  XV,  13,  1.  14,  4;  vgl.  Xenophon  Hiero  4,  11;  im  ein- 
zelnen finden  sich  namentlich  bei  Cicero  viel  Entstellungen)  als  entsetz- 
liche Frevel  darstellen,  die  sie,  wenn  sie  mit  entgegengesetzter  Tendenz 
erzählt  wären ,  aufs  höchste  bewundern  würden.  Was  für  Syrakus  und 
ganz  Hellas  auf  dem  Spiel  stand,  haben  sie  sich  nie  klar  gemacht.  Die 
richtige  Auffassung  hat  vor  allem  DrotsEX,  Zum  Finanzwesen  des  Dio- 
nysios,  Ber.  Berl.  Ak.  1882  =  Kl.  Sehr.  II,  306  ff.  ausgesprochen.  — 
Wie  weit  die  sicilische  Steuerordnung  der  Römerzeit  (lex  Hieronica)  schon 
unter  Dionys  bestand,  ist  nicht  zu  ermitteln.  Abgaben  der  Bürger  auch 
Diod.  XIV,  106,  3.  Justin  21,  1,  5.  —  Zinngeld:  [Arist.]  Oec.  II,  21,  3. 
Pollux  XI,  79.  Die  erhaltene  Münze:  Evans,  contributions  to  Sicil. 
numism.  31.  Holm,  Gesch.  Sic.  IU,  616.  —  Ob  mit  der  Ausgabe  des  Sil- 
bers zum  doppelten  Betrag  seines  Werthes  [Arist.]  Oec.  II,  21,  8  die  Herab- 
setzung des  (Kupfer- )Talents  von  24  nummi  auf  12  (Aristoteles  i>ei  Pollux  IX, 
87)  zusammenhängt,  wie  man  oft  vermuthet  hat,  ist  nicht  zu  entscheiden. 

792.  Zu  Anfang  des  J.  397  waren  die  Rüstungen  voll- 
endet. Wie  sicher  Dionys  sich  des  Erfolges  fühlte,  geht  daraus 


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106 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


hervor,  dass  er  beschloss,  vor  Beginn  des  Krieges  sich  wieder 
zu  vermählen  und  dadurch  den  Grund  zum  Fortbestand  seiner 
Dynastie  zu  legen.  Aus  politischen  Gründen  führte  er,  mit 
Hinwegsetzung  über  die  Sitte,  zwei  Frauen  heim,  die  Syrakuserin 
Aristoraache,  die  Tochter  des  Hipparinos,  seines  vertrautesten 
Gehülfen,  und  Doris,  die  Tochter  des  Xenetos  aus  Lokri ,  die 
die  Bürgerschaft  selbst  ihm  ausgesucht  hatte  (§.  786).  Das 
stolzeste  Kriegsschiff  seiner  Marine,  die  erste  vom  Stapel  ge- 
laufene Pentere,  führte  die  Braut  heim;  die  Hochzeit  mit  beiden 
Frauen  wurde  am  gleichen  Tage  mit  allem  Glanz  gefeiert,  die 
Truppen  und  die  Bürger  zu  Gast  geladen.  Wenige  Tage 
darauf  brachte  Dionys  bei  der  Bürgerschaft  den  Antrag  ein, 
Karthago  den  Krieg  zu  erklären.  Er  wurde  mit  Begeisterung 
angenommen.  Eine  Gesandtschaft  ging  nach  Karthago,  um 
irn  Namen  von  Syrakus  den  Krieg  anzukündigen,  falls  es 
nicht  freiwillig  sich  entschliessen  wolle,  alle  Griechenstädte 
herauszugeben. 

Die  Doppelehe:  Diod.  XIV,  44.  Plut.  Dio  8.  Aelian  v.  h.  XIII,  10. 
Nach  Plut.  Timol.  6  war  zuerst  die  Tochter  des  Ix>krers  Aristeides  in 
Aussicht  genommen;  aber  dieser  weigerte  sie,  wofür  Dionys  grausame 
Rache  flbte.  —  Beloch's  Vermutbungen  Ober  die  Doppelehe  Gr.  Gesch. 
II,  178  scheinen  mir  grundlos. 

Zweiter  karthagischer  Krieg. 

793.  In  Karthago  hat  man  über  das  Ziel  der  Rüstungen 
des  Dionys  kaum  in  Zweifel  sein  können.  Aber  die  Seuche, 
welche  dem  vorigen  Kriege  ein  Ende  gemacht  hatte,  wüthete 
jetzt  verheerend  in  Afrika  und  in  der  Hauptstadt  und  stei- 
gerte die  Kriegsscheu  der  Regierung;  man  sah  der  Entwicke- 
lung  thatenlos  zu  und  war  völlig  unvorbereitet,  als  die 
syrakusanische  Gesandtschaft  eintraf,  deren  Forderung  man 
doch  unmöglich  erfüllen  konnte.  Jetzt  wurde  schleunigst  ge- 
rüstet und  Werber  nach  allen  Richtungen  entsandt;  der  Ober- 
befehl wurde  aufs  neue  dem  für  das  nächste  Jahr  zum 
Suffeten  erwählten  Himilko  übertragen.  Bis  er  ein  Heer  nach 


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Kriegserklärung  an  Karthago.   Belagerung  von  Motye.  107 

Sicilien  führen  konnte,  hatte  Dionysios  freie  Hand.  Gleich 
nach  dem  Kriegsbescbluss  hatte  sich  überall  auf  Sicilien  der 
Nationalhass  in  wilden  Ausbrüchen  entladen;  in  Syrakus  so 
gut  wie  in  den  karthagischen  Griechenstädten  fiel  der  Pöbel 
über  die  phoenikischen  Händler  her,  plünderte  ihre  Magazine 
und  Schiffe,  und  vergalt  ihnen  selbst  mit  Martern  aller  Art, 
was  Karthago  an  den  Griechen  verübt  hatte.  Inzwischen  war 
Dionys  mit  seiner  Armee,  ohne  Widerstand  zu  finden,  in  die 
karthagische  Provinz  eingerückt.  Alle  Griechenstädte  be- 
grüssten  ihn  als  Befreier  und  sandten  ihm  Zuzug;  auch  die 
Elymer  von  Eryx  traten  zu  ihm  über,  das  Landvolk  musste 
sich  unterwerfen;  nur  die  alten  Phoenikerstädte ,  sowie  En- 
tella,  Halikye,  Segesta  hielten  bei  Karthago  aus.  Auf 
80,000  Mann  und  über  3000  Reiter  soll  sein  Heer  angewachsen 
sein,  dazu  gegen  200  Kriegsschiffe  und  etwa  500  Transport- 
schiffe, welche  die  Belagerungsmaschinen  und  den  Proviant 
herbeiführten.  Dionys'  Ziel  war  Motye ,  das  auf  einem  Fels- 
eiland  in  dem  lagunenartigen  Meer  an  der  Westspitze  der 
Insel  gelegene  Hauptbollwerk  der  karthagischen  Herrschaft. 
Die  kleine  Stadt,  ein  getreues  Abbild  von  Tyros,  Arados  und 
Gades,  war  stark  befestigt  und  sehr  dicht  bevölkert,  dabei 
ausserordentlich  wohlhabend.  Dionys'  Flotte  fuhr  in  die  Bucht 
«in.  Der  Damm,  der  die  Insel  mit  dem  Festland  verbunden 
hatte,  war  von  den  Bewohnern  zerstört  worden;  so  liess 
Dionys  einen  neuen  sechs  Stadien  langen  Damm  in  das  seichte 
Meer  werfen.  Himilko  versuchte  Hülfe  zu  bringen.  Ein  paar 
karthagische  Trieren  drangen  bei  Nacht  in  den  Hafen  von 
Syrakus  ein  und  richteten  unter  den  überraschten  Fahrzeugen 
argen  Schaden  an.  Dann  wiederholte  er  selbst  das  gleiche 
Manöver  im  Hafen  von  Motye.  Plötzlich  erschien  er  mit 
100  Schiffen  früh  Morgens  im  Eingang  der  Bucht  und  ver- 
nichtete eine  Anzahl  der  feindlichen  Schiffe.  An  weiterem  Vor- 
dringen hinderte  ihn  die  Landarmee  und  vor  allem  der  Stein- 
hagel der  neuen  Geschütze;  aber  er  durfte  hoffen,  wenn  die 
feindliche  Flotte,  die  am  Slrande  lag,  in  See  ginge,  die  Schiffe 
in  dem  engen  Raum  einzeln  angreifen  und  vernichten  zu 


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108  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

können,  andernfalls  aber  die  Stadt  von  der  Seeseite  her  zu 
schirmen.  Indessen  Dionys  liess  seine  Schiffe  auf  einer 
Schleppbahn  über  die  schmale  Landzunge  bringen,  die  damals 
noch  die  Bucht  im  Norden  abschloss,  und  gewann  so  die 
offene  See.  Dadurch  wurde  Himilkos  Stellung  unhaltbar,  da 
er  viel  schwächer  war  als  die  Feinde.  Er  musste  nach  Kar- 
thago zurückkehren  und  Motye  seinem  Schicksal  überlassen. 
Dionys  vollendete  den  Damm,  brachte  seine  Maschinen  heran, 
und  legte  Bresche  in  die  Mauer.  Die  Einwohner  wehrten  sich 
verzweifelt ;  mehrere  Tage  dauerte  der  Strassenkampf  zwischen 
den  hohen  Häusern  in  den  engen  Gassen.  Schliesslich  wurden 
sie  überwältigt,  und  nun  begann  das  Morden  nach  dem  Bei- 
spiel, das  Karthago  in  den  Griechenstädten  gegeben  hatte. 
Was  gefangen  war,  wurde  verkauft,  die  reiche  Beute  den 
Soldaten  überlassen;  eine  Schaar  griechischer  Söldner,  die  in 
der  Stadt  Dienste  genommen  hatte,  liess  Dionys  als  Hoch- 
verräther an  der  hellenischen  Nation  ans  Kreuz  schlagen. 
Ueber  diesen  Kämpfen  war  der  Winter  herangekommen: 
Dionys  liess  den  Flottencommandanten,  seinen  Bruder  Leptines, 
mit  120  Schiffen  und  genügenden  Landtruppen  zurück,  um 
die  Insel  gegen  einen  feindlichen  Angriff  zu  decken  und 
womöglich  den  Rest  der  karthagischen  Besitzungen  zu  er- 
obern. 

Pest  in  Afrika :  Diod.  XIII,  114,  3.  XIV,  41,  1.  45,  2.  47,  4.  —  Belage- 
rung  von  Motye :  Diod.  XIV,  47  ff.  Polyaen  V,  2,  6.  Zur  Topographie : 
Schubring,  Philol.  XXIV.  Holm,  Gesch.  II,  434.  Meltzer,  Gesch.  d.  Kartb. 
I,  512. 

794.  Im  nächsten  Frühjahr  (396)  zwang  Dionys  Halikye 
zur  Unterwerfung  und  begann  die  Belagerung  von  Segesta. 
Inzwischen  aber  hatten  die  Karthager  ein  gewaltiges  Heer  zu- 
sammengebracht. Die  Gefahr  war  freilich  gross,  dass  die 
widerstandsunfähigen  Transportschiffe  von  der  starken  feind- 
lichen Flotte  aufgefangen  würden.  Himilko  liess  sie  deshalb, 
ganz  gegen  die  Gewohnheit  des  Alterthums,  möglichst  auf 
hoher  See  bleiben  und  wies  ihnen  durch  versiegelte  Ordres 
Panormos  als  Landungsplatz  an;  er  selbst  fuhr,  um  sie  zu 


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Eroberung  von  Motye.  Erfolge  der  Karlhager.  Zerstörung  Messanas.    1 09 


decken,  mit  der  Kriegsflotte  an  der  sicilischen  Küste  entlang. 
Eine  Anzahl  Schiffe,  angeblich  50,  wurde  trotzdem  von  Lep- 
tines  abgefangen  und  in  den  Grund  gebohrt;  der  Mehrzahl 
gelang  es,  glücklich  Panormos  zu  erreichen.  Von  hier  aus 
rückte  Himilko  nach  Westen  vor  und  gewann  Eryx  und  Motye 
zurück;  Dionys  war  gezwungen  die  Belagerung  von  Segesta 
aufzuheben  und  sah  sich  plötzlich  in  eine  sehr  schwierige 
Lage  versetzt.  Er  stand  mitten  in  Feindesland;  die  ein- 
heimische Bevölkerung  neigte  in  dem  Nationalkrieg  durchweg 
zu  Karthago,  auch  wenn  sie  sich  vorübergehend  den  Griechen 
hatte  unterwerfen  müssen.  Ein  Versuch,  die  Sikaner  durch 
grosse  Versprechungen  zum  Eintritt  in  sein  Heer  zu  bewegen, 
misslang,  dagegen  strömten  sie  in  Massen  den  Karthagern  zu; 
auch  Halikye  fiel  sofort  wieder  ab.  Entscheidend  war,  dass 
die  Verpflegungsschwierigkeiten  sich  immer  fühlbarer  machten. 
So  wagte  Dionys  trotz  des  Drängens  der  Griechen  nicht,  dem 
an  Zahl  vielleicht  von  Anfang  an  stärkeren  und  durch  Zu- 
züge sich  täglich  vermehrenden  Feinde  die  Schlacht  zu  bieten 
und  damit  alles  aufs  Spiel  zu  setzen;  er  entschloss  sich  zum 
Rückzug  auf  Syrakus.  Damit  gab  er  nicht  nur  seine  Er- 
oberungen Preis,  sondern  auch  sein  eigenes  Machtgebiet. 
Himilko  folgte  ihm  nach,  wandte  sich  aber  zunächst  nicht 
gegen  Syrakus,  sondern  rückte  längs  der  Nordküste  vor. 
Himera  (d.  i.  Thermae)  und  Kephaloedion  unterwarfen  sich, 
die  liparischen  Inseln  wurden  gebrandschatzt:  dann  ging  er 
gegen  Messana  vor.  Ein  Theil  der  Bevölkerung  verzweifelte  am 
Widerstand,  zumal  die  Mauern  verfallen  waren,  und  flüchtete 
nach  Syrakus:  der  Rest  Hess  sich  zu  einem  Ausfall  gegen 
die  Karthager  im  Norden  der  Stadt  beim  Vorgebirge  Peloron 
verlocken  und  ermöglichte  dadurch  der  karthagischen  Flotte, 
den  Hafen  zu  überfallen  und  über  die  schwachen  Mauern  in 
die  Stadt  einzudringen.  Die  Messenier  flüchteten  in  die  be- 
festigten Dorfschaften  ihres  Gebiets  und  in  die  Nachbarstädte; 
ihre  Stadt  erlitt  dasselbe  Schicksal  wie  ihre  Schwestern:  sie 
wurde  auf  Himilkos  Befehl  von  Grund  aus  zerstört.  Von  dem 
blühenden  Kranz  griechischer  Städte,  der  ehemals  Sicilien  ura- 


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110 


IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


schlössen  hatte,  stand  jetzt  nur  noch  Syrakus  unversehrt  auf- 
recht. Das  zerstörte  Motye  dagegen  ersetzte  Himilko  durch 
eine  neue  Phoenikerstadt  auf  dem  flachen  Westcap  der  Insel,. 
Lilybaeon,  das  heutige  Marsala,  das  mit  starken  Mauern  und 
Festungsgräben  umgeben  wurde  und  durch  einen  ins  Meer 
geworfenen  Molo  einen  künstlichen  Hafen  erhielt. 

Der  Bericht  über  Himilkos  Operationen  (Diod.  XIV,  54  f.  Polyaen 
V,  10,  2.  Frontin  I,  ],  2;  gehört  auch  Polyaen  VI,  16,  *3  hierher?)  und 
Dionys1  RQckzug  (vgl.  Diod.  XIV,  68,  5)  ist  völlig  unzulänglich;  gerade 
an  den  entscheidenden  Wendepunkten  macht  sich  das  Fehlen  eines  sach- 
kundigen Berichts  am  empfindlichsten  fühlbar.  Eine  Episode  aus  den 
Kämpfen  ist  vielleicht  Polyaen  V,  10,  5,  ferner  V,  2,  9.  Frontin  I,  8,  11 
mit  den  Zahlen  des  Epboros;  wohin  Polyaen  V,  8,  1  =  Frontin  II,  5, 
11  gehört,  ist  völlig  unklar.  —  Zahl  der  Karthager  nach  Timaeos 
100,000  Mann,  auf  Sicilien  durch  30,000  weitere  verstärkt ;  nach  Ephoros 
über  300,000,  4000  Reiter,  400  Wagen,  400  Kriegs-,  über  600  Transport- 
schiffe: Diod.  XIV.  54,  vgl.  55,  3.  62,  8  (wo  das  Cilat  aus  Timaeos  aus- 
gefallen ist).  -  Lilybaeon:  Diod.  XXII,  10,  4,  vgl.  XIII,  54,  4. 

795.  Auf  die  Kunde  von  dem  Fall  Messanas  traten  alle 
Sikeler  mit  Ausnahme  der  Stadt  Assoros  (nordöstl.  von  Henna) 
aufs  neue  zu  Karthago  über,  auch  die  von  Dionys  im  Gebiet 
von  Naxos  Angesiedelten,  die  jetzt  auf  der  steilen  Berghöhe 
nördlich  von  den  Trümmern  der  alten  Griechenstadt  die 
Festung  Tauromenion  anlegten.  So  war  Dionys'  Macht  arg 
zusammengeschmolzen.  Er  ergriff  alle  Mittel  der  Gefahr  zu 
begegnen;  er  fuhr  fort  mit  der  Freilassung  von  Sklaven  und 
gewann  dadurch  die  Ruderer  für  60  Schiffe;  er  warb  weitere 
Söldner  im  Peloponnes ;  er  befestigte  die  Ortschaften  des  Land- 
gebiets und  die  beiden  Burgen  des  zerstörten  Leontini;  er 
verpflanzte  die  in  Katana  angesiedelten  Campaner  nach  dem 
festen  Aetna;  er  brachte  möglichst  viel  Proviant  zusammen. 
Dann  nahm  er  mit  Landheer  und  Flotte,  30,000  Mann, 
3000  Reitern,  180  Schiffen,  Stellung  bei  dem  Vorgebirge 
Tauros  (bei  Augusta)  4  Meilen  nördlich  von  Syrakus,  um  den 
Angriff  der  Feinde  zu  erwarten.  Himilko  rückte  von  Messana 
aus  längs  der  Küste  vor,  von  der  Flotte  unter  Mago  begleitet. 
Aber  am  Fuss  des  Aelna  hinderten  gewaltige  Lavamassen. 


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Himilko  gegen  Syrakus.   Magos  Seesieg  bei  Katana.  Hl 

von  einer  vor  kurzem  erfolgten  Eruption  seinen  Vormarsch; 
er  musste  das  Bergmassiv  in  weitem  Bogen  durch  das  Binnen- 
land umschreiten.  Dadurch  wurde  die  Flotte  isolirt;  Dionys 
rückte  bis  Katana  vor  und  befahl  seinem  Bruder  Leptines,  mit 
der  Flotte,  meist  Tetreren  und  Penteren,  Mago  anzugreifen.  Die 
feindliche  Seemacht  war  an  Zahl  überlegen,  aber  sie  bestand 
nur  aus  Trieren  und  hatte  zahlreiche  Lastschiffe  bei  sich,  so 
dass  Mago  den  Kampf  gern  vermieden  hätte.  Indessen  Lep- 
tines  griff  ihn  mit  den  30  besten  Schiffen  an  und  bohrte  zu- 
nächst eine  Anzahl  feindlicher  Trieren  in  den  Grund.  Bald 
jedoch  gerieth  er  durch  die  Ueberzahl  in  arge  Bedrängniss 
und  musste  auf  die  offene  See  entweichen;  die  übrigen  syra- 
kusanischen  Schiffe,  die  so  rasch  nicht  hatten  folgen  können, 
wurden  beim  Herankommen  in  aufgelöster  Ordnung  überfallen 
und  meist  genommen,  üeber  100  Schiffe  fielen  den  Karthagern 
zur  Beute,  die  Mannschaften  fanden  grösstentheils  im  Meer 
den  Tod,  die  syrakusanische  Seemacht  war  so  gut  wie  ver- 
nichtet. Dionys  wagte  jetzt  nicht  mehr,  dem  Landheer  unter 
Himilko  entgegenzutreten,  da  inzwischen  die  feindliche  Flotte, 
trotz  eines  ausgebrochenen  Sturms,  in  den  Hafen  von  Syrakus 
eindringen  und  die  von  Vertheidigern  entblösste  Stadt  erobern 
konnte,  wie  kurz  vorher  Messana;  so  entschloss  er  sich  zu 
eiligem  Rückzug.  Die  Folge  war  allerdings,  dass  seine  Macht 
noch  weiter  zusammenschrumpfte;  überall  wurden  Vorwürfe 
laut  gegen  den  Feldherrn,  der  trotz  seiner  unumschränkten 
Tyrannengewalt,  die  er  so  rücksichtslos  ausübte,  nicht  im 
Stande  sei,  die  Feinde  zu  besiegen,  sondern  eine  Niederlage 
nach  der  andern  erleide.  Zahlreiche  Truppen  verliessen  ihn, 
die  Städte,  mit  Ausnahme  der  Gampaner  in  Aetna,  unter- 
warfen sich  den  Karthagern.  Auch  in  Syrakus  gab  es,  nament- 
lich unter  den  Vornehmen,  gar  viele,  denen  die  Partei  über 
die  Nationalität  ging  und  die  sich  gern  den  Karthagern  unter- 
worfen hätten,  wenn  sie  sich  dadurch  von  der  Herrschaft  des 
Tyrannen  befreien  konnten. 

Tauromenion:  Diod.  XIV,  59.  87,  4  ff.  Der  Sturm  nach  der  Schlacht 
61.  4  erscheint  auch  in  Theodoros'  Rede  68,  6.   Diese  (trotz  Holm) 


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112  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

zweifellos  aus  Timaeos  stammende  Rede  (vgl.  66,  1.  67,  1  über  Gelon) 
gibt  die  Gedanken  der  Opposition  in  8yrakus,  die  Timaeos  mit  voller 
Ueberzeugung  theilt,  offenbar  im  wesentlichen  richtig  wieder. 

796.  Indessen  Dionys  verzweifelte  nicht.  Noch  einmal 
erliess  er  einen  Hülferuf  an  ganz  Hellas,  nicht  thatenlos  zu- 
zuschauen, wie  das  Griechenthum  in  Sicilien  vollständig  ver- 
nichtet werde;  sein  Schwager  Polyxenos  ging  nach  Unteritalien 
und  dem  Peloponnes,  um  Soldner  zu  werben.  Sparta,  gerade 
im  Kampf  gegen  Persien  für  die  Freiheit  der  Hellenen  be- 
griffen, Hess  auch  im  Westen  die  nationale  Sache  nicht  im 
Stich;  es  sandte  seinem  alten  Verbündeten  ein  Hülfscorps  von 
30  Trieren  unter  dem  Commando  des  Nauarchen  Pharakidas 
(§.  845).  Diesem  gelang  es,  unterwegs  eine  Anzahl  karthagischer 
Schiffe  abzufangen  und,  indem  er  sie  seinen  eigenen  Schiffen 
voranfahren  Hess,  die  Feinde  zu  täuschen,  so  dass  er  mit  den 
von  Polyxenos  geworbenen  Truppen  ungehindert  in  den  Hafen 
von  Syrakus  einlaufen  konnte.  Während  dessen  hatte  Himilko 
die  Belagerung  von  Syrakus  begonnen.  Es  wiederholten 
sich  die  Vorgänge,  welche  sich  neunzehn  Jahre  zuvor  beim 
Angriff  der  Athener  abgespielt  hatten;  nur  war  nicht  nur 
die  belagernde  Armee,  sondern  auch  die  Festung  weit 
grösser  und  überdies  in  ganz  anderer  Weise  für  die  Ver- 
teidigung vorbereitet  als  damals.  Die  Flotte  lief  in  den 
grossen  Golf  im  Süden  der  Stadt  ein,  in  dem  die  Athener 
den  Untergang  gefunden  hatten;  das  Landheer  nahm  in  der 
Anaposebene  Stellung,  gedeckt  durch  drei  Castelle  auf  dem 
Plemmyrion,  dem  Höhenrücken  im  Süden  des  Golfes,  wo 
Nikias  sich  eine  Zeit  lang  festgesetzt  hatte,  im  Tempel  des 
olympischen  Zeus,  den  damals  die  syrakusanischen  Reiter 
behauptet  hatten,  und  zwischen  beiden  am  Vorgebirge  Daskon. 
Zur  Schlacht  Hessen  sich  die  Syrakusaner  weder  zu  Lande 
noch  zur  See  verlocken,  und  ein  Sturm  war  zur  Zeit  noch 
aussichtslos;  man  musste  versuchen,  die  Stadt  auszuhungern. 
Freilich  reichte  die  karthagische  Macht,  so  stark  sie  war,  nicht 
aus,  die  Riesenfestung  von  allen  Seiten  einzuschliessen ;  vor 
allem  den  Kriegshafen  im  Norden  der  Stadt,  zwischen  der 


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Belagerung  von  Syrakus.  Versuch  einer  republikanischen  Erhebung.    1 13 

Insel  und  der  Achradina,  konnte  die  feindliche  Flotte  wohl 
durch  Angriffe  belästigen,  aber  eine  regelrechte  Blockade  war 
hier,  vor  der  stark  befestigten  Einfahrt,  mitten  zwischen  den 
Festungsmauern  im  Norden  und  im  Süden,  für  sie  so  wenig 
möglich  wie  für  die  Athener.  So  kam  der  Krieg  zum  Stehen ; 
einen  Monat  lang  musste  Himilko  sich  mit  Demonstrationen 
und  gründlicher  Verwüstung  des  Landgebiets  und  der  Heilig- 
thümer  und  Wohnhäuser  vor  den  Stadtmauern  begnügen.  Die 
Hoffnungen  der  Syrakusaner  belebten  sich;  während  Dionys 
und  Leptines  ausfuhren  um  Proviant  herbeizuführen,  griffen 
sie  ein  Geschwader  von  40  Schiffen  an,  das  vor  dem  Hafen 
demonstrirte,  und  nahmen  25  von  ihnen.  Durch  diesen  ohne 
Mitwirkung  des  Herrschers  erfochtenen  Sieg  schwoll  den  Bür- 
gern der  Muth;  die  Waffen  hatten  sie  in  der  Hand,  ihre 
Kriegstüchtigkeit  hatten  sie  erwiesen;  war  es  nicht  möglich 
sich  jetzt  des  Zwingherrn  zu  entledigen?    Die  Sache  schien 
nicht  aussichtslos,  zumal  auch  die  Söldner  schwierig  zu  werden 
begannen,  vermuthlich  weil  Dionys  den  Sold  nicht  mehr  regel- 
mässig zahlen  konnte.  Als  Dionys  zurückkehrte  und  in  einer 
Volksversammlung  die  bestimmte  Erwartung  aussprach,  er 
werde  den  Krieg  bald  zu  Ende  führen  können,  stellte  Theo- 
doras, ein  angesehener  Mann  aus  der  Ritterschaft,  den  An- 
trag, den  Feldherrn,  der  das  Vertrauen  der  Bürgerschaft 
schmählich  getäuscht  habe,  abzusetzen  und  ins  Exil  zu  schicken. 
Er  fand  viel  Zustimmung,  wenn  man  auch  wird  annehmen 
dürfen,  dass  es  unter  der  Bürgerschaft  genug  Leute  gab, 
welche  vor  einer  derartigen  selbstmörderischen  Handlung 
zurückscheuten.  Den  Ausschlag  gab  der  spartanische  Nauarch 
Pharakidas;  er  erklärte,  von  seiner  Regierung  entsandt  zu 
sein,  um  den  Syrakusanern  und  Dionys  beizustehen,  nicht  aber 
um  Dionys  zu  stürzen.    Da  wagten  die  Republikaner  nicht, 
weiter  zu  gehen;  Dionys  konnte  sich  im  Regiment  behaupten, 
(n  seinem  Verhalten  gegen  die  Bürger  hat  er  nichts  geändert : 
weder  jetzt  noch  später  erfahren  wir  von  einem  Einschreiten 
gegen  Theodoros  und  seinen  Anhang.  Dass  Pharakidas  wegen 
seiner  Erklärung,  durch  die  er  Syrakus  und  die  Griechen  auf 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  8 


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114  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

Sicilien  gerettet  hat,  von  Timaeos  und  seinen  Gesinnungs- 
genossen aufs  schwerste  getadelt  wird,  ist  nicht  wunderbar, 
wohl  aber,  dass  es  auch  jetzt  noch  Historiker  gibt,  die  ihm 
das  nachsprechen. 

Pharakidas  wird  bei  Diodor  XIV,  63,  4.  70,  2  ausdrücklich  als 
spartanischer  Nauarch  beieichnet.  Als  solcher  hat  er  397  und  89& 
in  Asien  commandirt:  dass  er  hier  mit  der  Kurzform  Pharax  genannt 
wird,  beweist  natürlich  nichts  gegen  die  Identität  beider.  Sein  Hulfs- 
zug  nach  Syrakus  fallt  also  in  den  Sommer  396,  in  Uebereinstinv» 
mung  mit  Diodors  Datum.  Ueberdies  ist  eine  Hfllfssendung  nach  Sici- 
lien im  J.  395  durch  den  damaligen  Stand  des  Perserkriegs  ausge- 
schlossen. Somit  drängen  sich  allerdings  die  Ereignisse  im  J.  396  sehr; 
die  Landung  der  Karthager  bei  Panormos  mag  Anfang  Mai,  die  Ein- 
nahme von  Messana  Ende  Juni,  die  Belagerung  von  Syrakus  im  heissesten 
Sommer  (Diod.  XIV,  70,  4;  die  SOtfigige  Pause  c.  02,  5)  in  den  August 
und  September,  die  entscheidende  Schlacht  Ende  September  oder  An- 
fang October  fallen.  —  Diodor  erzflhlt  (trotz  Holm)  nach  Timaeos,  dessen 
Charakter  wie  in  der  Rede  des  Theodoros  (§.  795  A.)  so  in  der  Betonung 
der  Religionsfrevel  der  Karthager  (c.  63.  70,  4.  73.  5.  74)  und  in  den  ge- 
gehässigen Motiven,  die  Dionys  beim  Abzug  der  Karthager  untergeschoben 
werden  (c.  75),  unverkennbar  ist.  Die  Zahl  von  150,000  an  der  Pest 
Gestorbenen  c.  76,  2  stammt  allerdings,  wie  Holm  betont,  aus  Epboros; 
aber  sie  steht  in  dem  abschliessenden  Rückblick,  wo  Diodor  selbständiger 
schreibt.  —  Die  Zahlen  für  die  karthagische  Flotte  c.  02,  2  sind  in  Ver- 
wirrung, für  das  Landheer  werden  62.  3  die  des  Ephoros  u»c  jjiv  t:vs<; 
avifp^av)  gegeben ,  300,000  Mann ,  3000  Reiter ,  die  des  Timaeos  sind 
ausgefallen.  —  Pharakidas' Landung :  Polyaen  II,  11.  Frontin  I,  4,  12.— 
Aufsässigkeit  der  Söldner:  Diod.  XIV,  72,  2.  78. 

797.  Die  Belagerung  von  Syrakus  fiel  in  die  heissesten 
Sommermonate  des  J.  39(5.  Wie  bei  den  Athenern  im  J.  414 
erzeugte  auch  bei  den  Karthagern  die  Anhäufung  einer  ge- 
waltigen Menschenmasse  in  dem  Sumpfland  des  Anapos  ver- 
heerende Seuchen;  und  alsbald  wuchsen  dieselben  zu  einer 
Epidemie  an  —  vielleicht  war  es  diesmal  wirklich  die  Beulen- 
pest — ,  welche  an  Furchtbarkeit  die  Pest  in  Athen  und  die 
Epidemie  des  J.  405  vielleicht  noch  übertraf.  In  wenig  Wochen 
wurde  ein  grosser  Theil  des  Heeres  hinweggerafft,  so  dass  die 
Leichen  nicht  mehr  bestattet  werden  konnten;  alle  Mittel  sich 
gegen  die  Ansteckung  zu  schützen,  versagten.    Die  Ueber- 


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Die  Pest.   Vernichtung  des  karthagischen  Heer?.  H5 

lebenden  wurden  vollständig  demoralisirt.  Trotzdem  hielt 
Himilko  aus;  war  ihm  doch  auch  im  J.  406  die  Eroberung 
von  Agrigent  trotz  der  Seuche  und  trotz  der  Niederlage  durch 
Daphnaeos  gelungen.  Aber  diesmal  zeigte  sich  Dionys  der 
Situation  gewachsen.  In  einer  dunklen  Nacht  umging  er  mit 
seinen  Kerntruppen  die  feindliche  Stellung,  liess  sie  am  nächsten 
Morgen  durch  eine  Söldnerschaar,  deren  Untergang  ihm  nicht 
unwillkommen  war,  in  der  Front  angreifen  und  fiel  ihnen  selbst 
in  den  Rücken.  Während  er  die  Castelle  und  das  Lager  erstürmte, 
drang  eine  Flotte  von  80  Schiffen  unter  Pharakidas  und  Lep- 
tines  in  den  Golf  ein  und  überfiel  die  karthagischen  Trieren, 
während  sie  noch  bemannt  und  flott  gemacht  wurden.  Die 
Feinde  suchten  sich  zu  wehren  so  gut  es  ging;  aber  durch 
den  plötzlichen  Angriff  von  allen  Seiten  waren  sie  überrascht 
und  verwirrt,  und  als  nun  Dionys  Feuer  in  die  Schiffe  werfen 
liess  und  der  Sturm  dies  alsbald  zu  einem  Ungeheuern  Brande 
anfachte,  war  ihre  Stellung  vollends  verloren.  An  derselben 
Stelle,  wo  die  athenische  Invasion  in  Wochen  langen  ver- 
zweifelten Kämpfen  zu  Grunde  gegangen  war,  haben  Dionys 
und  Pharakidas  mit  einem  einzigen  Schlage  die  karthagische 
Invasion  vernichtet.  Himilko  versuchte  zu  retten,  was  noch 
zu  retten  war;  er  begann  um  freien  Abzug  zu  verhandeln. 
Dionys  erklärte,  dass  er  das  nicht  bewilligen  könne;  nur  die 
karthagischen  Bürger  wollte  er,  gegen  eine  Zahlung  von 
300  Talenten,  entkommen  lassen.  Himilko  ging  darauf  ein, 
und  Dionys  hat  Wort  gehalten;  als  in  der  vierten  Nacht  die 
Karthager  auf  40  Trieren  davonfuhren,  hielt  Dionys  seine  Truppen 
zurück.  Nur  die  unter  den  peloponnesischen  Hülfstruppen 
befindlichen  Korinther,  die  in  diesem  Verhalten  Verrath  sahen, 
bestiegen  die  Schiffe  und  bohrten  noch  einige  der  feindlichen 
Trieren  in  den  Grund.  In  Wirklichkeit  war  Dionys'  Verfahren, 
das  dem  des  Demosthenes  bei  den  Kämpfen  um  Ambrakia 
(§.  575)  entsprach,  politisch  sehr  richtig  berechnet:  indem  er 
die  Karthager  veranlasste,  ihre  Söldner  und  die  sicilischen 
Hülfstruppen  Preis  zu  geben,  that  er  weit  mehr  zur  Discredi- 
tirung  ihrer  Herrschaft,  als  er  durch  ihre  Vernichtung  hätte 


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< 


116  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 

erreichen  können.  Am  nächsten  Tage  griff  er  den  Rest  der 
Feinde  an.  Den  Sikelern  gelang  es  zu  entkommen,  die  übrigen 
worden  umzingelt  und  gezwungen,  bedingungslos  die  Waffen 
zu  strecken ;  nur  die  Spanier  hielten  fest  zusammen,  bis  ihnen 
ein  Vertrag  gewährt  wurde,  durch  den  sie  als  Söldner  in 
Dionys'  Dienste  übertraten. 

798.  Auch  der  erste  Feldzug  Himilkos  auf  Sicilien  hatte 
durch  eine  Seuche  ein  vorzeitiges  Ende  gefunden;  jetzt  aber 
war,  als  er  das  letzte  Ziel  schon  fast  erreicht  zu  haben  glaubte, 
sein  ganzes  Heer  vernichtet  worden.  Er  wollte  den  Unter- 
gang seines  Ruhms  nicht  überleben ;  als  er  den  dürftigen  Rest 
seiner  Truppen  nach  Karthago  zurückgeführt  und  den  Göttern 
die  Sühnopfer  dargebracht  hatte,  schloss  er  sich  in  sein  Haus 
ein  und  rührte  keine  Speise  mehr  an.  —  Die  nächste  Folge 
der  Niederlage  war  nicht  nur  der  Verlust  des  grössten  Theils 
Siciliens,  sondern  zugleich  eine  grosse  Insurrection  in  Afrika 
selbst.  Die  Libyer  sehnten  längst  eine  Gelegenheit  herbei, 
den  harten  Druck  ihrer  Herrn  abzuschütteln;  die  Treulosig- 
keit, mit  der  Himilko  die  nicht  bürgerlichen  Truppen  den 
Feinden  aufgeopfert  hatte,  steigerte  die  Erbitterung,  die  schwere 
Niederlage  Karthagos  gab  die  Hoffnung  auf  Erfolg.  In  ge- 
waltigen Massen  rotteten  sich  die  Libyer  zusammen,  zahlreiche 
Sklaven  strömten  ihnen  zu;  sie  besetzten  Tunes  vor  den  Thoren 
Karthagos,  schlugen  die  Bürger  zurück  und  sperrten  die  Stadt 
völlig  von  der  Verbindung  mit  dem  Binnenlande  ab.  Die 
Bürgerschaft  gerieth  in  die  grösste  Angst:  durch  Opfer  und 
Gebete  suchte  man  die  erzürnten  Götter  zu  besänftigen,  der 
Demeter  und  ihrer  Tochter,  deren  Tempel  vor  Syrakus  Himilko 
zerstört  hatte,  errichtete  man  ein  Heiligthum  mit  griechischen 
Priestern.  Allmählich  gewann  dann  Karthago  dank  seiner 
politischen  Ueberlegenheit  und  der  Beherrschung  der  See 
das  Uebergewicht  über  die  unorganisirten  und  uneinigen  In- 
surgenten zurück.  Die  Lebensmittel  gingen  ihnen  aus,  und 
das  karthagische  Geld  begann  seine  Wirkung  zu  üben;  es 
fanden  sich  Verräther,  manche  Landstädte  traten  zu  Karthago 
zurück,  das  libysche  Heer  löste  sich  auf.    Nach  dreijährigem 


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Aufsland  in  Afrika.   Erfolge  des  Dionys. 


117 


Kampf  (396  —  393)  war  Karthagos  Herrschaft  über  die  afri- 
kanischen Unterthanen  im  wesentlichen  wieder  hergestellt. 

Hirailkos  Tod :  Diod.  XIV,  76,  und  mit  breiler  Ausmalung  Justin 
XIX,  2.  8.    Libyscher  Aufstand  Diod.  XIV,  77.    In  denselben  gehören 
wahrscheinlich  die  bei  Polyaen  V,  10,  1.  3.  Frontin  II,  5.  12  von  Hi-  * 
milko  oder  Maharbal  erzählten  Geschichten. 

799.  Während  dessen  erntete  Dionys  die  Früchte  des 
Sieges.  Er  verhaftete  den  Rädelsführer  der  widerspenstigen 
Söldner,  Aristoteles,  um  ihn  zur  Aburtheilung  in  seine  Heimath 
Sparta  zu  schicken.  Als  dann  die  anderen  sich  zusammen- 
rotteten und  ihren  Lohn  forderten,  wusste  er  sie  durch  das 
Versprechen  einer  Landanweisung  zu  gewinnen:  er  hat  sie, 
10,000  Mann,  in  dem  zerstörten  Leontini  angesiedelt.  Dann 
stellte  er  Messana  wieder  her  und  verstärkte  es  durch  An- 
siedler aus  den  italischen  Griechenstädten.  Eine  Schaar  der 
von  Sparta  aus  Griechenland  verjagten  Messenier  (§.  763) 
siedelte  er  Sparta  zu  Gefallen  nicht  hier  an,  sondern  7  Meilen 
weiter  westlich  in  Tyndaris,  auf  einer  festen  Höhe  an  der 
Nordküste ,  wo  sie  sich  alsbald  durch  zugezogene  Fremde 
zu  einem  ansehnlichen  Gemeinwesen  verstärkten.  In  den 
nächsten  Jahren  wurden  sämmtliche  Sikelerstädte  der  Reihe 
nach  unterworfen,  wenn  sie  nicht  wie  das  treu  gebliebene 
Assoros  und  die  Dynasten  Agyris  von  Agyrion  (§.  786)  und 
Dämon  von  Kentoripae  freiwillig  auf  seine  Seite  traten.  Auch 
Herbita,  das  bisher  noch  immer  seine  Unabhängigkeit  gewahrt 
hatte  (§.  786),  fügte  sich  jetzt  der  Oberhoheit  von  Syrakus. 
Die  Griechenstädte  an  der  Südküste  waren  von  den  Karthagern 
vielleicht  überhaupt  nicht  wieder  besetzt  worden;  an  der  Nord- 
küste entriss  er  ihnen  Kephaloedion ,  und  schloss  einen  Ver- 
trag mit  den  Himeraeern  von  Thermae.  Als  diese  ihn  dann 
aber  bei  den  weiteren  Kämpfen  gegen  die  kleineren  Ortschaften 
nicht  genügend  mit  Proviant  unterstützten,  griff  er  sie  an  und 
legte  eine  Besatzung  in  die  Stadt.  Schliesslich  fiel  auch  Solus 
durch  Verrath  in  seine  Hände.  Am  weiteren  Fortschreiten 
gegen  den  Rest  der  karthagischen  Besitzungen  wurde  er 
durch  einen  Angriff  der  Rheginer  gehindert.  Diese  alten  Feinde 


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118  IV,  2.  Die  Karthager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


von  Syrakus,  welche  die  Emigranten  bei  sich  aufgenommen 
hatten  (§.  786),  hätten  offenbar  Sicilien  lieber  in  den  Händen 
Karthagos  als  in  denen  eines  griechischen  Einheitsstaats  ge- 
sehen, der  ihnen  unmöglich  machte,  auf  der  Insel  Fuss  zu 
fassen,  wie  ehemals  unter  Anaxilaos.  Durch  die  Wiederher- 
stellung von  Messana  sahen  sie  sich  unmittelbar  bedroht;  sie 
griffen  unter  Führung  des  Hcloris,  eines  syrakusanischen 
Exulanten,  die  neue  Colonie  an  und  besetzten  westlich  von 
derselben  die  Landzunge  von  Mylae  mit  den  Flüchtlingen  aus 
Naxos  und  Katana.  Indessen  noch  ehe  Dionys  selbst  eingriff, 
wurden  sie  von  den  Messeniern  zurückgeschlagen  und  die 
Colonie  in  Mylae  aufgelöst  (Herbst  394).  Dionys  rüstete  sich 
mit  ihnen  abzurechnen,  wollte  aber  vorher  die  Sikeler  aus 
Tauromenion  (§.  795)  verjagen,  um  den  Rücken  frei  zu  haben. 
Mitten  im  Winter,  in  tiefem  Schnee,  suchte  er  bei  Nacht  die 
Feste  zu  erstürmen  und  drang  auch  bis  auf  die  Höhe  vor; 
aber  im  Strassenkampf  wurde  er  zurückgedrängt  und  entging 
mit  Mühe  der  Gefangenschaft.  Die  Folge  war,  dass  Agrigent 
und  die  Messenier  von  Tyndaris  dem  Tyrannen  aufsagten: 
so  unausrottbar  war  der  Particularismus  der  Griechenstädte. 

Diodor  erzählt  den  libyschen  Aufstand  und  die  Eroberungen  des 
Dionys  XIV,  77  f.  noch  unter  396/5 ,  berichtet  im  nächsten  Jahre  nichts 
Sicilisches,  und  erzählt  den  Krieg  gegen  fthegion  und  Tauromenion  c.  87  f. 
unter  394/3.  Es  ist  klar,  dass  die  zuerst  erwähnten  Ereignisse  sich  auf 
mehrere  Jahre  vertheilen  (vgl.  78,  7  -Xeoväy.';  stpatrisa;).  —  Zum  Con- 
flict  mit  den  Söldnern  vgl.  Polyaen  V,  2,  1,  wonach  Dionys  sie  in  Leon- 
tini  umgebracht  hätte.  Das  ist  gewiss  nicht  richtig,  da  diese  Stadt 
fortan  wieder  besteht;  vgl.  Plut.  Dio  27.  —  Eroberung  von  Himera:  Polyaen 
V,  10  =  Frontin  III,  4,  4;  dass  in  der  Stadt  eine  Besatzung  liegt,  lehrt 
Aeneas  poliorc.  10,  22.  —  Für  Aajuova  töv  oMvasTsiovTa  Ksvtop'.jttviuv  Diod. 
XIV,  79,  7  bietet  die  Inhaltsangabe  aurfallender  Weise  den  Vollnamen 
Nix<töY)fi6v.  —  Dass  die  abgefallenen  Ms^rrv.o:  Diod.  XIV,  88,  5  die  Tyn- 
dariten  sind,  ist  mehrfach  mit  Recht  vermuthet;  Messana  bleibt  auf  Seiten 
des  Dionys  c.  90 .  3.  —  üeber  Heloris  Diod.  XIV,  103,  5;  mit  dem 
Freunde  oder  Adoptivvater  des  Dionys  (§.  783)  ist  er  schwerlich  identisch. 

800.  Inzwischen  hatten  die  Karthager  ihre  Macht  so 
weit  gekräftigt,  dass  sie  zu  Anfang  des  J.  393  wieder  einen 


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Krieg  mit  Rhegion.   Neue  Angriffe  Magos.    Agyris.  H9 

Versuch  der  Offensive  machen  konnten.  Ihr  Feldherr  Mago 
bemühte  sich,  durch  humanes  Auftreten  den  Hass  gegen  Kar- 
thago zu  beschwichtigen  und  die  Städte  zu  sich  herüberzuziehen, 
und  es  gelang  ihm  auch,  einen  Theil  der  Sikeler  zu  gewinnen. 
Dann  ging  er  verheerend  gegen  Messana  vor;  aber  bei  Aba- 
kainon  (im  Gebirge  oberhalb  Tyndaris)  wurde  er  von  Dionys 
geschlagen.  Dieser  ging  jetzt  mit  100  Trieren  gegen  Rhegion 
vor  und  steckte  bei  Nacht  die  Thore  in  Brand.  Aber  die 
Flamme,  die  Heloris,  der  Strateg  der  Rheginer,  absichtlich 
schüren  liess,  hinderte  sein  Eindringen;  und  als  die  Belagerung 
nicht  von  der  Stelle  rückte,  schjoss  er  einen  Waffenstillstand  auf 
■ein  Jahr,  um  gegen  Karthago  freie  Hand  zu  haben.  Hier 
hatte  man  noch  einmal  durch  Werbungen  in  Afrika  und  Sar- 
dinien, sowie  bei  den  Oskern  in  Italien  ein  starkes  Heer  zu- 
sammengebracht, mit  dem  Mago  im  J.  392  durch  die  Mitte 
Siciliens  vorrückte.  Die  meisten  Sikeler  unterwarfen  sich;  aber 
Agyris  von  Agyrion  hielt  am  Bunde  mit  Syrakus  fest.  Er 
war  zur  Zeit  der  mächtigste  der  sikelischcn  Dynasten;  nach 
dem  Beispiel  des  Dionys  hatte  er  in  der  Stadt  seine  Gegner  be- 
seitigt, die  umliegenden  Ortschaften  unterworfen,  Agyrion  durch 
neue  Ansiedler  verstärkt,  einen  wohlgefüllten  Schatz  und  eine 
grosse  Kriegsmacht  gesammelt.  Dionys  führte  20,000  Mann 
aus  Syrakus  herbei  und  vereinigte  sich  mit  ihm.  Dadurch 
war  Mago  an  weiterem  Vordringen  gehindert  und  gerieth  als- 
bald in  eine  missliche  Lage;  die  ortskundigen  Feinde  schnitten 
ihm  die  Zufuhr  ab  und  belästigten  ihn  unaufhörlich*  durch 
erfolgreiche  Scharmützel.  Die  Syrakusaner  forderten  eine 
Schlacht;  aber  Dionys,  so  kühn  er  vorging,  wenn  es  sein 
musste,  war  nach  seinen  bisherigen  Erfahrungen  nicht  geneigt, 
ohne  Noth  in  einer  Entscheidungsschlacht  nochmals  alles  aufs 
Spiel  zu  setzen,  zumal  offenbar  bereits  Friedensverhandlungen 
angebahnt  waren.  Das  nächste  Ziel,  die  Befreiung  der 
Griechen  von  der  Fremdherrschaft,  war  jetzt  erreicht;  denn 
auch  die  Karthager  sahen  ein,  dass  sie  die  im  vorigen  Frieden 
gewonnene  Position  nicht  behaupten  konnten,  und  wollten 
Magos  Heer  nicht  der  Gefahr  der  Vernichtung  aussetzen.  Eine 

: 

I! 

i 

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120 


IV,  2.  Die  Karibager  und  Dionysios  von  Sicilien. 


Eroberung  der  Westspitze  der  Insel,  wie  er  sie  397  versucht 
hatte,  war  jetzt,  nach  den  schweren  Verlusten  des  Kriegs,  für 
Dionys  um  so  weniger  erreichbar,  da  er  der  Treue  der  Griechen- 
städte keinen  Augenblick  sicher  sein  konnte.  Als  Dionys  sich 
weigerte  anzugreifen,  kehrten  die  Bürgertruppen  entrüstet 
nach  Hause  zurück,  und  er  machte  schon  Miene,  zum  Ersatz, 
die  Sklaven  zur  Freiheit  aufzurufen.  Indessen  das  war  nicht 
mehr  nöthig;  kurz  darauf  traf  eine  Gesandtschaft  aus  Kar- 
thago ein,  um  den  Frieden  abzuschliessen.  Karthago  ver- 
zichtete auf  alle  Eroberungen  und  beschränkte  sich  auf  seine- 
alten Besitzungen  —  Solunt  ist  ihm  vermuthlich  zurück- 
gegeben worden  —  und  die  Elymerstädte;  ausserdem  erkannte 
es  die  Herrschaft  des  Dionys  über  sämmtliche  Sikeler  aus- 
drücklich an. 

Damit  war  nach  sechsjährigem  Kampf  der  Friede  wieder 
hergestellt.  Mit  gewaltigen  Schlägen  hatte  der  Krieg  eingesetzt ; 
auf  den  verheerenden  Vorstoss  der  Griechen  war  ein  noch 
verhängnissvollerer  Rückschlag  von  Seiten  Karthagos  erfolgt; 
dann  aber,  als  ihre  Offensive  vor  Syrakus  zusammenbrach, 
hatte  der  Krieg  seinen  Charakter  geändert  und  war  schliess- 
lich langsam  im  Sande  verlaufen,  da  jeder  der  beiden  Gegner 
erkennen  musste,  dass  seine  Kräfte  nicht  ausreichten,  den 
anderen  zu  vernichten.  Dionys  hat  seine  letzten  Pläne  nicht 
aufgegeben,  sondern  nur  vertagt.  Das  Wesentlichste  hatte  er 
doch  schon  erreicht;  etwa  fünf  Sechstel  der  Insel  waren  ihm 
unterthan,  sämmtliche  Griechenstädte  mit  Einschluss  von 
Selinus  und  der  Himeraeer  von  Thermae,  und  das  ganze 
Sikelerland.  Agrigent  und  Tyndaris  haben  sich  ihm  offenbar 
ohne  Kampf  unterworfen ;  die  Sikeler  von  Tauromenion  wurden 
jetzt  mit  leichter  Mühe  bewältigt  und  grösstenteils  verjagt 
und  durch  Söldner  ersetzt.  Dionys  durfte  sich  fortan  mit 
Recht  den  Herrscher  Siciliens  nennen.  Aber  er  hatte  erfahren, 
dass  seine  Herrschaft  über  die  Insel  nicht  sicher  stand,  so 
lange  er  nicht  auch  in  Unteritalien  festen  Fuss  gefasst  hatte; 
die  Abrechnung  mit  Rhegion  war  die  nächste  Aufgabe ,  die 
ihm  gestellt  war. 


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Der  Friede  von  39'2. 


121 


Die  von  Diodor  XIV,  95  für  Magos  Heer  gegebene  Zahl  (80,000  Mann) 
ist  offenbar  zu  hoch,  ebenso  die  20,000  Bürger  von  Agyrion ;  eher  mögen 
Dionys*  20,000  Mann  richtig  sein.  —  Dass  die  Friedensbedingungen  bei 
Diod.  XIV,  96  unvollständig  sind,  ist  allgemein  anerkannt;  der  nächste 
Friedensschluss  Diod.  XV,  17  beweist,  dass  Selinus  und  Agrigent  mit 
ihrem  Gebiet  dem  Dionys  gehörten ;  ebenso  Himera  nach  Aeneas  poliorc. 
10,  22.  Agrigent  wird  unter  Dionys  I.  nicht  wieder  erwähnt,  gehörte 
aber  natürlich  ru  seinem  Reich  so  gut  wie  zu  dem  seines  Sohnes  (Plut. 
Dio  26).  —  Wie  die  Elymer  wird  auch  die  Sikanerstadt  Halikye  kar- 
thagisch geblieben  sein. 


■ 


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III.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.    Rom,  die 
Sabeller  und  die  Kelten.   Das  Reich  des 

Dionysios. 

Niedergang  der  Etrusker.   Vordringen  der  Sabeller. 

Der  itallotische  Bund. 

801.  Das  wenige,  was  wir  von  der  Geschichte  Italiens 
im  fünften  Jahrhundert  wissen,  ist  früher  bereits  grösstentheils 
zusammengestellt  worden  (§.  370  ff.).  Die  Offensivkraft  der 
Etrusker  war  auf  den  Schlachtfeldern  von  Aricia  (Bd.  II,  499) 
und  Kyme  (III,  349)  gebrochen,  und  damit  auch  die  Allianz 
mit  Karthago,  die  im  sechsten  Jahrhundert  dem  weiteren 
Vordringen  der  Griechen  ein  Ziel  gesetzt  hatte,  praktisch 
gegenstandslos  geworden.  Seitdem  hören  wir  wohl  noch  von 
ihrem  Luxus,  ihrer  Industrie  und  ihren  Handelsbeziehungen, 
aber  von  ihrer  Geschichte  haben  wir,  abgesehen  etwa  von  dem 
Raubzug  der  Syrakusaner  gegen  Elba  und  Corsica  um  453 
(§.  363),  auf  viele  Jahrzehnte  hinaus  keine  Kunde  mehr.  Die 
Herrschaft  über  Latium  und  das  Volskerland  haben  sie  ver- 
loren, die  Colonien  in  Gapua  und  Nola  sind  isoiirt.  Im 
Poland  mögen  sie  ihre  Macht  noch  weiter  ausgedehnt  haben, 
wie  denn  die  Festsetzung  in  Marzabotto  oberhalb  Felsina 
(Bononia)  und  die  Blüthc  ihres  Handels  in  Adria  und  Spina 
erst  ins  fünfte  Jahrhundert  fällt.  Aber  im  wesentlichen  be- 
schränkt sich  der  etruskische  Adel  darauf,  zu  behaupten  und  zu 
geniessen,  was  er  besitzt.  An  Fehden  zwischen  den  einzelnen 


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Niedergang  der  Etruskermacht.   Vordringen  der  Sabeller.  123 

Gemeinden  wird  es  niemals  gefehlt  haben ;  dadurch  verlor  der 
sacrale  Stammbund  der  zwölf  Städte  Toscanas  (Bd.  II,  331) 
alle  politische  Bedeutung.  In  den  Kämpfen  mit  Rom  erscheint 
Veji  immer  völlig  isolirt,  während  sein  westlicher  Nachbar  Caere 
mit  Rom  zusammengeht;  fester  scheinen  im  allgemeinen  die 
Städte  des  Centrums  der  Landschaft  zusammengehalten  zu 
haben. 

802.  Hätten  die  Griechen  des  Westens  eine  geschlossene 
Macht  gebildet,  hätte  das  Reich  Gelons  und  Hierons  Bestand 
gehabt  und  sich  ständig  nach  Norden  erweitert,  oder  wäre 
ein  Mann  wie  Dionys  alsbald  an  ihre  Stelle  getreten,  um  mit 
rücksichtsloser  Energie  die  etwa  zwanzig  hellenischen  Klein- 
staaten zusammenzuschmieden,  vielleicht  hätten  die  Hellenen 
die  Erbschaft  der  Etrusker  antreten  und  systematisch  vor- 
dringend die  Vorherrschaft  über  die  langgestreckte  Halbinsel 
gewinnen  können;  und  wäre  es  gar  Alkibiades  gelungen, 
den  Traum  eines  hellenischen  Einheitsstaats  mit  Athen  als 
Centrum  unter  seinem  Königthum  zu  verwirklichen,  so  mochte 
an  Stelle  Italiens  Griechenland  die  Weltherrschaft  erringen. 
Aber  wie  die  hellenische  Politik  sich  gestaltet  hatte,  ist  die 
Verwirklichung  der  höchsten  Aufgabe  der  Nation  an  der 
Uebermacht  der  centrifugalen  Tendenzen,  an  dem  Wahngebilde 
der  äusseren  und  inneren  Autonomie,  dem  man  unablässig 
nachjagte,  im  Westen  wie  im  Osten  gescheitert.  Inzwischen 
benutzte  ein  einheimischer  italischer  Volksstamm  die  Gelegen- 
heit sich  auszubreiten  und  nach  der  vacanten  Führerstellung 
die  Hände  auszustrecken.  Es  waren  die  Sabeller,  die  kriege- 
rischen Bauernschaften  des  Centraiapennins,  die  jetzt  verheerend 
über  das  alte  Culturland  der  Küstengebiete  sich  ergossen. 
Rohe  Barbaren  waren  sie  keineswegs;  wie  die  Bearbeitung 
des  Metalls  und  die  Anfertigung  tüchtiger  Waffen  hatten  sie, 
durch  etruskische  Vermittlung,  die  Kunst  des  Schreibens  ge- 
lernt und  wohl  auch  schon  manche  griechische  Götter  über- 
nommen (vgl.  Bd.  II,  337);  aber  die  verfeinerte  griechische 
Civilisation ,  welche  in  Campanien,  Latium,  Apulien,  am  Po 
Boden  gefasst  hatte,  deren  entnervendem  Luxus  der  etruskische 


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124 


VI,  8.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Saheller. 


Adel  sieb  ganz  in  die  Arme  warf,  war  in  diese  Berggaue  noch 
nicht  eingedrungen.  Die  freie  Bauernschaft  lebte  in  den  Dorf- 
schaften nach  alter  Zucht  und  Sitte  der  Väterzeit,  ebenso  ge- 
wohnt die  Waffe  zu  handhaben,  wie  Acker  und  Vieh  zu  be- 
stellen; der  nationale  Gott  Mavors,  dessen  Schutz  ein  jeder 
dieser  Stamme  sein  Gedeihen  dankte,  war  ein  Gott  des  Krieges 
und  der  Schlacht.  Die  Familien  waren,  wie  die  Namen  zeigen, 
durchweg  zu  Geschlechtern  verbunden  (Bd.  II,  327),  und  die 
reichsten  Häuser  mochten  in  den  Gemeinden  den  entscheidenden 
Einfluss  haben ;  aber  von  einer  ausgebildeten  Adelsherrschaft,  wie 
sie  sich  in  Rom  und  Etrurien  und  sonst  überall  in  den  Cultur- 
ländern  entwickelt  hatte,  findet  sich  bei  den  sabellischen 
Völkern  keine  Spur.  Die  Landgemeinde  (tuta),  zu  der  die 
Dorfschaften  des  Stamnigebiets  zusammentraten,  hat  die  Ent- 
scheidung, sie  bestellt  die  Beamten  für  Rechtssprechung  und 
Kriegsführung.  In  dem  Aufgebot  bilden  die  Reiter  ein  starkes 
Corps,  das  Fussvolk  kämpft  in  geschlossenen  Haufen,  bewaffnet 
mit  Wurfspeeren,  Schwertern  und  grossen  lederüberzogenen 
Holzschilden.  Die  Nachbarstämme  bilden  mehrfach  eine 
Föderation;  ebenso  häufig  sind  aber  erbitterte  Fehden  von 
Stamm  zu  Stamm.  Wenn  die  Volkszahl  sich  mehrt  und  der 
Gau  zu  eng  wird,  ist  die  überschüssige  Mannschaft,  der  Nach- 
wuchs der  jungen  Leute,  jederzeit  bereit  in  die  Fremde  zu 
ziehen  und  unter  Führung  des  Mars  eine  neue  bessere  Heimath 
zu  erobern;  die  Sage  führt  den  Ursprung  aller  sabellischen 
Völker  auf  das  Gelöbniss  des  ver  sacrum  zurück  (Bd.  II,  333). 
Nicht  minder  lockend  erweist  sich  alsbald  der  Werberuf; 
binnen  kurzem,  sowie  sie  mit  den  Culturvölkern  in  Berührung 
getreten  6ind,  werden  sie  die  begehrtesten  Landsknechte.  So 
tapfer  sie  sind,  so  grausam  und  unzuverlässig  sind  sie;  be- 
liebig wechseln  sie  den  Soldherrn,  aber  stets  erspähen  sie 
eine  Gelegenheit,  den  eigenen  Vortheil  zu  verfolgen  und  wo- 
möglich durch  Ueberfall  irgend  eines  günstig  gelegenen  Ortes 
sich  eine  neue  Heimath  zu  gewinnen.  So  sind  sie  das  Gegen- 
bild der  Schweizer  des  14.  und  15.  Jahrhunderts;  und  auch 
ihre  Geschichte  ist  in  denselben  Bahnen  verlaufen,  nur  dass 


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Cultur  und  Charakter  der  sabellischen  Stämme.   Die  Gampaner.  125 

bei  den  Sabellern  die  Einheit  des  Handelns  nach  fester  poli- 
tischer Directive  vollkommen  fehlt,  welche  den  Schweizer 
Alpencantonen  die  mit  ihnen  verbündeten  Städte  gaben.  Bei 
den  Sabellern  handelt  jeder  Stamm  auf  eigene  Hand;  wenn 
es  ihnen  gelungen  ist,  ganz  ünteritalieri  sabellisch  (oskisch) 
zu  machen,  so  haben  sie  den  politischen  Gewinn  auf  die  Dauer 
nicht  zu  behaupten  vermocht,  sondern  durch  den  dauernden 
Hader  unter  einander  am  meisten  dazu  beigetragen,  dass  ihnen 
in  einem  ursprünglich  weit  schwächeren  aber  politisch  viel 
hoher  organisirten  Staat  der  Herr  erwuchs. 

Im  allgemeinen  s.  Bd.  II,  327  ff.  lieber  die  Einzelheiten  sind  wir 
leider  Oberall  nur  ganz  unzulänglich  unterrichtet,  auch  Ober  das  Kriegs- 
wesen der  Sabeller.  Die  alte  und  vortreffliche  römische  Tradition,  die  voll- 
ständig in  v.  Arxim's  ineditum  Vatic.  Hermes  27,  121,  bruchstückweise  bei 
Diod.  23,  2.  Sallust  Gat.  51,  38.  Athen.  VI,  273  f.  Plut.  Rom.  21  (wo  die 
Sabiner  anstatt  der  Samniten  genannt  werden)  vorliegt,  lässt  die  Römer 
das  pilum  (ozzoq),  das  scutum  (O-upso;)  und  die  Reiterei  von  den  Sam- 
niten übernehmen.  Diese  Bewaffnung  mag  bei  den  Samniten  schon  vor 
400  heimisch  gewesen  sein;  wie  weit  wir  sie  den  übrigen  Sabellern 
{Oskern)  zuschreiben  dürfen,  bleibt  aber  fraglich.  Die  campanischen 
Söldner  hatten  offenbar  wie  die  tbrakischen  cet.  Peltasten  leichtere 
Waffen  als  die  griechischen  Hopliten ;  und  vielfach  dienen  sie  als  Reiter, 
so  die,  welche  Dionys  404  an  sich  zieht  (§.  783).  Ebenso  haben  die 
Lukaner  eine  starke  Reiterei  Diod.  XIV,  101,  2. 

803.  Das  Vordringen  der  Sabeller  beginnt  um  die  Mitte 
des  fünften  Jahrhunderts.  Von  dem  Verlauf  der  Bewegung 
ist  keinerlei  zusammenhängende  Kunde  auf  uns  gekommen; 
nur  die  Ergebnisse  liegen  zu  Tage,  und  sind  gelegentlich  schon 
in  anderem  Zusammenhange  erwähnt  worden.  Im  J.  438 
nach  der  älteren  römischen  Ueberlieferung  —  die  jüngere 
nennt  statt  dessen  das  J.  415  —  Gel  die  Etruskerstadt  Capua 
in  die  Hände  der  aus  dem  Apennin  hervorbrechenden  Sabeller 
(vgl.  §.  370.  435).  Nola  wird  ihr  Schicksal  getheilt  haben, 
und  bald  war  die  ganze  Ebene  am  unteren  Volturnus  und  um 
den  Vesuv  in  ihrer  Gewalt.  So  entstand  das  neue  Volk  der 
Campaner,  der  »Leute  der  Ebene«.  Von  den  Etruskern,  die 
vor  ihnen  weichen  mussten,  übernahmen  sie  mit  den  städtischen 


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126        IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Sabeller. 


Wohnsitzen  auch  die  Cultur  und  den  Luxus  von  Gapua ;  mit  der 
älteren  Bevölkerung  der  ausonischen  Opiker  (Bd.  II,  315),  die  ohne 
Zweifel  noch  immer  den  Grundstock  der  Bewohner  bildete,  ver- 
schmolzen sie  zu  einer  Einheit,  so  dass  deren  Name  (lateinisch 
Osker)  zum  Gesammtnamen  für  sie  und  die  gleichsprachigen 
Stämme  des  Hinterlandes  wurde.  Im  J.  421  (nach  der 
jüngeren  Ueberlieferüng  412)  fiel  nach  hartem  Kampf  auch 
Kyme  in  ihre  Hände;  die  Stadt  wurde  erstürmt  und  aus- 
gemordet, an  die  Stelle  der  ehrwürdigen  Metropole  griechischer 
Cultur  in  Italien  trat  jetzt  die  Campanerstadt  Cumae.  Auch 
die  übrigen  griechischen  Ansiedelungen,  vor  allem  Dikaearchia 
(Puteoli),  scheinen  sie  erobert  zu  haben;  nur  Neapel  be- 
hauptete noch  lange  seine  Unabhängigkeit.  —  Wir  haben 
gesehen,  wie  die  Campaner  alsbald  begannen,  als  Reisläufer 
über  See  zu  gehen.  Schon  die  Athener  warben  im  J.  414 
campanische  Söldner  (§.  658) ;  die  karthagische  Invasion  und 
die  Kämpfe  des  Dionys  gaben  ihnen  dann  Gelegenheit,  dauernd 
auf  der  Insel  festen  Fuss  zu  fassen  (§.  780.  783.  780.  795). 

To  sö-vo;  ttüv  Kapscaviliv  sovior^  Diod.  XII,  31  unter  den  co?.  von 
309  u.  c,  nach  gew.  Gleichung  =  445  v.  Chr.,  nach  der  richtigen  Gleichung, 
die  Diodor  bewahrt  (vgl.  §.817  A.),  =  438;  bei  Euseb.  und  Hieron.  unter  Ol. 
86,  1  =  43C/5  ev  'ltctXtqt  K«^navÖ»v  tfrvo;  eovi—r,:  bei  Liv.  IV,  37  unter  331 
u.  c,  d.  i.  415  v.  Chr.  Vgl.  auch  Strabo  V,  4,  3.  Einnahme  von  Kyme: 
Diod.  XII,  76  unter  den  cos.  von  326  u.  c.  =  421  v.  Chr.;  Liv.  IV,  44.  1& 
unter  334  u.  c.  =  412  v.  Chr.  —  Die  Samniten,  die  bei  Skylax  zwischen 
Campanern  und  Lucanern  an  der  Küste  erscheinen,  haben  sich  wohl  erst 
beim  Vordringen  gegen  die  Campaner  im  vierten  Jahrhundert  hier  fest- 
gesetzt. Die  Züge  der  Samniten  nach  Latium  bei  Strabo  V,  3.  5.  4,  11 
gehören  in  den  zweiten  samn.  Krieg  (Schlacht  bei  Lautulae).  —  Opiker 
als  Gesammtname  dessen  was  wir  Osker  nennen  erscheint  zuerst  bei 
Plato  ep.  8,  353  e. 

804.  Gleichzeitig  mit  den  Campanern  beginnen  in  Unter- 
italien, in  dem  Lande  südlich  vom  Silarus  und  Bradanus,  die 
Lucaner  sich  auszubreiten.  Sie  erscheinen  in  unserer  Ueber- 
lieferüng zuerst  in  der  Nachbarschaft  von  Thurii  bald  nach 
Gründung  der  Stadt,  wo  Kleandridas  ihnen  mehrere  Nieder- 
lagen beibringt  (§.  400).  In  den  nächsten  Jahrzehnten  haben 


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Die  Campaner.   Die  Lucaner.   Italiotischer  Bund.  127 

sie  sich  weithin  in  der  langgestreckten  Halbinsel  ausgedehnt.  Die 
alte  freie  Stammverfassung  blieb  erhalten;  nur  für  die  Kriegs- 
führung wählte  man  aus  den  Beamten  ein  Oberhaupt  mit 
monarchischer  Gewalt.  Die  ältere  oenotrische  und  chonische 
Bevölkerung  wird  von  den  Lucanern  aufgesogen  und  ver- 
schwindet seitdem  aus  der  Ethnographie.  An  der  Westküste 
fielen  etwa  um  400  v.  Chr.  Posidonia  (fortan  Paestum),  Pyxus 
und  Laos  in  ihre  Hände;  nur  Elea  behauptete  sich  noch  in 
fortwährenden  Kämpfen.  In  Paestum  lebte  ein  Jahrhundert 
später  die  Erinnerung  an  den  griechischen  Ursprung  ,  ausser 
in  den  Tempeln ,  die  noch  heute  von  der  alten  Herrlichkeit 
zeugen,  nur  noch  in  einem  einzigen  Feste  fort:  »da  kamen«, 
so  erzahlt  Aristoxenos,  »die  Bewohner  zusammen  und  ge- 
dachten unter  Jammer  und  Thränen  der  alten  Bräuche  und 
Worte«,  während  die  griechische  Sprache  längst  geschwunden 
war.  Volkreicher  und  wehrkräftiger  waren  die  Städte  an  der  Ost- 
küste, und  zugleich  im  Besitze  eines  grösseren  Gebiets;  aber 
der  Gefahr,  die  ihrer  Existenz  drohte,  konnten  auch  sie  die 
Augen  nicht  mehr  verschliessen.  Der  erbitterte  Parteikampf, 
in  dem  die  Pythagoreer  zu  Grunde  gegangen  waren,  hatte 
sich  endlich  beruhigt,  namentlich  durch  die  Vermittelung  der 
Achaeer  des  Mutterlandes  (§.  371);  jetzt  verbanden  sich  nach 
ihrem  Vorbild  Sybaris  am  Traeis  (§.  399),  Kroton  und  Kau- 
lonia  zu  einer  Föderation  mit  einem  Bundesrath  am  Heilig- 
thum des  Bundesgottes  Zeus  Homarios.  Bald  traten  auch 
Thurii,  Elea  und  vielleicht  Metapont  dem  Bunde  bei.  Bei 
einem  Angriff  der  Lucaner  waren  alle  Bundesglieder  zu 
sofortiger  Hülfeleistung  verpflichtet;  blieb  eine  Stadt  fern,  so 
sollten  ihre  Feldherrn  mit  dem  Tode  büssen.  Nur  die  Städte 
des  äussersten  Südens  fürchteten  noch  keine  Gefahr;  vielmehr 
honte  Lokri,  der  alte  Gegner  Krotons,  jetzt  erst  recht, 
in  engem  Bunde  mit  Dionys  seine  Macht  behaupten  und  er- 
weitern zu  können.  Eben  durch  diesen  Gegensatz  wurde  dann 
Rhegion  zum  Anschluss  an  die  Ilalioten  gedrängt.  Auch  im 
Norden  hielt  sich  Tarent  zunächst  abseits.  Es  war  durch 
seine  Seemacht  und  die  Gunst  seiner  Lage  unbesiegbar,  und 


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128         IV.  3.  Italien  *ur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Sabeller. 

hatte  von  dem  Vordringen  der  Sabeller  zunächst  nur  Vortheil, 
da  jetzt  sowohl  die  Lucaner,  wie  namentlich  die  samnitischen 
Stämme  des  Hinterlandes  auf  seine  alten  Feinde,  die  Japyger, 
drückten;  zu  den  engen  Beziehungen  der  Folgezeit  zwischen 
Tarent  und  den  Samniten  wird  bereits  zu  Anfang  des  vierten 
Jahrhunderts  der  Grund  gelegt  worden  sein. 

•  tü>v  Iaovttu»v  aö$Yj&svT(ov  eiti  tcoXo  xal  too?  Xu>va<;  xai  xou;  Olvto- 
xpoo;  exßaXovtu»v,  Aeuxavoo«  U  *!;  tijv  fwptöu  Taurrjv  ajtotxtsavttuv  Strabo 
VI,  1,  2.  o't  31  Atüxavoi  zb  filv  ?svo?  elol  lauvttat,  üoasiW.aTÄv  St  xal 
xwv  ou}jL}idx"*v  xparfjoavts;  roXtjitp  xat8ayov  tÄS  ^iXst?  abxütv.  xiv  piv  ot»v 
&iXov  xf*6vov  tvfinoxpaxoüvxo ,  »v  8s  toi?  itoXtpoic  jjptl-o  ßaa-.Xeu?  &-o  tu»v 
vejiofiivcov  apx^  'D*  3.  Einnahme  von  Posidonia  auch  ib.  1,  1.  Aristo- 
xenos  fr.  90  bei  Alhen.  XIV,  623  a.  Die  Münzen  hören  um  400  auf, 
ebenso  die  von  Laos  (das  390  lucanisch  ist,  §.  875),  wahrend  die  von 
Elea  (rcpö;  Asoxavoy;  avcesyov  Strabo  VI,  1,  1)  viel  weiter  hinabreichen. 
—  Italiotischer  Bund :  Polyb.  II,  39,  6.  Diod.  XIV,  91.  101,  wonach  er  bei 
Dionys'  Angriff  auf  Hbegion  393  geschlossen  wäre ;  dass  aber  der  Haupt- 
zweck die  Abwehr  der  Lucaner  ist,  lehrt  die  Satzung  Diod.  XIV,  101,  1 ; 
wahrscheinlich  sind  seine  Anfange  schon  älter,  und  Diodors  Quelle  hat 
ihn  nur  aus  Anlass  des  Kriegs  mit  Dionys  zuerst  erwähnt.  —  Dass  Elea 
dazu  gehört,  lehrt  Polyaen  VI,  11;  Metapont  Polyaen  V,  2,  22.  Tarent 
kann  zur  Zeit  des  ersten  Kriegs  mit  Dionys  noch  nicht  dazu  gehört 
haben,  da  es  sonst  dabei  genannt  werden  würde. 

Dionysios  in  Italien. 

805.  Diese  Verhältnisse  fand  Dionys  vor,  als  er  sich  als- 
bald nach  dem  Friedensschluss  mit  Karthago  der  Abrechnung 
mit  Rhegion  zuwandte.  Im  J.  390  setzte  er  mit  100  Schiffen, 
20,000  Mann  und  1000  Reitern  nach  Lokri  über,  und  fiel 
von  hier  aus  verheerend  in  das  Gebiet  von  Rhegion  ein.  Die 
Rheginer  waren  bereits,  um  Schutz  zu  gewinnen,  in  den 
Bund  der  Italioten  eingetreten,  und  dieser  konnte  sie  nicht 
zurückweisen,  wenn  er  die  Unabhängigkeit  Italiens  behaupten 
wollte.  Denn  der  Gedanke,  sich  freiwillig  der  neuerstandenen 
hellenischen  Grossmacht  unterzuordnen,  lag  den  freiheitsstolzen 
Republiken  noch  völlig  fern;  sollten  die  Griechen  gerettet 
werden,  so  mussten  sie  hier  wie  überall  mit  Gewalt  dazu 


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Dionys  in  Unteritalien.   Bundniss  mit  den  Lucanern.  129 

gezwungen  werden.  Zunächst  hatten  die  Italioten  vollen  Er- 
folg. 60  Schiffe  von  Kroton  kamen  Rhegion  zu  Hülfe.  Dionys 
wollte  sie  auf  der  Fahrt  abfangen  und  drängte  sie  ans  Land; 
hier  aber  wurden  sie  von  den  rheginischen  Truppen  unterstützt, 
und  zugleich  gerieth  Dionys  durch  einen  Sturm  in  so  arge 
Noth,  dass  er  den  Kampf  mit  schweren  Verlusten  aufgeben 
musste.  Die  Folge  war,  dass  er  mit  den  Lucanern  ein 
Bündniss  schloss.  So  geriethen  die  Italioten  zwischen  zwei 
Feuer.  Im  nächsten  Jahr  389  fielen  die  Lucaner  ins  Gebiet 
von  Thurii  ein;  die  Thuriner  aber  zogen  mit  14,000  Mann 
und  1000  Reitern  aus,  ohne  den  Zuzug  der  Bundesgenossen 
abzuwarten,  und  drangen  zunächst  erfolgreich  vor.  Als  sie 
aber  Laos  am  Westmeer  wieder  erobern  wollten,  wurden  sie 
in  dem  bergigen  Terrain  an  der  Küste  von  dem  Gesammt- 
aufgebot der  Lucaner  —  30,000  Mann  und  4000  Reiter  — 
umzingelt  und  grösstenteils  zusammengehauen.  Gleichzeitig 
traf  die  syrakusanische  Flotte  unter  Leptines ,  dem  'Bruder 
des  Tyrannen,  ein.  Er  fing  die  Flüchtlinge  auf,  die  sich  ins 
Meer  warfen,  und  vermittelte  nicht  nur  den  Loskauf  der  Ge- 
fangenen, sondern  auch  einen  Frieden  zwischen  den  Lucanern 
und  Italioten.  Auch  Dionys  hatte  die  Griechen  nicht  ver- 
nichten, sondern  für  sich  gewinnen  wollen ;  aber  der  Friedens- 
schluss  war  nicht  nach  seinem  Sinn;  er  entfernte  Leptines 
vom  Commando  und  ersetzte  ihn  durch  seinen  zweiten  Bruder 
Thearidas. 

Da  in  Diodors  Erzählung  XIV,  100  ff.  unter  890/89  nach  der  Nieder- 
tage bei  Rhegion  der  Winter  eintritt,  wird  der  Angriff  auf  Rhegion  390 
<Beloch  391),  die  Schlacht  bei  Laos  Anfang  389  (Bbloch  390)  fallen,  in 
dasselbe  Kriegsjahr,  in  dessen  zweite  Hälfte  die  Schlacht  am  Eleporos 
gehört.  —  Die  Niederlage  der  Italioten  bei  Laos  auch  Strabo  VI,  1,  1  fin. 

806.  Jetzt  ging  Dionys  aufs  neue  zum  Angriff  vor. 
Während  Thearidas  die  liparischen  Inseln  besetzte  und  hier 
zehn  Schiffe  von  Rhegion  abfing,  begann  Dionys  die  Belagerung 
von  Kaulonia.  Zwölf  Schiffe  unter  Aristides,  die  Elea  sandte, 
gelangten  durch  eine  List  glücklich  in  den  Hafen ;  die  Führung 
des  Entsatzheeres  übernahm  Kroton,  wohin  sich  jetzt  mit  der 

Meyer,  Geschichte  de*  Alterthums.  V.  9 


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130  IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Sabeller. 


Masse  der  übrigen  Exulanten  aus  Syrakus  auch  Heloris 
(§.  799  f.)  begeben  hatte;  ihm  wurde  der  Oberbefehl  über  das 
Bundesheer  anvertraut.  Mit  25,000  Mann  und  2000  Reitern 
zog  er  zum  Entsatz  von  Kaulonia.  Aber  im  Morgengrauen 
überfiel  Dionys  am  Fluss  Eleporos  seine  Vorhut,  und  als  das 
Gros  eintraf,  konnte  es  die  Schlacht  nicht  mehr  herstellen. 
Heloris  selbst  fiel  tapfer  kämpfend,  mit  ihm  ein  grosser  Theil 
seiner  Truppen;  die  übrigen  wurden  auf  einem  Hügel  ein- 
geschlossen und  durch  Wassermangel  zu  bedingungsloser  Er- 
gebung gezwungen.  Jetzt  bewies  Dionys,  dass  er  nicht  aus 
Blutdurst  Leptines'  Verhalten  getadelt  hatte;  wie  er  auf 
Sicilien  Milde  geübt  hatte,  wo  immer  es  rathsam  erschien,  so 
entliess  er  hier  die  Gefangenen,  über  10,000  an  Zahl,  ohne 
Lösegeld.  Die  Folge  war,  dass  überall  die  Stimmung  um- 
schlug; die  Städte  baten  urn  Frieden  und  überhäuften  den 
Sieger  mit  Ehren.  Dionys  gewährte  billige  Bedingungen;  er 
verlangte  für  sich  nur  den  südlichsten  Ausläufer  der  Halbinsel, 
das  älteste  Italien  bis  zu  den  Buchten  von  Skyletion  und 
Hipponion.  Daraufhin  trat  der  Bund  vom  Kriege  zurück. 
Kaulonia  musste  sich  ergeben;  die  Einwohner  wurden  nach 
Syrakus  übergeführt  und  erhielten  Bürgerrecht  und  Steuerfreiheit 
auf  fünf  Jahre,  die  Stadt  selbst  wurde  zerstört,  ihr  Gebiet  den 
Lokrern  geschenkt,  ebenso  das  nördlich  davon  gelegene  Sky- 
letion, das  Kroton  hatte  abtreten  müssen.  Im  nächsten  Jahre, 
388,  erfuhr  Hipponion  das  gleiche  Schicksal. 

Schlacht  am  Eleporos:  Diod.  XIV,  103  fT.  Polyb.  I,  6,  2,  vgL 
Polyaen  V,  3,  2.  Aristides  von  Elea:  Polyaen  VI,  II.  Kaulonia  und  Hip- 
ponion :  Diod.  XIV,  106.  107;  nach  Pausan.  VI,  3,  11  lässt  sich  der  Olym- 
pionike Dikon  aus  Kaulonia  als  Syrakusaner  ausrufen  ercl  ypr^aat.  Sky- 
letion :  Strabo  VI,  1,  10  KootiuvicitiLv  e/ovtiuv  Atovtjr.o;  Aoxpoi?  npostopt^sv- 
Eine  kurze  Uebersicht  gibt  Dion.  Hai.  XIX,  5.  Justin  XXI,  1  bietet  nur 
Phrasen.    Vgl.  Isokr.  4,  169.  8,  99. 

807.  Noch  blieb  die  Züchtigung  Rhegions.  Die  Stadt,  von 
allen  Bundesgenossen  verlassen  und  allein  dem  mächtigen 
Herrscher  gegenüber  wehrlos,  hatte  gleich  nach  der  Schlacht 
am  Eleporos  einen  erträglichen  Frieden  zu  erlangen  gesucht* 


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Schlacht  am  Eleporos.    Eroberung  von  Rhegion.  131 

und  Dionys  hatte  denselben  auch  einstweilen  gewährt,  gegen 
Auslieferung  sämmtlicher  Schiffe  (angeblich  70),  Zahlung  von 
300  Talenten,  und  Stellung  von  100  Geiseln.  Aber  er  war 
nicht  gewillt  auf  seine  Rache  zu  verzichten ;  er  reizte  die  Stadt 
durch  Forderungen  für  die  Verpflegung  seines  Heeres  so  lange, 
bis  sie  erklärte,  sie  sei  zu  weiteren  Lieferungen  nicht  mehr 
im  Stande.  Da  sandte  er  ihr  die  Geiseln  zurück  und  erklärte 
den  Krieg  (Sommer  388).  Die  Stadt  wehrte  sich  unter  dem 
Gomraando  Phytons  bis  aufs  äusserste.  Die  Stürme  wurden 
abgeschlagen,  Dionys  selbst  schwer  verwundet.  Aber  es  war 
ein  Verzweiflungskampf  ohne  Hoffnung  auf  Rettung.  Nach 
elf  Monaten  gingen  die  Lebensmittel  aus,  die  Kräfte  waren  er- 
schöpft, der  Rest  der  Vertheidiger,  noch  über  6000  Einwohner, 
musste  sich  der  Gnade  des  Siegers  ergeben.  Wer  sich  gegen  eine 
Mine  (91  AI.)  lösen  konnte,  behielt  die  Freiheit,  die  übrigen 
wurden  verkauft,  der  tapfere  Feldherr  und  seine  Kinder  unter 
Martern  hingerichtet.  Die  Stadt  selbst  wurde  zerstört  und  auf 
den  Trümmern  ein  Lustgarten  angelegt  (SommSr  387).  — 
Damit  hatte  Dionys  die  Meerenge  in  sicherem  Besitz.  Den 
syrakusanischen  Emigranten  war  die  letzte  Stütze  entzogen, 
und  bei  einem  neuen  Kriege  mit  Karthago  ein  unmittelbarer 
Angriff  in  seinem  Rücken  nicht  mehr  zu  befürchten.  Zugleich 
hatte  Dionys  auf  der  Halbinsel  festen  Fuss  gefasst.  Lokri 
war  völlig  an  ihn  gefesselt.  Er  konnte  den  Plan  fassen,  das 
auf  das  Doppelte  vergrösserte  Gebiet  der  treuen  Bundesgenossen 
durch  eine  über  den  Isthmos  von  Skyletion  nach  Hipponion 
gezogene  Mauer  zugleich  gegen  die  Einfalle  der  Lucaner  zu 
schützen  und  von  dem  Gebiet  der  freien  Griechenstädte  völlig 
loszutrennen,  ein  Unternehmen,  das  allerdings  nicht  zur  Vollen- 
dung gelangt  ist. 

Krieg  gegen  Rhegion:  Diod.  XIV,  100—108.  111.  112.  Frontin  III, 
4,  3.  [Arist.]  oec.  II,  19,  7.  In  den  Anfang  desselben  fällt  die  Fesige- 
sandtscbaft  zu  den  Olympien  von  388 :  Diod.  XIV,  109  (§•  876).  Dass 
Rhegion  zerstört  wurde  (Strabo  VI,  1,  6),  hätte  Bkloch,  Gr.  Gesch.  II,  167 
nicht  bezweifeln  sollen.  Einzelne  Hauser  mögen  stehen  gebliehen  sein, 
aber  als  politische  Gemeinde  existirte  es  nicht  mehr;  erst  Dionys  II.  hat 
es  wieder  hergestellt.  —  Mimos  des  Xenarchos,  in  dem  die  Rheginer  als 


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132 


IV.  3.  Italien  zur  Zeit  des  Pionysios.  Rom. 


feige  verspottet  werden:  Suid.  s.  v.  'Ptj-voj;  (Kaibel,  fr.  com.  I,  p.  182). 
—  ftapdtät'.^oi;  des  Dionys  mit  Platanen :  Theophrast.  bist,  plant.  IV,  5.  6 
=  Plin.  XII,  7.  —  Isthmosmauer :  Strabo  VI,  1,  10.  Plin.  III.  95.  Die 
Verhinderung  der  Ausführung  (aX).'  sxuVf.o^v  o:.  extö;  s^e»ovct;)  ist 
offenbar  während  des  nächsten  Kriegs  §.  825  erfolgt. 

Rom  und  Latium  bis  zur  Eroberung  Vejis. 

808.  Um  dieselbe  Zeit  haben  sich  im  Gentrum  und  im 
Norden  der  Halbinsel  die  tiefgreifendsten  Veränderungen  voll- 
zogen. In  ihrer  Mitte  begann  ein  Gemeinwesen  zu  grösserer 
politischer  Bedeutung  zu  gelangen,  das  zwei  Generationen 
später  das  entscheidende  Wort  über  ihr  Geschick  sprechen 
sollte;  und  gleichzeitig  überschritt  eine  neue  Nation  den  Grenz- 
wall der  Alpen,  welche  die  ganze  Halbinsel  mit  dem  Schrecken 
ihrer  Waffen  erfüllte.  —  In  den  Landorten  des  Flachlandes 
rings  um  den  Albanerberg,  an  den  Abhängen  des  Apennin, 
und  an  der  Küste  von  der  Tibermündung  bis  zu  dem  insel- 
artig aufragenden  Felsen  von  Circei  und  dem  Engpass  von 
Tarracina  sass  der  kleine  Volksstamm  der  Laliner  eingekeilt 
zwischen  den  Etruskern  im  Norden  und  den  Bergvölkern  der 
Sabiner,  Aequer,  Volsker  im  Osten  und  Süden.  Die  etrus- 
kische  Herrschaft  freilich  war  gebrochen,  und  dass  Rom  noch 
einmal  der  Sitz  eines  etruskischen  Königsgeschlechts  werden 
sollte,  kaum  zu  befürchten.  Dagegen  fehlte  wenig,  dass  jetzt 
auch  die  Latiner  der  Invasion  der  sabellischen  Bergvölker  erlegen 
wären  wie  ihre  Stammesbrüder,  die  Ausoner,  Opiker,  Oenotrer. 
Von  Süden,  aus  dem  Bergland  zu  beiden  Seiten  des  Liris, 
dem  Apennin  um  Arpinum ,  und  dem  isolirten ,  weit  nach 
Latium  hineinragenden  Küstengebirge  der  Monti  Lepini,  drangen 
die  Volsker  (Volser)  vor.  Bie  ganze  Küste  von  Campanien 
aufwärts  ist  zu  Ende  des  fünften  Jahrhunderts  in  ihrem  Be- 
sitz; wenn  die  Ausoner  (Aurunker),  die  ursprünglichen  Be- 
wohner dieses  Gebiets,  später  in  Suessa  und  Minturnae  noch 
wieder  genannt  werden,  so  haben  sie  vermuthlich  unter  der 
Einwirkung  des  Vordringens  der  Römer  das  fremde  Joch  ab- 


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Die  Latiner.   Bedrängniss  durch  die  Volsker  und  Aequer.  133 

geschüttelt.  Die  alte  Latinerstadt  Tarracina,  über  die  Rom 
um  500  im  Vertrage  mit  Karthago  (Bd.  II,  500)  die  Ober- 
hoheit beanspruchte,  ist  jetzt  zur  Volskerstadt  Anxur  geworden. 
Welt  durch  die  pomptinischen  Sümpfe  und  die  latinische 
Ebene  dehnten  die  Volsker  sich  aus;  die  etwa  im  Zeitalter 
des  ersten  punischen  Krieges  entstandene  Coriolansage  be- 
trachtet, unzweifelhaft  mit  Recht  —  denn  der  Ort  ist  noch 
lange  volskisch  geblieben  — ,  Antium  inmitten  der  Latinerküste, 
sieben  Meilen  südlich  von  Rom,  als  den  Sitz  ihrer  Regierung 
und  den  verschollenen  Ort  Corioli  am  Fuss  des  Albanerberges 
als  eine  ihrer  Festen.  Dass  Velitrae  am  südlichen  Abhang 
des  Berges  längere  Zeit  in  ihrem  Besitz  war,  beweist  noch 
heute  eine  Bronzetafel  in  volskischer  Sprache,  eine  Ritual- 
ordnung für  den  Dienst  der  Göttin  Decluna,  welche  die  beiden 
volskischen  Oberbeamten  (medix)  für  die  Gemeinde  der 
Velestrer  erlassen  haben.  —  Nicht  minder  bedrohlich  waren 
die  Aequer  in  den  Apenninketten  am  oberen  Anio  und 
der  Hochebene  am  Fucinersee;  fortwährend  suchten  sie  die 
latinischen  Fluren  mit  Raubzügen  heim.  Nicht  nur  das  breite 
Hügelland  zwischen  dem  Apennin  und  dem  Albanergebirge 
mit  den  Orten  Bola  und  Labici,  sondern  auch  der  Algidus, 
die  Kette  am  Nordrand  dieses  Gebirges,  mit  der  Festung 
Corbio,  war  Jahrzehnte  lang  in  ihrem  Besitz,  ja  zeitweilig 
selbst  Tusculum.  Die  ansehnliche  Latinerstadt  Praeneste  am 
Fuss  des  Aequergebirges  wird  sich  ihnen  angeschlossen  haben; 
mit  Rom  ist  sie  erst  im  vierten  Jahrhundert,  in  Beziehungen 
getreten.  Im  Quellgebiet  des  Trerus,  bei  Verrugo,  stiessen 
Aequer  und  Volsker  zusammen ;  die  späteren  Annalen  werden 
Recht  haben  mit  der  Annahme,  dass  beide  Stämme  im  Kampf 
gegen  die  Latiner  zusammenstanden,  wenn  auch,  was  sie 
davon  berichten,  lediglich  Ausschmückung  ist. 

Bei  Skylax  reichen  dievOXaoi  (=  Voluso,  Bd.  II,  315  A.)  von  Circei 
(excl.),  der  Grenze  der  Latiner,  bis  Campanien.  —  rrjv  oovr/Tj  taorjj 
(der  pomptinischen  Ebene)  zpo-zspov  Ausovec  wxodv,  oir.zp  xai  rqv  Kajxttavtav 
tlyov  Strabo  V,  3, 6,  vgl.  Plin.  III,  56.  Wenn  die  Annalisten  freilich  zum  Theil 
die  Aurunker  in  Pometia  sitzen  und  mit  Rom  kämpfen  lassen  (Liv.  II,  16,  8. 


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131 


IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 


17.  26,  4;  eine  andere  Version,  die  bei  Livins  als  Dublette  erscheint, 
nennt  statt  ihrer  die  Volsker  II,  22,  vgl.  I,  53.  2),  so  beruht  das  nur  auf 
dem  Namen  Suessa  Pomelia,  der  mit  Suessa  Aurunca  zusammengeworfen 
wird.  —  Ueber  die  Coriolansage  und  ihr  Alter  s.  Mommsen,  Röm.  Forsch.  II ; 
da  sie  einen  Marcier,  also  einen  Plebejer,  zum  Typus  des  selbstherrlichen 
Adligen  macht,  kann  sie  vor  dem  Schwinden  der  Erinnerung  an  die 
Ständekämpfe  nicht  entstanden  sein.  —  Inschrift  von  Velilrae:  Zvetajeff. 
inscr.  Ital.  dialect.  47.    Die  Stadt  ist  volskisch  auch  Liv.  II,  30  u.  a.  — 
Dass  Antium  bereits  287  u.  e.  (462  v.  Chr.)  Colonie  geworden  sei  (Liv. 
III,  1),  ist  handgreiflich  eine  Antedatirung  der  Bürgercolonie  nach  dem 
.    Ende  des  Latinerkriegs  (416  u.  c.  =  334  v.  Chr.)  Liv.  VIII,  14,  8.  Erst 
von  da  an  steht  die  Stadt  thalsächlich  unter  römischer  Botmässigkeit ; 
vgl.  Strabo  V,  3,  5.    Ebenso  unmöglich  ist  es,  dass  Velilrae,  Norba  und 
gar  Signia  zu  Anfang  des  fünften  Jahrhunderts  von  Rom  colonisirt  seien 
(Liv.  I,  56,  3.  II,  21,  7.  31,  4),  oder  dass  die  Römer  bereits  268  u.  c.  (480 
v.  Chr.)  ein  Bflndniss  mit  den  Hernikern  geschlossen  hätten.  Livius  und 
Dionys  lassen  in  den  folgenden  Kriegen,  die  sie  ganz  nach  dem  Schema 
der  grossen  Kriege  des  dritten  und  zweiten  Jahrhunderts  ausmalen,  die 
Herniker  ständig  mit  den  Römern  und  Latinern  zusammengehen;  in 
Wirklichkeit  kann  das  Foedus  erst  ins  vierte  Jahrhundert  gehören,  als 
Rom  die  Macht  der  Aequer  und  Volsker  gebrochen  hatte  und  ins  Liris- 
thal  vordrang.  —  Tusculum  aequisch:  Diod.  XI,  40;  ebenso  bei  Livius, 
wo  der  Algidus  nebst  Tusculum  und  Gorbio  der  regelmässige  Schauplatz 
des  Kampfes  mit  den  Aequern  ist  (das  ist  Ausmalung  und  Vervielfälti- 
gung der  ursprünglichen  Tradition,  welche  von  Einern  Kampf  zwischen 
Rom  und  den  Aequern  am  Algidus  erzählte).    Labici :  Diod.  XIII,  6. 
Liv.  III,  25,  6.  IV,  45  fT.    Bola:  Diod.  XIII,  42.  Liv.  IV,  49  ff.  Verrugo 
volskisch:  Diod.  XIV,  3.  Liv.  IV,  55,  S.  58,  3  (vgl.  1,  4).  aequisch  Diod. 
XIV.  98.  Liv.  V,  28. 

800.  So  ist  um  die  Mitte  des  fünften  Jahrhunderts  nur 
noch  die  bei  weitem  kleinere  Hälfte  der  Latiner  im  Besitz 
voller  Unabhängigkeit;  im  wesentlichen  sind  sie  auf  das  Thal 
des  Tiber  und  des  unteren  Anio,  die  Westhälfte  des  Albaner- 
gebirgs,  und  die  Küste  von  der  Tibermündung  bis  in  die  Nähe 
von  Antium  beschränkt,  alles  in  allem  ein  Gebiet  von  etwa 
27  Quadratmeilen.  Aber  hier  hat  sich  ihre  Nationalität  be- 
hauptet und  von  hier  aus  in  hartem  Ringen  die  verlorenen 
Positionen  zurückerobert.  Der  Haupttheil  des  Gebiets  gehörte 
den  Römern.  Rom  war  unter  der  etruskischen  Dynastie  zu  einer 
grossen  Stadt  erwachsen,  die  an  Umfang  die  meisten  Städte 


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Rom  und  sein  Gebiet. 


135 


des  damaligen  Italiens,  ja  selbst  das  themistokleische  Athen 
übertraf,  wenn  sein  Mauerring  auch  noch  manchen  unbebauten 
Fleck  und  auf  dem  Esquilin  selbst  einzelne  Haine  umschloss. 
Seit  Alters  gehörten  ihm  das  breite,  tief  eingeschnittene  Tiber- 
thal bis  zum  Meer,  mit  dem  Hafenort  Ostia,  und  die  von  zahl- 
reichen kurzen  Wasserläufen  durchschnittenen  Höhen  des 
linken  Ufers.  Aber  weithin  hatte  es  sein  Gebiet  nach  Osten 
und  Norden  ausgedehnt.  Die  wichtigste  Eroberung  war  die 
des  alten  Königssitzes  Alba  auf  den  Höhen  des  Albanerberges 
und  seines  ausgedehnten  Gebiets.  Daneben  nennt  die  Ueber- 
lieferung  zahlreiche  verschollene  Orte  auf  dem  römischen  Gebiet, 
die  ehemals  selbständige  Gemeinden  gewesen  seien  (Ficana,  Tel- 
lenae,  Antemnae,  Gollatia  u.  a„  ferner  nördlich  vom  Anio  Cae- 
nina,  Ficulea  u.  a.);  die  Annalen  vertheilen  ihre  Eroberung  auf 
die  einzelnen  Könige.  Jenseits  des  Anio  war  ein  grosses  sabini- 
sches  Geschlecht,  die  Claudier,  mit  all  seinen  Hintersassen  in  die 
römische  Gemeinde  eingetreten.  Alle  diese  Orte  verloren  mit  der 
Einverleibung  in  Rom  ihre  Existenz  und  bestanden  höchstens 
als  Dörfer  weiter,  ohne  auch  nur  eine  politische  Organisation 
nach  Art  der  Deinen  Attikas  zu  erhalten;  ihre  Bewohner 
wurden  zu  Bürgern  von  Rom  und  standen  unter  seinen 
Beamten  nicht  anders  als  die  Einwohner  der  Hauptstadt  und 
ihres  ursprünglichen  Gebiets.  Als  aber  Rom  den  Anschluss 
der  ansehnlichen  Landstadt  Gabii  südlich  vom  Anio  unweit 
der  Aequerberge  gewann,  hat  es  ihre  Bewohner  zwar  in  die 
Bürgerschaft  aufgenommen,  aber  ihr  die  Communal Verwaltung 
und  die  Fortexistenz  als  Sondergemeinde  innerhalb  des  Staats 
belassen  —  der  erste  Schritt  auf  einer  Bahn,  die  dereinst 
einer  ungeahnten  Zukunft  entgegenführen  sollte. 

Die  etwa  280  ha.  grosse  Vierregionenstadt,  die  staatsrechtliche  Stadt 
der  Republik,  ist  offenbar  von  den  Tarquiniern  geschaffen ;  das  Genturiat- 
gesetz  de  Aventino  publicando,  das  die  Annalen  vor  das  Decemvirat 
setzen  und  falschlich  als  lex  Icilia  bezeichnen  (vgl.  Hermes  XXX,  14,  1), 
setzt  sie  voraus,  ebenso  das  Tribunal  und  die  Tribuseintheilung  (s.  m. 
Aufsatz  Hermes  XXX,  1  ff.).  Die  servianische  Stadt  dagegen  ist  erst  in 
der  Zeit  der  Samniterkriege  geschaffen.  Zur  Zeit  der  Gallierkatastrophe 
müssen  Capitolium  und  Arx  eine  besondere  Festung  vor  der  Stadt  gebildet 


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IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.  Rom 


haben,  während  das  VeJabrum  damals  offenbar  noch  unbebaut  und  Sumpf 
war.  Haine  (lucus)  auf  dem  Esquilin  nennt  die  Argeerurkunde  Varro  ling. 
Lat.  V,  45  ff.  —  Ueber  die  Entwickelung  des  römischen  Gebiets  und  des 
latinischen  Bundes  ist  grundlegend  Beloch,  Der  italische  Bund,  1880. 
Manche  treffende  Bemerkung  bietet  C.  P.  Bürger,  Sechzig  Jahre  aus  der 
älteren  Geschichte  Roms,  1891  (Verb.  Akad.  Amsterdam  XX);  aber  seine 
grundlegenden  Annahmen,  dass  bei  Diodor  zahlreiche  Dubletten  vorlägen 
und  dass  die  Auslassung  der  Jahre  331—335  u.  c.  nicht  von  Diodor. 
sondern  aus  einer  von  den  übrigen  abweichenden  Fasten redaction  stamme, 
kann  ich  nicht  für  richtig  halten,  und  muss  darum  auch  alle  daraus  ge- 
zogenen Folgerungen  verwerfen.  In  Einzelheiten  wird  sich  noch  manches 
genauer  ermitteln  lassen.  Momm^kn,  Staatsrecht  III,  1  hat  weder  die 
Entwickelung  noch  die  Verhältnisse  der  BlQthezeit  der  Republik  überall 
richtig  dargelegt;  die  Voraussetzungen,  von  denen  aus  er  construirt,  kann 
ich  nicht  für  zutreffend  halten.  —  Foedus  mit  Gabii:  Dion.  Hai.  IV,  58. 
Paulus  p.  56.  Horat.  epist.  II,  1,  24.  Münze  des  C.  Antistius  Velus 
aus  dem  J.  16  mit  der  Aufschrift  foedus  p.  R.  cum  Gabini?:  Babelon. 
monnaies  de  la  rep.  Rom.  I,  p.  152.  Die  Familie  stammte  aus  Gabii: 
Dion.  Hai.  IV,  57.  Ager  Gabinus  ist  nach  Varro  ling.  Lat.  V,  33  in  der 
Augurallehre  eines  der  fünf  genera  agrorum,  und  steht  in  der  Mitte 
zwischen  dem  ager  Romanus  und  peregrinus  (zu  letzterem  gehört  auch 
das  Gebiet  der  Latinerstädte ;  die  von  Mommsen,  Staatsrecht  III,  1,  598,  4 
zusammengestellten  Stellen  beweisen  das  Gegentheil  von  dem,  was  er 
daraus  folgert). 

810.  Die  Machtstellung,  welche  Rom  unter  den  Tarquiniern 
eingenommen  hatte,  ist  mit  dem  Sturz  des  Königthums  und 
im  Kriege  gegen  Porsena  verloren  gegangen.  Aber  den  Anspruch 
auf  die  Suprematie  über  Latium  hielt  es  fest;  auf  seinem 
Gebiete  lagen  seit  dem  Falle  Albas  das  Stammesheiligthum 
des  Juppiter  Latiaris  auf  dem  Albanerberg  und  die  Quelle 
Ferentina  mit  dem  Hain,  in  dem  die  Stammversammlungen 
stattfanden.  Die  Landstädte  des  noch  unabhängigen  Gebiets 
haben  seine  Führung  anerkannt:  Aricia  und  Lanuvium  am 
Südvvestfuss  des  Albanerberges,  Laurentum  und  die  Rutulerstadt 
Ardea  an  der  Küste,  Tibur  am  Rande  der  Aequerberge,  wo 
der  Anio  aus  dem  Apennin  hervorbricht,  ferner  Tusculum  am 
Algidus  (§.  808),  das  im  J.  478  den  Acquern  entrissen  wurde, 
aber  vielleicht  später  noch  wieder  in  ihre  Hände  gefallen  ist. 
Im  J.  487  hat  Spurius  Gassius  mit  den  latinischen  Gemeinden 


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Rom  und  die  Latinerstädte. 


137 


den  ewigen  Bund  geschlossen,  durch  den  Rom  und  Latium  sich 
zu  gegenseitiger  Hülfeleistung  verpflichteten.  Wie  den  Athenern 
die  Gesammtheit  ihrer  Bundesgenossen,  so  stand  Rom  die 
Gesammtheit  der  alliirten  Latinerstädte  als  Einheit  gegenüber, 
und  in  seiner  Hand  lag  daher  die  politische  Führung.  Aber 
anders  als  dort  erkannte  Rom  seine  Bundesgenossen  als 
rechtlich  gleichstehend  an;  für  jedes  Rechtsgeschäft -war  das 
Gericht  des  Ortes  zuständig,  an  dem  es  geschlossen  war,  und 
der  Kriegsgewinn  wurde  zwischen  Rom  und  den  Latinern 
zu  gleichen  Theilen  getheilt. 

Den  Wortlaut  des  Foedus  mit  den  Latinern  gibt  im  Auszug  Dion. 
Hai.  VI,  95,  vgl.  Gic.  pro  Balb.  53.  Liv.  II,  83.  Festus  p.  166  s.  v. 
nancitor,  wonach  dasselbe  eingehende  Process Vorschriften  enthielt.  — 
Die  alphabetische  Liste  der  Latinerstädte  Dion.  Hai.  V,  61  hat  keinen 
historischen  Werth,  und  noch  weniger  das  Verzeichniss  der  Orte  des 
albanischen  Gebiets  Plin.  III,  69 ;  vgl.  Bu  och,  Ital.  Bund  177  ff.  —  Cato 
fr.  58  Peter  hat  die  Stiftungsurkunde  des  lucus  Dianae  in  nemore  Ari- 
cino  (Nemi)  bewahrt,  den  der  Dictalor  von  Tusculum  Egerius  Laevius 
geweiht  hat;  hier  waren  als  weihende  populi  genannt:  Tusculanus,  Ari- 
cinus,  Lanuvinus,  Laurens,  Coranus,  Tiburtis,  Ponietinus,  Ardeatis  Rutulus. 
Das  ist  der  Bestand  des  Bundes  etwa  um  450.  Die  Urkunde  bestätigt,  dass 
in  der  That  Pometia  eine  Zeit  lang  latinisch  gewesen  ist,  und  ebenso 
Cora,  vgl.  Liv.  II,  16,  8.  22,  2.  Um  so  bezeichnender  ist,  dass  No- 
mentum,  Labici,  Pedum,  Praeneste,  Velitrae,  Antium,  Circei,  Tarracina 
fehlen;  sie  gehörten  also  damals  nicht  zum  Bunde.  Der  populus  Lau- 
rens urafasst  hier  wie  in  dem  Vertrage  mit  Karthago  Lavini  um  in  sich, 
das  nie  eine  besondere  Gemeinde  gewesen  ist,  vgl.  Liv.  1,  1.  14.  Beloch 
p.  183  f. 

811.  Bis  Rom  den  Anspruch  auf  die  Herrschaft  über  die 
Küste  bis  nach  Tarracina  zur  Wahrheit  machen  konnte,  der 
in  dem  Vertrage  mit  Karthago  ausgesprochen  ist,  sind  noch 
Generationen  vergangen;  aber  den  Schutz  über  die  Latiner 
gegen  die  Einfalle  der  Volsker  und  Aequer  hat  es  nach  Kräften 
geübt.  Die  Vorstellung  freilich,  als  habe  Rom  seit  dem  Be- 
ginn seiner  Geschichte  ununterbrochen  Krieg  geführt,  ist  spät 
und  grundfalsch;  sie  beruht  lediglich  auf  dem  Bestreben  der  spä- 
teren Annalisten,  die  vielen  friedlichen  und  inhaltsleeren  Jahre  * 
der  langen  Beamtenliste  bis  auf  die  Samniterkriege,  so  gut  es 


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138 


IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 


gehen  mochte,  mit  Begebenheiten  auszufüllen.  Im  Durchschnitt 
mag  im  fünften  Jahrhundert  etwa  auf  acht  Jahre  ein  Krieg 
gekommen  sein,  und  die  Kriege  waren  kurze  Soramerfeldzüge 
von  wenigen  Wochen.  Aber  langsam  sehen  wir  Rom  und 
die  Latiner  Schritt  für  Schritt  vordringen.  Im  Kampf  gegen 
die  Volsker  war  das  Hauptziel  die  Gewinnung  der  Ebene  süd- 
lich vom  Albanerberg  und  am  Fuss  des  Volskergebirges ,  des 
pomptinischen  Sumpf landes.  Eine  dunkle  Erinnerung  erzählte 
von  einer  alten  Stadt  Suessa  Pometia,  die  Rom  hier  eroberte; 
aber  die  Stadt  fiel  zu  den  Feinden  ab  und  wurde  von  den 
Römern  zerstört,  die  300  Geiseln,  die  sie  gestellt  hatte,  auf 
dem  Markt  enthauptet.  Dauernd  scheinen  die  Latiner  dagegen 
die  Stadt  Cora  am  Rande  des  Volskergebirgs ,  östlich  von 
Velitrae,  behauptet  zu  haben.  Erfolgreiche  Kämpfe  gegen  die 
Volsker  verzeichneten  die  ältesten  Annalen  unter  den  Jahren 
479  und  439.  Eine  andere  Sage  herichtet  von  der  Zerstörung 
der  Volskerstadt  Gorioli  unweit  von  Aricia.  Im  J.  435  wurden, 
die  Rutuler  von  Ardea  durch  römische  Colonisten  verstärkt. 
Gegen  die  Aequer  ist  um  den  Besitz  von  Tusculum  und  der 
Höhen  des  Algidus  vielfach  gekämpft  worden;  im  J.  425  er- 
focht der  Oberfeldherr  (Dictator)  Aulus  Postumius  über  sie 
einen  glänzenden  Sieg,  im  J.  410  wurde  ihnen  Labici,  im 
J.  400  Bola  entrissen.  —  Zugleich  suchten  die  Römer  im 
Tiberthal  weiter  aufwärts  zu  dringen;  schon  früh  wurde  die 
Feidmark  des  sabinischen  Ortes  Crustumerium  von  Rom 
annectirt,  während  das  benachbarte  Nomentum  dem  Latiner- 
bunde  beitrat.  Hier  geriethen  die  Römer  aber  in  Conflict 
mit  der  Etruskerstadt  Veji,  mit  der  sie  auch  über  die  Be- 
sitzungen am  rechten  Tiberufer  in  fortwährendem  Streit  lagen. 
Veji  lag  auf  einem  Felsplateau  im  Quellgebiet  des  kleinen 
Baches  Gremera,  der  gegenüber  dem  Orte  Fidenae  in  die  Tiber 
mündet ;  es  ist  begreiflich,  dass  es  sich  den  Zugang  zum  Fluss 
sichern  wollte  und  Fidenae  den  Römern  streitig  machte.  Zwei 
Episoden  sind  aus  den  ununterbrochenen  Kämpfen  um  diese 
Position  im  Gedächtniss  geblieben.  Einmal  hatten  die  Römer 
sich  an  der  Mündung  der  Gremera  festgesetzt;  aber  sie 


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Kämpfe  Roms  mit  den  Volskern,  Aequern,  Veji.  *  139 

•wurden  von  den  Vejentern  überfallen  und  dabei  das  stolze 

Geschlecht  der  Fabier,  das  bis  dahin  6  Jahre  hinter  einander 

die  eine  Feldherrnstelle  bekleidet  hatte,  300  Mann  mit  ihren 

dienten,  bis  auf  einen  Knaben  vernichtet  (472  v.  Chr). 

Fünfzig  Jahre  spater,  im  J.  421,  fielen  die  Fidenaten  von  Rom 

ab  und  erschlugen  die  römischen  Gesandten.    Aber  Aulus 

Kornelius  Cossus  rächte  die  Schmach  blutig,  indem  er  den 

Vejenterkönig  Lars  Tolumnius  im  Zweikampf  erlegte  und  sein 

Panzerhemd  in  Rom  als  herrlichste  Siegesbeute  im  Tempel 

des  Juppiter  Feretrius  aufhing. 

Für  eine  eingehende  Kritik  der  römischen  Ueberlieferung  ist  hier 
nicht  der  Ort.  Die  einzige  Quelle,  die  als  zuverlässig  behandelt  werden 
darf,  ist  Diodor  (vgl.  m.  Aufsatz  Rh.  Mus.  XXXVII,  1882).  Es  läset  sich 
mit  Leichtigkeit  nachweisen,  dass  das  meiste,  was  Livius  und  Dionys 
mehr  bieten,  durch  secundäre  Erweiterung  aus  den  kurzen  Notizen  her- 
ausgesponnen ist,  die  bei  Diodor  erhalten  sind.  Natürlich  wich  üiodors 
Quelle  (nach  meiner  Meinung  Gassius  Hemina)  in  manchen  Eintragungen 
von  den  anderen  alten  Annalen  ab,  und  ohne  Zweifel  boten  diese  mit- 
unter  Richtigeres,  was  dann  von  einer  Hand  zur  anderen  verschlechtert 
und  verwässert  schliesslich  in  Livius  und  Dionys  abergegangen  ist;  und 
ausserdem  mag  Diodor  [abgesehen  von  der  Auslassung  der  sicilischen 
und  italischen  Geschichte  durch  die  Abschreiber  in  Buch  XVII  und 
XVIII]  gelegentlich  römische  Nachrichten  übergangen  haben ;  so  z.  B. 
den  Process  des  Camillus,  der  in  XV,  23  stehen  sollte,  auf  den  er  XIV, 
117,  6  verweist.  Viel  ist  das  aber  nicht;  im  allgemeinen  bietet  seine 
römische  Geschiebte  ein  vollständiges  Bild  der  ältesten  Annalen.  Was 
etwa  bei  Livius  und  Dionys  ächte  Ueberlieferung  enthalten  mag,  ist 
im  Texte  berücksichtigt.  —  Zur  Chronologie  §.  817 A.  und  Bd.  II, 
500.  Dass  die  kurzen  Notizen  nicht  auf  gleichzeitige  Aufzeichnungen 
zurückgehen,  sondern  später  nach  Erinnerung  und  Combination  in  die 
Beamtenliste  eingetragen  sind,  lehren,  abgesehen  von  der  Geschichte  des 
Decemvirats,  die  verschiedenen  Berichte  über  Pometia  (vgl.  §.  808  A,), 
die  doppelten  Angaben  über  den  Verlust  von  Verrugo,  347  u.  c.  an  die 
Volsker  (Diod.  XIV,  11.  Liv.  IV,  58,  3),  360  an  die  Aequer  (Diod.  XIV, 
98.  Liv.  V,  28);  vgl.  Liv.  IV,  1,  4.  55,  8,  und  vor  allem  die  von  Mommsen, 
Höm.  Forsch.  II  vortrefflich  analysirte  Cossusgeschichte.  Die  Aelteren 
setzen  sie  in  Cossus'  Consulartribunat  328  u.  c.  (Diod.  XII,  80.  Liv.  IV, 
31  ff.),  die  Späteren  in  das  Gonsulat  des  L.  Sergius  Fidenas  317  u.'c, 
um  seines  Beinamens  willen  (Liv.  IV,  17,  7);  in  Wirklichkeit  gehört  sie 
nach  der  von  Augustus  entdeckten  Inschrift  des  Linnenpanzers  Liv.  IV, 
20,  7  in  Cossus'  Consulat  326  u.  c.   Bei  Livius  sind  durch  weitere  Aus- 


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140  IV«  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 

spinnungen  beider  Versionen  glücklich  8  Jahre  (316—320.  326—328  u.  c> 
mit  dem  Fidenatenkrieg  gefüllt.  —  Wir  müssen  natürlich  an  den  Daten 
der  ältesten  Ueberlieferung  festhalten ;  ob  sie  völlig  correct  sind,  ist  ziem- 
lich irrelevant,  da  die  Einzelheiten  historisch  gleichgültig  sind  und  nur 
das  allgemeine  Bild  geschichtliche  Bedeutung  hat.  —  Colonie  in  Ardea: 
Diod.  XII,  34.  Liv.  IV,  11  mit  breiter  Vorgeschichte  durch  mehrere  Jahre. 
Das  urkundlich  erhaltene  Foedus  mit  Ardea  (Licinius  Macer  bei  Liv.  IV, 
7,  10  IT.  Dion.  Hai.  XI,  62),  über  dessen  lohalt  wir  nichts  wissen,  ist 
wahrscheinlich  von  den  Consulartribuncn  des  J.  £38  u.  c.  mit  den  Colo- 
nisten  geschlossen  worden  (Mommsen  ,  Röm.  Chrono].  94) ;  Macer  setzte 
es  ins  J.  310  u.  c.  vor  die  Coloniegründung.  —  Crustumerium,  nach  der 
Tradition  von  Romulus  (Liv.  I,  11)  und  Tarquinius  I.  (Liv.  I,  38,  4)  und 
nochmals  255  u.  c.  (Liv.  II,  19,  2)  genommen,  kann  erst  nach  Einrich- 
tung der  20  Tribus  (§.  812)  römisch  geworden  sein;  die  tribus  Crustu- 
mina  ist  die  erste,  die  nach  einem  eroberten  Gebiet  benannt  ist.  —  Die 
vielen  Sabinerkriege ,  von  denen  Livius  und  Dionys  erzählen,  scheinen 
sämmtlich  Erfindung  zu  sein.  —  Ueber  die  Kämpfe  mit  Veji  und  die 
Cremeraschlacht  vgl.  O.  Richter,  Hermes  XVII,  425. 

812.  Auch  in  seinen  inneren  Verhältnissen  war  Rom 
ständig  vorgeschritten.  Allerdings  behauptete  der  Adel  nach  wie 
vor  die  politische  Herrschaft;  aber  wenn  es  auch  Patricier 
genug  geben  mochte,  welche  ihre  Privilegien  rücksichtslos  aus- 
beuteten —  was  die  Spätem  davon  erzählten,  ist  freilich  durch- 
weg Erfindung  ohne  jeden  geschichtlichen  Werth  und  erst 
nach  dem  Bilde  der  Revolutionszeit  seit  den  Gracchen  zurecht 
gemacht;  eine  lebendige  Erinnerung  reichte  in  diese  Zeit  nicht 
mehr  hinauf,  und  den  älteren  Annalisten  galt  sie  gerade  um- 
gekehrt als  die  ideale  Zeit  eines  gerechten  und  weisen  Regiments 
des  Senats  — ,  als  Ganzes  hat  der  herrschende  Stand  offenbar 
schon  damals  die  weilschauende  Umsicht  und  die  Bereit- 
schaft zu  zeitgepiässen  Goncessionen  gezeigt,  welche  den  Staat 
Schritt  für  Schritt  der  Weltherrschaft  zugeführt  haben.  Die 
verschollenen  Staatsmänner  des  fünften  Jahrhunderts,  deren 
Namen  in  der  langen  Liste  der  Jahrbeamten  versteckt  sind 
und  die  keine  Kunst  mehr  zum  Leben  erwecken  kann,  müssen 
manchen  gefeierten  Männern  der  Folgezeit  an  Einsicht  und 
politischer  Bedeutung  ebenbürtig  gewesen  sein:  sie  haben  die 
Grundsteine  für  den  Bau  der  Grösse  Roms  gelegt.    In  alter 


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Innere  Zustände  Roms.    Adel  und  Plebs. 


141 


Zeit  war  wie  im  mittelalterlichen  Griechenland  das  Stadtvolk, 
so  abhängig  es  von  den  vornehmen  Herren  sein  mochte,  po- 
litisch frei  und  stimmberechtigt  in  den  auf  der  durchgeführten 
•Geschlechterorganisation  beruhenden  80  Gurien.  Die  Masse  des 
Landvolks  dagegen  war  politisch  unfrei,  »Höriget  (clientes)  der 
grossen  meistens  patricischen  Grundbesitzer;  sie  wurden  von  den 
■Grundherrn  geschirmt  und  vor  Gericht  vertreten  und  leisteten 
ihnen  dafür  Hofdienste  und  Heeresfolge  im  Kriege.  Doch  hat 
■es  unzweifelhaft  schon  in  der  Königszeit  auch  freie  Bauern  und 
nichtadlige  Grossgrundbesitzer  gegeben.  Darauf  beruht  die 
von  der  Tradition  an  den  Namen  des  Königs  Servius  geknüpfte 
Heeresorganisation  nach  dem  Vermögen,  d.  h.  nach  dem 
Grundbesitz.  Mit  der  Begründung  der  Republik  War  der 
■ältesten  Versammlung  des  Volks  der  » Curiengenossen «  (Qui- 
nten) diese  Heergemeinde  der  »Hundertschaften«  (Genturien) 
zur  Seite  getreten,  die  sich  ihre  Feldherrn,  die  beiden  Prä- 
loren (Consuln),  selbst  wählte  und  über  Krieg  und  Frieden 
entschied  —  der  Adelsrath  der  Alten  oder  »Väter«  (patres, 
senatus)  hatte  sich  freilich  das  Recht  der  Bestätigung  oder 
Verwerfung  ihrer  Wahlen  und  Beschlüsse  vorbehalten.  Auch 
die  Gerichtsbarkeit  übte  die  Wehrgemeinde  in  letzter  Instanz; 
es  war  Herkommen,  wenn  auch  noch  nicht  Gesetz,  dass  die 
Beamten  einer  Berufung  gegen  ihren  Rechtsspruch  an  die 
Volksversammlung  nachgaben  und  ihr  die  letzte  Entscheidung 
überliessen.  Alle  diese  Einrichtungen  sind  bis  in  die  Zeit 
der  Samniterkriege  nicht  angetastet  worden;  aber  neue  In- 
stitutionen haben  sich  überall  daran  angesetzt.  Die  Plebs, 
-d.  h.  die  Bauernschaft  und  die  Kleinbürger  und  Handwerker 
in  der  Stadt,  organisirte  sich  zunächst  als  sacrale  Gemein- 
schaft um  das  an  den  griechischen  Demetercult  anknüpfende 
Heiligthum  der  Geres  auf  dem  aventinischen  Hügel  vor 
<ler  Stadt  und  wählte  sich  zwei  »Tempelherrn«  (Aedilen), 
die  zugleich  die  Aufsicht  über  ihre  Standesgenossen,  speciell 
die  Marktpolizei,  ausübten.  Dann  erhielt,  im  J.  4G6  (283  u.  c), 
die  Stadtbevölkerung  das  Recht,  sich  alljährlich  nach  den 
4  Stadtbezirken  (tribus)  4  Vorsteher  (tribuni)  zu  bestellen, 


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142 


IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 


die  jeden  Plebejer,  dessen  sie  sich  annahmen,  mit  ihrem  Leibe- 
decken  und  gegen  Willkür  oder  einen  Rechtsspruch  der 
Beamten  schirmen  durften.  Um  diesen  Rechtsschulz  wirksam 
ausüben  zu  können,  wurde  ihnen  die  Unverletzlichkeit  zu- 
gesichert;  wer  es  wagen  sollte  sie  anzutasten,  war  vogelfrei 
und  konnte  von  ihnen  als  Hochverräther  vom  tarpeischen 
Felsen  herabgestossen  werden  —  ein  formelles  TodesurtheiU 
wie  die  höchsten  Beamten  der  Gemeinde,  konnten  sie  nicht 
vollziehen,  aber  es  durfte  sich  Niemand  gegen  sie  zur  Wehre 
setzen,  ohne  ihre  Heiligkeit  zu  verletzen.  Der  nächste  und  folgen- 
schwerste Schritt  war  die  Emancipation  des  Landvolks:  das 
Landgebiet  wurde  in  IG  Districle  (tribus)  getheilt,  deren  Be- 
wohner denen  der  4  Stadtbezirke  rechtlich  gleichgestellt 
wurden,  mit  ihnen  zusammen  in  den  Versammlungen  der 
Plebs  stimmten  und  die  Tribunen  wählten,  deren  Zahl  jetzt 
auf  10  erhöht  ward.  Nach  der  Eroberung  von  Crustumerium 
(§.  812)  kam  dann  als  21.  Bezirk  die  tribus  Crustumina 
hinzu.  Den  vorläufigen  Abschluss  dieser  Entwicklung  bildete 
die  Codification  des  Landrechts  (vgl.  §.  370),  die  unter  starker 
Benutzung  griechischer  Rechtssätze  in  den  Jahren  444  und  443 
von  zwei  Zehnmännercollegien  durchgeführt  wurde.  Fortan  waren 
die  Beamten,  wie  in  allen  griechischen  Staaten  ausser  Sparta» 
bei  der  Rechtssprechung  an  das  geschriebene  Recht  gebunden  : 
auch  Rom  war  damit  aus  einem  patriarchalischen  Adelsstaat 
ein  Rechtsstaat  geworden. 

Auf  die  innere  Entwicklung  Roms  werde  ich  im  nächsten  Bande 
zurückkommen.  Ich  habe  meine  Ansicht  in  dem  Aufsatz  »Der  Ur- 
sprung des  Tribunats  und  die  Gemeinde  der  vier  Tribus«  Hermes  XXX 
näher  begründet  und  in  dem  Artikel  Plebs  im  Handwörterbuch  der  Staats- 
wissenschaften (II.  Suppl.-Bd.  =  Bd.  VI  der  2.  Aufl.)  kurz  skizzirt,  und 
muss  einstweilen  darauf  verweisen.  In  geistvoller  Weise  hat  K.  J.  Nkü- 
mann,  Die  Grundherrschaft  der  röm.  Rep.,  Bauernbefreiung  und  Ent- 
stehung der  servian.  Verf.,  1900,  die  Entwicklung  weiter  klarzulegen 
versucht.  Seinen  Ergebnissen  kann  ich  aber  nicht  durchweg  zustimmen  r 
namentlich  ist  meines  Erachtens  nicht  zu  bezweifeln,  dass  die  servia- 
nische  Heerordnung  bereits  aus  der  Königszeit  stammt  und  die  Grund- 
lage der  Consularverfassung  bildet;  und  sie  setzt  die  Existenz  freier 
grundbesitzender  Plebejer  voraus.  —  Dass  die  Geschichte  vom  Sturz  des- 


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innere  Entwickelung  Roms. 


14:* 


Decemvirats  lediglich  Fiction  ist,  liegt  auf  der  Hand :  mit  der  Annahme, 
dass  die  zweiten  Decemvirn  Usurpatoren  waren,  die  gewaltsam  gestürzt 
wurden,  vertragt  sich  die  Tbatsache  absolut  nicht,  dass  ihre  Gesetz- 
gebung das  geltende  Recht  von  Rom  gewesen  ist  [daher  hilft  sich  Dio- 
dors  Quelle  damit,  dass  die  Gesetze  erst  von  den  Gonsuln  des  nächsten 
Jahres  publicirt  seien].  Die  alteren  Annalen  (so  Polybios  und  Diodor 
und  im  wesentlichen  auch  noch  Cicero  de  rep.)  lassen  vom  Sturz  des 
Decemvirats  an  die  Verfassung  ihrer  Zeit,  mit  der  Reservirung  der  einen 
Consulstelle  für  die  Plebejer  und  der  höchsten  Gewalt  der  Tribunen  in 
der  Stadt,  unverändert  in  Kraft  bestehen  (vgl.  m.  Aufsatz  aber  Diodor 
Rhein.  Mus.  37).  Dass  das  falsch  ist,  haben  die  Annalisten  der  Revolu- 
tionszeit erkannt ;  sie  haben  die  Altere  Darstellung  durch  eine  ausgemalte 
Schilderung  des  Ständekampfes  ersetzt,  der  im  wesentlichen  mit  der 
Wahl  des  ersten  plebejischen  Consuls  zum  Abschluss  gekommen  sei.  Die 
Neueren  folgen  ihnen  darin ;  den  wahren  historischen  Hergang  haben  sie 
so  wenig  erkannt,  wie  ihre  römischen  Vorgänger,  so  deutlich  er  aus  den 
Quellen  zu  entnehmen  ist.  In  Wirklichkeit  ist  die  Zulassung  der  Ple- 
bejer zu  den  höchsten  Aemtern  nur  das  Vorspiel  für  den  entscheidenden 
Kampf  der  beiden  Stände  um  die  Herrschaft,  der  287  mit  dem  vollen 
Sieg  der  Plebs  endet.  Das  entscheidende  Moment  ist  hier  wie  in  der 
gesammten  römischen  Entwickelung  das  militärische. 

813.  Durch  diese  Reihe  von  Goncessionen  hat  der  pa- 
tricische  Adel  die  Herrschaft  in  Rom  behauptet  und  die  Stadt 
vor  gewaltsamen  Krisen  bewahrt,  wie  sie  in  den  griechischen 
Republiken  an  der  Tagesordnung  waren.  Zweimal  ist  im 
fünften  Jahrhundert  der  Versuch  gemacht  worden,  das  König- 
thum wieder  herzustellen,  von  dem  Urheber  des  Bundes  mit 
den  Latinern  Spurius  Gassius  (479  v.  Chr.)  und  von  Spurius 
Maelius  (432),  und  dann  nach  der  Gallierkatastrophe  noch- 
mals von  Marcus  Manlius  (377);  alle  drei  Usurpatoren  sind 
überwältigt  worden,  ehe  sie  ans  Ziel  gelangt  waren.  Neben 
den  politischen  Reformen  gehen  die  militärischen  einher,  ja 
sie  sind  das  Ausschlag  gebende  Moment  gewesen;  man  wird 
annehmen  dürfen,  dass  eben  die  bedrängte  Lage,  in  der  sich 
Rom  dauernd  befand,  und  die  es  zwang  alle  Kräfte  anzuspannen, 
um  seine  Machtstellung,  ja  seine  Freiheit  und  Nationalität  zu 
behaupten,  den  Adel  dazu  gebracht  hat,  der  Menge  ent- 
gegen zu  kommen.  Um  die  Wehrkraft  der  Bauernschaft  in 
grösserem  Maasse  verwerthen  zu  können,  wird  sie  emancipirt 


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144 


IV,  8.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 


und  mit  politischen  Rechten  ausgestattet;  um  ihr  Vertrauen 
zu  gewinnen,  wird  ihr  das  geschriebene  Landrecht  verliehen. 
Wir  kennen  die  Heeresverfassung  Roms  um  das  J.  400  in 
ihren  Einzelheiten  nicht;  aber  das  sehen  wir,  dass  sie  über 
die  älteren  Formen  des  Adelsheers  und  auch  des  ursprüng- 
lichen servianischen  Classenheers  weit  hinausgewachsen  war. 
Die  Wehrpflicht  hängt  an  dem  Besitz,  der  einzelne  Mann  be- 
waffnet sich  selbst,  und  die  ärmeren  sind  daher  wie  in  den 
griechischen  Republiken  vom  Kriegsdienst  ausgeschlossen  und 
höchstens  als  Tross  und  als  Plänkler  verwerthet.  Das  Auf- 
gebot ist  ein  Hoplitenheer ,  in  dem  die  militärische  Disciplin 
so  strenge  durchgeführt  ist,  wie  nur  in  Sparta.  Jeder  Mann 
hat  dem  Befehl  des  Vorgesetzten  unweigerlich  zu  gehorchen 
und  den  Platz  innezuhalten,  der  ihm  zugewiesen  ist.  Daher 
verliert  die  Reiterei  ihre  alte  Bedeutung ;  und  gänzlich  verpönt 
ist  der  Einzelkampf  der  adligen  Recken  der  Heroenzeit,  der  die 
Disciplin  sprengt.  Von  Aulus  Postumius,  dem  Sieger  über 
die  Aequer  im  J.  425,  ist  im  Gedächtniss  geblieben,  dass  er 
dem  eigenen  Sohn  den  Kopf  vor  die  Füsse  legen  Hess,  weil 
er  ohne  Erlaubniss  seinen  Platz  in  der  Schlachtreihe  verlassen 
hatte,  um  sich  auf  einen  Zweikampf  einzulassen.  Denn  wie 
in  Sparta  die  Königsgewalt,  so  besteht  auch  in  Rom  die 
Beamtengewalt  im  Felde  in  unverändertem  Umfang.  Alle 
Goncessionen  gelten  nur  für  den  befriedeten  Stadtbezirk,  die 
Provocation  an  die  Volksversammlung,  das  Einschreiten  der 
Tribunen;  jenseits  des  geheiligten  Mauerringes  ist  der  Beamte 
Herr  über  Leben  und  Tod,  und  seine  Büttel  tragen  die  Beile 
in  den  Ruthenbündeln,  mit  denen  sie  die  Executionen  voll- 
ziehen. —  In  Nothföllen  kann,  wie  früher  schon  erwähnt 
wurde  (Bd.  II,  500),  an  Stelle  der  beiden  gleichberechtigten 
Feldherrn  von  einem  derselben  ein  einziger  Kriegsoberst  (ma- 
gister  populi,  später  dictator)  ernannt  werden,  dem  als  Ge- 
hülfe ein  Reiteroberst  (magister  equitum)  zur  Seite  tritt.  Als 
die  Aufgaben  des  Oberamts  in  Krieg  und  Frieden  sich  mehrten, 
hat  man  vom  J.  437  ab  je  nach  Bedürfniss  nicht  selten  an 
Stelle  der  zwei  auch  drei  oder  mehr  (bis  sechs)  Oberbeamte 


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Militärische  Organisation  Roms.   Emporkommen  der  Plebejer.  145 

ernannt,  die  von  der  Ueberlieferung  als  »Ofßciere  mit  Con- 
sulargewalt«  (tribuni  militum  consulari  potestate)  bezeichnet 
werden.  Eine  Verfassungsänderung  aber  war  damit  nicht 
verbunden. 

Ueber  die  drei  Usurpatoren  s.  den  grundlegenden  Aufsatz  von  Mommsek, 
R6m.  Forsch.  II.  —  Ueber  das  Heerwesen  ist  die  Hauptstelle  die  Angabe 
des  ARNiM'schen  ineditum  Vaticanum  (§.  802  A.)  Hermes  XXVII,  121.  Der 
Verfasser  betrachtet  das  spatere  Manipularheer  als  die  nationale  römische 
Heerordnung,  und  die  Ordnung  um  400  v.  Chr.  als  eine  von  den  Etrus- 
kern  entlehnte  Neuerung:  Topp-rjvoi  -fyüv  eiroUjxoov  x«^a«^«5  xal  ?a- 
ob  xatä  csstpa?  jxa/Ofievoi  •  xat  Yjuet?  jisth>iiXi3&evTtc  *«i  töv 
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dann  Obernehmen  sie  die  Reiterei  von  den  Saiuniten.  —  A.  Postumius: 
Diod.  XII,  64.  Liv.  IV,  29,  5,  spater  bekanntlich  auf  Manlius  Torquatus 
Obertragen,  unter  Einwirkung  des  Liv.  per.  54  berichteten  Vorgangs.  — 
Die  Einsetzung  der  Consulartribunen,  welche  als  nackte  Thatsache  in  der 
Beamtenliste  stand  (Diod.  XII,  32),  wird  von  den  Aelteren  damit  erklärt, 
dass  Rom  in  diesem  Jahre  drei  Kriege  zu  führen  hatte,  die  denn  auch 
fOr  diesen  Zweck  erfunden  werden  (Liv.  IV,  7,  2).  Die  Späteren  haben 
dann  den  Ständekampf  hineingetragen  und  eine  lex  Canuleia  erfunden, 
vgl.  Rhein.  Mus.  XXXVII,  624.  In  Wirklichkeit  gehört  der  erste  ple- 
bejische Consulartribun  dem  J.  354  u.  c.  an,  Liv.  V,  12,  9,  und  im  ganzen 
enthalten  von  51  Collegien  nur  6  plebejische  Mitglieder  (354.  355.  358. 
371.  875.  376  u.  c). 

814.  Die  Fortschritte  der  staatlichen  Gestaltung  wirkten 
wieder  fördernd  auf  die  innere  Entwicklung  des  Gemein- 
wesens zurück.  Das  Geschäftsleben  und  der  Handel  konnten 
sich  unter  der  festen,  ihre  Bedurfnisse  berücksichtigenden 
Rechtsordnung  frei  bewegen;  der  Wohlstand  mehrte  sich,  und 
damit  zugleich  die  Steuerkrafl  der  Gemeinde.  Nicht  wenige 
plebejische  Häuser  gelangen  zu  Reichthum  und  grossem  Grund- 
besitz und  können  in  ihrer  Lebenshaltung  mit  den  alten 
Adelsgeschlechtern  wetteifern  und  wie  diese  einen  grossen  An- 
hang um  sich  sammeln  und  politischen  Einfluss  erstreben. 
Auch  diesen  Bestrebungen  ist  die  Regierung  entgegen- 
gekommen. Zu  dem  Adelsrath  der  >  Väter«  werden  plebejische 
»Beigeschriebene«  [?]  (conscripti)  hinzugezogen,  denen  freilich 

Meyer,  Geschichte  de»  Alterthumi.  V.  10 


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146  IV,  3.  Italien  mr  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 

ein  Antheil  an  dem  Recht  der  Bestätigung  der  Wahlen  und  Ge- 
setze nicht  zusteht.  Für  die  unteren  Aemter  und  die  Ofificiers- 
stellen  waren  Plebejer  seit  langem  nicht  mehr  zu  entbehren. 
In  dem  zweiten  Zehnmännercollegium  für  die  Gesetzgebung 
sind  mehrere  Plebejer,  und  50  Jahre  später  erhallen  sie 
vereinzelt  Zutritt  zum  Oberamt.  Zum  ersten  Male  erscheint 
im  J.  392  ein  Plebejer  unter  den  Consulartribunen,  im 
nächsten  Jahre  sind  es  sogar  5  unter  0;  dann  finden  sich 
Plebejer  mit  Sicherheit  noch  in  den  Jahren  388,  375,  37  lt 
370.  So  dürftig  diese  Daten  sind,  sie  zeigen,  dass  die  Plebejer 
sich  fühlen  gelernt  haben  und  dass  der  Kampf  um  die  Gleich- 
berechtigung beginnt;  zugleich  aber  auch,  dass,  so  heftig  in 
einzelnen  Jahren  gestritten  sein  mag,  der  Adel  es  verstanden 
hat,  im  richtigen  Momente  nachzugeben  —  denn  ohne  die 
Einwilligung  der  >  Väter«  konnte  die  Wahl  nicht  perfect 
werden  —  und  dadurch  seine  herrschende  Position  immer 
aufs  neue  zu  festigen. 

815.  Die  äussere  Geschichte  Roms  und  Latiums  im  fünften 
Jahrhundert  hat  sich  unzweifelhaft  wenig  von  dem  unter- 
schieden, was  sich  an  vielen  anderen  Stellen  Italiens  abspielte, 
und  bietet,  an  sich  betrachtet,  nichts,  was  die  Aufmerksam- 
keit der  Culturwelt  in  höherem  Maasse  auf  sich  ziehen  konnte. 
Aber  sie  enthält  die  Voraussetzung  für  die  innere  Entwickelung 
des  Staats,  und  darin  besteht  ihre  Bedeutung.  In  der  That 
sind  alle  Institutionen,  auf  denen  die  zukünftige  Grösse  Roms 
beruht,  jetzt  bereits  vorgebildet:  bei  einer  in  liberaler  Richtung 
fortschreitenden  Ausbildung  der  Verfassung  und  des  Rechts 
die  Behauptung  einer  starken  Regierungsgewalt  und  vor  allem 
eines  immer  kräftiger  entwickelten  Heerwesens;  die  Heran- 
ziehung und  steigende  Anspannung  aller  Kräfte  des  Staats- 
gebiets und  die  Ausgleichung  aller  Gegensätze  innerhalb  des- 
selben, die  Beseitigung  jedes  Unterschieds  zwischen  einer  herr- 
schenden Bürgerschaft  und  einer  beherrschten  und  zinsenden 
und  daher  militärisch  und  politisch  nicht  leistungsfähigen 
Unterthanenschaft ;  die  Aufnahme  fremder  Gemeinwesen  in 
den  Staatsverband  zu  gleichen  Rechten  mit  Wahrung  ihrer 


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: 


Politische  Stellung  Roms.    Erfolge  gegen  Volsker  und  Aequer.  147 

localen  Sonderinteressen,  wie  sie  zuerst  gegen  Gabii  geübt  ist 
und  für  die  Zukunft  die  Möglichkeit  bietet,  dass  die  Stadt- 
gemeinde Rom  ständig  weiter  hineinwächst  in  Italien  und  in 
ganz  anderer  Weise  als  Athen,  das  über  die  Grenzen  von 
Attika  nicht  mehr  hinaus  konnte,  trotz  der  Formen  des  Stadt- 
staats sich  umwandelt  in  einen  ein  gewaltiges  Gebiet  um- 
fassenden Einheitsstaat;  endlich  der  feste  Anschluss  verbündeter 
Gemeinden,  die  die  äussere  Politik  an  Rom  abgeben,  aber 
weder  zu  Perioeken  noch  zu  tributären  Unterthanen  degradirt 
werden  und  daher  eine  ganz  andere  Ausnutzung  ihrer  Wehr- 
kraft gestatten  als  das  je  einer  herrschenden  griechischen  Stadt 
ihren  Unterthanen  gegenüber  möglich  gewesen  ist.  Diese 
Liberalität  in  allen  grossen  politischen  Fragen  ist  das  Ent- 
scheidende, der  charakteristische  Grundzug  des  römischen 
Staatswesens;  auf  ihr  beruht  es  denn  auch  im  letzten  Grunde, 
dass,  wenn  denn  einmal  die  Welt  von  der  Tiber  aus  regiert 
werden  sollte,  die  Weltsprache  nicht  volskisch  oder  aequisch 
geworden  ist,  sondern  lateinisch.  —  In  den  ersten  Jahren  des 
vierten  Jahrhunderts  beginnt  Rom  nach  einer  langen  Zeit 
langsamen  Fortschreitens  zum  ersten  Mal  nach  allen  Seiten 
gewaltig  um  sich  zu  greifen:  die  Früchte  der  bisherigen  Ent- 
wicklung beginnen  zu  reifen.    Um  grössere  Heere  dauernd 
im  Felde  halten  zu  können,  wurde  jetzt  ein  Sold  für  die 
Truppen  eingeführt,  der  durch  eine  den  Bürgern  districtsweise 
auferlegte  Umlage  (tributum)  aufgebracht  wurde.  Den  Volskern 
wird  die  ganze  Ebene  entrissen,  im  J.  398  selbst  Anxur 
(Tarracina)  besetzt.    Velitrae  (396)  und  Circei  (385)  werden 
als  latinische  Städte  wieder  hergestellt.    Auch  Antium  wird 
jetzt  dem  Bunde  beigetreten  sein.   Alle  gewonnenen  Positionen 
freilich  konnten  nicht  behauptet  werden;  Velitrae  und  Satricum 
(in  der  Nähe  von  Antium)  fielen  385  ab,  Verrugo  im  Quell- 
gebiet des  Trerus  ging  an  die  Volsker  oder  Aequer  verloren 
(399  oder  380).  Dafür  erlitten  die  Aequer  385  eine  schwere 
Niederlage.    Gleichzeitig  hatte  Rom  sich  zum  entscheidenden 
Schlage  gegen  Veji  aufgerafft;  nach  harten  Kämpfen,  in  denen 
die  Römer  einmal  eine  empfindliche  Niederlage  erlitten,  wurde 


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IV,  3.  Italien  xur  Zeit  des  Dionysios.  Rom. 


die  Stadt  eingeschlossen  und,  angeblich  im  elften  Jahre  des 
Kriegs,  im  J.  388  von  Marcus  Furius  Gamillus  erobert.  Ge- 
waltige Beute  fiel  den  Siegern  in  die  Hände;  aus  dem  Zehnten 
weihten  die  Römer  einen  goldenen  Dreifuss  nach  Delphi  ins 
Schatzhaus  der  Massalioten.  Die  Stadt  wurde  zerstört,  die 
Feldmark  mit  den  Latinern  getheilt.  Die  an  das  römische 
Gebiet  grenzenden  Districte  wurden  unter  die  Bürger  auf- 
geteilt; auf  ihrem  Antheil,  weit  nach  Etrurien  hinein  vor- 
geschoben, gründeten  die  Latiner  zwei  neue  Bundesstädte, 
Sutrium  und  Nepet. 

816.  Durch  die  Eroberung  Vejis  wurde  Roms  Gebiet 
nahezu  verdoppelt ;  es  war  jetzt  eine  der  ansehnlichsten  Mächte 
in  Italien  geworden.  Ohne  es  zu  ahnen,  wuchs  es  hinein  in 
die  politischen  Aufgaben,  welche  die  hellenische  Nation  seither 
vergeblich  zu  lösen  versucht  hatte.  Seit  Alters  standen  die  Latiner 
nicht  nur  culturell  mit  den  Griechen  in  vielfachen  Beziehungen; 
wie  mit  Massalia  (§.  370)  und  ehemals  mit  Kyme,  so  mit  Sicilien 
war  Rom  nicht  nur  durch  den  Handel,  sondern  ebensosehr  durch 
den  gemeinsamen  Gegensatz  gegen  die  Etrusker  verbunden. 
Wie  stark  das  Gefühl  der  Zusammengehörigkeit  war,  spricht 
sich  darin  aus,  dass  Massalia  zu  der  Summe  beigesteuert 
hat,  durch  die  Rom  sich  von  den  Kelten  loskaufte  (§.  819  A.), 
und  deutlicher  noch  darin,  dass  der  griechische  Schriftsteller 
Heraklides  aus  Heraklea  am  Pontos  (um  340)  Rom  eine 
griechische  Stadt  nannte  (§.  818  A.).  Motivirt  wurde  diese 
Anschauung  in  der  Tradition,  der  Heraklides  folgte,  ohne 
Zweifel  dadurch,  dass  die  griechische  Ethnographie  Rom  wie 
so  viele  andere  Völker  Italiens  von  den  Heroen  des  troischen 
Kriegs  ableitete.  Dennoch  dürfen  wir  sie  als  einen  lebendigen 
Ausdruck  der  politischen  Interessengemeinschaft  betrachten; 
schwerlich  hätte  man  je  von  einer  etruskischen  oder  sabelli- 
schen  Stadt  das  Gleiche  gesagt.  Ohne  Zweifel  sind,  wenn 
nicht  früher,  so  doch  jetzt  auch  zwischen  Dionys  und  Rom 
politische  Beziehungen  angeknüpft  worden.  Als  Seeräuber  von 
Lipara  die  Gesandten  mit  dem  römischen  Weihgeschenk  nach 
Delphi  abfingen,  hat  der  Strateg  der  Insel,  die  kurz  vorher 


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I 


Eroberung  Vejis.   Hellas  und  Rom.   Etruskerkriege.  149 

von  Dionys  unterworfen  war  (§.  800),  sie  befreit  und  ihnen 
den  kostbaren  Schatz  zurückgegeben.  Jetzt  fährte  Rom  erfolg- 
reich den  Krieg  gegen  die  Etrusker,  den  die  Griechen  niemals 
ernstlich  hatten  in  Angriff  nehmen  können,  und  bereitete  da- 
durch eine  Umwälzung  der  politischen  Lage  ganz  Italiens  vor. 
Gleich  nach  dem  Siege  über  Veji  ging  es  weiter.  Caere,  die 
südlichste  Etruskerstadt  an  der  Küste,  hat  offenbar  den  Fall 
von  Veji  gern  gesehen  und  erscheint  in  den  nächsten  Jahren 
mit  Rom  eng  verbündet.  Dagegen  griff  Rom  gleich  im  J.  387 
Falerii  mit  Erfolg  an,  und  im  J.  383  schlug  es  die  Volsinier. 
Offenbar  war  seine  Absicht,  im  Tiberthal  vordringend  ganz 
Südetrurien  zu  erobern.  Da  trat  ihm  mitten  im  Siegeslaufe 
ein  neuer  unbekannter  Feind  entgegen,  der  ihm  mit  jähem 
Schlage  fast  das  Schicksal  Vejis  bereitet  hätte. 


Die  Kelteninvasion. 

817.  Die  ältesten  Nachrichten  über  die  Kelten  sind  früher 
schon  zusammengestellt  (Bd.  II,  426.  III,  375).  Die  grosse 
Masse  des  Volkes  sass,  in  zahlreiche  Stämme  gespalten,  zu 
beiden  Seiten  des  Rheins  in  Oberdeutschland  und  Nordfrank- 
reich sowie  auf  den  britischen  Inseln ;  vorgeschobene  Schaaren 
hatten  sich  in  Spanien  festgesetzt,  wo  sie  an  den  Küsten  des 
Oceans,  am  Guadiana,  den  Griechen  des  fünften  Jahrhunderts 
zuerst  bekannt  wurden.  Um  das  J.  400  geht  eine  neue  grosse 
Bewegung  durch  die  keltischen  Stämme.  Vermuthlich  fallt 
das  Vordringen  der  Kelten  die  Rhone  abwärts  und  die  Zu- 
rückwerfung der  Ligurer  in  die  Westalpen,  der  Iberer  in  das 
Land  westlich  von  der  Garonne  (Aquitanien)  und  bis  an  die 
Pyrenaeen  in  diese  Zeit.  So  erreichten  die  Kelten  das  Mittel- 
meer; allmählich  wurden  die  Thäler  der  Rhone  und  ihrer 
Nebenflüsse  und  die  Küstenebene  am  Fuss  der  Sevennen  von 
keltischen  Stämmen  besetzt.  —  Folgenschwerer  war  ihr  Vor- 
dringen über  die  Alpen:  das  Hochgebirge  erwies  sich  hier  wie 
sonst  ebensowenig  als  eine  feste  Völkerscheide  wie  ein  Strom 


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150 


IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Kelten. 


oder  ein  Meerarm.  Im  J.  388  v.  Chr.  überschritt  ein  ge- 
waltiger, aus  zahlreichen  Stämmen  zusammengesetzter  Heer- 
haufe die  Alpenpässe.  Dass  die  penninischen  und  lepontischen 
Alpen  und  ihr  italisches  Vorland  fortan  von  Kelten  besetzt 
sind  (im  Gebiet  der  Dora  Baltea  die  Salassier,  am  Lago 
Maggiore  die  Lepontier),  dagegen  weder  die  Westalpen  und 
das  Gebiet  des  obern  Po,  die  ligurisch  blieben,  noch  die  rhäti- 
schen  und  die  Ostalpen,  zeigt  deutlich  den  Weg,  den  die  Kelten 
gekommen  sind.  Es  war  eine  Bewegung,  wie  die  Kimmerier- 
und  Skythen  stürme,  welche  im  siebenten  Jahrhundert  Vorder- 
asien überschwemmten,  und  wie  die  Völkerwanderung,  welche 
um  1200  v.  Chr.  europaeische  Krieger  mit  Weib  und  Kind 
nach  Syrien  und  Aegypten  geführt  hatte.  Zum  ersten  Male 
klopften  die  Barbaren  Nordeuropas  an  die  Pforten  der  süd- 
lichen Culturwelt.  Mit  unheimlicher  Angst  blickten  die  Söhne 
des  Mittelmeers  auf  zu  den  Riesengestalten  mit  langem  rothen 
Haupthaar  und  mächtigem  Schnurrbart.  Es  war  ein  wildes 
Kriegervolk,  das  niedertrat,  was  ihm  in  den  Weg  kam,  und 
mit  den  abgehauenen  Köpfen  der  Feinde  seine  Pferde,  mit 
ihren  Schädeln  die  Hütten  schmückte.  Halbnackt  zogen  sie 
in  den  Kampf,  Hals  und  Arme  geschmückt  mit  dicken  gol- 
denen Ringen  und  Ketten.  Den  bunten  Mantel  warfen  sie 
ab;  nur  ein  ungefüger  Schild  deckte  den  Körper.  Die  Waffen 
waren  Spiesse  und  ein  gewaltiges,  aber  dünnes  und  schlecht- 
gestahltes  Schwert.  Trotzdem  waren  die  Kelten  beim  ersten 
Zusammenstoss  mit  regulären  Truppen  unwiderstehlich.  Wie 
bei  allen  ähnlichen  Invasionen  zerschellten  auch  hier  die  an 
einen  regelrechten ,  methodisch  geführten  Kampf  gewöhnten 
Heere  der  Gulturvölker  an  den  wilden  Schaaren;  sie  konnten 
sich  in  die  fremdartige  Kampfweise  nicht  finden.  Eben  weil 
sie  keine  entwickelte  Taktik  kannten,  sondern  todesverachtend 
mit  furchtbarem  Kriegslärm  auf  die  Feinde  einstürmten,  konnten 
die  Kelten  sie  überrennen.  Ein  lähmender  Schrecken  ging 
vor  ihnen  einher;  die  Gegner  gaben  sich  verloren,  ehe  der 
Kampf  zum  Stehen  gekommen  war.  —  Wie  die  Eroberung 
Oberitaiiens  im  einzelnen  verlaufen  ist,  erfahren  wir  nicht. 


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Einbruch  der  Kelten  in  Oberitalieu. 


151 


Mit  einem  Schlage  brach  die  Herrschaft  der  Etrusker  über  die 
Poebene  zusammen.  »An  demselben  Tage,«  erzählt  Cornelius 
Nepos,  »an  dem  Gamillus  Veji  nahm,  wurde  Melpum  von  den 
Insubrern,  Bojern  und  Senonen  zerstört.«  Die  übrigen  Zwölf- 
städte theilten  sein  Schicksal,  auch  Felsina  (Bononia)  und  das 
ehemals  umbrische  Küstenland  bis  nach  Ancona  wurde  besetzt; 
in  Marzabotto  liegen  die  Gräber  keltischer  Krieger  in  den 
Trümmern  der  etruskischen  Ansiedlung. 

Ueber  die  Zeit,  wann  die  Kelten  im  Rhonegebiet  ans  Miltelmeer 
gekommen  sind,  wissen  wir  nichts  Genaueres.  Skylax  kennt  sie  hier  noch 
nicht;  doch  müssen  sie  zu  seiner  Zeit,  um  850.  wohl  schon  hier  gesessen 
haben.  —  Den  Einfall  in  Italien  betrachten  alle  alteren  Nachrichten  als 
eine  plötzlich  hereingebrochene  Katastrophe,  welche  die  Einnahme  Roms 
unmittelbar  im  Gefolge  hat.  So  die  griechische  Ueberlieferung  bei  Diod.  XIV, 
113,  1  [denn  dieser  Satz  mit  dem  Synchronismus  und  der  Angabe  Aber  die 
Etrusker  gehört  noch  der  griechischen  Quelle  an,  nicht  der  römischen]  und 
Justin  XX,  5,  und  die  römische,  welche  den  Einbruch  in  Italien  direct  auf 
den  Angriff  auf  Clusium,  d.  h.  die  Katastrophe  Roms  zuspitzt:  ein  Glusiner 
Aruns  habe,  um  die  Verführung  seiner  Frau  durch  den  Vornehmen  Lucumo 
zu  rächen,  den  Kellen  Wein  gebracht  und  sie  dadurch  über  die  Alpen  ge- 
lockt (Liv.  V,  33.  Plutarch  [in  dessen  Vorlage  Livius  benutzt  ist,  s.  c.  16] 
Cam.  15.  Dion.  Hai.  XIII,  Uff.;  eine  spätere  Variation  Plin.  Xlf,  5); 
diese  Version,  die  bereits  Cato  erzählte  (fr.  36,  Gell.  17,  13,  4)  kennt 
auch  Polybios  II,  17,  3,  nach  dem  die  Kelten  ex  fAtxpä;jrpo<paosiu; 
ys-fak-Q  axpaxi*  rcapa8ö$cus  «tctX&ovxss  e££ßaXov  ex  rrj?  «epl  xov  Utäov  yüpvi 
Toppv]vcü<;  xal  xaxioyov  a&toi  xa  nsZib.  Daneben  steht  die  Motivirung 
durch  Landtioth,  sei  es  für  den  Zug  Qber  die  Alpen  im  allgemeinen 
(Appian  Celt.  2  xrfi  '(r^  xt»v  KcXxwv  oox  apxo63Y|^  afoot?  8ta  xö  itX'fjO'OS, 
avtcxaxa:  jiotpa  KtXxüv  t<Lv  ftfift  töv  'PYjvov  Ixavrj  xaxa  C^ttjoiv  exspa? 
■yfjS '  o:  xo  x«  ^AXjisiov  opo?  OTtepeßfjaav  xa;  KXouatvo:<;  .  .  .  cjtoXsjaoov)  ,  sei 
es  speciell  für  den  Angriff  auf  Clusium  (Liv.  V,  30.  Plut.  Cam.  17);  in 
Diodors  röm.  Geschichte  XIV,  113,  3  wird  der  Uebergang  über  die  Alpen 
gai nicht,  der  Zug  der  Senonen  nach  Clusium  durch  die  Hitze  ihrer 
Wohnsitze  (bei  Ariminum)  erklärt,  statt  deren  sie  bessere  suchen.  Als 
einen  vor  kurzem  erfolgten  grossen  Kriegszug  kennt  den  Kelteneinfall 
auch  Skylax,  der  in  seine  ältere  Vorlage  die  Kelten  an  der  Koste  des 
Adriatischen  Meeres  nach  den  Umbrern  von  Ancona  und  den  Etruskern 
von  Hadria  und  vor  den  Venetern  eingeschoben  hat,  statt  sie  an  Stelle  der 
Etrusker  zu  setzen  [<o  richtig  Nikbuhr,  Röm.  Gesch.  II,  578;  dass  der  Satz 
ein  Einschub  ist,  zeigt  auch,  dass  hier  allein  eine  Angabe  über  die  Länge 
der  Küste  fehlt]:  jitxa  8fc  Toppfjvoö?  «ici  KeXxol  s$vo$,  aTCoXenpdevxz; 


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152         IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Kelten. 


5tpatt(at5,  siri  otmiv  {Uxp:  'Atyioa.  —  Die  Spateren  haben  dann 
alle  Keltenzuge,  nach  Italien,  dem  Donaugebiet,  Griechenland,  in  pra- 
gmatischen Zusammenhang  gebracht  (vgl.  Niese,  Zur  Gesch.  der  kelt. 
Wanderungen.  Z.  f.  deutsches  Alterthum  42.  1898),  so  Justin  XXIV,  4 
bei  Gelegenheit  des  Einfalls  in  Makedonien  [diese  Erzählung  ist  von  Niese 
fälschlich  mit  XX,  5  combinirt].  Darauf  beruht  die  Erzählung,  durch 
welche  Livius  V,  33—35  die  römische  Vulgata  berichtigt:  zur  Zeit  der 
Gründung  Massalias  und  mithin  des  Tarquinius  Priscus  seien  zwei  grosse 
gallische  Heerzöge,  der  eine  nach  dem  hercynischen  Wald,  der  andere 
nach  Oberitalien  gegangen.  Es  ist  seltsam,  dass  diese  Erzählung  trotz 
allem,  was  seit  Niebuhr  dagegen  gesagt  ist,  vor  allem  von  Möllenhoff, 
Deutsche  Alterthumskunde  II,  noch  immer  wieder  Glauben  findet  (so  bei 
Hirschfeld  ,  Ber.  Berl.  Ak.  1894,  331),  obwohl  sie  allem  widerspricht, 
was  wir  über  die  ältere  Geschichte  Oberitaliens  wissen.  Dass  es  sich 
auch  nicht  um  eine  einheimische  gallische  Sage  handelt,  wie  Niebuhr 
und  Möllenhoff  meinen  (nach  Doticker  durch  Posidonioe,  nach  Möllen- 
hoff durch  Timagenes,  nach  Hirschfeld  durch  Nepos  vermittelt),  son- 
dern um  gelehrte  Combination,  hat  Niese  erwiesen.  Niese's  Annahme, 
die  Kelten  seien  aus  Oberdeutschland  gekommen,  ist  sehr  unwahrschein- 
lich :  jedenfalls  nimmt  Polybios  an,  sie  seien  aus  Frankreich  gekommen, 
auf  demselben  Wege  wie  Hannibal  (III,  48,  6),  und  die  Namen  der  Lin- 
gonen  und  Senonen  weisen  eben  dahin.  —  Lepontios  et  Salassos  Tauriscae 
gentis  Cato  (fr.  37)  arbitratur,  Plin.  III,  134;  ihren  keltischen  Charakter 
bestätigen  die  Inschriften  ihres  Gebiets.  Strabo  IV,  6, 8  bezeichnet  sie  fälsch- 
lich als  Rhaeter.  —  Melpum:  Nepos  bei  Plin.  III,  125.  —  Chronologie: 
Das  unendlich  viel  behandelte  Problem  hat  meines  Erachtens  Unoer,  Rö- 
misch-griechische Synchronismen  vor  Pyrrhos,  Ber.  Münch.  Ak.  1876,  I, 
im  wesentlichen  richtig  beantwortet,  nachdem  schon  Niebuhr  die  ent- 
scheidenden Daten  richtig  gefunden  hatte.  Nach  Dion.  Hai.  I,  74  setzten 
fast  alle  Schriftsteller  den  Kelteneinfall ,  bei  dem  Rom  genommen  wurde 
(yj  KcXtüiv  tyoBo«;,  xaö-'  vjv  yj  fPu>jiauu>v  itöXtg  iaXcu,  ot>|A<p<uvsfta:  s^tSöv  uico 
7i(ivT<Bv  äp/ovxoi  *Aö-^vY]ot  llupYtcuvoc  Ysvsafrai),  iR  Ol.  98,  1  archon  Pyr- 
gion  =  388/7  v.  Chr.  Dies  Datum  findet  sich  in  der  erhaltenen  Literatur 
nur  noch  bei  Appian  Celt.  2,  1:  'OXofinidtötuv  tolc  rEXXYjaiv  eictä  xal  tvt- 
vojxovta  y*ybwu«viuv  (codd.  'OXujiJt'.a  —  YtYEVYjjiiva),  d.  h.  doch  nach  Ablauf 
von  97  Olympiaden,  also  Ol.  98,  1,  fielen  die  Kelten  in  Italien  ein.  Da- 
gegen setzen  Polyb.  I,  6.  Diod.  XIV,  117.  Justin  VI,  6,  5  übereinstimmend 
die  Einnahme  Roms  gleichzeitig  mit  dem  Antalkidasfrieden  und  der  Be- 
lagerung Rhegions,  also  Ol.  98,  2  Archon  Theodotos  =  387/6  v.  Chr. 
Das  kann  nur  so  erklärt  werden ,  das  sie  (resp.  ihre  ältesten  Quellen) 
die  Einnahme  Roms  in  das  nächste  Jahr  nach  dem  Kelteneinfall  setzten. 
Nun  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  ein  Ereigniss  wie  der  Kelteneinfall  von 
allen  zeitgenössischen  Schriftstellern  über  die  Geschichte  des  Dionys  richtig 


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Der  Kelteneinfall.  Chronologie. 


153 


fixirt  worden  ist,  vor  allem  von  Philistos;  die  Einnahme  Roms  dagegen 
war  für  sie  ein  secundäres  Ereignis»,  das  nicht  aufs  Jahr  genau  bestimmt 
zu  sein  braucht.  Nun  ist  es  wenig  wahrscheinlich,  dass  die  Einnahme 
Roms  gleich  im  nächsten  Jahr  nach  dem  Kelteneinfall  stattfand ;  die  Be- 
richte selbst  (Diod.  XIV,  117,  3.  Polyb.  II,  18,  2  fut&  Ii  ttva  xpövov) 
deuten  auf  ein  Intervall  von  mehreren  Jahren.  Das  wird  bestätigt  durch 
die  ächte  römische  Chronologie,  die  uns,  mit  geringen  Entstellungen,  bei 
Diodor  erhalten  ist.  Diodor  kennt  im  vierten  Jahrhundert  anstatt  der 
fünfjährigen  Anarchie  879—383  u.  c.  nur  eine  einjährige,  und  kennt 
ebenso  wenig  die  interpolirten  Dictatorenjahre  421.  480.  445.  453  u.  c. 
Bei  ihm  fehlt  ausserdem  das  Jahr  387  u.  c;  dass  das  aber  nur  ein  Ver- 
sehen Diodors  und  dies  Jahr  in  Wirklichkeit  mitzuzählen  ist,  geht  dar- 
aus hervor,  dass  nach  seiner  Rechnung  die  Consuln  von  454  u.  c.  ein 
Jahr  zu  früh  fallen,  801  v.  Chr.  statt  800  v.  Chr.,  und  dass  er  XIV,  93 
die  Einnahme  von  Veji  137  Jahre  vor  die  Einnahme  von  Lipara  im 
J.  251  v.  Chr.  (Polyb.  I,  40,  13)  setzt,  also  388  v.  Chr.  Dies  Datum 
kommt  nur  heraus,  wenn  das  J.  387  u.  c.  mitgerechnet  wird.  —  Nach 
derselben  Gleichung  sind  die  römischen  Eponymen  in  Buch  XI  und  XII 
bei  Diodor  geglichen.  Dann  aber  merkte  er,  als  er  das  Material  für  die 
beiden  nächsten  Bücher  disponirte,  dass  auf  diese  Weise  die  Einnahme 
Roms  nicht,  wie  er  auf  Grund  des  griechischen  Synchronismus  für  richtig 
hielt,  ins  J.  387/6,  sondern  5  Jahre  später  fallen  würde.  Er  half  sich 
dadurch,  dass  er  zu  Anfang  des  13.  Buchs  5  Jahrcollegien  (831—335  u.  c.) 
ausliess,  und  dafür  zu  Anfang  des  15.,  um  seine  Chronologie  wieder  ein- 
zurenken, die  5  letzten  Collegien  (360—364  u.  c.)  wiederholte.  Beseitigen 
wir  diese  Manipulation,  so  fällt  die  Eroberung  Vejis  ins  J.  388  v.  Chr., 
in  dasselbe  Jahr  mit  dem  Kelteneinfall,  in  schönster  Uebereinstimmung 
mit  der  Angabe  des  Nepos  über  Melpum,  und  die  Einnahme  Roms  ins 
J.  882,  übereinstimmend  mit  der  Angabe  Justins  XX,  5,  4  über  die  Be- 
lagerung von  Kroton  (s.  §.  825).  Ich  halte  daher  die  Chronologie,  welche 
Diodors  römische  Quelle  befolgte,  für  völlig  correct;  nach  ihr  sind  in 
diesem  Buch  alle  römischen  Daten  auf  die  vorchristliche  Aera  reducirt, 
vgl.  Bd.  II,  500  A.  —  Aus  den  chronologischen  Daten  der  viel  behandelten 
Uebersicht  der  Gallierkriege  bei  Polybios  II,  18  ff.  ist  bei  der  Mehrdeutig- 
keit  der  Intervallangaben  ein  zwingender  Beweis  nicht  zu  gewinnen. 
Meiner  Ansicht  nach  hat  Moatusra,  Röm.  Forsch.  II,  352  ff.  sie  im  wesent- 
lichen richtig  behandelt:  die  Quelle  sind  römische  Annalen  (wenn  auch 
nicht  nothwendig  die  des  Fabius),  welche  die  alte  Chronologie  befolgen 
und  die  Eroberung  Roms  382  v.  Chr.  setzen.  Dass  er  selbst  I,  6  nach 
griechischem  Synchronismus  die  Eroberung  387/6  setzt,  hat  Polybios 
hier  nicht  berücksichtigt.  [Mommsen's  Annahme,  die  Dictatorenjahre  seien 
»ein  sehr  altes,  ja  in  gewissem  Sinne  gleichzeitiges  Zeitrechnungscom- 
plement«,  das  man  bei  Herstellung  der  wahren  Chronologie  berück- 


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154         IV,  3.  Italien  zur  Zeit  de«  Dionysios.   Die  Kelten. 

sichtigeu  müsse,  halte  ich  für  falsch;  sie  sind  handgreiflich  ganz  junge 
Erfindung.] 

818.  Die  Polandschafl  bot  den  Kelten,  was  sie  begehrten, 
ein  weites  fruchtbares  Ackerland,  in  dem  sie  sich  nach  allen 
Seiten  ausbreiten  und  reichliche  Nahrung  finden  konnten.  Hier 
haben  sie  ihre  Wohnsitze  aufgeschlagen.  Aber  der  rasche 
Erfolg  lockte  zu  weiterem  Vorgehen.  Weithin  haben  ihre  Streif- 
schaaren  die  ganze  Halbinsel  durchzogen  und  ausgeplündert; 
so  erfuhren  wir  von  einem  Heerhaufen,  der  bis  nach  Apulien 
vordrang.  Die  Senonen,  der  am  weitesten  vorgeschobene 
keltische  Stamm,  überschritten  den  Apennin  und  brachen  in 
Etrurien  ein.  Als  sie  im  J.  382  Clusium  angriffen,  wandte 
dieses  sich  um  Hülfe  an  das  von  Süden  mächtig  vordringende 
Rom,  das  im  Jahre  vorher  im  Krieg  mit  Volsinii  bereits  bis 
an  die  Grenze  des  Gebiets  von  Clusium  gelangt  war  und  mit 
dieser  Stadt  Verbindungen  angeknüpft  haben  mochte.  In  Rom 
war  man  wenig  geneigt,  den  Kampf  mit  einem  fernen  Feinde 
aufzunehmen,  der  Rom  nicht  zu  bedrohen  schien;  man  ver- 
suchte durch  Gesandte  zu  vermitteln  und  zugleich  über  das 
neue  unbekannte  Volk  Kundschaft  einzuziehen.  Aber  einer 
der  Gesandten  Hess  sich  verleiten  am  Kampfe  Theil  zu  nehmen 
und  erschlug  einen  keltischen  Häuptling.  Die  Senonen  for- 
derten seine  Auslieferung;  als  diese  verweigert  wurde,  wandten 
sie  sich  von  Clusium  ab  zum  Rachezug  gegen  Rom.  Aus 
dem  Poland  kam  starker  Zuzug;  das  Tiberthal  hinab  wälzte 
sich  der  gewaltige  Heerhaufe  gegen  die  Stadt,  die  die  von 
allen  Völkern  heilig  gehaltenen  Satzungen  des  Gesandtenrechts 
schnöde  verletzt  hatte.  Zwei  Meilen  vor  der  Stadt,  auf  der 
Heerstrasse  am  rechten  Ufer  des  Flusses,  gegenüber  der  Mün- 
dung des  kleinen  Baches  Allia,  erwarteten  die  Römer  den 
Feind.  Hier  kam  es  am  18.  Juli  des  Jahres  382  zur  Schlacht. 
Das  römische  Heer  hatte  in  der  Ebene  am  Fluss  Stellung 
genommen,  und  die  Höhen  zur  Linken  mit  leichten  Truppen 
besetzt.  Es  erging  den  Römern  nicht  anders  wie  den  Etruskern. 
Die  Eliteschaar  der  Kelten  warf  sich  auf  die  Truppen  auf  der 


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Die  Kelten  gegen  Clusium  und  Rom.   Schlacht  an  der  AUia.  155 

Höhe  und  rollte  von  hier  aus  die  römische  Schlachtreihe  auf. 
Zu  geschlossenem  Widerstand  kam  es  nicht  mehr;  ein  wildes 
Morden  begann.  Das  Gros  des  römischen  Heeres  wurde  an 
den  Fluss  gedrängt;  wer  durch  Schwimmen  sich  retten  wollte, 
versank  durch  die  schwere  Rüstung  oder  ward,  wenn  er  die 
Waffen  wegwarf,  den  feindlichen  Speeren  zur  Beute;  nur 
wenige  von  vielen  retteten  sich  auf  das  jenseitige  Ufer  und 
fluchteten  nach  Rom.  Anderen  Abtheilungen  war  es  gelungen, 
sich  der  Umzingelung  zu  entziehen.  Der  Weg  nach  Rom 
war  ihnen  allerdings  verlegt;  aber  sie  konnten  sich  auf  den 
Höhen  sammeln,  die  Versprengten  an  sich  ziehen  und  sich  nach 
Veji  fluchten.  Hier  haben  sie  sich,  so  gut  es  gehen  mochte, 
in  den  Ruinen  der  zerstörten  Stadt  verschanzt  und  die  weitere 
Entwicklung  abgewartet. 

Kelten  in  Apulien:  Diod.  XIV,  117,  7  [bei  Liv.  VI,  42,  8  ins  J.  387 
u.  c.  versetzt].  —  Die  einzige  brauchbare  Quelle  für  die  Alliascblacht  ist 
«ler  Bericht  Diodors  XIV,  117  IT.  Seinen  Werth  bat  zuerst  Möhnsen, 
Röm.  Forsch.  II  in  helles  Licht  gestellt  und  die  für  die  Arbeitsmethode 
der  späteren  Annalisten  äusserst  instructive  Umgestaltung  klar  gelegt, 
aus  der  die  jüngeren  Berichte  hervorgegangen  sind.  Nur  hat  sich  auch 
Momhsen  noch  nicht  uberall  von  dem  alten  Vorurtheil  frei  gemacht,  dass 
Diodor  entstellt  habe,  und  aus  den  Späteren  manches,  z.  B.  den  angeb- 
lichen Antritt  neuer  Consulartribunen  unmittelbar  vor  der  Schlacht,  in 
ihn  hineingetragen,  wodurch  der  ächte  Bericht  verfälscht  wird.  Dass 
die  Schlacht  auf  dem  rechten  Tiberufer,  der  AUia  gegenüber,  stattfand, 
wie  Diodor  angibt,  nicht  wie  die  Späteren  meinen,  an  der  AUia  selbst, 
haben  Hülsen  und  Lindner,  Die  Alliascblacht,  1890,  im  Anschluss  an 
Mo mmsen  erwiesen.  —  Die  ältere  Ueberlieferung  nannte  keinen  Namen  eines 
gallischen  Heerführers;  die  jüngeren  Annalisten  haben  den  Namen 
Bremms  aus  dem  Zug  gegen  Delphi  eingesetzt.  —  Dass  der  Zug  der 
Senonen  nicht  ein  zielloser  Raubzug,  sondern  gegen  Rom  gerichtet  und 
von  diesem  provocirt  war,  wie  die  Ueberlieferung  angibt,  bestäligt  sein 
ganzer  Verlauf.  —  Die  Einnahme  Roms  haben  die  griechischen  Histo- 
riker, z.  B.  Pbilistos,  ohne  Zweifel  schon  vor  Theopomp  erwähnt,  trotz 
Plin.  III,  57 :  Theopompus,  ante  quem  nemo  mentionem  (Romae)  habuit, 
urbem  dumtaxat  a  Gallis  captam  dicit.  Nach  Plut.  Cam.  22  führte  Hera- 
kleides in  seinem  Dialog  r.epl  tywrfi  als  Beispiel  an :  ar.b  rfji;  ioisspa; 
Xoyov  xaxaay^iv,  im?  sxpaxo?  e£  Tirepßopstuv  (Xfrauv  t^cuö-tv  -jp-rxo».  koXiv 
*EXXviv(8a  'Ptofiifjv,  vgl.  §.  816;  Aristoteles  (vgl.  Plin.  III,  57,  pnmus  ex- 
ternorutn  aliqua  de  Romanis  diligentius  scripsit,  natürlich  in  den  Politien 


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156         IV,  3.  Italien  zur  Zek  des  Dionysios.   Die  Kelten. 

oder  den  vojr.jia)  xb  jiiv  äXiüva*.  rrjv  nokiv  6wö  KsXtüiv  axptß&c  fr?j).ö;  «att* 
OXY4xoa>?,  tiv  'A  zmiavxa  A*6xiov  stvat  y-rjou 

819.  Nachdem  fast  das  ganze  Heer  theils  vernichtet, 
theils  durch  die  Versprengung  der  Geretteten  nach  Veji  von 
Rom  abgedrängt  war,  war  die  Stadt  unhaltbar.  Aber  die 
Römer  verzagten  nicht;  noch  war  der  Staat  zu  retten,  wenn 
es  gelang  Zeit  zu  gewinnen.  So  entschloss  man  sich,  die 
Stadt  freiwillig  zu  räumen;  nur  die  Burg  mit  dem  Capitol 
auf  dem  Hügel  vor  den  Thoren  wurde  besetzt  gehalten.  Den 
Haupttheil  der  Bevölkerung,  vor  allem  die  Weiber  und  Kinder, 
brachte  man  in  die  Nachbarstädte  in  Sicherheit,  zahlreiche 
Flüchtlinge,  darunter  die  Vestalinnen  mit  dem  heiligen  Feuer, 
nahm  Caere  auf.  Die  Masse  der  Wehrfähigen  wird  nach  Veji 
zur  Armee  gegangen  sein,  die  jetzt  die  Zukunft  des  Staats  re- 
präsentirte.  Versuchungen,  wie  sie  die  Perser  ein  Jahrhundert 
zuvor  an  Athen  gerichtet  hatten,  traten  an  Rom  nicht  heran,, 
und  an  sich,  aus  der  politischen  Lage  der  Zeit  heraus  betrachtet, 
handelte  es  sich  um  keine  welthistorisch  bedeutsame  Frage; 
denn  für  die  Welllage  war  es  auch  jetzt  noch  ziemlich  irrelevant, 
ob  der  römische  Staat  sich  behauptete  oder  aus  Mittelitalien  ver- 
schwand. Aber  indem  Rom  in  der  schwersten  Krise  es  ver- 
mochte, das  Gebot  der  Noth wendigkeit  in  einen  freien  Entschluss 
des  staatlichen  Willens  umzuwandeln,  hat  es  nicht  nur  seine 
Existenz  gerettet,  sondern  auch  die  innere  Kraft  offenbart,  die 
in  diesem  Staate  lag,  und  dadurch  die  Möglichkeit  einer  stets 
mächtiger  fortschreitenden  Entwickelung  gewonnen ;  und  so  ist 
die  Entscheidung  von  382  dennoch  welthistorisch  bedeutsam 
geworden,  wie  wenig  andere.  —  Die  Kelten  hatten  inzwischen 
den  Gefallenen  die  Köpfe  abgehauen  und  ein  wildes  Siegesfest 
gefeiert;  dann  rückten  sie  vor  die  Stadt.  Sie  argwöhnten 
eine  Kriegslist;  erst  am  vierten  Tage  nach  der  Schlacht  er- 
brachen sie  die  Thore  und  besetzten  und  verheerten  die  Stadt. 
Sieben  Monate  haben  sie  in  ihr  gelegen;  aber  das  Capitol 
vermochten  sie  weder  zu  erstürmen  noch  auszuhungern.  Sich 
in  Latium  dauernd  niederzulassen,  hatten  sie  nie  beabsichtigt; 
zu  einem  neuen  Kampf  mit  dem  Heer,  das  sich  inzwischen 


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Die  Kelten  in  Rom.   Ihr  Abzug.  157 

in  Veji  verschanzt  und  neue  Kraft  gewonnen  hatte,  hatten 
sie  keine  Neigung ;  auch  hätten  sie  dadurch  der  Besatzung 
auf  dem  Capitol  Raum  gegeben,  ihnen  in  den  Rücken  zu 
fallen.  Während  des  Winters  mochten  ihnen  die  Lebensmittel 
ausgehen;  überdies  kam  jetzt,  wie  Polybio3  berichtet,  die 
Kunde,  dass  die  Veneter  in  ihr  Gebiet  eingefallen  seien.  So 
nahmen  sie  die  Anerbietungen  an,  die  die  Römer  ihnen 
brachten;  gegen  Zahlung  von  1000  Pfund  Gold  (913,000  M.) 
räumten  sie  die  Stadt  und  zogen  von  dannen  (Februar  381). 

xal  -ctöv  6ttapxövtuiv  dtJtavrwv  sYxpatsic  *at  tvj;  icöXsu>;  aorr4;  inta  {Vfjvas 
xopteusavts«;  «Xo?  s&iXovtl  xal  jieta  gapttoc  *apa56v«;  rrjv  *oXtv  S&paootO'. 
xal  äatv«!;,  txov?>*  t^v  cöfiXtiav,  el?  t^v  olxstav  eitavrjXä-ov  Polyb.  II,  22,  5; 
ebenso  I,  6,  3.  II,  18,  3,  wo  der  Venetereinfall  berichtet  wird.  Gegen 
diesen  ältesten  Bericht,  zu  dem  stimmt,  dass  nach  Justin  43,  5  die  Mas- 
salioten  zu  dem  Lösegeld  beigesteuert  haben,  fallen  alle  späteren,  welche 
durch  Camillus  Rom  retten  und  den  Kelten  das  Lösegeld  wieder  ab- 
nehmen lassen,  in  sich  zusammen.  Der  erste  Ansatz  dieser  Fälschung 
Kegt  bei  Diod.  XIV,  117,  5  vor,  wonach  Camillus  die  Kelten  gerauine 
Zeit  nach  dem  Abzug  bei  der  Belagerung  von  Veasciuin  [welcher  Name 
darin  steckt ,  ist  nicht  zu  sagen,  alle  Conjecturen  sind  werthlos]  angreift 
und  ihnen  Beute  und  Gold  wieder  abnimmt.  Darin  wird  ein  ächter 
Kern  stecken,  ein  Sieg  des  Camillus  Ober  irgend  einen  Keltenhaufen. 
Damit  ist  der  Sieg  der  Caeriten  Ober  die  abziehenden  Kelten  verbunden, 
der  in  zwei  verschiedenen  Versionen  bei  Siraho  V,  2,  3  und  Diod.  XVII, 
117,  7  erzählt  wird.  Freilich  zeigte  man  später  im  Juppitertempel  das 
-den  Galliern  abgenommene  Gold  (im  J.  52  wurde  es  gestohlen):  aber  es 
waren  2000  Pfund  (Liv.  V,  50,  6.  Plin.  33,  14).  Hirschfeld,  Zur  Ca- 
milluslegende,  Festschrift  für  Friedländer,  S.  136  vermuthet  mit  Recht, 
dass  dies  Gold  mit  Camillus  in  Verbindung  gebracht  ist,  weil  daneben 
die  mit  seinem  Namen  geweihten  Schalen  aus  der  Etruskerbeute  lagen: 
Liv.  VI,  4,  2.  [Nach  einer  anderen  Version  hat  Livius  Drusus  als  pro- 
praetor,  wahrsch.  im  J.  282.  das  Gold  aus  Gallien  zurückgebracht:  Sueton 
Tib.  3,  vgl.  Hirschfeld  1.  c.  134;  daher  wird  bei  Servius  ad  Aen.  VI, 
825  Camillus'  Sieg  nach  Pisaurum  verlegt.]  —  Verhalten  von  Caere: 
Strabo  V,  2,  3.  Liv.  V,  40,  10.  50,  3.  —  Auf  dem  Capitol  kann  natürlich  nur 
eine  verhältnissmässig  kleine  Besatzung  gelegen  haben.  Von  dem  Detail 
sind  alt  die  Botschaft  des  Corainius  aus  Veji  [von  den  Späteren  in  eine 
-absurde  staatsrechtliche  Erzählung  umgesetzt]  und  die  Errettung  durch 
.Manlius  und  die  Gänse.  Wenn  Aristoteles  (Plut.  Cam.  22,  §.  818  A.)  den 


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158         IV,  8.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Kelten. 

Befreier  Aeoxto?  nannte,  wird  darin  wohl  ein  falscher  Name  für  M.  Man- 
lius  stecken. 

820.  Die  Niederlage  Roms  haben  die  Nachbarn  zu  den> 
Versuche  benutzt,  die  alten  Zustände  wieder  herzustellen. 
Die  Etrusker  hatten  schon,  als  die  Kelten  noch  in  Rom  lagen r 
das  Heer  in  Veji  angegriffen,  waren  aber  zurückgeschlagen 
worden;  jetzt  eroberten  sie  die  neue  Grenzfestung  Sutrium. 
Im  Süden  brachen  die  Volsker  und  die  Aequer  in  die  ihnen 
entrissenen  Gebiete  ein.  Aber  es  zeigte  sich,  dass  die  Krise, 
trotz  der  schweren  Verluste  an  Menschenleben,  Rom  nicht 
gebrochen,  sondern  eher  neu  gekräftigt  hatte.  Die  Volsker 
wurden  bei  Marcium  in  der  Nähe  von  Lanuvium  geschlagen; 
als  sie  dann  mit  stärkerer  Macht  wieder  kamen  und  das 
römische  Lager  angriffen,  rückte  Marcus  Furius  Camillus  als 
Dictator  mit  dem  römischen  Gesammtaufgebot  bei  Nacht  aus, 
fiel  ihnen  im  Morgengrauen  in  den  Rücken  und  vernichtete, 
unterstützt  durch  einen  Ausfall  aus  dem  Lager,  fast  das  ganze 
Heer  der  Feinde.  Dann  entsetzte  er  Bola,  das  die  Aequer 
angegriffen  hatten.  Darauf  schlug  er  die  Etrusker,  gewann 
Sutrium  zurück,  und  stellte  die  latinische  Colonie  wieder  her. 
Auch  eine  Keltenschaar  soll  er  damals  geschlagen  haben.  Um 
dieselbe  Zeit  vernichteten  die  mit  Rom  verbündeten  Caeriten. 
eine  Keltenschaar,  die  auf  dem  Rückweg  von  einem  Raubzug 
nach  Apulien  ihr  Gebiet  durchzog.  Im  J.  370  wurden  aus 
den  Ansiedlern  auf  dem  römischen  Theil  des  Vejentergebiets 
vier  neue  Bezirke  der  Bürgerschaft  gebildet.  Auch  auf  das 
Meer  griff  Rom  hinüber;  im  J.  378  entsandte  es,  wohl  in 
Verbindung  mit  dem  gleichzeitigen  Aufstand  auf  der  Insel 
gegen  Karthago  (§.  826),  eine  Colonie  von  500  Ansiedlern 
nach  Sardinien.  —  So  ist  es  Rom  nicht  anders  ergangen  als  den 
Lydern,  als  die  Kimmerier  ihr  Land  überschwemmt  und  Sardes^ 
bis  auf  die  Burg  genommen  hatten;  nachdem  die  Hochfluth 
sich  verlaufen  hatte,  erhob  sich  die  Stadt  aufs  neue,  gewann 
ihre  bisherige  Stellung  zurück  und  konnte  in  wenig  Jahr- 
zehnten zur  Vormacht  Mittelitaliens  und  zugleich  zum  Bollwerk 
des  Culturlandes  gegen  die  wilden  Horden  des  Nordens  er- 


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Neue  Erfolge  Roms. 


—  Die  Kelten  im  Poland. 


wachsen.  Die  Kraft  der  Volsker  und  der  Aequer  war  durch 
die  letzten  entscheidenden  Niederlagen  gebrochen;  im  J.  374 
begann  Rom  den  Angriff  auf  Praeneste,  bald  darauf  nahm 
es  den  durch  den  Kelteneinfall  unterbrochenen  Krieg  gegen 
die  Etrusker  erfolgreich  wieder  auf. 

Hauptquelle:  Diod.  XIV,  117,  dessen  Bericht  bei  Livius  in  gewöhn- 
licher Weise  überarbeitet  und  mannigfach  erweitert  ist  Marcium  (so 
auch  Plut.  Cam.  33.  34),  200  Stadien  von  Rom,  heissl  bei  Li?.  VI,  2,  8 
Mecium  bei  Lanuvium;  die  Entfernungsangabe  stimmt  dazu.  —  An 
Camillus'  Siege  knüpfen  bei  Diodor  die  Berichte  Ober  seinen  von  den 
Tribunen  gehinderten  oder  aber  mit  weissen  Rossen  gefeierten  Triumph 
und  seine  zwei  Jahre  darauf  erfolgte  Verurtheilung  in  eine  Geldstrafe, 
die  die  Späteren  in  Verbannung  umwandeln  und  vor  die  Keltenkata- 
Strophe  setzen.  —  *Pa>jiaioi  ercl  atsXsta  itmaxostou;  axotxooc  Sap&a»- 
vtav  antixtCkoLv  Diod.  XV,  27  unter  368  u.  c.  =  378  v.  Chr.;  das  kann 
nur  Sardinien  sein.   Bei  allen  Späteren  ist  die  Kunde  davon  verschollen. 

821.  Die  Kelten  haben  die  Poebene  bis  zur  Etsch  dauernd 
in  Besitz  genommen.  Die  ligurischen  Stämme  wurden  in  den 
Apennin  und  das  Quellgebiet  des  Po  zurückgedrängt;  Reste 
der  Etrusker  erhielten  sich  in  den  Alpen  an  der  Etsch  und 
dem  Inn  unter  dem  Namen  Raeter;  jenseits  der  Etsch  be- 
haupteten sich  die  Veneter,  ohne  Zweifel  unter  fori  währenden 
Kämpfen  mit  den  Kelten.  Das  übrige '  Land  besetzten  die 
keltischen  Stämme,  auf  dem  Nordufer  des  Po  die  Libikier 
(bei  Vercellae  und  bis  zum  Ticin),  die  Insubrer  (bei  Mailand) 
und  die  Cenomanen  (bis  zur  Etsch),  im  Süden  die  Arianen 
(Anamaren  ?,  bei  Placentia),  die  Bojer  (bei  Bononia),  und  am 
Meer  die  Lingonen  und  weiter  südlich  in  dem  Vorland  des 
umbrischen  Apennins  bis  nach  Ancona  hin  die  Senonen. 
Reste  der  älteren  Bevölkerung  mögen  vielfach  als  ünterthanen 
und  Knechte  im  Lande  geblieben  sein;  aber  ein  gewaltiges 
Gebiet,  dessen  Erschliessung  für  die  Gultur  soeben  begonnen 
hatte,  war  ihr  auf  Jahrhunderte  hinaus  wieder  entrissen. 
Die  neuen  Ansiedler  blieben  Barbaren,  auch  wenn  sie  neben 
der  Viehzucht  Ackerbau  trieben.  Die  etruskischen  Städte  lagen 
in  Trümmern.  »Die  Kelten  wohnen  in  offenen  Dörfern,«  sagt 
Polybios;  »sie  schlafen  auf  Streu  und  leben  von  Fleischnahrung, 


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160         IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios.   Die  Kelten. 

ihre  einzige  Beschäftigung  ist  Krieg  und  Ackerbau.  Andere 
Kenntnisse  und  Fertigkeiten  gibt  es  bei  ihnen  überhaupt  nicht ; 
der  Besitz  eines  jeden  besteht  in  Vieh  und  Gold.t  »Zwei 
Dinge  gibt  es,  welche  fast  ganz  Gallien  mit  regstem  Eifer  be- 
treibt,« lautet  Catos  berühmte  Schilderung :  »das  Kriegswesen 
und  scharfsinnig  zu  reden«  (rem  militarem  et  argute  loqui). 
Ihre  Waffen  und  ihren  Goldschmuck  verstanden  sie  selbst  zu 
bearbeiten,  wenn  auch  in  ziemlich  roher  Weise.  Der  Schlem- 
merei und  dem  Wein  waren  sie  eifrig  ergeben;  sonst  brauchten 
sie  keine  Erzeugnisse  der  Gultur.  Zu  einer  festeren  politischen 
Organisation  haben  sie  es  hier  so  wenig  gebracht  wie  sonst, 
wo  immer  sie  in  der  Geschichte  auftreten.  Die  Stämme  zer- 
fallen in  zahlreiche  Glans  —  112  zählte  Cato  bei  den  Bojern  — , 
das  Parteiwesen  steht  in  voller  Blüthe;  ein  jeder  sucht  eine 
möglichst  grosse  Schaar  von  Anhängern  und  Gefolgsleuten 
um  sich  zu  sammeln  und  dadurch  zu  Macht  und  Ruhm 
zu  gelangen.  Ununterbrochen  dauern  die  Stammfehden;  die 
Nachbarn,  wie  die  Genomanen  und  Insubrer,  sind  aufs  bitterste 
mit  einander  verfeindet.  Wenn  in  den  Kriegen  auf  eigene 
Faust  kein  Erfolg  zu  gewinnen  war,  sind  sie,  wie  die  Sa- 
beller,  stets  bereit,  in  fremden  Diensten  zu  fechten,  wo  sie 
sich  ganz  wie  diese  als  ebenso  tapfer  und  gefürchtet  wie  un- 
zuverlässig erweisen.  —  An  Raubzügen  gegen  das  übrige 
Italien  hat  es  auch  in  der  Folgezeit  nie  gefehlt;  namentlich 
die  in  den  Apennin  zurückgedrängten  Umbrer  konnten  sich 
offenbar  der  Kelten  kaum  erwehren,  und  mehrfach  sind  sie 
wieder  in  Etrurien  eingebrochen.  Grössere  Erfolge  machte 
ihre  politische  Zerfahrenheit  unmöglich.  Aber  noch  war  der 
Schrecken  vor  ihrem  Namen  lebendig.  Als  sie  im  J.  353 
wieder  einmal  plündernd  bis  nach  Latium  vordrangen  und 
auf  dem  Albanerberg  lagerten,  wagten  die  Römer  nicht,  ihnen 
ein  Heer  entgegenzuführen,  sondern  warteten  ab,  bis  der 
Schwärm  wieder  davongezogen  war. 

Charakteristik  der  Kelten:  Polyb.  II,  17,  8  ff.  Cato  fr.  34.  Ihre 
Trunksucht  kennt  schon  Plato  leg.  I,  637  d.  Vgl.  auch  die  Notizen  bei 
Aristoteles  pol.  II,  6,  G  (Päderastie).  IV,  2,  5  (kriegerischer  Sinn).  15,  2 


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Die  Kelten  im  Poland.  161 

(Abhärtung).  Die  Sage,  dass  die  Kelten  der  Sturmfluth  mit  Waffen  entgegen 
gehen  (vgl.  §.  375),  wird  eth.  Nie.  III,  10.  Eud.  III,  1  erwähnt.  —  Wohnsitze: 
Polyb.  II,  17.  Liv.  V,  35,  vgl.  Justin  XX,  5.  Nissen,  Ital.  Landeskunde 
I,  474  ff.  Die  Laever  westlich  von  den  Libikiern  (bei  Liv.  Libui)  sind 
nach  Polybios  Kelten,  nach  Liv.  V,  35,  2  und  Plin.  III,  124  Ligurer.  Der 
corrupt  überlieferte  Satz  des  Livius:  Libui  considunt  post  hos  (d.  i. 
Cenomanos)  Salluvii  qui  prote  antiquam  gentem  Laevos  Ligures,  inco- 
lentes  circa  Ticinum  amnem,  enthielt  offenbar  dasselbe  wie  die  auch 
ziemlich  dunkle  Notiz  bei  Plin.  III,  124:  Vercellae  Libiciorum  ex  Salluis 
ortae,  so  dass  Niese  Livius  mit  Unrecht  den  Vorwurf  macht,  er  habe  die 
Salluvier  für  Kelten  gehalten.  —  Raeter:  Justin  XX,  5.  Liv.  V,  33,  11. 
Plin.  III,  133.  Veneter:  Polyb.  II,  17,  5.  Trog.  prol.  20.  Liv.  V,  33,  10  — 
An  den  Keltenzug  nach  Alba  Polyb.  II,  18,  G,  30  J.  nach  der  Einnahme 
Roms,  also  353  v.  Chr.  —  401  u.  c,  haben  die  Späteren  die  Geschichte 
von  Manlius  Torquatos'  Einzelkampf  geknüpft.  Der  Zug  stand  ursprünglich 
auch  in  den  Annalen  unter  dem  J.  401  u.  c.  (Liv.  VI,  42,  6).  Dann  ist  er 
in  gewöhnlicher  Weise  über  mehrere  Jahre  ausgedehnt  (Liv.  VII,  11,  3,  wo 
der  Albanus  ager  aus  der  alten  Ueberlieferung  stammt,  ao.  394  u.  c. ; 
12,  7  ff .  ao.  396;  der  Kampf  des  Torquatus  steht  bei  Livius  VII,  9  ff . 
unter  893  u.  c.)  und  mit  römischen  Siegen  ausstaffirt;  ausserdem  aber 
haben  Claudius  und  andere  ihn  ins  J.  387  u.  c.  hinaufgerückt  (Liv.  VI, 
42,  wo  sich  §.  6  der  Albanus  ager  gleichfalls  erhalten  hat),  wohl  um 
Camillus  noch  einmal  über  die  Kelten  siegen  zu  lassen.  Vgl.  Mommskn, 
Röm.  Forsch.  II,  362. 

Dionysius  im  Adriatischen  Meer  und  gegen  die  Etrusker. 

822.  Der  Sieg  am  Elleporos  und  die  Eroberung  von 
Rhegion  bezeichnete  für  Dionys  den  Abschluss  einer  elfjährigen 
schweren  Kriegszeit.  Sein  Reich  war  jetzt  im  Inneren  wie 
nach  aussen  fest  begründet ;  es  war  zu  einer  gewaltigen  Macht 
erwachsen,  die  fortan  Ausschlag  gebend  in  die  Welthändel  ein- 
zugreifen vermochte.  Schon  während  der  Belagerung  Rhegions 
hatte  er  bei  der  Olympienfeier  von  388  den  vollen  Glanz 
seiner  Macht  entfaltet  (§.  875);  im  Jahr  387  entsandte  er 
seinen  Schwager  Polyxenos  mit  20  Schiffen  nach  dem  Helles- 
pont,  um  Sparta  die  ihm  geleistete  Unterstützung  in  einem 
entscheidenden  Momente  zu  vergelten  und,  indem  er  im  Bunde 
mit  diesem  und  dem  Grosskönig  der  Griechenwelt  den  Frieden 

Meyer,  Oe«chichte  des  Alterthums.  V.  11 


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162 


IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios. 


auferlegte,  Spartas  Herrschaft  neu  zu  festigen  (§.  878).  Vor 
allem  aber  waren  seine  Blicke  auf  das  Adriatische  Meer 
gerichtet:  die  Herrschaft  über  dies  Meer  zu  gewinnen  war 
das  nächste  Ziel  seiner  Politik.  Schon  vor  einiger  Zeit  hatte 
er  im  südlichen  Illyrien  an  der  Mündung  des  Drilon  (Drin) 
die  Stadt  Lissos  (j.  Alessio)  angelegt.  Von  hier  aus  unter- 
stützte er  den  verjagten  Molosserfürsten  Alketas,  der  an  seinen 
Hof  geflüchtet  war,  warb  ihm  illyrische  Truppen  und  führte 
ihn  in  sein  Land  zurück.  Weiter  im  Norden,  in  dem  Archipel 
an  der  dalmatischen  Küste,  scheinen  die  Griechen  schon  früher 
Niederlassungen  gegründet  zu  haben :  Schwarz  -  Korkyra 
(j.  Curzola)  ist  von  Knidos  aus  besiedelt,  auch  Issa  (j.  Lissa), 
gleichfalls  mit  dorischer  Bevölkerung,  mag  schon  früher  besetzt 
sein.  Jetzt,  im  J.  385,  legten  die  Parier  mit  Dionys'  Unter- 
stützung eine  Golonie  auf  der  Insel  Pharos  (j.  Lesina)  an; 
als  sie  von  den  Illyriern  des  Festlandes  angegriffen  wurden, 
sandte  Dionys  ihnen  den  Gommandanten  von  Lissos  zu  Hülfe, 
der  mit  seinen  Trieren  die  illyrischen  Kähne  versenkte  und 
unter  den  Barbaren  ein  grosses  Blutbad  anrichtete.  Auch  Issa 
scheint  von  Dionys  besetzt  und  durch  neue  Ansiedler  verstärkt 
worden  zu  sein.  Während  der  nächsten  Jahrzehnte  haben 
diese  Colonien  manche  Erfolge  errungen:  die  Pharier  erfochten 
einen  Sieg  über  die  Iadasiner,  die  Bewohner  von  lader  (j.  Zara) 
im  Liburnergebiet,  Issa  besetzte  auf  dem  Festlande  die  Orte 
Tragurion  (j.  Trau)  und  Epetion;  auch  eine  Griechenstadt 
Herakleia  (im  Gebiet  der  Hylleer,  unweit  Zara)  wird  erwähnt. 
Aber  als  das  syrakusanische  Reich  zusammenbrach,  vermochten 
die  Griechen  sich  in  ihrer  Isolirung  nur  mit  Mühe  zu  behaupten ; 
die  Münzprägung  von  Issa  illustrirt  die  hereinbrechende  Ver- 
wilderung. Im  dritten  Jahrhundert  wären  die  Städte  den  Illy- 
riern erlegen,  wenn  nicht  Romjür  sie  eingetreten  wäre. 

Die  Geschichte  des  Dionys  von  der  Einnahme  Rhegions  ab  bei 
Diodor  Ib.  XV  steht  in  starkem  Contrast  zu  den  früheren  Abschnitten.  Sie 
ist  nicht  mehr  chronologisch  geordnet  und  geht  auf  das  Detail  kaum 
noch  ein,  sondern  gibt  nur  noch  eine  kurze,  sehr  löckenhafte  Uebersicht, 
die  Diodor  in  derselben  Art,  wie  er  sonst  bei  Ephoros  verfährt,  auf  einige 


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Dionys  im  Adriatischen  Meer.    Bund  mit  den  Kelten.  163 

wenige  Jahre  vertheilt  hat.  Der  Inhalt  ist:  1)  Verhalten  zu  den  Dich- 
tern, Plato,  Philistos  und  Leptines  XV,  6  f.  unter  386/5  (wobei  XIV, 
109  Ober  die  Olympien  von  388  in  verschlechterter  Form  wiederholt 
wird);  2)  Epiros  und  Pharos  XV,  13  f.  unter  385/4  und  384/3,  und  da- 
zwischen eine  Notiz  Ober  die  Bauten  in  Syrakus  c.  13,  5;  3)  Agylla 
XV,  14,  3  f.  unter  384/3;  daran  anschliessend  4)  der  Karthagerkrieg  XV, 
15—17  unter  383/2  ;  5)  die  Karthager  in  Hipponion;  Aufstände  gegen 
Karthago  XV,  24  unter  379/8;  daran  scjiliesst  unmittelbar  an  6)  Dionys' 
leteter  Karthagerkrieg  und  Tod  c.  73  unter  368/7.  Ebenso  behandelt  ist 
7)  die  Geschichte  Dionys'  II.  XVI,  5  unter  859/8,  woran  Dions  Geschichte 
anschliesst.  Es  ist  klar,  dass  auf  die  Daten  sehr  wenig  zu  geben  ist, 
wenn  wir  auch  nichts  Besseres  haben.  Wahrscheinlich  hat  also  Diodor 
jetzt  eine  andere  Quelle  benutzt;  oder,  falls  Timaeos  wirklich  so  erzählt 
hat,  hat  dieser  den  Charakter  seines  Werks  völlig  geändert.  Für  uns 
ist  der  Verlust  aller  besseren  Nachrichten  unersetzlich ;  die  paar  von 
Steph.  Byz.  aus  Philistos  bewahrten  Notizen  Qber  italische  Dinge 
(fr.  39 — 41,  vgl.  52.  53)  werden  jeden  mit  Wehmuth  erfüllen,  da  sie  ge- 
rade ahnen  lassen,  was  hier  verloren  gegangen  ist.  —  lieber  die  Ansiede- 
lungen in  Ulyrien  vgl.  A.  Bauer,  Das  erste  Capitel  österreichischer  Ge- 
schichte, in  der  Festschrift  für  Krones  =  Archäol.-epigr.  Mitth.  XVIII, 
128  ff.  Die  Unterstützung  des  Alketas  erzählt  Diod.  XV,  13  ganz  unzu- 
länglich und  motivirt  sie  mit  der  Absicht  Delphi  zu  plündern!  Das 
könnte  Timaeos  in  der  That  fertig  gebracht  haben;  vgl.  XV,  14  über 
den  Raubzug  nach  dem  Heiligthum  von  Agylla.  Dass  die  Spartaner 
nachher  die  Molosser  gegen  die  Illyrier  unterstützen,  beweist  noch  keinen 
Conflict  mit  Dionys;  denn  gegen  Alketas  sind  sie  nicht  aufgetreten,  da 
dieser  in  der  Folgezeit  König  geblieben  ist.  Lissos:  Diod.  XV,  13,  4. 
14,  2;  dass  der  Name  nicht  in  Issa  zu  corrigiren  ist,  hat  A.  Bauer  er- 
wiesen. Schwarz-Korkyra :  [Scymn.]  428.  Strabo  VII,  5,  5.  PHn.  III,  152. 
Pharos:  Diod.  XV,  13.  14.  Ephoros  fr.  150.  Strabo  und  Scymn.  1.  c.  CIG. 
1837  b— e.  Skylax  23:  evtauO-a  ?<ip  eati  v£o;  4><ipo<;,  vy^o?  'EXXyjvi,;,  xal 
"looa  vrpoi,  xa:  soXet; '  EXX-rjvioe?  a&ta:.  —  Issa  ist  nach  [Scymn.]  414  von 
Syrakus  colonisirt,  was  ich  nicht  bezweifeln  möchte.  Colonien  Tragurion 
und  Epetion:  Polyb.  32.  18.  Strabo  VII,  5.  5.  Herakleia:  Skylax  22  und 
auf  Münzen.  CIG.  1837  c  :  4>dtpiot  uxb  'Iadasivutv  xat  t<Lv  <zop.\L<xyuiv  ta  orcXa. 

823.  Zu  weiteren  Erfolgen  gab  der  Zusammenbruch 
der  Etruskermacht  die  Möglichkeit.  Der  Kelteneinbruch,  der 
die  Kraft  ihrer  alten  Feinde  vernichtete,  konnte  den  Griechen 
nur  willkommen  sein.  Bald  nach  dem  Falle  Roms,  im  J.  381, 
hat  Dionys  mit  den  Kelten  ein  förmliches  Bündniss  geschlossen 
(§.  825) ;  von  da  an  erscheinen  keltische  Söldner  unter  seinen 


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IV,  3.  Italien  zur  Zeit  des  Dionysios. 


Truppen.  Vielleicht  schon  vorher  hat  er  in  Oberitalien  zwei 
Punkte  besetzt:  an  der  Umbrerküste  den  Felsvorsprung  von 
Ancona  mit  geschützter  Rhede,  und  an  der  Pomündung  die 
alte  Handelsstadt  Adria;  auch  der  Ort  Numana  südlich  von 
Ancona  wird  als  sicilische  Colonie  bezeichnet.  Wenn  Strabo 
sagt,  Ancona  sei  von  Syrakusanern  gegründet  worden,  die  vor 
Dionys'  Herrschaft  flohen,  so  mag  dem  zu  Grunde  liegen,  dass 
die  Ansiedelung  als  Verbannungsort  diente;  denn  unmöglich 
kann  die  rasch  zu  einem  bedeutenden  Handelsplatz  erwachsene 
Colonie  ohne  Dionys'  Mitwirkung  entstanden  sein.  Ebenso 
schickte  Dionys  den  Philistos,  seinen  alten  Parteigänger,  nach 
Adria  ins  Exil  (§.  830),  aber  offenbar  als  Gouverneur  der 
Stadt ;  denn  ein  mächtiger  Ganal,  der  wie  es  scheint  von  der 
Etsch  in  die  Lagune  von  Adria  führte,  trug  noch  in  der 
Römerzeit  Philistos'  Namen,  muss  also  von  ihm  angelegt  sein. 
Auch  im  Westmeer  setzte  Dionys  die  Politik  seiner  Vorgänger 
in  der  Bekämpfung  der  Etrusker  und  ihrer  Piraterie  fort.  Im 
J.  384  überfiel  seine  Flotte  Pyrgi,  den  Hafenort  von  Caere 
(Agylla),  plünderte  den  Tempel  einer  mächtigen  hier  verehrten 
Göttin,  und  schlug  den  Heerbann  der  Caeriten.  Die  landläufige 
Ueberlieferung,  die  nur  für  Tyrannenanekdoten  Sinn  hat,  be- 
trachtet den  Tempeiraub  als  das  eigentliche  Ziel;  aus  einer 
gelegentlichen  Notiz  ersehen  wir  aber,  dass  die  Landung  in 
Pyrgi  nur  eine  Episode  einer  Expedition  gegen  Corsica  gewesen 
ist.  Vielleicht  verdankt  der  »Syrakuserhafen«  auf  der  Insel 
diesem  Zuge  seinen  Namen.  Wie  weit  Dionys  im  etruskischen 
Meer  hat  festen  Fuss  fassen  können,  wissen  wir  nicht.  Das 
Hauptziel  seiner  Unternehmungen  in  beiden  Meeren  war  jeden- 
falls die  Sicherung  und  Erweiterung  der  Handelsverbindungen 
und  die  Unterdrückung  der  Piraterie;  noch  sein  Sohn  hat  zu 
dem  Zweck  zwei  neue  Colonien  in  Apulien  angelegt. 

Bündniss  mit  den  Kelten:  Justin  20,  5.  Keltische  Söldner:  Xen. 
Hell.  VII,  1,  20.  31,  neben  Iberern  (vgl.  §.  797).  —  Ancona:  Strabo  V, 
4,  2.  Plin.  III,  111,  vgl.  Juvenal  IV,  40  dorica  Ancon.  Adria:  Etym. 
magn.  s.  v.  (wo  leider  das  Olympiadendatum  zerstört  ist).  Plut.  Dio  11. 
Fossa  Pliilistina:  Plin.  III,  121,  und  dazu  Nissen,  Ital.  Landeskunde  If 


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Dionys  in  Ancona  und  Adria  und  gegen  die  Etrusker.  165 

206.  Aus  Adria  bezog  Dionys  offenbar  die  venetischen  Rosse  Strabo 
V,  1,  4.  —  Pyrgi  mit  dem  Eileithyia-  (bei  anderen  Leukothea-)Tempel : 
Strabo  V,  2,  8  scoX-rjse  2'  aöto  A:ov6cios  .  .  .  xftta  töv  nXo&v  tov  trcl  Kup- 
vov.  Die  gewöhnliche  Erzählung  Diod.  XV,  H.  [Arist.]  Oec.  II,  19,  9. 
Polyaen  V,  2,  21.  Aelian  v.  h.  I,  20;  auch  Serv.  ad  Aen.  X,  184.  Sopaxooto; 
Xtfi-fjv  auf  Corsica :  Diod.  V,  13,  3.  —  Dionys  II.  xati  rrjv  'ArooXtav  Mo  ^öXet?  * 
fx-ci«,  ßooXöfuvo*;  ao<paX7]  toi;  tsXjoooi  tov  'ioviov  tto&ov  itoirfiz: ,  da  das 
ganze  Adriatische  Meer  voll  Piraten  ist :  Diod.  XVI,  5,  3.  Zur  Unsicherheit 
des  Adriatischen  Meers  vgl.  Lysias  c.  Aeschin.  fr.  1.  bei  Athen.  XIII,  612. 

Neuer  Krieg  mit  Karthago  und  den  Italioten. 

824.  Dionys  hat  versucht,  mit  den  unteritalischen  Städten 
dauernd  zu  einem  guten  Einvernehmen  zu  gelangen.  Aber 
die  republikanische  Idee  und  mit  ihr  untrennbar  verbunden 
die  Idee  des  autonomen  Particularismus  standen  ihm  ent- 
gegen; die  Pythagoreer,  die  seit  ihrer  Rückberufung  in  den 
Städten  wieder  zu  grossem  Einfluss  gelangt  waren,  wurden 
die  Fuhrer  der  Opposition.  So  wurden  seine  Anerbietungen 
von  Metapont  und  dem  gesammten  Italiotenbunde ,  dem  jetzt 
offenbar  auch  Tarent  beitrat,  zurückgewiesen.  Als  dagegen 
Leptines,  Dionys'  Bruder,  mit  dem  Herrscher  zerfallen  war 
und  flüchten  musste  (§.  830),  fand  er  in  Thurii  offene  Auf- 
nahme. Dionys  liess  sich  in  seinen  Bestrebungen  nicht  beirren ; 
er  berief  Leptines  zurück  und  vermählte  ihm  seine  Tochter, 
ja  er  verzieh  dem  pythagoreischen  Agitator  Euphemos  aus 
Parion,  als  er  in  seine  Hände  fiel  —  daran  knüpft  die  wie 
es  scheint  älteste  Version  der  Erzählung  von  der  Bürgschaft 
des  Freundes  für  den  zum  Tode  verurlheilten  pythagoreischen 
Genossen.  Aber  ans  Ziel  war  er  noch  nicht  gelangt,  als  im 
Jahre  383  der  Krieg  mit  Karthago  aufs  neue  ausbrach.  Nach 
dem  einzigen,  äusserst  ungenügenden  Bericht,  der  uns  erhalten 
ist,  hätte  Dionys  ihn  veranlasst,  indem  er  die  noch  unter 
karthagischer  Herrschaft  stehenden  Städte  zum  Abfall  be- 
wog.  Das  klingt  sehr  unwahrscheinlich ;  und  unmöglich  wäre 
es  nicht,  dass  vielmehr  Karthago  ihn  herbeiführte,  indem 
es,  vielleicht  gestützt  auf  eine  andere  Auslegung  des  Friedens 


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IV,  8.  Das  Reich  des  Dionysios 


von  392,  die  Rückgabe  der  in  Dionys'  Besitz  befindlichen 
Städte  forderte,  und  als  er  das  weigerte,  den  Krieg  erklärte. 
Die  Folge  war,  dass  wie  zehn  Jahre  zuvor  die  griechischen 
Kleinstaaten  mit  Persien  in  ein  Bündniss  traten,  um  Spartas 
Macht  zu  brechen,  so  hier  die  Italioten  sich  mit  Karthago  gegen 
den  neuen  Einheitsstaat  verbanden.  Dionys  scheint  auch  diesmal 
von  Sparta  Unterstützung  oder  wenigstens  die  Erlaubniss  zu 
Werbungen  im  Peloponnes  erhalten  zu  haben;  wir  erfahren, 
dass  Leptines,  als  er  auf  der  Rückfahrt  nach  Tarent  kam,  nur 
mit  Mühe  der  Gefangennahme  entging.  Die  Karthager  warfen 
ein  starkes  Heer  unter  Mago,  der  schon  in  den  letzten  Jahren 
des  vorigen  Krieges  den  Oberbefehl  geführt  hatte  und  jetzt 
zum  Suffeten  gewählt  war,  nach  der  Insel  und  sandten  zu- 
gleich den  Italioten  Hülfe.  Von  dem  Gange  des  Krieges  haben 
wir  nur  ganz  unzureichende  Kunde.  Einmal  erfocht  Dionys 
einen  grossen  Sieg  bei  Kabala,  in  dem  Mago  fiel  und  das  ge- 
schlagene Heer  auf  einem  wasserlosen  Felsen  abgeschnitten 
wurde.  Die  Truppen  begannen  zu  unterhandeln;  Dionys,  der 
jetzt  am  Ziel  zu  sein  glaubte,  forderte  die  Räumung  der  ganzen 
Insel.  Die  Führer  des  Heers  baten  um  Waffenstillstand,  um 
die  Weisungen  der  Regierung  einholen  zu  können;  und  Dionys 
gewährte  denselben  gegen  Leptines'  Rath.  Aber  Magos  Sohn 
—  wahrscheinlich  war  es  Hanno  — ,  den  die  Truppen  zum 
Feldherrn  erhoben  hatten,  benutzte  die  Frist,  um  das  Heer 
aus  der  Umklammerung  herauszuziehen  und  wieder  kampffähig 
zu  machen.  Dann  brach  er  die  Verhandlungen  ab.  Bei 
Kronion,  vielleicht  in  der  Nähe  von  Panormos,  kam  es  zu 
einer  zweiten  Schlacht.  Dionys  drang  anfangs  siegreich  vor: 
aber  der  andere  Flügel  unter  Leptines  wurde  geworfen,  und 
als  Leptines  tapfer  kämpfend  gefallen  war,  auch  Dionys  in 
die  Niederlage  verwickelt.  Der  Tag  endete  mit  dem  vollen 
Siege  der  Karthager;  zu  Haufen  deckten  die  erschlagenen 
Feinde  das  Schlachtfeld.  Dionys'  Hoffnung,  ganz  Sicilien  er- 
obern zu  können,  war  auch  diesmal  vereitelt. 

Dionys  und  Euphemos  (?,  bei  Polyaen  Eor^evo;) :  Polyaen  V,  2, 
22.    Die  hier  geschilderte  Situation,  gescheiterte  Verhandlungen  r.pbq 


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Dritter  Karthagerkrieg.  Kampfe  in  Italien.  Eroberung  von  Kroton.  167 

Metijcovtivoo?  xotl  to6c  oXXoo? 'ItaAMotot?  ictpl  <ptXta(,  ist  jedenfalls  historisch 
und  kann  nur  in  diese  Zeit  geboren.  Die  Geschichte  von  Dämon  und 
Phintias  will  Aristoxenos  fr.  9  von  dem  jüngeren  Dionys  selbst  gebort 
haben.  —  Leptines  (und  Philistos,  was  nicht  richtig  ist)  in  Thurii :  Diod. 
XV,  7,  4.  —  Leptines  mit  spartanischen  va&rctt  bei  Taren t:  Polyaen  V, 
8.  2.  Ein  spart.  Söldnerfübrer  Aristomenes:  Polyaen  II,  31,  1.  —  Den  Krieg 
erzahlt  Diod.  XV,  15—17  sehr  summarisch  unter  dem  einen  Jahre  383/2 ; 
es  ist  oft  bemerkt  worden,  dass  er  in  Wirklichkeit  viel  langer  gedauert 
haben  muss,  vgl.  XV,  24.  Auf  das  Detail  ist  gar  kein  Verlass;  die  Ver- 
handtungen bei  Kabala  erzählt  Polyaen  VI,  16,  1  zum  Theil  abweichend. 
In  den  Krieg  gehört  vielleicht  auch  Polyaen  V,  2,  17.  Nach  Aelian  v.  h. 
13,  45.  Plut.  de  Alex.  fort.  II,  5  ist  Dionys  an  Leptines*  Tode  schuld! 

825.  Bessere  Erfolge  hatte  Dionys  in  Italien.  Zwar  haben 
die  Karthager  im  J.  379  Hipponion  besetzt  und  die  alten  Ein- 
wohner zurückgeführt.  Auch  missglückte*  ein  Versuch  Thurii 
zu  erobern;  die  Angriffsflotte  wurde  durch  Sturm  zersprengt. 
Dagegen  hat  Dionys  Kroton  nach  langen  Kämpfen  und  tapferer 
Gegenwehr  im  J.  379  genommen;  die  steile  Burg  fiel  durch  List 
in  seine  Gewalt.  Das  zu  Kroton  gehörige  Heiligthum  der  Hera 
am  lacinischen  Vorgebirge  hat  er  ausgeplündert.  Ob  daraus, 
dass  er  auch  die  Tempelschätze  der  Persephone  in  Lokri 
sich  aneignete,  zu  folgern  ist,  dass  auch  diese  Stadt  sich 
einmal  empört  hat,  ist  dagegen  sehr  fraglich;  vermuthlich 
ist  sie  wie  im  vorigen  Kriege  sein  Hauptstützpunkt  gewesen, 
das  Geld  aber,  das  er  für  seine  Kriegsführung  dringend 
brauchte,  hat  er  wie  früher  (§.  791)  genommen,  wo  immer 
er  es  fand.  Dagegen  ist  nicht  zweifelhaft,  dass  er.  wie  er  um 
diese  Zeit  mit  den  Kelten  einen  Vertrag  schloss  und  aus  ihnen 
Söldner  für  den  Krieg  mit  Kroton  warb  (§.  823),  so  auch 
das  Bündniss  mit  den  Lucanern  erneuert  hat.  Sie  haben 
sich  jetzt  in  Petelia,  drei  Meilen  nördlich  von  Kroton,  festge- 
setzt, und  von  hier  aus  Thurii  befehdet;  und  auch  sonst  mögen 
sie  jetzt  noch  weiter  vorgedrungen  sein  und  manche  bisher  von 
den  Griechen  behauptete  Landorte  besetzt  haben.  Wie  im 
Mutterlande  kam  auch  im  Westen  der  Hader  zwischen  den 
Griechen  und  die  immer  erneuerte  Auflehnung  gegen  die  einzige 
Macht,  die  sie  schirmen  konnte,  nur  den  Nationalfeinden  zu  Gute. 


! 

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108 


IV,  3.  Das  Reich  des  Dionysios. 


Die  Karthager  in  Hipponion:  Diod.  XV,  24;  weiter  erzählt  Diodor 
von  dem  Krieg  in  Italien  überhaupt  nichts!  Angriff  auf  Thurii:  Aelian 
XII,  61.  Eroberung  von  Kroton:  Liv.  24,  3,  8.  Den  Krieg  erzfihlt 
Justin  20.  5;  während  desselben  schlössen  die  Gallier,  qui  ante  menses 
Romam  incenderant,  mit  Dionys  ein  Bündnis*.  Dazu  stimmt  das  Ex- 
cerpt  aus  Dion.  Hai.  19,  5  xal  KpoTwv.äTa;  e£s;.Xs  v.ai  'Pfjfivoo?,  xal  3*.- 
stiXestv  ttfj  5u>58xa  toütojv  t-jpavvtöv  tiLv  rtoksiuv,  d.  i.  37918— 368/7.  Dass 
Rhegion  hier  genannt  ist,  ist  wohl  Schuld  der  Kürzung  durch  den  Ex- 
cerptor;  das  Datum  kann  sich  nur  auf  Kroton  beziehen  und  wird  durch 
Justin  bestätigt,  nach  dem  Dionys  nach  dem  BQndniss  mit  den  Kelten 
den  Angriff  auf  Kroton  velut  ex  integro  restaurat.  Aus  dem  Tempel  der 
lacinischen  Hera  entführte  Dionys  einen  kostbaren  Peplos,  den  er  dann 
(nach  dem  Frieden,  etwa  bei  der  Abzahlung  der  Contribution ?)  für 
120  Talente  an  die  Karthager  verkaufte:  [Arist.]  mir.  ausc.  99  und  Po- 
lemo  bei  Athen.  XII,  541b.  —  Tempelschatz  von  Locri:  Cic.  nat.  d.  III, 
83  =  Val.  Max.  I,  1  ext.  3.  Dass  Justin  20,  5,  1  sagt:  expugnatis 
Locris  Crotonienses  ädgreditur,  beweist  bei  diesem  Autor  gar  nichts; 
es  wird  Rhegion  gemeint  sein.  —  Das  Excerpt  aus  Dion.  Hai.  fährt  fort: 
sjtei*'  ol  (liv  tov  t'ipavvov  SrJtoxi?  to;.<;  ßapßapon;  a-kou;  bs^eipiCov,  ol  8\ 
6h'  i*8tvtuv  noXsfjLO'ijjievot ,  t<j>  tupivveu  xä?  r.i\v.$  stapeSiSosav.  Strabo  VI, 
1,  3  Uet^Xia  .  .  .  spüjxvYj  estiv,  wste  v.at  Saovttsu  irors  9o?>ptot?  itctxtiytzav 
a^rfiv;  die  Lucaner  bezeichnet  Strabo  durchweg  als  Samniten.  Da9 
kann  nur  in  diese  Zeit  gehören :  vor  390  waren  die  Lucaner  noch  nicht 
so  weit  vorgedrungen,  nach  356  aber  sitzen  hier  die  Bruttier.  Gegen  die 
Lucaner  kämpft  auch  Dionys  II.  in  diesen  Gegenden:  Diod.  XVI,  5,  2; 
ebenso  die  Lokrer:  Justin  21,  3,  3. 

826.  Die  Niederlage  bei  Kronion  hat  Dionys  nie  wieder 
auszugleichen  vermocht.  Aber  auch  die  Karthager  haben  den 
Sieg  nicht  ausnützen  können.  Wie  in  den  früheren  Kriegen 
brach  auch  diesmal  eine  verheerende  Epidemie  aus,  und  die 
Libyer  benutzten  die  Gelegenheit  zu  einer  neuen  Empörung; 
auch  nach  Sardinien  griff  der  Aufruhr  hinüber  (vgl.  §.  820).  So 
begannen  sie  aufs  neue  Friedensverhandlungen.  Dionys  ging 
darauf  ein;  offenbar  waren  seine  Kräfte  erschöpft  und  er  sah, 
dass  er  weitere  Erfolge  nicht  erzielen  könne.  Er  trat  den 
Karthagern  Selinus  und  den  westlichen  Theil  des  Gebiets  von 
Agrigent  bis  zum  Fluss  Halykos  ab,  und  östlich  desselben 
noch  Heraklea  Minoa;  ebenso  im  Norden  das  Gebiet  von 
Himera  mit  Thermae  —  hier  hat  offenbar  jetzt  der  Himera- 
fluss  die  Grenze  gebildet.    Ausserdem  verpflichtete  er  sich, 


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Friede  mit  Karthago.    Archylas  von  Tarent. 


169 


eine  Kriegscontribution  von  1000  Talenten  zu  zahlen,  die  in 
Jahresraten  abgetragen  wurde.  Dafür  gaben  die  Karthager 
Italien  dem  Dionys  Preis.  —  Wann  der  Friede  geschlossen 
ist,  wissen  wir  nicht;  vielleicht  im  J.  376 ,  da  mit  diesem 
Jahre  das  Werk  des  Hermias  von  Methymna  über  die  Geschichte 
Siciliens  abschloss.  —  Die  Karthager  haben  die  Friedenszeit 
zur  Bekämpfung  der  Aufstände  in  Afrika  und  auf  Sardinien 
benutzt,  die  Hanno,  zubenannt  der  Grosse,  niederwarf.  Für 
Dionys  aber  begann  jetzt,  zum  ersten  Male  nach  fast  30jähriger 
Regierung,  eine  Epoche  des  Friedens.  Auf  Sicilien  hatte  er 
den  Karthagern  einen  ansehnlichen  Grenzdistrict  überlassen 
müssen,  so  dass  ihnen  jetzt  nahezu  ein  Drittel  der  Insel  unter- 
than  war.  Aber  das  übrige  hielt  er  noch  immer  fest  in  seiner 
Gewalt,  und  in  Italien  hatte  er  sein  Reich  durch  die  Eroberung 
von  Kroton  erweitert.  Mit  den  Resten  des  italiotischen  Bundes 
erreichte  er  jetzt  endlich  gute  Beziehungen.  Derselbe  war  seit 
dem  Falle  Krotons  auf  Thurii,  Metapont  und  Tarent  beschränkt, 
und  die  Führung  auf  Tarent  übergegangen ;  in  dem  von  diesem 
gegründeten  und  abhängigen  Heraklea  am  Siris  (§.  400)  wurde 
das  Bundesfest  gefeiert.  Der  leitende  Staatsmann  von  Tarent 
u-urde  der  Pythagoreer  Archytas,  und  er  hat  die  Beziehungen 
zu  dem  mächtigen  Tyrannen  und  seinem  Nachfolger  sorg- 
fältig gepflegt.  Siebenmal  stand  er  als  Stratege  an  der  Spitze 
des  Staats  und  damit  zugleich  des  Bundes;  seiner  umsich- 
tigen und  besonnenen  Führung  verdankt  Tarent  nicht  zum 
wenigsten ,  dass  es  an  Wohlstand  und  Macht  stetig  zunahm, 
während  fast  überall  in  Italien  das  Griechenthum  niederging. 

Seuche  und  Aufstände  in  Karthago:  Diod.  XV,  24.  vgl.  73.  Justin 
20.  5,  10  bellum  quod  lue  deseruerant.  —  Friedensbedingungeu :  Diod. 
XV,  17.  Thermae  ist  in  Agatbokles1  Geburtsjahr  301  karthagisch  :  Diod. 
XIX,  2.  Heraklea  Minoa:  Plut.  Dio  25.  Diod.  XVlf  9.  Selinus,  Enteila, 
Eryx,  Lilybaeon  karthagisch:  Diod.  XVI,  73.  Plato  ep.  7,  333a:  Dionys  1. 
föpov  ttd;ato  «pepetv  tote  ßap^dpot;.  —  Abschluss  des  Werks  des  Hermias 
(der  sonst  fast  unbekannt  ist,  vgl.  §.  783  A.):  Diod.  XV,  37,  3;  einen  An- 
lass  muss  der  Endpunkt  doch  gehabt  haben.  —  Unterwerfung  des  Auf- 
stands in  Afrika:  Diod.  XV,  24.  73,  1.  Trog.  prol.  20  res  quas  Anno 
magnus  in  Africa  gessit  [vgl.  Arist.  pol.  VIII,  6,  2].  Hierher  gehört  wohl 


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170 


IV,  8.  Das  Reich  des  Dionysios, 


Ephoros  fr.  149  a  aus  Ib.  28:  MuvSovec  eftvo;  Ai^u-r^,  berühmt  durch 
Verstand  und  Reichthum.  —  Von  Aristoxenos'  Leben  des  Archytas  sind 
leider  nur  dürftige  Trümmer  erhalten  (fr.  13 — 15);  ein  paar  Daten  bei 
Diog.  L.  VIII,  79.  82  (ungenau  Aeluin  v.  h.  VII,  14.  XIV,  19).  Besonders 
werthvoll  ist  die  Notiz  bei  Suidas:  toö  xoivoD  tüiv  'ltaXu»T«iv  «poeo^, 
OTparrftk  aipcO-«;  aütoxpdtoup  6«ö  t&v  «oXttwv  xa:  tcLv  rcepl  exttvov  töv 
*6*ov  'EXXtjvoiv.  Detail  kennen  wir  fast  gar  nicht.  Die  Beziehungen  zu 
Dionys  II.  sind  erst  durch  Plato  vermittelt:  ep.  VII,  338c.  839 d;  von  Piatos 
Briefen  an  ihn  ist  ep.  9  ächt,  ep.  12  (=  Diog.  L.  VIII,  80  f.)  unacht. 

—  Geschenk  Dionys'  II.  nach  Tarent:  Euphorion  bei  Athen.  XV,  700  d. 

—  xocvtj  «avyjopt«  in  Heraklea:  Strabo  VI,  8,  4. 

Persönlichkeit  und  Reich  des  Dionysios. 

827.  »Es  scheint  widersinnig  und  Wahnwitz,  dass  ein 
beliebiger  Syrakusaner  ohne  Ansehen  und  Herkunft,  wie 
Dionysios,  nach  der  Monarchie  gestrebt  hat;  aber  er  hat 
alle  Mittel  ergriffen,  die  ihm  diese  Macht  verschaffen  konnten, 
und  hat  Syrakus  behauptet,  alle  Griechenstädte  auf  Sicilien 
unterworfen,  und  sich  eine  solche  Macht  zu  Lande  und  zur 
See  geschaffen,  wie  nie  ein  Mann  vor  seiner  Zeit.«  So  fasst 
Isokrates  das  Urtheil  über  den  Tyrannen  zusammen.  Keine 
Persönlichkeit  hat  den  Zeitgenossen  einen  so  mächtigen  und 
zugleich  einen  so  unheimlichen  Eindruck  gemacht  wie  Dionys. 
Mit  Abscheu  sahen  die  griechischen  Republikaner,  die  Idealisten 
wie  die  begehrlichen  Massen  des  Pöbels  und  der  Reichen,  denen 
die  Freiheit  nur  das  Schlagwort  war,  unter  dem  sie  den 
Staat  für  sich  ausbeuten  wollten,  auf  den  Gewalthaber,  der 
Jahrzehnte  lang  unumschränkt  über  Leben  und  Eigenthum 
vieler  Tausende  griechischer  Bürger  schaltete;  und  voll  Ent- 
rüstung vernahmen  sie,  wie  er  eine  Stadt  nach  der  anderen 
knechtete,  ja  nicht  wenige  vernichtete.  »Zahlreiche  Städte 
sind  durch  die  Tyrannen  zerstört,«  ruft  Lysias  im  J.  388  den 
Hellenen  zu;  tltalien  ist  verwüstet,  Sicilien  geknechtet,«  klagt 
Isokrates  im  J.  380.  Nur  wer  kühl  die  Dinge  nahm,  wie  sie 
lagen,  und  lediglich  die  praktischen  Aufgaben  der  Politik 
verfolgte,  wie  Sparta,  konnte  mit  dem  Tyrannen  Hand  in 


■ 

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Dionys  in  der  Auffassung  der  Zeitgenossen.  171 

Hand  gehen.  Dagegen  auch  die  modernen  Theoretiker,  welche 
in  der  Monarchie  eine  ideale,  ja  selbst  die  höchste  Gestaltung 
des  Staats  anerkannten,  vermochten  sich  doch  mit  der  Art, 
in  welcher  Dionys  die  Herrschaft  führte,  nicht  zu  befreunden: 
für  sie  blieb  er  der  Typus  des  brutalen  Egoisten  und  sein 
Staat  das  Gegenbild  jeder  wahren  Staatsverfassung.  Und  doch 
konnte  man  sich  der  Empfindung  nicht  verschliessen,  dass  hier 
eine  ganz  aussergewöhnliche  Leistung  vorlag:  inmitten  der 
immer  verzweifelteren  Gestaltung  der  hellenischen  Welt  hatte 
sich  hier  und  hier  allein  eine  wirkliche  festgegründete  Macht 
erhoben,  welche  in  gewaltigen  Kämpfen  sich  behauptete  und 
ständig  anwuchs,  während  ringsum  alles  zusammenstürzte, 
selbst  die  Macht  von  Sparta,  die  der  des  Dionys  am  nächsten 
verwandt  schien.  Nicht  nur  die  Begehrlichkeit  schaute  be- 
wundernd und  neidisch  auf  zu  dem  allmächtigen  Tyrannen, 
nicht  nur  rief  sein  Beispiel  in  den  Wirren  der  Zeit  alsbald  aller 
Orten  Nachahmer  hervor,  die  mit  mehr  oder  weniger  Beruf  und 
Erfolg  in  ihrem  Kreise  es  ihm  gleichzuthun  suchten,  sondern 
auch  bei  ruhigen  der  politischen  Thätigkeit  fern  stehenden  Be- 
il rt  heilern  mischte  sich,  oft  halb  unbewusst,  Bewunderung  in 
den  Abscheu.  Je  mehr  Isokrates'  politische  Einsicht  wuchs, 
je  mehr  er  die  Ausschlag  gebende  Bedeutung  der  Macht  für 
die  Verwirklichung  des  hellenischen  Ideals  erkannte,  das  in 
seinem  Herzen  lebte,  desto  mehr  hat  er  Dionys'  Bedeutung 
würdigen  gelernt;  und  Plato  hat,  als  er  am  Ende  seiner  Lauf- 
bahn in  die  praktische  Politik  einzugreifen  gezwungen  war, 
gerade  der  nationalen  Bedeutung  des  Tyrannen  die  volle  An- 
erkennung nicht  versagt  (§.  782). 

Isokrates'  Urtheile  Aber  Dionys:  paneg.  169,  vgl.  126.  Nicocl.  23. 
Archid.  44.  pac.  99.  Phil.  65,  und  daneben  sein  Brief  an  Dionys  ep.  1. 
—  Lysias  38,  3.  —  In  seinem  Hieron  entwirft  Xenophon  c.  1—7  eine 
Schilderung  der  Herrschaft  des  Dionys,  an  die  sich  c.  8—11  die  auf 
Dionys  II.  zielenden  Reformvorschläge  schliessen.  Im  allgemeinen  vgl. 
Sill,  Unters,  über  die  piaton.  Briefe  I.  Diss.  Halle  1901. 

828.  Dionys  war  eine  geborene  Herrschernatur;  von  viel- 
seitigster Begabung,  ein  tüchtiger  Feldherr,  ein  vorzüglicher 


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172 


IV,  3.  Das  Reich  des  Dionysios. 


Organisator,  immer  erfinderisch  in  neuen  Gombinationen  und 
Auswegen,  dabei  tapfer  und  unverzagt  auch  in  den  schwie- 
rigsten Lagen,  von  unermüdlichem  Thätigkeitsdrange  —  »möge 
ich  nie  in  die  Lage  kommen,  freie  Zeit  zu  haben,c  ist  einer 
seiner  Aussprüche  — ,  geistreich  und  voll  witziger  Einfalle,  ein 
Freund  lebendig  angeregten  Gesprächs.  Er  war  ein  durch 
und  durch  moderner  Mensch,  so  aufgeklärt  wie  nur  einer,  im 
guten  wie  im  bösen  Sinne.  Die  Macht  zu  gewinnen  und  zu 
behaupten  war  das  Ziel,  dem  all  sein  Thun  diente,  und  dafür 
war  ihm,  wie  Alkibiades,  wie  Lysander  und  Agesilaos  und  so 
vielen  Kleineren,  jedes  Mittel  recht.  Nur  eine  Leidenschaft  kannte 
er  ausser  dem  politischen  Ehrgeiz:  er  wollte  ein  grosser  Dichter 
sein,  der  Erbe  des  Euripides,  des  Ideals  der  modernen  Welt- 
anschauung, den  er  in  seinen  Tragödien  ebenso  nachgeahmt 
hat,  wie  Kritias.  Mit  der  Empfindlichkeit  fürstlicher  Dilettanten 
liess  er  seinem  Groll  freien  Lauf  gegen  jeden,  der  seinen  Dich- 
tungen das  Lob  versagte,  mochte  es  auch  der  gefeierte 
Dithyrarabiker  Philoxenos  sein;  und  manchen  politischen  Er- 
folg hätte  er  hingegeben,  wenn  er  dafür  die  Anerkennung 
des  Publicums  und  vor  allem  Athens  errungen  hätte.  Sonst 
aber  hatte  er  seine  Triebe  völlig  in  seiner  Gewalt;  nie  hat  er 
sich  irgend  welchen  Ausschweifungen  hingegeben.  Von  Natur 
war  er  weder  grausam  noch  habgierig;  gegen  Rhegion  hat 
er  seiner  Rache  freien  Lauf  gelassen,  sonst  aber  hat  er  nach 
seinen  Siegen  viel  eher  Milde  geübt  und  den  Gegnern  ver- 
ziehen, wo  es  möglich  war,  und  auch  ein  freies  Wort  hat  er 
sich  nicht  selten  gefallen  lassen.  Aber  all  sein  Thun  ist  be- 
herrscht von  der  Staatsraison;  die  Grundsätze  Macchiavellis  hat 
er  durchgeführt  wie  nur  irgend  einer  der  Usurpatoren  und  Mon- 
archen, welche  die  Staaten  des  modernen  Europas  geschaffen 
haben.  Die  Gefangnisse  in  den  Steinbrüchen  füllten  sich  mit 
Gefangenen;  wer  verdächtig  war,  musste  fallen,  auch  wenn 
er  ihm  nahe  stand;  und  wo  es  nöthig  war,  hat  er  die  Städte 
ebenso  rücksichtslos  vom  Erdboden  vertilgt,  wie  er  das  Tempel- 
gut in  die  Staatscasse  abführte.  Mit  seinen  beiden  Frauen 
lebte  er  in  dauernder  Eintracht;  aber  die  Mutter  der  Doris 


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Dionysia»1  Persönlichkeit.  173 

hat  er  tödten  lassen ,  weil  er  sie  im  Verdacht  hatte,  durch 
Zauber  die  Aristomache  unfruchtbar  gemacht  zu  haben;  und 
seinen  ältesten  Sohn  und  Erben  wagte  er  nicht  in  die  Staats- 
geschäfle  einzuführen,  damit  er  ihm  nicht  gefährlich  werde. 
Wenn  ein  Fürst  keine  Freunde  haben  kann,  so  ein  Usurpator 
am  wenigsten.  »Dionysios,«  sagt  Plato,  »der  in  seiner  Klug- 
heit ganz  Sicilien  in  eine  einzige  Stadt  zusammengebracht  hat, 
hat  sich  mit  Mühe  dadurch  erhalten,  dass  er  Niemand  traute; 
denn  er  war  arm  an  Freunden  und  Getreuen.«  Je  länger  er 
lebte,  desto  tiefer  schlugen  Argwohn  und  Menschen  Verachtung 
in  seiner  Seele  Wurzel:  er  sah  in  den  Menschen,  die  sich  um 
ihn  drängten,  nichts  als  hartgesottene  Egoisten,  die  ihm 
dienten  und  schmeichelten,  weil  er  die  Macht  hatte,  und  jede 
Gelegenheit  ergreifen  würden,  ihn  zu  betrügen  und  ihm  den 
Dolch  in  die  Brust  zu  stossen,  wenn  er  sie  nicht  gewaltsam 
niederhielt.  Er  selbst  hat  die  Qualen  des  freudlosen  Lebens 
-empfunden,  das  er  sich  bereitete:  die  Anekdote  vom  Schwert 
des  Damokles  gibt  dem  Ausdruck,  und  auch  in  dem  Schluss  der 
Erzählung  von  der  Bürgschaft  hat  die  Legende  diese  Stimmung, 

♦ 

•die  Sehnsucht  nach  einem  Freunde,  zu  Wort  kommen  lassen. 
Aber  er  konnte  aus  seiner  Stellung  nicht  heraus.  Er  hatte 
so  viel  erlebt  und  so  viel  geleistet,  dass  er  mit  seinem  kühl 
rechnenden  Verstände  auf  alle  anderen  Menschen  voll  Gering- 
schätzung herabsah.  Sie  konnten  ihm  nichts  rathen  und  nichts 
helfen;  und  wenn  ihm  einmal  eine  selbständige,  frei  denkende 
Persönlichkeit  gegenübertrat,  so  konnte  er  sie  erst  recht  nicht 
gebrauchen.  Wenn  Plato,  der  um  das  J.  388  nach  Syrakus 
kam  (§.  988),  mit  Dionys  in  persönliche  Berührung  getreten 
ist,  so  musste  dieser  gegen  ihn  die  gründliche  Abneigung 
empfinden,  mit  der  Napoleon  die  Ideologen  verfolgt  hat.  — 
Dadurch  kommt  ein  kleinlicher  Zug  in  sein  Wesen;  zu  den 
wahrhaft  grossen  Gestalten  der  Weltgeschichte  gehört  er 
nicht,  trotz  seiner  gewaltigen  Leistungen.  Weder  den  grossen 
Staatsmännern  Athens,  wie  Themistokles  und  Perikles,  kann 
man  ihn * trotz  aller  Verwandtschaft  gleichstellen,  noch  den 
grossen  Königen  Makedoniens,  Philipp  und  Alexander.  Aber 


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174 


IV,  3.  Das  Reich  des  Dionysios. 


wenn  hier  der  Fluch  der  Illegitimität  nachwirkt,  den  nie  ein 
Usurpator  hat  überwinden  können,  selbst  Caesar  nicht,  so  darf 
er  auch  mit  Alkibiades  nicht  verglichen  werden;  er  gehört, 
so  sehr  er  sie  nach  anderer  Seite  überragt,  seiner  Persönlich- 
keit nach  in  die  Glasse  der  Lysander  und  Agesilaos,  oder 
Ludwigs  XI.,  Heinrichs  VII.,  Karls  V.  und  ihrer  Genossen. 
Ihm  fehlt  die  höchste,  geheimnissvolle  Weihe  des  Genius,  die 
allein  auf  die  höchsten  Höhen  der  Menschheit  führt.  Das  tritt 
auch  in  seinen  Thaten  hervor.  Wie  er  den  Sieg  über  Rhegion 
und  die  politisch  nothwendige  und  moralisch  begreifliche  Rache 
an  der  Stadt  durch  die  brutale  Misshandlung  des  Phyton  ge- 
schändet hat,  wie  Karl  XII.  seine  Siege  durch  die  Rache  an  Patkul, 
so  hat  er  trotz  staunenerregender  Anstrengungen  und  Erfolge 
und  unzweifelhafter  grosser  strategischer  und  organisatorischer 
Begabung  dennoch  fast  nie  einen  entscheidenden  Sieg  errungen 
und  sein  letztes  Ziel,  die  Herrschaft  über  ganz  Sicilien ,  nicht 
erreicht.  Das  ist  doch  nicht  nur  die  Wirkung  der  unzähligen 
Zufalle,  die  jede  militärische  Entscheidung  beeinflussen;  viel- 
mehr erhält  man  den  Eindruck,  dass  eben  seine  Vielgeschäftig- 
keit, seine  Erfindsamkeit  in  immer  neuen  Mitteln  ihm  den 
Blick  für  das  sicher  Erreichbare  getrübt  hat.  Schwerlich  wird 
man  Dionys  als  Strategen  auch  nur  in  weitem  Abstände  mit 
Hannibal  oder  Caesar  auf  eine  Linie  stellen  dürfen. 

Charakteristik  des  Dionys:  Nepos  reg.  2.  Cic.  Tusc.  V,  57  AT.  und 
ad.  Qu.  fr.  II,  11,  4,  beide  im  wesentlichen  nach  Philistos.  Ferner  zahl- 
reiche Anekdoten ,  namentlich  in  Plutarchs  Schriften.  Die  Angabe  de 
Alex.  fort.  II.  5,  er  habe  10.000  oder  mehr  Bürger  tödten  lassen,  ist 
ebenso  übertrieben,  wie  die  sonstigen  Daten  dieser  Stelle.  Dionys'  Dich- 
tungen: Diod.  XV,  6  f.  u.  a.  Ferner  Xenophons  Hieron  (§.  827  A.),  Isokr. 
ep.  1,  4,  Eubulos'  Komödie  Dionysios  fr.  25  (Kock  II,  p.  173);  das  tiefste 
sagt,  trotz  aller  Einseitigkeil,  Plato  im  7.  und  8.  Brief.  —  Erziehung  des 
Sohns:  Plato  ep.  7,  332c.  Plut.  Dio  9. 

829.  Auch  Dionysios'  Reich  trägt  dieses  Doppelantlitz. 
Ihm  war  die  Aufgabe  gestellt,  einen  grossen,  widerstands- 
fähigen und  wehrkräftigen  Staat  mit  Syrakus  als  Mittelpunkt 
zu  schaffen,  der  die  nationale  Existenz  der  Griechen  im  Westen 


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Dionysios'  Reich.   Das  Problem  des  Einheitsstaats.  175 

retten  und  für  die  Zukunft  sichern  konnte.  Diese  Aufgabe 
hat  er  erfüllt.  Aber  er  konnte  es  nur,  indem  er  die  Grund- 
lage des  griechischen  Staats  aufhob,  die  Autonomie  der  Einzel- 
gemeinde. Dionys  stand  vor  demselben  Problem,  welches  Athen 
im  fünften  Jahrhundert,  welches  gleichzeitig  Sparta  und  dann 
Athen  zum  zweiten  Mal  und  wieder  in  anderer  Weise  Kortnthund 
Argos  (§.  863),  die  Olynthier,  Thebaner,  Arkader  und  so  manche 
andere,  und  in  Latium  und  bald  in  ganz  Italien  Rom  zu  lösen 
suchte.  Der  natürlichste  Weg  schien  den  Griechen  die  Herr- 
schaft einer  Stadt,  welche  all  die  anderen  Gemeinden  in  Ab- 
hängigkeit hielt  und  ausbeutete;  aber  das  machte  eine  volle 
Ausnutzung  ihrer  Wehrkraft  unmöglich,  wenn  man  nicht,  wie 
Sparta,  zu  einem  Zwangssystem  greifen  wollte,  welches  sich 
auf  die  Dauer  doch  nicht  behaupten  konnte.  Der  andere  Weg, 
der  der  freien  Föderation,  erwies  sich  überall  alsbald  als 
kraftlos  und  den  thatsächlichen  Verhältnissen  nicht  ent- 
sprechend; die  Union  aber  scheiterte,  auch  wo  sie  wie  in 
Arkadien  nach  der  Schlacht  bei  Leuktra  freien  Spielraum 
hatte,  an  dem  unüberwindbaren  Widersland  des  Particularismus. 
Die  erfolgreichste  Lösung  hat  Rom  gefunden,  indem  es  die 
verschiedensten  Formen  der  Incorporation ,  Föderation  und 
Colonisation  neben  einander  benutzte  und  innerhalb  derselben 
die  locale  Autonomie  der  abhängigen  Gemeinden  wahrte,  aber 
die  politische  Leitung  an  sich  nahm  und  von  Bürgern  und 
Bundesgenossen  gleichmässig  die  volle  Hingabe  ihrer  Wehr- 
kraft für  das  gemeinsame  Ziel  forderte.  Dieser  Weg  war  in 
der  griechischen  Welt  kaum  gangbar;  das  Selbstgefühl  der 
Einzelgemeinden  war  zu  stark  entwickelt,  als  dass  Herrscher 
wie  Beherrschte  die  Concessionen  hätten  machen  können,  die 
dazu  erforderlich  waren.  Wir  haben  gesehen,  wie  die  attische 
Demokratie  den  Gedanken  zwar  erwogen  aber  niemals  ernst- 
lich auszuführen  versucht  hat;  und  Olynth,  Theben  und 
andere,  die  ihn  zu  betreten  versuchten,  sfnd  nach  kurzem 
Erfolge  gescheitert.  Dionys  hat  den  radicalsten  Weg  ein- 
geschlagen: er  hob  die  Einzelgemeinden  auf  und  verpflanzte 
die  Einwohner  in  die  eine  Grossstadt  Syrakus.    Zwar  wurde 


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176  IV,  3.  Das  Reich  des  Dionysios. 


auf  dem  einverleibten  Gebiet  eine  Reihe  von  Militärcolonien 
angelegt,  und  um  Syrakus  gruppirten  sich  mehrere  no- 
minell verbündete  Gemeinden  x  Agrigent,  Gela,  Kamarina, 
eine  Anzahl  von  Sikelerstädten  wie  Assoros,  Agyrion,  Ken- 
toripa,  Herbita,  ferner  Lokri,  vielleicht  auch  Kroton.  Im 
einzelnen  fehlt  uns  über  die  politische  Organisation  seines 
Reichs  jede  Kunde;  wie  es  aber  um  die  Autonomie  dieser 
Gemeinden  bestellt  war,  spricht  sich  deutlich  darin  aus,  dass 
unter  Dionys'  Herrschaft  keine  von  ihnen  Münzen  geprägt  hat, 
abgesehen  von  vereinzelten  Kupferprägungen;  in  dem  ganzen 
von  ihm  abhängigen  Machtgebiet  galt  ausschliesslich  das  Geld 
von  Syrakus.  Ohne  Zweifel  haben  auch  in  allen  Bundesstädten 
Vögte  des  Herrschers  das  Regiment  geführt.  Syrakus  selbst 
war  jetzt  zwar  die  grösste  Stadt  von  Hellas,  und  vielleicht 
der  Welt  überhaupt;  und  dem  Namen  nach  gebot  sie  über 
ein  grosses  Reich.  Aber  mochte  auch  der  Schein  der  Volks- 
freiheit und  der  Souveränität  des  Demos  aufrecht  erhalten 
sein,  thatsächlich  waren  ihre  Bürger  dem  Willen  des  Despoten 
ebenso  vollständig  unterthan  wie  jeder  andere  Bewohner  seines 
Reichs.  Ein  Staat  im  griechischen  Sinne  war  Syrakus  nicht 
mehr.  Die  Bevölkerung  war  aufs  gründlichste  durch  einander 
geworfen,  die  Besitzverhältnisse  revolutionirt,  Alteingesessene 
und  Fremde,  Herren  und  befreite  Knechte,  Hellenen  und  Bar- 
baren zu  einer  neuen  Bürgerschaft  verbunden,  die  thatsäch- 
lich politische  Rechte  nicht  mehr  besass.  Eben  darum  konnte 
Dionys  aber  auch  wohl  ihre  Steuerkraft  bis  aufs  äusserste 
anspannen,  aber  nicht  ihre  Wehrkraft;  nur  mit  grosser  Vor- 
sicht durfte  das  Bürgerheer  für  den  Krieg  verwendet  werden. 
Nur  durch  Zwang  konnte  dieser  Staat  zusammengehalten 
werden;  seine  feste  Stütze  war  das  Söldnerheer  des  Tyrannen, 
in  dem  sich,  wie  im  Heer  der  Karthager,  alle  Nationalitäten 
in  buntem  Gemisch  zusammenfanden,  Griechen  von  Ost  und 
West,  namentlich  aber  aus  dem  Peloponnes,  Sikeler  und 
Campaner,  Iberer  und  Kelten.  Und  diese  Leute  mussten 
nicht  nur  reich  besoldet,  sondern  auch  versorgt  werden,  wenn 
sie  ausgedient  hatten:  immer  aufs  neue  hat  Dionys  Veteranen 


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Dionysia*'  Reich.   Der  Despotismus.   Die  Söldner.  177 

angesiedelt  und  dadurch  die  von  ihm  zerstörten  Städte  wieder 
hergestellt.  So  war  er,  der  Vorkämpfer  und  Retter  der 
Hellenen  des  Westens,  gezwungen,  die  Feinde  der  hellenischen 
Nationalitat  zur  Festigung  seiner  Herrschaft  zu  benutzen. 
Während  unter  seinem  Regiment  die  Hellenisirung  der  Sikeler 
sich  vollendete,  hat  er  Campaner  in  Massen  nach  Sicilien  ge- 
führt, ebenso  wie  sein  Krieg  gegen  den  italiotischen  Bund  das 
Vordringen  der  Lucaner  begünstigt  hat. 

Im  allgemeinen:  Beloch,  l'impero  di  Dionisio  (§.  787 A.),  der  aber 
■die  Kehrseite  und  die  Bedeutung  der  fremden  Elemente  unterschätzt. 
Die  wichtigste  Quelle  bilden  Piatos  Briefe,  welche  die  Zustände  in  Sy- 
rakus und  auf  der  ganzen  Insel  lebendig  vor  Augen  führen,  speciell  ep. 
S,  315  d.  7,  331  c  ff.  8,  353  e.  357  a.  Campanische  Söldner  und  Colo- 
nisten:  Diod.  XIV,  15,  3  u.a.  Plut.  Dio  27.  Xen.  Hieron  5.  3.  6,  5.  An- 
siedelung der  Veteranen  auch  Polyaen  V,  2,  8.  Vgl.  Plut.  Timol.  1  rr)<; 
&  oXXtj?  E'.xtXia;  v.  jiev  &vaotaTo;  xal  £rcoXi$  Kavtaitaotv  *J]5y]  iob$ 
ffoXcpoo;  6ic?jpxsv»  a'-  &i  nXsictat  k6Xb'.£  6k6  ßapßdfxuv  jitfaScuv  xal  3tf»a- 
«tta»tu)v  fy.t'3»üiv  xatstxovto.  —  Cic.  rep.  III,  43:  alle  Bauten  in  Syrakus 
und  die  Grösse  der  Stadt  nihilo  magis  efficiebant  Dionysio  lenente,  ut  esset 
illa  respuhlica;  nihil  enim  populi,  et  unius  erat  populus  ipse. 

830.  Trotz  dem  allem  durfte  Dionysios  sich  sagen,  dass 
er  seine  Berechtigung  erwiesen  habe,  die  Herrschaft  zu  fähren. 
Die  Verhältnisse  hatten  sich  so  gestaltet,  dass  es  keinen  an- 
deren Ausweg  mehr  gab,  als  das  persönliche  Regiment;  und 
dies  Hess  sich  in  anderen  Formen  nicht  durchführen.  In  einer 
seiner  Tragödien  hat  er  die  Tyrannis  als  »Mutter  des  ün- 
rechtst  bezeichnet;  aber  seinen  Töchtern  gab  er  die  Namen 
Gerechtigkeit,  Selbstbeherrschung  und  Tugend  (Dikaiosyne, 
Sophrosync,  Arete).  Der  Mitwelt  klang  das  wie  Gotteslästerung; 
in  Wahrheit  hat  er  damit  dem  Bewusstsein  lebendigen  Aus- 
druck gegeben,  dass  er  trotz  all  seiner  Gewaltthaten  und  all 
seiner  engherzigen  Polizeimassregeln  dennoch  ein  sittliches 
Princip  vertrat,  das  besser  berechtigt  war,  als  alle  Phrasen, 
die  man  ihm  entgegen  hielt.  Er  hatte  alle  Schwierigkeiten 
siegreich  überwunden.  Zu  einer  republikanischen  Erhebung 
ist  es  nach  396  nicht  wieder  gekommen;  die  republikanische 
Gesinnung  mochte  in  der  Bürgerschaft  weiter  leben,  aber  ihre 

Meyer,  Geschiebte  des  Alterthums.  V.  12 


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178 


IV,  3.  Das  Reich  des  Dionysios. 


Kraft,  längst  geschwächt  durch  die  Verwilderung  des  sicili- 
schcn  Lebens,  wo  die  materiellen  Interessen  und  die  zügellose 
Genusssucht  den  Bürgersinn  erstickten,  war  jetzt  vollständig 
und  für  alle  Zukunft  gebrochen.  Nicht  mehr  von  den  ünter- 
thanen  und  den  äusseren  Feinden  drohte  seinem  Werke  Ge- 
fahr, sondern  nur  noch  von  seiner  nächsten  Umgebung,  von 
seinen  Gehülfen  und  Verwandten.  Auch  hier  hat  Dionys  jede 
Opposition,  die  bedrohlich  werden  konnte,  energisch  nieder- 
gehalten. Sein  Bruder  Leptines  (vgl.  §.  824),  sein  Schwager 
Polyxenos  wurden  von  ihm  verbannt  und  mit  ihnen  Philistos, 
der  getreueste  seiner  Gehülfen,  der  bis  dahin  den  wichtigsten 
Vertrauensposten  eines  Kommandanten  der  Burg  von  Syrakus 
bekleidet  hatte;  er  war  ihm  verdächtig  geworden,  weil  er  sich 
ohne  sein  Vorwissen  mit  Leptines'  Tochter  vermählt  hatte.  Lep- 
tines wurde  nach  einiger  Zeit  wieder  zu  Gnaden  aufgenommen 
(§.  824);  Philist os  musste  bis  zum  Tode  des  Herrschers  im 
Exil  in  Adria  bleiben  (§.  823).  —  Dionys  konnte  sich  der 
Ueberzeugung  hingeben,  ein  Dauer  verheissendes  Werk  ge- 
schaffen zu  haben.  »Mit  Ketten  von  Stahl,«  rühmte  er,  habe 
er  sein  Reich  gefesselt;  ohne  irgend  welche  Erschütterung  ging 
bei  seinem  Tode  367  die  Herrschaft  auf  seinen  Sohn  über. 
In  der  ruhigeren  Zeit  nach  der  Eroberung  Rhegions  und  in 
den  letzten  Jahren  seiner  Regierung,  wo  der  Friede  nur  noch 
einmal  durch  den  Karthagerkrieg  von  368  unterbrochen  wurde 
(§.  985),  hat  Dionys  viel  zur  Hebung  von  Syrakus  gethan, 
und  nicht  nur  den  Bau  der  Festungswerke,  Häfen  und  Ar- 
senale fortgesetzt,  sondern  die  Stadt  auch  mit  Tempeln, 
breiten  Strassen  und  Säulengängen  geschmückt  und  in  der 
Anaposebene  ein  grosses  Gymnasion  gebaut.  Wenn  die  Ver- 
hältnisse sich  weiter  festigten,  wenn  die  alte  Generation  ab- 
gestorben war  und  die  Bevölkerung  sich  eingelebt  hatte  in 
die  neue  Ordnung,  dann  mochten  die  Schattenseiten  zurück- 
treten und  die  Nachwelt  dankbar  auf  das  Andenken  des 
Mannes  zurückblicken,  der  den  mächtigsten  und  am  festesten 
gefügten  aller  hellenischen  Staaten  geschaffen  hatte.  Aber  es 
ist  anders  gekommen.  Freilich  nicht  durch  eigene  Kraft  haben 


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Dionys1  Reich.  Conflicte  mit  seiner  Umgebung.  Festigkeit  seiner  Stellung.  179 

die  Syrakusaller  die  Freiheit  zurückgewonnen;  trotz  der 
Schwäche  des  Thronfolgers  war  von  hier  aus  eine  Gefahr 
nicht  zu  befürchten.  Dionys'  Reich  ist  zerschellt  an  der  Macht, 
auf  die  der  Herrscher  vor  allen  anderen  mit  Geringschätzung 
herabblickte,  an  der  Macht  der  Idee.  Sein  Werk  zu  zer- 
trümmern ist  sie  stark  genug  gewesen ;  etwas  Neues  an  seine 
Stelle  zu  setzen  hat  sie  nicht  vermocht.  Und  so  hat  der 
Ausgang  erwiesen,  dass  der  Weg,  den  Dionysios  einge- 
schlagen hat,  dennoch  der  allein  berechtigte  gewesen  ist. 

Dionys1  Conflict  mit  Leptines  und  Philistos:  Plut.  Dio  11.  Diod. 
XV,  7.  Aeneas  tact.  10,  21  f.  (vgl.  Nepos  Dio  3,  2.  Pausan.  I,  13,  9.  Plut. 
Timol.  15),  mit  Abweichungen  im  Detail;  mit  Polyxenos:  Plut.  Dio  21; 
im  allgemeinen  Plato  ep.  7,  331  e  Dionys  napaXaßüiv  StxcXiat  «oXXas  xat 
prfctXa;  soXei?  uiro  twv  ßapßaptuv  sxusnopO^fiiva«;,  oo/  otoc  x'  -rjv  xatoi- 
xioas  rcXttttac  tv  exdatat^  xaxaot^aas&a'.  rci3ta{  £tatpu>v  äv&puiv,  o5ts 
aXXu>v  3iq  trofov  oftvsiuiv  oöte  &3eX<pwv,  oö^  eftpe^s  te  ahxb$  vttutipoo? 
ovxa?  cet.  —  Bauten :  Diod.  XV,  13,  5.  Gic.  rep.  III,  43 :  urbs  praeclara 
illa ,  quam  ait  Timaeus  Graecarum  maximam ,  omnium  autem  esse  pul- 
cberrimam,  arx  visenda,  portus  .  . .  viae  latae,  porticus,  templa,  muri; 
vgl.  Isokr.  3,  23:  Dionys  hat  Syrakus  prfiovrp  tü»v  'EXXYjv&tov  itoXetov 


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IV.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Abfall  Aegyptens.    Kyros'  Erhebung  und  Untergang. 

831.  Zu  Anfang  des  J.  404  ging  die  Regierung  Darms'  II. 
zu  Ende.  Sie  ist  so  thatenarm  und  inhaltsleer  verlaufen  wie 
die  seines  Vaters;  dass  er  zu  Ende  seiner  Regierung  eine  aus- 
schlaggebende Stellung  in  der  griechischen  Welt  und  einen 
grossen  Theil  der  Küstenstädte  Kleinasiens  zurückgewann,  ist 
nicht  sein  Verdienst,  sondern  das  Ergebniss  der  veränderten 
Weltlage.  Um  dieselbe  Zeit  erlitt  das  Reich  einen  weit  em- 
pfindlicheren Verlust  durch  den  erneuten  Abfall  Aegyptens. 
Die  Erhebung  ging  aus  von  Amyrtaeos  von  Sais,  vermuthlich 
einem  Enkel  des  libyschen  Dynasten,  der  mit  Inaros  zusammen 
den  vorigen  Aufstand  geführt  und  sich  dann  in  den  Sümpfen 
des  westlichen  Deltas  behauptet  hatte  (§.  336.  420).  Weder 
über  den  Hergang  noch  über  die  Zeit  der  Erhebung  haben 
wir  irgend  welche  Kunde;  nur  das  wissen  wir,  dass  um  das 
J.  404  das  ganze  Nilthal  einschliesslich  der  Festungen  den 
Persern  entrissen  war.  Vermuthlich  haben  die  Krankheit  des 
Königs  und  dann  der  Thronwechsel  mit  den  anschliessenden 
Wirren  den  Widerstand  der  Perser  lahm  gelegt.  Zu  geordneten 
Verhältnissen  ist  indessen  Aegypten  nicht  gelangt.  Offenbar 
waren  die  Zustände  ähnlich  denen  der  Assyrerzeit;  eine  ganze 
Anzahl  localer  Dynasten  erhob  sich  im  Delta,  und  in  ihren 
Fehden  vermochte  der  momentane  Träger  der  Doppelkrone 


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Abfall  Aegyptens.   Darms'  II.  Ausgang. 


181 


des  Nilthals  immer  nur  eine  schwächliche  Rolle  zu  spielen. 
So  finden  wir  im  J.  400  an  der  Deltaküste  einen  König 
Psammetich  (§.  837),  der  sich  von  dem  Pharao  der  26.  Dy- 
nastie ableitete  und  wohl  ein  Nachkomme  des  Herrschers  ist, 
der  den  Athenern  im  J.  445  Getreide  sandte  (§.  392).  Manetho 
rechnet  den  Amyrtaeos  als  einzigen  König  der  28.  Dynastie 
und  gibt  ihm  nur  6  Regierungsjahre  404 — 399  (die  Daten 
sind  unsicher);  dann  folgt  mit  Nepherites  I.  eine  neue  Dynastie 
aus  Mendes  im  mittleren  Delta. 

Dass  die  Aegypter  im  J.  401  bereits  seit  längerer  Zeit  abgefallen  sind, 
lehrt  Xen.  Anab.  II,  1,  14.  5,  13  (vgl.  Isokr.  5,  101),  und  möglich  ist,  dass 
Abrokomas  sein  starkes  Heer  ib.  I,  4,  S.  5  zunächst  gegen  sie  gerüstet  hatte 
(Bebdahtz).  Im  Übrigen  sind  wir  —  da  der  Abfall  Aegyptens  im  Excerpt 
aus  Ktesias  und  bei  Diodor  nicht  erwähnt  wird  —  lediglich  auf  die  Ex- 
cerpte  aus  Manetho  angewiesen  (Africanus  b.  Synkellos  p.  142.  144. 
Euseb.  I,  p.  149);  über  ihre  Daten  (die  vielfach,  auch  ton  Jodeich, 
Kleinas.  Studien  144  ff.  nicht  richtig  behandelt  sind)  s.  Forsch.  II,  490. 
Manetho  lasst  die  28.  Dyn.  im  J.  404,  nach  dem  Tode  des  Darius  II. 
beginnen,  und  die  30.  Dyn.  64  J.  darauf,  im  J.  841,  enden.  Letzteres 
Datum  ist  jedenfalls  zu  tief;  Aegypten  ist  844  oder  348  von  Artaxerxes  III. 
wieder  unterworfen  worden.  Daraus  folgt  aber  noch  nicht,  dass  auch 
die  übrigen  Daten  um  2  J.  hinaufzurücken  sind.  Vermuthlich  Hess  sich 
Aroyrtaeos'  Abfall  überhaupt  nicht  fest  datiren,  und  im  übrigen  sind 
Manethos  Daten  nirgends  absolut  zuverlässig.  —  Aus  Diod.  I,  44,  3, 
wo  die  Perserherrschaft  auf  135  J.  mit  Ausschluss  der  einheimischen 
Fürsten  angegeben  wird,  ist  ein  sicheres  Datum  auch  nicht  zu  gewinnen. 
Es  bleiben  59  J.,  was  ungefähr  der  Summe  der  29.  u.  30.  Dyn.  Manethos 
(zusammen  58  J.  4  Mte.)  entspricht.  Die  sog.  »demotische  Chronik«,  ein 
dunkler  Commentar  zu  noch  dunkleren  Prophezeiungen  (besprochen  von 
Rbtillout,  rev.  arch.  n.  ser.  33,  1877.  rev.  egyptol.  L  II),  nennt  einige 
Königsnamen  dieser  Zeit,  gibt  aber  sonst  bis  jetzt  keine  Aufschlüsse. 

832.  Darius  II.  hatte  trotz  der  Intriguen  der  Königin 
Parysatis  (§.  719)  seinen  ältesten  Sohn  Arsakes  zum  Nach- 
folger bestimmt  und  deshalb  vor  seinem  Ende  den  Kyros  an 
den  Hof  berufen  (§.  733).  Arsakes  nahm  bei  der  Thron- 
besteigung den  Namen  seines  Grossvaters  Artaxerxes  an, 
dessen  glückliche  Zeit  er  fortsetzen  wollte.  Auch  in  seinem 
Wesen  war  er  ihm  ähnlich  geartet,  weit  mehr  als  sein  Vater, 
gutmüthig  und  leutselig,  dabei  persönlich  tapfer  und  in  seinem 


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182 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

• 


Auftreten  nicht  ohne  Würde,  aber  innerlich  noch  haltloser  und 
bestimmbarer  als  der  gepriesene  Vorgänger;  ihm  fehlte  jede 
Ader  acht  königlichen  Machtbewusstseins  und  rücksichtslos 
durchgreifender  Energie,  ohne  die  ein  grosses,  auf  Eroberung 
begründetes  Reich  nicht  bestehen  kann,  und  so  degenerirte, 
wie  bei  so  vielen  der  späteren  osmanischen  Sultane,  sein  Wohl- 
wollen zu  unheilvoller  Schwäche.  Von  Anfang  an  schwankte 
er  hin  und  her  zwischen  den  Einflüssen  seiner  Mutter  und 
seiner  Gemahlin  Stateira,  die  sich  gegenseitig  grimmig  hassten ; 
so  brachte  er  seine  treuesten  Diener  abwechselnd  der  einen 
oder  der  anderen  zum  Opfer  und  Hess  sich  willenlos  treiben 
und  die  Zügel  des  Reichs  am  Boden  schleifen.  Einem  solchen 
Herrscher  gegenüber  war  Kyros  nicht  gewillt,  seine  vermeint- 
lichen Ansprüche  aufzugeben.  Er  stand  jetzt  in  der  Vollkraft 
der  Jugend.  Bereits  hatte  er  sich  als  einen  tüchtigen  Ver- 
walter und  einen  erfolgreichen  Politiker  erwiesen;  aber  er 
fühlte  sich  als  den  ächten  König,  würdig  des  grossen  Namens, 
den  er  trug,  thatkräftig  und  muthig,  unermüdlich  thätig,  allen 
Strapazen  des  Kriegs  und  der  Jagd  und  nicht  minder  der 
Zechgelage  gewachsen:  »er  trage  ein  schwereres  Herz  im 
Leibe  als  sein  Bruder,«  erklärte  er  den  Spartanern.  Gleich 
bei  der  Thronbesteigung  versuchte  er  Artaxerxes  II.  zu  be- 
seitigen; aber  sein  Plan  wurde  durch  Tissaphernes,  der  mit 
ihm  an  den  Hof  gegangen  war,  und  durch  Mitverschworene 
verrathen.  Der  König  wollte  ihn  hinrichten  lassen;  indessen 
auf  die  Bitten  der  Mutter  gab  er  ihn  nicht  nur  frei,  sondern 
gewährte  ihm  die  Rückkehr  in  seine  Provinz  und  sein  mili- 
tärisches Commando.  Im  Sommer  403  kehrte  Kyros  nach 
Kleinasien  zurück  (§.  761),  entschlossen,  seinen  Anspruch  mit 
Waffengewalt  durchzusetzen;  er  empfand  nur  die  Schmach, 
die  man  ihm  angethan  hatte,  und  verachtete  den  erbärmlichen 
König  nur  um  so  mehr,  weil  er  den  Todfeind,  wo  er  ihn  in 
der  Gewalt  hatte,  gnädig  hatte  laufen  lassen. 

Ueber  die  Geschichte  Artax.  II.  sind  wir  durch  die  hier  völlig 
authentischen  Angaben  aus  Ktesias,  durch  PJutarchs  Leben  des  Arta- 
xerxes, das  vor  allem  auf  Deinon  basirt,  aber  auch  Ktesias  und  Xenophon 


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Artaxerxes  II.  und  Kyros,    Kyros'  Rüstungen.  183 

benutzt,  und  durch  einige  Notizen  in  Xenophons  Anabasis  sehr  gut 
unterrichtet.  —  Selbstcharakteristik  des  Kyros  in  einem  Schreiben  nach 
Sparta:  Plut.  Artax.  6. 

833.  Die  militärische  Ueberlegenheit  der  Griechen  über 
die  asiatischen  Truppen  hatte  Kyros  mit  eigenen  Augen  kennen 
gelernt;  mit  Recht  war  er  überzeugt,  dass  ein  hinlänglich 
starkes  griechisches  Söldnercorps  auch  die  stärkste  Armee  be- 
siegen werde,  die  sein  Bruder  aufbringen  könne.  Der  Krieg 
mit  Tissaphernes  um  Milet  (§.  701)  gab  ihm  den  erwünschten 
Anlass,  seine  Truppen  zu  vermehren;  andere  Corps  hielten 
Klearchos  auf  der  Chersones  (§.  759)  und  Menon  von  Larisa, 
der  Söldnerführer  des  Aristippos  (§.  765),  in  Thessalien  bereit, 
und  überdies  erhielten  mehrere  griechische  Condottieri,  der 
Boeoter  Proxenos,  der  Achaeer  Sokrates,  der  Arkader  Sophai- 
netos  u.  a.  den  Auftrag,  für  ihn  zu  werben.  Brodlose  Leute, 
die  aus  dem  Krieg  ein  Handwerk  machten,  gab  es  jetzt,  wo 
Friede  geworden  war,  aller  Orten  in  Griechenland,  vor  allem 
in  Arkadien  und  Achaia ;  nicht  wenige  lockte  auch  der  Name 
und  die  Freigebigkeit  des  persischen  Prinzen,  Haus  und  Hof 
im  Stich  zu  lassen,  um  nach  mühelosen  Kämpfen  mit  reicher 
Beute  heimzukehren.  Officiell  gab  Kyros  an,  er  plane  einen 
Kriegszug  gegen  die  rebellischen  Pisider;  der  spartanischen 
Regierung  dagegen  hat  er  seine  wahren  Absichten  raitgetheilt. 
Sie  suchte  den  offenen  Bruch  mit  dem  König  möglichst  zu 
vermeiden;  aber  sie  stellte  ihm  Hülfe  zu  Lande  und  zur 
See  in  Aussicht  und  förderte  überall  die  Werbungen,  vor  allem 
die  des  Klearchos,  der  von  Kyros  zum  Oberfeldherrn  der  grie- 
chischen Truppen  ersehen  war  und  von  Sparta  insgeheim 
wieder  in  Gnaden  aufgenommen  wurde.  Im  Frühjahr  401 
waren  Kyros'  Rüstungen  vollendet;  er  zog  seine  Truppen  zu- 
sammen, gegen  9600  griechische  Hopliten,  2100  Peltasten 
(darunter  800  Thraker),  200  kretische  Schützen,  dazu  ein 
starkes  Heer  von  Asiaten,  und  brach  von  Sardes  auf.  Der 
König  war  vollständig  überrascht;  Parysatis  hatte  sich  für 
ihren  Liebling  verbürgt  und  zugleich  ihm  möglichst  viel  An- 
hänger geworben,  und  öffentlich  hatte  Kyros  von  seinen  Plänen 


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184  IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

nichts  verlauten  lassen.  Erst  Tissaphernes,  der  beim  Aufbruch 
des  Kyros  an  den  Hof  eilte,  hat  dem  König  die  Augen  geöffnet. 
Jetzt  begann  er  schleunigst  zu  rüsten ;  alle  Reichsarmeen  (§.  44) 
wurden  aufgeboten.  Einstweilen  sollte  Abrokomas,  der  General 
der  syrischen  Armee,  dem  Usurpator  den  Weg  durch  die 
syrischen  Pässe  sperren;  ausserdem  hoffte  man,  dass  der 
Herrscher  von  Kilikien  ihm  am  Tauros  entgegentreten  werde. 
Der  Syennesis  war  in  einer  schwierigen  Lage;  einen  festen 
militärischen  Rückhalt  hatte  er  nicht,  und  in  dem  Kampf  der 
beiden  Brüder  Partei  zu  ergreifen  war  immer  gefahrlich.  So 
versicherte  er  Artaxerxes  seiner  Treue  und  verhandelte  zugleich 
durch  seine  Gemahlin  Epyaxa  mit  Kyros  und  zahlte  ihm  Sub- 
sidien.  Um  den  Durchmarsch  durch  die  Pässe  und  das 
Küstenland  zu  erzwingen,  entsandte  Kyros  seine  Flotte  unter 
Tamos  in  den  Golf  von  Issos.  Mit  ihr  zusammen  erschien 
eine  spartanische  Flotte  von  35  Trieren  unter  dem  Nauarchen 
Samios  mit  700  Mann  Hülfstruppen  unter  dem  Commando 
des  Spartiaten  Cheirisophos  an  Bord.  So  konnte  Syennesis 
behaupten,  er  sei  gezwungen;  er  gestattete  dem  Kyros,  die 
Taurospässe  ohne  Kampf  zu  besetzen  und  nahm  ihn  in  Tarsos 
auf.  Auch  Abrokomas  wagte  keinen  Kampf;  er  räumte  den 
Küsten  pass  am  Amanos  ohne  Schwertstreich  und  zog  mit 
seinem  starken  Heer  zum  König;  400  seiner  griechischen 
Söldner  traten  zu  Kyros  über.  Dagegen  regte  sich  bei  Kyros* 
eigenen  Söldnern  der  Widerstand,  als  ihnen  klar  wurde,  zu 
welchem  Zwecke  sie  geworben  seien ;  indessen  sie  waren  schon 
zu  weit  gelockt,  um  umkehren  zu  können,  und  alsbald  gewann 
sie  Klearchos  durch  geschickte  Politik  und  Kyros  durch  Er- 
höhung des  Soldes  vollends  zum  Ausharren. 

För  die  Geschichte  des  Kyros  besitzen  wir  ausser  Xenophon  und 
den  Ueberresten  des  Ktesias  und  Deinon  eine  selbständige  Darstellung 
bei  Diodor ;  denn  hier  ist  Xenophon  nicht  benutzt  [er  wird  erst  XIV,  37 
genannt,  wo  er  officiell  Feldherr  wird].  Wahrscheinlich  schöpfte  Ephoros 
aus  der  Anabasis  des  Sophainetos.  Im  allgemeinen  stimmt  seine  Dar* 
Stellung  in  den  Tbatsachen  sehr  gut  mit  Xenophon  überein  und  beweist 
dessen  Zuverlässigkeit.  —  Ueber  Heimalh  und  Lebensstellung  der  Söldner 
Xen.  Anab.  VI,  2,  10.  4,  8  und  mit  anderer  Auffassung  Isokr.  4,  146.  — 


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Kyros'  Rebellion  und  Zug  gegen  seinen  Bruder. 


185 


In  der  Aufzählung  der  griechischen  Truppen  Xen.  Anab.  I,  2,  3.  6.  9  ist 
durch  Interpolation  Sophainetos  mit  1000  Mann  zweimal  genannt,  und 
danach  I,  2,  9  die  Summe  (in  runden  Zahlen)  in  11,000  Hopliten, 
2000  Peltasten  corrigirt;  yikioi  ist  als  Interpolation  zu  streichen.  Denn 
es  kommen  noch  700  Hopliten  des  Cbeirisophos,  400  des  Abrokomas 
hinzu  I,  4,  8;  verloren  sind  100  im  Tauros  I,  2,  25  und  sonst  natürlich 
einige  auf  dem  Marsch;  die  Gesammtsummen  vor  der  Schlacht  aber 
sind:  10.400  Hopliten,  2500  Peltasten  I,  7,  10  (danach  13,000  bei  Epboros 
Diod.  XIV,  19.  Plut.  Art.  6;  Isokrates  paneg.  146  gibt  absichtlich  die 
Zahl  6000,  das  ist  der  Rest  des  Heeres,  der  in  Seuthes'  Dienste  trat, 
Anab.  VII,  7,  23).  Das  asiatische  Heer  des  Kyros  gibt  Xenophon  mit 
arger  Uebertreibung  auf  100,000  an  (bei  Ephoros  70,000)  [wie  hätte  ein 
solches  Heer  durch  die  mesopotamiscbe  Wüste  marschieren  können!]; 
die  vier  Armeecorps  des  Königs  mit  noch  viel  absurderer  Schätzung  auf 
je  300,000  Hann,  so  dass,  da  Abrokomas  zu  spät  kommt,  900,000  Mann 
an  der  Schlacht  Theil  nehmen  (nach  Epboros  400,000  Diod.  XIV,  22,  2. 
23i  2).  In  Wirklichkeit  kann  Kyros'  asiatisches  Heer  nicht  viel  stärker 
gewesen  sein  als  die  Griechen,  und  das  Heer  des  Artaxerxes  mag  höch- 
stens etwa  40,000  Mann  stark  gewesen  sein ;  denn  seine  Schlachtordnung 
ist  zwar  noch  einmal  so  lang  wie  die  des  Kyros,  aber  nicht  nur  die  ein- 
zelnen Corps,  sondern  die  ganze  Armee  bewegt  sich  in  den  wenigen 
Stunden  der  Schlacht  mit  der  grössten  Leichtigkeit  hin  und  her.  Ueber- 
dies  sind  nachher  bei  dem  Rückzug  der  Griechen  diese  ganzen  Massen 
spurlos  verschwunden.  Bei  der  Schätzung  grösserer  Massen  versagt  eben 
auch  einem  so  geschulten  Militär  wie  Xenophon  der  Zahlensinn  voll- 
ständig, weil  er  bereits  mit  einer  Zahl  wie  100,000  gar  keine  Anschauung 
mehr  verbindet.  —  Ueber  Syennesis'  Verhalten  vgl.  Ktesias  und  Diod.  XIV, 
20.  —  Mit  der  Unterstützung  der  Spartaner,  die  Xenophon  Hellen.  III,  1,  1 
offen  erzählt  (vgl.  Diod.  XIV,  19.  21;  Isokrates  8,  98.  12,  104,  vgl.  5,  95, 
und  Plut.  Artax.  7  betrachten  Klearchos  offenbar  mit  Recht  als  heim- 
lich von  Sparta  beauftragt),  hat  er  in  der  Anabasis  aus  politischen  Rück- 
sichten ein  seltsames  Versteck  spielen  getrieben  und  deshalb  auch  den 
Namen  Samios  durch  Pythagoras  ersetzt,  was  manche  Neuere  genarrt 
hat.  —  Dasselbe  naive  Versteckspielen  hat  nicht  nur  veranlasst,  dass 
Xenophon  Hell.  III,  1,  2  seine  Anabasis  von  Themistogenes  von  Syrakus 
verfasst  sein  lässt  (§.  161),  sondern  liegt  auch  Anab.  II,  1,  12  vor;  denn 
der  <ptX<Joo<poc  v*avtoxo$  Theopompos  von  Athen  (Diod.  XIV,  25,  4  nennt 
an  seiner  Stelle  Proxenos)  ist  doch  offenbar  Xenophon  selbst. 

834.  Artaxerxes  hatte  seine  Armee  in  der  babylonischen 
Tiefebene  zusammengezogen;  ungehindert  konnte  Kyros  den 
Euphrat  überschreiten  und  längs  desselben  die  mesopotamische 


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IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Wüste  durchziehen.  Auch  den  ersten  der  grossen  Ganäle  Baby- 
ioniens  Hess  der  König  ihn  passiren;  jenseits  desselben,  etwa 
15  Meilen  oberhalb  Babylons,  bei  dem  Dorfe  Kunaxa,  erwartete 
er  ihn  zur  Schlacht.  Obwohl  Abrokomas  noch  nicht  zu  ihm 
gestossen  war,  war  sein  Heer  etwa  noch  einmal  so  gross  als 
das  des  Feindes.  Es  war  bereits  Nachmittag,  als  (im  October 
404)  beide  Heere  einander  ansichtig  wurden;  sofort  stellte 
Kyros,  der  schon  halbwegs  gehofft  hatte,  sein  Bruder  werde 
überhaupt  keinen  Kampf  mehr  wagen,  seine  Truppen  in 
Schlachtordnung.  Er  forderte  von  Klearchos,  dieser  solle  die 
Griechen  gegen  das  Centrum  der  Feinde  führen,  wo  der  König 
stand ;  indessen  Klearchos  erwies  sich  hier  wie  sonst  als  ächter 
Spartaner,  indem  er  erklärte,  er  wolle  mit  seiner  Flanke  nicht 
vom  Flusse  weichen,  um  nicht  von  den  Feinden  umzingelt  zu 
werden;  so  tüchtig  er  als  Taktiker  war,  strategisch  war  er 
seiner  Aufgabe  in  keiner  Weise  gewachsen.  Kyros  konnte 
nichts  mehr  ändern;  die  Griechen  blieben  auf  dem  rechten 
Flügel.  Die  Sichelwagen  vor  der  persischen  Schlachtreihe 
erwiesen  sich  als  unwirksam.  Dagegen  durchbrach  Tissaphernes, 
der  den  Griechen  gegenüberstand,  mit  seiner  Reiterei  hart  am 
Fluss  die  hier  stehenden  Peltasten  und  die  paphlagonischen 
Reiter,  ohne  indessen  viel  Schaden  anzurichten  —  einen 
Nahkampf  gegen  das  Fussvolk  wagte  er  nicht.  Der  Haupt- 
theil  seines  Corps  aber  wurde  fast  ohne  Kampf  in  die  Flucht 
gejagt  und  von  Klearch  und  den  Griechen  weithin  verfolgt. 
Dieser  rasche  Erfolg  war  für  die  Sache  des  Kyros  nur  von 
Nachtheil,  denn  dadurch  wurde  seine  Armee  vollends  zerrissen 
und  gerieth  in  Gefahr  von  der  feindlichen  Uebermacht  um- 
zingelt zu  werden.  Da  warf  sich  Kyros  mit  seiner  berittenen 
Leibgarde  in  raschem  Ansturm  auf  das  Centrum  der  Feinde 
und  drang  bis  zum  König  vor.  Artaxerxes  wurde  von  seiner 
Hand  verwundet  und  musste  das  Schlachtfeld  verlassen ;  aber 
beim  ungestümen  Vordringen  fand  Kyros,  der  sich  schon  als 
Sieger  fühlte,  durch  einen  feindlichen  Speer  den  Tod.  Damit 
war  der  Kampf  um  die  Herrschaft  entschieden;  das  persön- 
liche Gefolge  des  Prinzen  suchte  an  seiner  Leiche  den  Tod, 


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Schlacht  hei  Kunaxa. 


187 


die  übrigen  flohen,  das  Heer  des  Königs  eroberte  und  plünderte 
das  Lager.  Dann  suchte  es  gegen  die  Griechen  vorzugehen, 
die  inzwischen  auf  ihrer  Verfolgung  Halt  gemacht  hatten ;  aber 
vor  ihrem  Angriff  wichen  die  Perser  auch  diesmal  zurück. 
So  hatten  die  Griechen  das  Schlachtfeld  behauptet;  sie  und 
ihre  Führer  übersahen  die  Situation  so  wenig,  dass  sie  auf 
Grund  ihres  taktischen  Erfolges  sich  als  Sieger  fühlten  und  in 
aller  Naivität  dem  Ariaeos,  dem  Führer  der  asiatischen  Armee 
des  Kyros,  die  Krone  anboten,  ohne  eine  Ahnung  davon,  dass 
sie  durch  die  Halsstarrigkeit  des  Klearch  und  sein  kopfloses 
Vorgehen  die  Hauptschuld  an  dem  Scheitern  ihrer  Sache  trugen. 

Die  Schilderung  der  Schlacht  bei  Xenophon  (die  durch  Ktesias,  den 
Xenophon  bereits  benutzt  I,  8,  26.  27,  sowie  durch  Diodor  und  Plutarch 
nur  in  unwesentlichen  Dingen  ergänzt  wird)  ist  militärisch  keineswegs 
ausreichend  und  trägt  mehr  den  Charakter  eines  Soldatenjournals  (vgl. 
die  Angabe,  dass  kein  Grieche  oder  höchstens  einer  gefallen  sei  I,  8,  20) ; 
Xenophon  konnte  als  Volontär  im  Heere  des  Proxenos  nicht  einmal  die 
Vorgänge  bei  den  Griechen  völlig  übersehen.  Namentlich  was  Ober  den 
Durchbruch  des  Tissaphernes  erst  nachträglich  I,  10,  7  f.  berichtet  wird, 
ist  sehr  dunkel.  —  Der  Graben  Xen.  Anab.  I,  7,  12  ist  offenbar  einer 
der  babylonischen  Canäle;  bei  Diod.  XIV,  22,  4  und  Plut.  Art.  7  er- 
scheint er  als  vom  König  zur  Vertheidigung  angelegt  und  dann  doch 
aufgegeben. 

835.  König  Artaxerxes  hat  den  Sieg,  dem  er  die  Be- 
hauptung seiner  Krone  verdankte,  mit  Milde  ausgenutzt; 
Strafgerichte  gegen  die  Anhänger  seines  Bruders  und  die  vielen 
Magnaten,  die  sich  unzuverlässig  gezeigt  hatten,  erfolgten  nur 
ganz  vereinzelt.  Syennesis  von  Kiükien  allerdings  musste  für 
seine  Unzuverlässigkeit  büssen;  sein  Reich  wurde  eingezogen 
und  in  eine  gewöhnliche  Satrapie  verwandelt.  Im  übrigen 
verstand  es  Parysatis,  die  Männer,  die  den  Tod  ihres  Lieblings 
herbeigeführt  und  seine  Leiche  geschändet  hatten,  in  ihre 
Gewalt  zu  bringen  und  an  ihnen  furchtbare  Rache  zu  üben. 
Der  ganze  Groll  des  Königs  dagegen  richtete  sich  gegen  die 
Griechen,  die  es  gewagt  hatten,  ins  Centrum  seines  Reichs 
vorzudringen  und  sein  Heer  schimpflich  in  die  Flucht  zu  jagen. 
Tissaphernes ,  der  jetzt  beim  Herrscher  wieder  in  höchster 


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IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Gunst  stand,  übernahm  es,  den  Willen  des  Königs  zu  vollziehen. 
Da  die  Griechen,  im  Vollbewusstsein  ihrer  taktischen  Ueber- 
legenheit,  die  Unterwerfung  und  die  Auslieferung  der  Waffen 
ablehnten  und  ihnen  mit  Gewalt  ohne  übergrosse  Opfer  nicht 
beizukommen  war,  nahm  er  zu  treuloser  List  seine  Zuflucht. 
Dem  Ariaeos  und  den  Resten  des  Heers  des  Kyros  wurde 
Pardon  gewährt;  den  Griechen  aber  gelobte  Tissaphernes  im 
Namen  des  Königs,  sie  unangetastet  in  die  Heimath  zurück- 
zugeleiten.  Er  führte  sie  über  den  Tigris  ins  alte  Assyrerland; 
an  der  Mündung  des  grossen  Zab  lockte  er  mit  Hülfe  des 
Ariaeos  fünf  ihrer  Feldherrn  (Klearchos,  Menon,  Proxenos, 
Agias,  Sokrate?)  in  sein  Zelt  und  Hess  sie  festnehmen.  Sie 
sind  später  auf  Befehl  des  Königs  hingerichtet  worden;  nur 
Menon,  der  aus  Rivalität  auf  Klearchos  am  Verrath  betheiligt 
gewesen  sein  soll,  wurde  verschont  —  später  soll  auch  er  ein 
elendes  Ende  gefunden  haben.  Der  führerlosen  Truppen 
glaubte  Tissaphernes  mit  Leichtigkeit  Herr  werden  zu  können. 
Aber  er  hatte  sich  getäuscht.  Gheirisophos ,  ein  massig  be- 
gabter aber  ehrlicher  Officier,  dem  als  Spartaner  das  Ober- 
commando  zufiel,  und  vor  allem  der  junge  Athener  Xenophon, 
der  aus  Freundschaft  für  Proxenos  und  in  der  vom  Schicksal 
erfüllten  Hoffnung,  sich  einen  ruhmreichen  Namen  zu  gewinnen, 
als  Volontär  in  die  Armee  eingetreten  war,  belebten  den  schon 
verzagenden  Muth  und  organisirten  die  Heerleitung  aufs  neue. 
Es  gelang  ihnen  die  Armee  ohne  schwere  Verluste  durch  das 
persische  Gebiet  hindurchzuführen.  Tissaphernes  war  zu  schwach 
und  zu  muthlos,  um  einen  entscheidenden  Kampf  zu  wagen; 
seine  Plänkler  aber  wurden  durch  improvisirte  Reiter  und 
Schleuderer  erfolgreich  zurückgeschlagen.  Schliesslich,  als  auch 
der  Versuch  gescheitert  war,  den  Griechen  den  Eintritt  in  das 
Bergland  der  seit  lange  unabhängigen  Karduchen  (§.  89)  zu 
verlegen,  musste  er  die  Verfolgung  aufgeben  und  die  Griechen 
ihrem  Schicksal  überlassen  (Ende  Dec.  401).  Der  unermüd- 
lichen und  trotz  aller  Widersetzlichkeit  des  zuchtlosen  Söldner- 
haufens niemals  verzagenden  Umsicht  Xenophons  ist  es  zu 
danken,  dass  sie  sich  glücklich  durch  das  rauhe  Gebirgsland 


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Rückzug  der  Griechen.   Xenophon.  189 


hindurchschlugen,  trotz  der  unablässigen  Angriffe  der  wilden, 
keine  Autorität  anerkennenden  Bergvölker  und  der  Nachstel- 
lungen des  westarmenischen  Satrapen  Tiribazos.  8600  Mann 
erreichten  im  März  des  Jahres  400  bei  der  Griechenstadt 
Trapezus  die  Küste  des  Schwarzen  Meeres;  etwa  ein  Drittel 
war  in  den  Kämpfen  aufgerieben  oder  den  Strapazen  des 
Winters  auf  dem  Marsch  durch  das  schneebedeckte  armenische 
Hochland  erlegen. 

836.  Wenn  die  Geretteten  geglaubt  hatten,  nun  aller 
Sorgen  ledig  zu  sein  und  als  ruhmgekrönte  Sieger  »behag- 
lich ausgestreckt  wie  Odysseus«  zu  Schiff  heimkehren  zu 
können,  so  erwies  sich  das  alsbald  als  eine  arge  Täu- 
schung. Sie  setzten  ihre  Hoffnung  auf  Sparta,  unter  dessen 
Beihülfe  sie  ausgezogen  waren ;  Cheirisophos  ging  nach  Byzanz, 
um  von  dem  Nauarchen  Anaxibios  Schiffe  zu  erbitten.  Aber 
die  Schlacht  bei  Kunaxa  und  der  Tod  des  Kyros  war  zugleich 
eine  schwere  Niederlage  der  spartanischen  Politik  gewesen; 
mochte  man  die  dem  Kyros  gewährte  Unterstützung  noch  so 
sehr  verschleiert  haben,  man  empfand,  wie  sehr  man  sich 
dem  Grosskönig  gegenüber  compromittirt  hatte,  dessen  Hülfe 
Sparta  doch  den  Sieg  über  Athen  verdankte.  So  ist  es  be- 
greiflich, dass  den  Spartanern  die  Rückkehr  der  Söldner  sehr 
ungelegen  kam;  überdies  fürchtete  Anaxibios  nicht  mit  Un- 
recht, eine  so  grosse  und  siegesstolze  Truppe  könne  ihm 
aufsässig  und  gefährlich  werden.  Ein  lakonischer  Perioeke 
Dexippos,  der  das  Heer  verlassen  hatte,  bestärkte  ihn  darin; 
er  stellte  Xenophon  als  einen  ehrgeizigen  Spartanerfeind  dar, 
von  dem  man  sich  alles  Schlimmen  versehen  könne.  So  hielt 
Anaxibios  den  Cheirisophos  Monate  lang  zurück  und  entliess 
ihn  schliesslich  ohne  Schiffe  mit  dem  leeren  Versprechen, 
wenn  das  Heer  nach  Europa  gekommen  sei,  werde  er  es  in 
seinen  Sold  nehmen.  Während  dessen  lag  das  Heer  den 
Griechenstädten  am  Pontos  zur  Last,  Trapezus,  Kerasus, 
Kotyora,  Colonien  von  Sinope,  die  der  Mutterstadt  botmässig 
und  vom  Pefserreich  längst  unabhängig  waren.  Sie  benutzten 
die  Kyreer  ganz  gern  zu  Raubzügen  gegen  feindlich  gesinnte 


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IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Nachbarstämme,  aber  sie  zu  verpflegen  war  äusserst  kost- 
spielig, und  dabei  hatten  sie  immer  Besorgniss  vor  einem 
Handstreich.  Auch  dem  mächtigen  und  selbständigen  Herr- 
scher von  Paphlagonien ,  Korylas,  dessen  Gebiet  sich  vom 
Parthenios  bis  über  den  Thermodon  ausdehnte  (§.  93),  waren  sie 
unbequem.  Xenophon  hätte  mit  der  stattlichen  Armee  gern 
irgendwo  am  Pontos,  am  liebsten  in  Kolchis,  eine  Golonie 
gegründet;  aber  davon  wollten  weder  die  Städte  etwas  wissen 
noch  die  Truppen  selbst,  die  sich  mit  der  Beute  in  die  Heimath 
zurücksehnten.  Schliesslich  fuhren  sie  auf  zum  Dienste  ge- 
pressten  Kauffahrern  und  einer  Anzahl  von  Sinope  und 
Heraklea  gestellter  Schiffe  nach  Heraklea,  und  zogen  von 
hier  unter  argen  Zerwürfnissen  und  schweren  Verlusten  durch 
die  kriegerischen  Bithyner  zu  Lande  weiter.  In  der  Mitte  der 
bithynischen  Küste,  bei  dem  Vorgebirge  Kalpe,  mussten  sie 
liegen  bleiben ;  und  hier,  auf  dem  leicht  zu  befestigenden  Fels- 
vorsprung mit  fruchtbarem  Hinterland,  reichlichem  Wasser 
und  einer  brauchbaren  Rhede,  wäre  es  Xenophon  —  Gheiri- 
sophos  war  inzwischen  gestorben  —  durch  geschickte  Be- 
nutzung der  Opferzeichen  fast  gelungen,  seine  Golonie  zur 
Ausführung  zu  bringen.  Auch  den  Griechenstädten  war  hier, 
inmitten  einer  wilden,  griechenfeindlichen  Bevölkerung,  die 
Gründung  eines  neuen  Gemeinwesens  nicht  unerwünscht.  Aber 
als  das  Lager  sich  bereits  in  eine  Stadt  zu  verwandeln  be- 
gann, erschien  im  Herbst  400  der  Harmost  von  Byzanz, 
Kleandros  (§.  759  A.).  Er  wie  Anaxibios  wollten  die  Colonie- 
gründung  unter  keinen  Umständen  dulden.  Denn  Pharnabazos 
forderte  die  Entfernung  und  womöglich  die  Vernichtung  der 
Kyreer,  und  hatte  zu  dem  Zwecke  bereits  den  Bithynern  Hülfe 
geschickt;  und  mit  dem  Satrapen,  mit  dem  es  trotz  aller 
latenten  Spannung  officiell  noch  auf  gutem  Fusse  stand,  wollte 
Sparta  es  nicht  verderben.  Die  Autorität  Spartas  war  so 
gross,  dass  Xenophon  und  die  Kyreer  sich  dem  Befehl  ohne 
weiteres  fügten  und  auch  ferner  sich  jede  Unbill  gefallen 
Hessen,  ja  als  sie  nach  Byzanz  übergeführt  waren,  die  Stadt, 
in  der  sie  sich  mit  Leichtigkeit  hätten  zu  Herren  machen 


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Die  Kyreer  und  Sparta.   Xenophons  Colonisationsplan.  191 

können,  trotz  allen  Murrens  ohne  Kampf  räumten.  Anaxibios 
drohte,  jeden  Kyreer,  der  sich  in  der  Stadt  antreffen  Hesse,  zu 
verkaufen,  und  hat  das  alsbald  an  400  Kranken  und  Invaliden 
ausgeführt.  Er  wollte  das  Heer  entweder  nach  der  Chersones 
abschieben  oder  lieber  noch  sich  auflösen  und  in  den  Kämpfen 
mit  den  Thrakern  sich  aufreiben  lassen;  und  als  zu  Anfang 
des  Winters  er  und  Kleandros  durch  Polos  und  Aristarchos 
abgelöst  wurden,  verfuhren  diese  nicht  anders.  Schliesslich 
blieb  dem  Reste  des  Heeres,  noch  etwa  6000  Mann,  nichts 
übrig,  als  für  den  Winter  bei  dem  thrakischen  Dynasten 
Seuthes,  einem  Unterkönig  des  Odrysenkönigs  Amadokos,  des 
Nachfolgers  des  Seuthes  (§.  601),  des  Neffen  des  Sitalkes, 
Dienste  zu  nehmen  und  ihm  zu  helfen,  sich  sein  väterliches 
Gebiet  an  den  Küsten  des  Pontos  und  der  Propontis  wieder 
zu  erobern. 

Xenophons  Colonialpläne :  Anab.  V,  6,  15  ff.  VI,  4—6.  Seine  Dar- 
stellung der  Vorgänge  in  Kalpe  ist  officiell  gewiss  richtig;  aber  offenbar 
hat  er  es  verstanden,  die  Opferreichen  halb  gläubig,  halb  sich  selbst  be- 
trügend so  einzurichten,  wie  er  sie  wünschte.  —  Ueber  die  thrakischen 
Verhältnisse  Hoeck,  Hermes  26,  85  ff. 

t> 

Spartas  Angriffskrieg  gegen  Persien.    Agesilaos,  Konon 

und  Euagoras. 

837.  Im  Frühjahr  400  kehrte  Tissaphernes  nach  Klein- 
asien zurück.  Der  König  hatte  ihm  zu  seiner  karischen  Sa- 
trapie  auch  die  Satrapien  des  Kyros  verliehen,  von  denen  er 
Lydien  schon  einmal  besessen  hatte,  und  ihm  den  Oberbefehl 
über  die  kleinasiatische  Armee  übertragen.  Die  Statthalter  und 
Diener  des  Kyros  gaben  ihm  jede  Genugthuung,  die  er  forderte; 
nur  Tamos,  der  Unterstatthalter  loniens,  flüchtete  mit  der  Flotte 
nach  Aegypten  zu  König  Psammetich  (§.  831),  der  jedoch  ihn 
und  seine  Söhne  umbrachte,  um  sich  seiner  Schiffe  und  seiner 
Schätze  zu  bemächtigen.  Die  schwerste  Heimsuchung  hatten 
dagegen  die  aeolischen  und  ionischen  Städte  zu  befürchten,  da  sie 
gegen  den  Befehl  des  Grosskönigs  zu  Kyros  übergetreten  waren 


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192 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


(§.  761);  zum  mindesten  stand  ihnen  eine  Verfassungsände- 
rung und  die  Verjagung  der  von  Sparta  und  Kyros  beschirmten 
Oligarchen  bevor.    Sie  waren  entschlossen  sich  nicht  zu 
fügen,  und  wandten  sich  um  Hülfe  nach  Sparta,  das  denn 
auch  eine  Gesandtschaft  anTissaphernes  sandte.  Aber  dieser 
kümmerte  sich  nicht  um  die  Intervention  und  begann  zunächst 
den  Angriff  auf  Kyme,  ohne  es  freilich  nehmen  zu  können. 
Mit  Eintritt  des  Winters  vertagte  er  die  weiteren  Operationen 
auf  das  nächste  Jahr.  —  Damit  war  Sparta  vor  eine  folgen- 
schwere Entscheidung  gestellt.   Dass  Tissaphernes  vollständig 
in  seinem  Rechte  war,  konnte  nicht  zweifelhaft  sein;  Sparta 
hatte  die  Herrschaft  des  Königs  über  die  Griechen  des  asiati- 
schen Festlands  als  Preis  für  die  Hülfe  gegen  Athen  wieder- 
holt anerkannt.    Aber  bisher  hatte  es  einer  definitiven  Ent- 
scheidung noch  immer  auszuweichen  verstanden;  wenn  es  die 
Städte  seinem  treuen  Alliirten  Kyros  überlassen  hatte,  so 
mochte  die  herrschende  Partei  selbst  damit  einverstanden  sein, 
und  immer  noch  hielt  es  über  diese  seine  schützende  Hand. 
Auch  jetzt  hätte  es  mit  Persien  Frieden  halten  können,  trotz 
der  dem  Kyros  gewährten  Unterstützung,  wenn  es  die  Fest- 
landsgriechen ihrem  Schicksal  überliess,  wie  ein  Jahrhundert 
zuvor  beim  ionischen  Aufstand;  dass  die  Perser  versuchen 
würden  weiter  ins  Aegaeische  Meer  vorzudringen,  war  bei 
der  inneren  Schwäche  des  Reichs  nicht  zu  befürchten,  zumal 
so  lange  Aegypten  sich  unabhängig  behauptete.    Eine  be- 
sonnene Politik  hätte  sich  vielleicht  zu  dieser  Goncession  be- 
quemt.   Aber  sollte  Sparta  bekennen,  dass  es  entweder  zu 
schwach  oder  zu  feige  sei,  um  zu  leisten,  was  doch  Athen 
mit  weit  geringerer  Macht  60  Jahre  lang  geleistet  hatte?  Seine 
Feinde  hatte  es  mit  starker  Hand  niedergeworfen,  sein  An- 
spruch, allein  die  Geschicke  von  Hellas  zu  leiten,  war,  gern 
oder  ungern,  von  aller  Welt  anerkannt;  aber  zugleich  hatte 
es  mit  der  egoistischen  Interessenpolitik  gebrochen  und  sich  zu 
dem  nationalen  Gedanken  bekannt.  Eben  jetzt  rief  es  ihn  an  bei 
der  Intervention  in  Thessalien  gegen  Archelaos  (§.  765),  und 
nur  durch  ihn  konnte  es  die  Unterstützung  rechtfertigen,  die 


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Sparta  und  Tissaphernes.   Entschluss  zum  Perserkriege.  193 


es  der  Gewaltherrschaft  des  Dionys  in  Syrakus  gewährte;  wie 
hätte  es  sich  ihm  entziehen  können,  wo  der  Hülferuf  aus 
Asien  erscholl?  Jetzt  war  die  Gelegenheit  gegeben,  Sparta 
von  dem  Makel  zu  befreien,  der  durch  das  Bündniss  mit  Per- 
sien an  seiner  Politik  haftete.  Auch  schien  die  Gefahr  nicht 
allzu  gross.  Die  See  beherrschte  Sparta  zur  Zeit  ebenso  voll- 
kommen, wie  vordem  Athen,  und  dass  die  Hellenen  zu  Lande 
auch  der  grössten  feindlichen  Uebermacht  gewachsen  waren, 
hatten  soeben  die  Söldner  des  Kyros  aller  Welt  erwiesen.  So 
entschied  sich  Sparta,  das  Hülfsgesuch  anzunehmen.  Zu  An- 
fang des  Winters  400  entsandte  es  eine  Armee  von  1000  Neo- 
damoden,  4000  Peloponnesiern  und  300  von  Athen  gestellten 
Reitern  nach  Ephesos,  um  die  kleinasiatischen  Griechenstädte 
gegen  Tissaphernes'  Angriffe  zu  schirmen.  Die  unvermeidliche 
Folge  war  freilich,  dass  man  die  Fortführung  des  kurz  zuvor 
inaugurirten  Unternehmens  gegen  Thessalien  und  Makedonien 
auf  gelegenere  Zeit  vertagen  musste. 

Die  herrschende  Geschichtsauffassung,  welche  alle  griechischen 
Dinge  nur  durch  die  attische  Brille  ansieht,  hat  die  Bedeutung  des 
Kriegsentschlusses  Spartas  in  keiner  Weise  gewürdigt.  Sie  folgt,  ohne 
es  selbst  recht  zu  wissen,  der  Auffassung  des  Isokrates,  der  in  Äusserst 
geschickter  und  seiner  Tendenz  dienlicher  Weise  im  Panegyrikos  Sparta 
den  Vorwurf  macht,  es  habe  die  nationalen  Interessen  vernachlässigt  und 
die  kleinasiatischen  Griechen  an  Persien  ausgeliefert,  während  doch  die 
Schuld  daran  allein  Athen  und  seine  Bundesgenossen  tragen  (vgl.  auch 
Isokrates  Euagoras  54,  wo  in  sehr  naiver  Weise  den  Spartanern  der 
Vorwurf  gemacht  wird,  dass  sie,  nicht  zufrieden  Griechenland  zu  be- 
herrschen, tlc  toöt'  iicXijotia;  fy&ov,  wo«  xal  ttjv  'Aot&v  xaxü»c  «otttv 
ijwx»tpY)oav !  Ebenso  Justin  VI,  1).  —  Vorgeschichte  des  Kriegs:  Diod. 
XIV,  85  (ao.  400/399).  Xen.  Hell.  III,  1,  8.  Trogus  prol.  5  bellum  quod 
Lacedaemonii  in  Asia  cum  Artaxerxe  gesserunt  propter  Ephesum  motum 
ist  wohl  ungenau.  —  Dass  Thibron  erst  im  Winter  entsandt  ist,  sagt 
Diodor  ausdrücklieb,  und  wird  durch  Xenophons  Anabasis  erwiesen.  Als 
die  Kyreer  in  Seuthes'  Dienste  treten,  ist  noch  Friede ;  zwei  Monate  dar- 
auf, etwa  Anfang  Februar  399,  kommen  Thibrons  Gesandte,  um  sie  an- 
zuwerben, mit  der  Meldung  8ti  AaxsSaifxovlois  hoxsl  oxpaTtdsod-at  iic:  Tis- 
sacflprqv  Anab.  VII,  6,  1.  Diodors  Erzählung  von  Operationen  Thibrons 
liegen  Magnesia  und  Tralles  XIV,  86,  aus  der  die  Neueren  meist  einen 
Feldzug  desselben  im  Sommer  400  construirt  haben ,  halte  ich  für  eine 
Meyer,  Geschichte  de>  Attenhams.  V.  13 


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194 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Uebertragung  der  Operationen  des  Derkylidas  in  diesem  Gebiet  398  Xen. 
Hell.  Iii;  2,  19;  Xenophons  Bericht  in  der  Anabasis  wie  in  den  Helle- 
nika  schjiesst  derartiges  direct  aus.  Thibron  hat  den  Winter  thatenlos 
in  den  Griechenstädten  verbracht  (Hell.  III,  2,  1).  Dass  Isokrates  4.  144 
Thibron  ganz  Lydien  verwüsten  l&sst,  ist  entweder  Uebertreihung ,  oder 
es  ist  das  lydische  Colonialland  hei  Adramytion  gemeint,  wie  Xen.  Anab. 
VII,  8,  7.  20  und  bei  Skylax.  Jedenfalls  lagen  gerade  Magnesia  a.  M.  und 
Tralles  nicht  in  Lydien.  [Denkbar  erscheint  auch,  dass  bei  Diodor  Thi- 
brons  Operationen  im  J.  391  (§.  869)  auf  den  Feldzug  899  übertragen  sind.) 

838.  Thibron  verstärkte  sein  Heer  durch  Aushebungen 
in  den  Griechenstädten;  aber  gegen  die  persische  Reiterei 
konnte  er  nicht  viel  ausrichten.  Erst  als  im  Frühjahr  399 
die  Reste  der  Söldner  des  Kyros  ,  noch  6000  Mann ,  zu  ihm 
stiessen  —  sie  hatten  sich  mit  Seuthes  bald  überworfen,  der, 
als  sie  seine  Feinde  besiegt  hatten,  ihnen  den  Sold  vorenthielt 
und  sie  los  zu  werden  wünschte,  und  folgten  daher  gern  der 
Werbung  Spartas  — ,  konnte  er  die  Offensive  ergreifen.  Die 
meisten  Aeolerstädte  schlössen  sich  ihm  an,  ebenso  die  Dy- 
nasten von  Pergamon,  Teuthrania  und  Halisarne,  die  Nach- 
kommen des  verbannten  Spartanerkönigs  Dcmarat,  und  die 
von  Gambrion,  Myrina  und  Gryneion,  die  Nachkommen  des 
Gongylos  von  Eretria  (§.  36);  andere  Orte  wurden  erobert. 
Aber  das  feste  Larisa  in  der  Mündungsebene  des  Hermos 
konnte  er  nicht  nehmen.  So  verzettelte  er  seine  Zeit,  während 
die  Städte  über  die  Zuchtlosigkeit  seiner  Soldaten,  denen  der 
allen  Ausschweifungen  ergebene  Feldherr  mit  schlechtem  Bei- 
spiel voranging,  und  über  die  Bedrückungen,  die  er  sich  schon 
während  der  Winterquartiere  erlaubt  hatte,  Beschwerde  führten. 
Die  Ephoren  schritten  energisch  ein ;  sie  wollten  Zustände,  wie 
sie  unter  Lysander  bestanden  hatten,  nicht  wieder  aufkommen 
lassen,  forderten  dagegen  eine  nachdrückliche  Kriegsführung. 
Das  Heer  erhielt  den  Befehl,  in  Karien  einzufallen,  Thibron 
wurde  abberufen  und  ins  Exil  geschickt,  und  Derkylidas,  der 
ehemalige  Harmost  von  Abydos  (§.  759),  an  seine  Stelle  ge- 
setzt. Er  hatte  sich  schon  früher  als  einen  kriegserfahrenen 
und  listenreichen  Mann  erwiesen;  aber  die  Aufgabe,  die 
ihm  jetzt  gestellt  war,  war  auch  Air  ihn  nicht  lösbar, 


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FeldzQge  des  Tbibron  und  Derkylidas  in  Kleinasien.  195 

weil  sie  nicht  greifbar  war.  Denn  Tissaphernes  hatte  nicht 
die  mindeste  Neigung,  einen  Kampf  mit  dem  griechischen 
Heer  und  zumal  mit  den  Kyreern  zu  wagen;  dagegen  trug  der 
spartanische  Feldherr  mit  Recht  Bedenken  sich  weiter  von  der 
Küste  zu  entfernen  und  ihn  dadurch  zu  einer  Schlacht  zu  zwingen. 
Er  schloss  mit  Tissaphernes  einen  Waffenstillstand  und  wandte 
sich  nach  der  Satrapie  des  Pharnabazos,  gegen  den  er  einen 
persönlichen  Hass  hegte  (§.  759).  In  acht  Tagen  entriss  er  dem 
Unterstatthalter  Midias  von  Troas,  der  seine  Schwiegermutter 
Mania  (§.  761)  umgebracht  hatte,  neun  Städte  der  Küste  und 
des  Binnenlandes,  zum  Theil  mit  zweideutiger  List.  Auch 
Pharnabazos  wagte  nicht  zu  schlagen ;  er  schloss  einen  Waffen- 
stillstand zunächst  für  den  Winter,  dann  auch  für  den  Sommer 
398.  Derkylidas  benutzte  die  Zeit,  um,  unterstützt  von  dem 
Thrakerfürsten  Seuthes,  zunächst  die  Bithyner  im  Hinterland 
von  Ghalkedon  heimzusuchen  —  das  war  auch  Pharnabazos 
ganz  willkommen  — ,  dann  die  Griechen  auf  der  thrakischen 
Chersones  durch  einen  Wall  über  den  Isthmos  gegen  die  Ein- 
falle der  Thraker  zu  schirmen.  Schliesslich  nahm  er  die  Stadt 
Atarneus,  wo  die  Flüchtlinge  aus  Chios  sich  festgesetzt  hatten 
(§.  746),  und  bezog  dann  Winterquartiere  in  Ephesos.  Die 
Griechenstädte  konnten  zwar  mit  diesem  Zustand,  der  ihnen 
keinerlei  Belästigungen  auferlegte,  ganz  wohl  zufrieden  sein, 
zumal  Derkylidas,  im  Gegensatz  zu  seinem  Vorgänger,  gute 
Mannszucht  hielt;  aber  begreiflich  ist  es,  dass  sie  zu  einer 
definitiven  Lösung  zu  kommen  suchten.  Auf  ihr  Drängen  ge-  . 
boten  die  Ephoren  für  das  nächste  Jahr  noch  einmal  einen  ener- 
gischen Angriff  auf  Karien ;  der  Nauarch  Pharax  (Pharakidas) 
sollte  dabei  mitwirken.  Aber  auch  diesmal  (397)  verliefen 
die  Dinge  nicht  anders  als  vorher.  Pharnabazos  führte  zwar 
das  Aufgebot  seiner  Provinz  dem  Oberfeldherrn  Tissaphernes 
zu  und  forderte  eine  Schlacht.  Aber  trotz  der  Ueberlegenheit 
an  Zahl  und  namentlich  an  Reiterei  und  trotz  der  schlechten 
Qualität  der  aeolischen  und  ionischen  Hülfstruppen  des 
Derkylidas  wagte  Tissaphernes  die  Schlacht  nicht.  Er  ver- 
handelte aufs  neue;  von  beiden  Seiten  wurden  die  Forderungen 


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190 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


bestimmt  formulirt  —  hier  Freigabe  der  Griechenstadte,  dort 

Räumung  des  Festlandes  durch  die  spartanischen  Truppen 

und  Harmosten  —  und  ein  Waffenstillstand  geschlossen,  bis 

man  den  Entscheid  der  Regierungen  eingeholt  habe. 

Feldzflge  des  Thibron  und  Derkylidas:  Xen.  Hell.  III,  1.  2.  Diod. 
XIV,  86  f.  88.  89,  4  ff.  (unter  400/399  und  399/8 ;  in  den  beiden  folgenden 
Jahren  berichtet  Diodor  aus  Griechenland  gar  nichts).  Vgl.  Isokr.  paneg. 
144,  wonach  der  von  Derkylidas  in  Atarneus  eingesetzte  Drakon  von 
Pellene  von  hier  aus  mit  8000  Peltasten  Raubzüge  durch  Mysien  unter- 
nimmt. Ueber  Derkylidas  auch  Ephoros  fr.  130.  Ueber  Thibrons  Verhalten 
Xen.  Hell.  III,  1,  10.  2,  1.  7.  IV,  8,  9.  Zwei  Slrategeme,  die  seine  be- 
denkliche Kriegsführung  illustriren :  Polyaen  II,  19.  VI.  10.  Ob  die  Er- 
oberung von  Kistbene  am  Golf  von  Adramytion  Isokr.  4,  153  hierher  ge- 
hört, ist  unsicher.  —  In  dem  8$pu»viov  v6jiioji.a  (Photius  s.  v.)  oder  ip- 
foptov  (Poll.  III,  86)  vermuthet  Willers,  Z.  f.  Num.  XXI,  66  wohl  mit 
Recht  plattirte  Kupfermünzen,  die  von  diesem  Thibron  ausgegeben  seien. 
—  Dass  Xenophon  bei  den  Kyreern  geblieben  ist  (vgl.  Hell.  III,  2,  7), 
hätte  nie  bezweifelt  werden  sollen.  Er  wollte  nach  der  Uebergabe  des 
Heeres  an  Thibron  nach  Haus  gehen  Anab.  VII,  7,  57  ob  vaf>  nu>  '^«poe 
a&ttj»  5nY4xto  'Aö^vy^i  *sp:  ?uyy4;  (vgl.  V,  3.  7).  Damit  ist  zugleich  ge- 
sagt, dass  er  seinen  Vorsatz  nicht  ausgeführt  hat,  wahrscheinlich  doch, 
weil  er  jetzt  verbannt  wurde ;  möglich  bleibt  allerdings,  dass  er  aus  einem 
anderen  Grunde  (etwa  weil  er  von  Sokrates'  Hinrichtung  erfuhr,  wie 
man  vermuthet  hat)  seinen  Vorsatz  änderte  und  erst  später  verbannt  ist. 

839.  Auf  persischer  Seite  war  es  mit  den  Friedens- 
verhandlungen und  dem  Bericht  an  den  König  nicht  ernst 
geraeint;  man  wollte  nur  Zeit  gewinnen,  bis  die  Rüstungen 
vollendet  seien,  die  dem  Krieg  eine  neue  Wendung  geben 
sollten.  Tissaphernes  allerdings,  der  Oberfeldherr,  scheint  in 
acht  orientalischer  Art  die  Dinge  haben  gehen  zu  lassen  wie 
sie  wollten,  überzeugt,  dass  das  Beharren  im  passiven  Wider- 
stand schliesslich  die  Feinde  mürbe  machen  müsse;  mit  stiller 
Schadenfreude  mochte  er  zusehen,  wie  Persien  jetzt  dafür 
büssen  musste,  dass  man  im  Krieg  mit  Athen  seinem  und 
Alkibiades'  Rath  nicht  gefolgt  war,  die  beiden  griechischen 
Staaten  gegen  einander  im  Gleichgewicht  zu  halten.  Pharna- 
bazos  dagegen  erwies  sich  wie  im  Kriege  gegen  Athen  so 
auch  je.tzt  als  eine  weit  thatkräftigere  Natur.  Er  empfand  es 
schmerzlich,  dass  er  militärisch  dem  Nachbar  unterstellt  war, 


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Persische  Rüstungen.  Pharnabazos. 


197 


und  war  entrüstet  über  dessen  schlaffe  Kriegsführung,  und  viel- 
leicht noch  mehr  über  die  Treulosigkeit  Spartas,  das  sich  jetzt 
mit  offener  Verletzung  der  Verträge  gegen  den  Bundesgenossen 
wandte,  der  es  gross  gemacht  hatte.  Allerdings  konnte  auch 
er  nicht  daran  denken,  allein  zu  Lande  den  Spartanern  ent- 
gegen zu  treten;  war  er  doch  im  vorigen  Kriege,  obwohl  er 
damals  von  Sparta  unterstützt  war,  Athen  auf  die  Dauer  nicht 
gewachsen  gewesen.  Um  so  mehr  musste  jetzt  das  Reich  selbst 
mit  seiner  ganzen  Macht  eintreten  und  den  Krieg  nicht  den 
Satrapen  der  Küstenprovinzen  allein  überlassen.  Spartas  An- 
griff war  nur  abzuschlagen,  wenn  Persien  seine  völlig  ver- 
nachlässigte Seemacht  reorganisirte  und  endlich,  nach  mehr 
als  achtzig  Jahren,  seine  Flagge  wieder  im  Aegaeischen  Meere 
zeigte.  Zugleich  musste  es  mit  allen  mit  Spartas  Herrschaft 
unzufriedenen  Elementen  in  Griechenland  Verbindungen  an- 
knüpfen, namentlich  mit  den  alten  Verbündeten  Theben  und 
Argos.  Ohne  Bedenken  konnte  Persien  jetzt  auch  Athen  die 
Hand  bieten;  dass  dies  noch  einmal  versuchen  sollte,  Persien 
entgegenzutreten,  war  kaum  zu  erwarten,  und  Persien  hatte 
es  völlig  in  der  Hand,  Athen  nicht  mächtiger  werden  zu  lassen, 
als  dem  Reiche  dienlich  war.  Wenn  es  gelang,  in  Griechen- 
land den  Krieg  zu  entfachen  und  zugleich  zur  See  einen  ent- 
scheidenden Schlag  zu  führen,  dann  musste  Spartas  Macht 
noch  rascher  zusammenbrechen  als  im  vorigen  Krieg  die  Athens ; 
dann  konnte  Persien  die  Oberherrschaft  über  ganz  Hellas  ge- 
winnen und  ohne  allzu  grosse  Anstrengung  das  Ziel  erreichen, 
das  ein  Jahrhunderl  zuvor  Darius  und  Xerxes  mit  ihren  ge- 
waltigen Rüstungen  nicht  hatten  erringen  können.  —  Schon 
während  des  Waffenstillstands  von  398  hatte  Pharnabazos 
sich  an  den  Hof  bogeben,  um  den  König  für  seine  Pläne  zu 
gewinnen.  Seine  Beschwerden  über  Tissaphernes  hatten  keinen 
Erfolg;  es  war  nicht  persische  Art,  verdienten  Männern  so 
rasch  die  Gunst  zu  entziehen.  Wohl  aber  überzeugte  sich 
der  König,  dass  man  auf  dem  bisherigen  Wege  nicht  zum  Ziel 
gelangen  könne;  er  billigte  Pharnabazos*  Vorschläge  und  gab 
ihm  Vollmacht  und  Geldmittel  für  die  Flottenrüstung.  Zum 


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198 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Stützpunkt  für  seine  Operationen  hatte  der  Satrap  die  Insel 
Gypern  ersehen,  die,  im  Gentrum  des  persischen  Theils  des 
Mittelmeers  gelegen  und  für  Sparta  unangreifbar,  zugleich  die 
Möglichkeit  bot,  neben  den  Phoenikern  und  Kilikern  ein  starkes 
griechisches  Element  zu  verwerthen ,  das  man  nach  allen 
früheren  Erfahrungen  auch  für  die  Flotte  nicht  mehr  ent- 
behren konnte. 

Pharnabazos  am  Königsbof:  Diod.  XIV,  39.  Justin  VI,  1;  vgl.  Ktes. 
Pers.  63.    Im  J.  897  war  er  wieder  in  Kleinasien. 

840.  Auf  Gypern  hatten  sich  die  Verhältnisse  in  eigen- 
artiger Weise  für  die  momentane  Situation  günstig  gestaltet. 
Zwei  Menschenalter  hindurch  hatten  die  Griechen  mit  den 
Phoenikern  um  die  Herrschaft  über  die  Insel  gerungen;  seit 
Athen  sie  im  Kalliasfrieden  dem  Perserköriig  überlassen  musste, 
gewannen  die  Phoeniker  das  Uebergewicht.  Die  ehemals  von 
den  Griechen  behauptete  Stadt  Idalion  im  Binnenlande  wird 
jetzt  dauernd  den  phoenikischen  Königen  von  Eition  unter- 
than.  In  Salamis  wurde  das  alte  Königshaus,  das  seinen 
Stammbaum  auf  Teukros,  den  Bruder  des  Aias,  zurück- 
führte, durch  einen  phoenikischen  Minister  des  Herrschers  ge- 
stürzt. Der  neue  König  und  seine  Nachfolger  bemühten  sich 
nach  Kräften,  Salamis  in  eine  semitische  Stadt  umzuwandeln; 
die  persische  Regierung  förderte  diese  Bestrebungen.  Salamis 
war  jetzt,  wie  Isokrates  es  schildert,  »in  eine  Barbarenstadt 
verwandelt  und  nahm  in  Folge  der  phoenikischen  Herrschaft 
keine  Griechen  auf,  vernachlässigte  Handel  und  Gewerbe,  und 
hatte  nicht  einmal  einen  Hafen;  von  den  Beamten  galten  die 
für  die  besten,  welche  sich  gegen  die  Griechen  am  brutalsten 
benahmen«.  Die  neue  Dynastie  hat  sich  nicht  allzu  lange  be- 
hauptet; ein  gewisser  Abdemon  aus  Tyros  brachte  den  Herr- 
scher um  und  scheint  die  Stadt  ganz  in  Abhängigkeit  von 
Kition  gebracht  zu  haben.  Da  führte  im  J.  411  oder  410 
ein  junger  Mann,  der  sich  rühmte  von  dem  alten  griechischen 
Königshaus  abzustammen  und  der  vor  dem  neuen  Herrscher  nach 
Soli  in  Kilikien  geflüchtet  war,  Euagoras,  einen  völligen  Um- 
schwung herbei.  Mit  etwa  50  Genossen  fuhr  er  nach  Cypern 


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Pharnabazos'  Pläne.    Euagoras  von  Salamis. 


199 


hinüber,  drang  bei  Nacht  in  die  Stadt  ein,  erstürmte  die 
Königsburg,  überwältigte  den  Machthaber  und  seinen  Anhang, 
und  gewann  sich  das  Königthum. 

Für  Euagoras  ist  die  Hauptquelle  Isokrates'  bald  nach  seinem  Tode 
374  geschriebene  Lobrede,  ein  von  seinem  Sohn  bestellter  Nekrolog 
von  durchaus  offlciöser  Färbung.    Das  Bild  ist  so  verschwommen  und 
unvollständig,  wie  nur  je  in  einer  Leichenrede  (vgl.  Bruns,  Literar.  Porträt 
115  ff.);  offenbar  hat  Isokrates  nicht  gerade  viel  Material  zur  Disposition 
gehabt,  und  anderes  hat  'er  absichtlich  übergangen.    Die  Erzählungen 
von  den  Vorzeichen  der  zukünftigen  Grösse  des  E.  §.  21  und  die  ver- 
schiedenen Angaben  über  die  Zahl  seiner  Genossen  §.  28  scheinen  auf 
schriftliche  Quellen  hinzuweisen.    Ob  E.  wirklich  aus  dem  alten  Teu- 
kridenhause  stammte  (ebenso  Theopomp  fr.  111;  Pausan.  I,  3,  2;  vgl. 
die  Inschrift  des  Nikokreon,  des  Sohnes  seines  Enkels  oder  Urenkels 
Pnytagoras,  Lebas  II,  122,  und  dazu  Forsch.  I,  86,  4),  wird  man  trotz 
Isokrates  bezweifeln  dürfen.    Ephoros  (Diod.  XIV,  98)  und  Theopomp 
fr.  111  sind  deutlich  von  Isokrates  abhängig;  bei  jenem  heisst  der  Vor- 
gänger  'Aß^Yjjuov  b  T6p»io$,  bei  diesem  A686pov  L  Kituüc,  xaovrfi  (£aXa- 
jüvo;?)  iic&pyu>v,  was  vielleicht  in  der  im  Text  angedeuteten  Weise  zu 
vereinen  ist;  auch  bei  [Lys.]  6,  26  ist  er  offenbar  unter  6  Ktrctttuv  ßaoi- 
Xe'jc  zu  verstehen ,  zu  dem  Andokides  geht.   Die  Zeit  der  Erhebung 
(Isokr.  9,  19  ff.  vgl.  3,  28)  ergibt  sich  daraus,  dass  Andokides  von  seinem 
Vorgänger  gefangen  gesetzt  war,  dann  411  (über  Makedonien)  nach  Athen 
tfing,  darauf  sich  zu  Euagoras  begabt  und  diesen  zu  Getreidesendungen  nach 
Athen  veranlasste,  die  er  um  407  hier  ankündigte,  in  vergeblicher  Hoff- 
nung, dadurch  seine  Hückberufung  zu  erwirken:  [Lys.]  6,  26 — 28,  vgl. 
6.  48  [die  Biographie  gibt  dazu  weiteres] ;  Andoc.  2,  20  f.,  vgl.  1,  4.  132. 
145.  —  üeber  die  Zustände  auf  Cypern  (Isokr.  9,  19  ff.)  bieten  die  zahl- 
reichen Münzen  leider  wenig  genaue  Auskunft;  die  Combinationen  der 
Numismatiker  (vor  allem  Srx,  rev.  num.  1883.  Numism.  chron.  1888. 
Babelon,  les  Perses  Achemenides  p.  CXI V  ff.,  woselbst  die  weitere  Lite- 
ratur) können  keineswegs  als  sicher  betrachtet  werden.  Einigermassen 
fest  steht  nur  die  Serie  der  älteren  Könige  von  Salamis  und  der  Dy- 
nastie des  Euagoras ;  die  Münzen  mit  einheimischer  Schrift,  die  man  der 
phoenikischen  Dynastie  zuschreibt,  bieten  keinerlei  Aufklärung.  Ausser- 
dem kennen  wir  durch  nach  Regierungsjahren  datirte  Münzen  und  phoe- 
nikische  Inschriften  (CISem.  I,  10.  11.  14.  17.  88—93.  Eitting,  Ber.  Berl. 
Ak.  1887,  119  ff.  422)  und  einzelne  Erwähnungen  bei  Schriftstellern  die 
meisten  Könige  von  Kition.    Nach  der  7.  Inschrift  von  Idalion  (Eitting, 
Ber.  Berl.  Ak.  1887,  422)  war  Ba'almelek  (reg.  um  460)  nur  König  von 
ft'tion,  sein  Sohn  (Azbacal  und  sein  Enkel  Ba*a)[ram?]  dagegen  nennen 
sich  »Könige  von  Kition  und  von  Idalion«;  ebenso  im  vierten  Jahr- 


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200 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


hundert  Melkijaton  (ca.  392—360),  dessen  Vater  Ba'alräm  nicht  König 
war,  and  sein  Sohn  Pumjaton  (IIojxaToc,  Duris  fr.  12;  nu-fiiaXunv  Diod. 
XIX,  79)  ♦  der  nach  Ausweis  der  Münzen  mindestens  47  Jahre  regierte 
(ca.  860 — 312).  Ihnen  gehörte  auch  Tamassos,  wo  sich  eine  Inschrift 
aus  dem  30.  Jahre  des  Melkijaton  gefunden  hat ;  Pumjaton  nimmt  daher 
gelegentlich  auch  die  Bezeichnung  »König  von  Tamassos«  unter  seine 
Titel  auf.  [Oer  Ba'alräm  der  Bilinguis  von  Idalion  GISem.  I,  89,  der 
den  Titel  ^dva£,  j^tt  führt,  ist  ein  Prinz  (vgl.  Isokr.  9,  72)  und  ver* 
muthlich  ein  Sohn,  aber  nicht  der  Vater  des  Melkijaton.]  Ob  die  phoeniki- 
schen  Münzen  mit  der  Athena  Promachos  und  dem  Herakles  von  Kition, 
deren  Legende  man  zur  Noth  130*1  "I^dV  »König  Droku«  lesen  kann, 
Oberhaupt  nach  Kition  und  nun  gar  einem  hier  von  Euagoras  um  388 
eingesetzten  griechischen  Herrscher  gehören,  den  die  Numismatiker  in 
Demonikos,  Sohn  des  Hipponikos,  suchen,  för  den  die  erste  Broschüre  der 
isokratischen  Sammlung  geschrieben  ist  (dieser  war  ein  sehr  angesehener 
Privatmann,  steht  aber  unter  der  Herrschaft  eines  Königs  §.  11.  36),  ist 
doch  recht  fraglich.  Die  Münzen  mit  kyprischer  Schrift,  die  man  De- 
monikos  zugeschrieben  hat,  stammen  nicht  von  ihm,  s.  Babklon  p.  CXXXII. 
CXXXIX._  CXLIII.  Auch  Er.  Kkil's  Combinationen  Hermes  XXI II,  375 
sind  unhaltbar. 

841.  Euagoras  von  Salamis  ist  das  Gegenbild  zu  Dio- 
nysios  von  Syrakus;  wie  dieser  hat  er  es  als  seine  Lebens- 
aufgabe betrachtet,  sich  als  Vorkämpfer  und  Befreier  der 
hellenischen  Nationalität  die  Herrschaft  über  die  ganze  Insel 
zu  erringen,  die  im  Osten,  wie  Sicilien  im  Westen,  den  Kampf- 
platz der  Hellenen  und  der  Phoeniker  bildete.  Diese  Tendenz 
wies  ihn  auf  die  Seite  Athens.  Er  hat  mit  diesem  sogleich 
Beziehungen  angeknöpft  und  es  während  des  verzweifelten 
Ringens  mit  Sparta  und  Persien  nach  Kräften  unterstützt, 
vor  allem  durch  Getreidesendungen;  zum  Dank  dafür  haben 
ihm  die  Athener  neben  anderen  Ehren  das  Bürgerrecht  ver- 
liehen (§.  715).  Auch  geistig  stand  er,  wie  Dionys,  auf  dem 
Boden  der  attischen  Gultur;  die  Beziehungen  zu  den  an- 
gesehensten Literaten  der  Zeit  hat  er  sein  Leben  lang  gepflegt. 
Im  übrigen  hat  er  seine  verwahrloste  Heimath  nach  Kräften 
gehoben,  Befestigungen  angelegt,  den  Hafen  wieder  hergestellt, 
eine  Kriegsflotte  geschaffen  und  dem  Hellenenthum  aufs  neue 
das  Uebergewicht  verschafft.  Er  zog  griechische  Kaufleute  in 


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Euagoras  von  Salamis.   Konon.   Verbindung  mit  Pharnabazos,  201 


die  Stadt  und  sah  es  gern,  wenn  seine  Unterthanen  sich  mit 
Griechen  aus  dem  Mutterlande  verschwägerten.  Als  Athens 
Macht  bei  Aegospotamoi  zusammenbrach,  flüchtete  Konon  mit 
den  geretteten  Schiffen  zu  ihm,  und  es  bildete  sich  in  der  Stadt 
eine  starke  und  betriebsame  athenische  Colonie.  Alsbald  be- 
gann Euagoras  erobernd  um  sich  zu  greifen,  und  scheint 
mehrere  seiner  griechischen  Nachbarn  unterworfen  und  den 
Angriff  gegen  die  Phoeniker  begonnen  zu  haben ;  in  einer  atheni- 
schen Broschüre  aus  dem  J.  399  (der  Schrift  gegen  Andokides 
[Lys.J  6,  28)  heisst  er  bereits  »König  von  Cypern«.  Natür- 
lich wurde  dadurch  das  Verhältniss  zur  persischen  Regierung 
gespannt,  ja  diese  wäre  wohl  schon  jetzt  eingeschritten,  wenn 
sie  die  Hände  frei  gehabt  hätte.  So  aber  bot  umgekehrt  die 
eigenartig  verwickelte  Weltlage  dem  aufstrebenden  Herrscher 
die  Möglichkeit,  zunächst  als  getreuer  Diener  des  Perserkönigs 
seine  Pläne  weiterzuführen.  Konon  hatte  das  ganze  Vertrauen 
des  Fürsten  gewonnen;  er  bestärkte  ihn  in  seinen  Sympathien 
für  Athen  und  mahnte  ihn,  die  Gelegenheit  zu  ergreifen,  um 
Athens  Macht  wieder  herzustellen  und  sich  dadurch  einen 
unsterblichen  Namen  in  Hellas  zu  schaffen.  Auf  seinen  An- 
trieb wandte  sich  Euagoras  durch  Vermittelung  griechischer 
Hofbeamten,  darunter  des  Leibarztes  Ktesias  von  Knidos,  an 
den  König,  versprach  Genugthuung  für  seine  Uebergriffe  und 
sandte  Tribut  und  Geschenke;  er  forderte  Artaxerxes  auf,  in 
Cypern  eine  Flotte  zu  rüsten,  und  empfahl  dafür  Konon  als 
den  geeigneten  Mann.  Pharnabazos  ging  mit  Eifer  auf  den 
Vorschlag  ein,  der  zu  seinen  Gedanken  stimmte  —  offenbar 
war  er  schon  vorher  mit  Euagoras  und  Konon  in  Verbindung 
getreten  — ,  der  König  stimmte  bei  und  ernannte  Konon  zum 
Flottenführer,  während  Pharnabazos  die  Oberleitung  des  Unter- 
nehmens übertragen  wurde.  Gegen  Anfang  des  J.  397  kam 
Pharnabazos  selbst  nach  Cypern,  um  mit  Konon  die  Flotten- 
rüstung zu  betreiben.  Er  brachte  500  Talente  mit;  100  Trieren 
gedachte  man  aufzustellen.  Die  Ausführung  wurde  Konon 
überlassen,  während  Pharnabazos  in  seine  Satrapie  zurück- 
kehrte, um  mit  Tissaphernes  zusammen  den  Krieg  gegen 


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202 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Derkylidas  fortzusetzen,  zunächst  allerdings,  wie  wir  gesehen 
haben,  ohne  jeden  Erfolg. 

Euagoras'  Regierung:  Isokr.  9,  47  AT.  Die  Bürgerrechtsverleihung 
in  Athen  fallt  nach  Isokr.  9,  54  vor  Aegospotamoi ,  müsste  also  in  dem 
Psephisma  CIA.  I,  64  gestanden  haben ;  nach  dem  ebenso  verstümmelten 
Beschluss  CIA.  H,  10  b  p.  897  scheint  sie  dagegen  erst  nach  Knidos  er- 
folgt zu  sein.  —  Euagoras'  Eroberungen  haben  Ephoros  (fr.  135)  und 
Diodor  XIV,  98  erst  später  im  Zusammenhang  erzahlt;  dass  sie  schon 
vor  398  begannen ,  bestätigt  Ktes.  fr.  63  attiai  8i'  E?>*rr£p?  ßaaiXst 
£aXafüvoc  ßastXeüc  'Apto^p^?  8tirjvfc^d-rj,  und  der  von  Ktesias  ertheilte  Rath, 
sich  mit  Anaxagoras,  t<j>  Korcpuuv  ßaatXst,  zu  versöhnen.  Verrauthlich  ist 
das  der  nach  Diod.  XIV,  98,  2  von  Euagoras  getödtete  König  Agyris, 
dessen  Name  jedenfalls  nur  durch  einen  Schreibfehler  der  Handschriften 
mit  dem  gleichzeitigen  sicilischen  König  (§.  786.  800)  identisch  geworden 
ist.  —  Die  Verhandlungen  mit  Persien  hat  Ktesias  am  Ende  seines  Werks, 
das  mit  dem  J.  398/7  schloss  (Diod.  XIV,  46),  in  dem  er  mit  einem 
Brief  des  Königs  an  Konon  und  nach  Sparta  geschickt  wurde,  ausführ- 
lich berichtet;  Photios'  Excerpt  (§.  63)  gibt  leider  nur  die  Aeusserlich- 
keiten;  einiges  weitere  bei  Plut.  Artax.  21.  Im  übrigen  vgl.  Isokr.  9,  55, 
vgl.  5,  63.  Diod.  XIV,  39.  Justin  VI,  1.  Nepos  Conon  2.  Nach  Xen. 
Hell.  III,  4.  1  hätte  man  sogar  800  Trieren  ausrüsten  wollen. 

842 .  Den  Spartanern  wurde  die  persische  Flottenrüstung 
so  lange  wie  möglich  verheimlicht;  eine  Gesandtschaft,  die  im 
J.  398  an  den  Hof  gegangen  war,  wurde  hier  eine  Zeit  lang 
fest  gehalten,  und  auch  im  Sommer  397  Hessen  sich  Tissa- 
phernes  und  Pharnabazos  noch  einmal  zum  Schein  auf 
Friedensverhandlungen  ein  (§.  838).  Um  dieselbe  Zeit  aber 
erhielt  die  spartanische  Regierung  durch  einen  syrakusani sehen 
Kaufmann,  der  in  Phoenikien  Handel  trieb,  die  erste  Kunde 
von  den  umfassenden  Rüstungen,  die  hier  im  Gange  waren. 
Ueber  ihr  Ziel  konnte  kein  Zweifel  sein;  um  der  drohenden 
Gefahr  bei  Zeiten  entgegenzutreten,  musste  man  die  Kriegs- 
rüstung vermehren.  Auf  Betreiben  Lysanders  trat  König 
Agesilaos,  dem  jener  zwei  Jahre  zuvor  den  Thron  verschafft 
hatte  (§.  760),  als  Bewerber  um  die  Heerführung  auf.  Ly- 
sander  hoffte  in  ihm  ein  willfahriges  Werkzeug  für  seine  Pläne 
zu  besitzen ;  jetzt,  wo  der  Krieg  gegen  Persien  in  grossem  Stil 
betrieben  werden  musste,  glaubte  er  den  Moment  gekommen, 


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Persische  Flottenrüstung.   Agesilaos  Oberfeldherr  der  Spartaner.  203 


wo  er  sich  aufs  neue  als  den  unentbehrlichen  Mann  erweisen 
und  seine  Machtstellung  zurückgewinnen  könne.  Gesandt- 
schaften aus  Kleinasien,  vor  allem  von  den  gestürzten  Partei- 
gangern Lysanders,  unterstützten  die  Bewerbung;  Agesilaos 
wurde  das  Gommando  zunächst  auf  ein  Jahr  übertragen.  Er 
appellirte  nochmals  an  den  nationalen  Gedanken:  als  würdiger 
Erbe  Agamemnons  wollte  der  Heraklide,  der  die  Königsgewalt 
in  dem  ersten  Staate  Griechenlands  inne  hatte,  an  der  Spitze 
des  Aufgebots  von  ganz  Hellas  in  den  neuen  Nationalkrieg 
ziehen.  Indessen  sofort  zeigte  sich ,  dass  Spartas  Macht ,  so 
stark  sie  sich  erwiesen  hatte,  nicht  ausreichte,  um  den  frei- 
willigen Anschluss  seiner  Verbündeten  zu  erreichen ;  wie  beim 
Kriege  gegen  Elis  weigerten  Theben  und  Korinth  die  Be- 
theiligung, und  auch  Athen  wagte  diesmal  sich  der  Heeres- 
folge zu  entziehen.  Die  spartanische  Regierung  musste  die 
Zurückweisung  einstweilen  hinnehmen,  wenn  sie  nicht  statt 
des  asiatischen  Kriegs  zunächst  einen  Krieg  in  Hellas  beginnen 
wollte.  Eine  positive  Gefahr  schien  nicht  zu  befürchten; 
schwerlich  würden  die  widerspenstigen  Staaten  freiwillig  einen 
Waffengang  mit  Sparta  provociren,  und  so  konnte  man  die 
Abrechnung  mit  ihnen  auf  einen  gelegeneren  Zeitpunkt  ver- 
schieben. Einstweilen  war  Sparta  auch  ohne  ihre  Hülfe  stark 
genug,  um  dem  König  ein  fast  noch  einmal  so  grosses  Heer 
mitzugeben,  wie  399  dem  Derkylidas.  Von  den  peloponnesi- 
schen  Bündnern  wurden  6000  Mann  aufgeboten,  Sparta  selbst 
stellte  2000  Neodamoden.  Wie  man  sieht,  ging  der  Staat,  trotz 
der  Verschwörung  des  Kinadon  (§.  762),  weiter  auf  dem  von 
Brasidas  inaugurirten  Wege,  die  auswärtige  Kriegsführung  auf 
die  Unterthanen  und  Leibeigenen  abzuwälzen.  Bei  der  Festig- 
keit der  spartanischen  Disciplin  war  von  ihnen  im  Felde  keine 
Gefahr  zu  befürchten;  die  Kräfte  der  Vollbürger  aber  mussten 
nach  Möglichkeit  geschont  und  für  eventuelle  Verwickelungen 
in  Griechenland  aufgespart  werden.  _  Nur  30  Spartiaten ,  mit 
Lysander  an  der  Spitze,  wurden  dem  König  beigegeben,  zu- 
gleich als  controllirender  Kriegsrath  und  als  Adjutanten  und 
höhere  Officiere.  Die  Einnahmen  aus  den  Tributen  ermöglichten, 


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204 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


- 

das  Heer  mit  den  nöthigen  Mitteln  für  Verpflegung  und  Löhnung 
zunächst  auf  sechs  Monate  auszustatten.  Ausserdem  trat  man 
in  Verbindung  -mit  dem  aegyptischen  König  Nepherites  I.f  der 
inzwischen  seine  Rivalen  verdrängt  zu  haben  scheint  (§.  831); 
er  versprach,  Sparta  gegen  den  gemeinsamen  Feind  durch  eine 
Flotte  von  100  Trieren  und  durch  Getreide  zu  unterstützen. 

Von  der  Festhaltung  der  spartanischen  Gesandten  hatte  Ktesias  be- 
richtet; er  selbst  wurde  397,  als  er  einen  Brief  des  Königs  nach  Sparta 
überbringen  sollte,  in  Knidos  von  spartanischen  Gesandten  festgehalten 
(offenbar  wegen  seiner  Verbindung  mit  Euagoras),  aber  freigesprochen: 
Ktes.  fr.  63.  Das  übrige  nach  Xen.  Hell.  III,  4  =  Ages.  1,  6  ff.,  vgl.  Plut. 
Ages.  6.  Lys.  23.  Diod.  XIV,  79,  der  die  Gesammtslärke  des  Heers  auf 
nur  6000  Mann  angibt.  Verhalten  von  Korinth,  Athen,  Theben:  Pausan. 
III,  9,  2  f.,  vgl.  Xen.  Hell.  III,  5,  5.  Wie  die  Anfange  des  Seekriegs  über- 
geht Xenophon  auch  die  Verbindung  mit  Aegypten;  sie  wird  bei  Diod. 
XIV,  79,  4  und  Justin  VI,  2  berichtet,  wo  der  Name  N«<p»pt6s  (Nepherites 
bei  Manetho,  nach  dem  er  398—393  regiert)  in  Hercynion  corrumpirt  ist. 

843.  Im  Frühjahr  390  sammelte  Agesilaos  seine  Mann- 
schaft an  der  Südspitze  Euboeas  beim  Vorgebirge  Geraistos; 
er  selbst  begab  sich  nach  Aulis,  um  hier  nach  Agamemnons 
Vorbild  der  Artemis  ein  Opfer  zu  bringen.  Aber  in  Theben 
war  die  Erbitterung  gegen  Sparta  so  gross,  dass  man  auch 
das  nicht  dulden  wollte;  unter  dem  Vorwande,  er  habe  das 
Ritual  verletzt,  störten  die  Boeotarchen  das  Opfer  und  wiesen 
den  König  vom  Altar  fort.  Agesilaos  musste  die  Insulte  hin- 
nehmen; er  führte  sein  Heer  nach  Ephesos  hinüber.  —  Kaum 
war  er  gelandet,  so  begann  Tissaphernes  sein  altes  Spiel  von 
neuem;  er  bat  um  Waffenstillstand,  um  während  desselben 
die  Entscheidung  des  Königs  einzuholen.  Agesilaos  zweifelte 
nicht,  dass  das  Trug  war;  aber  er  sah  sich  trotz  seiner  weit 
stärkeren  Macht  derselben  Schwierigkeit  gegenüber,  wie.  seine 
Vorgänger,  er  konnte  den  Feind,  der  nicht  kämpfen  wollte, 
nicht  zum  Kampf  zwingen.  So  bewilligte  er  einen  Waffen- 
stillstand auf  drei  Monate,  und  benutzte  die  Zeit,  sein  Heer 
durch  Zuzüge  aus  den  Griechensfädten  zu  verstärken  und  ihre 
Verhältnisse  zu  ordnen.  Von  allen  Seiten  drängten  sich  die 
alten  Genossen,  die  Männer  der  Zehnherrschaften  und  der 


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Agesilaös  in  Kleinasien.   Sein  Charakter.    Conflict  mit  Lysander.  205 

oligarchischen  Clubs,  an  Lysander,  überzeugt,  dass  dieser  beim 
König  alles  durchsetzen  könne.  Aber  Agesilaös  war  nicht 
gewillt,  sich  wie  ehemals  Arakos  und  Libys  zum  Strohmann 
eines  anderen  zu  machen;  er  wollte  selbst  und  allein  herr- 
schen. In  Sparta  war  er  als  echter  Eurypontide  im  Gegen- 
satz zu  seinem  Collegen  als  der  ergebene  Diener  der  Burger- 
gemeinde aufgetreten ;  geflissentlich  hatte  er  bei  jeder  Gelegen- 
heit die  Unterordnung  unter  ihren  Willen  und  die  Befehle  der 
Ephoren  als  der  eigentlichen  Organe  der  Volkssouveränität 
zur  Schau  getragen.  Eben  dadurch  hat  er  sich  den  Weg  zu 
einer  dauernden  Machtstellung  gebahnt,  wie  sie  seit  einem 
Jahrhundert  in  Sparta  kein  König  eingenommen  hatte.  Jetzt 
stand  er  als  Träger  der  militärischen  Gewalt  an  der  Spitze 
eines  grossen  Heeres;  ohne  seinen  Befehl  konnte  nichts  ge- 
schehen, und  er  brauchte  keinen  allmächtigen  Minister,  son- 
dern nur  Diener  seines  Willens.  So  hatte  Lysander,  statt 
seine  Hoffnungen  erfüllt  zu  sehen,  jetzt  erst  recht  die  Bitter- 
keit der  gestürzten  Grösse  voll  auszukosten:  bei  jedem  Anlas? 
wurde  er  von  Agesilaös  gedemüthigt  und  jede  seiner  Empfeh- 
lungen principiell  abgewiesen.  Er  musste  schliesslich  selbst 
eingestehen,  dass  er  nichts  mehr  vermochte,  und  den  ver- 
hassten  Gegner  demüthig  bitten,  ihn  mit  irgend  einer  unter- 
geordneten Mission  zu  betrauen,  um  ihn  nur  aus  seiner  uner- 
träglichen Lage  zu  erlösen.  Der  persönliche  Charakter  des 
Conflictes  trat  nur  um  so  peinlicher  hervor,  da  Agesilaös  prin- 
cipiell auf  ganz  demselben  Standpunkt  stand,  wie  Lysander. 
Auch  Agesilaös  kannte  kein  anderes  Ziel,  als  die  rücksichts- 
lose Aufrichtung  der  spartanischen  und  damit  zugleich 
seiner  eigenen  Herrschaft,  und  für  seine  Anhänger  sorgte 
er  nicht  weniger  skrupellos,  als  jener.  Aber  vortrefflich  ver- 
stand er  die  Kunst,  wie  seinen  Ehrgeiz  so  die  problematischen 
Massregeln,  die  er  ergriff,  unter  dem  Schein  der  Correctheit 
und  salbungsvoller  moralischer  Aussprüche  zu  verbergen.  Er  - 
erkannte,  dass  er  Gewaltmassregeln  nach  Art  Lysanders  ent- 
behren könne,  nicht  nur  weil  er  der  König  war,  sondern  vor 
allem  weil  die  lysandrische  Schreckensherrschaft  ihm  gründ- 


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20(3 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


lieh  vorgearbeitet  hatte.  Ohne  Blutvergiessen  und  Ver- 
bannungen konnte  er  überall  seine  Parteigänger  und  Günst- 
linge ans  Regiment  bringen ;  so  lange  er  mit  seiner  Armee  in 
Asien  stand,  machte  keine  Stadt  auch  nur  den  Versuch,  seinen 
Befehlen  sich  zu  widersetzen. 

Xenophon  hat  für  seine  Biographie  des  Agesilaos  (die  bei  Plutarch, 
Nepos,  Polyaen  II,  1  zu  Grunde  liegt)  das  Manuscript  seiner  Hellenika 
stark  benutzt,  aber  seinem  Zwecke  entsprechend  theils  gekürzt,  theils 
durch  Zusätze  erweitert,  die  zum  Theil  rhetorisch  sind,  zum  Theil  aber 
sehr  werthvolles  Detail  bieten.  Die  panegyrische  Auffassung  beider  Schriften 
lässt  sich  leicht  corrigiren.  —  Opfer  in  Aulis :  Xen.  Hell.  III,  4-,  3  f. 
Plut.  Ages.  6.  Pelop.  21.  Pausan.  III,  9,  3  f.  —  Dass  Ages.  im  Früh- 
jahr 896  in  Ephesos  landete,  lehrt  Xen.  Hell.  III,  4,  20.  —  Dauer  des  Waffen- 
stillstands: Xen.  Ages.  1,  10.  —  Ueher  Agesilaos1  Regiment  in  den 
Städten  Xen.  Ages.  1,  37,  und  von  anderem  Standpunkt  mit  viel  rich- 
tigerem Urtheil  Isokr.  epist.  9  (an  Archidamos),  11  ff.  —  Philipp.  86  IT. 

844.  Nach  Ablauf  des  Waffenstillstands,  im  Hochsommer 
396 ,  erklärte  Tissaphernes ,  der  inzwischen  weitere  Ver- 
stärkungen erhalten  hatte,  den  Krieg.  Er  erwartete  jetzt  einen 
Angriff  auf  Karien;  aber  Agesilaos,  der  einen  Kampf  mit  der 
weit  überlegenen  persischen  Reiterei  vermeiden  wollte,  über- 
liess  den  Süden  sich  selbst  und  zog  nach  Teuthranien  und  weiter 
in  die  Satrapie  des  Pharnabazos,  wo  kurz  zuvor  Lysander 
einen  mächtigen  und  reichbegüterten  Perser  Spithridates  zum 
Abfall  gebracht  hatte.  Eine  Anzahl  keinerer  Orte  wurde  ge- 
nommen und  reiche  Beute  gemacht;  in  der  Nähe  von  Das- 
kylion  freilich  erlitten  die  griechischen  Reiter  durch  Pharnabazos* 
Reiterei  eine  empfindliche  Schlappe.  Agesilaos  erkannte,  dass 
er  ohne  Cavallerie  nichts  ausrichten  könne;  er  benutzte  die 
Winterquartiere,  die  er  wieder  in  Ionien  nahm,  um  sich  von 
den  reichsten  Bürgern  gegen  Befreiung  vom  Kriegsdienst 
tüchtige  Pferde  und  Reiter  stellen  zu  lassen  und  im  übrigen 
sein  bunt  zusammengesetztes  Heer  nach  Kräften  zu  schulen. 
In  seiner  Armee,  die  einschliesslich  der  Besatzungstruppen 
weit  über  20,000  Mann  stark  gewesen  sein  muss,  waren  jetzt 
alle  Truppengattungen  vereinigt,  Hopliten,  Reiter,  Schützen 
und  ein  starkes  Corps  von  Peltasten.    So  konnte  Agesilaos 


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Agesilaos'  Feldzüge..  Anfange  des  Seekriegs.  207 

jetzt  einen  Vorstoss  tiefer  ins  Binnenland  wagen.  Die  Armee 
des  Tissaphernes  erwartete  ihn  auch  diesmal  (Anfang  395)  in 
Karien;  aber  Agesilaos  rückte  statt  dessen  verheerend  gegen 
Sardes  vor.  Am  Ufer  des  Paktolos,  vor  den  Thoren  von 
Sardes,  trat  ihm  die  persische  Reiterei  entgegen  und  nahm 
den  Kampf  mit  den  griechischen  Reitern  auf;  als  aber  auch 
die  Peltasten  und  die  jüngeren  Jahrgänge  der  Hopliten  gegen 
sie  vorgingen,  wurde  sie  vollkommen  geworfen  und  das 
persische  Lager  genommen.  Agesilaos  plünderte  die  Vorstädte 
von  Sardes;  die  Festung  selbst  anzugreifen,  durfte  er  nicht 
wagen.  Als  Tissaphernes  sich  zu  einem  neuen  Kampf  nicht 
bringen  Hess,  kehrte  er  mit  der  Beute  nach  lonien  zurück. 

Feldzug  von  396:  Xen.  Hell.  III,  4,  11  ff.,  ergänzt  durch  Ages.  1, 
16-22.  Oberflächlich  Diodor  XIV,  79  (wo  Ephorös  durch  die  Erwäh- 
nung von  Kyme  charakterisirt  ist).  Hierher  gehört  vielleicht  die  Ein- 
nahme von  Phokaea  Polyaen  II,  1,  16  -  Frontin  III,  11,  2.  —  Von  der 
Schlacht  des  J.  395  gibt  Diodor  XIV,  80  eine  ganz  andere  Schilderung 
(sie  findet  auf  dem  Rückzug  von  Sardes  zwischen  diesem  und  Thybarnon 
statt,  und  die  gesammte  Armee  des  Tiss.  wird  geschlagen,  vgl.  Pausan. 
III,  9,  6)  als  Xen.  Hell.  III,  4,  21  IT.  (dazu  Ages.  1,  33  f.);  und  doch  lehrt 
der  Ausgang,  dass  dieselbe  Schlacht  gemeint  ist.  Wie  Beloch,  Gr.  Gesch. 
II,  147  halle  ich  Judeich's  Constructionen  (Kleinas.  Stud.  59  ff.)  für  un- 
haltbar; es  ist  undenkbar,  dass  Xenophon  einen  zweiten  grossen  Sieg 
des  Agesilaos  verschwiegen  haben  sollte. 

845.  Inzwischen  hatten  die  Perser  den  Seekrieg  eröffnet. 
Freilich,  bis  die  grosse  Flottenrüstung  zu  Stande  kam,  hatte 
es  wie  gewöhnlich  noch  gute  Wege;  40  Trieren  waren  alles, 
was  Konon  einstweilen  in  Gypern  und  Kilikien  aufbringen 
konnte.  Mit  ihnen  ging  er  Anfang  396  nach  Kaunos,  dem 
ehemals  auch  von  Tissaphernes  im  Kriege  gegen  Athen  be- 
nutzten Hafen  an  der  Südgrenze  Kadens.  Die  spartanische 
Flotte  lag  ihm  gegenüber  bei  Rhodos,  noch  immer  unter  dem 
Commando  des  Pharakidas  (§.  838).  Ob  sie  von  Nepherites  die 
versprochene  Verstärkung  erhalten  hatte,  wissen  wir  nicht; 
jedenfalls  aber  war  sie  Konon  an  Zahl  bedeutend  überlegen. 
So  ging  Pharakidas  zum  Angriff  über  und  schloss  Konon  in 
Kaunos  ein.  Indessen  Pharnabazos  brachte  Entsatz,  wohl  zu 


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20S 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Lande,  und  Pharakidas  musste  sich  nach  Rhodos  zurück- 
ziehen. Trotzdem  erschien  die  Lage  so  wenig  bedenklich,  dass 
die  spartanische  Regierung  im  Hochsommer  896  den  Nau- 
archen  mit  30  Schiffen  auf  das  dringende  Hülfsgesuch  des 
Dionys  nach  Sicilien  schicken  konnte  (§.  796).  An  Eifer  fehlte 
es  Konon  nicht,  und  Zuzug  für  die  Schiffsmannschaft  fand  er 
genug,  sowohl  aus  Athen  wie  aus  den  mit  der  spartanischen 
Herrschaft  unzufriedenen  Elementen  in  den  Griechenstädten; 
aber  die  Perser  betrieben  das  Unternehmen  mit  gewohnter 
Lässigkeit,  und  das  Geld,  das  der  König  sandte,  verschwand 
raeist  in  den  Händen  der  Magnaten.  Trotzdem  gelang  es 
Konon  schliesslich,  seine  Flotte  zu  verdoppeln  und  sich  auf 
der  zerklüfteten  Landzunge  gegenüber  von  Rhodos  —  der 
rhodischen  Chersones  mit  dem  Hafenort  Loryma  —  festzusetzen. 
Das  hatte  den  Erfolg,  dass  in  Rhodos  die  Demokraten  das 
Uebergewicht  erhielten,  die  Spartaner  und  ihre  Flotte  verjagten, 
und  statt  dessen  Konon  in  ihren  Hafen  einliessen  (etwa  An- 
fang 395).  Bald  darauf  fiel  ihnen  ein  grosser  Getreide- 
transport in  die  Hände,  den  Nepherites  den  Spartanern  zu- 
gesandt hatte,  und  jetzt  erhielt  Konon  endlich  noch  eine 
weitere  Verstärkung  von  90  Schiffen  aus  Phoenikien  und 
Kilikien.  —  Trotzdem  kam  der  Krieg  nicht  weiter;  denn  Monat 
für  Monat  blieb  die  Löhnung  aus,  so  dass  die  Flottenmann- 
schaften  schwierig  wurden  und  nur  durch  Konons  Autorität 
und  durch  die  Furcht  vor  dem  spartanischen  Strafgericht  bei 
der  Fahne  gehalten  wurden.  Denn  gegen  die  Abtrünnigen 
ging  Sparta  mit  Energie  vor ;  selbst  der  Rhodier  Dorieus,  im 
Kriege  gegen  Athen  einer  der  eifrigsten  und  erfolgreichsten 
Parteigänger  Spartas  (§.  680.  733),  wurde  hingerichtet,  als  er 
im  Peloponnes  in  ihre  Hände  fiel.  Alle  Beschwerden  Konons 
bei  den  Satrapen  und  beim  König  selbst  halfen  nichts;  auch 
Pharnabazos,  so  eifrig  und  ehrlich  er  bei  der  Sache  war, 
konnte  nichts  ausrichten.  So  entschloss  sich  Konon,  die  Flotte 
zwei  Athenern,  Hieronymos  und  Nikophemos,  zu  übergeben 
und  selbst  zum  König  zu  gehen.  Die  Beschwerden,  die  er 
über  Tissaphernes  vorbrachte,  fanden  bei  der  Königinmutter 


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! 
i 


Der  Seekrieg.   Konon  am  Hofe.   Sturz  des  Tissaphernes.  209 

Parysatis  freudige  Aufriahme,  die  keinen  anderen  Wunsch 
kannte,  als  alle,  die  bei  dem  Untergang  des  Kyros  mitgewirkt 
hatten,  zu  vernichten ;  auch  der  Chiliarch  (§.  23)  Tithraustes, 
der  Vezir  des  Königs,  trat  für  ihn  ein.  Durch  seine  Ver- 
mittelung  —  eine  Audienz  unterliess  Konon,  um  sich  nicht 
in  den  Augen  seiner  Landsleute  durch  den  vom  Hofceremoniell 
geforderten  Fussfall  herabzusetzen  —  erreichte  er  alles,  was  er 
wollte.  Der  König  überzeugte  sich,  dass  Tissaphernes  dop- 
peltes Spiel  getrieben  und  das  Reich  an  die  Spartaner  ver- 
rathen  habe.  Er  sprach  das  Todesurtheil  über  ihn  und 
beauftragte  Tithraustes  mit  der  Vollstreckung  und  der  einst- 
weiligen Führung  des  Landkriegs;  zugleich  sollte  er  die  ge- 
eigneten Mittel  ergreifen,  um  in  Europa  den  Krieg  gegen 
Sparta  zu  erregen.  Für  den  Seekrieg  erhielt  Konon  un- 
beschränkte Vollmacht  und  reiche  Mittel;  auf  seine  Bitten 
wurde  ihm  Pharnabazos  wie  bisher  als  College  beigegeben. 
Er  wird  den  Winter  mit  Vorbereitungen,  vielleicht  auf  Cypern, 
zugebracht  haben  und  Anfang  394  zur  Flotte  zurück- 
gekehrt sein. 

* 

Xenophon  hat  den  ganzen  Seekrieg  bis  zur  Schlacht  bei  Knidos 
offenbar  absichtlich  übergangen,  um  Agesilaos1  Thaten  in  vollem  Glänze 
erstrahlen  zu  lassen;  und  so  sind  wir  hier  noch  viel  schlimmer  daran 
als  beim  Landkrieg,  wo  uns  Xenophon  auch  schon  oft  genug  im  Stich 
lässt,  vor  allem  bei  den  Heereszahlen.  —  Nach  Isokr.  paneg.  142.  Euag. 
64  (vgl.  ib.  56.  5,  68)  dauert  der  Seekrieg  (6  icspl  T65ov  niXtjiocJ  bis  zur 
Schlacht  bei  Knidos  8  Jahre,  also  806-894  [wie  man  gewöhnlich  397 
als  Anfang  herausgerechnet  hat,  verstehe  ich  nicht;  überdies  beweist  Xen. 
III,  4,  1,  dass  er  damals  noch  nicht  eröffnet  war].  Diodor  erzahlt  Konons 
Aufbruch  von  Cypern  nach  Kilikien  noch  unter  899/8  (XIV,  89,  4),  und  dann 
die  Kriege  der  beiden  Jahre  896  und  895  unter  896/5,  und  zwar  in  jedem 
Jahre  zuerst  den  Land-,  dann  den  Seekrieg  (XIV,  79—81).  Ueber  Ko- 
nons Verhandlungen  am  Hof  ist  der  (abgesehen  von  einigen  Flüchtig- 
keiten; ausserdem  werden  die  Beschuldigungen  gegen  Tissaphernes  als 
zutreffend  betrachtet)  vortreffliche  Bericht  bei  Nepos  Conon  2 — 4  die 
Hauptquelle;  mit  ihm  stimmt  Justin  VI,  2  [vgl.  auch  Pausan.  III,  9,  2]. 
I  )araus  ergibt  sich,  dass  die  Entsendung  des  Tithraustes  im  Sommer  895 
die  Folge  der  Reise  Konons  ist,  der  Abfall  von  Rhodos  also  in  den 
Winter  896/5  fallt;  die  15  Monate,  während  deren  die  persische  Flotte 
Meyer,  Geschichte  des  Alterthum«.  V.  14 


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210  IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

keinen  Sold  erhielt  (Isokr.  4,  142),  fallen  vor  Konons  Rückkehr  An- 
fang 394.  Die  Folge  des  Verlastes  von  Rhodos  und  der  neuen  persischen 
Rüstungen  ist  die  Uebertragung  der  Nauarchie  an  Agesilaos,  die  Xeno- 
phon  (Hell.  III,  4,  27.  Ages.  I,  36)  allein  der  Erwähnung  würdigt.  — 
Nach  Isokr.  4,  142  führen  die  Spartaner  den  Seekrieg  mit  100.  nach 
Diod.  XIV,  79,  4  mit  120  Schiffen,  wahrend  diese  nach  Xen.  III,  4,  28 
erst  von  Agesilaos  ausgerüstet  werden.  Hier  ist  Klarheit  nicht  zu  ge- 
winnen ;  vermuthlich  ist  120  die  unter  Peisandros  394  erreichte  Gesammt- 
zahl  der  spartanischen  Flotte.  —  Schicksal  des  Dorieus:  Androtion  bei 
Paus.  VI,  7,  6.  Der  athenische  Feldherr  Hieronymos  (Aristoph.  eccl.  201) 
wurde  auch  von  Ephoros  lb.  18  und  19  (fr.  125  bei  Harpokr.)  erwähnt; 
über  Nikophemos  (bei  Diod.  XIV,  81,  4  verschrieben  Nw68f)|j.o$,  vgl.  Xen. 
IV,  8,  8),  der  vielleicht  schon  'mit  Konon  zusammen  nach  Cypern  ge- 
flüchtet war,  gibt  Lysias  or.  19  weitere  Auskunft. 

846.  Tithraustes  ist  kurz  nach  der  Schlacht  am  Paktolos, 
im  Hochsommer  395,  in  Eleinasien  eingetroffen  und  hat 
Tissaphernes  durch  Ariaeos,  den  ehemaligen  Genossen  des 
Kyros  (§.  835),  gefangen  nehmen  und  hinrichten  lassen;  aber 
für  die  Kriegsführung  wusste  er  sich  auch  nicht  anders  zu 
helfen  als  dieser.  Er  verhandelte  mit  Agesilaos  und  erklärte 
sich  bereit,  die  politische  Freiheit  (Autonomie)  der  Griechen- 
städte anzuerkennen,  wenn  sie  dem  Könige  den  seit  Alters 
festgesetzten  Tribut  zahlten.  Als  Agesilaos  sich  darauf  nicht 
einliess,  bat  er  wenigstens  um  einen  Waffenstillstand:  er  möge 
seine  Provinz  räumen  zum  Dank  dafür,  dass  er  den  Urheber 
des  Kriegs,  den  alten  Hellenenfeind  Tissaphernes,  beseitigt 
habe,  und  sich  einstweilen  gegen  Pharnabazos  wenden. 
Schliesslich  zahlte  er  den  Spartanern  für  den  Abzug  noch 
30  Talente  Verpflegungsgeld.  —  In  Sparta  war  man  mit 
Agesilaos'  Erfolgen  sehr  zufrieden.  Man  hatte  ihm  bereits 
Anfang  395  das  Gommando  verlängert  und  statt  der  von 
Lysander  geführten  Gommission  eine  andere  beigegeben ;  jetzt 
wurde  ihm  angesichts  der  grösseren  Dimensionen,  die  der  See- 
krieg angenommen  hatte,  gegen  alles  Herkommen  auch  der 
Oberbefehl  über  die  Flotte  übertragen,  damit  die  Leitung  der 
Operationen  in  einer  Hand  liege.  Agesilaos  bestellte  seinen 
Schwager  Peisandros  zum  Nauarchen  und  ordnete  eine  starke 
Flottenrüstung  auf  den  Inseln  und  in  den  Küstenstädten  an, 


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Agesilaos  gegen  Tithraustes  und  Pharnabazos. 


211 


um  im  nächsten  Jahre  Konon  entgegentreten  und  womöglich 
Rhodos  wieder  gewinnen  zu  können.  Er  selbst  wandte  sich 
im  Herbst  395,  Tithraustes'  Vorschlag  folgend,  nach  dem 
Hellespont  und  verheerte  die  Satrapie  des  Pharnabazos  aufs 
neue.  Der  mächtige  Fürst  der  Paphlagoner,  Otys,  der  Nach- 
folger des  Eorylas  (§.  836),  der  bereits  von  Persien  abgefallen 
war,  schloss  sich  ihm  an.  Freilich  kam  es  alsbald  um  die  bei 
Daskylion  gemachte  Beute  zu  einem  Zerwürfniss,  das  zur 
Folge  hatte,  dass  mit  den  Paphlagonern  auch  Spithridates 
(§.  844)  die  Spartaner  verliess,  um  im  Bunde  mit  dem  eben 
genannten  Ariaeos,  der  auch  Selbständigkeilsgelüste  zeigte, 
den  Krieg  gegen  Persien  auf  eigene  Hand  zu  führen.  Trotz- 
dem konnte  Pharnabazos  mit  seiner  schwachen  Landmacht 
nichts  ausrichten;  Agesilaos  nahm  seine  Winterquartiere  bei 
Daskylion,  in  dem  Park  und  den  Landgütern  des  Satrapen. 
Schliesslich  bequemte  sich  auch  Pharnabazos  zu  Verhand- 
lungen; er  mochte  von  Konons  Erfolgen  am  Hof  noch  keine 
sichere  Kunde  haben  und  war  über  das  schmähliche  Verhalten 
des  Tithraustes  aufs  äusserste  entrüstet.  Zugleich  aber  be- 
schwerte er  sich  bitter  und  nicht  mit  Unrecht  über  das  Ver- 
fahren der  Spartaner:  er  sei  im  Kriege  gegen  Athen  der 
treueste  und  ehrlichste  ihrer  Verbündeten  gewesen;  zum  Lohne 
dafür  verheerten  sie  jetzt  nicht  nur  seine  Provinz,  sondern 
zerstörten  die  Pflanzungen  und  Wohnungen,  die  er  von  seinem 
Vater  ererbt  habe.  Trotzdem  sei  er  bereit  sich  mit  Sparta 
zu  verbinden,  falls  der  König  ihn  einem  anderen  unterordne; 
andernfalls  aber  werde  er  seinem  Herrscher  wie  bisher  die 
Treue  wahren.  Man  sieht,  er  wollte  sich  auf  alle  Fälle  den 
Rücken  decken  und  sich  vor  einem  Geschick  bewahren,  wie  es 
Tissaphernes  ereilt  hatte.  So  unbestimmt  das  Versprechen 
war,  Agesilaos  konnte  der  Zukunft  mit  grossen  Hoffnungen 
entgegensehen.  In  den  zwei  Jahren  hatte  er  1000  Talente 
(5,440,000  Mk.)  Beute  gewonnen,  die  zur  Bestreitung  der 
Kriegskosten  vollauf  ausreichten;  seine  Stellung  zu  Lande  und 
die  Herrschaft  über  die  Griechenstädte  war  unerschüttert,  die 
Feinde  wagten  keinen  Kampf  mehr;  wenn  es  mit  Hülfe  der 


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212 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


verstärkten  Seemacht  gelang,  die  feindliche  Flotte  im  Schach 
zu  halten  oder  womöglich  zu  schlagen,  konnte  er  seine  Zöge 
immer  tiefer  ins  Binnenland  ausdehnen  und  hoffen,  das  west- 
liche Kleinasien  dauernd  den  Persern  zu  entreissen.  Zu  An- 
fang des  J.  394  führte  er  sein  Heer  in  die  thebische  Ebene 
südlich  vom  Ida  zurück,  um  die  Vorbereitungen  für  den 
nächsten  Feldzug  zu  treffen.  —  Während  dessen  war  aber 
in  Europa  eine  Wendung  eingetreten,  welche  den  König  zwang, 
auf  alle  weiteren  Pläne  zu  verzichten. 

Tod  des  Tissaphernes :  Xen.  III,  4,  15  f.  Diod.  XIV,  80,  6  fT.  Polyaen 
VII,  16,  1.  Nepos  Conon  8.  Verhandlungen  mit  Tithraustes:  Xen.  Hell. 
III,  4,  25  f.,  vgl.  Ages.  4,  6.  Diod.  XIV,  80,  8  (iSajrrivatot  ivoyai).  Isolcr. 
4,  158  (oxtui  fi^vac  tat?  autdiv  &axavaic  3t4d-ps'}av).  —  Nauarchie  des 
Ages.  Xen.  III,  4,  27  fT.  —  Winlerfeldzug:  Xen.  IV,  1,  vgl.  Ages.  5,  4  ff. 
A  resilaos  bei  Lampsakos :  Polyaen  II,  1,  26.  —  Sexatir]  der  Beute  100  Ta- 
lente: Xen.  Hell.  IV,  3,  21.  Ages.  1,  34.  —  Die  Angabe  Aber  Ariaeos' 
Aufstand  Xen.  Hell.  IV,  1,  27  ist  sehr  dunkel. 


Theben  und  Athen.    Die  restaurirte  Demokratie. 
Verurtheilung  des  Sokrates. 

847.  Unter  allen  Staaten  des  griechischen  Mutterlandes 
war  zur  Zeit  nächst  Sparta,  wenn  auch  in  weitem  Abstände, 
der  boeotische  Stammbund  der  stärkste.  Seit  440  war  er 
unter  Thebens  Vormacht  geeint.  An  der  Berathung  der  ge- 
meinsamen Angelegenheiten,  an  den  Bundesversammlungen 
und  an  der  Bestellung  der  Bundesfeldherrn,  der  Boeotarchen, 
hatten  alle  Mitglieder  Antheil.  Die  politische  Leitung  aber 
lag  in  den  Händen  Thebens.  Nach  der  Schlacht  bei  Delion 
hatte  Theben  die  Bande  noch  fester  gezogen,  im  Kriege  mit 
Athen  Plataeae  zerstört,  schliesslich  (§.  703)  auch  Oropos  ge- 
wonnen. Die  Verfassung  war  eine  gemässigte  Aristokratie, 
welche  die  politischen  Rechte  auf  die  Grundbesitzer  beschränkte 
und  das  Uebergewicht  der  reichen  und  vornehmen  Familien 
sicherte.  Diese  Verfassung  entsprach  im  allgemeinen  den 
natürlichen  Verhältnissen  des  Landes,  da  zwar  Industrie  und 


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Theben  und  der  boeotische  Bund.   Spannung  mit  Sparta.  213 

Handel  keineswegs  unentwickelt  waren  —  das  zeigt  schon  die 
alte  recht  productive  Thonindustrie  Boeotiens  — ,  aber  die 
Landwirtschaft  (daneben  der  Fischfang  im  Kopaissee)  auch 
ökonomisch  die  Vorherrschaft  behauptete  und  die  Grundlage 
des  Wohlstandes  bildete.  Die  kleinen  Hafenorte  waren  nicht 
selbständige  Gemeinden,  sondern  gehörten  zum  Gebiet  der 
Hauptstädte,  die  Küste  des  korinthischen  Golfs  zu  Thespiae, 
die  des  Euripos  zu  Tanagra,  Theben,  vielleicht  auch  Kopai. 
Die  selbständigen  Bundesstädte  lagen  sämmtlich  in  dem  äusserst 
fruchtbaren  Binnenland.  Die  Truppen,  die  Boeotien  ins  Feld 
zu  stellen  vermochte,  hatten  sich  bei  Delion  dem  Landheer 
Athens  an  Zahl  gewachsen,  an  Leistungsfähigkeit  überlegen 
gezeigt;  den  Kern  bildete  der  tief  aufgestellte  thebanische 
Heerbann.  Neben  den  Hopliten  stellte  man  auch  Peltasten 
und  eine  starke  Reiterei  ins  Feld.  —  Mit  der  Einigung  ganz 
Boeotiens  hatte  Theben  sein  nächstes  Ziel  erreicht;  aber  sein 
Ehrgeiz  ging  weiter,  auf  Gewinnung  der  Suprematie  über 
Euboea,  auf  Zurückdrängung  und  womöglich  Unterwerfung 
der  phokischen  Landstädte  in  der  oberen  Kephisosebene ,  auf 
ein  Vordringen  gegen  die  Thessaler,  mit  denen  es  schon  im 
sechsten  Jahrhundert  im  Kampf  gelegen  hatte  (Bd.  II,  468).  Im 
fünften  Jahrhundert  war  ihm  Athen  überall  in  den  Weg  getreten, 
und  deshalb  hatte  es  mit  Eifer  am  Kriege  Theil  genommen 
und  den  zeitweiligen  Rücktritt  Spartas  im  J.  421  schwer  em- 
pfunden. Mit  dem  Momente  des  Sieges  aber  schlug  die  Lage 
um.  Schon  die  Festsetzung  Spartas  in  Heraklea  Trachinia 
im  J.  426  hatten  die  Thebaner  als  eine  lästige  Beengung  em- 
pfunden, und  deshalb  den  Ort  im  J.  420  zeitweilig  selbst  besetzt 
(§.  637);  jetzt  fühlten  sie  sich  durch  die  spartanische  Uebermacht 
nach  allen  Seiten  beengt.  Der  Gegensatz  machte  sich  um  so 
stärker  fühlbar,  da  Boeotien  nicht  Mitglied  des  durch  Eide  auf 
ewige  Zeit  begründeten  peloponnesischen  Bundes  war,  sondern 
mit  diesem  in  freier  Bundesgenossenschaft  stand.  So  wurde 
Theben  sofort  nach  dem  Siege  der  Führer  der  Opposition  gegen 
Sparta;  während  es  im  J.  404  die  Zerstörung  Athens  gefordert 
hatte,  unterstützte  es  im  nächsten  Jahre  die  athenischen  Demo- 


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214  IV.  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

kraten.  Korinth,  welches  durch  den  Ausgang  des  Kriegs  ebenso 
wenig  seine  Rechnung  gefunden  hatte  und  sich  durch  seinen 
Verlauf  aus  der  stolzen  und  selbständigen  Stellung,  die  es, 
obwohl  Mitglied  des  peloponnesischen  Bundes,  bisher  ein- 
genommen hatte,  dauernd  in  die  ohnmächtige  Rolle  einer 
Macht  dritten  Ranges  zurückgedrängt  sah,  schloss  sich  ganz 
an  Theben  an;  auch  mit  Argos,  das  seine  Neutralität  sorgfaltig 
wahrte,  aber  in  der  Uebermacht  Spartas  eine  fortwährende 
Bedrohung  seiner  Freiheit  erblicken  musste,  trat  es  in  nahe 
Beziehung.  So  bahnten  sich,  wenn  auch  in  vorsichtigeren 
Grenzen,  ähnliche  Zustände  an,  wie  sie  nach  dem  Nikiasfrieden 
zum  Sonderbundskrieg  geführt  hatten.  Die  starke  Kriegs- 
macht der  Boeoter  gab  der  Opposition  einen  festen  Rückhalt; 
die  Spartaner,  durch  andere  Aufgaben  vollauf  in  Anspruch 
genommen,  liessen  sie  gewähren,  so  dass  Theben  eine  Pro- 
vocation  nach  der  andern  wagen  konnte,  im  Krieg  gegen  Elis 
und  gegen  Persien  die  Bundeshülfe  weigerte,  und  beim  Opfer 
in  Aulis  Agesilaos  aufs  schwerste  insultirte.  Im  Inneren 
standen  sich  unter  den  Staatsmännern,  die  um  die  Leitung 
des  Gemeinwesens  mit  einander  rangen,  wie  in  jedem  griechi- 
schen Staat  eine  oligarchische  und  eine  demokratische  Faction 
gegenüber;  es  war  natürlich,  dass  die  letztere,  geführt  von 
Ismenias,  einem  der  reichsten  Männer  seiner  Zeit,  Andro- 
kleidas  u.  a.,  durch  den  Gegensatz  gegen  Sparta  das  Ueber- 
gewicht  gewann.  Durch  den  Ausbruch  des  Perserkriegs  hatten 
sich  die  Verhältnisse  noch  günstiger  gestaltet;  wenn  man  jetzt 
zu  den  Waffen  griff,  war  man  der  Unterstützung  des  Gross- 
königs gewiss.  Nationale  Bedenken  hatte  Theben  nicht;  auch 
zur  Zeit  des  Xerxes  war  es  der  Bundesgenosse  der  Perser 
gewesen,  warum  sollte  es  jetzt  ihre  Hülfe  zurückweisen?  Es 
durfte  hoffen,  an  der  Spitze  einer  grossen  Coalition  Sparta 
entgegenzutreten  und  zum  mindesten  die  Herrschaft  über 
Mittelgriechenland  zu  gewinnen.  Mit  Sicherheit  konnte  man 
erwarten,  dass  auch  Athen,  der  ehemalige  Todfeind,  sich  jetzt 
der  Führung  Thebens  anschliessen  werde,  um  sich  von  der 
spartanischen  Suprematie  zu  hefreien. 


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Theben  und  Sparta.   Athen.   Neuordnung  der  Verfassung.  215 

848.  Seit  dem  Sturz  der  Oligarchie  war  Athen,  Dank  der 
Hochherzigkeit  der  spartanischen  Regierung,  wieder  eine  freie 
Stadt.  Die  Sorge  um  die  äussere  Politik  freilich  hatte  Sparta 
ihm  abgenommen;  um  so  mehr  konnte  man  die  Jahre  un- 
gestörten Friedens,  die  nun  folgten,  zum  Wiederaufbau  des 
in  seinen  Grundfesten  erschütterten  Staats  benutzen.  Eine 
einfache  Wiederherstellung  der  früheren  Ordnungen  hätte  zu 
heilloser  Verwirrung  geführt;  hatte  man  doch  das  Bedürfhiss 
nach  einer  neuen  Regelung  und  Aufzeichnung  des  Rechts 
und  der  Verfassung  schon  nach  dem  Sturz  der  Vierhundert 
und  der  gemässigten  Verfassung  von  411  empfunden  und  auch 
Jahre  lang  daran  gearbeitet,  ohne  zum  Abschluss  zu  gelangen 
(§.  713).    So  ging  man  jetzt  an  eine  systematische  Revision 
der  überlieferten  Ordnungen.  Das  erste,  was  nach  der  Wieder- 
besetzung der  Stadt  und  der  feierlichen  Verpflichtung  auf  die 
von  Sparta  vorgeschriebene  Amnestie   geschah,    war  die 
Wiedereinführung  des  von  den  Dreissig  aufgehobenen  soloni- 
schen  Rechts  nebst  den  Satzungen  Drakons  über  die  Blut- 
gerichte.   Die  Führung  des  Regiments  wurde  zunächst  einer 
Commission  von  20  Männern  übertragen  und  unter  deren 
Leitung  der  Rath  und  die  Beamten  erloost,  darunter  der 
Archon  Eukleides.   Der  Rath  ernannte  einen  Ausschuss  von 
10  Nomotheten,  der  die  Gesetze  sammeln  und  öffentlich  aus- 
stellen sollte;  jeder  Bürger  erhielt  das  Recht,  Amendements 
einzubringen.   Dann  sollte,  nach  der  von  Ephialtes  und  Pe- 
rikles  eingeführten  Ordnung  (§.  318),  ein  Gerichtshof  von 
500  aus  den  Demen  gewählten  Nomotheten  mit  dem  Rath  zu- 
sammen diese  Gesetze  ihrem  Eide  gemäss  prüfen  und  die 
Godiflcation  zum  Abschluss  bringen.    In  Zukunft  sollte  der 
Areopag  dafür  sorgen,  dass  die  Beamten  die  Gesetze  genau 
beobachteten  —  in  diesem  Punkte  kehrte  man  also,  freilich 
in  sehr  engen  Grenzen,  zu  den  von  Ephialtes  aufgehobenen 
alten  Ordnungen  zurück.  Alle  nicht  sanctionirten  Gesetze  und 
Psephismen  sollten  ungültig  sein;  auch  die  Berufung  auf  »un- 
geschriebene Gesetzet,  d.  h.  auf  Gewohnheitsrecht,  wurde  für 
unzulässig  erklärt.   Alle  unter  den  Dreissig  verfügten  An- 


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210 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Ordnungen  und  Urtheile  wurden  aufgehoben.  Die  gemässigt 
conservative  Partei  hat  noch  einmal  den  Versuch  gemacht,  ihr 
Ideal«  für  das  Theramenes  eingetreten  und  gefallen  war,  zu 
verwirklichen,  in  ihrem  Namen  brachte  Phormisios,  der  wie 
so  viele  seiner  Gesinnungsgenosssen  mit  dem  Demos  zusammen 
gegen  die  Dreissig  gekämpft  hatte,  den  Antrag  ein,  das  activc 
Bürgerrecht  auf  die  Grundbesitzer  zu  beschränken ;  er  sah  die 
wahre  »Verfassung  der  Väter«  in  den  Zuständen  unter 
Kleisthenes  und  Kimon.  Die  Spartaner  Hessen  erkennen,  dass 
sie  die  Annahme  des  Antrags  wünschten;  aber  dass  sie  zu 
seinen  Gunsten  mit  den  Waffen  einschreiten  würden,  war 
nicht  zu  befürchten,  und  wie  die  Dinge  lagen,  war  es  un- 
möglich, dass  der  siegreiche  Demos  eine  Bestimmung  annahm, 
die  etwa  5000  Athener  —  Theten  und  verarmte  Männer  aus 
den  höheren  Ständen  —  des  activen  Bürgerrechts  beraubt 
hätte.  Für  ihn  war,  aller  Geschichte  zum  Trotz,  die  radicale 
Demokratie  die  altererbte  nationale  Verfassung  Athens.  Auch 
von  den  Besitzenden  und  Conservativen  waren  nicht  wenige 
durch  die  Schreckensherrschaft  der  Extremen  von  dem  Wahne 
gründlich  geheilt,  als  sei  für  Athen  eine  andere  Verfassung 
möglich.  Fast  alle  leitenden  Staatsmänner,  die  bei  der  Be- 
freiung mitgewirkt  hatten,  bekannten  sich  zu  dieser  Auffassung, 
voran  Thrasybul  und  der  Hauptführer  der  Radicalen,  der 
Töpfer  Kephalos ,  aber  auch  die  Gemässigten,  Anytos  ■  und 
Archinos.  Nur  unter  dem  Banner  der  Demokratie  durfte 
Athen  hoffen  in  Zukunft  einmal  das  spartanische  Joch  abzu- 
schütteln und  eine  selbständige  Bedeutung  wieder  zu  gewinnen. 
So  fiel  Phormisios'  Antrag;  die  neue  Staats-  und  Rechts- 
ordnung, welche  die  Gesetzgebungscommission  annahm,  war 
nur  eine  Erneuerung  der  von  Ephi altes  und  Perikles  be- 
gründeten Verfassung,  mit  einigen  zeitgemässen  Modifikationen, 
wie  sie  theils  der  Wegfall  des  Reichs,  theils  praktische  Be- 
dürfnisse —  z.  B.  im  Finanzwesen  —  bestimmten.  Auch 
mancher  alte  Zopf  wurde  weggeschnitten,  darunter  die  vom 
Staat  officiell  bisher  noch  immer  festgehaltene,  aber  völlig 
obsolet  gewordene  attische  Localschrift,  die  durch  das  bereits 


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Phormisios'  Antrag.   Die  restaurirte  Demokratie  in  Athen.  217 

in  ganz  Hellas  zur  Herrschaft  gelangte  ionische  Alphabet  er- 
setzt wurde.  Der  Abschluss  zog  sich  noch  vier  Jahre  lang 
hin,  bis  399 ,  und  es  konnte  nicht  ausbleiben,  dass,  wie  bei 
allen  attischen  Commissionen ,  die  eigentliche  Arbeit  und  in 
der  Regel  auch  die  thatsächliche  Entscheidung  in  den  Händen 
der  zu  der  Gommission  gehörenden  Bureaubeamten  lag,  und 
diese  ihre  Stellung  für  sich  ausnutzten  und  manche  von  per- 
sönlichen Interessen  beeinflusste  Detailbestiramung  aufnahmen. 
Im  allgemeinen  aber  ist  ein  achtungswerthes  und  einheitliches 
Werk  entstanden,  bei  dem  Staat  und  Gesellschaft  bestehen 
und  gedeihen  konnten,  und  das  noch  segensreicher  hätte 
wirken  können,  wenn  sich  nicht  Volk  und  Staatsmänner  oft 
genug  über  die  Gesetzesbestimmungen  hinweggesetzt  hätten; 
denn  das  dem  Areopag  und  jedem  Bürger  zustehende  Hecht, 
gegen  gesetzwidrige  Anträge  Einspruch  zu  erheben  und  die 
Entscheidung  der  Geschworenen  herbeizuführen ,  hat,  nament- 
lich in  erregten  Zeiten,  eine  wirksame  Abhülfe  nicht  immer 
schaffen  können. 

Die  ersten  Massregeln  für  die  Neuordnung  des  Staats  kennen  wir 
aus  Andoc.  1,  81  ff.  (vgl.  scho).  Aesch.  1,  39),  der  auch  das  Psephisma 
des  Tisamenos  bewahrt,  welches  die  Gesetzesrevision  ordnete.  Weitere 
Bestimmungen  sind  in  Demosthenes'  Timokraten  enthalten,  namentlich 
24,  42  das  Gesetz  des  Diokles.  Aufhebung  der  Acta  der  Zeit  der  Dreissig : 
Dem.  24,  56  f.,  vgl.  Aeschin.  1,  39.  Zu  den  ava-fpaf  ^  T4iv  vo>wv,  d.  h. 
offenbar  den  Mitgliedern  der  vom  Rath  gewählten  Zehnercommission, 
gehörte  ausser  Tisamenos  (vgl.  Lys.  30,  28)  auch  der  schon  von  410 — 404 
in  gleicher  Stellung  thälige  Nikomachides,  den  wir  durch  die  giftige  und 
blutdürstige  Rede  kennen,  die  Lysias  (or.  80)  für  seinen  Ankläger  im 
Rechenschaftsprocess  399  (Lys.  80,  4)  geschrieben  hat.  —  Den  Antrag 
des  Phormisios  kennen  wir  durch  das  von  Dionys  Hai.  de  Lys.  32  be- 
wahrte Fragment  der  von  Lysias  verfassten  Gegenrede  (or.  34),  nebst 
den  einleitenden,  wohl  aus  Philochoros  stammenden  Bemerkungen.  Gegen 
die  auf  falscher  Interpretation  beruhenden  Folgerungen  von  Uskskr  ,  Fl. 
Jahrb.  1873,  und  Wilakowitz,  Arist.  II,  225  s.  Blass,  Att.  Bereds.  I,  451 
und  Forsch.  II,  177.  —  Kephalos  (vgl.  Aristoph.  eccl.  248  ff.  Plato  com. 
fr.  185  [Kock  I,  652J.  Aesch.  3,  194.  Demosth.  18,  219.  251.  Pausan. 
III,  9,  8)  wird  zuerst  Andoc.  1,  116.  150  erwähnt.  Ueber  Anytos  §.  756. 
Archinos  (neben  Kephalos  als  Leiter  des  Staats  Dinarch  1,  76)  Demosth. 
24,  185:  MüfNuvtö-rjc  6  'Apxtvoo  olö;  tou  xottaXaßovto«;  <J>tA4jv  xal  futd  fe 


■ 


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218 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien 


tob;  $eoi>$  aittcutdtoo  ovro;  rrj?  xad-oioo  tü>  SVjfitp  *al  aX/.a  itoXXa  xat 
y.aXa  «e^oXtteo{iivoo  v.»l  iatpanfifirjxoxo;  roXXäuc.  Seine  Nachkommen  haben 
dieselben  Ehren  wie  die  Thrasybuls:  Derooslh.  epist.  3,  19.  Nach  dem 
Namen  des  Sohnes  vermuthet  man ,  dass  er  ein  Nachkomme  des  Stra- 
tegen Myronides  aus  der  kimonischen  Zeit  war.  Ferner  Arist.  pol.  Ath. 
40.  Aeschin.  2.  176.  Auf  ihn  geht  auch  die  Einführung  des  ionischen 
Alphabets  zurück:  Theopomp  fr.  169. 

849.  Die  ächten  Demokraten  haben  es  an  Versuchen  nicht 
fehlen  lassen,  den  Sieg  zu  ihren  Gunsten  auszubeuten.  Ihr 
dringendster  Wunsch  war,  trotz  der  beschworenen  Amnestie 
Rache  zu  nehmen  an  den  Leuten  aus  der  Stadt,  den  Geholfen 
der  Schreckensmänner.  Bei  dem  Rechenschaftsprocess  des 
Eratosthenes,  des  einzigen  unter  den  Dreissig,  der  sich  wie  die 
Zehnmänner  dem  Gericht  gestellt  hatte  (§.  757  A.),  erhob  der 
Metoeke  Lysias,  der  Bruder  des  unter  Eratosthenes'  Mitwirkung 
umgebrachten  reichen  Fabrikanten  Polemarchos  (§.  749),  die 
Anklage.  Als  er  freigesprochen  war,  hat  Lysias  seine  Rede 
als  Broschüre  ausgegeben,  mit  einem  heftigen  Ausfall  gegen 
Theramenes,  der  zeigen  sollte,  dass  die  Gemässigten  um  kein 
Haar  besser  gewesen  waren  als  die  Extremen.  Aber  die 
Führer  der  Demokraten,  Archinos,  Anytos,  Thrasybul,  traten 
mit  voller  Energie  gegen  dies  Treiben  ein;  sie  erkannten,  dass 
die  einzige  Rettung  in  der  gewissenhaften  Beobachtung  der 
Amnestie  liege.  Allerdings  wurden  die  Ritter,  die  Haupt- 
stütze der  Dreissig,  gezwungen,  ihre  Equipirungsgelder  heraus- 
zugeben, und  im  J.  399  benutzte  man  die  Hülfsforderung 
Spartas,  um  einen  Theil  von  ihnen  nach  Asien  zu  schicken 
(§.  837).  Als  aber  zum  ersten  Male  der  Versuch  gemacht 
wurde,  die  Amnestie  offen  zu  verletzen,  Hess  Archinos  den 
eidvergessenen  Kläger  ergreifen  und  vom  Rath  als  offen- 
kundigen Verbrecher  hinrichten.  Ausserdem  erwirkte  er  einen 
Beschluss,  der  jedem  Angeklagten,  der  sich  auf  die  Amnestie 
berufen  konnte,  die  Einrede  (Tcapafpa^Tj)  gestattete,  die  vom 
Gerichtshof  zuvor  entschieden  werden  musste,  ehe  er  in  die 
Sache  selbst  eintrat.  Das  half.  Freilich  haben  die  Radicalen 
noch  Jahrzehnte  lang  versucht,  bei  jedem  politischen  oder  privaten 


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Durchführung  der  Amnestie.   Die  Extremen  niedergehalten.  210 

• 

Process  und  bei  jeder  Rechenschaftsablage,  wo  immer  sich  die 
Handhabe  bot,  gegen  den  Angeklagten  als  Mitglied  des  Reiter- 
corps oder  des  Raths  oder  als  Schergen  der  Dreissig  Stimmung 
zu  machen.  In  der  Regel  bedienten  sie  sich  dabei  der  Feder 
des  Lysias;  wenn  sich  indessen  einmal  der  Angeklagte  bei 
ihm  eine  Rede  bestellte,  hat  er  als  ächter  Advocat  der  mo- 
dernen Sorte  auch  den  entgegengesetzten  Standpunkt  ver- 
treten und  das  Treiben,  dem  er  sonst  seine  Beihülfe  lieh,  in 
scharfen  Worten  gegeisselt.  So  kamen  die  Leidenschaften 
noch  Jahre  lang  nicht  zur  Ruhe;  aber  die  Gerichtshöfe  blieben 
fest,  an  mächtiger  Fürsprache  fehlte  es  niemals  und  so  haben 
all  diese  Anklagen  kaum  je  einen  Erfolg  erzielt.  Auch  nach 
der  Gewinnung  von  Eleusis  im  J.  401  (§.  763)  hielt  man  an 
derselben  Richtung  fest.  Das  Ergebniss  war,  dass  trotz  allen 
Hetzens  der  Extremen  die  Versöhnung  der  Parteien  den  Athenern 
schliesslich  doch  in  Fleisch  und  Blut  überging  und  Athen  fortan 
bis  zum  Ende  seiner  Selbständigkeit  vor  Revolutionen  bewahrt 
blieb.  Ohne  den  Druck,  den  Sparta  ausübte,  wäre  dies  Er- 
gebniss kaum  erreicht  worden:  aber  ebensowenig  ohne  die 
grosse  Vergangenheit,  die  in  der  Bürgerschaft  den  Staats- 
gedanken geschaffen  hatte  und  mit  ihm  die  Hoffnung  auf  eine 
neue  bessere  Zukunft  lebendig  erhielt.  So  bleibt  der  atheni- 
schen Bürgerschaft  und  ihren  Staatsmännern  der  Ruhm  un- 
geschmälert, dass  sie  allein  von  allen  griechischen  Staaten  die 
Versöhnung  der  Parteien  ehrlich  durchgeführt  und  die  Aera 
der  Revolution  geschlossen  haben. 

Hauptquelle  sind  die  Proceasreden  des  Lysias  aus  dieser  Zeit,  die 
Anklage  gegen  Eratoathenes  und  Agoratos  (or.  12.  13),  die  Reden  25.  31. 
30.  18  und  als  spatere  Nachzügler  16  und  26;  ferner  Isokrates  or.  18. 
21  und  Andokides'  Mysterienrede.  —  Archinos'  Einschreiten :  Arist.  40,  2 
[bei  Nepos  Tbras.  8,  3  auf  Thrasybul  übertragen].  Geseta  über  die 
«apafpeupV; :  Iaokr.  18,  2.  —  Einziehung  der  xataoxasi«  der  Ritter:  Lys. 
16.  6  f.  —  Aus  dem  confiscirten  Vermögen  der  Dreissig  wurde  die  icop.- 
ittta  hergestellt:  Philoch.  fr.  124.  —  Loyales  Verhalten  der  Führer  tü»v 
ix  to5  Dtipaio);:  Lys.  25,  28.  Isokr.  18,  23.  42  ff.,  vgl.  Andoc.  1,  116.  150 
und  dazu  [Lys.]  6,  37  ff.  Lys.  30,  31  IT. ;  ebenso  offenbar  im  Process  des 
Eratosthenes,  vgl.  12,  84  ff. 


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220 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


850.  Wer  freilich  das  Athen,  welches  jetzt  unter  der  Schutz- 
herrschaft seines  Besiegers  aus  den  Verheerungen  des  Kriegs 
und  der  Revolution  sich  aufzurichten  suchte,  mit  der  alten 
Macht  und  Herrlichkeit  verglich,  mochte  fast  verzweifeln,  ob 
das  Werk  der  Restauration,  welches  man  in  Angriff  nahm, 
je  gelingen  werde.  Die  ökonomischen  Zustände  waren  voll- 
kommen zerrüttet.  Durch  die  Vernichtung  der  Landwirth- 
schaft,  durch  die  ununterbrochenen  Steuern  und  Liturgien, 
durch  den  Stillstand  von  Handel  und  Industrie,  durch  die 
Confiscationen  und  Verbannungen  unter  der  Herrschaft  der 
extremen  Demokratie  und  dann  unter  den  Dreissig,  war  der 
Wohlstand  vernichtet  und  zahlreiche  altbegüterte  Familien 
vollständig  ruinirt;  glücklich  mochte  sich  schätzen,  wer  aus  dem 
allgemeinen  Schiffbruch  noch  ein  kleines  Capital  gerettet  hatte. 
Im  Frieden  konnten  die  Grundbesitzer  wieder  anfangen  zu 
wirtschaften  oder  aber  durch  den  Verkauf  ihres  Guts  etwas 
Geld  bekommen;  Handel  und  Industrie  konnten  wieder  auf- 
athmen  und  mit  dem  Vertrauen  auf  eine  längere  Zeit  der 
Ruhe  auch  der  alte  Unternehmungsgeist  zurückkehren;  und 
immer  noch  waren  Athen  und  der  Piraeeus  allen  anderen 
griechischen  Handelsplätzen  weitaus  überlegen.  Inzwischen 
aber  hatte  die  ärmere  Bevölkerung  die  volle  Noth  der  neuen 
Lage  auszukosten.  Zwei  Generationen  lang  hatte  sie  ganz 
wesentlich  auf  Kosten  des  Staats  und  der  Herrschaft  über 
die  Bündner  gelebt.  Jetzt  war  das  Reich  zusammengebrochen 
und  die  Tribute  weggefallen,  und  damit  alle  Emolumente, 
welche  der  attische  Bürger  bisher  genossen  hatte.  Die  Schaaren 
von  Bürgern,  welche  in  die  Kleruchien  entsandt  waren,  hatten 
ihren  gesammten  Besitz  verloren.  Nur  ein  Theil  von  ihnen 
ist  nach  Athen  zurückgekehrt;  viele  gingen  zu  Grunde,  oder 
suchten  in  der  Fremde,  z.  B.  auf  Cypern  (§.  841),  ihren 
Lebensunterhalt  zu  gewinnen;  und  zu  ihnen  kamen  die  von 
den  Dreissig  Ausgewiesenen,  von  denen  auch  nur  ein  Theil 
an  der  Befreiung  Theil  nehmen  oder  später  zurückkehren 
konnte;  Athen  war  zu  verarmt,  um  ihnen  allen  Lebenserwerb 
zu  bieten.    Dadurch  wurde  der  Bevölkerungsstand  nach  all 


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Oelconomische  Lage  Athens.   Verarmung.    Bürgerrechtsgesetz.  221 

den  Verlusten,  die  der  Krieg  gebracht  hatte,  noch  weiter 
herabgedrückt.  So  erklärt  es  sich,  dass  die  Zahl  derer,  die 
durch  Phormisios'  Antrag  das  Bürgerrecht  verlieren  sollten, 
auf  nicht  mehr  als  5000  geschätzt  wird,  und  dass  wir  im 
J.  399  die  Klage  hören  über  den  Menschenmangel  unter  der 
Bürgerschaft.  Dafür  hatten  sich  dem  Befreiungswerk  die  ver- 
schiedenartigsten Elemente  angeschlossen,  Halbbürger  aus  den 
Plataeern  und  den  406  befreiten  Sklaven,  eng  mit  dem  Staat 
verwachsene  Metoeken  wie  Lysias,  Förderer  der  Bewegung 
aus  Boeotien,  Thessalien,  den  Inseln,  dazu  zweifelhafte  Ele- 
mente aller  Art,  z.  B.  entlaufene  Sklaven.  Alle  diese  Leute 
forderten  Belohnung  und  Ehren;  es  ist  begreiflich,  dass  der 
Gedanke  laut  ward,  durch  sie  die  Lücken  in  der  Bürgerschaft 
auszufüllen.  Nach  der  Wiedergewinnung  von  Eleusis,  als  die 
Bewegungsfreiheit  grösser  ward,  brachte  Thrasybul  den  An- 
trag ein,  allen,  die  mit  dem  Demos  aus  dem  Piraeeus  zurück- 
gekehrt seien,  das  Bürgerrecht  zu  gewähren.  Der  Vorschlag 
bezeichnete  zugleich  einen  entschiedenen  Bruch  mit  der  von 
Perikles  inaugurirten  Politik  der  radicalen  Demokratie;  er  hätte, 
wenn  man  auf  diesem  Wege  weiterschritt,  den  attischen  Staat 
auch  in  seiner  jetzigen  Gestalt  zu  einem  der  volkreichsten 
und  wehrkräftigsten  Griechenlands  machen  können.  Aber 
gegen  ihn  erhoben  sich  die  Conservativen:  Archinos  legte  die 
Klage  wegen  Gesetzwidrigkeit  ein  und  setzte  die  Verwerfung 
durch.  Man  wollte  nicht  dulden,  dass  die  Pforten  der  atheni- 
schen Bürgerschaft,  die  mehr  als  irgend  eine  andere  auf  die 
Reinheit  ihres  Blutes  stolz  war,  all  dem  zweifelhaften  Gesindel 
geöffnet  würden,  das  sich  herandrängte.  Nur  diejenigen 
Fremden,  welche  an  den  ersten  Kämpfen  in  Phyle  Theil  ge- 
nommen hatten,  erhielten,  dem  damaligen  Versprechen  gemäss, 
das  volle  Bürgerrecht  (401/0  v.  Chr.).  Nochmals  zeigte  sich 
die  Engherzigkeit  des  griechischen  Stadtstaats;  für  die  Zukunft 
blieb  es  bei  dem  von  Aristophon  erneuten  Gesetze  des  Perikles, 
dass  nur  Bürger  sei,  wer  von  Vaters-  und  Muttersseite  atti- 
schen Blutes  war.  Nur  rückwirkende  Kraft  wurde  dem  Ge- 
setze nicht  beigelegt;  wer  unter  dem  Archontat  des  Eukleides 


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222 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


(403/2)  als  Bürger  anerkannt  war,  behielt  sein  Recht,  so 
zweifelhaft  seine  Herkunft  sein  mochte. 

Ueber  den  Ruin  der  reichen  Familien  kehren  die  Klagen  ständig 
wieder;  vgl.  vor  allem  Lys.  26,  22.  19,  45  ff.  Wirkung  des  Verlustes  der 
Kleruchien:  Xen.  inem.  II,  8,  1  tnetS-Jj  itp-jjpt&irjv  jxiv  tu.  ev  rjj  6irtpop!a 
xn^fiatct,  tv  ZI  'AtTix-jj  6  itarrjp  jaoi  o&?fcv  xatiXmev,  ava^x^Copiat  vöv 
satSyjfi^aa^  tü>  awjiatt  epfaCofisvoc  ta  ii?*.rf}3tia  itopi'Ctsd-ai.  Antrag  Thra- 
sybuls  und  vpa?*^  ^apovojimv  des  Archinos :  Arist.  pol.  Alh.  40,  2.  Aeschin. 
3,  195.  In  der  Biographie  des  Lysias  wird  die  Sache  so  dargestellt,  als 
habe  der  Antrag  diesen  allein  betroffen;  denn  Archinos  hatte  in  seiner 
Rede  diesen  speciell  als  XofOTpd:po;  angegriffen  (Plato  Phaedr.  257  c)  und 
Lysias  hatte  in  einer  Broschüre  geantwortet.  Das  beweist  zugleich,  dass 
der  Antrag  geraume  Zeit  nach  403  eingebracht  ist;  denn  erst  damals  hat 
Lysias*  Redeschriflstellerei  begonnen.  Nun  stammt  das  theilweise  erhaltene 
Psephisma  (§.  758  A.)  über  die  Bflrgerrechtsverleihung  an  die  fremden 
Phylekampfer  aus  dem  Jahr  des  Xenainetos  401/0  [Ziebarth,  MAI  XXIII, 
27;  v.  Trott  ib.  XXV,  U ;  und  vor  allem  A.  Körte  XXV,  392],  damals 
wird  also  auch  Thrasybuls  weiter  gehender  Antrag  eingebracht  sein.  — 
Ehren  der  Bürger  von  Phyle,  auf  Antrag  des  Archinos :  Aeschin.  3,  187. 
190.  Auch  hier  tritt  der  Gegensatz  gegen  Thrasybul  deutlich  hervor  in 
der  Bestimmung  axptßuic  tyjv  Jsoi>Xy4v  axrvctpirrjv,  oaot  a6td>v  ercl  <I>üX£  «ito- 
Xtopx*q&T)3uv  cet.  Gesetz  des  Arislophon:  Athen.  XIII,  577  b,  nach  schol. 
Aesch.  1,  89  von  Nikomenes,  vgl.  Arist.  pol.  Ath.  42.  —  Zur  Situation 
dieser  Jahre  vgl.  auch  Archippos'  'Ix&ue;  fr.  27  (Kock  I,  684). 

851.  Wenn  der  Wohlstand  in  den  commerciellen  und 
industriellen  Kreisen  sich  langsam  wieder  zu  heben  begann, 
so  dauerte  es  lange,  bis  dem  Staat  etwas  davon  zu  Gute 
kam.  In  den  Finanzen  herrschte  fortdauernd  die  tiefste  Ebbe; 
Jahr  aus  Jahr  ein  musste  man  Vermögenssteuern  erheben  und 
die  Ansprüche  an  die  Liturgien  und  freiwilligen  Leistungen 
der  Besitzenden  steigern  (Lys.  18,  21.  21,  13f.  u.  a.);  und 
doch  reichten  die  Einnahmen  nicht  aus  für  die  Bestreitung 
auch  nur  der  nothwendigsten  Bedürfnisse.  Dass  durch  die 
neuen  Gesetze  die  Ausgaben  für  die  Opfer  alljährlich  um 
0  Talente  (32,640  Mk.)  gewachsen  waren,  stellt  eine  Rede  aus 
dem  J.  399  als  todeswürdiges  Verbrechen  des  Bureaubeamten 
Nikomachides  (§.  848  A.)  dar,  der  die  betreffende  Bestimmung 
veranlasst  hat.  >Denn  er  musste  doch  sehen,  dass  der  Staat 
kein  Geld  hat,  wo  die  Spartaner  drohen,  wenn  wir  ihnen  nicht 


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Nolbstand  in  Athen.   Verwilderung.   Die  Processe. 


223 


zahlen,  und  die  Boeoter  zu  Pfändungen  schreiten,  weil  wir 
ihnen  2  Talente  nicht  zurückzahlen  können,  und  die  Schiffs- 
werften und  die  Mauern  zusammenfallen  «  (Lys.  30,  22).  Die 
Folge  war,  dass  die  alten  Gebrechen  der  Demokratie  aufs  neue 
hervortraten.  Zwar  mit  der  politischen  Tagedieberei  war  es 
einstweilen  vorbei;  die  ärmere  Bevölkerung  musste  froh  sein, 
wenn  sie  etwas  zu  verdienen  fand,  und  konnte  den  Ausfall 
des  Tagelohns,  den  der  Besuch  der  Volksversammlungen  mit 
sich  brachte,  nicht  mehr  erschwingen.  So  blieben  die  Volks- 
versammlungen leer,  was  auch  die  Prytanen  ersinnen  mochten, 
die  Bürger  an  ihre  Pflicht  zu  mahnen  (Arist.  pol.  Ath.  41,  3; 
vgl.  Aristoph.  Eccles.  183).  Aber  der  Staat  brauchte  not- 
wendig Geld,  und  wer  ihm  welches  verschaffte,  war  willkommen. 
Es  wurde  aufs  neue  Raum  für  Demagogen  und  Sykophanten 
schlimmster  Sorte,  und  wieder  erhebt  sich  die  Klage,  dass 
diese  sich  auf  Kosten  ihrer  Mitbürger  bereichern,  während  sie 
den  Staat  zu  den  ärgsten  Verbrechen  verleiten.  »Wenn  ge- 
nügend Geld  für  die  Zwecke  der  Verwaltung  da  ist,«  sagt 
Lysias  in  der  Rede  gegen  Nikomachides,  als  handle  es  sich 
um  ebenso  notorische  wie  selbstverständliche  Dinge,  »lässt 
sich  der  Rath  nichts  zu  Schulden  kommen ;  wenn  aber  Geld- 
noth  eintritt,  sieht  er  sich  gezwungen,  Denunciationen  anzu- 
nehmen und  zu  Confiscationen  zu  schreiten  und  den  Rednern 
zu  folgen,  welche  die  schlimmsten  Anträge  stellen.«  Das 
Gegenstück  dazu  sind  die  fortwährenden  Processe  und  Hin- 
richtungen wegen  Unterschleifs  und  Bestechung,  welche  damals, 
vier  Jahre  nach  der  Restauration,  bereits  an  der  Tagesordnung 
sind,  vielleicht  noch  mehr  als  in  den  schlimmsten  Tagen  der 
alten  Demokratie  (Lys.  30,  25  u.  a.).  Die  Integrität  der  füh- 
renden Staatsmänner,  eines  Thrasybulos,  Anytos,  Archinos, 
war  allerdings  über  jeden  Zweifel  erhaben;  hatten  sie  döch, 
obwohl  sie  genau  wussten,  in  wessen  Händen  sich  ihr  unter 
den  Dreissig  confiscirles  Vermögen  befand,  auf  jeden  Versuch 
verzichtet,  dasselbe  wieder  zu  erlangen  (Isokr.  18,  23).  Aber 
gegen  die  untergeordneten  Demagogen  und  die  »Beamten 
reissen  die  Processe  niemals  ab,  und  die  Kläger  werden  nicht 


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224 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


müde,  die  Hinrichtung  des  Angeklagten  als  abschreckendes 
Beispiel  zur  Hebung  der  politischen  Moral  zu  verlangen,  während 
die  Vertheidigung  ebenso  ständig  den  Vorwurf  der  Sykophantie 
gegen  die  Ankläger  erhebt  (Lys.  or.  25.  21  u.  a.). 

852.  So  ist  die  politische  Demoralisation  und  Corruption 
das  Erbtheil,  welches  die  restaurirte  Demokratie  von  ihrer 
Vorgängerin  am  unversehrtesten  übernommen  hat.  Aber  war 
es  nicht  möglich,  den  modernen  Geist  zu  bannen,  Gottesfurcht 
und  fromme  Sitte  und  damit  die  wahrhaft  demokratische  Zucht 
wieder  herzustellen,  welche  das  Individuum  unter  die  Staats- 
idee zwingt?  Gerade  die  überzeugten  Idealisten  unter  den 
Führern  der  demokratischen  Reaction  mussten  hierin  denken 
wie  Kleon,  mochten  sie  sonst  auch  von  seinem  politischen 
Radicalismus  noch  so  weit  entfernt  sein.  In  dem  frivolen 
Egoismus  der  modernen  Bildung  sahen  sie  die  Wurzel  aller 
Leiden  Athens,  der  ruchlosen  Politik  des  Alkibiades  und  des 
Kritias  nicht  minder  als  der  corrupten  Demagogie,  welche 
unter  der  Flagge  des  Volkswohls  nur  ihr  persönliches  Interesse 
verfolgte.  Lysias  suchte  die  feinen  Künste  der  neuen  Redekunst 
der  ächten  Demokratie  dienstbar  zu  machen,  und  verstand  es,  mit 
unübertroffener  Meisterschaft  in  der  Handhabung  des  Wortes, 
unter  der  Form  schlichter  Erzählung  und  harmloser  Sachlichkeit, 
die  perfidesten  Insinuationen  vorzubringen,  welche  den  Sach- 
verhalt in  sein  Gegentheil  verdrehten.  Aber  gerade  sein  Auf- 
treten gab  für  Archinos  ein  Hauptargument  ab  in  der  Be- 
kämpfung des  Antrags  Thrasybuls:  solche  Gesellen  wie  diesen 
gewissenlosen  Redeschreiber  durfte  die  ächte  Demokratie  in 
ihren  Reihen  nicht  dulden.  Ein  Jahr  darauf,  im  Frühjahr  399, 
erhob  sich  Anytos  zu  einem  Hauptschlag  gegen  das  moderne 
Gift:  er  veranlasste  den  jungen  tragischen  Dichter  Meietos, 
gegen  Sokrates  als  Gegner  der  Staatsreligion  und  Verführer 
der  Jugend  die  Anklage  auf  den  Tod  zu  erheben,  und  trat  im 
Process  zusammen  mit  einem  anderen  Staatsmann,  Lykon, 
eifrig  für  die  Klage  ein.  Persönliche  Reibungen,  wie  sie  bei 
keiner  politischen  und  gerichtlichen  Action  fehlen,  mochten 
den  Gegensatz  verschärft  haben;  aber  es  war  nur  consequent, 


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Die  Demokratie  gegeo  den  modernen  Geist.  Process  des  Sokrates.  225 


dass  die  restaurirte  Demokratie  sich  ebenso,  wie  vorher  die  Olig- 
archen  (§.  749),  gegen  den  Mann  wandte,  der  ihr  als  der  typische 
Vertreter  der  Weltanschauung  galt,  die  ihr  Wesen  negirte;  und 
Anytos,  der  seine  politische  Laufbahn  als  begeisterter  Verehrer 
Herodots  begonnen  hatte  (§.  583),  war  der  berufene  Vertreter  der 
Anklage.  Dass  auch  er  einmal  zu  den  zahlreichen  Männern  ge- 
hört hatte,  die  für  die  Jugendschönheit  des  Alkibiades  schwärmten, 
hat  mit  seinen  politischen  Anschauungen  nichts  zu  thun;  die  Ge- 
dankenkreise, in  denen  dieser  lebte,  lagen  ihm  vollständig  fern. 
Er  gehörte  zu  den  wohlhabendsten  Männern  Athens;  von  seinem 
Vater  Anthemion  hatte  er  eine  grosse  Gerberei  ererbt,  deren 
Betrieb  er  wie  Kleon  als  Staatsmann  fortsetzte.    Er  wollte 
nichts  sein  als  ein  schlichter  Burger,  der  seine  Einsicht  der 
Heimath  zur  Verfügung  stellte.  Jede  Berührung  mit  den  mo- 
dernen Ideen  und  mit  den  Künsten  der  Sophisten  war  ihm 
ein  Greuel,  und  als  Sokrates  ihn  mahnte,  seinem  Sohn  eine 
höhere  Erziehung  zu  geben,  statt  ihn  für  das  Gerberhandwerk 
auszubilden,  wies  er  die  Zumuthung  mit  Entrüstung  von  sich. 
Sokrates  war  ihm  um  nichts  besser  als  die  anderen  Sophisten, 
einer  von  den  aufdringlichen  Gesellen,  welche  ihre  perversen 
Gedanken  über  jede  geheiligte  Autorität  erhoben  und  sich  an- 
raassten,  dem  Staat  und  der  gesammten  Bürgerschaft  Vor- 
schriften zu  machen;  durch  die  Art,  wie  er  sich  den  jungen 
Leuten  aufdrängte,  trug  er  den  Unfrieden  und  die  Ueber- 
hebung  eines  eitlen  Verstandes  in  jede  Familie  hinein.  Was 
dabei  herauskam,  lehrten  Alkibiades  und  Kritias  nur  zu  deut- 
lich, die  Sokrates  nun  einmal  nicht  von  sich  abschütteln  konnte. 
Im  einzelnen  war  die  Anklage  natürlich  beherrscht  von  der  popu- 
lären, am  schärfsten  von  Aristophanes  formulirten  Auffassung, 
welche  Sokrates  die  von  ihm  aufs  heftigste  bekämpften  Lehren 
der  Sophisten  und  Naturphilosophen  zuschrieb.  Daher  liessen 
sich  einzelne  Angriffe  leicht  zurückweisen,  vor  allem  der  Haupt- 
vorwurf, dass  Sokrates  den  Glauben  an  die  Götter  des  Staats 
bekämpfe  und  neue  Götter  einführe.  Auch  unter  den  Richtern 
waren  viele,  die  wussten  oder  jetzt  an  sich  erfuhren,  dass  der 
wahre  Sokrates  doch  ein  sehr  anderer  sei,  als  die  Ankläger 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  15 


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220 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien 


ihn  schilderten,  und  nicht  wenige  mochten  Bedenken  tragen, 
sich  an  einem  Manne  zu  vergreifen,  der  zu  den  ersten 
Berühmtheiten  Athens  zählte  und  den  jeder  Fremde  auf- 
suchte. So  hätte  Sokrates  bei  einigem  Eingehen  auf  die  Vor- 
urtheile  des  Gerichtshofs  leicht  eine  Freisprechung  oder  doch 
eine  Verurtheilung  in  eine  geringe  Strafe  erreichen  können. 
Aber  er  selbst  hat  in  seiner  Vertheidigung  den  unüberbrück- 
baren Gegensatz  der  Weltanschauungen  aus  den  unsicheren 
Argumenten  der  Gegner  zu  voller  principieller  Klarheit  her- 
ausgearbeitet. Auch  nicht  um  Haaresbreite  wich  er  von  seinem 
Standpunkt,  von  der  Vertheidigung  des  Rechtes  der  freien 
Forschung,  unbekümmert  um  jede  andere  Autorität  als  die 
der  Wahrheit,  welche  die  eigene  Erkenntniss  erschliesst,  von 
der  Forderung  einer  neuen,  auf  der  Durchbildung  des  Intellects 
und  damit  der  ächten  Sittlichkeit  beruhenden  Erziehung  des 
Staatsbürgers  für  das  wahre  politische  Leben.  Jede  Goncession 
an  seine  Gegner  wäre  ihm  als  eine  Verläugnung  seines  ganzen 
Lebens  erschienen.  Mit  Geringschätzung  wies  er  die  Be- 
schuldigungen von  sich,  und  nahm,  im  schärfsten  Gegensatz 
zur  Anklage,  unter  Berufung  auf  die  ihm  gegebenen  Vorzeichen 
und  den  Spruch  von  Delphi,  für  sich  eine  göttliche  Mission  in 
Anspruch.  Als  er  dann  schuldig  gesprochen  war  —  die  Mehr- 
heit betrug  nur  30  Stimmen  über  die  absolute  Majorität  — , 
hat  er,  um  dem  Gesetze  zu  genügen,  sich  herbeigelassen,  als 
Strafe  eine  Geldsumme  zu  beantragen,  aber  unter  ausdrück- 
licher Verwahrung,  dass  er  die  Berechtigung  des  Wahrspruchs 
nicht  anerkenne;  was  er  von  Rechts  wegen  beanspruchen  dürfe, 
sei  die  Speisung  im  Prytaneon  als  Wohlthäter  der  Stadt.  So 
hat  er  selbst  das  Todesurtheil  unvermeidlich  gemacht.  Für  ihn 
gab  es  keinen  anderen  Ausweg;  wo  die  Grundlagen  seiner 
intellectuellen  und  sittlichen  Existenz  angegriffen  waren,  war 
ein  Compromiss  unmöglich.  Daher  hat  er  auch  die  Flucht 
verschmäht,  als  ihm  die  Möglichkeit  geboten  wurde:  das  wäre 
eine  Auflehnung  gewesen  gegen  das  Gesetz  des  Staats  und 
darum  für  ihn  ein  Verbrechen.  Dass  er  als  Märtyrer  für  die 
wahre  Freiheit  der  Menschen  in  den  Tod  ging,  war  der  har- 


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Process  und  Hinrichtung  des  Sokrates. 


227 


monische  Abschluss  seines  Lebenswerks.  Durch  seinen  Tod 
hat  er  den  Sieg  der  sein  Leben  und  seine  Lehre  beherrschenden 
Idee  besiegelt;  der  Urtheilsspruch,  durch  welchen  Kläger  und 
Richter  in  gutem  Glauben  an  das  Recht  ihrer  Sache  sie  ver- 
nichten wollten,  lebt  nun  schon  durch  Jahrtausende  im  Ge- 
dächtniss  der  Menschheit  als  das  grösste  Verbrechen  der 
athenischen  Geschichte. 

Von  Anytos'  Persönlichkeit  und  Anschauungen  entwirft  Plato  im 
Meno  ein  offenbar  völlig  zutreffendes  Bild ;  vgl.  Xen.  apol.  29  f.  Be- 
ziehungen zu  Alkibiades:  Plut.  Ale.  4  =  Satyros  bei  Athen.  XII,  534 e. 

—  Ueber  den  Process  des  Sokrates  kann  ich  den  scharfsinnigen  Unter- 
suchungen von  Schanz  (Ausgew.  Dial.  Piatos  III;  vgl.  auch  Brüns, 
Liters r.  Porträt  203  ff.)  kaum  irgendwo  beistimmen.  Das  von  Favorin 
bei  Diog.  Laer».  II,  40,  in  der  Fassung  wie  sie  bei  der  Antomosie 
zu  Protokoll  gegeben  wurde,  bewahrte  Original  der  Anklage  ist  un- 
zweifelhaft ächt,  und  stimmt  aufs  beste  zu  den  Formulirungen  bei 
Plato  apol.  24  b.  Xenophon  apol.  10.  mem.  I,  1,  1.  Ebenso  5cht  ist 
(trotz  der  von  Wilamowitz  ,  Hermes  82,  99  ff.  wieder  aufgenommenen 
Zweifel)  Xenopbons  Apologie,  eine  für  den  Verfasser  ausserordentlich  be- 
zeichnende Schrift.  Xenophon  hat  aus  den  ihm  zugekommenen  Be- 
richten erkannt,  dass  Sokrates  durch  sein  Verhalten  das  Todesurtheil 
unvermeidlich  machte;  das  ist  ihm,  dem  Nützlichkeitsapostel,  dem  der 
von  Plato  in  der  Apologie  und  im  Kriton  herausgearbeitete  principielle 
Standpunkt  völlig  unfassbar  war,  nur  durch  die  Annahme  erklärlich, 
Sokrates  habe  den  Tod  gewünscht,  weil  er  alt  geworden  und  sein  Leben 
ausgelebt  war;  Xenophon  ist  hier  wie  so  oft  ein  Vorläufer  stoischer  Ge- 
danken. Dass  Plato  Gedankengang  und  Inhalt  der  von  Sokrates  selbst 
gesprochenen  Verteidigungsrede  richtig  wiedergibt,  wenn  auch  in  künst- 
lerisch gesteigerter  Fassung,  ist  mir  im  Gegensatz  zu  den  meisten  Neueren 
nicht  zweifelhaft.  Dass  er  sich  schliesslich  zur  Schätzung  der  Strafe  auf 
30  Minen  herbeiliess,  ist  dadurch,  dass  Plalo  38b  sich  selbst  hinter  den 
Bürgern  nennt,  gegen  jeden  Zweifel  gesichert,  trotz  der  leicht  erklärlichen 
Bestreitung  durch  Xenophon  apol.  23  —  was  dieser  den  Sokrates  sagen 
lässt,  5ti  tö  uitotcp.<io&at  OjAoXoYOÜ/to;  tirk  aoixsiv,  sagt  Sokrates  bei  Plato 
auch  — ;  und  wie  man  es  für  möglich  hält,  dass  Plato  gewagt  hätte, 
die  Forderung  der  Speisung  im  Prytaneon  zu  erfinden,  verstehe  ich  nicht. 
Nur  wenn  Sokrates  das  wirklich  gesagt  hatte,  durfte  er  es  wiederholen. 

—  Otr  sonst  unbekannte  Ankläger  Lykon  ist  gewiss  nicht  der  Vater  des 
Aulolykos,  wie  die  Scholien  meinen.  —  Dass  Anytos  sxi  xal  tETsXsotYjy.uj? 
to?x«v«i  xaxo$o£ta$  (Xen.  apol.  31,  vgl.  Plato  apol.  39c  Meno  95  a),  ist 
vom  Standpunkt  der  Sokratiker  richtig,  aber  nicht  von  dem  der  Masse 


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228 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien 


der  Athener;  vgl.  Aeschin.  1,  178  Ituxf-arrjv  tov  ao^ptst^v  aitcxtttvatc,  Stt 
Kpttiav  i^dvnrj  nsnaiStoxJ);.  Die  Spateren  freilich  wissen  von  dem  Schick- 
sal der  Ankläger  das  Schlimmste  zu  erzählen  (so  Diod.  XIV,  37,  7  aus 
Apollodor;  epist.  8ocrat.  17.  Diog.  L.  II,  43.  VI,  9  u.  a.),  doch  sind  das 
notorische  Erfindungen.  Anytos  war  888/7  oixo<poAa£  (Lys.  22,  8,  vgl. 
Wilamowitz,  Arist.  II,  374  ff.);  bald  darauf  wird  er  gestorben  sein.  — 
Ein  interessantes  Gegenstück  zu  dem  Process  des  Sokrates  ist  die  An- 
klage des  Andokides  aus  dem  Ende  desselben  Jahres  durch  einen  anderen 
Meietos  (§.  651 A.;  über  den  Ankläger  §.  758  A.),  wo  er  als  notorischer 
Feind  der  Götter,  Frevler  an  den  Mysterien,  Verräther  seiner  Freunde  cet. 
angegriffen  wird.  Hier  traten  Anytos  und  Kephalos  energisch  für  den 
Angeklagten  ein  und  er  wurde  freigesprochen. 

853.  Gegen  Sparta  hat  die  restaurirte  Demokratie  alle 
Verpflichtungen  gewissenhaft  erfüllt,  ja  sogar  die  von  den 
Dreissig  aufgenommene  Anleihe  aus  der  Staatscasse  zurück- 
gezahlt (§.  763),  so  schwer  ihr  das  bei  dem  Tiefstande  der 
Finanzen  auch  fallen  mochte.  Noch  um  397  lässt  Lysias  einen 
Redner  sagen:  »ihr  würdet  den  anderen  Griechen  zürnen,  wenn 
einer  von  ihnen  euch  an  Loyalität  gegen  die  Spartaner  übertreffen 
wolltet  (18,  15).  Aber  alles  Sinnen  und  Trachten  war  doch 
stillschweigend  beherrscht  von  dem  einen  Gedanken,  den  Staat 
so  zu  kräftigen,  dass  er,  wenn  der  Moment  gekommen  sei, 
gegen  Sparta  losschlagen  und  die  alte  Selbständigkeit  und 
Macht  wieder  gewinnen  könne.  Die  Dankbarkeit  spielt  im 
Leben  der  Völker  und  Staaten  kaum  eine  Rolle;  es  war  natür- 
lich, dass  die  Bürger  Athens  in  Sparta  nicht  den  Staat  sahen, 
der  ihnen  die  Heimath  erhalten  und  die  Freiheit  zurückgegeben 
hatte,  sondern  nur  den  Feind,  der  ihre  Macht  vernichtet  hatte. 
Wenn  von  Dankespflicht  die  Rede  sein  sollte,  so  erschien  sie 
viel  grösser  gegen  Theben,  das  im  J.  403  die  Demokraten 
unterstützt  hatte,  mochte  es  auch  das  Jahr  vorher  die  Ver- 
nichtung Athens  gefordert  haben.  Dass  man  im  Kampf  gegen 
Sparta  dem  Nationalfeinde  die  Hand  bieten  und  damit  den 
höchsten  Ruhmestitel  der  athenischen  Geschichte  Preis  geben 
musste,  fiel  für  die  momentane  Stimmung  nicht  mehr  ins 
Gewicht;  Sparta  hatte  Athen  mit  Persiens  Hülfe  gestürzt, 
warum  sollte  dies  nicht,  wie  es  schon  im  letzten  Kriege  ver- 


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Athens  Stellung  zu  Sparta  und  Theben. 


229 


sucht  hatte,  sich  mit  seiner  Hülfe  wieder  aufrichten?  Die 
Haltung,  die  Theben  jetzt  einnahm,  gab  der  Hoffnung  Raum ;  im 
J.  396  wagte  man,  nach  dem  Beispiel  Thebens  und  Korinths, 
Agcsilaos  den  Zuzug  zu  verweigern.  Mit  den  Emigranten 
auf  Gypern  hatte  man  enge  Fühlung,  und  mit  äusserster 
Spannung  wird  man  die  Fortschritte  der  persischen  Flotten- 
rüstung verfolgt  haben  (Pausan.  III,  9,  2).  Kam  es  jetzt  zum 
Kriege  zwischen  Sparta  und  Boeotien,  so  sah  sich  Athen  mit 
einem  Schlage  wieder  zur  ausschlaggebenden  Macht  in  Hellas 
erhoben.  Denn  so  lange  ihre  Flanke  nicht  gedeckt  war, 
waren  die  Boeoler  Sparta  gegenüber  ohnmächtig.  Athen  und 
Boeotien  vereinigt  und  verbündet  mit  Korinth  und  Argos  und 
voraussichtlich  noch  gar  manchen  anderen  griechischen  Ge- 
meinden durften  hoffen,  der  Macht  Spartas  und  seiner  Ver- 
bündeten gewachsen  zu  sein.  Man  wird  Athens  Verhalten  be- 
greifen und  verzeihen ;  aber  ebenso  wenig  darf  man  verkennen, 
dass  die  Politik,  welche  dieser  Staat  seit  395  eingeschlagen 
hat,  unsägliches  Unheil  über  Athen  und  ganz  Hellas  gebracht, 
und  jede  gedeihliche  Entwickelung  der  Nation,  auch  in  den 
engeren  Grenzen,  in  denen  Sparta  sie  organisirt  und  die 
Durchführung  der  ihr  gestellten  Aufgaben  begonnen  hatte,  für 
alle  Zukunft  unmöglich  gemacht  hat. 

Ausbruch  des  Kriegs  in  Griechenland.   Schlachten  bei 
Haliartos,  Nemea,  Koronea. 

854.  Als  die  persische  Flotte  sich  im  Südosten  des 
Aegaeischen  Meeres  festgesetzt  und  Rhodos  den  Spartanern 
entrissen  hatte,  hielten  die  Führer  der  thebanischen  Volks- 
partei den  Zeitpunkt  für  gekommen,  um  den  Krieg  in  Griechen- 
land zum  Ausbruch  zu  bringen.  Auf  ihr  Betreiben  besetzten 
die  mit  Boeotien  verbündeten  Lokrer  von  Opus  im  Mai  395 
einen  phokischen  Grenzdistrict,  auf  den  sie  Anspruch  zu  haben 
behaupteten.  Darüber  kam  es  zum  Kriege  zwischen  beiden. 
Die  Lokrer  erhielten  von  Theben  die  vertragsmässige  Unter- 


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230 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Stützung:  die  Phoker  wandten  sich  um  Hülfe  nach  Sparta. 
Hier  war  man  froh,  jetzt  einen  unanfechtbaren  Kriegsgrund 
gegen  Boeotien  zu  haben.  Gefahr  schien  nicht  zu  befürchten, 
wo  Agesilaos  einen  Erfolg  nach  dem  andern  meldete,  und  die 
Flotte  trotz  des  Verlustes  von  Rhodos  gegen  die  unzulänglichen 
persischen  Rüstungen  die  See  behauptete.  Wohl  aber  war 
es  höchste  Zeit,  den  Uebermuth  von  Theben  zu  brechen. 
Vor  allem  Lysander  betrieb  den  Krieg  mit  Eifer:  seit  sich 
deutlich  gezeigt  hatte,  welche  Gefahren  die  gemässigte  Politik 
brachte,  die  Sparta  seinem  Rath  entgegen  eingeschlagen  hatte, 
durfte  er  hoffen  wieder  zur  Macht  zu  gelangen.  Die  Ephoren 
entsandten  ihn  nach  Phokis,  um  die  Truppen  der  benachbarten 
Bundesgenossen  zusammenzuziehen,  während  König  Pausanias 
mit  dem  Aufgebot  der  Peloponnesier  auf  dem  Landwege 
nachfolgen  sollte.  Dann  sollten  sie  von  beiden  Seiten  in 
Boeotien  einfallen  und  sich  an  einem  festgesetzten  Tage  bei 
Haliartos  vereinigen.  Lysander  brachte  aus  den  Phokern, 
Heraklea  und  den  Volksstämmen  am  Oeta  ein  ansehnliches 
Heer  zusammen  und  gewann  Orchomenos,  die  nördlichste 
Stadt  Boeotiens,  die  sich  der  Vormacht  Thebens  immer  nur 
ungern  gefügt  hatte.  Damit  war  der  Krieg  erklärt.  Theben 
wandte  sich  um  Hülfe  an  Athen;  seine  Gesandten  mahnten 
an  die  Dankespflicht  und  entwickelten  die  grossen  Aussichten, 
welche  sich  jetzt  Athen  böten,  wenn  es  zugreife.  In  Athen 
war  man  frohen  Muths;  in  dieser  Frage  gab  es  zur  Zeit 
wenigstens  zwischen  den  Staatsmännern  keine  Meinungsver- 
schiedenheit. Alle  Redner  sprachen  für  den  Abschluss  des 
Bündnisses.  Thrasybul  selbst  redigirte  den  entscheidenden 
Beschluss;  er  verfehlte  nicht  darauf  hinzuweisen,  dass  Athen 
den  Boeotern  Hülfe  leiste,  obwohl  der  Piraeeus  noch  unbe- 
festigt sei. 

Xenophons  Bericht  Hell.  III,  5  wird  durch  Pausan.  III,  9,  8  ff.  [der 
aber  fälschlich  die  Lokrer  von  Amphissa  nennt]  ergänzt;  Diodor  XIV, 
81  (unter  396/5)  bietet  wenig.  Einzelnes  weitere  Detail  bei  Plut.  Lys. 
27  ff.  Paus.  Hl,  h,  8  ff.  IX,  32,  5.  Nach  Plut.  Lys.  29  fallt  die  Schlacht 
bei  Haliartos  ins  J.  395/4.    Ausbruch  des  phokischen  Kriegs  *oö  sitoo 


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Ausbruch  des  Kriegs  in  Griechenland.   Schlacht  bei  Haüartos.  231 

£xfj.äCovtoc  Pausan.  III,  9,  9.  Es  ist  oft  darauf  hingewiesen,  dass  Xenophon, 
wenn  er  den  Ausbruch  des  griechischen  Kriegs  auf  die  von  Tithraustes 
gesandten  Gelder  zurückführt  (vgl.  §.  855 ;  ebenso  Pausan.  Plut.  Lys.  27. 
Ages.  15 ;  vgl.  Polyaen  I,  48,  3).  die  officielle  spartanische  Version  wieder- 
gibt (vgl.  Hell.  V,  2,  35),  die  chronologisch  unhaltbar  ist.  Trotzdem  ist 
aber  (was  manche  Neuere  verkennen)  das  Verhältniss  zu  Persien  das 
Entscheidende;  ohne  den  Krieg  in  Asien  und  die  persische  Flotten- 
rüstung hätten  Theben  und  Athen  die  Erhebung  nie  gewagt.  —  Der  Ab- 
fall von  Orchomenos  als  offizieller  Kriegsgrund :  Andoc.  8,  20.  —  Bruch- 
stück des  Vertrags  zwischen  Alhen  und  den  Boeotem:  CIA.  II,  6.  DS. 
61 ;  vgl.  Philoch.  fr.  125  bei  schol.  Arist.  eccles.  193.  Der  Abschluss  des 
Bündnisses  fällt  offenbar  in  den  Anfang  des  attischen  J.  395/4.  —  Zur 
Aushebung  in  Alhen  vgl.  Lys.  16,  13  f.  und  den  Process  des  Alkibiades 
Lys.  14.  15.  —  Zur  Stimmung  in  Athen  Andoc.  3,  25.  Vgl.  Demosth. 
4,  17.  18,  96.  Dass  auch  Archinos  zur  Kriegspartei  gehörte,  geht  daraus 
hervor,  dass  er  im  korinthischen  Krieg  eine  berühmte  Leichenrede  ge- 
halten hat:  Phot.  cod.  260,  p.  487b.  Giern.  Alex,  ström.  VI,  22,  vgl. 
Plato  Menex.  234  b. 

855.  Inzwischen  führte  Pausanias  den  Heerbann  der 
Spartaner  und  Peloponnesier  (mit  Ausnahme  der  Korinther) 
über  den  Isthmos.  Aber  Lysander  konnte  sich  nicht  entschliessen 
zu  warten;  offenbar  wollte  er  einen  entscheidenden  Schlag 
führen,  ehe  der  König  eingreifen  konnte,  den  er  als  Urheber 
seines  Sturzes  über  alles  andere  hassen  musste.  Er  rückte 
über  Lebadea  gegen  Haüartos  vor,  um  die  Stadt  zu  gewinnen 
oder  zu  erstürmen.  Aber  die  Thebaner  hatten  bereits  eine 
Besatzung  in  die  Stadt  gelegt,  und  jetzt  kam  ihr  gesammter 
Heerbann  im  Eilmarsch  heran.  Zwischen  diesem  und  der 
Mauer  eingekeilt  kam  Lysander  in  eine  höchst  gefahrliche 
Lage;  als  er  trotzdem  einen  Sturm  wagte,  wurde  er  von 
beiden  Seiten  angegriffen.  Er  selbst  fiel  unter  der  Mauer, 
sein  Heer  wurde  zersprengt ;  bei  der  Verfolgung  erlitten  freilich 
auch  die  Thebaner  in  dem  bergigen  Terrain  beträchtliche 
Verluste.  Am  nächsten  Tage  traf  Pausanias  ein;  aber  auch 
die  Athener  unter  Thrasybul  waren  zur  Stelle.  Gegen  die 
Uebermacht,  namentlich  an  Reiterei,  konnte  Pausanias  eine 
Schlacht  um  so  weniger  wagen,  da  unter  den  peloponnesischen 
Truppen  viele  unzuverlässig  waren.  Die  Folgen  einer  Nieder- 


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232 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Pereien 


läge  waren  unabsehbar ;  auch  im  Falle  eines  Sieges  aber 
konnte  man,  wenn  er  nicht  ganz  entscheidend  war,  kaum 
hoffen,  die  unter  der  Mauer  liegenden  Leichen  aufzuheben. 
So  entschloss  sich  Pausanias,  in  Uebereinstimmung  mit  dem 
Kriegsrath,  um  die  Auslieferung  der  Gefallenen  zu  bilten  und 
Boeotien  zu  räumen  (Herbst  395).  —  Damit  hatte  Sparta 
freilich  eingestanden,  dass  es  zur  Zeit  die  Erhebung  nicht 
niederzuwerfen  vermöge;  die  Schlappe  des  Lysander  war 
dadurch  in  eine  schwere  Niederlage  verwandelt.    Die  Folge 
war,  dass  Korinth  und  Argos  sofort  dem  Bunde  zwischen 
Boeotien  und  Athen  beitraten,  während  Megara,  wo  vor  einiger 
Zeit  die  Demokraten  die  im  J.  424  hergestellte  strenge  Olig- 
archie (§.  595)  gestürzt  hatten,  sich  dauernd  neutral  hielt. 
Alsbald  folgten  die  Städte  Euboeas  und  die  Chalkidier  in 
Thrakien,  und  im  Westen  die  Akarnanen,  Leukas  und  Ambrakia. 
In  Thessalien  erhoben  sich  die  binnenländischen  Städte,  ge- 
führt von  Medios  von  Larisa  (§.  704),  aufs  neue  gegen 
Lykophron  von  Pherae,  schlössen  ein  Bündniss  mit  den 
Boeotern  und  eroberten  das  von  Sparta  besetzt  gehaltene 
Pharsalos  (§.  765).  Dann  eroberten  die  Boeoter  unter  Isme- 
nias,  von  Argos  unterstützt,  Heraklea  Trachinia,  machten  die 
hier  stationirten  Spartaner  nieder,  verjagten  die  Ansiedler  aus 
dem  Peloponnes,  und  gaben  die  Stadt  den  alten  Bewohnern 
zurück.    Damit  waren  die  meisten  kleinen  Stämme  am  Oeta 
für  Theben  gewonnen.   Ganz  Mittelgriechenland  bis  auf  Phokis 
und  Orchomenos,  wohin  Sparta  ein  Regiment  (Mora)  als  Be- 
satzung gelegt  hatte,  ging  den  Spartanern  verloren.   Auch  die 
ozolischen  Lokrer  und  die  Athamanen  in  Epirus  schlössen 
sich  dem  Bunde  an;  nur  die  Aetoler  hielten  sich  nach  wie 
vor  den  allgemein  griechischen  Händeln  fern.  Bei  den  Phokern 
suchte  der  Spartaner  Alkisthenes  den  Widerstand  zu  organisiren; 
aber  er  erlitt  durch  Ismenias  eine  schwere  Niederlage.  Mit 
den  Persern  hatte  man  sofort  Beziehungen  angeknüpft;  der 
neue  General  Tithraustes  (§.  846)  sandte,  vielleicht  noch  vor 
der  Schlacht  bei  Haliartos,  den  Rhodier  Timokrates  mit 
50  Talenten  (272,000  Mark)  nach  Griechenland,  die  er  unter 


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Die  Coalition  gegen  Sparta.    Pausanias'  Verurtheilung.  233 

die  Führer  der  zu  Persien  neigenden  Demokraten  in  Theben, 
Korinth,  Argos,  Athen  vertheilte.  Im  Juni  394  begannen  die 
Athener  den  Wiederaufbau  der  Mauern  des  Piraeeus.  Zur 
Leitung  der  Operationen  wurde  ein  aus  Deputirten  der  Ver- 
bündeten gebildeter  Kriegsrath  in  Korinth  eingesetzt. 

Xenophon  hat  die  GrOndung  und  die  ersten  Unternehmungen  des 
Bundes  absichtlich  übergangen,  so  dass  Diod.  XIV,  82  (unter  395/4) 
unsere  einzige  Quelle  ist;  seine  Erzählung  wird  durch  Xenophons  An- 
gaben über  die  Theilnehmer  an  der  Nemeaschlacht  IV,  2  bestätigt.  Vgl. 
auch  Andoc.  3,  22.  Megara  wird  in  den  folgenden  Kämpfen  niemals 
erwähnt  [denn  Piatos  Theaetet  gehört  in  weit  spätere  Zeit]  und  muss 
neutral  geblieben  sein,  vgl.  §.  8G3  und  Isokr.  8,  117  f.  Den  Sturz  der 
Oligarchie  deutet  Thuk.  IV,  74  an;  nach  dem  Königsfrieden  ist  es  demo- 
kratisch: Diod.  XV,  40,  4.  Vgl.  §.  888.  —  Das  persische  Geld  (vgl. 
$.  854  A.) :  Xen.  III,  5,  1.  Plut.  Agt  s.  15.  Ly«.  27.  Pausan.  III,  9,  8  mit 
einzelnen  Abweichungen;  Xenophon  bestreitet  im  Gegensatz  zu  den  an- 
deren, dass  auch  die  Athener  Geld  bekommen  hätten.  Plato  Meno  90  a 
b  vöv  vsü>3xI  tlkrtf u>c  ta  Ho\oxpaxoo<;  yjprpaxa  'lojiYjVtas  o  ötjßaioi;  bezieht 
sich  trotz  des  abweichenden  Namens  (Polykrates  statt  Timokrates)  offen- 
bar auf  dasselbe  Ereigniss;  vgl.  rep.  I,  336a.  —  Vertrag  Athens  mit  den 
Ukrern:  CIA.  11,  7;  mit  Eretria  (aus  dem  J.  394/3):  ib.  7  b.  suppl.  p.  5. 
DS.  62.  Decrete  Athens  für  Iphitos  von  Pharsalos  und  Kallippos  von 
Gyrton  CIA.  II,  11  d.  e.  suppl.  p.  6.  DS.  70.  71.  Bau  der  Piraeeusmauern 
im  Skirophorion  unter  Diopbantos  (Juli  394):  CIA.  II,  830  b.  suppl. 
p.  197.  DS.  63. 

856.  In  Sparta  hat  man  den  unerwarteten  Schlag  auf  das 
schwerste  empfunden.  Die  stolze  Siegeszuversicht,  mit  der  man 
auf  alle  Feinde  herabsehen  zu  dürfen  glaubte ,  war  gebrochen ; 
von  einer  Fortführung  des  Angriffskriegs  gegen  Persien  konnte 
nicht  mehr  die  Rede  sein,  wo  die  Feinde  eine  Invasion  des 
Peloponnes  planten  und  bereits  von  einem  Angriff  zu  Lande 
auf  das  spartanische  Gebiet  reden  konnten  —  ein  Gedanke, 
den  bisher  auch  in  den  schlimmsten  Zeiten  der  Kriege 
mit  Athen  kein  Gegner  Spartas  ernsthaft  zu  erwägen  gewagt 
hätte.  Der  volle  Ingrimm  entlud  sich  gegen  König  Pausanias. 
Er  wurde  angeklagt,  weil  er  Lysander  nicht  rechtzeitig  zu 
Hülfe  gekommen  sei  und  weil  er,  statt  um  die  Leichen  zu 
kämpfen,  durch  Verhandlungen  die  Niederlage  eingestanden 


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234  IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


habe;  der  eigentliche  Grund  der  Erbitterung  aber  war  sein 
Verhalten  im  J.  403.    Jetzt  hatte  es  Sparta  zu  büssen,  dass 
es  sich  damals  von  sentimentaler  Hochherzigkeit  hatte  leiten 
lassen,  in  kindischem  Vertrauen  auf  die  Dankbarkeit  der 
Feinde,  statt  wie  Lysander  forderte  lediglich  den  Vortheil  des 
eigenen  Staates  zur  Richtschnur  zu  nehmen.    Diesmal  wagte 
Pausanias  überhaupt  nicht,  sich  dem  Gericht  zu  stellen:  wie 
vor  51  Jahren  sein  Vater  flüchtete  er  nach  Arkadien.  Wäh- 
rend daheim  der  Rath  der  Alten  das  Todesurtheil  über  ihn 
sprach,  fand  er  Schutz  im  Heiligthum  der  Göttin  Alea  in 
Tegea.  —  Für  die  Fortführung  des  Krieges  blieb  der  sparta- 
nischen Regierung  kein  Ausweg,  als  Agesilaos  den  Befehl  zu 
senden,  dass  er  schleunigst  mit  möglichst  grosser  Heeresmacht 
nach  Griechenland  zurückkehre.  Für  den  Seeweg  waren  keine 
Schiffe  disponibel ;  so  musste  er  den  Landweg  über  Thrakien 
einschlagen.  4000  Söldner  unter  Euxenos  liess  er  zum  Schutze 
der  Griechenstädte  Asiens  zurück.    Auch  von  seinen  übrigen 
Truppen  hatten  viele  keine  Lust,  den  bequemen  und  ertrag- 
reichen Kriegsdienst  in  Asien  mit  den  Strapazen  eines  euro- 
paeischen  Feldzugs  zu  vertauschen.    Aber  durch  Prämien, 
welche  er  auf  die  beste  Ausrüstung  setzte,  brachte  er  die 
Städte  dazu,  ihm  tüchtige  Truppen  zu  stellen.    So  konnte  er 
etwa  im  Juni  394  mit  einem  immer  noch  ansehnlichen  Heer 
den  Hellespont  überschreiten;  auch  die  Reste  der  Kyreer 
unter  Xenophon  haben  sich  ihm  angeschlossen. 

Verurtheilung  des  Pausanias:  Xen.  HF,  5.  25.  Diod.  XIV.  89  (unter 
394  3,  vgl.  Forsch.  II,  511).  Pausan.  Hl,  5,  6.  Plut.  Lys.  80.  Justin  VI,  4; 
vgl.  Ephoros  bei  Straho  VIII,  5,  5.  —  Agesilaos'  Abberufung:  Xen.  Heil. 
IV,  2.  Dass  er  für  den  Rückmarsch  weniger  als  einen  Monat  gebraucht 
habe  (Xen.  Ages.  2,  1),  ist  offenbar  übertrieben.  Die  Stärke  seines 
Heers  gibt  Xen.  wie  es  scheint  absichtlich  nicht  an. 

857.  Für  den  Feldzug  des  J.  394  hatten  die  Verbündelen 
ein  starkes  Heer  aufgestellt,  angeblich  nicht  weniger  als 
22,000  Hopliten  aus  Athen,  Boeotien,  Euboea,  Korinth  und 
Argos,  dazu  1500  Reiter  und  eine  grosse  Schaar  leichtbe- 
waffneter Lokrer,  Akarnanen,  Malier;  nur  die  Thessaler  nahmen 


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ROckberufung  des  Agesilao?.    Schlacht  am  Nemeabacb.  235 

nicht  Theil,  offenbar  waren  sie  durch  die  heimischen  Wirren 
vollauf  beschäftigt.  Man  gedachte  direct  gegen  Sparta  vorzu- 
gehen, um,  wie  Timolaos  von  Korinth  sagte,  den  feindlichen 
Strom  an  der  Quelle  zu  fassen,  ehe  er  sich  durch  Zuflüsse 
verstärkt  habe.  Aber  über  den  Vorbereitungen  und  militä- 
rischen Discussionen  verging  die  Zeit;  als  die  Verbündeten 
eben  aufgebrochen  waren  und  durch  das  Thal  des  Nemea- 
bachs  (westlich  von  Korinth)  ins  Gebirge  vorrückten,  waren 
die  Spartaner  bereits  zur  Stelle.  Den  spartanischen  Heerbann, 
6000  Hopliten  (offenbar  einschliesslich  der  Neodamoden)  und 
600  Reiter,  führte  Aristodemos  als  Vormund  des  unmündigen 
Königs  Agesipolis,  des  Sohnes  des  Pausanias.  Mit  Ausnahme 
von  Phlius,  wo  die  Demokraten  ans  Ruder  gekommen  waren 
und  die  Neutralität  proclamirten,  hatte  keiner  der  peloponne- 
sischen  Bundesstaaten  gewagt,  den  Zuzug  zu  weigern,  so  dass 
das  spartanische  Heer  den  Feinden  an  Zahl  mindestens  gleich 
kam;  auch  hatten  sie  300  Schützen  aus  Kreta  angeworben, 
und  die  kleinen  jetzt  autonomen  Gemeinden  von  Elis  (§.  762) 
stellten  400  Schleuderer.  Nach  längerem  Zögern  nahmen  die 
Feinde  in  der  Küstenebene  unweit  der  Mündung  des  Nemea- 
bachs  in  der  zweiten  Hälfte  des  Juli  394  die  Schlacht  an. 
Der  Kampf  verlief  noch  ganz  im  alten  Stil,  wie  die  Schlacht 
bei  Mantinea  418.  Jede  der  beiden  Armeen  schob  sich  beim 
Anmarsch  nach  rechts  und  suchte  die  Feinde  in  der  Flanke 
zu  fassen.  Die  meisten  peloponnesischen  Contingente  wurden 
von  den  tief  aufgestellten  Gegnern,  auf  die  sie  trafen,  geworfen ; 
aber  die  Athener  unter  Thrasybul  wurden  von  den  Spartanern 
umklammert  und  vollständig  geschlagen,  und  dann  die  bisher 
siegreichen  Abtheilungen  der  Feinde,  wie  sie  einzeln  den 
Rückmarsch  antraten,  der  Reihe  nach  in  die  Flucht  geschlagen. 
Die  Verluste  waren  auf  beiden  Seiten  gross ;  aber  die  Spartaner 
selbst  hatten  nur  8  Mann  verloren  und  aufs  neue  ihre  Unbesieg- 
barkeit in  der  Feldschlacht  erwiesen.  Den  Sieg  auszunützen 
wäre  indessen  nur  möglich  gewesen,  wenn*  es  gelungen  wäre 
Korinth  zu  gewinnen.  Die  spartanisch  gesinnte  Partei  machte 
einen  Versuch,  ans  Ruder  zu  kommen,  und  setzte  durch,  dass 


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236 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


den  Flüchtigen  die  Thore  gesperrt  wurden;  aber  sie  konnte 
die  Stadt  nicht  vom  Bunde  losreissen,  und  alsbald  gewannen 
die  Gegner  wieder  das  Uebergewicht.  Da  überdies  der  Haupt- 
theil  des  feindlichen  Heeres  ein  festes  Lager  bei  Korinth  be- 
zogen hatte,  durfte  die  Gesammtmacht  der  Spartaner  den 
Isthmos  nicht  überschreiten;  sie  mussten  sich  begnügen  eine 
Mora  dem  Agesilaos  nach  Boeotien  entgegenzuschicken. 

Diodor  XIV,  83  gibt  das  spartanische  Heer  auf  23,000  Mann  und 
500  Reiter  (davon  1100  Gefallene)  an,  das  der  Feinde  (82,  10)  auf 
15,000  Mann  und  500  Reiter  (davon  2800  Gefallene).  Davon  weichen 
Xenophons  Zahlen  Hell.  IV,  2,  16  ff.  sehr  stark  ab;  bei  den  Spartanern 
sind  die  Contingente  der  Arkader  (§.  13)  und  Acbaeer  (§.  18.  20)  aus- 
gefallen, die  der  Feinde  geben  vielleicht  die  Sollstärke,  hinter  der  die 
Effectivstärke  beträchtlich  zurückblieb  (so  Wilamowitz,  Homer.  Unters. 
273,  der  aber  die  Situation  falsch  beurtheilt);  daher  Diyovro  §.  17.  — 
Zahl  der  gefallenen  Spartaner:  Xen.  Hell.  IV,  3,  1.  Ages.  7,  4.  —  Die 
von  Xenophon  IV,  2,  23  dunkel  angedeuteten  Vorgänge  in  Korinth  klärt 
Demosth.  20,  52  f.  auf.  —  Feste  Stellung  bei  Korinth  Lys.  16,  16.  — 
Ueber  Phlius:  Xen.  IV,  2,  16.  4,  15.  V,  2,  8.  —  Zur  Niederlage  der 
Athener  vgl.  Lys.  16,  15  (wonach  Thrasybul  die  Athener  führte).  3,  45. 
Andoc.  3.  18.  Demosth.  20,  52.  Die  Schlacht  fällt  bereits  unter  Eubulides 
(394/3;  beginnt  17.  Juli)  offenbar  in  die  ersten  Tage  des  neuen  Jahrs: 
Aristid.  or.  44,  p.  370  Dindorf,  was  durch  die  Grabschrift  des  Dexileos 
CIA.  II,  2084.  DS.  67  bestätigt  wird.  Grabmal  der  bei  Korinth  und 
Koronea  gefallenen  Reiter  CIA.  II,  1673.  DS.  68.  Grabdenkmal  der 
übrigen  Gefallenen  Pausan.  I,  29,  11. 

858.  Um  dieselbe  Zeit  war  Agesilaos  unter  kleinen 
Kämpfen  mit  den  Thrakern  nach  Amphipolis  gelangt;  hier 
erhielt  er  die  Siegesbotschaft,  mit  der  er  den  Ueberbringer 
Derkylidas  sofort  weiter  nach  Asien  sandte;  er  durfte  honen 
bald  auf  den  Schauplatz  seiner  Siege  zurückkehren  zu  können. 
In  Makedonien  machte  König  Aeropos  (§.  893)  Miene  ihm 
entgegenzutreten;  aber  durch  rasches  Vorgehen  erzwang  er 
den  Durchzug.  Die  Thessaler  versuchten  ihn  aufzuhalten,  und 
ihre  Reiterschaaren  umschwärmten  die  Marschcolonnen ;  aber 
durch  einen  raschen  Ausfall  schlug  er  sie  zurück.  Fortan 
blieb  er  unangefochten ;  er  konnte  in  Boeotien  einrücken  und 
sich  mit  der  ihm  entgegengesandten  Mora  vereinigen.  Ferner  zog 


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Schlacht  bei  Koronea, 


237 


er  das  Aufgebot  der  Phoker  und  der  Orchomenier  und  die  Hälfte 
der  hier  liegenden  spartanischen  Besatzung  (§.  855)  an  sich; 
überdies  hatte  er  von  den  Griechenstädten  Thrakiens  Truppen 
erhalten.  So  gebot  er  über  ein  ansehnliches  Heer,  das  nament- 
lich an  Peltasten  den  Gegnern  überlegen  war.  Inzwischen 
war  ein  Theil  der  bei  Korinth  lagernden  Armee  den  Boeo- 
tern  zu  Hülfe  gezogen  und  hatte  bei  Koronea  an  der 
Strasse,  die  südlich  um  den  Kopaissee  herumführt,  Stellung 
genommen.  Hier  kam  es  gegen  Ende  August,  wenige  Wochen 
nach  der  Nemeaschlacht ,  zum  Kampf.  Agesilaos  siegte  mit 
dem  rechten  Flügel  und  dem  Gentrum ;  während  dessen  hatten 
aber  die  Thebaner  seinen  linken  Flügel ,  auf  dem  die  Orcho- 
menier standen,  durchbrochen  und  waren  bis  ins  spartanische 
Lager  vorgedrungen.  Agesilaos  dachte  den  Sieg  voll  ausnützen 
und  die  Thebaner  vernichten  zu  können;  er  griff  sie  nicht, 
wie  die  Spartaner  bei  Nemea,  auf  dem  Rückmarsch  in  der  Flanke 
an,  sondern  verlegte  ihnen  den  Weg.  Aber  er  konnte  ihren 
Schlachthaufen  nicht  sprengen;  in  heftigem  Kampf  bahnten 
sie  sich  den  Weg  ins  freie  Feld ;  Agesilaos,  selbst  schwer  ver- 
wundet, musste  vom  Kampf  abstehen.  Indessen  wenn  auch 
der  Sieg  nicht  vollständig  war,  so  erkannten  die  Gegner  doch 
ihre  Niederlage  an,  indem  sie  um  Auslieferung  der  Leichen 
baten.  Die  Schlappe  von  Haliartos  war  ausgeglichen;  die 
Folge  der  beiden  rasch  hinter  einander  erfochtenen  Siege  am 
Nemeabach  und  bei  Koronea  war,  dass  die  Verbündeten  in 
den  7  Jahren,  die  der  Krieg  noch  dauerte,  eine  offene  Feld- 
schlacht gegen  Sparta  nicht  wieder  gewagt  haben. 

Details  aus  dem  Zuge  des  Agesilaos:  Xen.  Hell.  IV,  3,  15.  Diod. 
XIV,  83,  3.  Plut.  Ages.  16  f.  Polyaen  II,  1,  17.  81.  —  Entsendung  eines 
athenischen  Detachements  von  dem  Heer  hei  -Korinth  Lys.  16,  16.  — 
Schlacht  bei  Koronea:  Xen.  Hell.  IV,  8  =  Ages.  2.  Polyaen  II,  1,  5.  18. 
19.  23.  Plul.  Ages.  18  f.  Diod.  XIV,  84,  wonach  auf  Asesilaos'  Seite  850. 
von  den  Verbündeten  über  600  fielen;  die  Heeresstarke  kennen  wir 
nicht.  Die  Zeit  ergibt  sich  aus  der  Sonnenfinstemiss  vom  14.  Aug.  894, 
bei  der  Agesilaos  an  der  Grenze  Boeotiens  die  Nachricht  von  der  Schlacht 
•  bei  Knidos  erhielt  (Xen.  IV,  8,  10).  Xenophon  hat  die  militärische  Be- 
deutung der  8chlacht  übertrieben,  weil  sie  die  grösste  war,  an  der  er 


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238  IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

selbst  Theil  genommen  baf.  Aber  man  halte  nie  verkennen  sollen,  dass 
nach  derselben  die  Wiederherstellung  der  vollen  Herrschaft  Spartas  über 
Griechenland  ohne  Schwierigkeit  erreichbar  gewesen  wäre,  wenn  nicht 
kurz  vorher  die  Schlacht  bei  Knidos  die  ganze  Situation  umgestaltet  hätte. 


Die  Schlacht  bei  Knidos  und  ihre  Folgen.   Krieg  um 
Korinth.  Friedensverhandlungen. 

859.  Inzwischen  war  zur  See  die  Entscheidung  gefallen. 
Seit  Beginn  des  Sommers  304  lagen  sich  die  persische  Flotte 
unter  Konon  und  Pharnabazos  und  die  spartanische  unter 
Peisandros  aufs  neue  in  den  rhodischen  Gewässern  gegenüber, 
zunächst  wie  es  scheint  Monate  lang  ohne  etwas  zu  unter- 
nehmen. Aber  durch  die  Mittel,  die  Konon  jetzt  zur  Verfügung 
standen,  und  durch  die  von  ihm  und  EuagoraS  entwickelte 
Energie  wuchs  die  persische  Flotte  ständig  an  Zahl  und 
Leistungsfähigkeit.  Das  mag  den  Anlass  gegeben  haben,  dass 
Peisandros  sich  endlich  zum  Handeln  entschloss.  Von  Knidos 
aus  ging  er  gegen  die  feindliche  Flotte  vor,  und  diese  nahm 
den  Kampf  auf.  Wie  die  Schlacht  verlaufen  ist,  die  sich  jetzt, 
um  den  10.  August  394,  kurz  vor  der  Schlacht  bei  Koronea, 
entspann,  davon  ist  keinerlei  zuverlässige  Nachricht  auf  uns  ge- 
kommen; nur  das  wissen  wir,  dass  Konon  das  erste  aus  den 
griechischen  Schiffen  bestehende  Treffen  führte,  während  Pharna- 
bazos mit  den  phoenikischen  Trieren  folgte,  und  dass  Peisandros 
der  Uebermacht  erlag.  Als  er  alles  verloren  sah,  suchte  und 
fand  er  wie  Kallikratidas  tapfer  kämpfend  den  Tod.  Die 
spartanische  Flotte  war  zersprengt  oder  vernichtet,  ein  grosser 
Theil  der  Schiffe,  angeblich  50,  ans  Land  geworfen  und  er- 
beutet, während  die  Mannschaft  entkommen  konnte. 

Ueber  die  Schlacht  haben  wir,  abgesehen  von  der  unbedeutenden 
Notiz  Folyaen  I,  48,  5,  nur  zwei  kurze  und  völlig  unzureichende  Berichte 
bei  Xen.  Hell.  IV,  3.  11  f.  und  Diod.  XIV,  S3.  Nepos  Conon  4  und 
Justin  VF,  3  sind  werthlos.  Die  von  Diodor  gegebenen  Zahlen  (85  Schiffe 
für  Peisandrcs,  über  90  für  die  Feinde)  widersprechen  nicht  nur  Xeno- 
phon,  sondern  auch  den  früheren  Angaben  Diodor?,  vgl.  §.  845  A.  Zum 


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Schlacht  bei  Knido?.   Erfolge  der  Perser. 


239 


Datum  §.  858  A.  Ly9.  19,  28  i^inxo  3'  yj  vaujiaxt*  E'jßo-iXoo  apyovro? 
(394/3). 

860.  Die  Schlacht  bei  Knidos  hat  thatsächlich  den  Krieg 
entschieden,  wenn  er  auch  noch  Jahre  lang  weiter  ging.  Der 
aegyptische  König,  der  Sparta  immer  nur  lau  unterstützt  hatte, 
ist  spätestens  jetzt  von  dem  Bündniss  zurückgetreten,  ver- 
mutlich unter  der  Einwirkung  des  Euagoras,  der  ihn  zu 
Athen  hinüberzog.  Mit  der  Seeherrschaft,  die  Sparta  durch 
die  Besiegung  Athens  gewonnen  hatte,  war  es  vorbei;  jetzt 
geboten  die  Perser  im  Aegaeischen  Meer,  wie  ein  Jahrhundert 
zuvor  bis  auf  die  Flottenschöpfung  des  Themistokles.  Denn 
wenn  auch  Sparta  in  den  nächsten  Jahren  noch  kleine  Flotten 
aufgebracht  hat,  so  war  es  doch,  zumal  nach  dem  Abfall 
Korinths,  gänzlich  ausser  Stande,  den  Verlust  zu  ersetzen.  Die 
Seemacht  war  hier  eben  nicht,  wie  in  Athen,  eine  Schöpfung 
der  eigenen  Volkskraft,  sondern  lediglich  ein  Ergebniss  der 
Herrschaft  über  andere,  zur  See  leistungsfähigere  Gemeinden.  — 
Pharnabazos  und  Konon  nahmen  das  von  Sparta  ausgegebene 
Schlagwort  der  Autonomie  auf  und  erklärten,  die  Städte  sollten 
unbelästigt  bleiben  und  in  ihre  Gitadellen  hinfort  keine  per- 
sischen Besatzungen  gelegt  werden.  Der  Reihe  nach  fielen 
die  Städte  und  Inseln  an  der  kleinasiatischen  Küste  von  Sparta 
ab,  verjagten  die  Harmosten  und  Garnisonen  und  die  zu 
Sparta  haltenden  Aristokraten,  und  traten  zu  den  Persern 
über.  So  Karpathos,  Kos,  Knidos,  Teos,  Ephesos,  Erythrae 
und  die  kleineren  Orte  Ioniens,  vor  allem  aber  das  von  Sparta 
schwer  geschädigte  Chios,  sowie  auf  Lesbos  Mytilene.  Die 
kleinen  Orte  der  Insel  und  ebenso  manche  aeolische  Städte, 
wie  Temnos  und  Aegae,  blieben  Sparta  treu,  und  am  Helles- 
pont  behauptete  Derkylidas,  der  von  Agesilaos  mit  der  Siegesbot- 
schaft von  Ncmea  hierhin  geschickt  war  (§.  858),  Abydos,  das  seit 
410  immer  eifrig  spartanisch  geblieben  war,  und  gewann  Sestos 
und  mehrere  andere  Plätze  der  thrakischen  Ghersones  zurück. 
Ein  Versuch  des  Konon  und  Pharnabazos,  ihn  zu  bezwingen, 
scheiterte.  Im  nächsten  Frühjahr  aber  (393)  zogen  beide  an 
der  Spitze  einer  starken  Flotte  nach  den  Kykladen  und  ver- 


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240 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien 


jagten  überall  die  Spartaner  und  ihren  Anhang,  wobei  es 
natürlich  ohne  Blutthaten  und  arge  Verbrechen  so  wenig  ab- 
ging wie  in  den  asiatischen  Städten.  Dann  begannen  sie  die 
lakonischen  Küsten  zu  verheeren.  Mehr  als  die  Athener  in 
den  vorigen  Kriegen  konnten  freilich  auch  sie  an  den  felsigen 
Küsten  mit  ihren  unentwickelten  Perioekenorten  nicht  aus- 
richten ;  nur  Kythera  wurde  besetzt,  wie  ehemals  von  Athen, 
die  Spartaner  verjagt,  und  die  Insel  dem  Athener  Nikophemos 
(§.  845)  als  Vogt  übergeben.  Dann  fuhren  die  persischen 
Feldherrn  nach  Korinth,  wo  die  Delegirlen  des  hellenischen 
Bundes  versammelt  waren,  um  die  Fortführung  des  Krieges 
zu  bereden,  und  zahlten  ihnen  Subsidien,  die  sie  dringend 
gebrauchen  konnten. 

HauptqueUe:  Xen.  Hell,  IV,  8,  1—8,  durch  Diod.  XIV,  84,  3  ff.  er- 
gänzt. Die  Verheerung  der  lakonischen  Küsten  auch  Isokr.  paneg.  119, 
der  sie  als  eine  Schmach  für  Hellas  darstellt  und  die  Schuld  am  liebsten 
den  Spartanern  in  die  Schuhe  schieben  mochte,  obwohl  sie  im  Interesse 
Athens  geschah !  Konon  otparrj-fiüv  nspi  nY/.onowvjsov  mit  Nikophemos 
und  Trierarchen  aus  Alhen :  Lys.  19,  12.  Ein  anschauliches  Bild  der 
Umwälzung  auf  den  Inseln  gibt  Isokr.  or.  19 ,  speciell  §.  18  ff.  —  Die 
persische  Suprematie  Ober  Ionien  wird  durch  den  Schiedsspruch  des 
Strulhas  in  dem  Grenzstreit  zwischen  Milet  und  Myus  illustrirt:  Ber. 
Berl.  Ak.  1900,  112,  vgl.  §.  86<>A.  —  Ehren  Konons  in  kleinasiatischen 
Städten:  Pausan.  VI,  3,  16.  Lkbas  III,  39  =  ÜS.  65,  vgl.  Isokr.  epist.  8,  8. 

861.  Konon  hatte  seine  Erfolge  als  persischer  Admiral 
errungen ;  aber  sein  Ziel  wie  das  seines  thatkräftigen  Gehülfen 
Euagoras  war  durchaus  nicht  die  Aufrichtung  der  persischen 
Herrschaft,  sondern  die  Wiederherstellung  des  attischen  Reichs, 
womöglich  in  dem  ganzen  Umfang  der  Zeit  vor  413.  Er  er- 
hielt von  Pharnabazos  die  Erlaubniss,  mit  der  Flotte  nach 
dem  Piraeeus  zu  fahren  und  den  Athenern  50  Talente 
(272,000  Mark)  zum  Wiederaufbau  ihrer  Mauern  zu  über- 
bringen. Mit  hellem  Jubel,  mehr  noch  vielleicht  als  Alkibiades 
bei  seiner  triumphirenden  Heimkehr,  wurde  er  von  den  Athenern 
aufgenommen,  die  höchsten  Ehren  auf  ihn  und  Euagoras  ge- 
häuft; auf  dem  Markt,  bei  dem  Altar  des  die  Freiheit  schirmen- 
den Zeus,  errichtete  man  ihre  Standbilder  in  Erz.  Mit  vollem 


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Die  Perser  im  Aegaeischen  Meer.   Konon  in  Athen. 


241 


Eifer  machte  man  sich  an  den  im  Jahr  zuvor  begonnenen 
Mauerbau ;  die  einzelnen  Strecken  wurden  auf  die  Phylen  ver- 
teilt, die  Flottenmannschaft  legte  mit  Hand  an,  auch  die 
Boeoter,  die  Argiver  und  andere  Bundesgenossen  schickten 
Baumeister  und  Arbeiter.    So  hatten  sich  innerhalb  eines 
Jahrzehnts  die  Verhältnisse  gewandelt,  dass  dieselben  Städte, 
die  damals  die  Niederlegung  der  Befestigungen  des  Piraeeus 
und  der  Schenkelmauern  als  Beginn  der  Freiheit  von  Hellas 
begrüsst  hatten,  jetzt  selbst  sie  wieder  aufrichteten  als  Boll- 
werk gegen  die  Herrschaft  Spartas.    Erst  jetzt  konnte  Athen 
sich  wieder  als  einen  selbständigen  Staat  ansehen,  der  jeder 
Gefahr  gewachsen  sei.    Durch  die  persischen  Subsidien  war 
zugleich  der  ärgsten  Geldnoth  abgeholfen,  man  konnte  wieder 
daran  denken,  Trieren  zu  bauen  und  neben  dem  Landkrieg 
auch  den  Seekrieg  energisch  aufzunehmen.    Die  nächste  und 
unvermeidliche  Folge  war  freilich,  dass  die  Gegensätze  der 
Parteien,  die  bisher  durch  den  Druck  der  äusseren  Lage 
niedergehalten  waren,  jetzt  sofort  aufs  neue  hervorbrachen. 
Die  ärmere  Bevölkerung  sah  wie  ehemals  im  Kriege  das  er- 
wünschte Mittel,  zu  Einnahmen  und  einer  besseren  Lebenslage 
zu  gelangen;  sie  forderten  den  Seekrieg,  der  ihnen  den  Ruderer- 
sold brachte,  Wiederaufrichtung  des  Reichs  und  seiner  Abgaben, 
Wiederherstellung  der  Kleruchien.  Die  Bauern  und  die  Reichen 
wollten  davon  nichts  wissen ;  seit  Athen  aus  der  ärgsten  Noth 
befreit  und  wieder  unabhängig  geworden  war,  konnte  ihnen 
nur  eine  friedliche  Entwicklung  Vortheil  bringen,  während 
sie  im  Kriege  alle  finanziellen  und  militärischen  Lasten  zu 
tragen  hatten  und  abermals  den  Ruin  ihrer  eben  erst  noth- 
durftig  gebesserten  Lage  befürchten  mussten.  Aber  durch  Ko- 
nons  Eingreifen  gewann  die  radicale  Strömung  die  Herrschaft. 
Die  bisherigen  Führer,  Archinos  und  Anytos,  traten  zurück, 
ebenso  Kephalos  von  Kollytos,  der  mit  Eifer  für  das  Bündniss 
mit  Theben  eingetreten  war;  an  ihrer  Stelle  kamen  die  ächten 
Erben  des  Kleon  und  Kleophon  in  die  Höhe,  Demagogen  wie 
Agyrrhios,  Epikrates,  Thrasybulos  von  Kollytos,  ferner  der 
Dithyrambiker  Kinesias,  der  jetzt  das  Gomponistenhandwerk 

Meyer,  Geschiohte  des  Alterthums.  V.  16 


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242  IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

an  den  Nagel  hängte  und  sich  mit  Eifer  in  das  einträglichere 
Gewerbe  des  Demagogen  stürzte.  Agyrrhios  hat  den  Volks- 
massen die  Möglichkeit  gegeben ,  die  politische  Entscheidung 
wieder  in  ihre  Hand  zu  bekommen,  indem  er  als  Entschä- 
digung für  den  verlorenen  Arbeitstag  eine  Geldzahlung  auch 
für  die  Besucher  der  Volksversammlung  einführte,  zunächst 
von  1  Obolos,  der  dann  sofort  auf  Antrag  des  Herakleides 
auf  2  und  weiter  von  Agyrrhios  auf  8  Obolen  (45  Pfennig) 
erhöht  wurde.  Damit  war  das  Uebergewicht  gebrochen,  das 
bisher  in  Folge  der  Verarmung  die  Besitzenden  ausübten. 
Auch  der  Einfluss  des  Befreiers  Thrasybulos,  des  Steiners, 
war  im  Sinken.  Zwar  lebte  er  wie  Konon  in  dem  Gedanken, 
Athen  die  Weltmachtstellung  wiederzugewinnen;  aber  wie  er 
ehemals  mit  Alkibiades  zusammen  den  hellespontischen  Krieg 
geführt  hatte,  so  erhob  er  jetzt,  auf  seine  Verdienste  gestützt, 
den  Anspruch  auf  die  Regentenstellung  und  forderte  von  den 
Bürgern  die  Unterordnung,  mit  der  sie  sich  ehemals  der 
Leitung  des  Perikles  gefügt  halten ;  voll  Geringschätzung  sah 
er  auf  die  Demagogen  und  ihr  sykophantisches  Treiben  herab. 
Auch  sein  von  Archinos  zu  Fall  gebrachter  Antrag  auf  Er- 
weiterung des  Bürgerrechts  (§.  850)  entsprach  viel  mehr  den 
Tendenzen  einer  autokratischen  Politik,  als  den  Idealen  der 
engherzigen  Demokraten,  die  nichts  lieber  im  Munde  führten, 
als  das  Gerede  von  der  Autochthonie  der  Athener  und  der  Rein- 
heit ihres  Bluts.  Bei  der  Erhebung  Athens  gegen  Sparta  im 
J.  395  hatte  er  die  Führung  gehabt ;  so  fiel  auch  die  Nieder- 
lage am  Nemeabach  auf  ihn  zurück,  und  dass  er  den  fliehen- 
den Athenern  schwere  Vorwürfe  machte,  weil  sie  nicht  ge- 
wagt hatten,  den  Spartanern  Stand  zu  halten,  hatte  seine 
Stellung  nicht  verbessert.  Als  dann  einen  Monat  später  Konons 
Sieg  die  Entscheidung  brachte,  die  Thrasybul  nicht  hatte  er- 
kämpfen können,  hatte  man  für  »den  Hochmuth  des  Steiriers, 
der  alle  Menschen  wegen  Feigheit  schmäht«  (Lys.  16,  15), 
nur  noch  Spott.  Wieder  einmal,  wie  nach  dem  Sturz  des 
Alkibiades,  hatte  sich  Konon  als  den  ächten  Feldherrn  der 
Demokratie  erwiesen ;  und  diesmal,  wo  er  ganz  nach  eigenem 


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Die  Radicalen  in  Athen.   Konon  und  die  Reichspolitik.  243 

Ermessen  hatte  handeln  können,  hatte  er  gezeigt,  was  er  ver- 
mochte: das  Programm,  mit  dem  Alkibiades  die  Menge  genas- 
führt hatte,  hatte  er  zu  verwirklichen  verstanden,  noch  dazu 
ohne  dass  es  Athen  etwas  kostete. 

Ueber  Konons  Mauerbau  s.  ausser  Xen.  IV,  8,  9  ff.  und  Diod.  XIV, 
85  die  Urkunden  CIA.  II,  830—832.  830c.d.e  suppl.  p.  197.  DS.  64,  so- 
wie Wachsmuth  ,  Stadt  Athen  II,  24  ff.  187  ff.  Ferner  Pbilochoros  Ib.  5 
fr.  80.  81  (Harpokr.  'Vjpprfi  6  ic<>&;  xy  rtoX^t  und  stpö;  rjj  'E.).  Ehren 
des  Konon  und  Euagoras:  Pausan.  I,  S,  2.  24,  3,  vgl.  29,  15.  Isokr.  9, 
57.  Demostb.  20,  68  ff.  CIA.  II,  10  b,  p.  397  (vgl.  §.  841 A.).  Vgl.  auch 
Athen.  I,  3d.  Demosth.  22,  72.  -  Ekklesiastikon :  Aristot.  pol.  Ath.  41,  3, 
vgl.  Aristophanes'  Ekklesiazusen ,  speciell  182  ff.  290  ff.  800  ff.  Für  die 
Zustande  in  Athen  sind  Aristophanes*  Ekklesiazusen ,  speciell  v.  176  ff. 
193fT.,  die  wichtigste  Quelle,  nach  schol.  v.  193  aufgeführt  im  J.  392, 
wahrscheinlich  an  den  Lenaeen.  Wir  haben  kein  Recht,  diese  offenbar 
auf  die  verlorene  Didaskalie  zurückgehende  Notiz  um  einer  durchaus 
problematischen  Chronologie  willen  zu  verwerfen,  wie  das  gewöhnlich 
geschieht.  —  Ueber  die  Demagogen  und  Staatsmänner  dieser  Zeit:  Sievers, 
Gesch.  Griecheul.  106.  110  ff.  Beloch,  Att.  Pol.  116  ff.,  vgl.  Plato  fr.  186 
(Kock  I,  653)  über  die  Hydra  der  Demagogen:  f&p  azod'dvTg  s'c.  «c».c 
•orrjpos ,  56'  avstpooav  pr4Top*?.  —  Ueber  Thrasybuls  Stellung  und  Ten- ' 
denzen  Aristoph.  eccles.  203.  Plut.  550.  schol.  Arist.  eccles.  203.  Plut. 
550  (Strattis  fr.  17).  Lys.  16,  15.  28,  5  f.  Kovtuv  epaou^ooXov  $paou£ooXov 
txäXu  Arist.  rheL  II,  23 ;  es  ist  doch  wohl  der  Steirier,  nicht  der  Kolly- 
teer  gemeint.  —  Epikrates:  Aristoph.  eccles.  71.  Lys.  or.  27.  Demosth. 
19,277.  Agyrrhios:  Aristoph.  eccles.  102.  184.  Plut.  176,  vgl.  Andoc. 
I,  133.  Demosth.  24,  134.  Kinesias:  Aristoph.  eccles.  330.  Lys.  21.  20. 
fr.  139.  140  (Harpokr.  s.  v.  Kivrjaia;.  Athen.  XI f,  551  d).  Strattis  wid- 
mete ihm  eine  ganze  Komödie. 

862.  Konon  hat  alles  gethan,  um  die  Neugründung  des 
attischen  Reichs  zu  fördern.  Mit  ihm  waren  zahlreiche  Emi- 
granten, die  zum  Theil  auf  Cypern  ein  grosses  Vermögen 
gewonnen  hatten,  nach  Athen  zurückgekehrt.  Auch  die 
Mannschaft  seiner  Flotte  bestand  grössten theil s  aus  flüchtigen 
Athenern  und  Anhängern  Athens  aus  den  Inseln.  Die  atti- 
schen Kleruchengemeinden  Lemnos,  Imbros,  Skyros  traten 
unter  die  Herrschaft  Athens  zurück,  die  von  Sparta  abgefallenen, 
jetzt  wieder  von  den  Demokraten  regierten  Inseln  schlössen 
mit  Athen  Bündnisse  ab.   Nach  seinem  Einzug  in  Athen  fuhr 


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244 


IV,  4  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Konon  fort  seine  Macht  im  Aegaeischen  Meer  auszudehnen; 
aber  man  konnte  zweifeln,  ob  er  als  Feldherr  des  Perserreichs 
oder  als  Stratege  Athens  die  Verfassungen  umstürzte  und 
Gontributionen  für  die  Flotte  erhob,  wie  er  denn  z.  B.  auf 
Kythera  einen  Athener  als  Commandanten  eingesetzt  halte 
(§.  860).  Um  so  weniger  war  es  erforderlich,  dass  Athen 
selbst  eine  grössere  Flotte  aufstellte;  statt  dessen  sandte  es 
ein  starkes  Heer  zu  der  Armee  der  Alliierten  nach  Korinth, 
theils  aus  bürgerlichen  Hopliten,  theils  aus  geworbenen  Pel- 
tasten.  Denn  die  letzten  Kriege  hatten  gelehrt,  dass  man 
eine  starke,  leichter  bewaffnete  und  darum  beweglichere  Truppe 
nicht  mehr  entbehren  konnte;  der  junge  Athener  Iphikrates, 
der  ihr  Commando  übernahm,  erwies  sich  alsbald  als  ein 
tüchtiger  Feldherr,  der  es  verstand,  ihre  Taktik  voll  auszu- 
bilden. Freilich  wurden  dadurch  die  Finanzen  schwer  be- 
lastet; da  auf  persische  Subsidien  schwerlich  mehr  zu  rechnen 
war,  musste  man  die  Steuerkraft  aufs  äusserste  anspannen. 
Indessen  Konon  trug  sich  mit  noch  höheren  Plänen.  Die  Spar- 
taner hatten  sich  an  Dionys  von  Sicilien  gewandt  mit  der 
Forderung,  ihnen  jetzt  die  ihm  so  energisch  gewährte  Unter- 
stützung durch  Entsendung  einer  Flotte  zu  vergelten.  Konon 
aber  hoffte,  Dionys  auf  Athens  Seite  hinüberziehen  zu  können; 
der  Vorkämpfer  der  Hellenen  im  Westen  sollte  sich  mit  Eu- 
agoras,  der  auf  Gypern  dieselbe  Stellung  zu  gewinnen  strebte, 
verschwägern,  beide  zusammen  würden  dann  im  Bunde  mit 
Athen  die  Griechenwelt  beherrschen,  Spartas  Macht  vernichten 
und  Persien  in  seine  ehemalige  ohnmächtige  Stellung  zurück- 
drängen können.  Im  Februar  393  hatte  Kinesias  bereits  ein 
Ehrendecret  für  Dionys,  seine  Brüder  Leptines  und  Thearidas, 
und  seinen  Schwager  Polyxenos  beantragt;  jetzt  gingen  auf 
Konons  Antrag  Aristophanes,  der  Sohn  des  Nikophemos,  und 
Eunomos  zu  ihm,  um  ihm  die  lockende  Gorabination  vorzu- 
tragen. Es  ist  wenig  wahrscheinlich,  dass  Dionys  sich  dadurch 
blenden  liess  und  daran  dachte,  die  bewährte  Stütze  gegen 
eine  sehr  problematische  Goalition  zu  vertauschen.  Aber  er 
war  zur  Zeit  in  Folge  des  neuen  Angriffs  Magos  (§.  800) 


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Konons  Pläne.    Verhandlungen  mit  Dionys.   Spartas  Stellung.  245 

überhaupt  nicht  im  Stande  in  Griechenland  zu  interveniren ; 
so  konnte  er  den  Athenern  die  Unterlassung  der  Hülfs- 
sendung  an  Sparta  als  eine  ihnen  erwiesene  Gefälligkeit 
hinstellen. 

Ueber  Konons  Verhalten :  Xen.  Hell.  IV,  8,  9.  12.  Lemnos,  Imbros, 
Skyros:  ib.  8,  15.  Andoc.  or.  3.  Bruchstücke  von  Anordnungen  für  die 
Kleruchen  auf  Lemnos  aus  dem  J.  387/6:  CIA.  IT,  14.  —  Decret  Athens 
für  einen  Eteokarpathier ,  aus  dem  hervorgeht,  dass  Athen  mit  Kos, 
Knidos,  Rhodos,  Karpathos  verbandet  ist:  BCH.  XII,  1"3.  DS.  69.  De- 
cret  für  einen  Rbodier  (394/3):  CIA.  II,  9;  analog  no.  10;  für  einen  lasier: 
CIA.  IT,  11  f  (suppl.  p.  6).  —  Was  sich  hinter  Piatos  Angabe  Menex. 
246b  verbirgt,  dafes  die  Athener  6nlp  Uapituv  den  Krieg  mit  Sparta  an- 
gefangen hätten,  ist  nicht  zu  sagen.  —  Dass  eine  athenische  Flotte  in 
diesen  Jahren  nicht  in  See  war,  zeigen  die  Ereignisse;  vgl.  Aristoph. 
eecles.  197  Vau;  3«t  xafHXxr.v*  t«>  xtvrpt  jxiv  ?ox»t,  toc«;  nXooai'ot$  fefc  xat 
7>«i?yo:c  oo  3oxeü  Wenn  Beschlösse  gefasst  sind,  wurden  sie  offenbar 
nicht  ausgeführt.  —  Ueber  die  Zusammensetzung  des  athenischen  Heers 
bei  Korinth  vgl.  Demostb.  4,  23  f.  —  Iphikrates  mit  den  Peltasten  steht 
schon  393  in  Korinth:  Xen.  Hell.  IV,  4,  9.  Einer  seiner  Collegen  ist  Poly- 
stratos,  der  auf  seine  Verwendung  das  Bürgerrecht  erhält,  Demosth.  4. 
23.  20,  84.  Lysias  c.  Thrasyb.  fr.  116  (Harpokr.  s.  v.  noXustpato?).  —  De- 
cret  för  Dionys:  CIA.  II,  8.  DS.  66,  vgl.  Kf hler,  MAI.  I.  Konons  Pläne 
und  die  Gesandtschaft  des  Aristophanes :  Lys.  19,  19  f.  (die  ganze  Rede 
illustrirt  die  Verhältnisse  dieser  Zeit). 

863.  Sparta  hat  die  Niederlage  von  Knidos  hinnehmen 
müssen ,  ohne  für  die  Verteidigung  seiner  Herrschaft  im 
Aegaeischen  Meer  etwas  thun  zu  können.  Auch  an  eine  Aus- 
beutung der  Siege  zu  Lande  war  jetzt  nicht  mehr  zu  denken. 
Die  Schlacht  bei  Koronea  hat  Agesilaos  nur  schlagen  können, 
indem  er  seinen  wenig  kampflustigen  Soldtruppen  die  See- 
schlacht, von  der  er  kurz  zuvor  Kunde  erhalten  hatte,  für 
einen  Sieg  ausgab.  Als  dann  die  Wahrheit  bekannt  wurde, 
ist  sein  Heer,  das  jetzt  in  einen  raschen  Erfolg  Spartas  kein 
Vertrauen  mehr  hatte,  grösstentheils  auseinandergegangen. 
Der  wunde  König  begab  sich  selbst  nach  Delphi;  mit  dem  Reste 
der  Truppen  und  dem  spartanischen  Contingent  hat  dann  der 
Oberst  (Polemarch)  Gylis  noch  versucht  die  Lokrer  zu  unter- 
werfen, aber  eine  empfindliche  Schlappe  erlitten,  bei  der  er 


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246 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Pereien. 


selbst  fiel.  Darauf  eniliess  Agesilaos  das  Heer  und  ging  selbst 
zu  Schiff  in  die  Heimath  —  der  Landweg  war  durch  Korinth 
gesperrt.    Fortan  musste  sich  Sparta  auf  die  Vertheidigung 
des  Peloponnes  beschränken ;  nur  die  feste  Stellung  in  Orcho- 
menos  hat  es  dauernd  gegen  die  Boeoter  behauptet.  Der  Land- 
krieg concentrierte  sich  auf  das  Gebiet  von  Korinth.  Die 
Verbündeten  hatten  hier  ein  starkes  Heer  aufgestellt,  das 
sich  auf  die  Stadt  und  die  Verbindungsmauern  zum  Hafen 
Lechaion  stützte;  die  Spartaner  mit  ihren  Bundesgenossen 
führten  von  Sikyon  aus  die  Vertheidigung,  zugleich  versuchte 
ihr  Nauarch  Podanemos  gegen  die  mit  dem  Gelde  des  Pharna- 
bazos  (§.  860)  von  Korinth  ausgerüsteten  Schiffe  unter  Aga- 
thinos  die  achaeische  Küste  zu  schützen.    Zu  grösseren  Ge- 
fechten kam  es  nicht ;  aber  Korinth  hatte  unter  dem  ununter- 
brochenen Kriegszustand  schwer  zu  leiden.  Man  begreift,  dass 
die  spartanisch  gesinnten  Aristokraten  Hoffnung  hatten,  durch 
eine  Erhebung  die  Stadt  zugleich  vom  Kriege  und  von  der  Herr- 
schaft der  Demokratie  befreien  zu  können,  und  einen  Hand- 
streich vorbereiteten.    Aber  die  Demokraten  kamen  ihnen 
zuvor;  gestützt  auf  die  verbündeten  Truppen  überfielen  sie 
bei  einem  Volksfest  ihre  Gegner  und  erschlugen,  wer  ihnen 
in  die  Hand  fiel.   Korinth  war  durch  die  Kämpfe  der  letzten 
vierzig  Jahre  so  heruntergekommen  und  seine  Stellung  so 
exponirt,  dass  die  Demokraten  daran  verzweifelten,  sich  aus 
eigener  Kraft  auf  die  Dauer  selbständig  behaupten  zu  können; 
sie  beschlossen  sich  mit  Argos  zu  einem  Staat  zu  vereinigen. 
Die  Grenzsteine  des  Gebietes  wurden  ausgehoben,  der  Name 
Korinth  verschwand  aus  der  politischen  Geographie;  der  Demos 
in  der  Stadt  war  fortan  ein  Theil  des  Demos  von  Argos. 
Für  Argos  war  das  ein  gewaltiger  Erfolg,  der  erste  Schritt 
zu  dem  ersehnten  Ziel  seiner  Herrschaft  über  den  Peloponnes. 
Die  Athener  freilich  waren  nichts  weniger  als  erbaut  über 
den  Vorgang;  und  die  Reste  der  Aristokraten  schäumten  vor 
Entrüstung  über  diese  Selbstvernichtung  ihrer  alten  ruhm- 
reichen Heimath.  Soweit  sie  bei  dem  Massacre  nicht  zu  den. 
Spartanern  geflohen  waren,  hatten  sie  versucht,  sich  auf 


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Kämpfe  um  Korinth.    Union  zwischen  Korinth  und  Argos.  247 

Akrokorinth  zu  vertheidigen,  dann  aber  mit  dem  Demos  Frieden 
geschlossen  und  gegenseitig  beschworen.  Jetzt  aber  öffneten 
ihre  Führer,  Pasimelos  und  Alkimenes,  dem  spartanischen 
Oberst  Praxitas,  der  in  Sikyon  stand,  bei  Nacht  die  Thore 
und  setzten  sich  mit  den  Eingedrungenen  zusammen  zwischen 
den  Verbindungsmauern  fest.  Das  Gesammtaufgebot  von 
Argos  rückte  eiligst  aus  und  suchte  mit  den  Korinthern  und 
den  boeotischen  und  athenischen  Truppen  die  feindliche  Stel- 
lung zu  erstürmen;  aber  trotz  ihrer  Ueberzahl  erlitten  sie  in 
dem  engbegrenzten  Raum  eine  blutige  Niederlage.  Auch  der 
Hafen  Lechaion  wurde  den  hier  stationirten  Boeotern  ent- 
rissen (Hochsommer  393).  Praxitas  legte  Bresche  in  die 
Schenkelmauern  und  besetzte  mehrere  korinthische  Castelle  im 
Norden  des  Isthmos;  den  Spartanern  war  der  Landweg  nach 
Mittelgriechenland  geöffnet,  den  Korinthern  die  Verbindung 
mit  dem  korinthischen  Golf  unterbunden;  da  Megara  neutral 
blieb,  konnten  sie  die  Verbindung  mit  Boeotien  nur  vom 
Hafen  Peiraion  aus,  in  dem  Gebirgslande  nördlich  vom  Isth- 
mos, aufrecht  erhalten. 

Agesilaos'  Operationen:  Xen.  Hell.  IV,  3,  21—4,1.  Kampf  bei  Ko- 
rinth: 4,  1—13.  Diod.  XIV,  86.  Durch  ein  Missverst&ndniss  wird  seit 
Grote  allgemein  angenommen ,  dass  Lechaion  selbst  erst  im  folgenden 
Jahre  genommen  sei,  obwohl  nicht  nur  Diodor,  sondern  auch  Xenophon 
IV,  4,  12,  vgl.  17  die  Einnahme  am  Ende  des  Kampfes  zwischen  den 
Mauern  erzählt,  und  ebenso  Andokides  zwei  Jahre  nach  dem  Ereigniss  8, 
18 :  vevtx-rjxaot  ol  Aax.  .  . .  tpitov  -^vixa  ASyatov  fXaßov ,  'Apfetooc  fiiv 
änavtac  *<*l  Koptvfttooc,  "fyuöv  3c  xai  Botiutwv  xo6?  -apovra^.  Vgl.  Xen. 
Hell.  IV,  5,  1.  Ages.  2,  18  Aber  den  Hafen  Peiraion.  Die  Schlacht  bei 
Lechaion  setzt  Aristides  II,  p.  870  noch  unter  Eubulides  (394/3).  Dazu 
stimmt,  dass  nach  Diodor  XIV,  86,  6  der  mit  ihr  beginnende  korinthische 
Krieg  acht  Jahre  dauert,  d.  i.  394/3 — 387/6.  —  Zur  Spannung  zwischen 
Athen  und  Argos  vgl.  Aristoph.  eccles.  201.  Andoc.  8,  24  ff.  —  See- 
kämpfe auf  dem  korinth.  Golf:  Xen.  IV,  8,  10  f. 

864.  Zum  dritten  Male  hatten  die  Spartaner  die  Armee 
der  Verbündeten  geschlagen,  und  zwar  diesmal  noch  weit 
empfindlicher  als  zuvor.  Trotzdem  konnten  sie  zu  einer 
energischen  Offensive  nicht  gelangen,  nicht  nur  weil  sie  in 


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248 


IV,  4.  Sparta  im  Kampfe  mit  Persien. 


das  geschlossene  Gebiet  der  Feinde  nicht  ernstlich  vorzudringen 
wagten,  sondern  vor  allem  aus  Mangel  an  Geld.  Die  sparta- 
nischen Bürgertruppen  waren  zwar  jederzeit  mobil,  aber  sie 
mussten  möglichst  geschont  werden;  die  Peloponnesier  da- 
gegen konnten  grössere  Bürgerheere  auf  längere  Zeit  so  wenig 
ins  Feld  stellen,  wie  die  Gegner.  So  begnügte  man  sich  auf 
beiden  Seiten,  die  wichtigsten  Punkte  mit  Garnisonen  zu 
belegen  und  im  übrigen  die  Kriege  mit  Soldtruppen  zu  führen; 
für  die  Aufstellung  grösserer  Soldheere  aber  waren  nirgends 
Geldmittel  vorhanden,  wenn  nicht  Persien  Subsidien  zahlte. 
Es  blieb  nur  der  Kleinkrieg,  der  die  Entscheidung  möglichst 
hinauszog,  bis  der  Gegner  erschöpft  wäre  und  einen  annehm- 
baren Frieden  böte.  In  diesen  Kämpfen  hat  Iphikrates  die 
Peltastentaktik  ausgebildet,  den  Mannschaften  längere  Spiesse 
und  Schwerter  gegeben  und  die  Schutzwaffen  leichter  und 
bequemer  gemacht.  Er  dehnte  seine  Streifzüge  bis  nach  Ar- 
kadien aus  und  that  den  Gegnern  mancherlei  Abbruch,  trieb 
aber  dafür  das  bisher  neutral  gebliebene  (§.  857)  Phlius 
durch  einen  Angriff  den  Spartanern  in  die  Arme.  Argos  be- 
hauptete seinen  Einfluss  in  Korinth  und  sicherte  zugleich  sein 
Gebiet  gegen  spartanische  Einfalle,  indem  es  den  heiligen 
Monat  Karneios,  dessen  Waffenruhe  alle  Dorier  anerkannten, 
im  Jahre  hin  und  her  schob  —  das  umgekehrte  Spiel  hatte 
es  einmal  während  des  Sonderbundskriegs  getrieben  (§.  038, 
Thuk.  V,  54,  3).  Die  Spartaner  Hessen  sich  das  gefallen,  da 
sie  ohnehin  zur  Zeit  den  Krieg  nicht  ernsthaft  führen  wollten. 

Die  Chronologie  der  folgenden  Jahre,  für  die  Xenophon  nur  ganz 
unzureichende  Angaben  bietet,  hat  erst  Grote,  der  erkannte,  dass  die 
Isthmien  Xen.  IV,  5,  1  die  von  390  sind,  und  vor  allem,  unter  Berück- 
sichtigung der  Angaben  Ober  die  spartanischen  Nauarchen,  Bkloch,  Alt. 
Pol.  846  ff.  aufgehellt;  Jüdeich's  Behandlung  dieser  Fragen  (Kleinas. 
Studien)  bezeichnet  nicht  eben  einen  Fortschritt.  Agesilaos'  Zug  gegen 
Argos  und  die  WiederzerstOrung  der  langen  Mauern  Korinths  Xen.  IV,  4. 
19  fallt  ins  J.  391,  gleichzeitig  mit  der  ersten  Nauarchie  des  Teleutias  IV. 
8,  11  (=  392/1;  sein  Vorgänger  Podanemos  ist  der  Nauarch  von  398/2). 
Mithin  füllen  die  kleinen  Kämpfe  und  der  Aufbau  der  Mauern  durch 
Athen  IV,  4.  14-18  das  J.  392.  —  Bei  Diodor  sind  die  Kämpfe  bei 


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Korinthischer  Krieg.   Iphikrates.   Sparta  und  Persien.  249 

Korinth  bis  zum  Streit  um  die  Isthmien  in  das  eine  J.  394/3  zu- 
sammengezogen XIV,  86;  in  dasselbe  Jahr  wird  der  Hauerbau  in  Athen 
(mit  Recht),  aber  auch  bereits  Konons  Gefangennahme  gesetzt  (XIV,  85). 
In  Folge  dessen  sind  bei  ihm  alle  folgenden  Ereignisse  zu  hoch  hinauf- 
gerückt. Die  Vernichtung  der  Mora  wird  unter  394/3  erzählt  und  hier 
erst  die  Union  zwischen  Argos  und  Korinth  nachgeholt  XIX,  91.  92. 
Weiteres  §.  867  A.  —  Ueber  Iphikrates*  Reformen  Diod.  XV,  44.  Nepos 
Iphicr.  1.  Angriff  auf  Phlius  auch  Polyaen  II!,  9,  49.  54,  auf  Sikyon 
Diod.  XIV,  91.  5.  Polyaen  III,  9,  24.  Vgl.  ArisÜd.  panatb.  p.  282  Diedorf. 
Pampbilos  hat  proelium  ad  Phliuntem  ac  victoriam  Atheniensium  gemalt : 
Plin.  35,  76.  —  Im  allgero.  Rkhdantz,  Vitae  Iphicratis  Chabriae  Timothei, 
1845.  —  Dass  die  Argiver  ihr  Manöver  mit  der  Verschiebung  des  Monats 
(Xen.  Hell.  IV,  7,  2)  schon  vor  891,  also  vor  Agesilaos'  Einfall,  getrieben 
haben,  lehrt  Andoc.  3,  27:  aotot  ZI  (ol  'Ap-fstoi)  t£ca  elp-rjrrjv  aoir^aiievoi 
rr;,  £iupav  oü  nxpi/ooziv  tjxnoXejABiv ;  sie  nennen  das  rcatpta  elp-r^w). 

865.  Die  spartanische  Regierung  hatte  längst  erkannt, 
dass  durch  den  Landkrieg  nicht  zum  Ziele  zu  gelangen  sei. 
Seit  der  Schlacht  bei  Haliartos  und  vollends  seit  Knidos  war 
sie  über  die  Verkehrtheit  der  bisherigen  Politik  nicht  mehr  im 
Zweifel.  Gleichzeitige  Behauptung  der  Herrschaft  über  Hellas 
und  Erfüllung  der  nationalen  Aufgaben  war  für  Sparta  eine 
Unmöglichkeit.  Fortan  hatte  es  ausschliesslich  nur  seine  In- 
teressen zu  verfolgen ;  Wiedergewinnung  des  alten  Verhältnisses 
zu  Persien  auf  der  Basis  der  Verträge  von  412  war  das 
einzige  Mittel,  das  es  aus  der  gegenwärtigen  Bedrängniss  be- 
freien konnte.  In  Sardes  war  inzwischen  als  Nachfolger  des 
Tissaphernes  als  Satrap  und  Reichsfeldherr  —  der  Ghiliarch 
Tithraustes  war,  nachdem  er  den  Satrapen  beseitigt  und  die 
nöthigsten  Massregeln  für  die  Kriegsführung  getroffen  hatte, 
alsbald  an  den  Hof  zurückgekehrt  —  der  bisherige  Satrap  von 
Westarmenien,  Tiribazos  (§.  835),  eingetroffen,  der  das  Vertrauen 
des  Königs  in  hohem  Grade  besass.  Mit  ihm  knüpfte  Sparta 
im  Winter  393/2  Verhandlangen  an;  der  Gesandte  Antalkidas, 
der  Sohn  des  Leon,  erwies  sich  für  seine  Aufgabe  vortrefflich 
geeignet.  Er  stellte  dem  Satrapen  vor,  dass  Pharnabazos, 
wenn  er  sich  blindlings  von  dem  Hass  gegen  Sparta  leiten 
lasse  und  dem  Konon  volles  Vertrauen  geschenkt  habe,  den 
wahren  Interessen  des  Reiches  zuwiderhandle:  Konon  wirke 


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25U 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


nicht  für  Persien,  sondern  lediglich  für  Athen,  und  so  richte 
Persien  mit  seinen  eigenen  Mitteln  seinen  gefahrlichsten  Feind 
wieder  auf.  Sparta  habe  jetzt  den  Fehler  erkannt,  den  es 
begangen  habe :  es  biete  Frieden  auf  Grund  der  doppelten  Be- 
stimmung, dass  die  Städte  auf  dem  asiatischen  Festland,  den 
alten  Verträgen  entsprechend,  dem  König  überlassen  bleiben, 
alle  anderen  Griechenstädte  auf  den  Inseln  wie  in  Europa  aber 
autonom  sein  sollten.  Die  Goalirten  versuchten  Antalkidas 
entgegen  zu  wirken;  Athen  schickte  Konon  mit  vier  anderen 
Gesandten  nach  Sardes,  und  mit  ihm  kamen  Gesandte  des 
boeotischen  Bundes  und  des  argivisch-korinthischen  Einheits- 
staats. Tiribazos  war  bereit  auf  die  Propositionen  Spartas 
einzugehen  und  legte  sie  dem  Friedenscongress  vor.  Aber 
von  den  Goalirten  wollte  keiner  sie  annehmen.  Nationale 
Gesichtspunkte  kamen  allerdings  auch  für  sie  nicht  in  Be- 
tracht; aber  die  Autonomieclausel,  die  wie  sie  richtig  erkannten 
nichts  anderes  bedeutete,  als  die  Wiederherstellung  der  sparta- 
nischen Suprematie,  war  für  sie  unannehmbar:  Theben  wollte 
auf  die  Hegemonie  über  Boeotien  nicht  verzichten,  Athen  die 
Inseln  Lemnos,  Imbros  und  Skyros,  Argos  Korinth  nicht  heraus- 
geben. So  scheiterten  die  Verhandlungen.  Jedoch  Tiribazos 
war  von  Antalkidas  vollständig  gewonnen.  Auf  eigene  Hand 
die  neue  Schwenkung  der  persischen  Politik  zu  vollziehen 
wagte  er  allerdings  nicht.  Aber  während  er  die  übrigen  Ge- 
sandten entliess,  setzte  er  Konon  als  Verräther  an  der  Sache 
des  Königs  gefangen  und  gab  dem  Antalkidas  insgeheim  Geld, 
um  aufs  neue  eine  Flotte  auszurüsten  und  dadurch  die  Feinde 
zum  Frieden  zu  zwingen.  Dann  ging  er  an  den  Hof,  um 
seine  Entscheidung  anzurufen, 

Verhandlungen  mit  Tiribazos:  Xen.  IV,  8,  12  ff.  Die  Erzählung 
greift  deutlich  über  die  vorher  §.  11  kurz  berichteten  Kämpfe  im  korin- 
thischen Golf  zurück.  Wenn  Aristoph.  eccles.  202  oiorrjpta  Kapixt^tv 
(das  weitere  über  Thrasybul  ist  corrupt  und  unverständlich,  und  v.  356, 
der  sich  vielleicht  auf  dieselben  Vorgänge,  Verhandlungen  mit  Sparta, 
bezieht,  ebenfalls  dunkel)  auf  die  Friedensverhandlungen  zu  belieben  ist, 
so  siud  sie  vor  Anfang  392  gescheitert.  —  Konons  Gefangennahme  auch 
Isokr.  4,  154,  Nepos  Con.  5.  Diod.  XIV,  85,  4. 


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Verhandlungen  in  Sardes.    Der  König  gegen  Sparta.  251 

866.  So  lag  die  Entscheidung  in  den  Händen  des  Perser- 
königs.   Dass  die  von  Tiribazos  befürwortete  Politik  allein 
richtig  sei,  konnte  bei  kühler  Erwägung  nicht  zweifelhaft  sein. 
Aber  es  ist  begreiflich,  dass  wie  bei  Pharnabazos  so  auch  beim 
König  und  seinen  Ministern  zur  Zeit  noch  die  Erbitterung 
über  Spartas  Treulosigkeit  überwog;  man  beschloss  an  der  von 
Pharnabazos  und  Tithraustes  —  der  vermuthlich  als  Vezir  auch 
jetzt  für  die  Fortführung  des  Krieges  eingetreten  sein  wird  — 
inaugurirten  Politik  festzuhalten.   Daher  wurde  an  Tiribazos' 
Stelle  Struthas  als  Oberfeldherr  und  Statthalter  des  ionischen 
Küstenbezirks  nach  Kleinasien  gesandt,  mit  dem  Auftrag  den 
Krieg  gegen  Sparta  fortzusetzen.  In  Lydien  wurde  Autophra- 
dates  als  Satrap  eingesetzt,  während  Karien  wenn  nicht  schon 
nach  dem  Sturz  des  Tissaphernes,  so  jetzt  einem  einheimischen 
Dynasten  Hekatomnos  von  Mylasa  übergeben  wurde  (vielleicht 
unter  Struthas  als  Obersatrapen?).  —  Inzwischen  hatten  die 
Athener,  um  den  Spartanern  einen  Angriff  auf  Attika  unmöglich 
zu  machen,  die  Bresche  in  den  Schenkel  mauern  von  Korinth  durch 
ihre  Architekten  und  Steinmetzen  wieder  aufgebaut,  zugleich  wohl 
in  der  stillen  Hoffnung,  dadurch  die  Stadt  aus  der  Verbindung 
mit  Argos  zu  lösen  und  zu  sich  herüberzuziehen.  Daneben 
ging  der  Kleinkrieg  vor  Korinth  ergebnisslos  weiter.  Gegen 
Ende  des  J.  392  mag  dann  Struthas  in  Kleinasien  eingetroffen 
sein:  er  nahm  sofort  die  Verbindung  mit  Athen  und  seinen 
Bundesgenossen  wieder  auf.    Die  Folge  war,  dass  Sparta 
seinen  Gegnern  einen  Schritt  weiter  entgegen  kam.   Auch  in 
Athen  und  Theben  waren  weite  Kreise  des  Krieges  müde,  der 
sich  nun  ergebnisslos  schon  vier  Jahre  hinzog  und  grosse  Opfer 
an  Bürgerblut  und  noch  grössere  an  Geld  gekostet  hatte. 
Etwa  Anfang  391  kam  es  zu  neuen  Friedensverhandlungen 
in  Sparta.  Dies  erbot  sich,  die  Suprematie  Thebens  über  die 
boeotischen  Landstädte  mit  Ausnahme  von  Orchomenos  und 
die  Athens  über  die  drei  Klerucheninseln  anzuerkennen  und 
die  Bedingungen  des  Friedens  von  404,  welche  die  Wieder- 
herstellung der  Mauern  Athens  und  die  Vermehrung  seiner 
Flotte  verboten,  zu  cassiren.  Dagegen  sollten  im  übrigen  alle 


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IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Griechenstädte  autonom  sein.  Vor  allem  bestand  Sparta  auf 
der  Freigebung  von  Korinth;  und  in  der  That  hatte  ohne 
diese  Concession  der  Friede  für  Sparta  keinen  Werth.  Der 
boeotische  Bund  war  bereit  auf  diese  Bedingungen  hin  Frieden 
zu  schliessen,  während  Argos  natürlich  aufs  heftigste  opponirte. 
Die  Entscheidung  lag  bei  Athen.  Die  athenischen  Gesandten, 
geführt  von  Andokides,  der  unter  der  Restauration  heimgekehrt 
und  trotz  schwerer  Anfeindungen  (§.  852  A.)  im  Anschluss 
an  die  Conservativen  wieder  zu  Einfluss  gelangt  war,  hatten 
selbst  Bedenken,  ob  der  Demos  bereit  sein  werde,  sich  mit 
diesen  Bedingungen  zu  begnügen,  und  hatten  deshalb,  obwohl 
sie  Vollmacht  hatten,  den  Frieden  nicht  abgeschlossen,  sondern 
die  Entscheidung  der  Volksversammlung  überlassen.  Es  kam, 
wie  sie  gefürchtet  hatten.  Vergeblich  hielt  Andokides  dem 
Volke  vor  —  seine  Rede  ist  uns  noch  erhalten  — ,  dass  Athen 
völlig  ausser  Stande  sei,  mehr  zu  erreichen:  »Weshalb  sollen 
wir  den  Krieg  fortsetzen?  Um  die  Chersones  und  die  Inseln 
und  den  auswärtigen  Grundbesitz  und  die  ausstehenden 
Schulden  wieder  zu  bekommen?  Aber  das  will  weder  der 
König  noch  die  Bundesgenossen  zugeben,  mit  denen  zusammen 
wir  doch  den  Krieg  führen  müssen.  Oder  sollen  wir  Krieg 
führen,  bis  wir  Sparta  und  seine  Bundesgenossen  völlig  zu  Boden 
geworfen  haben  ?  Aber  dazu  haben  wir  gar  nicht  die  Mittel. 
Wenn  wir  das  aber  erreichen  würden,  was  würden  wir  dann 
erst  von  den  Persern  zu  leiden  haben !  Auch  wenn  wir  dafür 
genügend  Geld  hätten  und  unser  Bürgerheer  selbst  leistungs- 
fähig wäre,  dürften  wir  diesen  Krieg  doch  nicht  führen.«  Er 
wies  darauf  hin,  dass  Athen  Sparta  zu  Dank  verpflichtet  sei 
für  sein  Verhalten  in  der  Zeit,  als  Athens  jetzige  Bundes- 
genossen seine  Zerstörung  forderten,  und  dass  Sparta  jetzt 
alles  gewähre,  was  man  billiger  Weise  verlangen  könne;  Athen 
solle  sich  nicht  wieder  wie  ehemals  durch  die  trügerische 
Hoffnung  auf  Argos  verleiten  lassen  und  die  Ruhe,  deren  es 
für  eine  Neukräftigung  dringend  bedürfe,  darangeben,  um 
Korinth  für  die  Argiver  zu  behaupten.  Es  war  umsonst.  Die 
Demagogen  erklärten,  dass  sie  für  Athen  nichts  mehr  herbei- 


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Neue  vergebliche  Friedensunterhandlungen.    Andokides.  253 


sehnten  als  den  Frieden,  dass  sie  aber  einen  solchen  Frieden 
verschmähen  müssten,  der  die  Stadt  aufs  neue  gebunden  an 
Sparta  ausliefere  —  damals  wird  Philokrates  das  Wort  ge- 
sprochen haben,  dass  man  den  Spartanern  nur  trauen  dürfe, 
wenn  sie  nachwiesen,  dass  es  ihnen  unmöglich  gemacht  sei 
unrecht  zu  thun;  denn  dass  sie  es  immer  thun  wollten,  wenn 
sie  könnten,  sei  zweifellos  — ;  und  die  Armen  schrieen :  »von 
den  Mauern  könnten  sie  nicht  leben,  sie  müssten  ihr  recht- 
mässiges Eigenthum  in  dem  alten  Reichsgebiet  wieder  haben.« 
Den  Ausschlag  hat  offenbar  eben  die  Wendung  in  Persien 
gegeben,  die  Sparta  zu  seinen  Goncessionen  veranlasste;  im 
Bunde  mit  Argos  und  Persien  meinte  man  die  alte  Macht 
aufs  neue  wieder  gewinnen  zu  können.  Der  Friede  wurde 
verworfen  und  der  Krieg  ging  weiter. 

Stmthas'  Entsendung  (ftmjxsX-rpojisvo;  tö>v  xatü  ddXattav):  Xen.  IV, 
8,  17.  In  einer  Inschrift  aus  Milet  (Kekule,  Ber.  Berl.  Ak.  1900,  112  IT.) 
heisst  er  Zxpobrrfi  t^a:tpdjrr^  etuv  'Luvt-rj;;  damit  ist  die  alte  Controverse 
über  seine  Stellung  entschieden.  Autophradates  b  Auo-a;  6*a?paTt-rt;  und 
Hekatomnos  (£»  Kccp;ac  tstoxaö-jjio?  Isokr.  paneg.  162;  o  Kapta<;  Boväotirjc 
Diod.  XIV,  98,  3.  Heiinath  Mylasa  Strabo  XIV,  2,  23.  Lkbas  III,  377 
=  DS.  95)  erscheinen  zuerst  im  J.  390  bei  Theopomp  fr.  111  (§.  870). 
Die  Friedensverhandlungen  in  Sparta  und  Athen  kennen  wir  (abgesehen 
von  der  Angabe  des  Philochoros  in  der  Hypothesis  der  Rede)  nur  aus 
Andokides'  dritter  Rede,  die  nach  vier  Kriegsjahren  (895-392),  also  An- 
lang  891,  gehalten  ist  (§.  20).  Philokrates*  Aeusscrung:  Dem.  23,  116; 
es  ist  offenbar  der  Stratege  nach  Cypem  im  J.  889  (§.  870).  Erschöpfung 
und  Geldnoth  der  Boeoter  Andoc.  3,  20 ;  ihre  Friedenssehnsucht  wird  durch 
Xen.  Hell.  IV,  5,  6  bestätigt.  —  Die  Angabe  der  vita,  dass  Andokides 
wegen  der  Friedensverhandlungen  verbannt  sei,  scheint  nur  eine,  wenig 
wahrscheinliche,  Combination  zu  sein. 


Fortgang  des  Kriegs.   Versuch  der  Wiederherstellung  des 
attischen  Reichs.   Aufstand  des  Euagoras. 

867.  Da  der  Friede  nicht  zu  erreichen  war,  blieb  Sparta 
nichts  übrig,  als  wohl  oder  übel  den  fast  völlig  zum  Stillstand 
gelangten  Krieg  wieder  aufzunehmen.  Im  Frühjahr  391  brach 


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254 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mii  Persien. 


Agesilaos  zunächst  verheerend  in  das  Gebiet  von  Argos  ein, 
unbekümmert  um  den  heiligen  Monat;  dann  eroberte  er,  ver- 
muthlich  auf  Lechaion  gestützt,  die  von  Athen  wiederherge- 
stellten Schenkelmauern  aufs  neue.  Gleichzeitig  gewann  sein 
Bruder  Teleutias  als  Nauarch  (sein  Vorgänger  Podanemos  war 
in  einem  Gefecht  gefallen)  mit  12  Schiffen  das  Uebergewicht 
im  korinthischen  Golf.  Im  nächsten  Jahr  390  ging  Agesilaos 
zum  Angriff  auf  den  Isthmos  vor.  Die  argivisch-korin- 
tbische  Gemeinde  feierte  gerade  die  Isthmien;  Agesilaos  zer- 
sprengte die  Versammlung  und  Hess  das  Fest  durch  die 
korinthischen  Exulanten  abhalten  —  später  haben  die  Argiver 
es  dann  noch  einmal  wiederholt.  Darauf  nahm  er  den  Hafen 
Peiraion  (§.  863)  und  plünderte  den  letzten,  bisher  noch  vom 
Kriege  verschonten  Rest  des  korinthischen  Gebiets;  von*  den 
Gefangenen  wurden  die,  welche  an  dem  Massacre  in  Korinth 
(§.  863)  Theil  genommen  hatten,  den  Exulanten  zur  Abur- 
teilung übergeben,  die  übrigen  verkauft.  Agesilaos  konnte 
hoffen,  Korinth  alsbald  wiederzugewinnen.  Die  Boeoter,  des 
Krieges  längst  überdrüssig  und  jetzt  unmittelbar  von  einer 
Invasion  bedroht,  begannen  aufs  neue  Unterhandlungen.  Da 
erhielt  der  König  die  Kunde  von  einer  schweren  Schlappe, 
die  gleichzeitig  in  seiner  nächsten  Nähe  die  spartanische  Be- 
satzung von  Lechaion  betroffen  hatte.  Hier  war  eine  Mora 
Hopliten  und  eine  Mora  Reiterei  stationirt.  Während  die 
übrigen  Peloponnesier  vor  den  Peltasten  des  Iphikrates  grossen 
Respect  hatten  und  bei  ihren  Streifzügen  keinen  Kampf  wagten, 
hatten  die  Spartaner  in  blindem  Vertrauen  auf  ihre  taktische 
Ueberlegenheit  ihnen  bei  jeder  Gelegenheit  ihre  Geringschätzung 
bezeigt,  und  auch  die  Peltasten  hatten  sich  bisher  noch  nicht 
an  sie  herangewagt.  So  marschirte  auch  jetzt  der  Poleraarch 
von  Lechaion  mit  seinen  Hopliten  unbesorgt  unter  den  Mauern 
von  Korinth  vorbei.  Die  Korinther  aber  hatten  zum  Schutz 
gegen  Agesilaos  nicht  nur  Iphikrates,  sondern  auch  die  attischen 
Bürgerhopliten  unter  Kallias  herangezogen ;  und  beide  Feldherrn 
haben  die  sich  bietende  Gelegenheit  mit  Geschick  ergriffen. 
Kallias  stellte  die  Hopliten  in  Schlachtordnung;  Iphikrates 


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Agesilaos*  Operationen.    Iphikrates'  Sieg  bei  Lechaion.  255 

aber  warf  sich  auf  die  Mora.  Gegen  seine  raschen  Angriffe 
waren  die  Spartaner  wehrlos;  wenn  die  Mannschaften  der 
jüngeren  Jahrgänge  einen  Ausfall  machten,  zogen  sich  die 
leichter  beweglichen  Peltasten  unter  den  Schutz  der  Hopliten- 
phalanx  zurück  und  warfen  sich  dann,  wenn  die  Verfolger 
den  Rücken  wandten,  mit  erneuter  Kraft  auf  sie.  Allmählich 
wurden  die  Verluste  der  Spartaner  immer  grösser;  den  Pel- 
tasten konnten  sie  mit  ihren  kürzeren  Speeren  nicht  viel  an- 
haben, auch  die  Reiterei,  die  jetzt  eintraf,  konnte  das  Gefecht 
nicht  wieder  herstellen.  Schliesslich  wurden  sie  auf  einen 
Hügel  am  Meer  gedrängt,  und  von  hier  wenigstens  ein  Theil 
auf  Kähnen  nach  Lechaion  gerettet.  250  Mann,  fast  die  Hälfte 
der  Mora,  waren  gefallen  (Hochsommer  390). 

Agesilaos*  Angriff  auf  Argos  (för  Xenophon  ist  charakteristisch,  dass 
er  die  Hinwegsetzung  Aber  die  iepofrrjvia  nicht  hier,  sondern  nur  IV,  7,  2 
bei  Agesipolis'  Angriff  387  erwähnt)  und  die  Einnahme  der  Schenkel- 
mauern  (eine  grössere  WafTentbat  war  das  nicht,  sonst  würde  Xenophon 
mehr  davon  erw&hnen)  fällt  vor  die  Hyakinthien  im  Hochsommer  (vgl. 
Herod.  IX,  7.  11):  Xen.  Ages.  2,  17,  vielleicht  auch  vor  die  Friedensver- 
handlungen mit  Andokides,  die  dann  in  den  Herbst  391  zu  verlegen  wären. 
Gleichzeitig  ist  Teleutias'  Nauarchie  Hell.  IV,  4,  19  =  8,  11.  Die  Ver- 
nichtung der  Mora  im  nächsten  Jahr  Xen.  Hell.  IV,  5  [vgl.  Diod.  XIV, 
91,  2,  unter  dem  J.  894/3;  bekanntlich  wird  sie  bei  den  Rednern  sehr 
oft  erwähnt],  gleichfalls  zur  Zeit  der  Hyakinthien,  fällt  dagegen  nach 
Andokides*  Rede;  also  sind  die  Isthmien  IV,  5,  1  die  des  Frühjahrs  890. 

868.  So  empfindlich  der  Verlust  an  Mannschaften  für 
Sparta  war,  schwerer  wog  der  moralische  Eindruck  des  Er- 
eignisses. Wieder  einmal  war  gezeigt  worden,  dass  auch  die 
Spartaner  im  offenen  Felde  nicht  unbesiegbar  waren.  Ueber- 
au erhob  sich  die  Opposition  zu  neuen  Hoffnungen.  Nament- 
lich in  Mantinea  konnte  man  jederzeit  den  offenen  Abfall  ge- 
wärtigen; insgeheim  wurde  Argos  von  hier  mit  Getreide  unter- 
stützt, und  mehrfach  weigerte  die  Stadt  die  Heeresfolge.  Die 
Boeoter  brachen  die  Friedensverhandlungen  ab;  zu  einem 
thatkräftigen  Eingreifen  in  den  Krieg  haben  sie  sich  freilich 
doch  nicht  wieder  aufgerafft.  Agesilaos  konnte  an  weiteres  Vor- 
dringen nicht  mehr  denken,  sondern  führte  sein  Heer  nach 


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256 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien 


Hause  zurück.  Die  von  den  Spartanern  besetzten  Gastelle  im 
Isthmosgcbiet  wurden  der  Reihe  nach  von  Iphikrates  genommen ; 
nur  Lechaion  haben  sie  behauptet.  Von  einem  neuen  Angriff 
auf  Argos  sah  man  ab  und  Hess  sich  den  von  diesem  verkündeten 
Gottesfrieden  aufs  neue  gefallen.  Agesilaos  begnügte  sich,  im 
nächsten  Jahre  den  Achaeern  zu  lieb  die  Akarnanen,  welche 
die  mit  jenen  verbündete  Aetolerstadt  Kalydon  angegriffen 
hatten,  mit  Krieg  zu  überziehen  und  ihr  Land  zu  verheeren. 
Die  Athener  sandten  eine  Flotte  in  den  Golf,  konnten  aber 
in  den  Kampf  nicht  eingreifen;  die  Boeoter  hielten  sich  voll- 
kommen passiv.  So  bequemten  sich  die  Akarnanen  im  J.  388 
zum  Frieden  und  traten  in  die  Bundesgenossenschaft  Spartas 
ein.  Im  Peloponnes  dagegen  herrschte  ^tatsächlich  Waffen- 
ruhe; selbst  im  Gebiet  von  Korinth  ist  es  während  der  letzten 
(ireieinhalb  Jahre  des  Krieges  zu  ernsthaften  Gefechten  nicht 
mehr  gekommen.  Wohl  aber  überwarf  sich  Iphikrates  bald 
nach  seinem  Erfolge  mit  den  Korinthern;  er  wollte  die  Stadt 
für  Athen  gewinnen  und  schritt  gegen  die  Anhänger  von  Argos 
ein,  worauf  die  Korinther  ihn  abwiesen.  So  kehrte  er  389 
mit  dem  Haupttheil  seiner  Peltasten  nach  Athen  zurück  (§.  874)  J 
die  Athener  begnügten  sich  fortan  wie  die  Boeoter,  ein  kleines 
Gontingent  unter  Chabrias  zum  Bundesheer  zu  stellen. 

Wirkungen  der  Schlacht:  Xen.  Hell.  IV,  5.  18  f.,  vgl.  V,  2,  2.  In 
diesen  Zusammenhang  gehört  wohl  Agesilaos"  Ablehnung  des  von  den 
Flüchtlingen  geforderten  Sturmversuchs  auf  Korinth  Xen.  Ages.  7,  6. 
Akarnanischer  Feldzug:  Hell.  IV,  6.  7,  1.  Kalydon  achaeisch  auch  Di  od. 
XV,  75,  2.  —  Zerwürfnis«  zwischen  Iphikrates  und  Korinth:  Xen.  IV,  8, 
34.  Diod.  XIV,  92  (fälschlich  unter  394/3).  Ein  athenisches  £bv.%gv  steht 
noch  888  in  Korinth:  Aristoph.  Plut.  173.  Chabrias'  Operationen:  sc  hol. 
Aristid.  p.274.  275  Dlndorf  [Verwechselung  mit  Iphikrates?].  —  Boeotische 
»eiter  leisten  387  den  Argivern  Hülfe:  X>?n.  IV,  7,  6. 

869.  Inzwischen  hatte  Sparta  auch  den  Seekrieg  wieder 
aufgenommen;  die  von  Tiribazos  an  Antalkidas  gezahlten 
Gelder  gewährten  dazu  die  Mittel.  Zunächst  wurde  Thibron, 
der,  als  Sparta  die  idealistische  Politik  als  undurchführbar 
aufgegeben  hatte,  aus  dem  Exil  (§.  838)  zurückgerufen  war, 


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Agesilaos  in  Akarnanien.   Die  Spartaner  in  Kleinasien.  257 

mit  einem  kleinen  Heer  nach  Kleinasien  geschickt.  Ephesös 
trat  aufs  neue  zu  Sparta  über  und  wurde  nochmals ,  wie  in 
Lysanders  und  Agesilaos1  Zeit,  der  Stützpunkt  seiner  Ope- 
rationen. Thibron  gewann  Priene,  Magnesia  und  andere  Orte 
und  brachte  seine  Streitmacht  auf  8000  Mann,  mit  denen  er 
in  alter  Weise,  sorglos  im  vollen  Gefühl  seiner  taktischen 
Ueberlegenheit ,  das  Feindesland  verheerte.  Dadurch  wurde 
es  Struthas  möglich,  ihn  mit  der  persischen  Reiterei  zu  über- 
fallen und  seine  Truppen  fast  völlig  zu  vernichten;  Thibron 
selbst  war  unter  den  ersten,  die  niedergehauen  wurden 
(391  v.  Chr.).  Die  Reste  sammelte  der  neue  Nauarch  Ekdikos, 
der  mit  8  Schiffen  in  Ephesos  eintraf;  Diphridas,  der  ihn 
als  Commandant  des  Fussvolks  begleitete,  schirmte  die  Städte 
und  gewann  bei  vorsichtig  ausgeführten  Ueberfällen  genügend 
Beute,  um  seine  Söldner  zahlen  zu  können.  Weitere  Aus- 
sichten eröffneten  sich  zur  See:  Samos,  Knidos  und  andere 
Städte  traten  wieder  zu  Sparta  über,  auf  Rhodos  erhoben  sich 
die  Aristokraten  in  blutigem  Kampf  gegen  den  Demos  und 
riefen  Sparta  um  Hülfe  an.  Auf  die  Dauer  konnten  sie  sich 
allerdings  in  der  Stadt  nicht  behaupten,  sondern  mussten  sich 
in  ein  Castell  auf  dem  Lande  zurückziehen.  Aber  im  all- 
gemeinen war  die  Sache  Spartas  im  Fortschreiten;  Ekdikos 
konnte  mit  seiner  kleinen  Seemacht  wie  ehemals  Peisandros 
bei  Knidos  Stellung  nehmen,  wenn  er  auch  gegen  die  rho- 
dische  Uebermacht  nichts  auszurichten  vermochte.  Im  Sommer 
390  ernannten  die  Spartaner  den  Teleutias,  der  inzwischen  das 
Commando  im  korinthischen  Golf  behalten  hatte,  aufs  neue 
zum  Nauarchen  —  das  Verbot,  dieses  Amt  wiederholt  zu  be- 
kleiden, war  offenbar  inzwischen  aufgehoben ;  nur  die  directe  Con- 
tinuirung  durch  mehrere  Jahre  hinter  einander  scheint  man  nicht 
zugelassen  zu  haben  —  und  sandten  ihn  mit  seinen  12  Schiffen, 
die  jetzt  bei  der  Ohnmacht  Korinths  in  Europa  nicht  mehr 
gebraucht  wurden,  nach  Knidos.  Durch  Zuzüge  aus  Samos 
brachte  er  seine  Flotte  auf  ganze  27  Schiffe,  mit  denen  er, 
unterstützt  von  den  Aristokraten,  dem  Demos  von  Rhodos 
mancherlei  Abbruch  thun  konnte. 

Meyer,  Geschieht«  des  Alterthums.   V.  17 


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258 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Feldzug  Thibrons:  Xen.  Hell.  IV,  8,  17  ff.  Diod.  XIV,  99  (vgl.  §.  837  A.). 
Von  dem  Bürgerkrieg  auf  Rhodos  erzählen  Diod.  XIV,  97  und  Xen.  IV,  8, 
20.  22.  25  jeder  nur  einen  Theil.  Feldzug  des  Ekdikos  und  Diphridas :  Xen. 
IV,  8,  20  ff.  Diod.  XIV,  97,  3  f.,  wo  die  spartanischen  Feldherrn  Eudo- 
kimos  (=  Ekdikos),  Philodokos  (unbek.)  und  Diphilas  (=  Diphridas) 
beissen.  —  Die  Chronologie  steht,  wie  L'elocu  erkannt  bat,  durch  die 
Folge  der  spartanischen  Nauarchen  fest.  Teleutias  ist  zum  ersten  Male 
Nauarch  Hochsommer  392/1,  Ekdikos  3910,  Teleutias  zum  zweiten  Mal 
(Xen.  IV,  8,  23  f.)  390/89.  Diodor  erzählt  zuerst  die  Kämpfe  um  Korinth 
unler  394/3  und  393  2;  dann  den  Seekrieg  in  folgender  Ordnung:  1)  unter 
392,1  Thrasybuls  Auszug  c.  94;  2)  unter  391/0  die  Kämpfe  bei  Rhodo«, 
Agesipolis'  Zug  gegen  Argos,  Euagoras'  Abfall  c.  97.  98;  3)  unter  390/89 
Thibrons  Feldzug  und  Thrasybuls  Tod  c.  99.  Da  er  die  letzten  Ereignisse 
des  Kriegs  übergeht,  ist  damit  sein  Material  erschöpft,  und  so  erzählt  er 
unter  389/8  und  388/7  von  griechischen  Vorgängen  Oberhaupt  nichts. 
Dass  das  keine  chronologische  Erzählung  ist,  sondern  Diodor  hier  genau 
wie  in  der  Pentekontaetie  die  Capitel  des  Ephoros  willkürlich  auf  seine 
Jahre  vertheilt  hat,  liegt  auf  der  Hand. 

870.  Die  Perser  haben  seit  dem  Sommer  303  zur  See 
nichts  mehr  unternommen.  Die  Flotte,  die  bei  Knidos  gesiegt 
hatte,  hatte  sich  aufgelöst,  theils  weil  die  Perser  nach  ihrer 
Gewohnheit  kein  Geld  hergaben,  theils  wohl  in  Folge  der 
Schwenkung  des  Tiribazos  von  Konon  und  Athen  zu  Sparta. 
Pharnabazos  ist  fortan  wieder  auf  seine  Provinz  beschränkt, 
wo  er  indessen  des  Derkylidas  in  Abydos  so  wenig  Herr 
werden  kann  wie  der  noch  von  Sparta  behaupteten  Städte 
am  Bosporos.  Auch  Struthas  hat  den  Seekrieg  nicht  wieder 
aufgenommen.  Konon  war  aus  dem  persischen  Gewahrsam 
entflohen,  aber  mit  seiner  Admiralstellung  war  es  vorbei;  er 
ging  zu  Euagoras,  wo  er  bald  darauf  erkrankte  und  starb. 
Inzwischen  aber  war  Euagoras  auf  Cypern  eifrig  thätig  gewesen, 
sich  den  Gewinn  zu  sichern,  um  dessen  willen  er  Persien  in 
den  Seekrieg  getrieben  und  die  Wiederherstellung  Athens  ge- 
fördert hatte;  er  lag  jetzt  im  Kriege  mit  Kition,  Soli  und 
Amathus.  Diese  wandten  sich  um  Hülfe  an  ihren  Oberherrn, 
und  am  Hofe  von  Susa  erkannte  man,  wie  bedenklich  es  sei, 
den  griechischen  Fürsten  noch  weiter  gewähren  zu  lassen. 
Artaxerxes  sandte  dem  Satrapen  von  Sardes,  Autophradates, 


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Konons  Ausgang.    Euagoras'  Aufstand  gegen  Fersien.  2o9 

und  dem  von  Kaden,  Hekatomnos  (§.  806),  Befehl,  Heer  und 
Flotte  auszurüsten  und  den  bedrängten  Städten  zu  Hülfe  zu 
kommen  (390  v.  Chr.).  Die  Folge  war,  dass  Euagoras  sich 
nach  Athen  wandte  mit  der  Forderung,  ihm  jetzt  den  Dank 
für  seine  Thaten  abzustatten.  So  erschöpft  Athen  war,  es 
konnte  das  Gesuch  nicht  abweisen;  der  Staat  versprach 
10  Trieren,  die  Anhänger  Konons,  voran  Aristophaftes ,  der 
Sohn  des  nach  Cypern  zurückgekehrten  Nikophemos,  streckten 
seinen  Gesandten  Geld  vor  zur  Anwerbung  von  Peltasten  und 
zum  Ankauf  von  Waffen.  Ausserdem  schlössen  beide  Staaten 
ein  Bündniss  mit  dem  König  von  Aegypten,  jetzt  Akoris,  dem 
Sohne  des  Nepherites  I.  (§.  81*7).  Die  natürliche  Gruppirung 
der  Mächte  begann  sich  wieder  herzustellen.  Besonders  sinn- 
fällig trat  der  Widersinn  der  momentanen  Situation  hervor, 
als  Teleutias,  wahrscheinlich  zu  Anfang  des  Frühlings  389, 
die  10  athenischen  Schiffe  unter  Philokrates  sämmllich  ab- 
fing, die  dem  Feinde  der  Macht  Hülfe  bringen  sollten,  gegen 
die  er  selbst  gleichfalls  Krieg  führte. 

Konons  Tod  und  Testament:  Ly-\  19,  39.  41.  Demnach  ist  Dei- 
nons  Angabe  bei  Nepos  Gon.  5  richtig,  im  Gegensatz  zu  der  anderen, 
er  sei  in  der  Gefangensch  alt  gestorben.  Dass  Aristoph.  eccles-.  195  f.  auf 
Konon  zu  bezieben  sei,  halte  ich  für  völlig  ausgeschlossen ;  wer  geineint 
ist,  wissen  wir  nicht ,  die  Scholien  haben  auf  Konon  lediglich  gerathen. 

—  Euagoras:  Diod.  XIV,  98,  wörtlich  =  Ephoros  Ib.  18  bei  Steph.  Bjrz. 
'ihu^  [verschrieben  für  Kir.tlcJ.  Theopomp  fr.  111.  Ueber  das  Bünd- 
niss mit  Athen  erfahren  wir  Genaueres  aus  Lys.  19,  21  ff.;  Aristophanes 
(v*l.  §•  862)  lebte  in  Athen  nach  der  Schlacht  bei  Knidos  394  3  noch  vier 
bis  fünf  Jahre,  also  bis  390/89,  dann  ging  er  als  Gesandter  nach  Cypern  §.  23. 
wo  ihn  die  Athener  später  hinrichten  Hessen.  Dass  hier  von  der  ersten 
Hülfssendung  nach  Cypern,  nicht  von  der  zweiten  unter  Chabrias  die  Rede 
ist,  hätte  man  nicht  bezweifeln  sollen.  Da  Aristophanes  Gesandter  war, 
war  sein  Schiff  offenbar  nicht  unter  den  zehn  von  Teleutias  abgefangenen 
(Xen.  Hell.  IV,  8,  24),  und  konnte  später  nach  Athen  zurückkehren  (§.  24). 

-  Der  Krieg  der  Perser  gegen  Euagoras  dauert  im  ganzen  10  Jahre 
(Isokr.  9.  64.  Diod.  XV,  9,  2;  davon  sechs  nach  dem  Antalkidasfrieden 
k°kr.  4,  141)  und  ist  zur  Zeit  des  Panegyrikos  Sommer  380  beinahe  zu 
Ende;  er  hat  also  390/89  begonnen;  vgl.  §.  S97A.  —  Bündniss  zwischen 
Athen  und  Aegypten:  Aristoph.  Plutos  (aufgeführt  388)  v.  178.  Akoris' 
Bündniss  mit  Euagoras:  Theopomp  fr.  111. 


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I 


260  H\      Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 

871.  Athen  hatte  den  Frieden  abgelehnt;  aber  die  Fort- 
führung des  Krieges  hatte  ihm  bisher  nur  Lasten  und  nicht 
den  geringsten  Gewinn  gebracht.  Die  griechische  Goalition 
war  am  Zerfallen,  das  Verhältniss  zu  Argos  und  Korinth 
äusserst  gespannt,  Boeotien  gänzlich  unthätig,  von  Persien  kam 
keinerlei  Unterstützung  mehr;  und  dazu  sollte  man  jetzt  noch 
Euagoras  Hülfe  leisten.  Noch  trauriger  womöglich  sah  es  im 
Innern  aus.  In  den  Finanzen  herrschte  nach  wie  vor  voll- 
ständige Ebbe,  so  dass  man  es  sogar  einmal  mit  der  Ein- 
führung von  Kupfergeld  versuchte,  das  aber  bald  wieder  ausser 
Gurs  gesetzt  wurde.  Die  Steuerschraube  wurde  aufs  äusserste 
angespannt,  neben  den  Vermögenssteuern  neue  indirecte  Ab- 
gaben vorgeschlagen,  und  doch  reichte,  was  einkam,  kaum  aus, 
um  die  Söldner  in  Korinth  zu  zahlen.  So  fasste  man  wohl 
die  schönsten  Beschlüsse,  aber  zur  Ausführung  kam  keiner; 
an  die  Neuschöpfung  einer  Flotte  war  nicht  zu  denken.  Wohl 
aber  jagte  ein  Process  den  anderen,  und  regelmässig  lautete 
das  Urtheil  auf  Tod  und  Gonfiscation  des  Vermögens:  >wenn 
ihr  den  Angeklagten  nicht  verurtheilt,  ist  kein  Geld  da  für 
die  Diäten«,  declamirte  Epikrates  bei  jeder  Gelegenheit  (Lys. 
27,  1)  nach  bewährtem  Muster.  Gegen  jeden  Politiker,  gegen 
Thrasybul  so  gut  wie  gegen  den  elendesten  Demagogen,  erhob 
sich  der  Vorwurf  des  Unterschleifs  und  der  Bestechung;  und 
wenn  sich  nach  der  Verurtheilung  die  erwarteten  Schätze  nicht 
vorfanden,  so  hatten  offenbar  seine  Verwandten  und  Freunde 
das  Geld  unterschlagen,  und  der  Processkrieg  ging  fröhlich 
weiter.  Die  Plaidoyers,  die  Lysias  in  dieser  Zeit  geschrieben 
hat,  gehören  zu  den  widerwärtigsten  Erzeugnissen  aller  Literatur, 
würdig  des  französischen  Revolutionstribunals  und  nur  um 
so  ärger,  weil  sie  mit  geistreichem  Raffinement  abgefasst 
sind.  Jeder  Sinn  für  Recht  und  Gesetz  ist  diesen  Menschen 
abhanden  gekommen;  offen  kann  gefordert  werden  —  z.  B. 
in  dem  Process  des  Epikrates  (Lys.  27),  der  es  allerdings 
ebenso  gemacht  hatte  — ,  dass  die  Richter,  wenn  sie  gerecht 
verfahren  wollen,  den  Angeklagten  überhaupt  nicht  anhören 
dürfen.    Die  Radicalen  in  der  restaurirten  Demokratie  waren 


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Nothlage  und  Demoralisation  Athens.   Thrasybul.  261 

in  der  That  die  würdigen  Nachfolger  der  Demagogen  des 
peloponnesischen  Kriegs,  ebenso  unfähig  wie  gewissenlos. 
Zugleich  aber  offenbart  uns  dieses  Treiben  die  volle  Ohnmacht 
aller  griechischen  Verhältnisse,  die  mit  den  hohen  Phrasen, 
die  man  im  Munde  führt{,  aufs  kläglichste  contrastirt.  Nur 
der  Schwäche  der  Feinde  verdankte  es  Athen,  dass  es  nicht 
aufs  neue,  und  diesmal  ohne  jeden  Ruhm,  den  Gegnern 
erlag. 

Die  Zustände  in  Athen  zeigen  deutlich  Lysias1  Reden  28.  29.  27. 
19.  22.  Or.  19  (über  das  Vermögen  des  Aristophanes)  ist  eine  Vertheidi- 
gung  gegen  Anklagen  genau  derselben  Art,  wie  sie  Lysias  in  den  anderen 
vier  Reden  erhebt ;  welcher  von  diesen  (gegen  Ergokles,  Philokrates,  Epi- 
krates, die  Kornhändler)  der  Preis  der  Gemeinheit  zuzuerkennen  ist, 
dürfte  schwer  zu  entscheiden  sein.  —  Weiteres  bieten  Aristophanes'  Ek- 
klesiazusen.  Von  finanziellen  Massregeln  werden  hier  v.  814  ff.  erwähnt 
eine  Salzsteuer,  eine  vorübergehend  eingeführte  Kupfer  Währung,  und  die 
Einführung  einer  tstTspaxoorfi  durch  Euripides,  die  auch  nichts  ein- 
brachte. 

872.  Jetzt  aber  schien  dieser  Moment  nicht  mehr  fern. 
Wenn  Sparta  zur  See  weitere  Fortschritte  machte,  wenn  es 
Teleutias  gelang,  Rhodos  zu  gewinnen,  musste  Athen  capitu- 
liren  wie  im  J.  404.  Da  hat  Thrasybul  durchgesetzt,  dass 
es  sich  noch  einmal  aufraffte.  Bei  den  Friedensverhandlungen 
hatte  er,  wie  es  scheint1),  sich  nicht  ablehnend  verhalten; 
jetzt  aber  stellte  er  den  Athenern  vor,  dass  sie,  wenn  sie 
nicht  auf  den  Krieg  verzichten  wollten,  versuchen  müssten, 
die  alte  Seeherrschaft  wieder  zu  erlangen ;  auch  seien  die  Aus- 
sichten günstig  genug,  falls  sie  mit  genügender  Macht  auf- 
träten. So  setzte  er  durch,  dass  ihm  40  Trieren  bewilligt 
wurden  —  mehr  konnte  Athen  zur  Zeit  neben  den  10  nach 
Cypern  gesandten  Schiffen  auch  bei  äusserster  Anspannung 
des  Steuerdrucks  nicht  aufbringen.  An  der  Spitze  dieses 
Geschwaders  -  ging  er,  von  einer  Anzahl  ihm  befreundeter 


')  Falls  nämlich,  im  Anschluss  an  die  Scholien,  die  dunkle  An- 
spielung bei  Aristophanes  eccles.  856  vgl.  203  (§.  865  A.)  richtig  so  ge- 
deutet wird. 


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262 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


Strategen  begleitet,  im  Frühjahr  118!)  in  See,  zunächst  mit  dem 
Auftrag,  den  rhodischen  Demokraten  Hülfe  zu  bringen.  Statt 
nach  Rhodos  wandte  er  sich  aber  nach  dem  alten  Schauplatz 
seines  Ruhms,  nach  Thrakien  und  dem  Hellespont.  Er  hatte 
vollen  Erfolg.  Eine  Stadt  nach  der  andern  verjagte  die  sparta- 
nischen Harmosten  und  die  Oligarchien  und  trat  zu  ihm  über, 
Thasos,  Samothrake,  die  Ortschaften  der  Ghersones,  sodann 
Byzanz  und  Ghalkedon.  Pharnabazos  unterstützte  ihn;  den 
Odrysenkönig  Amadokos  versöhnte  er  mit  seinem  an  der 
Propontis  machtigen  Vasallen  Seuthes  (§.  b'3t3)  und  stellte  das 
alte  Verhältniss  Athens  zu  dem  thrakischen  Reich  wieder  her. 
Dann  ging  er  nach  Lesbos,  wo  bisher  nur  Mytilene  zu  Athen 
hielt,  verstärkte  sein  Landungsheer  von  400  Hopliten  durch 
die  Truppen  von  Mytilene  und  die  Flüchtlinge  aus  den  übrigen 
Städten,  besiegte  und  erschlug  den  spartanischen  Harmosten 
von  Methymna,  Theriraachos ,  und  gewann  die  ganze  Insel. 
Ghios  und  die  Kykladen  standen  schon  seit  394  mit  Athen 
im  Bündniss,  ebenso  Rhodos,  während  Samos,  Knidos  und 
wohl  auch  Kos  zu  Sparta  zurückgetreten  waren ;  jetzt  schlössen 
sich  weitere  Orte  an  der  Küste  an,  so  der  Demos  von  Klazo- 
menae,  der  in  alter  Weise  mit  den  Aristokraten,  die  sich  in 
Ghyton  auf  dem  Festlande  behaupteten,  in  ununterbrochener 
Fehde  lag.  Halikarnass  wurde  von  Thrasybuls  Collegen  Er- 
gokles  besetzt.  Ucberall  stellte  Thrasybul  die  Verhältnisse  des 
alten  attischen  Reichs  wieder  her;  die  Aristokratien  wurden 
durch  Demokratien  ersetzt,  die  fünfprocentige  Bundessteuer,  die 
413  an  Stelle  der  Tribute  getreten  war,  wieder  eingeführt,  dazu 
andere  Abgaben  und  Contributionen  erhoben;  an  die  Stelle 
der  spartanischen  Harmosten  traten,  wo  es  nöthig  war,  athe- 
nische Gommandanten  und  Besatzungen,  im  Bosporus  wurde 
der  von  Alkibiades  eingeführte  Sundzoll  von  10  °/o  aller  durch- 
passirenden  Waaren  wieder  hergestellt.  Bis  freilich  diese 
Massregeln  Ertrag  brachten,  musste  geraume  Zeit  vergehen; 
einstweilen  sah  sich  Thrasybul,  um  seine  Flotte  zu  erhalten, 
wesentlich  auf  freiwillige  Beiträge  und  Erpressungen  Und  auf 
Raubzüge  in  Feindesland  angewiesen. 


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Thrasybuls  Versuch  einer  Wiederherstellung  des  attisehen  Reichs.  203 

Die  Zeit  des  Zuges  Thrasybuls  (Xen.  IV,  8.  25  IT.  vgl.  31.  Diod. 
XIV.  04,  wonach  er  bei  Lesbos  durch  Sturm  23  Trieren  verliert)  wird 
durch  Aristophanes'  Plutos  (Anfang  888)  sicher  datirt;  derselbe  ist  deut- 
lich nach  seinem  Auszug,  aber  vor  seinem  Tod  aufgeführt  (v.  550).  Dazu 
stimmt  die  aus  Xenophon  zu  gewinnende  Chronologie.  Nur  ist  zu  be- 
achten, dass  Xenophon  zunächst  Thrasybuls  Feldzug  und  die  weiteren 
Kämpfe  am  Hellespont  im  Zusammenhang  bis  Ende  ;->*8  erzählt  (IV,  8, 
25—39),  und  dann  mit  V,  1,  1  die  gleichzeitigen  Kämpfe  auf  Aegina 
nachholt.  Pamphilos*  Missgeschick  auf  Aegina  V,  1,  2  fällt  noch  ins 
J.  389  (Aiist.  Plut.  174),  im  Spätsommer  dieses  Jahres  wird  Teleutias 
(Vauarch  390/89)  durch  Hierax  ersetzt  (V,  1,  3),  Spätsommer  388  tritt 
Antalkidas  an  dessen  Stelle  (V,  1,  C);  hier  wird  dann  mit  Nikolochos' 
Hülfszug  nach  Abydos  an  den  Schluss  von  IV.  8  angeknüpft.  —  Dass 
Thrasybul  die  Expedition  beantragt  bat,  sagt  Lys.  28,  4.  Seine  Opera- 
tionen haben  sich  bis  ins  J.  333  ausgedehnt ;  sein  Aufenthalt  auf  Lesbos 
mag,  wie  Peloch  vermuthet ,  in  den  Winter  381*3  fallen.  —  Auf  die 
tbrakischen  Verhältnisse  bezieht  sich  das  Fragment  CIA.  II,  12  b  (suppl. 
p.  7);  ferner  CIA.  U,  12,  wo  Chabrias  erwähnt  wird,  der  vielleicht  mit 
Thrasybul  zusammen  in  Thrakien  operirt  hat,  ehe  er  nach  Korinth  ging. 
Später  ist  Iphikrates  fOr  Seulhes  eingetreten:  Nepos  I^h.  2,  1.  —  Thasos 
(vgl.  Xen.  V,  1,  7):  CIA.  II,  IIb  (suppl.  p.  5).  11t.  Klazomenae  (vgl. 
Ephoros  lb.  19  fr.  136  bei  Steph.  Byz.  Xotöv.  Aristot.  pol.  VIII,  2.  12): 
ib.  14  b.  DS.  73;  beide  Decrete  erwähnen  die  Einführung  der  etxoorfj 
durch  Thrasybul.  Pecret  für  einen  Chier  aus  dem  J.  388/7  CIA.  II,  13 
(dazu  suppl.  p.  7).  Die  Amphiktionie  von  Delos  wird  schon  390/89  wieder 
von  Athen  verwaltet:  CIA.  II,  813b.  suppl.  p.  19G.  —  Zu  Byzanz  vgl. 
Demosth.  20,  60. 

873.  In  Athen  haben  Thrasybulos'  Erfolge  die  höchsten 
Erwartungen  erregt ;  schon  sah  man  im  Geiste  die  alte  Herr- 
lichkeit wiederkehren.  Die  Komödie,  die  Aristophanes  Anfang 
388  auf  die  Bühne  brachte,  schloss  mit  dem  Einzug  des  Gottes 
des  Reichthums  in  seine  alte  Wohnstätte,  den  Opisthodomos 
auf  der  Burg.  Aber  man  hatte  sich  verrechnet.  Was  man 
ersehnte,  war  nicht  Macht,  sondern  Geld ;  und  das  kam  nicht 
ein.  Die  von  Thrasybul  neu  erschlossenen  Einnahmen  wurden 
von  der  Flotte  verschlungen,  die  erhobenen  Steuern  wurden 
nicht  ersetzt,  die  Schiffe  verbraucht,  die  Kräfte  seiner  Mann- 
schaften stark  in  Anspruch  genommen.  Man  war  thatsäch- 
Hch  nicht  weiter  als  in  den  letzten  verzweiflungsvollen  Jahren 
des  vorigen  Krieges,  nur  dass  die  Flotte  nur  noch  etwa  halb 


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26*4 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien 


so  stark  war  und  dass  die  Bürgerschaft  die  Kraft  verloren 
hatte,  sich  zu  so  heroischen  Entschlüssen  aufzuraffen,  wie 
damals.  Dazu  hatten  die  Spartaner  das  wirksamste  Gegen- 
mittel ergriffen.  Bisher  hatten  die  Aegineten,  seit  404  wieder 
im  Besitz  ihrer  alten  Heimath,  sich  neutral  gehalten,  um  sich 
nicht  noch  einmal  der  Gefahr  der  Vernichtung  auszusetzen; 
jetzt  aber  sandten  die  Ephoren  den  Eteonikos,  den  alten  Ge- 
nossen des  Kallikratidas  und  Lysander,  nach  der  Insel,  und 
eröffneten  einen  Kaperkrieg  gegen  Attika  selbst  und  den  at- 
tischen Handel.  Die  Athener  suchten  sich  zu  wehren,  so  gut 
es  ging;  sie  schickten  Pamphilos  mit  10  Schiffen  nach  Aegina, 
und  dieser  setzte  sich  auch  in  der  Nähe  der  Stadt  fest.  Aber 
der  Nauarch  Teleutias  kam  von  Rhodos  herüber  und  verjagte 
seine  Schiffe.  Sein  Nachfolger  Hierax  Hess  dann,  als  er  im 
Spatsommer  H89  nach  Rhodos  ging,  seinen  Adjutanten  Gor- 
gopas  mit  12  Trieren  bei  Aegina  zurück,  und  dieser  zwang 
die  Athener,  die  Insel  zu  räumen,  und  setzte  darauf  den 
Piratenkrieg  energisch  fort.  Gleichzeitig  kamen  aus  den  bundes- 
genössischen  Städten  und  von  den  Parteigängern  Athens 
Klagen  über  die  von  Thrasybul  und  seinen  Genossen  verübten 
Grausamkeiten  und  Erpressungen ;  und  die  Demagogen  daheim 
erklärten,  dass  die  Feldherrn  die  gewaltigen  Summen,  die  sie 
eingenommen  haben  müssten,  selbstverständlich  in  die  eigene 
Tasche  gesteckt  hätten.  Dazu  kam  das  Misstrauen  des  ge- 
meinen Mannes  gegen  Thrasybul ;  als  ächte  Demokraten  fühlten 
die  Athener  sich  verletzt,  weil  Thrasybul,  der  letzte  Repräsen- 
tant der  alten  Zeit,  sich  für  besser  hielt  als  das  Gesindel. 
So  absurd  es  klingt,  sie  waren  des  Glaubens,  in  dem  Manne, 
der  zweimal  Athen  aus  den  Händen  der  Oligarchen  gerettet 
hatte,  stecke  ein  zweiter  Dionysios.  So  wurde  der  Beschluss 
gefasst,  ein  Verzeichniss  aller  von  den  Städten  erhobenen 
Gelder  aufzustellen  und  Thrasybul  und  seine  Collegen  zur 
Rechenschaftslegung  nach  Athen  zu  rufen.  Im  Lager  Thra- 
sybuls  war  die  Entrüstung  gross ;  Ergokles  forderte  ihn  auf,  mit 
der  Flotte  Byzanz  zu  besetzen  und  sich  mit  Seuthes  zu  verbinden, 
und  so  das  sykophantische  Gesindel  zu  Paaren  zu  treiben.  So 


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Krieg  auf  Aegina.   Anklagen  gegen  Thrasybul ;  sein  Ausgang.  265 

weit  wollte  freilich  Thrasybul  nicht  gehen;  aber  er  ignorirlc 
den  Beschluss  und  zog  mit  der  Flotte  nach  Pamphylien,  um 
auch  hier  Gelder  beizutreiben.  Hier  ist  er  bei  einem  Raub- 
zug seiner  Soldaten  von  den  Aspendiern  des  Nachts  überfallen 
und  erschlagen  worden  (388  v.  Chr.).  So  ruhmlos  sein  Tod 
war,  er  hat  ihn  der  traurigen  Alternative  überhoben,  entweder 
zum  dritten  Male  die  Waffen  gegen  die  Regierung  seiner 
Heimath  zu  tragen,  diesmal  aber  gegen  die  von  ihm  selbst 
begründete  Demokratie,  oder  sich  den  attischen  Gerichten  zu 
stellen.  Nach  seinem  Tode  brach  der  Processkrieg  aus,  und 
die  Demagogen  konnten  die  wüstesten  Orgien  feiern.  Pam- 
philos  kam  mit  einer  schweren  Geldstrafe  davon;  Ergokles, 
und  vielleicht  auch  andere  seiner  Collegen,  wurde  zum  Tode 
verurtheilt,  ebenso  die  Gesandten  Nikophemos  und  Aristophanes 
auf  Cypern  (§.  870),  denen  man  das  Urtheil  sandte,  ohne  ihnen 
die  Möglichkeit  der  Vertheidigung  zu  gewähren.  Als  sich  dann 
in  dem  Nachlass  der  Hingerichteten  die  erwarteten  Summen 
nicht  fanden,  wurden  ihre  Verwandten  und  Freunde  mit 
weiteren  Processen  verfolgt. 

Krieg  auf  Aegina:  Xen.  V,  1,  1—5;  die  Athener  haben  sich  fünf 
Monate  auf  der  Insel  behauptet,  in  der  zweiten  Hälfte  von  389.  Pam- 
philos'  Process:  Aristoph.  Plut.  174  mit  den  Scholien  (Piaton  fr.  14 
Kock);  vgl.  Beloch,  Att.  Pol.  327  ff.  —  Thrasybuls  Tod:  Xen.  IV,  8,  30. 
Diod.  XIV,  99.  Nepos  Thrasyb.  4.  4.  Aristoph.  Plut.  550  6jitlc  (?axl) 
vu  öpaooßooXcp  Atovjsiov  slvat  Sjjloiov.  Die  inneren  Vorgänge  und  den  Pro- 
cess des  Ergokles  (vgl.  Demostb.  19,  180)  kennen  wir  nur  aus  Lysias  or. 
28.  29.  In  dieselbe  Zeit  gehört  die  Rede  gegen  Thrasybul,  die  Harpokr. 
wiederholt  unter  Lysias*  Namen  citirt,  mit  dem  Zusatz  ti  fvüjsioc,  (fr.  112 
bis  119).  Das  ist  gleichgültig;  ein  ächtes  Product  der  Zeit  war  sie  jeden- 
falls, vielleicht  aber  eine  Broschüre  in  Redeform,  keine  wirkliche  Process- 
rede.  —  Es  ehrt  Xenophon,  der  so  viel  Schlimmes  von  Athen  zu  er- 
zählen bat,  dass  er  diese  Vorgänge  verschweigt  und  durch  die  Worte 
*al  8pa36{JooXo£  (iiv  3yj  \>.aka  3oxö>v  iv/jp  ifaftöc  «Ivat  oütiü?  stsXsutyjObv 
ersetzt.  —  Hinrichtung  des  Nikophemos  und  Aristophanes:  Lyp.  or.  19. 
Sie  ist  wahrscheinlich  durch  die  Truppe  des  Chabrias  (§.  874)  ausgeführt; 
denn  der  anschliessende  Process,  in  den  Lysias'  Rede  gehört,  fällt  nach 
§.  50  frühestens  Ende  387.  Hierher  gehört  wohl  auch  die  Notiz  aus 
einer  zweiten  Rede  des  Lysias  über  denselben  Gegenstand  bei  Harpokr. 
Xvtpot  (fr.  5; :  snaio^  toivov  to&c  Xütpoo?  b  Af)fxapatog  ief/.tu  nf.ov.ooü$. 


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260 


IV,  4.  Sparta  im  Kriego  mit  Persien. 


874.  Das  Commando  der  Flotte  übernahm  der  grosse 
Volks beglücker  Agyrrhios.  Thatcn  hat  er  nicht  aufzuweisen; 
er  wird  versucht  haben,  gegen  den  spartanischen  Nauarchen 
Hierax  bei  Rhodos  die  See  zu  behaupten.  Inzwischen  machten 
die  Spartaner  den  Versuch,  die  verlorenen  Positionen  im 
hellespontischen  Bezirk  wieder  zu  gewinnen.  Sie  schickten  den 
Anaxibios  (§.  83(3)  mit  3  Trieren  und  1000  Söldnern  dem 
Derkylidas,  der  sich  in  Abydos  behauptete,  zu  Hülfe.  Zunächst 
hatte  Anaxibios  im  Piratenkriege  und  zu  Lande  im  Idagebiete 
manchen  Erfolg.  Aber  die  Athener  sandten  Iphikrates,  der 
inzwischen  von  Korinth  heimgeschickt  war  (§.  868),  mit 
1200  Peltasten  und  8  Schiffen,  und  diesem  gelang  es,  in 
einem  Engpass  bei  Abydos  die  Feinde  zu  überfallen.  Anaxi- 
bios selbst  fiel  im  Kampfe,  mit  ihm  250  Mann;  die  Spartaner 
waren  wieder  auf  Abydos  beschränkt.  Sonst  konnte  freilich 
auch  Iphikrates  nicht  viel  anderes  thun,  als  das  herkömmliche 
Erpressungssystem  fortzusetzen.  Inzwischen  verhielten  sich  die 
Hauptflotten  unthätig  in  den  Gewässern  von  Rhodos  undEphesos. 
Erst  Anfang  387  traf  der  Spartaner  Nikolochos  mit  25  Schiffen 
in  Abydos  ein.  Da  erhielt  auch  Iphikrates  Zuzug  unter  Dio- 
timos;  mit  32  Trieren  konnte  er  von  der  Chersones  aus 
Abydos  angreifen  und  in  arge  Bedrängniss  bringen.  —  Wäh- 
rend dessen  war  der  Seekrieg  bei  Aegina  weitergegangen: 
Eunomos,  dem  die  Athener  die  Deckung  ihrer  Küsten  über- 
trugen, konnte  mit  seinen  13  Schiffen  —  das  war  alles,  was 
Athen  in  seiner  Noth  noch  aufbringen  konnte  —  gegen  Gor- 
gopas  und  die  peloponnesischen  Kaper  wenig  ausrichten;  ja 
schliesslich  wurde  er  bei  Nacht  von  Gorgopas  an  der  Küste 
beim  Vorgebirge  Zoster  überfallen  und  verlor  4  Schiffe.  Athen 
gerieth  in  arge  Bedrängniss;  die  Getreidezufuhr  nach  dem  Pi- 
raeeus  war  schwer  behindert,  so  dass  während  des  Winters  3887 
in  der  Stadt  Theuerungspreise  herrschten.  Erst  im  nächsten 
Frühjahr  bekam  die  Stadt  wieder  Luft.  König  Euagoras  hatte  ein 
neues  Hülfsgesuch  nach  Athen  gesandt,  und  dies  schickte  ihm 
den  Ghabrias,  der  bisher  bei  Korinth  stand  (§.  868),  mit 
800  Peltasten  und  10  Schiffen.    Ghabrias  war^als  Kriegs- 


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Kämpfe  am  Hellespont,  auf  Aegina  und  Cypern.  2<>7 

künstler  dem  Iphikrates  ebenbürtig.  Er  setzte  sich  bei  Nacht  auf 
Aegina  in  einer  Felsschlucht  fest:  am  nächsten  Tage  landete 
ein  athenisches  Hoplitenheer  unter  Deraainetos,  und  als  nun 
Gorgopas  mit  den  Aegineten  und  der  Schiffsmannschaft  her- 
beieilte, wurde  er  von  zwei  Seiten  gepackt.  Er  selbst  fiel, 
und  mit  ihm  die  8  Spartiaten,  die  er  bei  sich  hatte,  und 
etwa  350  Mann  seines  Heeres.  Die  Schlappe  auszugleichen 
fehlte  es  den  Spartanern  an  Geld;  die  Matrosen,  die  nicht 
bezahlt  wurden,  weigerten  sich  die  Schiffe  zu  besteigen.  So 
hatte  Athen  die  See  wieder  frei.  Ghabrias  ging  zu  Euagoras. 
Der  geplanten  persischen  Rüstung  war  es  gegangen  wie 
gewöhnlich;  zu  einem  ernsthaften  Angriff  kam  es  überhaupt 
nicht,  zumal  Hekatomnos,  von  ehrgeizigen  Absichten  erfüllt, 
insgeheim  den  Rebellen  begünstigte.  So  konnte  Euagoras  mit 
Chabrias'  Hülfe  fast  die  ganze  Insel  bis  auf  Kition  erobern. 

Agyrrhios:  Xen.  IV,  8,  31.  Diod.  XIV,  99.  Plato  com.  fr.  185 
[I,  652  Kock].  Krieg  am  Hellespont:  Xen.  IV,  s.  31—30.  V,  1.  C.  7.  25 
[wo  Diotimos  nachträglich  genannt  wird,  vgl.  Lys.  19,  50;  derselbe  hatte 
vorher  gegen  Sikyon  operirt:  schol.  Aristid.  p.  275  Dindorf].  —  Krieg 
bei  Aegina:  Xen.  V,  1,  5—9.  Theuerung  in  Athen:  Lys.  22.  8  [zur  Zeit- 
bestimmung Wilamowitz,  Arist.  II,  374].  Chabrias:  Xen.  V.  1,  10 — 13 
Demosth.  20,  76.  Nepos  Chabr.  2.  2.  Diod.  XIV,  110.  5.  XV,  2,  4.  Heka- 
tomnos' Verhalten:  Diod.  XV,  2,  3.  Isokr.  4f  162. 

Der  Königsfriede. 

875.  In  elenden  Scharmützeln  und  schmachvollen  Er- 
pressungen schleppte  der  Krieg  sich  von  Jahr  zu  Jahr  hin ;  je 
länger  er  dauerte,  desto  mehr  gewann  er  zu  Lande  wie  zur 
See  den  Charakter  einer  Räuberfehde.  Keiner  der  sich  be- 
kämpfenden Staaten  hatte  genügende  Mittel  um  der  Gegner  Herr 
zu  werden.  Athen,  ehemals  das  Bild  gesunder,  emporstreben- 
der Volkskraft,  bot  jetzt  das  traurige  Schauspiel  ohnmächtiger 
Prätension:  an  diesen  elenden  Zuständen  ging  jede  achtungs- 
werthe  Persönlichkeit  zu  Grunde.  Argos,  dessen  Politik  einzig  von 
der  Kriegsscheu  geleitet  war,  machte  sich  mit  seinen  Ansprüchen 


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268 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


nur  lächerlich;  es  hat  gar  nichts  mehr  geleistet,  und  ebenso  wenig 
der  boeotische  Bund.  Diesen  Gegnern  gegenüber  musste  Sparta 
immer  noch  imponiren:  es  war  doch  noch  ein  achtunggebieten- 
der Staat  mit  einer  Festgefügten  Macht  und  consequenter 
politischer  Leitung.  Aber  ihm  fehlte  sowohl  eine  seinen  jetzigen 
Aufgaben  gewachsene  Kriegsmacht,  wie  das,  was  diese  hätte 
ergänzen,  ja  ersetzen  können,  das  Geld ;  und  so  konnte  es  aus 
eigener  Kraft  nicht  ans  Ziel  gelangen.  Doch  war  es,  eben  weil 
es  noch  eine  wirkliche  politische  Macht  war,  allein  von  allen 
griechischen  Staaten,  abgesehen  von  dem  mächtigen  sicilischen 
Reich,  im  Stande,  diese  Mängel  durch  diplomatische  Mittel  zu 
ersetzen.  Dadurch  ist  es  ihm  möglich  geworden,  dem  Krieg 
ein  Ende  zu  setzen,  der  sich  sonst  unabsehbar  und  völlig 
resultatlos  hätte  hinschleppen  können.  Im  J.  388,  unter  der 
Einwirkung  der  Erfolge  Thrasybuls,  that  es  den  entscheiden- 
den Schritt.  Antalkidas  wurde  zum  Nauarchen  ernannt,  mit 
dem  Auftrag  nicht  sowohl  das  Gommando  der  Flotte  zu  über- 
nehmen, als  vielmehr  die  Verhandlungen  mit  Persien  wieder 
anzuknüpfen,  die  schon  einmal  beinahe  zum  Ziele  geführt 
hatten.  Zugleich  wandte  es  sich  aufs  neue  an  Dionysios  mit 
der  Aufforderung,  jetzt  endlich  seinem  getreuen  Alliirten  den 
schuldigen  Gegendienst  zu  leisten ;  und  Dionys,  jetzt  in  sicherem 
Besitz  seiner  Macht  und  mitten  auf  dem  Wege  zu  grossen 
neuen  Erfolgen  —  er  hatte  gerade  die  Belagerung  von  Rhegion 
begonnen  — ,  war  dazu  bereit.  Dass  er  zu  der  Olympien- 
feier im  Hochsommer  388  eine  glänzende  Festgesandtschaft 
schickte  mit  zahlreichen  Viergespannen  und  Rhapsoden  für  den 
Vortrag  seiner  Gedichte,  war  die  Ankündigung,  dass  er  fortan 
die  Verhältnisse  des  Mutterlandes  nicht  unbeachtet  lassen  werde. 

876.  In  Athen  war  man  sich  der  drohenden  Gefahr  be- 
wusst  und  suchte  ihr  zuvorzukommen.  An  den  Perserkönig 
wurde  eine  Gesandtschaft  geschickt,  um  ihn  bei  dem  alten 
Bündniss  festzuhalten,  geführt  von  dem  grossen  Volksmann 
Epikrates  und  seinem  Antipoden,  dem  Conservativen  Phor- 
misios.  Dagegen  sah  man  ein,  dass  man  Dionysios  nicht  ge- 
winnen könne;  die  schönen  Hoffnungen,  mit  denen  man  sich 


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Sparta  verhandelt  mit  Persien  und  Dionys.  Lysias  gegen  Dionys.  209 

in  Konons  Zeiten  getragen  hatte,  waren  längst  begraben.  So 
versuchte  man  sich  seiner  zu  erwehren,  indem  man  die  popu- 
lären Leidenschaften  gegen  den  Tyrannen  aufhetzte.  Lysias, 
der  gewandte  Advocat,  war  der  gegebene  Mann,  das  stolze 
Programm  der  radicalen  Demokratie  vor  aller  Welt  zu  ver- 
künden. Er  ging  nach  Olympia  und  stellte  in  kunstvoller 
Rede  der  zu  den  Festspielen  versammelten  Hellenenwelt  vor, 
wie  unrecht  sie  thue,  sich  in  blutigem  Hader  zu  zerreissen 
und  dadurch  auf  der  einen  Seite  die  Macht  des  Tyrannen, 
auf  der  andern  die  des  Perserkönigs  gross  zu  ziehen,  die 
mit  ihren  Geldmitteln  und  ihrer  Seemacht  Hellas  erdrücken 
könnten;  Sparta,  das  sich  durch  seine  Thaten  die  Führer- 
schaft in  Hellas  gewonnen  habe,  thue  sehr  unrecht,  das  zu 
dulden,  statt  sich  durch  einen  Kampf  für  die  Freiheit  nach 
dem  Muster  des  Herakles  unsterblichen  Ruhm  zu  erwerben. 
Vielleicht  glaubte  der  Redner  in  der  That,  durch  diese  Worte 
auf  die  Spartaner  Eindruck  machen  zu  können ;  dass  es  Athen 
gewesen  war,  das  mit  seinen  Bundesgenossen  den  Krieg  in  Hellas 
entzündet  und  den  Perserkönig,  den  Sparta  bekriegte,  zur  ent- 
scheidenden Macht  im  Aegaeischen  Meer  erhoben  hatte,  ver- 
schwieg er  wohlweislich.  Er  forderte  die  Versammelten  auf, 
zur  That  zu  schreiten  und  an  dem  Tyrannen  von  Sicilien 
ein  Exempel  zu  slatuiren.  Lysias'  Worte  haben  Erfolg  gehabt: 
der  Pöbel  insultirte  Dionysios'  Festgesandtschaft  und  plünderte 
ihre  Zelte.  Dass  sie  durch  ein  derartiges  Auftreten  das  Gegen- 
theil  von  dem  erreichten,  was  sie  erstrebten,  und  den  mäch- 
tigen Herrscher  vollends  den  Spartanern  in  die  Arme  trieben 
—  diese  Einsicht  zu  fordern,  hiesse  in  der  That  von  über- 
zeugten Demokraten  zu  viel  verlangen. 

Die  Vorgänge  in  Olympia :  Diod.  XIV,  109.  Lysias"  Bede  (or.  83) 
ist  durch  Dion.  Hai.  de  Lys.  29  theilweise  erhalten ;  sie  illustrirt  drastisch 
die  allgemeine  politische  Situation  und  zeigt,  dass  die  Coalition,  die  An- 
fang 386  zum  Ziele  führte,  damals  bereits  in  der  Bildung  begriffen  war. 
Antalkidas'  Nauarchie:  Xen.  V,  1,  6.  Epikrates  und  Phormisios  als  Ge- 
sandte: Plato  Jlobßr.;  fr.  119  (Kock  p.  633);  weiteres  §.  896.  [Die 
Anekdote  Hegesanders  Athen.  VI,  251a  =  Plut.  Pelop.  30  hat  keinen 
Werth]. 


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270 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


877.  Antalkidas  hat  gegen  Ende  des  Sommers  388  das 
Gommando  der  Flotte  übernommen  und  seinen  Adjutanten 
Nikolochos  nach  dem  Hellespont,  Gorgopas  aufs  neue  nach 
Aegina  gesandt  (§.  874).  Er  selbst  ging  nach  Susa.  Hier 
fand  er  die  günstigste  Aufnahme.  Tiribazos,  der  beim  König 
immer  in  Gnade  geblieben  war,  unterstützte  seine  Pläne  eifrig, 
Artaxerxes  selbst  fand  grosses  Wohlgefallen  an  dem  gewandten 
Unterhändler.  Das  Ausschlaggebende  war  die  politische  Situ- 
ation. Der  Hass  gegen  Sparta  war  allmählich  verraucht, 
die  Absurdität  einer  weiteren  Unterstützung  Athens  einleuch- 
tend, wo  dieses  sein  Reich  wieder  aufrichtete,  seine  Herrschaft 
auf  Städte  des  Festlands  ausdehnte,  und  den  Rebellen  Euagoras 
unterstützte.  Entscheidend  wurde,  dass  der  König  freie  Hand 
haben  wollte,  diesen  niederzuwerfen  und  zugleich  Aegypten 
,  wieder  zu  erobern.  So  einigte  sich  der  König  mit  Sparta  auf 
Grund  der  von  diesem  fünf  Jahre  zuvor  gemachten  Vorschläge : 
das  asiatische  Festland  sowie  von  den  Inseln  Cypern  und 
Klazomenae  sollten  ihm  überlassen  bleiben,  alle  übrigen  Griechen- 
städte, gross  und  klein,  frei  sein;  jede* Widersetzlichkeit  werde 
der  König  in  Gemeinschaft  mit  den  gleichgesinnten  Staaten 
mit  allen  Mitteln  bekämpfen.  Den  Athenern  wurde  die  von 
Sparta  391  gebotene  Concession  gewährt ,  dass  sie  die  drei 
Klerucheninseln  behalten  sollten.  —  Um  die  neue  Politik 
durchzuführen,  wurde  Tiribazos  aufs  neue  als  Statthalter  nach 
Sardes  und  Ionien  geschickt,  und  Pharnabazos  in  hohen  Ehren 
abberufen,  eine  Tochter  des  Königs  zu  heirathen;  an  seine 
Stelle  trat  als  Satrap  des  hellespontischen  Gebiets  Ariobarzanes. 
Mit  Tiribazos  zusammen  trat  Antalkidas  im  Sommer  387  den 
Rückweg  nach  Kleinasien  an. 

Die  Formel  des  Friedens:  Xen.  V,  1,  31  =  Diod.  XIV,  110.  Isokr. 
14,  10.  Tiribazos  und  Ariobarzanes:  Xen.  V,  1,  28.  Antalkidas  am  Perser- 
hof: Plut.  Artax.  21  f.  Peiop.  30.  Athen.  II,  48  e.  Aelian  v.  h.  XIV,  39. 
Rücksicht  auf  Euagoras:  Justin  VI,  6.  Diod.  XIV,  110,  5.  —  Die  angeb- 
liche Feindschaft  zwischen  Agesilaos  und  Antalkidas  Plut.  Ages.  23  hat 
schwerlich  historische  Bedeutung.  Mit  Antalkidas'  Politik  war  Agesilaos 
vollkommen  einverstanden;  er  hat  bei  ihrer  Durchführung  entscheidend 
mitgewirkt. 


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Antalkidas  in  Susa.    Entscheidende  Massregeln  Spartas.  271 


878.  Während  in  Susa  die  Entscheidung  fiel,  hatte  sich  \ 
Sparta  endlich  wieder  zu  einem  neuen  Angriff  auf  Argos 
aufgerafft.  Diesmal  trat  der  junge  König  Agesipolis  an  die 
Spitze  des  Heeres.  Nachdem  er  sich  von  den  Orakeln  ge- 
wissenhaft die  Erlaubniss  hatte  geben  lassen,  sich  über  die 
heiligen  Monate  hinwegzusetzen,  fiel  er  im  J.  387  in  das  Ge- 
biet von  Argos  ein  und  rückte  gegen  die  Stadt  selbst  vor; 
indessen  wagte  er  doch  keinen  ernstlichen  Angriff,  sondern 
zog  schliesslich  unverrichteter  Dinge  wieder  ab.  Sonst  scheinen 
während  des  Sommers  die  Waffen  geruht  zu  haben.  Als  aber 
im  Herbst  387  Antalkidas  nach  Kleinasien  zurückkehrte,  traf 
er  sofort  die  Massregeln  für  den  entscheidenden  Schlag.  Er 
selbst  ging  zu  Lande  nach  Abydos  und  knüpfte  zugleich  mit 
Chalkedon  Verhandlungen  an.  Dionysios  entsandte  20  Schiffe 
unter  dem  Gommando  seines  Schwagers  Polyxenos  in  die 
griechischen  Gewässer,  und  die  neuen  Satrapen  Tiribazos 
und  Ariobarzanes  begannen  gleichfalls  aufs  neue  eine  Flotte 
auszurüsten.  So  zog  sich  wieder  wie  im  J.  405  das  Ungewitter 
drohend  um  den  Hellespont,  den  Lebensnerv  Athens,  zusammen. 
Athen  that,  was  es  konnte,  der  Gefahr  zu  begegnen ;  Iphikrates 
ging  nach  Byzanz,  die  Strategen  Demainetos,  der  zu  Anfang 
des  Jahres  den  Angriff  des  Chabrias  auf  Aegina  unterstützt 
hatte  (§.  874),  Dionysios,  Leontichos,  Phanias  wurden  nach 
Abydos  geschickt,  Thrasybul  von  Kollytos  folgte  mit  8  weiteren 
Schiffen  und  nahm  zunächst  bei  Tenedos  Stellung.  Antalkidas 
brach,  in  der  vorgegebenen  und  laut  verkündeten  Absicht, 
Chalkedon  Hülfe  zu  bringen,  bei  Nacht  von  Abydos  auf:  die 
athenischen  Feldherrn  folgten  ihm  schleunigst  mit  allen  Schiffen. 
Aber  er  lief  in  eine  gedeckte  Bucht  bei  Perkote  nördlich  von 
Abydos  ein  und  Hess  sie  vorbeifahren;  und  als  dann  Thra- 
sybul versuchte,  den  Hellespont  zu  durchfahren,  um  sich  mit 
dem  Gros  zu  vereinigen ,  wurde  er  mit  seinen  8  Schiffen  von 
Antalkidas  abgefangen.  Darauf  zog  dieser  die  Syrakusaner 
und  die  persischen  Schiffe  an  sich  heran  und  brachte  seine 
Flotte  auf  über  80  Schiffe.  Der  Hellespont  war  in  seiner 
Gewalt,  die  attische  Flotte  im  Bosporos  von  der  Heimath  ab- 


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272 


IV,  4.  Sparta  im  Kriege  mit  Persien. 


geschnitten,  Athen  die  Zufuhr  unterbunden;  auch  König  Seutlies 
zog  es  vor,  mit  der  Macht  zu  gehen  und  wie  im  J.  400  auf 
die  Seite  Spartas  zurückzutreten.  Gleichzeitig  ging  Teleutias, 
jetzt  zum  dritten  Male  mit  der  Nauarchie  bekleidet,  im  Herbst  387 
nach  Aegina.  Er  hatte  schon  früher  verstanden,  seine  Leute 
an  sich  zu  fesseln;  unter  seiner  Führung  hoffte  die  Schiffs- 
mannschaft aufs  neue  Beute  und  damit  reichlichen  Lohn  zu 
gewinnen  und  war  bereit,  die  Schiffe  wieder  zu  besteigen. 
.Die  Athener  waren  keines  Angriffs  gewärtig;  so  konnte  er 
bei  Tagesanbruch  ungehindert  mit  12  Schiffen  in  den  Piraeeus 
eindringen  und,  ehe  die  Athener  zur  Besinnung  gekommen 
waren,  eine  grosse  Zahl  Kauffahrteischiffe  und  selbst  ein  paar 
Trieren  davonführen,  und  dann  die  ganze  Küste  bis  nach 
Sunion  hin  absuchen  und  abfangen,  was  ihm  in  den  Weg 
kam.  Die  Situation  war  reif  zur  Entscheidung;  zu  Anfang 
des  Winters  387  erliess  Tiribazos  die  Aufforderung  an  alle 
griechischen  Staaten,  Gesandte  zu  ihm  zu  schicken,  um  den 
Befehl  des  Königs  entgegen  zu  nehmen. 

Agesipolis  gegen  Argos:  Xen.  IV,  7,  vgl.  V,  1,  29.  Diod.  XIV,  79,  5 
(verschrieben  Agesilaos).  —  Die  Vorgänge  im  Hellespont  hat  Xenophon 
durch  die  gespreizte  Manier,  in  die  er  nicht  selten  verfällt ,  namentlich 
wenn  er  wie  hier  über  ihm  unangenehme  Dinge  möglichst  rasch  hinweg- 
kommen will,  sehr  unklar  und  ungenügend  erzählt.  Eine  wesentliche 
Ergänzung  gibt  Polyaen  II,  24.  Ferner  das  Bruchstück  eines  Psephismas 
für  Phanokritos  von  Parion,  der  die  athenischen  Feldherrn  trtpl  xü>v 
vecüv  xoü  napdtcXoo  [nämlich  des  Antalkidas]  gewarnt  halte:  CIA.  II,  38. 
DS.  74.  Dass  Kephalos  hier  in  seinem  Antrag  ausdrücklich  hervorhebt:  xoti 
r.  o:.  3Tparrtyo!  eniftovto,  kaXiuzav  5v  ott  xpir^ti^  a\  rtoXsfiiai,  bereitet  die 
peinliche  Anklage  gegen  Thrasybul  vor;  vgl.  Lys.  20,  23:  Tbrasybul  von 
Kol ly tos  (§.  13.  21)  toc£  vaö?  icpo^um  xal  ty4v  iröXiv  rcepl  aa»rr4pta^  £ou- 
Xsotodou  KtKGiYjxs ;  die  Gefangenen  müssen  für  ihre  Freigebung  80  Minen 
aufbringen ,  woraus  ihm  ein  weiterer  Vorwurf  gemacht  wird ,  ib.  24. 
Thrasybuls  Expedition  auch  Demosth.  57,  38.  42.  Seuthes'  Uebertritt: 
Aristid.  panath.  p.  282  Dindorf.  —  Teleutias  auf  Aegina:  Xen.  V,  1, 
13  fT.  —  Die  Zeit  des  Antalkidasfriedcns  unter  dem  Archon  Theodotos 
387/6  (Piod.  XIV,  110.  Aristid.  II,  p.  370  DwronF;  vgl.  §.  817  A.)  ist 
genauer  dadurch  bestimmt,  dass  das  vor  dem  Frieden  abgefasste  Pse- 
phisma  für  Klazomenae  CIA.  IV,  14  b.  suppl.  p.  7.  DS.  73  unter  Theo- 
dotos, natürlich  in  den  ersten  Monaten  seines  Amtsjahrs,  beschlossen  ist. 


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Athens  Bedrängniss.    Der  Königsfriede. 


273 


Die  Operationen  im  Hellespont  fallen  offenbar  in  den  Herbst,  ebenso  die 
des  neuen  Nauarchen  Teleutias  auf  Aegina;  der  Friede  kann  erst  An- 
fang 386  zum  Abschluss  gekommen  sein.  Vgl.  Swoboda,  MAT.  VIT,  180  ff. 
—  Ueber  Dionysios'  Politik :  Köhler,  MAI.  I. 

870.  In  Athen  war  man  in  fieberhafter  Aufregung.  Ein 
Gerücht  jagte  das  andere:  »die  Schiffe  im  Pontos  seien  ver- 
loren, sie  seien  von  den  Spartanern  genommen,  die  Häfen 
gesperrt,  der  Friede  werde  nicht  zu  Stande  kommen«  (Lys. 
22,  14).  Aufs  neue  stand  die  Hungersnoth  vor  der  Thür.  Die 
Extremen  wollten  auch  diesmal  den  Verzweiflungskampfwagen; 
hatte  man  doch  eben  erst  dem  Demos  der  Inselstadt  Klazomenae, 
die  der  König  für  sich  beanspruchte,  feierlich  die  Freiheit  und 
den  Schutz  gegen  alle  Feinde  zugesagt.  Aber  sie  drangen 
nicht  mehr  durch.  Wie  alle  anderen  betheiligten  Staaten 
schickten  auch  die  Athener  Gesandte  an  den  Satrapenhof  und 
nahmen  die  Bedingungen  entgegen,  die  der  König  den  Hellenen 
gnädig  gewährte.  Die  Ausführung  wurde  einem  Gongress  in 
Sparta  überlassen.  Athen  fügte  sich;  es  musste  froh  sein, 
dass  es  von  allen  Gegnern  noch  am  besten  davon  kam  und 
nicht  nur  seine  Autonomie,  seine  Mauern  und  Schiffe  und 
damit  seine  Bewegungsfreiheit ,  sondern  auch  die  drei  Inseln 
behalten  durfte.  Ernsthafteren  Widerspruch  erhoben  die 
Landmächte.  Korinth  wollte  von  der  Verbindung  mit  Argos 
nicht  ablassen,  Theben  die  Suprematie  über  Boeotien  be- 
haupten und  im  Namen  des  boeotischen  Bundes  den  Eid 
leisten.  Da  erwirkte  Agesilaos  von  den  Ephoren  den  Befehl, 
mobil  zu  machen,  und  damit  verstummte  der  Widerspruch. 
Theben,  das  jetzt  bitter  bereuen  mochte,  in  den  Jahren  391 
und  390  die  Verhandlungen  abgebrochen  zu  haben,  gab  die 
boeotischen  Städte  frei,  die  Argiver  zogen  aus  Korinth  ab. 
Zu  Anfang  des  J.  386  wurde  der  Königsfriede  von  allen 
griechischen  Staaten,  gross  und  klein,  beschworen,  und  über- 
all die  Bürgerheere  entlassen  und  die  Soldtruppen  aufgelöst. 
Die  Welt  des  Aegaeischen  Meeres  hatte  wieder  Ruhe. 

Annahme  und  Ausführung  des  Königsfriedens :  Xen.  V,  1,  29  ff. 
Strauben  Athens:  Plato  Menex.  245b  ff.  Aristid.  I,  p.  282  Dindorf. 

Meyer,  Geschichte  des  Altertlroms.   V  18 


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V.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 
Die  Cultur  der  Reactionszeit. 

Politische,  sociale  und  wlrthschaft liehe  Zustände  der 

Reactionszeit. 

880.  Das  Ergebniss  der  Erhebung  gegen  Sparta  und  des 
neunjährigen  Krieges  in  Griechenland  war,  dass  jetzt,  drei 
Menschenalter  nach  den  Siegen  von  Salamis  und  Plataeae, 
der  Perserkönig  der  Griechenwelt  sein  Gesetz  auferlegte.  Die 
asiatischen  Griechenstädte  waren  ihm  definitiv  überlassen,  und 
niemals  haben  Griechen  wieder  den  Versuch  machen  können, 
sie  ihm  zu  entreissen.  Spartas  Macht,  die  im  J.  400  bis  ins 
Schwarze  Meer  gereicht  hatte ,  war  jetzt  auf  das  Mutterland 
und  die  Inseln  beschränkt;  und  hier  regierte  es  als  Wächter 
und  Executor  der  von  Artaxerxes  erlassenen  Ordnung,  gründ- 
lich curirt  von  jeder  Anwandlung  einer  idealistischen  und 
nationalen  Politik.  Alle  anderen  Staaten  waren  erschöpft  und 
ohnmächtig.  Einzig  im  Westen  hatte  sich  eine  neue  starke 
Macht  gebildet,  die  an  Leistungsfähigkeit  Sparta  noch  über- 
traf und  weit  unabhängiger  dastand  als  dieses;  als  der  nächste 
nach  dem  Perserkönig,  wenn  auch  in  weitem  Abstand,  galt 
den  Zeitgenossen  der  Herrscher  des  sicilischen  Reichs.  Aber 
das  war  eine  Macht,  die  allem  ins  Gesicht  schlug,  was  den 
Hellenen  politisch  und  sittlich  als  Ideal  galt,  die  sie  als  wahren 
Staat  überhaupt  nicht  anerkennen  konnten,  sondern  als  frevel- 


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Die  Lage  nach  dem  Königsfrieden.  275 

hafte  Gewaltherrschaft  schlechthin  verurtheilten.  Mit  einander 
waren  die  drei  Mächte  eng  verbündet  und  erstickten  jedes 
Unabhängigkeitsgelüste  der  andern.  Der  Kampf  für  die  alt- 
ererbte  hellenische  Autonomie  erst  gegen  Athen,  dann  gegen 
Sparta,  hatte  mit  der  Unterdrückung  aller  Bewegungsfreiheit 
geendet.  Geblieben  war  von  dem  schönen  Programm,  mit  dem 
431  und  wieder  413  der  Krieg  gegen  Athen  eröffnet  war,  einzig 
die  Reaction  im  Inneren,  die  von  den  herrschenden  Mächten 
überall  in  den  Formen  durchgeführt  wurde,  welche  ihren 
Zwecken  dienten.  Im  Reich  des  Dionys  erschien  sie  als  Herr- 
schaft des  einen  Despoten,  in  Kleinasien  als  Herrschaft  der 
Satrapen,  im  Machtbereich  Spartas  als  Regiment  der  wahren 
Aristokraten ;  thatsächlich  bedeutete  sie  überall  die  unbedingte 
Unterordnung  unter  den  Willen  der  drei  Mächte. 

881.  Der  äusseren  Noth  entsprach  die  innere.  Furcht- 
bar hatte  die  Kriegszeit,  die  nun  mit  kurzen  Unterbrechungen 
schon  45  Jahre  andauerte,  überall  das  Land  verwüstet.  Und 
im  Gefolge  des  Kriegs  kam  die  Revolution,  die  eine  Stadt 
nach  der  andern  ergriff  und  die  Parteien  in  wüthendem 
Bürgerkrieg  verzehrte.  In  zahlreichen  Gemeinden  hatte  sie 
alle  Besitzverhältnisse  aufs  schwerste  erschüttert,  ja  oft  mehr- 
mals hintereinander  vollständig  umgestürzt.  Abgesehen  etwa 
von  Sparta  und  einigen  Theilen  des  Peloponnes  und  von  dem 
abgelegenen  Bergland  Aetolien,  sowie  von  Aussenposten  wie 
Massalia  und  den  Städten  des  Schwarzen  Meeres,  gab  es  kaum 
noch  ein  griechisches  Gemeinwesen,  in  dem  nicht  der  altererbte 
Wohlstand  vernichtet,  die  alten  Familien  ausgerottet  oder 
verarmt  und  ohne  Nachwuchs  hinweggestorben  waren.  Die 
Landwirthschaft  lag  vollständig  darnieder,  Handel  und  Industrie 
stockten,  die  Finanzen  der  Gemeinden  waren  gänzlich  zerrüttet ; 
Athen,  das  im  fünften  Jahrhundert  mit  Tausenden  von  Ta- 
lenten gewirthschaftet  hatte,  war  jetzt  froh,  wenn  es  ein- 
mal 20  Talente  zur  Verfügung  hatte.  Aus  der  ständigen 
Finanznoth  ist  im  Mutterlande  kein  Staat  je  wieder  heraus- 
gekommen. In  Italien  und  Sicilien  waren  durch  die  National- 
feinde und  durch  den  Kampf  gegen  Syrakus  um  die  Wette 


- 


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27()  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

die  meisten  der  ehemals  blühenden  Städte  vernichtet,  und  nicht 
alle  waren  auf  Dionys'  Machtwort,  in  völlig  veränderter  Ge- 
stalt, aus  den  Trümmern  wieder  erstanden.  Im  Mutterlande 
war  es  zum  Aeussersten  nur  in  vereinzelten  Fällen  gekommen, 
in  Aegina,  Plataeae,  Melos  und  einigen  chalkidischen  Städten, 
sowie  unter  Lysander  in  Sestos;  und  die  Restauration  hatte 
wenigstens  versucht  den  Schaden  wieder  gut  zu  machen. 
Aber  die  Verheerung  und  die  innere  Zersetzung  waren  darum 
nicht  minder  gross,  ja  nur  um  so  heilloser,  weil  hier  nicht, 
wie  im  Westen,  auf  den  Trümmern  ein  starker  und  leistungs- 
fähiger Staat  sich  erhob.  Nirgends,  ausser  in  Sparta  und 
jetzt  wieder  in  Athen,  bestanden  gefestete  Verhältnisse,  die 
irgend  welche  Garantie  der  Dauer  boten.  In  den  meisten 
Staaten  hatte  die  eine  Partei  die  andere,  soweit  sie  nicht  um- 
gebracht war,  ins  Exil  getrieben,  und  wenn  zur  Zeit  Sparta 
und  Persien  die  bestehenden  Zustände  gewaltsam  aufrecht 
erhielten,  so  warteten  die  Tausende  von  Exulanten,  die  in- 
zwischen kümmerlich  in  fremden  Gemeinden  oder  als  Soldknechte 
ihr  Leben  fristeten,  doch  nur  auf  die  erste  Gelegenheit,  um 
durch  eine  neue  Revolution  die  Heimkehr  zu  erzwingen  und 
blutige  Rache  zu  üben.  Zu  wie  furchtbarer  Verwilderung  die 
Parteikämpfe  geführt 'haben,  ist  uns  aller  Orten  entgegen  ge- 
treten ;  einen  drastischen  Ausdruck  dafür  bietet  der  Eid ,  den 
nach  Aristoteles'  Angabe  an  manchen  Orten  die  Oligarchen 
schworen:  »Ich  will  dem  Demos  schlecht  gesinnt  sein  und 
ihm  so  schlecht  rathen,  wie  ich  nur  immer  kann«  (pol.  VIII, 
7,  19),  und  das  Grabepigramm,  welches  man  in  diesen  Kreisen 
für  Kritias  und  seine  Genossen  verfasste:  »Das  ist  das  Grab- 
mal wackrer  Männer,  welche  dem  verfluchten  Demos  von 
Athen  eine  kurze  Zeit  die  Frechheit  gelegt  haben«  (schol. 
Aeschin.  1 ,  39).  —  Wie  tief  Griechenland  in  den  letzten 
25  Jahren  heruntergekommen  war,  veranschaulicht  die  winzige 
Zahl  von  Schiffen ,  mit  denen  man  jetzt  den  Seekrieg  führte : 
die  40  Trieren  Thrasybuls  waren  im  J.  389  eine  Ausschlag 
gebende  Macht.  Noch  bezeichnender  ist  vielleicht,  dass  die 
50  Talente,  welche  Timokrates  im  J.  395  nach  Griechenland 


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Das  Elend  der  Reactionszeit.    Der  Sieg  des  modernen  Geistes.  277 

brachte  (§.  855),  für  eine  gewaltige  Summe  galten,  welche  die 
Politik  aller  gegen  Sparta  verbündeten  Staaten  entscheidend  be- 
einflusst  habe.  Wohin  man  blickte,  herrschte  nichts  als  Elend 
und  hoffnungslose  Zersetzung:  nur  zu  furchtbar  hatten  sich  die 
trüben  Ahnungen  erfüllt,  mit  denen  Herodot  die  scheinbar  so 
hoffnungsfrohe  Entwickelung  von  Hellas  im  fünften  Jahrhundert 
betrachtet  hatte. 

882.  Der  grosse  Kampf  der  Parteien  um  die  politische 
Herrschaft  in  den  Einzelstaaten  und  der  mit  ihm  untrennbar 
verbundene  Spartas  und  des  Particularismus  gegen  Athen 
war  zugleich  ein  Ringen  zwischen  entgegengesetzten  wirt- 
schaftlichen Zuständen  und  ein  Ringen  zwischen  entgegenge- 
setzten Weltanschauungen  gewesen.  Die  fortschrittlichen  Ten- 
denzen hatten  den  Kampf  bis  aufs  äusserste  durchgekämpft; 
aber  sie  waren  erlegen.  Im  Namen  der  altererbten  An- 
schauungen und  der  Ordnungen  der  Vorzeit  hatte  Sparta  den 
Sieg  errungen  und  die  Herrschaft  angetreten ;  und  so  sehr  sich 
Dionys'  modernes  Reich  in  der  Theorie  und  in  der  Praxis 
von  der  von  Sparta  geschaffenen  Ordnung  unterscheidet,  ge- 
meinsam ist  beiden  das  streng  durchgeführte  Autoritätsprincip 
und  die  rücksichtslose  Umgestaltung  der  vorgefundenen  Zu- 
stände nach  dem  Bedürfniss  der  herrschenden  Macht.  In 
der  That  schaltete  ein  spartanischer  Harmost  in  einer  ab- 
hängigen Stadt  nicht  anders  als  in  Sicilien  und  Italien  Dionys 
und  seine  Vögte.  Sieht  man  jedoch  auf  den  Grund  der 
Dinge,  so  zeigt  sich,  dass  tatsächlich  der  moderne  Geist 
dennoch  gesiegt  und  auch  die  Herrscher  sich  unterworfen  hat. 
Dionys  hat  ihn  anerkannt ;  Sparta  konnte  ihn  nicht  anerkennen, 
ohne  die  Grundlagen  des  eigenen  Staatswesens  aufzuheben. 
Darauf  beruht  der  innere  Widerspruch,  über  den  Spartas 
Politik  nicht  hinauskam,  auch  da  nicht,  als  es  nach  Lysanders 
Sturz  versuchte,  ehrlich  sein  Programm  durchzuführen;  eben 
darum  hat  es  nicht,  wie  Dionys,  etwas  Neues  geschaffen,  son- 
dern nur  innerlich  abgestorbene  Zustände  künstlich  wieder  ins 
Leben  gerufen,  die  sofort  zusammenbrachen,  sobald  Sparta  sie 
nicht  mehr  schützen  konnte.   Die  Restauration,  die  es  durch- 


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278 


IV,  :,.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 


führte,  ist  in  Wahrheit  eine  durchweg  vom  modernen  Geist 
durchtränkte  Reaction  gewesen,  so  gut  wie  die,  welche  auf  die 
französische  Revolution  und  das  Weltreich  Napoleons  gefolgt 
ist.  Die  lebendigen  Kräfte,  welche  die  Gegenwart  bewegen, 
verläugnet  sie;  aber  die  alte  Zeit  ist  todt  und  begraben;  was 
sie  der  Welt  bietet,  ist  nur  ihr  fratzenhaft  verzerrtes  Abbild. 
Die  >Guten«  (/prptot),  die  »Idealisten«  (xaXoi  xaYafroi),  die  sie 
ans  Regiment  bringt,  sind  nicht  mehr  der  alte  ehrenhafte 
Adel  —  der  hat  längst  alle  Bedeutung  verloren  — ,  sondern 
die  Reichen,  und  ihre  Regierung  ist  eine  wüste  Glassenherrschafl 
so  arg  wie  die  der  schlimmsten  Demokraten;  an  der  Spitze 
stehen  oft  genug  gewissenlose  Emporkömmlinge  schlimmster 
Sorte,  die  es  verstanden  haben,  die  Gunst  der  Machthaber  zu 
gewinnen.  Gottesfurcht  und  fromme  Sitte  will  die  Restau- 
ration wieder  ins  Leben  rufen ;  aber  an  Stelle  der  alten  naiven 
Frömmigkeit  tritt  eine  formalistische  Religiosität,  wie  sie  Xeno- 
phon  zeigt,  der  typische  und  überzeugte  Repräsentant  der  Re- 
action in  der  Literatur.  Die  Moral  soll  die  Norm  alles  mensch- 
lichen Handelns  bilden;  aber  wenn  irgend  etwas,  so  ist  die 
doppelte  Wahrheit  der  Sophisten  dieser  Zeit  in  Fleisch  und  Blut 
übergegangen,  und  so  trägt  die  Moral,  sobald  sie  die  Entscheidung 
geben  soll,  eine  wächserne  Nase,  bei  den  Aristokraten  so  gut 
wie  bei  Dionys  und  bei  den  Demokraten.  Die  einzige  Richt- 
schnur des  Handelns  ist,  bei  Xenophon  unbewusst,  bei  Lysander 
und  Agesilaos  und  ihren  Genossen  mit  klarem  Bewusstsein, 
die  Nützlichkeit,  die  einzige  Norm  des  Urtheils  der  Erfolg  — 
denn  glückt  ein  Unternehmen,  so  ist  damit  erwiesen,  dass 
die  Götter  es  gut  geheissen  haben.  Die  Unterordnung  des 
Bürgers  unter  den  Staat  ist  das  Höchste;  aber  selbstverständ- 
lich nur,  wenn  der  Staat  so  gestaltet  ist,  wie  es  den  eigenen 
Idealen  entspricht;  andernfalls  hat  der  ächte  Conservative  das 
Recht  und  die  Pflicht,  ihn  gewaltsam  in  die  richtige  Gestalt 
zu  bringen  und  die  bösen  Demokraten  zu  vernichten,  die  in 
ihrer  Verblendung  dasselbe  Recht  für  sich  in  Anspruch  nehmen ; 
Xenophon  hat  nie  Skrupel  darüber  empfunden,  dass  er  bei 
Koronea  im  Dienste  des  Agesilaos  gegen  das  Heer  seiner 


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Die  Zustände  unter  der  Reaction.   Ideal  und  Wirklichkeit.  279 

Vaterstadt  gekämpft  hat.    Thatsächlich  ist  allein  die  Persön- 
lichkeit ausschlaggebend,  und  sie  wird  anerkannt  und  be- 
wundert, so  lange  sie  die  Macht  hat.    Die  militärische  Aus- 
bildung des  Burgers  ist  die  wichtigste  Aufgabe  des  Staats; 
aber  wie  Dionys  und  die  Demokratien  führt  auch  Sparta  jetzt 
seine  Kriege  wesentlich  mit  Söldnern  und  zum  Kriegsdienst 
gepressten  Unterthanen,  und  Xenophon  hat  seine  Laufbahn 
begonnen  als  Fuhrer  eines  heimathlosen ,  bunt  zusammen- 
gewürfelten Söldnerheers.    In  dem  allen  —  und  das  ist 
vielleicht  das  Trostloseste  an  dieser  trostlosen  Zeit  —  sind  die 
Gegner  um  nichts  besser.    Auch  das  restaurirte  Athen  steht 
unter  dem  Zeichen  der  Reaction:  auch  dieser  Staat  kennt 
keine  andere  Aufgabe  als  die  Wiederbelebung  und  künstliche 
Aufrechterhaltung  einer  Vergangenheit,  die  unwiederbringlich 
dahin  ist.  So  ehrlich  es  die  Führer  der  Restauration  meinten, 
sobald  Athen  sich  wieder  regen  kann,  beginnt  auch  hier  die 
wüste  Classenherrschaft.    Wohl  declamiren  alle  Athener  bis 
zum  Ueberdruss  von  der  Grösse  und  Herrlichkeit  des  Staats ; 
aber  das  Ideal  ist  die  Demokratie,  d.  h.  ins  praktische  über- 
setzt, wie  es  die  Redner  unzahlige  Male  aussprechen,  die 
Versorgung  der  Massen.    Was  ehemals  das  Mittel  war,  ist 
jetzt  der  Zweck  geworden;  die  Gewinnung  der  Macht  und  die 
Erfüllung  der  grossen  Aufgaben  der  Nation  sind  nur  noch  das 
Mittel  für  die  Lösung  der  Magenfrage.  So  ist  es  kein  Wunder, 
dass  für  die  nationalen  Aufgaben  kein  Interesse,  ja  kein  Ver- 
ständniss  mehr  vorhanden  war,  so  oft  man  auch  die  alten 
Phrasen  von  den  Grossthaten  der  Perserkriege  im  Munde 
führte.    Dass  ein  Mann  wie  Xenophon,  dem  doch  trotz  aller 
Beschränktheit  ideale  Gesinnung  nicht  fremd  war,  zu  Ruhm 
und  Einfluss  zu  gelangen  hoffte,  indem  er  in  die  Dienste  eines 
persischen  Prinzen  trat,  ist  charakteristisch  für  die  Genera- 
tion, welche  in  den  Nöthen  des  Todeskampfes  Athens  heran- 
gewachsen war.    »Ich  muss  mich  wundern  über  die  Macht- 
haber in  den  Städten,«  schreibt  Isokrates  im  J.  380,  »dass 
sie  mit  gewaltigen  Ansprüchen  auftreten,  aber  den  Gedanken 
eines  Nationalkrieges  gegen  Persien  niemals  ausgesprochen,  ja 


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280  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

auch  nur  gefasst  haben,  sondern  ihn  mir  überlassen,  der  ich 
mich  von  aller  Politik  fern  halte.  Ja  vielleicht  verlachen  mich 
viele  wegen  meiner  Einfalt,  dass  ich  mit  dem  Unglück  der 
Menschen  Mitleid  habe  in  einer  Zeit,  wo  Italien  verwüstet, 
Sicilien  geknechtet  ist,  wo  so  viele  Städte  den  Barbaren  aus- 
geliefert sind  und  die  übrigen  Theile  von  Hellas  in  den 
grössten  Gefahren  leben«  (4,  1(39.  170;  vgl.  ep.  9,  8.  15).  Für 
einen  wahren  Staatsmann  war  eben  in  Griechenland  kein 
Raum  mehr.  In  Athen  ist  Thrasybul  der  letzte  Nachzügler 
der  alten  Zeit  gewesen,  und  nur  ein  rechtzeitiger  Tod  hat  es 
verhindert,  dass  er  von  den  gemeinen  Mächten  zerrieben  wurde, 
welche  jetzt  die  Welt  beherrschten.  Als  dann  in  Theben  in 
Epaminondas  noch  einmal  ein  grosser  Mann  erstand,  hat  er 
nur  zerstören  können;  seine  Versuche,  aufzubauen,  sind  re- 
sultatlos geblieben.  Eine  Zukunft  hatte  die  Nation  nicht 
mehr,  sondern  nur  noch  eine  Vergangenheit. 

Die  wichtigste  Quelle  für  die  Erkennlniss  der  Zustände  Griechen- 
lands  sind  Isokrates'  Schriften,  der  Panegyrikos,  die  Friedensrede  und  der 
Brief  an  Archidamos,  und  der  Philippos,  die  von  dem  ständig  wach- 
senden Elend  ein  sehr  lebendiges  Bild  geben  und  für  die  wahren  Auf- 
gaben der  Nation  Sinn  und  Verständniss  haben,  welche  die  auf  ein  Partei- 
programm eingeschworenen  Schriftsteller  wie  Xenophon  und  Demosthenes 
nicht  zu  sehen  vermögen.  Mit  dem  gründlichen  Studium  dieser  Schriften 
muss  beginnen,  wer  die  griechische  Geschichte  des  vierten  Jahrhunderts 
und  die  Zeit  Philipps  verstehen  lernen  will.  —  üeber  die  wirthschaft- 
lichen  Zustände  s.  vor  allem  die  sehr  werthvolle  Zusammenstellung  bei 
Beloch,  Griech.  Gesch.  II,  836  ff. ,  die  aber  meines  Erachtens  zu  opti- 
mistisch gefärbt  ist.  Eine  kurze  Skizze  habe  ich  in  meiner  Schrift :  Die 
wirthschafll.  Entwickelung  des  Alterthums,  1895,  gegeben. 

883.  Wenn  die  neue  Ordnung,  welche  Sparta  durchführte, 
auf  politischem  Gebiet  den  bestehenden  Zuständen  nicht  ent- 
sprach, so  noch  weniger  auf  wirtschaftlichem.  Das  Ideal 
war  der  alte  Agrarstaat;  für  diesen  aber  war  kein  Raum 
mehr  in  Hellas.  Die  Entwickelung,  die  wir  im  fünften  Jahr- 
hundert in  Athen  verfolgt  haben,  hat  jetzt  ganz  Griechenland 
ergriffen.     Geld,  Industrie  und  Handel  sind  die  Ausschlag 


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Wirtschaftliche  Zustände.  Ruin  d.  Land  wirtbschaft.  DerCapitalismus.  281 

gebenden  wirtschaftlichen  Factoren  geworden,  zunächst  in 
den  Küstenstädten,  dann  sind  sie  von  hier  aus  auflockernd 
vorgedrungen  bis  in  die  Bergeantone  des  Peloponnes,  ja  bis 
in  den  starren  Eurotasstaat.  Die  Bebauung  des  Landes  war 
intensiv  genug,  auf  den  Inseln  waren  die  Berghänge  hoch 
hinauf  bestellt  (Isokr.  4,  132),  und  im  Peloponnes  war  es 
nicht  anders;  in  Attika  war  der  Felsboden  mit  Olivenpflan- 
zungen bedeckt.  Aber  der  Bodenertrag  reichte,  ausser  in 
Thessalien  (§.  765),  nirgends  aus,  die  gewaltig  angewachsene 
Bevölkerung  zu  ernähren:  auch  der  Peloponnes  konnte  schon 
nn  archidamischen  Kriege  ohne  uberseeisches  Getreide  nicht 
mehr  existiren.  Der  Import  drückte  wieder  auf  die  Renta- 
bilität des  Ackerbaus.  Wesentliche  technische  Fortschritte 
wurden  nicht  gemacht;  nur  vereinzelt  ging  man  von  der 
Zweifelderwirthschaft  mit  jährlich  wechselnder  Brache  zur  Drei- 
felderwirthschaft  über.  So  wurde  das  Ackerland  in  immer 
grosserem  Umfang  zum  Gemüsebau  verwendet  oder  in  Wein- 
und  Oelpflanzungen  umgewandelt.  Jetzt  aber  drang  der  Krieg 
verheerend  in  immer  weitere  Gebiete.  Nicht  nur  in  Attika 
waren  alle  Anpflanzungen  vernichtet,  sondern  ebenso  im  Gebiet 
von  Korinth,  Phlius,  Sikyon,  und  weithin  auf  den  Inseln  (vor 
allem  auf  Chios)  und  an  den  Küsten  Kleinasiens;  wo  immer  der 
Krieg  seinen  Sitz  aufgeschlagen  hatte,  liess  er  eine  Einöde 
zurück.  Dadurch  wurde  die  natürliche  Entwicklung  noch 
beschleunigt.  Zahllose  Bürger  waren  ihres  Lebensunterhalts 
beraubt,  und  viele  der  verarmten  Grundbesitzer  waren  froh, 
wenn  sie  ihren  Acker  gegen  eine  Summe  Geldes  losschlagen 
konnten.  In  die  Lücke  trat  das  Capital;  der  Untergang  des 
bäuerlichen  Mittelstandes  beginnt  und  mit  ihm  die  Vereinigung 
des  Grundbesitzes  in  wenigen  Händen,  welche  im  nächsten 
Jahrhundert  eines  der  entscheidenden  Momente  für  den  Rück- 
gang der  Bevölkerung  gebildet  hat.  Mit  dem  Capital  und 
dem  Grossbetrieb  kam  die  Sklavenarbeit,  die  jetzt  auch  in 
der  Landwirthschafl  immer  grössere  Ausdehnung  gewann; 
die  fortwährenden  Kriege  warfen  billiges  Menschenmaterial  in 
Masse  auf  den  Markt.  Auch  sie  drang  stets  tiefer  ins  Binnen- 


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282  1V»  5/  Griechenland  unter  dem  Königsrrieden. 

land  ein;  in  Phokis,  dessen  Landgeraeinden  bis  dahin  die 
Sklaverei  noch  fast  fremd  war  —  es  erregte  hier  Aufsehen, 
wenn  eine  vornehme  Dame  sich  von  zwei  Dienerinnen  begleiten 
Hess  — ,  importirte  um  3G0  ein  reicher  Unternehmer  Mnason 
von  Elatea  1000  Sklaven,  unbekümmert  um  den  Nothschrei 
seiner  Landsleute,  dass  dadurch  ebensoviel  Bürgern  der  Lebens- 
unterhalt genommen  sei.  Aber  auch  für  den  wirtschaftlichen  Be- 
trieb bedeutete  diese  Umwandlung  in  der  Regel  weit  mehr  als 
einen  einfachen  Besitzwechsel.   Der  bürgerliche  Grundbesitzer, 
der  sich  selbst  um  seine  Wirthschaft  kümmert  und  mit  den 
Knechten  aufs  Feld  geht,  ist  zwar  das  Ideal  Xenophons,  das 
er  selbst  zu  verwirklichen  suchte,  als  die  Spartaner  ihm  in - 
Skillus  südlich  von  Olympia  ein  Landgut  schenkten ;  aber  eben 
seine  Schilderung  beweist,  eine  wie  seltene  Ausnahme  er  bildete. 
Vielmehr  ist  die  ganze  Cultur  städtisch  geworden :  der  Grund- 
besitz, ehemals  die  Basis  der  socialen  und  politischen  Existenz 
der  höheren  und  im  Staat  herrschenden  Stände,  wird  jetzt 
eine  Beigabe  zum  Reichthum  und  ein  Besitz  neben  vielen 
anderen,  und  oft  genug  ein  Object  der  Speculation.  —  Und 
nun  wird  der  Nothstand,  aus  dem  ein  grosser  Theil  der  Be- 
völkerung nicht  mehr  herauskann,  noch  »künstlich  vermehrt 
durch  den  Krieg  und  durch  die  Politik.    Im  Peloponnes  hält 
Sparta  jede  fortschrittliche  Ent Wickelung  nieder,  welche  Handel 
und  Gewerbe  fördern  und  dem  kleinen  Mann  Erwerb  und 
Wohlstand  verschaffen  könnte.    Wie  es  den  elischen  Staat 
zersprengte,  so  hätte  es  am  liebsten  alle  Städte  auf  den  Zu- 
stand der  Landgemeinden  der  Urzeit  zurückgeschraubt,  und 
in  Mantinea  hat  es  das  in  der  That  durchgeführt  (§.  890). 
Die  letzte  Gonsequenz  derartiger  Zustände,  die  völlige  De- 
moralisation, Eheflucht  und  äusserste  Beschränkung  der  Kinder- 
erzeugung,  war  noch  nicht  eingetreten.    Vielmehr  ist  die  Be- 
völkerungszahl, wenigstens  in  den  Binnenstädten  —  in  Athen 
wird  das  schon  anders  gewesen  sein  — ,  noch  immer  im  Zu- 
nehmen, vor  allem  im  Peloponnes,  während  die  Bedingungen 
der  Ernährung  nicht  einmal  stabil  bleiben,  sondern  gewaltig 
zurückgehen.    So  ist  das  Ergebniss  ein  fortwährendes  An- 


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Der  Nothstand.    Anwachsen  des  Proletariats.    Die  Söldner.  283 

wachsen  eines  besitz-  und  erwerblosen  Proletariats,  dem  alle 
Subsistenzmittel  genommen  sind. 

Ueber  die  Landwirtschaft  vgl.  Xenophons  Oekonomikos  und  Beloch, 
Gr.  Gesch.  II,  345  —  Sklavenimport  in  Phokis :  Timaeos  fr.  67  hei 
Athen.  VI,  264  c  =  272  b.  —  Ueber  die  socialen  Bewegungen  vgl.  Pöhl- 
11155,  Geschichte  des  antiken  Sozialismus  und  Communismus  I.  II.  der 
aber  schon  im  Titel  Gesichtspunkte  zum  Ausdruck  bringt,  die  meines 
Erachtens  nicht  zutreffend  sind. 

884.  In  früheren  Zeiten  war  die  überschüssige  Kraft  des 
griechischen  Volkes  von  der  Colonisation  aufgenommen  worden. 
Dafür  ist  jetzt  kein  Raum  mehr;  es  ist  eine  seltene  Ausnahme, 
wenn  noch  einmal  ein  Staat  wie  Paros  (§.  822),  vielleicht 
infolge  innerer  Wirren,  den  Versuch  einer  Colon  ialgründung 
wagt.  Als  einzige  Erwerbsquelle  bleibt  daher  für  die  Besitz- 
losen, wenn  der  Staat  sie  nicht  ernährt,  wie  in  Athen,  der 
Krieg.  Auch  hier  arbeitet  die  politische  Gestaltung  der  ökono- 
mischen Entwickelung  in  die  Arme.  Die  ununterbrochenen 
Kriege  fordern  die  Ausbildung  der  Kriegskunst;  das  alte 
Bürgerheer  genügt  den  gesteigerten  militärischen  Anforderungen 
nicht  mehr.  Ueberdies  sind  die  Kräfte  der  Bürgerschaften 
erschöpft.  Die  Besitzenden,  auf  denen  bisher  der  Hoplitendienst 
lastete,  weigern  sich,  jahraus  jahrein  ins  Feld  zu  ziehen; 
wenn  sie  schon  die  Steuern  für  den  Krieg  zahlen  müssen, 
wollen  sie  wenigstens  persönlich  unbehelligt  bleiben  und 
daheim  ihren  Geschäften  nachgehen,  um  nicht  gänzlich  ruinirt 
zu  werden.  Und  nun  sind  Menschen  genug  da,  die  mit 
Freuden  jedem  Werberuf  folgen,  für  welche  Sache  es  auch 
sein  mag,  wenn  sie  nur  genügend  bezahlt  werden  oder 
wenigstens  Aussicht  haben,  gute  Beute  zu  machen.  So  sind 
schon  im  peloponnesischen  Krieg  Söldner  verwerthet  worden ; 
und  als  dann  Friede  ward  und  die  Staaten  abrüsteten,  hatten 
nicht  nur  diese,  sondern  auch  zahlreiche  Bürger,  die  bisher 
in  den  Heeren  gedient  hatten,  ihren  Lebensunterhalt  verloren. 
Die  Folgen  zeigten  sich  sofort:  als  Kyros  sein  Heer  warb, 
strömten  aus  ganz  Griechenland  die  Söldner  unter  seine 
Fahnen;  über  die  Hälfte  aber  waren  Arkader  und  Achaeer 


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284  IV.  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

aus  dem  Peloponnes  (Xen.  Anab.  VI,  2,  10).  Wie  dann  im 
Kriege  gegen  Sparta  das  Söldnerwesen  anwächst,  haben  wir 
schon  gesehen:  für  die  grossen  Schlachten  rücken  noch  die 
Bürgertruppen  ins  Feld,  aber  den  langen  Krieg  bei  Korinth 
haben  Iphikrates  und  seine  Gollegen  im  wesentlichen  mit 
Söldnern  geführt.  Die  Spartaner,  die  ihre  Bürgertruppen  trotz 
ihrer  vorzüglichen  Schulung  noch  mehr  schonen  müssen  als 
irgend  ein  anderer  Staat,  machen  es  nicht  anders,  und  wie 
schon  Agesilaos  in  Kleinasien  (§.  844),  so  sind  sie  in  der 
Folgezeit  gern  bereit  ihren  Bundesgenossen  entgegenzukommen 
und  Stellvertretung  und  Loskauf  für  die  Besitzenden  zuzulassen 
(§.  895).  Im  J.  378  führen  selbst  zwei  arkadische  Gemeinden  ihre 
Fehden  mit  Söldnern  (Xen.  Hell.  V,  4,  30  f.).  Wie  stark  die  Zahl 
der  gewerbsmässigen  Söldner  von  Jahr  zu  Jahr  wuchs,  geht 
daraus  hervor,  dass  inmitten  des  Krieges  in  Griechenland  der 
Peloponnes  auch  noch  den  Hauptwerbeplatz  für  Dionys  ab- 
geben konnte:  und  dazu  hatten  die  kleinasiatischen  Satrapen 
griechische  Söldner  in  ihren  Diensten.  Jetzt  nach  dem  Frieden 
und  der  Auflösung  der  griechischen  Heere  waren  diese  kräftigen 
Arme  auf  den  Dienst  bei  den  Persern  gegen  Cypern  und 
Aegypten  angewiesen  —  das  war  bei  der  Entscheidung  des 
Königs  mit  in  die  Wagschale  gefallen.  Wer  aber  nicht  in 
die  Dienste  des  Perserkönigs  oder  seiner  Gegner  oder  etwa 
in  die  des  Dionys  gehen  wollte,  für  den  blieb  in  der  Heimath 
kaum  etwas  anderes  übrig,  als  ein  Banditen  leben,  wie  für  die 
Schaaren  der  Exulanten,  welche  von  ihrem  Vermögen  nichts 
gerettet  und  nicht  in  einer  fremden  Stadt  Aufnahme  und 
Unterstützung  gefunden  hatten.  So  füllten  sich  die  Land- 
strassen mit  Räubern,  die  Meere  mit  Piraten.  »Der  Mangel 
an  Erwerb«,  schreibt  Isokrates  im  J.  380,  »sprengt  die  politi- 
schen Verbindungen  und  verfeindet  die  Verwandten  und  stürzt 
alle  Menschen  in  Krieg  und  Revolution,  so  dass  der  eine 
Theil  in  seiner  Heimath  widerrechtlich  erschlagen  wird,  die 
anderen  mit  Weib  und  Kind  in  die  Fremde  getrieben  werden 
und  umherirren  müssen,  und  viele,  weil  sie  nichts  zu  leben 
haben,  gezwungen  sind  für  ihre  Feinde  gegen  ihre  Freunde 


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Söldner  und  Exulanten.    Proletariat  und  (Hassen kämpf.  285 

zu  kämpfen  und  zu  fallen«  (4,  174.  168;  Tgl.  115).  Von 
Jahr  zu  Jahr  verschlimmerten  sich  diese  Zustände.  *  Zur  Zeit 
des  Kyros  und  Klearchos«,  sagt  derselbe  Schriftsteller  im 
J.  340,  »gab  es  in  Griechenland  noch  kein  Söldnercorps,  so 
dass  diese,  als  sie  ihre  Truppen  warben,  für  die  Werber  mehr 
Geld  ausgeben  mussten  als  für  die  geworbenen  Soldaten; 
jetzt  aber  steht  es  um  Hellas  so,  dass  man  mit  weniger 
Mühe  ein  grösseres  und  besseres  Heer  aus  den  heimathlos 
Umherirrenden  zusammenbringen  kann  als  aus  der  Bürger- 
schaften den  Städten«  (5,  90).  Wie  zu  allen  Zeiten  gehen 
auch  in  Griechenland  der  Sieg,  des  Capitalismus  und  die 
Proletarisirung  der  Massen  Hand  in  Hand.  Exulanten,  Söldner 
und  Banditen  bilden  mit  dem  Proletariat  zusammen  die  grosse 
Umsturzarmee,  die  jedem  Abenteurer  zur  Verfügung  steht;  zu 
verlieren  haben  sie  nichts  mehr,  nur  die  Revolution  kann 
ihnen  Erlösung  bringen.  Auch  für  Dionys  sind  sie  die  festen 
Stützen  seiner  Macht,  trotzdem  er  als  Parteigänger  der  Ari- 
stokraten begonnen  hatte  und  es  seinen  Tendenzen  nicht  ent- 
sprach, diese  zu  vernichten.  Ihnen  gegenüber  schaaren  sich 
die  Besitzenden  um  jede  Macht,  die  sie  zu  schirmen  vermag. 
Alle  anderen  Gegensätze  werden  von  diesem  mächtigsten  ver- 
schlungen, wenn  auch  wie  in  jeder  fortgeschrittenen  Ent- 
wicklung die  alten  Schlagwörter  bleiben  und  es  immer  noch 
ehrliche  Leute  gibt,  die  für  diese  zu  fechten  wähnen.  Immer 
unverhüllter  erhebt  sich  aus  den  politischen  Kämpfen  der  er- 
bitterte, rücksichtslos  durchgeführte  Classenkampf. 

885.  Mit  dem  Berufssoldaten  entwickelt  sich  der  Berufs- 
officier.  Bereits  im  J.  400  treibt  sich  am  Bosporos  ein  Con- 
dottiere  Koiratadas  von  Theben  herum,  der  im  J.  409  unter 
Klearchos  Führer  der  boeotischen  Besatzung  in  Byzanz  gewesen 
war  (Xen.  Hell.  I,  3,  15.  21  f.);  er  zieht  von  Ort  zu  Ort  und 
bietet  den  Städten  seine  Dienste  an  (Xen.  Anab.  VU,  1,  33).  Die 
Obersten  und  Hauptleute  in  Kyros'  Heer  waren  Leute  desselben 
Schlages.  Schon  seit  dem  archidamischen  Kriege  ist  in  Athen 
das  Feldherrnamt  thatsächlich  ein  Beruf  geworden,  und  bald  wird 
es  völlig  unmöglich,  einen  Krieg  anders  als  mit  gewerbsmässigen 


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286  IV»  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

Strategen  zu  fuhren;  man  muss  froh  sein,  wenn  man  deren 
eine  genügende  Zahl  unter  der  Bürgerschaft  besitzt,  wie  Athen 
in  Iphikrates  und  Ghabrias  und  bald  daneben  in  Timotheos 
und  Chares.  Wenn  es  daheim  keine  Beschäftigung  für  sie 
gibt,  so  suchen  sie  wohl  in  der  Fremde  Dienst,  in  Aegypten 
oder  beim  Perserkönig  oder  in  Thrakien ;  die  Heimath  meiden 
sie  in  Friedenszeiten,  um  sich  der  Anfeindung  und  den  Partei- 
kämpfen zu  entziehen.  Wie  Alkibiades,  das  Vorbild  der  ge- 
sammten  modernen  Entwicklung,  werden  sie  zu  selbständigen 
Mächten;  sie  treiben  Politik  auf  eigene  Hand.  So  hatJConon 
die  Wege  gefunden,  Athen  wieder  herzustellen;  als  eine  Macht 
für  sich  steht  er  zwischen  Athen  und  Persien;  und  selbst 
Thrasybulos,  so  sehr  er  sich  von  den  anderen  unterscheidet, 
ist  schliesslich  auf  diese  Bahn  gedrängt  worden.  Wie  unter 
ihrer  Leitung  die  Taktik  sich  vervollkommnet  und  die  Ope- 
rationen und  Schlachten  verwickelter  und  vielgestaltiger  werden, 
haben  wir  bereits  gesehen.  Das  wirkt  dann  wieder  fördernd 
auf  das  Söldnerwesen  und  die  Zerstörung  des  alten  Bürgerthums 
zurück.  Weil  Sparta  der  neuen  militärischen  Entwicklung  nicht 
mehr  zu  folgen  vermochte,  ist  seine  Macht  vernichtet  worden. 
Die  alten  Culturstaaten  verlieren  die  Leitung.  Wie  im  alten 
Aegypten,  als  die  Söldner  und  die  Libyer  die  Herrschaft  ge- 
wannen, und  wie  im  Römerreich,  als  die  Culturwelt  das 
Schwert  aus  der  Hand  gegeben  hatte,  gewinnen  die  rohen, 
aber  wehrkräftigen  Elemente,  die  noch  Schlachten  zu  schlagen 
im  Stande  sind,  die  Herrschaft:  neben  den  Söldnern  und 
ihren  Führern,  den  modernen  Tyrannen  und  militärischen 
Usurpatoren,  die  in  der  Cultur  zurückgebliebenen  Gebiete, 
zunächst  die  Boeoter  und  Thessaler,  dann  die  Phoker,  Make- 
donen,  Aetoler. 

886.  Auch  in  den  Handels-  und  Industriestädten  steht 
es  nicht  wesentlich  besser,  trotz  ihrer  modernen  Grundlage. 
Zwar  sind  die  Ansprüche  an  das  Leben  mit  der  steigenden 
Gultur  überall  gewachsen  und  nur  um  so  grösser  geworden, 
je  mehr  in  der  allgemeinen  Unsicherheit  die  Gier  wächst, 
den  Moment  zu  geniessen;  das  Leben  im  Mutterlande  wird 


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Die  Condoüieres.    Handwerk  und  Handel  der  Städte.  287 

dem  der  italischen  und  sicilischen  Griechen  immer  ähnlicher. 
Dementsprechend  haben  sich  die  Gewerbe  und  Industrien  ver- 
mehrt und  ihre  Technik  vervollkommnet.  Man  fordert  gute, 
kunstvoll  gearbeitete  Waaren  und  zahlreiche  Luxusartikel,  von 
denen  die  frühere  Zeit  noch  keine  Ahnung  hatte;  namentlich  in 
der  Kochkunst  uberstürzen  sich  die  Erfindungen  und  die  neuen 
Delicatessen.  Die  Folge  ist  eine  raffinirte  Arbeitsteilung,  wie 
nur  in  den  modernen  Gewerben.  »In  kleinen  Städten«,  sagt 
Xenophon  einmal  (Gyrop.  VIII,  2,  5),  »macht  derselbe  Mann 
Bett,  Thür,  Pflug,  Tisch,  ja  oft  baut  er  daneben  noch  Hauser, 
und  ist  froh,  wenn  er  dadurch  Kunden  genug  hat,  um  leben 
zu  können;  es  ist  aber  unmöglich,  dass  Jemand,  der  viele 
Gewerbe  betreibt,  alles  gut  macht.  In  den  Grossstädten  aber 
genügt  in  Folge  des  grossen  Absatzes  jedem  Handwerker  ein 
Gewerbe  zum  Lebensunterhalt,  und  oft  nicht  einmal  ein 
ganzes,  sondern  der  eine  macht  Männer-,  der  andere  Damen- 
schuhe, und  in  manchen  Städten  ist  der  eine  nur  Flickschuster, 
der  andere  verschneidet  das  Leder,  und  im  Schneidergewerbe 
ist  der  eine  lediglich  Zuschneider,  der  andere  näht  aus- 
schliesslich die  zugeschnittenen  Stücke  zusammen.«  Der 
Warenaustausch,  der  Import  und  Export,  die  Production  für 
den  Handel  sind  so  unentbehrlich  und  so  entwickelt,  wie  je: 
»Dass  eine  Stadt  an  einem  Ort  liegt,  wo  sie  keine  Einfuhr 
nöthig  hat,«  sagt  Plato  (rep.  II,  370  e),  »ist  so  gut  wie  unmög- 
lich; wenn  aber  der  Kaufmann  mit  leeren  Händen  kommt 
und  nichts  bringt ,  was  die  Leute  brauchen ,  von  denen  er 
einführen  will,  so  wird  er  auch  mit  leeren  Händen  zurück- 
kehren ;  mithin  muss  man  daheim  neben  dem  eigenen  Bedarf 
auch  solche  Waaren  in  genügender  Qualität  und  Quantität 
produciren,  welche  jene  brauchen.  Für  den  Vertrieb  aber 
sind  neben  den  Kaufleuten,  welche  den  Handel  nach  auswärts 
betreiben,  auch  Krämer  unentbehrlich,  welche  auf  dem  Markt 
sitzen  und  den  Detailhandel  betreiben So  gab  es  denn 


')  Vgl.  auch  sopb.  223  d  und  zahlreiche  ähnliche  Aeusserungen  ge- 
rade bei  Plato,  daneben  natürlich  bei  den  Rednern  cet.    Diese  Stellen 


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288 


IV.  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 


hier  Leute  genug,  welche  zu  Wohlstand  und  Reichthum  ge- 
langten. Vor  allem  blühten  die  Geldgeschäfte ;  die  Speculation 
warf  oft  gerade  in  Folge  der  Unsicherheit  der  Verhältnisse  nur 
um  so  grösseren  Gewinn  ab;  wer  Geld  hatte,  brachte  es  auf 
Zinsen  in  ein  Bankgeschäft,  aus  den  Wechslern  und  Geld- 
verleihern wurden  Bankiers,  die  über  grosse  Capitalien  und 
ausgedehnten  Credit  verfügten.  Wenn  der  Seehandel  in  Folge 
der  Unsicherheit  der  Meere  und  der  fortwährenden  Kriege  viel 
gefährdeter  war  als  im  fünften  Jahrhundert,  so  vertheilte  man 
das  Risico  durch  Aufnahme  von  hoch  verzinsten  Darlehen  auf 
Schiff  und  Ladung  und  Bildung  von  Handelsgesellschaften. 
Der  Werth  des  Geldes  sank  ununterbrochen  und  die  Preise 
stiegen.  Am  deutlichsten  wird  das  dadurch  illustrirt,  dass 
in  Athen  die  Diäten  für  die  Volksversammlung  in  den  etwas 
über  CO  Jahren  von  ihrer  Einführung  durch  Agyrrhios  (§.  801) 
und  ihrer  Erhöhung  auf  3  Obolen  bis  auf  Aristoteles'  Zeit  auf 
das  Doppelte  (1  Drachme,  90  Pf.)t  ja  für  die  erste  Versammlung 
in  jeder  Prytanie  auf  9  Obolen  (1,35  Mark)  gestiegen  sind. 
Selbst  die  Pension  für  besitzlose  Invaliden,  d.  h.  die  Armen- 
unterstützung, haben  die  Athener  in  dieser  Zeit  von  1  auf 
2  Obolen  für  den  Tag  erhöht. 

887.  Trotz  alledem,  und  trotz  der  gewaltigen  Vermögen 
einzelner  Gapitalisten,  ist  der  durchschnittliche  Wohlstand  der 
Gesammtbevölkerung  im  Verhältniss  zu  den  Lebensbedürfnissen 
auch  in  den  am  günstigsten  gestellten  Städten  im  Vergleich  mit 
den  Zustanden  des  fünften  Jahrhunderts  gesunken.  Athen  ist 
nach  wie  vor  die  erste  Industriestadt,  der  Piraeeus  der  erste 
Hafen  der  griechischen  Welt,  hinter  dem  auch  das  von  Dionys 
umgeschaffene  Syrakus  beträchtlich  zurücksteht;  und  ausserdem 
ist  es  als  die  geistige  und  künstlerische  Gapitale  von  Hellas 
allgemein  anerkannt.  Die  agrarische  Opposition,  die  während 
des  peloponnesischen  Krieges  um  ihre  Existenz  kämpfte,  ist 


sollten  Bücher  und  seine  Gesinnungsgenossen  beherzigen,  statt  sich  in 
Hirngespinnsten  über  Oikenwirthschaft  und  Stadtwirthschaft  und  die 
»Autarkiec  des  Oikos  und  der  Stadt  zu  ergehen. 


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Gesch&ftsleben  in  Athen.   Capitalisten  und  Proletariat.  289 

hier  vollständig  erlegen  und  hat  jetzt  keine  Bedeutung  mehr; 
in  Personenfragen  mögen  die  Reste  der  Partei  noch  einmal 
einen  Erfolg  erringen,  in  der  Politik  aber  sind  sie  ohnmächtig, 
und  wenn  sie  sich  den  vollendeten  Thatsachen  nicht  fugen 
wollen,  bleibt  ihnen  nichts  übrig,  als  sich  grollend  vom  öffent- 
lichen Leben  zurück  zu  ziehen.  Aber  die  siegreichen  Gapita- 
listen können  ihres  Lebens  nicht  froh  werden;  statt  dass  sie 
jetzt  die  Macht  in  vollen  Zügen  geniessen  könnten,  ist  ihnen 
das  Proletariat  übermächtig  an  die  Seite  getreten.  Sie  selbst 
haben  es  gross  gezogen  und  ihm  die  politischen  Rechte  ver- 
liehen, in  dem  Glauben  es  beherrschen  zu  können,  nachdem 
sie  mit  seiner  Hülfe  die  Aristokraten  und  Agrarier  nieder- 
geworfen hatten.  Jetzt  mussten  sie  erkennen,  dass  sie  sich  in 
ihm  einen  Herrn  gesetzt  hatten,  dessen  Joch  sie  nicht  wieder 
abschütteln  konnten.  Das  Proletariat  hatte  gelernt,  auf  Kosten 
des  Staats  und  seiner  Machtstellung  zu  leben ;  jetzt  war  diese 
weggefallen,  aber  die  Ansprüche  blieben.  Zu  Wohlstand 
konnten  immer  nur  einzelne  gelangen,  aber  niemals  die  Masse, 
zumal  bei  der  Concurrenz,  die  ihr  die  Sklavenarbeit  machte, 
und  bei  den  Ansprüchen,  welche  der  freie  Bürger  zu  erheben 
sich  berechtigt  hielt.  So  wächst  denn  in  Athen  wohl  die 
Zahl  der  Metoeken,  und  manche  von  ihnen  werden  schwer- 
reiche Leute,  z.  B.  Wechsler  und  Speculanten  aus  dem  Sklaven- 
stande, wie  in  den  ersten  Jahrzehnten  des  vierten  Jahrhunderts 
Pasion,  und  dann  sein  Freigelassener  und  Geschäftsführer 
Phormion,  der  sein  Bankgeschäft  übernahm.  Anders  steht 
es  mit  der  bürgerlichen  Bevölkerung.  Aus  dem  Tiefstande 
der  ersten  Jahre  nach  der  Revolution  hat  sich  ihre  Zahl 
allerdings  wieder  gehoben;  die  besitzlosen  Bürger  mögen  von 
5000  (§.  850)  auf  das  Doppelte  und  Dreifache  gewachsen  sein, 
und  nach  Korinth  konnte  Athen  im  J.  394  gegen  6000  Hop- 
Uten,  600  Reiter  senden.  Aber  von  da  an  bleibt  die  Bürger- 
zahl stabil;  im  J.  322  ergab  ein  Gensus  9000  Bemittelte, 
12,000  Besitzlose,  und  viel  höher  kann  der  Stand  der  bürger- 
lichen Bevölkerung  auch  in  der  Mitte  des  Jahrhunderts  nicht 
gewesen  sein.    Der  Grund  lag  nicht  etwa  in  Seuchen  und 

Meyer.  Geschichte  des  Alterthuma.  V.  19 


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200 


IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Konigsfrieder. 


schweren  Verlusten  im  Kriege,  wie  im  fünften  Jahrhundert, 
sondern  darin,  dass  für  einen  Nachwuchs  kein  Raum  mehr 
war  und  deshalb  die  Zahl  der  Eheschliessungen  und  Geburten 
möglichst  beschränkt  wurde  J).  Die  Aermeren  forderten  ihren 
Lebensunterhalt  vom  Staate,  d.  h.  einstweilen,  bis  es  gelungen 
wäre,  ein  Herrschaftsgebiet  wieder  zu  gewinnen,  das  man 
ausbeuten  konnte,  von  den  Reichen.  Bis  aufs  äusserste 
waren  diese  durch  die  ununterbrochenen  Steuern  und  Litur- 
gien belastet;  und  dabei  schwebte  jederzeit  über  ihnen  die 
Gefahr  einer  peinlichen  Anklage,  bei  der  Leben  und  Besitz 
der  Laune  eines  demokratischen  Gerichtshofs  Preis  gegeben 
war,  und  im  besten  Falle  von  den  Künsten  eines  geriebenen 
Advocatcn  abhing.  »Um  Athen  ist  es  so  bestellt,«  schreibt 
Isokrates  im  J.  355  (8,  127  f.),  »dass  kein  einziger  Bürger 
sorglos  und  in  Behagen  leben  kann,  sondern  die  Stadt  voll 
ist  von  Jammer.  Denn  die  einen  haben  alle  Nöthe  der  Armuth 
und  des  Mangels  zu  ertragen,  die  anderen  aber  die  Fülle  von 
Verfügungen  und  Liturgien  und  das  Elend  der  Steuererhebungen 
und  Processe  wegen  Vermögenstausch;  das  ist  so  arg,  dass 
die  Vermögenden  in  grösserer  Bekümmern iss  leben  als  die, 
welche  am  Hungertuch  nagen.«  Die  besitzlose  Masse  ist  ein 
gefügiges  Werkzeug  in  der  Hand  jedes  gewissenlosen  Agitators, 
der  unter  dem  Versprechen,  ihnen  Macht  und  Wohlstand  zu 
verschaffen,  seine  eigene  Macht  zu  gründen  und  seine  Taschen 
zu  füllen  suchte,  bis  er  dann  von  einer  neuen  Sturm  woge 
hin  weggeschwemmt  und  durch  einen  gleich  gearteten  Rivalen 
ersetzt  wurde.  Wohl  finden  sich  immer  noch  tüchtige  und 
ehrliche,  zum  Theil  hochbegabte  Politiker,  aber  auf  die  Dauer 
hat  sich  keiner  zu  behaupten  vermocht,  und  die  Mehrzahl  der 
vornehm  gesinnten  Männer,  die  in  früheren  Zeiten  in  der 


')  Es  ist  dabei  noch  zu  berücksichtigen,  dass  ein  ansehnlicher 
Theil  der  späteren  Bürger  aus  Fremden  bestand,  die  zum  Theil  das 
Bürgerrecht  erhalten  (Isokr.  8,  49  f.)t  in  noch  grösserer  Zahl  aber  trotz 
aller  Gesetze  sich  in  das  Bürgerrecht  eingedrängt  hatten;  tbatsächlich 
hat  offenbar  der  bürgerliche  Nachwuchs  den  Abgang  nicht  mehr  aus- 
geglichen. 


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Zustände  in  Athen.   Megara,  Korinth,  Argos,  die  Inseln.  291 

politischen  Thätigkeit  zum  Wohle  ihrer  Mitbürger  ihren  natür- 
lichen Beruf  sah,  wendet  sich  wie  Plato  mit  Ekel  und  Ver- 
zweiflung von  dem  öffentlichen  Leben  ab.  So  macht  Athen 
wohl  einen  Anlauf  nach  dem  andern,  aber  jeder  scheitert 
nach  kurzem  Erfolge.  Die  alte  Kraft  des  Staates  ist  gebrochen ; 
alle  Versuche,  sich  wieder  zu  erheben,  offenbaren  nur  die 
innere  Ohnmacht,  zu  der  es  herabgesunken  war. 

888.  Das  kleine  Megara,  im  fünften  Jahrhundert  zwischen 
Athen  und  den  Peloponnesiern  vom  Parteihader  zerrissen  und 
ganz  heruntergekommen,  hat  im  vierten  unter  der  Herrschaft 
der  Demokratie  (§.  855)  verstanden,  durch  geschickte  Politik 
seine*  Neutralität  nach  Kräften  zu  wahren  —  wenn  es  auch 
nach  dem  Königsfrieden  Sparta  wieder  Heerfolge  leisten  musste 
—  und  dadurch  seinen  Wohlstand  zu  heben ,  nicht  mehr  als 
Agrarstaat  wie  ehemals,  sondern  als  Industriestaat;  nament- 
lich seine  Hemdenwirkereien,  die  mit  Sklaven  betrieben  wurden, 
fanden  grossen  Absatz.  Korinth  dagegen  lag  vollständig  da- 
nieder. Sein  Colonialreich  war  vernichtet,  die  Revolution, 
welche  eine  weise  Regierung  so  lange  fern  gehalten  hatte, 
hatte  jetzt  auch  diese  Stadt  ergriffen,  wie  ein  Menschenalter 
zuvor  ihren  Rivalen  Korkyra.  Argos,  nach  wie  vor  von  allen 
griechischen  Staaten  derjenige,  den  wir  am  wenigsten  greifen 
können,  hatte  im  Sonderbundskriege  schwere  innere  Krisen 
durchgemacht,  und  wenn  seitdem  die  Parteikämpfe  geruht  zu 
haben  scheinen,  so  sollte  sich  hier  die  Revolution  alsbald  nur 
um  so  furchtbarer  entladen.  Die  Gebiete  des  alten  attischen 
Reichs  waren  aus  der  steigenden  Prosperität,  deren  sie  sich  trotz 
aller  Beschwerden  über  Athens  Excesse  erfreut  hatten  (§.  426), 
jäh  herausgeworfen,  von  Krieg  und  Revolution  verheert,  durch 
die  Abgaben  und  Contributionen,  die  Sparta,  Persien,  Athen 
abwechselnd  erhoben,  ausgesogen,  während  der  Handel  stockte 
und  der  Landbau  daniederlag.  Am  schwersten  hatten  die 
Kykladen,  Thasos  und  die  ionischen  Städte  gelitten;  besser 
war  es,  abgesehen  von  den  von  Athen  wieder  eroberten  und 
zerstörten  Orten,  den  Ghalkidiern  ergangen,  die  sich  um  Olynth 
zusammengeschlossen  und  ihre  Unabhängigkeit  siegreich  be- 


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292 


IV,  5.  Griechenland  unler  dem  Königsfrieden. 


hauptet  hatten,  und  seit  413  von  dem  Kriege  kaum  mehr 
direct  berührt  waren.  Rein  materiell  betrachtet  waren  jetzt 
vielleicht  die  Städte  des  asiatischen  Festlandes  am  besten  daran. 
Die  nationale  Unabhängigkeit  hatten  sie  definitiv  verloren,  und 
mancherlei  Bedrückungen  und  Gewaltthaten  der  persischen 
Beamten  und  Garnisonen  raussten  sie  über  sich  ergehen  lassen ; 
aber  die  Autonomie  war  für  sie  seit  der  Lyderzeit  immer 
nur  ein  Trugbild  gewesen.  Dafür  machte  die  Perserherrschafl 
dem  äusseren  Kriege  und  dem  inneren  Hader  ein  Ende  und 
stellte  die  Verbindung  mit  dem  Hinterlande  wieder  her,  auf 
der  ehemals  die  Blüthe  dieser  Städte  beruht  hatte.  Ephesos 
hatte  daraus,  dass  es  Jahre  lang  das  Hauptquartier  der 
Spartaner  bildete,  bedeutenden  Vortheil  gezogen;  und  jetzt 
erhob  sich  in  Karien  ein  Fürstengeschlecht,  das  es  verstand, 
die  materiellen  Interessen  der  Städte  seines  Gebiets  mit  allen 
Kräften  zu  fördern.  Die  Städte  an  der  Propontis  wurden  den 
griechischen  Händeln  allmählich  entrückt  und  konnten  alsbald, 
wie  die  am  Pontos,  daran  denken,  ihre  eigenen  Wege  zu  gehen. 
Auch  die  grösseren  Inseln  an  der  Westküste  Kleinasiens,  vor  allem 
Rhodos  und  Chios  —  Samos  hat  sich  von  den  Nachwirkungen 
der  blutigen  Revolutionen  nicht  wieder  völlig  erholen  können  — , 
profitirten  von  ihrer  Zwischenstellung  zwischen  dem  übrigen 
Griechenland  und  dem  Perserreich.  Auch  Kos  nahm  an  dieser 
aufsteigenden  Entwickelung  Theil:  im  J.  366  verlegten  die  Be- 
wohner die  Hauptstadt,  ähnlich  wie  die  Rhodier  408,  auf  die  Nord- 
ostspitze der  Insel,  mit  trefflichem  Hafen,  und  erbauten  hier 
eine  der  schönsten  Städte  der  griechischen  Welt.  Dazu  wuchs 
in  den  nun  folgenden  50  Jahren,  die  der  Friede  mit  Persien 
bestehen  blieb,  der  griechische  Einfluss  auf  Vorderasien  ständig. 
Griechische  Söldner  waren  dem  Reich  und  allen  Machthabern 
unentbehrlich ;  das  westliche  Kleinasierh  füllte  sich  mit  griechi- 
schen Kaufleuten  und  Abenteurern  aller  Art,  griechische 
Kunst  und  griechisches  Wesen  wurden  allen  der  Küste  näher 
gelegenen  Plätzen  vertraut,  die  westlichen  Satrapenhöfe  ge- 
riethen  immer  mehr  unter  griechischen  Einfluss,  ja  die  kari- 
schen Dynasten  betrachteten  sich  culturell  bereits  vollständig 


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Aufschwung  Kleinasiens.  —  Spartas  Politik.   Ageailaos.  293 

als  Hellenen  (§.  899),  So  bereitet  sich  allmählich  die  nochmalige 
Verschiebung  des  Schwerpunkts  der  griechischen  Welt  von 
Europa  nach  Vorderasien  vor,  die  äusserlich  das  Endergebniss 
der  Geschichte  der  griechischen  Nation  gewesen  ist. 

Megara:  Isokr.  8,  117.  Xen.  raem.  II,  7,  6.  —  Kos:  Diod.  XV,  76,  2. 
Strabo  XIV,  2,  19.  -  Weiteres  Ober  die  Entwicklung  des  Hellenismus 
in  Vorderasien  s.  im  nächsten  Band. 


Durchführung  der  spartanischen  Herrschaft.  Theben. 
Olynth  und  Makedonien.  Athen. 

889.  »Alle  Städte,  gross  und  klein,  sollen  nach  ihren 
eigenen  Gesetzen  leben«  —  so  lautete  die  Entscheidung,  die 
der  König  für  das  europaeische  Griechenland  gegeben  hatte. 
Das  spartanische  Programm  der  Autonomie  war  damit  als 
Grundgesetz  für  Hellas  anerkannt.  Unter  dieser  Form  gedachte 
Sparta  seine  Oberhoheit  fest  und  dauerhaft  wieder  herzustellen, 
wie  sie  vor  395  bestanden  hatte.  Denn  die  Autonomie  (vgl. 
§.  33  A.),  d.  h.  die  Souveränität  der  Einzelstaaten,  schloss  ein 
Bündniss  mit  dem  führenden  und  den  Frieden  schirmenden  Staat 
und  die  Verpflichtung,  ihm  Heerfolge  zu  leisten,  wohin  immer 
er  das  Heer  führe,  wie  sie  im  peloponnesischen  Bunde  seit 
Alters  bestand,  keineswegs  aus.  Ausserdem  nahm  Sparta 
nach  wie  vor  das  Recht  für  sich  in  Anspruch,  zu  prüfen,  ob 
die  Verfassung  der  Staaten  der  wahren  Rechtsordnung  ent- 
spräche, und  diese  nötigenfalls  mit  Gewalt  durchzusetzen  und 
durch  Harmosten  und  Garnisonen  aufrecht  zu  erhalten;  ja  es 
forderte  von  den  Inseln  Abgaben  wie  zur  Zeit  Lysanders, 
vermuthlich  als  Beisteuern  für  die  Aufrechterhaltung  der  Ord- 
nung zur  See.  Die  Leitung  des  Staats  lag  jetzt  ganz  in  den 
Händen  des  Agesilaos.  Mit  der  Bürgerschaft  und  ihren  Ver- 
tretern, den  Ephoren,  stand  er  vortrefflich;  die  Opposition 
des  Agiadenhauses  war  durch  Pausanias'  Verurtheilung  ge- 
brochen, und  wenn  auch  der  junge  lebensfrohe  König  Agesi- 
polis  zu  der  lediglich  die  Staatsraisoh  anerkennenden  Art  des 
kühlen  Rechners  im  Gegensatz  stand  und  seine  Massregeln 


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294  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  KOnigsfrieden. 

missbilligen  mochte  t  so  konnte  er  doch  nicht  daran  denken, 
dem  gewiegten  Politiker  ernstlich  Opposition  zu  machen,  ja 
er  hat  wiederholt  die  von  ihm  veranlassten  Unternehmungen 
ausgeführt.  Auf  die  Eroberungspolitik  in  Asien  hat  Agesilaos 
verzichten  müssen ;  dafür  war  er  jetzt  der  anerkannte  Regent 
des  europaeischen  Griechenlands  geworden.  Seine  Stellung 
war  so  fest,  dass  er  nur  in  entscheidenden  Momenten  hervor- 
trat, und  sonst,  auch  wenn  er  von  der  Regierung  aufgefordert 
war,  unter  irgend  einem  Vorwand  die  Ausführung  seinem 
Collegen  oder  einem  anderen  Kriegsobersten  überliess;  dass  er 
thatsächlich  alle  Fäden  der  Politik  in  seiner  Hand  hielt,  ist 
nicht  zu  bezweifeln. 

Ueber  die  Geschichte  der  folgenden  Zeit  s.  ausser  Sikvehs  (§.  743  A.) 
vor  allem  E.  v.  Stkrx,  Gesch.  der  spart,  und  theban.  Hegemonie  vom 
Königsfrieden  bis  zur  Schlacht  bei  Mantinea,  Dorpat  1884,  der,  wenn  er 
auch  Agesilaos*  und  Xenophons  Bericht  mehrfach  zu  günstig  beurtheilt, 
doch  vielfach  eine  gesunde  Reaction  gegen  die  Einseiligkeiten  der  von 
Nfkbuhr  begründeten  und  seitdem  namentlich  durch  Grote  herrschend 
gewordenen  Auffassung  bezeichnet.  Ueber  viele  Einzelheiten  sind  wir 
auch  hier  in  Folge  des  absichtlichen  Schweigens  Xenophons  nur  un- 
genügend unterrichtet.  —  Tributerhebung  auf  den  Inseln  (too;  vtjsoös 
8«3jj.oXof etv) :  Isokr.  4,  132,  vgl.  175.  Euboea  ist  bis  377,  die  Kykladen 
bis  376  Sparta  unterthan.  Harmosten:  Isokr.  4,  117.  Xenopb.  rep.  Lac. 
14,  2.  4.  Hell.  VI,  3,  18.  4,  2.  —  Ueber  Ajesipolis:  Xen.  Hell.  V,  8,  20. 
Ephoros,  der  ihn  als  Vertreter  der  Friedenspolitik  und  Gegner  der  Unter- 
drückungstendenzen des  Agesilaos  hinstellt  (Diod.  XV,  19,  4,  vgl.  Plut 
Ages.  20),  übertreibt  ohne  Zweifel. 

890.  Die  nächste  Aufgabe  war  die  volle  Wiederherstellung 
der  Autorität  Spartas  im  Peloponnes.  In  Korinth  wurden 
nach  der  Räumung  durch  Argos  (§.  879)  die  Aristokraten 
zurückgeführt,  während  die  Führer  der  Demokratie  und  die 
Urheber  der  Blutthaten  von  393  ins  Exil  nach  Argos  gingen. 
Megara  trat  zum  Bunde  zurück,  behauptete  aber  seine  demo- 
kratische Verfassung.  Gegen  Argos  ist  Sparta  nicht  vorge- 
gangen, weniger  weil  es  niemals  zum  Bunde  'gehört  hatte, 
als  weil  es  jetzt  in  seiner  Isolirung  nicht  mehr  gefahrlich 
war,  ein  Krieg  aber  schwere  Verluste  und  Gefahren  bringen 


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Die  Spartaner  im  Peloponnes.   Krieg  gegen  Mantinea.  295 

konnte.  Dagegen  war  jetzt  endlich  die  Zeit  für  die  Abrechnung 
mit  Mantinea  gekommen.  Der  dreißigjährige  Friede  von  417 
war  abgelaufen;  so  stellte  Sparta  die  Forderung,  es  solle 
seine  Mauern  niederlegen,  wenn  Sparta  an  seine  friedliche 
Gesinnung  glauben  solle.  Als  Mantinea  sich  weigerte,  erklärte 
Sparta  den  Krieg.  Mantinea  wandte  sich  vergeblich  um 
Hülfe  nach  Athen.  Agesipolis  verwüstete  sein  Gebiet  und 
schloss  die  Stadt  mit  Graben  und  Mauer  ein;  schliesslich 
brachte  er  sie  dadurch  zu  Fall,  dass  er  im  Herbst  den  durch 
die  Stadt  fliessenden  Fluss  Ophis  aufstaute  und  das  Wasser 
die  Luftziegel  der  Stadtmauer  aufweichte  und  ihre  Fundamente 
unterspülte.  Da  blieb  den  Mantineern  nichts  übrig  als  sich 
zu  ergeben  (384  v.  Chr.).  Auf  Verwendung  seines  verbannten 
Vaters  Pausanias  schenkte  Agesipolis  den  Führern  der  Demo- 
kratie das  Leben  und  entliess  sie,  60  an  der  Zahl,  ins  Exil ;  die 
Stadt  aber  wurde  aufgehoben  und  die  Bevölkerung  musste  sich 
wieder,  wie  vor  dem  Synoikismos  von  460  (§.  325),  in  fünf 
Dorfgemeinden  auflösen,  deren  jede  fortan  ein  gesondertes 
Gontingent  unter  einem  spartanischen  »Fremdenführer«  (£evafd<;, 
§.  285)  zum  Bundesheer  stellte.  So  wurde  hier  das  Ideal  der 
Reaction  voll  durchgeführt.  »Anfangs,«  erzählt  Xenophon, 
»war  es  den  Mantineern  verdriesslich ,  dass  sie  ihre  Häuser 
niederreissen  und  neue  bauen  mussten;  alsbald  jedoch,  da  die 
Grundbesitzer  jetzt  in  der  Nähe  ihrer  Felder  wohnten  und  unter 
einer  Aristokratie  leben  konnten,  die  argen  Demagogen  aber 
los  waren,  freuten  sie  sich  über  die  neue  Einrichtung;  und 
jetzt  leisteten  sie  auch  den  Spartanern  viel  bereitwilliger 
Heerfolge,  als  unter  der  Demokratie.«  —  Auch  in  vielen 
anderen  peloponnesischen  Gemeinden  ist  Sparta  in  ähnlicher 
Weise  zu  Gunsten  seiner  Anhänger  eingeschritten  und  hat  die 
Häupter  der  Demokratie  verjagt;  so  z.  B.  in  Phigalia.  Zu 
ernsthaften  Verwickelungen  kam  es  nur  noch  in  Phlius,  das 
sich  während  des  letzten  Krieges  schwierig  gezeigt  (§.  857), 
schliesslich  aber  doch  trotz  der  herrschenden  Demokratie  die 
Spartaner  aufgenommen  hatte  (§.  864).  So  lange  der  Krieg 
dauerte,  hatten  diese  sich  gehütet,  die  Verfassung  anzutasten. 


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296  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden, 

Jetzt  aber  zwangen  die  Ephoren  die  Gemeinde,  die  Exulanten 
zurückzurufen;  sie  sollten  ihren  confiscirten  Besitz  zurück- 
erhalten, die  Käufer  aus  der  Staatskasse  entschädigt  werden. 
Darüber  kam  es  zu  neuen  Zerwürfnissen ;  die  Zurückgekehrten 
wollten  sich  bei  den  Besitzstreitigkeiten  dem  städtischen  Gericht 
nicht  fügen,  sondern  forderten  ein  Schiedsgericht  und  wandten 
sich  um  Hülfe  nach  Sparta.  Die  herrschende  Partei  hatte  alles 
gethan,  um  Sparta  nicht  zu  reizen,  und  für  den  Kriegszug 
gegen  Olynth  (§.  894)  an  Agesipolis  eine  grosse  Geldsumme 
gezahlt;  aber  dies  Vorgehen  konnte  sie  sich  nicht  gefallen 
lassen:  sie  verurtheilte  die  Kläger  in  eine  Geldstrafe.  Da 
rückte  Agesilaos  gegen  Phlius  vor  (Herbst  381).    Die  ge- 
ängstigte Stadt  erklärte  sich  zu  jeder  Concession  bereit;  aber 
Agesilaos  blieb  unerbittlich,  so  starke  Bedenken  sein  Vorgehen 
auch  in  Sparta  selbst  hervorrief,  durch  das  man  ohne  zu- 
reichenden Grund  eine  wehrkräftige  Gemeinde  bekriegte,  die 
5000  Mann  ins  Feld  stellen  konnte;  er  verlangte  die  Ueber- 
gabe  der  Burg.  Da  setzten  sich  die  Phliasier  zur  Wehr.  Sie 
hielten  bis  zum  Aeussersten  aus,  20  Monate  lang;  schliesslich 
zwang  sie  der  Hunger  zur  Unterwerfung.    Sie  wollten  ihr 
Schicksal  in  die  Hände  der  spartanischen  Regierung  legen, 
diese  aber  überwies  sie  an  Agesilaos,  und  der  König,  dadurch 
noch  weiter  gereizt,  setzte  einen  Gerichtshof  von  50  Exulanten 
und  50  Männern  aus  Phlius  ein,  um  zu  entscheiden,  »wer 
am  Leben  bleiben  dürfe  und  wer  zu  sterben  verdiene«,  und 
ausserdem  eine  neue  Verfassung  zu  entwerfen.    Eine  sparta- 
nische Besatzung  sorgte  für  die  Durchführung  der  Anord- 
nungen (Frühjahr  379  v.  Chr.).    So  war  Spartas  Autorität 
überall  durchgeführt.  Wenn  diese  anerkannt  war,  so  griff  es 
im  übrigen  in  die  Autonomie  der  Einzelgemeinden  jetzt  so 
wenig  ein  wie  früher  und  gestattete  ihnen  nach  wie  vor  das 
Vergnügen  sich  unter  einander  mit  Krieg  zu  überziehen,  wie 
das  z.  B.  im  J.  378  die  arkadischen  Nachbarstädte  Kleitor  und 
Orchomenos  gethan  haben. 

Ephoros  (Diod.  XV,  6,  vgl.  19,  1)  hat  die  Darstellung  dieser  Zeit 
mit  einer  allgemeinen  Schilderung  der  von  Sparta  in  den  einzelnen 


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Sparta  gegen  Phlius.  Boeotien. 


297 


Städten  geübten  Gewalttätigkeiten  begonnen,  die  dann  durch  das  Schick- 
sal der  grösseren  Städte  Mantinea,  Olynth,  Phlius,  Theben  weiter  illu- 
strirt  werden.  Man  hält  diese  Angaben  meist  für  unhistorisch;  das*  sie 
im  wesentlichen  zutreffend  sind,  bestätigt  nicht  nur  Diod.  XV,  40,  son- 
dern auch  Isokr.  4,  115  f.  KtXTootal  ta$  itoXtts  xaTaXct|ijäavot>aiv  .  .  .  ol  ico- 
Xttau  itpfc?  4XX*^Xot>?  (icr/ovrat,  rXciodc  ?l  rcoXtic,  at^fidXcutat  f*Tovaotv  ^ 
itptv  ri]v  tlprrj'/Trjv  "ty-ä^  Koc-fjaooO-at  cet.  Eine  Andeutung  gibt  auch  Xen, 
V,  2,  8  ol  oi  4>Xioüvto£  <po*fä$cc  alafravofitvot  toü;  Aotxt$auiovtoi>€  iict* 
sxoicoövTo?  tuitv  ou^fia^cuv  o^oiot  tiv6(  ixaatot  iv  ttj)  ftoXijJLtji  autot?  tfg- 
fivrjvTo;  vgl.  VI,  3,  7.  —  Korinth:  Xen.  V,  1,  34.  Diod.  XV,  40,  3.  Me- 
gara  steht  Xen.  V,  4,  18.  41.  55.  58  offenbar  auf  Seiten  der  Spartaner, 
ist  aber  nach  Diod.  XV,  40,  4  demokratisch  gebliehen.  Phigalia:  Diod. 
XV,  40,  1.  —  Mantinea:  Xen.  V,  2.  Diod.  XV,  5.  12  (unter  886/5  und 
385/4).  Ephoros  fr.  138.  Pausan.  VIU,  8,  7  f.  Isokr.  4,  126.  8,  100.  Polyb. 
IV,  27,  6.  Nach  Ephoros  (Diod.  XV,  5,  3)  beginnen  die  Spartaner  den 
Krieg  o&ii  56o  ?rr|  ;poXd£avrtg  tök;  xotva<;  3:tovJ6;,  also  Ende  385.  Dass 
Theben  den  Spartanern  Halfstruppen  gesandt  hat,  halte  ich  auf  Grund 
von  Plut.  Pelop.  4.  Pausan.  IV,  13,  1  (§.  942  A.)  doch  ffir  wahrschein- 
lich (vgl.  Isokr.  14,  27  f.),  trotz  Stern  S.  36,  wenn  auch  die  Ausmalung 
des  Kampfes  Phantasie  ist.  —  Phlius:  Xen.  V,  2,  8  ff.  3,  10  ff.  21  ff.  (vgl. 
IV,  2,  16.  4,  15).  Diod.  XV,  19,  3  (unter  383/2).  Isokr.  paneg.  126  (vgl. 
Phil.  100).  üeber  die  Chronologie  §.  894  A.  —  Kleitor  und  Orchomenos: 
Xen.  V,  4,  36  f. 

891.  In  Mittelgriechenland  betrachtete  Sparta  mit  Recht 
Theben  als  seinen  gefahrlichsten  Gegner;  denn  Athen  war  ohne 
Rückendeckung  durch  Boeotien  wehrlos.  Die  boeotischen  Land- 
städte waren  jetzt  sammtlich  unabhängige  Einzelstaaten,  ebenso 
Oropos;  auch  Plataeae  wurde  nach  dem  Frieden  wieder  her- 
gestellt und  die  Nachkommen  der  alten  Einwohner  aus  Athen 
zurückgerufen.  Alle  Städte  nahmen  die  Münzprägung  wieder 
auf,  die  zur  Zeit  der  thebanischen  Suprematie  geruht  hatte. 
Das  Regiment  lag  durchweg  in  den  Händen  einer  extremen 
Oligarchie  (ouvaoteia),  welche  sich  eng  an  Sparta  anlehnte 
und  wohl  meist  durch  eine  Garnison  unter  einem  Harmosten 
gestützt  war,  während  die  Demokraten  auf  Theben  hofften. 
Theben  war  zwar  jetzt  wieder  mit  Sparta  verbündet  und 
hatte  sich  verpflichtet  ihm  Heeresfolge  zu  leisten ;  aber  in  der 
Stadt  hielten  sich  beide  Parteien  das  Gleichgewicht.  Die  Olig- 
archen ,  geführt  von  Leontiadas ,  einem  Nachkommen  des 


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298  IVi  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

alten  Oligarchenchefs  aus  der  Perserzeit  (§  219  A.)  und  des 
Führers  des  Corps,  das  431  Plataeae  überfiel,  suchten  mit 
Spartas  Hülfe  in  den  vollen  Besitz  der  Macht  zu  gelangen, 
während  die  Demokraten  unter  Ismenias  und  Androkleidas 
(§.  847)  die  Verbindung  mit  Athen  aufrecht  erhielten  und  in 
Olynth  eine  Stütze  suchten.  Als  Sparta  im  J.  382  den  Krieg 
gegen  Olynth  begann,  setzten  sie  es  durch,  dass  Theben  die 
Heeresfolge  weigerte,  wie  ehemals  gegen  Athen,  Elis  und  Persien, 
und  allen  Bürgern  verbot,  als  Freiwillige  Kriegsdienste  zu 
nehmen.  Die  spartanische  Regierung  konnte  diese  Provocation 
nicht  dulden ;  mit  Recht  betrachtete  sie  sie  als  den  Vorläufer 
des  Versuchs,  gestützt  auf  die  Demokraten  Thebens  Suprematie 
über  Boeotien  wieder  herzustellen.  Gewitzigt  durch  die  Er- 
fahrung des  letzten  Krieges  beschloss  sie,  der  Gefahr  zuvor- 
zukommen, wo  es  noch  Zeit  war,  mochte  dadurch  auch  die 
Vorschrift  des  Königsfriedens,  als  dessen  Garant  Sparta  auf- 
trat, noch  so  offenkundig  verletzt  werden.  Während  Euda- 
midas  im  Sommer  382  gegen  Olynth  ins  Feld  zog,  erhielt 
sein  Bruder  Phoebidas,  der  ihm  Truppen  nachführen  sollte, 
insgeheim  den  Auftrag,  die  Kadmea,  die  Burg  von  Theben, 
zu  besetzen.  Leontiadas,  der  mit  seinem  Rivalen  Ismenias 
zusammen  Polemarch  war,  setzte  sich  mit  Phoebidas  in  Ver- 
bindung und  öffnete  ihm,  als  er  durch  Boeotien  zog,  an  einem 
schwülen  Mittag,  als  die  Weiber  auf  der  Burg  das  Thesmo- 
phorienfest  feierten  und  diese  daher  von  den  Beamten  geräumt 
war,  die  Thore  der  Kadmea  (August  382).  Die  Häupter  der 
Gegenpartei  entkamen  meist  nach  Athen ;  Ismenias  dagegen  wurde 
verhaftet  und  auf  die  Kadmea  geschleppt.  Die  That  machte 
in  Griechenland  ungeheures  Aufsehen,  und  auch  in  Sparta 
waren  die  Nichteingeweihten  empört  über  den  offenkundigen 
Rechtsbruch.  Aber  Agesilaos  erklärte,  man  müsse  unter- 
suchen, ob  die  That,  die  Phoebidas  auf  eigene  Hand  gewagt 
habe,  Sparta  zum  Schaden  oder  zum  Nutzen  gereiche;  in 
letzterem  Falle  sei  sie  nach  altem  Herkommen  auch  ohne 
Auftrag  der  Gemeinde  gesetzlich  erlaubt.  Leontiadas  eilte  nach 
Sparta,  um  die  Sanctionirung  der  Massregel  durchzusetzen 


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Besetzung  der  Kadmea.   Sparta  in  Mittelgriechenland.  299 


und  Ismenias'  Verurtheilung  zu  betreiben.  Phoebidas  wurde 
zum  Schein  in  eine  Geldbusse  verurtheilt;  dagegen  entschied 
die  Volksversammlung  der  »Auserlesenen«  (Uy.vXr^oi),  dass  die 
Besatzung  der  Kadmea  aufrecht  zu  erhalten  und  Ismenias  vor 
ein  Gericht  von  Delegirten  Sparlas  und  der  Bundesgenossen 
zu  stellen  sei;  dasselbe  hat  ihn  als  Hochverräther ,  der  die 
Nation  an  die  Perser  verrathen  habe,  zum  Tode  verurtheilt 
und  hinrichten  lassen. 

Zustände  in  Boeotien:  Xen.  Hell.  V,  4,  46,  vgl.  49.  55.  Wieder- 
herstellung Plataeaes:  Pausao.  IX,  1,  4,  vgl.  Xen.  V,  4,  14.  Isokr.  14, 12  f. 
Theben  heerespflichtig :  Isokr.  14,28,  vgl.  §.  890  A.  Ueber  Thebens 
Politik  Xen.  V,  2,  14.  27.  83.  34.  —  Besetzung  Thebens :  Xen.  V,  2,  25  ff. 
Diod.  XV,  20  (382/1  v.  Chr.).  Plut.  Pelop.  5.  de  genio  Socr.  1.  Die  Ver- 
urtheilung des  Pboebidas  (bei  Xen.  übergangen)  wird  bei  Diod.,  Plut., 
Nepos  Pelop.  1,  Polyb.  IV,  27,  6  erwähnt  und  ist  gewiss  historisch. 
Dass  Phoebidas  im  Auftrag  der  spartanischen  Regierung  handelte,  ist 
schon  bei  Plut.  Ages.  23  f.  mit  Recht  vermuthet  und  evident;  Xenophon 
gibt  natürlich  die  officielle  Version.  —  Ueber  das  Datum  §.  894  A. 

892.  Nördlich  und  westlich  von  Boeotien  hat  Sparta 
überall  seine  Suprematie  ohne  Kampf  wieder  aufgerichtet.  Die 
Phoker  waren  ihm  immer  treu  geblieben;  die  Euboeer,  die 
Lokrer  und  die  kleinen  Stämme  an  der  thessalischen  Grenze 
traten  wieder  unter  seine  Oberhoheit  zurück,  auch  das  394  von 
Theben  eroberte  Heraklea  (§.  855)  ist  jetzt  wieder  hergestellt 
worden.  Die  Akarnanen  waren  388  durch  Agesilaos  be- 
zwungen worden  (§.  868);  die  Inseln  Zakynthos,  Kephallenia, 
Leukas,  selbst  Korkyra  waren  wieder  botmässig,  ebenso  Am- 
brakia;  bei  den  Molossern  intervenirten  die  Spartaner,  nachdem 
Dionys  den  Alketas  wieder  eingesetzt  hatte,  gegen  die  Illyrier 
(§.  822),  und  ohne  Zweifel  ist  Alketas  zunächst  in  ihre  Sym- 
ruachie  eingetreten.  In  Thessalien  hatten  die  Stadtrepubliken  sich 
395  im  Bunde  mit  Theben  gegen  den  mit  Sparta  verbündeten 
Tyrannen  Lykophron  von  Pherae  erhoben  und  ihn  auf  seine 
Hauptstadt  zurückgeworfen  (§.  855);  weiter  hatten  sie  sich 
an  dem  Kriege  nicht  betheiligt.  Jetzt  stellte  sich  die  natür- 
liche Verbindung  wieder  her:  die  Aristokratien  suchten  an 
Sparta  Rückhalt  und  stellten  ihm  Reiterei,  während  die 


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300 


IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 


Tyrannis  gegen  Sparta  in  Opposition  steht.  In  Pherae  war 
inzwischen  an  Lykophrons  Stelle  Jason  getreten,  vermuthlich 
sein  Schwiegersohn,  ein  Mann,  der  an  Energie  und  Begabung 
hinter  Dionys  nicht  zurückstand.  An  grössere  Unternehmungen 
konnte  er  zur  Zeit  nicht  denken;  aber  das  grosse  Vermögen 
seiner  Familie  ermöglichte  ihm,  ein  starkes  Söldnercorps  zu 
halten  und  sich  zu  behaupten.  Er  versuchte  zur  See  seine 
Macht  auszubreiten  und  unternahm  einen  Handstreich  auf 
Hestiaea  (Oreos)  an  der  Nordküste  Euboeas,  gegenüber  der 
Mündung  des  pagasaeischen  Golfs;  aber  sein  Parteigänger 
Neogenes,  den  er  zum  Tyrannen  der  Stadt  gemacht  hatte, 
wurde  durch  den  Spartaner  Therippidas  überwältigt,  die 
Republik  hergestellt,  und  eine  spartanische  Garnison  in  die 
Stadt  gelegt. 

Den  Bestand  der  spartanischen  Herrschaft  im  Norden  müssen  wir 
aus  den  zerstreuten  Notizen  bei  Xenophon  und  Diodor  herstellen.  Heeres- 
folge der  Akarnanen,  Phoker,  Lokrer:  Diod.  XV,  31.  Xer.  V,  A,  60.  VI, 
3,  1.  4,  9;  der  Thessaler:  Xen.  V,  3,  9.  Heraklea:  Xen.  VI,  4,  9.  27. 
Für  den  Westen :  Xen.  V,  4.  65.  VI,  2,  3.  23.  Diod.  XV,  36,  5.  —  Iason. 
als  dessen  izavi\p  Xen.  VI,  4,  24  Lykophron  bezeichnet  zu  werden  scheint 
(vgl.  aber  Pahlb,  F).  Jahrb.  1866,  532),  erscheint  zuerst  bei  der  Inter- 
vention in  Hestiaea  Diod.  XV,  30  (vgl.  Xen.  V,  4,  56),  die  vor  379  fallen 
muss.  Eine  Anzahl  Geschichten,  wie  er  sich  das  grosse  Vermögen  seiner 
Mutter  und  seiner  Bröder  "nutzbar  macht,  erzahlt  Polyaen  VI,  1. 

893.  Zu  ernsthafteren  Verwickelungen  kam  es  weiter  im 
Norden.  In  Makedonien  war  die  von  Archelaos  geschaffene 
Macht  mit  seiner  Ermordung  im  J.  399  (§.  765)  zusammen- 
gebrochen. Der  Mörder  Krateuas  freilich  wurde  rasch  über- 
wältigt; aber  Archelaos'  Sohn  Orestes  brachte  der  Vormund 
ASropos  um  und  schmückte  sich  selbst  mit  dem  Diadem,  wie 
es  scheint,  unter  dem  Namen  Archelaos  II.  Er  regierte  noch 
im  J.  394,  wo  er  Agesilaos'  Durchmarsch  zu  hindern  suchte 
(§.  858).  Bald  darauf  starb  er;  sein  Sohn  Pausanias  wurde 
von  Amyntas  II.  ermordet,  wahrscheinlich  einem  Bastard  des 
Archelaos;  aber  auch  dieser  wurde  nach  kurzer  Frist,  ähnlich 
wie  sein  Vater,  von  seinem  Liebling  Derdas  umgebracht.  Jetzt 
bemächtigte  sich  der  Herrschaft  ein  Seiten  verwandter  des 


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Iason  von  Pherae  —  Makedonien.  Olynth  und  der  chalkidische  Staat.  301 


Königshauses,  Amyntas  III.,  der  Sohn  des  Aridaios,  der  zuerst 
zur  Partei  des  Aeropos  gehört,  sich  dann  aber  vielleicht  gegen 
diesen  empört  hatte.  Freilich  vergingen  noch  Jahre,  bis  sein 
Thron  einigermassen  sicher  stand.  Von  der  einen  Seite  erhob 
sich  ein  neuer  Prätendent  Argaeos,  von  der  andern  drängten 
die  IUyrier,  welche  die  Wirren  benutzten,  Makedonien  zu 
überschwemmen  und  die  Grenzgebiete  von  ihm  abzureissen; 
auch  die  Vasallenfürsten  in  den  Cantonen  des  Hinterlandes 
mögen  unzuverlässig  genug  gewesen  sein.  In  seiner  Noth 
suchte  der  König  Hülfe  bei  den  Ghalkidiern  von  Olynthos.  — 
Der  chalkidische  Bund,  der  sich  im  J.  432  auf  dem  Rumpf 
der  Chalkidike  gegen  Athen  gebildet  hatte,  hatte  sich  trotz 
des  Verlustes  von  Potidaea  durch  alle  Wirren  der  Folgezeit 
siegreich  behauptet,  gestützt  bald  auf  Makedonien,  bald  auf 
Sparta.  Dann  hatte  er  sich  395  der  Erhebung  gegen  Sparta 
angeschlossen,  ohne  doch  ernstlich  am  Kriege  Theil  zu  nehmen. 
Auf  Perdikkas'  Rath  hatten  die  Chalkidier  im  J.  432  ihre 
Landgemeinden  aufgegeben  und  sich  in  Olynth  concentrirt 
(§.  536) ;  dadurch  war  diese  Stadt  mächtig  angewachsen  und 
das  Oberhaupt  eines  grossen  Gebiets  geworden.  Sie  hatte  inner- 
halb desselben  die  volle  staatliche  Einigung  durchgeführt  ähnlich 
wie  Rom  in  Latium :  für  alle  zugehörigen  Gemeinden  galt  glei- 
ches Recht,  volle  Freizügigkeit  und  Ehegemeinschafl.  Das  Land 
war  fruchtbar  und  gut  bebaut,  Handel  und  Wohlstand  ge- 
diehen, wo  ein  kräftig  aufblühender  Staat  Sicherheit  ge- 
währte, die  Bevölkerungszahl  wuchs;  so  konnte  der  chalki- 
dische Staat  ein  starkes  Heer  von  Hopliten,  Reitern  und  vor 
allem  Peltasten  ins  Feld  stellen.  Jetzt  wandte  sich  Amyntas 
an  Olynth  um  Hülfe  gegen  die  Illyrier;  ausser  günstigen 
Handelsbedingungen  bot  er  die  Abtretung  von  Grenzgebieten. 
Das  nahm  der  chalkidische  Staat  gern  an  und  schloss  auch 
eine  Offensiv-  und  Defensivallianz  auf  50  Jahre;  aber  an 
eine  ernstliche  Unterstützung  des  Königs  dachte  er  nicht, 
vielmehr  hofften  die  Olynthier  sich  selbst  zu  Herren  von 
Makedonien  machen  zu  können.  Amyntas  dachte  schon  daran, 
aus  dem  Lande  zu  fliehen.    Aber  die  Illyrierinvasion  verlief 


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302  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

sich;  überdies  fand  er  Hülfe  bei  den  Thessalern,  ferner  wie 
es  scheint  bei  Derdas,  dem  Fürsten  von  Elimia.  So  gewann 
er  sein  Reich  zurück;  auch  der  Prätendent  Argaeos  verschwand 
vom  Schauplatz.  Jetzt  forderte  Amyntas  das  abgetretene 
Gebiet  von  den  Olynthiern  zurück.  Indessen  diese  weigerten 
sich  nicht  nur,  sondern  hatten  inzwischen  die  Eroberung 
Makedoniens  begonnen;  Pella  und  andere  Rüstenplätze  be- 
grüssten  sie  als  Befreier,  sie  konnten  bereits  gegen  das  Binnen- 
land vorgehen.  Zugleich  dehnte  Olynth  seine  Macht  nach 
allen  andern  Seiten  aus.  Schon  waren  Torone  und  Potidaea 
dem  Bunde  beigetreten  und  damit  die  Städte  von  Pellene  zum 
Anschluss  gezwungen;  nur  die  Griechenstädte  im  Osten, 
Akanthos  und  Apollonia,  leisteten  noch  Widerstand,  doch  gab 
es  auch  hier  bereits  eine  starke  Partei,  die  zum  Anschluss 
geneigt  war.  Waren  diese  Städte  erst  gewonnen,  so  konnte 
Olynth  gegen  Amphipolis  und  das  Strymongebiet  vorgehen 
und  die  Hände  nach  den  Goldminen  des  Pangaeon  ausstrecken: 
schon  hatten  sich  die  kleinen  thrakischen  Stämme  der  Nach- 
barschaft ihm  angeschlossen.  Mit  Theben  und  Athen  knüpfte 
man  Verhandlungen  an;  noch" wenige  Jahre,  so  hatte  sich  im 
Norden  eine  starke  griechische  Macht  gebildet,  die  die  Hand 
auf  Makedonien,  Thessalien,  Thrakien  legen  konnte  und  von 
Sparta  nichts  mehr  zu  befürchten  brauchte. 

Die  Geschichte  Makedoniens  in  dieser  Epoche  ist  nur  ganz  unzu- 
länglich überliefert;  die  hier  gegebene  Skizze  kann  nur  auf  ungefähre 
Richtigkeit  Anspruch  machen.  Heillos  zerrüttet  ist  die  Königsfolge  und 
Chronologie,  die  auch  von  Gutschmid,  Kl.  Sehr.  IV,  35  ff.  nicht  mit 
Sicherheit  hergestellt  bat,  trotz  mancher  richtiger  Bemerkungen,  zumal 
er  nach  Regierungsjahren  anstatt  nach  chronographischen  Königsjahren 
rechnet.  Als  sicher  kann  gelten,  dass  das  eine  Jahr  der  Regierung  Ale- 
xanders II.  =  369/8  v.  Chr.,  Amyntas*  III.  letztes  Jahr  mithin  =  370/69 
ist,  ebenso  dass  Archelaos'  Tod  (=  dem  ersten  Jahr  seines  Nachfolgers) 
in  399/8  fallt.  Wir  haben  für  die  Königsliste  vier  Quellen:  1)  Diodor 
XIV,  37.  84.  89.  92.  XV,  60,  excerpirt  von  Euseb.  I,  p.  227.  2)  Die  Liste 
des  Synkellos  p.  482.  494  f.  500  (=  p.  498  marg.).  3)  Die  Liste  des 
Africanus  (vgl.  Gflzer,  Africanus  I,  155  ff.),  erhalten  Exc.  Barb.  p.  43  b 
(wo,  wie  Gelzer  erkannt  hat,  die  6  J.  des  Amyntas  an  falsche  Stelle 
gerathen  sind).   4)  Die  Liste  des  Eusebius  I,  p.  229,  im  Kanon  und  in 


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Amyntas  III.  und  die  Chalkidier  von  Olynth.  303 


der  series  regum,  die  zwischen  Synkellos  und  Africanus  in  der  Mitte 
steht.    Die  Daten  sind: 


Diodor 

Synkellos 

Barb. 

E  u  s  e  b 

Archelaos  t  400/399 

Orestes,  sofort  ermordet 

Orestes         3  J. 

3  J. 

3  J. 

Aeropos        6  J.  400/399-395/4 

Archelaos      4  » 

1 V»  > 

4  » 

4 

(p.  500  Aerepos) 

Amyntas       1  J. 

3  » 

1  » 

Pausanias     1  »  394/3 

Pausanias     1  > 

1 V* » 

1  > 

Amyntas     24  »  393/2-370/69 

Amyntas      5  > 

[6  >] 

6  » 

[nach  einigen  während  dessen 

Argaios        2  » 

3  • 

2  » 

Argaios  2  J.] 

Amyntas      12  » 

18  » 

18  » 

Alexander     1  J.  869/8 

Alexander     1  » 

2  » 

1  > 

Sa.    32  J. 

Sa.   29  J. 

38  J. 

36  J. 

Die  Summe  ist  bei  Diodor  um  1  zu  hoch  (in  Wirklichkeit  wäre  wohl  das 
eine  Jahr  des  Pausanias  seinem  Vorgänger  oder  Nachfolger  zuzurechnen), 
bei  Synkellos  um  2  zu  klein.  Im  übrigen  scheint  klar  zu  sein,  dass  Diodor 
die  offizielle  Rechnung  geben  will,  während  die  anderen  die  thalsäch- 
lichen Regierungen  berücksichtigen.  Sicher  ist  nur,  dass  Aeropos  noch 
394  regierte  (Polyaen  II,  1,  17);  im  nächsten  Jahr  mag  Amyntas  III.  zu- 
erst aufgetreten  sein  (falls  er  nicht  in  Diodors  Liste  mit  Amyntas  II.  zu- 
sammengeworfen ist),  während  er  den  Haupttheil  des  Landes  erst  viel 
später  in  seine  Gewalt  bekam,  und  dann  noch  einmal,  um  384—382, 
von  Argaeos  verdrängt  wurde.  Weiter  ist  nicht  zu  kommen.  —  Kra- 
teuas  ein  paar  Tage  König:  [Plato]  Alcib.  II,  142 d  =  Aelian  v.  h.  VIII,  9. 
—  Archelaos'  Sohn  (offenbar  ein  Bastard,  der  bei  seinem  Tode  schon 
erwachsen  war) :  Arist.  pol.  VIII,  8,  11 ;  er  ist  wahrscheinlich  identisch  mit 
dem  ersten  hei  den  Chronographen  genannten  Amyntas  und  mit  'Apiuvta?  b 
]uxp*c,  den  Derdas  ermordet  Arist.  pol.  VIII,  8,  10.  Amyntas  b  'Epptoouoo 
oder  'App'.&euoo,  so  in  den  Urkunden  benannt  zum  Unterschied  von  seinem 
Vorgänger  oder  Rivalen,  DS.  77.  78,  ist  nach  Synk.  p.  500  ein  Enkel  des 
Amyntas,  des  Bruders  des  Perdikkas,  dagegen  nach  Aelian  v.  b.  XII,  43. 
Justin  VII,  4,  3  ein  Sohn  des  Menelaos  (§.  429) ;  in  Wahrheit  wird  er 
dessen  Enkel  gewesen  sein.  Als  6rc»perr]<;  'Aspörcoo  bezeichnet  bei  Aelian 

1.  c.  —  Amyntas,  die  Illyrier  und  Olynth:  Diod.  XIV,  92,  3  =  XV,  19,  2. 
Xen.  V,  2,  12  f.  88.  Justin  VII,  4,  6;  vgl.  Isokr.  6,  46  (=  Aelian  v.  h. 
IV,  8).  Vertrag  mit  den  Chalkidiern :  DS.  77.  Swoboda,  Arch.-epigr. 
Mittb.  VII.  Rückführung  durch  die  Thessaler :  Diod.  XIV,  92,  3.  [Durch 
eine  Verwechselung  behauptet  Demosth.  28,  111,  die  Thessaler  hätten 
ihn  verjagt;  ebenso  schol.  Aesch.  2,  26.]    Derdas  von  Elimia:  Xen.  V, 

2,  38.  -  Entwicklung  der  Macht  Olynths:  Xen.  V,  2,  11  ff.  Die  Zahl 
der  Hopliten  ist  verschrieben.   Torone:  V,  3,  18.   Die  Bezeichnung  des 


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■ 


304  IV,  5-  Griechenland  unter  dem  Königefrieden. 

Einheitsstaats  in  dem  Vertrag  mit  Amyntas  ist  xb  xoivov  oder  Xabti$st<;. 
Damals  sind  ihnen  feindlich  Amphipolis,  Akanthos,  die  Bottiaeer  (Spar- 
tolos,  vgl.  Xen.  V,  3,  6)  und  Mende  (auf  Pallene). 

894.  König  Amyntas  blieb  kein  Ausweg,  als  sich  um 
Hülfe  nach  Sparta  zu  wenden;  mit  ihm  kamen  Gesandte 
von  Akanthos  und  Apollonia.  Sparta  nahm  das  Gesuch  an. 
Während  die  Bundesgenossen  Befehl  erhielten,  ein  Heer  von 
10,000  Mann  aufzustellen,  brach  Eudamidas  mit  2000  Neoda- 
moden,  Perioeken  und  Skiriten  im  Sommer  382  nach  Norden 
auf,  gewann  Potidaea  und  andere  Orte  und  führte  den  Krieg 
zunächst  defensiv.  Während  dessen  führte  sein  Bruder  Phoebidas 
den  Handstreich  gegen  Theben  aus ,  der  allen  Hoffnungen 
Olynths  auf  eine  Unterstützung  durch  die  Gegner  Spartas  im 
Mutterlande  ein  Ende  machte.  Jetzt  folgte  das  inzwischen 
vollzählig  gewordene  und  durch  weitere  Zuzüge,  namentlich 
aus  Theben,  verstärkte  Hauptheer  unter  Teleutias,  dem  in 
zahlreichen  Feldzügen  bewährten  Bruder  des  Agesilaos.  Auch 
Amyntas  und  Derdas  von  Elimia  stiessen  mit  ansehnlicher 
Macht  zu  ihm.  Vor  den  Mauern  von  Olynth  kam  es  zum 
Kampf.  Die  Ghalkidier  warfen  die  Reiterei  auf  dem  rechten 
Flügel  der  Feinde,  aber  Derdas  und  Teleutias  hinderten  sie 
an  der  Ausnutzung  des  Erfolgs  und  drängten  sie  in  die  Stadt 
zurück.  Indessen  fühlte  sich  Teleutias  nicht  stark  genug, 
während  des  Winters  die  Belagerung  in  Angriff  zu  nehmen; 
die  Olynthier  konnten  Streifzüge  gegen  die  zu  Sparta  über- 
getretenen Städte  und  gegen  Apollonia  unternehmen,  erlitten 
aber  dabei  im  Frühjahr  381  durch  Derdas  eine  Schlappe.  Als 
dann  aber  Teleutias  sich  aufs  neue  vor  Olynth  lagerte,  Hess 
er  sich  durch  die  chalkidischen  Reiter  zu  einem  Gefecht  ver- 
leiten, in  dem  seine  Truppen  vollständig  geschlagen  wurden 
und  er  selbst  den  Tod  fand.  Den  Spartanern  blieb  nichts 
übrig,  als  aufs  neue  einen  starken  Nachschub  zu  senden, 
diesmal  unter  König  Agesipolis,  dem  als  Stab  30  Spartiaten 
mitgegeben  wurden,  wie  dem  Agesilaos  in  Asien  (§.  842). 
Auch  von  den  Bundesgenossen  trafen  neue  Verstärkungen  ein. 
Jetzt  war  das  spartanische  Heer  den  Feinden  weitaus  über- 


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Spartas  Krieg  gegen  Olynth. 


305 


legen.  Das  feindliche  Gebiet  wurde  weithin  verwüstet;  die 
meisten  Städte  traten  zu  Sparta  über,  Torone  wurde  erobert. 
Zwar  starb  Agesipolis  im  Sommer  380  am  Fieber,  aber 
Polybiadas,  der  an  seiner  Stelle  das  Gommando  übernahm, 
schloss  Olynth  von  allen  Seiten  ein.  Als  die  Lebensmittel 
ausgingen,  unterwarf  sich  die  Stadt  (Sommer  379):  der  chal- 
kidische  Staat  wurde  aufgelöst,  Olynth  selbst  und  die  übrigen 
Einzelgemeinden  wurden  Bundesgenossen  Spartas  und  ver- 
pflichteten sich  zu  unbedingter  Heeresfolge.  In  Makedonien  aber 
war  Amyntas'  Herrschaft  dauernd  befestigt. 

Olynthiacher  Krieg:  Xen.  V,  2.  3.  Diod.  XV,  19-23.  Ephoros  folgt, 
von  einigen  Zusätzen  und  Entstellungen  abgesehen,  im  wesentlichen 
X  'nophon,  auch  in  dem  Schlusspasaus  über  Spartas  Machtstellung  XV, 
23,  3  f.  5=  Xen.  V,  3,  27.  Xenophon  hebt  mit  Absicht  allein  das  Hülfs- 
gesuch  von  Akanthos  und  Apollonia  hervor,  während  der  Krieg  vor  allem 
für  Amyntas  geführt  ist;  vgl.  Isokr.  4,  126.  6,  46.  Diod.  XV,  19,  8.  — 
Zu  Eudamidas  Aeneas  27,  7.  —  Chronologie.  Im  wesentlichen  hat 
Judeich,  Kleinas.  Stud.  137  IT.  die  richtigen  Daten  gefunden;  den  An- 
sätzen von  Fabricius,  Rh.  Mus.  48,  456  ff.  und  Beloch,  Gr.  Gesch.  II, 
228  vermag  ich  nicht  überall  zuzustimmen  (Diodor  hat  die  Begebenheiten 
auf  die  J.  383/2 — 38079  vertheilt).  Agesipolis  starb  nach  der  Agiaden- 
liste  im  Sommer  380:  Diod.  XV,  23  (vgl.  Forsch.  II,  511).  Sein  Tod 
kann  nicht  in  dasselbe  Jahr  mit  Teleutias'  Tod  fallen ,  da  dieser  frühe- 
stens etwa  im  Mai  gefallen  ist  (vgl.  Xen.  V.  3,  3  icpo-.ovto;  xo'j  ypovoo),  dar- 
auf ein  neues  Heer  ausgehoben  wird  (V,  3,  8),  und  Agesipolis  eine  Anzahl 
von  Einxelunternehmungen  ausgeführt  hat  (V,  3,  18).  Also  ist  Teleutias 
Mai  381  gefallen,  Agesipolis  etwa  Juli  oder  August  881  ausgerückt.  Dazu 
stimmt,  dass  die  Belagerung  von  Phlius  längere  Zeit  nach  seinem  Aus- 
zug beginnt,  also  Herbst  381,  und  nach  20  Monaten  zu  Ende  ist,  also 
Anfang  Sommer  379,  vor  der  Capitulation  von  Olynth.  Zur  Zeit  der 
Veröffentlichung  des  Panegyrikos  Sommer  880  waren  beide  Belagerungen 
im  Gang  (Isokr.  4,  126).  Mit  der  Einnahme  beider  Städte  noch  weiter 
hinabzugehen  und  sie  nach  der  Befreiung  Thebens  anzusetzen,  wie  Fa- 
bbiciis  will,  ist  unmöglich  (vgl.  Beloch  1.  c);  denn  dann  wären  beide 
Heere  sofort  gegen  Theben  vorgegangen,  während  beide  nach  Xenophona 
ausdrücklichen  Angaben  entlassen  und  aufgelöst  wurden  (V,  3,  25.  26). 
—  Teleutias  ist  offenbar  erst  zu  Ende  des  Sommers  382  nach  Olynth 
gekommen;  denn  für  die  V,  2,  38—43  berichteten  Operationen  ist  kein 
grösserer  Zeitraum  nöthig.  Mithin  fällt  der  Ausbruch  des  Kriegs  und 
die  Besetzung  Thebens  ins  J.  882,  in  Uebereinstimmung  nicht  nur  mit 

Meyer,  Geschichte  des  AlterthumB.   V.  20 


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300  IV»  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

Diodor,  der  die  Besetzung  Thebens  unter  382/1  erzählt,  sondern  auch 
mit  Aristid.  I,  p.  419  Dindorf,  der  sie  in  die  Zeit  der  Pythien,  d.  i. 
August  382,  seilt. 

895.  Mit  Ausnahme  von  Argos  und  Athen  war  jetzt  fast 
das  ganze  europaeische  Griechenland  aufs  neue  von  Sparta 
abhängig;  nur  die  Inseln  an  der  asiatischen  Küste  und  ab- 
gelegene Städte  wie  Byzanz  wagten  noch,  sich  seiner  Ober- 
hoheit zu  entziehen.  Wie  Athen  im  fünften  Jahrhundert  hat 
auch  Sparta  seinem  Reiche  eine  feste  Organisation  gegeben. 
Die  Inseln  zahlten  Tribut  (g.  889)  und  waren  wohl  auch,  wenn  das 
Bedürfniss  eintrat,  zur  Stellung  und  Bemannung  von  Schiffen 
verpflichtet.  Thessalien  war  zwar  von  Spartas  Politik  ab- 
hängig, aber  so  wenig  zur  Heeresfolge  verpflichtet  wie  Make- 
donien, und  Aetolien  blieb  nach  wie  vor  allen  griechischen 
Händeln  fern.  Das  übrige  Festland  wurde  im  J.  382  aus 
Anlass  des  Zuges  gegen  Olynth  in  10  Kreise  getheilt  und 
die  Contingente  der  einzelnen  Staaten  festgesetzt ,  nach  dem 
Massstabe  eines  Normalheeres  von  10,000  Mann.  Den  ersten 
Kreis  bildete  das  spartanische  Gebiet,  die  sechs  folgenden  der 
übrige  Peloponnes  (zwei  arkadische  Kreise,  Elis,  Achaia,  Korinth 
mit  Megara,  Sikyon  mit  Phlius  und  den  argivischen  Küsten- 
städten), den  achten  Akarnanien,  den  neunten  die  Phoker  und 
Lokrer.  Boeotien,  das  damals  offenbar  einen  zehnten  Kreis 
gebildet  hat,  nennt  unser  aus  dem  J.  378  stammendes  Ver- 
zeichniss  nicht  mehr;  dafür  kamen  nach  dem  Falle  Olynths 
die  thrakischen  Städte  hinzu.  Wenn  auch  natürlich  Sparta 
im  Verhältniss  bedeutend  mehr  Truppen  stellte  als  die  übrigen 
Gemeinden,  lässt  diese  Ordnung  doch  erkennen,  wie  stark  es 
die  abhängigen  Gebiete  für  seine  Kriege  heranziehen  konnte. 
Im  J.  378  soll  das  gegen  Theben  ausrückende  Heer  aus 
18,000  Mann  bestanden  haben;  darunter  waren  5  spartanische 
Moren  zu  500  Mann,  also  2500  Spartaner  (Vollbürger  und 
Perioeken),  ferner  die  Skiriten,  wahrscheinlich  500  Mann ;  die 
Bündner  stellten  also  etwa  15,500  Mann.  Um  die  Bürger  der 
abhängigen  Städte  zu  entlasten,  wurde  bestimmt,  dass  sie  an 
Stelle  der  Mannschaften  Geld  zahlen  dürften,  3  aeginetische 


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•  Organisation  des  spartanischen  Machtgebiets.  —  Athen.  307 

Obolen  (0,65  Mark) taglich  für  den  Mann;  ein  Reiter  wurde  gleich 
vier  Hopliten,  zwei  Leichtbewaffnete  gleich  einem  Hopliten 
gerechnet.  Säumige  Staaten  hatten  für  jeden  fehlenden  Mann 
täglich  einen  Stater  (2,60  Mark)  zu  zahlen.  Für  Sparta  war 
diese  Anordnung  nur  vurtheilhaft ;  bei  dem  grossen  Angebot 
von  Söldnern  bekam  es  dadurch  statt  schlecht  geschulter  und 
unlustiger  Bürger  (meistens  Handwerker,  vgl.  §.  931)  kriegs- 
gewohnte und  politisch  indifferente  Soldaten. 

üeber  die  militärische  Organisation  Xen.  V,  2,  21  f.  (im  J.  382), 
vgl.  VI,  2,  16.  Die  Kreise  Diod.  XV,  31  (im  J.  378).  Stfirke  des  Heeres 
Diod.  XV,  32,  1. 

896.  Durch  den  letzten  Krieg  war  Athen  wieder  ein  un- 
abhängiger Staat  geworden.  Die  langen  Mauern,  die  Befesti- 
gung des  Piraeeus,  die  Flotte  waren  wieder  hergestellt.  Auch 
die  drei  Klerucheninseln  hatte  es  behalten ;  alle  weitergehenden 
Hoffnungen  freilich  hatte  der  Königsfriede  vereitelt.  Auf 
den  Abschluss  des  Friedens  war  das  übliche  Nachspiel  gefolgt; 
eine  lange  Reihe  von  Crirainalprocessen  entlud  sich  über  die 
Häupter  der  Demagogen,  welche  seit  dem  Sturz  des  Befreiers 
Thrasybul  das  grosse  Wort  geführt  und  doch  das  Unheil  nicht 
hatten  abwenden  können.  Die  ehrlichen  unter  den  Demokraten 
gewannen  wieder  die  Oberhand,  vor  allem  Kephalos  von 
Kollytos  (§.  848),  der  sich  rühmen  konnte,  in  einem  langen 
politischen  Leben  niemals  wegen  eines  gesetzwidrigen  Antrags 
angeklagt  zu  sein.  Agyrrhios  wurde  wegen  Unterschleifs  in 
eine  schwere  Geldstrafe  verurtheilt,  die  seiner  politischen 
Laufbahn  ein  Ende  machte;  er  hat  lange  Jahre  im  Gefangniss 
gesessen,  bis  er  sie  abgetragen  hatte.  Mehrere  der  ärgsten 
Schreier  und  Sykophanten  wurden  zum  Tode  verurtheilt. 
Ueber  Epikrates,  den  Führer  der  Gesandtschaft  nach  Susa, 
der  bisher  bei  ähnlichen  Anklagen  davon  gekommen  war, 
sprach  die  Volksversammlung  selbst  das  Todesurtheil,  weil  er 
seine  Vollmacht  überschritten,  die  Bundesgenossen  verrathen 
und  vom  König  Geschenke  angenommen  habe;  sein  College 
Phormisios  dagegen  wurde  als  conservativer  Mann  freigesprochen. 
Von  den  Strategen  des  letzten  Jahres  wurde  Dionysios  hin- 


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V 


308  Ivr  5.  Griechenland  unter  dem  Kflnigsfrieden.  • 

gerichtet,  während  Diotimos  die  Beschuldigung  ungerechter 
Bereicherung  widerlegte  und  auch  Thrasybulos  von  Kollytos, 
obwohl  man  ihn  in  Fesseln  geworfen  hatte,  der  Verurtheilung 
entging  und  seinen  Einfluss  behauptete.  Während  des  nächsten 
Jahrzehnts  haben  die  Gemässigten  die  Führung  behauptet, 
wenn  auch  die  Radicalen  "gelegentlich  durch  die  alte  Be- 
schuldigung, die  Dreissig  unterstützt  zu  haben,  in  Personen- 
fragen noch  einmal  einen  Erfolg  erzielten.  —  Den  inneren 
Verhältnissen  ist  die  Friedenszeit  nach  der  vollen  Verwilderung 
der  letzten  Kriegsjahre  ohne  Zweifel  zu  Gute  gekommen:  im 
J.  378  steht  Athen  materiell,  politisch  und  sittlich  ganz  anders 
da  als  im  J.  388.  Vor  allem  scheint  die  Regierung  mit  Eifer 
für  die  Regeneration  der  Flotte  thätig  gewesen  zu  sein  (§.  929). 
Nach  aussen  suchte  Athen  festzuhalten,  was  sich  unter  den 
Satzungen  des  Königsfriedens  noch  behaupten  Hess.  Nament- 
lich die  grösseren  Inseln,  deren  Unabhängigkeit  der  Friede 
anerkannt  hatte  und  die  gar  keine  Neigung  verspürten,  sich 
Sparta  aufs  neue  unterzuordnen,  suchten  bei  Athen  Anlehnung; 
sie  schlössen  mit  ihm  Verträge  >zur  Aufrechter  ha  ltung  des 
Friedens  und  der  Eide  und  Verträge,  die  der  König,  Athen, 
Sparta  und  die  übrigen  Griechen  beschworen  haben «  und 
verpflichteten  sich  zu  gemeinsamer  Bundeshülfe  unter  pein- 
licher Wahrung  »der  Freiheit  und  Autonomie,  ohne  irgend 
eine  in  der  Friedensurkunde  aufgezeichnete  Bestimmung  zu 
übertreten«.  So  zuerst,  gleich  nach  dem  Abschluss  des 
Friedens,  das  von  Sparta  so  arg  gemisshandelte  Chios,  ferner 
Mytilene  und  Methyrana,  sowie  Byzanz.  Auch  Rhodos,  das  zu- 
gleich, wie  die  Münzen  dieser  Zeit  lehren,  einen  Bund  mit  Knidos, 
Iasos,  Samos,  Ephesos  geschlossen  hatte,  scheint  Anlehnung 
bei  Athen  gesucht  zu  haben,  während  die  übrigen  Städte, 
namentlich  Samos,  sich  zurückhielten  —  es  waren  die  Orte, 
welche  im  J.  391  zu  Sparta  zurückgetreten  waren  (§  869) 
und  in  denen  jetzt  eine  gemässigte  Aristokratie  herrschen 
mochte.  Sparta,  das  selbst  ähnliche  und  noch  viel  weiter 
gehende  Verträge  abgeschlossen  hatte,  konnte  rechtlich  dagegen 
nichts  einwenden  und  musste  es  dulden,  da  es  keine  Neigung 


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Athen  und  seine  Verbündeten.   Die  Inseln.    Thrakien.  309 

hatte,  einen  neuen  Seekrieg  zu  beginnen.  Auf  den  Kykladen 
freilich  ist  es  Athen  erfolgreich  entgegengetreten;  wie  es 
scheint,  hat  es  Athen  sogar  gezwungen,  die  Suprematie  über 
Delos  aufzugeben.  Das  Bündniss  mit  Euagoras  musste  Athen 
lösen;  mit  Aegypten  suchte  es  die  Beziehungen  aufrecht 
zu  erhalten  und  gestattete,  dass  Chabrias  von  Cypern  aus  in 
seine  Dienste  überging,  bis  dann  ein  energischer  Protest  der 
Perser  Athen  zwang,  ihn  zurückzurufen.  Mit  dem  Odrysenreich 
dagegen,  wo  386  Hebrytelmis  auf  Amadokos  gefolgt  war, 
hielt  Athen  das  alte  Freundschaftsverhältniss  aufrecht;  und 
als  dann  im  J.  383  Kotys  das  Königthum  gewann,  wahr- 
scheinlich ein  Sohn  des  Seuthes,  trat  Iphikrates  in  seine  Dienste 
und  half  ihm  in  zahlreichen  kleinen  Kämpfen  sein  Reich 
festigen.  Zum  Lohn  dafür  gab  ihm  Kotys  seine  Tochter  zur 
Gemahlin  und  beschenkte  ihn  mit  Land.  Auch  mit  Theben 
und  Olynth  stand  Athen  in  Beziehung  und  verhandelte  bereits 
über  den  Abschluss  eines  Bündnisses  mit  diesem,  als  Sparta  den 
Krieg  begann.  Die  Besetzung  der  Kadmea  freilich  machte  allen 
weiter  gehenden  Hoffnungen  ein  Ende.  Die  neue  oligarchische 
Regierung  in  Theben  brach  die  Beziehungen  mit  Athen  ab  und 
vernichtete  die  Bündnissurkunde  von  395 ;  und  Sparta  forderte 
die  Verjagung  der  300  Thebaner,  die  nach  Athen  geflüchtet 
waren.  Das  hat  Athen  geweigert;  dass  Androkleidas,  der 
Führer  der  Emigranten,  auf  Anstiften  der  thebanischen  Olig- 
archen  in  Athen  ermordet  wurde,  konnte  es  dagegen  nicht 
hindern,  und  die  leitenden  Staatsmänner  mussten  sich  so 
nachgiebig  zeigen,  dass  die  Gegner  den  Thrasybul  beschuldigen 
konnten,  er  habe  gegen  Geld  bei  dem  Verfassungsumsturz  in 
Boeotien  mitgewirkt.  Athen  war  eben  isolirt;  schon  musste 
man  befürchten,  dass  auch  die  Inseln,  die  Werthlosigkeit  des 
Rückhalts  an  Athen  erkennend,  lieber  bei  Zeiten  ein  gutes 
Verhältniss  zu  Persien  suchen  würden  (Isokr.  paneg.  1G3). 
Nach  der  Unterwerfung  von  Phlius  und  Olynth  konnte  kein 
Zweifel  sein,  dass  Sparta  bei  nächster  Gelegenheit  den  Versuch 
machen  werde,  auch  Athen  aufs  neue  seiner  Herrschaft  zu 
unterwerfen. 


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310  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

Kephalos'  Aeusserung:  Aeschin.  3.  194  =  Dem.  18,  251.    Er  ist 
erster  Gesandter  bei  dem  Vertrage  mit  Chio?.  —  Verurtbeilung  des 
Agyrrbios:  Demostb.  24,  134.    Psephisma  über  Epikrates:  Demostb.  19, 
277  IT.  Aristid.  I,  283.  schol.  p.  277  Dindorf.    In  einen  früheren  Pro- 
cess  des  Epikrates  gehört  Lysias  or.  27,  von  der  Ueberlieferung  und  der 
Interpolation  in  §.  1  auf  die  Gesandlschaft  bezogen.    Dass  Pbormisios 
nicht  verurtheilt  wurde,  lehrt  Dinaren  1,  38.  Hinrichtung  des  Dionysios : 
Demosth.  19.  180.    Process  des  Tbrasybul:  Demostb.  24,  134,  vgl.  Lys. 
26,  23  und  §.  878  A.    Beschuldigung  des  Diotimos:  Lys.  19,  50.  —  Aus 
Lysias'  Rede  26  gegen  Euandros,  den  Archon  von  882,  lernen  wir 
das  damalige  Treiben  kennen;  Erfolg  hat  diese  Anklage  nicht  gehabt, 
dagegen  die  des  Leodamas  ib.  §.  13.    In  der  Rede  wird  Thrasybul  des 
Verraths  der  Boeoter  beschuldigt  §.  23,  im  Widerspruch  mit  CIA.  II,  17 
ZI.  77  und  Aeschin.  3,  138.  —  Verbündete  Athens:  Isokr.  14.  27  (Chioe, 
Mytilene,  Byzanz),  vgl.  CIA.  II,  17  ZI.  24.  69;  unter  den  dort  aufgezählten 
Mitgliedern  des  neuen  Seebunds  waren  die  zuerst  genannten,  nach  der 
Schrift  Chi os,  Mytilene,  Methymna,  Rhodos,  Byzanz  schon  vorher  mit 
Athen  verbündet  [ebenso  Theben  seit  878],  ?.  Fabricius,  Rhein.  Mus.  46,  589. 
Gött.  Gel.  Anz.  1*93,  932.  Das  bestehende  Bündniss  mit  Methymna  wird 
CIA.  II,  18  b  (Suppl.  p.  10.  DS.  82)  ZI.  5  erwähnt.  —  Vertrag  mit  Chios: 
CIA.  II,  15  und  15  c,  Suppl.  \\  9.  D?.  75;  mit  Byzanz  CIA.  II,  19.  DS.  79; 
mit  Hebrytelmis:  CIA.  II,  14c  Suppl.  p.  8.  DS.  76,  vgl.  Höck,  Hermes 
26,  454.    Kotys  regiert  24  J.f  383—360:  Harpokr.  s.  v.    Auf  Iphikrates' 
Kriege  in  Thrakien  beziehen  sich  zahlreiche  Strategeme  bei  Polyaen. 
Die  Zeit  ergibt  sich  daraus,  dass  Menestheus,  sein  Sohn  von  der  Thra- 
kerin, im  J.  856/5  Stratege  ist.  —  Ueber  die  Bundesmünzen  von  Rhodos 
u.  s.  w.  (Head,  hist.  num.  p.  495  cet.)  s.  Waddington,  rev.  nura.  1803. 
223.  Beloch,  Griecb.  Gesch.  II,  216,  2,  der  die  Zeit  richtig  bestimmt  zu 
haben  scheint.  —  Im  allgemeinen  vgl.  Photios'  Excerpt  aus  Theopomp 
lt>.  12  (fr.  111)        'Athqvauov      nokt$  xal$  wpö?  ßastXia  aovxKjxats  ir.ti- 
päto  ifijiivttv,  Aaxeäaifiovtot  oi  öicipofxa  fpovoövrs^  itapeßaivov  ta^  oov- 
d-r4xag.  —  nspl  tu»v  Kt>xX£$u>v  vy4oü>v  ijxf wßfjtoö^v  (Athen  und  Sparta): 
Isokr.  4,  136.    Ueber  Delos  Beloch,  Gr.  Gesch.  II,  282.  6.    Wenn  Iso- 
krates  paneg.  16  sagt:  tü>v  TAX^wov  ot  uiv  6<p*  Yifuv,  ol  8'  uro  Aax«3at- 
jxoviot?  «istv,  so  ist  das  absichtliche  Uebertreibung,  vgl.  §.  923  A.  —  Be- 
ziehungen zu  Olynth :  Xen.  V,  2,  14.  —  Auf  die  Besetzung  der  Kadmea 
bezieht  sich  die  Namenliste  (etwa  die  Flüchtlinge?)  CIA.  II,  16.  Forde- 
rung der  Ausweisung  der  Flüchtlinge:  Plut.  Pelop.  6.    Zerstörung  der 
ot-fjXYj  in  Theben:  Aristid.  I,  283  Dindorf. 


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Die  Perser  gegen  Akoris  von  Aegypten.   Euagoras'  Erfolge.    31 1 


Die  Perser  gegen  Euagoras  und  Aegypten.  Sonstige 
Aufstände  im  Perserreich. 

897.  Während  in  Griechenland  Sparta  den  Gewinn  des 
Friedens  einheimste,  haben  die  Perser  die  Griechenstädte 
Kleinasiens,  die  noch  nicht  in  ihren  Händen  waren,  besetzt, 
und  den  Krieg  gegen  die  Rebellen  begonnen.  Euagoras  war 
jetzt  Herr  von  fast  ganz  Cypern  (§.  874)  und  im  Besitz  einer 
starken  Land-  und  Seemacht ;  die  Perser  hatten  ihn  fast  un- 
behelligt gelassen,  ja  Hefcatomnos,  der  sich  in  Karien  eine 
ähnliche  selbständige  Macht  zu  gründen  gedachte,  unterstützte 
ihn  insgeheim  mit  Geld.  Seine  Hauptstütze  aber  war  König 
Akoris  von  Aegypten  (§.  870).  Dieser  Herrscher,  der  nach 
Manetho  im  J.  392  auf  den  Thron  gelangt  war,  hatte  das 
Nilland  fester  in  seiner  Gewalt  als  seine  Vorgänger;  er  hat 
daher  auch  eine  grössere  Zahl  von  Monumenten  in  Theben, 
Memphis  u.  a.  hinterlassen.  Er  verfügte  über  eine  ansehn- 
liche Flotte  und  reiche  Geldmittel  und  konnte  daher  gleich- 
falls ein  starkes  Söldnerheer  anwerben;  auch  Ghabrias  trat 
jetzt  in  seine  Dienste  (§.  896).  Zu  dem  Zwecke  hat  er  mit 
den  Pisidern,  die  in  den  zerrissenen  Alpenthälern  des  Tauros 
seit  langem  die  persische  Oberhoheit  abgeschüttelt  hatten, 
ein  Bündniss  geschlossen;,  auch  Barka  trat  mit  ihm  in 
Verbindung.  —  Während  Tiribazos  mit  der  Rüstung  der 
Flotte  gegen  Euagoras  beauftragt  wurde,  gingen  Abrokomas, 
Tithraustes  und  Pharnabazos  zu  Lande  gegen  Aegypten  vor. 
Aber  obwohl  Pharnabazos  die  Abberufung  des  Chabrias  von 
Athen  forderte  und  erreichte,  konnten  sie  nichts  ausrichten. 
Das  Ergebniss  des  dreijährigen  Krieges  (etwa  385—383  v.  Chr.) 
war,  dass  das  persische  Unternehmen  aufgegeben  werden  musste; 
Akoris  konnte  daran  denken  nach  Asien  hinüberzugreifen.  Wäh- 
rend dessen  hatte  Euagoras  seine  Macht  über  das  Meer  hin- 
aus erweitert  und  die  Insurrection  nach  den  Küsten  Kilikiens 
und  Phoenikiens  getragen ;  selbst  das  feste  Tyros  fiel  in  seine 
Hände.   Mit  seiner  Flotte  von  90  Trieren  aus  Cypern  und 


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■ 

312  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 


Tyros  brachte  er  die  Kauffahrer  auf  und  fing  den  Feinden 
die  Zufuhr  ab;  das  Ostbecken  des  Mittelmeers  war  zur  Zeit 
in  seiner  Gewalt. 

Besetzung  der  griechischen  Städte:  Isokr.  4,  137»  vgl.  123.  Hier- 
her gehört  wohl  die  Art ,  wie  Autophradates  Ephesos  überrumpelt : 
Polyaen  VII,  27,  2.  —  Diodor  erzählt  den  Krieg  gegen  Euagoras  XV, 
2 — 4.  8  f.  sehr  unvollständig:  Photios'  Auszug  aus  Theopomp  Philipp. 
Ih.  XII  (fr.  111)  und  Isokrates  paneg.  140  f.  153.  161.  Euag.  57  ff.  zeigen, 
wie  viel  er  übergangen  hat;  vgl.  auch  Polyb.  XII,  25  f,  2  über  Ephoros' 
Darstellung  der  Seeschlacht  bei  Cypern.  Den  dreijährigen  Krieg  gegen 
Aegypten  kennen  wir  nur  aus  Isokrates.  Wer  in  dem  ßostXtu?  tiüv  ßapßdp<uv 
(Rhodomann  'Apaßuiv)  steckt,  der  Euagoras  unterstützt  (Diod.  XV,  2,  4), 
ist  nicht  zu  sagen.  —  Chabrias  in  Aegypten :  Demosth.  20,  76.  Diod.  XV, 
29  unter  377/6  bei  dem  neuen  Angriff  des  Pharnabazos  (§.  900),  was  ent- 
schieden falsch  ist,  da  Ghabrias  379  schon  wieder  in  Athen  Stratege  Ut. 
Nepos  Chabr.  2,  1.  3,- 1  hat  dieseu  Zug  des  Chabrias  nach  Aegypten  mit 
dem  von  361  zusammengeworfen ;  daher  ist  auch  aus  2,  1  nam  Nectanebini 
adiutum  profectus  regnum  ei  constituit  nichts  zu  folgern.  Xaßpioo  x«P«i 
bei  Pelusium  Strabo  XVI,  2,  33.  Plin.  V,  68;  Xaßpto»  x^ji-rj  im  Delta 
StraboXVII,  1,  22.  -  Die  Chronologie  ist  von  Judeich,  Kleina?.  Stu- 
dien 117  ff.  und  anderen  recht  verkehrt  behandelt;  die  richtigen  Daten 
gibt  Ueloch,  Gr.  Gesch.  II,  219.  Dass  Diodor  den  Krieg  gegen  Euagoras  in 
unmittelbarem  Anschluss  an  den  Königsfrieden  (vgl.  XIV,  110,  5  =  XV,  2) 
unter  386/5  und  385/4  erzählt,  beweist  natürlich  gar  nichts.  Zur  Zeit 
des  Panegyrikos  380  dauert  der  Krieg  sechs  Jahre  (4,  41)  und  ist  bei- 
nahe zu  Ende;  das  ist  natürlich  vom  Königsfrieden  an  gerechnet  (386/5 
bis  381/0).  Der  ganze  Krieg  dauert  zehn  Jahre  (Isokr.  9,  64.  Diod.  XV, 
9,  2),  also  890/89 — 381/0.  Diodor  sagt  ausdrücklich,  dass  nur  in  den  beiden 
letzten  Jahren  ernstlich  gekämpft  wurde,  also  382/1  und  381/0.  Der  drei- 
jährige Krieg  gegen  Aegypten  fällt  nach  Isokr.  4,  141  vor  den  entscheiden- 
den Angriff  auf  Euagoras,  also  etwa  385 — 383,  vielleicht  auch  ein  Jahr 
früher.  Ihn  vor  den  Königsfrieden  zu  setzen,  wie  Judeich  will,  ist  schon 
darum  unmöglich,  weil  Pharnabazos  bis  387  in  seiner  Satrapie  war  (Xen. 
V,  l,  28),  verkennt  aber  auch  die  ganze  Situation  der  Perser  vor  dem 
Frieden.  —  In  diesen  und  die  folgenden  Kriege  gehören  die  in  Kilikien  von 
Tiribazos,  Pharnabazos  und  einem  Unbekannten  (meist  für  Datames  er- 
klärt, was  gewiss  falsch  ist)  geprägten  Münzen  mit  aramaeischer  und 
griechischer  Legende,  ?.  Babei  on,  les  Perses  Achem.  p.  XXIX  ff.  u.  a. 

898.  Diese  Erfolge  machten  es  für  die  Perser  nur  noch 
dringender,  alle  Kräfte  an  die  Niederwerfung  des  Euagoras 
zu  setzen;  sonst  liefen  sie  Gefahr,  ihre  Herrschaft  über  die 


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Die  Perser  gegen  Euagoras. 


313 


Küsten,  aus  denen  sie  bisher  die  Flotten  genommen  hatten, 
vollends  zu  verlieren,  und  hier  ira  Osten  ein  neues  und  un- 
abhängiges grosses  griechisches  Reich  entstehen  zu  sehen,  wo 
sie  eben  die  übrige  Griechenwelt  unter  ihren  Willen  gebeugt 
hatten.  Im  J.  382  war  Tiribazos  endlich  mit  seinen  Rüstungen 
fertig.  Die  Schiffe  stellten  vorwiegend  die  Ionier;  ein  starkes 
Landheer,  dessen  Kern  die  griechischen  Söldner  bildeten, 
führte  des  Königs  Schwager  Orontes  heran.  Von  Kilikien  aus 
gingen  sie  zum  Angriff  auf  die  Insel  vor.  Auch  Euagoras 
hatte  zu  den  Bürgertruppen  ein  griechisches  Söldnerheer  ge- 
worben und  von  Akoris  oO  Schiffe  erhalten.  Seine  Flotte, 
jetzt  angeblich  200  Trieren  stark,  gegen  300  persische,  that 
den  Feinden  starken  Abbruch,  so  dass,  als  die  Lebensmittel 
ausgingen  und  überdies  in  üblicher  Weise  der  Sold  ausblieb, 
die  Söldner  zu  meutern  begannen;  nur  durch  rücksichtsloses 
Vorgehen  gegen  die  Rädelsführer  konnte  der  Flottencomman- 
dant  Glos,  der  Sohn  des.  Tamos,  des  Admirals  des  Kyros 
(§.  837),  und  Schwiegersohn  des  Tiribazos,  die  Disciplin  wieder 
herstellen.  Auch  zu  Lande  errang  Euagoras  manchen  Vor- 
theil. Endlich  kam  es  bei  Kition  zur  Seeschlacht.  Euagoras 
war  anfangs  im  Vortheil;  schliesslich  aber  erlagen  seine  Schiffe 
trotz  ihrer  besseren  Schulung  der  Ueberzahl.  Damit  brach 
seine  Macht  zusammen  (381  v.  Chr.).  Sein  Landheer  verlief 
sich  bis  auf  3000  Peltasten,  er  musste  sich  nach  Salamis 
zurückziehen  und  auf  die  Belagerung  einrichten.  Er  machte 
noch  einen  Versuch,  aus  Aegypten  Hülfe  zu  bekommen ;  wäh- 
rend sein  Sohn  Pnytagoras  die  Vertheidigung  der  Stadt  leitete, 
ging  er  selbst  zu  Akoris.  Aber  dieser  verhielt  sich  lau,  und 
er  konnte  nur  wenig  Geld  zurückbringen.  Inzwischen  hatte 
Tiribazos  vom  König  neue  Geldmittel  und  Truppen  geholt; 
Euagoras  erkannte,  dass  seine  Stellung  nicht  mehr  zu  halten 
war.  Er  erbot  sich,  auf  alle  Eroberungen  zu  verzichten  und 
den  Jahrestribut  zu  zahlen.  Tiribazos  war  bereit  darauf  ein- 
zugehen; aber  er  forderte  zugleich,  dass  Euagoras  erklären 
solle,  »dem  König  gehorsam  zu  sein  wie  ein  Knecht  dem 
Herrn«.    Das  weigerte  Euagoras;  er  wollte  sich  nur  unter- 


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314 


IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden 


werfen  »als  König  dem  Könige«.    So  ging  der  Krieg  weiter; 
der  Ausgang  konnte  kaum  zweifelhaft  erscheinen.   Aber  die 
persischen  Oberfeldherrn  vertrugen  sich  schlecht  miteinander; 
Orontes,  neidisch  auf  Tiribazos'  Erfolge,  verklagte  ihn  beim 
König,  dass  er  den  Krieg  nicht  energisch  zu  Ende  führe,  da- 
gegen mit  Sparta  in  Verhandlung  stehe  und  an  Abfall  denke, 
und  Artaxerxes  gab  Befehl,  Tiribazos  festzunehmen  und  zur 
Aburtheilung  an  den  Hof  zu  schicken.    Die  Folge  war,  dass 
die  persische  Stellung  sich  zusehends  verschlechterte:  die 
Truppen  hingen  an  dem  alten  Feldherrn;  Glos,  der  besorgt 
war  in  das  Schicksal  seines  Schwiegervaters  verwickelt  zu 
werden,  bereitete  sich  abzufallen  und  trat  mit  Akoris  und  mit 
Sparta  in  Verbindung;  Euagoras,  der  nach  Theopomps  An- 
gabe bei  Orontes1  Intriguen  mitgewirkt  und  ihm  das  Material 
zur  Anklage  des  Tiribazos  geliefert  hatte,  fasste  neuen  Muth 
und  rief  Spartas  Entscheidung  an.  Orontes  sah  keine  andere 
Möglichkeit  den  drohenden  Gefahren  zu  entgehen,  als  dass  er 
die  Forderung  des  Euagoras  bewilligte  und  einen  Frieden 
schloss,  der  ihn  als  tributären  König,  nicht  als  Knecht  des 
Grosskönigs  bezeichnete  (380  v.  Chr.).    So  war  zwar  das 
selbständige  cyprische  Reich  gebrochen,  aber  zugleich  die  innere 
Schwäche  des  Perserreichs  aller  Welt  offenbart;  obwohl  sie, 
wie  lsokrates  behauptet,  nicht  weniger  als  15,000  Talente  für 
den  Krieg  ausgegeben  hatten,  hatten  sie  zuletzt  doch  nach- 
geben müssen.    Wenn  Euagoras  durch  seine  Ausdauer  sich 
schliesslich  gegen  die  Uebermacht  ruhmvoll  als  König  von 
Salamis  behauptet  hatte,  was  hätte  er  erreichen  können,  wenn 
die  Griechen  des  Mutterlandes  ihn  unterstützt  hätten,  statt 
den  Feinden  der  Nation  die  besten  Truppen  zu  liefern !  — 
Der  Ausgang  des  Krieges  hatte  zur  Folge,  dass  Tiribazos 
freigesprochen  und  in  alle  Ehren  wieder  eingesetzt  wurde, 
während  Orontes  in  Ungnade  fiel.  Euagoras  hat  noch  6  Jahre 
in  Salamis  regiert  und  eine  Verschwörung  Nikokreons  unter- 
drückt; im  J.  874  wurde  er  und  der  Thronfolger  Pnytagoras 
in  Folge  einer  Liebesintrigue  von  einem  Eunuchen  umgebracht, 
und  sein  jüngerer  Sohn  Nikokles  übernahm  die  Herrschaft 


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Euagoras'  Ausgang.    Aufstand  des  Glos.   Datames.  315 

An  der  Ermordung  seines  Vaters  war  er  vielleicht  nicht  un- 
betheiligt ;  aber  er  richtete  ihm  eine  glänzende  Leichenfeier  aus 
und  bestellte  bei  Isokrates  einen  Nekrolog,  der  die  herrlichen 
Thaten  und  Eigenschaften  des  Verstorbenen  im  ruhmreichsten 
Lichte  der  Welt  verkündete  (§.  840  A.).  Im  übrigen  suchte 
Nikokles  die  Ruhe  in  der  Stadt  aufrecht  zu  erhalten  und  den 
leeren  Schatz  wieder  zu  füllen ;  an  eine  Erhebung  gegen  Persien 
dachte  er  nicht  mehr. 

Ueber  Tiribazos'  Heer  Isokr.  4.  124.  134.  135.  Der  Nauarch  Glos 
auch  Aeneas  31,  35.  —  Glos  unterdrückt  durch  List  die  widersetzlichen 
Ionier:  Polyaen  VII,  20,  vgl.  Isokr.  4,  153.  Tiribazos'  Gefangennahme 
ausser  bei  Diod.  und  Theopomp  auch  Polyaen  VII,  14,  1.  Plut.  de  super» 
stit.  8.  Euagoras  und  Sparta :  Theopomp.  Isokr.  4,  135.  Glos*  Empörung 
als  bevorstehend  angekündigt  Isokr.  4,  141.  Kriegskosten:  Isokr.  9,  60. 
—  Process  des  Tiribazos  Diod.  XV,  10  f.  —  Euagoras'  Tod :  Theopomp 
fr.  111.  Arist.  pol.  VIII,  8,  10.  Diod.  XV,  47.  8  [flüchtig  excerpirt].  Die 
Wirren  sind  in  Isokrates'  Nikokles  mehrfach  angedeutet;  im  Euagoras 
benutzt  er  den  plötzlichen  Tod  zu  einer  prachtigen  Phrase  9,  71.  — 
Leichenfeier:  Isokr.  9,  1.    Nikokles'  Politik:  Isokr.  8,  31  ff.  und  sonst. 

899.  Die  Empörung  des  Glos  ist  gescheitert  wie  20  Jahre 
früher  die  seines  Vaters  (§.  837).  Zwar  schloss  Akoris  ein 
Bündniss  mit  ihm,  und  auch  Sparta,  das  eben  jetzt  den  Krieg 
gegen  Olynth  und  Phlius  glücklich  zu  Ende  führte,  schien 
nicht  abgeneigt  sich  mit  ihm  einzulassen;  aber  er  wurde  er- 
mordet, und  damit  ging  die  Gefahr  vorüber.  Mit  den  Resten 
seines  Heeres  behauptete  sich  Tachos  noch  ein  paar  Jahre  bis 
an  seinen  Tod  in  Leukae  an  der  Hermosmündung.  Im  übrigen 
hielt  Autophradatcs,  der  Satrap  von  Sardes,  die  Bewegungen 
im  westlichen  Kleinasien  nieder.  Um  dieselbe  Zeit  gelang  es 
dem  Karer  Datames,  dem  Statthalter  eines  Theils  Kappa- 
dokiens,  den  Fürsten  von  Paphlagonien,  Thuys,  gefangen  zu 
nehmen,  und  wenig  später  einen  Rebellen  Aspis  in  Kataonien 
niederzuwerfen.  Die  eroberten  Gebiete  sind  offenbar  zu  seiner 
Provinz  geschlagen  worden,  so  dass  er  hier  im  Osten  vom 
Tauros  bis  zum  Schwarzen  Meer  ein  grosses  Gebiet  beherrschte, 
in  dem  er  dem  Reich  bald  gefährlicher  werden  sollte,  als  die 
von  ihm  besiegten  Rebellen.  —  In  den  Griechenstädten  am 


316  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

Schwarzen  Meer  hatten  die  Perser  einstweilen  noch  nicht 
mehr  zu  sagen  wie  zur  Zeit,  als  die  Kyreer  hier  durchzogen. 
Die  Räuberstämme,  im  Norden  die  Bithyner  und  Myser,  im 
Süden  die  Pisider,  schlugen  alle  Versuche  der  Satrapen,  sie 
wieder  botmässig  zu  machen,  erfolgreich  ab;  ihre  Plunderungs- 
züge waren  eine  fortdauernde  Plage  der  Gulturländer.  Die 
Pisider  traten  mit  Akoris  in  Verbindung  (§.  897)  und  unter- 
stutzten die  Erhebung  des  Aspis.  Auch  Lykien,  wo  nach 
der  Zurückdrängung  der  Athener  die  persische  Oberhoheit 
zeitweilig  wieder  hergestellt  war  (§.  083),  ging  jetzt  dem 
Reiche  aufs  neue  verloren.  Perikles  von  Limyra,  dem  Vor- 
ort  einer  kleinen  Küstenebene  im  Osten,  zwang  alle  Dynasten 
unter  seine  Herrschaft;  er  besiegte  den  persischen  Fürsten 
Artembares,  der  in  Pinara  und  Tlos  gebot,  unterwarf  das 
Xanthosthal  und  schuf  einen  nationalen  Einheitsstaat  unter 
seinem  Königthum.  Auch  Telmessos,  die  berühmte  Orakelstadt 
an  der  Grenze  gegen  Karien,  wurde  zur  Anerkennung  seiner 
Oberhoheit  gezwungen ;  und  ob  im  Osten  die  reiche  Griechen- 
stadt Phaseiis,  die  früher  fest  zu  Athen  gehalten  hatte,  sich 
jetzt  noch  unabhängig  behaupten  konnte,  ist  recht  fraglich. 
Dasssein  nördlicher  Nachbar  Hekatomnos  von  Karien  (391—377) 
gleichfalls  darauf  ausging,  seine  Satrapie  in  ein  erbliches 
Königreich  umzuwandeln,  wenn  er  auch  die  offene  Auflehnung 
gegen  den  Grosskönig  vermied,  ist  schon  erwähnt  (§.  874). 
Wie  es  scheint,  hat  er,  wie  später  sein  Sohn  Maussollos,  den 
karischen  Adel  in  den  Städten  und  Burgen  der  Gaue  (§.  94), 
aus  dem  er  selbst  hervorgegangen  war,  nicht  ohne  Kämpfe 
niedergehalten.  Seine  Hauptstütze  war  das  Griechenthum  in 
den  Küstenstädten  und  in  seinem  Söldnerheer.  Wie  er 
griechische  Münzen  nach  rhodischem  Fuss  prägte,  mit  dem 
karischen  Kriegsgott  mit  der  Streitaxt  als  Münzbild,  so  haben 
die  Karierstädte  unter  der  Herrschaft  seiner  Dynastie  ihre 
Beschlüsse  griechisch  abgefasst  (§.  94),  und  sein  Sohn  und 
Nachfolger  Maussollos  hat  dann  das  Land  vollends  der  griechi- 
schen Gultur  erschlossen.  —  Auch  König  Artaxerxes  selbst 
hat  um  das  Jahr  380  den  Versuch  gemacht,  sich  auf  einem 


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ZustAnde  Kleinasiens.  Perikles  von  Lykien.  Hekatomnos  von  Karien.  317 

grossen  Heerzug  gegen  die  Kadusier  ara  Kaspischen  Meer 
(§.  71)  kriegerisch  zu  bethätigen;  aber  er  gerieth  in  dem 
wilden  Bergland  in  arge  Bedrängniss  und  musste  froh  sein, 
dass  Tiribazos  die  feindlichen  Häuptlinge  dazu  brachte,  ihm 
den  Rückweg  zu  öffnen. 

Glos  und  Tachos:  Diod.  XV,  10.  18.  19,  1.  cum  Autophradates 
iossu  regis  hello  persequeretur  eos  qui  defecerant  Nepos  Dat.  2,  1  (2,  5 
beisst  Ariobarzanes  fälschlich  praefectus  Lydiae  et  Ioniae  totiusque  Phry- 
giae ;  er  war  nur  Satrap  des  hellespontischen  Phrygiens,  mag  aber  aller- 
dings den  Posten  des  Obercommandos  in  Kleinasien  erhalten  haben). 
Data  m  es  gegen  Thuys  (vgl.  Theopomp  fr.  198  =  Aelian,  v.  h.  I,  27) 
und  Aspis :  Nepos  Dat.  2 — 4.  Vgl.  meine  Geschichte  des  Königreichs 
Pontos  p.  27.  —  Perikles  von  Lykien:  Theopomp  fr.  111  (gegen  Tel- 
misaos).  Folyaen  V,  42  (gegen  Charimenes  von  Milet,  offenbar  einen 
Söldnerführer,  dem  er  bei  Phaseiis  auflauert;  jener  entkommt  aber  ver- 
kleidet zu  Lande).  Wir  haben  von  ihm  zahlreiche  Münzen;  ferner  wird 
er  in  Inschriften  von  Timiusa,  Arneae  und  vor  allem  Limyra  genannt 
(Tituli  Lyciae  ed.  Kalinka  no.  67.  83.  103.  104.  132.  183),  in  no.  104 
wahrscheinlich  als  Sieger  über  Artembares  (Artuampara).  Letzterer  trägt 
auf  einer  Münze  (Six,  rev.  num.  1877,  p.  63  no.  221.  Babelon,  ies  Perses 
Achem.  p.  CVI  u.  a.)  persische  Tracht,  und  wird  in  einer  Inschrift  von 
Tlos  (Tit.  Lyc.  29  ZI.  7)  wahrscheinlich  als  »Mederc  bezeichnet  [ungenau 
oben  §.  96];  ferner  ist  er  11,  3  in  Pin  ara  genannt.  —  Hekatomnos: 
nach  Suid.  s.  v.  Ae^ijiko;  fordert  dieser,  ein  Arzt  aus  Kos,  von  Heka« 
tomnos  zum  Lohn  für  die  Heilung  seiner  Kinder  das  Versprechen  toü 
iraosat  t&v  Kpo<;  Käpas  tot«  abzip  «vsaTiLTO  icoXsjaov.  Im  allgemeinen  Isokr. 
paneg.  161  f.  Atmag  obV  $!<;  «iü^ot«  rUpocüv  expdrrpsv.  ' ExatifjLvwc  5'  6 
Kapta;  sjctaTa&{io;  Tijj  jiiv  aX^fota  ttoXuv  y^yj  ^pövov  ayizxrptv,  ojjLoXoY"Jjaei 
3'  «av  Yjjisls  ßooX^O-wftev.  —  Artaxerxes  gegen  die  Kadusier:  Diod.  XV, 
8,  5.  10.  1.  Trog.  prol.  10.  Plut.  Artax.  27  f.  Nepos  Dat.  1,  2. 

900.  In  Aegypten  ist  König  Akoris  im  J.  379  gestorben. 
Sein  Sohn  Psamuthis  konnte  sich  nicht  lange  behaupten; 
vielmehr  traten  aufs  neue  Prätendenten  auf,  von  denen 
Nektanebis  I.  (aeg.  Nechtharhebi)  von  Sebennytos,  der  sich 
vielleicht  schon  in  den  letzten  Jahren  des  Akoris  empört 
hatte,  im  J.  378  die  Krone  gewann  und  eine  neue  Dynastie 
gründete.  Der  Perserkönig  beabsichtigte  diese  Wirren  zu  einem 
neuen  Kriegszug  gegen  Aegyten  zu  benutzen.  Wieder  wurde 
Pharnabazos  mit  der  Ausrüstung  eines  grossen  Heeres  beauf- 


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318  IV,  5.  Griechenland  unter  dem  Königsfrieden. 

tragt;  er  erbat  und  erhielt  von  Athen  den  Iphikrates  als 
Führer  der  griechischen  Söldner.  Aber  auch  diesmal  vergingen 
Jahre,  bis  die  Rüstungen  vollendet  waren;  wie  immer  liess 
die  Regierung  ihre  Feldherrn  bei  der  Ausführung  im  Stich. 
Die  Eifersucht  der  Hofbearaten  und  die  Reibereien  zwischen 
den  höheren  Officieren  thaten  das  übrige;  zo  zog  es  z.  B. 
Datames  (§.  899),  der  eine  Zeit  lang  an  Pharnabazos'  Stelle 
den  Oberbefehl  erhalten  haben  soll,  alsbald  vor,  aus  Furcht 
vor  Intriguen  am  Hofe  in  seine  Provinz  zurückzukehren  und 
Vorbereitungen  zur  Insurreclion  zu  treffen.  Endlich  im  Früh- 
jahr 373  (oder  374?)  war  man  so  weit,  dass  Heer  und  Flotte 
von  Akko  in  Palaestina,  das  zum  Sammelpunkt  bestimmt  war, 
aufbrechen  konnten.  Inzwischen  hatte  Nektanebis  Aegypten 
in  Verteidigungszustand  gesetzt,  alle  Nilmündungen  befestigt, 
und  namentlich  den  Zugang  bei  Pelusium  durch  Canäle  und 
Verschanzungen  gesperrt.  Hier  war  nicht  durchzudringen; 
aber  die  Feldherrn  sandten  ihre  Flotte  nach  der  mendesischen 
Nilmündung,  und  hier  gelang  es  festen  Fuss  zu  fassen  und 
das  Gastell  an  der  Mündung  zu  nehmen.  Iphikrates  rieth, 
jetzt  sofort  zu  Schiff  gegen  Memphis  vorzugehen;  man  werde 
die  Stadt  nehmen  können,  ehe  das  feindliche  Heer  herange- 
kommen sei.  Aber  Pharnabazos  versagte  derMuth;  er  wollte 
zunächst  seine  gesammte  Armee  heranziehen,  auch  misstraute 
er  dem  Iphikrates,  der  sich  hier  leicht  unabhängig  machen 
könne.  Darüber  verging  der  günstige  Moment;  die  aegypti- 
schen  Truppen  kamen  heran  und  brachten  die  Feinde  auf 
dem  engbegrenzten  und  öden  Fleck,  den  sie  besetzt  hatten,  in 
arge  Bedrängniss.  Als  nun  vollends  mit  dem  Hochsommer 
die  Nilschwelle  begann,  wurde  ihre  Stellung  unhaltbar.  Phar- 
nabazos führte  das  Heer  nach  Asien  zurück,  Iphikrates,  der 
sich  nicht  mehr  sicher  fühlte,  entwich  nach  Athen.  An 
seine  Stelle  trat  freilich  im  J.  372,  nach  seiner  Absetzung  in 
Athen  (§.  938),  sein  Rivale  Timotheos;  aber  er  konnte 
nicht9  mehr  ausrichten.  Den  Feldzug  noch  einmal  von  neuem 
zu  beginnen,  besassen  die  Perser  nicht  mehr  die  Kraft,  zu- 
mal alsbald  wieder  Insurrectionen  in  Asien  ausbrachen.  So 


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Nektanebis  von  Aegypten.   Zweiter  persischer  Angriff.  319 

war  die  Unabhängigkeit  des  Nilthals  zum  zweiten  Mal  ge- 
rettet. 

Manethos  Königsliste  (zur  Reconstruction  s.  Forsch.  II,  490)  scheint 
für  diese  Zeit  in  den  Daten  zuverlässig  zu  sein.   Sie  lautet: 

28.  Dyn.  aus  Sais  Amyrtaeos       6  J.  404—399 

29.  Dyn.  aus  Mendes      Nepberites  I.    6  »  398—393 

Achoris  13  »  392-380 

Psamuthis        1  »  379 
[Muthes  1  J.  nur  bei  Eusebios,  offenbar  ein 
Usurpator,  der  chronologisch  nicht  mitzählt] 
Nepherites  II.   4  Mte.  (379) 

30.  Dyn.  aus  Sebennytos  Nektanebis      18  J.  378—361 

Teos  2  »  360—359 

Nektanebos     18  •  358-341 

Dass  Theopomp  fr.  111  Nektanebis'  Autritt  vor  dem  Frieden  mit  Eu- 
agoras  erwähnt  hat,  beweist  bei  seiner  sprunghaften  Art  zu  erzählen 
wenig;  doch  mag  er  damals  schon  als  Usurpator  aufgetreten  sein.  Dass 
Psamuthis  der  rechtmässige  Nachfolger  des  Akoris  ist,  lehrt  auch  die 
verstümmelte  Inschrift  aus  Karnak  bei  Maspero  im  Recueil  VI,  20.  — 
Diodor  erzählt  Chabrias*  Abberufung  (noch  unter  Akoris,  §.  897)  und  den 
Beginn  der  Rüstungen  XV,  29  unter  377/6,  die  Fortsetzung  der  Rüstungen 
XV,  38,  1  unter  375/4,  den  Feldzug  XV,  41—44  unter  374/3.  Letzteres 
wird  richtig  sein;  im  Herbst  373  ist  Iphikrates  wieder  in  Athen  (§.  938). 
Erwähnt  wird  der  Feldzug  auch  Trog.  prol.  10.  Plut.  Artax.  24.  Nepos 
Iphicr.  2,  4;  ferner  Nepos  Dat.  3,  5.  5,  1  ff.,  wo  Datames'  Rolle  offenbar 
übertrieben  ist.  Einzelheiten  bei  Polyaen  III,  9,  25.  38.  56.  59.  63  [wo- 
nach es  in  Poenikien  noch  Feinde  gegeben  zu  haben  scheint,  wohl  die 
Nachwirkung  der  Insurrection  des  EuagorasJ.  —  Timotheos:  [Demosth.] 
49,  25. 


Die  Cultur  der  Reactionszeit.   Kunst  und  Dichtung. 

901.  »Wenn  Jemand  von  aussen  käme  und  die  gegen- 
wärtige Lage  Griechenlands  kennen  lernte,«  schreibt  Isokrates 
im  J.  380,  »er  würde  uns  (Sparta  und  Athen)  für  grosse 
Thoren  halten,  dass  wir  uns  um  Kleinigkeiten  herumstreiten 
und  unser  eigenes  Land  zu  Grunde  richten,  wo  wir  ohne  Ge- 
fahr Asien  erobern  könnten.«  So  war  es  in  der  That.  Die 
innere  Zerrissenheit  fesselte  alle  Kräfte  der  Nation  und  ver- 


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320 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionsieit. 


dämmte  sie  zur  Abhängigkeit  von  einem  schwachen  Feinde, 
dessen  Ohnmacht  offenkundig  war  und  der  sich  in  seinem 
eigenen  Gebiet  nur  durch  die  Kräfte  zu  behaupten  vermochte, 
welche  Hellas  selbst  nicht  zu  verwerthen  verstand.  Und  das  zu 
einer  Zeit,  wo  Hellas  materiell  und  geistig  eine  Höhe  der  Cultur 
erreicht  hatte,  wie  sie  auf  Erden  noch  nie  gesehen  war;  wo 
es  als  selbstverständlich  galt,  dass,  wie  Euripides  es  formulirt 
hatte,  die  Ausländer  von  der  Natur  bestimmt  seien,  den  Hel- 
lenen zu  dienen,  den  einzelnen  als  Sklaven,  der  Gesammtheit 
als  zinsende  Unterlhanen;  wo  die  Benennung  »Ausländer« 
den  gehässigen  und  verächtlichen  Klang  erhielt,  den  das 
Wort  Barbar  bis  auf  den  heutigen  Tag  behalten  hat;  wo 
die  Hellenen  von  sich  rühmten,  sie  seien  das  einzige  Volk,  in 
dem  das  wahre  Leben  der  Menschheit  in  der  Form  eines 
freien  Staats  sich  verwirklichen  könne;  wo  gleichzeitig  die 
griechische  Cultur,  nicht  nur  ihre  materiellen  und  militäri- 
schen Errungenschaften,  sondern  auch  ihre  künstlerischen  und 
geistigen  Güter,  in  immer  weitere  Kreise  drang,  zu  Make- 
donen  und  Thrakern,  Kleinasiaten  und  Phoenikern,  zu  den 
Völkern  Italiens,  ja  nach  Karthago  und  an  die  Höfe  der  per- 
sischen Satrapen,  so  dass  Isokrates,  die  Anschauung  der 
folgenden  Jahrhunderte  antieipirend,  bereits  behaupten  konnte, 
dass  >der  Hellenenname  nicht  mehr  als  Bezeichnung  der  Ab- 
stammung, sondern  der  Gesinnung  gilt,  und  wir  Hellenen 
eher  die  nennen,  die  an  unserer  Bildung  Theil  haben,  als  die, 
welche  von  Geburt  zum  Volke  gehören«  (paneg.  50).  Es  war, 
das  durfte  er  mit  Stolz  aussprechen,  Athen,  das  diese  Cultur 
geschaffen  hatte;  und  noch  immer  war  es  die  Bildungsstätte 
von  Hellas,  noch  immer  drängte  sich  hier  zusammen,  wer 
das  Leben  in  höherem  Sinne  geniessen  oder  wer  für  seine 
Schöpfungen  und  Gedanken  Anerkennung  finden  wollte,  und 
in  noch  weit  höherem  Maasse  als  im  vorigen  Jahrhundert  galt 
der  Satz,  dass  >was  vor  dem  Urtheil  Athens  bestanden  hatte, 
damit  bei  allen  Menschen  der  Anerkennung  sicher  sei«.  Aber 
als  politische  Macht,  welche  bestimmend  in  die  Geschicke  der 
Welt  eingriff,  lag  es  am  Boden;  und  an  seine  Stelle  war  mit 


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Die  neue  Gultur.   Hellenen  und  Barbaren.   Euripides  und  Homer.  321 

der  allgemeinen  Verwilderung  eine  Reaction  getreten,  die  un- 
fähig zu  schöpferischer  That  sich  in  dem  Bestreben  verzehrte, 
die  lebendigen  Kräfte  niederzuhalten,  auf  denen  allein  die  Zu- 
kunft der  Nation  beruhen  konnte. 

902.  Aus  dem  grossen  Kampf  um  die  Gultur,  der  die  letzte 
Generation  in  ihren  Tiefen  erschüttert  hatte,  war  die  moderne 
Weltanschauung  als  Siegerin  hervorgegangen  (§.  882);  trotz 
aller  aristokratischen  und  demokratischen  Reaction  beherrscht 
sie  mit  ihrem  Doppelantlitz  alle  Geister.  Euripides,  der  Bahn- 
brecher der  neuen  Ideen,  hält  jetzt  nach  seinem  Tode  den 
Triumphzug  durch  ganz  Hellas.  Er  verdrängt,  zwar  nicht  in 
der  officiellen  Werthung,  wohl  aber  thatsächlich  für  alle  Ge- 
bildeten Homer  aus  seiner  Stellung  als  Lehrmeister  der  Na- 
tion, etwa  in  derselben  Weise,  wie  für  die  Deutschen  Goethe 
an  die  Stelle  der  Bibel  getreten  ist.  Schon  beginnen  in  den 
Kreisen  der  Fortgeschrittenen  die  Angriffe  auf  Homer:  er  ist 
doch  gar  zu  beschränkt  und  veraltet,  und  seine  Behandlung 
der  Mythen  und  der  Götter  und  Heroen  gar  zu  kindlich  und 
abgeschmackt  und  garnicht  zu  vergleichen  mit  der  tiefsinnigen 
Art,  wie  die  Modernen  dem  Stoff  immer  neue  Seiten  abzu- 
gewinnen verstehen.  Andere,  die  so  weit  nicht  gehen  wollten, 
halfen  sich  mit  allegorischen  Deutungen,  und  wer  feiner  em- 
pfand ,  konnte  sich  auch  in  der  neuen  Zeit  der  wunderbaren 
poetischen  Kraft  und  Wahrheit  des  ewig  jugendfrischen  Epos 
nicht  entziehen.  Aber  man  fordert  von  dem  Dichter  nun  einmal 
ethische  und  philosophische  Belehrung,  wie  Homer  sie,  wörtlich 
verstanden,  nicht  bietet;  so  hat  auch  Plato,  so  schmerzlich  es  ihn 
ankam,  sich  entschliessen  müssen,  Homer  und  seine  Genossen 
aus  dem  Idealstaat  zu  verbannen,  ja  er  sieht  in  dem  alten  Sänger 
den  Urquell  des  vergiftenden  Irrwahns,  der  den  Schein  für  die 
Wahrheit  nimmt  —  wenn  er  auch  als  alter  Mann  eingesteht, 
dass  er  keinen  grösseren  Kunstgenuss  kennt  als  den  Vortrag 
Homers  oder  Hesiods  durch  einen  guten  Rhapsoden  (leg.  II, 
58  d).  Und  dabei  ist  Plato  durchaus  Reactionär  und  Classicist 
auch  auf  künstlerischem  Gebiete.  Deutlicher  lässt  sich  nicht 
aussprechen,  dass  eine  unüberbrückbare  Kluft  die  neue  Zeit 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  21 


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322 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


von  der  allen  Cultur  getrennt  hat;  die  Naivität  des  Empfin- 
dens, die  unmittelbare  Hingabe  an  den  Eindruck,  den  'natur- 
wüchsigen fast  möchte  man  sagen  ins tinct massigen  Glauben 
der  alten  Zeit  kann  und  will  sie  nicht  mehr  anerkennen:  sie 
ist  durch  und  durch  und  mit  vollem  Bewusstsein  reflectirt, 
und  nur  was  reflectirt  ist,  hat  für  sie  noch  Berechtigung. 

903.  In  der  äusseren  Gestaltung  des  Gulturlebens  zeigt 
sich  die  lähmende  Wirkung  der  ununterbrochenen  Kriege  und 
Revolutionen  auf  allen  Gebieten  des  künstlerischen  Schaffens. 
An  hervorragenden  Geistern  und  bedeutenden  Künstlern  frei- 
lich war  das  vierte  Jahrhundert  nicht  weniger  reich  als  das 
fünfte.  Aber  wenn  damals  die  Cultur  unter  dem  Zeichen 
eines  mächtig  aufstrebenden  Staats  und  darum  der  Staatsidee 
stand,  so  fehlt  jetzt  der  staatliche  Mittelpunkt  durchaus.  Ly- 
sander  allerdings  hat  als  Regent  von  Hellas  zahlreichen  Künst- 
lern und  Dichtern  Beschäftigung  gegeben  (§.  755) ;  aber  Sparta 
war  auf  diesem  Gebiet  am  wenigsten  geeignet  Athen  zu  er- 
setzen. Auch  bei  Dionys  überwogen  durchaus  die  rein  prakti-  j 
sehen  Aufgaben,  auch  in  seiner  Bauthätigkeit ;  trotz  oder  vielmehr 
gerade  in  Folge  seiner  eigenen  Dichterthätigkeit  hat  er  weder 
Kunst  noch  Poesie  gefördert,  wenn  auch  Dichter  wie  Philo- 
xenos  und  Literaten  aller  Art  an  seinem  Hofe  ein  Unter- 
kommen suchten.  Weit  mehr  hat  Archelaos  von  Makedonien 
gethan:  er  wollte  sein  Volk  in  die  griechische  Cultur  ein- 
führen. Wie  er  die  hervorragendsten  Dichter  zu  sich  berief 
und  auch  Sokrates  zu  gewinnen  suchte,  so  hat  er  seinen 
Palast  von  Zeuxis  ausmalen  lassen.  Aber  mit  seiner  Ermor- 
dung war  es  mit  dem  ephemeren  Aufschwung  Makedoniens 
fürs  erste  vorbei.  Grössere  künstlerische  Aufgaben  sind  in 
der  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  von  den  griechi- 
schen Staaten  nur  ganz  vereinzelt  gestellt  worden.  So  hat 
Tegea,  durch  den  engen  Anschluss  an  Sparta  zur  Zeit  viel- 
leicht, wenn  auch  nicht  die  volkreichste,  so  doch  die  am 
festesten  stehende  und  wohlhabendste  Gemeinde  des  Pelo- 
ponnes,  als  im  J.  394  der  Tempel  der  Alea  (Athena)  nieder- 
gebrannt war,  durch  Skopas  von  Paros  den  grössten  und 


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Die  Kunst   Zurücktreten  der  staatlichen  Aufgaben.  323 

schönsten  aller  Tempel  des  Peloponnes  erbauen  lassen.  Da- 
neben ist  etwa  noch  der  Tempel  des  Asklepios  in  der  grossen 
Kuranstalt  von  Epidauros  zu  nennen.  In  Athen  dagegen 
bildet  das  Erechtheum,  das  in  der  Noth  des  dekeleischen 
Kriegs  vollendete  Wunderwerk  des  ionischen  ätils  (§.  713), 
auf  lange  Zeit  den  Abschluss  der  grossen  staatlichen  Bau- 
thätigkeit.  Mehr  Beschäftigung  durch  die  Staaten  erhielten 
Plastik  und  Malerei;  Götterstatuen,  Weihgeschenke  von  Erz 
und  Marmor,  Gemälde  wurden  auch  jetzt  noch  in  grosser 
Zahl  in  Auftrag  gegeben,  und  auch  Athen  hat,  wenn  es  ein- 
mal Erfolge  hatte,  sie  künstlerisch  verherrlichen  lassen.  So 
malte  Pamphilos  von  Amphipolis  den  siegreichen  Kampf  bei 
Phlius  (§.  864  A.);  nach  dem  Frieden  von  374  schuf  Kephisodot 
von  Athen  sein  berühmtestes  Werk,  die  Statue  der  Friedens- 
göttin (§.  936) ;  und  die  Schlacht  von  Mantinea  wurde  in  der 
Halle  des  Zeus  Eleutherios  auf  dem  Markt  von  Euphranor  durch 
drei  grosse  Wandgemälde  verherrlicht,  den  Reiterkampf  vor 
der  Schlacht,  die  Versammlung  der  zwölf  Götter,  und  Theseus 
zwischen  der  Göttin  Demokratie  und  dem  personificirten  Demos. 

Palast  des  Archelaos:  Aelian  v.  h.  XIV,  17.  Tempel  von  Tegea  : 
Pausan.  VIII,  45.  4  f.  lieber  die  Chronologie  der  Bauten  in  Epidauros: 
Br.  Keil,  MAI.  XX.  Gemälde  des  Euphranor:  Pausan.  I,  3,  3  f.  —  Auf 
die  innere  Entwicklung  der  Kunst  in  diesem  Zeitraum ,  die  noch  sehr 
wenig  aufgehellt  ist,  werden  wir  im  nächsten  Bande  zurückkommen 
müssen.    Vgl.  W.  Klein,  Praxiteles,  1898. 

904.  Indessen  das  alles  waren  doch  nur  Ausnahmen,  die 
für  die  Gesammtentwickelung  der  bildenden  Kunst  kaum  mehr 
ins  Gewicht  fielen;  die  erste  wahrhaft  grosse  und  neue  Auf- 
gabe, die  ihr  nach  dem  Falle  Athens  wieder  von  einer  Regierung 
gestellt  worden  ist,  war  das  Grab  des  Maussollos  von  Karien 
(353  v.  Chr.).  Im  wesentlichen  hat  die  Kunst  des  vierten  Jahr- 
hunderts für  Privatleute  gearbeitet,  und  zwar  nicht  mehr  allein, 
wie  in  der  alten  Zeit,  Weihgeschenke,  die  sie  den  Göttern  als 
Zehnten  ihres  Geschäftsgewinns  oder  sonst  als  Dank  für  ihre  Hülfe 
darbrachten,  und  daneben  etwa  noch  die  Reliefs  der  Gräber, 
sondern  in  stets  steigender  Zahl  auch  Kunstwerke  für  den 


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324  IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


Schmuck  der  Wohnungen.  Die  Lebenshaltung  war  üppiger 
geworden ;  und  wenn  die  Masse  verarmt  war,  so  konnten  die 
Reichen  um  so  mehr  jedes  Bedürfniss  befriedigen.  Daher  über- 
nimmt unter  den  bildenden  Künsten  jetzt  die  Malerei  entschie- 
den die  Führung,  und  zwar  nicht  mehr  das  Wandgemälde  mit 
seinen  grossen,  rasch  hingeworfenen  Com  Positionen,  sondern 
das  Tafelbild,  das  erst  die  volle  Entfaltung  des  künstlerischen 
Könnens  und  die  sorgfaltigste  Ausführung  im  Detail  gestattet. 
Durch  Apollodoros,  Zeuxis,  Parrhasios  war  die  Malerei  tech- 
nisch ebenso  sehr  vervollkommnet  wie  künstlerisch :  man  konnte 
jetzt  die  verschiedensten  Nuancen  der  Farben  herstellen  und 
ein  warmes  lebenswahres  Golorit  schaffen;  die  Schattirung 
war  durch  Apollodor  eingeführt,  in  der  Feinheit  und  Prä- 
cision  der  Zeichnung  wetteiferten  Zeuxis  und  Parrhasios  mit 
einander.  Auf  der  neu  erschlossenen  Bahn  schritten  die 
Künstler  des  vierten  Jahrhunderts  von  Generation  zu  Genera- 
tion vorwärts.  Die  Gemälde  der  grossen  Meister  waren  viel- 
fach in  Tempeln  oder  sonst  an  allgemein  zugänglichen  Orten 
zu  finden;  aber  weit  grösser  muss  bei  ihnen  und  vollends 
bei  den  Künstlern  zweiten  und  dritten  Ranges  und  bei  den 
höheren  Kunsthandwerkern  die  Zahl  der  Werke  gewesen 
sein,  die  in  Privatbesitz  übergingen.  Dadurch  wurde  die  Fort- 
entwickelung in  der  Richtung,  die  im  fünften  Jahrhundert 
begann,  nur  gefördert:  die  Kunst  löst  sich  los  von  den  prak- 
tischen Aufgaben  sowohl  wie  von  den  religiösen  und  staat- 
lichen Bedürfnissen,  aus  denen  sie  erwachsen  ist,  sie  wird 
Selbstzweck,  und  jeder  Meister  schafft  sein  Werk  unbekümmert 
um  jede  andere  Rücksicht  rein  aus  der  individuellen  Auf- 
fassung seiner  Kunst  heraus.  Auch  da,  wo  ihm  eine  bestimmte 
Aufgabe  gestellt  ist,  etwa  ein  Götterbild,  ein  Votivgemälde, 
die  Darstellung  eines  Priesters  oder  eines  Kriegers  für  ein 
Weihgeschenk,  gestaltet  er  es  lediglich  nach  seinem  künst- 
lerischen Triebe,  und  die  Besteller  sind  damit  zufrieden,  weil 
auch  ihnen  das  Kunstwerk  an  sich  zur  Hauptsache  geworden 
ist.  Daher  gewinnt  auf  der  einen  Seite  die  individuelle  Cha- 
rakterisirung  nicht  mehr  nur  des  Vorgangs,  sondern  auch  der 


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Malerei  und  Plastik. 


325 


dargestellten  Figuren  immer  grösseren  Raum,  auf  der  anderen 
das  Genre.  Mit  Vorliebe  greifen  die  Maler  ihre  Sujets  aus  dem 
täglichen  Leben,  und  sie  tragen  diese  Behandlung  auch  in  die 
Darstellung  von  religiösen  und  mythologischen  Gegenständen,  von 
Kampfscenen  u.  ä.  hinein  —  berühmt  ist,  wie  aus  dem  fünften 
Jahrhundert  Zeuxis'  Kentaurenfamilie,  so  jetzt,  die  von  Aristides 
von  Theben  gemalte  Scene  aus  der  Eroberung  einer  Stadt,  »wo 
ein  kleines  Kind  zu  der  auf  den  Tod  getroffenen  Mutter  heran- 
kriecht, um  aus  der  Brust  zu  trinken,  und  man  empfindet,  wie 
die  Mutter  fürchtet,  es  möchte  statt  Milch  Blut  saugenc,  ein  Ge- 
mälde, das  Alexander  bei  der  Zerstörung  Thebens  nach  Pella 
entführte;  ferner  Pausias'  Blumenscenen  und  sein  Stieropfer 
mit  der  verkürzten  Darstellung  eines  riesigen  Stieres.  Der 
Hochsitz  der  Malerei  —  und  auch  das  ist  für  die  veränderte 
Stellung  der  Kunst  bezeichnend  —  war  jetzt  nicht  mehr  eines 
der  grossen  politischen  Gentren  der  Nation,  sondern  das  ab- 
seits gelegene  Sikyon.  Hier  haben  Eupompos  (um  400)  und 
sein  Schüler  Pamphilos  von  Amphipolis  eine  Malerschule  be- 
gründet, die  sich  durch  Generationen  fortsetzt  und  in  Pam- 
philos' Schülern  Pausias  und  Melanthios  und  in  der  nächsten 
Periode  in  dem  grössten  von  allen,  Apelles  von  Kolophon,  ihren 
Höhepunkt  erreicht.  Daneben  stehen  die  Fortsetzer  der  atheni- 
schen Traditionen,  vor  allem  der  ältere  Aristides  von  Theben  und 
Euphranor  von  Korinth.  Auch  in  der  Plastik  tritt  die  gleiche  Ten- 
denz hervor,  sehr  stark  namentlich  in  den  herrlichen,  zum  Theil 
von  Meistern  ersten  Ranges  geschaffenen  athenischen  Grabreliefs 
aus  dem  vierten  Jahrhundert.  Aber  auch  in  Kephisodots  Eirene 
mit  dem  Plutosknaben  ist  die  Annäherung  an  diese  Behand- 
lungsweise  unverkennbar.  Die  Göttin  wahrt  noch  die  Majestät 
des  alten  Cultbildes ;  aber  sie  trägt  den  Knaben  nicht  mehr  als 
Attribut,  wie  Phidias'  Athena  die  Nike,  sondern  sie  wendet  sich 
ihm  zu  und  er  streckt  ihr  den  Arm  entgegen:  das  Gottesbild  zeigt 
uns  zugleich  eine  Familienscene  aus  dem  Leben  der  Götter. 
Im  übrigen  steht  die  Plastik  in  einem  Uebergangsstadium ; 
erst  zu  Ende  der  Epoche  erstehen  die  grossen  Meister,  Skopas 
von  Paros,  Praxiteles  von  Athen,  der  Sohn  Kephisodots,  und 


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320 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


dann  Lysippos  von  Sikyon,  welche  den  von  der  Malerei  ge- 
wonnenen Vorsprung  einzuholen  und  die  Plastik  zu  einer  zweiten 
Epoche  höchster  Blüthe  zu  erheben  berufen  waren. 

905.  Aeusserlich  betrachtet  scheint  es  um  Musik  und 
Poesie  wesentlich  anders  zu  stehen.  Hier  hat  Athen  seine 
grossen  Culturschöpfungen  auch  in  den  Zeiten  des  Nieder- 
gangs unverändert  aufrechterhalten  und  daher  auch  seine 
centrale  Stellung  behauptet.  Nach  wie  vor  folgt  ein  Fest  dem 
anderen,  jedes  mit  musikalischen  und  dramatischen  Auf- 
führungen. Die  einzige  Abweichung  von  der  alten  Ordnung 
ist,  dass  das  Satyrdrama  von  den  Tragödien  losgelöst, 
und  auf  ein  einziges  Stück  zu  Anfang  der  Aufführungen  be- 
schränkt ist ;  dann  folgt  die  Wiederaufführung  eines  classischen 
Stücks,  und  darauf  die  drei  um  den  Preis  concurrirenden 
Trilogien.  Bei  den  Komödien  ist  die  Zahl  der  Stücke  sogar 
auf  fünf  erhöht  worden.  So  stand  das  vierte  Jahrhundert  an 
Masse  der  Production  dem  fünften  in  keiner  Weise  nach. 
Das  Publicum,  Athener  wie  Fremde,  nimmt  an  ihr  den- 
selben Antheil  wie  früher;  und  dazu  hält  jetzt  wie  der  in 
Athen  wenn  nicht  geschaffene  so  doch  in  seiner  modernen 
Form  ausgebildete  Dithyrambos,  so  die  dramatische  Poesie 
ihren  Siegeszug  durch  die  ganze  Hellenenwelt;  bei  jedem 
grösseren  Feste  sind  sie  unentbehrlich,  überall  erbaut  man 
Theater  nach  dem  Muster  Athens.  Aber  innerlich  haben 
beide  Künste  ihr  Wesen  vollständig  geändert.  Die  alte  Kunst 
ist  mit  der  alten  Cultur  untergegangen;  mögen  vereinzelte 
Idealisten,  wie  Plato,  auch  jetzt  noch  darüber  klagen,  dass  die 
moderne  Kunstweise  durch  und  durch  corrupt  ist,  dass  die 
Musiker  und  Dichter  dem  Geschmack  des  grossen  Haufens 
fröhnen  statt  das  Publicum  zu  sich  emporzuheben  und  wahr- 
haft zu  belehren,  mögen  sie,  in  Anknüpfung  an  ein  Wort 
Dämons  (§.  313A.),  darin  eine  der  tiefliegendsten  Wurzeln 
der  von  Sicilien  und  Italien  herübergekommenen  sittlichen 
und  politischen  Gorruption  sehen  (rep.  IV,  424  c.  leg.  II, 
659  b  ff.) ,  die  Hoffnungslosigkeit  einer  Reform  müssen  auch 
sie  anerkennen.   Die  Musik  und  der  Dithyrambos  haben  offen- 


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Dichtung  und  Musik.    Dithyrambos  und  Tragödie. 


327 


bar  ähnlich  wie  die  Malerei,  nachdem  die  Grundlagen  der 
neuen  Kunst  geschaffen  waren,  eine  lange  Epoche  höchster 
Blöthe  erlebt;  sie  stehen  jetzt  durchaus  im  Mittelpunkt  des 
ästhetischen  Interesses,  vielleicht  in  noch  höherem  Maasse  als 
die  Musik  im  deutschen  Gulturleben  des  neunzehnten  Jahr- 
hunderts und  —  das  darf  man  angesichts  der  zahlreichen 
Zeugnisse  der  Literatur  nicht  verkennen  —  in  weit  höherem 
als  die  bildende  Kunst.  Kein  Name  eines  Dichters  des  vierten 
Jahrhunderts  ist  auch  nur  annähernd  so  gefeiert  wie  die  des 
Philoxenos  und  des  Timotheos  (§.  488)  und  ihrer  grossen  Nach- 
folger, vor  allem  des  Telestes  von  Selinus  (siegt  in  Athen  401) 
und  des  Polyidos  —  für  uns  sind  sie  freilich  so  gut  wie  ver- 
schollen. Wesentlich  anders  steht  es  um  das  Drama.  In 
der  Tragödie  herrscht  jetzt  Euripides  durchaus;  fast  ohne 
Ausnahme  folgen  die  neueren  Dichter  seinem  Vorbild.  Aber 
Euripides  selbst  hatte  bereits  die  Tragödie  innerlich  zersprengt; 
über  ihn  hinaus  führt  kein  Weg  mehr.  So  bleiben  seine 
Nachfolger  trotz  aller  Begabung  doch  nur  Nachahmer,  die 
wohl  einen  Tageserfolg  gewinnen  und  zeitweilig  hoch  gefeiert 
werden  mögen,  wie  Astydamas  und  später  Theodektes  von 
Phaseiis,  von  denen  sich  aber  kein  einziger  dauernd  im  Ge- 
dächtniss  der  Nation  behauptet  hat.  Das  lebendigste  Inter- 
esse haftet  doch  immer  an  den  classischen  Stücken  der  grossen 
Zeit,  vor  allem  des  Euripides  selbst,  die  man  immer  aufs 
neue  zu  hören  begehrt.  Daher  wird  jetzt  für  die  Aufführungen 
der  Schauspieler  fast  wichtiger  als  der  Dichter;  auch  für  ihn 
werden  Preise  ausgesetzt,  die  ihm  ermöglichen  ganz  seinem 
Berufe  zu  leben,  und  in  der  Schauspielkunst  entwickelt  sich 
ein  Virtuosenthum  genau  derselben  Art  wie  in  den  musikali- 
schen Aufführungen.  —  Auch  die  Komödie  hat  in  ihrer  ur- 
sprünglichen Gestalt  den  Fall  Athens  nicht  überlebt.  Es  ist 
ergreifend  zu  sehen,  wie  Aristophanes ,  der  uns  wie  kein 
anderer  das  alte  Athen  und  die  alte  Komödie  lebendig  macht, 
nun  auch  das  Bild  der  gefallenen  Stadt,  die  sich  trotz  aller 
Versuche  nicht  wieder  aufraffen  kann,  und  mit  ihm  die  neue 
Komödie  vorführen  muss,  die  wie  die  neue  Stadt  von  der 


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328 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionsieit. 


alten  Herrlichkeit  nur  noch  die  Trümmer  bewahrt.  Gerade 
die  Ekklesiazusen  (§.  861  A.)  führen  uns  den  Wandel  der  Zeiten 
und  den  ungeheuren  Abstand  nur  um  so  deutlicher  vor  Augen, 
weil  sie  mit  Ausnahme  des  durch  musikalische  Zwischenspiele 
fast  völlig  verdrängten  Chors  nicht  nur  die  alte  Form  festhalten, 
sondern .  auch  beweisen ,  dass  der  Dichter  nicht  gealtert  und 
seine  komische  Muse  so  zeugungskräftig  ist  wie  je.  Im  Plutos 
(§.  873)  sehen  wir  dann  die  neue  Gestaltung  schon  im  wesent- 
lichen vollendet.  Die  jüngeren  Rivalen  des  Aristophanes,  vor 
allem  Plato  und  dann  Theopompos  und  Strattis,  haben  den 
Wandel  mitgemacht,  die  Nachfolger,  in  erster  Linie  Ana- 
xandridas  und  Antiphanes,  die  neue  Form,  >die  mittlere 
Komödie«,  voll  ausgebildet.  Die  Politik  und  die  persönliche 
Invective  tritt  ganz  zurück  bis  auf  gelegentliche  Anspielungen 
auf  Zeitereignisse  und  stadtbekannte  Persönlichkeiten,  wie  in 
unseren  Possen ;  den  Gegenstand  bilden  Scenen  aus  dem  All- 
tagsleben und  Vorführung  von  Charaktertypen,  Verspottung 
philosophischer  Lehrmeinungen  und  Lebensführung,  wozu  die 
Ekklesiazusen  die  Vorläufer  bilden,  und  daneben  mytho- 
logische Parodien,  <Jie  nicht  selten  ein  bekanntes  Drama  tra- 
vestiren;  ferner  Märchen  und  allegorische  Darstellungen,-  wie 
eben  schon  Aristophanes'  Plutos.  So  knüpft  die  »mittlere« 
Komödie  nicht  an  Kratinos,  Aristophanes  und  Eupolis  an, 
sondern  vielmehr  an  Krates  und  Pherekrates;  sie  nähert  sich 
immer  mehr  dem  sicilischen  Lustspiel  Epicharms.  Daher  ist 
sie  auch  nicht  mehr  untrennbar  an  den  Boden  Athens  ge- 
bunden; unter  ihren  Vertretern  stammen  gerade  die  hervor- 
ragendsten aus  der  Fremde,  Anaxandridas  aus  Rhodos,  Anti- 
phanes aus  Kleinasien,  der  etwas  jüngere  Alexis  aus  Thurii; 
und  zum  Theil  haben  sie  wohl  auch  nicht  nur  für  Athen, 
sondern  daneben  für  andere  Bühnen  gedichtet. 

Für  die  dramatischen  Aufführungen  in  Athen  s.  die  Fragmente  der 
Kataloge  CIA.  II,  971  ff.  DS.  695  ff.  Dass  schon  im  J.  388  fönf  Komö- 
dien aufgeführt  wurden,  lehrt  die  Didaskalie  zu  Aristophanes'  Plutos.  — 
Für  die  Bedeutung  der  Dithyrambiker  vgl.  die  Daten  der  parischen 
Chronik  und  bei  Diodor,  ferner  Plut.  Alex.  8,  wonach  Alexander  ausser 


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Die  mittlere  Komödie.  —  Die  sophistisch-rhetorische  Erziehung.  329 

den  drei  grossen  Tragikern  die  Dithyramben  des  Telestes  und  Philo- 
xenos  mit  nach  Asien  nahm,  ausserdem  noch  Philistos'  Geschichts- 
werke.  Ferner  §.  489  A. 

Sophistik  und  Rhetorik.  Isokrates. 

906.  Aber  die  Poesie  steht  im  vierten  Jahrhundert  über- 
haupt nicht  mehr  im  Centrum  des  geistigen  Lebens.  An  ihre 
Stelle  ist  die  Prosaliteratur  und  zunächst  vor  allem  die  Rede- 
kunst getreten.  Durch  die  Praxis  der  politischen  und  Gerichts- 
rede und  durch  die  theoretisch  begründete  Thätigkeit  der 
Sophisten  hat  die  sprachliche  Form  der  Prosa  ihre  volle  Aus- 
bildung erhalten,  so  dass  jetzt  ihre  Erzeugnisse,  z.  B.  die 
Schriften  des  Isokrates,  beanspruchen  dürfen,  als  gleich- 
berechtigte Kunstschöpfungen  der  poetischen  Literatur  zur 
Seite  zu  treten.  Auf  der  anderen  Seite  ist  die  Unentbehr- 
lichkeit  einer  geistigen  Schulung  für  das  praktische  Leben  an 
der  Hand  des  Sprachunterrichts,  wie  sie  die  Sophisten  be- 
gründet haben,  jetzt  in  der  ganzen  gebildeten  Welt  anerkannt. 
In  Thessalien  wirkt  zu  Anfang  des  Jahrhunderts  noch  der 
alte  Gorgias,  und  neben  ihm  seine  Schüler,  wie  Polos  von 
Agrigent,  Likymnios  von  Ghios  (zugleich  Dithyrambendichter), 
Lykophron;  auf  Gypern  wird  unter  Euagoras  Salamis  auch 
auf  diesem  Gebiet  geradezu  eine  Filiale  Athens.  Aber  der 
Hochsitz  der  modernen  Erziehungskunst  bleibt  Athen.  Wenn 
dieselbe  nicht  in  Athen  entstanden  ist,  so  sind  es  jetzt 
Athener,  welche  auch  auf  diesem  Gebiet  alle  auswärtigen 
Concurrenten  in  den  Schatten  stellen :  die  schöpferische  Kraft, 
welche  im  fünften  Jahrhundert  dem  Drama  zufloss,  wendet 
sich  jetzt  der  Redekunst  zu.  Bald  strömt  aus  ganz  Hellas 
die  wohlhabende  Jugend  nach  Athen,  um  bei  den  attischen 
Meistern  zu  lernen.  Die  Erben  der  grossen  Sophisten  halten 
fest  an  dem  Anspruch  ihrer  Vorgänger,  durch  den  Besitz  der 
richtigen  Erkenntniss  und  der  richtigen  Methode  jede  Frage 
in  angemessener  Weise  ebenso  geistreich  wie  überzeugend  be- 
handeln zu  können  und  daher  auch  die  berufenen  Erzieher 


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IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


für  das  sittliche  und  praktische  Leben  zu  sein.  Allerdings 
ist  der  Sophistenname  durch  die  Angriffe  gegen  seine  Träger 
in  Misscredit  gekommen;  so  nehmen  ihre  Nachfolger  ganz  wie 
Sokrates  und  seine  Schüler  den  bescheidener  klingenden  Philo- 
sophennamen für  sich  in  Anspruch,  so  wenig  er  für  ihr  Wesen 
passt,  und  verwerthen  den  alten  Ehrentitel  geringschätzig  zur 
Bezeichnung  ihrer  Concurrenten.  Thatsächlich  freilich  ist  diese 
Philosophie  nichts  anderes  als  Rhetorik,  eventuell  verbrämt 
mit  dialektischen  Vorübungen  und  einigen  moralischen  und 
politischen  Unterweisungen.  Hier  behauptet  jeder  Lehrer  die 
empfehlenswertheste  und  am  besten  bewährte  Methode  zu 
besitzen,  durch  die  er  jeden  Schüler  mit  Sicherheit  ans  Ziel 
führt,  der  anerkannte  Meister  in  einem  langen  Lehrcursus 
gegen  hohes  Honorar,  der  weniger  Erfolgreiche  und  der  An- 
fanger in  ein  paar  Stunden  für  drei  oder  vier  Minen.  Ein 
Theil,  die  >  Streithähne«  (Eristiker),  bevorzugt  die  üebungen 
im  Disputiren  und  im  Fangspiel  sophistischer  Trugschlüsse, 
in  der  Art,  wie  sie  Plato  im  Euthydemos  so  köstlich  ge- 
schildert hat.  Wer  höhere  Ansprüche  erhebt,  folgt  meist  der 
von  Tisias,  Gorgias,  Thrasymachos  begründeten  Methode,  und 
lässt  den  Schüler  auf  Grund  eines  systematisch  durchgebildeten 
Lehrsystems  —  das  sie  dann  eventuell  auch  als  Buch  (tfyvr,) 
publiciren  —  schriftliche  Ausarbeitungen  über  ein  gegebenes 
Thema  und  Uebungen  im  Vortrag  ausführen.  Da  hat  dann 
jeder  seine  besonderen  Erfindungen,  auf  die  er  sich  nicht 
wenig  zu  Gute  thut,  neue  Definitionen  und  Eintheilungen, 
praktische  Rathschläge,  und  vor  allem  sprachliche  Kunststücke, 
wie  bei  Isokrates  die  Meidung  des  Hiatus  und  die  Rhythmi- 
sirung  der  Prosa.  Dieser  Richtung  gehören  neben  vielen 
anderen,  die  für  uns  verschollen  sind,  Theodoros  von  Byzanz 
und  vor  allem  Isokrates  von  Athen  an,  ein  Schüler  des  Gorgias; 
ferner  sein  Landsmann  Polykrates,  der  in  höherem  Alter,  nach- 
dem er  in  der  Heimath  Schiffbruch  gelitten  hatte,  auf  Cypern 
eine  Schule  eröffnete.  Neben  den  Theoretikern  stehen  die  Prak- 
tiker, unter  denen  seiner  Zeit  Lysias,  der  begehrteste  Anwalt 
Athens,  und  eben  darum  nur  nebenbei  als  Lehrer  thätig,  die 


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Sophisten  und  Rhetoren.   Die  moderne  Erziehung.  331 

erste  Stelle  einnahm;  sodann  Isaeos  und  andere.  Im  Gegen- 
satz zu  der  herrschenden  Manier  stellt  Alkidamas  von  Elea, 
gleichfalls  ein  Schüler  des  Gorgias,  der  vor  380  in  Athen  als 
Lehrer  auftrat,  in  einer  lebendig  geschriebenen  Streitschrift, 
die  Kunst  der  Improvisation  in  den  Vordergrund:  sie  allein 
sei  der  wahren  Rhetorik  und  Philosophie  würdig,  die  übliche 
Manier  dagegen,  »aus  den  Schriften  der  früheren  Sophisten 
Sentenzen  zusammenzulesen  und  nachzuahmen«,  sei  für  die 
Praxis  werthlos;  vor  Gericht  komme  es  auf  Schlagfertigkeit 
an,  und  mit  einem  auswendig  gelernten  Vortrag  mache  man 
.  sich  nur  lächerlich.  —  Neben  all  diesen  seltsamen  Lehrern 
der  Weisheit  und  Tugend  stehen  die  wahren  Philosophen, 
die  Erben  des  Sokrates,  auch  sie  mit  dem  Anspruch,  die 
richtige  Erziehung  für  das  Leben  zu  geben,  auch  sie  zum 
Theil  wenigstens  bereit,  die  rednerische  Ausbildung  in  ihr 
Programm  aufzunehmen,  aber  alle  mit  der  Forderung  einer 
tieferen  Begründung  der  Erziehung  auf  der  Basis  der  Sittlich- 
keit und  der  Erkenn tniss. 

Ueber  die  Gestaltung  des  Erziehungsproblems  im  vierten  Jahrhun- 
dert und  die  Stellung  der  Sophistik,  Rhetorik  und  Philosophie  zu  dem- 
selben s.  vor  allem  die  Einleitung  zu  v.  Arnim's  Leben  und  Werken  des 
Dio  von  Prusa,  1898,  die  auch  in  dem  Abschnitt  über  die  Sophistik 
Buch  III,  4  hätte  citirt  werden  sollen.  Für  die  einzelnen  Redner  genügt 
meist  der  Verweis  auf  Blass'  attische  Beredsamkeit.  —  Nicht  nur  Iso- 
krates  nennt  genau  wie  Plato  durchweg  sich  selbst  Philosoph  und  seine 
Gegner  Sophisten,  sondern  ebenso  Alkidamas  (c.  soph.  2.  15.  29)  und 
Polykrates  (Isokr.  Busir.  1:  er  ist  avaStcuc  Sooxo^iüv,  ex  3fe  «piXoso^ i'a$ 
ypYjji.aTiCBsä'ai  CTjtfiv,  während  Isokrates  ihn  43  als  Sophisten  bezeichnet); 
desgleichen  nennt  Lysias  Olymp.  3  seine  Rivalen  Sophisten  (ebenso  den 
Aeschines  und  Plato  Athen.  XIII,  612  f.  Aristid.  II,  p.  407  Dikdorf). 
Ohne  gehässigen  Nebensinn  finde  ich  ootpistr,;  bei  Isokrates  nur  2,  13. 
—  Die  von  Isokrates  in  der  Sophistenrede  bekämpften  jetzt  lebenden 
Gegner  (ol  Spxi  t<Lv  sotpisxüiv  avay  o6|j.svoi  xal  vsiorcl  itposneTtxojxox«;  tat? 
ÄXaCovsiaic  §.  19,  im  Gegensatz  zu  den  Aelteren ,  deren  xiyyv.:  im  fol- 
genden angegriffen  werden)  zerfallen  in  zwei  Classen :  1)  ol  nspl  ti;  eptoa? 
2tatpQsovTtc  [=  ol  Kipl  xä<;  fptSa?  xaXiv&oujisvoi,  die,  trotz  der  Unbrauchbar- 
keit  ihrer  XoYto"ia,  ojuuc  ipsxYjv  enYjfYe^avT0  owfpoaövrjv],  armselige  Ge- 
sellen, die  ihren  8chölern  für  ein  Spottgeld  beibringen  wollen,  dass  sie  &  ts 
Rpftxxlov  iaxlv  etaovxat  xal  Sta  xaoxYjc  xy^  licvstrptfi  »^atfiovt;  YßvYjOovtat  — 


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332 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit 


und  dabei  trauen  sie  ihnen  nicht  einmal,  dass  sie  das  Honorar  zahlen 
werden!  [ebenso  Plato  Gorg.  519c;  wie  man  behaupten  kann,  dass  Iso- 
krates  hier  gegen  Antisthenes  oder  Plato  polemisire,  ist  unverständlich]; 
2)  oi  -coli;  tioX:-ty.o*j;  Xo-you;  •jnt^vou'i.ivot ,  die  Anleiter  zur  Redekunst, 
zu  denen  Isokrates  zwar  auch  gehört,  denen  er  aber,  weil  er  Methode 
und  Ziel  richtig  erkennt,  weitaus  überleben  ist.  Die  erste  Ciasse  erscheint 
auch  in  der  Helena:  a)./.o».  ?A  7t:y.  -ci;  fyt'/a;  dtaTot^oos:  -ü;  oöoiv  jiiv 
ilif i>.o6stt(  cet.,  §.  1 ;  damit  wollen  sie  von  jungen  unerfahrenen  Leuten 
Geld  verdienen,  obwohl  diese  '/.vtoi  jay/^  npo;  tv  ypY^tjjio'.  f>Y//ivoj-:v  ovts^, 
§.  6.  Aber  neben  sie  treten  hier  die  Sokratiker,  speciell  Antisthenes 
($.  1.  8),  die  die  Unmöglichkeit  eines  Widerspruchs  und  die  Einheit  aller 
Tugenden  behaupten  und  die  Tugend  nicht  im  Charakter  (y  'jzt:),  sondern 
im  Wissen  (tKistV  p.*;)  suchen,  und  das  Leben  der  Bettler  und  Verbannten 
für  glücklicher  erklaren  als  das  der  anderen  Menschen.  Plato  ist  natürlich 
unter  diese  Leute  eingeschlossen;  aber  dass  Isokrates  ihn  speciell  im 
Auge  gehabt  habe,  ist  in  der  Helena  nirgends  nachweisbar.  Alle  an- 
deren Deutungen  dieser  Stellen  scheinen  mir  verfehlt  zu  sein.  —  Das 
Verbältniss  zwischen  Isokrates  und  Plato  hat  verschiedene  Wandlungen 
durchgemacht.  Der  Schluss  des  Euthydem  ist  wohl  zweifellos  gegen  Iso- 
krates und  zwar  speciell  gegen  seine  Verachtung  der  »Eristik«  gerichtet 
(305 d);  damals  aber,  etwa  um  390,  stand  Isokrates  noch  im  Anfang 
seiner  Laufbahn.  Später,  nach  dem  Panegyrikos,  folgt  die  Anerkennung 
im  Phaedro?,  dass  Isokrates  alle  seine  Concurrenten  weit  hinter  sich  lasse 
und  in  Zukunft  eine  noch  höhere  Stufe  erreichen  könne.  Auch  Isokrates 
hat  sich  damals  dem  Plato  genähert ;  im  Busiris  (s.  u.)  bezieht  sich  die 
Angabe,  das.«  tu>v  3'.Xo~Ö5u>v  o:  otiso  tiöv  toigütiuv  (die  Staatsverfassung)  Xevstv 
ZTZ'./v.po'r/'zi  xal  \kauzx'  sjooxtjjLotjvxe^  dem  aegyptischen  Kaslenstaat  und 
nächstdem  dem  spartanischen  Staat  den  Vorzug  geben ,  offenbar  auf 
Piatos  Politik.  Vgl.  Praxiphanes  bei  Diop.  L.  III,  8,  der  in  einem  Dialog 
tcspi  jcoiYjttfiv  Isokrates  als  Gast  Piatos  einführte.  Noch  mehr  besagt,  dass 
Isokrates  später  den  erzieherischen  Werth  der  Eristik  als  pjAvcoia  rr^ 
'iV.'fi  *«•  -'*y/.?A-iy\  rr(;  yXwi  anerkennt  (antid.  258  ff. ;  vgl.  ep, 
5,  3),  im  Gegensatz  zur  Sophistenrede  und  zur  Helena.  Aber  als  End- 
ziel kann  keiner  von  beiden  die  »Philosophie«  des  anderen  anerkennen. 
Für  Isokrates  sind  jetzt  oi  ev  to:;  sv.raxo!;  S'jvasxsuov:!;  x«:  oi 

Tispi  ttjv  astp&Xo-pav  xal  "in»\i.sx'/:'jL/  xai  z*  xoiaOta  xiüv  •xaJW-uäTojv  v.a- 
tptgiovtic,  d.  i.  Plato,  »zwar  nützlicher  als  die  Menge  glaubt,  aber  doch 
nicht  in  dem  Maasse  wie  sie  behaupten«  (antid.  261).  Plato  bleibt  für  Iso- 
krates der  Eristiker;  denn  eine  Erkenntniss  der  W;ahrheit  gibt  es  nicht: 
tY,v  xa/.d'jpivqv  >'}zo  t:vu>v  tfiMzofi™  o;>x  slvat  ^ YtjAt  $.  270.  Zu  den  spä- 
teren Beziehungen  der  Schulen  vgl.  ep.  5  an  Alexander,  und  Kephiso- 
dots  Angriff  auf  Aristoteles.  —  Auf  Alkidamas'  Sophistenrede  erwidert 
Isokrates  im  paneg.  11  ff.  —  üeber  Polykrates  8.  vor  allem  Isokrates'  Bu- 


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Die  rhetorische  Literatur.   Prunkreden  und  Cabinetsstücke.  833 

siris,  der  wahrscheinlich  erst  nach  dem  Scheitern  des  persischen  Angriffs 
von  878  (§.  900)  geschrieben  ist,  s.  §.  13 ;  auch  die  Angriffe  auf  Sparta 
§.  19  f.  können  erst  geraume  Zeit  nach  dem  Königsfrieden  geschrieben 
sein.  Seine  Rede  gegen  Sokrates  wird  übrigens  Poly^rates  früher  (um 
890?)  verfasst  haben,  ehe  er  aus  Athen  fortgehen  musste  und  Lehrer 
wurde. 

907.  Nach  alter  Weise  geben  die  Erziehungskünstler 
Musterstücke  als  Proben  ihres  Könnens  heraus«  durch  die  sie 
die  Rivalen  überbieten  und  die  Kunden  anlocken  wollen.  Die 
universellen  naturwissenschaftlichen  und  erkenntnisstheoreti- 
schen Probleme  freilich,  welche  die  älteren  Sophisten  behan- 
delt haben,  sind  jetzt  abgethan;  das  sind  Themata,  über  die 
so  viel  Paradoxen  aufgestellt  sind,  dass  sich  nichts  Neues  mehr 
vorbringen  lässt.  Die  neuen  Formen  der  rhetorischen  Lite- 
ratur hat  bereits  Gorgias  in  seinen  späteren  Jahren  aufgestellt ; 
neben  den  grossen  Prunkreden,  die  noch  an  eine  praktische 
Aufgabe  anknüpften,  einer  Leichenrede  auf  die  gefallenen 
Athener,  und  der  olympischen  Rede,  in  der  er  wahrscheinlich 
im  J.  408  die  Griechen  zur  Einigung  und  zum  Nationalkrieg 
gegen  Persien  aufforderte ,  verfasste  er '  eine  Anzahl  kleiner 
Gabinetstücke,  das  Lob  der  Helena,  die  Vertheidigung  des 
Palamedes.  Die  Aufgabe  war,  die  Behandlung  des  unschein- 
baren Themas  unmerklich  auf  grosse  allgemeine  Gesichts- 
punkte hin  überzuführen ,  die  dem  Schriftsteller  vor  allem  am 
Herzen  liegen.  So  wird  Gorgias'  Helena  eine  Verkündigung 
der  Allgewalt  der  Rede,  Isokrates'  Concurrenzschrift  über  das- 
selbe Thema  nicht  nur  ein  Preis  der  Allmacht  der  Schönheit, 
sondern  zugleich  eine  Verherrlichung  Athens  und  seiner  Cultur, 
sein  Busiris  eine  Darlegung  des  festgefügten  aegyptischen 
Staatswesens  und  seiner  socialen  Gliederung,  die  hier  als  ein 
politisches  Ideal  erscheint,  das  auch  Sparta  nur  unvollkommen 
nachgeahmt  hat.  Ebenso  hat  Antisthenes  die  Reden  des 
Aias  und  Odysseus  im  Streit  um  die  Waffen  Achills  benutzt, 
um  seine  Ansicht  über  die  Minderwerthigkeit  der  physischen 
Kraft  gegenüber  dem  wahren  Staatsmann  und  Feldherrn  dar- 
zulegen, der  in)  Besitz  der  Weisheit  ist  und  daher  die  Situ- 


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334 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionsieit. 


ation  beherrscht.  Aehnlich  hatte  bereits  Hippias  sein  Lehr- 
programm dem  Nestor  in  den  Mund  gelegt  (§.  524).  Bei 
anderen  dagegen  artete  diese  Manier  in  kindische  Spielerei 
aus,  so  bei  Alkidamas  in  der  Lobschrift  auf  den  Tod,  bei 
Polykrates  in  dem  Preis  der  Fliegen  oder  des  Busiris  und  der 
Klytaemnestra.  Auch  Lysias'  bei  Plato  erhaltene  Liebesrede, 
die  beweisen  will,  dass  es  rathsamer  sei,  dem  nicht  Verliebten 
als  dem  Liebhaber  zu  willfahren,  ist  um  nichts  besser.  Ver- 
einzelt stellten  die  Redner  ihre  Kunst  auch  den  politischen 
Bestrebungen  zur  Verfugung,  so  Thrasymachos  in  der  Rede 
für  die  Larisaeer  (§.  765),  Lysias  in  der  olympischen  Rede 
gegen  Dionys  (§.  87(3),  Polykrates  in  seiner  Anklageschrift 
gegen  Sokrates,  die  offenbar  zur  Abwehr  des  Plato  und  an- 
derer Sokratiker  auf  Betreiben  des  Anytos  und  seiner  Ge- 
sinnungsgenossen verfasst  ist,  und  auf  die  dann  wieder  Lysias 
mit  einer  Verteidigungsrede  antwortete.  Nicht  minder  leb- 
haft als  um  den  todten  Sokrates  wurde  um  Alkibiades 
gekämpft  (§.  919).  Hinzu  kommt  die  Veröffentlichung  der 
Plaidoyers  aus  den  Processen.  Lysias  hat  nach  dem  Muster 
Antiphons  Hunderte  von  Processreden  veröffentlicht,  ebenso 
Isaeos,  Isokrates  dagegen  nur  einige  wenige.  Die  feiner  Em- 
pfindenden freilich  sahen  auf  das  Treiben  der  »Redenschreibert 
mit  unverhohlener  Verachtung  herab  (§.  852)  —  etwas  wesent- 
lich anderes  war  es,  wenn  ein  Politiker  wie  Andokides  die  in 
eigener  Sache  gehaltenen  Reden  veröffentlichte  — ;  aber  trotz- 
dem fand  diese  ganze  Literatur  ein  grosses  Publicum  und  wurde 
namentlich  von  der  Jugend  mit  Begier  verschlungen  (vgl. 
Phaedros  bei  Plato).  Sie  war  nun  einmal  recht  eigentlich 
der  Ausdruck  der  modernen  Zeit;  das  praktische  Bedürfniss 
nach  rhetorischer  Ausbildung  und  das  theoretische  nach  Ge- 
winnung einer  ethischen  und  politischen  Lebensnorm  wurde 
allgemein  empfunden,  und  daneben  stand  die  Freude  an  der 
Discussion  und  dem  wenn  auch  noch  so  verschrobenen  Scharf- 
sinn und  nicht  am  wenigsten  an  der  schönen  Form. 

Ueber  Gorgias'  und  Isokrates'  Helena  vgl.  jetzt  Thiele,  Hermes  86, 
218  ff.,  dem  ich  freilich  nicht  in  allem  zustimmen  kann. 


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Die  Redeliteratur.   Isokrates.  335 

908.  Innerlich  freilich  war  dies  ganze  Treiben  hohl  und 
unwahr  im  höchsten  Grade,  und  nur  zu  geeignet  alles 
gesunde  Empfinden  zu  zerstören  und  das  durch  die  furcht- 
baren politischen  Zustände  schon  verwüstete  moralische  Ge- 
fühl vollends  zu  ersticken.  Das  Aergste  war,  dass  Publicum 
und  Schriftsteller  sich  gegenseitig  ernst  nahmen  oder  wenig- 
stens ernst  zu  nehmen  vorgaben;  wie  Gorgias,  der  trotz  all  seiner 
Schwächen  doch  immer  ehrlich  war,  ihre  kleinen  Aufsätze  als 
eine  Spielerei  (rco^viov,  Helena  21)  zu  bezeichnen,  wäre  seinen 
Nachfolgern  nie  in  den  Sinn  gekommen.  Es  ist  nicht  anders 
als  wie  Plato  wieder  und  wieder  das  Wesen  der  Sophistik 
charakterisirt :  sie  jagen  dem  Schein  nach  und  geben  ihn  für 
Wahrheit  aus;  sie  sind  in  Wirklichkeit,  mögen  sie  formell 
noch  so  begabt  sein,  doch  nur  armselige  Schlucker,  welche 
die  Verirrungen  einer  todtwunden  Zeit  benutzen,  um  ihren 
Schülern  für  eine  Summe  Geldes  ein  paar  praktische  Kunst- 
griffe für  das  Leben  beizubringen.  —  Die  innere  Wert- 
losigkeit der  herrschenden  Manier  hat  auch  der  Mann  er- 
kannt, der  unter  ihnen  allen  den  grössten  Namen  gewonnen 
hat ,  Isokrates  von  Athen  (geb.  436  v.  Chr.).  Er  war  der 
Sohn  eines  wohlhabenden  Flötenfabrikanten,  und  hat  in  seiner 
Jugend  den  Erziehungscursus  des  Gorgias  durchgemacht:  als 
er  durch  den  Krieg  sein  Vermögen  verloren  hatte,  wie  so 
viele  andere,  hat  er  gleich  nach  der  Restauration  der  Demo- 
kratie begonnen,  was  er  bei  Gorgias  gelernt  hatte,  als  Reden- 
schreiber praktisch  zu  verwerthen.  Seine  Begabung  reichte 
über  das  Durchschnittsmaass  kaum  hinaus ;  und  in  der  Kunst, 
schlicht  und  klar  das  Treffende  zu  sagen,  stand  er  hinter 
Lysias  weit  zurück.  Aber  er  hatte  eine  feine  Empfindung 
für  den  Wohlklang  der  Sprache;  und  durch  unermüdlichen 
Fleiss,  durch  ununterbrochenes  Feilen,  wusste  er  seinen  Perio- 
den eine  vollendete  Abrundung  zu  geben,  die  über  die  er- 
müdende Breite  hinwegtäuschte  —  den  modernen  Leser  aller- 
dings, der  für  diese  Art  der  Schriftstellerei  kaum  noch  ein 
Organ  hat,  verführt  sie  umgekehrt  oft  genug  dazu,  den  In- 
halt seiner  Schriften  zu  unterschätzen,    üeberhaupt  war  Iso- 


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336 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


krates  eine  feinfühlige  Persönlichkeit,  sehr  ähnlich  seinem 
römischen  Gegenbilde  Cicero;  die  Schroffheit  und  die  rabu- 
listische Art  des  geborenen  Advocaten,  welche  Lysias  zeigt, 
war  ihm  fremd.  Zwar  war  er  unermesslich  eitel,  wie  alle 
flachen  Geister,  und  daher  empfindlich  und  gegen  Gegner  und 
Concurrenten  oft  gehässig  und  boshaft  (vgl.  den  Eingang  des 
Busiris),  aber  keineswegs  ohne  wahre  Empfindung;  er  hatte 
wirklich  Ideale,  und  wenn  er  von  seiner  Heimath  und  von 
der  Noth  von  Hellas  spricht,  kann  man  durch  alle  Phrasen 
hindurch  ein  warmes  Gefühl  nicht  verkennen.  Vor  allem  aber 
besass  er  Verständniss  für  das  was  seine  Zeit  brauchte.  So 
war  er  zwar  zum  Redner  gänzlich  ungeeignet  —  er  konnte 
überhaupt  nicht  frei  sprechen,  und  es  ist  ein  sinnverwirrender 
Missbrauch,  wenn  wir  seine  Broschüren  Reden  nennen  — . 
wohl  aber  geschaffen  zum  tonangebenden  Literaten,  der  immer 
Dem  formvollendeten  Ausdruck  gibt,  was  die  grosse  Masse 
der  Gebildeten  empfindet  und  sagen  möchte.  Durch  seine 
Advocatenthätigkeit  konnte  er  sich  nicht  befriedigt  fühlen,  und 
den  Widerspruch  zwischen  Theorie  und  Praxis  in  dem  üb- 
lichen rhetorischen  Unterricht  empfand  er  sehr  wohl.  So  trat  er, 
als  er  um  das  J.  393  in  Athen  seine  Schule  eröffnete  —  vor- 
her soll  er  eine  Zeit  lang  auf  Chios  gelehrt  haben  — ,  mit 
einem  anderen  Programm  auf  als  seine  Gollegen.'  Der  An- 
spruch die  Tugend  lehren  zu  können,  ist  lächerlich,  und  eine 
sichere  Erkenntniss  gibt  es  überhaupt  nicht;  die  Eristik  be- 
schäftigt sich  mit  nutzlosen  Dingen,  die  praktischen  Rede- 
lehrer aber  besitzen  weder  die  richtige  Unterrichtsmethode, 
noch  ist  die  Abrichtung  für  Rechtshändel  ein  würdiges  und 
sittlich  gerechtfertigtes  Ziel  der  Erziehung.  Die  wahre  Auf- 
gabe ist,  die  angeborenen  Anlagen  richtig  zu  entwickeln,  die 
Schüler  vom  Schlechten  abzulenken  und  zu  tüchtigen  Staats- 
bürgern zu  machen,  die  zugleich  im  Stande  sind,  vernünftig 
zu  urtheilen  und  das  Wahrscheinlichste  zu  erkennen.  Das  ist 
die  einzig  wahre  Philosophie.  Das  Mittel  dazu  bietet  die  ernst- 
hafte Beschäftigung  mit  der  Redekunst,  die  nicht  an  trivialen 
Objecten  und  Processen,  sondern  an  grossen  und  edlen  Gegen- 


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Isokrates  und  sein  Erziehungsprogramm. 


337 


ständen  geübt  wird  und  nur  mit  der  Tugend  und  einem 
guten  Ruf  bestehen  kann.  Etwas  Neues  enthalten  diese  Sätze 
kaum;  im  Grunde  sind  sie  nur  das  alte  sophistische  Lehr- 
programm. Aber  die  Anstösse,  die  dieses  eine  Generation 
früher  bot,  sind  jetzt  weggefallen,  und  die  energische  Ab- 
sage nach  beiden  Seiten,  gegen  die  gewöhnlichen  Rhetoren 
so  gut  wie  gegen  die  anspruchsvollen  Eristiker  und  Philo- 
sophen, gab  ihm  eine  bedeutende  Zugkraft.  Auch  war  die  red- 
nerische Ausbildung,  die  Isokrates  gab,  in  der  That  etwas 
anderes  als  die  übliche  Advocatenerziehung :  die  »Reden  c,  die 
er  seine  Schüler  verfassen  lässt,  entsprechen  den  Aufsätzen 
und  Vorträgen  der  modernen  Erziehung,  eine  harmonische 
Verbindung  formaler,  intellectueller  und  sittlicher  Ausbildung 
des  Schülers.  —  Auch  für  sich  selbst  setzte  Isokrates  jetzt 
höhere  Ziele:  es  galt  zu  zeigen,  dass  seine  Kunst  mehr 
zu  leisten  vermöge  als  die  Abfassung  brauchbarer  Gerichts- 
reden. Indem  er  unternahm,  die  grossen  politischen  Fragen, 
welche  die  Nation  bewegten,  in  formvollendeten  Essays  zu 
behandeln  und  ihr  die  idealen  Aufgaben  vorzuhalten,  welche 
in  dem  Hader  des  Tagestreibens  dem  Bewusstsein  völlig 
entschwunden  waren,  hat  er  in  der  That  eine  historische 
Wirksamkeit  gewonnen,  welche  alles  überragte,  was  die  Po- 
litiker gewöhnlichen  Schlages  zu  leisten  vermochten.  Durch 
diese  Thätigkeit  ist  er  ständig  gewachsen  weit  über  das  hin- 
aus, was  seine  Anlagen  erwarten  Hessen,  vom  Rhetor  zwar 
nicht  zum  Staatsmann,  wohl  aber  zum  politischen  Wortführer 
der  Nation :  ihm  ist  es  zu  verdanken,  dass  neben  und  in  der 
Stimme  Athens  auch  die  Stimme  der  Nation  zu  Worte  ge- 
kommen ist. 

Wissenschaft  und  Philosophie.   Demokrit.   Die  Sokratiker. 

Plato. 

909.  In  reicher  Fülle  waren  im  fünften  Jahrhundert  die 
Wissenschaften  erblüht;  aus  der  Enge  eines  kleinen  Kreises 
von  Fachgelehrten  waren  sie  hinausgedrungen  vor  ein  gröV 

Meyer,  Geschichte  dea  Alterthuras.   V.  22 


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338  IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionweit. 


seres  Publicum,  und  ihre  Probleme  und  Ergebnisse  vielfach 
in  die  allgemeine  Discussion  verschlungen.  Eine  Reihe  von 
Erkenntnissen,  die  im  fünften  Jahrhundert  noch  das  Eigen- 
thum einiger  weniger  Gelehrten  waren,  beginnen  jetzt  Ge- 
meingut der  Gebildeten  zu  werden,  vor  allem  auf  geographi- 
schem und  astronomischem  Gebiet;  ja  die  Mathematik  gewinnt 
durch  die  Pythagoreer,  deren  Forderungen  Plato  aufnahm, 
eine  feste  Stelle  im  propädeutischen  Unterricht.  Die  wissen- 
schaftliche Literatur  wächst  an  Umfang  und  in  Folge  dessen 
an  Specialisirung ;  neben  zusammenfassende  Werke  treten 
die  Einzeluntersuchungen,  neben  die  streng  wissenschaft- 
liche Behandlung  die  popularisirende  Darstellung  für  das 
grosse  Publicum ;  und  wie  früher  begegnen  sich  auf  beiden 
Gebieten  die  Fachgenossen  mit  den  von  universelleren  Be- 
strebungen aus  auf  die  Einzeluntersuchung  geführten  Arbeiten 
der  Sophisten  und  Philosophen.  So  dürftig  unsere  Kunde 
im  einzelnen  ist,  so  können  wir  doch  mit  voller  Sicherheit 
behaupten,  dass  es  in  der  ersten  Hälfte  des  vierten  Jahrhun- 
derts bereits  keinen  Gegenstand  gegeben  hat,  der  irgendwie 
das  Interesse  erregen  konnte,  über  den  nicht  bereits  eine  ganze 
Anzahl  von  Schriften  erschienen  wären;  so  auch  über  prak- 
tische Fragen,  wie  Landwirtschaft,  Pferdezucht,  Kriegskunst, 
Kochkunst  u.  ä.  —  In  der  Geschichtsschreibung  hat  Thuky- 
dides  neben  die  populäre  Erzählung,  die  in  Herodot  ihren 
Höhepunkt  erreicht  hatte,  die  wissenschaftliche  Behandlung 
gesetzt.  Der  Torso  seines  Werks,  der  um  395  veröffentlicht 
sein  mag,  hat  alsbald  eine  gewaltige  Wirkung  geübt.  Unter 
den  gleichartigen  Werken,  die  es  hervorrief,  war  weitaus  das 
bedeutendste  die  sicilische  Geschichte  des  Philistos.  Im  Mutter- 
lande hat,  etwa  dreissig  Jahre  nach  Thukydides'  Tode,  Xeno- 
phon  den  Faden  da  aufgenommen,  wo  er  abgerissen  war,  und 
ihn  durch  die  ganze  Zeit,  die  er  mit  durchlebt  hatte,  fortzu- 
führen versucht.  Daneben  gab  es  nicht  wenige  Schriften  über 
einzelne  Gebiete  und  Episoden  (§.  161).  Die  alte  Geschichts- 
schreibung im  ionischen  Stil,  die  nach  Herodot  in  Hellanikos' 
Chroniken  und  rationalistischen  Bearbeitungen  der  Sagen- 


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FachwissenschaftlicJie  und  historische  Literatur.   Die  Philosophen.  339 

geschiente  zu  einem  gewissen  Abschluss  gelangte,  findet  noch 
einzelne  Nachzügler,  so  in  den  vorwiegend  geographischen  Ar- 
beiten des  Damastes  von  Sige  und  in  der  Geschichte  des  Orients 
von  Etesias.  Aber  auch  aus  diesem  Gebiete,  für  dessen  halb- 
märchenhaften  Inhalt  sie  sich  am  besten  eignete,  schwand  sie 
mit  der  nächsten  Generation :  Deinon  von  Kolophon  und  Hera- 
kleides von  Kyme  (§.  6)  schrieben  die  Geschichte  des  Perser- 
reichs und  seiner  Vorgänger  in  durchaus  wissenschaftlicher 
Weise,  die  namentlich  in  dem  Versuch,  die  inneren  Zustände 
des  Reiches  darzulegen,  sehr  Beachtenswertes  leistete.  Das 
Gleiche  gilt  von  der  Localgeschichte :  die  Atthis  des  Kleidemos 
(um  380)  war  noch  ganz  in  der  rationalistischen  Art  des 
Hellanikos  gehalten,  die  des  Androtion  (gegen  340).,  eines 
Schülers  des  Isokrates,  war  formell  und  inhaltlich  ein  modernes 
Werk,  das  den  aristokratischen  Standpunkt  vertrat.  Aehnliche 
Schriften  hat  es  in  grosser  Zahl  gegeben ;  etwas  näher  kennen 
wir  nur  die  Geschichte  Megaras  von  Dieuchidas,  der  Athens 
Ansprüche  auf  seine  Heimath  und  Salamis  scharf  zurückwies, 
und  die  Homerverse,  auf  die  es  sich  berief,  für  eine  Fälschung 
des  Pisistratos  erklärte. 

910.  Von  den  älteren  Philosophenschulen  gelangen  die 
Pythagoreer  in  Unteritalien  zu  neuem  Glanz,  vor  allem  durch 
Archytas  von  Tarent  (§.  826),  und  haben  auch  im  Mutter- 
lande Eingang  gefunden;  ihre  wissenschaftliche  Bedeutung 
liegt  nach  wie  vor  in  der  Fortbildung  der  Mathematik  und 
Astronomie,  ihre  Wirkung  auf  die  Masse  in  der  ernsten  Sitt- 
lichkeit, die  sie  fordern  und  im  Leben  bewähren,  und  in  der 
Verkündung  des  Unsterblichkeitsglau()ens  und  der  Seelen- 
wanderung. Die  übrigen  Schulen  sind  meist  abgestorben  oder 
leben  nur  noch  in  einzelnen  Nachzüglern  fort,  wie  die  Hera- 
kliteer  in  Ephesos.  An  die  Eleaten  knüpfen  die  Paradoxien 
der  Eristiker  (§.  906)  an ;  zu  ihnen  gehört  auch  Euklides  von 
Megara,  der  aber  zugleich  ein  eifriger  Schüler  des  Sokrates 
war,  und  dessen  Tugendlehre  mit  der  eleatischen  Dialektik* ver- 
band. Die  universale  Naturwissenschaft  der  Ionier  hat  sich 
lebenskräftig  nur  noch  in  der  jüngsten  ihrer  Hauptrichtungen 


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340 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit 


erhalten,  der  Atomistik  Leukipps.  In  Demokritos  von  Abdera 
(vgl.  §.514)  hatte  dieser  den  Schüler  gefunden,  der  seiner 
Lehre  erst  die  volle  und  allseitige  Durchbildung  geben  sollte. 
Demokrit  hat  lange  Jahre  ein  Wanderleben  geführt,  bei  dem  er 
die  griechische  Welt  und  den  Orient  weithin  kennen  lernte,  wo 
er  bei  den  Weisen  der  Aegypter  und  Ghaldaeer  in  die  Lehre 
ging.  Dann  hat  er  sich  in  Abdera  zur  Ruhe  gesetzt  und  bis 
ins  höchste  Alter  —  er  scheint  etwa  um  370  v.  Chr.  gestorben 
zu  sein  —  das  gewaltige  durch  Forschung  und  Denken  gesam- 
melte Material  wissenschaftlich  verarbeitet.  An  Zahl  und  Umfang 
haben  seine  Werke  die  Piatos  vielleicht  noch  übertroffen ;  aber 
sie  concentriren  sich  nicht  auf  einen  sein  ganzes  Denken  be- 
herrschenden Gegenstand,  sondern  streben,  wie  es  vor  ihm 
schon  Anaxagoras  versucht  hatte,  im  ganzen  wie  im  einzelnen 
die  Gesammtheit  der  menschlichen  Forschung  zu  umspannen. 
So  ist  Demokrit  ein  typischer  Vertreter  des  »Viel Wissens«,  das 
Heraklit  so  arg  geschmäht  hatte,  und  der  ächte  Vorläufer 
des  Aristoteles.  »Ich  bin,«  so  rühmt  er  sich  selbst,  »von  den 
Menschen  meiner  Zeit  der,  der  die  grössten  Länderstrecken 
durchwandert  und  das  Entfernteste  durchforscht  hat,  und  ich 
habe  am  meisten  Klimate  und  Länder  gesehen  und  kundige 
Menschen  gehört;  und  in  der  Gonstruction  von  Figuren  mit 
Demonstrationen  hat  mich  nie  Jemand  übertroffen,  auch  nicht 
die  aegyptischen  ,Seilspanner*  (Feldmesser),  mit  denen  ich 
fünf  Jahre  in  der  Fremde  zusammengelebt  habe.«  Neben 
systematischen  Werken  schrieb  er  zahlreiche  Einzelaufsätze 
und  ausführende  Untersuchungen,  welche  das  atomistische 
System  durch  alle  Reiche  der  Natur  verfolgten  und  Ent- 
stehung und  Beschaffenheit  der  Einzelwesen  darlegten ;  neben 
Himmelskunde  und  Kosmophysik  tritt  bei  ihm  zum  ersten 
Male  der  Versuch  einer  wissenschaftlichen  Mineralogie,  Botanik 
und  Zoologie  auf.  Wie  in  den  gleichzeitigen  medicinischen 
Schriften  finden  sich  hier  neben  manchen  seltsamen  Behaup- 
tungen sehr  achtungswerthe  Kenntnisse,  namentlich  in  der 
Anatomie.  Auch  Medicin  hat  Demokrit  studirt  und  eine  ganze 
Anzahl  medicinischer  Schriften  verfasst,  in  denen  gleichfalls 


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Demokrits  wissenschaftliche  Werke. 


341 


exacte  Beobachtungen  und  wunderliche  alte  und  neue  Theo- 
reme in  sehr  charakteristischer  Weise  gemischt  sind,  z.  B.  in 
der  Embryologie.  Daran  reihen  sich  so  gut  wie  verschollene 
Abhandlungen  über  angewandte  Wissenschaften  und  Techno- 
logie, über  Ackerbau,  Kriegskunst,  Perspective  (wie  Anaxa- 
goras), Sternkunde,  Wetterprognose,  den  Kalender  u.  a.  Nicht 
selten  zeigt  sich  freilich,  dass  der  grosse  Systematiker  da, 
wo  die  Wissenschaft  bereits  auf  fester  Grundlage  aufgebaut 
war,  mit  den  Fortschritten  der  Fachmänner  nicht  Schritt 
halten  konnte.  Die  Länge  des  Sonnenjahrs  von  365 1/4  Tag 
entlehnte  er  den  Aegyptern,  aber  die  Länge  des  Mondmonats 
bestimmte  er  gegenüber  Oinopides  und  Meton  (§.  500)  beträcht- 
lich zu  hoch.  Seine  zahlreichen  mathematischen  Schriften  haben 
offenbar,  trotz  der  Beherrschung  der  Technik,  deren  er  sich 
rühmt,  die  Entwickelung  der  Wissenschaft  nicht  wesentlich 
gefördert ;  sonst  würden  wir  wenigstens  etwas  davon  erfahren. 
Dass  ihm  der  ächte  mathematische  Geist  fehlte,  der  die  For- 
scher im  Westen  belebte,  ist  eigentlich  für  einen  atomistischen 
Materialisten  selbstverständlich  und  wird  dadurch  bestätigt, 
dass  er  wie  Anaxagoras  sein  Leben  lang  an  der  Scheiben- 
gestalt der  Erde  festgehalten  hat  und  dass  ihm  für  die  Neigung 
zur  Himmelsachse  und  das  Schweben  in  der  Mitte  derjenigen 
der  unzähligen  Welten,  in  der  wir  leben,  naive  Erklärungen 
nach  Art  des  Anaxagoras  genügten  —  hier  steht  er  tief  unter 
Plato,  der  auf  diesem  Gebiete  allen  Fortschritten  der  Wissen- 
schaft gefolgt  ist  und  schliesslich  sogar  die  neueste  Theorie 
der  Pythagoreer  angenommen  hat,  dass  die  Erde  sich  um 
ihre  Achse  drehe  und  die  scheinbar  regellose  Bewegung  der 
Planeten  in  Wirklichkeit  völlig  gesetzmässig  verlaufe  (Tim. 
40  b,  vgl.  Arist.  de  caelo  II,  13.  leg.  VII,  821  ff.).  —  Für  die 
Länderbeschreibung  dagegen  scheint  Demokrit  Bedeutendes  ge- 
leistet zu  haben;  auch  war  er  der  erste,  der  behauptete,  der 
bewohnte  (d.  h.  thatsächlich  der  den  Griechen  bekannte)  Theil 
der  Erdoberfläche  sei  länger  als  breit,  und  zwar  um  ein 
Drittel.  —  Auch  alle  Gebiete  des  geistigen  Lebens,  mit  Aus- 
nahme der  Geschichte,  hat  Demokrit  in  den  Bereich  seiner 


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342 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Keactionszeit. 


Forschung  gezogen ;  unter  seinen  Schriften  finden  sich  Werke 
über  Rhythmus  und  Harmonie,  Gesang,  Poesie,  über  leicht 
und  schwer  zü  sprechende  Worte,  d.  h.  über  Phonetik,  über 
Grammatik  und  Wortwahl,  über  Homererklärung.  —  Dass 
uns  von  all  diesen  Werken  so  garnichts  erhalten  ist,  ist  ein 
unersetzlicher  Verlust.  Mochte  auch  Demokrit  mehr  in  die 
Breite  als  in  die  Tiefe  gehen,  einen  selbständigen  und  vor 
keiner  Gonsequenz  zurückschreckenden  Denker  würden  wir 
in  jedem  von  ihnen  kennen  lernen,  und  zugleich  würden  sie 
uns  einen  lebendigen  Einblick  geben  in  den  Stand  des  Wis- 
sens, den  die  hellenische  Nation  nach  einem  Jahrhundert  ent- 
wickelter Einzelforschung  erreicht  hatte. 

911.  Das  Interesse  der  alten  Zeit  war  auf  die  Erklärung 
der  Naturerscheinungen  gerichtet;  die  Gegenwart  verlangte 
von  dem  Weisen  in  erster  Linie  einen  Wegweiser  durch  die 
Wirrnisse  des  politischen  und  socialen  Lebens.  Auch  dieser 
Forderung  hat  Demokrit  zu  genügen  gesucht;  in  einer  ganzen 
Anzahl  von  Schriften  hat  er  seine  ethischen  Anschauungen 
vorgetragen,  nicht  sowohl  als  geschlossenes  System,  als  viel- 
mehr als  Rathschläge  für  eine  rationelle  Lebensführung,  in 
aphoristischer  Form,  die  sich  nicht  selten  mit  Sätzen  Heraklits 
berührt.  Die  Grundgedanken  stehen  natürlich  im  Einklang 
mit  seiner  Weltanschauung:  jede  religiöse  Motivirung  wird 
abgelehnt,  ebenso  der  Unsterblichkeitsgedanke.  Den  Ausgang 
für  alles  Handeln  bildet  das  Streben  nach  Lust  und  die 
Vermeidung  der  Unlust.  Aber  nicht  jede  Lust  ist  ein  Gut; 
jedes  Uebermaass  ist  vielmehr  schädlich  und  führt  zum  Gegen- 
theil,  und  die  geistigen  Genüsse  stehen  höher  als  die  kurzen 
und  vergänglichen  Genüsse  des  Leibes  oder  der  Sinne  — 
diese  sind  für  das  ethische  Verhalten  ebenso  irreführend,  wie 
die  Sinneseindrücke  für  die  wahre  Erkenntniss  (§.  514).  Auch 
auf  sittlichem  Gebiete  ist  die  richtige  Einsicht  das  wichtigste, 
die  Unwissenheit  der  schlimmste  Feind.  Das  Höchste,  was 
der  Mensch  erreichen  kann,  ist  die  innere  Ruhe  des  Gemüths, 
das  »Wohlseint  (eü>eotd>)  oder  die  »gute  Gemüthsstimmung« 
(e&ftuijda),  die  sich  durch  nichts  aus  der  Fassung  bringen  lässt, 


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Demokrits  Ethik.  343 

und  den  Zustand  des  nil  admirari,  die  ÄOajtßfca  oder  atapa&a, 
erreicht.  So  berühren  sich  Demokrits  ethische  Vorschriften 
in  den  Gründgedanken  wie  in  der  Einzelausführung  vielfach 
mit  Sätzen  Piatos,  und  dieser  hat,  wie  neuerdings  erkannt 
ist,  wiederholt  mit  hoher  Anerkennung  von  ihnen  gesprochen. 
Aber  ein  fundamentaler  Unterschied  trennt  beide  Systeme: 
Demokrits  Ethik  ist  durchweg  und  ausschliesslich  individua- 
listisch und  daher  im  Grunde  zugleich  <juietistisch.  Zwar  er- 
kennt auch  Demokrit  den  Werth  der  socialen  Güter,  vor 
allem  der  Freundschaft;  und  er  räth  zur  Unterordnung  unter 
die  Gebote  des  Staats  und  handelt  gelegentlich  von  der  besten 
Einrichtung  desselben.  Aber  alle  diese  Dinge  kommen  doch 
nur  in  Betracht,  soweit  sie  dem  Weisen  die  Möglichkeit  eines 
ungestörten  beschaulichen  Daseins  gewähren.  Er  soll  alles 
von  sich  fern  halten,  was  ihn  von  einer  friedlichen,  harmo- 
nischen Existenz  in  einem  durch  die  Gesetze  der  Sittlichkeit 
und  des  Masshaltens  geregelten  geistigen  Genussleben  ab- 
lenken könnte.  Selbst  Kinder  in  die  Welt  zu  setzen,  räth 
Demokrit  ab,  denn  man  weiss  nicht,  wie  sie  ausschlagen 
werden;  besser  ist  es,  wenn  man  so  gestellt  ist,  den  Sohn 
eines  Freundes  zu  adoptiren,  dessen  Anlagen  schon  erkennbar 
sind.  Für  eine  praktische  Thätigkeit  im  öffentlichen  Leben 
ist  in  dieser  Ethik  kein  Raum,  und  die  Probleme,  die  dieses 
bietet,  werden  nach  Möglichkeit  bei  Seite  geschoben.  Darauf 
beruht  es,  dass  Demokrit  auf  seine  Zeit  keine  grössere  Wir- 
kung ausüben  konnte;  die  Zeit  des  staatlosen  Individualismus 
war  noch  nicht  gekommen.  —  Auch  Demokrits  naturwissen- 
schaftliches System  hat  einen  Fortsetzer  zunächst  nicht  ge- 
funden; in  den  Händen  seiner  Nachfolger  (Metrodoros  von 
Chios,  Anaxarchos  von  Abdera  u.a.)  wandelte  es  sich,  in 
natürlicher  Consequenz  des  inneren  Widerspruchs  zwischen 
der  Behauptung  von  der  absoluten  Realität  der  Atome 
und  der  trügerischen  und  rein  subjectiven  Sinnenerkenntniss 
(§.  515),  mehr  und  mehr  zur  Skepsis  um,  zur  Läugnung 
jeder  Möglichkeit  der  Erkenntniss,  zu  der  sich  Demokrits  Enkel- 
schüler Pyrrhon  und  Nausiphanes  bereits  offen  bekannten. 


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IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


Ueber  Demokrits  Ethik  ist  grundlegend  Natorp,  Die  Ethika  des 
D.,  1898,  der  die  üblichen  Zweifel  an  der  Aechtheit  der  Fragmente  end- 
gültig erledigt  hat.  Im  Anschluss  an  Hirzel  fQhrt  er  weiter  aus,  dass 
Plato  rep.  583  b  ff.  und  Phileb.  44  b  ff.  sich  auf  Demokrit  bezieht. 

912.  Für  Demokrit  bildeten  die  Probleme  des  praktischen 
Lebens  nur  eines  der  vielen  Gebiete,  mit  denen  er  sich  be- 
schäftigte, ja  im  Grunde  existirte  das  Erziehungsproblem  für 
ihn  überhaupt  nicht.  Für  Sokrates  und  seine  Schüler  war 
es  das  Fundamentalproblem  ihres  Denkens  und  Lehrens,  das 
seine  Lösung  dringend  erheischte,  sollte  nicht  Griechenland 
trotz  seiner  hohen  Cultur  oder  vielmehr  eben  in  Folge  derselben 
unrettbar  zu  Grunde  gehen.  —  Die  Hinrichtung  des  Sokrates 
hat  das  Gegentheil  von  dem  bewirkt,  was  seine  Ankläger  er- 
strebt hatten.  Den  lästigen  Fragcr  und  Mahner,  den  Ver- 
derber der  Jugend,  glaubte  man  los  zu  sein ;  aber  sofort  zeigte 
sich,  dass  mit  seinem  Leibe  weder  seine  Person  zu  Grabe 
getragen  war  noch  seine  Lehre.  Die  Probleme,  mit  denen 
er  gerungen  und  an  denen  mitzuarbeiten  er  die  Menschen  ge- 
zwungen hatte,  gaben  Keinen,  den  er  einmal  gepackt  hatte, 
wieder  frei;  und  über  ihnen  erhob  sich  immer  gewaltiger 
das  verklärte  Bild  seiner  Persönlichkeit  und  seiner  Art  zu 
discutiren.  Mit  seinem  Tode  begann  die  sokratische  Literatur; 
Jahr  auf  Jahr  folgten  in  unübersehbarer  Fülle  die  Schriften, 
die  ihn  und  seine  Lehre  der  Welt  vorführten.  Es  waren  Auf- 
zeichnungen der  Gespräche,  die  er  geführt  hatte:  der  sokra- 
tische Dialog  ist  nicht  die  Schöpfung  eines  Einzelnen,  weder 
des  Plato  noch  des  Antisthenes,  sondern  die  nothwendige  und 
selbstverständliche  Form  dieser  Literatur,  die  Fortsetzung  des 
mündlichen  Gesprächs  des  Meisters  im  Gegensatz  zu  den 
Lehrvorträgen  und  Prunkreden  der  Sophisten  und  Rhetoren. 
Viele  der  Schüler  des  Sokrates  hatten  kein  weiteres  Ziel,  als 
seine  Sache  zu  vertheidigen,  der  Welt  zu  zeigen,  welches  Ver- 
brechen die  Stadt  begangen  hatte,  die  sich  die  Hochburg  der 
Cultur  zu  sein  rühmte,  sein  Bild  festzuhalten  und  jetzt,  wo 
sein  Mund  verstummt  war,  wenigstens  seine  Worte  den 
nach  Erkenntnis  lechzenden  Mitmenschen  zu  übermitteln.  Dass 


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Die  sokratische  Literatur. 


345 


dabei  ein  subjectives  Moment  sich  eindrängte,  war  unvermeid- 
lich; ein  Jeder  gab  die  Lehre  so,  wie  er' sie  verstanden  hatte, 
er  mochte  auch  wohl  mit  unbewusster  Abweichung  von  dem 
Meister  die  Discussion  so  zu  Ende  führen,  wie  er  es  für  richtig 
hielt,  oder  jenen  ein  Problem  besprechen  lassen,  das  ihm  fern 
gelegen  hatte,  dem  Jünger  aber  am  Herzen  lag.  Die  Tendenz 
wird  dadurch  nicht  geändert;  die  Person  des  Aufzeichnenden 
tritt  überall  völlig  hinter  der  des  Lehrers  zurück.  Derart 
war^n  die  Dialoge  des  Aeschines  von  Athen,  von  denen  ge- 
rühmt wird ,  dass  sie  die  Art  des  Sokrates  am  treuesten 
wiedergaben,  die  des  Phaedon  von  Elis,  wohl  auch  die  des 
Euklides  von  Megara,  später  die  Aufzeichnungen  des  Xeno- 
phon  und  daneben  viele  andere,  die  bald  diesem  bald  jenem 
zugeschrieben  werden,  weil  ihre  Verfasser  überhaupt  nicht  be- 
kannt waren  — -  darunter  ohne  Zweifel  neben  manchen  acht- 
baren auch  recht  viele  unbedeutende  Erzeugnisse. 

Von  der  Fülle  der  sokratischen  Dialoge  (vgl.  auch  §.  907)  geben  uns  die 
Verzeichnisse  bei  Diog.  Laert.  ein  Bild.  Als  ächt  erkannte  Panaetios  (D.  L. 
II,  64)  nur  die  des  Plato,  Xenophon,  Antistbenes,  Aeschines  und  vielleicht 
die  des  Phaedon  und  Euklides  an ;  Aristippos  hat  keine  sokratischen  Dia- 
loge geschrieben.  Darüber  können  wir  nicht  hinauskommen.  Die  übrigen 
sind  aber  deshalb  noch  durchaus  nicht  spätere  Fälschungen,  so  wenig 
wie  die  sehr  alten  Dialoge  Minos,  Hipparchos,  Alkibiades,  Theages  und 
vielleicht  noch  andere,  die  unter  Piatos  Schriften  stehen.  —  Wie  es 
sich  mit  den  Ituxpauxol  äidXo-fot  des  Alexamenos  von  Teos  verhält,  die 
Aristoteles  (Athen.  XI,  505  c.  Diog.  L.  III,  48)  für  die  ältesten  erklärte, 
wird  nie  ein  Mensch  sagen  können. 

913.  Manche  dieser  Jünger  mochten  daneben,  wo  die  Ge- 
legenheit sich  bot,  mündlich  von  Sokrates  erzählen  und  in  seiner 
Art  die  Discussion  der  Probleme  fortsetzen.  Ein  höheres  Ziel, 
die  selbstthätige  Fortführung  seines  Werks,  die  Gründung  einer 
sokratischen  Schule,  die  mit  dem  Anspruch  auftrat,  die  wahre  Er- 
ziehung für  das  Leben  geben  zu  können,  haben  nur  einige  wenige 
erstrebt.  Sie  sahen  sich  daher  auch  gezwungen,  den  Kampf 
aufzunehmen,  den  Sokrates  sein  Leben  lang  gekämpft  hatte 
sowohl  gegen  die  Unwissenheit  und  Lethargie  der  Masse  auch 
derer,  die  sich  ihrer  Bildung  rühmten,  wie  gegen  die  concurriren- 


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IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


den  Lehren  und  das  Schein  wissen  der  Sophisten.  Drei  Männer 
und  drei  Systeme  treten  uns  entgegen,  die  von  Sokrates  aus- 
gegangen und  zu  selbständiger  Bedeutung  erwachsen  sind  — 
denn  Euklides  (§.  910)  hat  für  die  weitere  Entwicklung  weder 
als  Lehrer  noch  als  Philosoph  grössere  Bedeutung,  und  Phae- 
don  noch  weniger  — :  Aristippos,  Antisthenes  und  Plato.  — 
Aristippos  von  Kyrene  war,  durch  Sokrates'  Ruf  gelockt,  als 
junger  Mann  nach  Athen  gekommen.  Seinem  Naturell  lag 
Sokrates*  Auffassung  der  Tugend  ebenso  fern,  wie  sein  po- 
litisches Ziel;  er  war  ein  Weltmann,  auf  den  die  Verhältnisse 
seiner  Heimath  —  wir  wissen,  dass  es  in  Kyrene  gerade  um 
diese  Zeit  zu  einer  blutigen  Revolution  kam  (§.  356)  —  keinen 
Reiz  ausübten,  und  der  es  viel  behaglicher  fand,  sich  ohne  festen 
Aufenthalt  in  der  Welt  herumzutreiben,  unbehelligt  von  allen 
politischen  Händeln  und  frei  von  der  Pflicht  des  Steuerzahlens,  als 
sich  für  ein  politisches  Ideal  aufzuopfern  oder  wie  ein  eingebildeter 
Thor  dem  Phantom  der  Macht  nachzujagen.  Aber  die  Persön- 
lichkeit des  Sokrates  und  sein  Verhalten  im  Angesicht  des  Todes 
haben  einen  unauslöschlichen  Eindruck  auf  ihn  gemacht.  So 
hat  er  mit  seiner  Anschauung,  dass  die  Lust,  und  zwar  in 
erster  Linie  die  Sinnenlust,  das  höchste  Gut  sei  —  denn,  so 
lehrte  er  in  extremster  Gonsequenz  des  Satzes  des  Protagoras, 
unsere  Empfindungen  sind  das  einzig  Reale,  von  den  Dingen 
wissen  wir  überhaupt  nichts ;  unser  Meinen  darüber  hat  nicht 
einmal  für  uns  selbst  Gültigkeit  — ,  dennoch  sokratische  Lehren 
verbunden.  Denn  nur  die  Einsicht  gibt  die  innere  Freiheit 
und  den  Gleichmuth,  der  zum  wahren  Genuss  befähigt  und 
den  Menschen  zum  Herrn,  nicht  zum  Knecht  seiner  Begierden 
macht.  So  wird  Aristipp  zum  Lehrer  der  Lebensklugheit,  die 
sich  jederzeit  in  die  Dinge  zu  schicken  weiss;  wo  er  hin- 
kommt, sammelt  er  nach  Sophistenart  einen  Kreis  von  Schü- 
lern um  sich,  die  er  gegen  ein  ansehnliches  Honorar  in  die 
Kunst  einführt,  wirksam  zu  reden  und  sich  von  Aberglauben 
und  Todesfurcht  frei  zu  halten,  indem  sie  die  Lehre  von  den 
Gütern  und  Uebeln  auswendig  lernen.  In  Vorträgen  und  Auf- 
sätzen hat  er  seine  Anschauungen  ausgeführt ;  von  allen  theo- 


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Aristippos  von  Kyrene.   Antisthenes.  347 


retischen  Fragen  hält  er  sich  fern,  sowohl  von  der  Dialektik 
wie  von  der  Naturwissenschaft;  das  hat  keinen  praktischen 
Nutzen.  In  seiner  Ethik  berührt  er  sich  mit  Demokrit,  so- 
wohl im  Ausgangspunkt  wie  im  Ziel  und  in  dem  uneinge- 
schränkten Individualismus;  aber  gerade  weil  er  die  Lust 
weit  niedriger  fasst,  hat  er,  der  gewandte  und  geistreiche 
Lebenskünstler,  der  auch  da,  wo  er  sich  tief  erniedrigt,  seine 
intellectuelle  Superiorität  doch  immer  zu  wahren  weiss,  und 
sei  es  auch  nur  durch  ein  schlagendes  Witzwort,  blasirte 
Leute  an  sich  zu  ziehen  vermocht,  die  auch  nichts  Höheres 
erstreben,  ja  ihnen  einen  gewissen  Halt  für  das  Leben  gegeben. 
Alle  tieferen  Gedanken  der  Sokratik  freilich  sind  hier  völlig 
bei  Seite  geworfen. 

Von  Aristipps  Persönlichkeit  bieten  die  zahlreichen  Anekdoten,  aus 
denen  seine  Biographie  besteht  (aus  ihr  haben  auch  die  Sokratikerbriefe 
geschöpft,  eine  Art  Roman  in  Briefform),  ein  lebendiges  und  authenti- 
sches Bild.   Im  übrigen  s.  vor  allem  v.  Arnim,  Dio  von  Prusa  25  ff. 

914.  In  dem  allem  war  Antisthenes  das  Gegenbild  Ari- 
stipps. Er  war  der  Sohn  eines  Atheners  von  einer  Thra- 
kerin und  daher  nach  attischem  Recht  ein  Bastard  und  vom 
politischen  Leben  ausgeschlossen.  In  seiner  Jugend  hatte  er 
den  Einfluss  des  Gorgias  und  der  sophistischen  Rhetorik  er- 
fahren ;  dann  hat  er  sich  ganz  an  Sokrates  hingegeben.  Auch 
ihm  ist  die  praktische  Seite  der  Lehre  für  das  Leben  des 
Einzelnen  das  allein  Wesentliche;  aber  im  Gegensatz  zu  Ari- 
stipp  hat  er  Sokrates'  Tugendlehre  voll  in  sich  aufgenommen 
und  in  seinem  Leben  zu  verwirklichen  gestrebt.  »Die  Tugend 
ist  lehrbar,  und  sie  allein  verleiht  den  Adel;  sie  genügt  zur 
Glückseligkeit,  wenn  nur  die  sokratische  Willensstärke  (Ic/oc) 
hinzukommt.  Sie  besteht  im  Handeln,  und  braucht  weder 
vieler  Reden  noch  Wissenschaften.«  Die  »Selbstgenügsam- 
keit« (aordtpxtta)  des  Weisen  —  das  ist  das  Schlagwort  des 
Antisthenes  und  seiner  Schule.  Die  Anschauungen,  welche 
die  unwissende  Masse  beherrschen  und  der  landläufigen  Moral 
zu  Grunde  liegen,  sind  lediglich  conventionell  und  völlig  werth- 
los. Ehre,  Macht,  politische  Stellung,  Reichthum,  Sinnengenuss, 


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348  IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 

selbst  die  gewöhnlichsten  und  am  unentbehrlichsten  scheinen- 
den Besitztümer,  Kleidung  und  Hausrath,  das  alles  sind 
gleichgültige  Dinge,  die  den  Weisen  niemals  in  seiner  Ruhe 
stören  dürfen,  ja  die  er  von  sich  werfen  wird,  um  nicht  von 
ihnen  in  Abhängigkeit  zu  gerathen;  was  zum  Leben  absolut 
unentbehrlich  ist,  ist  so  wenig,  dass  jeder  es  finden  kann, 
ohne  sich  zu  mühen.  Der  Aermste  ist  der  Reichste,  weil  er 
der  Bedürfnissloseste  ist.  Auch  der  Unterschied  des  Freien 
und  des  Sklaven  verschwindet  völlig  vor  dem  Angesicht  der 
Wahrheit ;  der  Sklave,  der  die  Erkenntniss  besitzt,  ist  frei,  der 
Herr,  der  in  den  Banden  seiner  Sinne  gefesselt  ist,  ist  der 
wahre  Knecht  Nur  auf  sich  selbst  soll  der  Mensch  ruhen; 
so  hat  Herakles  es  gehalten,  den  Antisthenes  zu  der  Ideal- 
gestalt seiner  Schule  erhebt.  —  In  einer  grossen  Zahl  von 
Schriften,  die  an  Gesammtumfang  denen  Piatos  mindestens 
nahe  kommen,  hat  Antisthenes  seine  Ansichten  verkündet.  Als 
Lehrer  hat  er  seinen  Sitz  in  der  Turnschule  der  Bastarde  aufge- 
schlagen, dem  Gymnasion  des  Herakles  von  Kynosarges ;  nach 
dieser  Stätte  heissen  seine  Schüler  spater  »die  Hunde«.  Er 
stellte  hohe  sittliche  Anforderungen;  aber  auf  den  Anspruch, 
für  das  praktische  und  politische  Leben  vorzubereiten,  ver- 
zichtete er  nicht;  waren  doch  auch  Herakles  und  Odysseus, 
der  vielgewandte  Weise,  der  in  jeder  Situation  die  Ueber- 
legenheit  des  Intellects  über  die  rohe  Kraft  erwies  (vgl.  §.  907), 
im  Leben  wirksam  gewesen.  Für  diesen  Unterricht  konnte  er 
weder  die  theoretische  Discussion,  noch  die  rhetorische  Aus- 
bildung entbehren,  so  geringschätzig  er  auf  sie  herabsah: 
denn  die  Tugend  hat  zwar  die  richtige  Einsicht  zur  Voraus- 
setzung, aber  erworben  wird  sie  durch  Uebung,  nicht  durch 
Speculation.  In  der  Erkenntnisstheorie  verwickelte  er  sich 
freilich  in  seltsame  Irrgänge,  indem  er  die  Unmöglichkeit  des 
Widersprechens  behauptete:  wie  man  etwas  aussagt,  so  ist 
es.  Dass  er  dadurch  die  Möglichkeit  der  wahren  Wissen- 
schaft aufhob,  war  ihm  ganz  recht.  Natürlich  kam  er  da- 
durch in  Gonflict  mit  Plato,  und  ebenso  lag  er  als  Lehrer  der 
Rhetorik  in  heftiger  Fehde  mit  Isokrates;  welche  Gonces- 


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Antisthenes  und  die  kynische  Schule. 


349 


sionen  er  hier  der  Praxis  machte,  geht  daraus  hervor,  dass 
er  sogar  eine  vielbewunderte  Gerichtsrede  des  Isokrates,  über 
ein  Darlehen  aus  der  Zeit  der  Dreissig,  für  das  es  keine 
Zeugen  gab,  durch  eine  Gegenrede  zu  widerlegen  suchte.  Dem 
Volksglauben  trat  er  überall  schroff  entgegen,  wie  in  der 
Ethik  und  Lebenshaltung,  so  in  der  Religion ;  nur  emen  Gott 
gibt  es,  unsichtbar  und  über  das  menschliche  Fassungsver- 
mögen erhaben;  die  herrschenden  Anschauungen  sind  hier 
ebenso  conventionell  und  unhaltbar,  wie  in  der  Ethik.  Aber 
er  folgte  der  populären,  auch  von  den  Sophisten  aufgenom- 
menen Lehrmethode  auch  darin,  dass  er  —  in  der  Art,  die  So- 
krates  in  Piatos  Protagoras  verspottet,  indem  er  sie  nach- 
ahmt und  zeigt,  dass  er  derartiges  auch  kann  —  die  Dichter, 
specieü  den  Homer,  benutzte,  um  zu  beweisen,  dass  in  ihnen 
bereits  seine  ethischen  und  religiösen  Anschauungen  enthalten 
seien.  Trotz  dieser  Concessionen  konnte  Antisthenes  immer 
nur  einige  wenige  an  sich  fesseln ;  und  seine  Ethik  war  ebenso 
wenig  wie  die  des  Aristipp  und  des  Demokrit  geeignet,  die  Grund- 
age  für  einen  Neubau  des  Staats  und  der  Gesellschaft  zu 
bilden,  wenn  sie  auch  diesen  Anspruch  erhob:  sie  war  im 
Grunde  ebenso  individualistisch  wie  jene,  ja  sie  hatte  trotz 
aller  Gegensätze  genau  dasselbe  Ziel:  die  Seelenruhe  des 
wahren  Weisen.  Wohl  aber  hat  der  Rigorismus  der  kyni- 
schen  Tugendübung,  so  sehr  er  den  Spott  der  Weltkinder 
hervorrief,  erbauend  auf  gar  manche  gewirkt,  denen  hier  in 
den  Nöthen  und  der  sittlichen  Zersetzung  der  Zeit  ein  Ideal 
entgegentrat,  das  sie  bewundern  mussten,  auch  wenn  sie 
nicht  die  Kraft  in  sich  fühlten,  selbst  ihm  nachzuleben. 

Auch  Ober  Ant  ist  vor  allem  v.  Arnim's  Dio  82  ff.  zu  vergleichen, 
der  aber  die  Stellen  in  Isokrates'  Helena  zum  Theil  falsch  deutet,  vgl. 
§.  906  A.  Auf  Antisthenes1  Schrift  «po<;  töv  'Iooxpitoo?  apcptupov  (or.  21) 
replicirt  U.  im  Paneg.  188.  Gegen  Plato  war  Antisthenes'  Edfl-iov  yj  rcspl 
tot>  avu)if8tv  in  drei  Büchern  gerichtet.  Die  zahlreichen  Anspielungen 
auf  Ant,  die  man  bei  Plato  gesucht  hat,  scheinen  grösstenteils  sehr 
problematisch. 

915.  Inmitten  all  dieser  sich  bekämpfenden  Strömungen 
steht  Plato  als  der  wahre  Erbe  und  Fortbildner  des  Sokrates. 


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350 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


Plato  (geb.  428  v.  Chr.)  entstammte  einer  angesehenen  und 
wohlhabenden  athenischen  Familie;  von  Muttersseite  war  er  mit 
Gharmides  und  Kritias  verwandt.  Durch  diese  mag  er  zuerst 
mit  Sokrates  in  Berührung  gekommen  sein;  und  bald  hat  er 
sich  ihm  mit  ganzer  Seele  hingegeben.  Wenn  irgend  einer, 
schien  er  zu  einer  politischen  Laufbahn  berufen,  und  sein 
Sinn  war  ursprünglich  auf  kein  anderes  Ziel  gerichtet.  Aber 
das  Schicksal  des  geliebten  Lehrers,  den  die  Oligarchen  mass- 
regelten  (§.  749)  und  die  Demokraten  hinrichteten,  zeigte 
ihm,  dass  in  Athen  für  eine  gedeihliche  Wirksamkeit  als 
Staatsmann  kein  Boden  war.  »Je  älter  ich  wurde,«  schreibt 
er  (ep.  7,  825),  »um  so  schwieriger  erschien  sie  mir.  Denn 
ohne  treue  Freunde  und  Genossen  war  sie  unmöglich,  diese 
aber  waren  (in  Folge  der  Revolution)  überhaupt  kaum  noch 
vorhanden,  denn  unsere  Stadt  regierte  sich  nicht  mehr  nach 
den  Sitten  und  Einrichtungen  der  Väter ;  neue  zu  erwerben  war 
unthunlich,  zumal  der  Wortlaut  der  Gesetze  und  die  Sitte 
einer  immer  ärgeren  Corruption  und  Missachtung  Platz  machten. 
So  gerieth  ich,  der  ich  zu  Anfang  ganz  von  dem  Triebe  nach 
öffentlicher  Wirksamkeit  beherrscht  war,  im  Hinblick  darauf, 
wo  ich  alles  planlos  hin-  und  hergetrieben  sah,  schliesslich 
in  eine  verzweifelte  Stimmung;  zwar  gab  ich  die  Hoffnung 
nicht  auf,  dass  es  einmal  besser  werden  könnte,  aber  immer 
musste  ich  warten,  dass  der  Moment  zum  Handeln  kommen 
sollte,  bis  ich  endlich  erkannte,  dass  alle  jetzt  bestehenden 
Staaten  ohne  Ausnahme  in  schlechter  und  heilloser  Verfassung 
seien  ...  So  musste  ich  zum  Preise  der  richtigen  Philosophie 
aussprechen,  dass  nur  durch  diese  erkannt  werden  könne, 
was  sowohl  für  die  Staaten  Recht  sei  wie  für  alle  privaten 
Verhältnisse;  und  niemals  werde  das  Menschengeschlecht  aus 
seiner  schlimmen  Lage  erlöst  werden,  ehe  nicht  entweder  das 
Geschlecht  der  wahren  und  richtigen  Philosophen  in  die  Staats- 
ümter  komme  oder  aber  das  der  Herrscher  in  den  Städten 
durch  göttliche  Fügung  zu  wahren  Philosophen  werde.«  Was 
er  hier  als  Greis  von  70  Jahren  ausspricht  —  und  ähnlich 
hat  er  sich  zehn  Jahre  früher  gegen  Perdikkas  III.  von  Make- 


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Plato. 


351 


donien  geäussert  (ep.  5)  — ,  hat  sein  Leben  lang  den  Mittel- 
punkt seines  Wirkens  gebildet;  in  dem  grossen  Hauptwerk 
seines  früheren  Mann  es  alters,  den  zehn  Büchern  vom  Staat  als 
der  Verwirklichung  der  Idee  der  Gerechtigkeit,  sind  diese  Ge- 
danken ausgeführt.  Zwar  hat  er  durch  die  rastlose  Arbeit  seines 
Lebens  noch  etwas  Höheres  kennen  gelernt,  das  ganz  der 
Erkenntniss  gewidmete  Leben  des  Wissenschaft  liehen  Forschers, 
den  #sü>p7}uxöc  ßfoc,  der  dem  Dasein  der  Gottheit  nahe  kommt 
und  ihren  Wegen  nachzuforschen  strebt.  Aber  eben  darum 
geht  dies  über  das  Menschendasein  hinaus ;  wer  diese  Höhe  er- 
klommen hat,  fühlt  auch  die  Verpflichtung,  die  er  gegen  seine 
Mitmenschen  hat,  sich  ihrem  Dienste  zu  widmen,  ebenso  wie  um- ' 
gekehrt  der  wahre  Staat  die  Verpflichtung  hat,  dem  Weisen, 
der  zugleich  der  wahre  Staatsmann  ist,  die  Möglichkeit  zu 
gewähren,  auch  der  Wissenschaft  zu  leben.  »Wohl  ist  es  das 
Angenehmste  im  Leben,c  schreibt  Plato  an  Archytas  (ep.  9), 
als  dieser  sich  vom  Staatsleben  zurückziehen  wollte,  >nur  die 
eigenen  Angelegenheiten  zu  betreiben,  zumal  wenn  man  solche 
sich  erwählt  hat,  wie  du;  aber  auch  das  sollst  du  bedenken, 
dass  jeder  von  uns  nicht  nur  für  sich  selbst  in  die  Welt  ge- 
setzt ist ;  .  .  .  und  wenn  die  Vaterstadt  selbst  ruft,  ist  es  wohl 
unmöglich  nicht  zu  folgen. c  Wiederholt  bricht  bei  Plato  die 
Verachtung  des  politischen  Treibens  seiner  Zeit  in  schroffen 
Ausdrücken  hervor  —  nirgends  stärker  als  in  der  berühmten 
Episode  des  Theaetet  172  ff.  — ,  während  das  über  alle  irdi- 
schen Interessen  erhabene  Forscherleben  des  Philosophen  in 
seiner  ganzen  Herrlichkeit  geschildert  wird;  aber  so  warm 
und  wahr  er  empfindet,  was  er  sagt,  so  beweist  doch  gerade 
die  Ueberschwenglichkeit  die  getäuschten  Hoffhungen,  die  da- 
bei mitspielen.  Wenn  sich  die  Gelegenheit  bietet,  politisch  zu 
wirken,  so  wird  er  trotz  alledem  zugreifen.  In  der  That  hat 
Plato  die  Erwartung  jederzeit  so  bestimmt  wie  möglich  aus- 
gesprochen, dassB  doch  einmal  der  Moment  kommen  werde,  wo 
seine  politischen  Gedanken  [sich  verwirklichen  lassen  würden, 
und  dass  es  gelte,  alles  dafür  vorzubereiten.  So  ist  er  auch  in 
seinen  literarischen  Arbeiten  immer  aufs  neue  zu  diesen  Pro- 


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352  IV>  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


blemen  zurückgekehrt.  Eben  deshalb  ist  er  der  wahre  Erbe 
des  Sokrates;  seine  Grundidee  hält  er  fest,  wie  dieser  kann 
er  von  sich  sagen :  »ich  glaube  einer  von  wenigen  Athenern, 
um  nicht  zu  sagen  der  einzige  zu  sein,  der  an  die  wahre  poli- 
tische Kunst  die  Hand  anlegt,  und  der  allein  von  allen  jetzt 
Lebenden  eine  politische  Thätigkeit  übte  (Gorg.  521  d). 

Ueber  Piatos  Geburtsjahr  vgl.  Busse,  Rh.  Hus.  49,  72  ff. 

916.  Mit  dem  Ziel  übernimmt  Plato  von  Sokrates  die 
Methode,  den  Versuch,  durch  Definitionen  und  Begriffsanalyse 
zur  Erkenntniss  des  Wesens  der  Begriffe  zu  gelangen.  Dass 
sie  etwas  Reales,  ja  das  Reale  sind,  der  absolute  Massstab 
aller  Einzelerscheinungen  und  aller  menschlichen  Urtheile,  da- 
von ist  Plato  ebenso  fest  überzeugt  wie  Sokrates.  Aber  wäh- 
rend Sokrates  immer  der  unermüdlich  Suchende  geblieben  ist, 
der  so  scharf  wie  möglich  ausspricht,  dass  er  eine  positiv  formu- 
lirbare  Erkenntniss  des  Wesens  der  realen  Dinge  nicht  besitzt, 
glaubt  Plato,  nachdem  er  in  der  Art  des  Meisters  unablässig 
mit  den  Problemen  gerungen  hat,  über  ihn  hinausgekommen 
zu  sein  zur  Erkenntniss  selbst.  Freilich  ist  diese  Erkenntniss 
nur  intuitiv  und  daher  in  Worten  nicht  aussprechbar;  sie 
vollzieht  sich  unmittelbar  in  der  Seele  selbst  durch  Anschauen 
der  ewigen  Begriffe,  der  Urgestalten  (Ideen)  der  Dinge,  von 
denen  alle  Erscheinungsformen  in  dieser  Welt  nur  ein  unvoll- 
kommenes Abbild  sind.  In  begeisterten  Worten,  wie  im  Taumel 
des  Rausches  oder  der  Verzückung  einer  Vision,  schildert 
Plato  im  Symposion,  wie  aus  der  unablässigen  Versenkung 
in  die  Erscheinungsformen  des  Schönen  zuerst  in  der  körper- 
lichen, dann  in  der  geistigen  Welt  urplötzlich  die  Erkenntniss 
des  Schönen  an  sich  in  seiner  unvergänglichen  und  absolut 
vollkommenen  Gestalt,  ungetrübt  durch  jede  stoffliche  Bei- 
mischung, der  schauenden  Seele  aufsteigt,  und  sie  dadurch  in 
den  Besitz  der  ewigen  Erkenntniss  gelangt.  Dass  Sokrates 
zu  dieser  Erkenntniss  nicht  gelangt  ist,  lässt  Plato  ihn  selbst 
aussprechen:  er  legt  die  Offenbarung  einer  Prophetin,  der 
Diotima  von  Mantinea,  in  den  Mund.  Der  Schüler  ist  über  den 


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Piatos  Ideenlehre.   Orpbiscbe  Einflösse.   Die  Unsterblichkeit.  353 

Meister  hinausgeschritten.  Und  in  der  That,  die  Erkenntniss, 
die  Plato  verkündet  und  die  fortan  den  Kern  seiner  Philo- 
sophie bildet,  ist  nicht  nach  der  Art  des  Sokrates.  Im  Grunde 
waren  beide  Männer  sehr  verschiedene  Naturen,  und  eben  darum 
konnten  sie  sich  vortrefflich  ergänzen.  Bei  Sokrates  herrscht 
der  Verstand  unumschränkt  und  duldet  keine  Abweichung  von 
seinen  Wegen.  PJato  zwingt  sich,  ebenso  streng  zu  sein,  ja  er 
versucht  in  späterer  Zeit  seine  logischen  Untersuchungen  so 
nüchtern  und  trocken  zu  gestalten  wie  nur  möglich;  aber  das 
dominirende  Element  seines  Wesens  ist  die  Phantasie.  Er 
war  eine  Dichternatur;  und  wenn  er  seine  Jugendgedichte  bei 
Seite  geworfen  hat,  als  er  durch  Sokrates  die  ernsten  Auf- 
gaben des  Lebens  kennen  lernte,  so  umgibt  sich  unter  seinen 
Händen  alles,  was  er  sagt  und  schreibt,  mit  dem  Zauber  der 
Poesie.  Darum  hat  auf  Plato  ein  Kreis  von  Vorstellungen 
die  tiefste  Einwirkung  geübt,  der  Sokrates  ganz  fern  lag: 
die  orphische  Theologie  mit  ihrer  Lehre  von  der  Unsterblich- 
keit und  der  Seelenwanderung.  Je  weiter  er  in  der  Begriffs- 
analyse vorwärts  dringt,  desto  mehr  verschmelzen  ihm  diese 
Anschauungen  mit  dem  Ergebniss  seiner  Forschung,  mit 
der  Ideenlehre.  Das  lebendige  Princip,  welches  die  Welt  ge- 
staltet und  bewegt,  ist  ewig  und  unvergänglich  und  hat  allein 
eine  reale  Existenz,  im  Gegensatz  zu  der  Schattenwelt  der 
Sinne,  die  den  trügerischen  Schein  erweckt,  als  ob  sie  sei, 
während  sie  doch  —  darin  hat  Heraklit  ganz  Recht  —  nichts 
ist  als  Werden  und  Vergehen  und  daher  >  Nichtsein«.  Diese 
Unvergänglichkeit  kommt  auch  der  menschlichen  Seele  zu; 
denn  sie  ist  Ursache  der  Bewegung  und  kann  daher  nicht 
vergänglich  sein  wie  diese,  sondern  ist  ewig,  und  zwar  so- 
wohl in  Vergangenheit  wie  in  Zukunft.  Das  ist,  wenn  man 
einmal  den  sinnlichen  Eindruck  für  nichts  beweisend  erklärt, 
sondern  sich  allein  an  das  innere  Bewusstsein  hält,  die  philo- 
sophisch einzig  consequente,  ja  überhaupt  die  allein  vorstell- 
bare Lösung  des  Problems.  Dass  von  denjenigen  Religionen, 
welche  das  Unsterblichkeitsdogma  verkünden,  die  meisten  ledig- 
lich an  die  Zukunft  denken  und  dass  uns  die  Anschauung  der 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  23 


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354  IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 

Inder,  der  Orphik  und  Piatos  befremdlich  erscheint,  beruht  ledig- 
lich darauf,  dass  den  lebenden  Menschen  praktisch  allein  die 
Zukunft,  nicht  die  Vergangenheit  interessirt.  Immer  fester  wird 
Plato  diese  Ueberzeugung ,  welche  Sokrates  vollständig  fern 
gelegen  hatte;  sie  gibt  ihm  zugleich  die  Lösung  des  ethischen 
Lebensproblems  durch  das  ganz  nach  orphischer  Art  ausge- 
führte Gericht  der  Seelen  Wanderung ,  das  unter  dem  Gesetz 
des  Zwanges,  der  Ananke,  das  Schicksal  der  Seele  bestimmt 
nach  der  Schuld,  die  sie  auf  sich  geladen  hat,  und  sie  läutert 
durch  den  ewigen  Wandel  von  einer  Existenz  zur  anderen. 
Plato  glaubt  wenigstens  die  Ewigkeit  der  Seele  streng  beweisen 
zu  können ;  in  Wirklichkeit  erhält  seine  Philosophie  im  Gegen- 
satz zu  Sokrates  dadurch  eine  ausgesprochene  theologische 
Grundstimmung. 

917.  Auf  diese  Anschauungen  hat  Plato  seine  ethisch- 
politische Lehre  gegründet.  Die  menschlichen  Seelen  sind  nicht 
gleichartig,  sondern  bilden  in  unendlicher  Mannigfaltigkeit  eine 
Stufenleiter  von  der  höchsten,  die  in  ihrer  Präexistenz  die 
wahre  Welt  der  Ideen  geschaut  und  ein  Erinnerungsbild  da- 
von bewahrt  hat  und  wieder  zu  erwecken  befähigt  ist,  bis  zu 
den  niedrigsten,  die  ganz  in  die  Bande  der  Sinnenwelt  ver- 
strickt sind.  Zur  Herrschaft  berufen  aber  sind  in  dem  wahren 
Staat,  der  ein  Abbild  der  wahren  Welt  sein  soll,  allein  die 
höchststehenden,  das  sind  die  philosophischen  Naturen,  die 
allein  zugleich  die  wahren  Staatsmänner  sind;  alle  anderen 
müssen  von  ihnen  beherrscht  werden,  sie  haben  diesen  die 
Lebensstellung  zuzuweisen,  die  ihnen  zukommt.  Die  Ordnungen 
dieses  besten  Staats,  der  wahren  »Aristokratie«,  lassen  sich 
mit  Sicherheit  erkennen,  weil  sie  aus  der  Natur  der  Erkennt- 
niss  fliessen.  Daher  können  die  Herrscher,  die»  Besten«,  auch 
gar  nicht  anders,  als  ihnen  folgen.  Aber  trotzdem  und  ge- 
rade deshalb  sind  sie  völlig  frei;  es  wäre  widersinnig  sie  an 
ein  Gesetz  zu  binden,  wo  sie  selbst  die  Einsicht  und  das  Ge- 
setz in  sich  tragen,  und  daher  kein  Unrecht  begehen  können. 
Denn  mit  voller  Ueberzeugung  kann  Plato  an  den  sokratischen 
Sätzen  von  der  Allmacht  des  Intellects  und  von  der  Unmög- 


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Piatos  ethisch-politisches  System. 


355 


lichkeit,  wider  besseres  Wissen  Unrecht  zu  thun,  festhalten. 
Im  praktischen  Leben  erkennt  er  die  Unterschiede  der  Natur- 
anlage und  Begabung  ebenso  wohl  an  wie  die  Schwäche  des 
Willens,  welcher  von  unzähligen  materiellen  Einflüssen  ab- 
hängig ist  und  daher  es  nur  wenigen  möglich  macht,  zur 
Erkenntniss  der  Wahrheit  zu  gelangen;  aber  diese  Leute 
kommen  für  seine  Unterweisung  überhaupt  nicht  in  Betracht, 
sie  sind  die  Diener,  nicht  die  Herrscher.  »Wer  von  Natur 
schlecht  geartet  ist,  so  wie  die  meisten  beschaffen  sind  sowohl 
in  Bezug  auf  das  Lernen  wie  auf  die  Ethik,  und  dann  noch 
weiter  verdorben  ist,  den  kann  auch  Lynkeus  nicht  sehen 
machen«  (ep.  7,  343  e).  Deshalb  hat  die  praktische  Staats- 
kunst, welche  so  zahlreiche  Lehrer  dem  Publicum  anbieten, 
d.  h.  die  Rhetorik,  für  ihn  keine  Bedeutung.  Ursprünglich 
verwarf  er  sie  ebenso  schroff  wie  Sokrates;  und  als  er  dann 
doch,  in  Folge  seiner  Lehrthätigkeit,  Anlass  fand,  sich  mit 
ihr  zu  beschäftigen  (im  Phaedros),  kann  er  ihr  nur  eine  unter- 
geordnete Stellung  zuweisen,  als  Ueberredungskunst,  die,  wenn 
sie  von  richtiger  Philosophie  geleitet  ist,  nicht  ohne  Nutzen 
sein  wird.  Dass  darin  Isokrates  mehr  leistet  und  höher  steht 
als  seine  Rivalen,  hat  er  unumwunden  anerkannt.  Er  selbst 
aber  wendet  sich  an  die  wenigen,  welche  befähigt  sind,  unter 
seiner  Anleitung,  durch  seine  »Geburtshülfe«,  zur  Erkenntniss 
des  Wahren  zu  gelangen,  in  deren  Seelen  das  Schauen  der  Idee 
aufleuchten  kann;  und  für  diese  sind  Erkenntniss  und  Sittlich- 
keit, Theorie  und  Praxis  eins.  Auf  den  Weg  zur  Erkenntniss 
führen  wie  bei  Sokrates  die  logischen  und  begrifflichen  Unter- 
suchungen, unter  denen  allmählich  die  mathematischen  Pro- 
bleme die  erste  Stelle  erhalten  haben,  weil  sie  sich  mit  den 
reinsten,  von  der  Materie  nicht  getrübten  Formen  beschäftigen ; 
die  Erkenntniss  selbst,  das  Erfassen  der  Idee  kann  der  Lehrer 
nicht  geben,  sondern  nur  vorbereiten,  sie  muss  in  dem  Schüler 
»hervorbrechen  wie  ein  Licht«  (ep.  7,  344b;  vgl.  ep.  2, 
312  d  ff.  und  den  Ausgang  des  Theaetet,  der  bis  an  die 
Schwelle  führt),  wie  sie  in  dem  Lehrer  durch  Intuition  aufge- 
leuchtet ist.    Wenn  man  diesen  Zusammenhang  erfasst  hat, 


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350 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


schwindet  alles  Befremdliche  in  der  vollständigen  Ignorirung 
des  Willens  in  allen  ethischen  Untersuchungen  Piatos;  der 
Glaube,  dass  durch  richtige  Einrichtungen  und  richtige  Er- 
ziehung sofort  nicht  nur  der  Charakter  des  Staats,  sondern 
auch  der  seiner  Bürger  sich  von  Grund  aus  ändern  werde,  wird 
verständlich,  und  ebenso  die  ungeheure  Einseitigkeit  seiner  politi- 
schen Lehre,  welche  den  Staat  ausschliesslich  auf  die  Erkenntniss 
basirt  und  die  Erörterung  der  Machtfrage,  von  der  die  äussere 
Existenz  des  Staats  abhängt,  ausdrucklich  als  nicht  zur  Frage 
nach  seiner  richtigen  Beschaffenheit  gehörig  abweist  (leg.  1,  638  b, 
vgl.  §.  922).  —  Der  beste  Staat  (vgl.  §.  920)  hat  ohne  Zweifel  in 
der  unendlichen  Zeit,  seitdem  es  Menschen  gibt,  einmal  existirt, 
und  es  ist  kein  Grund,  weshalb  er  nicht  wieder  in  die  Erscheinung 
treten  sollte,  wenn  auch  nur  durch  eine  gewaltsame  Revo- 
lution —  alle  Bürger  über  zehn  Jahre,  meint  Plato  (rep.  540e), 
müssten  aus  der  Stadt  aufs  Land  geschickt,  d.  h.  aus  Voll- 
bürgern zu  politisch  unfreien  Bauern  degradirt,  und  ihre  Kinder 
für  die  neue  Ordnung  erzogen  werden,  dann  werde  das  volle 
Glück  schnell  und  leicht  sich  einstellen.  Aber  der  Staat  ist,  wie 
alles  menschliche  Dasein,  getrübt  durch  die  Beimischung  der 
sinnlichen  Dinge,  und  daher  vergänglich.  So  entwickeln  sich  aus 
ihm  die  entarteten  Staaten  der  Gegenwart  in  all  ihren  Ab- 
stufungen, der  spartanische  Staat,  der  die  Ehre  an  Stelle  der 
Erkenntniss  setzt,  die  Oligarchie,  die  Demokratie,  die  Tyrannis. 
Ihr  Wesen  hat  Plato  bereits  in  der  Politik  in  scharfen  Strichen 
gezeichnet.  Für  eine  schöpferische  Thätigkeit  des  wahren  Philo- 
sophen ist  in  ihnen  nach  seiner  ursprünglichen  Ueberzeugung  um 
so  weniger  Raum,  je  tiefer  der  Staat  steht,  in  dem  er  lebt;  von 
jeder  Befleckung  mit  der  herrschenden  sittlichen  Gorruption  wird 
er  sich  frei  halten,  und  wo  er  etwa  durch  seine  Lebensstellung 
zur  Theilnahme  an  der  Regierung  gezwungen  ist,  wird  er  ver- 
suchen, sich  möglichst  an  die  Forderungen  des  Ideals  zu  halten. 
Die  Frage,  ob  nicht  doch  auch  in  diesen  Staaten  der  philosophische 
Staatsmann  eine  gedeihliche  Wirksamkeit  ausüben  und  sie  auf 
eine  höhere  Stufe  heben  kann,  ist  dann  Plato  in  seiner  Lehr- 
tätigkeit näher  getreten;   literarisch  behandelt  hat  er  sie 


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Elitwickelung  der  politischen  Theorien  Piatos. 


erst,  als  im  Jahre  367  der  Ruf  zu  einer  schöpferischen  Wirk- 
samkeit, den  er  so  lange  ersehnt  hatte,  wirklich  an  ihn  er- 
ging und  er  erkennen  musste,  dass  das  höchste  Ideal,  die 
Herrschaft  des  »Wissenden«,  des  »wahren  Monarchen,  der  im 
Besitz  von  Tugend  und  Wissen  allen  zutheilt,  was  ihnen  zu- 
kommt und  jederzeit  von  uns  misshandeln  und  schädigen 
kann,  wen  er  will«,  weil  er  ebenso  gut  über  dem  Gesetz 
steht,  wie  der  wahre  Steuermann  und  der  wahre  Arzt  über 
den  äusseren  Regeln  seiner  Kunst,  dass  dieser  Idealstaat  (das 
Ideal  des  aufgeklärten  Despotismus)  in  Praxis  unausführbar 
ist,  weil  die  Menschen  sich  in  ihrer  Verblendung  ihm  nie  fügen 
werden  (nicht  etwa  weil  es  derartige  Idealmenschen  nicht 
geben  kann  —  dieser  Gedanke  liegt  Plato  völlig  fern).  So 
bleiben  nur  die  correcten  Nachahmungen1)  des  besten  Staats, 
die  nicht  mehr  auf  dem  Wissen,  sondern  auf  dem  richtigen 
Meinen  beruhen,  und  die  daher  an  Gesetze  gebunden  sind: 
das  Königthum  (wir  würden  sagen  die  constitutionelle  Mon- 
archie), die  Aristokratie,  und  die  gesetzmässige  Demokratie. 
Wie  diese  Gedanken  entscheidend  in  die  Geschicke  von  Hellas 
eingegriffen  haben,  wird  später  darzustellen  sein.  Das  Schei- 
tern des  Reform  Versuchs  hat  Plato  nicht  gehindert,  noch  im 
höchsten  Alter  die  Hand  an  einen  neuen  breit  ausgeführten  Ver- 
fassungsentwurf zu  legen,  der,  nachdem  die  Undurchführbar- 
keit  des  ursprünglichen  Ideals  erkannt  war  —  »dies  sei  nur 
für  Götter  oder  Götterkinder«,  meint  er  jetzt  (leg.  V,  739 d)  — , 
den  realen  Verhältnissen  und  darum  auch  den  Einflüssen  der 
historischen  Entwicklung,  für  deren  Bedeutung  er  jetzt  Ver- 
standniss  gewonnen  hat,  so  viel  Rechnung  tragen  sollte, 

■ 

wie  das  Princip  es  nur  irgend  zuliess. 

918.  Wenn  Sokrates  den  Schriften  der  alten  Philosophen 


*)  Grundlegend  für  das  Schema  ist  Piatos  logische  Gliederung : 
1)  Wissen  (ihm  entspricht  der  Philosoph  und  der  Idealstaat);  2)  rich- 
tiges Meinen  (ihm  entspricht  der  praktische  Staatsmann  [icoXtxtxo;]  und 
die  drei  Gesetzesstaaten);  3)  der  falsche  Schein  (ihm  entspricht  der  So* 
phist  und  die  drei  gesetzlosen  Staaten,  Massenherrschaft,  Oligarchie  und 
Tyrannis).  —  Ueber  Sokrates'  Ansichten  s.  §.  619. 


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358  IV,  5.  Die  Cultar  der  Reaclionszeit. 


für  seine  Ziele  wenig  entnehmen  konnte,  so  hat  Plato  von 
jedem  zu  lernen  gesucht,  der  ihm  etwas  bot,  und,  auch  darin 
von  seinem  Lehrer  sehr  abweichend,  durch  grosse  Reisen 
seine  Kenntniss  der  Menschen  und  ihrer  Institutionen  und 
Ansichten  erweitert.   Die  nächsten  Jahre  nach  Sokrates'  Tod 
hat  er  ohne  Zweifel  in  Athen  zugebracht;  in  diese  Zeit  fallen 
seine  zahlreichen  kleineren  Schriften,  in  denen  er  mit  unüber- 
troffener Kunst  das  Bild  des  Lehrers  gezeichnet  und  in  An- 
knüpfung an  seine  Lehre  die  grundlegenden  Probleme  weniger 
zu  lösen,  als  richtig  zu  fassen  gesucht  hat.  Dann  ist  er  nach 
Aegypten,  dessen  geschlossene  Gultur  mit  ihren  festgefügten 
hieratischen  Ordnungen  ihm  einen  gewaltigen  Eindruck  machte, 
und  um  388  (ep.  7,  324  a)  nach  Unteritalien  und  Sicilien  ge- 
gangen (§.  988).  Schon  vor  Sokrates  hatte  er  den  Herakliteer 
Kratylos  gehört;  von  weit  grösserer  Bedeutung  aber  ist  es  ge- 
wesen ,  dass  er  jetzt ,  vor  allem  durch  Archytas  von  Tarent 
(§.  826),  die  Lehren  und  Schriften  der  Pythagoreer  und  ausser- 
dem die  eleatische  Philosophie  kennen  lernte.    Der  Pythago- 
reismus  bestärkte  ihn  in  seinen  orphischen  Anschauungen  und 
lehrte  ihn  die  fundamentale  Bedeutung  der  Mathematik  für 
die  Erziehung  des  Denkens  und  Anschauens  kennen;  in  den 
Lehren  der  Eleaten  aber  fand  er  die  unentbehrliche  Ergänzung 
zu  der  sokratischen  Untersuchung  der  Begriffe.    Je  länger  er 
forschte,  desto  mehr  hat  er  die  Bedeutung  ihrer  Lehrsätze 
erkannt:  Plato,  und  nicht  Euklides  und  die  Eristiker,  ist  der 
wahre  Erbe  des  Parmenides  so  gut  wie  des  Sokrates,  und 
seine  Bedeutung  für  den  Fortschritt  der  Wissenschaft  beruht 
vor  allem  darin,  dass  er  beide  mit  einander  verband  und  so 
der  eigentliche  Begründer  der  wissenschaftlichen  Logik  und 
Erkenntnisstheorie  geworden  ist.  Ferner  steht  Plato  der  Natur- 
wissenschaft ;  aber  principiell  ablehnend  hat  er  sich  gegen 
kein  Wissensgebiet  verhalten,  wenn  es  wahrhafte  Erkenntniss 
oder  wenigstens  annehmbare  Ansichten  bot  und  nicht  nur 
trügerischen  Schein.  Wie  Solon  kann  er  von  sich  sagen,  dass 
er  bis  ins  höchste  Alter  ununterbrochen  gelernt  habe;  ja  je 
älter  er  wird,  desto  freier  ist  er  allen  wissenschaftlichen  Rich- 


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Plato  und  die  Eleaten.   Wissenschaft  und  Lehre.   Schriften.  359 

tungen  gegenüber  geworden,  und  wenn  er  in  der  Naturwissen- 
schaft nicht  selbstthätig  mitarbeiten  konnte  wie  in  der  Mathe- 
matik, so  hat  er  sich  doch  auch  hier  bemüht,  sich  anzueignen 
und  zu  einem  einheitlichen  Weltbilde  zusammenzufassen,  was 
die  anderen  erforscht  hatten  (§.  910).  Je  weiter  er  vorwärts 
schreitet,  desto  lebendiger  wird  ihm  das  Gesammtbild  der  einen  in 
stetigem  Erkennen  fortschreitenden  und  ihrem  Ideal  sich  mehr 
und  mehr  annähernden  Wissenschaft.  —  Junger  wird  Plato 
schon  bald  nach  Sokrales'  Tode  um  sich  gesammelt  haben; 
die  Schule  in  dem  von  Kimon  angelegten  Park  beim  Gym- 
nasium des  Heros  Akademos  und  spater  in  einem  Gartengrund- 
stück in  dessen  Nähe  hat  er  vermuthlich  alsbald  nach  seiner 
Rückkehr  aus  Sicilien  eröffnet.  Fortan  ist  für  ihn  die  Lehr- 
thätigkeit  sein  eigentlicher  Beruf.  Denn  nur  durch  eine  Dis- 
cussion,  wie  sie  Sokrates  geübt  hatte,  in  ununterbrochenem 
Fragen  und  Antworten,  lässt  sich  eine  wahrhafte  Erziehung 
ausüben;  von  dem  geschriebenen  Worte,  das  man  nicht  zur 
Rede  stellen  kann  und  bei  dem  sich  daher  nie  ermitteln  lässt, 
ob  der  Leser  es  richtig  verstanden  hat,  hält  Plato,  der  un- 
übertroffene Meister  schriftlicher  Darstellung,  sehr  wenig,  und 
von  dem  abgerundeten  Lehrvortrag  auch  nicht,  in  scharfem 
Gegensatz  zu  allen  Rhetoren  und  Sophisten.  Trotzdem  hat 
Plato  wieder  und  wieder  zur  Feder  gegriffen,  vor  allem  um 
sich  selbst  zur  Klarheit  durchzuarbeiten,  daneben  um  seine 
Lehren  gegen  andere  zu  vertheidigen  und  für  sich  Jünger  zu 
werben.  »Es  gibt  keine  Schrift  Piatos  und  wird  keine  geben,« 
schreibt  er  an  Dionys  (ep.  2,  314  c);  »was  dafür  gilt,  stammt 
von  Sokrates,  der  wieder  jung  und  schön  geworden  ist.«  Das 
ist  eine  scherzhafte  Formulirung;  und  in  seinen  späteren 
Schriften  (Pannen  ides ,  Sophistes,  Politikos;  Timaeos,  Kritias) 
tritt  Sokrates  überhaupt  nicht  mehr  als  Lehrer  auf,  sondern 
wird  belehrt,  da  die  hier  vorgetragenen  Untersuchungen  seinen 
Gedanken  ganz  fern  lagen.  Aber  was  Plato  ausdrücken  will, 
ist  vollkommen  zutreffend ;  seine  zahlreichen  Schriften  sind  fast 
alle  nur  entweder  propädeutischer  Art,  indem  sie  dem  Leser 
das  Problem  verständlich  machen  und  ihn  zu  weiterer  ünter- 


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300 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionsieit. 


suchung  anlocken  sollen,  oder,  namentlich  die  Schriften  aus 
späterer  Zeit,  logische  und  ethische  Einzeluntersuchungen,  in 
denen  er  sich  mit  den  entgegenstehenden  Ansichten  der  Vor- 
gänger und  auch  der  Zeitgenossen  aus  einander  setzt.  In  das 
innerste  Heiligthum  seiner  Gedanken  führen  nur  Andeutungen, 
namentlich  in  der  Politik.  Abgesehen  von  dieser  und  von 
den  logischen  Untersuchungen  und  den  Schriften,  welche  die 
Aussenwerke  seiner  Lehre  behandeln,  über  die  es  ein  Wissen 
nicht  gibt,  sondern  höchstens  ein  richtiges  Meinen  (z.  B.  Ti- 
maeos  über  das  Weltbild),  enden  sie  fast  alle  mit  der  rich- 
tigen Formulirung  der  Frage,  nicht  mit  der  Antwort:  »nur 
so  viel  vermag  meine  geburtshülfliche  Kunst  zu  leisten,  und 
mehr  nichts,«  schliesst  noch  der  Theaetet;  »und  ich  weiss 
nichts  von  dem,  was  all  die  anderen  grossen  und  wunder- 
baren Männer  wissen«.  Das  trifft  das  Wesen  der  platoni- 
schen Philosophie;  denn  »das,  was  mir  die  Hauptsache  ist, 
lässt  sich  überhaupt  nicht  aussprechen  wie  ein  anderer  Wissens- 
satz, sondern  nachdem  man  lange  Zeit  im  Zusammenleben 
mit  einander  die  Gedanken  darauf  gerichtet  hat,  entsteht  es 
plötzlich,  wie  ein  Licht,  das  sich  aus  einem  Funken  entzündet, 
in  der  Seele  des  Schülers  und  nährt  sich  dann  aus  sich  selbst. 
Wenn  ich  glaubte,  dass  man  darüber  etwas  Ausreichendes 
und  der  Menge  Verständliches  schreiben  könnte,  was  hätte  ich 
Schöneres  in  meinem  Leben  thun  können?  .  .  .  Aber  ich  glaube, 
dass  der  Versuch,  etwas  darüber  zu  schreiben,  den  Menschen 
nicht  einmal  gut  ist,  ausser  einigen  wenigen,  die  es  auffinden 
können,  wenn  man  mit  wenigen  Worten  darauf  hinweist ;  von 
den  übrigen  aber  würde  es  die  einen  mit  unschicklicher  Ver- 
achtung erfüllen,  die  anderen  mit  hoher  und  eitler  Hoffnung, 
als  hätten  sie  etwas  Brauchbares  gelernt«  (ep.  7,  341  d,  vgl. 
2,  314  b).  So  hat  sich  Plato  immer  mit  Andeutungen  be- 
gnügt; der  Kern  seiner  Lehre,  die  Erkenntniss  der  Ideen,  ist 
eben  durchaus  intuitiv. 

Hermodoros'  Angabe  (Diog.  L.  II,  106.  III,  6),  nach  Sokrates*  Tode 
seien  Plato  und  die  übrigen  Sokratiker  nach  Megara  geflöchtet,  hat 
schwerlich  irgend  welche  Gewahr;  jedenfalls  muss  Plato  sehr  bald  wieder 


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Der  Kern  der  platonischen  Lehre.  —  Die  Bedeutung  der  Persönlichkeit.   36 1 

nach  Athen  zurückgekehrt  sein,  da  seine  Schriften  deutlich  hier  ge- 
sch  rieben  sind.  —  Dass  ich  in  der  Chronologie  der  platonischen  Schriften 
Lutoslawsü  s  Ansätze  (Piatos  Logic,  1897)  im  wesenllichenTür  richtig  halte, 
bedarf  kaum  der  Bemerkung.  Entscheidend  sind  für  mich  die  inneren 
Gründe  (vgl.  §.  618  A.);  dass  die  stilistischen  dazu  stimmen,  ist  eine  sehr 
willkommene  Bestätigung.  —  Auf  die  abschliessende  Gestalt  der  Lehre 
Piatos  und  die  Gesetze  werde  ich  natürlich  im  nächsten  Bande  noch 
zurückkommen  müssen. 

Individuum  und  Staat.   Ofe  politischen  Theorien. 
Isokrates*  Panegyrikos. 

919.  Als  das  ausschlaggebende  Moment  im  menschlichen 
Leben  hatte  sich  in  der  fortschreitenden  Entwicklung,  so  schien 
es,  die  mächtige  Persönlichkeit  erwiesen.  Allgemein  ist  ihre 
Bedeutung  jetzt  anerkannt.  In  Athen  wird  um  den  todten 
Alkibiades  nicht  minder  lebhaft  gekämpft  als  ehemals  um  den 
lebenden:  ob  er  ein  Genie  gewesen  sei  oder  ein  gemeiner 
Verbrecher,  ob  Athen  mit  Recht  oder  zu  seinem  Verderben 
ihn  von  sich  gestossen  habe,  wird  in  zahlreichen  Abhandlungen 
leidenschaftlich  behandelt.  Die  Erfolge  des  Lysander,  des 
Dionys,  des  Agesilaos,  des  Konon  und  Euagoras  bringen  immer 
aufs  neue  zum  Bewusstsein,  was  ein  Mann  zu  leisten  ver- 
mag, wenn  er  den  Moment  richtig  zu  ergreifen  versteht.  Beim 
Tode  des  Euagoras  stellte  Isokrates  die  Forderung,  dass  die 
Schriftsteller  der  Gegenwart  das  Lob  eines  bedeutenden  Mannes 
nicht  mehr  den  Dichtern  überlassen  dürften.  Sein  biographi- 
scher Nekrolog  ist  freilich  schwach  genug  ausgefallen  (§.  840  A.). 
Aber  er  hat  zahlreiche  Nachfolger  gefunden;  als  ein  Jahrzehnt 
später  Xenophons  Sohn  Gryllos  bei  Mantinea  gefallen  war 
(§.  971),  erschienen  »unzählige  Lobschriften  und  Nekrologe«  auf 
den  braven  jungen  Mann.  In  der  Geschichtsschreibung  tritt, 
im  Gegensatz  zu  Thukydides'  zurückhaltender  Art,  das  per- 
sönliche Element  immer  stärker  hervor.  Philistos'  Geschichte 
Sicilien8  setzte  sich  in  ihrem  zweiten  Theil  nothwendig  um  in 
eine  Biographie  des  Dionys,  der  auch  die  üblichen  Vorzeichen 
und  Wunder  bei  seiner  Geburt  nicht  fehlten  (§.  776  A.).  Xeno- 


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362  IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionsieit. 

phon,  der  Reactionär,  hat  nicht  nur  in  der  Anabasis  dem  Kyros 
und  den  griechischen  Heerführern  eine  ausführliche  Charakte- 
ristik gewidmet  und  von  seinen  eigenen  persönlichen  Erleb- 
nissen sehr  eingehend  berichtet,  und  nach  Agesilaos'  Tode  dessen 
Biographie  geschrieben;  sondern  auch  in  seiner  griechischen 
Geschichte  bricht  immer  wieder  der  Trieb  hervor,  charakte- 
ristische Einzelheiten  und  Anekdoten  mitzutheilen,  die  nur  für 
die  Persönlichkeit,  nicht  aber  für  den  Gang  der  politischen 
Ereignisse  Bedeutung  haben,  so  sehr  der  Schriftsteller  sich  be- 
wusst  ist,  dass  er  sich  damit  über  die  Gesetze  des  historischen 
Stils  hinwegsetzt,  die  er  von  Thukydides  übernommen  hat.  Ge- 
radezu bahnbrechend  aber  ist  der  sokratische  Dialog  geworden. 
Vor  allem  Plato  ist  das  unübertroffene  Muster  individueller 
Charakteristik:  immer  aufe  neue  stellt  er  in  seinen  Dialogen 
die  Persönlichkeit  des  grossen  Lehrers  uns  vor  Augen,  wie  sie 
leibt  und  lebt,  und  um  ihn  gruppiren  sich  in  gleich  unver- 
wüstlicher Frische  die  grossen  Sophisten  und  all  die  Gestalten 
der  attischen  Gesellschaft,  in  deren  Mitte  er  gewirkt  hat. 
Auch  in  der  bildenden  Kunst  wird  der  Trieb  zu  charakteri- 
siren  vorherrschend  (§.  904);  und  erst  jetzt  erhält  das  Porträt 
individuelle  Züge  (§.  484  f.).  Wie  in  der  Praxis  nimmt  in  der 
Theorie  die  Persönlichkeit  ihr  volles  und  alleiniges  Recht  un- 
umwunden in  Anspruch:  die  mächtige  Persönlichkeit  kennt 
nur  sich  selbst,  sie  hat  das  Recht  zu  herrschen  und  das  Leben 
in  vollen  Zügen  auszukosten.  Die  Moral  ist  nur  für  die  Masse 
der  Dummen  und  Schwachen,  für  die  Knechtesseelen,  nicht 
für  die  Herrscher.  Diese  »Herrenmoral «  Nietzsche's,  deren 
Programm  Plato  aus  dem  Munde  des  Kallikles  im  Gorgias  mit 
Meisterstrichen  ausgeführt  hat,  und  die  in  dein  erfolgreichen 
Usurpator,  dem  Tyrannen,  ihr  höchstes  Ideal  sieht,  schranken- 
lose Sinnenlust  bei  niedrigen  Naturen,  unbegrenzte  Macht  bei 
höher  strebenden,  das  ist  das  Ideal,  welches  unzählige  Menschen 
dieser  Zeit  unwiderstehlich  anlockt;  in  einer  uns  erhaltenen  Dis- 
cussion  mit  Archytas  von  Tarent  vertritt  es  Polyarchos,  ein 
Höfling  des  Dionys,  unter  Berufung  auf  seinen  Herrn  und  den 
Perserkönig,  welche  das  höchste  Glück  gewonnen  haben,  das 


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Der  Individualismus  in  Theorie  und  Praxis. 


363 


dem  Menschen  erreichbar  ist.  Die  hedonistische  Moral  Ari- 
stipps  verkündet  im  Grunde  dasselbe  Programm,  nur  in  ab- 
geschwächter Gestalt:  den  Gefahren  sich  auszusetzen,  welche 
das  Streben  ins  Ungemessene  bringt,  im  politischen  Leben  wie 
im  Sinnengenuss,  hat  keinen  Sinn,  man  wird  dann  die  un- 
vermeidlichen Ruckschläge  nur  um  so  schwerer  empfinden. 
Nur  das  Gegenbild  dazu  ist  die  Moral  Demokrits  sowohl  wie 
die  des  Kynismus:  sie  stellen  höhere  Forderungen  und  erkennen 
die  Verbindlichkeit  des  Sittengesetzes  unumschränkt  an;  aber  ihr 
Ziel  ist  nur  der  Einzelne  und  sein  Glück,  nicht  die  Gesammt- 
heit.  Diese  Systeme  führen  in  ihrer  letzten  Consequenz  wie  das 
Aristipps  zur  Loslösung  des  Einzelnen  vom  Staat  und  zum 
Kosmopolit ismus,  dort  in  einem  behaglichen  Genussleben,  hier 
in  Weltflucht.  Plato  hat  wie  Sokrates  die  individualistische 
Auffassung,  mag  sie  im  moralischen  Gewände  erscheinen  oder 
die  Moral  negiren,  als  unwahr  verworfen:  denn  nur  in  der 
Gemeinschaft,  d.  h.  im  Staat,  kann  der  Mensch  existiren  und 
seine  Lebensaufgabe  erfüllen.  Wie  der  Mensch  durch  richtige 
Erziehung  so  geleitet  werden  kann,  dass  er  in  dem  Nutzen  der 
Gesammtheit  zugleich  seinen  eigenen  wahren  Nutzen  erkennt, 
so  dass  individuelle  und  sociale  Moral  zusammenfallen,  das  ist 
das  grosse  Problem,  mit  dem  Plato  ringt. 

Im  allgemeinen  vgl.  Bruns,  Literar.  Porträt,  vor  allem  seine  vor- 
treffliche Behandlung  Xenopbons  und  der  Schriften  Ober  Alkibiades : 
Lysias  or.  14.  Isokrates  16  (§.  645  A.  651  A.).  [Andokides]  4  (§.  644  A.), 
ferner  Piatos  Symposion  und  die  beiden  Dialoge  Alkibiades,  die  unter 
der  Einwirkung  der  Schriften  Piatos  entstanden  sind,  und  von  denen  der 
erste  jedenfalls  vor  Leuktra  geschrieben  ist  (§.  752).  —  <pt)oi  8'  'Apioxo- 
*4X*»}<,  Sti  i'fX("fua  X<*1  fottifiov  rpöXXoo  {Aoptoi  8oot  Qovifpatyav,  xb  pipoc 
xal  tq>  naxpi  xaptCopsvoi  (Diog.  L.  11,  55).  Nebenbei  bemerkt  zeigt  die 
letztere  Bemerkung  (ebenso  wie  die  durchgangige  Benutzung  der  Hellenika 
bei  Ephoros),  was  von  der  jetzt  herrschenden  Ansicht  zu  halten  ist, 
Xenopbons  Schriftstellerei  habe  bei  den  Zeitgenossen  keine  Beachtung 
gefunden.  —  Polyarchos:  Aristoxenos  fr.  15  bei  Athen.  XII,  545. 

920.  Den  Individuen  gegenüber  steht  der  Staat,  der  sie 
dem  Zwange  des  Rechts  unterwirft,  das  sie  alle  nur  als 
Glieder  der  Gesammtheit  anerkennt.   Er  befindet  sich  jetzt  in 


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364 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


einer  schweren  Krise.  Die  wirtschaftlichen  und  politischen 
Gegensätze  haben  seine  innere  Einheit  zerrissen  und  seine 
Gestalt  ununterbrochen  den  heftigsten  Schwankungen  aus- 
gesetzt ;  der  Individualismus  aber  will  die  Staatsidee  überhaupt 
aufheben,  sei  es,  dass  er  den  concreten  Staat  seinen  egoisti- 
schen Zwecken  zu  unterwerfen  strebt,  sei  es,  dass  er  sich 
ganz  von  ihm  zurückzieht  und  fordert,  dass  er  ihn  unbehelligt 
seine  Wege  gehen  lasse.  Mit  der  inneren  Zersetzung  verbindet 
sich  die  äussere  Krisis,  welche  nicht  wenige  Staaten  verschlingt 
und  die  übrigen  fast  alle  zur  Ohnmacht  und  Abhängigkeit 
von  fremder  Gewalt  verurtheilt.  So  erhebt  sich  die  Frage, 
ob  sich  nicht  eine  Staatsform  finden  lässt,  welche  aus  dem 
Elend  der  Gegenwart  herausführt  und  aufs  neue  dauerhafte, 
geordnete,  glückliche  Zustände  schaffen  kann.  Aus  der  Noth- 
lage  der  Zeit  heraus  ist  die  politische  Theorie  der  Griechen 
geboren,  selbst  ohne  es  zu  wissen  der  deutlichste  Beweis  für 
die  Zersetzung  des  alten  Staatsbegriffs :  denn  sie  betrachtet 
die  Staatsordnung  nicht  mehr  als  etwas  Naturwüchsiges  und 
Gegebenes,  sondern  als  ein  Kunstproduct,  welches  beliebig 
lediglich  nach  dem  Willen  des  Gesetzgebers  so  oder  so  ge- 
staltet werden  kann;  sie  will  die  Normen  aufstellen,  nach 
denen  dieses  Menschenwerk  am  zweckmässigsten  eingerichtet 
wird.  Der  einzige  Staat,  der  sich  dauernd  bewährt  hat,  ist  der 
spartanische;  wo  alles  ringsum  zusammenstürzt,  steht  er  allein 
unerschüttert  durch  Jahrhunderte,  in  festen,  wie  es  scheint  un- 
abänderlichen Ordnungen.  So  ist  es  natürlich,  dass  die  Theorie 
zunächst  in  ihm  die  Norm  sieht,  und  Hand  in  Hand  geht  mit 
der  politischen  Reaction,  welche  Sparta  durchführt.  Ueber- 
dies  legt  Sparta,  wie  die  Theorie  fordert,  das  Hauptgewicht 
auf  die  Erziehung;  Lykurgos,  wie  die  Legende  ihn  bildet, 
hat  bereits  erkannt,  dass  nur  durch  sie  die  Schöpfung  des 
wahren  Bürgers,  der  sich  freiwillig  dem  Gesetz  unterordnet, 
und  damit  die  allein  wahre  Freiheit  zu  erreichen  ist,  und 
so  hat  er  verwirklicht,  was  die  Gegenwart  erstreben  muss 
und  trotz  aller  Bemühungen  doch  nicht  erreichen  kann. 
So  erscheint  denn  eine  Schrift  über  die  spartanische  Staats- 


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Zersetzung  des  Staats.    Die  politische  Theorie.   Sparta.  365 


Ordnung  nach  der  anderen.  Dass  sie  in  ihrer  gegenwär- 
tigen Gestalt  dem  Ideal  nicht  mehr  vollständig  entspricht, 
muss  man  allerdings  anerkennen:  die  Kämpfe,  die  im  In- 
neren des  Staates  um  seine  richtige  Gestaltung  geführt 
werden,  setzen  sich  fort  in  der  theoretischen  Discussion. 
König  Pausanias  fordert  Beseitigung  der  Neuerungen,  welche 
den  Staat  verderbt  haben,  und  Rückkehr  zu  den  Weisungen 
der  Orakel,  welche  Lykurg  aus  dem  Munde  der  Pythia  er- 
halten hat  (§.  754) ;  Thibron,  der  gewandte  Schüler  Lysanders 
(§.  838.  869),  stellt  die  militärische  Erziehung  Spartas  als  die 
unerschütterliche  Grundlage  seiner  Herrschaft  dar;  Xenophon 
entwirft,  als  Spartas  Macht  bereits  ins  Wanken  kam  (um  375), 
ein  Idealbild  seiner  Erziehung  und  seiner  militärischen  Ord- 
nungen, wenn  er  auch  zugeben  muss,  dass  die  Gegenwart  von 
ihnen  abgewichen  ist.  In  anderen  Schriften  wurde  erörtert,  ob 
die  Beschränkung  des  Königthums  durch  die  volksthümliche 
Gewalt  der  Ephoren  ursprünglich  und  ob  sie  ein  Segen  oder 
ein  Verderb  gewesen  sei,  wie  die  ursprüngliche  Gleichheit  des 
Besitzes  entstanden  und  wie  sie  wiederherzustellen  sei,  und 
daneben  untersucht,  ob  Lykurg  seine  Satzungen  mit  Hülfe 
Apollos  selbständig  gefunden  oder  ob  er  sie  aus  anderen  Staaten 
entlehnt  habe,  aus  Kreta  oder  aus  Aegypten,  wo  ähnliche  Einrich- 
tungen bestehen.  Die  Theoretiker  suchen  noch  vollkommenere 
Gestaltungen  zu  ersinnen ;  aber  auch  Piatos  bester  Staat  ist  nur 
eine  Verbesserung  des  lykurgischen  Staats,  welche  die  Einrich- 
tungen Spartas  überall  rücksichtslos  bis  ins  letzte  Extrem  durch- 
führt, die  scharfe  Sonderung  der  drei  Stände,  der  regierenden 
Philosophen  (=  Könige  und  Geronten),  des  lediglich  dem  Krieger- 
beruf lebenden  aber  nicht  durch  Erwerb  befleckten  Wehrstandes 
(=  spartiatische  Vollbürger),  und  des  politisch  rechtlosen  Nähr- 
standes der  Bauern  und  Gewerbtreibenden  (=  Heloten  und 
Perioeken);  ebenso  die  Gütergemeinschaft  und  die  heerden- 
mässige  Erziehung  der  Jugend  durch  den  Staat,  nicht  durch 
die  Familie,  was  Plato  zu  voller  Aufhebung  der  Familie  und  zur 
Weibergemeinschaft  mit  einer  vom  Staat  geregelten  geschlecht- 
lichen Zuchtwahl  steigert.    Der  spartanische  Staat  ist  nach 


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366  IV>  5.  Die  Cultur  der  Reaetionsieit. 

Plato  die  beste  der  verfehlten  Staatsformen  (§.  917);  und  auch  An- 
tisthenes  erkennt  an,  dass  der  spartanische  Staat  allen  anderen 
weit  überlegen  ist  und  sich  zu  Athen  verhält,  »wie  eine  Männer- 
versammlung zu  den  Weibern  im  Frauengemach  c ;  die  Spar- 
taner sind  ihm  die  Pädagogen  von  Hellas,  die  übrigen  Staaten 
die  Kinder,  die  sich  gegen  den  Lehrmeister  auflehnen. 

Zu  den  Schriften  Ober  die  spartanische  Verfassung  vgl.  Forsch.' I, 
250.  Thibron:  Arist.  pol.  IV,  13,  11.  —  Antisthenes'  Aeusserungen :  Theon 
progymn.  5,  33,  Rbet.  I,  p.  215  Walz  (bei  Diog.  Laert.  VI,  59  von  Dio- 
genes erzahlt).  Plut.  Lyc.  30  (vgl.  Diog.  L.  VI.  27).  Isokrates  lässt  Archi- 
damos  sagen,  es  sei  anerkannt,  dass  eine  icoXtttia  otav  stvat  y?^  allein  in 
Sparta  bestehe  (6,  48). 

921.  Aber  der  Erfolg,  so  stark  er  die  Gestaltung  der  Theorie 
beeinflusst  hat,  ist  keineswegs  das  Entscheidende  gewesen. 
Vielmehr,  da  die  moderne,  individualistische,  zersetzende  Ten- 
denz ihr  Ideal  erreicht  entweder  in  der  Herrschaft  eines  ein- 
zelnen oder  einiger  weniger,  welche  die  gesetzliche  Ordnung 
zu  ihren  Gunsten  durchbrechen  (Tyrannis  und  Oligarchie), 
oder  in  der  Herrschaft  des  Pöbels  und  der  Demagogen,  welche 
sich  ebenso  unbedenklich  über  Recht  und  Gesetz  hinwegsetzen, 
um  den  Staat  auszubeuten,  so  muss  die  Theorie,  welche  nur 
diejenige  Staatsordnung  anerkennen  kann,  die  allein  das  Wohl 
der  Gesammtheit  erstrebt,  mag  die  Gewalt  in  den  Händen  eines 
einzelnen  oder  einer  wahren  Aristokratie  liegen,  nothwendig 
einen  reactionären  Charakter  tragen.  Sie  möchte  die  Zustände 
der  Vorzeit  wieder  herstellen,  die  im  Gegensatz  zu  dem  Elend 
der  Gegenwart  in  den  glänzendsten  Farben  erschien.  So 
führt  sie  wie  die  politische  Reaction  zunächst  den  Kampf  des 
Agrarstaats  gegen  die  moderne  capitalistische  Entwickelung, 
welche  in  den  Städten  die  volle  Herrschaft  gewonnen  hat,  mag 
die  Form  der  Verfassung  sein,  welche  sie  wolle.  Darin  aber 
steckt  der  innere  Widerspruch,  der  allen  diesen  Bestrebungen 
anhaftet  und  sie  sämmtlich  von  vorn  herein  zum  Scheitern 
verurtheilt  hat.  Denn  wie  die  Praxis  der  Reaction  ist  auch  ihre 
Theorie,  ohne  es  zu  ahnen,  vollständig  durchsetzt  vom  mo- 
dernen Leben  und  von  den  Anschauungen  des  Capitalismus. 


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Moderner  Charakter  der  reaetionären Theorie.  Stadtstaat  u.  Kleinstaat.  3Q7 

Piatos  Staat  ist  thatsächlich  nichts,  weniger  als  der  alte  natur- 
wüchsige Agrarstaat  mit  seinen  patriarchalischen  Ordnungen; 
sondern  er  hat  die  moderne,  städtische  Cultur  zur  Voraus- 
setzung. Die  Bedeutung  des  in  der  gemeinen  Praxis  freilich 
unentbehrlichen  Erwerbslebens  erkennt  er  für  den  Staat  über- 
haupt nicht  an,  und  von  dem  modernen  capitalistischen  Betrieb 
will  er  nichts  wissen;  trotzdem  sieht  er  auf  das  Leben  der  Bauern 
und  Handwerker  voll  Verachtung  herab,  weil  es  ungebildet  und 
sklavisch  ist.  Seine  Philosophen  und  Krieger  sind  in  Wahrheit 
nichts  anderes  als  die  gebildeten  Menschen  aus  der  Stadt,  welche 
von  ihren  Einkünften,  d.  h.  von  ihren  Zinsen  leben  und  des- 
halb herrschen  und  das  Leben  geniessen  können,  ohne  zu  ar- 
beiten, ganz  so  wie  die  Oligarchen,  die  jetzt  in  den  Städten 
die  Herrschaft  haben  —  nur  dass  bei  Plato  das  Ideal  der 
geistige,  bei  diesen  der  materielle  Genuss  ist.  Darum  ist  jeder 
seiner  Staatsentwürfe,  mag  er  auch  in  der  gemilderten  Form 
der  >Gesetze«  auftreten,  nothwendig  utopisch;  darum  trägt  er, 
trotz  aller  Begeisterung  seines  Schöpfers,  im  letzten  Grunde 
die  Züge  greisenhafter  Erstarrung,  die  alles  peinlich  reglemen- 
tirt  und  ein  frisches,  innerlich  bewegtes  Leben  nicht  mehr 
ertragen  kann:  der  aegyptische  Kastenstaat  —  wir  würden 
sagen  der  chinesische  Staat  —  kommt  seinem  Ideale  am 
nächsten. 

922.  Die  Theorie  hält  die  richtige  Lösung  der  Verfassungs- 
frage für  die  Aufgabe  des  Staats:  wenn  Plato  oder  einer 
seiner  Gesinnungsgenossen  die  Macht  in  Händen  hat,  wird  er 
alle  Kräfte  daran  setzen,  sie  zu  erfüllen.  Aber  Selbstzweck 
ist  ihm  die  Macht  nicht ;  der  Idealstaat  ist  der  alte  Kleinstaat 
und  darf  nur  der  Kleinstaat  sein,  denn  jede  Herrschaft  über 
andere  ist  Unrecht  und  Entartung.  In  der  En t Wickelung  zur 
Seeherrschaft  und  damit  zur  Grossmacht  lag  der  Fluch  Athens ; 
dadurch  ist  es  innerlich  corrumpirt  und  äusserlich  zu  Grunde 
gegangen.  Die  ganze  bisherige  Entwickelung  Griechenlands, 
auf  der  seine  Grösse  beruht,  wird  schlechthin  verurtheilt.  Die  „ 
»Unthätigkeit  nach  aussen«  (ärcpaYii.oouvT]) ,  die  Thukydides 
verspottet  und  für  den  wahren  Staat  für  unmöglich  erklärt, 


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IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 


der  Verzicht  auf  jede  Macht  und  auf  jede  äussere  Politik,  ausser 
soweit  sie  zur  Abwehr  feindlicher  Angriffe  nöthig  ist,  das  ist 
das  Ideal  dieser  Theorie.  Wer  dagegen  im  praktischen  Leben 
steht  und  weiss,  dass  der  Staatsmann  ununterbrochen  folgen- 
schwere Entschlüsse  zu  fassen  hat,  von  denen  nur  zu  oft  die 
Existenz  des  Staates  abhängt,  der  erkennt,  dass  es  sich  in  Wahr- 
heit gerade  umgekehrt  verhält,  dass  die  Macht  das  eigentliche 
Wesen  des  Staates  ist,  und  dass  eine  den  gegebenen  Verhält- 
nissen richtig  angepasste  Verfassung  nur  eins  der  Mittel  ist,  seine 
Macht  zu  entwickeln  und  zu  mehren.  Die  äussere  Politik  ist 
der  Nerv  des  Staates,  nicht  die  innere.  Die  Zeiten  waren 
längst  vorbei,  wo  die  Staaten  noch  im  wesentlichen  isolirl 
neben  einander  standen  wie  auf  abgelegenen  Inseln  und  nur 
gelegentlich  einmal  in  einen  Conflict  mit  einander  geriethen,  in 
dem  sie  sich  meist  das  Gleichgewicht  halten  konnten,  weil 
ihre  materiellen  Kräfte  noch  fast  gleich  waren.  Je  weiter  die 
Cultur  fortschreitet,  desto  grösser  und  desto  ungleichartiger 
werden  die  Verhältnisse,  und  desto  mehr  wird  das  Leben  des 
Staats  ein  fortwährendes  Ringen  um  die  Behauptung  und 
Mehrung  seiner  Macht.  Hier  liegt  der  Schwerpunkt  jeder 
praktischen  Politik,  die  der  Nation  helfen  soll,  und  nicht  in 
den  Verfassungsfragen.  Allerdings  um  sich  behaupten  zu  können 
namentlich  gegen  die  widerstrebenden  Elemente  in  seinem  In- 
neren, bedarf  der  Staat  einer  Autorität,  die  gross  genug 
ist,  dass  all  seine  Angehörigen  sich  ihr  fügen  und  das  Staats- 
wohl über  das  Interesse  der  Person  und  der  Partei  stellen. 
Diese  gefestigte  Stellung  des  eigenen  Staats  ist  der  Gegenwart 
fast  völlig  verloren  gegangen,  aber  weit  weniger,  weil  die 
Verfassungen  schlecht  waren,  als  weil  die  Staaten  machtlos  ge- 
worden sind:  die  mächtigsten  Staaten,  Sparta  und  Athen, 
haben  sich  auch  nach  innen  als  die  stärksten  erwiesen,  und 
in  Athen  sind  die  Revolutionen  erst  ausgebrochen,  als  die 
Macht  des  Staates  zusammenbrach.  Wie  eine  solche  Macht 
von  neuem  geschaffen  werden  kann,  wie  es  möglich  ist,  >über 
Willige  zu  herrschen«  (idsXövtwv  apystv),  das  ist  das  Pro- 
blem, dem  Xenophon  zeitlebens  nachgehangen  hat;  die  that- 


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Das  praktische  Ideal  und  die  absolute  Monarchie.   Xenophon.  369 

kräftige,  im  richtigen  Handeln  bewährte  Persönlichkeit  ist  sein 
Ideal,  nicht  der  intelligente  und  daher  tugendhafte  Theoretiker, 
dessen  politische  Wirksamkeit  nach  aussen  immer  nur  negativ 
sein  kann.  Als  auch  die  Macht  Spartas  darniedersinkt,  sucht 
er  die  Lösung  in  der  Bildung  einer  festgefügten  und  sieg- 
reichen Militärmacht  unter  einem  genialen  Heerführer  und 
Organisator;  am  Ende  seines  langen  Lebens  hat  er  die 
Schöpfung  eines  mächtigen  Militärstaats  aus  den  unbedeutend- 
sten Anfangen  in  einem  didaktischen  Roman  methodisch  dar- 
zulegen versucht,  zu  dessen  Helden  er  den  Gründer  des  grossen, 
auch  in  seinem  Verfall  noch  allen  Erschütterungen  Stand 
haltenden  persischen  Weltreichs  wählte.  Das  ist  das  noth- 
wendige  Endergebniss  der  griechischen  Verfassungsentwicke- 
lung: wo  alles  zusammenbricht,  bleibt  als  einzige  Rettung  die 
absolute  Militärmonarchie,  wie  sie  Dionys  von  Sicilien,  der 
verabscheute  Despot,  aufgerichtet  hat.  Auch  Plato  hat  das 
anerkennen  müssen,  indem  er  immer  bestimmter  all  seine 
Hoffnungen  nicht  mehr  auf  einen  freien  Verband  intelligenter 
und  uneigennütziger  Männer  setzt,  sondern  auf  einen  aufge- 
klärten Despoten,  der  die  Ideen  des  Gesetzgebers  annimmt 
und  seinen  Unterthanen  aufzwingt  und  so  eine  gesetzmässige 
Ordnung  herstellt.  An  der  Erwartung,  dass  so  doch  noch  einmal 
sein  Ideal  sich  werde  erfüllen  lassen,  hat  er  festgehalten,  auch 
als  der  Versuch,  es  durch  Dionys  II.  und  dann  durch  Dio  zu 
erreichen,  vollständig  gescheitert  war. 

923.  Auch  für  Isokrates  und  seine  praktische  Politik 
stehen  die  Verfassungsfragen  in  zweiter  Linie.  Er  kann  einem 
absoluten  Monarchen,  wie  Nikokles  von  Salamis,  ebenso  gut  Rath- 
schläge ertheilen,  wie  Sparta  und  der  athenischen  Demokratie, 
und  fanatische  Oligarchen  und  Spartanerfreunde,  wie  z.  B.  Theo- 
pompos von  Chios,  sind  ebenso  gut  unter  seinen  Schülern 
wie  Prinzen  und  Demokraten.  Was  er  bekämpft,  ist  die  ver- 
blendete Selbstsucht,  welche  das  wahre  Interesse  des  herr- 
schenden Politikers  nicht  minder  verkennt  als  das  seines  Staats; 
beides  ist  auch  ihm  untrennbar  verbunden.  Bei  vernünftiger 
Handhabung  des  Regiments  dagegen  lässt  sich  unter  jeder 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  24 


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• 


370  IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit. 

Verfassung  Nützliches  erreichen.  Aber  Isokrates  kennt  ein 
höheres  Ziel  als  das  Gedeihen  des  Einzelstaats:  die  Noth 
von  t?anz  Hellas,  die  innere  Verwüstung,  die  Auslieferung  der 
asiatischen  Griechen  an  die  Barbaren,  die  ziellose  Politik  der 
Gegenwart,  die  sich  in  kleinlicher  Selbstsucht  und  nutzlosem 
Hader  verzehrt,  wo  die  grössten  Aufgaben  gestellt  sind  und 
die  Hellenen  die  Weltherrschaft  erringen  könnten,  wenn  sie 
nur  einig  wären  —  das  sind  die  Sorgen,  die  ihm  am  Herzen 
liegen.  Hier  will  er  helfen,  da  er  es  nicht  als  handelnder 
Staatsmann  kann,  so  als  Rathgeber  und  Mahner  durch  die 
Macht  seines  Worts.  Je  länger  er  diesen  Fragen  nachhängt, 
desto  mehr  hat  er  die  Bedeutung  der  Macht  für  die  Aus- 
führung seines  Programms  anerkannt,  und  der  Reihe  nach 
hat  er  sich  an  jede  griechische  Macht  gewandt,  mochte  sie 
sonst  beschaffen  sein  wie  sie  wollte.  Zunächst  aber  setzte  er 
seine  Hoffnung  auf  die  Wiederherstellung  der  Machtverhält- 
nisse der  Vergangenheit,  die  ein  Jahrhundert  zuvor  im  Perser- 
kriege sich  so  herrlich  bewährt  hatt(  n.  Sparta  hat  seine 
grossen  Verdienste;  wenn  es  seine  Macht  gegenwärtig  in  eigen- 
nützigster Weise  missbraucht,  so  kann  doch  kein  Mensch  daran 
denken,  sie  ihm  zu  entreissen  und  dadurch  Griechenland  noch 
schwächer  zu  machen  als  es  jetzt  schon  ist.  Aber  die  Zwing- 
herrschaft, die  es  ausübt,  ist  allerdings  unerträglich,  und  die 
Ohnmacht  Athens  das  schwerste  Unglück  von  Hellas.  Die 
Seemacht  Athens  und  damit  den  alten  Dualismus  wieder  her- 
zustellen, soll  die  nächste  Aufgabe  der  nationalen  Politik  sein ; 
wenn  dann  beide  Staaten  sich  einigen  und  das  Commando 
theilen,  Sparta  zu  Lande,  Athen  zur  See,  dann  kann  auch 
die  Zeit  der  Perserkriege  wiederkehren  und  die  dringende 
nationale  Aufgabe  der  Befreiung  der  asiatischen  Hellenen  und 
der  Eroberung  der  westlichen  Provinzen  des  Perserreichs  wie- 
der aufgenommen  werden.  —  Das  sind  die  Gedanken,  die  Iso- 
krates in  der  ersten  seiner  grossen  politischen  Broschüren,  dem 
Panegyrikos,  im  Sommer  380  der  Nation  vorgelegt  hat,  formell 
anknüpfend  an  eine  Festrede,  die  etwa  ein  Menschenalter  zuvor 
(wahrscheinlich  408)  Gorgias  in  Olympia  gehalten  und  in  der  er 


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Isokrates'  Panegyrikos.    Die  nationale  Aufgabe. 


371 


zur  Beilegung  des  Bruderkriegs  und  zum  Kampf  gegen  die 
Barbaren  gemahnt  hatte.  Das  gebildete  Publicum  von  Hellas 
für  den  Gedanken  einer  Wiederherstellung  der  athenischen 
Herrschaft  zur  See,  in  verbesserter  Gestalt,  unter  Abstellung 
aller  Beschwerden,  zu  gewinnen,  ist  die  nächste  Aufgabe  der 
Schrift;  deshalb  werden  die  Vorwürfe  der  Gegner  widerlegt, 
Athens  Vorgehen  entschuldigt,  seine  grossen  politischen  und 
culturellen  Leistungen  in  glänzenden  Farben  gezeichnet,  wäh- 
rend die  Führung  der  Herrschaft  durch  Sparta,  wenn  auch 
in  schonender  Form,  im  schlimmsten  Lichte  erscheint.  Sehr 
geschickt  versteht  der  Verfasser,  die  Schuld  an  dem  letzten 
Kriege  und  der  gegenwärtigen  Lage,  der  Oberherrschaft 
des  Perserkönigs,  allein  Sparta  aufzubürden,  während  doch 
thatsächlich  Athen  und  seine  Genossen  sich  im  Bunde  mit 
Persien  gegen  Sparta  erhoben  haben,  als  dies  den  Na- 
tionalkrieg gegen  Persien  führte.  Die  Schrift  hat  eine  gewal- 
tige Wirkung  ausgeübt;  sie  erhob  Isokrates  mit  einem  Schlage 
zu  dem  ersten  der  lebenden  Publicisten.  Ohne  Zweifel  ist  sie 
im  Einverständniss  mit  den  massgebenden  Staatsmännern 
Athens  geschrieben,  vor  allem  wohl  mit  Isokrates'  Schüler 
und  Freund  Timotheos,  dem  Sohne  Konons,  der  sich  berufen 
fühlte,  das  Werk  seines  Vaters  fortzusetzen  und  der  leitende 
Staatsmann  des  neuen  Reichs  zu  werden.  Sie  enthält  die 
Ankündigung,  dass  Athen,  durch  die  Friedensjahre  gestärkt, 
die  erste  Gelegenheit  zu  dem  Versuch  der  Wiederaufrichtung 
seiner  Seeherrschaft  benutzen  werde.  Das  bedeutete  einen 
neuen  Krieg  gegen  Sparta;  denn  der  Illusion,  dass  Sparta 
sich  durch  Isokrates'  schön  abgerundete  Perioden  zu  einem 
freiwilligen  Verzicht  auf  die  bisherige  Alleinherrschaft  werde 
bewegen  lassen,  kann  sich  auch  der  Schriftsteller  selbst  nicht 
hingegeben  haben,  so  sehr  er  bereit  ist,  die  Macht  der  Rede 
aufs  gewaltigste  zu  überschätzen.  Aber  das  Ziel  ist  nicht  der 
Krieg,  sondern  nach  demselben  die  Versöhnung,  und  dann  die 
Aufnahme  des  gemeinsamen  Nationalkriegs  gegen  Persien.  — 
Die  Zeit,  wo  die  Gelegenheit  sich  bot,  war  näher,  als  Iso- 
krates und  seine  Gesinnungsgenossen  ahnen  mochten;  die 


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372 


IV,  5.  Die  Cultur  der  Reactionszeit, 


Probe  stand  bevor,  ob  es  gelingen  werde,  mit  dem  neuen 
Programm  Hellas  aus  seiner  Nothlage  zu  erlösen. 

In  Isokrates'  Panegyrikos  muss  man,  wie  in  all  seinen  Broschüren, 
sehr  viel  zwischen  den  Zeilen  lesen.  Dass  Athen  bereits  im  wesentlichen 
gleichberechtigt  neben  Sparta  stehe  (§.  16  u.  a.),  ist  bewusste  Fiction: 
in  Wirklichkeit  ist  das  die  Forderung,  die  die  Rede  verkündet,  und  die 
erst  durch  die  zukünftige  politische  Action  verwirklicht  werden  soll. 
Dass  die  Schrift  das  Programm  des  zweiten  Seebundes  ist,  hat  Wilamo- 
witz,  Arist.  II,  880  ff.  richtig  erkannt;  aber  er  beurtheilt  sie  und  Iso- 
krates und  die  Lage  von  Hellas  falsch,  wenn  er  die  »Entfesselung  des 
veralteten  (!)  Hasses  gegen  die  Barbaren«  für  Phrase  erklärt.  [Seine  An- 
nahme, Isokrates  polemisire  §.  100—114  gegen  eine  von  einem  oligarcbi- 
schen  Ionier  verfasste  Schmähschrift  gegen  Athen ,  beruht  auf  Missver- 
ständniss  von  §.  111.]  —  §.  122 — 132  ist  eine  Einlage;  das  beweist  nicht 
nur  der  von  dem  Uebrigen  aufs  stärkste  abweichende  Ton  (hier  allein 
werden  die  Spartaner  bei  den  Angriffen  auf  sie  mit  Namen  genannt), 
sondern  ebenso  der  Umstand,  dass  §.  133  unmittelbar  an  121 ,  nicht  an 
132  anschliesst.  Offenbar  ist  der  Passus  unter  dem  frischen  Eindruck 
der  letzten  Gewaltthaten  Spartas  in  das  schon  im  wesentlichen  fertige 
Manuscript  eingelegt  und  nicht  mehr  völlig  eingearbeitet.  Aber  daraus 
folgt  keineswegs,  dass  der  Haupttheil  schon  früher  (3S4)  veröffentlicht 
sei,  wie  vielfach  angenommen  wird  [vgl.  dagegen  zuletzt  Drerup,  Philol. 
54,  1895,  636  ff.J;  damals  ist  die  Schrift  noch  undenkbar. 


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VI.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens,  bis 
zum  Frieden  von  Sparta. 


Befreiung  Thebens.  Bruch  zwischen  Athen  und  Sparta. 

924.  Die  thebani  sehen  Flüchtlinge  hatten  in  Athen  Schutz 
gefunden.  Bei  einem  Versuche,  die  Heimath  von  der  dop- 
pelten Zwingherrschaft  der  Oligarchen  und  der  Spartaner  zu  be- 
freien, konnten  sie  der  Sympathie  des  attischen  Demos  sicher 
sein;  wenn  er  auch  nicht  wagen  durfte,  offen  zu  den  Waffen 
zu  greifen,  war  doch  kein  Zweifel,  dass  er  ihnen  dieselbe 
Unterstützung  gewähren  würde,  welche  er  selbst  bei  dem 
Sturz  der  Dreissig  in  Theben  gefunden  hatte.  Auch  in 
Theben  war  an  eine  offene  Erhebung  nicht  zu  denken;  die 
spartanische  Garnison  von  etwa  1500  Mann  unter  drei  höheren 
Officieren  hielt  die  entwaffnete  Bürgerschaft  in  Unterwürfig- 
keit, und  Leontiadas  und  sein  Anhang  schalteten  in  der 
Stadt  unumschränkt,  besetzten  die  militärischen  und  civilen 
Aemter  mit  zuverlässigen  Genossen  und  gingen  gegen  die  Ver- 
dächtigen mit  Hinrichtungen  und  Verbannungen  vor.  Nur 
durch  Ueberfall  und  Mord  konnte  man  hoffen,  zum  Ziele  zu 
gelangen.  Die  Exulanten  fanden  unter  ihren  Gesinnungs- 
genossen in  Theben  eine  Anzahl  entschlossener  Männer,  die 
bereit  waren  die  Hand  dazu  zu  bieten  und  alles  vorzubereiten; 
in  Athen  waren  die  massgebenden  Kreise,  vor  allem  Kephalos, 
insgeheim  mit  dem  Unternehmen  einverstanden.    Im  De- 


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374 


IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


cember  379  glaubte  man  den  geeigneten  Moment  gekommen. 
Zwei  athenische  Strategen  führten  unter  irgend  einem  Vorwand 
die  mobilen  Truppen  an  die  Grenze.  Die  Exulanten  sammelten 
sich  in  der  thriasischen  Ebene  (ö.  von  Eleusis);  sieben  von  ihnen, 
junge  Manner  aus  vornehmen  Häusern,  geführt  von  Melon, 
schlichen  sich  als  Jäger  verkleidet  in  Theben  ein  und  fanden 
im  Hause  des  Charon  Aufnahme.  Hier  sammelten  sich  die 
Genossen  aus  Theben.  Das  unwirthliche  Winterwetter  be- 
günstigte das  Unternehmen;  eine  unbestimmte  Kunde,  die  zu 
den  Machthabern  drang,  wurde  nicht  genügend  beachtet,  eine 
Warnung  aus  Athen  —  wo  das  Vorhaben  nicht  verborgen 
bleiben  konnte  —  kam  zu  spät.  Phyllidas,  der  Secretär  der 
Polemarchen  Archias  und  Philippos,  war  im  Complott  und 
lud  seine  beiden  Vorgesetzten  —  es  war  der  Festtag  der  Aphro- 
dite —  zu  einem  wüsten  Gelage.  Die  Diener  wurden  ent- 
fernt, die  Verschworenen  als  Hetären  verkleidet  eingeführt. 
Sie  stiessen  die  Polemarchen  nieder,  ebenso  den  Archon  Kabi- 
richos;  Leontiadas  und  Hypates  (vielleicht  der  dritte  Polem- 
arch) wurden  in  ihren  Häusern  überfallen.  Dann  wurde 
das  Gefängniss  erbrochen  und  die  Bürger  zur  Freiheit  auf- 
gerufen; die  Heiligthümer  und  die  Werkstätten  der  Waffen- 
schmiede boten  Rüstungen  in  genügender  Zahl.  Die  Besatzung 
der  Kadmea  rührte  sich  nicht;  die  entscheidenden  Vorgänge 
hatten  sich  so  rasch  und  geheim  abgespielt,  dass  sie  erst  spät 
Kunde  erhielt,  und  dann  wagten  die  überraschten  Comman- 
danten  keinen  Ausfall  mehr.  Am  nächsten  Morgen  trat  das 
Volk  zusammen.  Die  Oligarchie  wurde  aufgehoben,  die  Demo- 
kratie wieder  hergestellt  und  mit  ihr  das  Amt  der  Boeotarchen, 
das  den  Anspruch  auf  die  Herrschaft  über  Boeotien  involvirte 
Unter  den  Gewählten  waren  die  Führer  der  Befreier,  Melon 
und  Charon,  ferner  Gorgidas  und  Pelopidas,  der  Sohn  des 
Hippokles  aus  einem  der  vornehmsten  und  reichsten  Häuser, 
der  sich  besonders  ausgezeichnet  und  Leontiadas  nach  hartem 
Ringen  niedergeworfen  hatte.  Gleich  darauf  trafen  die  übrigen 
Flüchtlinge  ein,  und  wenig  später  die  athenischen  Truppen;  die 
beiden  Strategen  hatten  kein  Bedenken  getragen,  den  Thebanern 


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Befreiung  Thebens. 


375 


Hülfe  zu  bringen  und  damit  dem  Volk  die  Entscheidung 
über  den  Kopf  wegzunehmen.  Die  Besatzung  der  Kadmea 
suchte  aus  Plataeae  und  Thespiae  Verstärkungen  heranzu- 
ziehen; doch  die  Zuzüge  wurden  abgefangen,  und  die  Belage- 
rung begonnen.  Die  Lebensmittel  waren  knapp  und  die  Truppen 
aus  den  Bundesstädten  unzuverlässig;  die  Commandanten  aber 
hatten  durch  ihren  Mangel  an  Energie  alle  Autorität  einge- 
büsst.  So  capitulirten  sie  auf  freien  Abzug,  wenige  Tage  ehe 
das  spartanische  Entsatzheer  eintreffen  konnte.  Die  sparta- 
nisch gesinnten  Thebaner  freilich,  welche  sich  auf  die  Burg 
geflüchtet  hatten,  wurden  mit  ihren  Kindern  niedergemacht, 
soweit  sie  nicht  von  den  Athenern  gerettet  wurden. 

- 

Ueber  die  Befreiung  Thebens  haben  wir  zwei  Berichte,  deren  Cha- 
rakter E.  v.  Stern,  Xonophons  Hellenika  und  die  boeotische  Geschichts- 
überlieferung, 1887,  richtig  erkannt  hat:  1)  die  boeotische  Version  (wohl 
durch  Anaxis  und  Dionysodoros  fixirt  Diod.  XV,  95),  die  bei  Plutarch 
de  genio  Socratis  und  in  der  Biographic  vorliegt  (Plut.  Pelop.  =  Nepos 
Pelop.;  nur  stellt  die  Biographie  natürlich  Pelopidas  in  den  Vordergrund 
und  drängt  Melon,  den  eigentlichen  Führer,  zurück;  dass  für  Plutarchs 
Pelopidas  Kallisthenes  die  Mittelquelle  bilde,  wie  Stern  annimmt,  glaube 
ich  um  so  weniger,  da  Nepos,  den  Steux  garnicht  berücksichtigt,  ganz 
mit  Plutarch  übereinstimmt);  2)  Xenophon  V,  4,  1  ff.  [Hypates'  Tod  er- 
wähnt er  nur  VII,  3,  7],  der  die  andere  Version  kennt,  aber  verwirft 
(V,  4,  7:  ot  jxsv  oyj  outük;  Xifouv.v  a&tooc  i^o&avBiv,  o't  8fe  x»l  ui$  xu>}ia3t4^ 
8V58>.d-övta<;  to'ji;  apupi  M£Xu>vu  aitox-cetva»  xo'>$  nolkefidp^oos).  Im  allge- 
meinen ist  Xenophon  weit  zuverlässiger,  wie  Stern  im  einzelnen  aus- 
führt; mit  Sicherheit  ist  das  Detail  bei  solchen  Vorgängen  niemals  zu 
erkennen,  da  berichtet  jeder  Mithandelnde  anders.  —  Ephoros  scheint 
die  boeotische  Version  zu  berücksichtigen;  doch  gibt  Diod.  XV,  25  [der 
die  Befreiung  unter  378/7,  also  ein  Jahr  zu  spät  setzt]  nur  kurz  die 
Hauptpunkte.  Nach  Xenophon  sind  die  Befreier  Melon  und  sechs  Ge- 
nossen, nach  der  anderen  Version  zwölf.  [Eine  romanhafte  Entstellung : 
Polyaen  II,  3,  1.]  —  Die  neuen  Boeotarchen:  Plut.  Pelop.  13;  dass  auch 
Gorgidas  zu  ihnen  gehörte,  lehrt  c.  14  und  Polyaen  II,  1,  2.  5,  1.  2.  —  Eine 
tendenziöse  Fälschung  hat  die  athenische  Ueberlieferung  begangen,  in- 
dem sie  gleich  nach  der  Befreiung  den  Staat  Athen  Theben  Hülfe  leisten 
und  auf  Antrag  des  Kephalos  ein  Bündniss  schliessen  lässt,  dagegen  den 
Rücktritt  Athens  und  die  Verurtheilung  der  eigenmächtigen  Feldherrn 
streicht:  diese  Version,  die  Dinaren  1,  38  f.  und  Aristid.  I,  283  wieder- 
geben, hat  Ephoros  aufgenommen  (Diod.  XV,  26,  wo  der  Feldherr  Derao- 


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370 


IV,  6.  Wieiiererhebimg  Thebens  und  Athens. 


phon  hierher  versetzt  wird,  der  in  Wirklichkeit  wohl,  wie  Fchäfer,  De- 
mostb.  I\  20  annimmt,  mit  Demeas  identisch  ist,  der  nach  schol.  Aristid. 
p.  281  Dixdorf  nachher  mit  Ghabrias  zusammen  operirt).  Dass  das  eine 
Fälschung  ist,  hat  Grote  schlagend  erwiesen  [gegen  Fabricius'  Ansicht 
s.  §.  894  A.].  Nicht  nur  tragt  Xenophons  Darstellung  (V.  4.  9  0*.  19) 
alle  Zeichen  der  inneren  Evidenz,  sondern  zwischen  der  Befreiung  und 
dem  Eintreffen  der  Athener  ist  gar  keine  Zeit  für  einen  Volksbeschluss. 
Beim  Angriff  des  Kleombrotos  leisten  denn  auch  die  Athener  den  The- 
banern  keine  Hülfe,  sondern  besetzen  nur  die  Landesgrenze.  Kephalos* 
Antrag  gehört  erst  ins  nächste  Jahr,  nach  dem  Ueberfall  des  Sphodrias. 
—  Eine  eingehende  Darstellung  der  Geschiebte  der  folgenden  Zeit  hat 
auch  A.  SchIfer,  Demosthenes  und  seine  Zeit,  Bd.  I,  gegeben. 

925.  In  Sparta  hat  man  auf  die  Kunde  von  den  Vor- 
gangen in  Theben  sofort  ein  Heer  aufgeboten.  Den  Ober- 
befehl erhielt  König  Kleombrotos,  Agesipolis'  Bruder  und  Nach- 
folger; Agesilaos  hielt  sich  zurück,  um  nicht  der  Opposition, 
die  ihm  sein  Eintreten  für  jede  Zvringherrschaft  zum  Vorwurf 
machte,  neue  Nahrung  zu  geben.  Bis  indessen  mitten  im 
Winter  das  Heer,  das  auch  diesmal  meist  aus  Bundesgenossen 
und  Söldnern  bestand,  mobil  gemacht  war,  verging  längere 
Zeit;  als  Kleombrotos  in  Megara  angelangt  war,  hatte  die 
Kadmea  capitulirt.  Von  den  Gommandanten  wurden  zwei 
hingerichtet,  der  dritte,  Lysandridas,  der  sich  zur  Zeit  des 
Aufstandes  in  Haliartos  befunden  hatte,  in  eine  schwere  Geld- 
strafe verurtheilt  Viel  konnte  Kleombrotos  jetzt  nicht  mehr 
ausrichten.  Die  Athener  unter  Ghabrias  besetzten  die  Landes- 
grenzen und  sperrten  ihm  die  Heerstrasse;  er  musste  aufGe- 
birgspfaden  über  Plataeae  vorrücken.  Den  Pass  gelang  es  zu 
forciren,  aber  für  eine  Feldschlacht  gegen  den  thebanischen 
Heerbann  war  er  zu  schwach.  Nachdem  er  16  Tage  im 
Lande  gestanden  hatte,  Hess  er  Sphodrias  mit  dem  dritten 
Theile  seines  Heeres  in  Thespiae,  westlich  von  Theben,  zurück 
und  trat  den  Heimweg  an.  —  Trotzdem  ist  das  energische 
Vorgehen  Spartas  nicht  ohne  Folgen  geblieben.  Die  Hoffnung, 
die  man  in  Theben  und  Athen  liegen  mochte,  dass  die  Em- 
pörung um  sich  greifen  und  auch  Korinth  sich  aufs  neue  er- 
heben werde,  wie  im  J.  395,  erfüllte  sich  nicht.    In  beiden 


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Die  Spartaner  gegen  Theben.    Beziehungen  zu  Athen. 


377 


Staaten  beschloss  man  einzulenken:  Theben  erklärte  sich  be- 
reit, Spartas  Suprematie  anzuerkennen  und  auf  alle  weiteren 
Ansprüche  zu  verzichten,  und  Athen,  das  sich  schon  von  einer 
neuen  Invasion  bedroht  sah,  zog  die  beiden  Feldherrn,  die 
eigenmächtig  den  Thebanern  Hülfe  gebracht  hatten,  zur  Ver- 
antwortung und  verurtheilte  sie  zum  Tode;  der  eine  wurde 
hingerichtet,  der  andere  war  rechtzeitig  entflohen.    Die  the- 


durchsetzen  können. 

Verurtheilung  der  spartanischen  Corumandanten :  Xen.  V,  4,  13,  wo 
nur  der  eine  Harmost  erwähnt  wird;  Plut.  de  gen.  Soor.  34.  Pelop.  13. 
Diod.  XV,  27,  3.  Theopomp  fr.  268.  —  Verurtheilung  der  athenischen  Stra- 
tegen :  Xen.  V,  4,  19.  Plut.  Pelop.  14.  Die  Namen  kennen  wir  nicht.  — 
Ueber  Theben  Isokr.  14,  29 :  atud-svrti;  Si<i  tr4<;  -S-ietepot^  [der  attischen] 
?ov4ft»CD?  xal  xaTsXftovres  tlq  tvjv  aotiLv  o'iSeva  /povov  Jvejutvav 
et?  Aaxe?atp.ova  icpesßei?  arcsaTsXXov,  stoijjloi  ?ooX»6siv  Svte;  xa:  jiyjoev  xtvttv 
xtbv  spoTspov  irp&<;  a?>tou?  oijxoXoY^jfievtuv. 

926.  Aber  Sparta  konnte  sich  zum  Nachgeben  nicht  ent- 
schließen. Hatte  es  doch  seither  alle  Schwierigkeiten  über- 
wunden und  soeben  erst  Phlius  und  Olynth  niedergeworfen, 
trotz  ihres  hartnäckigen  Widerstandes;  wie  sollte  es  sich  vor 
dem  isolirten  und  unter  die  Zwingherrschaft  einer  Rolte  von 
Revolutionären  gerathenen  Theben  fürchten  und  damit  zu- 
geben, dass  es  zu  schwach  sei,  seinen  Willen  durchzusetzen? 
Thebens  Angebot  wurde  abgewiesen,  und  das  Comraando  für 
den  nächsten  Feldzug  Agesilaos  übertragen.  Um  sicher  zu 
gehen,  wer  es  allerdings  nöthig,  Athen  vollends  für  den 
Anschluss  an  Sparta  zu  gewinnen;  daher  ging  eine  sparta- 
nische Gesandtschaft  nach  Athen,  um  die  Verhandlungen  zu 
führen.  Sicherer  Verlass  war  indessen  auf  den  Demos  nie- 
mals, mochte  er  auch  momentan  eingeschüchtert  sein;  weitaus 
das  Erwünschteste  war  es,  wenn  Sparta  die  Stellung  wieder 
gewinnen  konnte,  die  es  im  Jahre  403  leichtsinnig  aufgegeben 
hatte.  Es  kann  ernstlich  kein  Zweifel  sein,  dass  wie  früher 
Fhoebidas,  so  jetzt  Sphodrias  wenn  nicht  im  Auftrag  so  doch 
in  geheimem  Einvernehmen  mit  den  leitenden  Männern  in 


banisch  gesinnten 


Willen  nicht 


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378 


IV.  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


Sparta  gehandelt  hat,  als  er  einen  Handstreich  auf  den 
Piraeeus  versuchte.  Wenn  daneben  nicht  nur  von  spartani- 
scher, sondern  wie  es  scheint  auch  von  theba  nischer  Seite  be- 
hauptet wird,  dass  er  dazu  durch  Einflüsterungen  und  Geld 
der  thebanischen  Patriotenpartei  verlockt  sei,  die  in  einem 
Bruch  zwischen  Sparta  und  Athen  die  einzige  Möglichkeit  der 
Rettung  sah,  so  kann  aucjj  das  etwas  Wahres  enthalten:  die 
erste  Anregung  mag  von  hier  aus  gekommen  sein.  Nur 
bleibt  es  doch  fraglich,  ob  Pelopidas  und  seine  Genossen 
mit  Sicherheit  voraussehen  konnten,  dass  der  Anschlag  schei- 
tern müsse;  wenn  er  aber  gelang,  waren  sie  rettungslos  ver- 
loren. Thatsache  ist,  dass  Sphodrias  noch  vor  Beginn  des 
Frühlings  378  spät  Abends  von  Thespiae  aufbrach,  in  der 
Hoffnung,  noch  vor  Tagesanbruch  den  Piraeeus  überfallen  zu 
können,  in  dessen  Mauern  die  Thore  nicht  eingesetzt  waren. 
Aber  er  hatte  die  Entfernung  unterschätzt;  als  der  Morgen 
graule,  war  er  nicht  über  Thria  (östlich  von  Eleusis)  hinaus- 
gekommen. Jetzt  Hess  sich  sein  Unternehmen  weder  aus- 
führen noch  verheimlichen;  er  kehrte  um  und  plünderte  unter- 
wegs die  umliegenden  Ortschaften.  In  Athen  hatte  man  so- 
fort die  gesammte  Bevölkerung  zu  den  Waffen  gerufen  und  die 
spartanischen  Gesandten  festgenommen.  Diese  konnten  nach- 
weisen, dass  sie  an  dem  schnöden  Friedensbruch  völlig  un- 
schuldig seien,  und  verhiessen  glänzende  Genugthuung.  So 
entschlossen  sich  die  Athener,  zu  warten;  die  Gefahren  eines 
neuen  Krieges  in  der  jetzigen  Lage  standen  ihnen  klar  vor 
Augen.  In  Sparta  erhoben  denn  auch  die  Ephoren  Anklage 
gegen  Sphodrias  vor  dem  Rath  der  Geronten,  und  dieser 
wagte  nicht  sich  zu  stellen;  trotzdem  wurde  er  freigesprochen. 
Persönliche  Momente  haben  mitgewirkt:  Sphodrias  gehörte  zu 
dem  Anhang  des  Kleombrotos ,  Agesilaos ,  der  ihm  feindlich 
gesinnt  war,  wurde  durch  seinen  Sohn  gewonnen ;  aber  Aus- 
schlag gebend  kann  wenigstens  für  Agesilaos'  Haltung  nur 
die  Erwägung  gewesen  sein,  dass  man  sich  Athen  gegen- 
über doch  schon  hoffnungslos  compromittirt  habe  und  um 
seinetwillen  einen  bewährten  und  energischen  Mann  nicht 


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Sphodrias'  Handstreich  auf  den  Piraeeus.    Krieg  in  Boeotien.  379 

nutzlos  opfern  dürfe.    Damit  hatte  freilich  der  spartanische 
Staat  Sphodrias'  Friedensbruch  officiell  sanctionirt. 

Sphodrias'  Handstreich  wird  nicht  nur  von  Xlmi.  V,  4,  20  ff.  auf 
die  Thebaner  zurückgeführt,  sondern  auch  von  der  boeotischen  Ueber- 
lieferung,  der,  wie  v.  Stern  (§.  924  A.)  erwiesen  hat,  Plutarch  Pelop.  14 
(vgl.  Ages.  24)  folgt.  Denn  dieser  gibt  mehr  als  Xertophon ;  er  nennt  die 
Boeotarchen  Pelopidas  und  Gorgidas  und  den  Mittelsmann  Diemporos 
(so  ist  mit  Keil,  sylloge  inscr.  Boeot.  190  und  Stern  für  io:a  ejxjiopöv  uv« 
zu  lesen).  Ephoros  (Diod.  XV,  29,  5)  schiebt  die  Schuld  auf  Kleom- 
brotos;  das  ist  offenbar  aus  Xenophons  Angabe  über  seine  Partei- 
stellung gemacht.  —  Ueber  Sphodrias  auch  Kallisth.  fr.  2  (bei  Harpokr. 
s.  v.)»  wo  er  tiWjftfjs  Xtav  xat  xoü'foi;  -po;  ta?  tXiuoa;  genannt  wird, 
=  Plut.  Pelop.  14  o^öxo'j'fo?  TYjV  f vo'jjfrjv  xal  xcvtuy  iXftfötuv  xal  ÜGtifiia; 
avor,xot>  fieoto;  =  «posst  (Lv  jutsiupo;  xal  scpotcst-f-^  bei  Diod. 

927.  Auf  die  Kunde  von  Sphodrias'  Freisprechung  war 
in  Athen  kein  Halten  mehr;  jetzt  lag  klar  vor  Augen,  wessen 
man  sich  von  Sparta  zu  versehen  hatte,  wenn  es  Theben  be- 
zwang. Die  boeolische  Partei,  geführt  von  Kephalos  und 
Thrasybul  von  Kollylos,  gewann  die  volle  Herrschaft.  Stadt 
und  Land  wurden  in  Vertheidigungszustand  gesetzt,  und  auf 
Kephalos'  Antrag  die  Allianz  mit  Theben  abgeschlossen. 
5000  Mann  unter  Ghabrias,  meist  geworbene  Peltasten,  dazu 
200  Reiter,  stiessen  zum  thebanischen  Heer.  Man  wusste, 
dass  man  den  Feinden  in  der  Feldschlacht  nicht  gewachsen 
sei;  die  thebanischen  Burgertruppen  waren  noch  nicht  ge- 
schult. Aber  Chabrias,  durch  seine  Kriegserfahrung  zum 
Leiter  der  Operationen  berufen,  hatte  bereits  in  Aegypten  den 
Vertheidigungskrieg  organisirt  (§.  897);  er  deckte  das  theba- 
nische  Gebiet  durch  ein  ausgedehntes  System  von  Pallisaden 
und  Gräben.  Als  Agesilaos  im  Sommer  378  mit  einem  Heer 
von  insgesammt  18,000  Mann  und  1500  Reitern,  darunter 
5  spartanische  Moren  und  Gontingente  von  allen  Bundes- 
genossen, von  Megara  aus  über  Thesptae  vorrückte,  konnte  er 
eine  Feldschlacht  nicht  erzwingen.  Nach  mehreren  kleinen 
Scharmützeln  gelang  es  ihm  allerdings,  in  die  Verschanzungen 
einzudringen;  aber  Ghabrias'  Peltasten  erwarteten  seinen  An- 
griff in  fester  Stellung,  mit  vorgestreckter  Lanze  knieend,  so 


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380  IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athen?. 

dass  der  Schild  den  ganzen  Körper  deckte.  Da  wagte  Age- 
silaos  den  Sturm  nicht;  er  musste  sich  begnügen,  das  Land 
nach  Kräften  zu  verwüsten.  Dann  kehrte  er  heim;  eine 
grössere  Armee  ohne  fremde  Subsidien,  wie  sie  vor  Olynth 
Makedonien  und  in  Kleinasien  die  Beute  gewährt  halte,  länger 
als  ein  paar  Sommermonate  im  Felde  zu  halten,  gestattete  die 
wirtschaftliche  und  politische  Organisation  der  Peloponnesier 
jetzt  so  wenig  wie  früher.  In  Thespiae  Hess  er  Phoebidas 
zurück.  Bei  einem  Angriff  der  Thebaner  wagte  dieser 
sich  in  der  Verfolgung  zu  weit  vor;  er  selbst  fiel,  seine 
Truppen  wurden  vollständig  geschlagen.  Thespiae  selbst 
konnte  nur  mit  Mühe  bis  zur  Ankunft  einer  stärkeren  spar- 
tanischen Besatzung  gehalten  werden;  denn  hier  wie  in 
allen  boeotischen  Landstädten  stand  die  Menge  mit  ihren  Sym- 
pathien auf  Seiten  der  demokratischen  Thebaner. 

Athens  Böndniss  mit  Theben:  Xen.  V,  4,  34.  Diod.  XV,  29,  7. 
Kephalos:  Dinarch  1.  3S  (vgl.  §.  924  A.).  Thrasybul:  Aeschin.  3,  138, 
vgl.  CIA.  II,  17  ZI.  77.  —  Feldzug  von  378:  Xen.  V,  4,  34-46.  Ages. 
2,  22.  Diod.  XV,  32.  33  (unter  377/6;  die  Angabe  über  die  Stärke  der 
Mora  ist  —  Ephoros  fr.  140  bei  Plut.  Pelop.  16).  Nepos  Chabr.  1.  Po- 
lyaen  IT,  1.  2.  5,  2.  Demoslh.  20.  76.  Aristid.  I,  p.  284.  schol.  p.  281. 

Der  zweite  athenische  Seebund. 

928.  Aber  Athen  verfolgte  ein  höheres  Ziel,  als  Theben 
zu  retten  und  sich  der  von  Sparta  drohenden  Gefahr  zu  er- 
wehren. Jetzt  war  der  Moment  gekommen ,  das  Programm 
auszuführen,  welches  Isokrates  zwei  Jahre  zuvor  der  Welt 
verkündet  hatte.  Während  des  Winters  378/7  legte  Athen 
in  Gonferenzen  mit  seinen  alten  Bundesgenossen  (§.  806)  Chios, 
Mytilene,  Methymna,  Rhodos,  Byzanz  und  mit  Theben  die 
grundlegenden  Satzungen  eines  neuen  Bundes  fest.  Die  Wieder- 
aufnahme der  nationalen  Ziele  der  Perserkriege  musste  frei- 
lich auf  die  Zukunft  vertagt  werden:  der  König  von  Asien 
war  zur  Zeit  für  Athen  wie  für  jeden  anderen  griechischen 
Staat  unantastbar,  und  gerade  jetzt  hielt  Athen  es  für  rath- 


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Gründung  des  zweiten  athenischen  Seebundes. 


381 


sam,  ihn  sich  durch  Ueberlassung  des  Iphikrates  für  den 
aegyptischen  Feldzug  (§.  900)  zu  verpflichten.  Auch  sonst  ver- 
zichtete Athen  auf  alle  Aspirationen  der  Grossmachtspolitik ; 
der  neue  Bund  sollte  nicht  eine  Wiederherstellung  des  Reichs 
der  Zeit  des  Kleon  und  Alkibiades  sein,  wie  sie  Thrasybul  im 
J.  389  versucht  hatte,  sondern  eine  Ruckkehr  zu  den  ur- 
sprünglichen Ordnungen  des  delischen  Bundes  aus  der  Zeit 
des  Aristides,  von  denen  Athen  zu  seinem  Verderben  abge- 
wichen war.  Der  Königsfriede  musste  die  Grundlage  der  Neu- 
ordnung Griechenlands  bleiben,  im  Inneren  wie  nach  aussen. 
Aber  seine  Bestimmungen  wurden  gerade  von  der  Macht, 
welche  sich  für  seinen  Garanten  ausgab,  Jahr  für  Jahr  mit 
Füssen  getreten.  So  erging  denn  im  März  377  der  Aufruf 
an  alle  Hellenen  und  Barbaren,  soweit  sie  nicht  durch  den 
Frieden  dem  König  überlassen  waren,  sich  mit  Athen  und 
seinen  Bundesgenossen  zu  verbinden,  »damit  die  Spartaner  die 
Griechen  frei  und  autonom  in  Ruhe  leben  lassen,  in  sicherem 
Besitz  ihres  Gebietst.  Die  Verbündeten  schlössen  sich,  im 
Anschluss  an  den  Vertrag  mit  Chios  (§.  890),  zu  einem  Staaten- 
bunde zusammen  und  hielten  jedem,  der  wollte,  den  Beitritt 
offen.  Athen  erhielt  die  politische  Führung  und  das  militä- 
rische Gommando;  aber  alle  Missstände  des  alten  Reichs,  über 
die  die  Bündner  sich  mit  Recht  beschwert  hatten,  wurden 
verfehmt,  und  der  Bund  durch  starke  Garantien  gegen  ihre 
Wiederkehr  geschützt.  Eine  ständige  Versammlung  von  Dele- 
girten  der  Bundesstaaten  (oovsfyot)  tagt  in  Athen,  legt  ihre 
Beschlüsse  dem  athenischen  Volk  vor  und  nimmt  von  diesem 
durch  Vermittelung  des  Vorsitzenden  des  Raths  Antrage  ent- 
gegen. Athen  selbst  hat  in  diesem  Bundesrath  weder  Sitz  noch 
Stimme,  sondern  fasst  seine  Beschlüsse  selbständig  und  kann 
die  Anträge  der  Bündner  annehmen  oder  verwerfen.  So  soll  jede 
Vergewaltigung  vermieden  werden;  die  Bundesgenossen  ins- 
gesammt  stehen  den  Athenern  als  Einheit  gegenüber,  wie  im 
delischen  Bunde  (§.  277),  aber  beide  Theile  sind  darauf  an- 
gewiesen sich  zu  einigen,  wie  in  einem  modernen  Staat  Krone 
und  Parlament.  Nur  gemeinsam  können  sie  Krieg  und  Frieden 


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382 


IV,  0.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


beschliessen.  Die  Aufnahme  neuer  Mitglieder  erfolgt  durch 
übereinstimmende  Beschlüsse;  den  Eid  nehmen  und  leisten 
sowohl  die  Beamten  Athens  wie  die  Delegirten.  Alle  Ueber- 
griffe  Athens  sind  verpönt,  die  Intervention  in  Verfassungs- 
fragen, die  Entsendung  von  Garnisonen  und  Aufsichtsbeamten; 
seine  Verfassung  kann  jeder  Staat  einrichten,  wie  er  Lust  hat. 
Ebenso  fällt  der  Gerichtszwang  fort;  für  Processe  zwischen 
Athenern  und  Bündnern  *wird  bei  höheren  Beträgen  die  Ueber- 
weisung  an  das  Gericht  einer  vereinbarten  Stadt  (sxxXtjtoc 
7röXic)  vorgeschrieben.  Feierlich  verzichtet  Athen  auf  alle  An- 
sprüche auf  Landbesitz  in  den  verbündeten  Gemeinden,  welche 
dem  Staat  und  seinen  Bürgern  aus  den  Zeiten  des  Reichs 
zustanden  und  deren  Wiedergewinnung  ein  wesentlicher  An- 
trieb zu  der  Eroberungspolitik  des  letzten  Krieges  gewesen  war 
(§.  86(3);  die  darauf  bezüglichen  Urkunden  sollen  vernichtet 
werden.  Ja  man  ging  noch  darüber  hinaus:  »Vom  J.  378,7 
an  soll  es  keinem  Athener,  weder  einem  Privatmann  noch 
dem  Staat,  gestattet  sein,  im  Gebiet  der  Bündner  ein  Haus 
oder  ein  Grundstück  zu  erworben ,  sei  es  durch  Kauf  oder 
durch  Hypothek  oder  wie  sonst.«  Wer  sich  dagegen  vergeht, 
soll  vor  das  Gericht  der  Bundesversammlung  gestellt  werden; 
und  wenn  irgend  Jemand  einen  Antrag  gegen  die  Grund- 
satzungen des  neuen  Bundes  einbringt,  verpflichtet  sich  Athen, 
ihn  als  Hochverräther  von  einem  Gericht  von  Athenern  und 
Bundesgenossen  aburtheilen  zu  lassen.  Nur  die  Verpflichtung 
haben  alle  Verbündeten  übernommen,  jeden  Angriff  auf 
einen  von  ihnen  gemeinsam  abzuwehren:  der  Bund  trägt  zu- 
nächst die  Form  einer  Defensivallianz,  wie  ehemals  gegen  die 
Perser,  so  jetzt  gegen  Sparta.  Aber  thatsächlich  geht  er  unter 
den  gegenwärtigen  Verhältnissen  sofort  in  ein  Schutz-  und 
Trutzbündniss  über:  in  einer  aus  dem  J.  375  erhaltenen  Eides- 
formel schwören  die  Athener  —  und  vermutlich  war  diese 
Formel  von  Anfang  an  festgesetzt  — :  »betreffs  Kriegs  und 
Friedens  werde  ich  thun,  was  die  Majorität  der  Bundesgenossen 
beschliesst,  und  auch  alles  andere  thun  nach  den  Beschlüssen 
der  Bundesgenossen,«  während  die  neu  zutretende  Gemeinde 


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Satzungen  des  neuen  Seebundes. 


:$83 


schwört,  in  allem  »den  Beschlüssen  der  Athener  und  der 
Bundesgenossen«  zu  folgen.  Dass  beide  stets  harmonisch 
Hand  in  Hand  gehen,  ist  dabei  selbstverständliche  Vor- 
aussetzung-. —  Zum  Kriegführen  brauchte  man  Truppen  (jetzt 
vorwiegend  Söldner),  Schiffe  und  vor  allem  anderen  Geld, 
die  man  dem  Vorort  zur  Verfügung  stellen  musste.  Es 
kann  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  die  Höhe  der  Contingente 
und  der  Beiträge  —  für  die  man,  um  den  alten,  gehässige 
Erinnerungen  weckenden  Namen  »Abgaben«  ('fokoot)  zu  ver- 
meiden, die  wohlklingende  Bezeichnung  »Beisteuern«  (sovidSetc) 
wählte  —  zunächst  vom  Bundesrath  festgesetzt  wurde,  wenn 
auch  im  Zusammenwirken  mit  Athen  und  seinen  Executiv- 
beamten,  den  Strategen,  und  vermuthlich  hatten  diese  ihm  auch 
Rechnung  zu  legen;  aber  unvermeidlich  war  es,  dass  that- 
sächlich  wenigstens  in  Kriegszeiten  —  und  eine  Friedensepoche 
hat  der  neue  Bund  niemals  erlebt  —  die  Bestimmung  mehr 
und  mehr  in  die  Hände  Athens  fiel,  zumal  man  ihm  die  Bei- 
treibung nothgedrungen  überlassen  musste.  Denn  der  Bund 
hatte  keine  Executivorgane  und  konnte  keine  haben,  sondern  war 
dafür  ausschliesslich  auf  Athen  und  seine  Beamten  angewiesen. 

Die  wichtigste  zusammenfassende  Arbeit  ist  Bu«olt,  Der  zweite 
athenische  Bund,  1874  (Fl.  Jahrb.  VII.  Suppl.-Bd.);  daneben  die  Dar- 
stellungen in  den  Geschichtswerken  und  Handbüchern  der  Staatsalter- 
tbömer,  und  viele  Einzeluntersuchungen,  vor  allem  Swobo-a,  Rhein.  Muf. 
49,  339  ff.  und  Lipsiis,  Ber.  sächs.  Ges.  1898,  146  ff.  [dessen  Ansicht, 
dass  Athen  allein  das  Recht  hatte,  neue  Mitglieder  aufzunehmen,  ich 
aber  nicht  für  richtig  halten  kann].  —  Betreffs  der  erhaltenen  Urkunden 
ist  scharf  zu  betonen,  dass  wir  keine  Beschlüsse  und  Urkunden  des 
Bundes  besitzen,  sondern  nur  solche  Athens.  So  ist  auch  das  Psephisma 
des  Aristoteles  aus  dem  Marz  377  (CIA.  II,  17.  DS.  80)  nicht  etwa  das 
Grundgesetz  des  Bundes,  sondern  ein  Beschluss  des  Volks  von  Athen, 
durch  den  dieses  die  Bedingungen  sanetionirt,  zu  denen  es  sich  beim 
Abscbluss  des  damals  bereits  constituirten  Bundes  verpflichtet  hat.  Ueber 
die  meisten  organischen  Einrichtungen  des  Bundes  erhalten  wir  durch 
die  attischen  Urkunden  nur  nebenbei  oder  auch  gar  nicht  Ausschluss, 
t.  B.  Ober  die  eovtdSstc  fehlen  alle  Nachrichten  [vielleicht  bezog  sich 
CIA  II,  17c  Suppl.  p.  10  auf  die  Beitreibung  der  Bundessteuern];  es  ist 
aber  verkehrt,  das  Verfahren  Athens  in  späterer  Zeit,  und  nun  gar  nach 


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384  IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


855,  als  bei  der  Gonstituirung  eingeführt  zu  betrachten.  So  richtig  Be- 
loc», Gr.  Gesch.  II,  239,  dessen  Benennung  »der  dritte  attische  Seebund« 
aber  irrefflhrend  und  historisch  falsch  ist.  Thrasybul  hat  389  nur  das 
alte  Reich  nach  freiwilliger  oder  gezwungener  Unterwerfung  der  Rebellen 
wieder  herstellen  wollen,  so  wie  es  vor  405  bestand ;  erst  der  Bund  von 
377  ist  etwas  Neues.  —  Die  angeführte  Eidesformel  stammt  aus  dem 
Vertrag  mit  Korkyra  CIA.  II,  49  b  Suppl.  p.  14.  DS.  84.  —  Xenophon 
verschweigt  die  Gründung  des  Bundes,  obwohl  er  nachher  bei  ihm  auf- 
taucht; er  erwähnt  V,  4,  34  nur  die  Flottenrüslung.  Diodor  XV,  28.  29,  7 
gibt  die  Entwickelung  im  wesentlichen  richtig,  wenn  auch  an  falscher 
Stelle,  vor  dem  Handstreich  des  Sphodrias,  im  Zusammenhang  mit  der 
§.  924  A.  besprochenen  Fälschung;  zu  seinen  Angaben  stimmt  die  Eintragung 
der  Bflndner  in  CIA.  II,  17  [vgl.  §.  896  A.].  Beitritt  des  schon  mit  Athen  ver- 
bündeten Methymna  CIA.  II,  18  b  Suppl.  p.  10.  DS.  82.  Verhandlungen  mit 
Theben  und  Mytilene  CIA.  II,  18.  —  Zum  Programm  des  Bundes  Isokr. 
Plat.  17.  Verzicht  auf  die  Kleruchien  ib.  44  (vgl.  paneg.  114).  Dass  die- 
jenigen, welche  vor  Nausinikos'  Archontat  überseeischen  Grundbesitz  er- 
worben  hatten,  ihn  jetzt  aufgeben  mussten,  ist  CIA.  II,  17  nicht  gesagt, 
ja  eigentlich  durch  den  Wortlaut  ausgeschlossen;  es  können  das  aber 
schwerlich  viele  gewesen  sein.  —  Zur  Gerichtsbarkeit  vgl.  Szanto,  MAI. 
XVI,  30  ff.  und,  ihn  zum  Theil  berichtigend,  Lipsius  1.  c.  Die  Urkunden 
über  Keos  CIA.  II,  54  b  Suppl.  p.  15.  DS.  101  und  II,  546  ZI.  20  f.  [vgl. 
Köhler,  MAI.  II,  150]  und  Naxos  CIA.  II,  88  d  p.  29  beweisen,  dass  Athen 
auch  diesmal  nach  Rebellionen  den  Gerichtszwang  eingeführt  hat  (§  967). 
Aber  die  Formulirung  54  b,  ZI.  49,  dass  der  Process  stattfinden  soll  iv 
Tg  sxxKyjTü)  k<5).bi  'AiHjVYjS:  (vgl.  ZI.  74)  zeigt,  dass  die  ursprüngliche  Vor- 
schrift die  Ueberweisung  an  eine  exxXr^o;  itöXtc.  gewesen  ist;  es  ist 
sehr  charakteristisch  für  die  Art,  wie  Athen  scheinbar  das  Bundesrecht 
wahrt,  während  es  thatsächlich  die  Autonomie  aufhebt,  dass  die  alte 
Formel  beibehalten,  aber  durch  den  ihren  Sinn  aufhebenden  Zusatz 
'AJhqvq«  die  Ueberweisung  nach  Athen  obligatorisch  gemacht  wird. 

929.  Auch  der  neue  Bund  verläugnet  den  Charakter  seiner 
Zeit  nicht.  Sein  Antlitz  ist  rückwärts  gewandt,  nicht  vor- 
wärts; er  verdammt  die  Bestrebungen  zur  Schöpfung  einer 
starken  und  einheitlichen  staatlichen  Macht,  wie  sie  gleich- 
zeitig in  Olynth  und  Theben  zu  dem  Versuche  der  Gründung 
eines  Einheitsstaats  führten,  und  sieht  sein  Ideal  in  den 
Bildungen  einer  längst  vergangenen  Zeit,  die  von  der  Ge- 
schichte nur  zu  rasch  als  unhaltbar  erwiesen  waren.  Darin 
liegt  seine  innere  Schwäche :  indem  er,  wie  jede  Restauration, 
ein  theoretisches  Ideal  verwirklichen  will,  geräth  er  in  Wider- 


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Charakter  des  neuen  Seebundes.   Schätzung  in  Athen.  385 


spruch  mit  den  im  realen  Leben  dominirenden  Gewalten  und 
sieht  sich  alsbald  gezwungen,  ihnen  nachzugeben  und  in  der 
Praxis  seine  Principien  zu  verläugnen.  Ein  Bund,  wo  Recht 
und  Macht  so  ungleich  vertheilt  sind,  kann  auf  die  Dauer 
nicht  bestehen.  So  ist  auch  Athen  nur  zu  bald  in  die  alten 
Bahnen  gedrängt  worden,  trotz  alles  Idealismus;  und  der  da- 
durch hervorgerufene  Rückschlag  war  alsdann  um  so  stärker, 
da  es  nicht  mehr  wie  ehemals  die  Macht  besass,  die  Bündner 
auf  die  Dauer  unter  seinen  Willen  zu  zwingen.  —  Aber  idea- 
listisch gedacht  war  das  Unternehmen  allerdings.  Wenn  es 
hohe  Anerkennung  verdient,  dass  die  Bundesgenossen,  und 
zwar  zunächst  meist  von  den  gegenwärtigen  Händeln  weit 
abgelegene  Städte  und  Inseln,  trotz  aller  Erfahrungen  der 
Vergangenheit  sich  noch  einmal  Athens  Vormacht  gefügt 
haben,  so  gereicht  es  Athen  nicht  minder  zur  Ehre,  dass 
die  ärmere  Bevölkerung  sich  bereit  erklärte,  definitiv  auf 
die  Hoffnung  zu  verzichten,  wie  ihre  Väter  auf  Kosten  der 
Bündner  leben  zu  können,  und  dass  die  Reichen  sich  noch  ein- 
mal neue  schwere  Lasten  auferlegten.  Schon  in  den  Friedens- 
jahren  muss  der  Bestand  der  athenischen  Flotte  beträchtlich 
vermehrt  worden  sein;  jetzt  beschloss  Athen,  10,000  Soldaten 
(natürlich  vorwiegend  Söldner)  ins  Feld  zu  stellen  und  100 
Trieren  zu  bemannen,  und  traf  Anstalten  zu  einer  raschen 
und  ständigen  Vermehrung  der  Flotte,  die  in  den  nächsten 
Jahren  trotz  des  Kriegs  durchgeführt  wurde.  Um  für  die 
finanziellen  Leistungen  der  Bürgerschaft  eine  feste  Grundlage 
zu  gewinnen,  wurde  der  gesammte  Besitz  der  Bürgerschaft 
(und  der  Metoeken),  Immobilien  und  Mobilien,  eingeschätzt; 
die  Schätzung  ergab  einen  Gesammtbetrag  von  5750  Ta- 
lenten (31,280,000  Mark).  Auf  Grund  derselben  wurde  die 
Bürgerschaft  in  Steuerbezirke  (Symmorien)  getheilt,  welche 
die  Vermögenssteuer  aufzubringen  hatten;  die  Vertheilung  ge- 
schah jetzt  auf  Grund  der  Schätzung,  nicht  mehr  nach  den 
seit  dem  dekeleischen  Kriege  für  finanzielle  Zwecke  völlig  un- 
brauchbar gewordenen  (§.  713),  aber  vom  Staatsrecht  immer 
noch  beibehaltenen  solonischen  Steuerclassen. 

Hey  er.  Geschichte  des  Alterthums.  V.  25 


,386  IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens 


Schätzung  unter  Nausinikos:  Philocb.  fr.  126  (Harpokr.  aofj.ftof.tou); 
Betrag  der  Schätzung:  Polyb.  II.  62,  6.  Demostb.  14,  19;  zur  Erklärung 
Bbloch,  Hermes  XX,  237.  XXII,  371,  gegen  die  unhaltbaren  Deutungen 
von  Boeckh  und  Roibertus.  Heer  und  Flotte:  Polyb.  U,  62,  5.  Diod. 
XV,  29,  7  gibt  20.000  Hopliten  [ein  grosser  Theil  waren  aber  Peltasten !], 
500  Reiter,  200  Schiffe.  —  Die  Pentakosiomedimnen  finden  sich  noch 
im  J.  387/6  in  einem  Beschluss  Ober  eine  Kleruchie  CIA.  II.  14  ZI.  12; 
ihr  Fortbestehen  im  Staatsrecht  lehrt  Aristot.  pol.  Ath. ;  vgl.  Isaeos  7. 
39  liticdoa  ttX<üv  (3f>4/3). 

930.  Unter  den  Staatsmännern,  welche  die  neue  Rich- 
tung der  attischen  Politik  geleitet  haben,  beginnt  neben  den 
alten  Häuptern  der  thebanisch  gesinnten  Partei,  Kephalos  und 
Thrasybulos,  jetzt  der  Schwestersohn  des  Agyrrhios,  Kallistratos 
von  Aphidnae,  eine  leitende  Stellung  zu  gewinnen.  Die  mili- 
tärische Führung  fiel  dem  Chabrias  zu,  der  sich  im  letzten  Feld- 
zug so  vortrefflich  bewährt  und  als  dem  in  Aegypten  abwesenden 
Iphikrates  mindestens  ebenbürtig  erwiesen  hatte.  Iphikrates 
hatte  sich  aus  niederen  Verhältnissen  emporgearbeitet  und  im 
korinthischen  Kriege  seinen  militärischen  Ruhm  begründet; 
zeitlebens,  auch  seitdem  er  zu  grossem  Wohlstand  gelangt  war 
und  Schlösser  in  Thrakien  besass  (§.  896),  bewahrte  er  die  Hal- 
tung des  ächten  Berufssoldaten,  streng  gegen  sich  und  gegen 
andere.  Chabrias  dagegen,  einer  reichen  Familie  entstammend, 
war  eine  leichtlebige  Natur,  den  Genüssen  des  Lebens  nicht  ab- 
hold und  auch  den  geistigen  Interessen  zugethan  —  das  be- 
weist seine  Freundschaft  mit  Plato.  Gern  Hess  er  sich  gehen; 
seinen  Reichthura  verwendete  er  wie  die  Staatsmänner  des 
fünften  Jahrhunderts  zu  glänzenden  Festen  und  Spenden  an 
das  Volk;  auch  Rennpferde  hat  er  gehalten  und  im  J.  374 
einen  Sieg  bei  den  Pythien  seinen  Siegen  im  Felde  ange- 
reiht. In  der  Schlacht  zeigte  er  den  klaren  Blick  des  Feld- 
herrn, der  die  Verhältnisse  richtig  beurtheilt,  und  daneben 
einen  frohen  Kampfesmuth,  der  es  dem  tapfersten  seiner  Sol- 
daten zuvorthat.  Neben  ihm  tritt  jetzt  Timotheos  hervor,  der 
Schüler  des  Isokrates  (§.  923),  der  Erbe  des  grossen  auf 
Cypern  erworbenen  Vermögens  Konons.  Er  erstrebte  ein 
höheres  Ziel  als  seine  Rivalen;  wie  Perikles,  Alkibiades, 


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Die  leitenden  MSnner.    Iphikrates,  Chabrias,  Timotheos.  387 

Thrasybul,  wie  sein  eigener  Vater  wollte  er  nicht  nur  der 
Feldherr,  sondern  auch  der  leitende  Staatsmann  der  neuen 
Grossmacht  sein.  Im  Kriege  und  in  der  äusseren  Politik, 
namentlich  in  der  Behandlung  der  Bündner  und  in  der  Kunst, 
ohne  Gewaltsamkeit  Geld  zu  beschaffen,  erwies  er  sich  seiner 
Aufgabe  gewachsen.  Aber  ihm  fehlte  die  Gabe,  das  athenische 
Volk  richtig  zu  behandeln;  hochfahrend  und  verschlossen  sah 
er  auf  die  Menge  herab,  und  die  Demagogen  durch  ein 
schmeichelndes  Wort  zu  gewinnen  oder  wenigstens  nach 
Nikias'  Art  ihnen  den  Mund  zu  stopfen  hielt  er  unter  seiner 
Würde.  —  Schon  für  das  Jahr  378  7  waren  neben  Chabrias 
auch  Timotheos  und  Kallistratos  zu  Strategen  gewählt  worden; 
Chabrias  leitete  damals  die  Vertheidigung  Thebens.  Jetzt,  gleich 
nach  der  Gründung  des  Bundes,  ging  er  nach  Euboea,  wo 
alle  Städte  ihn  mit  Begeisterung  als  Befreier  aufnahmen  bis  auf 
das  ehemals  von  Athen  so  arg  misshandelte  Hestiaea,  in  dem 
überdies  eine  spartanische  Besatzung  lag  (§.  802).  Des  wei- 
teren traten  die  kleineren  Inseln  im  Norden  bei,  wie  Pepa- 
rethos  und  Skiathos,  ferner  die  thrakischen  Städte  Perinthos, 
ohne  Zweifel  durch  den  Einfluss  von  Byzanz,  und  Maronea, 
sowie  vielleicht  Tenedos.  Die  Kykladen  dagegen  blieben  noch 
unter  spartanischer  Herrschaft. 

Kallistratos:  Demosth.  24,  135.  Theopomp  fr.  U7 ;  vgl.  Plut.  de 
gen.  Socr.  31.  —  Lieber  Chabrias'  Persönlichkeit  Plut.  Phoc.  6.  Nepos 
Chabr.  3.  Demosth.  20,  *2.  09,  33.  Hyperid.  fr.  137  Blass.  Plut.  apophth. 
Cbabr.  2.  Diog.  L.  III,  24.  Leber  Timotheos  Isokr.  15,  130  IT.  —  Theo- 
pomp hat  in  seinen  Charakteristiken  wie  immer  masslos  übertrieben 
(Nepos  Iph.  3.  Chabr.  4  =  fr.  117  bei  Athen.  XII,  5^2  h).  —  Die  Stra- 
tegen von  37 "\ 7:  Diod.  XV,  29,  7.  —  Erste  Erweiterung  des  Bundes: 
Diod.  XV.  30,  in  Uebereinstimmung  mit  dem  Verzeichniss  CIA.  II,  17, 
wo  Fabriciub,  Rhein.  Mus.  46,  506  f.  die  verschiedenen  Hände  genau  ge- 
schieden hat.  Weihgeschenk  der  Euboeer  Iv\3osi?  s/.sufrspiofHvtJi;  ectt- 
fdvtuw  tiv  o/jjxov  Demosth.  22,  72.  24,  180.  Nach  Plut.  de  glor.  Ath.  8 
hätte  Timotheos  Euboea  befreit,  nicht  Chabrias,  wie  Diodor  angibt. 


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388 


IV,  C.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


Der  Landkrieg.    Der  boeotische  Einheitsstaat, 
lason  von  Pherae. 

931.  Sparta  suchte  der  Propaganda  Athens  durch  Ge- 
sandtschaften entgegenzuwirken;  als  seine  nächste  Aufgabe 
aber  betrachtete  es  mit  Recht  die  Bezwingung  Thebens.  Im 
Sommer  377  ruckte  Agesilaos  zum  zweiten  Mal  in  Boeotien 
ein.  Die  Thebaner  und  Athener  unter  Chabrias  wiederholten 
die  Taktik  des  letzten  Feldzug?.  Auch  diesmal  hat  Agesilaos 
in  raschem  Ueberfall  die  Pallisadenkette  durchbrochen  und 
das  thebanische  Gebiet  weithin  verwüstet.  Aber  so  geschickt 
er  operirte,  eine  Feldschlacht  konnte  er  nicht  erzwingen.  Ein- 
mal wäre  es  ihm  beinahe  gelungen,  durch  einen  Seiten  marsch 
das  von  Vertheidigern  entblösste  Theben  zu  überfallen;  als 
aber  das  thebanische  und  athenische  Heer  im  Eilmarsch  aus 
der  festen  Stellung,  in  der  es  ihn  erwartet  hatte,  herbeikam 
und  den  JCampf  aufnahm ,  wurden  die  spartanischen  Reiter 
und  Skiriten ,  welche  sich  ungestüm  vorgewagt  hatten ,  zu- 
rückgeworfen. Die  Schlappe  war  trotz  des  geringen  Verlustes 
an  Menschenleben  für  Sparta  äusserst  empfindlich ;  sie  bewies, 
dass  es  seiner  taktischen  Ueberlegenheit  nicht  mehr  sicher  war. 
Einen  neuen  Kampf  lehnten  die  Feinde  auch  diesmal  ab; 
Agesilaos  musste  sich  nach  Thespiae  zurückziehen.  Die  ver- 
folgenden Pcltasten  wurden  von  den  olynthischen  Reitern  ge- 
schlagen; aber  Agesilaos  konnte  nichts  mehr  ausrichten  und 
trat  wie  im  vorigen  Jahr  den  Heimweg  an.  —  Der  ergebniss- 
lose Verlauf  der  beiden  Feldzüge  bedeutete  für  Sparta  fast  so 
viel  wie  eine  Niederlage.  Die  Feinde  halten  sich  nicht,  wie 
fünfzig  Jahre  zuvor  die  Athener,  hinter  die  Mauern  zurück- 
gezogen, sondern  das  Feld  behauptet  und  kleine  Erfolge  er- 
rungen. Die  Bundesgenossen  waren  sämmtlich  noch  botmässig 
und  leisteten  Heeresfolge,  selbst  die  Olynthier,  aber  sie  waren 
unlustig  und  aufsässig.  Ein  rascher  Erfolg  hätte  sie  mit  fort- 
gerissen; die  resultatlosen  Operationen  brachten  das  Bewusst- 
sein  zum  Durchbruch,  dass  sie  nicht,  wie  ehemals  gegen  Athen, 
für  die  eigene  Sache,  sondern  für  eine  fremde  und  ungerechte 


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Agesilaos  in  Boeotien.    Erfolge  der  Thebaner  und  Athener.  389 


Zwingherrschaft  kämpften.    Nur  mit  Mühe  konnte  Agesilaos 
sie  dazu  bringen,  das  thebanische  Gebiet  zu  verheeren  und 
die  Bäume  umzuhauen;  und  schon  wurden  Stimmen  laut, 
dass  die  spartanischen  Truppen  nur  einen  kleinen  Theil  des 
Heeres  ausmachten  —  worauf  Agesilaos  ihnen  allerdings  drastisch 
vor  Augen  führte,  dass  seine  Mannschaften  sämmtlich  Krieger 
von  Beruf,  die  ihrigen  zum  Kriegsdienst  gepresste  Handwerker 
seien.    Den  Thebanern  wuchs  der  Muth;  allerdings  hatten 
sie  unter  der  Verwüstung  ihrer  Felder  schwer  zu  leiden  und 
konnten  nur  mit  Mühe  aus  Thessalien  Zufuhr  beziehen,  da  der 
Landweg  durch  Orchomenos  und  die  Phoker  gesperrt  war  und 
die  spartanische  Besatzung  in  Hestiaea  die  See  beherrschte.  Aber 
mit  Recht  haben  die  Zeitgenossen  die  Invasionen  des  Agesilaos 
als  die  Kriegsschule  Thebens  bezeichnet :  die  Bürgerschaft  lernte 
sich  fühlen  und  gewann  das  Vertrauen,  im  Felde  den  Feinden  ge- 
wachsen zu  sein.  Schon  bei  Delion  hatte  die  tiefe  Aufstellung 
des  thebanischen  Hoplitencorps  die  Entscheidung  gebracht 
(§.  590) ;  jetzt  gab  Gorgidas  dem  ersten  Gliede  grössere  Festig- 
keit, indem  er  es  aus  800  auserwählten,  in  fester  Freund- 
schaft bis  zum  Tod  verbundenen  Bürgern  bildete.  Diese  »hei- 
lige Schaar«  hat  dann  Pelopidas  nach  dem  Siege  bei  Tegyra 
(§.  932)  als  selbständigen  Truppenkörper  formirt,  der  den  Kern 
der  Phalanx  bildete.  Theben  konnte  der  Zukunft  mit  Vertrauen 
entgegen  sehen.  Es  kam  hinzu,  dass  Agesilaos  auf  dem  Rück- 
marsch in  Megara  schwer  erkrankte  und  Jahre  lang  kein 
Commando  wieder  übernehmen  konnte.  Als  im  Frühjahr  376 
Kleombrotos  in  Boeotien  einrücken  wollte,  hatten  die  Thebaner 
die  Kithaeron passe  besetzt,  die  Agesilaos  sich  jedesmal  vor- 
her gesichert  hatte.  Kleombrotos,  der  wie  sein  Bruder  (§  889) 
die  Politik  des  Agesilaos  im  Herzen  missbilligte,  wagte  nicht, 
sie  zu  stürmen;  er  gab  den  Feldzug  auf  und  entliess  sein 
Heer.  —  Ueberdies  war  schon  im  Herbst  377  Hestiaea  durch 
die  Sorglosigkeit  des  spartanischen  Commandanten  Alketas 
von  der  gefangenen  Rudermannschaft  zweier  thebanischer 
Schiffe,  die  sich  frei  machte,  besetzt  worden.    Damit  hatte 
Theben  auch  die  See  und  die  Zufuhr  frei. 


390 


IV,      Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


Spartanische  Gesandtschaften:  Diod.  XV,  28,  4.  Feldzug  von  377: 
Xen.  V,  4,  47  fT.  Diod.  XV,  34.  Polyaen  II,  1,  7  (=  Plu\  Ages.  26).  11. 
18.  20.  21.  25.  Xenophons  äusserst  gezierte  Darstellung  lässt  deutlich  er- 
kennen, wie  empfindlich  die  Schlappe  für  Agesilaos  gewesen  ist.  —  Hei- 
lige  Schaar:  Plut.  Pelop.  18  f.  Polyaen  II.  5,  1.  Athen.  XIII  5G1  f  u.  a. 
—  Hestiaea:  Xen.  V,  4,  56.  Polyaen  II,  7  [von  Diod.  XV,  SO,  5  über- 
gangen].   Kleombrotos:  Xen.  V,  4,  59;  vgl.  Polyb.  IX,  23,  7. 

932.  Jetzt  hatte  Theben  gegen  Boeotien  freie  Hand/  In 
der  Stadt  hatte  die  Demokratie  die  volle  Herrschaft  ge- 
wonnen; die  spartanisch  gesinnten  Oligarchen  waren  er- 
schlagen oder  verbannt,  ihr  Vermögen  confiscirt.  Die  Folge 
war,  dass  die  Demokraten  Boeotiens  überall  den  Anschluss 
an  Theben  ersehnten,  und  vielfach  bereits  nach  Theben 
auswanderten;  in  Thespiae  wäre  es  bei  Agesilaos'  Rück- 
zug 377  beinahe  zum  Bürgerkrieg  gekommen.  Die  theba- 
nische  Demokratie  hatte  mit  der  Bestellung  von  Boeotarchen 
(§.  924)  das  Programm  der  Einigung  Boeotiens  unter  Theben 
sofort  wieder  aufgenommen,  aber  diesmal  nicht  mehr  in 
der  Form  des  alten  Bundesstaates,  sondern  eines  Einheits- 
staates nach  dem  Muster  Olynths.  Alle  Städte  sollen  ihre 
Selbständigkeit  verlieren  und  zu  Dörfern  nach  Art  der  atti- 
schen Demen  degradirt  werden;  auch  Theben  selbst  geht  in 
den  boeotischen  Einheitsstaat  auf,  wenn  es  auch  Sitz  der 
Regierung  und  der  Volksversammlung  bleibt,  wie  Athen  und 
Olynth.  Daher  hat  Theben  auch  die  locale  Münzprägung  auf- 
gehoben; der  neue  Staat  prägt  nur  noch  Münzen  mit  seinem 
Wappen,  dem  boeotischen  Schild,  und  dem  Namen  des  prä- 
genden Boeotarchen,  aber  ohne  Stadtnamen.  Die  alte,  auf  die 
Bundesstädte  Rücksicht  nehmende  Zahl  von  11  Boeotarchen 
wird  auf  7  reducirt,  und  diese  aus  der  Gesammtheit  gewählt.  — 
Nach  dem  Scheitern  der  spartanischen  Invasion  konnte  Theben 
an  die  Ausführung  des  Programms  gehen,  unter  Führung  von 
Gorgidas,  Pelopidas,  Charon.  Noch  behaupteten  in  allen  Land- 
städten die  Oligarchen  das  Regiment,  gestützt  auf  die  spartani- 
schen Besatzungen  und  Harmosten ;  aber  seitdem  nach  der  Sper- 
rung des  Kithaeron  die  Verbindung  mit  dem  Peloponnes  nur  noch 
zur  See,  über  Kreusis  am  korinthischen  Golf  oder  durch  Pho- 


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Der  boeotiscbe  Einheitsstaat.   Unterwerfung  der  Landstädte.  391 

kis,  offen  war,  wurde  ihre  Stellung  stets  schwieriger.  Die 
gleichzeitigen  Seesiege  Athens  (§.  934  f.)  gestatteten  Theben, 
Jahr  für  Jahr  neue  Erfolge  zu  gewinnen.  Charon  siegte  in 
einem  Reitergefecht  bei  Plataeae,  Pelopidas  versuchte  im 
J.  375  einen  Handstreich  auf  Orchomenos  und  schlug  sich, 
als  zwei  spartanische  Moren  ihm  den  Rückweg  verlegten,  bei 
Tegyra  durch  dieselben  durch  —  zwar  sein  Unternehmen 
musste  er  aufgeben,  aber  es  war  der  erste  zweifellose  Sieg  über 
Spartaner  im  offenen  Felde.  Auch  Thespiae  wurde  genommen. 
Zu  Anfang  374  waren  die  meisten  boeotischen  Städte  frei- 
willig oder  gezwungen  dem  Gesammtstaate  beigetreten;  die 
Oligarchen  wurden  beseitigt,  die  Mauern  niedergelegt.  Nur 
Orchomenos  im  Norden  und  Plataeae  im  Süden,  die  alten 
Feinde  Thebens,  hielten  an  Sparta  fest  und  wiesen  jede  Ver- 
bindung ab,  und  auf  Oropos  (§.  936)  legte  Athen  die  Hand 
als  seinen  alten  und  rechtmässigen  Besitz. 

Demokratie  in  Theben:  Polyb.  V]  43.  44,  <>.  Isokr.  14.  35.  Xen. 
V.  4,  46 :  o  jttvto'.  S^o^  i$  aotwv  (kov  iwpiotxt5o>v  t:6Xbu>v)  t!?  ta;  &-r$a$ 
äti/üpv..  Ueber  Thespiae  Xtn.  V,  4,  55.  —  Charon  bei  Plataeae :  Plut. 
Pelop.  25.  Kampf  bei  Tegyra:  Diod.  XV,  37.  81,  2.  Plut.  Pelop.  15,  vgl. 
KallUthenes  fr.  3  (Steph.  Byz.  s.  v.).  —  Dass  Boeotien  unter  Thebena 
Herrschaft  einen  Einbeitastaat  bildete,  hat  W.  Vischkr,  Kl.  Sehr.  344  fT. 
richtig  erkannt  [dagegen  mit  Unrecht  Bbloch,  Gr.  Gesch.  II,  248] ;  s.  Isokr. 
14.  8:  die  Thebaner  ta;  j«v  Uta?  -^uuv  ixaixtov  noXei«  a<paviCooatv ,  rrjs 
oi  assxtpau;  abxöiv  itoMttia«  oMfcv  Stopivoa?  xotvtovriv  ava^x^Coostv ;  14,  9, 
wonach  Tbeapiae  und  Tanagra  gezwungen  sind  oovttXsiv  «t$  tä;  (KjfJac; 
ferner  14.  17.  35.  44.  8,  27.  Diod.  XV,  50,  4:  ol  B^aiot .  . .  oomxov  rrjv 
Bouottav  tv  rjj  xafr'  a6to&<;  \uä  aovteXti'a.  Daher  heissen  die  Thespier  bei 
Xen.  VI,  3,  1  aitoXtSec  ^tvo^vot  (v^-  3>  5  Ö«am4tuv  avotpsat?).  Diodors 
Angabe  XV,  4G,  6,  dass  Thespiae  zerstört  sei  wie  Plataeae,  ist  ein  leicht 
begreifliches  Missveretändniss;  vgl.  Pausan.  IX,  13,  8.  Polyaen  II,  3,  3. 
—  Dass  die  Unterwerfung  der  ictpioixtSt?  noXst;  in  die  J.  87t>  und  875 
fallt,  sagt  Xen.  V,  4.  63  ausdrücklich.  —  Zahl  der  Boeotarcben:  Diod. 
XV,  53,  3.  Pausan.  IX,  13,  6  und  die  Inschriften  IGr.  Sept.  2407  (DS.  99). 
2408;  vgl.  Köhler,  Hermes  24,  636.  —  Oropos:  Isokr.  14,  20. 

933.  Durch  die  Fortschritte  Thebens  wurde  der  Norden 
Griechenlands  den  Einflüssen  Spartas  entzogen.  Dadurch 
wurde  es  dem  thatkräftigen  Tyrannen  Iason  von  Pherae 


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392 


IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


(§.  892)  möglich,  ungestört  seine  Macht  auszudehnen;  binnen 
wenigen  Jahren  hatten  alle  Städte  Thessaliens  mit  Ausnahme 
von  Pharsalos  freiwillig  oder  gezwungen  seine  Oberhoheit  an- 
erkannt, ebenso  eine  Anzahl  von  Nachbarstämmen,  wie  die 
Doloper  und  der  Molosserkönig.  Er  war  eine  Persönlichkeit 
wie  Dionys  von  Sicilien,  ehrgeizig,  tapfer  und  verschlagen, 
ein  tüchtiger  Feldherr,  der  seine  Soldaten  an  sich  zu  fesseln 
verstand,  rastlos  thätig  und  völlig  Herr  seiner  Begierden, 
dabei  gebildet  —  er  war  ein  Schüler  des  Gorgias  —  und 
leutselig  im  Umgang.  Mit  einem  trefflich  geschulten  Corps 
von  üÜOO  auserlesenen  Söldnern  war  er  jedem  Gegner  ge- 
wachsen. Schon  trug  er  sich  mit  höhere] \  Plänen:  er  wollte 
das  alte  thessalische  Gesammtherzogthum  wieder  herstellen 
und  damit  die  legitime  Gewalt  über  alle  Kräfte  des  reichen 
Landes  gewinnen.  Dann  konnte  er  sich  eine  Flotte  schaffen 
und  zu  Lande  und  zur  See  die  Suprematie  über  ganz  Hellas 
gewinnen.  Bereits  gab  er  zu  erkennen,  dass  er  das  Programm 
des  Nationalkriegs  gegen  Persien,  mit  dem  Athen  nur  ge- 
spielt hatte,  ernstlich  aufzunehmen  gedenke,  und  gewann  da- 
durch weithin  die  Sympathien  der  Nation.  Alle  Gegner  Spartas 
traten  mit  ihm  in  Verbindung;  mit  Theben  schloss  er  ein 
Bündniss.  Sparta  war  unfähig,  irgend  etwas  gegen  diese 
Machtentfaltung  zu  thun;  als  Iason  im  J.  ö74  die  Pharsalier 
und  den  über  die  Stadt  gebietenden  Staatsmann  Polydamas, 
der  die  Burg  in  der  Gewalt  hatte  und  die  Finanzen  verwaltete, 
vor  die  Alternative  stellte,  sich  ihm  freiwillig  zu  unterwerfen 
oder  einen  Angriff  zu  gewärtigen,  erklärte  Sparta  selbst  nach 
langer  Berathung,  dass  es  ausser  Stande  sei,  eine  ausreichende 
Macht  nach  Thessalien  zu  schicken.  Darauf  schloss  Polyda- 
mas mit  Iason  ab  und  wurde  von  ihm  in  seiner  herrschen- 
den Stellung  über  die  Stadt  befestigt.  Alsdann  wurde  Iason 
zum  Herzog  (1*70?)  von  Thessalien  erwählt.  Er  stellte  sofort 
die  alte  Steuer-  und  Wehrverfassung  des  Landes,  wie  sie  zu 
Anfang  des  fünften  Jahrhunderts  bestanden  hatte  (§.  211. 
338),  wieder  her.  Die  umwohnenden  Gebirgsstämme  (Per- 
rhaeber,  Magneten,  Achaeer,  Bd.  II,  189)  hatten  Tribut  zu 


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Iason  von  Pherae.  —  Schlacht  hei  Naxos.  393 

zahlen;  das  Gesammtaufgebot  der  Thessaler  wurde  auf 
8000  Reiter  und  20,000  Hopliten  festgestellt,  dazu  Peltasten  in 
beliebiger  Anzahl.  Das  war  eine  Macht,  wie  sie  ausser  Dionys 
jetzt  kein  anderer  griechischer  Staat  mehr  aufbringen  konnte. 

Ueber  Iason  Xen.  Hell.  VI,  1.  Die  Anekdoten  bei  Polyaen  VI.  1 
bieten  leider  äusserst  wenig.  —  Schüler  des  Gorgias  Pausan.  VI,  17,  9. 
Aussprüche:  Arist.  pol.  III,  2,  6.  Plut.  de  sanit.  praec.  24.  Beziehungen 
zu  Theben  (Epaminondas)  auch  Xen.  VI,  4.  20.  Plut.  apophlh.  Epam.  13. 
—  Plan  des  Perserkriegs  auch  Isokr.  5,  119.  —  Im  allgemeinen  vgl. 
Tropea,  Giasone,  il  tago  della  Tessaglia,  Riv.  di  storia  antica  III,  1898. 

Der  Seekrieg  bis  zum  Frieden  von  374. 

934.  Nachdem  Sparta  die  Hoffnungslosigkeit  des  Land- 
kriegs erkannt  hatte,  machte  es  den  Versuch,  durch  ein  Vor- 
gehen zur  See  gegen  Athen  der  Gegner  Herr  zu  werden.  Im 
Sommer  076  legte  sich  der  Nauarch  Pollis  mit  05  Trieren 
vor  den  Ausgang  des  saronischen  Golfs  —  Aegina  und  die 
Kykladen  hielten  sämmtlich  noch  zu  Sparta  —  und  schnitt  Athen 
die  Zufuhr  ab.  Athen  sah  sich  gezwungen,  mit  der  Flotten- 
rüstung ernst  zu  machen.  Fremde  Matrosen  anzuwerben  war 
unmöglich;  wieder  wie  zur  Zeit  der  Arginusenschlacht  musste 
fast  die  gesammte  Burgerschaft  selbst  das  Ruder  in  die 
Hand  nehmen.  Im  Herbst  376  ging  Ghabrias  mit  83  Trieren 
(16,000  Mann)  in  See  und  griff  Naxos  an,  die  grösste  der 
Kykladen,  um  im  Rücken  der  Feinde  eine  feste  Stellung  zu 
gewinnen.  Pollis  eilte  zum  Entsatz  herbei;  vor  der  Stadt 
kam  es  am  16.  Boedromion  (9.  October)  zu  einer  grossen  See- 
schlacht. Die  Entscheidung  war  hart  umstritten,  der  linke  Flügel 
der  Athener  gerieth  in  arge  Bedrängniss;  schliesslich  aber 
gewann  Ghabrias  den  vollen  Sieg.  24  feindliche  Schiffe  waren 
vernichtet,  8  genommen;  doch  hatten  auch  die  Athener 
18  Schiffe  verloren.  Eine  Verfolgung  wagte  Ghabrias  nicht, 
eingedenk  des  Schicksals  der  Sieger  in  der  Arginusenschlacht ; 
er  wandte  sich  zur  Rettung  der  Schiffbrüchigen.  Trotzdem 
war  der  Sieg  von  weittragenden  Folgen:  er  stellte  mit  einem 


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39  i 


IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


Schlage  die  Herrschaft  Athens  im  Aegaeischen  Meere  wieder  her. 
Der  Reihe  nach  traten  die  Kykladen  dem  attischen  Bunde  bei 
und  lieferten  Schiffe  und  Geld;  die  spartanischen  Besatzungen 
wurden  überall  verjagt,  und  noch  etwa  20  feindliche  Kriegs- 
schiffe aufgebracht.  Mit  49  erbeuteten  Trieren,  3000  Ge- 
fangenen, 100  Talenten  kehrte  Chabrias  nach  Athen  zurück. 
Der  Sieg,  der  erste,  den  Athen  seit  406  wieder  selbst  und 
allein  erkämpft  hatte,  wurde  gefeiert  wie  kaum  je  ein  anderer: 
die  Tage  der  alten  Herrlichkeit  schienen  wieder  anzubrechen. 

Schlacht  bei  Naxos:  Xen.  V,  4.  60  ff.  Diod.  XV,  34  f.  (anter  377,6). 
Plut.  Phoc.  6  f.,  wo  in  der  gewöhnlichen  Uebertreibung  der  Biographien 
dem  Phokion,  der  den  linken  Flügel  commandirt  habe  (im  Widerspruch 
initDodor),  das  Hauptverdienst  zugeschrieben  wird.  Ferner  Demosth. 
20,  77  ff.,  vgl.  24,  180.  Das  Datum  Plut.  Phoc.  6.  Cam.  19.  Polyaen  III, 
11,  2.  Nach  der  Schlacht  sind  die  letzten  CIA.  II,  17  auf  der  Vorder- 
seite verzeichneten  Städte  (Paros,  Athenae  auf  Euboea  und  eine  Reihe 
zerstörter  Namen,  darunter  ohne  Zweifel  Naxos)  beigetreten,  im  nächsten 
Jahre  die  auf  der  Seitencolumne  stehenden  (vgl.  Fabricius.  Rhein.  Mus. 
46,  597  f.).  —  Delos  stand  seit  877  unter  athenischer  Leitung  —  das  hat 
Sparta  wohl  stillschweigend  zugegeben  — ;  zur  Zeit  des  Poliis  aber 
wurden  die  Athener  verjagt:  CIA.  II,  814  fr.  B  ZI.  24  ff.  (DS.  86  ZI.  183  ff.) 
—  Die  von  Chabrias  und  Timotheos  erbeuteten  Schiffe  erscheinen  in 
der  Seeurkunde  CIA.  II.  789  ZI.  20  u.  a. 

9;>5.  Im  nächsten  Jahre,  375 1  ging  Chabrias  nach  der 
thrakischen  Küste.  Auch  hier  brach  die  Macht  Spartas  überall 
ohne  Kampf  zusammen.  Die  Chalkidier  stellten  ihren  Bundes- 
staat wieder  her  und  traten  in  den  attischen  Bund  ein;  Ab- 
dera,  das  gerade  jetzt  durch  einen  Einfall  der  Triballer,  die 
von  der  Donau  her  Thrakien  plündernd  durchzogen,  nach 
einem  ruhmvollen  Sieg  eine  schwere,  fast  vernichtende  Nieder- 
lage erlitten  hatte,  nahm  die  Athener  mit  offenen  Armen  als 
Retter  auf.  Chabrias  verjagte  die  Triballer  und  legte  eine 
starke  Garnison  in  die  Stadt  —  das  war  zwar  nothwendig 
und  ihr  selbst  erwünscht,  zeigte  aber  zugleich  die  ünhaltbarkeit 
der  idealistischen  Grundsätze,  die  man  aufgestellt  hatte.  Auch 
Thasos,  Aenos,  Samothrake  und  andere  Orte  traten  bei,  ferner 
Elaeus  auf  der  Chersones,  Selymbria  an  der  Propontis,  sowie  die 


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Cbabrias  in  Thrakien,  Timotheos  im  Westen.  395 

letzten  Städte  auf  Lesbos  und  Euboea  und  unter  den  Kykladen, 
die  bisher  noch  fern  geblieben  waren.  Auch  mit  Amyntas 
von  Makedonien  wurde  ein  Bündnissvertrag  geschlossen.  Wenn 
die  Entwickelung  so  weiterging,  war  binnen  kurzem,  abgesehen 
vom  asiatischen  Festland,  der  alte  Bestand  des  attischen 
Reichs  wieder  erreicht.  Schon  gab  man  sich  der  Hoffnung 
hin,  alsbald  auch  den  alten  Colonialbesitz  auf  der  Chersones 
und  vor  allem  Amphipolis  wieder  gewinnen  zu  können.  — 
Gleichzeitig  war  Timotheos  mit  60  Trieren  ausgelaufen,  um 
in  alter  Weise  den  Peloponnes  zu  umfahren  und  die  sparta- 
nischen Küsten  zu  verwüsten.  Dadurch  wurden  die  Spartaner 
gehindert,  ein  Heer  über  den  korinthischen  Golf  nach  Boeotien 
zu  schicken,  und  Theben  behielt  für  sein  Vorgehen  gegen  die 
Landstädte  freie  Hand  (§.  932).  —  Als  Timotheos  im  Westmeer 
erschien,  wiederholten  sich  die  alten  Vorgänge.  Die  Akarnanen 
schlössen  sich  an  Athen  an,  ebenso  Pronnoi  auf  Kephallenia; 
auf  Korkyra  erhob  sich  der  Demos  von  neuem  gegen  die  Aristo- 
kraten. Timotheos  gewann  die  Insel  mit  ihrer  starken  See- 
macht ohne  Kampf  für  Athen  und  verhinderte  weiteres  Blut- 
vergiessen,  wie  er  überhaupt  durch  humanes  Auftreten  und 
geschickte  Unterhandlungen  die  Sympathien  für  Athen  zu  er- 
wecken verstand.  Die  Spartaner  versuchten,  mit  Hülfe  ihrer 
Verbündeten  wenigstens  das  Westmeer  zu  behaupten;  der 
Nauarch  Nikolochos  ging  mit  55  Schiffen  gegen  Timotheos 
vor.  Zwischen  Leukas  und  Akarnanien,  bei  Alyzia,  kam  es 
zur  Schlacht.  Timotheos  siegte,  wenn  auch  Nikolochos,  nach- 
dem er  Verstärkungen  aus  Ambrakia  an  sich  gezogen  hatte, 
sich  zur  See  behauptete  und  Timotheos  eine  zweite  Schlacht 
ablehnte.  Allmählich  verstärkte  sich  seine  Flotte  immer  mehr, 
namentlich  durch  Zuzug  aus  Korkyra.  Auch  mit  den  Chao- 
nern  und  Athamanen  in  Epirus  knüpfte  er  Verbindungen  an, 
ja  der  Molosserkönig  Alketas  trat  jetzt  dem  attischen  Bunde  bei, 
ebenso,  wie  es  scheint,  Iason  von  Pherae,  so  wenig  er  ernst- 
lich die  Absicht  hatte,  Athens  Sache  zu  fördern;  aber  zur  Zeit 
war  es  auch  sein  Interesse,  dass  Sparta  möglichst  gedemüthigt 
würde,  und  Timotheos  war  ihm  homogen  und  sympathisch. 


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396 


IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


Die  Triballer  gegen  Abdera:  Diod.  XV,  SQ.  Aen.  tact.  15,  8  f.  schol. 
Arist.  p.  275.  Chabrias  in  Thrakien  (von  Xen.  übergangen):  Diod.  XV,  36 
(unter  376/5)  [dass  er  ermordet  sei,  ist  natürlich  ein  durch  starke  Kürzung 
hervorgerufenes  Versehen],  Genaueres  lehrt  das  Verzeichniss  der  Bundes- 
genossen CIA.  IJ,  17.  —  Der  Vertrag  mit  Amyntas  CIA.  II,  15  b  p.  397. 
423.  DS.  78  gehört  offenbar  in  diese  Zeit,  vgl.  Aeschin.  2,  26 ;  wann  Iphi- 
krates  bei  ihm  gewesen  und  von  ihm  als  Sohn  adoptirt  worden  ist  (ib.  28), 
wissen  wir  nicht ;  vgl.  §.940  A.  —  Gehören  die  Niederlagen  der  athenischen 
Feldherrn  Simichos  und  Protomachos  bei  Amphipolis  (schol.  Aesch.  2. 
31)  etwa  in  diese  Zeit?  —  Timothys*  Operationen:  Xen.  V,  4.  62  ff. 
Dioc'.  XV,  36,  5  f.  Nepos  Tim.  2.  Isokr.  15,  109  f.  (nach  dem  er  nur 
50  Schiffe  hat).  Details  aus  der  Schlacht:  Polyaen  III,  10  4;  6  =  12 
=  16  [also  nach  drei  Quellen,  =  Frontin  II,  5  47]:  13  =  17.  Vertrag 
mit  Korkyra:  CIA  II,  49.  49  b  (Suppl.  p.  14).  DS.  84.  85.  Nach  CIA. 
II,  17  sind  beigetreten  :  Ks(oxoptti<i>v  h  ^rjio?  [hier  wird  also  die  Demo- 
kratie verbürgt],  'Av.apvivsf ,  Ks<f a).X-rjvtöv  Hpcuwoi  [offenbar  hatte  man 
den  Beitritt  aller  Städte  der  Insel  erwartet,  vgl.  no.  49  und  Diod.  XV. 
36,  5;  aber  die  anderen  hielten  sich  schliesslich  ablehnend,  vgl.  Xen.  VI, 
2,  33],  Wtastac  und  sein  Sohn  Xeo-xoXcjxo;.  Dann  folgt  ein  später  ge- 
tilgter Name,  in  dem  FAnnicius,  Ith.  Mus.  46,  589  ff.  (trotz  Pflocii,  Griecb. 
Gesch.  II  252)  mit  Recht  Iason  erkannt  hat;  dass  er  damals  mit  Athen 
freundlich  stand,  beweist  sein  Auftreten  für  Timotheos.  Sachlich  bleibt 
es  natürlich  völlig  zutreffend,  dass  Xen.  VI,  1,  10  ihn  sagen  lässt:  &/./.' 
ifu*  o'jx  5v  jtot  Soxti»  itpi;  "Afl-^vaioö?  «fiXtav  .toiY^ot-fl-at,  so  sehr  sie  es 
wünschen ;  sein  Beitritt  war  eben  ganz  ephemer  und  nichtssagend. 

936.  Trotz  dieser  Erfolge  war  in  Athen  die  Kriegsstim- 
mung am  Erlöschen.  Der  Krieg  brachte  zwar  viel  Ehre,  aber 
wenig  materiellen  Gewinn;  die  Besitzenden  litten  unter  den 
immer  aufs  neue  erhobenen  Steuern  und  dem  ununterbrochenen 
Besatzungsdienst  zur  Sicherung  der  Grenzen,  den  Aermeren 
gewährten  die  Satzungen  des  neuen  Bundes  keinerlei  Aussicht 
auf  dauernde  Besserung  ihrer  Lage.  Timotheos  war  mit  ganz 
ungenügenden  Mitteln  entsandt  worden,  nur  13  Talenten 
(70,720  Mark);  er  verstand  es  zwar  vortrefflich,  von  den 
Bündnern  in  schonender  Form  Gontributionen  beizutreiben, 
aber  jetzt  kamen  von  ihm  die  dringendsten  Gesuche  um  Geld ; 
sonst  lasse  sich  seine  starke  Flotte  auf  die  Dauer  nicht  zu- 
sammenhalten. Und  dazu  erstand  in  dem  neuen  boeoti- 
schen  Staat  unmittelbar  an  Attikas  Grenze  eine  Macht,  die 
ihm  leicht  gefahrlicher  werden  konnte  als  Sparta.  Mit  Noth- 


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Spannung  zwischen  Alhen  und  Theben.   Friede  von  874.  397 

wendigkeit  ging  die  Allianz  zwischen  beiden  Staaten  in  die 
Brüche,  sobald  das  nächste  Ziel,  die  Demüthigung  Spartas, 
erreicht  war.  Theben  stellte  zwar  noch  Schiffe,  aber  die 
Zahlungen  zur  ßundescasse  blieben  aus;  und  dafür  streckte 
es  die  Hände  aus  nach  den  Grenzorten,  vor  allem  nach  Plataeae 
und  Oropos,  die  Athen  als  seinen  rechtmässigen  Besitz  be- 
trachtete: als  Oropos  sich  an  Athen  anschloss  (§.  932),  hatte 
Theben  versucht,  sich  mit  Gewalt  in  den  Besitz  der  Stadt  zu 
setzen,  und  stand  davon  erst  ab,  als  Athen  erklärte,  alsdann 
werde  es  den  Bund  als  gebrochen  betrachten.  —  Auch  Sparta 
hatte  erkannt,  dass  es  die  Stellung  von  379  zur  Zeit  nicht 
zurückgewinnen  könne;  es  musste  bestrebt  sein  zu  retten,  was 
noch  zu  retten  war.  Im  J.  374  wurde  Kleombrotos  mit 
4  Moren  und  den  zugehörigen  bundesgenössischen  Contingenten 
nach  Phokis  geschickt,  um  das  Land  gegen  Theben  zu  schützen. 
Zugleich  aber  hatte  sich  Sparta  an  seine  alten  Verbündeten, 
Dionys  und  den  Perserkönig,  gewandt;  Antalkidas  ging  wieder 
nach  Susa  und  scheint  hier  Jahre  lang  geblieben  zu  sein. 
Der  König  forderte  von  den  Griechen  die  Wiederherstellung 
des  Friedens  auf  Grund  der  alten  Bestimmungen;  und  Athen 
wie  Sparta  waren  bereit,  darauf  einzugehen.  Auch  Theben 
trat  bei,  zumal  Sparta  einwilligte,  seine  auf  die  Dauer  doch 
unhaltbaren  Garnisonen  aus  den  noch  behaupteten  boeotischen 
Städten,  vor  allem  aus  Plataeae,  wegzuziehen;  vermuthlich 
enthielt,  der  Vertrag  überhaupt  die  allgemeine  Bedingung,  ab- 
zurüsten und  alle  besetzten  Städte  frei  zu  geben.  Der  neue 
athenische  Bund  wurde  davon  nicht  berührt,  weil  er  auf  der 
Basis  der  vollen  Autonomie  errichtet  war.  So  kam  im 
Sommer  374  der  allgemeine  Friede  zu  Stande.  Athen  be- 
trachtete den  Abschluss  mit  Recht  als  einen  grossen  Erfolg; 
stand  es  doch  jetzt  wieder  ebenbürtig  neben  Sparta.  Timo- 
theos  erhielt  sofort  den  Befehl,  das  Ionische  Meer  zu  räumen ; 
die  siegreichen  Feldherrn  wurden  mit  Ehren  überhäuft,  und 
der  Friedensgöttin,  welche  den  Reichthum  bringt,  ein  jähr- 
liches Fest  gestiftet  und  ein  Götterbild  errichtet  —  das  be- 
rühmte Meisterwerk  Kephisodots  (§.  904). 


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398  IV.  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 

Nothlage  Athens:  Xen.  V,  4,  66.  VIr  2.  1.  Isokr.  15,  109.  120. 
Arist.  Oer.  II,  22  —  Oropos:  Isokr.  14.  20.  37.  —  Der  Friede:  Xen. 
VI,  2.  1.  Xenophon  ubergeht  hier  wie  371  absichtlich  die  Vermittelung 
Persiens,  die  Diodor  XV,  38  berichtet  (nur  VI,  3,  12  erfahren  wir  neben- 
bei, dass  Antalkidas  in  Persien  ist;  vgl.  Plut.  Artnx.  22  ouv 
iirpcuttocv  -fj  Ssaprif),  ;£vov  Jroislto  ('ApTO^ep^c,)  xat  y'ikov  uivöjxa'sv  ea-jioä 
töv  'AvtaXxiäav);  im  übrigen  aber  hat,  wie  jetzt  wohl  allgemein  aner- 
kannt ist,  Diodor  den  Frieden  von  374  mit  dem  von  371  zusammen- 
geworfen,  und  erzählt  daher  dieselben  Vorgänge  und  Bedingungen  zwei- 
mal, XV,  38  f.  und  50;  auch  die  Bewegungen  im  Peloponnes  r.  40 
gehören  deutlich  erst  in  die  Zeit  nach  Leuktra.  lieber  den  Frieden 
Isokr.  15,  110.  Nepos  Timotb.  2.  Aus  der  Friedenszeit  stammt  Isokrates' 
Plataikos  (or.  14,  s.  §.  5.  14.  17);  er  zeigt,  dass  die  Basis  die  xoivrj  r),et>- 
ftjv.a  des  Königsfriedens  ist  (5.  10.  17),  und  dass  Platneae  jetzt  von  Sparta 
geräumt  wird  (§.  13  r.).  —  Wie  Persien  wird  auch  Dionys  beim  Frieden 
mitgewirkt  haben,  wie  371 ;  daher  greift  er  im  nächsten  Jahr  für  Sparta 
ein;  vgl.  Aristid.  I,  291.  Kleombrotos  in  Phokis:  X*n.  VI,  1,  1.  2,  1. 
Bkloch  nimmt  an,  dass  Xenophon  diesen  Zug  drei  Jahre  zu  früh  angesetzt 
habe;  aber  dafflr  liegt  kein  Grund  vor,  nur  ist  Kl.  offenbar  nach  dem 
Frieden  abgezogen  und  372  oder  371  wieder  in  Phokis  eingerückt. 

Wiederausbruch  des  Kriegs.   Friede  von  Sparta. 

937.  Aber  dem  Frieden  war  keine  Dauer  bestimmt.  Auf 
Zakynthos  hatte  sich  die  spartanische  Partei  im  Regiment  be- 
hauptet und  die  Demokraten  verjagt.  Bei  der  Rückfahrt  nach 
Athen  besetzte  Timotheos  für  die  Verbannten  eine  Anhöhe 
auf  der  Insel  und  gab  ihnen  die  Mittel,  die  Städter  zu  be- 
kriegen. Ob  damit  der  Wortlaut  des  Vertrages  verletzt  war, 
ist  nicht  zu  entscheiden;  jedenfalls  beschwerte  sich  Sparta  in 
Athen.  Aber  die  Athener  nahmen  die  Demokraten  von  Za- 
kynthos in  den  Bund  auf.  In  Folge  dessen  sandte  Sparta 
den  Aristokraten  eine  Unterstützung  von  25  Schiffen  unter 
Aristokrates.  Damit  war  zwar  nach  griechischen  Anschau- 
ungen der  Friede  noch  nicht  officiell  gebrochen,  aber  that- 
sächlich  der  Kriegszustand  wieder  eingetreten;  es  war  eine 
ähnliche  Lage  wie  ehemals  nach  dem  Frieden  des  Nikias. 
Bald  ging  Sparta  einen  Schritt  weiter.  Die  Aristokraten  von 
Korkyra  traten  mit  ihm  in  Verbindung;  Sparta  schickte  Al- 


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■ 


Bruch  des  Friedens.  Sparta  gegen  Korkyra.  Theben  nimmt  Plataeae.  399 

kidas  mit  22  Schiffen  ins  Ionische  Meer  mit  dem  Auftrage, 
einen  Handstreich  zu  versuchen.  Doch  die  herrschenden  Demo- 
kraten waren  gewarnt;  sie  setzten  die  Stadt  in  Vertheidigungs- 
zustand  und  riefen  Athen  um  Hülfe  an;.  Alkidas  war  zu 
schwach,  um  etwas  ausrichten  zu  können.  —  Es  ist  klar,  dass 
Sparta  den  Krieg  wollte;  offenbar  hatte  Dionys  inzwischen 
seine  Unterstützung  in  Aussicht  gestellt  —  daher  erhielt  Al- 
kidas officiell  den  Auftrag  nach  Sicilien  zu  fahren  — ,  und 
auch  der  Perserkönig  machte  Hoffnung  auf  Subsidien ;  so  be- 
reute man,  so  rasch  nachgegeben  zu  haben.  —  In  Athen  da- 
gegen war  die  Stimmung  durchaus  nicht  kriegerisch;  man 
hatte  einen  günstigen  Frieden  geschlossen  und  wollte  seiner 
froh  werden,  aber  nicht  durch  neue  Kämpfe  wieder  alles  aufs 
Spiel  setzen.  Es  kam  hinzu,  dass  Theben  den  Frieden  be- 
nutzte, um  gegen  die  letzten  noch  selbständigen  boeotischen 
Städte  vorzugehen,  die  Sparta  jetzt  Preis  gegeben  hatte.  Die 
Plataeer  hatten  sich,  da  sie  ohne  fremden  Schutz  nicht  exi- 
stiren  konnten,  wie  ehemals  an  Athen  anschliessen  wollen; 
aber  Theben  kam  diesem  zuvor.  Da  Plataeae  sich  weigerte, 
dem  boeotischen  Gesammtstaate  beizutreten,  wurde  es  be- 
lagert und  musste  alsbald  gegen  freien  Abzug  der  Bewohner 
capituliren.  Ihre  Habe  durften  sie  mitnehmen,  aber  das  boeo- 
tische  Gebiet  mussten  sie  räumen,  und  die  Stadt  wurde  aufs 
neue  zerstört  (Sommer  373).  Die  Flüchtlinge  fanden  in  Athen 
Aufnahme,  wo  sie  seit  dem  peloponnesischen  Kriege  das  Bürger- 
recht besassen.  In  Athen  entschuldigte  sich  Theben  vor  dem 
Bundesrath  damit,  dass  es  nur  im  allgemeinen  Interesse  den  Krieg 
gegen  die  verstockten  Anhänger  Spartas  geführt  habe.  Aber  die 
Entrüstung  der  Athener  war  dadurch  nicht  beschwichtigt.  Auf 
das  Hülfsgesuch  von  Zakynthos  und  Korkyra  hatten  sie  eine  kleine 
Truppe  von  600  Peltasten  unter  Stesikles  auf  dem  Landwege  ent- 
sandt, die  der  Molosserkönig  Alketas  nach  Korkyra  zu  bringen 
übernahm.  Auch  die  Flotte  wurde  wieder  mobil  gemacht;  im 
Mai  373  ging  Timotheos  mit  60  Trieren  aufs  neue  in  See. 
Aber  Geld  war  nicht  da  und  die  Mannschaften  blieben  aus; 
offenbar  hatten  die  Bundesgenossen,  froh  der  neuen  Unab- 


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400  1V>  6-  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


hängigkeit,  nicht  die  mindeste  Lust,  sich  für  die  Inseln  des 
Westmeers  und  die  Interessen  Athens,  die  sie  nichts  angingen, 
grössere  Opfer  aufzuerlegen.  Die  innere  Schwäche  des  neuen 
Bundes  trat  deutlich  hervor;  es  war  eben  im  Grunde  doch 
nur  eine  Defensivallianz,  die  versagte,  sobald  grössere,  positive 
Ziele  erreicht  werden  sollten.  Timotheos  that  was  er  konnte; 
er  ging  auf  die  Inseln,  um  Geld  einzutreiben,  er  zwang  die 
Trierarchen  zu  Vorschüssen,  er  nahm  Anleihen  bei  den  Ban- 
kiers auf  und  verpfändete  sein  ganzes  Vermögen.  Aber  er 
kam  nicht  vorwärts;  thatenlos  blieb  die  Flotte  den  ganzen 
Sommer  über  bei  Kalauria  an  der  argivischen  Küste  liegen. 
Theben  hatte,  wie  es  verpflichtet  war,  ein  paar  Schiffe  zu  der 
Flotte  gestellt;  aber  die  Brüchigkeit  der  Allianz  lag  klar  zu 
Tage.  Sollte  Athen  sich  jetzt  aufs  neue  in  einen  grossen  Krieg 
stürzen,  der  im  Grunde  nur  dem  Rivalen  zu  Gute  kam  und 
den  Thebanern  die  Möglichkeit  bot,  ungestört  immer  weiter 
um  sich  zu  greifen,  während  Sparta,  das  doch  dadurch  weit 
starker  provocirt  war  als  durch  Athens  Intervention  auf  Za- 
kynthos,  sich  das  ruhig  gefallen  Hess  und  sich  mit  aller  Kraft 
auf  Athens  Stellung  warf?  Die  alte  boeoterfcindliche  Stimmung 
kam  wieder  in  die  Höhe.  Isokrates  machte  sich  zu  ihrem 
Wortführer;  in  einer  Broschüre,  in  der  Form  einer  Rede  der 
Plataeer  an  das  athenische  Volk,  erhob  er  die  schwersten  An- 
klagen gegen  Theben,  das  jetzt  der  wahre  Friedensbrecher  sei. 
Spartas  Uebergriffe  seien  abgewehrt;  Athen  solle  sich  nicht 
in  der  trügerischen  Hoffnung,  durch  den  Bund  mit  Boeotien 
gegen  jeden  Angriff  zu  Lande  gedeckt  zu  sein  —  als  ob  irgend 
welche  Gefahr  sei,  dass  Theben  sich  wieder  wie  ehemals  mit 
Sparta  verbände  — ,  dazu  hergeben,  an  Stelle  der  spartani- 
schen die  Zwingherrschaft  Thebens  aufzurichten,  sondern  an 
dem  Princip  der  unbedingten  Autonomie  von  Hellas  festhalten. 

Xenophon  erzählt  die  Vorgänge  der  Jahre  874  und  873  nur  ganz 
kurz  und  unzureichend  (VI,  2,  1  f.);  es  ist  klar,  dass  er  sehr  viel  zu  ver- 
tuschen hat  und  absichtlich  verschweigt.  Weit  mehr  gibt  Diodor  XV, 
45.  46  (unter  874  3).  Zu  einiger  Sicherheit  können  wir  nur  dadurch  ge- 
langen, dass  uns  in  Isokrates'  Plataikos  ein  Stimmungsbild  aus  der  Zeit, 


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Spannung  zwischen  Athen  und  Theben.  Die  Spartaner  auf  Korkyra.    40 1 


und  in  der  Rede  Apollodors  gegen  Timotheos  aus  dem  J.  362  (Demosth. 
or.  49)  genauere  Angaben  über  Timotheos'  Feldzug  erhalten  sind.  Den 
politischen  Zusammenhang  scheint  mir  Stern  weit  richtiger  zu  be- 
urtheilen  als  Beloch  ,  der  in  Timotheos'  Vorgehen  auf  Korkyra  die  Ab- 
sicht sieht  den  Krieg  zu  verlängern  und  ihn  als  den  eigentlichen  Ver- 
treter der  Kriegspolitik  betrachtet.  Dagegen  spricht  ebensowohl  sein 
Verhalten  im  Sommer  373  wie  Isokrates'  Plataikos;  denn  zunächst  müssen 
wir  doch  annehmen,  dass  Isokrates  die  Politik  des  Timotheos  und  nicht 
etwa  die  des  Kallistralos  vertritt.  Die  zum  Kriege  treibende  Macht  war 
Sparta ;  das  lehrt  gerade  Xenophons  Schweigen ;  und  überdies  ist  nach  ihm 
Athen  sowohl  374  wie  371  der  Staat,  der  in  Sparta  um  Frieden  bittet. 
—  Vorgänge  auf  Zakynthos:  Xen.  VI,  2,  2  f.  Diod.  XV,  45;  daher  ist 
CIA.  II,  17  am  Schluss  der  Liste  der  Bundner  Zaxuv&uov  h  'Aßi-os  b  tv 
tu»  NVjXXtp  eingetragen.  Ueber  Korkyra  gibt  nur  Diod.  XV,  46  Auskunft. 
Stesikles'  Entsendung:  Xen.  VI,  2,  10  f.  Diod.  XV,  46,  3.  Timotheos' 
Ausfahrt:  Xen.  VI,  2,  11  f.;  [Demosth.]  49,  6.  9.  11—15.  21.  Dass  er 
vorher  in  Thrakien  operirt  und  viele  Städte  gewonnen  habe  (Diod.  XV, 
47,  2),  ist  offenbar  ein  Versehen,  durch  das  Chabrias'  Erfolge  im  J.  375 
auf  ihn  Obertragen  werden.  —  Die  Schwäche  der  athenischen  Macht 
charakterisirt  Xenophon  VI,  1,  10  IT.  treffend  in  der  Rede  Iasons.  — 
Plataeae:  Diod.  XV,  46,  4  unter  874/3,  Pausan.  IX,  1,  8  unter  373/2, 
also  jedenfalls  im  Sommer  373.  Genaueres  bei  Isokr.  14,  8  f.  12  IT.  21. 
Es  ist  zu  beachten,  dass  trotz  der  Verwickelungen  im  Westen  im  Sommer 
373  der  Friede  officiell  noch  nicht  gebrochen  war ;  daher  liegt  kein  Grund 
vor,  Isokrates1  Rede  und  in  Folge  dessen  auch  die  Eroberung  Plataeaes 
ins  J.  374  hinaufzusetzen. 

938.  Inzwischen  aber  hatten  die  Spartaner  eine  Flotte 
von  60  Schiffen,  zu  der  alle  pelopon n es i sehen  Küstenstaaten, 
sowie  Zakynthos,  Leukas  und  Ambrakia  Contingente  stellten, 
unter  dem  Nauarchen  Mnasippos  nach  Korkyra  geschickt. 
Auch  Dionys  hatte  seine  Mitwirkung  verheissen.  Die  neue 
Erhebung  Athens  war  seiner  Politik  keineswegs  genehm  — 
offenbar  auf  sein  Betreiben  hat  ein  Syrakusaner  Aristoteles 
eine  Broschüre  gegen  Isokrates'  Panegyrikos  veröffentlicht,  die 
Spartas  und  Dionysios'  Politik  gegen  dessen  Angriffe  ver- 
theidigt  haben  wird  — ;  und  als  Athen  sich  jetzt  vollends 
im  Ionischen  Meere  festsetzte,  konnte  er  nicht  mehr  unthätig 
zusehen.  Mnasippos  führte  1500  Söldner  mit  sich,  die  er  auf 
Korkyra  im  Norden  der  Stadt  ans  Land  setzte,  während  die 
Flotte  den  Hafen  blockirte.  Die  Korkyraeer  waren  der  Ueber- 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  26 


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402  IV»  G.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 

macht  nicht  gewachsen;  die  600  Mann  des  Stesikles  (§.  937) 
konnten  wenig  helfen.  Das  Gebiet  wurde  weithin  verwüstet, 
die  Stadt  gerieth  in  grössle  Bedrängnis?.  Schaaren  von  Ueber- 
läufern  und  flüchtigen  Sklaven  strömten  ins  Lager  der  Spar- 
taner; Mnasippos  freilich  wies  sie  zurück,  um  die  Hungersnoth 
in  der  Stadt  zu  steigern,  und  da  auch  die  Korkyraeer  sie 
nicht  wieder  aufnahmen,  mussten  sie  elend  vor  den  Mauern 
verkommen.  Trotzdem  hielt  die  Stadt  bis  zum  Aeussersten  aus; 
aber  ihr  Fall  schien  nur  noch  eine  Frage  der  Zeit.  —  Auf  die 
Kunde  von  diesen  Vorgängen  brach  in  Athen  ein  Entrüstungs- 
sturm aus  gegen  den  Feldherrn,  der  seine  Pflicht  vernach- 
lässige, die  Gelder,  die  man  ihm  zur  Verfügung  stelle,  unter- 
schlage und  die  schöne  Flotte  thatenlos  bei  Kalauria  festhalte, 
statt  Korkyra  zu  Hülfe  zu  eilen.  An  die  Spitze  der  Opposi- 
tion trat  Kallistratos.  Er  war  kein  Freund  Thebens;  im 
Gegentheil,  auch  er  sah,  dass  hier  den  Athenern  ein  Gegner 
erstehe,  der  gefährlicher  zu  werden  drohe,  als  ehemals  Sparta. 
Aber  um  den  Frieden  mit  Sparta  wieder  zu  gewinnen,  war  es 
nöthig,  dass  Athen  seine  Machtstellung  zur  See  behaupte;  in  der 
gegenwärtigen  Lage  musste  die  Flotte  Korkyra  zu  Hülfe  eilen, 
mochte  ihre  Beschaffenheit  auch  noch  so  mangelhaft  sein.  Mit 
ihm  verband  sich  Iphikrates,  der  vor  kurzem  aus  Aegypten  zurück- 
gekehrt (§.  900)  und  jetzt  wieder  zum  Strategen  gewählt  war ; 
auch  Chabrias,  gleichfalls  Stratege,  scheint  sich  ihnen  ange- 
schlossen zu  haben.  Im  Herbst  373  wurde  Timotheos  abge- 
rufen, um  sich  vor  Gericht  zu  verantworten;  Iphikrates,  der 
in  ihm  einen  unbequemen  Rivalen  sehen  mochte,  und  Kalli- 
stratos führten  die  Anklage.  Im  December  373  kam  der  Pro- 
cess  zur  Verhandlung.  Timotheos  selbst  zu  verurtheilen,  wagten 
die  Richter  nicht,  theils  um  seiner  und  seines  Vaters  Ver- 
dienste willen,  vor  allem  aber  aus  Rücksicht  für  seine  mäch- 
tigen Fürsprecher,  die  Könige  Iason  und  Alketas,  die  selbst 
nach  Athen  gekommen  waren,  um  den  befreundeten  Feldherrn 
zu  retten.  Timotheos  wurde  zwar  freigesprochen,  aber  abgesetzt, 
sein  Schatzmeister  Antimachos  dagegen  wegen  Unterschleifs 
verurtheilt  und  hingerichtet,  sein  Vermögen  confiscirt.  Poli- 


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Absetzung  des  Timotheos.   Kallistratos.   Befreiung  Korkyras.  403 


tisch  war  Timotheos  ein  lodter  Mann,  sein  Wohlstand  ver- 
nichtet; er  ging  nach  Persien,  um  dem  König  seine  Dienste 
bei  einem  neuen  Zug  gegen  Aegypten  anzubieten  (§.  900). 

Krieg  auf  Korkyra :  Xen.  VI,  2,  3  Pf.  Diod.  XV,  47.  Zur  Topo- 
graphie B.  Schmidt,  Korkyr.  Studien  50  IT.  —  Aristoteles  SixtXiwrrjs  p^ttup, 
rcpöc  tov  'Iaoxpätooc  IlavTjoptxöv  ivt^YP01?*"?  Diog.  L.  V,  85.  —  Process 
des  Timotheos :  Xen.  VI,  2,  13.  Diod.  XV,  47,  3  [wo  fälschlich  behauptet 
wird ,  er  sei  wieder  in  die  Strategie  eingesetzt  worden].  Nepos  Tim.  4, 
und  vor  allem  [Demosth.]  49,  9  f.  22.  Tim.  in  Persien:  ib.  3.  25.  28  f.; 
vermutlilich  hat  er  dann  Jahre  lang  auf  Lesbos  gelebt:  Theopomp  fr.  117 
=  Nepos  Ghabr.  3,  4,  vgl.  Isokr.  ep.  8,  8.  Ob  in  seiner  und  seines 
Schatzmeisters  Finanzverwaltung  Unregelmässigkeiten  vorgekommen  sind, 
ist  natörlich  nicht  zu  entscheiden.  —  Die  Rede  des  Iphikrates  gegen 
Timotheos  ging  unter  Lysias'  Namen,  s.  dessen  vita  und  Dion.  Hai.  de  Lys. 
12.  —  üeber  Kallistralos'  Stellung  Xen.  VI,  2,  39.  3,  3  t>Kovy(6\Lsvos  -yAp 
*l<pntpaTrM  ei  «5tov  &ptt-r),  yj  ^p^pata  rcsjA'^siv  tm>  vaimxiu  9j  slp-^vYjV  rcot-r]- 
3Biv,  o5tu>s  'A8-r4vrjoi  xs       xai  ficparts  ^epl  elp^vrfi. 

939.  An  Stelle  des  Timotheos  wurde  Kallislratos  zum 
Strategen  gewählt ;  er  übernahm  die  politische  Leitung  in  der 
Stadt,  während  Iphikrates  im  Frühjahr  372  mit  der  Flotle  in 
See  ging.  Freilich  war  es  um  die  Ausrüstung  mangelhaft 
genug  bestellt,  und  Geld  war  nach  wie  vor  nicht  vorhanden; 
er  suchte  sich  zu  helfen,  indem  er  in  den  Dienst  presste, 
wer  immer  in  seine  Hände  fiel.  Auf  der  Fahrt  hielt  er  strenge 
Kriegszucht  und  bereitete  die  Mannschaften  durch  ununter- 
brochene Manöver  auf  den  Kampf  vor.  —  Aber  inzwischen  war 
auf  Korkyra  selbst  ein  Umschwung  eingetreten.  Mnasippos, 
der  die  Stadt  schon  in  Händen  zu  haben  glaubte,  hielt  es 
nicht  mehr  für  nöthig,  auf  seine  Söldner  viel  Rücksicht  zu 
nehmen;  er  hielt  sein  Geld  zusammen,  zahlte  den  Lohn  nur 
unregelmässig,  und  entliess  die,  welche  gehen  wollten.  Da- 
durch verfiel  die  Disciplin  seines  Heeres.  Die  Korkyraeer 
schöpften  neuen  Muth;  als  seine  Truppen  meuterten,  machten 
sie  einen  Ausfall  und  schlugen  die  Feinde  vollkommen ;  Mna- 
sippos selbst  fiel  im  Kampf.  Damit  war  die  spartanische  Stel- 
lung unhaltbar,  zumal  jetzt  die  Kunde  eintraf,  dass  Iphikrates 
herankomme;  Hypermenes,  Mnasippos'  Epistoleus,  zog  Flotte 


404 


IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


und  Landheer  zusammen  und  fuhr  mit  Hinterlassung  eines 
grossen  Theils  seiner  Bagage  davon,  um  sich  über  Leukas  in 
Sicherheit  zu  bringen.  —  So  kam  Iphikrates  zu  spät,  um 
selbst  noch  etwas  Entscheidendes  auszurichten.  Aber  die  zehn 
Schiffe  des  Dionys,  welche  jetzt  bei  Korkyra  eintrafen,  gelang 
es  ihm  bis  auf  eines  abzufangen  und  dadurch  reiche  Beute  zu 
gewinnen,  sowohl  aus  goldenen  Weihgeschenken,  die  sie  nach 
Olympia  und  Delphi  halten  bringen  sollen,  wie  aus  dem  Lose- 
geld der  Gefangenen.  Die  Uebermacht  Athens  im  Ionischen 
Meer  war  wieder  hergestellt ;  die  letzte  Flotte,  die  Sparta  auf- 
gebracht hat,  war  vom  Meere  verschwunden.  Iphikrates  hat 
Kephallenia  unterworfen  und  den  Akarnanen  gegen  die  re- 
bellische Stadt  Thyria  Hülfe  geleistet:  dann  rüstete  er  zu  einer 
Verwüstung  der  lakonischen  Küsten.  Wie  es  im  übrigen  that- 
sächlich  um  Athens  Macht  bestellt  war,  geht  daraus  hervor, 
dass  seine  Ruderer  sich  während  des  Sommers  den  Korky- 
raeern  als  Knechte  für  die  Feldarbeit  verdingten,  um  leben 
zu  können,  wie  nach  der  Arginusenschlacht  die  Spartaner  auf 
Chios  (§.  731);  von  einer  Wiederherstellung  der  alten  Macht 
war  man  eben  noch  unendlich  weit  entfernt. 

Quellen :  Xen.  VI,  2.  Polyaen  III,  9,  55.  Diod.  XV,  47.  XVI,  57 
Ober  die  Weihgeschenke  des  Dionys.  [Auf  die  Gesandtschaft,  durch  die 
sich  dieser  beschwerte,  bezieht  sich  wahrscheinlich  das  Decret  für  seinen 
Neffen  Alketas,  S.  d.  Leptines,  CIA.  II,  50  b.  suppl.  p.  15.  DS.  87.]  —  Ob 
Iphikrates'  Operationen  bei  Epidauros  Polyaen  III,  9,  39.  48  in  den  An- 
fang dieses  Feldzugs  gehören,  ist  nicht  sicher  zu  sagen.  Das  Mittel, 
durch  eine  Steuer  auf  die  Vorbauten  Ober  die  Strassenflucht  Geld  zu  ge- 
winnen, erzahlt  Polyaen  III,  9,  80  von  Iphikrates,  [Arist.]  oec.  II,  5 
aber  wohl  richtiger  von  Hippias. 

940.  Während  dessen  war  Kallistratos  für  den  Frieden 
thätig  gewesen.  Sobald  Spartas  Angriff  auf  Athens  Stellung 
im  Westen  zurückgewiesen  war,  lag  zur  Fortfuhrung  des 
Kriegs  kein  Grund  mehr  vor;  wohl  aber  musste  man  be- 
fürchten, dass  Dionys  die  Niederlage  seiner  Flotte  und  zumal 
die  Confiscation  seiner  Weihgeschenke  nicht  ruhig  hinnehmen 
und  dass  bei  weiterem  Vorgehen  auch  Persien  in  den  Krieg  ein- 
greifen werde,  wenn  auch  nur  durch  Subsidien.  Ueberdies  wurde 


Iphikrates'  Erfolge.  Kallistratos  und  die  Friedensverhandlungen.  405 

das  Verhältniss  zu  Theben  immer  gespannter,  und  auch  Iason 
trat  aus  der  Annäherung  an  Athen  zurück;  er  liess  deut- 
lich erkennen,  dass  er  nur  Timotheos  zu  Gefallen  die  athe- 
nische Seite  ergriffen  habe  und  jetzt  selbst  an  Athens  Stelle 
treten  wolle.  Wie  es  scheint  hat  sich  Iphikrates  von  Epirus 
aus  zu  ihm  begeben  und  ihn  bei  einer  Zusammenkunft  durch 
einen  raschen  Angriff  auf  seine  Person,  der  ihm  trotz  aller 
Vorsichtsmassregeln  gelang,  gezwungen,  einen  Athen  günstigen 
Vertrag  zu  beschwören.  Aber  Erfolg  hatte  das  nicht;  Iasons 
Haltung  wurde  entschieden  feindlich,  und  Athen  tilgte  seinen 
Namen  aus  der  Urkunde  des  Seebundes.  —  Auch  in  Sparta 
erkannte  man,  dass  die  Haltung,  die  man  in  den  letzten  beiden 
Jahren  eingenommen  hatte,  ein  Missgriff  gewesen  war:  die 
neue  athenische  Seemacht  zu  brechen  reichten  die  Kräfte  zur 
Zeit  nicht  aus.  Der  ursprüngliche  Gedanke,  zunächst  Theben 
zu  demüthigen  und  dadurch  Spartas  Herrschaft  zu  Lande 
wieder  herzustellen,  war  allein  richtig  gewesen.  König  Kleom- 
brotos  ging  aufs  neue  mit  einem  Heere  nach  Phokis ;  die  An- 
erbietungen Athens  aber  wurden  angenommen.  So  trat  im 
Sommer  371  ein  allgemeiner  Friedenscongress  in  Sparta  zu- 
sammen, unter  Mitwirkung  von  Gesandten  des  Dionys  und 
Persiens;  die  athenische  Gesandtschaft  führte  Kallistratos  selbst. 
Auch  Amyntas  von  Makedonien  nahm  an  demselben  Theil; 
er  wünschte  mit  allen  griechischen  Mächten  gut  zu  stehen 
und  namentlich  an  Athen  einen  Rückhalt  gegen  Iasons  Ueber- 
griffe  zu  haben.  Daher  erkannte  er  Athens  Ansprüche  auf  Am- 
phipolis  an  —  er  selbst  konnte  ja  doch  nicht  daran  denken, 
die  Stadt  zu  erobern.  Ebenso  wurde  Athens  Anrecht  auf  die 
thrakische  Chersones  als  sein  altes  Kleruchenland  anerkannt. 
Im  übrigen  wurden  als  Grundlage  des  Friedens  die  Bestim- 
mungen des  Königsfriedens  aufs  neue  angenommen :  alle  Grie- 
chen sollten  frei  und  autonom  sein,  die  kriegführenden  Staaten 
ihre  Besatzungen  aus  den  Städten  fortziehen  und  ihre  Heere 
und  Flotten  auflösen ;  wenn  Jemand  gegen  diese  Bedingungen 
handle,  sollte  es  allen,  die  wollten,  freistehen,  den  Friedens- 
störer zu  bekriegen,  und  die  übrigen  sich  verpflichten,  diesem 


400  IV,  6.  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 


keine  Hülfe  zu  leisten,  auch  wenn  sie  mit  ihm  im  Bündniss 
ständen.  Die  beiden  grossen  Bünde  wurden  dadurch  nicht 
angetastet:  sie  waren  ja  auf  das  Princip  der  Autonomie  ge- 
gründet, das  Sparta  jetzt  auch  in  seinem  Machtbcreich  voll 
durchzuführen  gelobte,  indem  es  seine  Harmosten  und  Be- 
satzungen aus  allen  Städten  abberief. 

Iphikrates  und  lason:  Polyaen  III,  9,  40.  Das  kann  kaum  in  eine 
andere  Zeit  gehören ;  vielleicht  gehört  hierher  auch  Iphikrates'  Verbin- 
dung mit  Amyntas  §.  935  A.  Nach  Nepos  Tim.  4  hat  Timotheos  nach 
seinem  Process  gegen  lason  populi  iussu  Krieg  geführt;  das  ist  zwar 
falsch ,  da  Timotheos  im  J.  372/1  noch  in  Persien  war  (Dem.  49,  29  f.) ; 
aber  dass  zwischen  Athen  und  lason  Kriegszustand  eintrat,  wird  richtig 
sein.  —  Der  Friede:  Xen.  VI,  3.  Diod.  XV,  50.  Dion.  Hai.  de  Lys.  12 
(Archon  Alkisthenes  372/1).  Datum:  Plut.  Ages.  28.  —  Mitwirkung  des 
Dionys:  CIA.  II,  51  (DS.  89).  Anregung  und  Mitwirkung  des  Perser- 
königs [von  Xenophon  nur  VI,  3,  12  angedeutet]:  Diod.  XV,  50,  4.  Dion. 
Hai.  de  Lyp.  12  (rr4v  eipvjvrjv  'AO-rjvalot  te  xftl  Aax3§at|AGvtot  xal  ßot3tX.cu( 
<7»jAO<jav).  Demosth.  Phil.  III,  16  Xeppovtpov,  y4v  ßar.Xsü;  xai  Kerne;  o: 
"KXXr4ve?  ojitttpav  t-fvuixaoiv  slvai.  Der  Friede  ist  wie  der  von  386  *?■  ßaoi- 
X4u»s  stpYjVif)  snoYjsavto  'AtWjvaiot  xat  AaxeSa'.fj.öv.o:  xal  o'.  &XX01  "EX- 
hrptq  CIA.  II,  51;  ebenso  in  der  Urkunde  Xen.  VI,  5,  2  ijtfwvÄ  tai; 
OTCOvSa-s,  ä<;  ßaaiXrj;  xa«xrejr}8.  Amyntas  und  Amphipolis:  Aeschin.  2, 
32  (vgl.  Isokr.  5,  106:  Amyntas  stand  zu  allen  griechischen  Staaten  gut). 

941.  Auf  diese  Bedingungen  wurde  am  14.  Skirophorion 
(IG.  Juli)  371  der  Friede  in  Sparta  beschworen.  Sparta  leistete 
den  Eid  zugleich  im  Namen  seiner  Bundesgenossen,  mit  Athen 
schworen  die  Gesandten  aller  im  Synedrion  vertretenen  Ge- 
meinden. Zu  denselben  gehörte  auch  Bocotien,  und  auch  dessen 
Gesandte  leisteten  den  Eid.  Aber  am  nächsten  Tage  erhoben 
sie  Einspruch:  die  Spartaner  hatten  den  Namen  Thebens, 
nicht  den  Boeotiens  in  das  Protokoll  gesetzt.  Die  Gesandten, 
an  der  Spitze  Epaminondas,  der  hier  zum  ersten  Male  hervor- 
trat, forderten  die  Aenderung  und  damit  die  Anerkennung  des 
boeotischen  Einheitsstaats.  Da  erhob  sich  Agesilaos,  der  auch 
hier  wieder  als  der  Leiter  der  spartanischen  Politik  erscheint ; 
wie  im  .T.  386  wies  er  Thebens  Anspruch  zurück  und  ver- 
langte auf  Grund  des  eben  beschworenen  Vertrags  die  Frei- 
gebung der  boeotischen  Landstädte.    Epaminondas  erklärte 


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Friede  von  Sparta.   Ausschluss  Thebens.  407 


mit  scharfem  Hohn,  Theben  sei  bereit,  wenn  auch  Sparta 
seinen  Perioeken  die  Autonomie  gewähren  wolle;  in  zündender 
Rede  hielt  er  yor  dem  Congress  von  ganz  Hellas  den  Spar- 
tanern die  Gewaltthaten  und  Verbrechen  ihrer  Politik  vor. 
Aber  einen  Erfolg  erzielte  er  nicht.  Die  Thebaner  waren 
überrumpelt;  offenbar  stand  Agesilaos  in  geheimem  Einver- 
nehmen mit  Kallistratos  und  den  übrigen  athenischen  Ge- 
sandten. Aber  wenn  er  die  Hoffnung  hegen  mochte,  Theben 
werde  nachgeben  wie  15  Jahre  zuvor,  so  hatte  er  sich  ge- 
täuscht. Zwar  stand  Theben  jetzt  völlig  isolirt  —  denn  Iason, 
mit  dem  es  verbündet  war,  war  ein  sehr  bedenklicher  Ge- 
nosse, dem  es  sich  nicht  rückhaltslos  in  die  Arme  werfen 
durfte  —  und  konnte  nur  mit  schwerer  Besorgniss  in  die  Zu- 
kunft blicken;  aber  das  Werk  der  letzten  Jahre  aufzugeben 
war  Epaminondas  nicht  gewillt;  die  erfolgreichen  Kämpfe, 
auch  gegen  Sparta  selbst,  hatten  den  Muth  und  das  Vertrauen 
in  die  eigene  Kraft  gestärkt.  Die  boeotischen  Gesandten  ver- 
liessen  den  Congress,  ihr  Name  wurde  aus  der  Friedens- 
urkunde getilgt. 

So  war  der  Königsfriede  noch  einmal  als  das  Grund- 
gesetz von  Hellas  verkündet.  Aber  die  Lage  hatte  sich 
wesentlich  geändert:  Spartas  tyrannische  Herrschaft  war  ge- 
brochen, Athen  als  ebenbürtige  Macht  anerkannt;  gleichberech- 
tigt standen  sich  beide  Staaten  gegenüber,  der  eine  als  Führer 
zu  Lande,  der  andere  zur  See.  Der  neu  geschlossene  Friede 
bot  die  Aussicht,  dass  beide  sich  einander  immer  mehr 
nähern,  dass  ein  gesunder  Dualismus,  wie  er  im  Perserkriege 
bestanden,  wie  ihn  Kimon,  Thukydides  und  die  conservative 
Partei  in  Athen  so  lange  vergeblich  erstrebt  hatten,  auf  die 
Dauer  die  feste  Organisation  der  Griechen  weit  bilden  würde. 
Der  erste  Theil  des  Programms,  das  Isokrates  im  J.  380  aus- 
gegeben hatte,  schien  erfüllt.  Theben  war  vor  ganz  Hellas 
als  der  alleinige  Friedensstörer  hingestellt.  Die  Execution 
blieb  Sparta  überlassen;  wenn  sie  Erfolg  hatte,  durfte  man 
hoffen,  dass  der  Hellenenwelt  nach  so  vielen  vergeblichen  Mühen 
eine  dauernde  Epoche  des  Friedens  und  der  Eintracht  be- 


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408  lv»  6-  Wiedererhebung  Thebens  und  Athens. 

schieden  sein  werde,  und  dass  dann  auch  die  Zeit  nicht  mehr 
fern  sei,  wo  der  zweite  Theil  des  Programms  verwirklicht 
werden  könne,  die  Abschüttelung  des  persischen  Jochs,  die 
Befreiung  der  asiatischen  Griechen  und  die  Eroberung  Klein- 
asiens. 

Conilict  mit  Theben:  Xen.  VI,  3,  18  ff.,  der  ohne  Zweifel  den  Her- 
gang völlig  authentisch  darstellt,  wenn  er  auch  nur  die  eine  Seite  des 
Bildes  gib».  Diod.  XV,  50,  4.  Pluf.  Ages.  27  f.  Nepos  Epam.  6,  4.  Pausan. 
IX,  13,  2. 


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VII.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der 
spartanischen  Macht   Der  Ausgang  des 
athenischen  Seebundes. 

Schlacht  bei  Leuktra. 

942.  Nach  dem  Wortlaut  des  Friedens  hätte  Sparta  das 
Bundesheer,  das  in  Phokis  stand,  auflösen  müssen ;  wenn  dann 
Theben  in  seiner  Widersetzlichkeit  verharrte,  mochte  Sparta  die 
Staaten,  die  dazu  bereit  waren,  auffordern,  an  neuen  Kriegs- 
rüstungen gegen  die  widerspenstige  Stadt  Theil  zu  nehmen. 
König  Kleombrotos,  niemals  mit  dem  Krieg  gegen  Theben 
einverstanden,  war  dieser  Ansicht,  und  auch  in  der  Volks- 
versammlung in  Sparta  wurde  sie  ausgesprochen;  aber  die 
Majorität  erklärte  ein  derartiges  Verfahren  mit  Recht  für 
thöricht.  Kleombrotos  erhielt  den  Befehl,  nochmals  an  Theben 
die  Forderung  zu  stellen,  die  Städte  freizugeben,  und  wenn  es 
sich  weigere,  sofort  in  Boeotien  einzurücken.  So  geschah  es. 
Der  Haupttheil  des  boeotischen  Heeres  besetzte  bei  Koronea 
die  grosse  Heerstrasse  längs  des  Kopaissees;  aber  Kleom- 
brotos schlug  den  Bergpfad  ein,  der  am  Fuss  des  Helikon 
über  Thisbe  nach  der  Küste  des  korinthischen  Golfs  führt. 
Der  Pass  war  nur  schwach  besetzt ;  Kleombrotos  überfiel  den 
Hafen  Kreusis,  nahm  die  zwölf  hier  liegenden  thebanischen 
Kriegsschiffe  und  rückte  ins  Gebiet  von  Thespiae  ein.  Die 
boeotische  Armee  eilte  herbei  und  zog  auch  die  Truppen  an 


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410    IV»  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

sich,  welche  den  Kithaeron  besetzt  hielten;  auf  den  Höhen  zu 
beiden  Seiten  der  etwa  einen  Kilometer  breiten  Thalebene  von 
Leuklra  nahmen  die  Heere  einander  gegenüber  Stellung.  Bei 
den  ßoeotern  waren ,  als  man  sich  jetzt  unmittelbar  vor  die 
Entscheidung  gestellt  sah,  von  der  Thebens  Existenz  abhing, 
die  Meinungen  getheilt,  wie  bei  den  Athenern  vor  Marathon; 
drei  Boeotarchen  forderten  den  Rückzug  und  die  Vertheidi- 
gung  innerhalb  der  Stadtmauern.  Aber  Epaminondas,  jetzt 
zum  ersten  Male  Boeotarch,  setzte  es  durch,  dass  man  Stand 
hielt.  Wer  von  den  Mannschaften  nicht  bleiben  wollte  —  und 
in  den  Contingentcn  der  unterthänigen  Städte  wurde  die  Ab- 
neigung, für  Theben  zu  kämpfen,  vielfach  laut  — ,  erhielt  die 
Erlaubniss,  davon  zu  gehen,  vor  allern  die  Thespier;  das  übrige 
Heer  stellte  sich  in  Schlachtordnung  auf.  Auch  Kleombrotos 
hatte  wenig  Neigung,  für  eine  Politik,  die  er  missbilligte,  den 
Entscheidungskampf  zu  wagen.  Aber  er  wusste,  wie  man  in 
Sparta  über  ihn  dachte;  kehrte  er  diesmal  wieder  unverrichteter 
Dinge  heim,  so  war  ihm  das  Schicksal  seines  Vaters  gewiss. 
So  blieb  auch  ihm  nichts  übrig  als  den  Kampf  anzunehmen. 

Vorgeschichte  der  Schlacht:  Xen.  VI,  4,  1  IT.  Genaueres  und  zu- 
verlässiges Material  gibt  Pausan.  IX,  13,  3.  6—8  [wie  Wilamowitz  er- 
kannt hat,  ein  Auszug  aus  Plutarchs  Biographie  des  Epaminondas].  Die 
Berathung  der  Boeotarchen  ausserdem  Diod.  XV,  53,  3,  vgl.  Plut.  Pelop. 
20,  die  Entlassung  der  Thespier  Polyaen  II,  3.  3. 

043.  Die  Seele  des  boeotischen  Heeres  war  Epaminondas, 
der  Sohn  des  Polymnis.  Er  stammte  aus  einem  angesehenen, 
wenn  auch  verarmten  Geschlechte;  geboren  ist  er  spätestens 
um  415.  Seine  geistige  Ausbildung  verdankte  er  dem  nach 
Theben  verschlagenen  Lysis  von  Tarent,  einem  der  wenigen 
Pythagoreer,  die  bei  der  Katastrophe  in  Kroton  (§.  371)  ent- 
kommen waren;  auch  sonst  stand  er  in  gymnastischer  und 
musischer  Ausbildung  keinem  anderen  nach.  Den  politischen 
Händeln  hatte  er  sich  fern  gehalten  und  auch  an  der  Be- 
freiung und  ihren  Blutthaten  nicht  Theil  genommen;  wie  es 
sich  bei  einem  Pythagoreer  von  selbst  versteht,  war  er  aristo- 
kratisch gesinnt  und  hat  sich  mit  der  jetzt  in  Theben  herr- 


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Epaniinoudos  und  die  neue  Taktik. 


411 


sehenden  radicalen  Demokratie  nie  vertragen  können.  Ueber- 
haupt  aber  war  sein  Interesse  zunächst  weit  mehr  den  gei- 
stigen und  philosophischen  Fragen  als  der  Politik  zugewandt. 
Aber  in  den  Kriegen  Thebens  hatte  er  sich  ausgezeichnet  und 
die  Freundschaft  des  weit  jüngeren  Pelopidas  gewonnen ;  durch 
ihn  scheint  er  in  die  politische  Laufbahn  eingeführt  zu  sein. 
Im  J.  371  war  er  zum  ersten  Male  Boeotarch;  und  jetzt 
zeigte  sich  sofort,  dass  er  als  Staatsmann  wie  als  Feldherr 
alle  Genossen  weitaus  überragte,  zuerst  bei  den  Verhandlungen 
in  Sparta,  deren  Führung  ihm  zufiel,  sodann  auf  dem  Schlacht- 
felde von  Leuktra.  Epaminondas  hat  aus  der  Eigenart  der 
boeotischen  Kampfweise  eine  neue  Taktik  entwickelt,  welche, 
weit  hinaus  gehend  über  die  Reformen  des  Iphikrates  und 
des  Chabrias,  der  griechischen  Kriegsführung  eine  neue  Gestalt 
gab  und  der  allen  Kampfweise,  welche  in  Sparta  verkörpert  war 
und  auf  der  Spartas  Herrschaft  beruhte,  definitiv  ein  Ende 
machte.  Die  bisherigen  Schlachten  waren  Flügelschlachten 
gewesen:  in  jeder  der  beiden  Armeen  suchte  der  rechte  Flügel, 
nach  rechts  vorwärts  drängend,  den  feindlichen  linken  zu  um- 
klammern und  zu  werfen  und  dann  die  feindliche  Schlacht- 
reihe aufzurollen.  Daneben  hatte  sich,  zunächst  in  den 
Kämpfen  mit  rohen  Volksstämmen,  wie  den  Aetolern  und 
Thrakern,  die  aufgelöste  Fechtart  der  Leichtbewaffneten  ent- 
wickelt, und  dann  durch  die  Ausbildung  des  Söldnerwesens  und 
der  Peltasten  in  kleineren  Gefechten  oft  entscheidende  Bedeu- 
tung gewonnen.  Die  Folge  war  gewesen,  dass  man  seit  dem 
korinthischen  Krieg  Entscheidungsschlachten  nach  Möglichkeit 
vermied  und  durch  geschickte  Manöver  Theilerfolge  zu  erringen 
und  dadurch  den  Krieg  bis  zur  Ermattung  des  Gegners  hin- 
zuhalten suchte;  darin  hatten  sich  Iphikrates  und  Chabrias  als 
Meister  gezeigt.  Die  Reiterei,  welche  die  Thessaler  und  Boeoter 
niemals  aufgegeben,  und  die  Athener  seit  den  Perserkriegen, 
Sparta  seit  Brasidas  wieder  eingeführt  hatten,  war  immer 
eine  Hülfstruppe  geblieben,  die  zur  Flankendeckung,  zur  Ein- 
leitung des  Gefechts,  zur  Verfolgung  und  Aufklärung  und  zu 
raschen  üeberfallen  verwerthet  wurde.    Die  Boeoter  hatten 


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412    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 


immer  eine  gute  Reiterei  gehabt  und  dieselbe  in  den  letzten 
Kriegen  weiter  ausgebildet;  die  Entscheidung  aber  hatten  sie 
durch  tiefe  Aufstellung  des  rechten  Angriflfsflügels  zu  gewinnen 
gesucht,  so  bei  Delion.  Daran  hielt  Epaminondas  fest;  aber 
zum  Angriffsflügel  bestimmte  er  jetzt  den  linken  Flügel  und 
stellte  ihn  so  tief  auf,  dass  er  einen  entscheidenden  Stoss  gerade 
gegen  den  feindlichen  Offensivflügel  führen  konnte.  Die  Reiterei 
sollte  den  Kampf  eröffnen  und  das  Schlachtfeld  frei  machen, 
der  rechte  Flügel,  von  dem  die  Feinde  den  Angriff  erwarteten, 
zurück  bleiben  und  den  Kampf  hinhalten;  gelang  es  während 
dessen  den  feindlichen  rechten  Flügel  zu  werfen,  so  war  der  volle 
Sieg  erfochten.  Der  Kern  der  Neuerung  war,  dass  Epaminondas 
die  gewöhnliche  Schlachtordnung  umkehrte  und  die  Entschei- 
dung an  derselben  Stelle  suchte,  wie  der  Gegner;  weil  aber 
im  Kampfe  der  linke  Flügel  sich  weit  vorschob,  während  der 
rechte  zurückblieb,  hat  diese  Aufstellung  den  Namen  der 
»schiefen  Schlachtordnungt  erhallen. 

Ueber  Epaminondas'  Jugend  und  Charakter  s.  vor  allem  Nepos' 
Biographie;  ferner  Plut.  Pelop.  3.  4.  Diod.  XV,  39,  2  —  50,  6  u.  a.  Zur 
Abstammung  Pausan.  VIII,  11,  8.  Ep.  5t<;  ?i33apaxo3töv  reo?  a-rvofjSfci; 
Pluf.  Ttept  toö  Xd&s  ßuusac  4,  5;  bisher  noch  nicht  Stratege  Plut.  Ages. 
28.  Die  Späteren  haben  sich  viele  Mühe  gegeben,  sein  Fernbleiben  bei 
der  Befreiung  Thebens  zu  erklären,  vgl.  namentlich  Plutarch  de  genio  Socr. 

944.  Die  Stärke  des  spartanischen  Heeres  wird  auf  10,000, 
die  des  boeotischen  auf  G000  Mann  angegeben.  Doch  ist 
auf  diese  Zahlen  kein  Verlass;  beide  Heere  mögen  leicht  un- 
gefähr gleich  slark  gewesen  sein.  Während  die  Peltasten  und 
Reiter  der  Verbündeten  die  Boeoter  umschwärmten  und  den 
abziehenden  Tross  ins  Lager  zurücktrieben,  stellte  Kleombrotos 
sein  Heer  am  Südrande  der  Ebene  in  Schlachtordnung,  auf 
dem  rechten  Flügel  die  4  spartanischen  Moren,  2300  Mann, 
darunter  700  Spartiaten  ,  in  einer  Tiefe  von  12  Mann  (also 
192  Mann  in  der  Front),  dann  links  anschliessend  die  Con- 
tingente  der  Bündner,  meistens  Soldtruppen;  die  Reiterei 
stand  vor  der  Front,  die  Aufstellung  zu  decken.  Epaminondas 
dagegen  bildete  auf  seinem  linken  Flügel  eine  40  Schilde  tiefe 


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Schlacht  bei  Leuktra. 


413 


Colonne,  an  der  Spitze  die  heilige  Schaar  (§.  931)  unter  Pelo- 
pidas;  der  rechte  Flügel  war  um  so  flacher  aufgestellt.  Trotzdem 
kann  die  Front  der  Boeoter  höchstens  etwa  halb  so  lang  ge- 
wesen sein  als  die  der  Feinde.  Die  boeotische  Reiterei  er- 
öffnete den  Kampf  und  warf  die  spartanische  auf  das  Fuss- 
volk zurück.  Trotzdem  versuchte  Eleombrotos  in  gewohnter 
Weise  zum  Angriff  vorzugehen  und  den  schmalen  linken 
Flügel  der  Feinde  zu  umklammern :  da  traf  ihn  der  Stoss  des 
thebanischen  Gewalthaufens,  der  mit  unwiderstehlicher  Wucht 
wie  ein  Keil  in  seine  Reihen  eindrang.  Die  spartanische 
Offensive  war  gebrochen,  ehe  sie  sich  hatte  entfalten  können. 
Die  Spartaner  fochten  aufs  tapferste.  Kleombrotos  selbst  fiel, 
und  um  ihn  die  Elite  der  spartanischen  Bürgerschaft,  Spho- 
drias  und  sein  Sohn  Kleonymos,  der  Polemarch  Deinon  und 
zahlreiche  andere,  im  ganzen  gegen  1000  Mann,  darunter 
400  Spartiaten,  über  die  Hälfte  derer,  die  am  Kampfe 
Theil  nahmen.  Wenigstens  den  sterbenden  König  gelang  es 
vom  Schlachtfelde  aufzuheben;  aber  die  Schlacht  war  nicht 
mehr  zu  retten,  nur  noch  die  Ehre.  Der  linke  Flügel  war, 
als  der  erwartete  Angriff  der  Feinde  nicht  erfolgte,  seinerseits 
vorgegangen;  jetzt  wurde  auch  er  von  der  Niederlage  mit 
fortgerissen.  Das  geschlagene  Heer  zog  sich  in  das  durch 
einen  Graben  geschützte  Lager  auf  den  Höhen  zurück.  Ein- 
zelne Spartiaten,  die  den  Gedanken  einer  Niederlage  nicht  er- 
tragen konnten,  forderten  eine  Wiederaufnahme  des  Kampfes. 
Aber  das  war  unausführbar,  zumal  auch  die  Bundesgenossen 
jetzt  nicht  mehr  zuverlässig  waren;  man  musste  sich  bequemen, 
durch  die  Bitte  um  Ueberlassung  der  Leichen  die  Niederlage 
einzugestehen.  Einen  Sturm  auf  das  Lager  wagten  die  Boeoter 
nicht;  aber  auf  der  Höhe,  wo  ihr  Lager  gestanden  hatte,  er- 
richteten sie  ein  steinernes  Tropaeon,  dessen  Trümmer  noch 
heutigen  Tages  die  Stätte  bezeichnen,  an  der  Spartas  Macht 
ins  Grab  gesunken  ist. 

Ueber  die  Schlacht  haben  wir  nur  sehr  unzulängliche  Kunde. 
Xenophon  (VI,  4)  setzt  deutlich  eine  Darstellung  von  gegnerischer  Seite 
als  bekannt  voraus;  ihr  gegenüber  sucht  er  die  Niederlage  der  Spartaner 


414    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

nach  Möglichkeit  durch  unglückliche  Zufälle  zu  erklären ,  ohne  auf  die 
überlegene  Taktik  des  Epaminondas,  den  er  Oberhaupt  nicht  nennt, 
irgendwie  einzugehen;  es  ist  der  schwächste  Abschnitt  seines  Werks. 
Dennoch  müssen  wir  ihm  die  wichtigsten  Daten  entnehmen.  Die  werth- 
vollste Ergänzung  bietet  Plut.  Pelop.  23,  wenn  man  nur  berücksichtigt, 
dass  der  Autor  ganz  unmilitärisch  ist  und  dass  er  seinen  Helden  hier  wie 
sonst  möglichst  in  den  Vordergrund  drängt ;  dass  die  heilige  Schaar  unter 
Pelopidas  den  Kern  des  linken  Flügels  ausmachte,  nicht  eine  gesonderte, 
selbständig  operirende  Abtheilung,  wie  Plutarch  sie  auffasst,  ist  zweifel- 
los. Diodor  XV,  51—56  ist  ganz  entstellt,  sogar  lasons  und  Arcbidamos* 
Hölfszug  werden  vor  die  Schlacht  gesetzt;  doch  enthält  55,  2  f.  richtige  Mo- 
mente. Dass  Ephoros  die  Schlacht  bereits  so  schlecht  darstellte,  wie  Diodor, 
beweist  Polyb.  XII,  25  f,  3.  Pausan.  IX,  13,  9  gibt  der  Abneigung  der  Bündner 
gegen  Sparta  die  Schuld.  Die  neueren  militärischen  Bearbeitungen  (Köchlt 
und  RCstow,  Griech.  Kriegswesen  172  f.  DelbrCck,  Gesch.  d.  Kriegskunst 

I,  130  CT.)  tragen  einige  falsche  Momente  in  den  Kampf,  vor  allem  indem 
sie  eine  Flankendeckung  für  den  linken  Flügel  verlangen ;  die  ist  aber 
völlig  unnötbig;  denn  sobald  die  feindliche  Reiterei  geworfen  war,  war 
das  Feld  für  den  Stoss  der  Phalanx  frei.  —  Starke  der  Spartaner:  Plut. 
Pelop.  20,  der  Boeoter  Diod.  XV,  52,  2  [arge  Uebertreibungen  bei  Polyaen 

II.  3,  8.  12  und  Fronlin  IV,  2,  6];  aus  Xenophon  VI,  4,  12  ergibt  sich 
die  Stärke  des  spartanischen  Contingente.  Zahl  der  Gefallenen  Xen.  VI, 
4,  15.  Pausan.  IX,  13,  12;  übertrieben  Diod.  XV,  56,  4.  Zur  Topographie 
Grundy,  the  lopogr.  of  the  battle  of  Plataea.  1894,  p.  73  IT.,  mit  vor- 
trefflicher Karte  [er  gibt  aber  der  thebanischen  Linie  eine  zu  grosse 
Länge].  —  Die  boeotisebe  Geschichtsschreibung  hat  die  Muthlosigkeit 
vor  der  Schlacht  gesteigert  und,  wie  es  sich  gehört,  eine  Anzahl  von 
Vorzeichen  erfunden  (Kallisth.  fr.  9  bei  Cic.  div.  I,  74  ff.  II,  56  f.  Diod. 
XV,  52-54.  Plut.  Pelop.  20-22.  Pausan.  IX,  13,  4  f.  Polyaen  II,  3,  8. 
12.  Plut.  de  Pyth.  orac.  8),  die  dann  von  den  Rationalisten  für  schlaue 
Veranstaltungen  des  Epaminondas  erklärt  werden  (so  Diod.  XV,  5.%  4); 
Xenophon  VI,  4,  7  kennt  bereits  beide  Versionen.  —  Datum  der  Schlacht: 
Plut.  Ages.  28.  Camill.  19. 


Die  Folgen  der  Schlacht,   lasons  Ausgang. 

945.  Die  Schlacht  bei  Leuktra,  am  5.  Hekatombaeon 
(5.  August)  371  v.  Chr.,  hat  die  Grundlage  der  bisherigen 
Gestaltung  der  griechischen  Welt  umgestossen.  Drei  Wochen, 
nachdem  Sparta,  noch  einmal  als  der  mächtigste  Staat  von 
Hellas  anerkannt,  von  Theben  die  Unterwerfung  unter  seinen 


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Wirkungen  der  Schlacht.    Abweisung  Thebens  durch  Athen.  415 

Willen  gefordert  hatte,  war  der  vernichtende  Schlag  erfolgt. 
Sparta  besass  nicht  die  Mittel,  ihn  wieder  auszugleichen.  Der 
Verlust  von  400  Bürgern,  so  schwer  ihn  der  menschenarme 
Staat  empfand,  war  doch  nicht  das  Schlimmste;  entscheidend 
war,  dass  der  Ruf  seiner  Unüberwindlichkeit  gebrochen  warr 
dem  allein  es  den  Gehorsam  all  der  anderen  Staaten  ver- 
dankte, die  ihm  an  Volkszahl  und  an  materiellen  Mitteln  viel- 
fach weit  überlegen  waren.  Die  Politik  der  letzten  Jahrzehnte, 
welche  jeden  grossen  Kampf  vermied  und  durch  kleine  Mittel 
und  diplomatischen  Druck  zum  Ziel  zu  gelangen  suchte,  hatte 
sich  als  allein  berechtigt  erwiesen.  Jetzt  erhob  sich  an  Spartas 
Stelle  eine  neue  Militärmacht  in  dem  bisher  allgemein  mit 
Geringschätzung  behandelten  boeotischen  Staate.  —  Freilich 
verging  noch  einige  Zeit,  bis  den  Menschen  die  totale  Um- 
wandlung der  Lage  zu  vollem  Bewusstsein  kam  und  sich  alle 
Gonsequenzen  der  Schlacht  entwickelten.  Sparta  machte  auf 
die  Kunde  von  der  Niederlage  den  Rest  seines  Heeres  mobil, 
zwei  Moren  und  dazu  die  ältesten  Jahrgänge  vom  55.  bis 
zum  60.  Jahr,  die  bisher  nicht  mit  ins  Feld  gerückt  waren. 
Die  Führung  übernahm,  da  Agesilaos  noch  immer  invalide 
war,  sein  Sohn  Archidamos.  Auch  die  Peloponnesier  leisteten 
noch  in  alter  Weise  Heeresfolge.  Archidamos  rückte  bis  an 
die  Nordgrenze  des  megarischen  Gebiets  vor,  um  dem  Heere, 
das  sich  noch  in  dem  Lager  von  Leuktra  hielt,  die  Hand  zu 
bieten;  Korinth  und  Sikyon  rüsteten  Schiffe,  um  ihn  über 
das  Meer  zu  führen.  —  Die  Thebaner  hatten  gleich  vom 
Schlachtfeld  Boten  mit  der  Siegesnachricht  an  Athen  und  an 
Iason  entsandt,  die  schleunige  Bundeshülfe  fordern  sollten: 
jetzt  sei  der  Moment  gekommen,  Sparta  seine  Thaten  heim- 
zuzahlen. In  Athen  war  man  bitter  enttäuscht;  unter  Kalli- 
stratos'  Leitung  war  der  Staat  ganz  ins  spartanische  Fahr- 
wasser eingelenkt,  und  hatte  eine  gründliche  Demüthigung  der 
Thebaner  mit  Freuden  erwartet.  So  machte  man  aus  der 
Enttäuschung  kein  Hehl;  der  thebanische  Herold  wurde  aufs 
unfreundlichste  abgewiesen.  Um  so  bereitwilliger  war  Iason; 
er  rückte  sofort  mit  starker  Macht  in  Boeotien  ein  und  machte 


416    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

zugleich  seine  Flotte  mobil.  Die  Thebaner  forderten  einen 
gemeinsamen  Angriff  auf  die  spartanische  Stellung;  das  lehnte 
er  ab:  man  solle  die  Gegner  nicht  zu  einem  Verzweiflungs- 
kampf zwingen,  dessen  Ausgang  Niemand  absehen  könne; 
er  wollte  Sparta  als  Gegengewicht  gegen  Theben  erhalten, 
um  beide  um  so  sicherer  zu  beherrschen.  So  bot  er  den 
Spartanern  seine  Vermittelung  an ;  und  diese  sahen  ein,  dass 
sie  nichts  mehr  ausrichten  konnten.  Unter  dem  Schutze  eines 
Waffenstillstands  zog  das  Heer  von  Leuktra  über  den  Kithae- 
ron  ab  zu  Archidamos,  und  dieser  führte  die  gesammte  Armee 
in  die  Heimath  zurück. 

Quelle:  Xen.  VI.  4,  16—26.  Iasons  HQlfszug  und  der  Waffenstill- 
stand auch  Diod.  XV,  54,  5,  wo  er  vor  die  Schlacht  gesetzt  ist  (§.  944  A.). 

946.  So  schien  es,  als  ob  der  Gewinn  des  Sieges  an 
Stelle  des  Siegers  dem  Herzog  von  Thessalien  zufallen  werde. 
Auf  dem  Rückmarsch  verwüstete  Iason  das  Land  der  Phoker, 
der  alten  Feinde  seines  Volks,  und  besetzte  die  sparta- 
nische Zwingburg  Heraklea  Trachinia,  deren  Truppen  bei 
Leuktra  für  Sparta  gefochten  hatten.  Die  Mauern  wurden 
niedergelegt,  die  Stadt  den  Oetaeern  und  Maliern  übergeben. 
Dann  zwang  er  die  Perrhaeber  an  der  Nordgrenze  Thessa- 
liens, seine  Oberhoheit  anzuerkennen;  und  auch  König  Amyn- 
tas  von  Makedonien  blieb  jetzt  nichts  mehr  übrig,  als  sich 
seiner  Suprematie  durch  Abschluss  eines  Bündnisses  zu  fügen, 
wie  schon  seit  Jahren  die  Fürsten  und  Stämme  von  Epirus. 
Damit  war  der  Norden  ihm  botmässig;  die  Zeit  war  gekommen, 
wo  er  seine  Hand  auf  den  Haupttheil  der  griechischen  Welt 
legen  konnte.  Für  die  nächsten  Pythien,  im  September  370, 
kündete  er  sein  Erscheinen  in  Delphi  an;  er  selbst  wollte 
die  Leitung  der  Spiele  übernehmen,  der  gesammte  Heerbann 
Thessaliens  sollte  ihm  folgen.  Bereits  wurden  riesige  Massen 
von  Opferthieren  zusammengetrieben.  Mit  banger  Erwartung 
sah  man  der  weiteren  Entwickelung  entgegen ;  auch  die  reichen 
Schätze  des  Tempels,  so  glaubte  man,  werde  er  sich  an- 
eignen, und  nirgends  war  eine  Macht,  die  ihm  hätte  wehren 
können.    Da  wurde  er  bei  einer  Heerschau  in  Pherae  von 


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Iasons  Auagang.   Thebens  Suprematie  in  Miltelgriechenland.  417 


sieben  jungen  Leuten  erschlagen.  Wer  der  Anstifter  war,  ist 
nicht  festgestellt;  der  Verdacht  ruhte  auf  seinem  Bruder  Poly- 
doros,  dessen  reiche  Schätze  der  Herrscher  sich,  wie  die  aller 
seiner  Verwandten,  zu  Nutzen  gemacht  hatte.  Mit  Iasons  Tode 
brach  seine  Macht  zusammen ;  seine  Erben  (§.  956)  waren  De- 
spoten gewöhnlichen  Schlages,  welche  die  Herrschaft  zu  ge- 
messen und  die  ihnen  drohenden  Gefahren  zu  ersticken  trach- 
teten, aber  einen  auf  höhere  Ziele  gerichteten  Ehrgeiz  nicht 
kannten.  —  Die  griechische  Welt  athmete  auf,  als  die  Kunde 
von  Iasons  Tode  kam;  die  Städte  überhäuften  seine  Mörder 
mit  Ehren.  Der  altgewohnte  Hader,  dem  er  vielleicht  ein  Ende 
gemacht  hätte,  konnte  wieder  beginnen.  Jetzt  war  es  für 
Theben  möglich,  die  Folgen  des  Sieges  für  sich  zu  gewinnen. 
Aus  Thespiae  wurden  die  Spartanerfreunde  verjagt,  Orchu 
menos,  die  einzige  noch  selbständige  Stadt  ßoeotiens,  zwar 
nicht  dem  Gesammtstaat  einverleibt,  aber  zum  Bündniss  ge- 
zwungen —  härtere  Massregeln  hat  Epaminondas  verhindert. 
Dann  dehnte  Theben  seine  Suprematie  über  ganz  Mittel- 
griechenland aus.  Die  Lokrer  von  Opus  und  die  Ozoler, 
die  Phoker,  die  jetzt  den  Schutz  Spartas  gegen  ihre  Feinde 
verloren  hatten,  weiter,  offenbar  erst  nach  Iasons  Tod,  die 
Malier,  Herakleoten,  Aenianen,  ferner  die  Städte  Euboeas  und 
Akarnaniens  schlössen  mit  Theben  Verträge  ab,  durch  die  die 
Contrahenten  sich  zu  gegenseitiger  Hülfsleistung  im  Fall  eines 
feindlichen  Angriffs  verpflichteten.  Gegen  Ende  370  erstreckte 
sich  Thebens  Macht  über  ganz  Mittelgriechenland  mit  Aus- 
schluss von  Attika  und  Aetolien.  Formell  hielt  sich  der  neue 
thebanische  Bund  genau  wie  der  athenische  in  den  Grenzen 
des  Königsfriedens;  er  war  eine  Defensivallianz  wie  dieser. 
Auch  ein  Synedrion  der  Bundesgenossen  tagte  jetzt  in  Theben 
ganz  wie  in  Athen,  und  fasste  mit  dem  Boeoterstaat  zusammen 
Beschlüsse  ab,  welche  die  Einzelstaaten  banden.  Daher  konnten 
dem  Namen  nach  beide  Bünde  sehr  gut  neben  einander  be- 
stehen, da  keiner  von  beiden  formell  zur  Theilnahme  an  An- 
griffskriegen verpflichtete,  ja  diese  der  Idee  nach  perhorres- 
cirte.    Thatsächlich  freilich  hatte  Athen  durch  sein  Verhalten 

Meyer,  Geschichte  des  AHerthoms.  V.  27 


418    IV,  7.  Epaminoudas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

nach  der  Schlacht  bei  Leuktra  den  Bund  mit  Theben  be- 
reits gebrochen;  und  so  war  auch  der  Uebertritt  der  Euboeer 
und  Akarnanen  zu  Theben  factisch  ein  Abfall  von  Athen. 
Für  die  praktische  Politik  wandelte  sich  der  thebanische 
Defensivbund  ganz  wie  der  athenische  sofort  um.  in  eine 
Allianz,  welche  die  Kräfte  der  schwächeren  Staaten  den  Boeo- 
tern  unbedingt  zur  Verfugung  stellte,  so  lange  diese  die 
Macht  besassen,  sie  zu  zwingen.  —  Zu  Thessalien  bestanden 
die  freundschaftlichen  Beziehungen  zunächst  auch  nach  Iasons 
Tode  fort;  Theben  erhielt  von  hier  Zuzug  von  Reitern  und 
Peltasten  beim  Zuge  in  den  Peloponnes. 

Iasons  Ausgang:  Xen.  VI,  4,  27  fT.  Diod.  XV,  57,  2.  60,  1  f.  5;  be- 
treffs der  Ermordung  ist  Ephoros,  den  Diodor  hier  citirt,  Xenophon  ge- 
folgt.  —  Abhängigkeit  Makedoniens  auch  Isokr.  5,  20  öertaXot»?  too;  -pö- 
«pov  tndpx,ovta?  MaxeSovJa^.  —  Ueber  Thebens  Stellung  zu  seinen  Bundes- 
genossen  vgl.  Swoboha  ,  Rhein.  Mus.  55,  465  ff.  Im  J.  362  erklären  die 
Phoker,  Stt  soviK;xat  sf.3».  rx:j*ol$  elev,  s;  Tic,  esl  9-r,ßa<;  tot,  ßo*»)fretv*  Iis9 
o).Xoo(  os  stpatBÜetv  oix  etvot  6v  tat?  0'jv8-r1y.a».^,  Xen.  VII,  5,  4.  o6v«2po: 
in  Theben:  IGSept.  I,  2418.  DS.  120  ZI.  12  [aus  der  Zeit  des  heiligen 
Kriegs].  5v6i>  xotvoü  xtüv  ou;i(i«i^tt)v  ^oYjiaxo?  ist  die  Rückführung  von 
Verbannten  verboten  Xen.  VII,  3,  11.  Bestand  des  Bundes:  Diod.  XV, 
57,  1,  wo  AitioXooc  verschrieben  sein  muss,  wie  Beloch,  Gr.  Gesch.  II, 
258  mit  Recht  bemerkt ;  Xen.  Hell.  VI,  5,  23  =  Ages.  2,  24.  Mit  Un- 
recht streichen  Schäfer,  Demoslh.  I,  81,  Beloch,  Swoboda  u.  a.  hier  die 
Akarnanen;  in  der  angeführten  Inschrift  ZI.  5.  7.  16  gehören  die  Afcar- 
nanenslädte  Alyzia  und  Anaktorion  [seit  425  akarnanisch ,  §.  5941  zur 
thebanischen  Symmachie.  —  Thespiae :  Pausan.  IX,  14,  2.  4.  ürchc- 
menos:  Diod.  XV,  57,  vgl.  79. 


Revolutionen  im  Peloponnes.   Epaminondas  gegen  Sparta. 
Messene  und  der  arkadische  Bundesstaat. 

947.  Im  Peloponnes  hatte  die  Abberufung  der  spartani- 
schen Harnioslen  und  Garnisonen,  welche  der  Friede  von 
Sparta  vorschrieb,  überall  den  Demokraten  und  den  Exulanten 
neue  Hoffnungen  eröffnet;  und  als  dann  wenige  Wochen 
darauf  die  Macht  der  »Zuchtmeister  von  Hellas«  einen  tödt- 
lichen  Schlag  erhielt,  da  war  die  nächste  Folge,  dass  überall 


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Revolulioi.äre  Bewegungen  im  Peloponne?.  419 


die  Erhebung  zum  Ausbruch  kam.  Die  Exulanten  rüsteten 
sich  zur  Heimkehr,  die  Massen  erhoben  sich,  die  Besitzenden 
sahen  sich  zu  einem  Verzweiflungskampf  nicht  nur  um  ihre 
politische  Stellung,  sondern  um  Gut  und  Leben  gezwungen. 
Das  gewaltig  angewachsene  Proletariat  und  die  jedem  Werbe- 
ruf folgenden  Söldnerschaaren  bildeten  ein  unerschöpfliches 
Reservoir  für  jede  revolutionäre  Erhebung;  ehrgeizige  Männer 
bemächtigten  sich  der  Bewegung,  um  bald  unter  dieser,  bald 
unter  jener  Flagge  ihre  persönliche  Herrschaft  zu  begründen. 
Alle  Versuche,  die  Parteien  zu  versöhnen  und  etwas  Neues 
und  Dauerhaftes  zu  schaffen,  erwiesen  sich  in  kürzester  Frist 
als  unhaltbar,  mochten  sie  noch  so  hoffnungsvoll  begonnen 
haben;  kein  Staat  war  auch  nur  von  einem  Tage  zum  an- 
deren seiner  Existenz  sicher.  Innere  Freiheit  und  äussere 
Selbständigkeit  der  Einzelgemeinden  war  das  Programm,  eine 
permanente  Folge  von  Revolutionen,  und  zwar  in  der  furcht- 
barsten Gestalt  eines  erbarmungslosen  Glassenkampfs,  ein  un- 
unterbrochener Krieg  jeder  Gemeinde  gegen  jede  andere  und 
innerhalb  einer  jeden  der  Vernichtungskampf  der  Parteien 
gegen  einander  war  das  Ergebniss  der  Abschüttelung  des 
spartanischen  Jochs.  In  diesen  Kämpfen  ist  nicht  nur  der 
durch  Sparta  zu  einer  geschlossenen  Macht  zusammenge- 
fügte Peloponnes  zu  Grunde  gegangen,  sondern  überhaupt 
eine  jede  griechische  Macht.  Es  ist  die  traurige  Pflicht  des 
Historikers,  die  Entwickelung  der  griechischen  Geschichte  auch 
durch  diese  hoffnungslosen  Zeiten  zu  verfolgen,  wo  nirgends 
eine  Aussicht  auf  eine  bessere  Zukunft  hervorleuchtet  und 
überdies  die  Darstellung  kaum  noch  einen  Faden  findet,  der 
durch  den  wüsten  Kampf  aller  gegen  alle  hindurchführt. 

Von  den  furchtbaren  Zuständen  im  Peloponnes  gibt  Isokrates  Archid. 
64  ff.  ein  anschauliches  Bild ;  vgl.  die  Schilderungen  der  Friedensrede 
und  des  Philippos. 

948.  Der  Hauptheerd  der  revolutionären  Erhebung  war 
Argos.  Hier  hatten  die  verbannten  Feinde  Spartas  und  der 
Oligarchie  aus  allen  Theilen  des  Peloponnes  Zuflucht  gefunden; 


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420    IV.  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 


jetzt  zogen  sie  hinaus,  die  Heimath  wieder  zu  gewinnen.  In 
Phigalia,  der  Bergstadt  im  Südwesten  Arkadiens,  gelang  es  dem 
Demos,  sich  der  Stadt  zu  bemächtigen ;  die  gestürzten  Aristo- 
kraten kamen  zwar  noch  einmal  zurück  und  hieben  auf  die 
beim  Dionysosfest  im  Theater  versammelte  Menge  ein,  aber 
schliesslich  mussten  sie  nach  Sparta  flüchten.  In  Korinth  da- 
gegen behauptete  sich  die  herrschende  Partei,  wehrte  den  Ueber- 
fall  der  Unionisten,  die  vor  dem  Königsfrieden  die  Herrschaft  ge- 
führt hatten,  ab,  und  machte  ihre  Anhänger  in  der  Stadt  un- 
schädlich. Ebenso  schlugen  Sikyon  und  Phlius  die  Angriffe 
ab,  wie  umgekehrt  in  Megara  die  herrschende  Demokratie  einen 
Angriff  der  Oligarchen  niederwarf.  In  Argos  selbst  erwachte 
aufs  neue  die  Hoffnung,  eine  führende  Stellung  gewinnen 
zu  können;  die  Vorbereitung  dazu  war  eine  Revolution  von 
einer  Brutalität,  wie  sie  selbst  in  der  griechischen  Geschichte 
kaum  ihres  Gleichen  hat.  Die  Demagogen  hetzten  gegen  die 
Reichen;  unter  diesen  bildete  sich  ein  Gomplott,  und  als  das- 
selbe entdeckt  wurde,  wurden  nicht  nur  alle  Verdächtigen 
summarisch  zum  Tode  verurtheilt,  sondern  der  Pöbel  erhob 
sich  in  Masse,  fiel  mit  Knütteln  über  die  Reichen  her,  und 
erschlug  ihrer  weit  über  1000.  Schliesslich,  um  vollständig 
reinen  Tisch  zu  machen,  wurden  auch  die  Demagogen,  die 
vor  diesem  Ergebniss  ihres  Treibens  doch  zurückgeschreckt 
waren,  sammt  und  sonders  umgebracht  (370  v.  Chr.). 

Die  Bewegungen  im  Peloponnes  hat  Diodor  XV,  40  (vgl  45,  1) 
fälschlich  schon  an  den  Frieden  von  374  angeschlossen  (§.  936  A.).  Skyta- 
lismos  in  Argos:  Diod.  XV,  58.  Isokr.  5,  52.  Plut.  praer.  reip.  ger.  17,  9. 

049.  Sparta  hat  bei  diesen  Bewegungen  nichts  thun 
können.  Dagegen  hatte  Athen  bereits  den  Versuch  gemacht, 
aus  der  Lage  zu  profitiren  und  in  die  durch  Spartas  Nieder- 
lage vacant  gewordene  Stellung  der  führenden  Macht  einzu- 
rücken. Auf  seine  Einladung  kamen,  wahrscheinlich  noch 
371,  Gesandte  aus  allen  peloponnesischen  Staaten  nach  Athen 
und  schlössen  einen  Vertrag,  der  den  Königsfrieden  aufs  neue 
anerkannte.    Alle  Theilnehmer  verpflichteten  sich  zur  Hülfs- 


Revolution  in  Argos.   Athens  hellenischer  Bund.   Mantinea.  421 


leistung  gegen  jeden  Angreifer.  Nur  die  Elier  lehnten  die  Be- 
theiligung ab,  da  sie  den  alten  Umfang  ihres  Staates,  vor  der 
Befreiung  ihrer  Unterthanen  durch  Sparta,  wieder  herstellen 
wollten ;  alle  anderen  Städte  leisteten  den  Eid,  darunter  wahr- 
scheinlich auch  Sparta,  dem  ein  derartiges  Defensivbündniss, 
durch  das  es  keine  Ansprüche  aufgab,  die  es  nicht  schon  im 
Frieden  von  Sparta  hatte  fallen  lassen,  immerhin  einen  Rück- 
halt gewähren  konnte.  Das  schien  ein  grosser  Erfolg  Athens, 
die  Ausdehnung  des  Bundes  von  377  auch  auf  das  Festland. 
Aber  in  Wirklichheit  bedeutete  es  garnichts;  der  lediglich 
negative  Grundcharakter  dieses  Bundes  trat  jedesmal  deutlich 
hervor,  sobald  Athen  den  Versuch  machte,  mit  seiner  Hülfe 
etwas  Positives  zu  schaffen.  So  hat  denn  seine  Erweiterung 
überhaupt  keine  Bedeutung  gewonnen.  Die  Autonomieklausel 
beschworen  fast  alle  Staaten  sehr  gern,  so  oft  man  wollte; 
dadurch  waren  sie  zu  nichts  verpflichtet,  und  wie  sie  sie  aus- 
legten, war  allein  ihre  Sache.  —  Wie  wenig  Athen  wirklich 
die  Leitung  Griechenlands  in  Händen  hielt,  zeigte  sich,  sobald 
in  Arkadien  eine  weitergreifende  Bewegung  eintrat.  Natür- 
lich gingen  die  Dörfer  von  Mantinea,  sobald  es  möglich  war 
—  bei  Archidamos'  Zug  zum  Isthmos  hatten  sie  noch  Heeres- 
folge geleistet  — ,  daran,  sich  wieder  zu  vereinigen  und  die 
Stadt  neu  aufzubauen,  ohne  Zweifel  unter  Leitung  des  Ly- 
komedes,  der  in  den  nächsten  Jahren  die  Politik  Mantineas 
geleitet  hat.  Agesilaos  versuchte  vergeblich,  Spartas  Autorität 
wenigstens  der  Form  nach  zu  wahren;  er  stellte  ihnen  die 
Einwilligung  und  Unterstützung  Spartas  in  Aussicht,  wenn 
sie  warten  wollten.  Aber  er  wurde  mit  Hohn  abgewiesen. 
Dafür  gaben  die  Elier,  die  alten  Verbündeten  Mantineas,  Geld 
zum  Mauerbau,  und  auch  andere  Arkader  wirkten  mit.  Die 
neue  Stadt  erhielt  eine  demokratische  Verfassung.  Ihr  Erfolg 
gab  den  Demokraten  in  Tegea  Muth;  ihre  Führer,  Proxenos 
und  Kallibios,  gingen  auf  die  Anregung  Mantineas  ein,  zu- 
gleich ganz  Arkadien  zu  einem  festen  Bundesstaat  mit  ein- 
heitlicher Politik  nach  dem  Muster  der  Ghalkidier  und  Boeo- 
tiens  zu  einigen.    Darüber  kam  es,  im  Sommer  370,  zum 


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422    Iv»  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

Aufstand.  Proxenos  wurde  mit  einigen  anderen  erschlagen; 
aber  Kallibios  und  sein  Anhang  flüchteten  nach  Mantinea, 
und  Stasippos,  das  Haupt  der  siegreichen  Partei,  unterliess 
jede  Verfolgung,  um  das  Blutvergiessen  nach  Möglichkeit  zu 
beschranken.  So  konnten  die  Demokraten  mit  Hülfe  der  Man- 
tineer  in  die  Stadt  eindringen;  die  Gefangenen  wurden  hin- 
gerichtet, darunter  Stasippos;  800  seiner  Anhänger  flohen 
nach  Sparta.  Da  konnte  Sparta  nicht  länger  ruhig  zusehen; 
Tegea  war  ein  Jahrhundert  lang,  seit  etwa  460  (§.  325),  der 
treueste  seiner  Bundesgenossen  gewesen.  Agesilaos  selbst 
übernahm  trotz  seines  Leidens  das  Commando  und  rückte, 
obwohl  der  Winter  schon  herangekommen  war,  in  Arka- 
dien ein. 

Das  Vorgehen  Athens  kennen  wir  nur  aus  Xen.  VI,  5,  1  f. ;  vgl. 
Swoboda,  Der  hellen.  Bund  von  871,  Rh.  Mus.  49,  der  ihn  mit  Recht 
als  eine  Erweiterung  des  Seebundes  fasst.  Xenopbon  betrachtet  als  sein 
Ziel  die  weitere  Demüthigung  Spartas;  trotzdem  scheint  mir  gegen  Swo- 
boda u.  a.  die  Ansicht  Busolt's  (zweiter  athenischer  Rund  S.  794)  richtig, 
dass  auch  Sparta  dem  Bunde  beitrat;  denn  nach  Xen.  rufen  die  Athener 
tas  TtoXet;  oaat  (Jo-iXotvTO  vr^  slp-fjvrjc  |i8«£6iv,  und  diese  leisten  rcdtvt*; 
izlrp  'HXeUdv  den  Eid.  Auch  erklärt  sich  so  (trotz  Stern,  Swoboda  u.  a.) 
VI,  5.  36.  37  am  leichtesten.  —  Die  Vorgänge  in  Arkadien  Xen.  VI, 
5,  3  IT.  Diod.  XV,  59,  der  an  dieser  Stelle  Lykomede*.  wohl  nur  durch 
flüchtiges  Excerpiren,  zu  einem  Tegeaten  macht;  62,  2  nennt  er  ihn 
richtig  Mantineer.  Xenophon  nennt  ihn  erst  VII,  1,  23  (vgl.  4.  2  f): 
dass  er  ihn  an  diesen  Stellen  gehässig  behandle,  wie  meist  behauptet 
wird,  kann  ich  nicht  finden;  im  Gegentheil,  seine  Tendenzen  sind  ihm, 
nachdem  es  einmal  mit  Sparlas  Herrschaft  vorbei  war,  relativ  sym- 
pathisch. —  Ueber  die  Topographie  des  neuen  Mantinea  vgl.  BCH.  XIV. 

950.  Durch  diese  Vorgänge  wurde  der  Peloponnes  in 
zwei  Theile  zerrissen.  Die  Isthmosstaaten  hielten  treu  zu 
Sparta,  Korinth,  Sikyon,  Phlius,  Pellene  in  Achaia,  ferner  die 
Küslenstädtc  von  Argolis,  Epidauros,  Troezen,  Hermione,  Ha- 
licis,  von  den  Arkadern  Orchomenos,  das  mit  seinem  Nachbar 
Mantinea  verfeindet  war,  und  Heraea  an  der  elischen  Grenze, 
endlich  die  Triphylier  von  Lepreon,  die  sich  von  Elis  bedroht 
sahen  —  bereits  hatte  dies  die  Mehrzahl  seiner  alten  Unter- 


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Demokratische  Einheitsbewegung  in  Arkadien.  Intervention  Thebens.  423 


thanen  wieder  unterworfen  und  in  den  Staatsverband  auf- 
genommen und  deshalb  die  Zahl  der  Phylen  auf  12  ver- 
mehrt. Auf  Seiten  Mantineas  und  Tegeas,  die  jetzt,  das 
einzige  Mal  in  ihrer  Geschichte,  freiwillig  zusammengingen, 
stand  das  Gros  der  Arkader,  die  sich  nunmehr  wirklich  zu 
einem  Staate  zusammenschlössen.  Die  Führung  fiel  Mantinea 
zu,  das  den  Demos  von  Tegea  beschützt  hatte;  Lykomedes 
wurde  der  erste  Strateg  des  Bundes.  Mit  Argos  und  Elis 
waren  sie  verbündet;  ausserdem  forderten  sie  auf  Grund  des 
Vertrages  vom  vorigen  Jahre  Hülfe  von  Athen.  Aber  dies 
weigerte  sich.  Es  hatte  den  Peloponnes  sich  dienstbar  machen 
wollen,  verspürte  aber  nicht  die  mindeste  Neigung,  einen  ar- 
kadischen Einheitsstaat  aufrichten  zu  helfen,  der  ihm  ebenso 
gefährlich  werden  musste  wie  Boeotien;  sein  Interesse  gebot 
jetzt  weit  eher,  Sparta  nicht  völlig  erliegen  zu  lassen.  So 
wandten  sich  die  Verbündeten  nach  Theben,  und  hier  sagte 
man  ihnen  gern  Unterstützung  zu;  der  boeotische  Staat 
nahm  dafür  eine  Anleihe  von  10  Talenten  beim  Tempelschatz 
von  Olympia  auf.  —  Inzwischen  hatten  die  Feindseligkeiten 
begonnen.  Lykomedes  hatte  Orchomenos  nicht  nehmen  können, 
aber  ein  von  Korinth  geworbenes  Söldnercorps  geschlagen. 
Gleichzeitig  war  Agesilaos  von  Süden  her  vorgerückt.  Aber 
auch  er  wagte  keinen  Kampf,  sondern  beschränkte  sich,  vor 
den  Mauern  von  Tegea  und  Mantinea  zu  demonstriren ,  um 
zu  beweisen,  dass  Sparta  sich  trotz  der  Niederlage  immer  noch 
im  Felde  zeigen  könne.  Schliesslich,  nachdem  er  die  Reste 
des  geschlagenen  Söldnercorps  an  sich  gezogen  hatte,  kehrte 
er  nach  Sparta  zurück.  —  Jetzt  kam,  etwa  Ende  December  370, 
das  boeotische  Heer  heran,  geführt  von  Epaminondas  und 
Pelopidas,  begleitet  von  den  Gontingenten  Thessaliens  und 
aller  mittelgriechischen  Bündner.  Die  Arkader,  Elier,  Argiver 
strömten  in  Masse  hinzu.  In  Arkadien  freilich,  das  zu  ver- 
theidigen  ihr  Auftrag  lautete,  gab  es  nichts  mehr  zu  thun, 
und  ein  Winterfeldzug  widersprach  allem  Herkommen;  aber 
die  Verbündeten  forderten,  man  solle  diese  Macht  benutzen, 
um  den  spartanischen  Staat  vollends  zu  vernichten,  und  Epa- 


424    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 


minondas  erklärte  sich  dazu  bereit.  In  vier  Colon nen  brach 
die  Armee  in  das  Eurotasthai  ein ;  der  kleine  Grenzposten  bei 
Oion  in  der  Skiritis  unter  Ischolaos  wurde  von  den  Arkadern 
nach  harter  Gegenwehr  überwältigt.  Bei  Sellasia  vereinigte 
sich  das  Heer  und  rückte  auf  dem  linken  Eurotasufer  gegen 
Sparta  selbst  vor.  Die  Perioekenstädte  fielen  ab,  die  Heloten 
erhoben  sich;  Sparta  schien  der  Vernichtung  Preis  gegeben. 
In  der  Sladt  selbst  gährte  es;  die  unzufriedenen  Elemente, 
auf  die  Kinadon  sich  gestützt  hatte,  vor  allem  die  ver- 
armten und  ihrer  Rechte  beraubten  Bürger,  planten  eine  Er- 
hebung und  gewaltsamen  Umsturz.  Die  zuverlässigen  Mann- 
schaften waren  eine  geringe  Minderzahl;  dass,  als  man  die 
Heloten  unter  dem  Versprechen  der  Freiheit  zu  den  Waffen 
rief,  über  0000  sich  meldeten,  schien  eher  eine  neue  Gefahr 
als  eine  Hülfe.  Perioeken  und  Knechte  desertirten  in  Masse; 
die  Weiber,  die  nie  den  Rauch  eines  feindlichen  Lagers  ge- 
sehen hatten,  bewährten  ihren  Ruf  sehr  schlecht  und  erfüllten 
alles  mit  Geschrei  und  Verwirrung.  Es  ist  das  Verdienst  des 
Agesilaos,  dass  trotzdem  die  Verteidigung  gelang.  In  der 
Stadt  hielt  er  mit  eiserner  Strenge  die  Disciplin  aufrecht, 
unterdrückte  die  Complotte  und  Hess  die  Rädelsführer  sofort 
hinrichten;  von  den  Feinden  aber  Hess  er  sich  durch  keine 
Provocation  und  keine  Hohnrede  zur  Schlacht  verlocken.  Die 
Vororte  wurden  geplündert  und  niedergebrannt;  im  Angesicht  der 
Feinde  den  Eurotas  zu  überschreiten  und  von  hier  aus  den  Sturm 
auf  die  offene  Stadt  zu  versuchen,  wagte  Epaminondas  doch  nicht. 
Erst  eine  halbe  Meile  weiter  südlich,  bei  Amyklae,  ging  er 
über  den  Fluss,  um  auch  hier  alles  zu  verheeren.  Dabei  er- 
litten am  dritten  oder  vierten  Tage  seine  Streifschaaren  eine 
Schlappe,  die  den  Muth  der  Vertheidiger  hob.  Dazu  war  die 
Masse  der  Invasionsarmee  wenig  diseiplinirt  und  dachte  nur 
ans  Plündern;  und  jetzt  erhielt  Sparta  auch  Zuzug  von  seinen 
Bundesgenossen  im  Norden,  die  zur  See  nach  Prasiae  ge- 
zogen waren  und  von  hier  aus  den  Parnon  überschritten 
hatten.  So  fühlte  sich  Epaminondas  der  Entscheidung  in 
einem  Verzweiflungskampf  nicht  mehr  sicher.   Er  wandte  sich 


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Epaminondas*  erster  Zug  gegen  Sparta.  425 

zur  Verheerung  des  Südens  Lakoniens;  dann  führte  er  seine 
Truppen  nach  Arkadien  zurück. 

Xenophons  Manier,  unangenehme  Thalsachen  zu  verschweigen  oder 
höchstens  auzudeuten ,  macht  seine  Darstellung  dieser  Zeit  wie  die  der 
Schlacht  bei  Leuktra  ganz  ungeniessbar;  was  er  gibt,  erweist  sich  als 
zuverlässig,  aber  das  Wichtigste  erfährt  man  höchstens  ganz  nebenbei  auf 
Umwegen.  So  muss  man  sich  den  Bestand  der  beiderseitigen  Bundesgenossen 
erst  möhsam  zusammenlesen.  Einen  zusammenhängenden  Bericht,  der  im 
wesentlichen  zuverlässig  ist  und  Xenophon  (VI,  5,  10-32  und  dazu  VII, 
2,  2  f.)  mehrfach  ergänzt,  gibt  Diodor  XV,  62  fT.  (unter  369/8;  dass  die 
Ereignisse  in  Wirklichkeit  in  den  Winter  370/69  fallen ,  ist  zweifellos). 
Pausan.  IX,  U,  4  (Plntarch)  ist  in  der  Weise  der  Biographie  ausge- 
schmückt, ebenso  Plul.  Pelop.  24.  —  Hülfsgesuch  der  Arkader  in  Athen : 
Deraosth.  16,  12.  19.  Diod.  XV,  62,  3;  in  Theben:  Xen.  VI,  5,  19.  De- 
mosth.  und  Diod.  1.  c.  —  Vordringen  der  Elier:  Xen.  VII,  4,  14,  vgl.  VI, 
5,  2.  Bekanntlich  wurde  auch  Skillus  besetzt,  das  Xenophon  verlassen 
musste;  er  ging  nach  Korinth  (Diog.  L.  IT,  54;  falsch  Pausan.  V,  6,  6). 
Zwölf  Phylen:  Pausan.  V,  9,  5.  —  Für  die  Verteidigung  Spartas  gibt 
Plutarch  Ages.  31  ff.  reiches  Detail,  das  zum  Theil  bei  Polyaen  II,  1,  14. 
15.  27  (=  Frontin  I,  10,  3).  29.  Nepos  Ages.  6.  Aelian  v.  h.  XIV,  27 
=  Val.  Max.  VII,  2  ext.  15  wiederkehrt.  Vgl.  auch  Xen.  Ages.  2,  24  f. 
Bei  Diodor  ist  die  Verteidigung  übertreibend  ausgemalt.  Das  schlechte 
Verhalten  der  Frauen  auch  Arist.  pol.  II,  6,  7  (xp^otp-oi  jiiv  y«p  ooSiv 
TjSGtv,  oisjcep  ev  itspotcc  rcoXsstv,  d-opußov  21  napstyov  TtXetuj  tu»v  itoXtfittuv). 
Die  Zahl  der  Invasionsarmee  wird  hei  Diod.  XV,  62,  5  auf  50.000,  XV, 
81,  2  und  bei  Plutarch  gar  auf  70,000  angegeben.  —  Theopomp,  aus  dem 
auch  eine  rhetorische  Wendung  bei  Plutarch  aufgenommen  ist  (Ages.  31)r 
erklärte  Epaminondas'  Abzug  durch  Bestechung  (Plut.  Ages.  32  f.).  Nach 
Polyaen  II,  3,  5  hätte  Ep.  Sparta  als  Gegengewicht  gegen  die  übrigen 
Peloponnesier  verschonen  wollen ;  das  wäre  ganz  rationell  gewesen,  wird 
aber  durch  sein  Verhalten  im  J.  362  widerlegt.  —  Siegesdenkmal  der 
Arkader  in  Delphi:  Pomtow,  MAI.  XIV,  16  AT.  (Pausan.  X,  9,  5  mit  fal- 
scher Datirung). 

951.  Wenn  indessen  Epaminondas  das  letzte  Ziel  nicht 
erreichen  konnte  oder  wollte,  so  ist  sein  Zug  darum  nicht 
weniger  ergebnissreich  gewesen.  Die  Schlacht  bei  Leuktra 
hat  die  spartanische  Herrschaft  zersprengt,  die  Invasion  La- 
koniens den  spartanischen  Staat.  Die  perioekischen  Grenz- 
gebiete im  Norden,  die  Skiritis  mit  Karyai,  die  Aigytis  mit 
Malea  und  Leuktron,  ja  selbst  Sellasia  und  das  ihm  nenach- 


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426    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

barte  Pellene,  das  Lykomedes  im  J.  369  eroberte,  wurden  von 
den  Arkadern  behauptet;  auch  im  Süden  hatten  sich  mehrere 
Perioekenorte  empört.  Vor  allem  aber  erhoben  sich  die  Heloten 
in  der  messenischen  Ebene,  wie  ein  Jahrhundert  zuvor  nach 
dem  Erdbeben  von  464.  Epaminondas  hat  aus  den  frei- 
gewordenen Bauern  und  Handwerkern  einen  Staat  geschaffen. 
Er  rückte  in  Messenien  ein  und  gründete  am  Abhang  des 
Ithome,  der  alten  Hochburg  des  Landes,  eine  feste,  durch 
Mauern  geschützte  Stadt,  die  den  Namen  der  Landschaft  er- 
hielt. Alle  flüchtigen  Heloten  wurden  aufgenommen,  und  in 
alle  Welt  erging  der  Aufruf  an  die  Nachkommen  der  alten 
Messenier,  in  die  befreite  Heimath  zurückzukehren.  Die  peri- 
oekischen  Küstenorte  blieben  hier  meist  noch  Sparta  treu;  die 
grosse  fruchtbare  Ebene  westlich  vom  Taygetos  dagegen  war  den 
Spartanern  fortan  unwiderbringlich  verloren,  und  damit  etwa 
die  Hälfte  und  zwar  der  beste  Theil  des  Gebiets,  von  dessen 
Ertrage  die  Bürgerschaft  bisher  gelebt  hatte.  —  Gleichzeitig 
wirkte  Epaminondas  für  die  Festigung  des  neuen  arkadischen 
Einheitsstaats  (§.  953);  dann  trat  er,  etwa  im  Februar  369, 
den  Rückmarsch  an.  Während  dessen  hatten  die  Spartaner, 
unterstützt  von  Korinth  und  den  übrigen  Bundesgenossen,  ein 
dringendes  Hülfsgesuch  an  Athen  gerichtet,  während  die  The- 
baner  Gegenvorstellungen  erhoben.  In  der  Volksversammlung 
kam  es  zu  sehr  erregten  Debatten;  schliesslich  setzte  Kalli- 
stratos  seine  Ansicht  durch,  dass  Theben  jetzt  der  eigentliche 
Feind  Athens  sei  und  dies  Sparta  unterstützen  müsse.  Moti- 
virt  wurde  die  Hülfssendung  mit  der  Verpflichtung,  gegen  jeden 
Friedensstörer  einzuschreiten.  An  der  Spitze  des  Gesamml- 
aufgebots der  Bürgerschaft  rückte  Iphikrates  in  Arkadien  ein. 
Das  mag  den  Rückmarsch  des  Epaminondas  beschleunigt 
haben,  wenn  auch  der  Hauptgrund  war,  dass  er  den  ihm 
gestelllen  Termin  längst  überschritten  hatte,  und  dass  jetzt 
auch  das  peloponnesische  Heer  sich  mehr  und  mehr  verlief. 
Indessen  Iphikrates  halte  nicht  den  Wunsch,  und  vielleicht 
auch  nicht  den  Auftrag,  es  zu  einem  ernsthaften  Kampf  kom- 
men zu  lassen;  er  kehrte  um  und  sperrte  zwar  die  Isthmos- 


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Befreiung  Messeniens.   Allianz  zwischen  Sparta  und  Athen.  427 

passe,  Hess  aber  einen  Küstenweg  frei,  so  dass  die  Thebaner 
ungehindert  nach  Boeotien  zurückkehren  konnten.  Offenbar 
war  seine  und  wohl  auch  Kallistratos*  Absicht  von  Anfang  an 
lediglich  auf  eine  Demonstration,  nicht  auf  einen  Kampf  ge- 
richtet gewesen.  Die  beabsichtigte  Wirkung  wurde  erreicht: 
Sparta  und  seine  Bundesgenossen  schickten  eine  zweite  Ge- 
sandtschaft nach  Athen,  die  den  Abschluss  eines  formellen 
Bündnisses  auf  der  Grundlage  völliger  Gleichheit  beantragte; 
Sparta  solle  zu  Lande,  Athen  zur  See  das  Obercommando 
haben.  Das  war  das  Höchste,  was  Athen  noch  vor  wenigen 
Jahren  zu  erreichen  hatte  hoffen  dürfen;  aber  unter  den 
jetzigen  Umständen  genügte  es  seinen  Ansprüchen  nicht  mehr. 
Die  Athener  forderten  ein  alle  fünf  Tage  wechselndes  Ober- 
commando ;  und  Spartas  Lage  war  so  bedrängt,  dass  es  auch 
darein  willigte.  Damit  war  Athen  aus  seiner  vermittelnden 
Haltung  endgültig  herausgetreten. 

Verlust  der  spartanischen  Grenzgebiete:  Xen.  VII,  1,  28.  4,  12.  21. 
vgl.  VI,  5,  25.  32.  Diod.  XV,  67,  2.  Gründung  Messeniens:  Diod.  XV. 
66.  Pausan.  IX,  14,  6.  IV,  26.  27  (im  J.  370/69).  Plut.  Pelop.  24.  Ages. 
34.  Bei  Pausa  nias  wird  die  Mitwirkung  des  argivischen  Feldberrn  Epi- 
teles  hervorgehoben.  Xenophon  hat  die  Gründung  verschwiegen  (obwohl 
die  Stadt  von  VII,  1,  27  an  erscheint);  sie  verbirgt  sich  VII,  2,  2  unter 
der  Wendung  airootavTcuv  p£v  ko/»X<üv  Ktp:oixa>v ,  ctrcosT'ivxcov  U  navtoiv 
«cäv  tlXtuTcuv.  Die  Bewohner  nicht  die  ächten  Messenier,  sondern  «ö; 
ElXcota;  ojxöpoo;  4jp.:v  xatouu'Coustv  Isokr.  Archid.  28,  vgl.  8.  87;  als  oi 
T»x6vtts  av^pto^o:  von  Lycurg.  c.  Leoer.  62  bezeichnet.  Umfang  Mes- 
seniens: Asine  (Xen.  VII,  1,  25)  und  Mothone  bleiben  bis  auf  Philipp 
spartanisch,  ebenso  die  ganze  Sudküste,  s.  Skylax  46  (vgl.  Pausan.  IV, 
27,  8);  Kyparissia  und  Sphakteria  werden  im  J.  365  erobert  (Diod.  XV. 
77,  4)  und  daher  bei  Skylax  45  zu  Messenien  gerechnet.  —  Dauer  des 
Feldzugs  des  Ep.  85  Tage  Diod.  XV,  67,  1  (4  Monate  Plut.  Pelop.  25: 
6  Monate  App.  Syr.  41);  auch  nach  Xen.  VI,  5,  50  erfolgt  die  Rück- 
kehr noch  im  Winter.  —  Sparta  und  Athen:  Xen.  VI,  5.  83— VII.  1, 
14.  Diod.  XV,  63.  1  f.  65,  6.  67.  1.  Kallisth.  fr.  12.  ote  A*xri«:2uv:o!>; 
6}jucc  £ou>Crcs  KsioiHvTgc  uro  KaXX'.st&dtoo  [Demosth.J  59,  20.  [The- 
banische  Gesandle  in  Athen  Xen.  VI,  5,  40.]  Ferner  mit  den  üblichen 
Uebertreibungen  Isokr.  5,  44  und  oft  bei  den  Hednern.  Iphikrates'  Ver- 
halten auch  Polyaen  III,  9,  28;  falsch  Nepos  Iphicr.  2,  5  und  Pausan. 
IX,  14,  7. 


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428    IV.  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

952.  In  einem  kurzen,  allen  bisherigen  Gepflogenheiten 
griechischer  Kriegsführung  widersprechenden  Winterfeldzuge 
von  21/*  Monaten  hatte  Epaminondas  mehr  erreicht  als 
andere  in  langjährigen  Kriegen.  Namentlich  die  Befreiung 
von  Messene  machte  Sensation  in  ganz  Hellas;  war  doch 
seit  langem  die  Knechtschaft,  in  der  Sparta  einen  ganzen 
griechischen  Volksstamm  hielt,  als  ein  Widerspruch  gegen  die 
Theorie  anerkannt  worden,  dass  alle  Hellenen  zur  Freiheit 
und  politischen  Selbständigkeit  geboren  seien,  wenn  sie  auch 
in  der  Stellung  der  Penesten  Thessaliens  und  der  Leibeigenen 
Kretas  ihre  Analogie  hatte.  Der  neu  geschaffene  Staat 
bildete  ein  festes  Bollwerk  gegen  die  Wiederkehr  der  spar- 
tanischen Herrschaft.  Freilich  hatte  der  Feldzug  zugleich  ge- 
zeigt, dass  Sparta  noch  keineswegs  vernichtet  war.  Der 
energische  Widerstand  unter  Agesilaos  gab  dem  Staate  neue 
Kraft.  Nach  dem  Verlust  zahlreicher  Perioekengemeinden, 
die  in  den  letzten  Jahrzehnten  einen  so  wesentlichen  Theil 
des  Heeres  gestellt  hatten  —  am  empfindlichsten  war  auch 
in  dieser  Beziehung  der  Verlust  der  Skiritis  — ,  musste  das 
Heer  neu  organisirt  werden;  es  wird  fortan  in  12  Lochen 
anstatt  der  6  Moren  getheilt.  Die  freigelassenen  Heloten  und 
die  verjagten  Parteigänger  aus  Theben,  Argos,  Arkadien  ver- 
stärkten die  Truppenzahl.  Die  Isthmosstaaten,  die  anderenfalls 
zwischen  Boeotien,  Arkadien  und  Argos  verloren  waren,  hielten 
standhaft  auf  seiner  Seite  aus;  namentlich  in  Phlius  wehrte 
sich  die  von  Sparta  379  eingesetzte  Aristokratie  heldenmüthig 
und  erfolgreich  gegen  alle  Versuche  der  Argiver  und  Arkader, 
mit  Hülfe  der  Verbannten  und  ihrer  Anhänger  die  Stadt  in 
offenem  Kampf  oder  durch  Ueberfall  und  Verrath  zu  nehmen. 
Jetzt  hatte  Sparta  auch  von  Athen  die  Zusage  energischer 
Unterstützung  erhalten;  und  zugleich  stellten  die  alten  Ver- 
bündeten, Persien  und  Syrakus,  diplomatische  und  militärische 
Hülfe  in  Aussicht.  So  brauchte  Sparta  noch  nicht  zu  ver- 
zweifeln. Bald  nach  der  Heimkehr  des  Epaminondas  besetzte 
ein  starkes  Heer  sämmtlicher  Verbündeten,  insgesammt  gegen 
20,000  Mann,  die  Isthmoslinie.  Chabrias,  der  jetzt  die  Athener 


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Sparta  und  seine  Verbündeten.   Kämpfe  am  Isthmos.  429 

führte,  verwendete  sein  forlificatorisches  Talent,  durch  das 
er  neun  Jahre  zuvor  den  Widerstand  der  Thebaner  gegen 
Agesilaos  ermöglicht  hatte,  diesmal  gegen  die  früheren  Kampf- 
genossen; binnen  kurzem  war  der  Isthmos  von  Kenchreae 
bis  Lechaion  durch  Pallisaden  und  Gräben  gesperrt.  Epami- 
nondas,  der  zu  Anfang  des  Sommers  369  einen  zweiten  Heer- 
zug in  den  Peloponnes  unternahm,  konnte  mit  seiner  weit 
schwächeren  Macht  (7000  Mann,  600  Reiter)  die  Linie  nicht 
stürmen.  Doch  gelang  es  ihm,  im  Morgengrauen  die  spartani- 
schen und  pellen aeischen  Posten  zu  überrumpeln ;  und  zu  einer 
Schlacht  gegen  den  Sieger  von  Leuktra  hatten  die  Spartaner 
den  Muth  noch  nicht  wieder  gefunden.  So  konnte  das  boeo- 
tische  Heer  sich  mit  den  Peloponnesiern  vereinigen.  Sikyon 
und  Pellene  in  Achaia  wurden  genommen  und  erhielten  eine 
thebanische  Garnison;  Phlius,  Epidauros,  Troezen  dagegen 
wehrten  alle  Angriffe  ab,  und  durch  die  Korinther  und 
Athener  unter  Ghabrias  erlitten  die  Feinde  eine  empfindliche 
Schlappe.  Kurz  darauf  trafen  20  Schiffe  von  Dionys  ein,  mit 
keltischen  und  iberischen  Truppen  und  50  Reitern ;  und  diese 
Schaaren,  die  vor  dem  neu  erworbenen  Kriegsruhm  Thebens 
gar  keinen  Respect  hatten,  setzten  den  Boeotern  und  ihren 
Bundesgenossen  arg  zu.  So  erfolgreich  Epaminondas'  erster 
Zug  in  den  Peloponnes  gewesen  war,  so  arm  an  Ergebnissen 
war  der  zweite ;  ohne  einen  den  Anstrengungen  entsprechenden 
Gewinn  musste  er  im  Herbst  369  in  die  Heimath  zurück- 
kehren. 

Die  Mitwirkung  der  tpu-faSe?  im  spart.  Heer  wird  bei  Diod.  XV,  62, 
1.  65,  6  mit  Recht  hervorgehoben;  die  neu  ausgehobenen  Heloten  gibt 
Diodor  auf  1000,  Xenophon  VI,  5,  29  auf  über  6000  an.  12  U/o>  Xen. 
VII,  4,  20.  5,  10.  —  Euthyktes  von  Sparta  beim  Perserkönig  Xen.  Vit.  1.  33. 
—  Feldzug  von  369:  Xen.  VII,  1,  15-22.  25.  2,  5-9.  Diod.  XV,  68-70: 
übertreibend  Pausan.  IX,  15,  4.  Den  Angriff  auf  Sikyon  und  Pellene  er- 
wähnt Xen.  VII,  1,  18;  dass  sie  genommen  sind,  verschweigt  er  in  üblicher 
Weise;  es  ergibt  sich  aber  aus  VII,  1,  22.  44.  2,  1  f.  11  ff.  Die  Einnahme  von 
Sikyon  auch  Diod.  XV,  69,  1  [der  daneben  fälschlich  Phlius  nennl],  vgl. 
Pausan.  IX,  15.  4.  —  Nach  Diod.  XV,  68,  2  stand  auch  Megara  auf  Seiten 
Spartas  und  Athens;  vgl.  dagegen  Isokr.  8,  118.   Xenophon  nennt  es  nie; 


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430    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

vermuthlich  blieb  es  neutral,  gestattete  aber  beiden  Theilen  den  Durch- 
marsch. Dazu  stimmt  Isokr.  5,  53:  Oirjßaloi .  .  .  Ms^apeuotv  opSpotc  oustv 
•rjKBiXoov;  war  es  feindlich,  so  hätten  sie  es  aunectirt.  —  Die  Chronologie 
hat  bereits  Sievers,  Gesch.  Griechenlands  395  ff.  sicher  festgestellt.  Ent- 
scheidend ist,  dass  Dionys  I.  zweimal  ein  Hülfsrorps  gesandt  hat,  also, 
da  er  im  Frühjahr  367  starb,  in  den  Jahren  369  und  368.  Mithin  fällt 
Epaminondas*  zweiter  Zug  in  den  Sommer  369.  Er  ist  gleichzeitig  (Plut. 
Pelop.  26)  mit  Pelopidas'  erstem  Zug  nach  Thessalien  und  Makedonien; 
und  auch  für  diesen  steht  als  Datum  309  fest,  s.  §.  955  f.  Dazu  stimmt 
weiter  das  urkundliche  Dalum  Ober  Dionys*  Bemühungen  für  den  Frieden 
§.  958  A. 

953.  In  diesen  Kämpfen  ist  der  arkadische  Bundesstaat 
zu  voller  Ausbildung  gelangt.  Orchomenos  und  wer  sonst 
etwa  noch  fern  geblieben  war,  hatte  sich  anschliessen  müssen ; 
ebenso  das  triphylische  Küstenland,  jetzt  in  Lepreon  städtisch 
geeinigt,  das  gegen  Elis  Schutz  brauchte,  und  der  Grenzort 
Lasion  am  Fuss  des  Erymanthos.  Die  entscheidenden  Be- 
schlüsse fasste  die  Volksversammlung  der  Zehntausend« 
(pptot),  an  der  alle  Angehörigen  einer  jeden  arkadischen  Ge- 
meinde Theil  nehmen  konnten;  sie  bestellte  die  Strategen  und 
den  Bundesausschuss  (oa\Lio^oi)f  neben  denen  auch  ein  Rath 
nicht  gefehlt  haben  kann.  Alljährlich  wurde  eine  ständige 
Truppe  von  5000  Mann  (kn&pixoi)  ausgehoben  —  offenbar 
stellten  die  arkadischen  Kriegsknechte,  die  bisher  in  der  Fremde 
hatten  Dienste  nehmen  müssen,  dazu  das  Haupteontingent. 
Die  Truppe  wurde  aus  der  durch  Beiträge  der  einzelnen  Ge- 
meinden gebildeten  Bundescasse  besoldet;  die  localen  Prä- 
gungen wurden  durch  eine  arkadische  Bundesmünze  ersetzt. 
So  bildete  das  ganze  von  den  Söhnen  des  Arkas  bewohnte 
Land  eine  Einheit  so  gut  wie  Boeotien.  Nur  trat  in  dem 
neuen  Staat  der  föderative  Charakter  stärker  hervor,  weil 
eine  wie  Theben  alle  anderen  Gemeinden  überragende  Stadt 
fehlte  und  die  zugehörigen  Städte  zum  Theil  sehr  volkreich 
und  selbständig  waren.  Sie  behielten,  anders  als  in  Boeotien, 
die  Leitung  ihrer  inneren  Angelegenheiten,  vermuthlich  etwa 
in  derselben  Weise  wie  in  der  Schweiz  und  den  ameri- 
kanischen Bundesstaaten;  bei  Besetzung  der  Bundescollegien 


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Der  arkadische  Bundesstaat.   Megalopolis.  431 


wurden  sie  im  Verhältniss  zu  ihrer  Bedeutung  berücksichtigt. 
Die  Verfassung  war  natürlich  überall  demokratisch;  die  aristo- 
kratischen Spartanerfreunde  waren  erschlagen  oder  verjagt. 
Die  Oberleitung  des  Bundes  lag  zunächst  in  den  Händen 
Mantineas  und  seines  Staatsmanns  Lykomedes,  des  Begründers 
der  Einigung.  Auf  ihn  geht  auch  die  wichtigste  Massregel 
zu  ihrer  Gonsolidirung  zurück.  Die  Grenzdistricte  Arkadiens 
im  Osten,  Norden  und  Westen  mit  Ausnahme  von  Ky- 
nuria  waren  überall  städtisch  organisirt,  die  Städte  Tegea, 
Mantinea,  Orchomenos,  Kaphyai,  Alea,  Stymphalos,  Pheneos, 
Kleitor,  Kynaitha,  Psophis,  Thelpusa,  Heraea,  Phigalia  durch 
Synoikismos  an  Stelle  der  alten  Dörfer  getreten ;  im  Gentrum 
und  im  Süden  dagegen  bestanden  noch  die  ursprünglichen 
Gauverbände  mit  zahlreichen  Dörfern  und  halbslädtischen  Ort- 
schaften, wie  in  Aetolien  und  halbwegs  bei  den  Phokern  und 
den  ozolischen  Lokrern.  Jetzt  wurde  der  Beschluss  gefasst, 
alle  diese  Gaue,  Mainalien,  Eutresia,  Parrhasia,  Kynuria,  Tri- 
polis, zu  einer  einzigen  Stadt  zu  verbinden;  auch  die  den 
Spartanern  abgenommenen  Grenzdistricte  Aigylis  und  Skiritis 
(§.  951)  wurden  hinzugeschlagen,  ferner  musste  Orchomenos 
drei  Ortschaften  seines  Gebiets  abtreten.  So  entstand  ein 
Stadtgebiet,  das  an  Umfang  mindestens  ein  Drittel  Arkadiens 
umfasste.  Eine  Gommission  von  zehn  Männern,  mit  Lyko- 
medes an  der  Spitze,  wurde  eingesetzt,  um  die  neue  »Gross- 
stadt« Megalopolis  anzulegen;  vertreten  waren  die  drei  wich- 
tigsten Städte  Mantinea,  Tegea  und  Kleitor  und  die  beiden 
Gaue  Mainalia  und  Parrhasia  durch  je  zwei  Deputirte.  Als 
Stätte  der  neuen  Gründung  wählte  man  einen  Platz  am  He- 
lisson  in  der  Hochebene,  welche  vom  oberen  Eurotas  zum 
Alpheosgebiet  hinüberführt;  dadurch  wurde  das  Gentrum  und 
der  Westen  Arkadiens  gegen  einen  Angriff  von  Sparta .  ge- 
deckt und  zugleich  das  spartanische  Gebiet  ständig  bedroht. 
Epaminondas  sandte  ein  Hülfscorps  von  1000  Mann  unter 
Pammenes  zum  Schutz  der  Arbeiten,  bis  das  neue  Gemein- 
wesen sich  selbst  vertheidigen  könne;  dadurch  hat  er  seinen 
Namen  ebenso  mit  der  Gründung  von  Megalopolis  wie  mit 


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432    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

der  von  Messene  verknöpft.  Der  Bedeutung  der  neuen  Stadt 
entsprechend  erhielt  sie  einen  Umfang  von  5-4  Meilen.  Wie 
bei  jedem  Synoikismos  verloren  alle  kleineren  Ortschaften 
des  ihm  zugewiesenen  Gebiets,  nicht  weniger  als  39  Ge- 
meinden, ihre  politische  Selbständigkeit,  und  wenigstens  die 
wohlhabenden  Einwohner  sollten  sämmtlich  in  die  neue  Stadt 
übersiedeln;  wo  sie,  nachdem  der  erste  Enthusiasmus  verrauscht 
war,  sich  sträubten,  wurde  Zwang  geübt.  Völlig  ist  das  ur- 
sprüngliche Programm  allerdings  niemals  durchgeführt  worden ; 
so  erscheinen  die  Orte  Asea  und  Pallantion  in  Mainalien  im 
J.  362  als  selbständige,  mit  Megalopolis  verbündele  Gemeinden. 
Die  neue  Stadt  war  zugleich  zum  Centrum  des  arkadischen 
Bundesstaats  bestimmt,  dessen  Gedanken  sie  verkörperte;  in 
ihrer  Mitte  wurde  eine  überdeckte  Halle  von  gewaltigen  Dimen- 
sionen erbaut,  nach  dem  Stifter  Thersileion  benannt  —  sie 
ist  vor  wenigen  Jahren  wieder  aufgedeckt  worden  — ,  die  den 
»Zehnlausendt  als  Versammlungsraum  dienen  sollte.  Die  Grün- 
dung von  Megalopolis  ist  wahrscheinlich  im  J.  369  alsbald 
nach  dem  Zuge  gegen  Sparta  erfolgt;  der  Ausbau  der  Stadt 
muss  sich  mehrere  Jahre  hingezogen  haben. 

Geschichte  des  arkadischen  Bundes :  Niese,  Hermes  34,  520  ff.  Nach 
Plut.  adv.  Colot.  32,  8  hat  Piatos  Schüler  Aristonymos  bei  der  Einrich- 
tung der  Verfassung  mitgewirkt;  vgl.  §.  988.  Die  |i'jptot:  Xen.  VIT,  1,  38.  4. 
2.  33.  Diod.  XV,  59;  Tagung  in  Megalopolis:  Demosth.  19,  11.  198.  Aeschin. 
2,  79.  Aristot.  pol.  fr.  41  bei  Harpokr.  jiopioi.  Die  enap:tot  Xen.  VII,  4,  22- 
33  f.  5,  3.  Hesych.  s.  v.  t-apoYjxoi  •  "za-^im  'Apxa5».xov  p.*x'.\i(uxrrzov,  xal  o- 
itapa  'Apxcbi  or4|iooio:  <puXaxs$,  liei  Diod.  XV,  62,  2.  67,  2  fctuXexToi  genannt 
[confus  Steph.  Byz.  s.  v.].  Strategen :  Diod.  I.  c.  Xen.  VII,  3,  1.  Wir  be- 
sitzen ein  Decret  der  jvjptot  des  arkadischen  Gesamratstaats ,  in  dem 
50  lay.'.opyÄ  aus  den  zugehörigen  Städten  und  Gauen  aufgezählt  sind, 
Lebas  II.  340a.  DS.  IOC;  dasselbe  stammt  aber,  wie  jetzt  Niese,  Hermes 
34,  542  ff.  ausführt,  wahrscheinlich  erst  aus  der  Zeit  um  250-  Indessen 
wird  der  Bundesstaat  von  370  ebenso  organisirt  gewesen  sein.  —  Le- 
preon (Triphylien):  Xen.  VII,  1,  26.  Skylax  44;  daher  ist  in  dem  Weih- 
gedicht MAI.  XIV,  17  Triphylos  ein  Sohn  des  Arkas;  vgl.  Niese,  Her- 
mes 34,  522,  5.  Lasion:  Xen.  VII,  4,  12.  —  Ueber  die  Gründung  von 
Megalopolis  haben  wir  bei  Pausan.  VIII,  27  völlig  authentisches  Material. 
Das  Thersileion  Pausan.  VIII,  32,  1.  Bexson,  J.  Hell.  Stud.  XIII;  Umfang 
Polyb.  IX,  21,  2,  durch  die  Ausgrabungen  bestätigt.    Büry,  the  double 


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Megalopolis.  — 


Spannung  zwischen  Theben  und  Arkadien.  433 


Cily  of  Megalopolis,  J.  Hell.  Stud.  XVIII,  15  vermuthet,  die  Stadth&lfte 
nördlich  vom  Helisson  sei  allein  das  neue  selbständige  Gemeinwesen  ge- 
wesen, die  Südhälfle  dagegen  die  Hauptstadt  des  arkadischen  Gesammt- 
bundes  und  der  Sitz  seiner  Behörden  und  der  &napttot.  Xenophon  über- 
geht die  Gründung,  wie  die  von  Messene,  und  aus  demselben  Grunde. 
Diod.  XV,  59  erzählt  die  Gründung  des  Einheitsstaats  unter  370/69,  die 
von  Megalopolis  aber  erst  XV,  72.  4  unter  368/7  nach  der  »thränenlosen« 
Schlacht  (aoppi'|avtt(  ig  a&rrjv  xu>jAa£  ctxost  tü»v  ovojxaCofjiviov  MaivftXttuv 
xal  Happasuuv  'Apxdtoov;  die  vollständige  Liste  bei  Pausanias  zeigt,  dass 
der  Synoikismös  viel  umfassender  war);  Pausan.  VIII,  27,  8  setzt  sie 
371/0.  die  par.  Chronik  ep.  73  ins  J.  370/69  oder  869/8.  Niese,  Hermes 
34,  527  ff.  hat  Diodors  Datum  vertheidigt,  wie  mir  scheint,  mit  Unrecht; 
dagegen  verwirft  er  mit  Recht  Pausanias'  Datum  und  weist  nach,  dass  der 
bei  ihm  genannte  Commissar  Proxenos  von  Tegea  mit  dem  bei  Xen.  VI, 
5,  6  genannten  (§.  949)  nicht  identisch  sein  kann.  Die  Gründung  fallt 
erst  nach  Eroberung  der  spartanischen  Grenzdistricte.  Asea  und  Pallan- 
tion :  Xen.  VII,  5,  5.  —  Die  Mitwirkung  des  Epaminondas  (Pausan.  IX, 
14,  4.  VIII,  27,  2)  und  die  Entsendung  des  Pammenes  (Pausan.  VIII, 
27, 2)  wird  durch  das  Epigramm  auf  der  Statue  des  Epaminondas  in  Theben 
Pausan.  IX.  15,  6  bestätigt;  daraus  konnte  die  Uebertreibung,  dass  er 
der  Urheber  der  Wiederherstellung  Mantineas  und  Einigung  Arkadiens 
sei  (Plut.  Pelop.  24,  vgl.  Dinarch  1,  73  u.  a.),  leicht  entstehen.  —  Dass 
die  Entsendung  des  Pammenes  erst  in  die  Zeit  fällt,  in  die  Diodor  die 
Gründung  von  Megalopolis  setzt,  ist  möglich;  allerdings  waren  damals 
die  Beziehungen  zwischen  Arkadien  und  Theben  bereits  gespannt.  —  Vgl. 
auch  R.  Weil,  Z.  f.  Numism.  IX,  1882,  26  ff. 

954.  Den  Arkadern  war  die  Unterstützung  Thebens  sehr 
willkommen  gewesen.  Aber  an  Stelle  der  spartanischen  die 
thebanische  Suprematie  über  den  Peloponnes  aufzurichten  war 
nicht  ihre  Absicht;  als  der  wehrkräftigste  und  volkreichste 
Stamm  der  Griechenwelt  fühlten  sie  sich  Manns  genug,  nach- 
dem das  Einigungswerk  gelungen  war,  den  Peloponnes,  in 
dem  sie  allein  von  Anbeginn  an  heimisch  waren,  selbst  zu  be- 
herrschen. Namentlich  Lykomedes  begann  jetzt  in  dieser 
Richtung  zu  wirken ;  er  warnte,  sich  zu  eng  mit  Theben  ein- 
zulassen. Der  Misserfolg  des  letzten  Feldzugs  des  Epaminon- 
das und  die  Krisis,  die  in  Folge  dessen  in  Theben  eintrat 
(§.  955),  begünstigten  diese  Wendung.  Im  nächsten  Jahre,  368, 
führten  die  Arkader  ihre  Kriege  ohne  thebanische  Hülfe;  und 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthume.  V.  28 


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434    IV»  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

immer  deutlicher  trat  ihre  Absicht  hervor,  alle  Nachbargebiete 
zu  annectiren.  Die  Elier,  längst  erbittert  über  die  Besetzung 
von  Lepreon  und  Lasion,  traten  von  der  Allianz  zurück;  die 
Argiver  und  Messenier  dagegen,  die  in  Sparta  ihren  Todfeind 
sahen,  hielten  auf  ihrer  Seite  aus.  Mit  den  Argivern  zu- 
sammen unternahmen  sie  wieder  einmal  einen  vergeblichen 
Angriff  auf  Phlius ;  in  Messenien  schlugen  sie  die  Spartaner  bei 
Asine,  konnten  aber  den  Ort  selbst  nicht  nehmen.  Inzwischen 
aber  hatten  die  Spartaner  von  den  Persern  2000  Söldner  und 
reichliches  Geld  erhalten  (§.  958),  und  von  Dionys  kam  aufs 
neue  ein  Hülfscorps.  Mit  diesen  Truppen  und  dem  Bürger- 
heer rückte  Archidamos,  Agesilaos'  Sohn,  zur  Wiedereroberung 
der  entrissenen  Gebiete  aus.  Er  eroberte  und  zerstörte  Karyai 
in  der  Skiritis  und  fiel  in  Arkadien  ein.  Als  aber  die  Arkader, 
Argiver  und  Messenier  heranrückten,  und  überdies  Dionys'  Heer- 
führer erklärte,  die  Zeit,  für  die  er  entsandt  sei,  sei  abgelaufen, 
musste  er  umkehren.  Die  Feinde  verlegten  ihm  den  Weg. 
So  war  er  gezwungen,  an  der  Grenze  Lakoniens  die  Schlacht 
zu  wagen ;  und  diesmal  erfocht  er,  theiis  durch  die  Tapferkeit 
seiner  Bürger,  theiis  durch  den  wilden  Ansturm  der  Kelten  des 
Dionysios,  einen  glänzenden  Sieg.  Wie  in  den  alten  Spartaner- 
schlachten wagten  die  Feinde  überhaupt  nicht  Stand  zu  halten, 
sondern  wandten  sich  sogleich  zur  Flucht.  Auf  der  Verfolgung 
erlitten  sie  schwere  Verluste;  von  den  Spartanern  dagegen  war 
.  kein  Mann  gefallen.  Diese  »thränenlose  Schlacht«  war  der 
erste  Erfolg,  den  Sparta  seit  Leuktra  in  offenem  Felde  errungen 
hatte;  er  gab  die  Hoffnung,  dass  die  schlimmsten  Zeiten  über- 
standen seien.  Als  die  Siegeskunde  nach  Sparta  kam,  er- 
zählt Xenophon,  >sollen  alle  Spartiaten  daheirn,  voran  Agesi- 
laos und  die  Geronten  und  Ephoren,  in  Thränen  ausge- 
brochen sein«. 

Lykomedes  und  die  Arkader:  Xen.  VII,  1,  22  —  26,  vgl.  32.  Phlius: 
Xen.  VII,  2,  10.  Asine:  Xen.  VII,  1,  25.  Persische  Hülfe:  Xen.  VII,  1, 
27.  Diod.  XV,  70,  2.  Die  »thränenlose  Schlacht«  Xen.  VII,  1,  28  ff.  Diod. 
XV,  72,  3  f.  (unter  368  7).  Plut.  Ages.  33. 


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Die  thränenlose  Schlacht.  —  Epaminondas'  Politik.  435 


Parteikämpfe  in  Theben.   Intervention  in  Thessalien  und 

Makedonien. 

955.  Seit  dem  Siege  von  Leuktra  hat  Epaminondas  ge- 
strebt, Theben  zur  herrschenden  Macht  in  Griechenland  zu 
erheben.  Seine  Individualität  ist  in  dem  Wust  moralisirender 
Anekdoten,  die  den  Haupttheil  unserer  Ueberlieferung  über 
ihn  bilden,  nicht  vollständig  fassbar;  dass  er  aus  demselben 
Holz  geschnitten  war,  wie  die  Männer,  welche  vor  ihm  nach 
demselben  Siegespreis  gegriffen  hatten,  zeigte  sich,  sobald  er 
in  Theben  zu  einer  führenden  Stellung  gelangte.  Mochte  er 
durch  die  Reinheit  seiner  Gesinnung  und  seinen  Patriotismus, 
dem  alle  persönlichen  Interessen  fern  lagen,  als  Mensch  einen 
Alkibiades,  Lysander,  Agesilaos  weitaus  überragen,  so  war  doch 
das  Ziel  das  gleiche.    Deshalb  war  für  ihn  die  volle  Nieder- 
werfung Spartas  die  nächste  Aufgabe  der  thebanischen  Politik ; 
ihr  dienten  die  beiden  Feldzüge  in  den  Peloponnes.  Aber 
vom  specifisch  thebanischen  Standpunkt  aus  gab  es  näher 
liegende  Aufgaben;  was  auch  Epaminondas  sagen  mochte,  der 
eigentliche  Feind  war  jetzt  nicht  mehr  Sparta  —  denn  dass 
dieses  je  wieder  die  volle  Herrschaft  über  den  Peloponnes  er- 
langen und  gar  Theben  noch  einmal  gefahrlich  werden  könne, 
war  fortan  völlig  ausgeschlossen  — ,  sondern,  wie  man  dort  mit 
dem  Scharfblick  des  Hasses  sofort  erkannt  hatte,  Athen,  das 
mit  seinen  Ansprüchen  auf  die  See  und  die  Beherrschung 
Euboeas  und  der  thessalisch-makedonischen  Küsten  Boeotien 
umklammerte  und  nicht  aufkommen  Hess;  das  nächste  Object 
einer  erfolgreichen  Expansion  aber  war  nicht  der  Peloponnes 
sondern  Thessalien.    Das  hat  Pelopidas  erkannt,  in  dem  sich 
überhaupt  das  eigentliche  Thebanerthum  viel  mehr  verkörpert 
hat  als  in  Epaminondas.    Während  dieser  im  Sommer  369 
zum  zweiten  Mal  in  den  Peloponnes  zog,  ging  Pelopidas  nach 
Thessalien  (§.  956).  —  Zu  den  Gegensätzen  in  der  äusseren 
Politik  kamen  die  der  inneren.    Die  alte  oligarchische  Partei 
hatte  zwar  noch  heimliche  Anhänger  in  der  Stadt,  und  in  den 


43G   IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

Landstädten  war  die  Opposition  gegen  den  Einheitsstaat  nach 
wie  vor  lebendig,  wenn  sie  sich  auch  nicht  zeigen  durfte;  aber  ihre 
Führer,  soweit  sie  noch  lebten,  waren  aus  ganz  Boeotien  ver- 
jagt und  zu  den  Feinden  geflüchtet.  Die  Thebaner  hatten  sie 
geächtet  und  brachten  sie  um,  wo  immer  sie  in  ihre  Hände 
fielen.  Epaminandos  wollte  von  diesem  Terrorismus  nichts 
wissen.  Die  Exulanten  hatten  ihm  zum  Theil  früher  näher 
gestanden,  als  die  jetzt  herrschenden  Demagogen;  er  liess  es 
geschehen,  dass  die  gefangenen  Boeoter  sich  für  Fremde  aus- 
gaben und  gegen  Lösegeld  entlassen  wurden  wie  die  übrigen 
Gefangenen.  Im  Gegensatz  zu  Epaminondas  war  in  Theben 
die  radicale  Demokratie  friedlich  gesinnt;  sie  wollte  zunächst 
das  Leben  geniessen  und  sah  keinen  Anlass  zu  den  fort- 
währenden neuen  Kriegen  mit  ihren  Ansprüchen  an  Leben 
und  Steuerkraft  der  Bürger.  Ihr  Führer  war  der  Demagoge 
Menekleidas,  der  ehemals  bei  der  Befreiung  mitgewirkt,  jetzt 
aber  auch  mit  Pelopidas  sich  überworfen  hatte:  gegen  ihn 
spielte  er  Gharon  (§.  924.  932)  als  den  eigentlichen  Befreier  und 
den  ersten  Sieger  über  die  Spartaner  aus.  Als  Epaminondas 
im  Herbst  369  aus  dem  Peloponnes  zurückkehrte,  ohne  neue 
Erfolge  heimzubringen,  brach  der  Sturm  los;  er  wurde  mit 
seinen  Gollegen  vor  Gericht  gestellt,  sei  es,  weil  sie  bei  dem 
Winterfeldzug  ihre  Gompetenz  überschritten  hätten,  wie  der 
gewöhnliche  Bericht  lautet,  sei  es,  wie  Diodor  erzahlt,  weil 
er  in  den  Kämpfen  am  Isthmos  seine  Erfolge  nicht  ausge- 
nutzt habe;  auch  dass  die  Arkader  jetzt  begannen,  sich  von 
Theben  abzuwenden ,  mochte  ihm  zur  Last  gelegt  werden. 
Die  Männer  zum  Tode  zu  verurtheilen ,  denen  Theben  seine 
Errettung  aus  tiefster  Noth  und  seine  gegenwärtige  Grösse 
verdankte,  wagte  das  Gericht  doch  nicht;  aber  Epaminondas 
und  Pelopidas  wurden  vom  Gommando  entfernt  und  durch 
neue  Boeotarchen  ersetzt.  Die  Folge  war,  dass  Theben  im 
J.  368  an  den  Kämpfen  im  Peloponnes  nicht  Theil  nahm 
(§.  954). 

Aechtung  der  «po-piSsc:  Xen.  VII,  3,  11.  Pausan.  IX,  15,  4.  Ueber 
die  Oligarchen:  Diod.  XV,  79,  3.    Menekleidas:  Nepos  Epam.  5.  Plut. 


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Epaminondas  und  die  Opposition  in  Theben.    Sein  Process.  437 


Pelop.  25;  erwähnt  auch  Plut.  praec.  reip.  ger.  10,  3.  —  üeber  den  Pro- 
cess des  Epaminondas  und  Pelopidas  haben  erst  Beloch,  Gr.  Gesch.  II, 
266  und  Swoboda,  Rhein.  Mus.  55,  460  ff.  Klarheit  geschafft.  Beide 
waren  sowohl  370  wie  369  Boeotarchen  (vgl.  §.  952  A.),  dagegen  nicht  im 
J.  368,  wo  Pelopidas  als  Gesandter  ohne  Heer  nach  Thessalien  geht 
(Plut.  Pel.  27)  und  Epaminondas  W  opfrjv  xtva  nicht  Feldherr  ist  (Plut. 
Pelop.  28),  sondern  «v  toi«  oTpaT«oo|Asvoi«  (Pausan.  IX,  15,  1)  oder  lScu>- 
witov  (Diod.  XV,  71,  6)  unter  fremdem  Commando  ins  Feld  zieht.  Also 
fällt  der  Process  Ende  369  nach  dem  zweiten  Zug  in  den  Peloponnes, 
wie  Diod.  XV,  72  angibt,  nicht  nach  dem  Winterfeldzug  von  370/69,  wie 
Plut.  Pelop.  25.  apophth.  Epam.  23.  Pausan.  IX,  14,  7.  Nepos  Epam. 
7  f.  Appian  Syr.  41.  Aelian  v.  h.  13,  42  berichten,  die  auch  in  der 
rhetorischen  Ausmalung  des  Details  im  wesentlichen  übereinstimmen. 
Angeklagt  ist  Ep.  nach  Diodor,  weil  er  auf  dem  zweiten  Feldzug  die 
Spartaner  bei  Korinth  geschont  habe;  doch  da  ohne  Zweifel  auch  Pe- 
lopidas verklagt  ist,  wird  die  Anklage  auch  den  vorigen  Feldzug  be- 
rücksichtigt haben.  Zwar  nicht,  dass  sie  das  Commando  Ober  den 
Ablauf  ihrer  Amtszeit  hinaus  behalten  haben ,  wie  die  Vulgata  be- 
hauptet, wohl  aber,  dass  sie  in  Lakonien  einbrachen,  während  ihr 
Auftrag  nur  lautete,  Arkadien  zu  schützen,  und  vielleicht  auch,  dass  sie 
den  für  die  Dauer  des  Feldzugs  gesetzten  Termin  überschritten  hatten 
[vgl.  Xen.  VII,  5,  18,  wonach  Ep.  auch  im  J.  362  ein  fester  Termin  gesetzt 
war],  wird  man  ihnen  zum  Vorwurf  gemacht  haben.  Swoboda  hält  meines 
Erachtens  mit  Unrecht  daran  fest,  dass  dieser  Process  wegen  Competenz- 
überschreitung  im  Frühjahr  369  stattgefunden  habe;  dann  hätte  Ep. 
nicht  sofort  wieder  in  den  Peloponnes  ziehen  können. 

956.  In  Thessalien  waren  nach  Iasons  Ermordung  zu- 
nächst seine  beiden  Brüder  Polydoros  und  Polyphron  gemein- 
sam zu  Herzögen  bestellt  worden;  doch  starb  der  erstere  schon 
nach  wenigen  Tagen,  wahrscheinlich  von  dem  Bruder  umge- 
bracht, und  dieser  wurde  im  nächsten  Jahre  (369)  von  Poly- 
doros' Sohn  Alexandras  erschlagen.  Bereits  Polyphron  hatte 
ein  Schreckensregiment  begonnen,  in  Pharsalos  den  Polydamas 
(§.  933)  und  acht  seiner  vornehmsten  Anhänger  getödtet,  und 
in  Larisa  die  Adligen  verjagt.  Alexander,  der  jetzt  das  Her- 
zogthum erhielt  und  Iasons  Tochter  Thebe  zwang,  seine  Ge- 
mahlin zu  werden,  fuhr  damit  fort;  während  Iason  die  Par- 
teien hatte  versöhnen  und  seinen  höheren  Zielen  dienstbar 
machen  wollen,  trat  jetzt  der  ursprüngliche  Charakter  der 
Tyrannis  von  Pherae  als  einer  auf  die  revolutionirten  Massen 


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438    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

sich  stützenden  Gewaltherrschaft  wieder  deutlich  hervor.  Der 
verjagte  Adel  von  Larisa,  geführt  von  den  Aleuaden,  suchte 
Hülfe  in  Makedonien ,  wo  vor  kurzem  auf  Amyntas  III.  sein 
Sohn  Alexander  II.  gefolgt  war.  Dieser  war  rasch  zur  Hand; 
er  besetzte  Larisa  und  gewann  auch  Krannon,  ohne  dass  der 
Herrscher  von  Plierae  etwas  dagegen  thun  konnte.  Aber  der 
makedonische  König  behielt  die  Städte  für  sich.  Die  Folge 
war,  dass  der  Adel  aus  beiden  Theilen  Thessaliens  sich 
jelzt  an  Theben  wandte.  Noch  im  J.  369  rückte  Pelopidas 
in  Thessalien  ein.  Gegen  Alexander  von  Pherae  wagte  er 
keinen  Kampf;  er  suchte  zwischen  ihm  und  seinen  Unter- 
thanen  zu  vermitteln  und  that  nichts,  als  der  Tyrann  un- 
willig die  Conferenz  verliess.  Dagegen  besetzte  er  Larisa  ohne 
Kampf;  denn  in  Makedonien  hatte  sich  inzwischen  gegen 
Alexander  Ptolemaeos  von  Aloros  erhoben,  der  Buhle  der 
Eurydike,  der  Mutter  des  Königs.  Beide  Parteien  riefen  Pelo- 
pidas um  Hülfe  an;  dieser  vermittelte  zu  Gunsten  des  legitimen 
Königs  und  schloss  mit  ihm  einen  Vertrag.  —  Aber  dieser 
Erfolg  war  nicht  von  Dauer.  In  Thessalien  griff  Alexander 
von  Pherae  gleich  nach  Pelopidas'  Abzug  von  neuem  um 
sich;  und  in  Makedonien  liess  Ptolemaeos  den  König  Alexander 
bei  einem  Gastmahl  ermorden  (368  v.  Chr.),  heirathete  die 
Eurydike,  und  machte  sich  zum  Regenten  im  "Namen  ihrer 
jüngeren,  noch  unmündigen  Söhne  Perdikkas  und  Philippos. 
Jedoch  gegen  ihn  erhob  sich  ein  Verwandter  des  Königshauses, 
Pausanias,  und  brach,  offenbar  unterstützt  von  den  Chal- 
kidiern,  von  Osten  her  mit  einem  starken  Heer  in  Makedonien 
ein;  ein  grosser  Theil  des  Volks  fiel  ihm  zu.  Da  wandten 
sich  Ptolemaeos  und  Eurydike  an  Iphikrates,  der  grade  mit 
einigen  athenischen  Schiffen  an  der  Küste  stand,  um  zu  ver- 
suchen, ob  er  nicht  Amphipolis  wieder  gewinnen  könne;  die 
Königin  führte  ihm  ihre  Knaben  zu  und  berief  sich  darauf, 
dass  Amyntas  III.  den  athenischen  Feldherrn  einmal  zum  Sohne 
angenommen  hatte  (§.  935  A.).  Iphikrates  hat  denn  auch  den 
Pausanias  zum  Lande  hinausgeschlagen.  Aber  die  Hoffnung,  da- 
durch Makedonien  für  Athen  zu  gewinnen,  erfüllte  sich  nicht ; 


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Thessalien  und  Makedonien.   Pelopidas'  Intervention.  439 

vielmehr  blieb  jetzt  auch  der  Friedenspartei,  die  inzwischen 
in  Theben  ans  Ruder  gekommen  war,  nichts  übrig,  als  zu 
interveniren.  Ein  Heer  freilich  entsandte  sie  nicht;  sie  hoffte 
durch  diplomatischen  Druck  auszukommen,  und  schickte  Pelo- 
pidas und  Ismenias  als  Gesandte.  Ein  Söldnercorps,  das  diese 
in  dem  von  Alexander  von  Pherae  abgefallenen  Pharsalos  sam- 
melten, trat  zu  Ptolemaeos  über;  aber  diesem  selbst  war  Theben 
ein  willkommenerer  Bundesgenosse  als  Athen,  dessen  Ansprüche 
auf  Amphipolis  er  nicht  anerkennen  wollte.  Daher  schloss  er 
mit  Theben  ein  Schutz-  und  Trutzbündniss  und  gab  ihm  ausser 
seinem  Sohn  Philoxenos  und  50  makedonischen  Adligen  den 
jungen  Prinzen  Philippos  als  Geisel. 

Thessalien :  Xen.  VI,  4,  33  ff.  Diod.  XV,  61.  Plut.  Pflop.  28.  29.  Poly- 
phron  ist  offenbar  der  tpaf  1x05  tupavvo?  4>epaio«  des  Dionys  Plut.  Galba  1, 
der  nach  10  Monaten  ermordet  wird.  —  Zur  makedonischen  Chronologie  vgl. 
§.  893  A.  Alexander  II.  in  Thessalien  Diod.  XV,  Gl.  Pelopidas'  erste  Inter- 
vention :  Diod.  XV,  67,  3  f.  Plut.  Pelop.  26.  Alexanders  II.  Ermordung: 
Justin  VII,  5.  Diod.  XV,  71,  1.  schol.  Aeschin.  2,  29.  Marsyas  fr.  4.  bei  Athen. 
XIV,  629  d.  Demoslb.  19,  195  und  die  Chronographen  (chron.  par.  74  unter 
368/7  wie  Diodoi).  Pausanias  und  Iphikrates:  Aeschin.  2,  26  ff.  Nepos 
Iphicr.  8.  Pelopidas*  zweite  Intervention:  Diod.  XV,  71,  2.  Plut.  Pelop. 
27  mit  stark  enkomiastischer  Färbung;  vgl.  Aeschin.  2,  29:  IltoX»- 
jiato?,  0£  enttpono?  xad-sorrjxtu^ ,  .  .  .  otr&p  'Ap/f  trcoXe<uc  &vxsKparcs 
rc<5Xst  xat  rcpö?  ö^j^aiou?  Siatpfpojisvtuv  'AO-rjvattuv  Gfjjijj.ay £av  snoiY,oaxo 
Die  Behauptung  aller  Schriftsteller  (Piut.  Pelop.  26.  Uiod.  XV,  67,  4. 
Justin  VII,  5,  nach  dem  er  schon  vorher  von  Alexander  den  Illyriern  als 
Geisel  gegeben  worden  ist;  vgl.  Diod.  XVI,  2,  2),  Philippos  sei  bereits  von 
Alexander  II.  bei  der  ersten  Intervention  des  Pelopidas  als  Geisel  gegeben 
worden,  wird  durch  Aeschin  es'  Erzählung  widerlegt. 

957.  Auf  dem  Rückweg  machte  Pelopidas  den  Versuch, 
Pharsalos  mit  Hülfe  seiner  Parteigänger  zu  besetzen,  um 
sich  der  Familien  und  der  Habe  der  abgefallenen  Söldner 
zu  bemächtigen.  Aber  Alexander  von  Pherae  rückte  mit 
einem  Heere  heran;  Pelopidas  und  Ismenias,  auf  das  An- 
sehen Thebens  vertrauend,  betraten  sein  Lager  zu  neuen 
Verhandlungen;  indessen  der  Herrscher  nahm  beide  gefangen 
und  besetzte  Pharsalos.  Jetzt  war  Theben  gezwungen,  ein 
Heer  nach  Thessalien  zu  schicken,  während  Alexander  mit 


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440    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht 

Athen  ein  Bündniss  abschloss.  Die  neuen  demokratischen 
Feldherrn  der  Boeoter  zeigten  sich  ihrer  Aufgabe  nicht  ge- 
wachsen. Sie  hatten  zwar  ein  starkes  Heer,  aber  sie  gerielhen 
durch  Alexander  und  die  Athener  unter  Autokles  in  arge  Be- 
drängniss  und  wären  schliesslich  vernichtend  geschlagen  wor- 
den, wenn  ihre  eigenen  Truppen  ihnen  nicht  den  Gehorsam 
aufgesagt  und  dem  Epaminondas,  der  als  Soldat  mitgezogen 
war,  den  Oberbefehl  übertragen  hätten.  So  wurde  wenig- 
stens das  Heer  gerettet  In  Theben  erkannte  man,  dass  man 
Epaminondas  nicht  entbehren  könne;  die  unfähigen  Boeot- 
archen  wurden  in  eine  Geldstrafe  verurtheilt  und  Epaminondas 
wieder  gewählt.  Im  nächsten  Jahre,  367,  rückte  er  aufs  neue 
in  Thessalien  ein.  Einen  energischen  Angriff  durfte  er  frei- 
lich nicht  wagen,  so  lange  die  Gesandten  in  der  Hand  des 
Tyrannen  waren;  aber  durch  geschickte  Operationen  gelang 
es  ihm,  Alexander  so  einzuschüchtern,  dass  er  einen  Waffen- 
stillstand schloss  und  Pelopidas  und  Ismenias  frei  gab.  Auch 
Pharsalos  scheint  er  herausgegeben  zu  haben.  Im  übrigen 
aber  schaltete  er  in  Thessalien  ungehinderter  denn  zuvor; 
gegen  seine  Gegner  und  die  Anhänger  Thebens  ging  er  mit 
Strafgerichten  vor,  bei  denen  er  der  Neigung  zu  Martern 
und  grausamen  Executionen  freien  Lauf  liess.  In  Skotussa 
im  pelasgischen  Binnenlande  rief  er  die  Bevölkerung  zu  einer 
Versammlung  ins  Theater  und  liess  sie  in?gesammt  nieder- 
hauen. Nicht  viel  anders  wurde  Meliboea  an  der  magnesi- 
schen  Küste  behandelt,  und  sonst  jede  Bewegung  durch  Garni- 
sonen niedergehalten.  Dass  er  eine  brutale  und  gemeine 
Natur  war,  unterliegt  keinem  Zweifel;  im  übrigen  aber  haben 
bald  darauf  die  Thebaner  in  Orchomenos  und  früher,  während 
des  peloponnesischen  Kriegs,  und  später  gegen  Sestos,  die 
Athener  in  den  abgefallenen  Städten  nicht  viel  besser  gehaust. 

Quellen:  Plut.  Pelop.  27—29.  Diod.  XV,  71  (Gefangennahme  und 
erster  Kriegszug  unter  368/7;  die  Befreiung  75,  2  unter  867/6).  Ferner 
Nepos  Pelop.  5.  Pausan.  IX,  15,  1  f.  Vertrag  Alexanders  mit  Athen 
auch  Demosth.  23,  120.  Plut.  Pelop.  31.  apophth.  Epam.  17  (vgl.  CIA. 
II,  59  b.  DS.  108  ZI.  39  aus  dem  J.  361:  tty  Ii  sr^-rjv  t^v  «p*<  'AXc- 


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Theben  gegen  Alexander  von  Pherae.   Athens  Politik.  441 


SavSpov  xad-tXsiv  too;  totfuac  rr^  dsoö  tr,v  Jiepl  rv;;  oojjijxaxiac).  —  Ale- 
xanders Wüthcn  (vtfl.  Aelian  v.  Ii.  4,  40)  und  die  Vernichtung  von  Sko- 
tussa  (Diod.  XV,  75,  1  unter  367/6.  Pausan.  VI,  5,  2)  und  Meliboea  ver- 
setzt Plutarch  Pelop.  29  fälschlich  schon  vor  Pelopidas'  Gefangennahme. 

Verhandlungen  und  Kämpfe  bis  zum  Frieden  von  366. 

958.  Neben  den  militärischen  Operationen  gingen  ununter- 
brochen die  Friedensverhandlungen  einher;  wurden  doch  alle 
Kriege  von  allen  Betheiligten  nur  als  Defensivkriege  ange- 
sehen, die  lediglich  den  Friedensstand  wiederherstellen  sollten, 
so  wie  er  nach  ihrer  Auffassung  von  Rechts  wegen  bestehen 
musste.    In  Athen  war  man,  wie  ein  von  Kallistratos  bean- 
tragtes Belobigungsdecret  für  Mytilene  lehrt,  noch  im  J.  368 
stolz,  den  Krieg  für  die  Freiheit  der  Hellenen  erfolgreich  zu 
Ende  geführt  zu  haben.  Athen  betrachtete  sich  jetzt  an  Stelle 
Spartas  als  den  eigentlichen  Garanten  des  Königsfriedens ; 
alles  war  in  schönster  Ordnung,  wenn  nur  der  Vertrag,  den 
es  alsbald  nach  der  Schlacht  bei  Leuktra  mit  der  Mehrzahl 
der  hellenischen  Staaten  beschworen  hatte  (§.  949),  wirklich 
durchgeführt  wurde.  Dazu  gehörte  nur  noch,  dass  Theben,  der 
neue  lästige  Ruhestörer,  gründlich  abgethan  wurde;  zu  dem 
Zwecke  hatte  sich  Athen  im  J.  369  mit  Sparta,  im  J.  368 
mit  Alexander  von  Pherae  verbündet.    In  offenem  Kriege 
lagen  übrigens  nach  griechischen  Anschauungen  beide  Staaten 
trotzdem  nicht  mit  einander,  weder  jetzt  noch  später,  da  sie 
sich  zwar  sonst  allen  möglichen  Abbruch  thaten,  aber  jeder 
sich  hütete  das  Gebiet  des  Nachbarn  zu  verletzen.  Die  selbst- 
verständliche Voraussetzung  der  Politik  Athens  war  natürlich, 
dass  es  dabei  das  seine  erhielt ;  und  so  kreuzte  Iphikrates  von 
368  an  Jahre  lang  an  der  thrakischen  Küste  (vgl.  §.  956),  um  die 
im  Frieden  von  Sparta  anerkannten  Ansprüche  auf  Amphipolis 
und  die  Chersones  durchzusetzen,  allerdings  mit  so  schwacher 
Macht,  dass  er  nichts  ausrichten  konnte,  zumal  Makedonien 
und  auch  die  Chalkidier  Amphipolis  unterstützten.  —  Die  Politik 
des  Kallistratos  hatte  zugleich  eine  Annäherung  Athens  an 


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442   IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

die  beiden  mit  Sparta  verbündeten  Grossmächte  Dionys  und 
Persien  herbeigeführt.  Beide  wirkten,  während  sie  Sparta  Unter- 
stützung zukommen  Hessen,  zugleich  unablässig  für  den  Frieden. 
Auch  in  Theben  gab  es,  wie  wir  gesehen  haben,  eine  starke 
Friedenspartei;  nach  dem  Sturz  des  Epaminondas,  im  Früh- 
jahr 368,  schienen  die  Verhältnisse  für  die  Wiederaufnahme 
der  Verhandlungen  günstig  zu  liegen.  Im  Auftrag  des  Gross- 
königs sandte  der  Satrap  Ariobarzanes  von  Phrygien  den 
Philiskos  von  Abydos  mit  grossen  Geldmitteln  nach  Griechen- 
land, um  einen  Congress  nach  Delphi  zu  berufen.  Alle  grie- 
chischen Staaten  schickten  ihre  Bevollmächtigten,  und  Dionys' 
Gesandte  wirkten  eifrig  mit.  Darüber,  dass  der  Königsfriede 
die  Basis  bilden  müsse,  herrschte  Einverständniss ,  und  der 
Vorschlag,  die  Gelder,  die  der  Krieg  verschlang,  lieber  für  die 
Wiederherstellung  des  kurz  zuvor,  wahrscheinlich  durch  Erd- 
beben, zerstörten  Tempels  von  Delphi  zu  verwenden,  wird  all- 
gemeinen Beifall  gefunden  haben.  Aber  über  die  richtige  Inter- 
pretation der  grundlegenden  Bestimmung  konnte  man  jetzt 
noch  weniger  als  drei  Jahre  zuvor  zu  einer  Einigung  ge- 
langen: Theben  wollte  die  boeotischen  Städte,  Sparta  Mes- 
senien  nicht  freigeben.  So  ging  der  Congress  resultatlos  aus- 
einander. Die  Folge  war,  dass  einstweilen  der  Krieg  weiter  ging 
und  Dionys  und  Persien  Sparta  aufs  neue  unterstützten  (§.954), 
dass  aber  zugleich  alle  Staaten  sich  entschlossen,  Gesandte 
nach  Susa  zu  schicken,  um  an  die  Entscheidung  des  Königs 
selbst  zu  appelliren.  —  Athen  gab  sich  alle  Mühe,  Dionys 
ganz  auf  seine  Seite  zu  ziehen ;  gar  gern  hätte  es  dessen 
Hülfscorps  für  den  Krieg  in  Thessalien  auf  Alexanders  Seite 
gegen  Theben  gewonnen.  Das  konnte  es  nicht  erreichen;  aber 
es  überhäufte  den  Tyrannen  mit  Ehren  und  Schmeicheleien. 
Im  Juli  308  erhielt  er  von  Athen  und  seinen  Bundesgenossen  ein 
Belobigungsdecret  und  zugleich  mit  seiner  ganzen  Familie  das 
Bürgerrecht,  zu  Anfang  des  J.  367  wurde  seine  Tragödie  »die 
Lösung  Hektors«  mit  dem  ersten  Preis  gekrönt.  Isokrates 
machte  sich  daran,  den  viel  gelästerten  Herrscher  durch  eine 
Broschüre,  mit  der  er  freilich  nicht  zu  Ende  kam,  für  seine 


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Persische  Friedens  vermittel  ung.   Athen  und  Dionysios.  443 

nationalen  Pläne  zu  gewinnen:  jetzt,  wo  er  von  Karthago 
nichts  mehr  zu  besorgen  habe,  wo  Sparta  nicht  mehr  über 
Hellas  gebiete  und  Athen  bereit  sei  sich  mit  ihm  zu  ver- 
tragen, könne  er  mit  seiner  wahren  Gesinnung  hervortreten 
und  sich  als  den  Wohlthater  von  Hellas  erweisen.  Endlich 
im  März  367  kam  man  ans  Ziel:  Dionys  schloss  mit  Athen 
ein  Defensivbündniss.  Damit  trat  auch  der  mächtigste  aller 
Griechen  in  die  lange  Reihe  der  Staaten  ein,  deren  Führung 
in  Händen  zu  haben  Athen  wähnen  konnte.  Kurze  Zeit  dar- 
auf kam  freilich  die  Nachricht,  dass  Dionys  gestorben  sei ;  und 
mit  ihm  waren  die  Hoffnungen  begraben,  die  man  auf  ihn  ge- 
setzt hatte. 

Beeret  frtr  Mylilene:  CIA.  II,  52  r,  p.  401.  DS.  91.  Iphikrates  in 
Thrakien:  Demosth.  23,  149.  Friedenscongress  in  Delphi:  Xen.  VII,  1, 
27.  Diod.  XV.  70.  2  (Winter  369/8);  das  Datum  bestätigt  durch  das  De- 
cret  für  Dionys  CIA.  II.  51.  DS.  89  ZI.  7  aus  «1er  10.  Prytanie  369/8: 
ictp:  xtiv  f paji.fi.axa»v  ujv  ejcsvisv  A'.ovy~io<;  xrfi  olxoSojnac  toö  vttu  xal  tyjs 
b^vtjs,  vgl.  Köhler,  MAI.  1,  13  ff".  [D.iss  der  delphische  Tempel  irgend- 
wie zerstört  war,  lehrt  bekanntlich  die  viel  behandelte  Inschrift  DS.  93.] 
Bündnissvertrag,  nach  Dittemiergers  sehr  wahrscheinlicher  Ergänzung 
aus  der  7.  Pryt.  368/7:  CIA.  II,  52.  DS.  90.  Gleichzeitig  ein  Decret  für 
den  Spartaner  Koroibos,  der  die  athenischen  Gesandten  unterstützt  hat: 
CIA.  II.  50  (vgl.  p.  402  und  suppl.  p.  15),  D<.  92.  V*l.  Philipps  Brief 
Demosth.  12,  10.  Sieg  bei  den  Lenaeen :  Diod.  XV,  74.  Tzetzes  chil. 
V,  180.  —  Forderung  der  Unterstützung  in  Thessalien:  X*n.  VII,  1,  28. 
—  In  die  Gesandtschaft  des  Philiskos  gehölt  wohl  der  Bestechungs- 
versuch in  Theben  durch  Dioraedon  von  Kyzikos:  Nepos  Epam.  4.  Plu». 
apophth.  Epam.  14.  Aelian  v.  h.  V,  5. 

959.  Im  Sommer  367  begann  in  Susa  der  Wettlauf  um 
die  Gunst  des  Perserkönigs.  Spartanische  Gesandte  waren  be- 
reits in  der  Hofburg,  Antalkidas  und  Euthykles;  jetzt  trafen 
von  Theben  die  eben  aus  der  thessalischen  Gefangenschaft 
befreiten  Gesandten  Pelopidas  und  Ismenias  ein,  von  den  Ar- 
kadern der  Ringkämpfer  Antiochos  von  Lepreon,  von  Elis 
Archidamos,  ferner  Timagoras  und  Leon  von  Athen,  und  ein 
Gesandter  von  Argos.  Alsbald  erfuhr  Sparta,  dass  seine 
Niederlage  auch  in  der  Ferne  einen  für  sein  Ansehen  ver- 
nichtenden Eindruck  gemacht  hatte.   Der  König  erinnerte  sich 


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444    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

jetzt  wieder,  wie  Sparta  seinen  Bruder  unterstützt  und  den 
Dank  für  die  persische  Hülfe  gegen  Athen  durch  einen  An- 
griff auf  seine  Provinzen  heimgezahlt  hatte;  er  behandelte 
seinen  bisherigen  Günstling  Antalkidas  mit  voller  Gering- 
schätzung. Theben  dagegen  war  immer  der  treue  Bundes- 
genosse Persiens  gewesen,  mehr  noch  alsArgos;  es  hatte  an 
keinem  Kriege  gegen  das  Reich  Theil  genommen,  wohl  aber 
bei  Plataeae  auf  seiner  Seite  gefochten.  So  erhielt  Pelopidas 
bewilligt,  was  erforderte:  die  Autonomie  Messeniens,  die  Ein- 
heit Boeotiens,  die  Forderung,  dass  Athen  zur  See  abrüsten 
solle  und  dass  alle  Griechen  verpflichtet  sein  sollten,  gemein- 
sam, natürlich  unter  Thebens  Führung,  gegen  jeden  vorzu- 
gehen, der  sich  nicht  fügen  wollte.  Als  die  Athener  protestirtcn, 
erklärte  der  König,  wenn  sie  gerechtere  Bestimmungen  wüsslen, 
sollten  sie  ihn  durch  eine  neue  Gesandtschaft  belehren.  In 
dem  Grenzstreit  zwischen  Elis  und  Arkadien  entschied  der 
König  zu  Gunsten  von  Elis;  das  war  ohne  Zweifel  auch  den 
Thebanern  in  Folge  der  Spannung  mit  Arkadien  sehr  genehm. 
—  Die  neue  Wendung  der  persischen  Politik  war  eine  schwere 
Enttäuschung  für  Sparta  und  Athen.  Dass  sie  sich  der  Ent- 
scheidung fügen  würden,  war  ausgeschlossen;  für  den  Augenblick 
Hess  sich  freilich  nicht  viel  mehr  dagegen  thun,  als  dass  man 
seinen  Groll  an  den  Gesandten  ausliess,  die  Besseres  nicht  hatten 
erreichen  können.  In  Athen  wurde  Timagoras  in  üblicher 
Weise  verurtheilt  und  hingerichtet  —  sein  College  Leon  selbst 
erhob  die  Anklage,  dass  er  vom  König  Geschenke  angenommen 
und  mit  Pelopidas  unter  einer  Decke  gespielt  habe  — ;  und 
Antalkidas  gab  sich  auf  der  Heimreise  selbst  den  Tod  aus 
Furcht  vor  der  Strafe  der  Ephoren.  Die  Boeoter  dagegen  ver- 
suchten den  Gewinn  einzuziehen;  wie  ehemals  nach  Sparta, 
so  wurden  jetzt  alle  Griechen  nach  Theben  berufen,  um  den 
Willen  des  Königs  ehrerbietig  entgegenzunehmen.  Aber  Theben 
fand  wenig  Gegenliebe.  Seine  eigenen  Bundesgenossen  sagten  ihm 
auf,  vor  allem  die  Arkader;  ihr  Gesandter  Lykomedes  verliess 
entrüstet  die  Versammlung,  ohne  das  Ergebniss  abzuwarten. 
Die  feindlichen  Staaten  vollends  wiesen  die  boeotischen  Ge- 


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Verhandlungen  in  Susa.    Epaminondas  in  Achaia.  445 

sandten  ab,  welche  ihnen  den  Eid  abnehmen  sollten,  Korinth 
voran;  sie  erklärten,  sie  brauchten  keinen  neuen  Vertrag  mit 
dem  König  —  in  der*  That  standen  sie  ja  nach  wie  vor  fest 
auf  dem  Boden  des  alten  Königsfriedens.  Um  zum  Ziele 
zu  gelangen,  hätte  Theben  einer  thatkräftigen  Unterstützung 
durch  den  König  bedurft,  vor  allem  durch  Geld;  dann  war 
die  Opposition  ohnmächtig.  Dazu  aber  war  das  Perserreich 
bei  den  zur  Zeit  herrschenden  Zuständen  (§.  964)  völlig  ausser 
Stande.  So  hat  die  diplomatische  Action  auch  für  Theben  kein 
weiteres  positives  Ergebniss  gebracht,  als  dass  sie  den  Geg- 
nern die  Unterstützung  des  Königs  entzog. 

Die  Verhandlungen  in  Susa  (Xen.  VII,  1,  33  IT.  Plut.  Pelop.  30;  ferner 
Xepos  Pelop.  3.  Plut.  Artax.  22)  können  wegen  Pelopidas1  Betheiligung 
nicht  vor  den  Herbst  367,  aber  auch  nicht  später  fallen.  Bei  Diodor 
werden  diese  Verhandlungen  nur  XV,  81,  3  im  Nekrolog  des  Pelopidas 
erwähnt  Timagoras'  Schicksal  auch  Demosth.  19,  137.  191 ;  Antalkidas' 
Tod  Plut.  Artax.  22.  Ueber  Antiochos  von  Lepreon  Pausan.  VI,  8,  9. 
—  D<?r  König  hat  später  den  Athenern  wenigstens  noch  das  Vergnügen 
gemacht,  ihr  Anrecht  auf  Amphipolis  anzuerkennen:  Demosth.  19,  187. 
253.  7,  29. 

960.  Inzwischen  war  in  Theben  in  Folge  des  Verlaufs 
des  thessalischen  Krieges  (§.  957)  Epaminondas  aufs  neue  ans 
Regiment  gekommen.  Er  hatte  durchgesetzt,  dass  er  im 
J.  367  zum  dritten  Male  in  den  Peloponnes  gesandt  wurde, 
diesmal  nicht  sowohl  um  Sparta  zu  bekriegen,  sondern  viel- 
mehr um  gegen  die  Arkader  eine  feste  Position  zu  gewinnen. 
Bereits  im  J.  369  hatten  die  Boeoter  Sikyon  und  Pellene  be- 
setzt; jetzt  wollte  er  auch  die  übrigen,  bisher  neutral  geblie- 
benen Städte  Achaias  gewinnen,  auf  die  der  Arkaderstaat  be- 
reits seine  Blicke  geworfen  halte.  Die  Argiver,  die  sich  auch 
schon  durch  die  Expansionsgelüste  Arkadiens  bedroht  fühlen 
mochten,  besetzten  für  ihn  bei  Nacht  die  korinthischen  Pässe, 
welche  die  Spartaner  und  Athener  nicht  rechtzeitig  gedeckt 
hatten.  Epaminondas  rückte  in  Achaia  ein  und  wurde  überall 
von  den  Aristokraten,  die  von  einer  Verschmelzung  mit  Ar- 
kadien nichts  wissen  wollten,  freundlich  aufgenommen;  auch 


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446    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 


Naupaktos  und  Kalydon  in  Aetolien,  das  sich  schon  vor  mehr 
als  20  Jahren  den  Achaeern  angeschlossen  hatte  (§.  868), 
folgten  ihrem  Beispiel.    Alle  Städte  schlössen  mit  Boeotien 
Verträge,  in  denen  sie  sich  zu  unbedingter  Heeresfolge  verpflich- 
teten, auch  in  einem  Angriffskriege.    Aber  in  Theben  war 
man  auch  diesmal  mit  den  Ergebnissen  nicht  zufrieden,  die 
Epaminondas  heimbrachte.  Die  Demokraten  in  Achaia  hatten 
auf  einen  Umsturz  der  Verfassungen  gehoffl,  und  die  Arkader 
unterstützten  ihre  Forderungen:  durch  sein  Verhalten  arbeite 
Epaminondas  nur  den  Spartanern  in  die  Hände.  So  verfügte 
die  boeolische  Volksversammlung,  dass  in  den  Achaeerstädten 
die  Demokraten  ans  Regiment  zu  bringen  und  die  Aristokraten 
zu  verjagen  seien,  und  entsandte  Vögte  zur  Durchführung 
dieser  Massregeln.    Das  hatte  die  Folge,  dass  die  verjagten 
Aristokraten  sich  zusammenrotteten,  der  Reihe  nach  alle  Städte 
überfielen,  und  nun  wirklich  auf  Spartas  Seite  übertraten. 
Auch  Pellene,  das  bisher  mit  Sikyon  und  Argos  zusammen 
ebenso  eifrig  wie  erfolglos  Phlius  bekämpft  halte,  fiel  jetzt 
von  Theben  ab  und  unterstützte  Phlius  gegen  seine  Feinde; 
zugleich  wurde  diese  Stadt  durch  ein  athenisches  Söldnercorps 
unter  Chares  vertheidigt.    Aufs  neue  hatten  die  Ereignisse 
erwiesen,  dass  Epaminondas'  Politik  die  allein  richtige  ge- 
wesen war.  —  Auch  in  Sikyon  hatte  die  Besetzung  durch  Theben 
im  J.  369  zu  einer  Revolution  geführt    Euphron,  der  bis- 
herige Vertrauensmann  der  Spartaner,  trat  jetzt  an  die  Spitze 
der  Demokraten;  er  liess  die  Reichen  verjagen  und  ihr  Ver- 
mögen einziehen.  Die  Verfassung  wurde  auf  der  Basis  demo- 
kratischer Gleichheit  neu  geordnet,  die  freigelassenen  Sklaven 
in  die  Bürgerschaft  aufgenommen,  die  Aemter  mit  Euphrons 
Vertrauensmännern  besetzt;  auch  an  Hinrichtungen  fehlte  es 
nicht.  Euphron  selbst  war  der  leitende  Stratege;  seinen  Geg- 
nern galt  er  als  Tyrann.    Er  warb  ein  Söldnercorps  von 
2000  Mann  und  unterstützte  damit  die  Arkader  und  die  The- 
baner,  die  die  Burg  besetzt  hielten,  in  allen  Kriegen;  sein 
letztes  Ziel  aber  war  natürlich  weder  die  dauernde  Unterord- 
nung unter  Theben  noch  die  Union  mit  Arkadien,  sondern 


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Wirren  in  Achaia.   Euphron  von  Sikyon.   Theben  besetzt  Oropos.  447 

die  Selbständigkeit  Sikyons.  So  wurde  er  schliesslich  seinen 
Verbündeten  unbequem.  Die  Arkader,  unter  dem  Bundesfeld- 
herrn  Aeneas  von  Stymphalos,  griffen  ihn  an  (366)  und  riefen 
die  Verbannten  zurück.  Euphron  musste  flüchten  und  machte 
nun  den  Versuch,  die  Stadt  den  Spartanern  in  die  Hände  zu 
zu  spielen,  die  denn  auch  wirklich  den  Hafen  besetzten;  die 
Stadt  selbst  wurde  von  Theben  behauptet.  —  Aehnliche  Wirren 
sind  unzweifelhaft  vielerorts  vorgekommen,  wie  z.  B.  in  Eretria 
unter  Thebens  Schutz  Themison  sich  zum  Tyrannen  machte; 
die  Einzelheiten  aber  sind  uns  nicht  bekannt. 

Die  Thebaner  in  Achaia:  Diod.  XV,  75,  2  unter  367/6  'Elton*.  

tou;  'A^aious  x«l  xivac  ctXXa«;  noXci;  rcpooTrjYäY6™»  AojiYjv  ?e  (vgl.  Ephoros 
fr.  146)  xai  Nayrcaxtov  xal  KaXoSiüva  (ppoüpoojjivYjv  6n'  'Axaiiüv  7jX»u9i- 
pa>3»v;  Xen.  VII,  1,  41—43.  Dass  Diodors  Datum  richtig  ist  und  Epa- 
minondas*  Zug  in  die  Zeit  der  Verhandlungen  in  Susa  fällt,  ist  kaum 
zweifelhaft.  In  diese  Verhältnisse  gehört  die  Angabe  des  Polybios  II, 
39,  8  ff .  =  Strabo  VIII,  7,  1 ,  Theben  und  Sparta  hätten  den  Achaeern 
nach  Leuktra  das  Schiedsgericht  Ober  ihre  Streitigkeiten  übertragen; 
etwas  Derartiges  mag  von  Theben  bei  den  letzten  Friedensverhandlungen 
angeboten  sein.  —  Pellene:  Xen.  VII,  4,  17.  2,  18,  vgl.  16.  Phlius:  Xen. 
VII,  2,  1.  11-23.  Diod.  XV,  75,  3.  —  Euphron:  Diod.  XV,  70,  8  (unter 
369/8).  Xen.  VII,  1,  44  ff.  2,  11.  c.  3.  -  Themison:  Diod.  XV,  76. 

961.  So  war  Hellas  voll  von  Gegensätzen.  Keine  der 
beiden  sich  bekämpfenden  Coalitionen  war  innerlich  noch  einig; 
wohl  aber  erschöpften  sich  die  Kräfte  in  dem  ununterbrochenen 
ergebnisslosen  Hader.  Beides,  die  Erschöpfung  und  das  tiefe 
gegenseitige  Misstrauen,  hat  dann  im  J.  366  schliesslich  doch 
den  Frieden  herbeigeführt.  Die  entscheidende  Wendung  ging 
von  Athen  und  Arkadien  aus.  Athen  hatte  bald  nach  377 
Oropos  wieder  gewonnen  (§.  936),  die  Gegner  verjagt  und  die 
alte  Unterthänigkeit  wieder  hergestellt.  Jetzt  besetzte,  An- 
fang 366,  Themison  von  Eretria  mit  Hülfe  der  Verbannten 
die  Stadt;  und  als  das  athenische  Gesammtaufgebot  unter 
Chares  heranrückte,  übergab  er  sie  den  Thebanern.  Diese 
anzugreifen  und  damit  den  offenen  Krieg  herbeizuführen  wagte 
Athen  nicht;  aber  es  hoffte  auf  die  Hülfe  seiner  peloponnesi- 
schen  Verbündeten.    Jedoch  auch  diese  hatten  zu  einem  An- 


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448    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

griffskriege  auf  Boeotien  weder  Lust  noch  Kraft;  sie  ver- 
trösteten Athen  auf  ein  zukünftiges  Schiedsgericht,  bis  dahin 
möge  Theben  die  Stadt  besetzt  halten.  In  Athen  war  die 
Entrüstung  gross  über  die  Bundesgenossen,  die  man  mit  Eifer 
unterstützt  hatte  und  die  nun  ihrerseits  Athen  im  Stich  Hessen, 
wo  es  sie  brauchte.  Diese  Stimmung  benutzte  Lykomedes  von 
Arkadien,  um  mit  Athen  anzuknüpfen;  er  suchte  seit  langem 
einen  Rückhalt  gegen  Thebens  Uebergriflfe.  Allerdings  fiel 
Lykomedes  auf  der  Rückfahrt  den  arkadischen  Exulanten  in 
die  Hände  und  wurde  von  ihnen  getödtet;  aber  der  Vertrag 
zwischen  Athen  und  Arkadien  kam  zu  Stande.  Kallislratos 
selbst  begab  sich  nach  Arkadien ;  es  war  umsonst,  dass  auch 
Epaminondas  auf  der  Bundesversammlung  erschien,  um  ihm 
entgegenzuwirken.  Formell  schloss  die  Defensivallianz  Athens 
mit  Sparta  und  Korinth  eine  Defensivallianz  mit  Arkadien 
nicht  aus;  und  mit  Recht  konnte  man  in  Athen  sagen,  dass 
es  im  Interesse  aller  Betheiligten  liege,  Arkadien  von  Theben 
abzuziehen.  Athen  plante,  sogleich  einen  Schritt  weiter  zu 
gehen  und  sich  durch  einen  Handstreich  Korint hs  zu  bemäch- 
tigen. Dadurch  wäre  die  Isthmosstellung  gesichert  und  den 
Boeotern  der  Zugang  zum  Peloponnes  gesperrt  worden ;  zugleich 
konnte  man  dann  den  alten,  schon  zur  Zeit  des  korinthischen 
Kriegs  gefassten  Plan  einer  Annexion  Korinths  verwirklichen. 
Aber  Demotion,  auf  den  der  Plan  zurückging,  redete  davon  in 
der  Volksversammlung;  die  Folge  war,  dass  die  Korinther  er- 
fuhren, was  im  Werke  war,  und  schleunigst  die  athenischen 
Truppen,  die  in  ihrem  Gebiet  standen,  heimschickten  und  sich 
ebenso  höflich  wie  energisch  jede  weitere  Unterstützung  ver- 
baten. Dadurch  wurde  aber  eine  Fortführung  des  Kriegs  für 
Korinth  zur  Unmöglichkeit;  es  begann  Friedensverhandlungen 
mit  Theben.  Hier  hoffte  man  Anfangs,  Korinth  auf  die 
boeotische  Seite  herüberziehen  zu  können.  Aber  dies  lehnte 
jeden  Bündnissvertrag  ab;  es  wollte  Sparta  nicht  verrathen, 
dem  es  die  Wiederherstellung  seiner  staatlichen  Selbständig- 
keit nach  der  Union  mit  Argos  verdankte.  Phlius  und  die 
übrigen  Verbündeten  dachten  ebenso;  und  da  auch  Theben 


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Band  2wischen  Arkadien  und  Athen.    Friede  von  866.  449 

den  Frieden  dringend  bedurfte,  willigte  es  endlich  ein.  So 
kam  etwa  zu  Ende  des  Sommers  366  der  allgemeine  Frieden 
in  Griechenland  wirklich  zu  Stande,  auf  der  Grundlage  des 
Königsfriedens  unter  Anerkennung  der  bestehenden  Machtver- 
hältnisse. Wenn  es  auch  nicht  ausdrücklich  überliefert  ist, 
kann  doch  kein  Zweifel  sein,  dass  Athen  mit  seinem  Bunde 
gleichfalls  dem  Frieden  beigetreten  ist,  obwohl  es  eine  Ent- 
scheidung über  Oropos  nicht  erlangte.  Auch  der  Perserkönig 
hat  für  den  Frieden  gewirkt;  doch  wurden  seine  Vertreter 
ziemlich  schnöde  abgefertigt,  da  eben  jetzt  die  beginnende  Er- 
hebung der  kleinasiatischen  Satrapen  (§.  964)  die  Ohnmacht 
des  Reiches  deutlich  zur  Schau  stellte. 

Die  Besetzung  von  Oropos  hat  Xenophon  VII,  4,  1  in  unausstehlich 
manirierter  Weise  berichtet;  weit  klarer  ist  Diod.  XV,  76.  1.  Ferner 
Aeschin.  3,  85.  Demosth.  18,  99.  Datum  (367/6)  schol.  Aesch.  3.  85  ed. 
Schultz.  Das  weitere  bei  Xen.  VII,  4.  2 — 11:  die  Friedensverhandlungen 
erzählt  er  ausschliesslich  vom  Gesichtspunkt  Spartas  und  schweigt  über 
Athen.  Weiteres  Isokr.  6,  11.  91.  Diodor  XV,  76.  3  unter  366/5  hat  die 
richtige  Angabe:  6  xiüv  flspoütv  ßastXsu?  diroattiXa*;  irpiaßecc  zzv.zb  tous 
"EXXfjva;  too?  uiv  ^o)ijj.oo?  xataXo  softer. ,  xal  xoivtjv  slp-rjvrjv  oovOiofrat 
xpö;  iXXijXou;;  damit  hat  der  mit  Leuktra  begonnene  Krieg  ein  Ende, 
Kktiut  jmvac  Stuiv  itivw,  d.  i.  Hochsommer  371  bis  Herbst  366.  Die  mo- 
dernen Zweifel  an  der  Realität  des  Friedens  sind  wenig  überlegt.  Auf 
denselben  scheint  sich  die  verstümmelte  Urkunde  von  Argos  CIG.  1118 
=  IGr.  Pelop.  556  zu  beziehen,  die  Wilhelm.  Jahreshefte  d.  österr.  Inst. 
III.  145.  Rh.  Mus.  56,  571  [sehr  ungeschickt  Frankel,  Rh.  Mus.  56,  233] 
behandelt  hat.  Hier  wird  »dem  Abgesandten  der  Satrapen«  erklärt,  dass 
die  Hellenen  ihren  Hader  beglichen  und  Frieden  geschlossen  haben;  dass 
sie  aber  mit  dem  König  im  Krieg  lägen,  sei  ihnen  nicht  bekannt.  Wenn 
er  die  Griechen  unbehelligt  lasse,  werde  man  auch  mit  ihm  Frieden 
halten,  anderenfalls  aber  seine  oder  seiner  Uuterthanen  UebergrifTe  ab- 
wehren. —  Bei  welcher  der  vielen  Verhandlungen  mit  Persien  Konig 
Straton  von  Sidon  die  athenischen  Gesandten  befördert  hat  (CIA.  II,  86. 
D3.  118),  lässt  sich  nicht  sagen.  —  Das  Rededuell  zwischen  Kallistratos 
und  Epaminondas  in  conventu  Arcadum  Xepos  Ep.  6.  Plut.  apophth. 
Epam.  15.  praec.  reip.  ger.  14,  21  gehört  doch  wohl  zweifellog  hierher, 
nicht  ins  J.  363,  wohin  Schäfer,  Dem.  I,  127  f.  und  Heloch  es  setzen. 
Damals  kann  Epaminondas  nicht  als  Gesandter  in  Arkadien  gewesen  sein. 
Auch  die  Stellung  in  Plutarchs  Apophthegmen,  die  im  wesentlichen  die 
chronologische  Folge  inne  halten,  spricht  für  den  früheren  Ansatz.  Ob 
Meyer,  Geschichte  des  Alterthuras.   V.  29 


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450    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 


der  Process  gegen  Kallistratos  wegen  Oropos  vor  oder  nach  dieser  Ge- 
sandtschaft anzusetzen  ist,  ist  nicht  zu  entscheiden,  doch  letzteres  wohl 
wahrscheinlicher;  die  Anklage  kann  sehr  wohl  erst  mehrere  Monate  nach 
dem  Ereigniss  erfolgt  sein. 

962.  Auch  Sparta  war  der  Beilritt  zum  Frieden  offen  ge- 
halten. Aber  weder  durch  Bitten  noch  durch  Drohungen  war 
es  dazu  zu  bringen,  Messenien  aufzugeben;  es  lehnte  ab. 
Gerade  wegen  der  Hoffnungslosigkeit  seiner  Lage  hat  seine 
zum  Aeussersten  entschlossene  Haltung  doch  einen  gewaltigen 
Eindruck  gemacht;  von  beiden  Seiten  wandte  man  sich  an 
die  angesehensten  Publicisten  der  Zeit,  um  die  Anspräche  vor 
dem  grossen  Publicum  zu  rechtfertigen.  Alkidamas  (§  906) 
verfasste  eine  Broschüre,  die  den  messenischen  Standpunkt 
vertrat  und  sich  auf  das  Naturrecht  berief,  nach  dem  »Gott 
alle  Menschen  zur  Freiheit  geschaffen  hatt.  Isokrates  dagegen 
trat  für  Sparta  ein;  in  Form  einer  Rede  des  Kronprinzen 
Archidamos  an  die  spartanische  Bürgerschaft  erklärte  er  den 
unabänderlichen  Entschluss  Spartas,  lieber  in  Ehren  zu  Grunde 
zu  gehen,  als  feige  und  ruhmlos  den  seit  Jahrhunderten  be- 
haupteten und  bisher  von  aller  Welt  anerkannten  Besitz  auf- 
zugeben und  die  freigewordenen  Knechte  als  einen  gleichbe- 
rechtigten Staat  anzuerkennen.  Auch  sei  Spartas  Lage  noch 
nicht  verzweifelt;  Athen  und  andere  hätten  weit  Schlimmeres  er- 
dulden müssen  und  sich  doch  wieder  aufgerafft.  Was  Epidauros, 
Korinth,  Phlius  jetzt  thun  dürften,  sei  eines  Staats  von  Spartas 
Vergangenheit  unwürdig.  Sollte  es  zum  Aeusserten  kommen,  so 
werde  die  Bürgerschaft  Weiber  und  Kinder  übers  Meer  bringen, 
nach  Sicilien  oder  Kyrene,  sich  in  irgend  einer  Burg  fest- 
setzen, und  von  hier  aus  den  Vernichtungskrieg  gegen  alle 
Feinde  fortführen,  wie  die  Ahnen,  da  sie  den  Peloponnes 
eroberten.  So  weit  aber  sei  man  noch  nicht  gekommen;  die 
Drohung,  dass  alle  Griechen  sich  gegen  Sparta  einigen  würden, 
schrecke  nicht,  wo  ihre  Uneinigkeit  offen  zu  Tage  liege  und 
das  Elend,  in  das  sie  den  Peloponnes  gestürzt  haben,  einen 
baldigen  Umschwung  erwarten  lasse.  Auch  dürfe  man  immer 
noch  auf  Bundesgenossen  hoffen:  Athen  werde  Sparta  nie- 


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Ablehnung  des  Friedens  durch  Sparta. 


451 


mals  zu  Grunde  gehen  lassen,  die  besseren  Elemente  in  Hellas 
ständen  mit  ihren  Sympathien  auf  Spartas  Seite,  ebenso 
Dionys;  auch  vom  Aegypterkönig  und  von  den  rebellischen 
Satrapen  in  Kleinasien  dürfe  man  jetzt,  wo  der  Perserkönig 
Sparta  Preis  gegeben  habe,  Unterstützung  erwarten.  —  Diese 
Argumente  waren  in  der  That  zutreffend;  von  den  griechi- 
schen Staaten  hatte  keiner  Neigung,  einen  neuen  Kreuzzug 
gegen  Sparta  zu  unternehmen.  Auch  Argos  verhielt  sich 
passiv;  so  blieben  als  seine  Feinde  einzig  Arkadien  und  Mes- 
senien.  Im  J.  365  sandte  dann  Dionys  II.,  dem  Beispiel  seines 
Vaters  folgend,  noch  einmal  ein  Hülfscorps  auf  12  Trieren, 
mit  dessen  Hülfe  die  Spartaner  Sellasia  zurückeroberten;  da- 
für wurden  ihnen  allerdings  Kyparissia  und  Koryphasion  an 
der  messenischen  Küste  durch  die  Arkader  entrissen  und  mit 
dem  messenischen  Staate  vereinigt. 

Spartas  Ablehnung:  Xen.  VII,  4,  9.  Plut.  Ages.  34.  —  Dionys'  Hülfs- 
zug :  Xen.  VII,  4,  12  (3-/«oov  wp^  toötov  tov  gpo'vov  gleich  nach  den  Friedens- 
verhandlungen, also  Ende  366  oder  Anfang  365).  Kyparissia  und  Kory- 
phasion: Diod.  XV,  77,  4  unter  865/4;  vgl.  Skylax  45.  —  Alkidamas 
MtooTiVtaxo« :  Arist.  rhet.  I,  18.  2.  II.  23,  1.  Isokrates'  Archidamos  (or.  6) 
will  Blass,  Att.  Bereds.  II»,  288  (vgl.  Rhein.  Mus.  54.  33)  in  die  Zeit 
nach  855  setzen,  weil  die  Schrift  in  dem  [trotz  Wilamowitz,  Arist.  II,  394. 
Hermes  33,  494  zweifellos  ächten]  Brief  an  Archidamos  (ep.  9)  nicht  er- 
wähnt wird.  Aber  das  ist  unmöglich ;  die  Schrift  ist  deutlich  im  J.  860 
geschrieben ,  mitten  aus  der  politischen  Situation  des  Moments  heraus, 
und  nichts  weniger  als  ein  Product  der  Stubengelehrsamkeit,  wie  man 
behauptet  hat.  Zu  einer  Erwähnung  in  dem  Brief  an  Archidamos  (§.  984), 
d.  i.  einer  im  J.  356  begonnenen  aber  nicht  vollendeten  Broschüre  nach 
Art  des  Philippos,  lag  kein  Grund  vor;  erwähnt  doch  Isokrates  in  der 
Friedensrede  nicht  einmal  den  Areopagitikos. 


Athens  Eroberungen  und  der  Satrapenaufstand. 

963.  Die  hochfliegenden  Erwartungen,  mit  denen  sich  Athen 
seit  der  Schlacht  hei  Leuktra  getragen  hatte,  waren  in  nichts 
zerronnen;  der  hellenische  Gesammtbund ,  an  dessen  Spitze 
es  hatte  treten  wollen,  war  über  ein  schemenhaftes  Dasein  nie- 


432   I^f.      Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

mals  hinausgelangt.  All  die  Kämpfe,  an  denen  es  Theil  ge- 
nommen hatte,  hatten  ihm  nichts  eingebracht  als  den  Verlust 
von  Euboea,  Akarnanien,  der  Chalkidike,  und  schliesslich  den 
von  Oropos.  So  ist  es  natürlich,  dass  der  Zweifel,  ob  Kalli- 
stratos  die  Politik  Athens  in  die  richtigen  Bahnen  gelenkt 
habe,  immer  weitere  Kreise  ergriff.  Der  im  J.  373  gestürzte 
Timotheos,  der  nach  seiner  Rückkehr  aus  Persien,  wo  er  nichts 
ausgerichtet  hatte,  Jahre  lang  in  Unthätigkeit  den  Dingen 
hatte  zusehen  müssen,  kam  wieder  zu  Ansehen  und  mit  ihm 
die  Erben  des  Kephalos  und  seiner  Genossen,  die  den  neuen 
Staatenbund  gegründet  und  an  Thebens  Seite  gegen  Sparta 
gekämpft  hatten.  Wie  gewöhnlich  entlud  sich  der  Gegensatz 
in  einem  Processkrieg.  Nach  dem  Scheitern  der  auf  Persien 
gesetzten  Hoffnungen  wurde  der  Gesandte  Timagoras  ver- 
urthcilt  (§.  959);  nach  dem  Verlust  von  Oropos  klagte  Leo- 
damas  von  Acharnae,  der  Führer  der  zu  Theben  neigenden 
Partei,  einer  der  gefeiertsten  Redner  seiner  Zeit,  den  Kalli- 
stratos  und  den  Chabrias  auf  den  Tod  an :  sie  hätten  Oropos 
verrathen.  Der  Vorwurf  war  freilich  absurd,  und  die  zün- 
dende Beredsamkeit  des  Kallistratos  erreichte  die  Freisprechung 
der  Angeklagten.  Kallistratos  blieb  ein  einflussreicher  Poli- 
tiker; aber  die  Leitung  des  Staats,  die  er  6  Jahre  lang  fast 
wie  Perikles  behauptet  hatte,  hielt  er  nicht  mehr  in  Händen. 
Iphikrates,  der  seit  Jahren  an  der  makedonischen  Küste  ope- 
rirte  und  daher  an  diesen  Händeln  unbetheiligt  war,  behielt 
einstweilen  sein  Commando;  der  leitende  Stratege  dagegen 
wurde  im  Hochsommer  3G6  Timotheos.  Unter  ihm  lenkte  die 
attische  Politik  in  neue  Bahnen  ein.  Von  einer  Versöhnung 
mit  Theben  allerdings  wollte  die  Masse  jetzt  erst  recht  nichts 
wissen  —  Jahrzehnte  lang  haben  Leodamas  und  seine  Ge- 
nossen, Archedemos,  Aristophon,  Pyrrhandros  vergeblich  dar- 
auf hingearbeitet,  bis  in  der  Noth  des  letzten  Kampfes  gegen 
Philipp  Demosthenes  sie  im  J.  339  erreichte  — ,  und  am 
Bunde  mit  Sparta  hielt  man  um  so  mehr  fest,  da  auch  dieses 
sich  jetzt  gegen  das  treulose  Persien  wandte;  Isokrates  hat 
im  Archidamos  den  Sympathien  Athens  für  Sparta  Ausdruck 


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Athen.   Process  des  Kailistratos.   Timotheoa'  Eroberungspolitik.  453 

gegeben.  Aber  daneben  schloss  Kailistratos  selbst  den  De- 
fensivbund mit  Arkadien  (§.  961);  und  auch  im  übrigen  war 
Athen  entschlossen,  jetzt  lediglich  für  sich  selbst  zu  sorgen. 
Was  hatte  die  bisherige  idealistische  Politik,  die  sich  für  das 
Wohl  der  Hellenen  aufopferte,  für  einen  Sinn,  wenn  die 
Hellenen  Athen  in  allen  vitalen  Fragen  —  in  Thessalien,  vor 
Oropos  —  im  Stich  Hessen?  Die  Cassen  waren  leer,  die 
Reichen  durch  die  fortwährenden  Steuern  und  Trierarchien 
erschöpft,  die  Menge  darbte;  man  hatte  zwar  den  Bestand 
der  Flotte  fortwährend  vermehrt  von  etwas  über  100  Trieren 
im  J.  377  bis  auf  mehr  als  250  —  die  grösseren  Schiffe,  die 
Dionys  aufgebracht  hatte,  baute  man  zur  Zeit  im  Osten  noch 
nicht — ;  aber  sie  erfolgreich  zu  verwenden,  fehlte  es  an  Geld 
und  an  Matrosen.  Der  Haupttheil  des  athenischen  Kriegs- 
budgets wurde  von  den  Soldtruppen  verschlungen,  die  man 
seit  369  abermals  Jahr  für  Jahr  am  Isthmos  stehen  hatte.  Es 
war  Zeit,  dass  Athen  wieder  materiellen  Gewinn  aus  seinen 
Kriegen  heimbrachte,  wenn  es  als  Macht  weiter  bestehen  und 
nicht  im  Bankerott  zu  Grunde  gehen  sollte.  Schon  der  Ver- 
such, Korinth  zu  annectiren  (§.  961),  gehört  in  diesen  Zu- 
sammenhang. Durch  den  Friedensschluss  im  Sommer  366  be- 
kam dann  Athen  die  Hände  frei ;  wenn  man  auch  Sparta  und 
den  Arkadern  nach  wie  vor  bei  einem  Angriff  auf  ihr  Gebiet 
zur  Hülfsleistung  verpflichtet  war  und  wenigstens  die  letzteren 
sie  alsbald  im  Kriege  mit  Elis  in  Anspruch  nahmen,  konnte 
Athen  doch  jetzt  zu  Lande  abrüsten  und  sich  wieder  ganz  auf 
die  See  werfen.  Es  lenkte  zum  dritten  Mal  ein  in  die  Reichs- 
politik, die  Konon  und  Thrasybul  wieder  aufgenommen,  der 
neue  Bund  von  377  dagegen  feierlich  verworfen  hatte.  Trotz 
aller  damals  gegebenen  Verheissungen  beschloss  Athen  aufs 
neue  überseeische  Gebiete  zu  erwerben  und  mit  attischen 
Kleruchen  zu  besiedeln,  unbekümmert  um  die  Warnung  des 
Kydias,  die  Augen  von  ganz  Hellas  seien  auf  Athen  gerichtet. 

Der  Process  des  Kailistratos  ist  durch  die  Demostbenesbiographie 
(Plut.  Dem.  5  =  vit.  Liban.  und  Suidas  =  Hermippos  fr.  61  bei  Gell. 
III,  18)  bekannt;  Process  des  Chabrias :  Demostb.21,  64  mit  schol.;  Diog.L. 


454    IV>      Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

III,  23  f.  (Verteidigung  durch  Plato,  vgl.  §.  930).  Leodamas  als  An- 
kläger (neben  anderen):  Arist.  rhet.  I,  7.  Die  Vertreter  der  Verbindung 
mit  Boeotien:  Aeschin.  3,  139.  —  Ueber  die  Entwicklung  der  Flotte 
Köhler  ,  MAI.  VI,  28  ff.,  auf  Grund  der  S-eurkunden  CIA.  II  789.  793. 
795;  im  J.  377/6  waren  es  etwas  Ober  100  Trurnn .  357/6  283  [davon 
31  in  den  6  letzten  Jahren  neu  gebaul].  353/2  349.  [Vgl.  aber  jetzt 
Br.  Keil.  Anonymus  Argentinensis  S.  205  IT.]  —  Kydias:  Arist.  rhet.  II,  6. 

964.  In  Asien  lagen  die  Verhältnisse  günstig  für  Athens 
Pläne.  Artaxerxes  II.  war  uralt;  und  wenn  er  immer  ein 
schwacher  Herrscher  gewesen  war,  so  hatte  er  jetzt  vollends 
kaum  für  anderes  mehr  Sinn  als  für  das  Leben  im  Harem. 
Zu  einem  neuen  Feldzug  gegen  Aegypten  kam  es  nicht  mehr. 
In  Kappadokien  machte  sich  Datames  (§.  899  f.)  unabhängig, 
bemächtigte  sich  Paphlagoniens,  dessen  einheimischen  Herr- 
scher er  früher  gefangen  an  den  Hof  geführt  hatte,  besetzte 
Amisos  und  eroberte  nach  längeren  Kämpfen  Sinope,  das  er 
offenbar  zu  seiner  Hauptstadt  ausersah.  Mit  Erfolg  behauptete 
er  sich  gegen  Autophradates  von  Lydien,  der  mit  einem  ge- 
waltigen Heere  in  Kappadokien  einbrach,  um  ihn  wieder  zu 
unterwerfen.  Datames  war  ein  Meister  in  Kriegslisten  aller 
Art  —  als  sein  Schwiegervater  Mithrobarzanes  mit  der  Reiterei 
zu  den  Feinden  übergehen  wollte,  wusste  er  durch  raschen  An- 
griff auf  diese  zu  erreichen,  dass  auch  sie  auf  die  Ueberläufer 
einhieben  — ,  und  verstand  zugleich  wie  alle  griechischen  und 
barbarischen  Feldhauptleute  dieser  Zeit  die  Kunst,  Geld  zu 
machen  und  die  Soldtruppen  ohne  zu  zahlen  durch  Ver- 
sprechungen und  Betrug  unter  den  Fahnen  zu  halten.  Im 
Grunde  sympathisirten  alle  Machthaber  in  Kleinasien  mit  ihm, 
vor  allem  Ariobarzanes  von  Daskylion  und  Maussollos  von  Ka- 
rien ;  nur  Autophradates  von  Sardes  wahrte  wie  früher  (§.  899) 
dem  König  die  Treue.  Ariobarzanes  und  sein  Gesandter  Philiskos 
waren  bei  der  ersten  Friedensvermittelung  im  J.  368  (§.  958)  in 
Athen  und  Sparta  mit  Ehren  überhäuft  worden  und  hatten  wie 
Dionys  das  attische  Bürgerrecht  erhalten.  Jetzt,  wo  der  Ueber- 
tritt  des  Königs  zu  Theben  die  Beziehungen  des  Reichs  zu  Sparta 
und  Athen  getrübt  hatte,  hielt  Ariobarzanes  den  Zeitpunkt  zur 
Erhebung  für  gekommen.  Er  trat  in  Verbindung  mit  Datames 


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Datames,  Ariobarzanes  und  der  Satrapenaufstand.  455 

und  mit  Aegypten,  wo  inzwischen  an  Stelle  des  Nektanebis 
(der  sich  aber  noch  in  einem  Theile  des  Landes  behauptet 
zu  haben  scheint)  Tachos  zur  Regierung  gekommen  war,  viel- 
leicht durch  Usurpation.  Maussollos  hielt  sich  auch  diesmal 
vorsichtig  zurück,  obwohl  er  der  Bewegung  Erfolg  wünschte. 
Die  Verbündeten  warben  griechische  Söldner  und  rüsteten 
Heer  und  Flotte.  Ausserdem  aber  wandte  sich  Ariobarzanes 
um  Hülfe  an  Sparta  und  Athen.  Beide  Staaten  waren  bereit ; 
sie  erhielten  dadurch  Aussicht,  Geld  zu  bekommen,  das  sie 
für  ihre  Soldtruppen  dringend  brauchten,  und  Athen  wollte 
zugleich  Land  erobern.  Von  Sparta  ging  der  greise  Agesilaos, 
jetzt  von  seiner  Krankheit  genesen,  selbst  nach  Asien  —  die 
Verteidigung  der  Heimath  konnte  er  getrost  seinem  Sohne 
Archidamos  anvertrauen  — ,  freilich  ohne  Truppen,  als  Ge- 
sandter; aber  seine  Kriegserfahrung  und  seine  Verbindungen 
waren  den  Rebellen  von  hohem  Werthe.  Die  Athener  ent- 
sandten den  Timotheos  mit  dem  Auftrag,  »Ariobarzanes  zu 
unterstützen,  ohne  den  Frieden  mit  dem  König  zu  verletzen«. 
Das  war  eine  Instruction  recht  im  Stile  der  Zeit.  Es  sollte 
wohl  bedeuten,  dass  man  in  Anerkennung  des  Königsfriedens 
die  Perserherrschaft  über  das  Festland  respectiren  wolle  — 
freilich  ist  Timotheos  sofort  wenigstens  mit  Erythrae  in  Ver- 
bindung getreten  — ;  in  einem  Kampf  auf  Seiten  der  Rebellen 
gegen  die  Truppen  des  Königs  sah  man  dagegen  noch  keine 
Friedensverletzung. 

Im  allgemeinen  vgl.  Judbich,  Kleinasiatische  Studien  193  ff.  —  Die 
letzte  Zeit  des  Arlaxerxes  wird  durch  die  Haremsgeschichten  bei  Plut. 
Artax.  26  ff.  Justin  X,  1.  2  vortrefflich  illustrirt.  —  Diodor  hat  das  Ca- 
pitel  des  Ephoro?,  welches  die  etwa  die  Jahre  366  —  360  füllende  Rebellion 
erzählte,  unter  dem  einen  Jahre  362/1  untergebracht  XV,  90—93,  und 
dabei  aufs  stärkste  gekürzt;  ins  J.  366  ff.  gehören  c.  90.  1.  2.  Ck>rrecter 
hatte  Trogus  erzählt  (prol.  10) :  ut  Artaxerxes  . . .  defectores  in  Asia  purpu- 
ratos  suos  persecutu?,  primum  Datamen  praefectum  Paphlagoniae  (Paphla- 
gonon  origo  repetita),  deinde  praefectum  Hellesponti  Ariobarzanen,  deinde 
in  Syiia  praefectum  Armeniae  Oronten,  omnibusque  victis,  decesserit.  — 
Datames  in  Amisos:  Arist.  Oec.  II,  23  =  Polyaen  VII,  21,  1;  in  Sinope: 
Polyaen  VII,  21,  2.  5.  Aen.  pol.  40,  4  und  auf  Münzen  [die  aramaeischen 


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456    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

Münzen  hei  Babelon,  Perses  Achem.  XXXVII  ff.,  deren  Legende  jeder 
anders  liest,  gehören  jedenfalls  nicht  ihm;  andere,  ebenso  wenig  lesbare 
aram.  Münzen  von  Sinope  ib.  LXXIX  ff.].  Verteidigung  gegen  Auto- 
phradates:  Nepos  Dat.  7  f.  Polyaen  VII,  21,  6;  die  Vernichtung  des 
Mithrobarzanes,  Nepos  Dat.  6.  Polyaen  VII,  21,  7  =  28,  2.  Frontin  II, 
7.  9.  Diod.  XV,  91  (mit  Varianten),  gehört  wahrscheinlich  in  diese  Kämpfe. 
[In  den  gefälschten  Stammbaum  der  späteren  kappad.  Könige  ist  auch  Da- 
tames  aufgenommen,  mit  einem  verschobenen  Abriss  seiner  Thaten :  Diod. 
XXXI,  19.  2.]  —  Hörgerrecht  des  Ariobarzanes  und  Philiskos:  Demosth.  23, 
141.  202.  —  Ueber  Agesilaos'  »Gesandtschaft«  zu  den  Rebellen  gibt  allein 
Xennphon  im  Ages.  2,  26  f.  (daraus  Nepos  Ages.  7,  2)  Auskunft,  wodurch 
Isokr.  Archid.  63  vortrefflich  illustrirt  wird.  Bei  Xen.  erscheint  bereits  Ta- 
chos als  König,  in  Uebereinstimmung  mit  Diod.  XV,  90,  2;  wenn  er  nach 
Manetho  (vgl.  Forsch.  II,  490),  bei  dem  er  Teos  heisst,  nur  2  Jahre, 
360—359,  regiert,  so  liegt  hier  eine  officielle  Rechnung  vor,  deren  Grund- 
lagen wir  nicht  kennen;  über  einen  Theil  Aegyptens  hat  er  mindestens 
7  Jahre  (366  bis  Anfang  359)  regiert.  Die  Gelder,  die  er  dem  Agesilaos 
»schenkt*  Xen.  Ajjes.  2.  27,  sind  thatsächlich  zur  Anwerbung  der  Söldner 
bestimmt,  die  Agesilaos  ihm  361  zufflhrt,  s.  Plut.  Ages.  36:  'App. 
•rj&poioe  jxia&o<p6poos  a?'  ujv  6  Ti^co?  aüt<j>  ^pYjfidtwv  fiuo^t.  Vgl.  auch 
c.  37,  wo  Tachos  sich  als  rcdXat  aofi^ax0«  -r«T0V(i>«  xa\  «ptXo;  Spartas  be- 
zeichnet. Gesandte  des  Tachos  in  Alben  :  CIA.  II,  60.  —  Timotheos' 
Instruction:  Demosth.  15,  9.  Im  Januar  865  steht  Timotheos  in  Asien 
und  veranlasst  ein  leider  ganz  verstömmeltes  Decret  für  Erythrae:  CIA. 
II,  53.    Weiteres  zur  Chronologie  §.  979. 

965.  Timotheos  ging  gegen  Ende  des  Sommers  366  mit 
30  Trieren  und  8000  Peltasten  in  See.  Geld  nahm  er  nicht 
mit,  so  wenig  wie  375  bei  dem  Zuge  nach  Korkyra;  alle  Unter- 
nehmungen Athens  tragen  eben  jetzt,  wie  schon  zur  Zeit 
Thrasybuls,  im  wesentlichen  den  Charakter  eines  Raubzuges, 
der  sich  in  den  folgenden  Kriegen  immer  brutaler  ausgeprägt 
hat;  es  war  schon  ganz  gewöhnlich  geworden,  dass  die  atti- 
schen Capitäne  und  ebenso  die  Söldner  nebenbei  etwas  Pira- 
terie gegen  Freund  und  Feind  trieben.  Timotheos  selbst  Hess 
es  auch  diesmal  an  Aufopferung  nicht  fehlen;  er  nahm  Anleihen 
auf  und  stellte  Wechsel  auf  seine  Rückkehr  aus,  und  im 
übrigen  trieb  er  »freiwillige  Beiträge«  von  den  Bündnern  ein 
und  half  sich  unter  anderem  dadurch,  dass  er  schlechtes  Geld 
ausgab  und  alle  Fremden  zwang,  nur  bei  seinem  Heer  ihre 


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.   Timotheos  und  Agesilaos  in  Kleinasien.   Einnahme  von  Samo*.  457 

Lebensmittel  zu  kaufen,  oder  dass  er  auf  Samos  die  Ernte 
den  Besitzern  Hess  und  dafür  Geld  nahm.  Er  warf  sich  zu- 
nächst auf  Samos  t  das  die  Perser  unter  Tigranes  besetzt 
hatten;  nach  zehnmonatlicher  Belagerung  wurde  die  Stadt 
genommen  (Sommer  365).  Die  Athener  schickten  2000  Kle- 
ruchen  hin,  welche  alsbald  die  alten  Einwohner  (es  waren 
vorwiegend  die  Nachkommen  der  Oligarchen  Lysanders)  wie- 
der einmal  verjagten  und  die  ganze  Insel  in  Besitz  nahmen; 
in  den  Jahren  361  und  352  wurden  sie  durch  neue  Colonisten 
verstärkt.  —  Von  Samos  aus  fuhr  Timotheos  nach  dem  Helles- 
pont,  um  mit  Agesilaos  zusammen  dem  Ariobarzanes  zu  helfen. 
Dieser  war  inzwischen  durch  Autophradates  in  arge  Bedräng- 
niss  gerathenxind  wurde  in  Assos  belagert;  und  auch  Maussollos 
war  mit  100  Schiffen  eingetroffen.  Aber  es  war  beiden  Satrapen 
nicht  Ernst  mit  dem  Kriege ;  als  Timotheos  und  Agesilaos  ein- 
trafen, begannen  sie  Verhandlungen  und  Hessen  sich  zum  Abzug: 
bewegen,  ja  Maussollos  gab  dem  Agesilaos  Geld  so  gut  wie 
sein  Gegner  Ariobarzanes.  Dann  befreiten  die  beiden  Griechen 
das  von  dem  Satrapen  besetzte  Sestos  von  einem  Angriff  des 
Thrakerkönigs  Kotys,  und  Timotheos  erhielt  diese  Stadt  und 
das  benachbarte  Krithote  zum  Geschenk.  Damit  hatte  Athen 
endlich  auf  der  Chersones  wieder  festen  Fuss  gefasst.  Von 
Kotys  erlangte  Timotheos  eine  grosse  Gontribution.  Auch 
Perinthos,  von  dem  Kotys  Gelder  erpresste,  scheint  er  ge- 
schirmt zu  haben;  Philiskos,  Ariobarzanes'  Vertrauter  und 
Herrscher  über  Lampsakos,  zahlte  der  Garnison,  die  in  jene 
Stadt  gelegt  wurde,  den  Sold.  Byzanz  brachte  Timotheos  zur 
Anerkennung  der  attischen  Suprematie  zurück.  —  Nach  diesen 
Erfolgen,  die  den  Athenern  in  den  heimgesandten  Geldern 
greifbar  vor  Augen  traten,  wurde  dem  siegreichen  Feldherrn 
das  Commando  Jahr  für  Jahr  verlängert  und  im  J.  364  zu- 
gleich der  Krieg  gegen  Amphipolis  und  die  Chalkidier  an 
Stelle  des  Iphikrates  übertragen.  Timotheos  hat  sich  ver- 
mutlich zunächst  gegen  Makedonien  gewandt;  er  entriss 
diesem  die  Hafenstädte  Pydna  und  Methone  und  brachte 
den  König  —  seit  365  war  es  Perdikkas  III.,  der  den  ihm  auf- 


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458    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

gedrängten  Vormund  Ptolemaeos  (§.  956)  ermordet  hatte  —  zum 
Anschluss  an  Athen.  Mit  seiner  Hülfe  bekriegte  er  die  Olyn- 
thier.  Im  J.  363  eroberte  er  Torone  und  Potidaea,  und  zwang 
schliesslich  einen  grossen  Theil  der  chalkidischen  Städte,  aus 
der  Union  mit  Olynth  zu  Athen  zurückzutreten,  vorwiegend 
wohl  die  Orte  der  drei  Landzungen,  die  sich  nach  dem  Fall 
von  Torone  und  Potidaea  nicht  mehr  behaupten  konnten ;  denn 
den  Rumpf  der  Halbinsel  und  Olynth  selbst  hat  Timotheos 
unzweifelhaft  nicht  unterworfen.  Auch  Amphipolis  hat  er 
nicht  nehmen  können;  die  Stadt  fand  bei  den  Thrakern  des 
Kotys  Hülfe,  der  jetzt,  nach  der  Abberufung  seines  Schwieger- 
sohnes Iphikrates,  keinen  Anlass  mehr  hatte,  auf  Athen  Rück- 
sicht zu  nehmen.  Im  J.  363  wurde  Alkiniachos,  den  Timo- 
theos gegen  Amphipolis  sandle,  gezwungen,  sich  den  Thrakern 
zu  ergeben.  —  In  Potidaea  wurde  im  J.  361  die  athenische 
Colonie  wiederhergestellt,  auf  Betreiben  des  athenisch  gesinnten 
Theils  der  Einwohner  selbst ;  die  Gegner  waren  natürlich  ver- 
jagt worden. 

Piraterie:  Demosth.  28,  148  betrachtet  es  als  unvermeidlich,  dass 
Charidemos  als  SAldner  Athens  seit  etwa  368  gelegentlich  sX-jCs-ro  too; 
up-ttipoo;  aofxudyoo;.  —  Xenophon  übergeht  den  Seekrieg  absichtlich  ganz, 
und  Diodor  hat  sich  mit  der  kurzen  Notiz  XV,  81,  6  begnügt;  unsere 
Hauptquelle  (ausser  der  kurzen  Notiz  bei  Dinaren  1,  14)  bilden  die  beiden 
Abrisse  bei  Isokr.  15,  108  ff.  und  Nepos  Tim.  1;  für  Agesilaos:  Xeno- 
phon Ages.  2,  26  f.,  wo  von  diesem  erzählt  wird ,  was  Isokrates  von 
Timotheos,  und  Nepos  richtig  als  gemeinsames  Werk  beider  berichtet. 
Ausrüstung  und  Finanzkniffe:  Isokr.  15,  108.  111.  113.  Arist.  oec.  II,  22. 
Polyaen  III,  20,  1.  9.  10.  Samos:  Isokr.  15.  111.  Nepos  1,  2.  Demosth. 
15,  9.  Vgl.  Plut.  Pelop  2.  üeber  die  Kleruchie  [Heraklides]  pol.  10.  7. 
Sie  fällt  nach  Diod.  XVIII,  18.  9  ins  J.  365;  spätere  Kleruchien:  sc  hol. 
Aesch.  1,  53.  Philoch.  fr.  131.  —  Arinharzanes  in  Assos  [Adramytion 
Polyaen  VII,  26]  belagert  und  befreit:  X^n.  Ages.  2,  26.  Nepos  Timoth. 
1,  3.  Sestos  und  Krilhole:  Xen.  Ages.  2,  26.  Nepos  1,  3.  Isokr.  15,  112. 
Byzanz:  Nepos  1,  2.  Kotys  gegen  Perinth :  Arist.  oec.  II,  26.  Philiskos  ' 
«fjuofroSoxsi  xo:?  ev  lleptvfl-w  tfvoic  Demosth.  23.  142,  vgl.  165.  —  Krieg 
ge^en  die  Cualkidier  (oder  Olynthier)  und  Amphipolis:  Demosth.  23, 
149  f.  schol.  Aesch.  2,  31.  Polyaen  III,  10.  7.  14.  Methone  und  Pydna: 
Dinaren  1,  14,  durch  die  Geschichte  Pnilipps  bestätigt  Bündniss  mit 
Perdikkas:  Demosth.  2,  14.  Polyaen  III,  10,  14.    Ehrung  des  Pelagonen 


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Timolheos  gegen  die  Chalkidier.   Pelopidas'  Ausgang. 


459 


Menelaos  (d.  i.  wahrscheinlich  des  Fürsten  von  Lynkestis,  s.  Dittenberger's 
Commentar)  auf  Grund  von  Tiraotheos'  Bericht:  oovttoUjioövTa  xai  x?V 
jtata  ttapc^ovta  tiv  rcoXejiov  töv  Kpöj  XaXxiäsac  xai  npo?  *A{if  tnoXiv,  im 
Frühjahr  362:  CIA.  II,  55.  DS.  102  mit  Dittenberokr's  Commentar,  vgl. 
DS.  103  und  CIA.  II.  95  c  suppl.  p.  30.  Torone  und  Potidaea:  Diod.  XV, 
81,  6  (364/3).  Isokr.  15.  108.  113.  Polyaen  111.  10,  15.  Kleruchie  in  Poti- 
daea:  CIA.  II.  57.  DS.  104;  vgl.  CIA.  II.  59.  60.  Dem.  6,  20.  7,  10.  Isokr. 
15,  113  sagt  XaXxi&eac  Scxavta?  xotxenoXtjiYiosv,  Nepos  1,  2  Olynthios  hello 
subegit.  Aber  wenn  er  Olynth  selbst  gewonnen  hätte,  würde  das  gesagt 
werden ;  und  überdies  hat  Tim.  nach  Isokr.  1.  c.  alles  in  allem  24  Städte 
Athen  unterworfen,  also  lange  nicht  die  Hälfte  der  chalkidischen  Städte. 
—  Niederlage  bei  Amphipolis:  scho).  Aesch.  2,  31.  Nach  Iphikrates'  Ab- 
berufung gibt  dessen  Söldnerofficier  Charidemos  den  Amphipoliten  eine 
Anzahl  Gefangener,  die  durch  Verrath  in  Iphikrates1  Hände  gefallen  waren, 
frei  und  gebt  zu  Kotys  über,  während  Timotbeos  gegen  Amph.  Krieg  führt: 
Demosth.  23,  149  f.  —  Ptolemaeos'  Ermordung:  Diod.  XV,  77,  5  (365/4), 
vgl.  XVI,  2,  4  und  die  Chronographen;  schol.  Aesch.  2,  29  werden  ihm 
5  Jahre  anstatt  3  gegeben. 


Die  Thebaner  in  Thessalien.    Unternehmungen  zur  See. 

966.  In  Theben  ist,  nachdem  auch  der  dritte  Zug  des 
Epaminondas  in  den  Peloponnes  (§.  960)  keinen  Erfolg  gebracht 
hatte,  wenn  auch  nicht  durch  seine  Schuld,  sondern  durch  die 
der  Demokraten,  die  Friedenspartei  aufs  neue  ans  Ruder  ge- 
kommen und  hat  sich  zunächst  auch  nach  dem  Frieden  von 
366  behauptet,  wenngleich  ihr  Fuhrer  Menekleidas  auf  Pelo- 
pidas'  Betreiben  in  eine  schwere  Geldstrafe  verurtheilt  wurde. 
Man  bedurfte  nach  13jähriger  Kriegszeit  dringend  der  Ruhe; 
und  das  Verhalten  der  Arkader  und  Achaeer  lehrte  deutlich, 
dass  die  Boeoter  nicht  im  Stande  waren,  den  Peloponnes 
dauernd  zu  beherrschen.  Megara  freilich  hätte  man  gern  ge- 
habt; aber  die  Versuche,  den  Staat  zur  Aufgabe  seiner  Neu- 
tralität zu  bewegen,  hatten  keinen  Erfolg,  und  zur  Gewalt  ist 
man  nicht  geschritten.  Auch  die  Herrschaft  im  Norden  wünschte 
man  festzuhalten  und  weiter  zu  festigen,  und  Pelopidas  brannte 
vor  Begier,  die  ihm  von  Alexander  von  Pherae  zugefügte 
Schmach  zu  rächen.    In  Thessalien  tobte  der  Bürgerkrieg 


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460    IV»  7.  Epaminondas  und  . die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

gegen  den  gewaltthätigen  Herrscher;  so  griff  Theben  mit  Freuden 
zu,  als  im  Sommer  364  die  unterliegenden  Aristokraten  aufs 
neue  um  Hülfe  und  Befreiung  baten.  Pelopidas  übernahm  das 
Commando;  aber  eine  Sonnenfinsterniss  (13.  Juli  364)  bewirkte, 
dass  das  Aufgebot  von  7000  Mann  wieder  entlassen  wurde. 
Nur  mit  300  freiwilligen  Reitern  und  einer  Söldnerschaar  zog 
Pelopidas  nach  Thessalien;  hier  erhielt  er  von  den  Aufständi- 
schen weiteren  Zuzug.  Alexander  erwartete  ihn  mit  einem 
starken  Söldnerheer  bei  dem  Höhenzug  der  Kynoskephalai, 
Pelopidas'  Reiter  drangen  erfolgreich  vor,  sein  Fussvolk  dagegen 
wurde  zurückgedrängt.  Da  stürzte  er  sich  selbst  in  den  dich- 
testen Kampf  und  erfocht  auch  einen  vollen  Sieg;  aber  er 
fiel,  als  er  auf  den  verhassten  Gegner  eindrang,  um  ihn  im 
Zweikampf  niederzuhauen.  Der  Tod  des  Befreiers  hat  dann 
die  Thebaner  gezwungen,  endlich  mit  genügender  Macht  vor- 
zugehen; im  nächsten  Jahr,  363,  rückten  die  Boeotarchen 
Malekidas  und  Diogeiton  mit  einem  starken  Heer  in  Thes- 
salien ein,  schlugen  Alexander  zum  zweiten  Mal,  und  zwangen 
ihn  zur  Unterwerfung.  Er  wurde  auf  Pherae  und  sein  Ge- 
biet beschränkt,  und  musste  sich  verpflichten,  den  Boeotern 
Heeresfolge  zu  leisten;  Magnesia  und  Phthiotis  wurden  an 
Theben  abgetreten,  das  übrige  Thessalien  als  Bundesstaat  con- 
stituirt,  der  gleichfalls  mit  Theben  in  Bündniss  trat.  —  Wäh- 
rend dessen  war  in  Boeotien  selbst  der  Versuch  gemacht,  die 
Demokratie  zu  stürzen.  Er  ging  von  den  Exulanten  aus  und 
fand  seine  Hauptstütze  in  Orchomenos ;  aber  auch  in  Theben 
hatten  sie  Anhänger.  Indessen  die  Verschwörung  wurde  ent- 
deckt, und  jetzt  beschlossen  die  Thebaner,  an  ihrem  alten 
Rivalen  blutige  Rache  zu  nehmen:  Orchomenos  wurde  er- 
obert, die  Männer  umgebracht,  die  Weiber  und  Kinder  ver- 
kauft, die  Stadt  wie  Plataeae  vom  Erdboden  vertilgt. 

0-r$aioi .  .  .  Mrppsüaiv  ijxopot;  olr.v  -rj-stXouv  I*okr.  5,  53.  —  Pelo- 
pidas' Au^ang:  Plul.  Pel.  81  ff.  Uiod.  XV.  80  (364/3,  in  Uebereinstim- 
mung  mit  dem  astronomischen  Dalum).  Nepos  Pel  5.  Die  Boeotarchen 
von  363  erscheinen,  wie  Köhler,  Herme»  24.  637  erkannt  hat,  in  der 
Inschrift  CIGrSept.  2408.  [Pelopidas  war  ISmal  Boeotarch  gewesen,  Plut. 


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Die  Thebaner  in  Thessalien.   Eparainondas'  Seeexpedition.  461 

Pelop.  25.]  —  Zur  Heeresfolge  der  Thessaler  Xen.  VII,  5,  4.  In  Phthiotis  hat 
Theben  den  Hafen  Ecbinos  besetzt  gehalten:  Dem.  9.  34  mit  den  sc  hol., 
ebenso  Nikaia  bei  den  Thermopylnn  Aeschin.  3,  140,  Dem.  11,  4-  —  Orcho- 
menos:  Üiod.  XV,  79,  3  IT.  (364|3j;  Pausan.  IX,  15.  3  (falschlich  nach 
dem  vorigen  Kriege  gegen  Alexander).  Demosth.  20,  109.  Plut.  comp. 
Pel.  et  Marc.  1.  Das  Dalum  Diodors  wird  dadurch  bestätigt,  dass  Iso- 
krates  im  Archidamos  27  das  Ereigniss  offenbar  noch  nicht  kennt.  — 
Gehört  der  Ausgang  de*  Menekleidas  Plul.  Pelop.  25  (nach  seiner  Ver- 
urtheilung  Jin^stp*rjo«  xiWJaat  xai  fjutaarypai  tyjv  «okt-rtiav)  in  diesen  Zu- 
sammenhang? 

967.  Epaminondas  war  während  dieser  Vorgänge  nicht 
in  Theben.  Da  seine  Pläne  auf  den  Peloponnes  gescheitert 
waren,  wollte  er  den  Versuch  machen,  Boeotien  aus  seinen 
beschränkten  Verhältnissen  herauszureissen ,  indem  er  es  zu 
einer  Seemacht  entwickelte,  es  dadurch  aus  der  Umklammerung 
durch  Alhen  befreite,  und  ihm  neue  Hülfsquellen  und  Verbin- 
dungen erschloss.  Er  meinte,  was  Athen  ein  Jahrhundert  zuvor 
erreicht  habe,  könne  Boeotien  auch  leisten:  »man  müsse  die 
Propylaeen  von  der  Burg  Athens  nach  der  Vorhalle  der  Kad- 
mea  verpflanzen«.  In  der  That  waren  die  Erfolge,  die  Timo- 
theos  errungen  hatte,  für  Boeotien  bedenklich  genug,  und  es 
konnte  rathsam  erscheinen,  einen  Gegenzug  zu  wagen.  Die 
Volksversammlung  stimmte  zu;  der  Bau  von  100  Trieren  und 
die  Anlage  von  Schiffswerften  wurde  beschlossen  —  wohl  zu 
diesem  Zweck  wurde  der  lokrische  Hafen  Larymna  von 
Boeotien  annectirt  — ,  und  Epaminondas  auf  die  See  ent- 
sandt (wahrscheinlich  364).  Die  Bundesgenossen  Athens, 
längst  der  Bundessteuern  überdrüssig  und  durch  die  neue 
Wendung  der  attischen  Politik  erst  recht  misstrauisch  ge- 
macht, nahmen  ihn  mit  Freuden  auf.  Euboea  war  bereits 
eng  mit  Boeotien  verbunden;  jetzt  fielen  die  Stalte  der  un- 
mittelbar vor  Attika  gelegenen  Insel  Koos  ab,  ebenso  wahr- 
scheinlich Naxos.  Chios  und  Rhodos,  die  zwanzig  Jahre  zu- 
vor in  Athen  ihre  einzige  Stütze  gesehen  halten,  traten  mit 
Theben  in  Verbindung,  das  eben  durch  Timotheos  wieder  ge- 
wonnene Byzanz  rief  Epaminondas  als  Befreier  herbei.  Epami- 
nondas und  Timotheos  gingen  sich  sorgfältig  aus  dem  Wege;  der 


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462    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

Stratege  Laches  aber,  der  zum  Schutz  des  Bundesgebiets  ent- 
sandt war  und  Epaminondas  die  Durchfahrt  verlegen  wollte, 
wurde  von  diesem  zum  Rückzug  gezwungen.  Epaminondas 
konnte  am  Bosporos  erscheinen  und  mit  Byzanz  einen  Ver- 
trag abschliessen.  Auch  Kyzikos  und  Kalchedon  scheinen  sich 
ihm  angeschlossen  zu  haben.  —  Indessen  über  diese  vielver- 
heissenden  Anfange  ist  die  thebanische  Seemacht  nicht  hinaus- 
gekommen; inzwischen  waren  im  Peloponnes  Ereignisse  ein- 
getreten, die  eine  neue  Intervention  der  Thebaner  unvermeid- 
lich machten.  Dadurch  wurden  die  Athener  unter  Chabrias 
in  den  Stand  gesetzt,  Keos  und  Naxos  wieder  zu  unterwerfen. 
Auch  hier  lenkte  man  in  die  Bahnen  des  alten  Reichs  ein: 
ausser  den  unvermeidlichen  Strafgerichten  wurde  den  Städten 
der  attische  Gerichtszwang  auferlegt,  und  Keos  musste  sich 
verpflichten,  das  Hauptproduct  der  Insel,  den  Röthel,  fortan 
nur  nach  Athen  zu  exportiren.  Timotheos  aber  ging  aufs 
neue  nach  dem  Hellespont  und  stellte  Athens  Ansehen  wieder 
her.  Wenn  auch  Byzanz  im  Bunde  mit  Theben  blieb,  so  ge- 
wann er  dafür  Kyzikos,  das  er  aus  einer  Belagerung  (durch 
wen?)  befreite.  Dann  kehrte  er  etwa  Anfang  des  Som- 
mers 362  sieggekrönt  nach  Athen  zurück  (vgl.  §.  975). 

Epaminondas'  Flottenplan  und  Seefahrt:  Diod.  XV,  78  f.  (unter 
364/3).  Isokr.  5,  53.  Aeschin.  2,  105;  vgl.  Demosth.  50.  5.  Plut.  Philop. 
14.  Das  boeotische  Decret  von  368  CIGSept.  2408  (vgl.  §.  966  A.)  ist,  wie 
D  ittenberger  erkannt  hat,  für  einen  Byzantier  verfasst;  es  beweist, 
dass  Epam.  in  diesem  Jahre  nicht  Boeotarch  war.  Indessen  ist  nicht 
sicher,  dass  er  die  Ausfahrt  als  Boeotarch  unternommen  hat.  Vgl. 
auch  §.  980  Aber  Epaminondas'  Beziehungen  zu  Heraklea.  —  Larymna : 
Pausan.  IX,  23,  7.  —  Keos:  Plato  legg.  I,  638b.  CIA.  II,  54b  suppl. 
p.  15.  DS.  101,  vom  J.  363/2;  vgl.  Köhler,  MAI.  II,  146  ff.,  der  die  Ver- 
hältnisse vortrefflich  illustrirt  bat.  Die  Insel  ist  von  Chabrias  unterworfen, 
das  Decret  von  Aristophon  beantragt,  der  nach  schol.  Aesch.  1.  64 
gleichfalls  auf  Keos  gekämpft  bat.  Daran  schliesst  sich  seine  Anklage 
durch  Hyperides,  vgl.  Hyperid.  c.  Euxen.  28.  —  Rötheimonopol:  CIA. 
II,  546;  Naxos  CIA.  II.  88  d  suppl.  p.  29,  vgl.  §.  928  A.  —  Timotheos  be- 
freit Kyzikos :  NeposTim.  1,  3.  Diod.  XV,  81,  6,  nach  dem  chalkidischen 
Kriege  [vgl.  Demosth.  23,  150].  Byzanz  bleibt  im  Bunde  mit  Theben: 
CIGSept.  I,  2418.  DS.  120,  vgl.  Demosth.  50,  5. 


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Epaminondas  und  Athen  zur  See.   Korinth.   Sikyon.   Elis.  463 


Der  Peloponnes.   Arkadien  und  Elis. 

968.  Im  Peloponnes  hat  der  Friede  von  366  den  inneren 
Wirren  kein  Ende  gemacht.  In  Korinlh  versuchte  der  Führer 
des  Söldnercorps  Timophanes,  selbst  ein  Mitglied  der  herr- 
schenden Aristokratie t  sich  zum  Tyrannen  zu  machen,  be- 
seitigte die  gefährlichsten  Gegner  und  besetzte  die  Burg ;  aber 
sein  eigener  Bruder  Timoleon,  der  die  Bürgerpflicht  des  Ty- 
rannenmordes höher  stellte  als  die  Bande  des  Bluts,  überfiel 
ihn  und  Hess  ihn  durch  seine  Genossen  niederstossen.  In 
Sikyon  gelang  es  dem  Euphron  (§.  960),  in  dem  Parteihader, 
dem  der  thebanische  Commandant  auf  der  Burg  unthatig  zu- 
sah, zurückzukehren  und  die  Herrschaft  der  Demokratie  wieder 
herzustellen;  er  war  dabei  von  Athen  aus  mit  Söldnern  unter- 
stützt worden.  Jetzt  war  sein  Ziel,  die  Thebaner  los  zu 
werden;  er  ging  nach  Theben,  um  zu  erreichen,  dass  man 
ihm  die  Burg  übergebe,  indem  er  sich  als  den  treuen  Ge- 
nossen der  Boeoter  hinstellte.  Jedoch  er  wurde  vor  den  Augen 
des  Raths,  mit  dem  er  verhandelte,  auf  der  Kadmea  von  sikyo- 
nischen  Exulanten  erschlagen  (etwa  364).  Die  Thebaner  bil- 
ligten die  That  und  erklärten  Euphron  für  einen  Tyrannen 
und  Verräther;  der  Demos  von  Sikyon  dagegen  feierte  ihn  als 
den  Befreier  und  bestattete  ihn  auf  dem  Markt  als  seinen 
Schutzheros.  Seine  Anhänger  und  Nachkommen  haben  die 
leitende  Stellung  in  der  Stadt  dauernd  behauptet.  Die  the- 
banische Besatzung  freilich  scheint  in  der  Stadt  geblieben  zu 
sein.  —  Folgenschwerer  war  der  Hader  zwischen  Elis  und 
Arkadien.  Elis  war  von  den  Arkadern,  zu  deren  Befreiung 
es  so  eifrig  mitgewirkt  hatte,  durch  die  Einverleibung  eines 
grossen  Theils  seiner  alten  Unterthanenlande  aufs  schwerste 
verletzt  worden;  seit  368  hatte  es  sich  daher  vom  Kriege  zurück- 
gezogen, wohl  aber  vom  Perserkönig  einen  seinen  Ansprüchen 
günstigen  Bescheid  erwirkt.  Der  Gegensatz  gegen  Arkadien 
hatte  zur  Folge,  dass  wie  in  den  Achaeerstadten  so  auch  in 
Elis  die  Aristokraten  an  der  Herrschaft  blieben.    Jetzt,  im 


464    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht 

J.  365,  hielten  sie  die  Zeit  für  gekommen,  mit  Gewalt  vorzu- 
gehen; sie  überfielen  den  von  Arkadien  besetzten  Ort  Lasion 
(§.  953).  Die  Arkader  schlugen  sie  zurück,  eroberten  ihr  ge- 
sammtes  Gebiet  und  drangen  in  die  Stadt  Elis  ein.  Hier  wurden 
sie  freilich  herausgeschlagen;  aber  die  Unterthanen  der  pisati- 
schen Landschaft  wurden  jetzt  aufs  neue  als  selbständiges 
Gemeinwesen  constituirt.  In  Elis  versuchten  die  Demokraten 
die  Herrschaft  zu  gewinnen  und  dann  mit  Arkadien  in  enge 
Verbindung  zu  treten;  doch  wurden  sie  überwältigt  und 
mussten  nach  Pylos  am  oberen  Peneios  flüchten.  Die  Achaeer 
hatten  den  Eliern  bereits  Hülfe  geleistet  —  die  Arkader 
rächten  sich  dadurch,  dass  sie,  gestützt  auf  ihre  Verbindungen 
mit  den  Demokraten,  einen  Handstreich  auf  Pellene  ver- 
suchten — ;  jetzt  schloss  Elis  ein  Bündniss  mit  Sparta,  wäh- 
rend Athen  den  Arkadern  vertragsmässig,  wenn  auch  wider- 
willig genug,  ein  Reitercorps  zu  Hülfe  schickte.  Im  J.  364 
wurden  die  Elier  von  neuem  geschlagen;  aber  die  Spartaner 
unter  Archidamos  machten  ihnen  dadurch  Luft,  dass  sie  in 
Arkadien  einbrachen  und  die  Bergfeste  Kromnos  im  Quell- 
gebiet  des  Alpheos  besetzten.  Jetzt  wandten  sich  freilich  die 
Arkader  gegen  sie,  verstärkt  durch  Zuzüge  von  Messenien, 
Argos  und  Theben  —  Athen  hatte  sich  vorbehalten,  bei 
einem  Krieg  gegen  die  ihm  gleichfalls  verbündeten  Spartaner 
fern  zu  bleiben.  Sie  schlössen  den  Ort  ein  und  brachten  die 
drei  hier  liegenden  Lochen  in  grosse  Noth;  Archidamos,  der 
Entsatz  bringen  wollte,  erlitt  eine  Niederlage  und  wurde  selbst 
verwundet.  Schliesslich  gelang  es  wenigstens  einem  Theil  der 
Besatzung  durchzubrechen ,  die  übrigen ,  über  100  Spartiaten 
und  Perioeken,  mussten  sich  ergeben.  —  Während  dessen 
hatten  die  Elier  einen  Theil  ihres  Hinterlandes  wieder  erobert 
und  die  Demokraten  in  Pylos  bewältigt  und  zusaramengehauen. 
Als  jetzt  die  Pisaten,  von  den  Arkadern  mit  der  Leitung  des 
olympischen  Heiligthums  betraut,  im  Hochsommer  364  die 
Festspiele  feierten,  brachen  die  Elier  in  die  Feier  ein;  auf  dem 
heiligen  Boden,  inmitten  der  Tempel  und  Hallen,  kam  es  vor 
den  Augen  der  aus  ganz  Hellas  zusammengeströmten  Fest- 


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Elis  und  Arkadien.   Zersetzung  des  arkadischen  Bundesstaats.  465 

Versammlung  zu  einem  blutigen  Kampf.  Schliesslich  schlugen 
die  Arkader  den  Angriff  ab;  aber  sie  wagten  nicht,  weiter 
vorzudringen,  und  die  Elier  konnten  ungehindert  in  ihre  Stadt 
zurückkehren. 

Timophanes :  Plut.  Timol.  3  ff.  eTxost  cx«3ov  tx<Lv  Sia^svo^viuv  wird 
Timoleon  im  J.  845  nach  Syrakus  gerufen.  Nepos  Timol.  1.  Diod.  XVI, 
65  [mit  falscher  Chronologie].  Arist.  pol.  VIII,  5,  9.  —  Euphrons  Aus- 
gang: Xen.  VII,  3.  Seine  Nachkommen:  CIA.  II,  231b  suppl.  p.  64. 
DS.  161.  163.  Bei  Mantinea  bat  die  Stadt  den  Thebanern  Heerfolge  ge- 
leistet (Diod.  XV,  85,  2).  —  Elis  und  Arkadien:  Xen.  VII,  4,  12  ff.  Diod. 
XV,  77.  78  (unter  365/4  und  364/3).  Pausan.  VI,  4,  2.  22,  3  [hierher 
gehört  wahrscheinlich  auch  Pausan.  V,  27,  lj.  Proxeniedecret  der  Pi- 
saten  für  zwei  Sikyonier:  Inschr.  von  Olympia  36.  DS.  98.  —  Gehört  in 
diese  Zeit  die  gemässigt  conservative  Verfassung ,  die  Phormion ,  angeb- 
lich ein  Schöler  Piatos,  in  Elis  einführt  (Plut.  praec.  reip.  ger.  10,  15. 
adv.  Colot.  32,  8)?,  vgl.  §.  988.  —  Ueber  Kromnos  auch  Kallisth.  fr.  13 
(Athen.  X,  452  a).  Polyaen  II,  15  (der  fälschlich  Prasiae  nennt).  Justin 
VI,  6,  6  ff.,  der  von  hier  an  wieder  zu  schlafen  aufhört  Plut.  de  vitando 
pudore  16. 

969.  Diese  Vorgänge  brachten  in  Arkadien  selbst  die 
inneren  Gegensätze  zum  Ausbruch.  Die  alte  Rivalität  zwischen 
Mantinea  und  Tegea  war  durch  die  Union  wohl  zeitweilig 
überbrückt,  aber  nicht  aus  der  Welt  geschafft  worden.  Man- 
tinea hatte  in  dem  Bundesstaate  zunächst  die  Führung  gehabt ; 
nach  Lykomedes'  Tode  (§.  961)  mag  es  durch  die  Majorität 
der  anderen  zurückgedrängt  sein,  so  dass  es  bei  den  jetzigen 
Zuständen  nicht  mehr  seine  Rechnung  fand.  Die  Arkader 
hatten  bei  der  Occupation  Olympias  die  Tempelschätze  mit 
Beschlag  belegt  —  ein  Gedanke,  der  schon  beim  Ausbruch  des 
arch idamischen  Kriegs  aufgetaucht  war;  auch  in  Delphi  hatte 
man  im  J.  370  von  Iason  nichts  anderes  erwartet,  und  Theben 
hatte  370  eine  Anleihe  in  Olympia  erhoben  (§.  950).  Das  Gold 
hatte  man  von  dem  Pisatenstaat  ausprägen  lassen  und  zur  Löh- 
nung des  Eparitencorps  (§.  953)  verwendet.  Jetzt  erklärten  die 
Mantineer,  dass  sie  an  diesem  Frevel  nicht  länger  Theil  haben 
wollten ;  statt  dessen  brachten  sie  ihren  Beitrag  zu  den  Kriegs- 
geldern durch  eine  Steuer  auf.  Die  Bundesregierung  sah  darin 

Hey  er,  Geschichte  des  Alterthums.   V.  30 


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466    1»V,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht 

mit  Recht  die  Ankündigung  einer  Separation;  sie  schritt  mit 
grosser  Energie  gegen  Mantinea  ein.  Aber  dies  schloss  ihren 
Schergen  die  Thore ;  und  auch  anderswo  begann  jetzt  das  Ge- 
wissen zu  schlagen  über  die  Vergreifung  am  nationalen  Tempel- 
gut. Die  Versammlung  der  Zehntausend  desavouirte  ihre  Be- 
amten und  beschloss,  die  heiligen  Gelder  nicht  länger  anzutasten. 
Die  Folge  war,  dass  die  Epariten  sich  verliefen,  weil  sie  jetzt 
keinen  Lohn  mehr  erhielten;  statt  ihrer  stellten  die  Wohl- 
habenden sich  in  Menge  zur  Aushebung,  um  sich  so  des  Re- 
giments zu  bemächtigen.  Die  bisherige  Regierung,  die  ihr 
Leben  in  Gefahr  sah,  wandte  sich  um  Hülfe  nach  Theben; 
die  übrigen  Peloponnesier  vermittelten  und  brachten  noch  ein- 
mal einen  Frieden  zu  stände.  Die  Arkader  Hessen  den  Pi- 
satenstaat  fallen,  da  der  Besitz  Olympias  jetzt  für  sie  keinen 
Werth  mehr  hatte,  und  gaben  zu,  dass  Elis  die  Leitung  der 
Spiele  wieder  übernahm;  den  Boeotern  wurde  erklärt,  dass 
man  ihrer  Hülfe  nicht  mehr  bedürfe  (363  v.  Chr.).  Doch  die 
bisherigen  Machthaber  konnten  sich  damit  nicht  zufrieden 
geben;  unter  Mitwirkung  eines  von  den  Boeotern  einstweilen 
vorausgesandten  Corps  von  300  Hopliten  überfielen  sie  auf 
dem  Bundestage  in  Tegea  die  Versammlung  und  nahmen  die 
Häupter  der  aristokratischen  Partei  aus  allen  Städten  fest. 
Aber  sie  hatten  den  Muth  nicht,  den  Staatsstreich  bis  zum 
Ende  durchzuführen,  zumal  da  von  den  Mantineern,  auf  die 
man  es  vor  allem  abgesehen  hatte,  die  meisten  entkommen 
waren;  als  sich  die  heftigsten  Beschwerden  erhoben,  stimmte 
auch  der  thebanische  Truppenführer  für  die  Freigabe  der  Ge- 
fangenen. Jetzt  beschwerte  sich  der  arkadische  Bund  in  Theben. 
Aber  er  erhielt  keine  Genugthuung.  Vielmehr  erklärte  Epami- 
nondas, der  boeotische  Oflicier  würde  besser  gethan  haben,  die 
Gefangenen  festzuhalten:  Arkadien  habe  die  Boeoter  um  Hülfe 
gerufen;  es  sei  offener  Bundesbruch,  wenn  es  jetzt  ohne  ihre 
Zuziehung  Frieden  schliesse.  So  werde  er  selbst  in  den  Pe- 
loponnes  ziehen,  um  mit  denen,  die  treu  geblieben  seien,  den 
Krieg  fortzuführen.  Die  Folge  war,  dass  die  Einheit  Arka- 
diens auseinander  brach.    In  Tegea,  Megalopolis  und  den 


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Sprengung  des  arkadischen  Bundes.  Epaminondas  im  Peloponnes.  467 

meisten  anderen  Städten  gewannen  die  Demokraten  die  volle 
Herrschaft ;  die  Gegner  schaarten  sich  um  Mantinea.  Jeder  der 
beiden  Theile  behauptete,  den  wahren  arkadischen  Bund  zu 
repräsent iren ,  den  die  Gregner  vergewaltigen  wollten.  Tegea 
und  seine  Genossen  wandten  sich  um  Hülfe  nach  Argos, 
Messene  und  Boeotien,  Mantinea  schloss  ein  Bündniss  mit  den 
Gegnern  der  arkadischen  Expansionsgelüste  Elis,  Achaia  und 
Sparta.  Auch  Athen  trat  natürlich  auf  diese  Seite;  dadurch 
war  es  diesmal  in  der  Lage,  die  übernommenen  Bundes- 
pflichten zugleich  gegen  Sparta  und  gegen  Arkadien  zu  erfüllen. 

Vorgange  in  Arkadien:  Xen.  VII,  4,  33-5,  3.  Diod.  XV,  82  (unter 
363/2),  wo  seltsamer  Weise  die  Rollen  von  Mantinea  und  Tegea  in  dem 
Streit  über  die  olympischen  Gelder  vertauscht  sind.  Goldmünzen  von 
Pisa:  R.  Weil,  Z.  f.  Numism.  XXII,  1  ft*.,  der  auch  nachweist,  dass  die 
von  Frankel,  Ber.  Berl.  Ak.  1898,  635  ff.  auf  diese  Zeit  bezogene  Inschrift 
(Abrechnung  Ober  Geldbussen)  in  spätere  Zeit  gehört  und  wahrscheinlich 
mit  den  Nemeen  zusammenhängt. 


Die  Schlacht  bei  Mantinea  und  ihre  Folgen.  Epaminondas' 

geschichtliche  Stellung. 

970.  Epaminondas  hat  vermuthlich  nicht  ungern  gesehen, 
wie  die  Dinge  in  Arkadien  sich  entwickelten;  musste  doch 
jetzt  auch  dem  blödesten  Auge  klar  werden,  dass  eine  be- 
waffnete Intervention  im  Peloponnes  unvermeidlich  sei,  wenn 
nicht  Thebens  Einfluss  auf  der  Halbinsel  definitiv  verloren  gehen 
sollte.  Er  erreichte  denn  auch,  dass  er  im  J.  362  mit  einem 
starken  Heere  Von  Boeotern  und  sämmtlichen  Bundesgenossen 
mit  Ausnahme  der  Phoker  —  diese  erklärten ,  sie  seien  ver- 
tragsmässig  zur  Hülfsleistung  bei  einem  Angriffskriege  nicht  ver- 
pflichtet (vgl.  §.  946)  —  in  den  Peloponnes  entsandt  wurde.  Me- 
gara  und  Korinth  blieben  wie  es  scheint  neutral,  gestatteten  aber 
den  Durchmarsch.  Bei  Nemea  hielt  sich  Epaminondas  längere 
Zeit  auf,  in  der  Hoffnung,  die  Athener  abfangen  zu  können. 
Diese  gingen  zwar  mit  Eifer  auf  den  Krieg  ein  und  stellten 
wie  früher  ein  starkes  Heer  auf;  aber  mit  Recht  suchten  sie 


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468    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht 

einen  isolirten  Kampf  zu  vermeiden  und  warteten  daher  ab, 
um  im  Fall  der  Noth  über  See  zu  gehen.  Inzwischen  halten 
sich  die  Verbündeten  Mantineas  bei  der  Stadt  gesammelt.  Von 
Sparta  rückte  diesmal  der  greise  Agesilaos  selbst  ins  Feld,  mit 
den  Reitern ,  den  Söldnern ,  die  er  durch  die  aus  Asien  mit- 
gebrachten Gelder  (§.  964  f.)  hatte  anwerben  können,  und  drei 
Lochen  des  Bürgerheers.  Epaminondas  zog  nach  Tegea  und 
vereinigte  sich  mit  den  Argivern,  Arkadern  und  Messeniern. 
Beide  Armeen  standen  jetzt  in  der  grossen  ostarkadischen 
Hochebene,  und  zwar  die  boeotische  im  Süden  der  feindlichen, 
so  dass  die  Spartaner  von  ihrer  Heimath  abgeschnitten  waren. 
Diesen  Vortheil  benutzte  Epaminondas  zu  einem  raschen  Ueber- 
fall  auf  das  ahnungslose  und  von  Vertheidigern  fast  entblösste 
Sparta ;  er  durfte  hoffen,  dass  der  vor  sieben  Jahren  geschei- 
terte Versuch,  Sparta  zu  vernichten,  diesmal  gelingen  werde. 
Spät  Abends  brach  er  auf,  vom  Feinde  unbemerkt,  und  rückte 
ins  Eurotasthai  vor;  aber  auch  diesmal  war  ihm  der  Erfolg 
nicht  beschieden.  Agesilaos  hatte  durch  einen  Ueberläufer 
Kunde  erhalten ;  in  eiligem  Marsch  kam  er  Epaminondas  zu- 
vor und  rief  die  kleine  Bürgerschaar  zu  den  Waffen.  Die 
Boeoter  drangen  in  die  Stadt  ein ;  aber  in  erbittertem  Strassen- 
gefecht  wurden  sie  hinausgeschlagen,  und  bei  einem  Ausfall 
mit  noch  nicht  hundert  Mann  warf  Archidamos  die  erschreckten 
Gegner  zurück.  Sparta  war  zum  zweiten  Male  gerettet ;  Epa- 
minondas erkannte,  dass  er  nichts  ausrichten  könne,  und  führte 
seine  Truppen  ebenso  eilig  zurück,  wie  sie  gekommen  waren, 
um  nun  wenigstens  Mantinea  zu  überrumpeln. 

Mit  dem  grundlegenden  Bericht  bei  Xenophon  VII,  5,  4—14  stimmen 
die  übrigen  (Diod.  XV,  82  f.  Plut.  Ages.  84.  Justin  VI,  7.  Polyb.  IX,  8 
—  vgl.  ferner  Aeneas  tact.  2,  2.  Isokr.  ep.  9,  4.  Polyaen  II,  3,  10 
=  Frontin  III,  11,  5)  im  wesentlichen  überein,  abgesehen  von  einzelnen 
Uebertreibungen.  Dass  Diodor  aus  Ephoros  schöpft,  geht  daraus  hervor, 
dass  er  XV,  82,  6  eine  Erweiterung  des  Berichts  Xenophons  gibt,  nicht 
den  des  Kallisthenes  (Plut.  Ages.  34).  Im  übrigen  ist  seine  Schilderung 
der  Schlacht  bei  Mantinea  so  elend  und  Iftsst  die  strategisch  entscheiden- 
den Momente  so  völlig  ausser  Acht,  wie  es  nach  Polybios*  Zeugniss  XII, 
•25  f,  3.  4  die  des  Ephoros  gethan  hat.  —  Der  athenische  Feldherr  war 


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Epaminondas'  zweiter  Zug  gegen  8parta.   Schlacht  bei  Mantinea.  469 

Hegesileos :  Ephoros  bei  Diog.  L.  II,  54.  Xen.  vect.  3,  7 ;  bei  Diod.  XV, 
84,  2  verschrieben  'H^Xoxoq. 

971.  Aber  auch  dieser  Plan  wurde  vereitelt.  Zwar  waren 
die  Mantineer  sorglos  bei  dem  Einbringen  der  Ernte  beschäf- 
tigt und  wären  mit  ihrem  Vieh  den  Reitern,  die  Epaminondas 
sofort  gegen  sie  ausschickte,  sicher  zur  Beute  gefallen ;  aber  un- 
mittelbar vorher  waren  vom  Isthmos  her  die  athenischen  Reiter 
eingetroffen.  Obwohl  von  dem  langen  Ritt  erschöpft,  warfen 
sie  sich  sofort  auf  die  Feinde.  In  dem  harten  Gefecht  fan- 
den viele  von  ihnen  den  Heldentod  —  darunter  Xenophons 
Sohn  Gryllos  — ;  aber  durch  ihre  Aufopferung  hatten  sie 
die  Mantineer  gerettet.  —  Jetzt  blieb  Epaminondas  nichts 
übrig,  als  den  offenen  Entscheidungskampf  zu  wagen,  zumal 
der  Termin,  zu  dem  er  heimkehren  musste,  vor  der  Thür 
stand.  Sein  Heer  hatte  er  mit  kriegerischem  Muthe  erfüllt; 
am  12.  Skirophorion  (5.  Juli)  362  v.  Chr.  stellte  er  es  in  der 
Ebene  vor  Mantinea  zur  Schlacht.  Aber  dann  schwenkte  er 
ab  in  die  Höhen  im  Westen,  um  den  Feinden  den  Glauben  zu 
erwecken,  er  wolle  nicht  schlagen,  und  lockerte  dadurch  ihre 
Aufstellung.  Jetzt  liess  er  plötzlich  aus  der  Marschcolonne 
in  die  Schlachtordnung  einschwenken  und  brach  zum  Angriff 
vor;  die  überraschten  Feinde  hatten  kaum  Zeit,  ihre  Glieder 
wieder  herzustellen.  Eine  eingehendere  Schlachtschilderung  be- 
sitzen wir  nicht;  nur  die  Hauptmomente  stehen  durch  Xeno- 
phons Angaben  fest.  Der  Grundgedanke  der  Schlacht  bei 
Leuktra  kehrt  auch  hier  wieder,  der  vernichtende  Stoss  mit 
dem  Gewalthaufen  der  boeotischen  Phalanx  auf  den  Offensiv- 
flügel der  Feinde;  aber  er  ist  weiter  entwickelt  und  die 
Verhältnisse  sind  grösser  geworden.  Die  Reiterei  stand  in 
beiden  Heeren  auf  den  Flügeln ;  Epaminondas  formirte  jetzt  die 
seine  gleichfalls  als  einen  dicht  gedrängten  tiefen  Haufen  und 
unterstützte  sie  durch  zwischen  die  Schwadronen  gestellte  Leicht- 
bewaffnete (a{itZÄOt  rceCoi'  Xen.  VII,  5,  24  —  auch  das  war  eine 
Fechtweise,  die  bei  den  Boeotern  schon  früher  vorkommt:  Thuk. 
V,  57,  2),  in  der  richtigen  Erwägung,  dass  wenn  die  feind- 
liche Reiterei  entscheidend  geworfen  werde,  damit  die  Schlacht 


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470  Epaminondaa  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

schon  gewonnen  sei ;  er  traute  also  seiner  Reiterei  eine  grös- 
sere Manövrirfahigkeit  im  Angriff  auf  feindliches  Fussvolk  zu, 
als  in  den  früheren  Schlachten  vorhanden  war1).  Da  sein 
rechter  Flügel  überhaupt  nicht  emsthaft  ins  Gefecht  kommen 
sollte  T  bereitet  sich  hier  schon  die  Schlacht  der  makedoni- 
schen Zeit  vor,  in  der  der  Kampf  in  der  Regel  durch  die 
Reiterei  entschieden  wird  und  der  Kern  der  Armee,  die  Pha- 
lanx, oft  überhaupt  nicht  mehr  in  Thätigkeit  tritt.  Um  den 
rechten  Flügel  gegen  einen  Angriff  der  gegenüberstehenden 
Athener  zu  schützen,  schob  er  in  der  Flanke  eine  Abtheilung 
Reiter  und  Hopliten  auf  einen  Hügel  vor,  die  den  Feinden, 
wenn  sie  vorgingen,  in  den  Rücken  fallen  konnte.  So  war 
der  Sieg  nach  Möglichkeit  gesichert.  Die  boeotische  und  thes- 
salische  Reiterei  eröffnete  den  Kampf  und  warf  die  Gegner, 
wenn  auch  die  Athener  sich  wieder  sammelten  und  tapfer 
wehrten;  ja  die  Leichtbewaffneten  und  Peltasten,  die  den 
Reitern  folgten,  wurden  von  dem  athenischen  Fussvolk  zu- 
sammengehauen. Inzwischen  aber  brach  der  Keil  der  boeoti- 
schen  Phalanx,  von  Epaminondas  geführt,  in  die  Mantineer 
und  Spartaner  auf  dem  rechten  Flügel  der  Feinde  ein,  »wie 
eine  Trieret,  nach  Xenophons  trefflichem  Gleichniss.  Die  feind- 
lichen Reihen  wurden  auseinandergesprengt.  Aber  Epami- 
nondas sank  tödtlich  getroffen  zusammen.  Seinen  Sieg  hat 
er  noch  feststellen  können;  dann  hat  er  seine  Seele  &usge- 
haucht.  Unter  den  anderen  Heerführern  war  keiner,  der  den 
Kampf  weiter  zu  leiten  und  die  Schlacht  auszunutzen  befähigt  war; 
jedes  der  beiden  Heere  schrieb  sich  den  Sieg  zu  und  erkannte 
sich  zugleich  für  besiegt,  indem  es  den  Feind  um  die  Aus- 
lieferung der  Gefallenen  bat  und  dadurch  zugab,  dass  es  nicht 
Herr  des  Schlachtfeldes  sei.    So  war  man  nach  der  Schlacht 


l)  Das  hängt  gewiss  damit  zusammen,  dass  die  Reiterei  auf  die 
leichter  gerüsteten  Peltasten  erfolgreicher  einhauen  konnte  als  auf  Ho- 
pliten, gegen  die  sie  offenbar,  wenn  diese  nicht  den  Kopf  verloren, 
ziemlich  wehrlos  war  —  das  ist  ein  Moment,  welches  in  den  Dar- 
stellungen der  früheren  Schlachten  auch  von  mir  nicht  genügend  be- 
rücksichtigt ist. 


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Schlacht  bei  Manünea.   Thebens  Rücktritt.   Friede  von  362.  471 

genau  so  weit  wie  vorher;  der  gewaltige  Kampf  endete  ohne 
jedes  positive  Ergebniss. 

Reitergefecht:  Xen.  VII,  5,  14  ff.  Diod.  XV,  84,  Polyb.  IX,  8.  Plut.  de 
glor.  Ath.  2  (Gemälde  des  Euphranor,  vgl.  Pausan.  I,  3,  4,  falsch  IX,  15,  5). 
Ueber  Gryllos'  Tod  Diog.  L.  II,  54  u.  a.  (§.  919);  die  spätere  attische 
Tradition  (Pausan.  VIII,  11,  6.  IX,  15,  5)  lässt  thörichter  Weise  Epami- 
nondas  durch  ihn  fallen.  —  Datum  der  Schlacht:  Plut.  de  glor.  Ath.  7; 
unter  dem  Archon  Charikleides  363/2  Diod.  und  vit.  X.  orat.  Demosth.  27. 
Es  ist  ebenso  unzulässig,  das  durch  Xenophons  Angabe  über  die  Ernte 
bestätigte  Datum  zu  bezweifeln  ,  wie  die  Schlacht  erst  ins  nächste  Jahr 
zu  setzen,  was  man  auf  Grund  des  Bündnissvertrags  CIA.  II,  57  b  (§.  973) 
jetzt  in  der  Regel  versucht;  s.  dagegen  Fodcart,  rev.  arcb.  3.  ser.  XXXIII, 
1898,  313  ff.  —  Für  die  Schlacht  gibt  Xenophon  VII,  5,  19  ff.  die  Haupt- 
momente in  scharfer  Beleuchtung;  Diodors  Bericht  (d.i.  Ephoros,  §.  970  A.) 
ist  nicht  nur  ganz  unmilitärisch,  sondern  auch  allein  vom  attischen  Inter- 
esse beherrscht;  höchstens  einige  Einzelheiten  über  die  Aufstellung  u.  ä. 
darf  man  ihm  entnehmen,  schwerlich  die  Zahlen  (auf  Ep.  Seite  über 
30,000  zu  Fuss,  3000  Reiter,  bei  den  Feinden  20,000  und  2000;  an  Zahl 
überlegen  war  aber  Ep.  schwerlich).  —  Ueber  Ep.  Tod  auch  Plut.  Ages. 
35.  Nepos  Epam.  9.  Pausan.  VIII,  11,  5.  ff.  Sonstige  Notizen:  Polyaen 
II,  3,  14  =  Frontin  II,  2,  12. 

972.  Epaminondas  selbst  hat  im  Sterben,  als  er  erfuhr, 
dass  auch  Daiphantos  und  Iollidas  gefallen  seien,  die  er  allein 
für  fähig  hielt,  sein  Werk  fortzusetzen,  seinen  Mitbürgern  den 
Rath  gegeben  Frieden  zu  schliessen.  Mit  seinem  Tode  ge- 
wannen in  der  Bürgerschaft,  die  er  wider  ihren  Willen  in 
scina  Bahnen  gezwungen  hatte,  die  Friedenstendenzen  aufs 
neue  und  diesmal  dauernd  die  Herrschaft.  Zwar  wollte  man 
die  Schöpfungen  Thebens ,  Megalopolis  und  Messenien ,  nicht 
Preis  geben;  aber  von  irgend  welchen  weiteren  Bestrebungen 
war  keine  Rede  mehr.  Wieder  einmal  trat  ein  allgemeiner 
Friedenscongress  zusammen,  und  wieder  wurde  der  Friede 
beschworen  auf  Grund  des  status  quo :  »jeder  Staat  solle  un- 
abhängig sein«.  Sparta  verweigerte  auch  diesmal  wieder  den 
Beitritt,  weil  es  Messenien  nicht  anerkennen  wollte.  Aber  von 
einem  neuen  Angriff  auf  Lakonien  war  keine  Rede  mehr, 
nicht  weil  man  den  redlichen  Wunsch  gehabt  hätte,  sich  zu  ver- 
tragen, sondern  weil  alle  Staaten  erschöpft  waren.   Die  Fehden 


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472    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht. 

gingen  unaufhörlich  weiter.  Die  Raubzüge  der  Messenier  gegen 
Lakonien  nahmen  kein  Ende:  »Tag  und  Nacht  werden  die 
Spartaner  von  ihren  Knechten  geplündert,  und  nie  haben  sie 
etwas  anderes  zu  thun  als  irgendwo  Krieg  zu  führen  oder 
Bürgern,  die  in  Gefahr  sind,  zu  Hülfe  zu  eilen«  (Isokr.  5,  49). 
Dabei  mussle  die  decimirte,  verarmte,  grossentheils  ihrer 
Knechte  und  ihres  Besitzes  beraubte  Bürgerschaft  anfangen, 
die  Felder  selbst  zu  bestellen;  und  ohne  Söldner  konnte  sie 
sich  überhaupt  nicht  halten.  Agesilaos  ging  im  J.  3G1  mit 
einem  Söldnercorps  in  die  Dienste  des  Aegypterkönigs  Tachos 
(§.  964),  um  seiner  Heimath  Geld  zu  verschaffen;  hier  fand 
er  sich  zusammen  mit  seinem  alten  Gegner  im  Kampfe  um 
Theben,  Ghabrias,  dem  die  inneren  Wirren  in  Athen  die  Hei- 
math verleidet  hatten.  Seine  letzte  That  war,  dass  er  aus 
Eifersucht  auf  Ghabrias  seinen  Dienstherrn  verliess  und  zu 
dem  Rebellen  Nektanebis  IL,  Tachos'  Neffen,  übertrat.  Dafür 
erhielt  er  von  diesem,  nachdem  er  ihm  den  Sieg  verschafft 
hatte,  reiche  Geschenke  und  230  Talente.  Auf  der  Heimfahrt 
ist  der  84jährige  König  im  Winter  360,59  an  der  Küste  Ky- 
renes  gestorben.  —  Wenn  dann  Sparta  sich  wieder  einmal 
gekräftigt  fühlte,  versuchte  es  einen  neuen  Vorstoss,  so  im 
J.  352  gegen  Megalopolis  —  ebenso  stand  es  schon  seit  355 
im  Bunde  mit  den  Phokern  im  Kriege  gegen  Theben  — ,  aber 
jedesmal  ohne  Erfolg.  Sein  Stammgebiet  hat  Sparta  behauptet, 
eine  Macht  ist  es  niemals  wieder  geworden. 

Epaminondas'  Rathschlag:  Plut.  apophlh.  Epam.  24.  —  Friede  von 
362:  Diod.  XV,  80.  04,  1.  Plut.  Ages.  35.  Polyh.  IV,  33,  8  f.  -  Feldbau  der 
Spartiaten:  Arist.  pol.  II,  2,  11.  Sparta  yprjiortcuv  Ssojjivrj  xal  fcevotpoipoösa 
Plut.  Age?.  40,  vgl.  Xen.  Ages.  2,  25  u.  a.  Agesilaos  in  Aegypten :  Xen. 
Ages.  2.  20  ff.  [arg  idealisirt].  Plut.  Ages.  20  ff.  Diod.  XV.  92.  03.  Weiteres 
im  nächsten  Bande.  —  Datum  seines  Todes:  Forsch.  II,  509  [wo  durch 
eine  Flüchtigkeit  Sommer  350  steht;  er  starb  im  vorhergehenden  Winter: 
Xen.  Ages.  2,  31.  Plut.  Ages.  40].  —  Ueber  Spartas  Beziehungen  zu 
Sicilien  s.  §.  992  A.  997. 

973.  Kaum  besser  sah  es  in  Argos  aus,  das  mit  seinen 
Nachbarn,  den  Städten  der  Akte,  ununterbrochen  Krieg  führte; 
im  J.  353  wurde  es  auch  von  den  Spartanern  einmal  wieder 


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SparU.   Ageailaos'  Ausgang.   Arkadien.   Theben  und  Thessalien.  473 

bei  Orneae  geschlagen.  —  In  Arkadien  hatten  beide  Bünde 
den  Frieden  beschworen,  und  beide  führten  den  Gesammt- 
namen  noch  Jahrzehnte  weiter;  aber  sofort  schlössen  die  Ar- 
kader von  Mantinea  und  ihre  Genossen,  Elis,  Achaia  und 
Phlius,  eine  neue  Defensivallianz  mit  Athen  und  seinen  Bundes- 
genossen. Der  demokratische  Gegenbund  drohte  im  J.  361  voll- 
ends auseinanderzubrechen;  die  in  Megalopolis  incorporirten  Ge- 
meinden wollten  in  ihre  Heimathsorte  zurück  und  riefen  Man- 
tinea  um  Hülfe  an.  Da  hat  Theben  aufs  neue  intervenirt; 
sein  Feldherr  Pammenes  besiegte  die  aufständischen  Ortschaften 
und  ^wang  die  Bewohner,  in  Megalopolis  zu  bleiben.  Neun 
Jahre  später  ist  Theben  nochmals  eingeschritten,  als  im  J.  352 
die  Spartaner  Megalopolis  angriffen;  damals  ist  es  noch  ein- 
mal zu  einem  grösseren,  aber  gleichfalls  völlig  ergebnisslosen 
Kriege  gekommen.  Das  war  das  letzte  Mal,  dass  die  Thebaner 
in  die  Angelegenheiten  des  Peloponnes  eingegriffen  haben.  — 
Im  Norden  Hessen  sie  die  Dinge  gehen  wie  sie  mochten. 
Um  Makedonien  haben  sie  sich  überhaupt  nicht  mehr  geküm- 
mert, und  in  Thessalien  geduldet,  dass  Alexander  von  Pherae 
sich  wieder  selbständig  machte,  Magnesia  besetzte,  und  Kaper 
ausrüstete,  um  die  See  zu  brandschatzen  wie  früher  das  Land. 
Das  übrige  Thessalien  schloss  sich  unter  der  Herrschaft  des 
Adels  zu  einem  Bundesstaat  zusammen,  der  nach  den  vier 
Landschaften  (Tetrarchien)  Pelasgiotis,  Phthiotis,  Thessaliotis 
und  Hestiotis  gegliedert  war;  an  der  Spitze  stand  ein  Archon, 
unter  ihm  die  Polemarchen  der  vier  Gaue.  Der  neue  thessalische 
Staat  suchte  Anlehnung  sowohl  bei  Theben  wie  bei  Athen; 
als  diese  Mächte  versagten,  musste  er  sich  der  neu  erstehen- 
den makedonischen  Macht  in  die  Arme  werfen.  Das  einzige 
Interesse  Thebens  war  die  Behauptung  von  Euboea  —  das  führte 
alsbald  zu  neuen  Händeln  mit  Athen  (§.  978)  —  und  die  Unter- 
jochung der  verhassten  Phoker,  die  durch  die  Weigerung  der 
Heeresfolge  im  J.  362  Thebens  Zorn  gereizt  hatten.  Um  sie 
zu  züchtigen,  haben  die  Thebaner  im  J.  356  einen  Krieg 
provocirt,  der  in  seinen  Folgen  die  Vernichtung  ihres  Gemein- 
wesens herbeigeführt  hat. 


474    IV,  7.  Epaminondas  und  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht, 

Ueber  Arg09:  Isokr.  5,  51.  Krieg  mit  Sparta:  Diod.  XVI,  34.  3, 
vgl.  39,  4.  —  Vertrag  der  \Apxd3»?  (d.  i.  Manlinea)  xal  'A^atol  xal  JH\siot 
xal  4>Xeii3ioi  mit  Athen  aus  dem  J.  362/1:  CIA.  II,  57  b  p.  403.  DS.  105; 
vgl.  §.  971 A.  —  Ueber  die  Geschichte  Arkadiens  in  der  nSchsten  Zeit 
Niese,  Hermes  24,  526.  —  Krieg  von  361 :  Diod.  XV,  94 ;  von  352 :  Diod. 
XVI,  39,  vgl,  Demosth.  or.  16.  —  Alexander  Herr  von  Magnesia:  Polyaen 
VI,  2,  1.  Ueber  den  thessalischen  Bundesstaat  s.  CIA.  II,  59  b  suppl. 
p.  20,  DS.  108.  CIA.  II.  88,  vgl.  auch  93.  —  In  die  Vorbereitungen  des 
Conflicts  zwischen  Theben  und  Phokis  Xen.  VII,  5,  4  gehört  offenbar 
CIA.  II,  54.  DS.  100,  das  Decret  für  Astykrates  und  andere  Delpher,  die 
im  J.  363  von  den  Amphiktionen ,  nach  Athens  Auffassung  widerrecht- 
lich, verbannt  sind. 

974.  Epaminondas  ist  die  letzte  grosse  Gestalt  unter  den 
Feldherrn  und  Staatsmännern  der  griechischen  Geschichte,  weil 
er  der  letzte  Grieche  gewesen  ist,  dem  die  Verhältnisse  längere 
Zeit  hindurch  eine  freie,  ins  Grosse  gehende  Wirksamkeit  auf 
dem  Boden  der  hei  mathlichen  Staatsordnung  gewährt  haben. 
Dass  er  eine  ideale,  von  warmer  Empfindung  für  seine  Vater- 
stadt beseelte  Persönlichkeit  war,  ist  nicht  zweifelhaft;  aber 
nachdem  er  die  Feinde  aufs  Haupt  geschlagen  hatte,  die  Theben 
politisch  vernichten  wollten,  hat  er  Positives  für  dieses  nicht 
mehr  schaffen  können.  Es  ist  ihm  gelungen,  die  Thebaner 
trotz  alles  Widerstrebens  immer  aufs  neue  dazu  zu  bringen, 
dass  sie  ihm  die  Mittel  für  die  Ausführung  seiner  Pläne 
gewährten.  Aber  im  Grunde  hatten  seine  Landsleute  Recht, 
wenn  sie  sich  sträubten:  sie  empfanden,  dass  Boeotien  trotz 
der  Tapferkeit  seiner  Krieger,  die  noch  auf  dem  Schlacht- 
felde von  Ghaeronea  ihren  Heldenmuth  bewährt  haben,  weder 
materiell  noch  intellectuell  im  Stande  sei,  die  Herrschaft 
über  Hellas  zu  erobern  und  zu  behaupten,  die  Athen  und 
Sparta  nicht  hatten  festhalten  können.  Man  könnte  alles, 
was  Epaminondas  seit  Leuktra  gethan  hat,  aus  der  Geschichte 
streichen,  ohne  dass  sich  für  Theben"  irgend  etwas  änderte: 
es  steht  im  J.  360  nicht  anders  da  als  370.  Epaminondas 
hatte  gehofft,  durch  die  Gewalt  seiner  Persönlichkeit  und  seines 
Idealismus  die  Boeoter  mit  sich  fortreissen  und  auf  eine  höhere 
Stufe  erheben  zu  können:  der  Rath,  den  er  im  Tode  gab, 


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Epaminondas'  geschichtliche  Bedeutung. 


475 


enthält  das  Eingeständniss ,  dass  er  das  Ziel  nicht  hat  er- 
reichen können  und  dass  sein  Lebenswerk  verfehlt  war.  Gerade 
in  der  Zeit,  welche  die  Persönlichkeit  über  alles  schätzt  und 
in  ihr  die  eigentlich  allein  treibende  Kraft  der  Geschichte  er- 
kennen will,  tritt  in  seinem  Geschick  —  und  ebenso  in  dem 
der  zahlreichen  achtbaren  Männer,  welche  immer  aufs  neue 
und  immer  vergeblich  den  Anlauf  nehmen,  Athen  oder  einen 
der  anderen  Staaten  zu  einer  wirklich  lebenskräftigen  Macht 
zu  erheben  —  für  den  tiefer  Blickenden  ihre  Gebundenheit 

» 

und  die  historische  Bedingtheit  ihres  Schaffens  nur  um  so 
klarer  hervor.  Die  Zersetzung  der  griechischen  Verhältnisse 
war  im  Mutterlande  so  weit  gediehen,  dass  auch  die  genialste 
Persönlichkeit  nichts  Neues  und  Dauerhaftes  mehr  schaffen 
konnte,  selbst  wenn  sie  die  Bahnen  einschlug,  auf  denen  im 
Westen  Dionys  zu  gesicherten  Erfolgen  gelangt  war:  die 
widerstrebenden  Kräfte  waren  so  stark,  dass  sie  jeden  Ansatz 
zu  einer  Neubildung  nach  kurzem  Scheinerfolg  zersprengten. 
So  ist  das  einzige,  was  von  Epaminondas'  Thätigkeit  ge- 
blieben ist,  die  Vernichtung  der  spartanischen  Macht  gewesen, 
und  damit  des  Staates,  der  bisher  trotz  all  seiner  Schwächen 
und  Gebrechen  dennoch  neben  Dionys  allein  in  der  Griechen- 
welt noch  eine  leistungsfähige  Macht  darstellte. 

Zwar  konnte  es  scheinen,  als  bestehe  daneben  noch  eine 
zweite  Macht  in  Athen  und  seinem  Bunde.  Aber  weder  in 
der  idealistischen,  im  Grunde  negativen  Gestalt  des  Bundes 
von  377,  noch  in  der  realistischen  und  erobernd  vordringenden 
der  Reichsbildung,  welche  Timotheos  seit  366  versucht  hatte, 
ist  Athen  wirklich  zu  einer  politisch  leistungsfähigen  Macht  ge- 
worden, die  eine  Zukunft  in  sich  trug;  nach  wenigen  Jahren 
scheinbaren  Erfolges  ist  seine  Stellung  aufs  neue  kläglich  zu- 
sammengebrochen. Um  den  vollen  Abschluss  der  griechischen 
Geschichte  zu  gewinnen,  müssen  wir  diese  Entwicklung  noch 
in  kurzen  Umrissen  kennen  lernen. 


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476  IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


Athen  bis  zum  Bundesgenossenkriege. 

975.  Officiell  hat  Athen  den  Frieden  mit  Theben  niemals 
gebrochen ;  aber  mit  vollem  Eifer  war  es  in  den  letzten  Krieg 
eingetreten,  in  der  Hoffnung,  jetzt  endlich  den  entcheidenden 
Schlag  fähren  zu  können  und  dann,  gestützt  auf  sein  Bund- 
niss  mit  Sparta  und  dem  legitimen  Arkadien,  die  Leitung  der 
hellenischen  Angelegenheiten  in  die  Hände  zu  bekommen. 
Jedoch  der  Tag  von  Mantinea  brachte  eine  schwere  Enttäu- 
schung. Fortan  war  für  Athen  im  Peloponnes  nichts  mehr  zu 
holen;  der  Bund,  den  es  noch  einmal  mit  Mantinea  und  seinen 
Alliirten  abschloss  (§.  073),  blieb  dauernd  unfruchtbar.  Und  dazu 
kamen  von  allen  Seiten  die  schlimmen  Botschaften.  Kaum  war 
im  Sommer  362  Timotheos  heimgekehrt  (§.  067),  so  verband  sich 
König  Perdikkas  III.  aufs  neue  mit  Amphipolis,  während  Kotys 
von  Thrakien  die  attischen  Eroberungen  auf  der  Ghersones 
angriff;  die  Byzantier,  Ghalkedonier,  Kyzikener  brachten  die 
pontischen  Getreideschiffe  auf  und  zwangen  sie  in  ihren  Häfen 
auszuladen  statt  im  Piraeeus;  Kyzikos  griff  die  mit  Athen 
verbündete  Insel  Prokonnesos  an.  Zu  dem  allem  brandschatzten 
jetzt  Alexander  von  Pheraes  Raubschiffe  die  Kykladen ;  Ende 
August  362  haben  sie  die  Insel  Tenos  ausgeplündert  und 
die  Einwohner  als  Sklaven  fortgeschleppt.  So  kam  Athen 
aus  der  Noth  nicht  heraus.  Energische  Beschlüsse  wurden 
genug  gefasst,  und  ein  Feldherr  nach  dem  anderen  entsandt 
und,  wenn  er  nichts  ausrichtete,  verurtheilt  und  hingerichtet; 
aber  Resultate  sind  seit  Timotheos'  letztem  Feldzug  nirgends 
mehr  erzielt  worden.  Es  konnte  nicht  anders  sein;  denn  so 
stark  man  immer  aufs  neue  die  Steuerkraft  der  Besitzenden 
anspannte,  es  war  kein  Geld  mehr  vorhanden,  um  auch  nur 
die  dringendsten  Bedürfnisse  zu  decken.  Die  Trierarchen  er- 
hielten als  Rudermannschaften  nur  elendes  Gesindel,  und  wenn 
sie  selbst  Geld  vorstreckten  und  Vorschüsse  aufnahmen,  um 
bessere  anzuwerben,  so  wurde  ihnen  viele  Monate  lang  der 
fallige  Sold  vorenthalten;  schliesslich  gingen  die  Ruderer 


i 


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Athens  Nöthe  und  Ohnmacht.   Kämpfe  am  Hellespont.  477 


auf  und  davon  so  gut  wie  die  Söldner.  Was  übrig  blieb, 
war  zum  Kriegführen  völlig  unbrauchbar  und  half  sich  durch 
Erpressungen  gegen  Freund  und  Feind.  Die  >  Bundesgenossen c 
aber  waren  seit  Timotheos'  Eroberungen  mit  vollem  Recht 
gegen  Athen  von  dem  äussersten  Misstrauen  erfüllt ;  wie  Athen 
mit  ihnen  umging,  wird  drastisch  dadurch  illustrirt,  dass  z.  B. 
Timomachos  Ende  361  zuerst  die  Dienste  von  Maronea  in 
Anspruch  nahm  und  unmittelbar  darauf  den  Versuch  machte, 
ihm  mit  Hülfe  von  Thasos  den  zwischen  beiden  streitigen 
Küstenort  Stryme  zu  entreissen.  Es  lohnt  nicht,  alle  Einzel- 
heiten aufzuzahlen,  die  uns  zufallig  bekannt  sind;  eine  zu- 
sammenhängende Darstellung  besitzen  wir  nicht  und  würde 
auch  bei  dem  reichsten  Material  nicht  zu  geben  sein,  da  eben 
alle  Verhältnisse  hoffnungslos  verfahren  waren. 

icoXXä  jiiv  etOYjVCfxrv  *J  «6).ic  ots'Apxdai  t^o-rjO-si  ird  Aoats-paToo  r^oo- 
jtivoo  (wahrscheinlich  864  gegen  Elia),  ttoXXot  U  itti  'H^oIXbui  (hei  Mantinea) 
Xen.  vect.  3.  7.  —  Einen  lebendigen  Einblick  in  die  Zustände  dieser  Zeit  ge- 
währen vor  allem  die  Reden  des  Apollodor  und  Demosthenes  gegen  Polykles 
(Dem.  50)  und  Aristokrates  (Dem.  23);  bo  fraglich  es  ist,  ob  jede  einzelne 
Angabe  glaubwürdig  ist  (wir  können  gegen  die  Redner  nie  misstrauisch 
genug  sein),  so  werthvoll  sind  sie  als  Gesamtutbild  der  Ober  alle  Maassen 
elenden  Zustände.  —  Eingehend  hat  Schäfer,  Demosthenes  Bd.  I  die 
Geschichte  dieser  Zeit  zusammengestellt;  für  Thrakien  vgl.  Höck,  Hermes 
26,  95  ff.  —  Die  Botschaften  und  Beschlüsse  am  24.  Metageitnion  (14.  Sept.) 
862  s.  Demosth.  50,  4  ff.  —  Ueber  Stryme  Demosth.  50,  20  ff.  Philo- 
choros  fr.  128  (Harpokr.  s.  v.).  Philipps  Brief  Dem.  12,  17. 

976.  Am  Hellespont  haben  nacli  einander  Ergophilos 
(363/2),  Autokles  und  nach  seiner  Absetzung  Menon  (362/1), 
Timomachos  (361/0) ,  Theotimos  und  nach  ihm  Kephisodotos 
(360/59)  commandirt,  und  mit  Ausnahme  Menons  sind  sie  alle 
zum  Tode  oder  zu  schweren  Geldstrafen  verurtheilt  worden. 
Das  Ergebniss  war,  dass  trotz  der  von  Athen  unterstützten 
Rebellion  eines  Dynasten  Miltokythes  gegen  Kotys  alle  Städte 
auf  der  Ghersones  bis  auf  Krithote  und  Elaeus  verloren  gingen ; 
auch  Sestos  entriss  Kotys  dem  Theotimos  mit  Hülfe  der  Athen 
immer  feindlich  gesinnten  Abydener.  Als  dann  Kotys  (etwa 
Ende  360)  ermordet  wurde,  festigte  der  energische  Söldnerhaupt- 


478  IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 

mann  Charidemos  (vgl.  §.  965  A.  979)  seinem  jungen  Sohn  Ker- 
sobleptes  die  Herrschaft  gegen  ein  paar  Prätendenten,  und  zwang 
Kephisodot,  von  dem  Angriff  auf  die  Ghersones  abzustehen  und 
in  einem  Vertrage  die  Rechte  des  Thrakerkönigs  anzuerkennen. 
Deshalb  wurde  Kephisodot  abgesetzt  und  in  eine  Strafe  von  5  Tal. 
verurtheilt ;  aber  Chabrias,  der  jetzt  aus  Aegypten  (§.  972)  wie- 
der nach  Athen  zurückgekehrt  war  und  im  Vertrauen  auf  seinen 
Feldherrnruhm  mit  einer  einzigen  Triere  entsandt  wurde,  konnte 
auch  nichts  erreichen.  Der  Vertrag,  den  er  schloss,  wurde  in 
Athen  gleichfalls  verworfen ;  indessen  geändert  wurde  die  Lage 
dadurch  nicht,  vielmehr  musste  man  die  Dinge  hier  einst- 
weilen gehen  lassen  wie  sie  gehen  mochten.  —  Nicht  viel 
anders  sah  es  auf  den  anderen  Kriegsschauplätzen  aus.  Gegen 
Perdikkas  operirte  Kallisthenes  (362/1?);  aber  er  schloss  mit 
dem  König  einen  Vertrag  und  wurde  deshalb  hingerichtet. 
Dann  übernahm  360/59  Timotheos  selbst  noch  einmal  das 
Commando  gegen  Amphipolis,  das  inzwischen  eine  makedo- 
nische Garnison  aufgenommen  hatte;  doch  gegen  die  Ueber- 
macht  konnte  er  den  Kampf  nicht  wagen,  sondern  musste 
schleunigst  abziehen  und  sogar  seine  auf  dem  Strymon  liegen- 
den Schiffe  verbrennen,  damit  sie  den  Feinden  nicht  in  die 
Hände  fielen.  Inzwischen  war  zu  Ende  des  J.  360  König  Per- 
dikkas III.  in  einer  blutigen  Schlacht  gegen  die  Illyrier  gefallen, 
und  dem  makedonischen  Reich  drohte  die  Auflösung.  Von  Nord- 
westen her  brachen  die  Illyrier  ins  Land,  von  Nordosten  die 
Paeoner;  der  Prätendent  Pausanias  (§.  956)  versuchte  mit 
Hülfe  des  Thrakerkönigs  die  Krone  zu  gewinnen,  die  Athener 
unter  Mantias  unterstützten  einen  anderen  Prätendenten  Ar- 
gaeos  (den  Usurpator  von  383?  §.  893);  auch  die  Stiefbrüder 
des  Königs,  vor  allem  Archelaos,  erhoben  sich;  der  legitime 
Thronerbe  aber,  Amyntas  IV.,  war  noch  ein  Kind.  Da  hat 
Perdikkas'  Bruder  Philippos  das  Land  gerettet.  Drei  Jahre 
lang  hatte  er  in  Theben  als  Geisel  in  Epaminondas'  Hause 
zugebracht  (§.  956);  nach  Ptolemaeos'  Ermordung  war  er  ent- 
lassen worden,  und  Perdikkas  hatte  ihm  auf  Veranlassung  seines 
Günstlings  Euphraios  von  Oreos,  eines  Schülers  Piatos,  ein 


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Athen,  Makedonien  und  Thessalien.   Korkyra.   Philipps  Anfinge.  479 

Theilfürstenthum  überlassen.  Jetzt  ergriff  er  die  Vormund- 
schaft mit  fester  Hand ;  die  Paeoner  und  Thraker  fand  er  ab, 
den  Argaeos  mit  den  athenischen  Soldnern  schlug  er  bei 
Aegae.  Die  athenischen  Gefangenen  aber  entliess  er  ohne 
Lösegeld,  und  zugleich  rief  er  die  makedonische  Garnison  aus 
Amphipolis  ab;  ja  insgeheim  versprach  er  den  athenischen  Unter- 
händlern, er  wolle  der  Stadt  Amphipolis  verschaffen,  wenn  sie 
ihm  dafür  Pydna  (§.  965)  zurückgebe.  Dieser  Köder  wirkte ;  die 
Athener  schlössen  mit  Philipp  Frieden  und  hofften  vertrauens- 
selig, demnächst  Amphipolis  ohne  irgend  welche  Anstrengung 
von  ihrer  Seite  zu  bekommen.  Philipp  aber  gewann  Zeit,  die 
Illyrier  zum  Lande  hinauszuschlagen  und  seine  Herrschaft  zu 
festigen.  —  Im  J.  361 ,  als  Alexander  von  Pheraes  Piraterie 
immer  unerträglicher  wurde  und  er  die  zum  attischen  Bunde 
gehörende  Insel  Peparethos  angriff,  hatte  Athen  sich  dazu  auf- 
gerafft, dem  alten  Freunde  den  Krieg  zu  erklären,  und  mit  dem 
thessalischen  Bunde  (§.  973)  eine  Allianz  abgeschlossen.  Auch 
hier  ging  es  nicht  besser.  Leosthenes  erlitt  bei  dem  Versuche, 
Peparethos  zu  entsetzen,  eine  schwere  Niederlage,  und  Ale- 
xanders Flotte  überfiel  unvermuthet  den  Piraeeus  und  plün- 
derte die  Wechslerbanken  am  Hafen,  ehe  Hülfe  zur  Stelle 
war.  Natürlich  wurde  Leosthenes  deshalb  zum  Tode  ver- 
urtheilt  —  er  ist  nach  Makedonien  geflohen  — ;  an  seine 
Stelle  trat  Chares.  Dieser  hat  jedoch  in  Thessalien  nicht 
operirt.  Er  ging  vielmehr  ins  Ionische  Meer,  um  hier  Athens 
verfallende  Herrschaft  zu  festigen.  Auf  Korkyra  planten  die 
Besitzenden  wieder  einmal  eine  Erhebung  gegen  die  Menge, 
und  Chares  war  bereit,  sie  zu  unterstützen.  So  gelang  es 
ihnen  diesmal  wirklich,  ans  Regiment  zu  kommen,  natürlich 
nicht  ohne  Blutvergiessen.  Die  Folge  aber  war,  dass  sie 
Athen  aufsagten,  und  dies  bei  den  Bündnern  vollends  alles  Ver- 
trauen verlor,  da  sich  gezeigt  hatte,  dass  nicht  einmal  die  Demo- 
kratie sich  länger  auf  ihre  alte  Schutzmacht  verlassen  könne. 
So  war  es  mit  der  Stellung  Athens  im  Westen  vorbei ;  es  hat 
hier  niemals  wieder  dauernden  Einfluss  gewonnen.  —  Kurz 
darauf,  im  J.  359,  wurde  in  Thessalien  Alexander  auf  An- 


480 


IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


stiften  seiner  von  ihm  tödtlich  beleidigten  Gemahlin  Thebe 
von  deren  Brüdern,  Iasons  Stiefsöhnen,  ermordet.  Eine  Zeit 
lang  schien  es,  als  wollten  diese  in  volksfreundliche  Bahnen  ein- 
lenken; dann  aber  bemächtigte  sich  der  älteste  von  ihnen, 
Tisiphonos,  der  Herrschaft.  Wie  sein  Vorgänger  schlug  er 
sich  mit  dem  thessalischen  Bundesstaat  herum.  Athen  hat 
diesem  keine  Hülfe  mehr  geleistet;  es  war  völlig  ausser 
Stande,  zu  Lande  noch  mit  einer  Achtung  gebietenden  Macht 
aufzutreten. 

Für  den  hellespontischen  Krieg  s.  Demosth.  or.  50  und  ,23 ;  ferner 
Androt.  fr.  17  (Harpokr.  K-r)<pt3o$otot).  schol.  Aesch.  3,  51  ed.  Schultz, 
und  die  Fragmente  des  Philocboros,  Theopomp,  Anaximenes  in  dem  von 
Blas*,  Hermes  XVII,  150  publicirten  Lexikon  zu  Demosth.  Aristokratea. 
Verlust  von  Sestos:  Hyperid.  f.  Euxenippos  1.  Demosth.  23,  158.  Polyaen 

1,  37.  —  Kallisthenes:  Aeschin.  2.  30.  Arist.  Rhet.  II,  3.  Timotheos 
gegen  Amphipolis:  schol.  Aesch.  2,  31.  Polyaen  III,  10,  8.  —  Euphraios 
und  Philipps  Theilfürstenthum :  Karystios  aus  Speusipp  bei  Athen.  XI, 
506  e.  508  e,  vgl.  Plato  ep.  5.  Üeber  Philipps  Anfänge  Diod.  XVI,  2  ff. 
Justin  VII,  6.  Der  Vertrag  mit  Athen:  Theopomp  fr.  18«  [natürlich 
aus  lh.  I,  nicht  lb.  XXXI];  Demosth.  2,  6  mit  den  schol.,  vgl.  23, 
121.  —  Krieg  gegen  Alexander:    Diod.  XV,  95   (361/0).  Polyaen  VI, 

2,  1.  2.  Demosth.  51,  8.  Seine  Piraterie  auch  Dem.  23,  162.  Vertrag 
mit  Thessalien:  CIA.  II,  59b  suppl.  p.  20.  DS.  108,  vgl.  CIA.  II.  88. 
93.  Alexanders  Tod:  Xen.  VI,  4,  35  f.  Plut.  Pelop.  35.  Cic.  off.  II,  25. 
Val.  Max.  IX,  13,  exl.  3.  Diod.  XVI,  14  erwähnt  ihn  nachträglich 
unter  357/6,  aber  nach  XV,  61,  2  regiert  er  11  J.,  also  369/8—359/8. 
Dass  Tisiphonos  und  seine  Brrtder  nicht  Söhne,  sondern  Stiefsöhne 
Iasons  sind  (wie  Konon  narr.  50  richtig  angibt),  hat  Pahlb,  Fl.  Jahrb. 
1866,  533  f.  gezeigt.  In  der  Zeit,  wo  sie  zwischen  einer  populären 
Hichtung  und  der  Tyrannis  schwankten,  hat  lsokrates  den  6.  Brief,  ?oi; 
'Idoovo;  ncr.scv,  begonnen,  in  dem  er  sie  in  der  ersteren  Richtung  festzu- 
halten versuchen  wollte,  s.  §.  9.  12.  Vollendet  hat  er  das  Schreiben 
nicht.  Damals  standen  sie  mit  Athen  feindlich,  §.  3.  —  Chares  auf 
Korkyra:  Diod.  XV,  95,  3.  Aen.  tact.  11,  13  f.;  Feindschaft  zwischen 
Athen  und  Korkyra  Dem.  24,  202.  18,  234. 

977.  So  ist  Athen  Jahre  lang  nicht  zur  Ruhe  gekommen. 
Es  ist  natürlich,  dass  der  Parteihader  im  Inneren  dabei  kein 
Ende  nahm.  Ununterbrochen  folgten  sich  die  Processe  wegen 
Pflichtverletzung  und  Hochverraths ;  wir  haben  gesehen,  wie 


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Zustände  in  Athen.   Kallistralos'  Ausgang. 


481 


ein  Feldherr  nach  dem  anderen  vor  Gericht  gezogen  ward, 
von  den  Processen  gegen  Trierarchen  und  andere  gar  nicht 
zu  reden.  Fast  ausnahmslos  erfolgte  die  Verurtheilung  zum 
Tode  oder  in  eine  schwere  Geldstrafe;  glücklich  wer  in  rich- 
tiger Erkenntniss  der  Sachlage  sich  rechtzeitig  aus  dem  Staube 
machte.  Das  hat  auch  Kallistratos  gethan,  als  er  im  J.  361 
aufs  neue  vor  das  Volksgericht  gezogen  wurde,  »weil  er  dem  Volk 
nicht  das  Beste  gerathen  habe«.  Natürlich  lautete  der  Spruch 
auf  den  Tod.  Er  ist  nach  Makedonien  und  Thrakien  gegangen, 
und  hat  unter  anderem  den  Thasiern  geholfen,  die  Golonie 
Datos  an  der  gegenüberliegenden  Küste  einzurichten.  Den 
Gedanken  an  eine  Heimkehr  gab  er  nicht  auf;  schon  im 
Winter  361/0  machte  er  den  Versuch,  sie  mit  Hülfe  seines 
Schwagers  Timomachos  (§.  975)  zu  erreichen,  der  bald  dar- 
auf sein  Schicksal  t heilen  musste.  Einige  Jahre  später  ist  er 
wirklich  als  Schutzflehender  nach  Athen  zurückgekehrt,  wahr- 
scheinlich nach  der  Katastrophe  des  Bundesgenossen  kr  iegs. 
Aber  seine  Hoffnung,  das  Volk  werde  den  alten  Führer  in 
Gnaden  aufnehmen  und  das  Urtheil  cassiren,  erfüllte  sich 
nicht:  er  musste  den  Giftbecher  leeren.  So  endete  der  Mann, 
der  in  anderen  Zeiten  der  Nachfolger  des  Perikles  hätte  wer- 
den können,  dem  er  an  Kraft  der  Beredsamkeit  und  vielleicht 
auch  an  politischem  Blick  kaum  nachstand.  —  An  die  ge- 
feierten Feldherrn,  welche  den  neuen  Aufschwung  Athens 
herbeigeführt  hatten,  wagte  man  sich  allerdings  doch  nicht 
heran;  aber  zu  leitendem  Einfluss  ist  schliesslich  nur  Timo- 
theos  noch  einmal  gelangt.  Iphikrates  war  nach  seiner  Ab- 
berufung im  J.  364  (§.  965)  auf  die  Besitzungen  gegangen, 
die  ihm  Kotys  in  Thrakien  geschenkt  hatte.  Als  er  dann 
etwa  362  nach  Athen  zurückkehrte,  versöhnte  sich  Timotheos 
mit  dem  alten  Rivalen  und  vermählte  seine  Tochter  mit 
Iphikrates'  Sohn  Menestheus,  dem  Enkel  des  Thrakerkönigs; 
aber  im  Felde  erscheint  während  der  nächsten  Jahre  weder 
Iphikrates,  noch  nach  dem  Misserfolg  vor  Amphipolis  (§.  976) 
Timotheos.  Auf  Chabrias  setzte  man  nach  seiner  Rückkehr 
aus  Aegypten  grosse  Hoffnungen,  und  schickte  ihn  358  nach 

Meyer,  Geschichte  de«  Alterthums.  V.  31 


482 


IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


der  Chersones.  Als  er  dann  freilich  mit  einem  unglücklichen 
Vertrage  zurückkehrte  (§.  976),  war  es  mit  seiner  Laufbahn 
zu  Ende ;  als  er  im  Sommer  357  zum  Feldherrn  gewühlt  war, 
ist  seine  Wahl  alsbald  cassirt  worden.  Der  Mann  des  Ver- 
trauens war  jetzt  Chares,  ein  unverzagter  Kriegsknecht,  aber 
im  übrigen  schon  mehr  Räuberhauptmann  als  Feldherr.  Ge- 
wallthätigkeiten  aller  Art  zu  üben,  Gontributionen  beizutreiben, 
und  seinen  Soldaten  durch  die  Finger  zu  sehen,  verstand  er 
gründlich;  und  wenn  er  dabei  sich  selbst  nicht  vergass,  so 
bekam  doch  der  Demos  daheim  auch  etwas  ab.  »Noch  jetzt, < 
hält  Aeschines  (2,  71  f.)  im  J.  343  den  Athenern  vor,  »könnt 
ihr  in  den  Anklagen  gegen  Chares  immer  hören,  dass  er 
1500  Talente  verbraucht  hat  nicht  für  Soldaten,  sondern  für 
die  Prunksucht  der  Officiere,  den  Auswurf  von  ganz  Hellas, 
und  für  die  Bestechung  der  Redner  und  der  Volksversamm- 
lung; von  den  unglücklichen  Inselbewohnern  wurden  alljähr- 
lich 60  Talente  als  Beisteuer  eingetrieben  und  dabei  die  Han- 
delsschiffe und  die  Griechen  vom  Meere  als  Beute  eingebracht ; 
statt  des  alten  Ansehens  und  der  Führerstellung  in  Hellas 
prangte  jetzt  unsere  Stadt  im  Ruf  eines  Räubernests  wie 
Myonnesos  .  .  .  Und  dabei  forderten ,  wenn  eine  Katastrophe 
eintrat,  die  Redner  uns  auf,  auf  die  Propylaeen  und  den 
Sieg  von  Salamis  und  die  Gräber  und  Trophäen  der  Vorfahren 
zu  blicken.«  Nicht  anders  hat  im  J.  355  Isokrates  geschrieben 
(8,  29  ff.  125  u.  a.):  »Wenn  wir  viele  Trieren  aufs  Meer 
schicken  und  die  Städte  zwingen,  Beisteuern  zu  zahlen  und 
Deputirte  hierher  zu  senden,  glauben  wir  etwas  erreicht  zu 
haben ;  aber  das  Gegcntheil  ist  der  Fall :  wir  erregen  uns  da- 
durch nur  Hass  und  Krieg  und  grosse  Kosten  .  .  .  Wir  sind 
seit  langem  durch  Leute  corrumpirt,  die  nichts  verstehen  als 
zu  schwindeln ;  wenn  sie  Krieg  führen  wollen,  stecken  sie  das 
Geld  in  die  Tasche  und  sind  dabei  frech  genug  uns  aufzufordern, 
die  Vorfahren  nachzuahmen  und  uns  nicht  zum  Gespött  machen 
zu  lassen,  sondern  die,  welche  uns  keine  Beisteuern  zahlen 
wollen,  nicht  auf  dem  Meere  zu  dulden.«  Mit  Verachtung 
sah  der  freie  Demos  von  Athen  auf  die  Gewaltherrschaft  des 


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Treiben  Athens.   Chares.    Krieg  auf  Euboea.    Amphipolis.  483 

Dionys  von  Sicilien  und  die  Bedrückungen  herab,  die  sich 
ehemals  Sparta  hatte  zu  Schulden  kommen  lassen;  in  Wirk- 
lichkeit stand  er  unendlich  viel  tiefer.  Es  muss  anerkannt 
werden,  dass  Athen  trotz  seiner  besseren  Intentionen  in  diesen 
Zustand  gekommen  ist  durch  die  allgemeine  Lage,  welche 
jeden  wirklichen  politischen  Aufschwung  von  vornherein  un- 
möglich machte;  trotzdem  ist  ein  schlimmeres  Bild  des  Ver- 
falls und  der  politischen  Zersetzung,  als  es  Athen  in  dieser 
Zeit  bietet,  in  der  gesammten  Geschichte  kaum  zu  finden.  Es 

war  Zeit,  dass  dieser  Staat  aufhörte,  eine  Macht  sein  zu 

> 

wollen. 

Eine  lange  Liste  von  Hochverrathsprocessen  dieser  Jahre  gibt  Hy- 
perides  f.  Emen.  1,  vgl.  auch  Demosth.  51,  8  u.  a.  Kallistratos'  Ausgang: 
Dem.  50,  48  ff.  Lycurg  c.  Leoer.  93.  Hyperides  1.  c.  u.  a.;  vgl.  Schäfer, 
Demostb.  I,  133  ff.  Datos:  Skylax  67.  Isokr.  8.  64,  vgl.  Harpokr.  s.  v. 
Aato;  und  Zenob.  paroem.  III,  11.  IV,  34  (aus  Demon);  wahrscheinlich 
ist  es  nur  Flüchtigkeit,  wenn  Diod.  XVI,  3,  7  statt  dessen  im  ,1.  360,59 
Krenides  von  Thasos  gegründet  werden  lässt.  Vgl.  auch  §.  988.  —  Kall, 
in  Makedonien:  Arist.  oecon.  II,  21.  —  Versöhnung  zwischen  Timotheos 
und  Iphikrates:  Demosth.  49,  66.  Chabrias'  Name  ist  in  der  Liste  der 
Strategen  von  357/6  CIA.  II,  64  suppl.  p.  23.  DS.  109  nachträglich  getilgt. 

978.  Einige  Erfolge  errang  Athen,  als  im  J.  357  die  The- 
baner  den  Versuch  machten,  Euboea  vollends  zu  unterwerfen, 
und  von  Tisipho/ios  von  Pherae  unterstützt  auf  die  Insel  hin- 
übergingen. Auf  das  Hülfsgesuch  der  Städte  setzte  Timotheos 
durch,  dass  die  Athener,  geführt  von  Diokles,  Menon  und 
anderen  Strategen,  sofort  die  Waffen  ergriffen  und  nach  der 
Insel  eilten;  im  Lauf  eines  Monats  waren  die  Thebaner  ge- 
zwungen, Frieden  zu  schliessen,  und  die  meisten  Städte  .der 
Insel,  Karystos,  Eretria,  Chalkis,  Hestiaea  standen  jetzt  eine 
Zeit  lang  wieder  auf  Seiten  Athens.  —  Während  dessen  hatte 
Philipp  den  Angriff  auf  Amphipolis  begonnen.  Die  Stadt,  die 
erkannte,  dass  es  diesmal  Ernst  wurde,  sandte  eine  Gesandt- 
schaft mit  der  Bitte  um  schleunige  Hülfe  nach  Athen  und  bot 
ihre  Unterwerfung  an.  Aber  in  Athen  freute  man  sich,  dass 
Philipp  daran  ging,  sein  Versprechen  zu  erfüllen,  und  gönnte 
der  Stadt  das  bevorstehende  Strafgericht  von  Herzen.  Man 


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484  IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seehundes. 

wies  das  Hülfsgesuch  ab  und  sandte  statt  dessen  Chares  mit 
einem  starken  Söldnercorps  nach  der  Chersones.  Hier  erreichte 
er  wirklich,  dass  Kersobleptes  und  seine  Mitkönige  —  denn 
jener  hatte  sich  mit  seinen  Rivalen  vertragen  müssen  — ,  oder 
vielmehr  sein  allmächtiger  Schwager  und  Minister  Charidemos, 
einen  günstigen  Vertrag  bewilligten,  in  dem  Athens  Anrechte 
auf  die  Chersones  anerkannt  und  wie  es  scheint  die  Einkünfte 
getheilt  wurden.  Nur  Kardia  wurde  ausgenommen;  diese  Stadt 
hatte  immer  eine  Athen  feindliche  Haltung  eingenommen  und 
war  für  die  Thraker  von  höchster  Bedeutung,  weil  sie  den 
Zugang  zu  der  Halbinsel  sperrte.  Aber  an  eine  Ausnutzung 
des  Erfolges  war  nicht  mehr  zu  denken.  Denn  inzwischen 
hatte  Philipp  die  Maske  abgeworfen:  er  behielt  Amphipolis 
für  sich,  besetzte  dagegen  auch  Pydna,  das  Athen  ihm  ins- 
geheim abgetreten  hatte  (§.  970),  und  schloss  einen  Vertrag 
mit  Athens  Feinden,  den  Ghalkidiern  von  Olynth,  in  dem  er 
versprach,  ihnen  Potidaea,  die  athenische  Kleruchenstadt ,  zu 
erobern.  Und  unmittelbar  darauf,  gerade  als  Chares  sich  gegen 
Philipp  wenden  wollte ,  kündigten  die  wichtigsten  der  atheni- 
schen Bundesgenossen,  Chios,  Rhodos  und  Kos,  den  Athenern 
den  Bund  auf  und  schlössen  ein  Bündniss  mit  Maussollos  von 
Karien  und  dem  seit  Epaminondas'  Seezug  von  Athen  ab- 
gefallenen Byzanz  (Herbst  357)  So  sah  sich  Athen  mit 
einem  Schlage  zwei  grossen  Kriegen  gegenüber.  Es  war  selbst- 
verständlich, dass  es  einstweilen  Philipp  gewähren  lassen  und 
alle  Kraft  daran  setzen  musste,  die  rebellischen  Bundesgenossen 
wieder  zu  unterwerfen.  Aber  dabei  trat  ihm  aufs  neue  die 
Macht  entgegen,  die  seit  dem  Falle  des  attischen  Reichs  durch 
ihr  Schwergewicht  hemmend  auf  allen  griechischen  Verhält- 
nissen lastete:  das  persische  Reich. 

Euboeischer  Krieg:  Diod.  XVI,  7,  2  unter  358/7,  der  den  Erfolg 
Athens  zu  gering  darstellt;  Demosth.  8,  74.  18,  99.  21,  174.  22,  14  u.  a. 
Aescb.  2.  104.  3,  85.  Weiteres  geben  CIA.  II,  64  suppl.  p.  22,  und 
no.  65.  DS.  109.  110,  ersteres  aus  dem  .1.357/6,  offenbar  aus  den  ersten 
Ta^en  des  Amtsjahrs.  Danach  fällt  der  Krieg  in  die  erste  Hälfte  des 
Sommers  357.  —  Philipp  und  Amphipolis:  Demosth.  1,  8,  vgl.  2.  6.  Theo- 
pomp fr.  47.  Diod.  XVI,  8.  —  Chares  auf  der  Chersones:  Demosth.  23,  173. 


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Ausbruch  der  Kriege  mit  Philipp  und  mit  den  Bundesgenossen.  485 

181  f.,  vgl.  7,  42  f.  Bruchstücke  des  Vertrags  CIA.  II,  66  b  p.  405.  DS. 
114.  Dass  er  damals  schon  Seslos  erobert  habe,  wie  Grote,  Hoeck, 
Beloch  u.  a.  annehmen,  ist  bei  der  Kürze  des  Zeitraums,  in  dem  die  Er- 
eignisse sich  abspielen,  unmöglich;  überdies  wird  Diodors  Datum  353  2 
XVI,  34,  3,  wie  Köhler,  MAI.  VI,  28  erkannt  hat,  durch  CIA.  II,  795  f, 
ZI.  133  f.  bestätigt.  —  Dass  Cbares  gegen  Philipp  vorgehen  sollte ,  sagt 
Nepos  Tim.  3,  1.  —  Abfall  der  Bundesgenossen:  Diod.  XVI,  7,  3  (357/6). 


Das  Perserreich.   Niederwerfung  der  Aufstände. 
Die  Tyrannen.   Klearchos  von  Heraklea. 

079.  Der  grosse  Satrapenaufstand,  dessen  Anfange  im 
J.  366  wir  kennen  gelernt  haben  (§.  964  f.),  hatte  sich  in  den 
nächsten  Jahren  zu  gewaltigen  Dimensionen  entwickelt.  Die 
Intervention  Athens  und  Spartas  hatte  Ariobarzanes  Luft  ge- 
macht ;  Autophradates  wagte  keinen  ernsthaften  Kampf  mehr. 
Der  Satrap  von  Armenien  Orontas,  des  Königs  Schwiegersohn, 
trat  den  Aufständischen  bei,  Datames  konnte  eine  Zeit  lang 
über  den  Euphrat  vordringen.  Die  phoenikischen  Städte,  vor 
allem  Sidon,  erhoben  sich,  ebenso  die  Kiliker;  die  Pisider  und 
Lykier  traten  mit  den  Rebellen  in  Verbindung.  König  Tachos 
von  Aegypten  gab  Geld  und  Schiffe;  grosse  Schaaren  griechi- 
scher Söldner  wurden  angeworben;  Maussollos  machte  aus 
seinen  Sympathien  kein  Hehl,  selbst  Autophradates,  der  sich 
in  Lydien  völlig  isolirt  sah,  ist  eine  Zeit  lang  dem  Bunde 
beigetreten:  es  konnte  scheinen,  dass  die  westliche  Hälfte  des 
Reichs  sich  in  eine  Anzahl  selbständiger  Fürstenthümer  auf- 
lösen werde.  Aber  eben  darin  lag  die  Schwäche  der  Er- 
hebung: jeder  der  Satrapen  wollte  für  sich  möglichst  viel  ge- 
winnen und  war  bereit,  sich  wieder  mit  dem  König  zu  ver- 
tragen und  die  Genossen  zu  verrathen,  wenn  dieser  ihm 
Belohnungen  in  Aussicht  stellte;  und  daher  misstraute  jeder 
dem  anderen.  Die  königliche  Regierung  machte  sich  diese  Ten- 
denzen zu  Nutzen.  Orontas,  der  das  Landheer  fuhren  sollte  und 
den  Krieg  in  Syrien  organisirte,  Hess  sich  durch  das  Versprechen 
einer  Kustensatrapie  in  Kleinasien  gewinnen,  ging  zum  König 


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48G  IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen*  Seebundes. 

über  und  lieferte  ihm  aust  was  von  Rebellen  in  seinen  Händen 
war;  nicht  anders  verfuhr  Rheomithres,  der  von  Tachos  Geld 
und  Schifte  erhalten  und  sich  damit  in  Leukae  an  der  Hermes- 
mündung (§.  899)  festgesetzt  hatte  (um  362  v.  Chr.).  Damit 
war  dem  Aufstand  die  Kraft  genommen:  Autophradates  trat 
wieder  zum  König  zurück  und  nahm  in  Troas  den  Rebellen 
Artabazos  gefangen  (um  303),  der  durch  seine  Schwäger,  die 
Rhodier  Mentor  und  Memnon,  ein  Söldnerheer  angeworben 
halte.  -  Diese  Truppen  übernahm  der  Condottiere  Charidemos 
(§.  976),  besetzte  Skepsis  und  Kebren  im  Skamanderthal,  und 
eroberte  Ilion.  Aber  Autophradates  entliess  Artabazos,  nach- 
dem dieser  versprochen  hatte,  für  die  Sache  des  Königs  zu 
kämpfen;  dafür  wurde  ihm  der  Haupttheil  der  Provinz  des 
Ariobarzanes  zugesagt,  während  Orontas  Mysien  (d.  i.  Teu- 
thranien)  mit  Pergamon  und  den  aeolischen  Küstenstädten 
erhielt.  Charidemos  musste  im  J.  360  das  Idagebiet  räumen  und 
in  die  Dienste  des  Thrakerkönigs  zurückkehren  (§  976.  978). 
Ariobarzanes  wurde  durch  den  eigenen  Sohn  Mithridates  ver- 
rathen  und  gefangen  ausgeliefert 5  er  hat  am  Kreuze  geendet. 
Schliesslich  gelang  es  dem  Mithridates,  gleichfalls  durch  Verrath, 
auch  des  Datames  Herr  zu  werden ;  er  stellte  sich,  als  sei  er 
vom  König  abgefallen,  und  stiess  den  Rebellen  bei  einer  Zu- 
sammenkunft, zu  der  dieser  sich  trotz  alles  Misstrauens  hatte 
bewegen  lassen,  mit  einem  im  Boden  versteckten  Schwert 
nieder.  So  war,  als  zu  Ende  des  J.  359  Artaxerxes  II.  starb 
und  sein  energischer  Sohn  Ochos  unter  dem  Namen  Arta- 
xerxes III.  den  Thron  bestieg,  die  Autorität  des  Reichs  fast 
überall  wieder  hergestellt;  nur  Aegypten  (vgl.  §.972)  hatte 
man  auch  diesmal  nicht  wieder  unterwerfen  können. 

Ueber  die  Geschichte  der  grossen  Rebellion  s.  vor  allem  Krumb- 
holtz,  de  Asiae  min.  satrapis  pers. ,  1883,  und  Judkiuh,  Kleinasiatische 
Studien.  Diodors  summarische  Darstellung  XV,  90  IT.  (§.  964  A.)  ist  auch 
hier  unzureichend.  —  Datames'  spätere  Kämpfe  Polyaen  VII,  21,  3.  4; 
sein  Ausgang:  Nepos  Dat.  10  f.  Polyaen  VII,  29,  1.  Diod.  XV,  91,  7. 
Ariobarzanes'  Ausgang:  Xen.  Cyrop.  VIII,  8.  4.  Arist.  pol.  VIII,  8,  15. 
Harpokr.  s.  v.  Rheomithres' Verrath:  Diod.  XV,  92.  Xen.  1.  c. —  Auto- 
phradates wird  unter  den  Rebellen  nur  bei  Diod.  XV,  90,  3  genannt 


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» 

Ausgang  des  Satrapenaufstands. 


487 


(gehört  hierher  Polyaen  VII,  27,  3?);  im  Kampf  gegen  Artabazos  (der 
bei  Diöd.  XV,  91,  2  ff.  nur  durch  Versehen  statt  A'itophradates  als 
Gegner  des  Datames  genannt  ist,  vgl.  §.  964  A.)  steht  er  wieder  auf 
Seiten  des  Königs:  D?mosth.  23,  154  ff.  in  der  Geschichte  des  Charidemos; 
Ober  diesen  ferner  Arist.  oec.  II,  29.  Polyaen  III,  14.  Aen.  tact.  24,  3  ff. 
Plut.  Sert.  1.  —  Die  Hauptschwierigkeit  bietet  Orontas.  Diodor  nennt 
ihn  XV,  90,  3  tyjs  Moata;  oottpait-rj;;  nach  Trogus  prol.  10  dagegen  hat 
der  König  in  Syria  praefectum  Armeniae  Oronten  bekriegt.  Diodor  er- 
zählt seinen  Verrath  ohne  Angabe  der  Localität  XV,  91,  sagt  aber,  ihm 
sei  versprochen  tf^  rcapa^aXXaasioo  itaovji;  «apaXvj'i/soO-ai  tyjv  o&tparcEiav. 
Nun  wissen  wir,  dass  er  nach  360  in  Teuthranien  gebietet  und  sich  hier 
abermals  empört;  mitbin  ist  Diodors  Bezeichnung  oatpdirrjs  Moaia;  eine 
Prolepse:  diese  Provinz  hat  er  eben  (neben  Armenien?)  als  Belohnung 
für  seinen  Verrath  erhalten.  Dass  er  Aber  Pergamon  geboten  hat  und 
bier  abgefallen  ist,  lehrt  das  Fragment  der  Chronik  von  Pergamon  Inschr. 
v.  Pergamon  (VIII,  2)  no.  613.  Hier  heisst  er  'Opovrrj?  'Aptaaupoo  to 
fevos  Bdxxpio^;  er  ist  also  identisch  mit  >Apodv3rii;  'Aptasoupa,  Gemahl 
der  Rhodogune,  Tochter  Artaxerxes'  II.,  den  Antiochos  von  Kommagene 
als  seinen  Vorfahren  ehrt  (Humann  und  Puchstein,  Reisen  in  Kleinasien 
p.  283).  Im  J.  854  finden  wir  ihn  im  Aufstand  gegen  den  König  wie 
Artabazos  (Dem.  14,  31);  in  diese  Zeit  gehören  also  die  Berichte  über  seine 
Kämpfe  bei  Kyme  u.  8.  Polyaen  VII,  14,  3.  4,  vgl.  die  Chron.  von  Pergamon 
[die  Pellasten,  die  einen  Reiterangriff  abwehren,  indem  sie  wie  Chabrias' 
Truppen  vor  Theben  ins  Knie  sinken  Polyaen  VII,  14,  3,  hat  er  auf 
Münzen  dargestellt:  Babelon,  les  Perses  achem.  p.  LXX1VJ.  Im  J.  349/8 
erhält  er  von  Athen  das  Börgerrecht  CIA.  II,  108;  zu  demselben  Stein 
gehören  die  Reste  eines  Decrets  über  seine  Unterstützung  durch  Athen 
zu  einer  Zeit  als  Chares,  Charidemos  und  Phokion  Strategen  waren.  Die 
Abfassungszeit  ist  viel  umstritteu  (vgl.  Berok,  Rhein.  Mus.  37,  355  ff.); 
Judeich  hat  erkannt,  dass  es  schon  um  Charidemos'  willen  nicht  in  die 
Zeit  um  360  gehören  kann,  und  setzt  es  ins  J.  853/2;  er  hätte  noch 
weiter  hinabgehen  müssen,  denn  vor  Demosthencs'  Aristokratea  Anfang 
352  kann  Charidemos  nicht  Stratege  gewesen  sein.  Das  Decret  stammt 
wahrscheinlich  aus  den  J.  851/0. 

980.  Die  Griechenstädte  des  Perserreichs  sind  durch  diese 
Wirren  auf  das  mannigfachste  in  Mitleidenschaft  gezogen. 
Vielerorts  erheben  sich  ehrgeizige  Parleihäupter  oder  Söldner- 
fuhrer,  um  sich  mit  Hülfe  der  persischen  Machthaber  oder  im 
Kampfe  gegen  sie  eine  Tyrannis  zu  gründen.  So  in  Lampsakos 
Philiskos,  Ariobarzanes'  Günstling  (§.  HÜ4.  965),  in  Abydos 
Iphiades,  der  sich  als  Mittelsmann  im  Kampfe  zwischen  Oligarchie 


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488  IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


und  Demos  der  Gewalt  bemächtigte.  Beide  haben  Athen  nach 
Kräften  Abbruch  getban.  Philiskos  wurde  ermordet,  ebenso  später 
ein  anderer  Tyrann  Astyanax.  Auch  Gharidemos  hat  in  Troas 
eine  Herrschaft  zu  begründen  gesucht  (§.  1)79).  Erfolgreicher  war 
in  der  Aeolerstadt  Atarneus  Eubulos,  der  auch  Assos  am  Ida 
gewann.  Am  mächtigsten  aber  wurde  Klearchos  in  Heraklea 
am  Pontos.  Diese  Stadt,  wohlhabend  und  Herrin  eines  grossen 
Gebiets,  dessen  Bauern,  die  eingeborenen  Mariandyner,  den 
Städtern  als  Leibeigene  dienten,  Mutterstadt  von  Kallatis  in  der 
Dobrudscha  und  Chersonesos  (Sewastopol)  auf  der  Krim,  hätte 
sich  eines  ruhigen  Daseins  erfreuen  können,  zumal  sie  der 
Persermacht  seit  dem  Verfalle  des  Reichs  kaum  erreichbar 
war,  wäre  nicht  auch  hier  der  Hader  zwischen  Oligarchen 
und  Demos,  zwischen  Arm  und  Keich  ausgebrochen,  der  sich 
zunächst  um  die  Besetzung  von  Rath  und  Gericht  drehte. 
Die  inneren  Wirren  benutzte  im  J.  36i  Mithridates,  wahrschein- 
lich der  Sohn  des  Ariobarzanes,  um  die  Stadt  anzugreifen. 
Die  Regierung  wandte  sich  um  Hülfe  erst  an  Timotheos, 
dann  an  Epaminondas,  der  gerade  in  Byzanz  war  (§.  961): 
keiner  von  beiden  halte  die  Macht,  ihr  zu  helfen.  So  blieb 
ihr  nichts  übrig,  als  sich  einem  ehrgeizigen  Exulanten  in  die 
Arme  zu  werfen,  dem  Klearcho>,  der  in  der  Nähe  ein  Söldner- 
heer gesammelt  hatte,  wie  es  scheint  im  Dienste  des  Mithri- 
dates. Klearchos  war  ein  hochgebildeter  Mann;  er  hatte  in 
Athen  studirt,  Isokrates'  Lehrcursus  vier  Jahre  lang  durch- 
gemacht, auch  Plato  gehört;  sein  Ziel  war  die  Gewinnung  der 
Macht  in  der  Heimath.  In  allem  hatte  er  sich  Dionysios  zum 
Vorbild  genommen.  Jetzt  schloss  er  ein  heimliches  Abkommen 
mit  Mithridates;  dann  führte  er  seine  Söldnerschaaren  in  die 
Stadt,  überfiel  nach  kurzer  Zeit  den  Adelsrath,  liess  #ie  Ge- 
fangenen hinrichten,  das  Vermögen  der  Gegner  einziehen,  ihre 
Sklaven  in  die  Bürgerschaft  aufnehmen ;  als  Haupt  der  Demo- 
kratie, im  Kampf  gegen  die  herrschende  Faction,  die  ihn  ge- 
rufen hatte,  begründete  er  die  Monarchie  und  inaugurirte  sie 
wie  Dionys  mit  einer  socialen  Revolution.  Nach  aussen  hat 
er  sich  tüchtig  bewährt ;  er  schlug  die  Exulanten  zurück,  nahm 


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Tyrannen  in  den  Griechenstädten.    Klearchos  von  Heraklea.  489 

Mithridat  gefangen  und  erpresste  von  ihm  ein  grosses  Löse- 
geld. Die  Nachbarstädte  Tieon  und  Kieros  und  ein  Theil 
der  paphlagonischen  Küste  erkannten  seine  Herrschaft  an.  Im 
Inneren  zeigte  er  sich  misstrauisch  und  grausam,  und  dabei 
eitel  und  prachtliebend;  nur  in  glänzender  Gewandung  trat 
er  auf,  ja  er  verlangte  göttliche  Ehren,  wie  Lysander  als  Herr- 
scher von  Hellas.  Doch  hat  er  die  geistigen  Interessen  nicht 
vernachlässigt:  er  ist  der  erste  Herrscher,  von  dem  wir  wissen, 
dass  er  eine  Bibliothek  gegründet  hat.  Nach  zwölfjähriger 
Regierung  (363 — 352)  erlag  er  einer  Verschwörung,  an  deren 
Spitze  sein  Verwandter  Chion  stand,  ein  Schüler  Piatos:  auch 
hier  waren  es,  wie  auf  Sicilien,  die  idealen  von  der  Akademie 
gepflegten  Gedanken,  die  sich  gegen  die  brutale  Gewalt  er- 
hoben und  zur  Verwirklichung  ihrer  Pläne  vor  dem  Mord 
nicht  zurückschreckten.  —  Die  Verschworenen  haben  den  Ty- 
rannen getödtet,  aber  die  Tyrannis  nicht  beseitigen  können: 
sie  selbst  wurden  von  den  Leibwächtern  niedergehauen,  die 
Herrschaft  behauptete  Klearchs  Bruder  Satyros  für  seinen 
Neffen  Timotheos. 

Philiskos:  Demosth.  23,  141  f.  Astyanax:  Aen.  po).  31,  33.  Iphiades: 
Arist.  pol.  VIII,  5,  .5.9.  Aen.  pol.  28,  6.  Demosth.  23,  176  f.  und  aur  Mflnzen, 
—  Für  Heraklea  beginnt  unsere  Hauptqnelle,  Photios'  Excerpt  aus  Memnon, 
erst  nach  Klearchs  Usurpation,  lieber  die  Verfassungskämpfe  in  Hera- 
klea Arist.  pol.  VIII,  4,  2.  5,  2.  5.  10.  Aen.  tact.  12,  5  (vgl.  11,  10). 
Klearchs  Erhebung:  Justin  XVI,  4  ff .  Diod.  XV,  81,  5  (3(34/3);  weiteres 
Suidas  s.v.  KUap/o?  (d.  i.  Aelian  fr.  86  Hekchkr).  Polyaen  II,  SO;  vgl. 
Isokr.  ep.  7,  12,  an  Klearchos1  Sohn  Timotheos. 

981.  Wenn  so  das  Perserreich  nicht  minder  ein  Bild  der 
Zersetzung  bietet,  wie  Griechenland,  und  mehr  und  mehr  in 
ein  lockeres  Bündel  einzelner  Gebiete  zu  zerfallen  droht,  von 
denen  jedes  seinen  eigenen  Weg  geht,  so  unterscheidet  es 
sich  von  der  Griechenwelt  dadurch,  dass  die  schon  aus  den 
Fugen  weichende  Einheit  doch  immer  wieder  hergestellt  wird, 
vor  allem  weil  es  den  Machthabern  an  dem  rechten  Willen 
fehlt  sie  zu  sprengen.  Die  Satrapen  wollen  sich  schützen 
gegen  die  Launen  des  Hofs  und  möglichste  Selbständigkeit 


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490 


IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


gewinnen;  aber  sie  empfinden,  dass  sie  ohne  den  Rückhalt 
am  Reich  auf  die  Dauer  nicht  bestehen  können.  Artaxerxes  III. 
hat  es  an  energischem  Zugreifen  nicht  fehlen  lassen.  Wie  er 
am  Hof  alle  seine  Verwandten  umbringen  Hess,  um  seinen 
Thron  zu  festigen,  so  ist  er  gegen  die  Rebellen  mit  blutiger 
Strenge  vorgegangen.  Den  Machthabern  in  Kleinasien  sandte 
er  im  J.  350  den  Befehl,  ihre  Söldnerheere  zu  entlassen.  Die 
meisten  wagten  nicht,  dem  Befehl  zu  trotzen ;  Artabazos  aber, 
jetzt  Satrap  von  Phrygien,  und  Orontes  in  Teuthranien  nahmen 
aufs  neue  ihre  Zuflucht  zur  Empörung  (§.  983).  —  Gesicherter 
war  die  Stellung  des  Maussollos  in  Kaden ;  er  hatte  sich  bei 
keiner  Rebellion  ernstlich  compromittirt,  wohl  aber  die  Herr- 
schaft über  seine  Satrapie  immer  mehr  gefestigt,  so  dass  die- 
selbe sich  zu  einem  einheitlichen  Reich  zu  entwickeln  im  Be- 
griff war.  Dabei  hat  der  König  ihn  unbehelligt  gelassen;  er 
konnte  stets  weiter  um  sich  greifen.  Längst  hatte  er  das 
Streben,  auch  in  den  Besitz  der  vorliegenden  Inseln  zu  ge- 
langen. Er  knüpfte  mit  den  aristokratischen  Parteien  Be- 
ziehungen an;  es  war  auf  seinen  Anlass  und  im  Vertrauen 
auf  den  Rückhalt,  den  er  gewährte,  dass  Rhodos,  Kos  und 
Ghios  im  J.  357  den  Athenern  aufsagten. 

Artax.  Befehl  an  die  Satrapen:  schol.  Demoslh.  4,  19.  Ueber  Maus- 
sollos ist  im  nächsten  Bande  eingehender  zu  handeln;  Ober  seine  Be- 
ziehungen zu  den  Inseln  s.  Demosthenes'  Rede  för  die  Rhodier  (or.  15). 

■  * 

Der  Bundesgenossenkrieg  und  das  Ende  der  athenischen 

Macht. 

982.  In  Athen  hat  man  auf  die  Kunde  von  dem  Abfall 
der  Bundesgenossen  alle  Kräfte  zusammengerafft.  Die  Trier- 
archie,  deren  Anforderungen  nicht  mehr  zu  erschwingen  waren 
—  man  hatte  bereits  seit  dem  Ausgang  des  peloponnesischen 
Kriegs  zur  Bestellung  von  zwei  Trierarchen  für  ein  Schiff 
greifen  und  in  den  letzten  Jahren  zu  freiwilligen  Meldungen 
seine  Zuflucht  nehmen  müssen  — ,  wurde  in  rationellerer  Weise 
geordnet,  indem  man  nach  dem  Muster  der  20  Jahre  zuvor 


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Das  Perserreich  unter  Artaxerxes  IlL   Der  Bundesgenossenkrieg.  491 

eingeführten  Steuerordnung  (§.  929)  die  1200  reichsten  Bürger 
in  20  Symmorien  eintheilte  und  diesen  insgesammt,  nicht  mehr 
den  einzelnen  Bürgern,  die  Ausrüstung  der  Trieren  und  die 
Bestellung  eines  Trierarchen  zuwies.  Die  vorhandenen  Schiffe 
wurden  nach  Kräften  in  Stand  gesetzt,  die  Gebiete  der  treu 
gebliebenen  Bundesgenossen  geschirmt.    Chares  ging,  wahr- 
scheinlich Anfang  356,  mit  60  Schiffen  zur  Bewältigung  von 
Chios  vor  und  griff  die  Stadt  zu  Land  und  zur  See  an.  Aber 
bereits  hatte  Chios  von  seinen  Verbündeten  und  von  Maus- 
sollos Unterstützung  erhalten.    Ghabrias,  der  sich  als  Trier- 
arch  auf  der  Flotte  befand  —  seine  Wahl  zum  Strategen  war 
cassirt  worden  (§.  977)  —  forderte  eine  Seeschlacht  und  ging 
selbst  zum  Angriff  vor;  aber  die  anderen  Schiffe  folgten  nicht, 
er  wurde  umzingelt,  und  fand,  die  Rettung  verschmähend, 
tapfer  kämpfend  den  Tod.    Jetzt  musste  Chares  den  Angriff 
auf  Chios  aufgeben;  statt  dessen  versuchte  er  den  Helles- 
pont  zu  sperren  und  Byzanz  anzugreifen.    Die  Verbündeten 
dagegen  vermehrten  ihre  Flotte  auf  100  Schiffe,  griffen  die 
Inseln  an,  verheerten  die  attischen  Besitzungen  auf  Imbros 
und  Lemnos,  und  wandten  sich  schliesslich  zum  Angriff  auf 
Samos.    Inzwischen  hatten  die  Athener  weitere  60  Schiffe 
mobil  gemacht  und  unter  Führung  des  Timotheos,  des  Iphi- 
krates  und  seines  Sohnes  Menestheus  dem  Chares  nachge- 
schickt (August  356);  die  vereinigte  Flotte  wandte  sich  zum 
Entsatz  von  Samos.    Da  gaben  die  Verbündeten  die  Be- 
lagerung auf  und  fuhren  den  Athenern  entgegen.    Im  Sunde 
zwischen  Chios  und  dem  Festlande,  bei  Embata,  stiessen  die 
Flotten  aufeinander.   Chares  wollte  sofort  kämpfen;  doch  die 
See  ging  hoch,  und  Iphikrates  und  Timotheos  erklärten,  dass 
man  den  Kampf  nicht  wagen  dürfe.    Chares  musste  sich 
fügen;  aber  er  sandte  einen  Bericht  voll  schwerer  Anklagen 
gegen  seine  Collegen  nach  Athen  und  beschuldigte  sie  der 
Feigheit  und  des  Verraths;  durch  ihre  Schuld  sei  Athen  der 
sichere  Sieg  entgangen.    In  Athen  war  man  entrüstet;  die 
drei  Feldherrn  wurden  abgesetzt ,  und  Aristophon ,  ein  schon 
betagter  vielgeschäftiger  Politiker,  der  sechs  Jahre  zuvor  selbst 


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492  IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 

nach  seiner  Strategie  auf  Keos  (§.  907  A.)  mit  Mühe  und  Noth 
einer  Verurtheilung  entgangen  war,  erhob  gegen  sie  die  An- 
klage auf  den  Tod  wegen  Hochverraths:  sie  hätten  sich  von 
den  Feinden  bestechen  lassen,  und  seien  überhaupt  nur  dar- 
auf ausgegangen,  ihre  Taschen  zu  füllen.  Iphikrates  machte 
aus  seiner  Verachtung  des  Anklägers  und  des  wahnsinnigen 
Treibens  in  Athen  kein  Hehl,  hatte  aber  zugleich  seine 
Veteranen  zur  Einschüchterung  des  Gerichtshofs  aufgeboten. 
So  setzte  er  seine  und  seines  Sohnes  Freisprechung  durch. 
Timothcos  dagegen  wurde  zwar  nicht  zum  Tode,  aber  in 
eine  Geldbusse  von  100  Talenten  verurtheilt,  die  selbst  er 
nicht  erschwingen  konnte.  Er  ging  ins  Exil  nach  Chalkis 
und  ist  hier  kurz  darauf  gestorben. 

Trierarchische  Symmorien:  Demostb.  47,  21,  vgl.  44,. und  oft  bei 
den  Rednern.  Besetzung  von  Andros  zur  Verteidigung  CIA.  II,  62.  DS. 
III  (Mai  35«).  Ein  Decret  für  Philisko*  von  Sane  (auf  der  Chalkidike), 
der  den  Athenern  wahrscheinlich  die  Ankunft  der  feindlichen  Flotte  ge- 
meldet hat,  aus  dem  Juni  354:  CIA.  II,  69.  DS.  116.  —  Von  der  Ge- 
schichte des  Bundesgenossenkriegs  gibt  Diodor  XVI,  7,  3  f.  (358,7)  und 
21.  22  (356  6)  einen  sehr  kurzen  und  ungenauen  Bericht,  der  durch 
Nepos  Tim.  3  trotz  mancher  Fehler  wesentlich  ergänzt  wird.  Die  Lo- 
calität  der  Schlacht  bei  Embata  erfahren  wir  nur  aus  Polyaen  III,  9,  29 
(vgl.  Theopomp  hei  Steph.  Byz.  s.  v.);  Diodor  wie  Nepos  haben  hier  arge 
Confusion  gemacht.  —  Chabrias'  Tod:  Demosth.  20,  81  f.  Nepos  Chabr.  4. 
Plut.  Phok.  6;  bei  Diodor  wird  er  fälschlich  zum  Strategen  gemacht.  — 
Process  der  Feldherru:  Diod.  XVI,  21.  4.  Nepos  Ipb.  3.  Tim.  3.  Dinarch 
1,  14.  Polyaen  III,  9,  29.  Dion.  Hai.  de  Lys.  12.  de  Dinarch.  18,  u.  a., 
vgl.  die  Fragmente  der  unter  Lysias'  Namen  gehenden  Hede  bei  Aristoteles 
rhet.  II,  23.  III,  10.  Plut.  apophth.  Iph.  4  u.  a.  —  Chronologie:  Nach 
Dion.  Hai.  de  Ly>.  12  fallt  der  Krieg  unter  Agathokles  357  6  und  El- 
pines  35»'»/5;  dazu  stimmt,  dass  er  nach  Diodor  XVI,  22,  2  drei  Jahre 
dauerte,  d.  i.  Herbst  357  bis  Ende  355.  Im  einzelnen  ist  Genaueres  nicht 
zu  ermitteln.  Unmöglich  aber  ist,  wie  Grote  und  Bkloch  mit  Recht 
gegen  Schäker  und  andere  betonen,  dass  Timotheos'  Process  erst  unter 
Diotimos  854/3  fallt,  wie  Dion.  Hai.  de  Din.  13  angibt,  lange  nach  dem 
Frieden.  Als  I^okrates  353  (§.!>)  die  Antidosis  schrieb,  war  Timotheos 
schon  todt  ($.  101). 

983.  Seine  Rivalen  hatte  Chares  beseitigt;  aber  selbst 
einen  Erfolg  zu  erringen  war  er  nicht  mehr  im  Stande.  Der 


Ausgang  des  Bundesgenossenkriegs. 


493 


Krieg  hatte  bereits  mehr  als  1000  Talente  gekostet;  jetzt 
waren  Athens  Finanzen  und  Steucrkr*aft  erschöpft,  und  auch 
von  den  kleinen  noch  treu  gebliebenen  Gemeinden  der  Bundner 
liess  sich  nichts  mehr  erpressen.  So  kam  der  Seekrieg  zum 
Stillstand.  Söldner  dagegen  hatte  man  genug,  da  die  ent- 
lassenen Truppen  der  Satrapen  (§.  981)  unter  Athens  Fahnen 
geströmt  waren.  Aber  als  sie  keinen  Sold  mehr  bekamen, 
forderten  sie  einen  Kriegszug  auf  eigene  Hand,  und  der  Feld- 
herr musste  ihnen  nachgeben.  Zunächst  plünderte  er  Lampsakos 
und  Sigeon;  dann  traf  ein  Hülfsgesuch  des  Rebellen  Arta- 
bazos  ein,  der  von  den  treu  gebliebenen  Satrapen  bedrängt 
wurde :  Ghares  sah  sich  gezwungen,  ihm  zu  folgen.  Die  feind- 
liche Uebermacht  schlug  er  aufs  Haupt,  und  stolz  schrieb  er 
nach  Athen,  er  habe  einen  zweiten  Sieg  von  Marathon  er- 
fochten. Die  Athener  nahmen  die  Botschaft,  die  den  ruhm- 
reichen Anfang  ihrer  Grösse  mit  dem  schmachvollen  Ende 
verband,  mit  Freuden  auf,  zumal  Artabazos  jetzt  reichlich 
Geld  schickte;  zweimal  feierten  sie  ein  Siegesfest.  Aber  nur 
zu  bald  wurde  ihnen  deutlich  gemacht,  wie  es  in  Wahrheit 
um  sie  stehe:  König  Artaxerxes  schickte  ihnen  ein  Schreiben, 
in  dem  \r  seine  Missbilligung  in  scharfen  Worten  aussprach 
und  mit  Krieg  drohte.  Einen  Augenblick  mochten  die  Athener 
wähnen,  auch  dieser  Gefahr  trotzen  zu  können;  aber  lange 
konnten  sie  sich  der  Einsicht  nicht  versehliessen ,  dass  jetzt 
alles  verloren  sei.  Sie  hatten  sich  an  Maussollos  nicht  heran- 
wagen können;  wie  sollten  sie  es  mit  dem  Perserkönig  auf- 
nehmen, ohne  Geld,  ohne  Truppen,  ohne  brauchbare  Flotte, 
wo  überdies  inzwischen  König  Philipp  in  Thrakien  im  Som- 
mer 356  die  Kleruchie  Potidaea  erobert  hatte  und  den  Athe- 
nern weiter  einen  Platz  nach  dem  anderen  entriss.  So  be- 
quemten sie  sich,  mit  den  Rebellen  Frieden  zu  schliessen  und 
ihre  Unabhängigkeit  anzuerkennen  (Ende  35">). 

Chares  und  Artabazos:  Diod.  XV,  22.  Demosth.  4,  24,  vgl.  2,  28; 
schol.  Dem.  3,  31.  4,  19.  Plut.  Arat.  10.  Sigeon  (vgl.  Dem.  2,  28)  be- 
hielt Chares  für  sich:  Theopomp  fr.  117  —  Nepos  Chabr.  3.  4.  Ueber 
die  Lage  Isokrates'  Areopag.  8  ff.  81,  geschrieben  nach  Chares'  Sieg  und 


494 


IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


dem  Eintreffen  des  Briefs  des  Königs,  aber  vor  dem  Frieden;  ferner 
Aeschin.  2,  70  ff.  Die  Friedensrede  dagegen  ist  nach  dem  Frieden  ge- 
schrieben, wenn  sie  auch  fingirt,  bei  den  entscheidenden  Verhandlungen 
gehalten  zu  sein.  Aber  in  Wirklichkeit  setzt  sie  den  Abschluss  voraus, 
und  discutirt  ausschliesslich  das  Programm  der  zukünftigen  Politik.  — 
Beloch's  Annahme,  dass  die  Besorgniss  vor  einem  Angriff  des  Perser- 
königs, welche  zu  Demosthenes'  Symmorienrede  (354)  den  Anlass  ge- 
geben hat,  noch  vor  das  Ende  des  Kriegs  falle,  halte  ich  nicht  für  richtig. 

984.  Mit  dem  Frieden  von  355  hörte  Athen  auf,  eine 
Macht  zu  sein,  die  in  der  Welt  etwas  bedeutete.  Die  abge- 
fallenen Inseln  hat  Maussollos  sich  alsbald  völlig  unterthan  ge- 
macht. Von  den  verbliebenen  lösten  die  lesbischen  Städte  wenige 
Jahre  später  (um  350)  ihre  Verbindung  mit  Athen  und  fielen 
der  Herrschaft  von  Tyrannen  anheim ;  Euboea  trat  um  dieselbe 
Zeit  zu  Theben  zurück;  dauernd  blieben  den  Athenern  als 
^ Bundesgenossen t  nur  noch  die  Kykladen  und  eine  Anzahl 
kleiner  Inseln,  dazu  einige  Punkte  in  Thrakien  und  als  Eigen- 
besitz Samos,  die  alten  Klerucheninseln  Lemnos,  Imbros, 
Skyros,  und  ein  paar  Orte  auf  der  Chersones.  Die  Erschöpfung 
im  Inneren  führte  dazu,  dass  jetzt  die  gemässigte  Partei  das 
Regiment  in  die  Hände  bekam,  geführt  von  Eubulos  von  Proba- 
linthos.  Das  neue  Programm  verkündete  Isokrates  in  zwei  Bro- 
schüren. Die  eine,  der  Areopagitikos,  noch  vor  dem  Friedens- 
schluss  geschrieben ,  forderte  eine  Verfassungsänderung  und 
Rückkehr  zu  der  Verfassung  des  Kleisthenes;  die  andere,  die  die 
Form  einer  Rede  bei  der  Berathung  des  Friedens  trägt,  thatsäch- 
lich  aber  nach  demselben  geschrieben  ist,  fordert  Frieden  um 
jeden  Preis  und  Verzicht  auf  die  Herrschaft  und  die  Seemacht. 
Auch  Xenophon  hat  gleichzeitig  durch  eine  Broschüre,  welche 
Rathschläge  zu  einer  Hebung  der  Einkünfte  bringt,  dasselbe 
Programm  vertreten.  Ganz  liess  es  sich  freilich  nicht  durch- 
führen; die  leitenden  Staatsmänner  mussten  auf  die  Stim- 
mung der  Menge  Rücksicht  nehmen,  und  Athen  lag  nicht  auf 
einer  einsamen  Insel  ohne  Berührung  mit  der  übrigen  Welt. 
An  eine  Verfassungsänderung  war  nicht  zu  denken ;  und  noch 
stand  man  nicht  nur  mit  Philipp  im  Kriege,  sondern  man 
hatte  sich  auch  durch  den  Hass  gegen  Theben  verleiten  lassen, 


Athen  nach  dem  Bundesgenossenkrieg.   Isokrates'  Friedensrede.  495 


eben  während  des  Kriegs  gegen  die  Bundesgenossen  ein  Bünd- 
niss  mit  den  Phokern  zu  schliessen,  welche  jetzt  gegen  Theben 
in  Waffen  standen.  In  beiden  Fällen  konnte  Athen  sich  zu 
einem  Verzicht  und  zur  Anerkennung  der  bestehenden  That- 
sachen  nicht  entschliessen;  aber  es  führte  den  Krieg  mög- 
lichst lässig  und  Hess  die  Dinge  gehen  wie  sie  mochten.  Da- 
gegen wenigstens  die  Chersones  wollte  man  wieder  haben  und 
den  357  mit  Kersobleptes  geschlossenen  Vertrag  (§.  978)  zur 
Wahrheit  machen.  Hier  hat  man  denn  auch  noch  einen  Erfolg 
erzielt;  im  J.  353  (§.  978 A.)  hat  Ghares  Sestos  erobert  und 
durch  Abschlachtung  seiner  Bewohner  und  Verkauf  der  Weiber 
und  Kinder  in  die  Sklaverei  Athens  Namen  noch  einmal  ge- 
schändet. —  Isokrates'  und  Xenophons  Erwartung,  dass,  wenn 
Athen  Frieden  halte  und  nur  die  gerechte  Sache  vertrete  statt 
des  eigenen  Gewinns,  alle  Hellenen  es  freiwillig  als  ihren 
Führer  anerkennen  und  ihm  geben  würden,  was  ihm  zu- 
komme, Philipp  Amphipolis  und  der  Thrakerkönig  die  Cher- 
sones, konnte  sich  nicht  erfüllen.  Im  übrigen  aber  haben  die 
beiden  80jährigen  Männer,  die  jetzt  alle  Hoffnungen  zu  Grabe 
getragen  sahen,  die  ihr  Leben  erfüllt  hatten,  die  Lage  richtig  be- 
urtheilt.  Im  J.  356  hat  Isokrates  sich  noch  mit  dem  Gedanken 
getragen,  dass  König  Archidamos  sein  altes  Programm  der 
Einigung  von  Hellas  und  des  Nationalkriegs  gegen  Persien 
verwirklichen  könne,  und  eine  an  ihn  gerichtete  Broschüre 
begonnen  (ep.  9);  aber  er  überzeugte  sich  bald,  dass  Spartas 
Macht  nicht  mehr  stark  genug  sei,  um  für  die  Nation  noch 
etwas  zu  leisten.  Jetzt  hat  er  alle  Hoffnungen  fahren  lassen. 
Seine  Friedensrede  ist  der  Widerruf  all  der  hohen  Erwar- 
tungen, mit  denen  er  25  Jahre  zuvor  das  Programm  ent- 
wickelt hatte,  das  Athen  und  Hellas  erfüllen  sollten.  Das 
einzig  Mögliche  ist  die  Unterwerfung  unter  die  bestehenden 
Zustände,  die  Anerkennung  des  Königsfriedens,  der  Verzicht 
auf  die  Macht  und  den  Kampf  um  die  Macht,  die  doch,  wie 
er  wohl  wusste,  den  Lebensnerv  des  wahren  Staats  bildet. 
Er  lenkt  ein  in  die  Gedanken,  welche  seit  Jahrzehnten  die 
Sokratiker  verkünden:  die  Seeherrschaft  ist  der  Fluch  von 


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496 


IV,  7.  Der  Ausgang  des  athenischen  Seebundes. 


Hellas  gewesen,  an  ihr  ist  erst  Athen  zu  Grunde  gegangen, 
dann  Sparta,  und  jetzt  Athen  zum  zweiten  Mal.  Nieraals  hat 
Isokrates  in  seinen  politischen  Anschauungen  Plato  so  nahe 
gestanden,  wie  hier.  Er  sollte  es  noch  erleben,  dass  wenige 
Jahre  später  seinen  Idealen  die  Erfüllung  kam  von  einer  Seite 
her,  von  der  es  jetzt  noch  Niemand  ahnte,  dass  Philipp  von 
Makedonien  sich  eine  Macht  schuf,  welche  Willens  und  zu- 
gleich stark  genug  war,  die  zerrissene  Nation  zum  Frieden 
zu  zwingen  und  sie  grösseren  Aufgaben  entgegen  zu  fuhren. 
Während  seine  Landsleute,  die  nur  noch  Athen  sahen  und 
nicht  mehr  Hellas,  in  Philipp  den  Todfeind  Griechenlands  er- 
blickten, haben  die  Götter  Isokrates  die  Kraft  verliehen,  auch 
die  neue  Wendung  noch  mit  jugendlichem  Enthusiasmus  zu 
begrüssen ;  sie  haben  sein  Leben  erhalten,  bis  er  die  Erfüllung 
der  Ideale,  deren  Verkündung  sein  Leben  gewidmet  war,  der 
nächsten  Zukunft  gesichert  sah. 


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VIII.  Der  Ausgang  Dionysio9*  I.  Der  Reform- 
versuch und  die  Auflösung  des  westgriechischen 

Reichs. 


Vierter  Karthagerkrieg  und  Tod  Dlonysios'  I. 

985.  Am  Abend  seines  Lebens,  während  er  den  Spar- 
tanern Unterstützung  gegen  Theben  leistete  (§.  952.  954),  hat 
Dionys  noch  einmal,  zum  vierten  Mal,  einen  Krieg  gegen  Kar- 
thago geführt.  Den  Anstoss  gaben  die  Karthager,  die  den 
letzten  Frieden  (§.  826)  nur  als  einen  Waffenstillstand  be- 
trachtet hatten ;  er  sollte  ihnen  die  Möglichkeit  gewähren,  sich 
von  der  Epidemie  zu  erholen  und  den  Aufstand  in  Afrika 
und  auf  Sardinien  niederzuwerfen,  der  sie  an  der  Ausnutzung 
des  Sieges  über  Dionys  gehindert  hatte.  Aber  auch  diesem 
musste,  nach  einer  längeren  Epoche  ungestörten  Friedens,  ein 
neuer  Krieg  willkommen  sein,  der  ihm  die  Möglichkeit  ge- 
währte, sein  Lebenswerk  zu  vollenden,  ehe  der  Tod  ihn  er- 
eilte. In  Karthago  wurde  eifrig  gerüstet  und  der  Krieg  durch 
einen  Einfall  in  das  syrakusanische  Gebiet  eröffnet.  Darauf 
brach  Dionys  im  Frühjahr  368  mit  einem  starken  Heer,  von  der 
Flotte  begleitet,  in  das  karthagische  Gebiet  ein.  Selinus  und  En- 
tella  fielen  ihm  zu,  Eryx  wurde  genommen,  die  Belagerung  von 
Lilybaeon  begonnen.  Aber  ein  Erfolg  war  dem  Herrscher  nicht 
mehr  beschieden.  Hanno,  der  den  Aufstand  in  Afrika  nieder- 
geworfen hatte,  erschien  mit  einer  starken  Flotte.  Einem  An- 
Meyer, Geschichte  de»  Alterthums.  V.  32 


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498    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

griff  der  überlegenen  feindlichen  Seemacht  wusste  er  geschickt 
zu  entgehen;  dann  aber  überfiel  er  die  syrakusanische  Flotte 
im  Hafen  von  Eryx  (Drepana)  und  erbeutete  einen  Theil  der 
Schiffe.  Dionys  musste  die  Belagerung  von  Lilybaeon  aufheben. 
Auf  beiden  Seiten  hatte  man  doch  nach  dem  dreimaligen  ge- 
waltigen Ringen  den  rechten  Muth  nicht  mehr  zu  einem 
vierten  entscheidenden  Waffengang;  zu  Anfang  des  Winters 
wurde  ein  Waffenstillstand  geschlossen.  Im  nächsten  Frühjahr 
ist  Dionys  nach  kurzer  Krankheit  gestorben,  bald  nachdem  er 
die  Kunde  erhalten  hatte,  dass  die  Athener  endlich  seine  Dich- 
tungen gewürdigt  und  ihm  bei  den  Lenaeen  367  den  Preis  zu- 
erkannt hatten  (§.  958),  ein  Erfolg,  der  ihm  grössere  Freude  be- 
reitet haben  soll,  als  mancher  seiner  Siege  im  Felde.  Sein  Sohn 
Dionysios  II.  hat  dann  mit  Karthago  Frieden  geschlossen,  auf 
Grund  des  Besitzstands  vor  dem  Kriege;  die  im  letzten  Frie- 
den abgetretenen  Gebiete  blieben  im  Besitze  Karthagos  (367). 

Letzter  Krieg  des  Dionys:  Diod.  XV,  73  (unter  368/7).  Justin  XX, 
5,  10  ff.  Diodors  Darstellung  (vgl.  §.  822  A.)  ist  ebenso  entstellt,  wie  die 
anschliessende  Erzählung  über  Dionys'  Sieg  in  Athen  und  seinen  Tod 
in  Folge  des  Festgelages  [das  entspricht  weder  Dionys'  sonst  genugsam 
bezeugter  Enthaltsamkeit  noch  der  durch  CIA.  II,  52  feststehenden  That- 
sache,  dass  er  noch  etwa  zwei  Monate  nach  den  Lenaeen  am  Leben  war : 
§.  958  A.].  Bei  Diodor  wird  Dionys  die  Schuld  am  Kriege  zugeschrieben  ; 
aber  er  selbst  gibt  an,  dass  die  Karthager  zuerst  die  Grenze  verletzten. 
So  ist  Justins  Angabe,  dass  die  Karthager  reparato  exercitu  bellum,  quod 
lue  deseruerant,  auctis  viribus  repetebant,  offenbar  correcter.  Die  an- 
schliessende Erzählung,  dass  Dionys  durch  den  Karthager  Suniatus  von 
Hannos  Röstungen  erfahrt  und  Suniatus  deshalb  vernrtheilt  wird  [daher 
hätten  die  Karthager  das  Erlernen  des  Griechischen  verboten],  enthält  gewiss 
etwas  Historisches,  ist  aber  von  Trogus  und  Justin  in  ihrer  Manier  phan- 
tastisch ausgemalt.  Diodors  seltsamer  Bericht  Ober  Dionys1  Sorglosigkeit 
auf  die  Kunde  von  einem  Brande  in  den  karthagischen  Docks  ist  mit 
Hannos  Strategem  Polyaen  V,  9  nicht  zu  vereinigen ;  die  Details  sind  uns 
eben  vollständig  unbekannt.  —  Zum  Friedensschluss  Dionys'  II.  vgl.  Plui. 
Dio  6.  14.  Diod.  XVI,  5.  Heraklea  Minoa  bleibt  karthagisch:  Plut.  Dio 
25.  Diod.  XVI,  9,  4,  ebenso  Thermae:  Diod.  XIX,  2. 

986.  Dionys  ist  63  Jahre  alt  geworden;  38  Jahre  lang 
hat  er  die  Herrschaft  behauptet.  Wie  seine  Thaten  und  seine 


Dionysios'  I.  Ausgang.   Dionysios  II.   Friede  mit  Karthago.  499 

Erfolge  hat  auch  sein  Tod  auf  die  Zeitgenossen  einen  gewal- 
tigen Eindruck  gemacht:  jetzt  erst  zeigte  sich,  wie  fest,  »mit 
stählernen  Ketten«,  seine  Herrschaft  gegründet  war.  »Nicht 
weniger  als  400  Kriegsschiffe,«  lautet  die  allerdings  aufs  stärkste 
übertreibende  Schilderung  des  Timaeos,  »Hexeren  und  Pen- 
teren, 100,000  Mann  zu  Fuss,  9000  Reiter  hatte  der  Vater 
dem  Erben  hinterlassen ;  dazu  besass  Syrakus  grosse  Häfen  und 
war  mit  einer  gewaltigen  Mauer  geschirmt,  in  dem  Arsenal  lag 
das  Geräth  für  weitere  500  Schiffe,  das  Zeughaus  strotzte 
von  Schilden,  Schwertern,  Speeren,  Panzern,  Beinschienen 
und  Wurfmaschinen;  in  den  Magazinen  war  eine  Million 
Scheffel  Korn  aufgespeichert.«  —  Dionys  I.  hat  vier  Söhne 
hinterlassen,  von  der  Lokrerin  Doris  den  Thronerben  Dio- 
nysios II.  und  Hermokritos,  von  Hipparinos'  Tochter  Aristo- 
mache  den  Hipparinos  und  Nysaios.  Für  die  letzteren  hatte  sich 
ihr  Oheim  Dion,  Aristomaches  Bruder,  bei  dem  sterbenden  Vater 
verwenden  und  eine  Theilung  der  Erbschaft  erreichen  wollen ; 
aber  die  Aerzte  hatten  ihn  nicht  ans  Todtenbett  gelassen. 
So  ergriff  Dionysios  II.  allein  die  Regierung.  Er  berief  eine 
Volksversammlung,  die  ihn  als  den  Erben  der  Machtstellung 
seines  Vaters  anerkannte;  dann  rüstete  er  diesem  eine  glän- 
zende Leichenfeier.  Ohne  irgendwelche  Erschütterung,  wie  in 
einer  seit  unvordenklicher  Zeit  bestehenden  legitimen  Mon- 
archie vollzog  sich  der  Uebergang  der  Regierung  auf  den 
Nachfolger. 

Ueber  Dionysios1  Lebensalter  §.  776  A. ;  Ephoros  hatte  es  trotz  seines 
Versehens  (Schreibfehlers?)  betreffs  der  Regierungsdauer  richtig  ange- 
geben: Polyb.  XU,  4  a,  3.  —  Die  Schilderung  seiner  Macht  Aelian  v.  h. 
VI,  12  =  Diod.  XVI,  9,  2  =  Plut.  Dio  14  =  Nepos  Dio  5,  mit  kleinen 
Variationen,  aber  überall  an  derselben  Stelle,  also  aus  Timaeos.  Dions 
Verwendung  für  seine  Neffen:  Plut.  Dio  6.  Nepos  Dio  2.  Timaeos  (bei 
Plut.)  hat  behauptet,  Dionys  sei  vergiftet  worden;  das  erzählen  daher 
Nepos  und  Justin  XX,  5,  14,  der  weiter  behauptet,  Dionys  II.  habe 
seine  Brüder  umgebracht  (XXI,  1,  6  f .  =  Aelian  v.  h.  VI,  12),  in  offen- 
kundigem Widerspruch  mit  den  Thatsachen  [es  ist  das  natürlich  aus 
der  Verbannung  Dions  herausgesponnen];  man  sieht,  wie  vorsichtig  man 
sein  muss!  —  Volksversammlung  (vg).  §.  787  A.)  und  Leichenfeier  Diod. 
XV,  74,  5  (von  Philistos  fr.  42  und  Timaeos  fr.  120  ausfuhrlich  ge- 


500    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

schildert).  Nach  Justin  XXI,  1  ist  Dionys  II.  dagegen  von  den  Soldaten 
erhoben  worden;  natürlich  haben  auch  sie  zugestimmt. 

Dionysius  II.   Dion,  Plato  und  der  Reform  versuch. 

987.  Der  junge,  noch  nicht  dreissigjährige  Herrscher  war 
für  seinen  Beruf  ganz  unvorbereitet ;  der  Vater  hatte  ihn  allen 
Geschäften  fern  gehalten  (§.  828).  Unbegabt  war  er  nicht,  und 
noch  weniger  bösartig:  aber  dem  in  der  Engendes  Fürstenpalastes 
bei  Tischlerarbeiten  aufgewachsenen  Prinzen  fehlte  der  klare 
Blick  für  Verhältnisse  und  Persönlichkeiten,  und  die  rasch 
durchgreifende  Energie  des  Vaters  hatte  er  nicht  geerbt,  ernste 
Arbeit  und  strenge  Selbstzucht  nicht  gelernt.  Jetzt  fand  sich 
der  junge  Fürst  urplötzlich  im  Besitz  einer  gewaltigen  Macht, 
die  ihm  jeden  Genuss,  den  sein  Herz  begehren  mochte,  mühe- 
los zur  Verfügung  stellte.  Die  Schaaren  der  Höflinge  drängten 
sich  um  ihn,  Schmeichler  bewunderten  jede  seiner  Aeusse- 
rungen,  und  dazu  sah  er  sich  sofort  inmitten  des  Kampfes 
der  Parteien,  in  dem  er  das  entscheidende  Wort  sprechen 
sollte.  Die  Gehülfen  seines  Vaters  suchten  ihn  in  dessen 
Bahnen  festzuhalten  und  wollten  von  Neuerungen  nichts  wissen ; 
ihnen  gegenüber  erhob  sich  jetzt  eine  Reformpartei,  welche 
dem  Staat  ein  anderes  Aussehen  geben  wollte.  An  ihrer 
Spitze  stand  Dion,  der  Schwager  des  neuen  Herrschers  — 
denn  der  alte  Dionys  hatte  den  Sohn  mit  seiner  Stiefschwester 
Sophrosyne  vermählt,  deren  leibliche  Schwester  Arete  aber 
nach  dem  Tode  ihres  ersten  Gemahls  Thearidas,  des  Bru- 
ders des  Tyrannen,  ihrem  Oheim  Dion  gegeben.  Dion,  ge- 
boren im  J.  408,  war  auch  in  seiner  politischen  Stellung  der 
Erbe  des  Hipparinos.  Wie  dieser  sah  er  in  der  Demokratie 
nur  Gorruption  und  Verderben;  hatte  sie  doch  Syrakus  an 
den  Rand  des  Abgrunds  geführt.  Aber  der  stramme  Des- 
potismus des  Dionys  war  ebenso  wenig  sein  Ideal;  er  hatte 
dem  Staat  zwar  Rettung  und  Macht  gebracht,  aber  er  er- 
stickte jedes  freie  und  menschenwürdige  Dasein  und  erzog 
die  Unterthanen  zu  Knechten,  die  in  der  Befriedigung  niederer 


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Dionysios  II.   Die  Parteien  am  Hofe.   Dion  und  Plato.  501 

Lüste  und  gemeinen  Ehrgeizes  ihr  höchstes  Ziel  sahen.  In 
diesen  Gesinnungen  war  er  gefestigt  worden,  als  um  das 
J.  388  Plato  von  Tarent  aus  nach  Syrakus  kam.  Der  junge 
Mann,  der  gerade  in  den  für  seine  Entwickelung  entscheiden- 
den Jahren  stand,  schloss  sich  mit  voller  Hingebung  an  den 
grossen  Lehrer  an  und  nahm  seine  ethischen  ujid  politischen 
Anschauungen  mit  Begeisterung  in  sich  auf:  zunächst  im  eigenen 
Leben,  indem  er  sich  am  Tyrannenhofe,  im  Besitz  eines  fürst- 
lichen Vermögens,  allen  Ausschweifungen  und  jeder  Schmei- 
chelei fern  hielt,  sodann  aber,  wenn  die  Umstände  es  gestatten 
sollten,  in  seinem  Heimatstaate  das  Ideal  Piatos  zu  verwirk- 
lichen wurde  sein  Ziel.  Dionys  I.,  so  wenig  er  Piatos  stolz  ab- 
weisende Haltung  vertragen  konnte  —  dass  er  den  Philosophen, 
nachdem  ihn  Dion  an  seinem  Hofe  eingeführt  hatte,  alsbald  da- 
von schickte,  ist  sehr  glaublich;  dass  er  dem  spartanischen  Ge- 
sandten Pollis  den  Auftrag  gegeben  habe,  ihn  in  die  Sklaverei 
zu  verkaufen,  wird  dagegen  Fabel  sein  — ,  Hess  den  jungen  Ver- 
wandten gewähren;  er  hat  ihm  immer  Vertrauen  geschenkt 
und  ihn  mehrfach  zu  diplomatischen  Missionen  verwendet,  so 
nach  Karthago.   Jetzt  suchte  Dion  den  jungen  Herrscher  für 
die  Umwandlung  des  despotischen  Regiments  in  einen  ge- 
mässigten verfassungsmässigen  Zustand  zu  gewinnen.  Trotz 
des  Misstrauens,  das  Dionys  II.  gegen  seinen  Verwandten  hegen 
musste,  da  er  wusste,  dass  dieser  seine  Stiefbrüder  begünstigte, 
hat  er  sich  mehr  und  mehr  Dions  Einfluss  hingegeben.  Dionys 
war  sehr  ehrgeizig  und  dabei  im  Grunde  gutmüthig;  es  lockte 
ihn,  sich  im  Lichte  der  Popularität  zu  sonnen  und  den  Ruf 
eines  erleuchteten  und  humanen  Herrschers  in  Hellas  zu  ge- 
winnen.   Auch  war  das  Fürstenthum  durch  seinen  Vater  so 
fest  begründet,  dass  es  unbedenklich  schien,  etwas  nachzu- 
lassen, zumal  der  neue  Herrscher  zum  Feldherrn  keinen  Beruf 
in  sich  fühlte  und  nach  aussen  Frieden  halten  wollte;  er 
musste  besorgen,  dass  im  Kriege  aller  Ruhm  dem  Dion  zu- 
fallen werde.  So  begann  Dionys  II.  sein  Regiment  mit  einem 
dreijährigen  Steuererlass  und  der  Freigabe  zahlreicher  Ge- 
fangenen.   Bald  gelang  Dion  ein  neuer  Erfolg:  er  erreichte, 


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502    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

dass  Dionys  eine  Einladung  an  Plato  sandte,  ihm  als  Rath- 
geber zur  Seite  zu  treten.  Die  Gehülfen  des  alten  Herrschers 
waren  aufs  äusserste  erschrocken;  um  der  drohenden  Gefahr 
begegnen  zu  können,  erwirkten  sie  die  Rückberufung  des 
Philistos  aus  dem  Exil  in  Adria,  als  des  berufensten  prinzi- 
piellen Vertreters  des  despotischen  Regiments,  dessen  Unent- 
behrlichkeit  und  Erfolge  er  soeben  in  einem  grossen  Geschichts- 
werk über  den  älteren  Dionys  dargelegt  hatte. 

Hauptquelle  sind  Piatos  Briefe  13.  2.  3.  7.  8,  die  bei  Plutarch  im 
Dio  (von  ihm  selbst  wie  von  seiner  Quelle)  eingehend  benutzt  sind  [in 
sehr  naiver  Weise  kehren  die  Modernen  meist  das  Verhältnis  um,  in- 
dem sie  aus  Plutarch  die  Bestätigung  für  die  Richtigkeit  einzelner  An- 
gaben »Pseudoplatos*  entnehmen  wollen].  Bei  Nepos  und  Diodor  sind 
die  Briefe  nicht  verwerthet;  sie  erwähnen  beide  nur  Piatos  ersten  Aufent- 
halt in  Syrakus  (Diod.  XV,  7.  Nepos  Dio  2).  Dass  Plalo  damals  ver- 
kauft sei,  und  zwar  auf  Dionys'  Anstiften  durch  den  Spartaner  Pollis 
(§.  934)  auf  Aegina,  und  dann  durch  Annikeris  von  Kyrene  frei  gekauft 
sei  (Nepos.  Plut.  Dio  5.  Diog.  L.  III,  19  u.  a.;  bei  Diod.  XV,  7  wird  der 
Verkauf  nach  Syrakus  selbst  verlegt),  ist  wohl  Uebertreibung  der  Philo- 
sophenbiographie; er  mag  von  den  aeginetischen  Kapern  (§.  873  f.  878) 
aufgebracht  sein  und  Annikeris  das  Lösegeld  bezahlt  haben.  Mehr  besagt 
auch  das  von  Arist.  phys.  II,  8  angeführte  Beispiel  nicht :  äni  '6xTi? 
YjXd-sv  6  £evo;  xal  Xoodjuvoc  ärc-rjX&tv,  das  Diels  ,  Zur  Textgesch.  der 
arislot.  Physik,  Abb.  Ber).  Ak.  1882,  23,  1  auf  den  Vorgang  deutet.  — 
Zu  Dionys'  II.  Charakter  Plato  ep.  7,  338  d :  ©  3s  out«  5XXu>;  latlv  a? o-r^ 
itpbi  ttjv  xoü  {j.av9-Avttv  8uvap.iv  <pc).ör.}iö<;  ts  ^aufiasttüc.  —  Dios  Geburts- 
jahr: Nepos  10,  3.  In  Karthago:  Nepos  1,  5,  vgl.  Plut.  Dio  6.  12.  Dionys' 
populäre  Massregeln :  Justin  XXI,  1.  —  Philistos'  Berufung:  Plut.  Dio  11. 
Nepos  Dio  3.  Plato  nennt  ihn  als  seinen  Hauptgegner  nur  ep.  8,  315  e 
(mit  der  volleren  Form  Philistides). 

988.  Plato  und  die  Akademie  waren  inzwischen  zu  einer 
Macht  im  geistigen  Leben  von  Hellas  erwachsen.  Wie  zu  Iso- 
krates  kamen  auch  zu  ihm  von  überall  her  junge  Leute,  um 
sich  für  den  Lebensberuf  vorzubereiten;  und  schon  gewannen 
manche  von  ihnen  hervorragende  politische  Bedeutung,  so 
Euphraios  von  Oreos,  der  seit  etwa  365  bei  Perdikkas  III. 
von  Makedonien  zu  massgebendem  Einfluss  gelangte  (§.  976). 
In  Elis  wird  der  Gesetzgeber  Phormion  als  Schüler  Piatos  be- 
zeichnet, in  Arkadien  Aristonymos,  der  die  Verfassung  von 


Berufung  des  Philistos  und  des  Plato,   Plato  und  Dionysios  II.  5Q3 


Megalopolis  entwarf;  als  die  Thasier  eine  Golonie  anlegten, 
vermuthlich  Datos  (im  J.  360,  §.  977),  wandte  sich  der  philo- 
sophisch gebildete  Staatsmann  Laodamas  an  Plato  mit  der 
Aufforderung,  entweder  selbst  zu  kommen  oder  einen  Schüler 
zu  schicken,  um  bei  der  Einrichtung  mit  zu  helfen.  Plato 
galt  eben  als  die  höchste  Autorität  in  Verfassungsfragen. 
Jetzt  bot  sich  ihm  urplötzlich  die  sein  Leben  lang  ersehnte 
Gelegenheit,  selbst  zu  wirken.  Was  er  20  Jahre  zuvor  ge- 
schrieben hatte,  dass  die  Herrscher  Philosophen  oder  die  Philo- 
sophen Herrscher  werden  müssten,  schien  sich  zu  erfüllen: 
hier  war  ein  Herrscher,  der  Philosoph  werden  wollte,  und  er 
selbst  sollte  jetzt  zum  praktischen  Staatsmann  werden.  Wohl 
mochten  ihm  Bedenken  kommen  ob  des  Ausgangs;  ablehnen 
konnte  er  nicht,  weder  um  seiner  selbst  und  der  Philosophie, 
noch  um  Dions  und  der  sicilischen  Griechen  willen.  In  hohen 
Ehren  wurde  er  vom  Tyrannen  empfangen.  Die  Persönlich- 
keit und  das  Wort  des  gewaltigen  Lehrers  verfehlten  auch  hier 
ihre  Wirkung  nicht.  Der  Gedanke,  den  Staat  auf  eine  neue, 
verfassungsmässige  Grundlage  zu  stellen,  zündete  bei  Dionys: 
»willst  du  nicht  aufhören,  mir  zu  fluchen !<  rief  er  dem  Herold 
zu,  als  dieser  bei  einem  Fest  das  übliche  Gebet  für  den  uner- 
schütterten Fortbestand  der  Tyrannis  sprach.  Zwar  der  an  Ein- 
sicht und  Tugend  alle  anderen  überragende  Herrscher  der  pla- 
tonischen Republik  war  Dionys  nicht  und  konnte  es  schwerlich 
werden ;  aber  Plato  hatte  sich  inzwischen  selbst  überzeugt,  dass 
dies  Ideal  für  Menschen  unerreichbar  sei  (§.  917).  Wohl  aber 
mochte  der  begabte  und  ehrbegierige  Mann  zu  einem  tüchtigen 
Regenten  erzogen  werden,  der  sich  einer  besseren  Einsicht  willig 
unterordnete.  Darauf  zu  wirken,  war  Piatos  Aufgabe.  Das  erste 
war,  dass  der  junge  Herrscher  sich  selbst  in  seine  Gewalt  be- 
kam und  die  Lüste  bekämpfte,  an  deren  Befriedigung  er  sich 
gewöhnt  hatte;  nur  dann  konnte  er  wahrhaft  frei  werden 
und  sein  wahres  Bestes  erkennen.  Der  Weg  dazu  war  die 
Beschäftigung  mit  den  erkenntnisstheoretischen  Fragen  und 
den  mathematischen  Disciplinen,  welche  im  Unterricht  der 
Akademie  die  propädeutische  Grundlage  bildeten.    War  hier- 


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504    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reich?. 

durch  die  nöthige  Schulung  des  Geistes  und  des  Charakters 
gewonnen,  dann  konnte  der  Herrscher  auch  für  seine  Unter- 
thanen  segensreich  wirken.  Umwandlung  der  Tyrannis  in 
das  wahre  Königthum,  d.  h.  des  Despotismus  in  eine  con- 
stitutionelle  Monarchie,  Freigabe  von  Syrakus  durch  Einfuhrung 
einer  rationellen  aristokratischen  Verfassung,  Wiederherstellung 
der  von  Dionys  geknechteten  und  entweder  aufgehobenen  oder 
mit  Barbaren  (entlassenen  Söldnern)  besiedelten  Griechen- 
städte: das  war  das  politische  Programm,  das  dann  in  An- 
griff genommen  werden  sollte. 

Plut.  adv.  Colot.  32,  8  IlXdtwv  tiüv  eraif.uiv  tiaitsawiKsv  'Apxdbt  piv 
\4pt3Tiovofiov  oiaxoo|i-f4oovta  tr4v  wMttiav  (vgl.  Pamphile  bei  Diog.  L.  III, 
23  'ApxdSec  xal  0Y)ßa;.ot  Mrfd).rtv  soXiv  otxtCovte^  napexdXouv  airov  [Plato] 
vojiod-ttrjV '  6  3»  jiafriuv  tsov  s/s*.v  oo  {friXovtas  o'jx  snopstjfhrj),  'H).«iotj;  es 
<I>opfuu>va  (vgl.  §.  968  A.),  MsvÜtjjxov  8£  IluppaiV.;.  Ueber  Leodamas  (Tbasier 
Diog.  L.  III,  24)  s.  Plat.  ep.  11;  sein  hier  genannter  Schüler  Sokrates  ist 
natürlich  1  .  6  v«u»x6po?  Arist.  Metapb.  VI,  1,  den  er  im  Theaetet,  Sophistes, 
Politikos  eingeführt  bat.  —  Die  Vermittelung  der  Freundschaft  zwischen 
Hermias  von  Atarneus  und  Erastos  und  Koriskos  von  Skepsis  (Diog.  L., 
III,  41.  Strabo  XIII,  1,  54)  ep.  6  gebort  natürlich  in  seine  letzten  Lebens- 
jahre. Ueber  Piatos  Schüler,  die  (ganz  seiner  Theorie  entsprechend)  eine 
herrschende  Stellung  gewannen  und  daher  von  den  Gegnern  als  Tyrannen 
bezeichnet  wurden,  s.  Athen.  XI,  508.  —  Dionys  und  der  Herold:  Plut. 
Dio  13.  —  Im  7.  Briefe  vertheidigt  Plato  sein  Verhalten  nach  der  Kata- 
strophe Dions;  als  er  nach  Syrakus  ging,  wird  Auffassung  und  Stimmung 
etwas  anders  gewesen  sein.  Bei  Plutarch  im  Dio  ist  die  Chronologie 
nicht  immer  genau  beachtet  ;  dass  Dionys  sich  erst  nach  Pialos  Fort- 
gang ernstlich  der  Philosophie  zugewendet  hat,  sagt  Plato  ep.  7,  und 
wird  dadurch  bestätigt,  dass  ep.  13,  nach  dem  ersten  Aufenthalt,  auf 
philosophische  Fragen  nicht  eingebt,  wohl  aber  ep.  2  aus  dem  J.  360. 
Piatos  Programm:  ep.  3,  315 d.  316b.  319 b.c.  7,  331  e.  382 c.e. 

989.  In  ganz  Hellas  machte  die  Verbindung  »der  grossen 
Macht  mit  dem  grossen  Intellect«,  wie  Plato  selbst  (ep.  2, 
310 e.  7,  335 d)  sich  ausdrückt,  ungeheures  Aufsehen.  Aller 
Augen  waren  auf  Syrakus  gerichtet,  und  die  Sympathien 
kamen  dem  jungen  Herrscher  entgegen.  Plato  erhielt  den 
Auftrag,  die  neuen  Verfassungen  für  die  Einzelgemeinden  zu 
entwerfen,  und  begann  auch  mit  der  Ausarbeitung  der  Ein- 


Plato  in  Syrakus.    Bruch  zwischen  Dionys  und  Dion.  505 


leitungen,  welche  die  Motive  enthalten  sollten.  Aber  weiter 
kam  die  Bewegung  nicht.  Mit  allen  Kräften  wirkten  die 
Gregner  dem  Einfluss  Piatos  entgegen.  Mochte  gemeinen  Na- 
turen nur  die  Behauptung  der  Macht  am  Herzen  liegen,  so 
liess  sich  ein  Mann  wie  der  greise  Philistos  an  seinen  Ueber- 
zeugungen  auch  durch  die  Verbannung  nicht  irre  machen,  die 
der  von  ihm  selbst  erhobene  Herrscher  über  ihn  verhängt 
hatte:  er  konnte  in  jeder  Abweichung  von  den  überkommenen 
Grundsätzen  und  nun  vollends  in  der  Lockerung  des  von 
Dionys  so  rücksichtslos  aufgerichteten  Einheitsstaats  mit  vollem 
Recht  nur  ein  verhängnissvolles  Experiment  sehen,  das,  in- 
dem es  einer  Utopie  nachjagte,  die  Dynastie  zu  Grunde  richtete. 
Nicht  minder  aber  sland  Plato  das  Naturell  des  Herrschers 
selbst  entgegen.  Durch  einen  hochherzigen  Act  sich  eines 
Theiles  der  Gewalt  wenigstens  dem  Namen  nach  zu  ent- 
kleiden, dazu  hätte  er  sich  vielleicht  bewegen  lassen;  dass  er 
die  Reform  mit  sich  selbst  beginnen  sollte,  wollte  ihm  nicht 
in  den  Sinn,  von  den  Genüssen  des  Lebens,  namentlich 
von  seinen  Zechgelagen,  wollte  er  nicht  lassen.  Entschei- 
dend wurde  sein  Verhältniss  zu  Dion.  Wie  immer  mischen 
sich  untrennbar  die  persönlichen  und  die  allgemeinen  Be- 
strebungen. Dion  war  eine  strenge,  herrische  Natur,  die 
es  nicht  verstand,  die  Menschen  richtig  zu  nehmen  und 
an  sich  zu  fesseln.  Allerdings  war  er  ohne  Zweifel  von 
idealen  Gedanken  erfüllt;  die  volle  Bürgschaft,  die  Plato  wie- 
der und  wieder  für  die  Reinheit  seiner  Absichten  übernimmt, 
muss  auch  für  uns  gelten.  Indessen  es  war  klar,  dass  die 
Reform  in  erster  Linie  ihm  zu  Gute  kommen  musste;  wenn 
sie  gelang,  so  war  er  der  erste  Mann  im  Reiche  und  Dionys 
das  Werkzeug  seiner  Pläne.  Hier  setzten  seine  Gegner  ein; 
und  ein  aufgefangener  Brief  Dions  an  die  Karthager,  in  dem  er 
sie  bat,  bei  den  Friedensverhandlungen  sich  seiner  Vermitte- 
lung  zu  bedienen,  überzeugte  Dionys  von  der  Berechtigung 
des  längst  in  ihm  erwachten  Verdachtes.  Sein  Vater  würde 
den  gefahrlichen  Rivalen  kurzer  Hand  beseitigt  haben.  So  weit 
wollte  der  Sohn  nicht  gehen ;  aber  er  liess  ihn  auf  ein  Schiff 


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506   IVt  8.  Der  Reform  versuch  und  die  Auflösung  des  westgriecb.  Reichs. 

bringen  und  schickte  ihn  ins  Exil.  Das  geschah  vier  Monate 
nach  Piatos  Ankunft  (306?);  damit  war  diesem  die  Stütze 
entzogen.  Plato  zu  entlassen,  war  indessen  nicht  Dionys'  Ab- 
sicht; das  hätte  seinem  Ansehen  geschadet.  Er  hielt  Plato 
fest  und  Hess  ihn  in  die  Burg  übersiedeln.  Mit  seinem  poli- 
tischen Einfluss  allerdings  war  es  vorbei;  aber  Dionys  wollte 
auch  in  der  Philosophie  glänzen;  in  raschem  Fluge  hoffte  er  ihr 
Wesen  zu  erhaschen.  Sein  Wunsch  freilich,  Plato  von  Dion 
loszureissen  und  auf  seine  Seite  zu  ziehen,  erfüllte  sich  nicht,  trotz 
alles  schmeichelnden  Werbens.  Plato  hielt  dem  Freunde  die 
Treue  und  gab  sich  alle  Mühe,  ihm  die  Gunst  des  Herrschers 
wieder  zuzuwenden ;  aber  auch  die  Hoffnung  gab  er  noch  nicht 
ganz  auf,  Dionys  doch  noch  für  die  Philosophie  gewinnen  zu 
können.  Schliesslich,  als  ein  Krieg  den  Herrscher  zwang, 
zur  Armee  zu  gehen,  hat  Dionys  Plato  entlassen,  mit  dem 
Versprechen,  nach  dem  Frieden  sich  mit  Dion  zu  versöhnen 
und  ihn  wie  Plato  aufs  neue  zu  sich  zu  berufen.  Sie  schieden 
in  Freundschaft.  Plato  vermittelte  auf  der  Heimreise  in  Ta- 
ren t  die  Anknüpfung  näherer  Beziehungen  zwischen  Dionys  und 
Archytas  und  den  Tarentinern,  besorgte  ihm  in  Athen  meh- 
rere Kunstwerke,  und  sandte  ihm  Abhandlungen  und  Freunde 
zu:  Dionys  stellte  ihm  dafür  seine  Unterstützung  für  Steuern 
und  andere  Ausgaben  zur  Verfügung  und  benutzte  ihn  als 
Vertrauensmann  in  den  Verhandlungen  mit  Dion  und  bei  an- 
deren diplomatischen  Anlässen.  In  Athen  drängte  sich  alle 
Welt  an  den  Philosophen,  um  durch  ihn  Empfehlungsschreiben 
an  den  mächtigen  Herrscher  zu  erhalten. 

Plato  verfasst  zu  Anfang  vojuuv  trpoolfua  (vgl.  legg.  IV,  718  ff.  722  e  ff. 
und  sonst);  dann  hört  sein  politischer  Einfluss  völlig  auf:  ep.  3,  316  a, 
vgl.  7,  330 ab.  Dions  Verbannung  jvrjvl  tstaptu)  ep.  7.  329c.  853a,  bei 
den  Schriftstellern  mit  Varianten  im  einzelnen:  Plut.  Dio  14  (Timaeos' 
Angabe  über  den  Brief  nach  Karthago  ist  gewiss  historisch).  Nepos  Die  4. 
Diod.  XVI,  6  (mit  vielen  Fehlern).  Der  Krieg:  ep.  3,  317a.  7,  333a; 
obAvohl  Plato  hier  sagt:  y4v  -(ap  x^x*  -o).e}io;  tv  S:x?Xl<y,  ist  doch  wohl 
der  Lucanerkrieg  gemeint.  Verbindung  mit  Archytas:  ep.  7,  338c.  339 d. 
In  die  nächsten  Jahre  fällt  Plato  ep.  13.  Der  Brief  zeigt,  was  man 
auch  ohnehin  annehmen  würde,  dass  Piatos  Beziehungen  zu  Dionys  in 


Piatos  Entlassung.   Dionys  und  die  Philosophen.   Dion  in  Athen.  507 

dieser  Zeit  intimer  waren,  als  er  in  ep.  7  Wort  haben  will,  wenn  er 
auch  natürlich  in  dem  Schreiben  an  den  Herrscher  (ebenso  in  ep.  2) 
einen  wärmeren  Ton  anschlagt,  als  dem  wahren  Verhftltniss  entsprechen 
mochte.  Die  Siatpisuc,  die  Plato  ep.  13,  360b  dem  Dionys  schickt,  sind 
bekanntlich  der  Sophistes  und  der  Politikos  (Aristot.  de  generat.  et  com. 
II.  8  p.  330  b,  16,  de  part.  anim.  I,  2  p.  642  b,  12). 

990.  Der  Erfolg,  den  Plato  erzielt  zu  haben  schien,  lockte 
andere  an:  Aristippos  ging  nach  Syrakus,  der  rechte  Lehr- 
meister für  einen  Tyrannenhof;  auch  Aeschines  (§.  912),  der 
in  Athen  ein  armseliges  Dasein  fristete,  fand  hier  eine  Zu- 
fluchtsstätte und  wurde  von  Aristipp  hochherzig  protegirt. 
Der  Astronom  und  Philosoph  Eudoxos  von  Knidos  hatte  schon 
vorher  durch  Plato  bei  Dionys  Eingang  gefunden;  jetzt  sandte 
Plato  ihm  einen  Schüler  desselben,  Helikon  von  Kyzikos.  Auch 
Xenophon  hat  seine  Stimme  erhoben :  in  einer  Broschüre,  die 
deutlich  für  Dionys  bestimmt  ist,  lässt  er  durch  Simonides  vor 
Hieron  entwickeln,  wie  die  Tyrannis  in  ein  Königthum  um- 
gewandelt und  das  politische  Ideal  des  willigen  Gehorsams  der 
Unterthanen  (§.  922)  verwirklicht  werden  könne.  Dionys  sah 
es  gern,  dass  die  Weisen  Griechenlands  sich  um  ihn  drängten ; 
zwischen  den  Festgelagen  mit  ihren  Lustbarkeiten  und  Tänzen 
wurden  metaphysische  und  logische  Probleme  erwogen,  und  die 
Geometrie  wurde  Modesache  am  Hofe  von  Syrakus.  Der  Herr- 
scher war  intelligent  genug,  um  zu  erkennen,  dass  alle  anderen 
ihm  doch  nicht  dasselbe  bieten  konnten  wie  Plato;  überdies 
plagte  ihn  die  Begierde,  hinter  das  eigentliche  Geheimniss  seiner 
Lehre  zu  kommen;  die  Sehnsucht  wuchs  mit  der  Trennung. 
Dazu  kam  das  Verhältniss  zu  Dion.  Dieser  war  nach  Athen 
gegangen  und  lebte  hier  ganz  in  den  Kreisen  der  Akademie, 
mit  deren  Jüngern  er  Freundschaft  schloss.  Einen  Theil  seines 
Vermögens  hatten  seine  Verwandten  ihm  heimlich  zugestellt; 
das  übrige  belegte  Dionys  mit  Beschlag,  schickte  ihm  aber 
zuerst  regelmässig  die  Zinsen.  Den  gefahrlichen  Mann  zurück- 
zurufen war  niemals  ernstlich  seine  Absicht  gewesen ;  dagegen 
hat  er  Plato  den  Auftrag  gegeben,  zu  sondiren,  ob  er  ein- 
willigen werde,  dass  Dionys  seine  Gattin  einem  anderen  gäbe. 


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508    Iv»  8.  Der  Reform versuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

Dion  wies  das  mit  Entrüstung  zurück :  er  bewies  dadurch,  dass 
er  den  Gedanken  an  die  Heimkehr  nicht  aufgegeben  hatte.  Da 
hielt  Dionys  die  Zinsen  zurück  und  verkaufte  einen  Theil 
seines  Vermögens.  Zugleich  bemühte  er  sich,  Plato  aufs 
neue  an  seinen  Hof  zu  ziehen.  Die  erste  Einladung  wies 
Plato  zurück ;  aber  von  allen  Seiten  wurde  er  bestürmt,  nicht 
durch  seine  Weigerung  die  Durchführung  des  grossen  Werks, 
das  er  begonnen  habe,  unmöglich  zu  machen.  Ueberdies  er- 
klärte Archytas,  seine  Stellung  in  Tarent  sei  gefährdet,  wenn  es 
durch  einen  Bruch  zwischen  Dionys  und  Plato  auch  zwischen 
ihm  und  dem  mächtigen  Herrscher  zum  Conflict  käme;  er 
verbürgte  sich,  dass  ihm  nichts  geschehen  werde.  Dion  aber 
forderte,  dass  der  Freund  sich  ihm  nicht  versage.  Als  dann 
ein  Jahr  später  Dionys  die  Einladung  wiederholte  und  er- 
klärte, wenn  Plato  komme,  werde  er  Dion  alles  bewilligen,  was 
dieser  fordere,  im  anderen  Falle  aber  keine  Rücksicht  mehr 
nehmen,  da  blieb  Plato  nichts  übrig  als  »sich  noch  einmal  in 
die  Charybdis  zu  wagen  t  (Frühjahr  361  v.  Chr.).  Mehrere 
seiner  Schüler  nahm  er  mit  sich,  darunter  seinen  Neffen  Speu- 
sippos  und  Xenokrates  von  Chalkedon.  Auch  diesmal  wurde  er 
freundlich  aufgenommen ;  aber  er  musste  erfahren,  dass  Dionys 
ihn  zu  sich  gelockt  habe,  um  mit  ihm  zu  prunken  und  zu- 
gleich um  ihn  als  Pfand  gegen  jede  Unternehmung  Dions  in 
der  Hand  zu  haben.  Von  irgend  welchem  Abkommen  über 
das  Vermögen  war  keine  Rede;  wohl  aber  zeigte  Dionys  seinen 
Unwillen,  dass  Plato  zu  seinem  Feinde  halte  und  nicht  zu 
ihm.  Plato  wollte  wieder  gehen;  aber  Dionys  zwang  ihn 
noch  ein  Jahr  zu  bleiben,  während  er  Dions  Vermögen  als- 
bald vollständig  confiscirte  und  Arete  wirklich  einem  anderen 
vermählte.  »Dabei,«  sagt  Plato,  »galten  Dionys  und  ich  in 
ganz  Sicilien  als  Freunde.«  Endlich  brachte  eine  Revolte  von 
Veteranen,  denen  Dionys  den  Sold  kürzen  wollte,  die  Ent- 
scheidung. Der  Herrscher  sah  in  dem  Feldhauptmann  Hcra- 
klides  den  Urheber  und  wollte  ihn  verhaften ;  dessen  Oheim  Theo- 
dotes  und  mit  ihm  Plato  verwendeten  sich  für  ihn.  Es  kam  zu 
einer  heftigen  Scene  zwischen  dem  Tyrannen  und  dem  Philo- 


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Plato  zum  zweiten  Mal  bei  Dionys 


509 


sophen ;  voll  Hohn  hielt  Dionys  ihm  vor,  dass  er  ihn  erst  habe 
erziehen  wollen,  ehe  er  an  das  Reformwerk  Hand  anlegen  dürfe, 
und  zwar  durch  Geometrie.  Heraklides  war  entkommen ;  Plato 
aber  wurde  vom  Hofe  verwiesen.  Sein  Leben  war  durch  die 
Soldateska  gefährdet;  denn  er  galt  für  den  Urheber  aller  Mass- 
regeln des  Herrschers.  Auch  mochte  bekannt  geworden  sein, 
dass  Xenokrates  und  Speusippos  inzwischen  die  Bürgerschaft 
sondirt  und  für  Dion  Stimmung  gemacht  hatten.  Es  gereicht 
Dionys  zur  Ehre,  dass  er  auch  diesmal  nicht  zum  Aeussersten 
geschritten  ist.  Ohne  seine  Einwilligung  konnte  Plato  die 
Stadt  nicht  verlassen;  aber  als  Archytas  sich  zu  seinen 
Gunsten  verwandte,  hat  er  ihm  die  Heimkehr  gewährt.  Auch 
diesmal  schieden  sie  äusserlich  in  freundschaftlichen  Formen 
(Sommer  360). 

Ueber  Arislippos  und  Aeschines  s.  Diog.  L.  und  Suidas,  sowie  die  auf 
den  Biographien  fussenden  Sokratikerbriefe  (§.  913  A.).  Plut.Dio  19.  de  adulat. 
et  arnico  26.  Unter  den  philosophischen  Concurrenten  Flatos  ep.  2,  312  a 
313 r.  7,  315  b  ist  natürlich  in  erster  Linie  Atistipp  zu  verstehen.  Eudoxos 
und  Helikon:  Plat.  ep.  13.  Aelian  v.  h.  Vit,  17.  Plut.  Dio  19.  Ueber  Xeno- 
phons  Hiero:  Sill,  Unters.  Ober  Piatos  Briefe,  1901  («liss. ;  das  vollständige 
Werk  wird  eine  erschöpfende  Behandlung  aller  einschlägigen  Fragen 
bringen,  vgl.  §.  827 A.).  —  Die  Andeutung  Piatos  ep.  13,  362 e  über 
die  Sondirung  Dions  erklärt  Plut.  Dio  21.  Dio  in  Athen:  Plut.  Dio  17. 
Ueber  die  Vermögensfrage  handelt  Plato  ausführlich;  vgl.  Plut.  Dio  15.  — 
Piatos  letzte  Reise:  ep.  3.  7.  Bei  der  Sonnenfinsternis  vom  12.  Mai  361 
war  Plato  in  Syrakus:  Plut.  Dio  19;  kurz  nach  seiner  Rückkehr  fallen 
die  Olympien  von  360:  ep.  2,  310.  7,  350  b.  Die  Daten  der  vorigen 
Reise  sind  dagegen  nur  approximativ  zu  bestimmen.  —  Speusipp  und 
Xenokrates:  Plut.  Dio  17.  Diog.  L.  IV,  6.  11.  Timaeos  fr.  128  =  Aelian 
v.  b.  II,  41.  —  Die  entscheidende  Scene  hat  Plato  ep.  3,  318  c.  319. 
7,  348.  349  mit  lebendigster  Anschaulichkeit  geschildert:  das  soll  ein 
Fälscher  erfunden  haben! 

991.  Ueber  Plato  hatte  Philistos  gesiegt;  aber  von  einer 
Rückkehr  zu  dem  Regierungssystem  seines  Vaters  wollte  Dionys 
nichts  wissen.  Vielmehr  erklärte  er  jetzt,  Plato  habe  ihn  ge- 
hindert, die  Griechenstädte  wieder  herzustellen  —  das  war 
nicht  unrichtig,  da  dieser  erst  die  Erziehung  der  Herrschers 
verlangt  hatte,  ehe  man  an  Weiteres  gehen  dürfe  — ;  jetzt 


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510   IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

wolle  er  das  Programm  allein  ausführen.  An  Stelle  des 
zerstörten  Rhegion  erbaute  er  selbst  eine  neue  Stadt,  die  nach 
dem  Sonnengotte  den  Namen  Phoibia  erhielt;  auf  dem  Berge 
von  Tauromenion  (§.  799  f.)  Hess  er  im  J.  358  durch  Andromachos 
(den  Vater  des  Historikers  Timaeos)  eine  neue  Griechenstadt 
anlegen,  die  mit  den  Resten  der  Bevölkerung  von  Naxos  be- 
siedelt wurde.  Für  die  Constitutionen  wurden  Piatos  Entwürfe 
der  Motive  benutzt.  Im  übrigen  setzte  Dionys  seine  philo- 
sophischen Studien  eifrig  fort;  auch  an  Plato  wandte  er  sich 
noch  mit  Fragen  über  das  Urprincip,  an  das  er  noch  nicht 
recht  glauben  wollte,  und  legte  ihm  geometrische  Construc- 
tionen  vor;  ja  er  verfasste  eine  Schrift  oder  Hess  sie  auf 
seinen  Namen  verfassen,  in  der  er  der  Welt  das  tiefste  Ge- 
heimniss  der  platonischen  Philosophie  enthüllte.  Daneben  be- 
gann er  zu  dichten,  wie  sein  Vater.  Im  übrigen  gingen  die 
Dinge,  wie  sie  unter  einem  schwachen  und  eitlen  dilettirenden 
Schöngeist  gehen  mussten.  Die  festen  Grundlagen  der  Macht 
waren  erschüttert  und  der  Respect  vor  dem  Herrscher  ge- 
schwunden, aber  befriedigt  war  niemand;  wohl  aber  lernte 
der  Herrscher  immer  mehr  seinen  Lüsten  fröhnen.  Er  beging 
Excesse  aller  Art,  und  die  Verbannungen  und  Gonfiscationen 
mehrten  sich,  zumal  er  für  seine  Bedürfnisse  viel  Geld  brauchte; 
dem  Trunk  war  er  so  unmässig  ergeben,  dass  er  sich  ein 
schweres  Augenleiden  zuzog.  —  Nach  aussen  stand  das  Reich 
unerschüttert.  Die  Karthager,  bei  denen  etwa  um  diese  Zeit 
Hanno,  der  Feldherr  der  letzten  Kriege  (§.  985),  einen  rasch 
unterdrückten  und  grausam  bestraften  Aufstandsversuch  machte, 
hielten  Frieden.  In  Italien  führte  Dionys  einen  längeren  Krieg 
gegen  die  Lucaner,  die  schliesslich  zurückgeschlagen  wurden; 
in  Apulien  wurden  zwei  Colonien  angelegt  (§.  823).  Sparta 
hat  Dionys  II.  im  J.  365  noch  einmal  unterstützt  (§.  962); 
auch  zu  Athen  und  zum  Perserreich  hielt  er  die  vom  Vater 
ererbten  Beziehungen  aufrecht. 

Phoibia:  Strabo  VI,  1,  6.  Tauromenion:  Diod.  XVI,  7,  1  (358/7). 
Mit  Recht  hebt  Belccw,  Gr.  Gesch.  II,  169  hervor,  dass  das  Datum  da- 
durch  bestätigt  wird ,  dass  im  Inventar  von  Delos  seit  diesem  Jahr  die 


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Dionys  nach  Piatos  Fortgang.   Dions  Rüstungen.  511 


von  Tauromenion  geweihten  Silberschalen  erscheinen:  CIA.  II,  817,  10. 
Natürlich  kann  die  Stadt  nur  mit  Einwilligung  des  Dionys  erbaut  sein. 
Die  vojxtuv  npoot|ta,  über  deren  Benutzung  und  Entstellung  Plato  sich  ep. 
3,  316  beschwert,  gehören  offenbar  hierher.  Gegen  Dionys'  Vorwurf  ver- 
theidigt  sich  Plato  nicht  nur  ep.  3,  sondern  der  ganze  7.  Brief  hat  zu- 
gleich die  Tendenz,  ihn  zu  widerlegen.  —  Philosophische  Fragen:  Plat. 
ep.  2.  Schrift:  ep.  7,  341b.  344 d.  —  Dionys'  Trunksucht  und  Augen- 
krankheit: Arist.  pol.  VIII,  8,  14.  Aelian  II,  41.  VI,  12  (Theopomp  fr.  217). 
Justin  XXI,  2  u.  a.  Dass  D.  auch  einen  Paean  auf  Asklepios  gedichtet 
hat,  sagt  Timaeos  fr.  127;  und  seine  neu  erfundenen  Worte  erwähnt 
Athen.  III,  98  d,  zum  Theil  nach  Athanis ;  danach  im  "Sokratikerbrief  36 
(Dionys  an  Speusipp).  Der  bei  Timaeos  fr.  127  genannte  Demokies 
(=  Polyaen  V,  46)  ist  aber  derselbe  wie  Darookles,  an  den  die  bekannte 
Anekdote  vom  älteren  Dionys  anknüpft  (Cic.  Tusc.  V,  61).  Timaeos  er- 
wähnt hier  eine  Depesche  itapa  tü»v  •r^tji.ovtuv  tu>v  el<;  Neav  icoXtv  anoataXtv- 
tu>v;  darin  sieht  Beloch,  Gr.  Gesch.  II,  179  Neapolis  in  Apulien,  das  dann 
eine  der  beiden  von  D.  gegründeten  Colonien  wäre  (Diod.  XVI,  5,  3).  — 
Krieg  mit  den  Lucanern  :  Diod.  1.  c,  vgl.  Justin  XXI,  3,  3.  1000  yo-yaZst;: 
Plut.  Dio  22.  Die  saevitia  wird  bei  Justin  XXI,  2,  2  übertrieben;  grau- 
sam war  D.  II.  keineswegs.  —  Verhandlungen  mit  Persien :  Plato  ep.  13. 
363c.  —  Hanno:  Arist.  pol.  VIII,  6,  2.  Mit  Justins  Erzählung  XXI,  4 
ist  wenig  anzufangen.  Seine  Söhne  sind  vermuthlich,  wie  A.  Schäfer 
annimmt,  Hamilkar,  der  JtaßX^0^i<;  u>c  tKtflifuvos  tt>powt?t  otv^pSfl-r),  und 
sein  Bruder  Gisgo,  der  verbannt  wird:  Polyaen  V,  11,  vgl.  Diod.  XVI,  81,  3. 


Die  Befreiung  Siciliens. 

992.  Der  Versuch  einer  friedlichen  Reform  war  geschei- 
tert ;  so  folgte  der  Versuch,  sie  mit  den  Waffen  durchzusetzen. 
Schon  bei  der  Olympienfeier  360  erklärte  Dion,  dass  er  jetzt 
erzwingen  wolle,  was  ihm  verweigert  werde;  er  begann,  mit 
seinem  Bruder  Megakles  zusammen,  überall  in  Griechenland 
Anhänger  zu  werben.  Die  Akademie  stellte  ihm  ihren  ganzen 
Einfluss  zur  Verfügung.  Plato  selbst  hielt  sich  zurück;  aber 
um  so  eifriger  war  Speusippos  thätig  —  man  kann  es  Dionys 
nicht  verargen,  dass  er  Plato  darüber  schwere  Vorwürfe 
machte  und  schliesslich  völlig  mit  ihm  brach.  Ausser  zahl- 
reichen Athenern  —  darunter  Kallippos,  bei  dem  Dion  ge- 
wohnt hatte,  und  sein  Bruder  Philost ratos  —  wurden  Eudemos 


M2    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

von  Kypros,  der  Freund  des  jungen  Aristoteles,  Miltas  der  thes- 
salische  Zeichendeuter,  Timonides  von  Leukas  gewonnen.  Auch 
Heraklides  und  Theodotes  (§.  990)  verbanden  sich  mit  Dion  für 
die  gemeinsame  Sache;  sie  bereisten  den  Peloponnes  und  wur- 
den überall  mit  hohen  Ehren  aufgenommen,  ja  Sparta  ertheilte 
Dion  das  Bürgerrecht.  Die  übrigen  Exulanten  freilich  hatten 
kein  Zutrauen  zu  der  Sache;  nur  25  von  etwa  1000  erklärten 
sich  zur  Theilnahme  bereit.  Nur  um  so  deutlicher  tritt  der 
Grundcharakter  der  Bewegung  hervor.  Mochten  auch  persön- 
liche Interessen  mitspielen,  in  der  Hauptsache  handelt  es  sich 
um  ein  durchaus  idealistisches  Unternehmen.  Mit  voller  Be- 
geisterung ging  Dion  in  den  Kampf:  »er  wolle  mit  Freuden 
st  erben  erklärte  er,  »wenn  er  bei  einem  solchen  Werk  auch 
nur  den  Fuss  auf  sicilischen  Boden  habe  setzen  können«. 
Die  geläuterte  politische  Theorie  erhob  sich  gegen  die  ent- 
artete und  unwürdige  Gestaltung  des  Staats;  sie  machte  den 
Versuch,  den  stärksten  aller  griechischen  Staaten  in  ihre  Hand 
zu  bekommen,  um  hier,  im  Vollbesitze  der  Macht,  durch  eine 
systematische  Umgestaltung  von  oben  herab  ihr  Ideal  in  Wirk- 
lichkeit umzusetzen. 

Plato  und  Dion  in  Olympia:  Plat.  ep.  2.  7.  850.  Rechtfertigungs- 
schreiben an  Dionys:  ep.  2.  3.  Dions  Rüstungen  und  Anhänger :  Plut.  Dio  22. 
üeber  seine  Betheiligung  spricht  sich  Plalo  natürlich  in  dem  Schreiben  an 
Dio  ep.  4,  320  a  anders  aus  als  nachher  in  der  Rechtfertigungsschrift  ep. 
7,  350c.  —  Timaeo*  (Diod.  XVI,  6,  5.  Nepos  Dio  5.  1)  hat  mit  Unrecht 
Korinth  in  den  Mittelpunkt  der  Hüstungen  gestellt.  Dio  und  8parta :  Plut. 
Dio  17;  auch  Heraklides  und  Theodotes  haben  hier  Verbindungen:  Plat. 
ep.  4,  321  b.  Dio  und  Heraklides  &sapo$oxo:  in  Epidauros:  Cavvadias,  Fouilles 
d'Epidaure  no.  243,  p.  106.  Kallippos:  Plut.  Dio  17. 28,  Demosth.  86,  53.  50, 
47  fT.  Philostratos :  Nepos  Dio  9.  cf.  Plat.  ep.  7,  333  e.  Dions  Ausspruch : 
Arial,  pol.  VIII,  8,  17.  —  Die  Geschichte  Dions  bat  zahlreiche  zeit- 
genössische  Darstellungen  gefunden,  durch  Athanis  (§.  996 A.),  den  Fort- 
setzer des  Philistos  (von  362/1  ab,  Diod.  XV,  94  4),  bei  dem  offenbar 
Heraklides'  Standpunkt  zum  Wort  kam,  durch  Ephoros,  durch  Theopomp 
Philipp.  II».  39  und  40;  ferner  durch  Timonides,  der  über  die  Expedition  in 
Briefform  an  Speusipp  berichtete  (Plut.  Dio  80.  35.  Diog.  L.  IV,  5);  dass 
seine  Darstellung  in  diesem  Abschnitte  die  Grundlage  für  Plutarch  im 
Dio  bildet,  wird  Sill  im  einzelnen  erweisen.   Sonst  ist  Timaeos'  Dar- 


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Dions  Rüstungen  und  Ausfahrt  nach  Siethen.    Heraklides»  513 

Stellung  herrschend  geworden,  der  Nepos  und  vorwiegend  wohl  auch 
Diodor  folgen,  trotz  c.  16,  4  (s.  §.  995  A  ).  Einzelnes  ergeben  auch  hier 
noch  Piatos  Briefe  (4.  10.  7.  8);  auch  von  Speusipp  lagen  Briefe  an 
Dion  vor:  Diog.  L.  IV,  5  (.lanach  ep.  Socratic.  35).  Die  Polemik  zwischen 
Dionys  und  der  Akademie  hat  sich  nach  Dionys'  Sturz  in  einem  Schrift- 
wechsel zwischen  diesem  und  Speusipp  fortgesetzt:  Diog.  L.  IV,  2.  5; 
danach  ep.  Socratic.  36. 

993.  Ueber  den  Vorbereitungen  sind  Jahre  vergangen; 
im  Sommer  357  waren  die  Rüstungen  vollendet.  Zum  Sammel- 
punkte hatte  Dion  Zakynthos  bestimmt.  Freilich  brach  in 
seinem  Anhang  sofort  Zwiespalt  aus:  Heraklides  wollte  von 
den  Idealen  der  Akademie  nichts  wissen  und  sich  Dion  nicht 
unterordnen,  sondern  blieb  im  Peloponnes  zurück,  um  das 
Befrei ungs werk  auf  eigene  Hand  zu  versuchen.  So  hatte 
Dion  noch  nicht  800  Söldner  bei  sich;  nur  mit  Mühe  konnten 
er  und  der  achaeische  Staatsmann  Alkimenes,  der  das  Unter- 
nehmen nach  Kräften  förderte,  sie  beschwichtigen  und  sie  fest- 
halten, als  sie  erfuhren,  dass  diese  winzige  Schaar  bestimmt 
sei,  das  mächtigste  Reich  der  griechischen  Welt  umzustürzen. 
Aber  mit  vollem  Recht  rechnete  Dion,  dass  die  Macht  des 
Herrschers  morsch  und  von  ihm  selbst  unterwühlt  sei ;  es  be- 
dürfe nur  eines  Anstosses,  so  werde  sie  zusammenbrechen. 
Am  9.  August  357  brach  er  von  Zakynthos  auf,  mit  zwei  Kauf- 
fahrern und  drei  mit  Rüstungen  beladenen  Booten.  Die  ge- 
wöhnliche Route,  längs  der  Küste,  konnte  er  nicht  einschlagen, 
da  Philistos  ihm  mit  der  Flotte  am  japygischen  Vorge- 
birge auflauerte;  er  musste  den  Curs  über  das  offene  Meer 
nehmen.  Dabei  erging  es  ihm  ähnlich  wie  den  Peloponnesiern 
im  J.  413  (§.  671);  schon  hatte  er  das  Vorgebirge  Pachynon 
erreicht,  als  er  vom  Sturm  in  das  Syrtenmeer  verschlagen 
wurde.  Schliesslich  gelangte  er  aber  doch  nach  Minoa,  der 
Grenzstadt  der  karthagischen  Provinz.  Der  Commandant 
Synalos  nahm  ihn  freundlich  auf.  Die  Soldaten  selbst  drängten 
zum  raschen  Vormarsch :  unter  Zurücklassung  der  mitgeführten 
Rüstungen  gingen  sie  sofort  gegen  Syrakus  vor.  Unterwegs 
erhielten  sie  Zuzug  von  Agrigent,  Gela,  Kamarina;  in  wenig 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthums.  V.  33 


514    IV,  8.  Der  Reform  versuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 


Tagen  war  Dions  Macht  auf  5000  Mann  angewachsen,  die  meist 
freilich  nur  schlecht  bewaffnet  waren.  Dionys  hatte  einen  An- 
griff von  dieser  Seite  nicht  erwartet;  er  selbst  war  kurz  zu- 
vor mit  80  Schiffen  nach  Italien  gefahren«  und  die  erste  De- 
peschet  die  ihm  nachgesandt  wurde,  ging  unterwegs  verloren. 
Der  Stadtcommandant  Timokrates,  jetzt  mit  Dions  Gemahlin 
Arete  vermählt,  erwies  sich  unfähig,  die  Verteidigung  zu 
organisiren,  zumal  auch  in  der  Stadt  der  Aufstand  aus- 
brach; er  flüchtete  zu  Dionys,  und  Dion  konnte  ohne  Kampf 
in  Syrakus  einziehen,  während  der  Pöbel  über  die  Spione 
des  Tyrannen  herfiel  und  die  Habe  seiner  Anhänger  plünderte. 
Dion  berief  eine  Volksversammlung  und  verkündete  den  Syra- 
kusanern,  dass  nach  48jähriger  Knechtschaft  der  Tag  der  Frei- 
heit gekommen  sei.  Er  selbst  und  sein  Bruder  Megakles  wurden 
zu  Strategen  mit  unumschränkter  Macht  erwählt,  und  ihnen 
auf  ihren  Wunsch  20  Beamte,  10  aus  den  Exulanten  und  10 
aus  der  Stadt,  zur  Seite  gestellt.  Alsbald  trafen  auch  die 
Rüstungen  aus  Minoa  ein  und  ermöglichten  die  Bewaffnung 
eines  Theils  der  Bürger,  während  die  anderen  sich  rüsteten 
so  gut  es  gehen  mochte. 

Ueher  Heraklides:  Diod.  XVI,  6,  5.  16,  2.  Plut.  Dio  32,  vgl.  Plato 
ep.  4,  320  e.  321b,  wodurch  bestätigt  wird,  dass  der  Gegensatz  des  Hera- 
klides  gegen  Dion  und  die  Akademie  schon  vor  Dions  Abfahrt  bestand,  wie 
Plutarch  angibt,  und  Heraklides  keineswegs  zurückgeblieben  ist,  um  Dion 
von  der  See  aus  zu  unterstützen.  Bei  Plutarch  wird  Heraklides  nach 
Möglichkeit  in  den  Hintergrund  gedrängt.  —  Das  Datum  von  Dions  Aus- 
fahrt ergibt  sich  aus  der  Mond  finster niss  Plut.  Dio  24.  Diodor  hat  den 
zusammenhängenden  Bericht  seiner  Quelle  (vgl.  §.  822  A.)  so  vertheilt,  dass 
er  den  Ueberblick  über  Dionys'  II.  frühere  Geschiebte  XVI,  5  unter  859/8, 
Dions  Vorbereitungen  c.  6  unter  858/7,  die  Befreiung  c.  9—18  unter  357?6 
gibt,  letzteres  völlig  correct.  Sein  Bericht  (Timaeos)  steht  an  Zuver- 
lässigkeit hinter  dem  Plutarchs,  der  aus  dem  Augenzeugen  Timonides 
stammt,  weit  zurück;  aus  den  ttevt(xxiaxi^<t>v  ftdretoos  *pwrrrov6t«s 
xaxä  tt)v  tööv  Plut.  27  sind  bei  ihm  c.  9,  6  20,000  (nachher  c.  10,  4  gar 
50,000)  geworden,  was  zur  Beurtheilung  der  übrigen  Zahlen  bei  Timaeos 
sehr  beachtenswerth  ist.  Nepos  bietet  nichts  (denn  dass  Dion  post  diem 
tertium  quam  Siciliam  attigerat  in  Syrakus  eingezogen  sei,  ist  handgreif- 
liche Uebertreibung);  Justin  XXI,  2  schläft. 


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Dion  in  Syrakus.   Kampfe  mit  Dionys.   Heraklides.  515 

994.  Die  schwerste  Aufgabe  stand  freilich  noch  bevor. 
Zwar  war  fast  die  ganze  Insel  (auch  die  Militärcolonie  Leon- 
tini)  in  den  Händen  der  Aufständischen,  und  Dionys'  Truppen 
hatten  die  weit  ausgedehnte  Neustadt  von  Syrakus  geräumt; 
aber  die  feste  Burg  und  die  Altstadt  auf  der  Insel  wurde  von 
ihnen  gehalten.  Jetzt  kehrte  auch  Dionys  mit  der  Flotte  aus 
Italien  heim.  Er  bot  zunächst  Concessionen ;  als  das  abge- 
wiesen wurde,  lockte  er  durch  das  Anerbieten,  über  die  Be- 
dingungen, unter  denen  er  seine  Gewalt  niederlegen  wolle, 
zu  verhandeln,  syrakusanische  Gesandte  zu  sich,  und  Hess 
dann  seine  Söldner  einen  plötzlichen  Ausfall  unternehmen. 
Sie  durchbrachen  die  von  den  Syrakusanern  aufgeführte  Mauer 
und  drangen  in  die  sorglose  Stadt  ein.  Fast  wäre  das  Unter- 
nehmen geglückt;  nur  durch  die  Tapferkeit  Dions  und  die 
Standhaftigkeit  der  kriegserfahrenen  Truppen,  die  er  mitge- 
bracht hatte,  wurde  das  Gefecht  wiederhergestellt  und  die 
Barbaren  schliesslich  zurückgeschlagen.  Dionys  entliess  die 
Gesandten;  zugleich  aber  suchte  er  durch  gefälschte  Briefe 
an  Dion  unter  dem  Namen  seines  Sohnes  Hipparinos,  deren 
Verlesung  die  Volksversammlung  verlangte,  Misstrauen  zwischen 
die  Gegner  zu  säen.  Er  erreichte  seinen  Zweck  um  so  leichter, 
da  Dion  gar  kein  Hehl  machte,  dass  seine  Absicht  sei,  das 
Regiment  fest  in  der  Hand  zu  behalten  wie  Lykurg  und  Kyros, 
die  Plato  ihm  als  Muster  vorhielt  (ep.  4,  vgl.  die  Gesetze), 
und  keineswegs  die  Pöbelherrschaft  herzustellen,  sondern  die 
ächte  Aristokratie.  Er  hielt  sich  Leibwächter  wie  die  Ty- 
rannen ;  und  durch  stolzes  und  selbstbewusstes  Auftreten  ent- 
fremdete er  sich  viele,  die  sich  einer  gewinnenderen  Persön- 
lichkeit gefügt  hätten.  Als  jetzt  Heraklides  mit  7  Schilfen  in 
Syrakus  eintraf,  kam  der  Gonflict  zum  Ausbruch;  er  trat  an 
die  Spitze  der  Volkspartei  und  wurde  zum  Admiral  bestellt. 
Darin  sah  Dion  einen  Eingriff  in  die  ihm  übertragenen  Rechte ; 
und  da  er  die  Macht  noch  in  Händen  hatte,  mussten  die 
Syrakusaner  Heraklides  wieder  absetzen.  Dion  versuchte  den 
Rivalen  zu  gewinnen:  er  ubertrug  ihm  selbst  das  Gommando 
zur  See  und  gestattete  ihm,  sich  gleichfalls  Leibwächter  zu 


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516    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 


halten.  Aber  Heraklides  fuhr  fort,  die  Opposition  zu  schüren. 
In  der  Volksversammlung  wurden  Stimmen  laut,  man  habe 
nur  den  trunkenen  Tyrannen  gegen  einen  weit  gefahrlicheren 
nüchternen  vertauscht ;  ein  gewisser  Sosis  erhob  Klage,  er  sei 
von  den  fremden  Soldaten  misshandelt  und  verwundet  worden. 
Ihn  vermochte  Dion  freilich  als  Betrüger  zu  entlarven;  aber 
es  war  klar,  dass  er  schon  jetzt  seiner  Macht  wäre  entkleidet 
worden,  hätte  er  nicht  in  den  Söldnern  eine  feste  Stütze  be- 
sessen, an  die  die  Gegner  sich  noch  nicht  heran  wagten. 

Verhandlungen  und  Kampf:  Plut.  30  ff.  Polyaen  V,  2,  7.  8.  Diod. 
XVI,  11,  3  ff.  Justin  XXI,  2.  —  Dions  Stellung  Plut.  32  ff.  Leihwächter: 
Plut.  33.  Nach  Diod.  XVI,  16,  2  hringt  Heraklides  20  Trieren  und 
1500  Mann.  Piatos  vierter  Brief,  an  Dion,  vor  Heraklides1  Abgang  ge- 
schrieben, zeigt  in  seinen  offenen  und  versteckten  Warnungen  die  Ge- 
fahren deutlich. 

995.  Inzwischen  war  der  Krieg  ins  Stocken  gerathen. 
Dionys  suchte  sich  durch  Piraterie  zu  verproviantiren ;  die 
Syrflkusaner  begannen  eine  Flotte  zu  bauen.  Philistos  war 
aus  Italien  zurückgekehrt  und  hatte  neue  Truppen  mitgebracht, 
mit  denen  er  vergeblich  Leontini  wieder  zu  erobern  ver- 
suchte. Im  J.  356  kam  es  zu  einer  Seeschlacht  zwischen  Hera- 
klides und  Philistos;  die  Schiffe  des  Tyrannen  wurden  ge- 
schlagen, und  Philislos  selbst  fiel  in  die  Hände  seiner  Gegner, 
die  ihn  auf  das  schmählichste  misshandelten  und  noch  an 
dem  Leichnam  ihre  Wulh  ausliessen.  —  Der  Verlust  der  See- 
schlacht und  der  Tod  seines  treuesten  und  begabtesten  An- 
hängers zeigten  Dionys,  dass  er  seine  Stellung  in  der  Festung, 
der  die  Zufuhr  unterbunden  war,  in  der  bisherigen  Weise 
nicht  mehr  aufrecht  erhalten  könne;  er  bot  Dion  noch  einmal 
ein  Abkommen  auf  billige  Bedingungen,  und  als  das  abge- 
wiesen wurde,  übergab  er  das  Gommando  der  Burg  mit  den 
besten  Truppen  seinem  jungen  Sohn  Apollokrates  und  begab 
sich  selbst  mit  seinen  Schätzen  in  den  italischen  Theil  seines 
Reichs,  den  feindlichen  Wachtschiffen  glücklich  entgehend.  Die 
Hoffnung  auf  einen  schliesslichen  Sieg  gab  er  noch  nicht  auf; 
noch  verfügte  er  über  reiche  Mittel,  und  zugleich  erwartete  er 


Pbilistos'  Tod.   Dionys  nach  Italien."   Heraklides  stürzt  Dion.  517 


Unterstützung  von  seinen  alten  Bundesgenossen,  den  Spartanern. 
—  In  Syrakus  brachte  der  Seesieg  den  inneren  Gegensatz  zu 
offenem  Ausbruch.  Heraklides'  Ansehen  wuchs,  Dions  und  der 
Landtruppen  glaubte  man  jetzt  nicht  mehr  zu  bedürfen.  Auf 
Heraklides'  Betreiben  brachte  Hippon  den  Antrag  auf  eine  neue 
Landauflheilung  ein.  Als  Dion  sich  widersetzte,  wurde  ihm 
das  Commando  aberkannt  und  seinen  Truppen  der  Sold  ent- 
zogen; zugleich  aber  bot  man  ihnen  insgeheim  das  Bürger- 
recht und  Antheil  am  Land,  wenn  sie  Dion  verlassen  wollten. 
Sie  blieben  treu ;  mit  Dion  zusammen  räumten  sie  die  Stadt,  die 
zu  befreien  sie  gekommen  waren.  Auf  dem  Abmarsch  wurden 
sie  von  der  Bürgermiliz  zweimal  angegriffen;  aber >  als  sie 
sich  formirten  und  einen  Vorsloss  machten,  stob  dieselbe  aus 
einander.  Weiteres  Bürgerblut  wollte  Dion  nicht  vergiessen; 
er  zog  mit  seiner  Schaar  nach  Leontini,  wo  sie  mit  offenen 
Armen  aufgenommen  wurden.  Auch  die  übrigen  Städte  Sici- 
liens  traten  auf  ihre  Seite;  der  alte  Gegensatz  gegen  Syrakus 
trat  aufs  neue  ins  Leben.  • ; » 

Dionys'  Piraterie  Diod.  XVI,  13,  3.  Philislos  gegen  Leontini  (vgl. 
Plut.  Dio  27)  und  die  Seeschlacht  Diod.  XVI,  16  unter  356/5.  Die  An- 
gabe über  Philistos'  Tod  zeigt,  dass  Diodor  hier  Ephoros  folgt,  der  ihn 
sich  selbst  tödten  lies?,  während  Timonides,  der  zuverlässigste  Zeuge,  die 
Misshandlungen  schildert  und  Timaeos  sie  weiter  ausmalt:  Plut.  36  f. 
Das  weitere  nach  Plut.  37  ff.;  Diodors  Darstellung  XVI,  17  ist  ohne 
Zweifel  parteiisch.  Nach  ihm  hätten  die  Söldner  (angeblich  über  3000), 
denen  aus  Geldmangel  der  Sold  vorenthalten  wird,  Dion  gezwungen,  die 
Syrakusaner  anzugreifen;  aber  thatsächlich  thut  er  das  auch  bei  Dioior 
nicht,  sondern  zieht  ab.  Sein  Sieg  wird  dann  in  üblicher  Weise  über- 
trieben ;  aber  auch  hier  nutzt  er  ihn  in  keiner  Weise  aus,  ?ondern  geht 
nach  Leontini.  —  Die  neuen  Verhandlungen  mit  Dionys  erzählt  auch  Nepos 
5,  6,  der  sie  fälschlich  angenommen  werden  lässt. 

906.  Zum  zweiten  Mal  war  der  Reformversuch  geschei- 
tert, diesmal  an  dem  Widerstand  der  Masse,  die  sich  nicht 
zum  Object  staats Wissenschaft! icher  Experimente  hergeben 
wollte.  Die  neue  Regierung  von  25  Strategen  —  man  sieht, 
wie  sich  die  Demokratie  im  Misstrauen  gegen  die  Amtsgewalt 
gar  nicht  genug  thun  konnte  — r  mit  Heraklides  an  der  Spitze 


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518    IV,  8.  Der  Reform  versuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 


sollte  bald  in  die  Lage  kommen ,  zu  zeigen ,  was  sie  leisten 
könne.  Dionys  schickte  von  Lokri  aus  den  Neapolitaner 
Nypsios  mit  Schiffen  und  Proviant  nach  der  Inselstadt,  die 
durch  den  Mangel  an  Zufuhr  in  arge  Noth  gerathen  war. 
Diesem  gelang  es  zu  landen  und  die  Lebensmittel  auszuschiffen: 
dabei  wurde  er  allerdings  von  den  Feinden  angegriffen  und 
verlor  einen  Theil  seiner  Schiffe.  Das  ausgelassene  Sieges- 
fest, das  man  in  der  Stadt  feierte,  benutzte  Nypsios  zu  einem 
nächtlichen  Ausfall.  Auch  diesmal  wurden  die  Posten  über- 
rumpelt, die  Sperrmauer  überstiegen;  die  Soldner  ergossen 
sich  mordend  und  raubend  durch  die  Unterstadt  und  drangen 
bereits  gegen  die  Höhen  von  Achradina  vor.  Der  einzige, 
der  Rettung  bringen  konnte,  war  Dion ;  seine  Anhänger  eilten 
nach  Leontini,  ihn  herbeizurufen.  Dion  versagte  sich  der  Hei- 
math nicht,  und  auch  seine  peloponnesischen  Söldner  ver- 
gassen,  was  man  ihnen  angethan  hatte;  in  eilendem  Marsch 
traten  sie  in  der  nächsten  Nacht  den  Rückweg  nach  Syrakus 
an.  Hier  hatten  sich  die  Söldner  doch  zu  schwach  gefühlt, 
die  ausgedehnte  Oberstadt  zu  erobern,  und  sich  gegen  Abend 
in  die  Burg  zurückgezogen;  so  fassten  Heraklides  und  die 
Demokraten  neuen  Muth  und  beschlossen  bereits,  Dion  nicht 
eirlzulasen.  Da  brach  Nypsios  von  neuem  los  und  trug  zum 
zweiten  Male  Mord  und  Brand  in  die  wehrlose  Stadt.  Jetzt 
blieb  auch  den  Verstocktesten  keine  Wahl  mehr;  Heraklides 
sandte  seinen  Oheim  Theodotes  und  seinen  eigenen  Bruder, 
Dion  um  Hülfe  anzuflehen.  Die  Truppen  beschleunigten  ihren 
Marsch  nach  Kräften ;  noch  im  Laufe  des  zweiten  Kampftages 
trafen  sie  ein,  und  nach  hartem  Strassenkanjpf,  langsam  vor- 
dringend unter  Flammen  und  Trümmern,  gelang  es  ihnen,  die 
Feinde  in  die  Burg  zurückzuwerfen.  Dann  wurde  der  Brand 
gelöscht  und  die  Verschanzung,  welche  die  Feinde  absperrte, 
in  stärkerer  Gestalt  wieder  hergestellt. 

25  Strategen:  Plut.  38;  zu  ihnen  gehört  der  Historiker  Atuanis 
(§.  992  A.):  Theopomp  fr.  212  (Steph.  Byz.  Aujiifj).  —  Die  Operationen  des 
Nypsios  erzählt  Diodor  XVI,  18  genauer  als  Plutarch,  dagegen  gibt  dieser 
von  den  folgenden  Begebenheiten  ein  viel  correcteres  Bild;  Dlodors  Ab- 


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Letzte  Kampfe.   Dions  Rückkehr.   Spartanische  Intervention.  519 

weichungen  gehen  zum  Theil  auf  starke  Kürzung  zurück.  Alle  weiteren 
Ereignisse  bis  zu  D'ons  Ermordung  hat  Diodor  übergangen. 

997.  Dion  hatte  es  in  der  Hand,  seine  Gegner  zu  ver- 
nichten. Aber  er  hat  ein  Strafgericht  verschmäht;  er  gab 
die  Hoffnung  nicht  auf,  Heraklides  und  seinen  Anhang  durch 
Nachsicht  und  Ermahnungen  für  die  richtige  Erkenntniss  zu 
gewinnen.  Heraklides  fügte  sich  einstweilen;  er  selbst  bean- 
tragte die  Wiedereinsetzung  Dions  in  sein  unumschränktes 
Feldherrnamt.  Als  dann  freilich  die  Menge  grollte,  dass  dadurch 
Heraklides  seine  Nauarchie  verliere,  willigte  Dion  ein,  dass 
auch  diese  bestätigt  wurde.  Dagegen  bestand  er  auf  der  Auf- 
hebung des  Gesetzes  über  die  Landaufteilung.  Binnen  kurzem 
begann  der  Hader  von  neuem.  Dionys  hatte  inzwischen  von 
Sparta  Hülfstruppen  erhalten,  unter  Führung  des  Pharax ;  und 
dieser  setzte  sich  im  Gebiet  von  Agrigent  fest.  Zugleich  aber 
erschien  ein  Spartaner  Gaisylos,  um  die  Dinge  auf  Sicilien  zu 
ordnen  wie  ehemals  Gylippos.  Mit  beiden  trat  Heraklides  von 
Messana  aus,  wo  er  mit  der  Flotte  gegen  Dionys  operirte,  in 
Verbindung;  er  hatte  schon  vorher  zu  Sparta  Beziehungen  ange- 
knüpft (§.  992  A.),  und  erklärte  jetzt  Gaisylos  für  den  Bringer 
der  wahren  Ordnung  im  Gegensatz  zu  dem  neuen  Tyrannen 
Dion.  Während  dieser  gegen  Pharax  ins  Feld  gerückt  war, 
machte  er  den  Versuch  mit  der  Flotte  in  Syrakus  einzu- 
dringen und  sich  der  Herrschaft  zu  bemächtigen.  Aber  Dion 
erhielt  davon  Kunde;  eiligst  zog  er  nach  Syrakus  und  kam 
seinem  Rivalen  um  wenige  Stunden  zuvor.  Schliesslich  ver- 
mittelte Gaisylos  eine  neue  Versöhnung  der  beiden  Gegner; 
er  selbst  gab  seine  Rolle  auf  und  trat  auf  Dions  Seite  über. 
Damit  hatte  Dion  das  Regiment  aufs  neue  fest  in  der  Hand. 
Er  löste  die  Flotte  auf,  als  den  ärgsten  Nährboden  der  Demo- 
kratie —  ganz  nach  Piatos  Lehren  — ,  und  beschränkte  sich 
auf  den  Kampf  zu  Lande.  Endlich  gelangte  er  ans  Ziel. 
Apollokrates ,  der  sich  nicht  mehr  halten  konnte,  capitulirte 
auf  freien  Abzug,  und  übergab  die  Burg  an  Dion  (354?). 

Von  den  späteren  Kämpfen  haben  wir  nur  ungenügende  Kunde, 
da  Plutarcb,  hier  die  einzige  Quelle,  nur  das  biographisch  Wichtige  an- 


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520    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

führt.  Daher  steht  auch  die  Chronologie  nicht  fest.  —  Pharax  (Plut.  48* 
vgl.  §.  1000)  kann  unmöglich  mit  dem  Nauarchen  von  396  (§.  796.  845> 
identisch  sein;  vielleicht  ist  er  sein  Sohn  oder  Enkel. 


Dions  Ausgang.  Scheitern  des  Reformversuchs.  Auflösung 

des  westgriechischen  Reichs. 

998.  Die  Befreiung  Siciliens  von  der  Tyrannenherrschafl 
war  Dion  und  seiner  kleinen  Schaar  gelungen,  zum  Staunen 
der  ganzen  Welt,  deren  Augen  gespannt  auf  die  Vorgänge 
im  Westen  gerichtet  waren.  Aber  Dion  hatte  bereits  erfahren 
müssen,  dass  er  damit  nur  den  ersten  und  leichteren  Theil 
seines  Programms  erfüllt  habe;  verglichen  mit  den  Schwierig- 
keiten, die  er  jetzt  zu  überwinden  hatte,  musste  selbst  Dio- 
nysios'  Macht  geringfügig  erscheinen.  Wie  ein  erlahrener 
Arzt,  nach  dem  von  Plato  immer  aufs  neue  wiederholten* 
Gleichniss,  das  er  ihm  nach  seinen  ersten  Erfolgen  nochmals 
vorgehalten  hat,  sollte  der  wahre  Staatsmann  über  der  Masse 
der  Bürger  stehen,  wegschneiden  was  unbrauchbar  war,  und 
als  Erziehungscur  ihnen  die  richtigen  Gesetze  verordnen,  die  sie 
in  wahre  Staatsbürger  umwandeln  und  einem  jeden  den  Platz 
zuweisen  würden,  der  ihm  von  Rechts  wegen  zukam.  Dazu  ge- 
hörte unermüdliche  Selbstbeherrschung  und  Geduld;  aber  die 
Macht  durfte  er  nicht  aus  den  Händen  geben,  ehe  sein  Werk 
vollendet  war.  Dass  die  Thoren  ihn  einen  Tyrannen  schalten, 
konnte  den  wahren  Weisen  so  wenig  berühren,  wie  den  Arzt 
das  Geschrei  der  Kinder  und  des  Pöbels,  wenn  er  brennen 
und  schneiden  muss  oder  auch  nur  eine  strenge  Diät  ver- 
langt. Wenn  dagegen  andere  von  Dion  behaupteten,  er 
habe  »von  einer  Art  spartanischen  Königthums  geträumte, 
so  war  das  völlig  zutreffend  —  nur  den  Traum  würden  er 
und  Plato  nicht  zugegeben  haben  — ,  aber  in  seinem  Sinne 
kein  Tadel,  sondern  das  höchste  Lob;  trotz  aller  Gebrechen 
kam  der  spartanische  Staat  von  allen  bestehenden  dem  Ideal 
doch  immer  noch  am  nächsten.   Wie  die  Menschen  nun  ein- 


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Dions  Stellung.   Ermordung  des  Heraklides. 


521 


mal  sind,  genügt  die  Ehrfurcht  (a!5<&c)  allein  nicht,  um  den 
Gehorsam  gegen  die  Gesetze  zu  erzwingen,  und  mögen  sie 
noch  so  gut  sein;  es  müssen  die  Zwangsmittel  der  staat- 
lichen Gewalt,  der  Schrecken  (^ößoc),  hinzukommen,  wenn 
nicht  die  Begehrlichkeit  und  damit  die  Zwietracht  ewiglich 
herrschen  und  jeden  Ansatz  zum  Bessern  ersticken  soll.  So 
lehrte  Plato  (vgl.  ep.  7,  337  a),  wie  einst  Aeschylos  es  aus- 
gesprochen hatte,  als  man  in  Athen  die  Rechte  des  Areopags 
beschränkte  (§.  308  A.) ;  das  war  die  Richtschnur ,  nach  der 
Dion  zu  handeln  hatte. 

Ueber  Dions  Plane  Plato  ep.  7,  333b.  335e,  vgl.  351a.  8,  857a. 
Atcuva  tsoXXot  jiovapxias  opr^aftat  xal  ßaoiXstav  r.vä  Aaxumxrjv  ovtiporcoXslv 
6«v6oov  Plut.  comp.  Timol.  et  Paul.  2,  vgl.  D  o  53.  Das  ist  genau  das, 
was  Plato  sagt  und  fordert  wie  in  seinen  Briefen,  so  im  Politikos  und  in  den 
Gesetzen.  Dion  als  Tyrann  im  8inne  des  D:onys'03  zu  behandeln,  wie 
es  neuerdings  noch  wieder  Bkloch  thut,  ist  ganz  verkehrt ;  dann  hätte 
er  Heraklides  und  seinen  Anhang  spätestens  sogleich  nach  seiner  Rück- 
kehr aus  Leontini  beseitigt  und  die  Herrschaft  fest  ergriffen  und  be- 
hauptet. 

999.  Für  den  Augenblick  besass  Dion  die  Macht.  Alle 
Ausschreitungen  des  Pöbels  hielt  er  nieder,  wie  die  Land- 
aufteilung und  die  Schöpfung  einer  Flotte,  so  die  Schleifung 
der  Königsburg  und  die  Zerstörung  des  Grabes  des  alten 
Dionys  —  war  er  doch  trotz  all  seiner  Gewaltthaten  der  Be- 
freier Siciliens  gewesen.  Dadurch  gab  er  freilich  der  Oppo- 
sition nur  neue  Nahrung;  da  Dion  einmal  vor  Gewaltthaten 
zurückscheute,  begann  Heraklides  trotz  aller  bei  der  Versöh- 
nung geschworenen  Eide  aufs  neue  die  Agitation.  Er  wei- 
gerte sich,  im  Rathe  des  Regenten  zu  erscheinen;  er  sei  ein 
einfacher  Bürger,  und  sein  Platz  in  der  Volksversammlung. 
Da  endlich  gab  Dion  dem  Drängen  seiner  Anhänger  nach, 
welche  die  Beseitigung  des  gefahrlichen  Mannes  forderten;  er 
liess  Heraklides  ermorden.  Auch  darin  handelte  er  durchaus 
nach  Piatos  Lehren:  den  unverbesserlichen  Bürger  aus  der 
menschlichen  Gesellschaft  hinwegzutilgen ,  ist  die  Pflicht  des 
wahren  Staatsmanns.    Freilich  musste  er  sofort  empfinden, 


522    IV,  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

dass  er  damit  seine  Lage  nicht  gebessert,  sondern  sich  nur 
noch  tiefer  in  den  Widerspruch  verstrickt  habe:  es  mag  ihm 
zum  Bewusstsein  gekommen  sein,  dass  die  Kluft  zwischen  der 
Theorie  und  der  Praxis  unüberbrückbar  sei.  Er  liess  den 
Rivalen  feierlich  bestatten.  Aber  sein  Gewissen  liess  ihm  keine 
Ruhe  mehr;  mit  wachen  Augen  sah  er  die  Erinnys  umgehen. 
Zudem  musste  er,  seit  er  erst  einmal  zur  Gewaltthat  seine  Zu- 
flucht genommen  hatte,  die  einzige  feste  Stütze  seiner  Macht, 
seine  Söldner,  ganz  anders  berücksichtigen  als  vorher:  sie 
forderten  und  erhielten  Landbesitz  und  waren  damit  doch 
nicht  befriedigt.  Auch  weitere  Hinrichtungen  und  Vermögens- 
confiscationen  waren  unvermeidlich:  der  ideale  König  unter- 
schied sich  äusserlich  in  nichts  mehr  von  dem  verächtlichen 
Tyrannen.  Ueberdies  verfolgte  ihn  das  Unglück  in  seiner  Familie, 
mit  der  er  eben  erst,  nach  der  Capitulation,  wieder  vereinigt  war; 
sein  kaum  erwachsener  Sohn,  in  den  Lüsten  der  Tyrannen- 
burg aufgewachsen,  gab  sich  nach  einem  Streit  mit  dem  Vater 
selbst  den  Tod.  Es  war  der  Vorbote  der  Katastrophe.  Der 
vertrauteste  Genosse  Dions  war  Piatos  Schüler  Kallippos  von 
Athen  (§.992);  je  mehr  die  Seele  des  Regenten  sich  umdüsterle, 
desto  mehr  wusste  er  sich  sein  volles  Vertrauen  zu  sichern. 
Aber  Kallippos  sah,  dass  hier  Höheres  zu  gewinnen  war,  als 
der  Posten  eines  Ministers  des  constitutionellen  Königs,  unter 
dessen  Thron  der  Boden  schwankte;  insgeheim  trat  er  mit 
den  Missvergnügten  in  Verbindung  und  wurde  die  Seele  eines 
Gomplotts  zur  Wiederherstellung  der  wahren  Freiheit.  Der 
Schwester  und  der  Frau  Dions,  die  ihn  mit  argwöhnischen 
Blicken  verfolgten,  schwor  er  die  heiligsten  Eide;  Dion  selbst 
wollte  von  allen  Warnungen  nichts  hören.  Auch  mochte 
er  des  Lebens  überdrüssig  sein,  wo  all  seine  Hoffnungen 
zusammengebrochen  waren,  und  das  Ende  herbeisehnen. 
Während  er  in  seinem  Hause  mit  Freunden  zusaromensass, 
wurden  die  Thören  besetzt,  die  Mörder  drangen  herein;  sie 
suchten  Dion  zu  erwürgen,  als  das  nicht  gelang,  Hessen 
sie  sich  einen  Dolch  hereinreichen  und  stiessen  ihn  nieder 
(353  v.  Chr.). 


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Dions  Ermordung.   KallippoB.   Hipparinos.  523 


Heraklides'  Ermordung:  Plut.  Dio  53;  bei  Nepos  Dio  6  mit  den 
vorhergehenden  Ereignissen  zusammengelogen.  Dagegen  bietet  Nepos  c.  7 
über  die  folgenden,  tyrannischen  Massregeln  Dions  manches,  was  Plutarch 
offenbar  absichtlich  übergangen  hat.  —  üeber  den  Sohn  Dions  besteht  eine 
nicht  zu  lösende  Differenz  zwischen  den  Biographien  und  Plalo.  Nach 
diesem  hat  er  seinen  Vater  überlebt  und  ist  im  J.  852  etwa  20  J.  alt  (ep. 
7,  824  b.  8,  355  e.  357  c;  der  Sohn  Dionysios'  I.  kann  324  b  nicht  gemeint 
sein,  da  er,  obwohl  er  betrachtlich  jünger  war  als  Dionysios  II.  [Plut.  Dio  3], 
doch  unmöglich  erst  im  J.  372  geboren  sein  kann),  wie  der  Sohn  bei  Plu- 
tarch 55 ;  aber  dieser  und  Nepos  6  lassen  ihn  vor  dem  Vater  sterben.  Nach 
Plutarch  war  er  der  einzige  Sohn  (ein  zweiter  wird  erst  nach  Dions  Tod 
geboren  c.  57).  Sollen  wir  annehmen,  dass  Plutarchs  und  Nepos*  Bericht 
falsch  ist?  oder  folgt  daraus,  dass  Timaeos  (Plut.  Dio  31)  den  Sohn  nicht 
Hipparinos  (so  Timonides  und  Plato),  sondern  Aretaios  nannte,  dass  Dion 
zwei  Söhne  gehabt  bat?  Anderenfalls  muss  man  wohl  annehmen,  dass  Plato 
von  dem  Tode  des  Sohnes  nichts  erfahren  hat  —  Dions  Ermordung:  Plut. 
54  ff.  =  Nepos  8  ff.  Diod.  XVI,  31,  7  unter  854/3,  in  Uebereinstimmung 
mit  Nepos  10:  quartum  post  annum  quam  ex  Peloponneso  in  Siciliam 
redierat.    Vgl.  ferner  Plato  ep.  7,  333  b  ff. 

1000.  Der  neue  Befreier  wurde  von  den  Syrakusanern  mit 
Freuden  begrüsst.  Er  that,  was  zu  erwarten  war:  er  machte 
sich  zum  Tyrannen  und  versuchte  alsbald  auch  die  Nachbar- 
städte zu  unterwerfen.  Aber  während  er  vor  Katana  lag,  erhoben 
sich  Dions  Freunde,  die  nach  einem  gescheiterten  Erhebungsver- 
such in  Syrakus  vor  ihm  nach  Leontim  entwichen  waren,  wie 
ehemals  Dion  selbst  vor  Heraklides.  Sie  fanden  Unterstützung  bei 
Hipparinos,  dem  Sohn  des  alten  Dionys  von  Aristomache,  der 
sich  seinem  Oheim  Dion  angeschlossen  und  nach  seinem  Tode 
offenbar  in  Leontini  festgesetzt  und  sich  auch  eine  Flotte  verschafft 
hatte.  Nach  13  monatlicher  Herrschaft  verlor  Kallippos,  wäh- 
rend er  Katana  gewann,  die  Herrschaft  über  Syrakus  (352). 
Die  Dionische  Partei  wandte  sich  —  so  fest  gewurzelt  war 
ihr  Idealismus  —  noch  einmal  an  Plato  um  Rath.  Plato  war 
durch  das  Scheitern  des  mit  so  stolzen  Hoffnungen  unternom- 
menen Werkes  und  durch  den  Tod  des  Mannes,  der  seinem 
Herzen  wie  kein  anderer  nahe  gestanden  hatte,  mit  tiefer  Weh- 
muth  erfüllt;  und  schwer  lastete  auf  ihm  der  doppelte  Vor- 
wurf, dass  er  die  Hand  geboten  habe  zu  einem  Unternehmen, 


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524    IV.  8.  Der  Reform  versuch  und  die  Auflösung  des  westgrieoh.  Reichs. 

welches  nur  Unheil  gezeitigt  hatte,  und  der  andere,  dass  die 
Akademie  sich  so  schlecht  bewährt  habe,  dass  aus  ihren 
Reihen  der  schwärzeste  Verräther  hervorgegangen  sei.  Er  be- 
nutzte den  Anlass,  in  einem  grossen  offenen  Briefe  »an  Dions 
Verwandte  und  Genossene  sich  vor  der  Welt  zu  rechtfertigen. 
Aber  in  seinen  Ueberzeugungen  war  er  nicht  erschüttert  (vgl. 
§.  917.  922):  nur  durch  den  festen  Entschluss,  die  entsitt- 
lichende Lebensweise  aufzugeben  und  sich  den  Gesetzen  unter- 
zuordnen, sei  Besserung  zu  erreichen.  Wenn  die  Sikelioten  das 
nicht  Wollten,  sei  ihnen  nicht  zu  helfen;  wollten  sie  aber,  so 
sollten  sie  eine  Commission  von  fünfzig  der  tüchtigsten  und  an- 
gesehensten Familienväter  einsetzen,  mit  dem  Auftrag,  ohne 
Rücksicht  auf  die  Parteien  die  Gesetze  festzustellen.  »Sind  diese 
gegeben,  so  ist  damit  alles  erreicht.«  In  einem  zweiten 
Schreiben  macht  er  in  Dions  Namen  detaillirtere  Vorschläge. 
Drei  constitutionelle  Könige,  nach  dem  Vorbilde  Spartas,  solle 
man  einsetzen:  Hipparinos,  den  Sohn  des  Dionysios,  den 
gleichnamigen  Sohn  Dions,  und  daneben,  wenn  er  sich  der 
neuen  Ordnung  fügen  wolle,  Dionysios  II.  Mit  der  Gesetzgebung 
sollen  sie  so  wenig  zu  thun  haben  wie  mit  der  Rechtsprechung, 
sondern  im  wesentlichen  auf  Ehrenrechte  beschränkt  werden; 
die  eigentliche  Leitung  des  Staats  soll  in  den  Händen  einer 
Commission  von  35  Männern  liegen,  die  auch  über  Leben 
und  Tod  Recht  zu  sprechen  haben ;  die  übrigen  Richter  sollen 
jedesmal  aus  denjenigen  abgetretenen  Beamten  ernannt  werden, 
welche  sich  am  besten  bewährt  haben.  —  Es  versteht  sich 
von  selbst,  dass  mit  diesen  Vorschlägen  Syrakus  nicht  zu 
helfen  war;  der  unverwüstliche  Glaube  an  die  Allmacht  der 
Gesetze  und  die  bewusste  Beiseiteschiebung  der  im  mensch- 
lichen Leben  Ausschlag  gebenden  Mächte,  welche  nicht  mit- 
sprechen sollen,  wo  es  sich  um  die  Gründung  eines  Staats 
handelt,  tritt  in  ihnen  noch  einmal  in  seiner  ganzen  im- 
ponirenden  Starrheit  zu  Tage.  Thatsächlich  hat  in  Syrakus 
Hipparinos  das  Regiment  geführt  so  gut  es  gehen  mochte, 
und  als  er  350  starb,  ist  ihm  sein  Bruder  Nysaeos  ge- 
folgt. Kallippos  hatte  inzwischen  zunächst  noch  einen  Hand- 


Piatos  Rathschläge.  Hipparinos  und  Nysaeos.  Die  übrigen  Tyrannen.  525 

streich  auf  Messana  versucht;  dann  hat  er  mit  dem  syraku- 
sanischen  Söldnerführer  Leptines  zusammen  Rhegion  dem 
Dionys  entrissen,  ist  aber  alsbald  von  seinem  Genossen 
umgebracht  worden  (350).  Während  dessen  gründete  sich 
Phärax  eine  Zeit  lang  an  einer  anderen  Stelle  (in  Agrigent?) 
eine  Herrschaft,  in  Tauromenion  behauptete  sich  Andromachos 
(§.  991),  in  Katana  ein  oskischer  Söldnerführer  Mamerkos, 
in  Leontini  Hiketas,  in  Messana  Hippon.  Dionys  hatte  sich 
inzwischen  in  Lokri  festgesetzt  und  hier  die  Verfassung  um- 
gestossen,  die  sein  Vater  in  der  treu  verbündeten  Stadt  hatte 
bestehen  lassen;  nachdem  man  ihm  seine  schönen  Absichten 
so  mit  Undank  gelohnt  hatte,  gab  er  sich  jetzt  ganz  dem  Ge- 
nussleben und  den  wüstesten  Ausschweifungen  hin.  Schliess- 
lich im  J.  346  gelang  es  ihm  aufs  neue  in  Syrakus  einzu- 
dringen und  seinen  Stiefbruder  Nysaeos  zu  verjagen;  dafür 
empörten  sich  die  Lokrer  und  nahmen  grausame  Rache  an 
seinem  Weib  und  seinen  Kindern,  die  er  hier  zurückgelassen 
hatte.  : 

Kallippos' Herrschaft :  Diod.  XVI,  31,  7.  36,  5,  wonach  Dions  Freunde 
nach  Leontini  verjagt  sind.  Dass  Hipparinos  während  Kallippos'  Abwesen- 
heit Syrakus  nimmt,  und  zwar  von  Leontini  aus,  also  mit  Hülfe  der 
Awovo;  vlXot,  mit  der  Flotte,  ergibt  sich  aus  Diod.  1.  c.  Polyaen  V,  4. 
Plut.  Dio  58.  Das  ist  die  Situation,  die  Piatos  7.  und  8.  Brief  voraus- 
setzen; vgl.  8,  356a:  Hippaiinos  soll  König  sein  x»plv  TJ  3vj  vöv  ßovj- 
$e{a;  xa«  7 vi  ozioo  tponoo,  Ö;  ysvojibvo«;  -opavvou  Jtatpö;  ixtuv  xrp  itoXiv 
tXsofopot.  —  Bekannt  ist  Piatos  Epigramm  auf  Dion  (Berok  7).  —  Hip- 
parinos' Tod  nach  2jähriger  Herrschaft  Diod.  I.  c.  Die  weiteren  Schick- 
sale von  Syrakus  hat  Diodor  ausgelassen.  Nysaeos  Tyrann:  Plut.  Timol.  1 ; 
vgl.  Theopoinp  fr.  204.  213  =  Aelian  v.  h.  II,  41,  nach  dem  beide 
Brüder  f  iXonotat  waren.  —  Kallippos'  Ausgang :  Pint.  Dio  58.  Diod.  XVI, 
45,  9  unter  351/0.  —  ä  oi  <J>dp«S  o  Sitapxidn]«;  x»l  KaXXt'tttto;  o  'Adnrj- 
vatc{  fiXttfoavTtc  &p£ctv  LixtX(ot;  jiapsv6fAY4cav  xa'i  rcapssftcväirpav,  utcc  itoX- 
Xutv  dvcrfifpaKtat  Plut.  comp.  Timol.  et  Paul.  2  (vgl.  Timol.  11);  wir 
wissen  von  Pharax  nichts  weiter,  als  dass  Theopomp  fr.  218  seine  Aus- 
schweifungen erwähnt.  —  Die  übrigen  Tyrannen  Plut.  Timol.  1.  13.  34. 
35  u.  a.  —  Dionys  in  Lokri:  Plato  legg.  I,  638b.  Arist.  pol.  VIII,  6.  7. 
Strabo  VI,  1,  8.  Justin  XXI,  2,  9  f.  3.  Klearch  bei  Athen.  XII,  541 
=  Aelian  v.  h.  IX,  8.  Rückkehr  nach  Syrakus  ?t«:  8«xdt(j>  Plut.  Timol.  1, 
nach  6jähriger  Herrschaft  über  Lokri  Justin  XXI,  3,  9. 


526    IV»  8.  Der  Reform  versuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

1001.  Das  gewaltige  Reich,  das  Dionysios  I.  gegründet 
hatte,  war  wieder  in  seine  Bestandtheile  aufgelöst,  und  die 
alten  Fehden  von  Stadt  zu  Stadt  hatten  aufs  neue  begonnen: 
das  ist  das  einzige  Ergebniss,  welches  der  Versuch,  den  Des- 
potismus durch  etwas  Besseres  zu  ersetzen,  erreicht  hat.  Das 
eben  ist  die  erschütternde  Tragik  des  Unternehmens  Dions: 
wie  kaum  je  in  der  Weltgeschichte  hat  sich  der  Idealismus  zu 
einem  Kampfe  erhoben  gegen  die  realen  Gewalten  des  Lebens, 
einem  Kampfe,  der  nie  siegreich  enden  konnte,  wohl  aber 
seinen  Führer  in  Schuld  und  Sünde  verstrickte  und  Verderben 
schuf  statt  Segen.  Es  erfüllt  mit  tiefer  Wehmuth,  zu  sehen, 
wie  Plato  allen  Erfahrungen  zum  Trotz  —  auch  der  Versuch 
seines  Schülers  Chion,  Heraklea  zu  befreien,  scheiterte  im 
Jahre  nach  Dions  Tode  (§.  980)  —  unerschüttert  an  seinen 
Ueberzeugungen  und  an  seinem  Glauben  festhält:  das  »Und 
dennoch!«  klingt  uns  aus  den  »Gesetzen«  überall  vernehmlich 
entgegen.  Aber  Rettung  bringen  konnte  der  Weg  nicht,  den 
er  wies,  weil  er  für  Menschen  überhaupt  nicht  gangbar  war, 
sondern,  wenn  überhaupt  etwas,  nur  die  Gewalt,  die  er  be- 
kämpft hatte:  der  rücksichtslos  durchgreifende  Despotismus. 
Das  hat  in  der  nächsten  Generation  Timoleons  Unternehmen 
nochmals  erwiesen,  das  trotz  aller  momentanen  Erfolge  den- 
noch haltbare  und  dauerhafte  Zustände  auf  der  Basis  des 
republicanischen  Particularismus  nicht  zu  schaffen  vermochte, 
sondern  nur  den  Uebergang  bildete  zu  einer  zweiten  weit 
furchtbareren  Erhebung  des  unitarischen  Despotismus.  —  Die 
Folgen  der  Zerstörung  des  Reichs  des  Dionysios  zeigten  sich 
sofort.  In  Unteritalien  sammelten  sich  im  J.  356  Schaaren 
von  Hirtenknechten  der  Lucaner,  Bruttier  genannt,  halb 
Räuber  und  halb  Krieger,  und  gründeten  einen  eigenen  Staat 
mit  dem  Mittelpunkt  Gonsentia  im  Quellgebiet  des  Krathis, 
des  Flusses  von  Thurii.  Sie  erwehrten  sich  der  Angriffe  der 
Lucaner  und  drangen  erobernd  gegen  die  griechischen  Städte 
vor,  die  jetzt  keine  Macht  mehr  schirmte.  Terina,  Temesa, 
Hipponion  an  der  Westküste  fielen  alsbald  in  ihre  Hand, 
ebenso  im  Osten  Sybaris  am  Traeis;  auch  Thurii  wurde  von 


Auflösung  des  westgriechischen  Reichs.   Die  Bruttier.  527 

ihnen  angegriffen,  hat  sich  aber  noch  behauptet.  —  Dazu 
strömten  nach  wie  vor  Schaaren  von  Oskern  nach  Sicilien, 
wo  sich  ihnen  jetzt  von  neuem  die  Aussicht  eröffnete,  aus 
Soldknechten  zu  Herren  des  Landes  zu  werden;  und  auf  der 
anderen  Seite  rüsteten  sich  die  Karthager,  die  zur  Zeit  des 
ihnen  befreundeten  Dion  Frieden  gehalten  hatten,  die  Anarchie 
zu  benutzen,  um  abermals  die  Hand  nach  der  Herrschaft  über 
die  ganze  Insel  auszustrecken.  Es  war  so  wie  Plato  im 
J.  352  schreibt  (ep.  8,  353 e):  iWenn  es  so  weiter  geht,  so 
ist  kein  Ende  abzusehen,  bis  die  ganze  Bevölkerung,  Tyrannen- 
freunde  wie  Demokraten,  zu  Grunde  gegangen  ist  und  in 
ganz  Sicilien  die  griechische  Sprache  verschwindet,  die  Insel 
aber  unter  die  Herrschaft  und  Gewalt  der  Phoeniker  oder 
der  Osker  fallt.«  Ein  Jahrhundert  spater  war  der  Moment 
gekommen,  wo  diese  Voraussagung  sich  erfüllt  hat. 

So  bietet  Griechenland  dasselbe  Bild  in  Ost  und  West. 
Jede  Macht  ist  vernichtet,  geblieben  ist  nur  noch  die  Ohn- 
macht und  der  unabsehbare  Hader  i^  Inneren  wie  nach 
aussen,  der  die  Kraft  der  Nation  verzehrt  und  aus  sich  selbst 
heraus  niemals  ein  Ende  finden  kann.  In  derselben  Zeit,  wo 
die  griechische  Gultur  ihr  Höchstes  geleistet  hat  und  reif  ge- 
worden ist,  zur  Weltcultur  zu  werden,  hat  die  Nation  politisch 
alle  Bedeutung  verloren.  Sie  ist  in  Stücke  zerschlagen,  und 
die  Trümmer  liegen  da,  eine  leichte  Beute  für  jeden,  der  sich 
bücken  will,  sie  aufzuheben.  Das  ist  der  Ausgang  der  grie- 
chischen Geschichte. 

Entstehung  der  Bruttier:  Diod.  XVI,  15  (856/5).  Strabo  VI,  1,  I 
(•^vtxa  tiw3Tpdw>oe  Aituv  Atovostm  xal  s^redpa^v  änavta;  icpi$  5r«vfx;) ; 
vgl.  V,  8,  1-  Justin  XXIII,  1  (sehr  phantastisch  ausgemalt).  Beloch,  Gr. 
Gesch.  592,  1  bietet  manches  Richtige ;  aber  seine  Ansicht,  die  Deutung 
des  Namens  als  »entlaufene  Sklaven«  sei  falsch,  und  eine  Variante  der 
Erklärung  des  Namens  Bruttiani  für  die  Amtsdiener  der  römischen  Pro- 
vincialbeamten  aus  einer  nach  dem  hannibalischen  Krieg  Ober  die  Bruttier 
verhängten  Strafe,  kann  ich  nicht  für  richtig  halten.  Allerdings  kam 
ultra  Bpftttta  schon  bei  Aristophanes  vor  (fr.  629) ,  fpaftc  BpotTix-rj  bei 
Antiphanes  (fr.  45),  Alexis  dichtete  eine  Komödie  Bprttfa  (fr.  33.  34), 
So  muss  der  Name  schon  zu  Ende  des  fünften  Jahrhunderts  aufgekommen 


528   IV»  8.  Der  Reformversuch  und  die  Auflösung  des  westgriech.  Reichs. 

sein;  es  war  vermutlich  die  lucanische  Bezeichnung  der  Hirtensklaven 
und  des  von  ihnen  bewohnten  Gebiets.  Die  Behauptung  dagegen,  dass 
Bpsixta  schon  bei  Antiochos  von  Syrakus  vorgekommen  sei  (Steph.  Byz.), 
ist  deutlich  aus  Strabo  VI,  1,  4  entstellt,  wonach  Antiochos  seinem  Italien 
dieselbe  Grenze  gab  8;ttp  xai  Bprtttac  frpafisv,  nämlich  den  Laos  [so 
auch  Bkloch],  —  Consentia  ivfjtporcoXic  Bpsttuov  Strabo  VI,  1,  5.  Er- 
oberung von  Temesa  ib.,  von  Terina  und  Hipponion  Diod.  1.  c.,  der  da- 
neben Thurii  nennt;  dies  erwehrt  sich  aber  im  J.  344  ihrer  Angriffe: 
Flut.  Timol.  16.  19.  Sybaris  am  Traeis:  Diod.  XII,  22,  1,  von  Beloch 
1.  c.  richtig  gedeutet.  —  Skylax  kennt  die  Bruttier  noch  nicht. 


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Index  zum  dritten  Theil 


(Band  III  bis  V.) 


Die  Zahlen  bezeichnen  die  Paragraphen ;  A.  Anmerkung. 


A. 

Abakainon,  Sikelerstadt  3ßü  A.  800. 

'  Abarnaharä,  pers.  Prov.  Syrien 
(=  itfpav  E6(ppdtot>)  22,  29  A.  50. 
84.  04.  A. 

Abdemon,  K.  v.  Salamis  840. 

Abdera  in  Thrakien,  im  de).  Bund 
276,  422.  428;  abgefallen  716; 
unterworfen  718;  im  zweiten  See- 
bund 935;  Philosophie  503,  514. 
522.  —  in  Spanien  877. 

*Abdhadad,  Priesterfflrst  von  Bam- 
byke  (?)  32, 

Abrokomas,  pers.  Feldherr,  43.  44, 
831  A.  833.  834.  897. 

Abydos  persisch  112  A.;  im  del. 
Bund  426;  Abfall  698.  709  f.; 
Schlacht  bei  A.  710.;  bleibt  spar- 
tanisch 718.  734.  860.  874.  878; 

.   gegen  Athen  976;  Tyrannen  980. 

Achaeer,  Achaia,  im  Perserkrieg 
neutral  211:  von  Athen  besetzt 
337;  geräumt  346;  im  pel.  Krieg 
545  566,591.  638.  641;  nach  dem 
Krieg  744.  868. 868. 895;  in  boeoU 
Zeit  960.  960  A.  968.  969.  973. 
—  in  Thurii  89&  399j  Verniitte- 
lung  in  Unteritalien  371.  — , 
phtbiotische,  s.  PbthiOten. 

Achaemenes,  S.  d.  Darius,  Satrap 
Aegyptens  102,  323;  Admiral  der 
Flotte  42.  224.  " 
Hey  er,  Geschichte  des  Alterthums. 


Achaemeniden  IL  11  A. 
Achaeos  v.  Eretria,  Tragiker  441. 
Acbarnae  301.  550;  Treffen  bei  — 
757. 

Adeimantos,  korinth.  Stratege  22JL 
223  A.  —  athen.  Stratege  718  A. 
722  f.  732.  733  f.  733  A.  Bd.  V, 
S.  VII. 

Admetos,  Molosserkönig  288  A.  333. 

Adonis  in  Athen  446.  611. 

Adramytion,  lydische  Colonie  ÜL 
91  A.;  bleibt  persisch  292,  343. 
unter  Kleon  von  Athen  einge- 
schätzt 292  A.  593  A. 

Adria  am  Po  870 ;  von  Dionys  colo- 
nisirt  801.  823. 

Aedilen  in  Rom  812. 

Aegae  in  Aeolis  860. 

Aegina,  Kaufmannsaristokratie  242; 
unterstützt  Sparta  gegen  Arpos 
137;  Kleomenes  gegen  Aeg.  188. 
203 ;  Krieg  mit  Athen  204,  204  A.; 
im  Perserkrieg  212,  2Hl  2JiL  222, 
223.  223  A.  225,  22E,  235j  gegen 
Athen  293;  für  Sparta  gegen  die 
Messenier  315  A.;  von  Athen  be- 
siegt 82iL  321.331;  im  del.  Bunde 
331.  346.  426;  die  Bewohner  nach 
Thyrea  verjagt  541. 551.  von  Athen 
vernichtet  595 ;  athen.  Colonie  551. 
551  A.  394,  700.  705.  734;  restau- 
rirt  743:  im  4,  Jahrb.  873  f.  878. 
934.  987  A.  —  Pindar  und  Aegina 

34 


530 


Index  zum  dritten  Theil. 


259,  33L  Giebelsculpturen  422, 
482. 

Aegospotamoi,  Schlacht  bei  734. 

Aegvpt«»n  unter  den  Persern  14,  28* 
4L  52,  98,  101  f.;  Satrapie  29: 
Abgaben  50,  55j  Bewaffnung  45, 
45  A.;  Handel  mit  Athen  415 ; 
Religion  LQLL  105.  106j  Einflösse 
auf  die  pers.  Kunst  24,  2jL  auf 
Arabien  81,  —  Aufstände:  erster 
102,  196.  zweiter,  athen.  Expedi- 
tion 323  ff.  335  f.  34L  343,  420, 
dritter  831.  837.  842.  845.  800. 
870. 896;  Angriffe  der  Perser  897  f. 
900,  vgl.  906  A.  964.  972.  979; 
Königsliste  900  A.;  hist.  Urkuuden 
L  —  Aegypten  und  der  griech. 
Idealstaat  920.  921. 

Aeneas  von  Ötymphalos,  arkad. 
Stratege  960. 

Aenianen  213,  513,  763.  946. 

Aenns  in  Thrakien  im  del.  Bunde 
425,  422,  428,  592 ;  im  zweiten 
Seebund  935. 

Aeoler  9L  12iL  837.  860. 

Aequer  320,  808.  811.  815.  820. 

Apropos,  K.  v.  Makedonien  858.  893. 
893  A. 

Aeschines,  einer  der  Dreissig  749. 
— ,  Demokrat  585  A.  — ,  Sokrati- 
ker  618  A.  912.  990.  — ,  Redner 
977. 

Aeschylos,  Tragiker  252  ff.  490  f.; 
Zahl  der  Tragödien  441;  von  So- 
phokles besiegt  312;  A.  und  Peri- 
kies 412;  aufSicilien  297.851.353. 
300;  über  den  Areopag  und  das 
Bündniss  mit  Argos  2il3  A.  321. 
321  A.998;  Weltanschauuni?258f.; 
8tellung  zur  Orpbik  253, 252 :  Ari- 
stophanes'  Stellung  zu  A.  015.  — 
Danaidentrilogie  258.  259,  über 
Argos  188  A.;  Oedipodie  258: 
Orpstie  258,  259,  321i  Perser  Ull 
210, 258. 280* als  geschieht!.  Quelle 
3,  140,  Localcolorit  3_,  Liste  der 
Perserkönige  10  A.,  Starke  der 
Flotten  21L  223,  Schi,  bei  Sala- 
mis 223  A.  225  A.,  über  Themi- 
stokles  269.  Bekanntschaft  mit 
Thrakien  22£A.;  Prometheustri- 
logie259;  über  die  Himeraschlacht 
23L  231  A. 

Aeschylos,  Astronom  500. 


Aethiopen,  pers.  -Unterthanen  in 
Nubien  5L 100.  —  Reich  A.(Kusch) 
lüO.  —  in  Gadrosien  £L 

Aetna,  Gründung  Hierons  35L  353, 
358;  aufgehoben  358  3450,  — 
=  Ineasa  358,  361,  528,  781; 
die  syrak.  Ritter  in  A.  779.  781. 
783;  unterworfen  786.  795. 

Aetoler,  im  Perserkrieg  neutral  211; 
Beziehungen  zu  Korinth  332;  im 
archidam.  Krieg 574 f.;  im 4.  Jahrh. 
744.  762.  855.  868.  895. 

Afrika,  Umschiffungsversuche  til 

m  328, 

Agatharchides,  Quelle  Diodors4A. 

Agatharchos,  Decorationsmaler,  s. 
Schrift  499, 

Agathe,  Col.  v.  Massalia  376. 

Agathinos,  korinth.  Stratege  863. 

Agathokles  v.  Kyzikos,  pers.  Stadt- 
fürst 36. 

Agathon,  Tragiker  42iL  494,  730. 

764. 
äffapo«  2fi,  39. 

Agesandridas,  spartan.  Heerführer 
706.  710.  710  A.  716. 

Agesilaos,  K.  v.  Sparta  760.  842; 
Charakter  843.  889;  Feldzüge  in 
Asien  842  ff.;  abberufen  856;  bei 
Koronea  857;  im  korinth.  Krieg 
863.  867  f.;  beim  Königsfrieden 
879.  877  A  .  Leitung  der  spartan. 
Politik  889. 891 ;  gegen  Phlius 890; 
gegen  Theben  925  ff.  931;  Er- 
krankung 931.  945;  beim  Frieden 
von  Sparta  941 ;  in  Arkadien  949  f. ; 
Yertbeidigung  von  Sparta  950. 
970;  in  Asien  964  f.;  bei  ManÜnea 
970  f.;  in  Aegypten,  Ausgang  972. 

Agesipolis  L  von  Sparta  857.  878. 
889.  890.  894. 

Agesippidas,  spart.  Heerführer  639. 

Agiaden,  Politik  265. 

Agias,  Söldnerführer  des  Kyros  835. 

Agis,  K.  v.  Sparta  589.  606;  im 
Sonderbundskrieg  638  ff.  645;  in 
Dekelea  669.  680.  683.  690;  An- 
griffe auf  Athen  703.  711.  711  A. 
712.  714.  734.  786.  738.  748  A; 
nach  dem  pel.  Krieg  744.  750. 
755.  759;  gegen  Elis  762;  Tod 
760. 

Agora  auf  der  Chersones  3S6  A. 
Agorakritos  v.  Paros,  Bild  bauer  419, 


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Index  zum  dritten  Theil. 


Agoratos,  Lysias'  Rede  gegen  — 

737  A.  738  A.  748  A. 
Agraeer  in  Aetolien  575.  596. 
'Arpatot,  Bew.  von    igr  in  Arabien 

82  A. 

Agrigent  unter  den  Tyrannen  H47. 

35Q  ff.;  Therons  Bauten  353,  774 ; 

Bevölkerung  774  A.;  Ackerbau 

364;  Sturz  der  Tyrannis  354.  858; 

unter  Empedokles  353.  ÜßS ;  gegen 

Duketiosä&l;  Krieg  mit  Syrakus 

362;  Tempel  365,  781;  im  pel. 

Krieg  597;  bei  der  sie.  Exped.  047. 

673.  676.  767;  Krieg  mit  Karthago 

und  Zerstörung  769  A.  771.  773  ff. 

778;  Wiederherstellung  780.  781; 

unter  Dionys  793.  799.  800.  800  A. 

826.  829.  993;  Pharax  in  A.  997. 

1000. 
Agylla  s.  Caere. 

Apvrion,  Sikelerstadt,  unter  Agyris 
783  A.  786.  799.  800.  829;  vgl. 
841  A. 

Agyrrhios,  athen.  Demagoge  730  A. 

861.  874.  896.  930. 
Ahuramazda  1D  A.  HL  12,  25.  2üj 

»Gott  der  Arier«  14. 
Aiakes,  Tyrann  v.  Samos  lfiL 
Aigytis,  spart.  Grenzdistrict  951. 953. 
Aineia  auf  der  Chalkidike  427. 
Aineios,  Arzt  516.  5_lfi  A. 
Airai,  Stadt  in  Ionien  426,  687. 
Aison,  Stadt  in  Pierien,  im  de). 

Bunde  295. 
Aithaia  in  Messenien,  Perioekenort 

263  A.  294. 
Aithalia  (Elba)  363. 
Akademos,  athen.  Heros,  Anlagen 

Kimons  228.  918.  —  Akademie 

s.  Plato. 

Akanthos  auf  der  Chalkidike,  im 
del.  Bunde  422,  537;  Abfall  599. 
607;  A.  und  Olynth  893.  894. 

Akarnanen,  im  Perserkrieg  neutral 
211 ;  ausser  Oeniadae  feindlich  zu 
Korintb  332;  Verbindung  mit 
Athen  332,  434,  548,  548 A.;  im 
archid.  Krieg  55L  566.  524:  f.  594. 
596;  im  Frieden  607;  bei  der  sie. 
Exped.  672;  nach  dem  pe).  Krieg 


744;  Abfall  von  Sparta  855.  857; 
unterworfen  868.  892.  895;  im 
zweiten  Seebund  935.  939;  auf 
Seiten  Thebens  946.  946  A. 

Akes,  Fluss  und  Bassin  bei  Herat  fi8. 

Akestor  v.  Knossos,  Bildhauer  428. 

—  athen.  Demokrat  585  A. 
Akko  in  Phoenikien,  zu  Tyros  85. 

900. 

Akoris,  K.  v.  Aegypten  870.  897  bis 
900.  900  A. 

Akroreia,  Hinterland  von  Elis,  selb- 
ständig 762. 

Alabanda  in  Karien  $6.  3fi  A. 

Alarodier  &L  x 

Alba  in  Latium  809;  Eeltenzug 
nach  Alba  821.  821  A. 

Albaner  im  Kaukasus  63. 

Aleos,  St.  in  Arkadien  636  A. 

Aleuaden  v.  Larisa,  Stellung  2_LL 
211  A.212;  VerbindungmitPersien 
123.  1S2.  212:  Angriff  Spartas 
287 .  Atheus  338j  Stellung  um 
400:  764;  gegen  Alexander  v. 
Pherae  956.  957. 

Alexamenos  v.  Teos,  Dialoge  912  A. 

Alexander  L  v.  Makedonien  172; 
im  Perserkriege  218,  232.  234, 
286 ;  Machtstellung  235.  295  A.; 
nimmt  die  Hykenaeer  auf  825; 
Tod  429.  —  II.  v.  Makedonien 
956.  959.  —  v.  Pherae,  Krieg  mit 
dem  Adel  und  Theben  956.  957. 
966;  Böndniss  mit  Athen  957. 
958;  nach  Epaminondas'  Tod  974; 
Kapereien  und  Krieg  mit  Athen 
975.  976;  Ermordung  976. 

Alexikles,  athen.  Oligarch  696.  705. 
707.  707  A. 

Alexis  v.  Thurii,  Komiker  905. 

Algidus,  Berg  in  Latium  808.  811. 

Alkamenes  v.  Athen,  Bildhauer  41s, 

Alketas,  makedon.  Prinz  429.429  A. 

—  K.  der  Molosser  822.  892.  935. 
937.  938.  —  spart.  Harmost  931. 

Alkibiades  der  Aeltere,  angebt.  Ostra- 
kismos  198  A.  —  S.  d.  Kleinias, 
Familie  559 ') ;  Geburtsdatum 
559  A.;  Jugend  559;  Discussion 
mit  Perikles  über  Gesetz  und 


*)  Der  Stammbaum  der  Familie  ist  von  Dittemjerger  ,  Hermes  37 
1902,  1  ff.  richtig  folgendermassen  hergestellt: 


582 


Index  zum  dritten  Theil. 


Willkür  450i  A.  und  Sokrates 
618  A.  625,  und  Anytos  852  ; 
Auftreten  als  Ankläger  hML  581 ; 
Anfänge  seiner  polit.  Laufbahn 
634;  Kriegspolitik,  im  Sonder- 
bundskriege 634.  636.  638  ff.  641. 
644;  Eupolis  gegen  A.  642;  beim 
Ostrakismos  644  f.;  Machtstel- 
lung 645;  Beschluss  Aber  Melos 
646;  sicil.  Exp.  648—654;  Sturz 
und  Flucht  656  f.  656a  A.;  in 
Sparta  656  l  664.683;  in  Ionien 
687—690;  Verhandlungen  mit 
Tissaphernes  690—693.  708.  711. 
mit  den  athen.  Obligarchen  698  f. 
703;  Stratege  der  Flotte  703.  704; 
Rockberufung  nach  Athen  707. 
707  A.;  im  hellespont.  Krieg  710 
bis  718;  Rückkehr  naeh  Athen 
718;  gegen  Lysander  722;  zweiter 
Sturz  723;  Beziehungen  zu  Athen 
732.  734.  734  A.;  Tod  750;  Per- 
sönlichkeit und  geschichtl.  Stel- 
lung 469.  559,  649.  885;  Streit 
um  seine  Persönlichkeit919.919  A. 
644  A.  645  A.  —  S.  d.  Vorigen, 
sein  Process  645  A. 

Alkidamas  v.  Elaea,  Rhetor  906. 
907,  für  die  Messenier  962. 

Alkidas,  spart.  Nauarch  im  J.  427: 
568.  572.  —  desgl.  im  J.  373: 
937. 

Alkimachos,  athen.  Stratege  965. 
Alkimenes,  korinth.  Oligarch  863. 

—  Acbaeer  993. 
Alkisthenes,  Spartaner  855. 
Alkiphron,  Argiver  641. 
Alkmaeon  v.  Kroton,  pythagor.  Arzt 

und  Naturphilosoph  5HL  hUL  513. 
Alkmeoniden,  leitende  Stellung  beim 

ion.  Aufstand  176.  176  A.;  ihre 


Stellung  erschüttert  182. 184:  Ver- 
bindung mit  der  Tyrannis  und 
Persien  18JL  ISfi  A.  IMi  nach 
Marathon  Hilf.;  nach  dem  Perser- 
krieg 2^0;  Allianz  mit  Kimon  gegen 
Themistokles  282.  288i  Bruch 
mit  Kimon  313;  Erringung  der 
Herrscherstellung  durch  Perikles 
321! ;  letztes  Auftreten  des  Gegen- 
satzes gegen  die  Philaiden  656. 

Allia,  Schlacht  an  der  818.  818  A. 

Aloa,  am  blauen  Nil  100. 

Alopekonnesos  auf  der  Chersones 

mA. 

Alyzia,  Schlacht  bei  935;  akarna- 

nisch  946  A. 
Amadokos,  K.  der  Odrysen  601.  836. 

872.  896. 
Amarder  in  Medien  CiL 
Amathus  auf  Cypern  8iL  178.  870. 
Ambrakia  im  Perserkrieg  215  2'2H. 

285;   auf  Seiten  Korinths  332 ; 

k'egen  die  Amphilocher  332,  834 ; 

ppgenKorkyra  532.534;  im  archid. 

Krieg  5liG.  572.  575 ;  Katastrophe 

575 :  unterstützt  Syrakus  665.  674; 

Abfall  von  Sparta  855;  wieder 

auf  Spartas  Seite  892.  935.  938. 
Ameipsias,  Komiker  496;  Kowoc,  616. 
Amisos,  von  Athen  colonisirt  430; 

von  Datames  besetzt  964. 
Ammon  v.  Napata  100.  —  in  Aphytis 

755  A. 

Ammoniter  und  Juden  86*  1 15.  12ZL 

128.  129. 
Ammonium  in  Libyen      446.  760. 
Amompharetos .  8partaner  236  A. 
Amorges,  S.  d.  Pissuthnes.  Aufstand 

sregen  die  Perser  662.  662  A.  683. 

683  A.  687.  689.  —  Sakenkönig 

6JL  68  A. 


Alkibiades  1^  geb.  ca  550, 
Genosse  des  Kleisthenes 

.  * 

Kleinias  L,  bei  Salamis       Alkiblades  II.,  geb.  ca  MO,  verzichtet  auf  die  spart. 


Proxenie,  angeblich  ostrakisirt,  Antragsteller  für 
Lysimachos  Plnt.  Arist.  iL  Deraosth  SO,  115. 
...  *   


Kleinias  IL,  f  447  bei  Axiocho* 
Koronea 

Alkibiades  III.   Kleinias  III     Kleinias  IV.,  in  Piatos 
450 — 404  Euthydem  und  im  Axio- 

chos 

Alkibiades  IV. 


Index  zum  dritten  Theil, 


Amorgos,  von  Samos  losgelöst  423. 

Amphiktionen  nach  dem  Perserkrieg 
240;  ohne  polit.  Bedeutung  2S2  A. 

Amphilocher  332.  434;  Krieg  um 
Amphilochien  5t i6.  575. 

Ampbipolis  (Enneahodoi),  Besied- 
lungsversuch durch  Aristagoras 
122.  IIA  A.  179j  erster  durch 
Athen  2JiL  216  A„  zweiter  294; 
angebi.  makedonisch  295  A.; 
athen.  Colonie  396.  394.  416;  von 
Brasidas  besetzt  599;  Schlacht  bei 
A.  605;  von  Sparta  preisgegeben 
607.  629. 632;  Angriff  Athens  662; 
Stellung  zu  Olynth  893;  Angriffe 
Athens  935.  935  A.  940.  956. 
958.  959  A.  965.  975.  976;  von 
Philipp  erobert  978. 

Amyklae  950;  nicht  perioekisch 
263  A. 

Amynias,  athen.  Gesandter  601. 
601  A. 

Amyntas  L  v.  Makedonien ,  pers. 
Vasall  122.  —  II.  893.  893  A.  — 
III.,  S.  d.  Aridaios  893.  893  A. 
894.  935.  940.  946.  956.  —  IV. 
976.  —  S.  d.  Philippos  565.  — 
Makedone,  in  Alahanda  3b". 

Amyrgische  Saken  68»  68  A.  ü2_. 

Amyrtaeos,  libyscher  Dynast,  Auf- 
stand in  Aegypten  323.  flflfi.  341. 
420.  —  v.  Sais  (Enkel  des  Vorigen  V) 
831. 

Amytis,  Gemahlin  des  Xerxes  836. 
4va*fpo«9j^  t(Lv  vojjicuv  713  A.  848. 
848  A. 

An&bita,  Anaitis  28.  7JL  Hl  A. 
Anaia  b.  Ephesos,  Sitz  der  flüchtigen 

Samier  424,  523.  687. 
Anaktorion  im  Perserkrieg  215. 235 ; 

von  Korinth  abhängig  33JL  534, 

566;  akarnanisch  594. 607.  946  A. 
Ananen  (Anamaren),  kelt.  Stamm 

821. 

Anariaken  in  Medien  63. 

Anaxagoras  v.  Lampsakos,  Leben 
513,  447a  Auftreten  516»  518i  Be- 
ziehungen zu  Perikles  419.  414, 
zu  Sokrates  618;  System  513;  von 
Leukipp  angegriffen  514;  Stil  517; 
Verurtheilung  53L  531  A. 

Anaxandridas  v.  Rhodos,  Komiker 
905. 


Anaxandros,  Thebaner  212  A. 

Anaxibios,  spart.  Nauarch  836.  874. 

Anaxikrates,  athen.  Stratege  342. 

Anaxilaos,  Tyrann  v.  Rhegion  203. 
206»  23L  348.  353.  355.  —  v. 
Byzanz  760  A. 

Anaximander  v.  Milet,  Weltsystem 
242.  504.  508, 

Anaximenes  v.  Milet,  Naturerklärung 
504.  513.  —  v.  Lampsakos,  Hei« 
lenika  163, 

Anaxis,  boeot.  Historiker  161.  924  A. 

Ancona,  von  Dionys  besetzt  823. 

Andokides,  athen.  Stratege  343. 
346  A.  4LL  — .  Enkel  d.  Vorigen, 
der  Redner  655;  beim  Hermen- 
frevel  (or.  L  2)  651  A.  655;  auf 
Cypern  840  A.;  Process  852  A.; 
für  den  Frieden  (or.  3]  866;  or.  3 
Ober  attische  Geschichte  146.  — 
or.  4  gegen  Alkibiades  644  A. 

Androkleidas,  theban.  Demokrat  847. 
891.  896. 

Androkles,  athen.  Demagoge  58L 
651.  661.  661  A.  684;  ermordet 
700. 

Andromachos  v.  Tauromenion  991. 
1000. 

Andron,  athen.  Aristokrat  696. 696  A. 
697;  Ankläger  Antiphons  707. 
707  A. 

Andros,  persisch  223;  von  den 
Griechen  angegriffen  228:  im  de). 
Bunde,  Tribut  339.426;  alL  Colo- 
nisten  396:  Umsturz  der  Demo- 
kratie 700;  von  Athen  angegriffen 
722.  724  A.  733. 

Androtion,  Atthis  152,  lüL  909. 

Angelos,  Aleuade  287. 

Annikeris  von  Kyrene  und  Plato 
987  A. 

Anomymus  Argentinensis  Bd.  V, 
S.  Vff. 

Anschan  (Susiana)  IL  11  A.  16. 
Antagoras  v.  Chios  222» 
Antalkidas,  Spartaner,  in  Sardes  865; 

Nauarch  875.  878;  in  Susa  877. 

93G.  959. 
Antandros  in  Troas  122.  h&L  710. 

714. 

Antenor,  Bildhauer,  Gruppe  der 
Tyrannenmörder  280.  42L  482. 
Anlikles,  athen.  Stratege  41L 
Antimachos,  Athener,  Schatzmeister 


534 


Index  zum  dritteo  Theil. 


des  Timotheos  988.  —  v.  Kolo- 
phon,  Epiker  4S&  755. 

Antiochos,  Steuermann  des  Alki- 
hiades  722.  —  v.  Lepreon,  arkad. 
Gesandter  959.  —  v.  Syrakus  165: 
Quelle  des  Thukydides  526  A. 
597  A.;  angebl.  Fragment  Ober 
die  Bruttier  1001  A.  —  K.  v. 
Thessalien  211  A.  338  A. 

Antiphanes,  Komiker  905. 

Antiphon  v.  Rhamnus,  Kedel ehrer 
523.  612;  Führer  der  0!i garchen 
612.  585  A  612  A.;  unter  den 
Vierhundert  696.  704.  705;  hin- 
gerichtet 707.  707  A.  Reden 
gegen  Philinos  und  or.  6:  580  A. 
585  A.  684  A.,  aber  die  Tribute 
593  A.,  gegen  Laispodias  661  A. ; 
Tetralogien  unter  s.  Namen  527. 

—  der  Sophist  522;  Naturer- 
klärungen 524;  ethische  Schriften 
524;  Ober  Raum  und  Zeit  52»; 
Mathematik  526. 

Antipolis,  col.  v.  Massalia  374. 374  A. 
Antissa  auf  Lesbos  393. 
Antisthenes  der  Kyniker  618  A.  625; 

seine  Lehre  914.  919;  rhetor. 

Schriften  907;  Ober  Sparta  920. 

—  spart.  Flottenföhrer  691. 
Antium  in  Latium  808. 808  A.  810  A. 

815. 

Anxur  (Tarracina)  808.  815. 

Anytos,  Athener,  fGr  Herodot  583; 
bei  Pylos  715;  Führer  der  Demo- 
kratie 756.  747  A.  848.  849.  850. 
851;  gegen  Sokrates  852;  Aus- 
gang 852  A.  861:  Persönlichkeit 
852. 

Apelles  v.  Kolophon,  Maler  904.  — 

Syrakus.  Stratege  363. 
Aphytis  auf  Pallene  42L  755  A. 
Apodekten  in  Athen  401. 
Apolexis,  Ankläger  Antiphons  707  A. 

713  A. 

Apollodoros  v.  Athen,  der  Schatten- 
maler 42SL  904. 

Apollokrates,  S.  d.  Uionysios  II.  995. 

Apollonia  in  Illyrien  332.  —  in 
Thrakien  898.  894. 

Apsephion,  athen.  Archon  SJjL 

Apulien,  Kelten  in  —  818.  820; 
Dionys'  II.  Colonien  828. 99 1. 99 1 A . 

Araber  im  Perserreich  üfi_i  Abgaben 
Iii :  Arabien  von  den  Persern  um- 


schifft 60:  arab.  Handel  87; 
in  Gaza  85.  81;  in  Syrien  8Jh  in 
Palästina  8iL  12h*  —  'Apa^.a 
bei  Xenophon  (in  Mesopotamien) 
84  A. 

Arados,  phoenik.  Stadtkönigthum 
85.  —  im  pers.  Meerbusen  62, 

Ära  kos,  spart.  Nauarch  731.  731  A. 

Aramaeer  im  Perserreich  84,  85.  — 
Aramaeische  Reichssprache  2iL 
Urkunden  und  Siegel  L  28. 

Arbarios,  pers.  Reiteroberst  682. 

Archaeanaktiden  in  Panlikapaeon 
431. 

Archedemos  6  -fX&fMuv,  athen.  Dema- 
goge 713.  713  A.  729.  732.  — 
boeotisch  gesinnter  athen.  Dema- 
goge 968. 

Archelaos  v.  Athen,  Philosoph  513. 
526.  618  A.;  angebl.  Verf.  eines 
Gedichts  auf  Kimon  148.  —  L  v, 
Makedonien  686.  711.  764.  765. 
893.898  A.;  Beziehungen  zu  Kunst 
und  Literatur  780.  764.  903.  — 
II.  von  Makedonien  893.  893  A. 
—  Stiefbruder  Philipps  II.  976. 

Archeptolemos,  S.  d.  Hippodamos, 
athen.  Oligarch  696.  707.  707  A. 

Archestratos,  athen.  Stratege  411. 
530.  —  fällt  bei  Mytilene  727  A. 
729.  — ,  Gesetze  über  den  Areopag 
Hl«>.  —  Athener  736. 

Archias,  thehan.  Polemarch  924. 

Archidamischer  Krieg,  Name  548  A. 
Bd.  V,  S.  VII. 

Arcbidamos  L  v.  Sparta  281;  beim 
Erdbeben  294:  gegen  Messenien 
328:  Politik  335,  54Jj  iß  Attika 
550.  552.  5_fi2;  gegen  Plataeae  564; 
Tod  589.  —  II.,  S.  d.  Agesilaos  945 ; 
in  Arkadien  954.  968;  vertbeidigt 
Sparta  970;  A.  und  I sokrates 
962.  962  A.  984.  —  Gesandter  v. 
Elis  959. 

Archinos,  athen.  Staatsmann  848. 
848  A.  849.  850.  851.  852.  854  A. 
861. 

Archippos,  Pythagoreer  371. 

Archonides  I.  v.  Herbita,  sikel.  Dynast 
362,  657.  —  II.  786. 

Archontat,  Einführung  des  Looses 
in  Athen  198  f. 

Archytas  v.  Tarent,  pytbagor.  Philo- 
soph      9 10;  als  Staatsmann  826. 


Index  zum  dritten  Theil. 


989.  990:  A.  und  Plato  915.  918. 
989  f. 

Ardea,  Rutulerstadt  810. 811. 811  A. 

Areopag,  zur  Zeit  der  Perserkriege 
l&L  199,  199  A.  222-  299;  Kampf 
um  den  A.  3öS,  M4j  Sturz  81  fi. 
318:  in  der  restaurirten  Demo- 
kratie 848. 

Arelate  375. 

Arete,  T.  d.  Dionysios  L  880.  987. 

993.  999. 
Argaeos,  Prätendent  in  Makedonien 

893.  893  A.  976. 
Argilos  auf  der  Chalkidike  53L  599. 

607. 

Arginusen,  Sehlacht  bei  den  727. 
728. 

Argippaeer  in  Centraiasien  65. 

Argos,  von  Kleomenes  bekriegt  1S& 
188  A. ;  Verlust  des  Landgebiets, 
Demokratie  188.  188  A.;  unter- 
stutzt Aegina  gegen  Athen  204; 
Verbindung  mit  Persien  173.  187. 
206.  21L  21ä  234.  235.  339;  neue 
Erbebung  gegen  Sparta,  Unter* 
werfung  von  Tiryns  2R5. 286 :  Ver- 
bindung mit  der  atben.  Demo- 
kratie  309.  321 ;  Krieg  mit  Athen 
gegen  die  Peloponnesier  325  ff. 
329:  erobert  Mykene  825:  Kack- 
tritt 335,  3&L  Friede  mit  Sparta 
340:  im  archid.  Krieg  neutral  54Ä. 
593.  595:  zur  Zeit  des  Nikias- 
friedens  604.  606.  607.  629;  argi- 
vischer  Sonderbund  681.  635; 
Allianz  mit  Athen  636:  Sonder- 
bundskrieg 637—641;  Anschluss 
an  Sparta  641 ;  demokrat  Revo- 
lution, neue  Verbindung  mit  Athen 
645.  646.  656;  gegen  Phlius  645: 

[  bei  der  sie.  Exped.  652,  656  a; 
Krieg  mit  Sparta  645.  646.  663. 
670;  Röcktritt  670.  689;  Friede 
mit  Sparta  689.  689  A.  744.  705 ; 
nach  dem  pel.  Krieg  744.  749. 
888;  Bund  mit  Theben  847.  855. 
857 ;  Union  mit  Korinth  863.  864 ; 
im  korinth.  Krieg  864.  866.  867. 
875.  878;  Aufhebung  der  Union 
879 ;  Stellung  zu  Sparta  890 ;  Revo- 
lution (Skytalismos)  948;  Bünd- 
niss  mit  Arkadien  und  Theben 
950.  954.  959;  Spannung  mit  Ar- 
kadien 960.  962;  gegen  Sparta 


968;  nach  der  Schi,  bei  Man- 
tinea,  Krieg  mit  Sparta  973.  — 
Argos  und  die  Kunst  481.  — 
Heraeon  von  Argos,  Brand  und 
Herastatue  Polyklets  478. 
Argos,  amphilochisches  332.  434. 

Ariaeos,  Hyparch  des  Kyros  29  A. 

834.  835.  846.  846  A. 
Ariamnes,  Satrap  v.  Kappadokien  70. 
Ariantbidas,  Boeotarch  596. 
Ariaspen  in  Drangiana  25  A. 
Aricia  810;  Schlacht  bei  801. 
Aridaios,  Vater  Amyntas'  III.  893. 

893  A. 

Arier  =  Iranier  LL  14  A. 
Arier  (Areier)  bei  Herat  9*  68» 
Arimaspen  6JL 

Arioharzanes.  Satrap  des  Hellespont 

877.  878.  958.  964  f.  979. 
Ariomandes,  pers.  Feldherr  291. 
Ariopeithes,  Skythenkönig  42iL 
Arisbe  am  Hellespont  426. 
Aristagoras  v.  Milet  1ZL  124.  115. 

im  119. 
Aristarchos,  athen.  Oligarcb  696. 

704.  705.  707.  707  A.  —  spart. 

Harmost  in  Byzanz  759  A.  836. 

—  v.  Tegea,  Tragiker  292,  441. 
Aristeas,  'AptjiÄOTcsta  ftVr)  65*  65  A. 
Aristeus,  korinth.  Stratege  537.  557. 
Aristias  v.  Phlius,  Tragiker  441. 
Aristides  v.  Alopeke  126, 1£2.  IM  A.; 

Archon  197;  oslrakisirt  207:  bei 
Salamis  225;  übernimmt  die  Lei- 
tung in  Athen  233.  233  A.;  bei 
Plataeae  234  ff. ;  Zusammengehen 
mit  Themistokles  269,  269  A. 
270;  bei  der  Flotte  271 :  organi- 
sirt  den  delischen  Bund  275. 225  A. ; 
letzte  Jahre  und  Tod  2SL  281  A.; 
Beiname  h  Stxato;  225  A. ;  an- 
gebt. Psephisrna  über  Archonten- 
wahl  269  A.;  Beurtheilung  bei 
Aristoteles  269  A.  225  A.  —  Strateg 
v.  Elea  806.  —  v.  Theben,  Maler 
904. 

Aristippos  v.  Kyrene,  Philosoph  913. 

919.  990.  —  v.  Larisa,  thessal. 

Partei  haupt  764  f. 
Aristodemos,  Tyrann  v.  Kyme  349. 

—  Regent  v.  Sparta  857.  —  Gesch. 
der  Pentekontaetie  15JL 

Aristogeiton,  Bildhauer  325  A. 


536 


Index  zum  dritten  Theil. 


Aristogenes,  Stratege  bei  den  Argi- 
nusen  7-9. 

Aristokleidas,  Musiker  4ftfi. 

Aristokrates,  S.  d.  Skellias,  athen. 
Aristokrat  696.  696  A.;  Führer 
der  Gemässigten  704. 705 ;  Stratege 
722.  723;  im  Arginusenproress 
hinger.  729.  —  spartan.  Nauarch 
704.  706.  987. 

Aristomache,  Gemahlin  des  Dionys, 
792.  828.  986. 

Aristomede?,  Aleuade  287. 

Ariston,  Kyrenaeer  356. 

Ar  i  Stenns,  Schwager  Gelons  8.50. 

asa» 

Aristonymos,  Gesetzgeber  v.  Megalo- 
polis  953  A.  988. 

Aristophanes ,  S.  d.  Nikophemos, 
Athener  862.  870.  870  A.  873.  — 
der  Komiker,  auf  Aegina  551  A. ; 
erstes  Auftreten  587 ;  Kampf  gegen 
Kleon  und  die  Radicalen  586. 
601;  gegen  die  moderne  Bil- 
dung 618  f. ;  gegen  Sokrates  614. 
614  A.;  gegen  Euripides  615; 
Persönlichkeit  und  Stellung  inner- 
halb der  modernen  Strömungen 
587.  613.  617;  spätere  Komödien 
905;  Verh&itniss  zu  Plato  614  A. 
—  AattaX-?]?  613;  BaßoXumoi  587; 
Acharner  587. 562. 583 :  539. 544  A. 
581 A.  582  A.;  Ritter  587^  5Ü9_  A. 
5S1.  5  Kl  A.  586i  Wolken  614. 
.r>14;*0Xx<&tc  601 A.  614;  Wespen 
587. 604-,  401 A.  58L  585  A. ;  r«u»p- 
-roi  C04;  Elp^vTj  608.  607  A. ;  röpai 
612;  Vogel  642;  Lysistrale  700; 
391.  669  A.;  Thesmop horiazusen 
615.  700.  700  A. ;  684  A. ;  Frösche 
615.  730.  782;  Ekklesiazusen  905. 
UZu  861  A. ;  614  A.  862  A.  866  A. 
871 A.  872  A.  lj  Plutos  873.  905. 

Aristophon,  athen.  Staatsmann  850. 
968.  967  A.  982. 

Aristo«,  spart.  Gesandter  hei  Dionys 
745.  784. 

Aristoteles,  athen.  Oligarch  696. 
697.  736;  unter  den  Dreissig  747. 
749.  —  v.  Syrakus,  gegen  I  sokrates' 
Panegyrikos  988.  —  spartan. 
Söldnerführer  des  Dionys  799.  — 
der  Philosoph,  Politien  152;  pol. 
Athen.  139,  151,  IM,  Olig- 
archische  Quelle  15L  390;  Aber 


Aristides  269  A.  225  A.;  Themi- 
stokles  und  der  Areopag  281  A. 
313  A-;  Perikles  und  Damonides 
313  A.;  drakont.  Verf.  696  A.; 
über  die  Vierhundert  701  A.; 
Theramenes  704  A.  729  A.  749  A.; 
Arginusenprocess  729  A.;  Fall 
Athens  und  die  Dreissig  738  A. 
747  A.  749  A. ;  Zehnmftnner  757 A.; 
Benutzung  Xenophons  747  A., 
Androtions  152. 

Aristoxenos  v.  Selinus,  Iamben- 
dichter  3&L  Stifl, 

Arkader  Städte  und  Gaue  242.  953; 
von  Kleomenes  aufgewiegelt  202; 
bei  Plataeae  285;  gegen  Sparta 
285.  325;  im  Sonderbundskriege 
689  ff.;  unter  Sparta  744.  895; 
Conflict  mit  Elis  762;  demokra- 
tische Bewegung,  Krieg  gegen 
Sparta  948  ff. ;  arkadischer  Bundes- 
staat 949.  953;  Spannung  mit 
Theben  954.  959. 960;  Grenzstreit 
mit  Elis  953.  954.  959;  gegen 
Sikyon  960;  Bündniss  mit  Athen 
961;  Krieg  mit  Sparta  962,  mit 
Elis  968;  Sprengung  des  Bundes- 
staats 969;  die  beiden  Bünde  969  f. 
973.  —  Arkader  in  Thurii  338, 
899.  —  arkad.  Söldner  580.  652. 
671.  884. 

Arkesilaos  III.  und  IV.  von  Kyrene 
9k  356. 

Armenier,  Herkunft  und  Gebiet  89; 
Provinzen  82»  89  A. ;  Abgaben  ML: 
Verbreitung  der  pers.  Religion  79. 

Arrhabaios  von  Lynkestis  599.  603. 
764. 

Arsakes  =  Artaxerxes  II.  719.  832. 

—  Hyparcb  des  Tissaphernes  43» 
Arsites,  Bruder  Dar ius'  II.,  Usurpator 

682. 

Artahanos,  Vezir  des  Xerxea  ."23. 
328  A.  —  Satrap  v.  Baktrien,  Auf- 
stand 823» 

Artahazos,  S.  d.  Pharnakes,  pers. 
Feldherr  22L  282,  236i  führt  den 
pers.  Rückzug  2M,  2M  A.  238: 
Satrap  von  Daskylion  286.  2s*  A.; 
sein  Haus  dauernd  in  der  Provinz 
91;  seine  Traditionen  als  Quelle 
Herodots  143»  —  Satrap  v.  Phry- 
gien,  Rebell  979.  981.  988. 

Artagnes,  pers.  Gott  Z2. 


Index  zum  dritten  Theil. 


&i2 


Artaphrenes,  Bruder  des  Darius, 
Satrap  v.  Sardes  33.  43.  HL  177. 
1ÄJL  —  Sohn  des  Vorigen,  bei 
Marathon  ULL  —  pers.  Gesandter 
582.  593. 
Artas,  Messapierhäuptling  400.  672. 
Artasyras,  Perser  682. 
Artaxerxes  1^  König  323;  Charakter 
seiner  Regierung  681;  Tod  593. 
681.    Stellung  zur  Religion  78; 
A.  und  die  Juden  122.  124.  125, 
und  Themistokles  288;  aegypt. 
Aufstand  823  ff.;  Verbandlungen 
mit  Sparta  335;  Friede  mit  Athen 
312  f.;  griech.  Politik  nach  dem 
Frieden  ±20.  424.  433.  hAZ  582, 
593.  —  II.  (Arsakes)  719.  832; 
Charakter  832.835;  Stellung  zur 
Religion,  Einführung  des  Mithra- 
und  Anähitacults  78_i  Ehe  mit 
den  Töchtern  23j  Krie*  mit  Kyros 
838  ff.,  mit  Sparta  887  ff;  Ver- 
bandlungen 865  f.;  Friede  877  f.; 
gegen  die  Kadusier  899;  Krieg 
mit  den  Rebellen  897  ff.;  spatere 
griechische  Politik  936  f.  940.  952. 
958  f.  961 ;  letzte  Zeit  und  grosser 
Sa tr apenaufstand  964  f.  979.  — 
III.  (Ochos)  12  A.  979.  981.  983; 
gegen  die  Juden  128. 

Artayktes  in  Sestos  42  A.  239. 

Artem bares  »der  Meder«,  lyk.  Dynast 
96.  899.  899  A. 

Artemisia  v.  Halikarnass  292.  457; 
bei  Salamis  224  A.  225  A. 

Artemision,  Schlacht  hei  218—220. 

Arthmios  v.  Zelea  337.  332  A. 

Artybios,  pers.  Feldherr  128. 

Artyphios,  S.  d.  Megabyzos,  Rebell 
682. 

Arxanes,  Satrap  v.  Aegypten  682. 
Aryandes,  Satrap  v.  Aegypten  43* 

9JL  9fi.  12L 
Asagarta  =  Sagarlier  10.  10  A. 
As  Jod  in  Philistaea,  zu  Tyros  85j 

A.  und  die  Juden  125,  128. 
Asea  in  Arkadien  953. 
Asine  in  Messenien  951  A.  954; 

Perioekenstadt  263  A. 
Askalon,  zu  Tyros  &L  85. 
Asklepios,  in  Athen  von  Sophokles 

eingeführt  456. 643;  in  Epidauros, 

Curen  501.  Asklepiaden  als  Aerzte 

501.  503. 


Asopios,  att.  Stratege  566.  588. 
Aspasia  v.  Milet  und  Perikles  414. 

445;  Angriffe  aufA.  496.  53L 

531  A.,  vgl.  423 A.;  mit  Lysikles 

vermählt  560.  —  die  jüngere  138. 
Aspendos  in  Pamphylien  51.  9JL 

708.  710.  873. 
Aspis  v.  Kalaonien  899. 
Assoros,  Sikelerstadt  786  A.  795. 

799.  829. 
Assos  am  Ida  5_L  425.  965.  980. 
Assyrer,  Untergang  der  Nationalität 

89 ;  'Aosoptcc  im  Perserreich  = 

Babylouien  84  A. 
Astakos  in  Akarnanien  551.  —  in 

Bilhyuien  339.425;  athen.Colonie 

430. 

Astrologie  in  Babylonien  82j  Ver- 
breitung 8JL  105. 

Astyanax,  Tyrann  v.  Lampsakos980. 

Astydamas,  Tragiker  905. 

Astylos  v.  Kroton  372. 

Astyochos,  spart.  Nauarch  689 — 693. 
698.  708.  709. 

Astyra  in  Mysien  425. 

Atalante,  lokr.  Insel  551.  607. 

Atargatis,  syr.  Göttin  84. 

Atarneus  980;  Chier  in  —  746.  838. 

Athamanen  855.  935. 

Athanis  v.  Syrakus  Historiker  lfifi. 
991  A.  992  A.  996  A. 

Athen,  Stadt:  Mauer  in  der  Perser- 
zeit 193  A. ;  Mauerbau  220 ;  Aus- 
sehen 280.  298;  I«eicbenfeier  und 
Gräber  280.  2 TO  A.;  Mauern  nach 
den  Häfen  29^  405,  405  A. 
—  Gebiet  nach  dem  Perserkriege 
266;  Unterthanenorte  2ßfi.  2fifi  A. 
391 ;  Bevölkerung  Attikas  266. 302. 
m  39Q  f.  416.  544  A.  596.  685. 
695.  789.  850.  887;  Bürgerrecht 
391  f.  735.  848.  850.  887;  Heer- 
wesen 123. 2ÜS.  2£&  411  f.  544  A. 
580.  596.  685;  wirthschaftl.  Ver- 
hältnisse 262.  296.  299  ff.  320  f. 
415  r.  850  t.  881.  886.  887.  —  Emi- 
granten und  persisch  Gesinnte  im 
Perserkrieg  186.  186  A.  206.  222. 
223.  —  Geschichte  im  5.  Jahrb. 
Bd. III, IV  passim;  nach  dem  pel. 
Kriege  747—749.  756—758.  763. 
889. 841.848—853. 854—879. 881. 
886.  887.  896.  923.  924—984.  — 
Quellen:  urkundl.  Material  148. 


Index  zum  dritten  Theil. 


159:  Reden  UiL  ILSL  IMj  Atthi- 

den  112.  152.  151L  liiL 
Atbena  v.  Athen,  Verkörperung  des 

Staats  262.  44iL  —  Schatz  der 

A.  403  ff.  hM,  543. 
Athenae  auf  Euboea  934  A. 
Athenagoras,    svrakus.  Demagoge 

658. 

Athenokles,  athen.  Stratege  430. 
Athos,  Sturm  am  —  ISO,  710;  Canal 

des  Xerxes  2Q5.  205  A.  202.  212. 

—  Haihinsel,  Abfall  von  Athen 

600;  Rücktritt  605. 
Atomistik  514:  f.  910. 
Atossa,  T.  d.  Kyros,  Gemahlin  d. 

Darius  23,  196. 
Attaginos,  theban.  Oligarch  237. 
Atthiden  189.  152.  159.  161. 
Attika,  Gebiet  266;  wirth schädliche 

Verhaltnisse  301  f. 
Aulon  in  Messenien ,  Perioekenge- 

meinde  268  A. 
Ausoner  (Aurunker)  803.  808.  808  A. 
Autokles,  athenischer  Stratege  957. 

976. 

Autonomie,  Begriff  23,  33  A. 
Autophradates,  Satrap  v.  Sardes  866. 

870.  897.  899.  964  f.  979. 
Avenion  an  der  Rhone  375. 
Avienus,  ora  maritima  376  A. 


B. 

Babylon,  pers.  Residenz  15.  81;  Be- 
satzung 41i  Rechtsgeschäfte  38; 
nnter  Zopyros  3iL 

Babylonien,  das  bab.  Reich  und  die 
Juden  102  f.;  Untergang  des  Chal- 
daeerreichs  112:  unter  Kyros  80; 
Aufstände  unter  Darius  80»  117; 
Aufhebung  des  bab.  Reiches  durch 
Xerxes  80 ;  Aufstände  unter  Xerxes 
80.  IM.  Bd.  m,  S.  XIV.  —  im 
pers.  Heich  14.  52.  80.  81i  Ab- 
gaben  32.  50.  5L  55.  81j  Handel 
£1  f.;  Priester  (Chaldaeer)  und 
Theologie  82j  Verbreitung  der 
bab.  religiösen  Anschauungen  83. 
83  A.  105;  Einflösse  auf  die  pers. 
Religion  22.  78t  in  Syrien  84^ 
auf  das  Judenthum  105.  138. 
Einflösse  auf  die  pers.  Kunst  22. 
23.  26.  —  Juden  in  B.  119  ff.  — 


Bab.  Urkunden  L  1  A.;  histor. 

Literatur  2. 
Bagoas,  Vezir  Artaxerxes'  III.,  und 

die  Juden  128. 
Bakchylides  242.486. 482;  inSieilien 

35L 

ßaktra  (Ralch)  64. 

Baktrien,  Satrapie  29.  322;  Aufstand 
323;  Baktrer  im  pers.  Heer  211 

Balearen,  unter  Karthago  880. 

Bambyke  (Hierapolis)  32.  84. 

Barbaren  und  Hellenen  901. 

BargyHa  in  Karien  424. 

Barka  99.  12L  356.  897. 

ßaotXtuc,  der  Perserkönig  13. 

Battos  IV.  v.  Kyrene  92,  356. 

Bei  v.  Babel  80.  88;  in  Syrien  und 
Phoenikien  84.  105. 

Be'el  samen,  syr.  u.  pboen.  Himmels- 
gott 103. 

Beloch  120. 

Bendis,  thrak.  Göttin  in  Athen  438. 
611. 

Berossos  2. 

Berytis  in  Troas  425. 

Berytos,  zu  Byblos  85. 

Betiehera,  kalibbitisch  86.  107. 

Betsur  in  Palaestina  116. 

Biographie,  hellenistische  153.  159. 

Bion  von  Milet,  Bildhauer  231. 

Bisalten  u.  Makedonien  295;  athen. 
Colonie  396. 

Bisanthe  in  Thrakien  428 A.  723. 

Bithyner  93.  430.  836.  838.  899. 

Blauda  in  Phrygien,  mit  Milesiera 
besiedelt  733  A. 

Boeotarchen  844.  596;  wiederher- 
gestellt 924.  932. 

Boeoter  (vgl.  Theben)  im  Perser- 
krieg 21L  2Ul  Auflösung  des 
Bundes ifach  dem  Perserkrieg  329; 
die  Spartaner  in  B.  329;  von 
Athen  unterworfen  830.  388;  Ab- 
fall 344:  Organisation  des  boeot. 
Bundes  344.  344  A.  847;  mit 
Sparta  verböndet  545:  im  archid. 
Krieg  550.  564.  573.  523  A.  595. 
596.  604;  lehnen  den  Frieden 
ab  607.  608.  629:  Verhandlungen 
mit  Argos  und  Sparta  681.  632. 
685.  687;  im  Sonderbundskrieg 
689  f.;  während  der  sie.  Exped. 
655.  655  A.  671;  im  dekel.  Krieg 
080.  694.  707.  788;  Stellung  nach 


Index  zum  dritten  Theil. 


dem  Krieg  738.  847;  im  korinth. 
Krieg  854  ff.  866.  867.868;  Auf- 
lösung des  boeot.  Bundes  879. 
891;  von  Theben  als  Einheits- 
staat wiederhergestellt  924.  932. 
941 ;  Heerwesen  596.  847.  931. 
943.  —  Boeot.  Geschichtsschrei- 
bung 1£L  924  A.  926  A.  --  B.  in 
Thurii  398,  399. 

Boges,  pers.  Commandant  von  Eion 
276. 

Bojer  821. 

Boiotios.  spart.  Gesandter  nach  Per- 
sien 714.  719. 
Bola  in  Latium  808.  811.  820. 
Borsippa  in  Babylon ien  82. 
Bosporus  von  Darius  überbrückt  7Q; 

Inschrift  15  A.  —  kimmerischer, 

Reich  431  f. 
Bottiaeer  (Spartolos)  427;  Abfall 

von  Athen  53k  5fi5*  607.  646. 
Brahuis  in  Beludschistan  9. 
Branchiden  von  Didymoi  92*  176. 

18L  181  A. 
Brasidas  598.  5üfL  572j  bei  Megara 

595;  Reformen  598;  in  Thrakien 

598-605. 
,    Brasideer  in  Lepreon  687.  640. 
Brea,  atben.  Golonie  in  Thrakien 

395.  SM.  3SßA.  428. 
Bruttier,  Entstehung  1001.  1001  A. 
Bryger,  Kämpfe  mit  Mardonios  190. 
Bryllion  bei  Daskylion  292 A.  425. 
Bubastis  ££L 

Buchhandel  in  Athen  497. 
Budiner,  finnischer  Stamm  £üL  70. 
Burckhardt  ]M* 

Bvblos ,   phoen.  Stadtfflrstenthum 

85, 

Bysbikos,  Insel  der  Propontis  425. 

Byzanten  in  Afrika,  Byzacium  379. 

ßyzantion  persisch  172;  im  ion. 
Aufstand  ITL  181 :  von  den 
Griechen  erobert  271 ;  Pausanias 
in  B.  222.  284;  von  Athen  er- 
obert 28fi.  28ßA.;  im  del.  Bund 
292  A.  42ü ;  Abfall  422.  424;  gegen 
die  Bithyner  430 ;  neuer  Abfall 
709.  712;  wiedergewonnen  717; 
von  Lysander  besetzt  735 ;  Klearch 
in  B.  756.  756  A.;  unter  Sparta 
760  A.  836;  Anschluss  an  Athen 
872.  878.  895.  896.  928.  965; 
Uebertritt  zu  Theben  967.  967  A.; 


gepren  Athen  975.  978;  im  Bundes- 
genossenkrieg 982. 


c. 

Caere  (Agylla)  und  Rom  802.  816. 
819.  820;  und  Dionys  828. 

Camillus  815.  819  A.  820.  820  A. 

Campaner,  Entstehung  870.  435. 
803;  Söldner  in  attischen  Dien- 
sten 658.  658  A.;  auf  Sicilien 
770.  773.  774.  775.  780.  788;  bei 
Dionys  783.  785.  786.  795.  829. 
829  A. 

Capitalismus  in  Athen  803 ff.;  in 
Griechenland  im  4.  Jahrh.  883. 
887.  921. 

Gapua  34JL  435.  801.  803. 

Sp.  Cassius  810.  813. 

Cenomanen  821. 

Ghabbas,  K.  v.  Aegypten  1Q2A. 
323  A. 

Chabrias,  Persönlichkeit  930;  bei 
Korinth  868.  872  A.;  auf  Cypera 
873  A.  874;  in  Aegypten  896. 
897.  897  A.;  Verteidigung  Boeo- 
tiens  925.  927.  931;  Sieg  bei 
Naxos  934;  weitere  Feldzüge  935. 
938.  952;  Process  962;  gegen 
Keos  und  Naxos  966;  wieder  in 
Aegypten  972;  letzte  Zeit  in  Athen 
976.  977;  Tod  982. 

Ghaeronea,  zu  Orchomenos  344. 596. 

Ghaireas,  Athener,  auf  der  Paralos 
703-  704. 

Chairephon,  Sokrates'  Schüler  616. 
625. 

Ghaldaeer  (vgl.  Babylonien),  bab. 
Priesterschafl  82.  82  A. 

Chaleb  in  Syrien  84. 

Chaleion,  lokriscbe  St.  330. 

Ghalkedon  persisch  I22i  im  del. 
Bunde,  Tribut  426;  gegen  die 
Bithyner  4Mi  ABTaTl  von  Athen 
709.  712.  714;  wieder  genommen 
717;  von  Lysander  besetzt  735; 
athenisch  872.  878;  Anschluss 
an  Epaminondas  967;  gegen 
Athen  975. 

Ghalketor,  karischer  Ort  4JLL 

Ghalkideus,  spart.  Nauarch  687  bis 
689. 

Chalkidier  auf  Sicilien  362,  570. 


uiguizea  Dy  ^oogie 


540 


Index  zum  dritten  Theil. 


767.  786.  —  in  Thrakien,  Abfall 
von  Athen  586  f. ;  Synoikismos 
in  Olynth  53JL  888:  Athen  Reifen 
die  Ch.  5_5_L  58ü\  599.  599  A. 
600.  603.  605;  im  Nikiasfrieden 
607  ;  Bund  mit  Argos  631 ;  Fort- 
gang des  Kriegs  mit  Athen  633. 
646.  662;  Bund  mit  Sparta  641; 
Abfall  von  Sparta,  Bund  mit 
Theben  855;  Zustände,  Macht 
und  Verfassung  888.  893;  Angriff 
Spartas,  Auflösung  des  Einheits- 
staats 894;  unter  Sparta  895; 
Wiederherstellung ,  im  zweiten 
Seebund  935;  unabhängig  950. 
958;  Kriege  mit  Athen  958.  965. 
978  (vgl.  Olynth). 

Cbalkidike,  Halbinseln  217;  im 
delischen  Bund  225,  2Ha  Ort- 
schaften und  Tribute 427;  Kampfe 
um  die  Chalk.  600.  603  ff.  633. 
646.  965. 

Ghalkis  in  Aetolien,  korinthisch 
332;  von  Athen  genommen  334, 
346  A.  —  auf  Euboea,  im  Perser- 
krieg 215.  219:  athen.  Kleruchen 
192.  nach  dem  Ferserkriege  auf- 
gegeben 2üfL  2S6A.;  Ch.  im  del. 
Bund  275j  hat  keine  SchifTe  219. 
275;  Aufstand  und  Unterwerfung 
345.  391.  393;  Rechtsordnung 
21s.  2I£A.  391j  Tribut  426: 
Abfall  706.  711:  im  zweiten  See- 
bund 930;  Anschluss  an  Theben 
946;  Krieg  mit  Athen  978.  Vgl. 
Euboea. 

Chalyber  am  Pontos  ß&  98. 

Chares,  athen.  Feldherr  960.  961; 
gegen  Korkyra  976;  in  Thrakien 
978;  im  Bundesgenossenkrieg 
982.  983;  gegen  Sestos  984;  Per- 
sönlichkeit 977.  —  athen.  Ge- 
sandter nach  Sparta  346  A. 

Charidemos  von  Oreos,  Condottiere, 
in  ath.  Diensten  965  A.;  in  thrak. 
Diensten  976.  978;  in  Troas  979. 
980. 

Charikles,   athen.   Stratege  670; 

Führer  der  Dreissig  747.  749. 
Charinos,  Psephisma  gegen  Megara 

551. 

Charitimides(Charmantides?),athen. 

Stratege  324.  A. 
Charmides,    Kritias*  Vetter  625. 


325  A.  713  A.;  Haupt  der  Zehn- 
männer im  Piraeeus  749.  757. 

Charminos,  ath.  Stratege,  Oligarcb 
686.  690  f.  696.  703. 

Charoiades,  athen.  Stratege  576.  578. 

Gharon  von  Lampsakos,  pers.  Ge- 
schichte &  142.  122  A.;  Gesch. 
von  Lampsakos  148.  288  A.  — 
von  Theben,  Boeotarch  924.  932. 
955. 

Charrftn  in  Mesopotamien  84. 
Chawlla  82  A. 

Chazzija  (Tarzija?),  bab.  Usurpator 

Bd.  III,  S.  XIV. 
Gheirisophos,  spart.  Heerführer  bei 

Kyros  833.  885.  836. 
Chelidonische  Inseln  343« 
Cheröi,  S.  d.  Harpagos  v.  Xanthos, 

lyk.  König  683. 
Gbersonesos  Heraklea  auf  der  Krim 

43L  890. 
Cbersones.  thrakischer,  unter  Mil- 

tiades  II.  171.  181:  persisch  275; 

von  Athen  erobert  2S2j  Ort- 
schaften 39fiA.;  Tribut  426  :  ath. 

Golonien  394.  396:  Kämpfe  mit 

den  Thrakern    759.  836.  838; 

wieder  athenisch  860.  866.  872; 

Athens  Ansprüche  935.  940.  958; 

von    Timotheos    besetzt  965; 

Kämpfe  Athens  gegen  die  Thraker 

975.  976.  978.  984. 
Ghileos  von  Tegea  233.  215  A. 
Ghiliarch  im  Perserreich  1£L  23. 

23A.  24,  845. 
China  G5_* 

Chion  Mihionides)  von  Heraklea 
980.  1000. 

Ghionides,  Komiker  44J1 140  A.  4M. 

Chios  im  ion.  Aufstand  179.  180 ; 
Aufforderung  zum  Abfall  238;  im 
del.  Bund  223,  225,  8äk  425: 
Rechtsverhältnisse  2l£L  213  A. 
290;  im  archid.  Krieg  593  t>05; 
sie.  Exped.  652.  670;  Abfall  680. 
683.  687 ;  Kämpfe  um  Chios  689  ff. 
709.  716.  724  f.  728.  731;  unter 
spar  tan.  Herrschaft  716.  746; 
Abfall  von  Sparta  860.  872  888; 
Anschluss  an  Athen  896;  im 
zweiten  Seebund  928;  Verbin* 
dung  mit  Theben  967;  fallt  von 
Athen  ab  978 ;  Kämpfe  bei  Chios 
982.  —  Schulen  auf  Chios  24i 


Index  zum  dritten  Theil. 


541 


Choerilos  von  Samos,  Epiker  4  Sri. 

755.  764.  ütpaixdt  14a,  70A.86A. 
Chorasmier  in  Chiwa  fiR.  fi4.  68. 
Chremon,  athen.  Oligarch  737. 
Chrom  ios,  Schwager  Gelons  850. 

353. 

Chronik,  Bücher  der  &  133, 
Cbrysaoris,  Zeus  von,  karischer 

Bundesgott  94. 
Chrysopolis  am  Bosporus  712.  717. 
Chyton  hei  Klazomenae  872.  872  A. 
Circei  808.  810  A.  815. 
Claudier  in  Horn  809. 
Clienten  in  Rom  812. 
Clusium  und  die  Kelten  817  A.  818. 
Consentia,  Hauptstadt  der  Bruttier 

1001. 

Consuln  in  Rom  812;  Consular- 

tribunen  813.  814. 
Gora  in  Latium  810  A.  811. 
Gorbio  in  Latium  808. 
Corioli,  Goriolansage  808.  811. 
A.  Cornelius  Cossus  811.  811  A. 
Corsica  22k  863.  876.  823. 
Cremera,  Schlacht  an  der  811. 
Cumae  803,  s.  Kyine. 
Curtius  Hü. 

Cypern,  zur  syrischen  Satrapie  84; 
Stadtfürstenthümer  85i  im  ion. 

•  Aufstand  HL  178i  Feldzug  des 
Pausanias  221;  Angriffe  der 
Athener  29L  SM,  33jL  341  f.; 
Verzicht  Athens  343;  unter  per- 
sischer Herrschaft  840.  Vgl. 
Euagoras. 

D. 

Daher  in  Persis  lOj  in  Turan  63. 
Daiphantos,  Thebaner  972. 
Damarchos,  Syrakus.  Stratege  777. 
Damarete,  T.  d.  Theron,  Gem. 

Gelons  230*  350;  Damareteion, 

Münze  23ÖA. 
Damaskos  84. 

Damastes  von  Sige  909.  5S2A. 

Dämon  (Nikodemos)  von  Kentoripae 
799.  799  A.  —  (Damonides)  von 
Oa,  Musiktheoretiker,  Rathgeber 
des  Perikles  313.  313  A.  4&L 
492.  905. 

Damokles  und  Dionys  828.  991  A. 

Damophilos,  Kyrenaeer  356. 


Dahielbuch  als  bist.  Quelle  für  das 

Perserreich  2. 
Daphnaeos,  Syrakus.  Stratege  775. 

776.  /77. 
Daphne,  Festung  in  Aegypten  4L  98. 
Daphnus  bei  Klazomenae,  Sitz  der 

Oligarchen  689  A.  722. 
Dardanos  am  Hellespont  426.  - 
Darden  in  Indien  58. 
Dareikos,  Münze  48.  48  A.  Bd.  III, 

8.  XIV. 

Darius  L,  König  llj  Persönlichkeit 
2L  49.  6L  24i  Verhftltniss  zu 
Kyros  üfi  ;  pol  it.  Aufgabe,  Ausbau 
des  Reichs  58j  Satrapien-  und 
Steuerordnung  29.  49  f.?  Münz- 
ordnung 48,48  A.  Bd.  III,  S.  XIV; 
Stellung  zur  Religion  52;  in  In- 
dien 58  f. ;  Erforschung  des  Ind. 
Oceans,  Nilcanal  ßOf.;  an  der 
Nordgrenze  02 ;  gegen  Kolcbis  67; 
gegen  die  Saken  69_;  gegen  die 
pontiscben  Skythen  69  f.  20  A. ; 
in  Babylon  SOj  in  Aegypten  101. 
102;  D.  und  die  Juden  117; 
griechische  Politik  HUT.;  aegypt. 
Aufstand  1Ü2.  196j  Tod  196; 
Palast  in  Susa  15i  Bauten  in 
Persepolis  IL  22;  Grab  12.  74i 
Siegel  22.  —  Inschriften  L  UL. 
2L  25i  flDer  Persien  9.  16j  über 
die  Stellung  des  Königs  13j  über 
den  Skylhenkrieg  TOj  Völker- 
listen 5S  A.  —  II.,  Gewinnung 
der  Herrschaft  682;  Politik  683; 
Vertrag  mit  Athen  593;  Bruch 
mit  Athen  683:  Verhandlungen 
mit  Sparta  714.  718.  719;  Meder- 
aufstand  Tlj  Tempelbau  in  der 
grossen  Oase  102.  —  Sohn  des 
Xerxes,  ermordet  323. 

Daskylion  844.  846;  in  den  athen. 
Tributlisten  292,292  A. —Satrapie 
von  D.  29.  31  Uli  Theilung  im 
4,  Jhdt.  9L  91 A.  719. 

Datames  899.  900.  964.  979. 

Datis.  Feldzug  von  Marathon  lül 
bis  125.  124  A.;  Verh.  zu  den 
griech.  Göttern  255. 

Datos,  Colonie  vonThasos  977.  988. 

Daurises,  pers.  Feldherr  179. 

Decemvirn  in  Rom  320.  812.  812  A. 

Decluna,  volsk.  Göttin  808. 

Deinolochos,  sicil.  Komiker  367. 


542 


Index  zum  dritten  Theil. 


Deinomenes,  S.  d.  Hieron  3'>0.  353. 

Deinon  von  Kolopbon,  pers.  Ge- 
schichte 3,  &  909. 

Dekarcbien  Lysanders  746.  760. 761. 

Dekelea  von  Sparta  besetzt  669. 
G69A. 

Delion,  Schlacht  bei  596. 

Deliscber  Bund,  Gründung  und 
Organisation  221  ff.;  Dienstpflicht 
der  Bündner  409  A.;  athen.  Ge- 
richtsbarkeit 22JL  228  A.;  Er- 
weiterung 292;  Verlegung  der 
Gasse  nach  Athen  332*  332  A. 
393.  Bd.  V,  S.  VI ;  Herabsetzung 
der  Tribute  während  des  ersten 
pelop.  Kriegs  339;  Umwandlung 
in  ein  Reich  323*  402  ff. ;  Pro- 
vinzen 409;  Finanzen  und  Schatz 
402  ff. ;  Bestand  und  Verhältnisse 
der  Bündner,  Tribute  425  ff. ;  Ver- 
luste imsamischen  Krieg  424;  Ab- 
schluss  des  Gebiets  409;  Erhöhung 
der  Tribute  598;  Ersatzdurch  eine 
5proc.  Steuer  669;  Ende  735; 
Wiederherstellungsversuch  Thra- 
sybuls  872  f.  928  A. 

Delos,  die  Ferser  aufD.  1Ü2,  255 ; 
von  Athen  gereinigt  611;  Fest 
44L  611 ;  im  4,  Jhdt.  872  A.  896. 
935  A. 

Delphi  und  Kroesos  103;  Stellung 
zum  Perserkrieg  213 f.;  von  den 
EfiiSfini  besetzt  22L  221 A.;  Be- 
deutung der  Entscheidung  für 
Delphi  255  f.;  Umdeutung  der 
Orakel  240 ;  Siegesdenkmäler  240 ; 
Schlangensäule  273. 215  A . ;  Inter- 
vention Spartas  und  Athens 
(heil.  Krieg)  344,  344  A.;  Feste 
443 ;  Ansehen  in  Athen  446: 
im  Nikiasfrieden  607;  Iason  und 
Delphi  946 ;  Congress  in  D.  958. 
—  Orakel  über  Detnarat  189;  im 
Perserkrieg  213;  über  Thurii  435; 
über  Epidamnos  532;  für  Sparta 
541 ;  über  Sokrates  626. 

Delphinion  auf  Chios  709.  724. 

Demagoge  in  Athen,  Stellung  und 
Bedeutung  20k  S1&  320.  563; 
spätere  Demagogen  560  ff.  584  ff. 

Demainetos,  athen.  Stratege  874. 
878. 

Demaratos,  K.  v.  Sparta  188  A.  183; 
bei    Xerxes    19_ßA.    20JL  224. 


Fürstenthum  und  Nachkommen 
182L  3fix  838  ;  Traditionen,  Quelle 
für  Herodot  143*  —  athen.  Stra- 
tege 668. 

Demarchen  in  Athen  20JL  403  A. 

Demetrios  von  Athen,  Bildhauer 
428,  485, 

Demokedes  von  Kroton,  Arzt  23, 
501 ;  von  Darius  nach  Italien  ge- 
schickt 123, 

Demo kri tos  von  Abdera,  Leben  514. 
514 A.  910;  atomist.  Lehre  514. 
910;  Schriften  910; Ethik  911. 919. 
—  von  Naxos,  8tratege  22JL223A. 

Demonikos  v.  Cypern  (Isoer.  or.  I) 
840  A. 

Demophantos,  Psephisma  des,  713. 
713A. 

Demophon,  angebl.  athen.  Stratege 
924  A. 

Demostbenes,  athen.  Feldherr  561 ; 

in  Aetolien  und  gegen  Amhrakia 

523  A.  524  f.;  in  Pylos  589 

594;  gegen  Megara  595;  gegen 

Boeotien  596;  nach  Sicilien  668. 

670.  672;  auf  Sicilien  675—678. 
Demostratos  der  Buzyge,  Demagoge 

650  A.  684. 
Demotion,  athen.  Demagoge  961. 
Derdas,  S.  d.  Aridaios  429.  423  A. 

536.  —  Mörder  Amyntas'  II.  893. 

893  A.  —  von  Elimia  893.  894. 

Vgl.  764. 
Derkylidas,  spartan.  Harmost  693. 

709.  759.  838.  858.  860.  870.  874. 
Derusiaeer,  pers.  Stamm  10. 
Deuterojesaja  113  f.  113.  A. 
Deuteronomistiscb  es  Geschichtswerk 

LLL 

Dexippos  von  Sparta  auf  Sicilien 
773.  774.  775.  777.  —  Perioeke, 
unter  den  Kyreern  836. 

Diagoras  von  Melos,  Atheist  446. 
44ÖA.  5JA 

Diakrier  auf  Euboea  425. 

AiaXi£t:c  52L 

Didyma  bei  Milet,  Tempel  tffi.  18L 
Dieitrephes,  athen.  Oligarch  696. 
708. 

Dieuchidas  von  Megara,  Historiker 
909. 

Dikaearchia  bei  Neapel  803. 
Jtxai  ättö  £ufi(J6Xu»v  und  Sixat  ofi- 
ßoXatat  228,  228  A. 


uiguizea  Dy  Vjuogie 


Index  zum  dritten  Thei). 


Dikaios,  athen.  Emigrant  186  A.; 

Erzählungen  bei  Herodot  141]. 
Dikaiösyne,  T.  d.  Dionys  830. 
Diobelie  in  Athen  713.  713  A.  312  A. 
Diodor,   Geschichte    und  Quellen 

150,    lfi2..   IßT.    Cbronol.  der 

Pentekontaetie  15JL  276  A.  294  A. 

326  A.    332  A.    äMA.;  knrkyr. 

Krieg  532  A. ;  pelop.  Krieg  549  A. ; 

korinth.  Krieg  864  A.  869  A.  — 

Sicil.  Gesch.  796  A.  822  A.  985  A. 

987  A.  993  A.  995  A.  996  A.  — 

Rom.  Gesch.  809  A.  811 A.  812  A. 

817  A.    —  Vgl.  Epboros  und 

Timaeos. 
Diodotos,  S.  d.  Eukrates,  Athener 

5Ji9. 

Diogeiton,  Boeotarch  966. 

Diogenes  v.  Apollonia  aur  Kreta, 
Lehre  513 ;  abhängig  von  Leukipp 
514;  bei  Aristopbanes  514.  613; 
Einfluss  auf  Herodot  447:  Stil  517. 

Diognetos,  Nikias'  Bruder  758. 

Diokleides,  Denuntiant  im  Hermen- 
frevel  655. 

Diokles  v.  Elea,  über  Musik  499, 

—  v.  Syrakus,  Gesetzgeber  766  A. 

—  Syrakus.  Demogoge  (richtiger 
vielleicht  Eurykles)  766.  766  A. 
771.  772.  —  athen.  Stratege  978. 

Diomedon,  athen.  Stratege  686. 688  f. 

691.  703.  728;  hinger.  729. 
Dion  auf  der  Athoshalbinsel  600. 
Dion,  S.  d.  Hipparinos  986—999. 
Dionysios,  athen.  Stratege  878.  896. 

—  6  XaXxoöc  v.  Athen,  Dichter 
486;  in  Thurii  39&  —  v.  Milet, 
pers.  Gesch.  3.  139.  —  v.  Phokaea. 
Feldherr  derlonier  180:  in  Sicilien 
206.  2Ö£  A.  —  J.  v.  Syrakus  776 
his  800.  805—807.  822—830. 
985  f.;  D.  und  Athen  862.  958. 
985;  und  Sparta  745.  784.  875  f. 
878.  936.  937—940.  952.  954.  958; 
und  Korn  816;  in  Olympia  822. 
875;  Stellung  zur  Kunst  903;  Be- 
urtheilung  bei  den  Zeitgenossen 
782.  827  ff.  880.  881.  882.  922. 
977.  —  IL,  Erziehung  828.  987; 
Geschichte  986— 1000;  unterstützt 
Sparta  962. 

Dionysodoros,  boeot.  Historiker  101. 
9l'4  A.  —  v.  Chios,  Sophist,  in 
Thurii  398. 


Diopeitbes,  athen.  Mantis,  gegen  die 

Atheisten  53L 
Dioskurias  in  Kolcbis  64* 
Diotimos,  S.  d.  Strorobichos,  athen. 

Stratege  411 ;  Gesandter  in  Persien 

582  A.  —  in  Neapel  435.  —  athen. 

Stratege  im  Hellespont  874.  896. 
Dipaia,  Schlacht  bei  285. 
Diphilos,  athen.  8tratege  671. 
Diphridas,  spartan.  Heerführer  869. 
Dithyrambe«  243.  439,  441  f.  486  ff. 

905. 

Dodona,  Ansehen  in  Athen  446. 
Doidalsos,  Bilhynerhäuptling  430. 
Doloper  am  Oeta  213,  938.  —  von 

Skyros  216. 
Dor  in  Palaestina,  zu  Sidon  85. 
Dorier  und  Ionier  250.  —  Dorier 

am  Oeta  828.  523» 
Dorieus  v.  Rhodos,  Stratege  von 

Thurii  435  A.  680.  690.  708  [ver- 

schr.  DiagorasJ.  710;  von  den 

Athenern  gefangen  733.  724  A.; 

von  den  Spartanern  hinger.  845. 
Dorikop,  Oberst  des  Dionys  788. 
Doris,  Gemahlin  des  Dionys  792. 

828.  986. 
Doriskos  am  Hebros,  persisch  112. 

212,  226,  292;  thrakiscb  428. 
Dorkis,  spartan.  Nauarch  222. 
Drabeskos,  Niederlage  der  Athener 

bei  294. 

Drakon,  angebl.  Verfassung  695. 
695  A. 

Drakontides,  athen.  Oligarch  748. 
Drangen,  iran.  Stamm  9±  »38. 
Dropiker,  pers.  Stamm  10. 
Dryoper  von  Karytos  97H. 
Duketios,  SikelerkOnig  358.  360  bis 
362, 

Duris  v.  Samos,  Gesch.  v.  Samos 
152.422  A.  718  A. ;  Heilenika  163. 


E. 

Ebusos,  Pityuseninsel,  karthagisch 

322.  380, 
Echekratidas,  K.  derThessaler2U  A. 

m  338  A. 
Echinos  in  Phthiotis,  thebanisch 

966  A. 

Edomiter,  Vordringen  in  Palaestina 
(in  Hebron)  86.  gfi  A.  107j  Nieder- 


544 


Index  zum  dritten  Theil. 


läge  durch  die  Araber  118:  gegen 

die  Juden  115. 
Edoner  am  Strymon  112,  129.  27fL 

234.  605. 
Egbatana  14.  15,  4L  53. 
Eion  am  Strymon,  persisch  172; 

von  Athen  erobert  22fL  22fi  A.; 

athen.  Colonie  894.  599.  605. 
Ekdikos,  spart.  Nauarch  869. 
Ekklesiastikon  in  Athen  861.  886. 
fxxXijtog  icoXt?  928.  928  A. 
Ekphantides,  Komiker  49fL 
Ekphantos  v.  Syrakus,  Fylhagoreer 

513. 

Eiam  k  11  A.,  vgl.  Susiana. 

Elaeus  auf  der  Chersones  896  A. 
935.  976. 

Elea  in  Italien  322.  804.  806. 

Eleaten,  Philosophie  509— 512;  Ein- 
wirkung auf  den  Osten  512.  513; 
auf  Leukipp  514;  auf  Plato  918; 
Nachleben  910. 

Eleios,  S.  d.  Kimon  312. 

Elephantine  in  Aegypten  4L  98. 

Eleporos,  Schlacht  am  806. 

Eleusis  unter  den  Dreissig  756.  757. 
758;  von  Athen  genommen  768. 
—  Getreideabgabe  an  die  Göt- 
tinnen 643;  Mysterienfrevel  651. 
656. 

Eleutherae,  athen.  Grenzkastell  266 A. 

2iiL  39L 

Elimia,  Elimiotis,  maked.  Fürsten- 
thum 429.  764.  898.  894. 

Elis,  zur  Zeit  des  Kleomenes  202.203; 
bei  Plalaeae  235.  235  A.;  Sturz 
der  Oligarchie,  Synoikismos  285; 
für  Korinth  gegen  Korkyra 
hi9  534;  Zerwürfniss  mit  Sparta 
606;  lehnt  den  Frieden  ab  608. 
629;  Bündniss  mit  Argos  631, 
mit  Athen  636;  im  Sonderbunds- 
krieg 637.  639  ff.;  bleibt  neutral 
641.  744.  757;  von  Sparta  besiegt 
762;  unter  Spartas  Herrschaft  857. 
895;  nach  Leuktra,  Wiedergewin- 
nung des  Gebiets  949.  950 ;  Bruch 
mit  Arkadien  953.  954.  959.  Krieg 
968.  969.  973. 

Elisyker  in  Südfrankreich  229.  376. 
377. 

Eljaälb,  jüd.  Hoherpriester  125.  122. 
Elpinike,  Kimons  Schwester  282. 
314,  314  A.  322  A. 


Elvmer  auf  Sicilien  341.  3Ü2. 

768.  780.  793.  800,  vgl.  Segesta. 
Em bata,  Schlacht  bei  982. 
Empedion,  Selinuntier  770. 
Empedokles  v.  Agrigent,  polit.Thätig- 

keit  359.  359  A.;  in  Tburii  398; 

Auftreten  369.  516;  Lehre  und 

Schriften  369. 369  A.;  naturphilos. 

System  513;  abhängig  von  Par- 

menides  513;  Einwirkung  auf  die 

Atomistik  514. 
Emporiae,  col.  v.  Massalia  376. 
Endios,  Ephor  683.  687.  712. 
Enteila,  Elymerstadt  362:  von  Cam- 

panern  besetzt  783.  783  A.  793. 

795. 

Epaminondas  941—944.  950—960. 
966—972 ;  Persönlichkeit  943. 955. 
974;  geschichtl.  Stellung  882. 974; 
Taktik  943.  971. 

Epariten,  arkad.  Truppen  953.  969. 

Ephesos,  Gesch.  im  fi,  u.  5.  Jahrb. 
505;  persisch  2TL  288;  im  del. 
Bund,  Tribut  292.  42£l  Abfall 
687.716;  Hauptquartier  Lvsanders 
721  ff.  731.  738.  755;  im  Perser- 
krieg  der  Spartoner  837.  838; 
Abfall  von  Sparta  860;  wieder 
spartanisch  869;  unter  Persien 
896;  Wohlstand  888. 

Ephialtes,  athen.  Staatsmann  292. 
313.  313  A.  3U-316.  —  Malier, 
als  Verräther  geächtet  240. 

Ephoren  in  8parta  2Q3,  211L  2fiL 
754.  —  oligarch.  Führer  in  Athen 
748. 

Ephoros,  Perserkriege  141.  145;  be- 
nutzt Herodot  219  A.  225  A. 238  A.; 
Perserheer  212  A. ;  hellen.  Bund 
215  A.  240  A.;  über  Elis  235  A. 

—  Pentekontoetie  15Ü2M  A.  22fi  A. 
285  A.  2M  A.  294  A.  32I>  A.  326  A. 
32i}  A.  —  Pelop.  Krieg  15JL  549  A. 
710  A.  711  A.;  Benutzung  Xeno- 
phons  lfiL  717  A.  725  A.  727  A. 
728  A.  729  A.  —  Fall  Athens  738 A. ; 
Gesch.  der  Dreissig  747  A.  748  A. 
757  A.;  Alkibiades'  Tod  750  A. 

—  Zug  des  Kyros  (Sopbainelos?) 
161.  —  Spätere  Zeit  163;  über 
Lysander  759  A. ;  Benutzung  Xeno- 
phons  894  A.  926  A.  971  A. ;  boeot 
Geschichte  924  A. ;  Leuktra  944  A. : 
Mantinea  970  A.  971  A.;  pers. 


Index  zum  dritten  Theil. 


Geschichte  964  A.  —  Sicil.  Gesch. 
lfifi.  769  A.  770  A.  773  A.  795  A. 
796  A.  992  A.  995  A.  -  Vgl.  Diodor. 

Epichares,  einer  der  Zehnmänner 
in  Athen  757. 

Epicbarmos,  sie.  Komiker  866.  3(i7. 

Epidamnos  532,  533, 

Epidaurus  im  Perserkrieg  219. 223  A. 
235;  Krieg  gegen  Athen  322,  315; 
lür  Korinth  532:  Angriff  des 
Per i kies  552;  Ar*os  und  Athen 
gegen  E.  638.  639.  641 :  in  der 
theban.  Zeit  950.  952;  Asklepios- 
tempel  903;  Fest  443,  —  Limera 
in  Lakonien  663. 

Epikrates  v.  Acharnae,  Anhänger 
des  Themistokles  288-  —  athen. 
Demagoge  861.  871.  876.  896. 

Epikur  und  die  Atomistik  MS. 

Epilykos,  athen.  Gesandter  an  Da- 
rius  II.  593. 

Epiroten  und  Korinth  332 ;  im  archid. 
Krieg  5ü&  515,    Vgl.  Molosser. 

irclaxoicot,  athenische,  in  den  Städten 
279.  323.  393  A. 

Erasinides,  atlien.  Stratege  726.  729. 

Eratosthenes,  einer  der  Dreissig  757. 
757  A.  849. 

Erechtbeum,  Bau  713.  903. 

Eresos  auf  Lesbos  393.  709. 

Eretria  im  ion.  Aufstand  Ufi  f.;  zer- 
stört 192j  im  Perserkrieg  215, 
21äi  im  del.  Bund,  Aufstand  H_45j 
unterthänig  B9&  Tribut  426;  Ab- 
fall,  Schlacht  bei  706;  im  zweiten 
Seebund  930:  zu  Theben  946; 
Tyrann  960  f.;  Krieg  mit  Athen 
978.    Vgl.  Euboea. 

Ergokles,  athen.  Stratege  872.  873. 

Ergophilos,  athen.  Stratege  976. 

Eristiker  906.  910. 

Erythrae  in  Ionien,  im  ion.  Aufstand 
180:  von  Alben  unterworfen  279. 
292.  39äi  Tribut  42&j  Abfall  680. 
683  6*7.  690. 

Eryx.  Elymerstadt  2Dfi  A.  2Ü2,  m 
793  f.  985;  Tempel  650. 

Erziehung,  griechische  248. 438.442. 
442  A.  4AL  613;  Erziehungs- 
problem 51Äf.;  bei  den  Sophisten 
52L  525  ff.  906  f.;  bei  Sokrates 
610  ff.;  bei  Isokrates  908;  bei 
Plato  917  f. 

Estherroman  IM,  Uli  A.  133j  Quelle 
M  eyer,  Geschichte  des  Altertirams. 


für  das  Perserreich  2,  27i  über 
Xerxes  822. 

Etenna  in  Pisidien  93, 

Eteonikos,  sparlan.  Harmost  703. 
716;  Epistoleus  des  Kallikratidas 
728.  781 ;  aur  Aegina  873. 

t*virj  im  Perserreich  34. 

Eirusker  gegen  Kyme  349;  Kriege 
mit  Syrakus  349,  363;  Bez.  zu 
Massalia  376;  Handel  mit  Athen 
2I& 392 ;  anirebl.  Etrusker  in  athen. 
Diensten  658  A.:  Niedergang  ihrer 
Mach!  32£L  801  f.  808;  E.  und 
Rom  815. 816. 820 :  Kelteninvasion 
817.  818.  821 ;  Angriffe  des  Dionys 
823.  —  E.  von  Plakia  und  Skylake 
292. 

Euatrora*,  K.  v.  Salamis,  Anfänge 
840  f.  715.  734;  im  Krieg  gegen 
Sparta  841  ff.  853.  861 ;  Krieg  mit 
Persien  870.  874.  896—898. 

Euainetos,  sparlan.  Heerführer  218. 

Euandros,  athen.  Archon  (Ly*.  or. 
261  896  A. 

Euangelos,  Sklave  des  Perikles  414. 

Euarchos  v.  Astakos  in  Akarnanien 
55L 

Euathlos  v.  Athen,  Schüler  des  Prota- 
gons 5*1  A.  613  A. 

Euboea,  athen.  Kleruchen  auf  192. 
nach  den  Perserkriegen  aufge- 
geben 2fifL2fifi  A.;  im  Perserkrieg 
215,  22S,  235j  im  del.  Bund  275; 
Aufsland  u.  Unterwerfung344.345, 
393:  Tribul  426:  athen.  Kleruchen 
393.  895.  396.  396  A.;  Abfall  680. 
G94.  706. 7 1 1. 743 ;  Ahrall  v.  Sparta 
855.  857;  wieder  spartanisch  892; 
im  zweiten  8eebund  930.  935; 
Uebertritt  zu  Theben  946.  973. 
978;  von  Athen  besiegt  978;  neuer 
Abtall  984.  —  Sladt  auf  Sicilien, 
zerstört  34>L  35L  3^  35& 

Euhulos,  Tyrann  v.  Atarneus  980. 
—  v.  Prohalinthos,  athen.  Staats- 
mann 984. 

Eudamidas,  spart.  Heerführer  gegen 
Olynth  891.  894. 

Eudemos  v.  Kypros,  Piatos  Schüler 
992. 

Eudoxos  v.  Knidos  bei  Dionys  II. 
990. 

Euenos  v.  Paros,  Lyriker 486 :  Sophist 
522. 

V.  35 


54(3 


Index  zum  dritten  Theü 


thtpfiw  im   Perserreich   2Ü,  25, 

25  A.  35. 
Euetion,  athen.  Strateg  662. 
Eubesperides  in  Kyrenaik;i  Oft,  356. 
Eukles,  athen.  Strateg  599. 
Euklides  v.  Megara,  Philosoph  910. 

912.  913. 
Eukrates,    athen.   Demagoge  500. 

560  A.  —  Bruder  d.  Nikias  651  A. 

686.  686  A.  737.  737  A.  748.  749. 
.Euktemon  v.  Athen,  Geograph  499. 
Eumacho«,  athen.  Stratege  712. 
Eunomos,  athen.  Gesandter  862: 

Stratege  874. 
Eunuchen  im  per?.  Reich  2iL 
Euphemos,  Kyrenaeer  356.  —  von 

Parion,  Pythagoreer,  gegen  Dio- 
nys 824. 

Euphraios  v.  Oreos,  Schüler  Piatos, 
bei  Perdikkas  III.  976.  988. 

Euphranor  v.  Korinlh.  Malei  903. 904. 

Euphron,  sikyon.  Demagog  und 
Tyrann  960.  968. 

Euphronios,  Komiker  496. 

Eupolis,  Komiker,  erstes  Auftreten. 
Angriffe  auf  die  Radiralen  587; 
spätere  Angriffe  642.  661;  geuen 
Sokrates  616;  Tod  730.  —  AS-r«? 
616:'A3Tpartoxoi58iJ  Hapten  642. 
A-r^ot  5ÜL  616.  G42.  601,  über 
Perikles  413;  Goldenes  Zeitalter 
582,616;  Kolakes  und  Autolykos 
616;  Marikas  5S2j  üö/.sk;  fiSL 
588. 

Eupompos  v.  Sikyon,  Maler  904. 

Euripides,  Leben  412*  474.  476 :  im 
archidam.  Krieg  5&L  610.  628; 
Aber  die  sicil.  Exped.  650.  668; 
im  dekel.  Kripg  695;  nach  Make- 
donien 730.  764.  —  als  Tragiker 
490  ff.;  Zahl  der  Tragödien  441  : 
musikalische  Bedeutung  494.  — 
Weltanschauung  468  ff.  413  ff.; 
Ablehnung  des  Rationalismus  und 
der  Naturphilosophie  411 ;  Prophet 
der  modernen  Weltanschauung, 
doppelte  Wahrheit,  Dissonanz  und 
Pessimismus  423  ff.  526.  528;  Be- 
ziehungen zu  Philosophen  und 
Sophisten  420.  412.  5_1L  h2& 
522.  526.  612;  zu  Protagoras 
522 ;  zu  Sokrates  in  der  Komö- 
die 615.  615  A. ;  zu  Kritias 
747;  Ober  die  Frauen  145;  ari- 


stokrat.  Tendenzen  423,  612.  — 
Stellung  der  Athener  zu  E.  471. 
476 ;  Aristophanes'  Angriffe  615. 
Wirkung  476.  im  4,  Jahrb.  902. 
905.  —  Andromache,  gegen  Sparta 
583,  Ober  den  Ruhm  der  Feld- 
herrn 454:  Bakchen  474:  Belle- 
ropbon452.424:  Elektra  493.668; 
Hekabe  512,  520j  Helena  474: 
Hiketiden  596  A.;  Orestes  49H; 
troische  Trilogie  650.  —  Epinikion 
auf  Alkibiades  645.  645  A. 

Eurybates,  Argiver  204. 

Euryhiades,  spartan.  Nauarch  219. 

Eurydike,  Königin  v.  Makedonien 
956. 

Eurykles  v.  Syrakus  =  Diokles  766  A. 

Euryponliden,  Politik  265. 

Euryphon  v.  Knidos,  Arzt  501. 

Euryptolemos,  S.  d.  Peisianax,  im 
Arginusenprocess  729. 

Euthydemos  v.  Chios,  Sophist,  in 
Thurii  328. 

Euthykles,  spartan.  Gesandter  nach 
Persien  952  A.  959. 

Euthymenes  von  Massalia,  Ent- 
deckungsreise 376. 

Euxenos,  von  Agesilaos  in  Asien  ge- 
lassen 856. 

Ezechiel  109-111. 

Ezra  119j  Persönlichkeit  124.  IM; 
Verf.  d.  Priestercodex  U2,  119  A.; 
sein  Gesetzbuch  12D  f.;  in  Jeru- 
salem 122—124. 12fi,  —  Memoiren 
8.  135,  123  A. 


F. 

Fabier  811. 
Falerii  816. 
Fidenae  811.  811  A. 
M.  Furius  Camillus  815.  819  A.  820- 
820  A. 


G. 

Gabae,  pers.  Schloss  12. 
Gabii,  foedus  mit  Rom  809.  809  A. 
814. 

Gadalas,  pers.  Domänen  Verwalter 
bei  Magnesia,  Erlass  des  Darius 
an  G.  L  26.  34,  52, 


Index  zum  dritten  Theil. 


Gades,  von  Karthago  unterw.  877. 

Gadrosien  9.  9  A. 

Gaisylos,  Spartaner,  auf  Sicilien  997. 

Galaia  in  Thrakien  49ft. 

Galaria,  Sikelerstadt  860  A. 

Galepsos  am  Pangaion  605. 

Gambrion  in  Aeolis  34.  838. 

Gandarer  in  Kabul  58. 

ganzabara,  faCo'foXaS  52» 

Gargara  am  Ida  425. 

Gaza  8£j  arab.  Handel  85.  87. 

Gela  unter  Gelon  und  Hieron  353. 
354.  358.  862;  im  ersten  sie.  Krieg 
576.  579.  597;  während  der  sie. 
Exped.  657.  665;  nach  derselben 
767.  771.  775;  Belagerung  und 
Zerstörung  durch  die  Karthager 
777  f.;  unter  Dionys  829.  993. 

Gelen  in  Medien  63. 

Gellias  v.  Agrigent  775. 

Gelon  v.  Syrakus  2Ü6.  229—231. 
847.  348. 

Gelonos,  griech.  Ansiedlung  bei  den 
Budinen  65. 

Gentinos  in  Troas  425. 

Georgier  (Iberer)  63- 

Gergis,  Teukrerstadt,  persisch  2ihi 
348. 

Germanier  (Karmanier)  hl  10  A.  UL 

Gerrha,  arab.  Stadt  am  pers.  Mb. 
62;  Handel  62,  62  A.  82. 

Geten,  von  Darius  besiegt  7JL 

Gibeon  in  Palaestina  30.  116. 

Gillos  v.  Tarent,  in  Persien  173. 

Gisgon,  S.  d.  Hamilkar  383.  769. 

Gjölbaschi  (Trysa)  in  Lykien,  Monu- 
mente 95  A.  QfL 

Glaukon,  S.  d.  Leagros,  athen.  Stra- 
tege 41L  —  v.  Teos,  Rhapsode, 
Ober  Homer  499. 

Glaukos  v.  Aegina,  Bildhauer  2EL 
—  v.  Rbegiou,  über  Musik  488. 
499. 

Glos,  S.  d.  Tamos,  Rebell  898.  899. 

Gongylos  v.  Eretria,  Fürslenthum 
und  Nachkommen  Sfi.  284  A.  838. 

Gorgias  v.  Leontini,  Leben  und  Lehre 
368.  368  A.  522.  906;  Persönlich- 
keit 529]  Vortrage 502. 521;  Lehrer 
der  Rhetorik  524.  529;  Gesandter 
in  Athen  522.  57JL  610;  in 
Thessalien  528.  764.  764  A.  900. 
983;  Statuen  in  Delphi  und 
Olympia  528.  528  A.:  attischer 


Dialekt  523j  Stil  368.523;  Schaler 
906:  Reden  907;  olymp.  Rede 
907. 923 ;  Leichenrede  610 ;  Helena 
und  Palatnedes  907.  908.  368  A; 
n«pi  ^ü380>;  flj  too  ^y]  ovtoc.  368. 
368  A.  524.  525. 

Gorgidas,  theban.  Boeotarch  924. 
926  A.  931.  932. 

Gorgopas,  spart.  Flottenführer  878. 
874.  877. 

Gorgos  v.  Salamis  auf  Cypern  178. 

Gosatn,  Araber  in  Samaria  86. 125. 

Grestonen,  thrak.  Stamm  295. 

Grote  14L  liü.  712  A. 

Gryllos,  S.  d.  Xenophon  919.  919  A. 
971. 

Gryneion  in  Aeolis  838. 
Gunkel  83  A.  138  A. 
Gutaeer  im  Zagros,  Truppen  4L  4P,. 
Gylippos,  Spartaner,  p.6fra£262.262A ; 

auf  Sicilien  665—667.  673-678; 

Rückkehr  687.  766;  Verbannung 

751;  hist.  Stellung  720. 
Gylis»,  spart.  Polemarch  863. 
Gylon,  athen.  Commandant  v.  Nym- 

phaeon  432  A. 
Gytbion,  spart.  Hafen  2£ä  A.  721; 

verbrannt  334. 
Gyzanten  in  Byzacium  379. 


IL 

Habronichos,  athen.  Gesandter  in 

Sparta  270. 
Hadramaut  87. 

Hadranon  auf  Sicilien,  von  Dionys 

gegr.  786. 
Hagarener  8ii  A. 

Hagelaidas  v.  Argos,  Bildhauer  297. 
Haggai,  Prophet  117. 
Hagnodoros,  Kritias'  Schwager  788  A. 
748  A. 

Hagnon, S. d.  Nikias, gründet  Amphi- 
polis  396.  411:  gegen  Potidaea 
544.  556  A.  —  Vater  des  Thera- 
menes  556  A. ;  Probule  684. 
696  A.  [Kihchxer,  Prosopographia 
Attica  I,  1901  p.  12  erklärt  beide 
Hagnau  wieder  für  identisch.] 

Halaesa  auf  Sic,  cam panisch  780. 
780  A.;  von  Archonides  besetzt 
786.  786  A. 

Haliartos  925;  Schlacht  bei  855. 


548 


Index  zum  dritten  Theil. 


Halieis  hei  Hermione,  Ansierilung 
der  Tirynthier  2£L  321.  636  A. 
950. 

Halifcarnass,  griech.-karische  Stadt 

94;  unter  der  Tyrannis  292»  292  A.; 

persisch  271 ;  im  del.  Bund  292. 

426;  bleibt  athenisch  710.  726; 

unter  Thrasyhul  besetzt  872. 
Halikyai,  Sikanerstadt  362.  362  A. 

793  f.  800  A. 
Halisarne  in  Teuthranien  3fL  189. 

838. 

Hamaxitos  in  Troas  569. 
Hamilkar,  S.  d.  Mago  383,  3&L 

fällt  an  der  Himera  229.  229  A. 

231, 

Hannibal,  S.  d.  Hasdrubal  383.  — 
S.  d.  Gisgo  769—771.  773.  774. 

Hanno,  S.  d.  Hamilkar  383:  afrikan. 
Entdeckungsfahrt  378:  unterwirft 
die  Libyer  379:  Sturz  383;  Peri- 
plus  318.  318  A.  —  S.  d.  Mago 
824;  »der  Grosse«  826.  985.  991. 
991  A. 

Harmosten,  spartanische  263  A.  743. 

744.  744  A.  746.  760.  860.  872. 

932;  abberufen  940.  947. 
Harpagos,  Feldherr  des  Kyros,  in 

Kleinasien  44,  94»  95.1  in  Lykien 

9L  96» 

Hasdrubal,  S.  d.  Hasdrubal  383. 
Hebron  in  Palaestina,  edomitisch 

86»  101.  Ufi. 
Hebrytelmis,  Odryseukßnig  896. 
Hegesileos,  athen.  Stratege  b.  Man- 

tinea  970  A.  975  A. 
Hegesistratos ,    Telliade,  Mantis», 

Gegner  Spartas  2üiL  2M»  2&i. 
llegias,  athen.  Bildhauer  292.  478. 
Hekataeos  v.  Milet  3j  im  ion.  Auf- 
stand 115  f.  119.  IM  A.  lS2i 

Reisen  247. 
Hekatomnos  v.  Mylasa ,  Satrap  v. 

Karien  866.  870.  874.  897.  899. 
Hekatonnesoi  bei  Lesbos  869. 
Heiiaea  in  Athen,  Heliasten  317. 

318;  Corruption  469. 
Helikon  v.  Kyzikos,  Astronom  990. 
Helixos,  megar.  Stratege  709. 
Hellanikos  v.  Mytilene  909;  pers. 

Geschichte  3- 145;  Chroniken  148; 

AUhis  148.  149. 
Hellenischer  Bund  von  480  :  213. 

215.  21  fi.  2 1   A. :  nach  dem  Krieg 


240.  240  A.  213.  214j  Aufnahme 
der  Ionier  239;  gesprengt  32L 

Hellenotamien  214»  319.  702  A. 

Hellespont,  Ueberbrückung  durch 
Xerxes  20ä»  212.  239,  —  Helles- 
politisches  Gebiet  im  de).  Bunde 
215.  211»  292»  425  f.  —  Krieg  um 
den  Hellespont  693.  708  IT.  872. 
875.  878.  965.  967.  975  f.  978. 
984.  —  hellespont.  Salrapie  im 
L  Jahrb.  SL  äl  A.  719.  877. 
979. 

Heloris,  Dionysios  Adoptivvater  783. 

—  Syrakus.  Exulant  und  Feldherr 
der  Rheginer  799.  800.  800. 

Heloten,  Gebiet  und  Zahl  263» 263  A. ; 
Aufstünde  202.  203.  203  A.  294. 
950.951;  vgl.  Messenien.  —  urspr. 
nicht  im  Heer  264:  zum  Kriegs- 
dienst herangezogen  598;  vgl.  Neo- 
damoden. 

Hemeroskopion,  col.  v.  Massalia  X76. 

Henna,  Sikelerstadt  360  A.  786. 

Hephaestien  in  A*hen  441.  441  A. 

Heraea  in  Arkadien  640.  950. 

Heraklea  in  Illyrien  822.  —  Minoa 
826.  985  A.  998.  —  am  Pontos 
430.  593.  836;  Tyrannis  980.  — 
am  Siris  400»  826.  —  Trachinia 
gegründet  573;  boeolisch  637. 
847;  von  Sparta  besetzt  680;  über- 
fallen 715;  spartanisch  763.854: 
boeotisch  855;  wieder  spartanisch 
892;  von  lason  besetzt  946. 

Heraklesstrasse  im  Westen  375. 

Heraklides,  S.  d.  ibanollis  v.  Mylasa 
179.  119  A.  —  v.  Klazomenae, 
athen.  Demagoge  861.  593  A.  — 
v.  Kyme,  pers.  Geschichte  6.  909. 

—  v.  Syrakus,  Stratege  658.  — 
v.  Syrakus,  der  Rivale  Dions  990. 
992—999. 

Heraklit  v.  Ephesos,  Leben  505. 
505  A. ;  Weltsystem  504.  508; 
Philosophie  506— 509.  5Q&A.  518: 
Polemik  gegen  Pythagoras  und 
Xenophanes  506;  von  Xenophanes 
abhängig  508.  508  A.,  von  den 
Milesiern  508;  Einwirkung  auf 
Leukipp  5U,  auf  Plato  918. 

Herakliteer  508.  508  A. 

Herbessos,  Sikelerstadt,  von  Dionys 
angegriffen  788. 

Herbita,  Sikelerstadt,  Fürstenthum 


Index  zum  dritten  Theil. 


3Ü2.  657.  786;  unter  Dionys  79(J. 
829. 

Herippidas,  Harmostiu  Herakles  763. 
Hermes  itpö^  ffi  rcuX&t  und  ä-ropato; 
183  A. 

Herrn  ias  v.  Methymna,  sie.  Geschichte 
16(3.  826.  783  A.  —  v.  Atarneus 
988  A. 

Hermione  im  Perserkrieg  223  A.  23iL 
273;  für  Korinth  532:  in  theban. 
Zeit  950. 

Hermippos,  Komiker  496;  Anklager 
der  Aspasia  531 ;  gegen  Perikles 
550;  über  Athens  Handel  455; 
über  Korkyra  571 ;  'AptoTctoXtoe;, 
gegen  Hyperbolos  587. 

Hermodoros  v.  Ephesos,  Freund 
Heraklits  505;  in  Rom  370. 

Hermokrates  v.  Syrakus,  in  Gela  597 ; 
bei  der  sie.  Exped.  653.  658 — 660. 

.  678.  676.  677.  678  A.;  Stellung 
in  Syrakus  766;  im  dekel.  Krieg 
680.  689.  691.  708;  Ahsetzung 
714.  766;  nach  Susa  718.  772; 
Ausgang  772.  776 ;  seine  Tochter 
mit  Dionys  vermahlt  777.  779. 
IL  bei  Plato  653  A.  772  A. 

Hermokritos,  S.  d.  Dionys  986. 

Herniker,  angebl.  Bündniss  mit  Rom 
808  A. 

Herodes  rrspe  tco)»v«ta<;  740  A.  743  A. 
744  A.  764  A.  765. 

Herodikos  v.  Knidos,  Arzt  501.  — 
v.  Selymbria,  Naturarzt  5Ü2. 

Herodot,  Leben  457;  in  Thurii  398; 
verjagt  39t);  Weltanschauung  450 ; 
Stellung  zu  den  Naturwissen- 
schaften 447;  Geographie  458: 
Einwirkung  des  Diogenes  v.  Apol- 
lonia 442 ;  Verhältnis  zum  Ratio- 
nalismus 448:  Orakelglaube  451 ; 
Empirismus  1 14.  458;  reli- 
giöse Anschauungen,  Ablehnung 
des  ethischen  Postulats,  Neid  der 
Götter  4&L  459,  —  Sein  Werk  142; 
Veröffentlichung  583;  Charakter 
und  Stil  4Ü4.  497i  Geschichtsauf- 
fassung 144:  Reden  144;  militä- 
risch ungenügend  144;  polit.  Ten- 
denz 142.  583 ;  Auflassung  seiner 
Zeit  609.  —  Quellen:  Benutzung 
von  Vorgängern,  namentl.  in  der 
Chronologie  &  448;  schriftliche 
Quellen  für  die  Satrapienliste,  die 


Königsstrasse  und  Xerxes'  Feldzug 
bis  Therme  141 :  Traditionen 
und  Verarbeitung  derselben  1AL 
143.  —  persische  Geschichte  3; 
über  die  Perser  21  A.;  centralas. 
Handelsstr.  ÜiL  65  A. ;  Königs- 
strasse ÖS  A.;  Skythenfeldzug  ID; 
über  die  Juden  131  A. ;  über 
Histiaeos  121  A.;  ion.  Aufstand 
124  A.  126  A.;  Ermordung  der 
Herolde  1*2  A.;  KleomeneslSS  A.; 
gehässig  gegen  Themistokles  142. 
182  A.  22fi  A.  22*  A.;  Apologie 
der  Alkineoniden  142  A.  176  A. 
186  A.  542;  über  Xerxes'  Heer 
217.  212  A.;  Theben  bei  Thermop. 
219  A.;  gegen  Korinth  bei  Salamis 
223.  223  A.;  Plataeae  236  A.; 
Aesehylos  für  Salamis  benutzt 
223  A.  225  A. 

Hestiaea  (Oreos)  auf  Euboea,  alt. 
Colonie  393. 394-  39_&  706.  706  A. ; 
Rechtsordnung  27*  A. ;  aufgehoben 
743.  706  A.;  im  4.  Jahrh.  *92. 
930.  931.  978. 

Hetoimaridas,  Spartaner  223  A. 

Hieramenes,  Perser  692  A. 

Hierax,  spart.  Nauarch  873.  874. 

Hieron  v.  Syrakus  23L  348—354. 
372;  Persönlichkeit  348,  352j  He?, 
zu  Themistokles  2B1L  2S8  A. 

Hieronvmos,  Athener,  hei  Konon 845. 
845  Ä. 

Hiketas,  Tyrann  v.  Leoutini  1000. 
Himera,  von  Theron  erobert  20JL 

229;  unter  Theron  350,  353:  nach 

dem  Sturz  der  Tyrannis  35  t.  354  A. 

358.  362 ;  im  ersten  sie.  Krieg  576. 

578;  bei  der  sie.  Exped.  665.  673; 

Zerstörung  durch  die  Karthager 

771.772;  vgl.  Thermae.-  Schlacht 

an  der  Himera  23L 
Himilko  =  Hamilkar  222  A. 
Himilko,  S.  d.  Hamilkar  328,  383. 

—  S.  d.  Hanno  778—  780. 793—798. 
Hiob,  Buch  134.  132.  132  A. ;  Sce- 

nerie  82.  *2  A. 
Hipana,  Sikelerstadt  3ÜÜ  A. 
Hipparchos,  S.  d.  Charmos,  Athener, 

Anhänger  der  Pisistratiden ,  Ar- 

ebon  182.  l*£j  ostrakisirt  198; 

geächtet  2*0. 
Hippasos  v.  Metapont,  Pythagoreer 

-in 


Index  zum  dritten  Theil. 


Hipparinoe.syrakus.  Staatsmann  776. 
777.  782.  792.  987.  —  Enkel  des 
Vorigen,  Sohn  Dionys'  L  986. 
«99  A.  1000.  —  S.  d.  Dion  994. 
999.  999  A.  1000. 

Imctic  in  Athen,  solon.  Classe  2t«9. 
929  A.;  im  Felde  l&L  Reiterei 
266.  417;  unter  den  Dreissig  749. 
756.  757.  757  A.  849. 

Hippias  v.  Athen,  in  Sigeon,  pers. 
Vasall  1JJ1:  hei  Marathon 
101  A.  —  v.  Elis,  Sophist  5 '22 ; 
wissensch.  ThAtigkeit,  Vortragt; 
und  Schriften  524,  52£L  vgl.  521; 
Mathematik  524,  h2lL  h2Q  A.;  Er- 
folge 528, 

Hippodamos  v.  MileJ,  Stadtbau- 
meister, in  Thurii  398;  Piraeeus 
419;  angebl.  in  Rhodos  725  A.: 
Aultreten  516:  Schrift  über  Stadt- 
anlage und  Verfassung  40t). 

Hippokrates,  Alkmeonide  176. 
athen.  Stratege,  Brudersohn  des 
Perikles  55S,  588.  595.  596.  — 
v.  Chios,  Astronom  und  Mathe- 
matiker 500.  51 6.  —  spartan. 
Harmost  717.  —  v.  Kos,  Arzt  501. 
503.  517;  twpl  ip^-ufjs  tatpixTj? 
503,  517:  Schriftencorpus  501  A. 
502  A.;  vom  Arzt  504_i  Eid  der 
Aerzte  iäi  428  A.;  vojio?  der 
Aerzte  501  A. ;  ttipl  StaLtv^,  hera- 
kliteist'h  508  A. :  nepl <pooil»v,  sophi- 
stisch 502  A.;  ictpl  tf^vj«,  sophist. 
Schrift  ü2L  522  A.  —  Therons 
Vetter,  Rebell  350, 

Hippon  v.  Samo«,  Philosoph  51  3: 
bei  Kratinos  613.  —  Tyr.  v.  Mes- 
sana 1000. 

Hipponikos  v.  Athen ,  Reichthum 
.10 i.  —  Enkel  d.  Vorigen,  Stratege 
500.  523,  uSiL  588  A. 

Hipponion  in  Italien,  unter  Lnkri 
372.  597;  unter  Dionys  806.  825; 
von  den  Bruttiern  erobert  1001. 

Hippyllos,  athen.  Oligarch  585  A. 

Hippys  v.  Rhegion,  Gesch.  d.  Westens 
165. 

Himiaeos  v.  Milet  HL  III  A.  H2, 

179. 

Hohes  Lied  133. 

Homer,  Beurtheilung  im  4,  Jahrh. 
902 ;  Erklärung  und  Literatur  499. 
1MA.  51& 


Horographen,  u*pot  139.  14>. 

Hybla,  Sikelerstadl  360,  657. 

Hydarnes,  Commandant  der  Garde 
220*  232 ;  sein  Haus  in  Armenien 
1&  18  A.  35, 

Hykkara,  Sikanerstadt,  von  Athen 
zerstört  657.  657  A. 

Hypates,  Thebaner  924. 

Hypatodoros,  Bildhauer  325  A. 

Hyperbolos,  athen.  Demagoge  5>ffl. 
576.  581 ;  Angriffe  der  Komödie 
581;  gegen  den  Frieden  634. 636  A. 
642 ;  ostrakisirl  644 ;  ermordet  703. 

Hyperboreer  des  Aristeas  =  Chi- 
nesen 65x 

Hypermenes,  spart.  Flottenführer 
939. 

Hyrkaner  &  14.  2iL  68;  angebl. 
Deportation  von  Juden  nach  Hyr- 
kanien  128,  128A. 

Hyromos,  karischer  Ort,  im  del. 
Bund  292.  424, 

Hysiae  bei  Argos  645. 

Hystaspes,  Vater  des  Darius,  Sa- 
trap 1£A.  29,  43, 

L 

Jader,  Jadasiner  in  Illyrien  822. 
822  A. 

Jahwe,  ExclusivitSt  104 :  Himmels- 
gott v.  Jerusalem  105;  Hofstaat 
105;  babyl.  Einflösse  105;  Welt- 
regent und  Gott  für  alle  Völker 
113  f.  —  in  Samaria  84.  —  Weg- 
lall des  Opferdienstes  für  die 
Laien  und  die  Diaspora  108;  ge- 
steigerte Bedeutung  des  Tempel- 
cults  111.  11&  121j  Offenbarung 
des  Opferdienstes  am  Sinai  121; 
„Eingesperrte"  im  Tempel  10«). 

Ialysos  auf  Rhodos  228,  228  A. 
426. 

Japyger  gegen  Tarent  355.  370; 
unterstützen  Athen  672 

lason  von  Pherae  892.  933;  im 
zweiten  Seebund  935  935  A.  938; 
Spannung  mit  Athen  940 ;  unter- 
stützt Theben  945.  944  A.;  Er- 
folge und  Ermordung  946. 

lasos  in  Karien  689.  734  A.  896. 

Iberer  in  Spanien  222.  326  377. 
81 7 ;  iber. Inschriften 877  A. ;  Iberer 


uigmzea  Dy  Vjoogie 


Index  zum  dritten  Theil. 


bei  Dionys  707.  952.  —  am  Kau-  I 

kasus  (Georgier)  68. 
Ichthyophagen  in  Gadrosien  fi 
Uaeos  v.  Himera,  Philosoph  513. 
Idalion  auf  Cypern,  griech.  Fürsten- 

thum  85j  im  ion.  Aufstand  178. 

12&A.;  phoenikisch  840.  840  A. 
Idyma,  karischer  Ort  424. 
Jechawmelek  v.  Byblos  85_*  85  A. 
Jerachmeel,  WOstenstamm,  in  Bet- 

lehem  und  Jerusalem  107;  An- 

schluss  an  die  Juden  112,  129. 
Jericho  1  lfi. 

Jerusalem,  Zerstörung  durch  die 
Chaldaeer  107 ;  von  Kalibbitern 
und  Jerachmeel itern  besetzt  107 ; 
wiederhergestellt  112*  H6j  Tem- 
pelhau 116.  117 ;  Mauerbau  unter 
Ezra  123,  vereitelt  124.  von  Ne- 
hemia  durchgeführt  125. 

Jesaja:  Deuterojesaja  113  f.;  Trito- 
jesaja  HS, 

Jezd  in  Persien  SL 

Ikkos  von  Tarent,  Naturarzt  522. 

Iklinos,  Baumeister  des  Parthenon 
413;  Schrift  4M, 

Uion  979. 

Ilienser  (lolaer)  auf  Sardinien  3*0. 

Illyrier  im  korkyr.  Krieg  582 :  gegen 
Makedonien  603.  893.  976;  Dio- 
nys in  Illyrien  822. 

Imbros,  persisch  172.  122  A  ;  wie- 
der athenisch  266 ;  im  del.  Bunde 
275  ;  Colonie  324.  395;  verstärkt 
396;  im  archid.  Krieg  592.  605; 
den  Athenern  genommen  736. 
738.  743;  wieder  athenisch  862. 
866.  877.  879.  982. 

Inaros,  libyscher  Kürst,  Abfall  in 
Aegypten  32k  324j  Ausgang  836. 
:U0. 

Indien,  Darius  in  —  hü  f.  58 A.; 
Abgaben  50_j  Münzwesen  42*  49_i 
Schrift  5JL  52  A.;  Handelsstrassen 
zum  Pontos  64.  04:  A.  —  Skylax 
Ober  Indien  ßfiA. 

Indiketen,  span.  Stamm  376. 

Indus  von  Skylax  erforscht  ßlL 
neditum    Vaticanum    v.  Arnim's 
802  A.  813  A. 

Inessa  s.  Aetna. 

Insubrer  821. 

Intaphrenes,  einer  der  1  Perser  1&. 
25A.  1 


[  Inykon,  Sikelerstadt  3M,  364  A. 

Joel,  Prophet  133. 
Johannes,  Hoherpriester,  Bruder- 
mord 12&  128  A. 
Jojakin,  jQd.  Konig,  im  Exil  108; 

Nachkommen  112..  117. 
lolaer  (Ilienser)  auf  Sardinien  380. 
Iollidas,  Thebaner  972. 
Ion  v.  Chi  os,  Tragödien  221. 441 ;  über 
fviLd-t  oatrcov  620 ;  lyrische  Dich- 
tungen 486;  Memoiren  147.  454  : 
Ober  Sophokles  456;  Kimon  271  A.; 
Sokrates  erwfihnt  618  A.;  philos. 
Schrift  (-cpta-fjAot)  513. 
Ionier  im  Perserreich,  Stellung  der 
Städte  33.  97j  zur  kariscben  Sa- 
trapie  2L  97j  beim  Skythenzug 
m  171i  Aufstand  114  fT. ;  Quel- 
len und  Chronologie  114  A.  180  A.; 
Neuordnung  181  33;  bei  Salamis 
22i  223  A.  225j  Abfall  233.  23& 
23(J  ;  im  hellen.  Bund  231» ;  im  del. 
Bund  215.,  215.  A.  426;  Abfall  von 
Athen  687  IT.;  von  Kyros  besetzt 
761.  —  Niedergang  der  Kunst  4£1. 
—  Ionier  und  Dorier  250;  ionische 
Weltanschauung,  Aufklärung  und 
Bationalismus  25JL  252.  448. 
Joppe,  zu  Sidon  116. 
los,  Insel,  Tribut  339. 
Josua  ben  Josadaq,  jöd.  Hoher- 
priester 116 
Iphiades.  Tyrann  von  Aby  los  980. 
Iphikrates,  Persönlichkeit  930;  im 
korinth.  Krieg  862.  864.  867.  868; 
am  Hellespont  874.  878;  in  Thra- 
kien 872  A.  896.  896  A.;  in  Aegyp- 
ten 900.  928;  gegen  Timotheos, 
nach  Korkyra  938—940;  in  Ar- 
kadien gegen  Epaminondas  951  ; 
gegen  Ainphipolis  und  in  Make- 
donien 956.  958.  963;  Bez.  zu 
Amyntas  III.  985  A.  940  A.  956; 
abberufen  965;  spätere  Thätig- 
keit,  Versöhnung  mit  Timotheos 
I»77 ;    im  Bundesgenossenkrieg, 
Process  982. 
Iran  9 ;  Satrapien  und  Abgaben  5_fL 
55  A.  II ;  Stellung  der  Iranier  im 
Reich  Ii  liA. 
Isaeos,  Redner  901. 
Isaura,  1  saurer  93. 
Ischolaos,  spart.  Commandant  950. 


552 


Index  zum  dritten  Theil. 


Isinda  in  Lykien.  bilingue  Inschrift 
95A.  Bd.  III,  S.  XIV. 

Ismenias,  thehan.  Demagoge  847. 
855.  855  A.  891.  —  theban.  Ge- 
sandter fiifi.  957.  959. 

Isodike,  Kimona  Gemahlin  282. 

Isokrate--,  Lehen.  Schule  und  L»»hr- 
system  906.  908;  Beziehungen  zu 
s.  Rivalen  und  Gegnern  906  A, 
zu  Plato  906  A.  917.  984.;  polit. 
Ideale  928.  984 ;  panhellen.  Stand- 
punkt 882.  884.  887.  901.  977; 
Ober  Dionys  827;  historischer 
Werth  1AL  16A  882  A.  —  Or.  IKl 
757  A. ;  or.  16.  für  A'kibiades 
645  A.  651 A.;  or.  19_;  860  A.; 
Sophiftenred»*  906  A.  908;  Eu- 
agoras  840  A.  898  A  919;  an 
Demonikns  840 A.;  Helena  907; 
Busiri» 907.  Al»fiissnn*rszeit  906  A. ; 
Panegyrikos  923  923  A.;  Gegen- 
schrifl  938;  paneg.  LL3j  759  A. ; 
Beurtheiluug  der  spaitnn.  Politik 
837  A.;  Plataikos  936  A.  937. 
937  A.;  an  Dinny«  (-p  1}  958; 
Archidamos  962. 962  A.  963;  np.  9 
an  Archidamos  962  A.  984;  ep. 
an  Iason«  Sohne  976  A. ;  Areopa- 
gitikos  983 A.  984;  Friedensrede 
983  A.  984;  Amidosis  906  A. 

Issa.  griech.  Insel  in  Iilynen  822. 
Bd.  V,  S.  VIII. 

Issedonen  ÖJL 

Issos  in  Kilikien  90. 

Isthmos,  hellen.  Congress  213.  215. 
216;  Isthmo-stellung  222.  223; 
Vorrücken  227;  die  Flotie  am  L 
228;  Befestigungen  223.  952.  — 
Mhmien  867. 

Italia,  T.  d.  Themistokles  28.3,  201 

Italien  und  die  Perser  173 ;  Ge- 
schichte 34k  32Ü  fl".  3Ö2  ff  435, 
801  ff.  —  Italioten  während  der 
sie.  Exped.  654 ;  unler>tüt7en 
Sicilien  gegen  Karthago  773.  775. 
778.  —  Handel  mit  Athen  370. 
415.  —  Geschichtsquellen  168. 

Italiotischer  Bund  804;  Krieg  mit 
Dionys  u.  den  Lucaner  n  805  f.  824  f. 

Ithome  2&L  315  f.  334. 

Ituraeer  im  Antilihanon  8JL 

Juden  ,  Untergang  des  Staats  107 ; 
Deportation  107.  A.;  in  Aegyp- 
ten 108;  im  Exil  10U  Rück- 


kehr unter  Kyros  52.  112.  115: 
Gebiet  116.  —  pers.  Provinz  84j 
Organisation  SSL  116;  Abgaben 
37.  116.  — -  Nutblage  116;  mes- 
sian.  Bewegung  und  Tempelbau 
117 ;  Bruch  mit  den  SamariU- 
nern  118;  Forderungen  der  babyl. 
Judenscbafl,  nicht  nationale  Re- 
stauration, sondern  Organisation 
einer  religiösen  Gemeinde  1 19 ; 
Mauerbau  und  Einführung  des 
babylonischen  Gesetzes  122 — 126; 
Gestaltung  als  Theokratie  unter 
Voraussetzung  der  Fremdherr- 
schaft 121;  spätere  Geschichte 
128, 188j  Ausbreitung  129j  Durch- 
ftihrung  des  Gesetzes  129.  133  ff.; 
Charakter  des  Judenthums  1 1 1. 
131.  132,  133;  Judenthum  und 
Gr.echenthum  IM.  4M.  464;  Dia- 
spora, Rachedurst  und  Judenhass 
131.  A.;  Zeichen  des  Juden- 
thums,  Sabbat  und  Bescbneidung 
1Ü8.  120.  —  Gegensatze  im  Juden- 
thum 133  ff.;  die  Bewegung  der 
makkabaeischen  Zeit  und  die  pha- 
risaeische  Religion  138.  —  Priester- 
schaft  116;  Widerstreben  gegen 
das  Gesetz  128;  herrschende  Stel- 
lung 122  f.  —  Schriflgelehrte  IM, 
—  Prophetie,  innere  Umwandlung 
109, 111 ;  Ende  133,  —  Vgl.  Jahwe, 
Lewiten,  Messias,  Proselyten.  — 
Die  Griechen  Ober  das  Juden- 
thum 131 A.  —  Quellen  und  Ur- 
kunden & 

Justin,  pers.  Gesch.  3.  6j  griech. 
Gesch.  150j  karthag.  Gesch.  liü 

Jutija  =  Utier  10  A. 

Jyrken  in  Sibirien  6JL 

E. 

Kabala  auf  Sic. ,  Schlacht  bei  824. 
Kabalien  in  Kleinasien  91. 
Kabellion  in  Sudfrankreich  375. 
Kabiricho«,  theban.  Archon  924. 
Kadmos,  Gelons  Gesandter  230. 
Kadnsier  in  Medien  6JL  IL  899. 
Kadyanda  in  Lykien  95. 
Kadytis  =  Gaza  85. 
Kaiamis,  Bildhauer  292»  477.  482: 
auf  Sicilien  35.L  361  A. 


Index  zum  dritten  Theil. 


Kalauria  937.  938. 
Kalchedon  s*  Chalkedon. 
Kaieakte  auf  Sicilien,.  gegr.  362. 
Kaleb,  Kalibbiter  in  Betlehem  und 

Jerusalem  86.  102 ;  Anschluss  an 

die  Juden  lü  12k 
Kallaischros,  athen.  Oligarcb  696. 

697. 

Kallias  v.  Athen,  Keichthum  304. 
—  S.  d.  Hipponikos,  Enkel  des 
Vorigen,  Geraabi  der  Elpinike  282; 
in  Susa  342  f  ;  Friede  mit  Per- 
sien 34JL  343  A. ,  vgl.  699;  ver- 
urtbeilt  343,  385:  Gesandter  in 
Sparta  346  A.  —  S.  d.  Hipponikos, 
Enkel  des  Vorigen,  athen.  Stra- 
tege 867;  Angriffe  des  Eupotis 
616.  —  S.  d.  Kalliades  411 ; 
Finanzantrag  534,  4MA.;  fällt 
bei  Potidaea  587 ;  Schüler  des 
Zeno  509  A.  —  8.  d.  Didymiös, 
Athlet,  angebl.  Ostrakismos  198  A. 

Kallibios,  spartan.  Harmost  749. 
757.  —  v.  Tegea,  Demokrat  949. 

Kallikrates,  athen.  Bauunternehmer 
410.  4Ü5A.  —  athen.  Demagoge 
703.  737  A. 

Kallikraiidas,  spartan.  Nauarch  725. 
726.  728;  u.6&a$  262  A. 

Kallimachos,  athen.  Polemarch  193. 
194.  —  6  xatarrj$ttt^vo{,  athen. 
Bildhauer  4m  4S5. 

Kailipolis  am  Hellespont  425. 

Kallippos  v.  Athen,  Schüler  Piatos, 
Freund  Dinns  992;  ermordet  ihn 
999 ;  Tyrannis  und  Ausgang  1000. 

Kallisthenes,  Hellenika  163;  Eury- 
medonschlacht  146,  290  A.;  Kal- 
liasfrieden  343  A.;  boeot.  Zeit 
926  A.  971  A.  —  athen.  Stratege 
976. 

Kall  ist ratos  v.  Aphidnae,  athen. 
Staatsmann  930;  mit  Iphikrates 
gegen  Timotheos,  für  den  Frieden 
mit  Sparta  938—941 ;  gegen  The- 
ben 945;  Bündniss  mit  Sparta 
951.  958,  mit  Arkadien  961. 
961  A.;  erster  Process  963;  Aus- 
gang 977. 

Kallixenos,  Demagoge  im  Arginusen- 
process  729.  729  A.  737.  737  A. 

xaXoi  x&raftot  612.  612  A. 

Kalpe  in  Bithynien,  Xenophons  ver- 
suchte Coloniegründung  836. 


Kalydon  in  Aetolien,  mit  den 
Achaeern  verbündet  868.  960. 

Kalymna,  Insel,  zu  Halikarnass  099. 

Kalynda  in  Karien  424. 

Kamarina,  von  Gelon  zerstört  353; 
wiederhergestellt  358.  362;  im 
ersten  sie.  Krieg  576.  579.  597; 
bei  der  sicil.  Exped.  654.  657. 
658  .653  A.;  nach  derselben  767. 
775;  von  den  Karthagern  zer- 
stört 778 ;  unter  Dionys  829.  993. 

Kambyses  IL  12.  57j  in  Babylon 
80;  in  Aegypten  10L 

Kamiros  auf  Rhodos  42fL 

Kannonos,  Psephistna  des  713 A. 
729.  729  A. 

Kappadokien  im  l'erserreich  92. 
430;  im  Besitz  der  Otaniden  18A. 
35 ;  Abgaben  50.  51 ;  Verbreitung 
der  persischen  Religion  2fit  29  A. 
92;  in  den  Satrapenaufständen 
899.  964. 

Kapys,  Therons  Vetter,  Rebellion 
350. 

Kardia  auf  der  Chersones  396  A. 
711.  978. 

Karduchen  89,  S9.A.  835. 

Karien,  unter  den  Persern  94j  ka- 
rische Satrapie  9_L  91  A  9A  9_7 ; 
im  ion.  Aufstand  175.  1  TT.  179. 
181 ;  karische  Orte  im  del.  Bund 
290.  292;  Abfall  der  meisten  von 
Athen  422.424;  Angriffe  Athens 
552.  523,  593.  718;  im  Perser- 
kriege Spartas  838;  unter  Heka- 
tomnos  866.  888.  899. 

Karka  =  Roleber  62. 

Karkinos  v.  Agrigent,  Tragiker  441. 

Karmanier  (Germanier),  persischer 
Stamm  HL  10;  Abgaben  50.  52. 

Karne  in  Nordsyiien,  zu  Arado*  85. 

Karneios,  heil.  Monat  der  Dorier 
63?.  804.  867.  878. 

Karpathos  425.  860. 

Karrhotos,  Kyrenaeer  356. 

Karteja  in  Spanien  377. 

Karthago,  Beziehungen  zu  Phoeni- 
kien  85j  zu  Persien  173.  173  A.; 
Bündniss  mit  Xences  206.  206  A.; 
gegen  Sicilien  229—281  ;  nach 
der  Himeraschlacht  347.  362;  im 
5.  Jahrh.  377—384;  Verfassung 
3*2.  383 :  Absperrungssystem  378; 
Handel  mit  Athen  3_9_7j  Pläne 


554 


Index  zum  dritten  Theil. 


Athens  gegen  K.  433,  5IiL  648; 
während  der  sie.  Exped.  647.  653. 
658.  768:  Krieg  gegen  Sicihen 
76«— 771;  neuer  Krieg  773—780 
(erster gegen  f Kon vs).  zweiter  Krieg 
mit  Dionys  792—800,  dritter  Krieg 
824-826,  vierter  Krieg  9*5.  986; 
Aufstände  in  Afrika  und  Sardinien 
IM*  826.  985;  Aufstand  Hnnnos 
991 ;  Karthago  und  Dion  987.  939. 
993.  1001.  —  kartb.  Geschichts- 
quellen 168. 

Karyai  in  der  Skiritis  951.  954. 

Karystos,  Dryoperstadt  auf  Euhoea, 
von  den  Parsern  unterworfen  193. 
223;  von  den  Griechen  gebrand- 
schätzt  228 ;  von  Athen  unter- 
worfen 226;  Tribut  331L  426 ;  Um- 
sturz der  Demokratie  700;  im 
zweiteu  Seebund  930.  978. 

Kaschmir  58. 

Kasos,  Insel,  im  de).  Bund  42JL 

Kaspier  in  Medien  63. 

Kaspier,  Kaspeirer  =  Kaschmir  5k. 
58  A.  68, 

Kaspisches  Meer  6jL  6JL 

Kastolosfeld,  Sammelplatz  der  pers. 
Truppen  in  Kleinasien  4JL  45  A. 

Kaiana  von  Hieron  zerstört  853; 
wiederhergestellt  358,  362;  im 
ersten  sie.  Krieg  576. 597 ;  während 
der  sie.  Exped.  654.  657.  658.  678. 
678  A.;  nach  derselben  767.  780; 
von  Dionys  zerstört ,  mit  Cam- 
panern  besiedelt  IM.  795;  Flücht- 
linge 799;  Kallippos  in  Katana 
1000;  Schlacht  bei  —  795. 

Kataonien  20.  899. 

Kaukasus,  Grenze  des  Perserreichs 
GL 

Kaulonia  in  Italien  804.  806. 

Kaunos  in  Karien  94j  im  lon.  Auf- 
stand 177:  im  del.  Bunde  433. 
433  A.;  von  Tissapbernes  besetzt 
6*9.  691:  von  Konon  besetzt  845. 

Kehren  in  Troas  22iL  425.  979. 

Kedriai  in  Karien,  athenisch  726. 
726  A.  734. 

Kekryphaleia,  Schlacht  bei  322, 

Kelaenae  in  Phrygien,  Besatzung 
4L  4JL 

KelenderU  in  Kilikien,  athenisch  593. 
Kelten  325.,  318.  817;  Beziehungen 
zu  Massalia  375;  Vordringen  an 


die  Rhone  817;  Einfall  in  Italien 
817  ff.;  Chronologie  817  A.;  gegen 
Korn  818  f.;  in  Oberitalien  821: 
Züge  nach  Apulien  818.  820; 
spätere  Zöge  821;  Böndniss  mit 
Dionys  823;  Söldner  bei  Dionys 
825.  952.  954;  Sitten  817.  821. 
821  A. 

Kentoripa,  Sikelersladt  659.  799. 829. 

Keos  im  Perserkrieg  2UL  219:  im 
del.  Bunde  275j  Tribut  426;  im 
zweiten  Seebund,  Abfall  v.  Athen 
967.  928  A. 

Kepballenia  im  Perserkrieg  235 : 
Stellung  zu  Korinth  332;  An- 
schluß an  Athen  334:  Bündniss 
548.  548  A.  5JU;  im  archid.  Krieg 
551.  574:  bei  uVr  sie.  Exped.  672; 
Messenier  auf  K.  632.  639.  763; 
spartanisch  892;  im  zweiten  See- 
bund 935.  935  A.  939. 

Kephaloedion  auf  Siethen  794.  799. 

Kephalos,  athen.  Demagoge  848. 
848  A.  852  A.  861.  878  A.  896. 
924.  924  A.  927.  930. 

Kephieodotos,  alben.  Stratege,  bei 
Aegospotaraoi  733.  —  athen. 
Stratege  im  Hellespont  976  — 
athen.  Bildhauer  903.  904.  936. 

Keramos  in  Karien  04^  424 

Kerasus  am  Pontos.  athenisch  430. 
430  A.  432_;  zu  Sinope  83iL 

Kerne,  Insel  in  Westafrika  378. 

Kersobleptes,  Odrysenkönig  976. 978. 

Kieros  bei  Heraklea  pont.  430.  980. 

Kilikien,  pers.  V.isallenkönigreich 
32»  42*  2k  Besatzung  41j  Ab- 
gaben 5JL  5_L  5_5_I  Sammelplatz 
der  pers.  Heere  ISO  191:  Schiffe 
in  der  pers.  Flotte  220;  Absetzung 
des  Syennesis  833.  835;  Aufsl&nde 
897.  979.  —  bei  Mazaka  20, 

Kimmerikon  auf  der  Krim,  athenisch 
432, 

Kimon,  S.  d.  Miltiades  197:  beim 
Auszug  aus  Alben  222  A.;  Ge- 
sandter in  Sparta  234;  mit  Ari- 
stides  bei  der  Flotte  21L  211  A.; 
erste  Feldzuge  276j  Führer  der 
Conservativen  281—283;  Persön- 
lichkeit 282,  282  A.;  Bauten  280, 
298:  gegen  Pausa nias  286;  gegen 
Themistokles  288 ;  Eurymedon- 
schlacht  290—292;  auf  der  Cher- 


Index  zum  dritten  Theil. 


sones  292;  Regen  Thasos  294  f.; 
Stellung  in  Athen  312;  Verhältniss 
zu  Sparta  310;  Opposition  u.  Pro- 
cess  313  f.;  Hülfszug  nach  Sparta 
315  f.;  Ostrakismos  317.  Datum 
315  A.;  bei  Tanagra  329j  Rück- 
berufung  330;  angeht.  Friedens- 
verhandlungen 322  A.;  Aechtung 
des  Arth mios  332. 332  A.;  Waffen- 
stillstand mit  Sparta  340;  cypri- 
scher  Feldzug  341;  Tod  841. 

Kimon  v.  Kleonae,  Maler  479. 

Kinadon.  Spartaner,  Verschwörung 
753.  762. 

Rineas,  K.  der  Tbessaler  211  A. 

Kinesias,  alhen.  Dilhyrambiker  und 
Demagoge  4£&  861.  861  A.  862. 

Kios  in  Mysien  733  A. 

Kition,  phoen.  Fürstenlhum  85. 178; 
von  Kimon  belagert  341.  342; 
Dynastie  840.  840  A.;  von  Eua- 
goras  angegr.  870.  874. 

Klazomenae  im  del.  Bund  426:  im 
dekel.  Krieg  athenisch,  Partei- 
kämpfe 687.  689.  689  A.  69Ö.  710. 
722;  unter  Thrasybul  athenisch 
872.  878  A.;  persisch  879. 

Kleandridas,  spart.  Heerfahrer,  in 
Tegea  $25  A.;  in  Attika 

345;  in  Thurii  398—400. 

Kleandros,  Harmost  in  Byzanz759  A. 
836. 

Kleantlies  v.  Korinth,  Maler  470. 
Klearchos,  Tyr.  v.  Heraklea  980.  — 

Spartaner,  in  Byzanz  709.  714. 

717.  759.  759  A.;  bei  Kyros  759. 

833—835. 
Klearidas,  Spartaner,  in  Amphipolis 

605.  629. 
Kleidemos,  Atthis  152.  lüJL  909. 
Kleinasien  unter  den  Persern  91  fT.; 

Sitrapien  und  Absahen  50.  91. 

21  A.;  milit.  Organisation  43,  44; 

Bewaffnung  45i  im  4.  Jahrh.  888. 
Kleinias,  Vater  d.  Alkihiades  559. 

244  A.  —  Tyrann  v.  Kroton  871  A. 
Kleisthenes  v.  Athen ,  Verfassung 

185.  299.  306;  im  ion.  Aufstand 

176. 

Kleitophon,  atben.  Aristokrat  696. 

696  A.  697.  747  A. 
Kleitor  in  Arkadien  890.  953. 
Kleobulos,  Ephor  635. 
Kleombrotos,  Regent  v.  Sparta,  am 


Isthmos  222.  227j  Tod  234.  — 
Kg.  v.  Sparta,  gegen  Theben  925. 
931.  936.  940:  bei  Leuktra  942. 
944. 

Kleomenee,  K.  von  Sparta  170.  188. 
188  A.  199.  202. 

Kleonae  bei  Argos.  unabhängig  1>8 ; 
argivisch  28h.  2S5  A.  329  A. 

Kleon,  athen.  Demagoge,  gegen  Peri- 
kles  550j  nach  s.  Sturz  5ü£L  5&L 
584—588;  Verh.  Ober  Mytilene 
569.  569  A.;  Pylos  und  Sphakteria 
591. 592;  Ehren  und  Machtstellung 
598.  596;  Erhöhung  der  Tribute 
593;  s.  Stellung  erschüttert  601; 
Beschluss  Ober  Skione  603;  thrak. 
Feldzug  und  Tod  604—606;  s. 
Verfahren  gegen  die  Rebellen 
durchgeführt  009;  Stellung  zur 
Religion  611.  611  A.;  Führer  der 
demokrat.  Reaction  gegen  Sitten- 
losigkeit,  Rhetorik  und  Aufklärung 
611.013.  —  v.  Halikarnass,  Literat 
760. 

Kleonymos,  Alhener,  f.:'}»d3^i;651  A. 

Kleophon,  athen.  Demagoge,  Erbe 
Kleons  712.  712  A.  713.  723  A. 
731.  731  A.  736.  737. 

Kleopompos,  athen.  Stratege  554. 

Kleruchien  Athens  auf  Eubo^a  vor 
dem  Perserkriege  122.  2£6_  A.; 
unter  Perikles  393  ff. ;  rechtl.  Stel- 
lung 391.  39fL  410;  unter  Timo- 
theos  963.  905. 

Knemos,  spart.  Nauarch  566.  725  A. 

Knidos  im  del.  Bunde,  Tribut  426; 
von  Tissaphernes  besetzt  689. 691. 
710;  Schlacht  bei  859;  von  Ko- 
non  gewonnen  800;  Rücktritt  zu 
Sparta  869.  806.  —  medic.  Schule 
501.  502. 

Koes,  Tyr.  v.  Mytilene  1 75. 

Koiratadas,  theban.  Con<loltiere885. 

Kolakrelen  in  Athen  4QL  702  A. 
Bd.  V,  S.  Vif. 

Kolcher  64.  64  A.;  unter  Darius 
tributär  fiL 

Kolonai  in  Troas  280. 

Kolnphon.  von  Athen  unterworfen 
27!).  -292 ;  Trihut  4211;  Abfall  zu 
Persien  5_7JL  513  A.  716. 

Kolotes  v.  Paros,  Bildhauer  478. 

Komana  am  Saros  und  am  Iris, 
Priesterfflrstenthflmer  92. 


550 


Index  tum  dritten  Theil. 


Komödie,  Vorstufen  243,  366,  440; 
sicilische  366  f.;  in  Athen,  staat- 
liche Einführung  440,  441)  A. ; 
Aufführungen  441  f.;  Gesetze  gegen 
ihre  Ausschreitungen  440.  531. 
661.  —  Wesen  und  Entwicklung 
495  f.;  Märchenkomödie  498  f. 
616;  gegen  die  Radicalen  587. 
661 ;  gegen  die  moderne  Bildung, 
Hhetorik  und  Sophistik  613  ff.; 
im  4*  Jahrb.,  mittlere  K.  905. 

Konnos,  athen.  Musiker  616.  616  A. 

Konon  in  Naupaktos  668.  671;  auf 
Kotkyra  715;  mit  Alfcihiades  Stra- 
tege 718;  gegen  A-  dro«  722;  Nach- 
folger des  Alk.  723.  724;  Reduc- 
tion  der  Flotte ,  Piraterie  724 ; 
gegen  Kallikratidas  726.  728.  729; 
bei  Aegospotamni  734.  734  A.; 
bei  Kuagoras  841;  jws.  Fiotten- 
röstung  und  Seekrieg  841.  845; 
Sieg  hei  Knidos  859;  »»  Aihen 
861  f.  805 ;  Ausgang  865. 870  f. ;  ge- 
schieht!. Stellung  885. 

Korax  v.  Syrakus,  Rhetor  868. 

Koraxer  im  Kaukasus  64  A. 

Korbilon  an  der  Loire  375. 

Korinna,  boeot.  Dichterin  247. 

Korinth,  Kaufmannsaristokralie  242. 
249;  unterstützt  Athen  gegen 
Aegina  204:  im  Perserkrietie 
223,  235;  Colonialreich  215,  212, 
vgl.  215  A.  332  f.;  gegen  Argus 
285;  gegen  Athen  223,  316;  gegen 
Megara  326;  Krieg  mit  Athen 
326  ff.  345;  Verluste  im  Westen 
334.  337;  Politik  235,  340,  340, 
420  ff.;  Niedergang  34iL  415,  — 
Krieg  mit  Korkyra  532  ff.  571 ; 
für  Potidaea  536  f.;  treibt  zum 
Kriege  538,  540  f.;  Verluste  durch 
Athen  im  Westen  55L  566,  51L 
524  f.  594.  631;  Nikias'  Angriff 
595;  Spannung  mit  Sparta  606; 
Ablehnung  des  Friedens  607.  608. 
629.  632;  Verhandlungen  mit  Ar- 
gos 631.  635;  Rücktritt  zu  Sparta 
637;  im  Sonderbundskriege  639  IT; 
Neutralität  gegen  Argos  645 ;  Fehde 
mit  Athen  646;  Unterstützung  v. 
Syrakus  658.  664.  665.  671.  674; 
fordert  Athens  Zerstörung  738.  — 
nach  dem  Kriege,  Spannung  mit 
Sparta,  Verbindung  mit  Theben 


744.  758.  702.  763.  842.  847; 
Bund  mit  Theben  und  Athen  gegen 
Sparta  855.  857;  Parteikampfe, 
Union  mit  Argos.  Kampfe  um 
Korinth  863  f.  866. 867 ;  Aufhebung 
der  Union  879;  von  Sparta  ab- 
hangig 890.  895;  nach  Leuktra 
945.  948.  949.  951.  952.  959.  961 ; 
Friede  mit  Theben  961;  Usurpa- 
tion des  Timophanes  968.  —  Zu- 
stände im  4.  Jahrh.  888. 

Korlyra.  Stellung  und  Macht  21L 
296.  333:  im  Perserkriege  neutral 
21L  228;  Themistokles  und  K. 
288;  Krieg  mit  Korinth  532-535: 
Vertrag  mit  Athen  534 :  Hündniss 
548.  551 ;  Parleikämpfe  511  f.  524, 
589.  594;  bei  der  sie.  Exped.  652. 
672;  neu»*  Revolution  715;  seitdem 
neutral  715.  744;  Anschluss  an 
Sparta  892;  im  zweiten  Seebund, 
neue  Parteikämpre  935. 937—939; 
Bruch  mit  Athen  976.  —  melaina 
822.  Bd.  V,  S.  VUI. 

Koroib'os,  athen.  Baumeister  419. 

Koronea,  Schlachten  bei  344.  858. 
863. 

Korydallos  in  Lykien  95. 
Korylas,  K.  v.  Paphlagonien  23,844. 
Koryphasion  (Pylos)  589.  715.  962. 
Kos  unter  Hahkarnass  292;  bleibt 

im  dekel.  Krieg  athenisch  691. 

710.  726;  von  Konon  besetzt  860; 

Blülhe  im  4.  Jahrh.  888;  Abfall 

v.  Athen  978.  —  medicin.  Schule 

501.  503. 
Kossaeer  10,  71. 
Kolyora  am  Pontos  836. 
K  .tv.  Odrysenkönig  896.  965.  975. 

976. 

Krauion  auf  Kephallenia,  Ansiedlung 

der  Messenier  632. 
Krannon  in  Thessalien  956. 
Krateros,  Urkundensammlung  152. 

288  A.  3&2  A.;  über  die  Tribute 

2ü2  A.  593  A. 
Krates,  Komiker  496.  616. 
Kratesippidas,  spart.  Nauarcb  716. 
Kraieuas,  Mörder  des  Archelaos  893. 

893  A. 

Kratinos,  Komiker  496;  gegen  Peii- 
kles  405  A.  531 ;  Panoptai  613. 
Kratippos,  Fortsetzer  d.  Thukyd.  1  fiO. 
Kratylos,  Heraklileer  5QE  A.  918. 


Index  zum  dritten  Theil. 


552 


Kresilas  v.  Kydonia,  Bildhauer  297. 

429.  484. 
Kreta,  neutral  21L  213,  225,  425: 

Intervention  Athens  566 ;  kret. 

Schätzen  in  alhen.  Dienst  652; 

Musik  489  A. 
Kreusis,  boeot.  Hafen  932.  942. 
Krios,  S.  d.  Polykrilos  v.  Aegi  a  lßJL 
Kiithote  auf  der  Chersones  965.  976. 
Krilias,  S.  d.  Kallaischros  696  A. 

697;  Schüler  des  Sokrates  625; 

Persönlichkeit  und  Schriftstellerei 

147.  747 :  Röckberufung  des  Alki- 

biades  707;  Verbannung  713;  in 

Thessalien  764;  Rückkehr  736; 

Haupt  der  Dreissig  747  ff.  757; 

Tod  757;  Grabepigramm  881. 
Kritios,  athen.  Bildhauer  280.  29L 

428,  48Ü, 
Kromnos  in  Arkadien  968. 
Kronion  auf  Sirilien,  Schlacht  bei 

824. 

K  rot  oh  im  Perserkrieg  21L  223; 
Beziehungen  zu  Hieron  34 s  372; 
im  5,  Jahrh.  SIL  372:  gegen  die 
Sybariten  39&  400:  während  der 
sie.  Exped.  674;  im  ital.  Bunde 
804;  gegen  Dionys  805.  806;  von 
Dionys  erobert  825.  829. 

Krya  in  Karien  424, 

Ktesia«,  per?.  Gesch.  4,  5,  lüL  909; 
Skythenkriefr  2£L  20  A.;  Perser- 
kriege 145,  212,  223  A.;  Verhand- 
lungen mit  Euagoras  841.  841  A. 
842  A. 

Kunaxa,  Schlacht  bei  834. 

Kurden  (Kupxtot)  90  A„  vgl.  10  A. 

Kurion  auf  Cypern  85,  17ft. 

Kusch  (aethiop.  Reich)  100. 

Kyaneai,  lyk.  Stadt  95, 

Kybernis,  S.  d.  Kossikas,  K.  der 
Lykier  95*  95  A. 

Kydias,  Athener  962. 

Kykladen  im  Perserkrieg  215.  223: 
im  del.  Bund  225.  426,  726;  nach 
der  Schi,  bei  Kuidos  860.  872. 
883;  wieder  unter  Sparta  889. 
895.  896.  930.  934;  im  zweiten 
Seebund  934.  935.  975.  984;  Be- 
bauung 883. 

Kyme  in  Aeolis  unter  den  Persern 
97;  im  del.  Bunde  222,  292  A. 
426;  Abfall  687  [verschrieben 
Kyrene].  722.  722  A  ;  von  Tissa- 


phernes  angegriffen  837.  —  in 
Campanien  im  5,  Jahrh.  870: 
Schlacht  bei  349. 352;  campanisch 
803. 

Kynegiros,  Athener,  bei  Marathon 
194. 

K  y  i  liska,  Agesilaos'  Schwester,  Reich- 
thum 262  A. 

Kynoskephalai,  Kampf  bei  966. 

Kynossema,  Schlucht  bei  709. 

Kyparissia  in  Messenien  951  A.  962. 

Kyrauis  (Kerne)  in  Westafrika  37s. 

Kvrene  persisch  99.  211 ;  Geschichte 
356.  763.913;  Handel  mit  Athen 
415;  erwähnt  S3Ü.  671. 

Kyros,  ReichpgrOndung  IL  12L  20j 
Autorität  56;  Satrapien  29j  Ab- 
gaben 49;  Stellung  zur  Religion 
SZ;  Grat»  IL  12  A.  74i  in  Ba- 
bylon 80.  103j  >n  Indien  58; 
gegen  die  Turanier  68j  K.  und 
die  Juden  112;  bei  Deuterojesaja 
als  Messias  1 13.  —  der  jüngere 
719;  Oberfeldherr  43.  44,  719; 
Verbindung  mit  Lysander  719 
bis  721.  724.  731.  733.  734;  K. 
und  Kallikratidas  725.  726;  narb 
Susa  738;  gegen  Tissaphernps  761; 
Verbindung  mit  Sparta  759.  761. 
834;  Rüstungen  759.  761.  765; 
Aufstand  und  Tod  832— 834;  Cha- 
rakter 832. 

Kyrtier  =  Kurden  10  A.  ÖÜ  A. 

Ky Hiera  perioekisch  263,  263  A.; 
von  Athen  angegr.  334  A. :  von 
Athen  besetzt  595.  607 ;  behalten 
632.  632  A.  670.  686.  712;  von 
Konon  besetzt  860. 

Kythnos  im  Perserkrieg  215.  223; 
im  del.  Bunde  225,  426. 

Kyzikos,  von  den  Persern  unter- 
worfen 181 ;  im  del.  Bunde,  Tribut 
426:  im  dekel.  Krieg  709—711; 
Schlacht  bei  711;  K.  umi  Epa- 
minondas  967;  gegen  Athen  975. 


L. 

Labici  in  Latium  808.  810  A.  811. 
Labolas,  spartan.  Harmost  in  Hera- 

klea  715. 
Laches,  athen.  Stratege  561;  auf 

Sicilien  52fL  528,  528  A.:  Process 


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558 


Index  zum  dritten  Theil. 


588;  Friedenspolitik  602.607.630; 
im  Sonderbund«krieg  639;  mit 
bei  Mantinea  «»40.  —  athen.  Stra- 
tege, gegen  Epaminondas  967. 

Lade,  Schlacht  bei  lfiü. 

Laever,  kelt.  oderligur.  Stamm  821  A. 

Lais»,  Hetaere  aus  Hykkara  657  A. 

Laispodias,  athen.  Stratege  661. 
601  A.  663.  6%. 

Lakedairnonios,  S.  d.  Kimon  812. 534. 
535. 

Lakonien,  polit.  Organisation  263. 
Lamactioe,  alhen.  Stratege  411.  56 1 . 

582  A.;  im  Pontos  43(L  593;  hei 

der  §ir.  Exped.  650.  651.  654. 657 ; 

Tod  660. 
Lampon,  athen.  Wahrsagei  398.412. 

576  A. 

Lampon ion  in  Troas  172. 

Lampsakos  an  Themistokies  ge- 
schenkt 3JL  28fi.28aA.;  im  del. 
Bunde  292. 4  .!H.  693 ;  von  Lysander 
srenommen  734;  unter  Pbiliskos 
965.  980;  von  Chares  geplündert 
983. 

Landwirtschaft  in  Attika  3ÜL  302. 
302 A. ;  in  Griechenland  im  4.Jahrh. 
883;  auf  Sicilien  864 :  in  Afrika 

379. 

Lange,  Julius  ±7_7_  A.  482. 

Lanuvium  in  Latium  810. 

Laodamas  v.  Thasos  9^8. 

Laos  in  Unteritalien,  sybaritisch  398; 
lucanisch  804.  805. 

Lapelhos  auf  Cypern ,  phoen.  85. 

Larisa  in  Aeolis  838.  —  in  Thessa- 
lien 764  f.  855.  956.  —  in  Troas 
569. 

Larymna,  lokr.  Hafen,  von  Theben 

besetzt  967. 
Las,  lakon.  Hafen  705. 
Lasion  in  Elis,  selbständig  762.  953. 

968. 

Lasonier  in  Kabalien  9_L 
Latiner  34k  äTJL  808  IT. 
Laurentum  in  Latium  810.  810  A. 
Lavinium  in  Lalium  810  A. 
Leagro«,  alhen.  Stratege  29i 
Lebedos  in  Ionien  426.  687. 
Lechaion,  korinth.  Hafen,  von  den 

Spartanern  erobert  863.  863  A. ; 

Schlacht  bei  L.  867. 
Lemnos,  persisch  172. 172  A . ;  Ueber- 

gang  zu  den  Griechen  223;  athe- 


nisch 26JL  275]  Colonie  394,  8V«5 : 
verstfirkt  396:  im  arcbid.  Krieg 
592;  unabhängig  736.  738.  743; 
wieder  athenisch  862.  866.  877. 
879.  982. 

Leoboles,  S.  d.  Alkmaeon,  Ankläger 
des  Themistokies  288. 

Leodamas.  Athener,  verbannt  713  A. 

—  v.  Acharnae  963. 
Leogoras,  Vater  d.  Andokides  655. 
Leokrates,  athen.  Feldherr  233  A. 

82L  321  A.  322. 
Leon,  athen.  Stratege  686.  GM  f. 
699.  703.  723.  726.  727  A.  749. 

—  athen.  Gesandter  in  Susa  959. 

—  spartan.  Heerführer  691. 
Leonidas,  spartan.  K.  203.  219.  22lL 
Leonliadas,  theban.  Oligarch  219  A. 

—  Nachkomme  des  Vorigen  891. 
924. 

Leonticbos,  athen.  Stratege  878. 

Leosthenes,  athen.  Stratege  976. 

Leotychida*,  K.  v.  Sparta  18JL  1S3  A. 
203.  203  A.;  bei  der  Flotte  233, 
bei  Mykale  238  f.;  in  Thessalien, 
verurtheilt  28L  —  S.  d.  Agis  760. 

Lepreon  in  Tnphylien,  hei  Plataeae 
235;  gegen  Elis  606;  v.  8parta 
besetzt  637;  Anschluss  an  Arka- 
dien 950.  953.  954.  959. 

Leptines,  Dionys'  Bruder  793  f.  795  f. 
805.  824.  830.  862.  —  syraku?. 
Söldnerführer  1000. 

Leptie,  Tribut  an  Karthago  3SL 

Leros,  Insel  179;  mi lesisch  422  A. 

Lesbos,  zur  karischen  Satrapie  9J ; 
im  ion.  Aufstand  179.  180;  im 
del.  Bunde  27_k  393,  42&I  im 
sa mischen  Krieg  422.  423:  Auf- 
stand 567  ff.;  athen.  Kleruchen 
569.  395 ;  Verhandlungen  mit  Aais 
680. 683 ;  Kämpfe  um  Lesbos  689  f. 
709.  726  IT.  735;  unter  Konon  und 
Thrasybul  860.  872.  896;  im 
zweiten  Seehund  928.  985;  Ab- 
fall von  Athen  984. 

Leukae  an  der  Hermosmündung899. 
979. 

Leukas  im  Perserkrieg  215. 223, 235. : 
auf  Seiten  Korinths332.532— 534; 
im  archid.  Krieg  £6JL  512,  574] 
unterstützt  Syrakus  »i65;  Anfall 
v.  Sparta  855;  spartanisch  892. 
938.  939. 


Index  zum  dritten  Theil. 


.vi  9 


Leukimme,  Schlacht  bei  533. 
Leukippos  v.  Milet,  in  Ahdera  514; 

atomistische  Lehre  514. 515;  Ein- 

fluss  d.  Empedokles  514:  gegen 

Anaxagoras  514. 
Leukon,  Komiker  587. 
Leuktra,  Schlacht  hei  942—944. 

944  A.  —  in  der  Aigytis  951. 
Lewiten  bei  Ezechiel  110,  Uli  Ent- 

wickelung  der  spateren  Lewiten 

IIB.  128u 
Libikier  (Libuei),  kelt.  Stamm  821. 

821  A. 

Libyer  hei  Aegypten,  aufständisch 
92-  32k  —  bei  Karthago,  unter- 
worfen  Elfi.  334j  Aufstände  79$. 
826.  980. 

Libys,  Lysanders  Bruder,  Nauarch 
755.  758 

Lichas,  Spartaner  637.  691  f.  708. 
Ligurer  22iL  314,  STA  817.  821.  — 

—  in  Nord  frank  reich  von  den 
Kelten  verdrängt  378. 

Likymnios  v.  Chios,  Sophist  524. 
906. 

Lilybaeon,  gegründet  794.  985. 
Limne  auf  der  Chersones  3Üß  A. 
Limyra  in  Lykien  95. 
Lindos  auf  Rhodos  42fL 
Lingonen,  kelt.  Stamm  821. 
Lipara  im  ersten  sie.  Krieg  576. 

Ö78;  unter  Dionys  806;  Peziehun- 

gen  zu  Rom  816. 
Lissos  in  Illyrien,  Colonie  des  Dionys 

822. 

Lixos  in  Westafrika  378. 

Lokrer,  opuntische  (hypoknemi- 
dische)  huldigen  den  Persern  213; 
bei  Artemision  und  Thermop.  2JJ1 ; 
von  Athen  abhängig  330;  Abfall 
344;  im  archid.  Krieg,  mit  Sparta 
verbündet  5±k  55L  596  607; 
Krieg  gegen  Phokis  637  A.;  im 
dekel.  Krieg  680;  mit  Theben  ver- 
bändet 854.  857.863;  spartanisch 
892.  895;  wieder  thebanisch  946. 

—  ozolische  (ioitlpiot),  und  Nau- 
paktos  830  A  ;  im  archid.  Krieg 
mit  Athen  verbündet  548.  548  A. 
574  f.;  thebanisch  855;  unter 
Sparta  892.  895;  wieder  theba- 
nisch 946. 

Lokri  in  Italien,  gegen  Rhegion,  mit 
Hieron  verbündet  348.  354:  mit 


Syrakus  362.  372:  im  ersten  sie. 
Krieg  576-579.  597;  während 
der  sie.  Exped.  654.  674;  für 
Sparta  680;  Verbindung  mit  Dio- 
nys 786.  792.  804.  807.  825.  829; 
unter  Dionys  II.  996.  1000. 

Longana,  Sikelerstadt  360  A. 

Lucaner,  Vordringen  370.  SIÜ;  gegen 
Thurii  400:  gegen  die  Italioten 
800.  804;  Bündniss  mit  Dionys 
805.  807.  825;  unter  Dionys  II. 
989  A.  991;  L.  und  Bruttier  1001. 

Lydien  im  Perserreich  88,  4L  9L. 
92;  Bewaffnung  45i  Verbreitung 
der  pers.  Religion  7JL  29  A.;  Ein- 
dringen des  Griechenthums  92» 

Lygdamis,  Tyrann  v.  Halikarnass 

Lykaonen  92* 

Lykaretos  v.  Lemnos  112  A. 

Lykien,  in  der  karischen  Satrapie 
9J ;  Zustände  unter  pers.  Herr- 
schaft 95 f.;  Verfassung  95j  König- 
thum S4i  Dynasten  96_i  Kriech. 
Einfluss  96j  Kunst  2fL  479j  In- 
schriften und  Münzen  95  A.  — 
im  del.  Bunde  290.  292;  Abfall 
424 ;  Angriffe  der  Athener  557 ; 
auf  Seiten  der  Perser  683.  689; 
lyk.  Reich  im  4.  Jahrb.  899.  979. 

Lykios,  S.  d.  Myron,  Bildhauer  478. 

Lykomedes  v.  Mantinea,  arkad. 
Staatsmann  949.  949  A.  950.  951. 
953.  954.  959.  961. 

Lykon,  Ankläger  des  Sokrates  852. 
852  A. 

Lykophron,  Tyrann  von  Pherae  764. 
765.  855.  892. 

Lykurgos,  Ueberlieferung  über  die 
Verr.  254.  262  A.  750.  920. 

Lynkeslis,  makedon.  Fürstenthum 
42fi.  599.  603.  764.  965  A. 

Lysandridas,  spartan.  Officier  auf 
der  Kadmea  925. 

Lysandros,  Mot  hax  262, 2fi2  A .  720  A. ; 
Persönlichkeit  720;  in  Kleinasien 
721—725;  Parteitreiben  724.  725; 
in  Milet  733;  zum  zweiten  Male 
Flottenführer  731.  733—738;  Stel- 
lung als  Sieger  742;  Herrschaft 
746.  748.  750;  Opposition  751. 
758  f.;  dritte  Ausfahrt  755;  vor 
Athen  758;  Sturz  758.  759;  nach 
dem  Sturz  760;  L.  u.  Agesilaos 


560 


Index  zum  dritten  Theil. 


842.  843;  hei  Haliartos,  Tod  K.4  : 
bei  Dionys  7*4.  Denkmäler  für 
L.  744.  755. 
Lysias,  Hedner  164.  757.  906;  aus 
Thurii  verbannt  680  A.;  polit. 
Thätigkeit  849.  850;  Bürgerrecht 
verweigert  850.  852;  Anwalt  der 
Hadicalen,  Typus  des  gewissen* 
losen  Anwalts  8ol.  852.  858.  871. 
873  A.  896  A.;  in  Olympia  (or.  29] 
876;  or.  12  (c  Eratosth.)  737  A. 
738  A.  747  A.  748  A.  757  A.;  or. 
13  (c.  Agorat.)  737  A.  738  A.  748  A ; 
or.  14  (c.  Alcih.)  645  A. ;  or.  3± 
(über  die  Verf.)  848.  848  A.;  or. 
2Ü  (für  Polystratos)  701  A.  707  A.; 
ipwxtxo«  907;  Rede  gegen  Thra- 
sybul  873  A.  ~  athen.  Stratege 
hei  den  Arginusen,  hinger.  727  A. 
729. 

Lysikles,  Nachfolger  des  Perikles 

5ÜQ,  513, 
Lysippos,  Bildhauer  904. 
Lysis  v.  Tarent,  Pythagoreer  37 1 . 

944. 

Lysistratos,  athen.  Oligarch  5X5  A. 
613. 


M. 

Madytos  auf  der  Chersones  292  A. 
398  A. 

Sp.  Maelius  813. 

Magier  lü,  10  A.  21*  12  A. 

Magnes,  Komiker  440  A.  496. 

Magnesia  am  Maeander,  Apollo- 
tempel irn  pers.  Reich  261  31,  36_i 
bleibt  persisch  22L  292;  unter 
Themistokles  34L  288.  288  A.; 
Thibron  gegen  M.  837  A.  869.  — 
am  Sipylos,  persisch  2IL  222*  — 
in  Thessalien,  huldigt  den  Persern 
213;  unter  Alexander  v.  Pherae 
957.  966.  973. 

Magof  sein  Haus  in  Karthago  383. 
769.  —  karth.  Feldherr  795  800. 
824.  —  über  Landwirtschaft  379. 

Mainake,  Col.  Massalias  in  Spanien 
376;  zerstört  EIL 

Maka  =  Myken  9  A. 

Makedonien ,  persisch  172;  im 
5.  Jahrh.2M,  429;  unter  Archelaos 
764  f.;  im  4,  Jahrb.  893.  956.  965. 


976;  Königslisle  und  Chronologie 
429  A.  893  A. 

Malaka,  karth.  Co),  in  Spanien  377. 

Malea  in  Aigytis  951. 

Maleachibuch  118. 

Malekidas,  Boeotarch  966. 

Malerei  in  Griechenland  429  ff.  903  f. 

Malier  213,  523,  680.  857.  946. 

Mallos  in  Kilikien  90. 

Mamerkos,  Tyrann  v.  Katana  1000. 

Ma nasse,  Hoherpriester  der  Samari- 
taner  130. 

Manda  =  Meder  14  A. 

Mandrokles  v.  Saraos,  Baumeister 
der  Bosporusbrücke  20-  2Q  A.; 
Gemälde  422, 

Man  et  ho,  aeg.  Gesch.  2,  900  A. 

Mania  von  Troas  761.  838. 

M.  Manlius  813. 

Mantias,  athen.  Stratege  976. 

Mantinea,  bei  Plataeae  235 ;  auf 
8eiten  Spartas  285,  Sü  A. ;  Synoi- 
kismos  325.  325  A.  28ä  A.;  Ver- 
bindung mit  Argos,  Spannung  mit 
Sparta  825.  421;  wieder  im  pel. 
Bunde  340;  Ausdehnungsversuche 
606;  Austritt  aus  dem  pel.  Bunde, 
Kämpfe  mit  Sparta  631;  Allianz 
mit  A^-gos  631,  mit  Athen  636; 
Friedenscongress  637;  im  Sonder- 
bundskriege 639  fT.;  Schlacht  bei 
M.  640.  234  A.;  wieder  im  pel. 
Bunde  641 ;  Mantineer  im  athen. 
Heer  nach  Sicilien  652;  nach  dem 
pel.  Krieg  744.  868;  von  Sparta 
aufgelöst  890;  wiederhergestellt, 
im  arkad.  Bundesstaat  949.  950. 
958;  Bruch  mit  Tegea  969;  Rück- 
tritt zu  Sparta  und  Athen  969  f.; 
Schlacht  bei  M.  971;  Bund  von 
Mantinea  973. 

Marakanda  (Samarkand)  63. 

Maraphier,  pers.  Stamm  HL  lfi  A. 
21 :  Mapd<p.c,  bei  Aeschylos  lü  A. 

Marathon,  Schlacht  bei  193  ff.; 
Heeresstärke  12L  121  A.  123  A. 

Ma rathos  in  Phoen.,  zu  Arados  85, 

Marcium  (Mecium),  Schlacht  bei  820. 

Marder,  pers.  Stamm  KL  lü  A., 
MäpJJo?  bei  Aeschylos  lü  A. 

Mardonios,  S.  d.  Gobryas,  in  Klein- 
asien IBL  187j  Rüstungen  IST; 
erster  Feldzug  12Ü,  12Ü  A.;  ab- 
berufen 1Ä1 ;  Ratbgeberdes  Xerxes 


Index  zum  dritten  Theil. 


205. ;  Commandant  in  Europa  227. 
232;  Feld  Zug  von  Plataeae  232  bis 
236;  Stellung  zur  griech.  Religion 

Marea,  aeg.  Grenzfestung  IL  98. 

Margastana,  pere.  Insel  62, 

Marler  (in  Merw)  11^ 

Mariaba,  Hauptstadt  v.  Saba  85. 

Mariandyner,  unter  Heraklea  430. 

Marion  auf  Cypern  8JL 

Marna,  Gott  v.  Gaza  85. 

Maronea  in  Thrakien,  im  del.  Bund 
2StL  42L  428;  im  zweiten  See- 
bund 930.  975.  —  bei  Laurion 
207  A. 

Marzabotto,  Etruskerstadt  801.  817. 

Masistes,  Xerxes'  Bruder,  Satrap  v. 
Baktrien  43.  322. 

Masistios,  Perser  236. 

Maskames,  pers.  Commandant  v. 
Doriskos  226.  292. 

Maspier,  pers.  Stamm  HL 

Mastia,  Mastiener  in  Spanien  377. 

Massalia  874—376.  322,  816. 

Mathematik,  griechische  500.  500  Ai 
504;  bei  den  8ophisten  524,  5_2fL 
526  A.;  Stellung  im  Unterricht 
909;  bei  PJato  918.  990  618  A. 

Matiene,  pers.  Provinz  8JL  89.  A. 

Matschijä  hei  Darius,  pontische 
Stämme  87. 

Mauren  322, 

Maussollos  v.  Karten  899.  964.  965. 
978  T.  981—984;  Verhältniss  zu 
den  Karern  899;  Maussolleum 
904. 

Maxyer,  lib.  Stamm  329. 
Mazaeos,  Satrap  v.  Kilikien  u.  Syrien 
22  A. 

Mazaka  in  Kappadokien  90. 
Mazara  auf  Sicilien  770. 
Mazares,  Oberfeldherr  in  Kleinasien 
44. 

Medicin,  griechische  247.  5JH  bis 
503;  Auftreten  der  Aerzte  516. 
IIS  A. 

Medien  9j  Meder  10j  Mazdajasnier 
10.  1QA.;  Stellung  im  Reich  14 
(Name  auf  das  Reich  Obertragen 
14  A.);  im  Heer  iL  217;  Be- 
waffnung und  Kampfweise  50.  51 ; 
Salrapien  und  Abgaben  29.  5JL 
5_L  Iii  Aufstand  unter  Darius  II. 
71.  —  nichtarische  Stämme  in 

Meyer,  Geschichte  des  Alterthuras. 


Medien  63.  62.  —  Mr43t«  bei  Xeno- 

phon  =  Matiene  82  A. 
Medios  v.  Larisa  764.  855. 
Medma  in  Unteritalien  372.  597. 
Megabates,  pers.  Feldherr  174.  — 

Satrap  v.  Daskylion  284  A. 
Megabazos,  pers.  Feldherr  44,  171. 

122.  —  pers.  Gesandter  in  Sparta 

335. 

Megabyzos,  S.  d.  Zopyros  21 ;  unter- 
wirft Babylon  80, 196l  beim  Thron- 
wechsel S21L  323  A.;  unterwirft 
Aegypten  336i  Aufstand  242.  421. 
125  A.  L 

Megakles,  S.  d.  Hippokrates  126. 
186;  ostrakisirt  128.  19S  A.  — 
Bruder  Dions  992.  993. 

Megalopolis  gegründet  953.  953  A.; 
von  Theben  geschützt  973;  Krieg 
mit  Sparta  972.  973. 

Megaphrenes,  kgl.  «poivixisr^c  35  A. 

Megara  in  Griechenland,  im  Perser- 
kriege 212  212, 223. 235  f. ;  Handel 
mit  Alben  301;  Anschluss  an 
Athen  326j  Kämpfe  bei  827j  Ab- 
fall v.  Athen  845.  345  A.  346j 
für  Korinth  gegen  Korkyra  532. 
534:  megar.  Psephisma  539.  541. 
543 ;  Invasionen  Athens  551 ; 
Parteikämpfe  und  Eroberung  ver- 
such Athens  595;  lehnt  den  Frieden 
ab  607.  608.629;  im  Sonderbunds- 
krieg 632.  639;  Exulanten  beim 
athen.  Heer  652;  gewinnt  Nisaea 
zurück  715;  nach  dem  Krieg  749; 
neutral  855.  855  A.;  geordnete 
Zustände  888;  unter  Sparta  890. 
895;  in  theban.  Zeit  925.  927. 
931.  948.  952  A.;  Thebens  Pläne 
auf  M.  966.  —  auf  Sicilien,  von 
Gelon  zerstört  348,  351. 353.  358; 
von  den  Athenern  besetzt  654. 
659. 

Me'in  in  Südarabien  (Minaeer)  82. 
Mekyberna  bei  Olynth  607  A.  633. 
Melanchridas,  spartan.  Nauarch  687. 
Melanippides ,  Dithyrambiker  488. 
764. 

Melanthios,  athen.  Stratege  im  ion. 
Aufstand  ITA  201  A.  —  Maler 
904.  —  Tragiker,  Gedicht  auf 
Kimon  148j  athen.  Oligarch  696. 

Melesandros,  athen.  Stratege  557. 
552  A. 

V.  3fi 


Index  zum  dritten  Theil. 


Melesias,  S.  d.  Thukydides  696. 
Meietos,  Unterhändler  aus  Athen 

mit  Sparta  758  A.;  Ankläger  des 

Andokides  852  A.  —  Ankläger 

des  So  k  rat  es  852. 
Meliboeain  Magnesia,  von  Alexander 

v.  Pherae  heimgesucht  957. 
Melissos  v.  Samos,  Stratege  423; 

Philosophie  512.  517. 
Melon,  Befreier  Thebens  924. 
Melos  im  Perserkrieg  215:  gegen 

Athen  neutral  225»  425 ;  Angriffe 

Athens  521L  593;  erobert  646; 

restaurirt  743. 
Melpum,  Etruskerstadt  817. 
Memnon  v.  Rhodos  979. 
Memphis,  pers.  Besatzung  iL  98j 

von  Athen  beseUt  324.  SjilL 
Menainon  (Menai),  Sikelerstadt  3fi0. 

m.  A. 

Menandros,  athen.  Stratege  733. 
Menas,  Stratege  v.  Kamaritia  775. 
Mende  auf  Pallene,  Tribut  an  Athen 

427:  Abfall  603. 
Mendes  in  Aegypten  101. 
MenedaTos,  spart.  Heerführer  575. 
Menekleidae,  theban.  Demagoge  955. 

966.  966  A. 
Menelaos,  S.  d.  Alexander  I.  v.  Maked. 

429.  429  A.  893  A.  —  Pelagonen- 

fürst  965  A. 
Menestheus,  S.  d.  Ipbikrates  977. 

982. 

Menon  v.  Larisa  bei  Kyros  833.  835. 

—  athen.  Stratege  976.  978. 
Mentor  v.  Rhodos  979. 
Meroe"  100. 

Meronot  in  Palaestina  116. 
Mesopotamien  im  Perserreich  84. 
84  A. 

Messana  auf  Sic. ,  von  Anaxilaos 

geschalten  2Q3_.  353  ;  frei  355,  358. 

362;  im  ersten  sie.  Krieg  576—579. 

597;  während  der  sie.  Exped.  654. 

656  a.  658;  im  Krieg  mit  Karthago 

767.  775.  780;  M.  und  Dionys  783. 

786;  von  den  Karth.  zerstört  794; 

wiederhergestellt  799.  1000. 
Messapier  400. 

Messenden  unter  Sparta  263;  Auf- 
stand zur  Zeit  der  Perserkriege 

193  A.  203.  203.  A.;  grosser  Auf- 
stand 294.31:..  316.  325. 32H.  334; 
Chronologie  8_2ü  A.  —  Messenier 


in  Naupaktos  angesiedelt  334. 
334  A.  332  A.  346i  im  archid. 
Krieg  548.  hlL  589. 592;  in  Pylos 
594;  fortgeführt  632;  zurück  639; 
verjagt  715;  auf  Kephallenia  632. 
639. 723 ;  aus  Naupaktos  vertrieben 
744.  763;  bei  Dionys  763;  in  Tyn- 
daris  799.  799  A.  800;  in  Kyrene 
763.  356.  356  A.  -  Befreiung 
und  Anlage  Messenes  951  f.;  Krieg 
gegen  Sparta  954.  962. 968  ff.  972. 

Messias:  Kyros  bei  Deuterojesaja 
113;  Zerubabel  bei  Haggai  und 
Zacharja  117;  Nehemia als  Messias 
125»  —  die  messianischo  Idee, 
Voraussetzung  des  Gesetzes  und 
des  Judenthums  108.  12L  133; 
bei  den  Samaritanern  130. 

Metagenes.  athen.  Baumeister  419. 

Metapont  32L  323.  400;  för  Athen 
672;  im  italiot.  Bund  804.  824. 
826. 

Methana  bei  Troezen  334=  595.  607. 

Methone  in  Pierien,  im  del.  Bund 
■?95.  599;  von  Timotheos  er- 
obert 965.  —  in  Messenien,  s. 
Mothone. 

Methymna  auf  Lesbos  im  del.  Bunde 
275.  393.  -'.67 :  von  KaUikratidas 
erobert  72a.  728;  von  Tbraaybul 
gewonnen  872 ;  Anschluss  an  Athen 
896.  928. 

Metoeken  bei  den  Juden  in  Prose- 
lyten  umgewandelt  LLL  129.  — 
in  Athen  208.  24L  296.  302,  303. 
391 ;  als  Hopliten  412.  580;  als 
Ruderer  412.  652. 

Meton  von  Athen,  Ingenieur  510; 
Kalender  500. 

Metrodoros  v.  Lampsakos,  Homeriker 
4M;  Schüler  des  Anaxagoras  513. 
531. 

Midias  v.  Troas  838. 

Mikon,  athen.  Maler,  Marathon- 
schlacht 194  A.  292.  298.  429. 

Mikythos,  herrscht  in  Rhegion  355. 

Milet  unter  den  Persern  171;  im 
ion.  Aufstand  175:  erobert  180. 
181 ;  im  del.  Bunde,  Aufstand  339. 
293 ;  Rechtsordnung  22S  A.;  Fehde 
mit  Samos  422. 422  A.  423;  Tribut 
426;  Abfall  687;  Kämpfe  um  M. 
688  ff. ;  gegen  Tissaphernes  708 ; 
Hauptquartier  der  Spartaner  716. 


Index  zum  dritten  Theil. 


725;  Staatsstreich  unter  Lysander 
733.  733  A. :  Angriff  des  Kyros 
761.  833. 
Milesiscbe  Philosophie  504;  Ein- 
wirkung auf  Heraklit  £08,  auf 
Anaxagoras  513 ;  spätere  Fortsetzer 
513, 

Milkoros  in  Thrakien  428. 

Miltas,  Thessaler,  bei  Dion  992. 

Mütiades  II.,  Tyrann  der  Chersones 
184;  unter  Persien  122,  20  A.; 
Flucht  nach  Athen  1£L  184j  An- 
klage 184;  gegen  Themistoklei- 
und  die  Flotte  184  f.  1MA.; 
bei  Marathon  193 — 195;  gegen 
Paros  197 ;  Process  und  Tod  197. 

Miltokythes,  thrak.  Dynast  976. 

Milyas,  zur  karischen  Salrapie  91. 

Minaeer  in  Sfldarabien,  Handel  und 
Colon ien  82,  87  A.;  Inschriften 
14  A.  84  A. 

Mindaros,  spart.  Nauarcb  708—711. 

Minoa  bei  Megara  595.  —  auf  Sicilien 
s.  Heraklea  Minoa. 

Mispa  in  Palaestina  30,  116. 

Mithra  28.  29. 

Mithridates,  S.  d.  Ariobarzanes  979. 
980. 

Mithrobarzanes,  Datamea'  Schwie- 
gervater 964.  964  A. 

Mnasippos,  spart.  Nauarch  938. 939. 

Mnason  v.  Elatea,  Sklaveneinfubr 
888. 

Mnesikles,  Baumeister  der  Propy- 

laeen  419. 
Mnesiphilos  u.  Themistokles  223  A. 
Moab  86^  gegen  die  Juden  115,  128. 

122, 

Moerissee,  Abgaben  52.  98. 

Molosser  in  Epirus  822. 892. 933. 935. 

Molykreion  in  Lokris,  korinthisch 
332;  von  Athen  besetzt  334;  be- 
hauptet 346  A. 

Morgantina,  Sikelerstadt  360. 360  A. 

Moscher  am  Pontos  63.  64  A.  93, 

Mothakes  in  Sparta  2&L  2£2  A. 

Mothone  in  Messenien,  Perioeken- 
Stadt  263  A.  334  A.  598.  646. 
951  A. 

Motye,  karthagisch  364,  768.  771. 
772.  775;  von  Dionys  zerstört  793. 
794. 

Motyon  bei  Agrigent  3üL  361  A. 
Münzwesen,  im  Perserreich  47j  in 


Phoenikien  42,  85;  in  Indien  4L 
59;  Münzordnung  des  Darius  48. 

.  Bd.  III,  S.  XIV;  in  Sicilien  206  A. 
23Ü  A.  360  A.  364,  365j  unter 
Dionys  791 ;  in  Karthago  384;  in 
Makedonien  295. 

Musik,  griechische  488  f.  494,  905. 

Muthes,  aeg.  Prätendent  900  A. 

Mygdonen  295, 

Mykale,  Schlacht  bei  238  f. 

Mvkalessos  in  Boeotien,  Katastrophe 
670;  Schulen  248, 

Myken  in  Gadrosien  &  45. 

Mykene  von  Argos  unabhängig  188; 
bei  Plalaeae  235;  von  Argos  zer- 
stört 325. 

Mylasa  in  Kaden  im  ion.  Aufstand 
179;  im  del.  Bunde  292i  Abfall 
424, 

Mylae,  Hafen  Messanas  578 ;  be- 
siedelt 799. 

Myra  in  Lykien  95, 

Myriandos  am  Amanos,  phoen.  90. 

Myrina  in  Aeolis  838. 

Myrkinos,  edonischer  Ort  122,  179. 

Mvron  v.  Eleutherae,  Bildbauer  297. 
'428.  48k  482.  485. 

Myronides,  athen.  Feldherr,  Ge- 
sandter in  Sparta  234;  bei  Plataeae 
233  A. ;  Stellung  32L  821 A. ;  gegen 
Korinth  327j  bei  Oenophyta  330; 
Tod  342;  Nachkommen  848  A. 

Myser  im  Perserreich  9_L  93,  —  vom 
Arganthonios  im  del.  Bunde  92_j 
von  Astyra  desgl.  425, 

Mytilene  im  ion.  Aufstand  175-  179 ; 
im  del.  Bunde  225,  393j  Gebiet 
27.5.  393;  Spannung  mit  Athen 
422;  Aufstand  562  ff.;  athen.  Colo- 
nisten  ,r)()9.  395 ;  Rechtsordnung 
218,  228  A.;  Konon  in  M.  belagert 
726.  728 ;  Abfall  von  Sparta  860. 
872;  auf  Seiten  Athens  896;  im 
zweiten  Seebund  928.  958;  Abfall 
984. 

Myus  im  ion.  Aufstand  175.  180; 
dem  Themistokles  geschenkt  3JL 

288, 

N. 

Nahataeer,  Vordringen  gegen  Edora 
86.  107.  118 ;  Lebensweise  86* 

8ii  A. 


564 


Index  zum  dritten  Theil. 


Napata  in  Aethiopien  lflo. 
Naphis  in  Arabien  86  A. 
Nauarchie  in  Sparta  715  A.  725  A. 
Naukrarien  in  AUien  207.  202  A. 
402  A. 

Naukratis  in  Aegypten  98. 

Naukydes  v.  Argos,  Bildhauer  478. 

Naupaktos,  Col.  der  opunt.  Lokrer 
33k  330  A.;  von  Athen  besetzt 
330;  Ansiedlung  der  Messenier 
834. 331  A.,  vgl.  Messenier;  athen. 
Flottenslation  55L  566,  575rft88. 
671.  715;  Seeschlacht  566j  die 
Messenier  verjagt  763:  Bez.  zu 
den  Achaeern  960. 

Naxos,  Angriff  der  Perser  174:  er- 
obert 122;  bei  Salamis  22Ü  223  A.; 
von  Athen  un terworf en  279. 288  A . ; 
Tribut  426;  Colonisten  396. 396  A., 
verjagt  743;  Schi,  bei  Naxos  934; 
im  zweiten  Seebund  934:  Abfall 
v.  Athen  967. 928  A.  —  auf  Sicilien, 
von  Hieron  zerstört  353;  wieder- 
hergestellt m  362j  im  ersten 
sie.  Krieg  576.  579 ;  bei  der  sie. 
Exped.  654.  657;  nach  derselben 
767.  780;  von  Dionys  zerstört  786. 
799. 

Neapel  368  A.  370;  Verbindung  mit 
Athen  435,  658;  im  4.  Jahrb.. 
803. 

Neapolis  in  Apulien  991  A.  —  auf 
der  Chersones,  athenische  Colonie 
394  A.  39Ü  A. 

Nearchos,  Alexanders  Admiral,  Ober 
Persien  59_i  pers.  Meerbusen  62. 

Nebo  in  Syrien  84. 

Nehemia  nach  Jerusalem  als  Statt- 
halter 125;  Einkünfte  37;  Mauer- 
bau 125;  Einführung  des  Gesetzes 
126;  spätere  Reformen  128.  — 
Memoiren  13IL  &  123  A. 

Nektanebis  L  von  Aegypten  900. 
900  A.  964.  —  II.  972. 

Nemeabach,  Schlacht  am  857. 337  A. 

Neodamoden  598.  640.  753.  842;  in 
Lepreon  637.  637  A. 

Neogenes,  Usurpator  in  Hestiaea  892. 

Neophron  v.  Sikyon,  Tragiker  446. 

Neopolis  bei  Thasos  427.  716.  716  A. 

Nepet,  latin.  Colonie  815. 

Nepherites  I.,  aeg.  König  831.  842. 
845.  860.  870.  900  A.  —  II.  900  A. 

Nepos  iL  Lä&  IM, 


Nesiotes,  Bildhauer  280.  297.  478. 
480. 

Nikaia,  col.  v.  Massalia  374.  —  an 
den  Thermopylen ,  thebanisch 
906  A. 

Nikeratos,  S.  d.  Nikias,  hinger.  749. 
—  v.  Herakles,  Dichter  755. 

Nikias,  S.  d.  Nikeratos,  athen.  Feld- 
herr 411;  Stellung  Sfik  560  A. 
561.588:  Frömmigkeit  61 1 ;  Reich- 
thum 304 ;  Feldzüge  573;  bei  Pylos 
591  f.;  gegen  den  Pelop.  595; 
Stellung  in  Athen  596.  601;  in 
Thrakien  603;  Frieden  607  f.  630. 
Politik  in  der  Friedenszeit  630. 
633  f.  636. 639;  beim  Ostrakisraos 
644  f.;  in  Thrakien  646;  sie.  Exp<>d. 
650  f.  654.  657-660.  665—668. 
673—678.  —  Syrakus.  Rhetor,  in 
Thurii  328. 

Nikodromos  v.  Aegina,  demokraU 
Erhebung  204, 

Nikokles,  S.  d.  Euagoras  898. 

Nikokreon  ermordet  Euagoras  898. 

Nikolochos,  spart.  Flottenführer  874. 
877.  935. 

Nikomedes,  Regent  in  Sparta,  bei 
Tanagra  328-  32k 

Nikonia,  gr.  Stadt  am  Dniestr  431. 
482. 

Nikophemos,  Athener  bei  Eonon  845. 

845  A.  860.  870.  873. 
Nikostratos,  athen.  Stratege  511  f. 

596.  608.  639;  fällt  bei  Mantinea 

640. 

Nikoteles,  Korinther,  in  Syrakus 

783  f. 

Nil,  Canal  zum  Rothen  Meer  60.  98: 

Verfall  62. 
Nippur  in  Babylonien  1  A.  81» 
Nisaea,  Hafen  v.  Megara,  athenisch 

326.  345;  ger&umt  846.  591;  aufs 

neue  erobert  595. 607 ;  von  Megara 

genommen  715. 
Nisibis  in  Mesopotamien  84. 
Nisyra,  Insel,  zu  Halikarnass  29JL 
Nodab  in  Arabien  86  A. 
Nola  in  Campanien.  34JL  310,  801. 

803. 

Nomentum  in  Latium  810  A.  811. 
vojtoWtai  in  Athen  318,  318  A.  848. 
Nomophylakes  in  Athen  318  A.  Bd.V, 
S.  VII. 

Norba,  Volskerstadt  808  A. 


Index  zum  drillen  Theil. 


Notion  bei  Kolophon  573.  578  A. 

738;  Schlacht  bei  722. 
Nubien  lfiQ. 

Numana  bei  Ancona,  von  Dionys 
besetzt  823. 

Numider  und  Karthago  329. 

Nymphaion  am  kimmer.  Bosporos, 
athenisch  432,  432  A. 

Nypsios  v,  Neapel,  Söldnerführer 
Dionys'  IL  996. 

Nysaeos,  S.  d.  Dionys  L  986;  Herr- 
scher v.  Syrakus  1000. 

0. 

Oasen,  persisch  99j  Tempelbauten 
101.  102. 

Obadja,  Prophet  IlfL 

Ochos  =  Darius  II.  682.  —  =  Arta- 
xerxes  in.  979. 

Odomanten  in  Thrakien,  athenische 
Söldner  5ÜQ  A.  605.  . 

Odrysenreich  in  Thrakien  428.  601. 
836.  872.  896.  976.  978. 

Oeniadae  in  Akarnanien,  mit  Korinth 
verbündet  382;  von  den  Athenern 
angegriffen  332.  331  A.  435.  548. 
506;  von  den  Akarnanen  ge- 
nommen 594. 

Oenopides  v.  Chios,  Astronom  500 ; 
Kalender  500. 

Oestrymnis  (Bretagne)  älfi  A.  378. 

Oetaeer  573.  680.  946. 

Oinobios,  athen.  Stratege  716;  An- 
trag für  Thukydides  735  A. 

Oinoe\  alt.  Grenzcastell  550.  707.  — 
bei  Argoa,  Schlacht  bei  325.  325  A. 

Oinophyta,  Schlacht  bei        3M  A. 

Oion  in  der  Skiritis  950. 

Oktamasades,  Skythenkönig  428. 

el-'Ola,  minaeische  Col.  in  Nord- 
arabien 87. 

Olbia  am  Borysthenes  65.  431.  — 
in  Südfrankreich ,  Co).  Massalias 
374.  —  auf  Sardinien  316.  316  A. 

Olpae  in  Ampbilochien  525. 

Olympia ,  Tempel  und  Zeusstatue 
297. 292  A. ;  Giebelsculpturen  4SL 
482.  484;  Siegesdenkmftler  des 
Perserkriegs  240;  Fest  443.  762; 
Olympien  von  420:  637,  von  416: 
645  (Alkibiades);  Kämpfe  im  -L 
Efiii  968;  Dionys  und  Ol.  822. 


875  f.;  Dion  in  Ol.  992;  Vorträge 
des  Hippias  528;  olympische  Re- 
den 876.  907.  923 ;  Anleihen  546. 
950.  969. 

Olyntbos  im  del.  Bunde,  Tribut  427; 
Abfall,  Synoikismös  der  Chalki- 
dier  536  f.  603.  607;  Ol.  und  der 
chalkid.  Bund  888;  Verb,  zu 
Theben  und  Athen  891. 896 ;  gegen 
Makedonien  893;  Besiegung  durch 
Sparta  894. 895. 931 ;  Krieg  gegen 
Athen  965;  Vertrag  mit  Philipp 
978.    Vgl.  Chalkidier. 

Onasilos  v.  Salamis  auf  Cypern  178. 
—  Arzt  in  Idalion  128  A. 

Onatas  v.  Aegina,  Bildhauer  351. 
422. 

Onomakritos,  athen.  Orakelsammler 

im 

Onomakles,  athen.  Stratege  686. 689. 
*;96.  707  A.;  unter  den  Dreissig 
747. 

Ophiusa,  griecb.  Gol.  am  Dniestr 
481. 

Orche  (Uruk)  in  Babylonien  82. 

Orchomenos  in  Arkadien  935.  693. 
890.  950.  953.  —  in  Boeotien, 
Erhebung  gegen  Athen  344:  im 
archid.  Krieg  596 ;  von  Sparta  be- 
setzt 854.  855.  858.  863  866;  von 
Theben  angegriffen  93 1 .932 ;  unter- 
worfen 946;  zerstört  966. 

Oreos  s.  Hestiaea. 

Orestes,  S.  d.  Ecbekratidas,  K.  v. 
Thessalien  MB*  —  S.  d.  Phere- 
krates,  Thessaler  338  A.  —  K.  v. 
Makedonien  893.  893  A. 

Orestis,  maked.  Landschaft  420. 

Orneai  bei  Argos,  argivisch  285  A. 
646. 

Oroetes,  Satrap  v.  Sardes  40.  43.  44. 
9_L 

Orontas,  Schwager  Artaxerxes1  II., 
gegen  Cypern  898;  Satrap  von 
Armenien,  Aufstande  979.  979  A.; 
in  Kleinasien  981. 

Oropos,  athen.  Unterthanen  2fifL 
266  A.  391:  angegriffen  550l  Gar- 
nison 669;  von  den  Boeotern  ge- 
nommen 694.  694  A.  696.  706; 
selbständig  706  A.;  in  Boeotien 
einverleibt  763;  wieder  selbständig 
891;  athenisch  932.  986;  von 
Theben  besetzt  961.  963. 


566 


Index  zum  dritten  Theil. 


opoo4*f*fat  (*fap?c™i)  25  A. 

Orphik  245.  252}  in  Athen  446; 
bei  Pindar  u.  Aeschylos  253.  257 : 
Parmenides  und  die  Orphik  511; 
Einwirkung  auf  Plato  916. 

Osker  803.  1001,  s.  Sabeller. 

Ostrakismos,  erster  in  Athen  (Hip- 
parchos,  Megakles,  Xanthippos) 
108;  Bedeutung  in  der  Demokratie 
200.  320;  Bestimmungen  Ober  die 
Verbannten  202.  207  A.;  O.  des 
Aristides  20L  Hflckberufung  222, 
222  A. ;  O.  des  Kimon  312,  des 
Damonides  885.  des  Thukydides 
409;  angeblicher  des  Kleisthenes, 
Alkibiades,  Kallias  Iii*  A.;  Ver- 
sagen (O.  des  Hyperbolos)  644. 

—  O.  in  Argos  188:  Nachahmung 
in  Syrakus  359. 

Otanes,  einer  der  2  Perser,  Feld- 
herr 4JL  44-  172;  Besitiungen  in 
Kappadokien  1&  18  A.  35.  02, 

—  S.  d.  Sisamnes,  Feldherr  44. 
Otys,  K.  v.  Paphlagonien  846. 
Oxus,  Fluss  <L  64.  64  A. 


P. 

Paches,  athen.  Stratege  567—569. 

573;  Process  588.  588  A. 
Paeoner,  von  den  Persern  unterw. 

172;  gegen  Makedonien  295.  976; 
■  im  Odrysenreich  428. 
Paestum,  lucanisch  804. 
Pagae,  megar.  Hafen,  athenisch  334, 

33L  345  A.;  geräumt  346.  591; 

megar.  Oligarchen  in  P.  595. 
Pagasae,  angebl.  Flotte  in  P.  269  A. 

287  A. 

Pagondas,  Boeotarch  596. 
Paionios  v.  Mende,  Bildhauer  478. 
Paktye  auf  der  Chersones  728. 
Paktyer  in  Afghanistan  44*  —  Pak- 

tyike  89  A. 
Palaegambrion  P>fi. 
Palaeskepsis  36  A.  288. 
Pale  auf  Kephallenia  im  Perserkrieg 

235.  235  A.  215  A.;  för  Korinth 

332. 532i  üebertritt  zu  Athen  fiSL 
Palike,  Königsstadt  des  Duketios 

360.  HilL 
Pallantion  in  Arkadien  953. 
Pallene,  Halbinsel  der  Chalkidike 


893  [in  545  Druckfehler  för  Pel- 
lene]. 

Pal  tos  in  Nordsyrien,  zu  Arados  85. 
Pammenes,  theban.  Heerführer  953. 
973. 

Pamphilos,  athen.  Stratege  872  A. 

873.  — v.  Amphipolis,  Maler 804  A. 

903.  904. 
Pamphylien  im  Perserreich  9L  93. 

878;  pers.  Flotte  in  —  2£LL  202. 

708. 

Panainos,  athen.  Haler,  Marathon- 
schlacht IM  A.  291,  228.  4m 

Panakton,  atben.  Grenzcastell  266  A. 
891 ;  von  den  Boeotern  erobert 
004.  632;  Röckgabe  685. 

Pangaion,  Minen  und  Gebiet  des  P. 
122.  266,  293,  295-  401. 

Panormos,  karthagisch  222.  364. 
768.  772.  794. 

Panthialaeer,  per«.  Stamm  10* 

Panthoidas,  spart.  Heerführer  759. 

Pantias  v.  Ghios,  Bildhauer  478. 

Pantikapaeon  (Kertsch)  43L 

Paphlagonien  im  Perserreicb,  unter 
eigenen  Försten  32,  836.  846. 
899.  964. 

Paphos,  griech.  Förstenthum  85. 

Papremis,  Schlacht  bei  323. 

Paradiese,  kgl.  Domänen  34.  o2. 

Paraetakene  9. 

Paralos,  S.  d.  Perikles  558.  55&A. 

Pargasa,  karischer  Ort  424. 

Parikanier  in  Gadrosien  £L  45. 

Parion  am  Hellespont  426± 

Parmenides  v.  Elea  323.  313  A. ;  in 
Athen  509  A.;  Lehre  509—512. 
51Ö  A.  hll  A.,  vgl.  Eleaten. 

Paros,  von  Miltiades  angegr.  197. 
197  A. ;  im  Per8erkrie«e  neutral 
223;  gebrandschatzt  228;  im  deL 
Bunde  275i  Tribut  426j  Sturz 
der  Demokratie  700;  unter  Konon 
862  A.;  im  zweiten  Seebund  934  A.; 
gründet  Pharos  822. 

Parrhasier  in  Arkadien  606.  631. 
953. 

Parrhasios  v.  Ephesos,  Maler  479. 
484.  904;  Schrift  499i  Auftreten 

Partbenonbau  298.  228  A.  244.  405. 

419.  Bd.  V,  S.  VI ;  Sculpturen  4M- 

482.  4M.  484, 
Parthyaeer,  Parther  9,  14.  2£L 


Index  zum  dritten  Theil. 


Parvsatis,  Gemahlin  Darius'  II.  682. 

719.  832.  838.  885.  845. 
Pasargaden,  pers.  Stamm  HL  IL  Iii 

Stadt  (=  Murgbäb)  12,  12  A.; 

Bauten  12,  23j  Schatzhaus  53. 
Pasimelos,  korinth.  Oligaroh  863. 
Pasion,  Bankier  in  Athen  877. 
Pasippidas,  spart.  Nauarch  714.  716; 

nach  Susa  718. 
Patara  in  Lykien  95. 
Ilatitaxop«^  =  Patisuvara,  pers. 

Stamm  lü  A. 
Patrae  in  Achaia  683. 
Patrasys  am  kimmerischen  Bosporos 

432  A. 

Patricier  und  Plebejer  812  ff. 

icdtptoc  icoXttsia  740.  740  A.;  in 
Athen  617.  695  r.  746.  749.  848; 
in  Sparta  751.  754. 

Patrokleides  v.  Athen,  Amnestie- 
decret  735. 

Patrokles  v.  Argos,  Bildhauer  47*. 

Pausanias  v.  Sparta,  Regent  234; 
bei  Plataeae  234—286;  gegen 
Theben  237;  gegen  Cypern  und 
Byzanz  221 ;  seine  Pläne  2SJL  212, 
284.  2*4  A. ;  Abberufung  222,  284; 
wieder  in  Byzanz  223,  284:  Ver- 
jagung durch  Kimon  286;  Kata- 
strophe 28fL  28fi  A.;  Persönlich- 
keit 28JL  —  König  v.  Sparta, 
?egen  Athen  736;  Reformplane 
754;  gegen  Lysander,  Befreiung 
Athens  758;  angeklagt  759:  in 
Boeotien  854  f.;  verurtheilt  856. 
890;  Schrift  Ober  Lykurg  754. 920. 

•  —  Makedonier,  gegen  Perdikkas 
429  A.  —  K.  v.  Makedonien,  S. 
d.  Aeropos  898.  893  A.  —  maked. 
Prätendent  956.  976. 

Pausias,  Maler  904. 

Pauson  v.  Athen,  Maler  485. 

Pausiris,  libyscher  Dynast  420, 

Pedasos  in  Karlen  94,  292, 

Pedneltssos  in  Pisidien  93. 

Pedum  in  Latium  810  A. 

Peiraion  hei  Korinth  863.  867. 

Peisandros,  athen.  Demagoge  581. 
607.  651.  651  A.;  in  der  Unter- 
suchung Ober  den  Hermen  frevel 
651.  655;  Machtstellung  661. 
661  A.;  Uebertritt  zu  den  Olig- 
archen  684.  697 ;  Fahrer  der  Be- 
wegung 698  f.  700.  701.  704. 


Flucht  706.  —  spart.  Nauarch 
846;  fallt  bei  Knidos  859. 

Pelagonen  in  Makedonien  965  A. 

Pella,  Hauptstadt  Makedoniens  764; 
tritt  zu  den  Chalkidiern  Ober  893. 

Pellana,  Pellene  in  Achaia  446  A. 
545,  950.  952.  960.  968.  —  in 
Lakonien  263,  951. 

Pelltchos,  korinth.  Stratege  485.485 A. 

Pelopidas,  bei  der  Befreiung  Thebens 
924. 926 ;  Sieg  bei  Tegyra  931. 932 ; 
bei  Leuktra  944;  im  Peloponnes 
950;  Process  955;  polit.  Stellung 
955;  gegen  Thessalien,  gefangen 
955—957;  in  Susa  959;  gegen 
Menekleidas  966;  zweiter  thessaJ. 
Zug,  Tod  966. 

Peloponnesischer  Bund,  unter  Kleo- 
menes  202  f. ;  im  Perserkrieg  211. 
215;  Aufstände  und  Festigung  der 
spart.  Herrschaft  285;  erster  Krieg 
gegen  Athen  325  ff. ;  im  pel.  Krieg 
«541.  544:  erschüttert  606.  600. 
681;  Sonderbundskrieg  638  ff.; 
wiederhergestellt  641;  nach  dem 
Krieg  744;  Heerwesen  740  8(34. 
895.  931;  neue  Organisation  895; 
Auflösung  945.  947  ff. 

PelUsten  58(L  593.  652  670.  862. 
864.  927  943. 

Pentakosiomedimnen  IM,  299, 929 A. 

Penteren,  von  Dionys  gebaut  790. 

Peparethos  426,  930  976. 

Perdikkas  II.  v.  Makedonien  429. 
536  f.;  Krieg  mit  Athen  565: 
Friede  566;  Spannung  mit  Athen 
56ti.  573.  599 ;  Bündniss  mit  Bra- 
sidas  599.  608;  Rücktritt  zu  Athen 
603.  605;  Verh.  mit  Sparta  und 
Argos  641 ;  neuer  Krieg  mit  Athen 
646;  Friede  662;  Tod  686.  —  III. 
956.  965.  975  976. 

Pergamon  838.  979. 

Ferge  in  Pamphylien  93. 

Perikleidas,  spart.  Gesandter  in  Athen 
815  A. 

Perikles,  S.  d.  Xanthippos  281 ; 
Fahrt  nach  Osten  292;  gegen 
Kimon  313  f.;  neue  Verfassung 
312  ff.;  an  der  Spitze  des  Staats 
320;  bei  Tanagra  32$  A. ;  Ver- 
legung der  Bundescasse  337.  Bd. 
V,  S.  VI;  im  korinth.  Golf  337j 
Friedenspolitik  34L  842;  Friede 


568 


Index  zum  dritten  Theil. 


mit  Persien  344;  Intervention  in 
Delphi  344:  gegen  Euboea  und 
die  Spartaner  345;  Friedenssehl uss 
:UG;  Stellung  nach  dem  Frieden 
385  ff;  hell.  Congress  38L  Bd.  V, 
S.  VI  A.;  Bünrerrechtsgesetz  'M2 ; 
Kleruchien  323  ff.;  Thurii  3Mi 
Finanzen  4uL  4M  ff.;  Bauten 
405  f.  419;  Vermehrung  der  mu- 
sischen Aufführungen  43i».  4H9  A.; 
Odeon  405.  486;  Kampf  mit 
Thukydides  402  ff.;  Regent  des 
Staats  410  ff.;  samischer  Krieg 
420  ff. ;  im  Fontos  430.  432 ;  gegen 
die  Kriegspolitik  der  Radicalen 
433,  530i  Angriffe  auf  P.  531; 
korkyr.  Krieg  534  f.;  pelop.  Krieg 
538—555;  Sturz  des  P.  55f> ; 
Wiederwahl  und  Tod  558»  Per- 
sönlichkeit 313,  SSiL  410  ff. ;  ge- 
schichtl.  Stellung  563;  Stellung 
zur  Aufklärung  412.  611,  zu 
Phidias  412,  531,  zu  Anaxagoras 
414,  531,  zu  Aspasia  414.  531; 
Porträt  des  Kresilas  484.  —  S.  des 
Vorigen  von  Aspasia  558.  729.  — 
K.  v.  Lykien  899. 

Perint  hos,  persisch  172;  im  ion. 
Aufstand  181;  im  del.  Bunde  426. 
712;  im  zweiten  Seebund  930.  965. 

Perioeken,  spartanische,  Gebiet  und 
Zahl  263.  263  A.;  Kriegsdienst 
264;  Abfall  950  f. 

Peripatetiker  als  Geschichtsquellen 
151.  152. 

Perkote  am  Hellespont  36  A.  288. 

Perrhaeber  in  Thessalien  213.  94o\ 

Persepolis,  von  Darius  gegründet  17; 
Schatzhaus  53;  Bauten  22  ff- 

Perser,  geschichtl.  Stellung  U.  21j 
Einigung  durch  Kyros  IQ  A.  16; 
Aufstand  unter  Darius  16j  Volks- 
zahl 55j  Stellung  zum  König  und 
im  Reich  16—21;  Recht  18»  25; 
Erziehung  19_;  Heerwesen  K*j 
Bewaffnung  und  Kampfweise  45» 
45  A.;  Garde  19.  19  A.;  Grund- 
besitz der  Perser  im  Reich  2£L 
20  A.  35.  40;  in  Kleinasien  92»  — 
Religion  Iii  IT. ;  Mazdajasnier  KL 
10  A. ;  Geschlechtsgötter  10;  Göttin 
17;  Bestattung  24i  Propaganda 
29.  92.  —  Kunst  22  ff.;  Schrift 
28.28  A.  —  Die  „7  Perser"  18  A. 


Perserreich ,  Bedeutung  12  f. ;  Um- 
fang und  Revölkerung  55j  Reic be- 
sprachen 15.  28;  Königstitel  13; 
Stellung  d.  Königs  19—23;  Thron- 
folge 23;  Verwaltung 24 ff.;  Kanzlei 
22  f.;  Rechtspflege  25  f.;  Reichs- 
strassen 31L  IlL  —  Heerwesen  des 
Reichs  41  ff.;  Heerbezirke  44; 
Prfisenzarmee  4L 41  A.;  Flotte  46j 
angebt.  600  Schiffe  20  A.  180. 
191.  —  Provinzen  und  Steuer- 
ordnung 49  ff. ;  Höhe  der  Abgaben 
und  Lasten  55j  Naturalverpflegung 
am  Hot*  4L  54;  Münzordnung  48; 
Schatzhäuser  53 ;  Religionspolitik 
57.  in  Griechenland  255;  Reli- 
gionen im  Reich  103  ff.  —  Auf- 
hören der  Eroberungen  58;  Re- 
gulirung  der  Reichsgrenze  durch 
Darius  58  ff.  63  ff.  —  Politik 
s.  unter  den  einzelnen  Königen. 
—  Urkunden  L  8..  26  ff.;  Denk- 
mäler 1;  Königsinschriften  L  1 A. 
15  ;  Münzen  L  1  A.;  Tradition  2* 

Persischer  Meerbusen,  Schifffahrt 
GL  62, 

Pessinus,  PriesterfQrstentbum  92; 
Göttin  1Q4, 

Petalismos  in  Syrakus  359. 

Petelia,  Lucanerstadt  825. 

Petra  in  Arabien  8JL 

Peuketier  gegen  Tarent  370. 

Phaeax,  Athener,  auf  Sicilien  597; 
angebl.  Rede  gegen  Alkibiades 
(Andoc.  or.  4)  645  A. 

Phaedon  v.  Elis,  Philosoph  912. 

Fhanagoreiaam  kimm.  Bosporus  431. 

Phanias,  athen.  Stratege  878. 

Phanodemos'  Atthis  152* 

Phanos,  athen.  Demokrat  585  A. 

Phanosthenes  v.  Andros,  in  attischen 
Diensten  724  A. 

Pharakidas,  Pharax,  spart.  Nauarch, 
in  Kleinasien  838.  845;  auf  Sici- 
lien 796.  796  A.  797.  —  Spar- 
taner, in  Dions  Zeit  auf  Sicilien 
997.  997  A.  1000.  1000  A. 

Pharasmanes,  K.  der  Ghorasmier  64. 

Pharnabazos,  S.d.Pharnakes,  Satrap 
v.  Daskylion  683;  Besitzungen  35. 
846;  Verhandlungen  mit  Sparta 
683.  691.  692.  692  A.;  im  helle- 
spont. Krieg  709—711.  714.  716. 
717.  719;  Stellung  zu  Sparta  und 


Index  zum  dritten  Tbeil. 


569 


Lysande.r  745.  761;  bei  Alkibiades' 
Tod  750;  gegen  die  Kyreer  836; 
Krieg  mit  Sparta  838  f.;  Ober- 
feldherr Mi  841.  846;  Organi- 
sation des  Seekriegs  mit  Konon 
840  r.  845;  Agesilaos'  Angriffe  844. 
846;  mit  Konon,  Sieg  bei  Knidos 
-  859  ff.;  in  den  letzten  Jahren  des 
Kriegs  865  f.  870.  872;  Abbe- 
rufung 877;  gegen  Aegypten  897. 
900. 

Pharnakes,  Satrap  v.  Daskylion  ÜL 
91  A.;  seine  Söhne  692  A. 

Pharos,  col.  v.  Paros  822. 

Pharsalos  von  Athen  an  gegr.  838; 
von  Sparta  besetzt  765;  befreit 
855;  Ph.  und  Iason  933,  und 
AI.  v.  Pberae  956  f. 

Phaseiis,  rhod.  Colonie  in  Lykien  95j 
von  Kimon  erobert  290;  im  del. 
Bunde  292;  Rechtsordnung  218  A.; 
bleibt  Alben  treu  34k  424;  Tribut 
339.  426;  Pb.  und  Lykien  im 
4,  Jabrh.  899. 

Phasig,  griech.  Stadt  in  Kolchis  64. 

Phayllos,  einer  der  Zehnmänner  in 
Athen  757.  —  v.  Kroton  im  Perser- 
krieg 21L  223,  —  Syrakus.  Stratege 
363, 

Pheidon,  unter  den  Dreissig  und 
Zehnmännern  in  Athen  757. 757  A. 

Phellos  in  Lykien  95. 

Pherae  in  Messenien,  Perioeken- 
gemeinde  263  A.  —  in  Thessalien, 
Tyrannis  764  f.  892.  933.  945  f. 
956  f.  966.  973.  975.  976. 

Pherekydes  von  Leros,  Sagenge- 
schichte 448. 

Pherekrates,  Komiker  4ML  616. 

Pberetime  v.  Kyrene  9iL 

Phidias  v.  Athen,  Bildhauer  478. 
4S2,  483,  484j  als  Maler  47)1;  in 
Elis  2üL  291  A.;  Bauten  in  Athen 
419;  Ph.  und  Perikles  411  f.; 
Process  53L  531  A. 

Phigalia  890.  948. 

Phileas  v.  Athen,  Geograph  499. 

Philinos,  Antiphons  Rede  gegen  Pb. 
580  A.  585  A. 

Philippos,  Sohn  Alexanders  L  von 
Makedonien  429.  536.  r>6.r>.  — 

.  II.  v.  Makedonien,  Jugend,  in 
Theben  956.  956  A.;  Anfange  des 
Königthums  976;  gegen  Amphi- 


polis  978;  gegen  Athen  978.  1*83. 
984.  —  theban.  Polemarch  924. 

Philiskos  v.  Lampsakos  958.  964. 
965.  980.  —  v.  Sane  982  A. 

Philistos  v.  Syrakus  als  Staatsmann 
776.  783;  in  Adria  823.  830;  zu- 
rückberufen 987.  989;  in  Italien 
993;  gegen  Dion  993 ;  Tod  995.  — 
sein  Werk  905  A.  909.  919;  als 
Geschichtsquelle  165;  sie.  Exped. 
159. 671 A. ;  Karthagerkrieg  769  A.; 
Ober  Dionys  782.  822  A. 

Philocharidas,  spart.  Gesandter  636. 

Philochoros,  Atthis  1 52. 

Philokles,  athen.  Stratege  729.  783. 
734.  734  A. 

Philokrates,  athen.  Stratege  866. 870. 

Philolaos  v. Kroton,  Py thagoreer 513; 
Kalender  500 ;  Medicin  501. 

Philosophie,  griechische.  Anfange 
244;  Geschichte  504—515. 909  bis 
922;  Wirkung  der  Philosophen 
517  ff. ;  Name  470]  Auftreten  516; 
Philosophie  und  Medicin  502. 517; 
Gegensatz  gegen  die  Sophisten 
52L  906.  906  A. 

Philoxenos  von  Kythera,  Dithyram- 
biker  488.  828.  905. 

Phlius  bei  Plataeae  235  f.;  für 
Korinth  gegen  Korkyra  532;  im 
Sonderbundskrieg  639 ;  Krieg  mit 
Argos  645;  neutral  857;  auf  Seiten 
Spartas  864.  864  A.;  Sparta  gegen 
Phlius  890.  894  A.  895;  für  Sparta 
gegen  Thebaner,  Arkader,  Argiver 
948.  949.  952.  954.  960.  961;  Ver- 
trag mit  Atben  973.  975. 

Phoebidas,  besetzt  die  Kadmea  891 ; 
Tod  927. 

Phoibia  (Rhegion)  991. 

Phoeniker,  pers.  Provinz  84;  Stellung 
der  Städte  im  Reich  33;  Stadt- 
fflrstenthflmer  85i  auf  Cypern  85; 
Ph.  am  Amanos  90j  Religion  10-~>; 
Kunst  85;  griech.  Einfluss  85; 
Münzprägung  41*  85.  —  Angriff 
Athens  824;  Handel  mit  Athen 
415;  Ph.  und  Griechen  auf  Cypern 
840 f.;  Aufstände  der  Ph.  897. 979. 

PhoinikonaufderSinaihalbinsel81A. 

Pbokaea  im  ion.  Aufstand  180;  im 
del.  Bunde,  Tribut  426;  Abfall 
687;  von  Athen  angegriffen  722. 

Phoker    im   Perserkrieg  national 


570 


Index  zum  drillen  Theil. 


21L  215.  21k  220j  von  den 
Persern  verwüstet  221 ;  bei  Mar- 
donios  235 ;  Angriff  auf  Doris  328j 
von  Athen  abhangig  33JL  338; 
Intervention  Spartas  und  Athens 
(heil.  Krieg)  844:  für  Athen  ver- 
loren 344.  344  A.;  im  archid. 
Krieg  mit  Sparta  verbündet' 545 
514;  Krieg  mit  den  Lok  rem  637  A. ; 
im  dekel.  Krieg  680;  Eintreten 
für  Athen  494,  738  A.;  nach  dem 
Krieg  744 ;  Angriff  der  Lokrer  854 ; 
gegen  Theben  auf  Spartas  Seite 
855.  858.  892.  895.  931.  936.  940. 
942. 946 ;  unter  Theben  946;  Bruch 
.  mit  Theben  970.  973.  973  A.  984. 

—  Einführung  von  Sklaven  883. 
Phokion,  athen.  Feldherr  984  A. 
Pbormio,  athen.  Stratege  411 ;  in 

Akarnanien  IM;  bei  Potidaea5ü7 ; 
in  Naupaktos  5-'>7 :  Sieg  566:  Pro- 
cess  588.  —  athen.  Bankier  887. 

—  Gesetzgeber  v.  Elis  968  A.  988. 

Phonnis,  sicil.  Komiker.  867.  358  A. 

Phormisios,  conserv.  athen.  Staats- 
mann 747  A.  848;  Gesandter  nach 
Susa  876.  896. 

Phradmon  v.  Argos,  Bildhauer  478. 

Phryger  im  Perserreich  9_L  92. 

Phrynichos,  athen.  Oligarch  585  A. 
686;  Tendenzen  696;  Stratege 686; 
in  Ionien  689.  698;  abgesetzt  699; 
unter  den  Vierhundert  700.  704; 
ermordet  705.  795  A.  707.  — 
Tragiker  140;  Bez.  zu  Themisto- 
kles  1B£  188  A.;  in  Sicil ien  291, 
MtXvjtoü  &Xu»otc  183;  Phoenissen 
280.  —  Komiker  496,  616.  661  A. 

Phrynisv.  Mytilene,  Musiker  48R  489 . 

Phthioten  persisch  213;  unter  Sparta 
680.  718;  unter  Theben  966. 

Phyle,  athen.  Bergort»  von  Thrasybul 
besetzt  756. 

Phylüdas,  Thebaner  924. 

Phyton,  Stratege  v.  Rhegion,  v.  Dio- 
nys besiegt  und  hinger  .807  .828. 

Pinara  in  Lykien  95. 

Pindar  247.  251  ff.;  im  Perserkrieg 
212 ;  nach  demselben  240;  Bez. 
zu  Sicilien  851.  858,  zu  Kyrene 
356.  zu  Aegina  258,  3J£L;  Ver- 
herrlichung Athens  240.  297: 
Dichtung  und  Weltanschauung 
257—259;  Stellung  zur  Orphik 


253 ;  Absterben  der  Lyrik  mit  s. 
Tode  259.  486  f. 

Piraeeus,  Anfang  der  Anlage  183; 
vollendet  und  befestigt  270. 270  A.; 
Aufschwung  296;  Ausbau  419 ; 
lange  Mauern  29JL  32&  405 ;  Auf- 
führungen 438.  441.  —  Versuch 
eines  Ueberfalls  durch  die  Pelop. 
566;  Schleifung  788;  Thrasybul 
im  P.  757  f.;  Wiederaufbau  der 
Mauern  855.  861.  —  Name  von 
Amisos  als  athen.  Colonie  430. 

Pisatis,  von  den  Spartanern  den 
Eliern  gelassen  762;  durch  die 
Arkader  selbständig  968.  969. 

Pisider  9L  93.  888.  897.  899.  979. 

Pisindelis,  Tyr.  v.  Halikarnass  292* 

Pisistratiden  und  Persien  173.  198: 
bei  Xerxes  206,  222:  Anhang  in 
Athen  1ÄL  IM,  186  A.  19JL  195, 
233.  280. 

Pissuthnes,  Satrap  v.  Sardes  422, 
568.  662;  angebt.  Aufstand  683  A. 

Pithekusai  (Ischia  b.  Neapel)  von 
Hieron  besetzt  349,  863. 

Plakia,  Etruskerstadt  an  der  Pro- 
pontis  292. 

Plastik,  griechische,  Geschichte  der 
477  ff.  903  f. 

Plataeae  bei  Marathon  193;  Zahl 
der  Truppen  193.  A.;  im  Krieg 
des  Xerxes  2LL  215,  22L  235; 
Schlacht  bei  235  f. ;  Heeresstarke 
212  A.  285  A.;  Siegesfest  237, 
232  A.;  Unterstützung  Spartas 
gegen  die  Messenier  815  A.;  auf 
athen.  Seite  34L  548j  üeberfall 
durch  Theben  549:  Belagerung 
und  Zerstörung  b&L  570.  607.  — 
megarische  Oligarchen  in  PI.  595. 
—  Plataeer  in  Skione  688,  in 
Athen  763;  Wiederherstellung  891. 
932.  936;  von  Theben  zerstört  937. 

Plato,  Komiker  661.  730.  905; 
Hyperbolos  587 ;  Peisandros  661 ; 
Kleophon  713;  über  Hyperbolos' 
Ostrakismos  644. 

Plato,  Philosoph,  Leben  915;  zur 
Zeit  der  Dreissig  747  A.  757; 
Schule  918.  988;  bei  Dionys  L 
828.  987  A. ;  Verbindung  mit  Dion 
und  Dionys,  politische  Wirksam- 
keit auf  Sicilien  987—1001 ;  Ein- 
wirkung auf  Heraklea  980. 1001. 


Index  zum  dritten  Theil 


all 


—  Plato  und  Sokrates  618  A.  918. 
und  Kritias  747  A.,  und  Ari- 
stophanes  614  A.,  und  Isokrates 
906  A.  917.  984;  Freundschaft  mit 
Chabrias  930,  mit  Archytas  916. 
989  f.;  Ober  Hermokrates  653  A. 
772  A.;  Aber  Dionys  L  782.  827. 
828.  —  Lehre  916  ff.;  Ober  die 
Sophisten  521  A.;  Ober  Protagoras 
(Theaetet)  525  A.;  über  Homer 

.  902;  Mathematik  SM,  918;  Natur- 
wissenschaft 910.  918;  Stellung 
zu  Demokrit  911;  Fortbildung  des 
Parmenides  511.  918;  orphiscbe 
Einflüsse  916.  918; .  Pythagoreer 
918;  polit.  und  geschichtl.  Auf- 
fassung 15L  917.  920  ff.;  Ober 
die  wirtbschafll.  Entw.  886.  921. 

—  Schriften  618  A.  918.  918  A. 
919;  Apologie  614  A.  618  A.; 
Euthydem  906  A.;  Menexenos* 
Leichenrede  146;  Phaedros  618  A. 
906  A. ;  Symposion  614  A.  618  A.; 
Theaetet  525  A.;  Stottpfoetc  (So- 
phistes  und  Politikos)  989  A.; 
Republ.  917.  920  ff.  988,  Ober 
Sparta  752  A.,  Bez.  zu  Aristo- 
phanes  eccles.  614  A. :  Politikos 
917.  988;  Leges  917.  921.  1001, 
Benutzung  des  Ktesias  5^  Ober 
Persien  18  A. ;  Briefe  l&L  747  A. 
782.  826  A.  915.  917.  918.  987  bis 
1001.  —  Unächtes  912  A. ;  Alkib.  L 
über  Sparta  und  Abfassungszeit 
952  A.;  Axiocbos  benutzt  Xeno- 
phon  729  A. 

Plebejer  in  Rom  812.  815. 

Pleistarchos,  K.  v.  Sparta  222,  328. 

Pleistoanax,  K.  v.  Sparta  328 :  in 
Attika,  Verbannung  34ö;  zu- 
rückberufen, für  den  Frieden  602. 
606;  gegen  Mantinea  681.  640; 
Tod  736. 

Plutarch,  Biographien  fi.  145, 
153. 164;  de  Herod.  malign.  143  A. 

Pnytagoras,  S.  d.  Euagoras  898. 

Podanemos,  spart.  Nauarch  863. 
864  A. 

Polemarchos,  Lysias'  Bruder  749. 849. 
Poleten  in  Athen  401. 
Pollis,  spart.  Nauarch   934.  987. 
987  A. 

Polos  v.  Agrigent,  Gorgias'  Schüler 

524.  906. 


Polyarcbos  v.  Aegina  2IÜ  A.  — 
Höfling  des  Dionys  919. 

Polybiadas,  spart.  Heerführer  894. 

Polybios  über  Dionys  782. 

Polybos,  Arzt,  Hippokrates'  Schwie- 
gersohn 501  A.  503. 

Polydamas,  pharsalischer  Staats- 
mann 933.  956. 

Polydoros,  Tyrann  v.  Pherae  946. 
956. 

Polygnot  v.  Thasos,  Haler  479. 
479  A  482,  484i  in  Athen  222. 
298, 

Polyidos,  Dithyrambiker  905. 
Polyklet  v.  Argos,  Bildhauer  2£L 

478.  481.  4*2:  als  Maler  479; 

Schrift  499. 
Polykrates  v.  Athen,  Rhetor  906. 

906  A.  907. 
Polyphron,  Tyrann  v.  Pherae  956. 

956  A. 

Polystratos,  athen.  Oligarch  (Lysias 

or.  20}  696.  701  A.  706  A.  707. 

707  A.  —  athen.  Stratege  862  A. 
Polyxenos,  Schwager  d.  Dionys  777. 

783  (verschr.  Philoxenos).  796. 

822.  830.  862.  878. 
Polyzelos,  Hierons  Bruder,  Rebellion 

350. 

Pometia  in  Latium  808  A.  811. 

Pontos,  Handel  mit  Athen  22L  40 L 
415;  die  Athener  im  Pontos  430  ff* 
—  Handelsslrasse  nach  Indien  64. 
64  A. ,  nach  Centraiasien  65  f.  — 
pont.  Stämme,  Satrapie  67,  9£L 

Pordoselene,  Insel  bei  Lesbos  569. 

Poristen  in  Athen  684  A. 

Posidonia  (Paestum)  372;  lucanisch 
804. 

A.  Postumius  siegt  über  die  Aequer 
811.  813. 

Potidaea,  von  den  Persern  angegr. 
227;  angebl.  bei  Plataeae  235, 
235  A.;  im  del.  Bund,  Tribut  427; 
Abfall  536i  Schlacht  537;  Be- 
lagerung 55L  554^  380;  Capitu- 
lation  557 ;  Kleruchen  565;  An- 
griff des  Brasidas  603;  restaurirt 
743;  im  chalkidiscben  Staat  893. 
894;  von  Athen  erobert,  Kleruchie 
965.  978;  makedonisch  983. 

Praeneste  in  Latium,  selbständig 
808.  810  A.  820. 

ffpäxTopsc  in  Athen  4ÜL 


572 


Index  zum  dritten  Theil. 


Prasiae,  lakon.  Hafen  o&L  663. 
Prasiassee  295. 

Praxitas,  spartanischer  Heerführer 

863. 

Praxiteles  v.  Athen  904;  der  altere 
4Ü5  A. 

Prien e  im  ion.  Aufstand  180;  unter 
Milet  422i  von  Tbibron  besetzt 
869. 

Priestercodex ,  von   Ewa  verfasst 
.  111L  Lüi  A. ;  Inhalt  und  Tendenz 
12üf. 

Probulen  in  Athen  684.  700.  701. 

Prodikos  v.  Keos  522;  Vortrage  521; 
Synonymik  h2iL  526j  Ethik  524 ; 
religiöse  Theorie  526:  Lehrtätig- 
keit in  Athen  522.  610;  Bez.  zu 
Sokrates  618.  618  A.,  zu  Thera- 
menes  696  A.  097. 

icpoi&pot  in  Athen  701  A.  707  A. 

Prokies,  athen.  Stratege  574. 

Prokonnesos  975. 

Prometheus,  thessalischer  Demagoge 

764. 

Pronnoi  auf  Kepballenia  935. 
Proselytismus  der  asiat.  Religionen 
104;  im  Judenthum  HL  114.  llfi. 

Prosopitis,  Nilinsel,  Kampfe  um  ZM. 

Protagoras  v.  Abdera  522.  522  A. 
529;  in  Thurii  89&  Lebrthätig- 
keit  524,  529j  in  Athen  610.  618; 
Schriften  52fi.  52ß  A.;  System, 
der  Satz  des  Pr.  525.  525  A. ;  Aber 
die  Götter  52fij  Mathematik  52ß; 
sprach I.  Theorien  52fi.  —  Pr.  und 
Perikles  412.  und  Euripides  522; 
bei  Eupolis  616;  in  den  Wolken 
mit  Sokrates  contaminirt  614; 
Aechtung  und  Tod  643. 

Protomachos,  athenischer  Stratege 
729. 

Proxenos,  Boeoter,  bei  Kyros  833. 

835.  —  v.  Tegea,  Demokrat  949. 

954  A. 
Psalmen  134—137. 
Psammetieh,  Hebell  im  Delta  39 2. 

3Ü2  A.  420  A.  433.  —  aeg.  Dynast 

831.  837. 
Psauiulhis,   K.  v.  Aegypten  900. 

900  A. 

Ptolemaeos  v.  Aloros,  K.  v.  Make- 
donien 950.  965. 
Ptolicbos  v.  Aegina,  Bildhauer  478. 


Pydna,  makedonisch  288.  '295:  von 
Athen  angegr.  536  f. ;  von  Arche- 
laos unterworfen  711.  764;  von 
Athen  erobert  965.  976;  von 
Philipp  genommen  978. 

Pygela  b.  Ephesos,  Gefecht  bei  716- 

Pylos  in  Messenien  (Koryphasion) 
263;  von  Athen  besetzt  589  CT.; 
Topographie  589  A.;  Messen i er  in 
P.  594;  im  Frieden  607;  die 
Messenier  fortgeführt  632,  zurück- 
gebracht 639.  646.  686.  712;  von 
Sparta  erobert  715.  716;  von  den 
Messeniern  erobert  962.  —  am 
Peneios  in  Elis  968. 

Pyrgi,  Hafen  v.  Caere,  von  Dionys 
Oberfallen  823. 

Pyrrha  auf  Lesbos  31  >3. 

Pyrrhandros,  athenischer  Demagoge 
968. 

Pythagoras  v.  Rhegion,  Bildbauer 
323.  323  A.  422.  —  von  Samos, 
in  Unteritalien  371;  Bedeutung, 
Schöpfer  der  wissen  sc  h.  Mathe- 
matik 500.  500  A.  504.  504  A. 
513;  vgl.  Pythagoreer;  Angrifl' 
Heraklits  566.  —  angebl.  spart. 
Nauarch  (Samios)  lfil  A.  883  A. 

Pythagoreer,  politische  Partei,  Kata- 
strophe 871 ;  in  der  Zeit  des 
Dionys  824.  —  philos.  Schule 
und  Literatur  323.  504,  5JJL  910; 
Medicin  500;  Kalender  500 : 
Kugelgestalt  der  Erde  504.  5JÜ; 
Röckstftndigkeit  des  Ostens  gegen 
sie  513  (Anaxagoras).  910  (Demo- 
kril);  Einwirkung  auf  PJato  910. 
918. 

Pythodoros,  Archon  der  Dreissig  749. 
—  athen.  Stratege  auf  Sicilien 
528.  597.  601.  — ,  desgl.,  gegen 
Lakonien  663.  —  8.  d.  Epizelos 
669  A.  —  S.  d.  Polyzelos,  von 
Anaphlystos,  Anklage  des  Pro- 
tagoras 643.  648  A. ;  unter  den 
Vierhundert  696.  701. 

Pyxus  in  Unteritaiien  355:  lucaniscb 
804. 


Qe'lla  in  Palaestina  116. 
Qens  (Nubien)  100. 


Index  zum  dritten  Theil. 


573 


R. 

Raeter  821. 

Ranke,  Weltgeschichte  l&L 

Rechum,  Statthalter  v.  Samaria  124. 

Reiterei,  Entwickelung  und  Be- 
deutung bei  den  Griechen  943. 
971  u.  A.  Li  persische  bei  Mara- 
thon ULL  lSlA.;  in  Athen  bei 
Marathon  noch  nicht  193;  nach 
den  Perserkriegen  eingeführt  2fifL 
417,  Ygl.lrcKgtc;  in  Sparta  598. 753. 

Rekab,  Wöstenstamm,  Anseht uss 
an  die  Juden  11JL 

Religion,  im  Perserreich,  Universali- 
tat und  Individualität,  Propaganda 
und  Concurrenz  103—106;  Reli- 
gionspolitik der  Achaemeniden 
52.  25iL_=  Vgl.  Baby lonien,  Juden, 
Perser.  —  Griech.  Religion  244j 
neue  Anschauungen  und  Gonflicte 
244  ;  die  neue  Religion,  Orgiasmus 
und  Orphik  245.  241.  252i  Gegen- 
satz zur  Aufklärung  252.  —  Die 
rel.  Probleme  bei  Pindar  257; 
bei  Aeschylos  259:  Verbreitung 
des  Rationalismus  468.  —  Religion 
in  Athen  446;  Gonservatisraus 
und  Gläubigkeit  44G;  Religions- 
verfolgungen 44iL  643;  Ablehnung 
des  Rationalismus  449;  die  Pro- 
bleme und  der  Glaube  450  ff.;  der 
ethische  Conflict  451;  Empirismus 
455 ;  die  Religion  unter  Ein- 
wirkung der  Staatsidee  25S  ff. 
455 ;  rel.  Anschauungen  des  Hero- 
dot  und  Sophokles  459;  Hervor- 
treten der  abstraclen  Gottheit  401. 
473;  die  Krisis  4G5ff;  Sieg  des 
Sittengesetzes  Ober  die  Religion 
466;  die  modernen  Anschauungen 
470  ff. 

Rbamphias,  spart.  Heerführer  606. 

Rhapsoden  als  Lehrer  24&  442. 
613;  Vorträge  in  Athen  439; 
Homerliteratur  499;  Auftreten  516. 

Rhegion  unter  der  Tyrannis  848. 
355;  Sturz  derselben  355;  im 
5.  Jahrb.  358.  3fi2.  32L  372; 
Bündniss  mit  Athen  435;  im  ersten 
sie.  Krieg  576—579:  während 
der  athen.  Exp.  654.  665;  Rh. 
und  Dionys  783.  786.  799;  letzter 
Krieg  und  Zerstörung  805—807. 


828.  825  A. ;  als  Phoibia  wieder- 
hergestellt 991. 
Rbeomilhres  im  Satrapenaufstand 

979. 

Rhetorik,  Anfänge  auf  Sicilien  368. 
529  ;  Entwickelung  523. 524.  522. 
90G  ff. 

Rhinon,  einer  der  Zehnmänner  in 
Athen  757.  757  A. 

Rhinthon  v.  Tarent,  Phlyaken- 
dichter  373. 

Rhion  in  Achaia  5££.  638. 

Rhodae,  massal.  Gol.  an  den  Pyre- 
naeen  876. 

Rhodanusia,  massal.  Colonie  an  der 
Rhone  875. 

Rhodos  im  del.  Bunde,  Tribut  426; 
bei  der  sie.  Exp.  652;  Ah  fall 
691  f.;  Synoikismos  725.  725  A. ; 
Seekrieg  bei  Rh.  845;  Abfall  von 
Sparte,  Parteikämpfe  869.  872; 
Bez.  zu  Athen  896;  im  zweiten 
Seebund  928;  Verbindung  mit 
Theben  967;  Abfall  von  Athen  978. 

Rhoisakes,  Perser,  in  Athen  332  A. 

Rhoiteion  in  Troas  5fi9.  710. 

Rhossos  am  Amanos,  phoenikisch  90. 

Rom,  Geschichte  320.  808  ff.;  Ge- 
setzgebung der  Decemvirn  370. 
812;  Heerwesen  818;  Roms  Po- 
litik 829;  Gol.  auf  Sardinien  820; 
R.  und  die  Griechen  816,  und 
Sicilien  342.  3Ö4.  370,  und 
Massalia  32fi.  816,  und  Delphi 
815.  —  Geschicbtsquellen  1P>S. 

s. 

Saba,  Reich  von  g7_i  Verbindung 
mit  Persien  60. 

Sabazios,  thrak.  Gott,  in  Athen  611. 

Sabeller  320,  435.  802  ff.  1001. 

Sadokos,  S.  d.  Sitalkes  42^ 

Sagalassos  in  Pisidien  93. 

Sagartier,  pers.  Stamm  1£L  10  A.  16. 

Sagunt  in  Spanien  376  A. 

Sais  in  Aegypten  101. 

Sakaeen,  babylon.  Fest,  von  den 
Persern  übernommen  2g.  28  A.  2Ä. 

Saken  58  A.  63.  68j  von  Darius 
unterwoifen  ß9j  im  Perserheer 
45.  194.  217.  —  S.  jenseits  des 
Meeres =pontische  Skythen  69.20. 


574 


Index  zum  dritten  Theil. 


Salaithos,  spart.  Gesandter  auf  Les- 
bos  5fi&  569. 

Salamis,  athen.  Unterthanenland 
2fifL  266  A.  3äL  —  Schlacht  bei 
22.H  ff.;  Starke  der  Flotten  2IL 
212  A.  223  A.  —  von  Lysander 
verwüstet  734;  unter  den  Dreissig 
756. 

Salamis  auf  Cypern,  Stadtkönigthum 
85;  im  ion.  Aufstand  1 78 ;  zur 
Zeit  Kimons  34_li  Schlacht  U2 ; 
unter  Euagoras  840  f. 

Salrnakis  bei  Halikarnass  94.  292  A. 

Salyer  und  Hassalia  374. 

Salynlhios,  K.  der  Agraeer  596. 

Samaria  als  pers.  Provinz  84j  Statt- 
halter S_L  124;  fremde  Ansiedler 
84,  115,  vgl.  Bd.  III,  S.  XIV;  die 
Samaritaner  gegen  die  Juden  115. 
118,  gegen  Ezra  124.  gegen 
Nehemia  125:  Uebernahme  des 
jüdischen  Gesetzes  und  Organi- 
sation der  Kirche  130. 

Samasirbä,  Usurpator  in  Babylon 

&l  m 

Samios,  spart.  Nauarch  833.  833  A. 
IM  A. 

Samos  persisch  171 ;  im  ion.  Auf* 
stand  ISO.  181j  Samier  in  Zankle 
181 ;  Aufforderung  zum  Abfall  238  ■ 
im  del.  Bunde  223,  225,  '211. 
337.  393;  Aufstand  422-  424; 
dernokrat.  Revolution  688.  688  A.; 
Stützpunkt  der  athen.  Flotte  688  ff.; 
oligarch.  Bewegung  698.  700. 
703;  die  athen.  Flotte  auf  S. 
698.  703  f.  707.  707  A.  708  f. 
716;  Ausharren  bei  Athen  735; 
Union  735.  391.  763;  Fall  von  S. 
738;  Oligarchie  743.  746.  755; 
Flüchtlinge  in  Asien  738.  763; 
unter  Ronon  860;  Rücktritt  zu 
Sparta  869.  872.  896;  Zustande 
888;  von  Timotheos  erobert, 
Kleruchien965.965  A.;  im  Bundes- 
genossenkrieg 982.  984. 

Samothrake  im  del.  Bund,  Tribut 
426 ;  unter  Thrasybul  872;  im 
zweiten  Seebund  935. 

Sandokes,  Statthalter  v.  Kyme  97. 

Sane  auf  der  Atboshalbinsel  600. 
607  A. 

Saparda  —  Sardes  58  A. 

äapho,  S.  d.  Hasdrubal 


Sarangen  =  Drangen  tiiL 

Sarapana  in  lberien,  Pass  £4. 

Sardes,  Satrapie  von  2JL  91 ;  Stellung 
der  Stadt  38.  92j  Besatzung  4J_j 
von  den  Iouiern  genommen  177; 
Agesilaos'  Kampfe  bei  S.  844. 

Sardinien  376;  karthagisch  229. 
380;  Aufstand  826;  röm.  Col.  820. 

Sarmalen  65.  70. 

Saspeiren  am  Araxes  £3.  £L  89. 

Sataspes,  Perser,  Entdeckungsfahrt 
um  Afrika  6L  61  A.  222« 

Satrapen,  Satrapien  2JL  29  A.  5Q  ff. ; 
Stellung  des  Satrapen  30  f.;  Ein- 
künfte 3L  5L  54i  Truppen  42  f. ; 
Aufstande  43,  899  f.  964  f.  979  ff. 
983. 

Satrapes,  Gott  22  A. 

Satricum  in  Latium  815. 

Sattagyden,  iran.  Stamm  14.  58  A. 

Satyros  v.  Leukonoe,  Secretar  der 
Hellenotamien  409-  —  athen. 
Oligarch,  Haupt  der  Elfmänner 
737.  749.  —  Herrscher  des  Bos- 
poros  431.  —  Tyr.  v.  Heraklea 
980. 

Schuach  (mesopot.  W  äste  ^Suchi)  80. 

Schülzencorps  in  Athen  2Ü&  23i 
26Ö,  417:  skythische  Schützen  als 
Polizei  3Q4.  —  pers.  Schützen  45. 

Schwarzkorkyra  822.  Bd.  V,  S.  VIII. 

Segesta,  Elymerstadt  206  A.  362. 
364;  Bündniss  mit  Athen  3ti2. 
397  ;  Hülfsgesuch  in  Athen  gegen 
Selinus  647  f.  650.  654;  im  sie 
Krieg  654.  657;  neuer  Krieg  mit 
Selinus  768.  770;  von  Dionys 
angegr.  793  f. 

Sekydianos,  pers.  König  682. 

Selge  in  Pisidien  93. 

Selinus  23L  231 A.  354,  'ML  383; 
Tempel  865;  Krieg  mit  Segesta 
647;  während  der  sie.  Exp.  657. 
665 ;  im  dekel.  Krieg  680. 689.  714. 
716.  767;  gegen  Segesta  768;  Zer- 
störung 770.  7t39A.  716;  wieder- 
hergestellt 770.  772;  karthagisch 
826.  985. 

Sellasia  in  Lakonien,  nicht  peri- 
oekiscb  263;  von  Sparta  abgerissen 
950.  951;  wiedererobert  962. 

Selymbria  an  der  Propontis,  von  den 
Persem  eingeäschert  181 ;  im  del. 
Bunde  426.  428j  im  deke).  Krieg 


Index  zum  dritten  Theil. 


712.  717.  717  A.;  Rechtsordnung 
218  A.;  im  zweiten  Seebund  935. 

Senonen,  kelt.  8tamm  818.  821. 

Seripbos  im  Perserkrieg  national 
215.  228i  im  del.  Bund  839. 

Servianische  Verf.  812.  812  A. 

Sermylia  auf  der  Chalkidike  im  del. 
Bunde  427:  Abfall  607.  607  A. ;  für 
Athen  716. 

Sesb  assar  (Sinbalusur)  112,  lllL 

Sestos  von  Athen  erobert  238;  Tri- 
but 3Sß  A.;  im  dekel.  Krieg  693. 
709— 711 ;  Colonie  Lysanders  740, 
aufgehoben  760;  im  4.  Jahrh. 
860.  965.  976;  von  Athen  zerstört 
984.  978  A. 

Seuthes,  Odrysenkönig,  Neffe  des 
Sitalkes  5£L  601.  —  Unter- 
könig  in  Thrakien  836.  838.  872. 
878. 

Sexi  in  Spanien  377. 

Sicilien  und  die  Perser  123,  206; 
Krieg  mit  Karthago  229  ff.;  im 
Jahrh.  Sil  ff.;  Charakter  der 
Tyrannis  242.  25fL  350  ff.;  Be- 
ziehungen zu  Athen  370.  897.  415. 
433.  zu  Sparta  547:  erster  athen. 
Krieg  hl&  ff.  597;  grosse  Exped. 
647  ff.;  im  4,  Jahrh.  766—830. 
985—1001;  Bevölkerungszahlen 
770  A.  774  A.;  Rhetorik  3fi&  520; 
Geschichtsquellen  lfiäff. 

Side  in  Pamphylien  93. 

Sidon,  Fürstenthum  85:  assyr.  Ele- 
mente 85.  A. ;  griech.  Einfluss  85; 
Königssärge  85,  85  A.;  Aufstand 
979. 

Sigeon,  Hippias  in  S.  173;  athenische 
Colonie  394;  von  Chares  besetzt 
983. 

Signia,  angebl.  lat.  Colonie  808  A. 

Sikaner  342,  353,  657.  771.  778. 
780.  794. 

Sikanos,  Syrakus.  Stratege  658. 

Sikeler  unter  den  Tyrannen  347.358; 
Erhebung  und  Reich  des  Duketios 
35«.  'Ml!.;  unter  Syrakus  M2, 
578  f.;  während  der  sie.  Exped. 
654. 657. 658. 659.  665;  im  kartb. 
Krieg  771.  778.  780;  unter  Dionys 
783.  786.  795.  799.  800.  829. 

Sikinnos,  Sklave  des  Themistokles, 
Botschaft  an  Xerxes  224;  angebl. 
zweite  Botschaft  226  A. 


Sikyon  für  Kleomenes  gegen  Argos 
188;  im  Perserkrieg  219.  223  A. 
235 ;  Anschluss  an  Korinth  332 ; 
Angriffe  Athens  334.  332,  232  A. 
345;  Vermittelungsversuch  zw. 
Körkyra  u.  Korinth  333,  538;  im 
arebid.  Krieg  566. 596;  im  Sonder- 
bundskrieg  639.  641 ;  bei  der  sie. 
Exp.  671;  unter  Sparta  863.  895; 
nach  Leuktra  för  Sparta  945. 948. 
950;  von  den  Thebanern  erobert 
952;  demokrat.  Revolution  960. 
968. 

Simonides  240,  24_Zi  Bez.  zu  Thes- 
salien 211  A.;  angebl.  Epigramme 
240  A.;  in  Sicilien  350.  35_L 

Simyra  in  Phoenikien,  zu  Arados  8iL 

Sinaigesetz  (Lewit.  17—26)  111. 

Öinbalusur  (§e§bassar)  v.  Juda  112. 
116. 

Singe  auf  der  Chalkidike  42L  607  A. 
Sinope,  von  Athen  besetzt  430;  zur 

Zeit    der    Kyreer    830;  unter 

Datames  964. 
Sinuballit,  Föhrer  der  Samaritaner. 

125,  128, 
Siphae,  Hafen  v.  Thespiae  596. 
Siphnos,  im  Perserkrieg  national  215, 

223;  im  del.  Bunde  426;  Ver- 

theilung  der  Ueberschüsse  auf  S. 

202  A. 

Sippara  in  Babylonien  80,  82, 

8irakes,  Perser  69, 

Siris  in  Unteritalien,  zerstört  «870. 

320  A. 
Sls  3 (34.  s.  Panonnos. 
Sisines  (Tatnai,  Ustani),  Satrap  von 

Syrien  29j  in  Jerusalem  1 17. 
Sitalkes,  Odrysenkönig,  sein  Reich 

428;  mit  Athen  verbündet  55 1 . 

557.  565;  Tod  601. 
aitotpoXotxec  in  Athen  548. 
Skepsis  in  Troas,  im  del.  Bunde 

292;  verloren  425;  Charidemos 

in  S.  979. 
Skiathos,  Insel,  im  zweiten  See- 
bund 930. 
Skidros  in  Italien,  sybaritisch  398. 
Skione  auf  Pallene,  im  del.  Bunde 

427;  Abfall  603.  607;  Strafgericht 

633;  restaurirt  743.  763. 
Skiritis,  lakon.  Perioekenlandschaft 

263:  Skiriten  im  Heer  26±i  von 

Sparta  losgerissen  950.  951.  953. 


576 


Index  zum  dritten  Theil. 


Skironides,   athen.  Stratege  68(5. 

689.  609. 
Sk laven  in  Athen  303. 304  A.  412  A.  1 ; 

in  Korkyra  auf  der  Flotte  833; 

aufSicilien  364;  Verbreitung  der 

Sklaverei  im  4*  Jahrb.  883 
Skoloten  s.  Skythen. 
Skopaden  in  Thessalien  211  A. 
Skopas  v.  Paros,  Bildhauer  903. 904. 
Skotussa  in  Magnesia,  von  Alexander 

v.  Pherae  misshandelt  957. 
Skudra  bei  Darius  =  Thrakien  58  A. 

112  A. 

Skylake,  Etruskerstadt  an  der  Pro- 
pontis  222. 

Skylax  v.  Karyanda,  Fahrt  auf  dem 
Indus  und  dem  Ind.  Ocean  60; 
Periplus  fiü  A.  94j  über  Indien 
i  6ü  A.;  Ober  Heraklides  von 
Mylasa  122  A. 

Skyles,  Skythenkönig  42a  431. 

Skyletion  in  Unteritalien,  von  Dionys 
zerstört  806. 

Skyllaion  bei  Rhegion  355. 

Skyros,  von  Athen  erobert  und 
colonisirt  226.  226  A.;  Stellung 
im  Reich  894.  395;  selbständig 
736.  738.  743;  wieder  athenisch 
866.  877.  879. 

Skythen  (Skoloten),  Angriff  des 
Darius  62.  20,  172;  auf  der 
Ghersones  H2_  A.;  Reich  428.  4JiL 
—  Schützen  als  Polizei  in  Athen 
:\Q4.  =  Saken  und  Daher  63-  <ift. 

Skythes  v.  Zankle  und  Persien  173. 

Sraerdis,  Perserkönig  117. 

Smyrna  zerstört,  nicht  im  del.  Bunde 
222.  343. 

Sogdiana  32,  63, 

Sogdianos,  Perserkönig  682. 

Sokrates,  Achaeer,  bei  Kyros  833. 
835. 

Sokrates  v.  Athen  618—626;  Ueber- 
lieferung  618;  beim  Arginusen- 
proccss  729.  729  A.;  unter  den 
Dreissig  749;  S.  und  Arcbelaos 
764.  764  A.;  Process  und  Hin- 
richtung 852.  912;  Begegnung  mit 
Parmenides  und  Zeno  509  A.; 
Verbindung  mit  Euripides  in  der 
Komödie  615.  615  A.;  Angriff  des 
Aristophanes  614.  614  A.;  des 
Ameipsiasu.  Eupolis616.  —  soma- 
tische Literatur  618  A.  912. 912  A. 


919.  —  Sokratikerbriefe  913  A. 
990  A.  991  A.  992  A.  —  L  vtwtBpo; 
988  A. 

Söldner,  griechische,  im  5_,  Jahrb. 
auf  Sicilien  850.  353;  in  Athen 
580.  652;  im  Peloponnes  598;  bei 
den  Persem  662.  681;  thrakische 
in  Athen  580.  58Q  A.  593.  605. 
670;  Söldnerwesen  und  Condot- 
tieres  im  4,  Jahrh.  884.  885;  in 
athen.  Diensten  862  u.  a.;  in 
Spartas  Diensten  844.  884.  895. 
931;  bei  Dionys  777.  783.  785. 
790.  796.  797.  829;  bei  den 
Persern  833.  884.  897.  898. 

Soli  auf  Cypern  85.  IIS,  870. 

Sollion  in  Akarnanien.  korinthisch 
332;  von  Athen  für  die  Akarnanen 
erobert  551.  607. 

Soloeis,  Solunt,  auf  Sicilien f  kar- 
thagisch 768.  799. 

Solygeion,  G»fecht  bei  595. 

Sopbainetos,  Arkader  bei  Kyros 833; 
Anabasis  1ÜL  833  A. 

Sophanes,  athen.  Stratege  294. 

Sophisten  521—529.  610  ff.;  er- 
haltene Literatur  522;  im  4.  Jahrb. 
906  ff.;  Name  521.  in  gehässiger 
Bedeutung  906.  906  A.  —  So- 
phistik  und  Medicin  502. 

Sophokles,  Leben  456;  Anhänger 
des  Perikles  4M,  41L  412.  414; 
Hellenotamias409;  Stratege 422 A.; 
Probule  684.  695;  Tod  730;  führt 
den  Asklepioscult  ein  456.  643; 
als  Tragiker  490  ff.;  Zahl  der 
Tragödien  441;  Sieg  über  Aescby- 
los  312;  Gesammtcharakter  464 ; 
Charaktertypen  453;Weltanschau- 
ung  450;  Orakelglaube  451:  Ab- 
lehnung des  ethischen  Postulats 
451 ;  religiöse  Anschauungen  459 
bis  464;  Beziehungen  zu  Herodot 
457;  bei  Aristophanes  615.  — 
Oedipus  462 ;  Antigone  463;  Schrift 
iupl  xopoö  423  A.  499]Urtheile 
über  die  drei  Tragiker  493.  493  A. 
— ,  d.  Sostratides,  athen.  .Stra- 
tege 589.594. 597;  verurtheilt  601. 

Sophron,  Mimen  367. 

Sophrosyne,  T.  d.  Dionys  830;  Ge- 
mahlin Dions  987.  990. 

Sosis,  Denuntiant  gegen  Dion  994. 

Spanien  326,  322, 


Index  zum  dritten  Theil. 


Sparta,  Entwicklung  und  Staats- 
wesen 261i  Demokratie  242.  201; 
innere  Umwandlung  262. 265;  Po- 
litik, Conservatismus  265;  Kriegs- 
scheu 265;  Bund  mit  dem  Parti- 
cularisinus  2£S,  ">43.  740.  —  Ge- 
meinde der  fünf  Dörfer  2Ü2.  265; 
Gebiet  der  Bürgerschaft  2frL 
2ß3  A.;  Zahl  2M,  753;  Volks- 
versammlung der  txvXvpoi  891; 
urcojietovt;  2ö2»  753;  Heerwesen 
264.  2ß4  A..  unter  Brasidas  598, 
nach  404:  753.  842,  Organisation 
von  382:  895,  nach  320;  952; 
Neodamoden  s.  das.;  Reiterei  598. 
753;  Soldner  844.  884.  895.  931; 
Finanzen  2ftL  265  A.  546 ;  Ein- 
führung des  Geldes  751  f.;  Flotte 
265.721. 753.  —  Culturelle  Stellung 
250 ;  Ablehnung  der  modernen 
Bildung  520.  der  modernen  Musik 
489;  Beurtheilungdurch  dieathen. 
Radicalen  309.  durch  die  Conser- 
vativen  310:  Ideal  der  aristokr. 
Jugend  Athens  5SJL  612.  625; 
Schriften  über  spart.  Vf.  920.  — 
im  ion.  Aufstand  176;  unter  Kleo- 
menes  IBS  f.  20_2  f.;  Ermordung 
der  pers.  Herolde  187.  187  A.; 
Verbindung  mit  Athen  189;  bei 
Marathon  IM,  193  A.  195j  messen. 
Aufstand  2ÜS.  1£3  A.;  im  Perser- 
krieg 2i6— 239;  Sparta  u.  Athen 
268  ff.;  Fortführung  des  Perser- 
kriegs 211  f.;  Rücktritt  273; 
Kämpfe  im  Peloponnes  285.  in 
Thessalien  287;  Beziehungen  zu 
Athen,  Pausanias  u.  Themistokles 
283—288;  Verbindung  mitThasos 
293;  Erdbeben  und  Helotenauf- 
stand 2M ;  H  ülfsgesuch  nach  Athen 
315;  Bruch  mit  Athen  EliL  321; 
Krieg  mit  Athen  und  Arpes  325. 
328—330;  Bündniss  mit  den 
theban.  Demokraten  829;  Ende 
des  messen.  Kriegs  334;  Ver- 
handlungen mit  Persien  828.  335. 
337;  Friede  mit  Argos,  WaflWn- 
stilTstand  mit  Athen  339.  340; 
in  Phokis  344;  gegen  Athen  345; 
dreissigjähriger  Friede  346.  — 
Wahrung  des  Friedens  421  ff.  530; 
Beziehungen  zu  Korkyra  333.  533: 
Verh.  mit  Potidaea  und  Korint  h 

Hey  er,  Geschichte  des  Alterthums. 


536  f.;  Kriegsenden luss  54Ü  f.; 
im  archidam.  Krieg  542—608; 
Verhandlungen  mit  Persien  547. 
557.  582;  mit  Sicilien  547.  — 
nach  dem  archid.  Krieg  629—637; 
Sonderbundskrieg  638 — 641 ;  nach 
demselben  641.  645.  647:  zur  Zeit 
der  sie.  Exp.  655.  656  a.  658. 
663;  Kriegsentschluss  664;  Ent- 
scheidungskrieg gegen  Athen  665 
bis  738 ;  Verhandlungen  mit  Persien 
688.  688.  690—692.  699.  714. 
718.  719  f.  —  Spartas  Herrschaft 
in  Hellas  732 — 765;  innere  Krisen 
751—755.  762;  Sparta  und  Kyros 
833. 833  A.  836;  Krieg  mit  Persien 
und  korinthischer  Krieg  887  bis 
879;  Stellung  nach  dem  Königs- 
frieden 880;  Durchführung  der 
Herrschaft  in  Hellas  889—895. 
896.  898.  899;  Krieg  mit  Theben 
und  Athen  924—941;  Leuktra 
942— 945;  nach  Leuktra  947—952. 
954.  958—962;  Persien  bricht  mit 
Sparta  961;  Sparta  gegen  den 
Perserkönig  964.  965.  972;  Krieg 
mit  Arkadien  968;  Mantinea  970 
bis  972;  Sparta  nach  Mantinea 
972.  973.  974.  —  Sparta  und 
Dionysios  L  741.  745.  784.  796. 
845.  875  ff.  880.  822  A.  937  ff. 
954.  958,  und  Dionysios  II.  962. 
991.  995.  997,  und  Dion  992. 
992  A.  997. 

Spartokos,  Herrscher  d.  Bosporos431 . 

Spartolos,  St.  der  Bottiaeer,  im  del. 
Bunde  427j  Abfall  536,  607.  646; 
Schlacht  bei  565. 

Speusippos,  Plato's  Neffe,  auf  Si- 
cilien 990.  992. 

Sphakteria  590.  592.  951  A. 

Sphodrias,  spart.  Harmost.  überfällt 
d.  Piraeeus  925.  926;  Tod  944. 

Spina,  Etruskerstadt  am  Po  370. 
801. 

Spithridates,  pers.  Rebell  in  Klein- 
asien 844.  846. 

Stagiros  auf  der  Chalkidike  537; 
Abfall  599.  605.  607. 

Stasikypros,  K.  v.  Idalion  178. 

Stasippos,  Aristokrat  in  Tegea  949. 

Stenyklaros  in  Messenien  294, 

Stesanor,  K.  v.  Kurion  178. 

Stesikles,  athen.  Stratege  937  f. 

v. 


578  Index  zum  dritten  Theil. 


Stesileos,  athen.  Stratege  bei  Mara- 
thon 194. 

Stesimbrotos  v.  Thasos,  Rapsode, 
Schrift  über  die  athen.  Staats- 
männer 147.  454. 531 ;  über  Homer 
und  Mysterien  499. 

Stbenelaidas,  Ephor  541. 

Sthenelaos,  Harniost  in  Byzanz  759. 

Stolos  auf  der  Cbalkidike  407. 

Strabo  über  Persien  L  2  A. 

Strategen,  athenische.  Stellung  2ÜL 
201  A.  5fiL  588;  Wahlzeit  552  A. 

Straton,  K.  v.  Sidon  S5_* 

Stratos  in  Akarnanien  566. 

Strattis,  Komiker  905. 

Strombichides,  athen.  Stratege  686. 
687—693.  708.  737.  737  A.  748. 

Struthas,  Satrap  v.  lonien  und  Ober- 
feldherr 44. 860  A.  866. 866  A.  869. 
870. 

Stryme  in  Thrakien  975. 
Styra  auf  Euboea,  im  Perserkrieg 
national  215*  219;  im  del.  Bunde 

225. 

Suchi,  mesop.  Wüste,  =  Schuach  86. 

Suez,  Nilcanal  nach  &L  62. 

Suffeten  in  den  kartb.  Städten  381. 

Susa,  persisch  LL  11  A.;  Haupt- 
stadt des  Reichs  15. 15  A.;  Schatz- 
haus 53j  Palastbauten  72;  Ver- 
bindung mit  der  See  61.  —  Susiana, 
Abgaben  50;  Aufstände  71. 

Sutrium  in  "Etrurien,  Iat.  Colonie 
815.  820. 

Sybaris,  Sybariten  348.  85JL  3ül 
bis  22k  —  am  Traeis  392.  804; 
bruttisch  1001.  —  T.  d.  The- 
mistokles  2&L  397. 

Sybota,  Schlacht  bei  535. 

Svennesis,  Könige  v.  Kilikien  32. 42, 
'  QIL  833.  835. 

Svkophanten  in  Athen  487.  5Ü0. 
749.  851.  896. 

Syloson,  Tyrann  v.  Samos  2TL 

Syme,  Insel  an  der  karischen  Küste 
425.  691. 

Symmorien  in  Athen  929;  trierarchi- 
sche  982. 

Synalos,  kartb.  Commandant  in 
Heraklea  Minoa  993. 

Syrakosios,  Athener,  gegen  die 
Komödie  661. 

Syrakus  unter  den  Tyrannen  206. 
229  ff.  342  ff.:  Grossstadt  353; 


Befreiung 354 ;  Gesch.  im  5.  Jahrb. 
357—363;  gegen  die  Etrusker  363; 
Verfassung  359 ;  Cullur  364  ff. ;  Ver- 
handlungen mit  Sparta  während 
des  archid.  Kriegs  547.  576;  Krieg 
auf  Sicilien  und  mit  Athen  576 
bis  579.  597;  nach  dem  Kriepe, 
Incorporation  Leontinis  597.  647; 
Parteiungen  653;  Krieg  mit  Athen 
654  ff.;  im  dekel.  Krieg  680.  689. 
711.  714.  716;  innere  Verhältnisse 
766  f.;  Karthagerkrieg  768 ff.;  Ab- 
berufung der  Flotte  aus  dem  Osten 
716.  771;  unter  Dionys  776  ff. 
985  ff. 

Syrien,  pers.  Provinz  (= '  Abarnaharä) 
84 ;  Abgaben  50_i  Heerwesen  44; 
Zustände  84.  ff.;  Religion  105, 


T. 

Tachos,  Rebell,  in  Leukae  899.  — 
.  K.  v.  Aegypten  964.  964  A.  972. 
979. 

Taimä  in  Nordarabien  87j  In- 
schriften 82.  82  A. 

Tamassos  auf  Cypera,  zu  Idalion  85. 
840  A. 

touAtat  in  Athen  403.  403  A. 
Tamos,  Hyparch  von  lonien  97j 

Flottenführer  des  Kyros  3L  838. 

837. 

Tanagra,  Schlacht  bei        329  A.; 

von  Athen  geschleift  33Q ;  Kämpfe 

mit  Athen  &2B.  596. 
Taoke  in  Persis  17. 
Tapurer  in  Medien  63. 
Tarent  und  Persien  173:  Niederlage 

durch  die  Iapyger  354,  370.  871 ; 

Verfassung  372;  gepen  Thurii  400; 

während  der  sie.  Ezp.  654.  665. 

674  i  für  8parta  680.  706  A.; 

Stellung  zu  den  Lucanern  804;  im 

italiot.  Bunde,  gegen  Dionys  824; 

unter  Archytas  826.  989. 
Tarracina  in  Latium  808.  810  A. 
-  811.  815. 
Tarsos  90. 

Tartessos,  Tartessier  376.  377. 
Tarzija  (Chazzija?),  Usurpator  in 

Babylon  Bd.  III,  S.  XIV. 
Tauroeis,  co).  ▼.  Massalia  374. 
Tauromenion,  als  Sikelerstadt  ge- 


Index  zum  dritten  Theil.  r>70 


gründet795. 799.800;  als  Griechen- 
stadt 991.  1000. 

Taxila  im  Fendjab  ML 

Tegea  gegen  Sparta  202,  203;  bei 
Plataeae  233.  236;  gegen  Sparta, 
8ch  lacht  bei  T.  '285 ;  für  Argos 
325;  Umschwung,  Wendung  zu 
Sparta  825 ;  gegen  Mantinea  606 ; 
bleibt  Sparta  treu  631;  im  Sonder- 
bundskrieg 639  f.;  demokratisch, 
im  arkadischen  Bundesstaat  949. 
950.  953;  Bruch  mit  Mantinea 
969.  —  Tempel  der  Alea  903. 

Tegyra  in  Boeotien,  Schi,  bei  932. 

Teispes,  Perserk.,  erobert  Susa  IL 

Telekleides,  Komiker  4M.  616 ;  gegen 
Perikles  41&  581. 

Telemessos,  Telmessos,  Orakelstadt 
in  Lykien  22,  95,  899. 

Telephanes  v.  Phokaea,  Bildbauer 
25  A.  481. 

Teleutias,  Atresilaos'  Bruder,  Nauarch 
864  A.  867.  869.  869  A.  870.  873. 
878;  fällt  vor  Olynth  894. 

Telesilla  v.  Argos  188. 

Telestes  v.  Selinus,  Dithvrambiker 
905. 

Temesa  in  Unteritalien  lokrisch  372; 
bruttisch  1001. 

Temnos  in  Aeolis  860. 

Tenedos  42iL  878.  930. 

Tenos  tritt  bei  Salamis  zu  den 
Griechen  über  223,  225;  im  del. 

•  Bund,  Tribut  426 ;  Sturz  der  Demo- 
kratie 700;  von  Alexander  von 
Pherae  geplündert  975. 

Teos,  im  ion.  Aufstand  ISO;  im  del. 
Bund,  Tribut  420 ;  im  ion.  Krieg 
687.688;  von Lysander genommen 
724.  724  A.;  unter  Eonon  860. 

Teqoa*  in  Palaestina  IlfL  125. 

Teres,  Odrysenkönig  428. 

Terillos,  Tyr.W.  Hiraera  206, 

Terina  in  Unteritalien,  gegen  Thurii 
400;  bruttisch  1001. 

Termessos  in  Pisidien  93. 

Tetreren  von  Dionys  gebaut  790. 

Teuthranien,  Landschaft,  zu  Lydien 
£L  2S2,  979;  Stadt,  Fürstenthum 
Demarats  3k  189.  838. 

Thaies,  Erzählungen  über  516. 

Thamanaeer,  iran.  Stamm  >>8. 

Thamudaeer  in  Nordarabien  87. 87  A. 

Thamyras,  Hb.  Dynast  420. 


Thargelia  v.  Milet  in  Thessalien  2 1 1 A. 

Tharros  auf  Sardinien  376. 

Thasos  und  Histiaeos  179;  Ver- 
theilung  der  Ueberschüsse,  Mauer- 
bau 202  A. ;  persisch  190 :  im 
.  del.  Bunde  225;  Aufstand  223  bis 
'295;  Tribut  42ÖJ  Sturz  der  Demo- 
kratie 703.  703  A  ;  von  Athen 
bekriegt  und  unterworfen  711. 716. 
716  A.;  Lysanders  Intervention 
746.  763;  unter  Thrasybul  872; 
im  zweiten  Seebund  935.  975; 
gründet  Datos  977. 998.  —  Hippo- 
krates  auf  Th.  503.  503  A. 

Theagenes  v.Bhegion,  Rhapsode  479. 

Thearidas.  Bruder  d.  Dionys  805. 
862.  987. 

Thebe,  Tochter  Iasons  956.  976. 

Theben  und  Persien  173..  1£L  206. 
211.213;  oligarch.  Verfassung  21 1. 
212,  lLL9  A.;  bei  Thermopylae  auf 
griecb.  Seite  215.  219,  219  A.; 
Uebertritt  zu  Xerxes  221;  bei 
Marrinnios  232.  235.  236j  Straf- 
gericht 232;  Verlust  der  Herr- 
schaft über  Boeotien,  Demokratie 
32JL  329  A.;  Bündniss  mit  Sparta 
32ü ;  bei  Oenophyta  besiegt,  von 
Athen  abhängig  330;  Wiederge- 
winnung der  Unabhängigkeit  und 
der  Suprematie  über  Boeotien  344: 
für  Korinth  gegen  Korkyra  532; 
mit  Sparta  verbündet  545;  Ueber- 
fal  1  Plataeaes  549 ;  besetzt  Plataeae 
564;  Theilnahme  am  Krieg  vgl. 
Boeotien;  in  Heraklea  Tracbin. 
637;  fordert  Athens  Zerstörung 
738;  Spannung  mit  Sparta,  Unter- 
stützung Athens  744.  749;  weigert 
die  Heeresfolge  758.  762. 842. 843; 
polit.  Stellung  847;  im  korinth. 
Krieg  853  ff.  866  ff.;  Auflösung 
des  boeot.  Bundes  879.  891:  Be- 
setzung der  Kadroea  891.  894  A. 
896  A.;  die  Oligarchien  gegen  Athen 
896;  Befreiung  924;  Geschichte 
bis  Mantinea  924—971 ;  boeot. 
Einheitsstaat  932;  heil.  Schaar 
931;  tbeban.  Symmachie  946; 
nach  Mantinea  972.  973;  Krieg 
mit  Athen  um  Euboea  97*. 

Themison,  Tyr.  v.  Erelria  960.  961. 

Themistogenes  v.  Syrakus  =  Xeno- 
phon  IE  lfilA.  833  A. 


580 


Index  mm  dritten  Tbeil. 


Themistokles  v.  Athen,  Ueberliefe- 
rung  und  Beurtheilung  182, 182  A. 
2*1  A.  4.">4 :  Anfänge  182:  Archon 
und  Anfänge  des  Piraeeus  183; 
Verb,  zu  Phrynichoa  182.  183  A. ; 
Opposition  des  Miltiades  184  f.; 
bei  Marathon  194  A.;  leitender 
Demagoge  und  Stratege  201 ;  gegen 
Aegina  204;  Flottengeseti  207: 
Stellung  und  Politik  200;  Kriegs- 
plan216;  im  Perserkrieg  218-228 ; 
auf  den  Inseln  228:  in  Sparta 
22*.  228  A.  233i  gestürzt  233, 
2Ü3  A.;  nach  dem  Perserkrieg 
gegen  Sparta  2fi2 ;  Mauerbau  und 
Piraeeus  270:  Stellung  und  Politik 
281—283;  Ostrakismos  286:  Aus- 
gang 288;  Besitz  im  Perserreich 
86.  288:  Nachkommen  288  A.; 
Tb.  und  Korkyra  222  A.; 

Pläne  auf  den  Westen  283.  391 ; 
Th.  und  der  Areopag  313  A.;  ge- 
schichtliche Würdigung  282,  28JL 

Theodektes  v.  Phaseiis,  Tragiker  905. 

Theodoros  v.  Byzanz,  Rbetor  906. 

—  v.  Kyrene,  Mathematiker  500- 

—  v.  Syrakus«  Gegner  d.  Dionys 
796.  795  A. 

Theodotes,  Söldnerbauptmann  des 
Dionys  II.  990.  992.  996. 

Theognis,  Gedichte  aus  dem  Perser- 
krieg unter  s.  Namen  212.  212  A. 

Theophrastos,  athen.  Oligarch  585  A. 

—  Peripatetiker  152;  über  Ari- 
stides  215  A. ;  über  Aspasia  422  A. 

Theoporop  v.  Chios,  Hellenika  160. 
163;  Philippika  168;  über  den 
Westen  166;  über  die  Demagogen 
168;  Perserkriege  141;  Marathon 
IM  A.;  Mauerbau  des  Themist. 
220  A.;  Kalliasfrieden  343  A.; 
Kleon  und  die  Ritter  581  A.; 
Euagoras  840  A.  —  Komiker  905. 

Theorikon  in  Athen,  unter  Perikles 
317.  an  A. 

Theoros,  athen.  Demagoge  58L  585A. 

Tbeotimos,  athen.  Stratege  976. 

Thera  neutral  215..  425,  593. 

Tberamenes.S.  d.  Hagnon  696.696A. ; 
Persönlichkeit  697.  704  A.;  unter 
den  Vierhundert,  Führer  der  ge- 
mässigten Aristokratie  704 — 707; 
gegen  Euboea  711;  im  hellespont. 
Krieg  711.  712.  717;  Trierarch 


bei  den  Arginusen  728;  im  Argi- 
nusenprocess  729.  729  A.;  bei  der 
Capitulation  Athens  737.  737  A. 
738;  setzt  die  Verfassungsände- 
rung durch  747.  748;  Opposition 
gegen  Kritias  und  Tod  749.  An- 
griffe des  Lysias  849. 

Therimenes,  spart.  Feldherr 689. 691. 

Therippidas,  spart.  Harmost  892. 

Thermae  bei  Himera,  von  Karthago 
gegr.  771.  794;  unter  Dionys  799. 
800;  wieder  karthagisch  826. 985  A. 

Therme  (Salonik)  217;  makedonisch 
225;  von  Athen  erobert  536;  zu- 
rückgegeben 551.  662. 

Tbermopylae,  Schlacht  bei  215  bis 
220, 

Theron,  Tyr.  v.  Agrigent  2Q&  229  ff. 
34L  350.  352j  Persönlichkeit  352j 
Bauten  in  Agrigent  354.  774. 

Thersandros  v.  Orchomenos,  Er- 
zählungen bei  Herodot  143. 

Theseus  als  Heros  der  athen.  Demo- 
kratie 280. 

Thespiae  im  Perserkrieg,  national 
2LL  215  219  f.;  eingeäschert  221; 
Verh.  mit  Athen  596;  von  Theben 
gesichert  596.  662;  von  Sparta 
behauptet  924.  925.  927.  932; 
von  Theben  genommen  932. 932  A. 
bei  Leuktra  942.  946. 

Thessalien  und  Kleomenes  202; 
innere  Verh.  21L  211  A.:  Ver- 
bindung mit  Persien  215,  vgl. 
Aleuaden;  auf  griech.  Seite  215. 
218;  Xerxes  in  Th.  22th  bei  Mar- 
donios  932.  235:  dje  Spartaner 
gegen  Thessalien  281;  Bund  mit 
Athen  321i  bei  Tanagra  329; 
athen.  Intervention  338 :  im  archid. 
Krieg  mit  Athen  verbündet  548. 
548  A.  550j  neutral  513.  599. 601. 
603.  604.  606.  .637;  im  dekel. 
Krieg  680;  bedrängniss  durch 
Makedonien,  spart.  Intervention 
764  f. ;  mit  Theben  gegen  Sparta 
855.  857.  858;  nach  dem  Königs- 
frieden 892.  895;  Tyrannis  s. 
Pherae;  nach  Leuktra  933.  946. 
956  f.  966.  971.  973.  976;  thessal. 
Bundesstaat  966.  973. 

Thessal os,  S.  d.  Kimon  312;  gegen 
Alkibiades  656. 

Theten  in  Athen  185,  299.  :-'.17.  395; 


index  zum  dritten  Theil. 


Zahl  416,  685:  als  Schützen  20*, 
2fi£L  4J7:  Huderer  208.  412.  652; 
Tross  bei  Delion  596;  Plan  sie 
als  Hopliten  zu  verwerthen  580. 
580  A.;  Hoplitencorps  aus  den 
Theten  652;  als  Epi baten  nach 
der  sie.  Exped.  685;  nach  der 
Restauration  848.  887. 

Thibron,  spart.  Feldherr,  in  Klein- 
asien 837.  838.  869;  Schrift  über 
Sparta  920. 

Thorax  u.  s.  Bruder,  Aleuaden  211  A. 

—  spart.  Harmost  734.  759. 
Thrakien,  von  Darius  unterworfen 

20,  172i  Mardonios  in  Thr.  190; 
Xerxes  217;  Reich  428,  s.  Odry- 
sen.  —  Küsten  im  del.  Bunde 
oder  athen.  Kleruchenland  276. 
29iL  425  f.  —  Söldner  in  Athens 
Diensten  5S0,  580  A.  598.  605. 
670. 

Thrasybulos,  Gelons  Bruder 350.  SM, 

—  Neffe  Therons  354  A.  352,  — 
v.  Kollytos,  athen.  Demagoge  861 : 
im  Hellespont  878.  878  A.  896. 
896  A.;  für  Theben  927.  930.  — 
v.  Steina,  S.  d.  Lykos,  Stratege 
der  Flotte  auf  Sumos  703:  im 
hellespont.  Krieg  709 — 711;  gegen 
Thasos  711.  716.  718;  gegen  Pho- 
kaea  722;  nicht  wiedergewählt 
723 ;  bei  den  Arginusen  Trierarch 
728.  729;  in  Phyle  756,  im  Pirae- 
eus  757.  758 ;  nach  der  Befreiung 
848.  849.  851 ;  Bürgerrechtsantrag 
850.  850  A.;  Bündniss  mit  Theben 
854;  Hüllszug  nach  Haüartos  855; 
bei  Nemea  857;  Stellung  nach 
Knidos  und  zu  Konon  861.  865  A. 
872;  Versuch  der  Wiederher- 
stellung des  Reichs  872.  928  A.; 
Angriffe  der  Radicalen  und  Tod 
873.  882.  885. 

Thrasydaeos,  S.  d.  Theron  3_5iL  3Ü4. 

—  Demagoge  in  Elis  757.  762. 
Thrasykles,  athen.  Stratege  688  f. 
Thrasylos,  argiv.  ötratege  639.  — 

Strateg  der  athen.  Flotte  auf  Samos 
703.  709.  711;  in  Ionien  716; 
Heimkehr  718;  Stratege  hei  den 
Arginusen  723;  hinger.  729. 
Thrasymacbos  v.  Chalkedon,  Hhetor 
und  Sophist  522,  524,  529;  in 
Athen  0_ÜL  613;  attische  Kunst- 


prosa 523 ;  über  die  tcdtpio?  «oXt- 
tc(a  695  A.;  für  die  Larisaeer  765. 
Thukydides,  S.  d.  Melesias,  athen. 
Staatsmann  3S5, 407—409. 4Ü9  A. 

—  S.  d.  Menon  v.  Pharsalos  705  A. 

—  S.  d.  Oloros  627 ;  polit.  Stellung 
696;  Stratege  bei  Eion  599;  ver- 
urtheilt601;Rückberufung735A.; 
Geschieh ts werk  627;  Veröffent- 
lichung 909 ;  Pentekontaetie  149  f. ; 
pelop.  Krieg  155  ff.;  Entstehung 
und  Vollendung  des  Werks  1 55. 
155  A. ;  Geschichtsauffassung  15_ß_  ff. 
627;  Reden  156j  Glaubwürdigkeit 
158.  —  Ausbruch  des  pel.  Kriegs 
530  A.  5JÜA.  532  A.544A.;  aber 
Plataeae  5_M  A. ;  Pylos  und  Sphak- 
teria  589  A.;  Benutzung  des  Antio- 
chos  5_26_  A.  597  A. :  sicil.  Exped. 
649 ;  Hermokrates  653  A. ;  Hermen- 
frevel,  Benutzung  des  Andokides 
651  A.;  ionischer  Krieg  690  A. 
693  A.  704  A.;  Gesch.  der  Vier- 
hundert 701  A.;  über  Therame- 
nes  704  A.;  über  Antiphon  612. 
Leichenrede  142,  308  A.  382  A.; 
Reden  über  die  Mytilenaeer  611. 
611  A. 

Thuria  in  Messenien,  Perioekenge- 
roeinde  263,  263  A.  294. 

Tburii,  Gründung  und  älteste  Ge- 
schichte 398—400;  Bruch  mit 
Athen  435 :  während  der  sie. 
Exped.  656  a.  665;  Uebertritt  zu 
Athen  672;  für  Sparta  680.  690. 
708.  724  A. ;  im  italiot.  Bunde  804; 
Niederlage  durch  die  Lucaner  805. 
825;  gegen  Dionys  824.  825.  826; 
gegen  die  Bruttier  1001.  1001  A. 

Thuys,  K.  v.  Paphlagonien  899. 

Thymaridas,  pythagor.  Arithmetik 
500, 

Thymbrara  in  Kleinasien  4L  41  A. 
Thymochares,  athen.  Stratege  706. 
710. 

Thyrea  in  Lakonien  IM.  263;  An- 
siedelung der  Aegineten  551 . 595 ; 
von  Athen  verwüstet  595.  668. 

Thyria  in  Akamanien  939. 

Thyssageten  in  Sibirien  65. 

Thyssos  auf  der  At  hoshalbinsel  605 A. 
633. 

Tibarener  6JL 

Tibet  ML  Ü£,  0±L 


582  Index  zum  dritten  Theil. 


Tibur  in  Latium  810. 

Tieon  am  Pontos,  von  Heraklea  ab- 
hängig 430,  980. 

Tigranes,  pers.  Feldherr  bei  Mykale 
238  f.  —  auf  Samos  965. 

Timaeos,  Geschichte  des  Westens 
167;  Himeraschlacht  322  A.;  Ober 
(Jelon  348  A.;  Sicil.  im  iL  Jahrh. 
252  A.;  erster  sie.  Krieg  aus  Thu- 
kyd.  überarbeitet  597  A.;  Kar- 
thagerkrieg und  Dionys  769  A. 
770  A.  773  A.  774  A.  778  A.  794  A. 

795  A.  (Rede  des  Theodoras). 

796  A.  822  A.;  Aber  Dionys  782. 
796.  986.  986  A.;  Ober  Dion  992  A. 
993  A.  995  A.  999  A. 

Timagenidas,  theban.  Oligarch  237. 
Timagoras,  athen.  Gesandter  in  Susa 

959.  963. 
Timesileos,  Tyrann  v.  Sinope  A'AO. 
Timokrates,   Demagoge  im  Argi- 

nusenprocess  729.  —  v.  Rhodos, 

pers.  Unterhändler  855.  855  A. 

—  Commandant  v.  Syrakus  993. 
Timokreon  v.  Rhodos,  Gedichte  lASu 

225.  228  A. 
Timolaos,  korinth.  Stratege  857. 
Timoleon  v.  Korinth,  Befreier  Sici- 

liens  968.  1000. 
Timomacbos,  atben.  Stratege  975. 

976.  977. 
Timonides  v.  Leukas.  Genosse  und 

Geschichtsschreiber    Dions  16JL 

992.  992  A.  998  A.  995  A.  999  A. 
Timophanes,  Tyrann  von  Korinth 

968. 

Timotheos,  S.  d.  Konon  930;  Bez. 
zu  Isokrates  923;  Persönlichkeit 
und  Politik  930;  im  Westen  935 
bis  938;  Process  938;  in.  Aegypten 
900. 938. 940A. ;  gegen  Kallistratos, 
Wiederaufnahme  der  Eroberungs- 
politik 963;  FeldzQge  in  Klein- 
asien und  Thrakien  964.  965;  am 
Hellespont  967.  980;  Heimkehr 
967.975;  Niederlage  bei  Ampbi- 
polis  976;  spatere  Stellung  977; 
im  Bundesgenossenkrieg.  Verur- 
teilung und  Tod  982.  982  A.  — 
v.  Milet,  Dithyrambiker  488.  4&L 
764.  905. 

Tiribazos,  Satrap  v.  Westarmenien 
835;  Oberfeldherr  in  Kleinasien 
IL  865  f.;  Verbindung  mit  Sparta, 


Königsfriede  877—879 ;  gegen 
Euagoras  897  f.;  Process  898. 

Tiryns,  von  Argos  unabhängig  188; 
bei  Plataeae  235;  von  Argo3  zer- 
stört 285,  285  A. ;  Tirynthier  in 
Halieis  285. 

Tisamenos,  ava^pa^tus  in  Athen 
848  A.  —  lamide,  in  Diensten 
Spartas  236.  285  A. 

Tisias  v.  Syrakus,  R betör  368;  in 
Thurii  398. 

Tisipbonos,  Tyrann  v.  Pherae  976. 
978. 

Tissaphernes,  Satrap  v.  Sardes  und 
Karien6S3;  Besitzungen  35;  Ober» 
feldherr  683.  A1L  44i  gegen  Amor- 
ges  und  Athen  683;  im  ionischen 
Krieg  687—692.  708;  Verhand- 
lungen mit  Athen  692.  699.  703; 
Verhalten  in  den  nächsten  Jahren 
710.  714.  716;  muss  die  Satrapie 
von  Sardes  und  den  Oberbefehl  an 
Kyros  abtreten  719.  722;  schützt 
die  milesischen  Demokraten  733  A. 
761;  gegen  Kyros  745.  832.  883; 
bei  Kunaxa  834;  gegen  die  Kyreer 
835;  Nachfolger  des  Kyros  837; 
Krieg  pegen  Sparta  837  ff.;  Ver- 
urteilung und  Tod  845  f. 

Tithraustes,  Chiliarch,  gegen  Tissa- 
phernes 845 ;  in  Kleinasien,  Ver- 
handlungen mit  Agesiiaos  846. 
33  A.,  mit  Theben  854  A.  855; 
am  Hof  gegen  Sparta  865  f. 

Tlos,  Stadt  in  Lykien  95. 

Tobia,  Samaritaner  125.  128. 

Tolmides,  atben.  Stratege  32 1 ;  Fahrt 
um  den  Peloponnes  334;  fübrt 
Kleruchen  nach  Euboea,  Naxos, 
Andres  22&  337  A.;  fällt  bei 
Koronea  344. 

Torone  auf  der  Chalkidike,  im  del. 
Bund  421;  Abfall  600;  zerstört 
605.607 ;  restaurirt743;  im  cbalkid. 
Bund  893.  894;  von  Athen  er- 
obert 965. 

Tragia  bei  Samqs.  Schlacht  423, 

Tragödie,  staatliche  Organisation 

440.  441  f.  4'.M) ;  xatvol  tpftf cpSot 

441.  441  A. ;  Entwickelung  durch 
Aeschylos  257 — 259. 490;  die  neue 
Tragödie  (Sophokles  und  Euri- 
pides)  491—494;  Stichomythie  u. 
Reden  444,  425,  492;  Charakter- 


Index  zum  dritten  Theil. 


typen  453;  Zersetzung  durch  Euri- 
pides  42ä.  494^  im  4.  Jahrh.  905. 
Tragurion,  col.  v.  Issa  in  Illyrien 

822. 

Trailes,  Thibron  gegen  837  A. 
Trapezus  am  Pontes  43lL  835.  836. 
Triballer  601.  601  A.  935. 
Tribus  und  Tribunen  in  Rom  812. 
Triphylien  285.  606.  744.  762.  949; 

arkadisch  953 ;  vgl.  Lepreon. 
Tripolis  in  Phoenikien  85. 
Tritojesaja  118. 

Troas  im  del.  Bunde  292.  426;  unter 
Zeno  und  Hania  aL  761.  838; 
Charidemos  in  Troas  979.  980. 

Troezen  im  Perserkrieg  219.  222. 
222  A.  235;  Anschluss  an  Athen 
331.  334 :  geräumt  346.  591 ;  für 

•  Korinth  gegen  Korkyra  532;  An- 

.  griff  Athens  595;  für  Sparta  950. 
952. 

Tragus  Pom  pejus,  s.  Justin. 
Trysa  (Gjölbaschi)  in  Lykien  95  A. 

Turdetaner  (Tarlessier)  377. 
Tusculum  in  Latium  808.  810.  811. 
Tydeus,  athen.  Stratege.  733.  734  A. 
Tylos,  arab.  Insel  im  pers.  Mb.  62. 
Tymnes,  karischer  Dynast,  im  de). 

Bunde  424, 
Tyndarides,  Usurpationsversuch  in 

Syrakus  S59. 
Tyndaris,  von  Dionys  mit  Messe- 

niern  besiedelt  799.  799  A.  800. 
Tyras,  griech.  Stadt  am  Dnieslr 

iÜL  432. 
Tyrodiza,  Thrakerstadt  an  der  Pro* 

pontis,  im  del.  Bunde  292.  425, 

428. 

Tyros,  phoen.  FQrstenthum  85]  von 
Euagoras  genommen  897. 


u. 

Uliades  v.  Samos  212. 

Umbrer  und  Kelten  821. 

Urartu  (Alarodier)  89. 

Unik  (Orche)  in  Baby  Ion  ien  S2± 

*Us,  in  der  syr.  Wüste  £7  A. 

Ustani  (Sisines),  Satrap  v.  Syrien  und 

Babylonien  29.  HL 
Utier,  pere.  Stamm  KL  10  A.  l±L  4JL 
Utika  und  Karthago  381. 


Uxier  (Uvädia)  Iß.  U  A.  IL 
Uzahor,  Oberpriester  von  Sais,  bei 
Darius  101. 

V. 

Veji,  Kriege  mit  Rom  811.  811  A.; 

erobert  815;  die  Römer  in  V. 

818-820. 
Velitrae  in  Latium,  volskisch  808. 

808  A.;  latinisch  815. 
Veneter  und  Kelten  819.  821. 
Verrugo  in  Latium  808.  815. 
Volsinii  und  Rom  816. 
Volsker  808.  811.  815.  820. 


w. 

Wellhausen  & 
Wilamowitz  170. 

Wissenschaft,  griechische,  Anfange 
243.  498;  wissensch.  Literatur  im 
5.  Jahrh.  491,  493  ff.;  im  4.  Jahrh. 
909. 

X. 

Xanthippos,  athen.  Staatsmann  116. 
182;  gegen  Miltiadea  IM  A.  197; 
Ostrakismos  191*  lfifi  A.;  neuer 
Einfluss  233.  233  A.;  Gesandter 
in  Sparta  284j  bei  der  Flotte  233. 
Mykale  und  Sestos  239;  Tod  28L 

—  S.  d.  Perikles  53L  558.  558  A. 
Xanthos  in  Lykien  95;  8tele  von  X. 

557  A.  688  A. 
Xanthos  der  Lyder  92. 
gtvafot  im  pelop.  Bunde  285. 
Xenagoras  v.  Halikarnass  in  Kilikien 

90.  A. 

Xenarchos,  Mimen,  Ober  Rhegion 
807  A. 

Xenares,  Ephor  685.  636;  Tod  637. 
Xenias,  eliscber  Oligarcb  762. 
Xenokrates,  Bruder  Therons  350. 

—  v.  Chalkedon,  Schüler  Piatos, 
in  Sicilien  990. 

Xenokritos,  in  der  Gründungscom- 
mission von  Thurii  398.  . 

Xenophanes  von  Elea,  System  509. 
509  A.;  Einwirkung  auf  Heraklit 
508.  508  A.,  auf  Parmenides  510. 
51 1  -.  gegen  den  Sport  249. 


584  Index  zum  dritten  Theil. 


Xenophon,  athen.  Stratege  561.  5ü">. 
-r—  der  Sokratiker,  Leben  lö2  A.; 
X.  und  Sokrates  618  A.;  bei  Kyros 
835  f.;  Führer  der  Kyreer  in  Klein- 
asien 838  A.;  mit  Agesilaos  bei 
Koronea  856.  858  A.;  Bez.  zu  Dio- 
nys II.  990;  polit.  Anschauungen 
882. 883.  922.  924;  Abfassungszeit 
seiner  Werke  lfi2  A.  —  Agesilaos 
lÜL  834  A.  919.  —  Anabasis  5. 
161.  919.  833  A.  834  A.  836  A.; 
Anhang  5,  —  Apologie  »52  A. 

—  Cyropädie  5-  922;  Benutzung 
Herodots  5  A.  9_  A.  12  A.  20,  23  A. 
45  A.  —  Hellenika  909. 919;  Ende 
des  pel.  Kriegs  im  710  A.  711  A. 
716  A. ;  Chronologie  7 14  A.  725  A. ; 
chronol.  Interpolationen  714  A. 
769  A. ;  Arginusenprocess  729  A. ; 
Über  Theramenes  704  A.;  Fall 
Athens  und  Gesch.  der  Dreissig 
736  A.  737  A.  747  A.  748  A.  749  A. 
756  A.  757  A.;  die  folgende  Zeit 
162;  memoirenhafter  Charakter, 
Tendenz  und  Glaubwürdigkeit  l&L 
162  A.;  Zeit  Lysanders  748  A.; 
über  die  pers.  Gelder  854  A.;  über 
Thrasybul  873  A. ;  gespreizte  Ma- 
nier bei  unangenehmen  Ereig- 
nissen 878  A.  931  A.  937  A.  944  A. 
961  A.;  Uebergehen  des  Seekriegs 
845  A.,  der  Gründung  der  Allianz 
von  395 :  855  A.,  der  Gründung  des 
Seebundes 928  A..  der  Beziehungen 
zu  Persien  936  A.;  thebanische 
Zeit  924  A.;  Leuktra  944  A.;  An- 
griff auf  Sparta  950  A.;  Schweigen 
über  Messene  und  Megalopolis 
951  A.  953  A  ;  Beurtheilung  des 
Lykomedes  949  A. ;  über  Schi.  b. 
Mantinea  971.  Benutzung  durch 
Aristoteles  747  A.;  durch  Ephoros 
8,  das.  —  Hieron  827  A.  990.  — 
Memorab.  618  A.  912.  —  Oecon. 
über  Persien  5,  4&  über  Land- 
wirtschaft 883.  —  iroX.  Aax.  920. 

—  rcopoi  984.  —  die  noXittta ' A^rj- 
vauov  unter  X.  Namen  147.  308  A. 
585.  696. 

Xerxes,  Perserkönig,  Antritt  190; 
unterwirft  Aegypten  102, 196;  Ab- 
schaffung des  babyl.  Königthums 
80.  196j  X.  und  die  Juden  118; 
Verhalten  zu  den  griech.  Göttern 


25 5 ;  Bauten  LL  72i  Bündniss 
mit  Karthago  206;  Zug  cremen 
Griechenland  2Ü5  f.  '11SL  213  ff.: 
Heeresstärke  217.  211  A. ;  Rück- 
zug 22ö  A.  222,  222  A. ;  letzte 
Zeit  und  Ermordung  322  f.  323  A. 
—  II.,  Perserkönig  682. 
loftpafrtfi  in  Athen  31M  A.  701. 
701  A.  713  A. 


z. 

Zacharja,  Prophet  LH.  —  der  An- 
hang, über  die  Propheten  133. 

Zakynthos  (reiten  Sparta  285;  gegen 
Korinth  332;  Anschluss  an  Athen 
334 ;  für  Korkyra  535 ;  Bündniss 
mit  Athen  548,  548  A.  574^  An- 
griff der  Pelop.  566;  bei  der  sie. 
Exped.  672;  unter  Sparta  892; 
Kämpfe  um  Z.  937.  938.  —  Dion 

.  auf  Z.  993. 

Zankle  und  Persien  173;  Samier  in 

Z.  181 ;  Umwandlung  in  Messana 

203,  353.  358. 
Zarathustra,  Persönlichkeit  lö  A.; 

Alter  des  Awesta  10  A.  45  A.; 

Lehre  und  Umgestaltung  76.  ff.; 

Verbreitung  der  Religion  IQ.  lü  A. 

2L  2&  19_  104.  106. 
Zela  in  Kappadokien,  pers.  Cultus- 

stätte  92, 
Zelea  am  Hellespont,  im  del.  Bunde 

Zenis  von  Troas  3L  761. 

Zeno  v.  Elea,  Leben  37 J;  in  Alben 

412.  509  A.;  Lehre  512.  510  A. 
Zeruhabel,  Statthalter   von  Juda, 

Tempel  bau  IIS,  H9,  vgl.  Bd.  III, 

S.  XIV. 
Zeugitana  karthagisch  379. 
Zeugiten  in  Athen  2iüL  BOti.  395 ; 

Archontat  ihnen  zugänglich  317; 

Zahl  416.  685;  auf  der  Flotte  41L 

567.  727. 
Zeuxis(Zeuxippos)v.  Herakles,  Maler 

373.  479.  479  A.  484.  764.  903. 

904. 
Zinninseln  378. 

Zopyros,  Satrap  v.  Babylon  3iL  8JL 
—  Enkel  d.  Vorigen,  S.  d.  Mega- 
byzos,  Rebellion  433, 

Zyganten  (Byzanten)  in  Afrika  312. 


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