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Full text of "Heidelbergische afterw. Heidelberger Jahrbücher der Literatur"

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I' 


HEIDELBERGER 


JAHRBÜCHER 


LITERATUR, 


VIER  VKD  ZWANZIGSTER  JAHRGANG. 


ZWEITE  HÄLFTE, 
July   bis  December, 


HEIDELBERG. 

In  der  liniversiUiU-Buchhandiuug  von  C.  F.  WiiN  iER. 

18  3  1. 


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N^  40.    HEIDELB.  JAHRB.  d.  LTTERATUIt  183L 


Keioe  Wkseoscbafl  lehrt,  uns  §o  einleuchtend  die 
Wahriieit,  ab  die  Moral,  dafs  die  Philosophie  nicht 

allein  anf  logische  Demonstration  oder  metaphj^sische 
SpeculaUon  vertrauen  dürfe,  sondern  dafs  sie  ihren  letz- 
ten Grund  in  unmittelbaren  Thatsachcn  der  Vernuoit  an* 
erkenaea  müsse,  die  wir  als  höchste  Grundsätze  in  allen 
Qnsern  Erkenntnissen  qnd  Urtheilen'  voranssetzen ,  nnd 
die  durch  die  Philosophie  ndr  nachgewiesen ,  nicht  be- 
wiesen oder  constrairt  'Werdep  kSnnen.  Am  stärksten 
kündigen  sich  unserem  Bewufstsej'n  die  sittlichen  Grund- 
sätze als  unmittelbare  an ,  wir  urtheilen  und  handeln 
nach  ihnen  im  Leben,  und  die  Wissenschaft,  vermag 
nidits  zu  Ihiin ,  als  sie  als  unmittelbare  in  unserer  Ver- 
«nnft  pachzDweisen  und  auf  ihren  wahren ,  reinen  Aua*  * 
druck  Buriickzufthren.  Es  wilrde  eine  «ehr  rithselhafle 
Erscheinung  sevn  ,  dafs  die  Darstellungen  der  Moral , 
vo»  den  entgegengesetztesten  wissenschaftlichen  [Grund-  ' 
Sätzen  ausgehend,  doch  meist  in  detn  Hesultaten  der 
höchsten  sittlichen  Grundbegriffe  zusammentreffen ,  wenn 
sie  sich  nicht  diarans  erklärj^n '  iieflie  dafs  eben  jene 
Grundbegriffe,  bewuAt  oder  nnbe^bt,  bei  diesen  Dar* 
Stellungen  schon  vorausgesetzt  werden ,  und  dafs  also  die 
wissenschaftliche  Form  sich  unwillkührlich  diesen  Grund-  , 
Sätzen  anbequemt  Eben  daher  erklärt  es  sich  aber 
anch ,  dafs  in  uhilosophischen  Systemen ,  welche ,  ohne 
Anerkennung  der  Unniittelbarkeit  aller  höchsten  Wahr- 
heit, nur  arf Specttlation  allein  Tertranen,^ die  Darstel- 
lungen der  Moral ,  wenn  sie  versucht  wurden,  entweder 
in  starkem  Widerspruch  mit  der  speeulativeu  Grundlage 
er^hienen,  oder  äufserst  mangelhaft  und  arm  gerathen 
sind.  Man  denke  nur  daran,  wie  grell  die  Sittenlehre 
l^hte'a  im  Widerspruch  auftreten  mufste  gegen  daa 

.Xm.  Mkrff.  i.  Heft. 


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i26  BlTenich,  MoralphilcMoplite/ 

8.g.  reib,  <1.h.  leer  speculatiTe System  der  Wis»eii6chaf(9> 
lehre;  und  dann,  v^le  achwach  and  armaelig-  die  Dar- 
stellungen cfer  Sittenlehre  bei  Hegel  in  dtr  Encjclopädie 
ausgefallen  sind.  Deswegen  aber  werden  diejenigen  Dar- 
stellungen der  Moral  vor  den  andern  immer  einen  grofsen 
Vorsog  haben ,  welche  diese  Unmittelbarkeit  der  höchr 
sten  praktischen  GrundsäUse  anerkennen ;  und  zu  diesen 
gehört  denn  aucli  die  vorliegende.  > 

Der  Verf.  erkennt  es  (Vorr.  S.  III.)  als  die  Aufgabe 
der  Philosophie  überhaupt  au :  zu  entscheiden  über  die 
Realität  der  Begriffe,  und  betrachtet  weiterhin  (^.3.) 
das  unmittelbare  Bewufstseyn  der  Sache  in  uns  als  die 
Erkenntnirs -Quelle  aller  Philosophie.  Demgemärs  hat 
die  Moralphilosophie  die  praktischen  Begriffe  in 
dem  unmittelbaren  Bewufstseyn  nachzuweisen,  und  ihre 
Aufgabe  wird  also  zunächst  eine  Untersuchung  der 
praktischen  Vernunft,  als  dem  Vermögerl  des  unmittel- 
baren Bewufstseyns  der  praktischen  Begriffe*  Diese  kri- 
tische Nachweisuüg  der  praktischen  Grundbegriffe  au^ 
der  praktischen  Vernunft  ist  der  Inhalt  dieses  (bis  jetzt 
erschienenen)  ersten  Bandes  der  Moraipliilosophie. 

"Wenn  auch  diese  Darstellung  sich  nicht  durch  eigen- 
thümliche  und  wesentlich  neue  Resultate  auszeichnet,  so 
muft  ihr  doch  das  nicht  geringere  Verdienst  besonnener, 
vorsichtiger  und  nüchterner  Forschung,  verbunden  mit 
einem  rühmlichen  Streben  nach  Gründlichkeit,  Deut- 
lichkeit und  Bestimmtheit  zuerkannt  werden.  Unge- 
achtet der  Verf.  von  Kant  häufig  mit  Geringschätzung 

Spricht,  so  verdankt  er  doch  diesem  grofsen  Reformator 
er  neueren  Moralphilosophie  mehr  als  er  sich  vielleicht 
selbst  bewufst  ist.  Denn  wenn  der  Verf.  auch  mit  Recht 
viele  IrrthOmer  der  Kantischen  Moralphilosophie  be- 
streitet und  verbessert,  so  steht  doch  auch  er,  wie  die 
ganxe  neuere  Moralphilosophie,  im  Wesentlichen  auf  der 
durch  Kant  geschaffenen  Grundlage  dieser  Wissenschaft, 
insbesondere,  wie  diese  von  spStem  Schülern  Kants, 
z.  B.  von  Fries,  durch  Benutzung  Jakobi'scher  Ideen, 
umgebildet  und  verbessert  worden  ist.   Auch  Ree.  be- 


-  ElTcnieb,  Moralphilotophi«  62T 

kennt  sieh  zu  dieser  Gnindlagfe,  und  gerade  in  dem, 
worin  der  Verf.  davon  abgewichen  ist,  glaubt  er  ihm 
widersprechen  zu  müssen. 

Nach  einer  blos  vorläufigen  N^oniinalerklärung  von 
der  Moralphilosophie,  spricht  der  Verf.  in  der  Ein- 
leitung von  dem  Verhältnifs  der  Moralphiloeophie  zu  . 
der  theoretischen  Philosopliie ,  zu  der  Rechtapiiosophie 
und  zu  der  positiven  Sittenlehre.  In  Rücksicht  der  er- 
steren  bemerkt  der  Verf.,  die  Moralphilosophie  setze 
die  theoretische  Philosophie  zum  Theil  voraus,  und  ^war 
in  zwei  Stßcken,  1)  um  die  Realität  des  unmittelbaren 
Bewufirtseyns  darzuthun ,  2)  um  die  Realität  des  Sub- 
jdcts  und  Objekts  der  Moral ,  nimlich  der  Innen  *-  und 
der  Aufsenweit  darzuthun.  Mit  Recht  weist  er  dann 
den  Irrthnm  ab,  dafs  die  Moral  aus  der  theoretischen 
Philosophie  auch  die  bestimmteren  religiösen  Begriffe, 
namentlich  den  Begriflf  von  Gott,  voraDSseizen  müsse, 
denn  die  philosophischen  Pilichtbegriffe  müssen,  ohne 
Rficksicht  auf  den  Begriff  Gottes,  rein  aus  der  Vernunft, 
abgeleitet  werden ,  die  reinen  Pilichtbegriffe  liegen 
schon  vor  und  unabhängig  von  der  Erkenntnifs  Gottes 
in  der  menschlichen  Vernunft  (S.  14.).  Allein  ungeachtet 
dieser  Unabhängigkeit  der  Moralphilosophie  von  reli« 
g^ösen  BegriflFen ,  hätte  doch  nothwendig  hier  bemetlit 
werden  müssen  ,  dafs  die  Moral  aus  der  theoretischen  ' 
Philosophie  vor  Alien  die  Anerkennung  eines  ewigen, 
übersinnlichen  Seyns  voraussetzen  müsse,  worin  die  sitt- 
lichen Grundbegriffe  von  einem  ewigen,  absoluten  Gut  - 
und  Zweck  und  von  der  Freiheit  wurzeln.  Ferner  dag 
Verhiltnife  der  Moralphilosophie  zn  der  Rechtsphibso- 
phie  wird  unvollständig  darin  bezeichnet,  dafs  die  Ge- 
setze der  ersteren  sich  als  Gebote:  du  sollst,  die  der 
andern  als  Erlaubnifsgesetze:  du  darfst ,  ausdrucken 
sollen.  Eis  giebt  auch  Rechtsgesetze,  welche  ein  Gebot, 
etil;'  da  sollst,  anssprechen,  und  auch  sittliche  Erlaob- 
uifsgesetze.  Richtiger  ist  das  Verhältnifs  durch  die 
Unterscheidung  zwischen  Gesetze  für  innere  uiyd  für 
iufsere  Handlungen  bestimmt. 


1 


628  Elvenich,  Moralphiloiophie. 

Die  Darstellung  des  ersten  (die  Grandlage  enthal- 
tendeo)  Theils  selbst  ist  sehr  zweckmäfsig  in  zw^i  Ab- 
schnitte getheilt,  deren  erster  die  „Deduction  diB.s 
höchsten  Moralprincips*'  enthält,  und  dafhr  ^ine 
Untersuchung  der  zwecksetzenden  Vermögen,  der  Sinn- 
lichkeit und  der  praktischen  Vernunft,  in  sich  begfreift, 
deren  zweiter  unter  der  Ueberschrift  von  der  in  o  r  a  1  i  - 
'  sehen  Bildung,  von  den  BedingUDgen  der  Sittlich-» 
keit  im  Menschen,  der  Freiheit  des  Willens,  Zurech- 
nung, sittlichen  Kraft  des  Menschen  und  der  Tugend 
handelt.  In  der  Deduction  des  höchsten  Moralprincips 
verfolgt  der  Verf.  sehr  richtig  den  psychologischen  Weg 
der  Ableitung  aus  dem  zwecksetzenden  Vermögen  oder 
der  praktischen  Natur  des  Menschen»  Wenn  er  aber  in 
dieser  Untersuchung  sogleich  mit  der  speciellen  Dar- 
stellung der  Sinnlichkeit  beginnt  (S.  41.),  so  wäre 
doch  sehr  zu  wünschen  gewesen ,  dafs  eine  Untersuchung 
über  praktische  Natur  des  menschlichen  Geistes  über- 
haupt vorausgeschickt  worden  wäre,  in  welcher  die  Be- 
griffe des  Werthes  und  Zweckes,  das  Verhältnis  den 
unmittelbaren  Werthgebens  einerseits  zu  dem  Verstände 
und  Bewufslsejn ,  andererseits  zu  den  Trieben ,  dem 
Begehren  und  Wollen  erklärt  worden  wären.  Denn  über 
diese  Begriffe  und  V  erhältnisse  lafst  uns  der  Verf.  etwan 
.  im  Dinnkeln ,  und  stellt  Einiges  picht  gann  richtig  dar, 
S.B.  wenn  er  ans  dem  Zweckesetzen  erst  die  Bestim- 
mung des  Werthes  und  Unwerthes  der  Dinge  ableitet 
(S.  41  —  51.  und  S.  70—78  ):  und  doch  set^t  der  Be- 
griff des  Zwecks  schon  den  des  Werthes  voraus,  indem 
eben  dadurch  uns  etwas  zum  Zweck  wird ,  dafs  wir  ihm 
einen  Werth  beilegen.  < —  Das  Ganze  der  zwecksetzenden 
Vermögen  wird  femer  nur  in  Sinnlichkeit  nud  Vernunft 
eingetheilt.  Allein  wenn  gleich  die  Sinnlichkeit  als 
Trieb  nach  Wohlbeiinden ,  nicht  allein  die  körperlichen, 
sondern  auch  vermöge  des  inneren  Sinnes,  die  geistigen 
jGenüsse  in  sich  begreift,  so  mufs  man  dennoch  einen 
rdn  geistigen  Trieb  odor  ein  Vermdgen  der  geistige 
Zwecksetznng  noch  unterscheiden ,  das  nicht  durch  sinn- 


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r 

Eivenicli ,  Moralphilofoplilfl*  61i 

liehe  Erregung  bestimiTit  wird,  und  doch  auch  nicht 
rein  yeroüofüg  ist ,  indem  es  nicht  die  Selbstständigkeil 
des  Geisles  an  sich,  sondern  nur  den  Geist  in  der  £r- 
scheinttg  betrifit  Die  AnerkennuDg  eioes  eolcheo  ndii 
geistigen ,  weder  einnlicheii  noch  rein  ▼eräflof  tigen  Trie- 
bes ist  sehr  wichtig  fQr  die  Moraiphilosophie ,  um  daiaud 
das  ganze  Gebiet  der  über  die  Grenzen  der  strengen 
Pflicht  hinausliegenden  sittlichen  Anforderungen  der  gei- 
stigen Vollkommenheit  abzuleiten  und  in  ihrem  rich- 
tigen Verhältnifs  aufsnfiiSBen« 

Bei  der  Untersnchung  der  praktischen  Ver- 
nunft (im  engereu  Sinn,  im  Unterschied  von  der  Sinn- 
lichkeit) vermifst  Ree.  hauptsächlich  die  rein  ideale 
AttiTassuog  dieses  Vermögens,  und  er  hält  deswegen 
die  ganze  Deduction  des  Moralprincips  ans  diesem  Ver- 
min f&r  Teifehlt  Soll  nämlich  die  Sittengesetsgebnnjg 
eine  nothwendige,  absolute,  Aber  alle  irdische  Zwecke 
erhabene  seyn  ,  so  muls  sie  auf  einem  idealen,  über  alle* 
Endlichkeit  und  Beding'thcit  der  Natur  erhabenen  Ver- 
mögen der  i^wecksetzung  beruhen,  und  dies  kann  nur 
darin  bestehen,  dafis  der  Mensch  rein  als  Idee,  in  der 
Abstraction  von  aller  natürlichen  Bedingtheit  aufgefafst , 
einen  idealen  Werth,  d.  i.  WOrde  erhalte.  Diese  ideale 
Bedeutung  des  Menschen  und  somit  der  Würde  mangelt 
aber  der  Darstellung  des  Verfs.  Nach  ihm  ist  die  prak-  . 
tische  Vernunft  das  Vermögen,  die  „Förderung  der 
Menschenwürde  som  Zweck  zu  setzen (S.'M.)» 
schon  dies  entspricht  nicht  der  idealen  AnfTassung  der' 
Würde,  da  diese  dann  nicht  gefördert,  sondern  nur 
anerkannt  werden  könnte.  Dies  bestätigt  sich,  wenn 
die  menschliche  Würde  in  den  Inbegriff  der  höch- 
sten, ihn  von  allen  übrigen  Erdenwesen  unterscheidenden 
KrUte  und  Fähigkeiten  gesetzt  wird  (S.  AS  fg.); 
denn  darin  ist  doch  nur  ein  natürlicher  Vorzug ,  also  nur ' 
ein  relativer,  bedingter  Werth  des  Menschen  gegeben. 
Der  Mensch  hat  höhere  natürliche  Kräfte,  als  andere 
Wesen,  er  wird  also  mit  Recht  höher  geschätzt,  als 
jene,  aber  es  sind  doch  auch  nur  Kräfte ,  die  wir  hier 


1180  £itenicli)  Maralphilosopliic. 

schätzen,  und  Kräfte,  nur  j^erin^ere,  finden  wir  auch 
10  andereo  Natnrwesen,  der  Unterschied  der  Schätzung 
Mft  aUo  nur  gradweise,  nur  relativ.  Der  Verf.  sucht 
iwar  dieser  Werlhschitxung  dadurch  einen  idealen ,  reia 
Ternüoftigen  Charakter  su  geben,  dafe  er  darsothuD 
sucht ,  es  sey  Factum  des  Bewufstsejns ,  dafs  das ,  was 
die  (theoretische)  Vernunft  slIh  Kraft  erkennt,  Gegen- 
stand eines  unmittelbaren  Gefallens  sey  (8.10.).  Aber 
die  Unrichtigkeit  dieser  Behauptung  wird  schon  in  dem 
daselbst  angegebenen  Beispiel  von  der  Kraft  im  Magnet 
einleuchtend,  die  keineswegs  unmittelbar  ein  Wohlge- 
fallen der  Vernunft  mit  sich  führt,  sondern  dies  erst 
mittelbar  durch  die  Art  ihrer  Wirksamkeit  hervorbringt 
und  manche  Kräfte,  z.  B.  zerstörende  Kräfte  in  der  Natur 
oder  die  Kraft  des  bösen  Willens  im  Menschen ,  erregen 
selbst  Mlfitfallen.  Aber  auch  davon  abgesehen  ,  so.etellt 
der  Verf.  doch  selbst  die  Würde  des  Menschen  nur  als 
eine  relativ  höhere  Werthschätziing*  als  die  Kräfte  der 
Natur  dar,  wenn  er  sie  nur  darauf  gründet ,  dafs  die 
Vernunft  in  dem  Menschen  unter  allen  Wesen  auf  Erden 
die  hervorragendsten  Kräfte  findet.  Ganz  richtig 
bezeichnet  der  Verf  zw'ar  als  Gegenstände  der  Würde 
des  Menschen  Intelligenz  und  Freiheit;  aber  diese  sind 
es  nur  dadurch,  dafs  sich  in  ihnen  eine  über  alle  Natur 
hinausgehende,  ideale  Beschaffenheit  des  Menschen 
kund  thut,  ab  Kräfte  aber  dürfen  wir  «ie  nns  nur  den- 
ken ,  in  so  fern  sie  ihrer  Brscheinung  in  der  Natur  nach 
betrachtet  werden ,  nicht  ihrem  walircn  Wesen  nach. 

Hieraus  leitet  der  Verf.  als  höchstes  Princip  dtr 
Moral  aus  der  praktischen  Vernunft  dieses  ab:  ^Suche 
die  Menschenwürde,  wo  sie  immer  augetrof- 
fen  wird  ^ —  in  Dir  und  in  Andern,  —  rein 
darzustellen,  zu  erhalten  und  zu  rervollT 
kommnen,  und  zwar  um  ihrer  (der  Me nschen- 
würde)  selbst  willen,  d.  i.  aus  Achtung  gegen 
dieselbe."  (&  Das  seit  Kant  ziemlich  allgemein 

als  das  richtige  anerkannte  Princip  der  Würde  des  Men- 
schen ,  insbesondere  wie  es  von  Fries  (Neue  Kr.  d. 


iSiTrnicb,  Morsl|p1iilo90pliie.  691 

Vernmift  und  Haadb.  cl.  prakl.  Philos»)  richtiger  darge- 
stellt wurde,  ist  hier  nicht  iii  seiner  reiaen,  idealen 
Bedeutung  aufgefaPst.  Die  Wurde,  als  etwas  Ideales, 
Jäfst  sich  nicht  rein  darstellen,  noch  weniger  vervoli- 
kommoeo,  sondern  sie  isl  an  sich  und  läfsl  sich  also 
Diir  anerkennen  und  achten. 

Der  Verf.  unterscheidet  sehr  richtig  iwiachen  noth- 
wendigen  Zwecken  und  blos  gerat henen  Zwecken 
der  praktischen  Vernunft,  deren  erstere  nämlich  auf  blofse 
Darstellung  und  Erhaltung  der  Menschenwürde,  die 
andern  auch  auf  Vervorikommnung   und  Erhö- 
hung derselben  gehen  sollen  (8.  103  fg.),  und  er- 
kennt  somit  den  wichtigeu  Unterschied  zwischen  der 
hlreng^en  Pflicht  und  freien  sittlichen  Anforderungen  an, 
nur  konnte  er  dies  Verhältnifs  nach  der  vorausgeganjGre- 
aen  Ansicht  nicht  richtig  begründen.    Es  koniint  dafür 
otolich  auf  die  rein  ifleale  Ansicht  von  der  Menschen-*  • 
würde,  auf  welcher  die  absolute  Verbindlichkeit  der 
Pflicht  beruht ,  im  Unterschied  von  der  bedingten  Er- 
scheinung derselben,  woraus  die  freieren  Ideale  der  gei- 
stigen VoUkommenheit  hervorgehn ,  an;  und  dies  Ver- 
hältnifs beruht  wieder  auf  dem  von  dein  Verf.  verkannten 
Unterschied  einer  empirisch •  geistigen  (geistiger  Trieb) 
u[i(]  idealen  (vernünftiger  Trieb)  Zweckgesetzgebung. 
Nach  der  natürlichen  Ansicht  des  Verfs.  von  der  Men- 
schenwürde aber  setzen  doch  schon  die  Motluveiidigen 
Zwecke  einen  gewissen  Grad  von  Ausbildung  der  höheru 
Kriifite  der  Inteiligens  und  Freiheit  voraus ,  sie  werden 
also  nicht  rein  ideal  genommen,  so  dafs  sie  abgesehn 
von  aller  Erscheinung  gelten  (S.  105  u.  6.),  die  Wo« 
gerathenen  Zwecke  also  gehen  nur  auf  eine  noch  über 
das  Gevvöhnliche  oder  Mittlere  hinausgehende  Ausbil- 
dung, dieser  höheren  Kräfte.    Da  hiernach  die  Men- 
schenwilrde  immer  eine  gradweise  verschiedene  Realität 
hat,  je  nach  dem  verschiedenen  Grade  der  Ausbildung 
jener  höhern  Kräfte,  so  wird  auch  die  Achtung  derselben 
in  Andern,  somit  die  rein  sittliche  und  rechtliche  Ver- 
bindlichkeit gegen  sie,  nach  diesem  Giade  verschieden 


632  ElTcnicli » MoralpMlMopMe.  , 

» 

seyu,  uad  wir  wurdeo  einem  un  .wissenden  und  willens- 
schwachen  Menschen  in  g;eringerem  Grade  unsere  Ver- 
sprechea  zu  hallen  verpflichtel  se^a,  als  einem  gebii* 
deteren.  ^ 
Wir  Ubergehen .  die  weitere  Entwickelnng  dieses 
Principe,  wobei  wir  Torsllgiich  dem ,  was  fiber  das  sitt* 
lieh  Gleichgültige  (S.  116.)  und  Uber  das  Verhältnifs 
des  Verounftprincips  zu  der  Siunlichkeit  (S.  124.)  gegen 
den  moralischen  Rigorismus  bemerkt  worden  ist,  bei- 
stimmen; und  wenden  uns  sogleich  zu  dem  zweiten 
Abschnitt 

Hier  ist  es  die  Ansicht  Ton  der  Freiheit,  gegen 
die  wir  einige  Bemerkungen  machen  müssen.  Die  Frei- 
heit scheint  nämlich  von  dem  Verf.  weder  in  ihrem 
rein  idealen  Charakter ,  noch  in  ihrem  Verhältnifs  zu 
den  Antrieben  als  blos  innere  oder  psychologische  Frei- 
heit richtig  anfgefafst  Der  ideale  Character  der  Freiheit 
ist  nicht  ansgedrfickt,  wenn  der  Verf.  die  Freiheit  er- 
klfirt  dnrcli^:  Selbstbestimmung  des  Willens 
(S.  145  fg.).  Der  Wille  ist  selbst  nur  eine  natürliche 
Kraft  des  Menschen,  wenn  also  auch  alle  Bestimmungen 
aufser  dem  Willen  von  dem  menschlichen  Handeln  aus* 
geschlossen  werden,  so  besteht  die  Freiheit  des  Men-* 
sehen  doch  am  Ende  nur  in  einer  Bestimmung  sum  Haa-  * 
dein  aus  innerer,  natürlicher  Kraft.  Selbstbestimmung^ 
könnte  die  ideale  Freiheit  nur  genannt  werden  ,  wenn 
das  reine ,  ideale  Ich  von  dem  empirischen  Ich  klar  un- 
terschieden Wörde.  Ferner  das  Verhältnifs  dieser  in- 
neren Freiheit  zu  den  Antrieben  ist ,  nach  des  Ree»  An- 
sicht ,  so  zu  fassen,  dafs  der  freie  Wille  swi^hen  Ter- 
sehieclenen  Antrieben  zu  wählen  vermag;  dab  kein 
Antrieb  mit  Nothwendigk«t  zum  Handeln  bestimmea 
kann.  Nach  des  Verfs.  Ansicht  aber  ist  die  Freiheit 
nothwendig  an  den  vernünftigen  Trieb  gebunden,  odet* 
vielmehr  der  vernünftige  Antrieb  wird  mit  dem  freien 
Willen  eigentlich  vermischt  Er  bestimmt  nämlich  die 
Freiheit  im  Verhältnifs  su  der  Sinnlichkeit  ab  „VermÖ* 
gen  der  Unabhängigkeit  TOn  der  Bestimmung  durch  die 


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EUenicb,  Mmlphiloeopliie.  iSi 

sionlichea  Reize,'*  im  Verhältnifs  zu  der  praktischeo 
Verottaft  als  „Vermögen  sich  zur  Umfassnog  uad  Ver- 
folgung^ der  Vernunfiteweoke  selbsi  zu  bestimmen''  (fik 
IST.),  und  erklärt  dies  Terschiedene  Verliiltnift  nfther 
dadurch,  ilafs  die  SinuÜchkeit  den  Willen  reizt  und  aa- 
zieht ,  die  Vernunft  dagegen  gebietet  und  rSth ,  daher 
gegen  die  erstere  die  Freiheit  als  Vermögen  des  Wider* 
Standes  9  fegen  die  zweite  als  Vermdgen  des  seibstbe« 
stinmendeo  Hinwirkens  auftreten  m&sse.  Eben  dieser 
Unfetflchied  iwische«  Sinnlichkeit  nnd  Vernunft  scheint 
dem  Verf.  psychologisch  unrichtig.  Die  Sinnlichkeit 
reizt  nicht  blos ,  sie  räth  und  gebietet  auch  (nur  nicht 
mit  Nothwendigkeit)  und  ihre  Zwecke  können  oft  auch 
Anstrengang  nndSelbstftberwindung  des  Willens  fordern 
(z.  B.  Arsneien  zu  nehmen  ftlr  den  sinnlichen  Zweck  der 
Gesundheit);  die  V^ernunft  dagegen  gebietet  nicht  blos, 
sie  reizt  und  zieht  ai)ch  den  Willen  an  durch  die  reinen, 
geistigen  Antriebe  (z.  B.  bei  der  religiösen  oder  sittlichen 
Begeisterung),  Das  -  Verhältnis  beider  Antriebe ,  der 
annlicheii  und  der  Ternflnftigen ,  ist  im  Wesentlichen 
ganz  dasselbe  zu  dem  freien  Willen,  beide  regen  sie 
den  Willen  an,  und  der  Wille,  als  frei,  wählt  zwischen 
den  verschiedenen  Antrieben.  Der  Wille  ist  daher  nicht 
miader  frei,  wenn  er  sich  filr  einen  sinnlichen  Antrieb , 
ils  i^enn  er  sieh  filr  einen  Ternünftigen  entscheidet 

Ans  dieser  unrichtigen  Bestimmung  von  der  IVei- 
heit  geht  der  die  Zurechnung  verwirrende  Grundsatz 
hervor :  dal»«  nur  das  vernünftige  Wollen  (und  zwar) 
jedesmal  frei  sey,  das  sinnliche  unfrei  (S.  163  fg.). 
Denn  dafis,  wie  hinzugesetzt  wird,  das  sinnliche  VFoUen 
demnngemÄtet  moralisch  hüBe  (also,  zurechenbar)  sejrn 
könne,  ist  aaf  keine  Weise  mit  dem  obigen  Grundsatz 
Vereinbar.  Böse  soll  näml?ch  das  sinnliche  Wollen  darum 
8^3^11  können,  weil  es  in  einer  Versäumnifs  der  mög- 
lichen Abwendung  eines  Herrschaftsaktes  der  Sinnlich* 
keit,  oder  in  dem  Nichtgebrauch  d^  Fr^heit,  wo 
ihr  Gebrauch  mdglich  war  ,  bMehe  (8.146.).  Dies 
ist  aber  ein  offenbarer  Widerspruch  in  sich  selbst.  Wo 


9U  ElveAUb,  MonlpliiloMjihie; 

I 

der  Gebrauch  der  Freiheit  iiiögiich  war,  da  ist  doch 
wohl  eia  s.      Nichtgebrauch  derselben  selbst  ein  Act 
der  Freiheit,  denn  was  der  Freiheit  möglich  ist,  das 
liegt  iDoerhaib  der  Sphäre  der  Freiheit    Jene  Versäum« 
itib  der  «di^lieheB  Abwendung  eines  HerrschaflaakAes 
der  Sinniichkeii  iet  ja  eelbst  ein  Act  der  freien  Wilieos, 
in  so  fern  sie  eben  möglich  war;  oder  giebt  es  noch 
eine  Möglichkeit  für  den  Willen  aufser  der  Freiheil? 
Wenn  der  Verf,  selbst  sagt  (S.  167.);  n^er  Mensch 
Termng,  und  zwar  kraft  seiner  Freiheit^  den 
Reben  der.  Sinnlichkeit  sn  widerstehen,**  so  liegt  eben 
dkirin ,  dafis  er  auch  frei  handelt ,  wenn  er  der  Sinnlich- 
keit  nicht  widersteht,  denn  dl«  Freiheit  zu  wider- 
stehen besteht  ja  in  nichts  anderem,  als  darin,  dafs  er 
anch  nicht  widerstehen  könnte.    Es  ist  folglich,  nur 
ein  Nichtgebrauch  des  Ternfinftigen  Willens,  nicht 
aber  des  freien  Willens  (und  beides  unterscheidet  der 
Verf.  nicht  genug),  der  in  dem  sinnlichen  Wollen  liegt, 
Ist  aber  das  sinnliche  Wollen  wirklich  unfrei  ,   nun  so 
ist  damit  entschieden,  dafs  es  niemals  böse  genannt  wer* 
den  kann,  denn  dann  liegt  es  anfserhalb  der  Sphäre  der 
Zurechnung.   Ist  aber  das  sinnliche  Wollen  unfrei,  so 
folgt,  daGs  das  Sich -bestimmen  für  den  sinnlichen  Zw  eck 
nicht  iii  der  Sphäre  der  Möglichkeit  des  Willens  liegt, 
folglich  ist  für  den  Willen  nur  das  vernünftige  Wolleut 
möglich,  also  ist  auch  dies  yern&oftige  Wollen  nicht 
frei,  der  Wille  kann  sich  allein  flftr  die  Ternttoftigen 
*   Zwecke  bestimmen,  <to  ist  nur  eine  Natumothwendlgkeify 
eine  in  der  Natur  des  Willens  selbst  liegende  Nothwen- 
digkeit,  die  ihn  zu  dieser  Richtung  allein  nöthigt;  somit 
ist  auch  das  vernunfUge  Wollen  eben  so  wenig  zum 
fittten  zurechenbar ,  äls  das  Sinnliche  zuiu  Bdseo ,  die 
Znrechnnng  wird  also  auch  für  das  Gute  vemiditet 
Zurechnung,  znm  Guten  wie  sam  Bösen,  ist  nur  mög- 
lich, wenn  beides,  Gutes  oder  BfeeS  für  den  Willen 
möglich  ist,  sie  fallt  für  Haides,  wenn  die^e  Möglich* 
kelt  für  die  eine  Seite  genommen,  wirdi 


Vogt ,  Mirkncli      MaofHiftiMMt  411 


Wie  nach  dieser  falschen  Theorie  von  der  Freiheii 
auch  die  Idee  von  dem  absoluten  Bosen  oder  der  idealen 
Schuld  im  Menschen ,  die  nur  aus  dem  Staadponkt  der 
idfl«i«a  Freiheil  GUügkeit  habott  konnte,  verfölMliI 
weide;  wie  dieee  Idee  ane  der  durch  dcfki  Rein  der  8im^ 
lichkeit  beschränkten,  nur  relativen  meuschlichen  Frei- 
heit erklärt  und  als  ü  b  e  r  \v  i  ege u  d er  Hang  zum 
Bösen  in  der  uatürlichen  Erscheiauug  des  Menschen 
aufgefafel  wird,  wie  dieser  aus  der  natOriichen  Ab- 
stammung abgeleitet  wird  (8.176%.),  ja  wie  iKigar 
TOD  einer  angebe'rnen  Stiiftmting  des  Bösen  die  Rede 
ist,  Helche,  von  der  Freiheit  unabhängig,  und 
doch  Sündhaftigkeit  ist,  dies  bedarf  jetzt  keiner 
(eaaueren ,  Erörterung  mehr. 

Eine  im  Anhang  enthaltene  „Kritik  einiger 
▼  OD  Andern  aufgestellten  Moralprincipien'' 
ist  nach  dem  Mafsstab  der  bisher  mitgetheilten  Beur- 
theilnng  der  Grundbegrifie  des  Verfa  zn  wUrdigen,  wir 
miterlassen  es  daher  hier,  in  ihren  Inhalt  besonders 
eiozugeheu.  , 

Hi  Sc  hmid.  , 


UMmeh  der  Rei^^hmtt  für  Amte  von  Dr.  Pk,  Er.  W.  Vogt^ 
9rdeniUekem  BffentUeken  Lehrer  an  der  Ludwige  "ünhenMi  am 
Gießen,  Hßt  eher  Uthographirten  Tabetk,  Gießen  tEt9,  Drwdt 
und  FerUg  um  Georg  Friedrieh  Heyer,  Vater.   l^J/l«.  SYl  S.gr.  %. 

Die  Zahl  der  Schriften  über  Receptirknnst  wurde 

seit  einiger  Zeit  so  vermehrt,  dals  das  Erscheinen  eines 
neuen  Lehrbaches  hierüber  durch  zureichende  Gründe 
gerechtfertigt  werden  mufs ,  wenn  anders  der  Verfasseir 
sich  nicht  des  Vorwurfes  der  unnöthigen  und  unaützen 
Badimaclierei  anssetneu  wUL  — 

Bisher  stellte  man  m  der  Receptirkuost  die  Regeln 
ftr  die  Abfassung  der  Recepte  auf,  ud  ffegte  dann  eine  . 
Menge  von  Poittieln  bei:,  die  aber  dAer,  abglich  :rie 


Üi  Vogt ,  IiBlirlucli  dier  Receptirkmntt.  , 

nicht  sehen  von  berühmten  Aerzten  herstammten,  doch 
nicht  als  Muster  in  der  Receptirkuust  gehen  konnten. 
Häufig  pafsten  die  Formeln  nicht  zu  den  gegebenen  Re-» 
*  geln.  Die  SchQler  hielten  eich  mehr  an  die  NachbU-^ 
diing  solcher  Foriroln ,  als  sie  eigene  snsanimensetaten* 
Bei  einem  solchen  Nachbeten  und  Copiren  Ton  Receptea 
können  nie  die  individuellen  Verhältnisse  des  Kranken 
berücksichtig!  werden. 

Diesem  Uebel  entgegen  su  arbeiten ,  Teranlafste  eines 

Theils  den  sehr  geehrten  Hrn.  Verf. ,  diese  Schrift  dem 
Drucke  zu  übergeben  ;  anderen  Theils  bildet  dieselbe 
mit  des  Verfsi  vortrefflichem  Werke  über  Pharmakody- 
namik ein  Ganzes,  und  mufs  als  ein  Ergftnzungsbaqd  zu 
diesem  anjg^esehen  werden.  Deshalb  ist  auch  sehr  häufig 
hl&r  anf  dieses  verwiesen.  — ^ 

Das  Bestreben  des  Hrn.  Verfs.  ging  vorzugsweise 
.  dahin,  den  angehenden  Aerzten  Fertigkeit  und  Ge- 
wandtheit im  Selbstentwerfen  richtiger,  den  jedesma« 

Ilgen  einzelnen  Fällen  streng  anpassender  Formeln  zu 
verschaffen.  Die  Regehi  sind  vollständig,  klar  und  genau 
aufgestellt.  Die  zur  Erläuterung  derselben  gegebenen 
Formeln  rühren  grofsentheils  vom  Hrn.  Ver£  selbst  her  , 
nnd  können  als  wahre  Mnsterformeln  angesehen  werden. 
Die  Regeln  stehen  nicht  isolirt  den  Beispielen  gegen- 
über; sondern  es  wird  an  diesen  die  Art,  wie  in  ihnea 
jene  befolgt  sind,  angedeutet.  —  Zu  billigen  ist,  daTs 
mehrere Recepte  anfgenommen  wurden,  die  grofsen  Ruf 
erlangt,  nnd  ihren  Nutzen  in  der  Praxis  hinlänglich  be* 
wihrt  haben ,  z.  B*  Pub.  PedataL  fFedeW ;  Puto. 
y  a€rophor,  Vogleri ;  Pulv.  acrophoi\  Hufelandi;  PiluL 
tonicae  Bacheri;  PiluL  baUamicae  Hoffmatmi;  De^ 
cocL  ZUtmanmi  Deeoction  d'Arwmd  tfc. 

Das  verschiedene  specifische  Gewicht  der  Pnlyer, 
Kräuter,  Flüssigkeiten  und  dergl.,  das  Verhältnifs  des 
Volumens  zur  Schwere,  das  chemische  Verhalten  der 
einzelnen  Arzneimittel  gegeneinander  und  dergl.  sind 
genim  bestinuni   GründlMi  und  ezact  ist  allendmlbeii 


IidirlNieii  der  BMfptIrkaiitt.  ,  fftl 

die  Berechovng  der  ToUilquanlitilt  «os  der  fi^ecialqatn- 
tilit  der  Doseo  gcgebeo.  Ree«  machl  hier  beeoDdeni  euf- 
merksam  auf  dk  Berechnnog  der  Poker  in  Schachteln« 

der  Tropfen  uod  Pillen.  Nicht  angemerkt  ist ,  wie  man 
es  dem  Apotheker  auf  dem  Recepte  bezeichnet,  wenn 
Oblaten  Behu^  des  Eionehmens  von  Pulvern  oder  Pillen 
beigegeben  werden  eoUen  (D.  cum  nebula). 

Eiu  kurzes  Inhaltsverzeichnifs  wird  hinreichen ,  die 
Reichhaltigkeit  und  Vollständigkeit  dieser  Schrift  zu  be- 
weisen, und  wird  aufser  dem  schon  Erwähnten  deren 
Bruck  hinlftnglich  rechtfertigen. 

Die  Einleitung  und  die  allgemeine  Receptirkunst 
nehmen  153  §§.  ein.  Die  specielle  zerfallt  in  zwei  Ab- 
schnitte. Erster  Abschnitt:  Mischung  gleichartiger 
Substanzen;  Erstes  Kapitel :  Pulver-;  zweites  Kapitel 
Speeles  - ;  drittes  Kapitel :  Mixtur  -  Form*  Zweiter 
Abschnitt:  Mischung  und  Verbindung  ungleichartiger 
Substanzen.  Hier  wird  in  eilf  Kapiteln  von  der  Auf- 
Idsuogs-;  Auszug-;  Molken-;  Prefssaft-;  Emulsion-; 
Latwergen <^;  Bissen*;  Pillen Zuckerwerk-;  Salben- 
■ad  Pbster-Form  gehandelt.  Jedes  Kapitel  serfilllt  in 
Abteilungen  und  Ünterabtheilungeii ,  welche  wegen  be- 
schränkten Raumes  hier  nicht  angeführt  werden  können.  — • 

Gewünscht  hätte  Ree. ,  der  Hr.  Verf.  hätte  nirgend 
ugemerkt,  bei  welchen  Krankheiten  einselne  Formeln 
beoDtzt  werden  können ,  damit  das  Buch  niemals  einem 
Karirer  als  Vademecum  diene. 

Das  dritte  Beispiel  der  Gallerten  8.  223.  kann  nicht 
als  Musterformel  gelten :  denn  entweder  hätte  darin  das 
zum  Kochen  n  nehmende  Wasser  oder  die  Quantität  der 
Cslatur  bestimmt  werden  müssen,  nnd  dann  giebt  eine 

Abkochung  der  China  mit  Hausenblase  in  Verbindung 
sehr  leicht  eine  lederartige  Masse.  —  Der  §.  88T.  ist 
nicht  klar  ausgedrückt 

Die  lithographirte  Tabelle  enihilt  die  in  der  Be- 

<^9^^hcr  gebräuchlichen  y  chemischen  und  pharma- 


uiyiii^ed  by  Gftogle 


M  Janke,  Prenfaen  1807.  nnil  jetet. 

cenÜBchen  SEeichen.  —  Eine  Vergleichmigistafel  der  ver-- 
•seMedenenMedicinalgewichte  ht  beigefUgi  —  Das  sehr 

vollständige  Register  erleichtert  das  Nachschlagen  un- 
gemein. 

Niemand  wird  dieses  Werk  ohne  ßelehmog  lesen; 
,     weshalb  Ree.  dasselbe  allen  practicirenden  Aerzten ,  so-r 
wohl  den  jttngeren  als  den  filteren ,  dringend  empfiehlt.  , 

Druck  und  Papier  sind  gut  Die  mitunter  vor- 
kommenden Satzfehler  hStten  leiicht  verbessert  werden 
kdanen. 


Frw^fim  1807.  und  j9tMi  ml»  Waa  ki  im  Prmißmt  mH  imm  Mb« 
1S07.  ausgefükrt,  um  dm  ggtdiMkitftUekm  ZmfoMd  mm  vtrketBtrm 
und  »u  erheben?  Fon  Dr*  Tk,  Jnnke^  H^ier/^^atl^,  Aerfnit 
18S1.  17  5  B. 

Diese  gedrängte  Schihleruog  von  den  ^Fortsehnt- 
ten,  welche  der  Preufsische  Staat  seit  der  Krise  den 

J.  1807.  in  vielen  Zweigen  der  gesellschaftlichen  Ent- 
wicklung gemacht  hat ,  scheint  dem  Ree.  eine  wohl- 
gelungene  und  verdienfitliche  Arbeit.  Die  Darstellung 
dieser  grofsen,  io  einen  Zeitraum  von  24  Jahren  fal-  '  { 
lenden  Leistungen  wird  sowohl  der  Vaterlandsliebe  und 
dem  Nationalgefllhle  des  Preufsischen  Börgers  zur  Sttttse " 
dienen,  als  die  Achtung,  welche  der  Preufsische  Staat 
bei  den  vorurtheilsfreien  Zeitgenossen  sich  erworben 
'  hat ,  befestigen  und  erhöhen  können.  Nachdem  der 
Verf.  mit  wenigen  Zügen  die  Gebrechen  des  friiheren 
ZuStandes,  bis  1807,  bezeichnet  hat,  führt  er  eine 
Reihe  grofser  Verbesserungen  nach  ihren  Haupibe- 
Stimmungen  vor  dem  Auge  des  Lesers  vorüber,  das 
wichtige  Gesetz  von  1807.  über  den  freigegebenen  Er- 
werb von  Grundstücken  und  die  Aufhebung  der  Brb- 
iinterihSnig^eit,  die  Gesindeordnnng,  dieStftdteordnnng, 
jenes  nnendiieh  heilsam  gewordene  Gesets,  welches 
der  Verf.  gegen  den  VorwuriT  einer  zu  demokratischen 


uiyui^ed  by  Google 


§ 


Jank«,  Pnenben  1807.  and  Jetet.  6li 

Richtiing  in  Schute  nimmt  und  bei  dem  er  nur  an- 
merkt,'  dafe  es  fiir  den  Bfiduogsstand  vieler  Südte 

noch  zu  früh  g-ekommen  sey,  —  die  Organisation  der 
Bezirksregierungen,  —  das  Cultor  -Ediet  und  die  Edicle 
über  die  ReguiiroDg  der  bäuerlichen  Verhältnisse  (1811 
«od  181&)  nebflt  der  GemeinheÜsthe!lQBg8ordniiii|^ 
TOD  1821,  Verordnungen,  die  auf  den  Anbau  des 
Landes  und  auf  den  Wohlstand  der  Landbauenden 
einen  mächtigen  Einflufs  übten,  —  die  Beseitigung 
des  Zunftzwangs  (der  Verf.  erklärt  sich  hiebei  gegen 
die  unbedingte  Gewerbefreiheit) ,  —  .die  Conscriplions-* 
und  Landwehrordnung;  (hätte  nicht  auch  hier  man- 
cher Wunsch  eingestreut  werden  kdnnen  f  liefse  sich 
die  Zeit  des  wirklichen  Dienstes  unter  den  Fahnen 
des  stehenden  Heeres  nicht  abkürzen?)  —  das  ZoIU 
g;esetz  von  1818.  (der  Verf.  rühmt  das  Gute  in  dem- 
selben, ohne  jedoch  zu  beroericen,  dafs  man  noch 
weiter  gehen  kdnnfe  und  dilrfte),  —  die  Beförderung 
des  inneren  Verkehres,  die  Handelsanstalten,  —  €las 
Sleuerweseu ,  —  endlich  .,der  Glanzpunkt  unserer  in^ 
nern  staatsgesellschaftüchen  Erhebung das  Bilduogs- 
nnd  Unterrichtswesen;  namentlich  die  Universitäten 
(die  Vertheidiger  der  Freiheit  des  Unterrichts  wer- 
den unserem  Vcrf  nicht  beistimmen,  er  hat  aber  voll- 
kommen Recht,  es  zu  loben,  dafs  die  Regierung  das 
Unterrichtswesen  unter  ihre  Leitung  genommen  hat), 
die  guten  Gymnasien ,  Gewerbschulen  (das  Berliner 
Bewerbe -Institut  ist  nur  weniger  bekannt,  nicht  we- 
niger vorsüglich  als  andere  gefeierte  polytechnische 
Institute),  die  Volksschulen  mit  den  Schullehrersemi- 
naren, aus  denen  die  grofsen  Gutsbesitzer  schon  häufig 
gegen  gutes  Honorar  Hauslehrer  für  ihre  jüngeren 
Kinder  nehmen ,  endlich  die  Freiheit  und  Duldung  in 
B^ionsiachett. 

Diese  ruhmwflrdigen  Leistungen  der  Preufsischen 
Regierung  zeigen  in  einem  neuen  Beispiele,  dafs  grofse 
Fortschritte  auch  in  rein  monarchischen  Staaten  durch 


uiyiii^cü  by  Google 


W  Janke,  PreoTieD  1897.  und  jeUt 

den  edlen  Willen  des  Reg-enten  und  seiner  obersten 
Räthe  bewirkt  werden  können,  indefs  würde  man  doch 
falsch  schüefsen ,  -wenn  man  aus  dieser  Thatsache  einen 
Grand  für  die  Entbehrlichkeit,  einer  ReprSsentativTer- 
fawnng  hernehmen  wollte.  Es  verhfill  sich  mit  der- 
selben uug;efahr  wie  mit  dem  bürgerlichen  Gesetze, 
welches  zwar  die  Erhabenheit  der  Gesinnung,  von 
der  immer  das  Beste  im  Leben  geleistet  wird,  nicht 
herrorrufen  kann,  aber  dagegen  doch  den  unrechtli- 
'  chen  Willen  in  seinen  Schranken  hält  F&r  einen  An- 
tonin bedarf  es  keiner  änfteren  AntrieSe,  doch  ist 
^uch  dieser  grofsentheils  an  seine  Beamten  gebunden  , 
durch  deren  Augen  er  sieht  und  hört,  und  so  würde 
das  edelste  Streben  eines  Monarchen  von  der  Mitwir- 
kung einer  ständischen  Verfassung  zwar  nicht  in  Ad* 
aehnng  der  höchsten  Zwecke,  aber  wohl  in  B^iig 
auf  die  Wahl  der  passendsten  Mittel  noch  immer  Vor^ 
dieii  ziehen.  Der  Verf.  der  genannten  Schrift  scheint, 
wie  einige  Aeufserungen  vermuthen  lassen ,  hierüber 
ebenso  zu  denken.  Er  sagt  S.  26:  „dafs  die  ausge- 
sprochene Theilnahme  der  landständischen  Repräsen- 
tanten an  der  Verwaltung  nicht  zu  Stande  gekommen 
ist,  mufs  auf  Grfinden  beruhen»  die  wir  nicht  kennen. 
Der  Zeitenstrom  reifet  in  seinem  starken  Laufe  neben 
dem  Schlechten  auch  manches  iGute  mit  fort und 
S.  16.  bei  Erwähnung  der  verheifsenen  Repräsentativ- 
Terfassung  spricht  er  seine  Hoffnung  eines  ferneren 
ruhigen  und  sicheren  Fortschreitens  in  d^  Entwick- 
luiig  der  Geselbchafik  aua 

K.  EL  Hau. 


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N'.4L  HEIDELa  JAHaa  v.  UTERATUa  1881. 

Addresi  of  Earl  Siankope ^  PrukUnt  of  tke  Medico  Botanieal 
Society  for  tke  anniv^sary  Meeting,  January  16,  1831.  London  t 
printed  kg  J.  H'iUou^  Gtorg9-Court  PiceadiUif,  1821.  8. 

Obgleich  die  inedicinisch  -  botauisclie  Gesetisciiaft 
in  London  nur  erst  seit  wenigen  Jahren  existirt ,  so  hat 
sie  doch  nicht  nur  bereits  schon  einen  sehr  aasgedehnten 
Wiricungskreis ,  indem  si<i  Mitglieder  in  allen  Welt- 

theilen  besitzt,  sondern  sie  scheint  auch  von  einflufs- 
reichen  Personen  bedeutend  unterstützt  zii  seyn ,  und 
sieht  sich  also  im  Stande  mehr  auszuführen,  als  irgend 
eine  andere  ^lehrte  Gesellschaft  in  beschränktem  Wir- 
ksngskreise  und  mit  noch  beschrankteren  Mitteln  zn 
leisten  vermag-.  Aus  den  Transuctiom  of  the  medicö'^ 
botanieal  Society  of  London,  die  seit  einiger  Zeit  er- 
scheinen ,  sieht  man»  dafs  Arzneipflanzen  aus  Amerika, 
Ostindien,  China,  ja  von  allen  Theilen  der  Erde,  mit 
manchen  wichtigen  Notizen  begleitet ,  eingesendet  wer- 
den, so  dafs  nach  einigen  Jahrzehenten  schon ,  wenn  mit 
gleichem  Eifer  fortgt  lahreii  wird,  in  London  bicli ,  eine 
für  das  Studiuni  der  Matcria  ntedica  unschätzbare 
Sammlung  von  Materialien  voriinden  mufs,  deren  JBia* 
fittfs  auf  die^PharoBakolf^e'  sich  schon  jetzt  zu  zeigen 
lofängt. 

In  der  vorliegend«  n  Heile  giebt  der  Präsident  der 
Gesellschaft  eine  TJebersicht  von  deoi^  was  im  verflos- 
lenen  Jahre  (1^30.)  geleistet  «rorden  ist,  er  bemerkt 
zoVdrderst ,  dab  eine  Cüfessur  Ar  Chemie  gestiftet  und 
'  liesetzt-  worden  se^ ,  wobei  er  zugleich  die  enge  Verbin* 
dang  der  Botanik  mit  der  Scheideknnst  erörtert  und 
die  ^Wichtigkeit  der  letzteren  auch  für  die  Medicin 
zeigt  Sehr  umständlich  wird  dabei  der  Vorzug  vege- 
tdbihaclier  Arzj^eimittel  yor  denen  des  Mineralreichs 
nachgewiesen  und  mit  mehreren  Beispielen  belegt ,  so 
dafs  fliese  llede  für  tiuea  Coaiiaentar  des  alten  Linnei'- 
.XXIV.  Jahrg.  7.  Heft.  .  41 


Ml  SlMlMpe,  AMnm. 

fldien  Satzes  gellen  könnte:  Regnum  vegeiabile 
praestanihsima ,  lapideum  durhmma  i  animale 
fBmeinbna  prodaek  medicamma,   Aof  die  Gundelrebe 

(Giechoma  hederacea)  als  ein  zu  wenig  gekanntes  oder 
vernachlässigtes  Mittel  gegen  Blutspeien ,  Blutharoen 
9L  s.  w.  wird  ganz  besonders  aufmerksam  gemacht. 

Zu  den  pharmakologischen  Neuigkeiten,  die  der 
Gesellschaft  mitgetheilt  wurden,  gehört  zuerst  Corte» 
Juribali,  aus  Südamerika  geschickt  Ton  Dr.  Hancock, 
herrührend  von  einem  Gewächse,  das  die  Eingebornen 
den  Fieberriuden-Baum  von  Ponieroon  (Fehrifuge  Bark 
Tree  of  Pomerom)  nennen,  aber  nicht  zu  verwech- 
flduisl.  mit  einer  andern  Rinde,  die  denselben  Namen 
Mgty  und  von  leha  aUhsima  Aublet  kommt.  Die 
MntterplianEe  der  wahren  Juribäli  gehört  in  die  achte 
Classe,  erste  Ordnung  des  Linnefschen  Sj^stems  und  in 
die  Familie  der  Meliaceen  nach  Jussieu,  in  welcher, 
wie  man  weifs,  noch  manche  andere  Gewächse  sich 
vorfinden,  die  ihrer  fieberwidrigen  Kräfte  wegen,  be« 
rtthmt  sind.  Von  dieser  neuen  Fieberrinde  sind  übri- 
gens einige  ohemische  und  ziemlich  ausführliche  medi- 
cinische  Nachrichten  von  ihrer  Wirkung  und  Gebrauchs- 
art mitgetheilt. 

Die  ebenfalls  ans  Südamerika  stammende  Cava- 
mata  oder  Ammari-Kimle  wird  als  selir  wirksam 
angegeben  bei  gefährlichen  typhösen  und  nachlassenden 
Fiebern ,  wo  der  Gebrauch  der  CSiina  nicht  passend  ist 
Dr.  Ryan  schickte  eine  Abhandlung  über  das  Mut- 
terkorn (Seeale  conuitum),  wovon  Dr.  Batiley  eine 
chemische  Analyse  liefern  wird. 

Herr  Brown  von  Thun  im  Canton  Bern  theilte  die 
Bemerkung  mit ,  dafs  Milchstockungen  sicher  durch  den 
Gebrauch  der  frischen  WallnuiUblfttter  gehoben  werden 
können ,  was  Übrigens  nichts  Neues  Ist  und  bereits  voii 
Forest ,  Theodor  de  Mayerne  und  andern  älteren  Schrift- 
stellern gesagt  %vurde. 


richten  mit  von  dem  medieinischen  GebrauoKe  der 


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'  fi^MfiNK  ^^hmbnioQ,  de^  Saftes  4^  Calairopis  gi- 
-gmtiea  ,  gegea  chieDUicbe.«  >  A»f  eoeotsündiHigeii  »od 
li«U]iMchlich  yod  d«r  Petälka  cürdifoUa,  die  ein  An- 
tidoluiii  'gegea  mehrere  vegetabilische  Gifte  seyn  soll, 
an  Hunden  wurden  deshalb  Versuche  gemacht,  denen 
man  C^mkun  maculaium,  ^JtUma,  Tojcicodendran ,  Nu» 
vomka,  und  selbst  den  so  giftigen  Saft  der  Htppamane 
MaunneUa  beibrachte,  deren  Wirkung  durch  den  Samen 
der  genaimteD  FeuHl^a  beseitigt  werden  soll. 

lieber  Mikan  ia  Guaco  als  ein  Mittel  gegen  die 
Polgen  des  Bisses  toller  Htiritle  ist  sehr  ausführlich  ge- 
redet und  auch  Vcrati'um  Sahadilla  als  ein  Mittel 
:  gegen  die  Hydrophobie  bezeichoet.  Möchten  die  Aerzte 
•  nidit  abernaab  wie  schoD  so  oft  mit  vielgerOhmteo 
HMfrmlltol»  gegeu  diese  schreekÜdio  Knuddieit  ge- 
tSnscht  werden! 

Die  Gentiana  Vhiratfita  wird  ah  ein  vorzög- 
Jiches  Mittel  bei  Stockungen  iui  Unterleibe  und  bei 
iieberkrankheiten,  die  in  heifsen  Gegendes  se  gewöhn- 
lich sind,  empfiriilen,  auch  in  Verbindung  mit  der 
Gmäkmdiim  BondmeOa  gegen  Wechselfieber;  nicht 
minder  werden  Nachrichten  tou  dem  Nutzen  des  Ma^ 
itmr^f  nach  den  Erfahrungen  des  Dr.  Twining  in  Cal- 
eutta  beigebracht,  nach  welchen  dieset»  neue  Arznei- 
mittel ebenfalls  in  Leberkrankheiten  besonders  wirksam 
ist  und  selbst  das  Quecksilber  ersetien  kann,  — 

Den  BesdduJfo  macht  die  Angabe  der  neuen  Preis- 
fragen ,  welche  die  Gesellschaft  ftlr  das  nSchste  Jahr 
ausgesetzt  hat,  nämlich  eine  goldene  Medaille  für  die 
Ansmittlung  einer  Pflanze ,  durrh  welche  die  Hydro- 
phobie sicher  geheilt  wird»  und  eine  silberne  Medaille 
für  die  genaue  Erörterung  der  weniger  bekannten  Hcil- 
kr&fte  irgend:  eiiies.  einheimisoheii  (^wächses^ 


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644  MvgMidM«  Bereitiuig  der  AnaeimUtel. 

# 

P^mwthißem  inr  Btn^Umig  und  Anwendung  einiger  neuem  Anneimittd^ 
aUt  der  BnekHuftf  4er  Morphinsalze  ^  der  Blausäure  ^  des  Ä'try- 
eknins,  des  Ferairins  ^  der  Chiuaalkalien  ^  des  F.metins,  des  Ih  onUi 
des  Jod^a,  des  Jodquecksilbers,  des  Blaustoff  -  Kaliums ,  de»  Kroton- 
Öls,  der  Gold  *  und  Plathualaet  dee  Chlors,  der  CrmuttmirTelrinde, 
der  Phosphorpräparate  u.  m.  o.  von  F.  Magcndte,  Mitglied  des 
Instituts  von  Frankreich,  der  k.  Academie  der  Mediein,  Arzt  der 
Salpetrtere  u.  s.  w»  u,  s.  w.  Aus  dem  Französischen.  Nach  der  sie- 
benten Auflage  des  Originals  bcsorfrt  und  viit  inmcrhmgen  vnd 
Zusätzen  versehen ,  von  Dr.  G.  Kunze,  aujscrordcntficftvm  Prof. 
der  Mediein  u.  s.  w.  Sechsta  von  IS'euem  verbcssa  tc  und  vermehrte 
Ayfiage,    Leipzig  1821.    Verlag  von  Leopold  Fof$,   1U8  6.  8. 

Es  ist  heut  zu  Tage  eiae  eben  nicht  häufig  vor- 
k/ominende  Sache,  dafs  von  irgend  einer  medicialBchoi 
«ider  natarfai§tori8cheD  Schrift  schnell  nacheinander  meh- 
rere  Auflagen  n6thig  werden.  Von  der  yorliegenden ,  J 
die  zuerst  am  1.  Juli  1821.  zu  Paris  erschien,  existiren  1 
jetzt  sieben  Orig^inal- Ausgaben  ,  es  sind  davon  lieber-  i 
Setzungen  und  Bearbeitungen  in  Deutschland,  £nglaud|  j 
Italien,  Sjpanien  und  in  Nordamerika  veranstaltet  M^or- 
den,  Unistände,  die  zureichend  beweisen ,  dafii  diese 
Zusammenstellung  von  ^euen  Arzneimitteln  mit  Angabe 
ihrer  Bereitungsart  und  Gebrauchsweise,  ein  zeit^e- 
mäfses  Unternehen  war,  und  sich  der  ungclbeilten  Auf- 
,  merksamkeit  der  Aerzte  aller  gebildeten  Völker  zu  er- 
freuen hatte.  Die  deutschen  Uebersetzungen  dieser  Schrift 
liabed,  seitdem  sie  Herr  Prof.  Kunse  in  Leii)zig  be- 
sorgt ,  zumal  tfkr  deutsche  Aerzte ,  einen  weit  grofseren 
Werth,  als  das  französische  Original  selbst,  da  die  Zu- 
sätze sehr  passend  g-e wählt  sind ,  und  auch  manche  Be- 
richtigung des  Textis  enthalten.  Dies  mochte  Iferr 
Magendie  selbst  gefühlt  haben,  indem  er  in  der  neuesten 
Original -Ausgabe  stillschweigend,  d.h.  ohne  die  Quelle 
aaMgeben,  Manches  in  den  Text  aufnahm,  was  dar 
deutsche  Uebersetzer  in  den  Noten  mitgetheilt  hatte. 

Die  Art  der  Einrichtung  dieses  Buches  ist  nun 
schon  so  bekannt  ,   dafs  es  iiberfliissic;-  wäre  ,    darüber  ; 
etwas  zu  sagen;  Hef.  heguügt  sich  deshalb ,  nur  auf 
das  aufmerksam  zu  machen,  was  diese  neueste  deutsche 


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0 

llagvadie,  Banitimg  dor  Ar»unmU(«U 


649 


BeartteiiuDg  Neues,-  10  der  verigeo  niclil  voijkoniinenh 

des,  enthält. 

In  dem  Abschnitte  van  dem  Morphin  und  den  Mor* 
phiosulsea  iei  des  einheiiiiischeD  Morphins  besonders, 
gtsdachl'  Hdd  eine  obweieheode*  Bereitungsart  desselben 

gelehrt,  doch  setzt  der  Herr  Verf.  hinzu,  es  weiche 
weder  in  den  chemischen  noch  in  den  medicinischen 
Bigenschaften  von  dem  andern  ab,  und  finde  sich  in 
dem  inländischen ,  wie  in  dem  ausländischen  Opium  im 
Zustande  eines  sauren  mekonsanren  Salzes.  Die  JBle* 
mentar-Bestandtheiie  des  Morphins  sind  nach  den  Ann* 
Ijseii  vou  Bussj,  Dumas  et  Pelletier,  und  nach  Brande 
angegeben,  die  alle  das  Dasejru  des  Stickstoffes  in  dem- 
selben bezeugen.  — 

-  In  dem  Abschnitte  von  dem  Bnletin  ist  auch  i«- 

gleich  von  (lern  Violiii  die  Rede,  dessen  Wirkung  auf 
Thiere  wie  auf  den  Menschen  kurz  erörtert  werden.  Die 
Bereitungsart  des  Emetius  ist  hier  nach  Calioud  undHenrjr 
dargestellt  — 

"  '  Der  Artikel  von  den  Chinaalkaloiden  enthält  neue 
Nachrichten  von  dem  citronfMisaureti  ('liinin,  dem  chifia- 
sauren  Chinin  und  chinasaurea  Cinchonin,  sodann  Be* 
merkungeri  über  die  Anwendung  des  schwefelsauren 
Chinins  mit  andern  Mitteln ,  namentlich  mit  Opium  oder 
Morphin  und  ipit  Brechweinstein 

.  .  In  dem  Abschnitte  von  der  Blausäure  hat  Herr  Prof. 
Kunze.  Nachrichten  von  dem  Gebrauche  des  blausauren 
Ziiikoxyds .  und  des  Blanstoff  -  Quecksilbers  zugesetzt , 
welche  beide  Präparate  Magendie  Oberging;  dagegen 
hat  derselbe  bei  dem  Jod  manches  Neue  beigebracht, 
zumal  von  dem  Jodwasser  nach  Lugol ,  von  dem  Ge- 
brauche der  sogenannten  atrophischen  Solution ,  einer 
Ldsung  von  jodwasserstoffsanrem  Kali  in  Aqua  l^actucae 
ef  Mentha  mit  einem  Syrup  gegen  Hypertrophien  u.s.w. 
Jod- Calcium,  Baryum -Eisen  und  Arsenik  sind  eben- 
falls einzeln  aufgeführt,  so  wie  Jodschwefel  und  Jod** 
,  zink.  — 


Gans  neu  ist  der  Abschnitt  vom  Brom,  wobei  das 
Broin-Eisen,  Brom-Caicium ,  Brom -Magnesium,  Brom- 
Baryum ,  hromsaures  Qaecksiiberdeutoxyd  u.  s.  w.  ge- 
dacht, auch  Vöncliriften  zur  BereituDg  tod  Pilieo  mit 
Brom -Eisen  einet  Bromsalbe  n.  &  w»  gegeben  werden. 
Bfägendie  giebt  zu ,  dab  das  &rom  dem  Jod  Sh^idi 
wirkt,  uud  verordnet  es  iu  Fällea,  wo  letzteres  keine 
hinreichende  Wirksamkeit  zu  besitzen  scheint ,  oder 
wenn  die  Kranken  eich  bereits  daran  gewohnten.— 

Neu  ist  ferner  der  Artikel  vom  Chlor,  dem  Chlor* 
Ralk  und  Natron ,  er  enth&lt  eine  Reihe  von  schätz* 

hareu  Beobachtungen  und  Erfahrungen;  eiae  Stelle  er- 
hielt auch  die  Granatwurzelrinde  und  der  fette  Stoff 
der  Triebe  des  männlichen  Farrnkrauts,  welche  beide 
Mittel  ziemlich  kurz  abgefertigt  werden;  um  so  ans* 
Dihrlieher  ist  dagegen  von  dem  Phosphor  und  der  Pbos- 
phorsSnre  geredet  Die  alkaltsohen'PlStzeben  mit  do]p- 
pelt  kohlensaurem  Natron  zur  Beförderuug  der  Ver^ 
dauung  haben  ebenfalls  eine  Stelle  erhalten,  ihre  Nütz- 
lichkeit sucht  der  Herr  Verf.  auch  durch  die  Versuche 
von  Prout,  Childr^v  Pr^vost,  JLers^er»  Tiedemann 
nml  Gmelin  zu  beweisen»  indem  daraus  bezvorgebe) 
daft  in  den  gastrischen  Süßen  Natron  enthalien  sey,  wel* 
ches  die  freie  Säure  sättige ,  und  diese  Sättigung  sey 
eine  wesentliche  Bedingung  flir  die  vollständige  Aufldsuiig 
der  Nahrungsmittel. 

Endlicb  sind  nock  als  neue  Heilmittel  das  Digi- 
talin  und  Salicin  hinzugekommen,  von  deren  Wirkungs- 
ari zureichende  Nachrichten  auf  belehrende  Weise  miir 
getheilt  werden. 


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IKralttti  iMul  IFIelies*«  «ocA  de»  Gmtmd-lTafiHilA«»«  olr  Betlr«^ 
mr  CkarakieniHk  üenr  Q^Mrgt Qegatdem  nmd  Mrer  Beahkmtr» 
Fo»  ^ttreeil  mn»  Sffdpw.  MÜ  Hmtr  KarU  dvr  CnittA-Marpaikm, 
IMIii«  M  JMiiafer,  im  XJUP  md  4$$  8.  U  gr.  %, 

RUler'i  gebtreiclier  Vortrag  luitte  in  der  Seele 
-des  Verfik  aaf  das  lebliafkeate  den  Wanscli  angeregt, 
das  wundersame  Gebirge,  die  Central  -  Karpathen  ge-  * 
naoer  kennen  zu  lernen.  Erst  sieben  Jahre  jjpäter  brach- 
ten ihn  andere  Verhältnisse  nach  Ober* Schlesien  in  die 
Nähe  der  Beskiden,  Ein  Blick  auf  die  mächtigen  schar- 
fen. Giirfel  des  Tatra -Gebirges  steigerte  die  Sehnsucht 
noch  mehr.  Wenige  freie  Wochen  wurden  bestens  be- 
nutzt. Zwar  reichte  der  beschränkte  Zeitraum  nicht  hin, 
ein  Gebirge,  ausgedehnt  wie  jenes.,  genau  kennen  zu 
lernen;^ aber  ein  allgemeines  Bild  Tom  Charakter  des- 
falben  wafste  sich  Hr.  t.  Sydew  sehr  glücklich  an- 
mrignen»  Die  flOchti^^e  Reise  f&hrte  durch  die  Central- 
Karpathen  und  in  das  Gebirge  auf  der  Grenze  von 
Oesterreichisch  -  Schlesi  en  und  Galizien  mit 
Ungarn  bis  zum  Raba-Tbale.  —  Der  Verf.  theilt  das 
selbst  Wahrgenommene  Termehrt  durch  fremde  Erfah« 
nmg^  mit;  die  Quellen  findet  man  stets  genau  ange- 
geben]. (S.  VII  bis  XII.  enthalten  eine  ToUständige  Üeber-^ 
sieht  der  Literatur,  die  Beskiden,  Krakau,  Wieliczka 
und  die  Central -Karpathen  und  ihre  Bewohner  be- 
treffend.) 

Das  karpathische,  Gebirge  macht  kein  susam** 
menhfingendes  äanzes  aus;  einzelne  Gruppen,  verschie*' 

denartig  im  Bau,  weniger  oder  mehr  mit  einander  ver- 
bunden^ sind  dessen  Bestandtheile.  Die  Central- 
Karpathen  steigen  mit  den  Li  p  tau  er -Alpen  und  dem 
Tatra-Gebirge  bis  znr  Höhe  der  Mittel- Alpen  empor. 
Felsarten,  aus  welchen, sie  bestehen,  annähernd  gleich- 
mlbiger  Bau  ihrer  Berge  und  Thilei ,  Stellung^  ^^^en 
andere  Gruppen  des  Gebirges,  Pflanzen- Wachsthum, 
endlich  ein  bestimmt  ausgesprochener  EinftiiTs  auf  die 
Atmo^hire  machen  aus  den  Centjral-Karpatben  ein 


648  '     Tou  S^dow,  Reiscbeschrciliung. 

selbststäudiges  Gebirgs- System,  das  jedoch  Blr  einen 
geriogea . Flächenraum  behauptet.  —  liii  Tatra-Ge- 
Urge,  iD  den  Liptau  e  r  - Aipeo  scharfe  Formen,  schmale 
KSame,  gezackte  Spiteen,  engsohlige,  sehauerlidie 
Tiefthaler  ud,  das  Dorf  Koscidisko  abgerechnet,  gäius- 
liehe  Uawirthbarkeit ;  mir  die  das  Gebirge  umgebeoden 
Halden  und  Ebenen  sind  bewohnt.  Dagegen  im  kar- 
pathi sehen  Hochlande  auf  der  Grenze  von  Ungarn 
mit  Oesterreichisch 'Schlesien  und  Galizien,  ge%vÖlbte 
Kuppen  und  Rücken ,  breite  Thäler  u.  s.  w.  Den  Rücken 
desletxten  Gebirgsnages,  llbeir  dessen  Erstrecknng  manche 
unrichtige  Angaben  bestehen ,  nennen  die  Anwohner 
Beskiden  (von  Bjeskid,  Kamm).  Vom  Niveau  des 
Weichselthaies  steigt  tlie  Berg^kette  2000  bis  4600  Fufs 
fast  unmittelbar  aus  der  Ebene  empor.  Mit  dem  Mäh- 
risch-Schiesischen Gebirge  steht  dieselbe  nnr  auf  Karten 
im  Zusammenhange.  Der  höchste  Theil  der  Beskiden 
soll  ans  Granwacke  ausammeogesetzt  seyn;  sie  er- 
streckt sich  angeblich  bis  tief  in  die  Thäler  hinab  und 
gilt  unserm  Verf.  als  das  niäcbtiiofste  Gebirgsglied  des  vSy- 
steme&  Geschiebe  sogennannter  älterer  Felsmassea^ 
Granit,  Gneifs,  Glimmerschiefer,  bemerkte  Hr.  v.  S. 
nirgends  in  dem  Gestein.  Thonschiefer,  der  Grau^ 
ivacke  aufgelagert ,  nimmt  die  mittlere  Hohe  des  Gebir- 
ges ein.  Daiaui  folgt  Uebergan jjskalk.  Streichen 
von  W.  nach  O.;  Fallen  in  S.O.,  thciis  auch  in  S.W.  In 
den  abgerundeten  Gestalten  <ler  Berge  erkennt  man  die 
elgenthiimliche  Verwitternngs  -  Weise  der  Grauwackei 
DieHohte  in  Grauwacke,  ivelche  auf  dem  H  ecke  Up- 
berg e  vorhanden  seyn  soll,  dürfte  genauere ITntersncbung 
verlangten,  auch  hat  Hr.  v.  S.  dieselbe  nicht  befahrcQ, 
sondern  redet  niiv  vom  Hören.sagen.  —  An  Hohen -Be- 
stimmungen fehlt  CS  in  diesem  Theile  der  Karpathen 
noch  sehr.  Die  Babia-Gura  —  mit  der  Wielki 
magura  keineswegs  für  gleichbedeutend  nu  halten 
ist  der  erhabenste  Punkt.  (Nach  Beudant's  Messun- 
gen und  nach  den  x4ngaben  Oesterreichischer  Ofßciere 
beträgt  ihre  Meereshöhe  5400  Fufs.)  —  Bis  auf  ihren 


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Ton  Sj'dow,  RttiflebeiduroilNing. 


649 


hdchsteo  Gipfel  sind  die  B  es  killen  mit  Tannen-  und 
Fichten -Waldungen  beietat,  und  die  Babia^G^ra 
mhgertebnH  findet  man  nirgends  fipttren  von  Krumm 
oder  Koieholz.  Ueberhaupt  ist  das  Manzen  -  WacksAmn 

auf  den  Beskiden  sehr  üppig.     Eigentliche .  Alpen - 
Pflanzen  kommen  nicht  vor.    Auf  Witterung  und  Klima 
haben  die  Beskiden  entschiedenen  Eiuilufs.  —  Ter« 
nin -Formation  zwischen  dem  Hauptrücken  der  Beskideo 
vod  ider  Weiehael,  zwischen  der  Ostrawicza  und  der 
Baba.  —  Hanptthiler  auf  der  Nord-  and  aaf  der  SflUI<* 
eeite  der  Beskiden  —  der  ganze  Raum,  der  das  Ge- 
birgs- System  einnimmt,  ist  mit  gröfsern  und  kleinern 
meist  wohlhabenden  Städten  und  mit  Dörfern  besetzt^ 
■Ton  welchen  nur  die  im  liöhem  Gebirge  bcfiacUichea 
dürftig  rind.    Als  Vbiksstämme  fin4et  man  Polen  mil 
Deutschen  untermischt,  und  im  hohen  Gebirge  auf  der 
UnjO^a riechen  Seite  den  Slavischen  Stamm  der  Go- 
rale n.    Die  erstern  sind  gutmuthig ,  aber  dem  Diebstahl 
«od  dem  Tmnlce. ergeben,  feige  und  träge.    Sie  nehmen 
mit  der  geringsten  Kost  voriieb,  essen  bftufig  selbst  in 
langer  Zeit  nichl  einitoal  Brod  u.  s.  w.    Dem  finfeern  An- 
sehn nach  altern  <li(  selben  sehr  frühe,  wenn  gleich  viele 
hohe  Jahre  erreichen.    Im  Raba-Thaie  benieikte  der 
-Verf«  einen  wahren  Cretin.    Die  unvermischten  Deutschen 
zeichnen  sich  durch  gröfsere  Reinlichkeit  ans ,  sie  habeil 
mehr'  Arbeitslast  und  leben  bequemer.    Die  Goralen , 
von  schönem  und  starkem  Körperbau,  haben  grofse  Ge- 
wandtheit und  leben  aufserst  einfach  und  mäfsig.  — 
Die  sehr  alte  Stadt  Teschen,  ein  wichtiger  Strafsea- 
knoten  am  Fufse  der  Beskiden,  liegt  äufserst  anzie- 
hend»  In  der  Umtassungs- Maoer  des  ans  früher  Zeit 
abstammenden  Schlosses  ein  vielseitiger  Thurm,  der,- 
wie  Urkunden  bezeugen,  ein  Heiden  -  Tempel  gewesen. 
Das  Mineralien  -  Kabinet  des  Gymnasiums  ist  reich  an 
foasilen  lieber resten  in  dortiger  Gegend  aufgefundener 
rorwehlicher  Thiere.   Landhaus,  auf  dessen  Sitzungs-» 
saale  am  U.  Mai  lTYO.^  der  denkwürdige  Friede  abge- 
schlossen worden.  —   Von  Teschen  laufen  mehrere 


Kai^erstrafeen  aus.  Eioe  fuhrt  nach  Troppau  und 
Wien,  eine  zweite  über  Jablunka  nach  dem  Wag- 
Thale,  eine,  dritte  nach  Krakau  und  Lemberg;.  — ▼ 
Viun  ILrakua^Hügel  hat  meii  eine  TortrefHiche  Aus- 
eidit  auf  die  miehtige ,  jetst  irerwais'te  Ktoigastedt  und 
aMf  die  ganse  Umgegend.  Gegen  Weilen,  sunichat  aa 
Krakau,  auf  der  Höhe  Brouislawa,  steigt  der  Mo* 
gila  Kosciuzko  empor,  ein  Höge!  zum  Andenken 
des  Helden  aufgeworfen.  Der  Verf.  schildert,  melir  und 
weniger  ausführlich ,  die  veraehiedenen  Kirchen ,  das 
SchMk,  dna  JeBuiler-Kollegium  und  Konauial-Gebäud^ 
den  Markiplafs,  das  Rathhaua,  den  BisohMtchen  Pala# 
u.  s.  w.  Wir  können  ihm  nicht  in  diese  Einzelheitea 
folgen  und  begnügen  uns,  Einiges  hervorzuheben.  Im 
Deoie  auffallende  Pracht ,  goldene  und  silberne  Verzie- 
rungen, Marmor  -  Säulen ,  das  Gewölbe  tragend,  ein 
Schals  mit  Koatbarkeilea  aller  Art;  die  Reiche- Kleioo- 
dien  aollen  aeil  der  leisten  Theiinng  Polena  dorck 
OeMerreichische  Intervention  entfernt  worden  seyn. 
Der  Dom  ist  die  Begräbnifsstätte  der  meisten  alten  Pol- 
nischen Könige.  Sa  schön  auch  alle  diese  Denkmale 
aind,  so  aehr  sie  den  Kunstfreund  und  selbst  den  Histe- 
riker  ansprechen  mässen,  denn  in  ihm  findet  man  eine 
in  Stein  gehauene  Geschichte  Polens,  so  erregen  die- 
selben dennoch  nicht  die  lebhafte  Theilnahme,  wie  die 
kleine  bescheidene  Gruft  unter  dem  Haupt -Eingang  der 
Kathedrale,  in  welcher  die  Gebeine  von  Johann  So- 
bieski,  Poniato.wski  und  Kosciuszko  rubea. 
.  Ein  schlichter  Sarg  aus  braunem  Bicheohoise^  der  keina 
wmtere  Zierde  trAgt  als  das  einzige  mit  Dinte  greft  und 
lesbar  geschriebene  Wort  Kosciuszko  umschliefst  di^ 
Asche  eines  der  gröfsern  Männer  unseres  Zeitalters. 
„Es  war  Wochenmarkt  in  Krakau  so  erzählt  der  Ver£, 
„daher  befanden  sich  viele  Landleute  im  Dom,  als  ich 
die  Gruft  öffnen  Uefa.  Männer  und .  Weiber  benntsten 
die  Gdegenheit  imd  stiegen  mit  hiaah.  Alle  seofiitsn 
beim  Anblick  der  Särge  laut  auf,  und  ihre  bebenden 
Lippen  schienen  zu  verrathen  ^  dais  sie  beteten  iiir  diese 


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va«  Sjrilo)r,  ReiiebeAcUreiliung. 


▼erstorbenen  Vaterlands- Freunde.  Keinem  waren  ihre 
TlKUea  ftübekanat  Feierliche  Stille  herrschte  in  der 
im  wenigen  Wachakaneii  belenchtaten  GioCk;  mt  b«-* 
«eilen  wurde  sie  Yoit  lei8em>  GeflOeter  der  gioftea 
Namen  unterbrochen;  vor  allen  hörte  man  den  Namen 
Naczelniic  Kosciuszko.  So  mancher  der  altern Män- 
ner  mochte  noch  unter  ihm  gefochten  haben.  £ioige 
traten  näher  an  die  Särge  und  legten  leise  ihre  Rechte 
dfciiaiif,  gleichmn  ala  wollten  sie  mit  den  Abgesdiiedeäm 
im  nähere  Verbindung  treten«  Auf  jedem  Oeeichte  hg 
der  Ausdruck  tief^tea  Schmerzes,  in  den  Augen  vieler 
standen  Thränen,  kein  Kind  kann  am  Sarge  geliebter 
JSttern  bewegter  seyn,  als  die  einfachen  Landleute  in 
der  Crmft  janer  grefben  M änner.**  —  Die  UniTenitäl 
Krakau  geh(Krt  mit  in  den  ftitesten  in  Boiopa.  He 
wurde  von  Kasimir  dem  Grofsen  im  Jahre  1343.  ge* 
stiftet.  Bei  der  neuen  Einrichtung  des  Freistaates  wurde 
dieselbe  reichlich  bedacht.  Unter  den  vier  Fakultäten 
Michnen  sieli  die  medici'nische  und  die  phiieeophische 
besondm^^M.  Obwohl  die  Hoebsehnle  von  atteo  FöIm 
«nter  Russischer,  Oesterreiehiseher  und  Pvenfsischer 
Hoheit  bezogen  werden  darf,  wenigstens  auf  eine  ge^^ 
wisse  Zeit,  so  ist  sie  dennoch  wenig  frequent  Ais  der 
Ver£  sich  in  Krakau  aufhielt  (1827.)  zählte  man  nur 
.  Stögen  250  Studierende. .  Der  botanische  Garten,  sehr 
r^h  an  den  Terscfaiedensten  Gewächsen ,  namentlich  an 
Wasserpflanzen,  soll  der  gröfste  iai  vormaligen  Könige 
thnm  Polen  se^n  und  in  vieler  Beziehung  selbst  den 
Breslauer  übertreffen»  Mit  dem  Garten  steht  die  Stern* 
warte  in  unmittelbarer  Verbindung.  —  Die  Zahl  der 
Inwohner  Krakan's  beUef  sich  1887.  anf 
dnränter  SSM  Juden.  An  Manufakturen  und  Fabriken 
ist  die  Stadt  arm  und  der  Handel  nicht  so  blühend,  wie 
er  es  seyn  könnte.  Das  Sitten  -  Verderbnifs  schildert 
Hr.  V.  S.  als  besonders  grofs.  Wir  wollen  die  von  ihm 
zum  Bel^  .att%efillirten  BeiqMele  Imt  nicht  wnsähnso. 
—  Bne  gn»fee  Strafte  vedrindet  das  Königreich  PoUb 
«nd  West-Galizien  mit  deoi  Wagthal  uaü  mit  Prefs- 


6^  Sjdow»  BdtakMdureibang. 


barg/  Eine  andere,  die  kleioe  Strafsa  von  Krakau 
nach  dem  Zipser  Komitate  in  Uii\g;arn,  führt  von  Kra- 
kau nacli  Nettmark.  Lelstere  fol^  bis  WieiiozJiii 
der  Vortrefflichen  Kaiserstiafiie,  Aellber  Bochnia  nach 

Lemberg  geht.'  So  wie  man  Podgorze  veriahsea 
hat,  lauft  die  Strafse  Anfangs  auf  der  Thalsohle  der 
W^hsel,  dicht  am  rechten  Thalrande,  erhebt  aich  so- 
dapn  am  Gebänge  derselben,  iii)er  kleine  Terrainweliea 
ferfriehcind  allmähligf  bis  zu  löO  F.,  und  erreicht,  nach 
twei  Meilen  Wielicska«  In  der  obem  Teufe  aller 
dieser  Ten ain wellen  liegt  gelblichgrauer  Sandstein,  der 
ah  einigen  Orten  versteinerte  Muscheln  enthalten  soll. 
(Wir  werden  am  Schlüsse  auf  die  geognostischen .  An« 
sichten  desVerfii.  surildikonimen.)  —  Unmitteibar  unter 
der  freien  Bergstadt  Wieliczka  finden  sich  :die  be«* 
rfihmlen  Salzwerke.  Um  in  seiner  Schilderung  der  „An- 
lagerung der  Salzmassen"  mÖ/2fIichst  vollständige  zu  seyn, 
beschränkte  sich  der  Verf.  nicht  auf  seine  Beobachtungen, 
eondiern  berOcksichti|[^te  das,  was  von  andern  Schrift« 
stellen  —  Hucquet,  Schnltes,  Townson,  Guet* 
ta^rd,  Beudant,  Pusch,  Schober  u.  s.  w.  <—  ibec 
das  so  interessante  Salzlager  mitgetheilt  worden.  Er 
rügt,  dafs,  wie  es  scheint,  man  in  Wieliczka  sehr 
darauf  beilacht  sey ,  dem  Fremden  keinen  tiefern  Blick 
in  die  Lagerungs  -  Verhältnisse  des  Salzgebirg^es  zu  ge- 
statien.  Die  heramf&hrenden  Beamten  meiden  direkte 
Antworten;  sie  sind  bemüht,  die  lufmerksandteit  sitis 
auf  neue  Gegenstände  zu  lenken ,  so  dafs  man  nirgends 
genau  beobachten  kann.  Hierin  liegt ,  nach  Hrn.  v.  S., 
der  Grund  der  sehr  abweichenden  Angaben  ttber  die 
mannichfachen  Beziehungen  der  Salzwerke. 
^  Die  Salz -Anlagerung  befindet  sich  am  Fufse  eines 
ausgedehnten  Sandstein -Gebirges  und  am  Anfange  der 
grofsen  Polnischen  Ebene.  Vom  Tage  nieder  wird  nach- 
stehende Schichten  -  Folge  beobachtet :  D  am  m  e  r  d  e ; 
Thonmergel;  sandiger  gelber  Thon  mit  Gyps-« 
.Kalk-,  Schieferthon*  (?)  u.  a.  Trfimmern;  scJiwim^- 
mendesGebirge,  feiaköroiger  Saud,  für  den  Bergbau 


■ 


Ton  Sjfiow,  RewebcfdireibiiJig.  653 

besonders  beschwerlich ;  fetter  Thonmergel  in  8tia- 
kemlea  Sdiieferlhoo  (?).  fibergehend  (die  vom  Verf. 
'    naü^h' Hacquet's  Angabe  erwähnten  VersteinerungeB 
-lassen  genauere  Bestimmungen  wünschen);  Salzihon 

(Haida)  y  Steinsalz  in  Stöcken  (Stockwerke)  durch 
Thon,  lehmig^e  Theile  u.  s.  w.  Tcrunreinigt ;  Merg-el- 
-kalk  gm z  von  Salz  durchdrungen ;  Steinsalz-Flötze; 
«r^hwärzl ichgrauer  geschiefe rter  Sandstein , 
das  Liegende  der  Saixflötze.  —  Als  untergeordnete  Va- 
rietäten des  auf  Stöcken  Torkommenden  Steinsatees  führt 
der  Verf.  auf :  Eis  salz,  das  mehr  krystallinische,  Me^ 
t  allsalz  (Spiza),  von  grofscr  Festigkeit,  Mohn  salz 
und  Saarn  en  salz,  kleinkörnig,  Perl  salz,  dem  Rogen* 
gleine  sehr  ähnlich.  —  Die  Alächtigkeit  der  eigentli^en 

.Salzfldtse  beträgt  mindestens  5 F.;  ausnahmsweise  wächst 
dieselbe  bis  zu  90  F.  an.    Mit  der  Teufe  nehmen  Rein- 

,heit  und  Durchscheinendes  zu.  Zwisclien  den  Salzflöizen 
zeigen  sich  hin  und  wieder  Gjpsschichten  und  Adern., 
meist  von  geringer  Stärke.  -  Der  sogenannte  Treppen* 
oder  Gekrdsestein  entsteht  durch  zahllose  Windungeq 
solcher  Gypsadern.    (Der  Gyps  ist  meist  Wasser -frder, 

Anhydrit.)  Die  Salzgruben  von  Wieliczka  — 

die  Entdeckung  der  Lagerstätte  soll  in  das  Jahr  1250« 
fallen  — erstrecken  sieh  von  O.  nach  W.  über  9500  F., 
Ton  S.  nach  N.über  3600  F.;  ihre  grdfste  Tiefe  beträgt 
1220  F.  (unter  dem  Meeresspiegel  ungeßihr  621  F.). 
Sie  werden  ia  fünf  Elagea  (Contignationen)  unter  einan- 
der bearheitet.  Dreizehn  Ta^chäohte  führen  in  die 
Gruben ,  welche  früher  au  Juden  verpachtet  waren,  sp 
dab  Uofser  Raubbau  getrieben  wurde.  —  In  allen 
Stocken  und  Kämniern  herrscht  die  grdAte  Trocken- 
heit ,  mitunter  staubt  es  selbst  Durch  besondere  Gräfte 
zeichnen  sich  etwa  60  Kammern  vor  den  übrigen  aus. 
Der  Tanzsaal,  durch  einen  kolossalen  Oesterreichi- 
schen Adler ,  den  Namenszug  des  Fürsten  Lobkowitz 
mad  swei  transparente,  auf  Salztafeln  gemalte  Bilder, 
sKaiHitliehe  in  der  Grube  bräuchlieh«  Arbeits -Gerätli- 
echaftea  darstelleud,  geziert,  wird  bei  feätlicheu  Gele* 


1 


genheiten  sinr  Vereammlvng  nnd  nmi  Twim  hmnM, 
Sechs  bis  acht  Kronleuchter ,  alle  ans  Sfteiinalz  gefe«^ 

tigt,  dienen  zur  Beleuchtung.  —  Angcaben  der  unter- 
irdischen Temperatur,  der  Luftgöte  u.  s.  w.  nach  €raet-. 
tard,  Schaltes  u,  IL  Schwefel  -  Wasserstoffga«  (von 
den  Arbeitern  Saletes  genannt)  entwickelt  sich  zuweilen 
in  ilten  Siredccn.  —  Die  Graben  beschäftigen  500  bb 
800  Arbeiter.  Das  gewonnene  Sab  soÜ  jihrBeh  7  bis 
S00,000  Zentner  betragen. 

Die  Centrai-Karpathen  beherrschen  den  ganzen 
Raum  zwischen  der  obern  Wag,  dem  Poprad  und 
dte  Denajec.    Sie  serfalien  in  drei  Glieder-,  dem 
Jedes  ein  eigenes  System  hn  engem  WorMnne  hat,  in 
das  nordöstliche  Vorgebirge,  in  den  hohen  Alpenstock 
und  in  das  westliche  Vorgebirga    Der  hohe  Alpenstock 
gliedert  sich  nach  seiner  Thai* Bildung,  dem  Bau  der 
Bergmassen  und  seine  Höhe  in  zwei  Haupt -Gruppen, 
dai  Tatra-Gebirge  mid  die  Liptauer  Alpen,  fir- 
sferes  ist  als  Hatiptstamm  des  ganzen  Gebirgs-Systemes 
anzusehen.    Unmittelbar  aus  der  Ebene  emporsteigend, 
erreicht  dasselbe  in  derLomnitzer  Spitze  nach  Oes- 
feld eine  Höhe  Ton  8133  F.    In  den  Liptauer  Al- 
pen mifti  der  Rohacz  6875  F.   Die  €entral-^Kafr- 
pathen  tragen  weder  ewigen  Schnee  noch  Gletscher, 
ohne  Zweifel  in  Folge  ihrer  freien  Lage  gegen  Ungarn 
nnd  Galizien,  des  ungehinderten  Zutritts  der  Winde  von 
allen  Seiten,  der  geringen  Breite  des  Hauptrückens  u. s.  w* 
Nur  die  dem  Gebirge  eigenthfimlichen  hohen  Seen  haben 
oft  im  August  noch  ES&   Wahlenberg,  der  Von  Tof^ 
dorn  and  Irintem  Eisthilem  redet,  die  mit  wahrieii  Glet- 
schern ausgefQllt  sejen ,  wurde  durch  die  ungünstige  . 
Jahreszeit  getäuscht,  in  welcher  er  das  Gebirge  bereiste. 
—  Der  Kern  und  die  höchsten  Massen  des  Tatra- 
Gebirges  .  und  der  Liptauer  Alpen  beetelien  ans 
Granit,  an  den  sich  auf  der  Nordseite  in  der  ganaea 
Längen  -  Erstreckun^  des  Gebirgs  Kalkstein  nnd  Sdiiefer- 
thon  (?),  auf  der  Südseite  aber  Gneifs,  Glimnierschie- 
fer,  Qu^rzfeis,  v^schiedeoe Sandstein -Gebilde,  Sd&ie- 


imi  ^yitow,  BeltelMtehfeibiiNg^.  4f9 

ferthon  (t)  ondKAlk  angelagert  hab«D.  Gfaoite,  Gneifte 
m.  a.  w.  werden  ansfllhrlich  geschildert    Den  Kalk  will 

der  Verf.  iu  Aipenkalkstein ,  rothen  und  grünen  Thon- 
kalk ,  gdblichea  kie§lichen  Kalk  u.  s.  w.  unterschieden 
bissen.  —  —   Die  Schichtung  der  Fels  -  Bitdungen 
streicht ,  dem  allgemeinen  Zuge  des  Gebirges  folgend , 
▼OB  O.  gegen  W.,  fkllt  aber  auf  beiden  Seiten  des  Gra- 
Ditgebirges  fast  parallel  gegen  8.,  also  nicht  auf  der 
N.Seite  gegen  N.,  sondern  widersinnig  gegen  S.  (Der 
Verf.  betrachtet  diese  Erscheinung  als  eine  auffallende  ^ 
▼OB  dem  gewöhnlichen  Anlagerung»  -  Geaetne  abwei* 
eheode;  er  erachtet  rie  als  im  Widerspruche  mit  der 
'Anrieht  9  daft  die  Granit -Massen  nach  dem  Absatee  der 
jungern  Gebirge  aus  dem  Schoofse  der  Eule  aufgestiegen 
Seyen  und  dadurch  das  Fallen  ihrer  Schichten ,  die  vor- 
dem sohlig  gewesen )  erzeugt  hätten.    Allein  die  Ein- 
rede,  welche  auch  van  andern  €Mtoa  g;egen  das  Empor«, 
heben  der  Sdiichten  gestellt  worden:  daft  diescSben 
gegen  das  Innere  der  Berge  sich  neigen ,  wthrend  man 
erwarten  sollte ,  dafs  sie  nach  der  entgegengesetzten  Seite 
fielen,  ist  von  berühmten  Gebirgsforschern  auf  sehr  ge- 
nflgeode  Weise  widerlegt  worden.    In  solchem  Falle 
nUrfe  num,  nach  L,  ▼•Buch,  den  abgerissenen  und 
gehobenen  Schichten-Theilen  Kraft  genug  cutrauen,  um 
der  Aufrichtung  eines  ihrer  Enden  sich  widersetzen  zu 
kennen,  während  das  andere  Ende  da  emporgetrieben 
würde,  wo  die  aufhebende  Gewalt  kräftiger  wirkte,  und 
cIm8  ist  eine  solchen  Wirkungen  nicht  angemessene 
Vdmssetcnng.   £Sne  Macht,  welche  Berge  und  ganze' 
Xandstriche  aufwärts  treiben  konnte,  wird  stets,  selbst 
in  ihren  Modifikationen,  die  Gewalt  übertreffen,  die 
das  Ende  der  Schichten  dem  Emporheben  entgegen  zu 
setzen  vermöchte,  damit  daraus  eine  Neigung  Yon  der 
aufhebenden  Masse  gegen  das  Inpere  hervorginge.)  — « 
An  Metellen  sind  die  CentraUKarpathen  ImChmnen 
arm ,  daher  auch  der  Bergbau,  den  man  schon  seit  dem 
Jahre  1143.  zu  treiben  angefangen,  nie  sehr  schwung- 


§9/^  von  Sydo^i  ^iaebesctireibung. 

haft  geworden.  Die  vorhandeflen  Erze  i^hrendea  Gänge, 
Mich  wenn  sich  dieselben  vom  Tage*,  nieder  ergiebig 
srigt#n,  keitien  fich  meidl  bald  aitt  w.  ~:  In  •f^neoi 
Charakter  ist,  das  Ge|>irge  von  allen  Eonqpiiaclieii  HpM^ 

Gebirgen  dadurch  ausgezeichnet,  dafs  die  sogenaniiten 
Uebergangs  -  Formationen  fehlen,  oder  nur  sehr  unter- 
geordnet Yorkomiuen.  Auf  der  Nordseite ,  wo  im  Tatra- 
Gebirge  und  ia  den  Liptauer  Alpen  Granite  u^ 
Kalke  herrschen ,  findet  miin  in  der  Gefits|lt«iig  v^m  Ber- 
gen und  Thälern  mehr  Einftrmigkeit,.  a|f|  anf  |lcr 
Seite,  wo  ein  gröfserer  Wechsel  in  den  Fels- Bildungen 
statt  hat.  Das  Tatra- Gebirge  ist  gleich  den  Lip- 
tauer Alpen  ein  Rücken -Gebirge.  Der  Hauptrücken 
lauft  als  schmaler  Grat  von  O. ..^acK  W.|  ist  jedoch 
M  mehreren  Stellen  wunderbar  verschlungen  :und  Wel- 
Jen-fSrmig  gewunden.  *  Von  ihm  gehen  gegen  N.  und 
N.  O.,  gegen  S.,  S.O.  und  8.W.  Seitenitote  ans,  wefche 
vielleicht  die  schmälsten  und  schärfsten  Rücken  iu  Ea*- 
Topa  sind.  In  den  Thälern  zwischen  diesem  erha- 
benen Rücken  liegen,  auf  der  Nord-,  wie  auf  der 
Südseite  des  Gebirges,  in  4000  bis  F.  Höhe 

die  Alpenaeen,  sSmintlich  mit  ihrem  Längen  Duiiiii" 
messer  mehr  oder  weniger  senkrecht  gegen  den  Haig^ 
rücken.  Alle  diese  Seen,  welche  bald  in  einer. Gar 
birgs  -  Bildung ,  bald  auf  der  Grenze  zweier  liegjßU  j 
verdanken  ihr  Daseyn  entwedeir  d^n^  noch  unausgebil- 
deten  Thalformen ,  od  er  .neben  -  diea^-.  ;i|ugl/eich  den 
Vorlagernngen  .von  S^hntaia^iv»  ]die  quer.,  dfMrdv.  4M 
Thftlee  Wälle  zusaounensetzen  und  m  den  A^^HPlii'i* 
Wassers  hindern.  Auf  die  Oekononiie  fliefseuder  Vfl^^ 
sind  die  Seen  vom  wesentlichste^  Einflüsse.  — rflfr 
rakteristik  der  Gebirgsaate  lyi^  der  Gebirgsth^ly^rft^ 

{Der  Beiülklufs  f  olgt.)  :'  tr  '  ..ir  •dl*' 

a 


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N*.  42.  HEIßELB.  JAHRB.  d.  LITERATUR.  1831. 
von  Sjfdow,  Rei90b€8ehreib»ng. 

Von  den  meifilen  Reisenden  werden  die  Liptauer 
Alpen  und  das  Tatra- Gebirge  viel  unzugänglicher 
geschilfierl,  als  sie  wirklich  sind;  unersteiglich  tiod^t 
man  nur  einige  Punkte  fier  ndrdlichen  Kalk  •  ßiidiiojg^. 
—  Sehr  deollidi.Keigl  sioli  der  Eäafliib,  welcheii  die 
Lage  des  Gebirges  gegen  die  Sonne  und  d^r  rascl^ 
Wechsel  der  Temperatur  auf  die  Verwitterung  fester  Ge- 
stein -  Mas^^en  Oben.    Das  nördliche  Gehänge,  alle  von 
der  Sonne  nicht  beschienenen  Ybäler  sind  auffallend  mehr 
jsetoBldit,  atodasSid-Gehänce.  —  Die  hohen  CentrU«. 
Karpathen-  bilden  eine  klimatische  Grenze.   Im  Nor- 
den der  Kette  ist  die  Luft  durchaus  verschieden  von  der 
im  Süden.    Der  schnelle  Wechsel  von  Witterung  und 
Temperatur  wirkt  sehr  nachtheiiig  auf  Thier  -  und 
Pfliinzenleben«    (Im  Jahr  1810.  sollen  in  der  Nacht  vom 
'flu  nm  &  Angust  auf  einer  Berghütuag  im  Bukowiner 
Regier  mehrei«  Pfiesrde  nnd  lOOSdhaafe  nach  plötilicher 
Abkühlung  der  Luft  an  Erkältung  gestorben  sejn.)  ~ 
Die  Centrai-Karpathen  haben,  ihren  Hohen- Vejr- 
.liältiiisseo  gemäfs ,  eine  Alpen  -  Flora  und  im  Allgemeinen 
.eine  IreicheV^elation.  Man  findet  anf  ihnen  die  Schwei- 
'  aer ,  9BBmm  mit  denen  von  Lappland  vereinigt.  Die 
'  Wald-Refgion,  den  niedernTheii  des  Gebirgeis  einneh- 
mend) reicht  im  Allgemeinen  nur  bis  zu  4200  F.  hinauf. 
Jene  des  Krummholzes  zieht  sich  bis  zu  Höhen  von 
6600  Und  selbst  von  8100  F.    Die  Alpen  -  Region  steigt 
'^ie  SU  den  fadchplen  Gipfeln  hinan.    Während  nadi 
^   Rnmi  fiber  dem  Krnmmhelte  nnr  wenige  Steinmooae 
gefunden  werden ,  und  nach  Wahlenberg,  einige  sel- 
tene Alpenpflanzen,  Moose  und  Flechten  abgerechnet, 
blos  sparsame. Gräser,  £and  unser  Verf.,  weit  über  d|e 


^4  * 

M'  Ton  Sydow,  Reitebctobr^iliiing.  '  ^  * 

Krummhölzer  hinauf,  das  üppigste  Pflanzen-Wachsthum 
und  die  reichste  Viehweide.  —  Ueberall  zeigt  sich  die 
Vegetation  auf  dem  Kalk -Boden  besser  gedeihend,  als 
auf  granilischem.  Auf,  der  Süd -Seite  der  Central^ 
Karpathen  «erden  fast  alle  Getreide* Arten  gebauti 
ferner  Hilteenfrfichte,  Kartoffeln,  Flachs  und  Hanf;  die 

■  'Bewohner  der  Nordseite  aber  können  dem  undankbaren 
Boden  nur  mit  grofser  Anstrengung  einen  unsichern  Er- 
trag von  Roggen  abgewinnen,  der  sich  in  höhern  Ge- 
genden auf  Hafer ,  Kartoffeln  %  i.  w.  beschränkt  —  In 
den  ^höchsten  Gebirgs- Regionen,  besonders  am  Kri- 
van,  werden  Gemsen  und  Murmelthiefe  getroffen.  Bären 
und  Wölfe  sind  gänzlich  ausgerottet.    Steinadler  horsten 

zumal  auf  dem  Volowecz.  Ebenen  das  Kar-  , 

pathische  Hochgebirge  umlagernd.  Sie  finden  sich 
20  beiden  Seiten  der  Hauptmasse  fast  gleich  hoch  ttber 
dem  Meere  und  halten  das  Mittel  raischen  Hügelland 
und  YÖlliger  EI)ene.  Auf  der  Nordseite,  die  Polnische 
und  Arvaer  Ebene;  auf  der  Südseite  die  Zipser  und 
Li  p tau  er  Ebene«  —  Nähere  Betrachtung  der  Thäler 
'  der  Centrai-Karpathen,  sowohl  der  211m  Flufoge- 
hiete  der  Weichsel ,  als  der  zum  Flnfsgebiete  der  Donau 
gehtirigeö.  —  Bevl^lkerung.  Wenige  Nationen  mnd  in 
Europa,  von  denen  nicht  irgend  eine  Kolonie  in  der 
Nähe  dieses  Gebirg^es  anzutrefien  wäre.  Besonders  Deut- 
sche wanderten  in  alten  Zeiten  zahlreich  der  Gierend  zu. 
Auf  der  Nord-Seite  der  Central  Karpathen  siiid, 
Ton  VMkerstSmmen ,  Polen  ntid  Goralen  yorhandfen ,  amf 
de^Sfidseite,  Magyaren,  Slowaken  und  Ruthenen ;  auf 
beiden  Seiten  leben:  Deutsche,  Juden  und  Zigeuner. 
Die  Gastlichkeit  ist  im  Allgemeinen  grofs;  durch  sie 
wiird,  beim  Mangel  erträglicher  Wirthshäus^r ,  idiO  Bis- 
retsnng  des*  Gebirges  sehr  erleichti^t»   Vornehme ,  'wie 

'Ocnnge,  sind  gegen  den  Fremden  gleich  «iivbvlcoid- 
inend.  —  Die  Polen  der  Herrschaft  Neumark  u.  s.  w., 
gemischt  aus  Polen ,  Slowaken  und  Goralen ,  in  Folge 
ofirftiger  Lebensweise ,  mannichfacher  Ausschweifinigen 
und  TerwabrlosterErziehnng,  ein  deg^^erirMSesdllMhl^ 


I 


nähren  sieh  dnüdi  dm  AokerhaH,  wenig«  leben  vom 

Handel  oder  erwerben  sich  ihren  Unterhalt  in  den  Eis»eii> 
werken.  Sie  kleiden  sich  zu  jeder  Jahreszeit  in  Pelze 
und  bewohnen  f lüuser  ohne  Schornstekie ,  die  aiUiier  der 
Flur  nur  ein  Gemach,  b^clMtena  7wej  haben.  LeideOr 
fichafltiich  19!  Uif€  Liebe  snr  Mneik.^  ]Ke  llingyarea  vifi^ 
läu^uen  noch  hentigen  Tages  nicht  Ihre  Abetamninng 
you  urallen  Asiatischen  Fischer-  und  Jäger- Völkern« 
Die  Slowaken,  ein  kräftiges,  schönes,  fröhliches  und 
jLühnes  Vfiik ,  kameo  ungefähr  zu  Ende  des  dritten  Jahiv 
bitBderts  naeh  £nn|iMHen  nnct  hfeitoten  eich  später  mebr 
gegen  SMen  «ne.  Ein  Tbeil  Toa,  ttueR.  führt  9  ab  Hir- 
ten ,  während  des  Sommers  ein  Nomaden -Leben.  Der 
Räuberei,  deren  man  sie  früher  beschuldigte,  sind  die- 
selben gegenwärtig ,  einzelne  seltene  Fälle  abgerech- 
net, nicht  mehr  ergeben.  Die  Ruthenea  stammen  von 
Russen  und  Cnmaniern  ab ,  welche  Aber  die  Karpathen 
io  die  Ebenes  Ungarns  dnbi«dhett.  Zigeuner  sieht 
man  nur  im  Aervaer  Koinitate ,  obwohl  sie  3(M),000 
Seelen  an  der  Zahl  herumschwärmen.  —  Beschreibung 
der  Strafsen,  welche  die  Central -Karpathen  umgarnen. 
—  Als  Anhang  findet  man :  ein  Verzeichnifs  der  astro« 
oottiieek  od^r  trigonraietrisch  he#inuiMen  Ojrte  im  Be- 
reiche der  Beskiden  und- CentraUKarpathen  undl 
ein  alphabetisches  Verzeichnifs  gemessener  oder  ge- 
schätzter Meereshöhen.  Ein  mit  Sorgfalt  ausgearbei- 
tetes Aiam^-p  und  Sach -Register,  den  Gebrauch  ^ee 
Büchee  sehr  ctW^btarnd»  hw^UielM  dap  Ganze.  , 

Wir  eittd  m  unserem  Anannge  aa  umfiisaeiid  gfi^ 
Wesen,  als  der  Raum  solches  gestattete,  und  glapbeii 
dadurch  von  dem  Interesse  Zeugnil's  gep^ehen  zu  haben^, 
welches  die  Durchsicht  det  Reise*  Bemerkungen  des 
Urm  Sydew  una  gewährte»  Gegen  die  gecignost»- 
adian  BeobaeJtoof  m  und  gegen  die  Bestunmuiicw  der 
VieHmt^n  licAen  «eh^  manche  Binredßn  nfmchen  «nd 

verschiedene  I^weifel  aaregen.  Einige  derselben  wuc- 
deti  Verlauf  <ler  Anzeige  eiugeschaltet ,  hier  möge 
mm*  necb  d^b  jüt^chnchi  ein^.  Stelle  finden  f  daf^  m 


1 


ff 

Folge  der  neuesten,  in  den  Karpathen  durch  wohl 
unterrichtete  Geognosten  angestellten,  Forschungen  die 
in  jenem  Gebirge  vorkommenden  Fels*  Gebilde  zumal 
Karpathen-Sandstein )  Kalkstein  and  Syenit 
sind.  Der  Karpathen -Sandstein  herfseht  Tor.  In  ihiii 
finden  sich  die  Salz  -  Niederlagen  von  Wielic«ka  vitd 
zahlreiche  Salz -Quellen  entspriqgen  jener  Felsart,  deren 
Alter  durch  die  von  Pusch  und  Zeuschner  darin 
vor  Kurzem  nachgewiesene  Grgphaea  columha  aufser 
Vweifel  gestellt  worden..  Eben  so  wiehti|[and  die  für 
tfcn  TttRuittiBehett  Ursprung  der  dorlttntlitKdlan  Syenite 
aufgefundenen  Beweise,  deren  weitere  Ausführung  je- 
doch nicht  hierher  gehört. 

L  e  onhard. 


N€uere  Gwhichte  der  PwrftJIc»,  «•»  4tr  BrfwmaiHm  61t  wur  Bundei- 
{     ade.    Von  K.  A.  Menmel    BmiA  I.   XFI  und  484  S.    Bd.  il 
XXiF  wd  474  8.    Bd,  IIL   XFiU  und  98t*S.    Vom  Anfange 
dm  Ehr^htmtrHU  bü  tum  Ende  der  Regierung  EmrU  BreeUm 

uM^ins. 

¥  * 

-  Düeses  Werk  schliefst  sich  an  des  Verfassers  be- 
kannte Geschichten  der  Deutschen  als  Fortsetzung 
mn.  Ila(s  dieselbe  in  einer  «anderen  Form  erscheinen 
würde,  hatte  der  Verf.  am  Schlufs  des  friiheren  Ge- 
scfaichtswerhes  Terkündet ;  dafs  sie  von  anderen  Gesichts- 
punkten aus,  in  anderer  Absicht  entworfen  ist,  bekennt 
er  in  der  Vorrede  des  ersten  Bandes;  dafs  sie  in  Ton  und 
Farbe  ganz  verschieden  ist,  zeigt  ein  einziger  Blick  aut 
wenige  Seiten.  Was  das  letztere  angeht,  so  fragt  es 
sich,  ob  der  veränderte  Vortrag  bei  den  Freunden  seiner 
friliieren  Geschichte  Dank  einomdten,  ob  nuin  sidi  nicht, 
gewMint  an  die  gewandtere  Daretelinngsart  des  VerfiB., 
in  der  ErMartung  einer  ähnlichen  hier  getäuscht  ßnden 
wird.  Die  leichtere,  geistreichere  Behandlung,  die  le- 
bendige Schilderung ,  den  oft  an8  Dekianiatorische  strei- 
fetiden  Styl  in  jenen  frSharen  Geschicfateii »  die  einem 


Mm^l»  G«tckiclito      DeitlMliea.  06^ 


Theil  des  Publikums  die  Werke  Schmidts  und  Heinrichs 
entbehrlich  machten,  findet  man  hier  mit  einem  schwe- 
ren, eiotönigea  Berichte,  untermischt  hier  und  da  mil  ^  ^ 
eioem  theologischen  oder  philosophischen  Gutachten, . 
Tertaoscht  Hiosichtliph  des  geäaderfen  Geslchtspiuikts 
erkiftrt  steh  der  Ver£,  wie  erwähnt,  selbst;  das  frfihm 
Werk  umfafete ,  wie  er  sag^t ,  seinem  Plane  nach  das 
ganze  Reichs-  und  Staatswesen ;  da  aber,  nach  seinem 
Urtheil,  dasselbe  sich  im  Fortgang  der  Zeiten  mehr 
und  mehr  yon  dem  inneren  Wesen  der  Nation  f  etrenipl 
'  hat,**  so  lafst  er  nun  die  Staats*  und  Kriegshändel  mepur 
bei  Seite  lie|^en ,  und  will  ,,Tiehnehr  dasjenige  ¥or  Augen 
stellen  ,  wodurch  das  innere  und  äufsere  Leben  der 
Deutschen  Nation  bewegt,  ihre  geistige  Thatkraft  bald 
gefördert  bald  gehemmt,  ihre  staatsbürgerliche  Gestal- 
tung bestimmt  worden  ist."  Wenn  man  nun  etwas  nach- 
forscht, in  wie  weit  es  dem  Verf.  gelqngep  ist,  diese 
eeheime  Werkstätte  ans  zn  Offnen,  so  inrd  es  jedem 
Unbefangenen  auffallen ,  dafs  das  als  allgemeine  Ge- 
schichte von  Deutschland  gebotene  Werk  in  diesen  drei 
Bänden,  und  besonders  in  den  zwei  ersten,  fast  nichts 
als  eine  blofse  Kircheohistorie  enthält ,  ja  dafs  man  sich 
in  der  That  über  manche  politische  Verhandlung  in 
Planck's  Geschichte  des  protestantischen  Lehrbegriflb 
mehr  Raths  erholen  kann ,  als  hier.  Für  welche  Klasse 
von  Lesern  das  'Buch  nun  eigentlich  berechnet  ist ,  fallt 
etwas  schwer  zu  entscheiden ;  das  gröfsere  Publicum 
wird  ap  Darstellung  und  Vortrag,  an  Auswahl  und  In- 
halt zu  tadeln  haben;  den  Gelehrten  wird  die  Cb^ohn- 
heil,  nicht  viel  zu  citiren,  mifshagen,  nnd  sie  würden 
einen  genaueren  Wegweiser  durch  die  Quellen  vorzie- 
hen; es  scheint,  dafs  nur  die  Theologen  übrig  bleiben. 
Was  nun  diese  von  seinem  Werke  urtheilen  ,  kommt  uns 
nicht  zu,  hier  in  Anschlag  zu  bringen;  wir  zweifeln 
jedoch,  dafs  er  mit  den  ausschliefslich  kirchenluston- 
sehen  Parthien,  mit  dem  was  er  so  nebenhin,  manehmat 
▼erstohlen ,  über  die  Streitigkelten ,  deren  Gang  er  schil- 
'dert,  urtheilt,  bei  irgend  einer  unserer  theologischen 


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4 


$SIZ  Henielf  Geichichte  der  JieotocIieB. 

Partheien  tiele  Anerkenniing  fioden  wird.  Bs  herrscht 
fiber  dem  gaosen  Bache  ein  entschiedefi  fiberwiegender 
Hang  nach  dieser  Seite,  und  vieileicht  eben  so  entschie-» 
defi  wird  man  gerade  diese  Seite  am  %venigsteu  von  einem 
Profanhistoriker  behatulelt  wissen  wollen.  Es  würde 
kaum  bemerkt,  kaum  yermifst  worden  seyn,  wenn  er 
das  rein  Kirchliche  der  Heformatlonsgeschichte  ilber^ 
gangen  hätte;  cKe  Bntschnldi^ung,  wenn  es  fibeihanfpl 
einer  bedürftig,  liegt  so  nahe  und  sie  Ist,  mit  Beschei- 
denheit gegeben ,  sogar  ehrenvoll.  *)  Das  eifrige  Be- 
streben nach  völlig  leidenschaftloser  Unpartheilichkeit , 
das  der  Verf.  ohne  Zweifel  mit  der  redlichsten  Absicht 
Verfolgte,  hat  den  Eindruck  des  Ganzen  äufserst  fatal 
gemadit;  wenn  wir  fiber  Gleichgültigkeit  und  Mangel 
an  Interesse  klagen  wollten ,  so  wfirde  der  Verf.  ge wift 
ernstlich  protestiren ;  allein  so  sehr  wir  uns  auch  selbst 
bei  einiger  Achtsamkeit  von  seiner  regsten  Theilnaliine 
an  dem  Gegenstande,  den  er  behandelt ,  fiberzeugen,  so 
schwächt  doch  selbst  diese  Ueberzevgnng  nicht  das  un- 
^UkOhrliche  Gefühl  des  nneingenomtnenen  L^rs ,  das 
bei  diesem  Wägen  rnid  bei  dieser  Torstehtelei'  einen 
Frost  empfindet,  der  einen  äufserst  unwohlthuenden  Ein- 
druck zurücklärst.  Gerade  über  diesen  Zeitpunkt  und 
gerade  über  diese  Streitigkeiten  der  Reformation  sucht 
man  um  so  mehr  din  bestimmtes  ,  unverhohlenes  Urtheil 
(wo  einmal  fiberiiaupt  der  Geschichtochreiber  nicht  beim 
Mofsen  Factnm  stehen  bleiben  will),  je  yerschiednet« 
Ansichten  von  jeher  die  verschiednen  theologischen  Par- 
theien darüber  aussprachen,  u^d  je  reichere  Mittel  die 
urkundlichen  Quellen  aller  Farben  znr  einseitigen  Dar- 


*)  Das  non  «mnfo  ihBi  ein  wacfceKr  Spanier  recht  schön  aaf 
•ich  angewandt:  Qvedn  aliqua  a  me  CMe  fintefcrintMa,  aut  non 
aat  elifcttftrafa  invmtriiU  (neque  etihn  duhito ,  quht  wnuHa  Üu/us* 
modi  paBtim  wieurrmiM),  mtk$,  IMorkßu  gut  sim,  9$  mo49  tim^ 
at  eerU  ^iudktvmfH9  tSm^  «m»  eir  mUcujus  A^mä^mk»^  a$d  «ar 
medUa  fori  spaiUa  prtfeetu» ,  cototfafiflfts,  ämulpis  ftelMlIiw 
um  i»mii«M  fitugnn  neptß  ^mmtm  arhor$m  t»  «auii  fgro  rtforkri 

pOtt0. 


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Stellung  an  die  Hand  geben.  Man  wird  mit  ullein  Rächte 
fragen:  soll  der  Geschit  htschreiber  nicht  nach  Kräften 
eich  auf  die  Seite  das  Rechts  und  der  Wahrheit  schla- 
gen i  soll  er  tticilt  in  6ofeni  Parthei  nehmen  ?  und  noch 
mehr:  wenn  er  4ie  uDausweichlicbeii  Nothweodigkeitea. 
im  Gange  der  meoBehltcheii  Dinge  so  eprecheud  offeo- 
hart  sieht,  wie  in  diesem  Theiie  der  Geschichte,  soll 
er  nicht  für  die  natürliche  Entwicklung  mit  dem  Schick- 
sale selbati  diesem  unverbeßseriicheO)  unwiderstehlichen 
Partheigftngec»  geMinsMM  Sache, nwcfaeo?  soll  er  das 
nicht  mit  Warme  und  Frende  thun,  wenn  er  eingestand-* 
nermafsen  eine  Entwicklung  zum  Besseren  vor  sich  hat? 
Dafs  dies  so  gar  nicht  geschieht,  wird  aber  bei  unserem 
Verf.  erst  dann  recht  auffallend,  wenn  man  weifs,  mit 
ifekhem  Feuert  welchem  Eifer  er  in  seinem  frft- 
heren  Werke  yob  Cairistenthttm  seinem  Kultus  sprach: 
man  suche  uns  einmal  h'er  eine  so  begeisterte  Stelle  über 
die  Reformation,  wie  die  unten  in  der  Note*)  gegebene 
über  die  KuUusformen  des  Christenthums  im  Mitteiaiterl 
Wir  sind  weii  entfernt ,  diese  Wärme  argwöhnisch  an- 
ansehen:  wir  erkennen  jene  Fomien  für  jene  Zeit  und 
jenen  Knltnrzn^d  als  gut  und  heilsam:  aber  war  das 
die  Reformation  lur  ilire  Zeit  nicht  auch?    Ninuit  sich 


•}  Die  Gcschicliten  der  D e  u  ts  c  h e n.  1,283  „Durch  alle 
Formen  des  chriötlichen  Kuluis  ward  die  Hoheit  der  Idee  ober 
die  Er»clieinunjf ,  der  Vorrang  des  SittUrhen  vor  dem  Sinnli« 
chen  bcaoichnet,  durch  «gehend s  das  Irdische  erniedrifct  oder 
vernichtet,  damit  das  Ewi-^'c  triumphiro,  und  durch  die  Ver- 
ehrung der  gequäUea  Heiligen,  durch  die  Anbetung  dei  Soboef 
Gottes  am  Kreuz,  nur  die  unbegreifliche,  aher  der  Ver-  , 
nnnft  unablassip^  uub  verkündigte  Lehre  Terfintilicht  t  dm 
Schmach  und  1  od  gelten  für  Herrllehkelt  ttnil  Leben  in  de« 
Augen  deBHni,  der  dun  Gebot  der  Tagend,  «Im  BewaCitaeyn  für 
Recht  und  Pflicht  Bterbcn  zu  moMen , 

rhen  Mensclien  gepflanzt  hat.  UnanfhMacb  ist  diewr  Wider^ 
epruch  zwischen  unserui  Sollen  nnd  Vermögen ,  nber  derSebnt- 
ten  de«  Kreuzes  füllt  die  achaudenroUe  Klnft«  und  da»  «wei- 
fclnde  Gerouth  schwebt  bernhigt  hinüber  auf  den  Flfigeln  dei 
Glaobene  und  der  Ileffnong** 

» 


im  Meaxel,  GetchicliU  der  DeiilMsiMa. 

«ler  Verf.  8o  eifrige  des  Einen  ao,  waram  nichl  ebea  so 
des  Andereot  Oder  spielt  er  deo  Brasmits,  der  fftr 
jede  Sache  gegen  jedeParthei  iokimpft?  So  iai  es  ia 
der  Hial  maneheo  neartheitern  dea  Verfc.  Torgehom- 

men  ;  es  ist  nicht  das  erste  Mal ,  dafs  mao  über  eine  an- 
scheinende  Unbestimmtheit  seiner  eig-entlichen  Meinung 
stutzig  wird  ;  es  sind  iins  manchmal  di£  möglichst  koa* 
Mren  Uriheile  Aber  seiae  frfthere  Geschiehle  au  Ohree  v 
gekommen :  die  Unache  Hegt  wohl  daria ,  daA  er  dorl 
in  seinen  Aussprechen  offen,  fast  keck  war,  und  wo  er 
onpartheiisch  ein  Ding  von  zwei  Seiten  betrachtete,  kalb 
dies  oft  so  schroff  heraus,  dafs  man  nichts  als  Wider- 
aprüche  sah*  In  dem  neueren  Werke  ward  der  Ver£ 
dorch  eine  gana  sonderbare  VeratecktbeU  «ad  Venchlas» 
senbdi  so  arg  miftrerstanden.  Es  üst  doch  wahrKch  arg, 
wenn  einem  und  demselben  Schriftsteller  im  Jahr  1828. 
Yon  einem  Recensenfen  in  den  Wiener  Jahrbüchern  vor- 
geworfen werden  konnte,  er  habe  die  heiligen  Gegen- 
atfinde  der  chrisiiichen  Kirche  uowfirdig  behandelt,  er 
aei  beherrischt  Ton  der  Idee,  das  weltliche  Element  ia 
dem  Pabstthum  seydas  „ursprunglich  Wesentlichste  nnd 
Grundsätzlichste  der  Kirche  im  Mittelalter,^  „die  hei- 
ligsten Geheimnisse  und  Lehren  der  Religion  stelle  er 
^  ohne  die  allermindeste  historische  Nachweisong  und  mit 
schreiender  WUlkührlichkeit  gleichsam  als  jeine  achlaae 
EriBndnng  des  Ilten  und  13ten  Jahrhunderts  nnd  trug- 
volle Umstrickung  tlar,"  —  und  wenn  nach  fünf  Jahren 
sich  ein  anderer  Kritiker  bewogen  findet,  in  seinem  spä- 
teren Werke  einen  heimlichen  Katholiken  zu  wittern, 
der  uns  eine,  etwa  too  lauterer  Philosophie  erleuchtete, 
Hierarchie  zuriickwIlBScheu  Wollten  wir  apch  zugeben, 
dafs  ihm  beide  Theile  Unrecht  thun ,  so  hätte  er  doch 
auch  den  Anschein,  der  den  ^lölsten  Anlafs  zu  dem 
Mifsverstand  in^ab .  meiden  sollen;  er  hätte  bedenken 
sollen,  wie  unklug  es  ist,  den  Anschein  für  etwas 
Gleichgültiges  zu  halten,  in  einer  Welt,  die  meist  aar 
nach  dem  Anschein  iirtheilt,  nnd  auf  die  der  Terf.  gar 
noch  einwirken  will!    Oder  sollten  vielleicht  nur  die. 


I 


Schwamichtig^en  selbst  nur  solch  einen  Anschein 
bftben  auffindea  könnend  Daun  nmfii  mcfa  Ref«' «vob 
dmi  raihiien!   Er  imifs  dabei  immer  eeine  RedamaflM 

zu  dem  Urlheil  Unbefangener  nehmen,  da  es  sich  hier 
nur  um  den  Eindruck  handelt ;  doch  will  er  wenigstens 
Etniges  Yon  dw-Vielea»  (his  ihn  befremdete,  anfuhren» 
Bahio  gehört ,  uat  einen  einselaen  FaU  ansufllhren ,  wenti 
aaf  dem  Reichstag  m  Augsburg  wohl  (I,  847.)  die 
schdnen  Wendungen  der  cieereniaimtchea  Rede  des  päbsW 
liehen  Legaten ,  aber  nichts  an  Melanchthons  Apologie 
gepriesen  wird,  die  im  Gegentheiie  einige  Seitenhtebe 
erhält,  vdie  nicht  ailzubülig  noch  allzu  verständig  sind. 
Wemi  er.  8.  B*  S58.  sagl,  Melaachlhon  habe  in  aeir 
aem  Geaadi  nta  die  Naeh^chl  der  Bischöfe,  wem  der 
Tradition  halben  ein  Mangel  wäre,  übersehen,  „dafs 
durch  diese  Folgerung  auch  die  alte  Kirche  berechtigt 
werde,  von  der  neuen  ein  milderes  Urtheii  über  die 
etwaige  Schattenseiten  ihrer  Tradition  und  irdischen 
Ordniiiig  sut  fordern so  anftworfei  ifaini  der  strenge  La« 
dier  selbst  in  einem  Briefe  an  den  Ghnrfilrslen  von  Maina 
aus  jener  Zeit,  worin  er  S.  Ch.  G.  bittet,  dahin  zu  ar- 
beiten, dafs  jenes  Theii  Friede  lialte  und  glaube  was  es 
wolle,  und  lasse  die  Evangelischen  auch  glauben,  was 
sie  ala  Wahrheit  ansehen.  Lieber  Gott,  sagt  er,  schadet 
doch  solche  Lehre  auch  each  nicht,  hSlt  sie  doch  Friedb 
und  lehrt  Friede  ,  läfst  euch  bleiben  was  ihr  se^d  und 
lehrt  auch ,  dafs  man  euch  Alles  lasvse  und  nichts  nehmen 
soll.  —  So  ist  die  berühmte  Confutation  p.  ein 
Werk,  „das  viei  Trefiendes  enthält,""  und  das  „mehr 
als  blobea  Menaohenwerk  liätte  sejn  mitoen,"  nm  die 
Protestanten  zu  bekehren;  sie  erschien  aber  nicht 
allein  in  den  schwächeren  Stellen  (p.  364.)  den  Pro- 
testanten als  ein  Gewebe  von  Lüf^^en  und  V  erf^ilschnn- 
gen,  und  „selbst  der  sonst  so  gemäisigte  und  billig  den** 
kende  Melaachthoo  filllte  das  harte  Urtheii,  diese 
Confhtation  sey  nntiSr  allen  des  Fahrt  kindiscjkf n  und 
läppischen  Büchern  ein  rechter  Aasbnnd."'  So  ist  auch 
p.  414.  über  den  Gehalt  der  Confutation ,  die  gegen  die 

t 


M«dm1,  Getckichte  der  Dentwlieo. 


Gonfession  der  vier  oberläQdischen  Reichsstädte  gerichtet 
war,  keio  Wort  yerloren.  Doch  dies  sind  fimseiheiten^ 
dKe  für  die  Aosicht,  die  dem  Gaiisea  m  Gnmde  liegt, 
tfemg  aiMmacheD  dürften.  Weno  man  aber  die  einlei- 
tende  Schilderung  deo  Zustanden  der  Kirche  und  des 
römischen  Hofs  h'est  und  man  kennt  den  PalLivicini  und 
Guicciardini ,  oder  hat  sich  auch  nur  mäfaig  in  des 
Deatschen  Reichs  Geschichlen  ungeMben,  so  wird  mm 
jene  SeMlderHBg  wirklich  mehr,  ab  gemäfelgt  tedeik 
Der  TerE  faatle  IMfieh  nicht  die  Abridit,  eine  ausftlhr-» 
liehe  Einleitung  zu  geben,  wer  sich  aber  aiultr^wo  erst 
orientirte  und  mit  dem  frischen  Eindruck,  den  die  ganze 
Schmach  der  Regierung  eines  Alexander  VI.  and  des 
Hofs  eines  Leo  X.  auf  ihn  machte »  aaf  die  eigne  Schev 
stiifst ,  -mit  <ler  Jene  Binleitong  das  i^misdie  Treiben 
behandelt ,  was  wird  der  sagen  ?  -  Was  wird  der  sagen, 
der  dort  hört ,  dufs  an  dem  Hof,  an  dem  ein  Pietro 
Aretino  willkommene  Aufnahme  finden  konnte,  die  Ab- 
sieht  geherrscht  habe,  die  verfailne  Siltenzuchi  der 
Geistliohkeit hersustellen ;  der  dort,  wenigstens  dem 
Anschein  nach,  aufmerksam  gemacht  wird,  dafs  die 
ganse  Wissensohaftlicfakeit  der  Reformatoren  an  dem 
römi^^cheii  Hofe  Beförderung  gefunden  habe,  indem 
gerade  der  Streit  zwischen  Reuclilin  und  Hochstraaten 
als  Beispiel  angeführt  wird.  Der  Verf.  wird  sich  zwar 
Iiier  auch  wieder  irgendwo  nu  Terwahrea  wissen ,  denn 
Bt«^as  ist  Ireilich  an  dem  Gesagten;  es  ist  wahr,  die 
Kirche  war  seit  langer  Zeit,  sich  selbst  überlassen ^ 
auf  dem  Weg  der  Reformation,  aber  nicht  der  römi- 
sche Hof,  am  wenigsten  der  des  LeoX.;  die  Kirche 
war  Überali  auf  diesem  Wege,  wo  noch  wirklich  Sinn 
für  Religion  übrig  war,  wo  dieser  aber  war,  da  war 
die  Richtung  gegen  den  heiligen  Stahl;  ans  der  Mitte 
des  Pabstthums  durfte  die  Stimme  nicht  erwat tet  werden, 
die  die  Menschheit  zur  Anf klärung  rufen  sollte ,  es  be- 
durfte eines  Mannes,  wie  Luther,  der  dem  dunkeln  Rin- 
gen der  unschuldigen ,  einfachen  Klassen  des  BÖrger- 
wd  fianemstaades  zum  Ausbruch,  der  unklaren  Be-. 


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Hemel ,  Geeclilclite  der  JhtMkUL  081 

strebmig  mm  deutiicheo  Ansdnick  helfen  nnirste.  Bb 

ist  wahr,  die  Kirche  verschmähte  die  Wissenschaftlich-» 
keit  der  Ztit  nicht,  ihre  Anwendung  auf  die  kirchliche 
Doctrin  brachte  Männer  wie  BaroninS  und  Sarpi  herT6r^ 
ttlein  die  Kirche  ic^  nicht  der  römiflche  Stahl ,  und  die 
Art  Ton  WmenschaAlichkeit,  die  damals  in"*  Itonlschland 
Wunder  wirkte,  hatte  in  Italien  beieiis  ihre  meisten 
Früchte  getragen;  die  klassischen  Studien,  der  Hafs 
gegen  Mönchthum  und  Scholastik,  gegen  Absolutismus 
-  des  Pabstes  und  des  barbarischen  Aristoteles  des  Mittel- 
alters trafen  damals  bei  uns  nnd  in  der  Schweiz  und 
den  Niederhinden  noch  mit  Frömmigkeit  und  Glanben 
zusammen,  in  Italien  war  Religiosität  verschwunden, 
der  Cultus  aber  war  geblieben  und  soweit  Leo  Kunst 
und  Wissenschaft  branchte,  um  diesem  Cultus  Glanz  za 
geben  nnd  Ansehen ,  so  weit  nnterstntate  er  beide.  Den 
Geist  der  Hmnanitit  aber  nnd  die  Heiden ,  die  doch  die 
ganze  Bekehrung  in  Deutschland  anstifteten ,  wirft  er, 
wie  ja  Herr  Menzel  seihst  anführt,  weit  weg:  in  diesem 
Geiste  liegt  aber  die  wisfenschaftliche  Richtung  der 
Zeil  —  wie  kann  also  gesagt  werden ,  der  heilige  Stuhl 
sej  mit  derselben  befreundet  gewesen!  Und  eine  Ihn* 
liehe  Schonung  des  Pabstthuras  tritt  auf  Wegen  und 
Stegen  dem  Leser  in  dem  Werke  entgegen ;  eine  Scho- 
nung, die  in  der  That  nicht  überall  blofse  Unparthei- 
lichkeit  zu  seyn  scheint  Wollen  wir  uns  nun  darum 
gerade  auf  die  Seite  derer  steilen ,  die  den  Verf*  in  so  ge« 
hissigen  Verdacht  stellen?'  I>iFeinf  aneh  die  gehSnfte- 

st en  Stellen  der  bezeichneten  Art  wüiilea  uns  doch  eine 
Verdächtigung  der  Art  als  aus  der  Luft  gegriffen  ansehen 
lassen.  Kaxöv  8' dvefiüXia  ßd^sivl  £s  wird  sich  jeder 
leicht  bei  dem  Erscheinen  des  ersten  Bandes  an  die  Be- 
wegungen erinnert  haben,  die  sich  damals  unter  der  ka- 
tboHschen  BevMkemng  von  Schlesien  zeigten.  Warmn 
sollten  wir  dem  Verf.  nicht  glauben,  dafs  er  die  Gele- 
genheit ergriff,  versöhnend  aufzutreten?  warum  diese 
Absicht  des  Buchs  nicht  gut  heifsen,  wenn  wir  auch 
m^ea  sollten,  der  Verf.  habe  wenige  Gaben  eines  Ver«- 


miitlers  io  seiner  Darstellung  entwickelt?  wenn  wir 
auch  meinen  sollten ,  er  habe  och  vielleicht  der  Ten- 
dens  seiner  Regierung  etwas  zu  indnlgent  bewiesen! 

Wie  sehr  er  in  diese  Bewegungen  verlieft  und  mit  ihaen 
beschäftigt  war,  und  wie  ihn  die  Nähe  derselben  über 
ihre  Bedeutung  täuschte,  scheint  in  der  Vorrede  zum 
ersten  Bande  dentlich  ansgedrUclit  zn  seya^  p.  V.  ,  j»Das 
ätiftere  Triebwerk  der  Leidenschaften  und  Mrimtogft* 
fcSmpfe,  in  welchem  die  liirchliche  Bewegung  der  Gei- 
ster geschah,  ist,  nach  langwieriger  Ermattung,  und 
nachdem  die  Nation  mehrere  Menschenalter  hindurch 
ihre  Neigung  anderen  Gegenständen  zugewendet  liatte^i 
▼on  Neuem  in  Gang  gekommen,  und  religiöite  Ideen  and 
kirchliche  Verhältnisse  sind  wiederum  Angelpunkte  des 
Deutschen  Lebens  geworden.  Dieser  Gang  ist  so  leb- 
haft, dafs  eine  trübsinnige  Betrachtung  desselben  leicht 
zu  der  Meinung  führen  könnte,  der  Deutsche  Geist  habe 
sich  über  jjenes  Triebwerk  noch  gar  nicht  erhoben  und 
sei  mit  dem  Urtheile  Ober  die  Hanptelemente  feuies 
Wesens  und  über  die  zwiefache  Form  ihrer  ErscheinuDg 
in  die  Verstrickung  des  15tea  und  löten  Jahrhunderts 
zurückgesunken n.S.w.  P.  VII.  ,,In  (ier  gemeinsaniea 
Ueberzeugung,  Yerschiedenartige ,  nach  dem  Geiste  der 
Zeiten  und  Völker  abgeistufte,  ihre  Mängel  gegenseitig 
ergänzende  Ausdmcksformen  der  ewigen  Ideen  des  Chri* 
stenthums  zu  sejn,  werden  dereinst  die  kirchlichen  Ge- 
gensätze zugleich  die  Bürgschaft  ihrer  äufseren ,  neben 
einander  bestehenden  Fortdauer,  und  ihrer  inneren  Ver^ 
sdhnnng  finden.  Diesen  Zweck  hofft  der  Verf,  des  ge- 
genwärtigen Werks  fördern  zu  helfen  ^  indem  er,  voo 
persönlicher  Vorliebe  für  die  eine  oder  f&r  die  andre 
sich  fern  haltend,  nicht  blos  die  Veranlassung  und  den 
Fortgang,  sondern  auch  die  wesentlichen  Gegenstände 
des  Kirchenstreites]  in  seine  Darstellung  aufgenommen 
lind  mehrere  Punkte  anschaulich  gemaclift  hat^  welchci 
in  der  bisherigen  Behandlung  dieses  Stoffes ,  der  TiW' 
logie  und  der  Kirchengeschichte  überlassen  zu  werden 
pHegten,  was  die  Folge  IiattCi  dafs  neben  der  Kenniairs 


* 


Itanl»  Clmliiltlito  dmr.HeiitielMa.  iü 

ides  Sufseren  Verlaufs  hinsichtlich  des  ^wesentlichen  In- 
halts Her  Reformationshandlungen  groi'se  Unvollständig- 
keit  der  Begriffe  und  Unklartieit  der  Urtheiie  gewahrt 
trird^  Utid  dafir  nicht  wenige  apgebiiche  Bekenner  md 
Terfechter  des  Protestantismos  Ar  Lehren  nnd  Grund- 
sätze eifern,  auf  deren  Gegentheii  Luther  und  dessen 
Gehulfen  iiiren  Kampf  gegen  das  ältere  Klrchenthnm 
begründet  hatten.'* 

Man  sieht  leicht,  wie  toU  der  Veif.  von  seinem 
Gegenstände  ist;  nnd*  das  ganze  Bach  beleget  es,  dafe 
er  Sellien  Zweek  auch  nicht  einen  Augenblick  aus  dem 
Auge  verloren  hat.  Wenn  er  nur  auch,  um  diese  seine 
Absicht  desto  sicherer  zu  erreichen,  allg-emein  -  ver- 
fitandügher  geschrieben,  unumwundener  geurtheilt  hätte! 
wenn  er  sich  nur  etwas  freier  und  umsichtiger  fiber  sei- 
nen Stoff  erhöben  und  durch  Beachtung  auch  anderer 
als  kirchlicher  Momente  sich  selbst  nnd  dem  'Leser  in 
der  Profanhistorie  etwas  Athem  und  Erholung  gegönnt 
hätte !  wenn  er  sich  nur  nicht ,  so  gar  versenlit  in  die 
religiösen  Angelegenheiten  des  Jahrhunderts ,  eine  so 
besoildre  „Vorstellnngsweise"  gebildet  und  diese  ttberall 
in  sein  Werk  hineingetragen  hätte.  Zwar  ,  durch  dio' 
Gewohnheit,  sehr  häufig  mit  längeren  in  den  Text  ge- 
rückten Originalstellen  seine  Geschichte  fortzuführen, 
gewinnt  das  Buch  einen  Anschein  von  Objectivität ,  allein 
gerade  m  der  Wahl  dieser  Stellen  spricht  sich  das  Ei- 
genthftmiiche  des  Verfs»  und  der  ihn  leitenden  Ansichten 
am  geMirKchsten  aus.  Wir  könnien  ihm  darin  nicht 
füglich  nachgehen,  wenn  wir  nicht  selbst  den  Umfang 
eines  Buchs  füllen  wollen,  doch  sey  es  uns  verg-önnt, 
Ton  der  Seite  aus ,  von  der  die  Heformation  einem  For^ 
s(^er  der  weltlichen  Geschichte,  der  sich  uin  die  kirch- 
lidien  Dinge  weidger  bekümmern  würde,  erscheinen 
kihinte',  emge  Bemerkungen  zn  machen;  denn  diese 
Seite  wollte  Hr.  M.  ja  auch  nicht  ansschliefsen ;  nnd 
nnter  den  Triebfedern  des  ganzen  anfseren  und  inneren 
Lebens  der  Ration  y  die  aufisHspuren  sein  eigentlicher 


Zweck  101,  wird  er  ja  nicht  fiiis  aimGbUeftUch  diioe- 
vig^  vergehen  wollen ,  die  die  kircblicke  Bewegung 

hervorbrachten.  Nicht  g^anz  ausschHefslich ;  aber  fast 
scheint  er  sie  doch,  ^^enn  man  die  oben  ausgezog^ene 
Steile- liest)  einer  ausschliefsiichen  Beachtung  werth  zu 
Jiaheii;  noch  mehr  nach  dem  ,  \%'as  der  genanntea  Stelle 
gerade  Tpiinisgeht:  „Diegeistili^eii  Lebeoikrifte,  wetclie 
bei  den  beiden  HanptTölkerii  dee  heutigen  Buropa'e  ihre 
Richtung  auf  politische  Ideen  und  eiaatibftrgerliche  For- 
men genommen  haben,  sind  bei  den  Deutschen  im  Zeit- 
alter der  Reformation  in  der  Richtung  auf  Religion  und 
Kirchentlium  ins  lieben  getreten."    Und  oben  hörten 
wir,  dafe  nach  mancherlei  IntervaUea  Ton  geänderter 
Neigung  diese  kirchlichen  Verhältnisee  wieder  ,yAngel* 
punkte  des  Deutschen  Lebens"  geworden  sind.  Grade 
als  ob  bei  jenen  bezeichneten  Nationen  nach  religiösen 
Ideen ,  nach  kirchlichen  Formen  und  deren  Ausbildung 
oiler  Umbildung  keine  Richtung,  und  eine  ausschliefs* 
liehe  nach  dem  Politischen  und  bei  uns  das  umge^ 
kehrte  Verhältnis  Statt  gehabt  hätte!  als  eh  nidit  die 
jBine  eine  nothwendige  Vorläuferin  der  Anderen  wäre! 
Oder  sind  etwa'  gewisse  andere  Nationen  des  heutigen 
Europa's  der  Richtung  nach  staatsbürgerlichen  Formen 
aus  einem  aaclerea  Grunde  nicht  gefolgt,  als  weil  eben 
die  ReforniatioB  nipht  dahin  drang,  die  man  nur  firei- 
Uoh  nickt  eoifharzig  auf  Religion  and  Confewoo  bloa 
hemA99  nui(k    So  hätte  denn  naoh  des  Verib.  Mei- 
nung      wenn  er  nicht  etwa  mit  seiner  Redeweise  doch 
etwas  anders  gemeint ,  oder  wenn  er  nicht  seit  dem 
letzten  Jahre  seine  Ansicht  geändert  hat  —  in  diesem 
Augenblicke,  wo  doch  die  staatsbürgerlichen  Verhält* 
jiisse,  mehr  el»  die  kirchlichen ,  wieder  Angelpunkte  d^ 
Oeutschen  Leben&  geworden  eind,  unm  tilohligiee,  ker- 
niges Volk ,  dem  mit  Gottes  Hülfe  kehie^  geistige  Rich- 
tung, zu  der  die  Europäischen  Völker  erst  Hang  und 
Anlage  aus  unseren  alten  Wäldern  verpflanzen  muikten, 

fr^md  hleibe^  «oU,,  oo^r  tfichtigusi  keiAigea  VoUi^  hätte 


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MMel,  GcfcUokte  4er  0ettlwIiili»  101 

demiMch  iif  diesen  AugenUIclce  nichts  ab  die  trfibe 

Rückschau  auf  die  drei  letzten  Jahrhunderte,  in  denen 
es  seioe  „geistigen  Lebenskräfte'*  vertobt  hätte?  Für 
nichts  anderes  häUen  wir  Muth  und  Kraft,  ak  fttr  die 
ewige  Erneoeniiig  dieser  Zänkereieo?'   F&r  immer  wiese 
w»  unser  Loos  aaf  diese  Aogelegenheileii  aoHtekt  Uas 
wir*  es  eine  traurgfe  Folgerung ,  wenn  man  a«f 
Schöpfung  der  Deutschen  Nation  schliefseu  sollte ,  weil 
•sie  dort  eine  herrliche  Natur  entwickelte,  weit  ^rofsar- 
tiger  als  irgend  eine  andre  im  äholiehen  Streben  aas 
dem  Daokei  ans  Xickl;  ims  haim.  immer  andere  Et^- 
wartangen  —  geHasdit,  wenn  der  Verf.  Becht  hat 
Naa  begr^en  wir  freilieh,  dalb'in  seinea  Augen  eine 
Geschichte  der  Deutschen,  die  von  dem  Kirchenwesen 
absähe  in  dieser  Zeit,   eine  armselige  Figur  spielen 
würde.    Die  Reforniatioa  hat  aber  auf  die  Begriffe  des 
Volks  von  bürgerlichen  Rechten,  von  Verhältnis  swi« 
sohea  Fürsl  und  Voik,  eben  so  groAen,  und  wenn  man 
aaf  die  räumlichen  nnd  aaehhaltigen  Wirkmigen  sieht, 
ttelleicht  einen  gröfseren  Einflufe  gehabt,  als  auf  die 
religiösen  Ideen.    Eine  Reformationsgeschichte,  die  wie 
die  des  Verfs.  von  einem  höheren  Standpunkte  aus, 
jinach  dem  gesteigerten  Bedürfnisse  der  Nation"  ihreti 
Gegenstand  behandeln  wiüj  sollte  uns  doch  «eigen, 
irie  die  Herstellung  der  Kirche  nrit  dem  BnporstreMn 
des^  Bürgerstandes  im  bürgerlichen  mid  literarischen 
Treiben  der  Nationen  in  der  engsten  Beziehung  steht; 
wie  überall ,  wo  Adel  und  Ritterschaft  allmählig  in  bür- 
gerlicher Geltung  hinter  jene»  zurücktral,  die  Refor- 
'Mtion  mit  Leichtigkeit  Gingang  fand ,  wem  ,nur  nioht 
^dae  gewtase  geistige  Reg»Bunkdt  fehlte,  wie  In  Aragon, 
wo  trota  der  freisinnigen  Vertretung  der  StSnde  bis  auf 
die  Vereinigung  mit  Castilien,  trotz  der  Entfernung  des 
Binilusses  der  Geistlichkeit,  sich  nie  ein  Bedürfnifs  der 
Art  regte.    Ueberall  sonst  aber,  wo  das  Bürgerwesen 
im  Flor  war,  sprach  es  sich  ungleich  über  seine  weit» 
Uchen  lind  geistlichen  Intereseen  im  Reformsinne  aus, 


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I 


und  dies  war  just  uoter  den  Völkern,  die  Ihren  germa- 
nischen Character  reiner  behalten  hatten,  in  Kngland, 
in  Skandinavien  und  Dänemark,  in  den  Niederiandeü , 
in  der  Schweis,  in  DeultthlaiiiL  IHaiier  Reformainn, 
dinM  mm  wuä  der  M»y  erlitt »  so  w«li  ee  tiiDli  ftiif 
das  fltaaiiweoan  berog,  eimi  Rickfaü^  NaUra* 
iiennte  es  mehr  und  mehr  von  ihrem  inDerea  Weseu;'* 
wir  fingen  :  erlitt  das  Kirchliche  nicht  denselben  Rück- 
fall f  Oder  war  das  Schttigezäuk  der  leisten  HUfie 
4m  16ten  Jahrimaddrto  ein  Fortgang ,  der  des  AtAafta 
der  AälUiniiig  irgend  wirdig  war  ?  Oder  katoeo  In 
iraserer  Zelt  nicht  eben  so  ungetrennt  die  beideraeid«- 
gen  Bestrebungen  nach  der  langen  Lethargie  wieder 
aum  Vorschein?  Daran  hat  aber  unseren  Verf.  seine 
^Riditoiig  auf  Religion  und  Kirchenwesen"  nicht  den-  ^ 
ken  lassen ;  Üb  ganEea<  Bncbe  finden  wir  kaum  rine 
Andeutung  ttber  4lergiaich«&  BimDai  (IL  p.  IM.) 9 
wo  ihm  der  Zustand  der  Staatsverwaltung  und  Ge- 
rechiigkeitspflege  einfallt,  soll  die  Geschichte  des  Hans 
Kohlhase  eine  Veranschaulichung  der  Barbarei  gebeat 
worin  sich  beide  befinden !  Und  jenen  Kampf  zwi* 
sahen  Adel  und  BUrgeradiaß,  jenen  Katnpf  der  lein- 
tsren  gegen  Pabstthum  und  iUerus,  jene  Wechsel^ 
Wirkung  zwischen  der  kirchlichen  Reformation  und 
dem  Uebergewicht  des  Burgerstandes,  die  den  Mit- 
telpunkt seiner  Geschichte  hätte  bilden  mus^ 
aän,  falls  er  das  vor  Ang^n  stellen  woiltn,  vodvidl. 
In  jener  Zeit  das  Laben  der  Nntiott  .  biewegt  wuide, 
befnerkt  er  etat  p.  MW.  im  Sien  Bande  bei  gelegent- 
licher Erwähnung  der  Aufhebung  des  Uebergewichts 
der  8fto£tigen  Bürgerschaft  in  mehreren  Rrirhfntidiil 

(Jhr^B6sckl^/9  folgt.) 


N^4S.    HEIDELa  J&HR&  0.  UTERATUa  18B1. 


Menzel,  Geschichte  der  DeuieehefL 

\  4  • 

€9ekluf§,} 

4 

Dort  (III)  p.  am.)  helfet  es:  ^Der  BQrferswut; 

der  sich  io  diesen  demokralischeu  Verfassuagen  entwik- 
kelle,  war,  wie  bereits  bemerkt  worden  ist,  fast 
fiberall  dem  alten  Kirchenweseo  feindselig  und  der  Ein* 
filhruog  neuer,  von  der  städtischen  Obrigkeit  abhän« 
giger  Kirchenyerhältntsse  günstig  gewesen.  Es  isl  dieser 
Deutsche  Bllrgerzwisl  bine  achtungswerthe  und  sehr  be- 
deutsame  Entwicklungslbrm  des  nationalen  Lebens.  Die 
SUatstugenden  und  Staatskräfte ,  weiche  in  dem  Ge* 
sammtwesen  des  heiligen  Römischen  Reichs  so  oft  un- 
rühmlich vermiijst  wurden ,  haben  in  den  Oeutschea 
Städten  engere,  aber  desto  bewegtere  Wirkungskreise 
gefunden.  Aber  Indem  dieselben  in  der  Form  yon  Ge^ 
nossenschaflen  und  Stadtgemeinden  zu  einer  in  sich  ab* 
geschlossenen  Thätigkeit  gediehen,  verloren  die  Städte 
nicht  minder  als  das  Fiirsten-  und  Adelswesen  ihr  Ver- 
hältnifs  zur  Gesammtheit  aus  den  Augen,  und  befestigten  f 
sieh  in  beschränkten  Ansichten  und  engherzigen  Gesin- 
nungen, welche  den  Rdnigen.,  ain  wenigsten  aber  einem' 
Kaiser  wie  Karl  war,  nicht  cusagen  konnten.  «Durch 
seinen  Beruf  an  gröfsere  Verhältnisse  und  einen  weiten 
Gesichtskreis  gewöhnt,  durch  Erziehung,  Thätigkeit 
und  Umgang  in  andern  Vorstellungsweisen  einheimisch, 
&nd  er  sich  durch  das  städtische  Treiben  eher  zurück- 
(estoften  .als  angelogen.  In  Spanien  und  in  den  Nieder- 
Uaden  hatte  er  die  Opposition  fiel  Bürgerstandes  durch' 
harte  Mafsregeln  bezwungen;  in  Deutschland  hielt  er' 
sich,  in  Erwägung  der  Gewaltsamkeiten,  welche  die 
.  bögerlichen  Magistrate  gegen  das  Xirchenthum  verübt 
hatten,  fftr  völlig  berechtigt,  diese  Magistrate  ihrer 
Aemter  zu  entsetien ,  und  mittelst  Henüellttng  der  alten 

\XIV.  Jahrg.  7.  Heft  43 


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Mewlt  Getchichte  der  PeuUKlitii. 


ursprdn^licheo  Stadtverfassung  den  Widerstaad  gegen 
die  von  ihm  beabsichligte  ReligioDsordoung  n  blähen 
und  der  lelziern  Beschfiteer  und  Wortführer  su  ver- 
schaffen.'*   Scheint  der  Verf.  nun  auch  hier  den  noth* 
wendigen  Uebergang  zu  einer  Kirchenreformation  aus 
dem  bezeichneten  Ansehen  des  Bürgerstandes  anzudeuten , 
60  sieht  mn  doch  gleich,  diafs  er  nur  tod  den  Rejchsstädteo 
epricbt;  nad  vllrd^  wir  Qttii  umgekehrt  n»ch  einer 
Wirkung  der  ftefornuilion  auf  di<)  SlMtsverbältoisse  fra- 
gen ,  so  Avür de  uns  der  Verf.,  scheint  es,  die  Anlwort 
schuldig  bleiben,  weil  er  keine  gesehen  hat.  Wir  wollen 
Ußs  nicbl  bei  Kleinigkeiten  aufhalten;  sonst  könnten  wir 
nußibrfiq }  flafs  er  den  Biiiemkrieg       uufter  ulie  Ver- 
biufiung  nil  den  kirchlichen  Bewegungen  fletven  viii 
(wi«  stMcb  neuerlich  wieder  Oechsle  in  seinen  Beiträgen 
zur  Geschichte  dieses  Au^^tauds) ;  er  hätte  aus  einem 
Artikel  bei  Flrsch  und  Gruber  die  Heihe  von  ähnlichen 
U^uhen  noch  hob^r  hinaufsehiebeq  können ,  allein  der 
Umetand  i«!  der,  dafa  die  letele  Begebirnbeit  der  Arft 
gunz  nichl  den  Cbaraefter  der  früheren  trägt.  Doch 
dies  beiher.    Allein  dufs  die  Beformatiun  wirklich  unter 
dem  Volke  neue  Begriffe  von  Freiheit,  neue  Ansichten 
von  Kegentenpflichten,  von  Bürgerrechten,  von  Staats- 
verwaltung in  Gang  brachte ;  dafs  die  Deutschen  Fürsten 
tbeilweiisfl  in  dies«  Begriffe  eipgingeu  und  Mk  an  diewi 
Fürsten^  oder  nn  ihren  Lehrern  und  Meistern  im  Grunde 
das  S^-stem  des  Absolutismus  scheiterte,  das  Karl  V.  in 
Kirche  und  Staat  einftihren  wollte,  davon  bekommen  wir 
kaum  etwas  zu  abnenr   Wenn  die  ausscbliefeende  Beacb* 
tnog  des  Kirpheowesf  ns  in  Duiitscbland  d^n  Verf.  echoin 
in  eine  solche  Lage  brachte,  dafs  er  diese  Wjirkungen 
der  Kirchenverbesserung  Qbersehen  mufste,  so  half  dazu 
noch  viel  mehr  seine  Ansicht,  die  er  sich  von  dieses. 
Kaisers  Cbsracter  gebildet  hat    Sie  ist  w  m^kwürdig, 
als  dafs  man  ihr  nicht  einige  Augenblicke  widmen  sollte. 
Im  Ganzen  wird  map  finden    daOi  sie  wieder  mit  das 
Verfs^  Vorstellunjfmiattsammenflillt;  im  Ucbrigen  scbeiol 


lI^Bsel,  Geich  icl»le  dcc  Oeaiivlicit.  f||( 

er  .utf  auch  niclil  K«qDiiii§s»  iq  Aßn  EnropUpchen  Ge« 
scbichleo  genug  m  bafU^en,  mn  den  Kaiser  Karl  auch 

auf^r  DeutschUncl  gehörig'  zu  beobachten ,  in  seinen 
Verhältnissen  zu  seinen  anderen  Staaten.  Wir  seilen  also 
diesen  Herrs^er  ll^uischlantta  SchiQi^sai  in  dem  edel- 
ftoa  Herzen  trag^eo,  nnd  da  in  mi«freiii  Werke  nur  Yoa 
d«iD  Kircbanweaeo  die  Rede  fet ,  ao  handelt  er  denii 
hw  m  religiöser  Hinsicht  überall  nach  efnem  festep 
Grundsatz,  der  aller  kirchlichen  Ehren  werth  ist:  „Er 
uiiide  au«  eignem  Antriebe  (II,  348*)>  ^^^^^  ^^'^  ganzen 
Stimmung  aeinee  GemQths  und  nach  der  Richtung  seinea 
Geiatea»  miß  ^waa  der  beateh^aden  Kircl|WTeHaB«ttiif 
ZawiderlmfiMidea  uoiernomiiien  haben;'*  diese  „Stini«> 
mung  ieines  GeniQthes"  wir(i  I,  332.  etwa  so  ange- 
deutet: ,,er  ist  auf  seiner  eigenen  Glaubenshahn  in 
zweifeifreier  Gewifsheit  fortgewandelt«"  (U)«  Wenn  er 
nun ,  auf  dem  Gipfel  aeiner  Macht  angeiiuicti  tttit  den 
Pmleataiiten  etwaa  aHaberlicher  wu  verfahrea  ecbeinl« 
ab  man  erwarten  aollt^ ,  so  ist  sein  Zerwarfnifa  mit  dem 
Pabste  lediglich  Schuld  daran.  —  D  ds  Karl  so  lange 
Jahre  vor  Ausbruch  der  Feiudsfeligkeiten  in  Deutschland 
mit  aainea  Planen  und  Entschliissen  im  Reioea  gewea^ 

«ay,  mm^  miariich  dem  Verf.  unglaublich  TorkouKneiv 
Aber  wer  mag  när  bezweifeln,  dab  er  die  Flane  z^ 

ßipführnng  eines  neuen  monarchischen  Princips  in  Kirche 
iipci  Staat  sehr  lange  mit  sich  herumtrug !  alle  Zöge* 
rMog4in  ,  alle  2wipchenipi(^le  laaMn  sich  auf  diese  Plane 
zurücHführen  (  in  diesen  Planen  spielten  die  Deutschen 

Anfflegenbeiten  nicht  die  Weinate  BoUe Eifiheii  und 
Vereinigung  der  Oentschen  Macht  nnd  UnterdrOckung 

4e|  Reformationsgeistes  war  nicht  düs  Geringste,  was 
ihm  Noth  that.  Es  ist  wohl  sehr  recht  ,  wenn  sich  der 
V«ri;  hütet,  in  das  feinste  Getriebe  einer  heioüipheq 
f  aiitik  ap  eeharf  hineiaupehen  a;Q  wellen ,  wie  Planck  ver- 

mehi  hui;  wohl  mid,  dafii  er  dem  Kni««r  nichl  «ine 

ia  durchdringende  Bestimmtheit  in  seinen  Entwürfen  zu  - 
4fr  auch  nichts  so  \yiderwärtiges  hätte  begegnen 


•96  McBtel,  Gctebichie  der  Dcatacben/ 

können,  wogegen,  nicht  im  Voraits  Vorl^eiirnngeD  ge- 
troffen gewesen  oder  eogleieh  ein  Aueknnftomittet  ge*. 
funden  worden  wäre.  Allein  wenn  man  Ton  irgend  einem 
Manne  mit  Zuversicht  sagen  kann:  „er  war  stets  yon 
M'eitaussehenden  Berechnung^en  geleitet,  er  war  von  der 
Entsdiliefsung  des  Augenblicks  nicht  getragen,"  so  war 
es  gewifs  Karl,  tob  dem  es  der  Verf.  eben  hier  mit  den 
genahnien  Worten  leugn«!   Ein  Mann  von  dem  Geist 
Karls  V.,  eingeweiht  in  die  Schale,  die  die  katholi- 
schen Könige  und  ihre  Minister  und  Vertrauten  Ximenez, 
Mendoza ,  Turrekremata  u.  A.  stifteten ,  mit  ganz  an- 
deren Begriffen  von  Monarchie  und  königlichem  Anse- 
hen, als  man  bisher  geiwohnt  war;  ein  Mann,  dessen 
Macht  in  '  nie  gesehener ,  bestaunenswerther  Weise  in 
firei  Welttheile  reichte  und  in  Europa  eine  Kette  f^rofser 
Besitzungen  bildete,  die  von  selbst  zum  Erwerb  der  um- 
schlungenen Theile  einluden ;  ein  Mann ,  dem  uberall 
die  Beschränkungen  der  Volksrechte  gelungen  waren  ^ 
sollte  der  nie  auch  auf  Deutschland  Berechnungen  ge^ 
macht  haben?   Wir  finden  es  zwar  ziemlich  leichtfer- 
tig, auf  „gleichzeitige  Schilderungen  Tdn  CSiäracteren**. 
schlechthin  zu  hauen,  wenn  sie  nicht  von  Thatsachen 
auffallend  bestätig;!  werden;  aber  da  einmal  Hr.  Menzel 
II,  176.  folgende  Stelle  anführt :  „Wir  wissen  aus  gleich- 
zeitigen Schilderungen  von  Karls  Art,  daib  er,  obwohl 
in  der  allgemeinen  Wiilensrichtung  völlig  entschieden, 
doch  Fall  für  Fall  nur  langsame  Entschlösse  fafirte; 
dafs  er  auf  jeden  Vortrag  anfangs  unbestimmt  antwor- 
tete;  dafs  man  sich  hüten  mufste  ,  seine  vieldeutigen 
Ausdrucke  für  Gewährung  zu  nehmen;  dafs  er,  nach- 
dem er  sich  lange  mit  seinem  Minister  berathen  und 
endlich  einen  Entschlufs  gefafst ,  unerschQtterlich  bei 
demselben  beharrte,  selbst  wenn  er  hinterher  ihn  fttr 
weniger  gut  hielt  ,  dafe  er  aber  stets  eine  gewime  Scheu 
vor  der  Ausfuhrung  des  Beschlossenen  hatte,  und  daher 
mit  derselben  zuweilen  so  lange  zögerte,  bis  seine  Sache 
gefilhrdet  und  er  im  Nachtheiie  war;''  da  der  Verf. 


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Menzel ,  GeschichU  der  INaUcheu.  677 

♦         .     '  -     ■  * 

diese  ^chiideruiig  gauz  mit  Karls  Art,  wie  er  sie  sich 
flonstber  denken  konnte ,  überein^imnie&d  findet ,  05 . 
fngen  wir  nnn :  ist  dieselbe  nicht  ganz  geeignet,  einen 
Mann  su  bezeichnen ,  der  von  momentanen  Eindrücken 
so  wenig  als  möglich  geleitet  wird?  Wir  sind  aller« 
diugs  auch  Hrn.  Menzels  Meinung,  dafs  es  der  mensche 
liehen  Natur  eigen  ist,  sich  von  solchen  Entschliefsungeli 
des  Augenblicks  leiten  m  lassen ,  und  an  anderen  Orten 
haben  wir  einigemal  gewünscht,  er  hätte  sich  dieser 
Leberzeuguiig  öfter  und  lebhafter  erinnert.  Allzuhäufig 
hat  er  selbst  Grundsätze,  Doctrinen,  Seyen  es  weltliche 
oder  kirchliche,  als  Hebel  und  wirkende  Ursachen  her- 
Torgehoben,  zu  jeder  selbst  anomalen  Handlung  und 
Eischeinnng  findet  er  als  geheimen  Grund  irgend  ein 
Princip,  eine  Lelire,  oder,  wie  er  so  oft  sagt,  eine 
Vorstellungs weise.  Wenn  man  in  dieser  Art  von  Me-  . 
thode  aus  solchen  Quellen  schöpfen  will,  wie  die  Briefe 
der  Reformatoren,  wohin  gedeiht  dann  die  Beurtheilung 
der  Minner,' die,  da  sie  rficksichtsjos ,  schonungslos^ 
ind  wie  oft  ohne  die  ndthigste  Ueberlegung  selbst  in 
öffentlichen  Schritten  uud  Schriften  verfuhren  —  wie 
vieles  im  Sturm  der  Leidenschaft,  in  dem  Dran^  fluch- 
tiger Aufregung  niedergeschrieben  haben  mögen,  was 
sie  in  der  folgenden  Stunde  nicht  vor  sich  selbst  ver«- 
.  antworten  konnten!  Die  Zeichnung  solcher  Männer  wie 
Luther  und  Landgraf  Philipp  ist  ihm  daher  auch  sehr 
mir^rathen  ;  und  in  unserem  angeführten  Beispiele  sahen 
wir,  wie  übel  er  die  Anwendung  einer  psychologischen 
Beobachtung,  die  er  an  dij^sen  heftigen  Leuten  tausend- 
mal  machen  konnte,  aber  nicht  machte,  auf  den  kalt  . 
besonnenen  und  versteckten  Spanier  fiberfrug.  Unsfih- 
lige  Dinge  könnten  wir  anführen,  die  diesen  schiefen 
Grundansichten  gemäfs  uns  nun  auch  schief  zu  stehen 
scheinen.  Karl  scheint  in  Deutschland  ganz  den  Deut- 
schen Charakter  anzunehmen  und  sich  dem  damaligen 
Treiben  hier  ganz  hinsugeben ,  wo  (1,  883^  „Alles  die 
^rbe  des  Kircbenzwists  annahm;  wo  die  Politik  wie 


> 

€7B  Mentel,  Gciekicbte  der  Dentevlieii. 

clieXUMtur,  die  geistig  wie  die  geselH|;e  Cnittir  düt 
NmioIi  Iii  diese  Riditnhg  gezogen  ward ,  wo  ndl  dM 

ganze  Staats-  Und  Volksieben  nur  auf  (icm  Gebiete  theo- 
logischer Lehrsülze  bewegte."  In  guter,  ehrlicher  Ab«- 
sicht  verfolgt  er  diesen  Kirchenzwidl  und  kommt  erst 
oftch  den  fnicfatioi^n  Verhandiunj^ea  in  Augsburg  aa 
der  Einsicht ,  daft  fteligioasmelnaogeis  schwer  m  ter^ 
mittein  seyen.  —  Nach  der-Scene  am  tten  September 
1530,  die  (f ,  p.  396)  freilich  auch  in  eirt  wundersam 
mildes  Licht  gesteilt  wird,  gehen  die  „aurserordentli- 
cben''  Vorschläge  des  Truchsefs  und  Vehus  als  ehrlioii 
gemeint  too  dem  Kaiser  atls,  ein  Beweis  ^^wie  sehr  malt 
mit  Rettung  des  Allstandes  ans  der  Sache  stt  kiommefl 
wünschte,'  wobei  denn  im  Dunkeln  ,  und  zwar  in  einem 
gehS<;«iigen  Dunkel  bleibt,  warum  „die  Stimmutig  der 
Protestanten  so  war,  dafs  diese  Vorschläge  keinen  Bin« 
gang  fanden  "  warum  sie  Luther  in  seinem  Bedenken 
weit  Weg  warf  ,^  warum  Spalalin  in  noch  gräl^er 
Blrbitterung  aussprach.  Auf  diese  Art,  heiföt ei detttt, 
war  tu  keinem  Ziele  zu  gelangen  ,  Und  so  blieb  dem 
unschuldigen  Kaiser  eben  nichts  übrig,  als  in  Üeber^ 
einstinnnung  mit  den  katholischen  Ständen  einen  Heichs- 
abschied  m  entwerfen.  —  Später  betreibt  der  Kaiser 
(II,  29.)  bei  dem  Pabste  die  Benifang  eines  Cön^lü 

aus  blofser  Gewissenhaftigkeit  wegen  der  übernommenes 
Verpflichtung  gegen  die  Reichsstande.  —  Er  hatte 
(II,  66.)  flas  „  eines  Kaisers  würdige  Gefühl  ^  das  nach- 
mals so  vielen  ab  aQ%eklärt  gepriesenen  Pürsten  ge* 
fehlt  hat,  daft  das  Daseju  def  TQrlcischen  RaitbiMM 
an  der  gegenOber  von  Btoiropa  gelegenen  Küste  ttnd  dü 
Unglück  der  unzähligen  dorthin  geschleppten  und  gleich 
dem  Zugvieh  behandelten  Schlachtopfer  eine  SchmÄch 
der  Christenheit  sey."  Er  spürte  wohl  nittächst  nar 
den  Sehaden,  «nd  konnte  vtiraussehen,  wite  es  kommM 
würde ,  ttnd  wie  es  uht^r  Philipp  II.  kam ;  das  hsM 
schon  Karl  der  Grofse  in  Bezug  auf  die  Normannen  ge*- 
könnt,  die  doch  nicht  einmal,  wie  hier,  die  erkiäiteu 


Mcnsflii«  ti«tclikliie  iler  IHaiaclieii.  C19 

♦ 

fiimd^eiiosseo  eines  H^toptoebenbuhlers  vrareu.  In 
ier  fins&bluiig  Yon  dem»  was  vor  dem  Rell^ious^e- 
sprSeh  fa  Speier  vorherjEreht,  erscheint  fiberall  derttüiser 

wieder  offen,  grad,  friedlich;  so  be^^reift  denn  der 
Verf.  gelbst  nur  schwer  (Ii,  193.),  wie  er  hoffen  konnte, 
ilif  dieftein  Wege  eine  Einigung  der  Partheien  zu  be* 
wirkeit.  Noch  äut  liem  Reichstar  in  Worms,  n«ch  dem 
,  Flieden  ton  Crespy  kann  Hr.  Menzel  ans  dem  Beneh-- 

meh  Ferdinands  und  Karls  schliefsen,  „Alles  bezeuge, 
dafs  der  Kaiser  noch  immer  den  Frieden  wollte,  wenig- 
stens bei  weitem  noch  nicht  ^um  Kriege  entscliieden 
wir."  Waren  des  Kaisers  Absicliten  dteis  sö  legitim, 
««her  flUa  piöt^iieh  die  Uebertretung  der  besdlWiirnea 
WihlkafdttthlliM  I  Die  Bundesgenossen  hftben  g&ltts 
Recht:  „er  hatte  lieine  andre  Ursache,  als  die  Reü* 
jßfion  zu  verdrücken  und  die  Nation  in  seineu  spanischen, 
tMirgttndischen  und  östreichi sehen  Gehorsam  zu  brin- 
gen ^  es  mache  gletdi  S.  Md.  den  Stehen  dnen  Sehet q 
vftd  Deckel ,  in^ie  Sie  immer  Mnnen  und  mögen."*  End- 
lich aber  trauten  wir  kaum  unseren  Augen,  III,  198 — • 
203,  Karls  Verfahren  gegen  den  Landgrafen  Fiülipp 
vertheidigt  zu  sehen.  Sciion  früher  war  uns  (I,  398.) 
eine  Steile  aufgefallen,  nach  der  es  fast  scheinen  sollte, 
als  hfttte  der  Veri.  «ach  den  vergelieus  yerschweodeten  , 
VebermlMgMiiMein  in  Avgshurg,  wenn  er  en  Karls 
8lelle  gewesen  wäre,  zn  Gewaltmitteln  gegriffen;  nur 
dafe  des  trefllichfen  Kaisers  „Gemöthsart  den  änfseren 
Mafsregeln  abgeneigt  war,*'  nur  dais,  wenn  ja  der  Ger 
dauke  atn  solebe  Machtslreiche  ia  ihm  au%estiegaii  wSre, 
•me.  Rwhiliohkek  denselben  tielleidil  m&  nnler-^ 
brückte  4  als  der  Mangel  an  Mitteln ;  denn*  mit  den 
1400  deutschen  und  spanischen  Fufsknechten ,  die  er 
bei  sich  hatte,  meint  Hr.  M.,  sey  schon  etwas  anzufan- 
gea  gewesen.  Hier  müssen  wir  non  hdren ,  „es  sej 
im  Kaiser  nichi  n«  ver denkety  dalh  er  denMnd- 
gnfett  «hIiAI  tMieil  lieft!"  Und  warwnf  Elf  König 
Frauz  habe  den  Madrider  Frieden  nicht  gehalten  (ein 


Mensel ,  Geteliiclite  der  Ueotschen. 

» 

Fried«  inil  solchen  ubBinnigen  BedinguoyeB ,  dafs  Karl 
rieh  wohl,  indem  er  ihn  diclirte,  an  den  Rngern  ab- 
wählen konnte,  er  werde  nicht  gehalten  werden!),  und 
der  Herzog  Christoph  von  VVürtemberg  habe  gegen  die 
von  Ihm .  iioterschriebene  Capitulation  heimlich  prote^ 
slirl  ~  und  hier  gesteht  der  Ver£  gleich  selbst  daTon 
hätte  der  Kaiser  noch  gar  nichts  gewnrstl   Beim  Hirn-  s 
mely  eine  ganz  herrliche  Maxime!  eine  Maxime,  die 
in  des  Machiavelli  Handbuch  für  Despoten  nicht  fehlen 
durfte,*)  die  auch  sein  wackerer  Schuler  nicht  ver- 
gafa,  obgleich  er  eine  andre  gute  Regel  desselben  Mei* 
alers  nach  Menzels  Bemerkung  dabei  fibersah ,  eine  Re- 
gel, die  sieh  freilich  in  einem  anderen  Buche  fand,  das 
auch  nicht  fiSr  ihn  geschrieben  war,  das  sich  auch  dem 
Gedächtnisse  des  grofsen  Kaisers  wohl  nicht  so  leicht 
einprägte.    Bei  redlichen  Deutschen  aber  nannte  man 
jenes  Verfahren  Karls  ein  Bubenstück ,  und  ein.  Buben* 
stick  sollte  es  auch  bei  redlichen  Deutschen  Historikern 
bleiben.  —  Der  SchluA  ist  dem  Allen  angemessen.  Im 
Gefühl  der  Nichtijgkeit  irdischer  Dinge  legt  der  Kaiser 


^  IMicifie,  cap.  XVIII.  Dovete  mtungue  aapere  come  99M  dvt  ge« 
neraaioni  di  comhattere;  Vuna  con  le  l€f(ge,  V ultra  con  le  förmig 
quel  primo  modo  ^  tfe^ti  uomini ,  quel  second^  i  delle  be$ti9S  mm 
perchc  Ü  primo  spes8€  voltc  non  htuta^  biwgnm  Wwme  ol  M* 
condo.  Pertanto  ad  un  Principe  e  necestarh  «(^|wr  leiie  mmr4 
la  beatia  c  Vuomo.  —  Essendo  adunquc  ttn  Principe  neeesaitaio 
eapere  bene  usare  la  hestia ,  dehbe  di  guella  pigliare  la  volpe  e  »f 
lione:  perche  ü  Hone  non  si  defende  da'  lacci;  la  volpe  non  et 
difende  daUupi.  Bisogna  adunque  essere  volpe  a  conöiQcre  i  lacci, 
e  Hone  a  sgt^ottire  i  lupi.  Coloro  che  »tanno  semplieemwt^^  im 
9ul  Hone  non  se  ne  intendono.  Aon  puö  pertanto  un  ^igmor»  ffru-^ 
dente,  ne  debbe  osservare  la  fedc  ,  quando  tale  osservanüiu  gti 
iorni  contro^  c  che  sono  spentc  h  cagioni  che  la  feciono  promet- 
tere  E  se  ^li  uomtni  fussero  tutti  buoni,  queato 
precettß  non  sart'a  huono ;  ma  perchc  sono  fr  ist  i  • 
non  V OBterverebbono  a  te,  tu  ancora  non  l'hai  da 
e$$ervar6  a  loro.         mai  ad  un  Principe  manchmaan^ 

<  gioni  UgiUime  di  eolorure  f  inoaaervansQ» 


Mensel ,  Geiellichle  der  DentecKcB  €81 

8eioe  Wurde  nieder  in  zufriedner  Resignation.  Wenn 
man  genau  wufste ,  wie  viel  sein  physisches  Leitien 
Theil  an  dem  Entschlüsse  hatte,  so  könnte  man  viel- 
leicht  auch  angeben  |  welche  andre  Gefühle  ihm  jene 
Znfrieclenlieil  dann  und  wann  gestört  haben  möchten. 
So  viel  iisi  eicher,  jenes  ^eeoy  <p^oveQ6v  desHerodol 
hat  er  kennen  gelernt,  wie  der  Machthaber  in  unserem 
Jahrhunderte  auch. 

♦ 

Bs  that  dem  Referenten  weh ,  dafs  diese  Ponkte 

ihn  Lei  näherem  Prüfen  und  unter  dem  Niederschrei- 
beu  dieses  Aufsatzes  in  eine  Stimmung  gebracht  haben, 
die  ihn  nicht  ßkhig  macht,  die  besseren  Eigenschaf- 
ten des  Werkes  su  erwähnen*  Sie  liegen  ihm  jetsi 
a  ferne  nnd  .  standen  ihm  bei  dem  Dnrchleseii  des 
Werks  immer  allzu  sehr  von  der  Gesinnung  verdunkelt, 
die,  selbst  in  eine  dicke  Hülle  versteckt,  nur  an  we- 
nigen Orten ,  aber  dort  um  so  greiler  durchleuchtete 
und  abstiefs.  Man  empfindet  einen  Schmerz,  der  keine 
BAcksicht^  und  kein  Henchdn  miä&t,  wenn  man  si^htp 
wie  in  den  Bfichern ,  su  denen  Jung  und  Alt  zuerst 
greifen,  wenn  sie  sich  über  die  Schicksale  des  Vater- 
lands belehren  wollen ,  des  Volkes  Sinn  fiir  Gradheit 
und  Wahrheit  9  fl&r  Einfachheit  und  Biedersinn  ver- 
leugnet wifd;  wenn  man  sieht,  wie  Zeiten,  aintf  die 
je^B  andre  Nation  mit  fibersehitsendem  Stolze  surüdp- 
Uksken  würde,  uns  hier  mit  einer  mysteriösen  Be^ 
denkiichkeit  dargestellt  geboten  werden ,  als  ob  wir 
des  ehrenvesten  Zeitalters  uns  schämen,  als  ob  wir 
den  Erzvätern  unserer  Reformation  die  Bldfse  bededcen 
Bttten. 

Oervinus. 


1 


■ 


082  Becker,  zi^  Ta(;itt»  Germania. 

■  ♦ 

^nmerkun/^  und  Bteune  au  Tueiiü$  09rmmnia  Cap,  t  kh  Xf^ttt* 
^     ton  Dr.  U.  /.  H.  0««fter,  CmtMeUft  la  ilafsfftiirf>.  Hmmmmr 
1830.   ImFerlagedtr  JBMtthmi  HofbuekkmuUung.  IQSS. 

In  der  Elttleiüing  zu  dieser  Schrift,  weleb^  eine 
Reihe  foiA  Aemerkungfen  tn  eimeelneti  Stellen  aue  den 
achtzehn  ersten  Cupiteln  der  Germania  des  TacitUs  eOt- 
iiäU,  sucht  der  Verf.  seine  früher  schon  einmal  in  See  - 
bode  8  Krit.  BibL  1825.  S.  18t  bis  21&  aucs^esprochene 
Ansicht  über  die  Oermanta  Weiler  ansaiftthren  und 
niher  an  begründen«  Er  glaubt  nSmlicliY  dieselbe 
eine  Episode  aus  d«6  Tacitus  eig^eotlicheui  Geschieht^- 
werke  und  etwa  in.  die  späteren  uns  verlorenen  Büclier 
der  Historien  eiuanreihen ;  <lergleichen  Episoden  bei 
Ifivius,  Cäsar  I  ja  selbst  bei  Tacitns  (iv  5ten  Buch 
der  Hisloden  liber  die  Judea)  V^rkenlmen«  Er  glaobt 
durch  diese  Annahme  mnaehes  Attffaliende  m  dem  Brv 
scheinen  (liev<ier  Schrift  erklären^  und  manche  für  die 
höhere  Kritik  sich  darbietenden  Sciiwierigkeiten  be«- 
aeitif en  zu  können.  Innere  Beweise  für  die  to»  Verf. 
aufgestellte  Ansicht  finden  wir  nicht,  und  wir  feste«- 
hen ,  dafs  wir  es  imnierlHn  nodh  benweifcin ,  eb  mm 
unbefangener  Leser  der  Germania  geneigt  sejn  werden 
in  derselben  nur  eine  aus  einem  der  gröfseren  Werfee 
des  Tacitus  herausg«risafiae  Episode  zu  erblicken,  und 
nicht  vielmehr^  ein  in  eich  abg^escMossenes ,  selbaft«> 
ständiges  Ganie^  daa  so  rein  ftt  sieh  und  So  abgereiH- 
det,  ohne  all«  Verbindungs<^  und  Anknfij^nngsfNnilBle 
mit  irgend  einem  andern  Werke  ^  dem  si©  als  iötegri- 
render  Theil  angehört  haben  sollte ,  da  steht ,  dafs 
jede  solche  Beziehung  verschwindet.  Und  ob  bei  jenen 
Annahme,  die  Germania  sey  eine  Episode,  aus  dem  grto* 
«eren  Weifie  entnommen,  nicht  noch  grdfsere  Schwie- 
rigkeiten für  die  Kritik  von  aufsen  her  sich  darbieten  , 
will  Ref.  dem  Verf.,  der  mit  so  vielem  Scharfsinn  und 
auch  mit  so  vieler  Klarheit  (ein  Vorzug,  der  überhaupt 
diese  Schrift  auszeichnet),  Alles,  was  für  seine  Vermu<« 
thung  sprechen  konnte,  entwickelt  hat,  zu  bedenken 


.Becker,  su  iucilu«  GcruiaiHA.  Üt 

gehea.  Was  aämlich  dem  Verf.  beMNid«»  «yffallend 
fich^iot,  besieht  darin,  dafs  die  Gtemwnm  ein  den  «pA* 
um  Gri«dlbcheii  wie  Rdmiscben  Autoren,  ja  Mliwi 

den  Schriftstellern  d^s  Mittelalters  fast  ganz  unbekannte 
Buch  sey,  das,  wenn  es  einmal  genannt  werde,  ent- 
weder einem,  andern  Verfasser,  oder  wenigstens  nicht 
dem  Taciius  beigelegt  eraoheioe;  daft  ferner  Tacitus  in 
der  Oermatiia  viel  i«eiii|;er  Aber  Deat^hea  Land  und 
Volk  -aneugebeii  wiaae,  ata  in  aeitten  Geaohtolitwerken , 
und  selbst  Widersprüche  an  manchen  Stellen  mit  den 
Aütialeo  vorkämen  [Möchte  vieileicht  ans  Berückdichti- 
gung  der  Absicht,  in  welcher  Taoitua  die  Germania 
tthrifdi-,  ftberhii«i»t  ana  der  TendeMi  aeher  8chHft  n 
erklaren  ,8eyo;  eioigea  Andere  bringt  der  Verf.  aelbal 
&  18.  bei] ;  endlich  dafs  selbst  die  Zeit  der  Abfa^ung 
dieses  BOchleins  sich  nicht  mit  Geuilsheit  ausmitteln 
liise,  indem  es  entweder  lange Tor  118. p.Chr. oder  lange 
aacbher  geachrleben  seyn  müsse  [wir  gfanben  indefil 
kaam,  daA  die  gewMinMclie  Abnahme  aolche  Sdiwie^ 
H|^6iien  gegen  sieli  iMbe,  in  Welehe  wir  "rtelmdlir  bd 
der  entgejSTcngeset^en  Behauptung  verwickelt  werdefl]. 
Auch  die  Neuheit  der  Handschriften  der  Germania,  und 
der  Umstand  ,  daft  iLeine  Handschrift,  welche  die  An- 
allen  md  Hiatorien  lenthalt,  aiiclt  dieOermaaia  hat,  die 
Mrtena  etttweriair  alldn  Ar  aioh  abgesdirieben  «der 

ttit  dem  Dtalogm  de  oratt,,  und  nur  ein  einziges  Mal 
mit  dem  Agricota  verbunden  erscheine,  wird  zu  diesem 
Zweck  hervorgehoben.  Dies,  meint  nun  der  Verf., 
Um  stell  erklären  durch  die  Annahava,  dadl  dia  Oer^ 
Wtik  uhi  eSiie  EM$^  nur  «nftliig  Ten  eineni  liaaair 
dai  TaeiiM ,  wiMier  den  ganzeti  ^aclina  n#<9h  tof 
iMttte,  iu  kiemlich  frQher  Zeit  herausgerissen,  dann  be- 
sonders abgeschrieben  und  nun  so  durch  Zufall  erhalten 
itOfdeu  sey,  fiie  Unbekanntschaft  der  späteren  Antoreft 
tatt  der  Gennania  erklärt  denselbe  aujs  der  Seltenheit  der 
Ainchrilfon  des  ganaett  faeiitia  [gewtfk  mit  l^eth^^  d« 

^  Wreifelsohne  nur  der  Sorgfalt  des  Kaiser  M*  Claudias 
Xacitus  die  Erhaltung  der  Werke  des  Tacitas  zu  ver^ 


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IM  '  ,  Becker,  su  TiicUufi  Germaaia. 

flanken  haben,  welche  auch  nachher  weaig  berücksich- 
tigt und  wenig  gelesen  worden  zu  seyn  scheinen,  da  eie 
eclion  ihrer  Natur  nach ,  alUrdings  nicht  iiir  die  Menge 
sumal  in  einer  80  gesunkenen  Zeit  berechnet  und  ge* 
schrieben  uaren.  So  erklärt  sich  auch  eben  so  gut  die 
Seltenheit  der  Codd.  der  Germania,  wie  des  Agricola, 
der  doch  unhezweifelt  ein  achtes  und  ein  selbstständiges 
Werk  des  Taatue  ist],-  auch  habe  in  späteren  Zeiten,  dki 
man  Germanien  näher  kennen  gelernt  und  mit  den  Ger- 
manischen Nationen  in  immer  gröfsere  Berührung  ge- 
kommen ,  die  Germania  des  Tacitus  bei  dem  Mangel- 
haften ihrer  Angaben  nicht  einen  so  grofsen  Werth  für 
die  apüeren  Scbriflsteiler  haben  können  ^  was  uns  be* 
grdflich  macht ,  warum  weder  Orosius ,  noch  Cassio* 
dorus,  noch  Joniandes  diese  ältere  Beschreibung  Ger- 
maniens anfuhren  oder  benutzen.  Auch  diese  Behauptung 
ist  gewifs  sehr  einleuchtend ;  ob  sie  aber  in  Verbiodung 
anit  den  ftbrigeA  .rmsk  Verf.  aqfgesteliten  Sätzen,  hinrel* 
ehend  sej,  uns  die  Germania  als  eine  Episode  danEuatet-t 
len ;  das  ist  es,  was  wir  noch  immerhin  bezweifeln  und 
deshalb  den  Verf.  bitten  müssen  ,  unsere  Bedeniien  wie- 
derholt zu  prüfen,,  und  dabei  insbesondere  neben  den 
üufseren  Gründen  anch  den  inneren  Charakter  der  Schriftt 
ttod  ihre  Tendens  nnd  Beschaffenheit  in  Betracht  so- 
ziehen,  da  es  ihm  selbst  gewifs  nicht  entgehen  wird, 
wie  manches  Zufällige  und  Schwankende  in  Je^en  bjos 
von  auben  her.  entlehnten  Gründen  sey. 

Bei  den  nun  folgeufien  Erklärungen  geht  der  VerC 
viMi  deni  richtigen.,  aber  oft  so  i^jahr  yerkannten  Grund* 
Si|tc  aus:  „die  Germania  mufs  nur  ans  sich  selbst  und  den 
ihrigen  Schriften  des  Tacitus  ihrem  Inhalte  nach  erläu- 
tert werden,  mit  Zuziehung  der  Schriftsteller,  die  Ta- 
eitus  als  Quellen  hat  benutzen  können  u.s.w»"  ^8  19.); 
und  er  hat  in  den  nachfolgenden  Bemerkungen  geneigt, 
dafs  er  diesem  Gmndsatn  stets  treu  geblieb^  sey.  So 
ist  es  ihm  gelungen ,  eine  Reihe  von  schwierigen ,  viel 
bestrittenen  und  vielfach  gedeuteten  Stellen  richtiger  zu 
erklären  und  in  ihr  gel^riges  Licht  nu  stellen,  oder 


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I 


Becker,  zu  Tacitut  Gerniania. 

manche  der  vorgebrachten  Erklärungen  fester  zu  be* 
f  rifidea  i  wie  man  den  llberbaopt  wenig  Stellen  nnde«* 
wird,  in  welehetf  man  nicht  der  ▼om  Verf.  gegebeiieii 

Erklärung'  zu  foIß;en  sich  g;ef1rungeii  fühlte.  So  bildet  das 
Ganze  einen  höchst  schätzbaren  Beitrag  zur  richtigeren 
Auffassung  und  zum  besaereo  Verstäodnirs  einer  lür  una  ^ 
'  in  80  vielen  Beziehangen  ao  wichtigen  Schrift,  «nd  mit 
litiikenawerthe ,  aber  auch  nothwendige  Zugabe  m  den 
über  die  Germania  bisher  erschienenen  Commentaren. 
Eioige  Proben  mögen  unser  eben  ausgesprochenea  Ur- 
theii  rechtfertigen. 

Gap.  L  in  den -Worten:  Germania  omni 8  a  GaU 
B»  —  sepataiur  weiat  der  Verf.  auf  daa  Unrichtige  dea 
gewöhnlichen Uebersetzu ng:  Ganz6ermanien,  Ger-* 
manien  i nag  e  sa  m  m  t  hin  und  erklärt  Germania 
omnia  mit  Bezug  auf  die  Farallelstelle  im  Eingang  von 
Ctaara  Bellum  OaUicum:  „Gallia  est  omnia  diviam 
m  partes  trea  ^c,  aia  daa  eigeatliche  Staaimland  dar 
Germanen  Im  Gegenaatz  init  dem  Rdmiacben  Germanien 
auf  (lern  linken  Rheinnfer.  Die  Schwierigkeit ,  in  Kinem 
Worte  diesen  in  omnia  liegenden  Sinn  wiederzugebeB 
ohoe  Umschreibung,  fahlt  der  Verf.  wohl«  Giitmann 
fvehte  ea  durch  fiberhanpi  zu  geben,  waa  aber  jnii 
far  Erklirong  dea  Verik  nicht  recht  ttbereinatimmeii 
will.  —  Ibid.  Cetera  Oceanus  ambit ,  latoa  sinus  et 
tfmlarum  immens a  aptdia  complectens,  wird  durch  . 
die  Erklirong  dea  Vetfa.  jede  andere  Deutung  wohl  ba- 
fldtigt  seyn er  erkttrt  nämlich  die  Stelle  durch  Aanahme 
daeaZeugma  Ihr:  '^jOceanus ,  laioa  amua  efficiena 

insularum  immensa  spatia  compleciens!'  —  Ibid. 
denkt  der  Verf.  bei  den  Worten  ,ymodo  ßexu  in  occi- 
ieiUem  viBraua"  an  die  Strecke  des  Rheins  von  Bregenz 
nach  Baad :  gewilii  mit  Recht;  schon  Miiller  in  d. 
Mweizergeach.  I,  9:  not  f.  (p.  120.)  wiea  aof  die  Ge^ 
fnidhin,  vm  ^Xe.  August aRauraeorum  (bei  Basel)  lag. 

Unter  „adversus  Oceanu s "  cap. II.  versteht  der 
Verf.  der  die  Schifliahrt  aus  unserni  Meer  hindernde  ^ 
•08  entgegenatffteiende  Ocean ;  und  übersetzt  fol- 


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b#ck^,  zu  Tacitpt.Gerniiiiiia. 

I^de  aditur  nicht:  ,,der  Oceao  wird  gelten  vi»p  uiir 
•ern  ^lehiffeo  befahren/*  sopdeni  richtiger:  „^ellßa 
gelangen  Schiffe  aae  aneerer  Welt  bie  ao  jenen  Oceam*' 
Cap.  IlL  itimmen  >vir  dem  Verf.  bei,  wenn  er  BarrituM 
mit  doppeltem  r  verwirft,  aber  wir  halten  Baritus  (und 
tißtki  ßardüus)  für  das  richtige,  wagen  der  Ableitung 
▼im  hmr  (Geschrei )  und  baria  (achreien  hei  dein 
Frkssen);  yergL  Cvfimni  Deutache  RechlaalleHhitBW , 
S.  8m  Zwar  will  sich  Barth  (Uber  die  Druiden  der 
Kelten,  S.  28.  not.&  S.56.  not.  6.)  wieder  £utr  Bardilus 
erklären.  —  Ibid.:  Ceterum  et  Uli^tm  fmißfff  opi^ 
mmkir,  l^mgm  iBe  et  fab^dom  emre,  m  hmQ  Ocea^' 
mmm  delatum  tfü.  erkläreif  wir  mil  dem  Vfrft  fabu^ 
leati«  lieber  in  dem  Sinn:  „durch  die  Sage  gefeiert, 
von  den  Dichtern  in  der  Sage  verherrlicht.** ,  Die  gQ-r 
wöhniiche  Erklärung  und  Uebersetzung  i^t:  fabelhafk 
Unser  Verf.  erinnert  an  dext  J^abul^fuß  Hydaap^^ 

bei  Hnraliiia  Od.  1,  ST,  8^  »«t  Bben  en  richtig  ^limiM 
dar  Verf.  ia  den  niohstfolgeaden  Werten:  i^wam  fvim 

etiam  UUjci  conseeratam  '  daa  Wort  Ulixi  in  dem 
Sinn;  „Ein  vom  Ulixea  geweiheter  AUar,"  und  zeigt 
das  Unatatlhafte  dar  aadem  Erklärung:  ^Kin  dem 
Ulixaa  geweihetar  Altar"  Aaf  eine  eben  SQ  hMhl« 
Waiäe  verdan  Cbp.  V.  dia  Wort«:  „Paaaeaaiowi?  ^  UMf 
huud  pro'mde  (tfficiuiäur  '  so  erklärt,  dafa  nach  kauid  . 
pro  in  de  nur  ein  „ac  ceterue  nutiones  orbis  terrm^ 
rum"   au  ergäosea  und  demnach  die  Stelle  so  MÜlil^ 

fiMaen  iat  s  ,,Der  BeaitB  md  Gabmneli  (des  SUbevft 
Oaldea)  rihH  aie  aar  wanig,  d*  h.  m  famehen  und 

graben  nicht  nach  Gold  und  Silber»  weil  ihneu  wenig 
daran  liegt,  «liese  Metalle  EU  haben«  da  sie  dles^beil 
nicht  einmal  eu  gebrauchen  varaleliaiu  £i«en  ist  ihne« 
deahalb  Uaber."  laabaeoodera  aber  aMehfn  wir  auf  die 
Brhiimng  dar  oft  «dftvarptandanen  SItaUe  Cla|i.  VI.  auf* 
merksam:  ,^Sed  nee  variare  gyros  in  mor^m  n^trum 
docfmtur  ( equi) :  m  rectum  aut  uno  ße:m  de^roM 
ßgwU ,  ita  om^umto  orb^p  til  mmo  posterior  ^itn^ 
.  I^a  Avadraek  varlmre  ggrc^  deatat  darVerf^riclitiff 


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Becker,  su  Taf:UQB  Geramiii«. 


CM 


i«f  das  Zureiten  der  ffercle  in  der  Reitbahn  (£ur  varw^ 
gyroa  ejßeere),  wo  aie  in  aJleo  Arten  ?oii  Wendiiogra' 
geübt  wevden  [d^r  AuMrock  «elmiit  indtA  haiii^lsiek-» 

lieh  auf  das  Reiten  Im  Kreia«  su  gehen ,  niMi  namantlich 

im  Gegensatz  zu  dem  Folgenden:  y,m  rectum  aut  uno 
fiexu  dextros  ngtmt"  bfc.  zu  stehen,  oder  vie  Beier  zu 
Cicer.  Offic.  I,  26.  liber  gyrm  bemerkl:  f^cvm  equi  a 

in  replum  verateheii  wir  nun  mit  dcni  Vert  von  dem 
VorrQckeii  der  Reiterai  in  gerader  Linie,  in  vailer  Pronli^* 

und  uno  flcjcu  dcjclros  aguut  von  der  Schwen- 
kung der  g^esainnilen  Linie  rechtsum,  und  zwar  in  drr 
Art  durch  die  Pferde  ausgefftbrfc,  dafti  die  gerade  Linie  . 
sich  nicht  krümmt  oder  ifelirnchen  wird,  Einselae  dem«: 
aacb  hinter  den  Uebrigen  »irSckbleibea  (nüm  t^nfundm 
ar6e,  ui  nemo  poHev4or  sWj^  eendern  iinmer  eine 
Tolikommen  gerade  Linie  sich  zeigt.  ^  Zu  Cap.  VII.  ; 
reges  ex  nohilHate ,  duces  ex  virtnte  sumtmt  *'  vergl. 
Cap.  XI.  init. ,  hiiUen  wir  jetzt  Grimm  in  den  Deotacheir 
lUchtsalterth,  S.  229,  Teryi.  Mi.  m  vergleichen;  und 
XU  den  Steigenden  Worten  über  diia  ricbterliGhe  Ge^rait 
der  prieeter  CaiH»odaielbat  S.  IVO.  —  Cap.  Till.  w-. 
standen  wir  die  Worte  objcctu  pect or um  mit  an-? 
dem  Auslegern  in  dem  Sinne:  „objectis  pectoribus , 
fion  hostium  telin ,  aed  virw  ne  fugerenty'  und  wir 
fiaablen  damit  die  felgendea  Worte  ^»el  mnMrata  eo^ 
eihnf  e4ß/mvHa$^"  in  einen  guten  Zneamnenhiiig  brln^  , 

9i|  k<^niieti*  Die  EvkUrung  den  Verfe.  will  nne  kier 
weniger  einfach  scheinen.  Er  deutet  pectu$  ^bji^ 
cere  dahin  ,  dafs  die  Weiber  sich  seihst  auf  den  Feind 
gestürmt  9  aber  nicht ,  um  mit  demselben  au  kämpfen , 
sondern  uni  voo  ihn  gefangen  genommen  m'werden[fj« 
«ad  dampf  b«iiiÄe  eioh  die  «lenelMla  eambm  eeyli^ 
tdroi.  —  Bd  Gap.  IX.  macht  der  Ver£  nnr  In  Allge- 
nrfnen  die  Bemerkung ,  dafs  Tacitus  in  diesem  Cap. 
ohne  Zweifel  den  Cäsar  vor  Augen  gehabt,  jedoch  das, 
was  dieser  von  den  Galliern  sage,  unbedacht  auf  die 
Germanen  bezogen  und  Übertragen  habe.    £o  föUt  uns 


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schwer^  das  gestehen  uir,  bei  eii^ein  SchriftäteU^r  nie 
Tacitns ,  an  eine  solche  Uubedachtsainkeit  zu  gl^ulien. 
£her  l&fel  sich  vielleicht  die  Vebcbiedenbeii  daf:  An- 
^  gaben  Aber  die  Gdtler  der  allen  UmoBneti  ans  4eii| 

echiedenen  Stonopanki ,  welchen  CSear  nncl  ^Acitos  ein- 
\iahmen ,   oder  aus  der  Verschiedenheit  der  Stämme , 
weWi«  «ie  vor  Augen  hatten ,  erkläreu.    Doch  dies  be- 
dart  ^iner  weiteren  Ausführung,  wozu  hier  der  Ort  uicht 
iet  TT-  Cap.  XL  zu  den  Worten:  „pum  aui  mch^jaivr 
Ihm  ami  hnpMut"  wird  jelsl  insbesondere  Grinte  a. 
a.  O.  S.  821.  zu  benutzen  seyn ,  eben  so  S.  244.  zik  den 
Seblursworten :  urmis  laudare,    —    Ibid.  zieht  d^r 
Verf.  mit  Hecht  die  Lesart:  ,^nec  ut  jussi  convenkmt" 
•la  die  aliein  richtige  ror,  wiePaäsow,  Hefs  und  Walchs 
«ad  giebidie  richtige  Eriilirnng.  —  Cap»  18*  bei  den 
Worten:  „prmcipes ,  qui  Jura  per  ptigas  weosqu^ 
reddunt"    werden  die  Erörterungen   des  Verfs.  jetzt 
elienfiriis  mit  Grimms  Bemerkungen  a.  a.  O.  S.  2ä2. 1ä2. 
M  Tergl eichen  seyn  ^  wie  denn  auch  noch  zu  manchen 
nadfirn  fitoUett  diencs  - und  des  folgenden  Cap.  diettt 
Wefk  nihere  AttAchltlsse  und  Bestätigung  bringt. 
Zu  Cap.  XVI.  giebt  der  Verf.  einen  ausführlicheren  Ex- 
curs  über  dic^  viel  besprochene  Stelle  :  y^nullas  Germa- 
norum  papuü»  urbes,  habitari ,  satis  notum  est**  tfc* 
Wir  ndlaaea  dnranf,  wie  auf  so  manches  Andere,  das  wir 
desRanmes  we^n,  flNrrgaBgen  haben,  die  Leser  selber 
verwaisen;  die  mitgetheilten  Proben  sind  gewifs  hinrei« 
chend ,  ihre  Aufmerksamkeit  auf  diesen  für  die  Erklä- 
rung des  Tacitus  schätzbaren  Beitrag  zu  lenken  und  den 
Verf,ftiif»iforde|ii,  ttos  eine  vollständige  BeaibcStong  der 
Ctermnnia  ni  liefern dieanch  imeh  den  iteklrei<;hen  Ans* 
gaben,  welche  wir  von  dieser  viel  gelesenen  Schrift  be- 
sitzen ,  gewifs  allen  Freunden  des  Tacitus  recht  er- 
wünscht sejrn  wird. 

Cüu  BAhr. 

4 


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N'.4i  HEIOELa  JAHB&  n.  UTERATUR.  ISSL 


Die  Naturlehre  nach  ihrem  gegenwärtigen  Zustande  viit  nUrksicht  auf 
mathematische  Begründung.  Dargestellt  von  A.  Baumgartner, 
Dr.  der  Philosophie f  öffentlichem  Professor  der  Physik  und  ange- 
wandten Mathematik  an  der  Universität  zu  H  ien  u.  s.  w.  Suppte- 
mentband,  den  mathematischen  und  experimentellen  Theil  enthal- 
tend, H'ien  IBSO  bis  1881.  {erschienen  in  drei  Lttferungenf  im 
GiMzen).   XU  und  1060  8.  ^,  mU  IX  Kupfertafdn. 

Die  erste  und  zweite  Auflage  des  unter  dein  ange- 
gebenen Titel  erschienenen  Handbuches  der  Naturlehre 
von  Baumgartner  ist  in  unserer  Zeitschrift  (Jahrg.  182& 
H&  2.  &  m  und  Jahrg.  1S27.  HfL  L  a  &0.)  ange* 
leigt,  die  dritte  folgte  «cnon  1829,  und  jede  folgende 
enthielt  alles  dasjenige ,  was  in  der  Zwischenzeit  als 
Erweiterung  der  Wissenschaft  neu  hinzugekommen  war, 
.AUgemeio  wurde  dieses  Werk  mit  grofsem  Befalle  auf- 
mommen,  eine  mathemalische  Begründung  der  pbyM- 
nligchen  Geseise  War  aber  nicht  gerade  mehr,  aU 
loderen  Handbüchern  in  demselben  enthalten.  In  der 
Vorrede  zar  zweiten  Auflage  versprach  jedoch  der  Ver£ 
dieses  in  einem  eigenen  Supplementbande  nachzuholen , 
«if  welchen  dennDächat  in  der  dritten  Ausgabe  an  meh^ 
rena  SteUen  hingedettteC  wurde.  Mit  Uogejdiild  sahen 
die  Physiker  dem  Erscheinen  desselben  entgegen  ,  und 
der  Verf.  entschuldigt  sich  in  der  Vorrede ,  dafs  er  sei- 
nem Versprechen  zu  genügen  eiliger  gearbeitet  habe, 
>b  ohne  diesen  Umstand  geacheheo  seyn  würde.  ;  Zh-x 
gleich,  wird  dort  gesagt ,  dalh  ea  ihm  Vorzüglicher  ge^ 
.schienen  hiabe,  eine  znsamnMnhingende  mathematisdie 
Naturlehre,  mit  Uebergehnng  des  elementaren  Theiles 
derselben,  zu  j^eben,  als  einzelne  abgerissene  Zusätze 
za  scftoem  Bbiodbiiche,  welches  allerdings  weit  leichter, 
.aber  f&r  ^den  Leaer  minder  bequein,  gewesen,  aeyh 
^ürde»  • 

Ref.  bekennt  mit  Verj^nßj^en,  daft  der  Verf.  die 
^sehr  nützliche  Au%abe  auf  eine  ausgeaeichnete  Weise 


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•flO  BluinBgtHiier  ^  Natuirlchre. 

gdSsei,  uod  die  etwas  tiefer  in  das  Studium  der  Natur- 

lehre  eindriogenden  Forscher  mit  einem  trefflichen  HQlfs- 
mittel  beschenkt  habe.  Das  Werk  bildet  nämlich  ein 
*  vollständiges  Ganzes,  wie  kein  anderes  der  Art  exlstirt, 
und  kftUD  nach  der  Meinung  des  Verfs.  selbst  als  Supple- 
toientband  zu  jedem  ntoereo  gründlichen  Handbuche  der 
IVaturlehi'e  gebraucht  werden;  es  setzt  eine  vollständige 
Bekanntschaft  mit  der  Naturlehre,  wie  sie  in  den  bes- 
seren Handbüchern  vorgetragen  ist ,  nebst  miudeisteos 
einiger  Gewandtheit  im  höheren  analytischen  Caicüle 
voraus,  upd  kann  auf  mehrfache  Weise  nfitziith  werAsn. 
Zuerst  zeigt  der  blofls«  Anblick  desselben  allen  deoeo, 
die  in  ihrer  Kenntnifs  der  Physik  niclit  über  die  ersten 
Anfangsgrunde  hinausgekommen  sind  ,  dafs  ein  gründ- 
liches Studium  dieser  Wissenschaß  und  eigenes  compe- 
ientes  lirtheii  in  derselben  eine  weit  tiefere  Forschung 
voraussetzt  9  als  elementare  Handbücher  sie  geben  kdn? 
nen  ,  demiiiichst  gewährt  es  solchen,  cli('  nicht  bei  einer 
oberflächlichen  Kenntnifs  stehen  zu  bleiben  wünschen, 
ein  treffliches  Hülfsmittel  zum  gründlichen  Studium, 
ohne  daft  sie  gezwungen  sind ,  die  einzelnen  zerstreuten, 
oft  sehr  weitläuftigen  und  nicht  immer  leicht  zu  erhal- 
tenden Werke  und  Abhandlungen  zu  studieren ,  miilto 
nicht  bietet  es  zur  Berechnung  der  Resultate  neuer  Ver- 
suche die  nöthigen  Formeln  dar  und  zeigt ,  wie  die 
Apparate  zu  gebrauchen,  mitunter  auch  zu  oorrigiren 
sind,  ohne  dafs  mau  ndthig  hat,  dieses  selbst  aufisufia<i«o 
oder  in  den  Quellen  nachzusuchen,  endlich  aber  gewähr* 
es  selbst  den  mit  der  Physik  in  hohem  Grade  Vertrauten 
eine  angenehme  und  lehrrei  che  Uebersicht  der  Wissen- 
schaft in  einem  hohen  Grade  der  Vollständigkeit,  die 
um  so  mehr  willkommeii  seyh  muft,  als  es  in  der  That 
eine  Unmöglichkeit  ist,  dieses  Alles  stets  im  Gedächt- 
nisse zu  haben,  bekanntlich  sind  übrigens  fast  ohn« 
Ausnahme  alle  einzelne  Zweige  der  ^[aturlehre  durch  die 
grdfsten  Geometer  mit  einem  solchen  Aufwände  des  tief- 
sten Calcüis  mathematisch  bearbeitet ,  dab  ^  iinrecm 


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m 


9eju  wQrde,  diese  bereite  erruogeneo  Fr  flehte  nicht  m 
beonteea,  «ad  statt  deseen,  oeaeDerstellungan  wu  sschen. 
Mae  nkofste  es  daher  mit  Recht  erwarten,  clfirs  der  Verf. 

die  Art  der  Darstellung  seiner  Vorgänger  beibehalten 
wurde,  inzwischen  hat  er  dennoch  das  Ginzeine  so  genau 
so  einem  Ganses  verbunden ,  dafs  man  kaum  die  in  der 
laberen  Form  etwas  abweichenden  Methoden  wahr- 
aimmt ,  nnd  dafe  derjenige ,  dem  die  benatssten  Qaellen 
nicht  ü!)i!ehin  bekannt  sind ,  oder  der  sie  nach  den  ge- 
wi^«^enhaft  mitgetheilten  Nachweisungeii  zu  vergleichen 
Diciii  fflr  gut  findet,  Jieine  Verschiedenheit  des  Vortrag«^ 
auch  weniger  aber  eine  Unterbrechung  des  Znsanunea* 
hangs,  erkennen  wiril. 

Aulser  der  mathematischen  Demonstration  der  Natur- 
gesetze enthält  das  Werk  noch  Beschreibungen  ver- 
schiedener Maschiuen  und  Apparate p  deren  einige  wohl 
dien  so  gut  in  das  Weric  selbst  geKorten,  zum  Theil 
iber  erst  nach  dem  Erscheinen  der  letaten  Auflage  des* 
selben  ihre  jetzige  Gestalt  erhalten  haben,  verschiedene 
können  jedoch  blos  dann  in  Anwendnn^  kommen,  wenn 
man  tiefer  in  das  eigentiiche  Wesen  der  Wissensciiaft 
dadnogeade  Versuche  anzustellen  beabsichtigt.  Auch 
iMuichtiich  dieses  Theiis  des  Ganzen  fatlen  selbst  dem 
niflnerksamsten  Leser  keine  Wiederholungen  auf,  denn 
ircno  auch  eine  im  Werke  selbst  bereits  beschriebene 
Masdiine  hier  abermals  erwähnt  wird,  so  geschieht 
dieses  nur  kurz  und  stets  in  Beziehung  auf  die  hier  zu* 
aidist  erfrteiten  Gesetze.  Es  ist  übrigens  in  dieser 
Ricksiekt  keineswegs  unbedeutend ,  dafs  dem  Verf.  ein 
Cabinet  zu  Gebote  steht ,  dem  zwar  manche  ältere  ,  blos 
für  die  Geschichte  der  Wissenschaft  noch  etwas  iuieres- 
ttnte,  Apparate  fehlen,  welches  dagegen  al»er  reich  an 
4m  neujegten  ausgesucht  schönen  und  zweckmäßig  con- 
^Irten  Ist,  wie  denn  überhaupt  die  Kaiserstadt  Wien 
rOcksichtlich  der  Menge  und  des  Reichthums  ihrer  wis- 
senschaftlichen Institute  leicht  mit  jeder  andern,  das  un- 
«fneUiche  London  etwa  atMigenoaimen , 


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Baiungaruier,  NaUurlehve. 


DMser  Beschreibung  einlfer  TorzUglich  wichtiger  la- 
«trömeDto.  eiod  die  meistens  damit  Terbandenen  Vor- 
schrifteii  Aber  ansusteUeDde  wissemchaftliche  Versuche 

an  die  Seite  zu  stellen ,  welche  die  dabei  zu  befolgenden 
.Regelo,  die  zu  vermeidenden  Fehler  und  deren  Ursachen 
eothalteoi  und  deo  Verf.  nicht  blos  ^Is  einen  theoreti- 
schen Pfa^ysiker  srigen,  sondern  deutlich  beurkunden, 
daft.  er.  eine  genaue  Kenntnifs  der  Apparate  und  durch 
Uebung  erworbene  Fertigkeit  sie  zu  gebrauchen  besitze. 
Endlich  sind  als  sehr  nützliche  Zugabe  eine  Menge  Ta- 
belien  hinzugefugt,  welche  diejenigen  Grörsenbestiin- 
mUDgen  enthalten ,  deren  der  Physiker  b^  seinen  Unter- 
suchungen  häufig  bedarf,  und  die  rieh  iwar  nach  be- 
kannten Formeln  leicht  berechnen  lassen,  jedoch  nicht 
ohne  grofsen  Zeitaufwand,  weswegen  es  eine  bedeu* 
tende  £rieichterung  gewährt,  sie  hieraus  mit  leichtjer 
Mühe  zu  entnehmen. 

Diesem  ,  allgenmnen  UrtheUe  eine  Angabe  der  eiii- 
selnen  Theile  hinzuzufügen,  könnte  leicht  üb^riMssig 
erscheinen,  und  Ref.  selbst  hält  diese  für  unstatthaft, 
erlaubt  sich  jedoch  noch  einige  Bemerkungen,  weiche 
wegen  der  Wichtigkeit  des  ganzen  Werkes  leicht  Eni« 
schuldigung  finden  werden.  Die  ersten  Kapitel  handda 
Tem  Beobachten  und  Messen  mit  den  TerschiedeneD 
Werkzeugen,  vou  der  Ausdehnung  durch  Wärme,  so- 
fern sie  den  Gebrauch  der  Apparate  bedingt,  der  Prü- 
fung und  Correction  der  Instrumente,  wobei  unter  den 
Barometern  Augustes  abgekftrztes  wohl  einen  Fiats 
verdient  hätte,  über  die  Veränderlichkeit  des  Frees- 
punktes  bei  Thermometern,  wovon  man  sich  (nach  des 
Ref.  Erfahrung)  durch  einen  einfachen  Versuch  leicht 
fiberzeugen  kann  9  wenn  man  di^  Kugel  oder  noch  meiir 
den  Cylinder  vorsichtig  zwischen  den  Fingern  drückt  ^ 
so  dab  der  Quecksilb^aden  um  ftst  einen,  halben  Grad 
'OSCilHrt,  über  die  Correction  der  Thermometer  nach 
Besse  Ts  Methode  u.  s.  w.  Die  hier  mitgetheilte  Ver- 
gieichung  der  Quecksilberthennometer  und  Weingeist- 


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BanngarUief «  Natiuriehr«. 


(hemiometer  nach  de  Lttc  und  Lutz  sind  wohl  dem 
jeteigftfl  Standpankte  d^  Wissenschaft  nicht  mehr  an- 
gemessen 9  im  Aligenieinen  aber  verdienen  die  letzleren,. 

die  allein  zum  Messen  hoher  Kältegrade  brauchbar  äind^ 
noch  eine  nichts  weniger  als  leichte  Berichtigung,  wozu  . 
die  £lemeote  aus  der  Ref.  neuesten  Messungen  der  Ans-- 
detmuDg  dieser  Flüssigkeit  durch  Wärme  für  jetet  wohl 
uo  besten  zu  entnehmen  seyn  möchten,  die  aber  dem 
Verf.  noch  nicht  bekannt  seyn  konnten.  Für  die  Kennt- 
Difs  des  Manometers  wurde  es  nützlich  gewesen 
sejD,  Schmidt's  Untersuchungen  zu  benutzen ,  und 
hierauf  sowohl  t  als  auch  auf  theoretische  Grftnde  ein 
Urtheil  über  smne  nicht  eben  grofse  Brauchbarkeit  su 
gründen.  Den  ersten  Abschnitt,  welcher  auch  als  all- 
femeine  Einleitung  betrachtet  werden  kann,  beschliefst 
eine  nur  kurze  Beschreibung  der  wesentlichen  Theile 
eiaer  gewöhnlichen  Luftpumpe. 

Der  Eweite  Abschnitt  enthält  die  Statik  der  yerschie- 
dtoen  Körper  nach  allgemeinen  geometrischen  Grund- 
sätzen, doch  sind  auch  praktische  Anwendungen,  wie 
z.  B.  namentlich  auf  das  barometrische  Höhenmessen  hin* 
zngeifugt,  welche  Aufgabe  sehr  ausführlich  und  grQud- 
fich  bdiaodelt  ist»  Bei  den  Gesetzen  der  Capillaritäl 
konnten  die  neveeten  gelehrten  Untersuchungen  von 
Gaufs  noch  nicht  benutzt  werden,  worüber  der  Verf. 
selbst  sein  JBedauern  später  äufsert.  Zur  Bestimmung 
der  Elasticität  der  Dämpfe  vom  Gefrierpunkte  bis  zum 
Siedepunkte  des  Wassers  sind  Dal  ton 's  Messungen  be^ 
nslat,  w«l  sie  mil  den  späteren  tob  Ure  am  genauesten 
ttereinstimmen.  Ref.  mufs  bekennen,  dafs  er  gegen  den 
Scharfsinn  jenes  Physikers  die  gröfste  Achtung  hegt , 
auch  ist  der  rege  b«ifer  und  anhaltende  Fleifs  des  bereits 
Whbqahrten  Mannes »  welcher  in  Manchester  nicht  an-  . 
deis  als  old  Master  Dal  ton  genannt  wird,  und  sei" 
>sr  beschränkten  Lage  ungeachtet  allgemein  bekannt 
Wfld  geschätzt  ist,  in  einem  hohen  Grade  bewunderungs- 
^liritii^,  allein  wenn  mau  die  noch  vorhandenen  Appa* 


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rate,  womit  die  Klasticitäten  der  Dämpfe  vou  iliiD  ge- 
messen wurdeo,  mit  eigenen  Aogen  betrachtet,  so  k;iDD 
man  »ich  der  festen  Ueberzeiigang  nicht  erwehren ,  dab 
vermittelst  solcher  auch  bei  iler  gröfsten  manaellen  Fer- 
tigkeit keioe  sichere  Resultate  zu  erhalten  waren.  Hieraus 
und  ans  seiner  Vorliebe  fiir  geistreiche  Combinationen 
wird  es  dann  erklärlich ,  dafs  er  aligemeine  Gesetze  über 
das  Verhalten  der  Dämpfe  gefunden  haben  \^Ute,  die 
«ch  bei  genauerer  Prüfung  als  unhaltbar  seigten.  In- 
swischen  sind  in  Torliegendem  Werke  die  Elastfcttitea 
des  Wasserdampfes  für  die  Temperaturen  von  O**  bis  j 
100" C  nach  derjenigen  Formel  berechnet  mitgetheih, 
welche  Biot  aus  den  genannten  Versuchen  Dalton*6 
entwickelt  hat  ,  von  100°  bis  224"*^  so  wie  die  frana$* 
aischen  Academiker  sie  neuerdings  gefunden  haben ,  und 

.  von  t24%2  bis  t65%80  nach  der  yon  letzteren  ange- 
stellten Formel.  Ref.  zweifelt  indefs,  dafs  eine  solche 
Zerstückelung  allgemeinen  Beifall  finden  wird.  Ueber 
das  Hygrometer  sind  wiederum  aufser  theoretischen  Un- 
tersuchungen die  praktischen  Anweisungen  vollständig  < 
mitgetheilt.  Dan  ieli's  Hygromeiler  wird  auch  hier  als 
das  schwieriger  tu  behandelnde,  und  daher  leicht  un- 
richtige Resultate  gebende  dargfstellt,  und  in  dieser  Be- 

.  Ziehung  dem  Psyciironieter  nachgesetzt,  aucli  huldiget 
der  Verf.  ch-r  allgemeinen  Arisietit,  wonach  ersteres  de« 
Thaupunkt  unmittelbar  angiebt,  letzteres  aber  einer  Ra-  i 
duction  betlarf,  womit  Ref.  deswegen  nicht  einstimmen 
kann ,  weil  ein  feuchter  Uebersug  auf  der  blanken  Flftcfae) 
wie  dOnn  derselbe  auch  seyn  mag,  um  sichtbar  kh  seyn 
eine  gewisse  Dicke  haben  niufs,  mithin  ein  Herabsinken 
der  erkalteten  ICugel  nnd  um  um  so  mehr  des  darin  ein- 
geschlossenen Thermonielers  unter  diejenige  Temperatur 
voraussetzt ,  bei  m  elcher  die  Dämpfe  ihre  gröOste  Dich- 
tigkeit haben,  jedoch  Impn^  noch  als  Därilpfe,  uad 
ohne  aus  diesem  Zustande  der  Expansion  herausgegangen 
zu  seyn.  Das  I^sychrometer  gieht  unter  geeigneten  Um- 
ständen die  dieser  Bedingung  zugeliörige  Temperatur  an, 


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BAHtHgartaer«  NvMitMn.  ^  «MI 

iodem  das  befeochlet^  Thmnometor.  so  tief  herabsinkl, 

bu  die  tttiigebende  Loft  keinen  I>ampf  mehr  aufiiehmeo 
kann,  aU»o  bis  zum  Sät(igun;nrgpuiikte  ,  und  die  dauii  noch 
Uigewaudte  Coriectiousforinel  dieul  folgiicU  blps  dazU| 
die  nicht  jederzeit  gleichen  Wärmegmde  m  berechnen  ^ 
Bn  welche  die  Temperatur  wur  ^tengnng  dee  eicht« 
hären  NiederMsblages  aaf  dem  DaDieirachen  Hj'gnMtteter 
herabsinken  mufs. 

Der  dritte  Abschnitt  handelt  von  der  Bewegung, 
aod  ißt  neben  der  I^ehre  vom  Pendel  hauptsächlich  flm 
geoinetrieohen  Unterauchiingeii  Ober  den  Sehali  gewidmeti 
die  in  der  neuesten  Zeit  so  aufserordentlich  erweitert 
Mnd.  Am  ausführlichsten  ist  im  vierten  Abschnitte  die 
Optik  behandelt,  indem  iViv  theoretischen  Betrachtungen 
fiberall  mit  praktischen  Anwendungen  verbunden  sind* 
Zaerat  werden  die  optischen  Geaelae  im  Allgemeinen  f  eo- 
metrisch  demonatrirt',  dann  folgen  die  den  beiden-  be** 
kannten  Hypothesen  eigenthümlichen  Erklärungsarten 
und  eine  Vergleichung  heider  mit  einander,  wobei  der 
Verf.  seine  wohlb^ründete  Vorliebe  für  dieUndulations* 
theorie  nicht  verhehlt,  zugMch  aber  nicht  levgoet,  daft 
die  Uraache  der  Farbensemtreuong  noch  keineawefa 
genügend  aus  ihr  erklärt  ist,  Wobei  man  jedoch  nicht 
fibersehen  darf,  dafs  diesii  Hypothese  erst  in  den  neuesten 
Zeiten  gewiegte  Vertheidiger  gefunden  hat,  durch  deren 
Qm&huagra  übrigens  bereits  unglaublich  viel  geschehen 
ist.  Es  kann  hierbei  wohl  nicht  iq  Abrede  gestellt  wer* 
den,  dafs  die  Emanationstheorie  bei  weitem  die  leichtere 
Aufgabe  hat,  das  Verhalten  der  einmal  als  bewegt  an- 
genommenen  Lichtmaterien  zu  erklären,  sofern  sie  die 
Art  9nd  die  Modificationen  dieser  Bewegung  willkühr* 
Beb  annttnehmen  sich  erlanben  darf,  als  die  llndulations* 
dieorie ,  w^ohe  auf  eine  apecieile  Art  der  Bewegungen 
ijeschriinkt  ist,  dagegen  wird  es  wohl  fdr  alle  Zeiten  un- 
falHbar  bleiben,  welche  phy^sische  Ursache  jener  stets 
regelmäfeigen ,  von  allen  übrigen  durchaus  abweichen- 
dM  i  Bow^^nny  nun  Grunde  üegi.  Der  Verf.  fügt  sn- 


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M  BMUBgaHnftr,  MtttarMt«. 

leM  noch  eine  nemlich  autffihrlidie  BesphrellHiogf  der 
.viehtigsteD  optischen  Apparate  himo^  woniil  eine  Menge 
prahiisehe  Regehi  Terbunden  eiad,  aoe  denen  nnch  der 

geübte  Physiker  manches  wird  entnehmen  können.  Ref. 
rechnet  darunter  z.  B.  den  Vorschlag ,  die  Brillengläser 
für  abnorme  und  zugleich  sehr  reizbare  Augen  ,  denen 
bekanntlich  schwach  blau  oder  gruo  f  efiurbte  allein  zu- 
idiglich  sind,  aus  ganz  hellem  Glase  zu  verfertigen,  und 
diese  mit  einem  fiberaU  gieichmftfsig  didien  hohlen  Glm 
n  bedeckea  Dagegen  hat  Ref.  die  Formel ,  wonach 
die  Brennweite  der  BrillenglSser  bestimmt  werden  soll) 

(&  50L) ,  nämlich  f  =  ,  wenn  f  jene  Brenn- 

weite, a  die  Entfernung,  in  welcher  das  Auge  durch 
eine  willkührliche  biconvexe  Linse  von  der  Brennweite 
=  p  ein  kleines  Object  am  deutlichsten  sieht,  bezeich- 
pen,  mit  Terschiedenen  Augen  geprüft,  aber  alleaeit  ein 
«ogentigendes,  viel  au  kleines^  Resultat  erhalten«  Bei 
Lesern  Al»8ehnitte,  welcher  Tom  Lidite  handelt,  ist 
HerscheTs  vortreffliche  Abhandlung  in  der  Encycla- 
paedia  metropoUtana  bereits  benutzt,  der  Artikel  Lin- 
senglas von  Brandes  im  6ten  Bande  des  Gehler'schen 
Wörterbuches  jedoch  noch  nicht,  welcher  indefs  dem 
Ver£  eine  nicht  unbedeutende  Na^ese  darbieten  d&rfte» 

Im  fünflen  Abschnitte,  weteher  die  Wirmel^re 

enthält,  ist  der  Inhalt  der  gelehrten  Untersuchungen  voa 
Fourier  und  Poisson,  in  Beziehung  auf  die  Tempe- 
ratur aber  sind  die  Abhandlungen  von  Tralles,  GaufS) 
Hallström  und  JCämtz  benulst,  jedoch  sind  die 
mehr  tHr  leichtere  praktlsdie  Anwendung  bestimmten 
Regeln  von  Brewster,  ▼.  Humboldt  vnd  Aiidern 
lunberllcksichtigt  geblieben.  Hier  sind  dann  auch  die 
Untersuchungen  von  Schitko  Uber  die  Ausdehnung  der 
Körper  durch  Wärme  und  die  Dampf  Bildung  erwähnt, 
welche  die  Aufmerksamkeit  der  Physiker  im  hohen  Grade 
Terdienen ,  -weil  nach  ihnen  die  Wirkungen  der  Wärme 
ailf  das  Wesen  dieser  Potenz  nnd  die  In  .d^  wfigbaren 


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lUkpern  wirksameo  Kräfte  sorllckgeflllirl^ -werden.  loi 
aedttteo  Abichnitt'e,  welcher  Tom  Magiietienin  lumdell^ 
find  anf  gfleiche  Weise  dieGesetse  der  V«rtheil«n||^  eiaee 

mit  Grunde  anzunehmendeo  elgenthümlicheo  Fluiduins 
in  den  idiomagDetischen  Körpern  durch  geometrische 
Demooslration  erläutert,  die  zweckmäfsigsten  Inklioa«* 
torien  nad  Deklimtoriea  beecbriebea^  und  hiermU 
g;ieich  die  wichtigstea  Regeln  aar  Anstellaog  vm  Beob«- 
achtungen  uud  zur  Berechaung  der  erhaltenen  Resultate 
verbunden.  Zur  Erklärung  des  tellurischen  Magnetis- 
mus nimmt  der  Verf.  zwei  Magnete  im  Innern  der  £rde 
m,  häh  es  jedoch  f&r  möglich,  dab  die  Anwendao|^ 
der  aufgeatdltea  theoretischea  Groadsätee  aaf  die  zahl- 
leiehen  schon  yorhandenen  oder  noch  anzustellenden 
Beobachtungen  zur  Annahme  mehrerer  Magnete  oder 
gar  einer  gewissen  magnetischen  Disposition  der  ganzen 
Erde  flihrea  können.  Ret  trägt  gegenwärtig  kein  Be- 
denken rndilr^  dieser  letalerea  Ansicht  .beiaapflichtea, 
«od  danach  die  Erde  fihr  einen  Tfaermomagnet  sa  halten, 
diie  Hypothese,  welche  in  der  leichten  Erregbarkeit 
der  Eiektricität  und  damit  zugleich  des  MagnetisnattS  * 
durch  Wärme  eine  bedeutende  UnterstOtzung  findet 

Der  siebente  und  letzte  Abschnitt  ist  dea  elektri* 
sebea  und  dektromagDetischea  Erscheianngen  and  dea 
Gesetzen  derselben  gewidmet.  Auch  hier  findet  man 
über  den  Bau  der  Elektrisirmaschine,  der  Voltaschen 
Säulen  und  die  Art  der  Behandiung  beider  zur  Erhaltung 
keaserer  Wurkaagea  viele  prakttoch  aaweadbare  Vor- 
idmften,  insbesondere  aber  siad  die  sweckoiäfrigstea 
Apparate  zur  Hervorbringung  der  elektromagnetischen  ' 
Erscheinungen  sehr  genau  beschrieben,  so  dafs  der  Phy- 
siker sie  hiernach  durch  mäfsig  geübte  Künstler  anfer- 
ligea  zu  lassen  im  Stande  ist.  Als  Geseta  der  elektri- 
Mhen  AbstcvMng  wird  aach  hier-  das  des  umgid^ehrtea 
yndra^hen  Verhältnisses  der  Entfernungen  angeaoai- 
man,  über  dessen  Richtigkeit  gegenwärtig  unter  den  . 
Phj^äkern  schwerlich  noch  ein  Zweifel  obwaltet,  lieber 


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die  Vertheilung  der  Blekiricitit  in  leilendeii'  Rdrpera 
sind  Coulomb*^  ttnd  Poisson's  trefüche  Arbeite 

benutzt,  und  für  dio  Bewegung  derselben  die  von  Ohm, 
so  wie  über  die  ErM  heinun^t^n  und  Gesetze  des  Elektro- 
oiagoetisuilift  die  von  Amper  oha§  jedocli  die  Frage 
zvr  g^ennüt^ren  Brörteruog  zu  bringen,  ob  die  Hypothese 
diese»  Gelehrten  über  die  Gleichheit  der '  fiiektricitat 
und  dee  Magnetiemiis  Tor  andern  den  Vorzug  verfUeoe. 

Die  dem  Werke  hiasugefilgteR  Tabellen  sind  bereite 
oben  erualiüt.    Die  erste  giebt  eine  Vergleichuog  der 
in  verschiedenen  Laiaiein  iUjüchen  Mafse  nach  Vega, 
eben  so  die  «weile  der  Gewichte.    Die  dritte  ist  sehr 
vollständig,  und  enthält  in  alphabetischer  Reihenfolge  * 
die  specifiscben  Gewichte  der  Körper  .mit  Angabe  derer, 
wodurch  sie  bestimmt  wurden«   Nicht  minder  ausluhr- 
lioh  Ist  <li«  vierte  über  die  Ausdehnung  der  Körper  durch 
IViüiiie  und  den  un^leiclieii  »Stand  der  Thermometer  aus 
verscliiiMlenen  Müssigkeitrn ,  womit  die  folgende  über  | 
i\le  Rednction  der  Thermometergrade  in  genauem  Zu-  I 
samnienhange  steht.  Die  sechste  und  achte  Tabelle  gebeu  ^ 
itie  Capillar- Depression  des  Quecksilbers  und  Attractioo 
sonstiger  Flfissigkeiteo «  zwischen  denen  die  siebenlo  die 
Ausdehnung  der  QttecksiU>ers$ttle  Im  Barometer  durch 
Wärme  in  d;  ;n  nämlichen  Umfange  enthalt,  als  die  in 
Gehler's  Wörti  i  buche  der  Phjsik  befindliche.    Ao  die  , 
netintr,  ?iach  Oltmaniis  zur  Bequemlichkeit  der  Be- 
rechnung barotiietrischer  Melsungen  mitgetheilte,  schliefst  . 
sich  diezeliaie  in  ihrer  Art  für  jetzt  vollständigste,  über  | 
die  Berghöfaeo;   Die  eilfte  bis  fünfzehnte  sind  den  £la*  1 
elicitSten  und  Dichtigkeiten  des  Waaserdampfes  wd  den 
hieraus  entnommenen  Reductionsgröfsea  der  verschiede- 
nen Hygrometer  gewidmet.    Dann  toliieii  die  Längen  des  ' 
Secinidenpendeis ,  Geschwindigkeiten  des  Schalles  in  der 
Luft  mit  Rücksicht  auf  die  Temperatur  und  io  andem 
Körpern,  die  Brechimgs-  und  Zerstreuungs^-Eltponenten 
«ler  verschiedenen  Substanzen ,  die  Lage  der  optischen 
Aiten.9  die  uur  Bareehoung  adieoniialiscber  Uueeu  >4lie- 


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Brand««,  Maturlehre.  699 

tieircieü  Bestimmungen  nach  Mersch  ei,  die  Loituogs^ 
fifatgkett  md  CapacHäl  der  Körper  für  Wifoie,  mid 
erfiHfch  die  8chae!B->  and  Siede  «PuDkte,  im  Guisett 
25  Tafeln.  Man  ersieht  hieraus ,  dafs  der  Verf.  eioeo 
gr«f??eo  Reich  hu ni  an  Thatsaehen  mit  gründlicher  Wis- 
seoschafllichkeil  verhindet  Im  Ganzea  i»i  das  Werk 
lehr  cerrect  nml  echöo  gedruckt ,  und  die  Tieien  sauber 
f^eehenea  Figurefi  dieoes  nr  BrlfiateriiDg  «od  Ver- 
ännlichiing  der  Demoostrationen  in  eioem  so  hoben 
Grade,  dafs  dagegen  einige  Druckfehler  und  mangel- 
hafte Bezcrichnungen  der  Figuren  als  leicht  zu  ergänsen 
|ar  nicht  in  Betrachtnag  konmea. 

M  u  n  c  k  €, 


Fminrnngen  über  die  Nntnrtehr^  mar  BeUhnmg  4mm  %  4tm9m  et  ai» 
maihefmi^isthm  f^erkenntnksen  fehlt,   F^nB,  W.  Brande»,  Prof. 
is  Leipzig.    Iter  Th,    XV  u.  358  S.  8.  mit  5  Kt.  Uipa. 
2tor  T^.   FII  u.  3<)6  &  8.  mit  4  Kt.  i^«.  18S1. 

Obgleich  diese^^  Werk  erst  bis  zur  Hälfte  vollendet 
ilt,  so  verbindet  Ref«  dennoch  geni  eine  Anzeige  des- 
ieHien  mit  der  dee  irorbergehenden,  mm  anC  diene  Weiie 
ihn  ergenihtmliclien  CharalLter  des  einen  und  des  andern 

durch  den  Gegensatz  anschaulicher  zu  machen.  Beide 
Werke  sind  ohne  Widerrede  Zierden  der  dentschen  phy- 
sikalisdieQ  Literatur,  auch  siud  keine  ihnen  ganz  gleiche 
in  irgeMl  einer  anderen*  Spraclie  vorfianden,  beide  sind 
daher  dem  Physikiir  ^on  Fach  und  allen  denen  menl- 
behrlicli,  welche  tiefer  in  das  Gebiet  der  Physik  ein- 
driri^en  wollf  ii,  und  wie  wenijo;  es  auch  möglich  scheint, 
beide  in  dieser  Hinsicht  mit  einander  zu  vergleichen,  so 
dürfte  doch  die  Aufgabe ,  tvelehe  Brandes  an  lösen 
-f«wähh  bat»  nie  die  schwererfB  erkannl  werdea.  Dar 
Physiker  gewöhnt  sich  nämlich  bald  dm^n,  die  Natat>-  ii 
gesetze  in  geometrische  Formeln  einzukleiden ,  diebe 
ciann  m  eoifiJbiuireo,  wd  s^aiif  dem  einmal  yehalwtan 


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mathemaiischen  Wege  fortznsdifdtoii,  iaden  die  mlj*'  i 
tischen  Au§drficke  die  Gesetze  der  Naturerscheiuungen  | 
in  gröfster  Schärfe  darstellen;  in  dem  vorliegenden  Werke  ' 
aber  ist  diese  Methode  gänzlich  vermieden ,  und  da 
keine  Formel  irgend  einen  Werth  haben  kann  ^  wenn  sie 
nielit  biBStimmte,  mit  dem.  Veiftande  zu  fameade,  Be- 
griffe amdriidrt,  8o  sind  dies«  letstetm  hier  vomltldhar 
in  Worte  ringdüeldei  ^nfach  nnd  klar  dargefil^f.  Jeder 
Lehrer  der  Fhysik  mufs  bei  seiuea  Vorträgen  wohl  be* 
rficksichtigen ,  dafs  der  gröfste  Theil  der  Zuhörer  sich 
keine  solche  Fertigkeit  in  der  eigenthümlicben  Zeichen- 
sprache der  Mathematik  erworben  liaben  kann,  um  deo 
Knn  der  analytischen  Formeln  sogleich  bestimmt  anlzu- 
ÜHten,  die  Mathematik  mJI  anfeerdem  nnr  behiliich 
seyn ,  die  Natnrgesetae  mit  gröbter  Schirfe  aosaadrilckeii, 
keiiiesvveges  aber  soll  die  Physik  Veranlassung  zur  Uebuog 
in  analytischeu  Kunstgriffen  darbieten ;  aber  die  Natur- 
erscheinungen und  ihre  Gesetze  müssen  noth wendig  mit  | 
mathematischer  Scliärfe  aufgefafst  und  gedacht  werden. 
Eben  daher  giebt  es  in  di^er  Wissenschaft  kein  bloCses 
Meinen,  keine  Vetachiedenhett  der  Aaaichlen,  deren 
einer  oder  anderen  aun  nadi  eigenthllmUcher  VAef- 
zeugung  beipflichten  könnte,  wie  dieses  in  andern  Dis- 
ciplinen  der  Fall  ist,  wo  sehr  oft  die  Gewifshcit  mäu-  I 
gelt,  ob  die  der  Ck>nclusion  zum  Grunde  Hegenden  Be-  | 
diogungen  alle  und  richtig  erkannt  sind  oder  nicht,  und 
ob  sie  Überhaupi  ihrem  Wesen  nach  nothwendig  nnd 
nicht  vielmehr  nrsprflngUch  bios  nach  meHscUichsr 
WiilkUhr  festgesefKt  sind;   In  der  Physik  bleib»  es  am 
gleichfalb  hnmerbin  oft  cweifelhaft,  ob  die  PrimiMn 
insgesammt  richtig  uufgefar^st  sind,  allein  in  sehr  vielen 
Fällen  sind  sie  höchst  einfach,  aus  eben  so  zahlreichen 
als  sicheren  Erfahrungen  unzweifelhaft  abgeleitet,  und 
es  müssen  dann,  sobald  diese  einmal  angenommen  siadf 
die  nothwendigen  Folgemngea  gleichfalls  ahne  Wider- 
rede migdstanden  werden.   In  dieser  grofiien  SehAife, 
wsBut  «nf  gegebene  Pirtaimen  die  itehhiftfolgenwig«» 


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BrandM»  Naturlelure.  %9l 

mit  absoluter  Evidenz  gegründet  werden,  liegt  ein  eigen- 
tbinlieher  Worth  der  Physik  ab  ttoes  hdehst  fmeh«- 
huett  UdNmgMnitteh  des  VerstendcB  im  Nachdeid^eii; 
allein  dafs  diese  Wissenschaft  eben  hierdurch  allen  den- 
jenigen als  schwierig  erscheinen  müsse ,  welche  sich  ge- 
wdhot  haben,  alles  bios  mit  dem  Gedächtnisse  aufzu- 
fassen, läfst  sich  keinen  Aogenblick  in  iüirede  steUea. 
Vide  Sachen  daher  mit  Unrecht  ebe  Entschttldi|fttng, 
warum  sie  rieh  mit  denjenigen ,  was  doch  offenbar  jedem 
gebildeten  Menschen  am  nächsten  liegt,  nämlich  mit 
der  Keontnifs  der  Naturerscheinungen  und  ihrer  allge- 
flieinen  Gesetze,  nicht  ntiier  Tertravtmi  machen  suchen, 
io  den  Schwierigkelteii  der  mathematiseheo  Forni^D, 
allein  diese  rind  im  Torliegenden  Werke  gändieh  ¥ef- 
mieden ,  und  es  kann  sich  daher  ein  jeder  hieran  ver- 
suchen, in  wie  weit  er  eine  hinlängliche  Uebung  uod 
Fertigkeit  im  scharfen  Auffassen  allgemeiner  Sätze  und 
in  der  AUeitoag  der  aus  diesen  oediwendig  CsIgeBdeB 
Sddasse  erworben  hat 

In  manchen  Fällen  scheint  es  auf  den  ersten  Blick 
ganz  unmöglich,  die  physikalischen  Gesetze  ohne  alle 
analytische  Formeln  mit  Bestimmtheit  auszudrücken, 
allein  man  mnlli  w^l  ber&cksicbtigen,  dafe  die  geome- 
trisdie  Construetioa  da  aofimordeoffidies  mi&nutlei 
darbietet,  wodurch  mehrere  derselben  vermittelst  der 
Gröfsenverhältnisse  sich  dem  Auge  anschaulich  darstellen 
lassen,  und  eben  dessen  hat  sich  der  Verf.  vielfach  be- 
dient. Inzwischenftbersieht  man  bald,  dafs  einige Kenn^ 
nib  der  Geometrie  dennoch  ganz  unentbehrlich  ist,  wenn 
die  durch  Worte  ausgedrückten  und  durch  Figuren  er- 
läuterten Gesetze  eine  deutliche  Vorstellung  erzeugen 
sollen.  So  läfst  sich  z.B.  zwar  leicht  nachweisen,  wie 
aus  der  gemeinschaftlichen  Einwirkung  einer  erlangten 
SlfliehmftiUgen  Gesdiwindigkeit.  ud  der  Schwere  anf 
«ben  geworfenen  Kdrper  seine  Bahn  eine  Parabel  werden 
müsse,  allein  dadurch  können  unmöglich  die  Eigen- 
schaften dieser  Corve  klar  vorslellbar  werden*  Auf  gleiche 


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t92  Krande«,  Matorlelire. 

Weise  wird  bei  der  Brechtuig  des  Lichtes  gezeigt,  daft 
man  die  Perpendikei  von  dem  Lichtstrahle  auf  das  Ein- 
fallaloth  durch  den  Namen:  Sinns,  bezeichne,  alleia 
wem  der  Begriff  dieser  trigonomelrischea  Linie  nicht 
'  ohnehin  bekannt  ist,  dem  mufs  diese  Benennung  als  eine 
blos  willkührliche  erscheinen,  nnd  was  ein  conslantes 
Verhältnifs  der  Sinusse  des  einfallenden  und  des  gebro- 
chenen Strahles  bedente,  wird  durch  den  genähitea 
Ausdruck  als  sokher  nicht  klar  werden.  Diese  Bemei»- 
kungen  können  jedoch  auf  keine  Weise  als  ein  Vorwurf 
■  gegen  die  vom  Verf.  gewählte  Art  der  Darstellung  er- 
echeinen,  indem  ja  gar  nicht  gesagt  ist,  dafs  kein  der 
Mathematik  kundiger  das  Buch  lesen  dürfe,  ubd  wenn 
der  in  diese  Wissenschaft  gar  nicht  eingeweihete  Leser 
solche  Ausdrücke  auch  nicht  deutlich  versieht,  so  ifst 
<lieses  seine  eig-ene  Schuld  ,  und  er  mufs  es  vielmehr 
dankbar  erkennen,  dafs  in  der  Parabel  ihm  die  Bahn 
^les  geworfenen  Körpers  deutlich  TorgeBeichnet  und 
durch  die  Sinusse  das  Mafs  der  Abstände  der  gebra« 
dienen  und  nicht  gebrochenen  Strahlen  vom  Einfallölothe 
anschaulich  dargestellt  ist. 

Ein  nothwendig  zu  erwähnender  Vorzug  dieses 
Werkes  liegt  in  seiner  grofeen  Reichhaltigkeit,  die  der 
Verf.  durch  einen  concinnen,  rein  didaklleehen  Vortrag 
zu  erreichen  gewufst  hat.  In  Gemäfsheit  dessen  werden 
die  aus  der  Erfahrung  unmittelbar  entnommenen  oder 
durch  fidilOsse  daraus  abgeleiteten  Naturgesetze  in  be- 
alimmten  Ausdrücken  kurz,  hfindig^ und  ohne  unndthigen 
Aufwand  von  Worten  deutlich  angegeben  ^  und  von  den 
§o  erhaltenen  Bestimmungen  sogleich  zahlreiche  prafc* 
tische  Anwendungen  gemacht.  So  findet  man  z.  B.  bei 
der  Erklärung  des  'rrägheitsmomentes  einen  Beweis  des 
won  La  Place  aufgestellten  Satzes,  dafe  die  Tempe- 
ratur der  Brdeaeit  Hipparch*»  Zeiten  ntdit  merklich 
abgenommen  haben  könne,  weil  ihre  Umdrehungsge- 
schwindigkeit nicht  verändert  sey,  hei  der  Lehre  vom 
Stofee  der  Korper  findet  man  die  Mitlei  zur  Berechnung 


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BmüM,  Natnrklirei  70S 

der  Wirksamkeit,  welche  Rammkldtze  ausüben ,  miil  so 
(Ibeniii  sowolil  allgemein  wissenscliaftliclie  als  aucli  id 

teclinisciler  Hinsicht  nötzliche  Betraclitijngen. 

ROcksiclillich  der  Anordnung  und  Reilienfolge  der 
eiDzelneoTheile  ist  die  seil  Erxleben,  und  man  könnte 
wolü  sagen  seit  Musschenbroek,  sehr  allgemein  ein« 
gefilhrte  beibehalten.  Nach  vorawgehenden  allgemeineft 
Bestiinniungen  daher  zuerst  der  ni(  <  lianisehe  Theil 

der  Naturlehre,  die  Statik  und  Mechanik  fester  und 
fiüssig^er  Körper,  und  die  hieran  sich  zunächst  anschiies- 
seode  Aknstik,  indem  die  Schwingungen  schallender 
Rdrper  mit  genügender  Ausführlichkeit  behandelt,  im 
Ganzen  aber  einfach  auf  die  vorausgegan^nj'ene  Erklärung 
der  Wellenbewegung  tropfbarer  Flüssigkeiten  znrück- 
fenihrt  sind.  Alles  dieses  macht  den  Inhalt  des  ersten 
Bandes  aus.  Der  zweite  beginnt  mit  einer  weiteren  Knt- 
Wickelung  der  Anziehnngsgesetze  und  einer  Anwenclnng 
derselben  auf  die  Erscheinung  der  Adhäsion,  Cohäsion 
und  des  Chemismus,  jedoch  nimmt  alles  dieses  nicht 
mehr  als  54  Seiten  ein 9  und  der  Rest  dieses  ßandes  ist 
den  optischen  Untersuchungen  gewidmet  Bekanntlich 
bt  der  Yer£  gerade  diesen  so  höchst  wichtigen  und 
Oberaus  interessanten  Theil  der  physikalischen  Wissen- 
schaften vorzugsweise  zum  Gegenstande  seiner  Forschun- 
gen gewählt,  und  Ref  ist  überzeugt,  dafs  sich  gegen- 
ivirtig  in  keinem  Handbuche  der  Physik  eine  so  voll- 
sttndige  UeberSfcht  der  ganzen  Lehre  Vom  Lichte  findet» 
rfs  sie  hier  gegeben  ist ,  wenn  man  sich  mit  einer  ein- 
fachen Angabe  der  Sachen  be^^nOgt,  und  nicht  als  un- 
eriäfslich  verlangt,  dafs  die  optischen  Gesetze  durch 
geometrische  Formeln  ausgedrückt  seyn  sollen.  Dem 
PgenwSrtigen  Standpunkte  dieses  nicht  leichten  Zweiges 
der  Nftturlehre  sehr  angemessen  wird  gleich  anfangs 
bemerkt,  dafs  die  sphärische  Astronomie  die  am  Himmel 
sich  zeigenden  Erscheinungen  vorläufig  nach  der  falschen 
Hypothese  erklärt,  als  ob  die  Erde  im  Mittelpunkte 
mhe ,  i|nd  dafii  imin  daher  auf  gleiche  Weise  bei  der 


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m 


Betrachtung  der  oplisdien  t^hänoiiiene  von  einer  aufi  den 
leuchtenden  Körpern  aoMÜrümenden  Lichtmaterie  redea 
kdnne,  ohne  dladvrch  eine  wirkliche  Eauuiatiott  ata 
factiach  begründet  anxiiMbnien.    Najch  dieeer  Verena- 
Setzung  werden  dann  zuerst  die  Optik  im  engeren  Sinne, 
die  Katoptrik  und  Dioptrik  abgehandelt,  mit  Einschlufs 
der  Anwendungen  auf  opti^he  Werkzeuge ,  auf  das  Auge 
und  das  Sehen,  desgleichen  anf  die  StrahlenbrecbuDg, 
hieran  schliefst  sich  dann-  ferner  eine  Unteraochung  der 
j^riBin^tlschen  Farbenieratrenung  vnd  djßr  Mittel ,  diese 
bei  epischen  Werkneuged  wieim  anbiiheben,  deeglel- 
chen  die  ErklSrung  des  Regenbogens,  der  Höfe,  und 
snietzt  eine  Betrachtung  der  natürlichen  Farben  der  Kör- 
per ,  der  subjectiven  Farben  und  der  gefärbten  Schatten. 
Et^i  nachdem  hierdurch  der  Leser  mit  den  am  häufig- 
•len  sich  darbietenden,  aus  der  nun  vorläufig  als  Hulfir 
mittel  der  leichteren  Uebersicht  angenommenen  Hypo» 
llieae  ohne  Schwierigkeit  folgenden  Erscheinungen  be- 
kannt gemacht  ist,  werden  die  beideii  bekannten  optisdien 
Theorien  auf  dieselben  angewandt,  um  zu  prüfen,  welche 
von  ihnen  die  wenigsten  wiilkOhrlichen  Voraussetzungen 
und  Modificationen  erfordert,  um  den  Beobachtungen 
am  bfindigjBten  angepafst  zu  werden.    Kein  unbefangener 
Physiker  wird  in  diesem  Augenblicke  die  eine  dieser 
beiden  Hypothesen  unbedingt  annehmen  und  die  anders 
als  dnffchaus  nmsidSsrig  darsteUen,  weil  beide  bis  jetzt 
noch  fordern,  dafs  man  in  Voraus  einige  uubewieseoe 
und  aus  einem  aufgestellten  einfachen  Principe  keineswegs 
nothwendig  folgende  Prämissen  zugestehe,  um  die  gege- 
benen Erscheinungen  zu  erklären.    Eben  hierdurch  aber 
verlieren  sie  die  für  allgemeine  Naturgesetse  nothwendige 
Einfachheit,  und  es  kann  daher  nur  ein  gr^fteres  o£r 
geringeres  Uebergewicht  nach  der  einen  oder  der  anderes 
Seite  hin  einen  Ausschlag  geben ,  bis  fortgesetzte  Unter- 
suchungen die  noch  vorhandenen  Dunkeibeiten  werdea 
au%dieJlet  haben. 


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4 


s 


N*.  4&  HEIOBLa  JAHRa  s.  LITERATUR.  1831. 


Brafide^j  ^atur lehre. 

fa  0  «  e  A  f  tt/f.  J 

Nach  tinet  nn&gJiehsl  unpariheiischen  Würfiig;iing^ 
«eheiat  iiiswiaclieQ  der  Verf.  gegenvfäriig  der  Unduta- 
tioDsh^pothese  doch  mindestens  einiges  Uebero^e\\  icht 
beizuleg^en ,  wozu  wohl  voi  7ng^*Äweise  die  neuesten  Ent- 
deckungen das  ineiste  beitragen,  dafs  nämlich  vereinte 
LichtstrahJeD  einander  aufheben,  eine  mit  der  Emanation 
des  Lichtes  fiberall  nicht  wohl  vereinbare,  dennoch  aber 
Bich  tahlreiehen  Erfahrungen  ganz  unzweifelhafte  That- 
sache.  So  iange  indefs  die  Undulationshvpotliese  sich 
ooch  im  gleichen  oder  nur  beinahe  gleichen  Ansehn  zu 
behaapten  rermag,  als  die  ihr  entgegenstehende  Emanä- 
tioofltheorie,  kann  nicht  fllglich  dasjenige  gesagt  wer- 
den, was  man  8.91:  lieset,  n&mlich:  ^,69  mag  hier 
die  Bemerkung  geniigen,  dafs  auch  die  Wär- 
mestrahlen eben  so  wie  die  Lichtstrahlen  re- 
iiectirt  werden,  also  auch  die  von  der  Sonhe 
sa  nns  gelangenden  Wärmestrablen  in  jen«m 
Veretnignngspnnkte  gesammelt  werden,  und* 
dert  g  rofse  Wärrae,  ein  Brennen,  bewirken.^ 
Da  der  V^erf.  jeden  Ausdruck  mit  grofser  Sorgfalt  abzu- 
Mfügeo  pflegt,  so  wundert  sich  Ref  ,  dafs  ihm  die  grofse 
Bedeutsamkeit  des  hier  gebrauchten  Wörtleins :  alsa,' 
Mdit  anfgefiiHen  ist,  denn  w8re  dieses  geschehen^  so' 
Wrde  ein  in  zwei  höchst  wichtige  Zweige  der  Ph;^sik 
*  tief  eingreifender  Satz  nicht  ohne  weitere  Befschrän- 
kungen  von  ihm  aufgestellt  seyn.  Rttcksichtlich  der  in 
i&ehrfacher  Besiehung  wichtigen  Frage,  ob  die  Fort» 
F'wttng  des  Lichtes  in  den  dttrchsicfatigen  Kdrpem' 
dareh  die  Schwingungen  des  in  diesen  enthaltenen  Aelhers 
geschehen,  oder  ob  diese  Körper  selbst  in  gewisse  durch 
ihre  eigenthümliche  Beschafifenheit  modificirte  Vibratio- 
nen versetzt  werden,  verwirft  der  Verf«  die  letztere  durch 
niT«  it^rg.  r.  Heft.  45 


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lÜ  Brasde«»  lta|«ffl«lire.  - 

Rresoel  «tid  Young  ausgesprocheneAnsiclU}  weil  sie 
mit  der  mathematischen  Strenge  der  anffestellten  Theorie 

nichl  so  verträß;lich  sey,  als  die  erstere  durch  Poisson 
vertheidigte  Meinung.  Ref.  erlaubt  sich  jedoch  Idei gegen 
ZU  bemerken,  dafs  zwar  Po isson*s  auf  diese  Hypothese 
gegründeter  Calcüi  einen  merkwürdigen  inneren  Zusam* 
menhaog  darbietet,  iilLeiu  von  der  iinilern  Seite  i»t  die 
*  jA^ehnlichkeit  der  l#ichtweHen  und  d^jenig^n,  W^lohi« 
den  Schall  sowohl  Erzeugen  ata  auch  fortpflanxen,  fo 
aufserordt iitlich  auffallend,  dafs  ^ie  genauere  Kenutnirs 
der  letzterea  hauptsächlicii  dazu  gei1it;nt  hat,  die  Gesetze 
^er  er&tereii  aulzulinden ,  und  da  ^iich  überall  in  deu  Na- 
Uirersdieinungen  unverkennb^  inifij^lM^deaÜi^hf^ 
Eiilifachh^  und  yebereinstimmuug  zeigt ,  nmts  m^n 
«clion  bi^rPUcb  geneigt  «e/n ,  das  Vi^rhaltc«!  d^r  Licht  - 
und  SchaH  -  Wellen  möglichst  allgemdo  fQr  glei^hartüg 
zu  halten.  Hiernach  aber  niü^tien  bei  beiden  die  von  ihnen 
getroffenen  festen  Körper  gleichfaiU  in  Schwingungen 
versetzt  werden,  und  es  ist  dann  fraglich,  ob  und  wie 
einfach  na^h  dieser  Hypotti^s«  unter  Vprapfsetzuog  ur-* 
qprfngli^ll  exi^irender  längerer  ut)d  kuf^er,  die  Farben 
bedi agender,  Vf^\^  dl«  G^beinniig  Parbenvef-* 
atrenung,  der  Polari|Nitioa  vod  der  do^^Ueo  Br«i^bn9g 
erklärt  werden  können,  wobei  nanientUch  das  coostai|tf 
Verhältnifä  zwischen  dem  Polarisations  -  und  dem  ßre^. 
chungs-Winkel  einen  w  esentlichen  Aiihaltpunkt  darbietet» 
i^t  hier  der  i^t  ^ch^«  weiter  üo  cUes^  Jb^^örlj^ 
V^^o  einzugehen ,  päd  mß$  d^ber  die  Ansalige  genü- 
§en,  dafa  saletet  die  fein^f^n,  i|siierding&  hi^upMcbli^ 
i|l|t9rsiicb$«^ ,  optischen  £irscbfi«iup|$en  vorgetragen , 
nach  beiden  Theorien  erklärt  werden,  ^jeq  hierdurch  am 
^eigfii,  ^eAche  von  ihnen  Uier^u  am  meisten  geeii^nei  ist. 

Ref.  bescbliefst  diese  Anzeigt'  niit  dem  Wun^ch^i  d^'^fs 
4aß  ¥^^icmn  l^il  dVf 9h  di^  t*  or4lioU¥j»g  ^lie&  W^i^W» 
^6[^et  werdeo  möge«  welphea  e^^W  ieic)lSi<  Wi  gfldlir* 

Ifihri^  mit,  g«ii4go9de<  InÜP^m  iß^Sffi»  v««#iiHgt. 


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Oieft,  Lelien  un«i  Werke  der  TruuJbadoara.  707 

Ltben  und  fFerfce  der  Tr  oub  nd  ottr  Rin  IhHia^  zur  nähet  n 
k'cniitniß  des  MitUUUters  von  Iriedrick  i/ies*  Zwickau  k^i 
ik&ummn ,  ISm  8.   XU  und  üi<> 

Dieses  Buch  schliefst  sich  aa  das  voti  dem  Verfasser 
frfiher  herausgegebeoe  Werk  „Poesie  der  Troubadours^^ 
ladem  dort  das  innere  Wesen  der  Literatar  d^r  Trouba*^ 
doiirs  und  Ihre  Beziehung'  nach  Aulsen  entwickelt  ward, 

to  weutlet  er  sich  hier  in  dem  vorlieg-eiiden  Buche  zu 
den  Dichtern  selbst,  zu  ihrem  Leben  und  ihren  Werken, 

Die  Quellen  ond  Schrifiten,  welche  Hr.  Dies  su 

diesen  Biographien  benutzt  hat,  sind  in  dem  Vorworte 
und  im  Anhange  S.  606.  angegeben  ;  es  sintl  haupti^acli- 
iich  die  in  den  Liederbüchern  entlialtenea  sogenannten 
proVen^tifichen  Nachrichten,  dann  die  Werke  der  Dichter 
aeibsl  und  dre  gelegentlichen  Berichte  der  italienischen 
ond  französischen  Schrifsteller  vom  12ten  bis  14ten  Jahr- 
hundert Von  Bearbeitungen  der  Lebensgeschichten  der 
Troubadours  sind  vorzüglich  die  Werke  von  Millot, 
Pägon  und  Gui^guend  benutzt. 

Bei  def*  Erklärung  der  sowohl  gedruckten  als  auch 
öoch  hanilschtiftlichen  Lieder  selbst,  welche  der  Verf. 
zoin  Theil  bei  deni  Leben  der  Troubadours  bald  iu  ge- 
Ituiiden^ry  bald  in  ungebundener  Rede  einreiht,  oder 
aug  Aknhn  er  die  Lebensüächrichten  gröfsientheils  ent^ 
(»MISlH^ä,  #ären  grofse  Schwierigkeiten  zii  uberwinden, 
die  sowohl  in  den  Eigenthümliclikeiten  der  Sprache, 
als  auch  in  den  Künsteleien,  Anspielungen  und  Andeu- 
tOQgen  der  Verhältnisse  der  Dichter  und  ihrer  Mitwelt 
Afif &  .  tfei  weitenoi  in  den  meisten  Fällen  wird  man 
^en  Att^hien  lind  Meinungen  des  Verfs.  beipflichten. 
Ueberau  hier  Vollkommenheit  und  Klarheit  verlangen, 
^äre  Ünbilliges,  zum  Theil  Unmögliches  foidern.  In 
Rücksicht  der  historischen  Nachweisungen  wurden  aufser 
iiod^^n  Bftchern  besondera  die  vortreffliche  hisioire  ge- 
neräte  de  Languedöe  lind  .Art  de  verifier  ies  daiee 

m  Rath  gezogen. 

Das  \&M€ktaih  s&nnmKcfaer  bekannten  Trouba-. 


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m 

tt0  Diei,  LebM  nad  Werifie  Troolmdom«. 

doiirs,  von  denen  noch  Lieder  oder  einzelne  Verse  vor- 
handen sind,  ist  nach  R:i\ iiouard  mit  beigefügten  kurzen 
Bemerkungen  S.  596  —  Ö03.  gegeben.  Da  Hr.  Diez  noch 
12  Troubadours  hinzugefügt,  die  Haylaouard  nicht  hat, 
8o  enthält  das  Verzeichnifs  859  Troubadours,  worunter 
14  Frauen.  Aus  dieser  grofsen  Anzahl  haben  nur  34 
eine  besondere  ausfuhrliche  Behandlung  erhalten  von 
S.  3  —  524 ;  von  dreifsig  andern  Troubadours  ist  nur 
Einzelnes  (von  8.  524 —  595.)  mitgetheiit  worden. 

Der  Verf.  beginnt  mit  dem  frühesten  bekannten  Trou- 
badour ,  mit  Wilhelm  IX.,  Graf  von  Poitiers, 
dessen  Lebenszeit  dem  Ende  des  Ilten  und  Anfange  des 
12ten  Jahrhunderts  an^(  hört.  Seine  Lieder,  die  er  dem 
Ordericus  Vitalis  zu  1  olge  über  seinen  ungliickiicben 
Kreuzzug  dichtete,  siuci  leider  verloren  gegangen ;  von 
seinen  Minneliedern  haben  sich  noch  neun  erhalten, 
Virelche  Hr.  Diez  sowohl  nach  der  Form  als  dem  Inhalt 
beurtheift.  In  letzterer  ROcksicht  wird  8.  9.  bemerkt: 
*„die  leicluleitigen  Lieder  des  Grafen  zeichnen  sich  aus 
durch  Witz  und  Laune,  allein  zugleich  durch  eine  Nackt- 
heit des  Ausdrucks,  wie  sie  sich  die  bessern  Trouba- 
dours nicht  leicht  erlaubt  haben."  Auch  eine  Art  von 
Romanze  befindet  sich  unter  den  Liedern  Wilhelms, 
welche  w  egen  ihres  ähnlichen  Inhalts  mit  einer  Novelle 
bei  Boccaccio  und  mit  einem  altdeutschen  Gedichte 
(MüUer  Bd.  III.  S.  ^9,)  verglichen  wird,  jedoch  wird 
ein  unmittelbarer  Zusammenhang  dieser  Gedichte  für 
sehr  unwahrscheinlich  gehalten.  —  Zaietzt  theilt  der 
Verf.  noch  ein  Lied  ernsten  Inhalts  mit,  von  welchem 
die  frühem  Lebensbeschreiber  des  Troubadours  glaubten, 
dafs  er  es  beim  Antritt  seines  Kreuzzuges  gedichtet  habe. 
Die  Gründe,  die  Hr.  Die^  gegen  die  Behauptung  auf- 
stellt, sind  sehr  triftig;  man  wird  ihm  vollkommen  bei« 
stimmen ,  dafs  Wilhelm  dieses  Gedicht  als  ein  Bufslied 
kurz  vor  seinem  Tode  (1126.)  verfertigte. 

An  Wilhelm  von  Poitiers  reiht  sich  wieder  einer  der 

frühesten  und  VfirtiellQichätea  Liedeidichter  des  Mittel- 


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IKdB»  Ii«b€n  and  Werlte  der  Troubadoun.  909* 

litm,  Bernart  von  Ventaclonr,  dessen  BIfltheseiC 

in  die  Mitte  des  12teü  Jahrhunderts  föllt.  Aus  seinen 
fiber  fünfzig-  Minneliedern  wird  sein  Leben ,  freilich 
nicht  immer  zusammenhäng^end ,  erralhen  und  darge- 
stellt. Dails  er  tod  niederer  Herkunft  ivar,  darüber  waltet 
kein  Zweifel ;  seine  frfiheren  Lebensyerbtitnisse  sind  un-  - 
bekannt.  Zuerst  sang  er  bei  dem  Vizgrafen  von  Venta- 
dour,  dessen  Gemahlin  der  Gegenstand  seiner  Lieder 
war.  Von  ihr  verstolisea  kam  er  in  die  Umgebung  der 
berfihmten  Eleonore,  welche  an  König  Ludwig  VIL  von 
Fhidnreieh  Verheirathet  gewesen  war.  Er  feierte  sie 
noch  in  seinen  Liedern ,  als  sie  Heinrich  II.  Königs  von 
Englands  Gemahlin  geworden  war.  Der  Verf.  glaubt, 
dafs  er  ihr  selbst  nach  England  nachgefolgt  se^,  ohne 
dafs  er  sich  jedoch  lange  daselbst  aufgehalten  habe.  Er 
kehrte  wieder  nach  Prankreich  zurfidk,  hielt  sich  eine 
Zmtlang  hA  Raymund  V.  Grafen  von  Toulouse  und 
grofsen  Freund  der  Troubadours  auf,  und  nach  dessen 
Tod  begab  er  sich  in  ein  Kioster,  wo  er  gegen  das  Ende 
das  12tea  Jahrhunderts  stai-b.  Beroart  von  Ventadour 
kaun  als  Mnstertronbadour  gelten:  viele  Stellen  seiner 
Gedichte  sind  von  den  besten  Troubadours  aufserordent- 
lieh  oft  aachgebildet  worden.  S.  20.  wird  über  ihn  fol- 
gendes Urtheil  gefallt:  „Seine  Lieder  athnien  eine 
schmelzende  Innigkeit  der  Empfindung,  so  wie  eine  ganz 
rigenthfimliche  Kindlichkeit  des  Ausdrucks ;  seine  Stro^ 
phen  sind  einfach  nnd  harmonisch."  —  Ein  Lied,  wel- 
ches oflenbar  auf  einen  Kreuzzn^  iin  gelobten  Lande  ge- 
dichtet ist  und  wovon  alle  Handschriften  Bernart  von 
Veotadour  als  Verfertiger  bezeichnen  ,  spricht  Hr.  Diez 
S.  40.  diesem  Troubadour  ab ,  wie  dem  Ref.  scheint , 
rieht  mit  genügenden  Gründen.  Denn  da  man  Ober  Ber- 
iiart*g  Leben  so  wenige  Nachrichten  hat ,  dafs  man  fast 
alles  aus  seinen  Liedern  errathen  mufs,  so  giebt  sonstiger 
Maugel  an  Nachrichten  keinen  hinreichenden  Gruud, 
ilim  das  Lied  abzusprechen. 

Des  Troubadour  Marcabrun  Lebenszeit  wurde 
früher  in  die  letzte  Hälfte  des  13ten  Jahrhunderts  ge- 


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Uft  Dies,  lübin  and  Werlie  dff  Ti!«vW9m» 

setzt ,  - da  ifiaui  die  Aufforderung  in  ein^m  Lfede.  cum 
Kriege  gegen  die  spanischea  Saraceneii  unrecht  deutete. 
Mit  vollem  Rechte  setzt  ihn  der  Verf.  in  die  Mitte  des 
ISten  Jahrli^nd^rt^;  denn  in  dein  eben  erwähnten  lißfibe. 
Uft  nicht  vom  Kaiüer  Alfo^^oX.  und  I^udwig  IX.  Könige 
T.oaPr^i]Ju-eich  di^  Rede,  fiQii4eri|  von  Kaiser  AlfMMO  ¥11«- 
(Hr.  Biek  nj^nnt  ihn.  AlfoosQ.  VlIL,  was*,  uitfichllg  iu^j 
da  Alfonao  von  Aragonien  der  Schl9c1itefiI»i^N>er  nicht 
in  der  Reihe  der  Castilisch- Leonesischeii  Könige  ge«^ 
zählt  wird)  und  von  Ludwig  V 11.  Letzteren,  der  durch 
die  Heirath  mit  Eleonore  von  Guienne  seine.  Macht  ver- 
doppelt, halte  ,  die  Worte  an  :v  ,,Fr«nkireichi 
Poiiott  und  Bprry.  Deigei»;9ieh  ^iAAiii  CfalhÜiPlur,*''  oüiPira 
aber.  <iiese  beid^  Sftrophea.: 

Mit  Hülfe  Portagais  und  des  Konica  von  Narfirra  sofern 
nur  Bfirrellonsi  nlvh  7.\\  der  kniRerHrhrn  Toledo  wendet ,  können 
wir  sicher  d»s,  FeldgeicbreL  erüchaUcn.  lauDn.  un4  dav^Ueitew- 
volk  vernichten."  .  . 

„Wireii  die  fliitae  ntolii  lo  groh ,  «e  iollt«  et  dta  Atm«^ 
raviilea  «chJiiain  gejiea ,  4a»'  MaalMi  witi  ihaeai  waynclie»^ 
Wolle«  efn  M»er  untre  Ventftrkui^.  uj^  i^illtfiß  Q^EtaM» 
.   erwartcyi^  e^.  i^erden.  wl?  de^  yoiß,  Cordpva,  tiiii§|er,  mäclüni.*^ 

Diese  Stelle  bezieht  sich  auf  das  Jahr  1146,.  wo 
Alibnso  von  Caatilien,  der  sich  im  J.  1135.,ii|  Leon'ziyn 
Kaiser  hatte  lirdnea  lassen-,  als.  Bundesgenosse  der  AI- 
moraviden  einen  Zug  gegen  die  Almohaden  und  ihre 
Verbündete,  welche  den  gröfsten  Theil  Andalusiens  inne 
hatten,  vorbereitete.  Mit  Mühe  hatte  es  der  Kaiher 
dahingebracht,  dafs  seine  Vasallep,  der  Graf  von  Bai:- 
celiona,  der  auch  Aragonien  beherrschte ,  und  di^rK^nig 
von  Navarra  ihre  Streitigkeiten  aufgaben  und  mit  ihm 

Semeinschaftlich  einen  Zug  gegen  Almeria  Hnterofihinf^, 
RS  1147.  den  Saracenen  auch  entrh»en  waril.    In  dem-, 
selben  Jahre  eroberte       h  der  erste  König  vop  Poi;"- 
tugal ,  Aifouso  llenriquez,  die  Stadt  Lissabou* 

In  Rucksicht  der  übrigen  Lieder  Marcabrun!si,  wo- 
vua  noch  gegeif  vierüjig  vorhapdei^  sdnd ,  bemerkt  der. 


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Diez ,  Leben  und  Werke  Ucr  Troubadours. 


III 


Verf.  S.  47:  „Martabruo  ist  ekier  derjenigen  Kunst- 
Hehler  wetehe  da«  Wesen  il«r  hoh^rir  Poesie  in  de4 
ihokelil' ftondVock  s^tseii;  seine  laeder' find  d&rgegMi 
lÄfil  Schwierigkeiten  überladen,  dafs  wir  kanm  den  vierten 
Theil  dcrsdben  rein  verfiteherf;  doch  sind  einzelne  frö[- 
hefe  Lieder  frei  von  dieser  Manier.  Zugleich  ist  zu  be- 
merket, daraer,  Siir  WiderUpmch  mit  Ann  Geist  def 
HtffjjKMffe,  rfis  Gegrfär*  dtir  tMhe  und  delr  Fraoen  sielf 
^feen  Ksltfli^tl  zu  ilfächen  suchte;  daher  versichert  er  mit 
Wah%efiHleii,  er,  der  Sohn  der  FVau  Maria  Bruna  (er 
war  ein  Findelkind),  habe  nie  geliebt  und  sejr  oie  gtf- 
iiefert  wMien.  StdH^  Lieder  Uber  diesen  Gegenstand  sind 
hSch&t  veMditoitea'j  Wü^  denn  ftberhanpt  Anmilfli  selnift 
Gib^  nidM  wnn"* 

Die  Freundschaft  des  englischen  Prinzen  Richard 
t^rilMrz  Md  di9s  arigMlseben  KMgs  AMbnso  II. 
(beide  gftitm'  Q^iin^t  der  TrnnbAdeHrs  nnd  selbst  Dich- 
ter) geheint  er  im  hohctn  Grade  besessen  zu  haben.  Hr. 
Diez  glaubt  au««  ein^m  Liede  schlielsen  zu  können ,  dafs 
er  ^0  bDbKü'  Aller  erreicht  und  noch  1060.  gelebt  hab« 

Üeber  den  Troubadour  Jau I  i  e  Rudel,  Prinzen 
von  Blaja,  wird  von  S.  52  —  61.  gehandelt.  Dl^f- 
seibe  erwählte  in  der  Ferne  die  lugeodsame,  fromme 
Giifin  von  Tr^lis,  ohiie  sie  je  gesehen  nu  haben  ^  zür 
fkam  seih^-  BeM^nss:  dichü^te  viele^,  Lieder  auf  sie  und 
nahhfi  endlich  ihretwegen  das  Kreuz.  Auf  der  See  er- 
krankt, gelangte  erzwar  noch  nach  Tripolis,  allein  er 
lebte  daselbst  nur  noch  so  jange^  bis  er  die  Gräfin 
•dm  huMe,  nm  in  ihren  Armen  sterben.  Sie  aber 
flihiif  nudh'Setflem'Tod  den-  Schleier.  Die  historischeil 
Schwrerigkeiten ,  welche  sich  dieser  Erzählung  entge-  ' 
gen^etzen ,  sUöHt  cfer  Verf.  zu  lösen;  er  setzt  Jaiifres 
lad. ins  J.  Wir  können  nicht  sagen,  dafs  die  ge 

gdmen  AiibcUilisse  uite  befriedigten ,  obwohl  es  mdg^ 
Ocikisf,  dufe  dieselben  die  riehtigeb  sind. 

Auf  die  beitl en  Trou ba dou rs  R  am  baut  III. ,  G  r  a  f 
t0n  6r{Mge  (&  ffil  -«-  68;)  untf  Pette  von  Au-- 


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IIS  M/M  HOil  W«rlMi  4er  Tfimbadevt«. 

Vergne  (a  60— 77.)  Mst  der  Verf,  8.  77 deo 

Guillem  von  Cabestaing  folgen,  der  gegen  das 
Cufle  des  12teu  Jahrhunderts  von  Raymunrl  von  Rons- 
sillon  aus  Eifersucht  ermo.det  unc!  dessen  lierz  der  Ge- 
mahlto  des  Mörders. als  Speise  vorgesetzt  wurde.  Ueber 
die,  yeranlassupg  des  tragischen  Todes  Giiillcm's  von 
Cal>e8tain|r;hat  man  eine  aieinlich  ausfQhrliche  Lebens-» 
i^chrjchl  aus  .der  zweiten  Hälfte  des  ISten  Jahrbanderta 
Boccaccio  bat  den  Stoff  zu  einer  Novelle  benutzt,  Pe* 
tiarca  gedenkt  des  Troubadours  im  Triumph  der  Liebe. 
- —  G(  g<  II  Papon  ,  welcher  (k  n  Schauplatz  der  Lebens- 
geschichte Guillem  s  nach  der  Provence  verlegt,  wird 
die  Meinung  von  S.  Palaye  angenommen ,  dafs  die  Graf- 
Schaft  Roussillon  die  Scene  der  Handlung  gewesen  sejr^ 
was  ge^ifs  allen  Beifall  Yerdient 

„Guillem's  v.  Cabestaing  Gedichte  (sagt  der  Verf. 
S.  SS,)y  deren  wir  nicbt  mehr  als  sieben  besitzen «  rind 
idcht  geeignet  sein  Leben  aufziiklftren  —  (er)  ist 
einer  der  empfindungsvollsten  Tröubadoars;  wenige  ken- 
nen, wie  er,  jenes  Schwelgen  in  der  Wonne  der  Lei« 
denschaft,  das  wie  die  Biene  aus  Gift  noch  Süfsig- 
'  keiten  saugt." 

Es  folgen  nun  Peiie  Rogier  von  Auvergne 
(S.  91.),  der  aragonische  Köni^  Alfonse  IT.  (S.  97.),' 
Richard  Löwenherz,  Konig  von  England  (8.100.), 
Robert  Delphin  von  Auvergne,  S.  107.  Von 
.  den  drei  letztem ,  besonders  aber  Ton  Alfonse  IL  hfitte 
man  eine  ausführlichere  Behandlang  erwartet,  als  ge- 
g(;ben  ist.  Denn  offenbar  trugen  sie  am  meisten  danr 
bei,  dafs  gegen  ihide  dvs  1 2ten  Jahrhunderts  die  Dicht- 
kunst im  süclliclieti  1  laiikreicli  und  im  norddstlicheu  Spa- 
nien so  sehr  in  Aufnahme  kam.  —  S.  113  fg.  wird  von 
Raimon  von  Toulouse  und  S.  120.  von  Arnant 
von  Marueil  gehandelt,  bei  denen  wir  nicht  verwel-» 
len,  um  bei  den  drei  folgenden,  Gnirant  too  Borneil, 
Peire  Vidal  und  Bertran  von  Born,  die  zu  den  bedeii- 
tendsteu  Troubadours  gehören,  Einiges  zu  bemerken. 


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DImi,  LebM  ubA  W«rk«  dw  XmiiMi^MU«*  III 

Obu^l  die  alftea  Nachrichten  d«n  Goiranll  ¥0Q 
Born  eil  den  Meieter  derTroabadowraneoMD  tindDiato 

ihn  als  den  poita  reeiHudmh  (Dichter  der  moralisi- 
renden  Canzoneo)  neben  Berti ao  von  Born,  den  Dichter 
der  Waffen,  und  Arnaut  Daniel,  den  Dichter  der  Liebe 
ia  den  Triamvirat  der  grofsen  Trouboilowrt  «vfniHMil, 
la  weift  man  (doch  ?on  eeioem  Leben  gw^weeig.  Am 
dea  Minneliedem  aelbst^  woTon  wir  noch  gegen  M  be* 
sitzen,  kann  man  ersehen,  dafs  er  noch  am  Anfange  des 
13teD  Jahrhunderts  dichtete.  Ref.  kann  aber  mit  Hrn. 
Diez  nicht  übereinstimmen,  wenn  er  S.  138.  sagt:  jyEinS 
ttliier  Lieder  iet  den  Kdoigen  Ferdinand  und  Alfe«i  su«»  ' 
f)«ich  gewidmet;  die  einzigen  Kdnige  dieses  Namens, 
welche  in  jener  Periode  gleichzeitig  regierten ,  sind 
Alfons  IX.  von  Leon  (1188  — 1230.)  nnd  dessen  Sohn 
Ferdinand  III.,  der  noch  bei  seines  Vaters  Leben  (1217.) 
König  Ton  Ckstilien  warde;  das  Gedichl  ist'  daher  awi- 
«eilen  121T  und  1280.  entotandeB.''  Da  Oaitaat  tob 
ßorneii  schon  um  1180.  als  Dichter  bekannt  i^t,  so 
scheint  dem  Ret,  es  M  ahrscheinlich ,  dafs  erwähntes  Lied 
auf  Ferdinand  II.,  König  von  Leon  (reg.  von  1157  — 
U8&)  and  Alfonse  IlL  Ton  Castilien  (regierl  von  1158 
*^12]4.)  m  besiehcB  ist,  and  wenn  der  Dichter  ia 
einem  Liede  den  Triumph  des  Königs  von  Aragonien 
feiert,  so  möchte  es  eher  auf  Alfonse  II.  (der  1196. 
starb)  zu  beziehen  seyn ,  als  auf  Fetrus  II.  oder  Jacob  I. 

Ueber  den  mit  Gairaat  von  Bomeii  gleichseitig 
iBcbteadeD  Troubadoar  Peire  Vidal  ans  Touloase^ 
der  fast  alle  Länder  des  südlichen  Europa's  und  wahr- 
scheinlich auch  die  Levante  besucht  hat ,  schickt  Hr. 
Dies  S,  140.  folgende  treffende  Bemerkungen  der  Le- 
bcttsgeschiclite  nnd  der  Beurtheilung  seiner  noch  vor« 
kndenen  Lieder  Tornas :  „Vidal  war  der  GftnstUng  der 
ausgezeichnetsten  Minner  nnd  Fraoen  seiner  Zeit;  sie 
wufsten  seine  Dichtergaben  zu  schätzen  ,  nicht  ohne  sich 
über  seine  bis  zur  wirklichen  Verrücktheit  gesteigerte 
Selbsiverbleadaag  zu  belnstigen,  so  dafs  er  in  tier  Thal 


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III  Hilf,  htkm  iMd-  W«fi(e  IVoftMonvt^ 

fiie  IMfef     Rdfitiebiefs  m4  Hefmirrefi  sai^leleh  spielte. 

Die  Doppelseitig-keit  seine«  Wesens  spaltete  die  Meiiltni- 
g«en ,  wylehje' seifie  Kunst^enossen  ilb(F»r  ihn  hegten,  bei 
einigen  ^alt  er  gradezu  für  einen  Narren,  während  rli6 
Etosichligeth  das  Msine  MetaU  von  den  Schlacken  zu 
MbsiiUii  wufiKknib  Bei  den  0{iAtöreii  tritt  ec^n  Ansehe«! 
^  «jigetcMbt  bervor  «od  eie*  fUntm  Ihn  ttniMr  d^a  Mei^eni 
thi  Foem  und  Am  Bwtik  raf."  *  Wir  hiftl^etl  »weh  gegeii 
sechzig  Lieder  TOir  ihili ,  tr^votl  die  meisten ,  besonder^ 
die  Sirventes  voll  von  histori**chen  Beziehun|ö;-en  sind; 
jedoch  miife  man  ihn  in  dii*ser  Hinsicht  mit  Vorsicht  ge* 
biauehen,  da  er  offenbar  ein  Freimd  von  gehässigi^a  Aus- 
iaUen  uad  Uebertreibungen  wen 

Nech  wiehtigei»  fHk  di»  6f«ichieht«  «teiaer  Zeit  iM 
der  el»  Sinj^e^  und  Held  gleich  auttgi»eldiltiißte  Trenb^ 
dour  Bertr-an  B^rn^  Vizgrfcf  i^  Perigord,  Bfe^ 
b'itzer  des  Schlosses  Häutefort  Dante  erhebt  ihn  hoch 
als  Dichter  uiid  führt  ihn-  im  Triumvirat  der  TrouBa- 
deurs  als  den  Sünger  der  Watien  an.  Nachdem  der  Verf. 
tod  dediilSinneltedern  (von  S.  181  — 187.)  gesprochen, 
lieod0il>r  aiisfithriidier  Miel'  die  historischen  Gedichte^ 
Irdtf^s.sich  aiiekBeiir«i  e  Lebc^semständis  gr^lStentheiii 
nächir^iAeii  li<lfseir.  Bei  den-  8tl'eitigiieiten  dtr  engti- 
sehen  Künigfs»  Hetfirich  II.  mit  seinem  Söhnen  ist  Bertran 
nicht  nur  Theilnehmer ,  sondern  man  sieht  ihn  auch 
zuuiiTheii  ais  Anstifter  m,  Dante  findet  ihn  daher  ia 
^iMt  der  untern  Kreise  der  Helle  in  grofser  Quaal; 
nvie  er.' den- Sohn  vem  Tater  M^mfilt,  sö^ät  ifim  dei 
Haiipft  ^mn  Ratnpft  ^  dae  er  in  d^  Hend^  tru|f , 
tfennt».  A-iif  wdciieD-  A^fiiiaitd  de«i  jungen  tfeloridl 
geg-ea  Seinen  Vater  sich  l>aiite  bezieht,  vi'ird  untersttCÄt 
und  über  die  historischen  Lieder,  welche  die  Aufstämlc 
und  Kriege  von  1180  —  1194.  umfassen,  aufklärende 
Nachrieltt  ertbeilt^  8:  214  %.  wird  von  einigen  hdli^eit 
Sltettalflso»  gegen  Alfonse«  iL  von  Aragonienr  gesprodieir, 
die  mil  der  gröfeten  Bitleifteii  gescilrieben  efndi  ftf 
die  Cresidiichte  dieser  Zeil  Mod  dieselben  oiehir  eliee 


Üigiiizea  by  L^OOgle 


IVidiligkeit  Kineo  ßewei«  seiner  rohen  Ansicht  vom 
B&rger^.  und  Bauernstande  giefot  er  ia  eikiem  politiechen 
LMe  y  «dfashefr  &  Wl.  inü^psaieiift  witd.  Die  leitteA 
l^ohickittl^  Ües  JDüdiler»  nach  dem  J.  ItM ,  Ten  wetehef 
Zeit  eft  er  eich  aus  der  Welt  zeröckzog,  sind  ungewiPs. 
Ein  Lied  vom  ,  das  Bertran  bisher  beigelegt 

n  ard ,  schreibt  Hr.  Dies  dessen  Sohn  zu ,  det  ehenfalii 
TiMibadottc  war.  - 

Folquet  von  Marseille,  dessen  Dante  und  Pe- 
trarca rühmend  erwähnen,  hatte  besonders  die  Gemahlin 
seines  Gönners,  des  Vizgrafen  von  Marseille,  znin.Qer 
^enstand  seiner  Gedichte  gewählt  Unter  seinen  npch 
Yorhalldell^Q  Liedern  findet  aicb  aach.  ein  Klagelied 
•iif  den  Tod  seines  Gönners ,  das  sich  durch  ächte  Em- 
pfindung und  GemQthlichkeit  auszeichnet.  r)ies(  r  Trou- 
badour ist  noch  dadurch  besonders  merliwürdig,  dafs 
er  in  der  spätem  Zeit  seines  Lebens,  als  alle  seine  Freunde 
nnd  Theuern  gestorben  waren ,  am  Ende  des  12ten  Jahr- 
hunderts, der  Welt  entsegte  und  weh  in  die  Einsamkeit 
eine*  Klostert  znrOckzog.  Daib  er  später  nim  Bischof 
¥00  Toolöiiee  erhoben.,  imd  mit  dem  in  der  Geschichte' 
bekennten  Verfolger  der  Albigenser,  dem  Folquet,  Ei- 
khof von  Toulouse,  ein  und  dit selbe  Person  sey,  daran 
zweifelt  Hr.  Diez  nach  <Ien  beglaubigten  Nachricllten 
nkl|t!^  er  entschuldigt  ihn  aber  durch  den  Wahn  seines 
Zeilallese.iuid  glaubt,  dafs  bei  ihm  keioe- eigeBiifilaErg0 
AAsiekfteii)  nje  he»  dessen^  Pfemd'  Simon  Ton  Binntfofft 
TMMsaiüeiawii  seyen» 

Üebngens  war  es  durchaus  nichts  Ungewöhnliches^ 
da&  sich  Troubadours  in  der  spStern  Zeit  ibreS'  Lebens 
^  din  Kl<i^ter  sfurflckzo^en ,  oder  die  Poesie  der  Liebe 
mfl  der  ernsten  Dichtung  vertauschtea  So  nahm  auch 
der  Troubadour  Pons  von  Capdeuil,  welcher  in  der 
frühern  Zeit  seines  Lebens  zarte  Minneiieder  iliditete, 
oacitdem  Tode  sei»»:  Dame,  w  elcher  er  auch  ein  &iage« 
tiflcli  meüile ;  caoe  fslifiüse  Richlnog  in  seiner  Foeslei 


üigiiizea  by  LiOü^it: 


IXf  Otes,  Leben  und  Werke  der  Troabadourt. 

Sdoe  drei  KreuzHeder  zieht  man  selbst  seinen  Minne- 
lledero  vor.  Aehalich  dichtete  auch  Rambaut  von 
Vaqaeiras  (dei^sen  Leben  und  Werke  &  263  —  306« 
misfflfhrlieh  behaddelt  werden)  znletet  erngte  Gedichte, 
nachdem  er  lan^e  in  S&dfrankreich  vnd  in  Oberitalien 
Minnelieckr  gedichtet,  besonders  viele  anf  seine  Dame, 
die  Schwester  des  Grafen  von  Montferrat  Aber  auch 
als  Ritter  zeichnete  sich  Rambaut  von  Vaqueiras  aus,* 
nicht  nur  in  den  üriegen ,  die  Kaiser  Heinrich  VI.,  in 
Sicilien  gegen  Empörer  führte,  als  auch  im  Tierten 
Kreuzzag  ^  der  seine  Richtung  gegen  Constantinopel 
nahm.  Der  Verf.  vermuthet,  daia  er  mit  dem  Mark* 
grafen  Bonifacio  von  Montferrat  in  einem  Gefechte  toq 
den  Bulgaren  im  J.  1207.  erschlagen  ward.  Unter  sei- 
nen 28  noch  vorhaiMh  iien  Liedern  finden  sich  auch  drei 
Briefe  an  den  Markgrafen  Boniiacio  in  besonders  künst-^. 
liehen  Reimen.  Sie  sind  S.  297 — 306.  in  ungebundener 
Rede  ins  Deutsche  fiberlragen. 

Das  Leben  des  Troubadours  Peirot  hat  mit  den» 
Vorhergehenden  in  mancher  Hinsicht  Aehnllchhdt; 
avch  er  wählte  sich  die  Gemahlin,  seines  Gdnners,  dqp 
Robert  Delphin  Ton  Auvergne  zu  seiner  Dame,  die  er 
in  seinen  Minneliedern  besang ;  auch  zum  Kreuzzug 
gegen  Saladin  forderte  er  eifrig-  auf  utid  besuchte  selbst 
Palästina ;  jedoch  scheint  er  sich  nicht  als  Kämpfer 
ausgezeichnet  und  nach  seiner  Rückkehr  bei  seinen  Zeit- 
genossen nicht  in  besonderer  Achtung  gestanden  zm 
haben.  Seine  Lieder ,  wovon  noch  30  vorhanden  rimi  ^ 
jrechoet  Hr.  Diez  ohne  Bedenken  zu  den  schönsten , 
welche  die  Troubadours  geliefert  haben ;  die  Mannich^ 
faitigkeit  der  (xefUhle,  welche  sie  athmen,  in  eben  so 
mannichfaltige  Strophen  aiis<r(  drückt ,  verleihen  ihnea 
einen  nicht  gewöhaiichen  Reiz. 

Von  des  Guillem  von  Saint-Didier  Liebes- 
abetitheueni  und  Intriguen  wie  auch  von  seinen  noch 
vorhandenen  16  Minneliedem,  weiche  sich  du^ch  Kin* 


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Diez,  Lebeo  uod  Werke  der  iroubadoure,  7J7 

fachheit  und  Originalität  auszeichnen ,  wird  S.  321  fg. 
g^ehandelt;  ein  Sirventes  aber,  welches  in  der  zweiten 
Hüfte  de»  13(en  Jahrhniiderte,  dem  Inhalte  nach,  ge- 
dichtet ^yn  mufe,  wird  ihm  abgesprochen  und  aie  Ver-^ 

fertiger  desi»elben  sein  Sohn  odei  Enkel  Gauceran  Yon 
Saint -Didier  angesehen. 

Ein  sehr  merkwürdiger  Troubadour  ist  der  Mönch 
von  Montaudon,  von  welchem  man  noch  zwanzig 
Lieder  hat,  die  gröf^tentheils  satyrischen  Inhalts,  oder 
Sirventese  sind.  Hr.  Diez  möchte  zu  Weit  gehien.  Wenn 
er  der  proren^aliachen  Nachricht  über  ihn ,  die  ziemlich 
fabelhaft  klingt,  unbedingten  Glauben  beimifst,  weil 
sie  iu  den  Liedern  des  Mönches  Bestätigung  findet  und 
aus  den  letztern  einen  nicht  unverwerilichen  Beitrag  zur 
Sitteogeechiehte  der  Geistlichkeit  in  der  damaligen  Zeit 
n  gewinnen  meint»  Man  darf  nicht  fibersehen,  dafe 
gerade  die  scharfe  Satyre  des  Dichters  zn  der  Nach- 
richt Veranlassung  geben  konnte.  Darin  stimmt  aber 
Ref.  dem  Verf.  vollkonimen  bei,  dafs  man,  Ton  Millot 
abweichend,  dem  Mönche  von  Montaudon  eine  frühere 
Lebenszeit,  Ende  des  12ten  Jahrhunderts  anweisen  miifis^ 
IIa  Alfoneo  IL,  König  von  Aragonien,  sein  Gönner  ge* 
Wesen,  ist  . 

Arnattt  Daniel,  dessen  Leben  gegen  das  Ende 
des  ISten  Jahrhunderts  fallt;  welchen  Dante  und  Pe- 
trarca zum  ersten  unter  allen  provenc^alischen  Dichtern 
erheben,  den  diese  beiden  -  italienischen  Dichter  dahei^ 
den  Meister  der  Liebe  genannt  und  zum  Theil  nach- 
geahmt haben,  findet  der  Verf.  dieses  glänzenden  Lobes 
oicbt  würdig.  8eine  gekünstelte  Manier,  so  viel  Talent 
er  auch  zeige,  behage  nicht;  man  müsse  daher  glau- 
ben, dals  des  Troubadours  verloren  gegangene  Romane 
ihm  den  nnsterblichen  Rnhm  erworben  bitten;  Schon 
die  Zettgenossen  schienen  keinen  besondern  Gefallen  an 
seinen  schwer  zu  verstehenden  Minneliedern  gehabt  zu 
haben,  weswegen  sie  ihm  wohl  den  Guiraut  von  Bpr-r 


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ae'ii  vorgesetzt  hätten.  '  Alleio  offenbar  cleutet  Dtmt^ 
nicht  hlos  auf  die  Hoinaue,  «oodern  hauptsächlich  auf 
.di«  MiiineU^d^i  ¥Mdw  er  FuwfpiMho  XHIV.  118%. 

l'crii  d' a  m  or€y  e  prose  di  ritMttnvi 

Soverchiö  tutti;  c  hiscia  dir  gli  htoiU  ^  > 

Che  quel  di  Lamosi  credon  ch'  avansi. 
'<         •         •  •  «  .  ■     '  ,  * 

Da§  Urtbeii  solcher  Männer,  wie  Dante  «sd  Pe-  . 

trai  ca  über  Arnaut  Daniel  mufy  jedes  andere  gegen  iho 
gewagt  machen,  um  go  mehr,  als  von  den  aufseror* 
deutlich  schwer  zu  verstehenden  17  Liedern-  diesem 
Troubadours  nicht  mehr  als  vier  Tollstündig  henauifer 
geben  wurden  sind. 

Die  daran flolgeuden  beiden  Troubadours,  die  schon 
mehr  dem  ISten  Jahrhunderte  angehören,  Gancella 
Faidil  (&  Ml  fg.) ,  VM  4m  man  noch  «#  Mfciiie^ 
lieder  hat,  und  Ratftto«i  v^n  Mirtfvat  f  8.  879  fg;), 
von  dein  noch  48  Lieder  bekannt  sind,  geben  in  ibreli 
Gedichten  vielen  Aufschiufs  Aber  die  Sitten  der  Frauen 
ihrer  Zeit  Zeigen  dIeseUien  sich  bei  aller  Zwektea« 
Mitßant  im  dm  GedichteD  des  cretem  deeh  nodi  iä  ^^ 
liieiHnftein  Lichte  ihrer  Treue,  so  erseheiwen^  «la  ii  dvl 
Liedern  des  letztern  in  desto  nachtheiligerm.  Uebei^aH 
Leichtfertigkeit,^  Betrug,  Untreue. 

Unter  den  BarMen  SüdfnHdlreiohe  ^  welek«  db 

Dichtkunst  übten  und  ihr  einen  Theil  ihre^!  VernrtojB|;enfl 
opferten,  werden  zwei  mit  besonderm  Lobe  erwähot, 
Blacatz  und  Savario  von  Maaleon;  beide  als 
Troubadour  nwar  wenig  ausgeasiohiMi,  heWieaBO  iieli 
als  grofise  Freuode  der  Oiotaor  |  der  letoMt«  wanosio' 
vorzüglicher  Gönner  des  Troubadours  Uc  von  Sainl-r» 
Cyr,  der  nach  Art  seiner  Kunstgenosseu  ein  sehr  un- 
Steten  Leben JiUicte,  Speien,  Sthlfraakrc^oh»  Oberkalien 
durchwandeitey  und  ebwi^l  kein  Freund  von  de»  Gtal* 
hellinen ,  dach  inoe  Zeitlang  Ikd  Bazolino  d«  Romano 
und:  seinem  Bruder  Alberico  verweilte^    Ein  ähnlicbflA 


V 


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Ule« ,  ii«iteti  und  WeHi«  der  Troobad^ttrs»  tlü 

Wanderleben  führte  Aimeric  von  Pegailani ,  der 
unter  Uep  SäQgcrn  cht  liAem  Jahrliiinderlft  am  meigten 
ilb  Qun»^  ier  Yjffofsen  erwarb  imd  mh  ihnaa  in  ^Msel^ 
life  «nid  gläaeeiide  Berdhrengen  trat    Vm  lliln  «itt^ 

uüch  50  Lieder  vorhanden,  Br  scheint  erst  gegen  IStO; 
(QStortien  zu  sejru.  : 

Der  Ti  oiihadüur  Peire  Cardinal,  der  sich  wenig 
mit  der  Poesie  der  Liebe  beschäftigte  ,  gehoi  t  dem  An- 
fange des  13ien  Jabrhnnderts  an.  Von  ibni  .sagt  dec 
Verf.  S.  99  Peire  Cardinal  iai  als  l^ri^ter.dea  tnora^ 
ibchen  Sirventes  auKzuzeichnen ;  fflr  fliege«  wiirä'e  er^- 
Was  Bertran  von  Born  fQr  das  politische  gewesen  war. 
Der  EitVr  und  die  Freiinuthiofkeit ,  womit  er  ß:e^eii  den 
Sittenverfall  zu  l  eide  zieht,  die  EigenthüiiiUchk^it.«ei#iei; 
JDlariitelluDg,  die  Kraft  aeioea  Ausdrucks  vejräieneji  voll- 
kummenes  Lob^  allein  seine  Schilderungen  leiden  M 
item  Fehler  einer  zu  allgemeinen  Auffassung,  in  welcher 
das  Besondere  fast  gänzlich  verschwindet,  so  dafs  sie 
tuir  einen  sehr  untergeordneten  historischen  Werth  be- 
hauplea  können.  Seine  Rfigelieder  sind  vondigiich 
zwei  Stände  gerichtet,  zn  4enan  er  in  der  näch- 

Bfüialinng  stand ,  den  Klerus  nnd  4en  huben  Adel 

Unter  den  drei  folgenden  itaUeuiscUen  TrMibadours 
(S.  465  *^  504.)  9  Sordel  aus  dem  Mantuanischen, 
Bonifacio  Calva  au3 Genua  und  B.art4ilQia€  ÜSorgi 
m  dem  Veoetianischao«  ist  erst  genannte  unptreilig^ 
der  Bedeutendste  und  schon  durch  DanWa  G^^obt^ 
GiMBödie  verewigt;  auch  in  der  Geschichte  ist  er  be- 
hfODt  durch  die  Entführung  der  Cunnizza,  Gemahlin 
des  Grafen  von  Bonifacio,  Schwester  des  Ezzelin  und 
Alberico.  Sein  Leben  beschlob  er  gegen  die  Mitte  des 
Uien  Jahrhunderts  in  der  ProyeoCe,  wo  er  während 
rines  zwanzigjährigen  Aufenthalts  auch  seine  meisten 
Wich  voihandenen  Lieder,  darunter  auch  eJuige  sehr 
Mttere  Sirveutese,  dichtete. 


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Biß  fleihe  der  Trouba^o^üs ,  Üejben  üni 

Weriie  rilif  aiNfiniliHkfaer«  B^ndlttpy  erlM  «»ehli^ 
der  V^rf  inU  Oniraul*  ikiqu\ef  wä^  Nivrhon^,' <b» 

bis  gegen  das  Ende  des  13ten  JahrhundeHa  lebte.  S.Stlk. 
wird  der  nflhern  Beurtheilung  seiner  noch  vorhandenen 
Gedichte  Folgendes  vbrartgeschickt :  ^Deutlich  leuchtet 
ans  seinen  snUirach^.Werliea,^  Q^stireb^o  bervor  für 
diese  liteii|t«r^  4ltiß^^^^  noch  weidge  Verehrer 
»hli^\  ^  mm^m^e  ^  UegrApdM  Dm  M^il 
glaubte  er  In  dem  Imrril^iaa  vod,  wo  miBglicb,  jp» 
lehrten  Vortrage  gefunden  zn  haben ;  der  pichter Ijn 
halberen  Sinne  des  Wortes  sollte  den  Gelehrten  in  sich 
vereinigen,  sein  Beruf  sollte  in  der  poetischen  Darstel"' 
lubg  moralischer  und  philosophischer  Lehren  bestehen 
iind  er  selbst  daher  adch  den  Doctoriitel  fuhr^o^  V^^'^' 
Dichter  ging  mit  seineni  Beiapiei  voran  ,  wie  ^^^jß' 
Qriefe  und  seine  fibrfgen  belehrenden  Gedichte  ;m^B|PI 
driiei  aber  Verschmlhte  er  die  lyrische  PoesicJm^^* 
wegi,  wie  seine  wohlgelungenen  Versuche  in  Sirveniiff 
so  wie  in  gewissen  leichten  und  gefalligen  Liedergattij^ 
gen,  besonders  im  Schäferlied,  bezeugen  könpen.'^'>^V 

Hr.  Weit  M  dnroh  dieses  Werk,  d«  nM 

Gelehrsamkeit  9  richtigem  Urtheil  und  in  gefallifii, 
Sprache  abgefafst  ist,  einen  sehr  schätzbaren  Beitrag 
znr  nähern  Kenntnifs  des  geistigen  Lebens  der  südwest- 
lichen VAlker  Europa's  und  ibier  Sittengeschichte  ^ 
Zeit  der  Kreuzzüge  g^ieMrt|  es  ist.  daher  zii  erwarteni^ 
dafli  sehe  %Mtai^en  ftr  ^Mtrung  der 
der  fVotlMiMiirs  allgenteipe  Aimiieiiiiing  1litifeä%^^ 

•«41 


•t] 


*    «  . 


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46.  HBWKLit.  JAHRB.  b.  LlTfiRATUR. 


Atlat  de  l'Bmrop9  e«  2^0  /umilht,  ä  Nekelle  de-  la 

^ßttddlü'  nmiürM!kf  eamHnät  mtr  la  frojtetim  de  ttam^Uedf  «lo- 
dißie,  mitfUie  «9  difvt  g^4rat  de  la  guerre  en  Avance ,  —  par 
/«.  H,  iF'€i/§\  ei-deoani  Ueuiemont^ttiomel  au  t^rpt  t-oynl  dee  in(g^ 
^niem^geegrdj^ee  ftanfaief.  dreui  d^apHe  let  m^ttu  prhuipn  ä 
tmde  dm  wieUhmn  mütiriuux  avee  wne  trigenomÜHe  fr^^^CeiuliM 
htie  Mir  dn  ohtenmßiem  a$tnmwmfmu  pwr  ie  pUuement  dte^UmM 
pur  X  S.  WeerL  Qrmni  «»  pmre  mm  I«  direeUtn  de  VamUmt^ 
et  mj^imii  d^ttprU  la  mouveße  miikede  d^empXofier  Ventre,  re/Hg9 
pour-Tindicuiion  du  rolltet«  dis§  pwitime  et  diee  frentUree:  1881. 
Ct^ireake  «t  tHHwg,  LikrMe  et  JEtaAHfiCMeiil  Ihkogrmpkipiii 
de  0.  Herder. 

Schoo  durch  das  großse  Kupferwerk  ,  mit  welchem 
die  Herder'eche  Kunst-  und  Buchhandlung  zu  Karlsruhe 
uod  Freiburg  im  Breisgau  das  weit  verbreitete  Brock- 
hausische Conversatioas- LexicoQ,  als  durch  einen  ;sehr 
ttoterrichteodeo  Anhangs  begleilele,  bf^wies  sie  auf  eine 
«isgezeichaete  Weise,  wie  rein  and  treflfeod  sie  durch 
ihre  Steindrnekkanst  Darstellung liefern  könne,  die 
man  soüst  uur  von  einem  g;esrhickten  Griffel  so  erwartete. 
Unsere  Jahrbücher  haben  deswegen  diese  für  die  Be- 
OMtzung  des  so  beliebten  ConversatioosTLexicons  iaal 
.^ehrliqhe  Arbeit  mit  Verfi:nufren  nach  Verdienst 
pwiieii* 

Seitdem  bewies  ebendieselbe  unteraefamende  Kunst- 
aosiali  dlirch  die  io  19  Blättern  yom  gröftteo  Atlasformat 
getieferf#;  iopo^graphtsche  Kirte  des  Bhein- 
siroms  und  seiner  beiderseitigen  Ufer  von 
Hüningen  bis  Lauter l)urg,  was  sie  besonders  auch 
im  Fach  des  Landkartenabdrucks  durch  vorzügliche 
fteinheil  und  Genauigkeit  in  cler  Lithographie  zu  leisten 
vermöge.  Anerkannt  wurde  von  militärischen  Kennern 
te  ftber  Bederikitchkeiten  der  Schwachmüthigen  sich 
whebende  Freisinnigkeit,  mit  welcher,  auf  Befehl  des 
Orofsherzogs  Ludwig.  !^on  BadeQi.ans  <lem  Bureau 
XXIV.  Jalifg.  T  Bafft.  4tt 


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19  Uerderiiclier  Atlat  tob  JBuropft  auf  220  Bog«». 

der  Bbeiogreoabef ichligUDgs  -  Commission ,  dieser  für 
Kriegsnoternehmting^eo  zwischen  Frankreich  und  Deutoch- 
land so  wichtige  Hauptschauplate,  in  einer  geraden  Länge 

von  40J/^  Stuudeii,  ohne  Rücl(halt,  aus  höherem  Interesse 
für  die  Wissenschaft  der  Staaten  -  und  der  Ki  u  g^kuode, 
der  OeSentiichkeit  mitgetheilt  worden  ist  l>ie  Ueheim- 
nifsliebe  ist  auch  in  solchen  Dingen  so  ttnnlltz«'als  ver- 
derblieh. DievWefehe  wollen,  erhahen  die  geheimge- 
haltene Notizen  dennoch.  Nur  Manchem  ,  der  sie  zum 
allgemeinen  Besten  hätte  studieren  können  ,  bleiben  sie 
geheim,  bis  der  Fall  eintritt,  wo  der  Gegner  zfigt, 
dafs  er  sie  für  sich  zu  gewinnen  und  anzuwenden  gewufst 
habe,  nnd  folglich  die  Gelieininifskrämerei  nur  sich 
selbst  schadet  Hier  dagegen  wurde  bemerkt,  daft  der 
Ingenieur  nirgends  mehr  Erfahrungen  über  kunsigemäfse 
Flufsühergänge,  der  Taktiker  und  der  Strategct  nir- 
gends lehrreichere  Beispiele  von  richtig  berechneten 
Unternehmungen,  um  'l*ftuschungen  des  Gegners  zu  ver- 
anlassen und  vor  TSuschungen  sich  zu  hüten  ,  auffinden 
könne,  als  gerade  in  diiisen  ÄliUheilungen.  Denn  nur 
die  genaueste  Bekanntschaft  mit  der  Gestaltung  desFlufs- 
ufers  vermag  für  solche  Wagstücke  zum  Voraus  zuverläs- 
sige Data  zu  geben.  Und  noch  ist  keine  andere  eben  6o 
ausgedehnte  Land^trecke  auf  eine  gleich  znverlfissige 
Weise  dem  wichtigen  Studium  des  Militärs  und  des 
litikers  vorgelegt. 

So  sehr  wir  Alle  wünschen  müssen,  dafs  von  diesen 
Karten  zu  wirklichen  Krieg^unternehmungen  nie  ein  Ge- 
brauch gemacht  werden  möchte,  so  gewifs  ist  es,  dais 
dieses  gerade  dadurch  am  meisten  verhütet  werden  kann, 
Wenn  durch ,  dergleichen  wissenschafUich  genaue  Ar- 
beiten den  beiden  Thailen ,  die  einander  gegenüber  treten 
würden ,  die  für  sie  anwendbaren  topographischen  Mittel 

zum  Voraus  recht  anschaulich  bekannt  werden  können. 

.  •  ,  .  .     .  .    '        » .  . 

'  Unmittelbar  nach  dieser  wichtigen  und  sehr  gel»' 
genen  Unter nehmuiV       nunmehr  obeadiesidUbe  .Hsndr 


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Nach  VVeilH  ton  J.      Wocrl.  IM 

kog  den  grofseo  Plan  zu  einem  Atia§  von  Europa: 
io  S20  Blättern  auf  die  nämliche  auagiaeichiMteWeiaa 
bflgODDea.    Bs  glebt  noch  keinen  Atlas  yon  Europa  Ynit 

Zusammenhang  enden  Blättern  in  einerlei  Projection  und 
von  gleichem  Mafsstab  ,  und  doch  ist  diese  Gleichheit 
der  ganzen  DarsteUuuff  für  einen  wahren  Ueberhiick 
ron  den  Verhältnmen  dieter  Staaten  iu  der  That  unent- 
behrlich. '  Reo.  findet,  dafa  Napoleon,  der  Wissenschaft^ 
liebe  Feldherr ,  welcher  die  militärische  Topographie 
sosehr  zu  benutzen  pflegte,  eine  solche  gleichförmige 
Darstellung  uosers  kleinsten  und  der  Kraft  nach  doch 
(löbten  Welttheils  gewünscht  uud  projectirt  hatte« 

Eine  ftinfjährige  Vorhereituogsarbeit  für  diesen 
Zweck  hinterliefs  der  französische  Ingenieur  Oberst-* 
Lieutenant  J»  H.  Weifs^  dessen  'Verdienste  durch  sefaie 
Verasssnngen  in  Baiern ,  Elsafs ,  Schweiz ,  Tyrol ,  Pie- 
noDt  und  der  Lombaitiei,  auch  durch  §eine  Karte  der 
Schweiz  in  11  Blättern  bekannt  genug,  und  noch  mehr 
dorch  seittiB  viele  im  Krteg^depot  zu  Paris  unter  Napoleon 
gefertigte  Arbeiten  beurkundet  werden.  Mit  dieser 
Oraodlage  vergleicht  nunmehr  der  Herausgeber  alle 
Mostige  geographische  Materialien ,  und  dem  Ganzen 
gereicht  es  zum  gröfsteu  Vortheil,  dafs  der  Steiustich 
und  der  Abdruck  unter  seiner  unmittelbaren  Aufsicht 
stellt 

Jede  von  den  220  an  einander  eich  anschliefsenden 
Sectionen  enthält  im  inneren  Rande  einen  Plächeufaam 
Tsn  288  QuadrulMrfl ,  worauf  beinahe  196  geographisehe 

Quadratmeilen  aufgetragen  sind.  Dieser  Mafsstab  er- 
laubte eine  grofse  Reichhaltigkeit  in  Einzeichnung  auch 
Ueioerer  Ortschaften.  Auch  die  Figurirung  der  Ge^ 
birge  und  des  Terrains  ist  allerdings,  weil  der  ganze 
Siidi  ausdrucksvoll  ist,  sehr  charakteristisch.  Der  sehr 
fdungene  Versuch,  Ortspositionen,  Strafsen  und  Greil'* 
Ztiü  mit  rother  Dinte  einzudrucken,  ist  schon  beim  ersten 
AaUick  fär  das  Auge  aehr  angenehm^  und  macht  au 


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124      HerderUclier  Atlas  von  Europa  auf  1^0  Bogen  d.  0.  w. 


»ich  da§  Aufsuchen  und  Verfolgen  dieser  Gegenstände 
um  Vieles  leichter.  ' 

Die  vor  uns  liegenden  vier  Lieferungen  geben , 
aufser  der  Uebersiclitskarte  von  ganz  Huropa  in  220 
Sectioneii,  von  diesen  seihst  bereits  die  Section  N a  n t es , 
Orleans,  Rotien.  IJijon,  Corse,  Linioges,  La 
RocheMe,  Montpellier,  Toulouse,  Cherbourg, 
Paris.  In  der  vierten  Lieferung  wird  die  Section  Ol- 
denburg unil^  ^Bremen ,  von  Dänemark  dit;  InAei 
Bornholm  und  das  Uferland  von  Christians-* 
Stadt,  von  Preufsen  die  Strecke  zwischen  der  Insel 
Rügen  bis  nach  Rugenwalde  oder  die  Sec(ion 
gegeben,  wo  Stettin  in  der  i^itte  liegt.  Das  erste 
Blatt  der  vierten  Lieferung  setzt  durch  die  Darstellung^ 
des  Jaragebtets,  des  Genfersees,  der  8avo^i8cben  Ge- 
birge und  eines  Theils  von  Piemoni  wahrhaflt  in  Brslau- 
nen.  Welch  ein  anschanlicher  Wegweiser,  wie  schwer 
von  dieser  Seite  Kriegsunternehmungen  zu  isclu  n  Frank- 
reich und  Italien  sind  !  Im  \viuifc(  lit  würde  es  seyn^  wen» 
die  näcliste  Lieferung  den  wichtigen  Schauplatz  von 
Polen  und  den  westlichen  Theilen  von  RufsJand  mit  der 
diesem  Werke  eigenthSmlichen  Genanigkeit  mItlheileR 
könnte. 

Die  ganze  Unternehmung  verdient  geWifs  die  lebhaf- 
teste Unterstützung  aller  Bibliotheken  und  Sammlungen. 
.  .Sehr  erfrenlich  ist's,-  dafe  die  Kunsthandloi^ ,^  welche 
Dir  ein  solches  Nationalwerk  den  M nth  hat ,  bereits  iiicbl 
nur  durch  die  Beurtheiiung  vieler  Zeitschriften , 'son- 
dern auch  durch  ehrende  Geschenke  und  Subscriptio- 
nen  mehrerer  Regenten  aufgemuntert  worden  ist  Nur 
das  Zusammenwirken  des  Plutus  jnit  dem  Apollo  kann 
ein  Unternehmen  dieser  Art,  dessen  Kostenaafwttid  die 
Kräfte  eines  Privatmanns  sonst  fsst  flbersteigen  milfste, 
bis  zu  ein«'  der  Nation  wfirdigen  und  allen  Kunst* 
'freunden  erfreulichen  Vollendung  begünstigen.  DerSub- 
scriptionspreis  entweder  auf  den  ganzen  Atlas  >  oder 


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Cuburger  Aniiaicn  d.  gcsatuiut.  Iheol.  Literatur.  725 

auf  die  Specialallasse  einzelner  Staaten  (von  denen  diu 
Zahl  der  Sectiooen  in  der  i\nkündiguiig  beüoaders  ver- 
seicbnet  ist),  beträgt  für  jede  Lieferung  voa  4  Blät^ 
tern  auf  extrafeioem  Velinpapier  8  Rchlr«  Sfichs.  oder 
ö  fl.  24  kr.  FQr  Baden  ist  der  UDternehraungsgeist  und 
der  Vervollkommnungstrieb,  welchen  dieses  Werk  be- 
weist, eine  ehrenvolle  Merkwürdigkeit,  welche  bereits 
auch  Yon  der  Regierung  und  den  ständischen  Kam- 
mern  aufmunternd  anerkannt  ist 


KURZE  ANZEIGEN. 


AnuaUu  dtr  gesmmmi^n  tktologitek^n  Literutur  und  der 
tkriMtliehtn  Eireke  überkaupt,  Ueramg*  wm  meknroi  G9- 
le&rtofi,  imfer  MUwirkung  von  SiBontckmidt^  Gruner»  Ifeii- 
ktit  Jaeohi^  Lomler,  Alex,  MülUr^  Perieek^  Sekreiher, 
Sitkwoke^  Wald,  Weher  Mmd  (D.)  iVeklfurtk,  Ereiet-Jokr- 
gang,   Breien  Bd,  1.  2.  3.  4.  Btft.   Coburg  bei  Ühnef.  1881. 

Gern«  maclie  ich  anf  diei«  neue  theologlaehe  Zeitochrift  aaf- 
■ftfciMn:  Die  vier  Hefte,  welche  schon  ali  Probe  vor  mir  liegen « 
iug«ii  durch  ihre  Recentlonen  and  eigene  Anfi&tse,  dafe  die  Bear- 
beiter gelehrte  Kenntnieie  genug  anr  Beartheilaag  der  nencn  tbc«olo- 
gticbeo  Literatur  anwenden  hdnnen ,  dabei  aber  auf  dae  grdJWere  le* 
•eode  Pablienm  uad  deewn  Empfänglichkeit  Rftckeicht  nehmen ,  ohne 
im  ■chllmmeii  Sinn  |iopaUr  au  werden.  Ole  theologiicheu  Annalen, 
wiesle  Dr.  SehuUbeCe  in  Zürich  fortietst,  geben  eo  vlci  aelbet* 
gedachte,  beeondert  philologische  Bemerkungen,  und  sogleich  eo 
Buiche  freimnthlge  Nachricht «  dalTe  Ihre  ununterbroehiene  Fortsetsong' 
cia  Wunsch  aller  Selbetdenker  and  Forscher  seyn  wird.  Doch  scheint 
Ibie  Wirltsamkeit  mehr  anf  diese  sich  eininschr&nkett.  Die  hier  be- 
Siaaeiion  Annalen  beabsichtigen  mehr  das  AllgemoinanwendbiuT* 
öech  enthalt  sogleich  das  erste  Heft  anch  eine  lateinische  Abband- 
luif  von  Hrn.  Conrektor  Heinse  su  Saalfeld,  über  den  Ursprung 
<Ie«  sogenannten  AUianasianischen  Symbolnms ,  auf  welches  neuerlich 
wieder  eine  grafiere  Aafmerbsamkolt  gerichtet  werden  mulbtc ,  weil 


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1^  Co1i9rgef  ilftBäleir  d.  gteümnit.  th«el.  Literatur. 

* 

«g;  gl«lelmiiii'mlt  ei»  kfarehlieliM  Matter,  in  dlfe  Prealtieelie  Igente 
aafgenoNitnen  worden  bt«  aageachtet  ieiae  BebaBptang,  M*s  war 
nicht  gerade  dietiia  GUubea  halle  ^  ohne  allen  Zweifel  Teidammt 
eey,  durchane  anprotettantieeli  and  gewif*  keiner  Erncnemng  wür- 
dig ist 

S.  95.  wird,  onter  der  Uebertchrift :  ,,Kin  gute«  Beiiplel  wirkt 
«ttskr  al«  alle  Redekanttf^'  die  eonti  im  Foblicam  fast  gar  nicht  be* 
Kihrte  Kunde  iiJtgetheilt  und  commeBtirt,  dai^  am  Himmelfahrteta^ 
dea  20.  Mni  1830.  die  Kronprinzessin  TonPreufsen,  Eli- 
sa bet  ha  Liidovica,  geborne  Prinzessin  von  Baiern,  in 
der  SchlorsliR  pelle  zu  Fotsdiun  i  h.  r  evangelisches  Glaubens - 
bekenntniTs  \ot  dem  Hiachof  Ellert  feyerliclr  abl  egt  und 
durch  die  Coiuoiunion  in  die  evan^elifiche  Kirche  übertrat.  Der  Auf- 
satz macht  zugleich  auf  eine  ukhlige  Stelle  nuB  Friedrichs  des 
Grofsen  Mdmoires  pour  servir  ä  l'histoire  de  Bramhhourg  aufmerksaiu. 
Der  gewif«  lur  dit-  Kit  chlichkeit  nicht  partheiische ,  historisch  -  poli-> 
tisch  forschende  Kronprinz  entwirft  folgende  Charakuistik  :  ftEn 
regardant  la  r«ligiOn  »implement  du  c6te  dt  la  politigue , 
il  parait ,  qne  la  prQt9ktant€  t$t  la  plus  convenable  aus 
rdpubliquet  et  au»  monareAtee.  RUe  e'accertfe  I0  misax  avee 
cet  e«prlf  de  Il6erf^,  fni  faxt  {'e*e«nee  de«  jrreaii^re«, 
daaf  im  üat ,  dt  ü  faut  dat  nigocian» ,  diei  Idlavrear*,  de*  aHlsfifi« , 
du  kobiaU.  ite  «m  Mdl,  ü  ut  «ar,  dt9  ^ttoyen»,  qui  font 
t»a«a#  de  laltrer  pirir  Veipiee  kamotne,  dealenneat  per- 
nieiemt,  Dom  te$  meaarckler  la  religion  jiraf e#t«af e,  qui 
na  f  eUi^e  de  |ierteaae,  eet  auf f^rement  teniniVe  au  gou^ 
aeraemenf ,  fta  ijaa  que  la  caikoligue  HatUi  uu  tftot  ijpAtfaet  fant 
fwitroat,  fieimd  tn  eon^ts  et  en  nrHfien^  dan»  V4tai  UmporH' du 
prinee^  fuo  tet  pr€tre9,  gui  dirigtut  ie«  eeaeeteneet  et  gui 
n'ont  dt  Bupärieur  gue  le  pape,  9ont  ptu»  maltre*  de» 
ptuple»  gue  le  souverain,  qui  le»  gouvernef  et  que  par  Uae 
aäresße  ä  confonäre  les  intirits  de  dklu  avee  ^amhition  dee  koäuaee^  1^ 
pape  s'cst  Vit  souvent  en  Opposition  avec  des  souverains  sw  des  aujete, 
qui  n  etaient  aucunemcnt  du  ressort  f/e  NgUse.^''  Im  4.  Heft  ist  vor- 
sugtich  aufnierkHain  zu  machen  auf  eine  sehr  uinsichtige  Abhand- 
lung über  die  Nothweiidigkeit,  dafs  auch  4ie  ewaogeUache  Kirche 
ständisch  repräsentirt  Werde.  .  '  . 

Dr.  P.a  n  I  a  t. 


Digitizea  by  LiOO^ie 


$«;itrtftej|  iibor  den  4etq4i.  |IV 

1)  Quadro  istorico  topographico  delle  eruzioni  dclV  Etna ,  cominciando 
delV  epoca  dei  Sicani  sino  oggi  1824  ,  formato  dictro  lo  ätudio  de 
piu  accreditati  stritHri  del  Fulcano  c  dopo  moltc  accurate  0S9er- 
vaztoni  cht-  ha  per  oggetto  principale  mostrare  l'urigine  ^  ü  COrto  t 
l'epoca  ä\>gni  eruzione ;  (Ii  G  iuaeppe  GeMmeliaro. 

Auch  Ditt  Englischeiii  Titel: 

HiUorM  mmd  topagraphicM  map  of  lAt  mrwi^hmä  of  Etna ,  from  ^ 
ü9tm  9f  ik9  Sieani  lo  tk€  prenmt  iime,  imtmuhd  f»  «Im»  tk9  mgh^t 
tk9  dbrwHiom  und  tk9  age  of  mwA  tnpiim,  Bf  O.  O9mm€ltmr0, 
PMkM  kg  immnW^d.   Lomtmf^  1818.  Elm  tOmrh^  BtiU$  im 

Z)  Memoria  dclV  eruzione  deW  h'.tna  nvvennta  ntW  anno  1809.  Di 
Maria  U  emmellaro.  Scconda  editiom  Catanta,  daUu  Tipo' 
graßa  del  Scwto  i  1820.   'iQ  pag.  Spo. 

'  8)  Soprm  ahuni  pesaj  dt  OranHo  e  di  Im  anüekt  frvMft  fn$§9  PÜm 
Mma  ddp  Bimm  o$Mn)9iieml  did  Mior  Carl9  Bnmmnliav, 
Uada^  daltm  T^gfnftä  dd  Cbw.  Lon^o;  1818.  88  pflir-  ^« 

4)  Gioninlc  (klV  eruzionc  deW  Ktna  avvcnuta  alli  21  Maggio  1819, 
di  Mario  G  emmai  l  ur  o.  Calania^  dalLa  «tamperia  dei  Hegi 
SUudii  1826.   30  pagf  in  Bvo. 

W«r  die  Seitwlorigkeiten  kennt,  mit  denen  man  sn  kämpfen 
.  Iial ,  1101  tfeli  io  de«  Bettts  te  SicilUniaoheo  Literatur  %n  «etimi « 
ticeMM|«ni  WM  lKleiMre.GelqgeBli«te.-Sclirifll«ii  angeht  und  cinaelaa 
Blittar«  Karten ,  biMlieha  Dantellungen  n.a.w.,  wird  die  Tenpatete 
Aaaeige  obiger  Beiirftgn  aar  nähern  Kenn taifa  den  Aetna  and  eeiaer 
Eieigaiaso  aad  Eiaeagaiei«  Cetachaldignag  finden  laiaea»  Aaeh  iet 
ee  «naera  Ahiicht,  helaeiwega,  in  /eiae  aaefuhclicbe  Darlegaag  dea 
lahaltet  aiaaugeben  |  wir  beacbräalten  iina ,  oneem  liesera  vom  Var- 
Itandeiieeyn  jener  Scltriften ,  die  wir  vor  Icaniev  durch  Freundeshand 
«aa  Sicilieo  erhielten,  Keaataifa  an  geben  ond  eiaige  aligemeine Be» 
traehtongen  balaafagen« 

Na.  1.  giebt  dae  aaeehanll^  Danteilaag  der  Sra|rtiaBa-E|HH 
eben  dee  gräfetea  Bnfopäiaebea  Feaerbergee;  an»  8adel  die  An»« 
bmcb- Stellen«  la  lo  weit  aolehe  nachweiibar,  geaaa  angegeben  «ad 
Temiag  dea  Lauf  der  aablloeea  Lareaeträme  an  Terfolgea«  weleba 
der  Yalcaa  Siclliene  leit  ftlteiter  2eit  geliefert.  Recht  deatlieh  wird 
eo  dnreh  dienee  Bild,  wie  die  Laren -Ergfiece  dea  Aetna  grelbe 
Ströme  aiad ,  aach  Menge  und  Mäefatigfceit ,  im  Vergleich  aa  denea 
de«  Vesuv.  Meereshehe  de«  Aetaa,  aa  Felge  der  Aagaben  ver.- 
•chiedeaer  Beobachten 


Üigitizüü  by  LaOOgle 


728 


Scbrifien  über  de«  AcUfi. 


—  Samtnr«       -       -       -  ,    10:m8  —  . 
•^   Girgib         -       -       -                  —  — 

—  Ii-Tinr    ■     ^    '        -      '  -        iniS     —  — 
Jontiiie        -  s  12121  Ilal  FaUueki ') 

—  Scliow  und  C,  Gemmelliiro  .  10484  Par.  Fnfi. 

Abtlieilang'  des  grofsen.  Kef^eU  in  drei  Hegipnen  (auf  der  Karte  dOrch 
^crlichiedeoe  Kolorirang  angegeben).  Die  Heghfki  pkämmUanat  dtti 
itÜere ,  liestcU  änt  mlUm  "vuima^eh^  JM#ft«  weldier  einMlii  Aeir^. 
•treate  Mdte/  Üldelemi  irail  IWifar  Ufgt.^  Sltfm  groStm  TMIp  i«4 
dim  RegiAn  «iiA«:Mit^:«liwüU  aielit  Mo  Wcingürtaa.  iwd  Frvefit- 
bAmne  d«r  ^wiMw&mm^  Arty  und  danrfM^»  erhelMif.  «iiA  Ströme 
iieoer  Laten,  stftfr  und  iHtd,  aie  ge*tatt«n  noeb  Mae  Hnltnrl  Biese 
Knif ar  iM^ionl  gf g«n-  S.  mit  dem  Meere,  nnd  endigt  mhAi  Nofden  nn 
nm  19 1  c  ol  o  ■  i.  Die  mittlere  \  die  waldige  ^gion  *,  HegiomQ  neaioree«,' 
finde!  man  na«  vielen  ättern  Bergen  zuaammengeaetst,  .dni^h  Lnven 
gebildet,  ^reiche  den  mannichfaUigdten  Zeiträumen  angeboreik  Faet 
•hne  Ansnahnie  ift  dieser  Bergtbeil  äberdeckt  mit  Walduogen  von 
bnrhen,  Eicben  nod  Ficbten.  In  der  Ilichtung  von  Nicolosi  nu« 
reicbt  diese  Region  bis  zur  bekannten  Grn((ft  ciegli  Inglesi.  Die 
höchste  Resrion,  Re^ione  (liscnperta,  überlH<»:ert  mit  Asche,  mit  vnl- 
lianischent  Sande  nnd  mit  Schlacken,  träp^t  einij^-e  Ströme  moderner 
Layen.  TSiir  his  zu  gewissen  Höhen  findci  man  hmeholz  mul  Gnis. 
Von  di  r  erwähnten  Grotte  zieht  si«h  diese  Region  bis  zum  Gipfel 
des  Aetna.  —  Der  Umfang  des  grorsen  Kegels  an  gcinem  Fiifue  be- 
trägt IßO  Italische  Meilen,  jener  des  höchsten  Kraters  aber,  nacii 
M.  Gemmellaro,  4806  Siciüanioclie  Piiliiien.  —  Der  berühmte 
Fenerberg  hat  sehr  viele  Ausbrüche  gehabt,  und  nicht  wenige  Schrift- 
steller befafsten  sich  mit  dfer'  Giesehichte;  alUin  sie  kiimmerlen  sicli 
.keine6wegs  stets  nm  die  £rn|Hions- Stellen V'noeli  nm  den  Lauf,  wel- 
ehen  die  Strdme  g^Ndmmetf.  Von  eiebennehn  Anbrfiohen  Vor  der 
cbriillichen  Zeitrechnung  fällt  dtoi:  frfiheate  Int  Jnhr  1216,  der  lettfe 
ine  Jnbr  42  Dnr6Ii  jenen  wniden  die  SIenner  genöthigt,  die  nn^h- 
barlicbe  Gegend  df •  Feuerbergee  in  verinwen  nnd  9itb  imHnniara^ 
Tbnie  annnaiedeln;  dieeei  bntte  anr  Zeit  des  Krieges  awisdiert  Gisnr 
Octavins  und  Pompejus  statt-  Nn«h  der  ebristlichen  Zeit- Reebnnng^ 
und  bis  anm:  Jnhre  18UI.  evf  ignelen  «icb  n  e  u  n  u  n*4  f  ü  n  f  s  i  g  £m|itia- 
nen.  Zu  den  besonders  mer|(wurdigcD  gehören  u.  a.  jene  ▼an  1444« 
18144.  (der  Lavensirom;,  obwohl  derselbe  zehn  Jahre  lang  geflossen 
seyn  soll,  breitete  sich  nicht  über  zwei  Meilen  veit  ans^  wie  gesagt 
wird),  1051.  (aus  der  erhabensten  Stelle  des  Aetna  ergoTs  sich  die 
LaTa,  überschritt  in  14  Stunden  eitten  Raum  von  18  jMeilen  und 
tlicilte  sich  sodann  in  drei  Arme),  16G9.  (zur  Zeit  dieser  berühmten 
Eruption  brurh  au«  der.Gr,oL(i^:d«ile  Colomb.e  eine  Menge  Saod 

*^  Eine  bjciiiänischc  Faluie  verhält  6ich  zu  einem  Engl.  Fuis  =  1  :  l,1du5« 


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Mri Aeo  &|ier  49m  tA 

iieryär;  iKeM  Hoftle,  aaiigvteicliiict  inwek  4ie  prachivoUeii  Sftulra* 
fdrmigrn  AbMinleroiigrn  4«r  u«  npwclifliwDusiiden  I41VIMI  -  Hamnn , 
•teml  lange  aEeit  bittdomh  itai<Rfkfo<i|«li  lliiwifAvglielilceift  and  wmn 
ÜMtete  sie,  im  irrigen  Glaubfn  befind««,  diifo  divtelbe  ein  dem 
InBCra  des  Aetna  sufährcnder  Gang  t^;  sllein  M.  Gern mellar« 
unilersiichte  die  Grotte  bis  in  iliM  entIcgeiMinn  Theiln)«  iW.  (söge- 
BMMtA  Flammen- Ausbrucli«  und  f^ewattigcr  A«cii«nre§cn ,  gkkh- 
zeitig  mit  dem  Erdbt-ben ,  wobei  593(iS  Menschen  auf  Sicilien  das 
Leben  einbürsten) ,  1735.  (der  Lnvenstrom  entatie^  dem  grofsen  Kra« 
ter)  u.  s  ^v  a  b.  w.  —  In  fönrundRcrhaijw^  StH<l(en^  Flecken,  Dorfern 
und  Weilern  lebt  11  nni  dem  Abhänge  dca  AetnH  188,700  Menschen , 
woTcm  allein  45,(>^i(ul  die  Stadt  Ctitania  bewohnen.  (Ferra  ra  gab, 
in  Reiner  Moria  generale  deWEtna^  Catania,  1793,  die  Zahl  (l<'r  auf 
der  Bergflüche  in  ihrer  weitesten  Ausdehnang  wohnenden  Menstheii 
XU  3€0,000  an  )  — >  Die  Karte  wurde  nach  G.  Gemmellnro  s  Zeleb- 
ntii}^,  aber  ohne  die  bcttiniderc  Theitnabme  des  Verfassers ,  in  London 
geslociuii;  man  vermifst  daher  leider!  eine  genaue  korirktui  ,  tin 
aafgebeltelos  Blatt  berichtigt  indeiaen  die  bedeutendsten  Fehler.  Uec 
Tczt.ia4.iil  Italieiiiacliar  Sprache,  Uieii weite  findet  man  deaanlbfQ 
aseh,  fdlinth  dem  Titel,  ine  Baglbolie  «benetet  beigefügt. 

•  Jlie  Ueioe  Sehrilt  No.  2.  aehildert  den  bernlimtea  Avibrncb 
>eaft  JAiM»  IfM,  im  abgelaafenen  JabrbiMidei>t  war  der  Aelna  fast 
«aawngeaetat  tbiiig.  Mehr  ab  «eehaeba  betenden  deali^irdige  grua» 
eere  Kraptlonen  hatten  etatt  and  fibcrdiee  sahHeee  Aaebriiebe  ven 
Ranch,  nad  Flammen,  Aaewarfe  von  Samt  nad.Aflche  n.  e.  w.  Vor- 
aiigaweiee  Ita  den  Jahtea  180ft  .aBd  .1804.  warea  letstcre  Phiaomene 
heftig.  >  Im  Jahre  1805.  trat  eine  ümptian  ein ,  die  gieh  swar  gewic« 
sennalhea  anf  das  Innere  des  Kraters  beschränkte,  allein  deaaecb  * 
22  Tage  hiadnreb  anhielt,  ia  1806,  1807,  1808  nad  1809.  daverton, 
mit  kleinem  und,  grefaern  ruhigen  Zwiachearaoaien  die  Aschen-? 
fegen  fort,  die  Flammen  -  und  Rauch -Ausströmungen,  die  Hebun- 
gen des  Bodens  Terbnnden  mit  unterirdiechen  Detonationen.  Endlich 
erfolgte  im  zuletzt  genannten  Jahre  eine  Katastrophe,  bei  weitem 
grofsartip-er  ,  als  ^\ele  der  frülirrrn.  Durch  die  ergossenen  Laven 
wurde  <lie  G(  penri  auf  weite  Lrstrcckuny^  bedrolit ,  das  Städtchen 
Ii  in  1,»^  ri  a  ^  rossa  gerieth  in  grofse  Gefahr  u.  «.  w.  Das  Tag^ehuch- 
ulu  r  den  Ausbruch  von  1819.  (Nn.  4.)  schliefst  sich  an  den  vorher- 
gehenden Bericht.  Wir  diirfeii  hii  r  eben  so  weni«f  den  umfassenden, 
und  wie  nieht  zu  bezweifeln  ist  mit  grölster  Genauigkeit  niederge- 
schriebenen, Angulien  des  Verfs.  folgen;  sie  führen  fiir  uiiKero  ge«?ftn- 
wartige  Absicht  zu  sehr  ins  Kin?;€lne.  lu  dou  Jahren  1810,  J811, 
1813,  1814,  18^5,  1811  und  1818.  nahm  man  mehr  und  minder  ber« 
tige  vnlbaaiacbe  Ereignisse  wahr;  besonders  traten  lahlreidie  £rd» 
Erfcbptterungcn  ein.  Endlich  am  27.  Mai  1810.  ereignete  «Ich  die 
jewaltigc  Entption,  welche  bia  anm  1.  August  dauerte. 


4 


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SnAtihen  über  den  A«Uia. 


Von  begondcrm  IntcrcHse  i«t  die  Abliniidi utip  No.  3,  in  welcher 
G.  Gemme l  laro  von  den  Zinneiz-haUigcn  ^rauiti^chen  Bruclistiicken 
redet,  \vcl<:lio  neucrlicli  in  der  Nähe  des  AetBR-GipiVls  /^efiindtMi 
worden.  Wir  rufen  unscrn  Lesern  ine  GedäcIitniPg  zurück  ,  ilafs  der 
Fenerbcr;::  Siciliens  am  Ende  der  GiHnii -  Reihe  Ton  Calabrien, 
die  durch  den  Granit  det  Monte  Peloro  und  jenen  der  Uer^e  dea 
Ca^io  LMilaszo  nach  der  Insel  fortgesetzt  bind,  ein  eigenes  kleines 
llerj^  -  System  bildet.  Urs präng^l ic h  ,  darauf  scheinen  alle  Verhält- 
nisHc  hiuzuweisea ,  mag  der  Aetna  aus  einem  Erhebutior«  -  Krater 
aus  basnltifiehen  Ablag-erung-en  aufgestiegen  8evn  ;  denn  Gebilde  der 
Art  machen,  nach  allen  Seiten  hin,  den  FuIb  de«  Viilkatts  aus.  Nun 
wurden  kleine  Fra«rinente  granitiseher  Gesteine  —  su  weiiijj^  man  dem 
beschriebenen  Gejuciige  ;ius  Feld^pHtb-Thcllen  ,  Qnarz-  und  Zinnerz- 
Körnern  jenen  Namen  wird  streitijx  machen  wollen,  ho  erregt  den- 
noeh  dt  r  bei  andern  Brnehstücken  angegebene  HeHtand  ;  Feldspath- 
und  Hornblende  -  Theile  mit  sehr  kleinen  Zinner/  rartikel  n  ,  in  so- 
fern die  Benennung  Granit  darauf  angeuendet  w  orden  ,  einiges  Be- 
denken —  bald  in  xiemlieh  tinrcränderteui  Zustande,  bald  mit  nicht 
zn  Terkennenden  Spuren  erlittener  oborflRchUcher  Schmelzung,  und 
mit  unsitzender  schwarzer  schlackiger  Lava  auf  dem  Aetn. a  und 
zwar  in  der  Nähe  vom  Gipfel  getrolTen.  Manche  Zinnerz;  -  fiiUrendc 
Granit -Trtimmer  der  Art  sieht  man  ganz  umwickelt  von  Laven- 
Substanz  u.  s.  w.  Der  Verf.  glaubt  Hieb  berechtigt  zu  nachstehenden 
Schlufsfolgen  :  1)  der  Heerd  des  Aetna  scheine  von  Ablagerungen 
alten  Granites  begreüzl  (dafs  dcrtelbe  unterhalb  granitischer  iVIns- 
sen  seinen  Sitz  habe ,  beweisen  die  erwähnten  Auswürflinge  sehr 
augenfällig).  2)  Die  geschilderten  Granit- Stucke  mufsten  aus  dem 
Vulkan  mit  einer  LaTendecke  bekleidet  herrorgeschleudert  worden 
Htyn.  3)  Die  Warm  -  der  Lava  sey  minder  grofs,  minder  wirksaai, 
als  künstliche  Glnth  ,  indem  Granit,  dem  Feuer  eines  stark  ziehenden 
Windofens  aus^e^etzt,  geschmolzen  und  in  eine  gewissen  Aetna-Lavon 
nicht  u  n  ä  h  n  Ii  r  h  e  Masse  umgewandelt  worden.  (Wir  müfsten 
die  Greii/cn  dieser  Anzeige  um'  Vieles  überschreiten,  wollten  wir 
unser  auf  die  mannichfaltigsten  Erfahrungen  gestutztes  Glaubens-Be- 
kenntniis  über  die  Wirkungen  natürlicher  Gluthea  im  Vergleiche  zu 
den  künstlichen  hier  niederlegen;  dies  sparen  wir  fiir  einen  andern 
Ort  auf  und  bemerken  nur,  dals  die  Aehnlichkeit  zwischen  dem  im 
W  indofen  -  Feuer  geschmolzenen  Granite  und  den  Aetna- Laveu,  selbst 
nach  dem,  was  unser  übiigeus  sehr  wohl  unterricliteter  Verf.  davon 
fagt,  nicht  so  grofs  gewesen  sejii  könne.  Die  Umwandelung  von  Gra.- 
niten  in  neuere  La\ea  durch  vulkanische  Mächte  hat  dieselben  Gründe 
gegen  sich,  welche  man  mit  allem  Rechte  anwendet,  um  den  Ur- 
sprung der  Basalte  aus  geschmolzenen  Graniten  u.     w.  abzulaugnen.) 

*  •Leonhard» 


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Y.  ümihaupfc«  über  Artillerie. 


9*1 


Ail^€nicincr  Hinriß  für  eitw  neue  Or^'frntffation  thr  Ariilhrie.  L. 
von  Ifreithuupt^  Obcistficutcnant  und  Bataillons '  Commandant 
in  Her  höni^L  ff  ürtember^i^ic/icn  ArtületU  m»  ^,  w.  Lmdwigsburg 
1830.  iV  u  67  ^\  H.   Mit  6  T^f. 

m 

Die  lliiu|)ttt>ntlen7,  dirser  Schrift  i»i  ^  su  zoigeiif  dafa  die  kurzen 
24  |)fünd.  Kanotien  und  d'tt)  tragbaren  6  pfänd.  Brandraketen  mlL  \  or- 
thcil  bei  der  Artillerie  eingeführt  werden  knnneu.  In  Bezieliuog  ant 
die  1- roteren  Hegen  insbetondere  die  «ehr  schätabaren  Verbuche  zum 
Grunde,  welche  1828.  in  Main«  angentellt  sind,  über  die  UrHialra 
.keten  sind  die  beiden  bekannten  Werke  \on  Bchm  und  Hoycr  be- 
nutzt, also  niclit  da«  später  erschienene  vua  Congreve  selbst  (Ab- 
bandhing  übel  diu  allgemeinen  Grundefitse,  die  Kräfte  und  die  Leieli- 
ti«»-l<elt  der  Anwendung  des  Cungreve'schen  Racketonsj'siems  u.  s.  w. 
Weimar  1829.  4.'^  Da«  über  diese  merkwürdigen  Wurfgeflcbiitze 
Cresagte  ist  nberliaii];t  ncbr  kurz  und  mangelhaft,  vermuthlich  weil 
e«  hierüber  nttch  zu  sehr  an  genügender  Erfnhrnng  fehlt,  die  der 
Yerf.  liinsichtlich  der  Artillerie  in  einem  hohen  Grade  der  Vollstän- 
digkeit «ieh  erworben  hat. 

Im  Allgemeinen  ist  dieser  Umrifs  eine  gedrati<;ti;  Sammlung 
von  Thatsnchen,  mit  einer  Menge  tabellarisch  zusammengestellter 
Uebersichten ,  mithin  ausgezeichnet  reichhaltig ,  ebendaher  keines 
Auszugs  fähig,  und  in  eine  Kritik  des  Einzelnen  einzagelien  ,  würde 
einen  theoretisch  gebildeten  und  zugleich  erfahrenen  Artilleristen 
crlordern.  So  viel  ergiebt  sich  jedoch  bald,  daf«  da«  Wisrk  diesf» 
letzteren  «ehr  au  empfehlen  ist. 

M  u  n  €  k 


Aietätia,  2'ej|«üArtfl  für  GcfchiehU ,  Slaati-  und  Kirchenrecht, 
beratug.  wn  Br,  S.  Münek.  JoAr^.  1880.  Haag,  im  dfer  Fo^ 
UtgtkmiM»  rffir  Oeftrilifer  BarimmoL. 

Bei  dem  grofsen  Reichthnme  unserer  Literatur  an  Zeitschriften  . 
kann  es  leicht  geschehen,  dafs  ieino  neue  Zeit«chrift  nicht  den  Ein« 
gang  findet,  den  sie  ihrem  WertLc  nach  zu  finden  Verdient  hfitte. 
Die  Torliegcnde  Zeitschrif  t  enthält  so  viele  dem  Inhalte  nach  intere«« 
«ante  nnd  der  Ilarstellung  nach  wohl  gelungene  Auf«fltKe,  dafs  die 
iinnnterbrochene  Fortsetzung  derselben  in  einem  hohen  Grade  wün- 
ftchensverth  ist.  Wir  wollen,  um,  so  viel  art  un«  ist,  die  Anfmerksanikeit 
det  Pnblikaras  auf  diese  Zeitschrift  lenken ,  wenigstens  einige  der 
iil  dem. Jahrgange  18M  enthaltenen  Aufsatze  namhaft  machen. 
Mehrere  dieser  Aufsätze  beziehen  sich  auf  die  Geschichte  und  auf 
den  dermaligen  Zustand  des  Königreich«  der  Niederlande,  diese« 
auch  für  die  Peatsvhen  Bttnde««tuaten  in  mehr  «U  eiaör  Hlnatelit 


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> 


wichtigen  Staat€«;  z.B.  der,  auch  in  einriu  bcRondercii  Abdruck  zu 
lialiende,  Anftatz  über  den  bekannion  Procerd  der  Ileiicn  de  Pot~ 
4er,  Tiele  in  ans,  Barth  eis,  de  INcve,  Coche-Moinens  uiul 
▼  a  n  der  Str  aet  cn.  —  Andere  haben  die  Geschichte  uder  die  der- 
malige  Lage  und  die  Zukunft  ücutschlnndu  zum  Gegenslnnde.  'L.  Ii. 
die  Abhandlungen:  Rudolf  III.  Graf  zu  Habs  bürg.  Von  seiner 
Gebort,  bi<«  da  er  Konig  der  Deutsehen  ward.  (Von  Jos.  Bader) 
\  aterländische  Begebenheiten  zn  den  Zeiten  der  Kaiser  Adolph  uihI 
AIhrccht.  (Von  Feclit.)  Deutschlands  Vergangenheit  n  lul 
Zukunft,  die  Gefahren,  M^elche  ihm  drohen,  und  die  I>1itTel,  den- 
sflhen  zn  begegnen;  ein  Wort  der  Zeit,  des  Frieden«  und  der  Eini- 
gung an  die  Regierungen  und  die  Nation.  (Vom  He  raus  g.  Ein 
lescnswcrther  Aufsalz  ;  auch  in  einem  besondern  Abdrucke  z«  haben.) 
Allgemeine  tkeoretisrhe  [Erörterung  des  G  esch  worn  en  g  e  r  1  c  h 
mit  Rücksicht  auf  Deutschland.  —  Auch  Baden  ist  nicht  unbedacht 
geblieben.  So  findet  man  hier  eine  sehr  wackere  Abb.  über  den 
Ursprung  de8  f  f  ;i  u  k  c  k  Baden;  von  Jos.  Bader;  eine  andere  mit 
der  Aufschrift:  Der  Grolshcrxog  Leopold  und  die  neue 
II  errs  c  h  e  r  I  i  n  i  e  in  Kaden.  (Vom  Hcrausg.)  —  Einen  Theil 
ihrer  Ausstatt(in<ir  verdankt  die  Zeitschrift  der  zu  Freiburg  beste- 

licnden  bisturischcn  Gesellschaft.  '         .  ,  , 

*•        ■  •  ■ 


Wo*  bcdürjen  ^  was  V'ütuscficn  und  ivu.s  erwarten  demnach  Jivrhesaens 
Bewohner  van  ihrem  erhabnen  Fürsten ftausc  mtff  dem  auf  den  IH. 
Ort.  IBäO.  einberufenen  engeren  Landtage  in  Bezichttnf»'  auf  Ver- 
fassung und  VcrtPfiUnntr  ?  —  Erste  Jbtheilnnf^  oder:  K'o* 
waren  und  ^ntts  irirkitn  die  althessischen  Landständc  bis  1816?  — 
■  Zweite  /4b  tk.  oder  li  ünscf/c  und  Andeutungen  zu  der  künftigen 
Landschafts-  Ordnung  und  l\ennung  der  sonstigen  Deniderien.  Fraukf* 
a.  M.  in,  Commünon  der  Jäger*scheH  Buchbaaälung,   18^.  ^ 

Diese  Abhandlung,  die  Arbeit  eines  Sachkenners,  bat  in  einer 
dopfiülten  Hinsicht  eiucn  bleibenderen  Werth ,  als  Schriften ,  welche 
durch  die  Zeithegebenheiten  veranlafst  werden  ,  zu  haben  pflegen  — 
Fürs  erste  in  so  fern,  als  sie  in  ihrem  ersten  Theile  eine  Ltber- 
sicht  der  Geschichte  der  landständischen  Verfassung  des  Churfür- 
stenthumes  Hessen  giebt.  Diese  Uebcrsicht  wird  in  dem  Grade  aus- 
führlicher, als  sie  sich  den  neueren  Zeiten  nähert.  (Sollte  es  wohl 
erweislich  sevn ,  dafs,  mic  der  Verf.  anfährt,  in  Churhesscn  die 
Städte  bereits  im  zwölften  Jahrhunderte  zu  dem  Rechte  der  Land- 
standschaft  gelangt  wären?)  —  Fürs  zweigt  tu  so  fern,  als  di€ 
Abhandlung  in  ^iireiu  zweiten  Theile  einen  Lnt\\urt  zu  einer  ncadl 
LandftcbafttordniAig  (oder  lamistandischeu  Verfassung)  enthäll,  wel- 


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Ueiier  Kurhesion. 

eher  sich  äberali  an  di«  Vergan^cniicit.  an  die  Ge- 
schichte anlehnt.  Die  nfiie  Verfnssungsurkiinde  des  Chiirfiir- 
stenthuius  Hessen  ist  viel  weiter  g^egangen ,  aU  die^t  t  Kntwiirf;  sie 
hnt  weit  mehr  die  Antpruehe  der  Gegenwart ,  als  die  Andeutungen 
der  Verei'ang'cnheit ,  benlcksirhtigit.  >Vir  lassen  es  biilig  an  seiften 
Ort  gestellt  seyn,  ob  mit  oder  ohne  Grund  V  Alleiiial  verdienen  uuch 
diejenigen  gehört  su  werden,  welche  dem  geschichtlichen üechte  .das 
Wort  sprechen. 


tkeorie  des  Lateinischen  Styls,  Mtt  einem  Lateinischen 
jintibarbarus.  Von  Dr.  C.  J  Orysar.  Köfn  a.  Rhein.  Druck 
und  Verlag  von  Johann  Georg  Seämitz^  1881.  XVI  und  ^6%  ü, 
(ohne  das  Hegiatm')  in  gr,S»     •  • 

Das  Bedfirfnir»  eine»  Werkes,  wie  das  vorliegende  iwt,  da« 
neben  einer  umfassenden  praktiRchen  (nicht  blos  tlK oiefiN«  Ju  n)  An- 
leitung zum  Lateinischen  Styl  auch  die  Awtw  erforderlichen  Angaben 
aller  der  hier  zu  vermeidenden  Ausdrücke,  Wendungen  und  Redent«- 
ürten  enthalte,  entsprechend  den  Anforderungen  unserer  Zeit,  und 
dem  Standpunkt,  den  jetzt  die  Wissenschaft  überhaupt  «^^ewonnen 
hat,  ist  bisher  so  fühlbar  gewesen,  dafs  wir  schon  aus  diesem  Grunde 
die  Erscheinung  vorliegender  Schrift  willkommen  heilten  dürfen, 
sniiial  da  die  bisherigen  älteren  Werke  der  Ait  anerkannt  un^enü* 
gend  oder  für  den  Gebrauch  ungeeig^net  waren ,  vorliegendcB  alier 
durch  die  eben  so  vollständige  und  uiulae^seude  als  gründliche  uLd 
zweckgemafse  Behandlungsar  t  ise  unsere  Anforderungen  zu  befriedig-en 
im  Stande  ist ,  weshalb  wir  möglichste  Verbreitung  dieses  Werkes  und 
allgemeiue  Anwendung  bei  den  Uebungeu  zur  Bildung  des  Lateini- 
schen Styls  zu  wünschen  allen  Grund  haben.  Zur  Erreichunf;  flieses 
Zwecks  beizutragen,  i^t  aiK  h  der  Zweck  dieser,  wenn  gleich  nach 
Vcrhältnils  der  Schrift  selber  nur  kürzeren  Anzeige,  in  der  wir  die 
Freunde  der  olassischcn  Stildien  aufmerksam  raachen  und  die  we- 
sentlichsten Punkte  des  reiche«  Inhalts  andeuten  wollen,  nni  8o  we-f 
nig^stens  einen  BcLrrifT  von  dem  zu  geben,  was  hier  sa  erwarten  ist^ 
ond  zugleich  untrer  eigenes  Uriheil  über  Nützlichkeit  und  Brauch« 
barkeit  des  WerktB  einigermafsen  in  den  Augen  derer  zu  begrün- 
den, die  nicht  durch  eigene  Anschauung  Gelegeohmt  finden,  'Siek 
selbst  davon  zu  überzeugen. 

Nach  einer  Einleitung,  welehe  sich  über  die  nnt^  den  Alten 
herrschenden  Ansichten  von  der  Reinheit  des  Stjls  und  den  dazu  er- 
forderlichen Eigenschaften,  sowie  ülicr  einige  andere  allgemeinere 
Ponkte  verbreitet,  beginnt  das  Werk  selbst  in  der  ersten  Abtlieiinng 
mU  der  I^ehre  von  der  richtigen  Wahl  dojr  Wörter  und 


I 


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tu  Grytar,  Theori«  4.  Lat  St^U  und  AntiUarbarii«. 

R(>dt  n «arten,  vrtk  dnim  im  cfvteii  .^btchaill. die.  PmomiBa,  i«^ 
Kweiteo  die  Z«lii Wörter.  *  im  düM^en  4m  Snbttaiitiv«  im  ▼i«rt«ii\d«* 
Adjectiv,  im  ffftnflM  das  VerlMtai  I9iid  Ui  dei»|»ddM  l«tst0ii  Atacliait«« 
ten  dl«  Ffftpotitioaen  ind  FiHiliolB  lidiudeli  «efdmb  Weai»  di« 
Ldir«  van  dem'  Gebmcli  der  Promimira  hier  mit  beeenderer  itor;g- 
Mi  mid  gröberer  Attsfnlirlielikeit  bei|«»delt'  hl,  eo  iiA  di«t  tliaili 
dnrcii  die  Wiclitigi^elt  der  Lelire  ,  «ad  die  Sehwieriglceitm,  die  bei 
Uebangen  im  Lateinteclien  Stj^l  hier  gerade  beronder«  heryortreten , 
thetls  darcb  da«  Ungenügende  der  Behandlungsweite  in  den  bishe* 
rigen  Grammatiken  und  andern  ähnlichen  Werken,  hinreichend  ge« 
f^chtfertigt.  Wir  möchten  dasselbe  ing^leichen  auf  die  beiden  letzte« 
Abschnitte  dieeer  Abtheilung  «nwepdfn ,  namentlich  auf  den  sechsten^ 
def  die  in  den  meisten  Latein.  Grammatiken,  selfmt  in  drn  geprie- 
gt'Tisten  unBcrcr  Tage,  nur  sehr  stiefmütterlich  und  ungenügend  he- 
haiidcUc  [.ehre  von  den  Pru|>ositI»n<  n  IjctiilKt,  und  in  «einer  Ausdeh- 
nung^ (^S.  391  —  467.)  diesen  Gegenstand  mit  eben  so  vi<  !  Klarheit 
and  Bestimmtheit  al«  Vullständigkeit  und  Genauigkeit  im  £inze]nen 
behfindtlt  hat;  wa«  bei  dem  Man«?el  tüchti«fer  Vorarbeiten  und  dem 
eben  so  umhevolLcn  uls  Bchwierigeii  Gesehüli  ,  die  einzelnen  in  zahl*^ 
reichen  Sehriften  und  Commentaren  zerstreuten  Bemerkungen  über 
einzelne  Präpositionen  and  deren  Gebrauch,  aufzufinden,  zu  sam" 
mein  und  zveelim&raig  aa  bflnutaen,  nichts  geringes  war.  Hier,  wie  bei 
dem  folgendea  Absehaitt  aber  die.Ptoliltela  Jel  awar  dce  Tursellittos 
Werk  alierdings  gebraneht  wöidea ,  -aber  aar  al«  Matertal-,  da«  dav 
fcritlaehe»  Sieltitaag.vad  Otdauag  ia  aiebt  geriagem  Grade  bcdiirll% 
ietV  mll  besonderer  ttorgfalt  ist  abdr  die  Syaeajmik  irehandeit  «nü 
die.  eigeathamlichea  VemliledenlieUea  dcv  Partikela  ia.  Ihre»  Bede«- 
iaag  aaid  in  ihcem  Aebraoeh  <eiaar  der  «elivierigitea  Paakte,  ^ier' 
eb^  daher  öfter«  ^egea  Oeb&hr  ireraaaUftaalgt  wird  and  dadttrüh  . 
öfter  Irrthumer  lieliii'.  Lateinseb reiben  veranlagt)  aaiiignirieoDC  i 
DaPs  nun  in  dieser  ersten  Abtheiluag,  wie  i«  den  .beid«n  f0lgeadea » 
Manches  bnröiirt  tat  oder  viotmehr  beröhrt  werden  maAi«,  ^was  mü' 
in  die  Grammatik  gehört  nnd  dort  ebenfalls  vorkommt,  liegt  In  der 
Natur  der  Sache  und  in  der  Unmögliehkeit  einer  Iiier  sn  voraaetal» 
tendon  Trennung  oder  Ausscheidung  dessen,  was  mehr  der  Graut« 
matik,  Ton  dem  ,  was  mehr  dem  S;trRehnpobrauch  und  dem  Styl  ange^ 
hört  oder  in  das  Gebiet  der  Synonymik  einschlägt.  Um  ««  befrif»di- 
gender  ist  die  Ausführung  der  einzelnen  Abschnitte  ausgefalien,  was 
bei  der  Reichhaltigkeit  des  Inhalts,  bei  der  Klarheit  nnd  Umsicht« 
mit  welcher  die  einzelnen  Bemerkungen  Torgetragen  und  die  Unter« 
schiede  entwickelt  werden,  nur  dankbare  Anerkennung  finden  kann. 

Die  «weite  Abtheilung:  Von  der  Hilduncr  des  L  nte  ini« 
aeken  Satzes  (S.  &98ir.)  verbreitet  sich  über  die  Lateinische  Cun- 
nfraelion,  über  UoMrichreibungen ,  Abkürzungen,  Wendungen,  Dent^ 
liebbelt,  f;aacinaitftt  de«  Auedrnck«,  Aaaebmliehkeit ,  Tropea  nmä 


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Qr^MT«  Theorw  d.  tmk,  StyU  niul  AuiibarlwrML  7^ 


Figurtjii  ,  und  liher  Umfang  des  SfitzeR.  Di«  dritto  AhtfuMlun»: 
(S.  625  fl'.)  belinmfelt  die  Lehre  von  der  Stellung  der  einzelnen  ^Völler 
vie  der  der  Siiitzr  und  der  \  erbindung-  nielirerer  Sat7.e  in  /UNaiuiuen- 
liHriji^endf  1  Hi  dc  .  Auch  dk'te  4>e|deA  AbtbeUungttB  limi  auf  bofirieUir 
g^ende  Weis«  Ijclianttrlt.  ' 

Noch  halu  ri  wir  aber  von  einem  weaeniHchen  l'heile  des  Werkt« 
SU  rediii.  nämlich  von  dem  S.  li^.  eingeschalteten  und  bei  kleiiKiciu 
Drucke  bis  %u  S  3f)6.  reichenden  /fntibarharu».  Es  ist  dies  ein  alpba- 
betisches  VLizricJinlffi  rem  einzelnen  Wortern  nnd  Phrnsen,  weiche 
entweder  g^anz  urilatt-iniKch  Rind  nrter  doch  der  spateren  gesunlteium 
Latinität  ang^ehoren,  (Kirr  «is  Svnonvinf  dur(  h  Verwechslung  drr  Nü- 
hcnhepriüe  zu  vei  krhrtmi  Airsdi  tu  k  l  erlt  itin  könnrn  Dt  r  V  trf.  will 
dieses  VerzrichnÜN  iinifcsehen  wisHcn  ,  bIh  «  in  hie  und  dort  berich- 
ti^er  Auszug  de»  Nathwendi^sten  aas  den  S»  Iiriiten  der  Lnteinischeil 
Grammatiker ,  an«  (kn  vi  t«<  fiicdrnpn  Werken  neufrer  Gelehrten  über 
SjQonymik,  und  aus  den  Iruliirrii  Srhriften  eines  Voorst,  Vossins, 
Cellarius .  Noltrnius  u.  A.,  ziig^icich  aber  nurU  mit  Benutzung  d*är  in 
den  Aufgaben  der  Lateini»;r!H>n  Schriltsteller  . zeiKti  crjten  Bemerkun- 
gen der  besten  Corameniataren.  Gewifs  wird  Nieuiand ,  der  dieses 
Veneichnirs  näher  prüfend  durchgeht ,  die  Sorgfalt  und  Gründ- 
lichkeit,  mit  weicher  der  Verfasser  gearbeitet,  oder  dip  Genauigr 
keit  in  den  einzelnen  Angaben ,  verkennen  und  dem  Verfasser  die 
Tcrdiente  Anerkennung  seiner  Leistungen,  so  wie  der  Nützlich- 
keit und  Brauchbarkeit  seines  Werkes  versagen  können.  Was  den 
lJuilaag  solcher  Verzeichnisse  betrifft  und  deren  Aosdohoung ,  so 
ist  es  leicht  begreiflich  ,  dafs  es  an  einzelnen  Wörtern  oder  Redens- 
arten nie  fehlen  wird,  die  Jeder  nach  seinem  individuellen  Sland- 
puakl,  als  besondere  \vLrliti<^  ansielit  und  darum  heigefügt  wünschen 
wird«  wenn  er  sie  auf^i^elaNHen  finden  sollte.  Wie  läfst  sich  aber 
überbaujpt  hier  eine  Grenze  ziehen,  oder  ein  Endpunkt  bestijumen, 
da,  wo  nicht  wie  bei  einem  Lexikon,  welches  einen  be#timint  gege- 
bnen Sprachschats  enthält,  das  Gebiet  in  seine  hettimiutfn  Grenzen 
•diarf  eingeschlossen  ist!  Iiier  liegt  für  den  Bearbeiter  mit  tinp 
IIaiiytsch^vieri«j^kcit  gerade  darin,  dafs  er  das  rechte  Aüaais  j,vl  beob- 
achten (ind  bei  der  Aufnahme  einzelner  Wörter  und  R^edensarten  sieh 
inoerhalb  der  g^ln^rigen  Schranken  zu  liiiUen  wetfs^  indem  flr  das 
Weaeotliche  von  dem  minder  We^t  ntliehen  nusscheide  und  nar.jencoi 
eiiia  Stelle  in  seinem  Antibarharua  einräume,  lifld  in  dieser  Besie- 
hang  haben  wir  vorliegende  Arbeit. nur  zu  empfehlen,  zumal  da  der 
Verf.  keineswegs  aus  den  oben  bemerkten  Quellen  in  glucklicher  Aus- 
wahl das  Noihwendigstc  und  Wesentlichste  blos  zusammengetragen,, 
sondern  durclf  die  logische  Behandlung  ,  Ordnung  und  Sichtung 
für  den  Gebrauch  noch  nätzUcher  gemacht  hat.  Gern  werden  wir 
ibiu  daher  die  erbetene  Nachsicht  schenken  >  „wenn  hier  und  dort 
ein  Wesen tlich  scheinender  Artikel  v^niftt  oder  eine  richtigere  Er- 


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Gr|»ar,  Th«oi-)^  il.  jU^t.  ^t^;/^  und  Aaiit)arJ[|iirmi. 

HtautI  in  liii0dert  pd4  fbortoil  li«^elt  tliwlliiiten  serfilU , 
dnrrhgftngig«  VollkQ|MiHlifk«i|  «Hl  AOlA  maMfltfym  Uefcafifceito» 
de«  Gt^b€B|;^  arr«li}|ilN|^ ;  MBmi,  inian  Üe  MiilKBlM  Hilfaiitfn% 
PQ  antMer  «a^  scHwiKkt««^  ümI  ,  »It  fdi  iie  ««f  Mumm  QiMHe 

Mit  kctM^mr  Aniwitftiiili»it  i<t  Iin4^  lifer  ^  ^yAon^nntt  ^«toi* 
M(,  ^'tf«  Mftiig«!  iui4.4f»  UAfoAptMigliMt'ier  MiMiitt  «Me, 
lnvefehMi,  ^ieS..^UL  fm»  ffichüi;  Mi«riit  vM«  j!;enui6  dt«  wM- 
ttj(atCB  Reivtbmle«  at«  f^OBomina,  PH^|NMidMH«  md  Partikeln  eoU 
ir«d*r  '||ar  nicht  oder  doch  auf  eiae  awayelkafla  W«|ie  Miä«Mk 
«lad,  die  Arbeit  unendÜdi  cnchwerea  tpnftlen.  Dagfgen  hal  alwr 
der  Vert  die  Resultate  der  Untersackaagaa  ia  JMderieins  treffltvJMÖi 
'Vfvrk  aber  die  Lateinischen  Synonyme,  uo  weit  es  der  Zweck  seinca 
ffTerkes  erforderte  y  benutzt  und  in  kurzen  Aiin?^ri^('n  nir(«ethei}t. 

Noch  niiiMKcn  wir  beim  ScUlul«  unterer  Anzeige  einen  Funitt 
hcrrorheben  ,  niimlirh  die  rn  diesem  Werke  diirehffängtg  vnlirnehwi-' 
liarp  Benutzung;  luanelicr  serstrent  in  den  veiKeliiedenen  CMinincn- 
tartji  neuer  Gelelirten  niederg-elegten  Bemeikutig^cii  über  Spracbg^ 
brauch,  Synonymik  und  ilerf^l.  Gerade  das  isi  h,  wh<»  Hef.  in  Wcrlfcn 
ähnlieher  Art,  wie  sie  bisher  erschien*  n  Hiiid  ,  so  wie  naraentlieh  in 
den  zablreleben  LatciniKehen  Graiuwatiken  ,  die  jede  Me«He  /u  Tage 
fordert,  vermil^te  ,  wiibrend  doch  iii  den  Cummentareu  eitie«  Grono- 
Tius,  Burmann  nnd  bq  \ieler  anderer  Gelehrten  nnserer  and  dM 
"Hossenen  Tage  ekl  lahra»  Mia(%  der  hvamshbarslen  N<»tlaMi  Itttlr 
Grammatik,  SprachgehiWiiih ,  Synonymik  uatf  iatgl  aie^rgelegt  ini, 
Waldie  aadler«  8««f«lt  wünla  aatem .  Lateiaiaehe  ChPaiawaCilr 
'natgffUtrfe  Beaaliaiiir  ^leMMf  Miüae  gawiaaaaV  «aMar  YoiAlMtt:, . 
Wfllvli«  Erleiähtafa^  aachr  ißm  galdbHtta  FotMliar«  imk  Kvktttar, 
aaraaa  erwaefarie«^  'dna  «alaha  AfMi  int  freMiäli  -aiit  h^ßätrn^ 
rtagea  MMm  Vcrib^rtet  (aa^  das  Int  an  ehaa ,  wan^MUtti  haalifeii  Tag» 
beim  BManaachen  am  amMm  adiaat}';  iaimiia  ftaJÜiwiaV 
nMiUaBM  antbatten  schon  eine  Manna  aalalMa  SfarterMn,  Am  Mlf^ 
n6eh  ent  «u  siebten  ist,  a«%anpei*hn(ri ,  nnd  Itimteo  in  sofora  4ie 
Arbeit  einigata^fbea  erleicfitern.  Unser  Verl  hat  for  iiein«n  2wa«|c 
diene  Muhe  nieht  gescheot,  und  «n  können  wir  nttr  w&isciijt>a,  4alW 
'nein  Beinfiinl  auch  voa  Andern  befnlgt  werden  mö«^^.  —  Ein  voU- 
Irtandip^es  Reg-iwtcr  über  die  Latemisrhen  Wörter  erleichtert  dna  Ga^ 
^raadi  iIm  WerlM.  I>rudk  uad  Fnfier  nind  hefctwligead.         .  - 

Ck.  Bdkr. 


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N%  4r    HEIDELB.  JAHRB.  d.  UTERATUR.  1831. 

P.  Mahr  t  inack  Luttere^  kah49  dwiikwojitf  teem  peemlnea»^ 
swehikeemt  ha  Luttera  m^hitiba,  —  im«  jau  trihsBimU 
gaddi,  —  Ukke  kttikta  ^ugshurg^,  SM  49$nä  Jukni-mehntH» 
19Mtä  gadää,  par  gokdm,  un  Latw€9$€ku  iuutintem  p9r 
iabhu,  apsikm^hft  no  M.  TihlUy  vewdba  makzitaja  p§9 
Mahn»  ha9niza$  int  oAfra  p€ea€hd9ti^  pev  Mt€nigt»  0<Miilsat-f««iM 
IKft^  pOwmktä,  Tm^k%  ur  Umm  wmMwm  HahgtUäz^  kä 
krhiigä  dramtH  BikgS  «o  Kuiitlu  htkmkm  mMbakm  zehkikaHia 
tmppuBL  Rikgi,  dHkkzhU  pee  n^,  F.  BMtr.  1830.  110  S.  1»  8. 
MHcBe»  iai  ehe  freie  lelf  tfeft«  Uebtrsetzumg  ßkr  ämä  Ftlfc  «oii/rf- 
f  «»rfcr  deuUcker  volh^ändigertr  Sekriß : 

'J>r.  Mcirtin  Luther g  Leben,  nebst  eiutr  kurzen  Geschichte 
der  lief  orm  dt  ton  in  Higa^  urtd  eincjii  fac  simile  zweier^ 
auf  der  hiesigen  Stadtbiblivt  hck  befindlichen,  eigen- 
Ji  ä  u  (l  i  ^en  Briefe  Luther  s ;  ein  Beitrag  zur  Feierde»  dritten 
Säiulai festes  der  Uebergabe  der  Jngsburgischen  Confession  ,  am 

■  *  25.  Juni  1530.  Für  Conßrmandtn  vcrfafst,  von  M.  Thiel,  er^ 
staui  Prediger  an  der  Domkirche,  zweitem  As»e»90r  dee 
Stadt '  Consiatoriume  in  Riga  u.  a.  w.  den  1^.  Juni  1880*  Biga^ 
gedrueiei  hei  Wilhelm  Ferd,  Hacker.  (Auch  in  Commlati9n  hd  der 
SUinaekea- Bartkuoekiteheu  Bvekkandlung  zu  Leipzig.) 

4 

Das  Säcu!arfest  der  Auo^sborgischcn  Confession  hat 
zur  Freude  des  Recenseiiten  eine  Menge  kleiner  Schriften 
io  Deutschlaod  veraniafst,  von  deaea  gewüs  eiue  jede, 
irgend  einem  Theil  des  Publikums  aogemessen,  wohl- 
däiige  Erinnerungeii  ao  jenen  groften  Bekenntnifisteg 
«rweckt  Denn  so  ungleich  ihr  Gehalt  seyn  mag ,  so 
gewifs  mufs-  der  Freund  der  Oeffentlichkeit  und  der  Auf- 
hellung immer  dies  bedenken ,  dafs  doch  wohl  jeder 
Schriftsteller  f^leichsam  der  Repräsentant  einer  jo^ewissen 
Classe  von  Zeitgeoossen  ist.,  denen  gerade  seine  Dar- 
stellung mehr  als  eine  höhere  odjsr  niedrigere  entspre- 
chend seyn  mag.  Immer  also,  wenn  nur  etwas  Gut* 
wollendes  gesagt  wird,  ist,  duiikt  mich.  Sprechen  besser 
als  Schweigen.  Dennoch  ist  es,  fQr  den  Umfang  unserer 
Jahrbücher  auch  nur  von  den  interessauteren  Notiz  zu 

lULlV.  Jaiiig.  a  Heft  47 


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138 


Or»  IiVlhert  MMn,  letdtdi  itqd  dcuUeli, 


geben ,  bisher  (einige  wenige  aubgejioriHnen)  dem  Ree. 
uebeo  andern  Beschäftigungen  nicht  möglich  geweseu. 

Aber  die  aus  so  ivciter  Feme  veo  eioem  krtftig^ 
Freund  des  eTangelisohen  Protestantismua  so  eben  erhal- 
tene Gedächtnifsschrift  kann  er  nicht,  ohne  Bezeugung 
seiner  Freude  über  die  darin  bewiesene  Theihiahme  an 
der  wichtigen  Suche,  aul  die  Seile  le^cii.  Klar,  herz- 
lich ,  ohne-  Uebertreibung  ,  durch  gut  ausgewählte  Dar- 
steltung  der  Thatuinslände ,  giebt  der  Verf.  in  einem 
Umrifs  von  Luthers  Leben  auf  eine  recht  Volks« 
verstandliche  Wet^e  die  Geschichte  seines  grofsen  Werks 
und  der  welthistorischen  Unentbehrlichkeit  und  Wirk- 
samkeit desselben.  Er  leistet  im  Kleinen,  was  Dr.  Mar- 
heinecke  durcli  seine  Reformationsgf^srhirhte  als  eint  m 
oft  wörtlichen  Auszug  aus  den  Quellen  ingröfserem  Um- 
fang geleistet  hat  und  ferner  (weit  besser  als  durch 
seipe  specttlativ  seyn  sollende  Dogmätik)  wirken  wird. 

Sehr  hat  es  diese  Darstellung  des  Verfs.  verdient, 
dafs  davon  eine  lettische  Uebersetzung  durch  das 
Consistorium  %u  Riga  verbreitet  worden  ist.  Wie  leb- 
haft und  energisch  wOrde  der  unvergefsliche  Freund  des 
Reo,»  der  General -Superintendent  |}r.  Sonntag,  auch 
an  dieser  Sehilderhebung  des  evangelischen  Protesten* 
tismus  Antheil  genommen  haben,  wenn  er  mit  jenen 
seinen  Coilegen  dieses  Deukfest  noch  erlebt  hätte. 

Der  Verf.  zeigt  besonders  die  Gabe^  geschichtliehe 
Köge  in  einer  ganz  einfach  scheinenden  Darstetfung  so 

dem  Leser  vorzuhalten,  dafs  sie  ohne  alles  Wortgepräng 
einen  recht  tiefen  Eindruck  machen  müssen.  So  S.  4. 
über  Hufs :  „Der  Kaiser  hatte  ihm  Sicherheit  zugesagt; 
aber  die  Priester  behaupteten,  einem  Irrlehrer  dürfe 
inan  nicht  Wort  halten,  wie  jüdische  Priester  über  Jesus 
riefen:  Kreuzige,  ki^euzige  ihn!  .  .  Huftslarb  mit ilör 
'Gianbensfreudigkeit,  mit  derer  gelehrHund'  gelebt  halie. 
Noch  in  den  Flammen  war  sein  Gebet  Fürbitte  iiir  seine 
Feinde.  Fr  starb  mit  den  Worten  (Ps.  31,  6,  «Me  auch 
linter  deu  letzten  Worten  Luthers  s>ud) ;  Isk  deine  Hiode 


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befehle  Idi  meiiiett  Geist  Da  bast  mich  erlöset^ 
Herr«  du  getrettet  Gott!  Lut(iei*  sagte  von  Hufs: 
Sie  hallen  die  Erde,  wo  Hufs  lebendig  verbrannt  wurde^ 
eine  Eile  tief  ausgegraben  ;  sein  Aadeoken  bat  nicht 
vertilgt  werden  können!  Er  hat  unerschrocken  gelft^' 
cbelt»  da  mm  ihm  zum  Zeichen  der  Absetzung  die  Pria- 
fl^rkleider  an«  und  tvieder  auszog.  Da  er  sah,  dab 
ein  Bauer  Holz  zu  seinem  Scheiterhaufen  brachte,  rief 
er  mit  mildem  Lächeln  die  Worte  des  h.  Hieronymus  2 
Axk,  du  fromne  Einfalt !  Ein  Priester  drängte  sich  ua 
ihn  und  fragte,  ob  Er  widerrufen  nud  noch  beichten 
welle  ?  Aber  Er  antwortete :  Ich  habe  nichts  Uu  wider«^ 
rufen ,  und  weifs  mich  keiner  Todsünde  schuldig.  Da 
erstickte  ihn  die  Flamme,  und  seine  Asche  ward  in  den 
Rhein  gestreut.  Aber  (fugt  der  Verf.  hinzu),  um  eochi 
liebe  junge  Christen !  mit  dem  Geist  bekannt  zu  machen, 
der  auf  dieser  Priesterversammlung  herrschte,  diene 
euch  die  Beiiierkuiig  :  drei  Päpste,  Johann  XXIII., 
wurde  „wegen  10  Schandthaten,"  Gregor  XII.  und  Be- 
nedict XllL  wegen  Unwürdigkeit,  auf  eben  diesem  Con* 
cilium  abgesetzt.  Wenn  diese  für  heilig  sich  erklärende 
Stellvertreter  Jesu  und  Nachfolger  Petri,  die  sich 
unter  einander  verflucht  hatten,  endlich  auf 
solche  Weise  abgesetzt  w  erden  mufsteu  ,  welchen  Schutz 
konnte  ein  Wahrheitsfreund,  wie  Hufs,  neben  einer  soU 
dien  Entsittlichung  der  Hierarchie  erwarten?'' 

i^beoso  weifs  der  Verf.  noch  vieles  aus  den  Vorbe- 
Tötungen  der  Reformation,  und  dann  eine  Menge  tref- 
linder  Zöge  aus  dem  ganzen  Leben  Luthers  hervorzu- 
heben. S.  28.  spricht  sehr  feierlich  von  Luthers  Ver- 
brennung der  Bannbulle  und  des  kanonischeu 
Kirchenrechts.  Dieser  Act  nämlich  war  nicht  etwa 
(wie  so  manches  frOhere  und  spätere  unnfitze  BOcher^ 
verbrennen)  entweder  Gewaltthat ,  oder  leerer  Scherz* 
Br  war  Luthers  feierliche  Lossagung  von  der 
päpstlichen  Gerichtsbarkeit  und  Kirchen-' 
kArfMhi^fl  Jetiel  atät  aymbolisch  ^ärt,  dufs  eine 
nilki  Kirche  um  Luthers  G^rvndsMK«  irich  vcr« 


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740  Or.  Lallien  Lttbeii»  leltiaeh  und  dcattch, 

sammelo  solle.  Der  Verf.  setzt  eindringliGh  himu: 
Hätte  doch  der  fromme  Johann  Hufs  von  seinem  Schei- 
terhaufen auf  diesen Holzstofs  herübersehen  können!  Wie 
glorreich  ging  aua  seioe  grofüe  lürwarluog  in  i^rtüi- 

S.  41.  „Am  31.  iVl^ii  1520.  gab  Papst  Hadrian  un- 
serem Luther  eine  neue  V<  r.iiilassung ,  seine  Anordnun- 
gen anzugreifen,  da  der  Papst  einen  gewissen  Benno, 
der  ÖOO  Jahre  zuvor  Bischof  zu  Meifsen  gewesen  seyn 
sollte,  dafür  als  eineo  Heiligeu  Gottes  und  der  Aobe* 
luog  Werth  erklärte,  weil  er  seinen. Laudesherrn 
in  den  Bann  gethan  hatti$.**  Hierauf  bemerkt  S.46. : 
„Nur  in  Sachsen,  wo  die  Reformation  begonnen  uiui 
am  meisten  Wurzel  gefafst  hatte,  nahm  an  dem  1525. 
ausgebrochenen  Ba u er nanfruhr  niemand  An* 
theil*    Welch  ein  Beweis  1" 

S.  58  spricht  von  der  Protestation  vom  19.  April 
1529.  zu  Speier,  in  welcher  die  evanjß^elischen  Fürsten 
urtd  Reichsstä(he  ihre  Hechte  gegen  alleEingrifle  mensch- 
licher Macht  in  Sachen  des  Glaubens  und  des  Gewissens 
Tertheidigten  nnd  .yerwahrten.  Der  Verf.  setzt  kräftig 
hinzu:  Von  dieser  unendlich  wichtigen,  freimfithigen 
und  ehrenvollen  Protestation  führen  wir  eyangelische 
Christen  seitdem  den  Ehrennamen  Protestanten, 
den  wir  als  ein  theuer  errungenes  Gut  der 
Gewissensfreiheit  mit  allem  Eifer  auch  für 
unsere  Nachkommen-  zu  behaupten  haben. 
Denn  wir  mllssen  ohne  Unterlafis  gegen  alle  päpstliche 
Irrlehren  und  ffegen  jedes  Uebergewicht  menschlichen 
Ansehens  in  Ghubenssftcheu  protestiren,  damit  wir  uns 
gegen  Gal.  6,  1.  nicht  wieder  fangen  lassen  in  das 
knechtische  Joch,  sondern  in  der  Freiheit  Christi  be- 
stehen. Der  Churfürst  Johann  von  Sachsen  bekam^  von 
diesem  Tage  an,  den  Namen  des  Beständigen." 

Ree.  führt  gerne  diese  Stelle  an,  die  uns  zeigt, 

wie  auch  über  Deutschland  hinaus  unter  einer  zwar  ab« 
soluten ,  aber  über  das  Kirchliche  toleranten  Regierung 


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von  Domprcdigcr  'i'ltiel  zu  Riga.  141 

der  elgeailtch  UMterscheidanile , Grundsatz  des  evaageli- 
scbeaProteskiiilismufihoohgeachlet  und  festgehalleawird. 
Auch  Christen ,  welche  das  Byangeiiain  oach  der  fbr  sie 

wahrscheinlichsten  Auslegung  zur  alleingeltenden  Auto- 
rität machen  zu  dürfen  ^vähnen,  werden  un protestan- 
tisch, d.  h.  «ie  verlieren  die  wahre  Achtung  vor  gründ- 
licher Ueberzeugungafreiheit 

Die  Geschichte  von  <ler  Uebergabe  der  Augsbur* 
giachen  Confesaion  beghmt  S.  65.  mit  der  Notis :  Am 
20.  Juni  15M.  eröffnete  der  päpstliche  Legal  Pimpinelli 
den  Reichstag  mit  einer  Rede,  worin  er  sagte:  „Wenn 
Petri  Schlüssel  die  steinernen  Herzen  der  deutschen 
Fürsten  nicht  aufzuschliefeen  vermöchten,  so  mülste 
Petri  Schwert  d reinschlagen.**  Dergleicheo  kurse 
Data  entscheiden  als  charakteristisch. 

Von  S.  80  —  90.  wird  die  Verbreitung  der  Refor-^ 
mationslehre  nach  Riga  avsfilhrlicher  erzfthlt  S.  8T. 
bemerkt,  es  wire su  bedauern,  wenn  die  drei  eigen-»- 

häudigen  Briefe  Luthers  an  die  Stadt  Riga, 
welche  in  seinen  Werken  (Bd.  V.  uud  Bd.  X.  der  Wal- 
chiscfaen  Ausg.)  noch  aufbehalten  sind,  wirklich  ver- 
loren gegangen  seyn  sollten.  Der  Verf.  giebt  dann  ani 
Ende  seioer  Schrifit  ein  fac  simile  von  zweien 
Briefen  Luthers,  wovon  der  erste  in  der  de  Welti- 
schen  Ausgabe  Thl.  V.  S.  302.  303,  als  eine  bis  dahin 
ungedruckte  Mittheilung  aus  der  Stadtbibliothek  in  Riga, 
das  erstemal  belcannt  geworden  ist.  Der  andere  ist  latei- 
nisch ,  VHemhergae  post  festum  Pvrificathm9  1540 , 
mit  der  Aufschrift :  Venerubili  in  Domino  l  iro  Georgia 
Scarabeo ,  Mmistro  verhi  in  Hannover,  suo  fratri 
chatissrmo.  Dieser  ist,  nach  des  Verfs.  Versicherung, 
Docli  nie  öffentlich  erschienen,  und  wird  also  eine  Zu- 
gabe (dem  Inhalt  nach  eine  nicht  gerade  bedeutende) 
zu  dem  VI.  Theil  der  de  Wettischen  Ausgabe  werden 
können  (deren  baldiges  Erscheinen  Ree.  bei  dieser  Ver- 
mlassung  gerne  ins  Andenken  bringen  möchte). 


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Br.  Lutliort  lieben ,  I^Uiteh  iin4  itoü^li  w. 

Andere  Andeutungen  kirchlichen  Inhalts  finden  \s\t 
S.  84  —  92.  iu  eioer  andern  Schrift  d«^  Verfe  uut^ 
dem  Til^: 

Unterhaltungen  nu8  di  r  vaterländischen  Geschichte  für 
die  Juge^dt  von  M.  Thiel.  —  thitU  Hhr  vermehrtQ  Aufiagn. 

Schon  die  Vervielftllig^UDg  der  Ausgaben  beweint, 

wie  gut  auch  diese  In  yolksveri^tändlicher  Weise  gege- 
bene patriotische  Darstellungen   aufgenommen  worden 
sind«    Als  Erzählungen  für  eine  kleine  ländliche  Fa* 
milie  be^innl  sie  der  Verf.  von  den  fröbesten  Zeilen  dor- 
tiger Geschichte.    Wabrachetniich  ivir4  er  biesm  bei 
einer  neuen  Ausgabe  auf  die  sehr  interessanten  Forr 
schungen  in  dem     Versuch  einer  Entwicklung 
der  Sprache,  Abstammung,  Geschichtet,  My- 
thologie und  bürgerlichen  Verhältnisse  der 
Iii  wen,  Litten,  Besten  u*8.  w*  mit  Hinblick  auf 
einige  benachbarte  OstseeTdiker ,  von  den  Ältesten  Zeiten 
bis  zur  Einfuhrung  des  Christenthums/^    Von  J.  C.  voq 
Parrot.  I.  II.  Theil.  Stuttgart  1828.  —  gerne  Rück- 
eicht nehmen.    Der  Gesichtsuhifang ,  ans  welchem  hier 
manchee  Vaterlftndische  ausgehoben  ist  f  gehl  bis  aof 
die  Zeit  des  Uebergangs  der  Stadt  Riga  unter  die  Ros- 
sische Regierung ,  wegen  dessen  am  4.  Julius  1810.  eift 
Säcularfesl  daselbst  gefeiert  worden  Ist. 


American  annafs  of  Education  and  iTisU  xiction ,  and  Journal  of  Htcrnt  tf 
instifntifins ,  embracivf(  a  record  of  schonls^  College»  and  lyceum$. 
Conducted  by  K'iUium  C.  ood  br  id g e  f  asaisted  by  severol 
friends  of  education.  Ao.  1.  C56  p.)  Ao.  2.  C112  p.)  »t>o.  Jug. 
and  Sept.  183^.  (/Amerikanische  Jahrbücher  der  Ehrziehung  und 
ilfli  Untert'ichts ,  und  Journal  der  literarischen  Anstalten  ^  u^hhet 
einen  Bericht  über  die  Schulen,  Colleges  und  Lycecn  enthält.  Unter 
•  der  Leitung  von  IV.  C.  IV oodbridg e,  und  der  Unterstützung 
einiger  Freunde  der  Erziehung  iter  Band,  Is  u.  2s  H.)  Boston, 
pubUthed     Cartw  mui  Ihndtv^  Corner  o/  iVa$kiu^Hn  an4  Sfko9l 


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Hier  itnmrtg^  SusCaad ,  worin  sich  fk«  VolkflechiiU 

Dveseii  in  den  Verein.  Staaten  von  Nordamerika  noch  zur 
Zeit  hefiiidet,  fordert  den  Menschenfreund  und  Gelehrten 
auf,  denjenigen  Weg  zur  Veriiesseruog  eiazuschlagen^ 
der  allein  den  €lorti||;cQ  Republikanern  offen  steht,  die 
Anfklaroag  Aber  diesen  hochwichtig^en  Gegeiisland  in 
▼erbreileii.  Der  ausgezeichnete  Gelehrte,  Hr.  Wood- 
bridge,  insbesondere  al^  Verf  geographischer  Werke 
auch  iu  Europa  bekanot,  betritt  Jenen  Weg  durch  die 
Herausgabe  der  yorliegenden  Zeitschiift.  Sie  ist  gans 
g^eeigoei)  um  allen  eeiaen  Landaleuten ,  die  nur  in  Eng- 
flacher  Sptacbe  lesen ,  das  Bedftrfnißt.  yon-  Volksschulen 
besserer  Art,  als  sie  sich  dort  ßnden  ,  von  Lehrern  n.«.w. 
fühlbar  zu  machen  und  darüber  guten  Rath  zu  er^ 
tfaellen.  Dieser  Menschenfreund  hat  einige  Zeit  in  Bit- 
ropa  angebracht,  wo  er  M  seiner  Durchreise  yor  zwei 
Jflliren  dem  Cnteraetchneten  seine/ Idden  mittbeille,  au 
deren  Ausfuhrung  er  alsbald  nach  seiner  Rückkunft  in 
sein  Vaterland  geschritten.  Er  verweilte  damals  nicht 
in  Deotschland,  und  hat  daher  von  unserm  Schulwesen» 
nur  erst  von  aufeen  den  blühenden  Zustand  bemerkt,  dio 
Schweis,  aber  insbesondere  <li«  Pellenbergiscken  An- 
stalten zn  Hofwyl  hat  er  durch  längeren  Aufenthalt  k(  ii- 
nen  gelernt.  Die  Aufsätze  ,  worin  er  danlber  seinen 
Landsleuten  Bericht  erstattet^  nehmen  die  meisten  Blätter 
den  ersten  Hefls  eiti.  Der  erste  dieser  Aofsätae  gtebt 
eine  Ueberoicht  Uber  die  Fortschritte  der  Ersiehung  \tk 
Deutschland  und  der  Schw  eiz ,  worin  der  Verf.  die 
Schulen  seit  ihrer  Reformation  in  dem  letzten  Jahrhun- 
dert classiflcirt :  humanistische,  philanthropistische,  pe- 
stalozaisch^  und  productive,  welche  letztereor  (gleich^ 
bedentemi  mit  ekleictisclien)  er  jetat  ab  die  vorhesr^ 
sehenden  in  Deutschland  und  der  Schweiz  bezeichnet.. 
Wir  müssen  sehr  wünschen,  dafe  diest  r  sorgfältige  Beob- 
achter das  deutsche  Schulwma  durch  einen  eignen  Be- 
aaoh,  woau  er  Hoffnung  gemacht,  genau  kennen  lerne 
Audi  im  Steu  Heft  kommt  noch  etwas  von  dem  wicbti« 
gen  Eraiehun^swe^iea  zu  Hofw^l  vor.    Die  übrigen  Auf- 


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141 


* 


sSfse  ^eben  manche  iDtereenfBle  Kmide  t«r  pMagfogi- 

sehen  Einrichtungen  und  Schriften  aus  den  \ dt  ini^^ten 
Staaten  ;  von  dem  aus  unserni  Weltlheil  findet  sich  noch 
ein  Auszug  aus  Thiersch  lier  Abth.  über  gelehrte 
Schaleo,  unter  der  Ueberschrift:  SgnAma  of  Clasaictd 
Edueaium  m  Bmaria  y  vnd  eine  kurze  Nachrichl  Ton 
Jacotots  Methode  aus  Löwen  1829.  Eine  Abhandlung^ 
über  Klcinkinderschulen ,  und  eine  über  Musik  als  Uu- 
.terrichtSBi^  eig  inSchuiea  gewähren  ebenfalls  eine  hierher 
gehörige  Bdehrnng« 

Sehr  gehaltreich  ist  der  erste  Auftatz,  tou  Hrn. 
Woodbridge  selbst,  EdHor*s  addre98.  Der  Zustand 
und  Gang  der  Cultur  jenes  Landes  ist  mit  wenigen  Zügen 
für  den  Pädagogen  klar  hingezeichnet.  Wir  erhalten  iu 
cUeser  Zeichnung  die  Ueberzeugnng  Ton  den  Vortheilea, 
welche  unsere  Staaten ,  in  denen  das  EntehangsweseD 
eine  Angelegenheit  der  Regierung  ist,  vor  jenen  Frei* 
Staaten,  wo  das  alles  von  der  Wilikuhr  der  eiozelrten 
Bewohner  abhängt,  voraus  haben.  Mögen  iniiuer  dort 
in  manchen  Bezirken  CommunaU Einkaufte  für  Schulen 
angewiesen  seyn ,  es  fehlt  doch  an  guten  Schulen ,  und 
wird,  wer  weifs  wie  lange  daran  fehlen,  weil  man  auf 
gute  Lehrer  niclit  rechnen  kann.  Wir  lassen  hier  ilea 
Verf.  selbst  reden  :  „Wenn  einmal  <lie  Schulverbesse- 
ruogen  eingesehen  und  gewollt  änd,  so  ist  das  einzige 
Mittel,  sie  ins  Werk  zu  setzen,  dafe  man  fttr  tfichtige 
Lehrer  sorge  und  sie  Dir  ihr  Geschäfte  bilde.  Das  aber 
geschieht  nicht  blos  durch  denjenigen  Unt(  rrichtscurs, 
der  ihre  Person  mit  Kenntnissen  versieht,  sondern  durch 
Belehrung  über  das  Unterrichts-  und  Erzie- 
hungsgeschäfte selbst.  Zu  diesem  Zwecke  mfiflsen 
Seminarien  ffir  Lehrer  begründet  werden ,  welche 
sich  ausschliefslich  dieser  Bestimmung  widmen,  so  wie 
das  in  den  gebildetesten  Ländern  von  Europa  geschieht 
Aber  um  für  diese  grofse  Angelegenheit  den  auf  solche 
Art  qualificirten  Arbeiter  sicher  zu  stellen,  mufs  noch 
ein  andrer  Schritt  geschehen ,  der  nicht  minder  wichtig 
ist.  Eine  bleibende  Ciasse  der  Lehrer  (einlieh- 


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Bidagogik. 


Ulk 


rerstand)  muta  eingerichtet  werdoii ,  dadurch  dafii  man 
sie  zu  eiuem  höheren  Rang  in  der  Gesellschaft  erhebt, 
mud  ihoeu  eiuen  angemesseneu  Unterhalt  bietet  Wir 
ntaen  bh  niMerer  Schande  jener  Spar§aiiikeil  gedenken, 
die  in  so  manchen  Theilen  nnsera  Landes  herreoht;  -aber 
wir  fragen:  wie  köuatn  wir  irgend  einige  Verbesserung 
unserer  Schulen  erwarten ,  so  lange  die  Bezahlung  un- 
terer Lehrer  sie  im  Allgemeinen  in  ihrer  Lebensweise 
nnd  10  ihrem  Umgang  den  Tagelöhnern  nngeselll,  nnd 
ihnen  durchaus  alle  Zeit  und  alle  Mittel  zur  Bildung 
durch  Bücher  und  Studien  anschneidet?  Wir  stimmen 
ToHkommen  der  Bemerkung  eines  unserer  Correspon- 
deoten  bei :  ,,Da8  Amt  des  Lehrers  sollte  in  gleichem 
Range  mit  dem  obtiglieitiichen  nnd  dem  geisilichen  ste- 
hen; ea  ioUte  von  Männern  von  den  besten  Talenten 
gesucht  und  mit  den  besten  Besoldungen  belohnt  wer- 
den." Man  kann  doch  in  der  Begel  nicht  erwarten j 
dafs  Männer,  welche  iahig  sind  im  Geiehrtenstand  einen 
Platz  einzunehmen,  der 'sie  in  die  Gesellschaft  der  Er- 
sten im  Lande  versetzt ,  nnd  ihnen  auch  die  Mittel 
giebt,  ihre  Stellung  darin  zu  behaupten,  diesen  aufge* 
ben  werden  gegen  einen  Platz,  der  sie  einer  mühseligen 
Arbeit  ohne  angemessejie  Belohnung,  ohne  Achtung, 
nnd  oft  genug  auch  ohne.allen  Dank  nnterwirft/'  Wie 
nothwenclig  es  jenem  Staate  sey,  dieses  ins  Werk  Ztt 
setzen,  #enn  er  bestehen  soll,  erhellet  aus  derny  was 
der  Verf.  vorher  bemerkt.  Die  Verein.  Staaten  hatten 
bei  ihrem  Freiwerden  höchstens  2  Millionen  Menschen, 
jetftt,  nach  2  Generationen ,  zählen  sie  12  Millionen , 
und  nach  dem  bisherigen  Veraehrungsgange  sind  in 
einigen  Generationen  weiter  vielleicht  ÖO  Millionen  zu 
erwarten!  Jede  Stunde  werden  dermalen  dort  2000 
Kinder  geboren,  das  Jahr  also  700,000,  und  da  nach 
bisheriger  Beobachtung  im  Ganzen  350,000  Personen 
im  Jabresverlauf  sterben,  so  nimmt  schon  unter  den 
Bingebornen  die  Bevölkerung  vorjetzt  um  850,000  des 
Jahres  zu  ,  wornach  mau  denn  jährlich  einen  Zuwachs 
von  100,000  schulßibigen  Kindern  rechnen  kann.  —  Die 


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* 

Sehllimit  wird  niniücli  fkirt  frUlier  fttigfehngeii  uii<1  weiter 

hinaus  verlängert  als  bei  uns,  so  dafs  man  bogar  auf 
4  Seelen  der  Bevölkerung  1  Schulkind  rechnet,  da  bei 
uns  nur  auf  6  —  7  Eins  kommt  ~  und  also  mit  jedem 
Jahre  wenigsteos  1000,  sage  fiintauseod  Schul-^ 
iehrer  mehr  nöthig  werden,  während  fiir  das  der- 
malige Bedflrfiiifa  lange  niohi  genug  Lehrer  da  ei&d)« 
Aiicli  fiimmt  mit  jedem  Jahre  da«  8ittetiverderbea  an^ 
und  so  mUfsten  sich  billig  mit  jedem  Jabre  auch  die 
Anstrengungen  vermehren,  die  ilemselben  zu  begegnen 
suchen,  „um  nur  die  Gesellt>chaft  in  ihrem  jetzigen  Zu-» 
stand  der  IiHeUigeos  und  Reinheit  au  erhalten;''  wie 
vielmehr  um  dem  noch  droheudeo  Unheil  zu  wider« 
etehen.  „Wenn  der  Baum  sich  noeh  üo  herrlich  ase* 
breitet ,  sehligt  aber  seine  Wnnseln  nicht  in  demselben 
Verhältnisse  tiefer  und  weiter ,  so  bietet  er  dem  Sturme 
nur  eine  um  so  breitere  Krone  dar,  so  dafs  ihn  sein 
erster  Stöfs  niederstürzt  — -  Das  mufs  den  Vaterlands- 
frennd,  das  mufs  den  Christen  ängstigen.  Die  Arbeitea 
unserer  Gesetzgeber ,  Obrigkeiten,  Geistlichen  aind  alte 
gleich  eitel,  wenn  nicht  Intel! igenn  da  ist,  Mf 
welche  sie  wirken ,  und  ärnndaätxe,  an  welolie 
sie  sich  wenden  können ,  die  in  der  Kindheit  angebaut 
und  in  den  weiteren  Jahren  zur  Reife  gebracht  sind* 
Ja,  MO  (las  nicht  ist,  wird  der  Gesetzg'pber ,  die  Obrig- 
keit, der  Geistliche,  werden  sie  alle  mit  einander  in 
denselben  Abgrund  der  Unwissenheit  nnd  Verdorbeo« 
heil  hinabsinken.  Wie  aber  das  m  ▼erbiten  ?  Anf  die 
gegenwSrtige  Generation  an  wirken,  läfiit  firtl  niohln 
'heflfen,  und  die  zur  Reife  eben  heranwachsende  können 
wir  schon  nicht  mehr  erreichen.  Indessen  hoffen  wir, 
werden  auch  fÖr  sie  unsere  Mafsregeln  nicht  ganz  nutz^ 
los  bleiben.  Aber  in  drei  und  dreifsig  Jahren  wird  die 
jetnige  Generation  Yorüber  sejn,  und  ihre  Ptötae  i» 
4er  Gieadlschaift,  in  nnsem  berathenden  Kamment^  1« 
naaem  Gericlilalidfen  und  öflentlkhen  Aemtern  werden 
veo  denjenigen  ausgefQllt  seyn ,  welche  jetzt  unsere 
Kfinderstuhen  und  Schulen  einnehmen.    Von  da,  mub 


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147 


die  Erlösung  (tfi£  redempiion)  der  Naüoa  ToltetäiMlig 
■wl  die  ForldMer  4hrer  iMtikilioaeii  gmeheri  wer-* 
«ha.  BiMe  kOsfliyen  ErwiMer  «nd  Regieffer  (ru^ 

lers)  unsers  Landes  sind  es,  auf  die  wir  wirken  müssen. 
Sie  sind  es,  die  wir  dazu  bilden  miissen ,  dafs  sie 
jenen  Forlschritten  zum  Lm$turz  wiilerstehea  ^  oder 
iKe  hiawdkeade  Herriiohkeil  wmler  ini  Leben  rnfeii.* 
HM  «Im,  Zeitgenwen !  Möge  dwh  diese  püde- 
gogische  Zeitschrift  des  edlen  Weltbürgers  jenseits 
und  —  diesseit»  des  AtbatiscbeQ  Meeres  viele  Leser 
feden, 

S'chwar  %. 


fitlb  s  t  b  i  0  g  r  ap  ki  e  eine»  Landpredigers  aus  dessen  Tage- 
buchc  und  Erimierunf(€7i.  EUera,  Erziehern,  Lehrern  tmd 
der  heranwachsenden  Jugend  insbesondere  gewidmet.  Erster  TheU, 
Jugendge»chichte,  Göttingeit  öci  Fanämhoeck  Mn4  Ruprecht,  1831. 
ü.  8.  (140  SO* 

So  wie  CS  Bilder  giebt,  denen  man  es  ansieht,  dafs 
iie  der  Maler  ak  Porträte  gezeichnet  hat,  so  stebi  ia 
diesec  JvgMdgeeehichte  ftberall  die  Wahrheit  da,  «ad 
m  iBl  mit  «oziehender  NalOriichkeit  aasgmprochen.  Dai 

g roiselterliche  Haus ,  das  den  vaterlosen  Säugling  auf- 
j^enommen ,  die  fromme  iVIutter,  der  Grofsvater ,  ein 
fieamter  von  altem  Schrot  uad.KarD,  der  in  seiner  Bibel 
j«4ea  Tau:  ha,  die  GfaTsmiiCter,  die  eheafalls  oocli  ia 
•htr  Siite.der  deiileehen  Haarfrauea,  ffMimergeas ,  wean 
DOdi  alle  im  Hause  schhimmerten,  ihr  Morgeuopfer  be- 
iead  und  singeoil  brachte,  die  christliche  Erziehung  in 
4iftiem  Hause,  die  kindliche  Frömmigkeit ^  die  sie  \m 
loiiera  daa  Knaben  unfachten  uad  afilwtea,  and  wie  et 
riah  selig  fthlta  ia  Galt ,  den  aie  iho  kenneii  aad  üeban 
khrleii;  wie  er  kindlich  gläubig  war  und  den  Allwak^ 
teaden  in  jedem  seiner  Geschicke  so  wie  in  der  Natur 
erbUckteL)  wie, er  überall  den  lieben,  heiligen  Vater  sah« 

d«a  er  am  ^llee  nicht  dareh  Süadea  bahühe»,  den  ff 


r 

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148 


Fidagogik. 


dankbar  nur  erfreuiiü  wollten;  wie  er  eischrak,  wann  er 
Sich  bei  einem  böseu  Gedanken  ertappte,  und  wo  er 
schlechte  Hedea  hörte,  in  Angst  gerieth,  —  das  alles 
wird  auch  Le§er,  die  sonst  wenig  auf  kindlichen  Glan-* 
ben  geben  I  rühren  und  wenigstem  ale  eine  wehmfiihig» 
Po&ie  anziehen;  aber  ^  ist 'mehr. ab  Poesie ^  es  ist 
Wahrheit,  und  sie  muft  jeden  Leser  ansprechen.  Die 
Wichtig^keit  einer  religiösen  Erziehung  mufs  allen  ein- 
leuchten, wenn  sie  sich  nur  irgend  von  ihren  abstracten 
Sätzen  zum  Hereinsehen  in  das  Lf»ben  selbst  mögen  ab- 
rufen lassen.  Aber  die  Zeit,  wo  der  Knabe  ain  Tod- 
bette der  frommen  Grofsmutter  betete,  pug  auch  bald 
in  die'  der  ängstigenden  Zweifel  und  eines  gewissen 
LeichtsiilDS  Aber.  „Er  folgte  seinem  Btgenstnne,  sei«* 
nen  Leidenschaften.  Re^te  sich  sein  Gewissen ,  so 
sprach  er:  warum  soll  ich  das  oder  warum  dürfte  ich 
das  nicht?  warum  z.  B.  nicht  wieder  schlagen?  das 
Sehe  ich  nicht  ein,  das  machen  Andere  ja  eben  so, 
o.  8.  w.  So  entfernte  er  sich  immer  weiter  von  Gott  — 
ihn  vergessend  und  sündigend.*  Die  Art,  wie  der 
Religionsunterricht  „g  e  tri  eben"  wurde,  half  ihm 
wenig,  nicht  cinnial  bei  der  Confirmatioo.  „Doch  zu- 
rück zu  dem  Knaben  —  &o  lautet  sein  Bekenntnifs  — 
der  an  heihger  Stätte ,  in  der  heiligen ,  wichtigsten 
Stunde  des  Lebens,  leichtsinnig ,  gedankenlos  das  hei«> 
ligste  Gelflbde  ablegt,  und  darauf  eben  so  gleich- 
gültig  sich  dem  heil.  Alahle  naht  —  —  Schauder  und 
Entsetaen  ergreift  sein  Hers,  wenn  er  jetst  daran  ge* 
^lenkt,  wie  er  damals  leichtsinnig  gefrevelt,  das  Hei- 
ligste entweihet  habe'*  u.  s.  w.  Wie  mancher  könnte 
wohl  in  dieses  Bekenntnifs  mit  einstimmen  —  ob  aber 
auch  sein  Herz  so  ergriffen  wird?  und  auf  wie  man- 
chem Geistlichen  lastet  da  die  Verantwortung!  Der 
angehende  Jüngling  kam  auf  die  hohe  Schule.  Da 
wurden  zwar  die  alten  Sprachen  gut  gelernt ,  aber  der 
religiöse  Sinn  niedergedrückt,  und  weder  in  der  Natur- 
noch  in  der  Menschengeschichte  zu  Gott  gefithrt.  Dafs 
der  Umgang  mit  edieo  Familien,  in  welchen  er  sich 


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maochmal  befand  ,  aicbi  segensreicher  auf  seine  Rdi^ 
(positit  gewirkt  hfilie ,  dkirilber  klagt  er  sieb  eelM  a»; 
er  batie  das  Interesse  an  deni  Göttlichen  verloren.  Oafs 

er  die  Liebe  eines  Lehrers,  <1er  ihn  näher  zu  ziehen 
suchte,  verschmähte,  lag  in  cier  Hingebung  an  die  Vor- 
Brtheile,  welche  ihm  seine  Mitschüler  gegen  den  ord- 
oiogsiteiieadea  Mapn  einfldfetea  Die  SchulstBdiensXithr«» 
tea  ibo  nidit  so  Gott,  ja  es  wurde  manches  «eincf 
Sittlichkeit  geiahrJich :  Ovids  Metamorpliusen ,  deren 
schliipfi in^e  Stellen  zu  Hause  nur  um  f-o  begieriger  ge- 
lesen wurden ,  füllten  seine  Phantasie  mit  unreinen  Bil«- 
dern;  die  Cenaurtabeiiea  stachelten  eeiaen  Fleiis  sunoi 
hochm&thigen  Ehrgeiz;  gegen  eineu  edleren  Jöngling 
übte  er  mit  leichtsinnigen  Gesellen  seinen  Witz.  Und 
doch  hätte  das  alles  vermieden  werden  können,  da  er 
die  Wissenschaften  aus  Liebe  studierte  ;  Lebr.er  an  Gct 
lekrtenschuleo  finden  hier  wichtige  Winke.  Auch  ihOf 
begeisterte  damals  der  Ruf:  „mit  Gott,  fllr  Kdnig  ua4 
Vaterland und  er  wäre  gerne  mitgezogen;  nachmals 
fabd  er  selbst  diese  Begeisterung  nicht  rein  von  Eitel- 
keit und  von  Furcht  vor  Verachtung.  Doch  führte  ihn  ' 
die  ernste  Zeit  wieder  zurecht;  er  lernte  wieder  beten,' 
er  fand  wieder  deo  Seetenfriedeu ,  sein  Ideal  ging  ihm 
sif ,  und  nun  wurde  er  denn  seines  Berufes ,  Geistlicher 
zu  werden  ,  den  er  früher  durch  einen  frommen  aber 
bisher  erkalteten  Trieb  gewählt  hatte,  erst  recht  leben« 
diginne.  Die  Zeichen  der  Vorsehung,  die  dem  Mittelr 
Iwen  Gelduoteratfltzungen  und  Gelegenheit  zum  Unler- 
^ien  finden  liefs ,  fdilten  ihm  i^uch  nicht ,  weil  sein 
Gottergebnes  Gemttth  sie  verstand,  und  wie  grofs  wa? 

Glück  des  Jünglings,  als  er  ;,das  erste  selbstver-  ' 
diente  Geld  an  die  theure  Mutter  senden  konnte!*'  lyie 
dM  alles  in  seiner  Seele  vorging ,  die  Eitelkeit  in  eei- 
Mi  eifrigen  Stadientriebe,  dann  die  Erkaltung  dessel- 
ben, als  ihm  die  Nichtigkeit  aller  dieser  Dinge  vor  die 
^ie  trat,  weiter  die  Gleichgültigkeit  für  gründliche 
Vorbereitung  m  dem  künftigen  Berufe^  wenn  er  z.  B. 


I 

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750 


Pädagogik. 


h^5rlfe:  „der  Püstor  N.  soll  ein  tüchtiger  Hebräer,  Grieche 
und  Lateiner  seyn ,  un«l  doch  erbärmlich  predigten  2 
jener  dageg^en  sagt  eelbet,  er  habe  «lies  Latein  rer^ 
gefisen,  v&d  ist  ein  guter  Preiligef!"  ^  Iran  ilber  das 
Wiedererwacben  der  Gettesfnrdit  and  itiit  derselben 
nete  Liist  und  Liebe,  wo<!tfrch  er  seine  Tüchtigkeit 
nnd  ein  vorzügliches  Zeugaifs  der  Schulentlassung  et- 
langte  —  das  und  der  ganze  Ton  wird  Lehrern  und 
Lernenden  in  wenigen  Worten  viel  sagen,  $k>  dafs  sie 
dtakbar  das  gemüthliche  Bfichleln  aus  der  Hand  legcfti 
und  nach  der  Fortsetenng  fragen.  Solche  fikigrafphieti 
gdidren  recht  eigentlich  eur  pSdagogischeft  Llterator, 
tind  die  vorliegende  macht  sich  zugleich  auch  unmit- 
telbar um  den  geistlichen  Stand  verdient.  So  etwas 
streuet  Samen  um  in  di  ni  Reiche  Goü<s,  wo  es,  wie 
der  Verf.  in  der  gaosen  Geschichte  und  mit  ausdrück* 
liehen  Worten  sagt,  anf  die  Form  weniger  Ankommt, 
eis  auf  die  firweckirng  des  reKglöeen  Lebend,  nnf  den 
Oeiü  der  Fr(|mmi|(keit ,  der  dA  lebendig  macht 

S  c  hu)  a  r9. 


huiißig  Older  u^d  Lui$e  Feld^  ^dmr  Briefe  übtr  TiehtetbUämüf 
und  T9ehterBehvien.  Ein  Weihgeschenk  für  deutecke  T&ehter  von 
Chrietian  Ludwig  Fe  cht,  Professor  in  Lafir.  Heidetbdt^  it^ 
Aug»  OfewaUk  Vniv,  Bwehh.  mi.  &  {VUl  u.  Ui  S), 

Keine  flberflttsstge  Schrift,  wie  es  so  liianche 
2lehttngeM^rifled  sind,  nnd  eine  recht  lesenswerthe. 
Dean  sehen  wir  t^n  dM  Ton  ab,  der.uni  €twa6 
Mieht  flclieinf ,  wid  Urflrdigen  \Ax  den  Oegenürfoff, 
^MbiAi  trfr,  fM^  #lch  der  Verf.  durch  die  ^i^MMIte 
Behandlung  desselben  ein  Verdienst  erworben.    Steht  es 
Im  Hause  gut,  so  steht  eS  auch  in  der  Stadt  gut.  Int 
Hanse  steht  es  aber  gut ,  wenn  die  KfÜtt^r  ,  wenn  die 

Tllditer  de«  ifciim  eiüd ,       sie  eeyii  soHeit  DaUii 


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IM 


irbdld  lier  MwMi  tiWFwwdm  wnlS^geii,  mul  «lüBtt 
erst  Koamt  an»  ehr  Boralhiiog  f&r  de»  LAiuled  BMi; 

etwas  heraus.  Das  Urtheil  unserer  Zeit  lieg^i' "vielleicht 
mehr  als  man  glaubt  in  einer  gt^viissen  Verbihiung;  cits 
weiblichen  Geschlechts,  wodurch  die  häusliche  Bestitu- 
mong,  und  das  oft  aiM)|b  physisch,  nur  sii  sehr  leitet. 
Der  Verf.  der  voiüegeadea  8chf i&  spricht  also  mit 
Aecht  sogleich  über  das  Wort  BUdiiug ,  dessen  Beg^rilP, 
nie  er  sagt,  toll  gehandhabt  wird/*  und  er  stimtnt  uicht 
dem  gewohutichea  Gebrauch  zu ,  wornach  inaa  dieje* 
tigeo  PraMmsimmer  die  gebildetco  nesnt,  die  in  Re- 
dmarlen Md' Manieren  aieb  eo  mi  benebnen  wisiet»! 
wie  es  die  Mode  der  Stadt  verlangt ,  und  ako  de^oh 
eigentlich  Kleinstädterinnen  sind.  Darum  billigen  wir 
auch  die  £nsieberin  in  diesen  Briefen  ,  dafs  sie  ihre 
Kleine  mit  ihren  Puppen  spielen  läfst,  bis  die  SSeit 
iMmt,  wo  sie  denn  anch  anf  die  Bftile  gehen  mag ,  \m 
nfcli  dafs  sie  es  lächerlich  findet,  wenn  Hr.  N.  N.  seine 
14jährige  Tochter  aus  seinem  Landstädtchen  in  die 
Rt^idenz  schickt,  „damit  sie,  aufser  der  übrigen  ZurÜ- 
stvng,  auch  eine  reinere  Sprache  annehmen  sollte,"  und 
ne  dann  nach  einem  halben  Jahre  wieder  xurfickrieC 
Das  Lächerliche  bleibt  doch  von  einer  andern  Sdte, 
))Wenn  er  sie  auch  lange  genug  dort  gelassen  hätte,  um 
<ias  reinere  Sprechen  völlig  einzuüben :  dena  das  soilt^ 
lie  2a  Hause  in  der  Sf^raebe  ihrer  MuKer  lernen,  ind  in 
nehrbcher  Hinsieht  erkennen  wir  das  Urtheil  dieses 
Bfiefesals  ächt  pädagogisch :  „es  ist  immer  etwas  unge- 
schickt ,  wenn  der  Procefs  der  Sprach reinigung  und 
Sprachveredlung  in  einem  andern  als  dem  häoslichea 
äetnent  vorgeht»"  Anoh  wünschen  wnr,  dafe  mati  ntfr 
Mht  bcAMsif  ^  mdge ,  was  der  Ver£  über  die  hami^- 
ahche  Bntwidtlung^  des  Weibes  zu  Gemüthe  zu  führen 
•acht,  dafs  der  Garten,  die  Küche,  die  Gesindestube, 
die  Kinderstube  sich  recht  gut  vertragen  mit  den  weib« 
liehen  Handgeschicklichkeiten,  mit  Musik  ttndmi(I«elt> 
(ftve,  nnd  dalk  die  Qeisteserhebnng  vidmehr  auch  eine 


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Erhebung-  der  ächun  IlHuslichkeit  sey.  Täu«!che  man 
doch  ja  kein  Mädchen  damit,  dafs  es  durch  eine  Unter<^ 
haltung  in  Phrasen  und  dergleichen  Formen  gefalle, 
oder  irgend  ei^em  Kreise,  in  welchen  sie  eintrilt ,  -  wohl 
thtte:  befrlige  man  aber  auch  nicht  den  gebildeten  Mann 
nnd  die  Kinder  ntid  das  Hanswesen  mit  einer  sogenannten 
guten  Haushälterin,  die  übrigens  roh  i^t,  inul  nui  hoch* 
stens  als  Dienstmagd  dem  Hause  dienen  würde.  Das  ist  das 
Unheil  z.  B.  so  manches  Landpfarrers,  der  sich  mit  einer 
solchen  Hausfrau  versorgt  glaubt,  dagegen  bald  fühlen 
mufs,  was  er  entbehrt  —  er,  der  grade  cum  geistigen 
Leben  vorsuglich  bestimmt  ist,  and  der  grade  in  seiner 
iESinsamkeit  der  tftglicheu  Erweckung  hiersu  bedarf,  der 
auch  nothwendig  eine  gute  Erzieherin  seiner  Kinder 
haben  inufs.  Und  fühlt  er  es  nicht ,  was  er  in  seiner 
ungebildeten  Frau  entbehrt  —  dann  doppelt  schlimm. 
Das  Kennzeichen  der  harmonischen  weiblichen  Bildung 
mdchten  wir  daher,  obwohl  nicht  ganz  in  dem  Sinne 
wie  die  sei«  Kar.  Rudolphi  in  ihren  schdnen  Endehanga' 
gemalden,  darin  finden,  dafs  das  Weib  aveh  im  lind* 
liehen  Leben  ver^tiügt  lebe,  und  wo  sie  auch  lebe,  die 
>  Sonne  ihres  Hauses  sey.  Sang  sie  ein  Operniied  gut, 
nun  warum  nicht  auch  ein  Kirchenlied,  ihr  Haus  christ- 
lich froh  zu  stimmen?  Alierdings  geh4lrt  dazu,  dafs 
das  Mädchen  vieles  lerne ,  was  seinen*  Geist  bereichert 
lind  es  zugleich  in  die  Harmonie  mit  unserm  Cultnratand 
setzt.  Wir  sind  auch  im  Ganzen  der  Meinung  des  Verfs. ; 
wo  wir  im  Einzelnen  etwa  abgehen,  können  wir  in  diesen 
Blättern  nicht  angeben.  Wir  beschränken  uns  also  nur 
auf  die  allgemeine  Empfehlung  dieser  Briefe,  und  wenn 
wir  gleich  nicht  in  allem  einstimmen,  so  glauben  wir 
doch,  dafs  die  Leser  das  Meiste  in  der  Erfahrung  her 
wShrt  finden  werden. 

S  Q  hiJü  ar 


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}i\  4a   llBIOELa  JAHRB.  d.  LITBRATUR.  1831. 

» 

1}  Oeutsche  Schuir edcn  und  beiläufige  Andeutungen  über  das  hö- 
here Studieitwesen  neutüchlandn  iwn  Dr.  Friedr.  TraufT'  Friede- 
mann,  Herzogl.  Aa^^.  Oberschuh  ath  und  Directoi-  des  Landes- 
g^mnasiums  zu  H'eilburg  u.  8.  w.  (^„?Vbn  est  vivere  bud  docere 
vitu  ').  Oiens^n.  Druck  und  Ferlaff  von  Georg  Friedrich  Ueyer  t 
laier,  1829.    f  ///  und  330  .V.  tu  8. 

♦ 

2)  Contiiia  ^eholmMtiea^  mit  «{««M  AuJkmngtt  „Ünh^r  L«tel- 
nitehe  Spracht^  «o»  FHedrieh  Augwi  Wolf.  Siw  Eimlm'^ 
dungtaehrijt  ilen  Öffentthken  Sekulprüfiingtm  am  13.  14.  imil 
U.  Ajtrit  im.  fiA  OynmMium  tu  fTtrihnm  mm  ttofr.  Or, 
FUtUek,  Ofnvtar  Oigmnatium»,  li^vtkeim  hd  C.  MUU» 
II     m  irr.  & 

Wir  haben  in  No.  45  nod  4&  Jahrg.  1828.  dic^f 
Jahi^des  Hrn.  Ober«chulrath  Friede  mann  Paränesen 

ang^fzeJgft  uud  dabei  deu  Wunsch  baldiger  Fortsetzung 
eines  Werkes  ausgesprochen,  das  in  jetler  iiiusicht  ge- 
eigiwt  war,  beschränkten  Ansichten  sowohl  derer,  wei-* 
ch«n  der  claasische  Unlerricht  anvertraut  ist,  als  derer, 
weiche  mit  der  obersten  Leitung  der  höheren  Bildunga« 
tnstalten  beaultiagt  sind,  entgegeiizuarbeiteti ,  und  so 
einen  woliUhätigen  Einflufs  auf  das  Gedeihen  unserer 
Ii oheren  U^terrichtsanstaiten  auszuüben,  zumal  wo  es  ciie 
Rede^war,  den  Unterricht  in  der  classischen  Literatnr, 
der  die  alleinige  Grundlage  einer  wahrhaft  Wissenschaft» 
liehen  Bildung  ist,  wo  nicht  zu  verbannen,  so  doch 
'lurch  gröfsere  Ausdehnujig'  sogenannter  Realien  zu  be- 
schränken ,  und ,  si  Diia  ptaceai  r  aus  seiner  Stel- 
lung, nach  und  nach  wenigstens  5  zu  verdringen.  Hr« 
Priedemann  giebt  uns  hier  nicht  gerade  eine  PortsetKUng 
öer  genannten  Schrift,  aber  er  giebt  uns  Etwas,  was 
Seinem  Inhalte  nach  damit  eng  verbunden  ist,  und  daran 
sich  %'ollkommen  aaschliefst.  Wir  sind  ihm  daher  ffir 
«iiese  Mittheilungen  oder  vielmehr  für  deren  Forlsetzang 
fteaen  Dank  schuldig« 

Den  Inhalt  des  Ganzen  bilden  zunächst  Schulreden, 
XK  V.  Jftbfg.  8  Hefl.  48 


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I 


welche  der  Herr  Verf.  bei  mehreren  feierlichen  Gelegen- 
heiten, insbesondere  bei  dem  Abgang  einzelner  Jung- 
iinge  auf  die  Universität  gehalten  hat;  sie  sind  aber  mit 
einer  Reihe  von  Beaierkuogen  und  Zusätzen  ausgestattet, 
auf  die  wir  wi^derhoii  die  Attfinerkisanikeit  aller  derer 
leiikeD  m  mflssen  glauben ,  deoeD  tüchtige  Jugrendbil- 
*d«nf  und  GrweckuVig  eines  Sinns  fllr  grOndUohe  Wissen- 
schaft am  Herzen  liegt. 

Wohl  hätten  wir  Ursache  bei  manchen  irrigen  An- 
sichten, zu  deren  Widerlegung  wir  diese  Bemerkungen 
jusbesoddere  empfahlen  tn&sseo,  gleich  Ihrer  Vorlaufe* 
ritt,  den  Paränesen«  l&nger  xu  verweilen,  da  dieselben 
noch  immer  verbreitet  genn|^  sind  und  selbst  in  man- 
chen Ereignissen  der  neuesten  Zeit  \vie<ler  Nahrung  und 
Stoff  gefunden  haben.  Wir  wollen  indefs  diese  Klagen 
nicht  wiederholen,  weil  wir  hoffen,  dafs  man  sich  doch 
endlich  einmal  darüber  verständigen  werde ,  wie  gründ- 
liche Studien  in  der  alten  classischen  Literatur  und 
'ein  dadurch  erweckter,  ernster '  Lebenssinn ,  allein  die 
Mittel  sind,  die  vor  jedem  Jrrw*ege  in  wissenschaftfi- 
^chen  Bestrebungen  zu  bewahren  im  Stande  sind ;  wie 
darauf  also  der  höhere  Unterricht  sein  HaTiptau|2fenmerk 
zu  richten  hat.  Woher  kommen  die  Klagen,  die  man 
jetzt  so  oft  von  höheren  Staatsbeamten  vernimmt^  über 
die  unzulänglichen  Kenntnisse  derjenigen,  die  sich  dem 
^Staatsdienst  widmen  und  deshalb  den  gesetzmäfsigen 
'PrOfungen  sich  nnterziehen  müssen,  oder  über  dieOber- 
USehltchkeit  ihrer  Leistungen?  Woher  die  Klagen  bei 
so  \iclen  Gymnasien  wie  l  niversitateri  über  den  Mangel 
an  Discipfin  ,  an  Achtung  \u\  dt  n  Vorg^esetzten  ,  über- 
haupt an  sittlicher  Bildung  der  jungen  Leute?  Woher 
die  öfteren  Klagen  über  den  anmafsenden  und  abspre* 
chenden  Ton ,  cler  unter  den  jungen  Leuten  herrsche , 
und  Uber  die  damit  in  gleichem  Grade  fortschreitende 
und  im  innersten  Zusammenhang  damit  stehende  grobe 
Unwissi^nheii?  Gehen  wir  auf  die  (Quelle  v,on  allem  dem 


Üigiiizea  by  L^OOgle 


£Uiuck,  so  ist  es  gewülinlich  die  Vernachlässigung  eines 
grfi(Mliifti»»Gjmiiasialunterrichts  schon  von  den  unteren 
€kmn  an,  und  fler  cUilsrcIa  harbelgcftlhrte  Mangel  aii 
Skm  für  die  Wmeoaebafl,  der  dat»  Jiiigiing;  auf  iKe 
Universität  geleiten ,  .  seine  Studien  durchdringen  und 
beleben,  ihn  selber  aber  vor  jeder  sittlichen  Verderbnif» 
bewahren  und  zur  wahren  Hunianität  führen  seil,  welche 
illeia  jeoe  Tugeod  der  Beaclieideahdt  herverzubriogeo 
fernlag ,  die  der  Zweck  und  Marsstab  aller  ächt  wiseen-'  ' 
schaftlichen  BiWung  ist.  „Wo  (>-agt  Hr;  Friedemamr 
Sr  22.)  der  Geist  der  Wissenschaft,  der  Geist  der 
Thäügkeit,  der  GeUl  der  .  Bescheidenheit ,  der  Geist 
IchteFSiiUiehkeil  herrscht;  da  muft  auch  der  Geist  der 
Ffdminigkeit,  d«  mu&  der  Geilt  Gottes  wohnca."  ^ 

Mochte  darum. doch  die  Wichtigkeit  der  Gymua^ 
siaklu (11(11  endlich  einmal  gehörig  erkannt  und  gewür« 
digt  werden  von  Denen,  die  zu  der  Leitung  derselben 
berufen  sind,  und  damit  dem  stets  wiederkehrenden Ge^ 
rede  der  eich  brüstenden  Unwissenheit  und  Seichtig-» 
keit,  diesem  Decknuotei  der  Bequemlichkeit  und  Träg<- 
hthy  flieser  Quelle  geistiger  und  moralischer  Verkehrt- 
keit, der  Weg  abgeschnitten  seyn;  möchte  aber  darum 
auch  an  allen  Orten,  wo  der  Gymnasial  Unterricht  noch, 
nicht  auf  die  Stufe  gestellt  ist^  auf  welche  er  sich  noth^ 
wendig  erheben  rnnfS)  wenn  er  Etwas  wirken  und  cfea 
oben  bemerkten  Zweck  nur  eintgermarsen  drreichen  soll  ^ 
etwas  Ernstliches  geschehen  und  das  geleistet  werden , 
was  die  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  so  dringend  er- 
heischt. Wenn  Ref.  hier  unwillkfihrlich  .an  sein  Vater- 
iand  denkt ^  so  wird  man  es  ihm  um  so  weniger  verar-^ 
gen,  als  daselbst  die  Mängel  des  Gymnasial-Unterrichts 
anerkannt,  durch  einen  seiner  gelehrten  Fi*eiinde,  den 
Hrn.  Prof.  Zell  in  der  I.  Kammer  der  badischen  Land- 
ende bereits  öfientiich  zur  Sprache  gebracht  worden  *) 


*)  S.  Sebolzeitaog,  1831,  zweite  Abtheilung,  No.  41.  49» 


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IOC  Friedenftan «  Dentadi«  Scbalreilen  u. «.  «. 

uocl  auch  nicht  ohne  Erfolg  geblieben  sind.  *)  Ver- 
nachlässigung (1  es  Gymnasial  u  nterrichtb,  und 
der  dafür  bestehenden  Anstalten  wäre  in  den 
Äugendes lieCi  ein  Frevel,  begaqgeu  au  dem  Hei^ 
UgsteO)  das  eine  Nation  hul^  an  ihrer  ipeiali*- 
geo  BiiiwickluB(|^;  es  wäre  ein  Verbrechen, 
worfkber  die  Stäalabehörde ,  weil  sie  eine 
ihrer  heiligsten  und  theuerstenPfItchten  ver- 
nachlässigt hätte,  eben  so  gut  zur  Verantwor- 
tung gezogen  werden  konnte,  als  da,  wo  es  an- 
4;ebliche  Verletzung  politischer  Rechte,  oder  Eingriffe 
in  die  Rechte  der  Binzeinen ,  mit  einem  Wort ,  wo  es 
mehr  oder  minder  die  Verletzung  irdischer  Güter 
gilt!  ^Die  Gymnasien  bilden  im  Vereine  mit  den  Hoch- 
schttlen  das  Palladium  des  witasenschaftlichen 
Lehens  und  der  geistigen  Wohlfahrt  eines 
Volkes,  oluie  welches  dasselbe  auch  bei  vollen  Schatz- 
kammern arm  wäre  und  bald  nichts  Höheres  kennen 
würde,  als  Jenem  Unsittlichen :  „Vh'tus  post  nummos" 
in  schweigender  Gewinnsucht  zu  buldigeu.  Immer  all- 
gemeiner ist  endlich  die  Ueberzeugung  geworden,  dafa 
die  höhere  Geistesbildung  eines  Volks  nur  In  dem  Grade 
ein  classisches  Gepräge  und  bleibenden  Werth  erhält, 
als  die  wissenschaftliche  Erziehung  desselben ,  seiner 
Eigenthümlichkeit  unbeschadet,  an  gröndliche  Studien 
des  Altf  rthums  angeknüpft  wird."  (S.  die  Schrift  No.  2« 
pag.  VH  und  VIIL)  So  auch  allein  können  wir  hoffen, 
einem  blos  auf  Genufs  und  sinnliche  Vergnügungen  ge* 
richteten  und  dadurch  alles  Edlere  und  Höhere  in  sich 
zernichtenden  Zeitgeist,  der  bei  der  Jugend  so  gefahr- 
lich werden  kann,  kräftig  entgegenzuwirken  und  den 


**)  Man  vergl.  den  Commissionsbericht ,  in  Folge  dessen  die  hohe 
Kanoraer  dem  Antrag  des  Hrn.  Prof.  Zell  um  Bitte  einer  Re- 
vittioa  des  gelehrten  Unterriclitoweaent  beigetreten  Ut. 

Dieaelbe  günstiprc  Aufnahme  fand  der  Antrag  la  4er  zweiten 
Kumnier.  (Späterer  Zuaatz). 


üigiiizea  by  <jOü^it: 


t 


Friedeuiann  4  Ileuiicbe  SchulreiicQ  u.    w.  167 
Sinn  auf  edlere  und  höhere  Genüsse  zu  richten«  Ai 

irovai  ^iogeif  nai  liop^dvetv »  sag!  der  Stagiritische 
Weise  (Ethic.  VIII,  12.). 

Manohe  LSniler  unsers  tIetitscheD  Vaterlandes  er- 

fieueii  sich  seit  längerer  oder  kürzerer  Zeit  bereits  einer 
verbesserten  Gjmnasialeinrichtuiig'.  Preufsen  leuchtet 
hier  allerdings  Allen  voran  ;  andere  Staaten  bind  seit- 
dem seinem  Beispiel  gefolgt,  überzeugt  von  der  Wich- 
il^keil,  die  eine  auf  claKsische  Stu^lien  gest&lzte  Bil- 
ilnag  ftr  das  wahre  Wohl  des  Staates  hat,  und  geleitet 
durch  die  Einsicht,  ivie  die  Verbreitung  classischer , 
grundlicher  Bildung  und  die  (hHinrcli  geweckte  mora- 
lische Kraft  nur  liöchsst  förderlich  ,  Ja  nothwendig  sey 
für  das  Gedeihen  eines  Staats.  Auch  in  unserm  Vater- 
lande, wo  keine  Faction  die  freie  Entwicklung  des  Gei- 
stes zu  hemmen  und  uns  in  die  Jahrhunderte  der  Bar- 
barel.  surQcknidrfingen  versucht  hat,  wo,  seit  Karl 
Friedrich  das  Beispiel  gab ,  wie  wahre  Wdfilfahrt  eines 
Volks  von  dessen  intellectueller  und  sittlicher  Bildung 
unzertrennlich  sey,  die  von  ihm  gegründeten  Le!u;i(i- 
staUen  ,  höhere,  wie  niedere,  sicli  einer  besondtreti 
Ptiege  erfreuten,  läfst  sich  hofien,  dafs  der  fortschrei- 
tende Geist  des  Bessern,  die  wesentlichen  Mängel  und 
Gebrechen,  die  zunächst  in  die  Gymnasialeinrichtung 
sich  eingeschlichen  haben,  beseitigen  ,  udd  die  in  jener 
Rede  vorgetragenen  Wünsche  nicht  unberücksichtigt 
lassen  werde.  Tmdem  bma  causa  trhunphut !  Vor 
Einrichtungen  und  Anordnungen,  wie  wir  sie  in  einem 
andern  süddeutschen  Staat  haben  hervorkommen  und 
eben  so  schnell  wieder  vergehen  gesehen,  w  ird  uns  hof- 
fentlich eben  die  hier  gemachte  traurige  Erfahrung  be- 
wahren ,  und  wenn  vor  Allem  eine  gleichförmige  Orga-  ^ 
liisation  der  verschiedenen  Mittelschulen,  Einheit  des 
Plans  und  der  Einrichtung  nach  festen  Principien,  nuthig 
ist,  so  werden  wir  von  manchen  Einrichtungen,  die  wir 
nur  als  Ausgeburten  unserer  Zeit  Lezeichnen  können, 
frei  bleiben,  wie     B.  (um  nur  dies  Eine  anzuführen)) 


üigiiizeü  by  <jüO<^ie 


"id^  Fricdemaon,  Deulachp  Scliiilrcden  u.  a.  w. 

Tor  den  Ljceen  in  der  bairisclien  Manier  angelegt,  die- 
sen Zwitteranstalten ,  diesen  Schmarotzerplianzen,  wie 
eio  wohl  brekanot^r  Gelehrter  Rie  benenot,  welche  düt 
von  dem  lebeo ,  was  sie  den  ehrwürdigen  StSiinnen  .der 
Gjmiia^ien  nod  UnivemtiUea  entiidiett,  und  in 'denen 
derselbe  .Gelehrte  den  wahren  Grund  und  die  wahre 
Ursache  findet,  warum  Baiern  hinter  den  übrigen  «lent- 
s{  heo  Staaten  in  den  allgemeinen  Wissenschaften  zurück- 
geblieben sey.  Wir  können  dann  auch  hoffen,  dafs  die 
SiellttDg  der  t^ehrer  gehörig  reguliri  «ud  der  der  uUri- 
Ifen  Slaatodiener  gleichgaalelli  werde,  vor  Allem  aber, 
.  dails  nur  solche  ala  Lehrer  'an  den  Gymnasien  eine  An- 
•slellnng  finden,  die  in  einem  strengen  philologisi^eti 
•Examen  die  zum  Unterricht  erforderlichen  Eigenschaften 
und  Kenntttihstj  nachgewiesen  und  dadurch  sich  als  tüch- 
tig tür  ihren  Beruf  bewährt  liaben.  Eine  bestimmte 
Probezeit,  wie  ja  auch  bei  andern  Zweigen  der 
Staatsverwahnng  elog^hrt  ist  und  bilti^erweise  einge- 
führt sejn  nmß^»  und  wie  sie  auch  in  PreuAm  fUr 
die  Candiilateo  des  Lehramts  besteht,  kflnnte  der  de- 
finittven  Anstellung  vorangehen.  Denn  ohne  diese  Ga- 
rantien werden  alle  Verbesserungen  und  Einrichtun- 
gen nichts  nützen ,  da  sie  an  der  Untauglichkeii  der 
Lehrer  «cheitern;  um  so  strenger  sejen  demnach  hier 
die  Prüfungen  der  Zulassung,  um  so  sorgfaltiger  gehe 
man  bei  Anstellungen  neuer  Lehrer  zu  Werke;  denn 
so  groTs  der  Vortheil  für  eine  Anstall  ist,  einen. tüch- 
tigen Lehrer  eu  gewinnen,  eben  so  grob  ist  auch  der 
Nachtheii  auf  dei  andern  Seite!  Und  wichtig  genug  ist 
wahrlich  f)ie  Sache,  um  volle  Aufmerksamkeit  au  ver- 
dienen. 

Noch  müssen  wir  bei  dieser  Gelegenheit  einer  An 
sieht  gedenken,  die  auch  in  unsern  Tagen  sich  wieder 
'  regt,  die  schon  im  vorigen  Jahrhundert  sich  geltend  w 
machen  suchte ,  und  ungeachtet  die  Erfahrung  h\\U\  eines 

Besseren  belehrte,  ungeachtet  die  in  dem  Sinn  jener 
Meinung  aufgerichteten  Gebäude  bald  in  sich  zusam- 
menstürzten, jetzt  wieder  keck  hervortritt,  wir  ineinon 


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jea€8  phiiaalhropisclie  Gk^tebea,  Aiies  bei  dem  linteiv 
rieht  auf  den  niicbilieii,  unmilielbar^  Nutjsen  uikI  dei| 
Gebraiich  -im  9kf9et^n  Lebea  SBurQckwfilUiran ,  md  den 
nächsten  ävfseren  Vortheil,  nicht  aber  die  Bildung  zum 
Ziel  des  Ju^enduiiterrirhts  zu  setzen.  Kin  i»olches  \ütz- 
üchkeitäipriucip  inag  für  den  LiUerricht  dea  Bär^era 
QD(I  Laiidnuuins  an  seiner  Stelle  geweaen  seyn,  zu  einer 
Zeit,  wo  fiir  dieaen  in  intellectueller  Hinaicbt  noch  W»^ 
vig  geficheheii  war;  ein  acht  wisaenachaftlicher  Geial 
wird  aber  durch  solches  Iiidusti    \vt  st  n  schon  in  seinem 
Keime  erstickt,  und  alle  wahre  Humanität,  zu  der  die 
Wissenschaft  dea  Jüngling  bilden  «oll  ,  untergraben^ 
ader  ihr  Aofkomineo  luim^lgUch  gemacht.    Durch  eioev 
solehea  dkooomiachen  Geiat^  aagt  Jacoba  (vergL  Hrtu 
Friedeinaiins  Schrift  S.  liO  fT),  welcher  die  Blicke  di  r 
Jugend  auf  ein  Materielles  und  Nahes  beschränkte,  wel- 
ches aie  gewöhotef  nur  solche  Beatrebungen  zu  acblent 
welche  die  achiiellateo  Frfichte  erwarten  liefaen^  diirdi 
diesen  rechnenden  Geiat  wurden  die  Gemilther  «nver* 
meidlich  herabgezogen,  <lie  Einbihlungskraft  erstickt 
und  das  Götzenbild  des  Vo?  iheils  auf  den  Altar  der  du- 
^eud  erhoben.*'    Was  gegen  dieses  scheufsliclie  Idol  der 
Zeit)  .zoDächat  in  Bezug  auf  das  18te  Jahrb.  ein  geistrei- 
eher  Dichter  und  Redner  deaNordeoa,  deaaeu  Worte  Ha. 
Priedemanu  8.  194  ff.  mittheilt,  bemerkt  hat,  trifft  auch 
leider  noch  unsere  Zeit.    Wir  erlauben  uns  nur  Einiges 
davon  hier  anzuführen.      Betrachtea  wir»"  aagt  Teg- 
aer,.  ^den  Geiat  dieser  Zeit  in  seinen  einseinen  Aeufaer 
taugen ,  ao  war.  ea  ohne  Zweifel  .rechte  dafa  man  da# 
Vorurthell  bekämpfte;  aber  es  war  keineswegs  rechte 
dafs  mau  zugleich  alles  Geistige,  alles  Heilige  für  ein 
Vorurtheil  ansah.    Jede  Zeit  hat  ihren  Aberglauben, 
ihr  Unkraut ;  aber  mitten  unter  dem  Unkraute  wachaen 
l^ftdie  Lilien  der  Religiös ,  aml  es  ist  uarecht,  wenn 
naa  die  einen  mit  den  aadem  auagitof.  —  Bs  war  rich- 
tig, dafs  man  der  Wissensehaft  Klarh(  it  und  Fafslich^ 
k«H  zu  geben  suchte,  aber  es  war  keiueawegs  ricUtig, 


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769  FriedeiiMUiq ,  DeuUchc  Scbiilreden  u.h.  w. 

dafs  es  auT  Kosten  der  Grlinclliclikeit  g'eschali ,  dar?»  man 
an  lier  Steile  des  früheren  Ernstes  eine  alig^eschiiffeoe 
Oberflächlichkeit  und  eine  plaaderhafte  Vielwwserei  da- 
fahrte,  die  in  Alles  pfufichte  uod  inii  frechem  Ldchi« 
mna  ilher  das  Heiligste  absprach.  [Wie  wahr,  lerdei, 
auch  bei  manchesi  Erscheinungen  unserer  Zeit!]  —  D^k 
das  Wissen  an  und  för  Mch  einen  Weith  haben  könne, 
lfiiig"nete  ni;ni  »^anz;  dnin  eigentlichen  Werth  hattf  nicht« 
Anderes,  ajs  das  sogenannte  Nützliche ,  d.h.  das,  was 
Kur  Nahrung  eder  Kleidung  taugte.  Daher  beruhte  auch 
die  Votikoiiinienbeii  der  Menschheit  wesentlich  auf  deo 
Fabriken;  und  einer  der  conseipieniesten  Denker  des 
Zeitalters  bewies,  dafs  der  Vorzug  des  Menschen  vor 
den  Thieren  nicht  in  der  Vernunft  oder  der  Sprache, 
sondern  in  <ler  Hand  und  den  fünf  Fingern  liege.  Dieser 
neue  Grundsatz  des  >tutzens,  dem  einfältigere  Zeiten 
einen  höheren  unterwerfen  an  müssen  geglaubt  hatten, 
weil  er  den  Mensehen  mit  demTbiere  gleich- 
stellt, trat  jetzt  als  höchste  gesetzgebende  Macht  aal, 
nicht  blos  fOr  den  einzelnen  Aufgeklärten,  sondern  aoch 
in  einem  höheren  Grade  für  die  Nation  und  die  Staats- 
lehre.  Solchergestalt  hatte  man  in  Allem  solide  An- 
sichten ,  und  den  Inbegrifi  dieser  ganzen  Weisheit  nannte 
man  mit  einem  allgemeinen  Namen  Aufklärung!  In 
ihrem  Scheine  wuchs  auf  und  reifte  das  uchtzebnte 
Jahrhundert,  ein  gar  wunderlicher  Baum  mit  ausge- 
hehltem  Stamm  und  wurmstichiüben  Früchten ;  doch  in 
dem  Wipfel  des  ßaiinis  zeigte  sich  am  Ende,  wie  eine 
biutrothe  Krone,  die  französische  Revolution.*)" 
M(>cht^  die  theiiweis^  Wiederkehr  ähoiiclier  An- 

^  ■       I      ■        1  1 1      IL'  •» 

Den  Bewei»  so  Rolchen  B^baiiptungon,  sunächst  was  Franbre'dl 
betrifTl,  bann  «in  in  vielen  Besieiinngen  intcicnwuitry  Weik 
Hefern,  wir  meinen  die  Geechiclite  der  ^natcveraa- 
fleruns  Franlcreieli  nntior  La^wlg  XIV.,  £ntet«* 
|i«og;  Forteclirttte,  Wirliunsen  der  eogennnntea 
nenen  Philoftophie  in  diesem  Lnnd^  Wjp^kS  ^ 
firockliwiie.         -  IW*  y  BSn4<». 


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Friedemaoit ,  O^utocke  Scbulreden  u.  ■.  w.  961 

((ich(en  io  unserer  Zeit  nicht  von  gleichan  Erfolg  be- 
gleit«!  eeyn!  Mdclite  man  sich  doch  endKeh  eimnal 
Ibefeeugen,  wie  solche  Anmchten  die  Menschheit  ent- 
würdigen, wie  sie  jedem  höheren  F'liig  desGeii^tes  hein« 
mend  entgegentreten  und  in  letztem  Grunde  auf  eioem 
eben  so  falschen  als  nüchternen  Caicul  beruhen.  Möchte 
inaii  doch  einmal  erlcennen,  wie  jene  Philoaophie)  cUe 
keine  andere  Schule  als  die  Welt  erkennen,  die  eine 
Lehre  für  das  allgemeine  Leben  s^e^n  wollte,  die  durch 
ihre  Sc  i(  htigkeit  und  Farsliehkeit  leicht  hei  allen  denen 
Eingang  fand,  die  „wohlfeilen  Kaufs  weise  werden  woiU 
ten,''  nnd  daher  gleich  einem  sehrenden  Gifte  in  der 
^nzen  Zeit  eich  xerstdrend  verbreitete ,  gerade  dae  ver- 
warf, was  das  Höchste  im  Menschen  ist:  seine  eigent* 
liehe  Lebensluft,  das  Geistige,  die  edlere  Entwicklung 
seioer  geistigen  Kräfte  zu  einer  schönen  inneren  Har* 
monie,  die  allein  «eines  Lebens  Glück  machen  Icann, 
aad  ihn.  allein  den  wahren  Zweck  des  irdischen  Daseyas 
erreichen  läfst  Dies  ist  das  wahre  Leben ,  zu  dem  uns 
Wissenschaft  und  Unterricht  führen  soll ;  und  von  die- 
sem  gilt  allein  der  ao  oft  mifsbrauchte  und  falsch  gedeu* 
tele  Spruch :  Non  seholae  9ed  vßae  discniur,  Oieses 
Leben,  das'  wir  Uumauitit  im  eigentlichsten  Sinn  des 
Wortes,  nennen,  su  erfassen,  dann  vermdgen  uns  ällela 
ilie  Studien  des  classischen  Alterthums,  auch  abgesehen 
von  allen  andern  Vortheilen  ,  welche  dieselben  beim  Ju-- 
gendunterricht  unentbehrlich  machen ,  den  Weg  zu  öffnen 
aad  KU  bahnen.  Auch  waren  die  meisten  Angrifie,  die 
Im  vorigen  Jahrhundert  und  auch  selbst  sum  Theil  noch 
jetzt  von  Gegnern  ausgingen  ,  die  nicht  aus  vorgefafsten  , 
feindseligen  Absichten,  sondern  aus  einer  gewissen  wohl- 
meinenden Ueberzeugung  im  Interesse  der  Jugend,  wie 
rie  glaubten ,  gegen  die  Studien  der  alten  Literatur  sich 
erklärten,  mehr,  wenn  man  ^ie  Sache  genau  beim  Licht 
bezieht,  gegen  den  Mifsbrauch  oder  vielmehr  gegen  die 
\ erkell flheit  gerichtet,  womit  allerdings  von  Manchen 
der  Unterricht  in  den  genannten  Studien  betrieben  wurde, 


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VKi  ICrMMIMA »  OfuAtcbe  Sclwl  reden  n. «.  w. 

HO  (las  zum  letzten  Endzweck  und  zur  Hauptsache  ge* 
macht  wurde,  was  seiner  Natur  nach  doch  nur  Mittel 
dazu  Sfyn  konnte.  Indejssen  wird  es  sich  doch  nicht 
lätfgoea ,  lassen ,  dals  im  Ganzen  hierin  unter  den  Leli^ 
reoden  eio  befiserer  Gai^t  verbreitet  ist  und  Klagen  der 
Ah  jetzt  weniger  yorgebrachl  werden  dürfen.  Dafs  mui 
aber  oft  von  ülozelaeo  —  uad  wer  wird  Uberall  voll- 
kommne  Lehrer  finden  wollen?  —  und  von  deren  Trei- 
ben Gelegenheit  nimmt,  über  die  gesammte  Beschäfti- 
gung mit  der  alten  Literatur  sich  tadelnd  auszulassen, 
ist  leider  wahr,  kann  aber  nur  von  Uoverstand  und  Ua- 
kunde  oder.vmi  felods^iiger  Stimmuog  uad  «obiiligcm 
Hafe  Zeugntfs  gebeo. 

Wir  haben  uns  bei  diesen  Gegenständen  länger  afs 
udsere  anfängliche  Absteht  war,  verweilt,  weil  wir  ia 
60  manchen  Ereignissen  unserer  Zeit  hiercn  leider  eioe 
Veranlassung  fanden  und  deswegen  nicht  unterlassen 
wollten,  zu  ernstlicher  Prüfung  Diejenigen  anfzuftnr- 
dern ,  denen  zunächst  die  Sorge  für  die  Jugendbildung 
anvertraut  ist,  und  die  für  V^erbreitung-  gründlicher  j 
Kenntnisse  und  Eriveckung  eines  geläuterten  wissen- 
schaftlichen Sinus  nicht  gleichgültig  und  erstarrt,  blos 
in  dem  Genüsse  sinnlicher  Güter  und  einer  behaglichea 
Gegenwart  den  Zweck  des  irdischen  Lebens  suchen* 
Wir  kehren  nun  zur  Schrift  des  Hrn.  Friedemann  zurOck, 
um  noch  den  Inhalt  derselben  näher  zu  bezeichnen  und 
einige  Punkte,  aufweiche  wir  besonders  die  Aufmerfc» 
samkeit  leokea  möchten,  bemerküch  zu  machen. 

Die  erste  der  Reden  ward  bei  der  Entlassung  sn 
iduidemische  Abiturienten  gehalten,  zu  Wittenberg  1821, 
die  zweite,  dritte  und  vierte  sind  bei  ähnlichen 
Gelegenheiten  in  den  folgenden  Jahren  gehalten  ^o^' 
den;  die  fünfte  bezieht  sich  auf  die  Einftihrung  und 
Verpflichtung  eines  neuen  Lehrers  bei  der  Bürgerachule 
W  Wittenbelg  18S2;  die  sechste  enthliU  „Absehieds* 
iKorte  im  Loccum  zu  Wittenberg  1823;"  die  siebeat^ 


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9 


eine  i^Anrede  an  die  neu  gestiftete. 6c4Mla  im  ILtihui«- 
oem  Sil  BraiioK^weif "  tö29;  di«  uchle  kit  iKe  ^Aüp 
IriMsreile  Im  G^^imiMfra  eit  WeilbotuT^  läMT  iKe 

Rennte:  ,^ Festrede  beim  öffentlichen  Redeact  dessel- 
ben Gymnasiums,  1829;"  die  zehnte:  Retlebei  der 
«mtea  Jahresfitter  der  Slifluog  diefieeG^mnasiiMii^y  ebea<r 

Manche  dieser  Reden  sind  bereits  früher  im  Druck 
erschienen;  sie  er^^cheinen  hier  mit  ilen  andern  in  einem 
neueu  Abdruck,  ausgestattet  mit  zahlreichen  Beinerkuor 
f en  in  de«  einer  jedeii  einsselDea  Rede  fcdgenden  NatM^ 
die  bei  der  achlen  am  badeutettditeo  rind,  wo  sie  ¥M 
8. 12T  —  260.  reichen.  Hier  hat  nämlich  der  Verf.  ein 
Qmfassendes  historisches  Gemälde  Yon  der  Begründung 
(ier  philologischen  Gymnasialstudien  in  Deutsch(an<l , 
Rod  deren  Fortbildung  und  Betwicklnng  geiiefarl,  das 
aneh  im  Eioselnm  hdcbet  treffende ,  .allgemein  su  ba^ 
^.erzigende  Winke  «od  Aadentnagen  entbiU.  Wir  mdcb^ 
ten  es  insbesondere  der  Aufmerksamkeit  unserer  Leser 
empfehlen.  Es  gehören  dahin  (um  nur  Einiges  wenige 
steas  anzuführen)  die  Bemerkungen  iber  die  Organisa- 
tioB  der  Gymnasien,  inebesomlere  über  die  einzelnen 
'Ldirgegenstihide  in  den  verschiedenen  Ciassen,  namenl* 
lieh  die  in  den  Lehrplan  der  höchsten  Classe  aufzuneh- 
menden Fächer  u.  A.  der  Art  S.  127  ff.;  was  an  die  von 
Schulze  in  Seebode  s  Archiv  1826.  V.  VL  p.  19  fL  ge- 
lieferte Ueberstchl  der  von  den  Prenft.  Behörden  vm 
1617*^1827  ergangenen  Gymnasialverordnungen  mid 
isdie  ebendas.  1829.  i\o.  18.  enthaltene,  von  dem  Schul- 
CoUe^iuin  in  Westphalen  erlassene  Dienst  Instruction  für 
die  Gymnasialdirectoren  sich  passend  anreiht.  Insbe^ 
M>odere  finden  wir  hier  bdehst  schätcbare  Beiträge  mif 
Gescbiohte  der  Verbesserung  der  Scholslndien  in  Deuftsek* 
kad,  wie  sie  im  vorigen  Jahrhundert  von  einer  Vera}» 
nigung  der  ersten  Talente  Deutschlands  ausgegangen, 
^leicii  mit  der  Verbreitung  eines  besseren  Geschmacks 


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■ 


164  Friedemuiiti ,  Deutsche  Scliulreden  u.  i.  w. 

un<l  eiiii^r  besseren  Bildung  im  Allgemeinen,  durch  Wie- 
ilarbelebunjg;  der  elastischen  Studien,  nacli  und  nach  all* 
gemelaer  geworden  isl^  S.  162  ff.  Desgleichen  zurGe^^ 
schichte  der  philologischen  Studien  1h  und  seit  dein  14« 
und  loten  Jahrhundert,  zur  Geschichte  des  Philanthrop 
pistnus,  der  übrigens,  was  er  Gutes  hatte,  aus  deu 
Alien  entlehnte,  oder  wenigstens  unhewufst  auf  das 
drarig,  was  schon  von  den  Allen  weit  hesser  und  ge- 
aigender  entwickelt  worden  war,  S.  170 £;  ferner  tut 

'  Charakteristik  des  achteehnten  Jahrhunderts  und  des  ia 
ihm  eingeschlagenen  Weges  im  Vergleich  mit  den  frü- 
heren Versuchen.  Auch  die  gehaltreichen  Bemerkuogen 
fiber  die  wissenschaftliche  Tendenz  Oberhaupt ,  su  wel- 

'  eher  der  Gymnasialunterricht  den  Schiller  wecken  und 
fSrde}  n  soll ,  S.149  ff.,  oder  8b«r  den  Werth  der  Sprach- 
studien, S.  252  ff.,  oder  üt)er  den  Kiiiflufs,  den  das 
Studium  der  Griechischen  Schriftsteller  zunächst  auf  die 
Jugend  äufsert,  8.234  if.  u.  A.  der  Art  Ueher  Grie* 
ohische  StylUbungen  hat  der  Hr.  Verf.  S.  248.  ein  sehr 
irahres  Wort  gesprochen ;  nie  sollen  sie  auf  Schulen  Zweck 
Werden  ,  sie  süllea  nur  Mittel  bleiben,  Mittel  zur  Erleich- 
terung des  Erlernens  durch  festere  Einprägung  des  Un- 
entbehrlichen. Von  diesem  Standpunkte  aus  müssen 
allein  UebuQgen  der  Art  betrachtet  werden,  von  diesem 
Standpunkt  ans  wird  auch  ihre  UnerlSfeiiehkeit  einem 
Jeden  einleuchten,  der  nicht  Oberhaupt  das  Griechische 
fQr  etivasUeberflüssiges  und  Beschäftigung  mit  derGrie* 
chischen  Literaiur  als  etwas  für  das  Leben  Nutzloses 
ansieht.  Eben  so  unerläfslich  werden  Abiturientenprft- 
fhngen ,  worüber  S.  24  ff  der  Verf.  sich  ausfÜhrUch  ver- 
breitet  Ihre  EinfÜhrunn^  gehört  sn  den  dringenden 
Forderungen,  welche  bei  ein  er.  Verbesserung  der  Gymna- 
sien zu  berücksichtigen  sind,  da  nämlich,  wo  solche 
noch  nicht  eingeführt  sind ,  wie  dies  in  manchen  Läo- 
doru  leider  noch  immer  der  Fall  ist.  Noch  mftssea  ^^vt 
am  Schlufs  auf  die  schöne  Erörterung  des  Wortes  Äu- 
mamtaa  (8.  4  IT.)  und  des  Begriffs,  den  das  Alterthum 


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liamit  verband ,  und .  der  dann  auch  auf  um  ftbergegaiH 
geo  iai,  ohne  dafs  unaere  Sprache  einen  nur.  einiger« 
laafBen  genftgenden  Ausdruck  daflir  darbieten  könnte) 

aufmerksam  machen. 

No.  2.  Hr.  Uofcalh  Föhiisch  verdient  für  die 
Bekanntmachung  dieser  Catwlia  schokislica  einee  un-* 
lerer  genialaten  Philologen  gewifa  allen  Dank,  sumal 
er  aicht  unterlassen  hat,  den  Werth  dieser  Gaiie,  durch 
eigene  erläuternde  oder  den  Gegenstand  weiter  ausfüh- 
rende Bemerkungen  und  zahlreiche  Li teratHrnotizeo ,  mit 
besonderer  BerQcksichtigung  der  neuesten  Zeit,  zu  er- 
Üben.  Die  hier  oiitgetheiiteB  CofistKn  ackoimHoa  he- 
»ehen  mch  in  ihrem  ersten  Abschnitt  auf  die:  körper«* 
liehe  Erziehung,  im. zweiten  auf  die  jsreistige  Bildung; 
fier  Vortrag  ist  einfach  und  schmucklos,  aber  durch  die 
iaaere  Wahrheit  der  vorgetragenen  Gegenstände  und 
dar  hier  att%esteliten  VovM)hriftea  ttberaengeod.  ^^Mm 
aiafs  den  Kdrper  so  ausbilden,  dafs  er  der  Seele  go^ 
horchen  kann  und  wie  ihn  die  Seele  bedarf."  Von 
diesem  Gr und$^atz,  <ler  auch  der  Grundsatz  eines  Plato, 
eines  Xenophon  war,  wie  der  Hr.  Herausgeher  in  der 
Note  nachweist 9  ging  Wolf  aus!  Er  verbreitet  sich 
dann  Ober  manche  einselne  Punkte  der  kdrperlicthen 
Brriehung ,  über  Nahrung ,  Kleidung ,  gymnastische 
Uebangen  und  dergl.  auf  eine  Weise,  die  uns  manche 
Andere  ausführliche  pädagogische  Erörterungen  dieser 
Hinge  missen  läfst.  80  empfiehlt  Wolf  z.  B.  das  Schlitl- 
tthuhlaufen;  das  Tansen,  das  oft  sehr  schädlich  sey, 
mdate  er  (und  nicht  mit  Unrecht)  könne  man  daftr 
ausstreichen.  Dafs  Wolf  vor  Allein  geordnete  Thälig- 
keit  empfiehlt,  zeigt  den  richtigen  Blick  des  Mannes, 
der  als  Pädageg  nicht  minder  grofs  war,  wie  ab  Phi-, 
Mog.  Bei  der  geistigen  BiMuiig  war  sein  Grund-^ 
•«Ii:  „Die  Gegenstände .  der  Bildung  müssen  fai  der 
Wfiteu  Jugend  allgemein  seyn,"  Nun  folgen  praktische 
Bemerkungen  über  den  ersten  Unterricht,  über  Sittso- 


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W$  Woir§  CoMiHa  »cholMt,  v4mi  Föbliaoli. 

btlituag^  wozu  das  Lesen  der  Gedichte  besonders  em^ 
pfishlra  wird  (tyiiMii  mufs  durdi  sebönes  Voriesen  Em- 
pfindng  arregm  und  dag  6d«Mne  suffweadig  ierneoi 
lassen.  Bis  ins  siebente  und  achte  Jahr  müssen  Ge-^ 
dichte  die  Hauptsache  seyo.  Denn  auf  dieses  Alter 
macht  die  Poesie  die  trefllichsten  Wirkungeii.  Die 
hUhere  Schönheit  der  Proaa  kdlmeft  sie  nickt  empfin««^ 
deo.  Bs  gebl^  diea  wie  mit  der  gmnen  N«lim.  Der 
I)eber<>ang^  in  die  Ptoaa  Ist  sehr  schwer"),,  Iber  Le« 
sen ,  Schreiben,  Rechnen  und  Zeichiien;  fiaiHi  wird 
vor  All  (  TU  empfohlen  ein  guter  Unterricht  in  der  Mut- 
tersprache^ während  aber  der  Gelehrte  mit  der  La** 
triaischeB  den  Asbag  maeiMi  aelL  Fftr  fHeseO'  wit« 
aooh  der  Aiibmg  mit  der  Gfiechiacben  Sprache  gut  ^ 
aber  nur  bei  guten  Köpfen,  setzt  Wolf  hinzu; 
denn  der  Uebergang  von  der  Griechischen  Sprache 
zu  den  neueren  sey  sehr  schwer,  nicht  aber  vom  La« 
leinischeiif ;  wikrend  man  yom- Griechiachea  ziim  La*^ 
trfiiiselieii  mit  Leiehtigkeil  fibergehen  köBae  m.  a^  w« 
(&  17.).  Darauf  folgen  Bemericungen ,  in  ähniicher 
Weise  vorgetragen  fiber  ihn  Unterricht  in  der  Deut- 
schen Sprache ,  feruer  über  den  historischen  Unter- 
fkrfai,  über  den  geojgrapbiaeben  iwl  naturhistoriseheo 
(yyiban  mvfii  die  Natur  selbst  aehee  »ad  oidit  den  Um» 
weg  dareh  Bficher  mächen,"  8.  83.),  und  am  Sehhffa 
noch  Einiges  fiber  den  Uuterricht  in  den  alten  Spra- 
chen, womit  man  übrigens  nicht  vor  dem  zehnten  und 
aiehi  nach  dem  fünfzehnten  Jahre  den  Anfang  ma- 
chen aoll. 

Wir  beklagen  ee  aUt  dem  Herausgeber,  dafs  diese 

ConsiUu  gerade  da  abbrechen,  was  hie  für  uns  dop- 
pelt interessant  und  wichtig  gewesen  wären ,  um  iles 
genialen  und  doch  praktischen  Mannes  Ansichten  über 
Gjfmaasial-  und  Uaiversilits- Bildung  kennen  zu  lez». 
aea.  Es  '  hat  dafür  der  Herausgeber  ^ia  der  lieber«' 
Zeugung,  dafs  das  gelehrte  Sprachstudium  hauptsäch- 
Uek  anif  gründlicher  Kennlnifs  der  Grammatik  und 


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Wolf  «  Consilift  «cholasl.  von  Fühlitck.  W 

«weckinSfsiger  Methode  beruhe,"  gleichsam  zam  Er- 
satz, Wolf  8  Einleitung  zu  der  Lateinischen 
Gramuiatik  aus  einer  besondero  Vorlesung  des^lbea 
in  einem  Anhang  8.  85  ff.  mitgeihetlt,  und  diesen  An* 
Imng  mgMeh  mit  ▼ieleo  ^eoen  N^eu  ber^kslMil 
Wolf  belniGblete  die  Latemiiehe  fi^rach«  von  eUm 
4loppelteu  Standpunkt:  erstens  als  to die  und  zweitens 
als  lebende  Sprache,  und  darnach  folgt  eine  Reihe 
von  Bemerkungen  und  Vorschriften ,  die  zwar  nicht 
g^erade  etwas  Neues  enthalten  (worauf  auch  Wolf  durchr 
aus  kfdse  Ansprfiehe  machte),  afber  «loch  Vieles,  wws^ 
«ibic9HKB  bokaimt  ,  iloch  oieht  gewag  wi«derhOl#  wei^ 
den  kann,  w^i  die  kumiehlifro  2Ml'' -im»  gem 'darüber 
weggeht  und  ihrer  Bequemlichkeit  Polster  and  RnKe^ 
sessel  durch  Verwerfung  desjien  zu  bereiten  sucht;, 
was  nirlit  ohne  ernste  Thä(lf>keit  und  tüchtigen  Meifs 
zu,  erringen  ist.  Was  Wolf  S.  37.  über  die  Nothweo- 
-«ligkcit  der  Beibelialtung  der  Lateiuisphen  Sprache,  als 
^ner  lebenden  sagt,  -ist  eben  0o  fchir  und  fafelieh,  ala 
"vrahrt*  Andere»  luit  der  Heraaageber  UtoengeAgt , 
fifichSC  mit  Bezug  auf  einige  seichte  Pädagogen  oeue^ 
ster  Zeit,  die  das  Lateinschreiben  wohl  gänzlich  aus 
dem  Kreise  dos  Schulunterrichts  wegbannen  möchten, 
ohne  in,  ihrer  Kurzsichtigkeit  zu  bedenken  oder  zu 
ahnden ,  dafs  grAndüches  Studium  der  Lateinischen 
Sprache  nnd  genügende  Kenotnifs  -derselben  zu  wiSt 
IseiiBcfaaftlicher  Bildung  und  Hnmanitftt  ohne  Latein^ 
aehreiben  nnmög^üch  ist,  und  dafs  mit  Entfernung  die- 
eer  Uebung  auch  zuglich  eine  Entfernung  der  classic 
sehen  Römischen  Literatur  aus  dem  gesammten  Unter- 
rieht  am  besten  vorbereitet  wird.  Das  aber  ist  es 
eben  am  Ende ,  waa  solche  Menschen  bezwecken , 
deten  wahre  Absicht  hinter  solchen  Angriffen  nicht 
verborgen  bleibt.  Die  Litelnische  Sprache ,  sagt  Wolf, 
Ist  ein  nothwendiges  Mittel  der  Communtcatton  der 
Ween ,  wie  Algarotti,  D'Alembert  und  Andere  schon 
einsahen.    Wir  bitten  damit  die  lesenswerthen  Be* 


Üigiiizeü  by  LiOü^ie 


merkungen  unseres  Herausgebers,  der  hier  gewifs 
aus  eig-eiifT  Erfahrung  spricht,  über  die  \oth wendig- 
keit fleifsiger  und  gründlicher  Uebungen  im  Lateiiii« 
sehen  Stjri  io  <tea,^ Gelehr tenschulea  S.  40  K  zu  ver- 
bindeo,  und  stimmeo  ihm  ▼ollkommen  bei,  wenn  er 
behauptet :  ,tUebrigeDS  iiidchte  es  wohl  bei  zweckinärsi^ 
l^er  Methode  ki  den  St^lAbun^ea  von  Jpgend  auf, 
bei  fortgesetztem  StttdUim  der  LsteSnkchen  Schrift- 
steller nach  Gattungen  und  Zeitaltern  auch  jetzt  noch 
gelingen ,  sich  im  Lateinischen  einen  Vortrag  über  mo- 
derne Gegenstände  zu  bilden,  der,  wie  Wolf  sagt, 
zpgleich  autik  «od  von  eigenthünilieher  Neuheit  wäre  u. 
8,  w^,  Ilarum  mufs  nach  Wolf»  Ansicht  die  Latein!* 
«che  Sprache  als  eine  lebende  Sprache  erlerot  werden 
und  die  Methode  beim  Uoterriciit  darauf  «eh  grün«- 
den.  Nun  folgen  kurze  Urtheile  über  die  alten  Rö- 
mischen  Grammatiker   und   über   die   Werke  neuerer 

_  _  « 

Grammatiker,  wie  G.  J.  Vois,  Scioppius,  Schwarze, 
Bröder  u.  A.,  wozu,  wie  bemerkt,  der  Herausgeber 
sahireiche  iiterärieche  Nachweisungen  Aber  die  Werke 
der  genannten  Grammatiker  in  den  Noten  gegeben  hat 
Am  Sciilnsse,  S.  52  ff.,  ist  die  Eintheiluog  des  Vor* 
tragb  über  die  Grammatik  selbst  gegeben. 

Ref.  kann  nur  wOnschen  ,  recht  oft  durch  Shn- 

liche  Gaben  aus  dem  Naehlafs  eines  so  geistreichen- 
und  auf  die  ganze  philolo^rische  Richtung  seiner  Zeit 
so  einflufsreicheii  Mannes  sich  erfreut  zu  sehen. 

Ch.   B  ä  h  t\ 


Üigitizea  by  i^OOgle 


N\  49.    HEIDELB.  JABUU.  d.  JUITEHA TUR.  1831. 


f  'er&uch  einer  Abhandlung  über  die  Geschichte  den  im  Rheiuki  eine  bc- 
^  stehenden  Instituts  der  Friedens g er iekte,  von  seiner  Entste- 
kunff  in  Deut»thta»d  a»;  difttr  die  Na%w'der  friedensricht  er  liehen 
FunkH»ntu,  auf  ifem  6etteAl«fwiiM«  tfei  StaQttdienstes  hiriwkM, 
übtr  dm  mrQhii$ek€n  H^erik  der  o»  tflsM»  Geriektem  Itstekendtn 
rermittlumgskammemf  tiier  tfte  5foAfllliil  wnd  die  pragmatische 
^hertteUunf^  ifwMr  Betmien,  Bermugeg^ken  von  einem  Beamten 
dee  Ekeinkreieee,  (Br  unterMeieknei  eieh  unter  def  f^orredes  GH. 
IF.  Bmuks  Jveiiahettmter  in  Bergzabern.)  Bkemkreie,  gedr.  in 
WeieeeiAuyg*  16  &  8» 

Diese  mit  Verstand,  Sachkenntnifs  und  Mäfsiguni^ 
gescfariebeoe  Abhandiong  wird  auch  außerhalb-  des 
Rheiokreiscs  mit  Interesse  gelesen  werden ;  unter  ande- 
rem deswegen,  weil  sie  so  viele  treffen<le  Urtheile  über 
die  Mängel. und  Gebrechen  der  franzötjiJscheii  Gerichts- 
verfassung samt  VerbesseruogsTorschlägen  enthält  .  . 

Der  Verf«  beginnt  mit  der  Geschichte  des  ibistHuts 
der  Frtedenf^gerichte.  Er  zeigt,  dafs  dieses  Institut  ger- 
manischen Ursiprungs  »ey ;  dafs  sich  bei  mehreren  Vdl- 
kerschaiten  des  deutschen  Stammes  ^chon  frühzeitig 
Beamte  finden,  welche  besonders  beauftragt  waren,  ne~ 
ben  den  or^entUcben  Beara^ten  den  Landfrieden  aufrecht 
zu  evJiaUen ,  ewservatores  s.  aasertores  fach ;  wie 
aich.  aus  dieser  altdeatpcbea  Sitte  die  .englischen  Frte- 
dmgerichte  eniwicketlen ;  wie  die  Friedensgeriehte  in 
Frankreich  im  JF.  1790.  eingeführt  oder  wiederhergestellt 
wurden,  ursprunglich  iu  der  philanthropischen  Absicht, 
sich  der  brüderlichen  Eintracht  unter  den  Bürgern  desto 
besser  zu  versichern.  —  Hierauf  geht  der  Verf.  zu  dea 
verschiedenen  Funktionen  der  Friedensgerichte  über. 
Er  sfthlt  diese  Funktionen  einveln  auf,  mit  Angabe  der 
Gesetze,  aufweichen  sie  beruhen,  und  mitHinzufügung 
kritischer  Bemerkungen.  Von  diesen  will  Ree.  einige 
beispielsweise  anführen.  Die  Friedensrichter  haben  als 
Vermittler  den  von  ihnen  gehegten  Erwartungen  bisher 

UiV.  Jalirg.  8.  Heft.  49 


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110 


l  eber  di«  FriedenBgertchtc  iiu  Klieiiik reite. 


noch  nicht  entsprochen.  Die  Schuld  Jag;  nicht  an  den 
Männern,  welche  das  Amt  bekleideten,  sondern  darau, 
dafs'  die  Friedeosrichter  eitieo  VeVgleich  verinitteln 
sollten,  ohne  von  der  faktischen  Beschaffen- 
heit der  Sache  unterrichtet  zn-  seyn.  Man  helfe 
diesem  Uehelslande  ab  un<l  das  Institut  wird  seinem 
Zwecke  gewiis  boscr  genügen.  Die  Abhülfe  wir(i  leicht 
zu  bewerkstelligen  seyn.  Üeberdics  ihut  der  Verf.  den 
Vorschlag,  die  Friedensrichter  zu  exekutorischer  Aus- 
fertigung der  Ton  ihnen  abgeschlossenen  Vergleich«  2i 
ermächtigen.  Die  Friedensgerichte  als  CiTilge- 
richte  haben  eine  zu  beschränkte  Gerichtsbarkeit 
Man  soHte  diese  Gerichtsbarkeit  billig,  (wie  auch  in 
Rheinpreiifsen  geschehen  ist,)  jedoch  mit  Vorbehalt 
der  Appellation  ,  w^eiter  erstrecken.  Eine  weitere  Funk- 
tion des  Friedensricliters  ist  die,  dafs  er  in  dem  Fa- 
milieorathe  den  Vorsitz  zu  führen  hat.  ■  Hierbei 
stimmt ^der  Verf.  in  die  schon  oft  erhobene  Klage  ein, 
"dafs'  die  französischen  Gesetzt  das  ftecbt  der  Mfiodel 
und  Meglinge  keineswegs  gemigsam  in  Schutz 
men ,  ohne  jedoch  auf  Vorschläge  zur  Verbesserung^ 
des  Vormnndsrhaftsrechts  eif!zug»^lin ,  da  dinsf^  Kwl- 
gäbe  von  dem  Hauptzwecke  der  Abhandlung  zu  iero 
lag.  —  Endlich  suc'ht  der  Verf.  ztt  neigen,  dafs  die 
Friedensrichter,  wie  andre  Richter,  *yon  "der  Regie* 
mng  (nnd  nicht' durch  eine  Wahl)  zii  ihrem  Anrte 
ernannt ,  auch  derselben  flechte ,  wie  andere  ^Stasts- 
diener,  theilhaft  sevn  .«-olltt n.  Man  wird  dieser  Aus- 
fuhrung  Schwerlich  seinen  üeifall  versagen,  wenn  man 
erwägt,  welche  und  wie  viele  und  verschiedenartige 
Funktionen  den  Friedensrfichtem  fibertvagen  sind. 


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ttoJit-nthnl ,  über  d.  Rechte        kath.  u.  f^iat.  ünierthaneii.  771 

Gedanktin ,  die  Parität  4fr  Hechte  swisehen  den  hatholiachen  und  nicht 
kuthoHiekm  Dntertkanem  der  deuUekmi  BtmdButaaten  hetrefftenä» 
Ton  IV&htlm  Grafen  vp«  Hohenthat  mtf  Mkenberg.  Leipzig 
1891.   BttumgärUuire  BmMondlung,  58  &  8. 

Der  Verf.  Iveginot  m\t  evattr  Klage  ikher  die  uilbe;- 
stiiRinte  Fassung  des  16.  ÄTt.  der  Deutflchen  Btnules- 

akte.  (v^ie  V^erschiedeuheit  der  christlichen  Religioiis- 
partheien  kann  in  den  Läadeni  und  Gebieten  des  Deut- 
scheu  Bundes  iicinen  Unterschied  in  dem  Genüsse  dfsr 
bürgerlichen  und  polUischen  Rechte  begrüaden.'')  — 
Cr  bemerkt  weiter,  jedoch  nur  im  iler  üiirzei  dafs  in 
des  Theiles  der  Oesler reichifichen  Monarchie^  weiche 
Kum  0eiil6c]ien  Bunde  gehören ,  diesem  Artikel  keioee* 
weges  Geniige  geleistet  zu  werden  scheine.  Dasselbe 
sucht  er  dann  van  dem  Königreiche  Sachsen  ausffdir- 
licher  zu  zeigen.  Er  führt  für  diese  Behauptung  fol- 
^ende'-GrQnde  an.  1)  Die  protestantische  Kirche  Och- 
sens steht  unter  Landesbehördea;  4lie  ihr  vorgesetzten 
Steliea  eiyd  mit  Stastedieoera  hesetzt,  weiche  sich  aa 
ihrem  Berufe  4nii  die  gesetzlich  hestlmmte  Weise  taug- 
*lioh  aa  machen  haben  «.  s.  w.  Ueber  die  katholbcbe Kirche 
ist  ein  apostolischer  Vicar  geselzt,  welcher  nur 
4i4irch  Giottee  und  des  Iteiiigen  Stuhles  Gnade  zu  seiner 
Funktion  berufen  ist.  2)  Die  Ausgaben  des  protestaa- 
tischen  Kultus,  z.  B.  Kirchenbaue ^  die  Besoldung  der 
Gei«^licfaen  und  der  Sdialiehrer,  sind,  theiis  ia  so  fertt 
^das  Vennögen  der  piwleslaiitischen  Kirche  nicht  aas*. 
TcSdirt,  *thc4ls  «ehiecbihla  von  den  Üttgliedem  dieser 
Ktvche  ZM  bestreiten.  Dagegen  werden  die  Ausgaben 
für  den  katholischen  Kultus  insgesanmit  aus  Staatsmit- 
teln bestritten.  3)  Wenn  in  einer  gemischten  Ehe  der 
protestantische  Theii  auf  Scheidung  klagt,  so  hat  er 
die  Klage  bei  dem  katholischen  geistlichen  Consistorio 
anaasteilea«  Nachdem  dieses  auf  lebenslängliche  Soq- 
derang  Ton  Tisch  and  Bette  erkannt  hat,  erlheilt  das 
protestantische  geistliche  Consistorium  dem  protestanti- 
schen Theile  die  Erlaubnifs  zur  Wiederverh  ei  rathang. 


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m     Hohenthai,  nUer  d.  Reckte  der  kalh.  u  |»rot.  Dnterthanen.  ' 

Hierbei  ist  die  Beschwerde  die:  Das  katholissche  Coii- 
sistoriuin  spricht  jene  Sonderuug  nur  wegen  eines  £he- 
brnchs,  also  nicht  wegen  aller  der  Ursachen  aus,, 
wegen  welcher  die  protestantischen  Konsistorlen  des 
Landes  auf  Scheidung  erkennen.  —  Es  sey,  Olhrt  der 
Verf.  fort ,  zwar  Unterthanenpflicht ,  Beschwerden  dieser 
Alt  vor  allen  Dingen  bei  dem  Landesfürsten  anzubrin- 
gen. Da  fedoch  auf  diesem  We^e  ^(ll\verli€Il  Abhülfe 
zu  erlangen  se^o  werde,  so  wäre  es  wüuschenswerth, 
in  irgend  einer  politischen  Vereinigung,  in  einem  mit 
zeitgeni&fsen  Veränderungen  wiederhergestellten  Cor- 
pore Evangelicorum ,  eine  kräftige  Stütze  finden  zu 
kdnnen  —  Der  Verf.  schliefst  mit  folgenden  Wortes: 
Jeder  Preufsische  Untertliaii ,  welcher  die  Vorhalle 
des  königlichen  Antiken  -  Kabinettes  in  Dresden  betdtt, 
wird  freudig  ergriffen  durch  die  täuschende  Aehniich- 
keiC,  welche  die  dort  aufgestellte  MarmorbQste  des 
grofsen  Churfürsten  Moritz  von  Sachsen  mit  den  edeleo 
Zfigen  seljDes  jetzigen  erhabenen  Beherrschers  hat.  Der 
hochherzige,  wahrhaft  ritterliche  König  wird  mit  sei- 
nen weisen  Käthen  das  theure  Kleinod  der  protestan- 
tischen Kirchenfreiheit  eben  so  gut  zu  schützen  wis- 
sen ,  als  Moritz  es  durch  Heidensinn  und  hohe  Weis- 
heit erkämpft  hat." 

(Voch  gedenken  wir  zweier  Urkunden,  welche  der 
Verf.  mitgetheilt  hat.  Die  eine  ist  das  Glaubensbe- 
kenntnifs ,  welches  der  Churprioz  Friedrich  August 
bei  seinem  Uebertiilte  zur  katholtschaii  Kirche  im 
1T12.  ablegte ;  die  andere  ist  die  ihm  hierauf  ertheilte 
Absolution. 


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freuf$§$ek9  Ocicrsreiiifffim.  «  £>«leif  TAeil.  Po»  4eii  6ertf«r 
BgehtMpßeg9  vorkowunmuteB  PtrioiMfi«  —  ^fteiiAiir)t ,  Merofar* 
GMoptolr.  B84  5.  8. 

Weon  es  auch  eioe  Uabiliigkeil  oder  Uog^erech- 
tigkeit  seya  würde,  ein  Werk^  von  welchem  nur  ein 

Theil  ersclüeiieii  ist,  einer  Kritik  zu  unterwerfen,  so 
hielt  es  doch  Ree.  für  erlaubt,  ja  für  Pflicht,  die  Auf- 
merksamkeit des  Publikums  schon  vorläufig  auf  das  vor- 
liegende Werk  SU  richten.  Es  ist  das  Werk  eines  Man*- 
0€§,  welcher  mit  gründlichen  wissenschaftlichen  Kennt- 
uissen  Erfahrung  verbindet;  es  ist  ein  Werk,  welchem, 
was  die  Aufgabe,  die  es  zu  lösen  versucht,  betrifft, 
kaum  ein  anderes  an  die  Seite  gesetzt  werden  kann* 
Wenn  auch  mit  unmittelbarer  Berücksichtigung  der 
Preußischen  Justizverfassung  ausgearbeitet,  ist  es  doch 
mh  für  andere  Deutsche  Staaten  von  hoher  Wichtig- 
keit. —  Hier  nur  eine  Uebersicht  des  Inhalts  des  bis 
jetzt  allein  erschienenen  ersten  Theils,  damit  wenig- 
stens die  Vielseitigkeit  der  Untersuchung  (festo  be- 
Klimniler  hervortrete.  Die  Hauptrubriken  sind  folgende: 
l  Deber  das  VerhSUnifs  des  Staates  zur  Rechtspflege» 
II.  üeber  das  Publikum  in  i-eiiier  Beziehung  zur  Rechts- 
pflege. III.  Üeber  die  Ausbildung  der  bei  der  Rechts- 
pflege konkurrirenden  Personen.  IV.  Ueber  die  bei  der 
Rechtspflege  konkurrirenden  Nebenpersonen.  V.  Ueber 
'ie  Anwälte.  VI.  Ueber  das  Richterp^rsonale.  —  Der 
Geist  des  Werkes  kann  vielleicht  so  charakterisirt  wer- 
ben: Der  Verf.  ist  Feind  des  Ekl  ekticismiis,  d.i.  der 
Vereinigung  ungleichartiger  Principien  in  derselben  Ge* 
setsgebung..  Er  stimmt  mit  den  Grundsätzen  über* 
CIO,  von  welchen  die  französische  Gesetzgebung  ausgeht 
Aber  so  wie  er  einerseits  die  Meinungen  der  anders  Ur- 
theilendeu  mit  Gründlichkeit  und  Unpartheilichkeit  pi  idt, 
*o  verkennt  er  andererseits  nicht  die  vielen  und  grofseu 
Fehler,  in  welche  das  französische  Recht  bei  der  An-^ 
w^dung  jener  Grundsätze  verfallen  ist,  und  so  hat  sein 


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724  Archiv  fiir  Hi'chtRjiflcge  in  Baden. 

Werk  durchaus  einen  acht  l)eutj;cheii  Charaklrr.  — . 
Wenn  es  riecfn.  erlaubt  ist,  einen  l¥iiiföch  zu  äulseii), 
v60  ist  es  der,  daf»  es  (Tem  Verf  gefaifen  möchte,,  bei 
der  Fortsetzung  des  Werkes  der  englischen  Gerichtsver* 
fassung  und  Rechtspflege  eine  sorgfaltigere  BerücksieU' 
tigung  zn  widmeti ,  als  in  dem  vorliegenden  eisten  Tlidle 
geschehen  ht  Da  i^t  noch  viel  2u  i^^riien  und  zu  ht- 
initzeii.  Wir  kepnen  m  manche  öffentliche  ßinrichtun- 
gen,  welche.das  franedsiscli^  Recht  voir  englissheu 
entlehnt  |Ktt,  nur  aus  «ler  zweiten  Hand, 


Mt^v  für  die  iäurkispfleffm  umi  Ge$etzgebHng  im  Groftketzogthumt 
Batten,  Herautg^gtben  vos  Dr,  J.  G.  Duttlinger ,  Freiherrn 
G.  von  eiler  und  J.  von  JCettennaek^r.  Freikurg  1830. 
l  B.  U  H.  2  ilft 

Wenn  in  irgend  einem  Staate  das  vaterl^disehi 
Recht  emer  e%R«fi  iMege  bedarf,  mn  ilie  ReehtsaiH 
tvendvng  zu-  sichern  önd  dfe  ZwedcmS&igfceit  md  U»- 

zweckmäfsigkeit  dei  vorhandenen  gesetzlichen  Bestim- 
mnngen  zu  zeigen,  8o  ist  «lieses  der  Fall  in  dem  Grafe- 
herzogthum  Baden.  Während  das  Isanzösische  €i?iU 
gesetzhiicb  mif  einer  Menge-  Znsätzei»  «eti  dein  Jaiut 
1810.  Gesetzeskraft  hat,  entbehrt  da»  Grorskerzogtbam 
mancher  Einrichtungen,  durdi  deren  Vorhandensejn «Bs 
WohHhätigkeit  dieses  Gesetzhuches  bedingt  ist.  Rftck- 
sichtlich  de»  Frocefs-,  €riminal-,  Kirchen-,  Staate^ 
und  Lehemredlts  schliefet  sieb  iKe  badisehe  Geseti^ 
bang  rfem  gemeinen  in  Devtschlend  geltentleir  Rechb 
lin,  jedoch  mit  seit  dem  Jahre  1803.  erh^sencn  sei  ticke 
Erläuterungen  und  einzelne  Bestimmungen,  dafs  es  oft 
schwer  ist ,  zu  erket^nen ,  was  noch  geltemies  Recht , 
was  mir  historisch  wichtig  ist.^  Und  so  gehM  <h*r  ba- 
dische Ricbter  ond  Praktiker  gleicfassNn  vwei  Wehes 
an,  indem  er  sieh  in  Ansehung  seines  CiyilgesetaiMidicf 
zur  Sicherheit  der  Anwendung  mit  den  Forschungeader 
Franzosen  und  in  Ansehung  der  übrigen  Zweige  der 


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4rchiv  lüi'  licciltsyflcg«;  iu  Biiileii. 


Rsctogeselzgebuog  mit  den  Uoteniuchimgen  deutocher 
Recbtfigelehrteo ,  welche  dem  gemeinen  Rechte  gewid« 
nielsind,  bekannt  und  vertraut  machen  mufs.  Will  man 
auch  davon  absehen ,  d.i Ts  Vielen  die  literai ischea  llülf«>- 
mittel  des  Civi]ge.setzi>uche9  oft  ganz  unzugänglich  sind, 
R>  »iqh  doch  nicht  in  Abrede  stellen,  dafs  es  wegen 
des  Dranges  der  praktischen  Arbeiten .  auch  bei  dem 
besten  Willen  unmöglich  ist,  den  Forschungen  der  neuern 
Zeit  iu  allen  ciiej»en  Z,\\v\^vai  der  ilfchtsuissenschaft  zu 
folgen  ,  hihI  ssie  mit  den  Pai  iikulargej«etzen  in  Verbin- 
ilang  8U  setzen.  Es  ht  darum  ein  verdienstliches  Unter- 
uehmen  Seiten  der  Herausgeber ,  sowohl  dem  Theo- 
fetiker  €Megenkelt  zu  geben,  seine  Untersuchungen  im 
Gebiete  des  vatt;i  ländischen  Rechtes  mitzutheilen ,  als 
auch  dem  Praktiker  möglich  zu  macheu,  ohne  Aufwand 
?ieler  Zeit,  welche  seineu  Berufe- Arbeiten  entzogen 
«firdeut  wh  weiter  fortsubiideo.  Durch  diese  Zeit- 
•chrift  ist  einem  läogst  gefühlten  Bedürfnisse  abgehol* 
feil,  und  das  Grofsherzogthum  Baden  tritt  auch  in  dieser 
BeJivehung  ehrenvoll  in  die  Reihe  anderer  Deutschen 
Staaten ,  welche  sciuin  seit  geramucr  Zeit  sicher  Schcif- 
t6D  sich .  9U  erfreuen  hatten. 

Wa»  die  Einrichtung  «lieser  Zeitschrift  bcüiüt,  so 
erscheint  sie  in  zwanglosen  Heften  ,  wovon  4  eiuen  Band 
bilden.  Das  Gebiet  derselben  umfafst  alle  Theile  des 
hadisdusD  Rechtes  ^  der  Bechispolizei  und  der  Gesets** 
g«bung,  Stottisr  und  Bolisei  -  Recht ,  Kirchen  -*  und 
Ijehn- Recht,  Civil-  und  Criminal- Recht,  Procefs-, 
Hande  ls-  und  Wechsel -Recht ,  mit  beständiger  Rück- 
Hcht  auf  ilas.  luleresse  und  cias«  Bedurfuifis  der  Pfasua. 

Da9  Archiv  enthält: 

1)  Selbstständige  Abhandlungen  und  Erörterungen 
ans  dem  Ciebiete  aller  genannten  Zweige  des  badischen 
Rechtes. 

2)  Mittheil Uügen  nieri^würdi^er  Criminal-  und  Civil- 
HechtsGilie  und  Entscheidungen  der  Gerichte  des  Groh^- 
hertsgthmnB. 


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5)  Kritiken  oeiier  GesetxeoiwQrfe  f&r  das  Grofo- 
henEOglhum, 

4)  Recensionen  aller  über  das  Indische  Recht  er-* 
scheinenden  Druckschrifteo. 

6)  '  Anzeige  aller  oeu  erachienenen  Werke  der  Fran-; 
zosea  fibier  das  französiache  im  Grofahereogthttm  reci- 
pirie  CiTil-  und  Handelsrecht,  '  - 

6)  Miscellen.  '  ' 

Nach  den  Gesetzen  dieser  Jahrbücher  können  vfit 
hier  nur  eine  Anzeige  der  verschiedenen  bisher  erschie- 
nenen Abhandlungen,  mit  Angabe  fler  Verfasser,  lie* 

fern,  die  Beurtheilung  müssen  wir  andern  Zeitschriften 
überlassen. 

Der.  L  Band  enthalt: 

1)  Die  Grnndzuge  eines  Civilprocefs- Rechtes  ftf 
Baden.  Vom  Herrn  Geh. Rathe  Freiherrn  Ton  Weiter. 

—  2)  Kann  die  von  einem  Orlsgericht^  über  eine  von 
ihui  selbst  geleistete  Bürgschaft  ausgestellte  Urkunde 
für  eine  öffentliche  angesehen  werden?  Vom  Hrn.  Hof» 
gerichts -  Director  Wolf.  —  3)  Ueber  die  Geschlechts-  * 
helstandschaft  unil  namentlich  über  die  Frage :  Ist  es 
wfinschenswerth ,  dafe  diese  Anstalt  beihehalten  oder 
daf«  sie  aufgehoben  werde"?  Vom  Hrn.  Miniisteriairathe 
von  Kettenacker.  —  4)  Ueber  die  Noth wendigkeit 
einer  gerichtlichen  Ermächtigung  der  Ehefrauen  zur 
Uebernahme  der  Sammtverbindlichkeit  für  ehemännlicho 
oder  Gemeinschafts  ^  Schulden  ,  und  zur  Veräufserung 
und  Verpfandung  ihrer  Güter  für  dieselbe»  Von  Hrn. 
Hofgerichts* Assessor  Bekk.  —  5)  Von  wann  an  lattfieni 
die  Verzugszinsen  nach  dem  Landrecbtef  '  Von  Hm. 
Ministerial -Sekretär  A.  Sander.  —  6)  Leber  zwei 
Brauer'sche  Versehen  im  Handelsrecht.  (Diese  Unrich- 
tigkeiten bestehen  darin :  a)  daiis  sich  der  Anhangssatz 
231.  auf  die  Anhangsätze  225  und  226.  beruft,  statt  anf 
die  A  S.  228  und  229;  und  6)  dafs  der  Anhangsats  23& 
aof  die  Anhaogsätze  281  und  233.  verweist,  statt  auf 
die  A.  S.  282  und  284.>    Von  Hrn.  Gehmmen«  Rathe 


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.  iirckiv  für  R«chUpflcge  in  Hniw, 

Btiii  Professor  Dr.  llutilinger.  —  7.  und  52)  Gruod* 
%e  (le$  Pflidii-* Erbrechtes.  Von  Hrn.  Prof.  Dr.  Bau^ 
ritte  I.  Bemerkiing^en  su  diesem  Anfsatae  von  Hm. 
LanclamtS' Revisor  RheiniHnder,  —  8.  9.  41.  u.  47) 
Darf  auf  zusammentreffencle  Inzichten  peinliche  Strafe 
erkauni  werden ?  Von  den  Herren  Freitierrn  von  Wei~ 
1er,  Duttlingfer  und  Überhofgertchts - Rathe  Esser. 

10)  In  wiefern  kann  eine  Ehefrao  injhres  Mannes 
Gant  fbr  die  Verbindlichkeiten,  die  sie  f&r  ehetninn-*'  . 
liehe  oder  Gemeinschatts -Schulden  eingegangen  hat, 
Ersatz  fordern ?  Von  Hrn.  Hofger.- Ass.  Bekk.  —  11. 
23.  u.  38)  Uebersicht  der  neuen  Literatur  de§  vaterlän- 
dischen Rechts.  Von  Hrn.  IMioister.-R.  tob  Ketten- 
acker.  —  12)  Hat  die  gemeinschaftliche  Pfandver- 
Schreibung  der  Eheleute  nach  L.  R.  Zusatz  2180  a.  die 
Folge,  dafs  die  Ehefrau,  aucli  wenn  sie  sich  nicht 
sammt  verbindlich  gemacht  hat,  in  dem  Erlöse  aus  den 
Unterpfändern  dem  Pfand|plänbiger  nachstehen  mufe. 
Von  Hrn.  O.R.  Freih.  von  Weiler.  —  ]&  2a  49) 
Ueber  das  qualificirte  Geständnifs  im  Civilprocefs,  be- 
sonders nach  dem  L.  R.  Von  Hrn.  G. R  Duttlinger 
und  Minist*R.  von  Ketteunaker.  — -  14)  lieber  die 
Adjudic^tion.  Ein  Beitr^ 'Sur  Gesetcg;ebang.  Von 
Hm.  Minist-R»  von  Kettennaker»  —  15)  Kann  nach 
dem  L.R.  in  einem  Ehevertrage  eine  Erbeinsetzung,  ein 
Erbvermächtnifs  oder  eine  Schenkung  i?tatt  finden?  Vom 
Hrn.  G.R.  Freih.  von  Weiler.  —  16)  Ueber  die  Wir- 
kung des  Irrthoms  in  den  Beweggründen  einer  letztwü^ 
ligen  Verfügung ,  nach  dem  L.  R.  Erläntert  durch  einen 
Reehtsfall.  Mitgetheilt  Ton  Hrn.  O.R.  Dr.  Dutllin- 
ger.  —  11)  Beitrag  zur  Erörterung  der  Frage:  Wfe 
die  von  Gaunern  verübten  wiederhotten,  beziehungsweise 
qnalificirten,  Diebstähle  im  Grofsherzogthume  Baden  zu 
bestrafen  seyen?  Von  Hrn.  Hofgerichts -Director  Wolf. 

18)  Ueber  die  Beeidigung  der  Schiedsrichter.  Vom 
Hrn.  Minister  R.  von  Kettt  naker.  ' —  19)  Ist  die 
Gegenwart  der  Testamentszeugen  bei  dem  ganzen  Acte 
des  lotsten  Willens  nothwendig  ?    Von  Hru.  Uofger.^R. 


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Ardbiv  für  ReelilApilcge  iu  Dailco« 


DöBsbacit  io  FrelbiU'^.  — ^  20)-  Ut  dac  4C«iji^obewel& 
gegen  davi  Inhal!  eioe»  öffeotUchea  Testamentes  ^olassig. 
Von  EbenTdemselben.  —    21)  Kann  durch  die  Testa* 

uienlHzeagen  selbst  der  Beweis  der  F<iUchheit  «lesTesla- 
•  uientf^s  geführt  werden  ?  V  on  Ebt-ndeni'ielheiK  22)t 
Ueber  die  Ansprüche  der  Wiiiwe  und  der  Töchter  de^ 
verstorbenen  Vasallen  gegen  den  Lehenserben  auf  einep 
Ijeb4in^ehalt,  nach  badischem.  I^hnf echte.  Ajitwartaiif 
eine  Anfrage.  24)  Uebev  Gescbworneu  -  Geriehte. 
Eine  Stimme  dafSr.  Von  Hrn.  Hofrichler  Frhrn.  von 
Stengel  in  Maniiheinv.  —  20)  Leber  die  lanchechlli- 
chen  Bes'immungen ,  den  Zeng^^nbewels  betreffejid.  Von 
Hrn.  Kiiegsraih  Vogel  in  Karlsruhe.  —  ZU)  üeber 
Adiniui.strativ  Justiz ,  mit  besonderer  Hiosicht  auf  Franko 
reich  und  Baden.  (Sanmit  einer  Beurtheiivng  dea  Wer* 
kes:  Bnüouje^  des  conßHSf  ou  empiilemeni  de  (atdMk^ 
rU4  itdmmhirnthe  «er*  le  po^voir  judiciair^,*  2  Tomes 
m  ^lo.    Petris  Vom   Hm.  G.  R.  Frhrn.  von 

Weiler.  —  21)  Erörtern ng  der  Frage:  Ob  den  mio- 
derjährigen  ivindern  wälirend  der  Dauer  der  Ehe  ein 
gesetzliches  Pfjmdrecht  an  (iein  liegenschaftlichen  Ver- 
mögen ihre»  Vater^zuslehe ?  Von  Hrn.  Hofger.  R*  Lau  g kr 
hat d  in  Manalieutt.  —  2»)  Ueber  die  Schäferei -pBop» 
rechtigurn^  der  Ei^entbum»r  und  ihre  Aunöbuno^  nebra 
jenerde*  Dienstbarkelts  -  Berechtigten.  ^  on  Ilm.  (i.  R. 
Frhrn.  vo;i  Weiler.  —  30)  Hat  eine  Khefrau ,  weiche 
sich  für  eine  eheniiiunliehe  oder  Gemeinschaftsschuld 
noch,  als  ^rsöoliche  Schuldnerin  mit  verbindlich  ma- 
chen witt^  hiezH  die  Mitwirkung  ihres  besonderB  verw 
pflichletea  Beinfandes  nulh wendig?  Von  Hrn.  Hofger.  R, 
Me^rk  in  FVeibvrg.  —  91)  Reitrag  snr  Lelire  über  cUe 
Pfandrechte  der  Ehefrauen  und  der  Mündel.  Erläutert 
durch  einen  Reebtsfaü.  Von  Hrn.  Hofier.  Bekk 
in  Meersburg.  —  32)  Ueber  die  Zusätze  des  hadischen 
|j»H.  zu  dem  Jrranzosischen  ehelichen  Gemeinschaftsrechte 
in  Beniehoiig  auf  die  Verbindlichkeit  der  Ehefrau  znv 
ZabhiBg  der  Gemeinachaftsschttldeit  Von  Hrn.  Hofg/er.  R. 
6&8«r.  ^  8»)  Ueber  die  Frage:  Ob  die  Bfaiti¥^h&U- 


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'  Btttie  ilerj«fiigei»  Gheleuie,  weiche  in  ihren  vor  dem  l. 
Jtmms  IMOi  ervklllelea  FIliev«nFft|£eii  oline  die  Angabe 
«iner  l>e«ttmiiiiftii  ^ememschaftfiairt-nur  da»  dainaiig^  Ge- 
«efs,.  «iler  «lue  daiiiaJ%e  Obeervana  zur  Norm  wftliliea 
jjetzt  nach  d*»fi  Re|;-e!n  det  neu  gesetzlichen  Fahrcifsge- 
oieiiijschaft  zm  behandehi  si^yeii?  Von  Ihn.  llolger.  Äss»  ' 
Bekk.  —  34)  Ueber  das  Uiickiallsrt  cht  der  xVscendeii- 
t«n  ixk  Amthuüj^;  der  eiiiem  De^cetidenteo«  gef^cheuJkfcea 
Sachen.  Von  Hrn.  nraTard,  Actvbcaten  in  Paris.  — 
te)  SiekU  einer  Ehttfraii,  welebe  too  Tisch  un4  B»it 
geschieile»  iaiy  «(ler  nur  alietti  4ie  GütecsepaFaiieu  er-* 
wirkt  hat ,  nach  Art.  1449.  de§^  b  Gesetobuche^  eine  «tt- 
bedi[i*;fe  Dispositionsgewalt  ül)ei-  ihr  Mobil iarvennügen 
zu,  itilvr  ist  solche  lici  Handlungen,  wobei  ^ie  über  die 
Greoaea  einer  blornea  Admjniülratioa  sich  verUinilUch 
jRMcbaLwill,  nocli  an  die  Autorlsatlon  ihres  Ehemannea 
g^ebunden?  Von  Hra  U«fger.  R.  Me  r  k  ia  Freibarg.  — 
M)  Iii  eine  Hypothek^  die  ani^taU  auf  den  urakranGlai^ 
brger  auf  den  Naaiieu  ^nes  andern  eingescbriebew  wor- 
den, ak  uoförndicii  und  nichtig  anzusehen  Von  Hrn. 
Hofier.  R.  Donsbacii.  —  iil)  Rr§treckt  sich  die  Ver-^ 
aiiiu'ortlicbkeit  der  Aüitärevij»oreu  auf  sämmtliche  Ge- 
schäfte ibcer  Th<tUuogs)€onMiii«sarien ,  namentlich  auch 
auf  die  ¥on  Ihnen  verfid^leo  Testameute?  Von  £bea* 
denwalbenw  —  S9)  lieber  den  Eigendioniserwerb  im 
Gefeilte  rou'  Cenvenlionen^  Ven  Hvn.  Prof.  Dr.  Bau«^ 
rittel.  —  40)  U«  her  (kis  Recht  des  verzichtenden dr- 
ben  auf  Zurückbehaltuug  der  erhaltenen  Sciienkuugea 
unter  Lebenden.  Von  Hrn.  OUerholVer. H.  Esser. 
4Ä)  Ueber  die  Eheaufoebote ,  ein  Beitrag  zur  Erläuter- 
ung lier  Sttze  im  wid  iC^i:.  des  L.  R.  Voa  Hrn.  HUnisUL 
.  Br«  JPicei  i»  Gkrlaruhe.  —  43)  Ueber  Khevattöbuifiae. 
Ve»  Hr  (lihlein,  Pmatdocenten  in  Heidelberg.  — 
44)  Darstellung  der  Rechtsvei haltnisse  von  Kiichen-, 
Fiarr-  und  Schulhaus- BauUcbkeiten.  Von  Hro.  Minist.- 
Secretär  Köfswieder.  —  45)  Zur  Berichtigung  der 
Satze  2^1  uatl  2d6i  .de«;  Handelsrechts.  Von  Hrn.  G.R. 
Dr.  DuilUufer.       4ft)  2&ir  GeaeUcbte  der  Strafge- 


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799  Archiv  f nr  Rechisfrflrgc  ia  Badmi. 

richteverfilssung  und  StrafrechtepAege  in  Ba<i«n.  Von 
Ebencl.  —  48)  Materialien  m  einem  Gesetcentwarf  ttber 

KrtegskostenaasgIeichun|^.    Von  Hrn.  Kreibdir.  Rettig», 

—  50)  Ueber  die  Untheilbarkeit  des  Geständnisses  nach 
den  Bestimmungen  des  bad.  L.R.  Von  Hrn.  Hofger. 
Director  Wolf.  —  51)  Ist  ein  Gläubiger  verbunden, 
sich  mit  seinen  Ansprüchen  an  die  ihm  sammt«>  orter 
milverbindliche  Eheflan  bei  entstehendem  Gantproeesse 
gegen  ihren  Mann  «ur  besondern  Klage  verweisen  zu 
lassen?  Von  Hrn.  Oberhofger.  R.  Esser.  —  53)  Rechte 
der  aus  verbrecherischem  l^mg^Hng-e  eri^fugten  und  der 
nicht  anerkannten  natürlichen  Kinder ,  nach  dem  L.  R. 
S.  334.  335.  312.  762.  und  762  a.  Von  Hrn.  Assessor 
Trefurt.  —  54)  I.  In  wiefern  sind  Theiiungsconunis- 
^re  cur  Aufnahme  dflPentlicher  letzter  Willen  berechtigt? 
nnd  II)  Kann  ein  Amtsrevisor  in  der  Eigenschaft ,  als 
Zeuge  bei  Aufnahme  eines  öffentlichen  letzten  Willeos 
für  zwei  Zeugen  gelten?    Von  Hrn.  Hofger. Adv.  Ruef. 

—  55)  In  wiefern  ist  das  Eintreten  der  Ungehorsams- 
strafen  durch  Ungehorsanisbeschuldigung  bedingt?  Be- 
antwortet von  Hrn.  Geh. R.  und  Prof.  Mitter niaier«  — 
56)  Haftet  auf  den  Liegenschaften  des  Pflegers  eines 
Abwesenden  fdr  das  seiner  Verwaltang  anvertrante  Ver- 
mögen ein  gesetzliches  Pfandrecht?  Von  Hrn.  Ober- 
hofger. R.  Stöfs  er.  —  57)  Ueber  das  Besitzverfahren 
und  dessen  Gestaltung  nach  dem  neuen  badischen  Land- 
rechte. Vom  Oberhofger.  R.  von  Weiler.  —  58)  Kann 
die  Bestimmung  des  §.  49.  lit.  c.  der  Eheordnung,  nach 
welcher  bei  einer  aus  einer  bestimmten  Ursache  erfolgten 
Ehescheidung  der  unschuldige  Ehegatte  von  dem  Schul- 
digen eine  gewisse  Quote  des  Vermögens  des  letztem 
als  Entschädigung  anzusprechen  berechtigt  war,  auch 
noch  jetzt  nach  Einführung  des  neuen  L.  R.  zur  Anwen- 
dung kommen?  Von  Hrn.  Hofger.R.  Lauckhard.  — 
59)  Zur  Statistik  der  Straf  rech  tspflege  im  Grofsherzog- 
ibnme  Baden.    Von  Hrn.  Geh.  Referendär  Ziegier. 

Die  beiden  ersten  bis  jetzt  erschienenen  Hefte  des 
Uten  Bandes  enflialten  folgende  Abhandlungen: 


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Arrhiv  für  Rechtspflege  in  Baden.  ^  781 

1)  üeber  die  Dauer  des  gesetzlichen  Unterpfainls- 
rechtes  der  Miaderjährigen  an  dem  Vermögen  ihres 
Vormunds  nach  geendigter  Vormundschaft,  auch  ohne 
Inscription.  Vpn  Hrn.  Hofger. R.  Merk.  —  2)  Von 
dem  richterlichen  Unterpfande.  Von  Hrn.  Hofger.  R. 
Bayer.  —  3)  Ueber  clas  CootninaciaUSystein  im  Ci?il- 
processe.  Von  Hrn.  G.  R.  Eifsenlohr.  —  4)  Vor- 
schläge über  flie  Tminun^  (l(  r  Jusliz  von  der  Admi- 
nistration. Von  Hrn.  Hofger.  A'^s.  Rekk.  —  5)  Bericht 
der  Gesetzgebungs- Cooimisfiiouy  erstattet  an  Se.  Königl. 
Holieit  den  Grof^herzog  am  15.  Nov.  1830,  mit  der 
Vorlegung  des  £ntwttrfis  der  Procefsordnung  in  bürger- 
lichen Rechtaalreitigkeiten  fßr  das  Ororshersogthnm  Ba- 
den, die  allgemeinen  Motive  des  Entwerfe  enthaltend. 
—  6}  Das  Vollstrecknngs- Verfahren  nach  dem  XLII. 
Titel  des  Entwurfs  der  Procefsordnung;  fiir  Raden.  Zu- 
sammeogestellt  mit  den  Motiven  dazu  von  Hrn.  Geh.  H. 
Frhrn.  v.  Weiler.  —  1)  Einige  Worte  über  den  Ad- 
vokaten-Eid mit  Rfickaicht  auf  eine  zur  Anwendung  ge* 
kommene  Verpflichtnogs- Formel  vom  Sept.  1890^  Vom 
Hm.  Minist. R.  v.  KettennakeK  —  8)  Beitrag  mr  Be- 
richtigung der  Frage:  „Von  wann  an  laufen  die  Ver- 
zugszinsen nach  dem  Landrechte?  Von  ObCrger.  Ailv. 
Brunne r.  —  9)  Ueber  die  Beweislast  bei  vorhandenem 
qualificirtem  Geständnisse  im  Civilprocesse.  Von  Hrn. 
G.R  Dr.  Duttlinger.  —  10)  Mord  aus  Eifersucht. 
Eni  merkwürdiger  CriminalfiilL  Von  Hrn.  Hofger.  R. 
Donsbach.  —  11)  Gerichts -Polieei  vnd  Advokaten- 
Ordnung.  Ein  Vorschlag  von  Hrn.  Oberhofger.  Rath 
Stöfser.  —  12)  Die  Oeffentlichkeit  und  Mündlichkeit 
des  Verfahrens  vor  Collegial-Gerichteu  nach  dem  XLHI. 
Titel  des  Entwurfs  der  Procefsordnung  für  Baden.  Zu- 
sammengestellt mit  den  Motiven  dazu  vom  Hrn.  Geh.R. 
Frhrn.  Ton  Weiler.  —  13)  Beitrag  zur  Lehre  Ton 
den  Rechten  der  Zehndherrn  bei  verfinderter  Cnltarart, 
und  bei  Neubrüchen.  Erläutert  durch  einen  Rechtsfall. 
Von  Hrn.  Hofg^er.Ass.  Bekk.  —  14)  Ueber  die  Pflicht 
des  Beichtpriesters  zum  Beichtgeheimnisse,  und  seine 


üigiiizeü  by  <jOO^ie 


3«2 


Archiv  >ür  UixbUfllegt}  m  Budvn» 


Befrahing  von  der  Pflicht  zum  gerichtlichen  Zeugnisse. 
Von  l]xa.«LJi.  Ott.  Uatillager.  —  ia)Ob  der&lo« 
aus  einem  zmchcB  4lem  Heinitlisrertrag  und  der  Bii»- 
gehuug-  der  Ehe  veräul'serten  Grundstücke  zur  ehelicheu 
fitUergemeinhciiait  gehöre  ocfer  nicht?  Erläutert  durch 
einen  Reohlt^L  Vom  Hrn.  Hofger.A««»  Bekk.  ~  IIS) 
GuUfitUen  «us  dem  Gebiete  des  Laodrecfcte ,  und  lEwar : 
A)  Kann  den  Ekern  di«  elterliche  Nutzniefeungf  des 
Pftiehttheil«»  ihrer  Kinder  vom  anderseitigen  Eltern - 
oder  Ahueniheil  entzogen  werden?  B)  Stfht  die  eiter-* 
hohe  Nutzniefsung  auch  den  Eltern  des  voo  ibnen  aner- 
kannlen  natitrlichett  iUtidies  suV  C)  üaan  die  gesets- 
lidhe  Vonmiodechaft  -der  Bitera  durch  etoe  Bedingung 
in  einer  freigebigen  Verfügung  entzogen  werden?  ©) 
Sind  die  V  eräufst^nni^en  des  nnwürdigeu  Erben  ungül- 
tig? E)  Kann  der  Erbunwürdige  aacä  seinoi*  Uawfifr' 
digkeil6-fiiikiäning«eine  Fordenungen  an  flie  ahgec^^ 
ebene  Erbschrft  wieder  gellend  machen?  Von  Ura. 
Hofger.  AfJS.  Sander.  —  17)  Ein  licchtsfali,  als  Bei- 
trag zur  Ltlire  von  tien  Förmlichkeiten  des  g^eheiutefl 
letzten  Willens.  Von  ^rn.  Hofger.  Ass.  Sauii^r.  — 
18^  lieber  4ie  Beitragfyfliclit  derlSläuibiger  der  eweiton 
und  dritten  Ordnung  sur  Befriedigung  der  Glaubiger 
der  ersten  Ordnung.  Von  Hrn,  KreiNrath  Kiiieinger. 
. —  19)  In  M  elcheni  Verhältnisse  coiitrilHiiren  ilie  Gläu- 
biger der  zweiten  und  dritten  Or«! au iig  im  Conciirse  zur 
Seckiii^  der  ersten  Ordnnng?  L.R.  £..2818  a.  nnd  b. 
:verfjt.  vnU'  S.  Vw  HrtL  Amfaaas.  Trefart 

20)  Ueber  den  Besitzprocefs.  Ein  Beivetuin  zimb  XX Vi 
THtel'des  Entwurf<?wS  der  Frecefso-rdnung.  Voim  IIiik 
Oberhofger.&  Siöl'ser.  —  21)  Ueber  die  V^e  als 
V«>llslrackiingBt)eaaite  nach  dem  Einwurf  der  :lkei*en  Pro- 
ceftondnnag.  V4im  Mm*  Hofger«  Am»  Bekk.  —  <22)  Van 
der  gterichtliehen  GiwiSdhligiing ,  widcher  die  Bli«irau 
zu  gfewissen  RechtsgeKchäften  bedürfen.  Vom  Hrn.  GB. 
Eisenlohr.  —  23)  Bemerkungen  über  die  Nc^wen- 
4i^ett  der  ^i4€hllicbe4i  Emächtigung  -der  Ehefrauen 
zur  Eingehmg  von  SamnlverbittdlicMseileii  CBr  ehe- 


d  by  Googl* 


I 


Kiclihulii,  iihcr  Uxanthcine.  ^6 

mär.oliche  und  GeineiiischaftjiscJiu'den.  —  24)  Ge^li 
die  Stockfichläge  als  Strafniittel.  VonHrn.  Ci.  R.  Dr. 
D« Uli  »Ig er.  ^  1>ie  Strafe  cter  kdrperlijiflieii  tfiuch 
iigung,  beirachlet  Bm  4em  Staml^iiiikte  der'GeÜilir  iw 
€li«  GefJüBcttieit.  Von  Hrn.  Hofr.  uml  Prof.  ör.  Beck.  — ^ 
26)  Curiosa.  Aus  den  liinterldästof^n  Papieren  eines  Acl- 
vokalcn.  Mitge4heilt  vom  Hrn.  Minist.  Rath  von  Ket- 
t^üBaker.  —  21)  Befriediget  eine  reine  Sti  mpel-Otd- 
Dung  in  JustiE-Sacheai?    Von  Hrn  Minbt.  lir.Ficot. 

28)  lidDiiea  £lieg>eiiieinscliaftsilteiiiiDg€ti  «Fegen  V«v^ 
letBuageii-  über  «in  V4ertlieU  umgeslofsea  werdeo?  Von 
Hrn.  Amts- Ass.  Trefurt.  —  29)  Anhang^.  Rechtfer- 
tigung gegen  einen  Tadel  des  Werkes:  „Gesetzgebung- 
Badens,  systematiscli  dargestellt  vom  Verf.  des  Rechts- 
Jcatechisoius  für  das  badische  Volk."  Von  Hrn.  Amt* 
flKann  Kinzinger. 

Die  aus  dem  angegebenen  Inhalte  sieh  ergebende 
-Reichhaltigkeit  und  Viannichfaltigkrit  des  beliiindelLeri 
Materiales  werden  diese  Zeitschrift  nicht  bios  dem  ba- 
diacbenüechlsgeiehrten  empfehlen,  sondern  jedem,  der 
f  nieresse  an  den  Fortschritten  dieser  Wiasensdiaf  t  Qber- 
iMHipl  hat,  und  das  Gnle^  wo  er  es  findet,  anerkennt. 


Bandbueh'ü'htr  dt9  B^kandlunff  und  Verhütung  d§r  eon- 
ta^iÖB' fieberhaften  Exantheme,  ah  der  Btattem,  det 
^dkartaeh'  und  Peteekiai"  fixere ^  der  Maeem  nad  Rothdns  «ad^ 
den  Grundaataen  der  emfirteehen  Fathophjfeiohgie*  Vem  9r,  H ein- 
rieh  M^ehhorn*  MÜ  kMgl.  IFirtemb.  tdiergn.  FrhUegium. 
Stettin  und  Etting.  In  der  Ntcokueehen  Buebhim^Kiing.  1631. 
FUi  nnd  m  iSL  gr.  8.       fl,  24  kr.). 

Wir  freuen  uns,  ein  Werk  hier  inir  Ameeige  m 
bringen,  Welches  zwar  nicht  durch  rhetorische  Rnnst- 
stficke ,  schimmernde ,  eine  Qber  die  gewöhnliche  erha-; 
bene  Ansicht'  verkfindende  Idee  und  beliebte  Analogien 

seine  Leser  zu  gewinnen  sucht,  um  so  mehr  aber  durch 


üigiiizea  by  L^OOgle 


m 


EioMMini,  «Iber  EMmUleme. 


den  besonnenen,  ruhigen  Gang  acht  h issenschaftHeher 
Forschung  den  Denker  befriedigt. 

Oer  Verf.  des  vortiegeaden  Werkes  hat  nBinem  Ge- 
^  ganstande  keine  llQchtige  Aufmerksamkeil  geschenkt 
Salt  einer  Reihe  von  11  Jahren  hat  er  die  genauere 

physiologische  Erforschung  der  Natur  der  Hautkrank- 
heiten sich  zum  ausschliefslichen  Ziele  seiner  Untersu- 
chungen gemacht.  Manches  von  seinen  Ansichten  und 
Erfahrungen  hat  er  in  Horns  Archiv,  Jahrg.  Id26.  und 
in  ztvei  besonderen  Schriften  (Neue  Entdeckungen  Qber 
die  praktische  Verhütung  der  Mensehenblattero.  Leipzig 
<  1819.  und :  Mafsregein ,  welche  die  R^ierungen  zm 
gänzlichen  Verhütung  der  Blattern  zu  ergreifen  haben. 
Berlin  1829  )  schon  mitgctheilt.  Das  vorliegende  Werk 
enthält  seine  Lehre  im  Zusammenhange.  Wir  werden 
unsere  Leser  mit  den  Hauptzügen  derselben  bekannt  zu 
machen  sueheu. 

In  der  Einleitung  wird  eine  Definition  der  Haut- 
krankheiten gegeben  und  dieselben  in  4  naturliche  (t) 
Familien  eingeüieilt.  Dabei  werden  Regeln  für  die  Fest- 
stellung von  Erfahrungen  und  Bemerkungen  über  den 
jetsigeu  Zustand  der  praktischen  Mediciu  angeknupH. 
Wir  müssen  die  nähere  Prüfung  dieser  Regeln  den  Phi- 
losophen Ton  Profession  flberlassen ,  glauben  aber  ups  die 
Bemerkung  erlauben  zu  dürfen,  dafs  die  Befolgung  der* 
selben  wulii  schwerlich  den  Irrthum  in  der  Medicia 
viel  seltener  machen  möchte,  so  wenig  wie  durch  Lo^ik 
Einer  richtig  denken  zu  lernen  vermag,,  da  die  Hinder- 
nisse, welche  unserer  Erkenntnifs  hemmend  in  deii  Weg 
treten ,  meistens  tiefer  begründet  sind.  —  Den  S.  35. 
geföUten  Ausspruch ,  dafe  In  der  gansen  praktischen  Me- 
dtcin  auch  noch  nicht  eine  unerschütterlich  fest  ste- 
hende P>fahrung  vorhaudeu  se^ ,  glauben  wir  als  la 
hart  rügen  zu  müssen. 

(Det  üenchlufti  folgt  ) 


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N*.50.  HEIDBLa  JAHRR  B.  UTBRATUR.  18S1. 


Eichhorn,  über  Exantheme. 

,  Das  ganze  Werk  zerföllt  naa  in  8  Hauptabtheilun- 
gen ^  wovon  die  er§te  (8.  39  —  219.)  die  Pathophy- 
ttologie  der  contagids-fieberhaften  Exantheme  enthält, 
—  nnstreitig  der  wichtig«vte  Theii  filr  uns ,  da  er  die 
Groodlag'e  des  gesammteti  Werkes  bildet;  die  zweite 
(v.  S.  220  —  329.)  von  der  Behandlung  und  VerhOtnng 
derselben,  und  die  dritte  (von  S.  330«  bis  zu  Ende 
&  W.  S.  618.)  Ton  den  Veranlassungen  des  Nichtschüz- 
lens  der  Täccine  und  yon  der  Verhütung  der.  Blattern 
bei  Vaccinirten  handelt. 

Seine  Pathophysiologie  der  cootagiös -fieberhaften 
Enntheme  beginnt  der  Verf.  damit ,  dafs  er  die  mate^ 
rielle  Natur  der  Contagien  nachweist,  wobei  er  die  Hoff- 
nung ausspricht,  dafs  es  in  Zukunft  der  Chemie  ebenso 
gelingen  werde ,  den  Stoff  derselben  abzuscheiden , 
wie  es  ihr  z.  B.  mit  dem  narkotischen  Piincipe  wirklich, 
gehmgen  ist.  AuAer  hinlAnglich  schlagenden  allgemein 
nen  Gründen  führt  er  auch  die  Aetzkraft  der  Contagien, 
Welche  besonders  bei  den  Blatterarten  auffallend  ist,  als 
Beweis  filr  die  materielle  Natur  derselben  an.  —  Ver- 
lage.dieser.  Aetskraft,  durch .  welche  man  aber  m  deir 
Ainahme  einer  alkalischen  Beschaffenheit  der  Contagien 
sich  nicht  verleiten  lassen  darf,  wirken  die  Blattercon- 
tagien  fluidisirend  auf  den  Malpighischen  Schleim,  den 
Sohleim  der  Schleimhäute,  die  peripherischen  finden 
'er  I^jrmphgefiifiie ,  die  innere  Haot  der  Arterien  n.  s»  w, 
(8.40  ii.£>  —  Wie  der  Verf.  bei  solchen  Ansichten 
Äber  die  Hypothese  der  endlosen  Vertheilung  der  Con- 
tagien urtheilen  müsse,  ergiebt  sich  von  selbst.  —  Bei 
B^twortuog  .der  £|r  die  Pathologie  der  fieberha£tea 
KklY.  Jahrg.  8.  Heft  SO 


1^  filobh^rn,  über  £iaiitheine. 

Exanlheme  so  wichligen  Streitfrage:  ol>  nämlicli  die 
Regeneration  der  Contagien  in  den  Effloreseenzen  der 
Haut ,  dieselben  als  Afterorganisatienen  betracfatel «  oder 
ob  sie  ifl  dem  Innern  des  Organismus  vor  sich  gehe? 
{S.  51  —  84.)  entscheidet  sich  der  Verf.  tiir  die  letztere 
Ansicht.  Die  iioüberwiadlichen  Widersprüche  und  Dun- 
kelheilen,  in  welclie  sich  die  entgegengesetzte  Ansicht) 
welche  bekanntlich  auf  das  gewöhnliche  Nichtbaften  der 
Impfungen  mit  Blut  und  den  Vorgang  bei  der  Kuh* 
pockenimpfaug  sich  stützt,  verwickelt,  nachweisend, 
begründet  er  seine  Lehre  vorzüglich  dadurch ,  dafs  er 
eine  Indifiereiisirung  der  Contagien  mit  dem  Crnor  des 
Blutes  annimmt^  wie  eine  solche  auch  bei  anderen,  dem 
Blute  zu gefßhrleh ,  fremdartigen  Stoffen  welche  nicht 
ia  demselben,  wohl  aber  im  Uritie  und  anderen  Absori- 
derungsflüssigkeiten  zu  entdecken  $iad,  angenommen  wer- 
.  den  mufs,  und  dafs  er  bei  der  spontanen  Ansteckung 
fdia  Unmöglichkeit  derselben  dnrch  die  Safs^re  Haut  und 
ihr  Geschehen  durch  die  Lungen  nachweist.  Den  an- 
wideHeglichsten  Beweis  glaubt  er  aber  zu  liefern  in  der 
4hm  vielfach  gelungenen  Hervorbringung  von  künstlich* 
secundären  Kuhpocken-^Pusteln,  wie  er  diejenigen  ächtea 
ILabpoeken- Pusteln  nennt,  welche  man  nach  Torge- 
iiommener  Vadcinaftion  zo  der -Zeit  ,  wo  das  ineisll»  Con- 
tagium  im  Körper  circulirt  (am  5ten  bis  Iten  Tage), 
mittelst  eines  einfachen  Einstiches  mit  einer  von  Kuh- 
pocken-Lymphe gänzlich  reinen  Lanzette  an  jerlor  be- 
liebigen Stelle  des  Körpers  hervorbringen  kana.  (S.'JSii.f ) 
Auch  filtere  Thatsaehen,  welche  AehnHcbes,  wie  diese 
kfinstlich  secundären  Kuhpockea  beweisen,  führt  er  tu. 
(S.  8Ö.)  —  W^ir  glauben  unsere  Leser  versichern  zu 
dürfen,  dafs  dem  Verf.  seine  Beweisführung  vollkommen 
gehingen  ist.  Anfserdem  ist  die  Annakaie  der  Reg^ne* 
mllon  der  Ckmtagien  im  Inlierh  des  Organismus  -  eins 
Lehre,  fUr  welche  sich  wohl  jeder  Arzt  entscheiden 
mufs,  der  seine  pathologischen  Erkenntnisse  mit  denen 
der  Physiologie  in  £iaklang  bringen  witt,  umI  ohn&  wel- 


« 


-  'd  vj^.vv  '^le 


1 


EichhorM,  ülHir  EuuUbemc. 

che  wir  viele  Eracheiniingen  bei  den  ansteckenden  Krank« 
heiteo,  wie  namentlich  bei  der  Hnncbwuih  s»B.  stete 
merklärt  laeeen  mSesen. 

Mit  der  g^enaneren  physiologischen  Erforschung^  der 
Gesetze  dieses  organischen  Biidung^actes  beschäftigt  sich 
fi«r  Verf.  nun  im  Folgenden  (S.  84  — 
tigkeit  der  Hypotheee  Ton  den  PockendrOeen  wird  nach- 
gewiesen nnd  ans  den  Erscheinutio^tn,  welche  man^bei 
erwachsenen  Vaccinirten  an  den  Achsehlrösen  n.  «.  w. 
beobachtet,  sowie  ans  anderweitigen  Gründen  derSchlufs 
gezogen,  dafa  die  Regeneration  der  Contagien  in  dem 
DrflsenejPBteni)  ^und  swar  hauptsachlich  in  den  lympha«» 
tinhen  Drüsen,  vor  sich  gehe  (S.85ff)  Der  nähere 
Vorgang  wird  folgendermafsen  angegeben  (S.  94  ff.). 
Die  durch  die  fliiidisirende  Wirkung  der  Blatterconta- 
gien  aus  dem  Malpighischen  Schieime  gebildete  Flüssig- 
keit, wohl  Mich  etwas  nniersetste  Lymphe,  wird  ans 
der  hnpfpustel  bei  Geblätterten  den  sanichst  geiegeMi 
Lymphdrüsen  zugeführt,  nm  in  diesen  den  Regenera* 
lions-Act  anzuregen.  Durch  die  chemische  Verbindung, 
HO  das  Contagium,  in  den  Blutgefäfsen  angelangt,  mit 
dem  Cruor  des  Blutes  eingeht ,  wird  eine  Ausscheidung 
ssd  Verflüchtigung  desselben  durch  die  Lungen ,  snwin 
«ae  SBerst^rung  durch  den  daselbst  einwirkenden  Sauer- 
stoff verhütet,  und  so  dasselbe  durch  die  Arterien  im 
ganzen  Körper  Tertheilt,  und  endlich  von  den  serösen 
Arterien  in  alle  normale  Zellen  und  Höhlen  des  Körpers 

in  die  impfhöhlen  ausgehaucht.  Da  es  in  jenen 
Zellen  und  Höhlen  durch  organische  Einwirkung  zer* 
^rt  wird,  so  kann  nur  das  aus  der  Impf  liöhle  wiederum 
^fgenommene,  unzerstörte  Gontagium  den  Regenera- 
tioos-Aet  von  Neuem  anregen,  bei  wekhem  zweiten 
BliAingsacte  wieder  nicht  mehr  Contaginm ,  als  bei  dem 
ttsien  paodttcirt  wird ,  und  so  fort,  bis  endlich  die  eine 
^et  andere  Zelle  und  Höhle  von  dem  Contagium  so 
tlurchsängt  ist ,  dafs  auch  Ton  hier  aus  unzerstörtes  Con- 
>gittm.in  ilas  Lymphsystem  gelangt^  von  welchem  Au- 


IBd  '  Eiolilioni  t  über  sEzanik«ne. 


geobiicke  an  die  Vermehrung  desselben  rasch  steigt, 
und  hierron  das  primSre  Fieber  und  die  Erhebung  der. 
Impf  höhlen  die  nfichste  Folge  sind.  —  Bei  der  spon« 
tanen  Ansteckung  der  Exantheme  ist  der  Vorgang  der- 
selbe, nur  dafs  die  Re£;;eneration  in  den  Bronchialzellen 
und  in  den  Schieioidrüsen  der  Respirationsorgane  uod 
des  Rachens  beginnt  ,  (S.  104  ff.).  —  Die  Vermehrung 
,  dies  CSontagiums  erfolgt  bei  jedem  einiEelnen  Regeneia- 
tions  -  Acte  ( Umlaufe )  in  geometrischer  Progression. 
(S.  110.)  Was. das  primäre  Fieber  anbelangt,  so  ist 
dessen  Bedeutung  schon  in  dem  Obigen  gegeben.  Das- 
selbe ist  nämlich  der  äufsere  Reflex  dee  im  Innern  Tor 
sich  gehendeu  Regeneralionsprocesses  der  CSontagien', 
bedinget  darch  die  Reaction  des  Organismus;  und  sein 
Nachlassen  hängt  von  dem  Aufhören  des  letzteren  ab; 
weshalb  es  bei  den  milderen  Formen  der  Exantheme 
mit  dem  Ausbruche  des  Hautaussclilags  nachlifely .  bei 
den  bösartigeren  Fällen  aber,  die  nur  in  einer  starken 
Anlage  (z.  B.  Packenanlage)  begründet  sind,  fortdauert, 
weil  da  der  Regenerationbprocefs  bei  dem  Hervorbrechen 
des  Exanthemes  noch  nicht  beendigt  ist.  —  Aehnlich 
verhält  sich  die ,  besonders  bei  den  Blatterarten  deutlich 
wahrnehmbare  Uebernähriing  der  äufteren  Haut  und  der 
inneren  Schleimhäute  (8.  IIS  ff.,  welche  ale  dne  Reac- 
tion  des  Organismus  (des  Ernähruogsprocesses  m  specie) 
gegen  die  (zum  Theil  chemischen)  Einwirkungen  des 
Contagiums  auf  seine  Gewebe,  und  nicht  als  Entzün- 
dung, wohl  aber  als  derselben  verwandt,  m  betrachten 
ist  Auch  sie  dauert  bei  bdsartigen  Formen  noch  nadi 
dem  Ausbruche  des  Exanthems  fort.  —  Wenn  der  Verf. 
die  Beziehung  des  pr.  Fiebers  auf  Entzündung  abweiset, 
SO  finden  .wir  dieses  im  Allgemeinen  sehr  Recht;  nicht 
aber  können  wir -demselben  beistimmen  in  der  -  Erklä- 
rung, welche  er  (S.  119  unten  und  180  oben,  sowie 
8.  121.)  von  dem  Zustandekommen  der  Fieber bewe- 
gungen  giebt,  sondern  finden  dieselbe  zu  rein  mecha- 
nisch und  chwiseh  mit  zu  geringer  Berucksichtlgang 


-  'd  vj^.vv  '^le 


£ichhoni,  nh^t  Exantheme« 


m 


de»  dem  Nervenleben  zukommenden  Antheils  an  diesen. 
—  Dafs  auch  bei  den  Kuhpocken  ein  primäres  Fieber 

vorkomme,  wird  erwiesen  (S.  124  AT.).  Nur  die  ge- 
ringe Zahl  von  Impfpusteln ,  welche  man  bisher  ge- 
iföhnlich  heryorgebracbt  hat,  war  Schuld,  dafs  mau  es 
60  lange  übersehen.  Denn  das  frühere  Eintreten ,  sowie 
die  Stifrke  des  pr.  Fiebers  sind  bei  allen  Exanlhemen 
ridiangig  Ton  der  snr  Ansteckung  eingewirkten ,  Menge 
des  Cootagiums ,  also  bei  den  geimpften  von  der  Zahl 
der  Impfsliche  (S.  152.).  —  Das  pr,  Fieber  der  Exan-* 
theme  enthält  aber  eine  besonders  wichtige  praktische 
Bedeutung  einmal  dadurch ,  dafs  es  bei  den  Kuhpockeo 
ms  äber  den  wahren  Zeitpunkt ,  in  welchem  die  IndiTi* 
(lucQ  geschiilzt  sind  (mit  dem  Ablaufe  des  pr.  Fiebers, 
da  dieses  nur  der  äufsere  Begleiter  des  inneren  wese-nt-' 
liehen  Krankheitsprocesses ,  und  dieser  letztere  wiederum 
mit  dem  Tilgnngsprocefs  der  Anlage  Eins  ist)  Aufschlub 
giebt,  und  yiele  debfalsige  Unrichtigkeiten  (wie  s.  B« 
die  so  allgemeine  Annahme .  dafs  die  Randrothe  ein  sol- 
ches Zeichen  sey)  und  Widersprüche  aufklärt ;  und 
(iaan,  dafs  es  uns  über  den  richtigen  Zeitpunkt  beiehrt, 
10  welchem  wir  bjei  den  Exanthemen  mit  unseren  Mitteln 
thitig  seyn  müssen  (8. 100  ff.).  Denn  da  mit  dem  Ab-^ 
laufe  des  pr.  Fiebers  der  Vermehrungsprocefs  der  Con- 
tagieo  beendigt  ist,  so  kann  unsere  zur  Zeit  des  secun- 
därea  Fiebers  angewendete  Behandlung  nichts  mehr 
nKzen.  —  In  dieser  Ansicht  ron  dem  primären  Fieber 
Gflft  der  wahre  praktische  Brennpunkt  des  gansen  Wer- 
kte, und  wir  können  die  Aerzte  nicht  angelegentlich 
genug  aüffordern,  in  diese  Ansichten  des  Verfs.  einzu- 
dringen,  am  nach  denselben  sowohl  das  ganze  Impfver- 
fahren ,  als  auch  die  Behandlang  der  ttbrigen  fieberhaflten 
Eianiheme  zu  beartheilen« 

Nachdem  wir  nun  so  den^  wesentlichsten  Inhalt  des 
Werkes  angedeutet  haben ,  übergehen  wir ,  was  noch 
weiter  über  den  ferneren  Verlauf  der  Hautausschläge, 
die  örtliche  Bildung  and  den  Site  derselben ,  die  TU- 


790 


Eichhorn,  üUev  Lxanibemi}. 


gung-  der  Anlage,  die  Krusten-  und  IVarbeu- Hiidung, 
die  NacbkraakheUeo  u.  8.  iv,  mit  ebeu  so  vielem  Scharf- 
81011,  als  umsichtiger  Benutzung  der  TorhaiMleBen  £v- 
fahrungen  gelehrt  wtrd^  nur  noch  darauf  aufHierliMai 
machend«  dafs  das  Hervortreten  des  I lautaushchlages  für 
den  Verf.  nichts  Kritisclies  hat  (S,  lt)8.),  dafs  ein  Zu- 
rücktreten desselben  nach  seiner  Theorie  nicht,  wohl 
aber  innere  £ntaündungen ,  erfolgen  können  (&  110,), 
und  dafs  er  das  seeundäre  Fieber  d^r  Exantheme  ab  den 
äufseren  Reflex  des  im  Innern  des  Organismus  vor  sich 
gehenden Zerstörungsproce^^Ses  desContji<^iuins  betrachtet 
(S.  201.),  mit  welchem  secuudären  Fieber  übrigens  bei 
den  Kubpocken  in  Folge  des  bisher  ftblichen  bnpfVeV" 
fahrens,  wegen  su  geringer  Anregung  des  wesentlichen 
Krankheitsprocesses ,  das  primäre  meistens  zusammen- 
geflossen ht  (8.  130.). 

Was  der  Verf.  in  der  2ten  Hauptabtheilung 
Uber  die  Behandlung  der  acuten  Exantheme 
mittheilt,  ist  grdfstentheils  schon  in  dem  Vorhergehen- 
den begründet.  Er  geht  dabei  yon  der  Chiindansidlit 
aus,  dafs  durch  eine  gröfsere,  im  Organismus  befind- 
liche Menge  von  Contagium ,  sey  es  nun  ,  dafs  dieselbe 
sogleich  bei  der  Ansteckung  eingewirkt  habe,  oder  erst 
^  durch  eine  starke  Anlage  su  dem  Exanthem  producirt 
werde ,  der  Krankheitsproceb  heftiger  und ,  gefahrdro- 
hender  werde,  und  dafs  wir  deshalb  nur  durch  ein  di- 
rektes Handeln  gegen  das  Contagium  ,  durch  Milderung 
oder,  womöglich,  gänzliche  Aufhebung  des  Biklungs- 
processes  desselben ,  die  Gefahr  in  bösartigen  F&lien  ver- 
hilteB  können.  Die  zu  diesem  Zwecke  dienlichen  Mittel 
bestehen  in  Kälte  (kühle,  sauerstoffreiche  Luft,  kalte 
ÜVaschungen),  in  Mineralsäuren  (innerlich  und  äufser- 
lich,  Häucherungen  mit  Chlor),  in  Mercuriaiieo,  Aoti- 
nionialien,  und,  wiewohl  wenige  direkt.  Neutral  -  und 
Mittebalsen.  Diese  Mittel  eqtspreehen  zugleich  der  Ke- 
benrückdcht  gegen  den  Charakter  cles  Fiebers.  —  Sie 
müssen  aber  sämmtlich  schon  zur  Zeit  der  Prodromi  und 


JEtebhor«,  über  Ksantli^m. 


m 


lies  primären  Fieber«  angewendet  wer<len ,  wenn  hie 
ihren  Zwet  k  ( i  f  ülieji  sollen.  —  Gegen  den  falschen  Ge- 
brauch der  Biutentziehuogen ,  hio&  voa  der  Heftigkeit 
de» enteündlichea  Fiebers  hergenommen,  eifert  der  Verf. 
sehr,  nnd  will  denselben  nur  bei  BnfKfiadnngen  wich* 
tiger  Organe  und  bei  droliender  Apoplexie  angewendet 
wissen,  wo  sie  auch  ihm  die  ifaera  ancora  ^ind.  — • 
Die  hier  ausgesprochenen  Grundsätze  will  der  Verf. 
durch  eine  glückliche  Anwendung  am  Krankenbette  be- 
stätigt gefunden  haben ,  und  wir  empfehlen  daher  diesen 
lehrreichen  Abschnitt,  der  einen  so  wichtigen,  und  bis 
jetzt  von  so  vielfachen  Widersprüchen  verdunkelten  Ge- 
genstand EU  unserer  ßeiriedigung  behandelt  hat ,  der 
Aafmerksamkeit  der.  Aer7:te  angelegentlichst.  —  Kleine 
Ansstellunigen ,  wie  z.B.  das  Reichen .Ton  Bouillon  wäh« 
rend  des  pr.  Fiebers  (8.  255.),  den,  wie  ans  dOnkt, 
etwas  zu  allgemein  ausgesprochenen  Tadel  der  kalten 
Sturzbäder  (S.  278.),  die  wir  bei  manchen  entzündli- 
chen Gehirnleiden  nicht  entbehren  möchten,  die  Auf- 
wendung von  kalten  Ueberschlägen  bei  BrustentzQndan- 
gen  (S.  810.)  U.8.  w.)  betr.,  unterdrücken  wir  aus  Man- 
gel an  Raum. 

Die  3te  und  letzte  Ha uptab th  ei I  u  n  ^  des 
Werkes  (S.  330  bis  S.  518.)  beschäftigt  sich  ausschliefs- 
lich  mit  der  Verhütung  der  M enschenblattern 
durch  die  Kubpocken -Impfung.  —  Es  wird  hier  mit 
Anziehung  sehr  vieler  Thatsacheii  bewiesen,  dafs  an 
den  80  häufig  vorgekommenen  Fällen  des  Nichtgeschützt- 
sejns  der  Vaccinirten  nicht,  wie  Viele  «mnehmen,  fidsche 
Knhpoekeo  Schuld  gewesen  (8.  441  ff.),  dafs  die  Hy- 
pothese von  der  Regeneration  4er  Pockenanlage  und  die 
gegenseitige  yon  einer  Degeneration  der  Kuhpocken  • 
Lymphe  nichtig  sind  (S.  400.),  sondern  dafs  vielmehr 
eine  zur  Tilgung  der.  Pockenanlage  nicht  hinlänglich  in- 
tensiYe  Anregung  des  Knhpockenprocesses  durch  in  zu 
geringer  Anzahl  hervorgebrachte  Impfpusteln  jene  Fälle 
▼emrsaebt  habe.    Deshalb  fordert  der  Verf.  fUr  eine 


192  Göppert)  über  das  (««frieren  der  Pfianzea. 

jMsfafitzende  Vaccioation  eine  Ansabi  von  12  —  20  Impf- 
piwteln,  und,  um  auch  dabei  ganz  sicher  m  gehen, 
eine  24  oder  48  Standen  vor  dem  Eintritt  der  Randröthe 
vorzunehmende  zweite  Impfung,  Mrelche  über  das  G6« 
schQlzt-  oder  Niehtgeschiitztsej^^ü  der  Impflinge  die  letzte 
Entscheidung  giebt,  und  daher  Frobeimpfung  von 
ihm  genannt  wird»  —  Aufaerdem  werden  in  diesem  Ab- 
schnitte sehr  genaue  Diagnosen  und  Beschreibaiigen  der 
verschiedenen  ^  Blatterarten  mitgetheilt ,  der  falschen , 
ächten  und  modificirten  Menschenpocken ,  der  Varioloi- 
den  (die  ebenfalls  vielfach,  selbst  von  dem  trefflichen 
Diagttostilier  Heim,  mit  Varicellen  verwechselt  werden, 
▼ön  diesen  ^aber  durch  das  Nabelgrübchen  sich  leicht 
unterscheiden  lassen)  und  der  Varicellen. 

Vhd  hiermit  beschliefsen  wir  unsere  Anzeige.  Der 

Ranm  dieser  Blätter  gestattete  uns  nicht,  in  das  Spe- 
cielle  mehr  einzugehen,  so  gerne  wir  dieses  anch  ge- 
than  haben  würden ,  da  der  Verf.  im  Verlaufe  seiner  Unr 
lersttchiingen  auch  manche  neue»  in  das  Gesammtgebiet 
der  Heilkunde  einschlagende,  des  weiteren  Nachden- 
kens würdige  Ansicht  eröffnet  hat ;  glauben  aber  durch 
das  Angeführte  den  Aerzten  hinlänglichen  Grund  zu 
dem  ernstlichen  Studium  dieses  wichtigen  Werkes  gege- 
ben zu  haben.  ~  Wir  scheiden  von  dem  Verf.  mit  dem 
befriedigenden  Geftthle  derjenigen  Hochaditung,  welche 
jedes  wahre  wissenschaftliche  Streben,  vereint  mit 
dem  daraus  entspringenden  Verdienste  um  die  leidende 
Menschheit  9  uns  eiiäöfst, 

Dr.  Weber, 


Etchlwm,  fibey  EilUlilieflie. 


CUcriße  dnnm'BntiMMmg  im  ätm  jyUm»en,  dmm  Qefriermi  und 
dk  Sektaamittel  gegen  da$M€,  V9n  B*  B*  Göppsrt ,  Dr.  Med, 
€t  Ckir.,  präktUehtm  ^mU^  Frhat'Vwmtm^,  Comsenrntor  de$  bot, 
Gorfeiit  Mu  Bndau  u,  9,  wl  BreOtm  IflSO.  X/F  u,  m  8.  8. 

Ohne  eigentlicher  PflanKenpbj'siologe  zu  seyn,  glavbi 
Ref.  deo  Inhalt  des  Torliegenden  Werkes  am  so  mehr  in 
den  Kreis  seiner  Studien  ziehen  zu  dürfen,  als  er  sich 
bereits  mit  ähnlichen  Untersuchungen  beschäftigt  hat» 
nnd  alles  zur  Wärmelehre  Gehörige  mit  der  Physik  in- 
n%9t  verflochten  ist  Vielleicht  kdnnte  Mancher  durch 
den  Umlang  der  Schrift  im  Verhältnifs  com  erörterten 
Gegenstande  zu  einem  uugunstigen  Vorurtheile  g'egen 
dieselbe  bestimmt  werden,  alieia  dieses  wird  bei  näherer 
Kenntnifs  des  Inlialts  sehr  bald  yerschwinden«  Aller- 
diaga  ist  der  Verf.  in  allen  seinen  Mittheilungen  sehr 
ToUrtändig,  führt  manche  Resultate  frillierer  Unters»^ 
chuDgen  über  diesen  Gegenstand  mit  den  eigenen  Worten 
der  benutzten  Schriftsteller  an,  und  verbreitet  sich  na- 
mentlich über  die  Wärme  der  Erde  in  zunehmender 
Tiefe  ansffihrlicher,  als  die  Torliegende  Aufgabe  erfor* 
dert,  aliein  Letzteres  ist  eine  onbedeutende  Kleinigkdt, 
und  das  Ganze  ist  für  eine  vollständige  Monographie 
keineswegs  zu  weitläuftig;  im  Gegentheii  ist  die  Schreib- 
art des  Ver£s,  klar  und  bündig,  sein  Urtheil  unbefangen 
lad  besonnen,  seine  in  grofser  Menge  angestellten  Ver* 
Sache  siod  sweckmftfsig  gewählt,  hinlänglich  dnrchge-' 
führt,  beweisen  einen  sicheren  Tact  in  der  Auflassung 
und  Verfolgung  einer  wissenschaftlichen  Aufgabe,  im 
Allgemeinen  aber  gewahrt  man  bald  eine  hinlängliche 
Bekanntschaft  mit  der  Literatur  und  genBgende  Kennte 
BiA  der  Sache,  um  den  behandelten  Gegenstand  weiter 
KB  fordern.  Eine  Anzeige  des  Einzelnen  wird  dieses  all- 
gemeine Urtheil  noch  weiter  begründen ,  und  zu  einigen 
Bemerkungen  Anlafe  geben ,  die  dem  Verf«  hoffentlich 
willkommen  sind. 

Der  erste  Abschnitt  des  gansen  Werkes  handelt  von 

den  Veränderungen ,  welche  die  Pflanxen  durch  das  Ge- 


frieren  erleiden.   8L  1  bis  186.'  Hierbei  wird  zaerst  ge- 
zeigt, flafs  man  bisher  fast  ohne  Ausnahme  die  Meinung 
heg;le,  die  Pflanzen  würden  in  ihren  Theilen,  nament- 
lich (las  Zellgewebe,  durch  eine  in  Folge  tlc«;  Gefrierens 
«tat!  findende  Ausdehnung  der  Säfte  zerrissen,  eine  Hy- 
pothese, welche  durch  das  Entstehen  der  eogenannfei 
Frostborstien  der  Bäume  (fenugsam  begrfindel  schien. 
Diesem  steht  jedoch  die  Erfahrung  entgegen ,  dab  fiele 
wirklich  &:efrorene  Pflanzen  nach  dem  Aufthauen  weiter 
vegetiren,  was  nach  vorausgegangener  Zerstörung  ihrer 
Organe  nicht  möglich  seyn  wiircle.    Um  daher  diesen 
Gegenstand  genauer  zu  prüfen,  stellte  der  Verf.  eine 
grofse  Zahl  von  Versuchea  an,  die  sich  in  Verbinduog 
mit  eben  so  bekannten  als  ausgemachten  Thatsachen 
hanfitsächlich  auf  die  Erscheinungen  bezogen,  weiche 
sich  beim  Gefrieren  und  Aufthauen  der  Pflanzen,  röck- 
sichtlich der  in  ihnen  selbst  erzeogten  Veränderungen 
und  ihres  Verhaltens  gegen  die  verschiedenen  Kälte- 
grade zeigen.    Aus  den  hierdurch  erhaltenen  Resultaten 
geht  hervor,  dafs  alle  Pflanzensftfle,  mit  einer  geringen 
Abweichung  der  einige  harzige  oder  salzige  Thelle  eat^ 
haltenden ,  bei  einer  Temperatur  nahe  unter  V'C  gefrie* 
ren ,  in  sofern  nicht  die  ungleiche  Wärmeleitung  der 
Pn cinzentheile  iirul  ihre  Dicke  (nebst  ihrer  hier  über- 
gangenen giolseii  Wärmecapacität  im  V^erhältnifs  zu  der 
der  umgebenden  Luft,  hauptsächlich  wenn  letztere  nicht 
bewegt  ist)  einen  Unterschied  herbeiführt.    Nach  dem 
'  Aufthauen  kehren  die  Pflanzen  entweder  sogleich  wieder 
zum  Leben  zurfiek,  oder  sie  sind  erstorben,  in  welchen 
Falle  nach  den  Ansichten  des  Verfs.  keine  Entmischung 
der  Säfte  oder  Zerreifsun«;^  der  Gefäfse  als  Ursache  des 
Ersterbens  vorausgeht,  sondern  vielmehr  die  Kälte  zuerst 
das  Leben  der  Pflanzen  vernichtet,  worauf  dann  jene 
den  Erzeugnissen  der  Gährung  ähnliche  Veränderoog 
eintritt  Bei  seiner  sehr  zu  billigenden  Abneigung  gegen 
▼oreiKge  Sdtfilsse  IfiCit  der  Verf.  hierbei  uneatsehieden, 
ob  die  Zerstörung  des  Lebens  schon  beim  Gefrierea 


Digitized  by  Gopgle 


GiiH^it,  Bltet  4m  Mnttem  der  Pflamea.  W 

seihst  oder  erst  beim  Aufthaueo  erfolget,  was  allerdings 

nicht  leicht  auszumiU^tii  steht.  Wenn  übrigens  die  Be- 
hauptung S.  44  .  tlafs  die  VeräiKki  u  ig-en  und  Zersetzun- 
gen der  vegetabilischen  Substaozea  erst  unmitteibar 
nach  der  Tödtuog  der  Pflaozen  als  nächste  Wirkung 
«intreten,  in  ganzer  Strenge  ssu  nehmen  ist,  tBO  will  Ref* 
bei  dieser  allerdings  sehr  Terwickelten  Aufgabe  doch 
■anfahren,  dafs  unter  andern  namentlich  der  braune  oder 
^^riiiie  Kohl  nach  dem  (ref'rieren  ohne  Tödtung  seines 
vegetabilischen  Lebens  einen  iiiildereii  Gesclimack  er- 
hält, und  die  Kartotleln  durch  gelinde  Kältegrade,  ohne 
Zerstörung  ihrer  Lebenskrj^tt,  süfslich  werden.  Es  dürfte 
jedoch  schwer  halten  i  su  beweisen ,  dafis  bei  dieser  un- 
Iftugbaren  Veränderung  der  Pflanzensafte  kein  partielles 
Absterben  eines  kleinen  Antheiis  der  gesammten  Masse 
stattfinde,  auch  bleibt  es  fraglich,  ob  die  Zuckerbüdung 
in  den  Karlofilln,  wie  im  gemalzten  Getreide,  ohnge- 
achtet  de^  im  Keime  beider  wirklich  vorhandenen  Le- 
bens, kein  anfangendes  Absterben  einiger  Theile  sej^, 
in  sofern  alle  keimende  Fruchte  wahrend  dieses  Processea 
allmählig  zersfdrt  werden ,  um  der  neu  <  zu  bildenden 
Pflanze  zur  Nahrung  zu  dienen.  Diese  Betrachtungen 
zeigen  zugleich,  wie  schwer  es  hält,  über  irgend  eine 
Frage  zur  Gewifsheit  zu  gelangen,  bei  deren  Beantwor- 
tung es  vorzüglich  auf  den  Einfiurs  der  Lebensthätigkeit 
ankommt  Gelegentlich  erklärt  sich  der  Verf.  S.  3L 
auch  über  die  Risse,  welche  namentlich  Bäume  (Frost- 
borsten)  und  Gesträuchie  durch  das  Gefrieren  bekom- 
men, dafs  diese  nämlich  keineswegs  durch  die  Ausdeh- 
nung des  gefrierenden  Wassers  lierbeigefuhrt  werden, 
sondern  ihren  Ursprung  der  nach  dem  Aufthauen  schnell 
eintretenden  Vertrocknuog  der  in  den  äufsern  getödteten 
Theilen.  enthalteneo  Feuchtigkeit  verdanken.  Ref.  hat 
in  diesem  Stücke  ztf  wenig  beobachtet,  um  diese  Ansicht 
bestreiten  zu  können,  sab  aber  früher  namentlich  starke 
Stämme  der  wilden  Kastanie  und  des  Nufsbaumes ,  in 
denen  sich  tief  in  das  Innere  derselben  eingehende  und 


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1,6  bis  S  Zolle  tod  einander  stehende  sogenannte  Froste 
borsten  befanden,  die  in  dieser  Gröfse  unmöglich  auf 
die  an^egfebene  Weise  eutstaoden  seya  konnten  |  ver- 
mathiich  aber  aiimählig  erweitert  waren. 

Die  vierte  Untersuchung  dieses  ersten  Abschnittes 
bezieht  sich  auf  die  nach  Umständen  verschiedene  Em- 
pfänglichkeit der  Pflanzen  für  die  tödtende  Einwirkung 
der  Kälte.  Den  stärksten  Einfialii  äofsert  ein  erhoheter 
Feuehtigkeitszustand  der  V^etabilien,  weswegen  auch 
FHiste  im  Frfiblinge  bei  schon  begonnener  Circulation 
des  Saftes  den  Pflanzen  so  leicht  nachtheilig  werden, 
wobei  es  jedoch  sehr  auf  die  Intensität  der  Kälte  an- 
kommt. Um  hierüber  einen  entscheidenden  Versuch  zu 
haben,  brachte  der  Verf.  eine  grofse  Menge  trockener, 
in  ungleichen  Graden  feuchter,  auch  keimender  Samen 
und  Fflansen  ,  sftmmtlich  in  eine  blecherne  Bfichse  eio- 
geschlbssen,  in  eine  Mischung  für  künstliche  Kälte, 
worin  das  Quecksilber thermojneter  wenigstens  bis — 
bei  einer  äufseren  Temperatur,  die  Abends  von  — 11°,5 
durch  —  22°  bis  ~  19  am  Morgen  wechselte,  und  fand 
alle  trockne  Samen  erhalten ,  alle  feuchte  aber,  nebfit 
den  Pflanzen  erstorben.  BeUäuflg  wird  bei  diesem  Ver* 
suche  bemerkt,  dafe  der  eigentliche  Grad  der  Kälte 
nicht  genau  bestimmbar  gewesen  sej,  weil  blos  mit  einem 
Quecksilberthermometer  beobachtet  wurde,  und  dafs  der 
Gefrierpunkt  des  Quecksilber^  noch  wohl  tiefer  als  bei 
32° R.  liegen  möge;  allein  die  Genauigkeit  der  letzteren 
B^timmung  unterliegt  nach  mehrfachen  Versuchen  wohl 
keinem  Zweifel ,  kann  aber  mit  einem  QuecksilberAer- 
mometer  wegen  der  starken  Zusammenziehnng  dicM 
Metalles  vor  dem  Gefrieren  auf  keine  Weise  gefunden 
werden ,  auch  ist  es  keineswegs  auffallend ,  dafs  das  er- 
starrte Metall  so  schnell  beim  Herausnehmen  aus  der 
Mischung  wieder  flüssig  wurde,  da  es  ein  guter  Wärme- 
leiter und  von  sehr  geringer  Wärme  *- Capadtai  ist  Bei 
geringerer  Intensität  der  Kälte  ist  der  Binlluft  der  gros- 
seren Feuchtigkeit  minder  auflallend ,  und  wird  durch 


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Ody^rt,  Uber  dai  Gefrieren  der  PflsBstii*  797 

deo  ungleichen  Grad  der  Lebensthätigkeit  im  Einzelnen 
tvieder  aufgehoben ,  allgemein  aber  betrachtet  der  Verf. 
die  troeknea  Samen  als  in  eioem  dem  Scheintode  od^r 
WinterechlafederThiere  ähnlichem  Zostande  befindlich, 
vnd  sacht  di«  Ursache  der  Tddtvng  bei  Yorhandener 
F'euchtigkeit  zunächst  nur  in  einer  Erstickung  des  hier* 
durch  bereits  wieder  erwachten  Lf  bens.  Aus  eben  die- 
sem Grunde  sind  oft  wiederholte  schnelle  Abwechselun- 
gen Ton  Kälte  und  Wärme  so  nachtheilig)  weil  dadurch 
die  erregte  Lebenskraft  endlich  erschöpft  wird,  und 
niclit  minder  lälstsich  dieser  Schlaft  auf  die  längere  oder 
kürzere  Dauer  des  Frostes  ausdehnen.  In  Beziehang 
auf  diesen  Gegenstand  findet  man  hier  eine  für  den  Bo- 
taniker sehr  interessante  Reihe  von  Beob  ach  tun  jt^en  im 
botanischen  Garten  zu  Breslau  vom  Juli  1828.  bis  April 
1829.  angestellt^  um  mit  Rücksicht  auf  Lage,  örtliche* 
Beschafienheit  and  allgemeine  klimatische  Verhältnisse 
diejenigen  Temperaturen  aufeufinden,  bei  denen  die  yer-> 
schiedenen  Vegetabilien  dem  dauernden  Einflüsse  der 
Kälte  unterliegen.  Hierbei  mufs  Ref  indefs  bemerken, 
dafs  nach  den  von  Jun/rnitz  erhaltenen  Mittheilungen 
die  mittlere  Temperatur  Breslau 's  unter  30' N.B. 

ans  den  Beobachtungen  yon  1812  bis  1828.  zu  6  ,62 
angegeben  ist,  welche  Bestimmung  jedoch  nicht  richtig 
seyn  kann ,  da  die  mittlere  Temperatur  in  Berlin  unter 
52'  32'  N.B,  und  in  Warschau  unter  52°  14  N.B.  t%3R. 
beträgt.  Aus  den  Beobachtungen  um  6  Uhr  Mor- 
gens, 2  Uhr  Mittags  und  10  Uhr  Abends  mufste  jedoch 
die  mittlere  Temperatur  zu  niedrig  gefunden  werden; 
inzwischen  kann  der  fleifsige  Verf.  sehr  leicht  und  ohne 
Reduction  die  mittlere  jährliche  Temperatur  finden» 
wenn  er  nur  tSgüch  zu  der  nSmIichen  8tnnde  vor  und 
nach  Mittag  ein  sicheres  Thermometer  im  Schatten  und 
im  Freien  beobaciiteii  will,  ein  einfaches  Mittel  zu  einem 
wichtigen  Zwecke,  welches  zuverlässig  vielfach  in  An« 
Wendung  gebracht  würde,  wenn  dieses  und  andere  phy- 
sikalisehe  Gesetie  nur  allgemeiner  bekannt  wären.  Aus 


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TOa  Gffinpert ,  aber       QeMMn  jte  PfltMea. 

(len  oben  genannten  drei  Beobachtuog^stuDcieD  ist  dann 
ferner  die  mittlere  Temperatur  des  Winters  1828  auf  29. 
Yom  Monat  October  bis  März  iaclus.  b  —  S"*^  R.  ge- 
funden» welche  Grdfse  jedoch  richtiger  etwa  —  d!"  %eyn 
würde«.  Die  gröfste  Kälte  fiel  auf  den  ZZsten  JaQmr  mit 
—  8l%8  R.   Nähere  Angaben  ans  diesen  reichhaltigea 
BeobachtuogeQ  über  den  Einfluß  der  Kälte  auf  die  ver- 
schiedenen Vegetabiiien  können  hier  nicht  mitgetheilt 
werden.    Eben  so  wenig  ist  dieses  der  Fall  röcksicht- 
lich der  in  vielen  Tabellen  zusammengeslellten ,  durch 
eine  graphische  Darstellung  versinnlichten ,  Angabea 
über  die  Entwickelung  der  im  botanischen  Garten  im 
Freien  statt  findenden  Vegetation  ▼om  14ten  Mirz  bis 
2teii  October  1829.    Hierbei  dient  als  Mafsstab  haupt- 
sachlich die  Zahl  der  zum  ßl&hen  gekommenen  Ge* 
wächse,  und  in  einer  graphischen  Darstellung  zeigt  die  . 
eine  Cwrve  die  mittleren  Temperaturen  als  Ordinatea  für 
die  nach  ZeitinterYailen  von  8  Tagen  forschreitendea 
Abscissen ,  die  andere  Dir  die  letateren  die  Zahl  der  m 
Blilthe  gediehenen  Pflanssen.    Der  höchste  Punkt  der 
letzteren  fallt  auf  den  ZÜ^tcn  Juni  mit  184,  bis  wohin 
sie  von  38  für  den  12ten  Juni  gestiegen  ist,  und  sinkt 
schon  für  den  28sten  desselben  Monates  wieder  auf  169 
lierab.    flieriiacli  will  <ler  Verf.  dem  Lichte  eine  noch 
gröfsere  Kraft  beilegen,  als  der  Wärme,  allein  hierzu 
berechtigt  im  Ganzen  die  zuweilen  stärk  rficklaufeade 
Curve  nicht,  well  sonst  unnidglich  am  4ten  Juni  die  Zahl 
94  der  blühenden  Pflanzen  mit  G  H.   lemperatur  und' 
am  12ten  Juni  die  Zahl  38  mit  der  Temperatur  8  R.  zu- 
sammenfallen konnten,  vielmehr  ergiebt  sich  deutlich, 
dafs   beide  allerdings   gemeinsam  wirkende  Potenzen 
durch  den  ungleichen  Entwickelungs  ^  Cyklus  der  ihrer 
Natur  nach  für  Terschiedene  Klimate  bestimmten  Pfian* 
zen  bedingt  werden.    Allerdinge  fordern  auch  fliese  Re- 
sultate« die  dem  Verf.  gleichfalls  keineswejjs  völlig  er- 
schöptend  scheinen ,    zu  weitereu  Erörterungen  dieser 
interessanten  Frage  auf,  wie  dieses  allezeit  bei  einmal 
begonnenen  Untersuchungen  im  unermefsUchen  Gebiete 


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G^ppert,  über  dat  Gefrieren  der  PflaBsen.  71M^ 

fler  für  menschliche  Krifie  unerlbrschiichea  Naiur  der 
Fall  zu  seyu  pflegt. 

Der  zweite  Haoptabsehnttt  des  gehaltreiche«  Wer* 
kes  ist  der  Erörterung  der  vielfach  vnterstachteii:  Frage 
gewidmet ,  ob  die  Vegetabl Ken  im  lebende»  Znstande 
die  Fähigkeit  besitzen,  durch  eine  ihnen  eigenthüm- 
Hche  Kraft  Wärme  zu  entl)fnden,  wie  dieses  im  Thier 
reiche  in  sehr  verschiedenen  Graden  unverkennbar  (1er 
Fall  ist,  und  ob  sie  hiernach,  eben  %%ie  im  Gegen- 
theil  darch  Bindung^  der  von  Aufis^n  zugeführten  Wäri- 
me,,  eine  eigenthumiiche  Temperatur  haben,  oder  rOck* 
sicfallieh  der  letzteren  ganz  von  ' äufsern  Binflüssen  ab- 
hängen. Es  werden  in  dieser  Beziehung  zuerst  die 
Ansichten  der  Alten  herih  ksichtigt ,  die  allem  Leben- 
den eine  eigenthümliclie  Wärme  beizulegen  geneigt 
eind,  und  dann  die  auf  höchst  zahlreiche  Versuche 
|«eha«elen  fiotsehetduBgea  der  -  Neneren  ,  unter  de- 
Deu  die  eiuander  entgegenstehenden  Behauptungen  von  ' 
Hunter,  Schopf,  Salom^,  Hermbstädt,  Nan 
und  Schnbler,  deren  Hauptinhalt  hier  mitgetheilt  ist, 
die  meiste  Berücksichtigung  verdienen.  Ref.  begreift 
nicht,  wie  dem  in  der  Literatur  so  wohl  bewanderten 
Verf.  die  ausführlichen  Abhandlungen  von  Schrank 
im  Sten  Bande«  der  MOnchener  Den^hrifteii  entgehen 
konnten ,  die  um  so  wichtiger  sind ,  d^  nach  den  aus-* 
fnbriichen  Untersuchungen  von  Nau  die  durch  diesen 
erhaltenen  Resultate  dort  wich  i  legt  werden  sollen,  und 
in  ihnen  aufserdem  manche  scharfsinnig  aufgefalste 
Thatsaehen  enthalten  sind,  die  allerdings  eine  nähere 
Würdigung  verdienen.  Dessenungeachtet  ist  Ref.  Je- 
doGsh  mit  dem  Verf.  darüber  einverstanden  ^  dafs  den 
Vegetabllieii  keine  eigenthfimliche  WSrmeproduetion  bei- 
zulegen sey,  was  auch  aus  dessen  eigenen  Versuchen 
unverkennbar  hervorgeht,  iruieni  die  zahlreichen  Er- 
scheinungen, die  zu  entgegengesetzten  Schlössen  führ- 
ten, ungezwungen  aus  der  schlechten  Wärmeleitung 
der.  Vcjf etahtKen  und^  einer  durch  Verdunstung  be- 


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iOU  Göppert)  über  da«  Gefrieren  der  Pfl«nseii. 

dingten  Vermiaderuog  ihrer  Temperatar  «rklärt  w«r* 

den  können. 

An  diese  Uatersnchpuigen  kipttpft  der  Verf.  eine 
iweHe ,  uninitlelbar  damit  Terwandle ,  nämlich  ob  ei- 
nige Pflanzen  snr  Zeit  ihrer  raschen  Bntwickelnng, 

namentlich  beim  Blühen ,  Wärme  erzeugen.  Hierbei 
werden  dann  zuerst  die  Versuche  von  Lamark,  Se<- 
nebier  (nicht  Seonebier,  wie  der  Verf.  schreibt), 
Hubert,  Bory  de  8t  Vincenti  Theodore  de 
Sanssnre  und  Schuls  neben  anderen  minder  wich- 
tigen erwShnt,  und  es  folgt  dann  eine  lange  Reihe 
eigener  Beobachtungen ,  welche  der  Verl^seer  an  einer 
sehr  grofsen  Zahl  von  Pflanzen  mit  Hülfe  eines  sehr 
feinen  Luftthermometers  (Thermoskopes)  anstellte,  ohne 
jedoch  die  mindeste  Wärmeentwickelung  wahrzuneh*- 
men.  Es  ist  sehr  zu  hilligen,  dafa  der  Verf.  ruck- 
eichtlich  dieser  Frage  in  Folge  der  durch  ihn  selbst 
erhaltenen  Resultate  und  der  wenigen  fremden,  weldie 
hiermit  übereinstimmen,  nicht,  auf  gleiche  Weise,  als 
bei  den  übrigen  Problemen,  die  Folgerung  ausspricht, 
dafs  auch  diese  Art  der  Wärme -Entwickelung  anzu- 
nehmen unstatthaft  sey,  und  die  Sache  vielmehr  ia , 
Zweifel  läfst,  t\enn  die  genannten  Autoritäten  sind  so 
gewichtig,  und  ihre  Beobachtungen  so  einfach,  dak 
die  ZuverlSssigkeit  der  Thatsachen  im  Gebiete  der 
Naturlehre  überhaupt  sehr  geringe  erscheinen  mftfste,^ 
wenn  man  bei  den  hier  angegebenen  Täuschung  oder 
Betrug  voraussetzen  wollte.  Hierzu  kommt  das  bedeu- 
tende, vom  Verf.  nicht  übersehene,  Argument,  dafs 
die  Lebensthätigkeit  der  Pflanzen  unter  niederen  Brei* 
ten  weit  mehr  gesteigert  ist  ab  unter  höheren,  anck 
hitle  bei  dieser  Untersuchung  wohl  die  bei  rinigai^ 
Blumen  zuweilen  beobachtete  Phosphorescenz,  derkima 
Zeit  dauernde  Lichtschein,  einige  Berücksichtigung  ver^ 
dient ,  da  muthmafslich  beide  Erscheinungen  mit  ein- 
ander verbunden  sind. 

{Der  B99ekluf9  folgt.) 


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N°.  51.    ilEIDELB.  JAHRB.  d.  LITERATUR.  IsSP 


Göppert ,  über  das  Gefrieren  der  Pflanzen^ 

(Beschlufa.) 

Hiernächst  kommt  die  Frage  zur  Untersuchung,  in 
wiefern  die  Pflanzen  aus  dem  wärmeren  Erdboden  Wärme 
anziehen,  und  daher  eine  Abweichung  von  der  Tempe- 
ratur der  umgebenden  Atmosphäre  äufsern.    In  Bezie- 
hung; auf  die  Behandlung  dieser  Aufgabe  läfst  es  sich 
wohl  nicht  in  Schutz  nehmen ,   dafs  die  Erfahrungen 
über  die  mit  der  Tiefe  zunehmende  Wärme  der  Erd- 
kruste, die  verschiedene  Temperatur  der  Quellen  und 
das  fortdauernde  Gefrorenseyn  des  Bodens  in  hoch  nörd- 
lichen Gegenden  mit  in  den  Kreis  dieser  Untersuchungen 
g'ezogeu  sind  ,  wohin  sie  zuverlässig  nicht  gehören.  Ün- 
g-leich  wichtiger  würde  es  gewesen  seyn ,  wo  möglich 
auszumitteln ,  wie  sclmell  der  Saft  in  den  verschiedenen 
Jahreszeiten  und  nach  der  Stärke  der  Lebensthätigkeit 
der  Pflanzen  aus  den  ungleich  tief  in  der  Erde  beflnd- 
lichen  Wurzeln  zu  gröfseren  oder  geringeren  Höhen 
emporsteigt.    Dafs  dieses  in  einzelnen  Fällen  unter  ge- 
eig'neten  Umständen  sehr  rasch  geschieht ,   und  daher 
einen  Einflufs  auf  die  Temperatur  der  Pflanzen  zur  noth- 
-wendigen  Folge  haben  mufs ,  unterliegt  nach  meinen 
eigenen  Versuchen  im  J.  1822.  mit  Weinreben  (Schweigg. 
Journ.  1823.)  keinem  Zweifei ,  ohne  dafs  sich  jedoch 
die  Gröfse  dieses  Einflusses  für  alle  Pflanzenarten  und 
die  verschiedenen  Zeiten  im  Allgemeinen  angeben  läfst. 
In  dieser  und  mehreren  andern  Beziehungen  sind  die 
hier  erwähnten  Beobachtungen  der  drei  eingegrabenen, 
ungleich  tief  eingesenkten  ,  Thermometer  von  gröfster 
Wichtigkeit ,  und  Ref.  kann  allen  denen ,  die  sich  hierfür 
interessiren ,  die  angenehme  Nachricht  mittheilen ,  dafs 
diese  schönen  Instrumente  nach  9  Jahren  im  hiesigen 
botanischen  Garten  glücklich  aus  der  Erde  gebracht 

XXIV.  Jahrg.  8  Heft.  51 


802 


Gdpj>ert,  über  das  Gefrieren  der  Fflanzen. 


sind ,  und  jetzt  unter  der  Aufsicht  des  Geh.  Hofratktf 
Zeih  er  in  Schwetzingen  anhaltend  hofientKch  eben  sv 
lange  oder  noch  länger  beobachtet  werden  sollen.  Auf 
diese  Weise  <larf  man  hoffen,  durch  <lie  Vergleichung 
des  verschiedenen  Bodens,  worin  sie  gestanden  haben, 
der  ungleichen'  Temperatur  in  den  einzelnen  Jahren^ 
der  gröfseren  oder  geringeren  Fruchtbarkeit  in  denselben 
u.  6.  w.  EU  belehrenden  Resultalon  zu  gelangen.  Sehf 
schätzbar  sind  aber  die  Bestiminnngen  des  Verfs.  über 
die  im  Winter  1828  auf  29.  beobachtete  Tiefe,  bis  zu 
welcher  der  Boden  bei  den  zugleich  angegebenen  Kälte* 

Sraden  gefroren  war,  und  die  durch  Beobachtung  er*^ 
altene  Ueberzeugung,  dafa  die  bia  zu  dieser  Tiefe  rei-» 
.  chenden  Wurzeln  ganz  eigentlich  gefroren  waren.  An- 
dere directe  Versuche  bewiesen  ferner ,  dais  Pflan- 
zen wirklich  gefroren  sejrn  können ,  und  dennoch 
nach  dem  Auftbauen  wieder  vegetiren.  Die  geriDg# 
Wftrmeleiiung  der  Erde  und  der  Schutz  des  Schneie» 
dienen  daher  hauptaSchlich  dazu,  theils  die  2u  hohen 
Kältegrade,  theils  schnelle  Abwechslungen  der  Tempe- 
raturen zu  verhindern ,  welche  beide  das  Pflanzenlebea 
zu  zerstören  geeignet  sind,  ao  dafs  dieses  zwar  dnrcK 
das  Gefrieren  in  einen  Zustand  der  Ruhe  gebraofatj 
aber  nicht  gänzlich  aufgehoben  wird. 

Das  Resultat  endlich,  welches  der  Verf.  aus  seinen 
sämmtliclien  Untersuchungen  erhält,  möge  deswegen 
wörtlich  mitgetheilt  werden ,  weil  dasselbe  noch  zu 
einigen  Bemerkungen  Veranlassung  giebt;  „Pflanses 
besitzen  in  keiner  Epoche  ihres  Lebens  dre 
Fähigkeit,  eine  eigene  Wärme  zu  erzeugen, 
die  etwaige  während  des  Respirations-  und 
Nutritionsprocesses  frei  werdende  Wärme 
kann  aich  nicht  anhäufen,  aondem  wird  be» 
üfftndig  Ton^  der  AtmosphSre  1iittWeggeno'm7 
inen,  so  dafs  sie  ganz  von  der  sie  umgeben* 
den  Temperatur  abhängig  sind,  und  dersel- 
ben in  ihren  Temperaturverhältnissen,  je 
nach  ihrer  grdfseren  oder  geringeren  lioi- 


0 


-  'd  vj^.vv  '^le 


G4»|i^ei't,  uiier  4^»  Gefrieren  «1er  i'fliiozeiii 


tnngsfähigkeit ,  inelir  oder  weniger  schnell 
folgen.  Als  lebende  Kdrper  kommt  ihnen- 
l^jber  allerdings  Wärme  su,  die  aber  nur  ijea- 
vegen  in  ao  eigenliiUmlicher  Beziehung  zu 
dem  Leben  derselben  stellt,  weil  bei  ihnen, 
als  den  nntersten  Stufen  der  Organisation, 
wohl  ein  üespiratiaus*  aber  lieia  Nervensy- 
atem  gefunden  wird* 

Gerade  gegen  dieae  allgemeine  Schlufefolgernng 
hat  Ref.  Verschiedenes  einzuwenden.  Zuvörderst  möchte 
man  die  Worte  Ton :  „die  etwaige  .  .  .  bis :  hinwegge- 
noonuea»''  u^egwünschen ,  weil  sie  dasjenige  wieder  auf- 
beben ,  waa  biaher  ana  allen  Uoterauchungen  gefolgert 
ist  Indem  nümlich  apftter  den  Pflanzen  ohne  Beschrän- 
kung, also  allgemein,  ein  Respirationa- Sjatem  beige* 
le^t  wird,  die  iVutiition  aber  während  der  gan^sen  Ve- 
getaliooszeit  ohne  Widerrede  statt  iiudet ,  so  müfste, 
mit  Ausnahme  der  Zeit  ihrer  Erstarrung ,  eine  stete 
Wänne  -  Erzeugung  statt  finden ,  ui^d  durch  feine  ther- 
neskopische  Werkzeuge  wahrnehmbar  ^eyn.  Diese  Fol-^ 
gening  ist  durch  den  Zusatz,  dafs  die  Winnie  sich  nicht 
anhäufen  könne,  sondern  stets  durch  die  Atmosphäre 
v<^eAOjpnien  werde,  keineswegs  aufgehoben,  weil  eine 
Wegnahme  erat  bei  wirklichem  Vorhandenaeyn  statt- 
paijet ,  und  die  unliugbare  schlechte  Wärmeleitung  der 
yegetabilien  eine  vorläufige  Wabrnehmung  derselben 
erleichtern  müfste.  Vermuthlich  wallte  der  Verf.  die 
ffägliche  Wärraeproduciion  einiger  Blumen  (namentlich 
JpHQi  •  Arten)  in  den  Perioden  ihrer  stärksten  £nwicke«- 
lliDg  YQu  dem  ellgemeinen  Gesetze  ausnehmen ,  fehlte 
dabei  aber  im  Ausdrucke,  wodurch  die  Ausnahme  mit 
in  die  Regel  verwebt  wurde.  Auf  gleiche  Weise  ist 
auch  w  letzten  Satze  dieser  Schlufsfolgeruog  der  Aus- 
druck mai^ettiaft  gewählt ;  denn  w^a  |M)U  eigentlich 
hßiS^ :  als  lebenden  Weaen  kommt  ihif^^^ 
Wärme  zu^  Man  könnte  sagen,  das  heifsjt:  sie  erneu* 
gen  Wärme ;  aber  da  dieses  mit  dem  Erwiesenen  im 
Wjdpi^lW^fiiie  steht,  so  M»»  der  Aui^u^,  Wr 


t 


dafs  Wärme  für  das  Leben  der  Pflanzen  noth  wendige 
Bedingung  ist.  Wenn  es  dann  ferner  heifst,  dafs  die 
Wärme  nur  deswegen  in  so  eigenthüml icher 
Beziehung  zum  Leben  der  Pflanzen  steheL, 
weil  bei  ihnen  wohl  ein  Respiration«-  aber 
'  kein  Nerven-System  gefunden  werde,  so  lilkt  sieh 
diese  eigenthfimliche  Beztehnng  nar  etwa  darin  fiades, 
dafs  längere  Zeit  hindurch  wirklich  gefrorene  Pflanzen 
dennoch  wieder  zum  Leben  zurückkehren ,  was  bei 
Thieren  schwerlich,  und  mindestens  nicht  iu  gleichem 
Grade,  statt  findet.  Dann  ist  aber  nichts  weniger  als 
klar,  warum  dieses  im  Maogel  des  Nervensystems  ge- 
gründet seyn  sollte.  Bei  den  Thieren  wird  das  Leben 
durch  das  Gefrieren  im  All  gemeinen  giUizlioii  Ternicllti^ 
weil  zugleich  eine  Kutmischung  der  dasselbe  bedingen- 
den ,  weit  mehr  zusammengesetzten  und  höher  organi- 
sirten,  Säfte  erfolgt,  welches  dann  nach  der /Wieder- 
belebung in  der  Regel  den  Tod  unvermeidlich  herbei- 
führt. Dieser  ist  sonach  keine  unmittelbare  Folge  einer 
Einwirkung  auf  die  Nerventhätigkeit ,  weil  die  letztere 
s.  B.  bei  Ohnmächten  und  Apoplexien,  ohne  völlige 
Zerstörung  des  Lebens  temporär  unterbrochen  wird , 
umgekehrt  aber  nach  dem  wirklichen  Tode  nicht  blos 
bei  kaltblütigen,  sondern  selbst  bei  warmblütigen  Thie- 
ren durch  galvanischen  Reiz  wieder  hervorgerufen  wer- 
den kann. 

Eine  nicht  eben  entfernt  liegende ,  mit  dem  ver-* 
handelten  Gegenstande  nahe  verbundene ,  eben  so  w«^ 

läuftige  als  schwierige  Untersuchung  hat  der  Verf  nur 
beiläufig  kaum  erwähnt,  nämlich  ob  den  Pflanzen  aus 
theoretischen  Gründen  eine  Wärmeproduction  beigelegt 
werden  müsse.  ^  Im  Allgemeinen  darf  man  den  Satz  auf- 
stellen, dafs^ chemische  Verbindungen  Wärme  erzeugen, 
worauf  sich  sogar  die  durch  den  animalische  Lebens-* 
procefs  hervorgerufene  zurllcki^ren  tftftt.  Indem  ,  aber 
ähnliche  Bildungen  und  Zersetzungen  in  den  \  egetabi- 
lien  vorgehen ,  als  in  den  Animalien ,  so  lassen  sich  aller- 
dings theoretische  Grunde  für  den  Satz  aufstellen^  dafe 


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CMmmtI^  fiW      €hiM«Ma  de»  Mmon.  flüft 

mmA^  imwch  diese  Hmlicheii  Proceme  in  beiden  Claasen 

Wärme  erzeugt  werden  müsse ,  wenn  gleich  im  Wesent- 
lichen in  sofern  sogar  ein  Gegensatz  statt  findet ,  als  die 
Amiaiien  dns  Sanerstoifgas  verzehren ,  die  Vegetabilien 
liver  enengen.  Zn  wae  für  weitlftoftigen,  für  diese  blofse 
Aiweif^e  nieht  geeigneten,  Untefsachnngen  jedoch  die 
gründliche  Bearbeitung  dieser  Frage  führen  müsse, 
leuchtet  von  selbst  ein,  und  Ref.  hat  den  Gegenstand 
fiberhaapt  BOT  deswegen  berührt,  weil  er  die  Ursachen 
indentet,  wamm  die  vom  Verf.  genannten  Physiologen 
geneigt  seyn  mnfsten ,  den  Vegetabilien  eine  eigenthfimr 

liehe  Wärmeproduction  beizulegen. 

Im  4ten  Abschnitte  endlich  werden  die  künstlichen 
Schutzmittel  untersucht,  wodurch  Vegetabilien^  gegen 
das  Erfrieren  m  sichern  sind,  aiier  das  Wenige,  was  in 
dieser' Hinricht  anwendbar  scheint,  Icommt  darauf  hin- 
aus, die  durch  den  Frost  bereits  getroffenen  Pflanzen  vor 
dem*  schnellen  Erwärmen  zu  bewahren ,  oder  die  noch 
gesunden  durch  Umgebung  mit  schlechten  Wärmeleitern 
gegen  die  zu  strenge  Kälte  zu  schfttzen.  Unter  das  Er- 
fliere  gehört  das  noch  nicht  hinlänglich  bewährte  Be- 
^npfsen  der  von  sogenannten  Nachtfrösten  getroffenen 
Pflanzen  mit  kaltem  Wasser  und  das  sehr  bekannte  Räu- 
chern, beides  unsichre  und  schwache Hülfsmittel ;  unter 
das  Letztere  das  Bedecken  mit  Stroh ,  Erde  und  Schnee, 
das  Abhalten  kalter  Winde  durch  Mauern,  Wände  oder 
anch  Decken  u.  8.  w.  Zugleich  verwirft  der  Verf.  das 
durch  Bienenberg,  Rafn  u.  A.  empfohlene  Mittel, 
Bäume  und  Sträucher  durch  untergesetzte  Geföfse  mit 
Wasser  und  in  dieses  herabgehende  Strohseile  gegen 
^  Kälte  KU  schfttsen ,  weil  er  die  Ursache  hieryon  nicht 
legreifen  könne.  Allerdings  ist  dieses  durch  mehrfache 
Erfahrnngen  bewährte,  leider  im  Grofsen  nicht  leicht 
stiwendbare,  Mittel  so,  wie  es  gewöhnlich  erklärt  wird, 
nicht  wohl  zu  begreifen,  desto  leichter  aber,  wenn  man 
As-  Sadie  umkehrt  Es  helfet  nämlich,  das  Wasser 
Mke-üe  Kälte  an,  und  diese  gleite  an  den  Strohseilen 
herab ,  und  auf  diese  Weise  würden  die  Bäume  dagegen 


806  Collcctaiwa  meteorologics. 

geschfit^t ;  da  es  aber  keine  positive  KÜte  giebt ,  son- 
dern nur  Entziehung"  der  Wärme,  so  streitet  diese  Hy- 
pothese geradezu  g<*gen  physikalische  Gesetze.  Umge- 
kehrt aber  hat  das  Wasser  im  Verhaltoifs  gegen  Luft ' 
eine  sehr  grofse  specifische  Wärme,  und  entbindet  aus> 
serdem  b^im  Uebergaoge  in  Eis  lö^'Oent  Wärme.  Ist 
daher  die  Luft  über  einem  Geftfse  mil  'Waaser  ruhi^, 
und  ihre  Bewegung  noch  obendrein  durch  die  Yom 
Baume  ins  Wassergefäfs  herabgehenden  Strohseile  ge- 
hindert, die  zugleich  das  Entweic  h«  ii  der  Wärme  atis 
dem  Wasser  in  die  Luit  erleichtern  und  das  Gefrieren 
des  Wassers  befördern,  so  reicht  die  hierdurch  aUmähli^ 
und  anhaltend  der  LiaÜ  zQgelUkrte  Wärme  hin,  ihre 
Temperatur  nicht  lief  unter  den  Gefrierpunkt  des  Wno- 
ners  herabsinken  z«  lassen.  Auf  gleiche  Weise  pflegt 
man  iu  einigen  Gegenden  des  nÖttllichen  Teutschlandes 
Kartoffeln  nndObst  dadurch  gegen  die  Kälte  zu  schützen, 
dafs  man  ein  «GelaÜB  mit  Wasser  neben  dieselben  stellt. 

M  u  n  c  k  €. 


CoUseioMa  meUorologiea  9ub  mupieii»  Moeietaiia  «ejtiiflffnmi  danieat 
edita*  Fmc,  I.  towtinen*  9^ervati<mu  D»  Neubtti  jfytnroe  tnaii^ 
tuU».  HafnUM  tSüB.   845  S.  gr,  4. 

Die  Meteorolo^  hat;voQ  den  ältestes  bis  auf  die 
neuesten  Zeiten  herab  eine  Menge  Anbänger  gefunden,' 
'  welche  thdls  die  BrseheinuDgen ,  havpteächllch  am  Him- 
mel, beobachteten,  theils  diese  aus  physikalischen  Ge- 
setzen abzuleiten  sich  bejniiheten.  Ebendaher  hält  es 
nicht  schwer,  eine  grofse  Menge  meteorologischer  Beob- 
achtungen zusammenzubringen,  Tielmehr  sind  deren  im 
Allgemeinen  «o  Tiele  vorhanden ,  dafs  es  an  reidiem  Ma^ 
teriale  nicht  mangelt,  sobald  Jemand  irgend  man  hienm 
gehörigen  Gegenstand  zu  bearbeiten  unternimmt.  Allein 
das  Gebiet  dieser  Erscheinungen  ist  ein  sehr  ausgedehn- 
tes,.die  an  einem  einzelnen  Orte  %vahrgenommenen  fahren 


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8t? 


ipilbi  Itiehi  zu  mnem  befriedif  enden  Resoltate ,  und  ans 

dieser  Li^ache  hauptsächlich  ist  in  wisseoschafiiLcher 
Wosicht  Jkaiae^wegs  uoch  so  viel  g^escheheoi  als  man 
«voa  deu  genannleo  günstigen  Bedingungen  erwarten 
.foUi^  Niebi  bloa  einzelne  Gelehrte  und  Liebhaber  näin> 
JSoh  inlere«0uen  «loh  dafür,  sondern  sogar  Gesellschaften 
1111(1  -seii)st  einzelne  Regierungen  suchten  Unternehmun- 
gen dieser  Art  zu  beiörilern.  Dennoch  aber  bleiben  die 
Leistungen  der  Manoheiiner  Gesellschaft  noch  immer 
die  vorzfiglichsien ,  wie  weit  auch  die  Naturwissenschaf- 
ten seit  jener  Zeit  vorgerQckt  sind ,  und  die  Physiker 
sehen  sich  auch  jetzt  noch  gezwungen,  bei  der  Anfjju- 
xhuug  der  meteorologischen  Gesetze  hauptsächlich  auf 
Jeae  Bemühungen  zurückzukommett,  welche  das  Anden- 
;4qp  ihres  libewlen  Beförderers,  Carl  Theodoras, 
nmiterbllch  »i  machen  bestimmt'  schrinen.  Inzwischen 
begiuiit  mit  dem  voi liegenden  Werke  ein  Unternehmen, 
welches  allerdings  bedeutende  Resultate  verspricht,  und 
allseitige  Theilnahme  verdient  Dasselbe  geht  aus  von 
der  Künigl.  Societät  der  Wissenschaften  in  Kopenhag^en, 
welche  flir  alle  wissenschaftliche  Unterndhmungen  von 
einer  durch  vorzügliche  Bildung  des  Geistes  ausgezeich- 
neten Regierung  die  t  r(  igeliig^ste  Unterstützung  erhält, 
und  es  wird  gefördert  durch  drei  Männer,  welche  als 
Physiker  uherbaupt  und  auch  speciell  im  Gebiete  der 
Meteoroingrie  un  höchsten  Ansehn  stehen  ^  nXmlich  tou 
Hauch,  Oersted  und  Schon w.  Diese  geben  in 
.eiuem  kurzen  Vorworte  Nachricht  über  die  eigentliche 
''Roadenz  der  mitentheiienden  Collectaneen  ,  nämlich  dafs 
such  die  Förderung  der  Witterungskunde  billige  von  den 
felehrtM  Gesdlschaflea  ausg'ehen  mfisse,  deren  eigent- 
liclie  Tendenz  auf  Erweiterung  der  Wissenschaften  ge- 
; richtet  se^',  dafs  daher  die  Kopenhagener  Societät  nach 
dem  Vorbilde  der  Maonheimer  bereits  eine  Menge  me- 
teeiislpfieetaar  Werkzeuge  vertheiit  habe,  dabei  den 
uy^Mg-goniefee,  von  weit  entfernten  Cofonien  Beobach-- 
laogen  erhalten  zu  können,  und  daher  von  Zeit  zu  Zeit 
Uebersichten  derselben  bekannt  machen,  diese  aber  nur 


CftUgc^Mf«  pyUtt«^i>irifa>  1 

mit  kurzen»  oimiittdliar  aich  efgfA^ßdm^.Jftmmikmigm 

,  begleiten  wolle,  ohne  sich  in  eine  erididpfende  jM^ 

handlange  der  Meteorologie  im  Gancen  yorlSnfig;  eionn 

lassen.    Diesem  gemäfs  werden  dann  hier  zuerst  die  vom 
Dr.  Neuber  zu  Apenrade  vom  Isten  Juni  1824.  bis  | 
ebendahin  1825.  aufgezeichneten  BeobachtiiogeA  ^uotift  I 
folgendem  Titel  öffentlich  bekannt  gwiaoki:  I 

OftMTvafloRe«  m«teorologieae  a  Cah  Junü»  1824.  o4  Cal,  Jm^ia»  18l|.  1 

Jpehroae  im  ducatu  Stesvieenn  faeiat  aft     iVeufr^r,  Docton^  I 

phüoa.,  med  et  ckir.,  wrUa  et  proffoeiurm  ApmrotMU^jfkfgiki*  1 

Bt^mioM  1828.  "  •  I 

In  der  Einleitung  wird  zuerst  der  Beobachtungaoiti  I 
mit  einer  Angabe  der  Beobacbtnngateitett  beaehriebeft|i  I 
dann  folgt  eine  Beschreibung  der  gebmncblsii  ItntQlti  I 
mente,  des  Barometers^  Thermometers  «nd  ThernKn  I 

metrographen ,  der  Hygrometer,  des  Hyetometers  und  h 
des  Anemoskopes  nebst  einer  Erklärung  der  gebrauchten  I 
Kunstausdrücke  zur  Bezeichnung  der  Wolken  und  der  | 
Beschaffenheit  des  Himmels.     Da  die  BeobachtungeS;  I 
von  T  Uhr  Morgens  bis  11  Uhr  Abends  tSgliek  zehM*  I 
angeitellt  sind,  so  ist  ihre  Zahl  bedeutend  groft,  umül  | 
.  mehr ,  da  man  die  Tollständigen  Originalbeobaohtangsii  1 
mitgetheilt  erhält^  z.  B.  den  Stand  des  Barometers,  des 
an  ihm  befindlichen  Thermometers  und  den  auf  0°Tem- 
peratur  corrigirten  Stand  für  jede  einzelne  BeobachtuDgii 
Auf  gleiche  Weise  sind  die  ThermometerständaiASsiHks 
ten,.in  der  Sonne,  und  das  Minimum  des  TherflüMMÜ 
graphen ,  desgleichen  yona  Danieirsdleii  Hygrspgllll 
beide  Thermometerstände  nebst  der  Differenz  mitgeth^MH 
Die  Beschaffenheit  des  Himmels  endlich  ist  rttcksicht-»  i 
lieh  der  Wolken  nach  Ho  ward's  Bezeichnungsart  so- 
aufgenommen ,  dafs  namentlich  der  Ausdruck  curmdusa 
X  erste  und  16  zweite  UnterabtheUongea  erhuhsn  lüte 
Bs  würde  hiernach  schwer  seyn,  aus  &r  grotmmM&jM 
Mittheilangen  eine  zu  bestinunieu  ResulMiuiiMb 
r^ile  Uebersicbt  zu  erlangen ,  allein  euob.^lHeilibHIllii 


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CoUetrtanea  meteorologlca. 


dur€h  die  Summaria  diuma  gesorgt,  welche  für  jedea 
T«f  (ton  hdchsteo ,  niedrigsten  und  mittleren  Sland  des 
flMMMlers,  btsider  Tfaermoineler  im  Freien,  der  beiden 
des  DMieirschen  und  den  »Stand  des  Saussure'schen  Hy- 
grometers, und  atifserdem  die  BescliafTenheit  des  Him- 
mels enthalten,  denen  dann  das  tägliche  Minimum  des 
Thermometrographen  hinzugefügt  ist  - 

Als  eine  höchst  welientiiche  und  sehr  nOtzIiche  Zu" 
gfebe  m  dieser  reichen  Sammlung  Ton  Beobachtungen 
sind  die  Folgerungen  zu  betrachten,  welche  Schon w 
sogleich  aus  denselben  abgeleitet  hat.  Sie  betreffen  zu- 
eist  die  täglicheti  regelmäfsigen  Barometersehwankun- 
pmi  und  es  Mgt  ans  diesen  Beobachtangen ,  verglichen 
Bit  froheren  vom  Isten  Mai  1822.  bis  Ist^n  Mai  1823, 
dafs  die  zwei  maxima  auf  11  Uhr  Morgens  und  Abends 
bUen,  das  eine  Minimum  auf  3  oder  5  Uhr  Nachmit- 
li^,  indem  das  correspondirende  nächtliche  in  den  mit- 
plkriMeQ  Messungen  nicht  enthalten  ist  Nicht  biös 
diMes  weieht  von  der  für  niedrigere  Breiten  aufgefun'* 
denen  Regel  ab ,  sondern  auch  ein  anderes  Resultat, 
nämlich  dafs  das  absolute  Maximum  in  den  Nachmittag 
fallt,  und  dafs  die  mittägliche  Grdfse  dem  Mittel  aus 
rileli  glekdikommt  Der  mittlere,  auf  0**  Cent  und  den 
Spiegel  des  Meeres  redncirte  Barometerstand  beträgt 
nicht  mehr  als  336,548  par.  Lin. ,  und  würde  noch  klei- 
ner seyn,  wenn  die  Beobachtung^ en  mit  einem  Fortin'- 
8chen  Barometer  angestellt  wären.  Schouw  findet 
Ittorin  efaie  Bestätigung  der  durch  Hansteen  anfge* 
sMfen'Behauptnng ,  dafs  die  BarometerhÖhen  Ton  den 
Pol  en  an  nach  dem  Aequator  hin  zunehmen,  welches 
der  bisher  meistens  angenommenen  Meinung  widerstrei- 
te; allein  so  genau  auch  das  hier  erhaltene  Resultat  im- 
MrMn  seyn  mag ,  so  ist  es  zum  vollständigen  Beweise 
dseh  keineswegs  genügend ,  weil  Apenrode  an.  einem 
Meerbusen  gelegen  und  nicht  weit  entfernt  von  einem 
andern  sehr  stürmischen  Meere  nach  L.  von  Buch 
wsgen  ^er  stets  wechselnden  Niederschläge  leicht  einen 


^tt  niedrigen  mtUlereii  Baromeiisratuid  babep  Iuuki.  Dia* 

«er  eigeothüinliche  Einflufs  vielletclit  aller,  sicher  aber 
jund  vorzugsweise  einiger  Küsten  ist  so  hecleuLeiul ,  dafe 
solche  Stationen  wahrscheinlich  g«ii  nicht  zur  Autiiiiduiig 
einer  sicheren  mittleren  Barouieterhöli«  für  die  zugebö- 
jrige  Breill  laii|;litih  siniL  So  würde  es  schon  umnögii^l^ 
aeyo,  die  zu  Apeorade  gefandene  nultlere  Höfae  mit  der 
911  Kopenhagen  durch  Bugge  geinndene«  s  888,21 
Lin.,  die  zu  Middelburg  durch  van  de  Perre  erhal- 
tene r=3  336,58  Lin.,  mit  der  mittleren  in  Kurland  nach 
-Shuckhurgh  =  338,23  Lin.  in  Lebereinstimniuag 
4au  bringen.  Auch  die  Differenz  zwischen  dem  Maximum 
«nd  Minimum  des  ganzen  Jahres  ist  Z|i  Apqiiirade  bedaur 
tead  grofa,  Dfimlioh  86,j0l  Lia« 

Aus  den  zabireidbea  Beobachlungen  dea  T}iech[}«>r 
meters  sind  auf  gleiche  Weise  interessante  Folgerungen 
abgeleitet.  Das  jährliche  Maximum  der  Wärtne  füllt 
;zwischen  1  und  3  Uhr,  das  beobachtete  Minimum  sa4 
11  Uliff  Abepds,  aber  vermittelst  des  Tfaerpiioiiietr^igi'^r 
phen  wurdeo  neeh  gertogere  Temper^itnreii  aii^eaeigi; 
Ubereinstimmend  mit  andern  Beobachtungen  ^  wonach  das 
Mininidm  nicht  weit  vor  Sonnenaufgang  fölli  Die  in 
dem  genannten  Beobachtungsjalue  erhaltene  mittlere 
Temperatur  von  6^69  R.  siiiumt  vollkommen  mit  der 
überein,  welche  für  die  längere  Reihe  von  Jabreu,  nämr 
l\ch  von  bis  1820.  gefunden  war,  das  aUsobitf 

Maximum  aber  betrug  im  ersteren  nur  22'',  in  l^t^ufMn 
SA**,  da^  absoluta  Minlsium  in  jenem  —8'',  in  diese« 
1—  15  ,9.  Auf  die  Beobachtungen  des  den  Sonnenstrahl 
Jen  ausgesetzteji  Thermometers  le^t  Schouw  aus  be- 
greiflichen Gründen  nicht  viel  Werth ,  weil  sie  durch 
zu  vielfücbe  Einflüsse  bedingt  sind.  Bei  der  Zusammear 
ateiiuug  der  Hygrometerstände  sind  zugleich  die  Qua»; 
titäten  des  io  der  Luft  enthaltenen  Dampfes  090h. D«t 
01  eil  hiazugeüQgt.  Lassen  wir  nun  die  absolote  Ge- 
nauigkeit  dieser  Bestimmungen  einmal  auf  sich  beruhen , 
&o  erglebt  sich  wenigstens  so  vi^l,  dafs  die  Menge  d«yr 


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atiBOspSiSrischen  1  Vuchligkeit  von  1  bis  1  Uhr  zuaimmt^ 
und  YOD  da  11  Uhr  Abends  aboimiiit.  Gal»  ttbor» 
cfastiflmeod  mit  der  Natur  der  Snoiie  ist  dae  Reaultat^ 
dafs  die  gröfste  Meng-e  der  Feuchtig-keit  in  den  Somnner^ 
die gering-ste  in  den  Winter  fällt,  und  daft»  beide  Grörsea 
laekiem  gewissen  V  erhältnisse  zur  Wäriw  stehen,  nichl 
tter'auf  gleiche  Weise  M  dea  BareaMterstäadeo.  Ueber 
dtti  Maagel  an  Uebereisstimaang  swisohen  beiden  geb- 
rauchten Instraoienten  getrauet  sich  Schouw  nicht  z« 
entscheiden,  aber  die  Mängel  des Saussure'scheu  H^gro^ 
meters  sind  längst  anerkannt.  Die  Menge  des  atmosphär 
fischen  Wassers  betrug  Xl^Oll  par.  Zeile,  der  Uoter^ 
SBhied  dea  Bafooieterstandes  beim  Regea  gegen  deu 
fliittierenr  3^1  lin* ,  beim  Sdinee  0^6  Lin.  and  beios 
Hag^el  S,993  Lin.  Im  Ganzen  waren  die  südlichen  Winde 
ia  dem  Beobachtuugsjahre  häufiger,  als  die  nördlichen, 
laoh  bestätigt  sich  hier  die  Itiegel,  daft  die  Aenderun- 
f^4^  Wifidee  in  der  BiehlwgdesSomenlattfes&Sttmal, 
«Keier  -eDtgegengesetet  liber  457 mal  erfolgten,  ein  Ge* 
setz,  welclies  bekanntlich  Schouw  schon  bei  einer  an- 
ilerea  Gelegenheit  als  das  herrschende  nachgewiesen 
hat.  Eben  so  ist  es  eine,  in  einzelnen  Monaten  jedoch 
Attchr  nalüMeiie  .Ausnalmien  sehr  beschiiiikte  Regele 
<hA<dfe  sidlidheo  Winde  mit  den  niederen ,  die  n^rdli» 
oheo  mit  dea  höheren  Barometerständen  correspondiren, 
um  aber  über  ihren  thermoskopischen  Einflnfs  zu  ent- 
scheiden ,  wnrdte  Beobachtungen  aus  mehreren  Jahren 
«ffenierUbeh .  seyn.  Diese  letatere  UntemMteng  bieM 
ibrigeaa  Selbst  dünn  belehrende  Resultate  dar,  weta 
Beobachtungen  nur  an  einzelneu  Orten  augestellt 
fflnd,  weil  die  eigenthümliche  Beschaffenheit  der  von 
gewissea  Gegenden  herkommenden  Luftströmungen  dar- 
m  ImvM^^t  Der  anfsmirdeatlieh  vieifaehe  Wechsel 
An*  Welkengtetaltangen  am  Hinunel  ist  bu  wisnig  bedeu* 
^d,  als  dafs  allgemeine  Resultate  daraus  zu  entnehmen 
wären,  und  es  ist  daher  zwar  die  ganze  Summe  der 
*i%ezeiehnetea  Beobachinngen  mitgetheilt,  aber  bei 


OoUectanea  meteorologtca. 


den  nachfolgenden  wissenschaftlichen  UiHefmchs^ea 
Ton  Schön w  nicht  weiter  berfldfisichtig^t 

'  Werfen  wir  mm  Beschlnb  noch  die  Frage  auf,  hl 

welchem  Grade  die  Meteorologie  als  Wissenschaft  darch 
diesen  ersten  -Band  der  somit  begonnenen  Coüectaneeii 
geförtlert  ist,  so  mufs  man  bekennen ^  dafs  ein  vielfacher 
NHteen  danaos  herrergeht,  nieht  gmchnet  die  einmal 
wieder  gegebene  Aufgang  «nd  die  ahft  Neue  belebte 
Aufmerksamkeit  auf'  die  Lösung  einer  sehr  wi<ditigen 
physikalischen  Aufgabe.  Bekanntlich  herrscht  über  den 
mittleren  Barometerstand  unter  den  verschiedenen  Breiten 
noch  grofee  Uogewifidieit ,  hier  ist  derselbe  jedoch  filr 
dnen  bestimmten  Ort  mit  grdfster  GüwIMieit  gegcAe», 
nnd  fortge^etste  Beobachtungen  werden  das  Mittel  der 
Wahrheit  stets  näher  briiig^en,  und  zugleich  die  Aufgabe 
lösen ,  ob  auch  hierin  periodische  Schwankungen  vor- 
kommen. Merkwürdig  iet  daneben  das  Resultat,  daft 
das  Maximum  der  Barometerhöhe  onter  jener  Breite  det 
Mittagszeit  so  nahe  liegt,  und  hinter  dem  cwdten,  nsdi 
zwölf  Stunden  eintretenden,  wenn  auch  nur  wenig",  zu- 
rückbleibt. Von  gleicher  Wichtigkeit  ist  die  Auffia- 
dung  der  mittleren  Temperatur,  welche  künftig  einmal 
leicht  mit  deijenigeo  liefer  Qnelleii  TergKciion  werdet 
kann.  Alles  dieses  ist  gewifs  TortreflKch  und  dankbir 
anzunehmen  ;'allein  auf  der  anderen  Seite  läfst  sich  ni<M 
Terkennen ,  dafs  die  Masse  der  Mittheilungen  im  Ver- 
häitnifs  zu  dem  eigentlichen  Gewione  sehr  grofs  ist,  und 
ohne  Nachtheil  abgekfirzt  werden  könnt» ,  sobald  mm  ^ 
das  Publikum  iFon  der  Geimuigkeft  der  IBeobachlangra 
in  Voraus  fiberzeugt  ist ,  wofür  jedoch  der  hohe  Credit 
der  drei  Männer  bfirgt ,  die  an  der  Spitze  des  ganzen 
Unternehmens  stehen.  So  sind  mit  bewnndernswiirdi-' 
gern  Fleil^e  die  sämmtlichen  8860  BarometerbeiAach- 
taugen  Mif  O^C.  redoclrt,  und  es  kdooten  daher  dicQii^ 
ginalstiinde  nebst  den  Angaben  der  Thermometergrade 
am  Barometer  weggelassen  seyn.  Die  stets  wechselnden 
Wolkengestaiteu  sind  in  so  überwiegender  Menge  ange- 


gehen ,  dafs  es  die  Gcdttkl  des  eiusigsteo  Meteorologen 
amiidet,  sie  insgotunmil  sa  fibersehe«)  und  hierdurcb 
wird  Ar  dM  fitadim  de?  Ifeteerolegie  ebe»  nicht  viel 

fewonen.  Was  aber  hierfür  von  gröfstem  Nnisen  seyn 
würde,  sehr  allgemein  gewünscht  wird,  oft  schon  ver- 
flicht, aber  wegen  der  grofsen  obwaltenden  Sobwie*- 
f%l»üeD  aiifter  der  Manoheiiner  Societät  nirgend 
Srifft  werden  konnte,  ist  die  Angabe,  die  wichtigeten 
■«teMolegleoheo  Beobaehtnngen  von  bestimmten ,  einan*^ 
der  nicht  sehr  nahen ,  vielmehr  möglichst  weit  von 
einander  entlegenen  Orten  in  einer  leichten  UebersictU 
tt  nsaanmenzuslelten »  dafs  aus  der  Vergleiehiiag  ent« 
waniea  werden  kMote,  in  weichem  Zusammenhange 
&  Verinderungen  des  Wettete  Ober  einen  etwas  grös- 
seren Theil  der  Erdoberfläche  mit  einander  stehen , 
denn  da  sie  insgesammt  mehr  oder  minder  mit .  der 
fimhaffenheit  der  Atmospliäre  im  Gannen  zusammen«' 
hiagietty  so  lassen  rieh  ihre  entfernteren  Ursachen  nur 
dMi  eine  solche  allgemeinere^  Uebersicht  auffinden» 
Man  hat  den  Nutzen  solcher  gleichzeitiger  Beobach- 
tungen unlängst  eingesehen,  und  namentlich  sind  die 
.&oȟhungen  Brewster*s  um  diese  Aufgabe  am  mei^ 
tlee  bekannt  geworden,  allein  e»  edieint  wohl,  als  eqr 
Mb.  nicht  der  gehörige  Mittelweg  swiachen  dem  ra* 
lid  und  dem  zu  wenig  aufgefunden,  indem  bei  den 
loeisten  Versuchen  dieser  Art  weg-en  der  jerrofsen  und 
^([emeineA  Theilnahme  eine  solche  Masse  von  That- 
9Am  insnmmenkommt ,  dafe  es  kaum  möglich  is^^ 
«Ha  gevftnechten  Resultate  ans  ihnen  anfisufinden.  G(e* 
wi&  ist  zugleich,  dafs  die  Kräfte  eines  einzelnen,  auch 
thätigsten,  Physikers,  selbst  wenn  sie  dem  Ge- 
^afte,  salche  gleichzeitige  Beobachtungen  zeitig  ge- 
Qttg  ina  Publicum  in  bringen,  um  noch  aUgemeines 
kipwe  m  erregen,  ansuDhliefslieh  gewidmet  .wsiren, 
ftl^.sine  'Solche  zum  Theil  langweilige  und  ermftdende 
Arbeit  kaum  ausreiclieud  seyn  würden.  Da  die  Sache 
sdkst^. jedoch  ton  unläugbar  groisem  Nuioen  ist,  so 


U4     BeUea,  Kratooli  nal  Muimhng^n  ,  ötar  B«ieDkiitlie. 

mufs  man  die  Hoffnung  nicht  aufgeben,  einen  zweck- 
mäfsig  ausgesonnenen  Plan  dieser  Art  künftig  einmal 
cealisirt  zu  sehen  ,  und  sollte  ein  solcher  noch  4>l>Qn- 
dreiD  von  der  Kopeahageim  i^ietiU  au^gehj^o,  wb^ 
derch  die  bei  dem  vbrIiegeQ46D  ersten  Vensuche  tM-t 
iigeo  Hänoer  iinterstiltaft  werden,  so  wurde  das  PiibU-- 
kam  den  Uoiernphnieo  nicht  blofe  vdles  Vertrauen 
schenken,  soudeiu  auch  willig  allseitige  LJuteräliiizuag 
darbieten. 

■  M  u  n  c  k 


St.  Böhlen:  Lein  huck  der  fh-hb-^s-  und  Bodenkunde ^  Kupfent^ 
Goika.  I.  154      und  U  251  i^.  1825,  1826.  «. 

K,  L*  Mrutseh:^  GM'gt'-  fmd  Boden- Kunde  für  den  For«t-  und 
hand'  Wirtk.  ErMter  T%alt  Gehirgtkwnde*  Dreeden  und  Leipzig. 
im.  XXXFI  undlM  S. 

J.  Ch»  Hundeahagen:  Lehrbuch  der  forst-  und  landwirthschaftli- 
chen  Naturkunde.  Dritte  Jbtheilung^  die  Bodenkunde*  Tübingen 
18a0.  280  8. 

Welche  Aufmerksamkeit  soll  der  Forstwiith  einem 
Werke  schenken,  das  ihm  eine  „Gebirgs-  und  Bodenr 
Kunde  in  Beziehung  auf  das  FontwoBen**  yeiqirichti 
und  nicfals  giebt  ak  eine  Orjctognofie,  Geognoaie ,  Gaq^ 
logie  und  einen  kufcen  Abrife  der  Bergbau -Kiinde?  --r 
wo  mithin  das  Wichtigste  von  Allem,  die  eigentliche 
Bodenkunde*  ß;dr  nicht  berührt  und  über  die  technische 
Verwendung  der  Gebirgsarten  nur  kümmerliche  Aodeur 
fangen  gegeben  eind?  —  wo  avfier  einigen  w^igen  Zu- 
sSlnen  die  gnue  Miueialogie  «igcsfthr  noch  iai  4mk 
Standpunkte  der  Auririlduag  Torgetragen  witd ,  wie  mw 
rie  M  Jafaie  frttker  in  einem  Werner'sohen  Helte 
finden  gewohnt  war  ?  —  worin  endlich  —  um  eine  statt 
▼ieler  Proben  anzuführen  —  die  ärmliche  Uebersicbt 
der  ,|Tonsäglichäitea  Literatiir  '  so  iüderiich  <M*^^gfaf? 


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V 


Beklen ,  Rrutsch  nad  Uundethagen ,  nber  BodcMkunde*  816' 

beitet  worden,  dafs  von  Leonhard's  „Taschenbuch 
der  Mineralogie"  auf  drei  Seiten  2  mal  steht,  dagegen^ 
zwar  «ein  LehrlNich  der  Miiiemlo^e,  aber  nicht  ätsam 
Oryktognoeie  noch  deeeen  Natorgesehichte  der  Pefsarten- 
miteaflfefihrt  »iiid ,  woraus  jenes  Lehrbooh  doch  grdHH 
tentheiis  nur  ein  Auszug  ist?    In  eine  nähere  ßeleuch* 
tang  des  intensiven  .Werthes  dieses  Buches  einzugehen, 
hahen  wir  mit  der  Würde  der  Kritik  nicht  für  verträg- 
lich, und  welchen  Grund  B.-  gehabt  haben  könne,  sicii^ 
xwn  Lfchrer  Dnd  Verfaeser  der  Gebirgs-  und  Boden- 
kande  bernfen  m  ftbien,  möge  ans  8.  SS.  erliellen, 
oaeh  ein  Oktaider  von  8  regelmfifsigen  Figuren ,  und 
zwar  gleichseitigen  Dreiecken,  Quadraten,  Rauten  oder 
Rechtecken  eingeschlossen  se^n  kann!    Nach  S.  34.  „ist 
das  rautenartige  [?j  Oktaeder  von  8  Flächen  begrenzt,- 
welche  [sogar?]   nngleichschenldige  Dreiecke  sind, 
iwt  bai  Mine  Benennnng  daher,  wdl  je  2  ein  Torscho-t 
benea  Rechleok  [?]  bilden.    O^e  Bieaninienstofeenden' 
nfehen  bilden  IS  Kanten ,  wovon  je  4  in  einer  Bbene 
liegende  gleich  sind.    Ks  entstehen  gleichfalls  6  Ecken, 
von  denen  je  2 ,  welche  einander  diametral  entgegen- 
liegen, congruent  sind.    Eine  Vereinigung  ( — ?!)  von 
je  2  solchor  Ecken  gilt  als  Scheitel."    Wir  könnten  nur 
bidanorn  •  wenn  durch  dieses  Bach,  da* es  einen  Theil 
Ml  Bechsteiirs  and  Laarop«  Porst  ond  Jagd-Wis« 
MBsehaft  nach  allen  ihren  Theilen  ausmacht,  ein  Werk 
io  ein  höchst  nachtlieiliges  Licht  gestellt  würde,  das 
sich  bis  dahin  durch  so  viele  gediegene  Bearbeitungen 
nützlicher  Gegenständ«  im  ehrenvollsten  Ansehen  erhai-' 
te»  hatte. 

^&«itt:s4)h  hat  die  Sache  ihrem  Zwecke  niher  w 
MiRlui  gesncht  lAt  liefert  uns  ein  inlneratogisChes  Lehr«* 

büh^  welches  sich  auf  die  Heraushebung  derjenigen 
Aftgenstäude  aus  dem  Gebiete  der  reinen  Wissenschaft 
beschränkt,  von  denen  er  erwarten  konnte,  dafs  sie  den 
Forst-  und  Landwirth  einmal  interessiren  könnten.  Die 
Q^blofnesie  ist  daher  der  Geognosie  durchaus  anter- 


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B16     BeUen,  Kmlicli  ud  Hiiiide»feuifeB>  aber  BtdhfhMJik 

g^eordnet;  viele  in  uosercm  Feld-  und  Wald -Boden 
nicht  vorkommerule  Mineralien  sind  gänzlich  weg^e^e- 
Ussen,  selbst  die  Anordnung  der  .Materien  verräth  schon 
den  dkonomischen  Zweck.  Aber  alles  dieses  ist  nur  Vor- 
beroiiong  snr  Haupti^u^he,  eur  Bodeokimde,  deren  Er- 
scheinen wir  mt  4  Jahren  vergeblidi  entgegeiieeben) 
und  von  welcher  es  scheint,  dafs  wir  sie  niemals  er- 
blicken sollen.  —  Hier  die  Gliederang  des  Buclies: 
Einleitung.  —  1.  Vorbereitung  zur  orjktognostischea 
]|iioeraliea-Kunde ,  Gestalten-Kunde,  Physische  lügest- 

ficbitfi^n,  Chemische  Beschaffenheit.  II.  Vorhveir 

.tnngen  mr  geognostiwheii  Minentlienlcnnde^  Felnassen, 
Feksirukliir ,  Räamliche  VeihUhaiSBe,  Alter,  Verstei- 
nerungen. —  III.  Beschreibung  der  Mineralien  nach 
ihren  oryktognostischen  Merkmalen  und  geognostischen 
Verhältnissen:  1)  Erdige  Fossilien  :  A)  sichtlich  nicht 
gemengte  Gesteine:  a)  Kieseierdige :  o)  Quarz  und 
seine  gewöhnlichen  Arten  Jiejbü9l  den  daraus  bestebendea 
Felsartea  (einige  seltenere  Arten  in  den  Noten) ,  dabei 
jedoch  noch  der  (Branit,  der  Schörl!  a.8.w.  ^)  Kiesei- 
thonerdige  F  ossilien :  a)  Ftildspath  (seltnere  Arten)  mit 
Weifsstein,  Klingstein,  Pechstein,  Basalt!,  Wackel, 
Thonsiein  !  u.  s.  w.;  6)  Glimmer  mit  Thooschieier !, 
Alaunschiefer I,  Zeichenschieferli  Wetzschiefer!;  e)Kao* 
Un ,  Thon  n.  8.  f.  c)  Kiesel  -  talkerdige  Foaeilien : 
Hornblende  (seltnere  verwandte  Mineradien)  nebet.  Hon-  ^ 
blendesohiefer ,  Dioril ;  b)  Diallagon  mii  Serpentin , 
Gabbro;  c)  Au^it  mit  Doleiit;  d)  Chlorit  mit  Clüorit- 
schiefer;  e)  Talk  mit  Talkschiefer,  ft)  Kalkerdige  Fos- 
silien :  ä)  kohlensaurer  Kalk  :  Kalkspath  mit  Kalkstein, 
Rogenstein,  Mergel  (und  ungewöhnlichere  Arten),  Bit- 
terspath  mit  Dolomit;  6)  Schwäfelsaarer  Kalk,  GjgB 
iU$ht  md  körnig.  — 

•  *  ■  ■ 

(Der  B€6chlu/9  falgt.} 


f 


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ti'.  52.  HBIDELR  JAHRa  d.  LITERATUR.  18*1. 


Bahlen,  Kruisch  und  Hunde^hagen,  über 

Bodenkunde. 

fBete  Altt/tf.) 

B)  DenlHch  gemengte  Felsarien  :  a)  Chemisch  ge- 
mengte :  —  mit  ^  einfachem  Geföge :  a)  Granit ,  6) 
Goeifs,  c)  Glimmerschiefer,  d)  Syenit,  —  oder  mit  Por- 
phjr-  lind  Mandelstein -artiger  Bildang:  o)  Porphyre, 
Vnefayfte,  Aphanit,  6)  Mandelsteio;  1^)  MechaDiseh 
eemengte  Felsartea :  Grau  wacke ,  Urfels  -  Konglomerat , 
Sandstein  verschiedener  Formation ,  Nagelflue.  —  2) 
Brennliche  Fossilien  :  a)  Torf,  6)  Braunkohle,  c)  Stein«- 
koiilen  (seltenere  Arten).  —  3)  Metallische  Fossilien; 
inAilgemeiBen,  dann  im  Besondern:  a)  Eisen  und  seine 
TerUttdutigen ;  h)  Biel  und  seine  Verbindungen;  e)  Zinn 
mit  Verbindung-en  ;  d)  Kwpfer  mit  Verbindungen;  e)  Sil- 
ber mit  Verbindungen;  f)  Gold;  g)  Quecksilber  und 
Verbindungen;  A)Zink;  i')  Antimon;  ^)  Arsenik;  /)Ko^ 
Uk;  m) Mangan ;  n)  Wismuth ;  o) Molybdän;  /i)  Chrom; 
j)  Nicke! ;  r)  Scheel ;  s)  Titan ;  0  Uran ;  u)  Tellur ; 
•JCerium;  w)  Tantalum;  x)  Platin  und  deren  Verbin- 
dungen. —  IV)  Gedrängte  Uebersicht  der  Lagerung« 
Verhältnisse  der  Torzugiichsten  Felsarten,  nach  ^ron 
Hämboldt's  geognostisckem  Versuche,''  woraus  denn 
ladt  manches  entnommen  ist,  was  als  Eigenthum  einer 
bereits  geendeten  Zeitperiode  hätte  betrachtet  werden 
sollen.  —  Werfen  wir  noch  einen  öl  ick  zurück  auf  diese  ' 
Ueberislcht,  so  ivird  uns  tn  bemerken  erlaubt  seyn,  dafs 
linn  in  diesem  Lefarbuche  nach  seiner  angedeuteten  Ten- 
deaz  die  Lehre  der  Krystallographie  und  Rrystallogenie 
in  nicht  sehr  entwickelter  Ausbildung  erwarten,  doch  in 
Doch  geringerer  sie  finden  wird  ;  —  dafs  die  Behand- 
iaag  der  so  wenig  rerbreiteten  Metall- Verbindung  für 
MnrerhUtntfbniftrsii  weitlinfig  gelten  müsse ;  — '  dafs  im 

XXIV.  Jahrg.  8.  Heft.  &2 


tt^     BehUn,  Kruttcl»  und  llfiiifU»li»gen^  übet  üedeiijiunde. 

Bestreben,  die  in  unkenntlicher  Feinheit  gemengten  Cie* 
birgsarten  bei  irgend  einer  einfachea  Mineral- Art  un* 
terzubriDgeo,  maDche  Versuche  als  völlig  veninglückl 
zu  beti  Jichten  sind  ;  —  dafs  selbst  manche  oi  jktogno- 
Stisch-eiri lache  Mineralien  zu  sehr  als  chemisch-einfache 
klassiticirt  worden«  Bei  allem  dies^ni  Jbieil)!  jedoch  dieses 
Buch  eine  etwas  zugeschnittene  reine  Miaeraiogte ;  sie 
sorgt  nicht  fttr  das  Bedfirfnifs  einer  fwgewüuidien  Mine- 
ralogie als  Grundlage  forst-  und  landwirth^chaftliciier 
Disciplin.  —  Man  könnte  aber  überhaupt  die  Frage 
aufwerte,  ob  es  gut  gethaa  se^.,  dem  angehendsa 
Forst-  und  JLaodiyirih  eiae  derartig,  ^{larirte  MineiP» 
logie  ymsiitragen ?  ob  es  nicht  be^r  «eye,  ihn,  was 
ohne  merklich  gröfseren  Zeitaufwand  möglich,  zuerst 
in  das  weite  und  unentstellte  Gebiet  der  reinen  Wissen^ 
Schaft  zu  führen,  ohne  gerade  zu  verlangen,  dafs  eK 
sich  mit  allen  Tbeilf  n  derselben  gieicb  inaig  befrenndiüv 
l^id  dsnn  daraus  die  «othigen  Anwendnogen  auf  dif 
Forst-  und  Landwirthschaft  zu  machen?  Ich  halte  mich 
wenigstens  überzeugt,  dafs  eine  wissenschaftliche Bod^^Oh 
k^odQ  eben  so  gut  oder  besser  vQp  einem  Studonten  verV 
standen  wer^den  könne»  welcher  eig^  gulw  akndMU 
iiohen  Vjȧ  fiber  Minei^lenri^)  ^ra  einem ,  der  eineii 
Vortrag  nach  diesem  Lehrbuch  gefolgt  ist,  und  dpnil 
hat  der  erstere  noch  die  allgeaieiaßn  wissenschaftlieheik 
Ansichten  vor  ieUsterem  vorafis.  —  £190  Art  SoUiMt 
%it  dem  Bii^e  abgehängt,  ein  „Flngerasiif wMaeh 
man  dprch  methodische  Verfolgung  der  Charaktere  eMt 
Fossils,  allmählich  zur  Ausmittelung  seines  Namens  ger. 
laugt. 

Die  BoNdepkunde,  welche  die  zwei  vorigen  Aütosfi 
uns  niir  erwarten  Uefsen,  diese  Uefeft  mn  Hnnde«'^ 
hilgpei^  Buerst,  und  Terqprieht  eine  Bearbeitung  den 
Geognosie  für  den  Forstwirth  in  der  Folge.  Alles,  was 
die  Mineralogie,  die  Physik,  die  Chemie,  die  Pflanzen- 
pbjsiologie,  die  .  Meteorologie  in  Beziehung  ^if  Boden-n 
knode .  Verw^i^dbiH'es  wd  Braiiohfaaree  bisMv  ^  i9il  JM«ft 
mammen^eitragen  nnd  zn  einem  Cbuwein  vctsnhiyelpnt 


JBüitaii,  Ktüttill  vmA  HHadtotliageB»  über  BoAeaiutitdttf  m$ 

■ 

iifksm  101  in  g^iMi*  Weite  ab  Grundlage  diaaef 
Sekrift  m  balrachfen  dea  Verfa  nwaitor^Pand  dea  Lehr» 

bfiches  der  forst-  und  land%virthschaftlichen  Naturkunde, 
welcher  die  Anatomie,  den  Cliemismus,  die  Phj^siologie 
der  PÜaaze»  enthält  (  Tübiog.  1829.).  Allgemeioe  Sätae^ 
Iber  KlioEia»  Lage,  fiodeu  und  deren  Wechaelwirkung 
aaf  die  Planzen  eröffnen  <tie  Schrift  ala  Einleitung.  Der 
erste  Uaaptabschiiitt  handelt  von  den  J3e§tandtheilen  des 
Bodens,  ihrem  Seyn  und  ihren  physisch  -  cliemischen 
JSigeaachaftea.  Im  ersten  Abschnitte  von  fintatehung 
daa  Brdreichea  werden  deaaen  Elemente ,  deaaen  Entate* 
hätfg  dardi  Terwitternde  Pelaarten ,  die  Uraacben  der 
Verwitterung  ,  iusbehoiidere  der  Galvaiiismus,  die  Oxy« 
«lation,  die  Hydratisirung^,  die  mechanischen  Ag^entien 
dabei,  die  Verwitterungslahigkeit  verschiedeaer  Feta-» 
arten  vnd  ihre  Erd-Brnengniaae,  die  feaallen  fcebligen 
flabaiancen  TegetabiKachen  und  mineraliachen  Uraprnngea 
and  die  verschiedenen  Fuimen  des  Humus  betrachtet 
Der  zweite  Abschnitt  handelt  vom  Vorkommen  untl  Ver- 
haiteo  der  Linzel -Bestaadtheiie  des  Bodens,  wovon  die 
kieaeligen»  ihonigen,  kalkigen,  talkigen,  daaEiaeannd 
Ibügta^  der  Hnmna  und  dm  Waaaer  ala  weaentliehe, 
die  selten  er  n  Erd  -  und  Metall  -  Arten,  Kohlen-  und 
BitHmen^Gehalt  mancher  Felsarten,  Schwefel,  Alkalien, 
fieie  KoUen-  (und  Unuius-)  Säure,  Salze  und  Gestein** 
Xfiaraief  ala  aniSierweaentUdie  gelten^  Im  dritten  Ah** 
aAritCa  areiden  die  phyrikaliaehen  Eigenaehaften  den 
Bodens  betrachtet:  die  Ei^enschwere,  Wasseraufnahme* 
und  Austrocknungs-Fähigkeit,  das  Schwinden,  Konsistena 
imd  Featigkeit,  Wasser-  und  Sau erstotf- anziehende Kraft^ 
BrarilfÄuniga*  und  Wärmeanhaltunga- Vermögen ,  und 
daa-tfleiilaiaclMs  Verhalten.  Der  vierte  Abaehnitt  entwik- 
kelt  die  Verhältnisse  des  Untergrundes,  die  physikali«» 
sehen  und  ibrmellen  Einflösse.  Im  zweiten  Hauptab- 
sebnitte  iat  von  den  ßoden  als  Ganzem  die  Hede ,  zuerat 
van  den  {diyaikaKaehen  Eigenschaften  der  fiodenge^ 
ttanjge,  dann  von  den  Bedenfchaaen  inaheaoiidere :  /vom 
Sand-,  Thon-,  Lehm-,  Kalk-,  TaUc-,  Eian»-  md 


820     Beblen»  Kmtach  and  HmideslisgeB ,  öber  Botaiktiiide; 

Haniiis- Boden.  Der  dritte  Haoptabschaitl  setzt  dem 
Einflors  and  die^  Wirknngsweise  des  Bodens  «iiseintnder, 

welche  dreifitch  ist :  mechanisch ,  physikalisch  uod  dy- 
namisch-chemisch,  und  worüber  nach  den  vorwaltenden 
Bestand theilea  gewisse  Gesetze  aufgestellt  werden.  End- 
lich der  vierte  UMptabschnitt  giebt  die  Merkmale  zur 
Unterscheidung  des  Bodens  an  Händen,  welche  empt<^ 
ribche ,  chemische ,  physikalische  oder  vegetabilische 
sind. 

Von  vorn  herein  müssen  wir  bemerken ,  dafs  es  des « 
Verfs.  mit  niehrern  Chemikern  getheilte  und  Miters  aus- 
gesprochene und  zn  Grund  gelegte  Ansicht  ist,  dtfl 

gewisse  sonst  als  chemische  Elemente  angesehene  Stoffe 
durch  den  Vegetations-Akt  liervorgebracht  und  in  einan- 
der umgewandelt  werden  können ,  während  andre  Che- 
miker noch  nicht  glauben,  zu  dieser  Annahme  gezwua- 
gen  ZQ  seyn.  Zu  diesen  Stoffen  gehdrt  ihm  namentHck 
der  Kohlenstoff,  und  er  stellt  sogar  die  ohne  Zweifel 
schwer  zu  beweisende  Meinung  auf,  dals  Feuchtigkeit 
die  Quelle  sey,  aus  der  er  gebildet  werde  (8.  4.  &.}.  Er 
denkt  ferner,  gegen  die  sonst  allgemeine  Meinang,  daii 
In  Dunstform  kein  Wasser  in  die  oberirdischen  Theile  dW 
Pflanzen  aufgenommen  werde  (S.  5.).  Die  Lehre  von 
Verwitterung  der  Felsarten  erscheint  hier  in 
einer  bisher  nicht  gehabten  Vollständigkeit :  Peuchtig^ 
keit  und  Sauerstoff  sind  die  S  mfichtigsten  Agentien, 
md  letzterer  wirkt  |iie  ohne  erstere.  Das  Wasser  wkfkt 
mechanisch ,  durch  gleichförmiges  Auseinandertreiben 
ganzer  Massen  beim  Gefrieren ,  oder  indem  es  sich 
längs  gewisser  aus  der  Eutstehungszeit  der  Felsarten  her- 
rührender Flächen  verbreitet,  und  diese  so  in  Btittef) 
Tafeln,  KhomboSder  u. s.w.  zerlegt,  oder  endlich  dunA  ' 
Fortschwemmen,  Abreiben  u. s.w.  Die  eigentliche Vei^ 
Witterung  aber  beruht  theils  in  einer  noch  problemati- 
schen gänzlichen  Aufhebung  und  Veränderung  der  an-  ' 
fünglichen  chemischen  Anziehungskräfte  zwischen  den 
die  Felsarten  zusammensetzenden  Bestandtheilen,  wie  es 
auch  sonst  unter  galvapischem  Einflüsse  bemerkt  wofds^ 


-  'd  vj^.vv  '^le 


Beiiian«  KmiMli  und  Haudoviiagcu ,  über  BodeiikttBdc.  W 


tiniisui  einer  slaltfindenrlen  höiiereo  Oxydation  derselbe« 
•0  der  feuchten  Lufl,  theile  endlich  in  einer  Neignng 
dmelben ,  mit  Wamr  «ich  zu  Hydraten  su  Terbinden , 
und  dadurch  auflöslicher  in  Wasser  zu  werden ,  welche 
Neigung  bisher  noch  nie  gehörig  gewiir<ligt  worden. 
Mit  diesen  Kraoheinttn^en  in  engster  Verbindung  steht 
jene  andre,  dafa  gewisse,  zumal  Talli-,  Thon-  und 
Kalk -Erde -reiche,  Felsarten  bis  tief  ins  Innere  der 
Erde  nafs,  schwer,  weich,  formbar  sind,  nach  einma- 
ligem Austrocknen  aber  nur  wenig  und  schwierig  wieder 
Wasser  aufnehmen,  iür  dasselbe  nndurchdringiich  er- 
idirinen,  hart  und  spröde  werden  (Meerschaum,  1*opf* 
liein,  Serpentin  u.  s^  w.),  und  sich  iiberfaaupt  ähnlich 
dem  Thone  verhalten ,  der  an  der  Luft  oder  im  Feuer 
eine  stärkere  Austrocknung-  erlitten ,  und  seine  vorige 
Aaziehiiiigskraft  zum  Wasser  und  seine  Weichheit,  mit- 
hin auch  seine  Fähigkeit  der  Vereinigung  mit  Sauerstoff, 
«st  nach  langem  Liegen  in  der  Nässe  theilweise  wieder- 
erhäU.  Jene  durchaus  nassen  Gesteine  müssen  geogal- 
vanischeo  Processen  bis  in  ihr  Innerstes  geöffnet  seyn , 
aod  zerfallen  oft  auf  einmal  in  ihrer  ganzen  Masse  in 
ihre  Bestandtheile,  während  ihre  gr^fstentheils  abge<> 
Itucknete  Oberfläche  vielleicht  kaum  Spuren  der  Ver- 
witterung wahrnehmen  Jäfst.  Dieser  Fall  erfolgt  um  so 
leichter,  je  verschiedenartiger  die  Mineral  -  Elemente 
sind,  woraus  eine  Feisart  besteht,  [wir  möchten  hinzu- 
fugen ^  und  je  weniger  innere  Flächen  eine  Pelsart  nach 
ihrer  Struktur  enthält;"  denn  wir  können  ~  gegen  des 
Vcrfs*  Behauptung  —  einen  körnigen  Urkalk  anfuhren, 
welcher  zu  ganzen  Massen  in  Sand  zerfallt}.  —  Erfolg 
der  Verwitterung  ist  nun  nicht  nur,  dafs  Wasser  und 
ftuersloff  zu  den  Bestundtheilen  deS' verwitternden  Ge» 
sieumi  noch  hinsntreten,  sondern  auch  scheinen  manche 
seltenere  (Alkalien)  lösliche  Bestandtheile  leicht  ganz 
verloren  zu  gehen,  wie  dagegen  andre  in  innigere  und 
schwieriger  auflöshche  Verbindungen  treten.  Solche 
sekundäre  Verbindungen  scheinen  zu  seyn :  Thonsilikat « 
U||rii9i  MS  Kieselihett ,  da  reine  Thonerde  im  Grofsen 


nie  wrkotnmt;  —  erdiger  KiMelkalk,  mit  oder  ohdl 

Wasser,  anscheinend  in  Quell wasser  etwas  löslich,  wäh- 
rend sehr  wenig  freie  kohlensaure  Kalkerde  selbst  im 
Kalkboden  vorkommt;  —  kohlensauros  Kolker  de- Hydrat^ 
loelidior  in  Waasor  als  biorse  kohlemmre  Ktikerdo^  e»* 
genilich  aber  nvr  als  ein  Gemenge  mi  botvaelilaii  OM 
Kaikerde -Hydiat  uiul  kohlensaurer  Kalkerder  —  reines 
oder  thooerdiges  Talk-Silikat-Hjdrat ,  meist  ohne  Koh- 
lensäure; —  Bisenoxydttl- Hydrat,  meiai  aus  Eisenoxy- 
diul ,  «ach  «imiuiligem  Anfitrocknon  aioht  mehr  loickl  it 
fiioren  anflt^siich,  —  und  Kiesdetseo,  weichos  in  der 
Kreuznacher  Soole  z.  B.  aufgelöst  vorkommt ;  Man«* 
ganTerbiodungen  ähnlicher  Art;  ^  in  Wasser  löfsikhes 
KohionoaLyd  -  Hydrat  (Humus)  aua  dem  Bilrnnongehah 
Hianoher  Felsartcn.  —  ~  Untersucht  man  die  Koh« 
Ii  gen  Substanee»  de9  Bodens,  ao  steht  mao  tooi 
fossilen  Holze  an  durch  die  Huinussäure,  den  Torf,  die 
Braunkohle,  die  Steinkohle  bis  zum  Anthrazit  und  der 

.  Hoixkohle  den  Kohlenstoif- Gehalt  im  Ganzen  eu-,  dea 
an  Sauerstoff  aboehmen ;  die  Aosiehungskraft  g  egen  dm 
Wasser  und  ihre  Löslichkeit  in  Ac^ali  nimmt  in  gM>» 
ehern  Verhältnisse  ab,  da  es  scheint,  dafs  jener  stär- 
kere Sauerstoff  -  Gehalt  mit  dem  gleichzeitig  stärkem 
Waeserstoff*  (Wasser-)  gehalte  jene  KohlenTerbinduBr- 
gm  in  vollkommnere  nnd  in  Wasser  anflötiicbere  Kohlen*- 
hydrate  herstelle.  Diese  tragen  daher  a»ch  mr  ansehn* 
liehen  Vermehrung  der  Fruchtbarkeit  des  Bodens  weit 

<  mehr  bei,  als  die  reinere  Kohle.  Bei  der  Vermehrung 
der  Vegetabilien  aber  bilden  sieh  solche  Kohlenverbin- 
dmgen,  die  idch  mit  den  ana  de«  PAbdbbd  aach  frei 
werdenden  Alkalien  nnd  Brden  nu  nodi  leiehler  mM^ 
liehen  Mischungen  vereinigen,  und  die  leichter  »eieetr- 
Uchen  Saftbestandtheile,  einmal  in  Gährung  begriffen, 
helfen  die  der  holzartigen  Bestandtheile  schneller  her»  - 
Vetfilhren*  Die  Behauptunf  des  Verfk  (&  61.)  •bei') ' 
dafe  „wenn  mao  den  milbig  befenchteten  oder  iHfeelM 
Pflanzenstoff  in  gröfseren  Massen  übereinander  schiclite, 
so  da£s  er  hierdurch  gegen  die  austrocknende  und  wv 


-  'd  vj^.vv  '^le 


llebtigetnle  Atmosphäre  oder  auch  gegen  Answaschung 

geschOtzt  liege,  er  am  schneüsten  und  vollständigsten 
Terwese,  ohne  dafs  an  dem  faulenden  Stoffe 
und  seinen  nachfolgenden  Produkten  ein  fir«- 
hebHches  ▼erloren  gehen  kdnne,"  ist  im  dirdr* 
testen  WMersprifche  mit  Gaszeri's  schönen  Versuchen. 
Sehr  Icsenswerth  sind  ferner  die  Abschnitte  über  das 
Vorkommen  der  Einzel- Bestaudtheile  des  Bodens  und 
deren  Verhalten,  über  den  Lfntergmnd  u.  s.  w. ,  welche 
grdiktentheils  nea  sind.  —  Der  Wassergehalt  der  vie- 
lerief  int  ClroAen  -  vorkemnienden  Thon -Arten  (6.68.) 
wediselt  von  0,08  —  0,22;  sie  sind  nicht  in  Wasser, 
und  nur  theilweise  in  einigen  Säuren,  leicht  in  ätzenden 
Alkalien  lösHch.  —  Kohlensaure  Kalkerde  kommt  frei 
im  Boden  nnr  wenig  vor,  ist  in  Wasser  nur  IMieh, 
wenn  dieses  freie  Kohlensäure  enthält;  als  Hydrat  18M 
er  sich  etwas  iu- Wasser,  und  zieht  Kohlensäure  lebr 
iiaft  an  u.  s.vr.  —  In  dem  Abschnitte  über  die  physi- 
kalischen Eigenschaften  giebt  der  Verf.  in  sweckmäfsiger 
fiiBarbeitong  hauptsächlich  die  Versuche  von  Schfi  bler, 
Völker  Q.  A.  wieder,  mit  manchen  eigenen  Betrach- 
tungen. Den  geo^alvanischen  Processen  jedoch  wird 
hier  —  wie  auch  schon  seit  mehrern  Jahren  iu  den 
Imtlii^hen  Blättern  geschehen  —  eine  gewift  verdiente, 
grSfeere  Wichtigkeit  als  anderwärts  beigelegt,  nicht  nur 
um  die  Auflösung  und  Zersetzung  der  Felsarten  en  be^ 
■gründen  ,  sondern  auch  die  Lebensthätigkeit  der  Ge- 
wächse durch  die  Wurzeln  hin  zu  erhöhen,  und  Pro- 
cesto  zn^  erklären ,  welche  gegen  die  gewöhnlichen  che- 
Iiiischen  Gesetze  laufen.  Von  jenem  Umstflde,  dsfe 
nnche  Erdarten  in  der  Tiefe  sich  in  Hydrate  Terwaii- 
dein ,  nun  den  Sauerstoff  und  das  Wasser  begieriger 
anziehen,  elektrochemische  Processe  besser  befördern 
1.SI  W.9  an  der  Luft  aber  diese  Eigenschaften  eine  i^eit* 
km^  behanpten ,  dann  wieder  yerlieren ,  wird  die  Notk* 
%endigkeit  des  Stfirzens  und  Wendens  der  Aokerkniiw 
hauptsächlich  hergeleitet  —  Die  Lehre  von  den  Boden- 
klawon  (S.  159  ff.)  ii^  ebenfitUs  ziemlich  in  der  gegen- 


MA     Miliii  Mmfiili  rniil  liiiBlfaliitin  ihtr  BiirHirBMi 

iB^^  ^^HlT»»^  '   1     ^^^^  -  ■   —   "T^i»^^^^^»^'"^  *         '  ■  ^^^^^"^"w*^»^^ 

I 


wirtigen  Form  schoD  im  doii  forstliclMii  BUUtern  ituga- 

legt  gewesen ;  es  werden  überall  die  Felsarten  nachge- 
wiesen, welche  je  eine  Bodenart  zu  liefern  im  Stande 
sind..  £s  bleibt  dabei  zu  erinnern ,  da£s  uns  der  Verf. 
demjenigen  tertiären  Triebsande  und  Thone,  iireich«)Dicbl^ 
aus  anderweitig  schon  serstörten  Felsarten,  soodein  in 
primitiver  Weise  an  Ort  und  Steile  abgesetzt  worden, 
eine  viel  zu  grofse  Ausdehnung  zu  ^eben  (S.  174.  181. 
185.)  geneigt  scheine ;   da  er  jedocb  die  liokalitäteD 
nirgend  näher  bezeichnet,  so  müssen  wir  uns  auf  A»> 
deutung  dieser  Zweifel  beschränken*    Auch  ist*  es  des 
Verfs.  bleibende,  und,  wie  er  meint,  „begründete"  Act- 
sieht,  dals  das  Salz  und  der  es  begleitende  Salzthoo, 
Gyps  u.  s.  w.  im  südwestlichen  Deutschland  nicht  deai 
Aluschelkalke,  sondern  dem  Alpenkalke  oder  ZechsteiBS 
angehören,  woraus  man  denn'  folgern  mufste,  dafs  die 
jetzige  gegentheilige  Ansicht  wohl  aller  übrigen  Geog^oo* 
steu  eine  „ungegründete"  seye.    Sollten  diese  u.  a.  aber 
gleichwohl  bei  der  gegentbeiligen  Meinung  behjvrmi 
wollen,  so  wird,  ohne  darum  Zank  va  entspinnen,  nnr 
eine  Umtaufung  der  Formation  ndthig  se^n ,  da  min 
über  die  Sache  heutzutage  im  Reinen  ist.    Wenn  der 
Verf.  ferner  (S.  184.  u.  a.)  des  auffallend  abweichenden 
Verhaltens  mancher  Sandsteine  gedenkt,  so  dürfen  wir 
sur  Erklärung  hinzufügen,  dafs  manche  derselben  nicht, 
oder  nicht  hauptsachlich  aus  Quarz,  sondern  aus  Feld*^ 
spath  und  Feldstein  älterer  Granit-,  Porphyr-  und  an- 
derer Bildungen  zusammengesetzt  seyen.    Was  überBo- 
deuanalysen  gesagt  ist ,  zeugt  von  vielseitiger  Kenntaiis 
und  Nacldenken  (ä  260.)*  —  Schliefslicb  mlissea  wif 
gestehen,  dafs  wir  uns  tou  jeher  mit  derjenigen  Lehrs 
wenig  befreunden  konnten  ,  welche  die  Kenntnifs  der 
Natur  des  Bodens  allzu  innig-  an  die  darauf  wachsenden 
Pflanzen  knüpft.    Wir  wissen  recht  gut,  dafs  der  Sand-> 
der  Kalk-,  der  Thon  - ,  der  Moor  -  Boden  u.  s.  w;  durch 
gan^  eigenthfimliche  Floren  bezeichnet  werden,  die  sich 
nirgend- gegen  einander  austauschen;  allein  um  die  ger 
nannten  Bodenarten  als  solche  zu  erkenuei)>  wird  es 


» 

mMieh  inemandfm  eiaMlen,  alle  Siiiiie  der  «mnl^ 

telbaren  Wahrnehmung;  zu  verschliefsen ,  nor  um  den 
kleinlichen  Triumph  zu  haben  ,  die  Natur  des  Hodens 
erat  aus  einigen  Pilänzchen  errathen  zu  dürfeo,  die  ohne- 
hin nicht  tiefer  als  2"  —  3"  hinabrelehen ,  und  somit 
dem  Forstmaone  fast  giDelich  aatalos  werden»  Wo  aber 
der  Sand-,  der  Kalk-,  der  Thon-,  der  Moor*Boden 
in  einander  übergehen ,  und  die  unmittelbare  Wahrneh- 
mung nicht  mehr  au<>reicht,  nicht  mehr  entscheiden  darf, 
da  mengen  sich  auch  zwei  Floren ,  die  Charakteristik 
echern  Pflanzen  verschwinden  ,  und  einige  Bürger  dieser 
oder  jener  Flor ,  dem  Beobachter  vorzugsweise  eben  In 
die  Augen  fallend,  dürfen  sein  Urtheil  entweder  gar 
nleht  bestimmen ,  oder  können  Ihn  nur  zn  Fehlschlüssen 
verleiten.  Auch  Ist  uns  noch  kein  Verzeichnifs  der  auf 
jeder  Bodenart  waclisenden  Pflanzen  zu  Gesicht  gekom- 
men, das  nicht  theiLweise  mit  andern  in  Widerspruch 
gewesen  wäre,  und  in  Ansehung  des|enigen  Verzeich- 
ineees,  welches  der  Verf.  selbst  mittheilt,  haben  wir 
fihnliche  Einwendungen  sn  machen  (S.  271.).  Aspte^ 
nmm  Trichomanes  u.  A,  Rtäa  muraria  sollen  am  zahl- 
reichsten auf  Basaltgebirgen  vorkommen,  und  doch  haben 
vrir  sie  in  grÖfster  Ueppigkcit  auf  Granit  und  an  Sand- 
etein-Mauern  sich  entwickeln  gesehen.  Gemsta  tmctoria 
und  &  päoaa ,  welche  dem  Sande  und  lehmigen  Sande 
zugeschrieben  werden,  sehen  wir  hier,  erstre  auf  be-^ 
sehattetem  Kalkboden  der  Wälder  nnd  auf  sonnigen 
Wiesen  am  Rheine ,  die  einen  grofsen  Tlieil  des  Jahres 
überschwemmt  sind,  letztere  auf  kahlen  Granitfelsen  in 
üppigstem  Wachsthume  gedeihen.  Nardus  stricta  ver- 
hält sich,  ähnlich  wie  erstere,  Patent illa  vema  wie 
letztere;  andi  Sparthm  Bcüparhan  bleibt  auf  Granit« 
felsen  nicht  feehr  zurück.  SerraHda  arvensb  sehen  wir 
nicht  allein  im  Thon  -  und  Lehmboden,  sondern  in  jeder 
Bodenart,  wenn  sie  nicht  allzusehr  ausgebrannt  ist.  Von 
den  dem  Kalkboden  zugeschriebenen  Pflanzen  sehen  wir 
ABClepias  Vincetoxicum  häufig  auf  Granit^  Jumpei*U8 
cmnmum  auf  den  ödesten  Sandstein-Plateaus  in  Menge^ 


Digitized  by  Gopgle 


Uupoden,  de  Poricll»  laudat.  funebrl. 

Euphrasia  lutea  häufig  auf  bewachsenen  Granit -Ge- 
InUig^n  wie  im  dürresten  Triebsande ,  Mercurialis  pe- 
renme  in  jed^  beschatteten,  tiefen  huiiiosreithen Wald- 
bodea  von  Granit,  Kalk  oder  Sandstein,  Sorhus  aucu^ 
paria  nirgends  üppiger  als  aus  feuchtem  Grunde  zwischen 
mächtigen  Sandstein- Blöcken  hervorkommend  ii.  s.  w.  I>ic 
Gewächse  bedürfen  gewisser  physisch -chemischen  Qua« 
IhUten  des  Bodens;  aber  zwei  Bodenarten  von  der  aller* 
verschiedeimrtigsten  Bntstehnngsweise ,  von  den  rer- 
schiedensten  Elementen  können  in  uiauclien  physischen 
Eigenschaften  oft  sehr  nahe  ziisaipmentreffen.  Betrachtet 
man  ferner  die  grofse  Heterogenität  der  Elemente  je 
riner  Gebirafsfomiatioo  in  Terschiedenen  Gegenden  oder 
Tiefen,  so  kann  man  schwer  das  Urthett  des  Verfs.  (8. 
M3.)  mit  unterzeichnen,  dafs  „durch  die  Felsart  selbst 
anch  die  Eigenschaft  und  Charakteristik  des  ihr  zugehö- 
rigen Bodens  ohne  Weiteres,  —  and  sobald  einmal  alle 
Gebirgsformatlotten  TollStindig  chemisch  darchgeprflII 
worden,  —  auch  eogleieh  deren  chemische  Kasammeft* 
Setzung  im  Besondern  gegeben  seje/'  Dank  übrigens 
dem  Verf.  für  diese  erste  Begründung  einer  umfassendea 
wiMnachaftlichea  Bodenkunde«'' 

0..  Bronn, 


KÜRZE  ANZEIGEN. 


Äefnm  mUmnem  —  indieit  Lud.  Phil  Htipeden,  ph.  Dr.  Lycei  di- 
r«etor.  Praemi$$a  est  disputatio  de  Perielis  laudatione  fu- 
nßbri  Thucyd.  II,  '60  seqq.  Cellii  MDCCCXXÄI,  es  ^ßUbw 
SthuUiana,-  16  5.  in  gr.  4. 

Der  ¥|Bvf.  bchwiMt  im  ilieMi  Programm  aiata  vwar  voa  mtHh 
'  rena  andeni  Gelehitni  in  4cf  IvtaiM  Seit  beluiMd«lteii  Gf^^owtMrff 
aber  er  berficlieiehtigl  Bimfichet  eolelie  Punkte ,  die  tob  den-  fräberea 
Gelebrten  fibeigangcn ,  bier  In  einer  'eolcben  Weiee  nnd  In  einen 
dien  ea  cliialiebea  alr  gfindllcben  Tortrag  bebaadelt  worden/  Alb 


-  'd  vj^.vv  '^le 


fle  all«  Benchtnn^  vei'cf feiten.  Der  €Neg«i»tanfl  belHl^l  ainilich  M 
in  Athen  eingefKhrien  öffentlichen  Loichomwden  zti  Ehren  der  G«- 
fallenen,  die  Ton  den  in  Rom  TorkoniiiieiHlBn  Lefchevreden  gewifii 
gänzlich  Ternchieden  sind  und  auf  Athen  zunächst  boachrinkt  wer» 
iea  aiitsen.  Leider  ist  nun  nber  über  die  £at«tehunf^  und  da«  Auf- 
taiiBta  der  Sitte  grorscs  Dunkel  Terbreltet;  nach  Diodor  von  Sl<  i- 
}|60  mki  es  in  Folg«  eine«  Gesetset  saefat  nach  der  Seblscht  bei 
Platäfi  fre^rhehon  eeyn;  und  die  Vermnthnng  nnserea' Kn.  Terfa., 
lars  Tielleickt  Themistocles  ein  sololiea  €}eaeta  in  Antrag*  gebiacbft 
nnd  auch  zuerr:!  a)n  Redner  anTgetretett,  hat,  näher  betrachtet,  ge^ 
wift  Manches  für  sif^h ,  ohnchon  es  de>  Terf.  durchaus  für  Nichts 
Hwfler,  als  für  eine  l)I«>fte  Vennuthnng  fenaKebeii  will.  Denn  dafb 
mi9efgio«  dem  Sopbieten  ,  keine  ftade  seyn  kffiB^  ist  S.  10.  klft!^ 
naehgewiesen.  Viele  faiMen  bereits  Tor  Pericles,  nacb  dea  Tbncy-* 
dides  heattimnften  Worten ,  solclie*Reden  gehalten  $  Yfcle  anch  gewiJb 
nach  ihm;  nur  drei  Reden  der  Art  aus  dieser  letzteren  Periode  haben 
Bich  erbaketi ;  und  auf  allen  dreien  ruht  der  Verdacht  der  Verfäl- 
«chong,  so  dafs  wir  nar  ein  einsigea  iichtea«  aber  aocb  trefflichea 
Denkmal  der  Art  in  der  berfibrten  Bede  dea  Pariclea  bei  Tbney* 
üiMi  baaitaen  Znoi  Sebldra  der  web!  begrindeten  nnd  wobl  aaa<> 
pfiybrtM  UJteevelMttg  beteaMt  4e>  Teaf«  aoefc  Mpe&.eahtiteist 
Mlfitt  a«*  Tbna^.  H ,  40  nad  dlL»  die  in  an«  Mir  den  Wunanh  ev- 
Him,  noeb  öfteie  dnrcfc  abaliciie  Beitrai^  erfrent  an  werdaM. 

Itea  andete«  oüt  deraelben  Gelegenheit  nna  sngekennaine  Fro- 
IPiw  (Hnebvieiit  Aber  daa  Jü^ennm  nn  Cellab  Eine  Scbnl- 
■akiift,  dnreil  welebe  n.  a.  v.  —  etoladai  Dr.  I*.  9r.  BA|»n4en> 
IKreeier,  Celle  1681.  «SS.  in  4.)  entiiAlt  neben  den  die  GaaoUcKte 
dtt  Anatalt  betreffenden  Angabte  einige  bebemigenavertke  Winke 
akn  ftealelanaan  nnd  Renbebnlen^  weran  eine  Udieraiehl  der  in- 
atna  Oaganlantien  dieaer  Anatalt,  der  Ifniarrielilagegenatinde ,  dct 
UhMlnnden  nnd  dergl.  m.  eleb  anaehllelbt«  die  nna  dieae  Anelnll 
•Uaidinsa  In  elwaa  «ebv  Tartliettbaftm  LIcMe  neigt  Wit  «ollnn 
Mnimfciitr  «ni  ndagegMi  daimnCnnflnbriiinai  nracimi. 

CÄ.    Bäh  f. 


0Mttav  von  Güliek,  über  den  Handel  und  diu  übrigen  Zweifle  der 
Industrie  im  Königreiche  Hannover ,  hcnondera  über  den  Zustund 
dertelbeu  teit  dem  Jahre  1826.   Hannover  IbSl.   104  S,  8. 

» 

K  '  Der  Terf»,  ala  Beinusgeber  einiger  andern  flebriften  dem  Pn^ 
blllw  beinnint,  giebt  eine  Veberaiebt  der  einaelnen  Handdanrtlkiii 
Mdie  weaha^aweiae  den  Anafnbr«-  nnd  Einitibr  -  Handel ,  jener  ^ 
WaMn  den  .bkaibenden  Sinfabrbandel ,  nnd  wdebe  den  OnreMAl^ 


im  I4,  F.      A.  S^obeck ,  P9Urit»U«M "  VeraoclMS 


liandt'l  d<H  Königreichs  bilden,  uotersuclit  die  Production  des  Lanr 
des,  die  Groise  des  UmsaUe«,  die  Verhältnisse,  Avelche  auf  beide 
förderlich  oder  hindtrlu  h  einwir]<en,  die  wirkliehen  Fort-  und  Rück- 
schritte der  Gewerbe,  di(  Quellen  des  liczugi»  der  Objekte  und  der 
Märlite  ihre«  Absatzes ,  die  Preise  u.  s.  w. ,  alles  mit  hau|>tsäehHrhcr 
Rucksicht  auf  die  Jahre  182ß  — 1831,  indem  er  im  ersten  iliesct 
Jahre  die  Verhaltnisse  der  früheren  Zeit  in  ähnlicher  Weise  ent- 
wickelt hatte.  Es  ist  keinem  Zweifel  Tintei  worfen  ,  dafs  eine  solche 
Arbeit  vielseitigen  JNutzen  gewähren  müsse  dein  Landwirth  ,  dem 
Fabrikanten  ,  dem  Kaufmanne  wie  dem  Staatswirthe  ,  indem  sie 
jedem  derselben  tlieil§  brauchbare  Data,  theils  rirhtif:;e  Fin^^erxcige 
«u  ihren  S]ielv(iliitionen  |jjewü!irt.  Die  letzten  Seiten  sind  der  Hait- 
delsbilanz  des  Könipreielis  und  den  Mitteln  rnr  Hebiinjr  der  In- 
dustrie  g^e^vidniet.     K»  wäre  sehr   wünsehensw(  rth  ,   da  Ts    mtin  ¥00 

allen  Ländern  nu^  ,«elbit  Fr4»?iiiwii  ähnliche  benrtlieüciMle  Ueber- 
«ichton  heiÄr««»  ^ 

B*  B  r  0  n  n. 


ntar  rtfrimgmtikm  1^ ,  rtifrmgmivm  H  mngiilM  IncMmHoe 

fetftkmma.  Diu,  inmigmndh  fumm  amp^9$imi  phU^tapkonm  «r* 
'  Mnk  mwimiMe  pro  Hmwii»  m  phUo$opkim  kokwilma  im  mnhmt^ 
'Ms  fücrorw  BtrMtmti  tiU  tidipi$eeti4k  4tf.  L/R  8h^ 

h€9k.  BtniL  IMO.  48     4.       <  Etipft. 

Der  Sohn  eivet  ilvrch  gründliche  optuche  und  andere  pbysikft- 
lische  Untersuchungen  rühmlichst  bekannten  GeUbrten  besckenht 
hier  das  Publicum  mit  einem  tehf  ecMB^n  Beiiiage  mnw  £rwc&lami| 
der  epüiclien  Wiseennolial'tBll  9  wvlcher  keineswegs  unbeachtet  n 
bleiben  verdient,  wie  «•  meiitolie  mit  dem  Inhalte  der  GelegenbeiU- 
nchriften  der  Fall  zu  seyn  pflegt.  Die  vorliegende  Aufgabe  ist  gleich 
anfangs  bestimmt  aaagedruckt.  Malus  nämlich  fand  aus  seinen  V«f- 
suchen,  dafs  zwischen  dem  Brechungswinkel  und  dem  Pol^TuatioDS« 
Winkel  durchsichtiger  Körper  kein  hettimmtes  Verh&Unifi  stattfinde. 
Spätere  Untersuchungen  Ton  Brewater  ergaben  dnp^egen  das  aUge* 
meine  Gesetz,  dafs  das  BrechnngsTerbäUnifs  die  Tangente  des  Fe* 
larisationswinkels  giebt«  oder  ilafa  der  Brechnngs-  und  Polarisationi- 
Winkel  sich  zu  jeinem  rechten  ergänzen.  (Die  bierauf  sich  besie- 
benden Versuche  von  Freenel  in  Ann.  d.  Cbim.  et  Phys.  T.  XXIX. 
p.  175.  sind  hier  nicht  erwähnt).  Brewster  fand  indefs  augleiebt 
dafs  dieees  Gesetz  auf  Glas  nicht  aair«ndbar  eey,  weil  .die  Ton  ihs 
io  eeinea  abeiehtlicb  sttr  Erfericbang  dieser  Aufgidie  imgiitiiiltwi 


I^MBlfteil  erhaltenen  Gröfien  «O  "wraig  damit  übereinstinmitrn  ,  dafi 
WH  an%ab,  die  Sache  weiter  sn  Terfol^^en.  Theoreinch  iMi  «fek 
iBfahren,  dftlii  die  meiBten'  aDtenttdlteii  Kdrf^r  vnllkoniiiMni  Icrj- 
iMlnirte  «nreii ,  die  Olaaarten  aber  an«  dem  Flussigkeitszuttande 
erttamn,  eime  ▼ellkommett  sn  krjatallisiren ,  und  aie  können  daher 
allerdings  eine  Ausnahme  Ton  der  Regel  machen ;  imnriachen  war 
n  dennoch  unlaogbar  der  Mühe  Werth ,  die  Tlialaaelie  erat  Bbcfamiia 
mit  der  erforderlichen  Genauigkeit  festzostelleii. 

Diese  Aufgabe  nahm  eich  der  Verf.«  nnd  man  mafe  geetehen, 
hh  er  sie  trelBich  gelösct  hat,  aneh  mafe  ihm  das  Publicum  Dank 
vimn,  dafs  er  die  hedeutendeB  Kosten,  welche  die  Anschaffung  der 
«rfiwderlichea  Apparate  verursachte,  nicht  gescheuet  hat.  Znersi 
Utersuchte  er  Termittelst  eines  10  zölligen  Horizuntalkreites ,  wel- 
cher bis  10  M inote»  getheilt  10  Secunden  durch  Meseang  nnd  5  See. 
intk  Sckitmng  gab ,  die  Winkel  der  gebrauchten  Prismen ,  und 
dann  ihre  brechende  Kraft.  Oeam&chst  liefe  er  sich  einen  6n6lligetr 
Verticalkteis»  welcher  mit  einem  Nenius  die  Winkel  bis  su  eiaev 
Kiaote  gab«  ao  cimnohtea,  dafs  er  den  Polarisationswtnlfel  vmrmiC^ 
tdst  eiiiea  Prisaw  Ton  Dop^elspalh  genau  damit  messen  konnte. 
Beide  Instnunettte  nnd  die  een^Umten  Fehler  der  Beohaehtvngen 
vaid«  ▼oflhov  gshirig  imtoranch*,  mm  dHjanigoQ  nsl  in  Essh^ 
msg  an  nehmen,  die  niehi  hmerlmlh  dar  anderweitig  ■nTeoBeid- 
Mm  Fehlorgrenae  la^en,  ee  fand  sieh  jedoeh,  dafs  solsho  hei 
<hr  gsnanen  Arbeit  beidar  Instramente  niehl  i«rlwndea  w«rmk  Auf 
4i«s  Weise  wurden  Mgendn  eilf  Snlietannett  «alierftnolil  i  .IMh* 
knr  Plnfespüh»  biinlisher  Vlnrsspath ,  geaminer  Opal,  eliglftsehen 
Tafelglas  CPIati^fiisO,  aaderes  desglelehan  j  gwmiiehes,  ei^glioehea 
bsglBs,  grnnliehee  Kronglas  mit  efwaa  Blei»  englisebee  FUntglaa» 
ttinres  desglelaben,  Vjnfp  und  gelbe  Zinkblende.  Die  Versaalia 
fßm  Bwnr  ResnHale ,  welche  dem  Gesetae  tiehnlicli  nahe  kamen, 
Ma  die  Abweichangen  wann  doch  grMer ,  nls  iafii  sie  Beobach» 
tmgsMIer  eeyn  kemrten.  Der  Verf.  glanbte  daher,  die  FIMea  de» 
wm  -Hessen  der  Breehttngaverhitlnisae  bereits  gelManefaM  Priemen 
WaatuB  Tielleieht  Tetindert  seyn ,  er  polfrte  sie  daher  anfii  Nene 
^  gffdfecr  Sorgfnit,  nnd  erhielt  dann  dnreh  wiederholte  yersnche 
itgemve  Reenltate,  daDi  man  das  aufgestellte  Cksstn  aneh  fnr  diese 
MÜper  nie  gültig  erwieeen  betrachten  kann.  Die  in  den  ersten  Ver- 
mim  vorgekommenen  Fehler  leitet  der  Tmf.  von  einer  g;ewimett 
lÜtekaanten  Veränderung  der  OberllScbe  ab,  die  auf  den  Felarlsa-^ 
tfumsinhel  einen  Elnflnlb  gehellt  haben  kdnne,  und  meldt,  dafli 
tae  nicht  eawehl  eine  chemieelie ,  als  vielmehr  dnreh  dnnne  Veber^ 
i|se  In  Folge  der'Bearbeitnng  erneugte  gewesen  scyn  mege,  well 
Tan  Ihm  selbst  wieder  poUrten  Prismen  die  geringsten  Fehlet 
gpAen.  Bef.  gesteht,  dafs  er* eher  Verdacht  hat,  die  FÜchea  mdch* 
•m  akht'ini  strengsten  Sinne  eben  geweaeii  eeyn,  denn  es  isilHH 


fli         .  *    HrelMr»  haimdmhm  WöxterliuGli.  * 

kanntlich  «ehr  schwierig*,  ganz  ebene  Flächen  dfirasutteilen ,  nnd 
KuriRtler  geben  sich  ott  nicht  die  erforderliche  Mrihc,  diesen  /.u  er- 
reichen, sttDMil  m  Midit  alt  MthwtMidlfe  I&cdiii9uqg.  «a%e« 
■«rilt  ist. 

Die  Abhandlung  ist  der  Schwierigkeit  des  Gegenstandes  unge- 
achtet in  fliefsendeni  Latein  g-eschricbcn ,  auch  sind  Druck,  Pi^kler 
mml  inahriii>n<lere  diie  ■auhereo  Kvqfiew  auf  gUidM  Weint  v^rtafifflUfci 

M  u  n  € 


tOeinercB  fTdrlcrfttfcA  der  Lateinischen  Sprache  in  etymologischer  0^ 
nünf^\  hearbeitet  wm  Ür,  E»  Kdrcher^  Grofiherzogl.  had.  Bofrelßk 
vMtd  Profeeeor  am  liyeeum  »u  Carlsruke,  Stuttgart ,  im  Fertig 
der  J.  B.  Metzkr'sehen  Bvehhandlung.  1831.   XX u.  267     in gr*i. 

Der  Verf.,  detsen  frühere«,  seitdem  in  Schulen  allgemein  eia^ 
gefähitw  aljnwloginclifla  Wörterbatk  Mtch  in  diesen  Blättern  Btclif 
tlürgmngton  wurde,  übergiebt  hier  ein  neues  in  ahnlicher  Weise  ans- 
gearbeitetes  Werk,  das  besonder«  für  jlUifere  Scbüler  bestimmt  ist, 
indem  das  frohere  für  Anfänger  so  ansföhrlioli  eM^n.  Wir  xWil- 
fein  niciit,  dafs  es  gleich  dmm  Irmhern  aberall  den  Terdienten  Beiftll 
oad  die  yerdieala  ibacrktaMiag  finden  werde,  da  der  Ycrf.  durch 
iMtganoMa  etymologiaelie  wl  lesicologische  Stndian  aMi  benäht 
Mt,  seiner  Arbeit  imnar  grdfsere  VolleadaBi*  n  galiea  and  da> 
dmali  devaa  Bsasahbafliait  «od  NützHchkaH  m  erhöhen,  tlebei^ 
Hefen  die  B«iraiaa  Tan  diesem  Bemühen  vor,  ohne  dafs  es  besea^ 
derer  Machweisvng  oder  Fiaget Teige  far  da«  bedürfte,  dar  <iaa  frdhere 
Werlt  das  Verfs.  mit  diesem,  .ftoilich  sam  TJmU  fdr  eine  andere 
CMMaa  Ton  Soholem  bestimmten  and  deslialto  noch  mm  Theil  aM 

■ 

aadaaam  Plaae  geariieiteten,  Wörterbuche  vergleicht.  In  der  leseap- 
werthen  Vorrede  hat  der  Verf.  sehr  su  berncksielitigende  Wiidia  wtik 
YweäkriiU»  aber  dra  Untamefat  in  der  Lat.  Sptaalia  M  AnfäagiiB, 
iaa  Memarlren  dar  Wörter  und  dai^L  ukikigelegt ,  «nah  iaifcona 
dere  über  seine  etymologischen  Graadiätaa  aiah  ansges|»ffachaB  t  Wli 
1»ei  dieser  Gelegenheit  eine  Aeihe  vaa  meist  fAr  dia  füjoiolagia  ühf 
achwierigen  oder  in  dieser  Hinsicht  bestrittenen  Wörtern  diurchganfeB, 
aal  die  wir  iasbasoadera  dia  Aofmatltmikait  dar  Galalirlaa  laakai 
iwOifctea.  Um  aar  Eiaa  aus  dani  vaiehhaltigen  lalial*  herranabilflVi 
sa  iit  uns  die  AUeitang  uud  Mliraug  ^  Woites  IM^a,  aa  «ehe 
wir  aaaii  bafiMitea  «issea,  wH  daa  ThaeHoffm^  tia  maelia 
■ill  Forschungen  iiier  diaiaa  Wort  uad  aaiwi  AUaltuag  galMlt  haben, 
darMwff  ia  Sireit  wa  gamthaa«  gania  aaa  dar  Saela.  gasahidabaa;  Um 
Tarf. ,  und  das  war  stete  uasesa  Uabamenguug»  leitet  daa  Watt  wie* 
dar  ¥au  Uge,  ich  binde  (aieht  yan  hgo^  i^^H^)  ^9 
Raclit  van  den  aadarwfttte  aawobl  als  auch  Ter  AUam  liel  daa  Wr 


-  'd  vj^.vv  '^le 


inern  gültigen  Grundsatz  ;ius^cht ,  dafa  die  aritpruiif^Hcbe  Bcmennaiig^ 
der  Wörter  Tora  Sinnlichen,  Materiellen  ausging,  iadem  später  erat, 
darch  die  ausgebildote  Hellexiou  die  Beceiclinungpen  sinnlicher  6e« 
genstände  nuf  analoge  nicht  «innlic-he,  geistige  übertragen  wurden» 
Den  beiden  Hauptbedeutungen  von  Religio:  Bedenklichkeil^ 
Gewissen  88  crnpe  1  und  Ach  tu  n«:^  t  ii  r  dem  Göttlichen,  Hegt 
alier  der  gemeinsame  Betriff  des  Angebundenseyns  su  Grundes 
Und  die«  ist  auch  so  ganz  dem  Geiste  der  früheren  Römer  gemafs, 
«Ue  aller  Reflexion  und  Speculation  abhold ,  sich  den  Menschen  nur 
in  leiner  Abhängigkeit ,  in  seinem  Gebundenseyn  an  die  furchtbare 
Macht  des  Göttlichen  dachten.  Dies  stimmt  dann  wieder  auch  ganz 
mit  den  ältesten  Etrurischen  Keligionsideen ,  die  doch  zweifelsohne 
auf  das  alte  und  älteste  Rom  einen  so  ^rofsen  Einflufs  gehabt  haben, 
übsrein.  IrVer  den  Geist  und  Charakter  des  RömischeA  Volks,  seinen 
Glauben  und  Aberglauben  aml  die  Terhnltnifim&ftig  niedere  Stufe 
geistiger  Kultur  mit  EnKevomig  aller  Reflexion,  Speculation  umk 
It^tUfV^i^  erlmol  hat«  wM  aa  ilar  Ricliiigkeit  dieser  Erklätwi^ 
ebenso  wenige  sweifeln,  als  er  die  andere,  als  das  Product  einem 
■p6teren  reflectirenden  Zeit,  aaerkeiMien  miifa.  Saectäum  (ricbtl^wi 
^fstai^-vird,  wir  glauben  nit  Reaht,  von  seco  abgeleitet;  SemuMi 
^  icro^  9€fu$a  verwandt  mjlll  Ref..  doukt  ebenfalls  an  lj>«e, 

4?»  MTo,  fiecf«,  £ia  M^hfana  m  Cvamar'«  Wimmt  Amin.  SA.* 
i.|tYeit.  Auag^.  I 

Docli  näher  ik^ii^laMt  des  Yf^wlM  «iniBgolias  mtd  nher  dati  v 
veidioostUc^  Uaternchmei^  ein  MehraiPea  aa  iMeilcen ,  i^erbieti«* 
iit  Goa^tae  «aMt«  Instituts,  «aUlia  aaa.  kitv  aaf  eine  blofiMr 
Hslation  verweisen,  die  wir  Ivk^r  auch  um  aa  eher  g^ben  kdaaaa»« 
Mü  die  Nützlichkeit  des  Werke«  und  die  Brauchbarkeit  sich  da,  w^' 
^  ^ehraucht  und  eingeführt  M  ird ,  hinreichend  bewaliran  wM,  — 
%  Jlrai^.aa4  Papier      mvk  nU«  Unaalia-«  anfrMaa  aa|tt. 

€k.  Bdkr. 

,   .  ♦      *  - 

l)  .  Th  emistii  Orationes  duae  es  codice  Mediofunens  i  emendu  lae^ 
^  ah  GiulieloLQ  Dindorjfio*    Lipsiße,    C.  Cnobloch,   iSäQ.  4H 

8»       '  .     .  * 

^  Üpfaimaa  Ut9rp.rimm  immgwmh;  aaMtow.  otoriwtfoaat- eHti<' ' 
»i^mt  la  ThMmh ti4  #aal«eaa««  jpaa  «aaumr  da  pftgaiiyll.^ 

mmM  aataMt  Ja«,  hn.  «M.  ümlM »  JNMIm».  iKaan»? 
IBSg.    F//i  »ad  92  &  ta 

No.  1.  In  diesc'iu  Abdruck  sind  die  beiden  crattu  Ueden  des 
Themiätiuü,  die  eine  frs^i  tp/Aav^^^vCuir/a;  v)  KcuvcrrivT/c;  und  die  Mil- 
dere €i\  Kwvo'ravTrcv  tov  aüroK^/a'ro^a  Ö.ri  /^aA/erra  ^rXoao^o^  o  ßctctkku^  ij 


iü    Tbmialii  OmHI.  €4.  Q.  Dimlorr.  und  Aoalez,  Specimen  etc. 


ICa^KTTif^to^ ,  enthalten,  p;leLchBain  als  ein  Specinien  oder  Vorl^tiifer 
einer  Gcsaniiut  -  Aus^'-abe  des  Themistius,  die  wir  im  nächsten  Jahr 
¥Oii  Hrn.  Froi.  i>indorf  erwarten  haben,  wo  dtnn  mich  auRführli- 
eher  über  die  benutzten  kritischen  Hülfsmittcl  geredet  werden  Boit, 
was  hier  unterblieben  i^t  DaFs  wir  von  einem  so  erfahrenen  und 
geübten  Kritiker,  wie  der  Herausg-eher  dieser  Reden  igt,  zumal  da 
ihm  hier  nicht  unbedeutende  kritische  Hülfsmittel  zu  Gebote  standen, 
indem  Friedrich  Jacobs,  der  selbst  früher  mit  einer  Ausgabe  des 
Theniistius  umging,  seinen  dazu  gesammelten  kritinchen  Apparat 
dem  Hf'n.  Prof.  Dindorf  uberliefs ,  einen  in  Tieifacher  Beziehung  kri- 
tisch verbesserten  und  berichtigten  Text  zu  erwarten  haben  ,  bedarf 
wohl  kaum  einer  Erinnerung.  Die  beiden  vorliegenden  Reden  bere(fh- 
tigen  voUkomiiieii, la  solchen  Erwartungen,  die  gewifs  nicht  nner- 
fölit  bleiben  werden  Zunächst  ist  hier  für  den  Text  benutzt  eins 
iMffliche  Mailänder  Handschrift ,  dann  Harduin's  Pariser  Ausgabe 
▼om  Jahr  l§ft4,  unbedeutender  ist  der  hier  und  dort  angeführt« 
MuBcliBer  Codex  No.  113.  Nicht  übergangen  sind  zahlreiche  Yerbet- 
aeraiigeToneliiigiD,  die  gelegentlich  von  verschiedenen  Gelehrten  ge- 
MMicht  worden  •lmi\  namentlich  von  Jacobs  und  Roulez,  dessen  frä- 
liere  Terbesserungsvorschläge  mehrmals  daroh  die  Mailänder  Haad- 
achrift  bestätigt  werden,  wie  s.  B.  p.  12.  D.,  wo  Roulez  für  ^Jr?; 

S»  roxi  ¥^ojTC'^  uxiTvyy^dvoi  emendirte  eure»  av,  Hr,  Dindsrf 
•her  aus  der  Mailänder  Handschrift  edirte  oZtw^  ydf  av  icr.  X.  eier 
p.  10.  D. ,  wo  Roulez^s  Verbesserung  (^ikoa-o^ia  durch  dieselbe  flnnd-  > 
•ahrift  beetätigt  wird  n.  A.  der  Art,  während  wir  jedoch  p.  17. 
wo  Roulez  verbeiaerle  orav  —  ^'Kokdßy^^  es  lieber  (auch  wegen  dH 
folgendetf  rdrt  u.  s.  w.)  mit  Hm.  Dindorf  hnhen,  welcher  Ii  d«a 
Test  gesetzt  hat:   Sra  —  uiroAaySor. 

No.  leichnet  sich  durch  rühmliche  Belcanntschaft  mit  der 
alten  Litemtvr  nnd  vielfnehe  Belesenheit,  die  bei  den  einseinen  kii" 
tischen ,  gnmaiatilchen  nnd  apnchlichen  Bemerhnngen  in  der  FnUe 
der  mitgetheilten  NachweSrangen  und  Belege  hervortritt  i  rfihm liebst, 
nla  die  Arbelt  eines  jnngen  Belgischen  Gelehrten »  nns,  nnd  enthält 
innnehe  schätsbare  Bemerlinngen  nnd  VerbessernngsTorschUge»  welch« 
ein  känftigcr  Bearbeiter  des  bisher  siemlich  vernachlässigten  The- 
mistius  wohl  wird  sn  benfitien  wissen.  —  Ob  freilich  bei  der  seit- 
dem erfolgten  Umwälsnng  der  Dinge  in  Belgien  von  den  ReforMt- 
toren  dieses  Lnndes  die  dareh  Dentsche  Gelehrsnmlie^t  nnd  Deutsche 
Thitigkeit  dahin  Terpfinnsten  Keime  eliMsiocher  Bildung^,  din  wir  ia 
dem  genannten  Spedam  and  manchen  ahnliohen,  aamenäeh  an  him^ 
ersehionenen  YoNnehen  bonorht  haben ,  weitere  Mega  aä  «twMim 
hahea ,  müssen  arir  leider  benwalfein. 

Ch,  Bähw. 


»  ^ 

.  j  d  by  Google 


N°.  da.  HEUfit^  i^H^  D.  LITBBATUR.  1S81. 

i 

MutwieMung  det  PuuUnUt)k4n  tikt%egriff9»  mit  Binnehi 

ftteA-40^mat#t«ier  FertnoA  von  lr«oiiil«rrf  Utters» 
Iiie.  ä.  TiieoL »  DtTi  imtf  Prof,  am  ÜSfmmüiium  mu  Bem.  ZmHUf 
wrmtkrU  und  verbmvrte  jtmgtAe^  (ffm.  Dr,  Sckl^Urmacher 
4^jdrf.)  Zürieh,bei  0r9Uu.9.w.  1819.  XUn.tUS,inS. 

♦ 

Der  Supernatiiralismiis  (oder  der  Glaube,  dab  be- 
sämmle  Lehi^eheimnisse  in  der  althebräischen  und  in 

der  Dentestamentüchen  Ueliponslehre  durch  eine  die 
Lehruofehibarkeit  beweisende  Mittheilaogs- Art  bekannt 
oder  offenbar  geniacht  worden  seifen,)  hat  nur  alsdann 
ein  Inleresse,  wenn*  er,  besondere  ans  den  Worten  Jesn 
vad  der  Apostel ,  Reli^onslehren  dieser  Gattung ,  deren 
Wahrheit  ^onslher  nicht  erkennbar  wäre,  wirklich  nach- 
zuweisen vermag.  Enthalten  die  biblischen  Schriften 
nicht  solche,  blos  durch  die  Art  ihrer  Mittheilung  als 
iafaUibd  •entsohiedene  Lehrbehayptniigen  Yon  Verhält«* 
QIKen  der  Menschheit  zum  llebermenschliehen ,  so  ist 
wie  Jedermann  sieht,  7Um  Voraus  eine  überflüssige 
Beschäftig^ung ,  wenn  man  durch  allerlei,  bekanntlich 
Sttfserst  gedehnte,  philosophirendePeductionen  die  Mög- 
lichkeit und  Niltziichkdt,  ja  sogar  die  Nothwendigkeit 
siaer  Offenbarung  solcher  sonst  unerkennbaren  Religions- 
flätze  zu  erweisen  sich  abgemühet  hat.  Nur  wenn  wirk- 
Rcfi  manches  Wichtige  da  wäre,  welches  durch  kein 
Nachdenken  über  die  Beschaffenheit  der  Sache  selbst 
(oändich  über  da^  Verhäitoifs  der  Menschen  zur  Obtl-* 
halt)  «ingesdbea  und  als  gewifs  behauptet  werden  könnte^ 
wQrde  auch  zum  Voraus  das  Beweisen  einer  unmittel- 
baren und  daher  unfehlbaren  Entdeckung  solcher  Wahr- 
heiten nützlich  und  nöthig  seyn.  Sind  aber  dergleichen 
Geheimnifslehren  nicht  offenbar  mitgetheilt,  wozu  dar 
8if«it  itiber  eine  Theorie  der  möglichen  Mittheilnngsartenf 
Salbst  Pichte's  dialektische  Burebf&hrung,  dalSs  eine 
unmittelbare  (iolgUch  iehrunfehlbare?)  O^eabaruog 
mV,Jahig.  9.  Heft.  &3 


L.  Ihtcrl,  fiiitwkklaiig  des  Pmiliii.  Iiehrl^egrifft. 

'gewife  da  sey,  wenn  sie  nothwendig  gewesen  seyi 
maftte  doch  nur  sich  in  einer  CirfceUinie  ohne  Anfaiigf 
und  Ende  heninidrehen  ,  die  niemand  besser ,  ab' 
Scharfsinnige,  kannte  und  deswegen  die  Bewunderer 
nur  belächelte.  Sehr  wahr  und  treffend  ist  dies  auch 
angedeutet  in  der  interessanten  Erneuerung  des  Anden- 
kens an  diesen  genialisch  krafiTolien  Denker.  ,|Joh. 
Oottlieb  Pichte^s  Leben  und  litterar.  Brief- 
wechsel, herausg.  von  seinem  [für  freies  Philosophie- 
reu begeisterten]  Sojhne,  J.  H«  Fichte  (Suizbach, 
1830.)  S.  189. 192.  i 

Sieht,  sich  nun  der  Sachverständige  auf  dem  ganm 
grolisett  Feld  der  theologischen  Lehrsysteme  na<£  der- 
gleichen Behauptungen  um,  welche,  als  Bedingungen 
des  Seligwerdens  durch  re'igiöjsen  Glauben,  ohne  eine 
übervernünftige  Mittheilung  nicht  hätten  bekannt  werden 
können,  so  ist  eigentlich  nur  Eine  Lehre  von  dieser  Af^ 
fibrig,  nämlich  diese,  dafs  der  Tod  Jesu  den  Hasfit- 
zweck  gehabt  habe,  durch  stellvertretende  Abbüfsung 
der  Sündenstrafen  der  Strafgerechtigkeit  Gottes  Genüge 
zu  thun ,  und  dadurch  der  menscheuiiebenden  Gottheit 
selbst  die  Vergebung  der  Sünden,  möglich  eu  machen. 

Wäre  dieses  biblische  Lehre,  so  mllfsle  einseldies 
Verhältnifs  zwischen  Jesus  und  der  Gottheit  in  der  ao-  i 
sichtbaren  Geisterwelt  gewesen  seyn  ,   das    niemand , , 
ohne  eine  ausdrückliche  Bekanntmachung  von  dorther,  i 
zu  wissen  vermöchte.    Selbst  die  Lehre  von  der  Trioilät 
erhält  im  Kirchensrystem  nur  dadurch  eine  praktische 
Wichtigkeit,  wenn  eben  dieser  bllfsende  Messiasgeist 
mit  der  Gottheit  so  verbunden  war,  dafs  seine  Gemi^- 
thuung  deswegen  einen  unendlichen  Werth  haben  unil 
für  die  unübersehbare  Menge  von  Sünden  ausreichen 
konnte. 

^  Um  dieses  dogmatischen  Interesses  willen  ist  längv^  • 

vor  und  nach  der  Reformation  in  der  patristisch-  w 
scholastisch -überlieferten  Theologie  jene ,  wie  man  sagt, 
zur  Beruhigung  unentbehrliche  Lehre,  dafs  nur  um^es  \ 
Todes  Jesu  wUlen  die  Sünden  dem  danm"  CHsvbeiidea 


-  'd  '^le 


vergeben  werden  konnten,  als  Mittelpunkt  des  mysteridseo 
d.  1.  nur  durch  unfehlbare  Mittheilung  erkennbaren-^ 
IKhtiJs  der  CUanbeneiehre  behandeU  and  beeoaden  als 
«aeLebre  des  Apostels'^  Paulas  behauptet  worden.  Auch 

gegenwärtig  besteht,  sehr  consequent,  der  stren/ar  super- 
naluralistische  und  sich  aliein  evang-elisch  neuneiuie  My- 
sticisuius  hauptsächlich  darauf,  dafs  diese  Art  von  Ver- 
aöhnang  mit  Gott  die  einzig  wahre  Erlösung  (redemtio 
a  mwie  aeiema)  sey ,  und  vorzQglich  als  pauliniach- 
apostolische  Offeubaruug  anerkannt  werden  müsse. 

Dafe  der  seiner  Willensabweichnngen  Ton  dem  hei« 

figen  Gott  sich  bewufste  Mensch  mit  der  Grottheit,  als 
dem  voiikommen ' guten  Geist,  in  Harmonie  zu  kommen 
oder  sich  auszusöhnen  {naTaXkwyriycjLf^  2  ^or.  5,  20.) 

reu  müsse,  dies  ist  allerdings  die  Anforderung;  auch 
Religion  des  Nachdenkens,  sobald  sie  sich  Gotl 
flribst  als  dorchans  das  Rechte  wollend  denkt  Zwar  so 
lange  man  Gott  oder  die  Götter  nur  als  Machtwesen 
dachte ,  war  auch  der  Zweck  ailer  Religionen ,  mit  ihnen 
mdgliqhst  in  Eintracht  zu  stehen.  Aber  diese  Harmonie 
schien  nach  Menschenart  durch  Bhrenbeeengungen,  Ga- 
ben and  demfithige  Brgebenheitsbeweise  erreicht  wer* 
deu  zu  können.  Dies  war  deswegen  der  äufsere  Inhalt 
alier  religiösen  Bestrebungen  so  lange,  bis  manche,  der 
Visrnnnft-  und  Willensthätigkeit  mehr  bewufst  gewor- 
^me  Gemllther  dahin  sich  erhoben,  dars  sie  selbst  in 
itSk  and  Andern  nur  die  redlich  gewollte  Rechtschaffen- 
fielt,  SiHatocwr}  j  und  zwar  die  geistige,  wie  Gott  sie 
sehe  und  wolle,  achteten.  Dergleichen  Menschen  konn- 
te sich  alsdann  (sowie ,  nach  der  Geschichte ,  Abraham) 
iich  ihre  Gottheit  nicht  anders ,  als  unabhängig  recht- 
schaffen CJl^Vp  und  p'^'^S)  denken.    Daraus  folgte  von 

selbst  f  dafii  auch  der  Meqsch  mit  einer  solchen  Gott- 
•iMit  aar.  durch  den  beharrlichen  Bniachlnfs, 

jedesmal  das  anerkennbare  Rechte  aa  wollen, 
d.h.  nur  durch  ein  apriorisches  2=  sich  vor  den  einzel- 
"Wg. JjiifatirHogiin  und  Xhaten   überhaupthin  und 


t 


816         L.  Usieri,  Entfricklang  den  PanUii«  ]UBli^^fy^4ffi|v 

zum  voraus  selbstbestimmendes  —  Wollen  der  Recht- 
scbaffeaheit,  als  lest  aDgeoommenea  Charakter ,  ia  üi^^ 
iaoDie  steheo  köane. 

In  solchen  zum  Bew  ufi-lso  n  der  idealisehen  WH- 
lensvoUfcommenheit  oder  zur  praktischen  Vernunft  pneu- 
matisch erhabenen  Geuifithern  entstund  demnach  A 
mcrrmg  —  ^^aus  ihrer  treufoljisamen  Ueberzeugung'^ 
von  Gott ,  als  dem  Rechtwollenden  ,  auch  die  dixaio- 
CTVYT]  "^Bov  =  der  Entschlufs ,  durch  RechtschafFenheit 
mit  der  nur  das  Rechte  wollenden  Gottheit  zu  harmo- 
niren.  Sie  selbst  waren  alsdann ,  nebst  den  Beschreiben 
ihrer  Geschichte,  gewifs,  dafs  eben  diese  ihre  Ujebttr^ 
zeugungstreue,  als  die  innere  Quelle  ihrer  RecKlschafr 
fenheit ,  von  Gott,  welcher  ihren  Geist  kenne,  als'füe 
eigentliche  Rechtschaffenheit  gleichsam  in  das  Rech- 
nungsbach seiner  Allwissenheit  eingetragen,  d.  h  ihneo 
als  ianere  -mrUiche ,  fortdauertide  Thai  uttd  Thafthandr 
long  nach  der  Warhdl^  und  nicht  blos  ans  WiUkftr  ab- 
gerechnet werde  =  Xoyiä,ETat  sig  Stxatoo'vvTiv*  Und 
so  war  den  pneumatisch  erhabneren  Gemüthern  der  treue 
Vorsatz,  nur  das,  wovon  sie  als  von  dem  Rechten  über- 
sevgt  werden  könnten,  tu  woHeQ  uiid  zu  verwirkUGlien, 
'  die  wahre  Grundlage  der  „ReHgioli  der  Rechtschidbii- 
-hett;"  oder  sie  waren  durch  diese  Religiosität  des  Recht- 
wollens ihrer  Harmonie  mit  Gott  und  gegenseitig  des 
Wohlwollens  ihres  Gottes  gegen  sie  nach  der  Natur  der 
Sache  selbst  gewi(i§u 

Bewufst  war  sich  aber  ohne  Zweifel  mancher,  dafs, 
ehe  er  jene  Ueberzengungstreue  für  RechtscbaffeolMU 
eich  zum  Vorsatz  machte,  oder  anch  während  er  schipp 
jene  Entschlossenheit  in  sich  sn  Staude  gebracht  hatte, 
doch  von  der  Uebeizeugung  fttr  das  Hechte  hie  und  da 
Ausnahmen  sich  erlaubt  habe,  also  von  der  rechten  Rich- 
tung „abgeirrt'*  sey«  Diese  wahre  Ansicht  des  Sfia- 
digens,  als  eines  AnsnahmemacheDS  von.,  der 
anerkannten  Regel  des  Rechten,  enthalten 
alten  Worte  ftÖH  und  d^afjTapuvy  welche  ei^^  V. er- 


.  j  d  by  Google 


Nlflen  der  geraden  Riehtnng  oder  des  Ziels 
andeuten,  nicht  aber,  wie  das  deutsche  nur  kirchlich 
enMao^ene  Wort  ^^Su od  igen,"  schon  den  Begriff 
iftwlr  Sühnang  einschlieTseo.  Wurde  nun  aber  ein 
Man,  welcher  dch  dem  rechtwollenden  Gott  geheiligt 
htte,  doch  (wie  b.B.  David)  einer  groben  Abweichung 
sieh  bewufst,  so  finden  wir,  dafs  dieser  nach  der  alt- 
bebräischen  ReÜgionslehre  (für  zwei  schwere  Verietzun- 
des  Grundgesetzes  der  seha  Gebote)  doch  nicht 
ir^eed  dnrch  ateilvertretende  Opfer^  sondern 
Btf  durch  Reue  und  GesinnungsSnderung  seine  Harmonie 
mit  seinem  Gott  wiederherzustellen  gewifs  war.  Um 
Aer  dies  für  möglich  zu  halten,  setzten  sie  (ohne li^w^ifel 
siph  dem  Ideal  eines  richtigwissenden  nnd  sachgemäfs 
ailhrilenden,  richtig)   in  Gott  g)uo^  oder'^D^rni 

Torans,  das  heifst,  sie  dachten  als  gewifs,  dafs  Gott 
die  Menschen  nach  dem,  wie  sie  sind,  nach  ihrer  das 
KechtwoUen  leicht  überbietenden  sinnlidien  Reiabarlieit, 
iMrtheile.  Offenbar  aber  ist,  dafs  Gott  oder  der,  wel- 
ker das  Wirkliche  unfehlbar  so,  wie  es  ist,  kennt, 
gerade  durch  dieses  Erbarmen*  sie  nicht  anders, 
als  gerecht  beurtheiie;  wie  dies  auch  der  Sinn  von 
Klhi.  8,  2ö.  26.  ist.  Denn  wer  den  Schwachen,  gerade 
m  wie  er  leicht  seyn  kann,  benrtheilt,  ist  eben  in  die- 
BMo  Erbarmen  dn  gerechter  Bearthriiler.  ^ 

Und  so  finden  wir  denn  im  gameen  A.  T«,  dafs  die  Bes- 
seren  für  ihre  Verfehlnngen  nicht  an  irgend  eine  eigene 

oder  stellvertretende  Büfsung  dachten,  wohl  aber  durch 
stark  ausgedrückte  redliche  Reumüthigkeit  und  durch  die 
v^mi  Ton  dem  Wollenden  jeden  Augenblick  wieder  zu 
«nlmeriide  nnd  nnr  desto  festere  Entschlossenheit  für 
ihil'Rechtwollen,  ihre  Harmonie  mit  der  Gottheit  wie- 
derherstellen zu  können  gar  nicht  Bweifelten.  Dies  ist. 
ohne  Ausnahme  der  religiöse  Gedankengang  in  allen 
Zeitaltern  der  althebräischen  Religion.  Er  ist  ihnen  so 
idhr  entschieden,  dafs,  wer  nur  die  Gesetze  l^Loses  von 
fci  opf«nivnicht  mit  der  Brille  der  Patristik  und  nicht 


888        Ift  Vstori,  Entwicklaog  de«  Pftalin.  LehrBegrlllil.  * 

nach  einer  hierin  unhebräischen  Uebersetzun«;  liest ,  Jifr^' 
storisch  gewifs  sej^n  mufs,  dafs  Mose,  Levit.  4,  1. 13.  27.* 
5,  2.  3.  durchaus  aicht  Opfer  für  Süaden  als  wiesent- 
liehe  Uebertretunireii  der  sehn  uod  anderer  bestiftifliter 
Gebote,  zulielk  Vielmehr  Ist  das,  waa  Luther  „Stnd* 
opfer"  Übersetzt  hat,  nach  Mose's  bestimmter  Angabe, 
nur  für  V  erfeh  I  u  ngen  ,  die  aus  Irrthum  oder 
Leichtsinn  geschehen  waren,  also  nur  als  strafen- 
der und  aelbstbestrafender  Verlust,  eingeführt;  wie  ich' 
dies  in  meiner  Erldärong  der  Johannesbriefe  (Heldtsüp; 
1829.)  ausführlich  nachwies. 

Ebenso  ist  auch  in  der  Reihe  der  aUtestamentlichen 
Apokryphen  überall  die  Sunden  Vergebung  nur  von  einem 
Erbarmen  der  Gottheit,  nirgends  von  der  NothwencK^-« 
keit,  dalk  ihrer  Strafgerechtigkeit  genug  gethaa  werden 
müfste,  abgeleitet  ' 

Wer  nun  diesen  historischen  Entwicklungsgang  d«r 
vorchristlichen  Religion  genauer ,  als  gewöhnlich ,  ülier- 
blickt,  der  müfste  sich  wohl  sehr 'wandern,  wenn  dift 
anf  daa  Ailhebräiscbe,  auf  das  Zeugnift  Mose*s  and  diNr 
Propheten  sich  so  oUt  berufende  Urchristentum  (s.  Rdm. 
3,  21.  1,  2.  Hebr.  1,  1.)  mit  einemmal  eine  o^anz  an- 
dere Theorie  aufgestellt  hätte,  nämlich  diese,  dafs  der 
Christ  nur  durch  r7en  Glauben  an  eine  Ton  Jesus  der 
Strafgerechtigkeit  Gottes  geleistete  Genngthuang  den 
Zweck  der  Religion  —  Harmonie  mit  Gott  —  zu  er^ 
halten  habe  und  dafs  ihm  alsdann  dieses  Glauben  an 
einen  geheimen  Veisöhnunjg-splan  zwischen  Grott  und 
Jesus,  statt  der  Rechtschatfenheit  zugerechnet  werde. 

Dennoch  war  dies  lange  Zeit  (selbst  zum  Schadeö 
unsera  sonst  so  merkwürdigen  Epos ,  der  Klopstockisdten 
Blessiade)  die  einzig  zugelassene  Auslegung 
des  paulinischen  Lehrbegriffs.  Und  weil  diese 
dann  allerdings  nur  eine  Entdeckung  aus  der  über- 
menschlichen Wirklichkeit  der  Geisterwelt  seyn  müfstd^ 
so  mufste  man  um  ihretwillen  für  eine  Theorie  über- 
menschlicher InfalliblerLehroflfenbarung  unablässig  strei- 
ten und  kämpfen.    Als  sogar  Viele  nach  und  nach  eine 


Ii.  VtUii,  Eptwickliug  de«  Fanlin.  UbAtpXft. 

sdWie  stellvertretende  Genugthuung  nnd  eine  juridische 
G«nebüprechang  (Rechtfertigung)  derer,  die  nicht 
nebtschaffflo  wären  and  nur  die  Bechtschaffeoheitsbe- 
weise  eines  Andern,  wie  für  ne  geltend,  annehmen , 
als  etwas  dem  Nachdenken  über  Gott  ud  gottes- 
«ürdig«  Äechtechaffeiiheit  allzusehr  Widersprechendes 
•■erinnnten,  nahmen  sie  doch  meistens  den  Ausweg, 
da&  swar  der  Apo»tel  Pavlns  dergUdchen  Zurechnung 
und  StellvertretBBg  behauptet  habe,  darin  aber  entr 
weder  selbst  als  Rabbine  in  eine  jüdische  Vorstel- 
luogsart  verwickelt  gewesen  sey,  oder  sie  wenigstens 
Dtbeanunmcsweise  gegen  jüdische  Christen,  um  durch 

einzige  Sfihnopfer  den  ganzen  Sttndopfercultus  der 
Priester  anfiuheben ,  gerne  m  angewendet  habe. 

Ins  Deutliche,  kann  man  wohl  sagen,  ist  die  Bxe- 
lete  auf  diesem  Wege  immer  noch  nicht  gekommen, 
bmndera  auch  deswegen  nicht,  weil  man,  "™  eine 
liehtigere  geM^ichtUcheKenntmb  der  mosaischen  Schuld- 
opfergesetze nnbekOmmert  —  au«  Mangel  an  Untersu- 
chnngsfreiheit  und  tieferen  Altertunwstudien  —  die  ehi- 
mal  herkömmliche  Voraussetzung  gelten  liefs,  wie  WMin 
die  «osaische  Religion  ebenso ,  wie  die  Heiden ,  steil- 
«ertreteode  Opfer  für  eigentliche,  d.  h.  wissenthch  be- 
MUffene  Sfinden  zugelassen  hätte.    ^  ^    ,  ,^ 

Rühmlich  ist  anzuerkennen,  da)^  Hr.  Usteri  seit 
1824,  wo  die  erste  Ausgabe  seines  «egetisch -  dogmatt- 
tthen  Versuchs  erschienen  ist,  einer  philologisch  nch- 
tiee»  und  dem  mrrerkOnstelten  Nachdenken  weit  mehr 
entsprechenden  Auslegung  von  dem  Sinn  des  Apostels 
viel  näher  geführt  hat    Erfreulich  ist «bendeswegen 
dafs  seine  Abhandlung,  wie  man  aus  dem  BedOrfnift 
«ner  zweiten  Ausgabe  sieht ,  eine  ausgebreitete  Aufmerlt- 
aunkeit  »nd  Erwägung  veranla&te..  Um  der  Wichtig- 
Tieit  der  Sache  wiUen  und  weU  man  da,  wo  bereits  gute 
Schritte  vorwärts  getha«  sind ,  deato  eh«  zmn  Ziel  zu 
führen  hoflfen  darf,  hält  es  Ree.  sehr  «r  der  M Ohe 
Werth ,  zu  zeigen,  inwiefern  doch  noch  manche  dogma- 
tiidlV  V«l«WC«»wg¥B  und  einiges  Unzureichende  in 


der  philolo^seheh  Exegese  den  Verf.  das  Ziel  gani  4» 
erreichen  gehindert  haben.  Wenn  daher  Ree.  daft,  im 
er  für  nothwendige  Berichtigungeii  l|äU ,  wGegBssätm 
gegen  diese,  TerhältnUsniiiftig  sehr  lobmwtird ige  Schrift 
anzogeben  unterninmit ,  so  bittet  er  zum  Voraps ,  dab 
dieses  nicht  als  Tadel  des  Verfs. ,  desseo  BemUhnog 
vielmehr  viele  andere  übertrifft,  sarnjei»  nur  als  ein 
Bestreben ,  den  so  gut  angeregten  Gcffentfaiid  40r 
Entscheidung  näher  zu  bringen ,  angesdbea  werden  ndge. 


Schon  auf  die  Anordnung  der  ganzen  Un- 
tersuchung hat  eine  dogmatische  Angewohnheit  Ei»* 
flufs  gehabt   Der  Ver£  meint,  PauJos  habe  io  feinen 
Gedankengang  Ober  das  Eigentümliche  seiner  Christus- 
lehre von  der  vorchristlichen  Zeit,  von  der  Sünd- 
haftigkeit aller  Menschen,  von  derselben  VerhäitniA zur 
Erbsünde  und  zum  Gesetz,  angefangisn,  und  diesem Zn«- 
stande  der  Menschen  alsdann  erSt  das  CSiristentiuii ,  als 
Eridsung  des  Einzelnen  und  der  ganzen  Gemeinde  Got- 
tes, gegenüber  gestellt     An  diese  Kunstmäfsigkeit  sind 
wohl  wir,  christliche  Theoretiker,  längst  gewohnt  ^ 
der  auti  den  Kirchenpoenitenzen  allzu  gangbar  gewae^ 
denen  Meinung,  wie  wenn  die  wahre  Oeistesbessening 
▼on  einer  recht  auffallenden  ErkenntaiA  des  SOndeozu- 
standes  der  Menschen  anfangen,  d.h.  vom  Negativen 
Positiven  übergehen  müfste.    Daher  verweilen  die. 
Systematikf  r  g^e wuhnlich  äuTserst  lange  bei  ausführiiohen 
Theorien  über  das  fiöse,  welches  nicht  eimnal  blos  ntt 
dikal  (nämlich  aus  der  Willensfreiheit  des  Menschen 
selbst  und  also  aus  der  geistigen  Wurzel  hervorgehend), 
sondern  sogar  etwas  Absolutes,  oder  wenigstens  aus 
einem  vormenschlichen  Abfall  Ton  Gott  hergekommen 
seyn  soll.    Nicht  so  weder  Jesus,  noch  Paulus. 

Beide  beginnen  sogleich  auf  das  Wirksamste  von 
dem,  was  in  dem  Menschengeist  werden  soll,  und  in 
jedenci  Augenblick  der  Besonnenheit  und  der  Gottandäch- 
tigkeit  von  dem  Wollenden  selbst  angefaagen  w«cdsu. 


/ 


-  'd  vj^.vv  '^le 


L«  Ufteri,  £atwieklnog  ilea' fftoliii.  Lehrbegriffi.  841 

kann.  Wie  wenig  redet  Jesus  von  dem  Sündig-en?  Dafs 
eioh  der  Mensch  dem,  was  er  als  das  Unrechte  anerken- 
nen kann ,  nicht  zum  Sklaven  fiberlassen  soll ,  weifs  in 
der  Tkmt  ein  jeder,  olme  ansf&hrftiche  Stndhaftigkeite- 
'dieorien.  Desweg^en  be^nnt  Jesus  und  das  Urchristen« 
tum  ohne  dergleichen  blos  verneinende  und  entkräftende 
Voreiügäuge  überall  unmittelbar  mit  der  ,,gotteswfirdi- 
gen  Rechtschaffenheit.'* 

Zuerst  und  vor  allen  Dingen,  so  sagt  Jesu 
Bergrede  Matth.  6,  33,  trachtet  nach  einem  Regie- 
rungsniBtand ,  wie  ihn  Gott  wollen  kann,  und  nach  der 
„  Räcblsdiaffenheit  Gottes**  (nach  einem  solchen  Wollen 
des  Rechten,  wie  es  in  der  Gottheit  selbst  seyn  mufs, 
und ,  um  mit  ihr  übereinzustimmen ,  im  Mens(  hengeist 
werden  soll).  Ungeachtet  Jesus  dort  zu  gemischten  . 
Volkshanfen  sprach,  so  beginnt  er  doch  nicht  von  Be- 
sehreiboogen  des  Sttndenzustands,  um  erst  dadurch  auf , 
die  Nothwendigkeit  der  RechtschafFenheit  hinznleiten. 
Denn  wer  könnte  dies  in  Ernst  bezweifeln  und  darüber 
erst  eines  kunstgerechten  Leitens  von  dem,  was  nicht 
sejnsoll,  zu  deiii,  wassern  soll,  bedürfen?  Deswegen 
geht  jene  Musterrede  Jesu  sogleich  von  dem  allgemein  an- 
spreehendenGedanken  aus:  Wahrhaft  euch  wohlbefindend 
(fimdpm)  möchtet  ihr  Alle  seyn;  aber  man  ist  es  nicht , 
(•6,  6.)  ohne  dieheifiie  Sehnsucht  nach  „Rechtschaf« 
fenheit,"  in  welcher  man  (V.  10.)  auch  als  verfolgt, 
dennoch  beseligt  ist.  Freilich  aber  mufs  diese  Recht- 
schaffenheit (5,  20.)  von  ganz  anderer  Art  sejn, 
als  die  der  Pharisäer,  welche,  wie  Jesus  alsdann  Bei- 
spiele gi^bt,  von  jedem  Gebot,  oder  Einsicht  des  Rech- 
ten, etwas  wegznkinsteln  sachten,  um  durch  eine  leich- 
tere halbe  oder  blos  ftufeere  Befolgung  blos  scheinbar 
rechtschaffen  zu  seyn.  Dagegen  fodert  (5,  48.)  Jesus 
einen  der  göttlichen  Willensvollkonimenheit  ähnlichen, 
vollkommen  guten,  d.i.  unbedingten  Wiliensent-' 
schinfs  far  die  Rechtschalfenheit;  denn  im  ächten  Wollen 
alUin  imnn  der  Menschengeist  ctie  Vollkommenheit  des 
Vaters,  der  im  Himmel  unabhängigen  Gottheit,  nach? 


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ahmen.  Uod  §o  fiUurl  diese  Rede  diircia  allerlei  Bmr 
vpie\e  ond  etnselne  Regeln  endlich  m  jenem  alleenn* 

fassenden  Satz:  ,,Nur  wer  die  gotteswiirdige  Recht- 
schaffenheit  (in  sich  selbst  und  im  Zusammen  Ii  ang-  mit 
Andern)  als  das  Erste  über  Alles  siellt,  iiir  den 
igt  audi  alles  fibrige  Wohlbefiaden  wie  elM  siohera 
Zugabe^ 

Nach  unserer  Weise  zu  reden ,  kann  man  wohl 
sagen :  Jesu  Lehre  beginnt  von  der  allgemeinen  Sehn* 
socht  nach  Wohlbefinden,  von  dem  Eudämonismus.  Aber 
sie  führt  zum  Reinen ;  denn  ihr  Ziel  ist  Reehtschaffen- 
heit ,  wie  Gott  sie  wollen  kann.  UneigennQlsige  Recht» 
schaffenheit  demnach  aus  Inniger  Uebereengung  und 
Achtung  für  das  Rechte ,  mufs  erst  im  wollenden  Geiste 
Uber  allem  Andern,  als  das  npäTov ,  stehen.  Alsdaaa 
ist  auch  das  Wohlbefinden  In  dieser  Ünterordamig  unter 
QoU  im  göttlichen  Weltganaea,  doch  aber  oor  als  Zv« 
gäbe,  nicht  als  eigennfitziger  Zweck  gesichert.  Dies 
war  Jesu  „Religion  der  Rechtschafienheit"  oder  die 
allem  heidnischen  und  pharisäischen  Dienst  gegen  Goti 
entgegengesetzte  Vergewisserung ,  dafe  Gott  aar  durch 
geistige  Rechtschaffenheit  zu  verehren,  nnr  dadurch 
religiöse  Harmonie  mit  dem  Heiligvollkoramnen  zu  er-" 
reichen  sey. 

Nichts  Ist  klarer  y  als  dafs  in  allen  solchen  Reden 
Jesu  nicht  etwa  eine  zogerechnete  oder  nach  der  sytB^ 
bolischen  Reohtfertigungstheorie  entstehende  Gteraeh- 
tigkeit,  sondern  nur  die  wahre  eigen thQmliche  Recht- 
schafTenheit  des  wollenden  Geistes  angedeutet  und  ge- 
fordert ist  Sobald  der  generische  Begriff  Recht- 
schaffenheit, welcher  im  Deutschen  als  das  freie 
Sehaffen -wollen  des  Rechten  so  treffend  bezeichnet  ist| 
sthtt  der  specidleren  Beziehung  auf  das  Gewähren  4ai 
Rechten  an  Andere  (=  Gerechtigkeit)  aufgenommen 
und  festgehalten  wird ,  so  wird  die  (undenkbare)  Um- 
deutung  in  eine  juridische  Zurechnung,  an  eimt 
Rechtfertigung  dnrch  die  Genngthnnng  eines  Andern 
veti  sdbst  entfernt. 


-  'd  vj^.vv  '^le 


L.-  1lrt«ri,  BatwIdJang  iei  ftttlte«  Lehigegflflii  84S 

Ds  mio  Pftvlne  so  «ehr  ein  mNnittelbarer  Schüler 

des  Geistes  Jesu  war  (Gal.  1,  22.),  so  hKiie  doch  nie 
cfn  Schrifterklärer  Hie  dt-xaioar'iVTi  ^fou,  wie  sie  Paulus 
Terlang^t ,  anders  als  eben  so,  wie  sie  Jesus  selbst  ver* 
IttDgt  hatte,  verstehen  oder  ansdeiittn  sollen. 

Sehr  geneigt  ist  nun  swar  HnU.  (S.  16 — TS.)  9  bei 
Piulus  nicht  mehr  eine  ans  stellvertretencler  Genugtuung 
entstellende  bixaioavyrj  S^foi;  zu  verstehen,  vielmehr 
die  Stellen,  welche  von  dem  Tode  Jesu  als  einem  Opfer^ 
einer  Sühaung  und  einem  Lösegeld  zu  sprechen  schei- 
oeu,  symbolisch  m  deuten.  Aber  dann  hKt  das  afr* 
gewohnte  System  doch  noch  so  groAm  Blnfluft  auf  ihn, 
dafs  er  meint,  „mit  gleichem  exegetischem  Rechte" 
liefscn  sich  in  jenen  biblischen  Ausspröchen  Wirklichkeit 
ebensowohl  wie  Symbolik  finden.  Evident  lasse  sieh 
weder  das  eine ,  noch  das  andere  (als  det  Iriblisch  ur*- 
sprOnglicite  Sinn)  beweisen.  <~  Wie  schlimm  stünde  es 
demnach  mit  der  biblischen  Exegese,  welche  doch  allein 
das  Mittel  seyn  kann ,  aus  der  schriftlichen  Tradition 
das,  was  Jesu  und  der  Apostel  Sinn  in  der  Lehre  war, 
mif  ZuverlSssigkeit  tu  erkennen! 

Dahin  mifitteiten  jene  um  das  Fundament  der  Biliet« 
kenntnifs  so  wenig;  bekümmerte,  entweder  dialektisch 
oder  speculativ  theologisirende  Methoden,  welche  ihre 
Schüler  nur  von  der  Kirchenlehre  aneufimgen  gewöhnen, 
und  dieser  eine  probable  Seite  entweder  abzugewinnen, 
oder  durch  irgend  eine  Wendung  anzufügen  suchen, 
nicht  aber  zuvörderst  darauf  zurückgehen ,  ob  denn  das 
Geheimnifsartige  in  der  Kirchenlehre ,  welches  aus- 
drfickllch  bestimmter  Offenbarung  bedürfte,  in  den  bi^ 
Mischen  Texten  in  der  That  gesagt  seyf  oder  etwa  ala^ 
'nicht  gesagt  nur  aus  dem  System  in  sie  hineingetragen* 
und  exegetisch  hinzugedacht  werde?  Denn  hier  mufste 
dann  doch  der  Grundsatz  gelten,  dafs,  wenn  etwas, 
,  das  nur  durch  directe  Offenbarung  bekannt  geworden 
si^n  mftftte,  dort  nicht  evident  oder  offenbar  zu  finden 
i^,  eben  dieses  nur  wie  eine  (selbstgewagte)  Offenbar 
rung  der  Kirchenlehre  gelte ,  nicht  aber  als  etwas  Ur  • 


814         Ii.  Uiteri,  Satwicklaog  de»  panlio.  Lehrbeipift. 

christlich  -  gfeoffenbartes  darg-estelU  werden  dürfe.  WSre 
nämlich  der  Sioo  der  ursprünglichen  Steilen  auch  nur 
zweifelhaft)  so  darf  doch  nie  ausgesprochen  werden, 
dafe  816  mit  exegetischem  Recht  als  Offenbarung 
jBines  Lehrgeheimnisses  betrachtet  werden  dürfen.  Denn_ 
>  Lehrgeheimnisse  sind  entweder  nicht  als  Glaubensauf- 
gabe angegeben,  oder  sie  müssen  offenbar  g^egebea 
se^n.  Das  exegetisch  nur  Zweifeihafte  für  geotfenbart 
gelten  zuJiMsen,  fuhrt  unmittelbar  auf  den  Widerspruch, 
als  ob  man  das  nicht  evident  angegebene  dennoch  Ar 
eia«  evidente  Bekanntmachung  eines  s^^nsther  ttuerkenn«  .. 
boren  VerhäHnisses  halten  dihrfte. 

Ree.  kann  demnach  nicht  anders  denken,  als  dafs 
Hr.  U. ,  wenn  er  nicbt  von  einer  Metbode,  die  Kirchen- 
lebrgeheimnisse  beizubehalten  und  so  viel  möglich  ent« 
weder  durch  sogenannte  Speculation  .oder  n^ich  rineA 
▼ormejntlicheii  ,)0edürfBi(a  des  frommen  Gefühls"  myer«- 
sefadnern,  ausgegangen  wäre,  als  Bxegete  evident  h&tta  , 
finden  müssen,  dafs  in  der  einzigen Stelie,  wo  von  „Jesu 
fdr  V  ieie  vergossenem  Blut  '  die  Rede  war  (Matth.  26, 
2a  Mark.  14,  24.  Luk.  22,  20.),  eben  dieses  Blut  als 
etwas  wegen  des  neuen  Bundes  Vergossenes^  also  nach 
alterthümücher  Sitte  und  im  Gegensats  gegen  die  blu- 
tige Einweihung  des  alten,  d.  i  mosaischen  Bundes 
(Bar.  24,  T  8.),  als  ein  Bundesopfer,  folglich  nicht 
als  eine  Sühnuug  bezeichnet  sej.  Er  hätte  alsdann 
als  Exegete  evident  finden  und  erklären  müssen,  dafs 
ein  solches  „Bundesopfer''  weder  buchstäblich,  noch 
^mboUsch,  je  ein  Sühnu ngsopfer  für  Sünden  ge- 
wesen sej,  und  also  auch  durchans  nicht  in  eiper  anf  das 
Urchristliche  sich  gründenden  Dogmatik  daflir  genom- : 
men  werden  dürfte. 

Nicht  weniger  evident  würde  er  gefunden  und  also 
wohl  auch  zur  Aufhellung  des  Bibelsinns  ang-egeben 
haben,  dais  der  Tod  Jesu  in  keiner  Stelle  mit  Strafen 
der  Sünden,  sondern  nur  mit  den  Sünden  selbst  als. 
^  etwas  mft  i^agrtQv^  zum  diQUV  mid  dcpaifelv  der 
Sünden  (^cbt  der  Strafen)  geschehenes  in  Beviehüng 


Digitized  by  Gopgle 


L.  Usieri,  £jitwiül^iaBg  des  pimliii.  .I«elirb^riilk  Ö45 

gesetzt  ist.  Eodlich  würde  er  als  evident  hervorgehobm 
habeiiy  dab  swar  tehr  oft  die  Wirkamkeit  Jesu  umt 
firdea  von  der  liabe  ud  dem  Erbarmen  Goltee  gegen 
«KeMeotAen  abgeleitel,  niemals  aber  eine  gött- 
liche Strafge'rechtigkei t  als  eine  Ursache,  warum 
er  auf  Erden  erschien  oder  getödtet  wurde,  auch  nur 
lagedentet  wird. 

Dafs  ein  Selbstforschender,  wie  Hr.  U.,  hierin  der 
Schrifterkiärung  gegen  seine  eigene  Richtung  auf  hal- 
bem Wege,  und  wie  wenn  exegetisch  nichts  nn  entschei- 
den wäre,  stellen  blieb,  dies  zeigt  uns,  wie  mifsleiteml 
die  Folgen  der  (eigentlich  scboln^ischen)  MethfideiHNl^ 
welche  „die  dogmatische  Theologie  blos  wie  eine  Wissen- 
§ehafi  von  dem  Zusammenhang  der  in  einer  chrbtlich- 
kirchlichen  Gesellschaft  (nach  dem  angeblichen  Fröm- 
fliigkeitsgefuhl  derselben)  zu  einer  bestimmten  Zeit  gel- 
tfsnden  Lehre  behandelt  haben  will^  und  nicht  vielaiehr 
mif  die  Entstehung  und  die  Begründung  der  Lebren  aus 
dem  Urchristentum  zurückgeht,  folglich  mehr  das  all^ 
mählich  Entstandene,  als  das  Ursprüngliche  i^ücksich*  * 
tigt  und  m  berftckflichligen  angewöhnt.  .  . 

Wäre  (kr  so  achtungs würdige  Verf.  von  einem  sol- 
chen Systemsei nfl u fs ,  wie  der  Schrifterklärer  es  seyn 
soll,  vollständig  frei  gewesen,  so  würde  er  nicht  bios 
dies  bemerkt  haben,  dafs  man  die  Lehre  von  Christus 
und  Mnlns  nicht,  wie  Meyer,  in  die  gewöhnlichen 
Pachwerke  von  Theologie  bis  Eschatologie  eintragen 
dürfe.  Er  würde  gewifs  sich  selbst  zugleich  die  Regel, 
vorgehalten  haben ,  dafs  wir  bei  .jedem  originellen 
Lehrer  seinem  eigenen  fGedaokengang  michaenspilren  und 
das,  woran  er  alles  Uebrige  zu  knüpfen  pflegt,  auch 
als  das,  was  ihm  das  Hauptsächlichste  war,  voranzu- 
stellen und  sodann  nur  nach  seinem  Faden  fortzuent- 
wickeln haben. 

Ebenso  wie  Jesus  von  der  gotteswürdigen 
Ilachtschaffenheit  als  der  eigentlichen  Religiosität 


oder  Verehmog^  Gottes  im  Geiste,  beginnt,  hat  auch 
Paulus  in  gleichem  iircliri^icbea  Siim  diese  SuLamauvii 
^tov  als  Sixaioaiiißii  9urf£mg  oder  €U  itiarrsGig  (Röm. 
4,  18.  10,  C)  wie  das  Ceiitrnm  seiner  Leiire  (Rdna*  1, 
IT),  allem  Anderen  vorangestellt,  so  liafe  auf  der  einep 
Seite  die  niartg  als  die  fortwährende  Quelle  dieser 
Rechtschaffenheit,  auf  der  andern  aber  die  GewifsheU 
eines  Sehlen  iiebeos  (das  ^^atvai)  als  die  sichere  Folge 
daneben  stellt      .  . 

Und  gerade  dies  ist  die  innige,  wahre  Bildung  in  das 
Christliche  hinein,  fiben  diese  Toreist  aus  Uebersengungs* 
irene  entstehende  und  alsdann  dadnrch  ins  Binceloe  des 

Woliens  und  Handelns  fortrückende  Geistesrechtschaffen- 
heit  ist  auch  an  sich  das,  was  immer  den  Menschen  vor 
Jlllsm  Anderen  zu  zeigen  ist,  damit  es,  als  das  Affirmative 
gegen  das  Negative,  ihn  gegen  dasSindigen  entschlossen 
'mache.  Sie  Ist  das,  was  (wie  bei  Piaton  die  Tagend 
durch  ihre  eigenthömiiche  Schönheit)  durch  Achtungs- 
würdio;keit  und  Unentbehrlichkeit  sich  unmittelbar  als 
das  Erste,  nothwendig  zu  denkende  und  praktisch  her» 
vorzubringende,  darstellt  und  wirksam  macht 

'Erst  nachdem  Paulus  diesen  durchweg  herrschen- 
den Grundsatz:  Meine  Heilslehre  entdeckt  die  aus 
Ueberzeugungstreue  entstehende  und  {eig)  in  U^ber-  ' 
zeugungstreue  fortwirkende  gottergebene  Rechtschaffen  - 
heit,  durch  welche,  wer  sie  hat,  jei-ewifs  wahrhaftes 
Leben  lebt!*'  —  als  seinen  Hauptgedanken  (welchen  er 
dann  8,  2L  22.  wieder  fortsetzt)  vorausgeschickt 
hatte,  kommt  er  auf  die  traurige  Verbreitung  des  rell« 
gionswidrigen  Sündigens  (1,  18  —  8,  20.),  aber  nicht 
als  auf  das  Erste  in  seinem  Lehrzusammenhang,  viel- 
mehr nur  wie  auf  ein  mcisum,  um  das  affirmative  uüji 
an  sich  nothwendige  der  durch  Christus  offenbar  ge* 
machten  gottverehrenden  und  die  Menschheit  beseligen-* 
den  Rechtschaffenheit  auch  durch  das  Negative  hervor- 
leuchtender zu  machen  und  es  besonders  ai$  ZeitbediÄcC- 
nib  zu  zeigen. 


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Hätte  demoach  Hr.  U.,  frei  von  dem  jetzt  umgekehrten 
Systematisiren,  einzig  die  Gedanke nfolg-e  Jesu  und  Pauli 
dargestellt,  m  würde  gerade  sein  zweiter  Theii,  wo 
die  hSn^i^  Ti7(  Sixoiioaripiiig  dsov  der  Hauptpunkt  ist, 
der  erste  fewordea  seyn«  Haft  cbeses  iidthig  gewesen 
wäre,  hätte  wohl  schon  daraas  bemerkt  werden  ktoniBO, 
dafe  der  Verf.  In  seinoRi  ersten  Theil,  wo  er  die  Sünde 
und  den  Zorn  Gottes  voranstellt,  sich  mehrmals  auf  das, 
was  erst  Im  zweiten  erläutert  werden  konnte »  voriäuiig 
berufen  miifiste. 

Dieses  Bedürfni(^,  das,  was  erst  folgt,  zu  anticl- 
pieren,  war  nicht  etwa  nur  zufallig,  sondern  unvermeid- 
lich ,  weil  von  der  Sünde «  als  Abweichung  yon  der 
Rechtschaffenheit,  nicht  richtig  gedacht  werden  kann, 
wenn  nicht  der  nrchristiiehe  Begriff  Ton  Rechtschsffenf- 
heit  schon  vorher  beleuchtet  ist.  Ueberhanpt  aber  ist, 
um  der  Sache  selbst  und  um  des  wahren  Effects  willen, 
nichts  noth wendiger,  als  dafs,  nach  dem  Beispiel  Jesu 
und  Pauli,  unablässig  mit  der  Aufibderung  zur  über- 
zeugungstreuen und  daher  fest  entschlossenen  Recht*- 
schaffenheit  der  Anfang  im  Werk  der  menschlichen  Bes- 
serung gemacht ,  ^und  immer  aufs  neue  fortgewirkt  w^rde, 
^weil,  wenn  man  bei  der  Betrachtung  des  Sündigens 
noch  so  lange  verweilt,  und  dessen  Verderblichkeit  und 
Denk  Widrigkeit  noch  so  vielseitig;  darsttllt,  doch  nur 
etwas  Negatives,  das  Verwünschen  des  Sundigens,  be- 
nrirkt  werden  kann,  wodurch  aber  bei  weitem  noch  nicht 
das  eigentlich  Gute,  das  Wollen  dessen,  was  man  rieh* 
tig  als  das  Rechte  denken  kann ,  in  dei^  Gemüth  her- 
vorgebracht wird. 

SAr  deutlich  ndgt  sich  die  .Gedankenfolge  des 
Apostels,  besonders  anch  in  Kap.  5.   Erst  Insofern  die 

Urchristen  Sixata^ivreg  waren  (5,  1,  9.),  d.  i.  inso- 
fern sie  aus  treuer  Ueberzeugung ,  die  allumfassende 
Rechtschaffenheit  willig  in  sich  hervorgebracht  hatten, 
haben  «e  nnn  Friede  in  Beniehnog  auf  die  Gottheit 


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m      '  h. »mit  mMMuH  ^^^9«^^»»^%}^$^^ 

(sl^ji^vriv  ngög  töv  öedy),  oder  sind  xaraXXayivrsg 
(5,  10.  II.)»  1-  liaben  angenommea  die  Umände- 
rung aos  der  sündhaften  Feindschaft  gegen  Gott  (8,  7.) 
zur  Reconciliation  mit  demselben.  (Dena  nichts  ande^ 
res,  als  dieses  Umgeändertwerden  der  menschlichen  Ge* 
simmng  gegen  den  heiligen  Gott  ist  in  dem  xaraULu^ 
privat  —  nicht  Gottes ! !  Sendern  der  Mensohsn  gegen 
Gott  —  enthalten!) 

Anch  deswegen  also  hätte ,  nm  die  Paulfnische  - 
Gedankenfolge  genau  darzustellen,  Hr.  U.  (8l  HS.)  nüdit 

von  einem  Xö^og  rrjg  xaraXXayrig  (2 Kor. 5,  18 — . 
sondern  davon  ausgehen  müssen ,  wie  Paulus  das  dt- 
itoucad^vai  oder  das  yevda'^aL  SLxaioavvTi  ^eov  iv^ 
Xgiara  als  Vorbereitung  des  reconcUkUum  esse  odcär 
xaToAXafiivai  Toranstelit,  als  den  ersten  Punkt  hei^ifr/ 
dein  müssen.  '  ' 

Und  dies  nicht  etwa  blos  nm  der  schriftsiellotin 
sdien  Ordnung,  sondern  um  des  Wesens  der.Sadil^ 
willen.  ^  Denn  die  erste  aus  der  Beziehung  auf  Gottc  dm» 
ans  ReligiositSt  entstehende  Ursache  der  RechtschaffeHr/ 

heit  ist  die  durch  Jesus  besonders  hervorgehobene  Ge-^ 
wifslieit,  dafs  der  selbst  rechtwollende  Gottesgeist  durchs 
nichts  Anderes  als  durch  geistige  Rechtschaffenhei^  jloib«i 
ehrt  werden  könne.  Dadurch  fallen  denn  die  in  iiBwlQi 
-empfindsam  idealisirenden  theologischen  hehnyttaijjisß 
jetzt  gleichsam  modisch  gewordene  Fictionen  weg /mm 
wenn ,  nach  S.  63 ,  der  Mensch  hauptsachlich  ^  dibl 
Liebe  Gottes  durch  das  Urchristentum  erst  habe  er- 
fahren müssen,  um  alsdann  zur  Gegenliebe,  und  durch> 
diese  zur  Gesinnungsänderung  und  Rechtschaffenheit  be^ 
wogen  zu  werden.  Wie  selu'  tiusoht  hiev  dittlfaiüditt^i 
tigkeit  des  Worts:  Udbe!  .    /  •  i^AM 

•     (Dt  B09Bkluft  folgt.)        }  «y^#dr 

^  .    .  -  *    *•  •  .        .  i^^rj^i^ 


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N*.  54   liraDE|.a  JAHRa  D.  LITERATUR.  1831. 


t  •  '  '  .  ... 

* 

Vsteri,  EiUwickbmg  des  paiäm.  Lebrbegriffk» 

« 

Rechtschaffenheit  iat  Willigkeit  für  das  Rechte ,  weil 
es  als  solche»  achtungswilrclig  uod  wilnschenswerth  ist 

Und  so  ist  Rechtschaflfeoheit  allerdings  auch  Liebe  gegea 
Gott,  indem  man  mit  ihm^  um  seiner  Vollkommenheit  wii- 
l^Qf  . innig  übereinstimmen  möchte.  Aber  hierin  ist  nichts 
TOP  jener  sentimentalen  Maxime,  welche,  wenn  sie 
d^tlich  q^räche,  sich  ungefähr  so  ausdrücken  miifste: 
Weil  wir  denn  doch  (das,  was  wir  aus  der  Idee 
von  Gott  ohiieiiin  gewifs  wissen  müssen)  endlich  histo- 
risch sehen,  dafs  Gott  das  Wohl  der  Menschen,  beson- 
ders durch  die  Hingebung  Jesu ,  so  recht  angelegent- 
lieh wollte,  so  können  wir  ihm  doch  auch  nicht  die 
fiegenltebe  versagen,  mit  dem  Rechten  und  Guten,  was 
er  will,  iu  Uebereinstimmung  zu  treten  !  —  Die  gottes- 
würdige Rechtschaffenheit  ist  ein  viel  zu  ernster,  sich 
2Ur  Heiligung  (ajtacr^og  Rom.  6,  19.  1  Cor.  1,  30.) 
dfcebemlei:  Gemiithszustand  ,  als  dafs  er  nur  auf  gegen- 
seitigem gefalligen  Wohlwollen  beruhen  könnte.  Es  ist 
keine  Rechtschaffenheit,  wenn  sie  nicht  aas  der  lieber- 
Zeugung,  dafs  das  Rechte  zu  wollen  an  sich  das  Höchste 
und  Nothwendige,  und  ebendeswegen  auch,  das  der  Gott- 
httt  Genügende  ist,  entsteht 

Allerdings  sprich«  die  Schrifit  öfters  davon  ^  dnb 
die  Sendung  und  Hingebung  Jesu  den  Menschen  ein 
grofser  Beweis  der  Menschenliebe  Gottes,  oder  ein  Zei- 
chen des  göttlichen  Erbarmens  (iXaaTijQtov  Rom.  3,  25. 
1  Joh.  4,  10.)  sey.  Aber  nie  wird  die  Rechtschaf- 
fooheit  DOf-uls  eine  Gegenliebe  beschrieben. 
Da  wo  die  Liebe  gegen  Gott  als  das  Gesets  der  Gesetze 
angegeben  ist,  ist  sie  eine  reine  Willigkeit,  mit 
dem  Vollkommenen  oder  AUeii^utea,  um  dieser  Erha- 

XXIV.Jslirff.  9.  Heft.  54 


4 


henhmt  wiUea,  übereiuziistiiiiiii^a^  niclit  abex  e-tvit 
—  um  dem  Wohlwollenden  auch  einen  gutes 
WUiien  9tt  bezeugen. 

Wie^komnU  es  doch,  dafs  die  verschiedeustea  Sy- 
steme alle  mögliche  Versuche  machen ,  irgend  eine  aO"' 
dere  Verbindungsart  mit  der  Gottheit,  aufs  er  der 
eigeutlicli  moralischen  der  Selbstverpflich- 
tung zur  Reclitschaffe nhei t ,  anszusionen,  und 
der  urchristlichen  Heligiosität  unterzulegen?  Weiia  mau 
endlich  aufgeben  müfs,  dafs  die  von  Gott  und  Jesus 
gewollte  dixau}avv^  wie  eine  physikalisch  gegebene 
und  gleichsam  eingegossene,  oder  eine  juridisch 
'  gereclinete  sey,  so  soll  sie  nunmehr  unserer  mit  einem- 
mal so  gefühlvoll  gewordenen  Mitweit  doch  eher  wie 
eine  aentimentale  empfohlen  werd\en ,  nur  dannit  man 
•  der  eigentlich  reinmoralischeu  Bestimmung 
des  Willens  durch  die  unbedingte  Verbind-. 
licJikeit  zum  Vollkoiinnenca  oder  Gottähnli* 
cheu  so  viel  möglich  ausweiche. 


In  einer  mverkennbarei^  iJnbestitainilheit  bewegt  Mb 
der  Verf.  (&  9T— 96;)  gerade  bei  den  HauptmomenteD 

Über  die  l^nlinischen  Grundbegriffe  StxaiofTvyrf  und 
niaxig»  S.  8T  scheitjt  ihm  dgyii  %€0v  gerade  das  Ge- 
gentheii  der  diTtaioavvri  ^eov  zu  sejn,  so  dall$^,  wo 
jeneist,  diese  noch  nicht  sejrw  Abefwie?  Wo-ipgeud' 
dixaio^vn  ^sov  als  Eigensehafk  dfer  GMheit  voiiUhnmt» 
ist  doch  gewife  der  Unwille  Gottos  ge  gen  das  SOndlgs» 
eben  so  sehr  ein  Theil  dieses  Rechtwollens  Gottes,  als 
das  Wohlwollen  gegen  die  Verbesser  lieben  und  Verbes- 
serten !  S.  88.  spricht  gar  von  Stxaioavvit  ^$oß  als 
eilier  gerechtmachevden  ThMgiceH^Geitle»,  wMciM 
die 'Liebe  EU  den  Menschen  mt  Ihm  Quelle^  haibiBi  Mt&t 
Paniiniseh  ist  es  gewils  nie,  und  durch  keine  Stelle 
nachzuweisen ,  dafsf  Grottes  dixatoa^Vft  aus  der  göt^- 


-   i-j  vj^.vv'^le 


che«  SfcDSclienlLebiB  fljjefse,  odfNT  dafe  sie  eia^  ge- 
(•chftn^achtKd»«  iejr».  UmgewandeivUlmehr  will  Gott 
doff  tftiMcben  Wobl ,  weil  das  Rechte  schaffen  zu  wol- 
len (die  ^ixaioar^vn  in  Gott  )  Gottes  wesentliche  Voll- 
kommenheit ist,  die  aber  niemand  gej;echt  macht,  es 
«Afeie  ikw  liier  das  specielle  Wort  gerech tma^chea 
•MH  des.  gMBri^M^hea  RechtschaffeniBaohea  ge- 
steht wocdeP.  Denn  GIbersJI;  bei  Paulus-  ist  das  Sixato  vy 
in  sofern  eise  Wirkung  Gottes,  als  die  gesapinite  götl- 
liebe  Welteiniikhtung,  und  in  dieser  besonders  die  Wirk- 
fltnlwil>  Jwir  ^uf  viel&che  Weise  fortwäkrende  Veran- 
lawangen.  iukA  BovcggrOudo  eutbalften,  dais  sich  die 
btiiudhiMilsn  Menschen  wahrhaft  Tecbtschaffen 
machen ,  oder  zum  Hervorbriiigea  der  gottäholichen 
iixaLoavvri  in  ihnen  selbst  sich  aus  UeberzeugiMigstreue 
bestimmeu. 

Nach  diesem  Gedankenzusammenhang  ist  Rom.  1 ,  IT. 
dixaioavvri  ^sov  das,  was  in  dem  Menschen  aus  treuer 
Ueberzeugung  werden  soll,  nämlich  die  dem  AHwissen«- 
deu  kenubare  geistige  Rechtsch:ifretiheit.  Ein  conSe* 
^enterZusammenhang  der  Panlinisehen  Lehrbehauptun- 
fen  und  Schlösse  hierQber  entsteht  aber  nur,  wenn 
iixaioavpn  9  wie  das  hebräische  np"IX>  generisch 

als  die  Rechtschaffenheit  überhaupt  in  dem 
iuin  gedeutet  wird^  in  weichem  auch  Aristoteles  i}dcxd 
1^9(0^..  5,  S.  ausspicbt: 

'  1b»     9tnmoo4piß  mMulßdnm  wm^-  ä^^.  aTiv» 

JSlit  Recbticbafflsnheit  fafst  stMammen  jegliclie  Tugend/* 

Der  Verf.  awar  läfst  sich  auch,  wie  man  gewöhn- 
lich thut^  dadurch,  dafs  Aristoteles  dtxa^cj  und  dixatog 
▼Ott  Zij^  abkHel,  und  als  etwas,  dao  gegen  einen 
Aud:0:rct'ii^  ^Jt^bq.  ijifav^y  ausgeObt  weade,  besohreibt, 
«sdli  (8^1ft>  SU  dMr-  BMottug  bowageo,  wio  w^nu  4io 
iuaLoavifii  immier  sich  auf  ein  Verhältnlffii  aufser- 
balb  dem  Wollendem»  ali^  auf  ei»  Qe^eclitiieja 


L.  Utteri,  Enlwicklnng  de»  paulüi.  Lehrbegriflii. 

gegen  Gott  uod  den  Nächsten ,  sich  besiehe.  Vielmehr 

sollten  die  Philologen  auf  die  erste  Bedeutung  von  dixri 
zui iickgeheii ,  nach  wekher  es  (bei  Homer  und  Pindar) 
die  rechte  Art  und  Beschaffenheit  eines  Dings 
bezeichnet.  Daher  ist  der  $ixaiOQ  ein  solcher,  welcher 
das  Rechte  (=  das  Sachgemifte)  eben  so  wohl  gegen 
sich  selbst,  als  gegen  alle  andere  Gegenstände,  will  «od 
zu  verwirklichen  sucht  Vou  der  d^e%n  aber  ist  die 
Stxaioavyii  nicht  dem  Inhalt  und  dem  Umfang,  son- 
dern nur  der  Form  nach  zu  unterscheiden.  Während 
nämlich  der  Rechtschaffene  die. Betrachtnag  des  Reebten 
snm  Bestimmungsgrnnd  seines  Wolfens  macht,  so  wird 
bei  der  dgenj  oder  Tugend  mehr  auf  das,  was  als  tüch- 
tig gefallen  kann  oder  mufs,  uändich  auf  das  Gute,  in 
sofern  es  das  Schöne  und  Wohithätige  ist »  bei  der  Gs^ 
mfithsbestimmnng  Rücksicht  genommen. 

Erst  alsdann wemi  man  die  Pavlinische  Bixaioatiini 

dcov  nicht  mehr  blos  als  einen  relativen  Begriff,  als 
ein  gleichmäfsig  rechtes  Verhältnifs  zu  einem  Anderen 
(S.  79.)  deutet,  wenn  sie  vielmehr,  ganz  wie  das  teutsch« 
„ Rechtschaffenheit als^der  Inbegriff  alles  Rechte 
wollene  oder  aller  Tugend  mn  so  mehr  verstanden 
-  wird ,  weil  der  Hebräischdenkende  für  Tugend  über- 
haupt kein  anderes  Wort  hatte;  alsdann  nur  sehen  wir, 
dafs  es  auch  folgerichtig  ist,  wenn  Paulus  immer  darauf 
dringt,  diese  gotteswttrdige  Rechlschalienheit  entstehe 
ix  nlarsm^t  und  swar  nicht  bloS  bei  denen,  welche  Jesus 
Christus  kennen,  sondern  auch  bei  Abraham  und  anch 
bei  Heiden ,  welche  geistig  Abrahams  Kinder  werden. 
Denn  so  ist  es  in  der  \atur  der  Sache  selbst.  Das 
Wollen  des  Rechten  setzt  natürlich  im  Gemütb 
voraus  ein  redliches  Uebernengtwerden  f&r 
das  Rechte,  so  dafs  ans  diesem  (s  sjt  mctnmc)  die 
Entschlossenheit ,  immer  nach  dieser  Richtung  zu  wollen, 
als  Gemuthszusta n d,  als  wahre,  innigste  und  eigen7 
tUmliche  dixaiocrvvnp  sich  bildet 


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I«.  Vitoi,  Enfwiekluiiff  4w  VwaVm.  LdurbegrUb.  898 

Der  Verl  hingegen  ist  (S.  81.)  über  nichti  mehr 

io  Verlegenheit,  als  Ober  den  Inhalt  der  Paulinischeti 
iriarig.  Die  nicrrig^  durch  welche  der  Mensch  Sl- 
xaiog  wird  —  so  sagt  er  viel  zu  specieli  —  ist  der 
dorch  die  lebendige  Ueberseiigang  von  der  Stiftung 
des  Reiches  Gottes  durch  Christum  entstandene 
Trieb  zur  Richtung  nach  diesem  Ziele  hin.  Wie  aber 
1(dnnte  dann  die  niarig  Abrahams  auch  eine  solche  ge- 
wesen sejn,  wegen  welcher  der  Allwissende  ihn  als 
wahrhaft  Sixaiog  beuriheilte?  (Ein  Hengstenbergisches 
Antedatieren  der  messiau.  Reichserwartungen  kann  doch 
ein  Usteri  dem  NomadenRirsten,  Abraham,  nicht  unter- 
schieben lassen!)  Wenn  mau,  nach  S.  82  ,  den  Begriff 
TTiorrLg  umschreiben  mOfste  durch  das  aus  der  Aner- 
kennung und  ErkenntniTs  Christi  entsprin* 
gende,  auf  ihr  beruhende  Lebensprincip,  mit  Einem 
Wort,  durch  christliche  Prdmmigkeit  oder  Religio* 
sität,  wie  hätte  dann  Abraham  sogar  vor  der  Beschnei- 
dung^  eine  solche  ihn  rechtschaffen  machende  niartg 
(Rom.  4,  B.)  haben  können?  Und  wie  könnten  selbst 
Heiden,  nach  Röm.  2,  13.  14,  wenn  sie  ihr  inneres 
Geseta,  d.  i.  die  ihnen  mögliche  Ueberzeugung  vom 
Rechten ,  wahrhaft  thun ,  nach  Paulus  auch  wahrhaft 
iUaioi  gewesen  seyn? 

Nichts,  was  nur  einem  Theil  von  Menschen  be- 
kannt  seyn  kann,  wie  das  Christliche  der  Fröqimigkeit , 
kann  einen  wesentlichen  Theilbegriff  der  ^lang  bei 
Paulus  ausmachen , '  weil  man  sonst  immer  mit  ihm , 
nach  Röm.  3,  28.  29,  die  Frage  erneuern  müfste :  Ist 
denn  Gott  nur  ein  Gott  derer,  zu  denen  jene  oder  irg;end 
eine  besondere  Kenntnifs  gekommen  ist?  Gerade  daraus, 
W«l  der  Eine  Gott  fiir  alle  Menschen  Gott  ist,  sollte 
knan  doch  endlich  mit  und  nach  Paulus  einsehen,  dafs 
^ie  ächte,  universelle  niarig  nur  „redliche  Ueberzeu- 
gnng  von  dem,  was  zu  wollen  sey,  Uberhaupt**  bedeu- 
tet, und  sich  nicht  auf  diesen  oder  jenen,  nicht  überall 
erliennbaren  Inhalt  einschränken  läfst. 


"Am  L.  Uflteri,  Entwlcklang  des  pBulin.  Ijeh^bui^flli. 


Nur  wenn  wir  endlich  diese  generische  Bedeutung 
von  ^icTTig  richtig  fassen,  ist  auch  sogleich  klar,  wie 
richtig  der  Paulinische  Hauptsatz  ist :  dafs  aus  der  ii^ 
gend  einem  Meoscheii  redlidh  mdgUdien  ,  das  Wdten 
betreffenden  (prafktischen)  Ueberzeugung  tfnd  ans  dcAr 
Treue  gegen  dieselbe  der  Gemfithszustand  der  Sixoteo- 
crvvrj  entstehe,  wegen  dessen  derseFbe  Mensch  im  ür- 
theil  des  Allwissenden  der  innern  That  nach  ata  eiti 
^ftedhtscharffener"  zuverllssig  anerkaant  wird. 

Wer  Jesus  Christus  mit  Ueberzeugnng  kraut,  dar 
wird  freibch  dadureh  auf  aioe  sichere  Weise:,  wcan  er 
Hlem  dorther  erkentibaren  Rechleii  trev  seyn  wiM ,  eiti 

Rechtschaffener.  Aber  auch  des  von  allen  dergleichen 
historischen  IJrkennbarkeiten  entlerntesten  Menschen  Gott 
ist  doch  jenor  von  Paulus  deswegen  gerühmte  ^Eioa 
Gott"  (Rdm.  3,  «0.  Gah  8,  20,),  sofern  nar  ^  solcher 
Meosdi  die,  wenn  auch  ftorseiat  beschriidcte,  Ueber- 
zeugung,  welche  er  Yom  Rechten  oder  Unrechten  haben 
kann,  treu  zu  befolgen  den  Vorsatz  hat  Nur  eine  überall 
und  jedem  Menschen  mögliche  Pistispafst  in  den  Schlufs, 
welchen  Paulus  so  treffead  eingesehen  und  gegen  allen 
P^rttoidarismas  kräftigst  ausgesprochen  -hat  Und  diese 
kann  in  nichts  anderem  bestehen,  als  in  dem  Entschlaft, 
ittarog  zu  sejn  in  dem,  wovon  als  dem  dinaiov  nian 

Diese  Erklärungen  und  Ansichten  aber  sind  un- 
streitig sehr  wichtig,  weil  wir  dadurch  den  hohen  welt- 
umfassenden (kosmopolitischen)  Gesichtspunkt  jcrkennen, 
zu  welchem  sich  Paulus  als  cbrisdicher  Verkfindiger  d^ 
Uberall  möglichen ,  aber  trtfr  durch  OeiMesreehCsehallen- 
lieit  möglichen  Ctottesvefehrung  erhdbmi  halte.  IhmM 
die  durch  Jesus  ChristUH  seiner  Zeit  möglich  gen'orderre 
Üeberzeugung  allerdings  das  Beste  nnd  Höchste,  Rom. 4, 
24.  25,  und  wer  das  Rechte  will,  wird  gewifs  die  ihm 
möglich  beste  Ueberzeagung  eifrig  suchen  aad  ftetfaaltcra. 
Aber  dennoch  war  Paalns's  Geist  bis  ilahhi  *gtfIifBgt, 


-  'd  vj^.vv  '^le 


JU  lif«l«fi»^iflwicl(iuiig  lies  pait^.  hidhfbagfiS^,  jüft 

fina  Alien  mögiMilie  Recbtechaffleaheit  und  Beseligvag 
tibeoso  «Ugeineiii  m  denken,  er  eioeo  allgeneieinen 
43ell  ilKr  AlU  merkawite.    De9«regien  dachte  er  sich  dH» 

%i(jTig^  aus  welcher  g^otteswürdig-e  RecliLschaffenheit 
fol^e ,  nicht  als  Ueix  rzeugungstreiie  gegen  einen  be- 
stimniten  lafaalt,  sonciern  als  Treue  iür  Ueberzeqgai^ 
Iherhauyi,  ao  ?imdiiectoa  das  Objeot  deraetben  jedeamal 
in  Veivohiedeneii  wmdk  ihren  Umatibiden  sejn  mag. 

Weil  nun  aber  dieses  der  BegriiS^  welchen  Paulus 
Ten  der  rechtschaffen  machenden  oviVt^:  Oberhaupt  haiie, 
oflfenbar  gewesen  sejn  mufs,  so  scheint  auch  die  (nach 
S.  81,  dem  Verf.  unbekannt  gebliebene?)  üebersetzung 
iUeses  Worts  <lurch  „Ucberzeugungstreue"  ange« 
nessen  pnd  erschöpfend.  Es  giebl  in  den  alten  Spra-* 
eben  so  itiele  Worte,  deren  Umfang  und  Beziehung  kein . 
gewöhnliches  teutsches  Wort  ganz  zutreffend  bezeichnet 
Daher  sind  analog  gebildete  sehr  nöthig,  besonders  um 
recipierte  einseitige  Bedeutungen  (wie  hier  das  unbe- 
stimmte 9,Glauben'*)  abzuhalten.  Die  Uebertragung  in 
das  mnfi»aendere  Wort  Ueberzeugüngstreue  ist  nicht 
irar  s^flchrichtig,  sondern  zugleich  auch  dem  Ur^^rung 
Uüd  dem  Gebrauch  des  Worts  Pistis  geniäfs.  Uei^to^ai 
ist  „überzeugt  werden,"  und  zwar  so,  daO^  dabei 
eine  freie  (nicht  aufgeuöthigte)  Erregung  des  Nach- 
denkens und  Wollens  zur  Befolgung  mitgedacht  wird. 
Der,  weldher  ^imtaraii  ist  ein  permasuSf  der  zu- 
gleich als  uvetaTog  — 'Jitarn;  für  sein  Ueberzeugt- 
Beyn  Treue  haben  und  Vertrauen  verdie- 
nen will. 

Hie  übersetzenden  Sprachen  haben  diese  in  dem  grie- 
chischen Nennwort  mang  vereinigte  Bedeutungen  zum 
Naebtbeil  der  Einsicht  in  den  vollen  Begriflf  nur  zertheilt. 
Da  inan  daAr  bdd  ßdeB  setzte,  bald  ein  or^dere*  so 
aerfiel  der  Begriff  In  seine  zwei  Bestandtheile.  Nul*  das 
Wort  Ueberzeuguiigstreue  fafst  diese  (das  G I  a  u  h  v  n 
tib  UebeiTOUgteeyn  ^tairch  freie  Grunde^  und  die.  Treue) 


818    '     Ii.  VilMi«  Jbilvlikliuic.te  BtäHm»  IieUiritfflL 


meAMT  ia  fiiees  rasammen.  0och  soll  hierdurch  niehl 
geleugnet  seyil,  dafe  bei  de«  Gebrauch  des^WMi 
xtiTTig  in  mancher  Stelle  mehr  auf  das  vvUebereeugt- 

BejD,**  in  einer  andern  mehr  auf  das  „Treuseyn  nach 
LJeberzeugung'*  hingeblickt  wird.  In  dem  Panlinischen 
Hauptbegriff  aber,  nach  welchem  Sixaioavvri  aus  ttiot^ 
überhaupt  entspringt,  iai  immer  die  volle  zusammeofiM»- 
scnde.  Bedeutung  nethmndig  zu  denken.  Dann  nur  am 
Beidem  zugleich,  aus  dem  Ueberaeiq;lwerdea  (ar«^ 
crdaii)  und  aua  dem  Trena^nwoilen  nach  Uebenengung 
(aus  dem  ntaröv  elvai)  entsteht  im  Gemfitb  wahre 
Rechtschaffenheit,  dieses  einzig  allgemeine  Mittel  der 
Umänderung  zur  Freundschaft  oder  Eintracht  mit  Gott 
(der  xaTaXkayn  tghp  Sixaia^svTmv  Rom«  5,  1  —  11.) 
und  der  geiatigen,  wahren  Getteaverehrung  odTer  t^^^ 
giosität. 

Was  ist  deutlicher,  als  die  Erklärung  des  Apostels 
Rom.  14 ,  22.  23.   Er  selbst  versichert  V.  18  :  Dafs  nichts 
Materielles  moraiiach  unrein  mache,  davon  bin  ich^  ai%  . 
ein  mit  dem  Herrn  Jesna  Verbundener  völlig  UbersMl 
(jolia  ixal  dc^mio/ucf)»   Ebctnao  aagt  er  £na  V« 
Möge  ein  Anderer  dieaelbe^^aTCC  —  Ueberzeuguags?: 
treue  haben,  so  solle  er  sie  nur  bei  sich  selbst  in  d^ 
Vergegenwärtigung  Gottes  anwendbar  machen.  Einen 
Anderen  soll  er  nicht  etwa  durch  seine  Autorität  oder; 
aonst  äufsere  Beweggründe  zu  dem,  wovon  deraejJbe 
jioch  nicht  Ueberzeugungatreu^  habe,  hinnöthigeiL  Hpi 
waa  nicht  ix  sriaTaioc  gewollt  werdci'iaey;  ein 
Sflndigen."   Was  ist  hier  nioTH  andere,  mit 
dem  treuen  Befolgungsentschlnfs  verbundene  üelieiN 
Zeugung}*)  ob  etwas  das  Rechte  oder  das  Unrechte 

• 

♦  •  (    •  - 

*)  Auch  die  neueste  mir  bekannte  Erklärung  a«a^  Briefs  an  dje 
Römer  Ton  Hrn.  WUh.  Benecke  (Heidelb.  18ai.>^  dtit 
Doroharbeitiing ,  welche  akht  bloa  iareli  die  gelehrM  tbtfk^ 
.aliM  und  AMtrengungen  4m  YBrlit»»  mtetf  YanaglifiMi|Ml' 
•tina  Dtakatl  wmä  Taaiiaa  whw  aeUttalM»  lUf  mmh^ttifl^ 


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liy.  Nur  auf  UebetwuguDg  von  bk>8  theoretischen  und 
metaphysischen  Gegeaständen  ist  diese  Paulinische  tcU 
a%ig  nicht  zu  beziehen.  Denn  aur  dies  ist  wahr»  dali^ 
im  wid«r  praktische  Uebeiseugungalraue  gewollt 
•der  gethan  wird,  ein  Sündigen  ist  Waram  aber  sollte 
imm  miB  dieae  00  enfaehiedeae  Bedeotnog  des  Wor^ 
ifiarig  bei  Paulus  nicht  in  seinem  ganzen  Gedankengang 
als  immer  die  nämliche  anerkannt  werden?  da  doch  nur, 
insofern  wir  sie  fiberaü  anwenden,  fiberall  ein  riehiiger 
Gedankengang  (eive  bewwdemngawftfdigd  Coneeqnens) 
ifbabar  wird. 

Das  Nächste  nämlich  ist,  dafs  nur  aus  einer  solchen 
Üebercetigttnga^ene  unmittelbar  der  Zustand  der  Recht- 
'ichaffenheti  im  Gemllth  entsteht.    Dies  war  in  sofern 

etwas  nicht  Anerkanntes  (Rom.  16,  25.)  und  daher 
einer  d'jToy.dXv'^K;  oder  endlichen  Enthüll ung^  Bedürfti- 
ges, weil,  nach  der  materiellen  Denkart  der  Menschen 
nd  im  Gegensatz  gegen  das  Urciiristentam ,  Tornämlich 
itf  Pharisäischen  Juden ,  nur  die  änfteren ,  ihrem  histo* 
risch  eigenen  Gesetz  gemäfsen  Thathandlungen  ihnen  als 
eigene,  abgesondert-nationale  Rechtschaffenheit  (Rom. 9, 
3 — 5.)  galten.  Dagegen  war  es  eine  praktische  fiber 
alle  metaphysische  Geheimnisse  wichtige  Entdeckung, 
Ml  Tor  Gott  jene  innere ,  d.  i.  unsichtbare  ThitigkcAl, 
die  aiks  Ueberzeuguugstreue  entstehende  dixatocrtivn 


.  (nach  iDciuer  Ansicht)  allzu  Icieht  zu  transcendenten  Kratdek- 
liUDgen  BUS  der  überirdischen  Welt  hinneigt  —  erkennt  S.  203. 
diesen  Sinn:  „Wa«  der  Mensch  ohne  oder  wider  Ueber- 
zeugung  thut  (denn  das  heifst  hier  Glaube)  das  ist  für  ihn 
Sunde/'  Aber  warum  nur  „hier"?  Jeder  nicht  blinde  Glaube 
ist  subjectiy  g^egrandete  und  gewollte  Ueberzeu* 
gung.  Und  warum  lolltö  die  in  Einer  Stelle  unlängbare 
1  Wortbedeutung  nicht  durchgängig  angewendet  werden?  (Herz« 
lieh  nud  anziehend  ipricht  S.  802.  die  Empfindungen  aua, 
welche  diese  Stelle  in  Ihm  erweckten.  Jeder,  welcher  allge- 
mein mSgliche,  heaeligende  Religiosität  denkt  und  wfinacht« 
>  «irA  ekea  dien  mit  Ihm  innigst  mitempfinden.) 


(fMSm.  -B,  '6r) ,  die  t^xkg  ^vAm  M  Abidkam-,  l»ei 

Chrbten  und  bei  aHeo  Ueberzeugfungstreuen  gfiHig«  nod 
.  beseligeiwte  Rechtschaffenheit  sey. 

Daher  wird  diese  von  Paulus  immer  dem  vofiog 
egymv  und  der  Auffociermg :  wer  dies  äufseriic^  ge^ 
^h«  n  iiat  u.  fi.  w..  entgegengesetzt.  A^mkk  fibwr  diflite 
I^BlH  9  ifi  wfefeni  FattlM  Mitte  hiHmtw^vn  ht  üfhli^ 
dem  ^|iicf|tr  eiMgegenaetse  ^  M  der  Terf.,  «eM  <Mek 
'ftberall  U«/bert<e^e  der  f^iili*ifllli«chen  dialektiBcIl  i^eraohö- 
cnerten  Svstemslehre  ihn  umwölken,  S.  25  —  48.  nicht 
ganz  ins  Klare  durchgedrung^en.  Er  meint  (8.25.26.), 
was  Paulus  von  dem  jüdischen  Gesetz  ^ämlich  wider 
dasselbe)  sage,  das  lasse  sich  nicht  nur  auf  jedes  §mth 
eere Gesetz,  welokes  dem  MensdieD  sur .Befolgung «IS^ 
gehalten  werde,  'sondern  auoii  aef  das  SiltMi- 
(▼lelmelir  Pflicht-)  Gesetz,  auf  den  yofiot;  tov  voo^ 
(Röni.  7,  23.)  anwenden.  Es  gelte  gegen  jedes  Gesetz, 
in  sofern  der  Wille,  das  Herz,  die  eigenen  Triebe  des 
Menschen  dami4  nicht  übereinstimmen.  Dies  aber  jit 
Ibeineswegs  dae  Wiasandiche  im  Pawliwsehea  Gmkutr 
kengangk^  ^jn: 

Freilioh  «niencheidel,  wie  Hr.U.  riek<%  iMMlklli 
Paulos  nicht  ein  Mosaisches  Moralgesetz  von  dem  Ri- 
tnalgesetz.  Das  Moralische  (die  unsichtbare  Beabsich- 
tigiing  und  Willigkeit)  nämlich  ist  bei  Mose,  weil  er  als 
ättüserer  Gesetzgeber,  nicht  als  I^eligionslehrer  spricht , 

far  nicht  bezweekt.  Auch  seine  zehn  Gebote,  wii^«a|hie 
Febri^)  mWmt  nur  iuftere  Theten  oAsr  deMiHK 
sere  Cniterhissinig«  Oben  deswegen  mehlte  HUr-  'l^rMfe, 
Theil  der  Judenschaft,  dafs  sie  durch  dieses  äufsere 
Thun  und  Nichtthun  rechtschaffen  genug  vor  ihrem 
Gott  seyn  könne.  Paulus  aber  eifert  nicht  gegen  jeden 
ytffiO(»  «sondern  nur  gegen  einen  solchen  vo^io^  ii'Bpfov^* 
oder  des  blol^en  ^rocTjO'aft »  R^m.  10,  5,  *  i#  li^^le^ 
man  durch  äufisere  Befolgung  der  Gebote  oddr'ifl|(pniMl 
eigfenthilmliehe  Reehtschaffenheit  zu  haben  Mhi^^MK 
unserer  Weise  zu  reden,  ineinte  der  mosaische 


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Sfxrtfo«;  zu  8eyn  ,  wenn  er  (ebgleich  in  sich  das  wll»- 
•rechte  noch  so  gerne  wollend)  nur  dennoch  leg-al  wäro, 
Paulus  aber  dringt  ciagegen  auf  das,  was  wir  die  morft^ 
JiBdie  Ocrfuawug  nenMi.  Er  eifett  4Ai«r  gar  Bichi  «gegM 
i^fiog  flblwlialniU  fMeacr  tat  iliin  nvsvptMiicis  f  mä 
■dem,  was  der  Geist  fodere-,  abereinstimmeniL  Nur  in 
sofern  die  mofsaische  Cweselzgebong  als  Volksgesetzge- 
bttDg  bl<»8  igya^  Thath amUu ngen ,  nidit  aber  die  innere 
Ttaat  der  UeberBeoguogstrene,  fod^rle,  mafste  Paulus 
IfegeD  «rineStiitgemsseB  dmider  stfer»,  ureil  ebeo  iKe» 
mlS^m  "imek  die  btos  äoftierefi  igya  der  6»tdvoit  ^enag 
zu  thnn  meinten.  Dagegen  ist  es  nicht  blos  Wortspiel, 
weun  Paulus  sagt  (Röin.  3,  27.),  dafs  er  einen  vouoc 
f^nUtmo^''  kabe^  d«  i. -dafs  ihm  die  Uebersieuguogsireae 
um  ^Gesete  g^ewor^eo  sey*  Und  dieses  Gesetc  oder 
Aese  seibslverpflichtemle  BiMvcht  nennt  er  mit  grefsar 
Afihtung  (Rom.  7,  22.  23.)  die  Gesetzgebung  seines 
vovg  oder  seines  inneren  Menschen«  Auch  Ist  ihm  eben 
diese  Gesetzgebung  dort  ein  voyLOq  xov  *biov^  eine  mit 
'6ott  tbereiastimmende ;  so  wie  er  Rom.  2,  13«  14*  toiv-  . 
Mssagte,  dvft,  wer  eins  Oesets  seines  OemQths^  also 
seiner  gewissenhaften  Ueberzeugung,  nicht  blos  höre, 
Mildern  als  ül)erzevgt  befolge,  dadurch  gewils  ein  Recht- 
iidiaffener  sey. 

Wenn  denn  in  dergleichen  Stellen  ein  voiiog  dieser 
4lrt  dem  i€im6(im  zugesoiirieiNm  wird ,  wie  Hdm.  8^  3, 
'jtvev^a  dott,  wie  #berall  im  N.  T.^  nicht  liles 
die  eigentliche  W  il  Ieni5thätigkeit ,  wie  llr.  U.  (S.  26. 
80.)  diese  Einschränkung  auf  den  Willen  —  sich  gemacht 
lut  Das  ^evfxa  des  Urchristentums  ist  vielmehr  im- 
:Mr  'die  ganee  höhere  Geistigkeit  4es  MensehiBn,  (se- 
IMÜ  {»  sofern  er  dantsreh  das  -Reehte  und  gottftlutfioh 
Vollkommene  (Mt.  5,  48.)  einsieht,  als  in  sofern  er, 
\^egen  dieser  höheren  Einsicht,  sich  selbst  willig  dafür 
ibestimmt* 

•  Alles,  was  dann  Paulus  von  Ge^tz  ttberbaupi  «as»" 
*t|itielit,  wird  durA  diese  Unterscheidung  von  einem 


'Ml»         Ii.  Vfterl;  BnlirlckliiBg  dM.Ptetill».  L«biib«g|Ub. 

■  • 

bl08  ip'fa  foilernden  Getefs  klar.    Nach  RSni«  t.  8.  iit 

die  Süocle  todt  ohne  Geseiz;  d.  i.  wenn  der  Mensch  noch 
nicht  die  Einsicht  hat,  dafs  etwas  das  Unrechte  sey,  so 
ist,  wenn  er.  es  thut,  m  seiner  Haadiung  doch  die  Suade 
iadt,  =  das  Sümlige  ist  ihm  noch .  unerkennbar.  Er 
wird  also  auch  dadurch  nicht  beunrnhigt  Dagegen 
entsteht  durch  gesetzliche  Einsicht  vorerst  genauere 
Kenntnifs  (i^lyvocfig)  ^  was  sOndig  sey  (Röm.  3,  20.). 
Ist  eine  solche  gesetzliche  Einsicht  noch  nicht  da  (ft^ 
ovrog  vofjLov  seil,  rtvog)^  SO  wird  die  SOnde  noch  nicht 
specificirt,  oder  gleichsam  yorg;erechnet  {iXXojimi^ 
Rdm.  5,  13.).  Aber  mächtig  wird,  nach  1  Kor.  16,  S6^ 
das  Silndigen  durch  die  Gesetzeskenntnifs ,  nicht  blo9 
deswegen,  weil  das  Verbotene  oft  reizt,  und  das  Gebo- 
tene in  dem)  welcher  gerne  freiwoliend  wäre,  ein  Wi- 
derstreben erregt)  sondern  vornimlich^  weil  die  perso* 
nificirte  Sttnde,  auf  das  Gesets  als  ESusicht  dessen,  vtu 
seyn  oder  nicht  seja  sollte,  hinweisend,  dem  Menschen 
zeigen  kann  ,  wie  grofs  ihre  Macht  sey,  indem  sie  ihn 
überwältigt  habe,  um  das,  was  er  nicht  zu  sollen  wohl 
.gewufst  hätte )  dennoch  ausznfiben.  Allerdings  aber  kann 
keine  solche  gesetzliche  Einsicht  ^  so  wahr  sie  auch  seyii 
mag,  das  Gemüth  belebt  und  frohthätig  machen,  ^oo- 
%otriarai^  so  dafs  dadurch  Geistesrechtschaffenheit , 
xatoavvn ,  entsteht  (Gal.  3,  21.).  Denn  die  Einsicht 
giebt  doch  nur  Ueberzengnng  des  Sollens,  nicht  die 
Treue  des  Wollens.  Nur  ans  dem  Eineswerden  aber  des 
Wissens  und  des  Wollens  im  Geiste  entstdit,  dafe  der 
Geist  recht  so  wie  er  sejn  soll,  ==  dixaiog  ^  ist,  und 
diese  innere  That  und  Thätigkeit  des  Geistes  von  dem 
Allwissenden  als  die  wahre  Rechtschaffenheit  gleichsam 
in  Rechnung  genommen  seyn  kann  {iXoyl&iTi  {  yUatif 

So  weit  ins  Reine  kommt  denn  freilich  der  Geist 
nicht  durch  ein  Gesetz,  wie  das  mosaische,  welches  nur, 
sinnliche  Motive  gab,  und  nur  äufsere  Handlungen  for- 
derte  Thue  daS)  so  wirst  d«  lebfin.  Rom.  10,  &  Nur 


I«.  Uatari,  ifiotvidilnffg  des  PauUn.  Ubrbcgrifft.  M 

«oem  flolchen ,  durch  äuftiere  Werke  zu  befHedtgenden 
iSieselz  aber  seilt  Paulofl  die  dtna^oaiSviq  in  maTe€i^ 

eotgegen,  weil  diese  -Kiariq  als  eigene  treue  Ueberzeu- 
gfling,  nach  Rom.  10,     —  8,  nicht  irgend  aus  der  Ferne, 
fiondern  aus  dem  Gemüth ,  d.  i.  aus  Denken  und  Wollen 
nigleich,  komme.    Nicht  richtig  ist  deswegen  die  An-» 
«cht  des  Verfa  (8. 8flL),  wie  wenn  Paulus  g^gen  jedes 
Gesetz  gesprochen,  jedes  Gesetz  blos  einen  Buchstaben 
genannt  hätte,  wie  wenn  jedes  Gesetz  nur  sinnliche  Mo- 
tive in  sich  schlösse.    So  etwas  liegt  auch  keineswegs, 
Um  versteckter,  in  Jesu  Gebot r  Was  du  willst,  dab 
Wandere  Mensehea  thun,  das  thne  auch  ihnen!  Der 
Aisdruck  „thue*'  geht  dort  nicht  blos  auf  ein  äufserea 
Thun.    Jesu  Sinn  ist :  thue  es  aus  Ueherzeugung  und 
mit  Willigkeit    Dieser  Willigkeit  aber  wird  nicht  die 
i€ciprok€  Gesinnung  Anderer  zum  Motiv  vorgehalten^ 
laius  sagt  nicht:  weil  du  willst,  dab  andere  n.  s.  w«, 
vie  wenn  das  'sinnliche  Motiv  der  Wechselwirkung  den 
Willen  bestimmen  sollte,  gegen  die  Anderen  wohlgesinnt 
zu  seyn.    Das  Gebot  Jesu  giebt  nur  den  Inhalt  oder  Ge-* 
genstand  des  Wollens  an,  und  die  Worte:  was  du  willst, 
haben  ohnehin  den  Sinn :  was  du  verstSndigerweise  wol* 
Mm  darfst    Das  Motiv  des  Gebots  aber  ist :  In  jedem 
Andern  auch  wieder  den  Menschen  zu  sehen  und  zu 
äcl^ten,  wie  man  ihn  in  sich  selbst  zunächst  erkennt 

Dies  sind  alsdann  Gebote  des  Geistes  {xov  voo^ 
TO0  %vevp,aToq)9  sie  sind  der  Gegenstand  der  niang^ 
Wem  das  Gemfith  bald  uadeutlieher,  bald  klarer  davon 
liberzeugt  wird.  Vollstfindig  aber  ist  die  «/arec»  wenn 
iurch  Uebereinstimmung  des  Wollens  mit  der  thätig- 
flQweud baren  Ueberzeugung  sie  zur  Ueb erzeugungstreue 
and  also  zur  unmittelbaren  Quelle  der  von  Gott  aaer* 
jymbarep  Binmoavvn  wird.  Nicht  einem  solchen  voiiog 
ist  deswegen  je  Paulus  entgegen.  Gal.  2,  10.  sagt  nurs 
Rechtschaffen  wird  der  Mensch  nicht  ^|  egyav  vo^ou, 
d»  i.  wenn  das  Gesetz  nur  Handlungen  verlangt ,  und 
ddier  auch  nur  Uandlungen,  nicht  aus  Ueberzeugungs- 


treue  y  sondern  bloe  damit  sie  ioAerlieh  gfetilM  msA^ 
g^ethan  werden.  Ancb  in  der  kMvner  aiisg'«drflckte»8telh 

Gal.  3,  11.  iv  v6fJL(^  ovSeig  dtKaLOvrai  napa  tc*)  Sfw, 
konnte  nach  dem  Zu^^animenhang  blos  au  die  iiio^^aiscbe 
äussere  Legalität  gedacht  werden ,  nvie  dies  bestifDiBtei 
Aposigf.  13,  39:  ausfedriokt  ist,  wo  aber  anch  nieki  an 
df  e  jnridteclie  JuetMcatien  *)  gredaebt  werden  solMe.  Ha 
Sinn  ist  vielmehr  :  Jeder  Ueberzeugungstreue  ^vird  iy 
TovTco  =  in  Verbindung  mit  Jesus  Christus,  recht- 
schaffen gemacht,  und  ven  Allem  dem  (dno  nd^TBp) 
Aetiktrch  abgezogen ,  wn<VM  deir  Jndn  durdbi  dias  mosi^ 
sehe  Geseti»  nicht  bis  nur  wahren  BeehlsehnSenheifc  kili 
abgezogen- werden  konntew  Dort  nämlich  war  es  genug, 
das  Verbotene  unterlassen  zu  haben,  wenn  es  gleich 
nicht  aus  rechtscliafiener  Gesinnung  pneuoialisch  uuter^ 
lassen  wurde.  Daher  geht  aneh  die  xafrd^  GftL  ft^  lA 
nur  auf  jenes  Gesete,  welches  nich*  beM^fcwnr^  wssw 
man  ntebt  jedes  seiner  Gebote  nnd  VerboSe  ftnfser« 
lieh  erfüllt  hatte.  Dies  aber  nicht,  wie  S.  4L 
meint,  aut'  jecks  Gesetz  anzuwenden,  auck  auf  ein  so!'«' 
ches,  dessen  wesentliche  Erfühilung  in  des  innere»  Hhfi^ 
in  den  Wolfen  avs^Uehevzeiigung,  besteht,,  seihst,  weai 
Aas  flufsere  epyoit  ohne  Yer^iäralde»  nichi  hinnukiiinnii 
— -  Möchte  nur  en(Mich  jede  christliche  Glaubens-  und 
Pflichtentehre  daran  siclir  zuvörderst  halten ,  dafs  Jesus 
umi  das  vernünftige  Nachdenken  nichts  anderes^  als  eine 
Re^giosität-der  Reefatsdmflfenhelt,.  eina  Gottihnksehknit 

des  woltettden  nnd  dnnkemistti  Msasehengeistet  vosk» 

»  < 


*)  Dim  patshtiich  -  scholastische  OrtKodoxie ,  w«klra  Hatfoiie" 
Hsmii»  gerae  iki  den/  Vevdacht  bviagt,  wie  wenn  cn  tm  dlM 
phiioivguiBhM  Siwi  «bweicho»  iSllle  bei  dioseit  Sl«U«  twaaw 
d«rs  davanf  merken,  dafii  das  HaraTysAAfifrSai  c^sQhtiv  ajutq||tvy* 
bezeichnet  wird  aU^twa«,  welches  durch  Jesus  4'«  rouroH« 
nicht  wegen  seiner,  geschehe.  Wäre  der  Apostel  ortflodox 
genog  gewesen ,  so  hätte  er  ita  raSrw  auiepfeeheil  nnd"  dartsf 
de»  (^fbton  Naebdroek  legen  mhMea.  "  t 


-  'd  vj^.vv  '^le 


N«r  4mcbt  dtuse  GeiileebflMfcdffenhoü  i»4  d«lt« 
jftli  HtmUniig ,  WQM  «•€!  f  i«icl^  meiiMlilieh  .iiiiyoUki»iiir> 
jum  ki^  gebilligt.    Ohne  sie,  ehne  diese  yialKiaclie 

PiMis,  ist  kein  epyov  wahrhaft  SiKaiov. 

Dais  We&öiitÜche  hiervon  halten  wir  deswegen  eiuer 
üiberwetöenden  DafsleUimy  UNBrlhir  ^^^^  ^'^He  Relir 
gHüitil  auf  d»r'A«erk#«fiiii}9  hertihl,  dal»  nur  «ime  aiti 
IhkeraeaguiigstfQue-eniapriiigoade  Rechltohafl#DlieU  der 
Gesiunun^  wahre  geistige  Vecehiuug  dci  Gottheit  ist,, 
öfid  daf«  ebendiidurch  Jesu  urspröngUehe  L<  Ure  und 
dift  £«iünische  Urchgisf aaiMj» .  oiaya  üherail  uad  zu  ailea 
Ute  inögüehe  OoHgavarehnwig  fcuod  maiclite)  ütf 
vddier  aladau  auoh  daa  ttakte-  G^Hasvertmuatt  enl« 
steht,  nämlich  die  Zuversicht,  nach  dieser  überzeu- 
jafoiigsti  euen  Rechtschaffenheit  innerhalb  dieser  Gottes- 
mttk  geistig  fortdauernd  wiffkeft  W  können »  und  hiei- 
dirdi  daa  ^eBtUeha  Labe«  ew%  zu  habaa^  #tieihUI  iäl 
Miei  DOthwendiger,  ala  daft  bei  3ixa^oai5vii  immar 
tfo  Rechtschaffenheit,  und  nie  blos  an  die  zum 
Juridischea  und  Legalen  sich  hinneigende  Gerech* 
iigkeit  gedacht  werde.    Auch  wird  der  ganze  Ger 
dßblapunkt  und  der  erhabene  Sänn  des  Urchristentums 
Mecamdlicli  verfehlt,  ao  lange  bei  ^rforcc»  in  sofern 
ife  rechtschaffen  mache,  an  einen  objectiTen  Glanbens*« 
inhalt  gedacht  ^ird.     Paulus  zeigt  so  eifrig,  ilafs 
der  mosaische  vöijloq  nicht,  ein  Beseligungsoiittel  für 
Aa  Hanscb^n  überhaupt  gewesen  seyn  könne«  weit 
M8t  der  Eine  Gott  fiber  Alle  durch  etwaa,  cbs  n|ur 
dea  Wenigsten  historiach  genau  bekannt  werden  konnte, 
nur  für  diese  gesorgt,  und  die  Anderen ,  welche  dieses 
Positive  nicht  wissen  konnten,  zu  ihrem  ewigen  Unglücii 
Hroaobiäsaigt  hätte.    Und  eben  > der  Apostel,  welcher 
dkaen  ao  einleuchtenden  Schtuft  machte,  dafa  unter 
dnft  Einen  Gott  auch  AHe  ein  gleichaehr  mdgiichea 
Beseligungsmittel  fUr  sich  haben  mOfsten ,  sollte  dann 
4och  so  inconsequent  gewesen  seyn  ,  daPs  er  statt  des 
Aloaaischpositiven    etwas   Chriatlichpositives  filr  das 


AUgemeirinothweodige  gehalten  hätte,  welches  doch 
aach  nicht  allgemein  und  zu  allco  SMften  richtig'  bekanait 
«Qjtt  kaa«'  GllleUioh  preifirt  er  wohl  aioh  aad  die-* 
jeoigea  seiner  ZeitgenoMen ,  welchen  d«*rch  Jaena 
JSinfleanrergebiing  und  Rechlsehaffbnheit  hekanat  ge- 
macht (nicht:  verdient)  werde  (Apostg.  13  ,  38.  39.). 
Und  wer  seiner  Ueberzeugung  treu  sejn  will,  der  wird 
auch  gewifs  die  ihm  möglichbeste  zu  erkennen  stre^ 
ben.  Aber  ebendeswegen  bezieht  sich  in  der  Pauliol-* 
sdien  niang  die  Uebeisengnng  nicht  auf  etwas  tSW» 
gesohiditlich  Bekanntwerdendes,  SMidern  auf  das,  waa 
jedem  nach  seiner  Lage  über  das  Rechte  nnd  Ge4tea  ' 
würdige  zu  erkennen  möglich  ist.  Deswegen  allein 
konnte  Abrahams  niarig  so  sehr,  wie  die  christliche, 
als  wahre  Sixaioorvvii  gelten,  und  Abraham  selbst  als 
der  Vater  aller  Ueberzeugungstrenen  unter  Juden  und 
Nichtjuden  warn  Musterbild  au%esteUt  werden  (Blink  ^ 
11.  M.).  ;> 

Ebendeswegen  ist  es  auch  mir  so  eben  eine  An- 
gelegenheil ;  durch  eine  Tollst&ndige  Brklärupg;  des. 
Brleb  an  die  Bömerchristen  darzuthun,  wie  ei|itij|;^ 
nach  diesen  HauptbegrifFen  der  apostolische  GedafdteiB-> 

Zusammenhang  consequent  und  wie  also  die  Religion 
der  Ueberzeugungstreue  und  gottergebenen  Rechtschaf^ 
fenheit,  als  Urchristentum,  mit  der  Religion  der  Denk- 
glanbigkeit,  oder  des  Vernllaftigen,  von  dorther  reifer 

S »wordenen  Nachdenkens  wesentUi^.  in  viHkr  '^'^^7! 
e  stehe. 


Br«  P4iuIusiu}[i*'Msk 


■  1 


•  # 


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N'.ii.   HBHMgJi  JAMHR  i>.  |JfW8BATUR.  lan. 


»*     I    ■  •  j* 

•      ;  ' 

Archiv  derKirchenrcchtsii'{ss€Tisc/infty  herausgegeben  von  €.  E  IVetfs^ 
heider  Hechte  Doctor  und  Pi  ivatdorcntcn  an  der  Ijiidirigs  -  Uni- 
versität Giesen.    Frankfurt  ^   Verlag  der  Uronn^Mcktea  Huckkatl/^ 

Währead  80  viele  eiuzelne  Zweige  des  mensehiichen 
Wissens  sich  eijpener  Zeitschriften  zu  erfreuen  haben « 
worin  die  angestellten  Forschungen  und  Untersuchungen 
niedergelegt  werden ,  während  namentlich  die  Rechts* 
Wissenschaft  sowohl  für  die  Geschichte  der  Ausbildung, 
als  für  die  Anwendung  des  Rechtes,  besonders  des  Civil-, 
kriminal  uud  Procefsrechtes ,  eigne  Zeitschriften  hat, 
eilCbehrte  die  Kirchenrechtswissenschaft  einer  solchen, 
knd  es  wollte  scheinen,  als  beabsichtige  man,  diesen 
SEweig  der  Rechtswissenschaft  der  Theologie,  deren 
praktische  Seite  derselbe  bis  zu  Anfange  des  12ten  Jahr- 
hoDderts  bildete,  und  der  Pflege  der  Theologen  allein 
KB  Überlassen.  Den  Kenner  der  Literärgeschichte  des 
Kirchenrechtes  mubte  diese  Vernachlässigung  tief  be- 
trüben. 

Es  ISfsl  sich  nidit  in  Abrede  stdlen,  daft  sowohl 
Ib  ältern,  als  neuem  Zeiten  ToneOglich  die  Theologen 

es  waren,  welche  sich  dem  Studiuni  des  Kirchenrechtes 
mit  besonderni  Eifer  widmeten,  allein  es  fehlt  doch,  be- 
UMiders  seit  der  Reformation,  nicht  an  Juristen,  welche 
nlt  grdAler  Sorgfalt  und  Genauigkeit  daeselbe  bearbei* 
teten,  wie  die  Namen  Carpsor,  Lynck,  Schilter, 
Stryck,  Böhmer,  Pertsch  und  Anderer  beweisen. 
Wenn  der  Theolog  die  Kirche  als  das  Reich  Gottes  von 
der  innem  geistigen  Seite  auffafst  und  in  dieser  Auffas- 
9Bng  beharrl,  and  wenn  det*  Juris!  die  Kirche  nur  von 
der  äufsern  irdischen  Seite ,  nur  als  moralische  Person 
betrachtet  und  bei  dieser  einzigen  Betrachtungsweise 
Stehen  bleibt,  so  entsteht  ein  getheiltes  Wesen,  welches 
aar  ii|  sofern^  als  beide  Standpunkte,  von  denen  aus  die 
UIV.  Jahrg.  9.  deft.   ,       .  .  6ft 


bti$  WfUW^  ArchiT  der  Iüx«beiiieclil«wi«ft«ai(cl»«ft. 


Kircli«  aufgefafst  werden  aniTsy  vereinigt  werden ,  ein 
Einziges  Ganze  bilden  kann.  So  wie  der  Geisi  und  die  - 
ihn  umgebende  irdische  HuUe  erst  zusammen  Eine  sind, 
so  darf  bei  der  ßehandlungsweise'  des  Kirchenrechtes 
weder  die  geistige  noch  <lie  irdische  Seite  der  Kirche 
aufser  Acht  gelassen  werden.  Es  ist  daher  für  den 
Theologen ,  welcher  sich  dem  Studium  des  Kirchen- 
rechtes  nnterziebt»  dieKenntnifs  der  Rechtswissenschaft 
eben  so  junentbehrlich,  wie  für  den  Kirchenrechtslehrer 
das  Studium  der  theologischen  Disciplinen.  Aus  der 
Vernachlässigung  dieser  eiuzeluen  Zweige  entsteht  Ober- 
flächlichkeit,  Seichtheit,  und  falsche  Lehren  werdim 
statt  der  Wahrheit  in  Umlauf  gebracht  . 

Bei  dieser  nothwendigen  Vereinigung  und  Verbtn* 
dung  der  Tlieologie  und  Jurisprudenz  ist  es  erfreulich, 
wahrzunehmen,  dafs  diese  Zeitschrift  unter  den  Mitar- 
beitern sowohl  Theologen  als  Juristen  zählt,  welche  sich 
freundlich  die  Hand  bieten»  um  einen  Terwaisten  Zweig 
der  Theologie  und  der  Jurisprudenz  zu  bearbeiten  und 
ihm  das  früher  genossene  Ansehen  wieder  zu  vei  schafi'en. 

Nach  dem  vorgezeichaeteu  Plane  wird  das  Torlie- 
gende  Archiv  enthalten  :  ^ 

L  Abhandlungen  aue  alten  Theilen  der  Kicchen- 
i<edltsw{s6en6ohaft  uB<l  'z>v#ar'' 

1)  aus  dem  a II j2;t»m einen  philosophischen  KircheU- 
rechte,  sowie  fler  Philosophie  der  positiven  Gesetze,  und 

2)  aus  dem  umfangsreichern  Gebiete  des  positiven 
Rechts  der  Kirchen  des  In-  und  Auslandes,  ebne  au»> 
sebliefsiiehe  RQeksIcht  aiuf  eiHzelAe  OonfessioMit  lus* 
besondere  aber  sollen  die  in  Deutschland  geltenden  Kf^ 
chenrechte  beachtet  werden ,  sonach  also  ä)  das  christ- 
liche und  zwar  namentlich  das  katholische  und  evange- 
lische ,  und  h)  das  bisher  üist  gänzlich  irernachiissi^ 
jMfache  Kirdielireclil. 

IL  EineUebersicht  der  neuesten  deutsehen  UftAM^ 
rechtlichen  Literatur  und  zwar 

1)  ein;jilphabatisches;  VerzeiehniOi  derselben  ^  ^ 

2)  Reeensionen  und  Anzetgen,  ^ 


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Weifilt  AccMv  dflr  Kii«liMir4s«]iUwliMiiiehAft  8il 

I 

3)  NachweisiiDg  der  Reoengioaeo  «ncl  Anzeigeo  kir- 
dttDrechtlidber  Scbriftea  in  andern  Zailschrifieo. 

III.  Ein  Repertoriuin  iler  neuesten  kirchenrechtli- 
;  eken  Verorflnuugen  ,  iii«ibe8ondere  der  deutschen  Staaten. 
iV.  üifcbenrechiiiche  Miscelien* 

Jedem  Bande  aoH  ein  Sach*  and  Namen  •  Register 

brigefif/Dift  werden. 

Der  ite  Band  spricht  sich  von  S*  1  bis  30.  über  den 
Zweck  dieser  Zeitschrift  aus. 

Der  Herausgeber  dieser  Zeifschrift  stellt  gleichsam 
in  einem  Bilde  der  Verg-angenheit  die  Gegenwart  des, 
!  kirchlichen  Zustandes  gegenüber  und  sucht  dadurch  zu 
leigen,  dafs  ein  neuer  kirchlicher  Zustand  seine  funda- 
{  mediale  Grundlage  erhalten  habe :  die  Vollendung  dieses 
'  in  seiner  Anlage  colossalen  kirchlichen  (?)  JDomes  zu  fSSr- 
(lerq,  sej  eine  unabweinliche  Anforderung  aa  jedes  Zeit- 
alter, insbesondere  aber  an  das  unsrige,  das  jene  neuen 
idrchlichen  Einrichtungen  ins  Leben  gerufen.  Diesem 
bähen  Zwecke  sej  dieses  Archiv  geweiht. 

,        Die  Abhandlungen  sind  folgende. 

I  ]}  lieber  die  rechtliche  Gleichstellung 
der  christlichen  Confessionen.  Vom  Herausgeber. 
&S1  Ibis  73.  Die  Fortsetznng  folgtMm  zweiien  Bande 
S,  1^1  bis  154.  lind  ist  damit  noch  nicht  geschlossen. 

Da  diese  Abhandlung  nicht  vollendet  ist ,  so  bleibt 
die  fieiirtheil^g  derselbe^  vorbehaUeo.  ^abei  glauben 
m  dem  Herausgeber  bemerken  zu  müssen  y  dafs  e»  den  ^ 
bf^ieiQi  9icht  angenehm  ssyn  kann,  in  8  oder  gar  4  Bän- 
den den  Zusammenhang  eines  Aufsatzes  aufzusuchen, 
besonders  da  ein  ganzes  Jahr  bis  zur  Erscheinung  des 
zweiten  Bandes  verflossen.  jUad  cs  scheint  für  diese 
Zijtfcfirift  am. .  ssiveckm|iAig8tea  9  wenn  nur  vollendet» 
AAfl^e  abgedrocki  werden,  so  dab  die  Abndifier  in 
je^em  Bande  ein  vollendetes  Ganze  besitzen. 

2)  Bemerkungen  über  die  GemeingülUg- 
keit  deT  4ieideai>  fiictravagantensammlunge«. 
Vm  Pmf*  Of.  Lang  In  Tibingea» 


068  Weift,  Archiv  der  KirchenrechUwiMentcliaft 


Der  Verf.  vertheidigt  die  in  seiner  äufsern  Kirchen- 
rechtsgeschichte schoD  ausgesprochene  Ansicht,  dafe 
beiden  Exlrayagantensamnilungen  der  AulhenticitSlrefit? 
behrten ,  'weil  in  der  Bolle  Gregorys  XIIL  kein 
davon  stehe,  dafs  der  Pahst  dieselben  den  frühem Samm« 
lungen  au  Authenticität  gleich  stellen  wolle,  und  iveil 
sie  weder  durch  die  Wissenschaft,  noch  durch  die  Praxis 
nach  dem  Zeugnisse  der  Schriftsteller  recipirt  sejen.  £9 
wird  bei  der  Verschiedenheit  der  Meinungen  der  ältern 
und  neuem  Canonisten  dieser  Streit  nicht  beigelegt^  iÜ 
Ar  jede  Ansicht  werden  Gewährsmänner  angef&hri  wäih 
den  können.  Jedoch  irrt  der  Verf.,  wenn  er  glanbt, 
S.  75,  dafs  er  der  Erste  sey^  welcher  diese  Authenticität 
in  Abrede  stelle;  schon  Zallwein  ^ow.  II.  quaest.  t, 
cap.  4.  §.  1.  schreibt:  quod  ambae  (extravagantes) 
destituantur  ajyprohatione  legalt ,  welcher  ABsdriii^ 
mit  dem  Worte  Authenticität  gleiche  Bedeutung  liMi 
wenn  anders  der  Sinn  des  letztern  richtig  aufgefi^ 
wurde.  Auch  Van  Espen  m  diss,  m  Extravagantes 
Joh.  XXII.  et  Communes  (in  dessen  Opera,  Venet 
1769.  torn.  8.  /).  273.)  sagt:  nulla  publica  auctoritate 
eoUectiones  hae  sunt  publicaiae  tuU  corpari  ^^moimii 

8)  Untersuchung  der  Frage:  welches  Prliic)^ 
über  das  Verhältnifs  der  Kirche  s^ni'S|illle 

in   Deutschland    jetzt    eigentlich  herrsche^ 
Von  Oberkirchenrath  Dr.  Stephani^in  GunzeflAkau 
S.  86  — 91.  ^ 


Der  Verf.  geht  die  4  bisher  aufgestellten  Svit' 
fiber  das  Verhältnifs -ider  Kirche  zum  Staate  dur^l 
sucht  darzuthun,  dafe  das  bereits  Im  Jahru  I) 
ihm  aufgestellte  absolute  Einheltssjrstem'dasjeiii| 
welches  in  Deutschland  herrsche.    Das  landesherrl 
System,  ineint  derselbe,  würde  die  evangelische  Kirche 
sich  nicht  nur  gefallen  lassen,  sondern  selbsii  XJi 
haben ,  deswegen  ein  frohes  Dankfest  anzuste]||j 
darnach  müfsten  ihr  die  Reofete.  zwalahA  »^Wj 
Corporation  eingeräumt  sejenl  Dieaei- 


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Weif«  9  Arditv  der  KirchenrechtowitMiischAfl.  86t 


derFaJl.  Zwar  habe  die  kath.  Kirche  sich  des  Rechta, 
ilüre  AipgelegeiiheUen  selbst  zu  orduen ,  oder  des  Rechte 
Öesetzgebuog^  zu  erfreDen,  aber  die  evangelische 
Kirche  habe  dieses  Recht  in  den  Staäten  sowohl  katho- 
likher  als  protestantischer  Landesherrn  nicht.  Dasselbe 
fiMle  statt  in  Ansehung  der  Besorgung  der  innern  Ange- 

tipheiten  und  der  Verwaltung  des  Kirchenvermdgens. 
Bedingungen,  unter  welchen  sich  das  absolute  Ein- 
heitssystem erheben  und  zur  möglichen  Volikommeuheit 
aq^biiden  könne,  werden  angegeben: 

1}  Man  müsse  zur  vollen  Besonnenheit  kommen, 
ifb  man  von  Seiten  der  fveltlichen  Macht  nichte  Eünsei- 
%BS  mehr  zum  Zwecke  des  Staatsvereines  machen,  son- 
£rn  den  ganzen  Zweck  der  Menschheit  zu  dem  seinigea 
etheben  wolle. 

.  2)  Es  sey  erforderlich,  dafs  man  die  Kirche  für 
wen  Beitrag ,  welchen  sie  f&r  das  höhere  Leben  des 
putes  SU  leisten  habe,  sweckmäfsig  organisire,  damit 
Ä  ihre  grofse  Kraft  dazu  entwickeln  könne.  Endlich 
müsse  man  sich 

3)  in  Hinsicht  auf  diesen  integrirendeu  Theil  des 
Slaatskörpers  enthalten  aller  wiilkQhrlichen  Macht,  wie 
Biiui  sich  in  Hinsicht  der  andern  Theile  da,  wo  constir 
tuiionelles  Leben  eingetreten  ist,  bereits  derselben  nu 
beigeben  angefangen  habe. 

Dafs  die  katholische  Kirche  in  den  deutschen  Staa^ 
sich  eines  bessern  Schicksales  zu  erfreuen*  hat ,  als 
&  evangelische,  bedarf  wohl  keines  Beweises«  Man 
betrachte  nur  der  Erstem  Selbstständigkeit  und  die  in 
neuerer  Zeit  mit  so  grofser  Freigebigkeit  ihr  zu  Theil 
gewordene  Dotation.  Der  Grund  dieses  günstigem  Looses 
scheint  dem  Ree.  aber  gerade  darin  zu  liegen,  weil  die  - 
Sikiats*  und  die  Kirchengewalt  nicht  in  einer  Person  ver- 
einigt sind.  UnH  wenn  auch  in  der  frühem  Zeit,  wo 
eine  solche  Vereinigung  unter  den  geistlichen  Fürsten 
statt,  fand,  gleiches  Verhältnifs  obwaltete,  so  scheint 
%r  Grund  darin  gesucht  werden  zu  müssen ,  dafs  der 
JllM^  der  beiden  Gewalten  dem  geistlichen  Stande 


selbst  angehörte,  und  Über  der  Regieruiig^  der  Diöce^e 
bfi  die  Regierung  des  Staates  vergafs ;  obwohl  nicht  zu 
läugaea  isti  dafs  bei  manchen  das  Geg^btheii  statt  fand. 
In  der  evaagdischea  Kirche  ist  gerade  dAs  iiingekehtie 
VerhiltDifs;  D^f  PBrst,  welcher  die  Staats*  Md  tOt^ 
chengewaü  in  sich  veieinijs^t,  M'ird  erzogen  und  gebildet 
.^uiH  Regenten  des  Staates;  ilie  Bedürfnisse  der  Kirch^^ 
lind  was  zu  ihrem  und  der  Unterthanen  Wohl  dient, 
bleiben  ihm  grdfttenthells  unbekanitt.  Auf  den  bishe- 
rigen Lfsndtagen,  deren  Aufgabe  es  nnnftchst  ist,  dsi 
"  Beste  der  Landesbewohn^  Zli  besorgött  mnd  deren  Wün- 
sche zur  Kenutnifs  der « Regierung  zu  bringen,  ist  bis 
jetzt  ^enig  geschehen  für  das  kirchliche  Weseh,  und  es 
fst  darum  kbin  Wunder,  Wenn  di6  ^vmb^elisch«  Kirdie 
ihre  Selbstständigkeit  ganz  verliert  und  iti  deil  Slint 
übergeht.    Davon  aber  ist  nicht  den  Fürsten  die  Schuld 

^  beizumessen ,  als  vielmehr  denen  ,  Welche  der  Regent 
bestellt  hat,  die  kirchlichen  Aogelegeaheiten  zu  besor- 
l^en.^  Deren  Pflicht  Jst  es,  zu  wuchen,  dafli  bei  der 
AusGbung  der  aus  der  Staatsgewalt  flieftehden  Riedite 

*  die  Kirche  aicht  Gefahr  laufe ,  zu  Grunde  zu  gehen. 
Aber  öfters  sind  es  gerade  diese  Personen,  welche  sich 
zu  Herren  und  llegentea  der  Kirche  aufzuwerfen  beab- 
sichtigen, dabei  aber  Tergessen,.  daik  el^  dadurch  bl^ 
Diener  des  Staates  werden,  und  Art  Kirche  selbst  der 
welllichen  Macht  überliefern. 

•  4)  Welche  Folgen  hat  die  PrSsentation 
eines  unfähigen  Subjectes  für  den  Patroa 
Von  Dr,  Lippert  in  Giesen.    8.  95  — 118* 

Der  Ver£  entscheidet  nach  positiven  Be8timiMn|||«i 
die  aufgeworfene  streitige  Präge  dahin,  dafs  dieAnsitkt^ 
der  Laienpatron  könne,  auch  wenn  er  die  Unfähigkeit 
des  Präseutirten  gekannt  habe,  dennoch  in  demselben 
Erledigungsblle  der  PfrOnde  seih  Recht  auf  Mitwirkung 
bei  Verleihung  derselben  dlirch  wiederlioiten  V^^^hb^ 
eines  andern  Subjectes  gehend  machen,  alleiii  iMi  0^ 
setzen  entspreche  ,  wie  denn  in  der  neuem  Ze!t  auch 
Vou  der  Mehrzahl  der  Canooisten  angenommen  worden* 


-  'd  vj^.vv  '^le 


In  Itfgidtttiw  Hittsifiht  fkfefeii  ist  ilaratlba  einer  ut* 
dero  ifeineiijf«    Die  Abhamüanj^  ist  mit  Ruhe,  Griliid'* 

lichkeit  umi  Belesenheit  abgefafst,  uad  da  der  Verf. 
t^inmal  das  Institut  des  Patronates  zur  besondern  Auf» 
merki^aaikeit  sich  auserwähii  hat,  se  steht  zu  erwarten, 
dafe  deieelbe  noch  mehrere  coetroterae  Fenkte  beteuch«* 
im  werdei  Zwei  ^  jedoch  aielü  angeg^ebene  Dmekfehler 
S.  98. 110.  werdienea  hier  nachträg^lich  bemerkt  zu  wer- 
den ^  dalls  uäuiiich  stali  IVo.  118.  gelesen  werden  mufs 
Jio.  123.  — 

&)  Aphorismen  iber  den  Rechtasaatand 
•and  die  Verfaaaunge^Gtschichte  der  e^ran«* 

geli8ch-*prote8taiitischen  Kirche  im  Grofs- 
herzog-t hum  Hessen.  Vea  Hofprediger  ILöhier 
k  Gedern.   &  11»  —  1Ö9. 

Dieaa  tob  dem  Verf.  gelieferten  Aphoriamen  aind 
wm  so  adbilsbarer ,  nla.  daa  Farlikiilär<oKirchenreeht  dee 
A^fsherzogthums  Heaaen  noch,  keinen  Bearbeiter  ge- 
fanden  hat  ,  aber  wie  Bd.  II.  dieses  Archivs  S.  319.  in 
dem  Verf.  einen  findet.  Zwei  Funkte  glaubt  übrigens 
idsr  Ree.  heraasheben  ztf  mü^^en;  nämlich 

1)  Dafs  S.  la«  a.  folg.  behanpiel  wird,  das  Cblle- 
^Isjstem  eej  in  neuem  Zeiten  praktiaeh  geworden»  Ree. 
glaubt  hier  auf  den  vorstehenden  Aufsatz  vom  Oberkir« 
chenrath  Dr.  Stephani  verweisen  zu  dürfen,  und  be- 
ruft sich  auf  die  Praxis.  Die  von  dem  Verf.  angeführte^ 
fciMrlfiMeller  haben  dasaelbe  btoa  vertheldigt,' konnten 
«8  aber  selbst  in  der  Kirohe  nicht  einf&hren.  jSs  waltet 
gleiches  Verhältnifs  in  der  evangelischen  Kirche  zwischen 
dem  Territorial-  nnd  CoUegial- System  ob,  wie  in  der 
kathol.  Kirche  zwischen  dem  Fapal-  wid  Episcopal-* 
Sjfalem. 

2)  daft  «Ke  Naehweisong  ▼ersncht  wird ,  die  hessi-* 

»Bchc  Landeskirche  habe  die  Ausübung  der  Kirchen- 
fewalt  an  den  Landesherrn  übertragen.  Wenn  nach 
^.  122.  auf  .der  Synode  zu  Homburg  1526.  beschlossen 
wird ,  dafii  nur  Anailbnng  des  Kirohenreginsentea  jähr- 
lich in  der  Sy— dnlatadi  Harburg  uaAer  «ler  OheaauMebt 


und  LeitaBffide«  Regentea  elM  8 jaöde  gehollen  y«iMfl«  ' 
soll ,  so  ist  edamit  ausgesprochen  ,  dafs  diese  Sjnode, 
bestehend  aus  der  gesammten  Geistlichkeit  und  den  Rc:^ 
präsentautea  der  eiiiseineo  CxeineiiMiea ,  die  Iniuibenn 
der  Kjrchaogewall  sey,  oder  mit  aadm  Worteir,  dsfii 
die  GemeiDde  sellMt  die  KircheuffewaK  beaftce. 
der  von  dem  Regenten  zu  führenden  Oberaufeicht  and 
Leitung  folgt  keineswegs  die  Uebertragung  der  Ausübung 
der  Kirchengewalt,  so  wenig,  wie  ia  der  kath.  Kirchci 
bei  deren  Synoded  dem  Regenten  ein  gleiohee  Obei^ 
,aiifsichtsreeht  Eukommt  Der  Grand  dieses  Oberaaf«' 
Sichtsrechts  lie^t  in  dem  jsa»  tnaje^aticum  eir^  aomi 
Und  was  die  Leitung  der  Geschäfte  der  Synode  betrifft, 
so  ist  diese  einfach  daraus  zu  erklären ,  dafs  die  Mit* 
gUeder  der  Synode  die  Directieo  und  das  Präsidiiu» 
dem  Rennten  UberliefteU)  wodurch  derselbe  wobl  kdM 
grdfeere  Gewalt  erhielt,  als  jedes  aadere  Mitglied.  Bc» 
Verf.  kann  die  versuchte  Nachweisung  auf  nichts  an- 
deres gründen ,  als  auf  einen  stillschweigenden  fakti- 
schen Vertrag  und  auf  den  unterlassenea  Widerspauoh 
der  Kirche  hinsichtlich  der  Ten  .dem  Landashem 
schehenen  Uebernahme  des  Kirchenregimentes,  nnd  stec- 
hen daher  dieser  Behauptung  alle  jene  Einreden  entge- 
gen, welche  gegen  die  Uebertragung  der  Kirchen gewalt 
au  den  Regenten  im  Allgemeinen  vorgebracht  werdeDi. 
Auf  gleiche  Weise,  wie  hier,  könnte  bei  jeder  evange- 
lischen Kirche  nachgewiesen  werden,  dafs  die  Ansübuog 
der  Kirchengewalt  dem  Landesherrn  übertragen  wer- 
den sey. 

6)  Üe  b  e  r  den  J  u  d  e  n  e  i  d.    Von  Oberprediger 
Dr.  W  o  1  f  in  Kopenhagen.    S.  160  —  172. 

Der  Verf.  sucht  zu  zeigen,  dafs  rttcksichtlich  der 
beim  Bidschwnre  zn  gebrauchenden  Worte  voAi  Entste- 
hen der  judischen  Kirche  an  bis  in  die  späteste  Zeit 
Einfachheit  herrschte  und  keine  Abänderung  statt  fand; 
.  dafs  nirgends  in  dem  Alten  Testament  eine  Anweisung 
zur  Vorbereitung  angedeutet  ist,  weil  über  einen  Gegen- 
jrtand ,  der  bei  jedem  indi vidunm '  verschieden  seyn .  mnli 


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liDd  jeder  Sache  eine  andere  Weadiingf  zu  nehmen  hat, 
es  kdne  Anweisung  geben  kann;  und  dafs  sich  als  stän* 
dige  vad  feaie  Norm  gebildet,  den,  der  beeidigt  wird, 
«ihfwd  des  fichworeSi  ^iie^iland  ant  üe  6  Btoher  Mosef, 
•der  aaf  die  game  Bibel,  als  das  Ar  jeden  IsraaUlM 
heilige  Buch ,  legen  zu  lassen.  Hieraus  leitet  der  Verf, 
ab,  dafs  zur  vollen  Kraft  und  Wirksamkeit  des  Eides 
udrt  mehr  nöthig  sejr,  als  a)  der  Eidschwur  selbst  sej 
kais,  h}  die  VorbereiinDg  som  Eide  mflsae  dem  Ver- 
btseiler  Aberlasseo  werden  «nd  c)  der  8dhwÖreode  hat 
unter  bedecktem  Haupte  den  Eidschwur,  welchen  ihm 
der  Richter  vorsagt,  abzulegen.  —  Möge  dieser  Aufsatz 
fbstt  beitragen,  manche  in  Ansehung  des  Jndeneides 
Inmclmdn  falsche  Ansicht  ra  berichti|[eD ,  und  die  Ju^ 
deo,  weldie  dahin  streben,  in  slaatsblirgertidier  Berien»- 
hong  den  übrigen  Gliedern  des  Staates  gleichgestellt  m 
werden,  von  dem  Verdacht  zu  reinigen,  als  seyes  ihnen 
erlaubt,  den  Christen  gegenüber  jeden  Eid  abzulegen. 
Durch  baldige  Lösung  des  Versprechens,  eine  beur*' 
Mattende  Ue^eraidit  der  in  der  jüngsten  SSeit  ersciiie* 
Bcoen  Verordnungen  in  Betreff  des  Jndeneides  naehmi» 
liefern,  diesen  Gegenstand  noch  von  einer  andern  Seite 
an  behandeln  und  die  Literatur  zu  sichten,  wird  der 
T«r£  «obwohl  das  gelehrte  Publikum  als  seine  Glaubens* 
fnomn  aich  Tafpftichten.  — 

'  Die  S.  175  und  276.  enthalten  die  kirchenrecht- 
lidie  Literatur  vom  Januar  bis  Juli  1829.  Von  S.  177 
bis  189.  folgen  Recensionen,  Ton  8. 190  bis  292.  Nach* 
Weisungen  der  Recensionen  in  andern  Zeitschriften,  und 
von  S.  206  bis  293.  die  Kirch eng^esetze  des  Königreichs 
Baieru,  sowie  von  S.  294  bis  312.  das  Königl.  Säch- 
«sehe  Mandat  vom  19.  Febr.  1827.  Eine  Zusamnieu- 
atclhing  der  Vorlesungen  über  Kirchenrecht  auf  den 
deutschen  Universitäten  im  Winterhalbenjahre  18^^29 
UQd  Somnierhalbenjahre  1829.  lieferu  die  S.  315  —319. 


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Dmer  Angalie  de«  Inhaltes  des^rateit  Bandes  mögen 

folgende  Bcynerkungen  nuch  beigefügt  werden  : 

1)  Dafs  der  Herausgeber  dieser  Zeitschrift  die 
jieueste  kirchenrechtliche  Literatur  angiebt  und  dieselbe 
«Itter  B«iirtheiluiig  anterwirft,  scheint  dem  Ree.  beson- 
4eii  sweekmiTsif ,  weil  dadarcb  die  Lieser  mit  dem 
fiteiidpmikte  der  WSssensciiaft  des  KireheDreclites,  sowie 
nieht  wenigier  mit  dem  Wmtke  der  ersehleoeiieii  fidbrif- 
ten  ,  sofern  die  Beurtheilung  dei^eiben  mit  Unparthei- 
lichkeit  abgtbfafst  ist,  bekauat  geaiaelit  werden.  Was 
dagegen 

2}  die  Nachweisung  der  RecensioMi  und  Anzeigen 
kirchennBchÜteher  8ohfälea  in  andeni  SSeitsclirifleii  be- 
tiifft,  so  kana  Ree«  mit  dem  Heransgeber  nieht  dieeeUbe 

Ansicht  theilen.  Es  sind  hier  2  Fälle  möglich,  nämlich 
entweder  haben  die  Leser  diese»  Archivs  die  Recen&ionen 
der  andern  Zeitschriften  gelesen  oder  nicht  Im  ersten 
Falle  sind  die  Nach  Weisungen  überfli&ssig,  und  wenn  sie 
dieselben  noeh  nicht  gelesen  haben,  so  scheinen  sie 
ebenfaHe  nnnülB^  weil  sie  oaeh  der  Art  der  Mi(lheilen|; 
niclits  lernen  irad  mit  dem  Inhalte  selbst  nieht  bekannt 
werden.  Zum  Beweise  der  letztern  Behauptung  TergL 
man  die  in  diesem  Archive  S.  19L  u.  S.  168.  gegebenen 
NachweisuDgen  der  liecens.  von  Ant.  Th einer  de 
pseudoisidoriona  canonum  coffcctlone  in  der  HaUer 
Literaturzeitung  v.J.  1829.  Nci.82.  und  von  Biener  de 
eMectionibus  canonum  eccUslae  graecae  in  Scbnnek's 
Jabrbttchern  der  gesammten  deutschen  juristiscKen  Ute- 
ratur  v.  J.  1829.  1  B.  2  Hft.  S.  144  und  folg.  Diese 
Rubrik  dient  daher  alh  iri  dazu  ^  den  Preis  der  Schrift 
KU  erhöhen,  ohne  reellen  Nutzen  zu  gewähren.  Ver- 
gleicht man  übrigens  noch  die  Zeitschriften,  aus  wel- 
chen die  Nachweisungen  der  Recensienen  geliefert  wei^ 
den,  so  wird  man  die  Ueberzeugnng  gewinnen,  da& 
noch  manche  vorhanden  sind,  deren  hier  gar  keine  Er- 
wähnnng  geschieht,  namentlich  ^iiid  ajie  theologische 
Zeitschriften  mit  Stillschweigen  übergangen  ,  und  der 
Herausgeber  wird  nicht  behaupten  wollen,  dais  deren 


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W#ift|  AffdllY  dSF  Kit diMitoclilv  wf MioiiciMill«  tRtt 


K«ttnlitf(^  tilchl  Eweekffiii^t^  tttiil  intereMitit  wey.  Ree. 

hält  es  daher  für  angeme^Hen ,  dieee  Rubrik  entweder 
ganz  hinwc^g/iilassen ,  oder  wenn  sie  beibehalten  werden 
t§oii,  nur  in  der  Art  zu  behandeia,  dafs  die  Recensioaea 
BUS  allen  Zeitschrifteo ,  sowohl  theoioglscheii  ale  jori- 
sliecheo,  jedoch  nm  mil  Aolahraag  des  Naoieiie  des' 
iiecettseilenv  weoD  seleher  beiuu»t,  ttiid  <ier  fieftenndil 
der  SeitoehHft  angegeben  werdei  Dadtirch  werden  die 
Leser  des  Archivs,  welche  den  Inhall  der  Recension 
näher  kennen  lernen  wollen,  in  Stand  gesetzt,  ohne  Auf- 
wand von  vieier  Zeit  und  Kosten  dieselbe  einzusehen, 
mil  irieie  Seilen  des  ArchiYS  für  bessere  Arbeiten  ge^ 
WMneH.  Naeh  der  Vorrede  zmi  iL  Baode  ^.  6  «tid  t. 
eoheiiil  derHemiisgeber  «blliflt  anderer  Ansieht  geworden 
zu  seyn  and  mit  dem  eben  Angegebenen  übereinzustim* 
in«n.  Aber  eben  dieses  begt'ttndet  die  Frage :  warum 
sind  diese  Nach  Weisungen  nichl  echoo  im  zweiten  Bande 
ausgefallen?  — 

d)  Das  Repertorium  der  oenesten  kirchUciiea  Ver* 
ordnntigen^  iosbesondere  fler  deutschen  StBaten.anlaR* 
gend,  eo  ist  das,  wiis  der  Herausgeber  lieferte,  wegen 
der  vielfachen  vorhandenen  Abdrücke  ganz  entbehrlich , 
und  kann  der  Raum,  wie  bereits  im  II.  B.  Vorrede  S*  T. 
anerkannt  und  wirklich  geschehen  ist,  mit  solchen  Ver- 
i^douOgeii  ausgefallt  werden,  die  weniger  bekannt  siiid^ 
nnd  iaamentlich  dem  Juristen  nicht  bekannt  seyn  kdnne& 
Naicii  dem  Bisherigen  dflrften  sonach  T  Bogen  als  gans 
nngee>gitet  und  nneweckmlfsig  erscheinen,  wovon  sich 
bei  des  Herausgebers  bekanntem  Streben  nach  dem  Bes* 
Sern  eine  Abänderung  erwarten  iäfst^  und  zum  Theil 
schon  im  IL  B.  geändert  erscheint. 

Der  If.  Band  enthält  folgende  Abhandinngen: 

i.  Ueher  die  behauptete  Nothwendigkeit 
der  Reorganisation  des  Corpua  Evang-elicB^ 
mm  auf  detti  deutschen  Bnndesiage.  Von  dem 
Heransgeber  Dr.  Weifs.    S.  3  —  45. 

Nachdem  der  Verf.  den  Art.  16,  der  deutschen  ßun- 
-desakte  in  Ansehung  der  Gieidisteliung  der  christlichen 


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ReUgionspartheieo  in  dem  Qemme  der  bOrgerlicheD  iiiid 

politischen  Rechte  erörtert  und  auseinandergesetzt,  geht 
er  über  zur  eigentlichen  Beantwortung  der  Frage.  Er 
zählt  die  Nachtheile  auf  I  welche  die  Beorgaaisalion  eines, 
€hrpus  EvmgeUcümm  erseuge,  besondere  weon  das-, 
edbe  die  Beatlminung  erhalten  sollte,  nicht  bIo$  als  Re- 
präsentation der  evangelischen  Kirche  nach  aufsen  hin 
zu  erscheinen,  sondern  auch  als  Einheitspunkt  der  in- 
nern  kirchlichen  Angelegenheiten  zu  dienen ;  denn  da, 
die  Episcopalreohte  der  Landesherren  auf  der  Verieir. 
bang!!  der  evaDgeliaeheo Geoieiodeo  bemhen,  so  würde' 
die  Uebertragung  dieser  Rechte  auf  ein  besonderes  Corr 
pus  nur  mit  Einwüligung  jener  möglich,  also  davon  be- 
dingt  sejn,  dafs  diesem  Corpus  gleichförmige  Rechte 
hinsichtiich  der  einzelnen  Landeskirchen  überlassen  wQr- 
den. '  Diese  Gleichftanigkeit  eey  aber  der  localen  Ver« 
schledenheit  wegen  nicht  mAglicb.  Sollte  hingegen  dai 
Corpus  Evangeh  nur  einen  Einheitspunkt  für  die  evan- 
gelischen Kirchen  —  der  katholischen  Kirche  und  den 
kathol.  Bundesfürsten  gegenüber  —  bilden,  so  würde 
Avch.dadnrch  keine  grdfsere  rechtliche  Befugnifo  gcp; 
bildet  werden  können,  weil  die  bürgerliche  und  p^Ur. 
tische  Verbesserung  der  evangelischen  Unterthanen  katht 
Landesherrn,  im  Falle  der  Art.  16.  der  B.  A.  noch  nicht 
erfüllt  wäre,  wohl  nicht  von  dem  Corpus  Evang.  aus- 
gehen könnte.  Die  der  evangelischen  Kirche  nöthigfin. 
i^nrichtungen  könoteii  so  gut  ohne  als  mit  der  Bildung 
eines  solchen  Corpus  Evang.  ins  Leben  treten.  Der 
Verf.  zeigt  nun  die  Entstehung  des  Corpus  Evang.  im 
16ten  Jabrh.  und  weist  dessen  Zweck  nach,  sowie  dessen 
Aufhören  mit  der  Auflösung  des  deutschen  Reiches, 
weswegen  die  Wiederherstellung  nur  auf  einem  speciellen 
Rechtsgrnnde  beruhen  könne,  der  aber  weder  als  be- 
sonderer Vertrag  noch  als  Bundesgesetz  zu  erweisen 
wäre.  —  Diese  Darstellung  des  Ideenganges  des  Verfs.,^ 
beweist,  dafs  derselbe  seine  Aufgabe  richtig  aufgefafsti. 
mit  Lebendigkeit  durchdacht  und  mit  Klarheit  undDeu^T» 
UcUieit  ^durchgeführt  bat.  > 


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Weil«,  Archiv  der  KircliearecliUwiMejMeliall.  Sit 


IL  Erdriening  der  Frage:  Kaon  die  Augsbur- 
gisehe  Confessioo  von  der  eTangelisch  *  In* 
Iherischen  Kirche  abgeindert  oder  aufgeho- 
ben werden,  und  welche  Wirkung^  würde  eine 
solche  Abänderung  oder  Aufliebung  hervor- 
bringen? Vom  fiLBaier«  Uofr.  und  Prof.  Dr.  Grand- 
ler. &  46— er. 

Der  Verf.  bejaht  diese  Frage  nach  den  Geseteen , 

welche  zur  Zeit  des  deutscheu  Reiches  galten ,  nach 
der  Rheinbundesakte  und  nach  dem  Art  16.  der  deut- 
schen Buadesaktei  bestimmt  jedoch  2  Ausnahmen  und 
swar 

1)  wemi  eine  Kirche  anter  der  ausdrücklichen  Be« 
dbguiig  der  Beibehahung  ihres  Sjrmbols  im  Staate  auf- 
genommen wäre,  und 

2)  wenn  nach  der  Constitution  ausdrücklich  nur  3 
christlichen  Giaubensconfessionen  gleiche  Rechte  ein- 

Kriumt  wären,  wie  im  Königreiche  Baiern;  In  diesem 
ille  soll  es,  wenn  eine^von  den  8  angegebenen  Kirchen 
zu  einer  andern  christli{  hen  Kirche  übertritt,  insbesou- 
dere  die  evan|2rensch  ~  lutherische  Kirche  ihr  Glaubens- 
bekenntnifs  ändert,  vom  Staate  abhängen ,  ob  er  sie  dul- 
den, oder  welche  Rechte  er  ihr  einräumen  will.  Dabei 
wird  aber ,  als  angeblich  nicht  hieher  gehörig ,  die 
Frage  nicht  erörtert :  ob  solche  abweichende  Bestim- 
mungen, dureh  welche  die  Freiheit^ der  Unterthanen 
beschränkt  wird,  in  einer  Verfassungsurkunde  gemacht 
werclen  können? 

Ree  ist  hier  in 'Ansehung  der  zweiten  Ausnahme 
eiaer  andern  Mtetnung,  und  zwar  mit  folgender  Unter- 
scheid ungf  :  entweder 

a)  tritt  eine  der  3  christlichen  Kirchen  zu  einer 
aadern  in  der  Art  über,  dafs  sie  das  Glaube nsbekeootnil^ 
diejenigen  Kirche,  zu  welcher  sie  übertritt,  geradesBu* 
<Alie  aUe  Aenderung  annimmt  Dadurch  hört  die  über- 
tötende  Kirche  auf ,  eine  eigne  selbstständige  moralische' 
Person  zu  seyn ,  sie  hört  auf,  zu  existiren ,  und  die 
Glieder  dieser  übertretenden  Kirche  werden  Mitglieder 


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9tB'  WeiCi»  Archiv  der  üircketirccliUwifieiitcliail« 

der  andern  Kirebe,  erwerben  durch  ihren  Uebertriti 
alle  jene  Rechte ,  w^elche  den  M itgliedero  dieser  Kirdie 
zustehen,  and  der  Staat  hat  keine  rechtliehe  Befug^nifs, 
sie  von  der  Ausübung"  irgend  eines  Rechte^,  welches  den 
Mitgliedern  der  Kirche  zukommt,  wozu  sie  übergetreten 
sind.,  auszuschliefsen.  Ob  dieser  Ueberiritt  auf  eiamal, 
Ton  sämmtlichen  Gliedern,  oder  Yon  Eänseliien  nnr  nach 
und  nach  g'eschehe,  darauf  kommt  nichts  an.  Die  iber- 
tretende Kirche,  aU  nicht  mehr  existirend,  bedarf  keiner 
Rechte.  Oder 

h)  eine  der  3  angegebenen  Kirciien  tritt  zu  einer 
andern  in  der  Art  über,  dafs  jede  der  beiden  Kirchen 
ihr  Glanbensbefcenntnifs  ändert,  oiid>  kwar  so,  dafs  jede 
▼on  der  andern  etwas  aniiiimmt,  ohne  jedoch  etwas  fest-; ' 
zusetzen  in  dem  Glaubensbekenntnisse,  was  bisher  weder 
in  der  einen  noch  der  andern  Kirche  angenommen  war, 
wie  dies  bei  der  Vereiuigung  der  evangelisch  -  lutheri* 
sehen  and  refbrmirten  Kirehen  in  einzelnen  dentsehen' 
Staaten  der  Fall  war.  Geht  man  von  der  Ansicht,  weUlii^" 
Ree.  für  die  allein  richtigehält,  aus,  dafe  den  3  christ^"- 
lichen  Confessionen  darum  die  Gleichheit  der  Rechte 
gestattet  wurde,  weil  die  Symbola  dieser  Kirchen  nichts 
dem  Staate  schädliebes  enthidten,  und  dafs  der  Staat 
doTcb  die  frfthere  Anerkennung  der  Kivdien  und  'die 
EinHtamung  von  Rechtcir  dieses  anedviekiieh  erUiit' 
habe,  so  scheint  unter  der  obigen  Voraussetzung ,  dflAi* 
nämlich  in  das  Glaubensbekenntnifs  nichts  aufgenenunen 
werde ,  was  nicht  das  Glaubensbekenntnifs  der  floen 
oder  andern  Kirche  schon  enthielt,  eiM  Vereinigung 
^der  beiden  Kirchen  fmm  Staate  weder  gehindert  werds#» 
zu  können,  noch  der  Staat  die  Befugnifs  zu  haben,  der' 
entstehenden  Kirche  weniger  Rechte  einzuräumen,  als 
eine  oder  die  andere  bisher  hatte.  Denn  der  Staat  findet 
in  denn  Glaubensbekenntnisse  keine  Lehre,  ,  weiche  er* 
bisiier  entweder  In  dem  Symtiolum  der  erugeHschei» 
oder  refomirten  Kirche  nicht  gefunden  und  aneikuHil ' 
hat ,  und  wollte  er  wegen  irgend  einer  Lehre  die  Anei^>- 
kennuog  versagen,  so  könate  immer  aachgewiese^wesden^V' 


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I 


W«!!«»  Arcliiv  4w  KirchenreditewiMeiucluifti  ttltf 

difs  diäte  Lehre  der  evangelisehen  oder  refemiirtetf  ' 
Kircbe  geweMn  und  yom  Siaele  gebilligt -eey.  Odei 

c)  bei  (1er  Vereinigung  der  beiden  Kirchen  werden 
Deoe,  bis  jetzt  iu  dem  Glaubensbekenntnisse  keiner  der 
Kirchen  enthaltene  Lehren  in  das  S^mbolum^  anfge* 
oommen.  In  diesem  einzigen  Falle  scheint  es  Toni 
Staate  abzuhängen ,  weiche  Rechte  er  der  neuen  Kirche 
einräumen  wolle,  weil  das  Glaubensbekenntnifs  dieser 
Kirche  Lehren  darstellt  und  verbreitet,  welche  die  äan- 
ctlon  des  Staates  nicht  erhalten  haben. 

III.  Bemerkungen  über  das  Verfahren 
kath*  Geistlichen  bei  Einholung  kirchlicher 
DiAp^BSationeo,  vpa  solchen  Ehejiinderiilfi-^ 
tea,  deren  Oaiiejrn  auph  dem  Beiehtstnhie 
bekannt  ist  Von  Dr.  Uihlein.  S.  68  — 1&  Der 
Verf.  zeigt  das  von  den  kath,  Geistlichen  beobachtete  . 
unzweckmäfsige  Verfahren  und  schlägt  vor,  entweder 
d^ffarrem  die  Befugnils  einzuräumen,  selbst  zu  di^ 
pmr^a  in  solchen  Fäileo  und  bloa  die  Anzeige.,  ras 
Keanlnifa  des  Bischofs  «n  bringen,  oder  die  Gesetze 
d^r  benannten  Fälle  ganz  aufzuheben  >  wie  schon  viel- 
f4€|^  der  Wunsch  geäufsert  ipiurde. 

'IV.  lieber  die  Gegenwart  des  Pfarreve 
bei  Ab«chliefittng  einer  Ehe.        — 10T.  Nadl-' 

dem  der  Verf.  die  absolute  Nothwendigkeit  der  Gegen- 
wart des  Pfarrers  als  eines  Zeu'gen  zur  Gültigkeit  der 
£bedftrg«thaB,  nntersncht  er  die  nöthigenfilgeaschafteii 
leiielb^ft:  der  Pfairrer  nämlich  seil  der  etme  Pfarrer 
w  Sraiitleule  sejn ,  ab  welcher  nttr  der  Pfarrer  dei 
Wohnsitzes  angesehen  werden  kann;  ob  er  aber  Priester 
sey,  oder  nicht,  ob  die  Gegenwart  zufällig,  erzwun- 
gen, freiwillig  oder  durch  List  herbeigeführt  sey,  dar- 
aaf  kooinie  nichts  an«  In  Ansehung  der  Excommnni-- 
OftlioQ  und  Suspension  des  Pfarrers  wird  distinguirt 
SoUiefslich  wird  noch  Rücksicht  fi:enommen  auf  den  - 
all,  wo  die  Brautleute  eine  Ehe  schliefsen  vor  einem  ' 
Pfarrer,  der  einer  andern  Kirche  angehörl.  —  Gleich^ 


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sam  zur  ErgäiizuDg  will  Ree.  noch  nachiräglicli  der 
Ehe ,  welche  eine  y  früher  dem  geistüchen  Stande  der 
'  KathoUken  aogehdrende ,  Person  mit  einer  KatholikiD 
eingeht,  erwähnen.    Denn  dafii  ein  kath«  Geistlicher} 
eo  lange  er  der  kath.  Kirche  angehört,  ohne  erlangle 
Dispensation  eine  auch  von  den  Katholiken  anerkannte 
göltige  Ehe  abschliefsen  könne,  wird  katholischer  Seits 
allgemein  verneint;  aber  die  hier  zu  berücksichtigende 
Frage  ist  eigentlich  diese:  ob  ein  kath«  Geistlicher,  der 
als  Mitglied  der  evangelischen  Kirche  sich  anftaehmeo 
Mfst  und  eine  Katholikin  heirathen  will ,  verlange»  kaun, 
dafs  der  Pfarrer  der  Braut  bei  AbschHefsung  der  Ehe 
assistire?    Bekanntlich  ist  es  Ansicht  der  kath.  Theo- 
logen, dafs  wegen  des  choraQier  mdehbilis  der  Weihe 
der  -kath.  Geistliche ,  selbst  wenn  er  der  kath.  Kir<äke 
nicht  mehr  angehöre,  gültig  eine  Ehe  nicht  abschlieAea 
könne.    Eine  kurze   und   bündige  Widerlegung  findet 
sich  in  Kopp  „die  katholische  Kirche  im  19.  Jahrhan- 
derte,'*  8.270  u.  fgde,  weswegen  von  Seiten  der  kath. 
Geisdichen  auch  die  Assistens  verwdgert  ^ii^d.  /  Da  der 
Brftntigam  der  evangelischen  Kirche  sogethan  isl,'*«e 
wird  der  Abschliefsung  der  Ehe  vor  dem  protestantischen 
Pfarrer  kein  Hindernifs  im  Wege  stehen.    Allein  wetin 
die  Braut  zu  ihrer  Gewissensberuhigung,  nachdem  sie 
schon  von  dem  protestant.  Pfarrer  getraut  ist,  auch  idie 
Vornahme'  der  Trauung  von  dem  kath.  Geistlichen  rtt^ 
langt,  so  entsteht  die  Frage:  kann  diesem  letzten  solche 
aufgetragen  werden?  ~  Dafs  ein  solcher  Auftrag  voa 
Seiten  eines  kath.  Bischof  es  nicht  erfolgen  wird,  läffit 
sich  denken,  ob  abet  nuch  nicht  von  Seiten  des  Staates t 
darüber  ist  nach  den  bisher  bekanpton  Fällen  die  Piwli 
der  denfschen  Staaten  verschieden.  •  ' 

(Ver  B€9ehlujt  fol^t.) 


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1V.56.   HEIfifiLa  JAHRB.  o.  LITERATUR,  im 


Weif 8,  Archio  der  KirchemreehiäWinaenschafL 

■ 

«  (Beschlu/a. }  ■» 

In  dem  Grofsherzog-tliume  Baden  wurde  auf  die 
Bitte  eines  zur  evangeli&iclien  Kirche  übergeg^angeiieii 

iJndi«  Geistlichen,  dafs  »eine  mit  eioer  Kathpiikia  Yor 

.4ein  protest  Pfarrer  schon  geschlossene  Ehe  auch  durch 
einen  kath.  Geistlichen  eingesegnet  werde,  von  dem  Mi« 
nisterium  des  Innern  Kath.  Kirchensection  folgender  Be- 
schlufs  vom  1^.  October  1826.  No.  1 1317.  an  das  kath. 

ij^^rraml  erlassen:  „dafs,  wenn  die  kath.Braat  des  N.N. 
seine .  nunmehrige  Parochiana  zu  ihrer  Gewissensbe- 

^rahiguDg  auch  von  ihrem  Geistlichen  getraut  oder  prie- 
steriich  eingesegnet  zu  werden  verlangt,  ....  die  Ehe 
rüu  catholico  unverwei^erlich  einzusegnen  sey"  Ist 
Ree.  gleichwohl  in  der  Hauptsache  mit  dem  Beschlüsse' 
f^^nverstanden  f  so  steht  er  sich  doch  yeranlafst,  folgendes 
jn  bemerken :  Wenn  die  Ehe  schon  vor  dem  e?angeli" 
«schen  Pfarrer  abgeschlossen  war,  so  war  sie  gültig  and 
bedurfte  nicht  mehr  der  Einsegnung  von  Seiten  des  kath. 

■  Pfarrers,  welche  selbst  nach  kath.  Grundsätzen  zur  Gül- 
tigkeit der  Ehe  nicht  noth wendig  ist,  wie  mit  Angabe 
Utern  und  neuern  Literatur  in  den  Heidelberger 
«Ahrbdchern  -v.  J.  1830.  8.  8T8  n.  fgde  bereits  dargethan 

.wurde.  Die  befohlene  Wiederholung  der  Einsegnung 
¥0n  dem  kath.  Pfarrer  kann  nur  den  Wahn  befördern 
Vod  unterhalten ,  als  sey  eine  Ehe,  vor  dem  protestant 

ir Murramte  abgeschlossen,  für  den  kath.  Theil  nicht  bin* 
dend.  Wurde  hiernach  in  dem  vorliegenden  Falle  ^twas 
Sntbefarliches  angeordnet,  was  nicht  einmal  das  Concil« 
Trident.  zor  Gültigkeit  verlangt,  so  kommt  noch  beson- 
ders in  Betracht,  dafs  die  Einsegnung  ein  Ausflufs  der 
Weihe  ist,  und  dafs  in  dieser  Beziehung  dem  Staate  das 
Aeeht  nicht  zusteht,  Verf&gungen  direct  an  die  Pfarrer 

XXiy.  Jahrs-  9.  Heft.  56 


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81^         IMIii»  JktMt  im  KjWwOTdrtiwiimii^li. 


zu  erlassen,  da  nur  allein  der  Bi^hof  die  Befugnirs  hat,, 
in  Ansehung  der  Weilien  ,  als  eines  rein  geistlichen  Ge-. 
genstaiides ,  Anordnungen  zu  treffen.  Solche  Aaord-* 
quDgen  führen  leicht  Collieionen  nwischen  Staat  nod 
Kirche  herbei. 

Wenn  es  dag^egen  Observanz  oder  ausdrückliches' 
Gesetz  des  Staates  ist,  wie  z.  B.  im  Königreiche  Sachseir' 
und  Grol^hierzogthum  Sachsen-Wefniar ,  dafe  der  t*ßiri'<Sf 
der  Braut  hei  gemischter  Ehe  assistire,  so  dürfte  wohl 
die  richtige  Ansicht  i^eyn.  dafs  auch  ein  zur  evangeli- 
schen Kirche  übergegangener  Geistliche,  der  eine  Ka- 
tholikin ehelicht,  die  Assistienz  des  kalh*  Pfarrers  bei 
Ab^chlieFsung  der  Ehe  verlangen  kann,  weil  der  Brläd-" 
gam  als  Protestant  und  aufser  der  kath.  Kirche  lebend, 
nicht  mehr  an  die  Öeobachfung  der  Gesetze  der  letzterft'"  i 
gebunden  sej^u  kann.    Wollte  hier  der  kath.  Pfarrer  die  | 
Assistenz  verweigern,  so  könnte  er  allerdings  dazu  vöd  ! 
Seiten  des  Staates  angehalten  werden,  aber  nur,  daft  ^  | 
die  Erklärung  der  Einwilligung  der  beiden  BräntteHt^  ; 
in  Gegenwart  von  2  oder  3  Zeugen  vor  sich  ausspre- 
chen lasse,  was  allein  zur  Gültigkeit  der  Ehe  nothweio- 
dig  ist 

V.  Bemerkungen  über  die  religiöse  Ein- 
ziehung  der  Kinder   aus  gemischtefl    Ehen.  | 
&  108  — 124.     Diese  Bemerkungen  sind,  verzüglich 
gegen  die  von  Geb.  Rtith  Mitterlnaier  in  Elvert  The^ 
mis  ausgesprochene  Ansicht :  keine  Veifträge  lintei^  den 
Ehegatten  über  die  religiöse  Erziehung  der  Kinder  zn 
gestatten,   gerichtet.    Dafs  durch  die  Errtdltung  der 
Verträge  vorzüglich  der  Einflufs  und  die  Einwirkung«. 
-der  Geistlichen  entfernt  wird,  läftt  «ich  liioht  ta  Abrefb; 
itelleb^   Wie  sehr  aker  von  Seiten  der  katk  KiltAe  «k^* 
Jiin  gewiriit  wird,  derselben  so  viele  Mitgliedf^r  zu  veir^ 
schaffen,  als  möglich ,  davon  liefert  der  Beschlufs  des 
Erzbischöfiichen  General   Vicariates  zu  Freiburg  vom 
6.  März  1830.  No.  1186.  den  Beweis,  wo  es  heMst: 
Auch  ist  €9  des  Seelsorgers  heilige  Pfliohtt  Am  JMmr^ 


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^eil^,  AichiT  iler  KircbenrechUwiiteotcbaft. 

Itfchen  Thefle  des  Brautpaares,  jedoch  ohne  alle  Zo- 
dfio^lichkeit  9  auf  liebevolle  uud  beiehreode  Art  zu  Ge« 
.wmm  cu  reden  /  dafär  besorgt  zu  seyn,  dafs  die  in  der 
sa  Bchliefseodea  Bhe  zu  hoffenden  Kinder  in  der  kalh. 
IMiglofl  enogeo  werden;  wenn  dnher  der  Brfintigam 
katholischer  Religion  seyn  sollte,  so  habe  das  Pfarramt 
nach  Möglichkeit  zu  verhindern  zu  suchen,  dafs 
äber  die  iLeiigieaaerziehnng  der  JLinder  ein  Ehevertrag 
gcsckloM»  werde ,  indem ,  wenn  nicht  durch  einen  £he- 
veitrag  eine  andere  Religiooeerziehnng  bedingt  wird^ 
sämmtliche  Kinder  nach  dem  Gesetze  in  der  Religion 
des  Vaters  erzogen  werden  müssen;  sollte  aber  die  Braut 
kath.  Confessiou  seyn,  so  habe  das  Pfarramt  dahin  zu 
wirken,  dafs  Ter  Schließung  der  Ehe  durch  einen  vor 
dam  Grofeherxogl.  Amt^riaorate  na  errichtenden  Ehe- 
wtrag  wo-  möglich  die  katli.  Religionsersiehung  aller 
ihrer  zu  hoffenden  Kinder  oder  doch  weaigsteas  ihres. 
Goscbleclita  ausbedii^t  werde." 

Ree.  glaubt  diesen  Worten  nichts  Weiteres  bei fii gen 
zu  dOrfeu,  da  die  Sache  für  sich  selbst  zu  deutlich 
spricht  und  das  System  zu  erkennen  giebt ,  welches  der 
luith.  Brzbischof  befolgt.  Ob  die  Grofsherzogl.  Regie* 
lUi^  Ton  die§em  Ansschreiben  Kenninifs  hat  oder  nicht, 
ist  unbekannt;  soTiel  aber  ist  unläugbar,  daft  sie  Rennt- 
nits  haben  könnte  und  sollte,  und  dafs  es  ihr  Pflicht 
ist,  jede  verlnndende  Kraft  dieser  Verfügung  zu  beneh- 
men. Das  Oberaufsichtsrecht,  ne  detrimentum  capiat 
n^UpaAliC^ß  ficbeint  nicht  besonders  exercirt  zu  werden. 

VL  Giebt  es  eine  sogenannte  freiwillig. 
priTnÜT'e  Variation?  Beawtwortet  von  Oberland- 
g«ielHle-AsMMr  1>r.  Verjnefcren.  &  MS  —  18& 
DtrVerF.  beetralet  die  Ton  Dr.  Li  pperi  in  der  Schrift: 
)} Versuch  einer  historisch- dogmatischen  Entwickluriöf  der 
Lehre  vom  Patronate,"  S.  112  — 125.  aufgestellte  Be- 
hauptung, dafe  der  Peiron  die  Befilgnifs  habe,  unter 
gl^riichir  Anfliebnpg  und  ReToostien  der  firaheren  Prä-' 
MMlMi<db  neaee  Ad^ect  gieedMaai  als  eieles  in  Vor- 


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884  Weira,  Archiv  der  KirchenrediUwiii^Bteiiftfi. 

schlag  zu  bringen,  so  dafs  der  Kirchenobere  nunmehr 
an  dieses  eine  gebunden  wird,  und  jede  Berücksichtig 
gung  des  zuerst  Vorgeschlagenen  deiüselben  entzogeo 
ist.  Keiner  von  den  beiden  Vertlieidigern  der  einander 
gerade  eotgegengesetzteil  Meinungen  kann  ein  poMtivee 
Gesetz  fftr  sich  anführen ,  nur  da&  die  von  Dr.  VermehrliB. 
yertheidigte  Ansicht  von  der  Praxis  unterstOtzl  wiiA 
Die  in  §.  6.  noch  geäufserte  Bedenklichkeit  scheint  nicht 
so  grofses  Gewicht  zu  verdienen  ,  als  der  V^erf.  darauf 
legt.  Denn  dafs  eine  Variation  nur  so  lange  stattfinden 
Icönne,  als  der  Präsentirte  vom  Bischof  noch  nichl  tal^ 
stituirt  ist,  verstellt- sich  wohl  von  seihst. 

VU.  Bemerkungen  Aber  den  laddesberrllL 
cfhen  Tischtitel  der  kath.  Priester  iö  W^«k 
temberg.  Von  Prof.  Dr.  C.  Scheurlen.  S.  13X3. 
146.  Der  Veif.  versucht  unter  historischer  Entwicklung^ 
des  Tischtitels  den  §.  81.  der  Verfassungsurkunde  mit 
dem  §.  28.  der  Verordnung  vom  30.  Januar  1830,  welche 
letzte  in  allen  Staaten  der  Oberrheinischen  Kirchenprci- 
vinz  Gesetzeskraft  hat,  zu  vereinigen,  und  die  ^"wQ 
Jeder  Bestimmung  darzustellen.  Das 'Resultat  fsif^Är 
Tischtitel  hafte  ohne  Rücksicht,  ob  das  Amt  des  Ordi- 
nirten  mit  einem  Beneficium  verbun  ien  war  oder  nicht, 
ftlr  alle  Fälle  der  unverscliuldeten  Dienstunfahigkeit , 
und  sey  basirt  auf  den  Intercalarfond;  dagegen  habe  der 
Staat  die  Sorge  für  die  Reichuog  des  LebensunterhaK 
'filr  solche  Geistliche,  welche  durch  ihr  Vi 
''ihres  Amtes  verlustig  geworden  sind ,  ohne  mi 
dem  Stande  der  Ordinirten  auszutreten ,  durch  die  Ver- 
fassungsurkunde übernommen.  —  Hieraus  ist  zu  ertli*- 
'hen,  dafs  die  König!.  Würtembergische  Regierung  *Äe 
kath.  Geistlichen  mit  gröfserer  Liberalität  behandelt,  lüs 
irgend  Einen  der  Staatsdiener,  weiche  durch lrg«Mi#«^ 
Tersehisn  die  Entsetzung  vom'  Ainf^^lridi^^Mfiy^MM 
haben.  Ob  aber  diese  Liberalität  nidrt  '(fMM^^ 
'fragen  wird ,  die  Kahl  der  unsittlichen  GeislAyi^li^^ 
vermehren ,  wird  die  Zuknnft  lehren.  Hat  ja  doch  die 
ältere  Kirche  die  Geistlichen,  welche 'dHrQjli^^|i^||||^ 


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Weifi,  AttiblT.ihir  KirdMncechUwUseiuchaft.  .881^ 

gehen  sich  ihres  .Vintes  iinwur4ii^  gemacht  hatten,  ge- 
radezu eutlassea,  ohne  sie  ferner  zu  alituentireii ;  warum 
viU  amn  jetzt  dkea  übrigen  Mitgliedern  des  Staates  die 
IrfWtuibilrden,  solche  unwürdige  Subjecte  au  ernähren? 
ÜB  dirfte  allerdings  aaf  dem  nächsten  Landtage  in  Be- 
rücksichtigung der  Rechte  der  übrigen  Staatsangehörigen 
eine  Abänderun&f  des  der  Ver&ssuogsurkunde  wüa- 

^schanswerth  se^n. 

Aufser  diesen  Abhandinngen  enthält  dieser  2teBand 
weit^  8. 161 — 286.  ein  Veraeichnifs  der  neuesten  ^kir- 
cbenrechtlichen  Schriften,  Recension^n  und  Nachwei- 
snngen  der  Recensionen  in  andern  Zeitschriften,  worüber 
Ree.  sich  auf  das  oben  schon  Angegebene  bezieht.  Von 
S.  234  —  294.  werden  Verordnungen  des  Erzbistbums 
foeiburg,  der  Bisthümer  Rottenbnrg«  Limburg  und 
Ifaiaz  geliefert.  Hier  kann  Ree.  der  Frage  sich  mcht 
enthalten:  ob  die  Verordnungen  der  evangelischen  Kirclie 
ausgeschlossen  sind  ?  Denn  es  ist  niclit  glaublich ,  dals 
solche  binnen  eines  Jahres  nicht  erschienen  sejn  sollen. 
Unter  den  Miscellen  befindet  sich  S.  295  —  303.  eine 
.statistische  Uebersicht  der  Einwohner  Europas  nach 
rVerschledenheit  des  religiiisen  Glaubens,  mit  Benter'- 
kungen.  Dabei  glaubt  Ree.  den  Herausgeber  darauf 
aufmerksam  machen  zu  dürfen,  flafs,  wenn  später  so iclve 
Uebersichten  wieder  aufgenoniroen  werden  sollen ,  die- 
eelben  nuc  kurz  vor  dem  Drucke  gearbeitet  werden  kon* 
Jien,  um  die  neuesten  Nachrichten  an  benütaen.  Denn 
der  hier  gelieferten  Ueberbicht  scheinen  die  Schriften 
vom  Jahre  1831.  nicht  zur  Quelle  g^edient  zu  haben.  — 
Dann  folgt  ein  Schreiben  des  Dr.  Rettig  an  Prof.  Dr. 
:JM[arittt  in  Jena  wegen  der  Herausgabe  des  Corpus 
.fum  emumieif  und  Nachricht  Ober  die  Fnndation  der 
iJnlhoL  theologischen .  Facultat  au  Giesen.  0en  Schlufs 
macht  ein  Sach*  .und  ^amen  -  Register  der  beiden 
.JBände. 

Ohngeachtet  Ree«  über  mnige  Punkte  dieser  Zeit- 
.Schrift  miiabiUigend  aich  auflgesprochen ,  ao  kanp  ,er 
dqoli  daa^  UBternefamen  des  Herausgehers. . nur  loben, 


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886  Moltaar^a  ftitfievlimidiMleft. 

und  gesteht  ohne  Rückhalt,  dal^  doreh  dieses  Archiv 
emem  längst  gefühlten  Bedürfnisse  abgeholfen  wurde. 
M6ga  dftnuh  der  Herausgeber  »icht  ertndden ,  l^i  9e\^ 
nem  Streben  haeh  dem  BomeFo  dteeem  Ardiim  jene  Bin^^ 
richtnng  m  geben,  welche  er  Ar  iHe  BuredmiTsigste 
hält  Die  übernommene  Mühe  lohnt  das  Anerkeuntnifs 
des  Verdienstes,  welches  er  sich  um  die  Cnhivirung  der 
Kirchenrechtswissenschaft  erwirbt,  und  dna  Benmfiii'' 
■eyn,  nach  dem  Guten  fetlrebl  an  heben. 

J^ipzig  bti  MuguH  F»i  s  Dia  KiH4€rkramih9i$0m  (,)  n^eh  49» 
neuesten  AnBtektvn  und  Erfßhrunffen  9um  Vntenrkikt  fiir 
prakiiBeht  Amte  und  siim  GeUraneke  füv  academigehe  VwUtun^ 
ftMfMref  CO  «^0»  tHedHth  Ludwig  M0if9ner(»)  Dwtotdisr 
dicht,  Ckimtgia  und  O^nrHkWfe ,  aemdenUtohtm  MmMMMMii» 
ä»  naturfontkmtdm  Qutikchmft  und  dtt  ÜtiiiBrfiiiihie  Smk/M 
mu  I^dpzig  vrdmtUfikBm  MitgUade.  Sti$n  Üftfitl.  XFJ  44ß  Sf 
Zweiter  TAeA.  if' u.  m  S,  gr.  8.  18S&  (Prvii  7  fl«  U  kf« 
oder  4  Rthlr.). 

♦ 

Niohi  einem  weeenüichen  Bedflefniaie  in  der  litet 
Tstnr  woihn  der  Hr.  Verf.  dnroh  diesee  Werk  nbhetfens 

sondern  er  hält  die  Herausgabe  desselben  nicht  für  über« 
flüssig,  weil  es  manche  Eig'enthüuilichkeit  enthalte.  Die 
Haapteigenthfimltchkeit  soll  nun  die  seuiy  daOs  es  die 
bei  den  Schrifttetellern  über  die  GebUir  ye^nnchlässigte 
{jiieratnr  in  eich  aufaehme,  und  nehit  eigenen  BrfiilH 
rnngen  die  Beobachtnngian  und  Ansichten  Anderer 
theile.  ~  Hiernach  hätte  Ree.  eine  Literärgeschichte 
der  Kinderkrankheiten  wenigstens  im  Umrisse  erwartet; 
Aliein  diese  such^  man  Tergebens.  Der  Hr.  Veal,  tmi 
vwar  die  Ansichten  eimelner,  nnmal  nenerer  AnteveB  ge* 
naner  und  umslindlicher,  als  eeine  Vergänger  angeAbflf 
aber  die  Literatur  nicht  in  dem  Umfange  benutzt,  wie 
man  nach  der  Vorrede  hätte  hoffen  können,  und  nicht 
der  Art,  dafs  dies  ein  Beweggrund  hätte  werden  kenn 
nen ,  ein  zwei  Bände  dickes  Buch  zu  schr«benk>  Sin 
Sohrift  nelbst  ist  nar  eine»  iseitl«ttfige.  AneMinai|r-  ^ 


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d«  Verfe.  Illtem  Thoite  der  Forschungen  des  nenn- 
sehnten  Jahrhunderts  im  Gebiete  der  Geburishülfe ,  der 
Frauenzimmer-  Und  KiaderkrMikhaileii.  Selbst  der  Name 
des  Werkes  ist  nichiaett;  soadern  von  Henke,  Wendi 
«nt  Jdpg.  ^mikbuif  ubA  fände  Ineri»  etood  »i  er«> 
«wten,  mn  aeaer,  mehr  mmMeliefUieher  Weg 
"eingeschlagen  werde.  Hätte  der  Hr.  Verf.  auf  eine  ge- 
Bsne  anatomi<;che  und  physiolog;ische  Erörterung  des 
kindiiehen  Organismus  in  seinen  £ntwickebingsperiodea 
und  ftberhaupt  in  eUen  setneo  VethiltBiiseii  Ach  einge^ 
Iwen,  ea  hätte  flieh  ihm  eine  andere  Bahn  geSShet 
HinsiehlHch  der  Darstellung  der  einzelnen  Krankheiten 
mofs  Ree.  bedauern,  dafs  sehr  häuiig  die  Beschreibung 
der  Symptome  und  des  Verlaufs  nicht  deutlich  ^  und  dafs 
besonders  die  Diagnose  nicht  aeharf  genug  ang^eben 
in  -Dia  HeUaweigeii  diid  mdsieag  gtti,  voUatilndig  imd 
adl  vieler  Umflicht  beirbeilet;  dagegen  iel  mkht  mit 
gleicher  Umsicht  jedeitD  einzelnen  Mittel  ^eiu  rechter 
Platz  angewiesen. 

Um  das  Gesagte  näher  zu  begründen,  will  Rea 
4m»  Gaage  des  Hrn.  Verfiii  folgen ;  er  Iniin  sieh  aber 
aar  widiügeii  PaalMi  aaf.  eine  «fthere  Amafüiaiiag 
flaiassMi ,  weil  sonst  die  GroDBea  einer  Reoansieitt  iliev^ 
schritten  werden  möfsteü. 

Einleitung.  Von  den  Kinderkrankheiten  ' 
im  Ali|»eaieln«D.  Der  Hr.  Verf.  beginnt,  wie  vor 
äm  Jdvg,  waii  den  Krankhettea  des  Fotl^  Die  hier 
Hegendea  Schwierigkeiten  besondeas  fai  Benig  auf  Dia«> 
gttose  und  Therapie  einsehend,  glaubt  er,  durch  vsr«- 
nüi^ge  Analogie  und  physiologische  Gründe  versuchte 
Aufechlüsse  über  dnnkle  Vorgänge  in  der  Natur  müfstea 
jedem  Anste  willkomnieii  sein.  Wie  wenig  uns  diese 
fijfflhsiaiea  für  dieDiagnose  «ad  Therapie  geafital  halian,  * 
itt  belmot;  Ar  die  physiologische  Ps^elogie  aind  flr 
die  Staat&arzneikunde  entspringt  eher  ein  Gewinnst  dar- 
aaa  —  "Hierauf  wird  von  den  Gefahren  für  das  Kiinl 
wätirend  der  Geburt  gesprochen  und  dann  das  Kind  von 
des  Qehisi.  Ihb  aar  PnbeHit  betaachtet  Mit  (lenke  sihil 


1 

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866  MeiJbiite*»  KitfdtorkrMUiiiiBn. 

der  Hr.  Verf.  diejenigea  Krankheiten  noch  deo  Kiinler*^ 
'krankheiten  bei,  die  durch  die  kindliche  Org^anisatioji» 
und  dorch  die  verschiedenen  Entwickelung8|iroce8se  SAü^x 
difieationen,  sumal.  hitisichlltch  der  Therapeatik  eiliri>». 
den  s.  B.  die  aottieo  Bicantheme  u»e.  —  Ohne  iripnA 
einen  Zusammenhang  reiht  sich  nun  hieran  eine  Episode 
Über  die  Sterblichkeit  und  die  Ursachen  der  Häufigkeit  * 
derseibeo  an,  warin  treffliche  Winke  gegeben  werden.  — 
Die  hier  angehängte  Literatur  könnte  sehr  irervoibtai^- 
digt  werden,  nicht  einmal  eines  Rhazea,  Bennert, 
Banohin  U.A.  geschieht  BrwfihtHtng,  eelbtt  neuere, 
z.  B.  Lebreton,  Auteiu  ieth,  Gölis  u.  A.  sind  nicht 
genannt. 

I.  Diätetische   Behandlung   des  JLindas. 
^von  der  Befruchtang  an.   Dteaelbe  fillU ,  ao  lang»' 
das  Kind  im.  Mntterleibe  ist',  natariich  mil  de«  Bdunri** 

lung  der  Schwangern  zusammen.  Bei  der  diätetischen 
Behandlung  der  Neugebornen  hätte  der  Hr.  Verf.  auf 

.  das  unvorsichtige  Abwaschen  des  KäseschleiuDus  der  Kin- 
der, auf  dessen  hohe  physiologische  Bedeutung  aufinerk*- 
aam  machen  mteen.  Wie  häufig  wird  das  ungeaeli^kle^* 
gewaltsame  Abreiben  dieser  kisiehten  Materie  UisaA« 
der  verschiedensten  Krankheiten  der  Neugebornen;  weil 
man  die  grofse  Wichtigkeit,  welche  diese  Materie  Tdr 
das  aeugeborne  Kind  hat,  nicht  gehörig  zu  wiirdigea 
,    weifs,  und  meint,  dieser  fette  Schleim  müsse  wie  ein' 

*  Schmutn  weggewischt  .werden!   IL  Ueber  die  Wahl- 
der  Ammen   und  das  kfinstlieiie  Auffüttern- 
der Kinder  ohne  Mutter  brüst.    Zwar  nicht  neu, 
aber  gut  und  vollständig.     III.  Ueber  die  physi- 
sche Erziehung  der  Kinder  in  den  eraten^Le- 
behsjahren.    Gut,  aber  nicht  gedrängl  gaiHig^ ,  Die 
•Literatur  hflite  durch  die  -  Schrifken  Ton  Kosiiuky, 
Raulin,  William  Mofs,  le  Boy  vervollständigt  wer* 
den  können.     IV.  Ei genthümiiche  Organisation 
des  kindlichen  Körpers.  DasBekannte.  V.  Ueber» 
die  n0thwendige  Beachtung  der.  EntwioJLe«^ 
Inngsprocesse  im  KindesaUer  to^d  Snitnu  d«a 


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Mtfifmer'«  iiiaderkrankhaiten, 


Arztes.  Hier  dringt  der  Hr.  Verf.  nicht  in  die  Tiefe 
d«r  Procefise  ein.  Bei  d«r  LUetalnr  wird  n«r  Heeke 
fettunrt;  Hopfenf ftrtner  und  Oslander  hätten 
meht  übersehen  werden  dürfen.    Ueberhnvpt  Ist  von  mm 

an  die  Arbeit  nicht  so  reichlich  mit  Literatur  versehen, 
wie  man  nach  der  Vorrede  hätte  hoffen  sollen.  VI. 
Ueber  noch  einige  bei  Behandlung  der  Kin- 
derkrankheiten wohl  SV  berficksichtigende 
Regeln.   Diese  suid  wohl  Ell  .beheodgen. 

'  1.  Abtheilung.  Ueber  die  Krankheiten 
des  Fötus  im  Mutterleibe  und  der  (die)  Mög- 
lichkeit ihnen  vorzubeugen  oder  sie  zu  hei- 
len. Nachdem  der  Hn  Verf.  Hufeland's  Abhandlung 
Iber  ftdiologie  «od  Therapie  der  Krankhrilen  des  Fötos 
siaer  Kritik  unterworfen,  nnd  besonders  das  von  deni"* 
selben  angenommene  Versehen  mit  leeren  Gründen,  wie  * 
Jörg,  dem  er  gar  gern  folgt,  bestritten  hat,  erfahren 
vir  in  des  weitschweifigen  Abhandlung  nichts  weiter, 
ib  daft  man  die  Krankheiten  des  Fotos  eigentlich  doch 
nifdit  diagnostidren  nnd  demnach  anoh  nicht  Ibratlich 
behandeln  könne^  Mangel  an  Raum,  Nahmng  nnd  Oxy- 
gen  (dies  Wörtchen  spielt  bei  Jörg  und  Meifsner  eine 
grofse  Rolle)  sind  die  Hauptbedingnng-en  zum  Erkranken 
dts  Fötus.  Die  Abnormitäten  des  Chorion,  Amnion, 
dm  Sßbafwnsiers ,  Nabelstrangs  s.  f.  sind  hier  angeg»- 
bsn,  «od  nietet  folgen  die  Miftbildungen  bnnischeckig 
durcheinandergeworfen.  Hier  sind  die  neuesten  For» 
schungen  woni^  [jenatzt. 

-  II«  Abtheiiung.  Ueber  diejenigen  Krank- 
heile  d  '  und  Verletzungen,  denen  der  Fötos 
wihrond^der  Geburt  ausgesetst  ist  Die  Kftme 
iil-hier  sehr  za  billigen ,  da  dieser  Gegenstand  in  der 
Geburtshülfe  gründlich  erledigt  wird. 

Iii.  Abtheilung.  Ueber  diejenigen  Krank- 
heiten, welche  nach  der  Geburt  des  Kindes 
eiu'  Gegenstand  der  ärztlichen  Behandlung 
wosjdeu.  .idf)  Erste  Periode.  Von  der  Gebort  bis 
mm  Durchbruch  der  Ifilchzähna    1.  Schein»  ' 


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.890 


M«i£Hier'«  KinderkraiUdicitMi. 


lod  der  Neugebornen.  Der  Hr.  Verf.  fuhrt  die 
beiden  Artea  von  Scheintod  (Aäphyxia  upofHeetica  el 
igfimpfileo)  aik  Aber  leider!  erlnilen  wir  oieltft  eiap 
•Irenge  IMagooee.  Gkins  mibenwtet  blieb  Wigfaod'j 
treffliche  Abhandlung  des  Scheintodes  (vergl.  J.  H.  Wir 
gan  d  ,  die  Geburt  des  Menschen  ,  2ter  Band  S,  56T 
u.  8.  f.)*  2)  Sehwäche  der  Neugeborneo.  .ft) 
Kopff  eecbwnlel  der  Neugebpmen  (eapmi  am^ 
eedaneum).  Der  Hr.  Verfl  bilt  ele  ffet  eiee Menplte 
AoscbweMung  (?).  4)  Ko'pfblutgesehwolstY'^c- 
chymoma  capitis).  Diese  Abhandlung- ist  theilwewe 
befriedigend;  die  Diagnose  ist  nach  Nägele  besonders 
giiland  genau  angegebeiK  Avch  Hr.  M  eifeaer  beobach- 
tete, wie  frfther  Fieeh  er,,  eitle  Kopf  blelgeepbwiit  Beek 
dner  Fttfegebnrt  6)  Angeborne  Verechiiersiiaif 
des  Mastdarms.  Die  in  Wlirzburg  erschienenen  DiSf 
sertationen  von  Schäfer  und  Lop  er  unbenutzt 
geblieben.  Angeberne  Vepschiieisuiig  der 
fibirigeD  «JitQrlichen  Oeffntingen  (Impmwf^ 
nmH^nem).  Ilie  Vereohliefeiiiig^  dev  Angealiederv  «hp 
Obren,  derlfaeenlAcher,  der  Lippen,  derHemrMirev  di» 
Muttermundes,  der  Scheide  und  der  äufseren  Genitalien 
sind  hier  gut  bearbeitet.  7)  Abnorme  Biidung  der 
Sunge.  Die  angewachsene  Zunge;  der  Vorfall 
der  2«ii|fe.'  8)  Bie  Frdiehlein-*  Geiehwetei 
9)  Verw«cbee»e  nad  ftberafthtlg«  Pinger  md 
Fufszeh  en.  Um  der  so  leicht  wieder  erfolgenden  Ver- 
wachsung der  durch  Operation  getrennten  i'lnger  und  Ze- 
hen vorzubeugen ,  räth  der  Hr.  Verf  zuerst  eleea  JBinstich 
In  die  ebnerme  Heut,  so  tief  als  die  Trennung  geechebee 
eoUf  m  Biecben,  «od  deen  eioee  bleiemeo  Ring  dnreb  diflie 
Oeflmiiig  Sil  ftiebeii,  m  eie  ausheilen  tm  Ummm,  *  lit-die 
Ausheilung  gelungen,  so  wird  von  diesem  Punkte  au» 
der  Schnitt  nach  vorn  durch  die  ganze  abooruie  Ver- 
bindung geführt.  Nach  der  Operatie>n  wird  ein  die 
Finger  oder  Zehen  anseioandeirhaUeiBdei  Verbind  mg^' 
legt  10}  Gespaltenee  Rickgraiy  Wa«MraMfct 
dee  lUIckgrete  (%dna  hydmrkaMii^.  Mr 


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m 

Meiftner'«  iLUderkninktieiicii«  mi 

abgehandelt    Dai's  stets  ein  liakiiger  Tod  er* 
folge,  wenn  die  HaUwifti«!  gfelipalten  8^en,  wt  nkdrt 
iMll%.   Rm.  kaanl  ein  Mali^rifM  Kiacl  mk  ijjfid»« 
eemiealh.  AnfiMir  tob  Attlej  Coaper 

uod  Laboüiie  wurde  die  EntSeerung  der  Geschiniulftt 
durch  feine  Einstiche  auch  von  Burdaoh  mit  günsti-^ 
fMQ  fkMge  gemacht.    11)  Angeb^me  Verkrfim« 
M  das  iL#rp«ri.-  IS)  Auf  ebovsa  Brück« 
(h^imiae).    a)  Hlrsbrsch.    BieMr  healeh*  oaeh 
dem  Hrn.  Verf.  in  dem  Hervordringen  eines  Theils  des 
Gehirns  samtnt  seinen  Häuten  durch  ein  vvidernatfirliches 
iaeiueiii  der  Kopf  knochen  befimUiohes  Loch  ii.aw.  Aiioh 
kibr  Qigaad  der  Nähte  und  Fontanellen  {tift  «r  wai^* 
iH^.ilMiM^  ünpoiie»,  ohgWoii  acboa aellepag,  derKra^ 
hMh  niii  'VaraGheiB.^-»*-  OhM  waHwc  Stektttapr  wM  . 
aUo  hier  die  alle  Lehre  wieder  au%eni>inmen.   Es  düifte 
^em  Hrii.  Verf.  sehr  schwer  halten,  einen  einzigen  Fall 
HB  Mirsbntoh  nach  der  obigen  Bestimmung  evident 
«chinmuen;  den  gmnde       ffbe  HinMuA%  9mg^ 
giAaMi  RlUn  warn  nnoli  nllea  UnutiiidaB  und 
laaleu  keine  Hirnbrüche;  sondern  waren,  wie  Nägel« 
(mgl.  Hafeland's  Journal  Bd.  54.  Stück  5.)  klar  nach^ 
^wiesen  hat,  Kopfblutgeschwölste,  so  der  le  Dran'sche, 
der  Trew'sche,  der  IXftharding'sahe  und  der  von  Ca^ar. 
«liiolil  mi^allMaia  Fnü    Die  nach  dar  RapaaMoa 
iMrtliaii  zu  antaiaobeiihiBdaOeflaaBg  nod  dar  k&dcharna' 
Rand  derselben  in  der  Milte  des  Knochens  hat  der  Hr. 
Verf.  wahrsck«  inli(  It  nur  am  Schreibtische  wahrgenoni^ 
ineni    4)  Oer  Nabelbruch,    c)  Leisten^  nnd 
ftadtemacikiirsoh.  Gut.  IS)  H e rabstai|^aa  dar- 
lladait»aiao.b  der  Gabart;    14)  Harabaachwar** 
den   der    Rinder«     16)  Anaeli walle ng  der 
Br^  s  t  e     bei     N  e  u  g  e  b  o  i  ii  e  n.     16)  Gelbsucht 
der  Neufi-ebornen.    Der  Hr.  Verf.  führt  viele  An- 
tiahtaa  Anderer  auf,  ohne  sich  £iir  die  eina  adar  andara 
tw  urHiraa     19)  Ai-e  Aeae  der  Neuga&ernea 
(Erysipelms  me^^natMum),    Der  Hr»  Vei£  er- 
wähnt hier  jiicht  des  Erythems,  welqhea  so  häufig  bald 


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I 

892  MeUfOer't  Kitidcrkrankheiton.  ' 


nach  dem  Waschen  und  Baden  der  Kinder  beobachtet 
imird,  and  welches  auf  dem  unzettig^en,  widernatürlictiea  . 
Abreiben  des  KlodtscUeims  beruht.  18)  Verhärtung 
des  Zellgewebes.    Dieses  Kapitel,  wie  «ich  dsi 
vorige ,  ist  mit  labras werthem  FlMibe  md  mit  bessis- 
derer  Berücksichtigung  der  neueren  Leistungen  bear- 
beitet   Nicht  blos  Wendt  glaubt,  ilais  bei  neuen  l  osea- 
artigen  Entsilodu ngen  mit  hochgesteigerier  Diatbesis iu^te  ' 
Umschläge  mit  Vortheil  •  assttwenden  seieo ;  siHidei»  | 
darüber  hat  sich  frtther  schon  J.  J.  Reofti  ausgesprs*  | 
eben  7  und  die  kalten  Umschläge  öfter  in  bolchen  Fälleo  : 
angeH'audt.    Bei  Zellgewebverhärtung  will  der  Hr.  Verf.  i 
Aur  bei  Verdacht  auf  iSg/philia  Mercurialia  gebraucht  j 
wissen.    Ree.  würde,  aaoh  ohiie  Rftekmeht  auf  Si^pMSti, 
SaUiimtbider  aiiwendeo     Casper,  Heyfeidsv, 
Andry,  Bruni,  Gölis,  Pafeita  u,  A*  wolleo  Hs»* 
lung  der  Induratio  telae  cellulosae  gesehen  habea, 
weshalb  W^endt's  Ausspruch,  als  sei  dieselbe  unheil- 
bar, als  Machtapruch  erscheinen  niiils.    19)  Syphilis 
der  Neageboroen.   Beschreibattg  nod  BehaasUaiig  ; 
«ehr  ansfilhvlich.  Mit  Recht  wird  eine  Ansteokmig  «ik»  ' 
rend  der  Schwangefsehaft^ geleugnet.    20)  S  c  Ii  w  ä  m  nt- 
eben  der  Neugeboruen  (Aphthae),    Die  Be- 
schreibung könnte  vollständiger  seyn.    Die  bösartigen 
Schwämmchen  sind  nur  oberfläehUch  berührt.    Die  tai** 
figste  Ursache  der  Botstehnag  der  Apht^,  4n  «fliH 
derbliehe  Abreiben  des  Sehleims  im  Mwide  gleich  mih 
der  Geburt ,   i^i  ganz  uiibei  iicksichtigt  geblieben.  — ' 
Der  Aphthen,  die  zur  Zeit  der  Zahnperiode  so  häufige 
xumal  bei  ohne  Muttermilch  aufgefutterten  Kiodera  sicä 
seigeii,  tiod  «eh  üb^r  den  ganse»  Darmeaiial  vetbreiM, 
wodurdi  sdir  erscb^pfeode  DurühflUe  veraalaftt  wer- 
den ,  gesdiieht  an  keliier  Stelle  des  Werks  Erwähnung. 
21)  Augenlieder-    und   Augen-En  tzündun^ 
(Ophthalmia    neonatorum).    Dies  Kapitel  ist 
sehr  fleifsig  bearbeitet.  ~  Auch  diese  Entzündang  wild 
sehr  häufig  dadarch  venuilarst,  da£»  der  die  Augen  mih 
klebeide  and  gegen  das  rasdie  ESadriagett'deSfUolü 


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■eUiner  s  KioderliniuktKiiteii.  89ft 

schüteende  Sehleim  von  den  Augeoliedern  gewaltsam 
abgewascheD  wird.    Die  Dissertationen  von  Gdts  usd 
,8«6inft Sil  fliad  nicht  beoHtst.  28)  Die  blaue  Krank- 
heil  (CymnoBis)*   Die  yerschiedenen  Ansiohlen  der 

Aerzte  sind  fieifsig  zusammeng-estellt.    Nicht  erwähnt 
ist,  dafs  Kinder  mitunter  hiaiisi'uhtig-  geboren  werden. 
Bieser  Fall  wird  sehr  leicht  mit  A82)hijxiu  apoplectwa 
mwechsdt,  und  ist  toq  dieser  hauptsächUch  «iadurch 
n  nnlerschelden,  daCs  bei  anhaltend  fortdanernder  Blfiue 
der  Hant  die  Nabelschnur  pulsirt.  28)  Hasenscharte. 
24)  V  e  r  dauu  ngsbesch  werden  der  Neugeb orl 
aen  —  Blähungen,  Kolik,   Verstopfung,  Durchfall, 
BrbreeheiK    25)  AtrophtQ  infantum.  Unbeachtet 
-Hieben  die  Abhandlungen  von  Chr.  Fried.  Ohndea 
ttid  von  Joh.  Val.  Chuden.   26)  OaBirm-^  et  En- 
terom  a  la  cia.    Das  Bekannte.    Unbenützt  blieb  Zel- 
ler's  Dissertation  und  die  von  Fels.    27)  Blutb're- 
ehen.    28)  Die  chronischen  Hautkrankheiten« 
«)  Wandsein.    Nicht  bemerkt  ist,  dafs  die  zu  grofse 
Sorgfalt  der  Aerate  und  Hebanmien  Ar  Retnlichkeit, 
4,  ki  das  rohe  Abreiben  und  Abspülen  dtes  ffir  Sdiinnls  ^ 
^halten en  Kindsschleimes,  die  häufigste  Ursache  des 
Wundwerdens  der  IVeugebornen  ist     6)  Mitesser. 
c)  Pemphigus   neona  t  orum.    Ree.  sah  solche 
Blasen  von  der  Grdfse  eines  Tanbeneies  und  noch  grdfsen 
•ÄfiT  Hr.  Verf.  bestimmt  dieselbe  von  der  GrdÜM  einer 
Erbse  bis  zu  der  einer  Haselnufs.    d)  Gneis  (tinea 
recens    nntorum  ),     c)  "M  i  Ichbo  r  ke   f  ernst  a 
lactea  et  serpiginosa).    Zu  voreilig  verwirft  der 
Hr.  Verf.  die  allgemein,  zumal  von  Althof,  Sti^ck  und 
Jahn  empfohlene  herb*  jac^ae.    Recht  gute  Dienste 
'Müel  als  Getränk  eine  Verbindung  der  rad,  Sa99aparUL 
mit  herb,  jaceae  im  Decocto  -  Inf  usum  mit  Zucker  ver- 
'fiöfst.     /)  Das  Friesel.    g)  Hitzblätterchen. 
'Beide  sind  ,  wie  sie  hier  angegeben  werden ,  eine  und 
^dieselbe  -Krankheit,  viFelciie  man  gewöhnlich  mit  dem 
Namen  „SdrwitBfrieseP'  beneicbnet   A)  Nässen  der 
'flaut.     Wenn  der  Hr.  Verf.  bezweifelt ,  dafs  dnrch 


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.  Melfkiiei«  Kiiiil«itoii[kli«Heir. 

schnelles  UnterdrOckea  des  Nässens  hinter  den  Oim# 
Augeoentzündung  entstehen  lp5nne,  so  kaaa  ihm  dieser 
Zweifel  durch  die  Praxis  leicht  |;ehobea  werden.  2Sijf 
Bt«  krampf h«f teo  KrttBkhteitsfarmen  b«i£i»^ 
dern  (SpBsmt  neMm%^rum).  «)  Der  Kintt« 
backenkrampf  der  Neugebornen  ist  sehr  obciflüch- 
Uch  abgemacht;  die  aeuerea  Beobachtungen  und  Seciio- 
nien  sind  nicht  bedtekriebtigt.  Die  Abbandilii^eii  vob 
Gk  O.  AekemMm,  N«ttb«ok,  Pii.  Vi.  Brnmumuk  kil^ 
im  beiivtcl  wer4en  tnfteseii;  anfiMrdMi  «loiie^  giikf  B«i« 
träge  in  der  Salzburger  med.  Chirurg.  Zeitung  1818.  uad 
1819  u.  s.  f.  6)  Die  i  n  n er en  K  ränip f  e ;  c)  Coo- 
TaJsioueti  und  Epilepsie;  d)  Tetanus  neo- 
natorum. Bbenfalls  m  kiin  80)  -Das  krank««' 
hafte  ZaliD^s.  Km  nnd  gat»  Ree  kann  da«  gßan 
stigen  BrfMg  de«  Dardischtteidefia  des  Zakallciiohif- 
durch  2  Fälle  bestätigen.  Die  Convul^iooen  lieisea -sa* 
gleich  nach,  und  die  Kinder  wurdea  geretiet. 

Zweiter   T  h  e  i  J.    iL  Zweite  Periode. 
V&m  tlaai  fii-acli«i«eto  dter  Biilcliailiaa  b»t;i 
an«  lieeadiflfie«  ZaJmw^cheeL   1)  Kra«kh«t»r 
ten  tler  Verd au  u  ngs  Werkzeuge.  Eine  gute  Cooi*> 
pilatton.     2)  Eingeweidewürmer.    Der  Hr.  Ver£ 
zweifelt  &a  einer  eigeothikBÜGben  Wurmkraekheit. 
Bnteü nduog«an  ianvrer  Organe   da«  kiad»-» 
lialiea  OrgaJiisaiua.   Mit  ekMr  daraiMwi  ntehtsM*- 
geadea  IMuitiM  der  BaMadung  begiant  ^ekia  allge-' 
Betrachtung'  über  diese  und  ihre  Behandlung« 
worin  besonders  die  Angabe  der  für  den  Kinderarzt  ^ 
wichtigen,  objecdven  Zeickea  au«  daa  Hauptz^gea  dif  - 
Gepiekte  dpr  Kiader  Dank  verdieat  Haaaiif  ^MffW  d«li 
baaioeheekig  darebauMuridei|[|ieararfiBa  die  BaikfladaagMi« 
eiaaselner  Theiie.    Reine  Phiogosen  stehen  aebeu  Neura^ 
phiogosen  and  sogar  neben  Hydropsien,  wie  die  kwi->' 
säbluag  der  einaelnen  unter  der  Aul»rik  JBiatzündungeii 
a«%efiihrtefi  Kraakheitsformaa  a^en  wkd.    J.  la  ^sni 
Bmsth^lila:  a)  Paa*<|Miatf tarnte  ei  iPlimri^ 
tUf  b)  CariitU  in  furtum.    Sehr  gv^ausgeaNv 


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MiiiltaMr'i  irirtiitimtliriliiir  «H 

beUet,  zumalletztere,  W<^bei  Puchelt'S  Abhandlung  fleis- 
mg  benutzt  wurd^.  B.ln  der  Bauchhöhle:  c)  Pe- 
ritönitis;        Enteritis ;  t)  Hepatitis.  Eben- 
faklB  fUft.     C.  Halseotvuoduilgea;    f)  Angina 
aerosm  fancium  «1  a»^4Ma  l#ii««*4/ari«.  Ha- 
iliiltot'9  SrflMttder  B^kmMkkdu^  ist  btir  fairs  g^cdaohi) 
md  das  «irtle  Atadimn  deikelben  gaM  ttHrri^anged.  NkM 
mit  einem  den  Aphthen  Ähnlichen ,  weiften  Flecke  fangt 
cKese Krankheit  an;  somleni  sie  begtünt  als  erysipelatÖse 
Entzündung,  g)  Angina .meinbranac ea^  Croup^ 
Eine  Aeifsige  Coippilatfon.    Eine  g-enaue  Diagnose  fehlt 
hm,  Ivie  fast  öbevali)  in  Buohe*   Jurioe'i  Uateiflclm«^* 
fliMif  eiaeir  LmryngHU  «iid  'TrmüUUh  ^xamiMua  («Mit 
ivM  der  Hr.  Vmrf.  sagt:  ^yharyngitm  «tfd  'JBNNi^Mlil»'*^ 
ist  allerdings  von  giolser  Wkhtijnjkeit ,  und  es  fehlt  ikr 
uicht  der  praktische  Nutzen,  ^vie  Hr.  Meifsner  meint. 
Gleich  im  Beginne  und  dann  im  ganzen  Verlaufe  haben 
beide  etwas  EigeHthümlichleflk    Laryngitis  tritt  plötsiioh 
Mtf,  Yerliiifl  Viel  ««{Md^srji  d^  Toa  dee  Hwfleiii  tet 
gant  aoderi,  die  R^^ratimieliMAwerdtoB  md  -acluHi 
g^lelrih  WlB  Anflreleto  vl^i ärger,  die  BraUdningsaaftUc^ 
heftiger  (Royer-CoHurds   croup  aujjfocant)  y  als  bei 
Ttacheitis ,  die  gewöhfiHch  mit  catarrh^Ü^chen  Syiiipio- 
meu  beginnt^    Die  Laryngitis  metnbr.  for<1ert  von  Sei*" 
teil  des  Arztes  ein  i4eft  rascheres  Eingreifen,  als  die 
Ttachei$i$  m^ftr*         Sie  Behaadlafig  hat  der  Hr^  - 
Jfmt  «briglBiie  VeeM  gnt  'ebgegeben»   h)  P^rQi4t^^  • 
Mir  kfm.   P.  £«tc«lidHiigett  ain  Kopfei   i)  ify^ 
dre  cephalus.     Warum   der  Hr.  Verf.    niclU  die 
Ueberschrift:  ,f Encephalitis  infcaäiUs"  wählt,  ist  nicht 
einzusehen ,  besonders  da  es  eine  HirnentzündiHig  (auch 
biijyiidera)  ^ebt,  die  nkkt  in  wtoerige  Ansscihwic« 
i^kf'  dbergdbt    Der  «r)  H^^r^t  cepk^tu^  «ctitff# 
tatlintt  vM^' Flieift«  und  UrotlatiAdig  dargelegt;  dttoh  . 
dU (hindet^,  Brächet,  Senn,  Levratu.A.  nicht  benntcl. 
ß\Biydrocephalu8  chroui  cus  int  ernus  und 
yy  -e^ternus  kommen  hier,  wie  ein  Dcus  ex  ma^ 
chm0i^.  jmi&r,  die  Bntzüodiuigen.    Der  Hr.  Ver£  sagt 


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0Q>  Meiftner'a  lUiiilerltranUieiten. 

zwar  seihst  ,  sie  g-efiörten  nicht  hierher;  aber  Mrie  mochte 
er  sich  einen  solchen  Verstofs  gegen  die  Logik  zu  Schiit- 
den  kommen  lassen  ?  Mit  der  AbhandinDg  selbst  käse 
man  tufHeden  sein,  k)  Entsfindnng  des  Rficken^ 
marks.  Ganz  nach  Gölis.  1)  Otitis.  Gut.  Hier 
wird  Jedem  auffallea,  dal«»  die  myeliti»  unter  die  Kopf- 
entzündungen  rubricirt  ist.  4)  Die  krampfhaftea 
Krankheitsformen«  a)  jisthma  Millari;  h) 
•  Pertussis  (Keuchhusten).  Bei  an8ei;em  jetzi« 
gen  Stande  des  Wissens  ist  das  iber  das  Mlllar*sch0 
Asthma^  Gesagte  befriedigend.  Das  Asthma  thymicum 
konnte  der  Hr.  Verf.  noch  nicht  kennen.  —  Den  Keuch- 
htt^n  rechnet  Hr.  Meifsner  mit  Recht  zu  den  contp^ 
i^ösen  Krankheiten ;  allein  er  hat  das  Verhältnifs  üImmt; 
sehen,  in  welchem  derselbe  zu  den  acnten  Exanthesiiss, 
und  namentlich  zu  den  Masern  bteht.  Vor  nicht  lan- 
ger Zeit  war  in  dem  Wohnorte  des  Ree.  eine  Keuch- 
husten -  Epidemie  ausgebrochen ,  und  hatte  sich 
da  östlich  und.  westlich  verbreitet;  aliein  in  einem 
%  Stunde  nordwärts  gelegenen  Dorfe  herrschten  glot^ 
seitig  die  Masern  bösartigen  Charakters.  Kein  einzig« 
Kind  dieses  Dorfes  bekam  den  Keuchhusten ,  und  in 
des  Ree.  Wohnort  wurden  erst  mehrere  Monate  nach- 
her, nachdem  kein  Keuchhustenkranker  mehr  gefundsn 
Wurde,  die  Masern  und  aswar  ziemlich  gutartig  beu^ 
achtet  Erwachsene  Personen  werden  nicht  so  setteii» 
als  in  unsern  Lehrbüchern  steht,  vom  Keuchhusten  ger- 
plagt.  Hat  ihn  ein  Erwachsener  in  seiner  Kindheit  oicfat 
gehabt,  so  wird  er,  wenn  er  sich  dem  Contagium  aus- 
setzty  leicht  angesteckt  —  Bei  Angabe  der  verschie- 
denen M<»inungett  fiber  das  Wesen  dieser  Krankhfift  fai 
der  Hr.  Verf.  der  Ansicht  von'  Desrueltes  nicht  erwilmt 
Nicht  blos  Marcus ,  sondern  auch  Whatt  setzen  d^ 
Wesen  derselben  in  Entzündung  der  Bronchien.  — 

« 

*  1 


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N\&r  HEIDBLB.  JAHRa  o.  UTERATUR.  1831. 


M  eifaner*  9  Kinderkrankheiten^ 

(BeteAlif/fO 

Die  oft  erst  nach  vielen  Monaten  sich  zeigenden 
Whlimmen  Folgen  des  Keuchhustens  sind  fast  ganz  Über- 
lehen. Die  gelind  antiphlogistische  Behandlung  darf 
äcbt  blos  auf  das  catarrhalische  Stadium  beschränkt 
'verdeD.  Sie  thnt  ooch  im  Vadium  cemndsivum  treff- 
Itche  Dienste.  Ree.  wendet  in  diesem  Stadium  kleine 
Chb'en  von  Brechweinstein,  vorzugsweise  aber  Salmiak 
mit  geringen  Dosen  von  Biisenkrautextract  mit  gutem 
Btfolge  an.    Den  grofsen  Ruf  der  Belladonna  Icann  er 

durch  seine  neobachlnngen  nicht  vermehren*  Siie 
iihit  Ihm  fasi  nie  beim  Renchhnsten  gute  Dienste.  — 
5)  Die  Scrophelkrankheit  er)  Scrophulöse  Ge- 
schwüre ;  b)  scrophulöse  Augenentzündung ;  c)  scro- 
phalöse  Entzündung  der  Nase;  d)  der  Kopfgrind  ;  e)  der 
jb^f;  /)  das  scrophuldse  Knochengeschwür  (apina 
*mioBa);  g)  die  weifte  Geschwulst,  Gliederschwamm 
(fmgu8  articulorutn).  Dafs  hier  ganz  verschiedenar- 
tige Dinge  zusammengeworfen ,  und  einzelne  Formen 
der  Scrophulosis  gar  nicht  beachtet  sind  ,  ist  auf  den 
eisten  Blick  ersichtlich  6)  Rhachitia.  Mit  Recht 
.^rd  der  Zweiwuchs  nicht  unter  die  Scrophutoaia,  wie 
Steinige  gethan  haben,  gesetzt.  Jener  beruht  gerade 
auf  dehn  entgegengesetzten  Processe.  Bei  Scrophulosh 
ist  die  Tendenz  zur  harten  Bildung,  bei  A/iacAilis  zur 
weichen  Bildung  vorherrschend. 

L  Q  Dritte  Periode.  Von  dem  beendigten 
Bahnwechsel  bis  zur  Pnberflt  Eine  tief  ein- 
greifende physiologische  Auseinandersetzung  dieser  Ent- 
wkelungsperiode  vermifst  man  sehr.  —  Mit  den  acuten 
Exanthemen  schliefst  hier  der  Verf.  sein  Werk.  Er 
Technet  hieher:   1)  Variolae;  2)  Variolae  vaccmae; 

XXIV.  Jahrg.  9.  Heft.  57' 


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899  f       ItfeiifliiQr's  KimlerkrfnkhijiUn. 


3)  rarioloides;  4)  Faricellae;  5)  Morbilli;  6)  Ru^ 
heolae ;  1)  Scarlaiina.  Allenthalben  nimmt  der  Hr. 
Verf.  ao ,  dafs  es  keine  sog^eqaaote  exaoüieinatisctie  Fie- 
ber ohne  Ausschlag  gebe.  Ree  sali  mehrmal  wShrend 
Scharlachepidemien  blofse  Aoeii|^i{  mit  Fieber,  und  bei 
einem  17jährigen  Mädchen  Hautabschuppung  folgen, 
ph«e  dafs  eine  Spur  von  Exanthem  «»eheD  war.  Der 
Form,  die  unter  derii  Namen  Chamäleon^  Scharlach'*' 
^ekanpt  ist ,  geschipj^t  keiner  Er^ähqung*  — '  ?u  \i  euig 
wird  ftber        Contagiuni  der  acuten  Exantheme 

Fassen  wir  nun  das  Gesäße  kurz  ««summen  ; 

ergiebt  sich,  dafs  das  Werk  rücksichtlich  ^iqer  praktiw 
^cheu  Brauchbarkeit  sich  neben  die  Werke  von  Ros^nr^ 
Stein,  Ja hc^,.  Fleisch,  Sch^ff^ir,  Pl^pH,  ^ienli^t,,' 
Feijer,  Jörg,  Wendt  luA.  stellen  l^nn  Ba^Gapiif 
i«t  dn^  %ifsig^  OuppiiatioD.   ^U<tiA  g^r^^  «^^ii  a^^i^ 

AirbifH      «m  ^m^m  B^xW^n  unaer^  Ze^^  -  ilppf 

thut  eine  streng  Wissenschaft  liehe  Bearbeitung  der  Ki«^ 
derkrankheiten ,  freilich  mit  allseitiger ,  gehörig  ge^jich* 
teter  Benutzung  alles  vorhandenea  Materials,  nacM  ^eo) 
li,eu.Mgeu  Standpunkte  unserer  Physiologie  und  Fali|h0it 
ipgie  Noth.  Eine  8i;^che  M^bt  ^jber  trotz  der  Ti^ll^ 
kMrz  a^f  ^ioander  e^gyhteBettw  lybii<Agr  afcn^mfidil^ 
VanUieilen  biß  jets^  wok  ^i«  phm  4i^^rim''¥  ^-Wk 
Spraclie  in  der  vorliegenden  Schrift  dürfte  gedrängt 
seyn.  Zu  einem  Vorlesebucb  isit  si^  wegen  ijhi^'ef.  swf 
grofseft  \Sfeitschweifigkeit  gar  nicht  zu.  gehrsmchen.  ^  ^lie 
yij^eAi  SionentsteMenden  Druifk{4|^f|i  mURfl^'l^f^ 
einer  sehir  naeUässige^  Conw^Wi      .       \  ^rVlMblf^ 


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von  OeMtaer,  UaiiAImicIi  fl«r  Mtttllttiik.  M 


JlMi^MeA  dtr  M4ekaltik  9m  Wf^mnit  i^4€ph  Ritter  toilk  ^b^ttn^r, 
h  k.  Omkmrniälraih  ä^^fgu^t»ti  mit  B$i»9ßg%%  Miri  netitHk- 

«K^iürAei»  CMUtiwfliMR  MriMAffi  imil  äerthugegt^  von  Fr  an  9^ 

Anton  Ritter  von  Geratner.  Erster  Bund.  Mechanik  fester 
Körper,  Mit  40  Kupfer t  afein ,  die  in  'einem  besondern  Hefte  bei- 
tagen,   f^Ag  ISai.  u.       S, '  gr,  4.  (Prei^  19  a.  1%  \r,}. 

'  PnUkMm  etiiil«  Mermil  den  ersteh,  fttr  Ach 

be8leliettit«lf ,  Tll«tl  eines  ^  rofteti  Werke« ,  tirelcbes  rief 

zu  berühmte  Namen  deiner  Verfassef  aufzuweisen  hat, 
sIs  dafs  ihm  nicht  ein  günstiges  Vorurtheil  vorausgehen 
a^lte,  altein  eine  nähere  Bekunnlachaft  mit  demselben 
fMhtfOMlgl  AtneB  nicht  ntir,  Bindern  zeigt  auch  bald; 
ilfti  Ato  We^k  i6Wohl  HIckirtchtlich  des  Reichthitm«  und 
derOediegenheit  Seines  Inhalts ,  als  auch  seiner  eleganten 
äufsern  Ausstattung  unter  die  Zierden  der  deutsche  Lite- 
raittr  gehört.  Ref.  liält  es  daher  für  Pflicht,  sowohl 
4«fl  ChiMkter  deMfÜNMi  hü  AUgemelnea  anziigebeti ,  alr 
«0eb  4tä  iaMt  d^r  «iAZelneii  Abtkeilangeii  täher  a«tf 
bcoeichneil,  damit  die  Leser  dieser  Zeitschrift  den  Reich-^ 
AaÄi  def  Stehen  Und  die  Art  der  Darstellung  kennen 
ietnea,^  nnd  durch  den  zwar  liohenr,  an  sich  aber  rück*' 
Mtfich  der  40  aelir  «aübereit  Kapfereafeln  in 
fm  FtoM  nir  mtHigm  Ft^  ridtt  abgehaUen  werdwv 
iHk  imM  itt  #d  t^eMTeh^r  Bezfehung  sehr  nUhlh 

chen  Werke  näher  vertraut  zu  machen,  da  <Jie  Kenntnif» 
der  praktfschen  iVIechanik  in  der  gegenwärtigen  Zeit  ausr 
Viele»  Mdki  hegr^fltoheti  GriMileiir  ¥or2itgawebi6  ter- 
kMMp  Ck  IMrteii  wfi^tlMl* 

vi^  Fr#fltf  ^Meph  ¥oif  ä^i^Stiteff,   durdh  «iM 

Wenge  znr  praktischen  Maschinenlehre  gehöriger  Ab- 
handlungen hirrfSrtgHch  bekannt,  war  der  Gründer  de« 
vorlrefftichen,  rekshiich  unterstützten,  technischen  In- 
flülalea  in  Prag,  wel<^hed  1801.  ertichtet  irarde,  und 
dMh  ehM  IMhMge  ckM-t  gefoiidefe^  iMhkundigei'  Schüler 
d*i<¥  Lande  stets  eiiW^i  reichfichen  Ersatz  für  die  anfge-* 
wandten  grofsen  Ko^^ten  darbrachte.  fn  einem  Zeit- 
tiimie  vöü  Z4f^ahren  zählte  von  Gerstner  über  2000' 
äMMer,  iM  dmiw  tid^  siclr  hn  Fächer  dcfef  StaSChiileit- 


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Mi  vttB  ClmMnev,  HMdbMh  der  ilsoliliBilr. 

baues  vortheilhaft  auszeich Deten.  Seine  Vorträge  waren 
insbesondere  so  eingerichtet,  dafs  sie  die  Theorie  jeder- 
Beil  mit  hinlänglich  bewährten  Erfahrungen  verbanden^ 
ein  gerade  hierbei  nothwendiges  ErforderniilB ,  wenn  die 
später  in  der  Anwendung  oft  sehr  bedentenden  Kestfln 
stets  neuer  Probt  u  vermieden  werden  sollen.  Eine  ge- 
nügende Tlieorie  miifs  nämlich  zwar  jederzeit  die  er- 
warteten liesultate  wirklich  geben,  aber  es  bleibt  immer 
fraglich  >  ob  dabei  alle  Bedingungen  berfiidiriphtigi  eindi 
die  sich  häufig  erst  in  der  Anwendung  zeigen »  und  ^ 
wäre  daher  eine  tadelnswertlie  Zuversicht ,  wenn  man  M 
verschmähen  wollte,  die  Ergebnisse  der  Erfahrung  zu- 
gleich mit  zu  benutzen.  Aus  jenen  Vorlesungen  ist  das 
yorliegende  Werk  hervorgegangen,  ein  Handbuch,  wo- 
iron  mit  Recht  in  der  Vorrede  gesagt  wird,  dals  jeder.?; 
mann,  der  dessen  bedarf,  sich  in  vorkommen- 
den Fällen  Raths  daraus  erholen  kann,  und 
welches  der  Vater  selbst  herauszugeben  sich  vorgesetzt 
hatte,  an  der  Ausführung  aber  durch  überhäufte  Ge- 
schäfte gehindert  wurde.  Der  Sohn,  Franz  Anton 
Ton  Gerstner,  realisirle  daher  dieses  Vorhaben,  r07 
sete  jedoch  vorher  in  den  Jahren  1822,  182T  und  1828« 
nach  England ,  um  das  dortige  Maschinenwesen  keunen 
zu  lernen,  was  wohl  ohne  Zweifei  die  beste  Schule  fiir 
die  pralitische  MechanilK  ist,  und  so  erhält  denn  ^ 
Publicum  hier  unter  andern  namentlich  sehr  genaue  und 
ins  Einzelne  gehende  Beschreibungen  vieler  grofser,  ttt 
England  ausgeführter  Kunstanlagen,  die  man  grörsieu- 
theils  nur  aus  sehr  kostbaren  englischen  Werken,  oder 
mitunter  sogar  minder  genau  durch  eigene  Ansicht*  ül 
Ort  und  Stelle  kennen  zu  lernen  yermag. 

In  dem  Torliegendeu  Bande  ist-die  Art  der  DaiilfP 
Jung  im  Ganzen  genommen  durchaus  praktisch ,  und  bei 
den  meisten  Aufgaben  sind  die  aufgestellten  Regeln  zti- 
gleich  mit  den  Resultaten  im  Grofsen  gemachter  firfah« 
mngen  verglichen.  Zugleich  yersteht  sich  von  settet, 
daHs  man  bei  diesen  Gegenständen  ohne  'Mafhematik  gtf 
nichts  auszurichten  vermag  ^  und  diesemnach  ist  anefe 


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r4»a  Gerftncr »  Uiuulltiicli  der  Jll«eliaiiik» 


das  Gauze  geoiuetriscil  behandelt,  jedoch  ist  der  Caicül 
iberall  eiofach ,  in  einigen  Fällen  sind  die  BntwickeluiH 
gen  der  Döthigea  Pormelii  4«reh  höhere  Analytis  onler 
imn  Texte  hinzu g^ef Ii ^t,  und  wo  man  clarch  ilie  letctera 

alleio  zu  <]en  gesuchten  Resultaten  gelangen  kann,  sind 
blos  (lie^e  in  den  Text  anfgenommen ,  um  dann  die  er- 
fonierlichen  AnwendiiDgen  davon  zu  machen* 

Der  erste  Band  enthält  die  Mechanik  fester  Korper, 

von  den  beiden  andern,  welche  in  den  Jahren  1831  und 
18^12.  bestimmt  erscheinen  sollen,  wird  der  eine  die  Me- 
chanik tropfbarer,  der  andere  die  der  elastischen  Klus- 
M||keiten,  jeder  etwa  von  gleichem  Umfange  als  der 
cfMe  enthalten. 

NrcH  einer  nur  12  Seiten  !ang"en  Einleitung,  worin 
die  allgemeinen  Begriüe  über  Kräfte,  Maschinen,  Be- 
^ftgmg  und  die  Verhilltnisse  swischen  der  Zeit ,  dem 
i^lkfthiaiifenen  Ranme  und  dem  erhalten^i  Nutzeffecte 
festgestellt  werden ,  handelt  das  erste  Capitel  bis  S.  72. 
von  den  thierischen  Kräften  und  ihrer  mechanischen  An- 
'  Wendung  sowohl  ohne  als  mit  Maschinen.  Nach  früheren 
Versuchen ,  namentlich  von  den  Gebrüdern  B e  r  n  o  u  1 1  i , 
die  mittlere  Kraft  eines  gewöhnlichen  Arbeiters 
angenommen,  die  mittlere  Geschwindigkeit 
c  =  2,5  Fufs  in  1  Secunde  und  die  mittlere  tägliche 
Arbeitszeit  t  =:  Ö  Stunden.    Hiernach  giebt  die  allge- 
Mne  Formel 

«-'(-t)('-t) 

marin  v  nnd  s  die  In  der  Anwendung  stattfindende  Ge-» 

schwindigkeit  und  Arbeitszeit  bezeichnen ,  die  wirkliche 
Kraftanwendung  eines  Arbeiters.  Es  ist  einleuchtend , 
dafs  diese  schon  von  Bougner  vorgeschlagene  Formel 
keine  glins  aligemeine  strenge  Anwendung  leidet ,  unter 
«■dem  aehon  deswegen ,  weil  y  s=  2c  oder  z  ä=  2t  fflr 
K  den  Werth  =  o  giebt ,  allein  man  kann  sagen ,  es 
«ey  dieses  ein  ähnlicher  Fall  als  beim  Mariotte'schen 
fiesetce,  welches  in  seinen  Extremen  unzulässig  ist. 


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flhrlgens  aber  die  mannichfach^ten  sichern  Anwendungen 
gestattet  Auf  gleiche  Weise  ist  in  Beziehung  a4iT  den 
Torliegenden  aUgemeinen  Ausdviick  des  KraümomeDtf^ 
eines  Arbeiters  Bichl  btos  ausgemtditV  dalh  ei«  eiaeker 
Mann  «Ikrdings  ISO  auf  herze  Zeil  eu  beben 'veraaig, 
wie  der  Verf.  auführt,  sondern  Ref.  hat  gesehen,  daft 
ein  solcher  sogar  380  bis  400  16.  auf  eine  nicht  hohe 
Xc^Ppe  hiuauftrug;  aHein  dennoch  ist  merkwlfrdig, 

ytßß  jgir  eime  nUgemeine  AQweDd^Heijt  dM«er  lS>miBl 
auf  cUe  geifröMiohan  Leislungee  der  ArbeiUer  hier  oKrik- 

gew\esen  wird.  Zunächst  geschieht  dieses  aiicb  iM  Be- 
ziehung auf  die  Leistungen  des  Militärs  auf  Märscbeo« 
M'obei  jedoch  k  früher  =  43  S^.,  jetzt  35^  gkkh 
ist ,  wäb^iiii4,  CiUr  einzelne  Tage  t  hie  91  odier  4  und  sogar 
&  8teig[t,  und  eß  wi^  mit  f^ht  b«Qmkt»  4eftL^  ftA- 
dski^n  füglich  fAr  mehr  als  tiiiiielfliia(i»ig  stark  gelten 
könneil,  so  dafs  man  bei  ihnen  k  allgemein  oder 
rz=3  35  setzen  darf.  Auf  aüen  Fqii.  zeigen  die  aagege^ 
benea  Berechnun|;ea»  vie  vieL  bei  auh^^eod^a  IVlIlrscbiQ 
TOQ  ibeeq  Yeiiaii^  werde«  keeo  vq4  unter  mL^chen  Bft^ 
dinguQgeii  ein  Nachfuhren  der  Armatur  erforderlich  iit 
Der  Nutzen  einer  genaueo  Kenntnifs  dieser  Gesetze  fällt 
von  selbst  in  die  Augen ,  und  die  Anwendbarkeit,  der 
Formel  ergiebt  sich  uqter  ajid^ro  euQh  daraus,  dafa  dii) 
mittlere  Ikr^/kK  k  ^ine^  Si^niaoiiea  aee  d^c  E«f«liEiii|g  nur 
22  w.  gefunden  wird ,  weil  ein  solcher  nicht  attf  hai^ 
geebneter  Bahn  geht.  Unter  mehreren  andern  werden 
Coulomb 's  bekannte  schätzbare  Erfahrungen  Ober 
Kraftäufserungen  der  Menschen  der  Formel  angepaüst, 
überhaupt  aber.  eij|d  tUe  verschiefleiiea' Jkelstmgen  «tor 
Arbeiter  so  TOllattniKgiJingegebeBY  deftt  maa-mribtlsMit 
etwae  vennMe»  'wird ,  Indem  ohnehin  eine  Anweadvnf 
auf  die  nicht  ausdrücklich  erwähnten,  z.B.  l>e im  Ziehen 
der  Rammklötze  und  beim^Rudern  aus  dem  Mitgethoill«a 
leicht  entlehnt  werden  k^nimK  IVichi  unwichtig  iBt>4Üt 
6.  aa  befindKehe  Beaaerfcung,  4hil^  die  KxafüBfllreiigttag 
■ohr  durch  Gewoliohd)!  beAiiigt  wird,  wehshe»  muneoi* 
lieh  aMS  der  ungleichen  Art  der  Fortscbaffuugf  von  £«a^iH 


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ik  filauf  deiA  Kopfe,  auf  den  Sdhuit^rii  u.f,iIf.  und  4Mf 
i^^eiell  dabei  IhMi^en  Muaketn  hervörgeht   Vatet  dUi 

^dtenef^n  Art^n  gehart  die  vorti  Verf.  in  Lyon  heobach* 
tele,  nämlich  (!as  Traden  au  einer  um  die  Stirn  gelegten 
Gurt,  welches  Ref.  mit  Verwunderung  in  Edinburg 
(biohfalfst  gesehen  blt,  WO  ein  Träger  die  Hauptlast  M 
lia«f  Aber  die  Stirn  g{il«gten  Gnrt  tfnd  döch  tw^l  iMk€  ' 
Maftt^tsScke  unter  den  Armen  fortschleppte.  Ffir  Weibef 
wird  bei  c  2=  2,5  i  ufs  und  t  =  8  Stunden  k  =J  20  an- 
genommen, so  dafs  das  Verhältnifs  zwischen  ihnen  und 
Männern  =  20:25  oder  4:5  seyn  wttrde.  Endlich 
Betragen  2&  Osterreictlu^che  Pfunde  gerade  14  Ki|o- 
|ftim«(lä,  nnd  man' sieht  alsö,  dafi^  die  Kraft  der  Ar- 
beiter im  Crailzen  hoch  angenommen  wird. 

Bei  der  Untersuchung  der  Kraft  der  Thiere  ist  auf- 
fiAend,  dafa  dieselbe  beim  Pferde  weit  geringer  aoge- 
^mmen  wird,  als' bisher  allgemein  geschah,  ifämlicfi 

nur  zu  100  2^.  bei  einer  mittleren  Geschwin(li^koit  von 
4  P.  in  einer  Secunde  und  8  Stunden  tägliche  Arbeits- 
seit,  inzwischen  sind  die  hierfür  benutzten  Erfahrungen  * 
80  Sprechend,  dafs  maii  wohl  thun  wird,  beim  Baue  und' 
liei  der  Berechnung  des  Nützeffectes  von  Maschinen 
kinfiig  nicht  mehr  als  dieses  anzunehmen,  um  auf  die 
verlangten  Leistun^^en  mit  Sicherheit  rechnen  zu  können. 
Auch  hierfür  wird  die  oben  angegebene  Formel  benutzt, 

Welche  demnach  heifst  K  =:  100  (2  —        ^2  — 

iild  ergaben  hiernach  fotgmde  Erfabncogen  st^t 
Mi  aUgferrfornnM^n^n  ton  k  c=r  100  (in  nieder- 

österreichischen  Pfunden,  welche  0,56  Kilogramme  mit 
der  Bestimmung  des  Verfs.  nahe  übereinstimmend  be- 
jlragen),  k=:t94  ^.  und  100  5^.  nach  Poda,  101 
^tf6h  Nord  wall,  100       nach  Walcher,  182  und 
-'flnr  ^.  nädi  fifesaguliers.    Ref.  hielt  es  nicht  iVr 

fiberflüssig,  die  GiundbeStimnnuig  des  Verfs.  mit  einigen' 
atidern  vorzüglich  wichtigsten  Erfahrungen  ohne  ganz 
scharfe  Rechnung  nach  der  angegebenen   Formel  zu 

▼cirgleiehen^^  nhd  erhielt  das  merkwflrrdige  R^Miitar,  dafs 


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im  Mittel  aus  Bruuacci  s  Beobachtungen,  wean  für 
ifie  Reibung  u.    w.  =     g-esetzt  wird,  gleichfalls  nahe 
geoau  100  öst.  Pfunde  hervorgehen.    Nach  der  mitt« 
leren  in  Eogland  üblichen  Annahme  werden  150  ^.  2^ 
engl.  Meilen  in  1  Stunde  bewegt,  weiches  8,4  F.  Ge* 
schwiadigkeit  in  1  See.  und  k  =103  ^.  mit  Smea- 
ton 's  Bestimmung  Qbereiostimmend  giebt.    Watt  setzt 
die  Pferdekraft  =  180  engl.  ^.  mit  3  Fufs  Geschwin- 
digkeit, und  80  giebt  diese  Gröfse  in  österreichischen 
Pfunden  gleichlalls  nur  104.    Hiemach  scheint  es  also 
am  räthlichsten ,  f&r  8  Stunden  Arbeitszeit  und  4  F.  Ge^ 
schwiudigkeit  in  einer  Secunde  50  Kilogramme  in  runder 
Zahl  als  Kraft  eines  mitteimärsigen  ,  nicht  schwache», 
Pferdes  anzunehmen.    £ine  Anwendung,   welche  der 
Verf.  auf  die  Leistungen  der  Cavallerie- Pferde  macht, 
ergiebt  k  =  130  ^.  bei  4,5  F.  Geschwindigkeit,  womit 
täglich  2  Meilen  zurückgelegt  werden ,  aber  bei  3  Meilen 
taglich  niüfste  schon  ein  Theil  des  Gepäckes  nachgefah- 
ren werden,  woraus  der  bekannte  Satz  folgt,  dafs  die. 
Infanterie  für  läügere>Zeit  grofsere  Ausdauer  gewährt  als 
die  Cavallerie.    Ree.  fürchtet  ihdefe  m  weitläuftig  s«/ 
werden,  wenn  er  den  Inhalt  der  folgenden  gchaltreichea 
Untersuchungen  über  die  zweckmäfsigste  Benutzung  der 
menschlichen  und  thierischen  Kräfte  ohne  Maschinen  , 
näher  angeben  wollte.    Die  einmal  aufgestellte  Form^ ; 
dient  hierbei  als  allgemeine  Norm,  indem  zugleich  die« 
verschiedensten  TOrkommenden  Bedingungen  gehörig 
berücksichtigt  werden,  und  um  den  Zweck  der  prakti*; 
sehen  Anwendung  nicht  aus  den  Augen  zu  verlieren,^ 
sind  zugleich  Tabellen  berechnet,  weiche  für . VoraOfT,! 
Schläge  die  erforderlichen  Zahlengrö&en  enthalten,  deDitt|- 
Benutzung  daher  namentlich  auch  bei  landwirthschaftU?  l 
eben  Unternehmungen  ^egen  das  gewöhnliche  Uebel 
sichert,  dafs  die  berechneten  Kosten  hinter  den  wirkli- 
chen meistens  bedeutend  zurückbleiben.  H 
Das  zweite  Kapitel  handelt,  von  der  Statik  und  deivli 
vortheilhaftesten  Anwendung  der.  thierischen  KiälW  M'*' 
einfachen  Maschinen.    £s  ist  uicht  unwichtig,  hier^$o-v' 


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▼OB  Ci«ntaier,  Bandbttch  der  MeclMiitk*  Mft 

I 

gltieli  die  allgenfieine  Bemerkung  hinzozungen ,  daf« 
bei  eilen  diesen  Untersnchungen  die  angegebene  Formel 

gleichfalls  zum  Gi  uude  gelegt  wird ,  wobei  es  sich  von 
selbst  versteht,  dafs  durch  Maschinen  in  der  Regel  au 
absolutem  Nutzefiecte  nicht  gewonnen  wird,  indem  aa  . 
Zeit  eben  so  viel  wieder  au%eht,  ab  an  Last  mbr  ge^ 
fördert  werden  kann ,  aus^nommen  wenn  das  eigentlich 
an  überwindende,  nimlich  das  Gewicht,  ganz  oder  zum 
Theil  durch  den  widerstehend^  Boden  getragen  wird, 
2.  B.  bei  Fortschaffung  von  Lasten  auf  Schubkarren , 
Wajs;^en  u.  s,  w.  Im  Einzelnen  werden  zuerst  die  sta ti- 
schen Gesetze  des  Hebels  abgehandelt,  wobei  des  In* 
teresses  wegen  unter  andern  zugleich  eine  Anwendung; 
auf  das  bekannte  archimedeische  Problem,  die  ganze,. 
Erde  zu  heben,  vorkommt  Unrichtig  ist  hierbei  das 
spec.  Gewicht  der  Erde  nach  Cavendish  =  4  ange* 
nominen  ,  da  dieser  Gelehrte  dasselbe  vielmehr  =  5,48 
gefunden  hat,  allerdings  zn  grofs,  indem  es  nicht  füg- 
lieh gröfser  als  4,72  se^n  kann,  oder  höchstens  s= 
wie  Hut  ton  annehmen  wollte,  wo^ch  also  die  vom 
Verf.  gefundene  Länge  des  Hebelarms,  nSmIich  fast 
zweimal  hunderttausend  Billionen  Meilen ,  noch  0,2  mal 
vermehrt  werden  mürste.  Vor  dem  Uebergange  zu  den 
Leistungen  mit  Maschinen  geht  dann  eine  für  den  vor- 
liegenden Zweck  genügende  Untersuchung  über  die  Be- 
stMunung  des  Schwerpunctes  voraus,  wovon  später  die 
nülhigen  Anwendungen  gemacht  werden.  Bei  der  Be- 
traohtong  des  Transportes  von  Lasten  auf  Schubkarren 
wisd  der  Widerstand  des  Rades  durch  Reibung  und  die 
Unebenheit  des  Bodens  vorläujßg  nicht  berücksichtigt, 
später  aber  dieser  Gegenstand  in  Beziehun|^  auf  das 
Fuhrwesen  vollständig  erörtert,  wovon  zwar  leicht  eine. 
Anwendung  auf  die  vorliegende  Aufgabe  gemacht  wer- 
daUiilcnnn^  Indeft  dürfte  es  doch  vorzussiehen  gewesen. 
SQrn,  wenn  der  hiernach  auch  fllr  Schubkarren  erfor* 
derllche  Factor  antictpirend  schon  hier  mit  in  die  For^ 
raein  zu  gröfserer  Vollständigkeit  aufgenommen  wäre. 
%  £f>|g«i-4ayun  die  eben  so  vollständigen  als  grüodliclieu 


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900  von  Crtiritner ,  Handbuch  der  Uteclianik. 

Untersuchungen  des  Rades  an  der  Weile  und  mit  0*- 
triebe,  der  Rolle  und  des  Fiaschenzuges ,  wobei  jedoch 
die  beiden  Smeafon'scheii  ttnd  eioige  englische  Patent? 
Il«8chefl2llge  unetwfthot  bfeib^,  von  wcfldh^n  ttian  sdte^ 

und  von  den  letzteren  mit  Grunde ,  schwerlich  überhaupt 
Gebrauch  g-emacht  hat,  Dag-egen  sind  auch  diejenigen 
Fätle  erörtert,  in  denen  der  Flascbenzug  mit  der  Winde 
Verbunden  ist,  wddufch  dann  der  Uebergang  iü 
▼«rsdkiedenen  Crastnictioned  der  letsHeren  llla^sbine  gt* 
geben  wirtL  Hierauf  folgt  die  Zeriegnog*  der  Kräfte, 
woran  sich  die  Untersuchung'  der  schiefen  Fläche  und 
die  ßewegung  der  Lasten  auf  derselben  durch  Tragen, 
Ziehen  vermittelst  eines- Haspels,  auf  Schubkarren  u.  s.ir* 
nchliefst,  mitreiner  Dlgression  Uber  die  torfbellbirtestlsi 
Arten  der  Pdirderttiig  des  Baumat^riais  iraf  die  in  Htta 
stets  zunehmenden  Gebäude,  ein  Abschnitt,  aus  wel^ 
chem  bios  empirisch  gebildete  Baumeister  vieles  zn  ihrem 
grofsen  Vortheit  lernen  können ,  indem  noch  obendrein 
eiiie  für  die  vmsilglichstett  An%«beir  berecKtttfte  Tabdh 
dar  leiditeren  tfebetsicht  beigefügt  ist:.  Wirklich  mA 
man  sich  oft  wundern,  wenn  mansielU,  wie  nutzlos  di€ 
Kräfte  vergeudet  werden,  deren  zweckmäfsige  Artwcrt^ 
dung  weit  leichter  nnd  schneller  zum  erwünschten  2i6lc 
führen  würde. 

Knie  f'efglcfichung  de«  Tretrades  nüt  diNr  T«6^ 
sclieibe  ergiebt,  dafs  die  letztere  bei  weitem  den  VbrÄOjJ 
verdient.  Bei  der  Schraube  ist  zugleich  die  praktische 
Aufgabe  über  das  Aufschrauben  eines  Dachstuhles  ver^ 
mittelst  der  englischen  Windeir,  denen  bei  gt^oftenLalM 
VW  den  fhm^fisisdien  und  denttehen  der  Vartug  gtf 
Hührt,  gelöset;  ohne  jedoch  den  Reibungs-CdefflcieiMlf 
zu  berücksichtigen ,  welcher  bekanntlich  sehr  bedeutend 
ist,  weswegen  denn  dieses  nämliche  Problem  später  noclM 
mals  vorgenommen  wird.  Zuletzt  folgt  der  Keil^,  wnW 
jedoch  die  Kraft  des  Süfalagens,  welche  dteseim  tm 
chanischenr  Mittel  ehie'  so  unglaubiichfe  iGrewah  eribelH« 
unberücksichtigt  bleibt.  Man  darf  bei  der  Vollständig- 
keit des  Werkes  nicht  erwarten,  dafs  der  Verf^  die.Ua- 


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tersijcbung  des  Stofse^  oder  des  Scbla^ns ,  z.  B.  oul 
ll^ni  Hammer,  welches  in  der  Mechanik  60  wichtige 
g[stfiz. übergangen  habeo  sollte,  Termulhüch  aber  wird 
düiiellie  in  «loeiii  «igeoeo  AbsehiMite  bei  der  ErUM«» 
nm§  der  BmimMB  mh  whgAtmML  Inm  ScMme  ki 
dieMtn  Cbpilel  noch  eine  BeinieliiaDg  der  tlebhdeii, 
fler  verschietkuea  Waagen  und  des  Pierdegöpels  hin- 
zugefügt. Unter  die  ersteren  we«leii  der  Steinbrecher 
OJid  die  ver^ichiedeneD  Hebel  gerechnet,  deren  man 
sich  zum  Aaftreifsen  der  Baumstämme  und  der  Pfähle 
bedinpii,;  dmgkiichom  die  b«kai»ii»  deuiKiie  «od  die 
mm  iniiiMMieD' Hebladen,  nalef  denes  vorsUgKeii 
4Ke  zwMte,  wem  sie  vm  Ckilk*  wd  Sehniedle^EiBe» 
verferligt  wdrde,  natneatlich  beim  Aufladen  schwerer 
Lallen  wegen  ihrer  Bequemlichkeit  ^lofeen  Nutzen  brin- 
gen mitfiitek  Bie  Waagen  findet  man  hier  ztemiich  voll» 
fltiiBdig)  iMbeeoilflere  aber  sind  die  zum  Wigen  gvofyw 
ioBim  besftilBmteD  «ebr  «iflllhlirtiel»  eiltatarti  Ikmnilt 
<fe  srnfamnige,  ode«  die  IBräHMTwaager,  nebet  den  Be<- 
dingnissao  Ihrer  Richtigkeit  «nd-Fetnkeit,  und  den  Me^ 
lein ,  diese  Eigenscliaften  deri»e[ben  zu  prilfen  oder  dorch 
den  Bau  derseibeu  am  besten  zu  erreichen,  dann  die 
Probirwaage,  wornuter  ftie  sehr  feinen  nweiarmigen  retr- 
Steden  wenkn,  ferner  dUe  Schnell WMge,  mit  einer  ge*» 
nmiea  Benchreifaiing  dee  s«getianaleo^W%ebrioknn  zam 
Wigm  ^  Lasiwngw,  welche  MnentKoh  n  Hsgiand: 
wegen  der  gesetzlich  bestimmten  Verhältnisse  zwischen 
der  Ladung,  der  Breite  der  Radfelgen  und  des  Weg»- 
geldtariffr  unentbehrlich  sind ,  und  die  aus  einem  dop- 
pelten Hebel  bestehende  schwedische  Scbifiswaage.  An 
dmm  seMiefet  sich  sehr  nnthrtieb  die  gßmm  Bescbrei« 
buag  der-fhireh  ^itinteas-  angegebenen  Bridiewwang», 
dw^eogwiannlen  B«ftolllev  welche  in  der  That  Yerdleot^ 
überall  eben  so  allgemein  in  Geb'raucli  zu  komme»,  als 
im  silfHichen  Teutschlande  bereits  der  Fall  ist  Auch 
die  Schrotwaage ,  die  Waage  mit  einem  Zeiger  (gebro^ 
oben»  HnbelwMge)  .«od  üure  Anwendung  als  Garuwaagei 
die  yerjftng^u.  >  darwler .die  eqgUüibe  Vf^mr 


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i 


▼•II  QfiTi^er»  l%ipdbacli.ile?  M^imnik. 

waag-e  and  die  Pederwaagpen  sind  nicht  vergessen..  Zir 
den  letzteren  rechnet  der  Verf.  auch  das  D/oamomeler^. 
und  ^ebl  eine  fieschreibong  des  dareli  Reg  Bier 
fimdenen,  ohne  der  yertaderten  Constmciioo  sn  gedoii«'' 
ken,  welche  ReC  diesem '  nllteltchea  Apparate  gegeben^ 
hat  (Gehler s  Wdrterbiich  N.  A.  T.  IL  p.  719.),  und, 
wovon  neuerdings  Egen  bei  seinen  gehaltreichen  Mes*. 
suogen  der  LeUtuogen  durch  Maschinen  sehr  nOtslichM/ 
Gebraoch  imachte.  Eodlich  ist  der  Pferdejfdpel  so  geoau 
betohrieben,  dafs  ein  übrigens  kunstfertiger  Machibiel 
diesen  Apparat  für  die  gegebenen  Bedürfnisse  nach  der 
Bes!chreibung  sicher  herstellen  konnte.    Inflbesondere  ist 
der  Machtheil  der  ungleichen  zu  wäUigeoden  Last,  wel- 
eher  bei  cytindriechm  Treibkörben  aes  dem  Ciuefiohlij 
des  Sdles  bei  Tiefen  von  mehr  als  100  Laehtera  enl»> 
steht  (weswegen  man  sich  des  Schlepphundes  hedieaen 
mufs,  um  das  negativ   werdende  Gewicht  zu  compen* 
siren),  so  genau  nachgewiesen,  dafs  man  sieh  WQaderai. 

:  mufis^  die  von  Fr«  J«8.     Gerat ner  vergeaehlageMBj 
kegelförmigen  Treihkdrbe  und  Zngketten  statt  der  8eilei 

,  noch  nicht  allgemein  eingeführt  eu  finden ,  um  so  mehr, 
als  die  nach  diesem  Vorsehlage  erbauete  Maschine  anf 
dem  Berge  Krussua  Hora  von  1816  bis  1824.  die  Zweck*-- 
mäfsigkeit  dieser  .CeostructiiMi  hinlänglich  dargethan  hat^i 
Ref.  mdchie  nur  die  einige,  nickt  sdir  erhebliche,  fiv*:* 
merfcvng  machen,  daft  der  MecliaBismas  snr  Verhütung 
des  Abspringens  der  Ketten  von  dem  Treib -Korbe  ver-^ 
einfacht  werden   könnte.     Indem  die  Ketten  nämlich 
heim  Abwickeln  stets  in  gleichem  Abstände  bleiben  mile-^c 
sen,  so  dfirfte  man  aie  nur  «wischen  swei  PiwreD^ 
dieser  Entfernnag  von  einander  befestigten  ,  Waben,  kfan^' 
laufen  lassen ,  und  sie  würden  dann  das  durch  Gegen^  '> 
gewicht  balancirte  Gestell  der  letzteren  stets  gehörig  * 
heben  oder  herabdriicken.    Statt  der  älteren  gewun-<  ' 
denen  Ketten  dürften  aufserdem  die  neueren  gerad^^iedU^« 
rigen  den  Vormg  verdienen.   Für  die  prahliaelM  A»<ev 
Wendung  eudlich  bat  der  Verf.  sweckmäfsig  gesorgt, 
indf^m  die  Spiral  form,  weiche  die  Wimiuugeu  de^iTrdib-.'' 


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YOB  Gentner,  Handbuch  der  MechaBiic    ^  IM 

korbe»  liaheii  mllsseQ,  nur  in  geDäherton  Werthen  an-- 
fegdbeD  iit,  .damit  ihre  HerslellnDy  den  gew^luüiclieii 
UMhittMloD  erleichft«rl  wird,  io  ^Bni  ii^i  «o  grofl^n 
Maschinen  eine  absolute  PüncUichkeit  filglich  entbehrt 
werden  kann. 

In  dritten  Capitel  wird  von  der  Fe§tiglKeit  der 
Kirper  gebändelt,  nnd  swar  sraent  von  der  absointeo, 
wobei  eioh  die  dnrclians  praktiselid  Tendenz  <le8  Werke« 

sogleich  aus  der  Art  der  Darstellung  ergiebt.  Ueber 
die  Tragkraft  der  Seile  gieht  es  zwar  viele  Versuche, 
allein  eben  derjenige,  welcher  diese  und  die  Art,  wie 
de  angestellt  werden  mfissifn,  genauer  kennt,  wird  am 
borten  wiaien ,  wie  schwierig  es  ist,  von  den  erhaiteiieo 
Resultaten  eine  Anwendung  in  Fällen  zn  machen,  wo 
eio  begangener  Fehler  bedeutende  Gefahr  und  Kosten 
herbeiführen  luufs.  Der  Verf.  begnügt  sich  daher  nicht 
mit  den  erwähnten  Resultaten,  sondern  ftthrt  hauptsfieh* 
fish  die  dmeh  Moda  in  Chennits  genmchten  Büfthraii«- 
gen  an ,  welche  man  mit  ZuTersioht  in  Anwendung  brin-  - 
fen  darf,  zugleich  aber  ist  einleuchtend,  dafs  der  Vor-' 
(heile  ungeachtet,  welche  die  englischen  Bandseile 
darbieten  mögen,  Tragketien  den  Seilen  in  jeder  Hin- 
äeht,  wegen  ihrär  grafteren  8tflrke,  der  lelditeren  Re- 
imatmr  und  der  Brauchbarkeit  des  alten  Materials  nach 
sogleich  längerer  Benutzung  vorzuziehen  sind,  um  so 
mehr,  als  man  bei  bedeutender  Läii^e  derselben  ihre 
Stärke  der  erforderlichen  Tragkraft  genau  anpassen  kann. 
Asiser  den  bekannten  wichtigem  Versuchen  über  die 
thsohite  FestiglMit  das  Eisens  findet  man  hier  die  bisher 
Bsdi  unbekannten  von  Franz  Joseph  von  Gerstner, 
wdehe  derselbe  wegen  zn  erbauender  Kettenbrücken  im 
bhre  1824.  anstellte,  die  sich  zwar  nur  auf  dünnen 
Draht  und  Uhrfedern  erstreckten ,  bei  denen .  jedoch 
aidit  bloS  'die  Siftrfce  der  Cohision,  sondern  ZQglmh 
aadk  das  Veffhiknah  dieser  n  der  bleibenden  oder  wieder 
zurückgehenden  Ausdehnung  berücksichtigt  %vurdc.  Es 
findet  sich  nämlich ,  dafs  die  durch  ein  gegebenes  Ge- 
wicht bewirkte  Ausdehnung  selber  Drähte  der  Summe 


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deijenigea  Austlehnung^eu  gleicht,  welche  eine  frühere 
Spaouung  bleibend  eraeagt  und  derjenigeo,  mieleht  diif 
Moere  Bblaetang  Uosnigeftgt  Udherlnlq^  idw 
gebt  aus  dieses.  Vermiieii  hemir ,  üktB  mm»  ihr  dl» 
praktische  Anwendung-  nicht  Bios  die  absolute  Tragkraft 
des  Filsens,  sondera  auch  die  Grofse  seiner  Ausdehnunio; 
bei  gegebenen  Laslea  herückdchtigea  nmiiae)  we«^weget 
Stahldiähle  ihrer  gtdbeii  Tf agkraffcMgeiiehtat  zl  Brüctatf 
nridder  tevglidi  obkl  ab  Bieenataiigeo ,  «nd  eugleteh; 
dafo  dem  Eisen  nur  die  Hälfte  desjenigeii  (jievvichtes  aiH' 
^ehän;2;t  werden  dürfe,  was  dasjselbe  bei  stärkster  Reld-^ 
stung  noch  zu  tragen  vermag.  Ana  eioeni  gegebenen 
Beispiele  ersieht  man,  dafs  für  ehMUi  Qoadrata4»fl  Qae^ 
anhnill  eiiMr  JBiaenalang«  600»  bin  hridiateiin  «M»  UMm^ 
gmminfe  geaedinel  iret^dan  k#nnen,  obgleich  die  absa* 
Ittte  Tragkraft  10  and  bei  Clavierdrahl  15  mal  ho  viel 
in  randeii  Zahlen  helrägt  E»  versteht  sich  dabei  von 
selbst,  dafs  alle  zum  Tragen  bestimmla  elsernarAppanill|r 
warn  dnnob  ibr  aerbrachen  UnfMek  nngerichM  wandM 
btanle^  %o«har  esst  anf  Ihre  Traghtnft  vnd  AnaJMmmg 
problrt  werden  müssen.  Auf  gleiche  Weise  als  beim 
Eisen  sind  auch  die  aus  den  Versuchen  van  Musseh^O^ 
brnel^,  Aarlaw  und  Bytelwein  erballeaeB  BesüMtM 
ninifen  dar  abaokrtan  Fastrgliail  den  Hainen  inbalMariP 
nnaanMiengestelilL. 

Für  die  relative  Festigkeit  der  Körper  wird  sfuer^t 
die  bekanofa  Formel,  wonach  das  Trtfgiing8verml^[pk 

unnni  B  Mm  Breiitt,  »  «Her  H«bn,  Ir  die  Llln^  md 
einen  durch  Versuche  auszuniittelnden^  Cneffieknfeif  bst*^ 
zetchnet,  ans  theoretisehen  Gründen  abgeleitet'^  daa» 
fU|^  ninn  ftttühatlung  diev  Vetanche  tm  Muff^cbeiM 
WnN»b|  Bnakoiir,  Bjttelweln,.R«ttdiad2n4.  «nd  frai*^ 
giMd^  nabst  einf  insflbiBebcn  AtniamdusTg  ni^M^'Mff' 
VH»  mum  die  Tragkraft  der  Balken  ain  votihieilttifft^n 
hnmifggrt  md  ain  dabei  noi  amdmtilngala»  auleasiiitafm^ 


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im  Q«rf^«r»  UiMuUiuv^  Mimt  iiiM?hiiiil^  Uki 
UMitli  di^igleicheii  fiii^  AaweifHilg  aiM*  CopstructjcMi  ge« 

&w^m6f  Ar       Yorlwi<le«i9        afdH  •imidlt« 

obpQ  jedoch  das  durch  C^müß  angegebene,  durc^ 
Parrot  beM^ährt  gefundene  Verfahren,  wonach  dio 
Balken  durch  oinen  ^inge&riebeueii  ^i^roen  Keil 
i^annt  werden,  m  erwthM««  Weii  «|^er  BfiUi64un|[^ 
mßß  li^Ect  fif4fiie  prqporti^»«^  Bi^ting  ersengt,  die 
n4tui|t#r  voe  iiachtlie||Mgem  Einflüsse  seyn  kann ,  unct 
hierauf  nicht  alkzcit  die  gehörige  RUcksicht  genommen 
wurde,  indem  mau  vielmehr  als  prilkti^he  Hegel  an^ 
lH|hii|,  da|s  ilm  Em^  nur  mii  c^er  Hälfte,  da^  JHMi 

illNir  mi  4m  inUmvk  Th^lt^  »ww  Triifkn«fl  nnc^* 
^Wücne^ iMt  beicliwtrt  werden  dürfe,  m  stellte  FK»iii 

Antou  von  Gerstner  im  Xaveaiber  verigen  Jahr^ 
eigene  Versuche  über  die  Biegung  der  wichtigsten  Nui*-. 
äÄlzer  an,  nainenllich  dei^. isiichen - ,  Buchen-,  Fichteii^ 

«pdT^vMeo-H^itee«»  fleigtw)^  de« CM»-  enditobviwde^ 
j  «pp4  evhjWt  liN^««  Ar  die  P«eiie  hdohsft  wHdh; 

tige  Resultat  über  das  bei  den  unlersuohten  Holaarlea 
Terschiedeae  VerhäituifiH  wischen  d«r  durch  die  Forok 
pgle^ih  bcKUeglen  Tragkraft  und  Gvöfse  der  Biegung» 
«eiche  hi^  npit^UieiUn  jeileehi  an  viel  Raum  erfi^devn 

Ans,  d^  Veiq|t^<^lWHHI       heim  Ekm  eeM* 

Umi  Be&iUitate  mU  den,  durch  Tredgold  gefuedenee 

vgiebt  8ich ,  dafs  das  englische  Gur^eisen  unt  ^^tel 
stärker  isj^^  ai$h  das  böiuiiische,  das  Sn^hnuedeei^eu  abe« 
tun  mehr  iJs  difMie  Qf4iee  «chwäcl^v,  wetehee  da^ne» 
^IkudnleiL  iaiß  fr^leiw  9wei»et  {[«icliesiilz^^  Mft« 
tspes  a^her  gewafaU  wird»  Vebiigees  hei  fteC  in^  einigem 
jedoch  nur  oberflächlichen ,  Versuchen  das  bessere  rheir- 
niscUe  Gi^eisen ,  welches  ati  die  FifitHiiwecke  abgege- 
^liliWwjLy  stärlw  ais  das  englische  nach  Tredgold'ü 

kmi^e^flßfin^m  B«MjM9  wMR«ifirdMsdee.Ww. 
Mti8dheftU<Ae  zunidist  berackeichtigeaden.  ttfür  nMh 

das  interessante  Resultat  hinzufügen ,  dafs  nach  den 
Versuchen  des  Veri^.  fdr  Tellkomnten  elastische 
K.oi:per  die  Biegung  zur  Ausdehaungi  welche 


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UVJi  fon  Crerttner,  Uandbncli  der  MechauikC 

dersel be  Körper  nach  seiner  Länge  von  einem 
gleichen  Gewichte  erfährl^  sich  wie  das 
Quadrat  der  halbeo  Liog^^e  zmn  Quadrate  der 
Höhe  (der  gebogenen  Seite)  Terhält,  weldbes 
mit  deu  neuesten  interessanten  Beobachtungen  des  Capt 
Kater  über  die  Verlängerung  der  Mafsstäbe  durch  Bie- 
gUBg  in  einigend  ZuBammeohange  steht. 

Bei  den  Untemiehangen  über  die  rückwirkende  Fe^ 
stielt  md  TM  den  rerachiedenen  durch  MQaa€1l*ei^ ' 
broek,  Raynolds,  Rondelet,  Duieau  und  Ren- 
nte angesteihen  Versuchen  nur  die  letzteren  benutzt; 
welches  um  so  mehr  zu  billigen  ist,  als  der  Verf.  die 
Tragkraft  der  Säulen  aus  den  genauen  Resohalen  über 
die  Biegung  der  Kdrper  ableitet^  vnd  dann  infibesondei^d 
eine  praktische  Anwendung  auf  die  in  Yi^rsehiedeneil 
Stockwerken  ungleiche  Stärke  der  Mauern  macht,  wor-^ 
aus  sich  ergiebt,  dafs  die  gewöhnliche  Regel  der  Baii- 
meiater,  jedem  Stockwerke  herab wärts  eine  gleiche  Ver* 
mehrtinjg  ituamlegen,  nnr  in  dem  Falle  dtett  ftidet,  warnt 
4er  oberste  Theit  der  Maser  ungewMinifeh  stark  %el^ 
stet  ist.  Ueber  den  Widerstand  der  Körper  gegen  Dre^' 
hnng  sind  fast  gar  keine  Versuche  vorhanden ,  indem 
die  von  Coulomb  und  neuerdings  von  Be  van  aoge*' 
stellten  keineswegs  genügen.  Aofter  der  theoretiscfeKsa 
Untenmohung ,  weiche  su  dem  bereits  bekannten -  ReMiN 
täte  führt,  dafe  der  Widerstabd  dem  Prodncte  aus  dW 
Biquadrate  des  Durchmessers  in  den  Drehungswinkei  di- 
vidirt  durch  die  Länge  proportional  ist ,  und  einer  ße* 
tra<Atung  des  Binflusses,  welchen  die  Form  der  Kürpef 
hiemef  hat,  werden  dann  die  Resultate  derjeoigeo'VeK 
Sache  mitgetheilt,  weiche  nnseip  Verf.  erst  in  dlessin 
Jahre  am  polytechnischen  Institut  zu  Präg  mit  Tannen- 
holze und  einem  geschmiedeten  Eisenstabe  angestellt  hat, 
und  welche  mit  der  angegebenen  Formel  nahe  genau 
üheffcinstimmsn. 


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N^  Ö8.   IIEIDELB.  JAHRB.  d.  LITERATUR. .  1831. 


von  Oerstner^  Handbuch  der  Mechmät, 

« 

Ref.  bedauert,  dafs  es  ihm  in  dem  Augfenblicke 
noch  an  Zeit  gebricht,  die  aus  etwa  300  Versuchen  mit 
verschiedeaep  Körpern  (namentlich  mit  gufseiseruenStan-' 
gen,  dl«  er  grofseoUieiis  durch  die  Güte  des  Herrn  Ge^ 
h^merath  Karsten  erhieU)  erhaltenen  Resultate  zk 
lierechneQ,  um  hierdurch  eine  nicht  unwichtige  Lfteke 
fcitder  Meehanllc  wo  möglich  ausflillen  zu  helfen,  indeft 
wird  hoffentlich  diese  Arbeit  nicht  lange  mehr  verzö- 
gert werden.  Auch  riicksichtlicli  der  vorlie«:;eiiden  Auf- 
gpabe^  werden  sehr  zweckmäTsi^  die  im  Grofoea  erliaite- 
nm.^IiiBeuhate  sUr  Bestätigung  des  Gesagten  vom  Verf. 
MM  der  Ffiile  seiner  praktischen  Eifiihningen  beige« 
kuscht  * 

Ein  in  den  teutschen  Werkea  über  Mechanik  selten 
überhaupt  erörterter,  noch  weniger  aber  vollständig  be- 
handelter ,  Gegenstand  macht  den  Inhalt  des  vierten 
CsfAtels  aus ,  nämlich  die  Statik  der  Baukunst.  Der 
dpin^aaus  auf  theoretische  Gründe  gestützte,  durc^  si- 
dMVe  Erfuhrungen  bestätigte  reiche  Inhalt  dieses  Ahr» 
aihsittes  ist  Insbesondere  den  blos  empirisch  Verfiihren» 
den  Baumeistern  zum  fleifsigen  und  genauen  Studium 
dringend  zu  empfehlen.  Ref.  kann  jedoch,  um  über-' 
mäfsige  Weitläuftigkeit  zu  vermeiden,  nur  den  Haupt- 
inhalt kurz  angeben.  Da  bei  allen  Berechnungen  dieser 
i|f|t-die.  durch  Mörtel  oder  son8ti|^  Bindemittel  gegebene* 
BpSllgk<iit  der-imgewbsen  BestlinmuDg  wegen  nicht  mit 
fcssMonchtlgt  wird ,  so  läfst  mch  der  Druck  der  Mauern 
leicht  angeben.  Schwieriger  ist  die  hier  gründlich  durch- 
geführte Berechnung  des  Druckes  schief  stehender  Körper, 
wovon  dann  sogleich  eine  Anwendung  auf  einfache  Hänge- 
wwke  bei  Dachstühlen  und  Brücken,  dann  auf  doppelte 
'mr.  Jalttg.  9.  Heft.  58 


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Yon  Gerstner,  I|anfBHi<^  der  ük^liaiiili. 


Hängewerke  und  namentlich  Mansarcldächer  gemacht 
^ircL  .  Diese  Betrachtungen  fütiK  n  unmittelbar  auf  ila^ 
Gesetz  der  schiefen  Zusammen^elliiDg  inelirerer  KSrp^^ 
und  somit  sur  Constniction  der  Gewdibe.  Nach  einer 
Erklärung  der  hierbei  üblichen  Kuqstausd rucke  werden 
die  Curven  der  Wölbungen  und  praktische  Methoden, 
die  Lehrbögen  für  dieselben  zu  zeichnen,  angegeben, 
namentUch  für  die  Ketteniini«  und  die  fiUipiMs  (mchl 
Elypse)  roii  einer  Ar  liDide  zur  Brlsl^hleriMig  b^eelir 
neten  Tabelle,  worauf  dann  voo'der  erforderliehen  Be- 
lastung und  der  Stützliüie  für  Kreis-  und  elliptische  Ge- 
wülbc  sowohl  bei  Bruckenbögeu  als  auch  bei  trelea 
Kuppelgewölben  gehandelt  wird*.  Uafs  die  hierfür  er- 
forderliche« BestimmnogeQ  our  durch  hähore  Anai^jm 
j^elilDd«n  werden  können,  yersteht  si^h  von  selbst,  und 
daher  sind  im  Texte  die  auf  diese  Weise  erhaltenen,  in 
den  Noten  entwickelten  Formeln  ohne  Weiteres  aufge- 
nommen. Zugleich  ist  eine  Auweisung,  die  Stärke,  der 
Widerlagsmauer»  zu  berechnen*,  nicht  vergessen,  Uie 
am  Schiiisse  dieses  Capiiel«  befindliche  kurve  Geschichte 
und  ausfuhrliche  Beschreibung  der  Kettenbrücken  Dicht 
blos  nach  allen  ihren  Theifen  und  deren  Dimeusiooea, 
soudera  selbst  auch  mit  Angabe  der  wirklich  aufgs^ 
wandten  Kosten  und  des  Erfolgs  bot  ihrom  naehrjahagefi 
Gebnwche  ist  um  so  viel  interossanler ,  d»  man  *  den 
sSmmtllcben  mttgetheillen  Bestimmungen  volles  Zutrauen 
schenken  kann,  weil  der  Verf.  die  Thatsachen  bei  den 
erwähnten,  namentlich  cngiischen,  Kettenbrücken  djutch 
eigene  Anschauung  oder  durch  Mittheiluii^fOB  toi^  dsp 
Slrbaievn  dmielbeA  erhalten  hat  Hiev  lisset  atls»* 
dings  nicht  ohne  Verwunderung,  chfli  die  herttuai» 
Hanimersmithkettenbrücke  die  Summe  von  50,000  JLstl. 
kostet,  was  aber  gegen  die  Kosten  der  vier  neuen  Bruckeo 
in  London  nur  eine  Kleinigkeit  ist,  denn  von  den  drei 
pifiieiseroeo  kos^i  dio  VaiixhaU-Bi^ttcks>  4Mjinii9  dk 
South wark-  Brücke  8011,000,  und  die  Waterloo -Bfficki^ 
ein  Prachtwerk,  welchem  in  Verbindung  mit  seine» 
schönen  Umgebungen  siclier  kein  m^i'^  a^H  d^V^' 


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Wim  6«ritner,  Uanübach  der  Mechanik.  fllft 

i  • 

denrund  gleich  kommt,  1,1C>0,00Q  Lstl.  Die  steinerne 
nette  Londos  -  Bricke  aber  wird  hier  nur  zu  50,000  LstL 
«nifegfeben ,  idleiD  Ref*  Mh  «ie  itn  Oetobei*  1880.  nöch 
nicht  vollendet,  mufs  aber  scliliefsen  ,  dafs  sie  auch  ohne 
die  Kosten  des  Platzes  und  Ents€häclig;iing'  für  die  ab- 
getragenea  Häuser,  weiche  hier  dreimal  so  hoch  ange» 
«cUagen  werHen ,  gewiCi  an  sieh  doppelt  so  hoch  hommt, 
SD  dafe  sie  im  Gänsen  ciicher  über  zwei  Millionen  Lstl 
kontmen  wird,  wozu  die  Schwierig^keit  des  Bauens  an 
wneni  Orte  von  so  wnermefslich  lebhaftem  V  erkehr  und 
die  erlorderliche  Höhe  der  Bögen  nicllt  wenig  beiträgt 
Der  Verf.  giebt  biet"  zugleich  eine  geiiatie  Beschreibung 
der  dvrch  Na  Tier  erbauete»,  aber,  vor  der  VoKendttug 
ftriten  beschäftigten  and  daher  wieder  abgetragenen 
Brücke  in  Paris,  woraus  sichtbar  hervorgeht,  wie  nütz- 
lich t8  ist,  dafs  in  dem  vorliegenden  Werke  alle  durch 
die  Theorie  gefundene  Bestimmungen  mit  den  Resultaten 
äehcrer  Brfiihraiigen  verglichen  werden;  denn  obgleich 
dis  Toh  Na  vi  er  verfafste  4¥erkiber  die  Keltenbrücken 
allgemein  für  klassisch  anerkannt  wird  ,  so  scheiterte. 
deriDoeh  die  Theorie  bei  der  prakiisclien  Anwendung. 
Aufser  mehrern  andern  Ketten  - ,  Draht-  und  Stahlbrilcken 
fiodei  man  hier  auch  noch  eine  Beschreibung  der  so  be- 
kAmi  gewordeoeii  Brficke  fiber  die  Saale  faef  München* 
Nienburg,  deren  Einsturz  im  September  1825.  so  grofses 
l)ri|[>Ui(k  anrichtete,  und  g-elan^t  zu  der  UeberzeugfunjSlf , 
äais  den  Baumeister  deswegen  kein  Vorwurf  treffen  kann, 
<watt  er  eeine  cdntraetmäfsig  übernommenen  Verpflich* 
'iiwgliu  w4#Ukh  erfilik  hat,  daAr  man  aber  vermeiden 
an^,  aieh  itnter  das  Gedränge  neugieriger  Zuschauer 
zu  mischen ,  welches  bei  aufserordentMchen  Gelegen- 
heiten auf  Brucken  so  leicht  entsteht,  indem  dadurch 
«iike  alirhere  Belastung  gegeben  wird,  als  durch  die 
«iobwevBie»  FMirwerke,  denn  wirklieh  hatte  jene  Brücke 
'ine  Probe  eraes  mit  110  Ctrn.  beladeoen  und  von  10 
'Pferden  bespannten  Wagens  glücklich  ausgehalten.  Der 
Marsch  von  Truppen,  welche  die  ganze  Fläche  einer 
bciske  canoehaaen  und  gMchzeitrg  antreten,  belastet 


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1 


915  von  Gerstner,  Handbuch  der  Mechanik. 

m 

bekanntlich  noch  mehr.  Ueber  das  Einsinken  und  Auf- 
steigen der  zusammenhängeoden  Bögen  der  Ketleobrücken 
bei  ihrer  stets  wechselndeo  nngleichea  Belastuag  fiodet 
man  hier  endlich  sehr  belehrende  Unteranchiingeii , 

welche  deutlich  iiacluveisen ,  warum  die  Haupttrag* 
ketten  über  Rollen  oder  Walzen  beweglich  se^n  müssen, 
wenn  die  Pfeiler  nicht  der  Gefahr  des  Zerfallens  unter-* 
liegen  sollen. 

•    Ein  wichtiges  Capitel  ist  das  Anfte ,  welches  TOn 

den  Widerständen  der  Reibung,  der  IJnbiegsamkeit  der 
Seile  und  ihrem  Einflüsse  auf  (l(  n  Effect  der  Maschinen 
handelt.    Man  könnte  billig  fragen,  warum  diese  Auf* 

'  gaben,  die  doch  unleugbar  bei  den  vorausgehenden  Un-> 
tersttchungen  gleichfaUs  von  Wichtigkeit  sind,  nidU 
früher  erörtert  wurden,  um  dann  fortwährend  die  ge-* 
hörige  Anwendung  davon  zu  machen,  allein  es  lafst  sich 
dieses  damit  beseitigen,  dafs  eben  der  Widerstands- 
und Reibung  s -Coefficient  nicht  blos  aus  Versuchen  im 
Kleinen  gefunden,  sondern  sogleich  in  seiner  Anwen^ 
dnng  auf  die  Leistungen  der  Maschinen  im  Grofsen  be^ 
trachtet  wird ,  die  dahei  muh  ihrer  übrigen  Construction 
als  bekannt  vorausgesetzt  werden,  abgesehen  davon, 
dafs  als  Anhang  eine  belehrende  Betrachtung  des  Fuhr- 
wesens hinzugefügt  ist.  Ueber  die  Reibung  findet  man 
hier  die  Versuche  von  Amontons,  Mussehenbroek 
und  Desaguliers  erwähnt,  hauptsächlich  aber  sind 
die  gehaltreichen  von  Coulomb  näher  g-ewürdigt.  Der 
schon  früher  angenommene  Satz ,  dals  die  Geschwindig- 
keit bei  hinlänglich  geebneter  Bahn  die  Reibung  nieht 
vermehre ,  ist  nach  der  Angabe  des  Verf&  nenerdings 

<  auf  den  Eisenbahnen  in  England  bestätigt,  und  hat  daher 
Veranlassung  gegeben,  die  Schnelligkeit  der  Bewegun- 
gen so  ausserordentlich  zu  vermehren.  Auch  zur  Be- 
stimmung des  Widerstandes,  welchen  die  Unbiegsamkeil 

■  der  verschiedenen  Seile  erzeugt,  sind  Amonton's  ttn4 
Coulomb^s  Versuche,  tnsb^ttdere  die  letzteren,  be^ 
nutzt,  und  so  wird  tiann  aus  diesen  für  beide  Hinrfer— ' 
niäise  der.  lieweguog  eine  bequeme  Formel  gefunden« 


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▼on  CrerBtncr,  Haniibitcli  der  Mechanik. 

Von  dieser  werden  sogleich   praktische  Anwendiingeu 
gemacht  auf  die  Waage,  das  Had  an  der  Welle,  die 
RoUe,.80^'ohl  die  bewegliche  als  auch  die  feste,  wel« 
ches  dann  den  Uebergang  zum  Flascheosuge  giebt,  bei 
welchem  hierauf  vorzüglich  zu  sehen  ist,  indem  die  nä- 
here Untersuchung  zeigt,  dafs  diese  mechanischen  Po- 
tenzen uicht  sctilechthin  nach  der  Aozahi  der  Koileo 
ivirkpn,  in  sofern  die  Reibung  bei  einem  F'laschenzug« 
mit  6  Rolieat  mehr  als  dreimal  so  stark  ist,  als  bei  efaem 
nit  zwei  Rollen.    Hieraus  ergiebt  sich  dann,  dafs  eß 
besser  ist ,  zwei  FlaschenÄÖge  mit  4  Rollen  zu  verbinden, 
als  einen  mit  8  Rollen  anzuwenden ,  und  hierin  liegt 
dann  auch  ohne  Zweifel  der  Grund,  warum  Smeaton's 
ibrigens  höchst  sinnreich  construirter  Fiaschenzug  mit 
10 Rollen  sowenig  bekannt,  und  vermothlich  Mos  bei 
dem  Baue  des  Leuchtthnrnies  zu  Eddystone  von  dem 
ffpnannteu  berühmten  Baumeister  angewandt  ist.  Inzwi- 
schen möchte  Ref.  nach  einem  Modelle  des  kleineren 
Smeaton'iiohen  mit  tt  Rollen  zu  urtheilen  doch  aimehmen,' 
(laft  bei  diesem  wegen  seines  eigenthfimlichen  Baues  die 
Hindernisse  der  Bewegung  so  ^lofs  nicht  sejn  können, 
die  sich  bei  einem  ähnlichen  des  ersteren  auch  im  Mo- 
delle sehr  auflallend  zeigen ,  worüber  jedoch  zur  Be- 
gründung eines  Schlusses  erst  genauere  Versuche  an- 
gestellt werden  mlirstenl    Sehr  richtig  ist  daher  die 
Bemerkung  äes  Verfs.,  dafs  bei  zusammengesetzten  Fla* 
fichenzügen  die  Reihungs-Coelficienten  vielfach  in  Recli- 
nung  kommen,  und  man  daher  wohl  thut,  hierüber  erst 
vorläufige  Versuche  anzustellen,  deren  einige  hier  als 
Probe  mitgetheilt  werden ,  woraus  folgt,  dafs  die  Rei- 
boog  grdfsel^  und  unsicherer' zu  bestimmen  ist,  als  bei 
eiufachen  Maschinen,  wo  die  Last  nur  auf  einem  Zapfen 
beiderseits  auliiejoft.     Das  Vcrhältnifs   des   dui:ch   die  , 
schiefe  Fläche  erzeugten  Widerstandes  zu  dem  durch 
Reibung  gegebenen  ist  gleichfalls  untersucht,  und  damit 
eine  Betrachtung  über  die  vortheilhafteste  Richtung  der 
Zugstränge  verbunden,  ohne  eine  besondere  Angabe  des 
übrigens  bekannten  Verfahrens,  den  Reibuug^coefficientea 


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durch  Herabg-IeHen  auf  der  geneigten  Ebene  zu  finden. 
Aus  der  iieijthninung  der  Reibung  bei  einer  Schraube 
ergiebi  «ich  dia  Cooötrucüoo  solcher,  die  voq  selbst  a«f< 
spriogeo  mftisen »  wie  man  ia  manchen  Fällen  Yerlaiigl, 
«nd  so  werden  dann  die  für  die  "Winden,  den  Reil> 
ilen  Pferdegöpel  u.  a  w.  bereits  gefundenen  Formela 
durch  Biozuiüguug  des  Heibungscoefhcieaten  vervoil* 
standigt 

Das  sechste  Capitel  handelt  nach  der  Ueberschrift 
von  der  ungleichförmigen  Bewegung,  nnd  begreift  sueTSI 
die  bekannteren  Untersuchungen  vom  freien  Falle  def ' 
Körper  nebst  dem  ballistischen  Probleme  nach  der  pa- 
rabolischen Theorie,  also  ohne  auf  den  Widerstaad  der 
Luft  Rücksieht  zu  nehmen,  obgleich  aagiegeben  ist,  dafs 
diesea  für  geaane  Resultate  geschehen  aittasQ;  jedoA 
Hegt  Letzteres  eigentlich  aufser  den  Grenten  der  Ma<^ 
schinenlehre ,  und  bei  der  Bewegung  der  Maschinen 
und  beim  Falle  auf  der  schiefen  Ebene  kann  <ler  ge- 
ringen Geschwindigkeit  wegen  diese  Bedingung  füglich 
Temaehlässigt  werden.    Von  der  l/eberwuchi  bei  der 
Rolle,  wodurch  allezeit  eine  bescbicntnigte  Bewegung 
in  Gemafsheit  der  Fallgesetze  entstehen  mnfs,  geht  der 
Verf.  zur  Besclireibung  des  Atwood scheu  Fallapparates 
über,  weiset  somit  nach,  dafs  die  meisten  Mai^chinea 
keine  gleichförmige  Bewegitug  habe«  hönaeo ,  und  i^i^m 
daher  am  besten  dmrch  das  Schwungrad  erhalten  werde, 
obgleich  dieses  an  sich  keine  lit  we^^ung  geben  kann, 
wie  schon  daraus  augenfällig  fo'j^t,  tialk  es  selbst  ohne 
fortdauernde  Wirkung  der  Kraft  still  steht.    8ehr  nutat- 
lieh  ist  endlich  die  ataafiihrliche  Krörteiwg  der  mittelst 
deis.  Kromnizapfens  eifseugteii  Bewegung,  wohai  deutlieki 
nachgewiesen  Wird ,  ie  welehem  Ver^ltnife ,  die  Wif" 
kunpen  der  menscbficljtn  Kraft  bei  der  Anwendung  der. 
Kuil>el  zu  anderweitigen  Benutzungen  derselben  stehen^ 
woraus  dann  folgt,  dafs  die  Kraft  eines  Arbeiters  ajii4#(«' 
selben  iim  etwa  ein  Viertel  geringer  ist,  als  weu  der- 
selbe trägt  oder  zieht.    Die  Scheiben,  weldie  nvHi.bel' 
grcifiieren  Maschinen  statt  der  Kurbeln  auzuHcudeo  pflegt-, 


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Tom  Gerttaer,  Handbuch  der  AI«eiiaaik.  119 

sind  h'\vi  nicht  bt^bchi  iebeo,  tozwisciien  wird  dieses  ohne 
Zweifel  daaa  nachgeholl  werden ,  weaa  v«a  Atlihlea) 
BuBpfimfchtiiefi  u«8.w«  die  Rede  Ut 

Den  Besch lul's  des  ganzen  Werkes  endlich  macht 
da««  siebente  Capitel  über  Frachtwägen ,  Strafeen  und 
Eisenbafaoea ,  ein  an  sich  interessanter  Gegenstand ,  wel* 
eher  jedoch  durch  die  Behandlung  des  verfs.  in  sofern 
gewinnt,  als  ihm  die  vielfachen  Verbes«?erunrren  genau 
bekannt  sind ^  welciie  dieser  Theil  <ler  Mechanik  neuer- 
dings namentlich  in  England  erhalten  hat.  Bei  gut  ge- 
liaueten  Wagenrädern  mit  eisernen  Büchsen  und  haupt- 
sächlich eisernen  Achsen  folg^t  aus  Coulomb's  Vevsu- 

cUeu  der  Roibuagscoefiicieul  m  ^  g- ,  wozu  dann  noch 

4m  VerUknife  der  DvrchmeMr  dee  lUdeA  «nd  dei^ 

Ale  £=2  t>0  und  4  Zolle  kommt,  so  dafs  bei  ganz  hori- 
zontaler und  ebener  Strafse  der  Widerstand  durch  Rei- 
bung nur  y|2o^tel  beträgt,  ein  Pferd  ali^o  mit  mäfsiger 
Anstrengmg;  180  Cenlr.  täglich  4,15  Meilen  weit  siehe» 
kAnnie,  wen»  die  aus  der  Unebenheit  des  Weges  und 
IIIS  den  Erhöhungen  hervorgehenden  Hindernisse  nieht 
gleichfalls  zn  überwliiden  wären.  Zunäclist  entftteht  ein 
solches  aus  den  vorhandenen  Steinen  und  den  holien 
Nagetkepfen  der  Radschinen,  worüber  die  Berechnung 
mfgiAh^  d«&  ihre  IMhe  =  swei  Zoll  und  ihre  Entfer- 
99mg  von  crinnttder  ss  4  Fufs  angenommen ,  im  Schritt- 
fahren  der  durch  sie  erzeugte  Widerstand  f^chon  doppelt 
viel  als  der  durch  Reibung  erzeugte  beträgt,  und 
dem  Quadrate  der  Geschwindigkeit  proportional  wächst. 
Man  sieht  hieraue,  wie  ntttslich  eut  Btleichterung  sehwe- 
mr.  FvbrM  *  die  in  Edinburg  und  seit  18S0.  «ich  in 
London  von  den  ostindischen  Docks  bis  zur  Royal  Ex- 
chantre  ftihrenden  8teinf)ahnen  aus  15  Z.  hohen,  18  Z. 
breiten  und  wenigstens  Z  F.  langen  Steinen  sind,  über 
welehe  die  Räder  hinrollen.  Ref.  hat  in  London »  mi'  * 
*  niMitlicli  in  der  Gegend  Ton  Patt- Mall  einen  grofsen 
Tlieit  der  Strafsen  mit  grofsen,  refa  behaltenen  (fast 
uur  g#M)iUageueu)  15  Zoll  hohen ^  10  Z.  breiten  und 


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eben  so  Iftagen  vierkaotigeo  und  oben  ebenen  Granitz 
stücken  .pflastern  gesehen,  welche  auf  eine  Umierhiga 
von  festgestampften  Schotter  dicht  neben  euiander  ge* 
stellt,  dann  mit  einer  düiinilüssi|o;en  Mischung  aus  Kalk 
und  Sand  Übergossen   und  festgestampft  wurden.  In 
Gegenden,  wo  harte  Steioarten  in  Menge  vorhanden 
sind,  kann  ein  solches  ganz  ebenes  und  unverwustbarea 
Pflaster  zwar  wohl  in  der  ersten  Anlage  bedeutend  kost- 
barer als  das  gewöhnliche  se^n,  im  Allgemeinen  aber 
ist  es  gewiis  wohlfeiler  und  auf  allen  Fall  ungleich  rein- 
licher und  bequemer.    Das  schönste,   was  es  in  dieser 
Hinsicht  giebt,  ist  wohl  ohne  Zweifel  das  aus  Steinplatten 
bestehende  ganz  ebene  Pflaster  in  Triest  und  Venedig. 
Eine  Erleichterung  für  die  Zugkraft  auf  unebenen  Wegen 
giebt  das  Ruhen  der  Last  auf  elastischen  Federn ,  wes- 
wegen solche  Wagen  auf  holperigem  Steinpflaster  durch 
die  Schnelligkeit  der  Betvegung  eher  gewinnen  ab  ver^: 
.liefen,  wie  neuerdings  fidgeworth  durch  Vecsnche 
erwiesen  hat,  worauf  der  Verf.  zur  Vermeidung  weil* 
läuliiger  Rechnungen  verweiset.    Das  dritte  Hindernifii 
des  Transportes  auf  Wagen,  nämlich  das  Einsinken  in 
den  Boden  oder  das  Erzeugen  einer  Gleise  ist  hier  aus»- 
fuhrlich  erörtert  ^  und  hierauf  sind  die  Bestimmungen« 
gegründet,  wann  die  breiten  Radfelgen  mit  Vortheil  an- 
gewandt werden,  durch  deren  Benutzung  die  Fuhrleute 
in  Frankreich  gegenMarti^j  ein  Viertel  mehr  zu  liuVeh 
vermögen  als  früher,  abgerechnet  die  Schonung  der 
Strafsen,  die  sie  zur  unmittelbaren.  Folge  haben.    £s  ist 
interessant,  hierzugleich  die  gesetzlichen Bestimmungeai 
über  das  Verhähnifs  zwischen  der  BreHe  der  Radfelgen, 
den  Ladungen  und  dem  Strafsengeide  kennen  zu  lernen, 
weiche  in  England  und  Frankreich  eingeführt  sind ,  nebst 
einer  Angabe  dieser  Gröfsen  mit  Einschlufs  des  Rad-» 
durchm»ssers  für  den  Fall ,  wenn  die  Strafsen  nicht  Aber*, 
mäfsig  belastet  werden  sollen.    Dafs  die  breiten  Felgen-: 
übrigens  nnr  aul  Kunststrafsen  anwendbar  sind,  folglich  " 
in  solchen  Läiulein  ktine  alldem*  ine  Kinrührnng  ^estat-' 

teu,  wo  die  Wqarentraxisporie  noch.durcli  eu^ee  Thäler: 


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.  \ou  Gcrstucr,  Uaudbuch  der  Meehaoik.  tSl 

und  über  Gebirgsweg-e  statt  finden  ,  liegt  am  Tage ;  in- 
defs  ist  die  Leichtigkeit  des  Veriöhrens  der  erzeugten 
Preducte  liür  jedes  Land  viel  zu  wichtig,  als  dafs  die 
Regierungen  nicht  daraof  bedacht  seyn  soUtf^n ,  die  KudsU 
fitrafsen  möglichst  zu  vermehren,  wie  dieses  namentlich 
in  den  Österreichischen  Staaten  gegenwärtig  mit  grofstem 
Eiier  betrieben  wird. 

Aufaer  den  gehannleB  Hauptbedingangen  zur  Er- 
leichtenutg  des  Fohrweseos  findet'  man  hier  noch  viele 
aadere  erliutert,  welche  dabei  in  Betrachtung  kommen^ 
namentlich  den  Eioflufs  der  konischen  Gestalt  bei  den 
Aädern,  die  absolute  und  die  relative  Höhe  der  Vorder- 
und  Hinter -Bäder,  den  Vortheil,  welchen  es  für  die 
Stiaben  bringt  ,  wenn  die  hintere  Äxe  um  die  doppelte 
Fdgenbreite  der  Vorderräder  iSnger  tet,  ata  die  vor- 
dere, die  Resultate  der  Versuche,  welche  Rumford 
mit  verschiedenen  Wagen  auf  unterschiedenen  Strafsen 
mit  Benutzung  des  Dynamometers  anstellen  liefs,  die  zn* 
ll9Mge  Steigung  der  Kunststrafsen ,  und  was  sich  sonst 
auf  den  zm^eckmärsigen  Bau  der  RUder  und  der  Wagen 
nebst  der  Art  ihrer  Ladung  bezieht.  Alle  diese  Betrach- 
tunjßfen  föhren  zwar  zu  der  Ueberzeugung ,  dafs  durch 
Verbesserung  der  Wagen  und  Strafsea  viel  für  Erspa- 
raag  der  erforderlichen  Zugkraft  gewonnen  werden  kann, 
aber  nie  wird  man  es  zu  dem  bringen ,  was  die  Eisen- 
bahnen in  dieser  Hinsicht  zu  leisten  vermögen.  Letztere 
haben  neuerdings  in  England  durch  die  auf  ihnen  wirk- 
lich zu  Stande  gebrachte  unglaubliche  Schnelligkeit  des 
Xiinqportes  so  allgemeine  Aufmerksamkeit  erregt,  dafs 
es,  auch  abgesehen  von  der  erzielten  Belehrung ,  um  so 
mehr  von  allgemeinem  Interesse  seyn  mnfs,  hierilber 
durch  den  Verf.  eine  genaue  BescliK  ibnn<>;  zu  erhalten, 
als  sich  auf  dem  Confinente  allerdings  einiger  Eifer  zur 
Nachahmung  solcher  grofsartigen  Anlagen  regt,  die 
iedoch  nur  durch  die  Kräfte  der  Staaten  oder  ganzer 
Gesellschaften  zu  Stande  kommen  können.  Man  findet 
hier  eine  durch  Figuren  erlfiuterte,  ganz  ins  Einzelne 
sehende ,  Beschreibung  der  verschiedenen  Eisenbahnen 


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G«jrilii«r ,  lfnn*«rtl  dtw  JinnlliBih. . 


Ton  solcher  Genauigkeit^  wie  Ref.  sonst  nirgend  ang;e- 
Iroffen  hat ,  deiia  manche  anderweiiige  in  Menge  ersohid* 
nene  Darsieliuo^au  sind  theib  onveilsliiidig.  und  undevtt* 
lich^  «der  «iinwieii  mit  (hm^  w«»der  Augmehm  m 
Ort  und  Stelle  lehrt,  oiehl  iberan.  Bs  gieM  überiumpt 
dreierlei  Eisenbahnen,  flache  Schienenwege  (Rmiroads)^ 
Schienenwege  mit  erhabenem  Haude  (  Tramroads)  «od 
Paimer  scbe,  unUr  denen  jedech  die  erster eo  die  übrigei 
botd  guie  WfdlräiigeD  werden»  D«  der  Baom  «iclil;  gi^ 
sintM^  hier  «Uee  Biaaelne  nur  namhaft  m  maehetty  m 
bemerkt  Ref.  im  Alljgemeinen  ,  dalb  auf  den  Bigenbahnexi 
zum  Transporte  von  Lasten  blos  gufseieerne  Räder  ge- 
braucht werdbn^  deren  Con$$truclioQ  und  Ait  der  ¥er* 
iertignng,  eben  wie  die  der  A»n  und  Wagen  man  Mir 
genau  beschrieben- findet.  Anf  den  meisteo  engliselwa 
Eisenbahnen  werden  die  Wagen  von  Pferden  gezogen, 
und  die  Benutzung  der  Strasse  kostet  dann  ein  accord* 
mäfsiges  Avewum,  welches  bei  den  Steinkehieo,  der 
Menge: wegen,  am  kleinsten  ist,  die  Fracht  selbst  abit 
ist  ediT  geringe,  und -'beträgt  auf  «1er  Darlington» 
Bahn  pence  (l  V2  kr.)  für  die  Tonne  und  engl.  Meile 
Dennoch  verdient  ein  Pferd  mit  Begleiter  täglich  6,6 
Scibiüing  (fast  4flor.)  Die  jährliche  Einnahme  der  Actien»- 
gesellschaft  aber  betrug  im  Jahre  182&  .im  Gaoein 
Ibflbl  IM\.  4  8UL  7  p.  (  i8»,0U  flor.)  und  im  JaiM 
leW.  die  irtel  grdfsere  Summe  Vim  S4,41»  Lstl  14  sM) 
(1  p.  (293,fi40  fl.  rhein.)^  woraus  auf  den  ungianblichen 
Transport  geschlossen  werden  kann.  Im  Ganzen  stellt 
sioh.  ein  merkwürdiges  Verhältnifs  von  WohlfefUüft^ent 
der  einen  Seite  und  ▼oB  naglaubHeh  hohem  Ertrags  Mf 
<ler  andern  Ssite,  weieher  durch  die  etetaunenswsfihs 
Frequenz  erzeugt  wird,  heraus,  denn  der  Verf.  herech^ 
net,  dafs  nach  englischen  Preisen ,  wenn  man  sie  2,5  zu  1' 
gegen  österreichische  anschlägt  ,  der  Transport  cäner 
Person  von  Wien  nach  Prag  auf  einer  solohen  Bahn  m 
14  Stunden  für  &  fl.  Conv«  Münne  im  Wag^  und  Si' 
20  kr.  auawävts  geschehen  wftrde.  Ffir  die  81'»eBgi 
Meilen  betragende  Strecke  von  Llveipool  bis  Mauchesisr 


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vou  U«rfitutir,  Ilaadbuch  der  IKy^rhanilf  r  ttüft 

bezahlte  Ref.  im  vorig^eu  Jahre  1  shL  oder  4fl.  12 
ibfli&t  ^^bw  die  Rei$egefahrl#a.  fanrl^a  (HmoB  thtfim 
Ulk  etw$rtidißu       tterabfifiliing  4e»  Prems,  wnl  dk 
Bilm  wa^ea  enoriMir  Frequen«  sehr  viel  einirftf  e. 

Auch  die  ebeu  gtsaaonte  hin  jetzt  berühmteste 9 
durchgfehendi?  doppelte,  Eisenbahn  zwischen  Liverpool 
uml  Manchester  wird  hier  beschriebeo,  obgleich  dec 
VfA  «e  aoch  nickk  voUen^elceseliM  hat»  luul  Ref.  hae 
äih  MiBeliaieod  f efretiet,  hier  Qber  moebe  «BiaKelii^ 
hoiten  BelehroDg^  zu  finden,  die  er  an  Ort  und  Stelle  za 
erhalten  nicht  Zeit  hatte,  obg-leich  es  unmöglich  i§t, 
den  Eindruck  W  vergessen,  weioiien  das  Fahr^  auf  der-» 
NibeQ.  kibesoodere  bei  einem  an  4ie  gcoibartigeii  Aa^ 
flialteii  Englands  niohi  gewdhoiea  VremAm  eraeogt.  N»^ 
SMatlichhatRef.  die  Wagen  nirgend  richtig  beschrieben 
gefunden.  Diese  sind  elegant  gebauete  Kutschen  ohne 
Plätze  auswärts,  ilQr  Iii  Per^nea  eingerichtet  und 
im  Mille  abgetheili»,  so  dafs  in  jeder  Abtheilung  8  Per«* 
SM» ,  je  9wm  md  a wei  daaeh  sebmale  ZwisoiMobEeter- 
{pstroettt  einander  bequem  geg^adbenitaeiid  Plate  habeai^ 
und  solcher  Kutschen  waren  bei  jener  Fahrt  8  mit  126 
Sersonen  an  die  aut  einem  nicht  grofsen  Wagen  ruhende 
Bawffini^chine  gehängt,  weiche  die  gesammte  Lasi  da^p 
aaii  aA  £itd«Sqpltl8i|0.  wegen  apch  niohl  ganz.  voUeD-* 
dMev  Babn  mit  ui^leicher  Geschwindigkeit,  im  Maxbao 
die  ei»glische  Meile  in  zwei  Minuten,  fortzog.  Die  Wa- 
gen haben  das  Eigenthündiche,  dafs  die  vorn  und  hinten 
ll0rvor8teliendenHatt|»ttragbäuaie  derseliien anöden  I:!Adea 
gayetoept;  si«d  9  um  eine  unangenehme  ErschüMeriing' 
m  wuMident  wenn  sie  bei  ir^^eod  dnem  aEufiUlig^Hia«* 
demsse  gegeneinander  stofsen  sollten.  Sehr  Imposant 
ist  im  Anfange  der  Abfahrt  von  Liverpool  aus  der  Tunnel , 
ein  unter  der  ganzen  Stadt  durchgeführtes  Gewdtlbe  von 
mm^F.  LiBge,  22  F.  Breite  and  17  F.  Höbe,  welches* 
awK^yeselBt  mit  Gaelichi  schdn  erleuchtet  wird*  Die 
Kasten  dieser  riesenbafiten  Anlage  bereehnet  der;  Verf» 
2a  einer  Million  Lstl.,  welches  gewifs  nicht  zu  viel  er— 
sßheiiien  wird weap  man  berücksichtigt,  dafs  die 


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924 


von  Crerstner,  Handbuch  der  Mechanik. 


haltnng  der  Parlamentsbili  zur  Ausfuhrung  derselben 
allein  46,000  Lstl.  kostete.  Eine  der  neuesten ,  schön- 
sten niid  grofsarligsten  Anlagen  in  London,  die  Catha- 
rlnen- Docks,  acKeint  der  Verf.  nicht  gesehen  su  haben, 
vermuthlich  weil  sie  noch  nicht  ganz  vollendet  waren, 
indem  auf  einer  Mengte  der  zur  Befestigung  dieuendeo 
gufseisernen  Pfahle  die  Jahrszahl  1828.  vermuthlich  als 
SSeit  des  GuSses  steht,  denn  sonst  wdrde  er  gewifs  öber 
manche  dort ' bdSndliche  Gegenstände,  namentlich  dia. 
ftlr  die  schwersten  Lasten  bestimmten  Krahnen,  die 
zahlreichen,  mannichfaltig  gt^krümmten,  und  sich  durch« 
kreuzenden,  flach  im  Boden  liegenden,  für  zwei-  uod 
yierrädrige  Fuhrwerke  bestimmten ,  fiäsenbahnea  bdebt 
rende  Nachrichten  mitgetheiit  haben. 

Ref.  übergehl  es,  dasjenige  nSher  anzuzeigen,  wM 
noch  weiter  über  die  sonstigen  englischen  Ei!?enbahnen, 
die  auf  denselben  gebräuchlichen  Wagen,  die  Mittel 
des  Ausweichens  und  Umkebrens  nebst  der  durch  die 
verschiedenen  Bedingungen  yermehrten  GhrObe  des  bi 
tfberwindenden  Widerstände«!  gesägt  ist,  tollständig  ge- 
nug ,  um  Jeden  in  Stand  zu  setzen ,  ähnliche  Anlagen 
mit  Vermeidung  der  sonst  so  oft  begangenen  Fehler 
herzusteilen  oder  die  bestehenden  richtig  zu  beurtheilen. 

Den  Beschlufs  des  ganzen  Werkes  macht  die  Bs» 
r^hreibung  der  zwei  fast  Toilendeten  Bisenbahnen  ia 
B6hmen,  fleren  eine  die  Moldau  bei  Budweis  mit  der 
Donau  bei  Linz  verbindet,  die  andere  von  Prag  bie 
Pilsen  geht.  Im  Allgemeinen  unterscheiden  sie  sich 
Ton  den  englischen  dadurch,  dafs  bei  ihnen  die  Eiam^ 
schienen  auf  Holz  liegen,  daniit  sie  schwächer  sq« 
dürfen,  und  dafö  überhaupt  bei  ihrer  Herstellung  mdnr 
gespart  ist.  Dessenungeachtet  ist  aber  keine  von  beiden 
noch  vollendet,  und  <lie  erstere  so  ins  Stocken  geratheD, 
dafs  es  zweifelhaft  ersclieint,  ob  sie  überhaupt  ganz  zu 
Stande  kommen  wird.  .Hier  fragt  es  sich  nun,  wie  es 
zugeht,  da(b  solche  grofsartige  Anstalten  in  England  ia 
so  überwiegender  Menge  vorhanden  sind  und  auf  dt»- 
Contiuente  noch  bo  sehr  mangeln.    Man  wird  antworten, 


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▼M  Gerttaer,  Haodbiioh  der  SfechaoUc*. 


«  sey  dieses  eine  Folge  des  Handels  und  der,  dadurch 
eneugteD  ReichAhftmer,  was  im  Gänzeo  zwar  richtig 
kty  alleio  Yoa  der  andera  Seite  hat  auch  die  firfiihrung , 
mneutlich  in  Verbessernng  der  Kunststrafsen  und  Ein^ 

flHirnng  der  Eilwagfen ,  sattsam  (fargethan ,  dafs  iiiaa 
Tieles  nur  mit  Behairlielikeil  verbuchen  müsse ,  um  zu 
rinem  gedeihlichen  Resultate  zu  gelangen ,  und  dals  das 
Ganse  einen  tiefer  liegenden  Grnnd  habe,  iäfsl  sich  bei 
oHieFer  Prftfung  keinen  Augenblick  verkennen.  Wollten 
die  Engländer  ihren  Reichthum  iu  mü^^si^er  Ruhe  ver- 
zehren, so  würde  es  damit  bald  ein  Ende  nehmen;  um 
aber  zu  der  Ueberzeugung  zu  gelangen,  dais  die  na- 
Mtttlich  auf  die  Brücken  in  London  verwandten  .Miilio- 
aea  nicht  zwecklos  vergeudet  sind ,  mnfs  man  das  rege 
Leben  und  das  stete  Gedränge,  welches  unaufhörlich 
aof  ihnen  statt  findet,  aus  eigener  Ansicht  kennen,  lieber- 
haupt  herrscht  in  Englatfd  aiigemeiu  eine  Regsanakeit, 
ein  ra^oses,  entschlossenes  und  eiliges  Handeln,  wie 
■un  sonst  nirgend  findet  Gewift  ist,  daft  die  Men-' 
aohen  eben  so  viel  und  noch  mehr  consumiren ,  wenn  sie 
mfifsi^  ^ehen ,  als  wenn  sie  arbeiten ,  der  Boden  mufs 
daher  einmal  seine  Bewohner  nähren,  sie  mögen  viel 
oder  wenig  arbeiten,  und  somit  ist  es  offenbar  aus  den 
trifligsten  Gründen  am  besten,  sie  möglichst  zu  be- 
adiäftigen.  Durch  Anschaffen  von  Kunstschätzen  und 
überhaupt  von  aubiiindisclK  ii  Erzeugnissen  wird  ofienbar 
die  Menge  des  vorhandenen  Geldes  vermindert,  mithin 
das  Mittel  zur  Thätigkeit  und  zur  Belebung  des  Ver- 
kehrs beschränkt,  durch  öffentliche  Bauten,  Anlegung 
Wi  Kiinststrafsen ,  Brficken,  durch  Plufsbauten  n«s.w., 
wozu  die  Arbeiter  und  das  Material  im  La^de  selbst 
vorhanden  sind,  wird  die  bestehende  Geldmasse  nicht 
verringert,  sondern  nur  in  schnelleren  Umlauf  gesetzt, 
ind  die  doch  einmal  zu  leistenden  Arbeiten  werden  er- 
Idcbtert.  Ref.  erinnert  sich ,  an  manchen  Orten  Straften 
und  Steinpflaster  gesehen  zu  haben,  über  welche  die 
Lasten  mit  einem  aufserordcntliclien  Aufwände  von  Kraft 
uad  mit  dem  Verderben  des  Zugviehes  und  des  Geschirres 


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»26 


Forceiiini:  LaünitattH  Lexicon.  4^8te  Lief. 


Deceanien  lang  fortgeschleppt  werden  nitifisteo.  HStte 
man  nur  den  unnöthig  Tergcudeteo  Aufwand  vott  KnA 
in  «inm  Jahre  dasti  benutzt,  ,un  diefitraiim  za  benenii 
flo  würde  dieees  na  Ihrer  Herttelinng  veUkimimen  Vm* 

reichend  gewesen ,  und  alle  künftige  nutzlose  Verschwen- 
dung derselben  weg-sfefallen  seyn.  Giofse  Staaten  kön- 
nen in  dieser  Hinsicht  allerdings  mehr  ausrichten,  als 
kMne^  aber  da»  Primrtp  ist  aUgemnin,  md  ttflit  wUk 
sogar  auf  einielne  DorfiKlnfteii' anwenden ,  wto  die  ibir» 
zcugendsten  Erfahrungen  sattsam  beurkunden.  Ks  war 
Tieileicht  keiner  Zeit  nötliiger  als  zu  der  jetzigen, 
wo  Mangel  an  Be.<<ichäitigung  der  überwiegend  grolsea 
Menfichentneoge  nicht  wenige  Uebel  herbeifllhrt^  diessi 
Gegenstand  ernsllioh  in  Ueberkgung  ra  nehmen,  aod 
Ref.  freuet  rieb ,  dsfs  ein  so  praktisches  Werk  ^  al»  dag 
vorliegende,  dazu  beitra«»en  kann,  die  Aufmerksamkeit 
hierauf  zu  lenken ,  und  die  Mittel  zur  £*rreichui^  M 
nfttehcher  Zwecke  aiJgeauiner  bekannt  zu  machen,  Wi»* 
wegen  das  Pablicnm  aveb  diese  ausffthrlkdie  Anzriei 

Muh  ci  esi 


J.  Forcellini  Totius  Latinitaii^  Lexivon,   corr.  et  cntctum. 
Fol,  Schneeher gnc  et  Zwiceaviae.  4t e  Lieferung.  Aus  im  —  Burdo. 
0—  Deprehendi>.     bte:    Dcprehcnsa  —  Eß-reffiu».  6^«/ 
Burdonar  ius  —  Chorus.     7tc  :    (Shasär  oena     >  Conjigt* 
Configuvatio  —  Ci^zieus. 

So  weit  war  das  Werk  bin  zam  Jnnins  1831,  gediehen 
Es  waltet  in  Denlscbland  Iber  Ikerärhrchea  Uatern^iaia»' 

gen  Ton  einiger  Ausdehnung  ein  eigenes  Mifsgeschrek. 
Ein  früheres  Beispiel  ist  die  unterbi  (x  hene  r  rankfurter 
Uacyklepädie ,  ein  neueres,  in  anderer  Art,  die  iyrseh- 
nnd  Gruber*aelie,  das:  neueste  in  anderer,  schiimnaersSf 
HioBiGiit  der  nen«  i»  Deaischland  eraeheineiide  Fbicst* 
Uni.  Der  Ref.  hat  in  diesen  Jahrbttchem  die  drei  erslsa 
Liefernogeo  mit  dem  verdien ten  Beifalie  angezeigt.  Auf- 
gefoederl,  die  FortsetzHüg  anzuzeigen,  findet  er  sieb 


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F^cceUiai:  irfiluiiUU«  Lexicon.  4  — 8le  Li«f. 


921 


B»ch  den  allbekaooten  Vorialleo^)  in  Verle^^feBheii ,  da 
er  ttichl  io  dmi  Falle  is^ ,  während  des  Streite  swischeB 
im  Yerleger  und  den  biaherigeii  MiterbiBttern  ein  g»BS 
«MieiwUrlhetI  mm  ftHea;  auch  möchteii  sich  diese  Jahr« 
bächer  zu  einer  ausfiilirlichen  Erörterung  über  einen 
Geg-enstand ,  wo  auf  beiden  Seiten ,  wie  es  zu  gehen 
pflegt,  etwas  Recht  und  elwas  Unrecht  se^n  dürfte, 
VWff  mgntfk  Wir  kdaiien  es  nur  beklagen,  dafii  das 
Werk  bMI  ganz  in  der  Gestell  nnd  VoUkommenheit 
mcheinen  kann ,  die  es  durch  deutliche  Philologen 
erhalten  konnte,  wenn,  allenfalls  auch  in  beschränk- 
tersm  Umfange,  als  von  Voigtländer  angefangen  war* 
4»,  virkUch  in  dasselbe  die  Reaaltwke  •  der  ForsehniH 
fse  cfautit  hemfener  Gelehrten  und  andere,  die  «m 
Tbeil  schon  in  vielen  Werken  niedergelegt  und  Gemein- 
gut geworden  sind,  in  weiterm  Umfange  aufgenommen 
wordea  wären.  Freilich  haben  nicht  viele  deutsche  Ge- 
lehrte so  viele  Mnibe  neben  ihrem  Amte,  da  dergt^chen 
AffbsiteD  gogsnwiftif  ae  häufig  in  den  Händen  von  GynrnMh* 
rivms«- Direktoren  und  Lehrern  zu  seyn  pflegen ,  da(^  sie 
ein  Werk,  weiches  der  Buchhändler  vielleicht  aus  guten 
Gründen  elwas  schnell  gefördert  sehen  möchte,  in  einer 
harzen  Zeitfrist  beendigen  könnten.  Indessen  kann  dodk 
Manehf^f  fo  aiemlicb  seine  Mnfse  bereebne»,.  mm  mm  > 
^itpea,  was  er,  wenn  Htm  niohi  nnerwartete  Sk4iwierig- 
keiten  oder  Hindernisse  aufstofsen,  allenfalls  leisten  kann, 
doch  immer  nur  approximativ;  und  der  Director  eines 
%flMiasiiinis  (wie  Hn  Rosenbayn)  kann  dies  weniger 


'"*)  Man  sehe  nur  Jahn*«  Jahrbb.  f.  Philol.  und  Pädag  1830.  III.  J. 
1831.  I  1  und  2.  die  bttondera  ffedriieit»E^!4er«ng  de«  Vcis 
legere  ini  Dez.  1830.  auf  14  S  ,  daoQ  Jahn  1831. 1.  3.  miteiter 
Probe ,  "welirhc  eine  Verpteirhnttg^  elnijjer  Artikel  der  neuen 
itali^niflchea  und  der  deutscheu  Au«g;abo  «ntlialt;  wosti  uiaa 
n^ch  die  Nachricl^  des  Verlegers  bei  der  4k^n.  l4io.fieuru«e  ircTr 
fflelclhen  niiihi ,  welclier  nagt ,  er  sey  ihirch  die  Kranftheft  efkiea 
IH^MlerSv  dca  Hrw  Utr  Rovenlmjn  inlijk,^  gsaothlg^t  mom*' 
den,  den  Buchstaben  C,  dessen  Bearlteltung  sich  unter  dcssea 
Händen  befinde,  /u  suspendiren.  Die  NarhUef'erung^  Merde  bei 
der  5ten  Lieferung,  unlchlbai,'  folgen.  Vergl.  auch  das  von 
C.  Lebofann  im  Jan.  d.  J.  mehreren  Janmalen  beigelegte  Ver- 
gleichnngtblatt.  . 


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IttS  ForcelUni:  LatiaitatU  LexicoiK  4— (»te  Lief# 

noch,  als  eia  anderer  Schuliminn.  Der  Haf«,  selbst  an 
der  Spitze  einer  betleiitenden  Anstalt  stehend ,  hat  des- 
wegen vor  einigen  Jahren,  tod  einer -namhiiften  Buch- 
handlung zur  Leitung  und  Theil nähme  bei  einer  ähnlichen 
Unternehmung'  aufgefordert,  dieses  Geschäft  blofs  aus 
dem  Grunde  geradezu  abgelehnt,  weil  er  keine  Verbind- 
lichkeit eingehen  wollte ,  bei  deren  firftlUung  seine  erste 
Verpflichtung  ihn  hätte  hindern  kdnnen.  Docä  sdrSacbtti 
Die  Yorliegenden  8  Lieferungen  geben ,  nach  der  Ei^ 
klärung  des  Verlegers ,  das  erste  Drittel  des  ganzen  Wer- 
kes. Rechnen  wir  zu  einem  Bande  6  Lieferungen,  so  wer- 
den es  vier  Bände;  und  wirklich  schliefst  der  erste  mit 
der  Sten  Lieferung,  die  4te  und  6le.aber  enthält  sofaoft 
einen  Theil  des  zweiten  Bandes.  Der  Bogen  kostet,  wirf 
bisher,  1  gr.,  die  Lieferung  1  Rthlr.,  das  Ganze  also 
statt  16  Rthlr.,  wie  anfangs  versprochen  wurde,  jetzt 
24 Rthlr.,  weil,  sagt  der  Verleger,  er  aufangs  bios  dea 
italienischen  Forcellini  in  änmn  Abdrucke"geb€n  wollift^ 
Diese  italienisc)ie  Amtgabe  war  am  Schlüsse  des  Jähroa 
1880.  bis  mit  N,  fertig.  Vergleichen  wir /die  neuea  Lie^ 
ferungen  mit  den  ersten,  so  ist  die  Verschiedenheit  frei- 
lich grofs.  Den  so  vorzüglichen  Forcellini ,  den  so  man- 
cher deutsche  Gelehrte  wünschte,  ohne  ihn  kaufsa  st 
können,  erhalten  wir  nun  freilich  auch  bei  der  gegeäwllP->' 
tigen,  schon  früher  nothig  gewordenen,  BeschräniEni^ 
des  Voigtländer  sehen  Planes,  und  der  Entbehrung  der 
Rosenhayn  schen  Umarbeitung  vieler  Artikel ;  wir  erhalten 
1^  Furlanettos  nicht  unbedeutende  Zusätze,  auch  eine  nicht 
unbedeutende  Menge  anderer,  in  Anföhmng  YonlStefleB^ 
Nachweisungen ,  Angabe  Von  Bedeutungen  u.  dgl.  bsst«^* 
hend.  Druck  und  Papier  sind  vorzüglich,  und  bleiben, 
sich  vollkommen  gleich;  nur  will  uns  scIk  inen  ,  als  ob 
uns,  ohne  dafs  wir  sie  aufsuchten,  nach  Verhältuifs  mehr 
Druckfehler  anfgestofsen  wären ,  als  in  den  ersten  Liefe- 
rungen. Wir.  werden  deren  unten  Ar  die  Besitzer  *dcs 
Werlos  eine  Anzahl  angeben. 

(Der  Be9ehlu/$  folgt.}  ,  '  ' 


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ä9.    HfiUkELB.  JAHRB.    UTERATTUR.  isai. 


ForcelUni ;  Latmitaiin  Lexicon.  4  —  8te  Lief. 

•i 

Voraus  sohicken  wir  einzelne  Bemerkungeo  zu  eioi- 
goi  Artikelo,  um  den  künftigen  Herausgebern,  wer  eie 
'  weh  sejn  mdgeo,  Winke  su  geben  ,  in  welcher  Art  aft 

die  nicht  seltenen  Beg^ehungs  -  oder  Unteriassungs-Sünden 
Porcellini's  sich  leicht  verbessern  lassen.  Sind  manche  . 
Verbesserungen  dt^r  Art,  dafs  sie  gar  zu  nahe  bei  der 
Hand  zu  U^en  scheinen ,  so  haben  wir  sie  gerade  dämm 
hergesetzt,  weil  uns  zuweilen  scheinen  wollte ,  als  sey 
dieser  oder  jener  Artikel  von  den  Herausgebern  niebt 
ganz  genau  vor  dem  Abdruck  durchgelesen  worden.^) 

Auspicato,    Hier  sollte  angedeutet  sejn,  dafs  es 
eigentlich  AhlaHms  abaobäus  ist ,  und  im  Grunde  fär  * 
mupieu8  hahüia  steht    Freilich  als  man,  wie  Plinius, 

das  comparativ Ische  Ädverbiuni  auspicutius  schuf,  sah 
man  in  au8picato  bereits  auch  ein  Adverhinm. 

Bei  axiUa,  woraus  ala  geworden  ist,  sollte  die 
Analogie  von  tnaia  aus  maxUla  nachgewiesen  seyn. 

Bei  dem  Anfange  des  Buchstaben  B.  fehlt  die  Be- 
merkung, dafs  er  auch  fiir  dv  Stehe,  wie  bis  aus  dvis, 
bellum  —  dveüum  ,  horim  —  dvonus.  Bei  bellum  ist 
es  bemerkt  —  Unter  bis  sollte  die  lächerliche  Erklä- 
ning  Foreellini's  verbessert  seyn ,  die  dieser  von  Cie.  de 
ir.  A  It  18.  giebt  -Zu  dem  bekannten  (si)  hia  hina 
(quot  essent,  didicisset  Epicuma)  sagt  er  i.e.quaiuar. 
Das  kommt  ja  heraus,  als  habe  Cicero  sagen  wollen  si 
quatuor  ^ot  esaent,  didiciaaet  Epicurua!  —  Bei 


*)  Dies  Rrheint  unter  Andern  auch  darauR  hervonR!i!rf'1i<*n ,  daf«  z.  B« 
S.  35S.  Col.  S.  auf  derselben  Hälfte  der  Seite  cim  zuri  Zeilen 
lange  Stelle  au«  Cicero  de  Ren,  zweimal  abgedruckt  lüL:  einmal 
als  Zufats  von  Farlaaetto,  dana  wieder  ab  Zatats  YOn  0.  d, 

IW.  Jahrg.  9.  Heft.  59 


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bellum  feUt  die  Bemerkung,  dafs  die  Adjectwa  geih 
iilia  dabei  die  Feinde  desjenigen  bedeuten,  der  den  Aus- 
druck gebraucht    Bellum  Pumcum  sag  te  nur  ein  Römer 
alt  Römer.   Hätte  ein  Karthager  lateinisch  Ton  demselh 
bcn  Kriege  gesprochen,  so  bitte  er  BeUum  Romanm^ 
gesagt.  —  Unter  Decet  ist  der  Fehler  stehen  gebliebe«$ 
bei  Cic.  de  Legg.  18,  24.  werde  entgegengesetzt  ^piäkm 
deum  haberi  deceat  und  de  um  haberi  debeat ,  weil 
es  nänilkh  dort  hei&t :  quae  (gern)  mm  etiamsi  igmr 
rei,  guakm  habere  deum  decemi,  tamm  habembm 
eoiai.   Wir  brauchen  den  seltsamen  MiTsgriff ,  der  nwkl 
bios  in  dem  ganz  falschen  deum  liegt,  nicht  zu  erklä- 
ren. —  Warum  hat  denn  die  richtige  Schreibung  Üo*- 
porus  keinen  eigenen  Artikel ,  uud  steht  blos  unter  der 
falschen  Botphoruaf  —  Warum  ist  bei  delibero  nichl 
bestimmter  gesagt,  «lab  es  yon  Ubra  herkoaume,  vnd 
ursprünglich  gewifs  abwägen,  dann  erst  erwägen  ge- 
heifsen  habe'i^    Da  man  von  Uber,  Bast,  delibrarc ,  ab- 
schälen, herleitete,  so  konnte  man  für  jene  Bedeutung 
die  syncopirte  Form  delibrare  nicht  brauchen.  ~~  Unlff 
denudcUu»  steht  noch  ans  Tuaeo.  I.  44.  der,  längst  Vim 
llavisius  eorrigirte,  lächerliche  Vers  Yon  dem-  halb^ 
gebratenen  K  ö  ii  i g e  (reliqakis  semi a s s i  r eg i s )f 
derselbe  auch  unter  Dwexo.  —  Unter  domus  hätte  der 
Satz,  dafs  domi  (zu  Hause)  nicht  der  Genitivus,  soli- 
der Loeativus  (Dativus  localis)  sey,  wohl  bestimvtsxs 
ids  durch  mahmt  nonmiUf^  ausgesprochen  werden  dfiiftn* 
Denn  dafs  es  ein  elliptischer  Genitiv  sey,  wie  ad  Jcsi 
(sc.  aedem)^  mit  Ramshorn  (wir  haben  nur  die  erste 
Ausg.  seiner  Grammatik  vor  uns,  und  wissen  nicht,  ob 
er  dasselbe  in  der  zweiten  Ausg.,  wo  viele  Irrthümor  b^ 
riofatigt  sind,  noch  behauptet)  anzunehmen,  das  mddUi» 
wohl  eine  ganz  unhaltbare  Vermuthung  seyn.  Jenes  bat 
neulich  ein  Gelehrter  (wenn  wir  nicht  irren,  in  Jahns 
Jahrbüchern)  befriedigend  dargethan.  —  •  £ben  so  ist 
unter  dudum  der  alte  Fehler  stehengeblieben,  daft  bsi 
Siaims  Iheb.  6,  8ö&  [in  den  Worten  Jam  dmhm  re- 
düuta]  j0m  dudum  für  mo»  steht.  ^  Untor  f^dM 


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Percellteifi  Latinitatts  L^xieoii.  4^0te  Lief.  9$1 

sollte  die  merkwürdige  und  bestHttene  Stelle  des  SaHü-- 
stkw  CatiLöA.  effeta  parentmn  oder  parente,  oder^ 
wi0  man  sonst  Mch  lese ,  berfihrt  seyn.  —  Unter  caecua 
solUsn  die  eaeea  perictda  bei  €Se.  de  R^.  IL  t.  nach«» 
getragen  weyn.  — *  Uater  etadea  seHte  erstlich  bemerkt 
se^o,  dafs  caeUtes  bei  guten  Schriftstellern  blos  poe- 
tisch ist,  zweitens  dfirfte  angegeben  seyn ,  dafs  die  bei 
Cicero  im  Somn,  Scip.  1 :  Grates  tibi  ago ,  summe 
M,  vabisfue,  reSfiä  caeUUs  poetisch  ist;  4wie  denn 
«eh  sehon  «n  Orales  va  erkennen  ist,  defs  hier  eine 
leierüchere  gehobene  S])raclie  statt  findet,  und  Ref. 
ao  einer  andern  Steile  nachgewiesen  hat;  es  heifst  ja 
sfeabar 

—    —    —   —    Grates  tibi 
Ago,  summe  Sol,  tHibisgue  rdipd  Caetite».  '  ' 

Drittens  sollte  nicht  ibi  für  tibi  in  cHeser  Stelle  stehen.  — ^ 
Unter  ccmdens  sollte  der  bekannte ,  bei  Cic,  de  iV.  D, 
miki  nur  einmal  Torkommende^  Ven  citirt  sejn:  jid^ , 
sf^e  hoc  stiblme  ^sandenSf  fuem  hwocani  ofUfiet 
itivemi  Eben  so  unter  Ccmeseo  die  Ueliertragun^  auf 
eine  alte  Eiche  bei  Cic,  de  I^cgg,  I.  1:  cancscet 
saeclis  hmumerabilibm.  —  Unter  Captus  sollte  «He 
tische  Erklärung  Ton  Tusc.  2,  27.  getilgt  seya:  til  est 
^HftUb  htinwmm^  deroh  i  e.  fiionltfr/i  eopft  animue 
ttMSudeii/^mm ,  da  die  Stellung  jener  Worte  swischen* pm* 
ientea  und  satis  hinlänglich  beweist,  dafs  hier  blos 
vom  rngenium  die  Rede  ist.  —  Unter  Cassus  steht  noch 
der  Fehler,  dafs  bei  der  Vergleichung  dieses  Worts  mit 
lesmis  ttttd  feesae  gesagt  wird ,  diese  Wörter  s^ed 
lid^eeHM  ^sume  arigmis."  &  Aber  iassas  Daderlein 
Äjmoi.  tt.  Synen.  I.  8. 10&  und  über  fessu»  8. 102.  dasL 
Zu  commentutio  fehlt  die  Griechische  Bedeutung 
lAsXiTti  f  die  schon  wegen  der  hier  citirten  Stelle  Cice- 
ros:  phäesepharum  vita  commeniaiiq  mertis  est 

SebexeetBani;  der  lAiXs^  iaydr(>v)  anmgeben  war.  — • 
le  tdU'Mter -Co^edfe  die  Bemerkung ,  es  sey  Irans- 
tote  i.  q.  c0yevtio^    boll  das  corgectura  heilsen? 


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MBB  SwtwäMt  LMiailirtle  huSimn.  4—^.1^ 


Aufserdem  konnten  auch  manche  Incousequenzen  FurceL- 
Jini's  ausgeglichen  werden.    Citirt  er  z.  B.  unter  Culcem 
den  Baldumus  de  Calceo;  warum  nicht  unter  Culdus 
die  Schrift  De  Caldae  et  Caldi  apud  veteres  potu, 
Uber  smgularia  yob  G.  H.  Gebauer.  8.  Lip8.  ITBlt 
Haben  die  Namea  der  Komdtlien  des  Plautus  und  Teren- 
tius  eigene  Artikel,  z.B.  die  Aulularia ,  die  Andria; 
warum  fehlen  des  Letztern  Adelphii    Findet  sich  d^s 
Pacuvius  Antiopa;  warum  nicht  dessen  Dutorestest 
Sind  viele  Wdrter  aua  altea  Gloflsarien  aii%e9omineB| 
die  sich  sonst  in  den  Klassikern  nicht  mehr  findeu;  waraia 
denn  wieder  viele  nicht,  die  um  nichts  schlechter  sind? 
Z.  B.  aus  A,  ß.  D.  Ausumo  f.  absurno ,  Austrans,  vo- 
riicDV,  iypaivQVy  Auiumator;  Babio,  yavgia;  Bar" 
dala^  xogvdaXkig;  Barhurra,  und  bei  Isidor  barbur^ 
rasy  ä<p^oVj  iidraioq;  Baubo,  lairo  (dais  Deponens  ist 
da);  Bilabrum^   Siy/tXoi;^   Bibolnes ,  Slz^qjtoc  (also 
hwolnes  vielleicht?    So  finden  sich  auch  mit  b  eine 
Menge  sonst  mit  v  anfangender  Wörter,  z.  B.  bicissim, 
bi^u8f  bUh  [vilis]  bamer);  Bobare  Lq.  boare;  Dapei, 
ktmxit^y  DarnnabiUiaef  xaTanpiirtg;  DecoUaiuSf  tes, 
iHrgaxtjXiafjiog';    DehoepUor ,   ^evi^ofiai;  DeUcwm 
(Subst.)  %Taia(iay  von  deUnquo ;  DivelUo,  divelliunes 
(vielleicht  DueUio  ,  duelUones),   noXsfjtog,  TroA^aot; 
DomicuSj  oixstog;  JJocibilitas ,  didaaxaXia  (nicht  fer 
nau);  DupUcuUtriua  ^  dtfioiplrn^.   Die  Menge ,  die  wir 
aais  C  anfiihrea  bönalea,  halten  wir,  des  Baiiiiia  wegea, 
surück. 

Am  Sclilusse  berichtigen  wir  noch  eine  Anzahl 
falsche  Citaie ,  auf  die  wir  zufällig  stiefsen;  denn  Druck* 
fehler  wie  ^dgeiog  f.  Aagelog,  CurL  L  Curtme,  Amir 
xogoras  IL  S.9ft,  Picher a  (f.  Piehena,  Heiaosgebflf 
des  Tacitus),  a  tatibue  (£  aeiatibus  IL  8.  94.),  Ih»- 
ceca  ehr  onus  (f.  duodec);  S.  140.  ab  so  leite,  144. 
ef  figerety  145.  Riphaeo  (f.Rhipaeo),  Ctyt  enmestra 
(unter  CatamÜus) ,  Catata  (f.  Catasta) ,  ecartate 
( f.  ecarlaie  unter  Cocotmt^ ,  viprofU  (unter  Catti0r^pieo)fx 
€ogmius ,  I  (f.  ua)       Cunapicie$idki8,  unter  fioan^ 


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I 


4 

Bat  board  oi  iiealth  aber  die  Cbolera.  98S 

das  Griechische  xdiXfiog  t  x6friJtoi  —  Druckfehler 
dieser  Art,  sagen  wir,  entstellen  zwar  den  schdnen 
Drack,  und  ewar  nicht  so  selten,  als  es  zu  wioschen 

wäre,  schadeil  aber  im  Ganzen  nicht;  falsche  Citate 
aber  stören  den  Stiuiirenden  und  Gelehrten,  und  darum 
warnen  wir  davor  besonders.  IJng^esucht  sind  uns  schnell 
Mgende  anfgestofsen.  Unter  Diagondaa  Gc.  de  Legg, 
EST.f.  U.  1&  —  IL  S.94.  de.  de  JV.  D.L  1.  f.  1, 11.  — 
S.  112.  Cic.  de  Dh).  I.  29.  f.  I,  28.  —  Unter  Conceptia 
Cfc.  de  Div.  22.  für  IL  22.  —  Unter  ConsuUor  Cic. 
TuBc,  V.  37.  f.  V.  38.  —  Unter  Copulatum  steht  gar 
eio  drittes  Boch  von  Ch.  de  Dw.  (statt  des  zweiten).  ' — 
Ünter  Creo  CSe.  de  Div.  II.  25.  f.  IL  26;  unter  (hgus- 
dmmodi  Cic.  de  Div.  IL  15.  ftlr  IL  14. 

Wir  wissen  wohl,  dafs  auch  der  schärfsten  Auf- 
sicht so  Manches  entgeht  (wer  weifs  nicht,  was  vor 
einten  Jahren  Herrn  Tauchnitz  mit  seinem  ganz  cor* 
recten  Homer  begegnet  ist?);  aber,  auch  noch  zuge- 
geben, dafs  zuweilen  selbst  nach  zweimaliger  Correctur 
tler Setzer  nicht  richtig  verbessere:  immer  ist  bei  diesem 
Unternehmen  eine  noch  griiisere  Sorgfalt  auf  die  Rieh- 
tigjkeit  nothwendig,  und  dringend  zu  empfehlen. 

M  o  8  e  7\ 


KURZE  ANZEIGEN. 

* 


flynii  relstjM  io  ik$  dlMOte  coUwi  Chalera  spasmodica  in  1ndw$  now 
fmmiUmg  tk»  norta  ^  Banpe*  Printed  by  auihority  of  tfie 
hmrd»     kU  fliaj««t9'»  moft  kmunurabU  prwy  coiinetl.  Ijomdqn  ISSl. 

Wir  eilen,  den  Lesern  dieser  Blätter  toq  einer  Jtlcincn  Schrift 
Nachricht  mitzntheilen ,  die  so  eben  in  London  erschienen  ist,  und 
vor  dem  Heere  von  Fliigschri  ften  über  die  Cholera  aus  der  neuesten 
Zeit  wohl  einen  Vorzug  Tcrdicnt ,  m'ic  schon  der  Titel  angicht.  Sic 
i'ntiiilt  nämlich  dat  Gutachten  des  GrofsUritaniiischen  Medicinal  -  - 


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984 


Das  board  of  healtb  über  die  Cholera. 


Collcgiums  (Board  of  hcalih)  an  das  Ktiniglfche  Gehcimeraths- Col- 
legium  (His  Majc^ty^a  piivy  Council )  über  die  Beschaffenheit  der  ge- 
nannten Krankheit,  ihre  Behandlungsart  und  die  Sichemngtmittel 
gegen  ihre  Verbreitung.  Ref.  beschränkt  sich  indels  bloB  auf  eine 
Anzeige  des  Thatsächliehen ,  da  es  bekannt  ist»  vie  irerschieden  die 
Ansichten  selbst  der  Augenictigen  aber  einzelne  nicht  unweseHtliche 
Modificationen  dieses  Uebels  sin^* 

Das  Grofsbritannische  Medicinal - CoUegiam  besteht  aus  Sir  H. 
Haiford,  Bart,  als  Präsident,  den  Doctoren  Maton,  Turner, 
M  arren,  Macmichael  iiiid  Holland,  Sir  T.  Byam  Martin, 
Comtr oller  of  ihe  nav^t  Eduard  Stewart,  Depntirten  des  Board  •/ 
Customs,  Sir  Jamea  Macgrigor,  Generaldiieetor  der  Armee,  Sir 
Will.  Bnrnet,  Oboinparin«-Ar2i)  Sir  Willitni  Pym,  Obif«il^ 
«eher  der  Quarantaine* An«tal$en  and  Dr*  ßejtt^our^  Secar^Hr.  Jkß 
Gutachten  snthält  saerpl  «ine  Beodureibnng  der  liidiicliea  Gbolen 
nach  den  Beriehten  der  aii  Ort  und  Stell«  ai«  beobathtenden  Doctomi 
Daun,  Alexander,  Aehbarller,  Bireh,  WybroWi  Beyle 
und  Meide,  dann  «tn«  Miith«ilung  der  ^«mlitf)  nb«r  dlftalMidw 
Kx^kheit  in  Mpecow  rm  Dr.  K«ir,  v«lc1i«r  «i«  lange  d^oBfat  Vwb- 
aclitote,  apd  d«r  Doctiir^  HiipfeU  npd  Barrj  über  Ifatotabnrg, 
wohin  beide  durch  das  Gonrernemont  geeandt  ward«» ,  «rarerer  fan- 
heaonder«  wegen  der  Kenntnilb  dieier  Kranlthelt,  di«  «r  oieh  Wniti 
In  Ottindien  erworben  hatte.  Die  kleine  Sehrlfl  lit  gedmokt  anf 
jBefehl  doe  Goa?emonieote ,  um  den  Aorsten  *6»ofabritenni«M  «Ii 
^  ^onn  ibfor  Yerfahrnngaarl  an  dianen. ' 

-  Alle« ,  "WßM  bier  «Iber  die  eigentUoh«  Indiaehe  CSholem  km  go* 
sagt  wird,  kann  füglich  abergangen  werden,  da  ea  aitef dhrliehor  aai 
d«n  Abhandlnngen  von  Gilbert  Blano  In  Bd.  XL  *dor  Tram^^ 
Ike  Med.  Chhr,  S»«.,  den  Werken  Ton  Annealej,  G.  Hantiltea 
Bell  n.  A.  an  eatnebmen  ist  SotIoI  ersieht  man  jedoch  bald,  dab 
die  Krankheit  dort  awar  im  Ganaen  als  die  nftmlieh« ,  Jedoch  niter 
so  Tielfaehen  Im  Binaelnen  raodifleirten  Formen  auftritt,  dab  idek 
hieraus  sowohl  di«  Ton  ei|ii|nd«r  ^weiohettden  Boridita,  al«  anek 
die  Tcraehiedenen  Arten  der  Behandlung  leicht  erklären  !««««■• 

In  Moscow  beihielt  die  Krankheit  den  ihr  in  Indien  «fgonthSsi- 
lichen  Charakter  fast  unveripdert  bei.  Wtehtig  Ist  aber,  und  der 
Beachtung  sehr  werth,  dafs  die  Krankheit  sehr  oft,  wo  nielit  stets, 
.  da  hierüber  keine  Gewifsbeit  lu  erhalten  ist,  mit  ein«r  gewChnli^ 
chen ,  einige ,  selbst  mehrere  Tage  anhaltenden ,  Biarrhü«  mnfikgt, 
die  auch  ohne  besondere  Zeichen ,  s.  B.  iMdentettde  Ermattung,  kei- 
aeswegs  T«rnaeh|assigt  wer^pn  darf«  Auf  die«« ,  9iiiscbeii|cii|i  jedook 
meistens  ohne  einep  solchen  Yorlftufer ,  folgt  daaii  di^  «isaulM^f 
sogleiish  heftig  ergralfeade  Krapkkeif  mit  den  b«k<|ni|t«a  Syipplpp^«!», 
di«  hier  ala  Ihf  «rstes  Stsdiuin  betrachtet  we|4fu.  Hii^rMl  Ufi^k 

ein,        dm  Qr^h  flar  T#d|lich|(«it  kAnf^  «fwitup  ftMÜHl» 


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wH'lfcf Jj^-^HgüwJwai  Awwt»  BeAclion  nennra,  entweder  durcti 
ih  Nator  ^lein.,  od««  darch  Anenenii  oder  dorcb  beides  in  Verei- 
a%ug  «seoLgt,  Wiedmnreckitag  ein««  bMcblauiiigteni  PoUes , 
MMk0k»  Jbr  Wftnn«  und  HaataiMdimtiMg,  allein  et  iet  veit  go- 
Miij  ■nwaabme»,  dofii  hierauf  atete  Begattung  erfolgt,  Tielmebr 
fibt  4ifi  fUapbiMit  da^n  eehr  leicbt  in  ontnondllcbe  Fieber  über, 
die  gav  niobt  la  ibr  gehörig  sn  ae^  aobeinea ,  nnd  in  den  melaten 
fjUien  dan  Tad  wax  Folge  babon ,  aebv  oft  dauert  aber  daa  sweito 
todiam  aicbl  lange,  oa  taitt  daa  dritte  nnd  lotete  ein ,  ganalipbea 
■iuriiea  d«r  Kiftfte,  wavanf  oaoh  einigen  Stunden  der  Tod  folgt.  Im 
Vaddlilt«  Bolbat  wird  eo  ala  otwaa  Eigentiiümlicbea  nnd  Intereaaantea 
Wffgfbaa»  dafa  die  Eatienton  suweilen  ao  lange  obno  fühlbaren 
.>F«1»  loben.  Nnaiontlieb  wird  erwftbnt ,  dnfb  der  Ant  aieh  mit  einer 
Jßeifpn luitanhtett,  deren  Am,  9^at  und  Geaieht  mit  bnltem  Sebweifa 
bidicbt,  «ad  die  Goflirao  dea  Angea  gorötbet  waren,  4ar  Fnla  an 
,  den  H&nden  war  aebon  eoit  einigon  Standen  nicbt  mehr  fdblbar} 
dteiwab  baMrtwarteto  ate  die  Fragen  aebnell  nnd  gebörig,  obgleich 
^  Mg|yli|)iff  atiauue.  6io  atarb  erat  6  Standen  nnehborw 

.        Baiicbt  ana  Foterabnrg  iat  Tom  IST.  Jnll,  Tpa  dem  beb^an» 
tm  &Ha«al  vad  tou  Barry  aelbät  untene(ehaet,  kam,  aber  aelir 
.lülimilit,  weil  Bälden  alle  Terlangten  Haifunittel  dareh  daa  nia* 
.  ahnbe  G^uvememaut  an  Gebote  atanden«  Aneb  bierin  wird  angego- 
^baa^,  dilb  in  Tiolan,  and  da  ein  grofaer  Tbeil  Torbeimlicbt  wird, 
i.adü  potbmidig  verlietralicht  werden  mnfa,  wobl'  in  den  meiaten 
Fdllea,  olno,  mehrere  Togo  nnhaltende,  Diarrhoe  der  eigentlichen 
Saaablieit  voaanaaagehen  pflegt,  welche  Jedocb  dann  aobr  plötalieli 
naad  gowalteam  aintiitt.  Ala  Unteraebiode  der  nordenropäiacben  und 
daa  ladianhaa  Kranklioit  werden  folgende  bestimmt  genannt :  1)  IHf 
Aaaloorwigaa  aind  reichlicher  und  nnbeawinglieber  in  der  indiacbear 
Q  Ha  ladioB  tral  bftufigor  Heilang  ein  nach  dem  eraton  Stodium  der 
ftilto«  ohao  die  Zariachenkunft  einea  ' leicht  typlioa  weidenden  Fie- 
bern. 3)  Baa  Verhaltnifs  der  im  eraten  Stadium  aterbenden  war  weit 
gf^oer.in  Indien  als  in  Petembaig.  4)  Aufaerdem  hcmerlten  die  Be- 
richtomtotter»  dafs  bei  weitem  mehr  Aerzte  und  Wärter  in  Peters- 
burg 1^  der  Kranliheii  befallen  wurden  ala  in  Indien,  setzen  jedoch 
hinan ,  dafa  in  den  gut  gelogenen  geräumigen  und  hinlänglich  ge« 
löftoton  Hofipttälern  nur  sehr  wenige  aeibst  Wärter ,  Ton  der  Krank- 
bait  crgrißen  wurden.    Die  Herstellung  erfolgte  in  Petersburg  schnell 
niid  vollständig.   Auf  Befehl  des  Minisleriama  des  Innern  besahcu 
die  Benebtentattor  ohngefähr  200  Personen ,  an  denen  keine  Spur 
^4nav  überttendencn  Krankheit  zu  bemerken  war*    Rückfälle  der 
HPÜillcbaif  aind  böcliAt  selten,  und  noch  adtener  gefabrücb,  wenn 
im(,  wie  a.  B.  hei  den  Wär^rn,  eintreten. 

Der  Wii;||^ig«te  TbcÜ  der  Sclirift  enthält  ^le  für  ganz  GvnTa- 
kn^fmwim  StchoirM^nuifiK^g«^  Zuef  st  aoil  an  jedem 


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Orte  eine  Cemmianon  m  dem  Gebttic^n ,  dem  O^tevorstande , 
cmeni,  öder  ebigen  AenUn  n.n,w.  erriebtet  werden,  welche  mit 
dem  Board  <{f  keaith  in  Lenden  über  die  geeigneten  Mafsrctrtin  cor- 
»»pondiren«  durch  diemi  eeU  ferner  daffir  geaergt  werden,  dafs  jede» 
er&mnlende  Indmdnnm  aegleleb  in  ein  teodcenee  und  baupt.äch- 
lieh  Infligea  Lokal  komme,  wenn  die  Befligkeit  dto  Krankheit  d.* 
Tranaportifen  nicht  nnmdglidh  mache,  in  welchem  letzteren  Falle 
vielmehr  die  Umgebnagen  enffonit- weiden  mOwen.  Die  Familien' 
h&npter  weiden  emttUch  erinnert,  keinen  beginnenden  Krankheit», 
fall  in  veracbweigen,  dnmit  die  Hülfe  aogbOch  angewandt  werden 
hönne.  Reinignng,  Lüftung,  «elbat  ftioehea  Widfean  and  Waschen 
der  Zimmer,  worin  Jemand  erkrankte,  Wuchen  nnd  Rauchern  der 


Kleider  nnd  Betton  dereelben  wird  gleiehfalia  empfohlen.  In  grö#. 
•eren  Stödten  eollen  anter  den  Hanptgeanndheite-Commiesionen  klei- 
nere atehen,  nnd  Übernil  die  Nnmoi  imd  Wahnnngen  ihrer  ÄliteHe- 
der  an  die  Kirchthüren  nngeachlagen  werden« 

Dieses  sind  die  ertheilten  YorMihriften.nUe,  und  Jeder  Temänfw 
tige  wird  einsehen ,  dafs  sie  für  ihren  Zweck  ▼oUatündig  irennecn 
Es  ist  auch  M  (»hl  an  «ich  klar,  dafe  ea  einem  für  aolche  Gegen- 
stände darch  Erfahninj?  und  Nnchdenken  hinlingliefa  nnterriebteten 
CoUeglnm,  als  das  Brittieche  hoord  of  ktoUk  iat,  sieht  einfallen 
konnte ,  die  grofse  Menge  über  die  nratUche  Behandlung  einer  tiel- 
fach  complicirten  Krankheit  belehren,  oder  Wehl  gar  die  Heilune 
derselben  gänzlichen  Nichtkennern  <ler  Anneiwiamechnft  MTertraiiea  . 
%u  wollen ;  solche  Sunden  begeben  wohl  einnelne  aeichfe  Pampbiet- 
Schreiber,  aber  gewila  kein  hoehachtbnrea  Bfedicinnl - Collerinnu 
Die  Aerzte  werden  an  die  oben  genannten  Werke  und  nn«  Mktln  of 
th9  Epidemie  Spasmodtc  Cholera  of  Ruuia,      Vr,  Üitecf  Umwkint  ■■ 
Bum  gräiidlichen  Studium  der  Krankheit  Terwiceen,  nnd  für  dkse 
nUein  gebort  die  Behandlung  derselben;  für  üa«  niehtiistlinhe Pnbli«^ 
cum  aber  genügen  die  hier  ertheilten  Vonchrilten  ▼olUE«mman. 


1^ 


4tla9  de$  plus  m4morahlea  hatailles,  combats  et  ai^gti^^ 
dettempg  anciens,  du  moyen  a'ge  et  de  Vage  moderne  ' 
•  en  200  feuiUes,    Par  Fr.  de  h  ausler ,  Major  ä  l'Ftat  -  J^ajor  gi- ' ' 
nirai  fFwtemhergeois.   Ire  Livraison.    1831.    Carhruhe  und  def-  ' 
hurg  In  der  Berderischen  Kunst  -  und  Buchhandlung.  *  -  *  *' 


Den  meisten  Lesern  der  alten  nnd  neueren  Geachiehle  mnseeny 
wegen  Hangel  der  Anschaabnrkeit,  die  Hinifeieongmi  nnf  Sdüaeh- 
ten,  darch  welche  doch  so  oft  das  Schickaal  der  Ydlker  enlnehiedMi 
worden  ist,  gewöhnlich  dunkel  bleiben«  ITnd  doch  neigt dcsi  Gaaf  - - 
de^^Hanptachlachton,  anfiraidem,,  waa  nnmittelhnr  dna  KriegaweaMi» 


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tttfi  BeUgerangen  alter  oad  neuer  Zeit. 


betrifft»  oft  auch  vieles  andere  CtiarakteristiHche  in  den  Terhältnissea 
der  nnt  einander  kämpfenden  Nationen.  Erwünscht  ist  es  deswegen 
fihr  aUe  Geatfhiebtafireniide»  dafSi  hier  ein  Mann  vom  Facli,  Kriegs - 
ymä  8pralslii[eniitniMe  Tereiaigenil,  dsrdi  ein  lieeonderee  Stadiam 
^iliBen  die  aaeehanlieheten  Local-  and  Real -Ursachen  von  jenen  eo 
antaclieideBden'  Krtegeerfolgen  tot  Ajigen  stellt.  Die  Zeichnungen 
Mclieii  «vrerheanbar  die  Oertlichlreit  mid  wie  die  gegen  einander 
getretenen  Heere  aSchel  tot  dem  Treffen  dieee  ilire  Lage  henntat 
hatten.  Aaeh  dae  Torrückea  gegen  einander  wird  im  Riff  lelbet  in 
eo-weit  angedeutet»  alt  dieeeä  ohne  grofsere  Venrirmng  möglich  iit. 
Einzelne  Veränderungen,  die  sonst  eine  doppelte  oder  dreifache  IVie- 
derholung  4lea. Schauplatzes  erfordert  iiaben  würden,  sind  durch  die, 
heigegebene  hurse  Beschreibung  so  deutlich  gemacht,  dafs  sie  sich 
der  Aufmerlisanie  leicht  in  die  yerzeichnete  Localität  hineindenken 
kann.  Auf  diesen  AngrifTsplan  folgt  alsdann  das  Resultat  der  S(  blacht, 
nnd  eine  urthci^nde  Nach  Weisung  Ton  den  Ursachen  des  Gewinns 
oder  Verlustes. 

Wir  geben  zum  Beispiel,  wie  wir  atiR  tlcn  Angaben  des  Vcrfs. 
im  Umfang  der  älteren  Geschichte  die  Skizze  der  Schlacht  bei 
Canna  (vom  J.  216.  Tor  unsrer  Zeitrer.hn)iii<;) ,  ohne  selbst  Kriegs- 
.  verständig  zu  seyn,  klar  aufzufassen  t«  rino(  hten.  Die  Römer,  unter 
den  Consuln  Varro  und  Acmilius  Paullus,  rucken  mit  80,000 
Mann  zu  Fufs  und  7,300  Reitern  gegen  Hannibal,  der  nur  40,000  zu 
Fufs  hatte,  aber  10,000  g-eiibte  Reiter  auf  die  beiden  Flügel* dersel- 
ben Stollen  konnte.  Auf  die  Ueberzahl  seines  Fufsvolks  stolz,  liefe 
Varru ,  der  an  diesem  Tage  das  Commando  führte ,  dasselbe  in  dich* 
Haufen  gegen  die  Oarthager  «aftaianeliicen«  die  aloh,  um  fiifa 
BliadcraaM  au  Torbergen ,  so  Tlel  mdglich  anidehntfB  und  ihre  leichte 
Truppen  in  klehieren  Hassen'  vor  der  Haaptlinle  ein  Vorderireffen 
liildaii'-lleiNn.  Haatfibal,  den  Angriff  erwartend,  lieih  die  Mitte 
B«inea  Fofln^lks  In  einem  halben  Kceiae  gegen  den  Feind  Torwirta 
röefcan,  damit  die  Romer  nlclrt  ihre  Menge  lum  Ueberfldgeln  seiner 
KOfingeren  Zahl  anwenden,  vfdmehr  von  allen'  Seiten  sich  gegen 
diaaen  aus  der  Mitte  herTorgetretenen  Clrbelbogen  eoneentriren  möcli- 

3.  Die  physisch  nach  dea  Miltein,  und  psydiologisch  nach  dem 
ect  des  H^miseheii  Heerführers  und  dem  Trete  auf  Ueberlegenheit 
der  Massen  wnhlberechnete  Kriegslist  gelang  vortrefflich.  Das  rd* 
mtiyhr  FufsTolk  liefs  sich  gegen  die  Herrorgerückten  hinlooken, 
der  0arthagisehe  Halbcirkel  aber  wich  e'oen  so  halbkreisförraifir  im- 
mer in  coacaver  Gestalt  rückwärts  und  zog:  8»*^h ,  wie  zum  Wider- 
stand unvermögend ,  tiefer  als  die  übrige  Schlachtlinic  war,  zurück, 
bis  die  Römer,  tlpKto  irMr/i^er  herandräng-cnd  .  zwischen  die  beiden 
ruhij!:  gebliebenen  Flügel  des  punisclicn  Heers  hereingelockt  und 
gleichsam  nachgezogen  waren.  Die  ohnehin  übt  i  legene  Reiterei  Han- 
aibftUi  die  auf  die  beide  fiztreme  gestellt  war,  hatte  die  eben  so 


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•IM  Mßmüm^  Jkäm  ^  ittM^ir«  injilirliiti 

(^banden  rÖnitcfaen  Reiter  gegenüber.  Der  HnVc  punische  Flügel 
begann  den  Angriff  und  drückte  die  Gej^ncr  zurück.  Bald  wurden 
die  beiden  Flügel  der  rom.  Reiterei  Ton  de|i  beiden  Seiten  ilim  Fiifil* 
^^oUte«  getrennt  i»Pd  dieaee  bliuige«^!!.  ^ 

Wftlirend  ann  die  «MirfbaglMshe  Reiterei*  dieieii  ■ehwficheren  Theil 
des  rdmliclien  Heere  auf  der  recliteo  Seite  gans  wegtrieb  nod  Ter- 
folgte,  anf  der.Iinlren  wenigstens  stark  beschäftigte  and  Tom  Yor- 
räeiiea  abblelt«  liefs  der  schlank  Carihager  die  beiden  Flügel  seines 
FnAiTolks  so  vmrw&rts  sich  schwenken «  dafs  er  mit  einem  Mal  das 
lönlscbc  FafsTolk,  welches  sich  von  allepi  Seiten  in  die  enger  halb-  ^ 
kreisfdrmig  snrnckgewichene  Mitte  der  eartbagisclien  Infanterie  stür- 
mlseh  hineingewagt  hatte»  auf  beiden  Selten  umklammern  konnte« 
Sr  fabte  demnach  die  tIoI  groliMre  ansammengedrangte  Menge  dock 
mit  seiner  kleineren  Zahl  Ton  J*iifsTolk  so«  dafs  ofi  jetat  au  gleudier 
Mt  Ton  drei  Selten  angrlftweise  In  sie  hlneinwi^kte*  Varro  bracble 
seine  In  diese  Klemme  gestftmte  Mehmahl  nach  r6misclier  Taktik 
schnell  in  eine  Terbemerte  Stellung,  um  ebenfslls  nach  drei  Reiten 
gegen  diese  Angriffe  Front  «u  maclien.  Ctonde  Jetit  aber  kooBte 
auch  ein  grolVer  Theil  der  carthaglschen  Reiterei  von  der  Yerfol- 
gong  der  römischen  sich  anrnckwenden »  und  Ton  der  Tiert^n  Safe 
her  In  das  römische  FufsTolk  oinbrechon. 

• 

Hannibal»  Schlauheit  hatte  die  Römer  wie  in  einen  Sack  ge< 
lockt.  I^logeengt  und  uljcmliher  umwickelt  mulbie  der  gröfste  Theil 
auf  dem  Schlachtfeld  untergehen.  Haufen,  die  sich  zerstreut  durch- 
geschlagen hattefi,  wurden  in  den  nächsten  Tagen  gefangen,  nnd 
Rom  hatte  an  Einem  Tage  sein  ganzes  Heer  verloren.  Uebermotk 
wegen  der  Ueh^rzalil  aP  tüchtigem  Fufsvoik  war  schuld ,  dafs  der 
angreifende  Varro  allzu  lange  nicht  bemerkte,  wie  puniach  ihn  Han- 
nibal  zwischen  sein  FufsTolk ,  gleichsam  in  eine  Fallgrube,  lockte. 
4ufscrdem  hatte  der  rechte  l^lugel  der  römischen  Reiterei,  da  er 
von  der  carthagischen  lebhaft  angefallen  war,  das  sonderbare  Gegen- 
mittel ergriffen,  ahznsitzen  und  den  Kampf  zu  Fufg  fortsusetieB 
Dadurch  wiir  für  die  rechte  Seite  des  Fufsvolks  die  Beichützung  der 
Reiter  um  so  mehr  verloren    Der  linke  Flügel  aber  wurde  durch 

Hnnnibals  numidische  Reiterei  in  die  Flucht  gejagt.  Auch  die 

Taktik,  sehen  wir  wohl,  hat  ihren  Geist  und  Ihren  dafür  uö* 
tliigen ,  ab(  r  äliein  unfruchtbaren  Buchstaben.  Der  Buchstabe 
,^  ißt,  dais  alle  Theile  des  Heers  nach  ihrer  Art  und  Bestimmung  über- 
baupthin  ^vtililüusL^criistct  und  zu  allen  möglichen  Bewegungen  uie- 
•  '  cbanisch  votg^^ubt  seyn  müssen.  Aber  die  Anwendung  all  solcher 
Vorbereitungen  \«ird  alsdann  doch  vom  Geist  abhangig.  Hannibalt 
genialer  Ucberbliek  niciit  bios  der  Massen,  sondern  auch  der  morSr 
llschen  Kräfte  beider  Theile  machte  es  ihm  allein  möglich,  das  WSS 
dls  QiiQbstabe^(das  iät«  als  körperlich  ^|ld  als  erlernt}  da  war,  für 


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aml  BeJ^erungoii         und  iieaer  2oil. 

MNeii  Vortheil  in  Tb&tigkeit  ^m  Mtien.  So  gab  sein  Q^Ut  den 
«iMtnen  Mmmb  äbr  «nd  d«v  darnaf  troU^pden  JHmaidni- 

fltigkeit  4i«  Uftir  ÜHi  TorlMllMiftwte  lUiditiiiig,  gemd«  «o«  wie  wetoo 
or  aellMt  eie  n»  ihvtn  Unteifa^g  in  copmun^mi  gel^abl  glätte.  Der 
Bvehilalie  eell«     gnl  wie  ndflj^lb,  imp  Teimie  da  ««f «. 
Qebl  Mebt  ihn ,  ee  defe     für  ed A  wider  iidi  eeUbel  wirkt  . 

Die  Tor  uns  liegende  erste  Tolle  Lieferung  gicbt  auf  die  be- 
flcYirtebene  Weise  an«  der  alten  KriegsgeschiRbtc  Ticrzehn  Schlacht- 
notizen  und  Plane,  nämlich  Ton  Manlinea,  Lcuctr:!,  Yom  Berg  Tau- 
rus  (a.  Chr.  274.  gegen  die  Galater),  yoii  Agiigcut,  Adis,  Tunis 
(a.  Chr.  255.  gegen  Regulus),  Panormns,  Alta,  Telamon ,  vom  See 
Tfarasiniene«  von  der  Trebia,  Ton  Selasia  und  Canna«  zaletil  die 
Belagerung  Ten  NnniaBtii*  Ana  dam  MitlelelCer  wird  gegebeii  Boiii*e 
Bela^ffniiig  Ten  den  Qetlien  unter  VUige«  $  alidenn  die  Scblachteo 
bei  ^Hcnfpnm»  Oan,  am  Veenv*  bei  Solaeen»  Tragtna,  Yemnk 
Ca,  $86.)  und  BMtinge.  Die  Schlafllit  Tarn  19«  August  ftSS,  «nter 
i(Mg  iPfle  I.  gegen  die  Ungarn  anf  dem  LecUieldt  tat  durch  eine 
?avday|je|ie  4;eicfannng.  Terdeidlielit.  Eben  ee  die  Selilacbt  bei  Sem|pi. 
4kxush  wird  nocb  die  bei  Onmeie«  bei  Trlnbola»  bei  Manskiert  nnd 
bei  C^lnbi7%  ira.  für  K.  Nibephenie)  dnigeiteUt.  fin  glockU- 
cherQ^danke  war  es,  auch  die  aecbeKrenisdge  anf  Einer  Karte 
neben  ^^nder  durch  Tcrschiedene  Farben,  nach  ihren  Uaaptmftr» 
echfsn  zu  verzeichnen.  Daran  nimmt  der  UniTeraalbiitor^bery  wie 
der  Kircheng^cbichtskenner  gieiehea  AatheU. 

-Der  dritte  Tbeil  der  Liefernng  giebt  Sefclacliten  der  neae- 
cen  Zell,  In  der  hier  mdglieben,  weit  grdlheren  Yelletftadigfcelt. 
Die  Sdhlacbt  bei  Neerwinden  lim,  die  Ten  Fleanie  IM,  die  tan 
Zeatha  169Y,  die  Ton  Belgmd  ItlT,  bedurften  nnd  erhielten  jede 
.  ein  eigeaes  Blatt. 

Das  gutizc  Werk  ist  in  Hinsicht  auf  den  Steindruck  mit  eben 
der  Uctuheii,  und  Zierliclikcit  behandelt,  die  man  ans  anderen  geo- 
graphischen Unternchmuugen  der  Herder'sehcn  Kunsthandlung  mit 
Vergnügen  kcnut.  Es  wird  ohne  Piünumcratioa  blas  äubdcriplion 
gewünscht ,  um  die  Auflage  darnach  bestimmen  zu  können.  Nicht 
blos  für  Bibliotheken,  sondern  vorzüglich  auch  für  Gymnasien,  WO 
maa  die  Autoren  nfcbi  um  der  Sprache  willen  allein,  sondern  wegen 
der  Reelkcnntnife  der  geachichtlichen  lirirkTidikelt ,  na  expliciren 
und'  die  Geschichte  praktisch  zu  machen  den  Sinn  hat,  werdra  dime 
Danlellungen  erwAnicht  lejn. 

Zngleieh  iet  echan  anf  ebendieeelbe  Wetae  begennea  die  I^iefe* 
mag  einer 


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040  J.  £.  Worl,  Karte  y.  Würt^berg«  Baden  a.  Hoimcollen.  / 


Karte  von  dem  Königreich  IV ürtember g ,  dem  Grnfsher- 
xof^thum  Baden  und  den  Füratenthümern  Hohen  zol- 
lern, in  12  Blättern.  Gewidmet  Sr.  KönigL  Hoheit  dem  Grofah, 
Leopold  von  Baden.  Entworfen  und  bearbeitet  im  Mafsatabe 
Yot^fooo  natürlichen  Gröfse  von  J.  E.  ff  örl..  In  Stein  geitoehen 
unter  seiner  Leitung.  Als  Abtheilung  der  von  dem  K&n.  franzöf, 
Ingenieur  -  Oberstlieutenant  JVeifs,  nach  der  modificirt  Flammatee" 
düchen  Protection  entworfenen  Marie  von  äiüddeuttchlatut. 

Auf  «inen  FUchemnm  rw  M  Qaadrataollen  wnrien  liiei^ 
US  dentfche  Q.  Meilen  mit  ihrem  topograpMeelMn  Ulli  clien  ee 
geseiclinet,  wie  diee  dnreli  den  Ailae  'Toa  Xnrepn  maff  2M  Bega» 
edMin  vnbmUeliet  bekannt  ist  Alle  Zeiehnnngen  der  Peeitimien , , 
Stcnfien  und  Grannen  eind  .nneb  hier  in  rothem  Dmek  gegribea »  wie 
diee  Vendemng  und  VerdenÜiidiQng  nngl^eh  iit.  Der  ▼erfiHfeer.lmf 
aneh  eine  neeh  nnedirte,  in  Originalieiehnnng  TerÜegende  SMe 
▼en  Wortembeig  so  benntien  Gelegenhdt  geliabt»  die  Ten  dem  dor- 
tigen General- Qnnrtiermeieter-Stanb  naagenrbeltet  iet  Die  Gfdfte 
der  Schriftarten  und  die  Beneielunng  der  Wohnplitne  vnferactieideÜ 
das  RaagTerhiltnife  demelben,  wie  ee  theiie  rem  Sttete,  tboile 
durch  die  Meneeheanahl  bestimmt  iet/  Eine  Henge  tob  C^Tentinn»^ 
Zeichen  dentea  andere  Beieliairenheiten  nnd  Terfailtniiee  an »  en  ditt 
ein  grofier  Theii  von  Statistik  hier  mit  der  Topographie  Tetbrnide«. 
wird  Die  ganae  Karte  wird  innerhalb  eines  Jahree  Tollendet  «ojn.* 
Für  Sabscribenten  ist  der  Preis  des  Biatts  ein  hnllier  Brabänie« 
Thaler.  Wer  anf  alle  13  BUtter  baar  pr&aomeriH,  mahlt  für  das 
Blatt  nur  1  fl.  ' 

Dr«  PmulM% 


Sfiatem  der  Logik  von  Wilhelm  Ester,  Dr.  d.  PhiL,  ordenil 
Prof,  deraelhen  tn  der  pkiloa.  Facultdt  und  aweitem  Direeior  de» 
pddag.  philol.  Seminarium»  dar  Ü.  Preufa.  Aeademie  zu  Münater, 
Thoeite^  umgtmrMUU  d^Uagv.    MinaUr  XI    tk  W  &  a  ' 

Die  Braachbarke it  dieser  Darstellung  der  Lnpik  hat  sich  srhoa 
dnrch  das  Erscheinen  dieser  zweiten  Aaflagrc  bewährt.  Den  Grand 
dersellieB  glaubt  Ree.  einestheiU  in  der  lobtnsH crthcn  Klarheit  nnd 
Verstindliehkeit  dieser  Bearbeitung,  wciciic  sie  für  den  Unterricht 
auf  Sehulen  geeignet  macht,  anderntheils  darin  zu  finden,  AnW  der  » 
Yerf.  sieh  durchgängig  an  die  gangbarsten  am  allgemeinsten  ange- 
nommenen Anelehten,  wiesle  rorsuglioh  durch  Kant  und  seine  Schote 
geltend  gemaeht  Warden,  festhält«  bisweilen  auch  da,  wo  die  Wfo- 
^  sensehaft  eeltdem  fortgeschritten,  oder  doch  neue  Anregungen  sa 
eoibetstindigen  Fortachritten  gegeben  hat.    In  dem  Inhalt  stimmt 


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W..  EmJif  Sattem  4«r  Logik.  941 

igf         tot  g»ni,  telbtt  bU  in        Einxelne  liinein,  und  auch 
Miae  Fahler  ai^t  ansgenomnieii ,  Mit  Kragt  Logik  zusRininen. 
Eigenthiliiilicliet  findet  ticli  Ide  and  dn  in  der  Anordnnng.  Ein  we- 
MDÜlclier  Fehler,  den  der  Yerf»  mit  Krng  —  freilich  nach  mit  lehr 
Tiden  andern  hochgeprieeenen  Logücem  —  gemein  hnt,  ist  der  gaoa* 
liehe  Hnngel  an  einer  pajchologiichen  Grundlage ,  was  die  ganze 
Logik  ale  einen  todton  Meehaniemne  ereeheinen  lal^t.  Statt  deaaen 
erhalten  wir  ala  Groadla^  der  Logik  <«-  ebenfalla  nach  dem  darin 
unglücldiehen  Torhild  Krnga  —  die  allgemeinen  Grandaätso  dee 
Bvttkeaa*  die,  ehe  uher  daa  Weaea  den  Denkens  psychologisch  eine 
tehnnll  eitiieilt  worden  iat,  gann  anTCfetändlich  seyn  müssen  ,  j« 
Mit  asgar  aoa^den  Beohformen  oellist  erst  ahgeleiiet  werden  kennen, 
also  esst  am  Ende  der  ifineii  Logik  ihm  walire  Stelle  hatten  finden 
ariwseni  D&e  Logfk  wird  eingetheilt  in  Analjrtik  und  Synthetik, 
waawohl  hesoer  dnrch  reine  and  angewandte  Logik  heaeiehnet  wurde. 
In  der  Lehre  Toa  dem  Begriff  hat  der  Terf.  die  in  Kantiachen  Lo* 
giksB  mit  Beeilt  an  Grande  gelegte  Anordnung  nach  den  Urtheiia^ 
iMsa  Terlassen,  and  behandelt  dagegea  die  Begriflb  thetls  in  oh- 
Jsstber  oder  materialer  thelle  in  sul^liTer  oder  fsrmaler  Hin« 
lieht.  Blee  verdient  aber  keineewegs  Bill^;nng ,  denn  die  Logik  hat 
iie  BegvÜKs  gar  nieht  in  materialer,  sondern  allein  in  lormnler  Hin- 
«skt  tu  hetraehten,  auch  gehört  der  Umfang  und  Inhalt  der  Begriffe 
gar  nicht  der  Hnterie  dea  Begriffs  an,  er  gehört  nothwendig  der 
Feim.  Noeh  aiehtharer  wird  der  Fehlgriff  dieser  nenen  Anordnung, 
wn  ea  nach  die  Urtheile,  statt  nach  den  Kategorien,  nach'Ma- 
tsrie  und  nach  Form  beiiandeln  will,  denn  hier  fällt  ihm,  und  eben- 
fidls  eelir  mit  Unrecht,  nur  die  Quantität  der  Urtheile  unter  die 
Bnbrik  der  Materie,  Qualität,  Relation  und  Modalität  wird,  dann 
auaannen  unter  der  Rubrik  der  Form  abgehandelt.  Als  ein  Fehler 
in  der  Anordnung  mufs  es  ferner  bezeichnet  werdm,  dafs  sowohl 
bei  den  Begriffen,  als  bei , den  Urtheilen,  die  Lehre  Ton  der  Be- 
aeichnuttg       obgleich  nur  als  Anhang  ^  In  die  Analytik  4»d«r- 
xeioe  Logik  mit  au fp^enommen  worden  ist,  die  der  angewandten  Logik 
faanweisen  wäre.   0ie  Syntlietik  wird  eingetheilt  in  eine  allge- 
'  meine  Sfynthetik,  worin  von  der  Form  und  Metbode  der  Wissen- 
Schaft,  Ton  den  Mitteln  der  Yerrollkoiumnong  der  Erkenntnisse, 
aämlich  Erklärung,  Eintheilung  und  Beweisführung  die  Rede  ist,  ^ 
und  eine  besondere  Synthetik ,  welche  TOn  den  besonderen  Arten  der 
Erkenntnifs,  und  zwar  erstlich  von  den  empirischen  Erkenntnissen 
und  deren  Kritik ,  zweitens  von  den  rationalen  Erkenntnissen  handelt. 
Aach  hier  folgt  der  Verf.  in  Anaehong  dea  Gehalte  gröfetontheiie 
Krag. 

U.  Schmid» 


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JhMM ,  SjMmk  9fmcf(M$^ 

Andeutung  eines  Systems  speculat  ivcr  Philosophie.  Vok 
G.  FV.  Daumer.   Nürnberg  1831.         u.  116  S.  in  8. 

Wir  erlialteii  In  diäten  WdriEolHIi  irteiw  du«  itf  iie  Hill» 
philosophischer  Tennlnelogie  gdüMM  INfMnig  mm  det  SaMtf- 
bang  der  Welt  ud  ven  der  Qetoiilelite  ie»  Heuilftheity  wie  «it 
deMn  eelt  ScliellfB;  aoifthlige  erhalten  hnbeiu 

Wenn  die  groftärtlgen  nnd  4elyendtgeft  Znge  dee  Oettiftldee  ree- 
ier  SeibutolFealMraqg  Gottee  in  der  Schdpfiing  und  QeechMte  dtf 
Welt,  wie  ee  der  echapferisefae  Oeiet  eince  Sehelliifg  hetteiMneliit» 
flehnld  msii  einmnl  anf  wliaenechaftUehe  Bedentang  deMeHiaa  vw- 
ricteit  hat,  ab  Pöesie  genommen  nicht  olme  Eindraelc  W*r«;M  M 
die  seitdem  lomier  wlederbeMen  matten  gehattenrfäee  dleeHe  ümMim 
keineswegs  erfreulich  aasntehanen.  Es  ermfidet  ddeir  ee  dmpdrt  eegaff, 
immer  Ton  Neaem  die  mit  dem  ilnspmch  mnf  wüseaeClinftllehe  fielt 
nnd  absolute  Wahiheit»  nnd  d6dl  so  Tflilig  sifl||etet!Wn  StaibHtagea 
anaahdven»  Vte  Gott  fAr  sidi  nicht  habe  hest^fc^h  hdiraen,  'sold^ 
sich  selbst  habe  darstellen  mössen,  wie  er  aber  dinA  dnrth  gi^ 
Tiele  ModItfcationeA  hindoretigemnfM  habe,  ehe  er  die  SeMpftmg 
Tollendete,  nnd  wie  er  dann  In  def  Gesdildlite  d<jr  ilelndiheit  mnb* 
eam  selae  SB^et^le  tat  Mfifcirea  g«H9th{gt  sey,  bis  dann  iMnlikk  ett 
absoluter  Znfttand  der  in  der  Wiederretelnigung  der  Ton  Cfott  stIM 
erst  geschaffenen ,  aber,  wie  es  i^bdat,  mifofatheben  Wd€  mit GMt 
h^teht,  aller  Noth  Gottes  ein  Ende  maeht.  IHitselStodehUfhte  GMt# 
—  denn  dds  sind  eigentlich  Üarstelinngen  dieser  Art  ^  "nMM  dil 
Verf.  in  folgender  Tabelle  aaschanlleh  (S.  19  fgg  ):  TorWelt« 
liehe  Geschichte  des  Geistes.  1)  Das  Absolute  (ebne 
Grand  nnd  Anderes),  a.  Das  Tomnslletaangslose.  ft.  Der  absolole 
Geist,  Gott  (alsselbstbiwnfster«  pendblleber).  e«  Dleljee  iiadlM 
Eatwickelnng  in  sich  (die  Ideenwelt  in  Gott).  I)  Das  ttllgemeUH 
Andere  des  absoluten  Geistes,  der  Grund,  a.  Herroibringtiiig  dü 
Grundes,  h.  Eniwickelnng  desselben  Wur  Teiiifibftigltelt  a.  IM 
Grund  als  SelbeUoses  (Stand  der  Unschuld),  ß.  Der  Grund  nls  M 
(Abfall)^  Termittlnng  der  Ichhelt,  Temunft  (Godifna,  SofAllf 
tiOgos).  4)  Vebergang  aur  Wettsch£pfni|g.  II.  Geschlehte  dt^ 
Wel  tont  Wickelung.  1.  Der  Fiistenihtiiiilt61.  2.  Das  8dnie# 
qpstem.  S.  Die  Organisirung  der  Erde.  4.  Der  IHenseh  der  ücwiH» 
Panthetsmus  der  Natur.  ($).  Uebeigaäg  Ins  atreite  Wdltalter  M 
Henschheit  nnd  In  die  historische  Zeits  Vdlbertfdann^g.  5.  Miia^ 
thum  nnd  Judenthum«  titeldenthnm.  a.  Matnrreligioned.  fk  llo» 
Ügion  der  Kunst ,  Bellenismns.  7.- Römische  Ünireiealiat.  k.tf 
denthnm.  9.  Ghristsathnm.  «.  Vcehristenthum  nnd  rorkatholiselnf 
Grandungen.  b.  Katholicismus  und  Deich  dee  Mittelalters,  e.  Pro* 
tsstantismus  und  modeme  Woliblldua«;.  V  Die  absolute  Rellgioa 
und  das  Vnirenabrsich  das  letnten  Widtelteni.  (9).  Udtotgaag^nar 


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•ÜmMmi  W«ft;  grollbft  kMitaibdie  Katailtopfce,  WeltamvimAliiiiii. 
in.  AI>«olii«e  Welt.*". 

Dmt  Y««f»  «nteMclHMlft  rieb  filirigeRt  darin  Ton  den  neltien 
MiSamt  0eMlM?elPiMiMliM^  tefli  irine  philoiöpbitc&e  OonttraetioR  der 
GMohiehi«  bMI  Iii  dein  Cbrietentlinm  ■cbim  die  bdebtte  VoUendnnfr 
«dw  OottwetdMf  dc^  Welt  findet  i  cbndern  iiocb  aber  dai  Jetkt  ver-' 
nllflile  Gbrietenthuni  hiinmi  eine  nbtötute  Rdifj^on  wclMttgft,  die 
■toben  jetzt  im  Etitsteliett  «ejr.  Er  ielbst  giebt  Torläufig  schon  die 
Runptlebrsfttze  derselben  ad,  die  in  einem  Gemisch  \on  Theismus 
und  Paathelslnus  bestehh.  Am  Ende  des  Hnches  finden  wir  auch' 
noch  «ehr  kfihne  Yei^l<iLchnngen  aus  der  IVl^thologie  und  Symbolik 
der  filten  Reli«]^ioncn  ,  f^<»?en  die  eine  bistoriRrhc  und  philosopbitdhe 
Kritik  ebenfalU  nicht  wenige  Zweifel  zu  erheben  Ikabcn  würde. 

ß.  Sehmid, 


Mimmrw  «nr  roH^fme  et  In  |inyM|patte  de  I«  ipcttin^  d«  Ts«, 
par  M,  Pautktar,  cvmmenU  pur  Bt  Klaprotk*  parüJM, 
trolt  du  notttmiv  jtmauU  jMaHftu}.  ZI  S»  In  gr.  8. 

In  China  herrschen  bekanntlich  drei  Terschicdcne  Religionen, 
die  Lehre  des  Confucius,  die  Buddha  Relig'ion  ,  welche  aus  Indien 
stammt,  und  die  Lehre  des  Tao  ,  oder  der  Urintelligenz  ,  welche  die 
Welt  gebildet  hat  und  sie  eben  so  regiert,  wie  der  Geist  den  Körper 
regiert.    Die  Lehre  des  Cohfaclus  ist  uns  bereits  hinreichend  bekannt, 
4ie  des  Buddha  ist  es  erst  Ib  den  neneeten  Zeiten  geworden ;  die  dee 
Tae  ist  nlw  btel  Vem  Madgfel  an  BlaieriaUen '  und  Qnellea  fast  gana 
unbekannt  geblieben.  Däe  felilzige ,  wiia  wir  in  einem  icbwer  ver«- 
atändlieben  Und  mit  eiiitflli  «ibeii  eo  dunklen  CJommentar  begleiteten 
Teil»  iMtlften,  let  der  Ta^-UkUiff,  welebef  deüt  Stifter  dieser  Lebre» 
IMre-MI  «igeMbtfdben  #ird.  V^bef  das  Leben  dieses  Stifters  bal 
Mr.  Abdl  Bem^nsät  elb  WflUthrt  ^liefert,  tinf  Welebes  mit  Recbt  bter 
tenrilttelt  irM.  Allflfeerdeita  "finddt  sieb  in  Fbrfs  ein  Cbineascbes  Werb, 
'  .  fli«  in  seiner  geftebwirttgeb  GeHtaft  ans  dem  £dde  des  secbsnebnten 
JabrhnhdeiK  berrflhrt^  ttHd  ein  lAben  jenes  Lao-t«en  enthält,  in  drei 
mebr  oder  weniger  Vob  etaander  verschiedenen  faad  mit  Druckfehlern 
angefüllten  Ausgaben.    Eine  englische  Uebersetaung  davon  durch 
Merrisoh  erschien  1812  in  üen  Borae  sinieae;  der  Uebersetzer  hat» 
nach  Tersicherung  des  Hrh.  Klaproth,  ungeachtet  zahlreicher  Mifs- 
griffe,  doch  den  Sinn  des  Originals  noch  besser  anfgefafst,  als  Hr. 
Pautbier  in  der  auf  dem-Titel  gctiannten  Abbandlunp: ;  mth\  dici5er 
Umstand  bewo»^  dm  Verf.,    hier  eine   neue  Uebereetzung  des  zur 
Kenntnir«  der  chinesischen  Religionsieh rc  wirkHcb  se.lir  wichtigen 
Textes  zu  liefern,  begleitet  mit  zahlreichen  Noten  und  Erörterungen, 
in  welchen  zugleicb  die  Irrthnbier  der  AsiatUchen  wie  der  Europät* 


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wOum  InterpMleB  aii%^cVt  und  widerlegt  eind.  So  ialMWMinlJtBek 

dieae«  Stück  ist ,  so  Terdienstltch  des  gelehrten  Heiaqegd)»  Sofg-  ' 
fall,  mit  welcher  8llee.£iiiielne  behandelt  ist,  so  wollen  wir  doch 
nicht  Terhehien,  was  er  uns  selbst  nicht  Terhohlen  hat,  dafs  näm- 
lich dasselbe  noch  keineswegs  genügt,  um  eine  Tollständige  Kennt- 
nifs  der  lichre  des  Lao-tsen  zu  gewinnen,  so  wie  der  verschiciU-nen 
Modilu  atioiieii ,  welche  diese  Lehren  in  der  beständigen  Berührung 
der  Anhänger  derselben  mit  den  Buddhisten  erfahren  hat.  Wwh  wird 
erst  dann  möglich  sejn  ,  wenn  man  in  Europa  die  zum  Studium 
dieser  Lehre  nötlii;^(n  Materialien  erhalten  hat.  Inzwischen  aber 
folge  man  dem  -wohlgemeinten  Rathe  des  Yerfg. ,  weil  dafon  allein 
ein  gcdeililiches  und  erspriefsHchcs ,  wie  uuch  gründliches  Studium 
der  chinesischen  Sprache  uud  Literatur  zu  erwarten  ist,  man  studrre 
eifrigst  die  Sprache,  insbesondere  die  Grammatik,  und  foigc  nicht 
dem  Beispiel  eines  gewissen  „savant  etrangtr der  nachdem  er  (einige 
Tage  hindiireh  die  xa  Pari«  im  ColUg«  royal  gehaltenen  Vorlesungen 
öberTdIie  chiaetieeha  Sprache  Mracht»  aMbald  die  Uebenetaung  ma-^ 
taphjeUieiier  Werke  der  Chineeen  «aleniabm ,  in  weielien  er  Alias 
'vetataad,  niit  Aataahine  «»rfet  partieukt  fui  ladij^aent  Im  eat  et  «mltat 
in ut Hit i9  grommmHeaU9 !"  Leider  gehSrt  dieser  „Sammß  eiranger/* 
weaa.  wir  nicht  irrea  *  Deutsehland  an  $  wo  sein  Unfag  iadessea  eal- 
lärn  wordea  i8t,.was  abrigeas  hei  deaea  Imam  adthig  war,  die  wia 
Ref.  seiiaB  Torher  die  Bekaaatschaft  eines  sotehen  liteiariselien  Wind- 
heatels  gemacht  hatten  uad  demaach  wohl  wafsten,  was  sia  won 
eiaem  solchen  Haan .  naid  dessea  Iieistnagea  auf  eiaem  Fal4a  an 
erwarten  hatten,  wo»  weil  der  Keaatnirsreicfaen  aar  Weaiga  sind» 
nun  glaubt,  die  Menge  desto  leichter  tauschen  zu  kdnnen. 

Znm  Schlufs  noch  eine  Bemerkung  des  in  diesem  Zweig  der 
Literatur  Tor  Andern  wohlerfahrenen  Verfassers»  •  £r  bezeichnet  als 
höchst  nachtheilig  für  die  Fortschritte  des  Studiums  der  chinesisdisa 
Literatur  in  Europa  die  schlechten  Nachdrücke ,  die  man  in  den  süd- 
lichen Provinzen  Chinii's  verfertigt  und  damit  den  Markt  Ton  Canton 
überfüllt,  wo  man  fast  einziL,^  und  allein  auf  den  Ankfinf  solcher  tou 
unzähligen  Druckfehlern  wimmelnden  Bücher  beschränkt  ist,  wenn 
man  nicht  wenigstens  ein  Jahr  in  jener  Stadt  bleibt,  um  die  zu  Nan- 
king und  Soutcheou  Fon  gemachten  Bestellungen  abwarten  zu  können. 
—  Möchte  unsere  Kenutnifs  der  Volker  Mittelasiens  und  ihrer  geisti- 
gen Bildung  noch  öfters  durch  solche  Beiträge  eines  eben  so  gründ- 
lieh  als  umtub^eiid  gebildeten  Mrinues  erweitert,  falsche  Ansichlcu 
beseitigt,  und  das  Duakti,  daei  noch  immer  zum  Theil  auf  diesen 
Völbera  und  ihrer  geistigen  Ausbildung  iraht,  immer  mehr  erhellt 
werden.  FreUich  wird  dies  nur  nach  nad.  aach  auf  dem  diM 
VerCi  selbst  beidehaetett         gesahibaii  liianen. 

•  Ch.  Bäht. 


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\ 

ti'.W,   HEIDELa  JAilRa  D.  LITERATUR.  1831. 

Gänzliche  Vmgestnltunf^  aller  Gtlehi  Itn  -  Schulen  Deutschlands,  eine 
höchst  diingcndc  Ztitfordcruiig  !  Oder  Drittes  (Jebrechen  der  Ge- 
lehrten -  Schulen :  Die  vorvrtkeihvoUe  und  unwissenschaftliche  lieber- 
.  Schätzung  ^  kttehutekeit  Ünterrieht»,  Eine  AUrnndlun^i^  «on  Mm, 
B:  B.  O^to,  Lehrer  an  der  dHkthi'Sdiulp  wtd  Fruhpr.  09  ä«r 
OnivertUättk*  zu  Lmpziff.  Zweite»  H^ß^  Nehtt  einem  mtef^rH^^ 
eken  Plane  %u  einer  ves^ewrien  Gelierten 'Sehnle*  Drittn 
Lei^pig Jn  'Commita.  der  J.  C  Ktnfeer'eehen  Bwhk»  u»  bei 
dem  terf,  8»  (XXI    u.  65.   XIF  »/ 117  S.), 

Di«  Bewffguqg  gehl  immer  weitar«  Wie  geengt,^) 
«8.  dröb  «uch  hi^r  dtm  Besteh^den  —  ob  ein  Vm^ 
Sturz  f  Wc»igsteo8  sciieinl  skh  immer  die  Menge  derer 

eu  yermehreo,  die  gegeu  da^  Studium  des  bisherig^eil 
Geiehrtenstandes  und  seiner  Schulen  eine  gewisse  Liizu- 
friedenlieit  hegen.  Vielleichl  werden  nicht  wenige  dem 
V«rf.  des  vorliegenden  Buchet  beistimniea,  da  er  diese 
Uainfri^djMibeit  ^  dip  pffeatiftch^  I^einnng  ausrnft,  «in 
Sdbreefcettiwort  in^mserer  Zell  für  jeden,,  der  äi  andere 
meint  Der  Verf.  hat  daher  gar  nioht  Ursache^  wegen 
seiner  Freimüthigkeit  besorgt  zu  seyii;  er  steht  ja  nicht 
auf  der  Seite  derjenigen  Partei,  welche  fürchten  mufs, 
äufserlich  zu  unterliegen;  und  schon  auf  dem  Titel  ver- 
kündigt er,  dafs  die  gänzliche  Umgestaltung  aller  jeuer 
Sttlmlea  m  Deuleehland  höclial  dringend  gefordert  werde^- 
Mß^^  Kai  aI80  der  Einzelne,  der  in  ^cher  Reform,  deren 
Partei  nach  des  Verfs.  ansdrficklicher  Erklärung  „die 
Mehrzahl"  ist,  das  Wort  führen  hilft,  anders  zu  er- 
warten als  grofsen  Beifall?  Nur  könnte  das  den  Verf.* 
bedenklich  machen  ,  auf  welcher  Seite  mehr  Vornrtheil 
und  Uttwiaseoschaftliches  sey ,  ob  in  der  Uehersciiätzung 
difce  lateinischen  Unterrichts  oder  in  der  Gerlngsch&B^ 
Sttilg  y  Und  da  wird  vielleichl  manche  Anklage  gegen . 
IJ|l<i  ethoben,  wo  ihm  die  Verthddiguog  schwer  werden 
ij96chte;  auch  Y^ird  der  Leser,  der  nicht  von  derGegen- 


?)*«eidelb.  Mwb.  IMl.  N»*  U. 
my.  $9hfg,  10.  Heft.  00- 


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946 


Pädagogik. 


partei  ist,  doch  den  leidenschaftlichen  Ton,  den  aom* 
higea  sich  oft  wiederholenden  Vortrag  und  dgl.  tadeln. 
Denn  wer,  anf  welcher  Seite  er  auch  etehe,  mnfa  nicht 
Ausfalle  g'egen  einen  Thiersch,  wie  S.  42.  mifsbill!^ 
gen  ,  als  unwürdig  des  Verfs. !  Die  Entschuldigung , 
welche  er  dabei  mit  SelbstbekenDtnifs  vorträgt,  dafs  er 
„bitter  werden  müsse,"  wo  es  sich  um  das  Wohl  der 
Jugend  handle,  ist  doch  im  Grunde  keine;  ohne  noeh 
daran  Ku  denken ,  dafs  auch  der  beste  Zweck  das  Mittel 
nicht  heilige.  —  Indessen  wollen  wir  übrigens  den  Eifer 
des  Verfs.  gerne  mit  seiner  guten  Absicht  entschuldigt 
lialten,  und  nur  auf  seine  Vorschläge  hören.  Auch  wür- 
den wir  da«  bekannte ;  ura  non  hübet  osarem  nin  %iia- 
raniem  nicht  anf  ihn  •a&Mwenden  bcreehtigt  aeytf;:>d»» 
gegen  kann  Rc41  nicht  anders  nitheilen,  als  dafs  'cr  «ins 
Unkunde  in  dem  wirklichen  Zustande  der  Sache  ver- 
rathe,  denn  sonst  würde  er  durch  seine  Anklage,  die  so 
ins  Allgemeine  geht,  nictit  so  mancher  unserer  Gelebr- 
Miscl|ulefl,  so  mandieiB  unserer  Phildogea  ala  Lehren 
an  denselben,  nicht  nnserer  dentadien  Kldung  m  «ih 
recht  thun,  wie  er  es  in  mehreren  Stellen  thut.  Ersetzt 
Deutschland  in  der  Volksbildung  gegen  die  andern  cul- 
tivirten  Länder  zurück.  Ist  das  gerecht?  Er  beschöl- 
digt  die  Gelehrten  des  Rückschritts,  während  der 
hochgebildete  Mittelstand  (mc)  gerfthast  wfapd. 
Ist  das  gerecht  9  nnd  m^hte  man  da  nidht  jenes  Wort 
erwiedern,  das  einem  Rousseau  gegen  seine- Verdattt- 
mung  der  Cultur  gesagt  wurde:  „das  stark  gewordene 
Kind  schlägt  seine  Amme?"  —  Wenn  uns  nun  gar  Ja* 
cotot's  Lehrmethode  i&r  die  Gelehrtenhildiingf'  dies  B«^ 
sere  geben  soll,  ja  wenn  uns  „dtä  PnmaoM^iHid  Mkk 
minder  der  türkische  Grofssultän,  beschäme,"'^  der 
letztere  hat  nämlich  in  seiner  Scluil verhesserüng  der  la- 
teinischen Sprache  den  Zutritt  verboten  —  SO  möchte 
man  am  liebsten  das  alles  für  Ironie  nehmen.  Wer  sisk 
aber  auf  die  eifnMiichen  Meinungen  des  Verfti  eialsfleia 
wollte,  mOfste  ihn  vorerst  bitten^  dafs  er  doch  klm 
BegrlQe  angäbe ,  was  er  unter  wisseoschafdich »  unter 


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methodisch  und  einigem  anderen,  wovon  er  viei  spricht, 
Yeatehe ;  Ref«  wenigstens  hat  diese  Klarheit  in  dem  Buche 
mniftt.  JDaao  würde  der  Beurtheiier  in  yielen  Stellen 
die  Verwechselang  einer  ,  schlechten  Methode  mit  dem 
Lehrgegenstand  zu  rügen  haben ,  und  das  um  so  mehr 
bedauern,  weil  der  Öfters  gerechte  l'adel  der  eisterofi 
auf  diese  Weise  seinen  Zweck  verielUt  und  nur  zu  einer 
flogerechlen  Verwerfung .  des  Lehrgegenstandes  Reibst 
hFerkatet   Endlich  wilrda  er  das',  was  als  Vorschläge 
m  Verbesserung  zu  loben  ist,  nicht  als  neu,  ja  viel- 
leicht schon  als  anderswo  vollständiger  gesagt  und  mit- 
ttoter  auch  ausgeführt,  das  Neue  aber  wenigstens  als 
iiO€h  nicht  genug  durchdacht  erkennen,  und  die  be^ 
iBumten  Einwllrfe  gegen  die  alten  Sprachen  nur  al»  wie- 
dsfholt  finden,  nicht  ab  neae  Begründang,  auch  die 
Bekanntschaft  mit  den  bisher  siegreichen  Gegengründen 
vermissen.    Den  gemeinen  Einwurf,  dafs  ja  die  Grie- 
chen, der^  Sprache  unsere  Gelehrtenschuleu  als  unent- 
ibdbiriich  anpreisen ,  dafs  dieses  Mustervolk  keine  fremde 
Sprache  habe  erlernen  mdgen,  nnd  dafs  wir  also  ihrem 
Muster  nachahmen  und  unsere  Muttersprache  zum  Haupt- 
stmlium  machen  sollten,  wiederholt  er  mehrfach,  aber 
warum  wird  denn  nicht  daran  gedacht,  ilafs  die  Grie- 
chen in  ihren  Schulen  erst  nach  ihrer  Blüthezeit  Gram- 
4«atik  in  der  Art  trieben,  wie  sie  jetzt  mit  unserer  deut- 
^idben  Sprache  Torgenommen  wird,  Und  dafe  sie  dai  Al- 
terthum ,  das  ecst  durch  jene  alten  Sprachen  recht  auf-  ' 
geschlossen  wird,  lebendiger  aufnahmen,  weil  sie  ihm 
näher  lebten.    Wo  haben  denn  ihre  Weisen  und  Gesetz- 
geher ihr«  Bildung  gewonneii?    Waren  nicht  von  Platon 
csn  rflekwirta  bis  Pythagoras,  von  Selon  bis  Lykurgus, 
•nm  Herodot  bis  Homer  die  Reisen  das  Mittel um  die 
Denkmale,  den  Geist  und  die  Weisheit  eines  höheren 
Alterthums  zu  erforschen?    Ob  ihnen  da  in  Sais  oder 
Bahflon  die  fremden  Sprachen  so  ganz  fremd  geblieben 
Seyen ,  wdlen  wir  hierbei  nicht  untersuchen.   Dje  Volks- 
biUnng  der  Griechen  werden  wir  imlessen  nicht  zum 
*liaahtbeil  unserer  Deutschen  rühmen  wollen.  —  -  Wenn 


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IM  Pädagogik. 

die  Freunde  Unserer  tref&ichen  Mutttereprache  der  deut- 
schenr  Grammatik  das  Wort  redeo,  so  werden 'sie  doeli 
nicht  übersehen  wollen ,  dafs  die  HauptmSnner  unsetet 

neueren  Sprachbildung  von  Luther  an  aus  lateinischen 
Schulen  kamen,  sie  werden  an  einen  Klopstock,  den 
„Lehrling  der  Griechen''  denken,  an  einen  Lessing, 
ß&n  sein  Schnlrector  „doppeltes  Fetter fBr  sein  Sta-^ 
dium  der  alten  Classiker  geben  mufste  o.  s«  w. ,  weldl^  ^ 
doch  mehr  für  die  deutsche  Grammatik  gethan  haben, 
als  alle  unsere  deutschen  Grammatiker,  etwa  Grimiö 
ausgenommen ,  der  gerade,  am  stärksten  gegen  die  Pe-^ 
danterei  derjenigen  Neuerer '  spricht ,  welche  so  eifrig 
daran  sind ,  ihre  Muttersprache  ilnter  die  Gegenst&HÜB 
des  Unterrichts  aufisunehmen.  Auch  Kefse  sieh  Viefei 
an  dem  Schulplane  erinnern,  und  wir  würden  grofse 
Besorgnisse  für  die  Ausfuhrung  hegen.  —  Bei  allen 
dem  wollen  wir  in  dem  Eifer  des  Verfs.  seinen  Ernst  für 
Schulv^rbesserung  und  in  seinen  Rügen  manches  B^«^* 
Kigenswerthe  nicht  verkennen.  Das  Ueberspannle  «ml 
Anmsfsende,  in  das  jetzt  so  häufig  die  jfange  Generation 
geräth ,  verdient  allerdings  gerechten  Unwillen,  aber 
det  altern  ziemt  es,  mit  Huhe  zu  vernehmen,  ob  sie 
nicht  auch  manches  Bessere  im  Sinne  trage,  und  eiiieir 
gegenseitigen  Verstfindignng  Werth  sey. 

Wir  schiiefsen  hier  die  Anzeige  einer  kleinen  Schrift 
an,  als  Nachtrag  zu  einer  der  wichtigsten  G^enschriAiso 
fegen  den  streng  humanistischen  Schulplan. 

X 

•  / 

Hie  Gründtmg  und  SSröffnung  der  EniihmgB'' AnstäU  m  SUUm  im 
Hamatkah  hn  iCSnigr.  Würtemberg,         ^erfanftfii  hemmitgetsi^ 
'   von  den  Fontehem  der  jtiukd$.  VMugm,  gv^r^  M  JL  V,  Wf/Umi* 
IdSL  a  ^44  s.>. 

Diese  Anstalt  ist  nach  den  Grundsätzen  von  Hrn. 
Prof«  Klumpp,  der  sie  zugldch  seihst  leiten  hilft, 
unter  gftnstigen  Anspielen  begonnen  errichtet  worden-^ 
und  alles  ist  so  gut  in  derselben  angeordnet,  dafs  siefbMr 
Zeit  durch  Thatsachen  das  Urtheil  für  oder  wider  jene 
Grundsätze  bestimmen  wird.    Da  sie  sich  darin  Yon  den 


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PidagoKili*  n9 

«^nllichen  Anstalten  nnterscheiilet,  dafs  sie  die  Erzie- 
hung mit  dem  Uoterrichi  vereinigt,  so  kann  sie  freilich 
nicht  fQr  die  Gelehrtenechnlen  als  solche  ein  Master 
anfetellen ,  indessen  doch  manches  zur  Nachbildung  er- 
scheinen lassen ,  wie  das  immer  der  Vortheii  von  Privat- 
instituten seyn  kann.  Der  Schutz  Sr.  Maj.  des  Königs 
von  Würtemberg ,  und  die  gUnstige  Theünahme  des 
Oberstudienraths  in  Stuttgart  ist  daher  erfreulich.  Ueber* 
hanpt^  mufs  man  doch  in  diesem  Plane,  so  vie  in  der 
frOher  von  uns  angezeigten  Einrichtung  der  Bloch- 
man  naschen  Anstalt  in  Dresden ,  einen  bedeutenden  Fort- 
schritt in  dem  Bildungi^iwesen  gegen  die  früheren  nam- 
haften Privatanslahen  erkennen.  Auch  widerfahrt  der 
classischeo  Bildung  iii  diesem  Institut  ihr  Hecht ,  Airenn 
gleich  nicht  ihr  volles  nach  dem  Humanismus,  und  ein 
zu  grofses  nach  dem  Reidismus,'  weshalb  es  auch  dahin 
atdit^  wie  die  „innige  Verbindung**  von  beidem, 
mrelche  ihrem  Plane  zum  Grunde  liegt,  den  Parteien 
zusagen  werde  oder  nicht.  Die  Eröffnungsrede  ist  von 
dem  am  Orte  anwesenden  Vorsteher ,  Hrn.  Pfarrer  Dr. 
Klaiber  gehalten  worden;  sie  ist  klar  und  warm,  und 
sie  beweiset  pädagogische  Umsicht,  so  dafs  die  ermun- 
tenide  Theilnahme  des  Publicums  auch  in  ihr  Bürgschaft 
für  die  Erwartungen  finden  wird. 

Nun  noch,  hoffentlich  cum  Schlufs  dieser  Streitig- 
keiten Uier  die  Gelehrtenschulen ,  zeigen  wir  an : 

IHe  dritte  Ahtheihmg  de»  dritten  Bande»  über  die  Gel,  Sekuten  intn 
Fr.  Tkiereeh  (mit  farHmtfender  SeUentakl  «.  &  847  mU  &  MS> 
Sie  hat  die  üehenekrißt  Vem  feeter  und  wohlgeordneter  Begrikt- 
dmng  und  BinHehtung  der  iafetnjvcAm  Sekiden  und  Gpomaeten, 
mit  hetonderer  Rüeh»ieht  attf  den  hai^ieeken  Selndfian  von  IStS. 
und  de»»en  Bemtion  von  1880. 

Der  Verf.  föhrt  auf  dem  Wege  der  Bekftmpfung  der  stär- 
keren und  schwächeren  Angriffe  fort,  jenen  ersten  Plan,  an 
welchem  der  Verf.  den  Hauptantheit  hatte,  als  den  einzig 

durchgreifeudeu  zu  behaupten.    Der  Leser  findet  hier  . 


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Dicht  grade  Wiederholungen,  aber  eine  Art  yon  EumnH 

menstellung  der  Hauptmomente  jenes  Plans ,  so  dafs 
manches  Einzelne  mehr  ins  Licht  gesetzt  wird.  Es  ist 
nochmals  au«;(lrilckiich  erklärt,  dafs  die  Grundlage  jener 
Anstalten  die  Kenntnifs  der  altclasslschen  Sprachen ,  nnA 
dafs  die  lateinische  Schule  die  Grundlage  alles  hdhere* 
Unterrichts  sey.  Diese  Schule  ist  für  Knaben  von  8  bis 
14  Jahren,  und  über  ihr  ist  das  Gymnasium  för  Jüiig- 
lin^e  von  14  bis  18  Jahren  angeordnet.  Es  wird  weiter 
erklärt,  wie  noihwendig  die  Scheidung  dieser  beides 
Anstalten,  sej,  damit  in  dei*  ersten  das  Granonnatische 
erlernt  werde,  wozu  es  einer  Bjihrigen  Lehrceit  be* 
dürfe,  Und  das  Gymnasium  den  Vortheil  des  classischen  ' 
Studiums  ungetrübt  gewähre;  darum  sey  es  auch  nöthig, 
schon  mit  8  Jahren  den  Knaben  in  die  lat  ^hule  zu 
schicken.  Dabei  wird  noch  klärer  auseinander  gesetzt, 
wie  die  lat.  Grammatik  die  deutsehe  bedeutend  erleich- 
tere, wie  denn  auch  der  deutsche  Stjl  in  jenen  Studien 
am  besten  ji^ebüdet  \verde.  Dals  der  BUrgerstand  eben- 
falls durch  die  lateinische  Schule,  die  nach  jenemPlaoe 
eingerichtet  ist,  eine  vorzüglichere  Grundbildung  ei^ 
halte,  als  durch  die  Lehrstoffe  der  deutschen  Schale, 
.  und  dafs  demselben  in  den  jetzigen  Verhältnissen  an  der 
classischeu  Erziehung  des  Gelehrten  einiger  Anth(  il  zu 
gönnen  sey,  wird  dann  weiter  gezeigt  Die  lat.  Schule 
soll  daher  eine  Gemeindeanstalt  seyn.  Recht  gelegea 
kommt  da  ein  Urtheil  aus  den  Verein.  Nordamerikanischoi 
Staaten,  welches  Hr.  Prof.  Th.  mittheilt,  welches  den 
drohenden  Verfall  des  öffentlichen  Unterrichts  in  jenem 
Lande  nur  darin  Hülfe  weils,  wenn  die  Erziehung  auf 
classischeu  und  mathematischen  Unterricht  gegründet 
werde ,  der  denn  auch  den  Bürger  zur  Theilnahme  tu 
den  öffentlichen  Dingen  besser  befkhige.  Wir  möditea 
wünschen,  daik  dieses  Urtheil  durch  allgemdn  gelesene 
Blätter  recht  verbreitet  ^vürfle,  weil  man  doch  so  allge- 
mein jene  Staaten  als  Musterbild  anzustaunen  pflegt,  um 
tiefer  zu  sehen,  und  das  Glück,  welches  wir  in  der 
deutschen  Schul-  und  Gelehrtenbiidung  'Voraus  -hsib^tf"^ 


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mhi  m  WBtkmum  uail  zu  verscherzeii.  Ref.  kdnnle 
nodi  anckr«  Nordamerikuitfiche  Klagen  über  jene  Mängel 
hinzufOgen.  Wir  übergehen  die  übrigen  Punkte,  da 
wir  schon  früher  in  diesen  Blättern  sie  betrachtet  habea. 
Die  triftigsten  gegnerischen  Erinnerungen  sind  unsers 
SrachleDB die  von  HrD.Geh.ORr.  Joh.  Schulz  inBerlia 
wid-die  Ton  Hro.  Red  Roth  im  Nüraberg;  auf  die  letzo 
terev  antworfet  Hr.  HR.  Thiersch  init  Achtung  gegen 
diesen  verdienten  Schulmann  in  dieser  dritten  Abth.,  auf 
die  ersteren  hat  er  in  der  vorigen  geantwortet,  kommt 
iber  zuletzt  wieder  auf  jenen  Gegner  mit  einer  sehr 
framdlichen  ErkUUntag,  aller  Fehde  aiit  ihm  absageod^ 
«utOdK  «od  schliefst  also  sein  wichtiges  unter  ritterlichem 
Kampf  durchgeführtes  Buch  auf  die  würdigste  Weise; 
„denn  heilbar,  sagt  er  mit  den  Worten  Homers >  sind 
die  Herzen  der  Jbdleo*". 

Soll  nun  Ref.  noch  kurz  seine  Meinung  in  der  Sache 
abgeben ,  nachdem  er  die  Acten  in  dem  Hauptpunkt  für 
geschlossen  hält,  so  ist  es  die,  dafs  jener  Schulplan  für 
Sie  Gelehrtenschulen  auf  der  einzig  wahren  Grondlage 
beruht,  aber  in  der  Ausfuhrung  Einiges,  mit  Hinsicht 
auf  die  überall  zu  erwartende  beste  Methode,  verbessert 
werden  könnte,  dafs  er  aber  eben  diesen  Plan  ^  wenn  er 
die  lateinischen  Schulen  zugleich  als  Volksschuten  will, 
U08  nicht  zweckmäfsig  erscheint,  endlich  dafs  wir  in 
die  Gelehrtenschulen  die  Knaben  erst  mit  etwa  10  Jahren 
aufnehmen ,  aber  die  Elemente  der  lateinischen  Sprache, 
die  allerdings  so  frühe  wie  möglich  dem  Gedächtnifs 
äozuprägen  sind,  Tpraussetzen  würden. 

•  Der  Anhang  zu  diesem  Werk  berichtet  die  Ge- 
schichte des  baier  sehen  Schulplans  auf  eine 
Biehrlach  interessirende  und  belehrende  Weise.  Die 
Vorrede  daso  sollte  überall  dfientlich  gehört  werden ; 
ie  spricht  von  nnserer  ernsten  Zeit ,  wo  alles  Alte  er^ 
schüttert-  wird ,  und  „wie  nicht  nur  in  Deutschland , 
sondern  überall  in  allen  Landen  und  unter  allen  Völ- 
kwk  die  Maaerbrocher  der  Neuerer  und  Umkehrer 


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t 


■ 

Segen  das  übedieferte  System  der  gelehrten  Jbir^sliuog 
in  Tiiätigkeit  sey,''  wie  aber  mit  denen.  EäüsliinB  .^fri^ 
das  starke  Band  lösen  würde,  durch  welchea  wir^  mit 
der  Vergang^enhbit  und  der  Weisheit  besserer  Ahne«  ' 
verknüpft  sind.  Eine  Barbarei,  Meoig  verhüllt  durch 
die  hohlste  Abstraction  einer  bedenlnsea  und  trastlosea 
Weisheit  dea  Tages,  und  achwanger  mit  dem  dop« 
pelten  Despotismus. der  Gewalt  und  .der  UttwiasenheiH 
•teht  an  der  Thflre:  —  Wir  Umpfen  Ar  des  Feele  ^ 
für  das  die  Freiheit  und  Gerechtigkeit  Schirmende  im 
Staate*'*  .  >  - 

S  c  h.w  ar  z,:- 

♦ 

De  Jure  ewammienHum  »  üte^htu  Bmiunmmm»  Script  «TActtfl. 
Henr,  Fr  id.  Qatdkt,  J,  u,  D:  in  Aead,  Boiteekietui.  ümM* 
wiä  OiMrow,     Ii  üf.  Otherg.  1810.  148  'S.  8. 

In  der  Vorrede  erklärt  sich  der  Vetf«  kQrdich  fib«^. 
die  Wichtigkeit  und  Schwierigkeit  der  Aufgabe,  welcluii 

er  in  der  \üi liegenden  Schrift  zu  lösen  versucht  hat. 
Zugleich  entschuldiget  er  sich  wegen  des  üebrauchs  tier 
lateinischen  Sprache.    Doch  möchte  eher  der  lateinischem 
Styl  des,  Verfs.  einiger.  Entschuldigung  bedurft  habeoi# 
Das  erste  Kapitel  handelt  von  dem  Begriftei 
der  Zusaniniensterbeaden.  S.  1  ff.  —  Das  Römische  llecW^ 
unterstellt  in  dieser  Lehre  offenbar  den  Fall,  da  Mehrere 
aa  demselben  Orte  und  zu  derselben  Zeit  eines  gewalt- 
samen Todes  (z.  ß  in  einem  Schifibrnche)  gestorben 
sind,  ohne  dafs  man  weifs,  welcher  zuerst  und  welcheii» 
zuletzt  ums  Leben  gekommen  sey.    Bin  Theil  der  Ana-i 
leger  ist  der  Meinung,  dafs  man  die  Regein,  welche 
das  Römische  Recht  iür  diesen  Fall  aufstellt,  nicht  über 
ihren  Fall  ausdehnen  dürfe.  Amiere  Ausleger ,  z.B.  M Uh- 
lenbruch f  wenden  diese  Regeln  auch  aur  £nl8clleidunf 
der  Fälle  en,  in  welchen  Mehrere  an  verschiedeeeA'' 
Orten  und  durch  verschiedene  Todesarten  ueM- 
Xeben  gekomnnen  sind  i  ohne  dafs  man  übrigens  weiffr» 

m 

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Qtü>i  d«  jttre  comoiorittiitiaiB» 


wer  zuerst  gestorben  sey.  Der  Verf.  tritt  der  letztereo 
Meinung*  bei,  ohne  jedoch  die  Grfinde  Itir  hiitreioheBd 
m  halleoy  welche  filr  aie  von  Aodem  angeführt  worden 
mnd«  Er  iMItzt  sie  Tielmehr  auf  folgemie  ihm  eigene 
Giüntle:  l)  Die  Krde  ist  ein  stetiges  Ganze;  was  an 
verschiedenea  Orten  geschieht,  ist  demnach  gleich  als 
ob  (s  an  demselben  Orte  geschehn  wäre,  zu  betrachten« 

2)  Bie  i  9*  §.  1-  J^'  de  rebus  dubS$  betrachtet  dieje- 
a^en,  welche  in  demMlben  Kriege  ums  Leben  ge- 
hMiaMB  aitfd,  anadrOcklieh  ab  emtimtirierdes  y  ohne 
überdies  zu  unter^icheiden,  ob  sie  in  einem  Treffen  ge- 
blieben oder  an  einer  Krankheit  u.  8.  w  gestorben  sind. 

3)  Auch  die  Römischen  Rechtsgelehrten  Terfuh reo  6O9 
daft  tte  einen  Rechtabegriif  ftber  aetne  nreprttngliche 
Grencen  auaddhnten.  Ein  Beiapiel  isi  der  Begriff  dea 
furti  man'ifesti.  (Es  braucht  kaum  erst  erinnert  zu 
werden,  dafs  sich  gegen  die  Haltbarkeit  oder  Erheblich- 
keit dieser  Gründe  mehr  als  eiii  Zweifei  erheben  läfst. 
Nur  eine  Bemerkung!  WiU  man  bei  der  Erörterang 
diter  Streiifrage  nn  einem  genügenden  Reanltale  ge* 
langen,  aemnfe  man  vor  allen  Dingen  die  Gründe  der«- 
jeuigen  Regeln  in  Gewifsheit  setzen ,  welche  das  Rö- 
mische Recht  für  den  Fall  aufstellt,  da  Mehrere  an 
demaeiben  Orte  und  bei  derselben  Gelegenheit  eines  ge» 
walteainen  Todes  sterben.  Aladann  enl  lamn  nMin  mit 
Befolg  znr  Beantwortnng  der  Fragen  fortgehn:  Sind 
diese  Regeln  auch  auf  den  Fall  anwendbar,  da  Meh- 
rere zugleich  und  an  demselben  Orte  an  einer  Krankheit 

an  einer  und  derselben  Krankheit  oder  an  verschie- 
denen  Kranlilieiten  —  sterben?  ferner  auf  den  Fall, 
da  Mehrere  an  ▼erscfaieflenen  Orten  an  einer  Krankheil, 
~  an  derselben  Krankheit  oder  an  verschiedenen  Krank- 
heiten —  endlich  auf  den  Fall,  da  Mehrere  an  ver- 
schiedetiei)  Orten  eines  jcrewaftsamen Todes  sterben  ?  Nicht 
um  die  Ausdehnung  eines  Begriffs,  sondern  um  die  Aus  - 
dehnung  gewiaaer  Regeln  handelt  es  sich.  Der  Verf. 
hat  sogar  die  hier  angedeutete  Verschiedenheit  der 
tlragen  und  der  Fälle  nicht  genngssm  «olerachiedeu.)  ^ 


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9 


fM  GNiedke»  de  jare  eommojrleatiuui. 

Uebrigens  lassen  die  Regeln,  föhrt  der  Verf.  fort,  welche 
das  Römisehe  Recht  über  die  Reihenfolge  der  Todesfälle 
anfttellt ,  swar  den  Beweis  des  jBegenlheiles  xn.  ^och 
kann  der  Gegenbeweis  nicht  bids  durch  ei«  Gnlachlea 

der  Aerzte  oder  Wundärzte  gefuhrt  werden.  (Sehr 
richtig!  Praesumtio  jurk  praesumtione  facti  vimi 
nequit.) 

Zweites  Hauptstfick.  Von  den  Gründen, 
aof  weichen  die  Regeln  des  Rdmiw^en  Rechts  fiber  dm 
Kwammensterben  benthn.  S.2T       Aach  bier  fihrt  der 

Verf.  zuvörderst  die  Meinung^en  Anderer  über  diese 
Grunde  an.  Er  erklärt  sich  ^^odann  für  die  Meinung-, 
nach  welcher  der  Grund  dieser  Regeln  lediglich  uod 
allein  in  die  rcflative  KörperkvafI  derer,  die  sar* 
sammen  gestorbeA  sind,  ma  setzen  ist  Bei  der  Anwea« 
dung  dieses  Satzes,  fahrt  der  Verf.  weiter  aus,  sahen 
die  Römischen  Juristen,  wie  in  andern  Lehren  (?  vgl. 

101.  §•  2.  D.  de  V.  S,)  so  auch  hier ,  blee  auf  das 
Alter  und  auf  das  Geschlecht;  der  Schwächere  war  ihnen 
beaiehnngaweise  der  Umnfindige  und  das  Weib,  (Atf 
die  individuelle  Körperbeschaffenheit  derer,  welche  ua« 
sammen  gestorbeil  sind,  kt^mmt  es  dabei  nicht  an.)  Der 
Verf.  zeigt  hierauf,  dafs  sich  die  einzelnen  hier  ein* 
schlagenden  Entscheidungen  des  Römischen  Rechts  ins* 
gesamml^  auf  diesen  Grund  uurückfiihren  oder  aue  dem- 
'  selben  ableiten  laseen.  YgL  L  8.  9.  %.  8r  L  1&  §.  1.  l  IX 
22.  D,  de  rebus  dubiis,  l  32.  §.  4.  D,  de  donat,  mter 
l \  et  [J.  L  26.  jD.  de  mortis  causa  donat,  L^Z.  §.  LD. 
de  religiös. 

In  dem  dritten  Hauptstucke,  (S.  lOS.)  weir 
welehes  eine  wissenschaftliche  Ausführung  der  Lehre 
enthält,  zeigt  der  Verf.  zuvdrderst,  dal^,  weno  audi 
das  Römische  Recht  fast  überall  den  1  all  unterstelle, 
da  Verwandte  zusammengestorben  sind,  dennoch  die 
Regeln,  die  es,  von  dem  Zusamm^Mterben  enlhaltf, 
auch  auf  den  entgegengesetzten  Fall  anweudbar  seja. 
Er  fafst  sodann  das  Resultat  seiner  Untersuchungen  ia 
folgende  Regeln  zusammen:  L  Wenn  zwei  Personen  zu* 


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Gaclikc,  de  juru  cuoimorieftUam. 

sanimen  umg-ekommen  sind,  ohne  dafs  man  weifs,  welche 
zuerst,  welche  zuletzt  gestorben  sej,  so  hat  der  Stär- 
kere den  Schwächeren  üherlebl,  also  1)  der  Mündige 
(pubes)  den  Unmttndigen,  2)  wenn  beide  mfindig  waren, 
der  MaoD  die  Frao ,  §)  der  mündige  Sohn  seine  Asceo« 
de&len.  k  9.  §.  1.  D.  de  rehm  dubm.  S.  jedodi  l  9. 
§.  2.  eod.  und  /.  IT.  §.  1.  D.  ad  Set.  TrebeU,  IL  Wenn 
beide  von  g^leicher  Körperschwäche,  also  1)  beide  un- 
mündig, oder  2)  beide  weiblichen  Geschlechts ,  so  sind 
beide  in  demselben  Augenblicke  gestorben.  III.  Das-* 
selbe  giltifou  denen,  welche  Ton  derseiben Körperstärke, 
atae  mfindige  M^nnapersoneb ,  waren.  --^  Folgerungen 
aes  diesen  Regeln :  1)  Wenn  ein  Recht  oder  eine  Ver  - 
bindlichkeit von  der  kttrzereu  oder  längeren  Lebens- 
dauer eines  bestimmten  Individuums  abhängt,  ^o  tritt  das 
Hecht  oder  die  Verbindlichkeit  dann  in  Kraft,  wenn  zu 
Folge  der  obigen  Rechtsvermuthung  anzunehmen  ist, 

die  Ferson  beziehungsweise  früher  oder  sp&ter  ge- 
sterben  eejr.  2)  Unter  derselben  Voranssetenng  ist  das 
Recht  oder  die  Verbindlichkeit  nnwiriisam,  wenn  su 
Folge  jl^ner  Rechtsvermulhungen  die  Betheiligten  in 
demselben  Augenblicke  gestorben  sind.  S.  jedoch  zwei 
Ausnahmen,  die  eine  in  /.  9.  D.  de  rebus  dubiJs  ,  die 
andere  in  l  8-  eod.  L  d2.  D.  de  donat.  inier  V.  et  Ui 
£  2A.  i>.  de  mortis  c,  donat. 

D^s  vierte  und  leiste  Kapitel  handelt  Ton 
der  praklischen  Gültigkeit  dieser  Regeln.  S.  133.  Der 
Verf.  widerlegt  hier  diejenigen  Rechtsgelehrten,  welche 
die  Anwendbarkeit  dieser  Regeln  mehr  oder  w  eniger  be- 
schränken. Zugleich  fühlt  er  Recht^jfäile  an,  welche 
nach  diesen  Regeln  in  neueren  Zeiten  entschieden  wor- 
den sind. 

Nach  dem  Urtheile  des  Ree  ist  die  Schrift  ein 
schfitsbarer  Beitrag  zur  Erläuterung  der  Lehre  von  den 

Zusammensterbenden,  einer  Lehre,  deren  Interesse  so 
vielseitig  ist. 


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I 


,    9§§  ftlit»»  AiidQtttaiifl^n. 

C«  H.  Pölits,  Andeutungen  über  den  f>taatsrcchtUchen  und  poUti- 
Bcbcn  Charakter  des  Gi-^nd^eset zgs  für  das  llcrzogthum  Sachsen- 
Altenburg  y  mit  vcri^lcickcnder  Rücksicht  auf  die  Verfassungen  von 
Schwarzbur^  -  Sonäershausen  ,  Chur Hessen  ^  Hannover  und  Braun- 

'     schweig.   Leipzig  ISSl.   Fil  u.  112  8. 

Der  als  Lehrer  der  Staatswissenschaften  rühmlichst 
hekaoote  Verf.  setzt  der  Schrift  Brougham's  Watte  alu 
Motto  mr:  ^l^sh  habe  ein  haibeiB  Jahrhuadeci 
gelebt,  und  weifs,  dafs  die  mälerielle.  Krall 
.  oft  ohne  effective  Stärke  ist;**  zwar  wenige 
Worte,  aber  inhaltschwer,  nicht  weniger  bezeichneßd 
den  Verf.  als  den  Inhalt  Als  Zweck  wird  in  dem 
Vorworte  selbst  angegebea,  eioe  Forteeteung  der  frü- 
hem Schrift:  vtttber  das.ooftatitttlionalLe  Xiobear 
8U  tieferB ,  da  die  VerfasewigOT  •  der  auf  dcni  Tilei*' 
blatte  genannten  Staaten  erst  nach  dem  Erscheinen 
jener  Schrift  ins  Leben  traten  und  deshalb  nicht  be- 
raoksichtigt  werden  konnten.  In  deai  gehaltreichen 
Vorworte  macht  der  VerC  aafiaerkeam  auf  die  Wieh* 
tigkeit  der  Aufgabe,  .die  seit  dem  Jahre  1814^  iaa 
Leben  der  europäischen  und  deutschen  Staaten  einge- 
tretenen Verfassungen  zu  vergleichen  mit  denen,  welche 
erst  seit  den  Ereignissen  im  Sommer  1830.  eingeführt 
Warden,  wwl  nur  dadurch  ein  bestimmtes  Urtheil  Uber 
gegenwärtigen  Standpunkt  der  Gvilieation  dee  Valp- 
kea  und  iber  den  etaatsrecfatiichen  und  f»olitiediea 
Charakter  der  Verfassungen  selbst  ansgemittclt  werden 
könne.  Als  KLiuptveischieclenheit  der  den  beiden  Zeit- 
räumen angehörenden  Verfassungen  wird  angegfsben, 
dafs  die  eratere  nur  auf  die  Vertretung  der  materiid- 
len  siaatsbflrgerlicfaen  Interessen  —  nach  dem  MatÜH 
Stabe  des  Hufenbesitzes  und  der  Steuerquote  —  be- 
rechnet waren,  während  die  neuesten,  wenigstens  theil- 
weise,  die  Vertretung  der  sogenannten  immateriellen 
Interessen  —  der  Intelligenz  im  Staate  —  beröcksich* 
tigen.  Den  Grund  dieser  materiellen  Verscbiedenh^il 
findet  der  Verf.  in  der  Geschichte,  denn  seit  dem 
Jahre  1815.  habe  mau  alle  Mittel  für  die  Befuide- 


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Pdiits,  Attiletttinigtoii.  Wt 

roDg  nnd  FV>rlbildoii|^  d«8  itiaterielleii  Interesses ,  und 
die  möglichste  Einengung  des  geistigen  Interesses  an-^ 

gewandt.  Die  Völker  sollten  reichlich  essen,  trinken, 
Und  wo  möglich  Capitalien  saiiiiiieln,  aber  nicht  den- 
ken, aufser  höchstens  zur  Verdauung;  dabei  habe  man 
iher  nicht  in  Anschlag  gebracht,  dafs  die  materielleR 
Interessen  im  Staate  nur  dann  zur  höhern  Entwicklung 
nad  selbst  mr  bedeutenden  Rente  ffir  den  Zweck  der 
Besteurung  gelanj^ten  ,  wenn  auch  die  Intelligenz  be- 
reits so  weit  fortgeschritten  sey,  dafs  sie  einen  unver- 
keunbaren  Einflufs  auf  die  Beförderung  der  materiellen 
Interessen  gewtene.  Dieser  Gegensatz  habe  die  seil 
1880.  eingetretenen  mächtigen  Bewegungen  bewirkt; 
Weswegen  jede  neue  Verfiissung,  wenn  sie  die  Bedih- 
guog  ihres  zukunftigen  Lebens  und  ihrer  langen  Dauer 
in  sich  tragen  soll ,  auf  dem  Systeme  der  Reformen 
ruhen  müsse,  welches  die  Vereinigung  des  geschieht^ 
Neh  bestehenden,  soweit  es  noch  branchbar  sich  an« 
kindige,  mit  den  ans  den  Fortschritten  der  Civilfsa^ 
tion  hervorgehenden  zeitgemäfsen  Fortbilduiigen  im  Neu- 
bane  des  innern  Staatslebens  beabsichtige.  Ob ,  wie 
und  bis  wie  weit  diene  Verbindung  in  den  bereits  er^ 
schien«nen  neuen  Verfassungen  festgehalten  worden  und 
gfliingen ,  das  soll  in  diesen  Andeutungen  Ober  die 
Ghwidgcsetze  nachgewiesen  und  im  I^nzelnen  dlirch«. 
geführt  werden. 

In  der  Einleitung  S.  1 — 15.  zeigt  der  Verf.,  dafs 

seit  dem  Jalire  1H3Ü.  im  europäischen  und  namentlich 
im  deutschen  Staatensjj^temc  ijedeuteiide  Veränderun- 
gen erlolgt  seyeüf  und  dafs  bald  kleinere,  bald  gros- 
Bare  Bewegungen  darauf  hindeuteten,  dafs  das  Beste- 
himde  einer 'Fortbildung,  das  Veraltete  einer  Veijün:- 
|UDg,  das  ans  dem  Mittelalter  stammende  Gebäude 
einer  Reform  bedürfe.  Das  gegenwärtige  Zeitalter  er- 
scheine unter  einer  grofsartigen  Richtung,  deren  Lei- 
1^1^  den  Regierungen  zustehe,  damit  Einheit,  Hai- 
tang und  Zusanunenhang  und  frische.  Lebenkraft  in 

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dieselbe  komme.  Und  wo  die  Regleruagen  selbst  auf 
dem  Höhenpunkte  der  Civiüsatioa  des  Zeitalters  stüii- 
deo,  da  werde  auch  der  Uebergang  vom  Alten  zum 
Neuen » 'die  ndthig  gewordene  Reform  der  wesentlich- 
sten Bediogiingen  des  innern  Staatslebeos,  ohne  neue 
Bewegungen  und  Starme,'  in  die  Wirklichkeit  ein* 
treten.  Von  S.  16  —  50.  werden  die  Grandsätze  Ar 
die  Prüfung  des  staatsrechtlichen  und  politischeu  Clia- 
rakters  neuer  Verfassung-en  eiUwickeit,  denen  die  bei-  , 
den  Vorfragen  gleichsam  als  Grundbedingungen  der 
snr  Benrtheilung  des  Charakters  der  neuen  Verfasson* 
gen  anfzastelienden  Grundsätse,  Toraiisgeachickt  wer- 
den: 1)  Bestand  Tor  dem  Eintritt  einer  neuen  Ver- 
ftssung^  In  dem  Staate,  welehem  sie  gegeben  ward, 
bereits  eine  fi  üheie  V  erfassuiig  und  mit  welchem  Grund- 
charakter? und  2)  Welche  Rücksichten  mulsten  bei 
den  Bestimmungen  einer  neuen  Verfassung  auf  das  in 
der  Mitte  des  Volkes  und  Staates  als  geschichtliches 
Recht  bestehende,  auf  die  Oertlichkeit  des  Landes » 
auf  den  eigenthllralichen  Charakter  des  Volles  und  auf 
die  Givilisation  genoomien  werden?  —  Es  werden 
dann  die  Ci^geiistiinde,  nach  welchen  in  jeder  neuen 
deutschen  Verfassung  gefragt  werden  mufs,  theils  ob, 
theils  wie  sie  in  derselben  vorhanden  sind,  unter  ein- 
zelne Rubriken  gebracht^  und  deren  50  angegeben, 
die  keinen  Auszug  leiden ,  und  daher  in  der  Schrift 
selbst  nachgelesen  Wiarden  mdgen.  Nach  diesen  Grund* 
sitzen  werden  dann  geprüft 

1)  Das  Grundgesetz  für  das  Herzogthum  Sachsen.* 
Altenburg  v.  29,  April  1831.    S.  51  — 120. 

2)  Die  landständische  Verfassnngs  -  Urkunde  flU 
das  Ffirstenthnm  Schwarzburg -Sondershansen,  t.  2& 
December  ISM.   a  181  —  14d. 

4)  Das  von  dem  Prinz- Regenten  Grofsbritanniens 
am  1.  Dec  1819.  erlassene  Patent ,  die  V^f fassung  der 
allgemMnen  Stände -Versammlung  des  Königreioha  tfail*^ 
ndver  belr^   &  144  ~  16& 


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&)  Die  eraeveffie  Laadschafte ^ Ordnung  des  Her» 
sogthun»  Bnmnschweig     2&  April  1820.  & 
IW,  welchen  beiden  leisten  eine  neue  Gestellung  be- 
vorsteht. 

Die  vielen  Freunde  des  geschilzten  Verffl»  wer- 
den ihm  f&r  die  Mittheilung  dieser  Andentnngen  und 
llr  fUe  IKrltik  dieser  Verfflssungen  Danic  .wissen:  aber 

auch  dem  praktischen  Geschäftsinanne  wird  die  Schrift 
willkomraen  seyn ,  welche  ihn  so  tief  in  die  Grund- 
bedingung jeder  neuen  Landstäodischeo  Verfassung  ein- 
ahrt.  — 


C  F.  Eichhorn  Utecht »gittaehten  über  die  f'^erhältnüte  (fcr  St.  Pctri- 

Domgemcinde  der  frvien  Hanseatetdt  Br&men  zum  Bremiaehm  Staate. 
Zum  Druck  befördert  durch  die  Diaeonie  der  St,  Ptitri  -  Domkirche 
zu  Ureimn.    liamiover  183^  u.  iÖl  S,  S.    Mit  28  Beilogenp 

S.  lOä  — 162. 

Der  rechtlichen  Erörterung  des  Verhältnisses  der 
St.  Petri  -  Dortigem  ein  de  7Aim  Breinischen  Staate  geht 
eine  historische  Darstellung  der  icirchlichen  Verhält- 
nisse der  Lutheraner  zu  Bremen,  seit  der  Reformation 
Imnuf  die  neuesten  Zeiten  Torans.  Das  rechtliehe  Gut- 
aehten  zerfilllt  in  S  Abtbeilungen,  nämlich  in  die  Br« 
Ärterang  der  rechtlichen  Verhältnisse  der  Domgemeinde 
I.  vom  Stadischen  V  ergleiche  im  J.  1639.  bis  zum  Ueber- 
gaoge  des  Domes  an  die  Stadt  Bremen  durch  den 
HflichBdeputetionsschlufii  im  Jahre  1808;  IL  von  da 
bis  zum  26«December  1810,  und  III.  von  dieseifi  Zeil*  ; 
punkte  an  bis  in  die  neuesten  Zeiten. 

Als  Resultat  des  ganzen  Rechtsverhältnisses  er- 
giebt  sich»  da(s  eine  lutherische  Kirchengemeinde  be- 
st^, welche  das  Redit  der  Religionsflbung  in  der 

8i,Petri-  oder  Domkirche  habe,  und  dafs  eben  diese 
Gemeinde  Eigenthiimerin  der  den  Lutheranern  zuge- 
tljuBilten  Structurg&ter  8ey.    Die  der  Domgemeiade 


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900  Eichborn,  RediUgiiteclitos.  , 

eingerSnmten  Rechte ,  welche  als  WdUerworbeo  ^atgfi' 
eehea  werdea  kdoneo,  siod: 

1)  Das  Recht  der  selbststSndigeo  Verwakmig'  dM 

Kircheogutes  nach  der  bei  andern  Kirchen  zu  Bremen 
bestehenden  Einrichtung  durch  von  der  Gemeinde  selbst 
gewählte  Bauherrn.  '  '  *  ' 

2)  Das  Recht  der  Wiederbesefzung  ,der  Prediger- 
und  Schulfimter,  der  Diacooea  oüd  der  Bauh^m  wStilk 
mittelst  einer  Wahl. 

'3)  Das  Recht  der  Ausübung  der  natürlichen  C<9|^ 
legiaU Rechte,  welche  jeder  evangelischen  Kirch engQ| 
meinde  zustehen,  mithin  die  JBefognifs,  als  mUrmnim 
ihr  kirchliches  Interesse  in  allen  Fällen  geltend /m 
machen,  wo'  es  Glaubens-  oder  Gewiaseii«|aohieQ|  iin 
trifft,  oder  wo  nach  der  Kircheriverfassung  ihre  Zu- 
stimmung zu  Verfügungen  des  Obern  nothwendig  ist, 
diese  zu  ertheilen  oder  zu  versagen,  sowie  auch  in  Be- 
ziehung auf  die  ihren  Gemeindebeamten  zur  Aosfibij 
fiberlassenen  Rechte  auf  die  nach  der  Kircfi^ 
sung  ihr  selbst  custäfidig«  Art  bei  jenen  Btt 
i^ren. 

Sowohl  das  Interesse  der  behandelten  Materie,  * 
auch  der  rühmlichst  bekannte  Name  des  Verfs.  en^- 
pfehlen  die$chrift  hinlänglich.    Wir  glauben  ^ber 
deswitten  uns  jedes  Urtheils  über  «las  MaterielTc; 
selben  enthalten  zn  müssen,  veii. 
ReohtfverbSltiiUs  zwischen  den  strel 
nnentschieden  ist,  andern  Theils  aber  auch  d^.Aa 
dieser  Jahrbücher  eine  umfassendere  Duffit^UOg.  ei 
speciellen  Rechtsstreites  nicht  g^iü^ieUi,  ti  .Vf  ' 

'   '    i  ,     '  '.  ftjiTi}  i^Hth 


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»•.iL  limBI B  HHim    MWaWB.  18» 


#MMMtfWMMMWM|il»iBiii><^^  III  I  

4t 

Her  Corvey»ch9  Qüierbesifz ,  okj  f/tn  ^ej^  4ßrgesteIU  und  als  ForU 
ietsuug  der  Corvcy'achen  Geschichte  herausgegeben  mn  Dr.  Paul 
Wigand.  Mit  einer  Karte.  L^mgQ  iti^L  Mß^ioke  Hof  buch- 
kandlung.    FIII  und  243  S.  8.  ^ 

Weur  e»  gleich  in  neuemr  Zeit  mcJir  md  mehr 
laerkanDt  wird ,  welch  grofses  Licht  Aber  die  Geschichte 
mch  der  gröfscren  Verfassuogsverhältoisse  Deutschlands,  • 
wie  Aasbiidiiiig  der  Landeshoheit,  des  Bitterstandes 
u.  8.  w.  durch  Erforschnng  der  kleinsten  und  specleilslm 
jßlfeDStftnde  f  wie  die  Veiftaderang  des  Güterbesitses  in 
jriftem  eimelnen  Weller,  Terbrritet  wird  (denn  wir  wollen 
Uer  von  dem  historischen  und  praktischen  Interesse, 
das  solche  Forschungen  schon  an  und  für  sich  gewäh- 
ren ,  gar  nicht  einmal  reden) ,  so  ist  doch  die  Z^ahl  der 
SeMfien»  urelche  solche  Untersnchnngen  nnm  Gegea- 
jBlaid  hoben»  iram^r  noch  ^ehr  gering.  Die  Bearbeiter 
der  äufseren  Geschichte ,  wenn  sie  auch  immer  mehr  die 
grofse  Bedeutung  der  Verfassungsgeschichte  würdigen 
«od  nicht  mehr  so  stolz  als  früher  auf  den  Rechtshisto*  - 
titEer  ak  einen  nnr  für  Juristen  Arbeitenden -hembsdien, 
Ahen  fwar  jetzt  schon  regelmäfsig  auch  den  Gang  der 
Verfassung  in  den  Bereich  ihrer  Forschung ,  glauben 
aber  damit  ein  Hinreichendes  g<  than  zu  haben.  Aber 
selbst  Rechtshistoriker  haben  noch  öfter  mit  einer  ge- 
5ri9sen  VcMnehmheit  anf  solche  specielle  Untersuchnngen 
IhWrer  Verhältnisse  ab  kleinlicher  Dinjge  herabge- 
VRckl.  So  kommt  es  denn,  dafs  Abhandlungen  wie  die 
trefflichen  von  Kindlinger  über  die  Geschiehte  der  Herr- 
schaften Merfeld  und  Volmestein,  und  die  von  Lüntzel 
4)b«r  dio  Gepchifdite  des  Dorfe  Heinde  (In  seiner  Schrift 
Iber  die  bin^Kcheh  Lasten  im  Ffirstenthnm  Hildesheim) 
Wid  Arbeiten,  wie  die  einiger  Historiker,  z.B.  Dahls  (in 
der  Beschreibnng  des  Fürstenthums  Lorsch) ,  Schmidti^ 
(in  der  Geschichte  und  Beschreibung  des  Grofsherzog- 
tfiaaMTHeiSiui),  Wigand»  (in  seinem  trefflichen  Archiv 


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fftr  Geeeh.  iinil  AliefIbsiiiskttiHU  WeetpliaUn^  iulU  moh 
riemliGh  isolirt  stehen. 

Mit  besonderer  Freude  miifste  es  daher  jeden  Ffeund 
des  deutschen  Rechts  und  deutscher  Geschichte  erfüiien, 
als  vor  einigen  Jahren  der  Verein  für  Geschichte. uihI 
Altertfaamskaade  Weetphalens  „die  Bearbeitung  ein« 
We^hMfecb^ii  Qstn^  nadh  «diien  äliM^  Spof««^  seinen 
Bes^taadtheilen  an  Marken ,  Hufen  urid  Ville^i^  seinem 
Umfange  und  «teihen  Schicksalen  in  der  späteren  Terri- 
torialeintbeilung  und  Verfa^ung"  ab  Prelsairfgahe  be^ 
•iitnmte. 

Mdirere  Mitgiicid^r      Yereliin  l^ieu  Mdh  älAM 
Hand  anö  Werk,  zur  Preisbewerbung  ist  es  aber  leider 
bis  jetzt  nicht  gekommen.    Herr  Wigand  übergiebt  Äber 
in  der  vorliegenden  Schrift  die  erste  Frucht  soiciier  Be^ 
mftbnngen,  nämlich  eine  g^chichtlidie  fitatwlckelua|[, 
des  CorveyscHen  OflierbesitKes ,  so  wdf  es  Irin  g^^hins^. 
Isenes  Fürstenthum  zu  beiden  Seiten  der  Wöser  ffMlsl 
innerhalb  der  Grenzen  des  ehemaligen  Gau  Auga  bil- 
dete.   Er  führt  zu  dem  Ende  die  einzelnen  Weiler  uad 
Höfe  auf,  die  schon  in  den  älteren  Urkuaiden  in  jettm. 
fieärirke  ermrShnt  werden ,  weist  sie  in  deii  jeM  Mek 
vorhandenen  Dörfern  nach  und  bestimmt,  falls  Sie  Hin- 
tergegangen  sind  ,    ihre  wahn^c  heinliche  Steile.  Hiei 
geben  besonders  noch  jetzt  vorkommende  Namen  ^\n- 
zelner  t^luren  einer  Dotfgemarkun^  Pitigerseige.  Oe fter 
taftt  sl<<h  auch  bestimmt  nachweisen ,  sH  welchem  Dalf 
die  Be*\vohner  des  zerstörten  sich  gesellteti  (t,B.  S.  tÖ.). 
Im  Allgemeinen  wollen  wir  aber  nur  darauf  aufm et-k^fttfi 
machen,  wie  unumgänglich  nothwendig^  die  genaueste 
!Lokaikeniltnifs  bei  solchen  Forschungeil  tat,  weswegen 
ctenn  dieseibetf  ton  jemand,  der  nicht  all OM  and  SiBÜft* 
sich  längeren  aufgehalten,  stets  ittit  geHttgent- El*i|' 
werden  angestellt  werden     Ein  Interessantes  Beispiel, 
Wie  es  nnsenn  Verf  in  dieser  Beziehung  einmal  ergau-^ 
gen,  £ndet  sich  S.  84.  in  der  Note  erwähnt.    Die  Zald 
der  ausgegangenen  Dörfer  In  der  Umgegend  nm  Gmf^fi: 
ist  übrigens  im  Gauzea  nicht  so  bedeutend^  Als- 


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derh  Gegenden,  z.B.  in  (!er  Wetterau,  wo  nach  Schmidtft 
Angaben  in  einem  Distrikt ,  in  ivelchem  irr  d^n  Urkuii(ieri 
deiOten  and  det  folgenden  Jiihrhutiderte  SO  Ortschafleri 
«Mhnl  #terd<^ii ,  heuMfägc  liiiiP  hoek  6  besteH^ii.  Dies($ 
YMt^tedettiteii  hängt  mnAidh  h^mättü  d«tM  ab ,  (M 
ein  solcher  Landstrich  mehr  oder  ^Vehiger  den  Verwü- 
Stttllg^ea  benachbarter  Volker  ausge«;etzt  war. 

Von  jedem  einzelnen  Weiler  wird  nun,  soweit  es 
rieh  vrlfttlldlith  nächwefoen  ttbt ,  die  tlleste  Beschaffen- 
iMi,  die  ONffte,  die  A&mM  Hctfe  und  HfifdA,  dW 
Zeil  der  Erwerbddg'  tön  Seiten  des  Stifts ,  die  nachhei 
vorgenorilflfiefie*«  Verändern n ii^en ,  z.  B  Verwandlung  in 
Viliicationen  oder  Auflösung  und  Zersplitterung  elneif 
sölAeii,  Bßog^be  sn  Lehen  ait  eioen  oder  mehret^e 
UeMiiMlnni»!!  des  Silfls  und  E^weiteniAg  der  Rechte 
tei'sdben  durch  Aamafsung  und  Verleihung,  Efitstehungf 
Tori  Burgen  nebfen  dtm  Weilfer  und  Verhältnifs  der  Be- 
Wohtfcr  dieser  letzteren  zu  jenen,  Erbauung  von  Kir- 
Äett^  jäHlr^erUiig  des  Dorfs,  Verwatidlung  des  offetieri 
9m  in  HiW  Stadt  Mt  Weidlbiidl-echt  Di«  Reiäaltoiä 
rftld  hiet-  tfieksichtlidh  fhref  ke!cllhftftig1tett  bei  ded 
einÄelnört  Weilern  nÄtöi*lich  äuf^erst  Verschieden.  Bei 
einigen  lassen  «ich  aus  TräditiörisnfkUttden ,  Heberollen 
md  Oesehiclifschr^ihern  die  VefaddeiHUgfen  sehr  genau 
«fl^eblSn«  B.  bei  dem  Dotf  Attidunge^en,  S.  84  —  29, 
tMVO^erfbHl ,  ft.  148.  140,  tirlthr^ftid  bei  Hildd^tt  •  dtd 
Nachrichten  sehr  dürftig  sltid. 

'  *  Aftfser  diesen  speciellen  histofischeri  t)ars(ellungen 
M%  nun  uii^er  Verf.  äh  i^as^endefi  Orten  noch  aUg;erfiei* 
nm  hitM^Hsblie  Ulrtersn<!!liong61i  eliigestfedt,  denen  Mfttt 
all  lli^oiider^fti  Ifhtlfres^e  folgeri  xntA.  So  ^trd  §.  4. 
dl•P/^^g^:  Wdher  das  viele  Eigenthum  der  Könige  iif 
SÄCflSÄn?  dabin  1)(  antwoi'tet ,  däfs  theils  durch  Erb- 
schaft, thells  dttfch  häufige  Confiscationen  vieles  erwor- 
iMfMVd,  Ihelli  dadlifdi,  dafs  !d  den  vielen  Kriejfen 
«flter  Ktff I  d.  tih".  tilkd  äbdh  ^ter  Vf eU  CHkier  her^eulist 
uftd  datier  vom  König  ei'ngeÄöör^ti  wtifdefi,  (heils  endlich 
dAduf^^  däft  die  Kduige  die  grofsea  Waldungen  als 


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MI  F.  Wigaad,  aber  dbu  Gtnr^telieB  Qnterbciiti. 

ihr  Eiganthuin.  beftraoktcMO)  und  dadurch  Gelegeaheii 
n  oeuem  Anbau  erhielten.  In  §.3,  0  und  IS.  werden 
die  Bedeutungen  der  WMer  välar  cwih  und  curia 
untersucht.    Hier  hätten  wir  mehr  Rlarlieift  fewfinecht 

Die  Hauptbedeutungen  im  Gegensatz  der  sehr  schwan- 
Iceuden  Nebenbedeutungen  treten  nicht  bestimmt  geuug 
hervor.  Verstehen  wir  jedoch  den  Verf.  recht,  so  bestä- 
tigt sich  die  Eichhorn  sehe  Ansicht  (Geschichte  der 
•ttdliaehen  Verlesung  in  cler  Zei|achrift  fflr  geechidU- 
Hche  R.  W.  Ir  Bd.),  daft  cmik  and  curia  in  der  Reggl 
einen  einzelnen  Hof,  sey  es  nun  blos  den  Hofraom  oder 
auch  die  auf  demselben  stehenden  und  ihn  einschlieiseu- 
den  Gebäude  ,  oder  auch  noch  das  dazu  gehörige  Land 
bedeutet,  mUa  aber  eine  Mehrheit  von  Wohnungen,  . 
■ey  es  nun,  dafs  diese  lauter  freien  Leuten  gehören, 
oder  dafii  nur  eine  von  einem  Freien,  die  andern 
Unfreien,  die  die  Gilter  des  Freien  bauen,  bewohnt 
werden.    In  §.  22.  nimmt  der  Verf.  von  der  Geschichte 
des  Dorfs  Il^enrode,  d.  i.  Fiichenrodung,  Anrodung  in 
einem  Eichwald,  Veranlassung,  von  den  Ansiedlungen 
der  Germanen  in  den  Bergen  und  Wäldern  zu  reden. 
Ven  der  ITnwirthlichIceit  jener  Genend  in  firttherer  Zeit 
geben  hfinfig  vorkommende  Localitätsbenennungen ,  wie 
BSrenwiese,  BSrenbmch,  Wulfsgraben,  Wulfsgrund^ 
Wulfsthal  Zeugnifs.     Zunächst  liefs  man  sich  in  den 
fruchtbaren  Thälern  nieder.     Hier  findet  man  daher 
noch  später  die  Höfe  der  Edlen  und  Freien.    Von  dem 
mnherliegenden  Waid  wurden  Stucke  zu  den  Höfen  ge-* 
eehlagen.   Dann  begann-  der  Anbau  in  den  Wildem 
^  eelbet  und  auf  den  Bergen.   Eine  Menge  kleiner  Htfe 
und  Dörfchen  bildete  sich  dort    Nooh  später,  als  der 
iJeberflurs  an  Waldung  mehr  und  mehr  abnahm ,  ge- 
schah diesen  Anrodnngen  Einhalt.    Der  Kaiser  umzog 
die  grotsen  Forste  mit  seinem  Bann  ,  kleinere  Waldun- 
gen wurden  den  Gemeinden  als  Markwälder  cpgetheill 
Ref.  freut  sich ,  hier  eine  Ansicht  ausgesprochen  n  fin- 
den, die  Ihm  schon  geraume  Zat  -als  die  ridit%e  te^ 
schienen  ist.    Bekaouilich  ist  es  nämlich  eiue  sehr  ge- 


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P.  Wigand ,  aber  den  Corvi^iMlieB  QAterbefifs.  M 

urdholiche  Meiunng,  daCs  die  Markgenoseeiiscliaften  ia 
(fle^iHe^e- Zeit  umres  Voiles  Mtumf  reiciien.    Allein  wei- 

uigsteiis  in  ßezieliung  auf  die  Waldiiagen  wird  man  dieser 
Ansicht  schlechterdings  nicht  beipflichten  können.  Weide 
Sud  Gewtaer,  die  den  Höfen  eines  Weilers  sunichtt 
tiiieii,  mdgen  vieUeicht  schon  frfihe  nach  einer  bestimm* 
4ra  Regel  von  den  Bewohnern  dieser  Hdfe  gfemeinsoluiüh 
Heh  benutzt  worden  seyn.    Aliein  die  Wälder  mufs  man 
sich  zufolge  der  Beschreibungen,  die  besonders  bei  Ge- 
legenheit der  Gründung  der  Klöster  öfter  gemacht  wer- 
-Am,  noch  ha  lOten  Jahrhnndert  so'  angeheuer  an  Un»- 
hug  denken  9  dafs  an  eine  Vertheilung  derselben  und 
Besehrinknng  de# Nutzungsrechts  damals  wohl  so  wenig 
gedacht  ward,  als  es  heut  zuTa^e  den  Regierungen  ein- 
fallen würde ,  den  Gebrauch  des  Flufswassers  zum  Wa- 
schen, Schöpfen,  Baden  und  dergl.  zu  Terbieten.  Ein- 
zelne WaldsMIcke  mochten  wohl  die  Besilser  der  HÜe 
la  Ihrem  fibrfgen  Privateigenthnm  schlagen ,  alleofiitis  ^ 
um  bessere  Holzgatfungen  zu  ziehen,  oder  weil  sie  ihnen 
'  Eur  Befriedigung  des  gewöhnlichen  Holzbedürfnif^ses  pas- 
send gelegen  waren,  daher  dann  schon  in  den  ältesten 
Volksgesetzen  solche  Privaiwälder  Torkonmeii»  Allein 
bei  den  Qbrigen  Waldungen  erschien  das  Anshanea  offen- 
bar mehr  Wohlthat  für  Alle,  als  Beeinträchtigung  der 
Rechte  andrer  zu  seyn.    Nur  so  wird  es  auch  erklärlich, 
warnm  es  den  Königen  so  leicht  ward,  grofse  Wald- 
streeken  gradezu  sich  als  Privateigenthum  nnzusprechen. 
BrsI  isiell  dem  Ilten  Jahrhnndert  scheint  man  auch  die 
Wilder  unter  die  einzelnen  Gemeinden  vertheilt  und  die 
Art  der  Benutzung  genauer  bestimmt  zu  haben.  Daher 
denn  aus  dieser  Zeit  die  ersten  sichern  Zeug-nisse  von 
Waidgemeinscbaften  herrühren.    Von  allem  diesem  mufs 
man  jedoch  wohl  eine  Ausnahme  in  Beziehung  auf  die 
JLlnder  silkrischen  der  Donau  und  den  Alpen  maolien. 
Wie  man  steh  denn  überhaupt  nirgends  mehr  als  bei 
solchen  Gegenständen,  die  mit  der  Naturbeschalfenheit 
zusammenhängen ,  vor  dem  GeneraHslren  hüten  mufs. 
In  jenen  genannten  Gegenden  nämlich  scheint  durch  .den 


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ins        '    P.  Wigoiid,  ühcT  den  Coirf^cJiQii  Qißi^ttf9m^im, 

langen  Aufenthalt  der  Reimer  schon  IVüh  der  Anbau  Xdir 
sgt^r  fortgeschritten  ,  die  Wälder  vertilgt  M'ordep 
f^yp,      d«!«  vieU^icht  schon  im  HOte^  J^ihrhua^^rt  gwr 

^ir  fnUhia  aus  diesen  Q^nnden  Qber  jenM  interessantQ 
InstitQt  vergeblich  weiteren  Aufschlufs,  \vi^  e8  Grimm 
T^f^te^  erwarten  dlirfeiv-  güDJslicha  Mangel  allev  ^r^ 
Im^diiQhnD.lVachFichteii  Qber  da«  VarlM^mW^  dm^tim 
i^htlef tigt .  wohl  di^  Bohaqptupg. 

Iq  §.  52.  berfibrt  der  VerC  noch  dio  Frag«,  V4>n 
wein  wolii  die  Abgrenzung  des  (^aus  Auga  und  über- 
baupt  der  SächMScheii  Gaue  herrühre?  Seine  Ansicht 
|;ebi  dahip ,  data  wohl  die  Eintbeiluog  in  Gau^  im 
gemeinen  ab^  wUlkMl|»ji($be  iUcl  d,  ^r.  vprfSjl|f|||e 
zu  betrai^hten  sey^  dafs  er  aber  doch  eoTiel  ele  mOglidli 
sich  bestehenden  Landeintbcillingen,  wie  solche  natyr- 
lich  Ton  jeher  vorhanden  gewesen  wari  ii,  anschlofs.  So 
^liilärt  er  sich  ipsbesQ0d4^e  di|i  ^bu^Q  VersQb^y^Hldfft 
(Sauanwi  imh  kuw^  Dauer,  irtihrepd  ap4are  Oin 
gmmngfm  «elbst  wibrepd  der  AftsbiLdu^g  der  Tf>M 
rit^rialverfassuDg  erhalten  hieben. 

Herr  Wigand  hat  den  Plan  ,  das  begonaeoe  Ge^ 
niäld#  des  Corveyscheu  Güterbesitzes  durch  weitere  A|is-* 
ftibroog  d^**  HfsprüpgUchen  Verwaltungs-  und  ßflaW* 

nengsweiee  und  de^  Verltülipissea  d»r  Q^wabper  d« 

Giller  fsttUi  Stifte,  sowie  der  Veränderupgeo ,  welche  im 
JLagfe  der  Zeit  in  jener  Verwaltung^sweise  und  in  diesem 
Verhältnisse  vorgingen,  yoüendea.  IVuf  geringe 
Auiinunterungi  iv<B4ißbe  er  anfilAg  ^  fVNir  ¥Ml^ 
^  Arb«il  i^Adetf  «pheip»  ihn  sviV^M^  wipfhr  W  ifjiMI 
Vorhabeo  abfufißbreclceii.  Mächte  cNe  sUiN  Ap^r)(e»^ 
jiang^  welche  sein  mühevolles  W^rk  bei  allen  wiihrea 
Freasdeo  der  Wissenschaft  finffen  wifcf^  ihm  ein  F^ipb-* 
Uqber^  JUobn  ee^n  t  als  dei?  fiMpe«d^  QiiajM  V&elff «  «nI 
den  bei  «p)ßben  JPomhmigW  aififm^W  im  rephrnm  9^ 
vird,  qypd  iQScbteo  wir  yop  de«  GfüiUppg  diemiHimA 
Waeeches  re^b^  bald  diir^  ErscheipeD  der  Fprtef^bnPf 
vSeines  WerKs  das  sicherste  Si^eiigüi{i§  ftirbf^il^ß« 


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Bpcklet  und  §eine  Ileilquelleu  für  Aerztü  und  ISichtürztc  be- 
schrieben von  Dr.  r.  J.  HauSf  tc.  bair.  Landgericht sphys-ihns  in 
Fricdbcr^ ,  fi  ülun  ui  Ihunncnarzfc  in  Bocklet,  H^ürzburff  Xb'6Xm' 
Gedruckt  bei  Franz  Bauer.   160  6.  b. 

Die  eiseiihaiiigen  Miiieraiquelleo  zu  ßockiet  io  Fran- 
ken gehörea  mil  su  den  mioWiakigsl^f)  iu  Oeutschlsiu4 
ml  rafflitiitea  tfiiM  Uiigat  ßii^  nem  ipeci^le  Mono- 
gmfkim^  die  ihntfii  avo  wirktioh  m  der  vorUeg««ciea 

bcluift  geworden  ist.    S'iv  z(  ifallt  in  drei  Ablheilungeu, 
dfitü  beschreibenden^  nieuicinischen  und  diätetischen. 

In  (leiu^  ersten  liest  nu^a  eine  kur^^e  Ije^chreibung. 
it»  IL^ireHm  Mlbsi ,  mrotoher  im  o^r^iichm  Tbeiie  de». 
Unter«  UfiiinkreMK»  im  Konigrmobs  B«ierii,  14  SUmden 
TOD  Würzburg  und  2  Stunden  vom  Kurorte  Kissingen 
liegt.  IJas  Bad  bildet  ein  abgeschlossenes  Gauzc  und  " 
betitaht  «US  aaehfi  grofseo Gebäuden,  worsifi  ^^qM  luehrer« 
m  OekMüinie  nötliiye  Häuser,  S<^leiigea  ao« 
aHiKofiMi.  Bin  grofker  Gerten  w)  fcSri^ob  angelegte 
lohliUlge  Alleen  befinden  sich  in  der  Nähe,  ^as  der  Herr 
Verf.  so  wie  überliaupt  die  Umgebungen  dieses  einsamen 
üQd  ab|gefi}cbieclenen  BadeortHfi  Aäher  besclireibt  und  über 
die  inneren  fiioriohliingen ,  Bequemlichkeiten ,  Preise 
dw  WMoMBgen  u. «.  w.  cüe  nöihlgeB  Nacjiriehleii  ^wimr. 
Mistellt.  Dafi  nahe  Hhöngebirge,  welches  nochSparea 
einer  vulkaiiisclien  Revolntioii  zeigen  soll,  wird  iür  den 
Heerd  aller  im  Saallhale  sich  betindendeu  Mineralquellen 
ttod  aonut  einch  jener  zu  BocKlet  angesehen ,  wobei  man 
bidaiwro  nuie»  defr  diese  Si^obe  «li^  päNr  erlerschl 
«M  der  epecielle  Ursproog  dieser  Heilquellen  naoli  sei-* 
esQ  geoguostiscben  VerhäUai(»sen  geneuer  ausgemittelt 
Mriirde.  .  > 

Jbis]  sind  vier  Quellen  vorlianden,  weiche  bt^^ondre 
NetM*  irsgeo,  die  liudwigsqeelle ,  Friedriclisquelle  p 
kerlequeUe  uml  SdhWefelqaelle,  welche  eile  sehr  nahe 
hbtsemmen  entspringen  und  deshalb  enter  mu  einziges 
Gebäude  gebracht  werden  konnten-  Sie  sind  im  Jahre 
1120.  von  dem  damaligen  l*farrer  Scböppner  in  Aschach 
mefimig  eetdeoki  uad  daen  auf  Beirieb  des  Dr»  Behiingef 


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fan  Jaiire  1785.  zuerst  ge&iftit  worden.  Die  oeweHi» 
chemischen  Untersuchungen  dieser  Quellen  nnd  die  d# 
Herrn  Hofrath  und  Prof.  Dr.  Vogel  in  München,  ent- 
halten in  dessen  Schrift :  Die  Mineralqueileu  des  König- 
reichs Baiern,  IVlünchea  1829,  weiche  wir  als  aUboi- 
kannt  hier  nicht  näher  anffibren  w^lleu.  . 

In  dem  zweiten  oder  nedteittliohen  Theile  roM 
Hr.  Dr.  H.  zuerst  von  den  Wirkungen  der  Bockieter  Heil* 
quellen  im  Allgemeinen  ,  welcher  Abschnitt  wesentlicll 
alles  das  entiiält,  was  von  dem  Gebrauche  der  StaUf 
quellen  flberhaupl  M  sagen  ist,  nur  sind  sie  mit  oimgsi 
andern  berühmten  Stahlquellen  Deutschlands  -  paaMai 
verglichen,  so  kommt  die  Lddwigsquelle  in  Bocktet  dem 
Pynnonter  Wasser  sehr  nahe  ;  letzteres  aber  enthält 
etwas  mehr  Kisen,  daher  \virkt  es  stärker  roborirend| 
weniger  aber  auf  den  Oarmkanal,  auch  das  Dtibuigil 
Wasser  enthätt  weniger«  saiinische  Theile,  aber  mdhr 
Eisen  und  Kohlensaures  Gas  als  das  Bockleter;  Schwal« 
bacher  Wasser  ist  in  jeder  Rücksicht  ärmer  an  den  wirk- 
sanisten  Bestand thcilea  u.  s.  w.  Als  specielle  Krankhei- 
ten, gegen  weiche  die  Bockleter  Que.llen  nlltalich  seya 
sollen,  werden:  Schwäche  der  Verdanungs-  und  Bi* 
nährnngsorgane ,  allgemeiner SehwSchesustand  naeh  iber« 
Standenen  heftigen  Kranklieiten,  Lähmung-en,  Gicht  und 
Rheumatii»mus ,  Hämorrhoiden  ,  Brustieiden  ,  Nerven- 
krankheiten, Hypochondrie  und  Hysterie,  Bleichsuchii 
chronische  PufsgeschwOre,  weifser  Fluft,  Uttordnungea 
der  monatlichen  Reinigung,  BlutflAsse ^ans  der  QMr-^ 
mutter ,  beschwerliche  Schwaiig-erschaft  durch  Atonie 
des  Uterinsystems,  Neijj>:ung  zu  Abortus  und  Frühge- 
burt, Unfruchtbarkeit  u. s.w.  genannt,  auch  von  jedem 
mnzelnen  Uebel  näher  gere<let  und  hie  und  da  Beispielt 
von  gelungenen  Heilungen  erzählt  Bs  ist  bekMAt^ 
dafs  bei  rheumatischen  und  gichtiscben  Leiden ,  so  wla; 
bei  Hämorrhoidalbesch werden  Schwefel wasser  als  Heil- 
mittel im  Ganzen  den  Vorzug  vor  den  Stahlquellen  ver- 
dienen; allein  der  Herr  Verf.  zeigt  recht  schdn  und  fco«} 
lehrend,  in  ^welchen  besondem  Pleiten  der .  g^paattls»> 


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fN^lyinorphen  Uebel  auch  diese  mh  angenscheiiiHc^heiii 
Nutzen  gebraucht  werde»  können,  und  es  verdient  be- 
mutern  Dank,  dafs  er  die  Zustände  genau  bezeichnel^ 
Mch  das  Bockleter  Wasser  nor  schädlich  werden 

In  besondern  Abschnitten  zeigt  der  Hr.  Verf.  noch 
4wi  Nutzen  seines  Brunnens  als  Nachkur  nach  Kissingen 
oder  anderen  auflösenden  Heilquellen ,  giebt  ausführliche 
Nachrichten  von  den  Anstalten  ftr  Dosch*  und  Trepf-. 
M  nebel  ihrer  Oebraaehsait,  mnul  der  sogenaonted 
aafeteigenden  Dasche,  und  erläutert  endlich  die  Ver- 
haltungsregeln bei  dem  Gebraoche  der  Bockleter  Heil- 
i|veUen.  — 

Die  dritte  Abtheilnng,  den  diätetischen  Thei!  ent- 
haMflMi,  Mirt  das  ndtbige  Verhalten  rficksichilich  d^r 
DÜt  wd  Lebenserdnnng  bei  dem  Gebrauche  der  Staht- 
quellen,  wobei  der  Arzt  freilich  nichts  Neues  erfahrt, 
aber  der  Laie  als  Kurgast  wird  diesen  Abschnitt  mit 
besonderem  Nutzen  lesen  und  befolgen. 

fihie  Abbildung  in  Sieindmck,  den  Kurgarteu  und 
Branneu  m  Beeklet  darstelle&d  i  ist  der  Schrift  bei- 
gegeben. 

Er^esti  Meyer  de  Plantis  Labradoricie  Libri  trcM.-  ijipntt« 
»iimti6tw  Lw^Ui  Fouü.  MDCCCXXX, 

Die  Veranlassung  zur  Bearbeitung  und  Herausgabe 
der  vorliegenden  Schrift  gab  eine  Sammlung  von  ge- 
iraokneten  Pflanzen ,  welche  ein  Missionär  der  mähri-*,, 
ssheo  Brilder  (Hersberg)  io  Labrador  zus^mmeoge- 
bracht,  und  sie  dort  theils  betOkak,  theils  bei  Nain 
gefunden  hatte.  Die  genaue  Bestimmung  derselben,  die 
Berichtigung  der  Synönymie,  nebst  der  ausführlichen 
Besdireibung  der  neuen  Arten,  war  zuvdrderst  .die 
Haq^üaohe,  allein  der  Herr  Verf.,  der  schon  dem  bo- 
iaaisoheu  ftbKcum  sehr  vortheilhaft  durch  seine  Mono- 
graphien dar  Gattungen  Juncus  und  Lusula  u.  s.  w.  be- 


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m 


sanie  Mtea  AbBUfcwioseii,  und  ilio  «nf  eine  ebeo  «o  be«- 

Ii^hrenile  als  scharfsinaig  durchdachte  Art  darziu^teilen. 

Die  Schiilt  zerfallt  ia  drei  HaiiptaUschnitte,  wovon 
der  erste  überschrieben  ist  JAbcr  botamcus  seu  Florida 
Labradorica,  wo  zuerst  eioe  Uebersiclii  der  beatitztea 
Literataip  gegeben  ist ,  di«  sieb  übrigens  nichl  blo6  wafi 
Librador  bti^krftvkt^  mmitm  anch  die  Biobar  angiobl, 
ifi  welchen-  aidi  Ffichrioble«  T#fi  der  Vegetii^M  tör 
(xröiiland,  Islaod ,  der  Farüscheii  Inscia,  von  Lappland , 
Spitzbergen,  des  nördlichen  Rufi^lands,  Sibiriens,  des 
russischen  und  brittischen  Amerika,  so  wie  Uberhaupt 
über  die  Pflanzen  der  arctischeu  Gegenden  beiluden.  Hef« 
Termibi  Mgeode,  die  Tielleifiiii  auoh  eine  Atette-Ter- 
dteat  bitten  {  Job«  Andetson,  Naehriohten  von,  Mendy 
Grönland  und  die  StveTse  Davia  Hanberg  1T46.  ~ 
An  account  of  several  latc  voyages  and  discovcries 
to  the  South  and  north ,  etc,  by  Sir  John  Narbm"- 
oughy  Cupt.  Jasmai  Tasmwm,  Capi,  John  Woody  cmd 
FredwOt  MaHen  of  Hanihurg  He.  Land.  im4.  8.  — 
ji  ^um^g  propöted  eta.  PbUm.  Tranaaetimm  VoL  XLIL 
jVo.  456.  p  Sil  etc.  —  Naiiee  sur  ttle  de  TerreNeme 
et  quelques  ilcs  vohines ;  par  M.  B,  de  la  Pilat/e.  — 
Annales  de  la  Soc.  Linn,  de  Paris.  5  Livrais.  jSov. 
1625.  p.  411.  (Enthält  eine  V  ergleichurig  der  Flor  des 
nördlichsten  Amerika  mit  der  in  Europa  und  Asien  unter 
gleichen  Breiten).  —  Reisen  im  Norden  Europa*»,  Yor- 
züglich  in  Metid  In  den  Jahren  )6W  und  18».  ▼<>« 
Thienemaian  «nd  Gunther.  Lelpeig  1887.  {im  sweiten 
Buche  citirt.  Enthält  manches  für  den  Botaniker  In-^ 
teressante.  Weniger  wichtig  sind  Hendersons|  Reisen 
in  Island  ,  doch  kommt  auch  hie  und  da  etwas  Braaeh-«' 
bares  vor).  — 

Die  Pflanaen  sind  nun  nuch  dem  aatilrliafaen 
.Sterne  geordnet^  beginnend  mit  denFleehtetundsoUieat»' 
send  mit  den  Rannneataceen ,   attsammea  HB  ArüSf 
weLh(  l)is  jetzt  in  Labrador  von  verschiedene«  Botani^r 
kern  gefunden  wurden ,  wobei  (kr  Herr  Veril  aber  auch 


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Immer  (Ue  Qbrigan  l^iulorf«  dieser  IjMirii<1or  -  Pflupzeii 

anführt.  Von  nemui  Arltn  und  Abarteu  lind  et  msu  be- 
SDfidtii  die  uaclistelienden  :  Eh/fnm  urenßrius  ß  villesus 
Met^et*^^  welche  i*lianze  in  L^hx%i\^v  wUd^l'  Wfadn 
hflifrt»  m  AAfiHW  d«0  Aufußt  Mab>9  oelte»  reif 

«Ird.  Miri^phorum  mespUemm  ß  hmn^m  Me^er^ 
hu:>ula  urcuata  7  procerior  ,  WQZU  jedoch  frag  weise 
Jm^uIq  ht/perborcu  Ii.  Brown  gezogen  Mir4i  Solidago 
iklP'mit^  M*i        mm^t  Jirt,  die  d^r  ge^rOhP liehen  ^ 

Virgß  MTW  Mmt  4lMMi  ifH)  «Mb  ab#v  diirpb  die 

IHanjj^^l  der  Bracteen  aq  der  Blume  |i.  s.  w.  uqiersQheidet. 

Der  Herl*  Verf.  fiihri  Cachlearia  offi^hmlis  nur 
fnigwei^  io  GröqlancI  an,  alieiq  Jggede,  welcher 
Jbfar«  lang  dort  ^  Missionär  lebte »  MWdrfloUitib: 

gegen  den  Scharliok  aqgeaelißn  wird,  iväehsl  fiberall 

qnd  häuüg  üi  Grüüliiud,  voruamlich  an  der  Seeküste. 
Ks  ^war  seibigeä  qjcbt  so  bitter  aU  unseis  (das  aof- 
wt^isQ)i4^)t>  h^t  aber  $f(er  so  8I1  sagen  Wunder  bei  Krnn-» 

k#«  v^Pivchlrt."  thtwAh^       »I9  Gr#«lhiduiib»P««ii^ 

sen  mwAtJumpepue  eamnnmf^p  Arohang elha  offiomoUs, 

Lediiin  puluslre ,  Rhodiolu  rosea»  Huhus  Ckautaemo- 
rm ,  wilden  Thymiap,  Blfitwurz  und   mehrere  andere 

49*  Arenarm  grßfg^Umdha  £.  J£  is4  4i»  StMatia 
gfsepfoiicima  Rets. 

Die  sswdie  Abiheilwig  trägt  die  Aii&dirifl  Uhe^ 
g€Ograpfucus  seu  Terrae  arcllcae.  Eine  nicht  bl©s 
dem  Botaniker  9  sondern  fast  mehr  nooh  dem  Phj'siker 
und  Gti^raphen  höchst  wiciiiiga  Arbeit,  denn  der  Hr« 
V^.  Iiai  sich  die  Mähe  gepewam,  «Ke  aUteiolMa 
Ä«r  eehr  seraleeetepi^  Machtioliteu  vm  Wittemngs-Beob- 
aebtungen  in  den  arctischen  Gegenden  zu  sammeiu  und 
sa  ordnen,  und  <iaiaus,  so  viel  die^  die  Beschaffenheit 
dei^  vorfaaudeoßn  Materialiea  zulä^it,  Sehlüsse  eu  zieheai 
nvm  fiadet  hie»  iiie'g^eeig«eten  Betbaohtimgeii  nichi  mm 

I^ImpAmt  ,  fonilef Q  Mich  wo  den  Kieieo  der  Baf- 
finabnif  des  we^lieheii  und  eelliehea  Grönland,  V4>fi 


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911  B.  Heywi  de  PlatttU  Ltlwidnrlcit., 

Idand,  der  MayeDiosely  BäreniDsel,  Spitzbergen ,  des 
flchwedischen  Lapplands,  Fionlandaund  rnssbchen Lapp- 
lands, von  den  rui^sischen  Provinzen  zwischen  dem  weis- 
sen Meere  uod  dem  Uralgebirge,  dem  westlichen,  mitt- 
leren und  östlichen  Sibirien,  Kamtschatka,  von  den  alea- 
tischen  Inseln ,  den  Westküsten  in  Nord-Amerika  a.  &  w.  — 

Wo  es  mdgilch  war,  ist  die  mittlere  Wirme  jedes 
Monates,  meistens  aber  die  des  Winters,  Frühlings, 
Sommers  und  Herbstes,  so  wie  des  ganzen  J«ihres  ang;e- 
geben  und  sehr  interessante  Bemerkungen  über  die  eine 
sehr  krumme  Linie  bildende  Schneegrense  in  diesen  Lia  * 
dern  mitgetheilt  Nach  Hersberg,  föngt  der  Schnee  bei 
'Okak  im  Mai  an  zu  schmelzen ,  kommt  aber  nicht  selten 
wieder,  und  öfters  friert  es  noch  im  Juni.  Im  Juli  bltl- 
hen  die  meisten  Pflanzen  und  reifen  im  xlugust;  manche 
aber  bringen  dort  niemals  eine  Frucht  Gegen  Snde 
Augast  ffüit  schon  wieder  Schnee,  bleibt  aber  eist  fan 
September  flr  längere  Zeit  liegen ,  es  ist  also  da  wed^ 
Frühling  noch  Herbst.  Pinns  alba  wächst  zwar  aa  . 
geeigneten  Stellen  zu  einem  Baume  heran,  wird  aber 
doch  nicht  höher  als  20  Fufs  mit  verbältnifemafsigefli 
Umfiinge.  An  offenen  Stellen  wachsen  nur  PlechteD, 
Moose  und  Empetrum.  Unter  58^  ist  kein  Baam  mehr, 
nur  Weiden  und  Birken  kriechen  noch  auf  der  Erde.  — 

Nach  Egede  kommen  in  Grönland  die  Rüben  und  i 
der  Kohl  sehr  gut  fort,  insbesondere  die  ersten ,  welche 
von  aniberordentlicher  Güte  und  Annehmlichkeit  segrn 
sollen,  aber  über  dem  OSsten  Gh*ade  wird  das  Land  so 
felsig  und  unfruchtbar ,  dafs  die  dort  wohnenden  Grön- 
länder nicht  einmal  so  viel  Heu  haben ,  als  zur  Ausfiitte-  ' 
rnag  ihrer  Schuhe  nöthig  ist  — 

In  Island  bilden  Betula  alba,  Sorbu8,  «Ssifess  | 
n«  &  w. ,  die  asderwtrts  schöne  Bäume  sind ,  mir  kINiH 
nierliche  Strftttcher ,  «nd  kamn  kann  man  noch  Ksi  loWilu 
pflanzen.  ~   Viele  dergleichen  Nachrichten  sind  hier  ' 
gesammelt,  die  man  mit  Vergnügen  lesen  wird. 

l>ie  dritte  Abtheilung  ist  als  Liber  geogre^hico  \ 
botanieuB  beedchnet,  und  in  swet  Gafitsl  gsdMSk, 

r  j 


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dem  erstes  von  der  Zahl  und  Formenverachiedenheit 
(vatietaa)  der  Labrador-Pflaosen ,  so  wie  von  ihrer  geo- 
graphischen V eriheWmg  (dhtribuiio)  handelt,  und  wo 
sugleicb  sehr  scharfsinnige  Bemerkiiogen  ftbitf.die  Eior 
Ibdlung  and  BehandluQg  der  PflaOMO- Geographie  TOf^ 
ktinmen,  auf  die  wir  Tomgeweise  aufmerksam  maobea 
müssen.  Als  Labrador -Pflanzen,  die  sonst  nirgends  ge- 
funden wurden,  sind  folgende  genannt:  Agrostia  tri- 
chantha  Schrank  ^  Avena  squarrosa  S.,  Orchis  dHa- 
tatß  Pur9h,  Salix  Uva  Urm  P.,  SaUx  cordifoUaP., 
ß&Sx  plamfoUäP.,  Vmdmumßsmm  Schrmk,  SoU^ 
de^o  thtfrsoidea  E.  M. ,  Solidago  mulUradiata  Alton , 
Potentilla  emargmata  P.  /  Arenaria  thymifoUa  P., 
Slellaria  labradorica  SchranL  —  Die  zahlreichen 
.VeifieicbiBgeD  und  Tabellen,  die  Verhälloisse  der 
l4ibnidorflon  bu  denen  vieler  anderer  Linder,,  rück«^ 
richtlich  der  Artenzahl ,  der  Gattungen ,  der  Familien 
und  der  Hauptklassen  (Acotyledonen ,  Endogenen,  Exo- 
genen) zeugen  eben  so  sehr  von  dem  Fleifse  als  von  der 
lloisiqhl  und  Gewandtheit  ihres  Verfassers.  < 
Das  zweite  Kapitel  dieses  Al^schnittes  ist  bestimmt, 
SB  zeigen,  in  welchem  Umfange  die  Labradorpflanzen 
auf  der  Erde  verbreitet  sind,  wobei  zuvörderst  erinnert 
wird,  dafs  die  Pflanzen»  je  näher  ihr  Vaterland  dem 
Pole  ist,  um  so  eher  denselben  in  einem  geschlossenen 
•JM^ie  umgeben,  doch  thnn  dies  nicht  alle,  und  manche 
Jasseii  eine  bald  grdfsere  bald  kleinere  LScke,  wo  sie 
nfcht  anzutreffen  sind.  Um  sich  leichter  verständlich 
zumachen,  werden  die  Polarländer  in  die  europäischen, 
asiatischen  nnd  amerilumischen  eingetheilt,  wovon  dann 
..«Mer  der  mittlere,  Sstlidie  und  westliche  Theil  un- 
jlerachieden  wird.  In  besonderen  Paragraphen  werden 
nun  aufgezählt:  1)  Labradorpflanzen,  die  um  den  ganzen 
Polarkreis  zu  finden  sind,  worunter  Polygonum  vivipa- 
rwn,  laatda  campe^ris,  L^dum  palusire,  Schotter a 

Papavet  nuäißmie, 
Jfmnumki  patuhrb  n.  s.  w.,  so  dafs  also,  wie  man 
sieht ,  auch  manche  in  Deutschland  einheimische  vor« 


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9H  MMg«  aMMM  flMnffiBii  fiU*  lt»iii«r. 

iMiiMik  S)  LalmMk>rpfhillleen,  die  oichi  firti  den  ganzen 
MirlH^  «Kdltf^il^  Mfid^l^li  b«f^tiend  grofse  Lücken 
zwischen  iich  lassen ,  die  der  Hr.  Verf.  näher  bezeichnet. 
3)  Labradorpflanzen^  die  nicht  lini  den  ganzen  Pol  ge- 
heo,  soadero ZwischOnräame  von  oder  V?  lassen, 

utid  dem  CenUrtüMadpatikt  ih^iFs  in  Antei'ikA ,  Ih^ite 
in  BufOpft  tt.  e.  Sil  8Mh«n  lit  4)  LftbradorpÄanÄen , 
dureli  Vörbreitöiig  um  d^n  Pdl  «wefmal  nnterbiochefi 
M.  5)  Solche,  diör  tnir  auf  eine  einzelne  Strecke  der 
arctischen  Gegenden  beschränkt  sind.  Warum  abet 
wachsen  gewisse  Pflanzen  nur  da  oder  dort?  eine  Frage» 
die  der  Hr.  Verf.  aufwirft  und  viel  Schdäcis  darftbdr 
9Agi^  er  fa&it  daftlr,  jede  Pflaiuteil  -  Speci«^  seV  üut  an 
«iaeiti  betftiimtiteii  Ort«  «fllMad^ti  uttd  hübe  6ic1k  alK 

mihtigwetM*  verbratet,  itteb  ron  den  Labradorpflanzen 
seye»  einig'«  Wiflclieh  einheimiseh ,  ändere  eingewandert 
(advmae)^  und  liooh  von  andern  sey  dies  zweifelhaft 
\\» ,  welcher  fxe^eustand  ganz  speciell  erörtert  ist  und 
die  grofseste  AufmerksAirtkeit  Verdient ,  wie  demt  Über- 
haupt das  Torti^getid«  Biioh  ati  ein  Marter  M  ähdlidhen  ^ 
Jitfttdiell  ati%«eMli  Werden  d^rC 


1)  Greg,  QmU,  ^iitz9ck,  J&fp$,  H  PhOoL  P.  P.  O.  (in  «ie$)  Ai- 
dagandae  ^  ß^meri  Odytteam  interpoiatuniiB  praeparaOm* 
P.  t,   SfmmMMs  M  Üdlnmi^  tt^riuiae  fiahikianae ,  182d.  58  S.  |. 

2)  l^€99€lhen        historta  Homert  mtucimequc  de  scriptorum  tar- 
'    mMM  äAat0  ftMbMahl/  Fd^ditulus  prior,   Uid.  ISZO.    FI  und 

/  ^teuser,  Vorfragen  übtr  tiomeros,  sietne  Zeit  und  Gesänge. 
F.vHter  Thvil.    Frankfurt  out  UAin^  tu  ditt  Andreäüehen  Bnekk. 
FI  u.  8. 

4)  Ocor^ii  Lan^e  DisquiaithneB  Homert cäe.    Piitiktki  il  CMb- 

mcntutio  de  consiflo  ac  ne^esgitatd  I*'hooemn  dt  priorütn  pf*rtiU$§$ 
Odt/sseac,   Argeat.  iy^U  viduw  Silbermann ^  1828.   19  4. 

5)  Adelh.  Herrmann  (Retter  der  Schule  zu  Otttmdorf)  C»mfi<|  . 
tatiodeVl  (lies  IV)  Odyeseae  Ubri  veres.  620—624  commisi^rm 
tuspectis ;  accedunt  aliqua  de  umversi  caimitttt  oHgine,  tiifnn09, 
in  €6mm.  Kkr.  Bäku.  IBM.  tl  ^  6. 


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Bs  scheial  eine  notti^vendige  Folge  der  roeiischli»- 
chen  Schwc^che  zu  seyn,  daf«  einem  jeden  bedeutenden 
PortschriUe  in  irgend  einer  Sphtlrc  der  Wisseusohafl^, 
gerade  je  grdPser,  gemulüg^r  er  isi^  deita  Ui^rer  SIsfl» 
Itend  ihm  a«f  dem  Päfre  m  folgen  piegt;  fleidrtali 
di  bedürfte  der  ermüdete  Gnistüuhei  unisitK  voti'd^ 
Anstrengung  zu  erholen ,  die  allerdings  nicht  den  ein^ 
^ehm  pioductiven  Denker  allein^  sondern  mit  ihm  seiw 
^^nze  Zml  trifft 9  in  6o  fern  es  disier  wohl  noch  grötswe 
Aühe  kosf«l,  «eine  Selid|iftiiig  sn  ümm  mmA  mck  mir 
imeigMn^  afofhm,  sie  hmiromirwiin«   Aller  di«  SSfeil  IIb 

Allgemeinen  sieht  darum  nicht  still  ,  und  je  länger 
Wandel  er  sich  auf  der  Lagerstätte  der  behaglichen  Ruhe 
überlassen  ha^,  jdetto  stärkerer  Schritte  bedarf  es  naoÜ^^ 
ker  wieder  y  mn  di«  GeMliadiaft  der  übrigen  ^Wteenv* 
MMketi  eiiiBuholeiiy  die  imnvistihen' ihren *Oang  gleieh*- 
ttilfttger,  aber  eben  darum  auch  anhaltender  foitgesettÜ 
babeu.  Man  kann  die  schöpferischen  Geister ,  die  liaho^ 
breeher  in  der  Wissenschaft  mit  den  Eroberern  in  der 
l^^ltgescbidite  Teiyleiohen  r  heiner  defeeeilien»  den  die 
Nichwelt  <l«i  Prildicat  des  Of^lMi  versagte  nad  eeiien 
IitBien  nicht  bewundernd  an  die  Spitze  der  Periode 
stellte,  die  von  der  Saat,  die  er  atif  dem  frischgepflügten 
Boden  gestreut,  bisweilen  Jahrhunderte  l&g  ihr  Daseyn 
f^ie;  aber  aoch  keiner  denielb^,  den  ntohl  dieNotk** 
#^tldigkeit,  «eine  eigene  Sth^lung  zli  ertlulM ,  hMÜr 
Wr  minder  zum  Tyrannen  gemacht  und  das  neue  Ge* 
Wand^  mit  dem  er  seine  Zeit  ge$»chmfickt,  älhnählig  in 
^loe  drückende  Feseei  verwanileit  hätte;  vnd  daft  jeder 
'^annel  eine  Rendtion  folgt  ,  «dd  «#er  «m  se  enHcMm 
^teerend  ertoliOtler^ider ,      liiig«ir  nad ' ilinipfiwr' jener 
^fen  Geist  in  nnthätiger  Ruhe  und  blinde^m  Gehorsam  zu 
halten  gelungen  war,  findet  s!ch  in  der  Geschichte  der 
Wissenschaft  wie  in  der  des  Lebens  stets  neu  bestätigt« 
Systeme,  die  gatt^e  Gefteratienen  lati^  durch  die  ma- 
giüche  Gewalt  blendenden  Scharfsinnes  und  Überraschen- 
äerGenialitat  die  Geister  beherrschten,  werden  plötzlich 
tnit  eben  so  blinder  Zerstörungswuth  angefallen  und  kein 


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9» 


flteis  die  Gedftodea.vnverschoiii  gelassen,  wo  bisiveilen 
dÜB  'WegMhM  einflB  eiozigeii  lUnges  hingereicht  hätte, 
die  Kette  zu  Iton  v  ohne  sie  n  Sj^engen ;  md  die  dSh»- 
liche  Menge ,  deren  Beifalljauchzen  vielleicht  wenige  - 
Jahre  vorher  noch  jede  einzelne  Warnungsstimme  über- 
täubte, ist  €89  die  jetzt  ihr  Kreuzige!  über  den  Baa- 
ndeler  ausruft  Und  doch  i«t  dieeer  gewMinlich  eben 
M  WHdraMig^  wie  ein  Regent ,  dem  der  luiEdtigeBifer 
wner  Diener  öder  •  der  Mifebv*nch  «eines  Nimcm  die 
'  Liebe  seiner  Unter thanen  entzieht ;  nicht  der  Meister , 
die  Schule  ist  es,  die  ein  System  zum  Gefängnifs  des 
Geistes  macht  und  gerade  die  Lücken  und  Bidfsen  des- 
•selbeD  S(D  lange  vertheidigt,  bis  der  Ebgesperrte  auch 
dferÜBStett  Thdle  iiichi  mehr  schont  ^  um  sich  Luft  zu 
machen  r  die  in  ihrer'  Knrzsiebtigkdt  den  Rnhöpnnki, 
bis  wohin  sie  jenen  auf  seinen  Schultern  getragen  Ifiit, 
fttr  den  Gipfel  des  Berges  hält,  und  denBann  über  jeden 
ausspricht,  der  sie  erinnert,  wie  jener  sie  vielleicht 
selbst  nur  Über  die  schwierigste  Stelle  hinwegzoleiten 
woA  in  denfitiind  zn  setzen  v  beabsichtigt  htbe,  nunmehr 
auf  eignen  FUAm  die  HMie  zu  erklimmen.  Von  d|en 
Nachtheilen  dieses  Stillstands  an  sich  wollen  wir  hier 
inzwischen  um  so  mehr  schweigen,  als  wir  ihn  nach 
dem  oben  Gesagte  als  nothwendige  Erholung  betrachtet 
eben  so  wenig,  als  den  Zeitverlust,  den  der  Mensch 
dai«h  den  Schlaf  erleidet /beklagen  dürfen;  bei  weitem 
w^ntiicher' wenigstens  aber  und  für  das  wirkliche  Por^ 
schreiten  hemmender  ist  der  eben  berührte  NachtheH^ 
wenn  die  Opposition  sich  nun  gleichfalls  auf  den  Kampf 
mit  d^m  Götzenbiide  beschränkt,  das  die  Schule  sich 
▼on  ihrem  Meister  aufgerichtet  hat,  und  gleich  wie  jene 
iiHes  blos,  weil  es  dieser  gesägt,  äoiiahm,  alles  hitt- 
wiedertmi,  was  er  gesagt,  Mos  darum  umstüfst 

^  «VI  .  >  i  » 

'S 

^     ■      ♦        fPf«  F9Ti9tii^%ng  folgt.)    •  ' 


.  j  ^  d  by  Google 


4 


N*.  68.    HEU^LB.  JAHRK  o.  UTERATUa  18tl. 

•   

Einige  neuere  Schriften  über  Homer. 

(F9ri$€t9Ung,) 

Es  ist  ein  alter  Satz,  dafs  kein  Begrüader  eines  Sy- 
Sternes  jemals  auch  vollendet;  je  tiefer  überzeugt  Ton 
der  unuinstöfslichen  Wahrheit  der  Principien,  auf  die 
ihn  Genie  und  geläutertes  Gefühl  geleitet,  desto  einsd- 
%er  werden  bisweilen  seine  Beweise,  desto  falscher  ge^ 
{rifien  seine  einzelnen  Beispiele,  weil  er  zn  unmittelbar 
nr  seiner  Idee  gelangt  ist,  um  den  Weg  genau  zu  wissen, 
zu  voll  von  ihr  ist ,  um  nicht  überall  eine  Bestätigung 
ron  ihr  zu  erblicken;,  glaubt  nun  aber  jemand  das  System 
seliiBt  stfirsen  m  kennen,  wenn  er  nur  jene  Beweise  wi- 
derlegt, jene  Beispiele  entkrXftet,  so  begeht  er  denset* 
bcn  Fehler,  wie  die  Schule,  die  es  blos  darum  sclion 
SDgenommen  hatte,  und  stellt  sich,  während  er  sie  be- 
kämpft, auf  gleiche  Stufe  mit  ihr,  während  der  wahre 
Kampf  und  Sieg  gegen  eine  Idee  nur  darin  besteht,  sie 
Iber  rieh  selbst  hinausznfilhrett.  Dem  Verf.  von  No. 
iMi  Folge  freilich  ^besteht  seilen  das  Forschen  im  Auf* 
stelJen  von  Wahrheiten,  gewöhnlicher  im  Wegräumen 
der  Irrthümer,"  aber  von  solchen  kadmischen  Siegen, 
WO  jeder' neue  Gewinn  nur  ein  neuer  Verlust  ist,  wolle 
dtar  Himmel  jeden  redlichen  Forscher  bewahren!  Zwar^ 
nicht  Hr.  Kreuser  besser  gethan  hätte,  blos  Irr- 
thümer  wegzuräumen,  als  seine  Kräfte  im  Aufstellen 
neuer  Wahrlu  it(  n  zu  versuchen ,  werden  wir  gleich 
nachher  näher  sehen ;  aber  im  Allgemeinen  spricht  Ref. 
diKsh  ans  Toller  Seele  mit  einem  seiner  Frennde^):  „die 
Rritik  ist  niclit  wesentlich  negativ;  sie  ist  keine  nur 
iferstörende  Macht ,  feindselig  gegen  das  Bestehende  ge- 
richtet —  sondern  sie  ist  auch  in  demselben  Mafse  po- 

*)  F.  aUsig  Begriff  der  Kritik      l  fg. 
MIT.  Jahrg!  10:  Heft 


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m 


Billige  neuere  ächriften  aber  liilMit' 


sitiv,  und  zwar  wie  möglicher  Weise  in  ihrem  Hesiihatei 
so  auch  in  ihrer  Methode,"  und  hält  es  mit  demselben 
,,fur  einen  grofsen  FortecJiritt  in  der  Theorie  der  Kritik, 
dafs  man  einsehn  gelernt  hat,  Hypothesen  niGsseii  cit* 

durch  widerlegt  werden,  dafs  man  andere  au  ihre  Stelle 
setzt,  lind  dies  zn  thun ,  bej  der  Kritiker  gehalten; 
unterlasse  ^  dißSi^  ^üiclA,  so  habe  er  ^ijQ  Werk  nicht 
wlleadety  sondern  «ey  auf  halbeoi  Wjege  ^steheb  ^ 
bBelnen" 

Ref.  glaubte  diese  allgemeine  Bemerkung  über  die 
Gesichtspuiikte^  die  namentlich  auch  bei  der  neu  er^va* 
ch enden  Ojppositiian  gegen  die  Wolfischen  Anwehten  von 
Homer  und  seinen  Gedichten  m  betrachten  komroii» 
um  so  jnehr  voranssdiicken  bu  müssen ,  ^Is  et  von  einem 
grorsen  Theile  derselben  allerdings  weit  entfernt  ist,  an^ 
irgend  eines  der  hier  anzuzeigenden  Bücher  im  Einzelnen 
eine  Anwendung  macheu  »u  wollen.    Vielmehr  mufs  er 
sowohl  der  gehaltenen  Mäfsigung,  mit  welcher  selbi^ 
Hr.  Nitzsoh  liei  «Her  £ntschiedenheit  der  .abweiche 
den  Ansicht  die  Sache.,  mIs  deren  Vorkämpfer  er  aofga* 
treten  ist,  verficht,  das  höchste  Lob  erthcilen,  als  auch 
seinen  Lesern  die  ansdr  iickliclie  Versicherung  geben, 
dafs  der  beabsichtigte  Unistur«  ihm  keineswegs  Zweck, 
soodecn  nnr  Mittel  ist,  um  das  alte  Gebäude  4wrcb,ei|i 
neuies  m  erseteen,  dessen  Wolf  selbst  sich  ▼ielleiobt  nadi 
dem  erhdheten  Standpunkte  unserer  Zeit  nicht  zu  schämen 
haben  clürfte.  ^sNihil  aiUcm^^  sagt  erinNo.  1,  p.25,  „mfl* 
f^is  niurütos  rogatQS4jUjß  ^elim  juniores  hprum  studiomai 
sodos^  (fuam  ne^  si  vel  plurimum  de  PUUtrati  glorm 
deiractitm  viderint^  continuo  iUutn  unutn^  4ju0mmti' 
ff^0l/ium  tenebamus^  ffömerum  ab  omni  aiscrimiae 
sakum  inlegrUmque  fore  opinentur.    Est  eni/n  ca  in" 
vcnti  IVolfiani  natura  ^  ut^  si^  abjecta  diascmasios 
opinione^  4fuandam  carminum  occuäe  cr^soeniuun  <iQik^- 
dicionem  ad  priara  Pisislrtuo  .  tßmpam refeeetH^i 
lange  probabilior  judicatio  evadatr  und  Indem  er 
(p.  T)  Wolfs  unsterbliche  Verdienste  im  Allgemekien 
anerkennt,    cujus  vir  tute  tantum  in  his  literis  profo- 


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£uii^  neuere  Scltril'ten  über  Homer. 

QunaSy  ul  si  criUcae  arlis  actatis  nominibus  di^ün^ 
gu&idaej  huic  nasirae  non  illüts  imponere  nomm^ 
impium  videiUur"  u&M  er,  gaas  is  dem  Sione,  wie 
wir  oben  den  ächten  Kritiker  bezeichneten ,  hinzu :  est 
autem  hoc  assequutus  ^  ut  ne  ^'inci  (juiilem  ejus  seru 
imUa  possit  nisi  seguciido"  Auch  lir.  Ivreuser  be- 
bnuii  sich  gleich  von  vorn  herein  als  ^Schüler  des  ge- 
wsHigea  Mannes  und  stellt  sich  ihm  sogar  noch  bei 
wekem  näher,  als  Hr. N.,  Indem  «r  glaubt,  „dafs Homer 
mit  Recht  seine  bisherige  Persönlichkeit  verloren  habe 
uod  sich  nun  in  viele  Männer  und  Zeiten  spalte"  (S.  7) 
,t4hfs  «ad  Odyssee  und  die  eiu^elnea  Tbeile  beider  dem 
GUaabea  umcb.  verschiadeaea  Zeiten  angebdrig  s^en"* 
(&  181);  BekeBobiisse ,  die  allerdings  das  günstige 
Vorurtheil  erwecken  miliisen  ,  dtift»  es  diesen  Gelehrten 
bei  den  einzelnen  Widerlegungen  Wolfs,  die  sie  ver- 
sachen,  einzig  uod  allein  um  die  Sache,  ja  nicht  sowohl 
wm  Seroicbtiiogy  als  am  Läiilening  und  festere  Begrün- 
daag  der  Wölfischen  Idee  zu  ihon  scgr.  Wenn  es  jedooh 
dazii  verdoppelter  Vorsicht  bedarf,  um  sich  nicht  alier* 
band  Paradoxien  und  Phantome^  dergleicliea  Freunde 
uad  feinde  a|is  den  einfachen  Worten  des  grofsen  Mannes 
IS( 4racJuH4a  iCfewetttfifert  haben,  als  ächte  Nachrichten 
W^lf's  wnspiegeln  an  lassen,  so  fragen  wir  jeden  Kenner 
dar  Prolegomeoea ,  ob  er  Hrn.  Kr.  dasNt  f&r  geeignet 
häk ,  wcaia  wir  ihm  sagen,  dafs  dessen  ganzes  Buch  auf 
der  VorauiBiietpung  bembt,  Wolf  läugue  allen  un<l  jeden 
Gebrauch,  Ja  alle  KenntniCs  der  Buchstabenschrift  in 
fihf ^pfe^nfauHl  votr  Solon,  und  sich  aas  die  undankbare 
Mühe  Iflebt,  dnrch  Zusammenstellaug  einer  Menge  ein« 
Keiner  Nachrichten  aus  Stellen  der  Alten,  die  Wolf  wahr- 
scheinlich alle  nicht  gelesen  hatte,  auch  Urkunden  und 
deqgl.  seupen  Lehrer  des  Gegentheils  zu  belehren  ( 
Ghttbt  d«on  Hr*  Kr«,  W^V  wlirde  sich  auch  durch  eine 
ashmnal  ^Böfaere  Sammlung  von  Erz*  oderSieinschriilben 
von  der  Möglichkeit  haben  überzeugen  lassen,  achtund- 
vierzig Gesänge  von  mehr  als  30,000  V^ersen  schriftlich  ' 
aafiiuae|cha(Bn  und  in  Abscbrifieu  su  vervielfaUigeo  ? 


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Einige  neuere  Schriften  über  Homer. 


Allerding^s  hat  Hr.  Kr.  auch  diesem  Puokte  zu  Ende  des 
Buchs  einige  Seiten  gewidmet,  aber  auch  hier  ist  es 
immer  unr  das  Paradoxon  der  Schule ,  gegen  das  et 
seinen  Beweis  von  dem  Alter  der  Schreibekunst  richtet, 
deren  jLäugnung  Wolf  selbst,  wäre  sie  ihm  nicht  blos 
Mittel  gewesen,  sicherlich  ganz  anders  modificirt  haben 
wQrde.  Denn  dafs  es  diesem  nur  um  das  späte  Asf- 
kommen  des  Bficherschreibens,  der  sogenanntes 
Schriftstellerei  galt,  sagt  er  in  den  Briefen  an  Heyne 
zu  wiederholtenmalen ;  und  wenn  Hr.  Kr.  fragt  (S.  186), 
was  das  heifse,  ein  Dasejn  der^Schrift  ohne  ihren  Ge 
brauch,  so  antworten  wir  ihm  mit  Heyne  selbst  (G.G,A. 
ItSS.  Na  186)  ganz  einfach :  weil  die  Verbititung  des 
Gebrauchs  von  bequemeren  Schreibmaterialien ,  als  man 
Anfangs  kannte,  abhing.  Dafs  ;iher  dieser  Punkt  die 
HauptstSrke  der  Wolfischeu  Argumentation  ausmacht, 
kann  niemanden  unbekannt  seyn,  der  auch  nur  einen 
Blick  in  die  Prolegg.  gethau  hat;  und  wenn  ans' den 
Briefen  an  Hejne  klar  seyn  soll,  daf^  Wolf  dieSchidldie 
tiieses  Grundes,  so  wie  seiner  andern  Gründe  selbst  am 
besten  g^efilhlt  habe  (S.  198),  so  wissen  wir  nicht,  was 
Hr.  Kr.  dort  S.  49  gelesen  hat.  In  unserm  Exemplar 
steht  nur,  dafs  von  dieser  Bemerkung,  so  wahr  sie  anch 
seyn  möge,  nicht  alles  abhänge,  sondern  anch  nach  dsr 
Kenntnifs  der  SchriftzQge  selbst  zu  fragen  sey;  dfess 
wagt  aber  Wolf  selbst  an  derselben  Steile  der  Zeit  nach 
Saec.  IX.  a.  Chr.  nicht  abzusprechen ,  und  wir  glaabeo 
uns  daher  noch  sehr  gelind  auszudrücken,  wenn  wir 
Stellen  wie  S.  178  von  dem  „guten  Pisistratuls,  der  nAt 
Solon  die  Schrift  erfunden  haben  solle als  Bewril« 
der  höchsten  Flüchtigkeit  bezeichnen 

'  Was  freilich  Hrn.  Nitzsch  betrifft,  so  sichert  ihn 
seine  bekannte  Gründlichkeit  und  reiche  Gelehrsamkeit 
vor  dergleichen  Vorwürfen,  und  wir  werden  später  sehn, 
wie  er  in  No.'  2.  denselben  Gegenstand  mit  Hm.  Kr.  anf 
eine  ganz  andere  und  fruchtbarere  Art  behandelt  IwÄ» 
um  so  unangenehmer  aber  ist  es  uns  aufgefallen,  ihn  sich 
gleich  zu  Anfang  von  No.  L.  ansdr&ckiicb  mtt^  den 


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Ettt^«  aeam  Sohriflm  filMr  Homer.  961 

fffb^anis  beromsehFagen  zu  sehen;  und  meh  im 
Verlaufe  der  Untersucliung  hat  es  uns  mehrmals  be- 
(lunken  wollen ,  als  ob  dergleichen  Rücksichten  ihn 
theils  ge|j^ea  Wolf  ungerecht  gemacht ,  theils  dea  wahren 
^ndponkt  der  Frage  ihm  verrückt  hütten.  Was  er  z.  & 
inederhoU  (No.  1,  p.  0  und  p  48)  Wolf  vorwirft,  er 
habe  zwei  Fragen  verwechselt,  und  indem  er  von  seiner 
eigentlichen  Absicht,  die  Geschichte  des  Textes  als 
Kritiker  zu  erforschen,  auf  Vermuthungen  über  die  Eat- 
siehung  der  Gedichte  selbst  abgeleitet  worden,  inler^ 
pokuionis  indida^  quae  ricissimdines  produntt  non 
aliier  quam  discrepantiam^  quae  originem  special^ 
iur  ejus  dem  sententiae  documenta  gehalten,  bo  trifft 
doch  eigentlich  nur  die  Nachfolger,  die  sich  der  ein- 
Seinen  Andeutung  oder  Vermuthuog,  die  Wolf  fiber  die 
isSgliche  oder  wahrscheinliche  Entstehung  der  Ge* 
diehle  zum  Behvfe  der  Texteskritik  gegeben  hatte,  be- 
mächtigten ,  um  daraus  eine  Geschiclite  der  Gedichte 
selbst  zu  construiren,  die  unter  Wolfis  eigenen  Händen 
gewifs  nicht  so  schroff  ausgefallen  sejn  würde.  Dafs 
Weif  den  Unterschied  zivischen  jenen  beiden  *  Arten  der 
hierpolafion  wohl  kannte,  beweist  das,  was  er  zehn 
Jhhre  vor  der  Erscheinung  der  Prolegg.  in  der  Ausg. 
der  Theogonie  p.  54  —  57  gesagt  hat;  und  wenn  Hr.  N. 
p.  6  meint :  qui  pi  opviam  vocabuLl  potestatein  leiiuerUy 
interpolationem  ab  Homericis ,  qualia  Wolfius  prima 
mformas^erity  propealienam  putabit^  so  wird  man  fast 
a«ch  an  ihm  irre,  ob  er  hier  seinen  grofsen  Gegner 
scharf  und  direct  ins  Auge  gefafst  habe.  ..ffi  igitur^ 
{Rkapsodi)y^  sagt  Woif  schon  dort,  ^^quuin  icnn  /nuäa 
vd ,  ejusdem  i>eL  sinulis  argumenU  aliorum  carmina 
cmmo  drcum/errentj  neque  unquam  aliier  nisi  con- 
okiUiore  spirita  et  dmno  quasi  impelu  correpti  versus 
Skos  effunderent ,  duhiiare  rede  licebit ,  an  Ii  dem 
ßierint  ilioruni  carininwn  custodes  salis  fidi  et  reli- 
^iosi^**  zwar  sine  fraude  (ProJegg.  p.  UHI),  aber  doch 
ivpntr  eine  wahre  inierpolaiio ,  selbst  nach  Nonius  De- 
Initiftny  auf  jiei^iohHr.N.  slfitst:  ^yoperi^  qiiod  primus 


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M  Eiafg«  neuere  8clirifliBii  IßMt  Wm». 

mtctor  ad  suam'^uandatn  integritatem  excudit^  nc^&s 
partes  ita  interponcre ,  ut  veterem  specieui  inenlian* 
tiir^    Noch  mehr  pafst  clie«je,  wenn  wir  von  der  deut- 
lich ausgesprochenea  Ansicht  Wolf '8^  (Frolagg.  p.  123> 
u.  p.  185)  TOQ  eioem  wahren  Homer  als  prinms  aHMr 
ausgehen ,  a  quo  filum  fahulüe ,  majorem  partmk  H 
priorum  rhapsodiarwn  se/iern  jam  aliqudlenus  de- 
ducLatn  esse  —  die  freilich  bei  denen,  die,  eNvig  den 
Vielhomer urgir^ead,  Wolfs  Ansicht  nur  aus  dem 
l^hiller  sehen  Epigramm  m  kennen  scheinen ,  dergestah 
in  Vergessenbeil  gerathen  ist,  ilafii-  Beruhe  Tbiendt, 
dessen  „UrgestaU  d^r  Odyssee,  oder  Beweis,  dab  die 
Homerischen  Gesänge  zu  grofsen  Partien  interpolirt  sind,** 
im  Gfunde  ganz  das  Nänvliclie  beliailptet,  dieses  gera-  < 
dezu  als  eine  nene  Ansicht  der  Wolfiscllen  entgegeiistelU  : 
(fib.  das  Zeitalter  m.  TaterlaB«!  des  Homer>  &  10)v  Mb 
aher  Hr.  N.,  als  er  Obiges  schrieb  ,  aveh- keifte*  afoAf^  i 
T\ltitinng  im  Sinne  hatte,  als  die  Hn  Thiersch  ebend* 
für  den  Inbegriff  der  Wolfischen  ansgiebt,   „dafs  die 
Homerischen  Gesänge  Produete  mehrerer  gleiohzeitig;er 
Sänger  Seyen,  welche,  da  ihr  Faden  historiseb ^  | 
leicht  in  ein  Ganzes  Teretnigerr  Heden     sicilfi  man  MB  . 
dem,  was  er  hinzusetzt:  ^^uatn  si  Ilms  et  Odjssea  9  | 
singidis  varionun  poetanifn   rhapsodiis   coalucrunt^  \ 
quis  uUerpolatiom  locus  ^  ubi  oninia  et  pariter  \>elcra  \ 
et  suo  usiä  imenta  erarU?^^   Wäs  sagt  dagegen  Wolf  | 
selbst?    „Dafs  die  Anordmrng  der  G^nge,  «wel  ' 
'   drei  ausgenommen,   einleuchiende  Sparen  einei*  sl>^ 
siclitliehen  Fortsetzung  durch  die  ursprünglichen  ; 
Verfasser  selbst  an  sich  trage"  (Brief  an  Hecyne  S.  2^)»  ! 
und  stellt  die  letzte  enlschetd^ilde  Frage  Ude  dahin: 
„ist  Hom er  (der  erste  ttnd'vorzllgliohste  Singer Tip^  | 
nischer  Sagen)  oder  sind  die  Rhapsoden  dureh- 
poL^p^  ^  oder  die  Sanimlef,  Ordner.  DSaskenasten ,  oder  , 
die  nachherigen  Berichtiger  und  Kritiken,  die  vor-  j 
nehmsten  Urheber  der  Tor  uns  liegenden  grofseo 
kunstmäfsigen  C6mpositionenf "   Hr.  Nitaeoh  »«Ts  dieie 
Stelle  ganz  vergessen  haben,  sonst  häftto  er  «nmogflkifc 


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UDter  aadern  Einwendiiogea  auch  diese  (p.  46)  gegßA 
Wolf  OMchen  könaem ,  wenn  Soloa  UDd  Pwiilratiis  zuerst 
diase^fllrattten  Rbapsodieo  «i  Gänsen  Terbnoden  hfttten, 

so  sey  es  möglich ,  ja  consentaneum  gewesen ,  alibi 
aliam  cannirium  coniplexionem  et  consudsse  et  deinde 
Uleris  consigrialam  esse.  Wolf  selbst  schciat  diesem 
Gedaakeii  nicht  sov  San  gewesen  zu  seyn ,  wenn  wir  ana 
dflo  W«ct0B  Proiegg.  p.  CLXXII:  Jons  iüe  PisistnUeus^ 
si.modo  is  unus  fans  fidt^  Sohlnfii  Biehea  dür* 

fen,  ond  eben  danrum  nicht  die  pisistrateische,  sondern 
die  aristarchische  Recenbion  als  Ideal  des  nenen  Kriti- 
kers aufgestellt  zu  haben.  „Man  hat/'  sagt  er  (an  Efejne 
h  i)  ,,liia  da  in  das  Biiah  hioeiagelemi ,  ieh  anehta 
zw  €Sompositioa>  der  hMiariadhan  Gesinge  einen  einnelnen 
Mann,  einen,  der  uns  Ilias  und  Odysse  aus  zerstreu- 
ten Bruchstücken  geschaffen  hätte;  ich  schien 
dazu  den  JLyluirg,  deu  So  Ion  u,s.w.  ausgreilen  zu 
maUon ;  dieai  verstehe  ich.  nicht  so  recht;  weifs  wenig- 
iiena  nicht«  Mdatdk  ich  dicaa  abendienerliclie,  längst 
4KMlnchte  Meinung  könne  TerankiTst  haben/'  Sollte  Wolf 
die  Gabe  der  Prophezeiung  besessen  haben?  Und  wer 
sein  System  ein  atomistisches  genannt  hat,  hatte 
der  wohl  Proiegg.  p.  134  gelesen?  Wir  wollen  aller- 
diDg»  Jim.  aeioe  AüfiiTersländaisse  in  so  fern  nicht  so 
96hr  TarfUbein ,  ala*  wir  ihn  wiederholt  darauf  anirlick'« 
kommen  sehen ,  Wolf  bleibe  sich  nicht  gleich ,  stelle 
bald  diese  bald  jene  Behauptung  auf  u.  s.  w. ;  er  gesteht 
aiaa  seibat,  daft  er  gunächst  nur  yereinzehe  Aeufserungen 
iaa  ,Ailga  fun» ,  andere  auf  eia  andermal  Terachiebe» 
flUdiiMilil  war,  waa  Wolf  wahrhaft  wollte,  nur  ESna» 
die  Unmöglichkeit,  dafs  beide  Gedichte  in  dem  Um- 
iange ,  in  dem  wir  sie  jetzt  besitzen,  in  der  Gestalt,  in 
der  ihre  Totalität  uns  jetzt,  erscheint ,  Einer  Zeit  ut^d 
ftaer  Und  aatapniogea  aeyn  könnten;  das  nämliche ^  , 
lana-noch  nauüch  G.  Heraiau  (Opuaoc.  HL  p*80)  mit 
den  kräftigen  Worten  ausgesprochen  hat :  Non  Tsse  ' 
totam  lliadein  aut  Odysscani  imins  pocUic  opus ,  ita 
exira  dubilalionem  posUutn  essa  pulo,  ul^  qui  seciis 


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Hü  4!MW  usii«re  .S«{urif(ea  aber  Kmtf. 

serUiai^  cum  non  satis  lectitasse  ea  carmina  content 
dami^  mit  dem  wir  dann  aber  freilich  noch  liioEiiselieB 
milsseD:  r^qui  {fFbIfius)  si  non  satis  habuisset  mon- 
strare.  vinm  ei  quasi  adiium  patcjacere  ad  intetiora 
et  magts  recondita^  sed  aut  perfecisset^  quod  ii»- 
choaverat^  aut  saltem  longius  pcrse^culas  esset  j  non 
eacstitissent ,  qui  vel  in  dubiiun  vocarenl  ea ,  quoruM 
causas  raUonesque  non  ei  ani  assequuti^  ^el  male  iiu 
teUedd  viri  sumrni  sententiä  ad  perversa  abuterenttdr" 
Denn  den  wahren  Beweis  ist- Wolf  adiiildig  geblieben; 
was  Schiller  nnd  Gegner  dafür  genoiinneo. haben ,  sind 
nichts  als  Andeutungen,  wie  die  Erscheinung  der  „Dis- 
krepanzen" sich  auf  geschichtlichem  Wege  könne  er- 
klären lassen,  Rechtfertigungen  gegen  den  Vorwurf  aus 
der  Luft  gegriffener  Hypothesen  durch  Nacbw^Mug 
'  alter  Schri^teller ,  die  ähnliches  ge^plaubl  oder  yermfr 
ifaet;  änfsere  Ghrtinde,  die  ihm,  wie  er  selbst  (Bma 
Heyne  S.  16)  sagt,  als  populär  Ür  die  meisten  Lasar 
und  den  ersten  Schritt  am  zuträglichsten  schienen,  ohne 
der  Sache  iiachtheilifif  zu  sejn,  um  die  <  r  aber  selbst 
bekannte,  dafs  sich  zur  Noth  herumkomm  ea  lasse,  so- 
bald die  Innern  die  Prüfung  nicht  aushieltea:  Auf- 
gaben, wie  es  ebend.  S.  17  hei&t,  die  ganz  unab- 
hängig von  Rhapsodensitte  nnd  OeschtclUI 
der    Bucherschreibung    behandelt   sejn  woUes* 
Von  diesen  Aufgaben  ist  nun  ^ber  in  beiden  Abhandlun- 
gen des  Hrn.  N.  noch  nicht  die  Rede,  indem  die  erste 
nur  die  Wolfische  Ansicht  von  der  Rhapsodik^  die  zweite 
die  Folgerungen,  die  er  zn' deren  Gunstaa  aus  der  Ge- 
schichte der  Bflcherschreibung  zu,  ziehen  gesacbt  hitf 
zu  widerlegen  beabsichtigt;  und  obschon  wir  dahei  Mi* 
«ern  Lesern  nicht  bergen  können,  dafs  der  (^ifijosihit 
Inhalt  der  Prolegonienen  hier  durch  die  Gelehrsamkeil 
und  den  kritischen  Scharfsinn  des  Verfassers  einen  tödt- 
liehen  Stöfs  erlitten  hat,  so  halten  wir  doch  Wolf  seUtfi 
dadurch  noch  keineswegs  in  dem  Grade,  für  jßessbhfai* 
Dab  uns  Hr.  N,  mit  seiner  der  Wolfischen  gerade  si^ 


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90* 


gegeng esetsleii  Amiolli  Aber  die  Biitstehaiig  der  Ge* 

dichte  selbst  schon  hier  bekannt  gemacht  hat,  können 
wir  nur  loben,  da  seine  Kritik  nur  «ladurch  den  oben 
^efodertea  positiven  Charakter  aaaehmeii  konnte;  dafs 
es  aber  zu  deren  Begründung  noch  ganz  anderer  Streit- 
krifte  ab  der  hier  eatwickeiten  bedarf,  erteimt  er  selbst 
mn ,  iodem  er  ausdrOokli«^  Dor  Praeparationes  und  Me» 
lete.maLa  giebt;  und  in  so  fern  werden  wir  uns  auch  in 
der  jetzt  folgenden  Relation  vorzugsweise  auf  die  nega* 
tlTeo  Resultate  beschränken. 

Von  dem,  was  der  Titel  besagt,  enthält  daher  No.l 
anoh  niciits,  als  eine  Betichtiguiig  des  BegnSb  nöd  der 
Vorstetlnngea  tod  Interpohtiiui  oder  ylehnehr  von  Dias* 
keuase  der  homerischett  Gedichte,  die  durch  Wolf  herr* 
sehend  geworden  siiid.  Bekanntlich  hatte  dieser  seine 
Ansicht  von  ursprCnglicli  vereinzelter  Entstehung  und 
Verbreitung  der  homerischen  Rhapsodien  namentlich 
dnrch  die  SKengnisse  Cicero  s  XOrat.  III ,  34) ,  Pansaniss 
(VIL  M),  Aeüan's  (Var.  Hist  XUL  14)  geschichtlich 
fta  begründen  gesucht  und  diesem  gemSfs  das  Verdienst 
der  ersten  Sammlung  Pisistratus  beigelegt,  von  dessen 
Sohne  Hipparchus  auch  der  Dialog  trr.  cfjL^oxegSovg 
das  ähnliche  berichtet,  mit  dem  Znsatze ,  dafs  er  die 
Ahapsoden  g^wongen  habe,  an  den  Panathenäen,  ig 
inoXit^mQ  i(pe^rig  a'AtA  SiUva^^  m^mg  mI  vviß  Ixi 
o99<  ftiHQvüi ,  damit  aber  die  Nachricht  des  Diogenes 
Laert.  I,-37,  dafs  Selon  t«  Tf  'O^ri^uv  vnoßoXiji 
ydy^acj^e  ftaxj/cpSelG^ai  ^  oiov  o%ov  6  tt^wto^  iXiq^sv  ^ 
ixETbsv  dgx^sa'^at  tov  iy^ofXEvov  ^  dergestalt  aussöhnt, 
dnfii  er  diesem  die  künstlerische  Anordnung ,  den  Pisi- 
stmtidcB  .die  sduriitiiche  Aufseichnung  und  MSentliehc 
Bekamitmehung  als  Gänsen  saschreibt  Dagegen  be- 
wttt  sich  Hr.  Nlt»ch  darsnthnn,  dafs  man  die  Begriffe 
der  spätem  Rhapsodie  auf  die  altern  Zeiten  übergetra- 
gen, dafs,  was  Pisistratu*«  gethan,  sich  auf  Athen's  Be- 
darf und  seine  politischen  Zwecke  beschränkt  habe,  und 
(hA  beides  bereits  das  Vorhanden*»  und  Bekaantssy« 


9m 


beider  Gedioble  tb  Gtnser  rmviBefse.  Shi  «lieseaiBfti» 

erinnert  er  zuerst,  wie  die  alten  Schriftsteller,  wenn  sie 
auch  bisweilen  einzelne  Theile  derselben  mit  besondern 
Namen  bezeichnen,  doch  eben  8o  häutig  dieselbe  ab 
Ganze  citiitto:,  und  nie  «Ich  veo  jenen  einzelnen  des  N»» 
met»  Rbnpeodie  Mienen^  der  mprttnglioh  nur  die  - 
Arl  dee  Vontmg'ei  heaeiofane  (§.3),  geht  dann  aaf  die 
RhapMden  selbst  Uber ,  die  er  nach  Pausan.  IX.  30.  2. 
den  epischeo  Citliaröden  (Terparider  u.  s.  w.  vergl.  Plat 
de  Musiea  c.  3  u.  5)  eotge^eii^etzt  und  rücksichtlich 
des.  Namens  sich  für  die  Etymologie  von  pdßSog  eat- 
•oheidet  (§•  4.),  und  weist  darauf  hin,  wie  diese  kd- 
nee  Wege  einem  Phenrioe  oder  Deinedpkoe  gleidt  hei  Pdr 
▼atbelestiguDgen^  sondern  bei  dffenttioiien  Peelen  aaf« 
traten,  wo  einer  den  andern  ablösen  konnte:  räumt  zwar 
ein,  dais  sie  nicht  immer  möchten  ein  ganzes  Gedicht 
recitirt  haben,  macht  aber  aufmerksam,  dafs  Vortragea 
eioneiner  Stücke  doch  wohl  nur  bef  solchen  Zuhören 
mögliob  ifeweaen  eey,.  die  die  SteUe,  die  jene  iA  Gaa« 
nen  einoihmeQ  ,  schon  gekannt^  hätten  und  legi 

die  UnWahrscheinlichkeit  dar,  dafs  die  Rhapsoden  erst 
auf  Pisistratus  hätten  warten  müssen,  um  so  nahe  lie- 
gencie  V  ortheiie,  wie  die  medilatio  de  scriplo  (eine 
reciiatio^  verwirft  er  gleichfalle)  zu  findan,  nmnal  da 
Cynäthus^  von  Cliios         W(»i3ro(  4v  X^payonow^*  4p* 

SeboL  Ftndar.  Neni«  II.  1)  fast  gleichseitig  und  gwa 

•  unabhängig  von  jenem  erscheine  (§.  6).  Pisistratus 
Thätigkeii  beschränkt  er  daher  darauf,  «reordnete  Welt- 
kämpfe der  Rhapsoden  an  den  Panatheuäen ,  vidieicht 
tiberhaa^  erst  die  BekanntschaÜ  mit  den  hooieritchea 
^  &edleiilen  in  Atüka  eingefttiirt^  nnd  die  Rha|»odea.«fi 
einen  beatimmtan  Tfüct  gelHindt«  an  haiwn,  mmenrtBek 
auch  um  das  Lob  Athens  zu  verewigen,  womit  er  diese 
Gedieiite,  die  zunächst  nur  seine  Ahnherren,  die  Ne- 
hden, verlifirrlichten «  auch  seinen  Unterthanen  auge- 
nehm Ml  machen  Jgeancht  tiabe,  freilioh  dine  daraa 


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fiioige  neuere  Schriften  «Ime  Honier.  1181 

jene  herabzusetzen ;  vergl.  Iliaci.  II.  655 :  Niarfsp  oloQ 
ift^ei^  M,  T.  X.  RuckmchtJtch  dieser  Interpolation  eritf- 
wrt  er  ao  die  beloiniilen  Sireitigkeiten  deir  Alheaer  mil 
Mtofaim  mm  Saisnie  n.  a  w.,  aad  aucht  zugleich  'den 

Ausdrack  ii,  v'jzoßoXriQ  bei  Diog-enes  ^rachgeinärser 
dahin  zu  deuten  (p.  30):  ^,sub  ornaUun  rhapsodis  re- 
dtalionetn  sü^e  iia  nexam  ut  eaAiberenl^  quod  reci" 
iare  jussi  mnt"  aa  jed#eh)  <laft  er  dieee»  aoweU  ak 
die  aof  eblteh»  Filaelniiig  ran  liiad.  IL  S67  u.  wie 

"mies  andere,  nur  irrig  auf  Solon  von  Pisistratus  über- 
getiagen  glanbt  (§.  T — 10).  Theilweise  will  er  die§ 
itbNgeaa  aelbat  nur  als-  Uj'pothioaa  batisacklet  wissen; 
j^nkiUir  igitur^*  sagt  er  4Af  ^auanium  Ueiium  pu- 
tmrit^  ea  probabiliiate  ^  qua  Momeri  Mrmina 
sislraii  Hipparchii^e  jussu  e  prohaüssimi  cujusque 
rhapsodi  et  pei  scripta  et  ceteris  deinde  excipienda 
ßusse  stuikserit;  modo  ne  turn  prirnuin  liier is  con- 
Signatar  credal  etc.;^*  nur  eine  so  wesentliche  Epoche 
10  der  Gesehichle'  dee  komerilMdien  Textes  will  er  nicht 
ia Pisistratas  erblicken,  keinen  Diaskeaasten,  in  so* 
fern  nämlich  dieses  Wort  einen  Constituenten  desselben 
oiid  nicht  vielmehr ,  wie  jedoch  schon  Heinrich  {de 
äiasa  Homer,  Kilon.  1801)  dargethan  habe,  einen Coiw 
MnpsffiM  iMBeiohtten  solle  (§11)«  £r  erinnert  daran, 
Me'  iiir^end^  toh  einer  «rtkemschen  BAiapsodensehnle  di# 
Rsde  $ey  (  §.  12),  uud  bemerkt,  dafs  sich  kein  Grund 
^^tdecken  iasse ,  warum  Pisistratus  nicht  auch  die  Cy- 
khkeranlgenomiiieii  hätte  ^  woin  niehtliias  und  Odjrasee 
stillen  nMf'  Hmh  als  eigene  Gtansen  da  gewesen  wänen 
(§.lS)»'efst*nt  der  Art  nnd  Weise,  wie  din  Rhapeew 
den  an  den  Panathenäen  und  ähnlichen  Festen  um  die 
Wette  recitirt  hätten,  nämlich  nicht  alle  das  gleiche, 
sondern  jeder  ein  anderes  Stiick^  um  den  Zuhörern  zu«« 
gMeU  das  InteresM  des  WetMreits  und  cIob  Gmnb  de» 
ganzen  Gedichtes  zu  verschaffen,  sej  die-lVennttng  in 
dnzeine  Theite  und  mit  der  Etymologie  von  pd-\^ai  rä 
itti^  die  8a^e  entstanden ,  «die  Aelian  s  und  Fausaoias 


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4 


t§S  £ini§e  ii«o«re  Schriften  ük^sr  Hornel^ 

Nachrichten  zu  Grunde  liege  (§.  14  und  15).  Dies  ist 
der  Gang  der  Untersuchung,  y^quam  qiii  accurcUius 
persequutur^'  mg%  er  S.  12,  nihil  magis  inteiiiget^  * 
quam  quicquid  unquam  im  Homericis  sit  nos^atumj 
Id  ad  redtationis  uswn  pertinere  debuisse  ideoque 
nemini  probabiüus  tribui  quam  ipsis  rfuipsadis!*  Deon 
ilafs  Hr.  N.  weit  entfernt  ist,  vielfältige  Neuerungen  uud 
Verderbnisse  der  homer.  Gedichte  zu  iäugnen ,  geht 
schon  aus  detu  Obigen  hervor;  nur  scheint  er  dieselben 
weder  far  so  äusgedehnt ,  noch  für  so  Terschiedeo  TM  ^ 
den  InlerpolatHHien  anderer  SofarifttteUer  »i  halten  ^  dab 
Mm,  um  sie  w  erklSven,  m  mner  eigen thümlichen  Eni- 
slehiMii^siirt  seine  Zuflucht  nehmen  mfifste.  Neutra 
Wolfil  senlentia heifst  es  No.  2,  p.  148  fg.,  y^ulUs 
yeteruni  tcsUtnoniis  susUiictur  ^  non  modo  eUy  qua  e 
minoribus  carminibus  major a  coniposiia  finxU^  sed 
ne  altqra  quidem^  si  Jäadetn  et  Odjrsseam  sensim 
in  ampUorem.  ambium  productas  esse  interdum  pa^ 
suit;  quidqfutd  testimonii  repetiri  polest  inier po^ 
latio  n  e  m  latitum  arguitr  Der  Beseitigung  des  Haupt- 
grundes, den  seine  Gegner  aus  der  späten  Verbreitung 
der  Schreibekunst  för  eine  eigenthümliche  Entstehungsart 
jener  Gedicble  heroelmieii,  hat  nun  Hr.  N.  die  Schriüt 
N4I.  2  gewidmet,  von  der  wir  jedoch  nnsero  Lesern  im 
Voraas  beamken  mflssen,  dafs  ihre  einzefaien  Theüe  ui 
verschiedenen  Jahren  als  akademische  Programme  ent- 
standen sind  und  daher  um  so  weniger  das  Gepräge 
eines  einzigen  Gusses  tragen,  als  der  Verf.  selbst  be* 
kennt,  seine  Ansichten  unter  der  Arbeit  erweitert,  smi- 
düeirt,  und  wir  setseo  hioza,  m  klarerem  Bewulklaegni 
gebracht  zti  haben,  welches  letalere  aanenllioh  auch.i«^ 
Style  ersichtlich  ist,  der,  in  No.  1  und  den  ersten  Pe-* 
rag^raphen  von  No,  2  nur  zu  häufig  im  hohen  Grade 
dunkel  und  verworren,  gegen  das  £nde  sich  zusehends 
bessert  und  erhellt. 

'  Dar  erste  Abschnitt  Sect»  I  — X.  führt  aaerst  naber 
sns^  was  bereits  in  No.  1 ,  p.  2ft  beitttifig  angedeiilel 


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Einige  neuere  Schriften  ul>«r  H»wier>  i8i 

war,  dals  eine  me^iiatio  de  scripio  sich  aaeh  den  fit«> 
leni  Bhapiodeo  tochwerlioh  abqpreelMi  iMse.  Er  be* 
gröMiet  deii  vm  Wolf  ^asKch  Terkaniiieii  Unlaraeliiefl 

Ewischen  einer  solchen  Schreibekunst,  die  schriftliche 
Verbreitung,  und  einer  solchen,  die  nur  Un terstfitzung 
des  Gedächtnisses  bezwecke,  und  erkennt  Weife  Re-^ 
aBMite  tm  rikskai^Atlich  der  eratern  ab  riebtig  mt^  wüt* 
read  er  ea  Ar  oDbeatreitbar  hilt,  4afe  Ae  Rhapaedeai 
aad  andere  ältere  Sänger  das,   was  sie  mundlich  vor- 
trugen, gleichwolil  vorher  aufgeschrieben  gehabt  und 
de  scripio  eingelernt  hätten;  waa  er  bei  dieser  Gele-" 
genheit  über  ht^aanaXia  vttd  diMmtaXoq  im  Allge« 
aMiaeo  aagt ,  wird  aich  mgetheiltea  BcpMIla  erAam 
dttifeti,  nämentltcb  aach  wenn  er  nna  ava  dem  SehuN 
meister  Tyrtäus  einen  Lehrer  von  Sängerchdren  macht, 
was  wohl  nur  einmal  ausgesprochen  zu  seyn  braucht^ 
am  nie  mehr  angezweifelt  zw  werden.    Aehnliche  Idees 
fiaden  wir  auch  bei  Hrn.  Krewaer,  wenn  er  8. 196  engt« 
„ferner  acheiwt  man  aioli  Torznatellen ;  ala  ob  Selon  aeine 
Gesetze  nicht  zuerst  für  sich  überdacht  und  aufgeschrien 
ben,  sondern  so  ohne  weiteres  auf  den  Stein  oder  das 
Holz  eingemeifselt  oder  dem  Steinhauer  in  den  Meilbai 
dictirt  habe;  wie  könnten  aonal  fthnüehe  Behaaptangwn 
flMI  finden,  dafa  man  zoeral  in  Stein  geaobrieben l** 
und  Hr.  N.  erkennt  S.  19  fgg.  aehr  dankbar  dleio  Vor- 
arbeit und  die  Erleichterung  an ,  mit  w^elcher  sie  ihn 
mea  Theils  seiner  Forschungen  und  Beweise  ttberheboi 
wenn  er  aber  nichla  dealo  weniger  hinznaetsl;  ^^Al  qum 
probandi  yifn  haberent^  miacie  depr^hmdeham  et  qua» 
truenda  ex  iis ,  qiiae  nihil  v  alcrenl ;  oinnino  rarum 
progressum  et  aetates  parnm  disliticLas  ^'  iit  scripta" 
rum  et  non  scriptarurn  legum  et  äteraturae  rebus 
p^Aticis  'adhibÜae;  desidßrabam  priarem  judicaiiom 
p/iAaiionem  iestium  ^       poiiusj  quam  eum  ßdmm 
iisäem  scriploribus  nunc  dari  nunc  levi  arbitrio  de^ 
T'ogari  exprobrantem  audirem^  i^el  sie  quid  ipse  se^ 
queretUTy  non  salis  habebain  dicerCy    so  k<kin«i  war 


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9pi  Bjpjgy  ttnnw  MyriMtM  fily  Hemer. 

dies  nur  in  vollem  Mafse  unterschreiben  uüd  bestätigen. 
Weder  Talent  noch  ausgedehnte  Belesenheit  wird  Hr. 
Nitzsch  eben  so  wenig  ais  wir  Hrn.  lir.  absprechen; 
«eno  er  ihm  aber  Mangel  an  Kritik  vorwirft,  so  itft  ciiep 
nur  dia  ^eriag«0r  Tfaeii  de»  g^io^Uclieii  flangiets  an 
seincliclilcbem  TaM ,  geläateriam  WahvlieitsgeAUa  aad 
bemineRer  8(reD|fe  gegen  ^ich  «elbst,  an  der  uns  das 
ganze  Werk  zu  leiden  scheint.  „  Cum  Kreitsero  sagt 
Hr.  N.  S.  3d,  ^yhaec  mihi  iniercedet  ratio ^  ut  post" 
'  quam  potuisse  Graecos  m^mre  lUeris  uli.mb  ilia 
aemonsiriUum  esi^  ego  num  s^olmrint  quaer€m^  iwd 
aa  ist  daa  gaasee.  Bttdi  eina  H^nfiuag  von  MöglicdMiaB, 
M  denen« mehr  dai^aaf  geaeha  ao  sejn  «cheiftt,  dala  der 
Verstand  nichts  an  sich  Widersinniges  finde  uncl  jede  * 
Behauptung  ein  Citat,  gleichviel  ob  alt  oder  neu,  gut 
oder  schiecht,  für  isich  habe,  ate  fMi^  die  \l^f^l^\uka^ 
der  Angaben  oder  Thatsachen  unt^  sich  vnd  mit  andern 
flie  aar  Ge^vi fabeU  pder  Wabrac4i<eioli<cbk'eU  ei^ 
ftebaa».  Haft  vi«  liier,  im  ea  sleii  im  wr  -um  Hemer 
handelt,  keinen  detaiillrten  Bericht  über  das  Buch  ids 
solches  erstatten  kuiinen ,  möge  eine  einfache  Inhaltsan- 
zeige dieser  „ersten  Vorfrage"  eotscbMldigeu ;  1.  Biicli» 
fitabenschiift  bei  den  Ägyptern  S.  15;  II.  bei  d^n  Her 
Imierii  8. 60$  bei  4en  Fia^oikero  &  iV.  Badb- 
«iabeaaahrift  dar  MeUeaan  &  Ulft ;  V.  der  Allan  Sagen , 
Thaieachea  und  Meinungen  iH>er  das  Alter  ihrer  Bach- 
stabens('hrift  S.  121;  VI.  Einige  vorsolonische  Denk-- 
mäler  S.  lüO;  VII.  Schriftgebrauch  im  Staatsleben  der 
AUea  S.169;  VIII.  Schlufsfolgea  £u^l5;  %voran  sktk 
dann  erst  noch  zwei  Abschnitte ;  ,,aas  ivelcheo  Gründl 
iMt  Wolf  die  edirifl  hei  Hoaneroa  {;eläiig«el?'*  «ttd 
^Widerlegung''  reiften,  aad  anieiat  S.  213 -—326  die 
reichhaltigen  Anmerkungen  und  Belege  folgen.  Diese 
enthalten  manchen  schätzbaren  Stoff,  auch  längere  Eic* 
carse,  wie  z.  B.  gleich  vorn,  über  den  Wechsel  verkehr 
zwischen  Hellenen  und  Barbaren  In  den  veiaehied«nea 
Kaitett»  nach  über  die  relativ -^päle  Bektaniacihaft  vmi 


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f        Einige  neil«fe  hchrüten  über  lldiiier.  tlOi 


den  Aegjp lern ;  vergleichen  wir  aber  die  Hj'perkritik, 
die  in  dieser  üiivaciiit  im  ersten  AJbschoUite  herrscht^ 
■Mi  den  Hji^otheseo  der  foigendM»  so  kimien  wir  iMtr, 
wie  kiralioh  bei  H.  PItfs  Vor-  mmI  Ufg«8cliiolite  der 
HcUenen,  parodtreMdl  »«Mifieit  :  ,,Hiit  datf  kalte  Fieber 
der  Aeg^yptonianie  uns  verlassen,  fällt  in  der  Phö- 
nikoinanie  ^ar  uns  ein  hitziges  an!'*  Uod  doch  macht 
Ujc.  f  i^ifs  die  Miu^oicier  nur  zu  ausschliefslichen  Sittigera 
der  eicheiesseoden  iri^i^d^teaarUgen  Peiaager^  Hrn« 
Ibr«  aber  eied  die  Peh^ger  eelfaat  eaemt  imd  amdeie « 
gleich  den  CkaMiere,  Sj^rero,  Arahera,  Aethtepern 
und  was  alles  sonst  noch ,  Phftnicier ,  oder  viehndhr  die 
Phönicier  Pelasjerer  =  üfAajioe  (S.  bki  —  87),  so  wie 
denn  Phönicien  selbst  ein  sehr  junger  Name  und  da» 
.  Iiaad  von  Tjrus  (Zor ,  8or),  viehnehr  sonnenklar  Sy- 
riea  oder  mil  dem  Airtikd  Aisyrien  isft  (6*  Oo<leBe- 
iel  Pbeideieeh:  Beth^dieaai,  das  Hau»  dea  Herm 
(a  90);  Arkadien  und  BMs  gMchfells  (8.  »1); 
Boiotien,  wo  Kadinos  sicli  ansiedelte,  nichts  anders 
als  Syrien  in  hellenischer  Mundart,  das  Land  Thor, 
syrisch  Sor,  das  frucbibfire  Ochseniand  bezeichnend 
(&  W)  «mI  doeh  vA,  lUeser  NapM.erst  entstaaden.«  nach-« 
dem  .Kiid«iier  des  ftoliadien  BMern  iiaittea  weiclMn 
nuAaeaii  (Thee.  L  1S){  Ree.  iat  weil  eidfcrnt,  Kadmae! 
und  seiner  Colouie  phöniclschen  Ursprung  zu  läugaen; 
eben  so  fest  aber  glaubt  er  auch  ^  dais  die  dem  Herakli- 
denzuge  vorhergehenden  Umwälevngen,  die  gerade  (ien 
Kadtneersteiii  so  euleehiedeii  iwie  wentge  vertilgten^  alle 
Folgeim Agen  9  die  mae  jms  dieear  Tereinaellen  Anale* 
deliiig  Ar  die  Cultiif  Griedbeelande  in  der  Beifemt. 
ableNeir  k5nnie ,  eben  "ao  aiHslich  medien ,  als  wen» 
mau  aus  den  Niederlassuogea  der  Araber  inj  Spanien 
Schlüsse  auf  den  geistigen  Zustand  dieses  Landes  im 
lOten  Jahrh.  machen  wollte.  Hrn.  Kr.  freilich  müssen 
afimmtliche  Pelasger  dem  obigen  Satze  zu  Folge  im  nr- 
aprilaf  liehen  Beaitze  der  Biichdtabenachrift  gewesen  aeyn, 
die  oQA  die  PMkiicier  ftber  die  ganze  Erde  verbreite! 


I 


i^^S  £iaige  neuere  Scbrilteo  iber  Homer. 

haben .  und  er  beklagt  den  Verlust  der  hellenisch  -  phö-. 
nikischea  SchriftsteUer  ane  deoea  eich  yiellei<^ 

Vieiee  nachweisen  Hefte,  wogegen  die  Rvhmredigkeit 
der  Aegypter  Terslummen  mufste.  Denn  Aegypten  stellt 
bei  Hrn.  Kr.  in  grofser  Ungnade,  und  obschon  er  auch 
ihm  „Aithiopen  Araber  oder  nach  Andern  die 
•püerea  Juden  oder,  was  gleichbedeutend  ist,  Phelniker*' 
(&  tt)  an  Urbildnern  (8. 84)  giebt,  eo  btk  er  ee doih 
für  lächerlich  (8.41),  dafe  Aegypten,  der  8itt  eiaer 
geheimen  Priesterschaft ,  aufser  seiner  Bilderschrift  in 
Hieroglyphen  noch  eine  Volksschrift  besessen  habe,  ver- 
wirft Herodote  Zeagnifs,  der  dieser  nur  mit  einem  eia«^ 
,nif  en  Worte  erwihne,  und  glaubt  (8.  18),  daft  wir 
▼OD  der  letsteru ,  der  Volkeachrift  nämlich ,  ao  tief  «h 
Nichts  wisseil,  wobei  er  hofft,  dafs  es  ihm  erlaubt  seya 
M-erde  (S,  16),  die  Bemühungen  eines  ChampoIIion, 
Young,  Seyffarth,  Spohn  H.A.  zu  übergehen.  Ref. 
iat  hier  nicht  auf  seinem  Felde  nod  bekennl  offen ,  dato 
«r  aUerdioga  von  diesisr  8dhrift  ao  viel  ata  Nichta  weMb, 
dafs  aber  Hr.  Kr.,  der  darüber  zu  schreiben,  ja  abzn- 
urtheilen  unternimmt,  noch  weniger  als  er  davon  weifs, 
dünkt  ihm  doch  so  stark,  dafa  er  wenigsteos  mit  zwei 
Worten  darauf  aufmerkaam  machen  will,  wie  aewohl  Cham- 
poIIion alaSejANTth,  trots  der  abnatigen  diaaielraleo-Vaa- 
achiedenheit  ihrer  Anaiehten,  ni^  mr  in  den  Hiera* 
glyphen  gleichfalls  Buchstabenschrift ,  sondern  auch  in 
der  s. g.  Volksschrift,  man  mag  nun  diese  aus  jener,  oder 
jene  aus  dieser  entstanden  glauben,  immer  beide  dieselben 
Grundsfige  wie  in  jener  erUidLcn  (6.  Sejffmfik  kreris 
defensio  p.  14  fgg.;  Koaegarlen  in  Wiener*  Jahabk)« 
des  grofsen  Irrthumes  zu  geschweigen ,  da&  ägyptisdw 
Volksschrift  uns  noch  immer  so  gut  wie  voUig  uaba- 
kanuft  aey., 

(Der  B^$chtu/9  folgt. J 


! 


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fi\  6&   HEIDfiLB.  JAHRB:  n.  UTKRATUB.  188L 


Einige  neuere  Sehr ift-en  über  Homer. 

'    '  (B€$€klufi,) 

Nach  diesen  Proben  glaubt  übrigens  auch  Ref. 
•dibst,  was  die  Griechen  betrifit,  nicht  weiliäutüg  aus 
Hra,  Kr.  referiren  zu  müsaeo«  Ohnehin  kano  er  sich 
«iohi  vorstellen ,  dafa  dieaet  eelbtt  alle  die  ainzeloen  Bei* 
«ipiele^lftr  Sehraibekunal  aeit  der  üUeslen  Zeil^  von  Aktie 
«fem  I1«liaden  ji»,  der  ale  schon  vor  der  deakaltooischen 
Fluth  nach  Aeg^ten  gebracht  habe  (Diodor.  V.  57), 
.wie  sie  hier  aus  den  verschiedensten  Schriftstellern  in 
'^ronologischer  Ordnung  in  Reihe  und  Glied  sub  No. 
li^JLl- aufgeführt  siiidi  fOyr-^-f^eschichllich  wahr  halte'; 
l^lier  aiidi.der  eierii^e  verottp(t%e  Grimd,  den  er  dabei 
liflben  kopote,  oäoilioh  zu  beweisen ,  daf^den  Griechen 
des  fünften  und  vierten  Jahrh.  a.  Chr.  die  Schreibekunst 
bereite  so  alt  schien ,  daCs  sie  unmöglich  erst  zu  Anfang 
des  sechsten  könne  erfunden  worden  seyn,  fällt  weg, 
nachdem  wir  dargethan  hab^n ,  dafs  der  Gedanke  au 
•l^^li^  als  Sohrifterfiader  wenigstens  in  Wolf 's  Seele  nie 
<g!eknnwMi  ist;  und  selbst  jm  dem ,  was  bereits  dem 
gesohiohtlichen  Zeitalter  angcdiort,  wie  Uber  den  Schrift- 
^ebrauoh  im  Staatsleben  der  Alten,  ist  vieles  zu  übereilt 
nnd  cupidius  geschrieben,  als  dafs  wir  es  unbedingt 
juit^pfehlen  könnten.  Wenn  z.  B.  Hr.  Kr.  S.  ilZ  das  Alter 
iim  AliU|se|l  als  Beweis  für  das  Alier  der  Schreibekunst 
imtQlirt^  anscheint  er  nie  gesehen  oder  gelesen  zu  Ijiaben^ 
defs  die  ältesten  MünKen,  namentlich  die  Schildkröten 
von  Aegina,  mitunter  auch  ohne  alle  Schriftpräge  vor- 
kommen (Muller  Aegin et.  p.  95),  zu  gescliwei  <;eri ,  dafs 
die  Schriftpräge  fast  nie,  wie  er  meint,  wie  bei  uns  eine 
Bestimmung  des  Warthes  enthält;  dafs  die  Gesetzge- 
imnf  Dral^'s  durch  die  Geldverlegenheit  des  Volkes 
▼enudsGit  wnrden,  steht  nirgends  geschrieben;  und  eine 

.  JtXlV.  Jfthrg.  10.  Heft,  63 


994  Einige  neuere  Schriften  über  Homer. 


Zusaiuineo»*teUung,  wie  die  Münzen  eines  Theseus,  die 
Damaretia  des  Gelon  und  die  Falschmünzerei  des  Poly«  , 
.  kratea"  ist  den  historischen  Kritiker  doch  ein  wenige 
EU  viel  zogemiithet;  dafs  alle  Erwähonng  von  Gold  iiiid 
Silber,  von  Talenten  «nd  Halbtalenten  Homer  aif 
gemünztes  Geld  gehen  soll  ,  fiel  uns  erst  dann  nicht 
mehr  auf,  alg  wir  S.  188  ft>.  lasen,  dafs  alle  Stelleo 
Homers,  wo  man  bisher  y^dcpetv  durch  ritzen  fiber-^ 
Setzte,  Metaphern  iron  der  Schreibeknnst  hergenommen 
Seyen;  ,,nnd  es  beschrieh  das  Geschofe  die  obenis 
Haut"  wiebet  uns:  „eineni etwas  anf  denlBuctelsohfri« 
ben^  und  dergl.  Einen  merkwürdigen  Centl^st  bildet 
es,  S.  167  Pausanias  ,  weil  Hr.  Kr.  ihn  braucht,  als 
„einen  eben  so  grofsen  Schrift-  als  Kunstkt^aiier" 
rfihmt  zu  'sehen  ,  während  S.  19&  der  „schon  einer  spä^ 
lern  Zeit  angehörige,  aUfch  wegen  seiner  Genauigkeit 
und  Wahrheitsliebe  nicht 'beffihmtie''  Ephorus  verwofftll 
wird,  well  sein  Zengnifil  hei  Strab.  VI.  MV  voti  tu» 
leukus  als  erstem  schriftlichen  Gesetzgeber  Hrn.  Kr.  stark 
ül  die  Queere  kommt,  der  nun  schlechterdings  auch  bei 
Lykurg  und  wohl  gar  schon  bei  Minos  u.s.  w.  geschriebae 
Oesetze  haben  will.  Hr.  Nitzsch  hat  auch  hierin  «wi- 
schen Wolf  und  Kreuser  einen  giAekMohen  und  beeoi>* 
neuen  Mittelweg  eingeschlagen ,  dcSsen-  BntwiefteiaBf 
Sect.  IX  —  seines  Buchs  gewidmet  sind.  „Triü 

maxlme sagt  er  p.  35,  H'oljius  ptrperam  posuisse 
ifidelur :  prirnwn  quod  poetarum  scriptionem  legum 
scripLarum  antiqiätaie  aesUmavit;  deinde  quoäs^f^ 
tos  leges  ipsas  male  interpreiatus'  est  negmjti^ue 
liquas  vitae  uüiiiatesn  qtabus  Hietäturam  hhge  prtuf 
aahibitnm  esse  negare  nah  potiiit ;  —  d^mtfue  cpufi^ 
minus  verum  viderct ,  UUid  maxime  offecU ,  (juod 
■  nescio  quo  errore  didnscaliae  uswn  opposidt  scn/^ 
iionir  Der  letzte  Punkt  bezieht  sich  insbesondere  auf 
den  Ausweg,  dafs  man  bei  dem  Mangel  ^chrrflllehMr 
Clesetzgebiing  mllndKche  Portpflanzung  und  V^irb^MMf' 
deneiben  durch  Gesang  annehmen  zu  mOsMi  gMihlu; 
Hr*  N«  macht  wiederholt  darauf  aufinerksam,  wie  eine 


.  Kj  i^  .d  by  Googl 


Einige  neacre  Subrifteu  üImt  ll«JB«r» 


solche  StdacrxaXia  8elb8l,  Qhoe  schiifiliohd  Anhalts-« 
p«iikte  oichl  zu  d^ok^o  aej;  wei^t  aber  dabei  aucllihrHch 
ttDfi  gelehrt  nach ,  daf»  aater  dem.,  waa  a.  &  Terpander 
«ad  Thaletas  aaf  dieae  Wabe  Sparta  compaairt  and 
Ipelehrt  haben  •allen ,  g-ar  keine  Gesetze,  sondern  Lieder 
zu  gotiesdienstlichem  und  anderem  Gebrauche,  auch 
blo8  musikalisch -rhythmischfi  \V<  isen  (voiioi)  eu  ver-* 
atabea  wären.  Vallstäadi^e  schriftliche  Geeets^gebHngell 
aeyan  aofitreitig  apiteren  Uvsi^rvoga;  dagegen  atreita 
mobto  gegea  die  httchele  oothweadige  Amakme,  daAi 
etaaelae  VelfcabeaehUtoae ,  Vertrfige  und  dergl.  achon 
frihe  schrifdich  aufg^ezeichnet  Warden  ;  was  Hr.  N.  bei 
dieser  Gelegenheit  p.  52  —  62  über  die  Rhetren  Ly- 
kurgs, ihre  Entstehung  und  Bedeutung  sagt,  stimmt  im 
Wesentlichen  so  sehr  mit  dem,  waa  Ref.  in  seinem  Lebrb« 
d*  griecii.  StaatsaHerth.  2ft  nur  kura  andevtea  koaaie , 
ftberein,  dafa  er  aeina  lebhafte  Freude  darflber  hier 
nidht  neterdrileken  kann.  Deinde^  sagt  Hr.  N. ,  pri* 
vatus  rci  usus^  puhliciun ,  ni  fallor^  adeo  praeter* 
terato  was  er  bereits  S.  29  bestimmter  so  ausgedrückt 
hatte:  f^Fecle  nuhi  contendere  videor,  Graecos  prius 
Sacra  sacrorumque  ut  iia  dicam  apparaüun^  i/uam 
rerum  publicarum  et  dvilium  rationes  accuratius  dU 
siinm99e  uherhisgue  instruxisse;  iia  ut  sacrorum  poe^ 
tarunujuc  usibiis  viulto  ante  Hieras  Jrequentaruii  ^ 
quam  vid  publica  monumeiiLa  uberiora  conderentj  vel 
muneribus  civilibus  reliquisque  vUae  uUlUaUbus  Ute* 
raUdra^  imäium  adklberentr  Da  inawiaohen  alles  diesea 
aar  ia  aafara  Kraft  haben  kann,  als  dte  iron  Watf  ge-» 
Magnete  Möglichkeit  genügenden  Schrelbmateriala  vor 
der  Einführung  des  Nilp^piers  nachgewiesen  wird,  so 
hat  Hr.  N»  dieser  Frage  Sect,  XV  II — XXL  g-ewid- 
niet.  Bereits  Hr.  Kr.  hat  S.  197  die  Aufmerksamkeit 
anfs  Neue  auf  dte  von  Wolf  höchst  einseitig  mifsbrauchte 
Steile  Herod.  V.  58  hingeleitet,  aas  deren  richtiger  In« 
terprvlatlon  die  frOhe  Verbreitung  der  Schrifl  auf  Feile 
{iifp^i^ai)  ulizweifelhaft  hervorgeht;  ebendaselbet  be« 
reits  ^ut  au  die  Sk^Ui^  Ußf  i^akidäineiliar  ^rij^qeirt  und  . 


996  Einige  neuere  $cliriften  über  Homer. 

p.  312  —  314  mit  seiner  gewohuten  Beleseniieit  Slellea 
der  AUeQ  über  ntvdxtov,  aeWg,  Selrov  ^  aavig^  ntt- 
j(al  EusainmengestelU,  beide  freilich  wieder  iingrüm^ 
lieh,  dafk  die  Hälfte  der  Stellen  Über  ntvdietov  bei  Lichte 
betrachtet  auf  Gemälde  geht,  und  Redensarten,  wie 
Si%Tv^OL  veaviai  u.  s.  w.  bei  Euripidt;s  U.A.,  wie  oben 
j^dxpBiv  bei  Hoiner,  von  Blättern  hergenommen  sej^o 
sollen !  Dies  alles  bat  nun  Hr.  N.  weiter  begrdodet,  tÜA 
.  obschon  wir  nas  voo  nianchem  Einzelnen,  s.  B.  wenn  er 
S.  76  nach  SthoL  Pindar.  Olymp.  VI,  l  iG  auch  nXarela^ 
axvTdXag  ,  tabeUas  ligneas ,  annimmt ,  oder  S.  85  fgg. 
gegen  Creuzer's  histor.  Kunst  S.  16  die  Entstehiiog  der 
ersten  prosaischen  Werke  aus  reiner  Uebertragang  der 
titern  Dichter  läugnet  ^)  —  noch  dicht  ganz  ftberzeages 
kdnnen,  so  halten  wir  doch  tlie  schHefriiche  Modifea* 
tion,  die  er  S.  95  fg.  der  Woißschen  Ansicht  giebt: 
„TVbn  scriptorum  librorum^  sed  intl^o  lectorum,  sed 
edUorum,  dimlgatOitim ,  in  bibliotheoas  congestorum 
isia  prima  est  aetas  — *  ^  mtehac  Pias  qvidquam 
fiwrät  lihrorum^  nisi  quod  äut  commerUanmuSf  out 
ediscentihus  aut  praelegentibus  iisui  esset*^  —  um  so 


*)  Vgl.  imilieaondere  |h  90:  Logogrig^kunn  ne  natam  gfUdm  tm 
out«»  quam  mmma  fabularum  discrepaniia  et  efltel  et  paraiä  le* 
gmdi  opportunitate  faeile  innotetceret  —  primos  aeriptores  neuti- 
guam  m  /a6ultc  «oiir  kaeeisse  neque  poetarum  vestigta  ut  plun- 
mum  pressUse;  sed  quum  fabuiUu  ah  historia  iestatiorß  pttrum 
duereUt»  kabereatf  kanm  9S  wrktaU  et  diverntaU  perpetum 
^uoddam  fuat9U$89  et  amcinnum;'  nom-  mhim  atifm  pemtwMA«' 
attigisM  i .  in  wmmtmm  denigne  regimmm  magU  H  foppmü  ^ 
crimine  uBOi  eue  quam  remm  gCBtarum,  plßurUmmfH^  profeeim 
€  populorum  tpsorum  memoria  f  nmmmentis  et  sermonibus  trodita. 
Das  letztere  steht  inzwiscTien,  lammt  dem  Citate  Dionys.  Hai* 
de  Thucjd.  c.  5,  schon  bei  Crenzer  aelbst  auf  der  folgendes 
Seife;  find  das  Factum  der  Uebertragnngen  (Strab.  I.  p.  18| 
Clein.  Alex.  Stromatt.  VI.  p.  629.  A.)  lafst  sich  doch  aiebl 
we^lfitif^nen  ;  später  noch  gab  Agatharcliides  7.  Knidlis  dieLTde 
des  Aiitimachus  in  Prosa  wieder  (Phot.  Eibl.  c.  213)  der 
£öeii.von  SosikratcN  titui  des  Herolnenkatalog^  TOB  Niclnctof) 
(b  Niisadi  «elbat  p.  11S>  «i  geachweigon. 


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Eiaigfi  neuere  Schriften  Aber  Hom^. 


mehr  für  begrfliidet,  als  sie,  wie  Hr.  N,  S«  9B  fg..  zelglj 
mit  der  £ots4ehungsarl  der  Prosa ,  io  der  Wolf  ein  so 
groAHBS  Argumenl  fand,  nichl  minder  trefflich  harmoniri 
Hierauf  geht  nun  Hr.N.  zu  dem  Hauptzwecke  seiner 
Untersuchung  über :  „  (U  I/omefn  carinina ,  jam  utile 
Pisistratuin  inte^ra  inultis  Graeciae  locis  celebrala 
.esse  aul  pen^incam  aul  probabile  faciam''  (p.  103), 
4er  der  Rest  des  Buches  gewidmet  ist.  Ueber  Pisistratus 
selbst  war  allehrdings  scfaim  io  der  vorhergehenden  Schrift 
■iisflihrlich  gelMBdelt,  und  hierzu  |;iebt  er  daher  nur 
zu  Ende  dieser  Sect  XXV  III  —  XXX.  einige  nähere 
Ausführungen  und  Zusätze,  um  es  wiederholt  zu  be- 
:gründen,  dafs,  was  Pisistratus  für  Homer  gethan,  sich 
auf  Athen  beschränkt  habe,  und  aus  keinem  andern  Ge> 
sichtsptincte ,  als  dessen  übrige  literarische  Verdienste 
um  die  Mineryonstadt  au  betrachten  sey  (p.  15T);  ^^quod 
PausaniaSj^  setzt  er  p.  167  hinzu,  ^^quod  Cicero  eun" 
dem  pi  iimim  Homeri  libros^  antea  confusos^  sie  dis* 
posuisse  s er i bunt ,  ul  nunc  leganius ,  iis  profecto  nihil 
aliud  subesL  nisi  hoc,  rhapsodos  neque  omnes  tota 
(deinceps  carmina  esse  persequutos  neque^  integris 
Semper  exemplis  Juisse  itistructos^  und  erblickt  daher 
«hier  nur  eine  „  ex  copia  citius  qumn  ex  inopia "  ent- 
standene Textesreceiüsion ,  die  nur  dem  sonstigen  G!anze 
ihres  Urhebers  ihre  Berühmtheit  vor  andern  ähnlichen 
verdanke.    Ehe  er  aber  auf  dieseu  8chlu(ispunkt  zurück- 
kommt, giebt  er  Sect.  XXII  —  XXVII.  eine  SkiKze  der 
früheren  Schicksale  der  homerischen  Poesie,  die  wir 
ihrer  episödischen  Kürze  ungeachtet  als  einen  wesentr 
'    liehen  Theil   des  Buchs  der  Aufmerksamkeit  unserer 
Leser  namentlich  empfehlen,  wenn  sie  auch  nicht  durch- 
gängig den  Ansichteti  des  Verfs.  sollten  beitreten  können. 
£r  geht  von  der  Pflege  aus,  die  die  homerische  Poesie 
schon  frühe,  nicht  etwa  blos  in  Chios,  sondern  auch  na 
.  vielen  andern  Orten  genolk,  betrachtet  die  einzelnen 
Städte,  die  sich  Geburtsorte  des  Dichters  zu  seyn  rühm- 
ten, in  dieser  Rücksicht,  und  leitet  jene  Sage  nament« 
lieh  von  den  Grabmäleru  her ,  die  von  Homer  wie  von 


m 


H«Bioil  (p.  110)  an  mehreren  Drteft  gettmjgir  ^«itle» 
(p.  12T).    Doch  will  er  darin  noch  nicht  mit  Wdckct 
(in  Jahn  s  Jahrbb.  IX.  2.  S.  138  %.)  Zeichen  von  Dich- 
terschukn  erkennen,  die  er  überhaupt  alierwärts  aufs 
entechiedeosle  bestreitet;  er  maeht  vielmehr  aafinerksam 
(8.  108),  wie  ^^aKaewbesy  ijuae  ipsi  patriae  hi^ri 
v'olthant^  nnUos  nisi  ipsum  poeias  habaenmiy  aliae^ 
quae  poelas  a emulos  gemierunt^  ewn  sibi  cii^em  nun^ 
ijuani  arroganmt^^   und  g^laubt  (S.  101),  dafs  erst 
ziemlich  spät  Homerts  Name  auch  auf  afmterit  Gedicht« 
als  tlias  und  Odysaee  öberlragpea  worden  ^eey$  mirNaeli^ 
ahmangen  lfeiMr%  erhficki  er  in  d«n  cyprisahe*  wd 
andern  cyklischen  Gedichten,  nimmt  aber  daraus  zugleich 
einen  Hauptbeweis  her,  dafe  jene  beiden  Werke  sehen 
frühe  als  Ganse  i)estanden  haben  m&sseii  {8.  III  %.), 
wogegen  die  eineeloen  Vereefciedenheitmi  iler  homcri^ 
eehen  und  cjFklischen  Poesie  »o  wenige  «i^rmögen ,  dds 
"Vielmehr  auch  gerade  sie  ihm  die'frUhe  Vollendung  jener 
2u  bestätigen  scheinen,  die  sonst  von  den  umgestaltenden 
Einflüssen  der  cyklischen  Periode  nicht  frei  geblieliea 
«eyn  würde  (8.  153).   Dafls  Hr.  Nitesch  demiUM^  dea 
Rhapsoden  die  SelbstslSndige  Wichtigkeit ,  wie  Wolf 
nicht  einräumen  kann ,  Versteht  sich  von  selbst ;  wohl 
leitet  auch  er  von  ihm  bereits  die  Interpolation  des 
Textes  her  und  unterscheidet  sogar  gleich  Wolf  zwei 
Perioden  der  Rhapsodie,  in  deren  ersten  sie*seibst  looo>s 
&>/i^corei'  eingescflioben  Mtten  (S.  121  fg.).    Doch  wafit 
er  smgleich ,  indem  er  die  charakterisiische  Verschieb 
denheit  der  homerif»chen  und  hesiodeischen  Poesie  ent- 
ivickeit  (S.  110  fg.),  vor  einer  solchen  Ausdehnung  dieser 
Annahme,  wie  aie  etwa  in  der  Theogonie  oder  den 
Eden  aatässig  se/,  ood  wiederholt  es  t&  IM  fg.) ,  «M 
die  Rbapsodeh         &d  anii<fuissifna  iemp^ra  regr^ 
dimur  ^  ubique  aiU  carmina  audiloribus  bene  nota 
repetiertint ,  aiit  quos^is  pacio  hene  parati  et  compo-» 
sili  ad  recilüliones  accedere  debiteruntP    Was  flr.  N, 
bei  dieser  Gelegenheit  Sect  XXVt.  und  XXJHh  weher 
filier  dte  Ithapsodeti  und  ihr  aeho«  tu  4kft  Pht^^^ 


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Il«ig0  MMN  MirUloi  flMt  Hm*.  N9 

ttnhrtet  Vevfalltiiifii  m  dem  lyriadiw  VoHrige  home» 
rtiefaev  Stoflb  durch  Ktthat^Oea,  Aber  Cyoälhns  von 
CUof  viid  die  homeridischen  Proöinien  und  übrigen 
HjoineD  sagt  ,  die  er  lieber  den  Kitharödea  als  den 
Rhapsoden  zuzuschreiben  geneigt  ist,  wqUc  iBan  bei  ihm 
selbst  nachlesen;  dagegen  dürfen  wir  unsero  Leseru 
Eine  AosiGhi  de»  Vorfii.  nlchi  Torenlhaitea,  die  nellMebt 
für  Maohan  jdenelben  das.  Wichtigste  seyn  möchte,  da» 
v#rlli«flge  allgemekie  Ergebnifs  seiner  Untersuchungen, 
dessen  Begründung  allt^rdings  erst  theilweise  vor  uns 
liegt,  and  das  er  daher  auch  S.  112  nur  mit  folgenden 
Werten  ausspricht:  n-Ergo  lU  dicam  quod  mihi  num 
maxiine  probatur^  Bomerum  interpreior  eum\  gui 
ex  pariis  maiiqmorum  carmimbus%  quae  de  reous 
Trejanis  ßierirU  ifUnora,  multum  profeceritt  dt  qtd 
lliadem  quac  antea  de  soLi  Jovis  ßovXTi  ßässet^  co?u 
Jbrniaverit  in  haue  quam  legiinus  de  ira  Achillis 
primum  Graexis  gravi,  deinde  in  ipsuni  verleite, 
donec  PrianU  nuKcime  admorUiione,  in  temperantiam 
humumaeqm  sortis  eonsdenüam  vocatur"  Ret  Icaun 
niohl  umhia,  zu  bekenneii,  dafa  er  sich  das  WeeeotUclie 
iKeaer  Ansicht  bereita  vor  z«ha  Jahren  ans  den  Vortri« 
gea  seines  hochverehrten  Lehrers  Creuzer  angeeignet 
hat,  und  dafs  sie  ihm  noch  immer  die  tauglichste  scheint, 
um  alle  die  unbestreitbar  wahren  Kücksichten ,  die  voo 
.  den  vmchiedenen  Behaadleni  dieser  Frage  angereg^t 
Verden  aind ,  aaohgemaft  zu  Tereinigen  und  zu  veraoht 
neu.  Nach  den  Modificationen ,  die  Widr»  Grinde  diirch 
Hrn.  N«'s  Beleuchtung  des  Alters  der  Schreibekunst  und 
d«r  Angabe  Aelian's  unstreitig  erlitten  haben ,  bietet  es 
keine  Schwierigkeit  mehr  dar,  Homer  selbst  die  Stel- 
lung und  4aa  Geschäft  übernehmen  zu  sehen  ^  das  \VoU 
eaet  Selon  und  Piaiatralua  amreihen  zu  kdnoes  glaubte; 
md  w&hrend  die  unirerkeuubare  Ein^lentaCehung  der 
iMMBdiiedeoen  Theite  dadurch  ungesdimilerl  bleibt,  so 
hat  doch  der  Kritiker  den  Vortheil ,  schon  im  neunten 
Jahrh.  a.  Ciir.  einen  in  seinen  Grundlage«  festen  home- 

mcbeu.  Test  annehmen  au  käunen.   Auf  den  Namen 


4 

Homer  kommt 'dabei  allerdiog»  wenig:  an«  wmA' wmk 
könnte  dem  übrigen  uobeschadei  seihet  mit  Bernhard 

Thiersch  den  ersten  Säuger  iu  dieser  W  eise  Homer 
nennen  und  bereite  in  Europa  vor  dem  Heraküdenzuge 
dichten  lassen,  wohin  ja  auch  Friedr.  Thier§€b 
(über  die  Gedichte  des  Hesiodus,  Abb«  der  Mftnchiier 
Acad.  1818,  S.41)  die  eraten  Anfaii|fe  der  Bestandtheile 
der  homerischen  Poesie  setzt,  bis  sie  datui  mit  den  Co- 
lonien  der  Aeoler  unter  den  Nachkommen  der  Atrideo 
liach  Kleinasien  überging,  vgl.  ßode  de  Orpheo  poeUk 
■  p.  65  —  in  sofern  wir  jedoch  gewohnt  aind,  mit  jenem 
Namen  den  €ulmination«pttnkt  der  epischen  l^oeeie  ud 
die  Entstehung  der  uns  bekannten  beiden  grofsen  Ge* 
dichte  in  ihrer  Ganzheit  zu  bezeichnen,  mochte  Hr.  N. 
ihn  richtiger  angewendet  haben.  Dazu  kommt,  dab  er 
60  fortfährt:  „/n  hoc  carmine  (in  der  liias)  piurima 
ex  antiquioribus  retenta  suspicor;  Odjsseam  vero 
ab  eodem  foriasse  poela  simiU  quidem  antiquiorum 
imi  y  sed  tatm  n  ila  composilam  ^  ut  non  solum  hanc 
opcris  descripLionem  primus  inv^encrity  sed  eiiarn  sin- 
gula  ipse  exoniaverit  pieraque  omnia*  -  — -  —  MulU^ 
enim  sunt  in  lliadtj  quae  aeiaiis  antiquiwis  nokm 
habere  pideaniur;  et  si  quis  certa  satis  indida  cU» 
legen polar U  forsitan  ejjlctre  ^  Odj  sseae  poelam 
lUadem  non  nisi  ultima  quasi  manu  conformasse 
atque  perjecisse;  subsequutos^ianien  esse  aiios»  am 
uirique  cannini  pärücuias  passim  adsciUtias  inpet\ 
renC  So  bliebe  also  selbst  sein  Dichterruhn  den  grü* 
flen  Namen ,  und  wenigstens  Eine  grofse  Schöpfung  ihm 
unverkilmmert,  die  Odyssee,  der  ja  selbst  die  Wolßaner 
(vergl.  Müller's  homer.  Vorschule  8.  llöj  gröfsere  Ein- 
heit der  Handlung  einräumen;  und  wenn  dann  Hr.  N.  in 
dem  Dichter  der  ddyssee  anch  den  Ordner  der  Iii« 
erblickt,  so  ist  nicht  an  vergessen ,  dafs  Wolf  anch  an 
seinem  Solün  das  Dichter^aieut  zu  diesem  üehufe  heraus* 
hob,  8.  Prolegg.  p.  141. 

Zur  Vervollst&ndigung  dieser  Ansicht  müSvf^en  wir 
nun  allerdings  noch  von  Hrn.  N.  eine  nähere  Belenchr 


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MaigV  neiif  re  SeMIten  fll^  Uoimv.  im 

tttog  UDfl  Rechlfertigiing'  der  angeblichen  Commissureu 
und  Discrepanzeii  erwarten,  die  Wolf  selbst  p.  130  an-' 
gedeutet  und  Koes,  Spobu,  B.  Thiersch,  W.  Müller 
weiter  ausgefuhrl  haben.  Den  Anfang  d«su  bat  er  ia 
eeioer  Quaesäö  Hmierica  /.  de  Odysseat  eax^rdio 
edm  18X4  gemacht,  auf  die  Fortsetzung  aber  bishef 
▼ergeblich  warten  lassen,  und  wir  zweifeln,  ob  die  Paar 
kleinen  Schriftm  Anderer,  von  den  wir  unsern  Lesern 
Jetzt  noch  schiiel blich  Bericht  erstatten  wollen,  uns  dafür 
entschädigen.  Voo  Abekens  Programm  de  VlI  prio* 
ribus  itiadis  rfmpsadüs  (Osnabrllck  1820)  wissen  wir 
fteilioh  nur  ao  viel,  dafs  auch  ea  gegen  W.  MüUer'e 
Voracbule  gerichtet  Ist ,  ohne  es  aelbä  gesehn  2U  haben; 
und  beschränken  uns  daher  auf  die  beiden  8ub  No.  4 
und  5  genannten  Abhandfungen  über  die  Odjssee,  auf 
die  €8  uns  hier  ja  zunächst  auch  einzig  aakommt.  In 
No.  4  giebt  Hr.  Georg  Lauge,  dea  uosere  Leaer  viel- 
leicht bereits  aJa  Veifasser  des  SeodschreibeiNi  ao  Gotha 
über  die  poeCiaehe  GSuheit  der  Iliade  (Darmstadl'  1826) 
kennen,  eine  Art  von  Nachtrag;  zu  seinem  „Versuche, 
die  poetische  F^iinheit  der  Odyssee  zu  bestimmen,''  in  der 
Allg.  Schulz.  1827,  St.  36,  und  betrachtet  zu  diesem 
Bode  das  Verhältnifs  des  Prodmiums  zu  dem  folgenden 
Inhalte  und  das  iler  beiden  Stellen  1,  86  —  85  und 

4S,  worin  MOller  (Vorschule  S.  127)  gleichfiOls 
&me  Spur  späterer  Vereinigung  zweier  Gesänge ,  deren 
jeder  ursprünglich  ein  selbststiindi^es  Ganzes  gebildet 
habe,  sieht.  I  e Ix  r  die  berühmte  Commissur  IV,  620^ — 
624  haben  wir  dagegen  vergeblich  etwas  gesucht,  und 
verbinden  daher  mit  dieser  Sohrift  sogleich  die  Anzeige 
▼on  No.  5,  die  diesem  Gegenstande  ansschlielslich  ge- 
widmet ist,  obschon  sie  uns  noch  weniger  als  die  Lange'- 
sehe  befi Itidigt.  Zwar  trägt  sie  in  höherem  Grade  den 
Anstrich  philologischer  Gründlichkeit,  den  wir  bei  Hrn.L. 
ganz  vermissen  —  denn  Eine  Bemerkung  über  dfjLd^iP 
abgerechnet,  das  er  nach  den  Worten  des  Scholiasten: 
dopci  rivog  iisQOvg  dpIafcVyQ,  auf  das  mediam  in  rem 
rapere  bliebt,  bewegt  sich  dieser  ausschliefslich  auC 


lOOlL  Einige  neuere  Schriften  4Hkr  Himier. 

dem  Gebiete  ästhetischer  Kritik  —  doch  hat  Hr.L.  mit  , 
Geist  und  Klarheit  Alles  gesagt,  was  sich  aus  seinem 
^  Standpuncte  über  des  freilich  minder  eehwierigeo  Gm. 
genstaM  sagen  liafti,  ivährend  Hrn.  Hemann'n  kriliMli« 
Grubenlichi  n  spärlich  breimt,  am  nicht  in  der  Tieh; 
in  die  er  zu  tlringen  sucht,  ihn  nnd  seine  Leser  mehr 
zu  verwirren  als  zu  leiten.  Zwar  hai  er  mit  vollem 
Rechte  nicht  nur  mit  Spohn  (de  extn  p»  Odyss.  p'S| 
die  Besi^hnng:  «HeMT  viel  bef^rocbenaa  V«rae  ^)  auf 
Freier  in  Ithafca  TermrfenS  eondem  Meh  die  ai»depe  ma 
Spohn  Selbst  gebilligte  EJrklärung  von  igavoTTaig  gut 
bekämpft;  «oli  er  aber  jetzt  seine  eigene  Ansicht  sageo^ 
po  schwankt  er  io  der  BesMmiiiiiiig  van  ^iTu^^r  j^prout 
wd  ministros  acL  jcowims  tW  omnino  e/puumiies  dakiM 
hia  poee-  irUeUigere  visum  siC^  (p.  16)  Mo  md  her, 
und  wenn  er  sicli  zuletzt,  si  in  all  qua  se.nLcniia  subsi- 
slendum  esl^  für  <iie  ffostcrior  entscheidet  (p.  18),  so 
weifs  man «nEi Ende  doch  nicht,  weiche  von  den  dreiea 
gemeint  eej.  Oletoiiwehl  dankt  mm  die  tiMle  nicht  m 
Jeliwer«  Hr.  H.  acheint  Qbereeh«  m  kabatl,  dafr 
Erklärung  von  daLTVjxoveQ  durch  ol  t^v  Salra  irc^ 
fxd^oPTeg  oder  dergl. ,  lediglich  auf  der  alten  Ansiebt, 
die  diese  Stelle  von  den  Freiern  verstand,  beruht,  uod 
mit  dieser'  afaN»  von  aeifoer  wegfällt;  was  «her  die  haiilw 
«•dem  Mdglieiiketlen  betriffi,  8atw(M6v€^  eaAwedereif 
die,  von  denen  vorher  die  Rede  war,  Menelm  mA 
Telemach;  oder  auf  dritte  Gäste  zu  beziehen  ,  so  glau- 
ben wir  mit  Sicherheit  behaupten  zu  können ,  dafii  im 
letztern  Falie  das  fotgenda  oi  9i  iqyow  nath wendig  ma^ 
4m  BmwiJiiai  arffast  fenommeu  werde«  mUrte ,.  w4 


*)  Die  Stelle  laotet  im  Sneammenhenge  so» 

Ol  5'  ^yov  jucv  yi,rjXa  ^  cpi^oy  <V  ev^vopa  alvov 


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Kinige  neoere  Scliriftoii  über  Hooier. 

iMs  dieses  absurd  «ey,  liat  Hr.  H.  p.  10  «elbst  eingebe- 
Im:  prindpes ,  mäßcimies  ifiädem  neUmas  pim 

hco  deprehendi;  nur  hätte  erdMii  aooh      It-M  Mdl 

in  diesem  Falle  nicht  durch  reoc  ipse  cum  filio  et  mi^ 
nisLris  erklären,  sondern  einfach  auf  die  Hirten  beziehen 
sollen,  von  denen  dieses  Geschäft  zu  bekannt  war,  als 
Atfoiie'iiieht  uich  lAiie  W^ittfren  Zusiüt  Mlier  di  '^er'* 
Anden  it«Hlen  kannten;  vergfl.    R  XXII,  199s  Ijtln* 

'  ^mi^  alyaq  ^v^at'i/i^€Gtn  hoyLov  xdra  Saira  itevi^ 
fi^at  Bann  aber  müs$»en  wir  v.  621  (ßaitvitovBq  als 
Prädical  auf  Menelaus  und  Telemaoh  construiren: 
«/lie  j»iagiBO  sur  Mahlzeit;"  die  fröfeere  Interponctim 
grffUrl  naeh  ßam7^^c$  »i^^  Ayo^evoi^'f  und  oi 
fiiy  und  oi  Si  bilden  den  unmittelbaren  GegensM;  -erst 
T.  624  werden  die  erstem  wieder  Subject;  deAn  dafs 
Ttma^m  nicht ,  worüher  Hr.  H.  gleichfalls  schwankt , 
^ 'appamiii  coenae  genommen  werden  könne,  |*efai 
m  4«r  AMiMilelle  XXIV,  411  deutKcAi  hwrar.  So 
4rt  über  die  Interpretntim  der  St^le,  die  den  gröfimii 
Theil  der  AbhandlunjO!^  einnimmt;  der  Rest ,  sollte  man 
enrarteo,  möfste  der  Frage  gewidmet  seyn ,  ob  sich 
im  dämm  wirkttdi  eine  9.  g.  €oMimissnr  ergebe;  statt 
ilMleA  ibet  eetit  dh»  4er  Verf.  se  siemlidi  als  aosge^ 
iMht^'oraus  und^tfpmndet  die  sedis  leteten  Seiten  n 
^er  Entwickelimg  seiner  Ansicht  über  die  Entstehung 
<ler  0<ly^e  aus  verschie<ienen  Theilen  von  ungleichem 
Alter  ^  die  der  vorhin  entwickelten  des  Hm.  N.  über  die 
Hiüle  tiemlich  f4eioh  ist  Bs  wflrde  uns  KlIerAings  m 
^  flfhren ,  hier  in  die  vMbespraehene  Frage  ▼oit  dem 
Dasej^n  von  Commissuren  überhaupt  einzugehen;  aber 
rticksichtlich  der  fraglichen  vier  Verse  seH)st  können 
"Wiriins  dooh  mir  wundern,  dafs  Hr.  H.  nicht  wahrge* 
i^nen  hwt,  dktselbin  an  sieh  nrit  jener  Frage  g«r 
nilArts  tm  thun  hnben.  Nur  wenn  ohn6  sie  der  üHirtas  _ 
«wischen  v.  620  und  v.  425  so  groFs  wäre,  dafs  dentlii3h 
<lie  Absicht  liervorl-ewchtete,  ihn  durch  ein  solches  Ein- 
iciiiebsel  wobt  oder  4tiie4  $m  verwischen,  konnte  daran 

r 


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geclachi  werden;  aber  das  tnüfste  doch  eio  sehr  un- 
geschickter Diaskeuaste  gewesen  seya ,  der  t»ich  uiioöihi- 
ger weise  diese  Mühe  gemacht  und  nicht  geseha  bälle^ 
wie  jene  beiden  Veree  selbst: 

60  gut  an  einander  passen,  dafs  ohne  jene  vier  in  der 
Blitte  :¥ielleichl  kein  Leser  hier  eine  Härte  des  Uebeiy 
gangs  gefunden  hätte.    Freilieh  wer  Comnussuren  snchip 

kann  deren  in  jetltm  Absätze  finden;  dafs  aber  g;erade 
diese  Verse  „a  priinis  SiaaxEvaaTatg  duabus  r/iapso- 
diis  ncctendls  adjecti'  wären,  können  wir  Wolf  S. IM 
lind  Schneider  (Praef.  Orph.  Argon«     XXIV)  unnid^, 
lieb  zugeben;  hätte  der  Grammatiker^  dem  wir  die  Ein-' 
theiluug  in  24  Bücher  verdanken,  mit  V.  624  eine  neue 
Rhapsodie  begonnen ,  so  würde  gewifs  keinem  Men- 
schen eine  Interpoiatioa  der  v.  621  —  62$3  w  statuirw 
eingefallen  seyn,  und  wir  glauben  daher  wenigstens, 
viel  behaupten  zu  kdnufsn^  dals  hier  keine  slirkere  Sl|mr 
einer  Conimissur  als  an  jedem  andern  gröfsern  Abschnitte 
des  Werkes  zu  finden  sej.    Was  aber  die  Zusamtnen- 
setziing  der  Odjssee  aus  verschiedenen  altern  Thtilea 
im  Allgemeinen  betrifft,  so  ist  diestir  Awcht  nwar  «Mk 
Hr.  Lauge  keineswegs  fremd,  wenn  er  p.  4  si^t^  ^Hi^ 
merus  qui  fabulam  in  Oefyssea  expositam  haud  diMe 
e  /fopuli  narralionibus  sparsis  et  jain  pridem  vulgatLS 
.concitinavU  ornavitque  potius ,  quam  de  suopte  /«- 
'  genio  deprotnsU,^  und^Hr.  H.  kann  sogar  Hrn.  Nitaseb^ 
eigene  Aeufseru^g  in  der  Vorrede  in  s.  erkL  Annwwjk 
&  S.  X.  filr  sich  anführen ;  doeh  mdchten  wir  dies  ▼iel>» 
mehr  auf  den  Stoff,   wie  es  sich  von  selbst  versteht, 
beschränken,    als   denselben  bereite  auch  der  Form 
nach  so  sehr   vollendet  von  dem  Dichter  vorfinden 
lassen,  dafs  die  getrennte  Enrtstehnng  an  Commipo<reii 
bemerkiich  wäre.   Das  Wenige,  was  Hr.  N.  von  dmm 
.Unterschiede  des  Geistes  in  den  mittlani  Büchern,  die 
grdfsere  Einfachheit  athnicu  sollen,  gegen  die  erslM 


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Steige  Schriften  ober  Uombr.  lim 

ugi ,  in  welchen  er  iivr  den  Schlufsstein  den  grofsen 
Ganzen  sieht,  erklärt  sich  wohl  schon  aus  der  Verschie* 

denheit  des  Stoflfs,  den  kein  Dichter  anders  behandeln 
,  konnte,  ohne  die  Eigenthumlichkeit  des  Charakters  zu 
▼erletecn,  and  einen  Hauptpunkt,  der,  nach  der  rieh* 
Ilgen  Bemerkung  Ton  Wachsmuth,  hellen.  Altei»- 
thmsk.  I,  S.  88,  ein  bedeutendes  -Licht  auf  die  Frage 
tan  Bnheit  der  Odyssee  wirft ,  hat  derselbe  ganz  Ober* 
sehen:  die  deutlichen  Spuren  des  hervortretenden  Kampfs 
und  der  grdfseren  Gleichstellung  des  Adels  mit  dem 
Königthume,  die  sich  bei  den  Phäaken  nicht  minder 
«  ^  in  Itfaaka  wieder  finden ;  vergl.  VIIL  90» :  S&d$xa 
jäo  naxA  dii^ov  agiüipi^eeg  ßacriXrjsg  U.S.  w.  Ob 
daher  Hrn.  H.*s  Prophezeiung  (p.  20)  in  KrHilhing  ' 
gehen  werde:  Evincetf/r ,  si  Diis  place  aliquando^ 
*tfUOid  in  imius  loci  ambiguiUUe  occupa$uSj  /a- 
iitor  ianttm  auäeam  atdngere^  non  modo  singulo' 
rtän  reruni  copiam  deprehendi  in  quatuor  pHmis 
OJj'Sseae  libris  ^  quae  conipositionern  dä  crsam  iiidi^ 
cmt ,  sed  totum  etiam  eorum  corpus  muho  reccji" 
iioris  originis  quam  reliquorum  esse  plurima^^  möch- 
ilib  wir  uns  einige  bescheidene  Zweifel  erlauben;  selbst 
•{lohn  Welt  sie  n«r  paulo  receniioris  originis; 
•Yergl.  Weisse  de  diversa  cii^it  const.  indole  p.  83. 
Nichts  desto  weniger  wollen  wir  damit  dem  Fleifse  des 
Verfs.  und  der  Selbstständigkeit  seines  Urtheils  den 
^lebükrenden  Beifidi  nicht  versagen,  obschoo  wir  das«* 
Snibe  dorch  gröfsere  Klarheit  der  Latinität  sowohl  alt 
der  ganzen  Darstellung  etwas  genieliriiarer  gewtinscht 
hätten. 

JL  Fr.  Hermann. 

T  


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IMK»  UerlMt,  Bibliothek  fOtfifttUciier  Denker. 

fterbBt.  Enter  Band.  Johann  Geoff  HammM,  Rkdrieh  BHnr 
rieh  Joe«»!    Pili  «.  808  S, 

»  ■ 

Ueb^r  deaZw«ck  ^UateraehnMW)  du  mit  dional* 
Schrift  begaBBen  wird,  «rkUUri  «icb  d^r  Verf.  «itf  fU* 

gende  Weise  in  dem  Vonvort:  „Kau4  hat  den  Begriff 
det»  Negativen  in  die  Weltweisheii  eingeführt  Sollte 
es  nicht  ein  nützlicher  Versuch  seyn,  nun  auch  den 
griff  des  Positive«  in  die  Philosophie  einzuführen? 
io  fragte  vor  Jahren  Priodrieh  Seh^egel,  als  «r 
in' de»  b^bionten  Charakterislilcea  und  Ktritlice« 
•tne  Samailung  eigener  GMIanken  im  Geisle  Leasings 
gab.  Nicht  thöricht  war  diese  Frage;  denn  gegenwärtig 
sind  die  Hauptbestrebungen  der  Philosophie  auf  die  Lö- 
sung dieses  Bestrebens  gerichtet.    Ja  es  gilt,  mit  aller 
Energie  des  Gedankens  den  Begriff  des  Pqaitivea  in  die 
WiesensebAft  eioaafiibren.   Und  damit  bdri  die  PhiiiH 
eophi«  auf  9  blos  abstraeie  Wiseeoaehaft  sn  seja  Anf 
die  Urthatsachen  in  der  Geschichte  alles  \V  erdenjS  go^ 
richtet,  gewinnt  sie  mehr  und  mehr  den  Charakter  eiiier  ' 
tninseendentalen  Weltgesclucbta ,  und  ihren  HöbepuniU 

^  in  der  christltclinn  Offenbarung  findend  f  wird  sie  im 
eminenten  Sinne  ohrieiiiohe  PhilAsopkie.*'  Um 
BodenCendMe  aua  diesem  Gebtele  der  litefmtnr ,  nidiehat 
des  achtzehnten  Jahrhunderts ,  zu  bearbeiten  und  io 
Einem  Werk  zusammenzustellen,  ist  der  Zweck  dieses 
Unieroehmens.  Christliche  Denker  sind  dem  Ver£ 
8olche>y   t^die  in   dem   positiven  Gehalte  des 

^  Ohriatenthttme  sngleioh  die  liichipnnkte  fif 
die  philoaophtache  Speeülation  erkannteaii 
und  die  eige  nth&mf  ich  christlichen  Ideen 
zur  Energie  lebendiger,  individueller  Ge- 
genwart sich  machte n.*"  Diesen  Grundgedanken 
fbhrt  der  Verf.  in  der  Einleitung  durch  eine  kurze 
Darstellung  des  Entwickelnngaganges  der  neueren  Gei« 
ateabiidnng,  ipsbesondere  der  philosophischen,  näher 
aus.  '  IMe  durch  englischen  Empirismus  und  dureh  fran- 
zösischen Materiaiismus  bestimmte  flache  Aufkläraugt 


.  j  ^  d  by  Google 


efaarakterisjrt  er  als  leeres,  blos  negatives  Denken  ,  auf 
Yvelchem  sich  die  Philosophie  durch  di«  drei  Stadien 
'  dar  Kritik  Kiml'li  und  Lfssiog^^  der  Natiiraii6i.cbi  Schelk 
|ii^0  und  der  »eligffdeeii  WelieAtiolit  eiaee  Hmiw,  Ji^ 
icobi ,  Lavater ,  Pascal  u.  A.  zu  iler  Auerkennungf  als 
.Glaubea,  der  Offenbarung;,  des  positiven  Christenthiims 
erhoben  habe.  In  den  Kreis  dieser  Männer,  ,,\velche 
Minaer  elitd  von  Genie  für  das  UnsiobUmre,"  eoU.dai 
ffcgtawIHige  Werk\filbreo,  mit  dem  beMndem  S&wecke, 
mr  GelleBduuM^lNing  dieser,  wahrhaft  dirisdicheo  PhibH- 
Sophie,  mitsuwirken ,  itnd  dadurch  in  den  gegenwärtigen 
Streit  der  Fartheien,  hinsichtlich  der  Glaubensansichten, 
Wilochieden  mit  einzugreifen.  Für  diesen  Zweck  werden 
Biographien,  Charakteristiken  und  Benrtheiiungea  der 
Jbedetttendatta.  Mänaer  vdo  dieser  Dtofcert  (eigene  «od 
ftetaide),  nnd  AfmOigt.  ans  ihre*  Schriften  ia  dieser 
Bibliothek  christlicher  Denker  gegeben. 

Zur  Beurtheilung  dieses  Werkes  liegt  uns  vorzüg- 
lich ob,  die  dem  Unternehmen  zu  Grunde  lirgeiule  An- 
sicht-von  der  ehristlidben  Phiki0ophie  Uberhaupt,  einer 
tgenanen  Priifisnir  onterwefffen,  um  Uevuacb  das  U^* 
Aeil  Mber  den  Werüi  dieses  Werken  an  bestinuifea. 

In  der  leider  nur  in  flOehtigen  Zügen  gegebenen 
und  darum  etwas  dunkelen  —  Entwickelung  des  Begriffs 
von  christlicher  Philosophie ,  unterscheidet  sich  eine 
doppelte,  stufenweise  verschiedene  Ansicht:  einmal  uäaK 
lUk  die.Feidernef  eines  Pestdven  in  der  Philoseybie, 
sMid  dann  die-Fnrdemng,  dafe  dieses  Positive  itf  dem 
Christenllumi  als  bistotisolK  Thetsaehe  bestehe  sc^le* 
Wenn  nnn  das  für  die  Philosophie  geforderte  Positive 
in  einem  that.säch liehen  Gehalt  der  Vernunft  bestehen 
seil ,  weksher  über  oder  hinter  aller  jN^egatifOn  durch  ab« 
etraktes  Banken  oder  leerer  Begrilfsform  als  pesidrer fiteff 
ftr  die  Vernnuitosk^nnlnilb  sieben  bleibt,  so  edkaant  aaah 
Ree  nicht  allein  dies  als  eine  sehr  gerechte  Forderung 
an ,  sondern  er  glaubt  auch  seine  philosophische  Denkart 
in  diesem  Sinne  als  christliche  Philosophie  betrachten  su 
dürfen«    Die  bJofseAbstraotion^  der  bloise  Begriff,  das 


um  Hcrbtt«  BiblioÜieJt  chrfttUdier  MMC 

reine  Denkm,  irird  rieh  nie  ilbervdie  Fomder.NegatiiM 
des  Seyns  erheben  kdnnen ,  ein  PeshlTes  giebl  es  imr 
aufser  und  Ober  dem  BegrifT;  und  da  ferner  der  blofse 
Begriff  das  Uebersinnliche,  das  Ewig-e  nie  erfassen  kann, 
sondern  dies  nur  als  im  mittelbare  Thatsache  der  Vernoni^ 
abo  als  Positives  der  Vernunft,  geflinden  werden  kana, 
so  ist  es  allerdings  wohlbegrfindet,  wenn  man  diese  Ms- 
tere  philosophische  Ansicht,  als  die  der  religiösen  Weit- 
ansicht allein  fähige,  vorziig-s weise  eine  christliche  Phi- 
losophie nennt.  Wenn  wir  nun  aber  weiter  znsehen,  in 
weichem  Sinne  der  Verf  dieses  Positive  als  noihweodlgoB 
CSharakter  der  christliehen  Pfailoeephle  fordern,  imddtal 
in  die  Philosophie  einsnif&hren  äls  die  höchste  Aufgabe 
der  Philosophie  unserer  Zeit  ansieht,  so  bemerken  wir 
bald,  dals  er  noch  etwas  anders  damit  wolle,  als  das, 
was  so  eben  dargestellt  wurde.  Dies  wird  znnlchst  scboi 
darin  sichtbar,  wie  er,  mit  Fr. Schlegel,  Kant  als  di)t!> 
jenigen  betrachtet,  der^den  Begriflf  des  Negativen  in  die 
Weltweisheit  eingeführt  habe  ,  und  nun  diesem  gegen- 
über die  Einführung  des  Begriffs  des  Positiven  sucht 
Zwar  soll*  die  th  eil  weise  Wahrheit  dieser  Behauptung  ii 
Besiehung  auf  Kant  nicht  in 'Abrede  gesieih  ^dM; 
nnr  darf  man  auf  keinen  Fall  in  demselben  Sinne  Ksnii 
Philosophie  einen  l>Ios  negativen  Charakter  zuschreibeo, 
wie  der  ihm  vorausgehenden  Philosophie  der  Aufklärung 
oder  der  Wolfisch  -  eklektischen  Pepularphilosophie  ia 
Dentpehhittd,  denn  im  Gegensatz  gegen  diese  miA  iM 
gerade  Kant  das  Verdienst  suerkennen ,  das  P^tivA  k 
die  Philosophie  eingeführt  zu  haben,  indem  er  gegen 
die  leere  Logik  und  den  flachen  Empirismus  dieser SchsN) 
eine  reine  Vernunftwahrheit  des  Heyns  an  sich,  wiedsr 

Seitend  machte,  und  so  der  Philosophie,,  die  in  NatiMf* 
smn  Teiwipkeii  war,  wenigstens  Im  Moraiisohen ,  sinp 
reinen  Gehalt,  also  etwas  Positives,  wieder  gab.  >^ 


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N^64.   H£lDJbX.B.  JAHRB.  0.  LITERATUR.  183t 


Herb  8$,  Bibliothek  christlicher  Denker. 

(Be9chlufs. ) 

Es  war  das  grofse  Werk , der  Kritik  der  V  eriiuuft, 
durch  Zerjfliederun^  iirid  Selbstbeobachtung  die  Urthat- 
«achen  der  Vcrauuft,  als  iebeadigeu,  inoerea  Kern  alJer 
menschiicheo  Erkenatoifs,  a ufsu weisen ;.  und  weon  dies 
auch' von  Kaut  jBelbsl  nur  unvollständig  gelang,  wenn  er 
nur  einseitig,  in  der  praktischen  Vernunft,  und  zwar 
nur  für  die  sittlichen  Ideen,  diese  ursprüiiglichea  That« 
Sachen  entdeckte,  in  der  theoretischen  Vernunft  hinge- 
gen noch  nicht  bis  zu  dem  reit^en  idealen  äehait  durch- 
drang und  deswegen  auch  die  religiösen  Ideen  nur  mit- 
telbar aus  dem  Sittengeselz  abzuleiten  wufste,  so  War 
doch  durch  die  kritische  Methode  dem  Denker  ein  Weg 
gewiesen,  um  sich  vollstfindig  aller  ursprunglichen  That« 
Sachen  der  Vernunft,  also  des  ganzen  reinen  Gehalts  der 
Philosophie,  zu  bemächtigen.  Aerger  kann  man  das 
Weseu  der  kritischen  Methode  kaum  verkennen ,  als 
wenn  man  sie,  nur  an  dem  Namen  der  Kritik  festhän* 
gend,  als  eine  solche  ansieht,  die  nur  negativ,  nur 
zweifelnd  und  ^serstdrend  th&tig  sey,  ohne  etwas  Posi- 
tives, Eigenes  anzuerkennen.  Man  bedenkt  nicht,  dafs 
die  Kritik,  die  Zergliederung,  nur  das  Werkzeug  ist, 
wodurch  die  unauflöslichen,  positiven  Bestandtheile  des 
menschlichen  jBrkennens  gefunden  werden;  dafs  also  nicht 
das  negative ,  abstracte  Denken  selbst  ein  Positives  aus 
sich  hervorbringen,  sondern  vielmehr  als  ursprünglich 
schon  vorhanden  nachweisen  solle»  Es  ist  nur  ein  Wahn 
der  unkritischen  ,  dogmatischen  Philosophie ,  aus  blofsem 
Denken  ein  S(  vn  hervorzubringen ,  und  darum  trifft 
diese,  wie  die  Identitätssysteme,  oder  das  System  des 
reinen  Denkens ,  mit  Recht  d^  Vorwurf  der  blos  leeren 
Negativität  oder  des  Mangels  an  einem  poritiven  Gehalt» 

XXIV.  Jahvg.  10.  Heft  *  64 


1010  UerUt,  Bibliothek  cliruUlcbe«  QtM^kff. 

Der  wahre  Kritieismus  dagegen  hat  einen  über  allem 
Denken  erhabenen,  unaiitteibaren  oder  idealen  Gehalt 
der  Vernimft  anerkaqnt,  und  durch  jUoblfertigUQf  ^tt 
Ideen  des  Ewigen  die  Philosophie  ans  der  Leerheit  dca 
abstracten  oder  negativen  Denkens  befreit 

Damit  möchte  vielleicht  itn  Widerspruche  zu  stehen 
fickeinen,  da%  die  kjritigohe  Philosophie  selbst»  und  zwar 
am  schärfsten,  wie  ne  in  der  volLsiändigsten  Gestalt 
&  B*  von  Fries  ausgebildet  worden  ist,  die  Idee»  diS 
Ewigen  oder  Seyns  aa  sich  in  BegriSeji  nar  negativ  aus^ 
drücken  zu  können  bekennt  (vergl.  Fries  [Metaphysik, 
§.  91.).  Jeiloth  (1(  r  Widerspruch  ist  nur  seht  inbar.  Nur 
jßlr  den  Begriff  nämlich  können  die  Ideen  nur  in  nega- 
tivet  Form  dargestellt  werden,  aber  die  ideale  AmMä 
der  Dinge  erhebt  sich  eben  iher  den  Bfigrifi  ued 
kennt  ein  Seyn  an  sich  an,  das  nur  in  der  Verneinsag 
der  Formen  des  Denkens  vorgestellt  werden  kann.  Da 
Dämlich  nach  dieser  Lehre  der  Begriff  nur  die  notttwee?. 
dige  Fem  fiftr  das  endliche  Sejn  tsl»  wA  de  wir  nadl* 
dieser  Lehre  des  Kritieismus  m  der  AHMirkemung  dar 
Ideen  nnr  durch  Erhebung  über  alles  Bstdlicbe  kommen* 
können,  so  können  diese  Ideen  logisch  nur  utgativ  ,  d.h. 
nur  durch  Verneinung  alter  Schranken  <ler  Endlichkeit, 
l^edacbt  werden.  Aber  eben  m  der  Verneinung  der  Schraor, 
ke&,  also  in  der  Verneinung  des  Neifativen,,  wwd.M^ 
'ja  gerade  das  absolut  Positive  gegeben«   Was  kann  pe*,- 
ijtiver  seyn,  als  ein  Seyn,  das  keine  Scbraidce,  keias^ 
Negation  mehr  an  sich  hat?    Nennt  man,  im  8iinaS| 
dieser  neueren  kritischen  Schule,  diesen  unmittdibaree. 
Act  der  Anerkennung  eines  ewigen  Seyns  Glall'beI^! 
tHid  gilt  Rechtfertigung  des  CUauheds  als  Chasaktes  4ef 
wahrhaft  religicisen,  also  auch  ehrislUohe»  PMIoso|ihii^- 
so  darf  man  der  kritischen  Philosophie  dieses  Piädicat 
vindiciren,  und  man  kann  denjenigen,  welche  ein  Posi* 
tives,  Glauben,  das  Ewige,  für  die  Phitesofibie  be« 
hauptet  zu  sehen,  als  Uau|^lantgebe  der  Phiionijpliie  ud* 
Seren  Skit  ansehen ,  zurufen:  Wae  ihr  suchet >  ist  Mi 
lins  g^fundea    Ihr  irret,,  wenn       Str  di^^  2j^W!lck: 


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H«rlMt,  BibiiatUek  chruUiühe»  Ueaber.  1011 


die  ganze  neuere  Philo.sopliie  anklagen,  und  ihr  gegen- 
über ein  ganz  Neues  sokälfea  su  milteen  glaubt. 

Jedoch  die  Forderungen  underer  chriediohen  Phi- 
^  losophen  an  die  Philoeophie  «neerer  Zeit  gehen  noch 
weiter,  und  darin  kann  ihnen  die  kritische  Philosophie 
freilich  nicht  eben  sogutGn!ig;e  leisten,  wie  bisher.  Das 
Positive  nämlich,  was  sie  tiir  die  Philosophie  fordern, 
•eil  die  hislorieche  Thataache  des  Chrieten« 
lllnaie,  die  Thatsache  der  christlichen  Of^ 
fenbaruug  seyn ,  der  Glaube  derselben  soll  der 
positiv  cbristliche,  der  Offenbar u ngsg;laube  * 
sejD.  Hier  niufs  die  sich  selbst  getreue  Philosophie  zu« 
ruckirelen ,  ihr  Unvermögen,  aber  auch  ihr  Nichtbe* 
dirfttUk  bekennend.  Sie  unterscheidet  am  Christenthum  ^ 
wis  an  ihm  ewi^,  «nd  was  Eeitlieh  ist,  was  der  Idee 
nnd  was  der  historischen  Hülle,  der  individuellen  Ge- 
staltung der  Idee  g'ehört  Die  Ideen  des  Christenthums, 
die  ewigen  Wahrheiten  in  ihm,  sind  aucli  der  kritischen 
VhMoBophie  ,ydie  Lichtpuncte  filr  die  philosophische 
SpeonlatioQ  und  sie  nennt  rieh  4n  so  fern  immer  noch 
mit  Recht  eine  christliche  Philosophie,  aber  die  Philo- 
sophie mfifste  ütifhören  Philosophie  zu  sejn,  wenn  sie 
den  positiven  Gehalt  des  Christeothums ,  zum  Ge* 
genstand  der  Philosophie  machen,  und  den  Wunder* 
gkmben  an  eine  in  der  Zeit  geschehene  göttliche  Offen- 
batttig  als  ihren  Grund  anerkennen  sollte.  Besonnene 
Philosophie  verachtet  zwar  die  historische  Gestalt  des 
Christenthums  nicht,  sie  erkennt  darin  die  Formen, 
nnler  ^denen  die  reinen  Ideen  der  Religion  für  das 
menschUehe  Hera  lebendig  werdien  und  in  das  Leben  im 
Orofsen  durch  GrOndnng  einer  religiösen  Gemeinschaft 
eingreifen  konnten.  Aber  sie  gesteht  diesen  Formen  nur 
eine  astheti«?che ,  symbolische  Bedeutung^  zu,  an  wel- 
chen das  religiöse  Gefühl  erregt  wird  und  in  welchen 
dieses  die  ewige,  ideale  Wahrheit  ahnet.  Die  Aufgabe 
also,  wrfche  von  den  Verf.  an  die  chrietiiehe  Philas»* 
phie  gemacht  wird,  dafs  sie  „die  eigenthümlich  (dwi. 
historisch  gegej^enen,  positiven  Gestalten  der)  Christ- 


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1012  Herbat,  Bibliothek  cliristlicher  Denkdr! 

liehen  Ideell  zur  Energie  lebeudiger,  individueller  Gc- 
,  gen  wart  sich  mache,'*  mufs  sie,  als  der  Philosophie 
nicht  gehörig,  von  sich  abweisen,  und  dem  frommen 
Gefilhl  in  dem  Leben  und  der  Dichtung  zuweisen^  So- 
bald diese  blos  ästhetische  und  symbolische  6edeoliin|f 
der  historischen,  in<iividuellen  Gestalt  der  Ideen  ver- 
kannt und  filr  die  ewige  Wahrheit  selbst  gehalten  wird, 
sobald  also,  wie  hier  gefordert  wird ,  diese  Symbole  al^ 
Idee  gefafst  werden  sollen,  so  sinkt  die  Philosophie  is 
das  Gebiet  des  Mysticismus  herab ,  und  diesen  Vorwarf 
können  wir  demnach  auch  der  hier  aufgestellteu  Idee 
von  chrisUicher  Philosophie  nirht  ersparen. 

Die  Grundidee  also ,  von  welcher  das  Unternehmen 
des  Verfs.  ausgegangen  ist,  konnten  wir  nicht  billigen^ 
deinungeachtet  aber  halten  wir  darum  nicht  das  ganze 
Unternehmen  für  ein  ganz  werthloses.  Ohne  Zweifel  !«t 
es  eine  bedeutende  eig-enthümliche  Geistesriohluug,  die 
sich  in  dem  Kreise  der  Männer,  deren  Andenken  da- 
durch erneuert  wird ,  ausdruckt.  Wenn  nian  dieser 
nun  aucK  nicht  gerade  ^diese  eminente  Bedeutung  zaer« 
kenneil  kann,  wonach  sie  als  die  wahre  gegenwärtige 
Aufgabe  der  Philosophie  auf^efafst  wird  ,  so  hat  sie 
doch  gewifs  so  bedeutend  in  die  Bildungsgeschicht^  ua- 
serer  Zeit  eingegriffen,  ja  sie  hat,  in  ihrem  Gegenstre- 
ben  gegen  einseitige  leere  Abstraction  und  Verstandes- 
richtung,  für  unmittelbare  Erkenntnifs  des  Ewigen  oder 
fBr  die  ideale  Richtung  des  menschlichen  Erkennens, 
bedingungsweise  eine  so  beachten^-^^  erthe  Wahrheit  in 
sich,  dafs  eine  besondere  Bearbeitung  und  Darstellung 
derselben  fttr  unsere  Literatur  nicht  ohne  Werth  seya 
kann. 

Hamann  und  Jacobl  sind  suerst  ausgewählt  Af 

diesen  ersten  Band  zwei  Männer,  grofs  und  reich  ia 
Ansehung  ihrer  Individualität,  aber  dennoch  nur  von 
geringer  Bedeutung  als  Philosophen.  Keime  der  tiefsten 
Wahrheit  liegen  in  der  rauhen  H&Ue  und  in  dem  Ter« 
wcirrenen,  dunkeln  Gedanken -Chaos  Hamana's  ▼er* 
borgen,  aber  nichts  ist  zum  klaren  Gedanken  herais- 


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gebildet,  fiberall  leuchtel  dieser  nur  ia  wunderbaren 
Streiflichtern  aus  grotesken,  irerzog^enen Bildern  hervor: 

man  glaubt  ein  gotliihches  Gehau tle  zu  sehen  mit  seinen 
seltsamen  Ecken  und  Schnörkehi  ,  erhabenen  Bogen , 
dunkeln.  Hallen  und  gemaUea  Fenstern.  In  einfacherem i 
reineren  Stj^l  ist  das  Gebäude  der  Jaco bischen  Lehre 
aufgebaut.  Reiner  und  klarer  tritt  hier  überall  die  Idee 
^ der  Wahrheit  hervor,  aber  fragt  man  weiter,  woher! 
wartinif  so  erhält  man  keine  Antwort.  Die  Wahrheit 
ist  ausgesprochen,  wie  \ou  einem  SeJier,  dem  feie  ge- 
offenbart wurde,  sie  erseheint  aber  nirgends  als  eine 
Frucht  des  beschränkten,  menschlichen  Denkens,  und 
gewährt  aläo  nie  die  volle  Befriedigung  des  nach  Be* 
grflndung  Strebeoden  Geistes.  Mit  Einem  Worte,,  beide 
haben  die  Wahrheit  nicht  Im  Denken,  sondern  in  der 
Anschauung^ erfafst,  ihre  Darstellungen  sind  daher  eigent- 
lich nicht  philosophische ,  sondern  poetische.  In  der 
Anschauun«»- al)er  wird  uns  nicht  das  Ewige  selbst,  son- 
dern nur  dessen  sinnliche  l:^rscheinung  sichtbar ,  wli* 
erkennen  nicht  Ideen,  sondern  nur  Ideale,  nur  Ideen  in 
ihren  Verkörperungen,  die  Ideen  selbst  sind  nur  in  den 
höchsten  Abstractionen  durch  Denken  erkennbar.  In 
diesem  Sinne  können  wir  von  Hamann  und  Jacobi, 
und  andern  ähuliclien,  mehr  poetisch  als  philo^uphisch 
organisirten  Geistern ,  behaupten:  es  liegen  grofse Wahr- 
heiten in  ihren  Darstellungen,  aber  sie  sind  immer  niiK 
in  individuell  bildliche ,  sinnliche  Hülle  gekleidet«  Der 
Glaube  ist  das  erhabene  Stichwort  in  beiden,  und  von 
welcher  hohen  Bedeutung  diese  Idee,  welche  die  un- 
mittelbare Anerkennung  eines  idealen  Seyns  aussprach, 
der  leeren  logischen  und  empirischen  wolßsch- eklekti-  . 
sehen  Philosophie  gegenüber  war,  kaon  nicht  genug  an- 
erkannt werden.  Aber  dieser  Glaube,  wie  dunkel  und 
verworren  tritt  er  noch  bei  Hamann  auf;  wie  schwach 
leuchtet  der  rein  ideale  Vernunftglaube  aus  den  dilstern 
Gestalten  des  positiven  Christenthums  und  Lutherthums , 
aus  Golgatha  und  Scheblimini ,  aus  Dreieinigkeit  und 
Versöhnung  hervor.     Und  wenn  auch  Jacobi  seineu 


1 

1014  Herbit,  Blbllothdc  chrbtlleher  0ciiift« 

Glauben  von  diesen  dunkeln  Hüllen  entkleidete  ,  wenn 
er  kräftig  einen  unmittelbaren  Vernnnftglauben  aus- 
epraoh,  that  er  mehr,  als  ihn  aussprechen,  adii  Da- 
ee^  behaupten?  wnMe  er  ihn  auch  als  nothweadig 
nachzuweisen  nnil  seine  Grenzen  fesizastellen  9  Die 
eigentliche  Aufgabe  der  Philosophie  blieb  hier  'noch 
ungelöst,  und  diese  konnte  nur  durch  das  von  diesen 
Männern  so  sehr  verachtete  oder  gefürchtete  abstracto 
Denken  gelöst  werden.  Wohl  haben  diese  Minner 
durch,  die  unmittelbar  ausgesprochene  Wahrheit  der 
Philosophie  vorgeleuchtet,  so  wie  Ja  die  Poesie  der 
Philosophie  vorauszugehen  und  dieser  den  Weg^  zu  zei* 
gen  pflegt,  ja,  wie  viel  Jacobis  Lehren  vom  Glauben 
und  Gefühl  zur  richtigem  Fortbildung  der  kantischea 
Lehre,  wie  diese  hesondere  dorch  Fries  ^eieislst 
wurde,  beitrug,  kann  nicht  Terkannt  werden;  aber  es 
mufsle  doch  erst  ein  acht  philosophischer,  scharf  den- 
kender Kopf,  wie  Fries,  kommen,  um  Jacobis  Ge- 
danken der  Philosophie  als  £igentham  au  gewinnen 
imd  ztt  sichern. 

Dies  wird  es  einleuchtend  machen,  dafe  es  ein 
grofser  Irithum  ist,  wenn  man  jetzt,  in  der  Absieht, 
dadurch  der  Philosopliie  einen  positiven,  lebendigen 
Gehalt  zu  geben,  der  Abstraction  willhührlicb  entge- 
gentrete, und  gewaltsam  den  Standpunkt  der  Ao- 
schannng,  der  Dichtung,  der  Ahndung  feethaften  wiB. 
Und  wenn  sich  hierans  einestheile  ergiebt,  dafs  sehr 
mit  Unrecht  von  dem  Verf.  dieser  Standpunkt  ftr  die 
Philosophie  geltend  gemacht  werden  soll,  so  bleibt 
dabei  anderotheils  der  historische  Werth  dieser  Dar* 
etellangen  ans  einem  Ar  die  geistige  Entwiekelntig  ir 
eerer  Zeit  so  bedeutenden  Gebiete  stehen. 

H.  8  c  hmii. 


s 

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Mfoi/iiei  Sjti«m  der  AetUieUk. 


101» 


Softem  der  Aesthetik  als  IV  is » en  $  chaf  t  von  der  Idee  de» 
Sr /i  o  71  en^  von  Christian  Hermann  fi^eifse^  Professor  an 
der  Universität  zu  Leipzif!^  f.  Hand.  Einleitung  nnd  da»  ertte 
Buch.  .Vr/ ti.  320  .V.  Leipzig ^  ?s auch y  \m^,  IL  Band.  Zwriteg 
ihuL  drittes  Buch  enthaltend.   524  ^.   Leipzig,  Hartmann ^  ItiSO. 

Vorliegendes  Werk  bietet  eineo  iloppeiten  Gesichts- 
paokt  der  Beurtbeilung  dar^  ^Melcbeo  wir  den  esoterischen 
«ad  exoterificheo  neoiieii  mochten.  Eines  TheiJs  nftm- 
Jkh  ieft  ee  eine  etrnif  wiMenschafftliche  Bearbeitung^  der 

Aesthetik  ,   und  macht  als  solche  einen  Theil  des  ge- 
fammten  Systeme«  der  Philosophie  aus,  wie  es  der  Verf. 
jach  denkt,  und  wie  er  es  hier  auszuführen  beginnt:  an- 
dern Xheile  aber  behandelt  es  doch  auch  die  einzeJoeh 
.GeDfeoetände  so  reichhaltige  nnd  aasfiühriich,  dab  es  da- 
doFch  tii<^ht  nnr  voti  den  sonstigen  sogenannten  '«rissen-  ' 
schaftlichen  Bearbeitungen  der  Aesthetik  sich  vortheil- 
baft  unterscheidet,  die  meist  so  abstrakt  und  scheniatisch 
bleiben ,  dafs  selbst  von  einer  nothdürftigen  praktischen 
Belebrnng  oder  Anregung  fiir  den  Künstler  kanm  die  * 
Bede  seya  kann,  sondern  durch  Gedankenrelchthum 
jwd  vielseitiges  Einjg^ehen  ins  Einzelne  sogar  vor  mancher 
empirischen  ßehaiHihing  dieser  Wissenschaft  einen  eut- 
«»chiedenen  Vorzug  hat.    Und  so  ist  es  für  den  Philoso- 
phen, wie  für  den  Künstler  und  jeden  Gebildeten  über- 
.iiaapt  gleich  beaebtenswerth ,  voransgesetzt  nämlich, 
dafs  der  Letztere  einige  Gewandtheit  im  Denken  nnd  ina  ^ 
Auffassen  eines  philosophischen  Vortrages  sich  erwor-  . 
Acn  habe/ 

t '  Was  nun  zuerst  den  speculativen  Standpunkt  des 
.Terfs.  belrifit,  so  schliefst  er  sich  an  Hegels  philoso- 

{bische  Methode  an,  zugleich  jedoch  dem  Geiste  dieser 
*bilosophie  und  ihren  Resultaten  auf  das  Entschiedenste 
•ich  entgegensetzend;  und  wiewohl  dies  die  oberfläch- 
lich Hinbückenden  nicht  abhielt,  ihn  zu  jener  Schule 
zuzählen,  sowie  die  Schule  selbst,  ihn  als  einen  ab- 
Monig  Gewordenen  anzufeinden,  so\ist  es  doch  diese 
•tgentbÜioKche  Haltung  eben,  welche  seinen  Darstel- 
Ittiigen  ein  besonderes  wissenschaftliches  Interesse  ver-  ^ 


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leiht  Der  Einfiprs  und  die  Bedeuiiio;  der  He|j^el- sehen 
Philosophie  filr  die  nächste  Vergangenheil  lifst  sich 

kaum  mehr  läugnen  :  aber  ihr  Inhalt  und  Hesuliat  hat 
sich  bis  zu  einer  Einseitigkeit  gesteigert ,  die  als  solche 
nicht  nur  ins  Unwahre  übergeht ,  sondern  in  ihren  Be- 
ziehungen auf  Religion  und  Christenihum.  sogar  zu  deo 
geist-  und  gemlithsverwirrendslen  Irrthttmern  Venuila»> 
sung  giebf.  Hier  ist  es  nun  Weifse's  Standpunkt,  sie 
über  ihre  abstrakte  Einseitigkeit  hinauszuführen ,  und 
was  sie  hierin  als  letztes  Hesultat  behauptet,  durch  die 
lintergeordnete  Stellung,  welche  es  erhält,  zu  einem 
relativ  Wahren,  also,  auf  die  höchste  Wahrheit  nur  Vore 
bereitenden  uod  durch  sie  eu  Berichtigenden  zu  niachea 
Bei  Hegel  ist  nämlich  —  wie  ihm  dies  ganz  in  Ueberein- 
Stimmung  mit  Weifse  auch  unserer  Seit»  mehrfach  ist 
nachgewiesen  worden  -r—  die  absolute  Form,  der  logir 
sehe  Procefs  des  Satzes,  Gegensatzes  und  dessen  Wier 
deraufoahme  die  eigentliche  Wahrheit  der  Welt,  d« 
Kern  und  das  Geheimnifs  aller  Dinge:  die  einzelnen  Ger 
bilde  der  Natur  und  des  Geisteslebens  treten  nicht 
etwa  nur  ein  in  diesfe  Form,  als  ob  sie  nebenbei  oder 
darüber  hinaus  noch  einen  Gehalt  und  eine  tiefere  Be- 
deutung hätten,  sondern  sie  sind  selbst  nur  die  ra^kr 
oder  minder  entfaltete  Selbstgestaltuog  jeder  absoluten 
Form,  die  Alles  ist.  Gott  selbst  aber  ist  diese  end- 
lose Weltdialektik;  aber  um  sich  als  dieses  zu  wis- 
sen ,  mufs  er  in  den  Procefs  des  Selbstbewufstse^^ns  ein- 
gehen, und  Mensch  werden,  der  wiederum  in  dem 
Philosophen  seinen  Gipfel  erreicht  In  der  Philosophie 
nämlich  erst  erkennt  Gott  sich  nach  seiner  WahrMlf 
turährend  Kunst  und  Religion  selbst  nur  vorbereitende 
Stufen  derselben  sind,  nach  welcher  als  dem  höchsten 
Ziele  der  Dinge  Alles  sich  hindrängt.  Lnd  so  ist  diese 
logisch  theoretische  Tbätigkeit  nicht  nur  die  höchste  d# 
Philosophen ,  sondern  Gottes  sogar  und  der  gesamiulei 
Schdpßing.  Dieser  merkwfirdigen  Conseqnenn  und  iil 
ihren  verstrickenden  Irrthümern  setzt  sich  nun  Weifse 
QberiiU  eutgegen ;  ihm  ist  d^s  Logische  recht  eig^tiidl 


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Weifte,  Syttem  der  Aettlietilt. 


im 


nur  die  Form  des  Denkens  wie  der  Dinge,  in  welche 
sich  der  wahrhafte  G  eha  1  tj  <lieWeh,  als  Schöpfung 
fies  lebendigen  Gottes ,  dessen  freie  That  sie  ist, 
hieineingestaltet.  (Th.  I.  S.  19»  29.  32  ff.)  Durch  die8e 
Wendung^  der  Sache  bekommeD' nun  auch  die.  eioselnea 
Theile  des  Sjrstenies  eine  ganz  andere  Stellong^  als  sie 
hei  Hegel  hatten,  und  so  nrnfs  a>ich  das  Verhälinifs,^ 
in  welches  Kunst  und  Religion  von  Hegel  zur  Philoso- 
phie gebracht  worden ,  bei  Weifse  gerade  das  umge- 
kehrte werden.  Bei  Heg^el  ist  die  Kunst  nur  die  ^pecu- 
lative  Wahrheit  in  äufseriich  unmittelbarer  Gestalt  und 
sionlicher  Gegenwart,  sowie  die  Religion  die  noch  in 
der  Vorsteliong  befangene  Hülle  derselben ,  welche  sich 
in  der  Philosophie  erst  zur  Tdlllgen  Klarheit  erhebt; 
bei  der ,  als  dem  Höchsten ,  es  sein  Bewenden  hat.  Bei 
Weise  wird  g^eiade  auf  entgegengesetzte  Art  jene  ab- 
strakte Klarheit  nur  als  die  formale  Grundlage  be- 
zeichnet, zu  welcher  sich  die  Schönheit  und  die 
Güte  (die  persönlich  selbstbewufste  Gottheit)  als  das 
Höhere  und  allein  Wahrhafte  verhalten«  Dies  bildet 
Mch  Weifte  die  beiden  erst  besehliefsenden  Theile  des 
philosophischen  Systemes,  Aesthelik  und  speculative 
Theologie,  in  welchen,  besonders  in  letzterer  Wissen- 
sclialt,  auf  die  daher  in  vorliegender  Aesthetik  Oberall 
'hingewiesen  wird,  seiner  Idee  zufolge  erst  der  höchste 
StamlpDokt  wie  der  letzte  Aufschlufs  über  Gott 
md  die  Dinge  gewonnen  werden  kann. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  der  wissenschaftlichen  Be- 
handlung des  geg(  nwärtigen  Werks,  so  begegnet  uns 
auch  hier  freilich  wieder  der  bekannte  Formalismus  der 
HegeTschen  Methode  :  wir  haben  hier  mit  einer  sub- 
jektiven, objektiven  und  Subjekt- objektiven  oder  abso-. 
huien  Fonn  des  Begriffes  der  Schdnhdt  zu  thnn,  nnd 
auch  fibrigens  wird  Alles  nach  der  bekannten  Triplicität 
eingetheilt  nnd  geschlichtet.  Dieser  zu  Gefallen  scheint 
nun  dem  Einzelnen  mancherlei  Zwang  angethan  worden 
zu  seyn  ,  nnd  Manches  blos  der  Symniefrie  wegen  seineu 

Phits  gefunden  zu  h^beu,  was  an  sich  vielleiqht  io  ein 


Mderes  VerhiHoirs  f  •treten  eejra  wlirda    Di  man  indflA 

bei  solchen  Fragen  über  die  Systematik  einer  Wissea- 
Schaft  dem  B^weilelten  oder  Gerügten  eig;entlich  immer 
gegenüberstellen  sollte ,  was  inan  nach  aigener  Meiouog 
Ar  das  Richtigere  hält,  dies  aber  itnai9glioli  Sache 
einer  Reoension  seyn  luinn;  so  wollen  %dr  nns  im  Fo(> 
genden  an  allen  solchen  Stellen  wenigstens  eine  Anfrage 
an  den  Verf  und  an  die  Mitbeurtheilenden  erlaubes. 
Nacb  unserer  eigenen  Ansicht  von  der  phdosophischei| 
Foroi  soU  diese  nirgends  ein  feitig  waedcrkolirettdel 
ficheina  durcbaiiflIhreB  bemüht  seyn,  sondern  sich  ga- 
atalten  nach  dem  Gegenstände  selb«!  und  dessen  mdk 
darbietenden  Kintheilungsgründen ;  es  scheint  uns  im 
Gegentheile  die  wahre  wissenschaftliche  Kunst,  den  Ger 
genstand  -zu  lasaen,  wie  er  ist,  «od  die  ihm  einge^ 
prfigte  Form  treu  wiedersiigebeo«  Dies  meint  freUich 
Megel  nach  5  indem  er  immer  behaoplet,  es  sej  nv 
der  Drang  der  Sache  selbst,  die  innere  ihr  eingebildete 
Dialektik,  welcher  der  Philosoph  zuzusehen  habe:  wo- 
bei nur  zu  bemerken,  dafs  sich  an  den  Proben,  die  tos 
ihm  darüber  ausgegangen  sind ,  die  Wahrheit  diessr 
Behauptung  kainesw^ges  ergeben  hat,  noch  weniger 
aber  ein  gültig  wissenschaflllieher  Grund  Torbandea  ist, 
um  die  logische  Dreitheiluag  auch  an  allen  coocreteo 
Erscheinungen  der  Natur  und  des  Geisteslebens  wiecler 
finden  au  wollen.  Ea  läfst  sich  Tielmehr  im  Voraus 
schon  erwarten ,  dafs,  wenn  für  die  abstrakten  logischsa 
Formen  die  Dreicahl  auch  die^  richtige  wäre ,  jenaa 
höher  stehenden  ,  coa::reten  Gebilden  auch  ein  compli* 
eirteres  Zahlenschema  —  wenn  man  einmal  ein  inneres 
BegriffsTerhältniis  durtsh  die  Zahl  ausdrücken  will  ^ 
«B  Cknodo  liegen  wet de.  An  sich  selbst  aber  Uiut  rM 
Maerea  BrachSeas  am  besten ,  den  freien  älick  hierftbü 
durch  solche  Willklhrlichkeiten  einer  oberflächlidisa 
Konsequenz  sich  nicht  selber  einzubauen,  sondern  wahr« 
haft  die  Sache  selbst  sich  fügen  und  gestalten  zu  lassen. 

Diesen  fbrmalen  Zwang  abgerechnet,  welchen  dsf 
Varf,  sich  auferlegt  hat,  ist  der  wiaseoschaftlioh«  ^fmg 


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iBit  «trenger,  tilchli|^«r,  nie  «blamnder  KooiequoiMi 

durclioefahrt;  ja  munchmal  scheint  die  Form  selbst  ihn 
auf  neue,  iihej  ias(  lu  luie  und  tiefe  Ansichten  g'eieitet  zu 
haben.  Wir  möchten  nämlich  solchen  äufseriichen 
Pormaiismus  in  . manchem  Betrachte  für  den  Philosophen 
mit  dem  vergieiclien,  was  der  Reim  dam  DinkCer  iti 
Gkicbwie  dieter  nämliob  dem  geielloeen  mencherlel 
Swangf  ottd  Leid  anihiit,  in  dem  ^entrollen  ^a^^egeA 
erst  recht  die  übern» sc heodsten  und  kühnsten  W  eiiilun- 
gen  hervurlockt :  so  «nag  freilich  dein  geistlosen  Nach- 
ahmer jener  Form  manches  überzählige  oder  fehlende 
Glied  für  seine  Dreiheit,  welches  ihm  dei  gftOBe  System 
m  rerderben  droht,  8orge  und  Plage  genug  ▼erurea^ 
ebeif ,  Proben  daTon  -liegen  in  allen  SchMerwerkeii 
vor,  welche  sich  in  diesem  philosophischen  Terzinen- 
gange versucht  haben ,  —  während  das  spekulative  Ta- 
lent auch  in  fiicsem  Zwange  noch  sich  jo  eist  reiche  zu 
bewegen  vermag^;  nur  möchten  wir  aber  dabei  bevor- 
werten,  dafa  avch,  wenn  er  glücklich  überwunden  oder 
ganz  yersteekt  wird ,  damit  noch  immer  oiebt  den  eigent«* 
Kch  wissenschafllielien  Anforderungen  ein  Genüge  ge- 
leistet ist,  weil  man  immer  der  Sache  äufserlich  ge- 
blieben. 

Der  wissenschaftliche  Gang  des  Werks  bewegt  sich 
nun  folgend ergestalt : 

Bie  Phantaeie,  welche  hier  mit  Recht  von  der 
Mofiien  Einbildongskrafi,  als  deren  Höherae,  aehdpfeH 

irisch  Gesteigertes  und  kunstgemälk  Ausgebildelet ,  m»* 
terschieden  wird  (Tbl.  1.  §.  30.  31.),^  ist  der  subjektive 
Geburtsort  des  Schönen  in  unsenn  Geiste.  Dies  tritt 
daher  zuerst  a)  in  uns  als  ein  völlig  Subjektivee 
hervor,  dessen  innere  Unbestimmtheit  eben  daranf  kio* 
'dentet,  wie  nahe  jener  Begriff  hier  noch  «eineai  Ui^ 
Sprunge  ist  HIemaek  wird  er  6)  anf  mnen  Gegen* 
stand  tibergetragen;  wir  bezeichnen  einzelne  Dinge  da 
Und  dort  als  schön,  trotz  ihrer  inneren  Verschieden- 
heit. Bald  aber  reinigt  sich  dieses  IJrtheil  wenigstens 
in  so  weit|  daüi  ans  dae  Schone  c)  ajs  JBigenachaft, 


im 

1 


aifl  bdber  Gemetnmnes,  Jenseiliges  filr  d!  jene  da- 

zelnen  Dinge  erscheint. 

Hiermit  hat  sich  aber  ein  Geg'ensatz  ausge^{) rochen 
zwischen  dem  Schönen ,  als  der  höhern ,  abstrakten  All- 
gemeinheii,  und  den  aufser  ihr  fallenden  äufserlicheo 
Objekten.  (Der  Verf.  drück!  dies  so  aus:  Dae  Schdae 
iet  ini  Gegeoeats  mit  sieh  selbst  gesetzt  Dies.scbeinl  ' 
mir  gerade  nicht  zn  folgen ;  es  ist  in  der  Reflexion  ▼ielmefar 
befreit,  abgelöst,  gereinigt  worden  von  dem,  was  ihm 
in  der  zufälligen  Aeufserlichkeit  meiner  Exi^^tenz  als  frem- 
des sich  beigesellt  hatte.  Es  ist  der  abstrakte  Begriff 
des  Schönen  liberbanpt  hergestellt,  der  an  sieb  reine 
und  gegensatslose ,  weil  er  befreit  ist  von:  seiner  zufül- 
ligen  Gegenstindlichkeit.)  Treliich  wird  dagegen  das 
Scbdne  in  dieser  Allgemeinheit  a)  als  das  Erhabene 
bezeichnet ,  worin  eben  der  Widerspruch  ^egen  das 
einzelne  Ding,  welches  in  sich  jener  Erhabenheit  nicht 
zu  entsprechen  vermag  und  von  ihr  negirt  wird,  zum 
Bewufstseyn  kommt.  *)  «Dieser  Widerspruch ,  diese  Un- 
angemessenbeit  des  Einzelnen  gegen  den  Begriff*  der 
Schönheit  steigert  sich  aber  ferner  bis  zu  dem,  was  wir 
'6)  das  Häfsliche  nennen,  welches  sich  nach  dem 
Verf.  am  Energischsten  in  der  phantastischen  Geister - 
und  Gespensterwelt  offenbart.  (S.  178.  190.)  Er  be- 
zeichnet die  Häfslichkeit  (S.  179.)  als  die  verkehrte 
oder  auf  den  Kopf  gesteilte  Schönheit,  nnd  die 
tiefe  Parallele  mit  dem  Bösen,  die  darin  liegt,  wird 
In  sehr  bezeichnenden  Analogieen  Ton  Ibra  ausgebildet« 
—  Aber  auch  dieser  Gegensatz  schlägt  in  sein  Gegen  - 
theii,  c)  in  das  Ko  mische  um,  das  sein  Wesen  in 
der  Anschauung  und  Darstellung  der  gemeinen  Wirk-* 
lichkeit  hat  (S.  207  ff.)  Um  über  diese,  wie  es  uns 
scheint,  gezwungene  Stellang  jener  Begriffe  den  Verf; 
selbst  näher  zu  Yernebmen ,  ffthr^n  wir  folgende  llbei^ 
sichtliche  Stelle  an  (S.  213.) :  „die  Komik  bleibt  nichtr 


'  *)  Oie  weitere  Entwicklung:  dieses  Begriffs,  und  die  bedentea^« 
SieU»  (S.  101.  SS.)  mulW  in  Werke  «eliift  lUMsligeleeeB  weHei^. 


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Weifte,  Syetom  tf«v  AoiiliHil^.  IM 

dabei  stehen,  wie  die  häfsliclie  Phantasie,  das 
Paradies  der  Schönluit  »in  einst  gewesenes,  aber 
verschwundenes  zu  beklagen,  sondern  sie  weifs  den  Be- 
griff alier  in  der  Phantasie  erscheimenden  Ahsolutheil 
als  etaen  an  sich  öfter  ooth wendig  verachwiMteo«* 
d(en  oder  nichtigen,  indem  sie  die  Bndliehkdt  des  mhr 
jectiven  ßewnfstseyns ,  d.  h'.  die  gemeine  Wirlslich- 
keit,  für  seine  Substanz  und  Wahrheit  er- 
kennt. Diese  Krkenntnifs  ist  nicht,  w\e  jene  vermeint- 
liche Erkenntnifs  der  häfslichen  Phantasie,  eine  Lüges 
dißnn  nur,  dafs  das  £wige,  was  wirklich  als  Bwtges  er« 
kamit  wird,  untergegangen  sey,  helfet  [gelogen;  nicbt 
aber,  dafe  die  unmittelbare  Gestalt  dieses  Ewigen 
in  der  Phantasie  keinen  Bestand  habe,  sondern  in  der 
endlichen  Subjektivität  aufgehe.'* 

Dafs  in  der  Aesthetik  überhaupt  der  Begriff  des 

Häfslichen  bestimmt  werde,  scheint  uns  wesentlich,  und 
indem  dies  in  vorlieg-ender  Aesthetik  zum  ersten  Mal 
geschieht,  ist  dies  schon  als  ein  Fortschritt  dieser  Wis- 
senschaft anzusehen.  Eben  so  treffend  parallelisirt  es  der 
Verf,  mit  dem  Begriffe  des  Bösen ,  scheint  lins  indefs 
diese  Parallele  nur  zu  isolirt  benutzt  zu  haben*  Wie 
nämlich  auch  dies  die  stets  begleitende  Negativität  und 
der  Widerspruch  des  Guten  in  allen  seinen  Ge* 
stalten  ist,  wie  jede  Tugend  in  ihre  Sünde  um- 
schlagen kann ,  keioesweges  aber  blos  ein  einzelner  dia- 
lektischer Uebergangsmoment  am  Begriffe  des  Guten 
seligst  ist:  so  yerhält  es  sich  auch,  dunkt  uns,  mit  dem 
HSfslichenf  es  ist  die  begleitende  Ironie  an  jeder 
Gestaltung  der  Schönheit;  jede  hat  ihr  Häfsliches  sich 
gegenüber;  nicht  aber  kann  es  als  einzelner  Moment 
im  Begriffe  der  Schönheit  selbst  betrachtet  werden  zwi- 
schen dem  Erhabenen  und  dem  Komischen,  wie 
hier  geschieht«       Wie  die  Erhabenheit  am  Niedrig- 


^  *>  Doch  wif4  diese  Bebaoptang  spilerhia  (ThL  II.  8.  14.) 
lam  Theil  berichtiget  and  Frieder  aa^ehoben«  Mem  dacelbet 


I 


k o mi s e h e wie  das  hohe  EbeDmafs  und  die  Harmonie 
der  ScliöoheU  überhaupt  aa  jedem  Uusj^mmetrischen, 
an  VarsemiD|^  und  Disharmonie  jeder  Art  ibreu  häTsU- 
eben  Gegeneats  bei  eieh  filhrl;  so  iai  jede  endlicba 
Geitait  dar  Schdnbaii  (wie  dar  Ta/gfend ) ,  abaa  ab 
solche,  von  ihrem  Feinde  bedroht,  und  der  Versur- 
chung  auagesetzi,  in  die  ihr  noch  verwandte  „Seibsi- 
.  varlcehrung"  des  Häfslichen  überzugehen ,  go  wie  ja 
der  Var£  aalbst  böcliat  beaeiebaattd  aaf  diaa  aligamci» 
nera  Varbiltalfe  hiadeutet,  wann  ar  (SL  186  ff*  sagt, 
dafs  manche  Kuostprodukte.,  die  man  vielfach  für  schön, 
ja  fUr  Werke  ersten  Ranges  angesetieo  habe,  in  Wahr- 
heit für  häfslich  au  halten  seyen,  —  eben  durch  jeM 
Salbat^aralriekaog  ihm  Urbabera  ia  des  Baodea  «äiwf 
SubjektivitSt  oder  dea  Zaitgeschraacbas.  DabeT  4mm 
auch  die  Schwierigkeit,  den  Begriff  des  Komischen  mi 
Lächerlichen  zu  bestimmen,  so  lange  man  beides  als  eine 
Gestalt  und  Eigenschaft  der  Schönheit  betrachtet,  und 
nicht  als  ein  im  Uebergaoge  in  ihr  Gegentbeil  Be* 
griffenes;  weahalb  einige  entscblosseoe  Aestbefiker  alcb 
nicht  enthielten,  dem  Komiseben  ganz  den  Antheil  am 
'  Begriffe  der  Schönheit  zu  entziehen,  was  sie  wieder  in 
andere  unzulässige  Folgerungen  verwickelte.  Als  die 
Vermittelttog  zwischen  beiden  scheint  ans  nämlich  diu 
bewttfste  poetische  Ironie,  der  Hamor,  gefafst  ve{^- 
den  zu  müssen,  der  eben  dem  Komischen  allein  w. 
poetische  zugleich  und  schöne  Element ,  die  Folie  gleich- 
sam für  seinen  Glanz',  Unterlegt,  und  dessen  Begriff 
bisher  viel  zu  eng  gefadst  worden  ist.  Bei  unsenn  Verf. 
.  sind  alle  jene  Begriffe  nun  in  ein  Verhältnifs  gabracht« 
wie  es  dem  gewöhnlichen  Bawafttsejrn  derselben  utui 
f  ihrer  Anwendung  im  Einzelnen  nicht  ganz  entsprecbea- 
möchte.  Das  HäfsJiche  soll  in  der  phantastischen  Ge- 
spensterwelt, in  den  Gestalten  dea  Todes  und  der  Verj 


ausdrücklieh  zugestanden  wird,  dafs   „das  Häfs liehe  in 
allen  übrigen  Sphären  der  Scböaliai|  all^rtfiBf^^ 
wie4erke||reA  könnci** a.  w.  •*  v*"* 


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\y«ir»e ,  Sjiteiu  der  Aetihetilr. 


wesuagf  yorzügiieh  seioen  Ausdruck  tinclen.  Was  das 
Letetere  betrifft,  so  scheint,  was  Häikücheii  darin  uäre» 
QMhr  Kkel  erregender,  also  gemeio-phjfitscher  Natur; 
iiii4  «las  speeifiücbe  Geapenslergratfeii ,  ja  GaMelacui 
mddite  mil  dem  WeMii  des  HifeUoheD  wenig  gami»' 
haben,  das  hSufig  gar  keinen  widtij^fn  Eindruck  sn- 
machen  braucht,  wenn  es,  als  Komisches,  gerade 
am  stärk&jten  wirkt.  Noch  mehr  aber  8oll  das  Komische 
und  die  gemeine  Wirklichkeit  der  direkteste  Gegen- 
aals und  die  Auihebong^  ciea  Häfslichen  aeyn,  eine  Be-t 
himiilting^  Mrelcbe  jeiMm  g:erade  den  reichsten  Bodeaiy 
Am  niedrig:  Koniaehe,  raubt,  daa  recht  eigentUeh' 
in  der  häfsUchen  (gemeinen)  Wirklichkeit  verkehrt»; 
Fefetzubalten  ist  dagegen  ohne  Zweifel  der  direkte  Ge- 
g^osat«  zwischen  dem  Erhabenen  und  dem  Koini- 
«€ben,  wie  er  wenigniaan  hier  mitteibar  aiifgeatelU  und 
habuiptel  wird«  , 

Indem  wir  rascher  die  andern  Theiie  des  reich- 
haltigen Werkes  durcheilen  müssen,  genfige  die  An- 
deutung des  wissenschaftlichen  Fortganges  mit  einzefnen 
Kfirzern  Bemerkungen.   Im  dritten  Abschnitt  des  ersten 
Buchs  wird  die  Phantasiethfitigkeit  ganzer  Vdlker  und 
Zeitalter  dargestellt,  als  den  Begriff  der  Ideale  erzeu- 
gend;  es  giebt  hiernach  drei  gleichfalls  processirende 
Stufen  der  weltgeschichtlichen  Idealbildung,  das  an-' 
üke  Ideal  (die  Mytlioiegie  der  Griechen;  w«bei  wif 
mur  den  Orient  vermissen»  dar  sieh  ahaehtn  Tor  den- 
opncrn  Ftnrsehungen  immer  reicher  und  unterschiedli* . 
eher  gliedert.    Sollte'  seiner  Mythologie  das  Element 
der  Erhabenheit  und  Schönheit  ganz  abgegatjgen  seyn?) 
—   das  vornan  tische  Ideal  —  (die  Sagenwelt  des. 
Mittelalters)  und  das  moderne,  daa  ijt  der  philoso- 
phisch-ästhetischen Denkweise  der  neuern  Zeit  swm 
Dursteilung  findet. 

Das  zweite  Buch  enthält  die  Lehre  von  der 
Kunst,  und  bezeichnet  den  Uebergang  der  vorher  noch 
•nlijektiYen  Phantasiethlltigkeit  ,iu  objektiTMi  Da- 


I9ti  ,  Weifsc,  Spatem  der  jiestlietik. 


seyn  iind  äufserer  Wirklichkeit.  Hieraus  ergiebt  sich 
eine  symmetrische  Gliederung  der  verschiedenen  Kunst- 
formeo,  oder  der  einzelnen  Künste,  und  zwar  nach 
dein  inniern  Fortschreiten  Tom  Abstraktesten  zum  Con- 
ereteren,  wo  die  Tonkunst  TorangeBteUt  wlrd^  weil 
sie  als  die  einfachste  noch  gar  keinen  gegenständli- 
chen lühalt  hat ;  die  Poesie  dagegen  ist  am  liöchsten 
zu  stellen ,  weil  sie^  des  reichsten  und  mannigfachsten 
Inhalts  fähig  ist.  (Die  sogenannten  verschönern- 
den  Künste,  wie  die  scttöne  Gartenkunst  u.  s.  w.  sind 
dabei  mit  Recht  gans  aus  dem  Gebiete  der  Kunst 
verwiesen.  Uebrigehs  ist  dieser  ganue  Abschnitt  auch 
im  Einzelnen  auf  das  Reidiste  ausgeführt  und  voll 
von  g(  ist  reichen  Winken  und  treffenden  Bemerkung^en 
iiber  die  einzelnen  Kunstgebiete,  auch  in  ihren  neue- 
sten Erscheinungen  und  Tendenzen."  So ,  was  über 
die  historische  Darstellung  (ThI.  11.  S.  283  ff.),  üb«r 
die  lyrischen  Dichter  (S.  289.) ,  über  den  wahrhafitea 
Charakter  der  Landschaftsmalerei  (S.  431.) /wobei  eine 
Vergleichung  mit  den  neulich  erschienenen  Briefen 
von  Carus  über  denselben  Gegenstand  sehr  interesr 
sant  ist),  über  die  Gattungen  des  Stils  (S.  464.)  und 
60  vieles  Andere,  gelegentlich  weiter  ausgeführt  wird.) 

Das  dritte  Buch  zeigt  uns  die  Schönheit  endlich 
in  ihrer  absoluten  Gestalt;  es  ist  der  Genius,  der 
individualisirte ,  Mensch  gewordene  Geist  der 
Schönheit.  Und  dies  ist  ohne  Zweifel  der  originalste 
Abschnitt  des  ^ganzen  Werkes ,  indem  der  Verf;-  hitar 
Ideen  einer  philosophischen  Behandlung  unterwirf!,  'diu 
theils  noch  gar  nicht,  theils  nicht  in  <k  r  Aesthetik ,  oder 
überhaupt  nicht  systematisch  behandelt  worden  sind-; 
nur  Pia  ton  und  Jacohi  haben  gelegentlich  an  sie  ge-» 
streÜL  — 

(Der  B99ehlu/9  folgt.) 


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N^  65.    HEIDELB.  JaUKB.  b.  LlTEHATUiL  1881. 


WeiJ^se,  System  der  Aesthetik* 

\h  e  9  c  h  l  uj  s.J 

Der  Genius  in  subjektiver  Gestalt  1)  ist,  was 
U'ir  Schönheit  der  Seele  neoaen  können,  in  drei- 
facher Art,  als  Gemttth  (wobei  wir  auf  den  höchst 
eigeDthfimlich  eDtwickelten  Gegensats  von  Geist  tind 
Seele  aufmerksam  machen,  der  auch  sonst  wohl  iriet- 
fach  zur  Sprache  kommt  (8.  372  ff.),  als  Talent,  und 
als  Genius  (im  engern  Sinne).  In  letzterm  durchdringt 
sich  lebendig  Gemüth  und  Talent,  worüber  Neues  und 
Treffliches  gesagt  wird,  wie  über  die  Weltgeschichte 
liehe  Bedeutung  desselben.  —  Die  objektive,  unmit- 
telbare Form  der  Erscheinung  des  Genius  2)  ist  nun 
Euerst  die  Naturschönheit,  sich  darstellend  in  dem 
Totalbilde  der  selbstlosen  iVaturdinge;  sodann  der  phy- 
siog  nomische  Ausdruck,  als  die  unmittelbare 
und  äufser liehe  Gestalt  einer  geistigen  Individualität 
Überhaupt,  wohin  der  Verf.  auch  das  rechnet,  was  in 
der  Kunst  Stil  und  Manier  heifst,  das  unmittelbare  und 
oft  nnwlllk&hrliche  Sichgebehren  derselben  in  der  ein'» 
seinen  Persönlichkeit.  '  Endlich  findet  er  drittens  die 
höclistc  objektive  Gestalt  des  Genius  in  der  Natioual- 
ßitte,  als  dem  Ausdrucke  der  Volksindividualität,  und 
seiner  unmittelbaren  Aulfassung  und  Gestaltung  der 
ästhetischen  Ideen  (Thl.  II.  S.  473.).  Aber  warum 
nur  der  ästhetischen,  und  nicht  auch  der  rechtlichen 
und  sittlichen?  Ueberhaiipt  drängt  sich  in  dieser 
Sphäre  der  Betrachtung,  was  hier  freilich  nur  ange-* 
deutet  werden  kann,  die  Sittlichkeit  so  nahe  an  den 
Begriff  der  Schönheit  heran,  dafs  beide  kaum  ohne  ein- 
ander scheinen  recht  begrifieu  werden  zu  können,  ein 
Umstand,  auf  welchen  wir  überhaupt  bei  dieser  Gele- 
genheit hinweisen  wollen.   Es  konnte  nicht  fehlen ,  dab 

XXIV.  Jahrg.  10.  Ueft  65 


14)26 


Weifae,  Syatem  der  Aesthetik. 


auch  der  Verf.  bei  dem  Vielblick  und  der  Tiefe,  mit 
welchem  er  seinen  Gegenstand  behandelt,  stellenweise, 
besonders  im  letzten  Abschnitte,  daran  hinstreifea  muüste, 
doch  scheint  er  jenen  Parailelisrnns  nicht  fest  genug  imi 
Auge  gefafst  KU  habeA.) 

3)  Die  absolute,  Subjektives  wie  Objektives  io 
sich  zusammenfassende  tiestalt  des  Genius  ist  endlich 
die  Liebe.  Ueber  die  merkwihrdige  Theorie  derseU 
ben,  welche  der  Verf.  entwickelt,  hier  nnr  so  viel: 

Der  Begriir  der  Schönheit  verlangt  die  Doppelheit 
eines  Angeschauten  wie  Anschaueuden.  Ei  n  s  e  i  t  i  g  ist 
dieser  Procefs  in  <ien  bisher  betrachteten  Gestaltungeo 
derselben  durchgeführt  worden;  wo  immer  ein  an- 
schauendes, geniefsendes  Subjekt*  einem  Objektiven  ge* 
genfiber  blieb.  Daher  ist  eben  das  wechselseitige  Sicli- 
anschauen  und  Geniefsen  in  seiner  Schönheit,  die 
Wechseldurchdringung  dieses  Anschauens  und  Geschant- 
werdens  nach  des  Verfs.  Behauptung  das  Geffihl  der 
Liebe,  was  sich  nun  wiederum  dreifach  gestaltet,  zu- 
nächst als  platonische  Ltebe,  worin  die  Anschan,. 
die  adorirende  Verehrung  des  geKebten  Gegenstandes^ 
noch  das  Vorherrschende  ist;  sodann  als  Freund- 
schaft,  uiul  endlich  am  Höchsten  den  Gegensatz  aus- 
gleichend und  völlig  vernichtend,  als  Geschlechts- 
liebe. —  Damit  ist  aber  endlich  —  was  zugleich 
auf  das  Verhähnifs  der  AesthetHc  'ZU'  der  steh  daratt 
reihenden  spekalatiren  Theologie  hindeutet,  wie 
der  Verf.  sie  auszuführen  gedenkt  —  die  Grundlage 
zu  dem  höhern  Begriffe  der  Gottheit  gegeben,  M 
welchem  erst  das  rechte  philosophische  Verständnifs 
Gottes  und  seines  Verhältnisses  zur  Welt  sich  ergeben 
soll  (S.  485.  u.  523.). 

Schon  diese  letzten  AndeutuDgen  werden  gewif« 
jeden  Denker  auf  das  verheifsene  Werk  des  Verfassers 
über  spekulative  Theologie  aufmerksam  machen,  zumal 
wenn, er  in  demselben  mehr  mpcbf  als  ei  ift  ^^M. 


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Schreiben  eiue«  Urauntcbweigm. 


10X7 


Aesthetik  geschehea,  bei  der  Darstellnog  deo  äufser- 
lieh  dialektischeo  Apparat  der  fk-eiern  Beweg^lichkeil 
und  Klarheit  des  Vortrags  opfert   Aber  auch  jetzt 

schon  scheidea  wir  mit  auiVichtigem  Daok  Qnd  Hoch- 
achtung- von  dem  Verfasser,  und  können  den  Wunsch 
üicht  bergen,  daüs  unsere  Anzeige  dazu  beitragen  möge, 
mn  ideeoreiches  Werk  dem  allgemeioen  Gedanken«» 
rerkehre  nneerer  Zeit  elwaa  näher  zu  bringen. 


Schreiben  eines  ßrautischweigers  an  einen  auswärtigen  FVeunrf,  die  Er-- 
richtung  einer  Universität  oder  (eines)  polytechnischen  instituta  in 
Hrauntchweig  betreffend.   Braunschweig  1831.   39  S,  8. 

Ref.  kennt  weder  den  ungenannten  Verf.  dieser 
Schrift ,  noch  die  Veranlassung  derselben ,  noch  auch 
den  Einflufs,  welchen  dieselbe  auf  die  Ausfuhrung  des 
vergesclilagenen  Planes  haben  kdnnle  j  erlaubt  sich  aber 
flir  den  Fall ,  dafs  letzterer  nicht  gann  unbedeutend  seyn 
sollte,  einige  bescheidene  Zweifel  gegen  die  aufgestellten 
Behauptungen  und  Vorscliläge  vorzubringen.  Im  Ganzen 
wird  die  Ecole  polytechmque  in  Paris  als  ilas  non  pbu 
»itra. eines  Institutes,  selbst  durch  die  Ausrufungen: 
Hdrti  hört!  auf  eine  Weise  geschildert,  daft  man  glaa» 
ben  sollte,  alles  Wichtige  und  Nützliche  in  Naturwis* 
seoschaft  und  Technik  müsse  in  den  neuesten  Zeiten  aus 
dieser  Quelle  ausgeflossen  seyn,  dagegen  aber  kommen 
die  lastitute  in  Wien ,  Prag,  Berlin  a.s.  w.  tief  iuSchat* 
tenztt  stehen.  Keiner  von  denen,  die  mit  der  Geschichte 
und  dem  jeteigen  Standpuncte  der  exacten  Wissenschaften 
vertraut  sind,  wird  den  hochberühmten  Männern,  La 
Place,  Le  Geadre,  Poisson,  Cauchy,  Monge, 
Hachette  u.  s.  w.  ihre  ausgezeichneten  Verdienste 
absprechen  wollen,  auch  haben  manche  Zöglinge  jener 
Schule,  z.  R  Biot,  Arago,  Gay-Lussac,  Pon- 
celet  u.  A.  die  Gründlichkeit  des  erhaltenen  Unter- 
richts sattsam  beurkundet;  eben  so  beo^reiflich  ist  es 
lagleich,  dab^  wenn  ein  Staat  wie  Frankreich  alle  fllc 


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IIM  Schniben  einet  Brnuuecliwelgere. 

seine  verschiedenen  Zwecke  erforderliche  Praktilier  in 

einer  einzigen  Central -Anstalt  bilden  läfst,  in  einer  sol- 
chen schon  der  Natur  der  Sache  nach  grofsartige  Mittet 
mit  glänzenden  Erfolgen  vereinigt  werden  müssen.  Ob« 
gleich  aber  auch  noch  in  diesem  Augenblicke  der  Stand« 
punkt,  auf  welchem  sich  die  mathematischen  Wisseo» 
Schäften  in  Prankreich  befinden ,  gebührend  hochgestrfit 
werden  mufs,  so  darf  man  doch  die  Bemühungen  anderer 
Länder  deswegen  nicht  zu  tief  herabsetzen.  Die  feinste 
geodätische  Operation  ist  in  Teutschland  gemacht,  die 
Volta'sche  nnd  Zambonische  Sänie  ist  in  Italien,  der 
Elektromagnetismus  in  Dänemark  erfunden,  die  Undida- 
tionstheorie  ist  in  Teutschland  begründet,  und  wenn 
gleich  der  berühmte  Interferenzenversuch  auch  in  Paris 
aufgefunden  seyn  mag,  so  hatte  Thoni.  Young  den- 
selben doch  bereits  viel  früher  in  den  jML  Trmn^  be- 
kannt gemacht,  Navier's  Kettenbrflcke  stfirste  zusam- 
men, die  Construction  der  später  erbaueten  aber  wurde 
nach  einem  englischen  Muster  ausgeführt ,  und  für  die 
Dampfmaschinen,  Eisenbahnen  u. s.  w.  stehen  die  Eng- 
länder  noch  immer  als  Meister  oben  an.  Obgleich  es 
daher  in  Frankreich  allerdings  viel  Licht  giebt,  so  litt 
sich  der  vorhandene  Schatten  dem  unpartheiischenBeob* 
achter  doch  nicht  ganz  verbergen.  Die  Institute  und 
der  Unterricht  in  Wien  werden  durch  unsern  Verf.  sehr 
herabgesetzt,  aliein  wenn  e9  ihm  gefallig  wäre,  an  Ort 
und  Stelle  naehzusehn,  so  würde  er  bald  finden,  dais 
namentlich  v.  SUingshausen,  Baumgartner  iiad 
Baron  Jacquin  an  der  Universität  unglaublich  nel 
leisten,  wie  auch  schon  die  Zeitschrift  der  beiden  er- 
steren  genügend  zeigt,  nud  wenn  das  polytechnische 
Institut  nicht  In  allen  Stücken  die  gehegten  Erwartungen 
befriedigt,  so  hat  dieses  in  manchen  schwer  zu  besä^ 
genden  Verhältnissen  seinen  Gruiid;  im  Ganzen  aber 
darf  man  nur  das  unermefsliche  Prachlgebäude  mit  seinen 
von  Schätzen  strotzenden  Sälen  betrachten  und  die  Lei- 
stungen des  gröfsteu  Theiis  der  dort  unterrichteten 
Schiller  kennen  lernen ,  um  gegen  dieee  gsoÜNurtige  An** 


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Sülii-tiiben  eioea  Hrauotchweigera.  lOM 

stalt  die  gebührende  Achtung-  zu  erhalteo.  Dafs  das 
Studium  der  Malhematik  im  Ganzen  in  Teutschland  mclU 
T^rnacUässigt  werde ,  beweisen  die  vielen  grandlich  ge* 
bildeten  Mathematiker ,  die  grdfklentlieile  blos  anf  dttrftig 
nährende  Lehranstalten  beschränkt  sind ,  statt  dafs  Frank- 
reich eine  grofse  Menge  seiner  Schüler  für  die  prak- 
tische Laufbahn  in  Anspruch  nimmt,  in  der  Cliemie  sind 
die  Teutschen  hinter  ihren  Nachbarn  gewifs  nicht  zu- 
rück, von  der  Physik  aber  sagt  Biot  selbst ,  dals  er 
sie  in  Paris  nur  popuür  vortragen  dttrfe ,  und  wenn  dieses 
auf  unsern  Universitäten  noch  mehr  der  Fall  ist,  so  Hegt 
die  Ursache  hiervon  nicht  an  den  Lehrern,  die  sich 
rücksichtlich  ihrer  Kenntnisse  gröfstentheils  anderweitig 
genügend  legitioiiren ,  sondern  an  dem  Umstände ,  dafs 
nnr  die  Mediciner  und  Cameralisten  diesen  ZM^eig  der 
Wissenschaften  für  ihr  Studium  als  unentb^rlich  oder- 
mindestens  nötzlich  ansehen,  die  weit  zahlreicheren  Ju- 
risten und  Theologen  dagegen  nur  der  praktischen  Zu- 
stutzung ftir  ihre  künftige  Amtsthätigkeit  nachstreben. 

Die  Haupttendenz  der  vorliegenden  Schrift  ist,  zu 
zeigen )  dals  Braunschweig  nicht  füglich  die  Kosten 
f&r  eine  grofse  Universität  aufbringen  könne »  dafe  da- 
gc^^en  das  CoUeghm  Carolmum  schon  jetzt  eine  Menge 
Hulfsmittel  darbiete,  um  in  eine  grof«artige  pol;jrtech- 
nische  Academie  verwandelt  zu  wertien.  Unter  diesen 
werden  der  physikalische  Instrumentensaal,  gröfser  als 
ihn  das  polytechnische  Institut  in  Wien  aufzuweisen  hat,*) 
das  chemische  Laboratorium,  die  Sammlung  der  geodfi* 
tischen  Apparate,  nnter  denen  ein  12zdlliger  reichen- 
bach'scher  Theodolith  den  ersten  Platz  mnnimrot,  die 
Naturalien  des  Musenms ,  ein  Herbarium  vom  Hofrath 
He  11  \v ig  und  die  Mineraliensammlung  des  Colle^iums 
besonders  angeführt  Diese  sollen  die  Grundlage  einer 
groTsartigen  Anstalt  abgeben,  auf  welcher  der  Uiaiver- 


*)  Ref.  kennt  i!cn  Brannschweiger  Saal  nicht,  wcifs  aber,  dals  die 
bekannte  liieBen-Elcktrisirinaschiiie  in  Wien  mit  ihren  Batte« 
rieen  aiiein  einen  ziewUch  groUen  Saal  füllt« 


1060 


Schrailieii  eioeo  BrMUitcliirolgefft- 


oalil&t  w^gen  auch  eio  bischen  Theologie  uud  Jurispru- 
deDZ  gelehrt  werden  infisse ,  weil  die  Universitäten  ebeo 
dofch  die  Allgemeinheit  der  auf  ihnen  gelehrten  WiMe»- 
echaften  rar  höheren  Bildung  der  Studierenden  wirken, 
die  Chirurg^ie  aber  zieht  der  Verf.  ganz  eigentlich  in  den 
Kreis  seiner  neumodigeti  Lehranstalt,  und  es  soll  hierfür 
das  schon  vorhandene  chirurgische  Institut  verwandt 
werden.  Letzterer  Vorschlag  kann  wohl  nicht  anders 
ala  dem  Leaer  ein  Lächeln  ahndtbtgen,  indem  der  Verf. 
Tergeasen  hat,  dafs  Ifir  einen  gründiidien  CMrurgea 
Anatomie,  Ph^raiologie ,  PbanHasie,  Materia  medica, 
selbst  Pathologie,  Klinik  und  Entbindungskunst,  ai§o 
genau  alles  das,  was  eine  medicinische  Faeultät  leistet, 
ganz  unentbehrlich  ist.  Mit  dem  Bischeu  Theologie 
und  Jurisprudenz  dürfte  das  Bestreben  des  Verfa  nach 
Tieft  und  GrQndItchkeit  gewaltig  ins  Gedränge  kom- 
men, sein  Plan  im  Ganzen  geht  aber  darauf  hinans, 
ein  Institut  zu  errichten,  welchem  eine  eigentliclie  theo- 
logische und  juristische  Facultät  fehlen,  wo  dagegen 
die  philosophische  und  die  dieser  zugleich  angehörige 
medicinische  in  höchster  Vollendung  und  von  gtöfserer 
Wirksamkeit^)  als  die  Universitäten  sie  darbieten,  vor- 
handen seyn  sollen,  wobei  er  jedoch  wegen  der  medi- 
cinischen  Wissenschaften  noch  mit  sich  selbst  nicht  im 
Reinen  zu  seyn  scheint,  indem  er  im  entworfenen  Plaoe 
blos  von  Chirnroi(^  und  Thierarzneikunde  redet.  Ref. 
hegt  hiergegen  das  Bedenken,  dafs  die  Theologen  und 
Juristen  nur  Bücher  bedürfen  j  die  für  diese  Fächer 
immer  noch  am  leichtesten  anzuschaffen  sind,  die  bst 
unerschwinglichen  Kosten  der  größeren  UniYerntiteD 
werden  aber  eben  durch  die  übrigen  Disciplinen  her- 
bei^ieführt,  und  der  Verf.  kommt  sonach  mit  sich  selbst 
in  Widerspruch.  Namentlich  ist  filr  die  Nautik,  die 
er  mit  aufnimmt,  eine  Sternwarte  gans  unentbehrlicbt 
die  bekanntlich  allein  oft  mehr  kostet,  als  eine  gaoae 
UniTersität  von  mittlerem  Range,  und  wozu  sein  12aäl- 
liger  Theodolith  und  ein  Fraunhofer  von  3  Zoll  Oeff* 
nung  doch  schwerlich  auslaugen  würden.    Die  zahl- 


.  j  1^  d  by  Googl 


SchteÜMa  eine«,  Brauo«cliw«igef«* 


mal 


reichen  und  theuern  Zeitschriften,  welche  selbst  die 
reichsten  Uoiversitäten  kaum  vollständig  herbeizuschaf- 
fen vermögen,  die  kostbaren  technischen  Kupferwerke 
(Telford*B  Beschreibttog  der  Meoai^Ketleabrücke  allein 
kostet  t  und  auf  feinem  Papier  10  Lstl.),  die  physi- 
kalischen und  chemischen  Apparate  und  insbesondere 
die  zahlreichen  Modelle,  welche  in  grofsem  Mafsstabe 
ausgeführt  seyn  müssen,  wenn  sie  nützen  sollen,  und 
so  vieles  andere  scheint  der  Verf.  bei  seinem  kühnen 
Projecte  gar  nicht  vor  Augen  gehabt  zu  haben,  oder 
0r  hat  erwartet,  daft  die  freigebig  spendende  Zcat  (!) 
4liese8  alles  bringen  würde ,  da  er  sehr  naiv  sagt :  „Ein 
angemessenes  Akademiegebäude,  welches  alles  vereinigt, 
würde  die  Zeit  von  selbst  schon  bauen." 

Als  Endresultat  dieser  im  Alig eineinen  nicht  un- 
wichtigen Betrachtungen  geht  wohl  unverkennbar  her- 
vor, dafs  die  teutschen  Staaten  aus  Rücksichten  auf 
ihre  obwaltenden  unabänderlichen  Verhältnisse  wohi- 
thun  werden,  die  HQlfsmittel  zur  gründlichen  wissen- 
schaftlichen Bildung  nicht  zu  zersplittern,  sondern  auf 
den  Hochschulen,  für  die  doch  einmal  vieles  gesche*. 
hen  mufs,  zu  vereinigen,  aufserdem  aber  in  andern 
Städten  nach  dem  Verhältnisse  ihrer  GrÖfse  angemes- 
sene Realschulen  für  Künstler  und  Handwerker  zu  er- 
richten, deren  Wirksamkeit  jedoch  ausschliefslich  auf 
das  Praktische  und  Elemeufare  gerichtet  sej^n  mufs, 
ohne  sich  in  die  höheren  Sphären  zu  versteigen  und 
durch  ein  unvollendetes  Streben  nachtheilige  Halbwis* 
serei  und  verderbliche  Frojectensuclit  zu  erzeugen. 


KÜRZE  ANZEIGEN. 

■"  I  II  I  I 

der  G^mtuttten,  wie  auch  für  Bürger  und  gebüMe  Landkvie»  Ek 
£eAr-  und  Lwebuch,  enthaittnd  EMund€t  NuHirUkre,  Naiur^ 
aekrtSbung ,  Menaehetdekre  uttd  GewJkMt«.  Btrmu^^^gt^ 

vermehrte  Auflage.   Aachen  1681.  821  8,  gr.  8. 

SlMes  Buch  rnilmlt  irirklich  dttsjeni^e  ,  irM  auf  dem  Tit«l 
aagvgelmi  ist,  nämlich  dasNölbigste  nml  WisteiMwuriligste  ans  den 
genannten  Disciplinen  elementar  Torgetragmi,|||ld  kann  daher  allerdinga 
anch  «U  Real-Buch  beim  Unterrichte  in  Elamentar-  and  Bürgerschulea 
ÜMieB.  Für  die  anter^n  RImmh  der  Gjamasien  ist  es  jedoch  nach 
Unaem  Ansteht  nicht  geeignet,  und  swar  nicht  etwa  auR  dem  in  dM 
Varrede  widerlegten  Grunde^  nämlich  weil  sein  Inhalt  für  Gymna- 
iSaiten  Yon  XO  bis  12  Jahren  in  dar  8ten  und  5ten  Klasse  su  niedrig 
aey,  sondern  weil  für  die  la  den  ernsten  Stadien  bestimmten  Schäler 
der  anteren  Klassen  ein  soieliar  Real -Unterricht  noch  gar  nicht  ge- 
hört ,  diese  vielmehr  sich  ernstlich  mit  der  Erlernung  der  alten 
Sprachen  nnd  der  hierzu  gehörenden  Hulfsmittel  beschäftigen  müs- 
sen, ohne  hierbei  durch  die  weit  leichteren  und  interessanteren  Rt  al 
Stadien  serstreuet  und  abgezogen  zu  werden.  Schon  die  Teod^nz 
nach  grundlicher  Bildung  auf  den  Gymnasien  erfordert  aber,  (laf^t 
die  für  den  Unterricht  in  den  Realien,  wozu  nur  Geographie,  Ge- 
schichte, Mathematik  und  Physik  gehören  sollten,  zu  wählenden 
Lehrbücher  jeden  dicker  7^\\v\'^c  aussrhlic Tslicli  ,  zujrlcich  aber  in 
gröfserem  Umfanfre  und  in  mehr  wisnenschriftUcher  Form  enthrtUen. 
Dn^eg^en  Ktirnnit  Ref.  ^()llknln^len  mit  dem  Verf.  öherein  ,  wenn  er 
diesee  Uiich  Bürgern  und  geliildcten  Landleuten  Tnm  Lesen  empfiehlt, 
aber  ein  Irrthnm  ist  es,  w.enn  or  glaubt,  dnfs  diese  sich  die  Zeit 
mit  dem  Lesen  des  Till  EiilensiiicgeU  und  des  gehörnten  Siegfri^^i 
verkürzen;  dieses  »i^esrhieht  jetzt  nieht  mehr,  sondern  sie  vergifteJi 
ihr  riehtigeH  Lrtheil  und  luiturlich  gutes  moralische«  Gefiihl  darch 
das  Legen  der  zahllosen  Pamphlets,  worin  mit  schamloser  Frechheit 
alles  Heilige  und  Ehrwürdige  zerrissen  und  besudelt  wird,  damit 
ihr  betäubte»  GewiBsta  ihnen  niclit  dns  Unrecht  einer  Tödtiing-  der 
edlen  Zeit  und  UebcrlüUung  mit  sinnlichen  Genüssen  vorhalten  mog«< 

Ref.  hat  das  Buch  mit  g-rofsem  Vergiiü|:^en  gpelescn,  und  kaan 
es  mit  gutem  Gewissen  als  zwe^^kmiifsig  und  sehr  nutzlich  empfeh- 
len, selbst  für  die  heranwachsende  Jugend  beiderlei  Geschlechts  wird 
d»a  IieMn  deaselbcii  uni^leich  nütaUcher  seya  aU  d«a  der  Romans 


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nad  Mer  SeVssipiel«,  Im  Mfern  dto  Wahrlieit  jederzeit  eiamgiortih 
Yonng  vor  der  £rdiclitaiig  b«haaptcn  niiiri.  Der  Verf.  bat  aa«  d«a 
|fewfthlt0ii  Disciplinen  das  Wiuenswnrdigtte  niitgetheilt ,  eeine  Dar- 
rtellmig  itt  lebendig  und  dem  jagendlichen  oder  minder  gebildetes 
FastnngaTermogen  angemeMen,  insbesondere  aber  ist  dto  Torherr« 
sehende,  zur  Zufriedenheit,  Thätigkeit  und  zur  Dankbarkeit  für  dae 
yiele  dem  Menschen  zu  Tbeil  werdende  Gute  führende,  Tendenz  des 
Ganzen  sehr  lobcns^  i'rth.  So  gern  übrigens  Ref.  dieses  Urihcil  nne- 
epiiclit,  eben  no  dringend  füitfert  es  seine  Pflicht,  die  ihm  aufgefal- 
lenen Fehler  einzeln  namhaft  zu  machen,  damit  sie  in  einer  folgen- 
den Auflage  wo  möglich  verbessert  werden. 

Zuvörderst  läuft  durch  das  ganze  Buch  eine  Abweichung  Ton  ' 
der  üblichen  Rechtschreibung  mancher  Worte,  wofür  zwar  in  einigen 
Fallen  sich  ein  Grund  auffinden  Ififst,  allein  wenn  jeder  Schrirtsteller 
nach  einem  von  ihm  gewühlten  Principe  die  gangbare  Orthon;niphie 
andern  will,  so  mufs  zuletzt  eine  babylonische  yerwirri]n<^  cntHtehea, 
und  atii  dUcn  Fall  gehört  nur  das  einmal  Bestehende  utul  allgemein 
Lebliclie  für  junge  Leute  und  Leser  von  nicht  eigentlich  wissen- 
achaftlicher  Bildung,  weil  dieie  daa  ihnen  Gegebene  alt  Autorität 
Mraoliteii,  wovon  aie  keine  eigentliche  B^clienichnft  abzulegen  ireru 
aiignn*  Beiiplele  dieter  Sehreibnfi  eind  fblgendo:  Se^e»  Bineliöffet 
Komete ,  Aengelland,  Märgel,  geleecht,  Aeime,  Aodeirtelne,  effttot 
milbdrnii»  Boliindigkeil,  Aente,  Litoho,  teidrengen»  «nd  iriolleieiil 
«och  nndere«  die  ftef.  dberaebon  hat.  HimiekiUeh  den  Snehinlielto 
oliid  nichralle  einielne  Oiseiplinen  gleieh  gni  bearbeitet,  weawegoa 
«•  am  beeten  «eyn  wird ,  jeden  Abechnltl  für  Mch  nn  benrtlieilea. 

Daa  Werk  beginnt  mit  «incm  wobl  geiathenen  Abrilb  der  allge* 
amiaen  Krdknade,  jedoeii  zollten  billig  die  epater  nodmiale  Torkom* 
meaden,  fnr.den  jetafgen  Standpunkt  der  Wimenschaft  ganz  naetnt^ 
Baftea,  vier  Elemente  der  st  holaetieelMn  Physik  nicht  aafgenommon 
eoya«  aach  sind  Steppea  keine  aatgedehnte  eingeeebleeeene  Tbüer, 
aoadefB  unübersehbare,  meiatens  mit  hohem  Grase  bewaebwaOf 
Ebenen.  Ueber  den  zweiten  Abschnitt,  die  mathematische  Geogra- 
phie, lafst  sich  das  namlicbe  Urtheil  fällen;  kleine  Unriebtigkeiten 
aber  sind  die  nach  Hcrschel  auf  der  Sonne  angenommenen  sehr 
hohen  Berge,  die  aber  unstatthaft  sind  ,  weil  fiie  nicht  durch  die 
hypothetische  I<ichtatraoRpbäre  hervorragten  tind  unter  dieser  der 
Dunkelheit  wegen  nicht  sichtbar  seyn  können  ,  auch  würden  bei 
einem  iJrd- Globus  von  21  Fufs  Durchmesser  die  höchsten  Berge 
nicht  Sandkurnchen  gleichen,  da  ^ie  auf  solchen  von  18  Zollen  schon 
0,25  Linien  betragen.  Die  beiden  letzten  Abschnitte  di^er  ersten 
Ahtheijung^  nämlich  die  £rdbe8chreibiin^  nath  Naturgrenzen  mit 
besonderer  Rücksicht  auf  Europa  und  die  «taatliehe  Erdbcschreibting 
Kuropa's  stehen  den  ersteren  nicht  nach,  nur  weifs  ninn  nicht,  was 
"  miNi  Tpn  dem  Fehler  p.  lü.  dcnkea  soll ,  dafs  das  Seewamer  mkJi. 


Ilojrle  45  mal  Mkwoiev       aafiM»  Wasser  mj,  auch  ist  der  Rhem- 
lliU  bei  MbafhauMA  oor  «Iwa        keuMiwega  aber  89  Fufs  hoch« 
immI  die  sonderbar  gestalteten  Namen  xveier  Flosse ,  der  Sau  usd 
Pr»ii,' ••Ilten  billig  in  den  Geographien  richtig,  nämlich  Saw  (lies 
Sawe)  und  Draw  (gesprtclia»  Dmwe,  nach  der  dortigen  Anaipraelia 
des  W,  z  B.  in  Wrbna,  ausgesprochen  Werbna)  angegeben  werden. 
Weit  weniger  kann  Ref.  seine  Zufriedenheit  mit  der  zweiten  Ab- 
ÜMiilung,  näiulich  der  Natur  lehre ,  und  mit  dein  ersten  Absehnttte 
der  dritten  Abtheilung,  näwiioli  der  Mineralogie,  bezeugen)  weil  in 
beiden  sehr  arge  Schnitner  verkomaieaf  wodnrcli  der  übrigens  klare 
Vortrag  des  Richtigen  auf  eine  vnengcnehine  Weise  geetert  wird. 
In  der  Physik  namentlich  kommen  wieder  die  vier  Elemente  vor, 
«a4  no  wird  dann  vnn  der  reinen  Erde  geredet,  da  ee  doch  entweder 
deren  mehrere  oder  gnr  keine  giebt.    Eben  so  ist  es  naeli  S.  121> 
nicht  dae  SUdigaa,  weiches  durch  den  Procefs  dee  Atlupens  uai 
Verbrennens  erzengt,  von  den  Mannen  aber  Aufgenommen  aad  ser* 
legt  wird ,  sondern  das  kohlaaMaiia  6aa  «der  die  Kohlemtare ;  was 
aailen  aber  Kinder  denken,  wenn  S.  13€L  gegea  ihre  Erfah- 
rang  behauptet  wird ,  dafs  ganz  kaltes  Wasser ,  an  einen  glühendea 
Ofen  geliracht ,  gefriert.   Dafs  sehr  kalte  Gefäfse  in  der  Wirrae  eine 
•Kiirinde  erhalten  und  erfroVeae  Glieder  durch  Schnee  aufgethaaet 
werden,  ynkrt  nicht  daher,  dals  sie  durch  die  Warme  anfängU^ 
kälter  werden ,  sondern  das  Bretere  ist  Folge  der  niedergeschlagenen 
and  auf  sehr  kalten  Körpern  gefrierenden  Wasserdänste,  wie  S*  14S. 
richtig  erklart  wird,  der  Schnee  im  letateren  Falle  dient  alier  daza, 
die  Wärme  langsam  eindringen  an  lassen,  und  dadurch  eine  Zer- 
eetaung  der  Säfte  an  Terhnlen.  Die  Spiegelfolie  besteht  nicht  aas 
Qaecksiiber  oder  geschlagenem  Zinn,  sondern  aus  beiden  zugleich, 
und  wenn  S.  14li.  die  Empfindung  des  Erschlagen  Werdens  durch  den 
Blitz  als  höchst  fürchterlich  und  gräfslich  angegeben  wird,  so  ist 
.  dieses  eine  einzelne,  aber  nach  zahllosen  anderen  Erfahrungen  uod 
in  Folge  der  Theorie  nicht  richtige  Behauptung,  da  der  elektrische 
Sehlag  die  Nerven  zu  schnell  betäubt,  als  dafs  eine  EmpflnduDg^ 
mdglieh  wäre,  die  erst  bei  und  nach  der  Wiederbelebung  allerdings 
als  sehr  unangenehm  eintritt.  In  der  Mineralogie  möchte  es  für  den 
vorliegenden  Zweck  immerhin  angehen,  dafs  zuerst  die  Erden,  dann 
die  sogenannten  vulkanischen  Erden ,  Steinarten  und  Edelsteine  ab- 
gehandelt sind,  der  0iamant  nicht  unter  die  verbrennlichen  Körper 
gerechnet  wird  u.  s.  w.,  aber  der  gleich  anfangs  aufgestellte  schwsii« 
kende  Begriff  von  Erde  ist  gar  zu  unwissenschaftlich ,  und  dafs  d«t 
Glimmer  wegen  enthaltener  kleiner  Metallblättchen   |2:lanzeB  soll, 
ein  zu  arger  Verstofs.    Von  dem  vielen   in  Rufsland  varhandenea 
Platin  konnte  der  Verf.  schon  dareh  die  Zeitungen  Nachritlit  haben. 
Dem  ganzen  Absclinitto  ,  auch  wenn  man  sich  blos  auf  populäre 
Koaatnisift  beecbränkea  will,  iet  eine  gäaaliche  Umarbeitaag  t 


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IM 


iHkimhen  ,  mm  i—fctJWiMlere  die  ▼«nrirrang  s«  entferiMii ,  welclM  in 
deo^enigeo  liemelie«,  wm  von  den  Snhaa  und  Sinrati  gesagt  lit. 
Vngkieli  beater  Itt  der  AlMclmltt  Ton  de»  Fllannen  ImM^beitel«  wenn 
gieicli  der  Anfnng,  aber  die  Beetandtheile  derselben,  Einiges  «i  wAb- 
•eben  Abrig  Iftfct ,  nnd  minientlleb  der  Kleber  mit  Lekn  nieht  iden- 
liieh  ist,  noch  bester  nber  Ist  der  Verf.  In  de«  SSeelogie  in  Hnnse, 
nnd  eelbet  die  vierte  Abibellung ,  welche  in  drei  Abeehwilten  vtttti 
Kitrper  dee  Menecben  t  wn  der  Seele «  'Hiren  Krifflen  nnd  Fihighei- 
ten  ,  und  endlieh  Ton  den  wiehtigeten  Geenndheiteregeta  handelt» 
bildet  ein  wohlgelungenee  Games ,  den  bleiben  Yerstofs  S.  M.  ab- 
gerechnet, dar«  die  Lungen  nicht  eowehl  den  Lebenseteff  (was  elgent- 
li«h  niehfe  sagt) ,  als  TielniehT  dae  Saaeretnll|s;ne  aufnehmen ,  nneh 
darf  Wehl  nicht  an  unbedingt  gegen  Kopfbedeckungen  geeifert  wer- 
den, wie  Beerhanve*s  bdcannte  Vorschrift  beweiset,  noch  nuch  dbi 
Lnftigltelt  der  Sehlafgeinftcber  als  erste  und  irorsfigllcbste  Bedingung 
erecheinea,  da  bekanntlich  alle  Thiere  enge  nnd  warme  Räume  anm 
Ifdcbtlager  suchen.  Ble  Warnung  ^,  ITl.  gegen  den  Schnupftabak 
mmf;  hingehen ,  obgleich  die  Thalsache  fblsch  ist  Die  fünfte  Ah- 
theilong  eiTdllch  enthftlt  in  swel  Abeehnitteii  auent  eine  allgenleinn 
Geschichte und  dean  eine  beriondere  tou  Preulhen.  Auf  lielde  palWt 
«ollkemmen  das  Urtheil,  welchee  Ref.  fiber  das'Werk  Im  i^llgemel- 
aeu  Buigesproehen  hat. 

M  u  n  e  k  9* 


iitat  in  tisch'  t  op  o  r  a  p  h  i  s  r  h  e  Sc  kilderung  von  Rheinbaicrn. 
f^on  G  Fr  Kolb.  1  Tliüil,  dk  Statistik  enthaltend.  —  Speier 
1831 ,  in  der  J.  C.  Kolb'schen  Buchhandlung.  8.  (PreU  1  fl.  ZI  kr. 
auf  $clireibpapicr  2  fl.)* 

Das  Wesen  der  Statistik  ist  utoslreltig  *ieht  auf  Inbeliu- 
rieche  Formen  und  troekeae  AuMhlnng  der  Gegenstattde ,  welche 
sie  behandelt,  einsttscIiTinlien $  wie  auch  Jetat  noch  Mandker  nach 
•tffcter  Obeemina  an  glauben  scbefail.  Tlelmebr  Ist  mit  der  eo  noftlh 
wendigen  Prftcislon  und  GHIndflclikelt  augleieh  eine  hdhete  nnd 
edlere  Tendenx,  nftmlich  die  lebendige  und  klare  Daretellung  de« 
physischeb ,  moraltsehen  mnd  poUi^*^^  Znstaodee  der  lAnder  und 
Tdlker  an  rerblnden.  Daher  Ist  klar ,  duAi  dieser  Eweif  der  Ute-* 
rbtur  nicht  blas  als  ein  meebunlecher  Gehnife  der  Gesehlehte  und 
Erdbeschrefbnng,  sondern  im  wdrdigen  Vereine' mit  deneelben  auf 
dem  Slundpnnkte,  den  beide  Jetat  einirehoMn,  emcheineYi  «olle.  Na- 
mentlich hat  Seh  User  durch  «eine  gele»-  und  li^ittolle  Erwellertfhg 
der  Sttttlstik  ein  wisoeuecbafllieliee  Vorbild  gcfeben,  welche«  zu  er* 
fefiehen  der  ümechwung  nnd  dae  Fortichreitea  der  politischen  Ideen, 
der  Staats  -  uad  RellgiensTcrfessnngen  und  der  feistigen  sowdhl  aili 


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IMS  O.  Fr.  tLM^  SMhMa  vm  AlMiRM«rii. 

•etbil  4er  p!i  jtUehea  Knlliir  den  stetiaüschen  Schriftatelier ,  bcson- 
dien  da  Miffurdern,  fruchtbarer ,  berichtigfcnder  Vergleichung 

4m  ffrAb«rai  mit  dtm  gcgenwarligea  ZiMtMid  battpUachlieb  dU  Re4e 
•ejrn  murik 

Wendet  man  dieie  GrundtätM  auf  dM  Torliegende  Werk  aoi 
dMMO  Verf.  durch  g«gchichtliche  und  geographische  Schriften  be- 
reits auf  eine  lob«uwertbe  Weite  Fleifs  und  Kenatniste  nebet  eiMC 
patriotisch  nutsUclMi  Tendenz  seiner  Bemühungen  bewiesen  hat,  ta 
darf  Ree.  Tersiehern ,  dafa  sich  dasselbe  durch  Planmäfsigkeitt  un-  • 
ermadelen  Flcifs ,  Genaalgkeit  und  anziehende ,  j^edicgeae  Darstel- 
lung empfiehlt ,  die  freisinnige  Ansicht  des  Autors  in  Bezug  aaf  In* 
•tittttioncn  und  Volkalabea  offaabart  and  dareli  die  den  Orte-  aad 
SMtbedürrnissen  angeniesaene  Gesinnung  für  constitutiaaalle  Ord- 
nung, Gesetz  und  Rechtlichkeit  sich  sehr  nUmiUch  aaaaeiehaat 
Dem  Ref.  ist  keine  Arbelt  dieser  Art  über  irgend  einen  aadera 
deutschen  Staat  bekannt,  die  ihren  Gegenstand  ToUkommener  er- 
sohöpfta.  In  folgerechter  Ordnung  wird  in  ^mehreren  Unterabthei- 
laag^aa  des  Landes  Zustand  in  ph^^sischer  Hinsicht ,  in  Beaag  anf 
geographische  Lage ,  Beschaffenheit ,  Nati9nalcharakter  u.  s.  w.  als 
Basis  des  Ganzen  vorgeseichnet ,  sodann  ist  über  Institutionen ,  Kreis- 
Terfassung,  Ackerbaa,  Industrie,  Handel,  Finanzen,  Justizverfas^ 
sung,  Polizei,  Militär,  Kirchcnsystcin ,  Erziehungs-  und  Bildungs- 
anstalten  u.  s.  w.  anschaulich,  nach  allen  wesentlichen  Umständen, 
in  einer  nicht  gedehnten  Mnnier  berichtet  In  derj]  Einleitung  wird 
der  Zustand  des  Landes  vor  seiner  Vereinigung  mit  Baiem  geschil- 
dert ;  am  Schlufs  des  Gafi?:cn  folgen  Berichtigungen  und  Nach- 
träge, ferner  ein  bcrcchneiuler  Anhang  über  verschiedene,  in  dem 
Werke  vorkoramcudc,  adniinUtrative  und  gerichtliche  Gegenstände, 
und  die  Beifügung  eines  SaclirrgiKtcrR.  Zudem  sind  die  bei  einer 
Beschreibung  von  Rheinlmict  n  anwendbaren  Quellen  (Charten ,  Ge- 
setzsammlungen,  ofßcielle  und  niehtofficiell^  Schriften) ,  mit  kurzer 
Angabe  ihrer  Vorzüge  oder  Mängel,  angezeigt.  Aufser  dem  Brauch- 
baren ,  das  der  Verf.  in  einigen  derselben  fand ,  bat  er  mancherlei 
ungedruckte  Notizen,  und  die  eigenen  reellen  Kenntnisse,  welche 
er,  wie  man  schon  aus  andern  gemeinnützigen  Schriften  von  ihm 
ersieht ,  von  dem  inneren  und  äufseren  Zustande  seines  Vaterlandes 
crlnn>;tr  ,  als  Hülfsmittel  benutzt.  Zur  Grundlage  des  Systems,  nach 
welchem  sein  Werk  bearbeitet  ist,  schien  ihm  das  von  CA.  Fi- 
scher in  Reinem  trefflichen  „Grundrifs  einer  neuen  systematischen 
Ilarsteliung  der  Statistik  als  Wissenschaft.  Elberfeld,  1§29/'  auf- 
gestellte das  zweckmäfsigste ,  wovon  er  jedoch  in  versohiedeaea  Ab" 
theilungen  ganz  oder  theilweise  abzuweichen  Grund  fand. 

Noch  cxistirt  keine  Schrift,  welche  einem  grofsen  Theii  der 
Inländer  und  den  Bewohnern  der  Nachbarstaaten  die  gehörige  Aof- 
Märaag  über  die.  VarbiUaiM«  dea  Abciafcraiiea  g^n  köaati»,  wah- 


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FallnaiiB,  St jlitclies  Elemcatarbnch  n,  Pkraktltciie  Rhetorik.  IMY 

iMkl  ioeh  dertelbe  d«refa  eeiiie  coaitftatloiielltt  iiiid.  Iftnger  ■duHi 
erprobte  Blniehtongen  in  muchea  Pankt^n  mit  Recht  als  Maeter 
sa  betraehtea  wire.  Ebea  deswef^n  eiad  hier  manehe'Farthiea«  aa- 
BMBtlleh  daa  Jaetiaweeen ,  aaailAhrlich  behaadelt 

Saehfcaadige  werdea  diese  erete  Tollet&adige  Statietik 
Ebel abai erat  ala  eia  aoihweadi^s  Haadbucli  fAv  dea  Biaheiari- 
whea,  den  ee  am  geaaae  Keaatailb  eeiaee  Yaterlaads  au  tbna  l«t, 
aber  aaeh  ale  eiae  willbommae  Kraeheiaang  fär  dea  Aaew&rtlgea « 
der  dch  Mr  deeeea  Lage  ia  phyeiecher  aad  intelleetaeller  Bla- 
liebt  belebrea  will ,  begrälbea.  Ee  kaaa  aogleieh  ale  elehereHAlAH 
faelle  bei  Torlesaagea  Aber  dea  aagewaadtea  Th'eil  Jener  Wiieea« 
•cbafl«  oad  ale  aweekmAriiger  tieltfadea  bei  dem  hdberen  Ojmaa^ 
•ial-  aad  Scbalaaterricht  dieaen. 

Der  B,  Baad»  welcher  die  Ortebeeehreiboag  CTopograpM«) 
eilbilt,  eelt  baMmdgUebet  folgea.  Draek»  Pftpier  aad  Freie  eat- 
■pfwbea  dem  Eweek  der  Aibeil  aod  weideo  Ihre  Aawendbarkeit  be« 
firdeta.  Dr.  ^««Itif. 


1)  StyljetleeAee  J^lementarbiteb  oder  'Er§i€r  Cur 9m9  der 
St^lühungen,  mtkaiUndt  elae  kun^  Anleitung  mum  gnHn 
Shßt  eine  große  JnnM  At^gaken  emeoM  s»  eiaeefaen  Fbrd^on- 
gea,  olf  ttueh  ea  lieteArelftaagea,  ErzdMmgen,  Abkandhingen  ^ 
Brünen  tind  GeteAdj/iltaaftiltse»  alter  Art^  nehti  einer  Adfte  Bei^ 
Ingen  dfter  Gramaiatib«  TSMmnren  «.  e. «.  fBr  Anfänger  hn  eeftrfff-  , 
Hdkea  Fortrage  und  nur  SeibetbMkrung  leetimmi,  «en  Cb.  F.  Falb- 
el a  an»  tÜretL  JApp.  Rath  und  Lekrer  am  ^ßpnnanum  au  Delmold« 
Dritte  verbeeHrte  und  bedeutend  vermehrte  Aefuge.  Banmawr 
18tl.  Im  Verlage  der  Hakn*eehen  HeifbuMmnAhmg.  FIH  und 
M  8.  Ia  gr.  B. 

2)  Praktische  Rhetorik  für  die  obem  Klassen  der  Schulen  und 
sunt  Selbstunterrichte  t  ah  zweite  völlig  umgearbeitete  und  vielfach 
erweiterte  Ausgabe  des  Hülfsbuchs  der  deutschen  Stylübungen  von 
Ch.  F.  Falkmann ,  Fürstl.  Lipp.  Rath  und  Lehrer  am  Gymna- 
sium  "ZU  Detmold.  (Mit  dem  Motto:  Der  Buchstabe  tödtet ;  über 
der  Gtiat  macht  Lebendig,  2  Cor.  0  )  Hannover  1831.  Jm  Ver^ 
läge  der  Höhnischen  Ho/buchhandlung,    JX  u.  526  iS.  in  gr.  6. 

No.  1.  Die  aweita  Auflage  dieeee  dareh  ReicbhaUlgbelt  und 
MiaBigfaUigkeit  dee  Inhalte  eo  wie  aweekmifelge  Einrichtung  für  den 
Gebianeh  beim  Unterricht  sich  empfehlendea  Bochee  i«t  in  diesen 
BUttem  Jahrgg.  1828.  S  528  ff.  aaeh  Verdienst  aagezeigt  wordea. 
OiTs  wir  ans  in  unsern.  Erwartongen  nicht  getnuscht  haben,  leigt 
das  schnelle  Erscheinen  dieser  dritten  Auflage,  in  welcher  des 
^erfs.  beeeerade  Uaad  nicht  blos  in  Tielen  einzelnen  Zusätzen  und 
TerbeMeraagea »  wie  ale  för  dea  Eweek  dee  Bache  dieoileh  ereehi^ 


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I 


neiit  Boiidern  auch  in  mehreren  neu  hinzogekommenen  Absr.hnitteR, 
'  wie  dies  Damcntlich  Lei  den  Beilagen ,  und  den  darin  enthaltcnet 
grammatischen  Erörterungen  der  Fall  ist ,  bemerklich  wird.  Wal 
den  Inhalt  und  die  Anordnung  I>ütrifl*t,  so  verweisen  wir  aof  dt« 
frühere  Anzeiii^e ,  da  der  Verf.  dariti  Nichts  geändert  und  s^btt  m 
den  Nuramerii  (wan  uir  sehr  Lilligen)  keine  Veränderung  vorge- 
nommen hat  ,  um  die  Iruliereu  Aiisgahen  nicht  unbrauchbar,' zu  ma- 
chen. Etnplehlung  von  unserer  Seite  wird  ein  solches  Buch,  das 
sich  in  Kelincll  iinf  einander  foli^eiuien  neuen  Auflagen  schon  hinrei- 
chend durch  sich  selbst  empfohlen  hat,  um  so  weniger  bedürfen, 
als,  die  vielseitige  Behandlung  des  Gegenstandes  und  die  Zweck- 
ruärsigkeit  der  gegebenen  Aufgaben  betrifft,  die  dritte  Auflage  vor 
den  Irühcren  nur  den  Vorzog  verdient.  Wenn  dtesen  Elementar« 
bucli,  was  die  Uebungeo  im  deutschen  Styl  anseht,  fnr  den  Unter- 
richt des  Sehiüera  den  ersten  Cursus  bildet,  so  bildet  die  unter  No  2, 
verzeichnete  Rhetorik^  welche  an  die  Stelle  des  vor  acht  Jahren 
von  demselben  Verf.  bearbeiteten  H  ü  1  fs  b  u  c  h  e  s  der  deutschen 
Stylübungen"  getreten  ist,  dazu  den  KWeitm  Curaus.  In  einer 
dritten  Schrift  („Methodik  der  den  t  sehen  S  t  y  l  ü  b  u  n  p^en, 
182;5.  2te  Aufl.  Hannover  b,  Hahn)  hat  der  Verf.  die  Grundsätze  und 
Ansichten  niederp^elcgt ,  Melehe  ihn  bei  Abfassung  dieser  Werke  lei- 
teten, sie  soU  iur  den  Lehrec  das  sf^n,  Wim  die  beiden  audera  für 
•lleil  Schüler. 

No.  2.  Was  nun  zunächst  die  Rhetorik  betrifft,  so  haben 
wir  auch  hier  umfassende,  gründliche  und  zweekmäfsige  Beband- 
lungsweise  in  gleichem  Grade  anzuerkennen,  wenn  wir  nicht  unge- 
recht gegen  den  Verf.  sejn  wollen.  Nach  einer  Vorrede  für  den 
Schüler,  Zweck  und  Bestimmung  der  Schrift,  so  wie  l'mfang  und 
Inhalt  derselben  naher  ihm  bezeichnend  ,  folgt  die  Einleitung  oder 
die  allgemeine  Rhetorik  in  fünf  Capiteln  ,  die  von  der  Epigraphik 
(Lehre  vom  Thema),  Heuristik  (Lehre  vom  Stoffe),  Oekonomik  (von 
der  An>vetulung  des  Stoffes),  Phrastik  (von  der  Einkleidung  des  Stoilk 
in  Worte)  und  Epanorthotik  (von  der  Verbesserung  schriftlicher  Ar- 
beiten) handeln.  Das  Werk  selbst  zerfällt  in  drei  Hauptabtheilun- 
gen,  von  denen  jede  wieder  in  zahlreiche  Unterabtheilungen  und 
Abschnitte  zerfällt.  Die  erste  Abtheilung  befafst  die  Vorübungen 
(d.h.  solche  schriftliche  Arbeiten,  durch  welche  einzelne  l'heile  des 
Sprachdarstellungsgeschäftes  gelehrt  und  eingeübt  werden  sollen), 
die  zweite  die  Hauptübungen  (d.h.  solche  Arbeiten,  w^elche  ein 
in  sich  abgeschlossenes  ,  im  Leben  oft  vorkommendes  Ganzes  bilden, 
wo  also  sämmtliche  etylistische  Regeln  zu  lerücksichtigen  sind), 
die  dritte  Abtheilung  die  Nebcnubungen  (d.h.  solche»  die  nicht 
für  jeden  Schüler  und  in  jeden  Lehrplan  passen,  %vovon  albo  nur  IR 
gewissen  bestimmten  Fällen  Gebrauch  zu  machen  ist ,  weshalb  der 
Verf.  hier  kürzer  war,  als  bei  den  beiden  andern  Ab6chnitteo)t 
welche  sämmtUch  poetisch  sind.   Die  erste  Abtheilung  oder  die  Vor^ 


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B.  H.  TOD  der  Hade,  'S|«wlilflliN. 


übuDgen  serfallca  «Mm  itt  gffRMiMitfMhe  «od  in  ilietoriMilw ,  jeM 
in  die  Satilefani'aiNl  in  die  SatSTcrliiadaiigsMire «  Mi9  wicwkrnn 
in  «iMa  thesfotitcliMi  naäl  pvaltthcfien.Tlieil;  dieaa  enthalten  INeye* 
«itionen  4er  vmcliiedentten  Art,  Eedefigmea ,  Velierg&iig;«  «ad  Ab^ 
wedieloag  im  Anedradll,  Die  Ilanptäli«ng^en  entlailten' ia  eiaev 
ReiliefTM  Abechaitleaj  BeiebreibnngeB«  Eraililaagea ,  Ahliandlan* 
gen«  Briefe,  GeeeliftftsaaieRtoe ,  Redea,  Vebertragaagen  (aae  dem 
de»  Lateiaieebea«  Fraaadiieciwn  and  fiaglieebea),  Na^afamaaKen, 
Aaeaage,  Comneatare  oad  Beartheilvagea  i  Alles  in  angeneMeaer  ' 
VolUtandiglteit,  aber  aurli  Lebendigkeit  aad  Anschauikhfceit  ^orge* 
tragaa  uad  bölAet  swcckmäriig  eingertcbtet.  Auch  Ton  der  dritten 
Abtbeilung«  wenn  tie  gleich,  dem  oben  bemerkten  Zwecke  des  Verfi. 
gemäüb,  aioht  den  Umfang  hat,  in  welchem  die  beiden  andehi  Ab- 
,  tbeilvagea  ansgearbeitet  aind»  läfst  sich  im  Ganzen  daRitelbe  rnh-' 
aMti  f  snmal  da  der  theoretische  Theil ,  welcher  die  H^^eln  der 
<laat«chen  Prosodik,  Rhythmik  und  Metrik  enthält,  mit  vieler  Sorg- 
falt abgcfafet  iet.  Drei  Beilagen  und  ein  doppelte!  Regiiter  buh 
ehea.dea  Seblara. 


JCietne  deutscht  Sprac  hte  hre,  Tunacftst  ftir  Töchter-  und  Hur- 
^erschufen.  Mit  einem  Anhange  fthfcrhaftcr  Aufsätze^  -i/r  rich- 
tigen Anwendung  der  gesehenen  Regeln  und  zur  Vermeidung  der 
gewöhnlichsten  Schreib  -  und  Sprac^ehler  ,•  von  Bern  har  d  H  ein- 
rick  von  der  Hude,  Pastor  an  der  Marienkirche  zu  Lübtxk. 
Sechste,  aufs  neue  durchgesehene  Ausgabe.  Lübeck ^  in  der  Rohden*" 
sehen  Buchhandlung.    1830.    Xil  u.  260  Ä\  in  8. 

Torstehende  Ausgabe  wurde  nach  des  Yerfs.  Tode  von  der 
Verlagshandlung  besorgt,  ohnedafs,  wie  in  der  Vorrede  getagt  wird, 
etwas  Wesentliches  Teränttcrt  worden  iat.    Ob  wirklich,  wie  es  ebenda 

S.  X.  heifst,  ein-AcIne  Regeln  näher  und  schärfer  bestimmt  oder  er- 
weitert worden^  kann  Ref.  nirht  nnehweiten,  weil  demielben  die 
früheren  Ausgaben  ni(  ht  zur  Hand  sind. 

Bei  einer  Spnn  hlehre  für  Tochter-  und  Bürgerschulen  darf 
man,  wie  von  dem  Verf.  mit  Recht  in  der  Vorrede  S  I  lienierlit 
wird,  ii;raraniati«ehc  Begriffe  nn  ht  voraussetzen,  wie  in  den  soge- 
nannten Mittetsehulen  ,  in  welchen  durch  Erlernung  des  Lateinischen 
der  Grund  zu  aller  Sprachkenntnifs  gelegt  wird.  Dennoch  müssen 
aber  die  Schüler  mit  solchen  Begriffen  in  soweit  bekannt  gemacht 
werden,  dafs  man  auf  den  durch  sie  gelegten  Grund  ullen  weiteren 
Sprachunterricht  bauen  kann,  obgleich  wiederum  eine  zu  groTäc  Aus- 
führlichkeit, welche  eine  Menge  von  Regeln  und  Beispielen  aufstellt, 
leicht  Terwirren  kann,  und  bei  aller  Vollständigkeit  dennoch  manche 
Lücke  für  einzelne  Fälle  übrig  lassen  würde.  Eben  so  wärea  itrei^ 
aebulgeteebte  Befinitionen  hier  nicht  immer  am  rechten  Orte,  «ondera 


B.  H.  ▼•a  der  Hud^,  Sprachlehre« 


es  mÜMen  die  Regeln  so  gegeben  werden,  dafs  der  Schüler  sich  von 
der  Richtigkeit  dersfUicn  überzeup^t.  Dies  j^cfichieht  aber  Torzüglich 
durch  gut  gewählte  Uci^piclc.  Auch  crgclifint  ca  keineswegs  zweck- 
märsig,  die  lateinischen  Kunstausdrücke  mit  ({cutRchen  zu  vertäu» 
sehen,  wie  z.  B.  Müller  in  sL-incr  Lehre  der  deutschen 
Sprache^'  (Berlin  18üf).)  pi^etiian  ,  und  Suhject  etwa  ---  S;itz-' 
griirtdlage  oder  Grund  ding,  Prädient  —  Auesage,  Cojjula 
—  B  i  n  d  Ii  n  ET ,  alle  drei  zusammen  Urredestande  zu  nennen. 
Mit  solchen  Ausdrücken  verbinden  sich  oft  X<iebenideen ,  velche  tu 
falschen  Vorstellungen  führen. 

Diesen  eben  ausgesprochenen  Forderungen  an  eine  deutsche 
Grammatik  für  Tciehter-  und  Bürgerschulen  entspricht  die  vor  nni 
licp^ende  in  hohem  Grade.  Sie  ist  eingethcüt  in  vier  Hauptab« 
sehnitte.  Der  erfite  handelt  von  den  Redctheilen  ,  der  zweite  von  der 
Rechtschreibung,  der  dritte  von  der  Syntax,  und  der  vierte  vom 
guten  und  angenehmen  Lesen.  Diese  Hauptabschnitte  haben  wieder 
ihre  Unterabtheitungen  ,  und  jeder  derselben  sind  Fragen  zur  Wie- 
derholung (des  Gesagten  beigefügt,  welche  auch  sa  Aufgaben  für 
häusliche  Arbeiten  benutzt  werden  können. 

Auf  viele  einzelne  Augstellangcn  cinzugelien,  erlaubt  der  Raum  ' 
dieser  Blätter  nicht;  es  sey  uns  daher  nur  vergönnt.  Folgendes  su 
bemerken.  Statt  die  Deklinationen ,  wie  es  Uciosius  f^ethan ,  auf 
drei  zu  beschränken,  nimmt  der  Verf.  acht  an.  S.  71.  heifst  ei 
unrichtig,  Bäcker  (von  backen)  könne  man  auch  Becker  schreiben, 
weil  der  ScIi reibgebrauch  schwankend  sey.  Dem  ist  aber  nicht  so. 
Der  Schreibgebrauch  spricht  entschieden  für  die  durch  Ablcituncr  ge- 
botene Schreibart  S.  122.  wird  bemerkt:  ,,e8  wäre  vielleicht  besser, 
wenn  man  bei  lehren  nur  dann  das  Personenwort  im  Accusatif 
setzte,  sobald  kein  ausdrückliches  Oliject,  sondern  nur  ein  Infinitir 
folgt.  Z.  B.  Ich  lehre  dich  rechneu;  aber;  aber  ich  lehre  dir  das 
Rechnen.^^  Dies  ist  nicht  ganz  richtig.  Lehren  wird  mit  dem  Accn-  ! 
■ativ  der  Person  verbunden.  £s  muf«  daher  auch  beifsen :  ich  lehn 
dich  das  Rechnen. 

Beigefügt  ist  ein  „Anhang,  enthaltend  fehlerhafte  Aufsätze, 
um  sie  nach  den  vorhin  anccp^ebenen  Bemerkungen  und  Regeln  so 
Terbessem.^*  Diesen  Anhang  wünschen  wir  aus  dem  Buche  entferst. 
Solche  Ucbungen  sind  dem  Schüler  in  seinen  Fortschritten  mehr  hem- 
mend ,  als  fördernd.  Ls  gewöhnt  sich  derselbe  durcli  die  sinnliche 
Anschauung  leicht  an  einen  Fehler,  den  er  vielleicht  nie  würde  ge- 
macht haben.  Oft  schon  sprachen  sich  erfahrene  Lehrer  gegen  diese 
Methode  aus ,  und  es  wäre  sehr  zu  wünschen ,  dafs  endlich  derglei- 
chen fehlerhafte  Aufgaben,  welche  zum  Richtigen  fuhrea  soUfliif 
ans  unseren  Lehrbüchern  wegblieben. 

Druck  und  Papier  sind  gut ,  auch  ist  die  Correc^cit  des  Drucket 
an  rühmen. 


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N%ML  HBIDBLE  JAHRB.  IN  LITERATUR.  IMI 


Römische»  Bullarium  oder  Auszüge  der  merkwürdigsten  päpstli- 
chen Bullen  aus  autkentieehen  Quellen  durch  alle  Jahrhunderte  big 
auf  die  neueste  Zeit^  übersetzt  und  mit  fortlattfenden  historischen, 

archäologischen  und  andern  nothigen  Bemerkungen  verftehen  von 
C.  M.  Ei  senschmidt ,  haier.  Gymnasial  -  Prof.  su  Sek  wcinftirt. 
Zweiter  Band,  vom  «f.  1535.  (tif^cnlHch  1542,  Ree)  6m  18ä0.  ^eu* 
stadi  «.  d,  0.  1831.  bei  Wagner.   IV  u.  834  Ä\  in  a 

Mit  diesem  zweiten  Banile  ist  das  ßullarium,  dessen 
erster  Baad  m  diesea  Blättern  (1831.  No.  14)  angezeigt 
wurde,  beenciigt;  fOr  die  Freunde  der  christlichen 
Wahrheit  eine  reiche  Materialien  -  Sammlung ,  um  die 
dttrch  alle  Jahrhnoderte  «ich  j;leich  hMbemio  Verflevb*- 
liehkeit  der  Papstaachi  darch  «nwiderlegbare  Tha#* 
Sachen  zu  beurkunden.  Sie  finden  in  diesem  Band  Bullen 
und  Breven  von  den  Päpsten  Paul  IlL,  Paul  IV.,  Pius  IV., 
Pius  V.,  Gregor  XIIL,  Sixtus  V.,  Gregor  XIV  .,  Cle- 
mens VIII.  im  16ten  Jahrb.;  —  von  Paul  V.,  GregCNrXV^, 
Urban  VIIL)  biBOCeos  X.,  Al^iaader  VII.,  Clemmis  IX.» 
ClemeoaX,  InnoGenaXlM  Alexander  VIU.,  InnoceniXIL 
im  ITten  Jahrh.;  —  tod  Clemens  XI.,  Benedici  XIII., 
Clemens  XII.,  Beuedict  XIV.,  Cleineub  XIII.,  Cle- 
mens XIV.,  Pius  VI.  im  ISteo  Jahrh.;  uud  toq  PiusVIL^ 
Leo  XU,  Pius  Via  un  19teii  Jahrh. 

In  diesem  Bande  sind^  wegen  der  grüfeeren  Anoi'* 
heruDg  aa  an^r  Zeilaller,  noch~  wichtigere  Belege  von 
mrrerflnderlen  BealreblingeR  nach  IJttlerdrfickQDg  der 
Glaubens-  und  Ge%vissensfreiheit  durch  inquisitorische 
Ausforschung  und  gewaltsame  Ausrottung  unpäpstlicher 
Lehrmeinungen ,  von  Förderung  mechanischer  Andäch^ 
teiei  und  mönchischer  Frömmelei;  von  Ausspendung 
sahUoser^  die  .aiUlich-ndlhige  Strenge  zerrüttenden  Ab- 
liese  für  werthlose  Andiobtelei;  von  Bestätigungen  des 
Glaubens  an  Hexereien  und  Tenfelswerke ;  von  Mills« 
brauch  der  Excommnnicationen  und  des  Intcidicls  für 
zeitliche  Zwecke ;  von  Bestrebungen  nach  unbeschränkter 

UIY.  Jak«.  11.  H«lt  66 


Suprematie  in  der  Kirche  und  in  dem  Staate;  von  Treu- 
bruch und  Mclitigerklärung  geschlosseuer  Vertrüge 
durch  geheime  und  diirch  offeatliche,  im  Namen,  der 
chrifitUdieB  ReUgioi»  vorgebradiU  PxotiwialkMiea  und 

In  diemn  Bande  #ind  'die  allgemein  berichtigten  [ 
Bullen  m  coena  tlom'mi,  Unigenitus ,  die  Verdaimnung; 
der  vier  Propositionen  der  gailikanisctien  Karcheufrei- 
heit,  die  Nichtigerklärang  (tes  westphälischen  Friedens, 
dteB«ll#ii  von  4w  Ehmeimng^  Avfhebung  nod  Wieder* 
hentellung  Her  Jesiilen ,  die  VerdcnraMDg  der  SjrMle 
von  Pistoja  u.  s.  w.  aufs  neue  ins  Licht  gestellt.  Frucht- 
los u  ircl  die  Mühe  des  römischen  Stuhls  sejn,  das  Pri- 
mat als  nethwendige  St&tae  der  fiiekeit  Md  Reinheit 
der  ehriflUteheo  Reügimi  «He  4ea  vwrikgeDden  Beilen 
so  rediMlrligea.   Die  rliiiiieehen  Bleohdfa  rergafteirdio 
Reinheit  der  christlichen  Religion  so  sehr,  dafs  sie  die 
Grunclwalirfieiteii  des  Christenthums  in  der  Biilile  „Unh 
genitus "  ( S.  Zlii^  fi.)  als  irrieiiren  verdammten.  Z.  B. 
(S.  284.  No.  44.)  die  8it»et  „Es  giebt  nur  mei  Arten 
der  Liebe,  worane  uneer  Wellen  enlepringi    Die  Uebi  i 
Gottes,  die  alles  um  Gottes  wiüen  thut  und  welche  aaeh 
Gott  belohnt,  und  die  Liebe  unserer  Selbst  und  def  \ 
Welt,  welche  der  Gottheit  nicht  giebt,  was  ihr  ge- 
bührt, und  daher  bKse  UtT    (No.  47.)  „Der  Gehorsam 
gegen  4as  Geeetz  mnft  ans  4er  Quelle  der 'iiiebe  lieip' 
men.    Wenn  die  Liebe  GoUes  die  Quelle  dee^  OehorMM 
und  der  Zweck  die  Ehre  Gottes  ist,  dann  ist  die  äufsere 
Handhing  rein;  f;onst  ist  es  lauter  Heuchelei  oder  falsche 
Gerechiigkek.*'    (No.  51.)  „Oer  Glaube  macht  gerecht, 
we»o  er  thütg;  er  ist  aber  durch  Liebe  Ihidf."  (N«/6a) 
,,Die  liebe  allein  macbl  «wiere  Handliing^efti  ilorehidii 
Beziehung  auf  Gott  und  Jesus  Christus  christlich.'^  Die» 
Bulle  wurde  von  Clements  XI,  1113.  gei^^eben ,  später 
dann  bestätigt  von  Clemens  XII. ,  Benedict  XIV. ,  Pius  VI., 
Pius  VU.,  Leo  XU.   Nack  eeleke«  pftpiffichen  firUft* 
fongen  waren  aiidi  Ohrietas  «nd  die  Apoetal  IrrleUim 
Ketaer»  i ;    4.  .  /  •  ^/ 


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In  der  Bulle  cocuac  von  dem  P.  (Jrbau  VUL,  welclie 
nach  (Jrii  ueueblen  Nicln  ichteii  iiocli  aiijährlich  ifl  Rom 
verlesen  wird,  wer<ien  alle  Akatholischen  verdammt  und 
verAuchl,  and  der  P«f0t  ah  k^kshßioK  Behemoher  dei' 
Kirche  uid  der  Staeteo  Uigenibn  (a  118  Verb«HL 
i«  A&haoge  S.  2.). 

In  der  Bulle  des  P.  Sixtus  V.  vom  J,  1585.  (S.4«ff.) 
wird  uicht  uls  beklagenswerthe  Folge  der  Unwissenheit 
erkannt,  sondern  als  wabr  bestätigt,  deft  Bhuge  durch 
(tairBtiittl  mU  dep  OäniQiien  die  GeomaMie,  Onemi^e, 
Hjdroipiantie ,  ActMuuiiie ,  Pyremanlie ,  Chiromantie, 
Nekromantie  und  anilere  Wahr^agereien  treiben.  Wieder 
Andere  macbeu  einen  Bmnl  mit  dem  Teufel,  umSchätsEe 
äiidea  oder  Frevelttmleo  w  verllbeo ,  mifebrauchea 
die  Sacrameote  und  SaeramevlaUeD*  Ana  apastülieeher 
VMki  wird  MO  jegliche «Ari  der  Wahr8a<>erei,  welche 
auf  Anstiften  des  Teufels,  zum  Betrug*  der  Glau* 
hi^vn  getrieben  wird,  yi^iüUuuut  uad  dagegen  strenge 
Bestrafung  verfügt. 

Wie  wenig  die  Treue  und  der  Glaube  beachtel 
wurden,  wenn  irgend  eine  Verhandlung  gegen  das  In- 
terwse  der  römischen  Hierarchie  anstiefs ,  zeigen  die 
Mcluigerklarungen  des  we*itphälischeri  Friedens  durch 
Iflooc^z  X.  (S.  146.) ;  des  Vertrages  zwischen  dem 
Herzoge  von  Savöyen  und  dem  protestantischen  Magistrate 
ai  fifenf  durch  Clemens  X  (&  194  ff.) ;  des  Vergleichs 
VÖR  dem  Domcapitel  zu  Hildesheim  mit  Hannover  durch 
Clemens  XL  ( S.  315  );  die  Annulliruag  des  Eides  der 
Treue  gegen  Heinrich  IV.,  König  von  Navarra  und  gegen 
(len  Prinsen  von  Cond^  durch  Sixtus  V.  (S*  59  ff.) ;  die 
AmmiUrnng  der  BeeeUliafie  der  Sifinde  des  pobischen 
Biichs  gegen  die  päpstlichen  Nnntien  und  gegen  die 
Mrehliche  Immunität  durch  Benedict  XIII.  (S.  3Zb  fT  ); 
<lie  Protestationen  das  F.  Pius  VlI.  gegen  die  Säcularisi- 
tmg  der  geistlichen  Güer  in  den  J,  1803,  1804,  1805. 
(&68Sk);  4ie  Protestetion  gegen  die  Staalsrerliige  auf 
im  Geogresae  in  Wien  im  1816.  (8.094.);  fwier  die 
AnnuUirung  des  Friedeossclilusses  des  Abtes  von  St.  Gallen 


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mit  den  Cantotiea  von  Bern  und  Zürich  durch  Clemens  XL 
(S.  300.);  die  Annullirung  dcvS  Eides,  der  .von  dem 
Propste  zum  heiligeu  Beraard  im  Wallker- Lande  dem 
Herzog  von  Savoyen  gelaislei  worden  war,  durch  Beoe« 
diel  Xm.  (S.  859.>  Almoder  VIL  hatte  mit  Ludw^ 
XIV.  durch  seinen  Abgeordneten  einen  öffentlichen  Ver- 
trag geschlossen ;  im  geheimen  Archive  der  Engelsburg 
hingegen  wurde  derselbe,  als  widerrechtlich,  erzwoa* 
gen,  für  aufgehoben  erklärt  (S.  181  ff.).  \^as  soll  d«r 
fliiitlDh  deukeude  MaDD  von  Ehre  and  Biederkeil  tm 
einem  religi^il,  zur  treuen  Bewahrung  des  Christeiir 
thnms  eingesetzten  Institute  nrlheilen,  dem  die  Beobach- 
tung der  ersten  Grundsätze  der  Moral,  Treue  und  Glao- 
bens,  so  wenig  heilig  sind?  An  die  Stelle  der  wahren 
Religion  und  Sittlichkeit  werden  Andäehteleien  des  Bo- 
e^dtraazeS)  Verehrung  von  Reliquien ,  geweihten  Roses, 
agnu8  dei,  Heiligenbildern,  Wallfahrten,  UnsittlichkeU 
< fördernder  Ablafskram  gesetzt!! 

Da  in  der  Sj^node  zu  Pistoja  unter  der  Leitung  des 
Bischofs  Ricci  im  J.  1T86.  auf  Beseitigung  der  Ablafs- 
tafeln ,  der  privilegirten  Altäre,  des  Aberglaubens  der 
speciellen  Application  der  FrQchte  des  Mefsopfers^  lof 
Verminderung  der  Altäre,  auf  Entfernung  der  Reliquien- 
kästen  und  auf  die  Feier  der  Liturgie  in  der  Volks- 
sprache angetragen  wurde,  waren  die  Päpste  Pius  VI 
und  Pius  VII.  mit  der  römischen  Curie  die  ersten  Wi- 
dersacher der  so  dringend  nothwendigen*  Reformation 
des  öffentlichen  Coltus.  8.  die  Bulle:-  auctarem  fddf 
S.  657  ff. 

Wie  unzugänglich  der  römische  Hof  filr  die  Vs^ 
Schläge  einer  fortschreitenden  Verbesserung  sey,  aii 

welcher  gef&hllosen  Härte  er  auf  blinden  Gehorsam  und 
knechtische  linterwerfung"  dringe,  zeigt  besonders  die 
inhumane  Handlungsweise  gegen  die  Bischöfe  derUtrecb- 
ter  Kirche  und  der  Widerstand  gegen  die  gutgesiaaten 
weltlichen  Regierungen  yon  fittddenfsdhland  in  dcpi 
J..18M«    Vergl.  die  Acten  im  Sophrpnizon. 

« 


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aat  den  ttaUehett  Ballwim. 


Die  BischMe  und  der  Klerus  der  Uftreehter  Kirche 

erklärten  sich  als  ganz  ergeben  dem  katholischen  Kir- 
chensysteme, als  bereit,  alles  anzuerkennen  und  zu  be- 
schwüren, ohne  Ausnahme  alle  Glaubensartikel  der  ka- 
tholischen Kirche ,  und  nur  jene  Lehren  und  Meinungen 
vonniftrageni  welche  zu  allen  Zelten  durchs  die  heilige 
Kirche  bestimmt  und  bekannt  gemacht  wurden ,  in  Ueber« 
einstimmung  mit  der  heiligen  Schrift,  der  Tradition ^ 
den  Ökumenischen  Concilien  und  neuerdings  mit  dem 
Coneil  von  Trieut.  Rom  liefs  sich  an  diesen  Erklärun- 
gen nicht  genügen,  sondern  bestund  auf  einer  unbe- 
dingten  Unterwerfung  unter  die  päpstlichen  Satsmngen. 
Bs  sollte  von  den  Bischöfen  und  von  dem  Klerus  die 
bestimmte  Formel  unterzeichnet  werden: 

„Ich  Unterzeichneter  erkläre,  dafs  ich  mich  unter- 
werfe der  apostolischen  Constitution  des  Papstes  Inno- 
cenz  X.,  datirt  vom  Wilsten  Mai  1653;  ferner  der  Con- 
stitution des  Papstes  Alexander  vom  16ten  October  1656; 
so^  wie  der  Constitution  Clemens  XI. ,  welche  beginnt : 
'den  Weinberg  des  Herrn  Sebaoth'  vom  16ten  Juli  1705. 
Ich  verwerfe  und  verdaninn'  von  ganzem  Herzen  die  fünf 
aus  dem  Buche  des  Cornelius  Jansen  gezogenen  Propo- 
sitioneo »  in  dem  Sinne ,  wie  sie  der  Auetor  genommen 
hat;  so  wie  sie  der  apostolische  Stuhl  selbst  in  den  ge- 
nannten Constitutionen  verdammte.  Ich  unterwerfe  mich 
aa&erdem,  ohne  Unterscheidung,  Vorbehalt 
oder  Erklärung,  der  Constitution  Clemens  XL 
vom  8ten  September  1713,  welche  beginnt :  'der  Ein- 
geborne  (Unigemtus)**  Ich  nehme  sie  rein  und 
ganz  unbefangen  an  und  beschwöre  sie,  so  wahr 
mir  Gott  helfe  und  sein  heiliges  Evangelium.*'  (S.  76Su 
TIS— 794.) 

Welcher  Redliche  von  hdherer  GelBtesbildung  kann 

in  unserer  Zeit  einem  solchen  Glaubensdespotismus,  wo- 
durch unchristliche  Satzungen  aufgedrungen  w  erden  sbl- 
len,  sieh  unterwerfen,  ohne  gegen  Gott  und  gegen  das 
Oewlsseo  zu  sündigen?  Wer  kann  ein  solclies  Instiliit 
als  eine  gdttliche  Anstatt  aar  Bewahniog  des  veraunft* 


1046 


l^i-of.  Eisenscltmid'ii  Auszüg'e 


gemSfsen  christlieheu  Glaubeus  uod  der  christlicheu 
Tugend  erkeonen? 

• 

Im  verfloss(inen  Jahre  1830.  hatten  die  süddeut- 
scbea  Hegiciruagen  der  oberrheiuii^chea  KircheDprovios 
Termoge  des  obersleo  Rechts  des  Schutzes  und  der  Obar- 
aufsieht  mn\  Besten' der  katholischen  Landeskirche  meh- 
rere nutzliche  Anordnungen  getroffen,  Ton  solcher  Art, 
wie  längst  ähuliche  in  der  österreichischen  Monarchie 
bestehen,  .Mit  Rechl  hätte  dankbare  Anerkennung  der 
ivohl wollenden  Gesinnung  erwartet  werden  sollen.  AUeb 
der  Papst,  Pius  ViiL  erklärte  in  einem  Schreiben  vom 
SOsten  Juni  die  erlassene  Verordnung  als  eine  Feind- 
schaft gegen  die  katholische  Kirche,  abzweckend  auf 
den  Untergang  der  Seelen.  Die  katholische  Kirche,  die 
Braut  des  makellosen  Lammes,  dürfe  keiner  irdischen 
Gewalt  unterworfen,  nicht  in  schändliche  Knechtschaft 
gebracht  werden.  Die  Bischöfe  sollten  rieh  den  Ein- 
griffen der  weltlichen  Regierung  entgegensetzen  oder 
dem  Papste  Nachricht  ertlieilen,  damit  er  selbst  ein- 
schreite. —  Was  soll  aus  diesem  Zustande  der  katholi- 
schen Kirche  werden?  Rom  will  keine  yerbesseruii|^ 
nach  der  Forderung  des  Zeitalters ,  keine  bemere  Ge- 
staltung des  Symbols,  des  Cultiis  und  der  Discipliib  Der 
Glaubenszwang,  die  mechanische  Frömmelei,  die  Ver- 
derbnisse in  der  Discipiin  sollen  uoverändert  fortdau^ra. 
Wenn  die  weltlichen  Regierungeo .  wohlwollend  <kp 
Uebel  zu  steuern  suchen  $  so  lärmt  ftom  wie  gegen  Uo- 
terdrückung  der  Kirchenfreiheit  und  fodert  die  Bischöfe 
zum  Widerstand  gegen  die  weltlichen  Fürsten  auf.  Wie 
lange  qoch  soll  das  allgemeine  Wohl  der  ChristenllQil 
der  Herrschsucht  zum  Opfer  gebracht -werden? 

Der  Verf.  hat  sich  durch  dieses  Bnllarinm  ein  un- 
längbar  grdlkes  Verdienst  um  seine  Zeitgfenesden  erwor- 
ben, dafli  er  dnroh  imwiderliegbare  Makntmmto'ilie  Vf^ 
Terbesserlichkeit  des  rOmischen  HoAss  UmI  dto  NoA» 
wendigkeit  einer  neuen  Grundlegung  der 'llatholtisoheB 
Kirche  dargethan  hat   '  ^ 


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^«M  fleAi  rlMnitciiBa  B^ladliiai»  IMH 

Neben  der  eehuldigen  AnerkeDOung  des  Verdieoetee 

im  Ganzen  bemerken  wir  einige  Versehen  infi  Einzelnen. 
Es  wäre  zo  wünschen,  dais  der  Druck  korrekter  uad 
hie  und  da  die  Uebersetzung  genauer  wäre. 

lo  Hinsicht  des  Verbotes  vom  Bidschwur  durcli 
Gregor  XIIL  (S.  44.)  sollte  es  heirsta:  „die  g^lstli*. 
dien  Persooeo  sollten  künftighin  nicht  mehr  unerlaiibte , 
unindgKche,  sch&dftlche,  für  die  Kirchenfreiheit  ver- 
derbliche Eidschwül e  abzulegen  sich  erkühnen,"  nicht 
dais  alle  Eidschwüre  ungültig  se^en."  —  In  der  Bulla 
coenae  S.  138  — 139.  Prae^eiUes  nostros  processus 
iBoserer  gegenwärtigen  Verfügung  der  Excommunicatio- 
nen^  nicht:  ^ Unser  gegenwärtiger  Pro^efs."  —  In  der 
Nichtigerklärung  des  westphälischen  Friedens  8. 150 
15 i.  die  Rechte  des  Palliums,  nicht:  „des  Palastes* 
(Jura  palln ,  nicht  palatü);  die  päpstlichen  Monate, 
nicht  die  päpstlichen  Tische  (menses^  non  memae).  — 
S.  151.  Die  Bestätigungen  der  Wahlen  und  Postolationen 
der  vorgeschlagenen  Erzbischöfe ,  Bischöfe  oder  Prä* 
laten^  nicht:  die  Bestätigungen  der- Wählen  oder  prä«» 
tendirten  Foderungen  der  Erzbischöfe  u.  s.  w.;  der  ehr- 
würdige Bruticr  Fahius,  nicht:  „mehrere  ehrwürdige 
Bruder.  —  S.  152.  Z.  10.  v.  u.  verursachet  statt  verur- 
sachen; Z.  9.  V.  u.  konnte  St.  könnten;  es  st.  sie;  Z.  8. 
V.  u.  habe  st.  haben;  Z.  7.  habe  st.  haben.  —  8.  153. 
S.  ISi  Anderes,  wie  vörausgesetKt  wird ,  präjudioirlich 
wird.  Z.  10.  II.  Bs  wOrde  die  Klarheit  befördert  wor« 
den  se^^n,  wedn  das  Redewort  „deceminma"  voraus- 
gesetzt und  die  neue  Gedankenreihe  «»o  angefangen 
würde:  „Wir  fassen  den  Beschlufs,  dafs  gegenwärtiges 
Schreiben  mit  Allem'*  «.s.w.    Z  3.  v.u.  wäre  st  sind. 

&  IM.  Z*'  l&i  T.  0»  Der  Pnnkt  isl  zu  streichen  und 
des  Semikolon  m  setaen.   Der  Context  ist  dann  Z.'l#» 

so  fortzusetzen  :  „dafs  ferner  so  und  nicht  anders  in  allen 
lind  einzelnen  vorbesagten  Dingen  durch  die  ordentli- 
chen und  delegirten  Richter  o.  s.  w.  geurtheilt  werden 
rnttsse"  iK  s.  w.  Z.  9.  v.  u.  Non  obßimiilnia  unbeachtet 
oder  ohne  AicAtsichl  auf  die  yorbMgten  und  alle  andern 


IfM  BM^ff  TcmMOe  JarUHtcli^  AtOUIm. 

ConsflUittooeD.  —  IS.  231.  Die  UebeiteiiBDg  der  ptio^ 
bablen  Meinimg  durch  wahrscheiDÜch  iMehi  eim 

Störung.  Zu  einem  probablen  Urtheiie  wurde  nicht  ge- 
fodcrt ,  dafs  dasselbe  wahrscheinlich  war,  d.h.  durch 
das  stärkere  Gewicht  der  Gründe  uoterstfitzt  wurde 
vor  dem  Gegeutheil.  Ein  probables  Urtheil  war  die  | 
blofse  Meinung ,  eine  Handlung  kfione  recht  «nd  gut  | 
.  seyn  wegen  einer  dafür  statthabenden  Aucto- 
rität  Schul  ausdrucke  dieser  Art  sollten  in  dem  Deut* 
sehen  beibehalten  werden. 

Bei  einem  so  grofsen  Werke  kommen  solche  kleine 

Anstöfse  nicht  in  Betracht  Die  Auswahl  ist  im  Ganzen 
passend  und  die  Uebersetzung  klar  und  bündig;  die 
beigefügten  Erläuterungen  sind  oft  sehr  ausfSbrlich  und 
l^rftndli^ 

Dr.  Paulu9. 


Vermischte  juristische  Aufsätze  mit  Erkenntnissen  und  Ge* 
meinbeacheiden  des  Civilsenats  des  königlich  vmrtteTnbergiscken  Ober^ 
tribunah ,  vom  Oberttibuiiül " DtTector  H,  hJ.  h\  Bolley,  J^^stct 
Band.  Stuttgart  ^  M  Jfoh,  Friedr,  SteinkopJ.  1831.  FIU  Md 
455  6\  9, 

Bücher,  wie  das  anzuzeigende,  gehören  zu  deo 
erfreulichsten  Erscheinungen  im  Gebiete  der  juristischen 
Literatur.  Der  Verf.,  Director  des  Civilsenats  in  dem 
höchsten  Gerichtshofe  Wttrtiembergs,  widmet  hifsr  ssiie 
Mufl»e  der  Erörterung  von  wenigstens  zum  Theil  sak 
interessanten  Rechtsfragen  und  Fällen;  diese  Erörterung 
bezieht  sich  zwar  meistens  auf  das  Württerab.  Particular- 
recht,  ist  aber  so  sehr  mit  Uotersuchungen  über  die  ge- 
meinrechtlichen  Normen  verwebt  und  benutzt  lotateres» 

JlUoklich  und.)  mit  Beacht'u|ig  der  Fortschritte ,  wefadü 
ie  Theorie  des  gemeinen  Rechts  in  neuerer  Zeit  ge- 
macht hat,  auf  so  wissenschaftliche  Weise,  dafs  diese 
Abhandlungen  unbedenklich  als  Gewinn  für  die  Wissen-' 
sch«ft  deij  f emi^iiea  Rechts  angesehen  w^dsn  dfiftat 


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BoUey,  Tenuiichte  juriiUsche  Aoftftta«« 


m9 


fiiiyenigen,  welche  ia  der  JLäuteruo^  und  Berichtigung 
der  gemeiarechUichen  Theorieen,  besoodera  weno  sie 
sich  auf  gaae  posilive  Besthlinniogeii  des  rdmischeii. 
Rechts  bsBieben,  weder  fUr  die  gemeinrechfliehe  Praxis 

noch  weniger  für  die  Fortbildung  des  Partikularrechts 
einen  Erfolg  erblicken  können  oder  wollen,  bo  gut  wie 
'  Jene,  welche  dem  Partikularrechte  die  wissenschaftliche 
Seite  nicht  abzugewinnen  vermdgen,  möchten  diese  die 
Pteis  der  Theorie,  das  Leben  der  Wissenschaft  ent- 
fremdeudeo  Kleingeister  bei  dem  verdieoslToUen  Verf. 
lernen ,  wie  innig  Beides  Terbnnden  werden  kann.  Diese 
Abhandlungen  gewinnen  aber  auch  noch  von  einem  an- 
dern Gesichtspunkte  aus  besonderes  Interesse.  Kaum 
ein  deutsches  Partikularrecht  ist  weniger  für  die  Fort- 
bildung des  gemeinen  benQtzt  als  das  Wörttembergsche, 
nnd  doch  kann  kaum  eines  besser  dben  hiefz«,  benaUet 
werden;  in  sofern  ist  es  sehr  wichtig,  dafs  uns  der  Verf. 
immer  zugleich  die  Entscheidungen  des  höchsten  Wurt- 
tembergschen  Gerichts  vorlegt.  Möchten  wir  recht  bald 
einer  Fortsetzung  entgegen  sehen  dürfen. 

]>er  vorliegende  erste  Band  enthält  dreifsig  Auf- 
sitse,  welehe  beinahe  in  alle  Tbeiie  des  Privatrechts» 
einige  auch  in  das  affenlüche  Recht  einschlagen.  Eine 
kurze  Uebersidit  der  Abhandlungen ,  bei  welcher  nur 
hinsichtlich  einiger  Fragen  naher  eingegangen  werden 
soll,  wird  das  gegebene  Urtheil  rechtfertigen.  — 

Gleich  die  Abhandlung  L  „über  die  Schen- 
kung To  des  halber"  mag  von  der  wissenschaftlichen 
Leiituttg  des  Ver^  Zeügnifs  geben.  Es  ist  bekannt  9 
dalk  die  ansgezeiehnetsfen  Olvilisten  unsrer  Zeit  sieh  mit 
der  rechtlichen  Natur  der  mortis  causa  donatio  be- 
schäftiget haben,  und  dafs  insbesondere  die  neuesten 
Abhandlungen  von  Hasse  und  von  Schröter  sehr  in 
das  Detail  dieses  zwitterhaften  Rechtsgeschäftes  einge* 
gu^en  sind.  Unser  Verf.  ist  zu  besoheiden,  wenn  er 
im  Anfange  der  Abhandlung  gegen  die  Erwartung 
seiner  Leser  verwahren  zu  müssen  glaubt,  als  wolle  er 
durch  seine  Arbeit  die  Wissenschaft  weiter  fördern.  Ge^ 


« 


MM  BoUey,  ▼ermUcUu  Jurisirkcbe  AufbäU^* 

rode  dar  mi  ihm  ausgesprochene  Zweck ,  uämiich  Be- 
Mlworliing  der  Frage :  ,,welch«n  Gebrauch. maa in  WQrl* 
leinberg  rott  den  oeuesten  Rechlsfoffechuiigett  in  dieaor 
Materie  nach  des  Beatimnivngei]  des  Landrechta  machaa 
könnte/'  ist,  wenn  er  erreicht  wird  ^  an  und  für  sich  ^ 
schon  fördernd ;  kommt  aber  in  der  Verarbeitung  allge- 
meiner wissenschaflUcher  Forschungen  fiir  ein  Landreobt 
Mch  so  viel  Eignes  «ad  seAbslslindig  Gedachtes  Vor, 
wie  bei  unserm  Verf.,  so  kann  an  der  Fffrdening  fler 
Wissenschaft  nicht  gezweifelt  werden.  Indem  nämlich 
der  Vtilf.  in  getreuein  Auszuge  die  Untersuchungen  der 
BeHero  Jurtstea  über  die  m.  c,  dmuUio  verloigt,  bs~ 
(leitet  er  ihre  Ansichten  mit  höolist  werlh¥oUen  NoMi 
.  Anf  diese  Weise  macht  er  seine  Leser  mit  den  Abhaad 
lungen  v.  Bülows,  Schirachs,  Müllers,  Ziitt* 
merüs,  Hasse»  und  v.  Schröters  bekannt.  Die 
ältere  Abhaudiung. Haubolds  giebt  er  zwar  nicht  im 
Anszuge,  doch  verweist  er  daraiif  hftnfig  in  den  Nots» 
Endlich  BiMi  er  das  in  WQrltemberg  gellende  Recht, 
wie  es  sich  durch  Verbiildang  des  Landreehts  ndt  dsHi 
gemeinen  Rechte  ergiebt,  zusammen,  und  benutzt  auf 
diese  Weise  die  neuesten  wissenschaftlichen  Untersuchua- 
gen.im  Gebieite  d«s  gemeinen  Rechts,  um  dadnrch  dtf 
WdrttembergsGhe  Particnlarrecht  geUntert  durch  die 
Resultate  der  Wissenschaft  darsmtellen.  In  s<dner  eignen 
AustüUriiiig  erörtert  er  den  Begriflf  der  ml  c.  donatio, 
den  Gegenstand  derselben,  ihre  Erfordernisse  sowohl  in 
der  Person  des  Schenkers  als  in  jener  des  Beschenkten 
und  in  der  Form ,  geht  auf  die  möglichen  Nebenhesliflir 
nuingen  der  m.  e.  ffmolls  ein,  seichaet  die  MeckuMb 
dieses  Geschäften  aus,  handelt  von  der  Verwandlung 
desselben  in  ein  V  ermächtnifs  oder  in  eine  donatio  inier 
vivoSy  und  erörtert  die  Folgen  und  Wirkungen  des  Ge- 
schifie ,  besondere  In  seiner  BIgensohaft  nh  badinglss« 
rttckdchtltch  seiner  Verwnndtsohnfk  mit  negotii^  itkir 
vivos  und  mit  V^ermächtnissen.  Nachdem  er  noch  Ves 
dein  Erlöschen  der  c.  donatio  gesprochen  hat,  g:iöbt 
er  die  RecbtsjMttei,  welche  den  Betheiüglea  »i  Gebets 


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Bolley,  rermitclite^jitrislltclie  AnlMte».  MU 

Steilen,  an,  nrnl  ersähit  endKch  einen  in  diese  Materie 
eiDschle^emlen  vor  dem  WüHtembergisdhen  Obertribomii 
in  ietzter  fnfltanz  verhandelten  Rechtsfali  nebst  der  Ent- 
scheidung dieses  Gerichtshofes  und  der  ihr  zu  Grunde 
gelegten  Hechtsausführung.  Sehr  interessant  ist  des 
Verl«.  Dttretelfung  dwrch  die  genaue  Angabe  derjenigen 
Bf  enteilte  gewoi'den,  in  welchen  das  Wfirttembergieche 
Recht  Tön  dem  geitieinefi  abweicht. 

Die  Abh.  II.  verneint  die  beiden  Prägen:  ,,Kann 
eine  Ehefrau,  welche  mit  ihrem  Manne  zusammen  lebt, 
fär  ein  angeblieh  im  Ehebmche  erzeugtes  Kind  von 
ilirem  angeblichen  Schwängerer  Alimeate  fordern  9  Kann 
sie  eine  ihr  und  ihrem  Bhentanne  angeblich  Tersprociieiie 
Abfindungssumme  geg;en  den  Ehebrecher  einklagen  — * 
Die  Abh.  III.  beantwortet  in  ansfilhr  lieber  Darstellung 
die  Ifrage ,  ob  es  eine  Reclitsverniuthung  für  das  Leben 
eines  Verschollenen  gebe,  und  ob  für  ihn  eine  Eriisebaft 
korben  werden  iKdnne,  Teroeinend.  Die  GrQnde  sind 
B<Ar  gut  entwickelt  und  reduciren  sich  im  Ganzen  darauf^ 
dafs  ans  der  im  sieben^igsten  Lebensjahre  des  Verscliol- 
lenen  erfolgenden  TodfHserklSrung,  nicht  eine  Rechts- 
▼ermnthiing  für  das  Leben  vor  dem  siebssigsten  Jahre 
gefolgert  werden  Icdnne.  —  Die  Abb.  IV.  sieht  mit  der 
verigen  in  einiger  Verbindung  und  beantwortet  die 
Frage ,  ob  das  mit  der  Ehefrau  eines  Verschollenen  er- 
Beugte  Kind  aduliertnua  und  als  solcher  erbunfahig 
eey.  —  Die  Abh.  V.  schlägt  in  das  Lehenrecfat  ein  und 
«rSrtert  das  V«rhiitnifs  der  Leheüsgiäubiger  gegen  die 
AHodia^glftabiger  in  Beziehnng  auf  die  wMirend  des 
Coiicursverlahrens  erwachsenden  Früchte  aus  Lehen- 
götem.  —  Die  Abh.  VI.  giebt  einen  Beitrag  zur  Lehre 
von  der  Vei*sionsklage,  namentlich  in  Beziehung  auf  das 
Verhiltnift  der  Agtalen  gegen  einen  Gläubiger,  mit 
dessen  Oelde,  ohne  erneuerten  Omsens,  dne  vormals 
consentirte,  mit  der  Verpföndung-  von  Lehen-  und  Stamm- 
gütern verbundene  Schuld  getilgt  worden  ist,  und  be- 
antwortet die  Frage,  ob  der  consent! rende  Agnat,  wel- 
•^er  m  den  Genufe  der^rerpfilndelen  Gäter  kam,  Ar  die 


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Mi  Btlkj«  vmiiMlits  ioritUtolie  AaMbm, 

•  * 

1NN1  ihm  TOT  dem  Aogriff  des  Pfandes  yerzehrlen  Fruchle 
dieser  GQter  den  Gifiobigern  Brsals  8u  leisten  habe.  — » 
Die  Abh.  VIL  erdrlert  das  VerhSitoife  des  Waldeigr«»" 

thüiners  gegen  die  zu  einer  bestim lutea  Holzabgabe 
Berechigten,  im  Falle  eines  verminderten  Ertrags  der 
Waldungen.  —  Die  Abb.  Vill.  hat  die  lex  Anaataaiana 
warn  Gegenstand,  wie  sie  nach  älter n  WQrttembergi- 
abhen  Gesetzen  nu  beschränken  war  (denn  d«8  Geseia 
Tem  21.  Mai  1888.  hat  die  Anwendbarkeit  des  Anasfa- 
sischen Gesetzes  in  Württemberg  ganz  anfgehoben).  — 
Die  Abh.  IX.  verwirft  die  Zulassigkeit  gerichtlicher  Klage 
auf  Leistung  ungemessener  Frohnen  in  Württemberg, 
und  stellt  dabei  die  richtige  Ansicht  über  das  Verhalt- 
ttfe  des  ältern  Besitzers  zu  dem  nenern  bei  dem  sogf. 
p0$8e99orium  ordmarhan  auf.  — *  Die  Abh.X.  betritt 
die  Frage ,  welchen  Eänflufs  die  Ausscheidung  einzelaer 
Gemeinden  ans  einem  Oberamtsnexus  auf  das  bisher  ge- 
meinschaftliche V  ermögen  der  Oberamtsrorporation ,  na- 
mentlich aui^  Oberamtsgebäude,  die  aus  dem  Vermögen 
der  einzelnen  Gemeinden  errichtet  waren ,  habe.  Ss 
ein&ch  die  Grundsätse  sind,  so  oomplicirt  ist  ihre  An- 
wendung auf  diesen  coiicceten  Fall.   Mit  dem  Saise» 
die  universilas  ist  eine  von  den  einzelnen  Personen,  die 
ihre  Mitglieder  sind,  verschiedene  moralische  Person, 
und  die  Mitglieder  haben  keinen  Anspruch  auf  das  Ver- 
mögen der  wdversUii» ,   kommt  man  hier  nicht  zaa 
Ende.   Zwar  war  dieser  Sats  der  Grund »  warum  in  dem 
der  Abiiandlnng  zum  Grunde  liegenden  Processe  die 
ausscheidenden  Gemeinden  einesWilrttembergischenOber- 
amts  vom  Richter  erster  Instanz  mit  ihrer  Klage  abge- 
wiesen wurden.    Allein  anders  war  die  Ansicht  der  Ge- 
richte der  zweiten  und  dritten  Instana,  welche  die  Klage 
der  Gemeinden  auf  Entschädigui^  fro  nUa  des  Bei- 
trags 8u  den  Oberamtsgebäuden  im  Gänsen  nu  Recki 
beendig  erkannten.   Die  Ansftthrang  ist  sehr  intereS» 
sant,  und  die  Eatscheidungsgründe  des  Obertribuaals 
bewähren  aufs  Neue  den  wohlbegründeten  Ruf  dieses 
ausgeaeicluieteo  Gerichtshofs.  —  Die  Abh.  IX  beziebl 


.  j  1^  d  by  Googl 


BoUejp»  Toniiitclite  jiuritiUclie  Aufsätae. 


109S 


sich  hauptsächlich  auf  Urkvndenedition ,  besonders  auf 
die  Zulässigkeii  der  ad  exhibenduni  actio,  als  Torbe« 
reileiid«  Milftels  fBr  eine  Erbschaftskiage ,  um  die  Her* 
aos^falie  eines  Erbschaftsinyenfars  zu  bewirken.  DaeOber^ 
tiibunal  hat  diese  Zulässigkeit ,  wie  zu  erwarten,  ver- 
Worten,  und  besonders  auch  eine  Eidesauflage  in  dieser 
Beziehung  für  unstatthaft  erklärt.  —  Die  Abh.  XII. 
giebl  einen  in  das  Znnftreoht  einschlagenden  siemtich 
oomplicirlea  Fall,  in  welchem  et  haupMchlich  anf  die 
Frage  ankommt ,  ob  eine  landesherrliche  Concession  zu» 
gleich  in.  das  Kigenthuni  der  Privaten  und  der  Corpo- 
rationen  eingreifen  könne,  welche  Frage  von  dem  Ober-» 
tribnnal  mii  Abänderung  dee  Erkenntnisses  erster  und 
Bweiter  Instans,  yerneittend  beantwortet  wurde.  —  Die 
Abh.  XIII.  hat  die  Abtretung  Yon  Paehtcontracten  zum 
Gegenstand.  Der  Verf.  nimmt,  gewifs  mit  Recht,  an, 
1)  dafs  der  Eintritt  eines  neuen  Pächters  in  den  Con- 
Iract  eines  bisherigen  Pächters  mit  allen  seinen  Bestim-^ 
Binngen,  nicht  unter  den  Begriff  der  Delegation  sub* 
samirl-werden  müsse;  2)  daAi  die  Fortsetzung  des  bis- 
herigen Pachtverhältnisses  bei  dem  Verkauf  des  Pacht- 
guts festgesetzt  werden  könne,  mit  rechtlicher  Wirkung 
sowohl  für  den  Pächter  als  deo.  Erwerber ,  wenn  beide 
CDosentiren;  3)  dals  aber  nach  der  Veränfiferer  des 
Gmndstilcks  durch  eine  ohne  Einwilligung  des  Miethere 
getroffene  Vereinbarung  mit  dem  Erwerber  auf  diesen 
den  Miethcontract  übertrafen  könne,  so  dafs  derselbe 
den  Miether  zur  Fortsetzung  des  Vertrags  zu  nöthigen 
berechtiget  sej.  Hierbei  schlieM  sich  also  der  Verf. 
an  die  Ansieht  toq  Heise  und  Cropp  (jnr«  Abh.Bd.IL 
No.  10.)  an  gegen  Mfihlenbruch  Cession  (Anfl.  II. 
S.  309.).  So  sehr  Ref.  hiermit  einverstanden  ist ,  So 
kann  er  sich  doch  mit  einer  Incidentbehauptung  unsers 
Verfs.  nicht  befreunden,  mit  der  Behauptung  nämlich^ 
dafs  der  Delegatos  dem  Delegatar  die  Einreden  entgeh 
gensetzen  kannte,  welche  dem  Deleganten  gegen  den 
Delegatar  zugestanden  hätten.  Zwar  mnfs  zugegeben 
'^exSifkf  dafs  die  L  19.  D»  de  novai.  (40.  2.)  das  Ger 


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ÜM  jünaM^  JuiMtMbft  Anftiltti- 


geiitheil  upmitteltiar  nicht  beg;rüiHlel,  weil  sie  mir  Am 

Satz  auffü  llt  ,  dals  der  Uelegatus  gegen  den  Delegatar 
nicht  Jene  Exceptioaen  ycMrschüizexi  köiiue,  weiche  liem 
Del^ans  eatgegenstauden.  Allein  dessencrfingeachtet  isl 
die  gemeine  Afisicht,  welche  der  Verf.  verwirft,  richitf 
iiml  vollkoiumeb  hegrflndet  durch  l  4L  pr.  D.  de  re 
JudicuLa  (42.  1.),  wo  besonders  die  Schluisuorte :  ,,ita 
et  ei,  cu'i  iiou  donavH ,  in  solidum  condeftmatar"  ent- 
scheidend sind.  —  Der  unter  dieser  Rubrik  weiter  er» 
zählte  ttechte&U  schlägt  besonders  euch  ia  die-  Lehn 
YOü  der  sog.  lae»h  emßrmh  bei  Pachtcoatracleii  etik 
Dabei  siqd  folgende  Punkte  beaierkenswerth  ,  welche 
sich  aus  der  Verhandlung  ergeben:  1)  Das  Obertribunal 
oiiBint«  wie  es  scheint,  im  Al)ge0iejnen  eine  Aasdebnung 
der  Grundsätze  über  laemQ  emrmh  auf  aljUr  onerose 
Vertrüge  an.  Das  Obertribunal  halt  2)  die  Biarede  tbi 
euomien  Verletzung  nur  dann  für  begriindet,  wenn  über 
eine  Sache  contrahirt  wurde,  welche  einen  geineiiicn, 
dem  einen  Contr^heuten  iiBi[>ekannt  gdbU^bispen  Wertb 
habe*  'Ref.  hält  .ea  fttr  fiherflfssig,  sich  ausfiiiirücb 
gegen  die  easte  Anäahiiie  zu.  erküraa;  die  4cwMch^  Prat 
xis  hat  nun  etainal  jene  Ausdehnung  aii gemein  gut  ge« 
heifsen,  gewifs  ohne  gesetzliches  Fundament.  Aber 
aach  die  zweite  Annahme,  so  yerbreijte^  sie  ist,  kann 
gewifs  nicht  vapr^heidigt  ward^i^*  In  der  Cardinalstelle 
l  9*  co^  dß  reßifmdemdm  vmü^iWß  (4.  44.)  i«t  mf  4^ 
Wissenschaft  des  Verkanfers  nicht  im  Geringsteo  ROdb*' 
sieht  genommen;  nirgend  ist  der  Irrthum  des  Verkiv* 
fers  gefordert ,  damit  er  rescindiren  könne.  Die  häufig 
filr  diß  hier  verworfene  Behauptung  i|ngefuhrte  iL  11.  pi** 
oad.  ^«jiem  esgt  NJeiUs  dafftri  jpjen»  ^ie  b\m  ^  oia^ 
resdBsh  416  dob^n  sp-icht  und  gar-  nicht  von  ^ihm 
enormen  Verletzung.  Äie  sagt  nur,  wenn  der  Verkäufer 
den  dolus  des  Käufers  nicht  gekannt  habe ,  könne  er 
wegen  desselben  klagen ,  w^aans  zwa^r  folgt»,  dafs  von  ' 
fsnani  dobßs  nicht  die  Rade  seyo  10np?,  vcpn  dii»  <ae» 
g^qNurtei  diaaaa  kanae ;  keiaeawegs  bMieht  isieli  difi 
aber  auf  eine  k^sio  ^ornüsj,  welche  ohne  Men,  dßibiß'' 


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Btlky,  ycHMfatiHB  jatfitiiMhe  AiiMm.  Uli 

de»  'Kfiüfera  wickl.  Nur  däan  kaan  iur  Mg«o,  fiiUe  A\t 
Resciflsion  dwi  VariiOTfe  ^eg ,  wen«  d«r  V#rkiiif «r  wiillse#, 

dafs  er  zu  wolilfeil  verkaufte  und  donandi  aninio  dazu 
schwieg,  —   Die  Abh  XIV.  über  die  \  erielzung  ver- 
pachteter Mühiban arechte  giebt  zugleich  tiuen  interes- 
santen Beitrag  sii  dem  Satze,  dafs  ein,  wenn  auch  allge- 
toeines  aenes  Gesetz  <lie  durch  ältere  Singularien  wohl- 
erworbenen Rechte  nicht  aufhebe.  —  Die  Abh.  XV: 
„Was  hat  der  Verpächter  einer  Schäferei  zu  gewähren?** 
beantwortet  diese  Frage  Unligiich  in  Beziehung  auf  einen 
concreten  Fall ,  woraus  sich  nur  durch  Abstractionen  all- 
gemeine Resultate  bilden  lassen«  Die  Abh.  Jl^Vi : 
^^Ueber  das  Verhältnifs  der  redhibilorisehen  Klage  m 
der  Contraktsklage**  beantwortet  in  gedrängter  Kfirze 
Bwei Fragen:  ob  die  Contractskla^c  wegen  eines  Feh* 
fers  begründet  sey,  welcher  nach  dem  Lanclrechte  nicht 
zu  fl^n  HanptniäniJ»-eln  zu  K  chnen  svy ,  und  oh  in  diesem 
Faiie   die  Coiitractsklage  der  kurzen  Verjährung  von 
sechs  Monaten  unterworfen  sey.    Die  erste  Frage  wird 
bqjahend,  die  vweite  verneinend  beantwortet,  beides 
unter  der  Toranssetenng ,  dafs  dem  Auetor  iler  Fehler 
bekannt  gewesen  sey.    Incidenter  schliefst  sich  der  Verf. 
der  Ansicht  derjenigen  an,  welche  die  Contractsklage, 
iu  sofern  damit  nur  dasjenige  erreicht  werden  soll,  was 
eigentlich  aliein  im  wahren  Wesen  der  redhibitorischen 
Klage  liege,  im  Allgemeinen  und  selbst  ihrer  Daner 
nach  nicht  weiter  wirksam  werden  lassen ,  als  die  fidlH* 
tische.    Wenn  dabei  GlUck  (Comm.  XX.  8.  154.)  als 
Auctorität  angeführt  wird,  der  sich  lediglich  auf  L  2. 
cod.  de  acdilit.  arfionib,  (4.  58.)  beruft,  so  ist  Ref.  da- 
mit nicht  einverstanden.    Diese  Stelle  ist  ejln  Rescript, 
in  dem  Factum  selbst  liegt  das  Fundament  für  die  €on- 
tractAlage  nicht,  darum  kann  der  Aussprach  Gordians, 
er  sehe  nicht  ein,  wie  der  KISger  eine  Klage  gegen  ^en 
Verkäufer  durchsetzen  wolle,  nichts  für  die  behauptete 
Ansicht  entscheiden.  —   Die  Abh.  XVU :  „Ueber  die 
Verletzung  bei  Vergleichen"  macht  den  Leser  mit  einem, 
wie  ea  Ref.  dünkt,  sehr  vnciYiliatischai  Sktse  das  Wfirt- 


JBMligr»  mnüehto  jwMmIw  AvMto. 


tembergischeii  Laadreclrts  bekttmii  Das  Ltadredil  Th.  IL 

Tit  22.  enthält  die  merkwürdige  Bestiminung; 

,,Welcher  in  gütlichen  VertHlgen ,  über  den  halben 
Theii  desjenigen,  so  ihm  von  Rechtswegen 
gebührt  hfttte,  verkürzt  oder  yernachtheilig^et 

worden,  der  mag  entweder  um  Rescission  oder 
Aufhebung  solchen  Vertrags  durch  rechtliches  Kla- 
gen ansuchen,  oder  aher  ihm  den  Mangel  Ton  sei- 
nem Gegentheil  nochmalen  ergänzt  zo  werden  be* 
gehren  * 

Dieser  Satz  ist  eine  w^hre  mater  rixarum,  und  selbst 
diqenigen  Juristen,  welche  eine  Ausdehnung  der  Grund- 
sätze von  der-  sog«  loosio  enamus  auf  alle  onerose  Ver- 
träge für  civilistisch  halten,  müssen  diese  Bestimmoog 
als  der  Natur  des  Vergleichs  widerstreitend  anerken- 
nen ,  da  sie  ui:;ht  nur  <lie  Anfechtung  des  Vergleichs  zu- 
läfst ,  wenn  Jemand  bei  dem  Aufgeben  der  ihm  gewiis 
zustehenden  Rechte  ,  oder  am  Object  des  Vergleichs  bei 
einer  von  beiden  Theilen  für  gewUs  angenommenen  Vor- 
aussetzung über  die  Hälfte  verletzt  ist,  sondern  aoch 
dann,  wenn  Jemand  an  dem,  was  als  Ungewisses  Recht 
Object  des  Verg^leichs  ist,  enorm  lädirt  ist  („so  ihm 
von  Rechtswegen  gebührt  hätte").  Die  Abhandlung  selbst 
ergiebt  die  Inconvenienz  jener  Bestimmung  zur  Genüge. 
Sie  hebt  viele  wohlthätige  Folgen  des  Vergleichs  auf, 
und  veranlabt  die  Parteien,  den  Proceft,  der  durch 
Transigiren  abgewendet  werden  sollte,  nach  allen  Seiten 
durchzufechten,  wobei  noch  die  sublime  Frage  sicher- 
geben kann,  ob  das,  „was  einem  von  Rechts- 
wegen gebührt,''  so  viel  heifst  als  das,  was  „einem 
materiell  an  und  für  sich  gebührt,  oder  daa, 
was  man  auf  dem.  Rechtswege  hätte  erlangen,  also  wM 
man  zum  formellen  Rechte  hätte  erheben  können.  Dtf 
weitern  Streitigkeiten,  zu  weldien  allen  diese  IM$ 
Frage  führen  kanu,  ist  eiu  Ende  nicht  abzuseheii. 

(Der  Be9ehlM/9  folgt.) 


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N<-.67.  HElDELa  JAHRB.  ä  UTEBATIJR.  183L 

» 

Bolley,  vermischte  jurktische  Auf sälze^ 

(  B  e  »  c  h  l  u  f  9.) 

Dafii  ftbrigens  das  Obertribunal  auch  dem  Schuld-i^ 
acr,  wmm  er.  fiber  die  durch  dea  Vergleich  erlUtene 
Umm  €MorrmB  klagt,  den  Beweis  der  Gröfte  seiner 

8chul(1  auflegt,  hat  allgemeine  Grundsätze  und  die  Ana- 
logie der  condictio  indebiti  für  fsich.  Für  die  Berech- 
auQgsweise  der  laesio  emrmis  auf  Seiten  des  Schuld- 
ners, wie  sie  der  Verf.  gegen  Weishaar  (Handb.  §.085.) 
giebl,  mächte  sich  jedoch  Ref.  nicht  erklSren.  Nur 
wer  Ober  noch  einmal  so  viel  weggiebt,  als  er  er- 
hält, ist  enorm  lädirt;  die  Verletzung  über  die  Hälfte 
bezieht  sich  demnach  nicht  auf  die  Hallte  des  Gege- 
benen, sondern  auf  das  Empfangene.  Wenn  daher  der 
Verf.  behauptet,  weil  der  Gläubiger,  der  400  zu  for- 
.dera  Int  und  nur  weniger  als  MO  erhält ,  enorm  lä- 
dirt 8ey ,  müsse  der  Schuldner  ,  der  400  schuldig  sey 
und  mehr  als  600  zahle,  auch  schon  enorm  tädirt 
seyo,  so  beruht  diese  angebliche  Gleichheit  des  Hechts 
auf  einem  Bf  ifsrerständnisse.  —  Die  Abh.  X VIII:  ,,Ueber 
die  Einwirkung  der  Verweisung  im  Gante  auf  Pfand«- 
mhte**  ist  in  der  Hauptsache  gegen  einen  Aufsatz  in 
der  Justiz-,  Caraeral  -  und  Polizeifama  von  1829. 
No.  20.  und  27.  gerichtet.  Hinsichtlich  des  in  dem 
itafeatze^  besprochenen  Falls  ist  es  Ref.  aufgefallen, 
wie  sehr  hier  die  Natur  des  pacti  reaerviäi  dommä 
TMannt  wurde ,  auf  welchen  besondern  Punkt  sich  der 
Vcrf  nicht  näher  eingelassen  hat,  wiewohl  ihn  die 
Abhandlung  von  Müller  „üeber  das  pactum  reaer-^ 
vaii  dominii  '  (Archiv  fdr  civ.  Prax.  XII.  S.  24T  ff.) 
dazu  veranlassen  konnte.  —  Die  Abb..  XIX:  „lieber 
den  BiuflnA  der  Verpftndung  eines  ganzen  Gutes  auf 
dsssea  «rsprüngliche  BestandlheUe  und  deren  Surro* 

UIY.  Jahrg.  XL  Heft.  67 


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gaie"  ist  durch  einen  sehr  complicirten  Rechtsfall  ver- 
anlafst,  und  giebt  wiederum  Zeugnifs«,  wie  fruchihar 
der  Ver£  die  neuere  Literatur  verarbeitet  hat.  — 

Die  nun  fol^^den  Abhandiungeo  XX— XXX.  be» 
treffen  sswar  mnichel  die  Wilrterabergieclie  Geaetagir 
buog,  besonders  in  processualischer  Beziehung,  hkhA 
aber  auch  sonst  allgemeines  Interesse.  So  sehr  es  Ret 
reizt,  dieselben  im  Detail  sn  verfolgen,  insbesondero 
die  in  Na.  XXX.  gegebeten  Winke  wu  BeeeUomigssg 
«ad  Abklmiag  der  FtooeBee^  m  eiiMerl  nun  deek 
die  dieser  Anaeige  gesteckte  CiiWBe  aa  di#  Blothme* 
digkeit)  hier  abzubrechen» 

«T.  Lang. 


Mir€k§mr$ekUiek9  Fmnmeh»  Sur  B^gHMimg  thm  SfiißUm»  4m  JBMsf« 
rM&lt.  Fan  ür.  A.  F.  Ja««»!««.  JKMgtkrg  1881.  Fl  «» 
184  &  8.  J&teer  ITet'tro^. 

Der  Verf.  entschuldigt  die  Herausgabe  dieser  kir- 
ehenrechlUoheo  Versuche  mid  iudel  die  BecditfertigBS| 
fci  denni  lebeadigern  Siudium  der  Redttswissenseheft/i 
unsern  Ta^en  ,  welche  auch  auf  das  Kirchenrecht  weht* 
thätiger  einzuwirken  begonnen  hebe«  Der  uitgelhsiitei 
Abbandlungen  sind  es  3: 

L  Das  fiyiteal  des  Kirdieaaeehls  ias  GavndriSMf 
a  I  ~  67.  Hier  findet  der  Leset  niohfg  alsUdbesichaf- 
ien  der  einzeluea  Paragraplien.  Im  Allgemeiuea  ist  wf 
Boehmer  princlpm  und  VValter's  Lehrbüch  verwiesen» 
Nach  des  Verfs.  Ansicht  läist  sich  nach  vorauageschiditat 
Einleitang  Ober  die  Grundbegriffe  von  BeU^m,  BsU^ 
gionsgeseUsdiaft^  Kifehe)  Kirehsagesstfi  iba^  w.  Üi 
Syrern  im  %  Hauptth^e  darstellen: 

1)  Der  allgemeine  Theil  enthält  die  äuisere  (Ss^ 
schichte  des  Kirchen  rechts, 

2)  das  Verhältniis  der  Kirche  am  Staaia^  welch« 
phiieeephisdi,  histeriacli  «mI  degtnaüaah  daigasidit 
werden  aoH^  •  -  n 


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I 


JMobMBi  Kireh«iif««litlkli«^  V«nyelie..  t€6d 

*  I)  dtr  bMcmdere  Theii  eolwickeli  dogmalisch  diel 
dmelnen  LdHm  ch«  Kifchenrechts.  Das  gaoKe  Mal«-  . 
lial  hnipft'  Aar  Vei£  ao  deo  Begriff  der  Kirehe  tfh  «ioer 
Vminigung^  aller  CMiabi^eo  in  GIlfialD^  und  dhirch  Chri- 
stus mit  Gott,  in  der  Absicht,  das  Reieh  Gottes  nach 
deo  Vorschriften  des  Evangelti  zu  begründen.  Darnach 
üifkUl,  dg  deai  B^nff»  eMtoprecheod ,  dieser  Theil  in 
t  HaapttlMile: 

'  iL  KiMlMmrflMBung ,  imd  cwav  im  eraten  Bndie 
in  BesiehoDg  auf  die  einzelnen  Mitglieder  der  Kir«fa« 
fiberhavpt ,  und  im  zweiten  in  B^iehnng  auf  die  Kir- 
cbearegierung  ioabeeondere. 

B.  Kircheimrwaltiing,  wovon  das  8te  Buch  von 
der  VerwattUDg  der  Rirehendisciplin ,  das  4te  dar 
Veraraltang  des  Kirclienwniögens ,  und  das  5te  von 
der  Verwaltung  des  Gottesdienstes  handelt    Dabei  wird 
die  Combi aationsmethode  fÖr  die  Entwicklung  <Ier  ein- 
zdnen Lehren  der  katholischen  und  evangeiisclien  Kirche 
iMfiilgt.    Ref.  will  sich  in  die  Beurtheilang  dieser  Fara- 
gtvphen-UeberschrifteD  nteht  einiassea,  weil  er,  ehn- 
§[e&cht6t  aller  ihm  schon  vorgetragenen  Gründe  für  die 
Zweckmäßigkeit  solcher  Grundrisse ,  immer  noch  die 
Udberzengung  hat,  dals  der  beste  systematische  Grund- 
rib  der  Alt  Mr  Vorlesungen  nicht  taugt.    Denn  es  ist 
b«  derTerweiaung  auf  iKe  Lehrbücher  anderer  Kirchen- 
i%chtsiehr«r  unwaaeidlieh ,  4aft  entweder  In  d^m  Grund- 
riß oder  in  dem  darauf  sich  beziehenden  Werke  dna- 
oder  die  andere  Lehre  vorkommt,   welche  noch  nicht 
^ollstSndig  entwickelt  ist.    Badutch  entsteht  Verwirrung 
in  deu  Hdpfai  der  Zuhftrer,  weicke  des  Materiales  nie 
i«UBiAn#^  Meister  w^rdenw   Bs  ist  auffallend ,  dafe  bei 
dem  V^iderauf  blühen  des  StndhiaM  des  Klrchenreehlea 
die  Lehrer  so  oft  die  Materie  der  Form  opfern,  und 
vergessen,  dafs  jeder  Mensch,  nachdem  er  das  Mate- 
rial au  beherrsehen  Ycrmag,  sino  eigenes  System  sich 
Mdet 

fl.  Debor  dm  lüdividualilit  deu  Wortes  nnd 

griffes  Kirche.  Dien»ge  wurd idgMlttcsll 


* 


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untersucht:  „Darf  das  Wort  und  der  damit  zusam nie n- 
häogende  Begriff  Kirche  als  ein  aH^eiiieiner ,  zu  bezie- 
hen auf  jede  BeligioDsg^eseilsehaft  oder  our  als  ein  be- 
sonderer, eu  beschffiaken  auf  eine  eigeotbA^iliohe  (die 
christliche)  Religiensgemeiaschaft^  angesehaii  weffdeuJ* 
Der  Verf.  ^eht  von  der  Etj^mologie  de«  W^fiee  KIrdie 
aus  und  sucht  von  S.  69  —  85.  zu  zeigen,  dafs  es  nicht 
deutschen,  hebräischen  und  lateinischen  Ursprunges  sey, 
eottdera  ufahrscheinlich  aus  der  griechischen  Sprache 
abstainine.    Diese  AnsAcbl  wird  ¥on  &  8& — 10&  odber 
begründet,  mit  hesoaderer  Nachweieung  ans  dl»  all-, 
mittel-  und  neu  -  englischen ,  aus  der  gothischen,  islän- 
dischen,   aUiViesischen ,    niederdeutschen,  polnischen, 
russischen  und  böhmischen  Sprache.    Hiernach  isl  jdii 
Kirche  die  Vereinigung  der  Gemeisde  mit  dem  xi5peo^', 
dem  Herrn,  d.  h.  mit  Chrisiiis  aod  durch  Chrieliis  laü 
Golf.    Die  Bedeulang  des  Wortes  ist  mithin  indiTiduitl 
and  einzig  auf  die  cluistliche  Kirche  zu  beziehen.  Dt 
aber  die  Wissenschaft  die  Aufgabe  hat,  den  Sprachge- 
brauch  technisch  zu  fixiren,  so  wird  noch  die  Frage  ua- 
lersDchl:  ob  die  chrialUche  Kirchs,  ihrem  i^ifie 
nach,  eine  individnelle  Gemeinschaft  seyef  Kaan 
Ref.  dem  Verf.  das  Zeugnifs  der  Belesenheit  und  eioer 
guten  Zusammenstellung  nicht  versagen ,  so  mufs  er  sich 
doch  die  Frage  erlauben  :  wenn  es  Sache  der  Wissea-- 
Schaft  ist,  den  Sprachgebrauch  technisch  en  fixirea  lad 
wenn  man  henlzutai^e  jeden  religitain,  vom  Steele  ab- 
erkannten Verein  eine  Kirche  nennl,  wozu'  flir  den- Ja* 
risten  eine  solche  etj'mologische  Nachweisung  des  Ur- 
sprimo^rs  des  Wortes  Kirche?    Für  den  Sprachforscher 
mag  dieses  interessant  und  wichtig  seyn;  ob  auch  für 
den  Juristen,^  der  thätig  in  das  heben  eingreift,  will- 
ich  dahingeslelll  seyn  lassen.   Nur  eins  .will  ich  dspi 
Verf.  snr  Erwägung  geben.  Wenn  in  einem  Recblssirdto 
ein  Gutachten^  worin  auch  der  Begriff:  Kirche  erörtert 
werden  müfste,  abzugeben  wäre,   und  es  würde  eiue 
solche  Deduction  geliefert,  was  würde  der  Verf.  jselbst 
dazu  jsagen  f        liasse  man  danini  jeden  Zwe% e  dm 


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nieiiflehlieheii  Wiflsens,  was  ihm  angehört,  nnd  bringe 
man  in  die^Rechtewisseasohafl  nichl»  was  der  Sprache 
angehört  und  so  umgekehrt.  Durch  solche  Uutersu- 
chungen  wird  das  Studium  des  Kirchenrechtes  nicht  be- 
fördert, sinkt  vielmehr  in  eitlen  VVortkram  herab. 

'Iii,  Ueber  das  Verhältaifs  der  Theologie  zam  Kir- 
chenrechte und  die  ßenutauog  jener  iilr  diese  Dlsoiplin. 

126  168/  Naoh  Voransachiekung  einer  kurzen  Li* 
ferärgesclilebte  des  canoniscfaea  Rechtes  sucht  der  Verf. 
die  Forderung  der  Verbindung  theologischer  Stt^dien 
mit  dem  Kirchenreclite  dadurch  näher  zu  begriinden, 
dafs  er  die  Gleichheit  der  Form  und  der  Materie  oder 
die  Identität  der  Methode  und  des  Gegenstandes  der 
Theologie  und  des  Kirchenrechtes  im  Allgemeinen  und 
in  einzelnen  Lehren  nachweiset.  Die  Durchfuhrung  ist 
gut  und  gelung^  zu  nennen,  und  eigentlich  ein  Wort 
zur  rechten  Zeit,  besonders  da  man  heutzutage  fast  an 
jetlem  ,  wenn  arich  noch  SO  kleinen  Aufsatze  über  (  in 
Thema  des  Kirchenrechts,  wahrnehmen  kann,  M'elchar 
der  christlichen  Partheien  der  Ver£  angehört.  Der 
Grund  davon  liegt  einzig  in  der  Vernachlässigung  des 
Stttdiums  der  theologischen  Wissenschaften,  besonders 
der  Glanbenslehre  der  christlichen  Kirchen ,  wovon  eine 
Folge  ist,  dafs  Jeder  die  Ansichten  der  Kirche,  wel- 
cher er  angehört,  auch  den  andern  Kirchen  entweder 
beilegt,  oder  sofern  sie  entgegengesetzt  sind,  verwirft. 
Noch  nachth^liger  aber  für  das  richtige  Verständnifs 
dea  Kirehenrechts  ist  es,  wenn  der  protest.  K.rechts- 
lehrer  das  katholische  Kirchenrecht  nach  dem  Stand- 
punkte der  evangelischmi  Glanbenslehre  beurtheilt  und 
vorträgt  und  umgekehrt.  Dadurch  werden  immer  fal- 
sche Sätze  aufgestellt  und  unrichtige  Folgerungen  abge- 
leitet. Um  hier  eines  Beispieles  Erwähnung  zu  thun, 
will  Ree.  nur  anführen,  dafs  rücksichtiich  des  Pabstea 
yielfach  gelehrt  wird,  der  Pabst  sej  infaiiibei,  könne 
Glattbenssätze  aufstellen,  und  der  Cdlibat  der  kathoL 
Geistlichen  sey  Glaubenssatz.  Wer  die  Geschichte  der 
christlichea  Kirche  und  die  Glaubeoslehre  der  Katholiken 


im 


unbefangen  studlrt  hat,  wir4  iinnillgliGh  die  WftlnlMk 

solcher  Salze  behaupten  können. 

Einen  wichtigen  Grund  fiir  die  nothwendige  Ver-  i 
binduug  der  Theoiogie  mit  dein  K.ir<^enrechte  findet 
Ref.  besonders  darin,  dafs  avf  diesem  Wege  allein  €8 
möglich  wird ,  die  Dieciplin  von  der  Giaubeoslehre  ridi- 
tig  za  scheiden  nbd  die  Greoslinie  zwisdien  beidea  n 
ziehen.  Bei  der  in  den  «enem  Zeiten  statt  gehabten  Er- 
richtung der  kath.  bischöflichen  Stöhle  und  den  da- 
durch nothwenili^  gewordenen  neuen  Einrichtun|a^en  wird 
man  gewahr,  «lafs  Hianckes  Institut  za  seiner  Zeit  gut 
«nd  erspriefslich ,  in  seiner  damaligen  Einriohiung  für 
«Dsere  Zeit  mchi  mehr  pafst,  vod  daher  einer  RdfonD 
nnterworfeo  werden  mvft,  wie  sich  seit  18  Jahrfranderlni 
dieDiscipIin  mit  den  Sitten,  Gebräuchen  und  der  Cuitnr» 
stufe  der  V  olker  immer  in  Einklang  zu  setzen  suchte. 
Kennt  man  das  Gebiet  der  Glaubeoslehre  ued  deren  Zu- 
sammenhang und  Eioflttfs  «uf  ein  solches  Inslital,  so  uird 
aMD  auch  bemüht  seyn,  die  neo«  Eiinrichtnng  ao  nn  traCeo 
nnd  Vorsehläfe  zn  einer  Aend^rnng  in  der  Art  mi  machiiit 
^  dafe  die  nene  Organisation  mit  dem  Ghnbensentse  in  is- 
niger  Verbindung  bleibt.  Ref.  erinnert  hier  nur  an  die 
so  . vielfach  vorgeschlagenen  neuen  Reformen  der  Beicht- 
anstalt  der  Katholiken ,  der  Abschliefsung  der  Ehe  for 
dem  Civilstandsbeamten  in  Frankreich.  Bei  diesem  V»- 
hiltnisse  und  der  innigen  Verhindnng^  beider  DiscipüiND 
wSre  es  fllr  das  Stadium  des  Kirehenreehts  hüehrt  Mi^ 
derlich ,  wenn ,  ehe  und  bevor  dieses  begonnen  wM« 
Vorlesungen  wenigstens  über  Kirchengeschichte  und  die 
Glaubenslehre  der  verschiedenen  christlichen  Kircheo 
von  den  Juristen  besucht  würden.  Der  Lehrer  des  Kir- 
chenrechtes würde  dann  manche  Stunde,  welche  er  j«tst 
den  ihealogischen  Bisciplineo  widmen  mofti  dam  KirolMi* 
foehte  selbst  «snwenden  können.  Aber  es  wird  AeNi« 
wie  so  manches  Andere,  ein  frommer  Wunsch  htsitai» 


.  j  ^  d  by  Google 


„j^  MJ,  ^.  Mf.*  DU  d$numi9ek€n  eehurtsBfdrungen, 
J&n  ^enmh  rotwuflhm  Ä^fr&wfwp«-  äer  dynamischen  Gehurt»- 
kü^e  »on  Dr.  Carl  (»rUtoph  Hüter,  ErMier  Band:  Hyperdyna- 
ndtehe  und  Mfntameh«  G€ihtrU8törungen,  ZweUer  Bamd  /  Dy§' 
dffnmmUeke  '  Mwrtiitörungen  und  Zusammmtetenngen  und  Fer- 
wiMItmgm  der  dynamischem  C^ehurtsstörungen.  18«0.  gr,  8.  Beide 
BdltdemforÜa^^^SeUmmAl  Fiai.  610&  CPlr«»  ^A- 241(Y. 

Laut  der  Vorrede  kam  der  Hr.  Verf.  bei  dem  Ab- 
fassen eines  früheren  Werkes  (die  Pathologie  und  The- 
rapie der  fünften  Geburtsperiode  (Marburg  1828.)  zu 
4er  ESnsicht,  dafs  eine  neue  BearTieitung  der  d^nami- 
90htn  GebyrtosWrunffen  nicht  überflüssig,  ja  vielleicht 
8C^n  in  sofern  nlltzMch  sey,  als  dadurch  dift  Aufmerk- 
samkeit der  Acrzte  und  Geburtshelfer  auf  den  wichtig- 
sten Geg^cnstand  der  Gehurtskunde  gelenkt  werde.  Die 
vorliegende  Schrift  beabsichtigt  nun,  alle  dynamische 
Störungen  der  Geburt  auf  gewisse  Verschiedenheiten, 

•  ans  dem  hier  der  Betrachtung  unterworfenen  Gegen- 
Stande  folgerecht  hervorgehen  sollen,  anrückziifühieo; 
aus  denselben  die  richtigen  Anzeigen  ÄSur  Behandlung 
zu  entwickele,  und  die  auf  diese  gegröndeten  Method^ 
den  iHdivifliiellen  Fällen  möglichst  anzupassen;  selbst 

.  den  empirischen  Mitteln  die  richtige  Stelle  iu  der  The- 

■  rapentik  anzuweisen,  und  dadurch  überall  ein  rationelles 
Verfchren  b^l  dem  gebnrtfehülflichen  Handeln  zu  be- 

.  gründen.   Auberdem  sucht  <ie  das  Gebiet  der  dynami- 

■  scheu  Geburtsstörungen  mehr  zu  befestigen,  und  gegen 
.  das  der  mechanischen  etwas  zu  erweitern.  —  Der  grofse 

•  Wigand  suchte  durch  seine  Schriften  und  beson- 
deis  durch  sein  Werk:  „die  Geburt  des  Menschen, 

<  «voTZnirswelse  eine  dynamische  Geburtshülfe  zu  begrün- 
den. An  ihn  schlössen  sich  die  besseren  Geburtshelfer 
unserer  Zeit ,  und  diese  waren  demnach ,  ehe  Hr,  Hüter 
seine  Schrift  der  Publicität  tibergab ,  auf  diesen  wiChT 
tigen  Theil  der  Geburtshülfe  aufmerksam  gemacht  Der 
Wigand'schen  Bemühungen,  die  vom  Hrn.  Verf.  so  sehr 
benutzt  worden  sind,  geschieht  nur  kurz  und  nebenbei 
rfne  BFW^hnnng.  —  ©urcli  eine  gedrängte  Uebersicht 


I 


11164  Hüter'8  djoamiscbe  GeburUttöcuvseii«  , 

dieser  Schrift  wird  das  hebärztliche  Publikum  in  den 
Stand  gesetzt  werden,  zu  beortheMeo,  was  »ob  der  Hn 
Verf.  Neues  gab* 

In  der  Einleitung  wird  yon  der  Eintheilung  der 

Geburten  überhaupt  und  voq  den  dj^namischeu  Geburts- 
störungen im  Allgemeinen  gehandelt.  Die  Eintheilung 
der  Geburten  in  regelaiäfsige  und  regelwidrige  ßndet 
Hr.  Hüter  zwar  nicht  genügend ;  allein  auch  er  läbt 
sich  den  von  Nägele  in  die  Augen  springend  nach- 
gewiesenen ,  groben  Verstofs  gegen  die  Logik,  -nSm- 
lieh;  die  Verwechselung  der  Begriffe  von  TegelmäfRiger 
und  regelwidriger  Geburt  mit  denen  von  Eutokie  uucl 
Dj^stokie  zu  Schulden  kommen«  Die  sogenannten  cegel« 
widrigen  Geburten  zerfallen  nach  Hrn.  H.  in  abnorme 
Geburten  a)  mit  dynamischen  Störunger;  b)  mit  orga- 
nischen Störungen;  c)  mit  mechanischen  Störungen. 
Wie  wenig  eine  solche  Eintheilung  der  Wissenschaft  und 
Kunst  nützt,  ist  leicht  daraus  abzunehmen ,  dafs  selten ■ 
organische  Veränderungen  der  bei  der  Geburt  interss- 
sirten  Theile  vorkommen,  ohne  dafs  sie  zugleich  miK 
chaniscbe  Störungen  für. die  Geburt  werden,  und  ohno 
dafs  zugleich  Störung  in  der  Dynamik  des  Geburtsge- 
schäftes eintrete.  Wie  häufig  fallen  die  organischen  Stö- 
rungen mit  den  mechanischen  ganz  in  Eins  zusammeo! 
Doch  dies  mag  hierüber  genug  seyn»  da  der  Hr.  Vei£ 
nur  die  dynamischen  Geburftetorungen  zu  betrachten 
bezweckt 

Die  dem  Uterus  inwohnende  Kraft  kann  nun  1)  dem 
Grade  (der  Intensität)  oder  2)  der  Art  (Qualität)  nach 
von  ihrer  Norm  abweichen.  Der  Intensität  nach  kaaa 
die  Kraft  den  normalen  Grad  übersteigen  oder  unter 
denselben  herabsinken.  Demnach  erhält  man  folgende 
Eintheilung :  I.  Dynamische  Gehurtsstörungen  durch 
iibermärsige  Energie  der  Gebärmutter  ( Hi/perdi/namid 
uteri);  II.  Dynamische  Geburtsstörungen  durch  Ver- 
minderung der  Energie  der  Gebärmutter  (jiifyaafnh 
uteri)  und  UL  Dynamische  Geburtsstdrungen  duf^ 
Verstimmung  der  Energie  der  Gebärmutter  (Dj/sdgnamik 

I 
I 


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Wter*«  4)r]i«Biliclie  GQlnurtiiCßrttngieii«  1065 

uteri).  AuLser  diesen  drei  verschiedenen  dynamischen 
Geburtsstörungen  müssen  noch  Zusammensetzungen  der- 
eeiben  untereinander  und  Verwickeiiiagea  derselben  mit 
andern  Geburtsstörung^en  angenommen  werden.  Diei 
letzte  Anhängiel  ist  wahrlich  nicht  eine  fimpfehiuDg  für 
die  hi«r  gegebene  Bioitheilung !  —  Das  im  Allg^emeinen 
über  die  Eigenthumlichkeiten ,  die  Erkenntnifs,  die  Ur- 
sachen, die  Vorhersage  und  Behandlung  der  dynami* 
sehen  Geburtsstörungen  Gesagte  zeigt  von  vielem  Fleifse 
und  Nachdenken;  allein  das  Verhältnifs  der  dynamischen 
und  mechanischen  Störungen  und  das  Verhäitniili  der 
dynamischen  und  mechanischen  HSlfen  zn  und  gegen, 
einander  ist  nicht  erwogen. 

*  Erste  Abiheilung:  Hyperdynamische  Ge- 
burtsstorun^en.  Schon  gleich  bei  dieser  ersten  Ab- 
theiluog  beweist  sich  des  Hrn.  Verfs.  Classification  als 
UDZwecIcmärsig.  Die  hyper dynamischen  Geburtsstörun- 
gen  gäben  sich  (sagt  er)  in  den  meisten  Fällen  durch 
sehr  wirksame  Thätigkeifsäniserangen  der  Gebärmutter  • 
selbst  zu  erkennen,  und  er  handelt  hier  nur  von  den 
übereilten  Geburten;  allein  er  wird  selbst  darauf  ge- 
führt, dafs  es  auch  Fälle  giebt ,  wo  die  Gebärmutter 
ihre  in  Uebermafs  angehäufte  Kraft  thätig  zu  zeigen  ver- 
hindert wird ,  wo  demnach  ans  Ueberfttlle  an  Energie 
Wehenmangel  und  mit  diesem  Verzögerung  der  Geburt 
eintritt;  dafs  auch  Fälle  Totkommen,  wo  die  Wehen 
iiufserst  schmerzhaft  werden.  Hier  fallen  die  quantita- 
tiven und  qualitativen  Mifsverhältnisse  der  Kraft  häufig 
zusammen.  Gar  Manches  müfste  an  dieser  Stelle  ange- 
führt werden ,  was  der  Hr.  Verf.  in  die  anderen  Abthei- 
Ittfigen  geworfen  hat,  und  dies  gilt  ebenso  umgekehrt 
von  den  übrigen  Abtheiluugen.  Die  nächste  Ursache 
der  hyperdynamischen  Geburtsstörungen  liegt  in  einer 
übermäfsigen  Steigerung  der  drei  Grundvermögen  des 
Uterus  (Irritabilität,  Sensibilität  und  Reproduction) ; 
doch  können  auch  nur  eins  oder  das.  andere  der  Grund- 
verm^en  ftbermäfsig  gehoben  seyn.  Die  allzugrofse 
Energie  in  den  irritabeln  Theilen  l^eaB^chnet  der  Hr«  Verf. 


lÜS  Hütern  d^araitche  Gebartfstörungcn. 

mit  Hypertonie  als  Gegfensatz  von  Hyperdynamie , 
die  das  Uebermafs  der  Energie  überhaupt  beKeichnen  soll. 

IMe  Be|:riffia  von  Sensibilitit,  Irriftäbilifltt  md  fie- 
pfoddktion  riüd  nur  alMiilkte  Befriffe ,  iind  md  nldit 
g'ceig'iiet  5  uns  eit^  klares ,  lebendiges  Bild  des  mensch- 
lichen Organismus  zu  geben.  Innig  verschluogeD  er- 
scheinen hier  überall  diese  sogenannten  drei  Grtindver- 
mögen  (nnr  bsdd  das  eine,  iNdd  das  udere  mehr 
iteehend)  ats  Bhis. 

Zweite  Abttieilung.  Adjnamische  Oe^ 
burtsstör  ungen.  Der  Hr.  Verf.  sagt :  „Die  mit  diesen 
Störungen  verbundenen  Gebarten  erfolgen  gewöhnlich 
sehr  langsam,  daher  man  sie  auch  langsame,  tfig« 
Geburten  nennen  kann.^  -Doch  will  er  nnter  dieseo  aar 
diejenigen  verstanden  wissen ,  bei  welchen  die  einsehiM 
Perioden  in  Betreff  des  Verlaufs  hinsichtlich  der  Träg^- 
heit  sich  gleich  sind.  Treten  aber  diese  Störungen  üür 
in  der  einen  oder  anderen  Periode  aof;  so  sollen  solche 

"Geburten  venOgerte  oder  gehemmte  genannt  wer- 
den« '  Abemäl  neue  Benennungen,  die  doeh  mat  ttt 
Verwirrung  fUhren  |ind  um  so  mehr ,  da  sie  in  unieftr 
Sprache  keine  Begründung  finden ! 

V  erminderung  oder  Mangel  der  Energie  des  Uterns 
wird  als  nächste  Ursache  der  adynamischen  Gebarlf- 
Störungen  angegeben.  Diese  Adjrnamie  des  Uteras  harn 
hl  den  drei  Ch-nndTermdgen  desselben  ihren  Ursprnag 
nehmen.    Ist  der  Kraftmangel  der  Gebärmutter  durch 

^  Mangel  der  NerTenthätigkeit  bedingt,  so  nennt  man  iha 
Adynamie  im  engeren  Sinne;. liegt  er  in  den  irrili- 
bdn  PMern,  so  heiM  er  Atonie.  Das  nu  'geringe 
Reproductions-'Vermögen  hat  keinen  Namen.  Aufssr  ^te 
Verminderung  der  Energie  der  Gebärmutter  mufs  asdl 
die  Receptivität  berücksichtigt  werden.  Die  Rece|^- 
^tät  iLann  bei  gleichzeitig  gesunkener  Energie  erhöht 
sejn  ~  irritable  Schwäche.  Bei  einer  solchen  süt 
besonders  nach  Aufsen  gehenden  Richtong  der  ümiftt^ 
ibätigkeii  Ist  die  Readion  oft  geringe ,  und  die  WrfNn 
werden  schmerzhaft.  —  Oft  ist  sowohl  die  ReeeptiviMit, 


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im  die  Reaetion  gesunken,  welches  mit  dem  Namen 
i,iorpide  Schwäche'*  Megi  wird.  MHmilir  «pridii 
Mch  dmr  Hr.  V«rf.  Tm  walmr  Sehwiche.  Amch  B!wwüt 

indirekte  Schwäche  kdimnt  zur  Sprache  (!?). 

Zweiter  Band.  Dritte  Abtheilung».  Dys- 
dynamieche  Geburtsstöruogen.  Die  Verstim- 
mmng  der  Energie  der  GeMriDUller  kü  «atweder  in  der 
speciilidMi  Abwcidraog  der  dem  Ulemi  tidwohaenden 
Kmft  ym  ihrer  Nmn ,  oder  fn  dem  regelwMrigen  Vei^ 
hältai&se  begrüuclet,  welches  zwi^chen^  den  einzelnen 
Orundrermögen  dieses  Organes  statt  findet ;  oft  ist  sie 
dnrch  diese  beidee  Uieechen  snigleich  veraniafst  Die 
Wehen,  welche  man  im  Allgemeinen  regelwidrig«, 
lormwidrige,  anregelniäfeige,  krampfhafte 
nennt,  werden  hierher  gezählt,  und  es  wird  Vorzugs-- 
weise  vom  Krampf  zustande  der  Gebärmutter  gehandeil 
Hier  kommen  sehr  yerschiedene  Zustände  zur  Sprache, 
S.E  die  Scinefbeit  der  Gebärnmilter,  der  krampfhafte 
JMntterbhrtfltt A ,  die  Pletbera,  der  iUieiinnCismm  der 
•AvUrmotler ,  die  OenToMonen  der  Gebftrenden,  dte 
Eiasackung  der  Nachgeburt  u.  s.  w.  Die  Lehre  von  den 
Convulsionen  ist  fast  ganz  von  Wigfand  entlehnt.  Treflf- 
üoh  und  mit  grofiror  Umsicht  isi  die  Behandlung  der» 
üito»  «useinodergesetsl« 

Vierte  Abtheiiiings  Zoe«mm^oeet«iingeii 
tnd  Verwickelungen  der  dynamischen  Ge- 
bartsstörunge o.  Wenn  die  bis  jetzt  abgehandelten 
GeburtsstiMnmgen  in  einem  bestimmten  Falle  sich  mit 
iiaander  Tereintgen,  so  nennt  sie  der  Hr.  Verf.  issam- 
nengeeetite-;  kenraien  sie  dagegen  nrit  gans  andern 
' flehmtsstirnngen  rasammen  vor,  so  nemil  sie  derselbe 
Verwickelte,  complicirte.  Dies  ist  abermai  eine 
^viHküh^liche  Nomenclatur  !  —  Hier  wird  nun  von  den 
Zusanrniensetnungen  der  Hy perdynamie  mit  Adynamie; 
der  Hyperdynamie  mit  Dysdynamie;  der  Adynamie  ndl 
Dysdytiiunfie^  von  der  Verseftnng  der  Wehen;  von  den 
Verwickelungen  der  dynamischen  Geburtsstdningen  mit 
organischen ,  mit  mechanischen  u.  s.  w«  gehandelt. 


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t 


1MB  Hnter't  dynaiDiiclie  Ckbartttldnuigeii. 

Hat  man  eiaen  ricbtigen  Begriff  vou  uDgesf9Keni, 
voo  gesundem  Zustande  der  Verrichtung  des  Gebäreas 
(Eutokie)  uod  von  fehlerhaftmn  oder  gestörtem  Zustande 

^  dieser  FunctioD  (Dystokie),  eo  fUlt  vod  eelbet  in  die 
Augen,  daft  den GebnrtsMniagen ,  herrQbrend  ^roa  feh- 
lerhafter Wirksamkeit  der  austreibenden  Kräfte  ihrem 
Grade  nach  (oder  den  hypei  -  und  ail^üami«»chen  Ge- 
burtestörungeu),  der  Name  djad^namische  Geburtmid 

-  mng  durehaoe  ood  gaus  mit  demcielbM  Rechte  ykoBwti 
als  den  Dystokien ,  weldie  Ton  fehlerhafter  Wirfcsamkeil 
des  Uterus  ihrer  Art  nach  herrühren;  dafs  also  die  von 
Hrn.  Hüter  aufgestellte  Haupteintheilung  logisch 
unrichtig  ist» 

SoUen  wir  ein  Resume  über  die  ganze  Schrift  ent* 
werfen,  sa  ergiebt  ach,  daft  die  Yom  Hrik  Vet£  ga- 
wählte  EintheiloBg  weder  unserer  Wissenschaft,  noch  der 
Logik  entspricht;  dafs  Hr.  Hüter  ein  allzu^^rofser  An- 
hauger der  Brown'schen  Theorie  ist ;  indem  ileceptivitat 
und  Reactioa  eine  allzugrofse  Rolle  in  seinem  Werks 
spielen.  Di^^en  ist  sehr  lobenswerth,  dafs  er  die  Ogr* 
nsraik  in  der  GeburtshillfiB  imner  mehr  zu  verbrsilaB 
sucht,  und  ganz  besonderen  Dank  verdient  er,  dafs  in 
allen  vier  Abtheiliingen  die  Erkenntnifs,  die  Ursachen, 
die  Vorhersage  und  Behandlung  der  dynamischen  Geburts- 
störungen mit  Geist,  mit  grofsem  Fleiüse  und  Tieler  Uoi* 
sieht  bearbeitet  sind.  Dies  ist  der  verdienstlichste  lad- 
am  mmten  beachtungswerthe  Theil  seiner  Arbdt;  wenn 
gleich  auch  hier  manche  Gegenbemerkung  sich  machen 
liefs,  und  es  zn  wünschen  gewesen  wiire,  dals  bei  den 
.  einzelnen  Mittein  genauer  der  Ort  bestimmt  wordep»  wo 
ne,  und  die  Verh&ltoisse,  unter  welchen  sie  angewendet 
werden  können ,  bestimmter  angegeben  worden  wären. 
Pie  ESutheilung  des  Hrn.  Verfii.  hat  zu  häufigen  Wieder^ 
holungen  und  unergiebigen  Aoeinanderreihungea  Anlafll. 
gegeben. 

Dr.  JPr«  Zsifftc^.  W^UU 


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£g€a*8  UatertiaeliuDgeB.  IQS^ 

ihUmmkungm  4k»  im  «kßigtt  In  .UMiImmI-  H^tn^fAtden  he^ ' 

treAciMlefi  !VamrweHB9»  Fom  P.  N*  C*  Sg0n,  Mh,  L  Mmd  It 
Herausgegehen  at(f  Koete»  de<  Mutisterii  de»  hinem  für  Bändel^ 
Gewerbe  und  Bauweten,  Bert,  1981*  222  8.  gr,  8.  (Da»u  ge* 
Mrf  «Hf^  dtm  tiämlioken  Titti  ^         mit  12  Aqi/Brfqfelfi 

Unter  den  Staaten  des  Contineiits  zeichnet  sich  der 
Preufsische  wohl  vor  allen  durch  die  ßesirebungen  aus, 
Ackerbau,  Industrie  und  selbst  auch  Handel  möglichst 
zu  befördern.    Anstatt  aber  Zeit  und  Geld  an  nutzlose 
Deliberationen  Aber  aHgemeine  Verbesserungen  des  Staats- 
haushaltes zu  verschwenden,  leg-en  die  hohen  und  hö* 
heren  Behörden  sog-leich  Hand  ans  Werk,  untersuchen 
im  Einzelnen,  wo  etwa  eine  Productionsart  vervollkoramt, 
irgend  ein  Industriezweig  verbessert  werden  kann,  und 
unterstützen  dann  durch  Belehrung,  GeldTorschßsse  und 
sonstige  Ermunterungen  die  Bemühungen  derjenigen 
welche  KweckmSfsige  Verbesserungen  mit  Eifer  undSach-' 
kenntnifs  einzuführen  i^icli  bestreben.    Beim  gesainmten 
Maschinenwesen  ist  es  bekanntlich  eine  Hauptsaclie,  die 
zu  Gebote  stehende  Betriebskraft  am  vortheil  ha ftestcn  zu 
benutzen.    Um  aber  die  Maschinen  für  diesen  Zweck  am 
geeignetsten  zu  construiren ,  werden  nicht  gemeine  Kennt-^ 
nisse  der  Mechanik  erfordert,  die  man  deswegen  in  den 
wohleingerichteten  polytechnischen  Schufen  durch  den' 
Anblick  zweckmäfsig  und  in  hinlänglich  grofseni  Mafs- 
stabe   construirter  Modelle  zu  verbreiten  sucht;  allein 
auch  hiermit  ist  meistens  noch  nicht  alles  geschehen, 
sondern  oft  ändern  die  im  Grofsen  Torkommenden  spe- 
cielleo  Bedingungen  so  manches  ab,  dafs  derjenige,' 
welcher  sich  ein  entscheidendes  Urtheil  anmafsen  will , 
sieh  durch  eigene  Anschauung  auch  mit  diesen  bekannt- 
gemacht  haben  mufs.    Eine  der  vorzüglichsten  Betriebs- 
kräfte ist  ferner  das  Wasser,  aber  diejenigen  Privaten, 
welche  Wasserwerke  anlegen,   wenden  sich  fast  aus* 
schliefslich  nur  an  bekannte,  gröfetentheils  blos  empi- 
risch gebildete  Baumeister,  weil  sie  dann  gesichert  sind, 
w«o!gstens  den  ▼ersprochenen  und  vorher  genau  un  be- 
rechnenden, wenn  auch  geringeren,  Nutzeffect  zu  er- 


halten.  Sehr  richtig  würdigt  unser  Verf.  dasjenige,  was 
die  Theorie  and  was  die  Praxis  zu  leisten  vermag,  welche 
beide  vereint  seyn  müssen,  wenn  man  das  gew&nsclUe 
RewlM  wuWieli  eriinlt»  wiH»  keiM  darf  dt^  mim 
>riMie  groben  Nnchthcnl  aMohliefoen ,  mm  wenigste»  ik«r 

darf  eine  gründliche  Theorie  da  fehlen,  wo  man  beste- 
hende Mängel  zu  verbessern  beabsichtigt,  und  dafs  die 
letztere  so  oft  in  Verruf  gekommen  ist,  liegt  meisteot 
umt  darin,  mil  niemand  alle  aimeliie  nahlloee  Btdiih 
guogaa  in  aeine  Baeehreibnogen  TOn  praktiaoh  anwende 
baren  Maschinen  aufzunehmen  vermag.  „Wollte,"  heifiit 
es  „der  Experimentator  alle  Umstände ,  die  er  bei 
seinen  Vej»uchea  wahrgenommen,  in  seinen  Schriitea 
mittheiien  ^  so  würde  er  dadurch  su  den  ibertrtebeo8t«a 
Weitläuftigkaitea  geführt  wefdea,  ohoa  doch  saima 
Zweck  CO  arrelchan.  Darum  können  aeine  Waike  nie  m 
belehren,  wie  es  die  Erscheinungen  selbst  verniögeo." 

Es  war  daher  gewifs  ein  eben  so  wohl  gemeinter 
ah»  fruchtbMiigender  Beschlufs,  dais  Hr.  Egen  in  Soest 
den  Auftrag  erhielt,  die  Waaserwarke  i«  Rheiolaad- 
Weelphalan  jHimantlich  in  Besidiung  auf  das  VerhüUnlk 
awischen  der  vorhandenen  Kraft  und  dem  erhalteMB 
Nutzeffecte  näher  zu  untersuchen.  Hr.  Egen  ist  mit  dar 
älteren  und  neueren  Literatur  der  Mechanik  innigst  ver- 
traut, kennt  genau  die  Tielen  Verbesaarangen  der  Ma- 
aoUaao,  weldie  ia  den  naueelan  Zeiten  akh  bereils  ia 
Enghmd  und  Frankreich  durch  praktische  Anwendung 
bewährt  gezeigt  haben ,  und  hat  sich  daneben  durch 
einige  zweckmäfsig  auj^gesonnene  und  fein  durchg-eführte 
Versuche  als  einen  gewandten  Experimentator  hiniänglidi 
lig;itiniit ,  die  erhaltanen  Aetultala  aeinar  üntersudiua** 
gen  waniea  hier  deaa  Publicum  vorgelegt^  damit^fiaah^ 
ver8tind%e  sie  prüfen,  und  diejenigen,  die  eawüuucikaHi 
den  erforderlichen  Gebrauch  da?oo  machen  können.  Re£ 
macht  sich  ein  Vergnügen  daraus,  den  Hauptinhalt 
Ganzen  etwas  näher  zu  baaeichnen,  am  dadurch  die 
Wiahtigkeit  des  Untemebfnans  mehr  inalAafat  au  atsHsa 

In  eiomr.  inhaltirflirhfln  Bialattonar  wird  iinafit  aWa* 
itisch  nachgewiesen,  wie  viel  Kraft  in  Preufeen,  Frankr 


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1031 


reieh  und  England  znm  Betriebe  von  Maschinen  verwandt 
wird ,  woraus  lUaa  ia  ip«cieüer  Bezieh luig  aui  Rhein« 
lMkUWe8iphilcn  iMtf^Mgeht,  dafs  an  einif  en  Orlen  fftf 
<Miiüiohnlifh  ▼Mnchirt«  Jadiiairk  dieWaaitttaraft  beniit 
MftMMi  beginnt  In  England  Iii  man  dieaer  Kraft  wegen 
nirgend  in  Verlegenheit,  indem  die  in  nnerschopflidher 
Menge  vorhandenen  und  überallhin  mit  gröfster  Leichlig-^ 
keil  zur  See  über  Gaiiite  and  F.ifcpjbahnen  transportirt«B 
fWrinfcnhla»  ulaa  beqMMft  BewBgngßmhKbtl  darbaelea^ 
ibar  es  iai  ein  groA^  Irftthnoi ,  wcm  man  glaubt ,  dalb 
nach  dem  Beispiele  jenes  Landes  auch  auf  dem  Continente 
der  Industrie  haupt<$ächiich  oder  gar  ausschliefslich  durch 
ttwpfinaschinen  aufzuhelfen  sey,  indem  es  vielmehr  un« 
gUohsweekmilaiger  iai,  dieWaaaerwerkeMverbesserni 
ihren  Nntseffecl,  wie  hier  gezeigt  wird ,  in  Rheuihmd-» 
We^faalen  ohngeachtet  ihrer  jetzigen  keineswegs  allge- 
mein zweek\^  i<irigen  Construction  dennoch  leicht  um  50 
bis  100  Froc.  vermehrt  werden  kann.  Als  zur  Beiehrung 
hierQber  brauchbare  SchHfkeu,  in  den^  eme  richtige 
Theorie  mit  anwendbarer  Fnssßg  verbunden  ist,  emf  fieUt. 
der  Verf.  bloe  die  Recherehes  experimetücHes  ii;a*  w»  von 
Suieaton  in  der  Uebersetzung  von  Girard  und  die 
neuerdings  mit  so  grofsem  Beifalie  aufgenommenen 
motres  mar  les  roues  hydrauUques  etc.  von  Poncelet» 
Der  praktischen  Tendenz  des  Werkes  angemeaaeny 
aad  um  fiBr  die  Folge  Undeutlichkeiten  und  MiAverstlind- 
nisse  zu  vermeiden,  j^tellt  der  Verf.  zuerst  das  Mafs  der 
Kraft  fest,  welches  für  Secunden,  rheinländ  Fufse  und 
Pfunde  bei  einem  Pferde  zu  110  x  3  =  510 ,  bei  einem  ' 
Menschen  an  einer  Kurbel  s=  24  X  8  s12  nnd  filr  Wasser, 
den  Csb^Fufa  zn  66  gerechnet  66  qv  (wenn  q  die 
MMUge'der  CnbikfuliM  nnd  v  die  Geschwindigkeit  be* 
zeichnet)  angenommen  wird.  Es  versteht  sich  dann  von 
selbst,  dafs  eine  Maschinen-Pferdekraft  eigentlich  dreimal 
tagrofs  .ist,  als  eine  thiensche,  weil  ein  wirkliches  Pferd 
inr  8  Stunden  m  einem  Tage,  din-BIaackine  aber  24  fit. 
«bAen  bnn.  S»  Idcht  diese  Beatimmungea  rind,  eben 
iQ  schwierig  ist  es,  die  Masse  und  Geschwindigkeit  des 


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Wassers  mit  j^^enügender  Scliärfe  aufzuiladen ,  >velche^ 
durch  eine  Scliützeoöffnung  von  gegebenem  Fläclienin- 
haile  ausströmt.  Unser  Verf.  verfährt  hierbei  mit  der  bei 
ihm  bekannteii  gröftlen  Geaauigkeit,  indem  er  zuerst 
■elbat  die  Grtfaa  g  aua  deo  aanoaten  Veranchea  ableitet, 
md  =  S1^114  Aidet  Die  im  Gauen  bekaonle  VmaA, 
wonach 

q  =  ab  y^2g.  ^(h  —  0,5a) 

.  iat,  wenn  a  die  Höhe,  b  die  Breite  der  Schutzenöffnung 
und  h  die  Höhe  Tom  Bodeo  der  SchützenöffiiOBg  bisxiRi 
Waaaetapiegei  beseichaet  y  wird  daan  fftr  deo  Gebraaeh 
beqaam  und  hinlänglich' geaaa 

q  =:  7,9  ab  >^(h  ^ — o^a) 

für  preufsisclips  Mafs,  indem  für  englisches  der  Coeffi: 
eient  =  8,024  und  filr  englisches  =  7,771  wird.  Der 
Aufgabe,  die  Zusammenziehung  der  Wasserader ' zu  be- 
stimmen ,  hat  der  Verf.  einen  aufserordentlichen  Aufwand 
von  Mühe  gewidmet,  iiuh  m  alle  ältere  genauere  Versuche 
benutzt  und  ihre  Resultate  zu  besserer  Uebersicht  tabel- 
larisch zusammeogesteilt  sind.  Als  Endresultat,  welches 
den  Praktikern  sehr  willkommen  seyn  mufs,  die  eine  solche 
mühsame  Arbeit  selbst  vorzunehmen  schon  wegen  der 
Schwierigkeit,  alle  hierzu  erforderlichen  Quellen  herbei- 
zuschaffen, nicht  wohl  geneigt  seyn  können,  wird  hier  der 
Coefßcient  der  Zusammenzieliung,  wenn  sie  von  allen  vier 
Seiten  statt  findet,  =  0,63,  wenn  von  drei  Seiten  =0,f)T 
und  wenn  nur  von  zwei  Seiten  0,72  angegeben.  Mit 
.  Recht  heifst  es  dann:  „Die  Masse  des  Aufkchlagwassers 
durch  die  Druckhöhe  und  die  Grdfse  der  Ausllufsdffbuflf 
zu  bestiuitnen ,  ist  das  einzige  Mittel,  genaue  Kesultale 
zu  erhalten,  wenn  man  im  Grofsen  kostbare  und  zeitrau- 
bende unmittelbare  Cubicirungen  umgehen  will.  Darum 
i<^t  es  für  die  Praxis  von  so  hoher  Wichtigkeit ,  den  AbS;; 
llttfscoefficienten  für  aile  Fälle  sicher  gestellt  zu  sehdr. 
Wer  hier  nicht  ircen  will,  mufs  die  Erscheinungen  ft> 
Ausflusses  in  ihrem  ganzen  Detail  kennen;  allgemd^ 
Regeln  nützen  so  gut  wie  gar  nichts.** 

(Der  Bemhlu/t  folgt,} 


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e&    HEIDELB.  JAHRB.  d.  LITERATUR.  1S3L 


Egen's    Unter  suchungetL 

Wenn  gleich  durch  die  beiden  erwähnten  Sätze  die 
IV^iitel  zur  Bestimmung  der  Kraft,  welche  eint;  gegebene 
. Wassennasse  zu  erzeugen  vermag ,  theoretisch  festge* 
stellt  sind ,  so  wissen  erfahrene  Praktiker  doch  sehr  woäl, 
wie  weil  der  wirUiohe  Mutsoffect  oft  hinter  dem  hieraus 
bereohneleo  znrückbleibl,  tpeil  bei  der  Bestimmung  des 
crsteren  noch  gar  viele  anderweitige  Bedingungen  zu  be- 
rücksichtigen sind.  Hier  fehlt  es  aber  fast  ganz  an  Er« 
fahrungen,  und  Hr.  Egen  sah  sich  daher  genöthigt^ 
fdch  gaozauf  eigene  Untersuchungen  zu  beschränken,  auf 
welche  man  indefs  bei  der  Prlifiui|f  eines  einzelnen  be* 
stimmlen  6e Werkes  jederseit  znrfickkommen  liiofs.  Mit 
Recht  bemerkt  er,  dafs  es  am  einfachsten  scheine,  die 
Kraft  einer  Maschine  aus  ihrer  geleisteten  Arbeit  zu  be- 
1  ecbnen ,  aber  nur  wenige  der  letzteren  sind  von  (ler 
Art,  dafs  sich  die  dazu  erforderderüche  Kraft  mit  Be^ 
Stimmtheit  angeben  läfst,  und  es  bleibt  daher  nichts  ao'- 
deres  Abrig,  als  <Ue  Kriaft  der  Rad  welle  unmittelbar  zn 
-messen.  Für  diesen  Zweck  hat  indefii  erst  in  den  neuer* 
sten  Zeiten  die  Mechanik  die  erforderlichen  Mittel  an- 
gegeben, aber  man  findet,  so  viel  Ref.  weifs,  nirgend 
weder  so  zweckmäfsig  construirte  Apparate  noch  die  Me- 
thode ihrer  Anwendung  so  genau  beschrieben,  als  in  dem 
vorliegenden  Werke,  und  ss  ist  daher  allen  Besitzern 
.  gvftfserer  Wasserwerke  sehr  zu  rathen,  sich  hiermit  be* 
kannt  zu  machen,  wenn  sie  Ober  die  Leistungen  derselben 
'  nicht  im  Dunkeln  bleiben  wollen.  Die  beiden  gebrauch4 
tan  Apparate  sind  die  Federwaage  und  ein  vom  Verf. 
selbst  construirtes  Brems -D^pamometer.  Die  erstere 
(das  bisher  sogenanntig  Dynamometer)  ist  ein  in  vielfacher 
Beziehung  so  oillsliches  Werkzeug,  dafs  man  sich  in  der 

XXIV.  Uhrg,  11.  Heft  ' 


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1«T4 


Sg^n'i  L'utertuchungeu. 


That  wundern  mufs,  dasselbe  nicht  allgemeiner  verbreitet 
zu  findeo«  Chladui  wunderte  sich  schon  1818.  sehr 
darüber,  ein  solches  im  hiesigen  Cabinette  niebl  zu  findeo, 
und  setzte,  wohl  etwas  fibertrieben,  hinzil,  dafs  jeder 
gröfsere  Landwirth  den  ganzen  Preis  desselben  (SLdere) 
beim  Ankaufe  von  nur  einem  einzigen  Paar  Ochsen  wieder 
gewinne,  wenn  er  ihre  Kraft  damit  niifse.  Bekauntlich 
ist  Regfnier  dt^  fiffinder  desselten^  Ref.iKlb8t  hat« 
Müdem  t^eM^H,  find  in  dieser  wtnm  ChssnH  iai « 
atieh       Vistf«  sug^wfin^t,  mit  Ifens  Umnftniehierfe,  M 

der  fedei'nde  Bög-el  nirgend  durchfahrt  seyti  soll,  und 
dafs  det  Zeiger,  nicht  die  Pfunde,  sondern  nur  Grade 
ätigiebt ,  um  jene  hietafis  feu  berechnen.  Re£  ist  iwitfe 
nicht  ^ai^efgt  ^  vön  seinet  Obnstrfictioa  abtrayehstti  die 
sich  bbifend^eiA  tn  eitii|i^en  S^eitiplarto  «Ai  zwteckmiHg 

bereits  bewährt  hat.  Der  Bügel  Sst  fiSmlich  so  stark, 
«fi'd  rtt*öfs  so  g\H  g-ehärtet  seyn  ,  dafs  die  durch  die 
drängt  durchgehenden  Zapfen  wieder  ausjgefällten  LÖcker 
keine  i^;g;4Mche  Fedel*fili|;  6rzeu|;e&  bStinM.  Shi6  Haaftl- 
mibMe  bei  der  V«tferti)|^lkn^  ^dmr  BjwaifiMneler  bMtokt 
•hher  dürin,  dafs  der  fibrig^ns  ganz  fertig  gemachte  BH^l 
vor  der  Oi^duinirig  mit  dtier  tiicht  'Äi^bedeutcod  gros- 
gieren  Last  beschwert  wird ,  iiis  w(4che  er  i^ter  jeisais 
M  trafen  hat,  ^obdl  alierdinjfi  die  «ioht  pmb>ehaltiflD 
ifeerblr«61ien  kllkinen ,  irte  tfuch  frca  «9«reien  ^»irhlich  gf 
ibhah ;  nW  M  ^Mbt ,  Aer  Kttnsdiefr  inetum6blt  eiSMi 
schlechteren  B&gel  il^it  ettiem  besseren ,  als  dafs  er  ein 
mang-elhaftes  Werkzeug  abliefert,  indem  er  'bei  dem 
pK  ise  hierauf  Rücksicht  nehmen  darf.  Wird  «aiysr  ein 
Plastischer  Körp^  nie  wted^  4>is  ttl  deifijlftiflgm  Oe- 
wicMe,  1«tetehtte  eir  sehbA^ittMlfl  ^hMMi  iftftittgM  M, 
liclfMtei,  iiHe  dieses  bei  dem  Dyhatnometer  durch  eitwö 
eigenen  Mechanismos  unmöglich  wird ,  so  fedfert  er  auch 
iiadi  den  neuesten  Versuchen  desRitterä  von  Crerstner 
kfinftig  jederzeit  richtig-,  irnd  tsö  darf  man  tfuch  die  weit 
bte^WeiliiKrb  Zahl  4er  F^de  4t^st  «nf  •dnn  IMbüb,  «rf- 
trägen,  iitai     M<ftr,  rfs  ^ MneMMB^  islii^  InMite 

jjfabe  ist,  die  greii>e  Menge  der  Crewichie^  weivn  diese 


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KUofrainwea  steift ,  np^uiiäof ^Il »  dann  ^^r  CpnlroU 
wi^dar  rOckwSrts  litirabxusteigeo ,  upd  zu  gröfserer  Si- 
cherheit die  ganze  OpcratiQii  nochmals  zu  wiederholen , 
womit  drei  Arbeiter  m  ejpeip  g^nzßi^  Tilge  k9||m  itsrUg 
sn  werden  im  Siip^^  ^md. 

Der  Bweile  YQip  Verf.  gebrauchte  App^ra^  Ist  eio 
Jj^framed/iifiiiipinetar.  Zudra^  tIpaUt  deraetbe  ans  fMioem 
r/aichen  jSkbM^sa  ron  Belesenheit  dia  durch  Zaichnungea 
erläuterten  Constructionen  der  verscliiedeneu ,  hls  jetzt 
inVorschlag  uud  gi  ufs«  nlhriJs»  in  Anwendung  gef>rachtea, 
Pjrnamomel^r  ii|it ,  ui^d  zeig^  bei  den  meisten  die  JVläii- 
gpfai,  welche  Uira  sweckmäfsige  Apwendunghiadeni.  Am 
h0iteß  iat  das yom  Macb«M^  pnd  f^nceiel  ^e- 
lumchte,  allain  die  neue ConatirjiciioD,  welche  Hr.  JBgen 
ihm  gegeben,  ist  so  überwiegend  besser,  dafs  schwer- 
lich irgend  eio  anderes  künftig  in  praktische  An^^eudung 
kommen  wird ,  sobald  dieses  hinlänglich  bekannt  ge- 
worden is^  Dasselbe  heateht  im  Wesentlichen  aus  einem 
§tßjrkm  eiserjpan  Ringe,  welcher  mit  Schrauben  ai«f  Wellea 
l^oglfeichar  Picke  coacentrisch  befestigt  wefden  kaon, 
M^d  aiis  einem  zxveiien,  über  dem  ersleren  rer^chieb- 
baren  Ringe ,  dessen  Reibung  in  dem  VerhälinisSje  wächst, 
ßls  er  duiTch  Scli rauhen  fester  ajigezogen  wird.  Wenn 
4wA  4ie  Wci|e  für  ß^ße  gegebene  IJmd^ehuog^geschwipt» 
^digkiei^  ibire  ganze  Kr^t/t  auf  dj^  Eeibuaig  verwendet ,  sa 

^ieki  iin  }M'^m%  Mf^M^  eiAeü  J^de  auf  dem 
zureiten  Ringe  baüestigt  ist,  am  andern  dnrch  die  Fe<ler- 

^aage  die  wirkliche  Kiaft  des  Rades  an.  Hierbei  ist 
nicht  zu  versäumen ,  dafs  das  lir emsdynamometer  auch 
..während  ^ea  Versuches  sitets  gehörig  in  Schmiere  er- 
halten wird,  aAich  man  seUbat  hei  entstehender  Er- 
iMtKVfg  kein  Wasser  avfgiefseo,  weil  sonst  die  Bewe-  • 
-ffWV  ^  ungleich  iKnd  hüp£ejid  wird ,  dafs  jede  genaue 
Beobachtang  schwindet.  Es  versteht  sich  zugleich,  dafii 
die  Welie  ap  vielep  freien  Raum  darbietet,  um  das  Dj-* 
namomqter  ai^ubringen ,  was  55war  meistens  aber  keines- 


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Sgeik'a  Uniertucluiii^^iii^ 

welches  mit  dem  ganzen  Apparate  nur  etwas  über 
Wiegt,  und  wenig  mehr  als  100  Rthlr.  preufs.  kostet, 
sollte  billig  an  allen  grdfseren  Banstattea  zam  beliebigen 
Gebrauche  für  Privaten  vorhanden  seyn ,  da  die  prdc^ 
tische  Anwendbarkeit  desselben  durch  eine  grofse  Reihe 
von  Versuchen  hin  hinglich  bewährt  ist. 

Bei  der  bisherigen  Anzeigte  des  ersten  Abschnittes 
ist  Ref.  dem  Gange  der  Untersuchungen  in  der  Haupte 
Sache  g;^^<oI^^  9  vnd  hat  den  Inhalt  deraelben  etiinis^vott* 
ständiger  angegeben,  weil  dieses  Wegen  ihrer  Wichtig* 
keil  lind  Allgemeinheit  nolhwendig  schien;  bei  dem  nun 
folgenden  zweiten  Abschnitte  darf  dieses  weniger  der 
Fall  se^n,  nicht  deswegen,  als  ob  er  von  geringerer 
Wichtigkeit  zu  sejn  und  weniger  Belehrendes  zn  ent- 
halten schiene,  sondern  weil  er  sich  mehr  auf  eimehn 
specielle  Gewerke  bezieht  und  zum  Thdl  die  Bigdtt^ 
thümlichkeiten  ihrer Construction  mit  berücksichtigt,  die 
nicht  ganz  vou  bo  all^eiueliiem  Interesse  sind,  und"  vor- 
zugsweise  nur  die  Aufmerksamkeit  der  Besitzer  dieser 
oder  ähnlicher  Anlagen  erregen  werden^.  Für  den  Zweck 
dieser  Zeitschrift  wird  es  genUgen^  nur  mtiifjil0^ 
tigsten  Resultate  aus  dem  reichhältigeuf 
näher  zu  bezeichnen.  Es  sind  nicht  weniger  als  14  Ai 
>ou  Gewerken  einer  genauen  Prüfung  unterworfen,  uad 
zwar  zuerst  die  liammer werke,  welche  in  den  preufti- 
sehen  Staaten  im  Allgemeinen  nach  den  in  Karstens 
Handbuche  der  EisenhUttenkuode  eipAÜ|^en  Vorschrif-gi 
t^n  angelegt  sind.   Der  Verf.  besiolifftfi^i^^  sein^Bifl 
Untersnchun^en  nicht  blos  auf  seine jägenen  Beobacfa*  | 
tunken,  soiid«  rri  es  wurden  ihm  höheren  Orts  auch  die  1 
Leistun<:;en  sonstiger  Kisenhiimmer ,  namentlich  der  schie-  1 
jpjfiche^  zu  Theii,  die  er  tabellarisch  zusammeosteüt  und  I 
;E|ir Tergleichottg  benutzt.  EsMst  unmöglich,  mit  kuip#  1 
W^n  den  HauptinhaU  :|jier;^I^M^^  1 
gen  anzuheben,  wodukW  der  V^k^illm^  ZusaiilllliP*  \ 
btelluni?  th(  oretischer  Gesetze  mit  den  aus  der  Erfahrung 
entnommenen  Bediogungen  das  \  erhältnifs  zwisj&hen  der 


IKgU^  Uiit«itlicbttngcn. 


chen  Nutzeffecte  ausmittelte ,  aber  sehr  belehrend  ist 
dieses  selbst  in  allen  Einzeloheiten  für  Besitzer  und  Er- 
bauer solcher  Anlagen.    Er  hat  sich  dabei  die  Mühe 
geaoiDinen,  nicht  blos  die  Kraftmittel  «od  LeistBngen 
der  TOB  ihm  selbst  geprafteo  HammerVFerke ,  sondern 
.auch  die  der  schlesischen  und  selbst  der  schwedischen, 
wozn  di<B  erforderlichen  Data  aus  der  Maschinenlehre 
von  Sven  Rinman  entlehnt  sind,  tabellarisch  zusam- 
menzustellen, und  aus  diesen  Uebersichten  die  Folge- 
rungen in  einzelnen  deutlichen  Sätzen  den  Lesern  vor 
Augen  zu  legen.    Hieraus  ergeben  sich-  manche ,  auch 
in  theoreti^her  Hinsicht  hdchst  interessante  Resultate, 
welche  sehr  geeignet  sind  ,  alle  diejenigen  zur  if  eiteren 
Prüfung  aufzufordern,  welche  sich  mit  dem  Studium  der 
Mechanik  beschäftigen,  da  es  einmal  ein  nothwendtges 
Gesetz  für  diese  seyn  muTs^  jede  scheinbare  Abweichung 
▼on  einer  anderweitig  fUr  richtig  gehaltenen  Theorie  so 
lange  zu  rerfolgen,  bis  die  Ursache  des  scheinbaren 
Widerspruches  aufgehoben  ist    Es  findet  sich  nimlich 
Z.  B.,  ilafs  die  schwedischen  Hämmer  1,5  mal  so  schwer 
als  flie  teutschen  sind,  und  dennoch  nicht  mehr  Kraft- 
moment  zum  Heben  erfordern.    Indem  aber  der  Nutz- 
efTect  <ler  schwedischen  Räder  um  höchstens  0,06  bis 
0,66  groAer  seyn  mag,  so  folgt ,  dafs  die  schwedischen 
-Hämmer  weniger  hoch  gehoben  werden ,  und  mehr  durch 
ihr  Geuicht  als  durch  die  Prellung  einen  kräftigen  Schlag 
führen.    Dieses  scheint  aber  ge^en  das  Gesetz,  wonach 
das  Moment  des  Stofses  der  zweiten  Potenz  der  Ge- 
schwindigkeit proportional  ist,  zu  streiten,  und  der  Verf. 
.sagt  daher  mit  Recht ,  dafs  es  sehr  nfltzlich  seyn  wftrde, 
die  Leistungen  beider  Arten  yon  Hämmern  genau  zu 
vergleichen,  wozu  aber  bis  jetzt  die  nöthigen  Angaben 
fehlen,    Die  ganze  Untersuchung  führt  dann  zu  dem 
Resultate,  dafs  diese  Gewerke  nach  ihrer  ganzen  Con- 
Strnction  noch  bedeutender  Verbesserungen  fähig  sind, 
wozu  die  sehr  ins  Einzelne  gehenden ,  von  allen  prakti- 
schen Maschinisten  sehr  zu  beherzigenden ,  Vorschläge 
hier  initgetheilt  werden  ^  einen  bedeutenden  Nutzen  geben 


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107S  Egen't  Uniersuehmigeii. 

scholl  die  duriib  Poncelet  empfohienea  Räder,  wetiri 
diese  stall  d^lr  oft  Mkt  si^^kwidH^  <HiD§lriiirteif  ftllfe- 
Ineioer  eihgef&HH  wflrdeb. 

Es  folgen  zunächst  die  tliil  gleicher  Giüntllilillkeil 
angestellten  Piilfiing^en  ctei'Gc^bläse»  ufld,  wie  sich  dieses 
TOD  selbst  versteht,  zuerst  eine  theoretische  Bestitnitmtl^ 
dei*  AusfluHigeschwiodigkeit  der  Luft  aas  rieft  Dfii^; 
wobei  der  beständige  Coefficie6t  oaeh  D'Anbiil98öik\i 
Versuchen  für  kurze  cylindriscbe  und  koni^he  Rdhfrtti 
iiiigewöhnlich  hoch  =  0,9  angenommen  wird.  Ref.  hat 
io  seinem  Uandbuche  nach  Schmidts  g^ehaltreichen 
Versuchen  di^^n  nur  =  0,7  gesetzt ,  allein  es  läfsl  sich 
nicht  yerkehnfeb ,  dafe  A  a  b  u  i  s  S  o  n's  Mesitiii j^ett  Dich 
einem  grtit^^n  Mafsstabe  angestellt  stod ,  tmd  da 
durch  Adhäsion  wirkenden  Wandungsflächeii  der  Duseii 
im  einfachen,  die  Massen  der  sti-ömenden  Luft  aber  im 
quadratischen  Verhältnisse  ihrer  Durchmesser  wachsen, 
iso  eirslöhriiii  die  Besllmmiing  Vei^fo.  hiei*nach  als  die 
richtigere.  Gleibh  belehrend  Weiset  Hir.  tlgeki  ^4Ui 
die  aus  der  Consli  uction  der  Gebläse  nothwendig  hervor- 
gehenden Verluste  nach,  und  wendet  sich  dann  zur  Prü- 
fung der  wirklich  construirten  Gebläse,  die  er  in  d«n 
Terschiedenc»  Gewerken  in  betrieb  fand^  Demaadlit 
werden  auch  noch  andei*e  In  Vorsdli^g*  gebrachte  ttff* 
bläse  beurtheilt,  Und  es  ergrabt  sich  hieraus,  däl^  di9 
Henschersche  (nicht  Herschel'sche ,  ^'ie  hier  durch 
einen  Druckfc  Iiier  steht)  Kettengebläse  einen  reinen  NWtK- 
effect  von  0,48  gt^bt^  Also  'mehir  als  irg^tid  äiii  iiinder«s,' 
iironach  dasseiho  eine  Sügehh^ll^e  AhM^Anng  vi^dMK^ 
Us  ihtn  hMi^t*  »i  tlitifl  tvvHe.  In  Begehung  ä^tPtMlh' 
Walzwerke  wird  zuerst  g^zMgt,  ivte  'n^ht  diesfe  d^^ö 
Blechhammern  vorzuziehen  sind,  da  sie  die  achtfirt^ß 
^iBintität  liefern,  Wozu  man  rtoch  Obend^dn  nilgl^^ch 
bessere  Afrbeil  iÄ  Abschlag  bringipn  MSfs.  Wi^  V^sttk^- 
'  haft  abrig^ettli  bei  tli^o  f3eWe^^ken  «fli  ^oKeS  mWiM 
bedeutender  Gesell  windigkeit  umlaufendes  Sch'f^^utt|'tt!d 
sey,  wird  deutlich  nachgewiesen,  auch  unterlieget 
keineoi  Zw^el^  dafe  das  SteHen  *der  WaIsM  v«hliitldit 


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Schranl^B  vor  dem  Keilen  grofse  Vorzüge  habe.  Wena 
ferner  die  Bewahiier  der  preiiliKiscIicii  üheiolniide  die 
wm  dam  Vwf.  gegebenes  Vorschläge  ood  Belehrungen 

gebührend  beachten,  so  wird  sein  Wunsch  gewifs  bald 
in  Errüllung  gehen,  dafs  nämlich  in  jenen  Gegenden 
eine  jt^nbrik  von  englischem  Weifsblech  dogeiegt  werden 
mjlgny  dessen  Verfertifiiqf  Kurslee  im  drilten  JBa»dfi 
seines  Archirs  ^hr  gene«  bencbreibt  Unter  vielen  an^ 
dern,  sehr  zu  beherzigenden,  Vorschlägen ^  namentltch 
nber  genaue  Festi^tellung  der  Dicke  der  verschiedenen 
Drahinniiimern ,  über  die  V^bindung  der  WübiverKe 
mit  Strenkwerben  n»et  w.  war  es  für  |tef.  sehr  ajogeneliaif 
fkber  veipi^n  Gc^epstend  hier  Belehrung  m  fini|en,  der 
iim  Melnog  noch  nioht  vMh'g  klar  geworden  war.  Der 
Verf.  berührt  nämlich  das  bekannte  Vorurtheil,  dafs  das 
gewalzte  Eisen  an  Güte  dein  geschlagenen  nachstehen ' 
soll,  was  allerdings  theoretischen  Gründen  widerstreitet» 
und  hier  d«ro|i  irigene  B^ohaphtvifgep  m$A  die  jgrüodli* 
dien  Untieriiiehupgm  von  Peter  Legerhieli^  ab 

gänzlich  unstatthaft  nachgewiesen  wird.  Da  bei  den 
Drahtziehereien  die  betreibende  Kraft  abwechselnd  grös- 
ser uskd  geringer  sej^n  mufs ,  so  wird  es  erfordert ,  die 
OeSaiUig  d«r  ^tMitze  nach  dein  jedesimUigen  BedfU"^ 
hisse  «II  IMidern,  nr^cbee  3war  dur^  eipen  eigfuifie 
hierzu  angestellten  Knaben  geschehen  kann,  allein  nn-  - 
gleich  bjesser  ist  offenbar  ein  eigentlicher  regulatorischer 
Apparat,  zu  dessen  Coastructipn  hier  genaue  Vorsch ritte» 
ertkeilt  werden.  Ref.  mdchte  n^nviafsgeblich  vorschla- 
p» ,  nioht  die  SAütm  selbst weicht  9m  leichjt  he* 
greifficheo  Gründen  achwer  beweglich  iet,  m  beiregen» 
sooderu  vor  derselben  eine  auf  Rollen  laufende  Sperr- 
schntze  anzubringen,  durch  deren  Herabla^^sen  die  durch- 
fliefsende  Wassermenge  regulirt  werden  köniite,  Auc^ 
den  VoreehUg  findet  man  hier  i  ^ach  den  VersuM^heii  in 
Snglnnd,  'die  feioeren  Brahlsorim  dui^h  Oefibfing^n  in 
sehr  härten  Steinen  auszuziehen,  welcher  nm  so  fnehf 
Beachtung  verdient,  je  wahrer  der  Satz  ist,  dafs  ^ile 
ßewerke  ¥m     nQthwen4.iger  vA>n  44V  Vi'm^mih^K  die 


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Mittel  xto  ihrer  VervoHkommmiiig  ermtrtM  uMsMi^  je 

mehr  ^sie  ins  Grofse  erweitert  werden. 

Mit  Uebergehung  der  fast  allezeit  schlecht  cod- 
«truirtea  Schleifkotten  folg^  wir  dem  Verf.  bei  seines  ■ 
gehaltc^ichto  UotersilchuttgeD  ftbcr^lie  GietreidenillUni 
denn  kein  Zweige  der  Technik  yerdient  naiMBdioh  tk 
das  mitdere  und  hauptsächlich  das  sfidliche  Teutschland 
160  sehr  die  ailgeineiac  Aufmerksamkeit,  als  die  Berei- 
tung eines  vorzüglich  guten  Mehls.  Obgleich  nämlich 
V.  Humboldt  gezeigt  hal,  über  welche  ausgedehnte 
tStrefsken  dch  die  Cereaiien  sum  grolben  Niitsen  der 
hewobner  den  verschiedenen  klimatischen  VerhtttnisBsa 
fügen ,  so  giebt  es  doch-  nicht  viele  Gegenden ,  wo  sie 
^  reichlicher  und  in  gröfserer  Vollkommenheit  gedeihen, 
als  gerade  im  mittleren  und  sudlicheii  Teutschlande ,  und 
fla  von  den. Mündungen  des  Rheins  ans  eine  direete  Vev» 
bindung  mit  fernen  Weltthellen  bereits  wirklich  erMoet 
ist,  so  gebenr  diese  den  sichersten  Artikel  der  Exporta- 
tion  ab,  auch  werden  die  Bemühungen,  sie  in  gröfserer 
Menge  und  von  vorzuglicher  Güte  zu  erzeugen,  in  eben 
dem  Verhiltnifs  steigen,  in  welchem  die  Anssioht  auf 
Gewinn  zunimmt.  Dabei  isrst  sieh  keinen  Augenblisk 
verkennen,  dafs  es  am  vortheilhaftesten  ist,  Ues  im 
feinere  Mehl  dem  Auslande  zuzuführen,  weil  hierdurch 
die  zu  transportirende  Masse  ein  Minimum  wird  ,  und 
dem  Boden  zur  Erhaltung  seiner  Productionskraft  djs 
roherea  Stoffe  verbleiben ;  aber  diese  Aufgabe  erfordsH 
nothweHdig  die  Erzeugung  eines  vorEugUch  guten  M^bki 
woran  es  in  Teutschland  nach  einstimmigem  Unheiie 
noch  sehr  mangelt ,  weil  die  Construction  der  Mühlen 
der  in  England  und  Amerika  üblichen  weit  nachsteht 
Dennoch  aber  gehören  die  rheinischen  Möhlsteifie  nittr 
die  besten,  die  es  Qberall  giebt,  und  stehen  nur  e$m' 
dem  porösen  Quarzsteine  von  La  Ferte  sous  Jouatre 
'  nach.  Der  Verf.  beschränkt  sich  bei  seinen  Untersu- 
chungen darauf,  die  Mängel  der  üblichen  Muhiencoik 
structionen  theils  im  Allgem^nen,  theiis  bei  bestlmmtss^ 
genau  von  ihm  geprüften,  Geweiken  saehsuwMien,  Mt 

V 

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£geii'«  Untersuehuiigfiii«  1001 

Schwierigkeiten  zu  enthOttea,  welche  eiaer  genauen  Be- 
stimmung des  Verhältnisses  ^wischen  der  vorhaudaBea 
bifl  vod  dm  wirklichea  Niiiseflbote  im  Wc^e  stehen  ^ 
die  Lefetangett  der  «m  beiten  eoBetroirten-  MAhleii  aiii 
sicheren  Angaben  zusammenzustellen  und  einige  allge- 
meine VerbesserungKvorschläge  hinzuzufügen.  Die  letz- 
teren,  auf  bewährte  Erfahrungen  gestützten,  beziehen 
^h  jedoch  nicht  bfos  anf  die  Cvnetiiictien  der  Räder 
ind  die  vbrthelliinfteste  Bemrtsiing  deeAnfiKdilagwasser^ 
•ondern  auch  anf  die  Gröfse,  die  Umlaufsgeschwindig - 
keit  und  selbst  den  Hau  der  Mühlsteine,  wozu  dann 
noch  eine  Angabe  der  Torzttglichsten  Werke  kommt, 
aas  denen  man  aiehere  Belehrung  Uber  allen  diese» 
flehfipfeii  knnn«  -  i 

Nicht  minder  wichtig,  aber  vng^eich  mit  grofsen 
Schwierigkeiten  verbanden,  sind  die  Constructionen  der 
Odmöhlen  ,  welche  meistens  noch  an  grofsen  Mängeln 
leiden.  Der  Verf.  des  vorliegenden  Werkes  theiit  ver- 
aehiedene  Vorschüj^e  sn  Verbessevongen  mit,  allein  als 
nmsiehtiger  Praktiker  vermeidel  er  irorsiehtig ,  irgend 
eiflen  noch  nicht  im  Grofsen  versuchten  Vorschlag  un- 
bedingt anzupreisen,  so  vollständig  auch  die  aus  der 
Theorie  folgenden  notliwendigen  Bedingungen  zur  Mtt^ 
zielung  genügenderer  Resnitate  angegeben  werden.  Die 
SSerdrickung  der  Saamealcdmer  dnrch  ▼erticale  MnhU 
steine  ist  durchaus  verwerflich ,  weil  das  SEellgewebe  der 
Mhaltigeii  Fruchtkörner  zerrissen  werden  mufs ;  besser 
sind  die  Stampfen ,  noch  gröfsere  Vorzüge  aber  scheint 
eine  den-  Kaffeemihlen  nachgebildete  Vorrichtung  zu 
haben,  wcnhit  um  so  leichter  Versnebe  im  Groften  ge- 
%iq[t.  werden  kdmten,  als  eine  solche  Anlage  im  nnrer- 
hofften  Falle  des  gänzlichen  Mifslingens  zum  Zerkleinern 
der  schon  einmal  geprisfsten  Kuchen  für  eine  zweite 
Auspressung  anwendlmr  seyn  würde.  Als  vorzüglich 
vortheUhaft  werden  nngleich  die  Walnen,  wenn  sie 
SWeckanfiMg  consimirt  sind ,  empfohlen,  jedeeh  ndimen 
"die  gufseisernen  bald  eine  der  Politur  nahe  kommende 
Glätte  aui  und  es  scheinen  also  poröse  steinerne  den 


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Vorzug  zu  habeu.  Als  Pressen  dienen  meistens  die  kei- 
,  neswegs  verwerflichen  Keilpressen  (die  Schraubenpressen 
werden  nicht  ervähat).  und  ia  seltenen  Fällen  die  hjdrtn* 
HidiM,  im  thmmt  erwartet  flie  Fabricelioii  4«i  OakB 
moli  mehrfitöbe  Yethmmnmgm.  Waa  der  Ver£  in  Bar 
Ziehung  auf  die  8ägemühlen  sagt,  nämlich  dafs  höl- 
zerne Maschinentheile  zu  viele  Reibung  haben  und  avr 
ungenaue  Arbei/t. liefern  können,  insbesondere  aber  d«jb 
bei  einer  gatea  CkHWtrMtiM  der  Maithiiie  die  Verfiah 
gung  melmrer  Sägeblätter  estaebiedeMD  V^vtheil  ge^ 
währt,  hat  Ref.  sehr  im  Grofsen  an  einem  überaus  schön* 
gebaueten  Gewerke  dieser  Art  in  Liverpool  bestätigt 
gefunden.  Die  ßetriebkraft  des  Ganzen  gab  eine  un- 
▼ergleichlicbe  Dampfmaaobine.  voo  16  Pferdekräften, 
welohe  swei  rertieabs  Säg^egatter,  das  eiw  mit  18  das 
«edere  mit  10  Sägebiätteni ,  enfkerdem  eine  riesenblAft 
Kreis -Furnirsäge,  und  eine  kleine  18zöliige  Kreissäge 
in  Bewegung  setzte,  welche  letztere  nur  gelegentlich 
Air  zaföllig  Torkoounende  Zwecke  benutzt  wurde;  Dir 
mh  arbeitete  bke  die  gMAe  Säge  mit  Ii  BttOenit  ifie. 
Furnir-  «od  die  tJeine  Kreiaäige ,  aber  der BigenthBnMf 
versicherte ,  dafs  alle  vier  zugleich  arbeiten  könnten» 
Der  groi'se  Nutzeffect  war  ohne  Zweifel  Folge  der  voi7 
leodeten  Arbeit  aller  MaaehiAeatheile^  denn  aamentlMlIi 
^aiur  4te  llampfnniBohine  aenccnrat  gearbeitet,  daft  mxt 
keinen  Steft  empfand,  wenn  man  den  Fnft  «of  dflpi 
.  Stiefel  derselben  setzte.  Für  die  Sägengestelle  wird 
diejenige  Einricfatuog  als  die  beste  empfohlen ,  welche 
Chriatian  aogiebt.  Unter  den  Voraohlägen  zur  Ver* 
Imaerang  der  Papiermühlen  sind  allerdings  dii jiini|üi 
wa  grolfaer  Wiehiigkeit,  welobe  eieh  niif  eine  bmmP^ 
Dentttming  der  B«triebskraft  benieiien,  Torcugewebi 
aber  verdient  die  Verbesserung  der  Pressen  grofse  Auf- 
merksamkeit. Für  das  anfängliche  Auspressen  des  Was- 
aere  dikften  wohl  die  gewöhnlkhen  6ohranbefifir«ciwa 
wü  nwnfirnaäfmger  fimmbtwif ,  der  nehneUer  m  iiJul^ 
landen  Wlrknng  balher,  den  Verzug  verdienen,  flbr  ifie 
später  erforderlichen  sehr  starken  Cotti|>re§^aaea  fiiad 


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/ '  > 

Egen^t  Untenachnngea. 

aber  cHe  hydraulischen  Pressen  ohne  2Wreifel  allen  an- 
dern vorzuziehen.  Merkwürdig  bleibt  jedoch  der  sehr 
SU  beachtettde  Umstand ,  difil  das  flutsche  Papier ,  aelbsl 
das  achweltöer  nichl  aus^uomaieti,  swar  anPeiolieh  des 
Waferiiita  und  WetAe  dem  eng-lisf^^u  hichi  nachsteht  ^ 
Von  letzterem  aber  Stets  noch  durch  eine  cijg^ene  perga- 
Inenfaftige  Festigkeit  und  Glätte  öbertrofifen  wird,  so 
d^rs  es  sehr  der  Muhe  Werth  wäre,  zu  untersuchen, 
darcfa  welche  eigenthfimllühe  Mittel  bei  der  FabrllsatiM 
gehide  dteee  verstigliehe  Eigenschaft  etveugt  wird ,  die 
dem  Drucke  und  insbesondere  den  Kupferabdrficken 
eine  so  ausgezeichnete  Schärfe  und  Eleganz  ertheilt. 

Ohne  bei  demjenigen  zu  verweilen,  was  über  die 
Pliitermablett ,  die  WalkemQhlen  and  Tnchfabnfcen  gt^ 
sagt  ist,  Wendet  sich  Ref.  noch  tum  letsten  Chpitel  über 
Wte^rhebungs- Maschinen  und  Salinen,  worin  vieles 
dtt  Beachtung  sehr  werthes  zur  Erörterung  kommt 
Ohng^ftchtet  verschiedener  vorhandener,  und  gleich  gut 
dieses  gewöhnlich  der  Fall  ist,  betriebener  Salinen, 
hit  Rheinland  ••Westphalen  dennoch  Mangel  an  Sah^ 
M  dhft  jihrlich  iddit  weniger  alsr  ffer  S10,OiO  prealk. 
Tlmler  eingeführt  wird.  Der  Haupt  Vorschlag  des  Verfe. 
gAt  darauf  hinaus,  die  schon  gradirte  Soole  mehrerer 
^hr  et^iebiger  Quellen  durch  eine  11  Standen  lange 
AMH^Ieitang  nvdi  UHiig^born  za  briagen ,  we  sie  wegen 
Tfts  g^ingen  Prdse»  des  Brenmnatieriats  wiAlfetI  ver- 
^\tn  Wehden  kötinte«  Eine  so  lange  RÖhrenfeitung  ist 
allerdings  eine  riesenhafte  Unternehmung,  allein  in  der 
jetzigen  Zeit  pflegt  man  audl  vor  solchen  nicht  zu  erbe« 
^1  i^öch  wOirrfe  es  vor  iter  wirkKehen  AusfUhrang 
Mlh#^dig  opyn,  den  Plan  am  cAner  Midien  Anlage  mit 
Bfetfi^STchtignng  aller  Nebenbedingungen  und  ei»er  Vor- 
ftirtibwechnonc;  der  Kosten  £;enau  zu  entwerfen,  welches 
Qrti  80  schwieriger  seyn  dürfte,  da  für  Salzsoeie  keine 
^^e  odct  tköaenie  Rdhren  nnwemlbar  tünd ,  und  die 
Koer  delr  hdhmien  gar  za  anbesfinmit  M.  lief  Idteo 
W^flMen  Salinen  wird  die  Soole  zuvor  gradlft,  vnd 
^^Igemein  durch  I>ornengrftdtrung.,  allein  dieses  kann. 


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1064 


Egen'a  Untertuchun^n. 


our  durth  eioen  grofseo  Aufwand  geschehen,  und  der 
Verf.  räth  daher  zu  Bohrversucheu ,  um  das  zu  findende 
Salzlager  entweder  bergmännisch  zu  bearbeiten ,  oder 
die  Yorhandene  Soole  mit  stärkerer  zu  verbessern.  Die 
bergmännische  Gewinnung  des  Steinsalzes  dürfte  aber 
schon  im  Voraus  zu  verwerfen  se^n ,  denn  selten  oder 
fast  niemals  ist  das  Salz  so  rein,  dafs  die  Stücke  unmit- 
telbar zerkleinert  und  verbraucht  werden  können,  we- 
gfegen es  ungleich  vortheilhafter  ist,  die  in  den  Salz- 
Lagern  oder  Stöcken  meistens  von  selbst  gebildete  ge- 
sättigte Soole  zu  heben  und  zu  versieden.  Nach  den 
Erfahrungen  aber,  welche  man  namentlich  in  Rappenaa 
und  Wimpfen  ,  so  wie  auch  anderwärts  zahlreich  ge- 
macht hat ,  liefern  die  in  ein  Salzlager  herabgehendeo 
Bohrlöcher  eine  so  unermelsliche  Menge  gesättigter 
Soole,  dafs  es  unmöglich  wird,  sie  insgesammt  zu  ver- 
sieden ,  und  so  leidet  es  wohl  keinen  Zweifel ,  dafs  die 
vielen  in  den  westlichen  preufsischen  Staaten  vorhan- 
denen Salzquellen  das  Vorhandenseyn  eines  Salzlagers 
genügend  beweisen ,  welches  mit  einiger  Berücksichti- 
gung des^  Ursprungs  jener  Quellen  und  der  geognosti- 
schen  Beschaffenheit  jener  Gegenden  durch  nicht  eben 
kostbare  ßohrversuche  aufzußnden  seyn  müfste.  Da- 
durch würde  dann  nicht  blos  eine  hinlängliche  Quantität 
Soole  gegeben,  sondern  auch  die  kostbare  Gradirang 
vermieden  werden ,  so  dafs  die  für  jene  Provinzen  er- 
forderliche Menge  Salz  vermuthlich  zu  niedrigerem 
Preise  gewonnen  würde,  als  sie  jetzt  vom  Auslände  be- 
zogen wird ,  statt  dafs  der  Verf.  nach  seinen  Planen 
einen  Mehrbetrag  der  Kosten  von  etwa  jährlich  20,000 
preufs.  Thalern  berechnet.  Uebrigens  kann  man  sich 
hierbei  einer  sehr  wichtigen  Beobachtung  nicht  enthalten 
Es  ist  nämlich  gewifs  im  Allgemeinen  aus  von  selbst  sich 
aufdringenden  Gründen  ein  nothwendiges  Bedurfnifü. 
dafs  die  höheren  Behörden  in  allen  Staaten  sich  ernst- 
lich angelegen  seyn  lassen,  die  Industrie  und  Gewerb- 
thätigkeit  möglichst  zu  unterstützen,  ob  aber  dos  sehr 
allgemein  herrschende  Princip,  wonach  jeder  Staat)]* 


Marx,  über  Cholera. 

selbst  jede  Provinz  alles  dasjenige,  was  sie  bedarf,  selbst 
prodaciren  soll,  in  gröfster  Allgemeiobeit  und  Strenge 
ciii  richtij^es  ist,  dürfte  noch  einer  genaueren  Untersu- 
chtDg  Werth  seyo.  Hierdurch  wird  oftniHeh  der  HaDdel 
«od  der  gegenseitige  Asstaoich,  mtthio  auch  der  ge* 
geoseitige  Verkehr  unter  den  Bewohnern  selbst  benach-^ 
barter  Staaten  stets  mehr  beschränkt,  welcher  ohne  Wi* 
derrede  von  grofsem  Nutzen  ist,  und  daneben  konimt  es 
doch  auf  das  nämliche  Resultat  hinaus,  ob  s.  B.  Baden 
Sals  ao  die  Rfaeinknde  abgiebt  und  Bisen  daAr  em- 
{rfkogt,  oder  ob  bride  Linder* bdlde  Gegensfimle,  jedes 
ftr  seine  eigenen  Bedürfnisse  selbst  pfrodnciren. 

Ref.  bricht  hier  ab,  um  die  Anzeig-e  des  reichhal- 
tigea  Werks,  die  doch  immer  dürftij^j;  bleibe»  mirfs, 
nicht  noch  mehr  zu  vergröfsern,  wUnscht  aber,  dals  das 
Buch  recht  viele  Leser  finden  mdge,  da  es  so  reich  an 
belehrenden  Thatsachen  ist  Drnck  und  Papier  sind 
vorzuglich I  die  Knjpfeff  aber  deutlich,  InstrnctiT  nild  * 
schön. 

M  u  n  c  k  €. 


9m  Srkmninijk,  i^trkßhmg^  mtd  Ht&ung  iCor  antUektndm  Ckohra 
vom  Dr.  K.  F.  0.  Mcr^r,  vrdmiUokmn  Pn^tatot  i§r  MedMn 
Güttiugm.    Carltnbß  und  Badm  im  der  Mars'^km  w4 
KwMtkandltinic*  188L  gr.  8.   JT  amtf  885  & 

Wenn  zwar  unter  einem  bekannten  Namen,  aber  - 
mit  eigenthümlichen  Erscheinungen  und  einer  ganz  ver^ 
änderten  Weise  des  Vorkommens  und  der  Verbreitung 
eine  Krankheit  immer  weiter  rfickt ,  so  bilden  jedenflills 
zuerst  die  einzelnen  Berichte  der  Augenzeugen  die  Basis, 
auf  welche  die  Vorstellung  von  dem  drohenden  Uebel 
sich  gründet;  wenn  aber  die  Zahl  derselben  einmal  be- 
trächtlich geworden  ist,  so  wird  es  dringendes  Bedürfe 
aifs ,  solche  einzelne  Berichte  zu  vergleichen  und  allge^ 
meine  Resultate  aus  denselben  zu  ziehen.  Solche,  welche 
die  Krankheit  auch  nicht  wirklich  zu  beobachten  Gellf- 
yenheit  hatten,  können  sich  daher  wirklich  ein  Verdienst 


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.  erwerbeo,  weiNi  de  ohne  yfmgehSsU  M^inHOg  ^her 

fleiffeiig  und  mit  der  gehörigen  Kritik  die  anwachsenden 
Materialien  sammein  und  redigiren.  Hiebei  darf  nie 
vergessen  werden,  dafs  solche  Berichte,  so  lange  4|e 
KranUteil  noch  in  weiterer  VerinreiHiMg  b^^ri^leq  ie^t 
noch  nicht  erschäpfeod  seyn  kdnoea  unci  oiir  ftlr  kftrsew 
Zeit  ihren  Werth  habeii ,  für  dca  Verf.  nmh  es  aber 
hauptsächliche  Angelegenheit  seyn ,  nicht  gleich  v^^r^* 
^greifen,  ^otkrn  die  Möglichkeit  der  weitf^rieu  Aufklä- 
foag  Hfl  eodlichen  Bericfatiyiinf  rwTuJaiwen,  J>er  Veif. 
Tarliege«4er^  Schrift  geht ,  wie  schon  der  TUel  ee  eß-^ 
weist ,  weiter ,  und  meint  laut  der  Vorrede ,  die  Acten 
Jasseii  sich  bereits  schliefsen ,  nud  die  ßedingmngen  der 
Ajetiir  der  lUrankheit  in  ihrcyoa  vollen  Umfange  zu  erkea- 
aen  und  ihr  Verhältai^s  mu  eitoi  Schutz*  Hdd  HeilmM«» 
teln,  welche  der  Süiatsg«well  und  AfediCHi  W  Gaboto 
etehen,  fssteuetellefl ,  seyen  bereits  voHstlindig  vorhrndc^ 
Mnd  keine  weitere  m  isse.nscbaftlLche  Ber^ichernug  mehr 
zu  erwarten.  Schon  eine  Reihe  von  Jahren  mit 
Studium  der  «ontagiosen  Krankheiten  beschäftigt,  habe 
er  bald  nach  dem  Erscheinen  der  Krankheit  in  derOetiii- 
dischen  Halbinsel  diese  für  ein  welthistorisches  Unglück, 
AUch  ihre  V  exbreitung  nach  Europa  für  walu^cheioficb 
gehalten  und  ohne  jedoch ,  soviel  lief,  bekannt  ist , 
irgendwo,  z.  B.  in  den  von  dem  Verf.  versehenen  Göt^ 
tingischen  Gelehrten  Anzeigen  frtther  als  in  dem  Tor- 
leisten  Jahre  Proben  «i  geben 4ie>  Materialien  gesam- 
melt. Jetzt  fühlt  sich  der  Verf.  besonders  aber  aucb 
fladurch  berufen,  weil  er  zunädist  ans  kostbaren,  Andern 
Jivenig  zugänglichen  Quellen  zu  schöpfen  vermöge.  Hi^^ 
hei  wird  die  Anabenle,  welehe  ms  der  deutschen  h\tß^ 
nim  gewecMte«  wmlen  keneie  9  mI»  eehr  «nhedeiff^^ 
jmgegeben,  und  von  allen  über  Cholera  rcrschienenen 
JSk^hriitt^a  überhau|>t,  welche  nicht  Augen^^eugen  zu  Verfn« 
liaben,  gtelanigen  nur  die  von  AinsUe,  EU^ier  und  Mocem 
4ßß  tIeiMNi  «MT  Ebite»  «nter  dcpr  LiiecaMir  eii%efilhi4  .ph 
ivieRden. 

Aue  15  angeführten  fiehriften,  unter  mdck^A^ßf^- 

lische  sich  befinden,  setzt  nun  der  Verf.  sein  Buch  in 


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der  Art  ^vsaininen,  dafs  er  13  Absohiiltto  bildet,  duq 
die  angeführten  Schriften  gleichsam  zerlegt,  und  was  er 
it  demdbe«  aaf  seiae  ikbsckuilte  bofiEiehhsr  ftidet,  maier 
dme  Wagt 

in  den  auf  dieliitonrtar  folfreiideR  Abielioill,  KTank«- 

heitsbild ,  erklärt  der  \  erf. ,  mit  sich  selbst  im  Wider- 
spruch ,  dafs  die  Cholera  doch  noch  keine  völHg*  abge- 
schlossene Form  darstelle,  Madern  imaier  nach  weitere 
Madifioalieaeii  arieida;  Von  dar  diolam  aber  nilkshia 
■Mn  gaiada  Miaaptco^  dalb  m  viel  aiah  avch  noch  aa 
ihr  lernen  lassen  mag,  sie  doch  gegen  die  Weise  anderer 
wandernder  Krankheiten  in  ihren  Zufallen  noch  wenig 
sich  modlficürt  iiabe ,  noch  nirgends  gutartig  geworden 
segr,  und  wenn  in  «iaaeiaaa  Orten^  wie  zu  EKmabarg, 
taa  T45  Krmafcen  aadh  aar  7&  fvsloiban  aiad ,  «mtar 
hlaii^M  sich  doch  frfihar  Tollkomtnen  G^aaode  befiia- 
den ,  welche  in  weniger  als  sechs  Standen  hinweggerafft 
wurden.  Höchstens  liefse  sich  nvr  sag«n  ,  dafs  sie  durch 
LocalanMlMnda  noch  büsartigser  w«rd«n  kdana,  wie  za 
Avohaagid)  wa  Scoribat  aich  aoeh  daani  eomplicirla, 
^•raufirodv,  wo  Maimorrtiagieii  hinijg  fainEugetrelaa 
sevn  Süllen  ,  wie  denn  auch  in  d^^in  die  Krankheit  be- 
sonders  begönstigendf?«  Terrain  von  Ungarn  es  noch 
manche  weitere  Steigerung  dies  Uebel^  l^egeben  haben 
«Ig.  AttHsar  daa  Hfnareiaaagan  aaf  PecMia  «ad  N.  A. 
Vogel ,  iMteha  awirilekHch  benierfcl  hitlea ,  daft  «adi 
fc'rf  der  g;ewohnlichen  Cholera  das  Ausgebrochene  tii<^ 
immer  ^allicht  sey,  sondern,  wohl  im  weiteren  Verlaufe 
des  Er^jirechans,  auch  seröse  ^illsetgkeiten  ausgesciMedea 
wurdw  aiyen ,  wendon  io  «Kesem  Abnohnül  4ieiaa  m^ttlmc 
SaMla ,  ab  airicika  arach  4n  dar  aabadealaadaftea  Bio- 
"^oi^kcMinTra ,  ang^cAlirt ,  so  klaffe  man  glauben 
sollte,  ^en  zahlreichen  Schriftstellern  wäre  in  den  ver- 
BChiedenen  Zeiten  and  Orlen  in  ihrer  Praids  gar  niohls 
Bcsavdenea  aafg^tofsen.  S^hr  danken^m  eiith  wäre  es  |^ 
Wesen,  waaa^ar  VmC  aiolü biaa  dte Ihiftftio 4ar iLwafc- 
heit,  wenn  nie  aum  Tod  filhrt,  sondern  eben  so  genau 
auch  die  ihr  eigenthfimlich  angehörenden  Folge-Krank* 


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1068 


Htrs,  iUmr  GliAlm. 


heilen  bei  dem  Reichthum  seiner  Quellen  hätte  aufsu- 
chen nnd  sammeln  mögen.  .  Einiges  hierüber  enthält 
fewar  der  nächste  Abschnitt,  immer  sind  es  aber  nur 
einzelne  Zufalle  und  kein  Complex  Ton  Eischeinsngen, 
der  den  körperiicheo  Zu9tend ,  irricber  auf  diese  Krank- 
heit folgt ,  erkennen  liefee.  Dea  eig^enlhOmlichen  Befind 
dens  fast  der  ganzen  Bevölkerung  eiues  Ortes  während 
derZeit,  da  die  Cholera  in  demselben  herrscht,  erwähnt 
der  Verf.  gar  nicht;  nach  einer  Aeufserung  weiter  unten 
käU  der  Verf.  einen  aoiehen  einsig  filr  daa  Produet  der 
Angst.  .... 

In  dem  Abschnitt,  der  Verlauf,  führt  der  Ver£  die 
verschie<lenen  Versuche  an ,  welche  schon  gemacht  wur- 
den, die  Krankheit  nach  Stadien  abzutheilen.  Ein  län- 
geres VerzeichniOs  der  warnenden  Zeichen,  die  eine 
latente  Periode  der  Krankheit  anzeigen  sollen,  oder  der 
Vorboten,  milchte  wohl  wenig  praktischen  Werh  haben» 
wenn,  wie  bereits  angeführt  wnrde,  in  den  .meisten 
Orten  gleichsam  ein  allgemeines  Erkranken  eintritt  ^  und 
alle  diese  Erscheinungen  noch  kefne  wirkliche  Anzeige 
der  vorhandenen  Krankheit  bei  dem  Einzelnen  bilden. 

Von  der  Prognose.  Hier  wird  wohl  Alles  daraul 
ankommen ,  clafs  der  Puls  sich  wieder  hebt  und  gleich- 
fftrmige  Wärme  eintritt.  Wenn  aber  Schlaf  und  HvQger 
als  Erscheinungen  von  gMth  günstiger  Bedeutung  aar 
gegeben  werden,  so  möchten  sich  dagegen  manche  Wi- 
dersprüche erheben ,  da  man  auf  den  Schlaf  bei  der  Cho- 
lera eben  so  wie  nach  dem.  Bits  von  giftigen  Schlangen 
die  Zufalle  sich  TerschlimmerD  sah,.  und  maaDhe*  Kranke 
«amittelbar  vor  dem  Tode  noch  nach  Speise  TerhingteB. 
Wie  die  Prognose  jo  nach  den  verschiedenen  Perioden 
der  Epidemie  sich  verändere ,  ist  gar  nicht  erwähnt, 
überhaupt  sind  bestimmte  Sterblichkeits  -  Verhältnisse , 
wie  so  manche  andere  statistttsche  Uebersichten ,  welche 
man  in  einer  Schrift,  die  mit  diesem  Tone  Milltaill) 
hätte,  sollen  erwarten  dtttfcn,  nkht  angegeben. ,  , 

(Der  B6»ehluf9  folgt-)  ' 


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N  .  69.    liEIDELB.  JAHRB.  d.  LITERATUR.  1831 


M  a  r  X  y    über  Cholera. 
(Be9chluf8,j 

m  t 

Leichen- T^atefsuchung.  Niehl  our  keine  den  Tod 
«■mittelbar  bedingende  Veraademog  der  festen  Theiie, 
Mch  irf  eod  etwas  der  Obolera  E^enthttmliches  wird 
hier  angegeben  ,  da  der  Verf.  sieh  aueh  wir  an  das  rein 

Mechanische ,  wie  sich  solches  durch  das  anatomische 
Messer  ergiebt,  hält,  so  kann  auch  nicht  die  Rede  von 
einem  Total  -  Habilna  und  von  den  Eigealhimlichkeiten 
des  Ayasehene  aejn,  nameallich  der  Hanl  nnd  der  Gra^ 
di^iiiie,  ihrer  iet^entbfloiliehen  Welkheit,  Blnliinterlcw-' 
fungen  unter  der  Schieimliaut  und  ähnliches;  dem  Verf. 
eigenthümlich  ist,  dafs  die  Nackenmuskeln  mehr  aus  einer 
coagulirten  Masse  Bl«tg|  als  aus  Muskelfasern  zu  be- 
sieheo  schienen,  und  die  aufotelgende  Uohlader  iaa 
Dttfehmesser  nieht  seilen  dein  ZwiMAingerdami  gegli- 
chen habe. 

Um  vollkommeu  schul^eieclit  7ai  seyn,  durfte  auch 
der  Abschnitt  über  die  Diagnose  nicht  fehlen.  Diese 
-muchle.  freilich  da,  wo  die  Cholera  nichl  wie  m  Jtia^ 
tore,  Aslraehan  nnd  Orenburg  frisch  ansetet,  sondent 
Yon  einem  Orte  zum  andern  wandert ,  sich  leicht  erge- 
ben ,  und  die  Kaschheit  des  Verlaufs  gleich  die  Aecht^ 
heil  des  UebelK  erweisen  ,  wobei  sich  wieder  die  Eigen- 
iMailichkeit  der  Krankheil  ergiehl,  dafs  sie  überall 
«Ater  denselben  Brs<^heiannj|^tt  aufkrilt  Sollte  aber 
wiriilich  dieser  Absehnill  nichl  fehlen,  so  hitie der  Verf. 
ein  Verdienst  bich  erwerben  können,  wenn  er  aus  der 
F*ülle  seiner  Materialien  gezeigt  hätte,  wie  meist  dem 
Ausbruch  der  ILrankheil  eioaeine  verdächtige  schnelle 
TiNlesfillle  Tomngdien,  Ja  wie  selbst  elmeliie  wirldiohe 
CholerafiUie  TorlLoinnien ,  «nd  es  wieder  einige  Zeit  an- 
steht, bis  dann  die  Epidemie  ausbricht,  wie  dies  auf 

XXIV.  Jaiifg.  Ii  Ue(L  88  . 


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Ceylon ,  der  mascarenischen  Insel  imil,  aucli  in  Europa 
auf  gleiche  Weise  der  Fall  war. 

Sechsler  AbiQliBHi.  Von  der  Natur  der  Kraakbeii 
Zuerst  sey  es  umgestiminte  und  erschöpfte  NerTenihl«« 
tigkeit,  dyrch  welche  eine  Umto^derung  der  BlutniW 
schuog  und  des  Kreislaufes  bedingt  werde ,  dies  gehe 
daraus  hervor ,  weil  man  in  den  meisten  Fällen  gleich 
Aafangs  Niedcrgesoblagenheit ,  Muthiosigkett,  Einge- 
MBsmeiiheit  des  Kopfes ,  SehwiDdel  t,  kmgiä^  iuCstüls 
Scbwidie^  selbst  KHImpfe  m4  EvekiiBgeii  besaeriMr« 
worauf  erst  die  Verlangsamung  und  der  Stillstand  dil 
Herzens^  wie  d<^r  Lungen  sich  zu  liilden  scheine.  Wer 
kana  ohne  sobmerzliohes  Gefühl  die  treekene  Anfeih» 
lang  der  versehiedeiieD  VoretetkRigiartea  der  Atitis 
leseo,  von  welohen  jede;  die  andere  wieder  anflsMf 
und  deren  keine  streng  an  den  Verein  der  Erseheinmignn 
sich  hält,  sondern  immer  nur  einzelne  Symptome  heraus- 
greift und  diese  mit  irgeml  ein^r  Theorie  gewaltsam 
snmnnen  zwängt? 

lieber  die  Etymologie  und  Beneravng  ^  Tosml  h 
China,  Indien  und  Persien,  wollte  der  mit  demStttdittn 
des  Ursprungs  der  contagiosen  Krankheiten ,  laut  Vor- 
rede, längst  beschäftigte  Verf.  nichts  Neues  mitthcilea, 
sondern  kommt  a»  Ende  bloe  darauf :  bei  ans  solile  dis 
Benennung  der  Krankheit  von  Ihrem  wesenüiehett.  «si 
'  miTeraad^lchea  Kemmeiehen  ansgoheii)  darum  oeaat 
man  sie  Cholera  contagiosa ,  auf  deutsch:  die  aostek- 
kende  Brechruhr.  * 

Bntstehungswme.  Es  sey  ein  Ck>nta|ftiim ,  dsaa 
kl  Travaaeore  sey  man  duTor  gelohen«  Biue  cmwtMtäB 
0pUk$wka  ktene  niohtbesehiildigt  watden^  dieeodsMili 
seit  1817  etwas  zu  lange  (!!).  Wenn  etwiw  allgemdb 
Wirkendes  der  Krankheit  zu  Grunde  liege,  so  sey  e« 
wunderbar ,  dafs  Solches  seine  Gewalt  nicht  auch  in  deo 
abgeschlosaenen  Orten  ^itialle  (H).  Per  Yerf.  hmhe^  wm 
einen  weseptiiehen  Beitrag  mv  ^Maum  ^Kaau*imi  Mirf 
l^idessien  überhaupt  liefam  na  IcMneii^  auf'^ie  -Ai» 
schichte  des  in  dieser  Beziehung  böchai  nKUskwüniigeB 


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I 


Mkm  l»Vt  «b«r  di«  gM»«  Bida  TMa  Biit  mtd  Miha 

Terwanilt,  alieio  nach  der  angestreo^lcataa  A.'Hbeil  9$ff 
«rMaii  M  dal*  Ueb^mauifiitigf  ^elang^t  ,  dalk  es  nicht 
möglich  sey,  dtien  innereo  Zusainm^nhaiig  der  Ersehet^ 
Dungen  wii^^sensch^fliHGh  aufeiißpdeii)  dafs  nur  t^iii  Ag^gre^ 
gat  von  loie  uiid  kfluatlieh  Verknapften  Betmaliinagail 
Md  iMilnraDgfeii  M  |»dban  iay,  and  dali  ar  am  ba^atf 
Am  ,  ^  iittfgaMhifta  Matta  aaittir  OoHaotanaaa  d^ 
Fiammen  tu  -übergeben. 

Im  neunten  Abschnitt :  über  die  ursächlichen  Mo- 
DMtei  heifst  es :  die  Ge5iog«n  find^  id  den  limwil* 

laagea  dar  firdabarflicha^  die  Maleorologaa  hi  daa 
WlM^hMtf  aMldan  dea  LiifllMiaaA  mi*  Erfolge  regelAflfeig 

wirkender,  gesetzlich  in  einander  greifender  und  ver- 
flochtener Kräfte,  wie  sie ,  nur  in  einem  kleinem  Mafs- 
sto^  in  unseren  Laboratorien  ihälig  sind^  wkrunn  abo 
riMsa  lellatriaohen  Binflafe  da  aaoehnali ,  wo  kein 
difakiM,  haia  iiiaAbarea,  ja  mak  kaaa  wähl  sagen,  kain 
denkbares  Agens  aur  Wirksamkeit  kommt.  Ist  denn  abar 
wirklich  Aile«,  Was  über  und  untr.r  der  Erde  vorgeht, 
^genftu  erforscht,  und  wäre  dieses,  giebt  es  denn  nicht 
Hnaier  nach  aaarwariala  Kataj^tropkaa^  und  üoilten  denn  . 
diu  arf  aai«<Aaa  Wasen  i  mit  walekan  man  dach  daa  6al^ 
▼Mlnttaa  entdeckte ,  nickt  noch  fahiara  Raaganlien-  Mr 
solche  Vorgänge  abgeben,  als  alle  Apparate  der  Labo'^ 
i^töHen,  kare  sollte  denn  immer  nur  von  dem  unorgani- 
soh^  Leben  das  auf  daa  orgaoiadia^  und  bei  der  steten 
W«ohaalwifkunf  swlschan  baiden«  nltbl  anch  von 
Mm  aaf  fMai  gaachlaeaan  wardan  divftinf  Da  ^r  Varf» 

weh  hier  nirgends  zu  eiuein  Total  überblick  gelaugt,  so 
öielrtt  er,  einzig  und  allein  nur  an  Ansteckung-  denkend, 
das  ZusamHienalehen  der  Heere  in  Indien  im  Jahre  1811 
kiba  wnfal  gar  daaContaKitfm  aar  BaHrickkuig  gebracht; 
«od  baaaft  steh  aof  Kaanady,  walahar  Mshda'  Auraaf  «nf» 
marksam  machte,  dafs  im  Jahr  181T  ^m  er^nmal  «in 
Conscriptionssystem  in  Indof^taa  eingeführt  wurde.  Doch 
^^t  der  Verf.  auch  wieder  so  billig,  sich  Selbst  den  Ein- 
watf  wmaakan,  #aAi  Ma-ftraakhait  gar  nktewrt^  dkm 


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im 


Kriegsheere  und  auch  nicht  auf  dem  KriegfiSchaMpbig« 
Klierst  sich  äufserte. 

Zehnter  Abschnitt.  Receptiviiät*  Gtsgea  die  mü 
der  l^rbreituDg  der  Krankheit  in  Europa  gemadite  Er* 

fahrung,  nach  welcher  nicht  ein  ängstliches  aber  sorg- 
fälliges Regime,  Diät  und  Bekleidung,  wie  sich  solche« 
auch  bei  dem  Militär  erweist,  weit  mehr  als  Vermeiiiimg 
der  Nähe  Ton  Kranken  vor  dem  Uebel  schOtae,  wd 
solche  Menschenclassen ,  deren  Mittel  er$teres  aidit  ge- 
statten ,  fast  ausschliefslich  befallen  werden ,  endigt  der 
Verf.,  der  auf  Alles,  was  vor  unseren  Augen  vorg^eht, 
keine  Rücksicht  nimmt,  sondern  immer  nur  auf  die  Aus- 
spräche entfernterer  Beobachter  geht,  dafs  es  «nter  du 
Momenten,  welche  die  Receptivität  bedingen,  wenifB 
gebe ,  die  einen  entschiedenen  Charakter  besitien  wid 
bei  einti  etender  Krankheit  als  eine  Norm  gelten  könnteo. 

Eilfter  Abschnitt.  Ansteckungsfahigkeit.  Die  Gegner 
der  Verbreitung  durch  Ansteckung  sey^n  ans  AbergUv- 
ben  und  Vomrtheil  der  Scbnie  da  nntbätig ,  wo  es  aiA 
Handeln  ankomme«  Doch  sollte  man  denken  ,  dafs  m 
sorgfaltiges  Beachten  der  Disposition  ,  auf  welche  bei 
dieser  Krankheit  doch  Alles  ankommt,  genug-  V  ei anlas- 
sung zu  Rath  und  Hülfe  gebe.  Es  sej  ein  fixes  Coota- 
giltm,  das  freiHch  durch  äuftere  Umstiiide  yiel&cb  mft* 
dificirt  werde ,  hfiufig  auch  neu  entstehe«  Um  die  Ab- 
steckung und  zugleich  auch  die  lange  Dauer  der  latentes 
Periode  zu  erweisen,  genügt  dem  Verf.  schon  das  Fac- 
tum, dafs  ,,8W^  Brüder,  welche  ihre  Mutter  nach  ne- 
nigen  Stniäen  eines  h€fltig<ea  Anfaills  der  Cholera  Tu- 
toren «ad  diese  gepflegt  hatten ,  auch  in  d^r  nfinriidMi 
kleinen  Wohnung  schliefen,  nach  lö  Tagen  erkraoklui 
und  starben ,  es  sey  nicht  gesagt ,  dafs  sie  einer  neues 
Ansteckung  ausgesetzt  gewesen  seyen,  die  Krankheit 
werde  anch  durch  Leichen  verbreitet ,  sonst  nimmt  der 
Verf.  an ,  dafs  in  ihrer  Hdhe  sich  die  Krankheit  am  leieb* 
testen  mittheile.  Unbegreiflich  ist  es  ,  wie  lm  dM  SGi^ 
Stande  des  höchsten  Collapsus  ein  Contagiuni  entwickA 
werden  soUte.    Eher  liefse  sich  noch  denken,  da&  w^a 


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jeein Contagiüm sich  bildet,  dies  dann  geschieht,  wenn 
sich  auf  den  NacUafs  der  Haupteufalle  ein  tjphoserZu- 
stend  eiosiellt    Auch  durch  Gesunde  werde  die  Cholera 

verbreitet,  ein  Kaufmann  habe  sie  voa  Sara  low  laiigs 
der  Ufer  der  Wolg;i  bis  nach  Chwalinsk  gebracht;  un- 
bestreitbare Thatsache  ist  es ,  dafs  die  Krankheit  überaii 
il^ii  Eltoen  najchsieht,  dafs  sie  aber  durch  einen  Kauf- 
manti  verpflaozl  wurde «  ibi  blofse  Vermuthung. 

'  Dafs  die  ii^rankheii  immer  aus  einem  Centralpuniit 
ausstrahlend  sich  verbreitet  habe,  in  einzelnen  Fainiiiea 
«in  Glied  nach  dem  andern  erkrankte,  die  HülfeleisCen- 
den,  namentlich  die  Aerzte,  ergriffen,  und  ganze  Spi- 
täler durch  Cholerakranke  inficii  t  worden  sej^en ,  alle 
scheinbare  Spiünge,  nelche  die  Cholera  machte,  leiclit 
sich  haben  erklären  lassen,  sonst  immer  die  Krankheit 
nur  den  Hauptstrafsen  gefolgt  sey,  immer  nur  durch 
menschliche  Communication  sich  verbreitet  habe  und  nie 
entstanden  sej,  als  nach  Ankunft  verdachtiger  Personen , 
die  Krankheit  nicht  nur  geholt,  sondern  ancU  einge- 
schleppt worden  sey,  selbst  Stoffe,  z.  B.  ein  wollener 
Pudel  (sie)  sich  durch  dieselben  inficiren  lassen  und  dann 
die  Krankheit  verbreiten,  glaubt  der  Verf.  alles  durch 
Thatsachen  erwiesen  zu  haben !  Sätze ,  welchen  sich  eine 
zehnfach  grdfsere  Zahl  von  Thatsachen  entgegensetzen 
liefsen  und  die,  wenn  sie  auch  wirklich  erwiesen  wären,  ^ 
doch  gegen  die  u^nbestreitbare  Thatsache  nichts  vermögen, 
dafs  Schifte  mitten  auf  der  See,  ohne  alle;  Com municatiau^ 
sowie  Institute,  wo  man  die  strengste  Abschliefsung  be- 
folgte, ^rgrilfen  wurden,  dafs  die  Krankheit«^durchau» 
nicht  nach  den  Landwegen  ^  sondern  nach  den  FInfs-  unit 
Canalverzweigungen  sich  verbreitete, '  dafs  in  Cholera- 
Spitälern  weniger  starben,  als  in  PriTafwohnunofen ,  und 
dafs  Cordons  und  Quaraniaine  nirgends  halfen,  als  bei 
der  Familie  des  französischen  Consuls  zu  Aleppo,  wo 
man  doch  nicht  hörte,  dafs  die  übrige  Stadt  vollkommen 
erkrankt  wäre^  den  russischen  Bauern  in  Karmola  und 
SU  Sarepta. 


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MM  Mini  •  «MP  €h«bMii. 

Auf  Tter  Seiten  giebt  der  Verf.  eine  Mttr^eimMile  4«r 
Kraabheit  bla  Raab.  Ai|»  Versekea  hdfel  e»  wAI,  die 
Krankheil  dringe  ftb«r  die  Odef  «94  nSkere  aieh  der 

Wartha. 

VorsichtsinafsregelQ.  Eine  eigene  Behörde  mit  Com- 
miaiiionen  soll  in  jedem  Lande  gebildet  werden,  auf  öfient- 
liclia>  Blätter  sali  inaD  «i»  wachsames  Aage  haben ,  viele 
Aerzte  «iUmi  aagettdlt  und  dea  Brkraafcwidw  ^Umk 
jed.^  Hälfe  .geleistet  werden.  Strenge  CTerdons  iiDd  Qaft- 
rantainen,  Räucherungen,  Aufsicht  auf  die  Post,  auf  öffent- 
liche Versammlungen,  Sorge  für  Beiulichkeit ,  für  Beer- 
digung werden  empfohlen.  bisher  gegen  die  Cholera 
belMinnten  M.ittel  werden  unter  die  vierfaqlie  Aozeige 
gebracht:  man  mfis^Q  dle^timaiHog  des  Mdgens  wd 
Credärme  wieder  reguliren,  die  Störung  der<SrciiIift|iMtl^ 
seitigen  ,  die  Empfänglichkeit  der  Haut  erböbeq,  Schwc»Rl 
hervorbrin^^n^  uod  endlich  ^uUuischte  StaQe  hinweg- 
bringen. 

Schon  AUß,  4i.e<ser  Ueber^icht,  erh^U.t ,  d^üs  der  Vect 
auch  in  diesem  Abschaitl.  weder  etwas  Neues.,  noch  ü\ 
hiiupt  irgend  etwas,  was  der  Chplera,  toü  andevil 
heiten  entspräche,  angegeben  bat,  und  somit  ISIML 
wohl  sagen,  dafs  der  Verf  aus  75  Schriften  eine 
verfaPst  hat,  nicht  in  sofern  er  in  dieser  den  in  jenen  be- 
ündlichea  Gehalt  verai'bcitet  und  zu  ^inenn  orgauiscben 
Gamsen  gebildet  hätte,  sondern  indem  er,,  i^eMs 
In.  seioei:  iPceia^chrift  über  das  g^lbe  Pieber.). 
di(|se  Schrilt  nachgebildet  scheint  ,^  jene  75  in  Ti 
zer^hlug  und  diese  miter  seine  13  Abschnitte. brachte, 
so  dafs,  wenn  man  diese  Ingredienzien  wieder  auf  ihre  ur- 
sprüngliche  Stelle  zui;i4cKbJräcb^,,gar  nichts  nl|rJi|L,%l|^,bie4 
ja  es  Täfst  sich  noch  weiter  sagen^  disft 
•  Schriften  Ubes.  die  Cholera  dj.e  ajige.9^ifft9.)^ 
minosesteB,  allein  auf  die  Nachwelt.  Mmq,  dtes^  aus^ 
weniger  ein  Bild  von  der  Krankheit  erhielte,  als  a^s  dgf 
i|n9|)ru9hlpsestQn  QrQ^cbüre  von  ein  j^r  l^Skf^ 


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N. 


i»  Mikufiun,    Zw^  Barnim,    ifiuttgart  und  Tübingtn  Aei  CofU» 
1880.  Beufo  Bände  »tuammen  898  5.  8. 

DliBes  oeaesle  and  reicMialtigste  Werk  des  faoch^ 
geeinten  ¥erfr.  «teilt  eieh  ttoeerea  seho»  Y«rliifiideoen 
MnUMkem  (Ityer  i*9jC7tu>log^ie  eioestheils  «lie  Seite, 
hldem  es  grofsenfheiN  cllfselben  Gegprif^tände  behaiHlelt, 
wekrhe  man  In  eilier  8eeleotelire  zu  behmdein  pflegt; 
Mrferntheita  aber  aiiBitii  cM  eine  von  den  meisten  jeaer 
Terachiedene  Ricbtuig  diireh  die  Metliode  in  der  Be- 
iMmdititfg^  dee  Gegemifaiide«i  Venn  ee  eeil ,  wie  auch 
scilon  der  Titel  anzeigt,  hier  nicht  eine  Theorie,  soB- 
rfem  eine  Geschichte  der  Seele,  eine  Geschichte  der 
saceessiipen  EotWicketuog  «tief  BeMrafstseyiiealafoi  d^ 
geiitig«)!!  Lebent  gegeben  werden.  £e  MM  eich  i^watf 
kelatf  Seaefafohte  der  Seele  denketr ,  «hM  Aift  imm  auf 

Ende  dabei  auch  auf  eine  Theorie  der  Seele  käme ; 
,  dtese  aber  wiiti  dann  selbst  als  da»  Resultat  der  gc-  - 
schicbtlichea  fiafstelkmg  er«t  hervortreten  müssen.  So 
itt*^  hiw  geWMiet.  Ber  Verf.  ,  weither  Ublgnl  der  gd- 
hArte»  dttrek  aeioe  «elwiife,  tief  «Indtfin^efli^  u«A 
geniale  Beobachtwrgsgdbe  Ut  dert  Phäncdmenen:  der  Natur 
and  der  Seele  bekannt  ist,  führt  uns  die  Resultate  seiner 
vieljährigen  psychologischen  Beobachtuagen  vor ,  indeoi 
er  mit  uns^  in  dem  Gebiete  des  Nätur-  und  ftfensohen- 
iebeaa,  trie  eioer  gtoAeu  Cbllerie  herrHciier  Getnäld« 
spasieretf  geht,  andf  um  eines  nueh  dem  an#ern  erllte^t,* 

seinen  grolsen  Gegenstand  von  dem  ersten  lebendigem 
Nervenzucken  vtn  bis  zur  Erhebung  des  Geistes  in  die 
imsterbKche  R^ion  hin^  verfolgend.  Aiier  es  ist  nichts 
aUein-  der -feine  und  tiefsinnige  BMiachter,  weichten  Wir 
In  di^n  Dirsfellmigen  bewundern,  ionderve^ist  ameh 
der  warme  und  hochherzige  Menschenfreund,  welchen 
wir  in  ihrren  lieben  und  achten  mössen;  der  warme 
Meoschenfreund ,  welcher  zwar  die  Erforschung  der 
Wahrheit  f&r  eines  der  bftchsten  Gftter  der  Menschheit 
adittst,  abtfiMehrfa'weit  höherem dut  kennt,  als  Walir^ 
keit  und  Erkenntnis,  närnHch  die  ffeehachtniig  iMil 


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Werthschätzuug  des  Höchsten  und  Edebten  in  uns,  dm 
Bewufstseyn  der  unsterblichen  Natur  in  der  frommeo 
Menechenbrnst;^  und  der  dem  lernbegierigea  Jfiogliog 
nebeo  der  Wisfieiifchaft  de§  VerBtaodc#,MM^1i  gern  di« 

noch  höhere  Wissenschaft  des  Herzens,  der  ErkenntDifs 
und  HeiHghfiltong  des  göttlichen  P^unkens  im  Gewissen 
mittheilt,  ja  gerne  und  von  ganzer  Seeie  die  letztere 
zur  Haupt§ache,  die  ersftere  aber  zur  Nebensache  machen 
wird,  wo  sich  einem  solcheii  Uulerriohte  der  edebf ea 
Natur  ein  fruchtbarer  Boden  anbielet. 

Es  sind  drei  Hauptstadien ,  welche  der  Verf.  io  sei- 
nem UntersuchungSjSfaiige  durchmifst,  das  Stadium  der 
Lebenskraft,  der  Seele  und  des  Geistes.  Nämfich  das 
psycbifiche  Priocip  wirkt  zuerst  im  Korper  als  gestal- 
tende und  bewegende  Viialkrafli  sodann  ab  Seele »  d.  i. 
als  das  SelbstbewuCitseyn  unserer  Person,  oder  unseres 
Ich  9  von  wo  aus,  wie  toh  ihrem  in  der  irdisdien  Welt 
gesetzten  Centrum ,  die  Actionen  der  verschiedenen  See- 
lenkräfte ausg"ehen.  Dies  Cenfrum  ist  aber  nicht  der 
Quell  der  üräfte,  sondern  dieselben  stammen  aus  einer 
noch  höheren  Region  des  Geistes,  unter  welchem  gtoieh- 
sam  die  reine  und  unvermischle  psycbisdie  iSubstfum 
selbst  Yerstanden  wird.  Hierdurch  zerfiilit  das  ganse  ^ 
"Werk  in  sieben  Haiiptabschniite ,  welche  folgende  Titel 
tragen :  1)  Die  äufsere  Natur.  2)  Vorbildliche  Abspie* 
gelung  des  Wesens  der  Seele  in  der  Natur  des  Leibea 
3)  Die  Seele  des  Menschen.  4)  Die  Lehre  Tom  Geist» 
5)  Die  Herrschaft  des  Leibes.  6)  Die  Herrschaft  der 
Seele.  T)  Die  Herrschaft  ides  Geistes.  Daneben  serftUI 
das  Ganze  in  63  fortlaufende  §§.;  jedem  §.  ist  eine  Reihe 
reichhaltiger  Bemerkungen  nachgeschickt,  in  welchen 
diejenigen  Thatsachen  aufgezählt  sind,  welche  zu  den 
im  §.  aufgestellten  Resultaten  die  Unterlage  bilden*^  Jeder 
§.  ist  so  ausgearbeitet,  dafs  er  als  eine  besondere  fitar  • 
sich  bestehende  Abhandlung  gelten  könnte ,  und  eins 
Art  von  abgeschlossenem  Ganzen  für  sich  bihlet ,  anlok« 
kend  sowohl  durch  Inhalt,  als  auch  durch  DarsteHiing, 
sowohl  durch  Xieici  als  durch  Schmuck^  der  Gedmikent 


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/■  » 

so  dafe  nicht  blos  der  gelehrte  Forscher,  sondern  aiick 
überhaupt  jeder  iB^ebitdete  Mensch  sich  dadurch  muHi 
ange^^on  und  geiesseil  iilhien.    Es  giebt  keinen  Punkl 
im  ganzen  Buche,  jMf  welchem  die  Attfmerk^mkel| 
nieht  mit  einer  Rahe  und  Freude  gern  Terweilty  keineii 
Pankl ,  welcher  eich  als  bloftee  Mittelglied  oder  Ueber'« 
gangspunkt   darstellte.     Sondern  jeder  kleinste  Theii 
zeig-t  sich  mit  gleicher  Sorgfalt,  mit  gleicher  Vorliebe , 
gleichsam  um  sein  selbst  willen,  ausgearbeitet.  Diese 
klaseisehe  Gestalt  des  Werkes  ist  die  laute  Zeugin  für 
die  eoenehmende  Sorgfalt  und  Liebe,  Ifir  die  g  t  ofse  Ge- 
wiesenhaftigkeit  und  heilige  Schee  Tor  dem  erhabenen 
Gegenstande ,  womit  der  Verf.  dasselbige  ausgearbeitet 
hat    „Seit  25  Jahren,''   schreibt  er  in  der  Voriede 
&  Vy  „habe  ich  die  Grundgedanken  zu  dieser  Arbeit  in 
mir  getragen  und  sie  zu  gestalten  gesucht ;  fttr  eie  habe 
ich,  mitten  anter  den  Qbrigen  Beschäftigungeo,  smaiii- 
meit^tragen,  was  ich  yermochte;  zu  ihr  kehrte  ich 
immer,  wie  zu  einem  Punkt  des  Ansruhens  zurück;  ihre 
endliche  Ausführung  war  einer  der  angelegentlichsten  . 
Wunsche  meines  Lebens.    Wenn  daher  Anstrengung  der 
Kräfte,  wenn  der  gute  Wille  allein  hinreichten,  um  ein 
Werk  gelingen  zu  machen;  so  mflfsten  wohl  einzelne 
Partien  dieses  Buches  unter  dem  zum  Theil  vielmaligem 
Bearbeiten  und  wieder  Umgestalten  gelungen  sejn,  und 
die  mannichfachen  Opfer,  welche  ich  dieser  sehnlich  er- 
wünschten ,  lieben  Arbeit  gebracht,  wären  vielleicht  nicht 
ganz  verloren  gewesen."  Mehr  als  dieser  Worte  bedarf  es 
eioherlicli  Dichte  nm  Alle,  welche  den  bisherigen  Be- 
strebungen des  hocbgeebrteo  Verfs.  nicht  abhold  sind , 
dringend  mm  Stadivm  dieses  Werkes  elmmladen ,  aber 
nach  diejenigen ,  welche  vielleicht  diesen  Bestrebungen 
bisher  weniger  Beifall  geschenkt  haben,  aufzufordern, 
nicht  eher,  als  nach  der  strengsten  und  sorgialtigiteil 
Prüfung  ein  Urtheil  darüber  zu  wagen.  \ 
Wae  aber  der  geg  eawürtigen  Schrillt  in  unseren 
Augen  den  grfilsten  Werth  gi^,  iet  Folgendest  Es 
gewinnt  durch  sie  die  tieiere  und  schailsinnigere  von 


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1098  SchaWt,  GetchidkU  der  Seele. 

lim  beiden  verscIiiedeiieD  Jetzt  herrschenden  AnsicbleB 
•her  4a0  Weten  der  Seele  eine  bedevtende  Sifitse.  Wir 
mlleii  TerMche» ,  diese  beiden  Tmekiedenen  AnM« 
fen ,  welche  wir  «einen ,  In  ihvem  Oenlmt  gegen  cii- 

lader  oüber  za  beceichnen. 

Es  ist  gegenwärtig  eine  MeinungsverschiedenlHA 

unter  den  Ps^chalogen  über  das  Wesen  der  Seele,  wel- 
.  che  eine  grofse  Aehnlichkeit  hat  mit  jener  der  alten 
Astronomen  über  die  Meclianik  des  Weitgebäudes.  Diese 
stritten  darüber^  ob  die£rde,  naser  Wohnort,  derMit- 
<elpanl(t  des  ganzen'Weltgebäudes  sej,  um  welche  Sooi^ 
Mond  und  Sterne  als  Diener  und  Trabanten  ihreBahneo 
besciiriebea,  oder  ob  die  Erde  ^ammt  den  Sternen  sich 
um  die  Sonne  oder  noch  einen  anderen  unsichtbigren  cen- 
tralen Fenerheerd  bewege.  So  streiten  gegenuiräg 
die  Psychologe  darSber<^  ob  die  Seele  mit  allea:  Uinb 
Thätigkeiten  blos  um  ihren  eigenen  Mittelpunkt,  das 
Ichbewufstsejn ,  gravitire,  oder  ob  es  noch  für  die«el6e 
einen  höheren  Schw.erpunkt  gebe.  Nach  der  ersteren 
Ansicht  nimmt  man  das  egoistische  BewuüstsejfD  oder 
Ich  fihr  den  Quell  alier  Seelenlhätigkeiten  an ,  nach  der 
zweiten  dagegen  wird  derselbe  in  einer  anfserhalb  4p 
Ich,  aufiserhalb  unserer  ganzen  Person  liegenden  unW 
kannten  Region  gesucht,  so  dafs  die  Seele  nicht,  gleich 
den  Gliedern  des  Körpers,  aus  unserer  Person  hera^ 
wücbst^  sondern  ähnligb  einer  eingetthmeten  Luft^  fw 

N«eft  d«r  enteren  Ansieht  wird  rw&  der  8eele>  m 
vra  einen»  Cegenetande  gebemMt,  «nd  wem»  tnM  dt 
aneh  nicht  mehr  gern  auf  die  Teraltete  Weise  als 

immateriale ,  simfiex  u.  s.  f.  deflnirt,  so  hat  man  »tet* 
dessen  ähalicheueue  Ausdrücke  erfunden,  als:  Ichaich) 
Mbr^t  =r  Object,  reine  Denkthitigkeit  n.  dgl.,  wiM« 
Ton  der  Definition  eines*  Em  prmcise  ae-  dlsMasie-ee* 
gHkm»  de»  Gffrtesins'  nicht  sehi^  dbweichen^  Seele 
ist  ein  Gegenstand,  und  zwar  für  sich  selbst  der  bdelute 
Gegenstand »  ein  sich  selbst  durchaus  durchsdinttbercri 


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8ch«b«irt,  GMcliichte  der  Svele.  1000 

dBrchskhtijGfer ,  begreifender  und  begreifbarer  Gegeo- 
stand.  Wir  moA  liemiHieli  oicbl  alieia  im  Stande,  eine 
ttiftiitin  Ton  der  Seel*  m  gtÜMm,  MMMieni  4i»m  IM!- 
«Mob  trifh  hi«r  mdm^  als  irgen^w»  aoMl,  Mit  dw' 
Saeha  sasaimnen,  weil  in  di^em  f^lle,  und  eineig  in 
diesem  Falle,  die  Sache  als  eine  sich  selbst  denkende 

'  Sache  mit  ihfrem  eigenen  Gedanken  von  sich,  alsa  mk 
ihrer  eigenen  Deliniiion  ganz  znsanraieDfällt 

Gans  anders  aielit  die  Sache  aus  nach  der  kweiieu 
Amiclit-  Da  werden  die  ps;^ehologiscliei>  Thatoadiea 
Mgeseheo  als  Phänomene,  welche  aus  einer  unbekannten 
überirdischen  Region  hineinstrahlen  und  hineinblitaen 
in  die  irdische  Leibhchkeit.  Zu  der  Leibhchkeit  aber 
wM  AMss  g^reehaat,  was  lNaltti|^e6eta ,  was  nolKwcn« 
dfger  Praeeft,  wue  MechaaisaMJS  in  irgend  einer  Art  iOI. 
So  gehört  dean  auch  der  Mechanismus  unseres  l>enkens, 
Begfehreris  n.  s.  w.  als  solcher  der  irdischen  Letbliehkeit 
aa;  ja  selbst  jeneH  Ich  sich,  S«^j  s  Obj,  und  an- 
dim  ttlniliche  De^NiilloBen  des  SelbslbewttfilseyM  sind 
wif  Ansdricke  Mi  das  irdische  Geseia,  unter  wekben 
kl  dieser  Erdenlaft  Bewufstseyn  und  Freiheit  erscheinen  . 
mal^  Es  darf  uns  aber  eben  so  wenig  einfallen,  diese 
^griffe  für  Definitionen  der  Sache  zu  halten,  als  es 
aas  einfallt,  das  Gesete  der  arithtnelischen  Progression: 
i,  4,  fr,»ltt  u*s.w.,  nach  welchen»  di>e  Kdrpsv  s«r 
Brde  fklleii,  Ar  die  PaMtraft  der  Kdrper  s^er  ua 
halten.  Die  Phänomene  der  Psycholegie  sind  üeber- 
gaegserscheinungen  von  der  in  Gesetzen  und  Fe^^seln 

^  fliatf  utg  bewsgUeU'  trdiechen  Natur  in  eine  ganu  hetePO«> 
gena-  a«»^  fem  geubnle  gdilliche  Nulur,  In  ■welolier 
Mkl^  die  Frincipien  4t»  Lidits ,  der  (feitwmss  der  Ir- 
vllabiBtät,  Sensibilität,  des  arithnoetischen  Calculs  der 
Gedanken,  der  chemischen  Ml«ch»tigen  und  WahUer- 
wandtschaftea  von  Affekten  und  LeidetK»chaftea  walten, 
sondMi  wori«  «taqenif»  hsfrscht,  was  wir  niit  irdioalisn 
nur  fem*  andeutend  als  FVeiheit,  Bswuftpteeyn , 
Tagend,  Heiligkeit,  Gottheit,  LasterbKchkeit  nu  be^ 
aeichaen  vermögeu. 


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iiOO 


Schubert,  Geschichte  der  Seele 


Nach  der  zuletzt  genannten  Ansicht  der  Sache  ist 
das  vorliegende  Werk  bearbeitet  Ganz  consequent  im 
Sinn  dieser  Theorie  ist  es,  dafs  nirgends  Definitionen 
von  der  Seelenthätigkeit  oder  von  einzelnen  Seelenver- 
mögen  angegeben  werden.  Denn  indem  die- psychischen 
Phänomene  angesehen  werden  als  Uebergangserschei- 
nungen  aus  der  irdischen  in  die  transcendentale,  aus  der 
definirbaren  in  die  allem  Begriff  entfliehende  Region: 
so  hat  jede  Erscheinung  eine  doppelte  Seite,  eine, 
welche  in  den  Begriff  hinein,  und  eine,  welche  über 
ihn  hinaus  fallt.  Von  der  ersten  Seite  ruhet  eine  jede 
auf  den  Gesetzen  der  Erdenwelt ,  als  auf  ihrer  Basis 
fest,  und  es  ist  die  Arbeit  des  naturforschenden  Psycho- 
logen, das  Phänomen  so  tief ,  als  möglich,  in  alle,  selbst 
die  untersten  Stufen  der  Leiblichkeit  zu  verfolgen ;  sich 
also  nicht  blos  angelegen  seyn  zu  lassen,  noch  in  der 
einfachsten  animalischen  Nervenzuckung  ein  geistiges 
Empfinden  zu  entdecken :  sondern  selbst  in  den  unorga- 
nischen Regionen  auf  analogische  und  symbolische  Weise 
das  Walten  unbekannter  Seelenthätigkeiten  zu  entdecken. 
Je  weiter  wir  hinabsteigen  in  die  niedrigeren  Regionen 
der  Leiblichkeit,  desto  fester,  sicherer  wird  unser 
Begreifen,  desto  näher  finden  wir  uns  an  den  Gebieten 
der  einfachen  IVIathematik  und  Logik;  je  höher  wir  hin*^ 
aufsteigen  in  die  Werkstätte  des  moralischen  Geistes,  in 
dem  Leibe,  welcher  sein  Werkzeug  ist,  desto  weiter 
entfernen  wir  uns  vom  Gebiet  mathematischer  Berech- 
nungen und  logischer  Definitionen.  Es  geschieht  uns  also 
das  Eigenthümliche,  dafs  die  reine  Seite  des  Gegenstan- 
des auf  unentwickelte  und  dunkele  Begriffe  in  unserem 
Vorstellungsvermögen  trifft,  dafs  aber  die  unreine,  gleich- 
sam die  Kehrseite  des  Gegenstandes  klare  und  distinkte 
Begriffe  im  Vorstellungsvermögen  vorfindet  Wo  also  in 
den  niederen  Regionen  der  Leiblichkeit  die  Seelenkraft 
alsein  unsichtbarer,  aber  mannichfaltige  Spuren  zurück- 
lassender Schöpfungshauch  über  die  Fluren  und  Gefilde 
geweht  hat,  da  müssen  bestimmte  Begriffe  und  Nach- 
rechnungen die  Spuren  dieses  Weseus,  welches  zarter 


SohiilMrl,  Ge«chielit»  4«r  Seele. 


im 


ist  als  FrühÜBgdiift  und  vergfinglicher,  al§  das  irdische 
fittck ,  eiftiBMi  «od  feti  hftlleik  Wo  aber  die  Seelen-' 
ftnm,  gefemmeltuod  Mif  einen  erhabenen  KriNileiiokter 

gepflanzt ,  als  MetüHche ngestalt  durch  die  Schöpfung  wau- 
deit,  wo  die  unsichtbare  und  unbegreifbare  Herrlich- 
keit der  Seele  anfgefafst  und  erkannt  werden  könnte, 
Mem  eie  g^eowärlig  In  teäerer  N&he  ist,  da  bettniilr 
■Bf  iki«  Gegenwart',  and  da  eeheitern  alle  Beoillliungea 
■flserer  Begriffe.  Wir,  die  wir  vorher  die  symbolische 
Seelensprache  der  Natur  und  der  orjBfanischen  Leiblich- 
keit durch  Hfttfe  klarer  und  distinkter  ßegdfie  z«  ent« 
Ziffern  suchten,  mir  sind  nn  seibat. genöthigt,  In  8y»- 
beten  und. dunkeln  Woi;t«a  nn  reden ,  um  dafgenige  wissen 
vnd  empfinden  zu  lassen,  was  wir  in  lebhafter  emjnH* 
scher  Krkenntnifs  haben  |  aber  mit  Mühe  in  Begriffe  zu  i 
verwandeln  -  vermögen. 

Letzterer  Ist  der  Standpunkt  der  Be^achtung,  anf 
wefehen  «as  das  vorliegende  Werk  führt  Dieses  ifiag^ 
<hroh  folgende  der  Schrift  selbst  entMNnmene  Sikeile« 
■och  deutlicher  werden : 

S.  1.    „Mitten  in  dem  Reiche  des  Seyns  steht  eine 
^QQe,  welche  Alles  trägt  und  hält,  Alles  belebt  und 
bewegt^  and  es  ist  ein  Auge,  selber  von  Sonnenoatnr, 
jene  Sbnne  ^enuicht   Die  Sonne  ist  Gott,  das  Auge 
^•1.  die  Seele." 

V Mächtig  und  still,  wie  der  Drang,  womit  das  eben 
aus  dem  Dunkel  geborene  Auge  das  noch  niemals  em^ 
fiiadenelitcht  sucht,  wird  in  meinem  Wesen  ein  Sehnen 
^'Mionunen  naeh  der  lebendigen  Qoelle  alles  Sejasj 
^»erans  ich  bin." 

8.  2.  „Wie  der  ausgeworfene  Anker,  durch  die 
Meereswogen  hindurch,  gerade  hinabeilt  zum  Felsen- 
grand,  da  er  ruhet;  so  ist  in  mir  ein  Verlangen ,  wel- 
<)hes  seinen  Lauf  mitten  doreh  die  Oreatnren  hioduroh, 
tu  Gott  nimmt," 

'  „Das  ist  das  Fragen  im  Geist  des  Menschen  nach 
^ea  Anfangen  der  Dinge,  das  Fragen,  welches  rastlos 
ttud  unstillbar,  dem  Strom  entgegen,  wekher  mit  den 
Anderen  Creaturen- spielt,  sich  hinanriogt  sur  Quelle.** 


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V 


UM  Schubert,  tieäuhiclite  der  Seele;  , 

^Religion  ist  das  innere  Band^  das  den  Mem^chen 
mit  Gott  vereiat,  wie  <ks  Band  eines  oaidrliclieti  Be^  ' 
Mifnimi  dM  Sind  mU  der  Mutier^  We  ebea  efüW 
dev^PuppeahAHe  faenrorgebrwlMHie  Bmm  wird  dMob 
eimen  innern  Zug  des  Bedurfiiisses  von  W  iese  zu  ^Vi^^i 
von  HQgei  zn  Hügel  stundenweit  hinübergefiihrt  näch 
des  blühenden  Ljaden,  bei  denea  sie  die  ersehnte  Ntii- 
r«i^  findet  jener  Flug^  anf  welebeiti  der  iMtiniBl 
die  mmä  über  Bei^r  «od  TM  ftliti,  bt  in  4e9  Mmh 
schenseele  ein  innerer,  geistiger  von  Grednnken  en  CM 
danken,  die 'sich  einer  den  anderen  fragen  und  antwor- 
ten ,  einer  de^n  anderen  hervorrufen  und  verdrängen» 
Die  Gescliiekte  unseres  GescUeobts  in  alter  und  tmm 
%mi  MAt  nnn.  freilieb  sehr  hftnfig  jenes  innere  fiehaii 
im  Menaehen  in  einem  Zustande  des  Aettlttsnhts^ng  wm 
derVerirmng  erblicken,  wie  das  Sehnen  nach  der  ersten 
Nahrung  im  Säugling,  wenn  dieser  mutterlos  erzogen 
md,  und  staader  Miicb  andere,  etwa  «nnaiirlich  auf* 
mtende  Nidumganiittel  nnifiAHgi^  %Aber  selber  disNf  , 
Nifsbranch,  diese  Täuschung  deubmersten  B^Mtfulliii 
der  Menschenseele  geben  nicht  blos  einen  Beweis  für 
das  Da^Jcyn  des  Bedürfnisses  selber,  sondern  auch  Auf- 
schinla  über  seine  eigentliche  Natur  und  HichUing'»'' 

8.  85.  -  ,9  Der  Stein  suchet  die  £rde^  fon  welch« 
er  genommen ,  deren  Theil  er  ist ;  das  Leben ,  dal  in 
TM?re  lebt,  sucht  den  Quell  des  Lebens,  aus  welchem 
es  gekooioien,  dessen  Ausflufs  e§  ist." 

40.  „So  ist  in  der  ganzen  Vl'elt  des  Sichtbarett, 
nbttU  'den  MienBChen)  das  Warten  und  Hoffen  auf  äa 
Etwas,  das  gewesen  und  das  kfinftig  ist:  ein  BliMij 
dessen  tfinr  der  Geist  als  eroes  Cr^nwiftSgeti  gentefli 
Jene  Weit  des  Sichtbaren  g^leicht  der  Arbeit  und  Mfllw 
der  Woche,  welche  nach  einer  Feier  des  Sabbaths  hifl* 
ringt  9  deren  geweiheter  Teo^el  der 'Mensch  ist.'' 

S.  414.   „Wir  betrachteten  am  Leibe  des  Mennhsi 
die  «lementarM  Formen  der  Zelle,  Faser  nntl  Kugrf» 
in  welche  das  zergliedernde  Messer  die  Gebilde* 
organischen  Korper  auletzt  zu  zerlegen  scbemi  An 


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SAjkabert»  aMtyiiitB  der  Steim. 


8Me  «lad  es  3  GnindnchtaDg^en  der  inneren  Thätlgkeiti 
irodtiFeh  sich  dieselbe,  in  der  Leiblichkeil  kiMd  nuichl^ 
db JLnA  4m  Bikh»  «mI  OeitalteDS ,  j«M  det  Bmpfin- 

deos  und  die  des  Bewegens.  Bis  hiuauf  in  die  oberste 
unserem  Erkennen  nöch  zugängliche  Region  des  Seelen- 
lebens sind  diese  drei  Grundrichtungen  noch  eckeaabar ; 
bis  dabitt ,  wo  dl»  ieiMieh  gestalteodk  Kraft  mu  eelbet 
sshafcadeB  BmbikliiifdLNif i ,  das  lUensdie  BBupiivilea 
mm  geistigen  Erkennen,  das  Bewegen  zum  freien  Wil- 
len wird.** 

&  450.  „Was  für  den  Leib  und  seine  Erhaltung 
Speisen  und  Gstrinke ,  das  ist  0lr  die  Seele  die  RegiM 
dir-'GeAllile.  <~  Bin  «ioaiger  AnfjpenMieh  voll  Mmdigef 
Grfriile,  vnd  die  inaae  aum  Wirken  nnfHbige  Seele  Ml** 

pföngt  neue  Kraft  und  neuen  Muth ;  die  stiiiucheinden 
Tritte  werden  fester,  die  inneren  Augen  wieder  waclwr 
SB»  Sehen." 

SL  57 1.  fy  Eine  innere  Natur  der  Seele  ist  da ,  voUer 
flNiniloiifiiltig«r Gestalten,  Bewegnngm und TSne.  Diese 

innere  Natur  in  ihrer  Gedchiedenheit  und  seibstständigen 
Abgrenzung  strahlt  aus  den  von  auisen  empfangenen 
Eindrücken  hervor,  wie  ein  vom  hellen  Kerzenlicht  be-f 
IcaehteMs  Gebilde  dier  liensehenhand  iber  die  von  M—d 
Kcht  bestrahlte  LandsohaHL** 

„Es  erscheint  hier  öfters  ungewifs,  ob  das,  was 
die  innere  Welt  iler  Menschenseele  vor  fh;n  Augen  deS 
betrachteniieu  Geistes  entfaltet  ,  das  Nachbild  der  äusr 
men  Stehtbarkeit,  oder  ob  sie  niolil  vielmehr  das  Ur- 
«td  Vorbild  aHer  der  Oaslaltan  «ad  Bewagongea  «nd 
Tine  sey,  welche  gegen  einen  solchki  innern  €Han8  g»* 
halten ,  die  äufserUohen  Sinnen  mir  wie  Schattengestalten 
iMogaukeln/' 

&  dSSL  „Bia  »ächtiger  Drang,  gleich  jenetn  das 
Bitatigama  «ur  BmoI,  niahl  tIberaU  die  iiAbenaWle  aum 
Mangel ,  die  HOlfe  zur  Noth,  und  eine  durch  die  ganae 

Natur  gehende,  heilende,  die  Mangelhaftigkeit  des  Ein- 
zelnen ergänzende  Kraft  eifert  mit  dem  mächtigsten  Eifer 
(rade  um  die  Erhaltung  des  Verlassensten,  mfthet  sich 


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im 


Schubert t  GMchiclit«  «1er  Seele. 


am  heifsestea  um  die  Pflitge  des  Cxebrechlicshiteit  imd 
Elendesten.*' 

„BiB  Wmer  des  Alfterlhnni  (HefaUit  mßA  Didg. 
Lafrt  IX,  8.)  redet  von  eiiwr  eifiagfuevv  9 

Weltordoung; ,  welche,  selber  uawaudeibar  und  ewig:, 
durch  das  Reich  des  Wandelbaren  und  Vergäuglicheo 
hindBrohriebly  und  die  Einzelnen  und  GetreBBleii,  wie 
I^iMOiUHweD  SV  einem  melodieoiMB  Einklanign  rwHk^ 
—  Das  GeseMtfl  jener  h^apfxiyri  an  den  fieelra  gU* 
chet  dem  Geschäft  der  Lcbensluft  am  athmenden  Leibe; 
es  wirket  ohne  Aufhören,  iingefühlt  und  ungewufst,  eio 
herab wärts  von  der  oberen  Einheit  zu  dem  Eieaeineo  mi 
Ctetrennlen  gellender  Sng,  und  win  anderer  2hig,  wel- 
eker  von  dem  Binnelnen  aufwSris  gehel  cur  ESaMi 
Dieser  wechselseitige ,  sich  begegnende  Drang  ist  der 
Lebensodem,  weicher  der  Seele  das  Entstehen  und  Be- 
stehen ihrer  Wirksamkeit  an  der  Sichtbarkeit  gab  uid 
erhält.'' 

•  8.'M8.  9,  Die  Scale ,  wenn  sie  das  Erbnrraes,  «ri* 
ches  den  Lebensmangel  aiisfQllt,  die  Liebe,  w^heiei 

Sorge  gedachte,  ehe  diese  war,  ohne  Anfang  und  Bnfc 
nennt,  irret  nicht;  der  Mangel  aber  bat  einen  Aufaog 
genommen,  und  die  Soi^e  ist  von  gestern  her.  Es  stellet 
ober  und  neben  dem  unTollkommMMMn  BlnseUeheo.ciD 
aUergiaeendes  Complement ;  tiber  dem  Leibe  iHe  Seele; 
über  der  einzelnen  Menschenseele  eine  Liebe ,  die  in 
Gott  und  aus  Gott  war,  vor  dem  Anfang  der  Creaturee, 
eine  Liebe,  in  welcher  auch  der  Mensch  gekannt  ge- 
mieten,  ehe  noch  die  alten  Berge  -worden.  Diese  Lieb« 
ist  ySn  Ewigkeit ,  das  Rufen  aber  der  MelisolienseelsM 
dem  lebendigen  Gott  hat  in  der  Zeit  seinen  Anfang  ge- 
nommen. Wie  der  Lufthauch  da  ist  vor  der  Lunge, 
die  ihn  einäthmet;  so  ist  ein  erbarmendes  Auge  zu  mir 
gewendet  gewesen,  ehe  das  loh  da  wir,  ygfMm  sich 
jenem'  Auge  fragte.^ 

i 

r..  {Der  BetcAln/f  ./olf  f.> 


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N*.  TO.    HEIOELB.  JAHRB.  d.  LITERATUR.  Idtl. 


Sohuberi,  Geachichie  der  Seele» 

* 

iBtiehlufs.) 

8.  673.  „Das  eigentliche  Ich  des  Menscheo,  die 
Seele,  ist  C8,  welche  jetzt  im  Fleische,  jetzt  durch 
^ne  hdhere  ihr  zu  Theil  gewordene  Kraft  im  Geiste  zu 
seya  Temiag;  welche  schoo  hienieden  an  dem  eioeo 
ileiachlicliY  an  dem  anderen  yeieüich  gerinnt  und.  ge- 
«ftabet  gefunden  wird.** 

,,Au8  dem  innersten  Mark  der  lebenden  Pßanze  ent- 
faltet »ich  der  Mittelpunkt  der  Blüthe,  in  welchem  sich, 
zur  Zeit  der  Zeugung ,  ein  Leben  von  thierartiger  Natur, 
mit  seinem  eigentbümiichen  Begehren  und  seinen  bewe- 
genden Klinten  riegi  Der  Moment  dieses  Lebens  ist 
mn  schnell  yorObereilender ,  sterblicher;  weil  sich  das 
innere  Bewegen  noch  nicht,  wiederholt,  mit  jenem  oberen 
Element  zu  überkleiden  vermag,  in  welchem  und  durch 
>velches  allein  es  sich  beständig  wieder  erneuern  und  so 
fortlebend  erhalten  kann,  mit  dem  Element  des  Odems 
aus  der  Atmosphäre.  Am  Thier  und  am  Menschen  ist 
das,  wae  die  Pflanze  nur  auf  einem  vorübereilenden  vor- 
bildlichen Moment  in  ihrem  Innern  empfangen,  zu  einem 
fiir  die  Zeit  des  ganzen  jetzigen  Daseyns  bleibenden 
Leibe ,  zum  wesentlichen  Organ  der  Seele  selber  ge- 
worden. Dieser  thierische  Leib  erhält  sich  aber  im 
Leben  und  Bewegen  nur  dadurch,  dafser  sich  ohne  Auf- 
hdren  mit  dem  obern  Lebenseiement  der  Luft  vereint 
und  fiberkleidet  —  Was  die  beliebende  Lnft  zum  Leibe, 
das  ist  der  Geist  zur  Seele  des  Menschen ,  deren  Leben 
nur  durch  ihn  ein  bleibendes,  ein  ewiges  wird.** 

Auf  diese  Weise  findet  sich  die  zweite  der  obenge^ 
nannten  Seelentheorien  in  vorli^endem  Werke  begriin« 
det,  als  dn  zwar  nicht  auf  demonstrative  oder  synthe- 
tiaehe  Weise  dargesCellfes,  aber  darum  ipicb^  minder 

XXIV.  Jahrg/  11.  Heft.  TQ 


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consequentes  und  durchgebildetes  Sjstem,  Im  Ganzen 
erfreut  sich  diese  Theorie  wohl  keiner  so  grofsen  Theil- 
nahme  unier  den  Psychologen,  als  die  entgegengesetzte. 
Oer  Verf«  giebt  uns  seihst  einige  der  bedeutenderen  Män- 
ner an,  deren  Grundsätzen  er  sich  io  Bezug  auf  diese 
seine  Theorie  anschliefel,  indem  er  in  der  Vorrede  S.  VIL 
spricht:  „Möchte  denn  dieses  mein  ßuch  als  kein  ganz 
untüchtiger  Zeitgenosse,  an  Eschenmai ers,  Heinroths 
und  anderer  würdigen  Männer  Werke  iiber  die  Geschichte 
>*der  Seele  sieb  anschiieisen.*' 

Um  nun  den  Contrast  g  eji^^enwartiger  Theorie ,  nach 

welchtii  das  Ich  für  das  lilofse  Gefäfs  der  Seelenflamme^ 
und  der  entg-eg;engesetztcn  Theorie,  nach  welcher  das- 
selbe fär  die  Quelle  und  Aktivität  dieser  Flamme  seibrt 
gehalten  wird,  in  ein  noch  helleres  Licht  zu  setzen, 
mögen  folgende  Consequenzen  dienen,  welche  nnmiMel- 
har  aas  den  beiden  yerschiedeneo  Principien  IHefsen. 
Der  Kürze  halber  wollen  wir  dabei  die  letztere  Theorie 
mit  dem  Namen  der  Ichlehre,  die  erstere  mit  dem  Nam- 
men der  Seelenlehre  bezeichnen. 

Nach  der  Ichlehre  hat  von  allen  Geschöpfen  des 
Universums  der  Mensch  allein  Seele  in  der  Tollkomniiien 

Bedeutung  des  Worts.  Was  In  der  Natur  von  Seele  vor- 
kommt,  verhält  sich  zu  dem,  was  im  Menschen  vor- 
kommt, wie  ein  niedriger  Grad  zum  höchsten  oder  doch 
einem  höheren  Grad.  Das  Extrem  dieser  Theorie  ist  die 
Behauptung  des  Cartesiiis,  dafe  selbst  die  Thiere  nur 
bewegte  Maschinen  Seyen. 

Nach  der  Seelenlehre  hat  der  Mensch  vor  den  an- 
deren Geschöpfen  nur  die  gröfsereSeelenempfanglichkeit 
voraus.  Dagegen  lassen  sich  sogar  ganz  seelenlose  Men- 
schen denken,  welche  blofse  bewegte  Maschinen  sind^ 
aber  auch  Pflanzen  und  Thiere,  in  denen  ein,  wenn^ 
zwar  flüchtiges,  doch  energisches  Daseyn  von  Seelen- 
jiatnr ,  eine  Art  von  moralischem  Daseyn  vorkommt. 

Nach  der  Ichiehre  ist  der  edelste  Theü  des  Men- 
schen die  Vernunft  oder  das  Rdch  der  Ideen^  und  wdi 


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Sdiubert,  Geschichte  der  Seele. 


1191 


von  fliesen  im  Handeln  streng  determiniren  lassen,  heibl 
sogleich  frei  und  soglifich  moriliech  liattdeiB« 

Nach  der  Seelenlebre  urird  Uber  dem  Verautiftde- 

teiminism  noch  eine  absolute  Freiheitsnatur  angenommen, 
welche  sich  zum  Ich  verhält ,  Vfie  etwas  Kommendes 
nnd  wieder  Fortgehendes,  wie  eine  eingesogene  und  wie* 
der  ausgeathmeie  Luft 

Nach  der  Ichlehre  ist  das  Bewufstseyn  die  allerbe-> 
greiiiichste  und  durchschaubarste  von  unseren  Erkennt- 
nissen. Denn  ich  hin  mir  selbst  darin  ganz  klar  und 
ofien,  seihst  Subjekt  und  Objekt,  loh  s  ich  für  mich 

Solbfi^ 

Nach  der  SeelenJehre  ist  das  Bewufslseyn  die  un- 
begreifliche ,  durchaus  undurchschaubare  Grenze  unsrer 
ganzen  Erkenntnifs.  Denn  Bewufstsejn  ist  reiner  Akt 
des  Begreifens.  Begreift  es  sich  ^  so  macht  es  sich  einen 
Begriff  von  sich  selbst,  es  imcht  also  aus  einem  reinen 
Akt  einoD  Begriff,  es  nmcht  also  etwas  anders  atis  siohy 
ab  es  ist 

Nach  <kr  Ichlehre  erkennen  wir  empfindend ,  vor- 
stellend ,  denkend  und  urtheilend  die  Diiig-e,  wie  sie 
sind.  Denn  da  loh  s  Bewufstseyn  ist,  so  heifst  ins  Be- 
wufstseya  fMm  oder  adilechthin  erkannt  werden ,  so 
ml,  ale  las  Ich  fallen,  also  in  die  Empfindung,  Vor- 
stellung ,  den  Begriff  und  das  Urtheii  laUen ,  und  wir 
erkemien  die  Dinge  schlechthin. 

Nach  der  Seelenlehre  erkennen  wir  die  Dinge  nicht 
tthlechthin,  sondera  auf  irdische  irrthümliche  and  täQ*> 
sehende  Weiaei  '  Denn  da  das  Ich  etwas  anders  ist  ^  als 
B^Wurstsejn ,  da  aber  schlechthin  Erluinntwerden  so  vid 
ist,  als  schlechthin  ins  Bewuistsejn  fallen:  so  sind  die 
Empfindungen,  Vorstellungen,  Begriffe  und  Urtheile, 
Welche  die  Objekte  in  uns  erregen,  nicht  för  Bestand« 
theile,  sondern  fttr  Zuthaten  derjenigen  linmitteUiarsten 
Bifcenntnifa  an  kdien,  womit  nas  die  Gegtostftnde  ge* 
genwärtig  sind. 

Nach  der  Ich  lehre  ist  die  Region  des  wachenden 
Bewafstseyas  die  Region  der  Walirb^it,  worin  der  Gteiit 


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1108  '         Schubert,  Geschichte  der  Seele. 

sich  selbst  begreift.    Es  g'iehi  also  überhaupt  keiaen 
höheren  Geisteszustand,  als  den  des  Wachens. 

Nach  der  Seelenlehre  gehört  das,  was  mvIt  am  wa- 
chenden Zustande  am  meisten  schitasen,  nSmltchJPreiheU 
und  Bewttfttseyn,  eigentlich  gar  nicht  ihm,  sondern 
einer  höheren  Region ,  einem  höheren  Zustande  an ,  aus 
welchem  diese  Strahlen  wie  Streiflichter  in  die  wache 
Region  hineinfallen. 

Nach  der  Ichlehre  giebt  es  nur  zwei  geistigpe  Zu« 
stände,  einen  des  Tranms  und  einen  desi  Wachens.  Im 
ersten  projicirt  sich  der  Geist  eine  Welt  von  Bildern, 
Vorstellungen  und  Gedanken  ohne  streng  logischen  Zu-  . 
samnif  nhang ,  im  zweiten  sieht  er  sich  in  einer  Welt  be- 
fangen, worin  cler  streng-ste  logische  Zusammenhang 
herrscht,  welcher  sich  auch  als  physikalischer  Zusam* 
menhang  u.  s.  w.  kund  thut. 

Nach  der  Seelenlehre  giebt  es  drei  geistige  ZuetSode* 
Im  Zustande  des  Traums  lebt  und  -webt  das  Ich  in  sUsh 
selber,  in  seinem  eigenen  ^priori  von  Vorstellungen, 
Bildern,  Gedanken  und  Empfindungen  ohne  sonderliches 
Bewufstseyn.  Im  Wachen  beginnt  es  zu  erkennen.  Mit 
einer  aposteriorischen  Aufsenwelt  geht  ihm  Bewufstflejo 
und  Freiheil  auf.  Aber  der  reine  Erkenntnifsakt  ver- 
wandelt sich  augenblicktich  in  einen  Mechanismus  tou 
Empfindungen,  Vorstellungen  und  Begriften,  der  reine 
Freiheitsakt  verwandelt  sich  augenblicklich  in  einen  Me- 
chanismus von  Trieben,  Idealen,  Affekten,  Berechnun- 
gen, Maximen  und  dergL  £s  wird  daher  ein  dritter 
Geisteszustand  postniirt,  worin  das  Bewufstseyu  von 
allem  Aprioriy  d.  h.  von  allem  sowohl  geistigen  als  kör- 
perlichen Mechanismus  und  Determinismus  ledig  werde. 

Nach  der  Ichleiire  besteht  die  Unsterblichkeit  der 
Seele  in  der  Erhebung  des  Geistes  ins  reine  Ichbewulst- 
seyn  oder  Seibstbewurstseyn ;  denn  dieses  ist  keine  zeit- 
liche, sondern  eine  Qberzeitiiche  Anschauung,  daher 
10  Minuten  oder  100  Jahre  in  diesem  Bewufsteejn  ge- 
wesen zu  seyn ,  denselben  Werth  für  den  Menschen  hat. 
Himmel  und  Hölle  sind  daher  schon  innerhalb  der  Gren- 


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SdniHrt,  GMbiebto  der  Seele.  llOi 

zen  des  gegenwürttgen  Lebens  m  finden,  nnd  die  ^Qti 
aicjvtog  bedeutet  ein  moralisches  Leben  in  strenger 
Rechtschaffenheit ,  Wahrhaftig^keit  und  Heiligkeit  des 
Gemüthes.  Die  Unsterblichkeit  hat  nicht  die  Bedeutung 
^nes  Lebens  nach  dem  Tode,  sondern  eines  Lebens  über 
dem  Leben,  eines  Lebens  in  der  Ewigkeit  Ein  solches 
lieben  ist  jedem  Menschen  erreichbar,  welcher  den 
festen  Willen  hat,  ihm  nachzustreben. 

Nach  der  Seeleniehre  besteht  die  Unsterblichkeit 
der  Seele  in  jenem  dritten  postulirlen  Lebens2usfande, 
welcher  sich  zum  ge^^enwärtigen  wachen  Zostande.  etwa 
▼erhahen  dürfte,  wie  diet^r  sich  zn  dem  des  Traums 

verhält,*)  und  welcher  daher  nocli  niclit  im  g-egenwär- 
tigen  Leben,  sondern  erst  nach  dem  Augenblicke  des 
Todes  seinen  Anfang  nehmen  kann« 

Nach  der  Ichlehre  sind  Freude  und  Schmers,  Sym- 
pathie und  Antipathie ,  Triebe  und  Leidenschaften  Pro- 
dukte unserer  sinnlichen  Natur,  und  es  ist,  um  uns  in 
die  ewiig-en  Regionen  des  Bewufstseyns ,  und  also  auch 
ins  religiöse  nnd  moralische  Gebiet  zu  erheben ,  eine 
grdfstmögliche  Befreiung  von  diesen  sinnlichen  Affekten 
erforderlich. 

Nach  der  Seelenlehi  e  ist  die  Sinnlichkeit  nicht  die 
Quelle  der  Aflfekten  und  Leidenschaften  ,  sondern  nur 
ihre  Erweckerinn  per  accidena*  Dem  Wesen  nach  stam- 
men A0ekten  und  Geftthle  aus  dem  höheren  unoffenbaren 
Seelenreiche,  dageg^en  Vorstellungen  und  Begriffe  ihre 


*)  So  iMseichnet«  fhn  unter  Verf,  auch  wbon  Mlier  in  dier  Schrift» 
die  Urwelt  und  die  Ftnteme ,  S.  29 :  „Wae  Imt  denn  mein 
waeli  gewordener  Geiet  (lolNild  ieh  einniBl  dieeen  Bock  TOn 
hrde  abgelegt  habe)  mit  Jenen  «dmmaeiitigen ,  dann  nnr  gda 
Sdiatten  surncltbleibenden  Tnnimbüdeni  nu  eehaffen  (nfimlieli 
mit  den  Syatemen  dee  Wel^ebdodee)»  mag  sie  mir  anch  die 
Pliantaeie  im  Selilnf  noch  ao  ungeh'ener  grofe  Torgemaefat  ha- 
hen*  VnA  wenn  mich  im  Ttanme  wilde  Tliiere  lerfleiicbt  and 
Rieacn  aerhaiien  iiatlen,  eo  eteli*  ich  liclielnd  lielm  ErwadMU 
liber  alle  Jene  leeren  Sehrecknime  u.  a.  w« 


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I 


1U9  MelMt»  Oanriu^tf  dar  Mib 

finbstaiiK  aQU  dem  apriorischea  Reiche  BMerer  Phaotiiie 
und  unseres  Verstandes  habea. 

Nach  der  Ichlehre  hat  das  gegenwärtige  Lebea, 
darin  wir  sind,  einen  grofseii  Werth  für  uns.  Wir  jfthleo 
uns  rastlos  getrieben ,  durch  energische  moralische  Be> 
strebungen  dasselbe  gleichsam  in  jeder  Sekunde  ans 
einem  zeitlichen  Leben  in  ein  ewiges  zu  verwandeln.  Jede 
umsonst  verschwendete  Kraft ,  jeder  Augenblick  der 
Ruhe  und  Passivität,  jede  versäumte  Minute  siiid  unwie» 
derbringliohe  Verluste  In  unserm  Lebeusprocefs. 

Nach  der  Seelenlehre  ist  der  Werth  des  gegenwär- 
tigen Lebens,  darin  wir  sind,  sehr  unbedeutend,  and  ' 
alle  Verluste,  welche  wir  machen  iu  unseren  Bestre- 
bungen an  Seit,  Kräften  Qnd  Anstrengungen  habeo, 

vom  Standpunkt  der  Wahrheit  angesehen,  ungefähr  die- 
selbe Bedeutung ,  a!s  beim  Wachen  eine  verlorene  ü\)Gt- 
wachte  Stunde  Schlafs  in  der  Na^ht  hat 

Auf  solche  und  ähnliche  Weise  läfst  sich  ein  scharfer 
Contrast  heider  liehren  hinsichtlich  ihres  Bezuges  auf 
metaphysische  Krkenntniis,  auf  die  Ansichten  vom  menscb» 
liehen  Leben ,  auf  die  moralische  Praxis und  die 
müthsstimmung  des  Menschen  bezeichnen  und  dentfidi 
machen.  Wir  entdecken  dabei ,  dafs  dieser  Streit  nicht 
hlofs  ein  Streit  «ler  W  issenschaft  ist ,  sondern  ein  Streit 
des  Lebens  9  welcher  daher  nicht  allein  den  Gelehrten 
und  den  Philosophen,  sondern  jeden  nachdenkendes 
Menschen  in  Beziehung  auf  feinen  moralischen  Lebens*' 
Standpunkt  in  sein  Interesse  verwickelt  So  geschieht 
denn  auch,  dafs  wir  selbst  im  gemeinen  Leben  vieles 
von  den  eben  angeführten  0>nsequenzen  aus  den  beider, 
seitigea Theorien,  bald  zu  Gunsten  dieser,  bald  zu  Gon- 
gten jenm*,  als  Lebenserfiihning  «nd  darauf  gebauete  Le* 
bensmaxime  ausgesprochen  höi^en,  ein  Beweis  ,  dafs  der 
blüfse  gesunde  Menschenverstand  selbst  im  Schwanken 
zwischen  beiden  Hypothesen  begriffen  ist,  und  dafs  es 
•ines  genialen  psychischen  ßeobachtens  oder  aber  einer 
sorgfältigen  metajibysisclmi  Kritik  bedatf ,  um  den  ttf 


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SMteri,  OtMliicirt«  d«r  Met  Uli 

mh  Mhxipaiilwiidtii  .Memchenvetstaiid  hier  wt  elo^* 
nähren  Eiosicbt  so  bring^iftn. 

Nun  hat  unserer  üelierzeugiing  nach  Schubert  im 

vorliegen (i (  II  Werke  ungemein  viel  zur  Stabiiirung  der- 
jeuigea  Theorie  geleistet,  welche  wir  oben  der  Kürze 
halber  mit  de»  Nemen  der  Seelenlehre  beieicbnet  haben. 
Ob  aber  diese  gro&enlheile  fein  eehattirten  ans  Beobach* 
taofen  der  Naflar  nnd  des  Menschen  entnommenen  Dar- 
stelluugen  und  Schilderuugen  im  Stande  seyn  werden, 
bei  jedem  blos  gutwilligen  Leser  iliren  Zweck  zu  errei- 
chen, daran  zwei  fein  wir.  Die  Staubfäden  einer  Pflanze 
zählen  «der  die  Knochengeienke  einer  Wirbelsäule  9  das 
kann  man  einem  jeden  Unwissendsten  sogleich  beibrin« 
gfcn,  und  darauf  gründet  sich  daou  alsbald  eine  über 
allen  Zweifeln  erhabene  Wissenschaft.  Aber  zu  entschei- 
den ,  ob  z.  B.  die  letzten  Schmerzens oder  Friedens  - 
lisvte  «nes  Sterbenden  aus  seiner  znsammengekrampften 
Lunge  stammten,  oder  ans  unoffenbaren  transcendentaleff 
Regionen ;  ob  die  Gesänge  M osis  und  die  Psalmen  Da- 
vids die  Volkslieder  politischer  Heroen  sind,  welche 
klug  und  mit  kunstreicher  Taktik  ihr  Volk  zu  ihren 
^«wecken  am  leiten  wufsten,  oder  ob  sie  brausende  Ströme 
nnd  ans  der  unoffenbaren  Seelenregion,  eingegossen 
bi  die  GefiÜ*se  der  Mosaischen  und  Davidischen  Harfe; 
sb  der  Gesang  der  Xachtigall,  welchen  wir  mit  dem 
Namen  eines  seelenvollen  zu  bezeichnen  pflegen ,  filr  das 
Repetireo  eines  ein  für  allemal  vom  Schöpfer  ^ingerich*^ 
teten.  überaus  kunstreichen  Uhrwerks  su  halten  sey,  oder 
•b  er  wirkKch  etwas  von  Seelensnbslans  in  sich  habe? 
hierüber  dürfen  wir  eben  so  wenig  jedem  beobachtenden 
Ohre  ein  Urtheil  zutrauen,  als  wir  es  einem  iu  der  Musik 
gänzlich  Ungeübten  anmuthen,  eine  Fuge  von  Händel 
oder  Palästrina  m  verstehen,  oder  stt  entscheiden ,  ob 
^ae  gespielte  Fuge  von  einem  dieser  grofeen  Meisler 
oder  von  ehern  Pfuscher  herrühre,  obgleich  ein  Musik  - 
kundiger  dieses  im  halben  Schlafe  herausschmeckeu  wird. 
Aber  manchen  Menschen  ist  von  Natur  das  musikalische 
C>«hör  vemgl)  BMuidiea  soheiat  auch  jenes  höhere  mu^ 


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ttkalische  Gehör  versagt  ;eu  seyn ,  und  diese  werden 
auch  ia  vielen  M  ohliautendea  Akkorden  des  vorliegeode» 
kanslreicben  Orgelspiels  nur  verworrene  Laute  em^nden 
mOsseii.  Geateheo  uns  doch  die  Aente,  dafa  rie  durch 
vieljährige  Praxis  am  Krankenbette  endlich  eine  feine 
Beobachtung;sgabe ,  gleichsam  einen  witternden  und  si- 
cheren Geruch  für  die  verschiedenen  Krankheiten  be- 
kommen ,  welcher  sich  nur  haben  und  anwendeo,  aber 
keinesw^  .mitlheilen  liiSsL  In  einem  ühnlidieD  Falle, 
wie  der  Arzt  am  Krankenbette,  ist  der  psj^chiBolieNaiiur- 
forscher  in  den  meisten  Fällen  seines  Beobachtens.  Er 
kann  nicht,  wie  der  Physiker  und  Chemiker,  dunch  Ex- 
perimente die  Natur  zwingen ,  ihm  auf  einzelne  und  be- 
stimmte Fragen  einaelne  und  bestimmte  Antworten  zu 
geben,  sondern,  er  mufr  der  Feinheit  und  Sensibilität 
seiner  Beobachtimgagabe,  seinen  geiatigeii  Gecueh  oder 
richtigen  musifcalischeB  Gehör  iu  dieslm  Felde  vei^ 
trauen. 

Es  ist  daher  sehr  zu  wünschen,  und  auch  bei  dem 
erfreulichen  Eifer,  mit  welchem  gegenwärtig  die  Wia» 
Benschaft  der  Psychologie  bearbeitet  ivird ,  zu  hoffen 
und  zu  erwarten,  dafs  die  genannte  tiefere  Ansicht  von 
der  Natur  der  Seele  auch  von  apeculativer  Smte  her  immer 
festere  und  sicherere  Beg^ründung  erhalte.  Kant  legte 
in  seinem  System  der  praktischen  Vernunft  einen  herrii«* 
chen  Grund  zu  einer  speculativen  Sicherstellung  der  See- 
lenlehre, indem  er  zeigte,  wie  es  zwei  ganz  verschie- 
dene Welten  sind,  iu  denen  aidh  unser  lieben  bewctgt, 
eine  physikaliaohe,  eingeriehtei  nach  den  aprieiiacliea 
Anschauungen  der  menschlich  -  irdischen  Phantasie  und 
den  apriorischen  Begriffen  des  menschlich -irdischen 
Verstandes,  und  eine  andere  moralische,  eingerichtet 
nach  dem  Gesetz  der  praktischen  Vernunft,  deren  Ge* 
aelze  nicht  in  vnaerer  menschliob-^irdisoben  Natur  wur* 
^dn ,  sondern  unserer  Person  von  andemrcAer  ein-» 
gepflanzt  sind ,  gleichwie  ein  Saamenkern  ui  einen 
Acker,  in  welchem  es  Frucht  tragen  soll.    Aber  nach* 

4m  Üant  diesen  sicheren,  und  nutzbar ea  Grund  zu.  einer 


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tieferen  Seelentheorie  gelegt  hatte,  ist  leider  die  Mehl** 
zahl  der  späteren  speciilativen  Philosophen  wieder  aoi 
der  neu  entdeckten  Bahn  gewichen ,  und  zu  dem  Frineip 
<ler  Ichlehre,  wie  dasselbe  schoo  TOii  Cartesiüs  und 
LfliboHs  io  der  Haaptitche  mit  grofter  Klarbml  ent- 
wickeil  wordea  war,  aarttckgekehrt  Jedoch  haben  wir 
wohl  nicht  zu  befürchten ,  die  Ichlehre  zum  zweitenmale 
in  einer  so  einseitigen  Gestalt,  wie  in  der  alten  Monado- 
logie auftreten  zu  sehen ,  und  wir  bemerken  mit  Freude 
seihst  in  denjenigen  Systemen  des  heutigen  Tages,  welche 
diesee  Priadp  am  InrUiickigaten  darchenfilhren  etrebeo, 
aaoh  doch  faia  und  wieder  mdirere  AnnlheruDgeo  an 
entgegengesetzte  tiefere  Ansieht.  Wir  schöpfen  aus 
diesem  Umstände  die  oben  ausgesprochene  Hoffnung, 
<1afs  sich  bei  regem  fortwährenden  Eifer  för  diese  wich- 
tige Sache  das  wahre  und  ächte  Phncip  sowohl  durch 
die  Arbeit  der  Beobachtung ,  als  dar  specnlatiTen  Kritik 
aeinen  baldigen  TdUigen  Sieg  erringen  mnft. 

Dr.  C,  Fort  läge. 


it.  TuUii  Cieeroni^  Oratüt  Brutut  Topiea  De  Optima 
09n€r€  Oraiprnm  cum  /fnnotationibw  Car,  Beiert  et  Edi- 
toris.  Op€  CM,  SmGalL  Mmidl  Reg.  Erlanf^.  Fiteherg.  Edd. 
Fett,  denuo  recensuit  Jo,  Casp.  Orelliut,  Praemittitur  Epistola 
Critica  ad  J.  N.  Madvigium,  V.  e.  —  Turici^  typis  OrOIÜ^ 
fku^MÜni  €t  Soee.  MDCCCXXX.  CXXU  und  4S9  &  gr.  & 

Während  wir  begierig  die  Vollendung  der  Orelli*- 
achen  Gesammtausgabe  des  Cicero  erwarten,  die  durch 
fitwaa»  das  den  Epp.  ad  Attic  und  Qu.  Fratr.  beig^;^ 
baa  werden  eoll,  aafgeliahen  zu  aejn  scheint,*)  ba^ 
aoheakt  nna  Pr.i.Or.  adion  mit  der  dritten,  dteemal 
wieder  sehr  gehaltreichen ,  Separatausgabe  einzelner  CS* 
ceronischen  Werke,  wodurch  diese  auf  einen  weit  höhern 
Grad  von  Einheit  des  Textes  gebracht  sind,  als  es  dem 


*)  So  eben,  Tor  Abgang  dieser  Anzeige,  erhalten  wir  die  Epp.  all 
•    Att.  und  ad  Q.  Fratrem ,  Bml  «omlt  den  Schlafi  M  Werke«. 


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Slilfe  A  ^«  ^NiiHI  $  0iiiMMMiw  "OisMvv  «BMirttfe  de* 


Hrn.  Herausg.  sie  in  der  OeMmmtausgabe  m  bringen 
möglich  war.  Zugleich  erhalten  wir  aus  den  Papieren 
des  für  die  Ciceronische  Kritik  zu  frühe  gestorbenen 
Pnif.  C  Beier  in  Leipsig«  besonders  nnni  Oralarj  kdst^ 
lidie  AonerknngCT,  worin  wir  gnas  seinen  Sdiarinnr 
nnd  seine  Belesenheit,  dag;eg;en  aber  (was  ans  besoadeis 
erfreüt  liat)  nichts  von  den  Eigenscliaften  wiederfinden, 
welche  ans,  während  wir  stets  seinen  Geist  und  seine 
Geiehrsamlieit  bewunderten ,  seinen  Charakter  als  wenig 
aehiungswierth  darsteUtan;  wiewohl  liesser  gemm 
sajn  soll ,  als  er  stell  in  seinen  Scbriilen  anaspridrt.  Zsr 
Ehre  der  Menschheit  und  der  Wissenschaft  möchten  wir 
gerne  dasselbe  von  so  manchen  noch  Lebenden  glauben, 
an  welchen  die  Humanitätsstudien  das  Gegeotheil  von 
dem  bewirkt  m  haben  aehdaen,  was  man  wohl  MOift 
ran  denaelbea  rtthmte,  nnd  welche  unserer ,  jelit  steh 
im  Aaslande  gesdiStzten,  Philologie  durch  ihre  Mal^ 
dicenz  und  Gemeinheit  Schande  machen.  Dafs  Hr.  Pr. 
y.  Gr.  auch  in  diesem  Punkte  eine  elirenvolle  Ausnahme 
von  dem  macht,  was  jetzt  so  sehr  häufig  ist,  haben  wir 
schon  bei  einer  andern  Gelegenheit  bemerkt.  Wir  weodos 
nns  jalKt  zu  seinem  Buche. 

Voraus  geht  auf  CV  I  Seiten  eine  Epialola  CtiLod 
Mtidvigmm  ,  zur  Erwiederung  der  von  diesem  Grelehrtcn 
an  ihn  geschriebenen  Ep.  Crii.  (Havn.  1828.  8.) ,  die  eine 
Menge  dankenswerthc  Gaben  enthält,  ob  sie  gleich  am 
Theil  mit  dem  Cicero  in  gar  keiner  Verbindung  stehett. 
Nicht  fOr  die  Leser  ^  Freunde  und  Kritiker  des  Qc&^i 
welche  ohnedies  das  vorliegende  Buch  nicht  werden  ent- 
behren können,  sondern  für  andere  Gelehrte,  welche 
in  einer  TOr  vier  rhetorische  Werke  des  Cicero  gesetzten 
BpbMa  erUiea  das  Andere  nicht  vermnilien  und  41^ 
warten  worden ,  gehen  wir  doren  Inhalt  etwas  geaaiir 
durch.  S.  VI  —  XL  Mittheiluog  der  von  Cujacius  Yer- 
zeichneten  V  arianten  zu  den  Verrinen,  aus  einem  CoA 
Reg.  am  Kaade  der  Liambiniana  1566.  auf  der  Bibliothek 
tu  Bern,  verglichen  mit  dem  von  Hrn.  M.  gehrauchten 
Go4  iU^.,' woraus  beidor  Identität  nn  erhellon  scheint 


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1.  a  OmIB,  CleM*Bik  OMtor,  Brntu  Mc  UI& 

S.  XII  f.  Über  den  Cod.  Asoonn  S.  Gallensis  ,  die  Qaelle 
der  übrigea ,  weichen  neuerlich  Hr.  Pr.  t.  Or.  vergebens 
in  S.  Gallen  gesucht  hat.  S.  XIV  £  wird  über  M8$.  des 
Hrn.  T.  LaOsberjr  in  Ej^haosen  beriohitt  6.  XVI  & 
Frobea  Ton  &  Galler  I^SiS.  ▼erschiedener  Art;  z.  R  Pro- 
ben einer  Lateinischen  Interiinearverijlon  des  Evange-? 
Iitiins  des  Johannes,  nebst  Varianten  zum  Griechi- 
schen Texte  des  ganzen  £vao|^eiiuBia,  bis  S.  XXXIX,  — ^ 
S.  XLI.  bis  XLUL  Varianten  zu  Seaeeae  Imd,  de  morte 
CXauäu  CaeBorh;  8.  XLIX.  za  Serviusi  &  UU  iE  . 
ans  einem  ungedruckten  Cominentar  zum  Horaima,  aus 
dem  XI.  oder  XII.  Jahrhundert.  —  S.  LV  fF.  Verbesse- 
rung 2U  dem  Craoierschen  Abdrucke  des  Scholiaalen 
des  JuTeoalia.  S«  LVIII.  Probe  aus  einem  (auch, 
iieaern)  nnediHeo  Scholiasten  deaaelben  Sohrifistelle»« 
^  8.  LXIV.  Varianten  ans  einem  Virgil  ans  dem  IV« 
oder  V.Jahrhundert.  —  S.  LXVI  ff.  Aeufserung  des  Hrn. 
Herausg.  über  die  nothwendige  Beibehaltung  der  gegen- 
wärtigen lateinischen  Orthographie,  die  der  Ref.  (vor 
der  Oind  nooh  nicht  durch  die  GHIade  der  Hrnn*  Beier 
und  Wunder  vom  Gegentheil  fiberzeogt,  und  entacMoe* 
sen,  erst  die  versprochene  Orthographie  des  neuesten 
Herausgebers  der  Planciana  abzuwarten)  vollkoniiuen 
iintci:schreibt.  Ceierum,  sagt  Ur«  Pr.  t.  On,  ex  hoc 
yuaque  specimme  videa,  quot  quantajue  mendae  ir- 
repBerini  vel  m  antiqumimB8  Codd.  aeeularttm  qutnft 
ei  qumii ,  »  quibt»  scriptura  seeuU  AttguHei  nnre 
permixt a  mveiiUur  {nun  qmtidianis  Ulms  aetatia, 
qua  ipai  comcrrpti  sunt ,  erroribua.  Propter  hanc 
nmxime  eauaam  eqtddem  efnnn  m  pMerum  aervabo 
eam  Mcribendi  rtMmem ,  quae  per  manue  meUa  .tra-- 
Süm  eei  mde  a  MatmUhy  Siephims  ,  ac  plerkqee 
Seculi  XVI.  philologis ,  nil  magni  me  Utcraturum  rcUtta 
e  scriptura  pctrtim  anthiua,  partim  ^  ut  Persii  voca- 
bulo  utmr  ^  semipagana  Palimpaealorum  Maii  et 
aimäum  CodA,  quam  mune  tmmuüi  cwn  ommbua  euk 
vHiia  hmimtur.  Nam  ai  nttbia  m  kta  raiiene  eenatare 
volemus ,  illico  cum  HUa  SangaUenaibua  fragmeeik 

N 


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im  J.  €.  OtM^  Gicmiiit  Omtor,  Bnite»  d«. 

9crSßmmt$  twcewc  e9i:  haut,  adquCf  eincxere, 

dei'ige,  supraemo ,  Phehea,  sivi,  quity  brac^ 
chia  etc.  —  S.  LXV  II  ff.  über  den  Pseudo  -  Plautioi- 
sehen  Querolus  bis  S.  XCV.  —  S.  XCVL  bis  GL  über 
die  Quintilianischen  Deciamationen.  —  S.  CVIL 
Dedication  an  Beiers  ManeiL  —  Es  fol^  die  Vorrede 
zum  Redner,  worin  bemerkt  wird,  dafs  es  zweierlei 
Gattungen  von  Handschriften  des  Buches  giebt  Die 
älteren  sind  verstümmelt,  die  ganzen  nicht  älter,  als  aus 
dem  I4ten  Jahrhundert,  wo  erst  der  ganze  Oraior  ge- 
'fiinden  wurde.  Auch  die  yerstfimmelten  gehen  nicht 
fiber  das  ISle  Jahrhundert  zurück.  &  CXI  ffi  Aufzah- 
lung der  MSSL  Die  yerfttQmmelten  sind  voller  Interpo- 
lationen ;  die  gut  scheinenden  unter  denselben  mögen  im 
4ten  oder  fünften  Jahrhundert  hineingekommen  sejn, 
und  zwar  durch  einen  tüchtigen  Grammatiker,  denn  sie 
sind  oft  sehr  täuschend.  Eine  andere  Art  von  Interpola* 
tionen  ist  schi^lit  und  gehört  entweder  abgeschmackten 
Abschrdbern  oder  Correctoren.  In  den  Tollatindigen 
sind  nur  wenige.  —  S.  CXVI  f.  Probe  eines  reinen  und 
eines  interpolirten  Textes.  —  S.  CXVIL  Geschichte  des 
Textes ;  Gruter  nahm  den  seinigen  gröfstentheils  ans  den 
Pseudolambinischen  Ausgaben,  Ernesti  meistens  ausGra« 
ter,  Schütz,  wenig  bekümmert  um  bessere  Quellen,  ans 
Erneati.  Remer  kannte  die  beasem  Handschriften  und 
Lesarten,  wenigstena  beniitzten  sie  sie  nicht.  Hrdk 
Meyer  giebt  den  bisher  besten  Text  Hr.  Pr.  v.  Or.  er- 
hielt nun  noch  den  Einsidler  Codex  und  zweierlei  Pa- 
piere Beiers.  Erstlich  ,  von  Anfang  bis  zum  27sten  Cap.; 
ausgearbeitet  nach  dem  Erscheinen  der  Orelli  sehen  Aua- 
gabe; zweitens,  kürzere,  unaufljgearbeitete,  aber  dare^ 
ans  von  B*8.  Geist  durchdrungen.  R  kannte  Meyers  Aiiffi; 
gäbe  nicht;  aber  oft  treffen  sie  zusammen.  Auch  Billefr- 
beck,  der  zuweilen  das  Rechte  sah,  wurde  berücksichtigt. 
Der  Herausgeber  folgt  hier  vorzüglich  den  Codd.Ein^- 
und  Viteb.,  und  weicht  an  etwa  230  Stellen  von  Bl'l^fy 
ab.  Meyers  Ausgabe  wird  nicht  mgeßC^M^r  i 
dem  ihr  BigenthiUnliches  ihr  gelaaaeau  ^-^'^ 


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J.  C  Ofelii«  dceronis  Omtor,  Brniut  ete.  1111 

r 

wird  angegeben,  was  für  MSS»  noch  su  yergleichen 
sind. 

Am  Schlüsse  der  Vorrede  S.  CXXII.  wird  eine  Emen- 
datioD  eines  neuern  Kritikers  zu  §.  t3J  magnus  locus  hie, 
für  magnus  esset  locus  hic,  gebilligt.  Esset  gefallt 
uns  auch  nicht;  aber  bef^iser  als  jene  Schreibung  ist  Hrn« 
0.*8  magnus  est  locus  hic.  Soll  est  auch  wegbleiben, 
dann  wftre  besser  magnus  hie  heu».  Uebrigens  unter- 
schreiben wir  seine  Anmerkung  zuS.2:  (Quid  enim  est, 
wo  B.  sagt:  Or.  alns  emendcmdum  relmquit :  Quid 
est  enimfj  „Hoc  nimirum  signfßoare  volebamy  ino-* 
nem  msum  operam  in  transpoTtendaa  particulas  enim, 
autevi,  etiam  ac  aimßes:  kern,  addo  nunc,  m  eß^ 
ciendum  et  inserendum  verhum  suhstantivum ,  nlsi  ubi 
optimi  quique  Codd.  mutationem  vulgatae  suadent" 
£bendas.  ist  eine  gute  Bemerkung  über  den  Gebrauch 
der  Bndttogen  endi  und  undL  §.  4.  ist  «i*  quem  aut 
natura  —  aut  ingem  via  deficiet  mit  Recht  beibe^ 
halten,  und  kaum  durfte,  in  der  Umgebung  von  natura 
und  vis,  dem  destHuet ,  das  im  Cod.  Vit.  neben  jenem 
steht.  Einiges  zu  Gunsten  gesagt  werden*  Desiituere 
braucht  Cicero  in  andern  Verbindungen  und  anderm 
Sinne.  Bbend.  billigen  wir  zwar  nicht,  nach  eben  Yor*- 
'hergegangenem  Prima  enim  sequentem,  das  yon  R 
'gewollte  Non  enim  in  poetis,  und  w^üiden  Hrn.  Or.'s 
Sane  in  poetis  non  vorziehen.  Aber  so  ein  wieder- 
kehrendes Wort  verwerfen,  blos  wegen  der  vernieintea 
Kakophonie,  und  wenn  man  urkundliche  Schreibung 
guter  MS8«  verlassen  mfifste,  ist  bedenklich.  Wir  wer- 
den über  einen  ähnlichen  Fall  über  das,  zuweilen  an- 
stöfsige,  wiederkehreude  si  zu  Tuscc.  II.  §-67.  Etwas 
bemerken.  —  S.  8.  ist  ein  falsches  Citat  de  Rep.  I.  23. 
für  IL  23,  und  ein  nicht  ganz  richtiger  Ausdruck,  weuft 
Ton  einer  richtigen  Lesart  gesagt  wird:  nullam  reeiam 
^aämätit  explicationem.  —  4^  IS.  muUis  qmdem  üta 
adjumentis  magnisque  i  hier  würde  Beiers  iUa  quidem 
'wenigstens  den  häfslichen  Hiatus  aufheben.  Besser  klänge 
auch  das  nudtis  quidem  äia  magnisque  a/ä^umentia  des 


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Iil8  C  OffeHi,  Ciceronig  Oraior,  BrnlOf  ett. 

Cod.  Eins.)  das  vielleicht  Aufbahme  verdieat  htUe. 
8»  25.  o/>im«m  quoddam  et  tanquam  adipatae 
orasUonb  gern».   Wäre  dies  die  Lesart  der  betten  AK& 
ja  überhaupt  nor  g«Dz  gewiCi  eine  reeht  urlniiMilidie, 

wir  wQrden  nichts  dageg-en  einwenden,  bedenkend,  dafs 
ähnliche  Abänderungen  der  Coiistruction  auch  anderswo 
vorkommen  (§.  86.  adio  non  tragica  nee  aeenae, 
'welche  Stelle  B.  citirt,  obwohl  eie  nicht  pinz  pabt,  m 
wenig  als  seine  andern  Citate);  allein  da  dar  BinddiVal 
Andere  wirklich  adipale  geben ,  welches  neue  Wort 
durch  tanquam  hinlänglich  entschuldigt  wird,  so  f^chreckt 
uns  der  Gedanke ,  dafs  jenes  Adjectivura  erst  wieder  h& 
Arnobius  vorkommt  ^  nicht  so  sehr  von  der  Bmpfehkuf 
desselben  ab,  dab  wir  dächten,  Arn.  habe  jenes  Wsrt 
erst  gebildet,  und  Cic.  es  gar  nicht  gebrauchen  kSofltt. 
Adipatae  ist  um  Nichts  ciceronischer.  —  9,  29l  koosen 
wir  unsere  Ansicht  von  den  Worten  fulgerCf  tonarey 
permiscere  Graeciamy  dafs  sie  ein  absichtlicher  jambi- 
scher  Senar,  f&r  das  Aristdphanisohe  (Acharn.  5U.) 
ijo-rpaiTT*,  ißpövra^  ^vvexvxa  rriv  'EXkdSaf  das  •• 
getreu  übersetzt  ist,  sevn  sollen,  noch  nicht  anfgeben; 
und  wenn  uns  Hr.  Pr.  v.  Or.  den  von  B.  Offie.  II.  §. 
aufgefundenen  Hexameter  (Spdrtam  nuUa  re,  nisi  wd* 
ritid  perUdram)  entgegenhält,  der  jenen  den  Bekann* 
ten  f^iXoyßTifiarim  End^av  6Xil^  [ikAAo  di  eidtf] 
nachgebildet  glaube;  so  geben  wir  ihm  diesen 
sehen  erzwungenen  Hexameter  gern  Preis ,  der  so  ganz 
nnhexametrisch  klingt,  und  dem  Cicero  gewifs  so  aa- 
willkührlich  entfallen  ist,,  als  <Ue  gan  scandirtm  Stelle 

de  Or.  IIL  &  aa  ^  itM^tti  qmdaam  Mkm 

€om  I  plepci  rmdto  plus  etiam  vidiase  videntur,  |  fuM 
quantum  nastrorum  mgenhrum  acies  etc.  Unser  Vert 
hat  mit  jenem  nichts  geoMin,  Iiis  die  oratio  obliquo- 
Ueber  fulgere  siehe,  aufter  unsern  Symbb.  Critt.  ad 
CXc  n.  p.  la,  noch  Forbiger  cu  Lvcret.  V.  p^46L 
ibiqq.  laudd.  ndd  m  VL  ISO;  dam  nodi  SHmve  iMf 
die  Lat.  Declin.  und  Conjug.  S.  190.  244.  Uns  stimÄ 
auch  bei  der  |iec.  in  der  Aiig.  Schulseitiing  1828.  Ose 


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J.  C.  Offelli,  CiceroDli  OnUor,  Bnitot  aU,  illO 

No.  154.  —  Cap.  12,  37:  Umdatioaum,  scriptionum 
ei  hkiarimrum  et  taUwn  suasiomum,  fvotem  Isa^ 
üTfdes  feeÜ  Ptmegurumm.   Die  von  Lsab.  und  Meyer 

aufgenommene  Versetzun/iff  laud,  suasiounm  et  hista^ 
ritirum  et  talmm  sct*ipiiomim  wollten  wir  ^ei  ne  geg;en 
des  Heraus^.  Veribeidignng  der  arkundlichen  Schrei«' 
bang  aufgeben ,  wenn  nur  dann  amiptiiMm  nicht  gar 
zu  gelungen  erklärt  werden  mtlfgCe  (aerq^tu  piUlos&pha, 
eoL  #$(9T€pMeA,  inriatu  ormHrh  mairaeia),  wie  es  über-» 
haupt  so  für  sich  bei  Cicero  nicht  vorkommt,  und  neben 
laudationumy  historiarum  (concioTtum  apud  iüstoricos, 
wtergrumque  ofmd  historicoB  ümamenlorum)  und  m»» 
WMum^  ohne  besondere  Ajtdeutmg  in  einem  «o  ape^ 
cidlen  Sinne  gar  nicht  stehen  kann.  —  C.  11 ,  87:  lo- 
thiS  generis  (formurn),   quod  Graccc  iTnSiixvLxov 
^ominatur,  quod  quasi  ad  impiviendiun  delectattonis 
causa  comparcdum  est,  twu  cmnplectar.  Der  Zweifel  ^ 
ob  das  zweite  quod  das  Pronomen  oder  die  Conjunctioo 
sey ,  welches  Letatere  (dafii  es  fUr  fdeo  yuod  gehe)  uns 
weniger  geftllt,  würde  sich  gleich  heben «  wenn  mall 
auüähme,  Cic.  habe  QVODQQVASl  (quodque  quasi) 
geschrieben ,  da  ein  Q  vor  dem  andern  leicht  ausfallen 
konnte.    Indessen  sdUitzen  die  von  Hrn.  Pr«  v.  Or.  ange-r 
f&lurten  Stellen  das  wiederholte  Pronomen  hinlänglich) 
wozu  noch  die  Bemerkung  des  Heransg«  in  der  Separat^ 
au^^gabe  der  Tusculaneu,  8.^33.  unten,  zu  füg;en  ist. 
Am  Sclilusst*  fies  13.  Cap.  würden  wir  alierding-s  jam  in 
acietn  dmücationemque  veniamus ,  welches  alle  ho* 
kannte  MSS«  geben,  in  den  Text  wieder  aufgenraimen 
fanbea;  denn  an  deaeemdamm  haben  wir  sieher  dne^ 
wenn  auch  recht  elegante,  Conjectur  im  Texte.  — *  0.15, 
49.  Da  diese  Periode  so  abrupt  anfangt ,  so  ist  der  Vor- 
schlag: Qumam  igiiur  modo  iüe  in  borm  haerebii, 
nicht  zu  verwerfen*   Vielleicht  ist  aber  des  igi0to*  vor 
ille  ausgefallen  wegen  einer  Abbreviatur,  die  mit  dem 
folgenden  Worte  gleichen  Anfang^  hatte.  —  C  10,  68. 
Eben  so  ist  das  sie  de  rebus  placalis  —  loquuntur 
vom  Vorigen  zu  abgerissen ,  als  dafs  uns  nicht,  statt  der 


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IIM  J.  C  OreUi,  CieeronU  Orator,  Brutus  etc. 

mancherlei  voo  Andern  versnchten  Ausstofsungea,  ^velchc 
die  Rede  ungelenk  und  schroff  machen  würden,  da«  vor- 
angesetete  el  des  Hrn.  HeraiMgebers  gefallen  eoUte.  Doch 
wäre  ee  vielleicht  weniger  kfihn ,  su  yermiilhen ,  dafs  a 
SICQDE  (sicquc  de)  geheifsen  habe.  Ein  solches  «C- 
que  steht  auch  de  Leg.  Agrar.  11.21. 5(>.  —  S.  49.  braucht 
B.  das  fatale  eliminare  des  Notenlateines,  ataitj^/iiaer.e.— 
C  SU»  12:  de  mafeaicUe  P.R.  mmmhae  ei  mibtilifer. 
Dae  vetOt  das  hier  Hr.  M«  ana  ftnf  Anagabeo  ?or  JP.& 
eingeschaltet  hat,  wirft  Hr.Or.  mit  Recht  wieder  hioaaa 
Solche  Partikeln  schoben  die  Erklärer  gern  ein,  umSchS- 
lern  oder  andern  ungeübten  Lesern  einen  Wink  zu  geben, 
dafs  hier  ein  Gegensatz  sey,  der  doch  so  oft  durch  dea 
bloben  Ton  der  Rede  bezeichnet,  und  durch  daaWig<- 
laasefl  der  Partikel  sogar  noch  Terstlrkt  wird.  Ebea  so 
ist  gleich  darauf  statt  e/W  sine  re  von  Lainb.  und  Schütz 
ohne  Noth  etsi  enim  sine  re,  von  M.  et8i  sme  re  enim 
geschrieben  worden ,  um  gleichsam  dem  folgenden  tarne» 
eine  Art  von  Gegengewicht  zn  geben.  C.  21,  13:  b 
ommbtia  dicik  faeihf  mhumia  fmuthnbL  Hier  hat' Hr.  ft 
mit  Recht  die  beiden  et  nach  dictia  und  nach  mmhnb 
weggestrichen,  nach  einem  Cod.öptimus,  den  Hr.Görenz 
zu  Cic.  de  Legg.  L  9.  26.  p.  38.  citirt,  an  welchem  in- 
desaen  Hr.  v.  Or«  aich  einigen  Zweifel  erlaubt.  Wie  diai 
auch  aey :  die  Leaart  ist  gut ;  nur  wird  aie  im  CSo.  de  LqK* 
nur  Vertheidigung  einer  andern,  gans  unhaltbaren  w 
unciceronischen  (verum  plurmamm  obscuraa  ne» 
cessarias  mteWgentias ,  wo  übrigens  Ref.  seine  eigeae 
Conjectur,  weiche  jedoch  nicht  im  Texte  steht,  gern 
sarficknimmt)  angewmulei  Lieber  citiren  wir  f&r  aoott« 
Stelle  Cic.  Tuace.  L  26:  enmia,  sttpera  mfera,  prim 
ultima  media,  videremus ,  zu  welcher  Steile  der  Ref. hl 
seinem  Commentar,  der  vielleicht  itn  nächaten  Jahre  er* 
scheinen  diUfte,  mehr  bemerkt  hat. 


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mtl.   HBIDBLB.  JAURB.  ».  LITBRATCR  18tL 


J.  C.  Orelli,  Ciceronk  Orator,  Brutus  etc. 

C.  23,  10:  Ummaderft,  —  omatum  iüud,  suave 
ei  affbiena :  acutae  crebraeque  aeadentiae  poneniur 
et  —  ejr  abdito  erutae;  atque  m  hoc  orator e  do^ 

mmahilui\    Dafs  der  letzte  Satz  ^ich  gar  nicht  an  dag 
Vorher^sifeg^an^ene  ansrhliefst,  haben  schon  Mehrere  ge- 
6ehea,  und  deswegeo  aut  verschiedeue  Weise,  zuniTheil 
sehr  unglacklichf  einenüirt.    Hr.  Pr.  v.  Or.  glaubt  damil 
helfen  zu  könnea,  dafs  er  annimmt^  die  Worte  acuiae 
erutae  stehen  gleichsam  parenthetisch.    Doch,  als  ob 
er  fühlte ,  dafs  Cicero  solche  Parenthesen  gar  nicht 
'mache,  die  sich  eher  hei  Tacitus  finden,  vermuthet  er 
am  Eode  der  Note  ,  es  mochte  wolil  aique  id  (i.  e.  id 
■genu»  totum)  m  hoc  or,  dommabitur  zu  lesen  seyn. 
Gut*    Wie,  wenn  wir  noch  leichter  idque  (für  atque) 
in  hoc  or.  dorn,  emendirten?  —  C.  24  ,  82:  idque  m 
oraikmc  humili  ponilur y  quod  idetn  in  alta  dccerct. 
Der  Heraus;n   liat  liier  wohl  daran  ^ethan,  die  schlechte 
Juesart  a^a. nicht  mit  Beier  und  Billerheck  erträglich  zu 
ünden.    Wir  hätten  die  passende  Parallele  aus  unserm 
Buche  C.  5T  §.  192.  citirt:  tfa  neque  humilem  ~ 
orathnem,  nec  mnh  alt  am  firoftn^  (Aristoteles)« 
,  Ueher  die  Verwechslung  von  alius  und  altm  spricht 
auch  Buriiiann  ad  Ovid.  Am.  3,  5,  4ü,  besonders  aber 
Drakenb.  zu  Liv.  37,  16,  7.  —    C.  27,  100.  würden 
.wir  Meyers  treffliche  Conjectur:  Tenemm  igHur,  — 
jquem  quaerhnus :  aed  tmhno,  non  manu.   Manu  ai 
prehendissem  etc.,  wo  nicht  aufgenommen,  doch  als 
der  Aufnahme  ganz  würdig  empfohlen  haben;  da  die 
Codd.  Eins,  und  Vit.  nou  tnartu  haben,  und  noch  an^ 
dere,  so  kann  ja  das  doppelt  zu  schreibende  manu  leicht 
berausgefaiieo  seyn*  Jetzt  schliefet  das  biofse  8ed  animp 
XXXV.  iahrg.  IL  H«lik  tl 


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■  • 

den  Satz  bei  weitem  nicht  so  güU       C«  2&  103.  9^<id. 
igitut  m  Accuaatioma  Septem  Ubris  non«  reperUut 
genus?    So  haben  zwar  die  Handschriften.    Allein  da 

Cicero  unten  §.  167.  m  quarto  Accusatioms  schreibt, 
wo  es,  wenn  man  mit  den  Grammatikern  sieben  Bücher 
der  Verrinen  zählt,  und  ^enn  Cicero  selbst  so  gezählt 
hätte ,  *«ei£rlo  heifsen  müfste,  die  Stelle  aber  wirklich 
Act.  IL  Lib.  IV,  52 ,  IIS.  steht ;  da  ferner  eben  so  be- 
rechnet §.  210.  steht:  in  Accusationis  secundo  —  — 
m  quarto  Accusatioms  (Lib.  II.  1.  und  Lib.  IV.  49.); 
so  glaube  WUT,  dafs  Cicero  an  unserer  Stelle  eben  so 
gerechnet  I  und  quinque  Ubria  geschrieben  habe.  Dafr 
die  Grammatiker  (die  sonst  die  Bivmaiio  vnd  die  Actht 
als  die  zvNei  erbten  Bücher  rechneten)  an  den  drei  ange- 
fQhrten  Stellen  die  rechte  Zahl  stehen  liefsen ,  und  nicht 
auch  emendirten,  ist  sehr  natörl ich  i  da  sie  schwerlich 
nachsahen,  ob  jene  SSahien  (quartay  secunda)  mit  ihrer 
Rechnung  zusammentreffen.  Aber  daft  sie  sioben 
Bficher  zählen,  nicht  f&nf,  mufste  ihnen  an  unserer 
Stelle  gleich  einfallen.  —  C.  tl2,  118:  nihü  enim  de 
religione ,  nihil  de  morte,  nihil  de  pietate y  nihil  de 
caritate  patriae  etc.  Hier  geben  einige  MSSL,  Schutz, 
Qeier  und  selbst  der  Herausg.  in  depr  Gesaihmtausi^ai^ 
de  more  Dagegen  spricht  Meyer:  y,Scripm9tA  (Sh 
cero  y  si  hoc  sigmßcarc  voluissel ,  nihil  de  moribus^' 
und  citirt  dann  de  Or.  I.  15;  auch  der  Ref.  hat  sich 
schon  dagegen  erklärt.  Die  Erklärung  von  more  durch 
more  meglarum,  die  Hr.  Pr.  v.  Or.  mit  Schütz  Fersucb^i.. 
und  wofür  Beier  drei  Stellen  anfuhrt,  von  deren  erstttf 
und  zweiter  der  Herausg.  selbst  sagt,  sie  S(  jen  unstatthaft 
und  gehen  .luf  die  mores  (Or.  4.  16.  de  Or.  I.  10.  42.), 
wie  es  denn  auch  dort  de  moribus  heifst,  bei  der  zwe^, 
ten  gar  de  hommum  morihm»,  ist  unhaltbar^  da  es  ay 
unserer  Stelle  dann  de  more  jiairio  heUsen.ulMhlai 
wie  wirklich  in  der  vom  Herausg.  citirten  Stelle  Pars:» 
dox.  4.  27.  8teht.  Aber  auch  Beiers  dritte  Stdie  de 
Orat  I,  IL  48:  neque  sine  legum,  moris.  Juris  scimh 
tia,  wo  aUerdings  der  mos  major  um  oder  faMif; 


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J.  C  OtüiU  CictfMiM  Qr*io/,  BriutoB  etc.  U2S 

g;enieiai  ist,  pafät  gar  nicht  hierher,  uod  beweist  nichts 
für  unsere  Stelle.  Deuo  moris  Hehi  zwischen  legum 
juris  y  kann  also  michi  anders  Terstaoden  werden. 
Um  Hiebt  w^iilHuftig^  m  seyn ,  uriiUen  wir  hier  nicht  aqcli 
das  BisoluieineDt  gegen  Burchardi,  der  anoh  för  morie 
spricht,  zu  widerlegen  suchen,  besonders  da  der  Hrsg. 
sich  am  Ende  selbst  für  morie  entscheidet,  uoii  die 
8chl«|{eiide  Stelle  Paradox.  Prpoein.     3.  eitirt  — 

Wir  haben  für  den  Orator  schon  zu  viel  Raum  in 
Anspruch  genommen,  als  dafs  wir  uns  in  gleicher  Aus- 
dehnung über  die  drei  übrigen  Schriften  verbreiten  durf- 
ten. Wir  lassen  also  die  beiden  letzten  ganz  unberQhrt, 
and  sprechen  nur  noch  über  drei  Stellen  des  Brutus, 
eine  Menge  guter  Verbesserungen  und  Erläuterungen,  die 
wir  hatten  besprechen,  auch  einige  Ein  Wendungen ,  die 
wir  hatten  machen  wollen,  fibergehend* 

Brut.  22  ,  86:  causam  illam  a  Ser.  Galba,  quod 
m  dicendo  airocior  acriorque  esset  y  gravius  ei 
pshmemimif  p^see  dejenäi  Hier  istr  atrßcifir  €on- 
jednr  von  Triller  und  ButtmaniK  9i#  HandscWr«  haben 
adhortor,  adkoriaiior ^  adhortior.  In  der  Gesammt- 
ausgäbe  hat  der  Herausg.  mit  Ellendt  und  einigen  frü- 
hexß  gravior ,  was  wegen  des  iolgenden  gravk^  nicht 
m  empSMw  echeint;  Gruter  mit  Andern  omathr, 
fichlkz  in  der  gt&Safirn  Ausgabe  mk  Victorius /orlaar; 
Schätz  in  der  Gesammtansgabe ,  nach  Beiz's  Conjeetur, 
ardenihr.  Hr.  Pr.  v.  Or.  vermujtbet  in  der  ersten  Ausg. 
merhior,  mit  Berufung  auf  §.  136.  acre^  et  aeerbi, 
$.  222.  (1.  221.)  acer,  acetbus.  Möglich.  In  dar 
neaen  Anagabe  nahm  er«  acbwankead  xwisehea /orlftor^ 
acerbier  und  cvfroeior,  das  leteteve  mA  Die  VenM-* 
thing  hat  bei  dergleichen  Stellen  einen  weiten  Spiel- 
raum, ungefähr  wie  bei  Paradox.  L  3.  14,  wo  man  für 
accurate  äefendmi  «riersuclu  Mat;  jc^Qse,  ete&o- 
rote,  aMjrie,  metfte,  «rg^e^  merken  .^er  wie  bei 
Hontfw  BpM.  H.  &  W,  «o  vm  filr  mOemeMa  vide$ 
humane  cummoda  bereits  einJDiUzmd Coi^^tuceo  hat 


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UM  J.  C  OmIU»  CiMffonli  Otitor,  BniUii  «tc 

So  liefse  sich  denn  auch  hier  noch  TenmitheD  audacior 

acriorqucy  und  belegen  mit  Cic.  Pro  Font.  1,  1.  aei- 
dacter  hoc  dico ,  Judices ;  Or,  pro  Sex.  Rose.  Am. 
11,  31:  omnia  no»  modo  dicere ,  verum  eiium,  — 
audacter  Ubere^pie  dicere;  man  könnte  vorschlagen 
asper ior  acriorque^  und  sich  berufen  auf  Epist.  ad 
Famm.  I.  5:  a  Catane  asper e  et  acerbe' — est  aceu" 
satus;  de  Or.  I.  53.  227:  M  C«/o,  Galbae  gravis 
atque  acer  mimicus ,  aspere  apud  P,  R.  et  vehe- 
menter —  locutus;  ja  man  könnte,  im  Eifer  der  Emeii- 
dirsucht^  den  Ciceroniscben  Sprachgebrauch  bei  Seile 
setsend,  mit  dem  kühnen  audentior  acriorque  auf- 
treten ,  und  mit  Allem  hätte  man  vielleicht  doch  Cicero*s 
Wort  nicht  g^etroffen.  —  C.  37.  140:  J'erba  ij)sa,  tum 
illa  quidem  elegant issimo  sermoiie :  (iluque  d'digetitcr 
loquendi  laude  caruit ,  neque  tarnen  est  admodum  hi- 
qumate  locutus)  sed  Hla,  quae  proprie  laus  ora- 
toris  est  in  verbis:  (nam  ^psicm  latme  toqtti,  e^ 
iUud  qmdjem  —  m  magna  laude  ponendum;  sed  ^ 
videtur)  sed  tarnen  Antonhis  in  verbis  et  eligenms 
(neque  id  ipsum  tarn  leporis  causa,  quam  pondcris) 
et  collocandis  et  comprehensione  devinciendis  nihil 
non  ad  rationem  et  tanquam  ad  artem  dirigebat. 
Hier  sagt  der  Hr.  Heransg.  zu  den  Worten :  quae  proprie 
hms  aratoris  est  in  verbis,  es  sey  breviter  diettm 
pr^  eOy  quod  möx  dicitur  in  verbis  et  eUgendis  et 
collocandis ,  und  Ellendt  hätte  die  Worte  in  verbis 
nach  oratoris  est  nicht  verdächtigen  sollen.  Was  das 
'  Letztere  betrifit,  so  sind  wir  derselben  Meinung.  AUeia 
eine  Ibevilpquenz  sind  die  Worte  m  verbis  nicht.  Wir 
hätten  uns  so  erklärt :  Cicero  will  eigentlich  schreiben.« 
quae  proprie  laus  oratoris  est  in  verbis  y  quae  efi^ 
gendo  videlicet  et  collocando  cernitur ;  aber 
ehe  er  so  fortfährt,  unterbricht  er  sich  durch  eine  lange 
Parenthese ,  und  fangt  dann ,  nach  seiner  Weise  mit  Sigd 
tarnen  einlenkend,  von  Neuem  an,  wobei  er  absich^j» 
ganz  SU  Teirgessen  scheint,  dafs  er  uHt  ^i^Mi^iMßpjBMw 
hat,  und  also  sagen  soUle:  Verbä  —  et  e^ebat^jSSh 


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ahne  ei  eolhcabia  eammodmaime,  iisque  cotnprehm- 
ahme  devmciendis  nihil  non  ad  raiionem  —  dirisebat : 
eamque  ego  praprie  oratoris  laudem  esse  dico,  — 
C.  38.  141:  gestus  erat  non  verba  eatprimens, 
sed  cum  aenteniiia  congruens,  mmw»,  humeri^ 
UHetai  supplaah  pedü,  aMm,  hweaamSy  amnisqu^ 
motus;  cum  verhia  aenientiiaque  vox  perma^ 
nens,  verum  subrauca  natura.  So  giebt  jetzt  Hr.  Pr. 
V.  Or.  die  Stelle,  von  der  er  sagt,  Schütz,  Scheviog, 
Eilend t  hätten  in  die  Wette  daran  durch  Aenderung  oder 
Wegschneiden  zn  heilen  geandit;  er  habe  blo6  nach 
aenietäUsque  daa  Wort  oanaemiiena  weggelassen,  was 
auch  die  Asccnsiaiia  prima  nicht  habe,  und  was  aller- 
dings durch  den  Ausdruck  cum  sent  cniiis  consen-^ 
tiena  anstöfsig  ist  Schütz  gab,  und  nach  ihmEliendt, 
nach  motna  ohne  Interpunction  cum  rehua  aenieniiia*' 
que  conaentiena.  Vax  permanena  ete,  SchMs's, 
jedoch  nicht  aufgenommene,  Conjectur  ist:  gestus  erat 
non  verha  exprimens ,  sed  cum  sententiis  congruens; 
vox  permanens ,  verum  etc.  Alles  Uebrige  (manus  — 
aententfkque)  will  er  als  Glosse  weggeschnitten  habem 
Gewaltsam  genug.  Denselben  Schnitt  schlägt  anch  Sche- 
▼ing  (Obserratt.  critt.  in  Cic.  Brntum.  Havniae  1817.  9*, 
p.  38  sq.)  vor.  Eltendt  findet  iie  als  Glosse  verdäch- 
tigten Worte  für  einen  Glossator  zu  elegant,  und  schlägt 
vor:  gestus  ercU  non  verba  exprimena,  sed  manua, 
kumeri,  UHerUf  a.  p,  at  L  o.  moiua  cum  verbia  aen^ 
ieninaque  oongruena.  Vox  etc.  Abermak^  obgleich 
weniger,  gewaltsam.  Hr.  Pr.  v.  Or.  giebt  in  der  Ge- 
sammtausgabe  die  Vulgate  :  ommsque  moiua  cum  verbis 
sententiisque  consentiena ;  vox  permanens  etc, 
Dafa  dies  nicht  richtig  seyn  kann,  erkennt  er  nnn,  glaubt 
aber  darch  Ausstoftnng  Ton  conaentkna  und  die  obige 
Interpunction  geholfen,  wobei  er  die  sonderbare  Re- 
densart ,  die  nun  herauskommt :  vox  permanens  cum 
verbis  sententiisque,  so  erklärt:  ^^Est  ea ,  quae  rn  rede 
exprimendia  srngüUs  et  verbis  ei  aefUentiis  oratorem 
ma^quam  dqficU."    ^Jhem^ernnkia  auißm/*   fiihrt  er 


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fort,  „m  vtägata,  ta  de  eeieris  taceam  voa  per* 

tnanens  absolute  diciiur.  Rede  vero  eonatrm  per* 
manere  cum  all  quo  patet  ex  Ovidii  loco  a  For- 
celUno  alkU»:  Trist,  4,  10  ^  73.  mecum  serös  per» 
maneit  in  annos"  Wir  bitten  ileri  Hm.  HeraiMg.) 
Dur  eioea  Bliek  auf  die  Oyidiscbe  Sleil«  to  werfe»,  M 
SB  gehen ,  dal^  ee  niebt  mögUeh  wi  j  swei  nmpa98eadet$ 
Stellen  zusammenzustellen,  als  Forceiii ui  hier  mit  Ovid's 
und  Cicero  s  Worten  thut.  Ein  unbefangener  Blick  auf 
•eiae  eigene  Erklärnog  aber  wird  ibm  sagen «  dafs  zwar 
dieser  San  eün  ganz  gvler  wftrc,  aber  im  den  Worin 
vex  permanene  cum  verhi»  et  eetäentöe  ebeoaowMig 
liegen  kann,  als  Cicero  je  so  sprechen  oder  solche 
Worte  susaiiinieo8teliea  konnte.  Ref.  ist  überzeugt, 
dafa  die  Steile  ao  geheifsen  haben  mag:  gestus  ernl 
imi  verba  eacprimemy  (dafii  er,  stin  Beispiel}  weno 
ei  Von  dem  einem  Schauspieler  gapwatdenen  BeilaU 
^ach,  mit  den  Handelt  geklatscht  hilt^}  eed  €WR 
sententiis  coagruens ,  (nun  geht  er  die  einzelnen  Gesiea 
durch,  und  sagt  am  Schlüsse:  omnisque  moiusy  d.  hi 
überhaupt  jede  Bewegung)  manm ,  bumeri,  b- 
tetOf  euppkmo  peiße,  eiaime,  utieeeeue  wmtisqtie  me^ 
Hiet  vex  permamene  ^  mrum  eulbremoa  naiurA  Ai 
mochte  nun  ein  Glossator  zu  den  Worten  non  verhe 
exprimerw ,  sed  curn  senteni/is  eongmens  an  den  Rand 
geschrieben  haben ,  der  gestus  habe  zwar  nicht  die 
Worte  ansgedrüekt ^  aber  niit  diese»  «od  den  Gr 
danken  (enm  vethi»  eenieniäeque)  hamonirt  fosAM* ' 
iiens);  und  diese  Glosse  schlüpfte  nach  ornmsqae 
tus y  das  die  Erläuterung  de8  gestus  schliefst,  iu  deo 
Text  hinein.  Dafs  aber,  wenn  man  voce  permänpra 
ohne  die  Worte  cum  oerUa  eeatefitikqkie  leset 
beiden  Worte  abeohit  stehen «  wiAriiea  iwmtcime  ge- 
apiodiett  eey^  ist  mcht  lichtlg,  dA  sie  durch  die  M* 
gende  Beschränkung-  verum  subrauea  natura  hinläa^ 
lieh  bestimmt  werden.  —  Für  Freunde  der  deut- 
aehen  Sprachforschung  bemerken  wir  nocb^  da£i  ^^f 
der  leioten  Smie  dentaohe  Qloi^B^n  tm  eiem 


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Kep^ler  8  hebern  und  WirkM.  1183 

St.  Galler  Cod.  des  Saltust  sletmi.  Bio  guter  Index 
echJieii^t  das  Werk. 

Wir  echlleftea  unsere  Anseig«  mit  wiederholter 
An^rketaouifg  eewehl  der  eigfenen  Leietungen  dee  oner* 
müdeteo y  verdienslvolien  Herausgebers,  als  des  Ver- 
dienstes, das  er  ^iich  durch  die  Mlttheilungeo  aus 
Beiers  Nachlasse  um  seinen  LieUipgsschriftsielier  er- 
worben hat 

Ulm.  O.  H,  Mo  8  e  r. 


.Johann  Keppl^f's  Lehen  und  fFtrfcen,  nach  nmtfUeh  auf ge* 
/mtUm»  Mmuueripten  bearbeitet  von  J,  L.  C.  FreUterm  v.  Breit- 
tchwert,  iVürtnib.  StaaU'Bath»  Stuttgart  IM^L.  Xll  und 
228  &  8. 

Das  Publicum  ist  dem  V^erf.  Dank  schuldig,  dafs 
er  dasselbe  mit  dieser  Biographie  eines  der  gröfsten 
Ciolehrten,  den  die  Weltgesohiohle  kennt,  beschenkt, 
md  wokrher  gewift  noch  mehr  geleistet  haben  würde, 
wenn  nicht  die  widerwärtigsten  Schicksale  sich  unauf- 
hörlich sei  neu  Bestrebungen  entgegengestellt  hätten. 
Nothwendig  mufs  die  Hoohachtung  gegen  Keppler 
und  die  Bewunderung  seiner  seltenen  Anlagen  durch 
diese  Lebensbesehreibnng  noch  erbdhet  werden,  denn 
wihrend  iKe  groften  MSuner,  Newton,  Leibnits  und 
Galiläi  in  wenig*  geslörter  Ruhe  und  unter  ermuntern- 
den äufsern  Verhältnissen  ihre  Forschungen  gröfstentheiis 
sorgenfrei  anstellten,  mufste  dieser  ihr  gleich  grofser 
Zeitgenosse  Hindernisse  überwältigen;  nnter  denen  ehi 
minder  starker  Oetet  erlegen  seyn  würde.  Die  Veran- 
lassung zur  Bearbeitung  des  vorliegenden  Werkes  gab 
die  Auffindung  eines  Actenconvoluts,  welches  den  bisher 
unbekannten,  an  sich  in  mehrfacher  Hinsicht  lehrreichen 
Md  interesMinten  HexenprooeA  enthält,  worin  Kepp* 
l'orVi  Mutter  Torwiekelt  wurde,  nweier  Sehreiben  des 
berühmten  Mannes  «n  llefcog  Friedrich  von  Wür- 
temberg  und  Sl  ungedruckter  Briefe  an  MästHn  in 


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J'  Kepi>l«r'c  Leben  und  Wii^e«. 

Tübingen,  welche  zusaminengenonimen  vieles  von  dem- 
jenigen ergänzen  und  berichtigen ,  was  bis  jeijit  in 
Omckschrifiten  einzeln  über  ihn  bekannt  ^ewtrdeo  kH^ 
Da  die  Biographie  ««ehr  verdienl^  ganz  gelesen  so  wer- 
den ,  so  wird  es  genügen,  in  dieser  Anzeige  n«r  Um 
wichtigsten  Momente  hei  auszuheben. 

Johann  Keppler  (nach  der  teutschen  Schreibarl, 
lateinisch  Keplerus),  aus  dem  adlichen  Gescblechte  der 
von  Kappel,  Sehndes  Heinrich  Keppler  und  der 
Caiharine  Guldemann  aus  Weil  im  Wurterabergi- 
schen,  wurde  am  27sten  Dec.  1571.  in  Magstatt,  einem 
nahe  bei  gf^anntem  Städtchen  |2;e!e^enen  Dorfe,  wo  die 
Mutter  sich  zufällig  bei  Verwatidien  authieli,^  geboren , 
wegen  seiner  schWächiicbeu  Gesundheit  zur  Theolegta 
bestimmt,  daher  auf  die  Schulen  zu  Hirsau  undManlbma 
gesandt,  und  erhielt  -seine  Bildung  im  theologischen 
Stifte  zu  Tübingen.  Hier  war  der  bekannte  Mästlin 
sein  Lehrer  in  der  Mathematik  und  Astronomie,  ein 
Bekannter  G  a i  i  I  ä  i  's  und  Anhänger  des  copernicanischeu 
System*s.  Natürliche  Aulagen  för  die  astrouMiiselMU 
Wissenschaften^  insbesondere  aber  dielleberzeugung  van 
der  Unziilassigkeit  der  in  Tübinge«  hartnäckig  verlhei- 
-  digten  Ubiquität.  zogen  ihn  von  der  theologischen  Lauf- 
bahn ab,  und  brachten  ihn  in  solchen  Widerstreit  mit 
den  Theologen  seines  Vaterlandes,  daft  dieses  ihn  aie 
wiederaufnehmen  wollte,  so  grefs  und  bleibend  auch 
seine  Anhänglichkeit  an  dasselbe  war,  und  so  oft  er  ans 
seinen  stets  bedrängten  Verhältnissen  dorthin  zurückzu- 
kehren wünschte.  In  seinem  22sten  Jabrc  nahm  er  daher 
die  Lehrerstelle  der  Mathematik  und  Moral  in  Grätz  au^ 
weil  der  freisinnige  Erzherzog  Garl  von  Oeaterreleh  iu 
seinen  Staaten  l^iermark,  Kärntheu  Und  Krain  den  Pr»* 
testanten  freie  Religionsübung  gestattete,  und  die^em- 
nacii  die  meisten  Gutsbesitzer  .sich  zur  Augsburgischen 
Confession  bekannten,  liier  verfertigte  er  sogleich  einen 
Caleoder  für  die  Ftirstenthilmer  nach  den  durch  Gregor 
eingefllbrten  Verbesserungen,  gegen  dessen  Eiaftbru^ 
jedoch  die  teutschen  protestantischen  Fürsten,  insbe* 


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Kcp^ler*«  I<«b«n  aml  Wirken. 


sondere  WOrtemb^rg  in  Folgt  eioes  GhiUchteiis  der  Uaw 
wrtitii  Tfibingeo  sieh  luirliiicki|^  striobteo.  Keppler 
tmirste  Welterbestimmtingen  und  astrologische  Prophe- 

zeihung-en  in  seine  Kalender  aufnehmen  ,  und  benutzte 
die  letzteren  auf  eine  feine  Weise  zu  Rüg-en  politischer 
Mifsgfiffe  und  kirchlicher  Streitigkeiten ,  hauptsächlich 
•her  ging  seine  Bemiihnng  dahin ,  die  Richligkeii  des 
Copernicanischen  Systems  darzuthnn,  wodurch  er  sich 
jeilüch  die  Vorwürfe  der  protestantischen  Theologen  zu- 
zog", welche  mifsverstandene  Bibelstellen  zur  Norm  alles 
Wissens  machen,  und  sich  daher  im  alleinigen  Besitze 
desselben  behaupten  wollton.  Seine  Antwort,  dafs  die 
Bibel  ikber  menschliche  Dinge  menschlich  rede ,  und  bei 
ihren  höheren  Zwecken  kein  Lehrbuch  der  Optik  oder 
Astronomie  sej^,  koimiU  dem  sehr  nahe,  was  Poli  hier- 
über sagt,  nämlich  dafs  Jo8ua  nichts  zweckwidrigeres 
habe  thun  können,  als  seinen  Truppen  eine  Vorlesung 
ftber  theorische  Astronomie  zu  hatten«  Tycho  setzte 
dem  copernicanischen  Systeme  den  richtigen  Einwurf 
entgegen,  dafs  hierniich  die  Fixsterne  eine  Parallaxe 
zeigen  rTiii fsten ,  worauf  jedoch  Keppler  erwiederte , 
dafs  die  groise  l:t<ntfernung  derselben  diese  verschwinden 
mache.  Als  er  demnächst  gefragt  wurde,  mit  welchen 
Iwtrumenten  ^r  beobachte,  so  beschrieb  er  seinen  Ap-* 
parat  mit  dem  Zusätze,  man  möge  nicht  darüber  lachen, 
denn  dieser  müsse  ihm  einmal  genügen  ,  da  er  keinen 
besseren  habe.  Derselbe  war  ein  rechtwinkeliches  Drei- 
eck aus  Latten  von  6,  8  und  10  Fufs  Seiten,  vermittelst 
eioes  Senkels  an  einem  Bindfaden  hängend  balancirt  und 
mit  Federchen  versehen,  durch  welche  der  Gegenstand 
statt  der  Dioptern  betrachtet  wurde.  Mit  diesem  enorm 
rohen  Werkzeug'e  f)ehalf  er  sich  indefs  nur  in  der  ersten 
Zeit,  denn  später  standen  ihm  bes<;ere  zu  Gebote.  Seine 
chronologischen  Untersuchungen  führten  ihn  zu  dem  Re- 
sultate ,  dafs  die  Geburt  Christi  fünf  Jahre  früher  zu 
setzen  sey,  was  man  jedoch  für  absurd  und  die  Ruhe 
der  Kirche  gefährdend  erklärte. 

Nach  dein  Regierungsantritt^ des  bigotten  Fei  di- 


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UM 


.iimDd  floh  Keppler  aicbi,  wie  |^ewöholich  «rsAit 
wird ,  eondern  entfernte  sich  anf  den  Rath  seiner  Ver- 
gesetzten eine  Zeitlang  nach  Kroatien,  kara  jedoch  auf 
Verlang-en  der  Minister  znröck,  erhielt  auch  seines  hohen 
Ruhmes  wegen  einen  Freiheitsbrief,  wodnrcb  ihm  eeia 
Aufenthalt,  jedoch  nur  bedingt,  gesichert  wnrde,  und 
benutzte  die  ans  der  Vertreibang  der  protestantisclww 
Lehrer  Ton  Grätz  entstehende  Mnfse  zu  astronomischeD 
Forschlingen.  Aus  den  von  unserm  Verf.  aufgefundenen 
Acten  ergiebt  sich  jedoch,  dafs  die  Verfolgungen  gegen 
jdie  Protestanten  Toa  den  gleichzeitigen  Schriftstellern 
nnr  yerschwiegen  worden,  vnd  dafo  ihre  Vertreibni^ 
keineswegs  so  gerinschios  geschah,  ahr  Schiller  er- 
zählt, denn  selbst  Keppler  mufste  in  Beziehung  auf 
ihn  selbst  und  die  Güter  seiner  Frau  so  viele  Unbilden 
ertragen,  dafs  er  sich  entschlofs,  unter  seinem  Gegner, 
den  stolzen  Tycho,  welcher  jedoch  seine  Kenatniann 
schätzte  nnd  ihn  f&r  sein  Sjstem  zo  gewinnen  hnttte^ 
eine  Stelle  anf  der  kaiserlichen  Sternwarte  zu  Prag  an* 
zunehmen,  um  die  Pruterilst  hen  Tafeln  zu  berechnen. 
Hierdurch  wäre  fUr  ihn  gesorgt  gewesen ,  um  so  mehr 
als' er  nach  Tycho's  im  Jahr  1601.  erfolgtem  Tode 
dessen  Stelle  erhielt,  wenn  nicht  die  dnrch  aichemlaH* 
sehe  Versuche  vnd  nnordentliche  IVirthschaft  stet»  er*- 
schdpfien  Kassen  des  Kaisers  Rudolph  II.  die  Auszah- 
lung seiner  Besoldung  und  der  Geldmittel  zur  Unter- 
Stützung  seiner  Forschungen  gehindert  hätten.  Hier  war 
es  jedoch,  wo  er  seine  wichtigen  Beobachtungen  den 
Mars  anstellte,  Kometen  und  Sonnenfinsternisse  beefc* 
achtete,  letztere  berechnete,  und  die  berühmten  Rudol- 
phischen Tafeln  ausarbeitete.  Im  Jahr  1623,  also  zur 
Zeit  des  dreifsigjährigen  Krieges,  war  die  berlliHttte 
Ckinjuncthm  des  Saturns  und  Jupiters  im  Zeichen  dsn 
Löwen,  weiches  Ereignifs  als  Vorzeichen  wichtiger  EtaH 
gebenheiten  tielfach  gedeutet  wnrde.  Auch  Keppler 
mufste  in  seiner  Stellung  den  astrologischen  Voruitheilen 
huldigen,  und  es  bleibt  immerhin  fraglich,  ob  seine 
lebhafte  Binbiidungskraft  nicht  einigen  Glauben  an  dia- 

I 


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Kepplcr*!  Iiebett  nnd  Wivkeo.  IUI 

selbe  hervorrief,  indefg  zeigte  er  durch  seine  DetttniN 
gen  j  dafti  er  im  Gaiizee  keinen  höhen  oder  vieiiliehr  gar 
keinen  Werth  darauf  legete ,  indem  er  seine  SSeitg;enossen 
▼lelmehr  darauf  verwies,  Iriedfich  und  der  unbefangenen 
Vernunft  geinäfs  zu  leben,  so  wie  das  göttliche  Gesetz 
verlange,  welches  der  Erscheinungen  am  Himmel  nicht 
bedürfe.  Zugleich' benutzte  er  seinen  hohen  Credit  in 
astrologischen  Dingen  zur  Erreichung  nOtzlicher,  mit- 
unter politisch  wichtiger  Zwecice,  wie  dieses  aus  dem 
Gutachten  hervorgeht,  welches  er  dem  Kaiser  Hu- 
dolph  II.  in  Beziehung  auf  den  Ausgang  des  Streites 
^wischen  dem  Pabst  Paul  V.  und  der  Hepoblik  Venedig 
fiberreichte,  dessen  Einkleidung  zwar  astrologisch  ist^ 
inzwischen  zeigt  der  Iniialt  deutlich  ^  wie  genau  der 
scharfsinnige  Denker  den  eigentlichen  Zusammenhang 
der  Sache  durchschauete,  und  hiernach  richtig  prophe* 
zeihete ;  endlich  aber  bekennt  er  in  einem  Briefe  an 
seinen  Freund  Berneker  ganz  offen,  dafs  dieses  für 
die  Wissenschaft  ganz  unnütze  Feld  ihn  ernähren  mufste, 
denn  er  sagt;  ,,die  Astronomie  moft  bei  ihrer  buhleri* 
sehen  Tochter  Astrologie  Uoterstfttznng  suchen  |  darom 
ist  mein  Verleger  darauf  bodacht,  eine  groCbe  Zahl 
meiner  Vorhersagungen  zu  verschleifsen/' 

Eine  grofte  Zahl  von  Ungllicksfilllen  traf  Kopp- 

lern  in  Folge  vielfacher  Unordnungen  in  der  Regierung 
Rodolph's,  denn  nicht  hios  die  Geldmittel  fehlten  ihm 
zur  Subsif5tenz  und  Förderung  der  Wissenschaften,  son- 
«  dern  als  die  in  Passau  geworbenen  Truppen  wegen  nicht 
bezahlten  Soldes  in  Prag  plünderten,  wnrde  seine  Frau 
▼or  Schrecken  epileptisch ,  nachher  wahnsinnig  und 
starb  im,  in  welchem  Jahre  er  zugleich  drei  Kinder 
an  den  Pocken  verlor.  Unterdefs  blieb  Keppler  sei- 
nem abgesetzten  und  im  Prag-er  Schlosse  eingesperrten 
Kaiser  bis  an  dessen  1612.  erfolgten  Tod  getreu  ,  wurde 
von  dessen  Nachfolger  Matthias  bestätigt,  aber  noch 
schlechter  bezahlt.  Als  er  daher  gefragt  wurde,  warum  * 
die  von  den  Astronomen  so  sehnlich  erwarteten  Tafeln 


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1132  J.  Keppler*»  Lcbeo  und  Wirken. 

noch  immer  nicht  erschienen ,  antwortete  er:  ,claniU  che 
£hre  des  Kaisers,  bei  dessea  Kammerbefehtea  ich  ver- 
huBgero  mufste,  geschont  werde,  schrieb  ich  nichls- 
iwflrdlge  Kaieoder  mit  prognostica;  dies  ist  etwad  besm 
afs  betteln.  Als  mein  MSdchen  starb,  yerliefs  ich  die 
Tafeln  und  wendete  mich  zur  Harmonie  des  Himmels." 
Mit  Recht  bemerkt  der  Verf.  bei  dieser  Stelle,  dafs  me- 
chanische üieustarbeit  und  trockne  Rechnungen  sich 
mit  dem  Vaterschmense  nicht  vertrugen ,  die  Lieblings- 
beschäftigungen des  Geistes  dagegen  das  verwundete 
Gemüth  besänftigten. 

'  Keppler  war  eigentlich  Astronom  des  Kaiseis 

und  des  teutschen  Reichs,  weswegen  auch  auf  dem 
Reichstage  zu  Reg^ensburg  1613,  wohin  der  Kaiser  ihn 
mitgenommen  hatte,  um  die  Einführung  des  verbesserten 
Kalenders  zu  bewirken,  die  Auszahlung  seiner  ruckstän- 
digen Besoldung  durch  Stimmenmehrheit  beschlossen 
wurde ;  altein  Letzteres  unterblieb  dennoch ,  und  er 
nahm  datier  die  von  den  Ständen  ob  der  Ens  ihm  ange- 
tragene Professur  am  Gymnasium  zu  Linz  an.  Hier  wurde 
er  nicht  blos  selbst  durch  den  nämlichen  Hitzler,  wel« 
eher  später  während  <ler  Belagerung  der  Stadt  bei  ifam 
Schutz  fand ,  als  Ketzer  von  der  Commtinion  ausgeschlet- 
sen,  sondern  in  diese  Zeit  von  1615  bis  1621  fällt  änch 
der  jetzt  zuerst  bekannt  gewordene  Hexenprocefs  seiner 
Mutter,  ein  lesenswerthes  Actenstück  der  grauenvollsten 
Unwissenheit  des  Zeitalters  und  der  unter  ihr  sich  ver* 
bergenden  abschreckenden  Schlechtigkeit  der  Richter 
und  öffentlichen  Beamten^  welches  hauptsächlich  von 
denen  beherzigt  zu  werden  vei(iie[it,  welche  wegen  un- 
bedeutender Mifsbräuche  einer  irregeleiteten  Aufklärungf 
die  Finsternifs  vergangener  Jahrhunderte  zurückwüa- 
sehen.  Hätte  nicht  der  bekannte  Name  und  die  Uigtt 
Geschäftsführung  des  berühmten  Astronomen  eioenSehati 
gewährt,  so  wäre  die  72  Jahre  alte  Frau  auf  der  Folter 
zum  Bekennttdfs  ihrer  Zauberei  gezwungen,  und  nachher 
mitten  im  eifrig  protestantischen  Wfirteroberg  nachUr** 


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J.  Kcppler'ü  X«:bc-D  uad  Wirken. 


im 


theil  und  Rechtsspruch  der  höchsten  Gerichte  als  Hexe 
verbrannt,  wenn  sie  durch  Quaalen  überwähigt  sich 
schuldig  bekannt  häUe.  Rührend  ist  das  Bekenntnifs 
lind  das  Gebet  der  Unglücklichen ,  als  sie  bei  der  An-* 
drohung  der  Tortor  nnd  Vorseiguog  der  Marterwerk* 
zeuge  nochmals  ihre  Unschuld  betheuerte ,  und  sich 
willig  in  ihr  Schicksal  ergab,  worauf  sie  jedoch  aus 
Rücksichten  auf  ihr  Alter  und  in  Folge  der  Bemühungen 
ihres  Sohnes  freigesprochen  wurde.  Man  mufs  jedoch 
diese  Sache  im  Einzelnen  kennen,  um  den  gerechten 
Abscheu  an  derselben  ^anz  zu  empfinden.  Merkwürdig 
ist  es  zugleich ,  dafs  selbst  der  aufgeklärte  und  hellse- 
hende Astronom  die  Existenz  der  Zauberei  keineswegs 
in  Abrede  stellt,  woraus  isichtbar  hervorgeht,  wie  sehr 
man  sich  bemOhen  mufe ,  seinen  Geist  Tor  Befangenheit 
durch  Vorurtheile  zu  schützen. 

Die  durch  das  erwähnte  Ereignifs  abermals  Ter« 
schobene  Herausgabe  ,  der  astronomischen  Tafeln  fand  i€(k 
Jahr  1626.  ein  neues  Ilindernifs  in  der  14  Wochen 
dauernden  Belagerung  t>on  Linz  durch  die  aufrührischen 
Bauern  und  Graf  Mansfeld,  bis  Wailenstein  die 
Stadt  entsetzte,  worauf  jedoch  alle  Protestanten  vertrie« 
hen  wurden.  R  e  p  p  I  e  r  durfte  auch  diesesmal  bleiben , 
wählte  aber  zur  endlichen  Vollführung  seines  Planes  ein" 
verzweifeltes  Mittel,  indem  er  in  einer  anonymen,  schnell 
verbreiteten,  Druckschrift  die  Ursachen  der  verzögerten 
Herausgabe  der  Tafeln  bekannt  machte.  Der  Kaiser  wies 
darauf  zum  Druck  derselben  6000  fl.  auf  die  Reichsstädte 
Dürnberg,  Memmingen  und  Kempten  an,  allein  die 
erste  Stadt  zahlte  von  ihren  4000  fl.  gar  nichts,  die 
andern  beiden  nur  einen  Theil.  Um  jedoch  aus  den 
österreichischen  Staaten  zu  kommen,  ging  Keppier 
mit  dem  ganzen  literfirischen  Apparate  nach  Ulm ,  wo- 
selbst dann  die  bekannten  Tahtdae  Rudolphmae  im  Jahre 
1627.  erschienen,  und  er  mit  Besold  bekannt  wurde, 
welcher  um  diese  Zeit  in  seiner  religiösen  Ueberzeugung 
wankte ,  1630  heimlich  und  1634  öffentlich  zur  katholi- 


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im 


SohcQ  KirchiB  übertrat  Weil  Keppler  an  lücksiandi« 
ger  BesoldoDg  und  ILofiten  fllr  den  Druck  der  Tafefai 
12000  fl.  an  den  kaieerliehea  Schatz  zu  fordern  hatte, 

sachte  man  ihn  dadurch  los  zu  werden ,  dafs  man  diese 
Summe  auf  Mecklenburg  anwies,  nnd  den  Astrouoiuen 
selbst  dem  Herzoge  woa  Friedland  in  den  Kauf  gab* 
Wallen^iein  nahm  Jetnteren  gern  an,  der  sich  nach 
Sagaa  begebmi  hatte,  wo  er  aich  am  aichersteo  g^lanbtei 
Als  ^dbtt  die  Mahauiigea  au  die  Zahlungen  erfolgten , 
Standen  des  Herzogs  leere  Cassen  im  Wege,  dem  seia 
Aatrolog  Zeno  (gewöhulich  Seoi  genannt)  zu  viel  ko-» 
etet04  weswegen  der  acade«iische  Semal  in  CUislock  g^f^ 
nwnngeo  wnrde,  Kepplern  den  Ldmtnlil  der  Matbe^ 
matik  an  jener  Universität  zu  übertragen.  Diesen  nahm 
er  jedoch  nicht  an,  um  durch  seineu  Aufenthalt  in  den 
Staaten  des  Kaisers  Peine  Fordfrnugeu  au  diesen  in  blei- 
bender Kraft  zu  erhalten,  verheirathete  seine  Tochter 
Snsanna  an  Jacob  Bartsch,  nachmaligen  Professor 
der  Mathematik  in  Strafiibnrg ,  nnd  reiset«  im  Jahr  16M 
zur  Uuterstiitznng  seiner  Forderungen  nach  Regeusburg, 
wo  der  berühmte  Reichstag  zum  Sturze  Wallen  Steins 
gehalten  wurde.  Ermattung  von  einer  beschwerlichen 
Reise  und  die  Kfftnknng,  dals  der  tnmuttnarische  Reiehn* 
tag  auf  seine  Forderungen  nicht  achtete,  zogen  ihm  eine 
schwere  Krankheit  zu,  welcher  er  den  15ten  Nov.  1630 
erlag,  und  daher  in  Regeosburg  beerdig-t  wurde,  wo 
der  dortige  Bischof  Carl  v.  Dalberg  ihm  1808.  das 
bekannte  schöne  Monnment  errichten  liefe.  Seine  Tochter 
Teilor  ihren  Mann  nach  4  Jahren  durch  die  Pest,  nnd 
Tcrheirathete  sich  wieder  an  Martin  Heller,  sein 
Sohn  Ludwig  aber  hinterliefs  in  Königsberg  einea 
nnverheiratheten  Sohn,  mit  welchem  die  djrccte  Nach- 
kommenscbaft  K  e  p  p  1  e  r's  erlosch.  Die  Wittwe  des 
grefsen  Astronomen  ictbte  mit  ihren  yier  nnmfindigeny 
epiter  jung  verstoßenen  Kindern  in  grofser  DQrflti|^di 

Jlaft  KeppUr  m  Mhattend  orit  ti9^m$g9migtä' 
ta  kijqpfen  hM^^  Ist  mm  «jdnen  gedrackfts»  ßjogra«» 


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phiees  sehr  alJgeoMui  bekanst  BimnUfitehi  Indeft  dti 
kaum  anders  als  rach  m  aeiiiieade  Invaiitaf  iam  un  Wl- 

derspruche ,  welches  über  seine  nachgelassenen  Effecten 
aufg-enommen  wurde.  Man  darl  jedoch  aus  diesem  kei- 
aesiyi^s  scliiieüsen,  dafs  Jüeppier  nach  äufsern  Gik* 
tero  vorzugsweise  begierig  gewesen  sey,  end  aus  dieser 
Ursache  die  ihm  veisprecheoaa  Gelder  so  dringeod  ge». 
fordert  habe^,  vielmehr  isl  wohl  zu  berltcksichtigen , 
da£s  er  einen  Geliülfen  theils  zu  seinen  Beobachtungen, 
theils  für  die  weitiäuftigea  Rechnungen  haben  inufste, 
und  das  ermüdende  Geschäft  der  letzteren  allein  zu  über* 
nehmeo  gezwungen  war,  wenn  seine  Besoldung  ausr 
blieb.  Aufiierdeni  aber  er^erderfte  der  Druck  der  Tefela 
bedeutende  Vorschüsse ,  wovon  er  kecs  vor  seieein  Tode 
erst  einen  Theil  durch  den  Verkauf  derselben  zurück- 
erhielt. Endlich  hatte  er  insbesondere  mit  der  ersten 
Frau  ein  nicht  unbeträchtliches  Vermögen  erheirathet, 
was  aber  in  jenen  unruhigea  Zeiten  sieht  leicht  flüssig 
20  machen  war,  UBd  daneben  wfirde  es  gegen  das  Pflicht** 
gel&hl  des  gewisseabaAen  Mannes  gewesen  seyn,  alles 
dieses  auf  wissenschaftliche  Unternehmungen  sn  ver- 
wenden, die  der  Kaiser  und  das  Reich  von  ihm  ver- 
langten, und  daher  auch  bezahlen  mnCsteo. 


Dß  la  Greee  moderne  9t  de  ses  rapports  avee  Vantiquiti, 
Par  Edgar  Quint t,  membre  de  la  commisaion  envoyde  par  le 
prouvemement  en  More'e.  A  Paris  chez  F.  6*  LevratUt  Libraire 
Hue  de  la  Harpe  ^o.  81.  et  ä  Strqßburg^  me  de  Jviff  Mo.  aS. 
ISaO.   XU  und  ms.  m  gr.  8. 

Diese  Schrift,  auf  welche  wir  unsere  Leser  auf- 
merksam machen  wollen «  enthält  weit  mehr,  als  man 
nach  dem  Titel  zu  erwarten  geneigt  seyn  dOrfte;  denn 
es  giebt  der  Verf.  In  diesem  Werk  eine  Uebersicht  der 
Reise,  die  er  als  Mitglied  der  von  der  französischen  Re- 
git rung  nach  Morea  geschickten  Commission  von  Ge- 


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IIM      Q^set,  99  HQrhe9  modcoie  et  wm  tapp. mvee  VuaHqaHM, 

lehrleo,  durch  den  Peioponoes  und  einige  andere  Punkte 
Grieclienlands  im  Jahre  IStÜ,  unternahm;  er  knüpft 
dann  an  die  einzelnen  Schilderungen  Bemerkungen  der 

Art,  wie  sie  nach  dem  Titel  der  Schrift  zu  erwarten 
waren.  Da  wir  über  die  Resultate^  so  wie  über  ilen 
Erfolg  jeuer  Expedition,  bis  jetzt  fast  so  gut  wie  gar 
Nichts  —  wenn  man  einige  allgemeine,  briefliche  Nach* 
richten  abrechnet  —  erfahren  haben  und  von  Seiten  d« 
Gouvernements  noch  Nichts  von  den  gelehrten  Forschun- 
gen und  Arbeiten  der  Mitglieder  jener  Commission  be- 
kannt gemacht  worden  ist,  so  gewinnt  natürlich  vorlie- 
gendes Werk  ein  Interesse,  das  die  besonderen  Ver- 
hältnisse des  Verfs.  5  seine  Ansichten  und  Schilderungen 
in  jeder  Hinsicht  erhöhen.  Zwar  hat  der  Verf.,  wei- 
cher för  das  Fach  der  Alterthumskunde  der  Expedition 
beigegeben  war,  seine  gelehrten  Untersuchungen  zur 
Disposition  des  Gouvernements,  das  ihn  zu  diesem  Zweck 
abgesendet ,  gestellt ,  und  wir  können  nur  baldige  Be- 
kanntmachung derselben  wünschen,  indem  sie  manchen 
in  diesem  Werke  aufgestellten  Behauptungen  und  Sätzen 
nähere  Bestätigung  geben  und  uns  mit  manchem  An- 
dern, z.B.  mit  den  zahlreichen  Inschriften,  welche 
der  V^erf.  an  verschiedenen  Orten  copirte,  und  deren 
er  verschiedentlich  in  seinem  W  erke  g^e<h  nkt ,  bekannt 
machen  werden.  Demungeachtet  linden  wir  scheu  in 
diesem  Werke  eine  Menge  neue' Aufschlüsse  über  ein- 
zelne Punkte  der  Geschichte  und  Geographie  deß  altcjpi 
Griechenlands,  zunächst  der  in  neuern  Zeiten  Im  Gran- 
zen  weniger  bekannten  und  bereis'ten  Pelopsinsel,  in- 
dem der  Verf.  zum  Theil  Gegenden  beschreibt ,  die 
vor  ihm  von  andern  Keisenden  gar  nicht  berührt  wor- 
den sind. 

{Der  B€9ehlufä  folgt.) 


f  • 

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ti\n.   HEIDELB.  JAHRB.  D.  LITERATUR.  ISSL 


£.  Qu  inet.  De  la  Crrice  moderne  ei  aes  rapporU 

avec  Vanti^te. 

(  B  9  9  €  k   l   U  f  9.  ) 

Aber  es. ist  nicht  blos  das  Alterthom,  dem  d^ 
Verf.  seiaeii  Blick  zug^ewenrfet  hat,  mit  einem  oft  an 

Begeisterung;  gieazenden  Eifer  betrachtet  er  auch  die 
Gegenwart,  und  hier  werden  seine  Schilderungen  des 
Landes  nnd  seiner  Bewohner  in  ihrem  geg^enwärtigea 
Zustande,  seine  Betraphtungen  üb^r  ihre  Lage  und  über 
die  Mittel 5  das  angefangene  Werk  der  Befreiung  m  Tol- 
lenden, und  die  gesunkene  Cultur  wieder  zurückzuführen, 
auch  f  ür  jeden  Anderen  von  Interesse  seyn,  der  nicht  blos 
als  Aitertbumsforscher  gern  in  diesen  ciassischen  Ge- 
genden weilt,  sondern  mit  Wohlgefallen  das  Wiederanf«^ 
blftheo  eines  in  die  Reihe  der  civiiisirten  Nationen  Eu- 
ropa*s  nun  wieder  aufgenommenen  Volkes  betrachtet, 
zumal  da  der  Verf.  in  dieser  Beziehunis;  seinen  Gegen- 
stand nacli  den  verschiedensten  Seiten  hin  aufgefatst  und 
behandelt  hat.  Besonders  gelungen  erscheinen  die 
SohUdernngeo  einzelner  Gegenden,  Naturscenen  und 
dergL  m.'  Die  ganze  Darstellungsweise  hat  etwas  Erhe- 
bendes, das  uns  unwillkührlich  erig^reift  und  dahinreifst; 
sie  zeugt,  von  welch'  einem  tieleu  Gefühl  und  welch* 
erhabenen  Gesinnungen  der  Verf.  durchdrungen  ist 

.VonKfaiTarin,  wo  auch  nnser  Verf.  nur  das  aUe.Ne-> 
slorische  Pylos  wieder  finden  kann,  unternahm  er  zuvor« 
derst  die  Wanderung  durch  die  von  neueren  Reisenden 
so  gut  wie  gnr  nicht  hesuclite  Landschaft  Messenien, 
das 9  um  die  alte  Fruchtbarkeit  wieder  zu  gewinnen,  nur 
dner  besseren  Cultur  oder  nach  der  Bemerkung  des  Verf«. 
nur  noch  der  Thätigkeit  der  Europäer  bedürfte,  zumal 
da  die  reinere  nnd  gesunde  Lnfk  in  diese  Gegenden 
mehr  als  in  andere  einladet.    Mit  welchen  Entbehrungen 

mV.  Jalirg.  11.  Heft.  72 


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1188 


E.  C^ainct,  De  la  Gr^  modene 


iiod  Gefaliren,  mit  welchen  MQhseligkeiten  eine  Reise 
durch  das  Iimere  Moreas  verkufipfl  ist,  mufs  man  bei 
dem  Verf.  selber  nachlesen,  der  aas  davon  eine  Schilde- 
xmg  entwirft ,  die  freilich  wenig  einladend  für  Andere 
seyn  wird ,  obschon  wir  bei  der  sunehmenden  Caltnr  des 
Landes  und  einer  durch  die  Befreiung'  von  dem  äufi^erea 
Feinde  nun  möglichen  besseren  Administration  manchen 
Fortschritt  in  der  Zukunft  erwarte  dürfen.  Die  freilich 
«rat  später  angelegte  Hauptstadt  Messeaa,  daim  insbe- 
sondere der  in  der  filtern  Geschichte  Messeoiens  m  be- 
rühmte  Berg  Ithome  ,  mit  seinen,  bisher  so  gut  wie  gar 
aicht  gekannten  Ruinen,  welche  utis  durch  ihre  gewal- 
tigen Massen  an  Werke  der  Cyclopen  erinnerte,  wesdea 
Kitt  AnsiMMrltchkeit  geschildert.  Oiiter  den  hier  mifg^ 
fnndenen  Inschriften  fand  «ich  anch  ^e  wn  FonrMoi 
mitgebrachte;  ein  Umstaail^  der  h^A  der  Frage  nadi 
der  Aechtheit  oder  Unächtheii  dieser  Inschriften  über- 
haupt zu  berücksichtigen  ist.  Merkwürdig  aber  ist  es^ 
dafs  unter  den  Bewohnern  dieser  Gegenden,  wie  der 
y«r£  nasdracklich  anfitfint^  noch  Traditionen  Ton  Ail-> 
stomenes  sich  erhalten  haben. 

Ueber  unwegsame  Höhen  eilte  der  Verf.  nach  dem 
Gebirgskessel  Arkadiens.  Der  Eintritt  in  dieses  Gebirgs- 
land  war  sehr  überraschend;  der  Charakter  des  Ganzen 
hAchsl  auffidleod ,  die  Gebirgswelft  gnAarlig  and  furrii^ 
bar.  Didite  Eichenwälder,  nwisehen  dienen  wflde  Bergw 
Wasser  sich  hindurch  stürzen,  Stämme  durch  Wind  und 
Wetter  entwurzelt;  Felsen  bedeckt  mit  Moos ;  auf  den 
Gipfeln  der  BerjD;e  Saulea  anfrecbt  stehend  mitten  unter 
Gehölze,  die  Trümmer  dbemaliger  Tempel  nnd  PrachtK 
hauten;  Reste  Cjclopiscbea  ^mSoers,  aber  bedeefc* 
mit  der  Vegetation  des  Nordens,  welche  die  Städte  der 
Vorwelt  unter  Wäldern  verbarg;  hier  «nd  dort  einen 
Ziegenhirten ,  in  seinen  Mantel  gehüllt;  einige  Hütten 
umher  zerstreut ;  in  diesen  Uitten  ein  Fell  aasgehreüel 
iher  die  Srde»  einige  wild  waehsende  Kitaler,  un4  efai 
OeMiqif ;  so  eraeheini  hentigen  Tags,  sagt  unser  Verf., 
das  Yoa  den  Dichtern  gefeierte  Arkadien!   Unter  den 


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verscbiedeoen  Funkten  dieses  Binnenlandes)  welche  der 
Verf.  auf  eeioer  Wanderimf  berührte,  nennen  wir  zu- 
vorderst Me|^el4>po)j«'^  dfsSMiB  Rmnen  basdhrieben 
werden.  Eine  herrJiche  Aussicht  bot  das  auf  gewaltigea 
Grundmassen  erbaute  Theater,  und  wir  erinueru  hier 
an  die  Bemerkung  des  V^erfs.^  dafe  überiiaupt  in  Grie- 
chenlao4t  wo  ein  Theater  sich  angelcjgft  finde,  man  auch 
elfter  ausgiedehoten  Aassicht  siciier  seyn  ktone. 

Bfebr  MQhe  kostete  es^  die  Stelle  der  alten  Ly^ 
casnra  aufzufinden;  es  lag  der  Ort  wahrscheinlich  un-* 
weit  des  heutigen  Dorfes  Stella,  da  wo  Trümmer  cyclo- 
pisclien  Mauerwerks,  Säulenreste  und  andere  Trümmer 
aeWM  FilMtK  zn  beurkunden  scheinen.  Bei  diesen  Wan- 
derumgen  erstieg  der  Ver£  auch  den  Berg  Cotvlus^  ' 
Toa  deesen  Höhen  man  einen  grofsen  Tbeil  des  Pelopon* 
>  uesus  erblickt,  er  sah  die  prachtvetlen  Ruinen  des  Tem« 
pels  des  Apollo  Epicui  i US.  „\ach  einem  beschwerlichen 
Wege,"  schreibt  Derselbe,  ,,\vard  ich  plötzlich  mir  ge- 
genüber eine  Masse  von  ganz  aafrecht  stehenden  und 
w^diierhalteDen  £äulen  gewahr,  welclie  ein  herrliches 
Ganze  bildelen ,  wehl  das  herrlichste ,  das  ich  je  erblickt 
zn  haben  glaube.  Ich  wufste  wohl ,  dafs  ich  hier  merk«^ 
würdige  Beste  des  Alterthums  fiaden  würde;  aber  der 
Eindruck,  den  das  Ganze  auf  mich  machte,  war  so  un- 
erwnr^,  iso  j^lotziich,  dafs  er  ganz  mefne  Seele  ergriff. 
I}i^r,  «uf  eineiB  solchen  Felseng^fei,  nahe  an  der  Re* 
^nn  des  Schneens ,  wo  kein  Baum  mehr  emporspriefst 
nnd  kein  Fufetritl  eines  Bf ensehen  l^nr  beurkundet,  hier 
ein  solches  Wunder  der  Baukunst  zu  ßnden,  das  hatte 
ich  nicht  erwartet !  Noch  ein  und  dreifsig  aufrecht  ste- 
hende Sänlen  konnte  ich  zählen ;  sie  waren  meist  noch 
durch  ihne  Arcbitrave  verbunden ;  anfserhalb  lagen  die 
Trflmuier  der  Hbrigen  Säulen  ^  welche  die  ZUhl  der 
nwel  und  vierzig  fQlUen,  Ober  einander  hingerollt.  Noch  . 
ist  der  ganze  Fufsboden  erhalten,  aber  Dach  und  Mauern 
liegen  durcheinander  an  den  Seiten  übereinander  aufge- 
httittft"  u.«.  w. 

Nfcb  einer  beschwerlichen  und  |;efahrvollett  Reise^ 


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1140  £.  I^ninet»  De  la  Qrhce  moderne 

deren  Abentheuer  eine  nicht  uninteressante  Episode  io 
diesem  Gemälde  bilden,  gelangte  der  Ver£  über  die 
wilden  mit  Schnee  bedeckten  Hohen  des  Tajgetns  in  die 

verödeten  Gegenden  des  alten  Sparta's,  über  welches, 
so  wie  über  das  nahe  Amyclä  und  mehrere  andere  Punkte, 
wie  z.B.  das  Schlachtfeld  von  Sellasia,  wir  hier  nähere 
Aufschlüsse  erhalten.   Der  Verf.  konnte  sich  kaum  von 
diesen  Gegenden  trennen,  die  in  ihm  einen  tiefen  Ein- 
druck zarfickitefsen.   „Cette  viUe^  raft  er  ans,  ,,qm 
mavoit  peu  frappe  en  arrwant,  est  ceUe  que  j*ai  eu 
le  plus  de  peme  ä  quitter,    II  y  en  a  plusieurs ,  dont 
Vejffet  est  j}lus  soudam :  Argos ,  Athenes  et  m^me 
Coriathe.    Mais  cette  vallee  de  Lacaniej  qm  nwvre 
nuUe  part  dissue  ä  Vmstmot  du  voyageur,  voua  €»• 
cldi,  vau8  enaerre  peu  ä  peu,  vaus  presse  de- 
meurer.  Auiant  est  lente  thnpression  quem  en  re^oU , 
autant  eile  est  profonde  et  souterme*'  (S.  168.),  woran 
noch  einige  weitere  Betrachtungen  sich  knüpfen.  Darauf 
finden  wir  bald  den  Reisenden  zu  Tripolizza  und  bei 
den  eine  Stunde  westwärts  davon  gelegenen  Ruinen  Te* 
geas,  und  auf  der  Stelle,  wo  wie  er  glaubt,  der  be- 
rühmte Tempel  der  Minerva  Alea  gestanden ,  dann  weiter 
zu  Mantinea  und  dessen  Schlachtfeld ,  von  wo  aus  er  den 
Weg  über  die  Gebirge  nach  den  reizenden  Ebenen  von 
Argolis  einschlug.    Nun  tritt  Argos  mit  seinen  grofsar- 
tigen  Resten  der  Vor  weit  vor  uns ,  das  uaheMycenä  und 
Tyrinth  mit  den  Pydopen werken,  das  Löwenthor,  das^ 
Schatzhaus  des  Atrens  u.  A.,  worüber  uns  der  Verf.  zum 
Theil  neue  Angaben  mittheiit.    Selbst  die  die  Ebene  be-' 
grenzenden  Gebirgsmassen  ,  w  elche  in  ihrer  ganzen  For- 
mation etwas  Aehniiches  mit  den  Cyclopenmauern  dar- 
bieten, entgehen  der  Aufmerksamkeit  des  Verfs;  niiM^ 
der  überhaupt  in  seiner  lebendigen  Schilderung  Alta^ 
und  Neues  stets  zu  einem  grofsen  Bilde  zu  vereinen,  iml^ 
Beides  gleichsam  neu  zu  gestalten  weifs.    Von  hier  ausJ 
zog  sich  der  Verf.  landeinwärts  in  den  Gebirgskessel  ^ 
N^meas,  dessen  Stelle  kaum  noch  einige  Säulen 
einige  MarmorfragmeUte  beurkunden.   Der  A|i|)|||||jg||§ 


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et  sei  rapportt  ayec  Pantiqnil^* 


1141 


Corinih  mit  seiner  die  beiden  Meere  beherrächenden 
Acropole  war  im  Ganzen  wenig  erheiternd ,  so  herrlich 

und  so  ausgedehnt  auch  die  Aussicht  von  dem  Akroko- 
rinth  war;  das  Plafeau  von  Korinth  bot  nichts  Angeneh- 
mes dar.  Nach  einem  Absteclier  nach  Sicjron  und  den 
bisher  wenig  gekannten ,  hier  aber  g^enauer  beschriebe- 
nen Ruinen  dieser  Stadt,  eilte  der  Verf.  auf  einem  wenig 
oder  gar  nicht  besuchten  Wege  von  Corinth  nach  Epi- 
daurus  ,  wo  der  Tf^mpel  und  Dienst  des  Aescnlap  ihn 
besonders  bescliaftigtc  und  seine  Aulnierksanikeit  auf  sich 
sog;  von  da  nach  Aogina,  wo  aufser  Andern  die  pracht- 
vollen  Ruinen  des  Tempels  des  Jupiter  beschrieben  und 
gewürdigt  werden.  Nicht  ohne  Gefahr  ward  eine  Fahrt 
nach  tleni  von  den  rürken  noch  besetzten  Athen  unter- 
'  nommen  und  ein  ilort  verstntteter  Aufenthalt  von  meh- 
reren Tagen  zur  näheren  Untersuchung  der  bedeuten« 
deren  Denkmale  des  Alterthums ,  die  durch  ein  glück- 
liches Geschick  auch  bei  den  neuesten  Kriegsereignissen 
unmittelbar  zuvor  wenig  im  Ganzen  gelitten  hatten ,  be- 
nutzt, wie  z.B.  der  Theseustempel ,  der  Thurm  dts 
Andronicus,  das  Denkmal  des  L^sicrates,  der  Tempel 
des  Olympischen  Jupiter  u.  s.  w«  Auch  die  Umgebungen 
Athens )  bis  nach  Acharnä  hin  worden  besucht;  der  fast 
ganz  trockne  Ilyssus  und  der  schon  etwas  wasserreichere 
Cephissus  überstiegen.  Ueber  Andres  und  Sjra  eilte 
dann  der  Verf.,  durch  ein  heftiges  Fieber  zur  Ruckkehr 
gendthigt,  auf  einer  Ipsariotischen  Brick  in  die  Heimath 
ißurfick. 

Wir  haben  in  kurzen  Umrissen  eine  Uebersicht  der 

Wanderungen  des  Verfs.  zuvörderst  mittheilen  wollen 
und  hier  besonders  die  eine  Seite  des  Werks  —  in  so 
fern  es  das  Alterthum  betrifft  —  hervorheben  zu  müssen 
geglaubt.  Es  bleibt  üna  nun  noch  übrig ,  auch  die  andre 
Seite  za  berühren,  und  insbesondere  der  geistreichen 
Bemerkungen  und  Betrachtungen  bald  historisch  -  philo- 
sophischer, bald  nij'thologisch  -  symbolischer  oder  auch 
artistischer  Art  zu  gedenken ,  welchen  der  Verf.  sich 
anwillktthrlich  tberläGst^  wann  er  bei  der  Betrachtung 


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Uil 


E.  Qatnett  De  1»  Grtee  nodem« 


einzelner  merkw&rdiger  Puokte  der  Vorwelt  oeWillkahr- 
lieh  in  die  Ge^nwarl  herabgesog^en ,  diese*  mit  der 
Tergangenheit  m  Tergleiehen  sieh  yemnlafet  ftlMt;  denn 

dais  er  auch  diese  in  seinem  Werke  aufgefafst  und  dar- 
gestellt |hat ,  haben  wir  bereits  oben  angedeutet;  hier 
müssen  wir  deshalb  noch  Einiges  über  diese  Seite  des 
Werkes,  die  yieileicht  für  Manchen  ein  noch  gröfseres 
oder  wenigstens  ein  gleiches  Interesse  haben  dirfte,  be- 
merken j  weil  der  Verf.  ans  ein  so  getreues  und  leben- 
diges Bild  der  gegenwärtigen  Lage  Griechenlands  und 
seiner  Bewohner,  zunächst  des  Festlandes  Morea  ent- 
wirft, dafs  wir  wohl  dabei  noch  einen  Augenblick  ver- 
weilen dürfen,  so  sehr  es  auch  scheinen  will,  als  trete 
Griechenland  über  den  gröfseren  Breignisseir,  die  unsere 
Zeit  jetzt  bewerfen  und  unsere  Blicke  anderswohia  rich- 
ten, schon  einigermafsen  in  den  Hintergrund  zilrGck, 
aus  dem  es,  wir  wollen  hoffen,  bei  fortwährender  Ruhe 
von  Aufsen  wie  im  Innern,  bei  zunehmender  Cultur  des 
Bodens  und  geistiger  Bildung  seiner  Bewohner,  bald 
desto  glänzender  heiYmrtreten  wird.  Zu  dieser  Hoffnung 
berechtigt  uns  namentlich  das,  was  der  Verf.  Über  den 
Charakter  des  aus  harter  Zwingherrsehaft  nach  mannich- 
fächern  Druck  und  Leiden ,  dessen  frische  Spuren  noch 
überall  tiem  Verf.  entgegen  traten,  eben  erst  befreiten 
Volkes  an  mehr  als  einer  Steile  seines  Werkes  berichtet 
SeinUrtheil  über  die  Griechen  ist,  ohne  besondere  Par- 
theilichkeit  fftr  dieseS^  Volk,  in  Gafoen  gfhisfig;  Ruhe 
von  Aufsen,  eine  geordnete  Administration  im  Innern, 
besserer  Anbau  und  Cultur  des  ganz  yemachUfssigten 
Bodens,  Eindämmung  der  verheerenden  Gewässer,  wel- 
che den  Anbau  erschweren,  und  zugleich  die  Luft  ffotch 
ihr  stetes  Austreten  und  die  dapdurch  termhS&^Süfmj^ 
verpesten  und  da»  Klfma  so  ungesund  matflNEiqr^j^^ 
Bildung  des  Volks  dufch  Anlage  von  Sehrolen  iSfPi^ 
breitung  des  Unterrichts ;  dfes  sind  hauptsächlich  die 
Punkte,  von  welchen  das  Emporkommen  Griechenlands 
demnächst  abhängig  ist.  Ein  Hindernifs  für  dieAgricuttur 
ist  jetzt  noch  der  Mangel  au  llnnnlMrrW:  "dlTj^ 


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iiiUbarer  ist  ab  der  an  M eascii«»  io  den  verödeten 
j^nden  Moteas,  ud  dnen  traari^e«  «adi  niederscM»- 
gendeo  Bmdradc  auf  den  Reisenden  macht    Bs  ist, 

sagt  unser  Verf.,  für  den  Reisenden  schon  ein  bemer- 
kenswerlher  Umstand,  während  seiner  Tagfesreise  auf 
einen  Ochsen  zu  stoi^en;  auch  ist  die  ganze  Ra<^e  durch* 
ans  entartet;  Esei  und  Schweine ,  namentlich  die  lets- 
ferai,  md  fast  gme  ausgegaoge»;  einige  Heerden  too 
Ziegen  und  kleine  Pferde,  deren  man  sich  übrigens 
nicht  fQr  die  Feldarbeit  bedient ,  sind  das  Einzige ,  was 
^rtg  geblieben  wU  In  ganz  Griechenland  wird  man 
nicht  einen  Pfluge  mit  zwei  Rädern  finden !  Selbst  in 
dm  Reich  der  Vögel  zeigen  sieb  ibnliefae  Brscheinttn- 
l^en.  Wohl  trifft  nraa  m  Messenien  Schwftrm»  ywa  Ra- 
ben, da  zunächst,  wo  Skelette  und  Cadaver  die  Lager- 
stätten Ibrahims  oder  die  verheerenden  Zöge  seiner  Afri- 
kaner bezeichnen;  auch  erblickt  man  in  Argolis  Störcbe 
nod  a«f  den  Gebhrgshdhea  Arkadiens  Adler,  Sperber, 
Fhlhen*  and  fthnliebe  Thiere ;  aber  weder  Sperlinge  nodi 
Lerchen  oder  Nachtigallen  beleben  die  stummen  Wälder, 
während  das  unablässige  Geschrei  der  Katzen ,  ver- 
mischt  mit  dem  des  Schakals  einen  höchst  widerwär- 
ügett  nnd  Mangenehmen  Eindrack  zviickläftt  (S.  Iftl  — 
IM.).   Si»  sehneller  wid  pWididier  Wechsel  der  Tem- 

^peratur^  besonders  in  den  Gebirgsgegenden,  ist  nach- 
theilig; für  die  Gesundheit  und  wird  för  die  Fremden, 
die  weniger  als  die  Einwohner  daran  gewöhnt  oder 
darauf  Torbereitet  skid,  Ursache  vieler  Krankheiten 

-  (&  118.).  Für  diese  werden  auch  die  Nächte,  bei  der 
fencbten ,  Ülberall  dnrcbdringeaden  und  aaf  die  Geswid- 
heit  nachtheilig  einwirkenden  Luft  gefährlich,  zumal  da 
jedes  Mittel,  dagegen  sich  zu  schätzen,  fehlt.  Um  eini- 

\ferniafsea  weniger  diesem  Uehelstantte  ausgesetzt  au 
eeyn,  streckt  man  eich  auf  die  Erde  «oi  das  Feuer, 
das  man  fortwährend  bis  Sonaenanfgang  softer  nnter- 
halten  mufs.  Seit  unserem  Auf  bruch  von  Modon,  schreibt 
der  Verl,,  Ilaben  wir,  mit  Ausnahme  einiger  Tage  zu 
Arges I  keiae  Nacht  in  Morea  zugebracht,  ohne  cUe 


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im 


Sterne  vor  uoserm  Haupt  funkeln  zu  sehen ,  und  ohne 
da§  empfindliche  Weben  eines  Windes  2u  fühlen,  der  bis 
zu  dem  Gesicht  hindurchdrang ,  oder  iu  unserem  Mantel 
sich  fing,  unci  ohne  aufzustehen,  erkaltet  an  allen  Glie- 
dern von  des  Morgens  Fieberlufl"  (S.  40.).  So  g;ef ähr- 
lich und  beschwerlich  durch  diesen  Mangel  des  Unter- 
kommens und  jeder  Art  von  Bequemlichkeit,  an  wekdie 
der  Europäer  gewohnt  ist,  eine  Reise  durch  das  luere 
Moreali  wird ,  so  wenig  hat  der  Reisende  von  der  ver- 
schrieenen Unsicherheit  dieser  Gegenden  zu  furchten; 
davon  wenigstens  wird  die  ganze  Reise  des  Verfs.  einen 
Jeden  leicht  überzeugen  können,  selbst  wenn  wir  auch 
nicht  darüber  ausdrückliche  Angaben,  wie  s.  &  SL  14ff, 
und  sonst'  findtti.  Charakteristische  Zfige  zur  Kenntoifi 
des  Volks  in  seiner  gegenwärtigen  Lage  nach  seiner  ia- 
tellectuellen  und  sittlichen  Bildung  sind  überall  einge- 
streut, und  mit  besonderem  Vsrgnügen  haben  wir  die 
Nachrichten  über  die  Ausbreitung  des  Unterrichts  dttroh 
Anlage  neuer  Schulen  und  den  überall  regen  Eifer  daflr 
gelesen.  Man  vergl.  z.  B.  S.  218.  Auch  über  die  reli- 
giöse Bildung  des  Volks  ^  über  die  Geistlichkeit  uod 
deren  Einflufs  fehlt  es  nicht  an  einzelnen  Winken  ood 
Bemerkungen.  Der  Kinflufs  der  letztern  erscheint  hier- 
nach nicht  von  Bedeutung,  und  ohngeachtei  des  Au* 
theils,  den  die  Verfassung  ihr  gesetalich  verliehen,  und 
des  Ansehens,  das  sich  die  Geistlichkeit  durch  ihre 
rulimvoiie  Theilnahme  und  eifriges  Mitwirken  zur  Be- 
freiung des  Vaterlandes  allgemein  erworben  hatte, 
scheint  sie  doch  in  dem  Geföhl  der  Untahigkeii,  die 
Leitung  einer  neu  geschaffenen  Nation  au  führen ,  sieh 
selbst  jedes  Ansehens  und  Einflusses  iu  die  öffentlichen 
Angelegenheiten  begeben  zu  haben.  An  einer  andern 
Steile  (8.  218.)  äufsert  sich  der  Verf.  foigendermafseo: 
„Auffallend  ist  die  hülfslose  Lage  der  Geistlichkeit  uod 
die  geringe  Sorge,  die  man  anwendet,  sie  wieder  empor 
zu  bringen.  Die  Griechische  Kirche  erscheint  in  einer 
der  Anglicanischen  gleichen  Lage;  und  so  darf  es  uns 
dann  oidit  auffallen ,  wenn  wir  einst  den  Geist  dei 


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et  tes  rapporti  avcc  Taiitiquitd. 


1146 


Protestantismus  in  die  Hallen  der  Byzantinischen  Kir- 
cheD  eindringen  und  den  Germanifiohen  uod  Grieclü- 
0^60  Geisl)  der  sich  schon  friher  ia  dem  Arianisnins 
vereinigt,  wieder  von  Neuem  rieh  verbinden  sehen." 

Auch  über  die  politischen  Verhältnisse  des  neuen 
Staates  erhalten  wir  manche  Aufschlüsse;  man  vergl. 
z.B.  S.  214  If.  Von  dem  dermaligen  Präsidenten i^)  dem 
Grafen  Capo  d^klria  entwirft  der  Verf.  eine  sehr  vor- 
iheilhafteSchildernng;  er  traf  ihn  zufilllig  anf  dem  Weg 
▼OD  TripoliczB  naoh  Argofl,  als  der  PrSsident  seine  erste 
Reise  durch  Morea  vornahm,  umgeben  von  einem  Ge- 
folge, unter  welchem  besonders  Nikitas,  „der  Ba^ard 
Griechenlands,''  und  Colocotroni  die  Aufmerksamkeit 
des*  Veifs*  auf  sich  zogen«  Von  Beiden»  insbesondere 
von  dem  Ersten,  giebt  er  eine  sehr  ansiehende  Schil- 
derung, die  wir  gern  hier  wörtlich  inUtheilen  möchten, 
wenn  wir  nicht  befürchten  müfsten ,  die  uns  angewie- 
senen Grenzen  zu  überschreiten.  Nach  einer  kleinen 
Unterredung  erfolgte  der  Aufbruch  der  Caravane,  wozu 
der  PrSsident  das  Zeichen  gab.  Der  ganze  Zug  sammt 
dem  Präsidenten  setzte  sich  zu  Fufs  in  Bewegung,  indem 
der  Piad  für  Pferde  unwegsam  war.  Kinige  Fähnlein 
eilten  voraus,  dann  folgte,  mitten  unter  einer  Gruppe 
von  Uauptleuten,  die  alle  in  Linnen  von  blendender 
Weifte  gekleidet  waren,  der  PrSsidenl;  hinter  ihm  die 
Rosse ,  die  man  am  Zaum  führte ,  und  die  jeden  Augen- 
blick an  den  Abgründen  sich  bäumten.  Eine  kleine  An- 
zahl irregulärer  Soldaten  klimmten,  rings  umher  zer- 
streut, um  die  Felsen  hin;  einige  Maulesel ,  nut  demGe- 
päcke  beladen,  bildeten  den  Schiufr  des  Zuges,  Lange 
blieb  ich,  so  schreibt  der  Verf.,  mit  meinen  FAhrern 
unver weihen  Blickes  auf  demselben  Platze,  die  Augen 
gfcrichtet  auf  jene  Karavane ,  die  unter  uns  in  das  Thal 
sich  verlor,  und  an  deren  Spitze  ich  immer  nur  .den 
Mann  erblickte »  den  sein  Alter  und  sein  Leben  zu  sol- 
ohen  Beschwerden  nicht  vorbereitet  zu  haben  schiaii 


Geschrieben  vor  der  £riuordang  de«  Präsidenten. 


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der  die  Hoffnuog  und  die  Rettung  seines  Landes  war; 
und  den  blos  innere  Kraft  und  Seelenstärke  io  diesen 
Anstreng^ungen  aafrecht  zu  erhalten  vermochte.  Um  ihn 
hatten  «ick  Alle  Tersammelt,  die  wie  er  flhr  die  Brkai- 
tm;  und  Beftrelongf  des  Vaieriaiides  ihr  Bestes,  ihr  L»- 
ben,  aufauopfern  bereit  waren,  um  mit  ihren  Waffen  ihn, 
den  allein  Waffenfosen ,  auf  den  aliein  ihre  Blicke  stets 
gerichtet  waren,  zu  schirmen  und  zu  schützeiu  Darch 
ihft,  den  ruhigsten  nad  bcsonnensteB,  aber  Mch  deo 
entschlossenste»  Mhnn  wollte  die  götMiobo  Voraehnnj 
Griechenlands  hhftige  Tag^e  enden,  und  mit  Europa  wie- 
der ein  Volk  verbinden,  das  seine  geistige  Lehrerin  war; 
ich  kann  ihn  nur  vergleichen  mit  einem  Missionär ,  der 
die  wilden  Stefipen  durchzieht,  nnd  ihre  Bewohner  no- 
wiilkQhrUch  «n  sieh  zieht  und  mü  sich  CMrtreMU" 

So  kdnntett  wir  noch  amdeve Stellen  Ober  die  gegen, 
wärtige  Lage  des  Landes,  seine  Bewohner,  die  politi- 
schen Verhältnisse  und  (iergl  m.  anführen,  wir  wollen 
indef»  Heber  auf  eine  Sc^lufsbemerkatig  8.  444.  oder 
Mf  difr  Benwrkungen  im  Werke  setbst  S.  8140.  29»  ft 
w.  e.  W«  verweteen.  MancAie  andere  allgememe  mytho- 
logische Betrachtungen  oder  ZusammensteUun|?en  mflsisen 
wir  der  Würdigurrg  des  Lesers  überlassen,  eben  so  wie 
die  Bemerkuogen  üb^r  den  Charakter  der  Baukunst  im 
AJIgemeincn  i  wio  inzbesondere  der  Byzazitinischoii  (vgl. 
kRA  M  SOffX  nach  dürfen  wir  woM  «zn  Sehlnfc*  zaf 
die  Note  S.  271  ff.  und  die  darin  in  wenigen  aber  kräf- 
tigen Zilg^en  enthaltene  Schilderung  unseres  Heidelbergs 
aufmerksam  machen. 

Von  &  an  folgt  ein  Anhang:  „De  Im  Nafufe 
•  ei  <is  tlMoite  Am  a  leura  rapporU  omc  lea  li  iwff 
^lOfis  religiemes  et  epiques,"  in^  welchem  man  bald  deo 
geistreichen  üebersetzer  und  Eiaföhrer  der  Herder 'sehen 
Schriften  in  die  Franzosische  Literatur  wiederfinden 
wird.  ~  Eine  deutsche  Uebersetzung  des  gesammlen 
Werken  mMaten  wir  in  mehr  ab  einee  ÜMsiclil  wflnzchsn. 

Ch.  Bahr. 


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•     SaliwtX  OpeM  ol.  Fr.  D.  QeflMli,  Ihm.        '  UÜ 


KURZE  ANZEIGEN. 


GL  Cri$pi  Smlustii  fMt»  txstant,  Mif9gnovit,  varias  hctionmß 
Hfäd*  BmßUe^m.  Bemenss.  Turicen§$,  JPturits.  Erlangensi  Tegern- 
99mm  eeteruque,  f«M  IVamhUf  Hmiferemapiuä  ^  CweUus  aliique  edi* 
H^a.  toutulerunt ,  eollectaf^  eomnunUtrios  atque  AMfiicet  hcuphtls- 
8imo8  tzdjecU  Franciscu»  DorothemM  Gerlach,  ph.  Dr.  lAtU 
Lmtinn.  in  Acatttmia  Banleenai  profestoTf  BikLMead.  Prae/ßctm» 
Vol.  ///.  jBofildM  m  libra/im  Sehweighaeuteriana,  Typh  et  sum» 
ttbus  Jugusti  H^ielmü^  t^agrtipk,  AM,  MBCCQJLJLkL  —  Fi  «. 

Aoch  mit  deoi  TItet: 

Commentarii  et  Indieet  fe  C,  Salus  Iii  Crispi  Oitilinam ,  Ju- 
gurtkam  et  Ilintoriurum  fyagmenta,  Auetore  Fr.  Dvrothco  der» 
lachio.  Fol.  II.  Accedunt  fragmenta  Vaticana Jnfü  Kxsupe- 
raniii  de  bellis  civilibus  Marti  Lepidi  ac  Sertori  Opusculani  ei  Fa^ 
rietet»  lectionis  e  coäd.  Pari^inin  ^angallensibus  et  Einsidelensi. 

Die  Mlierai  JEhimfe  dictes  grofbttitigcii  Viilenieta«ii« ,  da«  ia 
der  kfHia^bm  ond  exegetftchen  B6kaiidliln[^  des  Mluallii»  Speefte 
1^  iMcheo  geeignet  Sil  ^  Imikn  in  di«*Mii  BlitlMr  fiKHieffUii  die  ver» 
dieete  Anerkennung  ge^mfcii.  Wir  habea  Wo*  noeh  ia  vcMtiegeft- 
änm-MiUm  Bande  die  ViiNeüAttg  dM  Ctenieil  sniMeigen« 

iHitoeT  Band  entMU  twfMknt  die  Colirmeiflerien  sa  den  Fing- 
ikentetf  der  Hktorien  des  Sunnit«  ioweiil  in  efMchlicli-graniniati 
MiNV  aU  in  sachlicher  Rinnicht ,  sehr  ToIIalindfg  nnd  fiefriedigeiid , 
-e|ng«leit«t  dnrtH  eine  gevdilchtriehe  Mieniiclit  der  BreigniMe  jom 
'Jtflir  S19  ^699.  n.  G.  (irelchen  Zeltramir  die  Hki^riae  deeMteetÜw 
« ^mMe%0tt) ,  w^i-,  wi^  nuehf  in  den  (/OmilfeWItrien  selber,  nicht  we- 
nige dlinkle  oder  beitrHitene  Ptankte  mis  der  noch  immer  nicht  so, 
wr«  \fir  t9  wiinvehen  mocfvten,  an  Tg-« klärten  Geschichte  jeiver  denk- 
würdigen Periode ,  he«|iroclieB  nnd  erörtert  oder  berichtigt  werden* 
Bafs  daltoii  diese  ErArtening  manehe  Firagmenfe  eivt  fichtig  aofge- 
'  fMTof  H^rdeif  «der  iifre  wahre  Stellmtg*  vnd  Annr(?ntrng^  erholten^  be- 
'  4iftf  )(anm  einer  befteudem  Erwfthnong.   Ber  Verf.  Mfligt ,  und  nlebt 
ttttne  Grund  ,  die  yermtithottg'  von  De  Brosies,  dafs  mit  der  Zatam- 
nelllillnfl  de»  Pompejo»  und  Lvcnflui  in  Plirygien  SallustV  Hisforien 
steh  schloriiieo^,  deren  weitere  Fortsefznng  Und  Vnllendnng  dvrHl  den 
Tod  eder  äui-  imdem  Ursachen  unterblieb-    Mit  Recht  macht  utta  #Rr 
Hefttusg.  TinfmerkHam ,  rfafs  Sallustius  aTelber  in  den  Historiett  ein 
gtdfieM'Werfc  «n  iiefe»  gednclite,  dnreb  «reldketer  aidiehivBfalle 


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X'HS  Ülmtlt  OpMM  ««.  Fr.  D.  Cl^riftoli»  Tot  ItC 


unter  den  groDieii  Cleieliielifoclireibent  Bomi  nehere.  —  Mit  p.  117  Iff. 
folgt  der  Commentar  sa  den  Fragmenten  unbekitnnter  Bncher  und 
tnm  Solilofo  S.  191  IK  eine »  um  die  Anlage«  den  ZueammenhaDg  dei 
verlorenen  Werke  und  die  Reilienfolge  der  darin  beliandelten  Gegen- 
■tftnde  nfiher  kennen  an  lernen i  edhr  leeenewertlie  Abhandlung:  „ 
trdkUt  remmfiie  <ü<Ppoa«adaruflt  raHone,  fuam  SaituHum  in  V  Histo* 
rktfum  Ubris  teeutum  e««e  eerifim^  etf."  Oarane  erglebt  lidi,  dalW 
dae  erste  Buch  die  Geschichte  der  Jahre  glO  nnd  677.  n.  c.  umfafste, 
das  aveite  Buch  ifie  beiden  folgenden  Jahre  678  und  679,  das  dritte 
eben  so  die  Jahre  680  und  681,  das  vierte  die  Jahre  682,  683  und 
684,  das  fünfte  endlich  die  Jahre  685.  686  und  687.  n.  c.   Denn  die 
Altere  Anoielrt  ven  eeche  Bachern  Historien  des  Sallustius  oder  gar 
▼oa  noch  mehreren  ist  längst  widerlegt,  und  darum  hier  mit  Recht 
gar  nicht  veiter  beräckslehtigt.  —   Daran  schliefst  eieli  8.  157  IT. 
,i  Index  fiagmentomm  Salustianorum^^  (nach  Bardiii),  und  nnn  fnl<^ 
S.  16?  if.  ein  lehr  sorg^rältiger  Index  hiatoricv; ,  an  den  sich  S.  190  ff, 
der  sehr  ausführliche  Index  Latinitatis  nnsr.liliurst ,  welcher  bis  S. 
SOG  ff.  reicht  u.  s.  w.   Eine  höchst  schätzbaro  für  Kenntnifs  des  Sal- 
luetlecheo  Ausdrucks  wie  selbst  für  die  Kritik  und  RechtechreibnUg 
im  Einzelnen  wichtige  Zugahe  ist  die  Abhandlung :   De  proprietate 
"  reraionw  Salustiani     607  —  332.  Zuerst  von  der  Orthographie ,  nnd 
von  der  alterth  um  liehen  Schreibart,  die  eben  eowohl  in  der  Wahl 
der  Worte  und  deren  Stractur,  als  in  der  ganzen  AusdrucksMeise 
hervortritt.    Aach  hier  wird  gerne  Jeder  den  Grundsatz  des  Verfr. 
billigend  aaerkeanen  mueeen,  dafs,  um  Irrthumcr  jeder  Art  an  TW* 
meiden,  man  hierin  einzig  und  allein  der  Autorität  der  ältesten  ond 
vorzüglichsten  Uandschiifteo  .au  folgen  habe.   Unter  diese  zählt  te 
Verf.  zunächst  eine  Basler,  zwei  Vaticaner  und  die  vier  Pariser  (Toa 
denen  weiter  unten  noch  nähere  Nachricht  gegeben  wird,  da  sie  der 
Verf.  bei  den  früheren  Bänden  eeiner  Auegabe  noch  nicht  kannte)* 
Darauf  durchgeht  er  die  einzelnen  Fälle ,  wo  Salluet  Ton  der  g^ 
wöhnliehcn  Schreihart  in  einzelnen  Wörtern,  Endungen  und  Femia 
eich  entfernt,  und  dies  führt  ihn  dnim  weiter  auf  die  Abweichnngea 
in  dem  Gehrauch  einzelner  Rcdetheile,  wie  namentlich  der  Prono- 
mina, so  wie  in  dem  Gebrauch  der  Tempora  nnd  Modi  (wir  crinnein 
Beispicishalber  nur  an  den  Inßmtivus  historicus,  der  dem  Sallust  lO 
eigen  ist ,  S.  817  ff.).    Dar»  der  Charakter  der  Salluetiechen^  Ow- 
«tellung  eine  gewisse  Lebendigkeit  und  Anschaulichkeit,  oder  wie 
es  die  Griechen  nannten,  die  iv8\^yEia  igt,  wird  mit  Reeht  S.  319. 
herYort;cholien ,  weil  daraus  viele  einzelne  Erscheiniingcn  «ich  erst 
richtig  ciklaicn  und  auffaRRcn  lassen.    Am  Schlusee  folgt  noch  ein 
genuiics  Ycrzoichnifs  chur  Anzahl  von  Wendungen  und  HedensarteB, 
die  dem  Sallust  zunäcli^t  eigentbümlich  sind,  und  Ton  der  gewöhn- 
lichen Sprache  mehr  oder  minder  abweichen.    Auch  wird  an  die 
Griechiiche  I^achbildang  «rinnert  und  aa  die  e«  oft  ,iP»«gabraeMe 


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SalosUi  Opera  ed.  Fr.  D.  Geriacb.   YoL  III.  1149 


Aehnlichkcit  der  Sprache  des  Römers  mit  der  des  Griechen  Tbucy- 
didcs.  Wir  küimca  nicht  umhin,  über  diesen  Punlit  des  Verfs.  Worte 
niitzutheilen  (S.  831.):  „guae  omnia  ita  sunt  intelligmda ,  ut  quod 
Thucydidcs  primus  viam  tnteraf,  quam  In  historiü  eonscribmdii  sihi 
ingrediendam  esse  Salustius  judieaverat,  tanti  viri  esemplum  md  Sotlu- 
stianam  orationem  exomandatn  vaiutsse  ütmtum»  l^rnn  quae  notmuilonm 
fuit  opinio,  plurima  apud  Salusiium  ex  Graeois  esse  tranalata,  ea  toi* 
illorum  testimonio  refeUitw^  qui  in  eratione  eomponenda  Stüuntkm 
priscos  Latmos  scriptores  irprimisque  Catomm  seeuioa  comprvbav€^ 
nmt."  — 

Ton  nicht  geringer  Wichtiglceit  fär  die  Kritik  ist  die  andere 
Zugabe:  „Farietas  lectionü  e  eoditsbu»  FcrMiw  iMisque^"  S.  883  ff. 
Der  Verf.  entdeckte  nämlich  unter  der  Masse  der  m«  Paris  bcfindli« 
eben ,  bis  jetzt  von  keinem  Herausgeber  des  Sallust  benatzten  Hund- 
schriften (da  sie  auch  nach  des  Herausgebers  Versicherung  meistens 
aus  neuerer  Zeit  stammen  oder  nach  w^hlechten  Originalen  copirt 
sind  ,  daher  auch  in  abwaiekanden  Lesarten  faet  gar  nicht  von  an- 
dern durch  den  Herausgeber  befoita  verglichenen  Handschriften  ver- 
schieden find)  doch  einige,  die  ihrea  Alters  und  ihrer  Vorzuglich- 
kcit  wegen  allerdings  eine  nShmn  Collation  verdienten.  Diesem  Um- 
stände haben  wir  nun  eine  genaaa  Tergleichung  von  vier  der  lor- 
zügUchsten  Handschrifln  an  verdanken!  die  vollständige  Varietas 
aller  von  dorn  Verf.  in  der  Sckwois,  Italien  und  Frankreich  vergli- 
chenen Handschriften  aolka  vir  daim  eriialten ,  wenn  der  Verf.  auch 
die  Englischen  verglichen  lial.  Unter  jene  vier  Pariser  Handschrif- 
ten gehört  die  eine  nach  des  Terfs.  Versicherung  in  das  eilfte  Jahr- 
hundert (No.  5748.) ;  eine  andere ,  mit  No.  6085.  bezeichnete ,  ist  ihr 
sehr  ähnlich.  Die  dritte,  No.  6095,  ist  zwar  neuer,  aus  dem  An* 
fang"  des  fünfzehnten  Jahrhunderts,  aber  sie  scheint  nach  einer  vor- 
züglichen, älteren  Handschrift  copirt  zu  seyn,  und  gehört  dadurch 
mit  zu  den  vorzuglichen  Handschriften  des  Salluet.  Die  vierte,  die 
vorzüglichste  von  allen,  ist  eine  ans  der  Bibliothek  der  Sorbonne 
der  Königlichen  Bibliothek  einvcrU  ihte  (daher  auch  in  Montfaucon's 
Catalog  nicht  verzciehnetc)  HandKc  l>rift  aus  dein  neunten  udcr  aus 
dem  Anfang  des  zehnten  Jahrlumdci  ts ,  in  Grofsquart,  No  1576. 
Uebrigens  scheinen  doch  diese  vier  Handschriften  sämmtlicli  aus 
einer  gemeinsamen  Quelle  geflossen  zu  styn.  Von  diesen  vier  Hand- 
schriften theilt  nun  der  Verf.  die  volifitilndip^en  Farietas  Lectionis 
mit;  von  den  übrigen  toild.  nur  einzelne  Spcciminat  aus  denen  sich 
ein  Urtheil  uLcr  Beschafl'enheit,  Werth  und  Ansehen  der  Handschrift 
bilden  läfst.  An  diese  Collation  schliefst  sich  die  einer  Handschrift 
de«  Klosters  Einsidlen  in  der  Schweiz  ans  dem  zehnten  Jahrhundert, 
and  darum  von  keiner  g^crin/:^en  Bedeutung,  dann  die  einiger  Hand- 
schriften ans  St.  Gallen,  die  von  geringerem  Werthe  sind,  dabei 
•ehr  verstümmelt  und  nachlässig  geschrieben.  —  Am  Schlüsse  folgen 


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liMiii^egelMAMi  VvtaomMM«  Wßngmntß  dm  JB^cIpp  4«'  Hl* 

Wattige  AwiÄbeii  aU^r  SchrilMiUkr  »M^  iiaiMptiM  M  ab- 

aOTft  ««r  ami  ittaM  W«te       Hü  «iflicil^.  ^«^4 1  .»Hl 

KriÜlc  MüifHitoUeiai  ^gimifte»  ,«fd[t  Mm  m  l^oww 

wd  «I  mmtm  EmdnmOM  m  gdiiwpum  Wie  whh  Niill«  /rtüM 
nir  Sonunlang ,  Siehtwig  unA  Anonlniiiig  «ine«  solcbeo  hf^mfH 
ymUnmAmt  til«  im  wmB^        te,       AeMMp*  jMimciil  lull 

IN«  ÜBiiti»  irfekflü  tiur  mftMi  -nai  «r  ii^wufr  p«  »aMV^iiw 

«Ml  iNa  T«ii  fl«  MilMaimi»  4n  Irailaiii  ii,ifcv«a  JUadw  4Hi» 
gans  awleM  iQiwUU  «Mit,  aU  araptiaogUcli«  ««maaa  mi 
ni^.  8a  MMia  «cb  Atugaboa  anf  AnisiriMa«  iBhaa  4afr  dar  Tot 
to  MrifliMlaM  a«A  dia  Kiitik  vMattiali  waitaa  gßtßopiM^  wild. 
Ak  DttekaNUital  diasar  WfuanMo  IMaalar  dfeat  Jatt»  mmt^  m»  i*** 
nalnaar,  haffalHraadar  Taa«  ni«;  velahaia  Abar  alta  iia  «JifaartMU 
wM^  wakha  dia.flaBfa  Maba  dar  fiaaaai&aaff  ^aca  aa  aralt  alaMf- 
liah  '▼allatiadigea  brillaoliaa  A^famlm  mUM  «aaabaat  nad  daiaaiib 
deai  Taxt  «iaa  aricaadlidha  AqgäüadaBg  sa  gabaii  nwwaidii  hmhiß^ 
Unaar  Hamasgeber  gabM  aa  daa  üiieaigea,  dia  M.  dar  biitiaaNi 
Babaadlaag  «daa«  BtlmiMttMtm  AHaa,.  ivaa  idia  vaiattlMlaaiba 
Südte  «ad  lindar  .daOv  4td»ktm^  eifii«al«  atea  Maba  «ad 
waad  aaaabaaaa«  dia  aaaHnflIa  ImaibtiMari  ajr  Aaaaaa  Um  latamaa 
dar  WiaaanadMt  «ar  «iaaabaa»  dadi  iant  dbr  Aaidliaanaag  aia« 
aalabaa  FcaribNiaka  «aab  «ia  üetMhtti«  4aai  «i^abMaa  M^at 
lUgaa«  «arbaadaa  ai^a  ^üpgib  IKiai  aiir  mmk-mmk  wiaarbai  «al 
aMcb^Maalaa«  mim  aiaa  «aab  daaida      fatfaataa  Aaagabaaiaiwi 

SdMip  «dar  Idr  ■  ijbalawdiiiba  YaalaaaiigaiiN 

du  Bid  Ar. 


Bimtkungen  da  4kNa  MlHa  rfar  biiawi  Jdaa^fab  «aü  «ba  ÜMailiiiai 

ddL  S#  ba.  rbatn.)' 

Der  Verf.  erlaubt  sieb ,  seine  aa  eben  enabieaaaaa  Fofacboagea 
ia  dein  Gebiete  der  Analjreie  ia  diaaaa  Blätter a  aaaiuieigea. 


M  Ojamaauini.        d.  Aed. 


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9m  "Wwat  mumU  I«  M  DBtonwIiwgDit  Wb  mü  M  iie 
S^vWlttJtgM  aer  Zm&lMi  ia  ikf  B^ttakdihaiU  flu  ümi 
CtofenilaMo  mnA  tgMri  49t  Lehre  ^  i«o  C^inliiMlSoua  aa«  8« 
•M  «dioti  Mther  «wo  BnloBi»  WeiaÖArtner ,  ¥.  BMiapliaMea  Ii.  JL 
bcflirliMiet  weHka  mmi  «rteheinea  gviriliiifieh  «nler  düm  NunicBs 
Conbiiiationeh  an d  Tari ati onea  zu  l»«atllBii||^lfln  Sniaaiea» 

Der  Yerf,  hat  ticli  Iwalliti  dKeaMi  iSegcnstand  evaehupfenil,  aof 
elementareai  Wege  «ad  la  adnem  gaasea  ümlaage  sa  behandeln» 
Bad  glaubt  nldit  iMnrHiiDMaa»Me  Heitrfige  hierüber  gegeben  au  hahoai 
IKa  Beetimmting  der  JiaoieriBchen  A«tdri<Ae  iür  die  Zerfallua«» 
g^eo  mit  Wiied erhal angcn  bei  aus  ^e«efa1fMsenen  Elemeatea* 
oder  V  eri  ft  t  i  o  nen  zu  bcsti  mm  ten  Summen  niie  einer  be» 
«schränkten  Elementen  zahl,  die  der  Verf.  nicht  vorfand,  ist 
mitgetlieilt ,  und  iiichriaihc  Anwendung-aol  JPoijraoBliea  und  Wahiw 
achcinlichkeita-Rechnung  gemaciit. 

Bei  diesen  Untcrsuehunp-en  führte  der  Calcül  auf  ein  merkwür- 
diges Resultat,  wornach  die  Entwieklung  der  gebrochenen  Funettonen 
nicht  immer,  ^ie  man  glauben  aoUte,  uuendlicho,  aondern  auch 
endliche  Reihen  erzengt. 

Diese  nicht  zu  übersehende  Bemerkung  seigt  sich  auch  bei  an* 
dem  Untersuehiing-en ,  wie  au8  der  2tcn  und  dritten  Abhandlung'  mei- 
nes Differeutiulcaleüls  hervorgeht.  Die  weitere  Unters uchunp^  dieses 
Gegenstandes  scheint  nicht  ohne  wissenscbaftlichet  Interesse. 

Der  Untersuchung  über  die  Zerfällungen  der  Zahlen  ist  ein  Au- 
hang 'über  die  Blaxima  und  Minima  beigefügt,  welche  entstehen, 
wenn  die  Bestandfheile  der  zei  fülUca  Zahlen  als  Factorea  betrachtet 
und  ane  ihnen  Produrte  gebildet  werden.  Er  hat  si  der  Batdtiitung 
geffihH,  dafs  ein  Max  im  um  unter  den  MaxioMi  «ateteht ,  wenn  la 
einem  solchen  Prodnct  nur  die  Zahl  8,  «der  die  ffdAit  BMig|iolie  Aa» 
sahl  TOtt ^  Torhonmit;  ein  Mialmaia  ealiMl«  wena  die  falil* 
Inngiklaete  ein  Maziniom  ist. 

Die  awehe  IJalenadiQng  bat  dfo  Iftr  die  eoniblaileriielM  itaa- 
lj«i«  ea  «lehfige  Snanafvaag  doT  Terbiadangea  mit  «ad 
aliBe  Wlederhalnag^a  aam  Gegeaetaade. 

Ale  Meriier  gehörige  Afbeltea  aiad  ralmilielMt  aa  «taacat 

Biae  BBfU€>k1aaff<Biide  SamaSraagea  elie  dee  Herta  He^Hrtke 
8eh«eiae,  e.  deeeee  Aaaljde»  %U  Al^baadlaag»  MM.  aal  A  afe- 
eieller  VUl  rea  Hra.  Kranqp  bearbettei»  e.  Der  yeqnoniMlie  Leba» 
•ata  Toa  Hiadeabarg  UM. 

Biae  anabliSagige  atlgemeiae  Saanairaiigtwelie  iit  ia  dem  ror- 
licgeadea  Werke  mitgetheüt  Die  Aibeitea  dieser  ansgezeichneten 
Ifatheiaatiiier  aad  die  Wicbtigbdt  dieses  Gegenstandes  rechtfertigea 
Ualdaglicli  die  ihm  gcechenbte  Aufmerksamkeit,  lieber  Anwcadaag» 
AUgeaielabeit  und  Brauchbark(  it  der  mitgetheiiten SamaHraagtwelie 
▼erweist  der  Verf.  aaf  das  Werli  selbst. 


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ItSi  ScUckMle      Feidwekei«  r.  T«eiget. 


flitrkwdrdig  ist  der  Zaaaniineiili«D|^,  der  zwischen  den  Satt- 
menaiiBdrücken  der  Verbiodangen  mit  WiederholuBfea 
und  den  höhern  Unteriehieden  der  Potcnsen  einer  ver- 
äaderlichen  Gröfse  und  der  zwischen  den  SummenansdräulceB 
der  VerLindun«r(^ti  ohne  Wieder  Ii  olun  g^eii  and  swischea  da 
Dif  f  e  r  en  7  i  a  1  e  n  Her  Facultälen  lu-rrscht. 

Die  dritte  Untersuchung  ist  der  Sumniirung  einiger  ztiHammen- 
gesctster,  bisher  nicht  untersuchter,  Reihen  gewidmet,  die  in  ihrer 
Anwendung  auf  Wahrscheinlichkcits  -  Rechnung  und  auf  die  Sammh 
ruog  irgend  einer  Glieder-Anzahl  des  en  t w i c c  1  tea  Hino- 
miums  von  Wichtigkeit  und  grofser  Brauchbarkeit  sind. 

Schliefslich  ist  noch  zu  bemerken,  dafs  in  den  Tabellen  sa  §. T. 
und  11.  mehrere  Unrichtigkeiten  stehen  geblieben  sind ,  nnd  dafs 
deswegen  von  der  Buchhandlung  eine  Berichtigung» -Tabelle  gratü 
ausgegeben  werden  wird. 


Sehicktale  und  Beobachtungen  des  Feldwebels  v.  To  enges  während  da 
Rückzui^es  der  französischen  Armee  aus  Rufsland  bis  zu  seiner 
H  iederunkunft  auf  vaterländischem  Boden  i  %>om  ^ovembet  1812  ^ 
Aprü  1813.    Vm  und  88       kl  8. 

Unter  der  Vomoaaetiimg,  dftAi  dieiea  Büdikm  in  etn^gilM 
Sliiii«  lanteie  Wahrheit  enthalte»  wie  aas  der  Eialheliheit  dar  ft* 
a&hlang,  der  aamentlicben  Nennung  auhrerer  hetlieiligtifr  P^fiMMi 
und  der  Uebefelattlmniniig  mit  anderweitig  bekanaten  Thatnck« 
in  einem  hellen  Grade  wahracheiniich  wird ,  gewährt  damelbe  eise 
fatereeaaate  nnd  anterhalt«  nde  Leetüre.  .Man  kennt  zwar  im 
nueinen  daa  achreckllche  Elend»  wae  aus  der  Kriegslust  nnd  Erobc- 
mngasucbt  Napeleon'fl  herroiging,  allein  es  giebt  eine  weit  la- 
eehaulichere  Idee,  wenn  man  durch  aaaammenhaagende  Erzählon^ 
die  Schicksale  eines  Einzelnen  kennen  lernt«  dessen  physische  ud 
moralifche  Kräfte  gerade  nur  hinreichten «  alle  jene  Quaalen  iind 
Entbehrungen  aaszuhalten,  welche  die  Strenge  der  Kalte  und  cm 
stet«  verfolgender  anfs  höehste  erbitterter  Feind  in  einem  fO  WMjjl^ 
Uulfsmittel  darbietenden  Lande  herbeiführten.  , 

I 

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1 


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ti".  Ii.    H£1D£LB.  JAHRB.  s.  UT£RATUR.  18S1. 


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J9il|  Ge6rducAc  unrf  ^e/^nung'en  der  romitch-katholifektn 
Kirche,  kritisch  beleuchtet  von  C.  M.  Eitfinnchmid^  G^nasial' 
Professor  d.  Z.  zu  Schweinfurt  am  Main,  Neuttadt  an  dtr  Orla» 
bei  ff  Offner,  im.   XIF  i».  209  '  .  i     .     .  . 

Sehr  wichtig  f&r  die  Bildung  tarn  christlicbeo  Leben 
ist  die  zweek'riiüilisigeEinrichtoiig  der'flufeern  GoUesvereh- 
iting  oder  der  Liturgie.  Das  Erste  ist  zwar  immer  die 
innere  Religiosität,  der  auf  redlich  geprüfte  Ueberzeu- 
gtfng  gegründete; religiöse  Giaiibe  und  die  reine  gotl- 
aodfichtige  Liebe.  ^  ^\\  aber  *  dieselr  Glaube  iio4  dieee 
Liebe  lebendig  und  fhichibar  ftf  guteif  Handiongen  wer-» 
den,  so  bedarf  sie  auch  im  Oeffentlichen  und  Gemein- 
samen einer  steten  Anregung  und  Erneuerung.  Unter  die 
wirksamsten  lind  gemeinnützigsten  äufseren  Weckungs- 
und Stärkungsmittel  der  innern  Religion  gehört  daher  di« 
Liturgie.  Die  christliche  Kirche,  welche  das  Menschen* 
geschlecht  2a  dem  religiös-sittlichen  Denken  und  Wollen 
zu  erziehen  hat,  soll  deswegen  für  eine  zweckmäfsige 
Hinrichtung  derselben  eine  wachsame  Sorge  tragen.  Was 
den  Aberglauben  und  Unglauben  befördert,  deih  guten 
Geschmack  und  die  guten  Sitten  beleidigt^  ein^  geisi-» 
t(»dtenden  Meoh^nisainfli.o^er  sogar  icreligidse  Gedanken 
und  unsittliche  Gesinnungen  hervorbringt  ^  das  soll  mit 
strengem  Ernste  beseitigt  und  jede  liturgische  Function 
geistweckend  luid  geistYeredelnd  eingeleitet  werden.  AU- 
gemeine  ]^(orderung«a  m  die  Liluig^  sind  #  dafs  sie  auf 
eine  einfiiche ,  eiadringliohn  Belehrung  über  die  wich-^ 
tigsten  Wahrheiten  des  übersinnlichen  Lebens  gebauet 
sey,  aber  auch  durch  weise  Benutzung  der  ischönen 
Künste,  die  Dicht-  und  Redekunst,  Musik,  durch  wohl- 
giefiUi^e  Schönheit  des.  XfnnjK^ls  die  Gefühle  und  din 
Phantasie,  der  Glftu^g^en  ergreife«.  SieaoU  durch  Untere 
rieht,  Gesang,  Gebet  und  passende  religiöse  8ymbet#' 
SU  ehrfurchtsToller  Lieb^  gpg^  GpU  und  zor  wohlthätj|p 


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gereehlen  Liebe  gegen  die  MeMohen ,  mit  inaiger  Ver- 
ehnnig  itsn  Cfaiisli  eriiebeir  nd  die  'QeHiMhcnp  niil 
darchdriogender  und  stärkender  Begeisterung  erflUlen. 

Um  den  Aberglauben  und  Mechanismus,  weichte  für 
sinnliche,  geistig  träge  Menschen  so  gefährlich  sind, 
zu  verhüten,  sollte  kein  ausgedehntes,,  geprängvolles 
Ceremoniell,  keine  fremde»  dem  Volke  uoTers'äodliche 
Spmclie,  kein  Abheten  Torgesohriebet^r  ^  ifieder* 
kehrender  Formeln  in  den  Kirchen  gesehelich  werden«  Bei 
zweckmäfsiger ,  Ton  den  Umständen  zunächst  motivirter 
Ahuechslung  soU  die  Einheit  des  rt  ligiösen  Glaubens 
und  Wqilens,  es  soll  die  Hichtung  siuf  d*^  Eine  Kotht  j 
lirendige  iinvers^rt  erhnlten  werden.  Ferner  dürfen  die  I 
gottesdieosflichen  Vefsammlungen  picht  einmal  dnrch£r- 
bauungsreden  und  Predigten,  noch  weniger  durch  Oefeets- 
formulareund  dasGedächteifswerk  vieldeutiger  Glaubens- 
bekenntnisse gedehnt  bis  zur  Ermßdungf  und  Geistasab- 
spanaung  dauern.  Wer  wird  dadurc^h  sittliches  Selbstr 
wollen  qnd  Seib^tbandelp  in  dep  Gläubigen  «i  fördem 
^fßßß  t  wer  wir4  enfa  Nene  4ßq,unprotea|ant|schen  Waim 
erzeugen  wollen,  wie  wenn  es  zuvörderst  iiuf  das  opui 
operatwn  des  Kirchengehens  und  mehr  auf  mechanisch 
kirchliche  Feierlichkeiten ,  als  auf  selbstthäjlige  ^p8^ 
rui^  uad  Veredlung  ankomme. 

Wird  nach  diesen  Kriterien  die  Einriclitung  des 
katholischen  Cultus  benrtheilt,  so  kann  der  Unbefangene, 
leider,  kein  günstiges  Urtheii  ftllen.  Schon  vor  mehr 
ab  vierzig  Jahren  sprach  der  nnyergefsliche  Werk<» 
meist  er  als  katholische^  Hnfprediger  tod  Oansistnrisl» 
rath  zu  Stuttgart  in  seinen  Beiträgen  zur  Verbesserung  j 
der  katholischen  Liturgie  in  Deutschland  (LUm  1789. 
S.XV1I.)  öffentlich  folgendes  Urtheii  aus:  ,,Unsere  abend- 
ländische  Liturgie  hat  ihr  DaseyDi,  ihre  Vergrdfimiiiif 
mid  ihre  geschmaeklese  Zusammensetzung  meietena  dien 
-  Päpsten  ond  andern  rdmtsehen  Gelehrten  zuzuschreiben. 
Sie  hat  alle  Fehler,  die  die  Liturgie  nur  immer  haben 
K^ao.    Simplidtät,  Reinigkeil  der  Begriffe,  Ordnung 


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der  Theile  und  SchAoheH  deiGaozea  nuiii^a  ibr  überall. 
Jhkgegen  sielU  rie  uns  ein  verworrenes,  unziisammen- 

hängendes  Ganzes  dar,  worin  der  Geist  der  Kleiiifü|»:ig^ 
keit  Überali  herrscht.  Aiimählig^  durch  Päpste  vermehrt, 
i«i  sie  auch  iimner  mehr  verdorben  worden.  Sie  trägt 
naverkennbare  Sparen  aller,  roheo  Jahrhuoderle,  derea 
jedes  Toe  seiner  Hefe  etwas  an  die  Liturgie  anselaste 
oder  einen  ans  den  ersten  Zeilen  des  Christenthums  übrig 
gebliebenen  Zug  der  SchöuUeii  wegwisdite." 

^   Prof.  Bisenschmid ,  der  sich  schon  dnrch  mehrere 

grundliche  Arbeiten  über  die  katholische  Glaubenslehre 
als  einen  tüchtigen  Kämpfer  für  das  evangelische  Chri- 
stenthum bewährte,  hat  <lurch  die  früher  angezeigte 
und  beurtheilte  Bearbeitung  des  katholischen  AlefsbueheS' 
wie  durch  diese  neue  Schrift  sich  der  Mühe  untersqogen, 
auch  den  Werth  der  liturfifischen  Bucher  zn  untersuchen. 
Zur  gründlichen  Ueberzeugung  aller  Aufmerksamen  hob 
er  aut  h  in  dieser  Schrift  mehrere  Hauptpunkte  wörtlich 
aus,  fügte  eine  deutsche  üebersetzung  hinzu  und  suchte 
die  Richtigkeit  seiner  Urtheiie  gleiclisam  diplomatisch 
911  rechtfertigen.  Er  verkennt  nicht,  dafs  in  den  kaiho^ 
Bechen  liturgischen  Büchern  auch  gute  Gebetsformulare 
und  angemessene  religiöse  Symbole  vorkommen ;  nur 
werden  dieselben  dnrch  die  schwarzen  Wolken  der  feh- 
lerhaften zu  sehr  in  Schatten  gestellt, 
i 

In  der  Einleitung  (S.  1 — 5.)  werden  die  Eigen- 
schaften einer  zweckmäfsigen  Liturgie  und  der  historische 
Gang  der  fortwährenden  Erweiterung  des  kiiichlichen 
mtus  kurz  angegeben ;  dann  folgen  in  sechs  Abschntttea 
Betrachtungen  über  die  verschiedenen  Arten,  der  Ver« 
derbnisse,  nebst  Nach  Weisungen  derselben  durch  ansge«^ 
hobene  Stellen  aus  dem  Rituale  und  Pontyicale  roma^ 
uum;  aus  dem  Ccremoßiuie  episcnporum.  Auch  LM 
tres  rltuum  ecclesiaaticorum  ecclesiue  romanae  und 
die.  Rrilnalea  mehrerer  Oi^cesen.yon  BaierB  gebetfBei* 
Vräge.  .  , 


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1115  Prot  BmiellinMi  «ber  die  debriucli«  d«v  InllioU  Kitifte. 

Der  erste  Abschmit  (S.  8— -29.)  zeigt  den  unchrist- 
liehen,  lieblos  verdammenden  Geist  gegen  Ketzer  und 
alle  nicht  zu  der  katholischen  Kirche  gehörige  Mit- 
chrisi^O)  die  Aufdringuog  spitzfindiger  SchulmeinangeB 
ahnodiweDdigerGlaabenswahrheiten  bei  dea  geistlic^eB 
WeihttDgen  und  bei  der  AblegODg  des  kathoHscheirCIlaii- 
bensbekenntnisses ,  die  groben  anthropomorphftiscIieB 
Vorstellungen  von  Gott ,  die  Entstelhing  der  evangeli- 
schen Moral  durch  Mönchsmoral  und  durch  den  Heili- 
gendienst. Zu  der  unsittlichen  Moral  gehören  auch  die 
Gebete  der  Kirche.  daÜB  GoU  denen  •  welche  derseibeft 
irdische  Güter  scheokeiii  deswegen  den  christliclm 
Glanben  eingieftieii  und  die  ewige  Sehgkeit  scheokea 
möchte  (S.  118  —  120.). 

Im  sweiten  Abschnitte  (S.  30  —  116.)  wird  der 

Aberglauben  von  Anstiftung  aller  Arten  der  IJebel  durch 
den  Teufel,  und  von  den  kirchlichen  Schulz  -  und  Heil- 
mitteln dagegen;  ferner  verschiedene  Arten  der  Wei- 
hungen ,  wodurch  den  geweihten  Dingen  überirdische, 
heiligende  Kräfte  Yerliehen  werden,  angegeben.  Man 
lerne  hier  die  wahre  Hyperphysik,  wunderbar  mit  der 
Mystik  Ton  Eschenmaier  und  seinesgleichen  zusamineit- 
treffend. 

Wohin  n^ir  unsere  Blicke  richten,  überall  in  der 

Natur  hat  der  Teufel  sein  Spiel.  Derselbe  herrscht  nach 
dem  röiTii<;f  h  -  katholischen  Ritual  in  der  Luft,  im  Was- 
ser, im  Feuer,  im  Salze,  in  den  Menschen  und  im 
Viehe,  im  Donnerwetter  Und  Erdbeben,  in  efaelichsB 
Geschlechtsverhältnissen  und  in  neugebometf  Ktnfdeffi. 
Sehr  lesenswerth  zur  Kennfnirs  des  römischen  Aberglai- 
bens  ist  (S.  179  — 102.)  die  vorgeschriebene  Verfah- 
ruügsart,  die  Teufel  auszuheiberi.  Welche  Menge  vwt 
Bekreuzigungen  und  Besch  tvörungeni  weitiäniiges  Gebet 
über  den  mit  der  Stola  bedeckten  Besessenen!  vielfao|he 
Würfe  gegen  den  Feind  mit  unpa<9senden  Stetltti  ans  An 
Evangelien  und  Psalmen!  Um  das  Wasser  enr  Tüsfe 
braachbar  zu  machen,  bijid  ebenfalls  viele  Beuiühuogeo 


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Fknf.  EteeafdiiiiU,  filier  die  GeMiuelie  d«r  la^h  Kiwhe.  IMT 

r 

gegen  flen  Teafel ,  Anhanchangen  ,  Bekreuzig^ungen , 

Salbijri£;(n  des  Taufwassers,  viele  Lesungen  aus  den 
Evanjq;eiien  ,  aus  den  Ps?ilmen  nothwendig ;  lange  Ge- 
beteformulare ,  um  die  versteckte  iVlacht  des  Teufels  aus 
dem  Wasser  herauszuschaffen  (8.  36  ff.).  Sollte  er  nicht 
gewifs  vor  cler  Langweiligkeit  und  Lächerlichkeit  ent- 
fliehen? 

IdeuIiaireDde  Katholiken«  welche  in  den  Benedictio- 
neu  die  magische  MUtheilung  einer  heiligenden  Kraft 

in  den  geweihten  Dingden  leugnen ,  diese  nicht  als  wirk- 
same Schutzmittel  gegen  die  Hexerei  und  TeufeU  i  erken- 
nen, und  deswegen  die  Benedictiouen  als  blofse  Für- 
bitten der  Kirche  für  die  Bedürfnisse  der  Gläubigen  an-  ^ 
sehen  .  wollen:,,  sollten  nur  Berichtignag  ihrer  Meinung 
die  Benediction  der  Kerzen  (S.  44.) ,  des  Oels  (S.  46.) , 
des  heiligen  Dreikönigwassers  (S.4T),  des  Salzes  (S.56. 
12.),  des  Kreuzes  (S.  63.),  der  Bilder  (S.  65  ),  der 
Kräuter  (S.  67.),  des  Habers  und  der  Gerste  (S.  69.), 
des  Johannisweines  (S,  66.),  des  Viehes  am  Leonarda- 
Sebastian-  oder  Wendelinsfeste  (S.  '30.),  des  Hexennm- 
clies  (8, 74^,  der  behexten  Eheleute  (&15.),  eines  be- 
hexten Kindes  (S.  78.),  die  Segnung  zur  Vertreibung 
der  Gewitter  (S.  96.),  bei  der  Glockentaufe  (S.  114.) 
leseu.  Sehr  reich  an  Beschwörungen  des  Teufels  sind 
auch  die  Feierlichkeiten  bei  der  Einweihung  einer 
l^he  (&  105.). 

Im  dritten  Abschnitte  (S.  117 — 126.)  wird  aus  den 
Gebeten  bei  der  Ausspendung  der  Sakramente,  der  Taufe 
und  der  letzten  Oelung,  bei  der  Leichenfeier  ^  bei  dem 
Anssegnen  der  Sterbenden  und  bei  derGenerdabsolutioB 

(8.  125.126.)  gezeigt,  wie  sehr  in  der  katholischen  Li- 
turgie die  freie  Thätigkeit  des  Menschen  verkannt,  und 
ein  passives  Sich -heiligen -lassen- von  -  Aussen  befördert 
werde.  Dieselbe  Ansicht  offenbart  sich  auch  bei  den 
sahiloseii  Benedietionen-,  wo  man  durch  den  priesterli^ 
chen  Segenspruch,  durch  Besprengnng  des  Weihwae> 
sers,  durch  den  GenuDs  geweihtei  Speisen^  durch  das 


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1158    Prof.  Eiscnschniid ,  über  die  Gebräuche  der  kaihol.  Kirclie. 


Traden  geweihter  Kreuze,  Skapuliere,  Gürteln,  tlarch 
das  Anziehen  des  priesterlichen  Ornates  (§.  120.  121.) 
geheiligt 'werden  kann.  Je  passiver  der  Mensch»  desto 
fclayischer !  aber  auch  desto  Schlechterl 

Der  4te  Abschnilt  (8.  127  —  1380  weiset  das  Am- 
atöfsige  der  katholischen  Liturgie  gegen  die  Reehtf»  md 
Wurde  der  Regenten.    Dahin  rechnet  er  den  Vasallea«  i 
Eid  der  Bi^sehöfe  gegen  den  Papst,  wo  die  Bischöfe  sich 
vei  bindlich  machen  ,  die  Privilegien  und  das  Ansehen 
des  Papiütes  zu  vermehren,  die  Ketzer  und  Schisniatikef  ; 
nach  Kräften  zu  verfolgen;  ferner  die  Krönung^sce- 
renionien  der  Könige  (8*  133.);  die  Vorschriften  für  die 
Pürsten  und  fSr  sämmtKche  Sterbliche  in  Hinsitht  der 
Reverenz  gegen  die  Päpste  nach  dem  rdmischen  GHv- 
nionienbuche  (S.  131  ff.).    Alle  Sterbliche,  und  beson- 
ders die  Christglaubigen ,  von  welcher  Würde  und  Er- 
habenheit sie  immer  se;yn  mögen,  müssen  nach  der  Vor- 
schrift^ des  Ceremonienbuches  (8. 183«) >  sobald  sie  d<o 
Papst  cn  Gesicht  bekommen,  in  gehdrige^  BntfeniQi% 
drei  Mal  das' Knie  beugen,  und  zur  Ehre  unsers  Hei- 
landes JeJ^u  Christi ,  dessen  Statthalter  der  Papst  ist, 
dessen  Füfse  küssen.    Kaiser,  Könige,  Fürsten  ersten 
Ranges  ,  Gesandten  der  Fürsten  und  Mächte  werden  dis 
erste  Mal  auch  zum  Hand-  und  Mundkasse'  sagelaMi) 
die  Übrigen  nur  sum  FuAkusse.   DieCardinäle  kllMi  l 
die  Rechte,  die  Bischöfe  nur  das  Knie,  die  Kaiser,  Kl^  ' 
llilge  und  hohe  Fürstefi  H^nd  und  Fufs.  —  —  I 

Im  fünften  «Dd^secfasten  Abschnitte  (8. 189-^ Wt*) 

werden  noch  besondere  Betrachtungen  über  den  gf^* 
und  g^eschmneklosen  Inhalt  der  liturgischen  Hanciiung^efl 
und  über  die  Anhäufung  eines  kleinlichen,  cndloJ^eD 
Ceremoniengepränges  sngestelit«  Geschmacklos  ist  das 
unvernünftige  Zusammenstöppeln  aus  Psälmen  und  Bifarf*  . 
Versen ,  das  Unpasseoile  der  Anreden  und  Gebete  Hr 
Zeit  und  Ort.  So  wird  z.  B.  bei  der  Aussegnung 
Sterbenden  der  Triumphgesang  (Ps.  118,  .Vulgat.  11^0 


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Prof.  ilisenschmid ,  über  die  Gebrsacll«  M  lit^h  Kk«^.  tU 

*eines  Königs  über  die  Besiegung  der  Feinde  vprgelesen, 
und  der  eben  so  ttopasseode  P&  119,  Vulg.  118.)- 

Öei  den  Ordinationen  der  Kl erikffr  Wörden 
diese  noch  immer  zu  dt  in  Amte  eines  Thürhüters,  Leuch- 
tertr&gers,  Teufelsbanners  (Exorcisten)  geweiht. 
Bei  der  Einweihung  su  Exorcisten  y^\ril  den  Ordinanden 
cesafft  (S.  142.):  Mkket  wohl,  geliebteste  Söhne,  was 
ihr  empfanget  0er  TcüfersbanniJi'  Äöll  die  Teufel  auf- 
treiben und  dem  Volke  sagen,  wann  die  Nicht:- Comtint- 
nicirenden  Platz  zu  machen  haben,  nnd  mufs  Wasser 
bei  dem  Altardienste  eingiefsen.  Ihr  erhaltet  also  die 
Macht,  die  Hände  auf  die  Besessenen  zu  legen,  und  da- 
werden  dann  zugleich^  oMlIelst  der  W^cte  des 
Exorciimu«,  die  unrehien  Geister  von  den  fcdrporft  der 
Bef^essenen  vertrieben.  Wie  kann  zu  Verhannung  das 
rohesten  Äberglanbens  gewirkt  werden ,  wo  die  Kirche 
*^f#leichen  Ueberlieferuogen  immer  wiederholt,  und 
«Uetdiese  Kirche  filr  iufiittibel  gilt?  i 

Beider  Einweihung  der  Nonnen  (S.  146.  l4T.) 
ruft  der  Bischof  die  Jungfrauen  vor,  mit  der  Antiphone : 
Vertdbe  dich,  meiöe  Geliebte;  der  Winter  ist  verbau- 
ceti  das  Turteteh^JÄ  sitigt,  die  blttbenden  Rebhügel 
duften.  —  Nun  faftt  der  Bischrf  döll  Bing  mit  seimff 
Linken,  ^»terkt  ihn  an  den  Goldfinger  der  rechten  Harttt 
der  Jungfrauen  und  verlobt  sie  mit  Christus,  spreCll*»d: 
Ich  Teflobe  dich  mit  Jesus  Christus,  dem  Sohne  des 
bSdl^en  Vaters,  der  dich  unversehrt  bewahre.  Nimm 
den  Ritag  der  Ti^euev  das  Siegel  des  heiligen  Ger- 
rite«, damit  du  eitie  Braut  «ötfes  beiDiest,  uttd  tfunii  du 
ihm  treu  gedient,  in  Ewigkeit  geklont  Werdest.  Aineii. 
_  Hierauf  singet  die  Jungfrau:  Ihm  bin  ich  ▼erloM, 
dem  die  Engel  dienen ,  dessen  Schönheit  Sonne  und 
JÜUA&heml^m,  —  Sind  aUe  verlobt^  so  erheben  sie 
Wdh  ntcli  Kttieb4»«gtliig$  telgch  die  Hechte  vor, 

littd  sihfeen :  INiwA  «etueÄ  Bihg  bit  lliich  nHslo  Henr 
JfeöttH  mit  dem  Mahlschatz^  iteA4bt  und  ^to  Braut  mtt 
^der  Krone  geichmilÄt.  —  — :  Wird  durch  eoloh«  «J^ 


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1?fot  EümflmU»  über  di«  (^«bräupUe  ^p^k^ik^  Küche.  i 

4 

»tische  Spielereien  die  ^ipfache  Würde  des  cbri^tUcIiM 
Glaubens  uod  der  Tugend  bewüt^rHi}  . 

Bis  zjar  Bewunderung  seltsam  ist  die  Todten- 
vigil,  welche  in  der  Kirche  vor  dem  Seelenamt  am 
JBeerdigungstage^  am  dritten ,  siebenten  und  dreirsigsten, 
SO  wie  ab  den  jährlichen  Erinnerungstagen  (Anniversa* 
rien)  Abg^schiedeneo  in  aller  Eil^  abgebetet  od» 
öfter  abgeleiert  wird,  aus  den  ▼ersehiedenartigsfeD  Ben 
standtheüen  zusammengesetzt,  wie  S.  148  ff.  darthut. 

Als  .Muster  eines ,  er müd^d  langen  barocken  Cer^ 
'monleospisls  können  die  CeremoDiep  bei  der  Eioweihtiflg 
einer  Kirche  (S«  156  ff.)  aageeeheo  werden^      ,  / 

Unglaublich  mc^chte  es  seyn,  wie  w^eit  die  römischen 
Ceremonienmeister  es  in  dem  Oer emooieogep ränge  ge- 
bracht, und  wie  edir  sie  durch  deu'oerenienlöse&^Fttlik 
sogar  die  jOdischeii  BiafaMiier  fihertriaAeft'hUieo,'«wMi 
flieht  TbatMH^en  wr  Augen  lägen.'  Dbr  Verf.  giebt  de 
Belege  eines  endlosen  ,  theatralischen  Ceremonieprunkes 
nach  den  römischen  Kirchenbüchern  die  Schilderung  eines 
bischö^ichen  und  päpstlichen  H^^chaaites  (S.  166.  1901} 

Wenn  Christus  der  Stifter  unserer  einfaclien ,  geisti- 
gen Religion,  wieder  käme  und  eine  solche  ausgeartete 
Liturgie  sähe,  was  ^vüide  er  über  solche  Ausartung  ur- 
theilen?  £r,  weicher  lehrte ;  yf^n  ihr  betet,  sollt  ,^ir 
mcht  viele, .  leere  Wortei  machen ,  wie  die  ai^f  die  Mei^ 
der  Gebivte  yertrauenden  Heiden  X  ..  Was  würde  er  .  wijh 
tlieilen  Uber-  die  Vernachlänsignngs  des  .evaogelischeD 
Unterrichtes  und  über  die  Umwandlung  der  einfachen, 
rührenden  Abendmalsfeier  in  die  ceremoMiose,  durch  eine 
.unverständliche  Sprache  mecbanisirt^,  .^Messe  ?  \f[fß 
würde*  der  erhabene  Lehrer,  welcher  f^if •  V;ei:e|»rqa{ 
Gottes  im  Geiste  und  in  der;  Walur^.ei^  drang  t  fibef  d«n 
iheatriilischen  Pomp,  über  die  gerühmten  Schanstucke 
einer  geistlichen  Mimik  urtheil^n,  welche  die  Phantasie 
aufregen,  das  Herz  aber  ungebessert  lasse^n?  Das  Volk 
sollte  durch  den  C)vtt«s  zum.  Apdt^en  an  Got^  geführt, 
•HS  4er  XeratffiMQf  ysammelt,  m  miit^ 


1   

flilil 

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Prof.  Euenftclimld ,  ülier  die  Geliräuchc  der  liathol.  Kirche.  IMl 

gegen  die  Heiligkeit  Gottes  erhoben  und  in  der  treuen 
f  üic  Ii  (erfüll  ung  gestärkt  werden.  IVeiciie  schwere  Ver- 
bindiichkeit  haben  deswegen  die  Kirchenrorstände ,  da0 
SiUei|>verdBrbiiche»  das  Geisttödtend^t^da^  Geschmack- 
lose aus  dein  CuUus .  der  chri^ÜicheD  Kirche  a  ent- 
fernen!  .  ... 

Vor  mehr  als  vierzig  Jahren  sprach  der  hellsehende,  . 
i^edKch  gesinnte  Werkmeister!  ,,Es  wäre  Zeit,  dafs  die 
deutschen  Bischöfe  auf  die  grofse  Ln Vollkommenheit  un- 
serer religiösen  Atistalteti,  auf  die  nur  ailzusichtharen 
Mängel  und  Mifsbräuche  unserer  Liturgie  aufmerksam 
wurden.  Was  wäre  mehr  za  wünschen,  als  dafs  sie 
ihre  bischöflichen  Rechte,  die  sie  in  nenern  Zeiten  bei 
mehr  als  einer  wichtigen  Gelegefnheit  wieder  ata  sich  su 
bringen  versuchten,  auch  in  diesem  Stücke  geltend  mach- 
ten! Wir  haben  von  Rpm  keine  wahre  Ver- 
besserung der  Liturgie  zu  hoffen.  Wenn  die 
Rdmer  amk  jenen  Grad  der  Aufklärung  erreicht  hätten, 
der  den  Deutschen  nunmehr,  die  Unvolikommpuheit  ihrer 
Liturgie  so  fühlbar  macht,  so  würde  doch  da^  Interesse 
sie  abhalten,  einen  so  wichtigen  Pfeiler  ihrer  Prätensio- 
'  nen ,  wie  die  Lituig^ie  ist ,  selbst  einzureifhen.  Verbesse- 
rungen der  deutschen  Liturgie  können  also  nur  von  deut- 
siiken  Fürsten  oder  deutschen  Bischöfen  erwartet  werdeoi 
liYid  es  wäre  lächerlich,  wenn  sie  sich  diirch  die  Schlüsse 
älterer '  Ktrchenrä'the,  die  die  Bedürfnisse  des  18ten 
Jahrhunderls  nicht  voraussehen  konnten,  oder  durch  den 
irrigen  Wahn  von  Einförmigkeit,  der  nirgends  weniger 
nis  in  der  Liturgie  statt  linden  kann,  davon  abschröckeo 
lassen  wollten'*  (Beiträge  &  XVUL  XiX.). 

♦ 

^^r  verdiensliich  und  der  innigsten  Achtung  werth 
^  waren  die  Bemühungen  des  letzten  Generalvicars  von  Con* 
stonv,  im  Vareipe  mit  mehreren  aufgeklärten  katholischen 
Geistlichen  für  die  Verbesserung  der  katholischen  tiiftur» 
g\e.  Allein,  wie  Werkmeiste;r  richtig  sagte:  „Rom  ist 
den  Verbesserungen  nicht  hold!'*  Der  romische  Hof 
wendete  aiie  ihfn  2u  Gfibote  stehenden  Mittel  an^  um  den 


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im 


Dr.  Riihr  s  Chriitoiog.  und  andere  Predigten. 


verhafsteii  Reformator  der  deutschen  Kirche  zu  entferueo, 
und,  tvo  möglich,  dea  statm  quo  in Deu tächiaod  wieder 
faerzttsteUen.  Was  fordert  in  solchem  Zuilande  das  Besle 
der  christlichen  GIfiubigent  Midhf  das  Pocheo  auf  eioe 
infallible,  dorch  den  Hi&iligeti  Öeistyor  sfleii  wes^iit* 
liehen  Irrungen  bewahrte  Kirche  führt  zum  Heile.  Der 
Anfang  des  Heiles  ist  unbefangene  Erkenntnifs  der  herr- 
schenden Gebrechen  und  redlicher,  standhafter  Wille  aar 
Verbesserung  derselben,  , 

Dr.  Paulus, 


1}   Ckriaiologiaehe  Predigten  oder  geietlic he  Reden  ühtr 
da»  Leben,  den  fVandel ,  die  Lehre  und  die  Verdienste 
Jesu  Christi,  gehatten  von  Dr.  Joh,  Fr.  Röhr,  Oberhofprcd., 
\      Obcrconsistorial  -  und  fCtrehenrutk  au  H'eimor.    Hoetmar  ^  btiBe§- 
mann,  ISSi.   XVl  ik  263  6.. 

» 

S)  PrmUgt  am  inletfeffe  iler  Jugsburgiteken  Cotifeedmii  ISM.  im  VMr 
Jlff^pf  •  vM  StaMirek9  s»  fTHmar  gatUm  «M  Dr.  f.  Fr.  B^ki» 
Nwtiadi  cir.  il.  Ma,  M  Wagtur.  Si  8.  la  8« 

•  ~       ■  • 

Mil  Rfihrnng  erinnert  sich  Ree.  hei  dem  Zweek^ 

und  Ton  dieser  wahrhaft  christlich  belehrenden  Kanzel- 
vorti  ig-e  an  die  gleichgestimmten  Predigten  des  frühe 
ge.storbenen  General Superintendenten  Dr.  I!<öffier  zv 
Gotha,  als  an  gediegene  Beispiele  erst  gründlich  durch' 
dachter  und  dann  auch  tief  gefühlter  Erweckungen  das 
^christlich  religiösen  Denkens  und  Wollens.  Welch  da 
Glück  für  Weimar  und  Gotha ,  nach  Herder  and  Lölfler 
gleichgestimmte,  würdij^e  Nachfolger  zu  hören,  und 
mehrere  Generationen  hindurch  an  das  Vernünftig-Erliau- 
liehe  gewöhnt  zu  werden.  Im  Gegensatz  nämlich  gegen 
eine  Üoaahl  dogmatischer  und  mjrstlscher  Frt^gMf 
welche  entweder  ein  sich  wtllkllf  lieh,  hingebendes  6ta^ 
ben  des  Unglaublichen  zur  Hauptsache  machen  ,  oder 
grundlose,  häufig  nur  selhstsüchtige  Einbildungen  für 
vermeintlich  Auserwählte  und  gleichsam  von  Gott  Privi- 
legirte  Terbreiten,  ist  nichts  mehr  BeAffnifs^  ab  dab 


i 


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l)r.  Kohrs  Chrütolog.  aad  andere  Predigten. 


die  Beispiele  kirchlicher  Erbaiiungsreden  vermehrt  wer- 
den, welche  das  Glaubrwilrdige ,  Gefeterhebende  und 
den  Willen  Besserode  der  urchrtstlichen  Religion  durch 
Benatzung  seiner  Geschichte  und*  Lehret  fahr« ogen  ein- 
dringlich zu  machen  lehren,  mit  der  allein  für  Ueber- 
zpiigiing  wirksamen  Abf^icht,  übrrall  die  wesentlichen 
Religions^tze ,  wie  sie  in  der  Bibel  allmählich  deutli- 
cher gemacht  worden  simi ,  in  ihrer  Harmonie  mit  den 
rieh  seildem  fortbildenden  menschlichen  Erkenntnissen 
zu  zeigen.  Denn  woliin  m&(l^te  es  (wahrscheinlich  bald 
unter  unsem  ^elbstdenkend  werdenden  Zeitgenossen)  mit 
der  Christuslehre  und  mit  der  ganzen  Wirksjamkt^it  des 
geistlichen  Standes  kommen,  wenn  immer  nur  der  un- 
glaubliche und  der  sitlHch  unfruchtbarste  Theil  der  Kir* 
chenlehreD  als  das  Unentbehrliche  erschallen  solltet 

OeffentHch  genug  bekannte  Anmafsungen  ▼ernanft« 
Bcbener  Unfehlbmrkeits- Gläubiger^  welche  allein  das 
E^Dgelium  rein  zu  yerkfindigen,  behaupten,  ▼eranlafs- 

den- Verf.  in  seinem  Magazin  für  christliche 
Prediger  (2.  B.  I.  St  S.  1  ff.)  ausführlicher  darzu- 
thnn :  Was  „Christuni  prjedigen'*  eigentlich 
keifse?  Er  erklärte  in  Bezug  auf  jene  Behaupter  einer 
^^^egengesetzten  Ansicht  bestimmt  folgendes:  ,,Sie 
^tieil  nicht  den  Christus  der  heiligen  Urkun- 
«<*n,  soiidein  das  unwahre  und  unhistorische  Gebilde, 
""welches  ihre  (mystisch-)  dogmatische  Schule  von  Ihm 
aufstellt;  nicht  ienen  erhabenen  Menschen-  und  Gottes« 
Sohn,  für  welchen  Er  sich  selbst  gab,  sondern  das  ab- 
göttische Idol ,  wozu  Ihn  antibiblische  Kirchenlehren . 
^obett;  nichi  den  göttlichen  Gesandten,  welchen  der 
TitÄr  mit  Geist  und  Kraft  zu  grofsen  Thaten  auf  Erden 
^'bte  (Apostg.  10 ,  38.) ,  sond  em  den  wesentlichen  Mit- 
if^Qlfen  desselben  bei  der  Schöpfung,  Erhaltung  und 
Regierung  der  Welt,  den  eine  rohe  Deutung  morgen« 
jändiscKer  Denk^  und  Redeweise  aus  Ihm  machte;  nicht 
^  ernsten  Verkftndiger  geisterleuchtender  und  herz- 
^rcdelnder  Wahrheit,  wie  ihn  die  Evangelien  schiidern^ 


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sondern  den  übermüden  Gnadenpred ige r ,  m  welehem 
Ihn  sittliche  Trägheit  herabwürdigt;  nicht  den  unerbitt- 
lichen Bekämpfer  der  Sünde  und  des  Lasters,  wie  Er 
unter  seinem  verdorbeaeo  Geschlechte  wirklich  auftral| 
flondetn  einen  Bufser  meosc^licher  Schuld  und  Strafe^ 
darch  dessen  SteHvertretaBf  sich  die,  freche  Boshek 
(oder  träge  Schwäche)  gerne  decken  möchte;  nicht  diS 
begeisternde  iVIusterbihl  eines  göttlichen  Sinnes  und  Wan- 
dels, an  dem  sich  jeder  Sittlich  -  schw^ache  zu  gleichem 
Streben  aufrichten  soll,  sondern  einen  geialligen  Sun* 
dendtener  (Gal.  2^  lt.),  welcher  mit  seinem  Thon  und 
Leiden  für  jeden  (welcher  seiaerjGewissensangst  gerne 
los  wäre)  einstehe;  nicht  den  Heiland  der  Welt,  der 
sich  um  die  Heiligung  und  VervoUkommnung  der  Geister 
die  umfassendsten  Widieubte  erwarb,  sondern  den  Helfer 
und  Mittler,  der  für  den  schlechtesten  Theil  derselben 
nur  das  £ine  Verdienst  hätte ,  ihm  ohtie  eigenes  Zuthnn 
den  Weg  zu  Gottes  Gnade  immer  offen  zu  halten.* 

Nunmehr  zeigt  der  Ver£  in  diesen  Beispielen  acht 
christlicher  Predigten  durch  stete  Hinweisuog  auf  die 
heiligen  Urkunde^  des  Christenthums  Sjellisti 

dafs  auch  die  Evangelisten  und  Apostel  Christum 
nicht  anders  verkündigten  und  predigten ,  als  er  Ihn 
nach  Person,  Lehre,  Leben  und  Leiden  zu  schildern 
beflissen  ist.  Wenn  gleich  die  Verbältnisse  und  Bedürf- 
nisse ihrer  Zeit  im  Einzelnen  eine  etwas  abweichende 
'  Darstelluttgsart  ndlhig  machten,  so  hielten  sie  doch-<iia 
Allgemeinen  stets  den  Grundsatz  fest:  „Nur  dann  könne 
von  einer  ächtchristlichen  und  sittlich -fruchtbaren  Be- 
trachtung der  Person  und  des  Lebens  Jesu  die  Rede 
seyn,  wenn. man  nicht  aus  der  Acht  lasse,  dafs  sich 
in  beiden  das  Menschliche  mit  dem  Göttli- 
chen verband*.  Die,  welche  dies  leugnen  nnd  dfe 
'  evangelischen  und  apostolischen  Aeufserungen  fiber  den 
eingebornen  Sohn  Gottes  nach  ihren  (aus  den 
unwissenderen  Zeiten  der  Kirche)  vorgefafsten  Meinun- 
gen  deuten,  müssen  die  klarsten  und  einfachsten  Schrift- 


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Dr.  ttdlir*ki  diristolog.  und  widm  Piedig^B.  IM 

stellen,  welche  ihnen  dabei  entg-e^entreten ,  geradehin 
wegleiig^nen.  Wenn  sie  aber  ihita  Schrift  Verdre- 
hungen durch  angebliche  Uebereinstiniiiiuo|^  derselben 
mit  kbrchlichen  Symboleo  ein  besonderes  Gewichl  za 
geben  suchen,  so  mflfeten  sie  vor  allen  Diagen  beweisen, 
was  nicht  zu  beweisen  ist,  nSmlich  dafs  diese  Symbole, 
neben  der  protestantisch  -  evangelischen  Forderung;  die 
hellige  Schrift  aus  sich  selbst,  niclit  aber  aus 
l(irchiicheu  Traditionen  zu  erklären,  das  mit  der 
fortdauernden  Forschnngsfreiheit  unverträgliche,  eine  At 
alle  Zeiten  unTeränderUche  und  systemmäfslge  Scimfter^ 
Uäriing  feststellen.'*  ^  - 

Als  Bestätigung  dieser  Ansichten  ermuntert  der  Verf. 
au  einem  eifrigen  Studium  einer,  wie  es  scheint,  fast 
ganz  vergessenen  Schrift  eines  unserer  ehrwürdigsten 
Oottesgelehrten ,  des  Antistes  HeTs,  dessen  Darstellung : 

„Ueber  Lehre,  Thaten  und  Schicksale  unsers  Herrn* 
u. 8.  w.  (einige  exegetische  und  philosophische  Mängel 
abgerechnet)  auch  unserer  Zeit  noch  zu  der  Ueberzeu- 
gung  helfen  kann,. dafs  sich  der  gegründete  Glaube  an 
die  Göttlichkeit  der  durch  Christus  geschehenen 
Offenbarung  mit  einer  vernunftmafsigen  Auffas- 
sung und  Prüfung  ihres  geschichtlichen  und  sach- 
lichen Inhalts  auf  das  Innigste  vereinigen  lasse. 

Des  Verfs.  Beispiele  zeigep  vornfimlich  bei  derglei- 
oben  IPestpredigttexten ,  aus  denen  der  herkdmmlicUe 

Schlendrian  nur  für  die  Verwunderungssucht  einige  Er- 
regung des  Erstaunens  abzuleiten  weifs,  das  wahrhaft 
erbauliche  und  christliche,  wie  ein  jeder  solcher  Theil 
der  Christusgeschichte  bleibend  -  wahre  und  dringende 
Grwägungen  filr  daa  pralitisclie  Leben  des  Christen  ent^ 
ludte  und  yeranlaasA  Gerade  iiir  selche  Tage,  wie 
Weihnachten,  Charfreitag, Osterfest,  Himmelfahrt, 

« 

■  Beiläufig  mficbte  Ree.  wohl  fragen ,  ob  ee  denn  für  uns  teutßch« 
Christen  nicht  zweckmäfaiger  ^ärc,  jene  Feste  mit  tciitsi  hen 
und  solchen  BeDennangen  za  bczeiclineo,  welche,  ^ubdid  man 


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llt»9  H^ihr'a  Christolog.  und  andere  Predigten. 

Pfio^ifeft  U.S.W,  sind  mehrere  Predigten  gegeben ^  ^^f 
einander  gleichsam  ergänzen  und  folglich  zeigen^  wiÜ 
fiber  4en  nämlichen,  sonslfür  schwierig  gehaltenen  Ge- 
genstand mehrere  gottandächlige  Betrachtungen,  etwa 

in  verschiedenen  Jahren ,  der  Gemeinde  vorgehalten  wer- 
den können. 

• 

Ree.  kann  sich  wohl  denken ,  dafs  maaohe  dieier 
Materjen  auch  anafytiacher,.  mit  mehr  VergegeEwRrdr 
gung  der  hiatoriscben  Thälmchen,  dnrch  welche  «idi 

viele  Zuhörer  gar  gerne  in  die  alte  Wirkliclikeit ,  wie 
anschaulich,  zurückfQhren  lassen  möchten,  auch  viel- 
leicht populärer,  aufregender,  unrl  mit  einer  weniger 
sichtbaren  Auszeichnnog  der  logikalischen  AbtheiluDgei 
rednerisch  behaodelt  werden  könnten.  Dem  VerC.ab^ 
ist  es^  mit  Recht,  vorzüglich  nm  das  Belehrende  «B^ 
Ueberweist  Ilde  zu  thun ;  und  wer  ihn  nachahmt,  darf 
nicht  vergessen ,  wie  sehr  die  würdige  feste  HaltuBg 
eines  solchen  tief  Uberzeugteb  Mannes  in  dem  lebendigea 
Vortrag  seiDe  Wahrheiten  belebt  und  den  Herzen  näher 
bringt  9  wogegen  dem  Leser  solcher  inhaitsreichon  PrO' 
digten  die  Erregung  seiner  Eippfindnn^ea  mel^r.  eeUjit 
überlassen  sejn  mufs. 

Schwer  ist  s  in  der  That;  Eine  dieser  Heden  vor  ciea 
andern  ansmzei^^bjven.  Doch.  pM^ht^n  .wir, et w»  folgoi4^ 
zuerst  zn  lesen  aufmuntern :   3)  Die  kindlichen  Eigeor 

*  thÖmlichkeiten  Jesu  (als  zwölfjährig),  verglichen 
der  Uns  umgebenden  Kinderwelt  (die  jetzt  eben  nicb 
sehr  zur  Verähuiichung  mit  4em  wifsbegierigen  ,  folgr 
samenf  Knaben  Jesus  erzogen  erscheint).   5)  Die  fSiff 


•ie  hört,  den  Zweck  de«  FeetM  Itennliar  ninchtai.  Flrage 
4acli ,  wie  wenige  Jener  ollbeletteB  Mniett  »iehtig  efeh  fe 
ktenta;  nni.  w«He  4sgeg|Bil  aidik  der  Sinn  «ogleid  klac  ee^ 
wenn  man  Tom  Gebartsfeit,  der  Todeefeler,  4em  Aufenfe«' 
knogltag,  der  Verkerrlichungsfeier  Jesu ,  and  von  dem  Begel- 
sterungilfeet  der  ersten  ^Christen  —  spräche 'i^  Oder  Ut  nnd 
bleibt  gerade  das  Unverständlichere  das  S«vliaiaei|4e t  ^enmilss 
Uelldank«!  CUngeweiketc»  Pekaglicket 

» 


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Dr.  Wlir*i  C|iiiirtol<v       äste»  Pr«iligteiv.  im 

•t 

lidMi  MftdU  Einsdner  Uber  ADilere.  (Eid  Beispiel  eiaer 
Wnnderpredigt  fiber  Luk.  4,81  —  44.)   1)  Der  Glaube 

Christi  an  das  ursprungliche  Gute  des.meuschiichen  Her- 
zens. (Denn  sonderbar  genug  mufste  unsern  nur  vom 
Bösen  ausgehenden  Theologen ,  wenn  sie  ohne  vorgefaiste 
/Dogmen  die  Bibel  läsen  ^  die  unleugbare  Bemerkung  in 
den  Weg  treten,  dafs  J^s,  einer  riohen  Volksmenge 
redend)  doch  nie  von  der  Erbsünde v  nie  von  einem  un« 
überwindlichen  Verderben  ihnen  vorgejammert,  vielmehr 
immerfort  von  der  Rechtschiiilenheit  und  Gott  nachah- 
menden WiilensvolUiommenheit  begonnen,  und  da^uA^le 
al/i  Fähige  aufgemuntert  hat!)  8)  Die  Lehre  unsere 
Iferrn  {Iber  Vergebung  der  Senden,  15)  Der  unend« 
Hohe  Gewinn,  welchen  die  Auferstehung  Jesu  der  christ- 
lichen Welt  brachte.  Die  unter  No.  6.  wiedergegcbeae 
treffliche  Zeitbelehrung:  Jesus  als  Freund  der 
Vernunft  in  religiösen  Dingen!  ist  ohnehii^ 
bekannt ,  und  kann  ak  Eifijieituii^  in  das  Ganse  betrachn 
t^.  werden* 

Eine  Bemerkung  erlaubt  sich  Ree. ,  wie  man  leicht 
seheo  wird»,  aiua  persönlichem,  doch  aber  auch  aus  all- 
gemeinerem Interesse.  Sehr  richtig  erinnert  S.  188. 
vom  der  Oster-  (oder;  Auferstehungs-)  Freude:  „Be- 
einträchtigt sie  Euch  nicht  selbst  durch  vorwitzi- 
ges und  nutzloses  Grübeln  über  den  eigentli- 
chen Hergang  der  grofsen  Thatsach?«  virelcber ' 
Eure  goitandäohtige  Oj^terfrendje  gilt.  ^  Allerdings 
ist  in  Vortrsigea  für  eine  ganze  „Gemeinde**  nur 
das  ^weckmäfsig  zu  sagen,  ^vas  allen  gemeinschaft- 
lich wahr  (oder  überzeugend)  und  erbaulich  (oder, 
zum  Nachdenken  förderlich)  gemacht  werden  kann. 
Hierzu  ist  die  Gewifsheit  der  Thatsache  unentb^hr'^ 
li^h.  Diefe  beruhe  auf  den  yiel^ch^il,  nicht,  täuschep«- 
dem  '  Erscheinungen  des  Wiederlebenden  ,  vor  .  Zeil** 
g^en,  die  es  gar  nicht  erwartet  hatten,  also  nicht  von 
der  Einbildungskraft  geleitet  wurden,  vielmehr  selbst 
durch  das  begehrte  und  gerne  gewährte  Befühlen  sich 


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IttS 


B^,  Mltf's  Cbrlitol^.  mil  andere  Predi|Btea. 


Ton  der  identischen  Körperlichkeit  so  überzeagten, 
dafs  auch  die,  welche  eben  dies  nicht  mehr  zu  sehen 
und  zu  filhien  vermögen  ^  nun  mit  Grund  dpch  der 
Genauigkeit  ihres  Untersuchens  glauben  können:  Ton 
Möglichkeite'ii  aber,  urie  dieser  Erfolge  tfeine  in 
Naturkräften  gegründete  Ursache  gehabt  haben  kSnne, 
würde  ich  ,  wenn  ich  noch  so  oft  über  d^e  Auferste- 
hungstige  zu  predigen  hätte,  schwerlich  je  vor  der 
Gemeinde  reden;  und  zwar  nicht  aus  Furcht  vor  den 
Verketzerern,  sondern  vregeii  einer  -doppelten  Rf|pel. 
Erstens :  der  Lehrer  soU  nicht  Nachsprecher',  flonimi 
Ueberzengte  machen  wollen.  Puiglich  soll  er  S  n  dar 
Geineinschaftlichkeit  nur  das  saj2;rn  ,  worüber  er 
allen  Aufmerksamen  Ueberzeugun^  beibringen  zu  kön- 
nen voraussieht  Zweitens:  der  Lehrer  soll  nicht  durch 
Aufreizungen  einer  Neugierde,  .'welche  doch  nicht  ent- 
scheidend zn  befrkdigen  Ist,  .zerstreuen, Ti^lmfehf  dnnch 
dte,  was  gewifs  gemadit  werdcte  kann,  Efbatinng  (Er- 
hebung des  \  erStandes  und  Willens  zum  höheren  Wah- 
rea  und  Guten)  zu  bewirkeu  tr^ichteii. 

Aber  ebcfn  so  wenig  w&rde  ich ,  ' in  einen'  solchen 
Gemeinde- Vortrag  Stellen  einflechten ,  wie  folgende 
sind  :  „Und  so  dünkte  es  nicht  Wenigen  nach  den 
Sadducäern  wenigstens  der  Mühe  werth,  die 
Auferstehung  ttnsers  Herrn  tn  das'Gebiet  des  Be- 
grelftichen  zu  zieheti,  vnd  über  dici  Mdg^KcliKbii 
vad'den  wahren  Hergang  dersefben  allerhand  un- 
gehöriges zu  wähnen  und  zu  träumen.  .  .  Es  er- 
weiset sich  auch  dieses  Rathen  und  Meinen  über  die 
eigentliche  Beschaffenheit  der  Sache  als  vermehrt 
vnd  zwecklos,  weil  ja  doch,; so  lango  dies  als  oo- 
nrnstOfslich  gdträ  mufs,  dafs  Goti  Cliristbm  yoii'  di»i 
Todlen  anferweckte ,  nichts  in  der  Weli  mit.  der  emg 


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NM4.   HElDfiLB.  JAHB&  0.  LITERATUR.  1831. 


Dr.  Röhr' 8  Christologinche  und  andere  Predigten, 

(^Besehlu/  t.J 

Mit  alier  Verehrung ,  die  ich  für  den  Verf.  iinaus- 
gesetsl  habe,  gebe  ich  folgende  Betrachkui|^ea  zu  be- 
deidLcn :  Oer  Glaube)*  dafs  GoU, Christas  von  den  Todtea 
erweeb  habe,  kam  fad  oaehdeiikeDdeD  Znhcireni  nicht 

unentwickelt  bldben.  Sie  werden  sich  vielmehr  fragen  : 
Sollen  wir  diese  Wiederbelebung  so  denken,  wie  alles, 
was  geschieht,  nicht  ohne  Gott,  das  ist,  nur  durch  den 
Zasammenhang  der  unYollkonmienen  Kräfte  mit  Gott  als 
dem  ToHkommeimi  Kraftweseo  geschieht  9'  Oder  haben 
wir  an  denken,  dsfs  diese  Thatsache  .durch  einen  anders^ 
artigen,  nichtbegreiflichen  Einflnfs  der  vollkommenen 
Kraft  erfolgt  sey?  Die  Behauptung,  dafs  jener  unbe- 
streitbare Erfolg  in  das  Gebiet  des  Unbegreiflichen  ^e- 
hdre^  oder  als  Etwas  für  immer  UnbegreiHiches  gesche» 
hen  scgr,  können  die  Nachd^kenden  doch  nnr  alsdann 
«onAmen,  wenn  sie  erst  versucht  haben,  ob  das  Be- 
wirkte durch  keine  begreifliche  Möglichkeit  von  zusam- 
menwirkenden Ursachen  aus  der  uns  bekannten  göttlichen 
Weltordnung,  das  heifst,  von  dem  re^efmäfsigen  Zu- 
sammenhang der  vielfachen.  Naturkräfte  mit  Gott,  abzu- 
leiten sey?  Ilenn  von  dem  Unb^reiflichen  ^t  iloch 
nicht  eher  zu  reden ,  bis  man  im  Gebiet  des  Begreifll« 
eheu  die  Mdglichkeiten  aufgesucht  liat,  und  durchaus 
keine  zu  finden  gewUb  ist.  Auf  jeden  Fall  wäre  dem- 
nach das  Rathen  über  be/E^reifliche  Ursachen  des  Erfolgs 
nicht  zwecklos,  noch  weniger  etwas  Verkehr- 
tes, weil  selbst  der  Zweck,  eine  Unbegreiflichkeit  der 
Thatsache  au  behaupten,  nicht  au  erreichen  ist,  ohne 
dafs  alle  (nicht  gana  nngehdrige)  Versuche,  sie  au  b^ 
greifen,  vergeblich  gemacht  wären.  Es  scheint  also  da« 
durch ,  dafs  man  die  Auferstehung  Jesu  vjorerst  im  Gebiet 
ÜXIV.  Jahig.  12.  Heft.  t4 


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1110  Dr.  Rdhr*f  Chrittoli^.  and  ftndere  Pf^^igten. 

des  Begreiflichen  aufzufiadea  sucht,  so  gar  nichts  Ver- 
kehrtes zu  geschehen,  dafs  vielmehr  dergleichen  Ver- 
suche in  der  Gedankenordnang  das  Erste  seyn  mösseu; 
wie  mao  überhaupt  onr  Tom  bi)jahenden  oder-positiveD 
eum  verneinenden  (s.  B,  vom  Gnten  zum  B5sen  al$  dem 
Gegensatz  des  Guten)  nur  vom  Begreiflichen  zum  Un- 
begreiflichen übergehen  kann.    Folglich,  dünkt  mich, 
dürfte  —  wenn  man  je  vor  einer  gemischten  Gemeinde 
f llberhaupi  auf  erregte  Zweifel  und  SttHMtigkeiten-  eine  An« 
spielung  zu  machen ,  flir  gut  findet      nur  ihiAuf  fest  m 
halten  sej^n,  dafa  die  Thsrteaehe.  ihmh  -Zeugen  uud 
•Umstände  so  gewifs  sey,  als  irgend  ein  geschichtlicher 
Erfolg  gewiiä  gemacht  werden  könne,  wenn  gleich  die 
bewirkenden  Ursachen  keinem  der  Ueberlieferer  bekaoat 
waren.  Folglich  solle  die  Gemeinde  sich  nicht  durch  vn* 
-eutacheidbare  Vermuthungen  in  ihrem  Eibaaungsuweek 
atjhren  oder  von  der  Haupfaacke  ahEiefaeii  lasaen.  «-^ 
'Manche  der  Vermuthungen  mögen  Wahn ,  unzureichend , 
den  Verhältnissen  widersprechend  gewesen  seyn ,  wie 
die  Vermnthungen  des  Fragraentisten  von  gewagtem  Be- 
trug und  andere  von  Täuschung  durch  die  PhuntMc 
Aber  dürfen  wir  denn  da^  Rattonahairen  (wozu  rdaia  8u^ 
eben  begreiflicher  Ursaehen  Torzügiieh'  gahttr^)  deswe-* 
gen  überhaupt  ferne  lialten,  weil  gar  oft  unrichtig  ia* 
und  aufserhalb  Zions  ratiocinirt  worden  ist?    Ist  nicht 
vielmehr  die  Unrichtigkeit  mancher  Vermnthungen  ge- 
rade dadurch  für  Alle  klar  und  für  immer  abgethan 
worden,  weil  die  Versuche,  das  Geschehene  auf  diM 
Wdae  begreiflich  zu  machen,  vor  die  allgemeibe  Bein^ 
Aeilung  gebracht  als  unbegreiflich  oder  undenkbar  an- 
zuerkennen waren. 

Wird  aber  nichts  desto  weniger  in  jeder  gemischten 
Gemeinde  nicht  eine  Zahl  von  Zuhörern,  und  gerade 
▼on  den  achtbarsten,  graeigt  aeyn,  jenes  GeseMiene 
•mn  so  zuversichtlicher  als  llaistfclie  anzanehmeny  weili 
flinen  wenigstens  Möglichkeiten,  wie  sie  vnter  den  er- 
zählten Umständen  aus  einer  ungewöhnlichen  und  unbe- 
kannt gebliebenen  Zusammenwirkni^  Ton  naterieUea 


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Dr.  Bölir*fl  Chriatolog.  und  andere  Fredigten.  lltl 

Kräften  entstanden  seyn  inoishte,  angegeben  werrlen  kdh^ 
neu?  Nidinaod  wird  leidit  behaupteo,  dafeour  allein  die 
ihm  Veraiathelen  If  S^lichkeiten  die  wirklich  wirksa- 
men gewesen  Seyen.  Aber  je  mehrere  Combinationen  von 
Möglichkeiten  zu  finden  sind,  desto  gewisser  wird  die 
Thatsache  für  die  Nicht- leichtgläubigen  in  die  Reihe 
des  Begreiflichen  und  folglich  des  Glaublichen  eintreten. 
Denn-  dahin  ist  ohne  Zweifel  der  fftr  un^  'ijrwttnschtere 
Theil  unserer  ZabSrer  nicht  (ntit  dem  so  gläubigen  vnd 
doch  ketzerisch  gewordenen  Tertnilian)  zuruckzubrin-^ 
gen,  dafs  ihnen  das  Unbegrc  iiliche  gerade  als  das  Glaub* 
iichste  annehmbar  würde.  Bei  den  Nachdenkenden  wird 
g^ewifs  der  Glaube  an  die  durch  Zeugen  und  Umstände 
bew&hrte  Thatsache  sehr  durc|i  den  Gedanken  erleich- 
tert: es  kann  durch  mancherlei  ,  aUeii  den  Zeitgenossen 
unbekannt  gebliebene,  Ursachen  factisch  geworden  seyn. 
Gerade  in  den  redlich  erzählten  Umständen  kann  vielleicht 
eine  durch  spätere  Erfahrungen  unterstützte  Forschung 
hinreichende  Spuren  von  jenen  Urtsachen  entdecken, 
4ie  höchst  anfrichtig  beschrieben,  aber  daniats  oicht  auf 
elA^'BegTefflichmachen'  des 'Erfolgs  angewendet  worden 
sind. 

Wenn  demnach  ich  je  fiir  räthlich  halten  würde,  vor 
einer  gemischten  Gemeinde  über  das  Forschen  nach  mög- 
lichen Ursachen  irgend  etwas  zu  sagen,  so  würde  ich 
eine  „iingehöngf^"  Neugierde  vornämlich  dadurch  vikmt- 
ftaltett  und  tfnsch&dlich  m  machen 'suchen,  dafs  ich  erin- 
nerte: kein  Mensch  könne  wissen,  ob  Gott  jenen  be* 
stimmten  Erfolg  unmittelbar,  das  heifst^  ohne  alle  exi- 
stirende  Mittel  bewirkt  habe,  Aber  auch,  was  durch 
Maturkräfte  erfolgt,  ohne  dafs  es  die  Menschen 
beabsichtigt  ond  vorbereitet  haben,  ist  jeben 
deswegen  «Is  etwas  in  der  gütlichen  Weltordnung  .  Ge- 
gtilndetes  und  gleichsam  Bereitgewesenes  'anzuerkennen. 
Von  Gott  (in  der  philosophischen  Speculation)  anfan- 
gen und  alles  von  ihm  ableiten,  dies  führt  nothwen- 
*dig,  wie  bei  dem  vonCartesius  dahin  geleiteten  Spinoza, 
tu  Paiftfieismfis.   Wer  vom  Menschen  anfangt  und  Won 


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111t  Otto,  über  Behandlung  hiitox.  Predlgtteite. 

den  erkennbaren  Naturkräften ,  der  wird  zuerst  der  "Wil- 
lensfreiheit und  der  Natnrregelmäfsigkeit  gewifs,  und 
denkt  desto  klarer  eine  von  dem  AU  der  unYoUkomnuiea 
Krftfte  verschiedene  und  davon  doch  untrennlNure  GeH- 
hmt  als  daa  Tollkomniene  Kraftwesen. 


Weil  diese  Predigten  die  Ueberzengung  in  mir  er* 
neuerten,  dafs  die  möf^ichste  analytische  Benutzung  der 
biblischen  Geschichte  so  grttndlicfaen  flynilieliachen  Kaif- 
selTorträgen ,  wie  die  des  Ver&  sind ,  viel  licfat  mi 

eine  leichtere  Aufnahme  gewähren  kdnnen,  erinnere  ich 
mich  hier  gerne  an  die 

au  Herhürn.  (ISIO.  66  A  1»  4.), 

WO  Herr  Prof.  Otto  durch  eine  keonlnitareiche  Abhaad* 
lung  aber  den  Werth  und  die  Behandlung  hi- 
storischer Texte,  in  Predigten  besonders  die 
analytisch  -  synthetische  Methode,  S.  34  n.  f. 
durch  theoretische  Gründe  und.mustermfilisige  Beiqpieie 
aehr  gut  empfohlen  hat  '  • 

Dr.  Paulus 


Cthersichi  der  für  die  katholische  Geisiliehkett  in  frUr- 
tcmberf^  bestehenden  Staat»-  und  Kirehengeset xe,  fort- 
gesetzt bis  auf  die  neueste  Zeit.  Von  Dekan  und  Stadtpfarrcr 
Maurer  in  ff  an^cn.    H^angen^  gedruvki  wm  Rtgibael  Scbuitagr^ 

isai.  XLix  u.  a92  s.  s. 

Beilagen  zur  Uehersickt  der  für  die  katkolitckß  Geitt' 
liühk^it  in  tfürtemherg  be»tehenäen  Staats-  und  Kir- 
9k€ng999tM€,  Mit  angehängtem  ehronohgisehen  Register,  oder 
BeperUnHmm  4bet  tömmiiche  in  den  amtlichen  09$ch^fiekrets  dtr 
GeistUekm  eimeMßgtnden  Geictw.  Fon  Dekan  und  Stadtpfarrer 
-  Maurer  in  Wangen.   Wangem,  gtdmiM  «tu  Bafimü  Mi|iUw. 

ISSL  xxiv  u.ms. 

In  Württemberg,  nach  seinem  jetzigen  Umfange, 
bestand  die  katholisc|i^  Kirche  früher  aus  ParceUen  der 


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^Mwim«  ühw  WiitCemb.  Staats-  fmd  Kif«hei|g«f^e.  IIM 

Bisthumer  Constanz,  Aogsburg,  Wurzburg,  Worms  uad 
Speier.    Sur  aUmähli«^  kamen  diese  Parcellen  unter  eine 
einzige  geistliche  Verwaltung.  Uenn  bis  zum  Jahr  1812. 
blieb  das  katholische  Württemberg  in  die  fünf  genannten 
bischMiehen  Sprengel  eingereiht.  Nachdem  der  Bischof 
von  Augsburg  gestorben  war,  erhielt  der  Fürst  von  Flo- 
henlohe,  Bischof  von  Tempe,  die  Stelle  eines  GeaeraU 
vicars  für  die  DiÖcese  Augsburg,  welche  Stelle  ihm 
auch  für  die  Württembergischen  Diöcesentheile  Augs- 
burgs unterm  ZSsten  Sept.  1812.  übertragen  wurde.  Im 
Jahre  1814.  wurden  diesem  Prälaien  nach  dem  Tode 
des  damaligen  Generalviears  Ton  Wllnsburg  auch  die 
Württembergisch ea  Orte  der  Würzburger  Diöcese  unter- 
geben.   Zugleich  wurde  der  Sitz  des  Generalvicariats 
nach  Eliwangen  gelegt.    Die  Behörde  bestand  aus  dem 
Generalvicar ,  vier  geistlichen  Räthen  und  einem  Secretär« 
AI»  sptter  der  Bischof  von  Gonstanz ,  Fürst  I^rtmaa  von 
Dalberg,  mit  Tode  abgegangen  war,  kamen  die  unter 
seiner  Verwaltuuc;  stehenden  Bisthumsantheile  von  Con- 
stanz,  Speier  und  Worms  ebenfalls  unter  das  General- 
vicariat  in  Ellwangen.    So  bildete  denn  seit  dem  Jahre 
IBIT  Württemberg  ein  zusammenhängendes  Ganze  in 
der  katholischen  Kirche.   Noch,  am  Ilten  Sept.  181T. 
wurde  der  Sits  des  OeneralTicariata  nach  Rottenburg 
verlegt ,  in  Ellwangen  blieb  ein  provisorisches  General- 
vicariats -  Commissariat ,   welches  die  nächstgelegenen 
Landcapitel  unter  sich  hatte,  jedoch  bald  aufgehoben 
wurde.    Die  endliche  Ausführung  der  Bullen  provida 
BOhrsque  und  ad  donumd  ^egh  eu^odiam  verwan-* 
delte  das  Generalvicariat  in  em  bischöfliches  Ordinariat  ^ 
die  Räthe  in  Domcapitularen.  —  Auch  mit  der  Staats- 
behörde, welclie  die  weltlichen  Hoheitsrechte  über  die 
Kirche  auszuüben  hat,  ergaben  sich  seit  der  Acqnisition 
der  katholischen  Landestheiie  Üx  die  Krone  Württem- 
berg manniohfache  Veränderungen.    Zuerst  wurde  filr 
alle  neu  erworbene  Landestheiie  eine  alle  Zweige  der 
Administration  und  Justiz  ausübende  Behörde,  dieOber- 
landesregiemng  besteilt  (am  Isten  Jan.  1803.).   In  dem 


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UH     llliiim»  fiter  WütiUtnii*  Slul«-  Mid  KifcliiiigiiMili 

Bdicte,  welches  iliese  Behdrcle  anordoele,  heifiift  #s  pptev 
No.  V:  „Die  geistliche  GerichtsbarkeU  und  kirchfiche 

Administration  betreffend,  so  bleibt  es  iu  Absicht  der 
■  katholischen  Lande  in  sofern  bei  der  bisherigen  Epis- 
copai- Jurisdiction ,  als  die  Fälle  auf  blos  g^iatiictie  Ge- 
genstäad«  Bezog  haben.  In  Ehe-,  Dispensations*  und 
amlern  nicht  blos  geistlichen  Angelctgenheiten  aber  wii4 
das  Ordinariat  mit  dem  ersten  Senat  der  <Obedandesr#* 
gierung  eommuuiciren  ,  und  dürfen,  bis  und  dann  in  Ab- 
sicht eij^nen  Landhierarrhie  neue  Vorkehrungen  werden 
getroffen  werden  können ,  iieiae  Verfügungen ,  Abstra* 
fangen,  AoitseotsetEungen  ohne  dessen  Cognition  statt 
finden.''  ,  ^ 

IMese  abgesonderte  Verwaltung  der  alten  und  neuen 
Landestheile  wurde  indessen  schon  im  Jahre  1806.  wie- 
der aufgehoben.  Das  Organisationsmanifest  vom  18ten  ' 
März  1806.  enthielt  zugleich  im  §.  die  BesiimoMingy 
dafs  in  Ansehung  der  katholischen  Kirche  neben  dem 
Bischöfe  und  dessen  Ofiicialate  ein  befonderer  sogenan»» 
ter  geistlicher  Rath  uu  Besorgung  und  Wahrung  de» 
Souveränitätsrechle  bestehen,  und  mit  zwei  weltlichen 
und  einem  geistlichen  katholischen  Käthen  besetzt  und 
einea  Secretär  und  einen  Kanzlisten  erhahen  solle.''  la 
einem  Circular  -  Rescripte  vom  28sten  Juni  1800*  irird 
bestiiyimt»  in  welchen  Angelegenheiten  man  sich  an  diess 
Behörde  zu  wenden  habß.  ,,Da  nun,"  heUht  es  darin, 
Unser  katholischer  Geistlicher  Rath,  den  Wir  nach 
dem  63.  des  Staats- Verwaltungs-Manifests  vom  18ten 
März  1.  J.  iu  Ansehung  der  Katholischen  Kirche  von 
ganz  Würtemberg  angeordnet  haben,  seine  Sitzungen 
wirklich  eröffnete,  und  folglich  alle  Ehigaben»  Bf  richte 
n,a  w.,  welche  dias  KathoHscbe  Kirchenwesen  und  die 
Geistlichkeit,  namentlich  auch  die  Ernennung  zu  Pfrun - 
den  u.  s.  w.,  selbst  bei  Unsern  Patronaten,  ferner  Dis« 
pensationsgesuche  in  Ehe-  und  andern  dergleichen  Sa* 
eben  betreffen,  an  das  Colfogium,  unter  der  Addresse: 
An  den  König.  Xnm  ktfnigi  hochUbk  Katk  GewlL  Rath 
zu  Stuttgart  einzuschtckon  sindi  so  bubt  Ihi  gownhl  Bncli 


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Mmunt^  ötter  WäsUenlpt.  fitMlt-  ii»4  KisdieiigeBetse.  11% 

SüilMst  darnach  2tt  achten  y  als  auch  dies  unter  den  Euch- 
aii^petfieilleo  Ober*  mid  Staabsänttero  ii.s,w.,  katholt- 
gohaa  Pebanatcn^  und  etwaigen  Laadesherrliclieo  Dekav 
nats-^Ominisiiimiea,  Bit  ihrer  Wtsgenschaft  und  Nach- 

achtuDg-  schleunig'ist  Circulando  bekannt  zu  machen.  Die 
Behörde  erliielt  später  im  Jahre  1816.  den  IVamen :  ka- 
tholischer Kirchenrath ,  besteht  «eit  dem  ISten 
Novw.1817.  aus  einen  Direktor ,  swel  weitlichen  nnd 
zwei  geieHichen  Bithen,  und  ist  dem  Ministeriiiin  des 
Innecn  und  des  Kiroben-  und  Schul wesene  untergfeord- 
net.  Durch  das  Landesgrundgesetz  vom  15teu  Dec.  1819. 
ist  derselben  eine  verfassungsmafsige  Existenz  garantirt, 
indem  es- im  19.  der  Verfassungsurkunde  heifst:  „Die 
im  der  Siaatagewalt  begriffenen  Rechte  über  die  katho- 
lisclie  Kirche  «erden  ?on  dem  Könige  durch  eine  ans 
katholischen  Mitgliedern  bestdiende  Behörde  ausge&bt, 
welche  auch  bei  Besetzun|2f  geistlicher  Aemter,  die  von 
dem  Könige  abhängen,  jedesmal  um  ihre  Vorschläge  ver- 
nommen wird/'  Da  alle  das  katholische  Kirchenwesen 
ttnd  die  Geistlichen  betreffende  ätaatsanordnungen  von 
dieiem  Kiroheniathe  aui^ehen  oder  doch  ausgesclirieben 
wenden,  so  ist  er  das  haupisäohlichste  Organ  flir  die 
Thätigkeit  der  Staatsgewalt  in  Angelegenheit  der  katho-* 
lischen  Kirche.  Die  Grenzen  seiner  Gewalt  können  le- 
diglich aus  dem  eben  angegebenen  Paragraphen  der  V.U. 
beurtheiit  werden;  seine  Instructioa  ist  weiter  nicht  öf- 
fentlich bAanot  gemiiebt;  nur  Einiges ,  sein*  Verhältnis 
mn  bischdiliohen  Ordinariat  Betreffende  enthält  aufeer 
der  bekannten  Kirchenpragmatik  eine  Verordnung  vom 
2l8ten  Mai  1828,  — 

Die  Queiien  für  das  Partikular  recht  der  katholi^' 
Oßhen  Kirche  in  Württemberg  sind  sonadi  die  Verfas- 
nuogsurknnde,  die  übrigen  Landesgesetse,  die  königli4 
chen  und  MinisteriaN Verordnungen^-  und  die  Erlasse 
des  katholischen  Kirchenraths.  Dazu  kommen  die  bi^ 
fichöflichen  Verordniing'en  und  Erlasse  von  der  kirchli- 
claen  Seite.  Bedenkt  man  nun^  dafis  die  katholischen 
Imudestheile-  «or  ihr^sr  Veceinigung  mit  Württemberg 


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HIß      Maurer»  üUir  Wurtteoib.  Staatt-  and  mrfhcpggactiie. 


SO  vieierlei  Landesherrn  in  weiÜicber,  und  fünf  Ordimr 
mteD  in  kirchlicher 


dehnag  angehörten;  erwägt  man 
den  tangen  Interimmutand,  di«  Verwakimg  dev 
flohöflichen  Sifihla,  die  Abhiogigkdi  der  promeriseliBn 

Kirchenbehüi den ,  und  endlich  und  hauptsächlich  die 
Neuheit  der  Landesregierung^  in  kirchlichen  Angelejgfen- 
heiten  der  Katholiken ,  so  darf  es  uns  nicht  Wunder  neh-^ 
man,  wenn  in  Württemherg  gerade  die  Staatatieh^rde 
«ne  besondere  ThitigkeiA  im  Verordoeo,  Brkssen»  Aae« 
flchreiben  enlwickelte.  So  war  deno  aeoh  schon  wMiM 
ganze  zehn  Jahre  nach  der  Eiustenz  des  katholischen 
Kircheoraths  das  BedürfnUs  einer  erleichternden  Zusam* 
menstellung  der  für  die  katholische  Geistlichkeit  wichti- 
gen weltlichen  Gesetze  oder  vielmehr  Verordnungen  so 
fühlbar,  dafa  bereita^m  Jahre  181&  eia  Uaadbach  ßbt 
die  katholische  Geiatlichkeit  in  WOrttemberg  in  iwai 
Bänden  von  Knapp  erschien.  Da  zwischen  diesem 
Handbuche  und  dem  heutigen  Tage  wichtige  Verände* 
rungen  sich  ergaben,  das  Land  eine  V  erfassung  erhielt, 
in  Tübingen  die  katholisch- theologische  Fakultät  mn- 
gesetzi  wurdiB ,  die  iärrichtiiii^  der  ^^erdieiniacken  Vt9^' 
vinz  alatt  fand,  aodi  der  Kirchearath  in  aeioen  ikneidF' 
Bungen  nicht  feierte,  so  mufste  das  Bedürfnifs  einet 
neuen  Handbuchs  sehr  fiihibar  werden.  Dieses  Bedurf- 
niis  steigerte  sich  noch  durch  den  besondern  Umstand, 
dafs  die  wenigsten  Erlasse  das  kathoUaohen  Kirchenraths 
in  dem  Regiernngablatte  erachieoen  sind,  aondam  aar 
achriftlicb  an  die  Geiadidien  bekannt  gemacht  wordaa. 
Zwar  wurde  schon  unterm  lOten  Nov.  1808.  von  dem 
Katholischen  Geistlichen  Rathe  verfügt ,  dafs  ,,die  sämmt* 
liehen  Geistlichen  alle  Landesherrliche  Verordnungen, 
die  ihnen  aukommen,  mit  Ausnahme  derjemgen,  welche 
im  Regiernngablatte  enthalten  aind ,  in  ein  ordentiichen 
Bvch  eintragen  nnd  darüber  ein  Regiator  fUiran  aollaa, 
welches  sie  bei  jeder  Dekanats- Visitation  vorigen  mie- 
sen;" aHein  theils  wurde  diese  Verfügung  voraussicht- 
Jich  nicht  von  allen  befolgt,  theils  kamen  in  diese  Be- 
fehlbüchar  durch  der  SteUeo  miveimeidücha 


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IMm;  Iber  WArMcmb.  Miati-  and  Kifc1i«ngete«M.  im 

Ltteken,  theils  endlich  waren  die  jSngern  Geistiicheo 
durch  jene  Verfüg-iin^  nicht  herathen.  *)  Der  Herr 
Dekan  Maurer  in  Wangen  hat  sich  deshalb  eio  Ver- 
dKeosI  um  die  katholische  Geistlichkeit  Württembergs  er- 
imrbed,  indem  er  die  beiden  in  der  Rubrik  tarwihnten 
GMirifteti  hennisgab  ,  wovon  die  zweite,  obwohl  bedeu- 
tend stärker  gewordene,  nur  ein  Anhang  zur  ersten  ist 
Die  ganze  Arbeit  war  znnäehst  für  den  Privatgebrauch 
des  Hrn.  Verfs.  bestimmt.  Sachkundige  haben  ihn  zur 
Herausgabe  bestimmt  Wir  können  die  beiden  Bücher 
im^fiiinielnen  weniger  bemrtheilen,  als  uns  tfber  Anlage 
und  Plan  missprechen.  Der  Verf.  -sagt  daHtb«r  8.  VL 
der  Vorrede  zu  No.  1.  selbst,  er  habe  sich  „bei  seiner 
Arbeit,  weit  entfernt,  nach  Originalität  zu  streben,  an 
das  Rnapp'sche  Handbuch  angeschlossen,  und. fast  den 
nlmliehen  Weg,  wie  dasselbe,  eingeschlagen.  Sämmt» 
liehe  Gegenstände  sind  in  No.  1.  alphabetisch  geordnet, 
«He  einschlagenden  Gesetse  und  Verordnungen  citirt,  ihr 
Intiait  in  kurzen  Sätzen  angegeben;  in  minder  wichtigen 
Sachen  wurde  Kürze  halber  nur  auf  die  Gesetze  hinge- 
wiesen; die  Citationen  wurden,  um  des  unangenehmen 
Attf-  und  Abschanerts  und  Notensuchens  flberhoben  zu 
flsiyB,  gleich  mit  dem  Texte  verwebt,  und  beinahe 
sSnimtliohe  eitirte  Gresetse,  mit  Ansnahme  der  im  Staats« 
und  Regierungsblatte  befindlichen  ,*  besonders  abge- 
druckt, so  dafs  sie  einen  eignen  starken  Band  (No.  2.) 
bilden."  Dieser  Band  Urkunden  läfs$  in  der  That ,  mit 
einer  einzigen  Ausnahme,  nidits  zu  wünschen  übrig* 
die  Urkanden  folgen  dem  Gange  des  Textes  in  No;  1, 
nnd  die  Brauchbarkeit  erlidht  nicht  nur  ein  Register  der 
aufgenommenen  Verordnungen ,  sondern  auch ,  und  dies 
ist  besonders  lesenswerth ,  ein  chronologisch  geordnetes 


.  *}  Gelegentlich  kann  hier  bemerkt  werden,  dafa  es  sehr  sweck- 
^  tnär^ig-  lind  überdies  einem  constitntionellen  Staate  ang^emeiaen 
wäre ,  wenn  alle  allgemeinen  Erlasie  des  Kirchenraths  und  was 
man  Normalien  nennen  kann,  sogleich  im  Drucke  bekannt  gc- 
.    macbt  wurden.  Die  Grunde  hierfür  liegen  anf  der  flachen  Hand. 


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Register  ttker  «SoMitltohe  ia  N«.  L  iillegfirl0OMeln.wA 

Verordnungeo,  auch  weoii  sie  iü  Nu.  12.  nicht  abgedruckt 
sind,  also  auch  Qber  die  im  Regierungsblatt  eDthalteaea. 
D^r  eiuasigQ  Punkt,  in  weichem  wir  mit  dem  Verf.  aiohit 
«Mnirerstaadoo  ^iad,  betrtSIt  dea  Umstand,  dafs  er  die 
eben  er fiihQfi^a  Veirordawigea  ^  welche  im  Reg.QL .  «b- 
gtedrookl  sM,  niohl  aiifDahfn.  Allerdings  hätte  (Kese 
Aufnahme  den  zweiten  Band  bedeutend  grofser  gemacht, 
und  der  Verf.  scheint  eben  das  ^rofsere  Volumen  ge- 
scheut zu  haben.  Aiiein  jedenfalls  wäre  seia  an  sich 
so  brimchbares  Buch  noch  br%eohbarer  geworden ,  bor 
eendefs  auch  filr  dea  Auataeder ,  .d^m  dae  WfirjttMilier« 
gisohe  Begiermigablait  oichl'  eo  Idicht  zufäoglioh  e^fii 
mochte;  iiberdies  ist  der  Druck  doch  beinahe  zu  weit- 
schichtig, und  wenn  der  Verf.  auch  den  freilicli  sehr 
billigen  Preis  (beide  Bände  3  fl.)  nicht  steigern  wollte^ 
so  konnte  bei  engem  Druoke  der  nämliche  Raun  alle 
Regieraogablatla- Verordonngeo  oul  aiifoebinea«  -~ 

Wa«  Aim  aber  den  Plan  vaa  Nok L  heArifft,  so  wftrde 
nach  den  Forderungen  der  Wissenschaft  gar  Manches 
anders  zu  wünschen  sejn.  Allein  der  Verf.  wollte  nun 
einmal  kein  Handbuch  des  Württembergischen  Kirchea- 
rechts  liefern,  sondern  nur  ein  brauchbares  Repertorium; 
deshalb  mi^gan  aaoh  alle  wia8oneohaflAich;e  Aafiar- 
deradgea  hier  zai1lcktrele&.  Ba  bleibt  daher  weder  aa 
der  alphabetischen  Einrichtung  des  Werks,  noch  an  der 
ungeschichtlichen  Behandlongf  der  einzelnen  Nummern 
etwas  zu  rQgen.  Vollständigkeit  und  Genauigkeit,  ietz^ 
'  tere  besonders  durch  gewissenhafte  Angaffe  der  Quellen, 
aas  weichen  die  Sätze  geschäpft  sind ,  dürfen  mit  AeeU 
erwartet  werden.  I>abei  genflgt/es  nicht,  bloa  aaf  die 
Verordnungen  zu  verweisen ,  wo  diese  die  Grandlage 
bilden,  sondern  es  ist  auch  nothwendig,  das,  was  sich 
von  selbst  ohne  Verordnung  gebildet  hat ,  was  auf  ir- 
gend einer  Art  Herkommen  beruht,  auf  stiiischweigen* 
der  VorSQSsefzuog  oder  wohl  auch  CoUe|^ial- Ansicht,. als 
anf  solchen  Grundlagen  beruhend  dar^astellea.  Hieria 
läfst  nun  aber  „die  Uebersicht"  Maaches  a»  Wunsches 
übrig. 


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Wir  wählen  uur  Beispielshalber  eineu  Hauptartikel 
aus,  den  Artikel :    Katholischei*  Kirchenrath.^'  Hierüber 
heifst  es  S.  126.  wortHck:  „Schon  durch  den  §.  63.  des 
Organisations-IVIaiiifests  Tom  ISten  März  ISM.  (RegAL 
S.  ÜSi):  wiurfe  MUT  Besorfnog  und  Wahnuig  des  6pluitB«> 
und  Aufsicbts^ Rechtes  des  Staates  über  die  katholische 
Landeskirche  ein   geistlicher  Rath   bestiniinit,  an 
welchen    nach    einem    Circular-Rescript  vonoi 
289ie  Juoi  1806.  (Beil.  14T.)  alle  Eingaben  u.s.  w.  übe« 
da«  gaaee  Kirchen-  und  Elementar-Schul we- 
gen einsureichen  sind"  «k  s»  w.   Jiier  ist  auf  jeden  Fall 
eine  Unfenauigkeit  zu  finden.   Jeder  unuaterrichtete 
Leser  glaubt  nach  diesen  Worten  gewifs,  dafs  durch  das 
erwähnte  Circular-Rescript  alle -Einzelnen  hinsichtlich 
des  Elementar  -  Schulwesens  an  den  geistlichen  Rath  ge- 
ivieeen  seyen.    Vergleicht  man  aber  die  Beilage  147 1 
so- Steht  darin  kein  Wort  Tom  Elementar -Schulwesen» 
Bntweder  ist  die  Beilage  nicht  richtig  abgedruckt,  <Mier 
der  Verf.  hat  die  Quelle  nicht  richtig  bezeichnet,  aus 
welcher  der  Leser  sich  überzeugen  kann,  dafs  wirklich 
alle  Eingaben  hinsichtlich  des  Elementarschulwesens  an 
den  geistlichen  Rath  zu  machen  sind.  —  Nachdem  der 
Var£  nun  noch  die  Gesetze  und  Verordnuiigea  Uber  die 
Bstistenz,  den  Namen  und  die  ZosammenseUning  desKir*  . 
chenraths  angeführt  hat,  handelt  er  die  Stellung  dessel- 
ben in  zwei  Nummern  ab,  indem  er  spricht  I)  von  den 
einzelnen  zum  Geschäftskreise  des  katholischen  Kirchen- 
raths geJiörigen  Gegenständen^  II)  von  den  Verhältnissen 
daiaselbea.  zu  andern  Behörden.    Unter  I)  würden  seine 
Oeschftfte  A)  hinsichtlich  des  kaiholiseben  Kirchenwe- 
seQs  und  der  Geistlichen,  B)  hinsichtiieh  des  loitlieli^ 
sehen  Elementar-Schul  Wesens ,  und  C)  wegen  der  Dis-' 
pensen,  die  bei  ihm  nachzusuchen  Seyen,  auf  diesen 
^;likei  verwiesen.    Alle  hier  verhandelten  Funkte  mufs 
de^r  Leser,  vom  Verf.  auf  Treue  und  Glauben  annehmen ; 
denn  ea  ist  weder  iu'  den  schon  vorher  ^itixtm  allgemei« 
nern  Verordnungen  dieser  Geschäftskreis  de»  kafthoL  Kir- 
chenraths  besiiniuiät,  noch  hdt  . dar  Verf.  sich  auch  uur  in 


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einem  einzigen  Punkte  auf  t;iiie  Verordnung  speciellern 
Inhalts  bezogen,  noch  endlich  ist  auf  eine  Instruction 
oder  etwas  Aehnliches  hingewiesen.    Sollte  denn,  kami 
hier  derUnunterrichtete  fragen ,  in  der  Thal  io  Württei»;' 
bat^  der  GeechAftekreie  des  kttii»  Ktrcheofallis  raf  lutim 
Weise  MTeodich  bestimmt  seynf  iiihI  woher  weifli  dir 
«  Verf.,  was  er  darüber  beibringt?  Ref.  filr  seine  Person, 
weifs  wohl,  dafs  alles  Angegebene  richtig  angegeben  ist, 
und  andere  können  dies  schon  ans  der  Stellung  des  Ver& 
als  Dekans  vermuthen.    Aber  da  sein  Buch  keinen  MH 
thentischen  Gharakter  iiat,  so  mufs  sieh  bei  jecbv  StMh 
mer  immer  wieder  die  Frage  ergeben:  wodmreh  fsl^ 
begründet?    Denn  dafs  die  Begründung  der  einzelnen 
Nummern  in  unserm  Artikel  schon  in  den  zuerst  citirten 
allgemeinen  Verordnungen  und  Gesetzen  läge,  kann  auf 
keine  Weise  angenommen  werden.    Der  §.  63.  des  Or- 
ganisalions- Manifestes  vom  ISten  (tfins  ISOft  giebl^tti 
kalh.  gdsilichen  Rathe  keine  andere,  als  die  aligwM||s 
Bestimmung:  Besorgnnf^  nnd  Wahriin|f  drertU^ 
veränitäts -Rechte.     Das  Eingangs  dieser  Anzeige 
mitgetheilte  Circular-Rescript  vom  28sten  Juni  1806. 
verkilndet  die  Aasführung  des  Org.-Man.  §.  6%tlQ4 
sagt  nur  allgemein :  alle  Eingaben,  Berichte  C-t^r^ 
welche  das  kath.  Kirchenwesen  und  die4Mii||* 
lichkeit,  namentlich  «Tuch  die  BrneniMii^^Mi 
Pfründen  u.  s.  w.,  selbst  bei  Königlichen  Pa- 
tronaten,  ferner  Dispensationsgesuche  in  Ehe- 
und  andern   dergleichen  Sachen  betreffen, 
se-yen   an  das.  Collegium  einzuschicken.  tSIb 
Verordnung  vom  lOten  Oct  181&  enthik  BHalita^^ 
die  Veränderung  des  Namens  der  BehMe*- .  %^ߧ* 
der  V.U.  wiederholt  nur  die  Bestfaimrang',  dafsif^li^ 
König   die   in    der  Staatsge  * 
Rechte  durch  den  kath.  Kir 
und  dafs  letzterer  bei  Besetzung 
ter,  die  Tom  Könige  abhfii^en,  J. 
Voreohläge  Vernommon  we 
|>ragmalik  iwo  M^ton  JEm«*  ßpt^i 


waii  oegriii^n 
chenrath  ana« 
geistlicher 


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Maoror,  Aber  Wärttemb.  Staat»-  und  Kitelieogeaetee.  U81 

meinen  von  den  Rechten  des  Staats  über  die  Kirche, 
mdki  aber  toib  Geschäftskreise  des  Kirchenraths ,  wi« 
dkna  uoh  manclie  Rechte  des  Staats  sieht  Vfm  Kirehes-» 
ranAa  ansgeübt  werdeit   Gehen  wir  mn  B<ne)^iel8weiM  - 

zur  Prüfung  einzelner  Punkte  über,  so  sagt  der  Verf.: 
y,Was  nun  die  einzelnen  zum  Geschäftskreise  des  katho- 
lischen Kirchenraths  gehörigen  Gegenstände  betrifft  | 
ttod  zwar  das.  kathoUsche  KirdieaweseD  nad  die  Geis^ 
liehen,  so  werden 

„1)  alte  diese  und  jene  betreffende  Anordnnngen  roa 
ihm  an  die  Dekane  aasgeschrieben  "  Worauf  diese  An* 
gäbe  beruhe,  ist  vom  Verf.  mit  Nichts  ang-egeben.  Da 
sie  in  keiner  der  vorstehenden  Verordnungen  begründet 
iat,^  so  kann  aor  das  thatoäehlic^  Bestdieode  hier  iieferirt  « 
aejn.   Dies  war  aber  f eWiA  anzttdsQten. 

„2)  Die  Anfticht  mit  dem  bisehöfllchett  Ordinariat 
über  das  Priester  -  Seminarium ,  über  das  höhere  und 
niedere  Convict  (vielmehr :  die  niedern  Convicte ;  denn 
es  sind  deren  vier);  beide  visitiren  von  Zeit  zu  Zeit  die 
Dekanate."  So  wenig  an  der  Richtigkeit  dieser  Angabe 
m  sweifeln  ist,  so  wenig  versteht  sich  dieselbe  doch  von 
selbst;  io  den  vom  Verf.  aDgefUhrtea  allgemeinen  Vftr^ 

^Hrdnnngen  steht  davon  nichts;  daher  war  anch  dieser 
Punkt  als  thatsächlich  bestehend  in  der  Relation  zu  be- 

-seichnen,  und  es  genügt  nicht,  dafs  unter  dem  Artikel 
^Dekane''  im  §.  Ö5.  die  Verordnung  angegeben  ist.  Wo- 

-mgstens  war.  aaf  den  §.  ö5.  sa  verweisen.  — 

„3)  Er  nimmt  jährlich  in  Gemeinschaft  desbischöf- 

-liehen  Ordinariats  die  Concnrsprüfungen  mit  den  Geistli» 
chen  vor."  Nach  der  Kirchenpragmatik  §-29,  die  der 
Verf.  hier  so  wenig  anführt,  als  unter  dem  Artikel  „Con- 
oursprfifungen ,  ist  nicht  der  Kirchenrath  und  das  Ordi- 

foariat  die  Prufiwgsbehdrde,  sondern  beide  Behörden 

»haben  gemeiiiSchafiUch  eine  Commission  cur  Con- 

•mr^pHlfang  ansQordnen.  — • 

Aehnliche  Ansstellungen  lassen  sich  auch  an  den  foU  - 
^enden  Punkten  machen.   Uebrigens  war  zu  dem  Artikel 

-^KathoUscher  Kircbenrath"  vom  Verf.  gewifi)  auch  die 


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IlM  .  Hegetschweiler ,  SchweiserpflanseB. 

^Verordnung  vom  21stea  Mai  1828.  (Reg.Bi.  S.  356.)  zu 
citiren ,  und  ^er  Inhalt  in  den  Artikel  beziehungsweise 
awflnioehiiien.  Denn  die  erste  Ablheümg  gehört  unM* 
Angl  Meher ,  WMn  #ie  sagt :  „  Die  Comniiinicafton  Mi- 
schen der  Staatsregiernng  und  den  bischöflichen  Stellen 
geschieht  in  der  Regel  durch  den  katholischen  Kir- 
chenrath,  als  durch  diejenige  Staatsbehörde,  welche 
mit  der  Ausübung  der  in  der  Staatsgewalt  begriffenen 
Rechte  Ober  die.  katholische  Kirche  verftsnungemiftil; 
biMuftnigt  ist"  '  Wie  liftt  sich  hiermit  Tereinigen ,  was 
der  Verf  S.  188.  der  Uebersicht  sagt:  „Durch  dasselbe. 
Ministerium  (das  Ministerium  des  Innern  u.  s.  w.)  com- 
municirt  auch  der  katholische  Kirchenrath  mit  dem  bi- 
schöflichen Ordinariat?"  Nach  der  Verordanng  isi  jft 
die  Sache  „in  der  Regel**  «mgekehri  — «  • 

Wir  enthalten  uns  hier  weiterer  Bemerkung-en  und 
Berichtigungen,  so  leicht  wir  auch  bei  andern  Artikeln 
dazu  Veranlassung  hätten.  Es  genügt  uns,  den  Verf.  im  i 
Allgemeinen  darauf  aufmerksam  zq  machen,  dafs,.  je 
weniger  die  wissenschaftliche  Form  in  dem  Bache  be- 
achtet ist,  desto  mehr  die  Erfordernisse  eines  Reperd»- 
»  rium's  verlangt  werden  dürfen.  Bei  einer  gewifs  zu  er- 
wartenden zweiten  Auflage  wird  diesen  Mängeln  leicht 
abgeholfen  werden  können.  Für  eine  solche  zweite 
Auflage  ist  dann  auch  eine  gröfserc  Correktheit  des 
Dmcks  zu  wünschen.  Bas  Verzeichnift  der  Druckfciu^* 
ist  zwar  in  beiden  Bänden  groft,  aber  keineswegs  sm3  | 
alle  citirt. 


Beiträge  c»  einer  kritieehen  Aufmählung  der  Schwtieer- 
pflanzen  und  einer  Ableitung  der  helvetischen  Pflanzenfffnim 
von  den  Einflüssen  der  Aufsenwelt^  durch  Joh.  Heget  sc  hweilerr 
M.  Dr,  Zürieh,  bei  OrM^  ^^^eU  u.,Cemg>  S.  Mit  cl#m  Metlßi 
Dividet  eed  ti^Mro. 

Es  ist  bekannt,  dafs  der  Herr  Verf.  der  vorliegen- 
den Schrifit  vor  einiger  Zeit  eine  neue  Aiifli^  der  Sotec - 


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Ucg«Ucliweikr,  Schweiierpfianzefi. 


116S 


sehen  Flora  Helvetica  besorgte,  auch  später  dazu  einen 
Anhang  iieferle,  und  einen  ferneren,  der  atie  Beuern 
BotdeokuttgeD  int  Gebiete  der  hehreltoelieii  Flor  entbiilMi 
«»llie>  im  geben  yerspnch ;  8MI  aber  ftieeesleMer^nkieli 
hergebrachter  Welse  m  thurt,  entschlofs  er  sieh,  alle 
Schweiserpflanzen,  die  als  Arten  au%estellt  wurden, 
einer  kritischen  Prüfung  zu  unterwerfen,  um  ihr  Kecht, 
•Is  eigeae  Species  gehen  zu  köfmen ,  näher  m  tjnter«> 
radieo.   2a  dem  Bade  mmmeHe  er  atle  Ihm  zu  Bei^g 
wd  Thal  aafttoftetide)  etwas  abweichende -Fbritieii  vott 
genieinen,  so  wie  tor  weniger  bekannten  Gewächsen, 
benierkte  ^enau  die  Standorte  und  die  änfsern  Einflüsse, 
welchen  sie  vorzüglich  ausgesetzt  waren;  und  erforschte 
vieiföhig,  ^  wirklich  flUe  gleichen  Formen  unter  gier- 
igen äufeeren  JKDflttflUen  immet  wiederkehrtai.'  Niehl 
Mfriedea  mit  diesen  Sammhingen ,  die-  noch  darch  zahl« 
reiche  Beiträge  seiner  Freunde  und  die  verkäuflichen 
Herbarien  von  Schleicher  und  Thomas  verni<  In  t  wur- 
den, hielt  er  es  noch  für  nöthig,  die  biegsamen  Formen 
in  verachiedenem  Cultareustande  zu  beobachten,  und 
sog'  deswegen  unter  manniehfäUigen  äufsern^  Binflfiseen 
alle  helvethichett  Aconiften,  die  AUia^  Mieradaf  meh- 
rere VerbascOf  Violae^  Porte ,  Potentillae ,  Delphinm, 
TussHagmcs ,  Orekides  u.  s.  w.    Nunmehr  nach  bald 
neunjährigen  TTntersuchungen  über  die  Lebensart  deir 
helvetischen  Pflanzen  und  nach  eben  so  lange  fortge* 
Mtnten  Versuchen  fiber  den  Binflufa  der  Anf^iltreU  aiif 
iHeaelbea^  erhäh  das  Pnblikam  in  der  vorliegenden 
Schrift  die  Resuhate  dieser  Forschungen.    Gerne  wird 
man  mit  dem  Hrn.  Verf.  die  Ueberzeugung  theilen,  dafs 
die  gänzliche  Losung  der  berührten  Frage :  was  ist  bei 
dien  Pflanzen  unabänderlicher  Typus  und  was  Folge  von 
filifaeren  Binfllüsen?  ehier  ein  Menschenleben,  ala  nur 
wwtglft  Jahi^  Von  Beobachtnngen  erfordern ,  uihd  da(k 
bei  dem  so  ausgedehnten,  noch  zu  bearbeitenden  Felde, 
jeder  Beitrag,  wenn  er  nur  richtig  ist,  seinen  Werth  habe. 

Die  Erörterung  des  Begriflfes  von  Art  oder  einer  ve- 
getabilischen Spedes  mulato  hier  allen  übrigen  Unter- 


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IIM  *   HegeUch Weiler,  Scbweiierpflanieo. 

snchuDgea  vorangehen,  nm\  wir  hätten  daher  erwartet, 
eine  exquisite  Deüaition  der  Species  anzutreffen ;  allein 
etwas  vieldeutig  sagt  der  Hr.  Verf.  nuo,  das  Pflauzeu- 
irich  bestehe  m  einer  umidlichen  Zahl  vou  lodividueo, 
denen  einige  einender  in  allen  Theiieii,  die  Grifte 
etwa  abgerechnet ,  gleich  Seyen ;  andere  in  weniger  we- 
sentlichen Organen  mancherlei  Verschiedenheit  zeigten, 
und  wieder  andere  auch  in  wesentlichen  Organen  sich 
IndierrliGh  verschieden  erwiesen.    Die  ersteren  gelidrtan 
m  einer  Art,  die  zweiten  iMÜdeten  verechiedene  Vntie- 
lilen  nnd  znwrilen  selbfll  Arten,  die  dritten  verediie*. 
dene  Arten,  meist  aber  vertehiedene  Gettnogen,  und 
nweilen  selbst  verschiedene  Familien.    Offenbar  das 
Vage  dieser  Bestimmnng  fühlend,  setzt  er  später  hinzu, 
man  könne  den  Begriff  von  Art  aoch  so  festsetzen ,  daüi 
nindich  so  viele  Individuen  zu  einer  Speeieto  genMiOMn 
werden,  aie  Yen  einender  abstammen  oder  abatamnicn 
könnten ;  was,  wie  man  leioht  bemerken  wird ,  von  dea 
älteren  Annahmen  auf  keinerlei  Weise  abweicht  —  Es 
wäre  jedoch  höchst  unpabsenii,  um  Worte  zu  streiten, 
wo  es  sich  um  Thatsachen  handelt;  denn  offenbar  richtig 
ist  im  Ganzen  die  Art  und  Weise,  wie  der  Hr.  Verf.  zu 
Werke  ging,  um  die  Bestindi^ett  oder  BiegsamiDBit 
der  Mansenformen  zu  prüfen ;  es  verdient  allen  Beifidl, 
was  er  in  dieser  Hinsicht  von  der  Einschränkung  der 
Lehre  von  den  vegetabilischen  Bastarden  sagt:  nicht 
minder  wichtig  dürfte  die  Beurtheilung  der  vielgelobteo 
Ansicht  von  der  Metamorphose  der  Pflanzentheile  eeyu; 
am  meisten  aber  aflnnat  Ref*  dem  Hnk  Verf.  bd ,  wenn 
er  bei  der  Bestimmung  dea  Werthea  der  Organe,  von 
denen  die  Charakteristik  der  Pflanzen  entnommen  wer- 
den soll,  die  Wurzel  der  Frucht  gleich  rechnet;  denn 
ofi'enbar  ist  durch  die  jetzt  so  gewöhnliche  Vernach- 
lässigung derselben  mancher  IrrUium  in  die  Fflanan- 
knnde  gebraeht  wotden, 

(Der  B98chluJ$  folgt,} 


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N°.        tlEIDBLa  JAHRB.  o.  LITBRATUR.  1891 

Hegctach  weiter,  Schw  ci^^e  rpfl  anzen, 

(Heschlu/t, } 

Sehr  g^rolsen  Werth  haben  die  zahlreichen  Beob- 
achtungea  des  Hru*  Verfs.  über  die  Ursacheu  der  Viet- 
förmigkeit  der  Vegetabilien  $  er  zeigt  speciell  und  mil 
Bcabrlogang  einer  Menge  Ton  Thatoachen,  welchen 
mifalienden'Einittfb  das  Licht,  die  Wfirme,  das  Wasser 
und  die  verschiedeueii  Boiltiiarten  auf  die  Gestalluug 
meiner  und  eben  derselben  Pilanzenart  haben;  nicht  min- 
der werden  deren  Veränderungen  auf  sehr  überzeugende 
•Weise  n^bgewiesen,  weiche  durch  die  verschiedenen» 
giatiirlichen  sowohl  als  kOnstlichen  Fortpflansnogs-Arten 
•bedingt  sind;  vor  allem  aber  ist  auf  jenen  Abschnitt 
aufmerksam* zu  machen,  in  welchem  (S.  61 — 74.)  von 
dem  Verhatten  der  Blätter  in  Zahl,  Stellung,  Form  u.  s,  w. 
die  Rede  i^t,  denn  gerade  dieser  Umstand  war  es  und 
■  ist  es  noch,  weicher  zur  Aufstellung  so  vieler  neuer 
•  ISpscies,  welche  die  Natur  nicht  anerkennt^  Veranlassung 
gab,  doch  darf  man  nicht  unbemerkt  lassen,  dafs  der 
'Hr.  Verf.  in  ^inen  Reductionen  etwas  m  weit  gegangen 
«seyn  mag;  ganz  besonders  aber  durften  die  Ansichten 
des  Hm,  Verfs.  von  der  Ausbildung  eines  Blüthetheils 
-auf  Kosten  eines  andern  und  die  Anwendung  derselben 
•af  Species-Bestimmnng  heftigen  Widerstand  finden^ 

Sehr  augenscheinlichen  £inflofs  auf  die  Formen  diM 
Gewachsreiches» zeigen  die  Höhen  ihrer  Standorte,  Ober 
-  Avelcheri  so  iiitciessanten  Punkt  der  Hr.  Verf.,  in  der 
!Nähe  der  Alpen  wohnend,  den  besten  Aufschlufs  geben 
konnte;  das  darüber  Mitgetheiite  durfte  der  genauesten 
«Beachtung  würdig  seyn;  eben  so  die  Bemerkungen  übef 
die  Abgrenuungslinien  der  Alpin -Vegetation  Und  di6 
dadurch  entstehenden,  für  die  Pflanzen-Geographie  40- 
zunehmenden,  Regionen;  die  Beobachtungen  über  den 

XXIV.  Jahrg.  IS.  H«ft.  Vi 


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\1M  U^tachweikr,  Schwcts^rpflawie». 

Einflufs  der  Alpenlult  und  anderer  erhält nisse ;  endlich 
wird  man  mit  Vergnügen  die  anziehende  Scliilderung 
der  Vegetation  auf  der  Nord-  und  Südseite»  so  wie  der 
östlichen  und  westlichen  Züge  der  Alpea  nachlesen. 

Nach  dieser  Uoterbrechung  wendet  sich  der  Hr. 
Verf.  in  nicht  ganz  logischer  Ordnung  -za  der  Behat- 
lung,  den  Stacheln  und  DüJiien  der  Gewächse,  deren 
Veihällnils.  zu  den  äufseren  Kinflussen  auf  sehr  befriedi- 
gende Weise  erörtert  und  gezeigt  wird,  dafs  auf  diese 
SO  veränderliche  Tbeile  nicht  wohi  Arten  gegründet' 
werden  können,  was  insbcflonder«  dnroh  eioeB  Blick  aif 
die  zahlreichen  Formen  von  Rübu9  frutieamt9,  ileoen 
man  das  Speeles  -  Recht  einrävmte,  einleuchtend  ge- 
macht wird.  Diesen  Untersuchungen  sind  noch  andere 
von  der  Vielförmigkeit  durch  das  Aller  der  Pflanzen,  so 
wie  von  deu  Veränderungen  der  Gewächse,  welche  die 
CilUvr  erzeugt ,  beigefägt,  bei  welcher  Gelegenheit  ma»- 
ohe  passende  Bem^angen  Uber  die  CulturpBanaeB  der 
Schweiz  beigebracht  Werden. 

Mit  mancher  Wiederholung  des  bereits  Gesagtea 
geht  nun  lir.  Dr.  H.  die  einzelnen  Organe  der  Pflanzen 
io  Bezug  auf  die  öfter  herührtQii  Verhältnisse  durch) 
und  erläutert  ae  einzeln  an  den  Wurzeln,  Stengeln, 
Blättern,  Bracteen  nad  Kelchen,  an  den  CornUcSn,  Stanb- 
geßlften,  Pistillen  und  der  Frucht,  so  wie  an  deiiNeetiH 
rien  und  dem  Blüthenstande.  Ref.  kann  sich  unmöglich 
auf  alle  einzelne  oft  ziemlich  gewagte  Behauptungen  ein- 
lassen, und  erlaubt  sich  nur  auf  einen  Gegenstand  aui- 
merlcaam  zu  machen,' mit  dem  der  Hr.  Verf.  seine  Un- 
tersuchungen begmnt,  indem,  er  sagt :  IMaa  habe  dnreh 
Verenche  erwieeen,  daft  baumartige  Gewächse  wngft- 
kehrt  werden  könnten,  und  dafs  alsdann  die  Aeste  dle 
Function  der  Wurzel  und  die  letzten  die  der  ersteren 
übernähmen,  woraus  man  sehen  könne,  dafä»  our  die 
Aufsenweit  die  verschiedene  Geataltuog  dieser  Theik 
bedingten,  IMeee  annst  sehr  verbreitete  Ansicht  wird 
Jedoßh  bedeutend  durch  dae  modifieirt^  wae  BeeuMfailk 
(Organographie  Deutsch.  Uebers.  p.  211.)  darüber  be* 


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Hegetschweiler,  Srhweizerpflaozin.  litt 

merkte,  uad  von  iinsertn  Hrn,  Verf.  nicht  berücksich- 
tigt worden  ist.  Aber  dieser  groDse  Abschnitt  enthält 
znglieich  auch  eine  ansehnliche  Reihe  offenbar  vollkom* 
men  wahrer  Bemerkungen ,  die  dem  Physiologen  höchst 
interessant,  zugleich  auch  dringend  den  Systematiken», 
bei  der  AulVite!lun/i-  neuer  Arten,  zu  gelioiiger  Berück- 
sichtigung, empfohlen  zu  werden  verdienen. 

Wendet  man  diese  Grundsätze  auf  die  Gewächse  der 
Schwei/^  an,  §o  wird  man  die  Zahl  der  wahren  Arten 
sehr  vermindert  sehen,  so  ewar,  dafs  nach  einer  Mge^ 
meilien  Berechnung  gegen  1000  unächte  Species  gestri» 
chen  werden  müssen,  «nd  eine  noch  weit  gröliiere  ahl 
wird  sich  herausbringen  lassen,  wenn  man  die  von  den 
Deutschen  Botanikern  neuerdings  aufgestellte  Arten  einer 
eben  so  strengen  Kritik  »aterwerfen  wollte.  —  Schätz* 
bar  ist  das ,  was  der  Hn  Verf*  von  den  fioarbettem  delr 
Helvetischen  Flor  mittheilt,  so  wie  die  Pflanzen -Gata* 
löge  von  Graubündten ,  aus  dem  Rhe^iiitliale ,  aus  dem 
C.  Schaff  hausen ,  aus  dem  C.  Zürich  und  von  i\ev  Um- 
gegend von  Como,  besonders  aber  die  Nachweisungen 
ftr  reisende  Botaniker,  wefche  die  Schweis  besucheo 
and  hier  gennui  erfiibren ,  wer  |uid  was  für  diese  Wl»- 
senschaft  Interessantes  an  des  dttzelnen  Orten  BW  fin-* 
den  ist.  - 

Zuletzt  fo!o;en  nun  noch  clie  Anwenfhingen  der  in 
diesem  Buche  vorgetragene  n  Gmadsätze  auf  einige  po^ 
lymorphe  Gattnngen  und  Arten,  namentlich  auf  Calti* 
trhhe,  Vermdea,  Pk^mctd»,  Uiricutaria ,  SiMa, 
Ciroaea^  Vnlerktma^  Croeu9,  Ctladioht»^  ScirpaSy  PoHf 
Gentiana,  Epilohium ,  Hieraciimiy  SaUces  und  manche 
andere.  —  Manche  der  hier  bezeichneten  Redactionen 
sind  ganz  gewifs  den  Naturgesetzen  geniäfs  überall  an- 
zunehmen; allein  Ref»  ist  weit  entfernt,  dem  Hrn.  Verf. 
belzustiiBnien ,  wenn  er  s.  &  Vermmäa  ar^ensi^  Und 
Ktfemmf  ferner  Vemha  iriphyllöB  moA  V,  praec(^ 
einerlei  Art  erklärt];  so  wie  denn  überhaupt  in  sehr 
vielen  Fällen  sein  Kifer,  alte  Arttirt  einzuziehen,  gewifs 
ZU  weit  geht,  was         näher  nachzuweisea  gedenkt | 


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1188 


£Uenmaon ,  über  den  Tripper. 


sobald  iVie  ver<;prochene  Enwnef'ath  critha  plantftrum 
Helveiiae  wirklich  erschienen  §e^ii  wird. 

Die  der  vorliegenden  Schrift  angehängte  Gebirgs* 

karte  stellt  tVie  Nord-  und  Südseite  der  Alpen  vor,  mit 
Angabe  der  bekanntesten  Höhen,  der  Gletscherlinieii 
und  der  vorherrschenden  Vegetation ;  sie  scheint  uns 
mit  vielem  Fleifse  bearbeitet  zu  seyn. 


Der  Tripper  in  allen  eeinen  Formen  und  in  allen  eeinen 
'    Felgen.    Von  Dr.  Sitenmann.    J.  Bd.   Der  Tripper  in  aUem 
eeinen  fitrmen.    II,  Bd.  Der  Tripper  th  aUen  eeiman  Folgen.  A*- 
'    Umgen  1830,  hei  J.  J.  Palm  und  Emet  Enke.  gr.  8.  (Fr.  4 11.). 

#   

Je  mehr  eine  Zeit  lang  in  der  neueren  Medicin  sub- 
jective  Ansichten  und  sabjectives  Streben  ilberhanpt  die 
Oberheri^chaft  zu  gewinnen  getrachtet,  and,  theil- 
weise  wenigsten«,  auch  wirklich  errangen  haben  (maa 
denke  nur  an  so  manche  naturphilosopliische  Bearbei- 
tung der  praktischen  Medicin!),  —  eine  Richtung  des 
Zeitgeistes,  weiche,  bei  manchem,  unläugbar  Guten  und 
für  die  Wissenschaft  wahrhaft  Erqpriefslichen ,  dennoch 
so  manche  literarische  Mifsgeburt  zur  Welt  gebracht, 
und  hierdurch  sowie  hauptsächlich  durch  Verkennung 
ihres  wahren  Standpunktes,  der  ächten  Wissenschaftlich- 
keit vielfachen  Abbruch  g(  than  hat,  —  um  so  lebhafter 
mnfste  sieb  natürlich,  besonders  in  den  besseren  Gei- 
stern, das  Bedürfnifs  nach  etwas  Haltbarerem,  als  sub- 
jective  Ansichten  seyn  können,  regen,  das  Bedürfnife 
nach  einem  Objectiven  in  der  Wissensehaft.  Dieses 
BedOrfnifs  nan  gab  «ch  auf  mancherlei  Art  and  Wmae 
zu  erkennen,  bald  durch  eifrigere  Rückkehr  zu  dem  Stu- 
dium der  Alten,  bahl  durch  gröfsere  Werthschätzun^ 
reiner,  ungetrübter  ärztlicher  Erfahrung.  —  Mehr  oder 
weniger  diesem  Geiste,  den  wir  den  faten  der  neueren 
Medicin  nennea  möchten ,  entsprossen  scheint  auch  die 
neuerdings  iinmer  lebendiger  and  klarer  hervorgetn^eoe 
Idee   von   einer   naturgeschichtiicheu   Bedeutung  der 


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Eifettimiiiii»  Aber  den  Tripper.  1180 

Krankhetien ,  und  somit  von  der  Nothwendigkeit  einer 
solchen  wissenschaftliclien  Behandlung  der  Heilkunde  — 
eine  Ansicht,  die,  wofern  sie,  innerhalb  der  natürlichen 
Grenzen  sich  behauptend,  nie  vergifst,  dafs  sie  es  mit 
dem  Lebendigsten  unter  dem  Lebendigen,  folglich  mit 
dem  Wandeibarsten,  zu  thun  hat,  und  dafs  jede  Krank- 
heit nur  das  Produkt  doppelter  Faktoren ,  des  aufseren 
Momentes  und  der  tief  in  der  Idee  des  Organismus 
wurzelnden,  organischen  Reaktion ,  seyn  kann,  gewifs 
nur  sehr  erspriefslichen  Einflufs  auf  die  Wissenschaft 
Qben  wird.  Auf  diesem  Standpunkte  befand  sich  auch 
der  Verf.  dea  Toriiegenden  Werkes,  als  er,  ein  Schiller 
des  trefWchen  Schdnlein,  seinen  Gegenstand  bearbei- 
tete ,  und  wir  glauben  demnach  Werth  und  Gehalt  sei- 
ner Arbeit  am  besten  zu  bezeichnen,  wenn  wir  tliesf  ibe 
eine  Natur- Geschichte  des  Trippers  nennen,  soweit  eine 
solche  Dämlich  bei  den  zum  Theil  noch  so  mangelhaften 
Kenntnissen  über  diese  Krankheit  gegeben  werden  kann. 

Da  es  jetKt,  wo  dieses  Werk  schon  von  mehreren 
kritischen  Instituten  in  das  Publikum  eingeführt  worden 
ist,  überflussig  seyn  würde,  in  den  speciellen  Inhalt  des- 
selben näher  einzugehen,  so  begnügen  wir  uns  mit  der 
Heraushebung  einiger  Uauptzüge  der  Untersuchung,  der 
wir  gelegentlich  unsere  Bemerkungen  beifügen  wollen.. 

Nachdem  der  Verf.  eine  Geschichte  des  Trippers 
geliefert  hat ,  gelangter  (Bd.  L  S.  92ff.)  zur  Nosologie 
tles  Trippers.  Dieser  vortrefflich  ausgearbeitete  Abschnitt 
begirnit  mit  einer  Naturgeschichte  des  Tripper- Conta- 
giums,  in  weicher  die  pathologische  Selbstständigkeit 
des  Tripper  -  Processes ,  namentlich  auch  dessen  Ver- 
schiedenheit von  derSjrphilis,  nachgewiesen  wiriL  Hier- 
bei missen  wir  es  als  ein  besonderes  Verdienst  des  Verls, 
rfihmen ,  dafs  derselbe  nicht  versäumt  hat ,  das  Tripper- 
Contagium  auch  von  seiner  chemischen  Seite  (alle  durch 
Tripper-Procefs  bedingten  Absonderungen  rei<ji^ii  en  ka- 
linisch,  wie  die  durch  Syphilis  erzen (^ten  sauer)  zu  be- 
trachten, indem  wir  nämlich  der  Meinung  sind ,  dafs 
diese  Seite  der  Untersuchung  bei  den  Contagien  aus  einem^ 


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1198 


-wl«  f»  fcheint  miftverataiicienen  Dyntmiimiis  bwliar  mVifU^ 
«ehr  vernachlässigt  wordeu  ist,  während  doch  so  manche 
Erfahrungen  der  neueren  Zeit  wohl  dtzu  gfeeiguet  gewesen 
wären,  die  Aufmerksamkeit  der  Aerstte  auf  diesen  Punkt  zü 
leiten,  iiDd  bei  ihnen  die  Ansicht  rege  zu  machen,  dafe 
doli  Doeh  mancher  Schatis  för  die  ptaklieche  Hdlkwde 
▼ergraben  liegen  möge.  Denu  wir  erUftren  nna  ein  filr 
nlle  Mal,  selbst  der  Gefiihr,  bei  uaeern  Kunstgenossen 
für  einen  ärztlichen  Ketzer  zu  gelten,  zum  Trotz,  offen 
und  frei  dahin,  dafs  die  Aerzte,  nach  un»^erer  festen 
Ueberzengung ,  bei  allen  bösartigen  un<l  schweren  ee»- 
tag^6aen  Krankheiten  (und  wie  viele  aiwi  nichi  covta«- 
^öaV)  mit  ihrer,  flbrigena  auch  nooh  ao  ratiooellea 
handlang  Nichts,  gar  Nichte  aMNiriehleo  im  Stabde 
aeyn  werden ,  so  lange  es  ihnen  nicht  gelingt ,  auf  die 
ContajG!:ien  selbst  (ii rekter  Weise  einzu^virken.  Ob  nun 
dieses,  und  in  wie  weit  es  uns  jemals  gelingen  werde, 
darüber  wagen  wir  selbst  noch  keine  definitive  Entaoiiqa- 
dnng.,  halfen  aber  jeden  Falle  die  Sache  des  Versuches 
und  der  ernslUchaten  Anaf rengungen  werth.  *}  Fmmk 

•)  Anm.   Man  Tergl.  die  von  uns  in  diesen  Blättern  geliefoFte 
Anzeige  der  Schrift  Ton  Eichhorn,  üher  Behandlung  und  Ver- 
hütnn«^  der  acuten  Exantheme  ii.  s.  w.    Nur  halten  Mir  die  Be- 
merkung beizulügen  für  nöthig,  dafs  man  uns  mifsTerstehen 
würde,  wenn  man  ans  dem  dort  Getagten  eine  vöBige  Ueher- 
etüstimmung  t^serer  Ansichten'  mit  denefi  de«  Verf«.  folgern 
wollte.   Oean  nuuiolia  Abwoicbung  anaerer  deifaHaigeo  An«ic^- 
ten  hah«o  wir  dort  antenlrficltt,  thoüs  wall  eo  uns  an  Ort  und 
Stella  XU  weit  geführt 'haben  wArde,  dicaelben  gründlich  an 
erörtern ,  thelle  aber  aneh  ,  wir  geatehen  ea  offen ,  dämm ,  weil 
die  Sache  eellier  n«eh  keinaaw^  bei  ona  abgeaehlaeaMi  fat 
Einen  nbev,  nnd  wie  «upi  dMti»  den  Benpl-JPahlar  Jaeoa  Wm- 
hea  wallen  wir  ainatwailae »  bia  wir  «na  einmnl  anderen  tk^ 
wie  wir  bo^epi  anefdbflich  und  gruadU«h  aber  daa  pmuß 
Thema  aauprechen  lidnnen«  Torlaufig'  beaeichnan,  den  nlif- 
lieh,  dara  der  Terf.  die  britiiche  Bedeutung  der  Ablagerungen 
auf  die  ftuOere  Haut  geliugnet«  ein  Irrthuin«  in  den  er  im 
Theil  dareh  mikTefatandnifa  «einer  eelbat  gefttlm' «»•  etfi 
«Ma^  worin  wir  ihih  aber  hniiiwwega  >»litliiwa  liiaaan* 


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/ 


Swomano,  über  don  Tripper.  UM 

betrachtet  der  Verf.  (S.  126  ffi)  das  Verhdllfiirs  des 

Tiippers  zu  anderen  Krankheiten.  Bei  dieser  Gelegen- 
heit müssen  wir  bei  einer  Behauptung;  des  V^erf«?.  etwas 
verweilen,  weil  dieselbe  so,  wie  «ie  gestellt  ist,  leicht 
Sil  Mirsverständaissen  Veranlassung  geben  möchte.  S.  Itt4. 
aftmlidi  helfet  es:  ,,Zwischeo  Syphilis  und  Tripper  halten 
wir  eine  Verbindnng  für  nicht  denkbar;  denn  wie  ist  es  - 
möglich,  dafs  zwei  Krankheiten  in  einem  und  demselben 
Orj^anismus  hausen,  von  denen  die  eine  ein  saures,  die 
andre  ein  kalinisches  Secret  liefert''  —  „Wenn  Sehanker 
mit  Tripper  zugleich  vorkommen,  so  sind  entweder 
erstere  keine  syphilitischen  5  sondern  Tripper-Greschwiire» 
€>der  wenn  die  Geschwuro  wahre  Sehanker  sind,  so  ist  ^ 
der  sie  begleitende  Harnröhrenflnfs  nur  eine  consensuelle 
Blennorrhoe,  kann  sohin  auf  den  Charakter  des  viru- 
lenten Trippers  keinen  Anspruch  macheu."  Wir  glau* 
ben ,  dafs  der  Verf.  hier  gewissermafsen  mehr  behauptet 
hat,  als  wohl  selbst  seine  Absicht  war.  Denn  S«  139. 
nagt  er :  ,,Schon  Sydenham  erzählt,  dafs  ein  Venerischer 
dnrehden  Speichelflnfs  von  einem  Schanker,  aber  nicht 
▼on  einem  gleichzeitigen  Tripper  geheilt  wui dr.  Aehn- 
liches  erzälilt  Hunter."  Ebenso  S.  150.  „  jji  fiiller  will 
sogar  gesehen  haben,  dafs  die  schiaflosen  dächte  eines 
Syphilitischen  verschwanden,  als  er  auch  Ton  der  Trip- 
perseuche befallen  wurde,**  und  S*  153:  „Vor  allen  dürf- 
ten wir  das  Verhfiltnifs  des  Trippers'  zur  Syphilis,  mit 
welcher  er  so  hauiig  in  einem  und  demselben  Individuum 
vergeselUchal'tet  vorkömmt ,  ins  Auge  fassen/'  Auch 
noch  S.  148:  „Uns  ist  der  Fall  einige  Mai  vorgekommen, 
dafs  ein  Individuum  an  Tripper  und  Schanker  zugleich 
litt  Wir  lieHsen  ersteren  unberücksichtigt ,  reichten  ge- 
gtn  leteterea  Quecksilber  und  Holztränke  bei  strenger 
Diät ;  der  Sehanker  verschwand  immer  innerhalb  3  Woh 
chen,  der  Tripper  forderte  später  eine  eigene  oft  lang- 
wierige Behandlung.'  Da  nun  in  dieset!  SleUen  wohl 
nehwerlich  von  einem  secundären  syphilitischen,  oder 
von  einens  indifferenten  IVachtripper  die  Rede  seyn 
nsdohte,  so  glauben  wir  die  Meinung  des  Verls,  am  rieh- 


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JJL92  .          Eiaenmann ,  über  den  Tripper. 


tig-sten  anfzufassen,  wenn  wir  das  (S.  1H4.)  Gesagte  nur 
auf  den  Zeitpunkt  beziehen ,  wo  der  Tripper  ia  seiner 
Eoiwickluog  begriflfeu  oder  auf  seinein  Culniiiuition»- 
pttokie  steht y  denn  dies-  und  jenseits  dieser  Grenze 
lifst  «ich  das  gleichseitige  Vorkommen  sj^philitischer 
und  gonorrhoischer  Infektion  gewifs  nicht  bezweifeln. 
•  Schliefst  doch  seihst,  wie  wir  ans  Thatsachen  wissen, 
bei  den  Blattern- Arten  (deren  Contagium  übrigens,  so- 
viel uns  bekannt,  keinen  chemischen  Gegensatz  bildet), 
die  doch  als  rein  acute  contagidsf  Krankheitsproiccm  in 
dieser  Beziehung  mehr  zu  bedeuten  haben,  als  Tripper 
und  Syphilis,  die  stattgefundene  Infection  mit  Variolen- 
Gift  eine  Vaccinen- Ansteckung,  und  umgekelirt,  nicht 
immer  aus.  Ja  sojo;ar,  wenn  es  erlaubt  w  iirc^ ,  Analogien 
hier  unbedingt  anzuwenden ,  so  möchten  diese  Thatea* 
chen,  namentlich  der  von  Willan  erzählte  Fall,  wo  auf 
dem  Rande  einer  Knhpocke  eine  M enschenbhitter  eal^ 
standen,  die  aufgestellte  Behauptung  selbst  in  4ler  tou 
uns  untergelegten  Einschränkung  anfechten.  Doch  wir 
geben  gerne  zu ,  dafs  hiervon  keine  direkte  Anwendung 
auf  die  in  Bede  stehenden  Krankheiten  gemacht  werden 
dürfe,  und  sind  selber  der  Meinung,  dafs  eine  eigent- 
liehe  Complicatlon  des  Trippers  mit  Syphilis  die  Erfah- 
rung bis  jetzt  noch  nicht  nachgewiesen  habe ,  und  dieses 
hauptsächlich  nur  schien  der  Verf.  behaupten  zu  wollen. 
Sehr  ansprechend  ist  es,  was  der  Verf.  (im  ISten 
Kapitel)  von  dem  Keimen  der  Contagien  auf  den  Schleim- 
häuten sagt  Aber  so  Manches  auch  diese  Ansicht  für 
sich  hat,  so  wagen  wir,  bei  dem  groften  Dunkel,  wel» 
ch'es  noch  auf  dem  Bildungs-Frocesse  der  KrankhritS'^ 
Gifte  innerhalb  des  Organismus  ruht,  doch  nicht,  uns 
unbedingt  für  dieselbe  zu  entscheiden«  Die  auf  Ein* 
spritzurif^-en  von  Tripper-  oder  Schanker- Gift  in  die 
Venen  nicht  erfolgende  Infektion  (S.  llSw)  ist  auch  nicht 
so  beweisend ,  wie  der  Verf.  zu  glauben  scheiat^  da  die 
Infektion  schwerlich  ausbleiben  möchte,^  wenn  diefis 
GiftiB  in  die  Lymph-Geföfse  eingespritzt  Werdern  ^ 
y^llkomnien  aber  stimmeq  wir  piit  dem  Verf.  über^iq. 


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Einnniwin ,  Aber  dea  Tripper.  1198 

wenn  er  (S.  181.  und  an  a.  Stellen)  sich  für  die  Ansicht 
erklärt,  dafs  keiae  coutagiose  Kraakheit,  aU  solche,  eine 
blofi  örtliche  sey. 

Bei  der  Behandlung  des  Trippeis  neigt  sich  der 
Verf.  einigerinafsen  zur  chemischen  Ansicht,  indem  er 
innerlich  die  verdünnte  Salzsäure ,  und  äufserlich  Ein- 
gpriüEUngen  mit  Chlor ,  selbst  auch  beim  synochalen  Trip-* 
per,  empfiehlt .  Mit  Recht  warnt  er  Yor  allen  Mitteln, 
welche  den  Tripper  in  seinem  Verlaufe  stdren ,  oder  gar- 
unterdrücken  können,  somit  auch  vor  dem  zu  frühzei- 
tigen Gebrauche  der  Cubeben  und  der  Balsame.  —  Den 
Nachtripper  im  gewöhnlichen  Siqne  unterscheidet  der 
Verf.  näher  in  einen  chronischen  Tripper  (Stehenbleiben 
auf  der  Involutions*  Stufe  des  acuten  Trippers)  und  in 
den  eigentlichen  Nachtripper,  (torpider  Tripper  ohne 
.  Contagiositat). 

Der  Bweite  Band,,  welcher  tou'  den  Folgen  des 
Trippers  handelt,  beschäftigt  sich  mit  den  Tripper-Me- 
tastasen, den  wandelbaren,  und  den  fixen  (Stenosen, 
Tripper -Toberkeln)  Tripper -Seuchen.  Dankbar  mufs 
es  anerkannt  werden ,  wie  hier  der  Verf.  mit  grofsem 
Fleifse  und  vieler  Umsicht  sich  bemüht  hat,  den  oft 
uehr  spärjiich  Torhandenen  Stoff  in  ein  wissenschaftliches 
Gem&lde  m  Terarbeiten«  Leider  aber  bleibt  hier  noch 
gar  manches  Dunkel  ruhen,  und  es  eröffnet  sich  somit 
zukünftigen  Beobachtungen  noch  ein  weites  , Feld.  Am 
fühlbarsten  ist  dieses  liinsichtlich  der  Therapie  derFolge- 
krankbeiten  des  Trippers,  welche  als  solche,  wenig- 
fitons  was  die  Tripperseuche  anbelangt ,  eigentlich  noch 
gvr  nicht  gegeben  ist  Und  doch  sind  wir  überzeugt, 
dafs  diftse  Uebel  häufiger  vorkommen,  als  man  gemein« 
hin  glaubt.  So  erinnern  wir  uns  einer  unsrer  Kranken,, 
die  am  Carcinoma  uteri  gestorben  ist,  bei  welcher  nach 
ihrer  eignen  Aussage  (die  Unglückliche  war  von  ihrem 
liederlichen  Manne  angesteckt  worden)  nicht  der  ge<- 
'  ringste  Zweifel  über  die  Herkunft  des  Uebels  obwalten 
konnte.   Und  noch  in  dem  letEtveillossenen  Frfllqahre 


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1194 


Durand,  Vorlcsungün  äber  Banlcunst. 


woliMten  wir  einer  mit  vieler  Geschicklichkeit  an  einim 
ju!ii;eii  Manne  volizogeDcn  Operation  einer  Sarcocele 
(die  ziemlich  voluminöse  Entartaog  hatte,  hauptsächlicli 
den  Nebenhoden  und  den  Samenstrang ,  letzleren  aber 
bis  in  den  Oanatia  htgümaUsg  ergriffen)  bei,  welche 
deneeiben  Ursprung  hatte.  Sehr  bald  nach  der  Opera« 
tioü  zeigte  sich  die  erstere  Production  im  Leibe,  und 
nach  einigen  Monaten  starlj  der  Kranke  unter  schreck- 
lichen Qualen.  Das  bei  der  Operation  gewonnene  Prä- 
parat wird,  soviel  wir  wissen,  noch  aufbewahrt.  — 
Gerne  gestehen  wir,  manchen  ähoiichen  Fällen,  die  ans 
jetzt  noch  dunkel  vorschweben ,  nicht  die  Terdiente  Aaf-  . 
merksamkeit  in  dieser  Beziehung  gewidmet  zu  haben,  ; 
weil  uns  iiamals  die  Selbstständigkeit  des  Tripper-Pro- 
cesses  von  der  Sj^phiüs  noch  einigermafsen  zweifel- 
haft war. 

Uebec  den  literarischen  Werth  des  hiermit  angfe- 
Seigten  Werkes  noch  Weiteres  zu  sagen ,  halten  v^h  für 
rein  überflüssig.  Je  höher  wir  dasselbe  schätzen,  am 
so  mehr  müssen  wir  wünschen ,  dafs  der  Verf.  auch  fer- 
nerhin Mufse  zu  wissenschaftlichen  Forschungen  Saden 
und  die  Früchte  derselben  uns  nicht  vorenthalten  mdg«. 

0r.  fV  eb  er. 


Jbrif»  der  Forletungen  über  R'au1tun$t,  gtikatten  an  dv  hb-  | 
nigUeken  poltfieehnUeheu  SehuU  9U  Paria  mm  J.  iV.  L,  Dmrani,  ; 
BamiuhUr^  -frofeMor  der  Bmdnmi  und  iarretp,  -BMigHedi  Mr 
jtkmdmk  dm  eehBmen  UatU  9u  Jn$umfen*  IVMi  4tr  nmtiim 
Aufiagn  am  dem  A-im««  «ftcTMM.  fotar  Jtali«  «it  jQ  JMül^ih.  | 
82  &  ZweiUr  Bandt  nät  32  üteintafehu  XVI  fmd  49  &  gr,  4. 
Cartaruhc  und  Freiburg  in  der  Herder^sekeu  Kunet'  und  Buckkudr  ! 
lung.  18S1.  (PreitlZfi.)* 

Bei  dem  hohen  Rufe,  wekheo  ttck  die  polytech- 
nische Schole  zu  Paris  erworben  ha*,  wd  m  vieia  bs- 
ileutende  Meister  in  den  versehtedeiiefl  Zweigen  der  Bsa- 

kunst  ihre  Bildung'^rhielteQ ,  könnte  man  erwarten ,  hidK 


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fia.?oUsläRdig>e9  unü  mgMt^  fs^  slenwiwfdm  Werik  Ober 
^nen  Geg^staud  sa-firbaken,  wdclwr     Ttele  tmcl  s«- 

gleich  schwierige  Aufgaben  aus  dem  Gebiete  <1(  i  W  is- 
^uschaften  und  der  Kunst  in  sich  vereinigt;  allein  die 
Angabe  der  Seitenzahlen  zeigt  schon  aui  dien  erste»  Blick, 
dafs  dieses  unmöglich  der  Fall  9«yfi  kotin.  Wenn  aber 
von  der  andern  Seite  oaeb  einem  oberflächlichen  Schlüsse 
«es  diesem  geringen  Umfange  das  Ganze  ab  mangel- 
haft, ma^er  und  unvoHkommen  erscheinen  könnte,  so 
ist  hiergegen  zu  hemet  ken ,  dals  einerseits  das  Werk 
nur  einen  Theil ,  nämlich  die  sogenannte  bürgerliche 
Baukunst  im  engeren  Sinne  umfafst,  und  dafs  anderer- 
seits die  Zdglinge  der  polytechnischen  Schule  verschie- 
dene vorbereitende  Kenntnisse  in  den  Vorlesungen  aber 
Physik,  Chemie,  Mechanik  und  Technologie  sich  zu 
eigen  machen,  demnächst  aber  in  eine  besondere  Schule 
übergehen ,  wenn  sie  sich  einem  bestimmten  Zweige  der 
Baukunst  ausschliefsUcb  widmen  wollen.  Hiernach  sind 
^SQ  diese  im  AllfemeiAeaJ&her  Baukunst  gehaltenen  Vor- 
lesungen sonlchst  nur  d^m  bestimmt»  dea  Gegenstand 
im  Ganzen  darzustellen ,  mit  seinen  wesentlichsten  Thei- 
len  bekannt  zu  machen,  und  dadurch  zugleich  eine  An- 
regung zu  geben,  damit  diejenigen,  welche  Talent  und 
Lust  hierzu  in  sich  fühlen,  denselbea  in  seinen  wei- 
teren Vemweignngen  ernster  und  enfmerksamer  stU" 
diren« 

Will  rotn  das  vorliegende  Werk  zuerst  uo  Allgemein 

nea  beurtheilen,  so  mufs  man  berücksichtigen,  dafs  es 
einen  Abrifs  wirklich  ^elialtener  Vorlesungen  enthält , 
IQ  denen  manche  rhetorische  Wendungen  und  einiger 
fiohmuck  der  Il(  fle  nicht  fehlen  dürfen»  Die  violfacheD 
mitgetheiUen  Belebrungen  sind  daher  nicht  in  nackter 
Binfschheit  systematisch  geordnet  eoeinniider  gereibei, 
noch  viel  weniger  in  couipendiarischer  Kürze  so  zusam- 
mengestellt, und  vom  Ein£acheren  zum  Zusanimengesetz- 
leren  lorlsehreitend  auf  eine  solche  Weise  vorgetragen  y 
dafs  der  Leser  durch  eifriges  Stadium  eine  Ueberaicht 
des  Gänsen  der  BaukuDst  sich  an  eigen  maehen  könnte, 


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ilM  Dsiasdl,  VorletBSg«!  Aber  BMikwil. 

Um  in  frorkommemlen  Fällen  Uber  einzelne  Aufgslieii 

genügende  Auskuiiit  aus  demselben  zu  schöpfen.  Eben 
sowenig  würde  derjenige  sich  befriedigt  fühlen,  wel- 
cher mit  den  nöthigiten  alJgemeinea  physikalischen me- 
chanischen nnd  chemischen  Vorbereitungskenntnissen  wasr 
gerfisCet  Terlangen  wollte,  durch  diese  Anieitung*  sidi 
zu  einem  vollständig  unterrichteten  Baiikünstler  aussu- 
bilden,  denn  von  solchen  Fordeiuugea  ausgehend  würde 
er  gar  Vieles  vermissen,  z.  B.  genaue  Angaben  über  Be- 
*  reitungsart  und  Güte  des  Mörtels,  Bestimmung  der  Kenn- 
zeichen eines  hinlänglich  festen  Grundes,  Anleitung  zum 
Pilottireo,  festbegrttndete  Regeln  über  die  Di6ke  der 
Mauern  je  nach  ihrer  verschiedenen  Höhe  und  dem  aus- 
zubauenden Drucke,  Belehrung  über  die  erforderliche 
Dicke  und  Verzahnung  der  Balken,  so  wie  Ober  die 
schwierige  Construction  eines  Dachstuhls,  und  mehrere 
sonstige  für  den  praktischen  Baukünstler  höchst  wichtige 
Angaben.  In  diesen  Bemerkungen  soll  jedoch  keiaes- 
/wegs  ein  Vorwurf  d^  Arl  liegen,  als  ob  ohne  alle  Ord- 
nung die  verschiedensten  Gegenstände  durch  einander 
geworfen  wären;  vielmehr  befolgt  der  Verf.  allerdings 
einen  Plan,  wonach  er  vom  Einfachen  zum  Zusammen- 
gesetzten übergeht,  die  Hauptsachen  sind  sogar  durch 
besondere  Ueberschriften  hervorgehoben ;  allein  die  ein- 
aelnen  Regeln  werden  durch  den  Flufs  der  Rede  im 
freien  Vortrage  minder  kenntlich',  und  mufsten  schon 
dadurch  mehr  zerstreuet  werden,  weil  der  Verf.  sich 
nicht  stets  wiederholen  durfte,  und  doch  bemüht  war, 
die  aufgestellten  Regeln  jederzeit  durch  Hinweisung  auf 
lihre  Anwendung  bei  wirklich  auszuführenden  Gebäuden 
niUier  zu  erläutern.  Auf  gleiche  Weise  ist  Ref.  weit  tsdt- 
fernt,  den  Vorwurf  eigentlicher  Mangelhaftigkeit  ofar 
gar  eines  Inhaltleereu  Wortreichthums  aussprechen  zu 
wollen,  denn  dieser  %väre  höchst  ungerecht;  vielmehr 
ist  das  Werk  durchaus  belehrend,  und  wenn  dessenun- 
geachtet viele  wichtige  Sachen  fehlen,  so' mufs  man  be- 
denken ,  dafs  der  verhUtuUlHiiäfeig  geringe  Uai£in|^  4m 


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I 


Dnmiid,  Vorletvngen  über  BmikaDat.  1199 

Buches  das  Gaoze  einer  so  weilläufdg^o  Wissenschaft  aii 
sieh  schon  gar  nicht  zu  omfassen  vermag. 

Will  man  den  elgenUichen  Werth  dieser  Vorlesun- 
gen gehörig  würdigen »  so  darf  vor  allen  Dingen  nicht, 
übersehen  werden,  dafs  der  Verf.  die  Bamnaterialien 
der  yerschiedenen  Länder  genau  kennt,  insbesondere 

aber  eine  bedeutende  Menge  hauptsächlich  grofsartiger 
und  kostbarer  Gebäude  von  dea  ältesten  bis  zu  den  neue- 
sten Zeiten  herab  in  Zeichnungen  und  in  der  Wirklich- 
keit gesehen  hat,  vorzüglich  diejenigen,  worauf  Ilc-ilien 
noch  immer  stolz  seyn  darf.  Aus  diesem  reichen  firfah« 
rungsschatze  theilt  er  eine  Menge  Regeln  und  Vorschrift 
ten  mit,  welche  namentlich  in  Beziehung  auf  Pracht- 
gebäude unmittelbar  in  Anwendung  gebracht  werden, 
oder  noch  wohl  mehr  dazu  dienen  können,  in  dem  ta- 
lentvollen angehenden  Baukttnstler  fruchtbare  Ideen  zu 
wecken.  Hierbei  darf  aber  vor  allen  Dingen  da^enige 
nicht  fibersehen  werden ,  was  die  eben  so  zahlreichen 
als  sauberen  Zeichnungen  leisten,  die  hier  in  eleganten 
Steindrucktafeln  mitgetheilt  sind,  deren  reiche  Fülle  und 
grofse  Mannigfaltigkeit  gerade  in  Beziehung  auf  den 
angegebenen  Zweck  des  Werkes  selbst  für  weit  grölsere 
Mängel  desselben,  als  die  bereits  gewissenhaft  ange- 
zeigten, noch  reichlichen  Ersatz*  gewähren  wfirden.  Dafs 
der  Verf.  sich  mehr  in  den  höheren  SphSren  der.  bür- 
gerlichen Baukunst  hält,  und  in  Beziehung  auf  ganz 
einfache  Gebäude  für  das  Land  und  für  kleinere  Städte 
kaum  etwas  aus  seinen  Vorträgen  zu  lernen  ist,  kann  der 
Verständige  nur  billigen ,  indem  man  sich  die  Erforder- 
nisse hierfür  fiberall  leicht  zu  verschaffen  im  Stande  ist. 
Das  Publicum  wird  es  daher  dei^  Verlagshandlung  dan* 
ken ,  dafs  sie  dieses  nfitzliche  Werk  in  einer  fliefsenden 
Uebersetzung  und  mit  hinlänglich  eleganter  Ausstattung 
auf  teutschen  Boden  verpflanzt  hat. 

Es  se^  jetzt  erlaubt,  den  Inhalt  etwas  nSher  anzu- 
geben ,  und  zugleich  einige  Bemerkungen  hinzuzufügen 
In  einer  Ijiinleitung  sucht  der  Verf.  hauptsächlich  eine 


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ll9g  DamiMl,  W«ih»ungtn  Ab«r  Baoknnst. 

Liebliogsidee  voo  ihm  m  beweisen,  die  im  gstnmi 
,    Werke  oft  wieder  berthrt  wird^  nSmIieh  dab  dotek 

(las  Streben  nach  Verzierung  eine  Menge  Geld  unnüte 
verschwendet,  und  dennoch  die  eijSfentHch  erzielte  Ab- 
sicht nicht  erreicht  Merde,  wie  ei  hauptsächlich  durch 
zwei  Beispiele,  das  Pantheon  iaParis  und  die  Peterskirche 
in  Rom  zu  beweisen  sucht,  wovon  das  erstere  18,  die 
letztere  8&0  Millionen  Pranken  kostete;  inzwischen  ge- 
langt man  zu  keiner  deutlichen  Einsicht,  was  unter  Ver- 
zierungen  eigentlich  zu  verstehen  sey.  Grofse  und  kleine 
Gebäude  können  immerhin  so  ein|2ferirhtet  seyn,  dafj*  sie 
Festigkeit  und  Dauerhai'tigkeit  oiit  einer  für  ihren  Zweck 
Tolikommen  genügenden  Bequemlichkeit  vereinigen ;  aber 
deswegen  sind  sie  noch  keineswegs  schön»  <L  b.  sie  nuh 
chen  keinen  angenehmen  Eindruck  auf  das  Auge  des 
Beobachters.  Dagegen  ist  es  auf  der  andern  Seite  nicht 
schwer,  zu  zeig(^n,  dafs  eine  Menge  uiul  mitunter  höchst 
kostbare  Verzierungen  verschwendet  seyn  können,  ohne 
dafs  der  unbefangene  Beschauer  die  Gebäude  schön  nea- 
nen  kann.  So  ist  z.  B.  die  Marcus -Kirche  in  Venedig 
mit  dem  kostbarsten  Mosaik  Qberladen,  aber  die  un- 
gleich einfacheren  Kirchen  des  PaUadio  in  Padua  und 

'  Vicenza  machen  einen  weit  lieblichem  Eindruck,  sodass 
man  sich  kaum  von  ihnen  zu  trennen  vermag.  Hierbei 

.  stöfst  man  ohne  Widerrede  auf  ganz  unüberwindliclis 
Schwierigkeiten.  Ohne  Regeln  .Ist  die  Bestirnmung  dfi 
Schönen  gewlfs  nicht,  denn  sonst  mllfste  dabei  das  Ge* 
fühl  jedes  Einzelnen  gleiche  Göltigkeit  haben ,  und  es 

X  wäre  gar  kein  Gesetz  darüber  möglich,  wer  aber  sein 
Urtheil  bios  durch  allgemeine  Regeln  bestimmen  oder 
hierdurch  begründen  will ,  der  wird  sish  in  ein  solches 
Labyrinth  Terstrickeu,  dafs  er  zuletzt  jede  feste  Grund- 
lage verliert  Die  Ursache  hiervon  Hegt  darin,  wsB 
der  Verstand  und  das  Gefühl  eine  Menge  von  Bedin- 
gungen verbinden  müssen ,  wenn  der  richtig  geleitete 
Geschmack  das  wirklich  Schone  bestimmen  soll.  Daher 
kommt  es  denn  auch ,  dafs  namentlich  so  manche  Bau- 
meister ungeachtet  der  vielen  wahihafft  schönen  Vor- 


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I 


Buraod,  Vorl«suBg(Qfi  ubor  Bftiikiiast»  llUf 

bilder,  die  sie  sa  sehen  Gelegeoheit  hatten,  dennoch 
80  oft  geschnuicUose  Ueberiadiüigeii  oder  wobl  gar  abr 
sohlt  barocke  Sonderbarkeileii  sich  so  Schulden  kommeo  , 

lassen.  Von  beiden  Fehlern  ist  indefs  der  erste,  näm- 
lich eine  Ueberladung  von  Verzieruugen  für  ein  Mittel 
der  Schönheit  zu  halten,  am  häufigsten,  in  welcher  Be- 
ziehung jedoch  Ref.  eine  Ausnahme  macht,  und  eben 
daher  auch  der  goüiischen  Bauart  keinen  Geschmack 
abgewinnen  kann,  ao  allgemein  und  hoch  dieaelbe  auch» 
namentlich  in  dem  vorliegenden  Werke,  gepriesen  wird. 
Ein  nicht  zu  übersehendes  Argument  für  die  Richtig- 
keit seiner  Ansicht  glaubt  Ref.  mit  Sicherheit  aus  dem 
Umstände  hernehmen  zu  können ,  dafs  man  die  an  Zier*  ^ 
rathen  reiche  gothische  Bauart  wieder  verlassen  hat« 
und  zur  griechiachordmisclien  zurückgekehrt  iat|  wa9 
schwerlich  geschehen  wäre,  wenn  jene  rUcksichtlich  der 
eigentlichen  Schönheit  mit  dieser  w^^^^^^*^'*!^  könnte.  Man 
wird  dieses  Urtheil  übrigens  nicht  so  sehr  auffallend 
finden  ,  wenn  man  lieset,  dafs  unser  Verf.  selbst  von  der 
Peterskirche  sagt,  dafs  sie  mehr  mit  kostbaren  Verzie- 
rÜDgen  überladen^  aey,  als  einen  wohlgefälligen  Eindruck 
auf  den  Beobachter  mache. 

Mich  einem  in  der  Einleitung  mitgetheilten  Plane 
besteht  das  ganze  Werk  aus  drei  Theilen,  deren  jeder 
in  mehrere  Abschnitte  zerfilllt.  Oer  erste  Theil  .handelt 
TOP  den  Elementen  der  Gebäude,  oder  nach  einer  nä- 
heren Bezeichnung  von  den  Materialien,  ihrer  Anwen- 
dung, von  den  Formen  und  Verhaltnissen.  Die  beiden  . 
ersten  Abschnitte,  worin  die  Eigenschaften  der  Mate- 
rialien und  ihre  Anwendung  bei  der  Constroction  der 
Gebäude  zur  Untersuchung  kommen ,  würden  a^hr  dürf- 
tig zu  nennen  seyn,  wenn  nicht  in  zwölf  Noten  die  das 
Einzelne  beschreibenden  Erläuterungen  hinzugefügt  wä- 
ren; ungleich  ausführlicher  dagegen  ist  der  dritte  Theil , 
worin  die  Formen  und  Verhältnisse  mit  steler  Hinwei- 
sung auf  eine  Menge  instructiver  &ichnungen  anschau- 
lich dargestellt  werden.    Hierzu  gehören  11  Tafeln  in 


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ItOO  '   Dnraii4«  Vorletangen  jftber  BmikaMt 

Querfolio,  welehe  mit  den  emn  sweiten  Theile  g^ehd- 
rigen  21  zusammen  die  auf  dem  Titel  genannten  32  Ta- 
fein  des  erpten  Bandes  geben,    üeber  den  zweiten  Theil, 
welcher  der  Ueberschrifi  nach  von  der  Erfindung^  im 
Allgemeinen  handelt,  worunter  die  Vereinigung  der 
einzelnen  R&ome  eines  Gebäudes  zu  einem  zweckmis- 
aigen  Ganzen  verstanden  wird,  scheint  es  ftberllilssig, 
in  eine  specielle  Kritik  des  Einzelnen  einzugehen,  in- 
zwischen  dürfte  der  möglichst  besümmte  Belehrung 
suchende  Leser  sich  leicht  unbefriedigt  fühlen  ,  wenn 
nach  der  Norm  altrdniischer  Mustergebäude  die  Höhe 
der  gewölbten  Säle  zu  ein  und  ein  halb  mal  der  Breite 
'zwischen  den  Säulen  angegeben  wird ,  wenn  ihre  Form 
ein  Parallelogramm  bildet,  der  plafonnirten  zn  einmal 
dieser  Gröfse ,  wenn  sie  länger  als  breit  sind  ,  und  zu 
weniger  als  einmal ,  w^enn  sie  quadratisch  oder  rund 
sind.    Bei  der  Beantwortung  dieser  für  die  Construc^ 
tion  moderner  Säle  höchst  schwierigen  Frage  ist  vor 
allen  Dingeq  dte  Rücksicht  auf  die  erforderliche  Be- 
leuchtung fiberseben ,  indeni  diese  letztere  mit  der 
flöhe  in  einem  angemessenen  Verhältnisse  stehen  mufs, 
sehr  unverständlich  ist  dagegen  der  Znsatz,  die  Höhe 
müsse  nicht  nothwendig  das  hier  angegebene  V^erhält- 
nifs.zur  Breite  haben,  damit  die  eingeschlossene  Luft- 
masse mit  ihrer  Ausdehnung  übereinstimme;  mit  Recht 
aber  wird  bemerkt,  dafs  man  die  angegebenen  Ver- 
hältnisse nur  als  eine  gewisse  genäherte  Norm  zu  be* 
trachten  habe  ,  an  die  man  sich  nicht  sklayisch  bin- 
den müsse.   Ein  räsonnirendes  Inhaltsverzeichuirs,  worin 
alle  Hauptsachen  einzeln  aufgenonuuen  sind^  ist  die- 
sem ersteil  Bande  hinzugefügt. 

'  (Ihr  B9§ehluf$  folgt.)  ^ 


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N'.  79.    HfilDELB.  JikHRR    LITERATUR.  1881. 


.  Durand,  Vorlesungen  über  BaukttmL 

Der  lohalt  des  zweiten  Bandes  scheint  vom  Verf. 
seihet  nicht  als  ein  nothwendig  integrirender  Theil  des 
Ganzen  betrachtet  zu  seyn,  sondern  vielmehr  als  eine 
Vervollständigung;  und  Erweiterung  des  im  ersten  Bande 
vorgetragenen,  ja  man  wird  zu  der  Voraussetzung  ver- 
anlafst,  dafs  derselbe  eia  sich  bestehendes  Ganzes 
bilden  soll,  indem  in  der  langen  V'orrede  der  Inhalt  des 
ersten  Bandes  kurz  wiederholt  ist  Oer  Zweck ,  welchen 
der  Verf»  durch  diese  Fortsetzung ,  die  nach  einer  an- 
deren Abtheilung  den  <1ritten  Theil  des  Gänzen  ausmacht, 
zu  erreichen  beabsichtigte,  ist  wohl  kein  anderer,  als 
eine  Uebersicht  der  mehr  im  Grofsen  anzuwendenden 
Baukunst  zu  geben ,  indem  sich  das  wenige,  was  im  tirit^en 
Abschnitte  über  Privathäuser  gesagt  ist,  mehr  als  eine 
unbedeutende  Zugabe  betrachten  läfst  Dafs  es  sehr 
schwer  sey,  in  dieser  Beziehung  allgemeine  Regeln  auf- 
zustellen, die  so  sehr  durch  örtliche  Verhältnisse  der 
Lage,  der  Umgebung^en,  vorhandener  Flüsse  und  Canäle, 
durch  die  Gröfse  der  Städte,  den  Reichthum  ihrer  Be- 
wohner, die  Vorzug«; weise  betriebenen  Geschäfte  und  viele 
'andere  Umstände  bedingt  werden,  leuchtet  von  selbst  ein, 
auch  geht  die  Absiebt  des  Verfs/ hauptsachlich  nur  dahin, 
allgemeine  Ideen  zu  wecken,  und  das  natürliche  Talent 
insbesondere  durch  g-eschmackvolle  Musterzeichnungen  zu 
regeln,  woraus  dann  die  Menge  der  hierzu  gehörigen 
Tafeln  erklärlich  wird.  Diesemnach  handelt  der  erste 
Abschnitt  von  den  hauptsächlichsten  Theil en  der  Städte 9 
ihren  Zugängen,  Eingkngen,  Straften  und  Brücken  nur 
«ehr  kurz,  obwohl  namentlich  die  Kettenbrücken,' und 
hauptsächlich  die  so  aufserordentlich  prachtvollen  neuen 
Brücken  in  London  gewifs  ei i^r  Erwähnung  werth  gewe- 
XJUY,  Jahrg.  12.  Heft  76 


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Daraod»  Vorlesungen  über  Baukunst. 

gen  wären,  ausführlicher  dagegen  wird  voo  den  öffentli- 
chen Plätzen  geredet,  und  nameDtUch  gezeigt,  dafs  diese 
in  den  Städten  Griechenlands  und  Italiens  mit  weit  mehr 
Geschmack  eingerichtet  waren,  als  sie  es  namentlich  in 

Paris  sind. 

Vorzüglich  anziehend  ist  der  zweite  Abschnitt,  worin 
für  Kirchen,  Paliäste,  öffentliche  Schatzkammern ,  Jn- 
stiz-Palläste,  Rathhfiuser,  Museen,  Bibliotheken,  Bör- 
sen ,  Zollhäuser ,  Schauspielhäuser ,  Bäder,  -  Hospitaler, 
fieläiignisse  und  Kas(  i  ru  fj  grofsartige  und  wahrhaft 
schöne  Plane  mitgetlieilt  u erden.  Minder  befriedigt 
wird  der  Leser  durch  den  Plan  zu  einer  Sternwarte, 
weil  dabei  der  eigentliche  wissenschaftliche  Zweck 
nicht  vollständig  berücksichtigt  ist.  Für  die  Vor- 
schläge zur  Construction  der  Markthallen,  Messen  und 
Kaufhäuser  würde  es  vortheilhaft  gewesen  sej  u ,  die 
Anlagen  dieser  Art  namentlich  in  Liverpool  und  London 
zu  berücksichtigen ,  die  Einrichtung  der  Metzigeu  ist 
fBr  ihren  Zweck  wohl  etwas  zu  kostbar,  auch  scheint 
es  nicht  angemessen,  die  Schlachthäuser  damit  zu  Ter* 
binden. 

Dafs  im  dritten  Abschnitte  auch  die  Privatwoh- 
nungen  mit  abgehandelt  sind,  ist  bereits  erwähnt,  aber 
hier  zeigt  sich  ein  auch  sonst  im  ganzen  Werke  oft 
fithlbarer  Mangel  bei  den  zwei-  höchstens  drei-stät- 
kigen  Wohnhäusern,  welche  allein  berücksichtigt  sinci, 
nämlich  die  Abzüge  für  den  Rauch,  welche  den  Hau- 
smeister allezeit,  aber  am  meisten  dann  in  Verlegen- 
heit setzen,  wenn  der  Kaum  beschränkt  ist,  und  den- 
noch, wie  in  Dresden,  Wien,  Edinburg  u.  a  w.  fünf 
oder  gar  sechs  Stockwerke  verlangt  werden,  lieber 
di^e,  und  die  Anlegung  anderer  filr  PriTathänser  so- 
wohl als  öffentliche  Gebäude,  Insbesondere  für  Caser- 
nen ,  Hospitäler  und  Gefängnisse  zur  Bequemlichkeit 
ganz  unentbehrliche  Anlagen  fehlen  alle  Vorschriften, 
und  nur  wenige  der  gezeichneten  Plane  deuten  die 
Abzüge  .für  den  Rauch  oberflächlich  an  5  so  sehr  ste 


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^rant  Spangenber^,  rraktiiclie  ErörUruagoii.  1292 

AQch  übrigens  Zweckiuäfsigkeit  mit  äiifserer  und  hi- 
serer  Eleganz  verbinden.  Bodlich  baoilcli  der  Verf. 
noch  aii^hrlieh  über  Landhäuser  ^  tbeilt  einige  treff- 
liche Master  mit,  und  giebt  dann  zuletst  noch  Aus- 
züge^ aus  den  Schriften  der  Alten  über  diese  nament- 
lich bei  den  Römern  bo  ausiiclmu  n<l  schönen  und  kost- 
baren Anlagen,  ?oa  denen  sich  noch,  jetzt  Ueberreate 
in  Italien  finden. 


TkMo'd,  Bog  ernannt  Prok^Ueh»  SHrterungcn  aus  aütn  Theilen  der 
BeekUg^ehnamkeit  km  und  wieder  mit  Urtkeil$§priieh€n  des  Celle"' 
edken  THbunats'  und  der  übrif^en  JueiinMffe  heet&rkt,  Fortgtsetni 
99n  Srnsi  Spangenberg,   iX  Band,  Hannover  188L  4. 

Auch  unter  dem  Titel : 

Srnet  Sp  angenberg.  Praktische  Erörterungen  aus  allen  Theilen 
der  Pccktftgehhrsamkctt  hin  und  wieder  mit  Urtheilssprüeken  des 
CeUe'scheu  Tribunah  und  der  übrigen  JuttuAf^  bestärkt,  LBanä,^ 
Hannover  1831.   XX  und  d78  S.  4. 

Die  Urtheilssprüche  des  Celle'schen  Gerichtshofes  ' 
haben  sich  von  jeher  einer  besondern  Auszeichnung  und 
Aufnahme  zu  erfreuen  gehabt,  und  es  ist  gewifs  jedem 
Rechtsgelehrten  willkommen,  daft  nach  dem  Tode  dea 
Knaelei-ilirectors  Hagemann,  an  deasen  praktische  Er- 
örterungen sich  diese  Schrift  als  IX.  Band  cunSchat  an- 
schliefst,  aber  zugleich  als  ein  für  sich  bestehendes  W  erk 
sich  darstellt,  dieselbe  von  einem  Schriftsteller  mitge- 
thoilt  iverdeo,  dessen  iiterärischer  Huf  gegründet  und 
dessen  VerdieiMito  um  die  Recbtavissenschaft  anerkannt 
«Bd.  Grofae  Fortschritte  wurdieo  aast  40  Jahren  in  allw 
Zweigen  der  Rechtswiasenadiaft  gemadit,  tfiglich  wird 
die  Zahl  der  vorhandenen  Controversen  durch  neue  Un- 
tersachungen  vermehrt  und  der  Rechtsgrund  unsicher 
tuid  schwankend.  Wahrzunehmen ,  wie  diese  Forschun* 
g;>en  eingeführt  werden  ins  Leben,  wie  die  obersten  Ga- 
jrifditahAre  eine  o£t  Jahre  lang  gehandhnbte  Anaicht,  go- 
€MiBBi  auf  ueMre  Unterauchungen ,  TerbMen  wd  aine 


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i 


1204  Erott  S|iang«iiberg,  Praktische  Erörterungeii. 

andere  Meinung  adoptiren ,  ist  gleichwichtig  fßr  deo 
Theoretiker  uod- Praktiker.  Es  eotspringt  aber  aus  der 
Mittheilung  solcher  Urtheilssprilche  und  deo  Ansichten 

der  praktischen  Rechlsgelehrlen  noch  ein  eigner  Vor- 
theil, der  darin  besieht,  dafs  dadurch,  dafs  die  Sen- 
tenzen der  verächiedenen  Gerichte  Deutscher  Staaten  be- 
sonders in  der  neuesten  Zeit  bekannt  gemacht  werden, 
ein  Mittel  gegeben  ist,  durch  welches  möglich  Mird, 
dafs  nach  Verlauf  eines  halben  Jahrhunderts  über  manche 
streitige  Rechtsansicht  eine  Vereinigung  der  verschie^ 
denen  Meinungen  stattfinden  und  der  Sieg  eines  Rechts- 
streites nicht  mehr  davon  ahliaugen  wird,  ob  dieses  oder 
jenes  Gericht  die  entscheidende  Behörde  ist  Denn  so- 
viel darf  man  wohl  voraussetzen,  dafs  gerade  die  von 
einem  Gerichtshofe  angenommene  und  vertheidigte  An- 
sicht, welche  jener  eines  andern  widerspricht^  in  Tor» 
koiuaiciulen  Fällen  eint  r  besondern  Untersuchung  und 
Prüfung  unterworfen  wird.  Eine  solche  gfenaia^  und 
gründliche  Prüfung  einzelner  streitiger  Materien  finden 
wir  in  vorerwähnter  Schrift,  welche  folgende  Erörterun- 
gen enthält f  die  wir  dem  Inhalte  nach  angeben  M^ollen, 
um  auf  die  Wichtigkeit  aufmerksam  zu  machen.  Es  sind 
darjn  enthalten  Abhandlungen 

A)  Aus  dem  Staats-  und  Verfassungs- 
rechte: 

1)  lieber  die  Landeshoheit  und  Gerichtsbarkeit,  in 
Bell  tft  des  Salzwerkes  zu  Salzliebenhalle  bei  Salzgitter, 
im  Fürstenthume  Hildesheim.  2)  Ueber  das  Verhältnifs 
der  königlichen  Consistorien  zu  den  übrigen  höhern  Ge- 
richtsstellen 3)  CJegenseitiges  rechtliches  VerhftltBils 
der  Rent^r  und  Lehens-Cammer  zu  Hannover.  4)  Ueber 
flie  standesherrlichen  V^erhältnisse  des  Herzogs  von  LooB 
und  Corswaaren  zu  dem  Königreiche  Hannover.  5) Ueber 
Insinuation  in  Auslrägalsachen ,  wenn  der  sti  t  itt ude  Tlieil 
noch  keinen  Anwalt  zu  den  Akten  legitimirt  hat.  ü)  Ueber 
die  in  der  Grafschaft  Diepholz  zur  Anwendung  kommende 
Landesverordnungen.  i)  Ueber  die  in  dem  so  genannten 


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Emst  Spangenberg,  Prakiiflche  Erörterungeo.  1205 


g^rofsen  Stifte  Hiiclesheiin  zur  Ainvendung^  kommendeu 
lyaudesgesetze.  8)  Ünativveadbarkeit  derLüaeburgischea 
Polizei-Ordnung  des  Herzogs  ChristiaD  von  1618,  in 
dem  Amte  Westen  «Thedinghausen. 

B)  Aus  dem  römischen  Privat- Rechte : 

9)  Ueber  die  Rückforderung  der  Brautgeschenke. 
10)  Eine  Ehefrau,  welche  mit  ihrem  Ehemanne  gemein- 
schaftlicii  ein  Schuldbekenntnifs  ausseilt  ^  ist  nur  als  Bfir- 

gin  zu  bttiachten.  11)  Dem  Vater  eines  unehelichen 
Kindes  steht  die  Befugnils  zu,  daiiselbe  der  Mutter, 
auch  wider  deren  Willen,  zu  entziehen  und  bei  sich  zu 
^mähren,  um  sich  dadurch  von  Zahlung  der  Alimenta- 
tionskösten  an  jene  zu  befreien.  12)  Üeber  das  Erb^ 
recht  unehelicher  Kinder  in  dem  Vermögen  ihrer  Mutter, 
mütterlicher  Ascendenteu  und  sonstigen  Verwandten. 
13)  Ueber  den  rechtlichen  Begriff  der  unwiersitas  verum 
dtstcmtium.  14)  in  welchem  Falle  ist  ein  auf  den  Pflicht- 
ttieii  beschränkter  Enkel  verpflichtet,  sich  den,  seinen 
verstorbenen  Eltern  gewordenen,  Brautschatz  in  dem 
grofsväterlicheaPflichttheil  imputiren  m  lassen.  15)  For« 
derungen  aus  Anleihen,  die  ein  Vormund  oder  Curator 
aus  der  von  ihm  verwalteten  IMasse  jß^emacht  hat,  sind 
\n  dem  über  dessen  Vermögen  ausge)>rochenen  Concurse 
nach  der  von  demselben  bei  Uebernahme  seines  Amtes 
bestellten  Hypothek  zu  classificiren.  16)  Das  den  Pu« 
pillen ,  Minderjährigen  und  Wahnsinnijgen  an  dem  Ver- 
mögen ihrer  Vormünder  und  Curatoren  zustehende  ge- 
setzliche Pfandrecht  ist  nicht  auf  andere,  in  den  Gesetzen 
besoiulers  ausgehobene  Falle  fremder  Vermögenfeverwal- 
tung  auszudehnen.  It)  Richten  und  Neffen,  welche 
ihrem  Oheim  in  dessen  Hauswesen  ökonomische  Dienste 
leisten,  wodurch  demselben  eine  Magd  oder  ein  Knecht 
erspart  woitlen  ist ,  können  daf&r  einen  billigen  Dienst- 
lohn fordern.  18)  Ueber  den  Stellvertretungsvertrag  und 
dessen  Förmlichkeiten.  19)  Ueber  die  rechtliche  Wir- 
kung der  Deposition  einer  Geldschuld,  in  Bezug  auf 
einen  nachmals  über  das  Vermögen  des  Schuldners  aus- 


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4 

1206  Smat  Span^enberg ,  Praktiache  Erörterungen. 

gebrochenen  Concors.  20)  Nur  bei  reinen  Stundungs- 
Verträgen  kapn  die  Majoritäl  der  die  Standung  bewilii- 
geodeii  Glivbiger  ein  Zrwaogsrecht  gegen  die  Mniorität 
der  Dissenlirenden  ausfiben.    Sl)  Besoldtmgeii  und  Gna^ 

(lenpensionen ,  die  ein  Scliuldner  von  einem  answSrtigen 
Staate' bezieht,  sind  als  Reuten  anzusehen,  aus  welchen 
der.  Gläubiger  seine  Befriedigung  fordern  kann. 

C)  Aus  dem  Deutschen  Privat- Rechte. 

2'i)  Ueber  die  Statute  der  Stadt  Braunschweig. 

23)  lieber  die  Privilegien  und  Stadtrechte  der  Bent« 
heimischen  Städte  SchüUorf,  Neuenhaus  und  Nordhorn. 

24)  Ueber  den  Begriff  eines  Bin*  und  AuslSndev«  nach 
hiesigimi  Rechte.  25)  Die  too  den  personlichen  Eigen- 
schaften eines  Individuums  abhängende  Recht^higkeit 
desselben  niufs  lediglich  nach  den  Gesetzen  seines  Wohn- 
ortes beurtheilt  werden.  26)  In  wiefern  werden  Ehe- 
frauen,  die  durch  ihr  fippiges  und  yerschwenderisches 
Betragen  den  Concnra  über  das  Vermdgen  ihrer  Ehe- 
männer veraniaftt  haben,  ihrer  Bmutraialisprivikgieo 
▼erlnstig?  27)  Darstellung  deä  im  Herzogthume  Sach- 
sen-Lauenburg  geltenden  M eierrechtes.  28)  Ueber  die 
Meierverfassung  im  Furstenthume  Grubenhagen.  2d)  Ge- 
wohnheitsrecht im  ehemaligen  Amte  Auburg  über  die 
Erbfolge  der  Kinder  in  den  dortigen  Leibdienster-Stättent 
M)  Das  bei  den  eigenbehörigen  Sifttten  des  Firalen^ 
thums  OsnabrOck  eintretende  Anerbenrecht  des  jüngsten 
Sohnes,  wird  durch  den  Frei  kauf  der  Stätte  nicht  auf- 
gehoben, falls  der  Anerbe  zur  Zeit  desselben  schon  ge- 
boren war.  81)  In  Ermanglung  vertragsmafsiger  Be- 
stimmungen über  die  Zeit  der  Auszahlung  der  Abfindnh* 
gen  aus  Meierhöfen  mufe  auf  die  Zeit  der  Verheirathnng 
oder  eignen  Besetzung  des  Abg^efundenen  RAtksicht  ge- 
nommen werden.  32)  Hat  bei  eröffneter  Erbfolge  in 
dem  von  einer  Erbtochter  herkommenden  Meierhofe  die 
aus  der  Ehe  mit  dem  aufgeheiratheten  Eheuianne  erzeugte 
Tochter  den  Vorzug' vor  dessen  iil  zweiter  Elie  erzeugtn^ 
Sdhnen  %  oder  gehen  letztere  der  erstem  bei  der  Suooes* 


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sion  in  diesem  Hofe  vor?  33)  Was  ist  eine  Meierfrau 
aus  dem  Coocurse  ihres  Etiemannes  zu  reclamiren  befugt^ 
^enn  sie  demselben  die  ganze  Meierstelle  zum  Braut-^ 
8chalee  eingebracht  halte?  34)  Die  Befreiung  von 
Deulscheti  Reallasften  Jiaan  nur  durch  unvordenklicdie 
oder  durch  qualificirte  Verjährung  erworben  werden« 
35)  DerZdinlherr  eines  Fleischzehntens  ist  befugt,  von 
dem  zehntpflichtigen  Scliäfereiberec  hligten  zu  verlangen, 
dafs  er  die  Schäferei  nicht  als  gü^^te,  sondern  als  Mutter- 
«chäferei  betreibe.  36)  lieber  den  Kartofifelzehnten  in 
den  Fürstenthümern  Calenberg,  Güttingen  und  Gruben-^ 
hagen.  81)  Ueber  das  Recht  der  Auslöse,  nach  den 
Gesetzen  des  LAndes  Madeln.  88)  Uebelr  die  gericht« 
liehe  Confirmation  der  C'ontracte  über  Immobilien  nach 
Km  hessischem  Rechte,  39)  In  wieweit  wird  der  Chef 
der  Handlung  durch  die  Geschäftsthätigkeit  seines  Hand«* 
lungsdieners  verpflichtet? 

D)  Aus  dem  Kirchen-Rechte. 

40)  Ueber  das  Privilegium  der  Hildesheimischen 
kath.  Geistlichkeit,  ohne  alle  Feierlichkeiten  gültig  te- 
stiren  zu  können.  41)  Auch  fiine  zeitliche  Freiheitsstrafe 
berechtigt  den  unschuldigen  Ehegatten  ,  auf  Scheidung 
zu  klagen.  42 J  Was  ist  in  Betreff  der  Ehescheidung 
Rechtens,  wenn  einer  der  Ehegatten  der  katholischen, 
der  andere  aber  der  evangelischen  Confession  zugethan 
ist?  43)  Ueber  die  Beweiskraft  de^  Geständnisses  in 
Ehescheidungssachen.  44)  Ueber  die  Einrede  der  Ver- 
zeihung im  Ehescheidungpprocesse.  45)  Competenz  bei 
Rechtsstreitigkeiten  über  Kirchenstühle. 

E)  Ans  dem  Criminal*  und  Folizei-Rechtä' 

46)  Ueber  die  Auswahl  unter  mebrere;n  gleich  ver- 
pflichteten Untersttchungsgerichten  zu  alleiniger  Unter«* 
snchung  der  in  mehreren,  Gerichtsbezirken  begangenen 
Verbrechen.    47)  ZnlSssigkeit  des  Ferhorrescenzeides  in 

Strafsachen.  48)  Ueher  tlie  angebliche  Befugnifs  des 
Uenuncianten ,  gegen  ein  deu  Denunciaten  loissprechea- 


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tM         Enwt  Spangenberg,  Pnltiifilw  BtMflvniige«. 


des  Erkenntoifs  Rechtsmittel  m  verfolgen.  49)  Das  «v* 
kennenfle  Criminalg^ericht  erster  Instanz  hat  auch  über 
solche  Anträge  des  Defensors  vorlaufig  zu  erkennen, 
wodurch  derselbe  in  der  weitern  VertheidiguogsiQStaox 
eine  aoderweite  lostruktion  nicht  sowohl  neuer  Tbata* 
cheu,  als  vielmehr  frflherer  Thatsacheo  zu  Teraolassen 
sucht.  SO)  Bedingungen  zur  Ertheilung  einer  Abolition 
in  Strafsachen.  51)  Ueber  die  Strafbarkeit  des  Bücher- 
Nachdrucks  und  deren  Umfang  in  Bezug  auf  die  hiesigen 
Laude.  52)  Die  Recurse,  welche  gegen  die  is^rkenat- 
nifise  der  Patrimonialgerichte  in  Wrugersachen  ergriffen 
werden,  sind  bei  den  Landdrosteien  anzubringen  und 
gehören  nicht  zur  Competenz  der  Mittelgeriehle. 

F)  Aus  dem  Civil-Processe. 

58)  Streitigkeiten  in  Bezug  auf  die  Mooitnr  abge- 
legter KSmmereirechnungen  gehören  selbst  dann  aus* 

schliefsHch  zur  Cognition  der  Landdrosteien ,  wenn  solche 
bei  Gelegenheit  eines  über  den  Rechnungsführer  ansge- 
brochenen  Coocurses  erhoben  werden.    54)  In  wiefera 
ist  ein  Kläger,  welcher  mehrere  Klaggegenstande  yer- 
folgt,  befugt,  im  Laufe  des  Verfahrens,  ^ie  erhobene 
Klage  auf  einzelne  derselben  zu  beschränken  und  in  Hin- 
sicht der  übrigen  sich  competentm  vorzubehalten.  55) 
Der  Beklagte  ist  nicht  befugt,  falls  der  Kläger  sofort 
mit  der  Klage  zurückgewiesen ,  dieser  Bescheid  aber 
nachmals  dahin  abgeändert  worden  ist,  dalli  die  Ver> 
D^hoUassnng  des  Beklagten  einzufordern  xUnd  weiieie 
Handlang  zuzulegen  sej,  durch  ein  gegen  dieses  Abin- 
derungsdecret  zur  Hand  genommenes  Rechtsmittel,  die 
Wiederherstellung  des  ersten  Verwerfungsbescheides  ZD 
verlangen.    55)  Ueber  die  Bedingungen  der  Zulässigkeit 
der  PauUanischen  Klage ,  insbesondere ,  w^nn  durch  die- 
selbe vom  Cridar  geleistete  Zahlungen  oder  hinfendniB 
bestellte  Hypothd^en  angefochten  werden  sdlen.    51)  h 
welchen  Fällen  kann  sich  der  Arzt,  Wundarzt  oder  Ge- 
burtshelfer, sowie  der  Apotheker  und  eine  Hebamme 
weigern,  ^ich  in  einem,  deii  von  ihnen  behandelten  Kran- 


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BffOil  S|ii»igfliBlMi>8r,  PriktUdie  Brorteruiigoii.  IM 

km  betreflfeoden  Rechtairelte  als  Zeugen  vernehmen  m 
lassen.  58)  Ueber  die  Verbindung-  des  Glaiibenseides 
mit  dem  Nichtwissenseide.  59)  FAn  Amtserkcnnhiils  ist 
deshalb ,  weil  es  nur  von  Einem  der  mehreren  Beamten 
einseitig  abgegeben  oml  pnblicirt  ist,  nicht  nichtig.  60) 
I^nteeheidungsgrilnde  und  deren  Inhalt  gehen  nicht  in 
Rechtskraft  Uber.  61)  Rechtskraft  der  PrioritSts- Er- 
kenntnisse im  Concorse.  62)  Ueber  die  Befiignirs  eines 
Miigläubigers ,  die  zum  Vortlieile  eines  andern  Mit- 
gläübigers  geschehenen  Zugeständnisse  des  Cridars  oder 
Contradictors  anzufechten.  63)  Ueber  den  Vorbehalt 
der  SappKcation  oder  Lenternng  bei  Ermanglung  der 
Appeilationssnmme.  64)  Ueber  die  Vollstreckung  eines 
▼on  einem  auswärtigen  Gerichte  gesprocheoeo  Erkennt* 
nisses  in  den  hiesigen  Staaten. 

Als  Anhang  sind  beigegeben ;  1)  Altes  Meierrecht 
der  Schillings^uter  bei  dem  Kloster  St  Michaelis  zu  Lfi- 

iieburg  vom  Jahre  1585.  2)  Das  Echtding  und  Statut 
der  Stadt  Braunschwetg.    3)  Vollständiges  Sachregister. 

So  gerne  Ref.  wünschte,  fiber  mehrere  der  vorste- 
henden Ili (irtei uiigen  Bemerkungen  beizufügen,  so  mufs 
er  sich  des  engen  Raumes  der  Jahrbücher  wegen  auf 
folgende  beschränken: 

1)  In  Ansehung  der  Rückforderung  der  Brautge- 
schenke No,  9.  behauptet  der  Verf. ,  dafs  die  L  16.  Cod, 
de  donationib»  ante  nuptias  in  Deutschland  keine  An- 
wendung habe.  Die  Gründe^  womit  diese  Behauptung 
unterstützt  wird,  sind  folgende:  Jenes  Rescripl  sey  f&r 
Spanien  erlassen  worden ,  wie  sowohl  die  AoÄdhrift  als 
Unterschrift  ergebe;  es  bezöge  sich  mithin  auf  eine  dort 
herrschende  Sitte  und  nicht  auf  die  römischen  Gebräuche. 
Aus  einer  Steile  feieneca's,  Melclie  Arnaud  du  Ferron  in  • 
fieinen  Commentarüs  m  consueiudmes  Burdigalensiutn 
aufbewahrt  habe,  erhelle,  dafs  das  Rescript  auf  eine 
eigenthfimliche  Sitte  zu  Cordova  sich  bezdge  und  nie 
allgemein  gesetzliche  Kraft  gehabt  habe.  Um  so  weniger 


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1210  £ni«l  8|»Angciili€rg9  Frokliiclie  Erörieriuigei^ 

adieine  daher  diese  Bestimmung  gegenwärtig  uoch  an^ 
weodbar  zu  seyn ,  als  auch  in  aodern  Staaten ,  z.  B.  Frank- 
reich, jenes  Rescript  als  durchaus  unanwendbar  ange- 
sehen worden.  Die  deutschen  Parömien :  Küssen  ist 
nur  ein  Abwischen,  Ein  Külschen  in  £hren  kann  Nie- 
mund  verwehren,  sejen  ofienbar  entgegen.  Rei.  inuüs 
gestehen 9  dafs  diese  Gründe  ihn  noch  nicht  besliminen 
können,  der  Ansicht  des  Verfs.  beizutreten»  Denn  dab 
sieb  diese  Verordnung  auf  eine  spanische  Sitte,  auf  eine 
eigenthümliche  Sitte  zu  Cordova ,  und  nicht  auf  römische 
Gtbiäuche  beziehe,  davon  scheint  das  Gegentheil  zu 
erhellen  aus  Oviil,  der  schreibt  järs  amaU  h  669; 

OmoIs  ffd  anntit»  tl  nnn  et  eirefera  «imet, 
Baet  ftto^Mf  fiMve  data  fimtt  perdert  diguua  «if« 

Ferner  Amor,  1.  4.  631 : 

Oaevla  jam  mihmI.*  Jam  non  taiifuiii  oictäa  «timel. 
Quod  mihi  daa  fiiriim,Jvre  eoatta  dahh. 

Und  die  Christen  besonders  habei»  geglaubt,  dafs  chirch 
einen  Kufs  die  Schamhaftigkeit  des  weiblichen  Ge- 
schlechtes verletäst  werde.    So  schreibt  Teriutlian  de 

velandis  vhgmibus  lib.  XI:  Si  autem  ad  desponsatio* 
nem  velantur ,  quia  et  corpore  et  sprritu  masculo 
mixiae  sunt  per  osculüm  et  dextraa,  per  quae  pri- 
nmm  resfgnavermt  pudarem  spiriius,  per  commune 
conedeniiae  pignuSf  quo  iotum  eendixerunt  confusia* 
nem>,  qumdo  magie  iUas  veiabH,  sine  quo  spmeari 
hon  possvnt?  Kurz  vorher  sagt  Derselbe  voa  der  lie- 
bte ca  :  quae  cum  ad  sponsum  .  .  .  perducerelur ,  rmn 
susthmit  dextrae  colluctationem  nec  oscuU  congreS" 
sionem.  Dabei  verdient  noch  besondere  Beachtung  der 
hohe  Bfgriff,  welchen  die  Christen  von  dem  Kasse  hat- 
ten ,  wie  aus  Chrysoatomm  homü,  de  proditione  Judae 
zu  ersehen  ist ,  der  sagt :  aanctum  oscuktm  teneamus , 
quod  anrmus  aociat  ^  reconciliut  menles ,  et  unuui  cor^ 
pu8  ostendit ,  quia  umim  corpus  videmuv  esse  sortiti: 
et  ideo  tnkceamua  nos  m  corpore  uno,  non  m  cor- 


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£rntt  8|miigenborg ,  Praktiaehe  Erdrtertmgeii.  Uli 

forum  mixtkme,  sed  m  ammorum  ehatitaie  d§vfncti, 
ui  810  dwmae  menaae  fructibus  posahnua  84äiarL  Et 
gfeschah  daher  hSuiig,  dafs  die  Spotisalieii  mit  eloem 
Kusse  besiegelt  wurden,  was  vorzüglich  in  der  griechi- 
schen Kirche  geschah.  Der,  obgleich  unächte,  c.  18, 
C  27.  2,  8ed  neque  osculum  parii  propmqmtatem , 
befreisei  wenigstens  die  Sitte  fröherer  Zeil.  Resuttirl 
hieraiis,  dafs  der  Gmnd  des  Gesetzes  eine  ailgfemeia 
verbreitete  Sitte  und  Anstellt  der  <lamali^en  Zeitgenossen 
ist,  so  wirtl  auch  nicht  behauptet  werden  können,  das 
fragl.  Rescript  habe  nie  allgemein  gesetzliche  Kraft  ge- 
habt Zwar  herrscht  heutzutage  diese  Ansicht  nicht 
mehr  ttud  ist  das  Küssen  so  zur  Mode  geworden,  dafs 
Niemand  oMlir  etwas  darin  findet,  allein  dirain,  weil 
der  Ghrnnd  des  Gesetzes  wegfallt ,  ist  der  Richter  noch 
nicht  befugt,  das  Gesetz  nicht  zur  Anwendung  zu  brin- 
gen. Wie  viele  Gesetze  haben  ihren  Grund  in  eignen 
Verhältnissen  des  römischen  Staates  und  des  Lebens  der 
rteischen  Bürger;  sollen  diese  aber  jetzt  nicht  mehr 
angewendet  werden,  weil  die  Verhältnisse  des  Staates 
imd*des  bOrgerlichen  Lebens  sich  geändert  haben?  IVo« 
hin  wird  die  Wissenschaft,  wohin  die  Praxis  kommen? 
Wenn  diese  Verordnung  in  Frankreich  nicht  gegolten 
hat,  so  kann  davon  nicht  auf  Deutschland  geschlossen 
werdeb.  Es  dürfte  hiernach  der  L  16.  Cod.  de  donat. 
anio  uupiiaa  die  Anwendbarkeit  so  lanjge  zu  gestetten 
se^rn,  bi«  wichtigere  Gründe  für  das  GegentbBil  Tor*« 
gebracht  wurden. 

2)  In  der  Erörterung  No.  42.  S.  884.  88&  behauptet 
der  Verf.,  die  Unauflösbarkeit  des  Bhebandes  sej  von 

der  kath.  Kirche  als  Glaubenspunkt  festgesetzt  und  als 
Dogma  sanctionirt  und  in  der  Not  7.  heifst  es  weiter : 
Andere  finden  in  der  Entscheidung  (des  Concil.  Trid, 
Sess.  24.  can.7.)  nicht  einmal  einen  Glaubenspunkt,  son- 
dern nur  eine  blofse  DisciplinarTorschrift.  ....  Ob 
jedoch  jene  Entscheidung  als  Dogma  oder  blos  als  Dis* 
ciplinarvorschrift  zu  betrachten  sey,  bleibt  m  effetAu 


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•  > 

12IS         Erott  Spangenberg,  PraUUche  Effirlerangeit. 

gleichgültig;,  da  auch  Disciplinaryorschriften ,  weon  sie 
auf  gehörig-e  Ai  t  promnl^ii  t  worden  j^iiul ,  z.  B.  das  prie- 
sterliche Cölibat,  den  katholischen  Chri^jten  in  seinem 
Gewissen  voUkoiumen  verpilichleo.  Solches  bezeugeo 
alle  ächikatholischen Theologen,  z.B.  Ziegler,  Bossuet" 
Ref.  kann  nicht  begreifen ,  wie  der  gelehrte  Verf.  die 
Unauflösbarkeit  der  Ehe  der  Katholiken  als  einen  Grlan^ 
hensbatz  ansehen  kiinn  ,  da  er  selbst  anführt,  dafs  An- 
dere in  der  Trideiit.  V  ei  fügung'  eitie  hlofse  Disciplinar- 
vorschrift  erblicken  oder  vielmehr  eine  kirchlich-doctri- 
uelle  Erklärung,  wie  Ref.  glaubt  So  iin bestimmt  nnd 
.der  WilikOhr  der  einzelnen  Mitglieder  Preis  gegeben 
können  die  Glanbenslehren  nicht  seyn  nnd  sind  es  anch 
nicht.  Der  gröfste  Theil  der  kath.  deutschen  Theolo- 
gen, welche  an  Gelehrsamkeit  jenen  anderer  Nationen  - 
nicht  nachstehen,  wird  die  erwähnte  Vorschrift  als  Glan- 
benssafz  nicht  yertheidigen ,  ohne  darum  aufzuhöreni 
ächte  Katholiken  zu  seyn.  Was  aber  die  weitere  An- 
sieht betrifft,  als  sey  es  m  effecht  gleichgültig,  ob  man 
die  Unauflösbarkeit  der  Ehe  als  Glaubenssatz  oder  als 
Disciplimu  Vorschrift  betrachte,  so  kann  auch  diese  An- 
sicht Ref.  nicht  theilen ,  da  sehr  wesentliche  Unter- 
schiede zwischen  beiden  Meinungen  stattfinden ,  tob 
denen  nur  des  einen  erwähnt  werden  soll,  dafs,  wenn 
dl«  Trident.  Verordnung  einen  Glanbenssatz  enthält,  eine 
Aenderung  desselben  wegen  der  allgemein  gelehrten 
kirchlichen  l  ntrüglichkeit  nie  erfolgen  kann,  dafs  da- 
gegen eitie  JJisciplinarvorschrift  nach  den  Sitten  und 
Bildungsstufen  der  Mitglieder  sich  richtet  und  in  den 
verschiedenen  Zeiten  yerschiedea  modificirt  werden  kann. 
In  ^ectu  sind  daher  diese  Ansichten  sich  dnrchaos 
nicht  gleich  nnd  kdnnte  diese  Gleichheit  nur  für  die 
Zeit  zugegeben  werden,  für  welche  die  Disciplinarror- 
schrift  besteht.  —  Ks  nimmt  ferner  der  Verf.  S.  389.  als 
ausgemacht  an  ,  dals  ein  katholisches  Consistorinm  nie 
die  Befugnifs  des  evangelischen  Gatten,  wenn  er  gegen 
srinen  kath.  Gatten  ^uf  Scheidung  vom  Ehebande  Ua- 


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Emst  Spangenberg,  Praktbche  Erdrtemngea.   ^  ISIS 

gen  würde,  beachten,  dafs  es  nie  auf  Trennung  der  Ehe 
quoad  vmculum ,  sondern  nur  auf  beständige  Trennung 
vom  Tich  und  Bett  eikeniieu  wurde.    Allein  das  Ge* 
gentheil  kann  man  ersehen  aus  Kopp,  die  katholische 
Kirche  im  19ten  Jahrbuaderle,  welche  Schrift  selbst 
'S.  884.  aogeführt  wird.   In  diesem  Werke  wird  S.  888. 
erzählt,  dafe  11f88.  eio  protestantischer  Ehemann  aus 
dem  Eichsfelde  gegen  seine  kath,  Ehefrau  wegen  2  ma- 
liger VeilasKung    und   böslicher   Entweit^hung  auf  die 
Trennung  vom  Ehebande  geklagt  und  die  Erlaubnifs  zur 
Wiederverheirathung  verlangt  habe.    Die  Frage:  wie 
die  kath.  geistliche  Behörde  entscheiden  müsse?  sejr 
sammt  den  Akten  der  theologischen  FacultSt  zu  Mainz 
vorgelegt  worden,  welche  ihr  Gutachten  dahin  gege- 
ben, dafs  das  V^icariat,  ohne  dem  kath.  Lehrsysteme  zu 
nahe  zu  treten,  hier,  wo  Alles  in  via  juris  erschöpft 
sey,  richterlich  sprechen  könne,  dafs  die  fragliche  Eh^ 
Dach  protest.  Grundsätzen  als  geschieden  quoad  vmculum 
zu  halten  sey.    Es  wird  ferner  eine  Entscheidung  des 
Grofsherzogs  von  Frankfurt  und  Erzbischofs  von  Re- 
gensburg vom  12.  März  1810.  angeführt,  durch  welche 
tlie  Frage  dahin  entschieden  worden:  „In  solchen  Sa- 
chen ist  das  forum  eath,  rei  hoc  ipso  auch  das  forum 
competen»  aetoria  proteat   Dieser  hat  also  das  Recht , 
dafs  Ober  sein  Petitum  nach  seinen  Religionsgrundsatzen 
förmlich  und  ausdrücklick  entschieden  und  gesprochen 
werrle;  dabei  ist  aber  der  katholisch -geistliche  Richter 
sich  und  dem  kathol.  Theile  schuldig,  in  eben  diesem 
Urtheile,  falls  es  gegen  die  Lehre  seiner  Kirche  gefallt 
werden  mufs,  ausdrücklich  zu  erklären,  dafs  er  die  der 
entgegengesetzten  Confession  nicht  anerkenne.  Folgen- 
des wäre  also  das  Formular:  Wird  zn  Recht  erkannt,  dafs 
descrtio  malitiosa  erwiesen ,  und  der  klagende  Theil 
ganz  schuldlos  hierbei,  und  deswegen  zu  der,  Kraft 
seiner  Gonfession  und  denen  hierin  eintretenden,  ob- 
gleich von  Uns  hierdurch  nicht  anerkannten,  Religions* 
grupdsätzen,  ihm  zulässige  Ehetrennung  vom  Bande  und 


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ttU  ]>r.     II  Sehillipf  •  Alihaadlwigeit 


«nderweiltgeo  Verehelichung  bertehfigt  sej.**  —  Ob  foi 

Jahre  1832.  die  deutschen  katholischen  geistlichen  Ge- 
richte die  vorerwähnte  Aasicht  theilea  werden,  möchte 
zu.  bezweifeln  se^n* 

Es  wird  weiter  in  derselben  Erörterung  behauptet, 
dafs  die  Frage :  ob  ein  Katholik  eine  geschiedene  i'ro- 
testantin,  bei  Lebzeiten  geschiedenen  Ehemanne^^ 

ehelichen  dürfe?  durch  ein  päbstliches  Breve  vom  8.  Oct. 
1803.  verneinend  entschieden ,  und  dadurch  der  StretI, 
wenigstens  ffir  die  kathol.  geistlichen  Behörden ,  als  bcK 
endigt  anzusehen  sey.  Erwägt  man  aber ,  dafs  jedes 
päbstliche  Breve  auch  der  Genehmigung  des  Staates  zu 
seiner  verbindenden  Kraft  bedarf,  dafs  diese  aber,  we- 
nigstens soweit  Ref.  weifs,  dem  erwähnten  Breve  nicht 
ertheilt  worden  ist,  so  dürfte  der  Streit  selbst  fftr  die 
geistlichen  Behörden  nicht  als  geendigt  betrachtet  %ver- 
den.  — 

Zum  Schlüsse  glaubt  Ref.  anfuhren  zu  müssen,  dafe 
die  Hahn  sehe  Hofbachbandlnng  die  Schrift  mit  der  ge- 
bührenden Aasseichnung  im  Droclf;  und  Papier  ausge- 
stattet hat. 


Dr.  E.  M.  Sc  hilling,  Abhandlung  vom  Kirtketuiuhtrerhie  von  Joh 
Ch.  Köhltr  für  das  Königreich  Sachsen  wd  die  Königl.  Säekt, 
Oberlatuitz ,  neu  bearbeitet.    II.  gänzlich  umgearheiMß  «iMf  Mf- 

l>6r«eI6e,  der  Ekeacheidungaproce/s  in  den  Säch$Mchen  Gerichten,  Leip' 
»ig  1881.  XX  will  SSO  eil  8. 

Die  erstere  Schrift  lianddit  nach  ?oratiSgeschickter 

Einleitung  über  die  Lehre  vom  Kirchenstuhlreclite  üb^- 
hanpt  in  4  Abtheihingen  ,  von  den  ordinären  oder  ge- 
meinen Kirchenständen,  von  den  mit  (iriiDdsiuckeo  liftd 
Häusern  verbundenen  Kirohenständeo^  von  den  Amis* 
oder  Of fieialstfibien ,  und  endlich  von  den  beeoiideini 


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Dr.  £.  11.  Schilling,  AbhandlnogeD.  121» 

coacessionirten  erblichen  Hirchenständen  io  Giafistühlen^ 
.Emporkircheo,  Betstuben  und  Capellen* 

Die  zweite  Schrift  zerfallt  nach  eiijer  Einleitung 
über  einige  allgemeine  in  Eliesacheii  stattfinclenclen  Ver- 
fassDngs-  und  Rechtsverhältnissen  in  2  Hauptstiicke « 
deren  erstes  in  mehreren  Unterabtheiinngen  von  den 
Grflnden,  ans  welchen,  und  den  Rechtsgmnd^fzen, 
nach  welchen  eine  Trennung  des  Ehevertrages  stattfindet ,  • 
und  deren  zweites  gleichfalls  in  mehreren  Unterabthei- 
lungen  von  dem  richterlichen  Verfahren  im  Elieschei-  • 
dungsprocesse  handelt.  In  einem  Anhange  wird  noch 
gesprochen  von  den  Wirkungen  der  Trennung  der  Ehe 
durch-  Tod  und  wegen  der  aus  dem  Kriege  i|icht  zu- 
rfickgekehrten  Ehegatten,  von  den  Ehesttftungen ,  von 
den  Dispeusationsbehörden  in  Ehesachen  und  dergl. 

Ref.  gesteht  gerne,  dafs  der  Verf.  mit  vieler. Beler 
senheit  beide  Schriften  redigirte,  nur  mufs  er  bedauern^ 

aussprechen  zu  müssen,  dafs  durch  den  Inhalt  nur  ein 
Praktiker^ Befriedigung  finden  wird,  da  der  Geist  der 
Wissenschaft  fehlt.  Um  diese  Ansicht  zu  rechtfertigen, 
will  ich  in  Ansehung  der  ersten  Schrift  nur  anfuhren, 
dafs  man  vergebens  nach  der  Zeit  und  Art  der  Bntste-» 
hung  der  Rirchenstfihle  sucht  Jeder  wissenschaftlich 
gebildete  Mann  wird  aber  nicht  damit  sich  begnügen, 
dafs  Kirchenstöhle  existiren^  sondern  er  wird  auch  ZU 
erfahren  wünschen,  wann  und  in  welcher  Einrichtung 
und  mit  weichen  verschiedenen  Modificationen  sie  bis 
10  die  neueste  Zeit  existiren. 

In  dem  Ehescheidungs  l*focesse  wird  vermifst  eine 
Aufzählung  derjenigen  Personen,  welchen  das  Recht,  zu- 
steht, die  Gültigkeit  einer  Bhe  zu  bestreiten:  die  jedem 
einzelnen  Ehescheidungsgrunde  ifidglicher  Weise  ent- 
g^egenzuseföenden  Einreden  sind  nicht  angegeben ,  und 
fast  jeder  §.  erinneit  daran ,  dafs  die  Ansichten  anderer 
Schriftsteller  und  die  Urtheilssprüche  der  Consistorien 
ohne  wisseaschaftiiche  Bearbeitung  zusammengeschrie- 


r 


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litt  Hr.  E.  M.  Schilling,  AiilinMllitpg»«. 

ben  sind.  Zum  Belege  fÖhft  Ref.  an  den  §.  48,  wo  es 
lieifst,  dafs  ilie  auch  aus  einem  gültigen  Ehegelöbnisse 
erzeugte  Kinder,  wenn  uur  das  Ehegelöbnifs  der  Eltern 
wirklich  ein  öffentliches  und  an  sich  richtig  und  erweis- 
lich ist,  auch  sich  sonst  kein  erhebliches  Hindernifs.  oder 
lODerer  Mangel  dabei  befindet,  als  eheliche  uod  reclile 
Kinder  und  Erben  Ihrer  Eltern  gelten  und  anzimhen 
sej'en.  Aus  welchem  Grunde  sich  diese  Ansicht  und 
selbst  das  angeführte  Mandat  rechtfertigen  lasse  und  ob 
die  sponsaUa  de  Juturo  durch  Beischlaf  in  sponaalia 
de  praesenti  der  Katholiken  sich  verwand  ein ,  ui 
unter,  welchen  Bedingungen,  ferner  ob  dieM  V| 
Wandlung  mit  den  Grundsätzen  des  evangeliecben 
chenrechts  über  Abschliefsung  einer  Ehe  im  Einklänge 
stehe,  darübtr  herrscht  tiefes  Stillschweigen.  Ferner 
wird  §.  80.  gesagt:  Aus  dem  Grunde  verletzter  Keu^h- 
helt  des  weiblichen  Theils  findet  eiike  Nichtigerklä* 
rung  der  Ehe  statt,  wenn  der  Mann  enift  andiü^ 
Vollziehung  derselben  erfahren  hat,  dafs  die Jwat  arihM 
vorher  durch  unkeuschen  Umgang  ihre  jungfrauschaft 
verloren  hat.  Wenn  dieses  richtig  ist  und  bei  den  säch- 
sischen Gerichten  dieser  Grundsatz  adoptirt  wird  ,  so 
mufs  man  das  in  Sachsen  wohnende  weibliehe  Geschlecht 
bedauern,  welches  auf  tliese  Weise  unendliehi^if 
^on^'  Preis  gegeben  ist  Dabei  ver^^nt  JedA^ 
besttsAere  Berlicksichtigung ,  dafe  dfe-Aehste  «mr-'lSe 
Zeichen  der  Jungfrauschaft  gar  nicht  einig  sind ,  und 
deren  Verlust  auch  auf  amUr«  ^Weise-als^lirch  Beischlaf 

stattfinden  kann.  —  •  i       :.  v*4t  »1.4^ 

*  * 

Ref.  hält  es  für  unnöthig,  noch  mehrereS  anznfQh- 
ren ,  da  jeder  Leser  der  Schriften  die  Anj^cht  desselbjpi 
bestätigen  und  theilen  wird.  "^"^'^^ 

1h. 


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4 


N*.  n.    HEIDELB.  JAHRR  d.  LITERATUR.  1881. 


Darmatadt ,   Vtrlag  von  Johann  IVilhelm  ne^trs  Vademccum  für  die 
'  Behandlung  der  morgeiiländischen  ChohrOf  oder  Materia  mediea 
und  Handbuch ,  welches  nach  den  altern ,  nettern  wirf  neuesten  Er- 
fahrungen in  Rufsland,  Polen,  Preufsen,  GaUizien  und  Ungarn 
für  praktitehe  Jerzte  bearbeitet  worden  ist,  von  Johann  August 
He  gar,  Dr.  und  Grofsherzogi.  Hess.  Hofmcdicua  u.  «.  v.  . 
Toächenfürmat.   Ul  u.  157  S.  (Preis  Xfl.  ISSkr.) 

Die  Cholera  orienlaUs  scheint  ein  Modeartikel  in 
der  meclicinischen  Literatur  geworden  zu  seyn.  Beru- 
fene nod  Unberufeae  treten  als  Schriftsteller  über  diese 
Seuche  «uf.  Kaum  war  Schnurrer^s  in  historischer 
Hinsicht  höchst  interessante  Abhandlung  (Schnnnrcr 
schöpfte  aus  den  Quellen)  darüber  erschienen,  als  nns  , 
ein  Strom  von  Schriften  über  diese  Krankheit  öberflu- 
thete.  Leider!  mufs  man  mahsam  aus  dem  Sande  die 
wenigen  Goldkörner  suchen.  .  - 

Ree.  zeigt  die  vorliegende  Arbeit  nur  deshalb  an, 
weil  sie  dafür  bestimmt  ist,  deujeaigen  deutschen  Aerzten, 
welchen  es  aus  irgend  einem  Grunde  nicht  möglich  ist, 
.die  verschieclenen  Schriften  und.  Abbandlungen  über  die 
ganz  Europa  bedrohende  Seuche  zu  lesen,  einen  lieber- 
blick  der  bisher  angewandten  Methoden  und  Heilmittel 
zu  geben. 

Die  Einleitung  berührt  nur  flüchtig  die  Qenetm  der 
'  Krankheit,  beschäftigt  sich,  ohne  ein  Bild  zu  entwer- 
fen, mit  de»  Hauptsymptomen,  giebt  kurz  einige  An- 
sichten über  das  Wesen  derselben  und  eine  Eintheiluhg 
in  SUdieo,  spricht  von  den  Todesarten,  stellt  3  Haupte 
fiirmen  von  morgenländischer  Cholera  auf  und  liefert 
endfich  die  Heilanzeigen  in  den  verschiedenen  Stadien. 
'  —  In  Bezug  auf  die  Indicationen  hat  der  Hf.  'Verf.  viel 
Gutes  gesagt;  aHein  er  hat  sich  von  seinen  theoretischen 
Ansichten,  von  seiner  Ei nth eil ung  der  Krankheit,  sowohl 
ihrem  Wesen  als  ihren  Stadien  nach  zu  sehr  hinreifsen 
MIV.  Ährg.  It  Heft.  Tt 


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1118  Uei^ar,  Tademecntn  der  or.  Ckolm. 

lassfin.  —  Wir  kennen  noch  nicht  einmal  den  Sitz  der 
Krankheit,  noch  bei  weitem  weniger  das  Wesen  der» 
selben!  —  Auf  eine  strenge Eintheilung  in  Statiieo  wer- 
den diejenigen  gewlfs  nicht  viel  halten,  die  wissen,  wie 
schnell  oft  die  Cholera  in  Indien  ihre  Opfer  hinweg- 
geraflft,  die  wissen,  dafs  zu  Bellary  ein  Schneide i  mit 
meiner  Arbeit  in  der  Hand  plötzlich  starb,  dafs  ein  Kauf- 
mann, ats  die  Ürechruhr  in.Muscate  wüthete,  an  Bord 
eines  Schifles  in  dem  Augenblicke  befallen  wurde,  als 
er  einen  Handel  abschliefsen  wollte,  nnd  daft  er  schnell 
nach  zweimaligem  Erbrechen  starb. 

Es  steht  zu  vermuthen ,  dafs  man  in  der  Behand-  | 
lang  der  indischen  Brechrnhr  glücklicher  a^n  wird, 
wenn  man  den  Regeln  der  allgemeinen  Therapie  mehr 

folgt,  nnd  nicht  mehr  so  sehr  nach  speciiischen  Mitteln, 
die  es  ja  doch  nicht  geben  kann ,  hascht. 

Nicht  uninteressant  ist  es,  dafe  diejenigen  Aerzte, 
welche  die  Cholera  nicht  beobachtet  haben,  sehr  be^ 

hende  in  der  Anfstellong  einer  Theorie  über  das  VVeseo 
der  fraglichen  Krankheit  sind.  — 

Das  vorliegende  Schriftchen  xerßlllt  in  4  Abthcfi- 

lu Ilgen.  Diesen  ist  ein  Nachtrag  angehängt.  Die  erste 
Abtheilung  handelt  von  den  äufseren,  das  Leben  der 
aligfemeinen  Bedeckung  erregenden  Mitteln,  von  den 
Dampf-,  Wasser  ,  laugen- Bädern,  von  den  Fomen- 
tataoaen,  dem  Frottireii,  Ramaasiren,  den  Einreibungen 

nnd  den  Ansichten  mehrerer  Aersle  hierfiber» 
Dar  lfr.  Verf  schlägt  die  «ntmaHsehen  Bider  irer. 
Dazu  sollen  Gänse,  Enten,  Huhner,  Taub<^t,  auch  Ka- 
ninchen, Hunde,  Ziegen,  Schafe  und  Kälbe^ver\vendet 
werden*    „Brust  and  Bauch  der  leb  enders  V  ö gel 
werden  g^opft,  nnd  diese  Thiere,  nachdem  diüipeine 
in  dicke  Säckchen  elngehOllt  worden  sind,-  anff  di^Mn^' 
gengegend ,  auf  den  Unterleib  cies  Patienten  un^flf 
diejenigen  Theile,  welche  sich  kalt  anfühlen,  in  hiä^l 
chenfler  Menge  gelegt  u.  s.  f.**    „lirühende  Heaiieii  sio] 
wegen  der  hohen  Temperatur  der  ganzen  unteren  tiö^. 


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H^||;ar,  Yademecam  der  «r.  Cholera. 


perfaSlfte  um  so  wünsehcmwertlier«*'  Geairen  diese 
Thvere  durch  ihre  Bewega&|;  den  Kranken,  se  vemefst 
man  sie  dnreh  einen  passenden  *Sohhij|^  auf  den  Kopf  in 
asphyktischen  Zustand.  Auch  mQssen  dieselben  gleich 
Fl  eisch b  ü r st  (' ti  als  Reibinstromente  gebraucht  wer- 
den —  Ree.  hiitle  dit^sen  Vorschlag"  für  einen  Sehers 
gehalten ,  wenn  der  Hr.  Verf.  nicht  in  vollem  £rnste  in 
dem  Nachtrage  darauf  zurückgdcommen  wäre.  Risum 
tmeatis  amid! 

Die  zweite  Abtheilung  handelt  von  den  Biutentzie- 
hangen  und  den  Ansichten  verschiedener  Aerzte  über 
ihre  Anwendbarkeit 

Die  dritte  Abtheilung  enthält  die  inneren  beleben- 
.  den,  reizenden,  krampfstilienden  und  einige  andere 
Mittel,  —  Kampfer,  Ammonium,  Naphtha,  Moschus, 
Opium,  ätherische  Oele,  Säuren  ii.s.'w.,  nnd  die  Mei* 
~  DUDgen  mehrerer  Aenste  darüber.  Hier  wird  nun  noch , 
ohne  dafs  die  Ueberschrift  dazu  palst,  das  Vei fahren 
und  die  Heilmethoden  einig-er  Aerzte  angegeben.  — 
Einer  logischen  Anordnung  hat  sich  der  Ur.  Verf.  über- 
haupt, nicht  sehr  befleifsigt. 

„Vierte  Abtheilung ,  welche  die  Fortsetzung  der 
inneren  Mittel,  die  Purgantia,  den  Gebrauch  der  C!y- 
stiere  und  den  Vorschlag  zu  einem  Proph^lacticum  der 
Oitlerm  enthält''  —  Bachstäbüche  Abschrift  der  Uebeiw 
sefarift!  Hier  Unnte  man  veisncht  werden,  n  gknben, 
der  Hr.  Verf.  ^hle  die  Purgantia  nicht  zu  den  imieni 
Mitteln  ;  denn  ohne  die  anderen  inneren  Mittel  in  dem 
Titel  zu  nennen,  spricht  er  nun  noch  von  dem  Weine, 
den  gebrannten  Wassern,  dem  Hj^oscjramus ,  den  Maci- 
laginosis,  des  absorbirenden  Mitteln  o.s.w.  — -  Das  vom 
Bm.  Verf.  roorgesohlagene  Prophjlacticnm  besteht  ia 

'  ffinnoberränchermigen.  Der  Nachtrag  liefert  noch.  Bim« 
ges  zum  Aderlässe^  zu  den  äurseren  in  der  Cholera  an-* 
Uwendenden  Mitteln,  und  aufserdeui  die  Methode  Kra- 
^ijWsky's  und  eine  Kritik  derselben.         Angehäugt  ist 

^"..».j  Litmter,  die  leidit  vemdlständigt  werden  könnte. 


IZZO  BranijW,  Grundrir«  der  Logik. 

Denjenigen  Aerzten ,  welche  sich  mit  der  Literatur 
der  orientalischen  Brechruhr  aus  irgend  ei oem  Gruade 
nicht  bekannt  machen  können  (doch  solke  die§  keiner 
yeraiumen!)  ist  das  Torliegemle  Werkchen  ein  Noth- 
nnd  Hillfs  Bfichleiu;  indem  es  anf  145  Seifen  da« 
bis  jetzt  bekannte  Bessere  über  das  Heilverfahren  und 
die  einzelnen  Mittel  enthält. 

Sollte  eine  zweite  Auflage  erscheinen ;  so  wäre  sehr 
wiinsckenswerth ,  daCs  der  Hr.  Verf.  in  der  Einleitung 
Statt  der  theoretischen  Speculationen  ein  Tollständiges 

Bild  der  Krankheit  nach  den  Beobachtungen  vorlegte, 
dann  das  llesultat  <ler  LeichenöfTiiungen  niitlheilte.  Für 
das  Ganze  müTste  eine  strenger  logische  Ordnung  ge- 
troffen ;  auch  müf^ten  der  Titel  des  Büchleins  wegen  der 
Verstdfse  gegen  die  deutsche  Grammatik  umgearbeiteti 
und  die  vjelen  Druckfehler  verbessert  werden. 

Dr-  Fram  Lmdw.  FeisL 


Grundri/s  der  Logik y  zum  Gebrauek  bei  «einen  Forlening-en ,  cnt- 
V>9rf9n  9on  Dr.  Chr.  J,  Brani/St  außerordentl.  Prof.  der  PhH^. 
eopkk  an  der  üniver§iiät  zu  Breslau,  Breelauy  8.  241  A 

,^Die  Logik  ist  Darstellung  der  Beziehung  zwischen 
dem  Deokeo  und  dem  Se^n,"  von  diesem  im  Istea  §. 
ausgespsochenen  Grundsatz  aus  ist  die  Logik  hier  dar- 
gesteiit,  und  diesen  kann  Ree.  nicht  für  richtig  aner* 
kennen,  und  siebt  sich  daher  mit  der  gansen  Darniel* 
lung  in  Witlei Spruch  gesetzt.  Ree.  ist  nämlich  der  — 
bisher  ziemlich  allgemein  jn^eltenden  —  Meinung,  dafs 
die  Logik  gerade  dadurch  als  eine  besondere  Wissen- 
schaft erscheinen  könne,  dafs  sie  das  Denken  ffir  ncii, 
in  der  Abstractiön  von  allem  GehaH  desselben,  zum  Gch 
genstande  habe.  Wenn  dagegen  nach  dem  Verf.  die  Be- 
zH'hiing  zwischen  Denken  und  Seyn  zum  Gegenstand  der 
Lo^ik  gemacht  wird,  so  wird  das  ganze  durch  Denken 
vermittelte  Krkeiineu  überhaupt  der  Logik  flber^oheat 


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Bnwifii»  Groadrift  der  Logik,  1181 

and  die  Scheidewand  zwischen  ihr  und  Metaphysik, 
zwischen  iormaler  und  matcrialer  Philosophie  wird  nie- 
dergerissen. —  Jenem  obersten  Grundsatz  geinäfs  ent-  . 
wickeit  der  Verf.  seine  Ansicht  von  der  Logik  auf  fol- 
gende  Weise  Weiter:  Das  Mitilere  zwkchen  Denken  und 
Sejn,  welches  wesentlich  diese  Beziehung^  ist,  nämlich 
dasjenige,  worin  Denken  und  Sejn  einander  berühren 
und  eins  sind,  ist  der  Begriff  (§.  3  und  4.).  Die  Lo- 
gik ist  dalier  <lie  Darstelhing  des  Begriffs  (§.  ö.j.  Die 
-  allseitige  Fassung  des  Begriffs  verlangt  aber,  dafs  er 
weder  alleiu  als  das  ini  Denken  gesetzte  Seyn ,  noch  als 
das  im  Seyn  gesetzte  Denken  >  sondern  als  das  wechsel- 
seitige Ineinsgesetztseyn  von  Denken  und  Seyn  aufge- 
fafst  werde  (§.  6.).  Ree.  glaubt  diese  Ansicht  von  der 
allseitigen  Fassung  des  Begriffs  modificiren  zu  müssen. 
£in  Mittieres  zwischen  Denken  und  Seyn  oder  die  Be«  ^ 
Ziehung  zwischen  beiden,  das  wechselseitige  Ineinsge- 
setztseyn beider  kann  man  allerdings  den  Betriff  in  so. 
fern  nennen,  als  er  eben  ein  Act  des  Denkens  ist,  somit 
aus  seiner  Ahstractheit  heraustritt  und,  als  concretes 
Denken,  auf  ein  Seyn  bezogen  seyn  mufs.  Unabbän^;ig 
sind  Denken  und  Seyn  nur  in  der  Abstraction ,  das  Denken 
m  concreto  hingegen  mufs  immer  in  eine  Einheit  mit 
dem  Seyn  treten,  denn  es. mufs  etwas  Gedachtes  in  sich 
haben  —  ein  Seyn ,  welches  hierdurch  als  Eins  mit  dem 
Denken  vorgestellt  wird.  Der  Begriff,  als  Gedachtes, 
Gedanke,  als  concretes  Denken,  hat  freilich  noihuerHÜg 
ein  Seyn  in  sich,  und  stellt  somit,  wie  der  Verf.  sagt, 
Akn  so  ein  im  Denken  gesetztes  Seyn  als  ein  im  Seyn 
gesetztes  Penken  dar  9  d.  h.  er  begreift  eben  so  eine  Be- 
stimmung des  Dqpkens  durch  das  Seyn,  als  des  Seyns 
durch  das  Denken  in  sich.  Aber  daraus  folgt  keines- 
wegs eine  Einseitigkeit  oder  Unrichtigkeit  der  Betrach- 
tungsweise des  Begrifis  in  seiner  Abstraction  von  dem 
S^n.  Der  Begriff  erhält  seinen  Charakter  als  Begriff 
doch  nur  durch  das  Denken,  das  Seyn  mag  seyn  Wel- 
lies es  wolle,  sein  Wesen  besteht  in  dieser  so  bestimm- 
ten Tbätigkeit  des  Denkens»    Der  Bügiifl  ,  sagten  wir 


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1» 


Bmilii,  Ornndrite  4er  Iiogik« 


60  eben,  ist  allerdings  coocrelee  Deakea,  ist  Berfehmig 

des  Denkens  auf  das  Seyn.  Aber  in  der  blofsen  Form 
des  Denkens,  in  dtm  Denken  'm  abstracto  es  be- 

reits schon y  dals  es  concret  werden,  sich  auf  ein  Seyn 
hesiehea  kann.  Folglich  ist  auch  die  Möglichkeit  des 
Begriffs  in  dem  Denken  m  ubsiraeto  mit  gegeben.  Mehr 
.Aber  als  die  blerse  Möglichkril  des  Begriffs ,  d.  h.  die 
Nachweisnng  der  Bedingungen  und  Gesetze,  unter  denen 
ein  Begrifl  gebildet  werden  kann,  ist  för  das  Wesen  des 
Begriffs  als  solchen  nicht  nöthig;  was  darüber  noch 
hinzukommen  kann^  besteht  nur  in  zuliilliger  ßestimmung 
der  Begriffe  eofierelo  durch  ihren  yerschiedenen  In« 
halt,  wodurch  das  Wesen  des  Begriffe  als  solchen  Immer 
dasselbe  bleibt.  Dieses  Wesen  des  Be^-riffs  wird  also 
aus  dem  Standpunkt  des  abstracten  Denkens  ganz  toU- 
ständig,  ohne  Einseitigkeit,  ilargesteUt» 

Hiernach  bestitmnt  sich  anch  das  Urtheil  des  Ree 
über  die  von  dem  Verf.  für  nothwendig  erachteten  drei 
Entwickelungsstufen  des  Begriffs,  weiche  die  Logik 
darzustellen  habe.  Die  erste  Auifassungsweise  des  Be- 
griffs ist  die,  wonach  das  Denken  als  von  dem 
affleirt  und  bestimmt  erscheint,  —  das  Seyn  ist  Inluilt 
des  Denkens,  —  der  sinnliche  Begriff.  Nach  der 
zweiten  erseheint  uni<^ekehrt  das  Denken  als  das  Bestim- 
mende, das  Seyn  als  das  Bestimmte, , das  Denken  ist  In- 
halt, Wesen  des  Seyns,  Verlan d es-Begri ff.  Die 
dritte  Anffassnngsweise  betrachtet  Denken  und  Seyn  als 
sich*  gegenseitig  bestimmend ,  der  Begriff  Ist  die  ftir 
sich  gesetzte  Einheit  beider,  V  e  r  u  u  n  f  t  -  Begr  i  f  f , 
Idee.  Eine  umfassende  Darstellung  der  Log-ik  soll  alle 
drei  Ansichten  nacheinander  darstelleif,  und  in  der  Kiq^ 
'  seitigke^  der  beiden  ersten  die  absolute  Wahrheit  det 
letztern  aufeeigen.  —  Man  bemerkt  leicht,  dalk  nmA 
der  gewöhnlichen,  von  dem  Ree.  f3r  richtig  gehaltenen 
Ansicht  von  der  Logik  nur  das  Weseutliclie  der  2ten 
Auffassung« weise  des  Verstandes- Bcjcrriffs  dieser  ange- 
hört.  Die  erste  Außassungsweijie  trifft  aicht  das  Q^t^ken, 


r 


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Branifs,  Grandrirs  der  Logik.  ' 


1223 


wenn  es  lediglich  als  etwas  durch  das  Seyn  Bestimmtes, 
Afficirtes,  Leidendes  dargestelk  wird:  das  Denken  ist 
oie  blo^  leidaod,  immer  seibsUhätif.  '  liierija  wäre  nur 
ein  Wafamehmen ,  nicht  Denken  beBeichnel.  Wenn  das 
Seyn  dabei  ais  Inhalt  des  Denlcens  vorgestellt  wird,  so 
mufste  zogleich  das  Denken  als  Foi  m  des  Seyn  vorg^e- 
Stellt  werden,  und  darin  hätte  da»  Denken  allerdings 
eine  Stiihstthätigkeit  dem  Seyn  gegenüber,  und  es  ist 
abo  unrichtig ,  wenn  hier  das  Bestimmtwerden  des  Den-> 
keos  durch  das  Seyu  dem  Inhalt  nach,  als  ein  schlecht* 
hin  Bestimmtwerden  dargestellt  wird,  da  es  der  Form 
nach  nicht  bestimmt  wird.  Ferner  aber  der  Vernunftbe- 
griff, in  so  fern  er  nicht  mehr  die  blofse  Form  des 
Denkens  festhalten,  sondern  Denken  und  Seyn  in  ihrer 
absoluten  Einheit  auffassen  soll ,  geht  in  das  Gebiet  des 
Erkennens  durch  Denken  hiafiber,  und  ist  sonach  Spe- 
cnlatlon ,  nicht  Mos  Denken ,  und  gehört  der  Metaphy- 
sik, nicht  der  J.ogik.  Allein  von  diesem  Hinübergehen 
in  das  Gebiet  des  Erkennens  durch  Denken  ist  auch  der 
Verstandes-Begriff  des  Verfs.  nicht  frei ,  denn  er  fafst'dle 
Logik  ajs  Wissenschaft  von  dem  Endlichen  auf,  und  be- 
greift somit  die  endliche  Ansicht  der  Natur  und  das  ma- 
diematische  Wissen  darin.  Beides  aber  iSfst  sich  wieder 
nicht  rein  aus  dem  Denken  selbst  entwickeln,  sondern 
setzt  aus  der  Anschauung  und  Vernunft  materiale  Er- 
kenntmfe  voraus. 

In  der  Ausfuhrung  ist  der  erste  Theil ,  die  Logik 
des  sinnlichen  Begriffs,  bei  weitem  der  ausführlichste, 
4cnn  hier  finden  wir  die  Darstellung  der  eigentlich  lo- 
|pu9cheQ  Gesetze  von  den  Begriffen ,  Urtheiien  und  Schlüs* 
sen.  Es  mufsauffanen,  wie  diese  hier  entwickelt  werden 
konnten  ,  da  das  Denken  auf  dieser  Stufe  schlechthin 
bestimmt  wird ,  während  feich  in  diesen  logischen  Formen 
unläugbar  eine  Selbstthätigkeit  des  Denkens  kund  thut. 
Dem  Verf.  konnte  es  auch  nur  dadurch  gelingen ,  dafs 
er  ausdrücklich  diesen  Gegensatz  zwischen  Stoff  und 
Form  in  nngerem  Wissen  hervorhebt und  die  Beschreib 


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Brinifli«  G^ondrlf«  der  Logik« 


'  bu Dg  fies  Denkens  als  der  Form,  unter  welcher  dasSeyn 
gewufift  wird,  zur  Aufgabe  der  Logik  macht  (§.  4  —  1.). 
Wie  hiernach  das  Denken  als  ein  blos  Afficirtes  ge- 
dacht werden  könne,  bleibt  freilich  unerklärlich,  zumal 
wenn,  man  ein  von  dem  Sinne  (dem  Vermögen,  afiicirl 
zu  werden)  verfchiadenes  Vermögen,  das  flieh  als  Thi- 
tigkeit  zeigt,  unterscheiden  sieht  (§.  18.  lO.).  Auch 
wird  als  Resultat  der  ersten  Logik  (des  sinnlichen  Be- 
griffs)  ^efunilen,  das  Denken  habe,  unabhängig  von 
der  Sinnlichkeit,  einen  eigenthiimüch^n  Inhalt  (§.498.), 
uud  die  Darstellung  dieses  eigenthumiichen  Inhalts,  d.h. 
derjenigen  Begriffe  ^  die  das  Denken,  unabhängig  von  » 
allc^  Sinnlichkeit  nnd  als  ein  selbslstSndiges  geistiges 
Vermögen  kraft  seiner  eigenthümlichen  Natur  producirt, 
im  Unterschiede  von  denen,  weiche  das  Denken  auf 
Veranlassung  sinnlicher  Wahrnehmung  (also  nicht 
blos  durch  Affection)  bildet,  ist  der  Gegeitötand  der 
zweiten  Logik  des  Verstandes-Begriffs  (§.4ftB.), 
Dabei  nun  spricht  es  der  Verf.  am  deutlichsten  aus,  dafs 
dieser  ganze  Unterschied  zwischen  sinnlichen  und  \  er- 
standes-Bewriffen  g-ar  nicht  das  Denken  für  sich,  soo- 
derq  nur  die  Beziehung  desselben  auf  die  Gegenstände 
berühre ,  und  dafs  es  also  dem  eigentlicheä  Standpunkt 
der  Logik  gar  nichts  angehe,  wenn  er  sagt,  dafs  die 
Logik  des  sinnlichen  Begriffs  und  des  Verstandes  -  Be- 
griffs rücksichtlich  des  formalen  Wesens  der  Begriffe, 
Urtheile  und  Schlösse  einerlei  Resultat  liefern  ,  dagegen 
In  der  Lehre  vom  Wissen  verschiedene  Resultate  geben 
(§.  500.).  In  der  Verstandes  -  Logik  sollen  nun  die' 
apriorischen  Elemente  des  Wissens,  als  die  nrsprttngli- 
chen  Denkbestimmungen,  dargestellt  werden*.  Als  das 
reine,  unabhängig  von  allem  Einflufs  des  Objektiyen  ge* 
setzte  Product  des  denkenden  Geistes  wird  das  Selbst- 
bewufstseyn  aufgewiesen,  und  daraus  werden  zuerst  die 
logischen  Grundsätze  der  Identität,  des  Widerspruchs 
und  des  zureichenden  Grundes  abgeleitet  Zu  diesem 
aber,  welche  nur  a  prhri  die  Mdglichkeit  Ton  Ge- 
genstanden fBr  unser  Wissen  a  priori  bestimmen,  nicht 


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I 


IM 


die  QegeaMBde  ^Mmtf  kommen  claon  noch  die  reinen 
mathematischen  AniHi^hfttfUD^en^  in  welchen  ciigleieh  der 

Gegenstand  des  Wi^^sens  a  priori  gesetzt,  fl.  Ii.  produ- 
cirt  wird.  In  der  driltt^n  Lo^ik,  der  des  \  erniiuft- 
Be^riil«,  wird  endlich  die  Eutwickeiiiag  der  ßezie* 
hung  zwischen  Denken  und  Seyn  cor  Einheit  in  der  Idee 
vollendet  Das  Thema  derselben :  nur  die  Idee  iai  die 
wahre  Wiaaenachaft,  lal  dasjenige,  welchea  aller  Iden- 
titätsphiiosophie  seit  Schelling  zu  Grunde  gelegen  hat, 
dessen  Nichtigkeit  hier  aufzuweisen,  nicht  die  Stelle  ist, 
zumal  da  die  AusfiQhrung  desselben  nur  selir  kurz  ange- 
deutet ist.  Dafs  dieses  Thema  in  die  Metaphysik  hinein- 
führe, dafa  damit  also  die  Greuse  der  Logik  fthersohritten 
worden,  hat  der  Verf.  selbst  (§.  542.)  zugestanden. 
Wenn  er  dann  aber  deuooch  diese  Vollziehung  der  Ein- 
heit zwischen  Denken  und  Seyn  nur  ihrer  logischen  \atur 
nach,  d.h.  so  fern  sie  mittelst  des  denkenden  Subjekts 
vollzogen  wird,  als  besondere  Aufgabe  der  Logik  her* 
anahebt  (§.  Ö4S.),  so  thiifa  sich  dagegen  der  Zweifel  er- 
heben, ob  nicht  darin  doch  wieder  eide  moseitige,  diso 
unwahre  Betrachtungsweise  liegt,  und  somit  die  wahre 
Aufweisung  der  Beziehung  zwischen  Denken  und  Seyn 
io  der  absoluten  Einheit  der  Idee  unerreicht  bliebe. 

H  SchmiA 


1  « 

Human,  der  htknr  einer  uud«nn  und  AfiAeren  VolkuehidM  In  ietnem 
tVetm  und  irtrJben.  Pon  J.  i.  l^wleA.  t  Tkmh.  1829t  Ai 
Cmmi.  iet  Bogel  in  FFetef.  8-  1.  TknL  Der  Lehrer  und  die 
ZneAt.  If.  TA.  Der  Lehrplan.  (Fiorr.  «ncf  Suheer  -Ve^ß, 
XXX f,  leier  Th,  228,  tter  7%,  866 

Es  4«t  achon  das  ein  Beweis  von  dem  richtigen 
Sinne  eines  Schulmannes,  dafs  er  die  Person' des  Lehrers 

vor  allem  in  Betracht  zieht  '  Denn  ist  der  ein  tüchtiger 
Mann,  so  gedeiht  die  Schule,  ist  er  es  nicht,  was  helfen 
dann  die  besten  Einrichtungen  ?    Wie  er  dann  ein  tttch- 


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1326 


Pädagogik. 


tiger  sey,  wenn  ihn  bei  seiner  Geschicklichkeit  die  Liebe 
zu  seinem  Amte  begeistert,  spricht  der  Verf.  klar  aus, 
und  so  lebendig ,  dafs  man  ihn  selbst  als  solchen  er- 
kennen kann.  Er  bezeichnet  ihn  als  den  humanen. 
Warum  gerade  mit  diesem  Worte,  das  wir  für  diese  Be- 
ziehung entbehren  könnten,  und  das  so  unbestimmt  ist, 
dafs  es  der  Verf.  selbst  vielfaltig  beschränken  mufs  ?  Wir 
dächten,  der  gute  Lehrer,  und  noch  mehr  der  christ^ 
liehe  Lehrer,  sagt  dasselbe,  was  der  Verf  auseinan- 
dersetzt, viel  besser.  Als  Herder  i.  J.  1793.  seine 
Briefe  zur  Beförderung  der  Humanität  heraus- 
gab, war  dieses  Wort  wegen  eines  Gegensatzes  zeitge- 
mäfs,  jetzt  ist  es  das  für  den  Schulzweck  weniger,  so 
wie  auch  die  von  Gleim  hierauf  gestiftete  Schule  der 
Humanität  nicht  als  etwas  Besd^nderes  begriffen  werden 
konnte.  Wenn  Hrn.  E.  jene  Herder'schen  Briefe  zu  der 
Idee  begeisterten ,  die  einem  guten  Lehrer  das  rechte 
Ziel  vorsteckt  und  seine  Schritte  richtig  leitet,  so  ist 
das  ein  Lob  für  seine  Bildung,  das  Princip  aber,  das 
er  in  der  Humanität  glaubt  aufgefunden  zu  haben,  ist 
80  wenig  wie  jenes  von  Gras  er  in  der  Divinität  aufge- 
stellte, so  für  sich  richtig  und  anwendbar  ausgedruckt 
Wie  jene  drei  von  ihm  angegebenen  :  „Bilde  den  Schüler 
zur  Gottähnlichkeit;  Erziehe  ihn  zu  Gottes  Ehre;  Bilde 
ihn  für  das  Ideale,"  die  er  als  erhaben,  aber  nicht  als 
einen  Mafsstab  für  das  Endliche  gelten  läfst,  bedarf 
auch  dieses  der  Ergänznng,  welche  der  Verf.  auch  recht 
gut  angiebt.  Da  kommen  wir  denn  doch  immer  auf 
jene  höheren,  oder  vielmehr  das  Eine  höchste,  zurück, 
das  in  jeder  von  jenen  drei  Formeln  liegt.  Es  ist  die 
de/  menschlichen  Natur  und  Bestimmung  gemafse  Bildung. 
Von  dieser  redet  auch  wirklich  der  Verf.  und  verlangt 
sehr  recht,  dafs  sie  vor  allem  in  dem  Lehrer  selbst  leben 
soll ,  der  denn  auch  als  der  wahrhaft  christliche  von 
höherer  Liebe  geleitete  Jugendbildner  aufgezeigt  wirdi^ 
Wir  mufsten  gleich  vornherein  bei  dem  Worte  verweilen, 
da  es  nicht  ganz  Nebensache  ist,  wir  wenden  uns  aber 
zur  Hauptsache. 


Pftdagogik. 


Nachdem  in  der  ersten  Abtheilun^  der  humane 
Lehrer  dar|w;estellfc  worden,  wird  in  der  zweiten  von 
dem  Geiste  der  humanen  Schulzucht  geredet,  und 
denKIterO}  Schuivorständen  und  Lehrern  vieles  gMigi, 
das  sie  gegca  die  vielfacheo  schlechten  Vetfidinuigisarleii 
sorechiweiset.  Die  Slrafen weiche  der  Vei£  iNirschiägt, 
gehen-  von  dem  pädagogischen  Zwecke  aus,  der  sie  vor 
den  obrigkeitlichen  unterscheidet,  und  sind  mit  der  Ein-  ' 
ßiclit,  wie  sie  wirken,  angegeben;  auch  findet  man  da 
einige  neue  Vorschläge.  Um  indessen  diesem  alles  aa- 
weodbar  und  recht  wirksam  zu  machen,  wäre  noch  man- 
the^  2«  bedenken  und  einzurichten.  So  ist  das  z.  B,  ein 
ganz  guter  Vorschlag:  „den  frechen  SchQler  entferne 
man  auf  der  Stelle  als  einen  Unwürdigen,  und  dem  Wi- 
derspenstigen setze  man  Körperstrafe  entgeg-en."  Aber 
wohin  mit  jenem?  -  Wir  reden  nicht  von  einem  Privat- 
institut ,  sondern  von  öffentlichen  Schulen ,  worin  fär  * 
alle  gesorgt  werden  soll,  so  diBkfs  keiner  verloren  gehe; 
so  lange  nun  nicht  eigne  Verbesserungsanstalten  fllr  sol- 
che verdoibne  Kinder  da  sind,  welche  allerdings  da 
sej^n  sollten ,  läist  sich  auch  die  Aus  Weisungsstrafe  nicht 
anwenden.  Was  den  andern  Fall  betrifilfc,  so  müfste  die 
körperliche  Züchtigung  so  angegeben  seyn,  dafs  sie  mit 
der  humanen  Behandlung  nie  in  Widerspruch  trete,  und 
was  eine  Hauptsache  ist,  es  mQfsten  die  pädagogischen 
Schulmittel  angewendet  werden,  wie  man  sie  auch  be- 
reits als  bewährte  kennt,  die  es,  seltne  Bösartigkeit  aus- 
genommen, gar  nicht  zur  Widerspenstigkeit  kommei^ 
lassen*  Sehr  wahr  und  als  Kenner  des  jugendlichen 
Herzens  sagt  Hr.  £1:  »lAber  was  ist  lächerlicher  und  be« 
denUicher,  als  die  Habdlungsweise ,  Kindern  Eigen- 
schaften und  Würden  beizulegen,  nach  welchen  der  Er- 
wachsene streben  soll.  —  —  Lehrer,  die  einer  solchen 
Schulzucht  huldigen  können,  und  ihre  Kinder  zu  Po- 
lizeibeamten, Juris  und  Richtern  macheu,  können  keine 
reine  Begriffe  von  den  Eigenschaften  humaner  Menschen 
haben ;  §ie  haben  ein  jämmerlidies  SchriDideal  vor  An^ 


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IW  Pidigiigllt. 

geil ,  UDd  freilich  mag  es  ilineD  leicht  werden ,  ihre  Kin- 
der zu  diesem  Idol  zu  erheben ,  d.  h.  dieselben  zu  ver- 
derben.** Auch  äufsert  dieser  würdige  Lehrer  gute 
Wünsche  über  das  Verhältnifs  der  Schulzucht  zu  den 
Ersiehung^behÖr den  des  Staates  und  der  Kirche,  aber 
nur  auf  einigen  Blättern  und  ohne  auf  den  Grund  ein-, 
zugehen. 

Die  dritte  Abiheiiung,  unter  dem  etwas  sonder* 
liareu  Titel  Kdrper  der  Schulzucht,  stellt  die  Re- 
geln und  Gebote  auf,  wornach  der  Lehrer  den  guten 

Cjiei^t  (1(1  Schule  bewirken  solle.  Wie  Aufmerlcsamkeit, 
Fleifs,  Ordnung-,  Ruhe  unter  den  Schulern  bewirkt, 
wie  dem  Lug  un<l  Trug,  dem  Ungehorsam,  Eigensinn, 
der  Widerspenstigkeit  ge%vehrt  werde ,  darüber  sind 
eine  Reihe  vereinzelter  Regeln  aufgezahlt,  welche  aus 
der  Schtilpraids  hervorgehen ,  und  die  der  Lehrer  wohl 
meist  recht  gut  linden,  wenn  gleich  nicht  die  für  einen 
Fall  empfohlene  Reitpeitsche  ergreifen  wird.  Wie  der 
Lehrer  Keiith(  lt  des  Gern üthes,  der  inneren  undäufseren 
Sitten,  und  Frömmigkeit  befördern  solle,  dazu  sind  auf 
ein  Paar  Seiten  die  vorzüglichsten  praktischen  Regeln 
aufgezeichnet.  —  Die  vierte  Abth«  hat  in  ihren  ausfhhF- 
lieberen  Erörterungen  einzelner  Materien  einige  Schul- 
gebete, welche  sich  durch  Wärme  und  Angemessenheit 
auszeichnen,  ohne  durch  zu  vieles  Belehren,  wie  das 
8onst  gewöhnlich  geschieht ,  aus  dem  Gebeistone  zu 
fallen.  Die  Regeln,  welche  der  Verf.  vorausgeschickt 
hat,  scheinen  uns  weniger  nöthig  zu  seyn,  wenn  wir 
nur  das  Gejsctz  anerkennen,  welches  in  <ler  Natur  des 
wahren  Betens  liegt.  Eine  Rede,  dafs  die  Schule  ächte 
Liebe  zu  König  und  Vaterland  erwecken  müsse,  athmet 
,  ebenfalls  edle  Wärme,  und  spricht  selbst  diese  Liebe 
aus,  des  treuen  Lehrers  würdig. 

Der  zweiteTheii  enthält  den  Lehrplan.  Vor* 
her  giebt  der  Verf.  einige  Grundzüge  von  der  ESawir* 
kung  des  Staates  auf  das  innere  Leben  des  Unterrichte- 

t 

1 


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Pädagogik. 


1229 


Wesens  an,  wo  er  Vorschläge  zu  iDspectionen,  Ober* 
und  Provioziai-Schulr&ihen  u.  §.  w.  erthc^iU,  welche  zwar 
nicht  so  zur  AosfUhrung;  geeignet  seyn  indchtoo,  jedoch 
▼erdienen  gehört  zu  werden.    Die  Trennung  der  beiden 

Geschlechter  findet  er  in  diesen  Schulen  nicht  durchaus 
nöthip;.  Den  Schulplan  selbst  mit  seiner  in  nües  Ein- 
zelne gehenden  Ausführung  können  wir  nicht  durchge- 
hen, weil  uns  das  weit  über  die  Grenzen  dieser  Blätter 
hinausffihren  würde.  Wenn  z.  B*  der  Verf.  die  latei- 
nische Sprache  zurücksetzt,  so  mMsten  wir  zeigen ,  und 
wir  könnten  es,  dafs  er  hier  nicht  aus  Sachkenntnifs 
spricht  ;^  wenn  er  die  l^ehrgegen^ilaiuh;  nucli  meiner  An- 
sicht wiirdigt  und  ordnet,  so  inüfsten  wir  ihm  hier  und 
da  andere  Ansichten  mit  ihren  bewährten  Gründen  ent^ 
gegen  fetzen ;  wenn  er  gewisse  Methoden  als  gut  be- 
funden hat,  somfifsten  wir  auf  die  Grundgesetze  zuröcliT 
gehen,  um  hiernach  jtne  Unterrichtsweisen  zu  prüfen, 
in  wieferne  sie  nicht  blos  Maniereu  sind  ,  die  man  jedem 
Lehrer  zugestehen  mag,  sondern  aligemein  zu  empfehlen 
wären.  Tm  Ganzen  können  wir  es  nur  bedauern ,  daOl 
der  Verf.  nicht  diejenigen  Bficher  zur  Hand  genommen 
hat,  deren  Werth  schon  anerkannt  ist,  wie  Denzel, 
Zerrenner,  Harnisch,  Zeller,  die  ihm  manche?^, 
sey  es  zur  Berichtigung  oder  sey  es  zur  Ausbildung  sei- 
ner Gedanken,  angeben  konnten.  Lobenswertii  ist  aller- 
dings das  Selbstdenken  und  Selbsterfinden,  aber  wer  in 
Schnlsachen  das  Publicum  beiehren  will,  darf  es  nicht 
verschmähen,  sich  erst  nach  dem  zu  erkundigen,  was 
(Schon  vorhanden  ist ,  damit  er  das ,  was  er  aus  seinem 
eignen  nimmt,  wenigstens  den  dernialigen  Forlschritten 
gemäfs  durciidenke.  Denn  dafs  seit  dem  Campe'schen 
Revisionswerke  in  dem  Schulwesen  Fortschritte  sind  ge- 
machl  worden,  wird  der  Hr.  Verf.  doch  nicht  in  Abrede 
stellen.  Wir  begreifen  also  nicht,  waruni  er,  wie  er 
den  Benrtheilern  seiner  Schrift  gleich  voraus  gesteht, 
„alle  pädagogische  Bücher  sorgfältig  bis  jetzt  noch 
entfernt  gehalten ,  um  seinen  eignen  Erfahrungen  im 


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1230  Ptt«lagogik. 

Schnlfache,  am  dem  Ideale  desto  näher  zu  bleiben, 
das  sich  durch  ,  ihn  und  Andere  seii  einer  Reihe  vor  Jah- 
ren in  ihm  gesiaUel  hat.**  Solche  AnUNÜdaxie^  beson*- 
dere  bei  einem  trefflich  wirkenden  Manne,  f&r  wdchen 

auch  dieses  Buch  Zeugnifs  ablegt ,  hat  ihren  Werth  nur 
bis  zu  einem  gewissen  Punkte  allein  da  der  Verf.,  wie 
er  ebenfalls  sag^ ,  „Nützliches  und  Wahres  aufstellen** 
wollte,  so  häUe  er, billig  das,  was  er  in  einer  so  wich- 
tigen Angelegenheit  vorschlug,  vorerst  mit  dem,  was 
vielleicht  nicht  so  gut,  vielidcht  aber  auch  beaser, 
irgend  sonst  angegeben ,  auch  wohl  ausgeführt  ist,  ver- 
gleichen sollen.  Was  der  Verf.  am  Schlufs  dieser  Vor- 
rede wünscht,  (lals  einsiclilsvolle  IVlantur  „das  Fehler- 
hafte seines  ersten  Versuchs  ausmerzen ,  —  mit 
.  wahrhaft  grofsen  Gedanken  seine  Arbeit  bereichera  möch- 
ten" —  das  konnte  er  in  Schriften  sich  Idchter  und 
siellerer  verschaffen.  Das  würde  auch  dem  Buche  ge- 
dient haben,  alles  kurzer  zu  fassen,  und  bei  seiner  Klar- 
heit manclus  Gesuchte  zu  vermeiden.  Hiermit  aber 
N  wollen  wir  den  Werth  desselben  uicht  herabsetzen,  sou- 
dem  ihn  vielmehr  nach  unserer  Ueberzenguag  darin 
anerkennen,  worin  er  wirklich  besteht:  ein  vorzSg^Kciier 
und  eelbstdenkender  Lehrer  theilte  ans'  dem  Kreise  seines 
schon  lange  her  bewahrten  Schul lebens  seiae  von  dem 
Geiste^der  FTnmanität  erfüllten  Gedanken  imd  Vorschläge 
mit.  In  dieser  Hinsicht  ist  das  Buch  Allen  zu  empfeh- 
len,  die  mit  den  Volksschulen  sich  beschäftigen. 

S  ohw  ar 


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t 

1 

Ta    HEIDELB.  JA  HAB.  d,  UTERATUK  1831. 
Phaedri  Fabb.  ed.  X  C.  Orelll 

8)  Die  retus  Charta  DameUs ,  bekanntlich  nur  ein 
Fragment,  das  die  sieben  Fabeln  dei»  ersten  Buchs  ent- 
häU)  über  d«s9eQ  Schicksale  wir  nicht  wiederholen  wol- 
len ,  was  wir  nn  den  aben  bemerkten  Orlen  Näheres  be- 
merkt heben.    Das  fugen  wir ^  bei,  daß»  eine  sorgfilltiga 
¥ergleichung  der  bekannt  gewordenen  Varianten  dem 
Herausgebei  bevvicb,  <lafs  dieser  Codex   seiner  Natur 
nach  gänzlich  von  den  beiden  aiideiu  verschieden  ist, 
und  dies  bringt  ihn  dann  weiter  auf  die  Verniuthuog) 
dafs  dieser  einst  vollständige  Codex,  obgleich  in  vielem 
den  beiden  andern  eben  genannten  vorasuziehen ,  doch,' 
snimäl  In  den  Prodmien  von  einem  nicht  ganz  ungelehrten 
INlaiHi  interpolirt  worden.    Denn  die  Ansicht,  wornach 
der  gesaiiiiiite  Pliädpus,  wie  er  jetzt  vorlieget,  durch  In- 
terpolationen wundersam  entstellt  auf  uns  gekommea, 
kann  der  Heransgeber,  und  mit  Recht,  nicht  billigen« 
Zwar,  fährt  Derselbe  dann  weiter  fort  (die  Steile  ist 
v^ichtig  genug,  um  hier  mitgetheilt  zu  werden) ,  sunt 
etiam  nunc  kommes  noimulU  Ua  ab  omni  Latinitatis 
scientia  deMiuii ,  tU  inhume  mtelUgmä  hrnic  haud 
mmis  admirabilen».  et  artk  poeticae  faeuUatem  et 
sermonis  nm  eemper  pari  cmmetudmem  prorsm  co- 
dere  m  Graecubm  Ubertum ,  qtä  Tiberio  hnperaiare 
vixerit :  neutiquam  vera  m  posteriorem  aetatem ,  aal- 
lern  pos't  Trajanwn.  '  Equidcui  si  vel  paullo  a  Phaedro  . 
Phaedrus  noster   discreparct ,    in  aüa  omma  irem, 
Nuac  vero  omnibus  accu7*ate  pensitatiSy  haec  mea 
ophdo  esty  ut  in  hia  fabuüs  Phacdrum  ip9wn,  ehe 
Thraeem  sive,  Macedonem,  Ax^usti  Ubertum,  potws 
agnoeeam  quam  uUum  fabarium'*  (8.  20.). 

4)  Der  Codex  Perotti,  welcher  zwei  und  dreUMg 

XXIV.  Jahrg.  12.  Ueft.  78 


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in«  PbaeiUi  Fal^b.  cd.  J*  Onllt 

Fabeln  enthält,  wi^  es  scheint,  Dach  eiiiein  sehr  ver- 
stummelten Codex  des,  Phädrus,  wahrscheinlich  Itali- 
schen Ursprungs,  coptrt.  Demungeachtet  zeigt  diese 
Handschrift  an  vielen  Stellen  auf  eine  auffallende  Weise 
die  vahre  Lesart,  und  enthält  selbst  ganze  Verse,  weiche 
in  den  beiden  ersten  Handschriften  fehlen. 

5)  Die  Kditio  princeps  von  1596,  höchst  selten 
und  bisher  noch  nicht  eiiinia!  |nfena!i  collationirt ;  der 
Uerau«;geber ,  indem  er  mit  bekanntem  Kifer  diesem  be- 
*  schwerlichen  G^häft  sich  unterzog ,  hat  durch  «eine 
genaue  Cbllation  mhnche  Zweifei  gehoben  und  gerechten 
Anspruch  auf  unsern  Dank  sich  erworben«  Nteh  dieaan 
Hulfsmitteln  hat  Orelli  tleii  lext  des  Phädius  jET^^altc^ 
und  ihm  die  eben  lipnierkte  urkundliche  Grundlage  zu 
geben  ver^^ucht;  er  hat  sich  überall  an  die  Lesart  der 
Handschriken  gelialten)  deren  Varlanten  unter  dem  T«xl 
nabst  den  Abweichungen  von  Schwabens  Ausgabe  und 
den  wesentlichen  Verbeciserungefi,  welche  in  aehwierigen 
oder  verdorbenen  Stellen  seit  dem  eisten  Erscheinen  des 
Phfidrus  ^  r macht  wor<len  sind  ,  ang;eführt  \\  erden.  Grofse 
Vorsicht  in  Aufnahme  von  Conjecturen,  denen  eine  haad- 
echriftliche  Begründung  abgeht,  konnte  man  von  einen 
00  uttsichtigen  Kritiker,  als  der  Herausgeber  tncb  fibeidl 
bewehrt  hat,  erwarten.  Und  so  hoffen  wir,  wird  w 
dieser  Hinsicht  gewifs  nicht  den  Heransgeber  begrön- 
deter  Tadel  treffen  können.  Auf  die  Fabeln  des  Phädrus 
folgt  S.  113  ff.  ein  Abdruck  der  zwei  und  dreifsig  xtt 
Neapel  aas  einem  »Coc/ex  Pef^otthms  zuerst  zu  Tage  gie« 
fdrderteh,  engeblichen  Fabeln  cles  PhftdriM^  lUber  d^ven 
Aechth^it  oder  UnSchiheit  seitdem  vielfiich  geslritlea 
worden  ist.  Ref  hat  darüber  in  seiner  Röm,  Lii.  Gesch. 
§.  151.  S.  B15  ff.  der  n.  Ausg.  ausfiihi lieber  gehandelt, 
und  fQhrt  deshalb  hier  nun  unseres  Herausgebers  im- 
mafsgebllches  Urtheil  an ,  wornach  diese  Pabelo  keines- 
wegs für  ein  Werk  des  Ensbischofe  von  MaafredMia 
gelten  dürfen,  da  sie  vielmehr  in  Absicht  auf  Aslage 
«nd  Erfindung,  so  mIc  selbst  hinsichtlich  des  Ausdrucks 
und  der  Sprache  von  den  ächten  Fabeln  ^les  Phidrits 


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Pliae«fl  Fabb.  ed.  J.  C.  OfeUl/  IM 

oiohl  Terschieden  seyen  (S.  23.)$        Unterschied  mit 

dea  Versen  des  christlichen  BiÄchols,  von  M'eichen  eia 
Stück  liier  niit^ethcilt  wird,  ist  ailerdingfs  auffallend 
genug.  Auch  diese  Fabeln  siod  mit  gleicher  Sorgfalt, 
was  das  Kritische  betrifft ,  vom  Herausgeber  behandelt 
worden;  der,  da  ihm  Cassittis  seiteae  Ausgabe  olcht 
Bur  Hand  war,  Manches  aus  der  Zeirschen  aufeunehmen 
genöthigt  war.  Seia  Grundsatz;  ,yOptrmuni  facta  mihi 
Visum  est  ne  uUa  quidem  Utera  immutata  repetere 
codiceni  Perotlimim  JarmelUi ,  ut  Uberior  unicuique 
remanerel  conficiendi  facultm"  (8.  llö.),  wird  ouir 
allgemeine  Billignog  finden  können. 

Zn  dieser  neuen  Bearbeitung  des  Phidrns  sind  nun 
noch  einige  gleich  schätzbare  Zugaben  und  wahre  Be- 
reicherungen unserer  Literatur  luuzugekommen,  die  wir 
der  Reihe  nach  auflühren  wollen« 

Zuvörderst  S.  137  f!.  Germamci  CaßmriM  ^iratea 
e  oodd.  BaaiL  Bern.  EkmedJL  emendaia  et  9upplekL 
Wir  erhalten  hier  des  Germanicus  BrnchstQcke  in  einer 
vielfach  berichtigten  und  verbesserten  Gestalt,  zu  wel- 
cher Hr.  Orelli  mehrere  neue  Hulfsquellen  aufs  Treff-- 
lichste  zu  benutzen  verstand.  Das  Vorwort  giebt  auch 
hierüber  näheren  Aufschlufs.  Aufser  der  ältesten  Hand- 
schrifit,  nach  welcher  Hugo  Grotius  diese  Bructistüclie 
edirie  (sie  ist  bekanntlich  mit  lauter  Uncialbuchstabea 
geschrieben  von  unserem  Herausgeber  mit  ff  be- 
zeichnet), kommt  hier  in  Betracht  eine  Basler  des  neun- 
tea  Jahrhunderts  (neb^t  dem  Scholiasten)  von  vorzügli- 
idiem  Gehalt,  die  der  Herausgeber  selbst  verghch  (/^); 
dann  eine  Bemer  (B)  ohne  Scholien  aus  dem  asehnten 
Jahrhundert,  ebenfalls  vom  Herausg.  rargltchen;  eine: 
Handschrift  d^r  Atiiei  Einsiedlen  ohne  Scholien  aus  dem 
eilften  Jahrhundert  (E)^  von  besonderem  Gehalt,  ward 
von  Hru.  Orelli  ebenfalls  selbst  verglichen.  Dazu  kommt 
die  in  Seebodes  Neu.  Archiv  fü^  PhiloL  II,  2.  p.  125  ffr 
jni^etheiiteCollation einer Freiberger  Handschrift,  deren 
Keitait^  oidit  näher  bekannt  ist  (/^),  und  die  Sicilisehe 
iP)  Handaehrift,  von  welcher  die  Edäio  prkieepB  des 


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1286 


PhacdrI  Fabb.  cd.  J.  C.  Oralli. 


Victor  Pisanus  (Venet,  1488.)  ein  genauer  Abdruck  zu 
sej»  scheint.  Auch  letztere  befand  sich  im  Kesitz  des 
Herausgebers,  der  die  Angaben  über  diese  Handsiohriften 
mit  einer  Untersachung  fiber  deo  Werth  derselben  hin* 
nchtlich  ihres  Binllusses  auf  die  Gestaltung  des  Textes 
begleitet  hat,  welche  durch  die  belgefögte  Tafel,  in 
weither  die  Abweichungen  dt  r  genannten  Handschriften 
von  einander  nnd  von  dem  Texte  des  Heraiisofebers  in 
eine  tabellarische  Uebersicht  gebracht  sind ,  nicht  wenig 
an  Anschau lichiceit  gewinnt.  Als  Resultat  dieser  Unter- 
suchung ergiebt  sich ,  dafs  die  mit  A.  F.  P.  bezeichneten 
Handschriften  meist  eine  auffallende  Uebereinstimmung 
zeigen  und  deshalb  wohl  Einer  Familie  angehören  mö^eii, 
während  die  drei  andern  B.  E.  G.  eine  zweite  Familie 
bilden,  welche  im  Ganzen  den  Vorzug  vor  jener  ver- 
dient, und  die  der  Kritiker  nur  bei  sichtbaren  Fehlern 
und  Verderbnissen  verlassen  darf,  wo  er  sich  an  die 
andere  Classe  und  zwar  zunächst  an  die  Handschrift  A 
(die  Basier)  zu  wenden  hat,  indem  diese,  obwohl  von 
einem  höchst  unwissenden  Schreiber  copirte  und  durch 
mannichfache  Schreibfehler  und  selbst  Auslassungen  ent- 
stellte Handschrift  doch  auffallend  genug  an  mehreren 
Stellen  die  allein  richtige  Lesart  oder  doch  die  nächsten 
Spuren  derselben  darbietet  Die  SUeren  Ausgaben  dieser 
Bruchstöcke  sind  für  die  Kritik  von  wenig  ^(iVdug^  da  sie 
alle  aus  der  Edith  princeps  |2reflossen  sind.  I>esto  mehr 
Werth  hat  die  von  HugoGrotius,  dessen  Verdienste  nach 
Gebühr  hervorgehoben  werden,  besorgte  Ausgabe;  aus 
der  Vorrede  ist  auch  S.  161  fi.  das  mitgetheilt ,  was  aaf 
die  Gestaltung  des  Textes  und  dessen  Schicksale  sich 
bezieht.  Der  Gebrauch,  den  man  von  diesem  Gedicht 
und  dessen  alten  Erklärer  auf  den  Schulen  des  Mittel- 
alters  von  dem  vierten  Jahrhundert  an  bis  zum  zwölften, 
zum  Unterricht  in  den  Elementen  der  Astronomie  nnd 
Mythologie  machte ,  wo  oft  selbst  der  Text  dieses  Ge- 
dichtes blos  zu  Erklärung,  unter  astronomischen  Zeich* 
nnngen  und  Fignren,  benutzt  wurde,  hat  unstreitig  viel 
zu  dem  Vcrderbuifs  des  Textes  selbst  beigetragen ,  und 


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FlMMlri  Fabb.  ed.  J.  €.  Oretli.  ,  IXft 

.  ist  mit  als  eiine  Haupiiirsache  zu  beirachten ,  warom  daa 
Gani(e  so  yerstfimmeU  aiff  uns  g'ekomrnen.  Denn  bald 
wurde  der  Text  allein  ab^creschrieben ,  bald  mit  dem 
alten  Erklärer,  bald  in  liegieitung  von  Fig^uren  und 
Zeichnungen,  bald  in  abgekürzter  Form,  mit  beliebi* 
gen  Und  willkührlicheD  Auslassungen  und  Interpolationen 
und  dergl.  m.  Unier  solchen  Umständen  konnte  das 
Bestrieben  eines  neuen  Bearbeiters  gewifs  kein  anderes 
seyn,  als  das,  was  unser  Herausgeber  S.  150.  in  Absicht 
auf  seine  Leistungen  bemerkt:  „Id  vero  unwe  propo- 
9itum  mihi  fuit,  id  Germamei  opmculum  dermo  ad 
eaäieum  auctaräaiem,  revocarem  et  probabUUer,  guanr* 
tum  nunc  licet,  emendarem;"  obschoo  'er  selbst  die 
Worte  unmittelbar  darauf  folgen  läfst:  „permulia  sane 
quum  plur'mm  Codd,,  tum  confecturae  ope  m  tarn 
depravato  poemate  corrigct  posterUasJ'  Indessen  ha- 
ben .wir  itnmerhia  durch  die  Bemühungen  des  Heraus- 
gebers bei  der  eben  so  umsichtigen  als  verständigen  Be- 
nutzung der  oben  bemerkten  handschriftlichen  Hülfs- 
mittel  die^e  Bruchstücke  in  einer  ungleich  lesbareren 
und  berichtigten  (^e^talt  erhalten,  was  schon  ein  ober- 
flächiiciier  Blick  in  diese  Au*^abe  zur  Genüge  lehren 
kann.  Die  äui'sere  Einrichtung  ist  übrigens  der  bei  den 
Fabeln  des  Phädrus  vollkommen  gleich,  indem  auch 
hier  unmittelbar  unter  dem  Text  die  Abweichungen  der 
Handschriften  mdglichst  gedrängt  und  kurz  angeführt 
sind. 

Auf  die  Aratea  M^vn  in  ähnlicher  Weise  kritisch 
behandelt  und  berichtigt  und  mit  Angabe  der  abwei- 
chenden Lesarten  unter  dein  Texte,  8. 198  ff.  die  Reste 
der  Prognoatica  den  Germanicus ;  das  erste  Stück  findet 
sich  in  den  Handschriften  B,ELG,  und  fehlt  dagegen 
in  A,W,P;  von  dem  zweiten  Stück  sind  iWv  ersten  fünf- 
zig Verse  aus  Burimmn  Anthot  hat,  V,  51.  (Tom.  II. 
p.  €ili8.)  und  nach  der  Basler  Handschrift  gegeben,  der 
Rest  nach  den  Handschriften  A,  F,  und  der  Edit.  prin- 
ceps,  indem  er  in  den  Han<lschrifCen  fi.  £.  O,  fehlt 
Nach  diesen  drei  Codd.  ist  dann  das  dritte  Bruchstück 


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1288 


PbMdri  Fabb.  cd.  J.  C.  Orelli. 


geliefert,  welches  dagegen  in  A,F,P.  fehlt.  Dazu  kommt 
noch  endlich  ein  yierles  unbedentendes  Brochatfick  aw 
Pfiaeianus. 

P.  118  ff«  Pervtgilkm  Venerts  ad  Codd*  «Sufeiaa. 
et  Pilh,  exaeiuhf.  Eine  zweite,  nicht  minder  achfitc- 
bare  Zugabe.  Bekanntlich  fehlt  es,  was  die  Zeit  der 
Abfassung  und  den  Verfasser  dieses  Gedichts  betriflfik, 
nicht  an  den  verschiedensten  Urtheilen  und  Ansichten 
unter  den  Gelehrten,  welche  aich  damit  beaehifligt  ha- 
ben (a.  daa  Nfthere  In  mdoer  ROm.  LIt.  Geacb.  IM. 
8.  269  ff.  neue  Ausg.),  nnd  diese  grofse  Verschieden- 
heit der  Ansichten,  die  sich  natfirlich  auch  auf  Darstel- 
lung und  Inhalt,  kurz  auf  den  Charakter  des  vorhandenen 
Gedichts  bezog,  hat  auf  die  Kritik  im  Einzelnen  md 
die  Geataltnng  des  Textes,  der  uns  vrktiBdllch  nnr 
Ewel  Handschriften  bekannt  ist,  einen  hdehst  naehtlid- 
Ilgen  Einfluf^  gehabt  Man  machte  an  ein  Produkt  des 
dritten  oder  vierten  Jahrhunderts  nach  Christo,  an  einen 
Afrikaner,  die  Ansprüche,  die  man  an  ein  Product  des 
claaaischen,  Augusteischen  Zeitalters,  zu  machen  gewohal 
nnd  nach  berechtigt  ist,  und  da  man  sich  hier  bald  fe- 
linscht  sehen  mnfete,  so  liefs  man  sichsu  ungereckleiD 
Tadel  gegen  den  unbekannten  Verfasser  des  Gedichts 
verleiten.  Ein  solches  Urtheil  eines  Hegel'schen  Philo- 
logen y.quorinii  sucpenutnera  permira  sunt  judicia^ 
mufste  auch  uosern  überall  mit  gewohnter  Grbadlidl^ 
keit  und  Umsicht  der  Forschung  uu  Werke  geheadeu 
Herausgeber  um  so  mehr  befremden ,  und  dies  Teranlafst 
ihn  zn  folgender  allgemeiner  Bemerkung,  die  wir  mit 
ganzer  Seele  unterschreiben:  „Nos,  qui  nuWs  tmquam 
Sophislarum  scholis  ohnoa  'n,  antfqjiitatem  ipsam  per 
se  et  spectamua  et  eogmvimus,  saepksime  in  atia 
onmia  abeämu»  itecease  est :  recthutque  omniao  de 
Ma  htatum  scholartm  stultäm ,  qttae  eertam  atque 
utdce  verenn  »apientiam,  scieniiafn  ,  veritaiem  ttrrö- 
ganiiasime  seae  JacUtat ,  aUquando  judicabii  poHe- 
ritas" 

Ur.  Orelli  hält  den  Verf.  des  PetvigUium  fiU  eiusn 


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Afrikaiidi:  aus  dem  Ende  des  driU9|i  oder /aus  dfun  AR'- 
üng  d^  vierten  Jehrhqaderts  unserer  Zeitrechnung:, 
mtl  IMcksioht  auf  den  ganzen  Charakter  dieses  Go- 

ilichts,  die  darin  herrschende  Ausdrucksweise,  Dar- 
stell lii!^  und  dergl.  m.,  ßo  dafs,  wer  mit  Appulejus, 
Teituilian,  Arnobiua,  um  aur  die^if  sm  peniieD,  eiiiiger- 
mafsen  näher  bekannt  ist,  gern  diese  Ansicht  tbeiien 
wird..  Andere,  davon  abweichende  und  sinn  Theil 
anoh  hier  angefllhrte  und  beertheilte  Ansichten  über 
Verfc^s^er  und  Zeit  <ler  Abfassung-  des  Gedichts  wollen 
wir  hier  nicht  wiederholen  und  verweisen  deshalb  auf 
liBSQce  AönujLit.  Geschichte  am  oben  a.  O.  Das  Einzige 
bemerken  wir  noch,  dafs  nach  Hrn.  QraJii's  Urtheil  tod 
dem  Ver£  des  Pervig'diwn  nur  das  mit  Qewifsheit  sich 
behaupten  labt,  dai^  er  älter  als  Fulgenttus  gewesen. 

Fiir  die  kritische  Behandlung  des  Gedichts  im  Ein- 
zelnen lag  bisher  mit  darin  ein  grofser  Uebelstand|  daTs 

die  froheren  Bearbeiter,  indem  sie  das  Gedicht  in  ein 
höheres,  besseres  Zeitalter  (wo  möglich,  das  classische, 
goldne)  zurückzusetzen  suchten,  nun  auch  bemüht  waren, 
im  Einzelnen,  d.h.  in  den  einzelnen  Worten  und  Aus^ 
drücken  diese  ihre  Ansicht  zu  begründen,  und  den 
Text  des  Gedichts  auf  diese  Weise  nach  der  Sprache 
und  Ausdrncksweise  einer  besseren  Zeit  zu  modeln  (was 
man  denn  heut  zu  Tag  emendiren  nennt).  So  war 
freilich  der  Conjecturalkritik  ein  weites  Feld  eröffnef.  — r 
,fCertathn  ergo  "  ruft  der  Herausgeber  S.  218.  aus» 
ifUBque  ad  kodiemum  diem  cumulatae  sunt  emenda- 
tianeSf  suajüdones,  trajecttone» —  und  die  Unsi- 
cherheit des  Textes;  die  Ungewifsheit  in  Absicht  auf 
das,  was  Lesart  der  Handschriften  sey  oder  nicht,  also 
mit  andern  Worten,  der  gänzliche  Mangel  einer  diplq- 
inatischen  Grundlage  des  Textes,  mufstedazu  nicht  we- 
nig beitrageup  Bs  kam  also  auch  hier  vor  Allem  .darauf 
an«  dem  Text  diese  urkundliehe  Grundlage  wieder  eu 
verschaffen  und  ihn  so  seiner  urspriinglichea  Gestail 
luiber  zu  bringen.    Diesem  Geschäft  hat  sicli  der  Her* 


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ISIO 


PJuMdri  Fabb.  ed.  J.  C.  Oralli 


au8geber  mit  gleicher  Beharrlichkeit  nod  gleich  gOs- 
6tigeiii  Erfolg  unterzogen,  wozu  ihn  die  genaoi^  Colhir 
tion  der  beiden  von  tüesem  Gedicht  allein  noch  tot- 

handenen  Handschriften ,  welche  er  durch  die  Hob. 
Sillig  und  Hauthal  erhielt ,  insbesondere  in  den  Stand 
setzte.    Beide  Handschriften ,  die  eine  als  Codex  Sal- 
masii,  die  andere  als  Cod.  Piihoeanus  bekannt,  und 
beide  jetzt  zu  Parte  befindlich ,  Yariiren  im  BinzelnM 
ao  eehr,  dafi^  sie  offenbar  ans  ganz  verachiedenartigen 
Orig-inalen  abgeschrieben   sind.     Daher  war    es  sehr 
zweckrnäfsig ,   einen  Abdruck  des  Gedichts  nach  den 
beiden  Handschriften,  einander  gegenüber  zu  veran- 
stalten  und  die  einzelnen  Abweichungen  des  Textes  in 
beiden  Codd.  durch  den  Druck  hervorzuheben,  wie 
solches  der  Herausgeber  S.  220  ff.  gethan  hat ;  darauf 
folgt  erst  die  von  dem  Herausgeber  gelieferte  Recen- 
sion  des  Textes ,  welchem  am   Schlufs  Amiotationes ^ 
&  234  ff.,  beigefügt  sind,  in  weichen  die  wesentli-* 
chen  und  befleutenderen  Verbesstorungsvorschläge  der 
gelehrten  Bearbeiter  des  PervigiUum  (nicht  alle  und 
jede  Conjecturen,  sondern  nur  die  ^^quae  vere  con- 
ferre  viderenlur  ad  carmmts  crilicam  tractulionem 
ac  neccssario  Signjficari  dehebant ,  ubi  abevndum  du* 
xeram  ab  amborum  Codd.  lectimibua,  &  219.),  der 
älteren,  wie  der  neueren,  deren  Ausgaben  Hr;  Orelli  * 
zur  diesem  Zweck  sorgfältig  verglich,  aufgeführt  und 
mit  zahlreichen,  eigenen  hdchst  schätzbaren  Bemer* 
kungen  des  Herausgebers ^  sowohl  kritischen  als  exege* 
tischen  9  vermehrt  sind» 

Endlich  als  Appendix  S.  240  ff:  Prisciam  Cor- 
men  de  ponderibus  et  mensuris  ab  Aloysio  Angelonio 
e  cod.  7*cgio  versibus  XXXII  supplelum.  Diese  Verse 
förderte  zuerst  ein  gelehrter  Itaüäner,  Luigi  Ange- 
loni,  in  einer  zu  Paris  1811.  Uber  das  Leben  und  die 
Werke  des  Guido  von  Arezzo  erschienenen  Schrift  aas 
•  einer  in  der  Pariser  Bibliothek  befindlichen  und  die 
iuusikalischen  Schriften  des  genannten  Guido  entbai- 


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Fhaedri  Fabb.  pd,  J.  C.  Orelli. 

« 


1241 


teiiclen  Handschrift  zu  Tage,  nocl  Hr.  Orelli  giebi  sie 
uns  hier  aus  diesem  seltenen  und  wenig  bekannten 
Buch  (in  welchem  gewifs  Niemand  eine  nene  Aasgabe 

jenes  Geilichls  des  Constantinopolitanischen  Gramma- 
tikers, als  Zugabe  suchen  wird)  in  vielfach  berich- 
tigter Gestalt ,  mit  Beifügung  der  Abweichuogeu  von 
dem  Texte  in  den  übrigen  bereits  bekannten,  und 
neuerdings  durch  einen  glücklichen  Fund  von  iSudli- 
cber  aus  lelnem  jetzt  zu  Wien  befindlichen  Bobbio*schen 
Paiimpsest  bedeutend  vermehrten  Versen. 

Chr.  Bö  Ar, 

■  '  Am  Schlüsse  dieses  kotiimt  uns  folgendes  zu: 

Phaedri  fahulae  ,novo9  XX XM.  e  eodic9  Fatkano  redintegratae 
ab'  ^Mgelo  Maja,  Si^^pUmentum  tditumu  OrdUanae.  Aeeedtmt 
FuhlU  Stfri  eodd,  Basü.  et  JMe,  antiqmusimi  ewn  ieateniiis  eir- 
efter  XXX,  nunc  primum  edtitB,  TVimt ;  fsr|itf  (MIU ,  RiueUni  «f 
Soetorum,  MDCCCXXXIL 

Die  oben  S.  1234.  erwähnten  zwei  und  dreifsig  Fa- 
beln, die,  wie  man  bisher  glaubte.,  bios  in  der  Neapo- 
litaner Handschrift  (und  hier  sehr  verstümmelt  unA  ent- 
stellt) existirten,  erscheinen  hier  ans  einer  durch  A.Mai 

aufgefundenen  Vaticaner  Handschrift  des  15teii  Jahr- 
hunderts ungleich  vollständiger  und  berichtigter , 'ob- 
schou  beide  Cudd.  aus  einer  gemeinsamen  Quelle,  wie 
es  scheint,  geflossen  sind.  Wir  werden  auf  diesen  wich- 
tigen Fund ,  dessen  Bekanntmachung  in  Dentschland  wir 
Hrn.  Orelll's  Bemühungen  verdanken ,  später  zurückkom- 
men, nnd  können  hier  nifr  im  Allgemeinen  auf  dieses- 
alierdings  wesentliche  Supplement  der  gröfseren  Ausg^abe 
aufmerksam  machen ,  da  es  durch  des  Hrn.  Orelli  liemil- 
Hungen  nicht  Wenig  gewonnen  hat, 

Chr.  Bahr, 


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IM!  BMur'att- 


KURZE  ANZEIGEN. 


tianäj  iUcl.  Erste  Ahth.  haut-  und  IforthüchUin.  IJascl  1830.  8. 
C60  S,)  Anweisung  zur  Kiiirichtung  äiis  graten  Sprachunterricht». 
Batet  1830.  8.   ^200  S.), 

Wenn  wir  ein  Paar  Elementarbfichlein  in  dienen  Blattern  an* 
seilen «  80  liann  das  nnr  dnrch  deren  tiemmdem  Werth  ii^rechtfertlgt 
werden ,  den  eie  sngleieh  filr  die  WiMentehnft  der  Methodik  haben. 
Diese  vorliegenden  neigen  nAmlich  in  einem  so  reiflich  dlirehdachlen 
Gange  und  «o  sorgfällig  gcwähtten  Materialien,  die  Gegetae  der  lünt* 
wickliinp^  im  Beispiele  auf*  und  lassen  die  Sache  seihst  epreehen. 
Der  Lehrer,  welcher  eie  gebraachti  liedarf  nichts  weiter,  ntn  den 
gerade«  Weg  zu  einer  erwünecliten  GrondkenntniTs  der  dentechpii 
Sprachlehre  darin  so  erblicken,  und  eich  dabei  selber  anschanllck 
w  belelire«» 


Dk  EniehumgiomHalt  f§r*Kmiar  ont  Fogantm^- F^mUim  i»  ff'ein^ 
garten ,  mttpk  ttre«  Vmfang  vmd  ZutHk  tescArtefleit  «on  J.  A. 
«e Mw  4§r  AwMt.  MU  mmr  fVre^  «en  Pi^.  M. G.  A. 
BmU   Oöppmgm.  /.  C.  6an/f .  1881.  a  (XX «.  82  S,). 

„Man  kann  nur  dann  jrrofRC  auf  das  piiiize  Volk  üntf  drsscn 
l*>hclHin^  8\c.li  erstreckende  Fruchte  der  Jiif^-tMulrr/iehiing  erwarten, 
\f4'rtn  die  liirzieTiiing-  nicht  schon  im  14tcn  Jahre  abgebrochen  und 
Uli Tg^i'g eben ,  Hondern  wenigstens  biH  inn  20Htc  Jahr  fortgesetzt  wird  ;^ 
sagt  der  wnrf1t«^e  Vorredner  als  ein  Ueherzif^cnswerthcs  Wort,  und 
wendet  en  ritif  die  Anstalten  für  AriDonkinder  und  Waisen  an, 
die  Ton  iinserm  pädng^ufjischen  Zeitalter  ihre  Vollendung  erwarten. 
Jene  AuRtalt  ist  hier  besehrieben,  nnd  als  eine  von  der  Zeit  gefor- 
derte und  sehr  wichtige  Angelegenheit  erklärt.  Sie  ist  Ton  S.  Mtg. 
dem  jetzt  rcg^ierenden  König  von  Würtembcr*^  gestiftet  worden.  Sie 
reihet  sich  an  die  namhaftesten  äfuilii  hen  Institute  nn  ,  —  das  Fel- 
lenbergiseh  -  Wehrlls(  hc  in  Uofw  vi  ,  von  der  Reckische  in  Düssei« 
thal,  Kopfi8(.he  in  Berlin  —  als  eine  Rettuiigsanstalt  für  verwahr- 
los'te  kindcr.  Die  GcHct^^e  und  Einrichtungen,  nebst  luiiiichen  Nach- 
richten sind  interessant  für  den  Criminalisten  und  Polizcibeamten 
wie  für  den  Pädagogen,  und  der  Menschenfreund  freuet  sich  solcher 
Fortschritte  In  der  Verbesternng  einer  sonst  zum  Unheil  heranwach- 
senden Jugend^  « 

^  Sekwar9» 


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MIchaaUi,  f|b«r  4m  Iionollleii  dar  Oitm.  IM 

t9m,  wm  6.      MteAaeltf  f  Dr*  mtä*  m  JITtol.    Jlßl  «mein  For- 
worfe  «001  Herrn  KtaUratk^  Profeisor  Pf  off,  BbUr  4e9  PaaM- 
^brag  u  9.  w.  MU  2  SfHn.  ikmburff  1830.  52  J^.  8 

Diese  kleine,  aber  <rc  halt  reiche  ^  Schrift  verdi<'ut  sehr  die  Auf- 
luerkRiiiukeit  des  Ptiblicunis.  Seitdem  Tiftiulich  J'ilesIuB  die  lie- 
haupfnn^  aufgestellt  hat,  dals  nui-  WeltuiDBegler  über  die  nierk- 
"würdige  Kr8c:h«Mniin|a^  des  Leuchtens  der  See  gründliche  Forsehiingen 
anzustellen  vermuehten ,  weil  nur  diesen  genügende  Bcübiiehtnnjycn 
£U  Gebote  ständen,  scheinen  alle  nbrigen  Ton  der  Lnler8iiehun<^  diü> 
ses  interessanten  und  noch  iiniiier  nicht  genügend  erklarten  Fhäno- 
mens  abgeschreckt  zu  scyn.  Ganz  richtig  bemerkt  aber  der  Verl., 
dafs  dem  VVcUiuuscgler  auf  seinen  i  aiirtcn  im  nnermerslichen  Oeeanu 
die  lliilfhinittel  zum  ruhigen  Ex^imentiren  weit  mehr  fehlen,  als 
dem  Uewolnier  der  M'eercsküsten  ,  und  diiTs  daher  der  letÄterc  zwar 
nur  partielle  Uatersuciiungen ,  die«e  aber  dc«to  gründlicher  anzu- 
stellen im  Stande  ist.  Die  vorliegenden  beziehen  sich  daher  zunächst 
blos  auf  das  Wasser  der  Ostsee,  sind  aber  wegen  der  Genauigkeit 
und  Umsicht ,  womit  sie  angestellt  wurden ,  ein  eelir  schätzbarer 
Beitrag' sunt  Gänsen. 

Endresnitat  neigt' der  Yerf*  tehn  ^ibemeugend ,  dafs  daa 
Lenciiten  der  Ostsee  im  Aligemeinen  von  gewissen  Arten  selir  Itleiner 
Infusorien  herrüiirt,  deren  sich  in  Menge  inn  Seewaseer  unter  anderen 
nieht  leuchtenden  vorfinden.  »Auf  einer  der  l>eiden  Kupfertafela  sind 
die  meisten  der  lieoliachteten  so  abgebildet»  wie  eke  in  einem  Tropfen 
bei  SOfacber  TergröiWerung  des  Durchmesserr  ersclieinen,  die  lench- 
Icnden  al»er  einzeln  nach  einer  8S0  rächen  VergrdfWemng«  Das  Leucb- 
teo  denelben  tritt  nach  Jedem  mechanischen  und  chemischen  oder 
elelitrischen  Reise  derselben  ein ,  und  verschwindet  einige  Zeit  nach 
ihrem  JTode.  lieber  die  eigentliche  Ursache  der  Lichtentbindung 
fuhrt  der  Verf.  die  verschiedenen  frfiheren  Meinungen  an  (wobei  man 
jedoch  da^^nlge  \nngem  vermifet «  wae  durch  P  ijae i  d  n.s  Heinrich 
bereite  gesagt  ist),  und  neigt  die  UnsulinglichMt  der  meisten  nnf- 
gestellten  Hypothesen.  Dafs  das  Licht  kein  elektrisches,  sondern  ein 
phosphorischea  sey,  wird  jeder  für  gewifs  halten,  der  die  Phäno- 
mene selbst  beobachtet  hat,  worin  aber  das  eigentliche  Wesen  dieser 
Phosphorescenz  bestehe,  darüber  will  der  Verf.  seine  Untersuchungen 
weiter  fortsetien»  deren  Resultate  das  Publicum  gewilb  dankbar  auf- 
nehmen wird* 

M  u  n  e  k  9* 


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1244  Piauti  Camoediag  ed.  ÜoUie. 

AwotoreB  clussici  Latini  ad  optimorum  Ubrorum  fid^m  cdili  cum  variu' 
ram  Icctionum  dtlectu  Curante  Carola  Zell,  f  'ohtnicu  XIV,  XF, 
Xri  u.  XVII.  Stuttffartiae  sümtitu«  LaroU  Uogmann,  MDCCCXXI 
und  MPCCCXXXI,  8. 

«Aach  mit  dem  betondern  Titel: 

M>  jttii  Piauti  Comoedtae.  imrimrum  leetienum  deUetu  ttr- 

imm  ediäit  Frtdericn«  Jf ewrleu^  Boikt.  Fotnmmi  L  XIU 
und  m  S.  Fol.  IL  167  S,  Fol  HL  171  &  Fol.  IF.  187  & 
m  8.      (Preu  1  Rthlr.  12  gr.  oder  2  fl.  24  kr  ). 

Als  Fortsetzung^  der  in  diesen  Blättern  frühcrhin  angezeigten 
Tlieile  dieser  Sauiiiihing  Römiseher  Autoren  zum  SchulgebiaueJi 
füliren  ^vir  die  zulntzt  erscbieiienen  vier  Bdndc  des  Pfantus  an,  die, 
Hüwoiil  MUH  Anlage  und  Einricbtung  des  Ganzen  ,  als  auch  was  die 
äulserü  Form  betrin*t,  sich  gan^  genau  den  früheren  Bänden  aa> 
sehliefsen,  ho  dafe  dn^  dort  in  diesen  Beziehungen  Gesagte,  auch 
von  dieser  weitereji  1  ui  iselzung  gelten  mufs,  zumal  da  de«  Heraus- 
gebers Sorgfalt  8irhtl>(trlii:h  überall  zu  erkennen  ist.  Unter  dem 
Text  sind  die  bedeutenden  Abweichungen  uutgefubrt,  dem  Text  selbst 
roögliehste^Corrcrtheit  gegeben  und  auch  durch  berichtigtes  Metram 
gesorgt,  das  in  ähnlicher  Weise,  wie  der  Herausgeber  solches  bei 
b<j inen  Ausgaben  der  Griechischen  Tragiker  befolgt  hat,  am  Rande 
eines  jeden  Verses  durch  kuraore  Zeichen  bemerkt  ist  Eine  Uebev- 
bieht  der  Lcbensumaliade  dea  Plantna  nach  FabrSeliii  ttnd  Andern» 
so  wie  eine  Gharakteriatik  der  Teracbiedenen  Anagaben  dea^Plautna 
bis  auf  oDscre  Tage  herab  iafc  dem  ersten  Bfiadchen  Tornngeatellt, 
welchen  nberbanpt  folgende  Stucke  enthätt,  nnd  xwar  in  folgender 
Ordnnng:  Ampkitmo^  Atmaria,  AwMariui  das  a weite  Bandchen  ent> 
bftit  Bacehutes,  Epidiemt  Menawkmis  daa  dritte  Cadiio,  Cwlelfana, 
'  Cuteutio^  CapÜMi  da«  fierte  MweaUr^  Mün  gtoHonu^  StUkm.  Dio 
billigen  Preise«  die  der  Verleger  fnr  diene . Ausgabe  des^Plaatna,  oo 
wie  fdr  die  früher  erachienenen  Thelle  der  Sammlung  geatellt  halt 
erleichtern,  anmal  bei  dem' schönen  und  correcten  Druck  die  Ein- 
führung  nnd  AnscbaiTnng  anf  Schulen. 


IKt  fuadHIo^ero  c&'cnloH  oftsertiatfioaet  j'uaadam  onctore  Em  est,  GuiL 
Ore6a«  Pkiloa.  Pect.,  AfoMaet.  m  acad,  Philippina  prwa$i»  do- 
ecftte.   Marhurgif  Mnij>fl5tts  fifvwrt.  1881.  14  &  4fo* 

Diese  kleine  St  In  ift  enthält  einen  schätzbaren  Beitrag  zur  Lehre 
von  den  Vierecken  im  Kreise.  Alle  Vierecke  in  einem  Kreise,  welche 
von  vier  gegebenen  Linien  gehüifet  werden  können  ,  haben  viele  Ei- 
genlhümlichkeiteu ,  wuvuu  einige  bcbou  bekanut  sind;  die  Eniwicko- 


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Chrebe ,  d«  qnAdrilfttoro  circaUri.  1245 

long  einer  ganzen  Reihe  nrner  Uicihcr  gel4öri«yei/ Sätze  iimrJit  den 
Gcg-enstand  dieser  Alihandlun^^  aus.  Zunät^hst  zeigt  der  Verf.  ,  dnfs 
RUB  vier  Linien,  deren  line  iiuroer  kleiner  igt  als  die  Summe  der 
drei  üln"in:en  ,  in  einem  Kreise  nur  drei  verschiedene  Viere(  k<'  ^v.- 
bildet  Meiden  können:  daTs  von  den  zwölf  Winkeln  dieser  Vi<  re«  kc 
nur  sechs,  und  von  den  vorkonuuenden  sechs  Diagonalen  nur  drei 
Tersrhicden  sind.  Elien  so  wird  die  Zahl  der  verschiedenen  Dreiecke, 
velche  durch  die  Diagonalen  entstehen,  auf  sechs  rcducirt.  Unter 
YoraiiH8et7nn«r  des  bekannten  Satzes:  dafs  in  einem  Viereck  eines 
Kreises  das  Product  der  beiden  DiajLronalen  der  Summe  dci  l*roducte 
aub  den  cnlgegengcselzten  Seiten  gleich  ist,  entwickelt  sodann  der 
Verf.  mehrere  Gleichungen,  welche  theils  den  Zusammenhang  der  Seiten., 
titul  der  drei  verschiedenen  Diagonalen,  theils  die  Darstellung  einer 
jeden  'dieser  Diagonalen  durch  die  Seiten  der  drei  Vierecke  angeben. 
Der  Halbmesser  des  Kreises,  dem  ein  Viereck  eingezeichnet  ist«  wird 
durch  die  Seiten  dieses  Vierecke  bestimmt |  eben  io  iet  der  Fliehen- 
räum  eines  solchen  Vierecks  durch  die  Selten  desselbenTdarslellbar. 
Weil  nun  die  Seiten  und  die  drei  Diagonalen  lieh  gegenseitig  be- 
stimmen ,  so  kann  sowohl  der  Halbmesser  des  amschriebencn  ICrei^pss, 
als  der  Flachenraau  eines  Vierecks  auf  mehrere  Welsen  angegeben 
werden,  wie  der  Verf.  durch  Entwicklung  einer  gansen  Reihe  sehr 
einfacher  Gesetve  zeigt  So  wie  in  den  .dtei  Vierecken,  welche 
einerlei' Seiten  haben»  nnr  drei  Diagonalen  unterschieden  werden 
können,  eben  so  lassen  sich«  wenn  man  die  Segmente  einer  Diago- 
nale mit  einander  multiplicirt,  nur  drei  solcher  Prodncte  unter- 
scheiden» und  es  ist  aufserdem  noch  der  TOfu  Verf.  gefundene  Satz 
merkwürdig,  dafs  ein  solches  Product  dem  Product  aus  allen  Selten 
des  Vierecks,  dlvidirt  durch  die  iwelte  Pötens  jener  Diagonale, 
welche  in  dem  Viereck  nicht  vorkommt,  gleich  ist.  Auch  finden» 
wie  der  Verf.  zeigt,  aur  Bestimmung  der  Entfernung  des  Durch- 
schnitts der  beiden  Diagonalen  in  einem  Viereck  von  dem  Mittel- 
puncte  des  umschriebenen  Kreises  ganze  einfache  Relationen  statt. 
Zuletzt  zeigt  der  Verf.,  dafs  ans  dem  Halbmesser  des  Kreises  und 
den  Winkeln  der  Vierecke,  ferner  aus  dem  Halbmesser  und.  den  drei 
Diagonalen  die  Seiten  der  Vierecke  gefunden  werden  können,  und 
schliefst  mit  der  Entwicklung  der  Bedingungen  ,  unter  welchen  die 
drei  Diagonalen  der  Vierecke  in  demselben  Kreise  ein  Dreieck  bilden 
können,  in  welchem  die  Vierecke  gezeichnet  sind*  , 

Ans  dieser  kurzen  Uebersicht  wird  sich  ergeben  ,  dafs  die  ge- 
fundenen Wahrlieiten  eben  so  interessant  als  neu  sind  ,  und  Hof. 
kann  noch  die  Versiehernng  hinzufügen,  dafs  man  dem  Vortrage  des 
Vcrfs.  mit  Vergnügen  folgt. 

Müller. 


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1210        OeuUche  Spracblebren  Ton  Richter  und  Schabart 

1)  FoUttändige  Deutsehe  Sehulg rammat  ik.  Von  J.  C. 
Richter^  Direetor  einer  Erziekungsanstatt  in  Leipzig.  Jjt^uig, 
bei  Ludwig  SeAmmmn.  1821.  HU  wid  405  &  8. 

2)  Faf»l%9k9  D9ut9€he  SpruehUkr^  fär  B^gtnduJIem 
mU&mr9  XUuum  der  Gumnmiem,  Vem  Fr*  Sekuburt,  f'ortfeter 
mner  kbkerem  TbektenekuU  m  BvUm,    Berim,  bei  O.  Beikge. 
10SL  XIF  umd  SI4  S.  8. 

No.  I.  JOer  Verf.  hatt^  (Vorrede  8.  IV.)  bei  der  Bcnrl^eitung 
dieses  Lebrbuehee  sunächst  «eine eigene  Anstalt,  in  welrltcr^ein  drei- 
ÜMher  Corene  der  Deutschen  Sprache  Slatt  findet,  im  Auge.  Der 
erate  CursuB  nmrargt  die  Etymologie;  der  zweite^eine  ^Viederholaag 
und  ansfübrliehere  Behandlung  der  wichtigsten  Capitel  der  Etyma* 
logic,  naiucntlich  der  Zeitwörter,  Präpositionen  und  Cenjunctionen , 
sowie  die  Reetionslebre ;  der  dritte  die  Satzlehre  als  Fundament, 
des  Styls.  Mit  diesem  dreifachen  Carsus  gebt  der  Unterricht  in  der 
Orthographie  purallel ,  welche  letztere  überhaupt  mit  besonderer 
Sorgfalt  und  Ausfühi lichkcit  behandelt  ht  (von  S.  'i*J9  — 372.);  auch 
Tcrdient  es  dankbar  anerkannt  zu  werden  ,  dafs  der  Verf.  gicfi  bei 
der  Lehre  von  der  K<'riitBchr(  t!)ung  an  das  gangban:  Ressr  rc  su  ts 
gehalten,  und  seihst  den  Grundnatz  aufgestellt  liat,  dals  luan  in 
einem  LehrljiK  }i(  tur  Schulen  mit  der  Aufn;i1uiu-  ilvs  von  dem  Uebli- 
cheo  ganz  abweichenden  Neuen  mit  Vorsicht  zu  Werk©  gehen  iiifiRsc. 

Eine  ge\viH8€  Vollständigkeit  und  Ausführlichkeit  lälst  sich  dem 
Bache  nicht  ab^tprechen,  und  was  es  a'irscrdem  für  den  Unterricht 
sehr  enipliehlt.  sind  die  im  Durchschnitte  gut  gewählten  Bcifipiele, 
weiche  die  »rhwierigeren  Regeln  den  Schülern  deutlicher  and  ihre 
Anwendung  leichter  machen. 

Die  Lehre  von  der  Prusodie  (st  mit  Recht  von  dem  Inhalte  der 
Grammatik  ausgeschlossen  ;  denn  dieselbe  wird  in  dem  Wirkun<^8- 
lireise,  für  welchen  dieses  Buch  bestiuimt  ist,  wohl  selten  ein  Ge- 
genstand des  UnterriilUcs ,  und  sollte  die«  Bcdurfnifs  eintreten,  so 
,  fehlt  es  nicht  an  guten  Anweisungen. 

Zn  hedanern  ist  nur ,  dafs  die  Brauchbarkeit  des  Buches  in 
etmi  durch  TieleDraclt fehler,  welche  freilich  groftentheila  mmf  den 
iwei  letsten  Seiten  berichtigt  sind »  eradiwert  wird. 

No.  2.  Hier  findet  man  nicht  eine  nach  hergebrachter  Ordoaag 
aafgestallte  Sammlung  von  Regeln ,  sondern  rielmehr  die  Graadiige 
•inar  fiiftltchen  Erkllruug  des  Sprachbaues,  wodurch  den  SciiilM, 
besonders  auf  Gelehrten -Sehulen,  unter  der  Leitung  den  Lohn» 
an  einem  Bewufstaeyn  der  angeborenen  Sprache  verliolfen  wcsdaw 
aolle. 

Das  Buch  ist  eingetheilt  in  diel  Thelle.  Dar  crate  handeU  vaa 
der  Bildung  des  Sataea  und  seiner  aanieUen  Worte  ($.  1*-11S.){ 


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4m  «weite  von  der  Bildiifit  *m  FtoHode  (a  Ü9-^114.)$  der  driUo 
▼on  den '  Alnreiclmiig«!!  der.  Sprache  und  Yon  der  Anwendung  der 
Spnwblebre  (S.  SIS*— S74). 

£ineii  beienderen  etjriliologieelien  Theil  litt  dieee  Gtfanmnük 
aaeh  dem  Zwecke«  für  welehen  aie  bearbeitet  iet«  niebt*  Brig^filgl 
•M  «ber  etjmalegieebe  Tafeln,  welebe  .aebea  den  Bügeln 
Aber  die  Yerwaadlungea  der'  Werte  ancb  die  Aadentnngea  aas  der 
Lebre  vea  der  Wor^ilduog  entfaaltea»  die  dleear  firkl&ruog  der  Mal* 
'lerepraebe  nocb  binsasoftl^eii  sind. 

Da«  Ganse  Ist  mit  SergfalC  und  Liebe  beliHnciclft,  aad  der  Verf. 
erwarb  «ich  durch  diese  Arbeit  ein  vaUriia  Verdienet,  am  die  JUe- 
tlMde  bei  dem  Unterricht  ia  unserer  MutlerRprnehe ,  so  wie  denn 
nach  das  Buch  selber,  wie  der  Verf.  ausdräckttvb  beiaerkl»  aieiit 
der  Spraebwieeeaaebart,  eondern  der  Lebrknait  angebdrea  idll. 


SpUtolae  BitHtieJi,  Croeett,  Aababettll,  fr^ieeaftaebtt 
releetae.   ^naofottene  tnifra^'f  Frtderlea«  CttrolUB  Kräfte 
tkeoL  et  phü  Dr*  Johannei  HamburgenaU  Dkwiw  H  Pre/eiser, 
.  ^JUontu,  impenak  Ubrmiae  Bammetiek^anaa  18S1.  Z/F.  a.  nd  8. 
Ia  gr,  B. 

Wir  können  dieser  Briefsamini un ,  ho  >vic  sie  hier  ausg-eHlattet 
yor  une  liegt,  nur  recht  viele  Leser  unter  der  Classe  wünschen,  fiir 
welche    sie  der  Herausgeber  suoHehst  bestimmt  hat.    Wir  wollen 
liier  aiaht  die  Grunde  wiederholen,  welelie  die  Lertüre  nen>)atcini< 
scher  Schriftsteller  nicht  blon  nützlich  und  erspriefsüch ,  sondern 
selbst  notliwendig  machen,  wenn  gründliche  Kenntnifs  der  lateini- 
sehen  Sprache,  iosbesoudere  wenn  eine  gewisse  Fcrtiirlveit  im  lütoi- 
ui^chen  Ausdruck  (es  sej  schriftlich  oder  münülkb)  irzielt  werden 
soll,  die  iuaa  doch  von  j  edera  Gelehrten ,  von  jedem  uitiscnächartlich 
gebildeten  "Mann ,  biiligerweise  erwurten  kann  oder  doch  wenigstens 
erwarten  sollte,  auf  dafs  er  der  ialeinischea  Spruche,  uin  de»  ge- 
lehrten ^ustabtebungsmittele  aller  Nationen  und  Zeiten,  vollkommen 
mächtig  sey.   Dafe  aa  Erreiehnn^  dieaee  Zwecks  die  Lecture  Vorzug-, 
lither  aetterer  Latinietea  aich  inabeaondere  eigne,  iat  anerkannt,  und 
bedarf  daram  hier  keiaer  lieaeadern  Anaeinaadereetiung ,  aelliat  ab- 
geaebea  voa  maaehea  aadera  Vortbeileai  die  mit  dieaer  Lecture  Ter^ 
bond^  eiad.  Aacii  anaer  Heraaegebcr  bat  in  dem  Torwort  aaf  Meh- 
rerea  der  Art  aafmerkaam  genmebt  aad  beberaigeaewertbe  Wiabe 
gegebea* 

£•  eathält  die  vor  uns  liegende  Sammlung  snvdrderst  nean 
und  awaatig  voa  Beatiey  and  Gräviae  aa  einander  gegea- 
eaitig  geaehriebene  Briefe.  Denn  felgea  Briefe  tob  Babakea,  aad 


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1848 


Epp.  Bentiajl ,  allorniii  ed.  F.  C.  Kraft 


swar  fanftelm  an  Bitter«  vier  an  DorTÜle,  acht  an  Ei- 
ne« tl»  acht  an  Heyne«  und  sieben  an  Tericbiedone  FteramMa 
(darunter  einer  an  Kant«  der  bekanntlich  Bahnten*!  Mllechfiler  ii 
jongern  Jahren  war).  Den  Beet  ffillea  fnnf  und  Tlersig  Briefe 
▼on  Wjttenbach,  meiet  an  verechiedene  Gelehrte»  nnd  iwar  an 
die  bedeatendeten  jener  Seit,  noch  an  manche  aoob  lebende,  ge-, 
flditet$  was  natnrlich  dae  Intereice  Tcrmeliri«  via  dann  nberbanpt 
dar  Beraaegebar  bei  dar  getraffenen  Aotwahi  eben  lawahi  Form  aed 
Daretellang«  alt  anch  den  Inhalt  berficbeichtigt  nnd  dadnrch  sdeer 
Sammlnng  einen  eigenen  Bein  Terlieben  hat.  S.  848.  folgen  kante 
Biographiea  der  vier  Mftanar«  Ten  velehen  Briefe  in  dleie  Sanm- 
lang  anljgendDinien  dind,  angleich  mit  Angabe  der  Quellen,  am 
daneip  auifülirllchere  Nachrichten^  über  das  Leben  nnd  die  Wiik- 
■amkeit  diecer  M ftnner  an  entnehmen  sind.  Der  eini^he ,  klare  Tor- 
ttag nnd  die  claceliche  Sprache  dce  Herancgebere  macht  diese  Schtl- 
dernngea  zu  eiiur  recht  angenelitnen ,  für  junge  Leute  pasRendeB 
Lecture.    Mit  S.  2()0.  beginnt  die  j4nnotatio  ;  kIc  enthält  Bemerkue- 
gen  über  einzelne  StcUcn,  Aasdnicke  und  dcrgl.  in  ,  die  in  den  ver- 
lier abgedrnekten  Briefen  vorkommen,  und  als  minder  cloBaiseh,  um 
eo  ober  einer  Berichtigung  oder  Bemerkung  bedurften,  aU  der  Ge- 
brauch nnd  die  Anwendung  solcher  mehr  odci*  weniger  iin lateinischen 
oder  doch  wenigstens  nicht  ctassischen  Ausdrücke  in  den  Schriften 
neuer  Lnteiner,  die  als  Muster  dem  Jiin|rlinp^  dienen  sollen,  um  to 
gefährlicher   und   nac'ttheiÜjii^er  fnr  diesen  werden  knnn,   wenn  er 
nicht  bei  Zeiten   «gewarnt  und  auf  das  Riehtijje  InnjirwirBen  wird. 
So  enthält  diese  AnrAotatio  (ähnlich  der  ,  wlU  lu-  i\vv  N  erf.  einer  fni- 
her  erschienenen  Sammlung  Ton  Mnret's  Brieten  beigefügt  hat)  ein^ 
Masse  von  S[)riielil)emorkuno:en  zur  Förderung  der  Reinheit  des  La- 
teinischen Ausdnicks  ,  aim  welcher  Lehrer  w  ie  Schuler  Viel  lernen 
künncn;  damit  sind  nurli  Erörterungen  zum  Verständnifs  iiianeher 
in  den  Briefen   vorkiMiiiiiciiden  'Anff|iielnngen  oder  mancher  Verhält- 
nisse und  Personen,  die  darin  mrkomraen,  so  wie  zahlreiche  literär- 
hUtorische  Nnchwi  iKimgen  \cil)undcn. 

Aus  dem  Alh  ii  erhellt  zur  (»enüge  die  Nützlichkeit  dieser  Samm- 
lung,  der  wir  nur  iiilgemeine  Verbreitung  und  Theilnahme  wna« 
■eben  küiuien. 

CAr.  Ad  Ar. 


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