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itijtlm /arel nito |der liret.
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9?ad)
^anbfd&rifaid>en irnt) gletd^eitiöen £toeflen
bort
Dr. & <3<$mttt,
$rofeffot btx Ideologie iu ©tra§but0.
mbetfelb.
JBerlag öon 9t 2. $riberid£>3.
1860.
ttyelm /arel ttnli frier Uttel
Warf)
fcant>föriftltd)ett mtb gleichseitigen £toeflen
bon
Dr. <£♦ &d>mibt,
$refeffor bet Zfteologie |U SttafiButg.
«erlog öon fö. 2. ftriberid)«.
1860.
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Williclni /Qtri ttnü frttr Kirrt.
Warf)
&an&f#riftlidj>ett imt> gleichseitigen Duetten
bon
Dr. «. 3dimi£>t,
flrofeffot ber Ideologie »u ©tra§6utfl.
mbctfelb.
«erlog bon 2. ftribertd)«.
1860.
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»ildriitt ßxtl Mit |rter Mxtt
toon
Dr. <3$mt*t,
Stofeffoi ber Zftcologit |u etrifinig.
Verlag öon 9t 2. $tibertd>3.
1860.
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iltyelm garel würbe geboren im 3>aljre 1489 ju @ap,
einet Reinen ©tabt in ben Alpen be3 £)aupfnnd. (Seine ©Item waren
oorneljmen ©tanbeS, fingen aber fe|t an bem hergebrachten ©tauben;
„mein SSater unb meine SJiutter, er^lte er fpäter, jwetfelten an
nidjtS." Audj er bewies früt) einen grofjen fatholifdjen (Stfer; nodj
in feinen legten ßebenSjaljren erinnerte er jtä), toott tfummerS über
folgen Aberglauben, an bie SBaHfatyrten mit feinen ©Itern ju einem
wunberthätigen 5freuj im ©ebirge, ba$ oon bem Äreuj be8 £errn
felber genommen fein foUre. SDabei aeidjneie er fta> aber au$ burdj
aujjerorbentlidje Sernbegierbe. Rur ungern gewährte ityn ber ÜBater
fein Verlangen, fidj ben ©tubien ju wibmen; na^bem er oon unge*
fc^irften Sehern etwa« barbarifdjeS ßatein erlernt, würbe er na<$
$ari8 gcfd&icft. #ier f$lo& er fU§ junächft an ben berühmten, bie
3ugenb in hohem ©rabe anregenben @elet)rten öeföore b' (Staple
an; er fiubirte ^bilofophte, alte ©pradjen, felbjr he&räifcb, wa$
bamatS nodj eine (Seltenheit mar. (Sr ertoarb fid) ben ©rab eine«
ättagifierä ber freien Äünfte unb warb alg Sebrer an bem Megtum
beg ßarbinalä ßemoine angepeilt. Anfänglich beutete Rieht« in
feinem (Streben auf ben aufünftigen Reformator hin. ÜWit ber näm*
Itcben ©lutb, mit ber er ftch fpätcr ber (Sache be« (SoangeliumS
ergab, erfaßte er bie fatholifdje ßebre, überzeugt, „ba$ Spapfttbum
fei wahrhaft oon ©Ott unb {eber ©egner beffelben muffe weggetban
werben." Abergläubtfcb Oerehrte er SBilber unb Reliquien; bie §ei«
ligenlegenben erfüllten feine lebhafte Sßt)antafie ; „ich trug fo oiel
gürbitter, fo oiel ©ötter in meinem ^erjen, bafj e« für ein Oofl«
fränbtge« #eiligenregifter gelten fonnte." Rieht« auf (Srben ging ihm
über 2)Jöndjtbum unb Sßriejierftanb.
39alb inbeffen foßte e« anber« mit if)m werben, (Schon beoor
bie Rachrtchten oon bem Auftreten Suther'« nadj granf reich tarnen,
begann in bem Äretfe, bem ber Junge garet angehörte, ba« Regen
be« eOangelifchen ©eifte«. <£« ging oon bem oielfettig gelehrten unb
ju mtyjtifcher grömmigfeit fid) netgenben Seföore au«. £Me jungen
SRänner, bie fieb um it)n fammelten, ©erwarb Rouffel, ÜKartial
SÄajurier, SRidjel b'Aranbe unb Anbere, eigneten fidj Alle
2
mer)r ober weniger reformatorifdje ©runbfdfce an; bie meißen haben
fte aber fpdter lieber oerldugnet ober nur unooflftdnbig burdjgeführt.
garel war ber einjige au3 bem Greife, ber ftdj oöflig oon bem
ÄatholiciSmuS loSfagte, nadjbem ihm baä Vertiefen in bie iMbel bie
Slugen geöffnet ^atte. 2tuf eigenthümlid) ergreifenbe 2Beife ^at er
felber, in einer fpätern Sdjrift, ben ©ang feiner geifrigen (Sntmicfelung
gefd)tlbert, bie SWadjt ©orte« bewunbernb, bur($ bie „er au$ fo
tiefen Hbgrünben gerettet würbe". Gsr erjagt, welche^ «Staunen if)n
ergriff, als er eTfannte, bajj in ber Befiefyenben ffirdje fo ÜBieleS mit
ber heiligen Schrift nic^t übereinfHmmenb war; wie bieä ©taunen
fid) in angfiliclje Ungewißheit über bie biblifdjen ßehren felber r»erwan=
belte; wie er bie 93efcr)lüfje ber köpfte unb bie SffieTfe ber ©octoren
fhibirte, um feine 3rocifel &u löfen; welche tfdmpfe feine (Seele erfüll*
ren, bie jwifa^en bem hergebrachten, bieder fo leidet angenommenen
©lauben unb ber neugeahnten ©abrhett fdjwanfte. Öefeore half
ihm burd? biefen qualooflen 3uflanb hinburet), inbem er ihm toon
ber SBerbienfHoftgfeit ber eigenen äöerfe unb oon ber aflein rechtfer*
rigenben ©nabe rebete, unb ihm oertunbigte, ©ott werbe bie 8Belt
erneuern unb er werbe 3euge baüon fein. So gelangte er, ftufen^
weife fortfdjreitenb, ein Stücf tfatfyoliciSmuS na$ bem anbern weg?
Werfenb , oon bem SDienfie ber dujjern ftorm jur innem Freiheit be8
©eißeS, unb jur Ucberjeugung , bajj nur in ©brifro baS £eil }u
filmen unb bie romtfdjen Srabitionen unb ©ebrducr)e nur SRenfchen*
erfinbung feien. 9Hit bem ihn djaracterifirenben feurigen (Sifer wanbte
er ftc^ nun bem ©oangelium ju. <5r war babei frei »on {eber nie«
brigen Äbp^t; „Weber ©elb noch <5h*e Ratten midj bewogen, an
bem Sßapflthum ju galten, fonbern bie Verblenbung , in ber iä) meinte,
e$ fei oon ©ott; ebenfowentg ftnb e$ irbifdje 9tu<fftdjten , bie midj
baoon abwanbten, fonbern ich tt)at e§ gezwungen burd) bie heilige
Schrift." 3Han barf ihm glauben, benn waS fonnte ein Reformator
in ftranfroch anberä erwarten, als Verfolgung unb SRotr) aller Srt?
(53 brdngte it)n, toon feinen neuen Ueberjeugungen ju reben; feine
greunbe erfebrafen unb fd&loffen ihm ben 3)?unb. Ceföore felber,
fo fromm er auch war, fürdjtete einen SBrudj mit ber Jctrdje; er
wfir)nte, ba$ innere Seben tonne bewahrt werben , auch bei ber dufern
£r)eilnaljme an ©ebrdudjen, bie er für gleichgültig unb bat)er für
unföäblidj hielt. $)iefe »nfidjt war auch bie ber Scr;Wefler ftrang L
ber geifrrei$en unb liebenewürbigen Margaretha t> o n 51 1 e n 9 0 n ,
bie Sefäore unb feine Schüler begünfhgte unb fict) gerne mit ihnen
oon einer frieblidjen SSerbefferung ber ßirdje unterhielt.
Hl§ inbeffen bie SDoctoren ber Sorbonne anfingen, Sef^ore gu
oerbd^tigen , gab §arel bie Hoffnung auf, im S^oo^e be0 tfatlws
' lici^mu« frei eoangelifd) leben au fönnen. (Sr erfannte, wie er fagte,
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bie fteigljett ber <ty eo i D ^ en unb bcgann p c toenigei ju ^
bi$f)er. 1521 jog ft$ ßeföore, bcr tfefcerei angefragt, nad> SWeaur,
äurücf, au feinem ftreunbe bem mfcfrifdj* frommen ©tfdmf Sßilbclm
Ertconnet; audj bie meiften fetner ©#üler »erliegen nun $ari8
3u Stfeauj, »on mo fte tyre Verbinbung mit 9Hargaretba fort*
festen, fd?icn ftd^ ber eoangeltfd&en Sbdrigfett biefer Banner ein
reiche* unb freie* gelb auf^un; ßefeore überfefcte bie ©ibel M
frranaöftföe; garel, «ouffel, Wichel beraube mürben »on
bem S3tf(^of ermächtigt, in ber ganjen SDtöcefe ju »rebigen, garel
befonberS jeic^nete ft# burü) feine greimütbigfeit au*, fo ba& auf
bieSlnflage einiger Wbnty, ber fd)ma$e «rt^onnet ben 12. '<äpxil
1523 tym baS ^rebtgen mteber unterfagte. (Sr »erlief 3)?eaur, bielt
3«t iu $ari8 auf unb feljrte bann in feine «aterfrabt gurürf
3m ffreife feiner gamilie begann er $ter feine 2)?iffiongtr;äHafett •
meiere fetner «ruber, SDantel, Sodann, 2Baltl>er unb glaube
mürben für bag <g»angelium gewonnen, für ba$ fte fodter ©üter
unb SSaterlanb opferten. Slug ©a» »erjagt, irrte er in ben ©ebirgen
unb Söälbern untrer, »erfunbigte ba$ 2Bort ©orte* in ben fürten
ber Birten fomo^l al$ in ben <Sd;löffern ber (Sblen; einen biefer
lefctern bef eljrte er, ben jungen gelehrten bitter Slnemuubbeßoct
#errn »on (S^afrclarb ; aua) einem ^rebiger oon ©renoble, bem Barfüßer
$eter be ©(Sbeoille, sünbete er ba$ ßtd>t be$ ©laubeng an
SBetbe, Slnemunb unb <5ebe»tlle, mürben gärige 23ef6rberer ber
^Reformation, mußten aber balb, fo mte garel felbfi, ftd> bura) bie
glud)t ber Verfolgung entjte^n. garel manbte ftdj na# Söafel mo
er au&er Sttnemunb noa) anbere franjöftföe glütyliuge traf/unb
mo Decolam»ab Um gafrfreunclicfc in feinem £aufe aufnabm 3n
SBafei mar er 3euge be* ©ef»rd<$$, melc^eg ber Pfarrer oon gieftal
®te»l>an©toer, über fünf gegen ben Sßriejrersßoeltbat gerichtete
Siefen ^ielt (16. Februar 1524). SDer grofe (Stnbrucf, ben biefer
Vorgang ^eroorbratye, flöjte auc$ garel ben S&unfä ein, öffentlich
alS SBefdntüfer ber alten 8e§re aufzutreten. (Sr bat ben föcetor ber
Uniocrfttdt um bie ßrfaubntjj, über einige Siefen bi8»utiren ju bür*
fen; ba fte tym »ermetgert mürbe, begehrte unb erhielt er fte »on
bem SRagiftrat. 811$ bierauf ber bifdjöfli$e Vtcar, £ einriß »on
©djönau, ben ©eifrigen unb (Stubenten oerbot, bem ©efordebe
beiaumo^nen, erföien ben 14. gebruar ein iWanbat be« MatbeS, mel=
dje$/ unter Slnbro^ung »crfdjiebener ©trafen, fomobl ben ©eißltcben
als ben Stfttgliebern unb ©tubtrenbeu ber Unioerfttdt ba* ©egent^eU
gebot, garel oeröff entrichte nun in lateintfc^er ©orac^e folgenbe
brci&eljn ©d^e: ^riflu* ^at un$ eine ooUfommene 8eben§regel oor*
gef ^rieben; feine SSorfcbriften müffen befolgt merben, morau* folgt
baj benen, bie bie ©abe ber <5ntl;altfamfeit nic^t ^aben, bie
1*
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geboten tfl; gafien uttb foußige (Zeremonien tfnb jübifch unb nicht
eoangelifcb; ©ebete mit oielen 2Borten ftnb ber Sebre (SbrifH ntmibeT;
ba3 3lmt ber ©eifilicben Befielt bor »ttem in ber $rebigt beS SBorteg
©otteS; (grifft" ©ebote foUen nicht für blope föathfchläae auggegeben
merben, nod) umgefehrt; mer feine ©ruber nicht baö reine (Soange*
Iium lehrt, beffen föamt ftch (Sr>rtftu& ; mer glaubt, bafj er burd)
feine SEßerfe unb eigenen Gräfte unb nicht burch ben ©lauben allein
gerechtfertigt mirb, ber macht ftcr) fetbft ju ©ort; ©Ott »erlangt feine
anbere alt getjttge Opfer; bie ©efunben, bie nicht ^rebiger ftnb,
foUen ^anbarbeit treiben; ber SMlberbicnfi ift ©öfcenbienft; bie auS
bem ^nbentbum entlehnten ©efcrättche finb ju oermerfen; nur toon
ßhtijto foöcn rotr Treben erleuchtet ju merben, benn burch ihn
aüein, nicht burch bie Stacht ber ©efhrne ober ber Gslemente, mirb
$Ue3 regiert.
3)Jan fieht, eS h cir fö* in ber Slufetnanberfolge biefer (Sdjje noch
bebeutenbe ©onf ufion ; e$ mar ber erfJe Anlauf eineS feurigen ©eifteS,
bem cS noch an einem feften burchgebilbeten ©tyfieme mangelte; ber
praftifer/e ©egenfafc gegen bie Sleufjerltchfeiten unb bie menfchltchen
3uthaten im StatholtciSmuS , gegen Silber, gafren, (Sheloftgfeit, bet*
telnbeä 3ttönchthum herrfcht oor; boct) ifi ber große ©runbfafc oon
ber ^Rechtfertigung burch ben ©lauben beftimmt au$gefprocr)en , unb
©hriftuS nrirb bargeffellt aI3 ber alleinige Cehrer, ©efefcgeber unb
#err. 2tn bie <2pifce ber ^efen ffeUte §arel eine (Sinlabung an
alle (Sbriffen, ftch mit ihm über biefe ©egenftänbe ju befprechen,
„in melchen begriffen ifi bie Summe d;rtftltcher greibett, unb buret)
melche bie Xorannei menfchlicber ©afcung barniebeTgelegt mirb." 3Me
©Imputation fanb lateinifch flatt ; ba jeboch S* T< 1; toegen feiner
franjofifchen SluSfprache, nicht oon 3>ebermann oerftanben mürbe, biente
ihm Decolampab als ©olmerfchcr. Gr führte feine Sache fo fteg=
reich burch, b fl P Öecolampab an Suther fchrieb, er fyalte ihn
für ftarf genug, e£ mit ber ganzen «Sorbonne aufzunehmen. $)a8
©efprädj, unb mehr noch bie Steigerung ber©egner, babet $u erfdjeis
neu, oerminberten fehr bie Sichtung be£ SSolfeä oor ben ^ßrieftern;
„eS fam oiel ©uteS baoon", fagt ein gleichseitiger , hänbfcbriftlicher
Bericht. Sluch jur 23cfehrung Sßellican'ä foQ garel beigetragen
haben. 3 U 33afel hielt er einige öffentliche SSorlefungen unb gab' auf
ben Slath mehrerer ßanbSleute unb Oecolampab'S f leine polemifchc
(Schriften herauf; er fejjte aber feinen tarnen nicht bagu, unb ntc^t
einmal beren Xitel ftnb befannt. Ueberhaupt mar gare TS litera*
rifche$thätigfeU, in Vergleich mit ber33tret'8, <£aloin% SBefca'S,
unbebeutenb; er mar ein 9)eann ber &h ar «nb nicht ber geber; er
fchrieb nur ungern, unb mag er fchrieb, legte er juerfr ben ftreunben
jur Prüfung oor. ©eine menigen ©Triften ftnb entmeber polemifchen
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Spalts, ober (grmabnungen, im eoangelifchen 33efenntntf[e ju Be*
Marren; fie ftnb oollgeuer unb ÖeBen, aber oft unflar unb tncorrect,
unb in theologifcher #inftcht oon untergeorbnetem 23elang.
©eine in ©afel veröffentlichten Pamphlete griffen ohne Sxvefyl
ba« $appti)um unb bie Sorbonne mit einem jugendlichen Ungefhmt
an, ba« SDtendjen Bcbenflii^ faxten unb ba« Decolampab oerge*
BenS ju mäßigen fudjte. ftarel Iub baburch ben #afj ber noch
mächtigen fatholifchen *ßarn)ei auf fleh; auch ber Bebächtige @ra«*
mu«, bem er Feigheit oorwarf, warb ihm gram unb fpradj ftch in
mehreren ^Briefen Bitter gegen ihn au«; eine Unterrebung ber Beiben
SDZämter, in ber aud) bie #etligenOerehrung jur ©pradje fam, ents
aweite fie oollenb« (fort fte au oerfof)nen. liefen Oerfchiebenen Um*
ftänben i|t e« jujufa^reiBen, baf ber 9lau), bem ba« gu ra[che 93or*
bringen garel« ooreittg erfaßten, tf>m um $fing(tcn 1524 bie SBeifung
gab ftdj au3 ber©tabtau entfernen. 3Ätt einer Empfehlung Deco*
lampab'« wollte er ßutljer Befugen; nichts Bezeugt aBer bajj
er bie Steife nad) SBittenBerg wirflich unternommen. Oecolampab
^atte i^m auch geraumen, (ich in einer franjöfifchen ©egenb ber 23er*
fünbtgung be3 (Soangelium« ju wibmen , benn ber 8anbe«fprache nicht
mächtig, fonnte er in ber beutfehen ©chweia wenig wirfen; eine oon
SSafel au« im ftrithjabr 1524, mit bem ßtjoner ©beimann &nton
bu 231 et, gemachte föeife nach Äonftanj, &üxiä) f 93ern, hatte nur
ba«, allerbing« für ihn wichtige SRefultat gehabt, ihn mit ben bor*
tigen Reformatoren Befannt au machen.
SSon S3afel BegaB ftch nun §arel nach ©traf Burg, wo er mit
3© u e r unb (5 a p i t o greunbf ct)aft f djlo f. ©urdj einen ©rief Deco 5
lampab'« würbe er auf 3Jtumpelgarb aufmerffam, Wo Johann
©ailing, ein ©chüler ßuther'«, bereits thätig war für bie föe*
formation. <§r ging hin, Begleitet oon bem $artfer Johann SDu*
me«nil unb bem ftlamänber SEBtlhelm SDumoulin; unb erhielt
oon bem au« feinem ßanbe OerrrteBenen Jperjog Ulrich oon 2Bür*
temBerg , ber in ber ihm gehörenben ©raffchaft 9flümpelgarb anwefenb
war, bie Sßcfugni§ $u prebigen. 3m Suli 1524 fam er an; er
prebigte gewaltig in ben Äirchen ber ©tabt, würbe aber mehrmal«
burch, oon ben SHöndjen angeregte 3ßoIf«aufIäufe unterbrochen; al«
etnft ber granji^f aner = ©uarbian heftig gegen ihn eiferte, unb
garel ftch e^ ot / fl$ Jeber ©träfe ju Unteraichen, wenn erUnchrtft*
liehe« gelehrt hätte, lief ber ^erjog Söeibe oerhaften. £>em ©uar=
bian lieg er bie 2Bahl ^arel« Äcfcerei a« Beweifen ober fefBft ju
wiberrufen; aum (Srftaunen be« dürften gefchah öftere«: ber 9J?önch
Be!annte auf ber Äanael, ftarel BaBe bie 2Bal)rt)ett gelehrt. Um
au aeigen baf biefer 2Btberruf nicht erjwungcn worben, erflärte Ul*
rtd), er fei Bereit ein öffentliche« ©efprSch galten au laffen, unb
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oerfpradj ftarel fhreng ju beffcafen, wenn {eine Sßrcbigt falfd) erfunben
würbe. 3 u ßt e fdj würbe bet ganje Vorgang burdj eine jjDrutffd^xift,
Iatetnifcl) tmb beutfc^ , befannt gemalt. $)urdj bie§ SlHeS würbe
§aret§ Eifer notb meljr angefeuert; trofc ber Söriefe Oecolam«
»ab'S, bie tyn $u SWdfjigung unb SEilbe ermahnten, trat er immer
angreifenber auf. 211$ ein SReüqutenfydnbler nadj 3Jtöm»elgarb tarn,
erfdjienen garel unb ©atling »er bem föatlj unb wanbten flc3t>
an ben ^erjog felbft, um ein SBerbot beS ßramS ju ermitteln; man
erjdbjt fogar, bafj garel mit eigener $anb bie Reliquien in$2Baffer
warf. 2Birf famer al$ foldje ©ewalttljat, mürbe eine Keine ©c&rift,
bie er, auf Decolamoab'S Stufforberung , erfdjefnen ließ, unb bie
in fturje ba8 jufammenfiellte, mag ber Efyrifi »iffen müffe, um fein
SBertrauen auf ©ort ju fefcen unb feinem 9ßdd)|ren gu bienen. ©iefe
©djrift, bie mie SllleS wa$ ftarel gefdjrieben t)at, aufjeTorbentlid}
feiten geworben ifl, oerbreitet fid) in 43 2tbfä>nitten , bie oon ©ott
au$gel)n unb mit bem legten ©erid)te fdjliejjen , über bie eoraüglidjfren
©tütfe ber d>rifUid)en ©laubeng* unb eittenlefjre. £)ie XarfteUung
tft einfad) unb allgemein oerftdnbtict) , unb boct) »otl Iebenbiger 33c*
megung; tiefere bogmattfay Erörterungen fommen nidjtoor; biedre
oon ber ^rdbefHnation wirb nid)t berührt; bagegen finben fidj aber,
neben ber unoermeibliäen Sßolemif gegen bie römtfebe tftrdje, bie
tTefflidjfren Ermahnungen ju einem frommen , jheng fittlidjen Sßanbel.
3n bem tfapttcl über bie Eraier)ung ber tfinber erfennt man bereits
alle bie3üge, wela> fpdter bie franjöfifdjen Stcformirten ir)ren fat^o=
lifdjen SanbSfeuten gegenüber fo rüt)mlid) auSgejeidwet Gaben. 2118
SBeifpiel feiner <5d)reibart unb überhaupt feiner geiftigen Eiaentl)üm*
lidtfett, möge r>ter eine ©teile folgen über ba8 Verbot be« SBibefCefen«
in $ranfreid>: ©ort, weldj ein ©reuel! (Sonne, fannft bu mit
beinen ©trafen ein folcbeS ?anb befcr)einen? Erbe, fannft bu foId)e
SRenfdjen tragen unb benen, bie it)ren ©djöpfer fo oera<$ren, beine
grüßte fdjenfen? Unb bu, o #err, bifi bu fo mttleibig, fo Iangfam
jum 3orn bei einem fo großen gegen bid> begangenen greocl? £aft
bu ntdjt beinen ©ofyn jum $önig über SXttc oerorbnet? «Soll fein
t)c,ittgeä SBort, ba$ bu tljm aufgetragen l)a{r un3 ju lehren, oerboten
fein alö ein unwürbigeS, fd)Ied)teg, für bie bie e$ Iefen gefdl)rlid)eä
Sßort? Ergebe bid), o £>err! 3 ci 8 e > c8 W Dei " SBiHc, ba§ bein
©ol)n geehrt unb bie ^eiligen ©efefce feineS 9Reidje3 oerfünbigt, erfannt
unb von Stilen gehalten werben. 2aß bie ^ßofaune beineä Eoangc;
Itumg in aüer SBelt erfd^allen! SSerlei^e beinen ^?rebigern Jfraft unb 4
3Kut^, unb jerftöre bie wela^e 3 r ^ u nt oerbreiten, banüt bie ganjc
ÖTbe bir biene, bidj anrufe, btc^ anbete in tiefer El)rfurd)t."
9luä^ nod> einige anbere Heine Straftate foll gaTel bamaB ge=
fa>rieben ^aben. ©ein gTeunb, ber naä) ©afel geftü^tetc Snoner
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7
33udjbru<fer S^ann SBaugri« fdjrieB it)m fogar, er mödjtc an
eine franaöftfdje SBibcI^ UcBcrfcfeung benfen. gür eine fotye StrBeit
mar er tnbeffen ber 3Äann nt$t; »enn audj tt)eotogifdj geBilbet, fo
mar er bodj meBr aur tätigen SBirffamfeit nacr) Staffen geBoren, al«
3U ruhiger gelehrter SBeföäftigung. UeBrigen« t)ätte ü)m jefct, fo wie
in ben nfid&ften 3a$ren, bie iMujje baju gefegt. SDtc fatl)oltfc6en
©<$roeiaer Äanrone Begehrten ton bem £eraog, beffen 3ntereffe erfor*
berte fle au fdjonen, bie (Entfernung berißrebtger; ßra«mu« f tagte
garet Bei bem Btfdjßflicrjen Offiaial %u 33efan$on at« gefät)rlf($en
Unrur)fHfter an; Ulridj oon SBürtemBerg »erlief* SEümpelgarb ; feine«
unmittelBaren ©dnifce« entBet)renb aog bat)er garet im (Sommer 1525
au« bem ganbe fort, nadjbem er aud) in ber ©egenb oon ©elf ort
managen ©amen au«gefrreut Ijatte. (§r fet)rte nact) ©traf Burg, ben
(Sammelptafc aller glüajtlinge, tfvcM; t)ter traf er Seffeore unb
. feine anbem greunbe au« STOeauj. SRod) roaljrenb feine« 2lufentt)alt«
auSSafel t>atren er unb Decolampab SR o uff et in häufigen ^Briefen
au frdftigcrm Staffieren ermahnt; 9?ouffeI t)atre fogar oon garet
bie©enbung oon SDrutfmaterial Begehrt, um reformatorifdje @d)riften
au brutfen; mer)rmal« t)atte er audj ©üdjer oon it)m erhalten; allein
bie in granfreidj au«geBrod>ene 9teaction unb bie ©djioädje S3ri$ons
net'« Ratten föouffel, Seffeoreunb SÄidjet b'2tranbe genötigt
au fliegen. T>a nodj anbere franaöfifdje unb Iotr)ringifct)c glfidjtlinge
ftdj in ber freien 9?etct)«fiabt eingefunben Ratten, unter anbem gr an 3
ßamBert oon Stoignon unb ber 9fttter oon ©fdj, au« Sftefc, fo
fannnelte garet fte au einer ©emeinbe, beren erfter Sßrebigcr er roarb.
Unter it)ren SRitgliebent , fo tote üBerljaupt unter ben eoangelifdjen
granaofen, Braute ber bamal« au«geBroct)ene 2tBenbmar)I«flreit große
SBemegung t)eroor. 2Bät)renb grana SamBert a« Sutt)er t)iett,
roaren garet unb bie metften 2lnbern ber gmingli'fdjen Sluffajfung
augetljan, Beflagten aBer f^meralia^ ba« brot)enbe 3crö)ÜTfm&. Sßeter
Stouffatnt, frftt;er Äanonicu« tfiWltfy unb jefct einer ber tr)ätigften
franaöfifdjen (Soangetifren, f^rieB an garet, bie (SfiafjBurger au Oers
mögen mit 8utt)er au Ijanbeln: „Bebenfe, fagte er, bie SSermirrung,
toenn btefc 23crfcr)iebent)eit ber Set)re Benufct tturb , ber SBelt ooraugeBeif,
©traf Burg t)aBe einen anbem ©lauBen, unb SfürnBerg einen anbem.
SBürben ntdjt bie gürßen bie ©etegent)ett ergreifen, un« aum alten ©äfcen*
bienft jnrücrjufü^rcn?" 2Ba«bie ©trapBurger in ber ©adje traten, ift
Befannt; garcl feiner (Seit« fanbte ein au«fül)rlidje« (ScfyreiBen an
©ugent)agen; ba in bemfelBen nur 3roingir« Stnftdjt entrotäelt
unb oerttjeibtgt war, fonnte e« auf bie SRorbbeutföenroenig toirfen;
e«ift aBer mistig um garet 1 « bamaligen (Stanbpunft au Beaei^nen.
5Wia^t toeniger al« biefer unfetige (Streit fct)merate it)n bie ängjts
Ii(^e 9?urft)attung Sef^ore'« unb 9?ouffet'«, bie e« nü$t einmal
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wagten to Stra&Burg tyxtn wahren tarnen ju nennen; oergeBen«
erinnerte ftarel feinen efymaligen ttefyrer an beffen ffietffagung toon
einer Erneuerung ber 2Belt, unb ermahnte tyn SJHtarBeiter baBei $u
fein. 3n einem Briefe an 3toingH (12.Ü)e$. 1525) Haßte er üBer
bie llnentfäiebenfiett biefer SWanner, bie ftatt ba« ffreuj (Styrifti
auf ftd) au nehmen, ©ott unb ben 90?enf$en augleidj bienen wollten,
©alb barauf (9Kai 1526) würbe e« fiefkore unb feinen frreunben
gemattet nadj ftranfreidj jurücfjufefjTen, an ben £of SNargaretfya'«
»on SUencon, bie ©erwarb töouffel ju i^Tetn Sßrebiger ernannte.
Unter bem e<$ufce ber eblen ftürftin, trat biefer nun, eine^eit lang,
mit größerem SJtotye auf. <Sr wünfdjte fogar, bafj audj garel in
ba« SSaterlanb juTÜcffommcn föunte; oon ber mtyjttfdjeu 3Äarga-
retlja, welker gareP« ruJjner, burdjgretfenber ©eift ntcr)t jufagte,
fonnte er jebodj für btefen ntdjt« erhalten al« eine (Summe ©elbe«.
<5r fudjte ftd) nun Bei Stnbern für ben tfym immer nodj feuern ^reunb
flu »erwenben; ben 7. £)e$emBer 1526 melbete er iljm, er fyaBe enb=
Iidj ein 9lrBeit«felb für iljn gefunben ; auf feine Grmpfef)!ung $in , foHe
er ifyn im tarnen ber Beiben Bohne be« gürfien 9J oBert be Ia 3Rar<f ,
Stöbert oon ©aulei« unb Siltyelm toon 2>a mel $/ Berufen um
in ityren ©eBieten ba« (Soangclium ju prebigen; fte erwarteten ifjn
mit Ungebulb unb wären Bereit eine Drudferei ju erridjten, bamit
er aud) burdj (Schriften wirfen fönnte. ^lud) $eter Stouffaint
fdjrieB üjm um tyn 3U fdjneUem Äommen gu Bewegen. Allein Bereite
War $arel ntcr)t metjr frei. @o fct)r audj bie SÖjatigfeit in ©trafj=
Burg in ©emeinfcfyaft mit feinen 2anb«leuten ifjn erfreut fyatte, unb
fo anregenb unb lefjrreidj ber Umgang mit SBujjer unb (Saptto
für ilm gewefen war, fo r)attc er fidj bodj nafy einem felBfrjfönbigern
2Birfung«freife gefeint; er füllte ft$ Berufen jur 9J?tffion«tl)ätigfeit,
ju freiem $anbeln unb kämpfen für bie Deformation. 3 U biefem
Sßerufe Ijatte ifym audj ©ott alle nötigen @igenftr)aften gefdjenft,
einen jwar fdjmädjtigen , aber rüjiigen, aUe Wifyfeligfetten au«bauern*
ben Äoroer, eine Ü)onnerfrimme, wie Söeja ftdj au«brü(rt, eine glü=
fyenbe, BUberreic^e93erebfamfeit, einen Sßutlj, ben bie ©efaljr anfeuerte
fatt ü)n einjujfdjüdjtcrn, eine Äraft ber UeBerjeugung unb be« SEBit*
Ien«, bie Bi« an« (Snbe feiner langen ßaufbafjn ungeBrodjen BlieB.
£)a« Gtgentfyümlidje feine« SBirfen« ift ba« fd)onung«lofe SBcfSmpfen
be« Blofj äufjeTlidjen ©otte«bienfie« , unb ba« ftrenge, oft fcfyroffc
Dringen auf JRein^eit be$ ÖeBen«. (53 erflärt fiel) bie« au« feiner
eigenen innern ©ilbungSgefdjidjte, au« ber 2trt wie er, ber in feiner
Sttgenb ein fanatifdjer Silberoere^rer gewefen, unb trofc ber SSer*
weltli^ung ber ©eifHid)en unb ber 3»ön^e biefelBen für „göttlidj"
gehalten ^atte, fic^ jur 6rfenntni§ ber SBa^eit bur^gefämpft
t)attc. (Sntrüftet barüBer, baf bie ^cnfctycn an bem Steu^ern unb
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Unheiligen fingen, wollte er biefeS unBebingt, unb oft gewaltfam
entfernen.
3m DftoBer 1526 war er ju gujj, unb manche ©efahr aug*
fiehenb, fcon ©rrafjBurg nach SBafel, unb nach furjem Aufenthalte
in biefer ©tabt wo eine $eft wütete unb ber SRath ihm immer noch
ungünfhg mar, nach ©em gegangen. §ier $atte ihm ©ertholb
Kaller ben 9iatb erteilt bie Deformation ber romanifdjen ©ehweij
ju oerfuchen, unb junächft ju Sielen (Sttgle) im untern SRtyonetljale,
ba$ ben ©entern untertfym mar. ©h nc SSerjug mar er biefem §Ratt)e
gefolgt; um ftch in bie #erjen be$ unmtffenben unb rohen SSolfeS ben
2Beg ju Bahnen, war er ju Stelen al8 Sehrer beräinber aufgetreten,
unter bem tarnen SCBil^elm UrfinuS. £)en 30. SftooemBer wagte
er e$ jum erften flttal gu prebigen; ba erhob ftch ein ©türm, SBe*
körben unb ^riefter wiberfejjten ftch feiner weitem SChätigfeit. (5r
beflagte ft<$ bei ber Regierung »on SBern, worauf biefe ben 8. 3)?ärj
1527 ber Obrigfeit oon Sielen ben Söefc^t erlieft ihn öffentlich unb
ungehtnbert ba8 ÜBort (Sottet Oerffinbigen ju laffen; ^gleich erhielt
er feine förmliche SSefraflung als - ©chullehrer unb ^rebtger. SSon
nun an hatte fein SBirfen beffern, obfdjon feljr langfamen Qsrfolg.
ÜRehrere Sfyatfaä) en Beweifen, wie unwiffenb bie ©eifilichen unb 3J?önebe
in biefen ©egenben Waren. 3u Saufanne mar ein Sßrebiger, SßataliS
©al^ot, ber ben Stuf hatte ein gelehrter unb ber SQSahrheit nicht
unzugänglicher 5D?ann ju fein. garel richtete brei längere ©chretBen
an ihn, in ber Hoffnung ihn gur Söefprechung ber großen gragen &u
bewegen, bie bie Shriftenheit Befchäftigten. (Srjr auf ben britten SBrtef
erfolgte eine Slntwort, aber in hodjfahrenbem , Beleibigenbem SEone,
unb ohne ftch auf irgenb Welche ©rünbe einjulaffen. ©in anber 2J?al
traf garel auf offener ©träfe mit einem SBettelmönche jufammen,
ber an einem BenachBarten Orte gegen ihn gefcrebigt hatte; ihre Unters
rebung jog eine 3Äenge Seute herbei unb enbete bamit, baft Söeibc
in8 ©efängnif abgeführt würben; oor bem Seichter t^at ber SKöndj
SlbBttte unb oerforach einer ißrebigt garel'3 Beizuwohnen unb ihn
bann ju wiberlegen, wenn er fßnnte; er jeigte ftch jeboch nicht mehr
in Sielen. (Snbtich mifjglucfte ein SSerfuch bie ßlarifftnnen »on SSeoati
in Belehren.
3m Januar 1528 wohnte garel bem ferner föeltgionSgeforäch
Bei, wo er feine greunbe aug Söafel unb ©traf Burg wieber fal). gut
bie franjoftfehen Stemter Sielen unb ©ranfon würbe, ben 15., ein
eigene« ©efpräch gehalten, in welchem garel für bie Deformation
ba« SBort führte, ohne jeboch bie ©egner gewinnen &u fönnen. $n
Sielen felBjr erwartete ihn neuer SBiberfianb oon ©eiten ber ©ererben
unb ber ©eifilichfeit; bie Söerner Regierung fanbte julefct Slbgeorbnete,
um ben ^rebtger ju befchüfceit unb ben ©tanb ber SMnge ju untere
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fudjen; in bcn ©emeinben be$ 2lmte$ fielen würbe üBer bic SJcfor*
motion aBgeftimmt , Ormont Blieb fatholifcb, Sielen, ©er, unb Olon
eTfldrteu ftch für Slbfchaffung ber Sfteffe. jjmar fügte ftch bie 3)?ino-
rttät nicht leidet in bic burdj «Stimmen Mehrheit eingeführte neue
Orbnung; §arel hatte noch mannen Stampf 5U Beftehn, boch ging
oon nun an feine SBirffamfeit einen regelmäßigem unb baljer erfolg-
reichem ©ang.
3m 3uni 1529 erteilte Ujm ber ©erner SWagijhat bic SBefug*
ntf , auch i" ben $errfcr)aften unb Orten gu prebtgen, mit benen
SBern im ^Bürgerrecht ftanb, jebodj mit bem 3Jorbebalt, „baß biefelBen
eä wünfehten". <§x oerlief Selen, unb fchlug feinen ©ifc gu SJJurten
auf, welcher Ort zugleich 93ern unb greiBurg unterthan n>ar , unb wo
er fdjon ba$ 3<*h r 5 uüot «inmal gewefen war. (Sine feiner erften 2lr*
Beiten gu SRurten war bie SIBfaffung eineS ©enbfchTeiBenä „an bie
OBrigfetten unb SBölfer, gu benen ihm ber $err 3urritt gemattete";
eT ergählte barin, al$ BelehrenbeS ©eiftriel, feinen eigenen religiöfen
<@rtrtx>tcf lungägang , wie er auä einem aBerglduBifchen Äatholtfen ein
Zweifler, unb gulefct nach fchweTen innem Äämpfen, ein ©efenner
unb Sßrebiger ber Sßahrljeit geworben. SDaran fnüpfte er Srmah 5
nungen biefer SSahrheit allein gu folgen, unb SOBornungen BefonberS
an bie Celjrer beä göttlichen SffiorteS, ba8 (Soangelium rein gu Oer*
fünbtgen, ohne 9tü<f ficht auf ©unft ober Ungunjt ber 5tfenfchcn. Ott
felBft fuhr fort auf biefe 2Beife rafiloS gu wirfen. ©on 9fturten au3
machte er Reifen in bie Umgcgenb, trat gu Öaufanne auf, gu Sfteujiabt
(9GeuoeoiÜe) wo er ben Pfarrer Bef ehrte, in ben 3urathätern, gu
©tel, unb in ben meiften Orten be$ ©eegelänbeg ber 2Baabt. UeBeraff
traf ex auf SBiberftanb, überall lief er aBer auch Äeime eine« neuen
SeBenS gurüel. 3m SDegemBer f am er nach SBeucnBurg pWeufchatel) ;
©eorg oon föioe, £err oon Sßrangin, Statthalter ber am £ofe
grang beä L anwefenben üflarfgräfin 3ohanna oon .^ochBerg,
2Bittwe beä£ergog« oon Songueoille, erlief alfoBalb einfhengeä
SBerBot gegen ben gefürchteten ^rebiger. £)er Pfarrer Oon ©erridreS,
©Omer ©etynon, lief ihn iebodj auf öffentlichem ^lafce auftreten;
bie ocrjommelte 2Wenge theilte ficb in ©egner unb greunbe, c« ent*
ftanb ein witber ßärm. Seute au8 SHeuenBurg, bie garel gu ©er*
rtere« harten, führten ihn in bie ©tabt felBft, wo er gleichfalls in
ben ©trafen unb auf ben 3Härften feine Sßrebtgt erfüllen lief, unb
aller Drohungen ungeachtet, gasreiche äubanger fanb. 2118 er furge
3eit nachher abermals nach SflcuenBurg fam, war bie ^inwohnerfchaft
in gwet erbitterte Parteien geseilt, bie eine für, bie anbere wiber
bie Deformation. ©em crmahnte OergeBenS gur 3Käfigung; felbjl
garel, beffen (Sifer in biefen kämpfen immer mehr cntBrannte
üBerfchritt bie ©rengen. 3113 er cinft fagte, ba man in ber $athe-
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brale baS föecht tjabc SÄeffe ju lefen, fo fei e£ Billig auch ba$ (Süan;
gelium bafelBj: ju prebtgen, matten fidj feine 3uhörer auf, fügten
ihn nach bem 3J?ünfter, wo et aHeS 2Biber|ianbeS ungeachtet, bie
Äanjel beftieg, unb gegen ben SBilberbienft fo gewaltig eiferte, bajj
ba$ Solf ohne 93erjug an bie 3 er ft or nng bet ©über ging. SBetbe
Xbäie wanbten ftcr) an 33ern; e$ erf Lienen SIBgefanbie, Welche auch
hier bie (Sinwohner aBftimmen liefen; 19 ©timmen entf^ieben &u
©unfren ber Deformation; bie SIBfchaffung ber SJieffe würbe »om
23. DftoBer 1530 batirt, Beibe Steile gelobten ftch in ^rieben ju
ertragen unb ein SBertrag mit ber SÄarfgräftn oon och Berg Be*
{tätigte bie neue Orbnung ber $)inge. Mehrere ©eiftltche be$ ßanbeS
erflärten fleh für bie Deformation , unb einige »orüBergehenbe ©türme
abgerechnet, befejtigte fich bie eoangeUfdje JHrche ju Neuenbürg oon
£ag ju 5£ag. SBd^renb biefer Qeit burdjjog garel bie ßanbgemein;
ben, mit manchen SBiberfpenfttgf eiten fämpfenb, ja ^äufig oon ben
aufgelegten SBauern mi^anbelt. 3 U SSalengin, wo fein ©efährte
unb SanbSmann, 2tnton 23ouoe, unfluger SBeife bem Sßriefter bie
#ofhe auS ber #anb ri§, würben fte gef djlagen Bi8 aufS SSIut unb
in ba8 ©efängnif be8 ©chloffeä geworfen. £)ie DeuenBurger eilten
herBei, brohten ba8 ©chlojj anjujünben, unb erhielten nur mit
2J?ühe bie ftreüjeit ber ^rebiger. SBerettä fe<h$ 2Bonate fpäter würbe
auch $u SSalengin bie 2Eeffe aBgefchafft.
garel f ehrte nach Sföurten jurücf, oon wo auS er mehrere
SRiffionSretfen in bie Umgegenb machte; auch f<h*ieb er nach <5trafc
Burg, man möge ihm tüchtige franjöftfche Sßrebiger fehiefen. (§x
bigte &u 2h>en<he3, unb BefonberS ^u Drbe, Balb oon bem $6Bel
verfolgt, Balb mit Mönchen biSputirenb, aBer jtetä üon Sern unter*
ftüfct. 3u OrBe ^artc er anfänglich nur geringen Gsrfotg, oBwohl
fchon oorher einige eoangelifch ©efumte unter ben bürgern waren;
unter biefen war ein junger SKann, ber Balb einer ber u)ätigjlen ©e*
hülfen ftarel'S würbe, $eter 23iret, beffen <3<huffale widrig ge*
nug jmb eigenS erjählt ju Werben. 3u @, ©laiäe, wohin $arel
ton DeuenBurg au« ging, warb er fchwer mi&hanbelt unb mit bem
©algen Bebroht; nur mit SWühe entfam er nach Kurten. £ier traf
er einen anbern feiner SanbSleute, (S^xtflop^ gaBrt, oon SBienne
in SDaupbimS; § ab ri erfefcte ihn nun &u Kurten, währenb feiner
häufigen Reifen; Balb barauf würben er unb 21 n ton 2flarcourt,
oon ber Anfang« 1532 gehaltenen ferner ©tmobe, ber auch %cixtl
Beiwohnte, al$ Pfarrer oon 9?euenBurg erwählt. Slehnlidjeg gefchah
ju ©ranfon, wo ber unermübliche unb unerfchroefene garel, Be=
fchimpft, oerleumbet, ju 33oben gefdjlagen, in'« ©efängnip geworfen,
unb toon ber SBerner Regierung felBft julefct geBeten bie ©egenb ju
oerlaffen, bennoch, wenige Monate fpäter, eine ©emeütbe fuh Bilben
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fafy. (58 mürbe $u meit führen, foflten Ijier bie 33erfu(§e er$5blttoer*
ben, bie er mäljrenb btefer »telbemegten Safyre audj in anbern Ort-
fct)aften be$ SutagebirgeS 8« ßorceüe, JU SBoubeoillter, u. f. m. madjte,
tt>o er, gegen btc SRo^eit beS 23olfe$, unb ben Fanatismus ber
Sßricftcr fämpfenb unb »ielfactye @$mad) erbulbenb, meift ben ©ieg
errang ober tljn bodj oorberetteie.
3u 9D?urten, im ^uli 1532, oerfafjte ftarel ein (Senbf abreiben
„an alle ßtebljaber beS ^eiligen SBortS", sunt Qtoed, bie in granf*
retdj unb anberSmo bebrängten (Soangelifdjen jur StuSbauer aufou=
muntern unb ifynen gu empfehlen, aud) mitten in ben größten @e*
fahren, ein frommet ßeben ju führen. SBalb barauf, alS er bie neue
©emeinbe ju ©ranfon orbnete, trafen bafelbft jwei SBalbenfer $re*
biger bei i^m ein, ©eorg 2Rorel unb $eter SNaffon, bie oon
einer Steife nadj (Strasburg unb ben proteftant'ifdjen ©tabten ber
©äjmeij &urü(ff e^renb , ifyn baten ber ©önobe betyumofynen , meldte
in bem Staate ton Slngrogne , in ben Sßiemonteftfdjen Stlpen gehalten
toerben foßte. garel unb fein ©etyülfe Snton (Saunier, gleidj*
falls auS bem £>attyljüt£, begaben ftd) baljitt, aller ©efabjen unge^
achtet; bie ©tinobe trat ben 12. ©eptember 1532 51t (SljanforanS in
bem genannten £ljale jufammen; fte befdjloff fidj ben ©runbleljren
ber Deformation anjuföliefen um bte ©laubenSgemeinfd&aft gtoifdben
ben SBalbenfem unb allen (Soangeltfdjen tyerjufreHcu. ^arel riet!)
nodj befonberS (Spulen in ben Spätem ju errieten, unb fanbte fpater
toon SKurten auS »ier fiefyrer, beren einer Sßobert Dlioetan mar.
£)ie SBalbenfcr tofinfdjten audj, ftarel möchte ilmen eine fran^fifclje
SMbeHleberfefcung befoTgen laffen; auf feine Gsmpfeljlung übernahm
unb totlbrac&te Olioetan biefeS SDBerf.
SBei ifyrer föütffefyr au« $iemont, tarnen garel unb ©aunier
Slnfang^ Dftober 1532 nad) ©enf. £)ie fird>Ud> unb poltrige
©äljrung, bte in biefer<Stabt Ijerrfcljte, fonnte ifynen.nid)t unbefannt
fein; audj fjatttn fte moljl oon ber fleinen 2lnsal)l Sßroteftanten
gebort, bie ftdj fyier gefammelt, unb gegen bie man, fdjon im
9Kärj 1530 ©traf betrete befannt gemalt tyatte. (Sdjon 1531
Ijatte 3^> i n fl I i S atc ^^ Slufmerffamfeit auf ©enf gerietet, alS auf
ein mürbtgeS &id feiner Stfyätigfeit. $)ic aber, meldje „ben armfeligen,
fdjmä'c^tigen ^räbifanten, 9)?eifier Sßtlfyelm", einen fleinen 9flann,
mit fonnoerbranntem ©eftdjte unb rötblidjem Söarte , anfommen fa^en,
ahnten ntdjt, toeldje folgen biefe Hnfunft ^aben mürbe, fo wenig,
al$ er felber ba8 oorauS feigen fonnte, ma8 ©ort ^ier burd^ i^n ju
mirfen befcbloffen r)attc. @in längerer Slufentbalt lag bie^mal ntdjt
in feiner 3lbft(^t; n?ie eS fam, bajj bie ©enf er, bie int ©eljeimen ber
JReformation juget^an toaren, feine Slntocfen^eit erfuhren, i(t unbe*
fannt; fte bröngten ftc^ aber um ilm, unb belehrt über ba§, ma8
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noch untooflfommen in ihrem ©lauben war, beeiferten fte ftdj, bie
etoangelifchen ©runbfäfce weiter 51t toerbretten. SWit bcr Politiken
Sage ©enf« unb ben ^arthciungen unter ber SBürgerfchaft, fo fc^r
fte auch mit ber ©enfer Reformationggefchichte toermoben fmb, ^aben
wir uns ^ier nietet befaffen; wir müffen toorauäfefcen, baß fte ben
fiefern au« ber S8io^rapt)ic Sal» in '3 befannt genug ftnb.
Die burdj bic 2lnfunft bcr ^rebiger entftanbene ^Bewegung toer=
anlaste ben Rath, ftarel unb (5 au nie r toor flcb &u rufen; at« jener
ftet) bieämal mit SHäßigfeit toertf>eibigte unb bie Empfehlung ber ferner
toorwie«, begnügte man ftdj, ilm, im tarnen ber öffentlichen Ruhe,
ju bitten, bie (Stabt $u toerlaffen. (§f)e er biefer SBttte nachkommen
fonnte, würbe er toor ben bifcfyöflicfyen SBifar, Slbt toon SBeaumont
gerufen, um fieb wegen feiner Ce^re ju rechtfertigen. Rieht« fonnte
ihm ermünfehter fein al« biefer Ruf; ba er toorljer auf ben (Strafen
toon bem $öbel befchimpft worben mar, tocrlangte er fidjere« ©elett;
toon jwei ber (Sönbic« begleitet, begab er ftch bann mit (Saunier
in ba« #au« be« $8ifar«. (Seine Hoffnung auf eine regelmäßige
Disputation tt)urbe Jebod) getäufebt; bei feinem (Eintritt rief it)m ber
oH«cal*$rocurator Söilhelm be SSegto bie SBorte entgegen: „Äomm
ba^er, bu böfer Xeufel §arel, Warum aiehft bu in ber SBelt herum
um alle« ju toerwirren? wo fommjl bu ber? 2Ba« mitlft bu fyet?
SBerljat bia) gerufen unb bir ju prebigen erlaubt?" $arel antwortete
mit ber größten ©elaffenheit : „ich bin fein Teufel , ich Jtc^c herum
um 3 e f um Sh r *ft um 5« prebigen, ber für unfere ©ünben geftorben
unb ju unferer Rechtfertigung auferftanben ift, fo baß, wer an ihn
glaubt, ba« ewige Ceben erhalt, wer aber nicht an ihn glaubt, toer*
bammt tt)irb. 3" biefem 3wecfe bin ich öon ©ott, unferm guten
SSater, gefanbt al« S9ote ©hrifri, um *h n benjemgen ju prebigen, bie
mich hören wollen, ^dj bin bereit Rechenfdjaft toon meinem ©lauben
toor euch abzulegen, fofem e« euch gefallt mich anzuhören m ©ebulb;
ich höbe feine anbere Autorität al« bie toon ©ott mir toerliehene, um
fein Diener, unb nicht bcr Diener ber 9flenfchen jufein." <§x fd)loß,
toon bem «nblicfe ber jornentbrannten ©egner gereijt, mit benSBor?
ten: „nicht ich fare bie Ruhe biefer Stabt, ihr tijut e«, inbem ihr
nicht nur ©enf, fonbem bie ganjeSGBelt burch eure 9Kenfchenfa^ungen
unb euer fdjlechte« geben in SSertoirrung bringt." Sflehr brauchte e$
nicht, um bie äßuth ber anwefenben ^riefter jum Ausbruch ju brin*
gen: „er hat ©ott geldwert 1 mir brauchen feine 3eugen mehr, er ift
bc« Stöbe« fchulbtg," fo riefen bie geifilichen Herren, wie ehemal« bie
£ohenpriefter ju Serufalem; „in bie Rhone mit ihm! e« tf* beffer,
biefer abfeheuliche Cutter fterbe, al« baß ba« ganje 93olf &u ©runbe
gehe!'' §arel erhebt entrüftet bie@timme: „rebet bie 2Borte ©otte«,
unb nicht bie be« ßaipha«!" (gr wirb mit ©aunier hinau« gefio=
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gen unb nadj bcm Söeridjte einet 9ionnc, bic 3™a,e Auftritte«
war, auf ber Strafe Don mefyr nrie acbtjig Sßrieftern überfallen „bic
alle xooty mit prügeln bewaffnet toaren, um bcn Ijetligen fatbolifcfyen
©lauben ju oertbetbigen unb bereit für ü>n flu ftcrbcn." Ilm bem
Tumulte ein ßnbe 51t machen, wirb iljm Don SRatfyä toegcn bei Stöbet
ffrafe befohlen, in brei (Stunben bie (Stabt gu Derlaffen. 9ßur mit
9Hütye gelang e$ meiern Üttagijrratäperfonen üjn ben £änben ber
Sßriefier ju entreißen; einer biefer lefetern flad^ nad) i^m mit einem
SDegen , ein anbrer lief} bur<$ einen SWann beS fßolUi eine ©ücbfe auf
äm abfeuern, beibem aber entging er, jum großen ßeibtoefen ber guten
SRonne, toelcbe biefe $elbentf)aten berietet fyat. ©rft £ag$ barauf
»erlief er mit (Saunier ba£ bamalä noeb fo fanatifebe ©cnf; ein
©ttyff braute fie über ben (See; bei Saufanne (Hegen fie an'ä 8anb
unb fcljrten, biefe ©tabt oermeibenb, nad) Drbe unb ©ranfon jus
rü(f. 3 U ©ranfon traf $arel mit einem jungen Canb&nanne gu*
fammen, Slnton groment, ben er bernog nad) ©enf $u geljen, um
im @ef>eimen baä begonnene SBerf fortiufefcen. Sr felfccr begann
fein $rebigen in ber Umgegenb toieber; im $u\\i beä folgenben
Safyreä 1533 machte er ju Sßeterlingen ßßauerne), too 33 ir et fcfyon
einige ftreunbe gefammelt tyatte, einen SReformationSüerfueb, ben er
mit ©efänguifj büßen mußte; bod) bilbete fieb nid)t lange nad^er
eine blüljenbe eDangclifdje ©emeinbe in biefer (Stabt.
Sßenig Stage nad? garcl'3 (Sntfernung, im SWooember 1532/
tt>ar groment nacb ©enf gefommen, unb batte ft<$ aU ßcljrer
ber ßtnber angefünbigt; er gab Unterricht int (Scbreibcn unb SRedjnen,
fprad) aber audj b m u "k wieber Don religiöfen $)ingen. 9)?eljrere
^amüienoäter Iuben i^n ein iljnen baö (Soangclium ju erflaren; aud)
bie fdjon früher jum ^ßrotcjianttgmug 33ef ehrten traten baju, unb
§roment prebigte mehrmals in $rioati)aufcrn Dor immer roadjfenbcr
SSerfammlung. Söalb mudjä aueb biefer ber Sttiutfy, unb eä tourbe
befcfyloffen, baß am (SölDejtertage groment in ber SWagbalenenfirdje
prebigen follte. SDie ©eijilicbfett lief? ©türm läuten, baä SSolf lief
äufammen, unb bie Sßrebigt mußte unterbleiben. SlUein am folgeuben
Sage, bem erflen be3 3a^re8 1533, luelt ber junge Reformator auf
bem SRolarbsPafee, eine nod) erhaltene freimütige Siebe über bie
9Äißbräu($e unb Srrtbümer be3 römifeben tfatboliciemuS ; er fonnte
fie jebod) niebt beenbigen, benn Don bem $öbel unb ben ^rtepern
bebrobt, mußte er fic^ in ba$ §avi$ eineö ^reunbrö retten unb na$
mehreren gefa^roollen 2;agcn über ben (See entfliegen.
2)te 3abl ber Sln^änger ber Deformation toar inbeffen bebeutenb ge^
fliegen; fte fügten ftc^ bereit« ftarf genug um Slbgcorbnete nacb SBern
ju febicten, bie ftarel afö ^rebiger begehren follten. 23crn gemattete
i^n gern, mit ©cfanbten ber Regierung tiefet Orteö fc^rtc er nacb
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©enf jurücf, attein er mußte unoerrichteter ©adje abermals bie ©tabt
oerlaffen. Dagegen Berief bie, oon greiburg unterfrüfcte fatyotifdje
Sßarthei einen Doctor ber ©orbonne, ben gelehrten , aber heftigen
Doimnifaner @ut) gurbttu; biefer pTebigte, waljrenb beS SlboentS
1533, mit maßlofer Seibcnfdt)aftltcr>feit gegen bie Äefeer unb gegen
bie 33erner, bereu SBefchüfcer. Die ©enfer SReformirten berichteten
bieg nach Sern; eS famen ©efanbte, um ftch ju beflagen, unb mit
i^nen g a r e l , SS i r e t unb g r o m e n t. SBährenb ber SRath über SBern'S
Älage gegen gurbitö oerhanbelte , prebtgten, biefer öffentlich gegen
bie SRef ormation , unb garel in sßrioathäufern gegen baS ^apftthum.
Die SBerncr ©efanbten brangen auf eine (Disputation jwifchen ben
&wet ©egnem; gurbitn ertlärte ftch bereit, erhielt aber oon bem
bifdjöflichen SBtfar bie (Srlaubniß nicht; auf wieberholteS ©egehren
beS SÄagifhrat^ , willigte er cnblich ein ftch mit garet öffentlich ju
befpredjen, unb tt)at äbBittc wegen feiner Ausfälle gegen S3ern. Den
29. Januar 1534 begann bie Disputation , in bem ©enfer Jfiathhaufe,
oor bem großen unb bem Keinen SRath, unb oor ben ©erncr @e*
fanbten. gurbttti behauptete baS Siecht ber ßirche, Stnorbnungen
gu treffen, bie nid)toon ber 23ibcl »erorbuet roärcn; garel läugnete
eS; bieg mar ber £auptgcgenfianb beS, währenb mehrerer £age fort=
gefegten, unb öfters burch ©efchrei gehörten ©efprädjS. DerSJiönch
geigte ftch in ber fatholtfdjen Stheologie tüchtig bewanbert, aber un=
logifch, ungefchteft unb ungefrüm; garel wtberlegte ihn mit geuer,
unb jtellte ihm bie ©äfce entgegen, ©hnftoS fei allein Jperr ber Äirche
unb maö nicht in ber S3ibel gegrünbet fei, müffe oerworfen »erben,
©eine Erörterungen würben mehrmals oon gurbittt unterbrochen,
ber ungebulbig anSrief: „mir ftnb nicht hier um lange Ißrebigten ju
hören, ihr wißt nicht waS DiSputiren heißt.'' <§r hatte nicht Un=.
recht; benu oon feinem @ifer fortgerijfen, ging garel über bie fefco*
lafttfche gönn einer Disputation tynauS , unb benufcte bie ©elegen*
heit, um oor bem ocrfammelten SRatt) bie reformirten Sehren gu ent*
wicfeln unb bie fathotifche $u befämpfen. fochten inbeffen feine
Sieben ju lang fein, fo waren feine ©rünbe fdjlagenber unb feine
SBerebfamfeit mächtiger als bie beS burch f«ne SBcrlegenheit mürrifch
geworbenen 9)iönchS. 2US biefer oon bem Siufcen ber Hierarchie für
bie Kirche rebete, rief gare l auS: „SBolIre ©ott, baß ihr unb alle,
bie ben tarnen Doctoren tragen, ßiebc genug jur Kirche hätten, um
fte ju erbauen unb in ihrer Feinheit wieber herjufrellen ! $n eUCTn
Unioerjitäten unb SSerfammlungen h^nbelt ihr aber ohne Siücfftcht
auf ©ott unb fein Siecht; ihr hört baS chrijtliche S3olf nicht, baSboch
berufen werben follte, fonbent waS ihr bef fließt, eS fei Siecht ober
nicht, baS muß gehalten werben bei £obeSfrrafe; unb will euch einer
auS ber ©chrift wiberlegen , fo oerweift ihr ihn mit feinen ©rünben
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an ben genfer, £)ie ©cr)rift allein foH SCutotttät haben in bet 5htd)e ;
fo ift e3 nidjt mehr, ihr allein fetb 2We3 unb tr)ut Wlt$ , tyx fdjneibet
unb näht tute e$ eud) beliebt; auf ba$ SSolf mirb fo mentg geachtet
at3 auf unoernünftigeS ©elfter. 3h r galtet bie dürften unter eurer
©emalt, mäljrenb il)r ber DBrigfeit untertban fein foUtet. (Sure ©es
Bote folien befolgt »erben; bie ©otteä unb ber Dbrigfeit tretet ir)r
mit güfüen. £)ie ^eilige (Schrift meifj nid)t£ Don $apft, ßarbinälen,
SBifdjöfen. 2Bie fonnt tr)r eure Stürben, Slemter, ©rabe, 23eneffyien
bem heiligen ©eifte auftreiben? 2Ba^rlic^ , nid)t ber ©eifi (Shrtftt,
ber fanftmüthig unb bemüthig ift, fonbern ber tl)m feinbfelige ©etfr
bat bicö SXUeö eingeführt. 3^r motlt einen ©hriftuS, ber reidj unb
mädjtig fei in biefer Sßelt unb btejcnigen tobten laffe bie ihm miber*
fiefyn. So mar unfer #err nidjt, er mar arm, oerfolgt, oerfpottet,
unb tourbe getöbtet oon feinen älttberfadjern. 3d) ftaune, bajj man
3u fagen magt bie Üttrdjc be$ ^apfteä werbe mie bie erftc burdj ben
heiligen ©eift regiert unb (51) riftuö lebe in ir)r; in ber tyat, ber
heilige ©eift unb S^rijtus mären fonberbar oeränbert! 9£ein, er
regiert oielmchr bie meld)e in biefer 3eit oerfolgt, oertrieben, oer=
brannt merben für fein ©oangelium mie in ben Qdten ber alten
Äirdje; mit btcfen ift (SljuftuS; mie tonnten fte fonfr Befielm, ba
man fte graufamer Bejubelt al3 je? S)er £err hat unS bieö oor=
auägefagt, mir tragen e8 in ©lauben unb ©ebulb, benn mir miffen,
bafj er ooüenben mirb maS er Begonnen r)ar, unb baS gerechte 93lut
rächen, baä für fein 2Bort oergoffen mirb." ^oa) mehrmals fpradj
ftch ftarel in foldjer SGBeifc au$. 202an begreift melden (Sinbrucf
folcbe Sieben mad)en mußten, jumal ba ber ©egner felber bie 2Ra$t
berfelBen empfaub. ©ebrängt, unb unoermögeub au$ ber 33iBel ju
argumenriren, fagte fturbito julefct: „maä ich geprebigt habe, fann
ich ntd)t burch bie Schrift Bemeifen, id) habe e3 au$ ber Summe beS b.
XbomaS genommen; tct) bitte euch bieä ju merfen, ich fyabt SJcte*
manben tabeln motten." ©r OeTfpradj fogar, in ber ^eteräfirche
öffentlich &BBitte ju tbun unb feine Srrtbümer ju miberrufen; faum
harte er aber, ben 15. gebruar, bie ßanjel Bcfriegen, aU er mieber
in heftige Slnflagen gegen bie $efcer ausbrach« Orr mürbe herauf inä
©efangnif gelegt, unb erfl mehrere Sah« fpatex , auf SBertoenben be8
$omg3 oon granfretch, mieber befreit.
SBäbrenb ber SDauer be$ ©efprädjS, beffen Haltung unb HuS*
gangSSiele für bie Deformation befiimmte, hatten garel unb Siret
fortgefahren in ^rtoatba" ufern ju prebigen. 5Die ©cmüther erhifeten
fith immer mehr; bie fchmabüdjftttt ©erü(hte mürben über bie Deform
matoren oerbreitet, müjteS ©efinbel oerfolgte fte in ben ©trafjen unb
tobte oor ihrer SBohnung, fo baf mehrere it)rer Anhänger fich
ju ihrem @(hu^e bemaffneten. greiburg brohte ba« SBunbniß mit
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©enf jcrtcigcn ; berSMfdmf fyattt fc^on bcn 1. Januar 1534 aHeS
Sßtebtgen ohne feine (Erlaubnis oerboten, unb unter ©träfe beS ©anneS
baS SSeTBrennen ber ©ibeMleberfe^ungen oerorbnet. Allein garere
Änfeljn mar Bereits fo grojj, bafj bie ©tynbicS i^m fagen ließen, er
möge (ich nicht ftören laffen, nur möge er noch nicht öffentlich pres
bigen. 9US jebodj, ben 1. SOcarj, ber SBarfü&er §ranj (joutelter
in ber ftirche feineS ÄlofterS bie Deformation angriff, befiieg §arel,
ber biefe föebe mit angehört hatte, fofort bie Äanjel unb »iberlegte
ben SÄönch; bieg »ar feine erjte öffentliche Sprebigt ju ©enf; fie
fefcte ben noch &ögernben ÜKagifrrat in nicht geringe SJerlegenheit.
2J2an bat bie ferner ©efanbten, bie im 33cgriff maren abjureifen,
$arel ju bewegen , fte ju begleiten unb oerfprach zugleich, bem So u*
telier baS fernere Sßrebigen ju oerbieten. garel blieb jebodj unb
erbot ft<h mit Sejjterem ju biSputiren; ber töath gab e$ &u, nur mit ber
an garel gerichteten SBttte, föuef ficht pi nehmen auf ben in ber ©tabt
herrfchenben unglucfltcben ßmtefpalt. ÜDie Disputation fanb nicht
fiatt; ftarel mar bereit« gefurchtet, „als bie ©eifcel ber ^riefter,"
mie bie ©egner it)n nannten. £)aS DeformationSmcrf machte bie
rafcheften gorrfebritte; fchon ben 30. Slpril fpradj ber 23ffd)of, ber
(ich nach Slnnecn. jurücf gebogen hatte, bcn Sann auS über ©enf;
greiburg fagte fleh oon bem SBünbniffe loS unb ber #erjog oon ©a*
ooöen brohte mit ^rieg. ©enf mürbe aber oon &em unterfrüfct,
unb unter bem ©chufce btefeS mächtigen Serbünbeten, unb nicht mehr
genötigt auf greiburg töücfftcht &u nehmen, geigte ftd) ber Sflagiftrat
ber Deformation täglich gfinftiger. (5S barf inbefjen nicht oArfchmicgen
toerben, bajj auch ©emaltthätigfeiten, ^eriftören oon Silbern unb 311=
tären, Sföifftanblungen oon Sßrieftern unb Mönchen oorfielen, unb
baf? in biefer erjten 3ett manche unreine Elemente ftch mit ben ref or*
matorifchen 93e(lrebungen beS SBolfeS oermifchten; bie herrfchenbe ©it*
tenloftgf eit, bie poltttfchen ©ntjmeiungen , baS fanatifche betragen ber
römifchen ©eifiltchfeit mögen biefe (Srfcheinungen erflären, ohne fie
&u entfchulbigem Grrfi ßaloin oermochte, nach langen ffämpfen,
auS bem gährenben ©toff ein neueS ßeben ju geftalten.
(Sin oon einem ©enfer (SanonicuS gegen garel, JBtret unb
ftroment angejtifteter SBergiftungSoerfuch mißlang, brachte abeT eine
Ömtrüfhmg heroor, melche baS Slnfefm ber ©eiftlicbfeit oollenbS oer=
nichtete. garel prebigte ungehinbert in ber Ätrdje ber SSorftabt 9rioe ;
er begann fogar ©hen etnjufegnen unb bie (Sarramente ju oermalten.
Den 2. Hpril 1535 mieS ber SWagifhrat ihm unb Sßiret eine 2Boh s
nung an im ßlofter oon 9Koe. Mehrere Mönche biefeS jtlofterS traten
jur Deformation über; einer berfelben befonberS, 3afob Sernarb,
mürbe oon ber am Sßfingjrtage gehaltenen Sßrebtgt garelS fo ergriffen,
bafj er ausrief, er moUe oon nun an ftch bem (Soangelium mibmen;
€uWl.*©anb. ©<$mibt, Sätet unb Siret. 2
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bereits ben 30. Ttai tyelt er, oon gare l unb Sit et unterftü&t,
eine SDifputation mit Dr. $eter (Saroli, ber früher ju ütteaur, ju
bcn eoangelifä) geftnnten Sßtebigetn SBricjonnetS gehört hatte, unb
mit bem ÜDominifanet &§ap)pui& übet bie Dechferrigung , bie fluten
Söerfe, bie Strabttion, bie $etiigentoerel)rung unb bie SÄeffe. Dact)
beenbigtem ©efpräd) erflärten fid) auch bie beiben ©egner für bie
Deformation. 23alb nötigen bie 83ürger garel, auch in anbern
fttrehen ju prebigen; ber Dath mitt c$ ihm oerbieten, garet aber
bringt barauf, man möge nicht langer sögern; au8 ben gehaltenen
öffentlichen ©efprächen fönne man genügfam fchlteßen, auf melier
(Seite bie SBabrljeit fei; auf feinen SBorfd&Iag befchließt man &ulefct
bie 3ufammenbentfung beS DatheS ber 3meü)unbert auf ben 10.
Slugufr. 3ugleidj mürbe ihm jmar ba8 Verbot mieberholt, anbetSmo
ju prebigen, alS ju Dioe; allein bie ^Bürger liefen e8 nicht ju; ja
ben 8. Hugujr führte man it)n in bie ßatljebralfirdje jum h- ^erruS,
mo er oon ©fyrijto prebigte, ber bie SSerfäufer unb Ääufer auS bem
Stempel gejagt, unb oon ber römijä^en flirre, bie ein großer flfiarft
oon SBenefijten unb 3nbulgen$en gemorben fei unb einer burchgretfen-
ben Reinigung bebürfe. ßeiber f Riefte ftä) ba« SSolf fofort an, beS
SßrebigerS SBotte in bie Sthat ju überfefcen, inbem e8 bie Silber bet
$athebrale jetbtadj. 3tt>ei Sage fpäter fanb bie 33erfammlung beS
großen DatheS ber 3^^unbert flatt; garel erfd)ien, oon Sßtret
unb 33er narb begleitet; er oerlangte abermals, in mächtiger Debc,
bie Einführung ber Deformation unb fdjloß mit ben SBorten: „2Btr
finb bereit, bie S33a^rl)ett beffen, maS mir oerfünbigen, burch unfer
33lut ju beßegeln; felüfi ber graufamfie Stob erfdjrecft un$ nicht; mir
oeturtheilen uns felber baju, menn unfere ©egner bemetfen tonnen,
baß baS, maS mir in ben öffentlichen ©efprädjen unb in unfetn
Sßrebigten behauptet haben, ber heil, ©chrift jumiber ift." Dach eint*
gern 3&Ö*m befct)loß bie SBerfammlung bie prootforifche 2tbfd)affung ber
SDieffe ; fchon ben 27. Slugufi erfchien ein befininoeS Def ormatton8=@bift.
Dach biefem ©fege mibmete fidt) garel mit unermüblichem EU
fer ber SBefeßigung be8 begonnenen SBerfeS; er prebigte Eintracht,
crmahnte ben Datl), ©ebete halten ju laffen für bie @rh a ^ n ft
griebenS unb ber greifet ber oon bem ^erjog oon ©aooöen blofirten
unb ber JpungerSnou) SßreiS gegebenen Stabt; er ließ eine ©ä)ule
errichten, brang auf SDaßregeln gur SSerbefferung ber ©irren, auf
Einführung bet Defotmation in ben ßanbgemeinben , machte eine auf
bie urfprüngltchjre Einfachheit gegrünbete Äult*Orbnung unb bereitete
eine Kirchen = j£)tScipltn oor. SStret ging nach Saufanne ab; Et)tt 5
ftoph g ab rt erfefcte ihn, mürbe aber balb nach Sthonon oerfefct,
mo ihm in ben erften 3eiten garel häufig ber)ülflich mar. <Den
21. Wai 1536 ließ fiefcterer bie ©enfer ©ürger ben Elb ablegen,
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bem (Evangelium treu gu Bleiben. $)ie legten ^rieflet unb SRöndje
toerliefjen bie ©tobt, wdfjrenb ba« SBolf bie legten Silber au$ ben
Jhrdjen entfernte. £)abet gab e$ aber SSiele, bie in bem Striumtoh
ber Deformation nur einen ©feg über ben £eraog Don ©atooöen unb
ben SMfdjof faljen, unb im ftoljen ©efühl ber neu errungenen Unab*
hdngigf eit oon ber ftrengen ©ittenreform nidjtS wtffen wollten, bie,
nadj gare TS ©inn, oon ber Deform beS ihiltuS unb ber Cehre
unzertrennlich War. (SS war ba^er für ben oereinjelt fiehenben De*
formator ein fdjwereS $)ing, ba3 ju erhalten, waS er gegrünbet hatte.
£)te3 war ber ©tanb ber SDinge, al$ um bie SHitte be$ SahreS
1536 Johann ©altoin, toon gerrara fommenb, in (Senf anlangte,
©eine Slbpc^t war, nach furjerDaft, nach (Strasburg weiter ju reifen.
Sßeter (Saroli erfuhr feine Slnfunft unb beeilte ftdj, garel biefelbe
ju melben. garel, ber allein bie Saft ber ©enf er ßirdje ju tragen
hatte unb ftd) nach einem biefem großen Slmte gemachfenen ©ehülfen
feinte, begab ftdj alfobalb &u bem burdj feine ©elehrfamfeit unb feinen
©laubenSeifcr bereite berühmten Slnfömmling; er brang in ihn, in
©enf ju bleiben, unb ba Salto in zögerte unb begonnene literartfdje
Arbeiten toorfchüjjte, befdhwor ihn ber Reformator mit fo feierlichen
SBorten, bafc er, beinahe erfcbTecft, fidj bem fügte, wa8 ihm als ein
emfter Duf ©otte$ erfdjien. (5r bot garel unb bem SKagifhat feine
SDienße an, bie mit greube angenommen mürben; er warb gareT$
College unb blieb fein inntgfier greunb bi$ $u feinem* Stob, ©bfdjon
flwanjig 3af>re jünger als garel, übte er bod) einen mächtigen (Stn*
flujj auf i^n auS; garere ruhner ©eifi beugte ftch unter ben hohen,
fejten Sinn be8 3JJeifler8; er Ijörte miliig auf feine 3urechtweifungen
unb nahm fpdter, in ben ße^ren toom Hbenbmahl unb ber ^rdbefft*
nation, bejfen Anflehten an.*) 83alb fanben bie beiben 3Ädnner einen
neuen ©ehülfen, ben ehemaligen 2tugufh'ner (Sourault, ber ftch toon
SßariS nach ber ©c^weij geflüchtet hatte, unb obgleich blinb, ein thd*
tiger Söeforberer ber Deformation ju ©enf unb in ber Umgegenb Warb.
Um btefe 3eit mürbe ein öffentliches DeligionSgeftordch au gaufanne
üeranßaltet, wo 35 ir et mit Erfolg baS (Stoangeltum toerfünbigte. SDie
SSeranlaffung baju war bie Steigerung ber ©etlichen ber Sßogtei
Sfchonon, ftch mit bem bortigen Sßrebiger gabri in eine SDtftoutatton
einjulaffen. £)a fle jtetS gegen bie Deformation »rebigten, aber jebe
öffentliche SBerljanblung toermieben, hielt e3 garel für um fo nbfyU
ger, eine foldje abhalten ju laffen; fte würbe nun toon ber ferner
Degierung auf ben erfreu Dftober 1536 auSgefchrieben. SDan berief
*) 1549 nribmete Satüin feinen greunben garet unb Sir et feinen Com«
tnentar über bieSöifUI an Xitu«; in ber $ulbigung«fd)rtft ftoridjt er auf
fajöne Sßeife oon feinem «er^äforifj ju öetben.
* 2*
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garel, (Saloin, gabrt, STOarcourt, um mit 93tret unb (5a*
to Ii bie reformatorifcfyen gelten oeTtyetbigen. garel fteUte jefyn
Striefen auf übet ba$ ©runbprinjip ber Deformation, bic 9te<$rfeTtigung
bur<^ ben ©lauben unb bie barauS ftdj ergebenben folgen in SBejug
auf baS äßefen bet Äitd^e unb be$ ©otteSbienfreg. (53 maren folgenbe:
1. £)ie ^eilige ©<fcrift fennt feinen anberen 2Beg bet ÜiedjtfeTttgung,
als ben butä) ben ©lauben an ben einmal für uns bafnngegebenen
Qtyriftu3; biefen täglidj opfern motten, betfjt feine Äraft unb fein
SBerbienft oerfennen. 2. SDiefer gerreujigte, auferfianbene unb jur
Deuten be3 SSaterä erhobene Sfn-ifruS ift ber einige ^oljeprießer,
Mittler unb £err ber Äirdje. 3. !£)ie Ätrd&e ©otteS bejter)t au$
benen, bie glauben, ba§ fie bloS burdj ba$ 83lut (grifft erfauft finb,
unb bie feinem SBorte allein oertrauen. 4. ÜMefe Sirdje erfennt man
an ben burefy (£l)rtjtum eingefefcten $njtalten, Saufe unb Sföenbmal,
meiere ©acramente beiden , metl fie ©ümbole unb &tiä)tn ber ©nabe
©otteS ftnb. 5. ©ie erfennt feine anbern Liener an, al$ fold)e,
welche baä SBort rein prebigen unb bie ©acramente redjt oermal*
ten. 6. Sie fennt feine anbete Söeicfyte, aU bie, meldje oor
©ott gefdjteljt, unb feine anbere Sbfolution, als bie, meldte ©Ott
erteilt. 7. ©ie fennt feinen anbern ©otteäbtenft, al$ einen gcifHgen,
ber toeber ber Zeremonien nod) ber Silber bebarf. 8. ©ie fennt
feine anbere Dbrigfett, al8 bie ber Öaien; biefer ift ber ßt)rift ®e*
borfam fdjulbig, infofern fie nicfytS gegen ©ott befiehlt. 9. £)te (§#c
ift fein £mberiuÄ ber £etligf eit irgenb eineä ©tanbeö. 10. 2Ba§ bie
gleichgültigen £)inge (media) betrifft, toie ©petfe, £ranf, 23cob=
adjtung gemiffer Sekten, fo ijt ber fromme frei gu Ijanbeln, mie e$
tym gut bünft, fofern eS nur in Siebe gefd)iet)t
£>a$ ©efpräd) muTbe am befiimmten Sage eröffnet, trofc be$
SfiiberrebenS ber fatljotifdjen Äantone, trofc ber mteberbolten, oon
garel miberlegten Sßroteftattonen ber ßaufanner ©tift^erren, trofc
felbfi eine« faiferlta>en ©d^reibenS an ben 9J?agiflrat ber ©tabt.
3al)lrcidje $riefter unb .2Hönd)e maren jugegen; SDrog», SSicar jut
SDcorgeS, Sodann Sflimarb, ©dmHetyrer ju SJeoao, Sodann
SDJicbob, $)efan an biefem Orte, ber 2tbt $erbtnanb ßonä oon
ßaufanne, ber SSicar 3ol)ann SBerillo traten für ben Äatljolicü^
mu$ auf; ber oorneljmfle SSert^eibiger biefeS lefcteren mar aber ber
franjöfifdje Slrjt ©taube 33land)erofe. £)ie Sßerijanblungen mur*
ben, unter bem 2>orfifc ber 23erner Slbgefanbten, mit allen bei folgen
©elegentjciten bamalS üblichen görmücfyfeiten in franjöfifdjer ©pradje
geführt, garel oert^eibigte bie erfte Stbefe, inbem er bem ^elagia;
ntSmuS ber ©egner bie betreff enben SöibeljteHen entgegenfefcte; befon=
ber3 jetgte er, n?ie ungegrftnbct ber SSormurf mar, bie 9leformirten
laugneten bie guten äßerfe, mal)renb fte ja gerabe bie 3Renfdjen jur
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wahren Duette biefer ffierfe, jum ©lauten, aurücffühTen moUten.
SMret miberlegte bie oermittelfi fop^ifHfc^er Hu«legung mehrerer alU
unb neuteftomentlicher ©teilen behauptete 5Wot^tt>enbtgfctt be« täglich
ju mteberbolenben Opfer« Shrifrt. ©egen bie ^mette Zfät, bie
SUret entmtefette, trat SWemanb auf. ©efio mehr SBiberfpruch fanb
bte brttie, bei melier auch bie £ranSfubftonttation jur Sprache tarn.
ftarel, 33iret, (Salbin nahmen nach einanber ba« SBort; Öefcterer
n>icS nach, bap ba« fatholtfche iDogma noch nicht in ben flirren*
»ätern enthalten Ijh £)a auf feine Rebe bie ©egner fdjmiegen, fianb
bei SBarfujer Johann Stanbt auf unb erflärte mit etnbringlichen
2Borten, er erfenne bie SBa&Tfjeü ber eoangeltfchen fiebre unb entfage
betn $ap|ttljum. SBei ber »ierten unb fünften 2$efe fprach SSiret
über bie Stuctorität be« Sßapfte« unb ber jftrdje, unb über bie oer=
f^iebenen ©rabe ber Hierarchie. (Sntrüfret, bafj Rtemanb fich erhob,
um Um ju miberlegen, fagte ber 3trjt SÖIancbcrofe: ,,3ct) bitte
mich ju entfcfyulbigen, menn ich bi«fjer feine genügenben ©rünbe oors
gebraut fyabe; ich meij? nicht mehr, ma« man gegen bie aufgehellten
@äfce elnmenben fönnte; bie Sßriefter, ftatt mir bcijujiebn, laffen mich
tm€ftirf)." Such über bie oon ÜBiret enrmicfelten fechjte unb ftebente
Siefen fchmiegen bie ©egner, obroohl beTen über bunbert anmefenb
maren. Csrji über bie acr)te entfpann ftch ein lebhafter @trett jmifchen
ftarel, SBiret unb ßaroli einerfeit«, unb 39lan<$erofe unb
3)2 ich ob anbrerfeit«; auch bie £ran«fubftantiatton mürbe mieber
hereingezogen. SDte neunte unb bie jehnte ber Siefen mürben oon
garel unb UMret gegen SBlancherofe oertbeibigt; biefer 50g fi<h
ätilefct au« ber SBerfammlung jurücf. ftum ©chlufj beflagte ftet) ber
3$icar $)rog» über bie 2lrt, mie bie Sßrebtger „bie armen $rtefter"
behanbelten; finb fte unmiffenb, fo muffe man SWitleib mit ihnen
haben; e« fei fein grofjer Ruhm, fte ju befiegen; man folle ihnen Qeit
laffen, ju frublren, um fleh oertbetbtgen $u fönnen unb feine I^rr*
thümer ju lehren. (Sx hatte Recht; benn in ber Süjat hatten fte burch
ihre Haltung beim ©efprdch, unb befonber« baburch, baj? fte ba«
#auptgef<häft einem 8aien, einem Slr^te, überliefen, genugfam gezeigt,
toie unmiffenb bie ©eifiliebfeit bamal« in biefen ©egenben mar, mie
menig fte jum fiampfe taugte gegen bie in jeber ^ütftcht ihr fo meit
überlegenen Reformatoren. 3n feiner ©rmiberung auf Drogö'«
Rebe fagte SBiret unter «nberm: „3h* »erttrtheilt fclb^ eure $rte*
fter, menn 3>h* ft c burch ihre Unmiffenheit entfchulbigen moUt. SGBürbe
ein (öajuiier oeruyen, ^etn joanomfre ju oert^etetgen, er fanoe gemrp
bie befien ©rünbe bafür. 3fi e« baher nicht eine (Schmach für bie
Sßrtefter, baj? fie ba«, ma« fte treiben, nicht ju rechtfertigen öermßgen?
ihun fte ma« Rechte«, marum behaupten fie e« nicht? 3h* begehrt
3eit, umju fiubiren: feibihr fo herabgefommen, baf ii)r nicht einmal
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fcifjt, ob 3h* recht hanbelt ober nicht? SBenn 3h* nicht oerfidjert
feib, ba£ bie Stoffe oon ©Ott ift, warum feiert $h r fte? ©inb bie
$rie(ter fo unwiffenb, wie 3h* e$ faßt, fo follten fte tyr Slmt auf*
geben. 3hr wäret nidjt tl)öricht genug, um (Such einem ©dn'ff anju*
toertrauen, beffen ungefchiefter Steuermann (§udj ber ©efahr ju ertrinfen
auSfefcen würbe. 2Bie fönnt 3h r (Such baljer wunbern, baß wir
(Sure Leitung nicht mehr »ollen ?" ftarel bcfchlofj bie SBerhanb*
fangen, bie adjt Stage gebauert Ratten, burdj eine lange $rebigt, in
ber er bie aeljn Siefen nochmals entwtcfelte, ba8 SSolf unb bie $riefrer
$ur Sinnahme ber SBahrhett ermahnte, unb bie Reformatoren gegen
bie gegen fte auSgeftreuten 93erläumbungen Oerthetbigte. $)cr ©dmlts
$df oon S3ern , %ato1> oon SEBattWöl, lub hierauf bie SBerfammlung
ein, in Ruhe bie SSefchlüffe ber Regierung &u erwarten. $)ie golge
be$ ©efprädjS war, bafj fdjon ben erften Rooember bie Reformation
8U Saufanne eingeführt, unb SHret unb (Saroli als Sßrebtger ber
neuen ©emeinbe angeftellt würben.
Räch ©enf jurücf&efehrt legte ftarel, ben 10. Rooember, bem
Rat^ ein ©laubengbefenntnif} unb einige biSciplinartfche Slrrifel oor.
SDaS SBefenntnifj befianb, fo wie bie ftugSburger (Sonfeffion, au8
21 Slrtifeln. $n ber ©pifcc fleht ber ©runbfajj, ba§ bie ^eilige
©chrift allein bie Regel be8 ©laubeng i(t; alleg, wa§ folgt, ift
Wefentlich nur eine (Sntwicfelung ber theoretifchen unb praftifdjen %oU
gerungen auä biefem Sßrinjip, fowoljl poftttü bie eoangeltfche Ser)re
auffteßenb, al$ polemtfch bie fatholif^en ^rrthümer abweifenb. 3«^P
wirb bie (Stnheit ©otteä behauptet; biefer ©ort foll allein unb im
©eifte unb in ber Sßahrbeit angebetet werben, woraus bie üßerwers
fung ber $eiligenanrufung unb ber äußern ftnnlichen ©ebräudjc folgt,
©ein ©efefc tft ba$ §bä)fte\ in beffen ^Befolgung befielt bie ©erech?
tigfeit, beren ©runbjüge ftd^ in ben je^n ©eboten finben. 3 n §olge
beS ©finbenfallS ift aber ber Sttenfch unoermögenb, ba§ ©efefc ju
erfüllen unb »erfällt bem 0öttItdt)en <Strafurtr)eiI. $>urdj fidt) felber
fann er ftch ntdt)t retten; allein ©ort fyat ihm in Gfyxifo einen ©rlofer
gegeben; burdj ben ©lauben an biefen erfolgt ba$£eil. <Die©umme
beS ©lauben« tft im apojtoltfchen ©ömbolum enthalten. $5er ©laube
bewirft Rechtfertigung, SBiebergeburt unb Vergebung ber ©ünben bei
ben SBiebergeborenen, bieg SlUe« aber nur auS freier ©nabe ©otteS,
ohne Rüdfftcht auf trgenb ein SBerbienft oon ©eiten be8 SÄenfchen.
5Der ©laube Ift ein ftchereS SSerrrauen in bie 33erheijmngen ©orte«,
eine Aufnahme (Shrifrt fo wie er oon bem SSater gegeben unb in ber
heiligen ®<$rtft bargefteUt ift. Shriftu^ ift bah« aöein anzurufen,
unb gwar burdj Gebern oerftänbliche ©ebete; ba« ÜJhifiergebet ift ba^
be§ ^errn. Der ©acramente ftnb nur jwei; fte h^cn gum BwedP,
ben ©lauben an bie SBerheifungen ©otte« su ftärfen unb benfelben
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oor ben Sttenföen ju Bezeugen. $)fe Saufe tp ein äujjereS 3eic$en
ber SGBiebergeburt; ba$ 2lbenbma$l tP ein Beiden, Durchweiche« unter
Srob unb 2Betn bie wahre geifHge ©emetnfehaft bargePellt wirb , bie
wir mit bem ßeib unb 33lut be« £errn haben; e« foU 2Wen unter
beiberlei ©effalt gereift »erben. Die Äirdje bebarf einer gorm unb
Drbnung, aber äße ©efefee, bie nur baju btenen, bie ©emiffen gu
binben, müffen oerworfen »erben. SDie rechte flirre erfennt man
an ber reinen Sßrebigt be« SBorte« ©otte« unb an ber reinen 58er*
waltung ber ©acramente; wo bie« nicht jtattfinbet, ip bie Ätrdje nicht.
£)a e« aber auch in ber wahren fffrehe, infofern pe eine pchtbare ip,
9Serä$ter ©orte« unb feine« SBorte« geben fann, fo ip ber 33ann,
al$ IjeilfameS SJttttet ber Bucht, einzuführen. @« fann feine anbere
©etpliche (pasteurs) geben, al« Diener be« SGBort«; pe haben feinen
anbern Stuftrag, al« ba« S80IC ©otte« nach feinem ©efefce ju leiten,
alle Obrigfeit ip oon ©ott eingefefct; man ip il>r ©e^orfam fdjulbig
in SlHem, wa« nicht gegen bie ^eilige ©chrift anftöfjt.
Ob (Saloin bei Slbfaffung biefe« SBefenntniffe« mitwirfte, ip
nicht befannt ; e« »errätl) feine ©puren feine« GsinPuffe«. Die $räbe=
pination ip mit ©ttßfchweigen übergangen; r>on ber Dreieinigfett
fommt nicht« Hnbere« oor, al« Wa« ba« apopolifdje ©r>mbolum fagt;
in ©e^ug auf ba« Slbenbma^l wirb noch bie einfache QtoiriftU'fäe
Slnpcht au«gefprochen ; $arel weifj nicht« oon einem geiptgen ©enufj,
ba« ©acrament tP ihm blo« Seitytn ber geipigen ©emeinfehaft
ß^ripi. Dem ©anjen lagen bie brei althergebrachten £auptpücfe,
bie jetjn ©ebote, ba« ©tymbolum unb ba« SBater Unfer jum@runbe;
pe pnben pdj auch an ben betreffenben ©teilen eingefchaltet. (5«
genügte jeboet) jur^eppettung ber Deformation unb jum entfdnebencn
23ru<h mit bem römifchen &atholici«mu«. Diefe« ©efenntnijj foUte
nun oon allen Gnnwohnern unb Unterthanen ©enf« befebworen wer*
ben, bei SSerluP ihre« ^Bürgerrecht«. Diefer Antrag war an pch
fdjon ein äujjerp bebenflicher, wiewohl er ben^been be« fechaelmten
3at)rbunbert« über 93erh5ltnij* oon ©taat unb Äirche entfpracb ; er
würbe aber noa^ gefabroofler, bei bem bamaligen 3itP<mfa ©enf«.
ßeute, welche ber Prengen ©ittenreform wiberprebten , bie ftarel
unb Salotn bejwecften; anbre, Welche nwJHfche unb pantr)cifhfct>c
Träumereien al« 3Bat)rr>cit prebigten, hatten pch $u einer $artyef
oerbunben, bie, unter bem tarnen ber Siberriner befannt, oerfchieben^
artige Elemente in pch oereinigte, unb nur in ber SBefämpfung ber
fogenannten Tyrannei ber gjrebiger übereinpimmte. 3wei pärnifc^e
Sffiiebertäufer, mit Welchen im SDl&x^ 1537 garel unb Saloin bifpu^
tirten, würben jwar oerbannt, liefen aber boer) einige Slnbdnger
jurücf. Doctor ©aroli, bi«^r ber Reformatoren ©ebülfe, flagte
garet, SSiret unb ©aloin be« Slriani«mu« an; auf jwei ©tonoben
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&u &rofanne unb &u ©cm oertljeibigten fie fidj, (Saroli würbe mit
©efängmß bebrofjt, entflog unb fe^rte jum Sßapfttlwm juriu* ; allein
feine <5d)mäbungen Ratten bei ben ©egnern ber ^rebiger ©ebör ge*
funben. @S genügt ^ier auf biefe (Srfdjetnungen aufmerffam ju machen,
um ben Sffiiberwtllen &u erflaren, ber ft# bei Sielen gegen baS ©lau=
benSbefenntniß unb bie ßirdjenbtgciplin äußerte. Ueffenungeadjtet
würbe jene im^uli 1537 oon bem großen föatljc angenommen; burdj
eine feurige Sßrebigt in ber $eter$firdje empfahl fie ftarel bemSSolf.
3Me ©ürger würben aufgeforbert fie ju bef<$wören; gegen bie, bie
ftd) Weigerten, würbe ein unausführbares 93erbannung8bcfret befannt
gemadjt. Ü)ieS biente nur baju, bie Ißartbet ber Sibertiner ju Der*
mehren; unter ber aufgejterften §a!me ber ©ewiffenSfreifyeit fammelten
fid) ?We, bie nidjt nur für i^ren ©lauben, fonbern audj für iljre
bitten bie größte llngebunben^eit Oerlaugten. 90?uß man ftcr) gegen
bie Hjeocratiftfyen ©runbfäfce ber Reformatoren auSfpreäjen, fo muß
man nodj entfdjiebener bie Stenbenjen ber Öibertiner mißbilligen.
Öeiber fam ju biefen ben ©enfer $rebigern ungünfügen Urnftan*
ben ein Angriff, toon einer bisher befreundeten ©ette. ftarel, in
feinem ©eftreben bie Äirdje auf bie äußerfte (5infad$ett ber apofto*
lifdjen 3eü gurütfjuf fujren , Ijatte audj einige ©ebraudje abgerafft,
bie &u S3ern nodj beibebalten waren. 3m Sntereffe ber ©intradjt
wünfdjten nun bie Söerner, man mochte biefelben aud) in ©enf wies
ber einfuhren; e$ Ijanbelte fidj babei um &eußerlid>feiten , namentltdj
um baS beim Slbenbmal gu gebraudjenbe Sörob, um bie Xaufjteine,
um biegeier anbrer^ejle außer beS ©onntagS. ftarel unb ßaloin
gaben nu$t nadj; fie wiberftanben felbji ben ©efdjlüffen einer beßljalb
ju ßaufanne gehaltenen ©tynobe. $)a auglctdj bie Sßartljet üjrer ©egner,
burdj bie SBabI bon brei ©rnibicS, jur Regierung gelangte, traten
fie mit großer tfraft, ja mit #eftigf eit gegen bie ßtberttner auf. @S
warb i^nen oerboten in üjren ^rebigten oon ben Angelegenheiten ber
©tabt au reben; nid)t3 beflo weniger fuhren fie mit ihrem öffentltdjen
Stabel fort. (Sourault würbe gefangen gefegt; garel unb ©aloin
erHärten, fie würben baS Bbenbmal ntct>t in ber oon 93ern beliebten
ftorm, unb oiel weniger no$ (Sollen reiben, biebaS ©laubenSbefennt*
mß nicht befdjworen Ratten. 9Ran unterfagte ümen am Dftertage bie
Äanjel ju betreten; ba fte eS bennoch ttyd™ un *> W S«fl lei $ mi *
gerten baS@acrament gu erteilen, erging, ben 23. Stpril, berSBefebt
an fte „in brei Sagen bie ©tabt &u oerlaffen, weil fie ber Obrigfeit
ni^t gehörten woUten. 4 ' %axtl rief auS: „wohlan 1 e« ifl ©orte«
SEBiOe"; ßaloin: „Rotten wir ben SHenföen gebient, fo waren wir
fd)ledjt beja^lt; wir bienen aber einem grßßem^errn, ber un« lohnen
wirb/ «u^ ©aunier unb einige anbere tnngere ghrebiger würben
oerbannt, unb bur^ neue, aber unglücffi^ gewd^lte erfe^t. SDic
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Unorbnung, bte SBerwtrrung in ber ©tobt nahm ju; bie (Erbitterung
ber^artheien wuchs, unb ba8 SQBetf ber Reformation föten für lange
3eit gefährbet.
ftarel unb Salbt n eilten nach 93ern, wo fle, ungeachtet bet SEei*
nungSoerfdjtebenhett übet bie (Seremonten , gafilicbe Aufnahme unb Willi?
ge« ©ebör für ihr 33ege^ren fanben, man möge ju$ ihrer ©ache annehmen.
3n Sürict), wo eben eine ©tonobe oerfammelt war, erßdrten jie ftch
bereit bie ferner ©ebrauche ju befolgen, um nicht inbifferenter Dinge
wegen bie ßirche ju {palten. TO (Smpfehlungen 3üri<h« lehrten fte
nac^ äurücf, unb baten ben Rath fte burdj awei feiner ©lieber
nacb©enf begleiten gu laffen; e$ warb ibnen gemattet; Siret würbe
oon ßaufanne au« ooraudgefclncft, um ihre Rücffebt oorjubereiten ;
oergebend fprachen aber er unb einer ber SBerner ©efanbten ju i^ren
©unjten, in tumultuarifcher ©ifcung wieberholte ber 99att) ba« SBer-
bannnng«s£erret. Die beiben Reformatoren wanbten ftch nun nach
SBern, wo (Einige baran bauten, fte burd) förmliche ^Berufung jurfiefc
jubefyalten; oon ba ritten fte nact) SSafel. 3 n einem Slugenbltcfe ber
(Entmutigung backten fie baran, bem $rebtgts2lmte ju entfagen; allein
oon ben ftreunben gebrangt, gaben fte biefen ©ebanfen fofort wieber
auf. (Ealoin ging nach ©trafcburg, wo er Geologie lehrte unb
$rebiger ber glüchtling«*©emeinbe warb; §arel würbe nach Letten?
bürg berufen oon ber $ßrebiger*£laffe, ber er f elber, einige Safyre
oorber, ihre Organtfation gegeben fyattt; jwet Rathähroen unb &Wei
9)fitglteber ber klaffe (amen nach ©trafjburg, um ihn ehrenooU abju*
holen. Änfang« weigerte er fict) , weil bie Älaffe ftch ber (Einführung
einer $ftrd)en;$olijet wtberfefet hätte; erft auf bie 93ltten § aller«,
SBirctö unb anbrer ftrennbe, unb auf bie 3 u f<*0 e / mfln würbe ihm
bie £)i«liplin gewahren, begab er jtet) nadj ReuenbuTg. ©eine erfte
(Sorge war nun bie «Umarbeitung einer 5Di«ctplinar*Orbnung , beren
Annahme jebodj auch fytx burch grofje ©chwierigfeiten oerjögert würbe.
3n ber Bwifchengeit bereifte er bie Umgegenb, prebtgte an oerfchte*
benen noch fatholifthen Orten, führte faft überall bie Reformation
ein, unb fah felbft ben (Statthalter be« ßanbe«, ben £errn oon
Sßrangtn, bem ÄatholtciSmu« entfagen. ©egen (Enbe be« $ahr«
1539 erfuhr er, bafj (Sarolt gu SBonneoiHe fei unb ben SBunfct)
naoe, wteoer cu» ipreotger autgenommen ju weroen. ist oegao |tco
fofort nach bem Orte unb in ©eifein SBiret'«, einiger $rebiger unb
Rath«glieber, fteOte er Saroli jur Rebe, tiefer behauptete, er
habe fett er bie ©djweij oerlaffen, in oerfcfyebenen ©tfibten granf*
reich« 8U 8öon, Montpellier, «oignon, ba« (Eoangelium geprebtgt;
er wiberrief, wa$ er über oorgebliche Äe^ereien ber Reformatoren au«=
gefagt hatte, unb erfldrte ftch förmlich gegen bie SKeffe, ba« geg=
feuer, bie ©ebete für bie SBerjtorbenen. garel nahm biefen 2Biber=
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ruf an unb nad) einem ©ebete, oerföhnten fleh Me ben 29. Januar
1540, mit bem fcbeinbar reuigen (Saroli. ftarel oerwanbte ft<h
für ihn ju 93ern unb su Sflümpelgarb, \a wollte ihm ju einer ©teile
im SReuenburgtfchen oerhelfen; man traute ihm aber nfdjt mehr, unb
mit Stecht, benn balb barauf f ehrte ber unbeftanbige Sttann &um
gweiten Wied jum £atholiri«mu« jurüct
üßiel mistiger unb emfler waren bie Sßadjridjten, welche in biefer
3eit ftarel au« ©enf erhielt. Unter ber Regierung ber ßibertiner
war bie Anarchie auf« Ijöa^fte gefttegen; 33otf«aufftänbe unb £inriä>
tungen brachten Jebodj bie $artbei jutn ©tur^. SDa erinnerte man
ftdj an bie vertriebenen Sßrebiger, al« an bie, Welche allem tm©tanbe
waren, bie ©emüther ju befänftigen unb föuhe unb ftutyt wieber her*
aufteilen. %m Dftober 1540 mürbe ein 83ote an (Salotn nach
©trafwurg gefanbt, mit bem Stuftrage, auch garel jur 9iü(ffct)r
ju bewegen ; im Sßooember mürbe ein jweite« 9Jial an ßefctern gefcr)rtes
ben. 6a I Diu wollte juerjt nur fommen wenn auch garel wieber
fäme; biefer aber, ber, trofc ber wiebeTholten Sitten be« ©enfer
SRath«, Neuenbürg nicht oerlaffen fonnte, brang in ben greunb bem
SRufe $u folgen. $)en 13. ©eptember 1541 f ehrte ßaloin in bie
©tabt prücf, bie nun bereit war, üjn ungebinbert wirfen gu laffen.
Um alle ©puren ber Vergangenheit au«juwifchen , war bereit« ben
1. 3Kai ba« 23erbannung«=£)efret aufgehoben worben; fpäter würbe
ein förmlicher £u«föhmmg«s3lft aufgefegt, ben (Saloin furj nach
feiner Hnfunft unterf abrieb , unb ben man auch an garel nadjSReuen*
bürg fanbte. Ccfttcrct hatte, wä^renb ©aloin noch in ©trajjburg
war, ihn bafelbft befugt unb war bi« SBorm« gereift, wo er ftdj
mit SRelandjtbon unterhalten hatte. 3u Neuenbürg erregte ihm,
wie früher ju ©enf, fein drängen auf fbrenge 3u<ht, otele ^einbe.
511« er einft, oon ber tanjel herab, über eine ftrau oon ebler #er*
fünft, bie ihren ©arten oerlaffen hatte, heftigen fcabel au«fpracb,
brach ber ©roll gegen ihn lo«; bie Sßoxttyi ber Unjufriebenen , gu
ber auch Ötbertiner unb fehlest befehrte Äatholifen gehörten, erlangte
einen 9tatb«befcbtuj3 , bem zufolge ber Iaftige ©ittenrichter in gwet
Monaten Neuenbürg oerlaffen foUte. @« beaann für ihn eine fchwere
3eit; bie ©erner, bie ihn bisher befehlt harten, fchienen ihn bie«*
mal oerlaffen ju motten. SSon mehreren ©eiten , befonber« oon (5 a l o f n,
ber f elber befftalb nach S3ern ging, aufgeforbert, ftdp garel'« unb
ber SReuenburger Äfrcbe anzunehmen, febiefte bie Regierung jwei 2tb-
georbnete um bie ©adje &u unterfuchen. ©er eine war ber ©cbult*
hei§ oon SBattWöJ, ftarel nicht mehr fo günjtig al« früher. Stuch
SHret unbSlnbere erschienen. SSon gareT« ©egnern Uaxheitd, rie=
then ihm bie SSerner, ftch bem 9tatb«befcbluf} ju fügen; SB a 1 1 w ö, l meinte
bie weltliche Dbrigfeit fönne Sßrebiger fo gut wie anbere Liener afc
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fefcen; garel aBer erflärte er »erbe mdjt wetzen, bettn er (ei oon
ber tfirdje berufen, fte allein fyaBe ba$ Redjt i^n entlaffen, b<m 5
belte er anberS, foüerrietlje er ©Ijriftum feinen £errn. SRit biefem
93eriä)te lehrten bie jwei Stbgefanbten nad) 93em jurütf; auf iljren
Antrag fcfyrteB ber ffiatfy an ben Reformator, er möge ftdj eine anbere
©teile fuctyen, ba bie ©emütljer ftdj i^m entfrembet hätten. SDurdj
©riefe unb SBoten würbe nodj oiel oerljanbelt, garel aber Hieb
ftanbbafi, ja wäf^renb einer Sßefi war er einer ber treueften ©eelf orger
ber ©emetnbe. $)te Reuenburger ßlaffe na^m fid} feiner an unb
orbnete julefct eineS ityrer ©lieber, (Stynarb ^td)on, an mehrere
fdjwetyerifcbe unb auölänbifc^e Äirdjen ab, um iljnen ben ganjen SSor*
gang unb beffen Urfadje , bie bcabfidjttgte (Sinfüljrung ber Äirdjenjudjt
oorjulegen. Sllle fpracfyen ftcr) gu©unften garel'g unb ber £)i8ciplin
au$ , fo baf? julefct felBjt bie SBerner nachgaben , unb ben 29. 3anuar
1542 ber HuSweifungäBefdjluf? oon bem ReuenBurger Ratfye jurütf*
genommen würbe, ©$on ben 5. geBruar würbe Oon bem 9iatl)e eine
„Drbonnanj" Berannt gemalt, welche ni<$t nur bie ©ittenpoHjei,
fonbern audj bie Äirdjenjuc^t unb bie „Brüberlidje (Senfur" unter ben
@eijUiä>n Betraf.
3efct, nadjbem bie ©emüi^er oerfötynt unb ba3 oon ftaret
erfrrebte 3itf erreicht waren, erbat fldj biefer Oom Rat^e bie CfrlauBntf?,
©enf ju Befugen. (£r erhielt Urlaub für einen fltfonat; $u ©enf
würbe er auf 3 etyrenooHjte oon bem SWagiffrate empfangen, fpradj
mit Rührung oon feinem fielen 2Bunf$e, biefer ©tabt ju bienen , uns
terljielt ftä) mit (Saloin, unb alä er jurücff et)rte , gab man ifym ein
$ferb unb SlHeS, wa$ tym jur Reife nötyig war. 3« Neuenbürg
wieber angelangt, traf er nidjt 2flle$ nadj 2Bunfdj; eS war wotyl
leicht eine Äirc^en * ÜMScfplin ju befreriren, aber föwer, fie ben ©es
müttyern annehmbar gu machen; audj §atte bie Drbonnanj oom ö.
gebruar , ba fie blo« oon ber weltlidjen JDBrigfeit auggegangen war,
bie fflaffe ntdjt oötlig Befriebigt. garet ging ba^er nac$ ©ern, er*
wtrtte bie Berufung einer ©onobe, unb Iie§ bur# biefelbe (Sttal 1542)
emeRetye oonBrttfeln annehmen, bie mit ben frühem Beinah gleicb*
Iautenb waren, aber bie ©djwierigfeiten ber SluSfüljrung ni<$t gu
beseitigen oermod)ten.
3u 9J?efe, ber bamatS lot$ringiföen ©tobt, $atte fi<$ feit längerer
3eit eine eoangelif^e ©emeinbe gefammelt; nadj mannen fdjweren
©djicffalen, fdjien für fie im Satyre 1542 unter bem ©<$ufee
©cböffenmeifterS äafpar oon #eu, eine 3eit größerer greüjeit
anjugc^en. ©ie berief ftarei, ber fdjon 1541 an ben 3Refcer 3Ha*
gtfhat ju ®un(len ber iprotejtanten gef trieben Ijatte. Ü)ie meiften
feiner greunbe wiberrietljen i^m bie Reife, ber ©efa^ren Wegen, benen
er fxi) im fatyoltfdjen ßot^ringen auSfefeen würbe; er aber fannte feine
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fturdjt, unb ßalotn unterftüfcte feinen (Sntfdjluf}. SDer fteuenburger
föatl) lieg tyn nur ungern fort; ben 3. (September 1542 traf er in
SÄefc ein,tfafparoon£eu na$m Um auf. <£r prebtgte auf bem
ßtrd$ofe be3 SafobtnerflofterS , trofc ber ©eridjtSbiener, bie if)n baran
oerljinbern follten, unb trofc ber Sttöndje, bie alle ©lotfen läuteten,
um feine ©timme ju übertönen. Vor ben SÄagiftrat gerufen unb
befragt, mit weffen (Srlaubnifj er prebigte, antwortete er: „auf SBefefyl
be$ #erm unb auf bie SBitte ber ©lieber fetner tfirdje." ©ein Ver*
fudj, in ber Spetcröfir^c aufzutreten , würbe oerljinbert, ja bie $rote*
ftanten würben genötigt, bie ©tabt &u oerlaffen; flc gogen ftdj nadj
flttontignt jurücf, wo garel fortfuhr ifmen 51t prebfgen. 3« Dc *
Verfolgung, Welche felbjt ba8 £)a$wtfd)entreten ber beurfdjen dürften
ntdjt fytnbem fonnte, gefeilte jtdj eine oerfyeeTenbe Sßeft; garel blieb
entfdjjloffen an feinem Soften, bnrd) bie ©riefe unb ©ebete feiner
fernen ftreunbe ermutigt Von SDfontigni mufte er mit feinem
Häuflein, otelfad) gefdjmätyt unb mi^anbelt, nadj ©orje wanbern,
ba$ bem beutfdjen protejtantifdjen ©rafen SBtlljelm & on S&rflenberg
geborte. @3 i(t fyter nietyt ber Ort, bie Verwicflungen unb Verljanb*
fangen gu erjäljlen, weldje biefe Sßertobe ber ftrcfjlidjen unb politifdjen
©ef$id)te oon 2ftefc bejetdjnen; wir $aben eS in ber ^ür^e nur mit
bem ju tijun, wa$ ftarel betrifft. $)en 11. Wlaxi 1543 oerfafte
er ju ©orje ein, Balb barauf ju ©enf gebraßtes, ©enbfdjretben an
ben^erjog oon fiottyringen, worin er Ujn ermahnte, bie Goangeltfcfyen
nidjt mit Rebellen ober SBtebertäufern ju oerwectyfeln, unb Urnen
©ewtjfenSfreifjett ju geftatten; er gab eine $>arjfeflung ber protefian*
tifdjen, au3 ber 3Mbel gef djöpften ßeljre, Welver er bie 3rrtljfimer
unb SRtfwraudje ber römifdjen flvrdje entgegenfefcte. (58 war oorauä*
gufefjen, bajj biefe (Splftel oljne ßrfolg bleiben würbe. £)en 25.3Wars,
am Oftertage, würbe bie Verfammlung &u ©orje, welker garet
eben baS Hbenbmal ausgefeilt Ijatte, oon lotyringifdjen Gruppen
überfallen; mehrere würben getöbtet, anbere ertranfen auf berftlu^t;
ber Sßrebiger felbjt, oerwunbet, entging nur mit SWülje ber ©efaljr;
auf einem ©iedjenwagen fam er in ©trafcburg an. 3« ^Wefc würben
bie lefcten 9lnf)änger ber Deformation oerbannt; ftatt §arel prebigte
nun ber £pofiat (5 a roll, ber ber Verfolgung nict)t fremb gewefen
war, unb batb waren bie legten ©puren be$ $roteftanti8mu3, we*
nig|ten$ äuferfafy, entfernt Saroli wagte eS nun, ben 14. SRat,
ftarel eine «ufforberung jur Imputation jujuf^irfen. <5r begann
flc mit ben übermütigen SGBorten: „SBiffe, bajj tdj, ©ort fei 5Danf,
beine ©Tönungen unb 2lnf djläge nia^t meljr furzte, benn ber ©eljt
unfere« ^erm ^efu (SljrifH ^at m\$ burd) ba3 #reu$ geftdrft unb
wirb mic^, wie id) ^offe, nai^ feiner ©üte ferner unterftüfccn , baf
bu mid) nic^t me^r fo föxoaä) finben wirft wie e^emal«." hierauf
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macbte er t§m bie ungereimteren 83orfd)lage: et berief i§n entWeber
oor ben $apft, ober »or baS (Eoncil i>on Stribent, ober toor ben
Äaifer, ober oor ben Äönig oon ftranfceid), ober oor bie ©orbonne,
ober na$ ©alamanca, nacb Sßabua, naä) Sötten; in adpt Sagen
fofle er U)tn SBeridjt geben, tto^in er fommen wolle ; erfebeine er
nicfyt, fo tterbe er üjn für einen überttunbenen feigen ftejjer erfuhren.
Sulejjt machte er no$ einen feltfanten SSorfc^Iag : SBeibe foUten ftdj
gefangen {teilen, er (Sarolt ju 2Äe|j, garel in bie Jpdnbe beä
ffönigS oon ftranfreieb, unb fo au$ bem ©efängnij? fyexauQ mit ein-
anber biSputtren. ftaret antttortete bereite ben 21. Sftai: er fei
bereit oor allen, felbjl ben pc^ften Söebörben, tto ©ort i^n l)inrufe,
feine Sßrebtgt jn oertljeibigen , unb allein gejhaft ju tterben, ttenn
er niebt bie eoangeltfcbe Sebre oerfünbigt babe. SDabet jetgte er ba8
Sadjerlidje ber SSorfcbläge (Sarolt'3 unb wteä biefen, wegen feiner
mafclofen Gfyrfucbt, mit ernften ÜBorten jurecfyt. (Ealoin unb SBiret
gaben beibe ©^reiben ju ©enf im $)rucf ljerauS. garel oerweilte
in ©trafjburg, anfangt mebergefdjlagen ttegen ber 3erjtreuung ber
SWefcer ©emeinbe, balb jeboeb ttieber ermutigt bureb bie „©uttyaten,
greunbfa)aft, Unterbaltung unb ©ebirm", bie er in ber föet^Sftabt
fanb. SDer ®enfer SÄagifhat fanbte tbm fcrojtbriefe unb ©elb;
(Salotn, SSiret, bie SNeuenburger trieben tym, um ilm aufauriebten.
£)a e3 üjm, im 3ntereffe ber Wieget ^rotefianten , am £erjen lag,
bie SSerläumbungen (Sarolt'S gu ttiberlegen, wünfebte er nufctS
fe$nlicber, als eine öffentliche SDiSputation mit üjm; er wanbte |icb
bejtyalb an bie ©enf er, bie an bie 3J?efcer f ^rieben, um bie ©ewiHi*
gung be$ ©efpräcbg ju oerlangen; aueb (Saloin foflte baran Stbeil
nebmen, unb fam nacb Strasburg mit (gmpfeblungen ©enf« unb
SBafeW an ben SÄagifrrat, er möge ftd) ber ©acfye annehmen, ßaloin
unb garel fähigen bem ©trafiburger föatbe , in einer eigenen $>enf s
fcfyrift, brei SBege oor: enttteber üjnen ftebereä ©eleit nacb 2Befc gu
geben, tto fie bann auf eigene ©efaljr bin würfen ttoUten, ober ben
2Kefeer SKagtftrat ju bewegen fte anjubören, ober enblicb bei ben ju
©cbmalfalben oerfammelten ©tänben babin ju wtrfen, ba§ „fte bie
©aa> in bie &anb nahmen." ÜDiefer lefctere 9Sorfd)lag tturbe at$
ber allein mögüdje angenommen. SBäbrenb bie beiben greunbe ben
9lu£gang ber SSerbanblungen erwarteten, gab §arel im 3uni ein
zweite« ©ebreiben an Saroli berauä, in bem er ibn an fein frübereS
fdjlecfyteS Ccben, feine Umtriebe, feinen wieberbolten SHeltgiongwccfyfel
erinnerte, unb i^n gur Sinfebr in fein©ewiffen unb jum aufrichtigen
23cfennen ber Sßabrbeit ermahnte, ©eine unb (Saloin'3 Hoffnung,
nacb^e^ berufen ju werben, ging jeboeb niebt in Erfüllung; Paroli
erfebien ju Strasburg, wo er mit ©alotn eine um fo unnü^ere
^Disputation %ielt, ba beren 2l!ten niebt oeröffentlicbt werben fmb.
30
SBiefet/r nun auch ftarel ba« ©chüffal ber 90?ejjer ©cmcinbc fchmerzte,
fo gab et bocr) bie Hoffnung für fte nicht auf; bcn 11. 3<muar richtete
er an bic Ueberrefte beleihen ein aufmunternbe« ©enbfchreiben, inbem
er zweier) bie ©efdjichte fetner SBtrffatnfett in Sothringen erzählte,
unb bem er erhebenbe, wahrhaft erbauliche ©ebete beifügte, in bie
dürften unb Dbrigfeiten, bie ficr) ber 5Kefcer angenommen Ratten,
fchrieb er, um ftc gu bitten in ihren Bemühungen fortzufahren, unb
namentlich ben SRagiftrat ber ©tabt ju überzeugen, bap bie Sßrote*
ßanten, wie i^rc SBerläumber e« behaupteten, feine Unruhefhfter unb
Sfafrührer feien. @n ähnliches Schreiben lief er an bie eoangelifchen
tfircben ergehn; er empfahl bie SMefcer ihren ©ebeten unb ihrer brö-
berlichen $thetlnahme. Auch fpäter noch Werben wir ü)n für bieje
il)m theuer geworbene ©emeinbe thätig feb)n.
Neuenbürg mar ton nun an , mährenb einer SReihe oon Söhre«/
ber #auptgegenftanb ber gürforge gare l§. (Steige oorübergehenbe
9)?{jjheUigfeiten abgerechnet, mit Sorte ftu«, ber ihm ^rrthümer in
SSejug auf bie $erfon ©hrifh oorwarf, mit feinem (Soflegen ©h« 5
ponneau, ber fuh ber (Senfur nicht unterwerfen wollte unb über
^Srioat'Äommunion mit ihm ffritt, tonnte er ohne SBiberjianb ba«
tfirajenmefen orbnen unb befefrigen. häufige Reifen, jeboch metfi nur
oon fürjerer $)auer, unterbrachen allein feine SBirffamf eit zu 9teuen=
bürg. 3m 9to»ember 1543 folgte er einer (Sinlabung be« ©enfer
9Jtegißrat«, ber ihm, ba er in ärmlicher Reibung anfam, eine neue
anbot, unb ü)n erführe, flet) in ©enf nieberjulaffen ; er antwortete,
er fönne bie« nicht tlmn, ©orte« SÄuf binbe ihn an Neuenbürg, er
mürbe aber immer ber ©enfer treuer SDfener fein. Hujjer ben fchon
angeführten (Schriften in ben SÄefcer Angelegenheiten, gab er im 3at)r
1543 eine Auslegung beS SBaterunfer unb einen äractat über ba«
gegfeuer herau«, unb im folgenben ein (Schreiben an alle ^hrifren,
bie ba« ßoangelium rennen, um fie aufzumuntern, burcr)ihr fromme«
Seben ©ort ju preifen unb ben 9iächjten ju erbauen. 1545 würbe
abermal« ein SSerfucr) gemacht, ihn für ©enf zu gewinnen; Neuenbürg
tonnte aber feiner jDienfte nicht entbehren, fo ba|j auch Sßiret'« unb
©aloin'« SSorfchlag an SBern, ihn al« Sßrofeffor an ber 8auf anner
Afabemie anzufallen, nicht ausgeführt würbe; babei wirrten freilich
auch anbere SBeweggrünbe mit; SBern wünfehte nicht zu Saufanne ben
Grinjlufj ber caloinifchen Anflehten über Äirchenregtment uub Kirchen*
Zucht zu oerflärfen.
3m 2Kärz 1546 reifte $arel mit 23t ret nach ©enf/ unb oon
ba, im tarnen mehrerer fcr)weizerifchen ßirdjen, nach Strasburg , um
Zu ©unften ber Oerfolgten 3J?efcer unb SEBalbenfer z« h« n °eln. 3«
ben zwei folgenben Sahren fam er häufig nach ©enf, um ©albin
in bem neu auggebrochenen ßampfe mit ben fiiberttnern zu unterßüfcen;
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31
in ^rcbigten an ba8 93oIf unb in Sieben an ben 9^att> warnte er toor
bem Reiben bief er Sßarttyei , unb ermahnte bie ©enfer fidj burdj bie*
felbe nidjt irre machen $u loffen; er toert^eibigte (Salto in gegen bie
Angriffe ber ©egner, unb bie ernten SBorte, in benen er ftdj barüber
auSfpraeB, toerfetylten tyren (Sfnbruct niä^t; ber 9totf> befctylofi Ujm gu
banfen, unb bat ilju einige 3^t 8« bleiben, um bie ©emütyer ju
Befänfttgen. 1548 ging er mit (Salto in naef) Qüxiä), um SSiret
gegen einige SBerbädjrigungen feiner Seljre in ©$ujj gu nehmen; ba$
3at)r barauf wolmte er in berfelben ©tabt ber Serfammlung Bei,
welche bie UeBcreinfunft ber ©cfymeijer über ba8 £)ogma toom Stbenb*
maljl ju ©tanbe Brachte (Conscnsus Tigurinus); garel gab fid)
babei unenblidje 2J?übe, bie toerfcfytebenen Äirdjen jur Ännaljme ber
neuen gormel ju Bewegen, buref) welche (Saltotn'S 2lnfid)t bie bor*
tyerrfc^enbe würbe, „ftarel," färieb Vefeterer, „Ijat mir ben erften
Slnjlofj ju biefer ©ad>e gegeben; ifym gebührt bie (Sljre, ber Urheber
baoon gu fein." ©ern allein wtberftrebte unb ^ielt an ber 3wingli*
fdjen Sefyre fejh OB eine ©djrift üBer baS 2lbenbmaf)l, bie $aret
1551 »erfaßte, aber erjt jwei 3a$re fpSter im £rutfe erfahrnen liefe
fict) auf ben Conscnsus bejog ober nur erbaulidje 3we<fe fyatre, uer-
mögen wir nicfyt ju fagen; e$ war un8 nid)t möglich, unSbiefelbe ju
toerfdjaffen. ^Dagegen fönnen wir toon einer anbern SÄrBeit reben, bie
er im 3abr 1550 Verausgab, unb bie $u feinen wichtigem gehört.
(Sin ebemaliger ©arfußer hatte in einem gegen Salt» in gerichteten,
ber ©d)ilb ber ©ert^etbigung betitelten Stractat, bie eigen*
tbümlic^en ßetyren ber pant^eifhföen Sibertiner entwicfelt. liefen be*
fämpfte nun garel in feinem ©erwerbt be« ©ort«. <Diefe
©d>rift iji eine £auptquelle für bie ffenntnij? beä faifdjen ©pirftua*
liämuS, ber bamaB in glanbern unb in toerfdnebenen ©egenben %xanh
reidjä nidjt wenig Slnbänger aablte. £)e$ ©arfüjjerS ©udj fdjeint
toeTloren ju fein; ftarel gibt aber ^uSflüge barauS, an beren Sledjt*
Ijeit nidjt gu jmeifeln ift, obfeljon fte toon einem ©egner ber ©efte
gemalt worben finb ; benn niä^t nur ^atte biefer feinen ©runb, eine
Seljre ju entließen, bie an fidj fdjon irrig genug war, fonbern feine
3tu£&üge fUmmen audj mit bem überein, Wa8 Saltoin al$ ©tofiem
ber CiBertfner Befämpft, fo wie mit ben in einigen tyanbfcfjriftlt<$en
Xractaten entwirf elten ©runbfäfcen , bie üon ber ©efte felBer herrühren
unb ftch in unferm Söeftfee be^nben. ÜDer SBarfufer Behauptet, bie
^eilige ©c^rift müffe geijlig aufgelegt werben : bie ^Reformatoren feien
ftnedjte be3 33uc^(taBen^ unb noc^ nid^t jum tiefern ©inne burc$ge*
brungen; ber 3Äenfcb mfiffe ber ©innlic^feit abwerben, unb ^at er
bie$ getb^an, fo werbe er ji<$ bewußt, ba^ nid)t er, fonbern ©Ott
allein 8UIe$ wirfe; bie©ünbe befiele baTin, baf man ba8 3dj au^er
©ott fe^e unb glaube, e$ ^abe ein eigene« SDafein unb eigene a^ätigs
32
fett. (58 mar für garel ein fietchtrö, ba$ SBerf ehrte bei mtyfrifchen
SBibelauäleaung naebgumeifen, tote bie ÖiberttneV fte trieben; auch bie
unfittltdjen (Sonfequengen ihrer panthcifHfdjen Stnftchten Boten it)m tefc>
djen (Stoff gu grünblicber SEBlberlegung ; nur ifi gu bebauern, bafj er
in ferner (Snrrüfhmg barübtr, ftatt mit ruhigem (Srnft gu argumen^
tiren, ftch bie ^eftigften 2lu^fdHe unb bie beleibigenbfien Sluäbrücfe
erlaubt. SDodj ergebt er ftch auch gumeilen, wenn er ben (S^riften
ba8 SGBort ©otteS al$ aflgenügenb empfiehlt unb fie bor ben Irrlehren
marnt, gu mahrer SSerebtfamfett.
Den 4. SRärg 1551 hielt garel eine ©bnobe, ber auch ©aloin
beiwohnte , unb melche mehrere auf bie ö^e begüglidje fragen flüchtete.
Einige SRonate foäter ftnben mir ihn gu ©enf, mo#ieronöntu6
SBolfec, ein ehemaliger Karmeliter au« $ari3, als S3etampfcr ber
^rftbefHnation aufgetreten mar. SRadj einer Sßrebtgt beä Sodann
be ©atnt*2lnbrd, morin biefe Öehre entmtcfelt mar, trat SBolfec,
au8 ben Suhörern heroor unb miberlegte fte mit ungtemlichen SBorten.
(Saloin, ber bagu fam, oertheibtgte fle in einer ftunbenlangen föebe.
Waty ihm nat)m garel, ber gleichfalls anmefenb mar, ba$ 2Borr,
um ben Hnmefenben ben ©tauben an bie göttliche ©nabenmabl an'3
#erg gu legen unb il)nen ßiebe unb (S^rfurt^t für ©altoin gu ernofeh*
len. SRadjbem er in feinen frühern Schriften unb in ber ©enfer
ßonfeffion oon 1536 über bie $rabefttnation gefchmiegen hatte, mar
er unter @ alt) in '3 StnfluJ bagu gefommen, biefe ße^re für bie allein
tröfUtdje gu galten; boch moUte er nicht, bafj fte bet ©egenftanb be8
$>i8»uttTen3 mürbe; in bem ©djmerbt be$ ©cifteS l>at er bie ftrage
nur im Sßorbeigefyn berührt, um gu fagen, baf fte bem SSerftanbe
unbegreifbar fei unb nur mit bem SBetftanb be$ heiligen ©eifteS geloft
merben tonne. SBolfec mürbe al$ SRuheflörer au$ ©enf oerbannt;
in feiner ©dunä^biogra^ie ©aloin'g h at er auch garel genug-
fam gel&flert.
SfafangS 1553 mürbe garel oon einer ferneren Kranfljeit be«
fallen, alfobalb reifte (Salotn mit einigen ^reunben nach Neuenbürg ;
er mar 3<?uge bei bem 2tuffefcen be3 SfceftamenteS , in meinem ^arel
auf mürbige 2Beife feinen ©lauben unb feine Hoffnung auäforach.
Obgleich bent£obe nahe, genaS er mieber; fcfmn ben 15. tylai fonnte
er eine neue Sönobe fyalttn, meiere bie frühem SBefchlüffe beseitigte
unb fte al$ (Sammlung „eoangelifdjer Drbonnangen" über Kirchen*
orbnung unb i?trcr)enjuct)t belannt machte. Ueber ben Kirchenbann
maren jeboch bie Stimmen geteilt ; mährenb ^arel ilm in feiner
gangen Strenge beibehalten mollte, maren Slnbere, namentlich &abri,
fett einigen 3at)«n f em ©oDcge, für eine milbere unb feltenere 51ns
menbung. (53 mürben oon mehreren Kirchen ©utachten begehrt, e3
herrfchte teboch über biefe fchmere §rage fclbjt bamalS feine Ueber^
uigitizecj by
33
einfrimmung; (5 a tu in billigte ftarel'8 Meinung, riet^ aber jur
©inrracht; bic 93erner billigten ftc gleichfalls, meinten Jeboch, man
f önne fleh nicht überall ber nemltchen $orm bebienen ; nur SBafel lobte
unbebingt ben (Sifer garer«.
SRach meiern Reifen in bie ßanbgemeinben unb nach ßaufanne,
unb nach neuer Jfrantyeit, toarb garel im Cctober 1553 nach ®enf
berufen, toegen ©croet'3 ^rojef?, ber fld^einem (Snbe nahte, ©dton
im (September Ijatte er, mit unbeugfamer £ärtc, an ßaloin gefchrte;
ben, in nid)t8 nachzugeben bem um>erbefferlfd;en fieser gegenüber:
„toenn bu eine 3ftilDerung ber entfcfcHcben (Strafe toünfchefl, fo han=
belfl bu ttrie ein greunb gegen beinen gefährlichen geinb ; toürbe id>
3emanben oon bem red)ten ©lauben abtoenbig madjen, fo müfjte ich
mich für be8 StobeS fdmlbtg galten ; oon einem 2lnbern fann ich aber
nicht anberS benfen, al8 oon mir felber." 3)ttt biefer ©eflnnung
begleitete garel, ben 27. Oftober, ©eroet jum (Scheiterhaufen,
i^n oeTgebcnS aufmuntemb, feinen 3rrtl)umern $u entfngen, unb ba£
SBolf ermahnenb ju beten , bafj fleh ber #err biefer Oerlornen (Sreatur
annehmen möchte. 2Bie bebenflich auch bie ^rrthumer beä fpanifchen
SlrjteS getoefen fein mögen, fo toar boct) ber, ber Theologen be$
fech8äehnten3ahrhunbcrt8, ein n ^fy minber fchmerer, toenn fte mein*
ten, bie toeltliche Dbrigfett muffe über bie Feinheit beg ©lauben«
toachen, unb bie baoon Sbtoeichenben mit bem Stöbe befrrafen.
SBährenb be8 SßrojeffeS fyatte ßaloin erneuerte kämpfe gegen bie
ßibertiner ju beflehn gehabt; nach (Sero et'« Einrichtung trat bie
Partei noch brof>enbcr auf. garel eilte nach ®enf jurüct; in ber
Hoffnung, fein 2llter unb feine ber ©rabt geleiteten 2)ienfle mürben
feinen SBorten beffern (Singang Oerfdjaffen, prebigte er gegen bie
geinbe (Salotn'S unb ber ^irdjenjucht. Mehrere junge ßeute hielten
fich burch biefe Sßrebigt befdjimpft; ftc ertoirften oon bem SRath ein
©^reiben an Neuenbürg, $arel folle erfcheinen, um fleh ju recht«
fertigen. (5r fam gu $uf?, trojj Regelt unb ©türm, ein Sßöbelhaufe
»erfolgte ihn mit SRorbgefchrei, oor bem oerfammelten SRathe fprach
er aber fo frdftig, bafj „2We erflarten, fle hielten ihn für ihren geifk
liehen SSater, bafj jeber ihm bie §anb reichte, unb ein SBcrföhnungS*
mahl gehalten mürbe. "
Stuf ähnliche SBetfe machte garel fein Slnjehn auch in anbern
Angelegenheiten geltenb; er toar überhaupt, toenn auch nicht einer
ber gelehrteflen, boer) einer ber entfehtebenflen unb thfitigflen £heo=
logen ber ©chweiä; fein Sßame toar allgemein geachtet; überall too
man be8 9Jatl>c« beburfte, toanbte man fleh an feine reiche Erfahrung,
ober begehrte man bie Unterfrüfcung feiner fraftooHen föebe. ftrembe
au« allen proteflantifchen ßänbern, englifche, franaöflfcbe , italienifche
Flüchtlinge befuchten ihn, manchmal in ber alleinigen Slbflcht, ihn, ben
euwl.4)Mb. @(&mtbt, ffarel mib 8ird. 3
34
Berühmten föebner, prebigen ju hören. 3u 3ftumpelgarb öermittelte
er öfter ben ^rieben, ober »ertbeibigte feinen alten greunb Stoufs
faint gegen Slnfeinbungen ; ßiSmanini bat ihn «m ein ©utachten,
über bie bogmatifcr)en 3tt>eifel , melct)e bie polnifdjen ^rotefianten be*
unrubigten. SDie granffurter ftrembengcmeinbe manbte ftcr) an it)n
um einen ^Tebiger, unb al8 bie Cmtjmeiung in ir)r ausgebrochen mar,
filmte auet) er ben Vermittler ju machen. UeberaU mo c8 galt, bie
Sieformatton »ertt)eibigen unb ju befefhgen, ober beren »erfolgte
23efenner ju unterfangen, fyalf er nact) befreit Gräften mit. TO im
3ar)r 1555 b(e oertriebenen Öocarner naefy Qürid) auStoanbeTten unb
in ber ganjen ©djwefy ßiebeögaben ffir fte gefammelt mürben, be*
trieb §arel, mit feinem gemot)nten Gsifcr bie (SoUefte; bie ^rebiger,
ber (Statthalter, ber Statt), bas #ofpital, bie Söürger, bie Sanbge=
meinben feuerten baju. 1553 richtete er ein ^rofifcf)reiben an bie
51t Ction gefangenen jum (Scheiterhaufen oerurtr)eilten jungen $re-
biger, unb 1555 ein äljnlidjeS an fünf ^ranjofen, bie ju (Sljambört)
im ©efängnijj maren unb balb barauf Eingerichtet mürben, lieber*
tyaupt mar fein Stuge fietS auf granfreicr) gerietet, für bie bebräng-
ten ^roteftanten feineS SSaterlanbeS mar er ju jebem Opfer bereit.
3n i^rem 3«rereffe namentlich münfd)te er eine Annäherung jmifchen
ben föeformirten unb ben 2utr)erifchcn rüfef ftc^tticr) be$ SlbenbmalS,
ba befanntlicr) bie bamaltge franjöfifche $olitif, mährenb fte mit ben
beutfcr)en (St5nben eine ÜBerbtnbung $u erhalten ftrebte, bie SBerfol-
gung ber Hugenotten bamtt entfchulbigte, bafj fte SRebeHeu unbgana=
tifer feien. (Sr hoffte eine (Sttnobe, oon <Srljröef$em unb ^entfcr)en
gufammen gefegt , mürbe bie*$lbenbmal8biffercn& ausgleichen ; „bie 2lug$*
burgifche ©onf effton , febrieb er 1558 an (Saloin, hatte idt) für ganj
erträglich unb fehe nict)t ein, marum man ihr fo fet)r mtberfirebt 1 *.
3n biefer Ueberjeugung , bie gemtf ein merfmürbiger 3 U 8 biefö
fonft fo ftrengen, entf ergebenen (Ebatafterg tft, unternahm er im^ahr
1557 mit SBeja eine 9ieife, um bie beutfehen (Stanbe ju oeranlaffen,
)u ©unfien ber SBalbenfer unb ber franjöfifdjen föeformfrten ©dritte
3u thun. Söei biefer ©elegcnheit übergaben Söeibe ju £eibelberg
jene« oon SBeja oerfajjte 33efenntntj3 über ba« «benbmal, beffen
3meibeutigfeit ihnen in beT <Scr)meiä fo oiel Säbel aujog;. £)a$ ge*
ringe SÄefultat biefer Unterhanblung tyn&xte garel nicht, ftd) noch
einmal an SBeja anaufcr)liefjen , als biefer im (September beffelben
3ar)r8 , nact) ber Verfolgung ber @oangcIifct)en ju $ariS , feine ameite
Steife nach ^eurfälanb antrat. SBtlhelm 93ubd unb ßarmel,
garel'3 Sßeffe unb ^rebiger ber $arifer ©emeinbe, begleiteten fte.
ftacr/bem fte *u 3üricb, ba8 burefj ba8 unflare ©efenntnijj SB es a' 8
geflörte (Sinoerfiänbnip mieber hergefieflt unb ftd) über bem (Sonfenfu§
bie^anbe gereift hatten, begaben fie per) nact)33afel, mo ftet) garel
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im ©aßhof in btttern ©orten über (SraämuS äußerte unb beßhalb
toon ben alten greunben beffelben ber SBerlaumbung angeflagt würbe.
Uebcr (Strasburg retten fte bann nach SöormS, wo gerabe ba$ (5ol*
loquium gehalten würbe, ba3 Sßrotefianten unb ßatholifen wteber
bereinigen foUte. SBährenb bie ©(hweijer Geologen , wenig oon ben
^Bemühungen, bie föcformirten unb bie Sutherifcben ftch näher ju
bringen, erwarteten, meinten Slnbre, Männer Wie SBeja unb gaTet
fönnten nicht anberS als güntfigeS ©ehßr bei ben $)eutf<hen finben;
#otmann fdjricb an ©ulltnger: „ftarcl ift ganj geeignet für
btefe (Sache ; fein 2llter unb bie fyofje SWec^tfc^affcn^ctt feineS CcbenS
muffen allen frommen (S^rfuTc^t einflößen." 3u 2ßorm3 reichten fte
ein befHmmtercä 33efenntnif ein, erlangten aber weber eine nao^brficf^
liehe SSerwenbung bei bem fTan5öfifct)en §of, nod) eine Sßerftänbtgung
mit ben Putherifchen.
Um btefe 3ett (1557 unb 1558) machte gare! einige «erfudjc,
bie ^Reformation gu 93runbrutt (^orcntrnö) im SBiSt^um ©afel etnjtt;
führen. 23et SRatI> unb SBürgcrfchaft fanb er bereitwillige 2luf nabme ;
Dor bem bifchöfltchen «Sönbic erflärtc er ftch freimütig über feinen
33eruf, unb fagte, er wolle nichts al3 bie 2Bat)rbcit oerfünbigen , ba--
für fei er aber bereit, ftch jeber ©efahr au^ufe^en. SHichtSbefto*
weniger muß te er fidj wieber entfernen, ©er (Srjbifcbof »on SBefanson
fd)tcfte einen 9J?öndj, um ba8 33olf im fatholifchen ©lauben ju erhal*
ten; ein r>on Neuenbürg gefanbter ^rebtgcr, 3afob (Sorcl, würbe
arg mißhaubelt; $arel, ber nach SBrunbrutt jurücf eilte, würbe gleich 5
falls überfallen unb beflagte ftch »ergebend bei bem 93a3ler SMfdwf
unb bem föath; bie 9)?6ncf)e fuhren fort, in ^rebigten ihn ju be?
f dampfen. Csr ging nach 33em, wo ftcr) bie Regierung ber ©adje
annahm, allein md)t^ ausrichten oermochte, ©o fehrauch bieSMte
ger oon Sßrunbrutt unb anbern Orten ber SWeformation geneigt waren,
fo mißlang bodj jeber SBerfuch, ©emeinben ju gTünben.
garel War 69 $al)re alt; nach fo oielcn flftühen unb Sirbetten
gebaute er ftch ^äuölic^e Siu^e unb eine ©tüjje für fein Sllter ju
bereiten, inbem er ftd) mit Sftarie 5Eorel Oon SRouen oerlobte, bie
mit ihrer oerwittweten SKutter nach Neuenbürg geflüchtet war. £ie
meiften feiner ^reunbe wiberriethen if)tn btefen (Schritt, ber gu fo
oielem ©erebe 3tnlaf gab, baß (Saloin, ber felber ihn ftarf geta=
bclt ^atte, an bie Sßrebtger oon Neuenbürg fchrieb, fie möchten bie
SChorljctt be8 alten SflanneS mit ©ebulb ertragen. ®a$ Aufgebot
gefdjah im (September 1558; erft nachbem $arel noch Derfchtebene
föetfen gemalt, ocrehlichte er ftd) ben 20. SDejember. *) 33alb er=
* 9iad) 6 Sohren erft würbe er SJater eine« Änaben, ber i^n nur furje
3cit überlebte.
3*
36
toaste fein alter (Sifer wieber. 3u Anfang 1559 erfuhr er, bafj
ber ©raf Slbolph oon 9faffau:<Saarbrücfen eine Slnjahl franjßft|(^er
Flüchtlinge in {einem ©ebiete aufgenommen fyatte; fogtetc^ machte
er ftdj auf ben 2öeg, um ftc ju befugen; er orbnete tljre ©emeinbe
unb gab ilmen Johann Soquct jum $rebtger. &u$ ÜDanfbarfeit
Wtbmete er bem ©ruber unb Nachfolger beä ©rafen, ^ofiann, feinen
1560 erfc^tenenen unb mit einem Vorworte 93iret'3 oerfehenen Strafe
tat oon bem wahren ©ebrauche be8 $reuje$ (ShrifH, in bem er nicht
nur ben mit bem (Srucifij getriebenen Aberglauben, fonbern über*
haupt jebe Art „römifcher ^bolarrie" befämpfte. 9kch einer Steife
nach (Strasburg, um für 3fte|-j ju wirfen, wo fiety für bie $Toteftau=
ten bie Umftänbe anfingen beffer ju gehalten, begleitete er äöalfcen;
ftfehe 93oten in bie (Statte ber (Schwe^. um ^Beiträge für bie 35er=
folgten, aller Wofy preisgegebenen ©ruber ju fammeln. 3« ©cnf
befragte ber föatfy (20. SKai 1561) bie ^rebiger, ob man ihn nid>t
3urü<f halten unb ihm eine ^ßenfion geben follte, ba er ber erfte ge«
wefen, ber in biefer (Stabt ba8 (Soangeltum oerfünbigt unb |o oiel
bafür gelitten hatte ; würbe man nichts! für ihn tljun , fo müßte man
mitföecht bcSUnbanfä angef lagt werben. £>a garel baS Anerbieten
nicht annehmen fonnte, würbe ihm 51t (Shren ein ©aflmahl gegeben.
3u bcrfclben 3elt, wo SSiret nach ^i^meö berufen würbe,
famen auch nach Neuenbürg 23oten oon ©ap unb 93tenne, um
garel unb §abri für eine Seit lang 00m SRatl) ju erbitten; ber
bamalicjen (Sitte gemäfj erhielten fic einen zweimonatlichen Urlaub.
23ei oterjtg 3a^re r)atte garel fein Sßatcrlanb nicht gefehlt. 9)2it
£)anf gegen ©ott nat)m er, trojj feinet ^o^en 3llteT3, bcnSiuf an;
mit iljm reiften §abri unb ber Sßrebtger ©tynarb ^ichon. £ej^
tern lief* er jtt ©renoble, wo er felbjt in bem Jpaufc eineS ßauf*
manng eine ißrebigt bielt. gabri ging nact) SSienue unb fpäter
nac^ £>?on. Sfeett 15. 9coocmber 1561, e$ war ein (Sonnabenb, fam
garel na* ©ap; gleich ben folgenben £aa prebigte er oor fo \al)U
reifer ©erfammlung , bafc bie Reiften oor oer Sirche bleiben mußten.
Sm folgenben ©ienfiag führten ihn ber erfte ©tmbic unb ber fontg*
liehe Sßrocurator ju bem tec * Söaitli , ber ihn jwar mit Sichtung
empfing, aber fragte, wer ihm bie 93efngnifj Juni $rebigen gegeben
unb ob er fuh nicht beS roitigltcben (Sbifteö erinnere, bas bie öffent*
liehen 3"fammenfünfte oerbot. Cjr antwortete , inbem er fnJj auf baä
SBort ©otteS berief, bem ^eber folgen müjje; auch führte er bie
öffentlichen ^rebigten flu tfoon unb anberSwo, unb ba8 Kolloquium
oon ^oifft» an, wo bie 9ieformiTten felbft oor bem ßönig ihren
©lauben frei hatten befennen bürfen. ©er 93ice-33ailli bat ihn hi« s
auf, mit ^rebigen noch inne ju ballen, bis er an ba$ Parlament
oon ©renoble unb ben fßniglidjen Statthalter berichtet hcitte. garel
würbe ehrenooU in feine Verberge jurüefgeführt unb taufte noch
benfelben Slbenb ein Äinb. SDa würbe burq^lu^ruf in ben (Strafjen
befannt gemacht, ba§ feine Serfammlungen mehr gehalten unb bie
ßirchen gurüefgegeben werben foflten. S)ie SReformirten famen bei
§arel jufammen unb befchloffcn, ftanbhaft in bem ÜBefenntnifj tt)re^
©laubeng ju bleiben unb ftch an ben ftöntg ju wenben. 2)a ftc bie
gro^e SWehrjahl in ber »Stabt bilbeten, fonnte garel noch bi3 im
Januar 1562 ungelnnbert unter ihnen wirfen; ber (Sifer feiner CaubS*
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37
Teute begetfterte il)n; er feinen, wie eT fagte, ein neueä ßeben Be*
ginnen. ^Neuenbürg tl)n jurücfoerlangte , unb nodj fo SßtcXcö ju
ft)im mar, um bie ©emeinbe ju orbnen, bat er Salt) in einen Sßre*
biger ju fenben, um ifm ju erfefeen. (Sr fet)rte mafyrfdjeinlid? fdjon
öor ber 23efnnntmadwng beä Sanitär* (SbifteS jurücf, baS in §ranf*
retcfj bie jWejrttution ber ßtrdjen an bie ßatfyolifen befahl. *) ©o
gerne er audj langer in [einer Skterftabt geblieben märe, fo jogen
tf)n bod) mandje ©orgen nadj Neuenbürg jurficf. SBäfyrenb feiner
Stbmefenljeit mar bie Canbeäljerrin , SWarquife oonRotlJelin, mit
tyrem ©ofyne bem #er$og oon ßongueoiöe, in bie ©tabt gefommen;
fte l)atte eine ©önobe galten laffen, an ber ftarel nid)t blatte Stfjeil
nehmen fßnnen; ein Don ifyr gemachter Reformattongoerfud) ju San?
beron fyatte ju Streit mit ©olotlmrn geführt, unb nad) einem Stuf 5
jknb ber fatbolifdjen 23ürger t)atte man baoon abftefyn mfiffen. 2113
$arel jurucffam, Ijatte ber ^erjoa bie ©egenb bereite mteber oer=
laffen; bie eble 9Jtorquife jeboaj, eine eifrige SSefennerin be§ (Soan*
geliumä, gemährte bem greifen, immer nodj mit ©djmterigfeiten
fämpfenben Reformator, ifyren tätigen SBeijtanb.
$)en erften 9Kai 1564 erhielt er oon bem feinem Gsnbe naljenben
(Salt» in einen furjen rtttjrenben 2lbfdjteb3brief ; fogletd) eilte er nadj
©enf, mo er ben $reunb nodj lebenb fanb unb ncd) ein längeres
©eforädj mit ibm führte; beffen lebten Slugenbltcfen fonnte er jcbocr)
ittdjt beimoljnen, er mupte nadj Neuenbürg jurücf; ©aloin fiarb
erft ben 27. 9J?ai. „O, fdjrieb garet an ftabri, bafj idj ntdjt
für ifjn fterben fonnte! meldj einen frönen Sauf fyat er glücflidj
ooffenbetl ©ort gebe ung, bajj mir audj ben unfern fo oouenben,
naä) ber ©nabe, bie er unS oerlieljen Ijat." garere Iefcte Reife
ging na* ^efe, im SKai 1565; 1562 Ratten bie borhgen Sßrotefian*
ten eine Äirdje unb ^rebtger erhalten; ftarel münfdjte fte, uno fte
iljn nod) einmal ju feljn. Der Reuenburger Ratf) gab bem 76jäfjs
rigen ©reife eines feiner $Rttglteber afö ^Begleiter mit. (5r prebigte
„311m unglaublichen Strofl ber ganzen ©emeinbe." 3m %uli feljrte
er jurüct, mübe unb Ieibenb, aber glüeflieb feine geliebte SNefcer Strebe
in blüljenbem ©tanbe ju mlffen. Sludj für ir)n na^te jtdj nun ba3
irbifdje (Snbe; greunbe unb ©djüler befugten tt)n täglich, auf bie
Seljren borebenb, bie er t»on feinem ßranfenloger an fte richtete. @r
entfc^ltef ru^ig, ben 13. ©eptember 1565. 3 n -feinen legten Stagen
Ratten feine greunbe ooll SSermunberung ju einanber gefagt: „fe£t,
ber 3Äann bleibt fi* immer felber gleicr): niemals mar er über eine
©efafyr erfc^roefen, unb menn mir noep fo befiürjt unb nieberge«
fc^logen maren, fo geigte er ftcB jtanb^aft unb fefi, oertrauenb auf
feinen #errn; er richtete unS ^He burdj feinen ^elbenfinn auf unb
parfte un§ bur* bie Hoffnung eineS guten ^luggang^/'
*) Unfct ©eridjt über garet*« Slufent^alt iu®ap ftimmt nia^t mit bem ber
France protestant«, S. 5. ©. 68. 2>afj er aber ber rufitigere, ge^t
barau« b^eröor, bag er ben eigenen ©riefen gareT« an Calöin ent-
nommen ijl.
8ureTö ©djriften.*)
1. 1524. Libollus du Parisiensibus & Pontiflce. ((SraSmuS an SDlel and) *
tljon, 6. @ebt. 1524.)
2. um 1525? Sommaire: c'est une briövo doclaration d'aulcuns lieux fort
necnssaires ä un chacun chrestien pour mettre sa conflance en Dieu & ä ayder
son proschain. 2lud) 1537 ober 1538; 1542, s. 1.; 1552 , ©cnf, 12°.
*3. 1530. A tous seigneurs & peuples & pasteurs ä qui lo Seigneur m'a
donno accez, qui m'ont aide & assiste en l'oeuvro de nostro Soigneur Jesus,
& enverB lesquels Dieu s'est servy de moy en la pre*dication de son sainet
Evangile. Ms. gu ©enf. 2fljgebrucft in bem 2. 55anb ber bon SJultiemtn
beforgten neuen 2tu8gabe ber Histoire de la reformation en SuisBe bon 9tud)at.
*4. 1532. A tous mes tres cbers freres en Nostre Seigneur, tous los amateurs
d« la sainete parolr. Slbgebrurft im 3. äöanbe ber neuen Ausgabe bon 9tnd)at.
* 5. 1534. Lettres certaines d'aulcuns grands troubles & tumultos advenus
k Geneve, avec la disputation faicte Tan 1534. (Senf, 8°. 92eue Sluögabe, mit
lateini)d)er Ucberfcfcung bon SKanget, (Senf, 1644 , 8°.
*G. l. r )37. Confession de la foy, laquolle tous bourgeoi9 & babitans de
Geneve & Subjets du pays doivent jurer de garder et tenir. (Senf, 24°; unb Öfter.
7. 1543. Epistro envoye*e au duc Lorraine. (Senf, 12°.
8. 1543. Une epistre de maistre Pierre Caroli, faicte en forme de dtfflanco
et envoyee ä maistre G. Farel, avec la response. (Senf, 8 U .
9. 1543. La seconde epistre envoyee au docteur P. Caroli. ©enf, 12°.
10. 1543. Traite' du. purgatoire. s. 1., 12 '.
11. 1543. La tres sainete oraison quo nostre Seigneur J. C. a baiHe* ä ses
apostres, les enseignant comme ils & tous vrais chrestiens doivent estre, avec
un recueil d'aulcuns passages, de la Ste. Ehcriture, fait en maniere de priäre.
(Senf, 12 u . @d)on 1524 fott garet einen Xractat de oratione dominica gefdjric«
ben fjaben; oljne 3 roe ^ e ^ t^ar er ftart^öfifc^ unb bie Stuflgabe bon 1543 nur eine
Ueberarbeitung baoon. 1545 fdjicttc §arel an Sir et unb (Salb in ba8 3ftanu=
feribt eine« ©ebetbudjg (Uber precationum) jur 2)urd)ftd)t unb tiefe e« balb barauf
bruden; mar e« nur eine neue Ausgabe ber bem Sractat über ba8 3ktcr = Unfer
angehängten ©ebete?
12. 1544. Epistre exhortatoire ä tous ceux qui ont cognoissance de l'Evan-
gile, les admonestant de cheinincr purement & vivre selon iceluy, gloriflant Dieu
& ediflant le prosebain par parolles. s. 1., 12°.
13. 1544. Epistre envoyee aux reliques de la dissipation horrible de l'Ante-
christ. s. 1., 12°.
*14. 1545. A tous coeurs affames du desir de la predication du Sainct-
Evangile & du vray usage des Sacremens. *2tud) in ber Histoire des martyrs,
«uggabe »on 1619, f.° 164 u. f.
*15. 1550. Le glaive de la parolle veritable, tire contre le bouclier de
defense duquel un cordelier Libertin s'est voulu servir pour approuver des fausses
& damnables opinions. (Senf, 12 u .
*16. 1550. A tous seigneurs & peuples & pasteurs auxquels le Seigneur
m'a donne" accez, qui m'ont aide" & assiste" en l'oeuvre de nostre Soigneur Jesus,
et envera lesquels Dieu s'est servi de moy, en la pre'dkation de son sainet
Evangile. Ms. gu (Senf. Ueberarbeitung bon Kummer 3.
17. 1553. De la sainete cene de nostre Seigneur J6sus Sc de son Testament
conflnne par sa mort et sa passion. ©enf, 8°.
*18. 1560. Du vray usage de la croix de J. C, & de Tabus & de l'ido-
latrie commlse autour d'icelle: & de Tauthorite de la parolle de Dieu, & des
traditiona humaines. 2Kit »orrebc bon SJiret. ©enf, 12°.
* Tie mit einem Stern fcejei<6neten finb bie , bie i$ benufcen Tonnte.
Digitizcd
Peter Eiret
i.
(S« ift in ber SBiograpln'e garer« Berietet worben, bafi
biefet auf einer feiner jReformation^reifen, &u Drbe ben jungen Sßeter
SBiret ftcb flum ©el)ülfen eTWarb. garel'« ©chüter unb Mitarbeiter,
hatte SSiret über ßebre unb Dükiplin biefelben Slnft(t)ten unb bewie«
biefelbegefligfeit, wie fein älterer greunb; bodj bewahrte er in man«
eben ©tücfen bie ©elbflftanbigfeit feine« ©barafter«. <£o feurig garet
war, fo genta jjigt mar SSirct, unb wäbrenb Jener ben ©ilberfturm
billigte, war biefer ber entfebiebene ©egner aller ©ewaltthar. ©ein
Seben bilbet eine Reibe ähnlicher ©efabren unb kämpfe, wie ba««
jenige garel'«; tote biefer war er ju jebem Opfer für ba« ßtoange*
Uum bereit. ($r mar ber einige Reformator ber romanifeben (Schweif
ber au« bem ßanbe f elber flammte; alle Slnbern waren franjöjifcbe
Flüchtlinge. (5r Warb geboren im 3>afyre 1511 ju Drbe im SBaabt*
lanbe, wo fein SSater ba« Studjfcheererhanb werf trieb. 3um geiftlidjcn
©tanbe benimmt, machte er gu Sßari« clafjifche unb tbeologifebe
Stubien, bie, nach feinen SBerfen gu fc^liefen, einen bebeutenben
(3cbafc oon ©elebrfamfeit in feinem ©ebäcbtnifi jurücflie&en. 9J?an
l)at behauptet, er fei febon ju 9ßari« mit garel jufammengefommen
unb habe beffen ©influfj erfahren; bie« ijl aber barum unmöglich,
weil garel bereit« 1521 $ari« oerliejü, in einer 3eit, wo ber jelm«
jährige ÜB fr et noch mcr)t auf ber Unioerfttät fein fonnte. (Sein innere«
ßeben ging ben nämlichen ©ang, wie ba« feine« fpätern greunbe«;
auc^ für ihn fam eine lerifl«, hervorgerufen burdj ba« ßefen lutheri*
feber SBucr)cr. (5r erjäfylt f elber, wie biefe fein Racljbenfen erweeften,
wie fein ©ewiffen faft bi« jum SSerjweifeln beunruhigt Würbe, wie
er fculefct nicht mehr wujjte, wohin (ich wenben. (5r entfagte ber
ßirche, noch *b« er bie Sßriefferweibe erhalten fyattt, un ^ tttytt* in
feine SJaterfrabt surftet £ier fanben ftdj fchon einige eifrige greunbe
te« (Soangetium«; SBtret fcljlofj fleh an fie an, feine 3weifel löfren
jtdj unb er fam jur ©rfenntmf ber Wahrheit. Allein fchüchtern oon
Statur waate e« ber faum jwanjigjährige Jüngling nicht, öffentlich
aufzutreten; er fürchtete ftd) „uor ber ©röße unb ©d)Wteria,feit be«
SJkebigtamt«". Sil« jeboch garel 1531 nach Drbe fam unb auf
SS tr et aufmerffam gemacht würbe, brang er fo gewaltig in ihn, wie
40
er e3 falb nadlet bei (5 alt) in tljat, baß er äße feine SBebenflidjfetten
überwanb unb i^n fogleidj gum Sßrebiger weiljte. ftarel irrte ftdj nidjt
in biefer SBaljl; SSiret war ein großer ©ewinn für bie Reformation;
er Warb einer ifyrer treuften 93efenner unb eifrigen SBerfünbiger.
<£t begann fein SBerf im SSaterljaufe unb tyatte ba8 (BIM, feine
Altern gu befeljren; ben 6. Wlai 1531 prebtgte er gum erfren SM
gu Drbe oor öffentlicher $erfammlung. 33alb folgten anbere Süng*
iinge feinem ©eifptel unb traten als 3«igen beS (goangeliumS auf.
33on ber ferner Regierung befdjüfct, prebigte SBiret auc$ gu ©ranfon,
' gu &oend)eg unb befonberS gu Sßaöerne pßeterlingen) , wo er in sjSri*
oatwoljnungen felbft bie ©acramente oerwaltete. Ueberau* traf er,
oon ©eiten ber ©eiftlid)fett unb be8 Röbels, auf biefelben Schwierig*
fetten, wie garel, unb erfuhr biefelben 2ftij?banblungen ; fdjon 1531
famen beätyalb ferner 9lbgefanbre nadj £)rbe, um ftd) barüber gu
bef lagen. £ier, in fetner USaterßabt, wirfte er inbeffen mit großem
«Segen; fdjon 1532 feilte er ba$ Sloenbmal an etwa ^unbert $er*
fönen auS. @r wiberlegtc öffentlich einen 9tf önd) , ber auf robe SBeife
über baS 93erbfenfr ber SBerfe geprebtgt batte. Stac^ einer Unterrebung
mit bem ^rtefter oon gJatjerne (1533), erbot er ftcf), oor bem ©ertd&te
mit iljm gu erfdjetnen, um fein Cebren unb St^un gegen iljn gu rec$t*
fertigen; e3 warb eine ©tfcung beätyalb angefagt, aber ben Sag oorljer
traf ttjn ber ^rtefrer unb gerfdjlug ityn fo Ijeftig, bafj er wie tobt
auf ber ©träfe liegen blieb. 3n einem @djretben oom 1. 3anuar
1534 beHagte er ft<§ barüber bei ber SBerner Regierung. 5E)iefe Ijatte
iljn beauftragt, mit $arel unb groment bie nad) ©enf gefanbten
S3oten gu begleiten; er bat nun gugleidj, e$ mödjte wäljrenb feiner
Slbwefen^eit nichts in feiner <Sadje gu Sßaöerne gefdjeljn, bamit üjm
bte ©egner nicfjt oorwerfen fönnten, er fyabt ftdj burdj bie gluckt
ber üßerljanblung entgogen. Racfjbem er oon feinen 2Bunben geseilt
war, folgte er garel nad)©enf. #ier warb er beffen unermüblicfyer
©eljülfe, teilte feine Sföüfyen unb ©efafyren, aber audj feinen ©ieg.
©ei bem SSergiftunggoerfudj gegen garel, Aromen t unb ü)n, af*
er allein oon bem fcfyäblidjen ©eridjt; er genaS gwar wieber, behielt
aber fein ßeben lang ein unbeilbareS ©iedjtbum gurücf. £)a$ SSolf
fab in bem gerf erlogenen, burdj ©ift gerrütteten Reformator ben
Märtyrer einer ^eiligen ©adje; bte TÖmifdje ©eifilicbfett, bie gu
foldjen SBaffen griff, oerrietfy i^tc geifttge Obnnw<bt unb fiel ber
33erad)htng anbeim; Siret f elber, ftatt #ajj gu f üblen, blieb wie
oorljer mäfng unb milb gegen bie flftenfdjen; nur trat er noeb ent*
ft^iebener bem ^rrt^um entgegen, ber fte gum 2Rorbe gegen 2tnber$*
glaubenbe oerleitete.
Sftadj ber ©tnfübrung ber Reformation gu ©enf ging SBtret
für eine 3cit lang nac^ Neuenbürg. 2BaS au§ beT SBorlabung nac^
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41
Sßatterne würbe, ifi unbefannt. %axel, ber tüchtige Mitarbeiter
beburfte, fanbte einen ©oten an ©tret, um ihn &urücfyuberufen.
(5r machte ftdj Sofort mit S^tiflop^ gabri auf ben 2Beg. ©ei
goerbun trafen fie ba$, biefen Ort belagernbe, ©erner #eer, bei
bem ftrh auch Gruppen t>on Caufanne befanben. (Sinige Saufanner
bewogen 93fr et fte, nach bcenbigtem g^bjug, in ihre <Stabt ju be*
gleiten unb unterbeffen in bem benachbarten Drbe auf fie ju »arten.
ÜDiefe Gelegenheit in ber £>auptftabt be£ SEBaabilanbeS ba$ (5t>an-
gelium gu oerfünbigen, burfte er nicht vorübergehen laffen; gabri
ging allein nach ® cn f/ Wo übrigens wenige SJJonate fpater , ßaloin
oon garel jurücfgehalten würbe.
3u Saufanne war bie pottttfehe unb fircljliche Sage Ähnlich ber
ju ©enf. ftarel ^atte fd)on einen ReformationSoerfud) gewagt, mar
aber burch bie mächtige, oon greiburg unterfiüjjte ©eifUichfeft an
wetterm SEBirfen gehinbert worben. üDoch waren tfeime oorljanben,
bie nach ber (Eroberung be« SBaabtlanbeS burch ©ern gum ©ebenen
gelangten. ©iret warb nun ber eigentliche Reformator oon 8au*
fanne. @r prebigte in ber ©arfüfjerfircbe oor oielem ©olf, ba8, in
ber erften ©efreiungSbifce bie ©Uber aerfi^Iug. 2luf bie Älage ber
Äatholifchen oerorbnete ber Rath, *& fd benen, bieba« 2Bort®otte$
hören wollen , ootte Freiheit geftattet , nur fei oerboten, ©Uber unb Äir*
chengeräthe ju befchdbigen. SBieberholteS (gtnfchreiten ber ©tiftSherren,
beä ©ifchofS, ber greiburger, hielten bie ©ewegung nicht auf. 3m
Styril 1536 warb ben (Soangelifchen auch bie ©ominifanerfirche über«
laffen, mit bem ©ebeuten, weber Slltare, noch Orgel noch ©onftigeS
wegauthun, ba (Solches Riemanben fd)abe noch habere ba$ 2Bort
©otteä ju hören.
Die Steigerung einiger Sßriefrer gu $h onon / mit gabrt ju
biSputiren, oeranlafte ©ern, auf ben 1. Dctober 1Ö36 ein öffent*
licheS ReligionSgefpräch nach ßaufanne ausschreiben. £)a garel
burch Slbfaffung ber Siefen ben oorjüglichflen Slnthetl baran nahm,
fo tft in feiner ©tographie barüber berichtet worben. <£>tefe$ ©efpräet)
rechtfertigte oottenbS bie Reformation oor bem ©olf, unb bef eftigte
ba« anfefm ©iret'8, ber mit ©elehrfamfeit unb ©ewanbtheit bie
meiften ber Söffen oertheibigte. ©ereitS ben 9. Dctober würben bie
©Uber au8 ber Äathebrale entfernt, unb ben 5. Rooember zugleich
ber Slnfchluf* an ©ern befchworen unb bie ßirchenoerbefferung beftnitio
eingeführt. 5Die ©erner Regierung ernannte ©arolf unb ©tret
ju Sßrebfgern; jener erhielt, weil er bet ältere unb ÜDoctor war, bie
erfte ©teile, boch warb ihm empfohlen , ba man ihm nicht ganj traute
unb er ein grember war, ftd) in fdjwierigen ©orfommniffen mit
©iret ju beraten, (53 bauerte nicht lange, fo trat ber eitle, unftäte
©arolt wieber al$ ©egner auf. ©iret'8 geiftige Uebertegenheit
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mar ihm jumiber; er füllte ftdj beletbigt burch beffen $rcbtgten, in
bcncn er 9lnfpielungen auf fein früheres Seben gu flnben borgab;
baher f tagte er ihn laut aB UnruhfKfter an. SBäljrenb etneä SBefucheS
SSiret'S bei feinen ©enfer greunben la8 (Saroli auf ber Äanjel
eine ©ebrift ab über bie Rotljmenbigfeit ber ©ebete für bie lobten,
unb erflärte, er mürbe in 3utunft bie 3 UTC ^»eifungen eineS fo
jungen 3J?enfdjen mie fein College mc^t mehr annehmen. SSiret
eilte jurücf unb befprach ftcb bergebenä mit ihm; bie ©adje fam bor
ben Rath unb nach 33ern, n>eldje$ SBoten nach ßaufanne fehiefte; bor
biefen unb bem herbeigerufenen (Salb in fat> ftch julejjjt (Saroli
uac^ langem Jpin* unb £>erreben ^um ÜBiberruf genötigt. $aum
hatte er Sbbttte getban, fo erhob er gegen SBiret, garel unb
(Salbin bie Auflage, fte feien Slrianer , Säugner ber ©ottfjeit (Shrifrl
(Sr mußte abermals miberrufen; bie brei Reformatoren aber, um
öffentlich thre(Shre 8U retten, oerlangten bie 3«fatnmenberufung einer
©tonobe nach Saufanne. 2113 biefe ben 14. Wlai 1537 ftch berfam*
melte, legte $iret ba$ SBefenntmß ab, „baß ber ©ohn unb ber
heilige ©eifi mit bem SSater mahrer, emiger ©ott feien;" auch ©albin
mar e$ leicht, fich unb garel ju oerthetbigen, mäbrenb (Saroli
letbenfehaftlich auf feiner gehäfftgen, auS ber ßuft gegriffenen Auflage
beharrte. Die ©ttnobe erflärte baS Sefenntniß ber bret Reformatoren
für rechtgläubig; (Sarolt, ben man bergebeng aufgeforbert hatte,
©rünbe ju bringen, toarb alt SBerläumber au« feinem 2tmte entlaffen.
SDa er nach S3em appellirte, marb ber ©treit bor ber, (Snbe 3Rat
in biefer ©tabt gehaltenen ©tynobe mieberholt, mit bem nemltchen
Erfolg; ©ttnobe unb Rath erfannten 93 fr et unb bie ©enfer für
unfdjulbig; (Saroli, mit ben ©erichten bebroht, entfloh, U « D f^rtc
fchon ju ©olothurn jum $atholici$mu3 jurücf.
SSixct mar nun ju Saufanne allein. Sludj er bemühte |ich bie
ßirchenjucht einzuführen , traf aber babei auf eben fo biet SBiberftanb,
mie (Salb in ju ©enf unb garel fpäter ju Neuenbürg. 9113 bie
beiben Settern bou ©enf bertrieben morben, unb bon S3ern au3 ein
SSerfuch gemacht merben follte, ihre ©egner mieber mit ihnen $u
berföhnen, erhielt SSiret ben Stuftrag, bie Söcmer ©otenju begleiten;
bergebenS fprachen fie aber bor bem ©enfer Rath / ba& $8erbannung£*
urtheil mürbe betätigt. Räch bem Umfhtrj ber ben Reformatoren
feinbfeligen Partei meigerte ftch (Salb in äuerft, nach ber ihm mtber*
mdrtig gemorbenen, bermilberten ©tabt jurücfyuf ehren; er empfahl
Sßiret, unb auf biefe Empfehlung hin baten bie ©enfer bie SBerner
Regierung, ihnen 3>iret gu überlaffen; ungern gemährte ihn biefe
für eine ^rijl bon fechä 3)ionaten. 2118 (Salb in c3 hörte, febrieb
er an $aret: „Sftit großer $reube habe ich erfahren, baß bie ©enfer
ßirche nun 3Siret befifct; ich tonn iefct ^off en , baß bie ©efaljr bor*
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über tfr." 3u ©enf erfannte jebodj SSiret balb bie SRothwenbig*
feit, bajj GUI» in felber aurücffommen müfje; in einem SBriefc Dom
8. ftebruar 1541 machte er ihm eine lebhafte ©chilberung beä in ben
©emüthern Dorflegangenen SBechfelS: man ijt ber (Sntjmeiung, ber
leibenfehaftlichen Auftritte mübe geworben, bie 3eit ijt gefommen,
ben SBieberaufbau btefer jftrehe &u unternehmen; „Derfäumfr bu e$,
fo wirb ber .Sperr bich {trafen, fein (Soangelium »erachtet 3U haben."
©iefer Slufruf trug Diel baju bei, ©alt) in jur 9^ücffe^r ju bewegen;
ben 19. melbete er bem SRathe feinen (Sntfchlufj, nach bem (SoÜocroium
Don föegenSburg wieber nach ©enf ju fommen; unterbeffen wünfehte
er ihm ©lücf, in SBirct einen treuen ^ßrebiger ju haben, ©och
tonnte er fich noch nicht ber 93eforgniffe erwehren; ben 1. 3Wärj
fct)rteb er an SBtr et au£ Ulm: „ich fenne feinen Ort unter bem
Gimmel, ben ich mehr fürchte, aU ©enf;" er fühle fleh ben©chwie*
rtgfeiten nicht gewadjfen, ber #afj ber ©egner fei ju groß. (Srfl im
(September fam er aurücf; er wünfehte SSiret bei fleh $u behalten
unb fdjrieb beShalb an bie ferner Geologen, im tarnen 6^ri|ti fle
bittenb, bei bem SÄat^e ba^in ju wirfen, bafj er ihn laffe; „fann ich
ihn haben, fo hege idj bie fdjönfle Hoffnung für bie 3ufunft. // (Sal*
Din war über Neuenbürg gefommen, wo $arel gerabe Don ben
©egnern ber $irchen$ucht heftig bebrängt war. (Sine feiner erflen
©orgen ju ©enf war, im tarnen ber Sßrebiger SSiret nach 9?euen*
bürg gu fenben mit einem ©abreiben an ben 9iath unb mit bem
Stuf trage, bie fräf tigflen SBorflellungen gegen bie 2luS weif ung garel'S
)u machen; er foQte jeigen, bafj ein ^rebiger nur burefc) bie Kirche,
bie ihn berufen, gefefclich entlaffen werben bürfe, bafj au$ ber 2lu$s
führung beö gefaxten SBefdjluffeS grojjeS Uebel unb 5lergernifj entfielm
würbe, bafj übrigens ftarel überall hochgeachtet fei unb fletS ba8
Siechte gethan habe im SBerfe ©otteS. 2Jian hat im Seben ^ar^el'S
gefefm, bajj biefe SSorfleflungen, Derbunben mit benen anberer fcirchen,
ben gewünfehten (Srfolg hatten.
(58 war bieä SBiret'S lefcte Arbeit im SDicnfre ber ©enfer ffirdje.
SDer Sitten ßalDin'S ungeachtet berief ihn 93em nach Öaufanne
jurücf. Mancherlei kämpfe unb ©chwierigfeiten erwarteten ihn hier,
balb mit ben zahlreichen ©egnern ber ©ittenreform, balb mit ben
ferner Theologen über einige £ir<hengebräuche unb ben S3ann; $al*
Dtn wollte jwar, bafj er in biefen fingen nicht nachgäbe, bo<h ging
er nach SBern unD »erftönotgte fleh mit ben ^rebtgern auf eine SBeife,
bie für einige 3eit bem ©freit ein (Snbe machte. <5r hatte einen
Sollegen, über beffen Langel an (Stfer er fuh beflagte; bie gröjjte
Saft ber ttrdt)ltcr)en £hätigfett lag auf ihm; jubem war er ßehrer ber
Sinologie an ber ©chule, welche 93ern ju ßaufanne gegrünbet batte /
um ^>rebiger für bie franaöftfeh rebenbe 93eo6lferung bc^ 2BaabtlanbeS
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ju bilben; ßonrab ©ej? ncr ^atte hier (1537 bis 1540) bie griechifchcn
HIafftfer erflärt; Stret legte bie SBüdjer beS feuert 2;efiamente8
auf, 3°h ann Rimbert lehrte ba3 #ebraifche, 3<>h ann SRebit
war ©eßner nachgefolgt. 1538 hatte ftch 95 ir et mit (Slifabeth
gurta$ oonDrbe oerehelicht ; *) in feinem #aufe naljm er junge Seute
auf, bic bie öffentlichen 23orlefungen befugten unb benen er noch aujjer*
bem Unterricht gab. Sieben biefen Arbeiten fanb er noch^flufje, nicht
nur ju einer weit ausgebreiteten (Sorrefponbenj , fonbem auch jur
Aufarbeitung zahlreicher Schriften; in biefen fahren gab er cateche-
tifche (Srflärungen ber jehn ©ebote unb be$ apoftolifchen ©mnboIumS,
©enbfdjreiben an ^ßroteftanten , bie unter ßatholifen leben, polemifche
Stractate über ba3 geijtlidje Statt unb bie ©acramente, fatirifche SDia*
logen gegen baS gegfeuer, bie 9#effe, ba§ ^apßthum h«au3. 1545
ging er mit garel nach ^3 ern imSntereffe ber oerfolgten SBalbenfer,
unb nach 23afel, um mit Stouffaint über ben 3 u ßanb ^ 9Rüm*
pelgarber Kirche ju beraten unb ihn, obwohl oergebenS, ju bewegen,
einen 9tuf nach ®* n f anzunehmen. 2118 1546 bie SBerner eine $weite
theologifche Celjrftelle $u Caufanne grünbeten, toünfchte 25iret, fte
möchten garel berufen; |ie gingen aber nicht barauf ein; in ihrem
. Sßiberwillen gegen (Saloin'S ©runbfäfce über baä ßirchenregiment
warfen fte ihm unb feinen ftreunben ^terarc^ifcr)e ©eftnnungen oor;
fie fahen nur ungern ba$ Einbringen feiner ßehren in baS 2Baabtlanb,
auf gurcht, ihrßinflujj tonne barunter leiben; baher wollten fte nicht,
bajj neben SSiret ber noch entfct)tebener caloinifche ftarel angefiellt
würbe. Sßiret felbft würbe ihnen oerbächtig; al3 er, 1546, oon einer
9?eife nach ©traf bürg zurüeffam, befchulbigten fte ihn, bie SBufcer'fche
Anficht über'S Slbenbmal angenommen ju haben, gare! unb ©al*
bin reiften für ihn nach 3«nch, um bie Vermittlung ber bortigen
Theologen für ihn anjufprechen. SDie ferner Regierung hatte jwar
für SBiret'ö Sleblichfeit bie größte Sichtung; aber nur nach wteber*
holten Steifen unb SSerbanblungen , unb nachbem er oon ben ferner
^rebigern fehr unfreunblich aufgenommen worben, gelang e$ ihm,
Anfangs 1549, fte burch ein ©laubenSbefenntnif* , baS fte ihm abfor-
berten, ju befchwichtigen. 33alb barauf fanb jwar ber Sinket Con-
sensus patt; für 9Sir et War er aber oon feinem SRufcen, ba bie
3wtngli'fchen ferner, weit entfernt, ihn anzunehmen, in ihrer
ftetnbfeligfeit gegen bie ©enfer jefct noch weiter gingen, als oorher.
SSiret blieb jeboch in feiner greunbfehaft für Saloin unerfchüttert;
fo wie er bei ihm Statt) unb #ülfe fanb in ber 93ebr5ngnijj , fo War
er feinerfritS unablafjtg bereit, ihn ju unterftüfcen. 1548 war er mit
*) @ie flarb im SDiorj 1546; ba« 3a^r barauf »erheiratete ftd) 35 ir et ein
jraeites SWat mit einer SBürgerötodjter au« (Senf.
Uigitize
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garel mehrmals ju ©enf, um (£aloin befiehlt in feinem Äampfe
gegen bie Sibertiner. £)ie töathSbücher erwö^nen ber „frönen @r*
mahnungen", bie SBeibe an bie oerfammelten föäthe richteten, in ber
^urdjt ©otteS &u leben unb ben ©treittgfeiten in ber ©tabt ein @nbe
ju machen. £5a8 3ahr barauf fanb et einen neuen greunb unb ben
bcften ^Mitarbeiter an 33ega, ber &u ßaufanne aU Sßrofeffor angefreflt
mürbe. (53 folgte nun eine ruhigere 3eit, ber eS ihm möglich
marb, einige größere SBerfe ju oerf äffen, unter Stnberm einen Dialog
über baS neueröffnete Stribentiuer ©oncil, ben er bem 9J?agtflrate
feiner SSaterftabt Drbe nribmete (11. 5D?ai 1551), too jeboch erft 1554
bie Deformation burdj (Stimmenmehrheit eingeführt würbe; eine laiei=
nifche ©chrift über baS §lmt unb bie ©acramente, bem Rath oon
ßaufanne gemibmet (1. 3uni 1553); eine ähnliche über biefelben ©e*
genjtänbe, an bie SBerner Regierung gerichtet (20. 3uni 1553); eine
gefc^idjtlidje £)arfteUung ber Gsntftehung beS SßapftthumS, mit einer
3ufd?rift an 3afob oon SBonftetten, (Statthalter ber ©raffc^aft
Neuenbürg (1. 3uli 1554). 3m 3at)r 1552 befugte il)n ber au$
Stalten geflüchtete ©irolamo Qantyi, ber feine Sßrebigten bemuns
berte unb grcunbfdjaft mit ihm fchlof. 3" bemfelben 3ahre führte
ihn bie ©orge für (Saloin abermals nach ©enf. Johann £rolliet
hatte ben Reformator angcflagt, in feiner chrijtlichen 3nfftMion bie
ßehre ju behaupten, ©ott fei ber Urheber beS UebelS. £>a eTfchie*
uen SSiret unb ftarel oor bem JWath unb erflärten fo grünblich bie
mif oerftanbene Anficht ihre« greunbeS , bafj burch öffentlichen SBefchlufj
bie ^nPitution alsS chriftltcheS ©uch betätigt mürbe. Noch größern
Kummer, als biefe immer ftch erneuernben Singriffe gegen (Saloin,
machten SBiret bie Nachrichten, bie er bamalS auS granfreich erhielt,
gfinf Junge ftranjofen, bie ju Saufanne ihre<Stubien gemacht hatten,
maren als Sßrebiger in ihr 3>aterlanb jurüctgefehrt unb ju ßoott als
Äefcer oerhaftet unb jum £obe oerurtheilt morben. Sluf SBiret'S
unb Söeja'S ^Betreiben oerwanbten ftch oie reformirten Santone beim
flöntg # ein rieh IL für bie ©efangenen, allein ohneSrfolg. SSiret,
ftarel, <£aloin tonnten nichts thun, als ihnen £rojtbriefe fenben;
ben 16. 2M 1553 erbulbeteu bie Jünglinge helbenmüthig ben fteuer*
tob. 1555 erlitten fünf anbere ftrangofen baS nämliche ©djfcffal gu
(Shambdrö; auch an biefe richteten 33fr et unb feine greunbe aufmun*
tembe Schreiben.
gür 9Siret felber bereiteten ftch in biefer %tit gefährliche ©türme
oor. 1556 mürben, nach einer Empörung ber Cibertiner, bie $aupter
berf elben auS ©enf oertrieben. SBern , immer f einbf elig gegen (5 a l o i n ,
nahm ftch ihrer an. 3 n Dem beßhalb gu 93ern geführten $rojeß
mürbe auch SS ir et, namentlich oon $ et er 95 anbei, als SSerläumber
unb SSerräther angeflagt. 3u ßaufanne fagte ber burchretfenbe $err in,
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einer ber #auptgcgner (Saloin'S, bie fchmahlicbftcn $)inge über
biefni unb Vir et; Iefcterer, Behauptete er, fei als fchmadjer (S^araftev
Don 6 alt) in überrebet morben, bie unfchulbigen Sibertiner ber fchmerften
Verbrechen^ befcbulbigen; er, er r in, habe bie ficherften 3eugntffe
in £>änben, um bieg öffentlich gu bemetfen. 5£ie ßaufanner nahmen
fleh oor , i^n bei feiner Rücffehr be^f>atb gerichtlich ju belangen. 3 n *
beffen mufjte Vir et f elber 33ern erfcheinen, mo man, mie Veja
an Vullinger f treibt, nicht mehr Rüif ficht auf ihn nahm, als
toenn er ein gang unbekannter unb folcher Verbrechen fähiger 9ftenfch
gemefen wäre. @r oertheibigte ftet) aber fo, bajj er nicht meiter be=
Iäfligt mürbe. DieS mar nur baS Vorfpiel ber kämpfe, bie nun
jmifchen ihm unb ben Vcrnern ausbrachen. 3 U Saufanne ^errfc^te
unter einem großen, befonberS bem oornebmen Stheil ber Veüötferung
biefelbe ©tttenloftgfett tone gu ©enf; eS gab auch ba eine ^artbet
ber ßtbertiner, bie ftch ber £>iSctplin nicht fügen mottte; unb fo mie
früher bie ©egner ber Deformation ftch «»f baS fatholifche greiburg
flutten, fo beuteten jefct bie ©egner ber Kircbenjucht ben SBibeTtoiHen
33ern'S gegen bie Anhänger beS (Sa loin'fchen eujlemS. Viret'S
SBefrreben mar, bie nemlichc Drbnung einzuführen , mie in ber ©enfer
Kirche, ein Konftfiorium mit ber SJtocht ju escommmuairen. Huf
feinen Antrag ma^te ber Rath poltjetltche Verorbnungen befannt
über ©ittenreform; Söern nahm eSübel, baj) man ftch in ber SBaabt,
einem eroberten Sanbe, folchc Freiheiten nahm, unb fehtette feine
eigenen Reglements, um ftch barnach &u richten. ®a zugleich Vern,
fo mie überhaupt bie gan$e beutfehe ©chmeia , auS nicht unerheblichen
©rünben, bie ©emalt beS Kirchenbannes nicht in bie #änbe ber
^rebiger legen moUte, fo toiberfprach Vir et unb eS erfolgten lang
batternbe ©treitigfeiten. 1558 brohte Vir et baS Slbenbmal nicht
mehr ju reichen, menn ber Vann nicht eingeführt mürbe; bieSmal
erfuchte noch Vern ben ßaufanner Rath, ben Reformator ju befänftigen,
unb btefer gab nach; allein balb brach bie Qtüktxatyt oon Beuern
auS. Strofc beS im Sahre 1555 oon ben ferner sperren crlaffenen
©efehlS, man foße ftch alleS fctfputirenS über bie Sßräbeftinatton
enthalten, trugen mehrere maabtlänbifcbe Sßrebiger btefe&hrein ihrem
fhengften ©inne oor. ©ie mürben abgefegt; bie ßaufanner Klaffe
protefttrte; SBem beftanb auf ber Abfejjung unb, um bem ©iSctplins
(Streite ein (Snbe ju machen, fefcte eS in jeber ©emeinbe ein Konfi*
frorium ein, mit bem Rechte bie Slergerntffe ju befhrafen, aber ohne
@XCommunication. ©agegen beftanben Viret unb feine Kollegen
hartnäefig auf Sefeterer unb begehrten zugleich bie Freiheit über bie
SPrdbejttnation ju prebigen. Aufgebracht über biefen SBiberfianb,
befahl ber Verner Rath allen SEBaabtlänber sprofefforen unb ^ßrebigern,
»or ihm ju erfcheinen; fte famen ben 15. Sluguft 1558, begehrten
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eine Disputation unb, ba tiefe oerweigert würbe, fügten ftc fidj nodj
einmal in ben SBiflen beT Regierung. Doch nabm bie SScTjrimmung
jwifchen beiben feilen täglich ju; fchon im©eptember »erlief SBeja
ßaufanne um fic^> in ©enf niebergulajfen. Sir et, ber in ii>m feine
fräftigfte ©tüfce oerlor, war ljöd# mißoergnügt, unb lief ftcb nur
mit SMfifje bürde) Saloln besänftigen, ber ©eja'S SBeggang ju
rechtfertigen fuchte. 3 w ^gieng SSiret felber fchon mit bem ©ebanfen
um au$ Saufanne wegjujiebn, wo buret) bie unaufhörlichen Äonflifte
mit 33crn feine SBirffamfeit geljinbert war; allein er wollte feinen
Soften nicht freiwillig oerlaffen. (Snbltch, ben 20. Januar 1559,
würbe er mit feinem ÄoHegcn 3afob Skalier abgefegt, nach jwei-
unbjwanjig jährigem Dienfi in ber Sauf anner SHTdje. (Srft {cjjt, ba
ber Reformator felber gefallen war, nahmen auch bie Sßrofefforen ber
Saufanner ©djule unb eine große 2ln$ahl Sßrebiger ber SBaabt ihre
(Sntlaffung. 9Siret war nid)t entmutigt; ben 1. Januar 150O fc^rieb
er an ben Rath unb bie ©emeinbe oon ^atyerne , er täufcfye ftd^ nicht
über bie ©chwieTtgfcitcn ber Reformation, fte fei ein üöeTf baö
nicht in einem Sage oollbracbi werbe, ju bem unfer ganjeä Ceben ,
nicht ausreiche; „baber muffen wir nid)t auf ba8 fehen, wa8 Slnbere
tt)un, fonbern auf ba3 wa$ un$ obliegt, um treuHd) unfere Sßflicfyt
gegen ©ort ju erfüllen, bem allein, unb nicht ben 2flenfdjen, wir
9lcd)enfct)aft ft^ulbig finb." <Sr ging nach ©enf. Den 2. TOorj
1559 warb er al$ Sßrebiger angefreUt unb erhielt ba$ ^Bürgerrecht.
3ahlreicr)e Qxi^bxex brfingten flet) ju feinen ^rebigten, bie Iebenbiger,
einbringlic^er waren aI3 bie (Saloin'ä. 2$on bem Ratt)e in ßbren
gehalten, oon bem SBolfe geliebt, an ber ©eitc ßalüin'S unb ©eja'S,
l)dtte er, wie er fagt, feinen anbern Aufenthalt met)r gewünfdjt als
©enf. ©eine größere 3Wuße benufcte er jur Ueberarbettung ober
neuen Verausgabe mehrerer früherer ©Triften; unb jur Abfaffung
einiger neuer, namentlich eineg fonberbaren bibaftifchen 83ud)ö, bie
ehriftltchc Sflctamorphofe betitelt, unb eineS ZxattatS über bie Sebren
Oom Amt unb oon ber tfirebe, welken er ber ©tabt $atoemc 511=
eignete, in ber (Erinnerung, baß er ber CSrfte gewefen ber fytx ba3
(Soangelium georebigt I)atte.
Selber fonnte fein Aufenthalt ju ©enf nicht oon langer Dauer
fein. Der Sufiaifo feiner immer noch «n ^ folgen ber aSergiftung
Ieibenben ©efunbheit war buTCh bie Sttüben unb ©orgen ber legten
Sahre noch bebenflicher geworben; im 2Äarj 1557 fchrieb Söeja an
SSullingcr, 33tret'3 fleiner, geflächter Äöroer (dcbilitatum
corpusculum) flöße feinen ftreunben bie größten ©eforgniffe ein.
(Sr beburfte eine« milbern 0ima'3; ba traf e$ fid), baß mehrere
©emeinben beS füblichen ftranfreichS, unter Anbern RigmeS, oon ©enf
^rebtger begehrten. 9Sirct oerlangte nach RiSmeS &u gehn; obfehon
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man für ihn bie ©efafyren ber föeife in bem unruhigen ßanbe fürchtete,
gab ihm bcr föatt) einen zweimonatlichen Urlaub zur 2BteberherfkHung
feiner ©efunbhett. £)en 6. Dctober 1561 fam er an, unb marb
empfangen „tote ein 33ote bom Gimmel'', obgleich er in feinem elenben
3uflanbe auSfab, „rote ein mit #aut überzogenes ©erippe"; felbjt
Äatholtfen Ratten SKitleib mit ihm unb fagten: „ma8 »in ber arme
SWenfch in biefem ßanbe? ift er nur gefommen um ftcb begraben ju
Iaffen?" ©ct)on ben zweiten Stag nach fetner Slnfunft prebigte er;
feine ©d)mctche mar aber fo grof, bafj SSiele meinten, eT mürbe oor
bem ©djlu§ in Otynmadjt ftnfen. £)och erholte er ftet) balb in ber
milbern Öuft. Gsr marb jum ^räfibenten beä ßonfifloriumä ernannt,
führte ofme ÜBiberfranb bie ^irc^enjuc^t ein unb Innberte, fo oiel an
ihm mar, ba$ Qexfiöxen ber S3ilber unb bie gemaltfame S8efi|mabmc
ber jflrdjen. 92acr) Verlauf ber jmei3Äonate, melbete er an ßaloin
er fdnne faum fort, er bftrfe ba8 begonnene SBerf nicht oerlaffen;
bie ©emeinbe erbat unb erhielt oon bem ©cnfer SRagiflrat eine 93er*
Iängerung be8 Urlaube. Slm SBettmacfytStage prebigte SSiret jum
erfien Sßlal in ber Sftünflerfirche; nact) ber Sßrebigt nahm er offene
lief) mehrere angefehene Jflofierleute , unter 2lnbern ßubmig oon SWont?
calm, Sßrior oon SMü^aub, unb bie Slebtiffin oon SfcaraScon, unter
bie ©emeinbe auf.
2lu8 ben ©enfer töathSprotofoHen unb aug einem ©riefe SaU
oin'8 an S3eja geht ^eroor, bafj gegen (Snbe 1561 2Mr*t für
$ari8 oerlangt mürbe unb bafj er bie (Srlaubnif? erhielt bi8 jum
(Sommer 1562 bort ju Oermeilen; ber föatygföretber machte bie natoe
„man hofft er WeTbe oiel grucht bringen unb baju bei-
tragen ba« Parlament zu befehren." (Sin fonjl zuberläfjiger gleich-
zeitiger ©c^riftfiefler, SßaSquier, fagt, er habe in ber Stbat um
biefe 3eit in ber SBorfrabt ©r. Marcel gepTebigt. SDicö tft aber
faum ju glauben. *) 5Den 9tuf mag er erhalten haben , er folgte ihm
aber nicht; ben 25. Dezember 1561 prebigte er ju SWiSmeS unb ben
15. Januar 1562 mar er gleichfalls in biefer ©tabt; zmifc^en biefen
Zmet (Sporen mar in bamaliger 3eit eine töeife oon Sßiäme« nach
SßariS unb jurücf eine Unm5glichfeir.
Den 17. Januar 1562 mürbe baS fogenannte Januar * Gsbift
befannt gemalt, ba$ ben töeformirten befahl, ben ßatholifen bie
ihnen mit ©emalt genommenen Äirchen jurüefzugeben. ©chon oor
ber gJublijirung beffelben mar ber ©raf oon Sruffol, mit brei anbern
*) (Sbenfo unrichtig ift c«, wenn § ottinger, in feiner $ifioria ber 9te*
formation in ber Stbgenoffeufdtjaft , @. 852 fagt, SHret b,abe bem <£ot(o»
quium bon <ßoiffü beigewohnt, <£r berwechfelt ib,n mit bem fonfl wenig
befonnten «ßrebiger 3of>ann SBiret.
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(Sommiffarien, nad> bem Sangueboc gefchüft worben, um bie #ircf}en
wieber ju »erlangen. £)ie Sßrebiger ber ^rooinj oerfammelten ftch
ju Montpellier, um barüBer ju beraten; ben 15. richtete
SS ix et ein benfwfirbigeS Schreiben an fie, in bem et fte aufforbette
bem föniglichen SBefehle ^olge ju leiften: w eS märe ein gefährliches
SHng, fagte er unter Slnberm, wenn e$ ben ÜBölfern gemattet wirre
ftd) bie SRacht anjuma^en, bie, nach göttlicher Drbnung, nur ben
Königen unb ben Don ihnen eingelegten Dbrigfeiten gebührt. 2Bir
tonnen ben ©ehorfam nicht oerweigern, ohne unfrer ^pfttdEjt juwiber
gu ^anbeln, olme bie Sirene unb alle ©laubigen in grofje ©efahr
ju bringen; unfre ©egner wünfehen nidt)t^ mehr als unfern SBlber*
jtanb t bureb, ben wir ihnen ©elegenheit gäben unS anklagen ; wäfc
renb wir fie burch unfre Unterwerfung jum (Schweigen bringen." 3u
SftSmeS lieg er bie nemlichen ©rmabnungen ^5ren; WaS lag auch
baran, ba Religionsfreiheit gemattet war, fid) in einer Shthebrale
ober fonft wo ju »erfammeln? „£)ie ^auptfadje, fagte SSiret, ijt
unS geloffen, baS anbere ift nur SRebcnbing." (Schon ben 22. Januar
würben in SftSmeS bie fiirdjen jurücf gegeben ; oon nun an fanb
ber ©otteSbienft außerhalb ber dauern ftatt. SDen 2. ftebruar famen
in befagter (Stabt fiebrig ^rebiger auS bem Unter-8angueboc aufammen,
um fid> unter 93iret'S SSorfifc über bie Ausführung beS (SbiftS ju
toerfiänbigen ; 2Rancr)en fam eS §axt oor ftch unterwerfen ju müffen,
allein beS Reformators (Srmatmungen fanben julefct auch tyex ©ehör.
ßurj barauf Oerltef? er SKiSmeS, oott SBewunberung über ben guten
©etji ber bort berrfchte, über bie ©ereitwiUtgteit ber (Soangeltfchen
fidj ben föniglichen ^Befehlen ju fügen, über bie Siebe bie fte üun
erjeigt garten, über ben grieben &wifchen ben beiben $artbeien, über
bie SBerträglichfeit ber ffat^olifen, oon benen er nie auch nur bie ge*
ringfte Söefdjimpfung erlitten hatte. <5r Begab ftch nach SRontpeHter,
in ber 3ibficr)t bie bortigen Sterbe gu befragen unb bann nad) ©enf
jurücfjuf ehren. £)te feit 1559 in biefer ©tabt gegrünbete unb rafch
aufgeblühte ©emeinbe wollte aber ben ausgezeichneten $rebiger gleich*
falls eiüe &eit lang behalten. (Sine befonberS freunbliche Aufnahme
fanb er bei ben Slerjten unb Sßrofefforen ber Berühmten mebfjinifchen
gacultät, unter welchen er treffliche (Shriften erfannte, „bie bienatürs
liehe ^h^lofoph^ mtt Dem (Stoangeltum ju bereinigen wußten." @r
nennt ßorenj SConBert, getoneS, ^rial, ben Shirurgen 9Äis
djel Jg)drouarb, ber mitSifer für bießirche oon 9Rontpeflier thätig
war, ben ßanjler ©aporta unb ben SRaturhiftortf er unb Slnatomifer
3B i 1 1> e l m SR onb elet, bie alle ihre ßunft anwanbten um feine ©e?
funbheit wieberherguftellen. Obgleich fchon ben 7. Februar bie Kirchen
gurütf gegeben worben waren unb bie ©emelnbe, ju ber, wie man fleht,
bie gelehrteren 3Äänner joer llnioerfitat gehörten, (ich nur in einer
£uppr.»S6anb. Scfcini bt, Tjaxtl «nb ©irrt. 4
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©eljaufung am ©tabtgraben oerfammelte, prebigte SStret mit fo t>icl
(Erfolg, baf ftch bie ber SRefortnirten fdmeff unb auferorbentltct)
oermebrte; währenb im 3&h* 1560 nur 18 kaufen, unb 1561 beren
260 ftatt gefunben Ratten, flieg im 3ahr 1562 bie 3aht auf 528.
SBitet'3 Pflicht jog ihn iebodj nach ©enf; feine gamilte mar bort
• jurücf geblieben, ber State) hatte ihm feine Söefolbung gelaffen, @al*
©in wünfdjte ihn anrfief, bie3*it feine« Urlaubs waroorüber. 5Den
23. SRära fchrteb er an ©aloin um ftch ju entfchulbtgen , &ftei Ur=
fadjen gelten ihn noch in Montpellier aurücf , bie &ur bie er unter
ben Slugen ber Sierße befolgte, unb bie Unruhen in ber Sßrooence,
bie bie (Strafen unftcher matten. 2)te nemltchen ©rünbe oer^tnber*
ten ihn auch bem Stuf ber ©emeinbe oon £ouloufe ju folgen, bie
tyn burch abgefanbte SBoten eingelaben hatte bei ihr gu prebigen.
SBenig £age fpäter fam aber ein anberer Stuf, ber fo bringenb war,
baf er ihn nta)t abmeifen fonnte; bie flirre oon Styon begehrte ü)n
oon ©enf , unb erhielt ihn für awei SKonate. 21m Dftertage (29. 9Eära)
prebigte er aum lefeten Sttal in Montpellier; ba$ 93olf behauptete, wäh*
renb feiner Sßrebigt h<*be man brei (Sonnen augletdj am Gimmel gefebn.
SBereitS ßnbe Stprtl begab ft<h SBiret nach Söon. Sluch hier
Ratten bie föeformtrten feine Äfrd)en mehr; pe oerfammelten ft<h in«
©ebeim in einer ber SSorfiäbte, pflegten aber Slbenb« truppweife unb
gjfalmen ftngenb bie ©trafen au bur^elm bt$ in bie innern ZfyeiU
ber ©tabt; oergeben« mahnte einer ber ^ßrebiger fie baoon ab; trofc
ber Verbote be« ©tatthalter« fuhren fie fort unb wiberftanben fogar
mit ben SBaffen in ber £anb. Sil« SSiret fam, tt)at auch er ba«
©einige um gur SRu^e ju mahnen; bo<h erregte feine Slnfunft bie
©eijrcr noch mehr. 35er 3«brang ju feinen Sßrebigten war fo grof>
baf er einft auf öffentlichem Pafee prebigen muf te ; er foU fo SBiele
befet)rt haben, baf Stgrippa b'8tubign<$ erjä^It, Coon fei et)er
burch bie 3u«Ö c SStret's* al« burch bie ©c&werter feiner 83ürger
gewonnen worben. $)iefe 2Borte bejie^en fleh auf ftotgenbeä.
SRach bem burch ba£ 23lutbab oon SSaffo herbeigeführten 2lu$*
Bruch be« 23ürgerfrieg8, bemächtigten ftdj bie Hugenotten, ben 30.
Slpril, burch einen fühnen #anbfheicb ber ©tobt Söon. %n ih rc *
©iegeSfreube fanbten fie, fd)on ben 3. 2Kaf, ein in enthuftafrifdtjen
SluSbrücfen abgefaßte« ©^reiben an ben ßönig ab, ba« ebenfo oon
ihren loyalen ©eftnnungen, aI8 oon ihrem gänzlichen S3erfennen ber
bamaligen SSerhältniffe aeugt. ©ie melbeten bem S UT P e n, baj? feine
©tabt ßoon nun für Sbrißwu gewonnen fei, worüber er, ber aller*
chrifHichfle ßönig, ftch freuen folle; fie hätten feinen neuen #errn
eingefc^t auf er bem, an bem auch er ftch befenne; er fei gtüdlich 311
preifen, baf unter feiner Regierung bie SBahrheit fich oerbreite, unb
fei noch iuug genug um einft beren ©ieg au fehn; bie ©egner unb
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Verfolger, bie pcb mit Umreit (SbriPen nennen, treiben überwunben
werben, fo wie (ie gu Styon unterlegen pnb; bie Söoner fyjfcen bie
St^rannei umgepürgt, um pd) bem gu übergeben, ben fie nad) ßbripo
als ihren einigen rechtmäßigen #errn erfennen , bem Äönig. Db SS i r et
an ber 2Ifcfa|fung biefeS, mit Sßfatmfprücbett unb SHeberffropljen ange*
füllten ©cbreibenS 3lnt^eil hatte, tüiffen wir nicht; wir möchten Diel*
mehr begweifeln , baß er e$ billigte. Der ©teg mar nicht rein geblieben;
e$ waren in ben fatbolifeben ftirdjen ©ewalttbätigfetten berübt worben,
gu benen felbfi einige Sßrebiger ba8 2Solf aufgebest Ratten. SStret
[uä^te lange oergebenä gu wehren; nur mit SOWtye gelang eS ihm bie
©emütber gu Besänftigen ; ei melbete e$ an Salb in, ber ben 13. üflat
an bteSßrebiger fdjrieb, um ibrSBenehmen Preng gu mißbilligen. 3m
3uni fanbte ba£ Ctyoner ßonpportuut SSoten nach ©enf um SSiret
noch für längere 3ett gu erbitten; er hoffte gwar nicht ber Jtlrcbe lange
mefjr bienen gu fönnen, er füllte pd) franf unb fdjwacb, unb fürdV
tete balb ba8 Söett nicht mehr gu üerlaffen; bodj machte er, Wäljrenb
beS neu erhaltenen- Urlaube, fap übermenf deiche SlnPrengungen , um
wäfyrenb ber ÄriegSnoth unb ber $ep feine ©emeinbe im ©tauben
aufredet gu erhalten. SlnfangS 1563 Pellte biefe abermals ben ©enferu
Oor, pe fönne 58 irret nicht entbehren; er warb ihr nun für unbe*
pimmte 3*ft gepattet. (Bx nahm e« an, „benn ber #eTr, fagte er,
bat mid^ burdj bie Erfahrung belehrt, baß eS nicht an feinen Dienern
Pebt ba^tn gu geljn wo Pe e$ wünfeben, fonbern baß pe ihm folgen
follen wohin er pe ruft'' Qsx tarn felber nach ©enf unb banfte bem
SRagiftrat mit gerührten Sßorten für feine Söohlthaten; „e8 würbe
befcbloffen, ^ci^t eS im SRat^Sprotofoll, ihn ehrbar gu entlaffen unb
ihm gu banfen, baß er, ben ©ort gewählt hatte um ba8 Soangelium
in biefer ©tabt aufrichten gu Reifen, unfrerÄirä> mit fo biel SRufcen
gebient bat, baß ba« Slnbenfen baran unvergeßlich fein wirb; auch
ip oerorbnet worben ihm 8t0cÖ gu geben WaS er gur SReife bebarf."
iRach ber Einnahme bureb bie Hugenotten blieb gu ßöon ber fatbo*
lifdje ©otteSbienP unterbrochen, big gum grieben oon Slmboife, 19.
Sttärg 1563. Den 15. Sunt rfieften fatbolifdje Strusen in bie ©tabt ;
bie 3Reffe warb wieber hergePeflt, bie SRöncbe erfebienen wteber, 1564
gog Sari IX. ein unb ließ ben Jtatbolifen bie ßirdjen gurüdfgeben,
welche bie 9leformirten noch inne hatten. Doch warb ber ©otte$bien|t
biefer ßefctern noch nicht gefrört. Jhrrg nach ber SEßteber^erfteHung be$
fatholifchen <£ultu8 im ©ommer 1563 Wünfchte SSiret eine ©tinobe
gu halten; baS (SonPportum wanbte pd) be$halb an ben Sconig, ber
aber unter bem SSorwanbe ber Unruhen feine ^Bewilligung oerwei-
gerte; SSiret flagte barüber an (Saloin (28. 3uli); er jagte, bie
meiPen Sßrebiger feien fdjon unterwegs, unb meinte er hätte »ielleicbt
beffer baran gethan feine Srlaubniß gu begehren. (5$ fcheint inbeffen,
4*
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bof bie ©djwierigfeiten gehoben würben, beim ben 10. fcuguft trat
bie ©unobe aufammen: fte wirb als bie oterteber franjöflfäen üftario*
nat=©önoben gejault. 58 (rct würbe jum SBorfifcenben (SRoberator)
unb gugletdj gum ©ecretar erwählt; bie aSerfatmnlung fafjte eine töeibe
oon ©efcfylüffen, t$eil# um gewiffe fünfte ber SMSjiplin genauer gu
be|ttmmen, tbetlS um bie SSerbältntffe mebrerer Äirdjen ju regeln unb
einigen Sßrebigern SSerbaltungSmajjregeln 51t geben über fcbwierige gdlle.
£)a ftdj ju Styon audj eine italienifdje, meift au8 pdjttgen ßucenfern
befte^enbe ©emeinbe gebilbet l)atte , förfeb SSiret, ben 20. ©eptember
1563, im Kamen be$ ßonftftoriumS an &anä)i, er möge al$ Sßre=
biger für feine Öanbäleute fommen, e8 fei ^ßflidjt bte greiljett ju be*
nufcen bie ben ^roteftanten in granfreidj gefrattet tjt; bte metjten ber
Italiener ju ßnon oerftünben jwar fran$öftfcfj , allein fie bebürften
eine$ SßrebigerS t^rer ©pradje, fowofyl wegen beS UnterrtdjtS ber
3ugenb, al8 weil ein fat^oltft^er italtentfdjer ©etfUicber Ijefrtg gegen
bie ^Reformation eiferte. Qanfyi, ber fdwn @nbe 1561 einen äfm*
liefen Stuf Don ßtton erhalten unb abgelehnt batte, wdre bie&nal gerne
gefommen, wenn er nidjt bereits für ß^iaoenna jugefagt ^ätte.
35er Soften $u St)on war ein aufjerft fdjmieriger; jwar $atte
SBiret mehrere tätige Sollegen; aud) fanb er (Snbe 1563 einen
längft ifym befreunbeten SRitarbeiter an Stirijroplj $abri, ber
flüchtig oon SSienne berüberfam. ?TOetn bte ntetfie (Sorge lag auf
ibm, bem Sßraftbenten be8 (Sonjtftoriumg. ÜDie Sßrotefranten waren
aablreidj, bie Äat^oliföen waren e3 ni(t)t minber; ber burdj bie
SBürgertriege entbrannte #a§ war burdj ba8 griebeng s (Sbift Don
SImboife nidjt auggelöfdjt werben; eifrige Sfööndje, jumal 3*futtttt/
befämpften ben ^roteftanttSmuS ; jubem waTen, auf ba8 Gsbtft jlc$
berufenb, bem jufolge Sfiemanb wegen feineS ©laubenS geftört werben
foflte, ©ectirer aufgetreten, bie bie ©emittier entzweiten unb ber
guten ©adje mannen (Schaben brauten, ©ebon gleicb nad) feiner
5(nfunft gu Co,on batte 3Siret ftdj Deranlafet gefetyn, einem fonft treffe
lieben, gelebrten Sttann ju wtberfpredjen. Anfang 1562 war bier
ein werfwÜTbtge«, mit Dieler Mäßigung getriebenes SBudj eTföienen
über bie Orbnung unb ^ßolijei in ber (brijtttdjen Jhrdje; •) ber 23er*
f affer, Sodann SKorelu, au« $ari§, ein nadj ©enf gefiüdjteter
£ugenott, batte e$ SSiret gewibmet, nadfjbem ßaloin ftcb geweigert
batte, baS Stfanufcript bur^gufe^n. (S8 entwitfelte, in SBejug auf
Äirtbenregiment , bie extremften bemofTatifdjen ©runbfä^e; bie ^Pre-
biger fotlen blog oon ber ©emeinbe gewählt unb entlaffen werben;
fetbji über ©itten unb ße^re fott nur bie ©emeinbe rieten. SDie
ben 25. Slpril 1562 ju Orleans gehaltene ©önobe oerwarf ba« 33u<§,
*) Traict^ de la dlacipline et police chrestienne. 40.
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al« bie Sluflöfung ber Äircbe be$wecfenb. Stotel 9 erbot (ich, bem
Urzell garcl'«, Saloin'« unb öiret'« ft<$ J« unterwerfen;
namentlich fjoffte er, ftch mit Sefeterm, ben er persönlich tyfyaftete,
oerftänbigen ju fönnen; oon ihrem ©tanbpunfte au« fonnten aber
bie Reformatoren feine Stenbenjen nicht billigen, unb burdj 93efcr)luß
be« ©cnfer attagtfirat« (16. (September 1563) würbe feine Schrift
»erboten unb öffentlich oerbrannt. •) ©ne toeit gefährlichere er(fr)ien
flu 8oon furj nach D «n ^rieben oon Slmboife; fle war anonym unb
führte ben Xitel: „iDie bürgerliche unb militairifche SBertheibigung ber
Unfchulbtgen unb ber flirre ©hrifH ; **) ba fte ben Hufflanb gegen bie
Störannen rechtfertigte, erregte fte gro§e« Suffehn. SDer (Statthalter,
#err oon (Soubife, übergab fte SBiret, welcher in feinem unb
fetner (Sollegen tarnen ein (Gutachten abgab, in bem er erflärte, flc
enthalte falfche, gefährliche, Wtebertäuferifche Sehren. (Sie würbe
oerboten (11. 3uni 1563); ber bamal« ju 8öon anwefenbe, berühmte
9lecht«gelehrte ßarl $)umoulin, ben man fälfchlidj im Stebacht
hatte, ber SSerfaffer &u fein, würbe gefangen gefegt, nach wenig
Sagen aber wieber frei gelaffen. 3« berfelben 3*** ungefähr h"**
ftch ber Bntitrinitarier Sßalentino ©entile ju Soon auf; fein gegen
(Saloin gerichtete« ,,@oangelifche« Söefenntnip" erfchien hier ImSDrucfe.
<5r würbe gefänglich ^"fl^ogen, rebete ftch m& unD 8°fl/ * m ©ommer
1563, mit Sllciati, ber wahrfcheinlich mit ihm ju 8oon war, nach
$oIen. 3m3"W 1566 fam er wieber nach ©er,, würbe jeboch wenige
SDtonate fpäter ju Sern hingerichtet. Ob er unter ben Sttoner 3ta*
Iienern einigen Anhang gefunben hatte, oermögen wir nicht ju fagen;
inbeffen fehlten auch unter ihnen bie ju ©rübeleien geneigten ©eifier
nicht. 3m 3ahr 1566 traten jwei berfelben mit einer mofHfchen anseht
OomUbenbmal auf; flc behaupteten, in bem (Sacrament, fo wie eS in
ber ftirche gefeiert wirb, fei Sbrifht« auf feine SÖBeife gegenwärtig,
bie ©entejenben treten baburch nicht einmal in geijtige ©emeinfehaft
mit ihm; biefe ledere, bie geijn'ge, fei ^war bie allein wahre, bebürfe
aber ber äugern Reichen nicht 2ln ben einen biefer Seute, mitkamen
SÄlamanno, richtete SBeja, ben 2. 3unt, ein längere« Schreiben,
um ihm feinen 3rrthum ju beweifen. (Sin fatholifcher ©chriflftetter
be« fech«aehnten 3ahrhunbert« fagt, SSiret habe mit bem erjbifchöf*
liehen SSicar gemeinfehaftliche (Sache gemacht, um biefe, bie Sooner
Äirche ftörenben Äefcer ju unterbrüefen; bie« h«ft wohl nur fo oiel,
baß SBeibe gleichzeitig auf bie (ghtfernung ber gwei 3taliener brangen,
ba biefe, wie e« fcheint, fl<h fott>o^l an Äatholtfen al« an föeformirte
*) ©ie nwrbe auch »on ben©tonoben ju^ari«, 1565, unb ju 9ft«me3, 1572,
oerbammt
*) De 1» defense civil« & müiUire des ümocene ft de TEgliee.
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waubten. fßixtt hat fleh um fo weniger ju irgenb etwa« mit ber
fathottfchen ©etfilichfeit oerbinben fönnen , ba et felber unb feine ©e*
meinbe unaufhörlich ihren fcnfeinbungen au«gefefct war. 5Der gelehrte
3efuit 31 n t o n i o o ff e 0 i n i gab einen italieniföen Zxactat ju ©unften
ber 9Heffe herau«; fein Drben«bruber Öbmunb Sluger, ber 1563 bie
erf*e SWeffe ju ßöon wieber feierte unb fpäter ©etchtoater ty« tföntg«
§ einriß III. warb, fchrieb einen fran^öfifchen $?atecht«mu«, nach
berOrbnung be« (Saloinifdjen, au« bem er Manche« entlehnte, um
befio leichter ba« reformirte SBolf irre ju führen. &ujjerbem würbe
auf ben Äanjeln heftig gegen bie Äefcer geprebigt. SBirei, ber ftdj
an ben großen ©rfolg erinnerte, ben früher bie öffentlichen Steltgton«*
gefpräche in ber ©djweij gehabt hatten, wünfebte nun ein ähnliche«
ju ßoon gu galten; er meinte, „biefe« Hirtel ber SBa^eit ben^ieg
gu oerfdjaffen, fei Beffer, al« bie Spenge gegen bie $efcer auftubefcen
unb in 33egug auf bie Religion, in ber man am weiften einig fein
foUte, geinbfajaft unb $afs gu erregen; nur burch öffentliche Söefprechung
fann bie «Sache ofme <& anwerbt unb geuer, ohne Wloxb unb Ärieg,
entfdn'eben werben; unb geben wir augletcb unfere gegenfettigen WleU
nungen burch bie Sßreffe funb, fo tonnen Sllle fidt) belehren, gerabe
wie bie dichter, wenn fte bie Steten eine« Sßrojeffcä burebgebn." £)ie
fatholifdjen ©etfilteben weigerten fiel) aber lange, mit ben ©eißlicben
fowohl öffentlich al« in $rtoat= Unterhaltung bt«ptttiren. (Srfi 1565
willigten ber $ranji«faner Johann föopitel unb ber %e\üit Stuger
ein, mit SSiret einige Slrtifel ju oerbanbeln, unb jwar nur fdjrtftlich.
(Bit übergaben ihm eine Bleibe oon fragen, bie fleh, in fonberbarer
Unorbnung, theil« auf ganj untergeorbnete $)inge, theil« auf bie
Hierarchie, bie Saufe unb bie (Sscommunication bejogen. 3>n feiner in
würbigem Stone gehaltenen Beantwortung führte SStret fämmtliche
Slrtifel auf bie allgemeinen eOangelifchen ©runbfäfce jurittf, unb fügte
feinerfeit« jwölf fragen bei; bie oorjügltcbflen waren: iß e« erlaubt,
3ufö^e gum SBorte ©orte« $u machen? wirb ©ort burch äufiere Sere*
monten Wahrhaft oerehrt? fann e« nach ber ©ibel ein einzige« ficht*
bare« Oberhaupt berÄirche geben? fann etwa« in berSßelt gefchehn,
gute« ober böfe«, ohne bie SSorfeljung ©otte«? Sßtrct gabba«©anae
burch ben SDrucf f)exani; ob föopttel unb Sluger auf feine fragen
antworteten, tft un« nicht befannt.
SDiefe@chriftwar nicht bie einzige, bie SSiret ju 8öon oeröffent*
lichte; trofe feiner tförperleiben entwicfelte er eine aujjerorbentlicbe litexa*
rifche ahätigfeit; jum ^eil burch bie Singriffe ber ©egner oeranlaft,
gab er in ben fahren 1563 bt« 1565 mehrere fetner bebeutenbften
SOBerfe herau«: feine grofe <£h*f flüche Unterweifung, wooon er
ben erflen Stheü ber ©emeinbe oon 9ft«me« (7. SDejember 1563), unb
ben aweiten ber oon SKontpeUier (12. JDej. 1563) wibmete; einen
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Zxactat über bie ©ebete ber fotfjoüföen ©etfUichen; brei etnanber
erganjenbe tßücher über bie Huctorität bei heiligen ©cbrtft, fcfe ©en?alt
ber ©ehlüffel unb ben über bie »ah« unb bie falfdje Sftrehe geführten
©treit; bie beiben erfien richtete er an bie ©nwohner Styon'8 beiber
»efenntniffe (9. unb 12. «prü 1564), ba« britte an bie $eraogfn
Renata von gerrara (5. 3lpril 1565); ferner eine fatirif^e ©^rift
über bie ÜReffe; einen früher fdjon getriebenen Zxadat über ba$
Interim, ben er bem Slbmtral ßolignv, jueignete (20. ©eptbr.
1565); enblieh eine 8b$anblung über ba« 2lbenbmal, unb eine über
bie göttliche SBorfehung, ba« heifjt über bie öon ben Äatholifen häufig
ben SReformirten $ur 8aft gelegte SPrfibejrination.
SBann SStret Öoon »erlieg ift ungewiß; er toar bafelbft noch
ben 20. ©eprember 1565. Den 4. Ortober erteilte ihn bteSfteuen»
burger Älaffe an bie ©teile be£ fürjltch verdorbenen garel; ba er
ntdjt annahm, würbe gabrt berufen. (Sin f5n^glicr)ed (Stift oom
14. ©ejember 1563 t)atte , unter bem SBortoanb ben grieben von
Ämboife ju interpretiren , ba« §etfjt ju befchränfen, toerboten, in 3" 5
fünft au«lanbtfche Sßrebiger ifl granfreich anjuftellen; mehrere ©chrifts
fteHer haben behauptet, bag bied Verbot fofort auf Sir et angetoanbt
tourbe; man fleht jebod) au« Obigem, bafj bie« nicht ber gaü* war.
©ahrfcheinlieh benufcten e« erftönbe 1565 bie Sefutten, um ben toegen
feiner TOfjigung unb grleben«lfebe allgemein gearteten Sßrebiger jn
entfernen. Gr ging nach Orange, ba« bem gürften SB ü heim von
Sßaffau unterfym mar. Sondier berief ihn 3 Oranna von Vlbret
an ihre neue, im $ahr 1566 errichtete Bfabemte von Ort^ej, in ©earn.
SBon nun an oerfchtoinbet er beinah au« ber ©ef Siebte; feine Ittera*
rifdje S^dtigfeit §örte auf; vielleicht ^inberte ihn junehmenbe Ärfinf*
liefert an bebeutenbcmffiirfen; vielleicht begnügte er ftch, in bem gan&
evangelifchen ßanbe ju feiner $olemif gelungen , mit bem öffentlichen
Behren ber Geologie. Doch toarb aua> r)ier noch einmal feine föube
gefrört. 1569 Feien fatyoltföe Gruppen unter bem SBicomte Von Serribe
in ©earn ein, bemächtigten (ich auch ber ©tabt Orttyej, oertrieben
bie Sßrofefforen, nahmen SSiret, ben berühmteren unb am met|ten
gefür^teten, al« ©efangenen mit unb brauten ihn in ein fejte« ©ehlojj
bei ©habanaö. SDtefe lefcte Sßrüfung bauerte inbeffen nur fur^eit;
Orthej tourbe von bem ©rafen 2Rontgom6v toieber mit ©türm geuom*
men; ein anbere« #ugenottencorp« nahm(£ha&«tatt, 1010 fünfte bem
©efehl«haber biegieiheit auf fein SSerfprechen, auch SSiret freiaulaffen.
<5r tourbe ju Orthej toieber etngefefct, jiarb aber fchon 1571, fettig
3ahre alt, ber lefctüberlebenbe be« großen Triumvirat«, ba« bie Sie*
formatton in ber romanifchen ©chtoeia unb von ba au« in granfreich
begrünbet hatte.
I
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IL
3n einem ©riefe au8 bem Safyre 1549 fdjrieb §arel an
93 u Hing er: „©ort fytt un8 SS ir e t gegeben; id) fenne ilm beffer
al% mify felber unb bezeuge bafj id> nie etwa$ 2lnbere$ in iljm gewahr
warb , a(3 waijre aufrichtige Siebe ju ßljrifro unb feinem (Soangelium,
ein bemütljtgeS, liebeoofleä, nad) ^rieben ftrebenbeä ©emütfy; fd^e er
nidjt, baf ber^rrt^um fo fielen SBerberben bringt, unb wäre er ftd)
ntdt)t bewujit, oon ©Ott getrieben ju werben, fo würbe er nie mit
Semanben fheiten; im Streiten felbft jeigt er fo oiel 2)Mfngung, bafj
bie ©egner, gezwungen bie £Ijatfad)en anjuerfennen, nidjtS 3lnbere$
$u tfyun wiffen , als ju behaupten , e8 fei 5ltteä nur Jpeudjelei bei i^m."
£)iefe einfache G^aracterifhf, bereit SBafyrfyeü burefy SSiret'ä gan*
je$ Seben bezeugt ifr, bient audj §ur (Srflärung ber SBirfungen bie er
r)eroorbradt)te, überall wo er für bie Deformation tt)ätig war. SEBafc
renb garel burdj fein rafet) entjünbenbeä §euer unb ßalotn burdj
bie ©ewalt feiner ©ebanfen bie ^erjen gewannen unb bie ©egner jum
©Zweigen brauten, t)at 93 ir ct'ö ißerfönlidjfeit, weldje bei eben fo
Diel gefHgfeit wie feine $wei greunbe, met)r SWilbe unb einnet)menbe
©anftmutf) befafj, ganj äf)nticr)e Refultate erreidjt. SDieStttttei, burdj
bie er in ber romantfdjen ©djweij fowie in ©übfranfreidj gewirft $at,
waren feine Sßrebigten unb feine ©Triften.
SBon feinen ^rebigten ifr Ieiber feine erhalten; flc waren wotyl meifl
improoiftrt, wie bie garel'S unb ©aloin'8; wäfjrenb aber bie be$
ßefctern burdj 9£ad>f Treiber auf bewabrt würben, r)at fict), wie eSfdjeint,
für bie beiben anbern Reformatoren Riemanb gefunben, ber ü^nen einen
ä^nlid)en $>ienft geleijiet t)ätte. Rur au$ tyren SBirfungen unb einigen
3eugniffen oon 3eitgenoffen fann man auf ba$ (5igentt)ümlidje ber
Sßrebigten ißtret'S fdjliefcen. ©in ©enf er (St)rontft fagt, fie feien bei
bem SSoIfe in t)oI)em ©rabe Mieht gewefen; ,3ancr)t, ber 1552
(Salotn ju ©t. ©eroate unb ben gerabe in ©enf anwefenben SSiret
ju ©t. Sßeter prebigen r)örte, bewunberte beS Settern aufjerorbentlidje
SBerebfamfeit unb pellte ilm al$ Rebner työljer al3 (Saloin. ©e$a
fagt: „Riemanb r)at gelehrter geprebigt al§ ©alotn, Riemanb traf*
tiger als garel, Riemanb fanfter als 33iret." Dirne 3weifel barf
man übrigens annehmen, bafj ficr> in ben Sßrebigten biefeS ßejjtern
bie nämlidjen ©tgenfdjaften funb gaben, wie in feinen ©Triften, bie
grofjeutt)eil3 ebenfo inwrooijtrt ju fein fdjeinen, wie feine öffentlichen
Reben; wa$ bat)er oon jenen ju fagen i|t, läßt fi<f> auf biefe anwenben.
SS i r e t war einer ber frudjtbarften ©djriftßeUer ber 9tef ormationSs
jeit; Ieiber ftnb feine meift für ba8 SSolf beftimmten SDBerfe wenig in
bie #änbe ber ©ele^rten ober in SBibltotljefen gefommen, unb bafyer
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äufjerfi feiten geworben.*) 2Ba« fie oorsuggweife characterijtrt, ba«
ift eine ungewöhnliche Hafftfd^e tmb t^eologifc^e Gelegenheit, reiche,
<5tnbtlbung«traft, fhrenge ßogtf, oerbunben mit ©eift unbSBifc. $)ie
im ©anjen flare Darfiellung ift oft wettfchweifig unb gebehnt; fchon
frühe, 1546, hatte Salüin biefen fehler SBiret'« getabelt, ber eine
golge ber @<hneUigfett feine« Sirbetten« mar. $)ie ©»räche ift bie
be« Golfe« für ba« er fchreibt, populär unb mitunter trfoial; er fagt
felber: „meine (Sprache tfi nicht attifdj, ich toerftelje nicht« oon W)t-
torif, ich »erfafle oft in mein Patois aurüdf;" er tr)at bie« fogar
abfichtlich , um beffer oerftanben ju werben. SDer 3wecf feiner Schrift
ten war GolKunterricht unb ^ßolemif ; ba« theologifche ©öftem hat er
Weber tiefer Begrünbet noch Weiter entwickelt; er ift <3ct)üler ßaloin'«
unb hat {ich als folcher begnügt, beffen Rheologie für ba« 3Solf ju
oerarbeiten ober gegen ben ftatholici«mu« ju oerthetbigen. 9Kan fann
baher feine Schriften in jwei £auptflaffen eintheilen, infolge, bie jur
poftttöen Gelehrung ber ©lieber ber reformirten Äirche befrimmt ftnb,
unb in folche, bie bie Gefämpfung fatholif^jr Sehren unb ©ebräuche
gur Slbficht haben. $)te erftern finb entWeber Lehrbücher für Slnfänger,
ober Ermahnungen in bem Gefenntmfj be« eoangelifchen ©lauben«
feftjuhalten.
ÜDie Sehrbücher finb (SatechiSmen in bialogifcher %oxm, in ber
3ftethobe r)ic unb ba abweichenb oon bem (£atechi«mu« (£aIoin'£.
Sie bilben eine »Togreffioe 9ceihe, ben oerfchiebenen Sllter« ■ unbGil*
bung«fhifenangemeffen, oon bem erften Elementar * Unterricht fortfchrei«
tenb bi« %\\x oollftfinbigen grünblichen 3)arfieHung für Erwachfene. 3n
feinen foätern Sahren, währenb feine« Aufenthalt« ju ßoon, Braute
Gtret biefe ©Triften nebft einigen anbern in eine Sammlung, bie
er burch mehrere neue (Stüde oerooUftönbigte unb unter bem Sitel
herau«gab : „ShrffHicher Unterricht in ber fiehre be« ©efefce« unb be«
(goangelium«, in ber wahren Sßhüofophte unb ber natürlichen unb
übernatürlichen Xhwrfogie, in ber Getrachtung berSlbbilber unbSBerfe
berGorfehung in bemffieltall, unb in ber ©efchichte ber (Srfchaffung,
be« %oSA unb ber ErlBfung be« Sßenfchengefchlecht«." Such biefe«
grofje 2Berf ift in bialogifcher §orm. Steufierfi feiten, ift e« in fodtern
3eiten wenig beachtet worben, unb boch ift e« eine« ber merf würbig*
ften Srjeugniffe ber reformatorifchen Stteratur be« fechjehnten 3ahr*
hunbert«. 5Da« §auptintereffe befteht nicht fowohl in ben theologifchen
^arthien, al« in ber Hnwenbung be« g fo ffientfop nl auf bie menfefc
*) Sir et fotl mehrere SBcrfe unter bem tarnen ftirmtanu« CljloruS h«*
ausgegeben Ijaben. «lle, bie id) jebod) öon tb,m gefeb> qabe, tragen feinen
wabren Kamen auf bem Xitel, ©eine «riefe unterfdjricb er jumeden mit
(Seöb,a« $ er Diu«, «nagramm »on SJiretu«.
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liehen Setljaitirtffe unb in ber c^ripi^s^ilofopWenSDSeltanf^auung.
5Dcr (gjpoption ber gehn@ebote, bic ein »oHpänbtge« 2Korats©öPem
barfrcUt, Qel)t eine (Srmahnung an ade Dbrigfetten ooran über bic
oerfchtebenen 9tegierung«formen, um gu geigen, baf bie brei #aupt*
formen, ^Monarchie, SlTifiocTarie unb SDemoeratie, an unb für tfdj
gleichgültig finb ; in jeoer fann nach blo« menfdjltd&er SBiflfür regiert
werben; wo bie« geflieht, tragen bie ©efefce ba« ©epräge ber Sei*
benfdjaft unb e« entpehn Ue6el aller Ärt; wo aber ba« ©efefc ©orte«
^errfd^t, ba ijt e« einerlei, Welche gorm man einführt, jebe fann paffen.
©et aweite S^ett be« SBerfe« entölt bie natürliche unb bie
(^rtflltc^e Geologie, eine 8trt 2lpologcrtf be« ßf)ri|ient^um8 , OoU
tiefer unb origineller ©ebanfen. ©o groß auch, fagt SSiret im
Gingang, ber SBiberjlanb gegen ba« ßoangelium war, fo ift e« boch
Pegretch burch alle #inberniffe hinburdjgebrungen unb Jeber fann {efct
feine ßlarhett felm. £)enno$ gibt e« noch SStele bie blinb bafür
(inb: Unwiffenbe, bie e« fchwer tp bem StBerglauben gu entreißen;
gurchtfame, bie e« nicht wagen pd) au«gufpre<hen; Gj^rgetyige, bie
bie SBahrheit erfannt haben, aber um ^o^en Herren gu gefallen,
äuferlidj fatholifcb bleiben; baneben auch foldje, bie, ben SSorwanb
ber 9ieligion«Preitigfeiten benufcenb, jebe Religion für zweifelhaft
erflären unb feine befolgen ; fte nehmen wohl einen ©Ott an , „nennen
ftä) mit einem neuen SBorte ÜDeiften" , geben oor an bie Unfterblichfeit
ber ©eele unb an eine 23orfef)ung ju glauben, feljen aber &He«
wa« oon (S^riflo ergäbt wirb, „für gabeln unb Träumereien" an.
3a, auch oößige 9ttheiften fommen oor, unb gwar gerabe unter ben
f^arfjinnigjten , gelehrtepen köpfen. Um nun namentlich ben Reiften
unb Reiften entgegen gu arbeiten, unb befonber« „Sßhtlofophen unb
Slergte anzuregen , ihre SBBiffcnfd^aft bem 5Dtenflc ©orte« gu wiDmen,"
will SSiret geigen, wie bie gange ©djöpfung unb fpegtell ber Stfenfch,
„gewöhnlich bie fleineSBelt (Microcosmus) genannt * 3eugnffj ablegt
»on bem SDafein, ber Sßorfehung unb ber ©erechtigfeit ©otte«. (Sr
entwicfelt btefen ©ebanfen weitläufig burch bie »ergebenen deiche
ber 9Ratur htoburdj, bei ©elegenheit be« Hrtifel« be« apopolifchen
(g^mbolum« über ©ort al« ©chöpfer. £)och oerfährt er nicht rein
philofophifch, fonbern »ermißt ©ibeHehre unb Sßaturbetrachtung mit
einanber; er argumentirt au« jener, Patt fte burch biefe gu betätigen,
fo baf er auf bie, welche bie SBibel nicht annahmen, feinen (Sinbrucf
oerfehlen muffte, immerhin ift fein SBerfuch in ben ©efdjöpfen unb
Statur - Srfcheinungen ©innbilber, Offenbarungen ber unpchtbaren
ÜDinge gu finben, getfireich burchgeführt, obgleich feine SRaturfenntnifj
nicht über Strift o tele« unb Sßliniu« hinau«geht SBei bem SRenfdjen
angefommen, fagt er, er fei ein Stbbüb ber gefammten <Sch5pfung;
er trage oon allen Äreaturen etwa« an p<h, obwohl feine ihm ähnlich
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ift. HUe Bewegungen (Neigungen) in ben ©efööpfen, fcewujjt ober
nicht, fontmen oon Siebe; bieg fü^rt auf bie Siebe ©otte« jurficf,
al« Urgrunb aUeä ©ein«. Siebe ift SRittheilung , fie tarnt nicht
untbätig fein; baher bie ©chöpfung ber SBelt unb befonber« beä
SKenfchen. SlHen ©efdjöpfen $at ©Ott etwa« oon feiner Siebe mit«
geseilt, fte fptegeln fie theil« ab, tbetl« ftnb fie oermöge berfelben
$u einanber geneigt; baljer bie Drbnung unb Harmonie ber SBelt.
s 2lber nicht ade ©efajöpfe ^aben ein Bewufiifein ihrer natürlichen
Bewegungen, fonbern nur bie ßngel unb bie SHenfchen; biefe allein
beftjjen baher Seben in ^ü^erem ©imte; fitere unb Sßflanjen haben
auc^ Seben, aber feine ©eele; bie (Steine haben feine«, ober man
müßte ba« ÜBort Seben in aflgemeinfier Bebeutung nehmen. Jpier
folgt bann eine genaue Betreibung ber innern unb äußern Organe
be« menfchlifchen Äörper«, nebft ben großentheil« f alfchen, bamal«
in ber SWebtjtn gangbaren $opothefen über beren Beftimmung. SRehr
SBerth al« biefer Xtyil f)at Btret'« Bewei«führung in Bejug auf
bie Unfterbüchfett ber ©eele. Sftachbem er juerfl ba« ftegfeuer unb
bie ©eetenmanberung wiberlegt, »eiche leitete „bamal« Anhänger
unter ben Sp^ilofop^en hatte," geht er jur Unfterbltchfeit über; er
erfennt jwar baß bie Bernunft fie nicht über allen 3 w «frf 8« erheben
oermag, unb baß fte wef entlieh ein ©egenfianb be« ©lauben« ift,
boch gibt er einige, unb jwar oon ben befien philofopbtfchen 5lrgu*
menten an : man fann auf bie Unfterblichfeit fließen au« bem Begriff,
ben ftch ber SKenfch oon unenblicher gortbauer macht, au« feiner
©ehnfucht banach, au« ber angebornen gurcht oor Berntchtung, au«
ber 3bee ber ©erechtigfeit@otte«, au« bem auf ßrben nie befriebigten
(Streben nach Gfrfenntniß unb ©lücffeligfett. Diefer, ba« SGBerf ab*
fdjließenbe Hbfchnitt iß reich anfdjönen, erhabenen ©teilen, in benen
Biret eben fo groß al« »ebner toie al« ebrifilicher 2Beifer erfcheint.
Beoor mir ju einer anbem ßlaffe feiner SBerfe Übergehn, ift
noch feine ßhriftliche Sßetamorphofe au erwarten, bie getoiffer*
maßen feinen Sehrföriften betgejähtt »erben fann. ©a« fonberbar
fcheinenbe, auch to ^ber in ©efprächen (ich bewegenbe Buch tfl feine
©atire, fonbern hat einen fehr ernflen 3wecf. „3)te alten Sßoeten
haben oiel oon Berwanbelungen gerebet, befonber« Dotbiu«, ber
ein ganje« Buch barüber gefchrieben $at; bie« ift aber Sitte« nur
Sug unb&rug; nicht« befto weniger ift e« eTg&fclich, weil ber SÄenfch
oon Sßatur Bilber unb SDichtung liebt/ Um nun bem (Sinfluß ber
heibnifchen dichter entgegen ju wirfen, unb bie 2Wacht unb ba«
Siecht ber Sßhantafte anerfemtenb, unternimmt Biret eine Sföetamor*
phofe $u fchreiben in chriftlichem ©inn. 3™ erften moralifchsreligißfen
2h eil wirb gezeigt, wie ber äftenfeh ftch Du *<h ^ e ©ünbe geifrig unb
förperlich oerunftaltet, allein burch ben ©lauben an ©h^P" m f« nc
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wahre ©eftalt wieber herfallt $n bcn ber SBerunßaltung gewtb*
meten £)talogen ^errfc^t eine tiefe StTaurigfett bor, bie felbft buret)
ben mitunterlauf enben ©cherj burchflingt; in feinen <5djmer$en unb
Slengfien, unter ben Kriegen ber dürften unb bent S^iefpalt ber
Religionen, Fommt bem ^Betrachter ba$ Ceben wie „eine elenbe garce"
oor; ber SWenfdj fchetnt ftch in X^ier oerwanbeln ju »ollen, ©eine
(Seele tjt aber nach bem SBilbe ©otteS gefdjaffen; in btefeS foH fte
wieber oerwanbelt werben, burch bie SBiebergeburt. ©er Ricbtsßhrifr,
ber natürliche SRenfch J to <*r über baSSthfer «haben, ift ihm aber
bod) ju Dergleichen, infofern er bie Wahre Äenntnifj ©otteä nicht h«t;
Wa3 ben 3Jfenfcben oom ^tere f treibet, iß bie gähtgfeit ©Ott ju
erfennen. $)te Spiere haben auch eine Slrt SSernunft (raison) , ja fte
fhtb in i^rer Ratur weniger toerborben al8 ber SÄenfch, fte erfüllen
ihre SBefrimtnung ftdjerer al3 biefer bie feinige, unb tonnen ihm, in
biefem ©ejuge, ali SBorbilb bienen. £)ie$ führt jum jweiten Steile :
bie Schule ber Spiere. „£)ie $h^°!°Ph en gleichen oft Sßrebtgern,
bie fehr fdjön reben aber fehr fchlecht hanbeltt, unb nichts oon bem
thun , wa$ fte bie Slnbern lehren. SDiefe ßehrmeifrer aber (bie Spiere),
ju benen un$ ber ^eilige ©etfi in ber ©ibel ^trttoei^t, unterrichten
un« nicht burch »tele SQBorte, fonbern burch ihre £t)at, burch ihr
SBeifpiel." £ier folgt bann eine Reihe oon ©efprächen , oott origineller
Betrachtungen über ba3 Sthierleben unb oft treffenber Snwenbungen
auf ben SÄenfchen, neb(t oerfehrten, ber bamaligen RatuThtftorie
angehörenben Hnftchten unb weit hergeholten SMgrefftonen. Slmeifen
unb ©pinnen ftnbßehrer einer guten Haushaltung; Stauben, (Sdjwal*
ben, £afen, SSorbilber ber ganültenliebe ; SBienen, ber (StaatSwfrth*
fchaftunb ber Slrbeitfamfeit, Wobei gelegentlich oon ber Pflicht ber Dbrig*
feiten, ben SRüftfggang nicht ju bulben, gebrochen, unb gegen bie
23etielmonche loggefahren wirb. Slnbere Sthiere ftnb in ber ÄriegSfunji
gefchieft; hier wirb oon erlaubten unb unerlaubten Kriegen gerebet,
unb mit einem ©prung auf ben geijh'gen tfrteg ber ©briften, ihren
geinb, ihre Staffen, ihren Heerführer übergegangen. ü)ann fommen
bie fünfte, bie mechantfehen unb bie freien; wa8 Jene betrifft, fann
man oon ©tenen unb (Spinnen lernen ; in ©egug auf bie freien, beftjjen
güchfe, £unbe, Raben, u. f. w. eine auffaUenbe „btaleftifche Äunft";
bie SSÖgel finb ßebrer ber SRuftf; einige £hiere ftnb „Süfrrologen",
inbem fie bie SHHtterungSwechfel oerfünbigen; Sllle ftnb Slerjtc, bieftch
f elber heilen; hieran fnüpft ftch ein (gjcurS über bie #ranft)etten, bie
Pflichten ber äerjte, unb bie ju befolgenbe $Mät in ber befonberS
bie ihiere Sföußer ftnb. £inftchtltch ber moralifchen Stugenben tft ber
£unb ßehrer ber Streue, ber 8öwe ber ©rofjmutb, bie Staube ber
©ebulb u. f. w. SBon ba au$ fchldgt SSiret plöfelich einen anbern
©ebanfengang ein, inbem er auf ba« fommt, wa$ ben SKenfchen
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Dom SC^icr unterfeheiben foH: e8 ift nicht allein bie Sprache, betin
auch bie Safere haben eine Strt ©pradje, manche fömten wirf lieh fprechen
lernen, unb Diele Sttenfchen fprechen nic^t anber« als biedere, ohne
©inn unb SBerflanb; e3 i(l auch ber äußere ©otteöbienf* nicht allein,
benn ben alten jufolge wenben fla) ber Elephant unb ber Cynoce-
phalus ber ©onne ju, imb bie ©öfeenbtener machen e8 nicht Befiel ;
enbltdj ifl e§ nicht einmal bie SBeifiagung, benn SBtleamS (Sfel hat
geweiffagt, unb e8 gibt jahflofe falföe Propheten. SDer Sttenfö wirb
nur Wahrer Wltnfä, wenn ba§ Söilb ©otteä burch ben heiligen ©effr
wieber in ihm tyergefteflt wirb.
2Bir haben un8 bei biefem wunberlichen 33u<he etwaS länger
aufgehalten, um ju geigen, wie mächtig SSiret oon bem ©ebanfen
beherrscht war, ?We$ auf bie djrifUidje Umgestaltung be$ einzelnen
üWenfdjen, fo wie ber ganzen ©efeflfdjaft gu begießen, unb wie biefe
jxete S^rfioccupatton ir)n an bem aeftbettföen SluSbau eineS 2Berfe8
gef)inbertt)at, ba£ Diel anju'ehenber unb mitbin Diel lehrreicher geworben
wäre, wenn er weniger nüchterne Slbfchweifungen unb polemtfcr)e 2lu$s
falle barein gemixt hätte. £)och e$ ifl 3 C ^ 3 U " ncr anbern ©attung
feiner Schriften überjugehn, ju ben Ermahnungen im eoangelifchen
SSefenntniß gu Dekanen.
ÜDtefe Ermahnungen ftnb ©enbfchretben balb an ek>angeltfct)e
&§Ti\ten, bie unter Äattjolifen wohnten, wo flc berSßrebigt entbehren
mußten unb Verfolgung litten , balb an gefangene , bem Stob entgegen?
fehenbe ^rebfger, balb an foldje, bie ftch rühmten Sßroteftanten ju
fein, aber »orgaben, bie äußerlichen ©ebräuche be$ SßapflthumS mit=
machen ju fßnnen ofme©chaben für ihr ©ewifien. ©djöne, fymlity
SBorte fommen in biefen ©tücfen bor. SKiret tabelt bie, welche
„fleh al$ große Eiferer für ba8 EDangelium erweifen wollen, inbem
fte, ohne 2Babl ber ©elegenheit unb ber Umftänbe, gegen ben fatho*
lifchen ©öfcenbienft fchreien, unb ftatt bie ©emüther ju erbauen, nur
bie Schwachen oerwtrren unb bie wahrhaft ©otteäfürcbttgen in
©efahr bringen. 2118 $aulu$ ju Süthen war, entbrannte fein $eTj
in ihm, ba er fah, wie bie ©tabt ber Abgötterei ergeben war; er
bifputirtein ber SSerfammlung mit ben Suben, belehrte auf bem ARartte
ba« SSolf, lief aber nicht burch bie ©trafen wie ein 2Bahnftnnfger,
um, auf eigene ättachtooHrommenheit hin, bie SBilber umjuftüraen
unb bie Tempel au aerflören." deicht minber fprach ftch SSiret,
fo wie auch EalDin, Sßeter Sttartör unb 2lnbere e$ traten , gegen
biejenigen au8, bie au8 weltlichen töücf flehten , au8 furcht ihr ©gen?
thum, ihren Einfluß, ihreÄemter, ihre ©teilen am^ofegu Derlteren,
bte bamalS in ftranfretch fo oft gehörten Etnwänbe Dorbradjten gegen
bie Sftothwenbigfett eine$ offenen 33efenntnifie3 , ober ber flucht wenn
biefe« SBefenntmß nicht möglich war. SDic «uSpchte berer, welche
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Behaupteten, bic aufem Zeremonien feien an fleh gleichgültig, toenn
man nur im $erjen ber Sßahrheit ergeben fei, nannte er mit SRedjt
©ophifterei unb ©elBftBetrug; toie fchwer eS auch falle, fagte er, man
mu§ jia> »on SlHem trennen, toenn man bie greifyeü be$ ©etoiffen«
nicht ^at, unb ein Sanb »ertaffen, too biefe »ertoetgert n>irb. dagegen
ermahnte er eine glüchtlingSgemeinbe, bie ftch in einer luthertfcijen
©tabt niebergelaffen hatte (toahrfcheinlich bie ju granffurt), unb fidj
fingflUcb Beflagte, bafj auch anbete ©efänge als bie Sßfalmen gefungen
unb baf* Beim 2ibenbmal baS 93rob nicht gebrochen mürbe, ftd) an
fingen nicht gtt fiofen, burch bie bie rechte ©ntradjt nicht gefrört
toerben fönne; gaftfreunbltcr) an einem Orte aufgenommen , toofiebie
©etoalt nicht haben, f ollen jte ftch fügen unb ba£ ihnen grembartige
in ßiebe tragen. Die ©ebrüeften in granfretch warnte er »or ©e*
toaltthätigfeft; fie f ollen nie gu ben SBaffen greifen, toeber toenn fte
»on ber ÖBrigfeit »erfolgt, noch wenn ftc »on einem fanarifchen $öBel
angegriffen toeTberf; ihre einigen SBaffen finb geifhge, unb früher
ober fpäter »erraffen ihnen biefe ben ©ieg. Den ©efangenen enbs
lieh empfahl er ftanbhafte ©ebulb; fo fchrieB er 1553 an bie ju Styon
gum $obe »erurtheilten fünf ßaufanner (Stubenten unter &nberm
folgenbeS: N (Srinnert euch an DQ S 2Bort: ich f cnoc CU( $ *»k ©chafe
unter bie SBölfe. (5$ ^eipt nicht: ich fenbe euch *»ie SBölfe unter bie
©chafe, noch tob toübt Sthiere gegen anbere toilbe £t)iere, fonbern
tote ©cr)afe unter bie SEBölfe. (Sin feltfameS SBort! SEBelche ©iegeS*
hoffnung fönnen ©chafe haben toenn jte ÜEBölfe Befömpfen follen ? toa$
SlnberS fönnen ftc erwarten, al$ jerriffen gu toerben? $ier ift aber
toeber auf bie Statur ber ©chafe, noch ttU f W« ber Sßölfe &u fehn,
fonbern auf ben, ber gefagt hat: ich f«»« euch; «, ber ^irte, ift
e$, ber bie ©chafe fenbet bie ihm ber SSater gegeben hat, unb ber
toitt baf? ihm feine« entriffen toerbe. 2Ba$ un8 baher »on ©eiten
ber 3ftenfchen Begegnen möge, toir finb aufrieben einen folchen ©es
fchüfcer gu h^Bcn, ber nicht ein Blofjer flHenfdj, fonbern ber etoige
©ort felBer tjh Deshalb finb toir getoifj, ba& toir nicht untergehn;
fterBenb leben toir, Beftegt ftnb toir ©ieger. 33leiBt nur feft in
euerm ©lauben; Befämpft eure getnbe burch ihn, burch ©ebulb unb
©ebet. DaS ftnb bie Staffen, burch welche »on Slnfang an bie
Äirche @otte$ über bie ©etoaltigen ber (Srbe ©iegertn getoorben ift"
8n biefe ©Triften Wiegt ftch ber Dialog über ba3 Interim
an, ber für SSiret'S eigenen ©tanbpunft fehr Bejeichnenb ift. <5r
fchreibt ihn, um bie e»angeltfehen Shriften »on ber SRothtoenbigfeit
ber ütfäjtgung unb be$ alleinigen ©eBrauch$ ber geiftlichen SBaffen
in üBerjeugen; ben Sitel Interim toählt er, toeil er »on ben in »er*
febiebenen Sänbern »orgefchlagenen STOttteln fpredjen totll, ftch BtS-gur
»Bfchltefjung einer »oUfommtnen <5inigfcit unb Deformation , in S3egug
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auf bie Religion ju »erhalten; boch hanbelt er weniger ton biefen
ÜKttteln, al$ oon ben (Stellungen, bie [eine 3eitgeno|fen bem öoan»
gelium gegenüber einnahmen. <5r t^eilt ßefetere in Vermittler (moyen-
neurs) , meldte bureb ßoncefßonen an ben ÄatholiciSmuS bie SRuhe für
bie Sßroteftanten gu erlaufen, ober burdj gegenfettigeS unmögliche« 5Raä>
geben beibe Stirnen gu oereinigen fuchen ; SRabifale (transformateura),
bie nict)t nur bteÄtrche, fonbern audj ben <&taat »on@runb au« um?
änbern tooßen ; ßtbertiner , bie jebe Religion unb jebe Autorität oeradjten ;
Verfolger, bie trofc i^red SEBütben« ihren 3 weif bennodj nicht erreichen;
©etnäßigte, bie allein ben grieben gu erhalten im (Stanbe finb, n>ett
fie 2Wen gleichmäßig ©etoiffengfreiheit guerfennen. SSon fleh felbft fagt
SBiret: „ich toar gtoar oon Sßatur fd)on gum grieben geneigt unb habe
3toietracbt unb SSerwirrung gehaßt ; allein bie ßrfenntniß bie mir ©Ott
Don feinem SBorte fdjenfte unb bie (Erfahrungen bie ich machte , haben
mich noch mehr bagu getrieben, nach Sieben unb (Eintracht gu (heben
unb ben StuSfprud) be« #errn fiei« oor Slugen gu haben: (Selig ftnb
bie grtebferttgen, benn fte toerben ©orte« $inber beißen".
SBeit gasreicher al« biefe (Schriften, ftnb 33iret'$ polemifche Zxat*
tote; toährenb aber Don jenen manche oerbienten toteber an« Sicht ge*
gogen gu toerben, fann man biefe faft burch gängig, toa« bie iföetbobe
Betrifft, al« oeraltet betrachten; ftc haben inbeffen in mehrfacher $inftcbt
ein große« hrftorifche« Sntereffe. SBiret'« gtolemtf läßt bie tiefem
©runbbogmen unberührt; fte Befcbäfttgt ftch auSfcbließlich mit bem Sßra&
tifchen, bem in bie äußere (SrfcbefnungStretenben, ben firchlichen (Sin*
richtungen unb Hnftalten. ®er £auptfrreit , fagt er, breht ftch um bie
Sehren oom geißlicben Hmt unb oon ben (Sacramenten , unb um ben
SBerth ber äußern ©ebrauebe; Beibe Äirchen haben gfrebiger, unb jebe
behauptet bie ihrigen feien allein bie rechten; bie eine hat fieben (Sacra*
mente, bie anbere nur gtoei, unb jebe fagt fielehre in biefem ©eguge
bie SBahrheit; bie eine hat einen reichen, in bie 2lugen fallenben ©orte«*
bienft, toährenb bie anbere ben adereinfachften hat, unb jebe gibt oor
nur ihre gorm fei bie ächt d)riftlicbe. 2Ba« fott nun bog SBolf in biefem
Bwiefpalte tt)un? (5« gibt nur ein Littel ihm barau« gu helfen, nem*
lieh b« fcnfprücbe beiber Äirchen nach ber Söibel gu prüfen, auf ba«
Sllterthum gurücfgugelm , ba« h«ßt auf ©brifhtm unb bie Hpoßel. £>iefe
Slrt bie ©egenjiänbe ber gSolemtf gu Bejrimmen offenbart ben Diel mit
bemSSolfe oerfehrenben SDcann; man erfennt barau« toa« bie ©emüther
bamal« oorgüglich Befchäftigte; toar man auch 8«tefgt bie Sßrebigt oon
Shrifto unb bem rect)tfertigenben ©lauben an ihn angunehmen , fo blie*
Ben boch bei SSielen 3»«fel gurücf über ba$ Siecht ber neuen ^rebtger
unb über bieSRothtoenbigfeit, ben hergebrachten, fo Bequemen ©eBräu*
d)en gu entfagen. SBiret, ber bie« oft genug erfahren haben mußte,
hatte e8 fleh nun gur CebenSaufgaBe gemacht , bwreh aOe 2Äittel »eiche
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ihm feine ©elehrfamfeit, fein ©laube unb fein ©t^orffinn an bie £anb
gaben, fomohl bie fatholifche Stnßcht über bie angegebenen fünfte ju
befänden, at« bie proteftantifdje ju rechtfertigen.
©eine ^te^erge^öttejen ©chriften fxnb thetl« ernjle, gelehrte 2lb=
hanblungen, tbetl« wifeige ©efpTache unb©atiren; boch fommen auch
in Jenen tyäufig fatirifche ©teilen oor. Unter ben gelehrten Straftaten
entwicfeln mehrere, au« oerfchiebenen (Spochen feine« ßeben«, bieße^re
oom getfiltchen 2(mt; ba biefe« ,,au« Dier ©Kufen befielt, berSßrebigt
be« S&ort«, ber Verwaltung ber ©acramente, ber #anbhabung ber
Diäjiptin, nnb ben ©ebeten (®otte«bienjt)/ fo werben auch biefe ©e*
genftänbe mehr ober weniger au«führlicb bei ©elegenheit be« S&nte«
behantelt. $)ie©rünbe welche SSiret anführt, um ju beWeifen, bafj
in ben angeführten toter ©Kufen bie fatholifche ©eißlichfeit oon bem
a&oflolifchen (Shrifrenthum abgewichen fei, ftnb bie allgemein befannten;
fte brausen baher nicht ber Sange nach hier aufgellt ju werben.
(Sigenrtjümlicfj , aber weniger fttchhaltig, ifl nur bie au« ber ttotoifdjen
Slnwenbung ber alttejtamentliäjen Drbnung auf bie ßirdje genommene
S3ewet«führung , bajj bie ©ewalt ber ©chlüffel nicht einer befonbem
fßrtefrerfaftc gehöre. Sine eigene ©djrift hat jum 3wecf, hiftotifch bie
(Sntjtehung unb 2lu«bilbung be« Sßatoftthum« nachjuweifen, unb burch
SSergleidjung ber apofiolifchen Äird^e mit ber römifajen ju jeigen, wie
wenig biefe jener entfpridjt. 3n einem anbern, jur3cit ber2Bieber=
eröffnung be« Stribentinifchen ©ondl« , 1551, geschriebenen bialogifdjen
Sraftat, be^anbelt er oerfchiebene auf ba« (Sondl bezügliche fragen.
(Sr fteHt ben ©runbfafc tooran, e« fei Pflicht Jcbeö (5t>riflen ben gört*
liefen SBiflen ju erforfchen burd) bie Littel, bie ©Ott felber baju ge*
geben hat, nemlich in ber heiligen ©djrift; ba« allein oerbtene ben
tarnen einer fertigen ^nquifttion. Viele haben nun aber allerlei Vor*
wanbe, um ftch berüftühe biefe« gorfchen« &u entheben: ba« alter unb
bie große Verbreitung ber fatholifdjen Religion, ba«2lnfehn ber Vor*
fahren , ber ©ehorfam ben man ber Dbrigfeit fdjulbig i(l, ber Langel
an 3eit, u. bergL Sffachbem er biefe Vorwänbe mit oielem ©eföitf
wiberlegt hat, fommt er &u einem anbern bamal« oft oorgef chüfeten :
,,e« ift nicht an un« bie firchlichen fragen gu Iöfen, wir müjfen bie
93efchlüffe be« dondl« abwarten." SDa jetgt er nun, au« ber bereit«
mit ber Sribentiner Verfammlung gemachten (Erfahrung, wie wenig
man oon ihr au hoffen habe; überhaupt fdenbie fatholifdjen (Eoncüien
nie fo gewefen, bajj ftch ber @h T $ th ncn «nbebingt unterwerfen fönne ;
bie SBiberfprüdje in oielen ihrer ©efdjlüffe beWeifen wie wenig ihre 2lu^
torität gegrünbet ift; einem oom Zapfte »rdftbvrten ©ondl fehle bic
nötige Freiheit ; man brauche übrigen« eine förchenoerfammlung nicht,
benn bie (Srlebigung aller gragen ftnbe ftch JÜWfttJwb in ber h« s
Iigen ©chrift
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Söci SBefamtfung bcr SD^cffc, bet 23über= unb föeltquienbfentfet,
unb ber anbern äußern ©ebräucfye, Bebicnt ftd) S8tr et eine« SMittclt,
bat bamalt fc^T wirffam war, obgleich et bcr ^tfloTtfr^en SBegrfinbung
entbehrte; bei bcr großen Unwiffenfjeit ber meifren ^rtefier unb SWöndje,
bie Don flafftfdjem Altertum ebenfo wenig wußten alt oon djriftlidjer
Geologie unb Äircbengefdjidjte, waren fte iebodj ntc^t im ©tanbe, ffyren
gewanbten, wiegen ©egner ju wiberlegen. 2Hret bemübte fieb uem*
licfy, unb niebt blot aut 3 r *> n k fonbern aHet (Srnflet, fämmtltdje
fatfjolifcfyc ©ebräudje auf bcibnifdje jurücf juf übren , um gütigen, baß
ber ßatljolicitmut nidjtt alt ein erneuertet §eibentyum fei. iiet tfjut
er namentlich inS3cjug auf bieÜÄeffe; burdj Anwenbung einer großen
Slnjaljl toon ©teilen aut alten ©intern auf bic einzelnen Stfyeile bet
SMeßcanont, auf bic Reibung ber^ßrießer, bie ,3terratf>en bet Altart,
bie ©efäße, bic ©erimonien, will er geigen, baß bier nicfytt Auberet
fei alt eine bat ^eilige entwetbenbe, ttyeatraltfcbe SSorjteHung. SBenn nun
aud) im fatfyolifdjen Sultut ein tyeibnifdjet dement nidjt ju oerfennen
ift, fo ift bodj gu oiel gefagt, wenn behauptet wirb, bic SKeffe fei oon
ben alten £)i($tern oorbilblid) bargefreHt Werben , unb ber gange f atlw=
Iifdje ©ottetbienp fei weiter nidjtt alt eine (Soptc bet fyetbnifdjen ©öt*
terbienftet. 99ei ibrem ©efireben ben (§,\xltu$ auf bic urförünglt<$e apos
ftolifdje <Sinfacbf)ett gurfufgufüljren unb allct @tnnlia> baraut flu cnt=
fernen , begreift man jebodj wie bic febwetgerffdjen Reformatoren auf ben
©ebanfen fommen fonnten, biefet ©tnnlidje, bat jeber ©eredjtigung
imßoangelium entbehrt, fei nur ein berßtrc&e wieber aufgebrungenet
^peibentbum.
SDtefer ©ebanfe gieljt fld& a\x6) burdj fämmtlicfye fatiriföe ©Triften
SBtret't ^inburd), bie inbeffen niä)t blot bie 9fteffe gum ©egenftanb
baben, fonbern oiele anbere SDinge, bat gegefeuer, bie £obtengebrau<$e,
bat Ceben ber ©cifili<^en, bie ©elübbe, bat 2fiönd>ttbum, bat Aoe
Stfaria, ben töof entrang, bat 2Betywaffer, bie #reug= imb S3ilber=
Derefyrung, u. f. w. Sßtret fagt, er ^alte et für erlaubt ftdj über
Aberglauben unb 3rrtf)um luftig gu macben, gumal ba er jebetmal
ben @rnft bcr 2Baljrl)eit entgegenflelle; bic ©efpräc&tform fei am
beften bagu geeignet Wegen iljrer ßebenbigfeit unb freien ^Bewegung.
Aucb ßaloin, bcr gu einer ©ammlung fatirifdjer ÜDialogen feinet
greunbet eine SBorrebe fdjrieb, Ijat fein SBerfafyren gebilligt: „et gibt
8eute, meint er, bie et oorgieljen auf angenebme SBeife ftdj belehren
gu Iaffen, ftattburd} ernjtc, einfädle ÜDarjteflung ber Söa^r^cit ; baber
finb bie ju loben, welche bie ©abe befi^en, ben ßefer burt^ bat SSer?
gnügen 31t unterrichten bat fte i^m oerfebaffen ; biefe ©abe beftfet ntcr>t
jeber, felbfl ben ©ele^rtefien fe^lt fie oft; ja Siele macben nur ftdt)
felber Idc^erlicb , burdj bie 3Kü^e, bie ftc ftdj geben Anbere jum Sachen
bringen gu wollen; wer ftdj bet SBifcet bebienen wiK, muß zweierlei
C6
Oermetben: er betrf nid)t# ©ejttmngeneS, roetther geholtes vorbringen,
unb nicht in unfducflicheS ©efchtväfc verfallen; jur regten fttit, tref=
fenb unb mit Anmuth ben ßefer belujh'gen, ba$ ift fein gemeine«
Stalent; unfer ©ruber SSiret hat e« in ^o^em ©rab. 93ei SBefyanbs
lung ber eigentlich religiösen ©egenßänbe ift ber 2Bijj nicht am Ort,
ba geziemt nur t)ol)er (grnft; mo e« ftdt> aber barum hanbelt,
abergläubifche ©ebräuche unb3ntt)ümer aufeubeefen, ba t)at ber 2Bife
fein Siecht." SÜlan fleht au$ tiefer <$rflärung, ma« auch fenft hin*
länglich beftdtigt ift, bafc ber bamatige ©efdjmacf weniger belicat war
al8 ber iefcige, inbem man bie berbften ©päfce nur für anmutl)ige,
angenehme Unterhaltung l)ielt. 93 i r e t *ö ©chriften bürfen baher nicht
mit bem {ewigen ÜÄafjftabe gemeffen werben; verfefct man ftch auf ben
©tanbpunft feiner Qeit, fo ift geroi(j, bajj er bie «Satire meijtert)aft
gehanbt)abt t)at. Auch i(t &u bemerfen bajj er nirgenb« Sßerfonen ver=
fpottet, fonbern nur bie £)inge an (ich* %n feinen Dialogen vertritt
jeber ber SRebenben einen Sfcarafter, einen Stvpu« geiftiger ,3 u ifänbe
ober »ergebener ©rabe d)riftlict)er (Srfenntnifj. SÄeift treten beren
vier auf: ein umviffenber, noch in allem Aberglauben befangener
ßathoiif, ber bie $rotejtanten mit ben bamal« üblichen SBerleumbungen
überhäuft; eineT, beffen ©emiffen im Btvetfel ift ob er ftch jur alten
ober jur neuen Äirc^e tvenben fofl; ein brirter, ber frei über bie SDftfjs
bräune lofyieht unb bie lächerliche ©eite berfelben hervorhebt; unb
julefct ein ernfler, gelehrter 9Äann, ber bie gragen nach bem SBorte
©orte« entfeheibet. (Sin anber SÄal finb e« fed&S: ein SNönch, ber
ftch begnügt ben ©afe 8« tvteberholen , man muffe mit Äefeern nicht
biSputiren; ein Pfarrer, ber für feine tfirdjengebräuche beforgt ift,
weil erSßufeen barem« jieht, unb fte beftmögltch }U vertheibigen fucht;
ein ©chulmeifier, ber biefelben mit SBifc unb mit ©teilen au« profan*
feribenten »iberlegt; ein Sßrebtger, ber au« ber SBibel argumentirt;
jtvei Säten, bie belehrt ju fein tvünfchen unb ihre SBebenfen vorbringen,
ber eine gemäßigt unb f djmanfenb , ber anbere fchon heftig gegen bie
Sßriefter eingenommen. £>ie Dialogen haben fämmtlich bijarre £ttel,
um bie SReugierbe &u erregen : $)ie Alchimie be« $egfeucr3 , bie t)öHifche
tfoSmographie, bie päpfttiche $hhft*/ «nb bergt. — SBortfptele, alte unb
neue Anefboten, ©teilen au« ftafftfehen Autoren unb au« Kirchen-
Vätern, betjjenbe ©pottreben unb ernjte, erbauliche ©efpräche bilben
ben ©toff aller biefer ©chriften. 3Me intereffantefte hat ben auf ein
unüberfefcbare« SDBortfpiel gegrünbeten £ttel: le monde a l'empire
(alknt piro) et le monde de*moniacle. 3 m er ft en 5tl)etle ttrirb bie
SBett gefchilbert olS täglich fd)limmer roerbenb unb ftch ityem (5nbe
nahenb; mit bem SQBorte empirer (ftch verfchlechtem) fpielenb, tvirb
bie« juerfr an bem empire romain, bann an bem empire chre'tien,
unb julefct an bem empire de röpublique, ben neueren ©taaten nach 5
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getoiefett. £rofc vieler Digrefftonen unb unnötig auSgeframier ©es
lehTfamfeit, fommen ausgezeichnete (Stellen vor über bie ©Uten unb
ben Verfall fowohl ber alten 2Belt als be$ $avfltf)um3. SDaSmerf*
tt>ürbigfrc aber be8 ©ucheS ifi bie Freiheit, mit ber ftdj SBfrct über
bie gefellfchaftlichen Verljältniffe feiner 3eit auSfvricht , über bie unge=
rechten ©efejje, bie f ehielte Verwaltung, bie brüefenben Abgaben, bie
Sttrannet ber gürften, bie übermäßigen Privilegien be8 SIbelS, bie
(Sittenloftgfeit aller (Staube. Der jwcüe Ztyil bat e8 mit ber vom
Teufel unb feinen Dienern berjerrfchten SBelt ju tr)un, unb befonberS
mit ben fchwarjen Teufeln, b. h« ben Störannen unb ben Verfolgern
beg VolfeS ©otteS, unb ben Weißen, b. h« ben ipeuchlern, fowohl
unter Sßrotejianien als unter Äatholifen. Diefe §errfcbaft be8 bßfen
©eifreä, bie SS ixet balb mit ben büfterfien ftarben , balb mit betpenber
fronte ausmalt, ift ein 83ewei8 beä hinfälligen StlterS ber 2Belt;
biefe gleist einem ©ebäube baä in krümmer fällt; einem ßranfeu
ber unheilbar verloren ifl, einem ^erbrochenen Stovfe, ber nicht mehr
geffteft werben fann. Unb bodj gibt e3 noch einen $elfer, toenn bie
SBelt nur tooHtel SBeber tfafietungen noch SBefdjwörungen fönnen
ben Teufel auftreiben; ©fyrifiuS allein bat bie £Racr)t baju, an ifyn
muß man für) wenben. &uf bie trüben ©dnlberungen be$ VerbeTbenS
ber 2Belt, folgt bann jum (Schluß ber 5lu$brucf ber fu^em Hoffnung,
baj ©^rijio ber (Sieg bleiben wirb.
ftürS Volf fct)reibenb, faßte Vtret alle bie bi^er bezeichneten
SQBerfe in franjöfifc^cr <Svradje ab. Srft 1563 begann er mehrere
berfelben auch lateinifch &u überarbeiten, befonbeTS bie volemifchen
über baS Hmt unb bie (Sarramente, unb einige ber (Srmar/nungS*
fchreiben an ^rotefranten in fatholifchen ßänbern. 211$ ©runb, Warum
er Jene übeTfefete, gibt er an, er wolle bie ßenforen ber (Sorbonne
unb in Italien, bie einige feiner fran^ftfehen (Schriften oerbammt
hätten ohne fte gelefen &u haben, nun in ben ©tanb fefcen ihn ju
vergehen; fein gatein, fügt er ironifch hfnju, f*i 8«>ar fehlest unb
nicht flafftfch, aber gerabe barum werbe e$ biefen gelehrten §erren
geläufiger fein. $)a8 Urteil ba$ er über fein Satein fällt ifr gegrünbet;
e$ fmb fchwerfäflige Bücher, bie weit unter feinen franaöjtfcben fre^n ;
nur als Curiosum verbtent eine «Sammlung (Cento) von Stellen auf
einunbjroanjig latetnifchen Dichtern erwähnt ju werben, in welcher
er, mit ebenfoviel ©efehief al$ wenig ©runb, ein hetbnifcheS Vorbilb
ber gefammten 3)Jcßfcier geben will.
inwiefern ftch 58ir et Verbienfie als ©ibelerflärcr erworben hat,
Vermögen wir nicht ju fagen ; feine Kommentare über baS ©vangeltum
Sohanni« unb bie 9lpo(ielge[chid)te p'nb unS nid)t 31t ©eftcht gefommen.
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SBtrct'ö edjrifttu.»)
L «t|)rfd)tifttit.
1. 1544. Exposition familiäre sur les dix commandemens de la loy, faite
en forme de dialogue. ©ertf, 12 u .
*2. 1546. Exposition familiere sur le symbolo des apostres , contonant
les articles de la foy, & un sommaire de la religion chrestienne, faite par dia-
lognes. ®cnf, 12». - 3ludj 1552 unb *1560, Genf, 12°.
3. 1551. Expositio familiaris orationis dominicae. @enf, 12°.**)
4. 1559. Instruction en la doctrine chrestienne, & principalement touchant
la divine providence & preMestination, faite en forme de dialogue. s. I., 12 ü .
5. ? Sommaire des prineipaux points de la foy & religion chrestienne, 'et
des abus et erreurs contraires ä iceux. — Sfad) im 1. SBud) ber Instruction
chrestienne, unb 1564, SJiefc, 8°.
6. 1561. Brief sommaire de la doctrine chrestienne, fait en forme de dia-
logue. 9?ebft ber franj. Ueberfefeung einer ^rebigt SB u Hing er' 8 über bo«
Slbenbrnfll. s. L, 12°. — STlld) im 1. ber Instruction chrestienne.
*7. 1561. Exposition familiere des prineipaux points du catfohisme & de
la doctrine chrestienne, en dialogues. ©enf, 12°. — 2fod) im 1. 8. ber In-
struction chrestienne.
*8. 1561. La me*tamorphose chrestienne. ©enf, 12°. — 1592 f ©enf, 8°.
*9. 1564. Instruction chrestienne en la doctrine de la loy & de l'Evan-
gile: et en la vraye philosophie & theologie tant naturelle que supernaturelle
des chrestiens: et en la contemplation du temple et des images et oeuvres de
la providence de Dieu en tout l'univers: et en l'histoire de la creation et cheute
et reparation du genre humain. ©cnf r f.°, 3 ©. — 2>en 3. ©etnb fiobe id) nidjt
gefebn unb roeifj nicht, ob er erfchtenen ift; ber SJorrebe be« erften jufolge foüte
cv bie Sractate über Äirdjc, 2Imt unb ©actamente enthalten.
10. 1565. De la providence divino touchant tous les estats du monde et
tous les biens et les maux qui y peuvent advenir et adviennent ordinairement
par la volonte de Dieu. £toon f 8°.
*) Tie mit Stemmen bejeitbneten ©Triften unb ausgaben finb bie, bie i$ bettufct $abe.
Sri ber grefjen Seltenheit ber SBiret'föen ©Triften toage icb cd niebt ju bebaupten,
bafi meine Ufte »eDftanbig ift.
**) Ob biefe Scbrift »irfti^ lateinifdj erfebienen ift , fcermag i<b niebt fagen. 3$ entlegne
bie Angabe ber 8ifte von 9*iret'ö «sdjriften bei Senebier (llistoire litteraire de
Genere, 1, 156 u. f.). Senebier gibt aua) »on meiern anbern tateirtifcf>e Eitel an,
bie er aber offenbar au* tüi e I cr> i o r ?lbam genommen bat, ber reine franjöftfibc gibt.
SSirct fagt felbft, et $abe »er 1553 feine lateinifcbe So)riftcn beraub gegeben ; alle lalei^
nif(be Xitel *or biefem 3abr ftnb alio auf franjcTtffe ju begeben.
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2. (ErmaljnungöfdjrifUn.
11. 1544. Deuz discours adressös aux fldeles qui sont parmi les papistes.
©enf, 8».
12. 1547. Bemonstrances aux fldüles, qui cojiverscnt entre les papistes,
et principalement ä ceus qui sont en cour, et qui ont offlces publique*, tou-
chant les moiens qu'ils doivent t^nir en leur vocation. ©Cltf , 12°. — 2tud) in
ben unter 9?r. 15 anjufüljrenben Traites divers.
13. 1551. De la communication que ceus qui cognoissent la verite de
rEvangile, ont aus ceremonies des papistes, et principalement ä leurs baptesmes,
mariages, messes, funeraillcs, et obsoques pour les trespassez. ©enf, 12°. —
ftransöfifd) aud) 1558, 1560, s. L, 12°, unb in ben Trait& divers.
*14. 1551. Du dovoir et du besoing qu'ont les hommes de s'enquerir de
la volontö de Dieu par sa parolle, et de l'attente et finale resolution du vray
concile. ©enf, 8°. — *5Bermeb,rt, unter bem SEitel: Dialogucs du combat des
hommes contre leur propre salut, et contre le devoir et besoin qu'ils ont de s'en
enquerir par la parole de Dieu. ©enf, 1561, 8°. — Ohne 3»eifel bie nämlidje
©djrift, tote bie üon ©enebier uuter loteinifdjem Xitel angeführte: Qued spe-
randum de concilio universali. ©enf, 1551, 8°.
♦15. 1559. Traittez divers pour l'instruction des fldeles qui resident et
conversent es lieus et pais esquels il no leur est permis de vivro en la purete
et liberte* de TEvangile. Beveus et augmentez. ©enf, 1559 , 8°. (SntfyäU, außer
ben unter 9?r. 11 unb 12 angegebenen Xractaten, nod) bie gtoei folgenben: Epistre
aus fldeles, touchant leur conversation entre les papistes; — Admonition et
consolation aus fldeles, qui deliberent do sortir d'entre les papistes, pour eviter
idolatrie, contre les tentations qui leur peuvent advenir, et les dangers ausquels
ils peuvent tomber en leur yssue.
*16. 1559. Epistre consolatoiro pour consolcr los fldeles qui Bouflrent
persocution pour le nom de Je'sus : et pour les instruire ä so gouverner en temps
d'adversito et de prosperite, et les confermer contro les tentations et assaus de
la mort. Boveue et augmente'o. ©enf, 12°.
*17. 1559. Epistres aux fldeles pour les instruire et les admonester et
exhortcr tnuebant leurs offlces, et pour les consoler en leurs tribulations. ©enf,
12». 26 «riefe.
♦18. 1565. Lintfrim, fait par dialogues. Styon, 8°.
3. Polemik.
19. 1548. De la vertu et usage du S. Minister© et des sacremens depen-
. dans d'icelle : et des differons qui sont en la chrestiente' ä cause d'icelles.
©enf, 8<>.
20. 1550. Petit Tratte* do la difference des superstitions et idolatries des
payens anciens et des chrestiens papistes. — Uebcrarbeitet : *Do la source et
de la diffe'ronce et convenanco de la vieille et nouvelle idolatrie, et les vrayes
et fausses images et rcliques, et du seul et vray mödiateur. ©enf, 1551,
1559, 12«.
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2_L 1561« Hfl 1a nature et des diverses especes des voeus. ©enf, 81 —
(Später fcbrieb Sit et: Dil voeu de Jacob et des 8acriflces paciflques (Wann
unb wo?). — 2)ann baß ©anjc, fortgefefct unb überarbeitet: *De 1a vraye et
fausse religion, touebant les voeus ei les sermens licites cl illicites, ei notam-
mant touchant les voeus da perpetuelle continence, et les voeus d'anatheme ei
execration , et les sacriflees d'bostics humaines , el dB rexeommunication en
toutes religions. Item de. 1a moinerie, taut des Juifs que des payens ei des
Turcs ei des Papistes, et des sacriflees faits ä Moloch, tant en Corps qu'en ame.
©enf, 1560, 1590, 81
♦ 29. 1553. De vero verbo Dei, sacramentorum ei Ecclesiae ministerio
libri duo; dfi adulterinis sacramentis über unus; de. adulterato baptismi sacra-
mento, ei dn sanetorum olcorum usu et consecrationibus über unus; de. Adiiltcrata
Cocda Domini ei de. tremendis sacrao Missae mysteriis libri sex; de. theatrica
Missae saltatione cento ex vetcribus poetis latinis consarcinatus. ©enf, f.° —
©enf, 1563, 81 — ©cnebier gibt aud) befonbere Ausgaben be« Liber de
adulterinis sacramentis uub be« Cento on, unb eine 1560 erfdjienene franjöfifdje
Ueberfcfcung be« ganjen SBerf«.
♦23- 1554. De origine, continuatione, usu, autoritato atque praest&ntia
ministerii verbi Dei ei sacramentorum, ei de controversiis ca de. rs in Christian o
orbe, hoc praesertim seculo excitatis, ac de. earum componendarum ratiooe.
18 ©üd)er. ©enf, f.° Ueberarbeirung bon 9^r. 1&. — SRad) ©enebicr aud)
franjöftfd), ©enf, 1565, 81
24. 1554. Diflerence et Conference de. 1a cene ei du 1a messe, ©enf, 8°;
1500, 81
*25. 155«. Des actes des apostres de J. C. et des apostats du l'Eglise ei
des successeurs tant des uns que des autres. ©enf, 8^ *1559, 81
• *2fi. 1560. Du vray ministere de 1a vraye Eglise de J. C, et des vrais
gacremens d'icelle, et des faus sacremens de l'Eglise, de. 1' Antcchrist , ei des
Addition» adinnst^ea par les hommes au sacrement du baptesme. ©enf, 81
21. 1564. Institution des heures canoniques ei de temps determinez aux
prieres des chrestiens. £b,on, 8°.
* 28. 1564. De l'anthnritft' et perfection dfi 1a doctrine des sainetes Escri-
tures ei du ministere d'icelle, ei des vrais ei faux pasteurs et de leurs dis-
ciples, et des marques pour cognoistre ei discern«r tant les uns que les autres.
?aon, 81
*29- 1564. Des cl. fs dß l'Eglise, ei de l'^dministr^finTi dfi 1a parole dfi
Dien, ei des sacremens, Selon l'usage de. l'Eglise Komaine, ei dfi la trans-
substantiation , ei de 1a verite* du corps de J. C, ei de. 1a vraye communion
d'iceluy. ©enf, 81 gortfefeung oon 9hrmmer 28,
*30. 1565. De. Testat de 1a Conference dn l'authorite', puissance, prescrip-
tion ei succession tant de 1a vraye que de. 1a fausse Eglise, depuis k commen-
cement du monde, ei des ministres d'icelles et dfi leurs vocations ei degrez.
?t)on, 81 gortfe^ung oon Kummer 22L
*31. 1565. Response aux qnestions proposees par Jean Ropitel, minime,
• aux Ministres dfi l'Eglise reformee de Lyon, avec d'Aiitrt»« questions proposees
ä luy ei a ses compagnons, suyvant la t^neur des siennes. ?t)0ll, 81
82. 1565. Trois livTes des prineipaux poinets qui sont aujourd'huy en different
ouchant 1a sainete cene da J. C. ei 1a messe, ei da la resolution d'iceux. ?i)oit , 8°.
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