Skip to main content

Full text of "Wilhelm Farel und Peter Viret"

See other formats


» 



itijtlm /arel nito |der liret. 

«*«> 



9?ad) 



^anbfd&rifaid>en irnt) gletd^eitiöen £toeflen 



bort 



Dr. & <3<$mttt, 

$rofeffot btx Ideologie iu ©tra§but0. 



mbetfelb. 

JBerlag öon 9t 2. $riberid£>3. 

1860. 




ttyelm /arel ttnli frier Uttel 



Warf) 



fcant>föriftltd)ett mtb gleichseitigen £toeflen 



bon 



Dr. <£♦ &d>mibt, 

$refeffor bet Zfteologie |U SttafiButg. 



«erlog öon fö. 2. ftriberid)«. 
1860. 



Digitized by Google 



r 

t 



Williclni /Qtri ttnü frttr Kirrt. 



Warf) 



&an&f#riftlidj>ett imt> gleichseitigen Duetten 



bon 



Dr. «. 3dimi£>t, 

flrofeffot ber Ideologie »u ©tra§6utfl. 



mbctfelb. 

«erlog bon 2. ftribertd)«. 

1860. 



Digitized by Google 



»ildriitt ßxtl Mit |rter Mxtt 



toon 



Dr. <3$mt*t, 

Stofeffoi ber Zftcologit |u etrifinig. 



Verlag öon 9t 2. $tibertd>3. 
1860. 



Digitized by Google 



iltyelm garel würbe geboren im 3>aljre 1489 ju @ap, 
einet Reinen ©tabt in ben Alpen be3 £)aupfnnd. (Seine ©Item waren 
oorneljmen ©tanbeS, fingen aber fe|t an bem hergebrachten ©tauben; 
„mein SSater unb meine SJiutter, er^lte er fpäter, jwetfelten an 
nidjtS." Audj er bewies früt) einen grofjen fatholifdjen (Stfer; nodj 
in feinen legten ßebenSjaljren erinnerte er jtä), toott tfummerS über 
folgen Aberglauben, an bie SBaHfatyrten mit feinen ©Itern ju einem 
wunberthätigen 5freuj im ©ebirge, ba$ oon bem Äreuj be8 £errn 
felber genommen fein foUre. SDabei aeidjneie er fta> aber au$ burdj 
aujjerorbentlidje Sernbegierbe. Rur ungern gewährte ityn ber ÜBater 
fein Verlangen, fidj ben ©tubien ju wibmen; na^bem er oon unge* 
fc^irften Sehern etwa« barbarifdjeS ßatein erlernt, würbe er na<$ 
$ari8 gcfd&icft. #ier f$lo& er fU§ junächft an ben berühmten, bie 
3ugenb in hohem ©rabe anregenben @elet)rten öeföore b' (Staple 
an; er fiubirte ^bilofophte, alte ©pradjen, felbjr he&räifcb, wa$ 
bamatS nodj eine (Seltenheit mar. (Sr ertoarb fid) ben ©rab eine« 
ättagifierä ber freien Äünfte unb warb alg Sebrer an bem Megtum 
beg ßarbinalä ßemoine angepeilt. Anfänglich beutete Rieht« in 
feinem (Streben auf ben aufünftigen Reformator hin. ÜWit ber näm* 
Itcben ©lutb, mit ber er ftch fpätcr ber (Sache be« (SoangeliumS 
ergab, erfaßte er bie fatholifdje ßebre, überzeugt, „ba$ Spapfttbum 
fei wahrhaft oon ©Ott unb {eber ©egner beffelben muffe weggetban 
werben." Abergläubtfcb Oerehrte er SBilber unb Reliquien; bie §ei« 
ligenlegenben erfüllten feine lebhafte Sßt)antafie ; „ich trug fo oiel 
gürbitter, fo oiel ©ötter in meinem ^erjen, bafj e« für ein Oofl« 
fränbtge« #eiligenregifter gelten fonnte." Rieht« auf (Srben ging ihm 
über 2)Jöndjtbum unb Sßriejierftanb. 

39alb inbeffen foßte e« anber« mit if)m werben, (Schon beoor 
bie Rachrtchten oon bem Auftreten Suther'« nadj granf reich tarnen, 
begann in bem Äretfe, bem ber Junge garet angehörte, ba« Regen 
be« eOangelifchen ©eifte«. <£« ging oon bem oielfettig gelehrten unb 
ju mtyjtifcher grömmigfeit fid) netgenben Seföore au«. £Me jungen 
SRänner, bie fieb um it)n fammelten, ©erwarb Rouffel, ÜKartial 
SÄajurier, SRidjel b'Aranbe unb Anbere, eigneten fidj Alle 



2 



mer)r ober weniger reformatorifdje ©runbfdfce an; bie meißen haben 
fte aber fpdter lieber oerldugnet ober nur unooflftdnbig burdjgeführt. 
garel war ber einjige au3 bem Greife, ber ftdj oöflig oon bem 
ÄatholiciSmuS loSfagte, nadjbem ihm baä Vertiefen in bie iMbel bie 
Slugen geöffnet ^atte. 2tuf eigenthümlid) ergreifenbe 2Beife ^at er 
felber, in einer fpätern Sdjrift, ben ©ang feiner geifrigen (Sntmicfelung 
gefd)tlbert, bie SWadjt ©orte« bewunbernb, bur($ bie „er au$ fo 
tiefen Hbgrünben gerettet würbe". Gsr erjagt, welche^ «Staunen if)n 
ergriff, als er eTfannte, bajj in ber Befiefyenben ffirdje fo ÜBieleS mit 
ber heiligen Schrift nic^t übereinfHmmenb war; wie bieä ©taunen 
fid) in angfiliclje Ungewißheit über bie biblifdjen ßehren felber r»erwan= 
belte; wie er bie 93efcr)lüfje ber köpfte unb bie SffieTfe ber ©octoren 
fhibirte, um feine 3rocifel &u löfen; welche tfdmpfe feine (Seele erfüll* 
ren, bie jwifa^en bem hergebrachten, bieder fo leidet angenommenen 
©lauben unb ber neugeahnten ©abrhett fdjwanfte. Öefeore half 
ihm burd? biefen qualooflen 3uflanb hinburet), inbem er ihm toon 
ber SBerbienfHoftgfeit ber eigenen äöerfe unb oon ber aflein rechtfer* 
rigenben ©nabe rebete, unb ihm oertunbigte, ©ott werbe bie 8Belt 
erneuern unb er werbe 3euge baüon fein. So gelangte er, ftufen^ 
weife fortfdjreitenb, ein Stücf tfatfyoliciSmuS na$ bem anbern weg? 
Werfenb , oon bem SDienfie ber dujjern ftorm jur innem Freiheit be8 
©eißeS, unb jur Ucberjeugung , bajj nur in ©brifro baS £eil }u 
filmen unb bie romtfdjen Srabitionen unb ©ebrducr)e nur SRenfchen* 
erfinbung feien. 9Hit bem ihn djaracterifirenben feurigen (Sifer wanbte 
er ftc^ nun bem ©oangelium ju. <5r war babei frei »on {eber nie« 
brigen Äbp^t; „Weber ©elb noch <5h*e Ratten midj bewogen, an 
bem Sßapflthum ju galten, fonbern bie Verblenbung , in ber iä) meinte, 
e$ fei oon ©ott; ebenfowentg ftnb e$ irbifdje 9tu<fftdjten , bie midj 
baoon abwanbten, fonbern ich tt)at e§ gezwungen burd) bie heilige 
Schrift." 3Han barf ihm glauben, benn waS fonnte ein Reformator 
in ftranfroch anberä erwarten, als Verfolgung unb SRotr) aller Srt? 
(53 brdngte it)n, toon feinen neuen Ueberjeugungen ju reben; feine 
greunbe erfebrafen unb fd&loffen ihm ben 3)?unb. Ceföore felber, 
fo fromm er auch war, fürdjtete einen SBrudj mit ber Jctrdje; er 
wfir)nte, ba$ innere Seben tonne bewahrt werben , auch bei ber dufern 
£r)eilnaljme an ©ebrdudjen, bie er für gleichgültig unb bat)er für 
unföäblidj hielt. $)iefe »nfidjt war auch bie ber Scr;Wefler ftrang L 
ber geifrrei$en unb liebenewürbigen Margaretha t> o n 51 1 e n 9 0 n , 
bie Sefäore unb feine Schüler begünfhgte unb fict) gerne mit ihnen 
oon einer frieblidjen SSerbefferung ber ßirdje unterhielt. 

Hl§ inbeffen bie SDoctoren ber Sorbonne anfingen, Sef^ore gu 
oerbd^tigen , gab §arel bie Hoffnung auf, im S^oo^e be0 tfatlws 
' lici^mu« frei eoangelifd) leben au fönnen. (Sr erfannte, wie er fagte, 



Digitized by Google 



bie fteigljett ber <ty eo i D ^ en unb bcgann p c toenigei ju ^ 
bi$f)er. 1521 jog ft$ ßeföore, bcr tfefcerei angefragt, nad> SWeaur, 
äurücf, au feinem ftreunbe bem mfcfrifdj* frommen ©tfdmf Sßilbclm 
Ertconnet; audj bie meiften fetner ©#üler »erliegen nun $ari8 
3u Stfeauj, »on mo fte tyre Verbinbung mit 9Hargaretba fort* 
festen, fd?icn ftd^ ber eoangeltfd&en Sbdrigfett biefer Banner ein 
reiche* unb freie* gelb auf^un; ßefeore überfefcte bie ©ibel M 
frranaöftföe; garel, «ouffel, Wichel beraube mürben »on 
bem S3tf(^of ermächtigt, in ber ganjen SDtöcefe ju »rebigen, garel 
befonberS jeic^nete ft# burü) feine greimütbigfeit au*, fo ba& auf 
bieSlnflage einiger Wbnty, ber fd)ma$e «rt^onnet ben 12. '<äpxil 
1523 tym baS ^rebtgen mteber unterfagte. (Sr »erlief 3)?eaur, bielt 
3«t iu $ari8 auf unb feljrte bann in feine «aterfrabt gurürf 
3m ffreife feiner gamilie begann er $ter feine 2)?iffiongtr;äHafett • 
meiere fetner «ruber, SDantel, Sodann, 2Baltl>er unb glaube 
mürben für bag <g»angelium gewonnen, für ba$ fte fodter ©üter 
unb SSaterlanb opferten. Slug ©a» »erjagt, irrte er in ben ©ebirgen 
unb Söälbern untrer, »erfunbigte ba$ 2Bort ©orte* in ben fürten 
ber Birten fomo^l al$ in ben <Sd;löffern ber (Sblen; einen biefer 
lefctern bef eljrte er, ben jungen gelehrten bitter Slnemuubbeßoct 
#errn »on (S^afrclarb ; aua) einem ^rebiger oon ©renoble, bem Barfüßer 
$eter be ©(Sbeoille, sünbete er ba$ ßtd>t be$ ©laubeng an 
SBetbe, Slnemunb unb <5ebe»tlle, mürben gärige 23ef6rberer ber 
^Reformation, mußten aber balb, fo mte garel felbfi, ftd> bura) bie 
glud)t ber Verfolgung entjte^n. garel manbte ftdj na# Söafel mo 
er au&er Sttnemunb noa) anbere franjöftföe glütyliuge traf/unb 
mo Decolam»ab Um gafrfreunclicfc in feinem £aufe aufnabm 3n 
SBafei mar er 3euge be* ©ef»rd<$$, melc^eg ber Pfarrer oon gieftal 
®te»l>an©toer, über fünf gegen ben Sßriejrersßoeltbat gerichtete 
Siefen ^ielt (16. Februar 1524). SDer grofe (Stnbrucf, ben biefer 
Vorgang ^eroorbratye, flöjte auc$ garel ben S&unfä ein, öffentlich 
alS SBefdntüfer ber alten 8e§re aufzutreten. (Sr bat ben föcetor ber 
Uniocrfttdt um bie ßrfaubntjj, über einige Siefen bi8»utiren ju bür* 
fen; ba fte tym »ermetgert mürbe, begehrte unb erhielt er fte »on 
bem SRagiftrat. 811$ bierauf ber bifdjöfli$e Vtcar, £ einriß »on 
©djönau, ben ©eifrigen unb (Stubenten oerbot, bem ©efordebe 
beiaumo^nen, erföien ben 14. gebruar ein iWanbat be« MatbeS, mel= 
dje$/ unter Slnbro^ung »crfdjiebener ©trafen, fomobl ben ©eißltcben 
als ben Stfttgliebern unb ©tubtrenbeu ber Unioerfttdt ba* ©egent^eU 
gebot, garel oeröff entrichte nun in lateintfc^er ©orac^e folgenbe 
brci&eljn ©d^e: ^riflu* ^at un$ eine ooUfommene 8eben§regel oor* 
gef ^rieben; feine SSorfcbriften müffen befolgt merben, morau* folgt 
baj benen, bie bie ©abe ber <5ntl;altfamfeit nic^t ^aben, bie 

1* 



4 



geboten tfl; gafien uttb foußige (Zeremonien tfnb jübifch unb nicht 
eoangelifcb; ©ebete mit oielen 2Borten ftnb ber Sebre (SbrifH ntmibeT; 
ba3 3lmt ber ©eifilicben Befielt bor »ttem in ber $rebigt beS SBorteg 
©otteS; (grifft" ©ebote foUen nicht für blope föathfchläae auggegeben 
merben, nod) umgefehrt; mer feine ©ruber nicht baö reine (Soange* 
Iium lehrt, beffen föamt ftch (Sr>rtftu& ; mer glaubt, bafj er burd) 
feine SEßerfe unb eigenen Gräfte unb nicht burch ben ©lauben allein 
gerechtfertigt mirb, ber macht ftcr) fetbft ju ©ort; ©Ott »erlangt feine 
anbere alt getjttge Opfer; bie ©efunben, bie nicht ^rebiger ftnb, 
foUen ^anbarbeit treiben; ber SMlberbicnfi ift ©öfcenbienft; bie auS 
bem ^nbentbum entlehnten ©efcrättche finb ju oermerfen; nur toon 
ßhtijto foöcn rotr Treben erleuchtet ju merben, benn burch ihn 
aüein, nicht burch bie Stacht ber ©efhrne ober ber Gslemente, mirb 
$Ue3 regiert. 

3)Jan fieht, eS h cir fö* in ber Slufetnanberfolge biefer (Sdjje noch 
bebeutenbe ©onf ufion ; e$ mar ber erfJe Anlauf eineS feurigen ©eifteS, 
bem cS noch an einem feften burchgebilbeten ©tyfieme mangelte; ber 
praftifer/e ©egenfafc gegen bie Sleufjerltchfeiten unb bie menfchltchen 
3uthaten im StatholtciSmuS , gegen Silber, gafren, (Sheloftgfeit, bet* 
telnbeä 3ttönchthum herrfcht oor; boct) ifi ber große ©runbfafc oon 
ber ^Rechtfertigung burch ben ©lauben beftimmt au$gefprocr)en , unb 
©hriftuS nrirb bargeffellt aI3 ber alleinige Cehrer, ©efefcgeber unb 
#err. 2tn bie <2pifce ber ^efen ffeUte §arel eine (Sinlabung an 
alle (Sbriffen, ftch mit ihm über biefe ©egenftänbe ju befprechen, 
„in melchen begriffen ifi bie Summe d;rtftltcher greibett, unb buret) 
melche bie Xorannei menfchlicber ©afcung barniebeTgelegt mirb." 3Me 
©Imputation fanb lateinifch flatt ; ba jeboch S* T< 1; toegen feiner 
franjofifchen SluSfprache, nicht oon 3>ebermann oerftanben mürbe, biente 
ihm Decolampab als ©olmerfchcr. Gr führte feine Sache fo fteg= 
reich burch, b fl P Öecolampab an Suther fchrieb, er fyalte ihn 
für ftarf genug, e£ mit ber ganzen «Sorbonne aufzunehmen. $)a8 
©efprädj, unb mehr noch bie Steigerung ber©egner, babet $u erfdjeis 
neu, oerminberten fehr bie Sichtung be£ SSolfeä oor ben ^ßrieftern; 
„eS fam oiel ©uteS baoon", fagt ein gleichseitiger , hänbfcbriftlicher 
Bericht. Sluch jur 23cfehrung Sßellican'ä foQ garel beigetragen 
haben. 3 U 33afel hielt er einige öffentliche SSorlefungen unb gab' auf 
ben Slath mehrerer ßanbSleute unb Oecolampab'S f leine polemifchc 
(Schriften herauf; er fejjte aber feinen tarnen nicht bagu, unb ntc^t 
einmal beren Xitel ftnb befannt. Ueberhaupt mar gare TS litera* 
rifche$thätigfeU, in Vergleich mit ber33tret'8, <£aloin% SBefca'S, 
unbebeutenb; er mar ein 9)eann ber &h ar «nb nicht ber geber; er 
fchrieb nur ungern, unb mag er fchrieb, legte er juerfr ben ftreunben 
jur Prüfung oor. ©eine menigen ©Triften ftnb entmeber polemifchen 



Digitized by Google 



5 



Spalts, ober (grmabnungen, im eoangelifchen 33efenntntf[e ju Be* 
Marren; fie ftnb oollgeuer unb ÖeBen, aber oft unflar unb tncorrect, 
unb in theologifcher #inftcht oon untergeorbnetem 23elang. 

©eine in ©afel veröffentlichten Pamphlete griffen ohne Sxvefyl 
ba« $appti)um unb bie Sorbonne mit einem jugendlichen Ungefhmt 
an, ba« SDtendjen Bcbenflii^ faxten unb ba« Decolampab oerge* 
BenS ju mäßigen fudjte. ftarel Iub baburch ben #afj ber noch 
mächtigen fatholifchen *ßarn)ei auf fleh; auch ber Bebächtige @ra«* 
mu«, bem er Feigheit oorwarf, warb ihm gram unb fpradj ftch in 
mehreren ^Briefen Bitter gegen ihn au«; eine Unterrebung ber Beiben 
SDZämter, in ber aud) bie #etligenOerehrung jur ©pradje fam, ents 
aweite fie oollenb« (fort fte au oerfof)nen. liefen Oerfchiebenen Um* 
ftänben i|t e« jujufa^reiBen, baf ber 9lau), bem ba« gu ra[che 93or* 
bringen garel« ooreittg erfaßten, tf>m um $fing(tcn 1524 bie SBeifung 
gab ftdj au3 ber©tabtau entfernen. 3Ätt einer Empfehlung Deco* 
lampab'« wollte er ßutljer Befugen; nichts Bezeugt aBer bajj 
er bie Steife nad) SBittenBerg wirflich unternommen. Oecolampab 
^atte i^m auch geraumen, (ich in einer franjöfifchen ©egenb ber 23er* 
fünbtgung be3 (Soangelium« ju wibmen , benn ber 8anbe«fprache nicht 
mächtig, fonnte er in ber beutfehen ©chweia wenig wirfen; eine oon 
SSafel au« im ftrithjabr 1524, mit bem ßtjoner ©beimann &nton 
bu 231 et, gemachte föeife nach Äonftanj, &üxiä) f 93ern, hatte nur 
ba«, allerbing« für ihn wichtige SRefultat gehabt, ihn mit ben bor* 
tigen Reformatoren Befannt au machen. 

SSon S3afel BegaB ftch nun §arel nach ©traf Burg, wo er mit 
3© u e r unb (5 a p i t o greunbf ct)aft f djlo f. ©urdj einen ©rief Deco 5 
lampab'« würbe er auf 3Jtumpelgarb aufmerffam, Wo Johann 
©ailing, ein ©chüler ßuther'«, bereits thätig war für bie föe* 
formation. <§r ging hin, Begleitet oon bem $artfer Johann SDu* 
me«nil unb bem ftlamänber SEBtlhelm SDumoulin; unb erhielt 
oon bem au« feinem ßanbe OerrrteBenen Jperjog Ulrich oon 2Bür* 
temBerg , ber in ber ihm gehörenben ©raffchaft 9flümpelgarb anwefenb 
war, bie Sßcfugni§ $u prebigen. 3m Suli 1524 fam er an; er 
prebigte gewaltig in ben Äirchen ber ©tabt, würbe aber mehrmal« 
burch, oon ben SHöndjen angeregte 3ßoIf«aufIäufe unterbrochen; al« 
etnft ber granji^f aner = ©uarbian heftig gegen ihn eiferte, unb 
garel ftch e^ ot / fl$ Jeber ©träfe ju Unteraichen, wenn erUnchrtft* 
liehe« gelehrt hätte, lief ber ^erjog Söeibe oerhaften. £>em ©uar= 
bian lieg er bie 2Bahl ^arel« Äcfcerei a« Beweifen ober fefBft ju 
wiberrufen; aum (Srftaunen be« dürften gefchah öftere«: ber 9J?önch 
Be!annte auf ber Äanael, ftarel BaBe bie 2Bal)rt)ett gelehrt. Um 
au aeigen baf biefer 2Btberruf nicht erjwungcn worben, erflärte Ul* 
rtd), er fei Bereit ein öffentliche« ©efprSch galten au laffen, unb 

• 



Digitized by Google 



oerfpradj ftarel fhreng ju beffcafen, wenn {eine Sßrcbigt falfd) erfunben 
würbe. 3 u ßt e fdj würbe bet ganje Vorgang burdj eine jjDrutffd^xift, 
Iatetnifcl) tmb beutfc^ , befannt gemalt. $)urdj bie§ SlHeS würbe 
§aret§ Eifer notb meljr angefeuert; trofc ber Söriefe Oecolam« 
»ab'S, bie tyn $u SWdfjigung unb SEilbe ermahnten, trat er immer 
angreifenber auf. 211$ ein SReüqutenfydnbler nadj 3Jtöm»elgarb tarn, 
erfdjienen garel unb ©atling »er bem föatlj unb wanbten flc3t> 
an ben ^erjog felbft, um ein SBerbot beS ßramS ju ermitteln; man 
erjdbjt fogar, bafj garel mit eigener $anb bie Reliquien in$2Baffer 
warf. 2Birf famer al$ foldje ©ewalttljat, mürbe eine Keine ©c&rift, 
bie er, auf Decolamoab'S Stufforberung , erfdjefnen ließ, unb bie 
in fturje ba8 jufammenfiellte, mag ber Efyrifi »iffen müffe, um fein 
SBertrauen auf ©ort ju fefcen unb feinem 9ßdd)|ren gu bienen. ©iefe 
©djrift, bie mie SllleS wa$ ftarel gefdjrieben t)at, aufjeTorbentlid} 
feiten geworben ifl, oerbreitet fid) in 43 2tbfä>nitten , bie oon ©ott 
au$gel)n unb mit bem legten ©erid)te fdjliejjen , über bie eoraüglidjfren 
©tütfe ber d>rifUid)en ©laubeng* unb eittenlefjre. £)ie XarfteUung 
tft einfad) unb allgemein oerftdnbtict) , unb boct) »otl Iebenbiger 33c* 
megung; tiefere bogmattfay Erörterungen fommen nidjtoor; biedre 
oon ber ^rdbefHnation wirb nid)t berührt; bagegen finben fidj aber, 
neben ber unoermeibliäen Sßolemif gegen bie römtfebe tftrdje, bie 
tTefflidjfren Ermahnungen ju einem frommen , jheng fittlidjen Sßanbel. 
3n bem tfapttcl über bie Eraier)ung ber tfinber erfennt man bereits 
alle bie3üge, wela> fpdter bie franjöfifdjen Stcformirten ir)ren fat^o= 
lifdjen SanbSfeuten gegenüber fo rüt)mlid) auSgejeidwet Gaben. 2118 
SBeifpiel feiner <5d)reibart unb überhaupt feiner geiftigen Eiaentl)üm* 
lidtfett, möge r>ter eine ©teile folgen über ba8 Verbot be« SBibefCefen« 
in $ranfreid>: ©ort, weldj ein ©reuel! (Sonne, fannft bu mit 
beinen ©trafen ein folcbeS ?anb befcr)einen? Erbe, fannft bu foId)e 
SRenfdjen tragen unb benen, bie it)ren ©djöpfer fo oera<$ren, beine 
grüßte fdjenfen? Unb bu, o #err, bifi bu fo mttleibig, fo Iangfam 
jum 3orn bei einem fo großen gegen bid> begangenen greocl? £aft 
bu ntdjt beinen ©ofyn jum $önig über SXttc oerorbnet? «Soll fein 
t)c,ittgeä SBort, ba$ bu tljm aufgetragen l)a{r un3 ju lehren, oerboten 
fein alö ein unwürbigeS, fd)Ied)teg, für bie bie e$ Iefen gefdl)rlid)eä 
Sßort? Ergebe bid), o £>err! 3 ci 8 e > c8 W Dei " SBiHc, ba§ bein 
©ol)n geehrt unb bie ^eiligen ©efefce feineS 9Reidje3 oerfünbigt, erfannt 
unb von Stilen gehalten werben. 2aß bie ^ßofaune beineä Eoangc; 
Itumg in aüer SBelt erfd^allen! SSerlei^e beinen ^?rebigern Jfraft unb 4 
3Kut^, unb jerftöre bie wela^e 3 r ^ u nt oerbreiten, banüt bie ganjc 
ÖTbe bir biene, bidj anrufe, btc^ anbete in tiefer El)rfurd)t." 

9luä^ nod> einige anbere Heine Straftate foll gaTel bamaB ge= 
fa>rieben ^aben. ©ein gTeunb, ber naä) ©afel geftü^tetc Snoner 



Digitized by Google 



7 



33udjbru<fer S^ann SBaugri« fdjrieB it)m fogar, er mödjtc an 
eine franaöftfdje SBibcI^ UcBcrfcfeung benfen. gür eine fotye StrBeit 
mar er tnbeffen ber 3Äann nt$t; »enn audj tt)eotogifdj geBilbet, fo 
mar er bodj meBr aur tätigen SBirffamfeit nacr) Staffen geBoren, al« 
3U ruhiger gelehrter SBeföäftigung. UeBrigen« t)ätte ü)m jefct, fo wie 
in ben nfid&ften 3a$ren, bie iMujje baju gefegt. SDtc fatl)oltfc6en 
©<$roeiaer Äanrone Begehrten ton bem £eraog, beffen 3ntereffe erfor* 
berte fle au fdjonen, bie (Entfernung berißrebtger; ßra«mu« f tagte 
garet Bei bem Btfdjßflicrjen Offiaial %u 33efan$on at« gefät)rlf($en 
Unrur)fHfter an; Ulridj oon SBürtemBerg »erlief* SEümpelgarb ; feine« 
unmittelBaren ©dnifce« entBet)renb aog bat)er garet im (Sommer 1525 
au« bem ganbe fort, nadjbem er aud) in ber ©egenb oon ©elf ort 
managen ©amen au«gefrreut Ijatte. (§r fet)rte nact) ©traf Burg, ben 
(Sammelptafc aller glüajtlinge, tfvcM; t)ter traf er Seffeore unb 
. feine anbem greunbe au« STOeauj. SRod) roaljrenb feine« 2lufentt)alt« 
auSSafel t>atren er unb Decolampab SR o uff et in häufigen ^Briefen 
au frdftigcrm Staffieren ermahnt; 9?ouffeI t)atre fogar oon garet 
bie©enbung oon SDrutfmaterial Begehrt, um reformatorifdje @d)riften 
au brutfen; mer)rmal« t)atte er audj ©üdjer oon it)m erhalten; allein 
bie in granfreidj au«geBrod>ene 9teaction unb bie ©djioädje S3ri$ons 
net'« Ratten föouffel, Seffeoreunb SÄidjet b'2tranbe genötigt 
au fliegen. T>a nodj anbere franaöfifdje unb Iotr)ringifct)c glfidjtlinge 
ftdj in ber freien 9?etct)«fiabt eingefunben Ratten, unter anbem gr an 3 
ßamBert oon Stoignon unb ber 9fttter oon ©fdj, au« Sftefc, fo 
fannnelte garet fte au einer ©emeinbe, beren erfter Sßrebigcr er roarb. 
Unter it)ren SRitgliebent , fo tote üBerljaupt unter ben eoangelifdjen 
granaofen, Braute ber bamal« au«geBroct)ene 2tBenbmar)I«flreit große 
SBemegung t)eroor. 2Bät)renb grana SamBert a« Sutt)er t)iett, 
roaren garet unb bie metften 2lnbern ber gmingli'fdjen Sluffajfung 
augetljan, Beflagten aBer f^meralia^ ba« brot)enbe 3crö)ÜTfm&. Sßeter 
Stouffatnt, frftt;er Äanonicu« tfiWltfy unb jefct einer ber tr)ätigften 
franaöfifdjen (Soangetifren, f^rieB an garet, bie (SfiafjBurger au Oers 
mögen mit 8utt)er au Ijanbeln: „Bebenfe, fagte er, bie SSermirrung, 
toenn btefc 23crfcr)iebent)eit ber Set)re Benufct tturb , ber SBelt ooraugeBeif, 
©traf Burg t)aBe einen anbem ©lauBen, unb SfürnBerg einen anbem. 
SBürben ntdjt bie gürßen bie ©etegent)ett ergreifen, un« aum alten ©äfcen* 
bienft jnrücrjufü^rcn?" 2Ba«bie ©trapBurger in ber ©adje traten, ift 
Befannt; garcl feiner (Seit« fanbte ein au«fül)rlidje« (ScfyreiBen an 
©ugent)agen; ba in bemfelBen nur 3roingir« Stnftdjt entrotäelt 
unb oerttjeibtgt war, fonnte e« auf bie SRorbbeutföenroenig toirfen; 
e«ift aBer mistig um garet 1 « bamaligen (Stanbpunft au Beaei^nen. 

5Wia^t toeniger al« biefer unfetige (Streit fct)merate it)n bie ängjts 
Ii(^e 9?urft)attung Sef^ore'« unb 9?ouffet'«, bie e« nü$t einmal 



Digitized by Google 



8 



wagten to Stra&Burg tyxtn wahren tarnen ju nennen; oergeBen« 
erinnerte ftarel feinen efymaligen ttefyrer an beffen ffietffagung toon 
einer Erneuerung ber 2Belt, unb ermahnte tyn SJHtarBeiter baBei $u 
fein. 3n einem Briefe an 3toingH (12.Ü)e$. 1525) Haßte er üBer 
bie llnentfäiebenfiett biefer SWanner, bie ftatt ba« ffreuj (Styrifti 
auf ftd) au nehmen, ©ott unb ben 90?enf$en augleidj bienen wollten, 
©alb barauf (9Kai 1526) würbe e« fiefkore unb feinen frreunben 
gemattet nadj ftranfreidj jurücfjufefjTen, an ben £of SNargaretfya'« 
»on SUencon, bie ©erwarb töouffel ju i^Tetn Sßrebiger ernannte. 
Unter bem e<$ufce ber eblen ftürftin, trat biefer nun, eine^eit lang, 
mit größerem SJtotye auf. <Sr wünfdjte fogar, bafj audj garel in 
ba« SSaterlanb juTÜcffommcn föunte; oon ber mtyjttfdjeu 3Äarga- 
retlja, welker gareP« ruJjner, burdjgretfenber ©eift ntcr)t jufagte, 
fonnte er jebodj für btefen ntdjt« erhalten al« eine (Summe ©elbe«. 
<5r fudjte ftd) nun Bei Stnbern für ben tfym immer nodj feuern ^reunb 
flu »erwenben; ben 7. £)e$emBer 1526 melbete er iljm, er fyaBe enb= 
Iidj ein 9lrBeit«felb für iljn gefunben ; auf feine Grmpfef)!ung $in , foHe 
er ifyn im tarnen ber Beiben Bohne be« gürfien 9J oBert be Ia 3Rar<f , 
Stöbert oon ©aulei« unb Siltyelm toon 2>a mel $/ Berufen um 
in ityren ©eBieten ba« (Soangclium ju prebigen; fte erwarteten ifjn 
mit Ungebulb unb wären Bereit eine Drudferei ju erridjten, bamit 
er aud) burdj (Schriften wirfen fönnte. ^lud) $eter Stouffaint 
fdjrieB üjm um tyn 3U fdjneUem Äommen gu Bewegen. Allein Bereite 
War $arel ntcr)t metjr frei. @o fct)r audj bie SÖjatigfeit in ©trafj= 
Burg in ©emeinfcfyaft mit feinen 2anb«leuten ifjn erfreut fyatte, unb 
fo anregenb unb lefjrreidj ber Umgang mit SBujjer unb (Saptto 
für ilm gewefen war, fo r)attc er fidj bodj nafy einem felBfrjfönbigern 
2Birfung«freife gefeint; er füllte ft$ Berufen jur 9J?tffion«tl)ätigfeit, 
ju freiem $anbeln unb kämpfen für bie Deformation. 3 U biefem 
Sßerufe Ijatte ifym audj ©ott alle nötigen @igenftr)aften gefdjenft, 
einen jwar fdjmädjtigen , aber rüjiigen, aUe Wifyfeligfetten au«bauern* 
ben Äoroer, eine Ü)onnerfrimme, wie Söeja ftdj au«brü(rt, eine glü= 
fyenbe, BUberreic^e93erebfamfeit, einen Sßutlj, ben bie ©efaljr anfeuerte 
fatt ü)n einjujfdjüdjtcrn, eine Äraft ber UeBerjeugung unb be« SEBit* 
Ien«, bie Bi« an« (Snbe feiner langen ßaufbafjn ungeBrodjen BlieB. 
£)a« Gtgentfyümlidje feine« SBirfen« ift ba« fd)onung«lofe SBcfSmpfen 
be« Blofj äufjeTlidjen ©otte«bienfie« , unb ba« ftrenge, oft fcfyroffc 
Dringen auf JRein^eit be$ ÖeBen«. (53 erflärt fiel) bie« au« feiner 
eigenen innern ©ilbungSgefdjidjte, au« ber 2trt wie er, ber in feiner 
Sttgenb ein fanatifdjer Silberoere^rer gewefen, unb trofc ber SSer* 
weltli^ung ber ©eifHid)en unb ber 3»ön^e biefelBen für „göttlidj" 
gehalten ^atte, fic^ jur 6rfenntni§ ber SBa^eit bur^gefämpft 
t)attc. (Sntrüftet barüBer, baf bie ^cnfctycn an bem Steu^ern unb 



Digitized by Google 



9 



Unheiligen fingen, wollte er biefeS unBebingt, unb oft gewaltfam 
entfernen. 

3m DftoBer 1526 war er ju gujj, unb manche ©efahr aug* 
fiehenb, fcon ©rrafjBurg nach SBafel, unb nach furjem Aufenthalte 
in biefer ©tabt wo eine $eft wütete unb ber SRath ihm immer noch 
ungünfhg mar, nach ©em gegangen. §ier $atte ihm ©ertholb 
Kaller ben 9iatb erteilt bie Deformation ber romanifdjen ©ehweij 
ju oerfuchen, unb junächft ju Sielen (Sttgle) im untern SRtyonetljale, 
ba$ ben ©entern untertfym mar. ©h nc SSerjug mar er biefem §Ratt)e 
gefolgt; um ftch in bie #erjen be$ unmtffenben unb rohen SSolfeS ben 
2Beg ju Bahnen, war er ju Stelen al8 Sehrer beräinber aufgetreten, 
unter bem tarnen SCBil^elm UrfinuS. £)en 30. SftooemBer wagte 
er e$ jum erften flttal gu prebigen; ba erhob ftch ein ©türm, SBe* 
körben unb ^riefter wiberfejjten ftch feiner weitem SChätigfeit. (5r 
beflagte ft<$ bei ber Regierung »on SBern, worauf biefe ben 8. 3)?ärj 
1527 ber Obrigfeit oon Sielen ben Söefc^t erlieft ihn öffentlich unb 
ungehtnbert ba8 ÜBort (Sottet Oerffinbigen ju laffen; ^gleich erhielt 
er feine förmliche SSefraflung als - ©chullehrer unb ^rebtger. SSon 
nun an hatte fein SBirfen beffern, obfdjon feljr langfamen Qsrfolg. 
ÜRehrere Sfyatfaä) en Beweifen, wie unwiffenb bie ©eifilichen unb 3J?önebe 
in biefen ©egenben Waren. 3u Saufanne mar ein Sßrebiger, SßataliS 
©al^ot, ber ben Stuf hatte ein gelehrter unb ber SQSahrheit nicht 
unzugänglicher 5D?ann ju fein. garel richtete brei längere ©chretBen 
an ihn, in ber Hoffnung ihn gur Söefprechung ber großen gragen &u 
bewegen, bie bie Shriftenheit Befchäftigten. (Srjr auf ben britten SBrtef 
erfolgte eine Slntwort, aber in hodjfahrenbem , Beleibigenbem SEone, 
unb ohne ftch auf irgenb Welche ©rünbe einjulaffen. ©in anber 2J?al 
traf garel auf offener ©träfe mit einem SBettelmönche jufammen, 
ber an einem BenachBarten Orte gegen ihn gefcrebigt hatte; ihre Unters 
rebung jog eine 3Äenge Seute herbei unb enbete bamit, baft Söeibc 
in8 ©efängnif abgeführt würben; oor bem Seichter t^at ber SKöndj 
SlbBttte unb oerforach einer ißrebigt garel'3 Beizuwohnen unb ihn 
bann ju wiberlegen, wenn er fßnnte; er jeigte ftch jeboch nicht mehr 
in Sielen. (Snbtich mifjglucfte ein SSerfuch bie ßlarifftnnen »on SSeoati 
in Belehren. 

3m Januar 1528 wohnte garel bem ferner föeltgionSgeforäch 
Bei, wo er feine greunbe aug Söafel unb ©traf Burg wieber fal). gut 
bie franjoftfehen Stemter Sielen unb ©ranfon würbe, ben 15., ein 
eigene« ©efpräch gehalten, in welchem garel für bie Deformation 
ba« SBort führte, ohne jeboch bie ©egner gewinnen &u fönnen. $n 
Sielen felBjr erwartete ihn neuer SBiberfianb oon ©eiten ber ©ererben 
unb ber ©eifilichfeit; bie Söerner Regierung fanbte julefct Slbgeorbnete, 
um ben ^rebtger ju befchüfceit unb ben ©tanb ber SMnge ju untere 



Digitized by LiOOQle 



10 



fudjen; in bcn ©emeinben be$ 2lmte$ fielen würbe üBer bic SJcfor* 
motion aBgeftimmt , Ormont Blieb fatholifcb, Sielen, ©er, unb Olon 
eTfldrteu ftch für Slbfchaffung ber Sfteffe. jjmar fügte ftch bie 3)?ino- 
rttät nicht leidet in bic burdj «Stimmen Mehrheit eingeführte neue 
Orbnung; §arel hatte noch mannen Stampf 5U Beftehn, boch ging 
oon nun an feine SBirffamfeit einen regelmäßigem unb baljer erfolg- 
reichem ©ang. 

3m 3uni 1529 erteilte Ujm ber ©erner SWagijhat bic SBefug* 
ntf , auch i" ben $errfcr)aften unb Orten gu prebtgen, mit benen 
SBern im ^Bürgerrecht ftanb, jebodj mit bem 3Jorbebalt, „baß biefelBen 
eä wünfehten". <§x oerlief Selen, unb fchlug feinen ©ifc gu SJJurten 
auf, welcher Ort zugleich 93ern unb greiBurg unterthan n>ar , unb wo 
er fdjon ba$ 3<*h r 5 uüot «inmal gewefen war. (Sine feiner erften 2lr* 
Beiten gu SRurten war bie SIBfaffung eineS ©enbfchTeiBenä „an bie 
OBrigfetten unb SBölfer, gu benen ihm ber $err 3urritt gemattete"; 
eT ergählte barin, al$ BelehrenbeS ©eiftriel, feinen eigenen religiöfen 
<@rtrtx>tcf lungägang , wie er auä einem aBerglduBifchen Äatholtfen ein 
Zweifler, unb gulefct nach fchweTen innem Äämpfen, ein ©efenner 
unb Sßrebiger ber Sßahrljeit geworben. SDaran fnüpfte er Srmah 5 
nungen biefer SSahrheit allein gu folgen, unb SOBornungen BefonberS 
an bie Celjrer beä göttlichen SffiorteS, ba8 (Soangelium rein gu Oer* 
fünbtgen, ohne 9tü<f ficht auf ©unft ober Ungunjt ber 5tfenfchcn. Ott 
felBft fuhr fort auf biefe 2Beife rafiloS gu wirfen. ©on 9fturten au3 
machte er Reifen in bie Umgcgenb, trat gu Öaufanne auf, gu Sfteujiabt 
(9GeuoeoiÜe) wo er ben Pfarrer Bef ehrte, in ben 3urathätern, gu 
©tel, unb in ben meiften Orten be$ ©eegelänbeg ber 2Baabt. UeBeraff 
traf ex auf SBiberftanb, überall lief er aBer auch Äeime eine« neuen 
SeBenS gurüel. 3m SDegemBer f am er nach SBeucnBurg pWeufchatel) ; 
©eorg oon föioe, £err oon Sßrangin, Statthalter ber am £ofe 
grang beä L anwefenben üflarfgräfin 3ohanna oon .^ochBerg, 
2Bittwe beä£ergog« oon Songueoille, erlief alfoBalb einfhengeä 
SBerBot gegen ben gefürchteten ^rebiger. £)er Pfarrer Oon ©erridreS, 
©Omer ©etynon, lief ihn iebodj auf öffentlichem ^lafce auftreten; 
bie ocrjommelte 2Wenge theilte ficb in ©egner unb greunbe, c« ent* 
ftanb ein witber ßärm. Seute au8 SHeuenBurg, bie garel gu ©er* 
rtere« harten, führten ihn in bie ©tabt felBft, wo er gleichfalls in 
ben ©trafen unb auf ben 3Härften feine Sßrebtgt erfüllen lief, unb 
aller Drohungen ungeachtet, gasreiche äubanger fanb. 2118 er furge 
3eit nachher abermals nach SflcuenBurg fam, war bie ^inwohnerfchaft 
in gwet erbitterte Parteien geseilt, bie eine für, bie anbere wiber 
bie Deformation. ©em crmahnte OergeBenS gur 3Käfigung; felbjl 
garel, beffen (Sifer in biefen kämpfen immer mehr cntBrannte 
üBerfchritt bie ©rengen. 3113 er cinft fagte, ba man in ber $athe- 



Digitized by LjOOQle 



11 



brale baS föecht tjabc SÄeffe ju lefen, fo fei e£ Billig auch ba$ (Süan; 
gelium bafelBj: ju prebtgen, matten fidj feine 3uhörer auf, fügten 
ihn nach bem 3J?ünfter, wo et aHeS 2Biber|ianbeS ungeachtet, bie 
Äanjel beftieg, unb gegen ben SBilberbienft fo gewaltig eiferte, bajj 
ba$ Solf ohne 93erjug an bie 3 er ft or nng bet ©über ging. SBetbe 
Xbäie wanbten ftcr) an 33ern; e$ erf Lienen SIBgefanbie, Welche auch 
hier bie (Sinwohner aBftimmen liefen; 19 ©timmen entf^ieben &u 
©unfren ber Deformation; bie SIBfchaffung ber SJieffe würbe »om 
23. DftoBer 1530 batirt, Beibe Steile gelobten ftch in ^rieben ju 
ertragen unb ein SBertrag mit ber SÄarfgräftn oon och Berg Be* 
{tätigte bie neue Orbnung ber $)inge. Mehrere ©eiftltche be$ ßanbeS 
erflärten fleh für bie Deformation , unb einige »orüBergehenbe ©türme 
abgerechnet, befejtigte fich bie eoangeUfdje JHrche ju Neuenbürg oon 
£ag ju 5£ag. SBd^renb biefer Qeit burdjjog garel bie ßanbgemein; 
ben, mit manchen SBiberfpenfttgf eiten fämpfenb, ja ^äufig oon ben 
aufgelegten SBauern mi^anbelt. 3 U SSalengin, wo fein ©efährte 
unb SanbSmann, 2tnton 23ouoe, unfluger SBeife bem Sßriefter bie 
#ofhe auS ber #anb ri§, würben fte gef djlagen Bi8 aufS SSIut unb 
in ba8 ©efängnif be8 ©chloffeä geworfen. £)ie DeuenBurger eilten 
herBei, brohten ba8 ©chlojj anjujünben, unb erhielten nur mit 
2J?ühe bie ftreüjeit ber ^rebiger. SBerettä fe<h$ 2Bonate fpäter würbe 
auch $u SSalengin bie 2Eeffe aBgefchafft. 

garel f ehrte nach Sföurten jurücf, oon wo auS er mehrere 
SRiffionSretfen in bie Umgegenb machte; auch f<h*ieb er nach <5trafc 
Burg, man möge ihm tüchtige franjöftfche Sßrebiger fehiefen. (§x 
bigte &u 2h>en<he3, unb BefonberS ^u Drbe, Balb oon bem $6Bel 
verfolgt, Balb mit Mönchen biSputirenb, aBer jtetä üon Sern unter* 
ftüfct. 3u OrBe ^artc er anfänglich nur geringen Gsrfotg, oBwohl 
fchon oorher einige eoangelifch ©efumte unter ben bürgern waren; 
unter biefen war ein junger SKann, ber Balb einer ber u)ätigjlen ©e* 
hülfen ftarel'S würbe, $eter 23iret, beffen <3<huffale widrig ge* 
nug jmb eigenS erjählt ju Werben. 3u @, ©laiäe, wohin $arel 
ton DeuenBurg au« ging, warb er fchwer mi&hanbelt unb mit bem 
©algen Bebroht; nur mit SWühe entfam er nach Kurten. £ier traf 
er einen anbern feiner SanbSleute, (S^xtflop^ gaBrt, oon SBienne 
in SDaupbimS; § ab ri erfefcte ihn nun &u Kurten, währenb feiner 
häufigen Reifen; Balb barauf würben er unb 21 n ton 2flarcourt, 
oon ber Anfang« 1532 gehaltenen ferner ©tmobe, ber auch %cixtl 
Beiwohnte, al$ Pfarrer oon 9?euenBurg erwählt. Slehnlidjeg gefchah 
ju ©ranfon, wo ber unermübliche unb unerfchroefene garel, Be= 
fchimpft, oerleumbet, ju 33oben gefdjlagen, in'« ©efängnip geworfen, 
unb toon ber SBerner Regierung felBft julefct geBeten bie ©egenb ju 
oerlaffen, bennoch, wenige Monate fpäter, eine ©emeütbe fuh Bilben 



Digitized by Google 



12 

fafy. (58 mürbe $u meit führen, foflten Ijier bie 33erfu(§e er$5blttoer* 
ben, bie er mäljrenb btefer »telbemegten Safyre audj in anbern Ort- 
fct)aften be$ SutagebirgeS 8« ßorceüe, JU SBoubeoillter, u. f. m. madjte, 
tt>o er, gegen btc SRo^eit beS 23olfe$, unb ben Fanatismus ber 
Sßricftcr fämpfenb unb »ielfactye @$mad) erbulbenb, meift ben ©ieg 
errang ober tljn bodj oorberetteie. 

3u 9D?urten, im ^uli 1532, oerfafjte ftarel ein (Senbf abreiben 
„an alle ßtebljaber beS ^eiligen SBortS", sunt Qtoed, bie in granf* 
retdj unb anberSmo bebrängten (Soangelifdjen jur StuSbauer aufou= 
muntern unb ifynen gu empfehlen, aud) mitten in ben größten @e* 
fahren, ein frommet ßeben ju führen. SBalb barauf, alS er bie neue 
©emeinbe ju ©ranfon orbnete, trafen bafelbft jwei SBalbenfer $re* 
biger bei i^m ein, ©eorg 2Rorel unb $eter SNaffon, bie oon 
einer Steife nadj (Strasburg unb ben proteftant'ifdjen ©tabten ber 
©äjmeij &urü(ff e^renb , ifyn baten ber ©önobe betyumofynen , meldte 
in bem Staate ton Slngrogne , in ben Sßiemonteftfdjen Stlpen gehalten 
toerben foßte. garel unb fein ©etyülfe Snton (Saunier, gleidj* 
falls auS bem £>attyljüt£, begaben ftd) baljitt, aller ©efabjen unge^ 
achtet; bie ©tinobe trat ben 12. ©eptember 1532 51t (SljanforanS in 
bem genannten £ljale jufammen; fte befdjloff fidj ben ©runbleljren 
ber Deformation anjuföliefen um bte ©laubenSgemeinfd&aft gtoifdben 
ben SBalbenfem unb allen (Soangeltfdjen tyerjufreHcu. ^arel riet!) 
nodj befonberS (Spulen in ben Spätem ju errieten, unb fanbte fpater 
toon SKurten auS »ier fiefyrer, beren einer Sßobert Dlioetan mar. 
£)ie SBalbenfcr tofinfdjten audj, ftarel möchte ilmen eine fran^fifclje 
SMbeHleberfefcung befoTgen laffen; auf feine Gsmpfeljlung übernahm 
unb totlbrac&te Olioetan biefeS SDBerf. 

SBei ifyrer föütffefyr au« $iemont, tarnen garel unb ©aunier 
Slnfang^ Dftober 1532 nad) ©enf. £)ie fird>Ud> unb poltrige 
©äljrung, bte in biefer<Stabt Ijerrfcljte, fonnte ifynen.nid)t unbefannt 
fein; audj fjatttn fte moljl oon ber fleinen 2lnsal)l Sßroteftanten 
gebort, bie ftdj fyier gefammelt, unb gegen bie man, fdjon im 
9Kärj 1530 ©traf betrete befannt gemalt tyatte. (Sdjon 1531 
Ijatte 3^> i n fl I i S atc ^^ Slufmerffamfeit auf ©enf gerietet, alS auf 
ein mürbtgeS &id feiner Stfyätigfeit. $)ic aber, meldje „ben armfeligen, 
fdjmä'c^tigen ^räbifanten, 9)?eifier Sßtlfyelm", einen fleinen 9flann, 
mit fonnoerbranntem ©eftdjte unb rötblidjem Söarte , anfommen fa^en, 
ahnten ntdjt, toeldje folgen biefe Hnfunft ^aben mürbe, fo wenig, 
al$ er felber ba8 oorauS feigen fonnte, ma8 ©ort ^ier burd^ i^n ju 
mirfen befcbloffen r)attc. @in längerer Slufentbalt lag bie^mal ntdjt 
in feiner 3lbft(^t; n?ie eS fam, bajj bie ©enf er, bie int ©eljeimen ber 
JReformation juget^an toaren, feine Slntocfen^eit erfuhren, i(t unbe* 
fannt; fte bröngten ftc^ aber um ilm, unb belehrt über ba§, ma8 



Digitized by 



< 



13 



noch untooflfommen in ihrem ©lauben war, beeiferten fte ftdj, bie 
etoangelifchen ©runbfäfce weiter 51t toerbretten. SWit bcr Politiken 
Sage ©enf« unb ben ^arthciungen unter ber SBürgerfchaft, fo fc^r 
fte auch mit ber ©enfer Reformationggefchichte toermoben fmb, ^aben 
wir uns ^ier nietet befaffen; wir müffen toorauäfefcen, baß fte ben 
fiefern au« ber S8io^rapt)ic Sal» in '3 befannt genug ftnb. 

Die burdj bic 2lnfunft bcr ^rebiger entftanbene ^Bewegung toer= 
anlaste ben Rath, ftarel unb (5 au nie r toor flcb &u rufen; at« jener 
ftet) bieämal mit SHäßigfeit toertf>eibigte unb bie Empfehlung ber ferner 
toorwie«, begnügte man ftdj, ilm, im tarnen ber öffentlichen Ruhe, 
ju bitten, bie (Stabt $u toerlaffen. (§f)e er biefer SBttte nachkommen 
fonnte, würbe er toor ben bifcfyöflicfyen SBifar, Slbt toon SBeaumont 
gerufen, um fieb wegen feiner Ce^re ju rechtfertigen. Rieht« fonnte 
ihm ermünfehter fein al« biefer Ruf; ba er toorljer auf ben (Strafen 
toon bem $öbel befchimpft worben mar, tocrlangte er fidjere« ©elett; 
toon jwei ber (Sönbic« begleitet, begab er ftch bann mit (Saunier 
in ba« #au« be« $8ifar«. (Seine Hoffnung auf eine regelmäßige 
Disputation tt)urbe Jebod) getäufebt; bei feinem (Eintritt rief it)m ber 
oH«cal*$rocurator Söilhelm be SSegto bie SBorte entgegen: „Äomm 
ba^er, bu böfer Xeufel §arel, Warum aiehft bu in ber SBelt herum 
um alle« ju toerwirren? wo fommjl bu ber? 2Ba« mitlft bu fyet? 
SBerljat bia) gerufen unb bir ju prebigen erlaubt?" $arel antwortete 
mit ber größten ©elaffenheit : „ich bin fein Teufel , ich Jtc^c herum 
um 3 e f um Sh r *ft um 5« prebigen, ber für unfere ©ünben geftorben 
unb ju unferer Rechtfertigung auferftanben ift, fo baß, wer an ihn 
glaubt, ba« ewige Ceben erhalt, wer aber nicht an ihn glaubt, toer* 
bammt tt)irb. 3" biefem 3wecfe bin ich öon ©ott, unferm guten 
SSater, gefanbt al« S9ote ©hrifri, um *h n benjemgen ju prebigen, bie 
mich hören wollen, ^dj bin bereit Rechenfdjaft toon meinem ©lauben 
toor euch abzulegen, fofem e« euch gefallt mich anzuhören m ©ebulb; 
ich höbe feine anbere Autorität al« bie toon ©ott mir toerliehene, um 
fein Diener, unb nicht bcr Diener ber 9flenfchen jufein." <§x fd)loß, 
toon bem «nblicfe ber jornentbrannten ©egner gereijt, mit benSBor? 
ten: „nicht ich fare bie Ruhe biefer Stabt, ihr tijut e«, inbem ihr 
nicht nur ©enf, fonbem bie ganjeSGBelt burch eure 9Kenfchenfa^ungen 
unb euer fdjlechte« geben in SSertoirrung bringt." Sflehr brauchte e$ 
nicht, um bie äßuth ber anwefenben ^riefter jum Ausbruch ju brin* 
gen: „er hat ©ott geldwert 1 mir brauchen feine 3eugen mehr, er ift 
bc« Stöbe« fchulbtg," fo riefen bie geifilichen Herren, wie ehemal« bie 
£ohenpriefter ju Serufalem; „in bie Rhone mit ihm! e« tf* beffer, 
biefer abfeheuliche Cutter fterbe, al« baß ba« ganje 93olf &u ©runbe 
gehe!'' §arel erhebt entrüftet bie@timme: „rebet bie 2Borte ©otte«, 
unb nicht bie be« ßaipha«!" (gr wirb mit ©aunier hinau« gefio= 



Digitized by Google 



gen unb nadj bcm Söeridjte einet 9ionnc, bic 3™a,e Auftritte« 
war, auf ber Strafe Don mefyr nrie acbtjig Sßrieftern überfallen „bic 
alle xooty mit prügeln bewaffnet toaren, um bcn Ijetligen fatbolifcfyen 
©lauben ju oertbetbigen unb bereit für ü>n flu ftcrbcn." Ilm bem 
Tumulte ein ßnbe 51t machen, wirb iljm Don SRatfyä toegcn bei Stöbet 
ffrafe befohlen, in brei (Stunben bie (Stabt gu Derlaffen. 9ßur mit 
9Hütye gelang e$ meiern Üttagijrratäperfonen üjn ben £änben ber 
Sßriefier ju entreißen; einer biefer lefetern flad^ nad) i^m mit einem 
SDegen , ein anbrer lief} bur<$ einen SWann beS fßolUi eine ©ücbfe auf 
äm abfeuern, beibem aber entging er, jum großen ßeibtoefen ber guten 
SRonne, toelcbe biefe $elbentf)aten berietet fyat. ©rft £ag$ barauf 
»erlief er mit (Saunier ba£ bamalä noeb fo fanatifebe ©cnf; ein 
©ttyff braute fie über ben (See; bei Saufanne (Hegen fie an'ä 8anb 
unb fcljrten, biefe ©tabt oermeibenb, nad) Drbe unb ©ranfon jus 
rü(f. 3 U ©ranfon traf $arel mit einem jungen Canb&nanne gu* 
fammen, Slnton groment, ben er bernog nad) ©enf $u geljen, um 
im @ef>eimen baä begonnene SBerf fortiufefcen. Sr felfccr begann 
fein $rebigen in ber Umgegenb toieber; im $u\\i beä folgenben 
Safyreä 1533 machte er ju Sßeterlingen ßßauerne), too 33 ir et fcfyon 
einige ftreunbe gefammelt tyatte, einen SReformationSüerfueb, ben er 
mit ©efänguifj büßen mußte; bod) bilbete fieb nid)t lange nad^er 
eine blüljenbe eDangclifdje ©emeinbe in biefer (Stabt. 

Sßenig Stage nad? garcl'3 (Sntfernung, im SWooember 1532/ 
tt>ar groment nacb ©enf gefommen, unb batte ft<$ aU ßcljrer 
ber ßtnber angefünbigt; er gab Unterricht int (Scbreibcn unb SRedjnen, 
fprad) aber audj b m u "k wieber Don religiöfen $)ingen. 9)?eljrere 
^amüienoäter Iuben i^n ein iljnen baö (Soangclium ju erflaren; aud) 
bie fdjon früher jum ^ßrotcjianttgmug 33ef ehrten traten baju, unb 
§roment prebigte mehrmals in $rioati)aufcrn Dor immer roadjfenbcr 
SSerfammlung. Söalb mudjä aueb biefer ber Sttiutfy, unb eä tourbe 
befcfyloffen, baß am (SölDejtertage groment in ber SWagbalenenfirdje 
prebigen follte. SDie ©eijilicbfett lief? ©türm läuten, baä SSolf lief 
äufammen, unb bie Sßrebigt mußte unterbleiben. SlUein am folgeuben 
Sage, bem erflen be3 3a^re8 1533, luelt ber junge Reformator auf 
bem SRolarbsPafee, eine nod) erhaltene freimütige Siebe über bie 
9Äißbräu($e unb Srrtbümer be3 römifeben tfatboliciemuS ; er fonnte 
fie jebod) niebt beenbigen, benn Don bem $öbel unb ben ^rtepern 
bebrobt, mußte er fic^ in ba$ §avi$ eineö ^reunbrö retten unb na$ 
mehreren gefa^roollen 2;agcn über ben (See entfliegen. 

2)te 3abl ber Sln^änger ber Deformation toar inbeffen bebeutenb ge^ 
fliegen; fte fügten ftc^ bereit« ftarf genug um Slbgcorbnete nacb SBern 
ju febicten, bie ftarel afö ^rebiger begehren follten. 23crn gemattete 
i^n gern, mit ©cfanbten ber Regierung tiefet Orteö fc^rtc er nacb 



Digitized by Google 



15 



©enf jurücf, attein er mußte unoerrichteter ©adje abermals bie ©tabt 
oerlaffen. Dagegen Berief bie, oon greiburg unterfrüfcte fatyotifdje 
Sßarthei einen Doctor ber ©orbonne, ben gelehrten , aber heftigen 
Doimnifaner @ut) gurbttu; biefer pTebigte, waljrenb beS SlboentS 
1533, mit maßlofer Seibcnfdt)aftltcr>feit gegen bie Äefeer unb gegen 
bie 33erner, bereu SBefchüfcer. Die ©enfer SReformirten berichteten 
bieg nach Sern; eS famen ©efanbte, um ftch ju beflagen, unb mit 
i^nen g a r e l , SS i r e t unb g r o m e n t. SBährenb ber SRath über SBern'S 
Älage gegen gurbitö oerhanbelte , prebtgten, biefer öffentlich gegen 
bie SRef ormation , unb garel in sßrioathäufern gegen baS ^apftthum. 
Die SBerncr ©efanbten brangen auf eine (Disputation jwifchen ben 
&wet ©egnem; gurbitn ertlärte ftch bereit, erhielt aber oon bem 
bifdjöflichen SBtfar bie (Srlaubniß nicht; auf wieberholteS ©egehren 
beS SÄagifhrat^ , willigte er cnblich ein ftch mit garet öffentlich ju 
befpredjen, unb tt)at äbBittc wegen feiner Ausfälle gegen S3ern. Den 
29. Januar 1534 begann bie Disputation , in bem ©enfer Jfiathhaufe, 
oor bem großen unb bem Keinen SRath, unb oor ben ©erncr @e* 
fanbten. gurbttti behauptete baS Siecht ber ßirche, Stnorbnungen 
gu treffen, bie nid)toon ber 23ibcl »erorbuet roärcn; garel läugnete 
eS; bieg mar ber £auptgcgenfianb beS, währenb mehrerer £age fort= 
gefegten, unb öfters burch ©efchrei gehörten ©efprädjS. DerSJiönch 
geigte ftch in ber fatholtfdjen Stheologie tüchtig bewanbert, aber un= 
logifch, ungefchteft unb ungefrüm; garel wtberlegte ihn mit geuer, 
unb jtellte ihm bie ©äfce entgegen, ©hnftoS fei allein Jperr ber Äirche 
unb maö nicht in ber S3ibel gegrünbet fei, müffe oerworfen »erben, 
©eine Erörterungen würben mehrmals oon gurbittt unterbrochen, 
ber ungebulbig anSrief: „mir ftnb nicht hier um lange Ißrebigten ju 
hören, ihr wißt nicht waS DiSputiren heißt.'' <§r hatte nicht Un=. 
recht; benu oon feinem @ifer fortgerijfen, ging garel über bie fefco* 
lafttfche gönn einer Disputation tynauS , unb benufcte bie ©elegen* 
heit, um oor bem ocrfammelten SRatt) bie reformirten Sehren gu ent* 
wicfeln unb bie fathotifche $u befämpfen. fochten inbeffen feine 
Sieben ju lang fein, fo waren feine ©rünbe fdjlagenber unb feine 
SBerebfamfeit mächtiger als bie beS burch f«ne SBcrlegenheit mürrifch 
geworbenen 9)iönchS. 2US biefer oon bem Siufcen ber Hierarchie für 
bie Kirche rebete, rief gare l auS: „SBolIre ©ott, baß ihr unb alle, 
bie ben tarnen Doctoren tragen, ßiebc genug jur Kirche hätten, um 
fte ju erbauen unb in ihrer Feinheit wieber herjufrellen ! $n eUCTn 
Unioerjitäten unb SSerfammlungen h^nbelt ihr aber ohne Siücfftcht 
auf ©ott unb fein Siecht; ihr hört baS chrijtliche S3olf nicht, baSboch 
berufen werben follte, fonbent waS ihr bef fließt, eS fei Siecht ober 
nicht, baS muß gehalten werben bei £obeSfrrafe; unb will euch einer 
auS ber ©chrift wiberlegen , fo oerweift ihr ihn mit feinen ©rünben 



Digitized by Google 



16 



an ben genfer, £)ie ©cr)rift allein foH SCutotttät haben in bet 5htd)e ; 
fo ift e3 nidjt mehr, ihr allein fetb 2We3 unb tr)ut Wlt$ , tyx fdjneibet 
unb näht tute e$ eud) beliebt; auf ba$ SSolf mirb fo mentg geachtet 
at3 auf unoernünftigeS ©elfter. 3h r galtet bie dürften unter eurer 
©emalt, mäljrenb il)r ber DBrigfeit untertban fein foUtet. (Sure ©es 
Bote folien befolgt »erben; bie ©otteä unb ber Dbrigfeit tretet ir)r 
mit güfüen. £)ie ^eilige (Schrift meifj nid)t£ Don $apft, ßarbinälen, 
SBifdjöfen. 2Bie fonnt tr)r eure Stürben, Slemter, ©rabe, 23eneffyien 
bem heiligen ©eifte auftreiben? 2Ba^rlic^ , nid)t ber ©eifi (Shrtftt, 
ber fanftmüthig unb bemüthig ift, fonbern ber tl)m feinbfelige ©etfr 
bat bicö SXUeö eingeführt. 3^r motlt einen ©hriftuS, ber reidj unb 
mädjtig fei in biefer Sßelt unb btejcnigen tobten laffe bie ihm miber* 
fiefyn. So mar unfer #err nidjt, er mar arm, oerfolgt, oerfpottet, 
unb tourbe getöbtet oon feinen älttberfadjern. 3d) ftaune, bajj man 
3u fagen magt bie Üttrdjc be$ ^apfteä werbe mie bie erftc burdj ben 
heiligen ©eift regiert unb (51) riftuö lebe in ir)r; in ber tyat, ber 
heilige ©eift unb S^rijtus mären fonberbar oeränbert! 9£ein, er 
regiert oielmchr bie meld)e in biefer 3eit oerfolgt, oertrieben, oer= 
brannt merben für fein ©oangelium mie in ben Qdten ber alten 
Äirdje; mit btcfen ift (SljuftuS; mie tonnten fte fonfr Befielm, ba 
man fte graufamer Bejubelt al3 je? S)er £err hat unS bieö oor= 
auägefagt, mir tragen e8 in ©lauben unb ©ebulb, benn mir miffen, 
bafj er ooüenben mirb maS er Begonnen r)ar, unb baS gerechte 93lut 
rächen, baä für fein 2Bort oergoffen mirb." ^oa) mehrmals fpradj 
ftch ftarel in foldjer SGBeifc au$. 202an begreift melden (Sinbrucf 
folcbe Sieben mad)en mußten, jumal ba ber ©egner felber bie 2Ra$t 
berfelBen empfaub. ©ebrängt, unb unoermögeub au$ ber 33iBel ju 
argumenriren, fagte fturbito julefct: „maä ich geprebigt habe, fann 
ich ntd)t burch bie Schrift Bemeifen, id) habe e3 au$ ber Summe beS b. 
XbomaS genommen; tct) bitte euch bieä ju merfen, ich fyabt SJcte* 
manben tabeln motten." ©r OeTfpradj fogar, in ber ^eteräfirche 
öffentlich &BBitte ju tbun unb feine Srrtbümer ju miberrufen; faum 
harte er aber, ben 15. gebruar, bie ßanjel Bcfriegen, aU er mieber 
in heftige Slnflagen gegen bie $efcer ausbrach« Orr mürbe herauf inä 
©efangnif gelegt, unb erfl mehrere Sah« fpatex , auf SBertoenben be8 
$omg3 oon granfretch, mieber befreit. 

SBäbrenb ber SDauer be$ ©efprädjS, beffen Haltung unb HuS* 
gangSSiele für bie Deformation befiimmte, hatten garel unb Siret 
fortgefahren in ^rtoatba" ufern ju prebigen. 5Die ©cmüther erhifeten 
fith immer mehr; bie fchmabüdjftttt ©erü(hte mürben über bie Deform 
matoren oerbreitet, müjteS ©efinbel oerfolgte fte in ben ©trafjen unb 
tobte oor ihrer SBohnung, fo baf mehrere it)rer Anhänger fich 
ju ihrem @(hu^e bemaffneten. greiburg brohte ba« SBunbniß mit 



Digitized by Google 



17 



©enf jcrtcigcn ; berSMfdmf fyattt fc^on bcn 1. Januar 1534 aHeS 
Sßtebtgen ohne feine (Erlaubnis oerboten, unb unter ©träfe beS ©anneS 
baS SSeTBrennen ber ©ibeMleberfe^ungen oerorbnet. Allein garere 
Änfeljn mar Bereits fo grojj, bafj bie ©tynbicS i^m fagen ließen, er 
möge (ich nicht ftören laffen, nur möge er noch nicht öffentlich pres 
bigen. 9US jebodj, ben 1. SOcarj, ber SBarfü&er §ranj (joutelter 
in ber ftirche feineS ÄlofterS bie Deformation angriff, befiieg §arel, 
ber biefe föebe mit angehört hatte, fofort bie Äanjel unb »iberlegte 
ben SÄönch; bieg »ar feine erjte öffentliche Sprebigt ju ©enf; fie 
fefcte ben noch &ögernben ÜKagifrrat in nicht geringe SJerlegenheit. 
2J2an bat bie ferner ©efanbten, bie im 33cgriff maren abjureifen, 
$arel ju bewegen , fte ju begleiten unb oerfprach zugleich, bem So u* 
telier baS fernere Sßrebigen ju oerbieten. garel blieb jebodj unb 
erbot ft<h mit Sejjterem ju biSputiren; ber töath gab e$ &u, nur mit ber 
an garel gerichteten SBttte, föuef ficht pi nehmen auf ben in ber ©tabt 
herrfchenben unglucfltcben ßmtefpalt. ÜDie Disputation fanb nicht 
fiatt; ftarel mar bereit« gefurchtet, „als bie ©eifcel ber ^riefter," 
mie bie ©egner it)n nannten. £)aS DeformationSmcrf machte bie 
rafcheften gorrfebritte; fchon ben 30. Slpril fpradj ber 23ffd)of, ber 
(ich nach Slnnecn. jurücf gebogen hatte, bcn Sann auS über ©enf; 
greiburg fagte fleh oon bem SBünbniffe loS unb ber #erjog oon ©a* 
ooöen brohte mit ^rieg. ©enf mürbe aber oon &em unterfrüfct, 
unb unter bem ©chufce btefeS mächtigen Serbünbeten, unb nicht mehr 
genötigt auf greiburg töücfftcht &u nehmen, geigte ftd) ber Sflagiftrat 
ber Deformation täglich gfinftiger. (5S barf inbefjen nicht oArfchmicgen 
toerben, bajj auch ©emaltthätigfeiten, ^eriftören oon Silbern unb 311= 
tären, Sföifftanblungen oon Sßrieftern unb Mönchen oorfielen, unb 
baf? in biefer erjten 3ett manche unreine Elemente ftch mit ben ref or* 
matorifchen 93e(lrebungen beS SBolfeS oermifchten; bie herrfchenbe ©it* 
tenloftgf eit, bie poltttfchen ©ntjmeiungen , baS fanatifche betragen ber 
römifchen ©eifiltchfeit mögen biefe (Srfcheinungen erflären, ohne fie 
&u entfchulbigem Grrfi ßaloin oermochte, nach langen ffämpfen, 
auS bem gährenben ©toff ein neueS ßeben ju geftalten. 

(Sin oon einem ©enfer (SanonicuS gegen garel, JBtret unb 
ftroment angejtifteter SBergiftungSoerfuch mißlang, brachte abeT eine 
Ömtrüfhmg heroor, melche baS Slnfefm ber ©eiftlicbfeit oollenbS oer= 
nichtete. garel prebigte ungehinbert in ber Ätrdje ber SSorftabt 9rioe ; 
er begann fogar ©hen etnjufegnen unb bie (Sarramente ju oermalten. 
Den 2. Hpril 1535 mieS ber SWagifhrat ihm unb Sßiret eine 2Boh s 
nung an im ßlofter oon 9Koe. Mehrere Mönche biefeS jtlofterS traten 
jur Deformation über; einer berfelben befonberS, 3afob Sernarb, 
mürbe oon ber am Sßfingjrtage gehaltenen Sßrebtgt garelS fo ergriffen, 
bafj er ausrief, er moUe oon nun an ftch bem (Soangelium mibmen; 

€uWl.*©anb. ©<$mibt, Sätet unb Siret. 2 



Digitized by Google 



18 



bereits ben 30. Ttai tyelt er, oon gare l unb Sit et unterftü&t, 
eine SDifputation mit Dr. $eter (Saroli, ber früher ju ütteaur, ju 
bcn eoangelifä) geftnnten Sßtebigetn SBricjonnetS gehört hatte, unb 
mit bem ÜDominifanet &§ap)pui& übet bie Dechferrigung , bie fluten 
Söerfe, bie Strabttion, bie $etiigentoerel)rung unb bie SÄeffe. Dact) 
beenbigtem ©efpräd) erflärten fid) auch bie beiben ©egner für bie 
Deformation. 23alb nötigen bie 83ürger garel, auch in anbern 
fttrehen ju prebigen; ber Dath mitt c$ ihm oerbieten, garet aber 
bringt barauf, man möge nicht langer sögern; au8 ben gehaltenen 
öffentlichen ©efprächen fönne man genügfam fchlteßen, auf melier 
(Seite bie SBabrljeit fei; auf feinen SBorfd&Iag befchließt man &ulefct 
bie 3ufammenbentfung beS DatheS ber 3meü)unbert auf ben 10. 
Slugufr. 3ugleidj mürbe ihm jmar ba8 Verbot mieberholt, anbetSmo 
ju prebigen, alS ju Dioe; allein bie ^Bürger liefen e8 nicht ju; ja 
ben 8. Hugujr führte man it)n in bie ßatljebralfirdje jum h- ^erruS, 
mo er oon ©fyrijto prebigte, ber bie SSerfäufer unb Ääufer auS bem 
Stempel gejagt, unb oon ber römijä^en flirre, bie ein großer flfiarft 
oon SBenefijten unb 3nbulgen$en gemorben fei unb einer burchgretfen- 
ben Reinigung bebürfe. ßeiber f Riefte ftä) ba« SSolf fofort an, beS 
SßrebigerS SBotte in bie Sthat ju überfefcen, inbem e8 bie Silber bet 
$athebrale jetbtadj. 3tt>ei Sage fpäter fanb bie 33erfammlung beS 
großen DatheS ber 3^^unbert flatt; garel erfd)ien, oon Sßtret 
unb 33er narb begleitet; er oerlangte abermals, in mächtiger Debc, 
bie Einführung ber Deformation unb fdjloß mit ben SBorten: „2Btr 
finb bereit, bie S33a^rl)ett beffen, maS mir oerfünbigen, burch unfer 
33lut ju beßegeln; felüfi ber graufamfie Stob erfdjrecft un$ nicht; mir 
oeturtheilen uns felber baju, menn unfere ©egner bemetfen tonnen, 
baß baS, maS mir in ben öffentlichen ©efprädjen unb in unfetn 
Sßrebigten behauptet haben, ber heil, ©chrift jumiber ift." Dach eint* 
gern 3&Ö*m befct)loß bie SBerfammlung bie prootforifche 2tbfd)affung ber 
SDieffe ; fchon ben 27. Slugufi erfchien ein befininoeS Def ormatton8=@bift. 

Dach biefem ©fege mibmete fidt) garel mit unermüblichem EU 
fer ber SBefeßigung be8 begonnenen SBerfeS; er prebigte Eintracht, 
crmahnte ben Datl), ©ebete halten ju laffen für bie @rh a ^ n ft 
griebenS unb ber greifet ber oon bem ^erjog oon ©aooöen blofirten 
unb ber JpungerSnou) SßreiS gegebenen Stabt; er ließ eine ©ä)ule 
errichten, brang auf SDaßregeln gur SSerbefferung ber ©irren, auf 
Einführung bet Defotmation in ben ßanbgemeinben , machte eine auf 
bie urfprüngltchjre Einfachheit gegrünbete Äult*Orbnung unb bereitete 
eine Kirchen = j£)tScipltn oor. SStret ging nach Saufanne ab; Et)tt 5 
ftoph g ab rt erfefcte ihn, mürbe aber balb nach Sthonon oerfefct, 
mo ihm in ben erften 3eiten garel häufig ber)ülflich mar. <Den 
21. Wai 1536 ließ fiefcterer bie ©enfer ©ürger ben Elb ablegen, 



Digitized by Google 



19 



bem (Evangelium treu gu Bleiben. $)ie legten ^rieflet unb SRöndje 
toerliefjen bie ©tobt, wdfjrenb ba« SBolf bie legten Silber au$ ben 
Jhrdjen entfernte. £)abet gab e$ aber SSiele, bie in bem Striumtoh 
ber Deformation nur einen ©feg über ben £eraog Don ©atooöen unb 
ben SMfdjof faljen, unb im ftoljen ©efühl ber neu errungenen Unab* 
hdngigf eit oon ber ftrengen ©ittenreform nidjtS wtffen wollten, bie, 
nadj gare TS ©inn, oon ber Deform beS ihiltuS unb ber Cehre 
unzertrennlich War. (SS war ba^er für ben oereinjelt fiehenben De* 
formator ein fdjwereS $)ing, ba3 ju erhalten, waS er gegrünbet hatte. 

£)te3 war ber ©tanb ber SDinge, al$ um bie SHitte be$ SahreS 
1536 Johann ©altoin, toon gerrara fommenb, in (Senf anlangte, 
©eine Slbpc^t war, nach furjerDaft, nach (Strasburg weiter ju reifen. 
Sßeter (Saroli erfuhr feine Slnfunft unb beeilte ftdj, garel biefelbe 
ju melben. garel, ber allein bie Saft ber ©enf er ßirdje ju tragen 
hatte unb ftd) nach einem biefem großen Slmte gemachfenen ©ehülfen 
feinte, begab ftdj alfobalb &u bem burdj feine ©elehrfamfeit unb feinen 
©laubenSeifcr bereite berühmten Slnfömmling; er brang in ihn, in 
©enf ju bleiben, unb ba Salto in zögerte unb begonnene literartfdje 
Arbeiten toorfchüjjte, befdhwor ihn ber Reformator mit fo feierlichen 
SBorten, bafc er, beinahe erfcbTecft, fidj bem fügte, wa8 ihm als ein 
emfter Duf ©otte$ erfdjien. (5r bot garel unb bem SKagifhat feine 
SDienße an, bie mit greube angenommen mürben; er warb gareT$ 
College unb blieb fein inntgfier greunb bi$ $u feinem* Stob, ©bfdjon 
flwanjig 3af>re jünger als garel, übte er bod) einen mächtigen (Stn* 
flujj auf i^n auS; garere ruhner ©eifi beugte ftch unter ben hohen, 
fejten Sinn be8 3JJeifler8; er Ijörte miliig auf feine 3urechtweifungen 
unb nahm fpdter, in ben ße^ren toom Hbenbmahl unb ber ^rdbefft* 
nation, bejfen Anflehten an.*) 83alb fanben bie beiben 3Ädnner einen 
neuen ©ehülfen, ben ehemaligen 2tugufh'ner (Sourault, ber ftch toon 
SßariS nach ber ©c^weij geflüchtet hatte, unb obgleich blinb, ein thd* 
tiger Söeforberer ber Deformation ju ©enf unb in ber Umgegenb Warb. 

Um btefe 3eit mürbe ein öffentliches DeligionSgeftordch au gaufanne 
üeranßaltet, wo 35 ir et mit Erfolg baS (Stoangeltum toerfünbigte. SDie 
SSeranlaffung baju war bie Steigerung ber ©etlichen ber Sßogtei 
Sfchonon, ftch mit bem bortigen Sßrebiger gabri in eine SDtftoutatton 
einjulaffen. £)a fle jtetS gegen bie Deformation »rebigten, aber jebe 
öffentliche SBerljanblung toermieben, hielt e3 garel für um fo nbfyU 
ger, eine foldje abhalten ju laffen; fte würbe nun toon ber ferner 
Degierung auf ben erfreu Dftober 1536 auSgefchrieben. SDan berief 



*) 1549 nribmete Satüin feinen greunben garet unb Sir et feinen Com« 
tnentar über bieSöifUI an Xitu«; in ber $ulbigung«fd)rtft ftoridjt er auf 
fajöne Sßeife oon feinem «er^äforifj ju öetben. 

* 2* 



20 



garel, (Saloin, gabrt, STOarcourt, um mit 93tret unb (5a* 
to Ii bie reformatorifcfyen gelten oeTtyetbigen. garel fteUte jefyn 
Striefen auf übet ba$ ©runbprinjip ber Deformation, bic 9te<$rfeTtigung 
bur<^ ben ©lauben unb bie barauS ftdj ergebenben folgen in SBejug 
auf baS äßefen bet Äitd^e unb be$ ©otteSbienfreg. (53 maren folgenbe: 
1. £)ie ^eilige ©<fcrift fennt feinen anberen 2Beg bet ÜiedjtfeTttgung, 
als ben butä) ben ©lauben an ben einmal für uns bafnngegebenen 
Qtyriftu3; biefen täglidj opfern motten, betfjt feine Äraft unb fein 
SBerbienft oerfennen. 2. SDiefer gerreujigte, auferfianbene unb jur 
Deuten be3 SSaterä erhobene Sfn-ifruS ift ber einige ^oljeprießer, 
Mittler unb £err ber Äirdje. 3. !£)ie Ätrd&e ©otteS bejter)t au$ 
benen, bie glauben, ba§ fie bloS burdj ba$ 83lut (grifft erfauft finb, 
unb bie feinem SBorte allein oertrauen. 4. ÜMefe Sirdje erfennt man 
an ben burefy (£l)rtjtum eingefefcten $njtalten, Saufe unb Sföenbmal, 
meiere ©acramente beiden , metl fie ©ümbole unb &tiä)tn ber ©nabe 
©otteS ftnb. 5. ©ie erfennt feine anbern Liener an, al$ fold)e, 
welche baä SBort rein prebigen unb bie ©acramente redjt oermal* 
ten. 6. Sie fennt feine anbete Söeicfyte, aU bie, meldje oor 
©ott gefdjteljt, unb feine anbere Sbfolution, als bie, meldte ©Ott 
erteilt. 7. ©ie fennt feinen anbern ©otteäbtenft, al$ einen gcifHgen, 
ber toeber ber Zeremonien nod) ber Silber bebarf. 8. ©ie fennt 
feine anbere Dbrigfett, al8 bie ber Öaien; biefer ift ber ßt)rift ®e* 
borfam fdjulbig, infofern fie nicfytS gegen ©ott befiehlt. 9. £)te (§#c 
ift fein £mberiuÄ ber £etligf eit irgenb eineä ©tanbeö. 10. 2Ba§ bie 
gleichgültigen £)inge (media) betrifft, toie ©petfe, £ranf, 23cob= 
adjtung gemiffer Sekten, fo ijt ber fromme frei gu Ijanbeln, mie e$ 
tym gut bünft, fofern eS nur in Siebe gefd)iet)t 

£>a$ ©efpräd) muTbe am befiimmten Sage eröffnet, trofc be$ 
SfiiberrebenS ber fatljotifdjen Äantone, trofc ber mteberbolten, oon 
garel miberlegten Sßroteftattonen ber ßaufanner ©tift^erren, trofc 
felbfi eine« faiferlta>en ©d^reibenS an ben 9J?agiflrat ber ©tabt. 
3al)lrcidje $riefter unb .2Hönd)e maren jugegen; SDrog», SSicar jut 
SDcorgeS, Sodann Sflimarb, ©dmHetyrer ju SJeoao, Sodann 
SDJicbob, $)efan an biefem Orte, ber 2tbt $erbtnanb ßonä oon 
ßaufanne, ber SSicar 3ol)ann SBerillo traten für ben Äatljolicü^ 
mu$ auf; ber oorneljmfle SSert^eibiger biefeS lefcteren mar aber ber 
franjöfifdje Slrjt ©taube 33land)erofe. £)ie Sßerijanblungen mur* 
ben, unter bem 2>orfifc ber 23erner Slbgefanbten, mit allen bei folgen 
©elegentjciten bamalS üblichen görmücfyfeiten in franjöfifdjer ©pradje 
geführt, garel oert^eibigte bie erfte Stbefe, inbem er bem ^elagia; 
ntSmuS ber ©egner bie betreff enben SöibeljteHen entgegenfefcte; befon= 
ber3 jetgte er, n?ie ungegrftnbct ber SSormurf mar, bie 9leformirten 
laugneten bie guten äßerfe, mal)renb fte ja gerabe bie 3Renfdjen jur 



- 



Digitized by Google 



7 



21 



wahren Duette biefer ffierfe, jum ©lauten, aurücffühTen moUten. 
SMret miberlegte bie oermittelfi fop^ifHfc^er Hu«legung mehrerer alU 
unb neuteftomentlicher ©teilen behauptete 5Wot^tt>enbtgfctt be« täglich 
ju mteberbolenben Opfer« Shrifrt. ©egen bie ^mette Zfät, bie 
SUret entmtefette, trat SWemanb auf. ©efio mehr SBiberfpruch fanb 
bte brttie, bei melier auch bie £ranSfubftonttation jur Sprache tarn. 
ftarel, 33iret, (Salbin nahmen nach einanber ba« SBort; Öefcterer 
n>icS nach, bap ba« fatholtfche iDogma noch nicht in ben flirren* 
»ätern enthalten Ijh £)a auf feine Rebe bie ©egner fdjmiegen, fianb 
bei SBarfujer Johann Stanbt auf unb erflärte mit etnbringlichen 
2Borten, er erfenne bie SBa&Tfjeü ber eoangeltfchen fiebre unb entfage 
betn $ap|ttljum. SBei ber »ierten unb fünften 2$efe fprach SSiret 
über bie Stuctorität be« Sßapfte« unb ber jftrdje, unb über bie oer= 
f^iebenen ©rabe ber Hierarchie. (Sntrüfret, bafj Rtemanb fich erhob, 
um Um ju miberlegen, fagte ber 3trjt SÖIancbcrofe: ,,3ct) bitte 
mich ju entfcfyulbigen, menn ich bi«fjer feine genügenben ©rünbe oors 
gebraut fyabe; ich meij? nicht mehr, ma« man gegen bie aufgehellten 
@äfce elnmenben fönnte; bie Sßriefter, ftatt mir bcijujiebn, laffen mich 
tm€ftirf)." Such über bie oon ÜBiret enrmicfelten fechjte unb ftebente 
Siefen fchmiegen bie ©egner, obroohl beTen über bunbert anmefenb 
maren. Csrji über bie acr)te entfpann ftch ein lebhafter @trett jmifchen 
ftarel, SBiret unb ßaroli einerfeit«, unb 39lan<$erofe unb 
3)2 ich ob anbrerfeit«; auch bie £ran«fubftantiatton mürbe mieber 
hereingezogen. SDte neunte unb bie jehnte ber Siefen mürben oon 
garel unb UMret gegen SBlancherofe oertbeibigt; biefer 50g fi<h 
ätilefct au« ber SBerfammlung jurücf. ftum ©chlufj beflagte ftet) ber 
3$icar $)rog» über bie 2lrt, mie bie Sßrebtger „bie armen $rtefter" 
behanbelten; finb fte unmiffenb, fo muffe man SWitleib mit ihnen 
haben; e« fei fein grofjer Ruhm, fte ju befiegen; man folle ihnen Qeit 
laffen, ju frublren, um fleh oertbetbtgen $u fönnen unb feine I^rr* 
thümer ju lehren. (Sx hatte Recht; benn in ber Süjat hatten fte burch 
ihre Haltung beim ©efprdch, unb befonber« baburch, baj? fte ba« 
#auptgef<häft einem 8aien, einem Slr^te, überliefen, genugfam gezeigt, 
toie unmiffenb bie ©eifiliebfeit bamal« in biefen ©egenben mar, mie 
menig fte jum fiampfe taugte gegen bie in jeber ^ütftcht ihr fo meit 
überlegenen Reformatoren. 3n feiner ©rmiberung auf Drogö'« 
Rebe fagte SBiret unter «nberm: „3h* »erttrtheilt fclb^ eure $rte* 
fter, menn 3>h* ft c burch ihre Unmiffenheit entfchulbigen moUt. SGBürbe 
ein (öajuiier oeruyen, ^etn joanomfre ju oert^etetgen, er fanoe gemrp 
bie befien ©rünbe bafür. 3fi e« baher nicht eine (Schmach für bie 
Sßrtefter, baj? fie ba«, ma« fte treiben, nicht ju rechtfertigen öermßgen? 
ihun fte ma« Rechte«, marum behaupten fie e« nicht? 3h* begehrt 
3eit, umju fiubiren: feibihr fo herabgefommen, baf ii)r nicht einmal 



1 



Digitized by Google 



22 



fcifjt, ob 3h* recht hanbelt ober nicht? SBenn 3h* nicht oerfidjert 
feib, ba£ bie Stoffe oon ©Ott ift, warum feiert $h r fte? ©inb bie 
$rie(ter fo unwiffenb, wie 3h* e$ faßt, fo follten fte tyr Slmt auf* 
geben. 3hr wäret nidjt tl)öricht genug, um (Such einem ©dn'ff anju* 
toertrauen, beffen ungefchiefter Steuermann (§udj ber ©efahr ju ertrinfen 
auSfefcen würbe. 2Bie fönnt 3h r (Such baljer wunbern, baß wir 
(Sure Leitung nicht mehr »ollen ?" ftarel bcfchlofj bie SBerhanb* 
fangen, bie adjt Stage gebauert Ratten, burdj eine lange $rebigt, in 
ber er bie aeljn Siefen nochmals entwtcfelte, ba8 SSolf unb bie $riefrer 
$ur Sinnahme ber SBahrhett ermahnte, unb bie Reformatoren gegen 
bie gegen fte auSgeftreuten 93erläumbungen Oerthetbigte. $)cr ©dmlts 
$df oon S3ern , %ato1> oon SEBattWöl, lub hierauf bie SBerfammlung 
ein, in Ruhe bie SSefchlüffe ber Regierung &u erwarten. $)ie golge 
be$ ©efprädjS war, bafj fdjon ben erften Rooember bie Reformation 
8U Saufanne eingeführt, unb SHret unb (Saroli als Sßrebtger ber 
neuen ©emeinbe angeftellt würben. 

Räch ©enf jurücf&efehrt legte ftarel, ben 10. Rooember, bem 
Rat^ ein ©laubengbefenntnif} unb einige biSciplinartfche Slrrifel oor. 
SDaS SBefenntnifj befianb, fo wie bie ftugSburger (Sonfeffion, au8 
21 Slrtifeln. $n ber ©pifcc fleht ber ©runbfajj, ba§ bie ^eilige 
©chrift allein bie Regel be8 ©laubeng i(t; alleg, wa§ folgt, ift 
Wefentlich nur eine (Sntwicfelung ber theoretifchen unb praftifdjen %oU 
gerungen auä biefem Sßrinjip, fowoljl poftttü bie eoangeltfche Ser)re 
auffteßenb, al$ polemtfch bie fatholif^en ^rrthümer abweifenb. 3«^P 
wirb bie (Stnheit ©otteä behauptet; biefer ©ort foll allein unb im 
©eifte unb in ber Sßahrbeit angebetet werben, woraus bie üßerwers 
fung ber $eiligenanrufung unb ber äußern ftnnlichen ©ebräudjc folgt, 
©ein ©efefc tft ba$ §bä)fte\ in beffen ^Befolgung befielt bie ©erech? 
tigfeit, beren ©runbjüge ftd^ in ben je^n ©eboten finben. 3 n §olge 
beS ©finbenfallS ift aber ber Sttenfch unoermögenb, ba§ ©efefc ju 
erfüllen unb »erfällt bem 0öttItdt)en <Strafurtr)eiI. $>urdj fidt) felber 
fann er ftch ntdt)t retten; allein ©ort fyat ihm in Gfyxifo einen ©rlofer 
gegeben; burdj ben ©lauben an biefen erfolgt ba$£eil. <Die©umme 
beS ©lauben« tft im apojtoltfchen ©ömbolum enthalten. $5er ©laube 
bewirft Rechtfertigung, SBiebergeburt unb Vergebung ber ©ünben bei 
ben SBiebergeborenen, bieg SlUe« aber nur auS freier ©nabe ©otteS, 
ohne Rüdfftcht auf trgenb ein SBerbienft oon ©eiten be8 SÄenfchen. 
5Der ©laube Ift ein ftchereS SSerrrauen in bie 33erheijmngen ©orte«, 
eine Aufnahme (Shrifrt fo wie er oon bem SSater gegeben unb in ber 
heiligen ®<$rtft bargefteUt ift. Shriftu^ ift bah« aöein anzurufen, 
unb gwar burdj Gebern oerftänbliche ©ebete; ba« ÜJhifiergebet ift ba^ 
be§ ^errn. Der ©acramente ftnb nur jwei; fte h^cn gum BwedP, 
ben ©lauben an bie SBerheifungen ©otte« su ftärfen unb benfelben 



Digitized by 



23 



oor ben Sttenföen ju Bezeugen. $)fe Saufe tp ein äujjereS 3eic$en 
ber SGBiebergeburt; ba$ 2lbenbma$l tP ein Beiden, Durchweiche« unter 
Srob unb 2Betn bie wahre geifHge ©emetnfehaft bargePellt wirb , bie 
wir mit bem ßeib unb 33lut be« £errn haben; e« foU 2Wen unter 
beiberlei ©effalt gereift »erben. Die Äirdje bebarf einer gorm unb 
Drbnung, aber äße ©efefee, bie nur baju btenen, bie ©emiffen gu 
binben, müffen oerworfen »erben. SDie rechte flirre erfennt man 
an ber reinen Sßrebigt be« SBorte« ©otte« unb an ber reinen 58er* 
waltung ber ©acramente; wo bie« nicht jtattfinbet, ip bie Ätrdje nicht. 
£)a e« aber auch in ber wahren fffrehe, infofern pe eine pchtbare ip, 
9Serä$ter ©orte« unb feine« SBorte« geben fann, fo ip ber 33ann, 
al$ IjeilfameS SJttttet ber Bucht, einzuführen. @« fann feine anbere 
©etpliche (pasteurs) geben, al« Diener be« SGBort«; pe haben feinen 
anbern Stuftrag, al« ba« S80IC ©otte« nach feinem ©efefce ju leiten, 
alle Obrigfeit ip oon ©ott eingefefct; man ip il>r ©e^orfam fdjulbig 
in SlHem, wa« nicht gegen bie ^eilige ©chrift anftöfjt. 

Ob (Saloin bei Slbfaffung biefe« SBefenntniffe« mitwirfte, ip 
nicht befannt ; e« »errätl) feine ©puren feine« GsinPuffe«. Die $räbe= 
pination ip mit ©ttßfchweigen übergangen; r>on ber Dreieinigfett 
fommt nicht« Hnbere« oor, al« Wa« ba« apopolifdje ©r>mbolum fagt; 
in ©e^ug auf ba« Slbenbma^l wirb noch bie einfache QtoiriftU'fäe 
Slnpcht au«gefprochen ; $arel weifj nicht« oon einem geiptgen ©enufj, 
ba« ©acrament tP ihm blo« Seitytn ber geipigen ©emeinfehaft 
ß^ripi. Dem ©anjen lagen bie brei althergebrachten £auptpücfe, 
bie jetjn ©ebote, ba« ©tymbolum unb ba« SBater Unfer jum@runbe; 
pe pnben pdj auch an ben betreffenben ©teilen eingefchaltet. (5« 
genügte jeboet) jur^eppettung ber Deformation unb jum entfdnebencn 
23ru<h mit bem römifchen &atholici«mu«. Diefe« ©efenntnijj foUte 
nun oon allen Gnnwohnern unb Unterthanen ©enf« befebworen wer* 
ben, bei SSerluP ihre« ^Bürgerrecht«. Diefer Antrag war an pch 
fdjon ein äujjerp bebenflicher, wiewohl er ben^been be« fechaelmten 
3at)rbunbert« über 93erh5ltnij* oon ©taat unb Äirche entfpracb ; er 
würbe aber noa^ gefabroofler, bei bem bamaligen 3itP<mfa ©enf«. 
ßeute, welche ber Prengen ©ittenreform wiberprebten , bie ftarel 
unb Salotn bejwecften; anbre, Welche nwJHfche unb pantr)cifhfct>c 
Träumereien al« 3Bat)rr>cit prebigten, hatten pch $u einer $artyef 
oerbunben, bie, unter bem tarnen ber Siberriner befannt, oerfchieben^ 
artige Elemente in pch oereinigte, unb nur in ber SBefämpfung ber 
fogenannten Tyrannei ber gjrebiger übereinpimmte. 3wei pärnifc^e 
Sffiiebertäufer, mit Welchen im SDl&x^ 1537 garel unb Saloin bifpu^ 
tirten, würben jwar oerbannt, liefen aber boer) einige Slnbdnger 
jurücf. Doctor ©aroli, bi«^r ber Reformatoren ©ebülfe, flagte 
garet, SSiret unb ©aloin be« Slriani«mu« an; auf jwei ©tonoben 



Digitized by Google 



24 



&u &rofanne unb &u ©cm oertljeibigten fie fidj, (Saroli würbe mit 
©efängmß bebrofjt, entflog unb fe^rte jum Sßapfttlwm juriu* ; allein 
feine <5d)mäbungen Ratten bei ben ©egnern ber ^rebiger ©ebör ge* 
funben. @S genügt ^ier auf biefe (Srfdjetnungen aufmerffam ju machen, 
um ben Sffiiberwtllen &u erflaren, ber ft# bei Sielen gegen baS ©lau= 
benSbefenntniß unb bie ßirdjenbtgciplin äußerte. Ueffenungeadjtet 
würbe jene im^uli 1537 oon bem großen föatljc angenommen; burdj 
eine feurige Sßrebigt in ber $eter$firdje empfahl fie ftarel bemSSolf. 
3Me ©ürger würben aufgeforbert fie ju bef<$wören; gegen bie, bie 
ftd) Weigerten, würbe ein unausführbares 93erbannung8bcfret befannt 
gemadjt. Ü)ieS biente nur baju, bie Ißartbet ber Sibertiner ju Der* 
mehren; unter ber aufgejterften §a!me ber ©ewiffenSfreifyeit fammelten 
fid) ?We, bie nidjt nur für i^ren ©lauben, fonbern audj für iljre 
bitten bie größte llngebunben^eit Oerlaugten. 90?uß man ftcr) gegen 
bie Hjeocratiftfyen ©runbfäfce ber Reformatoren auSfpreäjen, fo muß 
man nodj entfdjiebener bie Stenbenjen ber Öibertiner mißbilligen. 

Öeiber fam ju biefen ben ©enfer $rebigern ungünfügen Urnftan* 
ben ein Angriff, toon einer bisher befreundeten ©ette. ftarel, in 
feinem ©eftreben bie Äirdje auf bie äußerfte (5infad$ett ber apofto* 
lifdjen 3eü gurütfjuf fujren , Ijatte audj einige ©ebraudje abgerafft, 
bie &u S3ern nodj beibebalten waren. 3m Sntereffe ber ©intradjt 
wünfdjten nun bie Söerner, man mochte biefelben aud) in ©enf wies 
ber einfuhren; e$ Ijanbelte fidj babei um &eußerlid>feiten , namentltdj 
um baS beim Slbenbmal gu gebraudjenbe Sörob, um bie Xaufjteine, 
um biegeier anbrer^ejle außer beS ©onntagS. ftarel unb ßaloin 
gaben nu$t nadj; fie wiberftanben felbji ben ©efdjlüffen einer beßljalb 
ju ßaufanne gehaltenen ©tynobe. $)a auglctdj bie Sßartljet üjrer ©egner, 
burdj bie SBabI bon brei ©rnibicS, jur Regierung gelangte, traten 
fie mit großer tfraft, ja mit #eftigf eit gegen bie ßtberttner auf. @S 
warb i^nen oerboten in üjren ^rebigten oon ben Angelegenheiten ber 
©tabt au reben; nid)t3 beflo weniger fuhren fie mit ihrem öffentltdjen 
Stabel fort. (Sourault würbe gefangen gefegt; garel unb ©aloin 
erHärten, fie würben baS Bbenbmal ntct>t in ber oon 93ern beliebten 
ftorm, unb oiel weniger no$ (Sollen reiben, biebaS ©laubenSbefennt* 
mß nicht befdjworen Ratten. 9Ran unterfagte ümen am Dftertage bie 
Äanjel ju betreten; ba fte eS bennoch ttyd™ un *> W S«fl lei $ mi * 
gerten baS@acrament gu erteilen, erging, ben 23. Stpril, berSBefebt 
an fte „in brei Sagen bie ©tabt &u oerlaffen, weil fie ber Obrigfeit 
ni^t gehörten woUten. 4 ' %axtl rief auS: „wohlan 1 e« ifl ©orte« 
SEBiOe"; ßaloin: „Rotten wir ben SHenföen gebient, fo waren wir 
fd)ledjt beja^lt; wir bienen aber einem grßßem^errn, ber un« lohnen 
wirb/ «u^ ©aunier unb einige anbere tnngere ghrebiger würben 
oerbannt, unb bur^ neue, aber unglücffi^ gewd^lte erfe^t. SDic 



Digitized by Google 



23 



Unorbnung, bte SBerwtrrung in ber ©tobt nahm ju; bie (Erbitterung 
ber^artheien wuchs, unb ba8 SQBetf ber Reformation föten für lange 
3eit gefährbet. 

ftarel unb Salbt n eilten nach 93ern, wo fle, ungeachtet bet SEei* 
nungSoerfdjtebenhett übet bie (Seremonten , gafilicbe Aufnahme unb Willi? 
ge« ©ebör für ihr 33ege^ren fanben, man möge ju$ ihrer ©ache annehmen. 
3n Sürict), wo eben eine ©tonobe oerfammelt war, erßdrten jie ftch 
bereit bie ferner ©ebrauche ju befolgen, um nicht inbifferenter Dinge 
wegen bie ßirche ju {palten. TO (Smpfehlungen 3üri<h« lehrten fte 
nac^ äurücf, unb baten ben Rath fte burdj awei feiner ©lieber 
nacb©enf begleiten gu laffen; e$ warb ibnen gemattet; Siret würbe 
oon ßaufanne au« ooraudgefclncft, um ihre Rücffebt oorjubereiten ; 
oergebend fprachen aber er unb einer ber SBerner ©efanbten ju i^ren 
©unjten, in tumultuarifcher ©ifcung wieberholte ber 99att) ba« SBer- 
bannnng«s£erret. Die beiben Reformatoren wanbten ftch nun nach 
SBern, wo (Einige baran bauten, fte burd) förmliche ^Berufung jurfiefc 
jubefyalten; oon ba ritten fte nact) SSafel. 3 n einem Slugenbltcfe ber 
(Entmutigung backten fie baran, bem $rebtgts2lmte ju entfagen; allein 
oon ben ftreunben gebrangt, gaben fte biefen ©ebanfen fofort wieber 
auf. (Ealoin ging nach ©trafcburg, wo er Geologie lehrte unb 
$rebiger ber glüchtling«*©emeinbe warb; §arel würbe nach Letten? 
bürg berufen oon ber $ßrebiger*£laffe, ber er f elber, einige Safyre 
oorber, ihre Organtfation gegeben fyattt; jwet Rathähroen unb &Wei 
9)fitglteber ber klaffe (amen nach ©trafjburg, um ihn ehrenooU abju* 
holen. Änfang« weigerte er fict) , weil bie Älaffe ftch ber (Einführung 
einer $ftrd)en;$olijet wtberfefet hätte; erft auf bie 93ltten § aller«, 
SBirctö unb anbrer ftrennbe, unb auf bie 3 u f<*0 e / mfln würbe ihm 
bie £)i«liplin gewahren, begab er jtet) nadj ReuenbuTg. ©eine erfte 
(Sorge war nun bie «Umarbeitung einer 5Di«ctplinar*Orbnung , beren 
Annahme jebodj auch fytx burch grofje ©chwierigfeiten oerjögert würbe. 
3n ber Bwifchengeit bereifte er bie Umgegenb, prebtgte an oerfchte* 
benen noch fatholifthen Orten, führte faft überall bie Reformation 
ein, unb fah felbft ben (Statthalter be« ßanbe«, ben £errn oon 
Sßrangtn, bem ÄatholtciSmu« entfagen. ©egen (Enbe be« $ahr« 
1539 erfuhr er, bafj (Sarolt gu SBonneoiHe fei unb ben SBunfct) 
naoe, wteoer cu» ipreotger autgenommen ju weroen. ist oegao |tco 
fofort nach bem Orte unb in ©eifein SBiret'«, einiger $rebiger unb 
Rath«glieber, fteOte er Saroli jur Rebe, tiefer behauptete, er 
habe fett er bie ©djweij oerlaffen, in oerfcfyebenen ©tfibten granf* 
reich« 8U 8öon, Montpellier, «oignon, ba« (Eoangelium geprebtgt; 
er wiberrief, wa$ er über oorgebliche Äe^ereien ber Reformatoren au«= 
gefagt hatte, unb erfldrte ftch förmlich gegen bie SKeffe, ba« geg= 
feuer, bie ©ebete für bie SBerjtorbenen. garel nahm biefen 2Biber= 



Digitized by Google 



26 



ruf an unb nad) einem ©ebete, oerföhnten fleh Me ben 29. Januar 
1540, mit bem fcbeinbar reuigen (Saroli. ftarel oerwanbte ft<h 
für ihn ju 93ern unb su Sflümpelgarb, \a wollte ihm ju einer ©teile 
im SReuenburgtfchen oerhelfen; man traute ihm aber nfdjt mehr, unb 
mit Stecht, benn balb barauf f ehrte ber unbeftanbige Sttann &um 
gweiten Wied jum £atholiri«mu« jurüct 

üßiel mistiger unb emfler waren bie Sßadjridjten, welche in biefer 
3eit ftarel au« ©enf erhielt. Unter ber Regierung ber ßibertiner 
war bie Anarchie auf« Ijöa^fte gefttegen; 33otf«aufftänbe unb £inriä> 
tungen brachten Jebodj bie $artbei jutn ©tur^. SDa erinnerte man 
ftdj an bie vertriebenen Sßrebiger, al« an bie, Welche allem tm©tanbe 
waren, bie ©emüther ju befänftigen unb föuhe unb ftutyt wieber her* 
aufteilen. %m Dftober 1540 mürbe ein 83ote an (Salotn nach 
©trafwurg gefanbt, mit bem Stuftrage, auch garel jur 9iü(ffct)r 
ju bewegen ; im Sßooember mürbe ein jweite« 9Jial an ßefctern gefcr)rtes 
ben. 6a I Diu wollte juerjt nur fommen wenn auch garel wieber 
fäme; biefer aber, ber, trofc ber wiebeTholten Sitten be« ©enfer 
SRath«, Neuenbürg nicht oerlaffen fonnte, brang in ben greunb bem 
SRufe $u folgen. $)en 13. ©eptember 1541 f ehrte ßaloin in bie 
©tabt prücf, bie nun bereit war, üjn ungebinbert wirfen gu laffen. 
Um alle ©puren ber Vergangenheit au«juwifchen , war bereit« ben 
1. 3Kai ba« 23erbannung«=£)efret aufgehoben worben; fpäter würbe 
ein förmlicher £u«föhmmg«s3lft aufgefegt, ben (Saloin furj nach 
feiner Hnfunft unterf abrieb , unb ben man auch an garel nadjSReuen* 
bürg fanbte. Ccfttcrct hatte, wä^renb ©aloin noch in ©trajjburg 
war, ihn bafelbft befugt unb war bi« SBorm« gereift, wo er ftdj 
mit SRelandjtbon unterhalten hatte. 3u Neuenbürg erregte ihm, 
wie früher ju ©enf, fein drängen auf fbrenge 3u<ht, otele ^einbe. 
511« er einft, oon ber tanjel herab, über eine ftrau oon ebler #er* 
fünft, bie ihren ©arten oerlaffen hatte, heftigen fcabel au«fpracb, 
brach ber ©roll gegen ihn lo«; bie Sßoxttyi ber Unjufriebenen , gu 
ber auch Ötbertiner unb fehlest befehrte Äatholifen gehörten, erlangte 
einen 9tatb«befcbtuj3 , bem zufolge ber Iaftige ©ittenrichter in gwet 
Monaten Neuenbürg oerlaffen foUte. @« beaann für ihn eine fchwere 
3eit; bie ©erner, bie ihn bisher befehlt harten, fchienen ihn bie«* 
mal oerlaffen ju motten. SSon mehreren ©eiten , befonber« oon (5 a l o f n, 
ber f elber befftalb nach S3ern ging, aufgeforbert, ftdp garel'« unb 
ber SReuenburger Äfrcbe anzunehmen, febiefte bie Regierung jwei 2tb- 
georbnete um bie ©adje &u unterfuchen. ©er eine war ber ©cbult* 
hei§ oon SBattWöJ, ftarel nicht mehr fo günjtig al« früher. Stuch 
SHret unbSlnbere erschienen. SSon gareT« ©egnern Uaxheitd, rie= 
then ihm bie SSerner, ftch bem 9tatb«befcbluf} ju fügen; SB a 1 1 w ö, l meinte 
bie weltliche Dbrigfeit fönne Sßrebiger fo gut wie anbere Liener afc 



Digitized by Google 



27 



fefcen; garel aBer erflärte er »erbe mdjt wetzen, bettn er (ei oon 
ber tfirdje berufen, fte allein fyaBe ba$ Redjt i^n entlaffen, b<m 5 
belte er anberS, foüerrietlje er ©Ijriftum feinen £errn. SRit biefem 
93eriä)te lehrten bie jwei Stbgefanbten nad) 93em jurütf; auf iljren 
Antrag fcfyrteB ber ffiatfy an ben Reformator, er möge ftdj eine anbere 
©teile fuctyen, ba bie ©emütljer ftdj i^m entfrembet hätten. SDurdj 
©riefe unb SBoten würbe nodj oiel oerljanbelt, garel aber Hieb 
ftanbbafi, ja wäf^renb einer Sßefi war er einer ber treueften ©eelf orger 
ber ©emetnbe. $)te Reuenburger ßlaffe na^m fid} feiner an unb 
orbnete julefct eineS ityrer ©lieber, (Stynarb ^td)on, an mehrere 
fdjwetyerifcbe unb auölänbifc^e Äirdjen ab, um iljnen ben ganjen SSor* 
gang unb beffen Urfadje , bie bcabfidjttgte (Sinfüljrung ber Äirdjenjudjt 
oorjulegen. Sllle fpracfyen ftcr) gu©unften garel'g unb ber £)i8ciplin 
au$ , fo baf? julefct felBjt bie SBerner nachgaben , unb ben 29. 3anuar 
1542 ber HuSweifungäBefdjluf? oon bem ReuenBurger Ratfye jurütf* 
genommen würbe, ©$on ben 5. geBruar würbe Oon bem 9iatl)e eine 
„Drbonnanj" Berannt gemalt, welche ni<$t nur bie ©ittenpoHjei, 
fonbern audj bie Äirdjenjuc^t unb bie „Brüberlidje (Senfur" unter ben 
@eijUiä>n Betraf. 

3efct, nadjbem bie ©emüi^er oerfötynt unb ba3 oon ftaret 
erfrrebte 3itf erreicht waren, erbat fldj biefer Oom Rat^e bie CfrlauBntf?, 
©enf ju Befugen. (£r erhielt Urlaub für einen fltfonat; $u ©enf 
würbe er auf 3 etyrenooHjte oon bem SWagiffrate empfangen, fpradj 
mit Rührung oon feinem fielen 2Bunf$e, biefer ©tabt ju bienen , uns 
terljielt ftä) mit (Saloin, unb alä er jurücff et)rte , gab man ifym ein 
$ferb unb SlHeS, wa$ tym jur Reife nötyig war. 3« Neuenbürg 
wieber angelangt, traf er nidjt 2flle$ nadj 2Bunfdj; eS war wotyl 
leicht eine Äirc^en * ÜMScfplin ju befreriren, aber föwer, fie ben ©es 
müttyern annehmbar gu machen; audj §atte bie Drbonnanj oom ö. 
gebruar , ba fie blo« oon ber weltlidjen JDBrigfeit auggegangen war, 
bie fflaffe ntdjt oötlig Befriebigt. garet ging ba^er nac$ ©ern, er* 
wtrtte bie Berufung einer ©onobe, unb Iie§ bur# biefelbe (Sttal 1542) 
emeRetye oonBrttfeln annehmen, bie mit ben frühem Beinah gleicb* 
Iautenb waren, aber bie ©djwierigfeiten ber SluSfüljrung ni<$t gu 
beseitigen oermod)ten. 

3u 9J?efe, ber bamatS lot$ringiföen ©tobt, $atte fi<$ feit längerer 
3eit eine eoangelif^e ©emeinbe gefammelt; nadj mannen fdjweren 
©djicffalen, fdjien für fie im Satyre 1542 unter bem ©<$ufee 
©cböffenmeifterS äafpar oon #eu, eine 3eit größerer greüjeit 
anjugc^en. ©ie berief ftarei, ber fdjon 1541 an ben 3Refcer 3Ha* 
gtfhat ju ®un(len ber iprotejtanten gef trieben Ijatte. Ü)ie meiften 
feiner greunbe wiberrietljen i^m bie Reife, ber ©efa^ren Wegen, benen 
er fxi) im fatyoltfdjen ßot^ringen auSfefeen würbe; er aber fannte feine 



28 



fturdjt, unb ßalotn unterftüfcte feinen (Sntfdjluf}. SDer fteuenburger 
föatl) lieg tyn nur ungern fort; ben 3. (September 1542 traf er in 
SÄefc ein,tfafparoon£eu na$m Um auf. <£r prebtgte auf bem 
ßtrd$ofe be3 SafobtnerflofterS , trofc ber ©eridjtSbiener, bie if)n baran 
oerljinbern follten, unb trofc ber Sttöndje, bie alle ©lotfen läuteten, 
um feine ©timme ju übertönen. Vor ben SÄagiftrat gerufen unb 
befragt, mit weffen (Srlaubnifj er prebigte, antwortete er: „auf SBefefyl 
be$ #erm unb auf bie SBitte ber ©lieber fetner tfirdje." ©ein Ver* 
fudj, in ber Spetcröfir^c aufzutreten , würbe oerljinbert, ja bie $rote* 
ftanten würben genötigt, bie ©tabt &u oerlaffen; flc gogen ftdj nadj 
flttontignt jurücf, wo garel fortfuhr ifmen 51t prebfgen. 3« Dc * 
Verfolgung, Welche felbjt ba8 £)a$wtfd)entreten ber beurfdjen dürften 
ntdjt fytnbem fonnte, gefeilte jtdj eine oerfyeeTenbe Sßeft; garel blieb 
entfdjjloffen an feinem Soften, bnrd) bie ©riefe unb ©ebete feiner 
fernen ftreunbe ermutigt Von SDfontigni mufte er mit feinem 
Häuflein, otelfad) gefdjmätyt unb mi^anbelt, nadj ©orje wanbern, 
ba$ bem beutfdjen protejtantifdjen ©rafen SBtlljelm & on S&rflenberg 
geborte. @3 i(t fyter nietyt ber Ort, bie Verwicflungen unb Verljanb* 
fangen gu erjäljlen, weldje biefe Sßertobe ber ftrcfjlidjen unb politifdjen 
©ef$id)te oon 2ftefc bejetdjnen; wir $aben eS in ber ^ür^e nur mit 
bem ju tijun, wa$ ftarel betrifft. $)en 11. Wlaxi 1543 oerfafte 
er ju ©orje ein, Balb barauf ju ©enf gebraßtes, ©enbfdjretben an 
ben^erjog oon fiottyringen, worin er Ujn ermahnte, bie Goangeltfcfyen 
nidjt mit Rebellen ober SBtebertäufern ju oerwectyfeln, unb Urnen 
©ewtjfenSfreifjett ju geftatten; er gab eine $>arjfeflung ber protefian* 
tifdjen, au3 ber 3Mbel gef djöpften ßeljre, Welver er bie 3rrtljfimer 
unb SRtfwraudje ber römifdjen flvrdje entgegenfefcte. (58 war oorauä* 
gufefjen, bajj biefe (Splftel oljne ßrfolg bleiben würbe. £)en 25.3Wars, 
am Oftertage, würbe bie Verfammlung &u ©orje, welker garet 
eben baS Hbenbmal ausgefeilt Ijatte, oon lotyringifdjen Gruppen 
überfallen; mehrere würben getöbtet, anbere ertranfen auf berftlu^t; 
ber Sßrebiger felbjt, oerwunbet, entging nur mit SWülje ber ©efaljr; 
auf einem ©iedjenwagen fam er in ©trafcburg an. 3« ^Wefc würben 
bie lefcten 9lnf)änger ber Deformation oerbannt; ftatt §arel prebigte 
nun ber £pofiat (5 a roll, ber ber Verfolgung nict)t fremb gewefen 
war, unb batb waren bie legten ©puren be$ $roteftanti8mu3, we* 
nig|ten$ äuferfafy, entfernt Saroli wagte eS nun, ben 14. SRat, 
ftarel eine «ufforberung jur Imputation jujuf^irfen. <5r begann 
flc mit ben übermütigen SGBorten: „SBiffe, bajj tdj, ©ort fei 5Danf, 
beine ©Tönungen unb 2lnf djläge nia^t meljr furzte, benn ber ©eljt 
unfere« ^erm ^efu (SljrifH ^at m\$ burd) ba3 #reu$ geftdrft unb 
wirb mic^, wie id) ^offe, nai^ feiner ©üte ferner unterftüfccn , baf 
bu mid) nic^t me^r fo föxoaä) finben wirft wie e^emal«." hierauf 



Digitized by Google 



29 



macbte er t§m bie ungereimteren 83orfd)lage: et berief i§n entWeber 
oor ben $apft, ober »or baS (Eoncil i>on Stribent, ober toor ben 
Äaifer, ober oor ben Äönig oon ftranfceid), ober oor bie ©orbonne, 
ober na$ ©alamanca, nacb Sßabua, naä) Sötten; in adpt Sagen 
fofle er U)tn SBeridjt geben, tto^in er fommen wolle ; erfebeine er 
nicfyt, fo tterbe er üjn für einen überttunbenen feigen ftejjer erfuhren. 
Sulejjt machte er no$ einen feltfanten SSorfc^Iag : SBeibe foUten ftdj 
gefangen {teilen, er (Sarolt ju 2Äe|j, garel in bie Jpdnbe beä 
ffönigS oon ftranfreieb, unb fo au$ bem ©efängnij? fyexauQ mit ein- 
anber biSputtren. ftaret antttortete bereite ben 21. Sftai: er fei 
bereit oor allen, felbjl ben pc^ften Söebörben, tto ©ort i^n l)inrufe, 
feine Sßrebtgt jn oertljeibigen , unb allein gejhaft ju tterben, ttenn 
er niebt bie eoangeltfcbe Sebre oerfünbigt babe. SDabet jetgte er ba8 
Sadjerlidje ber SSorfcbläge (Sarolt'3 unb wteä biefen, wegen feiner 
mafclofen Gfyrfucbt, mit ernften ÜBorten jurecfyt. (Ealoin unb SBiret 
gaben beibe ©^reiben ju ©enf im $)rucf ljerauS. garel oerweilte 
in ©trafjburg, anfangt mebergefdjlagen ttegen ber 3erjtreuung ber 
SWefcer ©emeinbe, balb jeboeb ttieber ermutigt bureb bie „©uttyaten, 
greunbfa)aft, Unterbaltung unb ©ebirm", bie er in ber föet^Sftabt 
fanb. SDer ®enfer SÄagifhat fanbte tbm fcrojtbriefe unb ©elb; 
(Salotn, SSiret, bie SNeuenburger trieben tym, um ilm aufauriebten. 
£)a e3 üjm, im 3ntereffe ber Wieget ^rotefianten , am £erjen lag, 
bie SSerläumbungen (Sarolt'S gu ttiberlegen, wünfebte er nufctS 
fe$nlicber, als eine öffentliche SDiSputation mit üjm; er wanbte |icb 
bejtyalb an bie ©enf er, bie an bie 3J?efcer f ^rieben, um bie ©ewiHi* 
gung be$ ©efpräcbg ju oerlangen; aueb (Saloin foflte baran Stbeil 
nebmen, unb fam nacb Strasburg mit (gmpfeblungen ©enf« unb 
SBafeW an ben SÄagifrrat, er möge ftd) ber ©acfye annehmen, ßaloin 
unb garel fähigen bem ©trafiburger föatbe , in einer eigenen $>enf s 
fcfyrift, brei SBege oor: enttteber üjnen ftebereä ©eleit nacb 2Befc gu 
geben, tto fie bann auf eigene ©efaljr bin würfen ttoUten, ober ben 
2Kefeer SKagtftrat ju bewegen fte anjubören, ober enblicb bei ben ju 
©cbmalfalben oerfammelten ©tänben babin ju wtrfen, ba§ „fte bie 
©aa> in bie &anb nahmen." ÜDiefer lefctere 9Sorfd)lag tturbe at$ 
ber allein mögüdje angenommen. SBäbrenb bie beiben greunbe ben 
9lu£gang ber SSerbanblungen erwarteten, gab §arel im 3uni ein 
zweite« ©ebreiben an Saroli berauä, in bem er ibn an fein frübereS 
fdjlecfyteS Ccben, feine Umtriebe, feinen wieberbolten SHeltgiongwccfyfel 
erinnerte, unb i^n gur Sinfebr in fein©ewiffen unb jum aufrichtigen 
23cfennen ber Sßabrbeit ermahnte, ©eine unb (Saloin'3 Hoffnung, 
nacb^e^ berufen ju werben, ging jeboeb niebt in Erfüllung; Paroli 
erfebien ju Strasburg, wo er mit ©alotn eine um fo unnü^ere 
^Disputation %ielt, ba beren 2l!ten niebt oeröffentlicbt werben fmb. 



30 



SBiefet/r nun auch ftarel ba« ©chüffal ber 90?ejjer ©cmcinbc fchmerzte, 
fo gab et bocr) bie Hoffnung für fte nicht auf; bcn 11. 3<muar richtete 
er an bic Ueberrefte beleihen ein aufmunternbe« ©enbfchreiben, inbem 
er zweier) bie ©efdjichte fetner SBtrffatnfett in Sothringen erzählte, 
unb bem er erhebenbe, wahrhaft erbauliche ©ebete beifügte, in bie 
dürften unb Dbrigfeiten, bie ficr) ber 5Kefcer angenommen Ratten, 
fchrieb er, um ftc gu bitten in ihren Bemühungen fortzufahren, unb 
namentlich ben SRagiftrat ber ©tabt ju überzeugen, bap bie Sßrote* 
ßanten, wie i^rc SBerläumber e« behaupteten, feine Unruhefhfter unb 
Sfafrührer feien. @n ähnliches Schreiben lief er an bie eoangelifchen 
tfircben ergehn; er empfahl bie SMefcer ihren ©ebeten unb ihrer brö- 
berlichen $thetlnahme. Auch fpäter noch Werben wir ü)n für bieje 
il)m theuer geworbene ©emeinbe thätig feb)n. 

Neuenbürg mar ton nun an , mährenb einer SReihe oon Söhre«/ 
ber #auptgegenftanb ber gürforge gare l§. (Steige oorübergehenbe 
9)?{jjheUigfeiten abgerechnet, mit Sorte ftu«, ber ihm ^rrthümer in 
SSejug auf bie $erfon ©hrifh oorwarf, mit feinem (Soflegen ©h« 5 
ponneau, ber fuh ber (Senfur nicht unterwerfen wollte unb über 
^Srioat'Äommunion mit ihm ffritt, tonnte er ohne SBiberjianb ba« 
tfirajenmefen orbnen unb befefrigen. häufige Reifen, jeboch metfi nur 
oon fürjerer $)auer, unterbrachen allein feine SBirffamf eit zu 9teuen= 
bürg. 3m 9to»ember 1543 folgte er einer (Sinlabung be« ©enfer 
9Jtegißrat«, ber ihm, ba er in ärmlicher Reibung anfam, eine neue 
anbot, unb ü)n erführe, flet) in ©enf nieberjulaffen ; er antwortete, 
er fönne bie« nicht tlmn, ©orte« SÄuf binbe ihn an Neuenbürg, er 
mürbe aber immer ber ©enfer treuer SDfener fein. Hujjer ben fchon 
angeführten (Schriften in ben SÄefcer Angelegenheiten, gab er im 3at)r 
1543 eine Auslegung beS SBaterunfer unb einen äractat über ba« 
gegfeuer herau«, unb im folgenben ein (Schreiben an alle ^hrifren, 
bie ba« ßoangelium rennen, um fie aufzumuntern, burcr)ihr fromme« 
Seben ©ort ju preifen unb ben 9iächjten ju erbauen. 1545 würbe 
abermal« ein SSerfucr) gemacht, ihn für ©enf zu gewinnen; Neuenbürg 
tonnte aber feiner jDienfte nicht entbehren, fo ba|j auch Sßiret'« unb 
©aloin'« SSorfchlag an SBern, ihn al« Sßrofeffor an ber 8auf anner 
Afabemie anzufallen, nicht ausgeführt würbe; babei wirrten freilich 
auch anbere SBeweggrünbe mit; SBern wünfehte nicht zu Saufanne ben 
Grinjlufj ber caloinifchen Anflehten über Äirchenregtment uub Kirchen* 
Zucht zu oerflärfen. 

3m 2Kärz 1546 reifte $arel mit 23t ret nach ©enf/ unb oon 
ba, im tarnen mehrerer fcr)weizerifchen ßirdjen, nach Strasburg , um 
Zu ©unften ber Oerfolgten 3J?efcer unb SEBalbenfer z« h« n °eln. 3« 
ben zwei folgenben Sahren fam er häufig nach ©enf, um ©albin 
in bem neu auggebrochenen ßampfe mit ben fiiberttnern zu unterßüfcen; 



Digitized by Google 



31 



in ^rcbigten an ba8 93oIf unb in Sieben an ben 9^att> warnte er toor 
bem Reiben bief er Sßarttyei , unb ermahnte bie ©enfer fidj burdj bie* 
felbe nidjt irre machen $u loffen; er toert^eibigte (Salto in gegen bie 
Angriffe ber ©egner, unb bie ernten SBorte, in benen er ftdj barüber 
auSfpraeB, toerfetylten tyren (Sfnbruct niä^t; ber 9totf> befctylofi Ujm gu 
banfen, unb bat ilju einige 3^t 8« bleiben, um bie ©emütyer ju 
Befänfttgen. 1548 ging er mit (Salto in naef) Qüxiä), um SSiret 
gegen einige SBerbädjrigungen feiner Seljre in ©$ujj gu nehmen; ba$ 
3at)r barauf wolmte er in berfelben ©tabt ber Serfammlung Bei, 
welche bie UeBcreinfunft ber ©cfymeijer über ba8 £)ogma toom Stbenb* 
maljl ju ©tanbe Brachte (Conscnsus Tigurinus); garel gab fid) 
babei unenblidje 2J?übe, bie toerfcfytebenen Äirdjen jur Ännaljme ber 
neuen gormel ju Bewegen, buref) welche (Saltotn'S 2lnfid)t bie bor* 
tyerrfc^enbe würbe, „ftarel," färieb Vefeterer, „Ijat mir ben erften 
Slnjlofj ju biefer ©ad>e gegeben; ifym gebührt bie (Sljre, ber Urheber 
baoon gu fein." ©ern allein wtberftrebte unb ^ielt an ber 3wingli* 
fdjen Sefyre fejh OB eine ©djrift üBer baS 2lbenbmaf)l, bie $aret 
1551 »erfaßte, aber erjt jwei 3a$re fpSter im £rutfe erfahrnen liefe 
fict) auf ben Conscnsus bejog ober nur erbaulidje 3we<fe fyatre, uer- 
mögen wir nicfyt ju fagen; e$ war un8 nid)t möglich, unSbiefelbe ju 
toerfdjaffen. ^Dagegen fönnen wir toon einer anbern SÄrBeit reben, bie 
er im 3abr 1550 Verausgab, unb bie $u feinen wichtigem gehört. 
(Sin ebemaliger ©arfußer hatte in einem gegen Salt» in gerichteten, 
ber ©d)ilb ber ©ert^etbigung betitelten Stractat, bie eigen* 
tbümlic^en ßetyren ber pant^eifhföen Sibertiner entwicfelt. liefen be* 
fämpfte nun garel in feinem ©erwerbt be« ©ort«. <Diefe 
©d>rift iji eine £auptquelle für bie ffenntnij? beä faifdjen ©pirftua* 
liämuS, ber bamaB in glanbern unb in toerfdnebenen ©egenben %xanh 
reidjä nidjt wenig Slnbänger aablte. £)e$ ©arfüjjerS ©udj fdjeint 
toeTloren ju fein; ftarel gibt aber ^uSflüge barauS, an beren Sledjt* 
Ijeit nidjt gu jmeifeln ift, obfeljon fte toon einem ©egner ber ©efte 
gemalt worben finb ; benn niä^t nur ^atte biefer feinen ©runb, eine 
Seljre ju entließen, bie an fidj fdjon irrig genug war, fonbern feine 
3tu£&üge fUmmen audj mit bem überein, Wa8 Saltoin al$ ©tofiem 
ber CiBertfner Befämpft, fo wie mit ben in einigen tyanbfcfjriftlt<$en 
Xractaten entwirf elten ©runbfäfcen , bie üon ber ©efte felBer herrühren 
unb ftch in unferm Söeftfee be^nben. ÜDer SBarfufer Behauptet, bie 
^eilige ©c^rift müffe geijlig aufgelegt werben : bie ^Reformatoren feien 
ftnedjte be3 33uc^(taBen^ unb noc^ nid^t jum tiefern ©inne burc$ge* 
brungen; ber 3Äenfcb mfiffe ber ©innlic^feit abwerben, unb ^at er 
bie$ getb^an, fo werbe er ji<$ bewußt, ba^ nid)t er, fonbern ©Ott 
allein 8UIe$ wirfe; bie©ünbe befiele baTin, baf man ba8 3dj au^er 
©ott fe^e unb glaube, e$ ^abe ein eigene« SDafein unb eigene a^ätigs 



32 



fett. (58 mar für garel ein fietchtrö, ba$ SBerf ehrte bei mtyfrifchen 
SBibelauäleaung naebgumeifen, tote bie ÖiberttneV fte trieben; auch bie 
unfittltdjen (Sonfequengen ihrer panthcifHfdjen Stnftchten Boten it)m tefc> 
djen (Stoff gu grünblicber SEBlberlegung ; nur ifi gu bebauern, bafj er 
in ferner (Snrrüfhmg barübtr, ftatt mit ruhigem (Srnft gu argumen^ 
tiren, ftch bie ^eftigften 2lu^fdHe unb bie beleibigenbfien Sluäbrücfe 
erlaubt. SDodj ergebt er ftch auch gumeilen, wenn er ben (S^riften 
ba8 SGBort ©otteS al$ aflgenügenb empfiehlt unb fie bor ben Irrlehren 
marnt, gu mahrer SSerebtfamfett. 

Den 4. SRärg 1551 hielt garel eine ©bnobe, ber auch ©aloin 
beiwohnte , unb melche mehrere auf bie ö^e begüglidje fragen flüchtete. 
Einige SRonate foäter ftnben mir ihn gu ©enf, mo#ieronöntu6 
SBolfec, ein ehemaliger Karmeliter au« $ari3, als S3etampfcr ber 
^rftbefHnation aufgetreten mar. SRadj einer Sßrebtgt beä Sodann 
be ©atnt*2lnbrd, morin biefe Öehre entmtcfelt mar, trat SBolfec, 
au8 ben Suhörern heroor unb miberlegte fte mit ungtemlichen SBorten. 
(Saloin, ber bagu fam, oertheibtgte fle in einer ftunbenlangen föebe. 
Waty ihm nat)m garel, ber gleichfalls anmefenb mar, ba$ 2Borr, 
um ben Hnmefenben ben ©tauben an bie göttliche ©nabenmabl an'3 
#erg gu legen unb il)nen ßiebe unb (S^rfurt^t für ©altoin gu ernofeh* 
len. SRadjbem er in feinen frühern Schriften unb in ber ©enfer 
ßonfeffion oon 1536 über bie $rabefttnation gefchmiegen hatte, mar 
er unter @ alt) in '3 StnfluJ bagu gefommen, biefe ße^re für bie allein 
tröfUtdje gu galten; boch moUte er nicht, bafj fte bet ©egenftanb be8 
$>i8»uttTen3 mürbe; in bem ©djmerbt be$ ©cifteS l>at er bie ftrage 
nur im Sßorbeigefyn berührt, um gu fagen, baf fte bem SSerftanbe 
unbegreifbar fei unb nur mit bem SBetftanb be$ heiligen ©eifteS geloft 
merben tonne. SBolfec mürbe al$ SRuheflörer au$ ©enf oerbannt; 
in feiner ©dunä^biogra^ie ©aloin'g h at er auch garel genug- 
fam gel&flert. 

SfafangS 1553 mürbe garel oon einer ferneren Kranfljeit be« 
fallen, alfobalb reifte (Salotn mit einigen ^reunben nach Neuenbürg ; 
er mar 3<?uge bei bem 2tuffefcen be3 SfceftamenteS , in meinem ^arel 
auf mürbige 2Beife feinen ©lauben unb feine Hoffnung auäforach. 
Obgleich bent£obe nahe, genaS er mieber; fcfmn ben 15. tylai fonnte 
er eine neue Sönobe fyalttn, meiere bie frühem SBefchlüffe beseitigte 
unb fte al$ (Sammlung „eoangelifdjer Drbonnangen" über Kirchen* 
orbnung unb i?trcr)enjuct)t belannt machte. Ueber ben Kirchenbann 
maren jeboch bie Stimmen geteilt ; mährenb ^arel ilm in feiner 
gangen Strenge beibehalten mollte, maren Slnbere, namentlich &abri, 
fett einigen 3at)«n f em ©oDcge, für eine milbere unb feltenere 51ns 
menbung. (53 mürben oon mehreren Kirchen ©utachten begehrt, e3 
herrfchte teboch über biefe fchmere §rage fclbjt bamalS feine Ueber^ 



uigitizecj by 



33 



einfrimmung; (5 a tu in billigte ftarel'8 Meinung, riet^ aber jur 
©inrracht; bic 93erner billigten ftc gleichfalls, meinten Jeboch, man 
f önne fleh nicht überall ber nemltchen $orm bebienen ; nur SBafel lobte 
unbebingt ben (Sifer garer«. 

SRach meiern Reifen in bie ßanbgemeinben unb nach ßaufanne, 
unb nach neuer Jfrantyeit, toarb garel im Cctober 1553 nach ®enf 
berufen, toegen ©croet'3 ^rojef?, ber fld^einem (Snbe nahte, ©dton 
im (September Ijatte er, mit unbeugfamer £ärtc, an ßaloin gefchrte; 
ben, in nid)t8 nachzugeben bem um>erbefferlfd;en fieser gegenüber: 
„toenn bu eine 3ftilDerung ber entfcfcHcben (Strafe toünfchefl, fo han= 
belfl bu ttrie ein greunb gegen beinen gefährlichen geinb ; toürbe id> 
3emanben oon bem red)ten ©lauben abtoenbig madjen, fo müfjte ich 
mich für be8 StobeS fdmlbtg galten ; oon einem 2lnbern fann ich aber 
nicht anberS benfen, al8 oon mir felber." 3)ttt biefer ©eflnnung 
begleitete garel, ben 27. Oftober, ©eroet jum (Scheiterhaufen, 
i^n oeTgebcnS aufmuntemb, feinen 3rrtl)umern $u entfngen, unb ba£ 
SBolf ermahnenb ju beten , bafj fleh ber #err biefer Oerlornen (Sreatur 
annehmen möchte. 2Bie bebenflich auch bie ^rrthumer beä fpanifchen 
SlrjteS getoefen fein mögen, fo toar boct) ber, ber Theologen be$ 
fech8äehnten3ahrhunbcrt8, ein n ^fy minber fchmerer, toenn fte mein* 
ten, bie toeltliche Dbrigfett muffe über bie Feinheit beg ©lauben« 
toachen, unb bie baoon Sbtoeichenben mit bem Stöbe befrrafen. 
SBährenb be8 SßrojeffeS fyatte ßaloin erneuerte kämpfe gegen bie 
ßibertiner ju beflehn gehabt; nach (Sero et'« Einrichtung trat bie 
Partei noch brof>enbcr auf. garel eilte nach ®enf jurüct; in ber 
Hoffnung, fein 2llter unb feine ber ©rabt geleiteten 2)ienfle mürben 
feinen SBorten beffern (Singang Oerfdjaffen, prebigte er gegen bie 
geinbe (Salotn'S unb ber ^irdjenjucht. Mehrere junge ßeute hielten 
fich burch biefe Sßrebigt befdjimpft; ftc ertoirften oon bem SRath ein 
©^reiben an Neuenbürg, $arel folle erfcheinen, um fleh ju recht« 
fertigen. (5r fam gu $uf?, trojj Regelt unb ©türm, ein Sßöbelhaufe 
»erfolgte ihn mit SRorbgefchrei, oor bem oerfammelten SRathe fprach 
er aber fo frdftig, bafj „2We erflarten, fle hielten ihn für ihren geifk 
liehen SSater, bafj jeber ihm bie §anb reichte, unb ein SBcrföhnungS* 
mahl gehalten mürbe. " 

Stuf ähnliche SBetfe machte garel fein Slnjehn auch in anbern 
Angelegenheiten geltenb; er toar überhaupt, toenn auch nicht einer 
ber gelehrteflen, boer) einer ber entfehtebenflen unb thfitigflen £heo= 
logen ber ©chweiä; fein Sßame toar allgemein geachtet; überall too 
man be8 9Jatl>c« beburfte, toanbte man fleh an feine reiche Erfahrung, 
ober begehrte man bie Unterfrüfcung feiner fraftooHen föebe. ftrembe 
au« allen proteflantifchen ßänbern, englifche, franaöflfcbe , italienifche 
Flüchtlinge befuchten ihn, manchmal in ber alleinigen Slbflcht, ihn, ben 

euwl.4)Mb. @(&mtbt, ffarel mib 8ird. 3 



34 



Berühmten föebner, prebigen ju hören. 3u 3ftumpelgarb öermittelte 
er öfter ben ^rieben, ober »ertbeibigte feinen alten greunb Stoufs 
faint gegen Slnfeinbungen ; ßiSmanini bat ihn «m ein ©utachten, 
über bie bogmatifcr)en 3tt>eifel , melct)e bie polnifdjen ^rotefianten be* 
unrubigten. SDie granffurter ftrembengcmeinbe manbte ftcr) an it)n 
um einen ^Tebiger, unb al8 bie Cmtjmeiung in ir)r ausgebrochen mar, 
filmte auet) er ben Vermittler ju machen. UeberaU mo c8 galt, bie 
Sieformatton »ertt)eibigen unb ju befefhgen, ober beren »erfolgte 
23efenner ju unterfangen, fyalf er nact) befreit Gräften mit. TO im 
3ar)r 1555 b(e oertriebenen Öocarner naefy Qürid) auStoanbeTten unb 
in ber ganjen ©djwefy ßiebeögaben ffir fte gefammelt mürben, be* 
trieb §arel, mit feinem gemot)nten Gsifcr bie (SoUefte; bie ^rebiger, 
ber (Statthalter, ber Statt), bas #ofpital, bie Söürger, bie Sanbge= 
meinben feuerten baju. 1553 richtete er ein ^rofifcf)reiben an bie 
51t Ction gefangenen jum (Scheiterhaufen oerurtr)eilten jungen $re- 
biger, unb 1555 ein äljnlidjeS an fünf ^ranjofen, bie ju (Sljambört) 
im ©efängnijj maren unb balb barauf Eingerichtet mürben, lieber* 
tyaupt mar fein Stuge fietS auf granfreicr) gerietet, für bie bebräng- 
ten ^roteftanten feineS SSaterlanbeS mar er ju jebem Opfer bereit. 
3n i^rem 3«rereffe namentlich münfd)te er eine Annäherung jmifchen 
ben föeformirten unb ben 2utr)erifchcn rüfef ftc^tticr) be$ SlbenbmalS, 
ba befanntlicr) bie bamaltge franjöfifche $olitif, mährenb fte mit ben 
beutfcr)en (St5nben eine ÜBerbtnbung $u erhalten ftrebte, bie SBerfol- 
gung ber Hugenotten bamtt entfchulbigte, bafj fte SRebeHeu unbgana= 
tifer feien. (Sr hoffte eine (Sttnobe, oon <Srljröef$em unb ^entfcr)en 
gufammen gefegt , mürbe bie*$lbenbmal8biffercn& ausgleichen ; „bie 2lug$* 
burgifche ©onf effton , febrieb er 1558 an (Saloin, hatte idt) für ganj 
erträglich unb fehe nict)t ein, marum man ihr fo fet)r mtberfirebt 1 *. 
3n biefer Ueberjeugung , bie gemtf ein merfmürbiger 3 U 8 biefö 
fonft fo ftrengen, entf ergebenen (Ebatafterg tft, unternahm er im^ahr 
1557 mit SBeja eine 9ieife, um bie beutfehen (Stanbe ju oeranlaffen, 
)u ©unfien ber SBalbenfer unb ber franjöfifdjen föeformfrten ©dritte 
3u thun. Söei biefer ©elegcnheit übergaben Söeibe ju £eibelberg 
jene« oon SBeja oerfajjte 33efenntntj3 über ba« «benbmal, beffen 
3meibeutigfeit ihnen in beT <Scr)meiä fo oiel Säbel aujog;. £)a$ ge* 
ringe SÄefultat biefer Unterhanblung tyn&xte garel nicht, ftd) noch 
einmal an SBeja anaufcr)liefjen , als biefer im (September beffelben 
3ar)r8 , nact) ber Verfolgung ber @oangcIifct)en ju $ariS , feine ameite 
Steife nach ^eurfälanb antrat. SBtlhelm 93ubd unb ßarmel, 
garel'3 Sßeffe unb ^rebiger ber $arifer ©emeinbe, begleiteten fte. 
ftacr/bem fte *u 3üricb, ba8 burefj ba8 unflare ©efenntnijj SB es a' 8 
geflörte (Sinoerfiänbnip mieber hergefieflt unb ftd) über bem (Sonfenfu§ 
bie^anbe gereift hatten, begaben fie per) nact)33afel, mo ftet) garel 



Digitized by Google 



35 



im ©aßhof in btttern ©orten über (SraämuS äußerte unb beßhalb 
toon ben alten greunben beffelben ber SBerlaumbung angeflagt würbe. 
Uebcr (Strasburg retten fte bann nach SöormS, wo gerabe ba$ (5ol* 
loquium gehalten würbe, ba3 Sßrotefianten unb ßatholifen wteber 
bereinigen foUte. SBährenb bie ©(hweijer Geologen , wenig oon ben 
^Bemühungen, bie föcformirten unb bie Sutherifcben ftch näher ju 
bringen, erwarteten, meinten Slnbre, Männer Wie SBeja unb gaTet 
fönnten nicht anberS als güntfigeS ©ehßr bei ben $)eutf<hen finben; 
#otmann fdjricb an ©ulltnger: „ftarcl ift ganj geeignet für 
btefe (Sache ; fein 2llter unb bie fyofje SWec^tfc^affcn^ctt feineS CcbenS 
muffen allen frommen (S^rfuTc^t einflößen." 3u 2ßorm3 reichten fte 
ein befHmmtercä 33efenntnif ein, erlangten aber weber eine nao^brficf^ 
liehe SSerwenbung bei bem fTan5öfifct)en §of, nod) eine Sßerftänbtgung 
mit ben Putherifchen. 

Um btefe 3ett (1557 unb 1558) machte gare! einige «erfudjc, 
bie ^Reformation gu 93runbrutt (^orcntrnö) im SBiSt^um ©afel etnjtt; 
führen. 23et SRatI> unb SBürgcrfchaft fanb er bereitwillige 2luf nabme ; 
Dor bem bifchöfltchen «Sönbic erflärtc er ftch freimütig über feinen 
33eruf, unb fagte, er wolle nichts al3 bie 2Bat)rbcit oerfünbigen , ba-- 
für fei er aber bereit, ftch jeber ©efahr au^ufe^en. SHichtSbefto* 
weniger muß te er fidj wieber entfernen, ©er (Srjbifcbof »on SBefanson 
fd)tcfte einen 9J?öndj, um ba8 33olf im fatholifchen ©lauben ju erhal* 
ten; ein r>on Neuenbürg gefanbter ^rebtgcr, 3afob (Sorcl, würbe 
arg mißhaubelt; $arel, ber nach SBrunbrutt jurücf eilte, würbe gleich 5 
falls überfallen unb beflagte ftch »ergebend bei bem 93a3ler SMfdwf 
unb bem föath; bie 9)?6ncf)e fuhren fort, in ^rebigten ihn ju be? 
f dampfen. Csr ging nach 33em, wo ftcr) bie Regierung ber ©adje 
annahm, allein md)t^ ausrichten oermochte, ©o fehrauch bieSMte 
ger oon Sßrunbrutt unb anbern Orten ber SWeformation geneigt waren, 
fo mißlang bodj jeber SBerfuch, ©emeinben ju gTünben. 

garel War 69 $al)re alt; nach fo oielcn flftühen unb Sirbetten 
gebaute er ftch ^äuölic^e Siu^e unb eine ©tüjje für fein Sllter ju 
bereiten, inbem er ftd) mit Sftarie 5Eorel Oon SRouen oerlobte, bie 
mit ihrer oerwittweten SKutter nach Neuenbürg geflüchtet war. £ie 
meiften feiner ^reunbe wiberriethen if)tn btefen (Schritt, ber gu fo 
oielem ©erebe 3tnlaf gab, baß (Saloin, ber felber ihn ftarf geta= 
bclt ^atte, an bie Sßrebtger oon Neuenbürg fchrieb, fie möchten bie 
SChorljctt be8 alten SflanneS mit ©ebulb ertragen. ®a$ Aufgebot 
gefdjah im (September 1558; erft nachbem $arel noch Derfchtebene 
föetfen gemalt, ocrehlichte er ftd) ben 20. SDejember. *) 33alb er= 



* 9iad) 6 Sohren erft würbe er SJater eine« Änaben, ber i^n nur furje 
3cit überlebte. 

3* 



36 



toaste fein alter (Sifer wieber. 3u Anfang 1559 erfuhr er, bafj 
ber ©raf Slbolph oon 9faffau:<Saarbrücfen eine Slnjahl franjßft|(^er 
Flüchtlinge in {einem ©ebiete aufgenommen fyatte; fogtetc^ machte 
er ftdj auf ben 2öeg, um ftc ju befugen; er orbnete tljre ©emeinbe 
unb gab ilmen Johann Soquct jum $rebtger. &u$ ÜDanfbarfeit 
Wtbmete er bem ©ruber unb Nachfolger beä ©rafen, ^ofiann, feinen 
1560 erfc^tenenen unb mit einem Vorworte 93iret'3 oerfehenen Strafe 
tat oon bem wahren ©ebrauche be8 $reuje$ (ShrifH, in bem er nicht 
nur ben mit bem (Srucifij getriebenen Aberglauben, fonbern über* 
haupt jebe Art „römifcher ^bolarrie" befämpfte. 9kch einer Steife 
nach (Strasburg, um für 3fte|-j ju wirfen, wo fiety für bie $Toteftau= 
ten bie Umftänbe anfingen beffer ju gehalten, begleitete er äöalfcen; 
ftfehe 93oten in bie (Statte ber (Schwe^. um ^Beiträge für bie 35er= 
folgten, aller Wofy preisgegebenen ©ruber ju fammeln. 3« ©cnf 
befragte ber föatfy (20. SKai 1561) bie ^rebiger, ob man ihn nid>t 
3urü<f halten unb ihm eine ^ßenfion geben follte, ba er ber erfte ge« 
wefen, ber in biefer (Stabt ba8 (Soangeltum oerfünbigt unb |o oiel 
bafür gelitten hatte ; würbe man nichts! für ihn tljun , fo müßte man 
mitföecht bcSUnbanfä angef lagt werben. £>a garel baS Anerbieten 
nicht annehmen fonnte, würbe ihm 51t (Shren ein ©aflmahl gegeben. 

3u bcrfclben 3elt, wo SSiret nach ^i^meö berufen würbe, 
famen auch nach Neuenbürg 23oten oon ©ap unb 93tenne, um 
garel unb §abri für eine Seit lang 00m SRatl) ju erbitten; ber 
bamalicjen (Sitte gemäfj erhielten fic einen zweimonatlichen Urlaub. 
23ei oterjtg 3a^re r)atte garel fein Sßatcrlanb nicht gefehlt. 9)2it 
£)anf gegen ©ott nat)m er, trojj feinet ^o^en 3llteT3, bcnSiuf an; 
mit iljm reiften §abri unb ber Sßrebtger ©tynarb ^ichon. £ej^ 
tern lief* er jtt ©renoble, wo er felbjt in bem Jpaufc eineS ßauf* 
manng eine ißrebigt bielt. gabri ging nact) SSienue unb fpäter 
nac^ £>?on. Sfeett 15. 9coocmber 1561, e$ war ein (Sonnabenb, fam 
garel na* ©ap; gleich ben folgenben £aa prebigte er oor fo \al)U 
reifer ©erfammlung , bafc bie Reiften oor oer Sirche bleiben mußten. 
Sm folgenben ©ienfiag führten ihn ber erfte ©tmbic unb ber fontg* 
liehe Sßrocurator ju bem tec * Söaitli , ber ihn jwar mit Sichtung 
empfing, aber fragte, wer ihm bie 93efngnifj Juni $rebigen gegeben 
unb ob er fuh nicht beS roitigltcben (Sbifteö erinnere, bas bie öffent* 
liehen 3"fammenfünfte oerbot. Cjr antwortete , inbem er fnJj auf baä 
SBort ©otteS berief, bem ^eber folgen müjje; auch führte er bie 
öffentlichen ^rebigten flu tfoon unb anberSwo, unb ba8 Kolloquium 
oon ^oifft» an, wo bie 9ieformiTten felbft oor bem ßönig ihren 
©lauben frei hatten befennen bürfen. ©er 93ice-33ailli bat ihn hi« s 
auf, mit ^rebigen noch inne ju ballen, bis er an ba$ Parlament 
oon ©renoble unb ben fßniglidjen Statthalter berichtet hcitte. garel 
würbe ehrenooU in feine Verberge jurüefgeführt unb taufte noch 
benfelben Slbenb ein Äinb. SDa würbe burq^lu^ruf in ben (Strafjen 
befannt gemacht, ba§ feine Serfammlungen mehr gehalten unb bie 
ßirchen gurüefgegeben werben foflten. S)ie SReformirten famen bei 
§arel jufammen unb befchloffcn, ftanbhaft in bem ÜBefenntnifj tt)re^ 
©laubeng ju bleiben unb ftch an ben ftöntg ju wenben. 2)a ftc bie 
gro^e SWehrjahl in ber »Stabt bilbeten, fonnte garel noch bi3 im 
Januar 1562 ungelnnbert unter ihnen wirfen; ber (Sifer feiner CaubS* 



Digitized by Google 



37 



Teute begetfterte il)n; er feinen, wie eT fagte, ein neueä ßeben Be* 
ginnen. ^Neuenbürg tl)n jurücfoerlangte , unb nodj fo SßtcXcö ju 
ft)im mar, um bie ©emeinbe ju orbnen, bat er Salt) in einen Sßre* 
biger ju fenben, um ifm ju erfefeen. (Sr fet)rte mafyrfdjeinlid? fdjon 
öor ber 23efnnntmadwng beä Sanitär* (SbifteS jurücf, baS in §ranf* 
retcfj bie jWejrttution ber ßtrdjen an bie ßatfyolifen befahl. *) ©o 
gerne er audj langer in [einer Skterftabt geblieben märe, fo jogen 
tf)n bod) mandje ©orgen nadj Neuenbürg jurficf. SBäfyrenb feiner 
Stbmefenljeit mar bie Canbeäljerrin , SWarquife oonRotlJelin, mit 
tyrem ©ofyne bem #er$og oon ßongueoiöe, in bie ©tabt gefommen; 
fte l)atte eine ©önobe galten laffen, an ber ftarel nid)t blatte Stfjeil 
nehmen fßnnen; ein Don ifyr gemachter Reformattongoerfud) ju San? 
beron fyatte ju Streit mit ©olotlmrn geführt, unb nad) einem Stuf 5 
jknb ber fatbolifdjen 23ürger t)atte man baoon abftefyn mfiffen. 2113 
$arel jurucffam, Ijatte ber ^erjoa bie ©egenb bereite mteber oer= 
laffen; bie eble 9Jtorquife jeboaj, eine eifrige SSefennerin be§ (Soan* 
geliumä, gemährte bem greifen, immer nodj mit ©djmterigfeiten 
fämpfenben Reformator, ifyren tätigen SBeijtanb. 

$)en erften 9Kai 1564 erhielt er oon bem feinem Gsnbe naljenben 
(Salt» in einen furjen rtttjrenben 2lbfdjteb3brief ; fogletd) eilte er nadj 
©enf, mo er ben $reunb nodj lebenb fanb unb ncd) ein längeres 
©eforädj mit ibm führte; beffen lebten Slugenbltcfen fonnte er jcbocr) 
ittdjt beimoljnen, er mupte nadj Neuenbürg jurücf; ©aloin fiarb 
erft ben 27. 9J?ai. „O, fdjrieb garet an ftabri, bafj idj ntdjt 
für ifjn fterben fonnte! meldj einen frönen Sauf fyat er glücflidj 
ooffenbetl ©ort gebe ung, bajj mir audj ben unfern fo oouenben, 
naä) ber ©nabe, bie er unS oerlieljen Ijat." garere Iefcte Reife 
ging na* ^efe, im SKai 1565; 1562 Ratten bie borhgen Sßrotefian* 
ten eine Äirdje unb ^rebtger erhalten; ftarel münfdjte fte, uno fte 
iljn nod) einmal ju feljn. Der Reuenburger Ratf) gab bem 76jäfjs 
rigen ©reife eines feiner $Rttglteber afö ^Begleiter mit. (5r prebigte 
„311m unglaublichen Strofl ber ganzen ©emeinbe." 3m %uli feljrte 
er jurüct, mübe unb Ieibenb, aber glüeflieb feine geliebte SNefcer Strebe 
in blüljenbem ©tanbe ju mlffen. Sludj für ir)n na^te jtdj nun ba3 
irbifdje (Snbe; greunbe unb ©djüler befugten tt)n täglich, auf bie 
Seljren borebenb, bie er t»on feinem ßranfenloger an fte richtete. @r 
entfc^ltef ru^ig, ben 13. ©eptember 1565. 3 n -feinen legten Stagen 
Ratten feine greunbe ooll SSermunberung ju einanber gefagt: „fe£t, 
ber 3Äann bleibt fi* immer felber gleicr): niemals mar er über eine 
©efafyr erfc^roefen, unb menn mir noep fo befiürjt unb nieberge« 
fc^logen maren, fo geigte er ftcB jtanb^aft unb fefi, oertrauenb auf 
feinen #errn; er richtete unS ^He burdj feinen ^elbenfinn auf unb 
parfte un§ bur* bie Hoffnung eineS guten ^luggang^/' 



*) Unfct ©eridjt über garet*« Slufent^alt iu®ap ftimmt nia^t mit bem ber 
France protestant«, S. 5. ©. 68. 2>afj er aber ber rufitigere, ge^t 
barau« b^eröor, bag er ben eigenen ©riefen gareT« an Calöin ent- 
nommen ijl. 



8ureTö ©djriften.*) 

1. 1524. Libollus du Parisiensibus & Pontiflce. ((SraSmuS an SDlel and) * 
tljon, 6. @ebt. 1524.) 

2. um 1525? Sommaire: c'est une briövo doclaration d'aulcuns lieux fort 
necnssaires ä un chacun chrestien pour mettre sa conflance en Dieu & ä ayder 
son proschain. 2lud) 1537 ober 1538; 1542, s. 1.; 1552 , ©cnf, 12°. 

*3. 1530. A tous seigneurs & peuples & pasteurs ä qui lo Seigneur m'a 
donno accez, qui m'ont aide & assiste en l'oeuvro de nostro Soigneur Jesus, 
& enverB lesquels Dieu s'est servy de moy en la pre*dication de son sainet 
Evangile. Ms. gu ©enf. 2fljgebrucft in bem 2. 55anb ber bon SJultiemtn 
beforgten neuen 2tu8gabe ber Histoire de la reformation en SuisBe bon 9tud)at. 

*4. 1532. A tous mes tres cbers freres en Nostre Seigneur, tous los amateurs 
d« la sainete parolr. Slbgebrurft im 3. äöanbe ber neuen Ausgabe bon 9tnd)at. 

* 5. 1534. Lettres certaines d'aulcuns grands troubles & tumultos advenus 
k Geneve, avec la disputation faicte Tan 1534. (Senf, 8°. 92eue Sluögabe, mit 
lateini)d)er Ucberfcfcung bon SKanget, (Senf, 1644 , 8°. 

*G. l. r )37. Confession de la foy, laquolle tous bourgeoi9 & babitans de 
Geneve & Subjets du pays doivent jurer de garder et tenir. (Senf, 24°; unb Öfter. 

7. 1543. Epistro envoye*e au duc Lorraine. (Senf, 12°. 

8. 1543. Une epistre de maistre Pierre Caroli, faicte en forme de dtfflanco 
et envoyee ä maistre G. Farel, avec la response. (Senf, 8 U . 

9. 1543. La seconde epistre envoyee au docteur P. Caroli. ©enf, 12°. 

10. 1543. Traite' du. purgatoire. s. 1., 12 '. 

11. 1543. La tres sainete oraison quo nostre Seigneur J. C. a baiHe* ä ses 
apostres, les enseignant comme ils & tous vrais chrestiens doivent estre, avec 
un recueil d'aulcuns passages, de la Ste. Ehcriture, fait en maniere de priäre. 
(Senf, 12 u . @d)on 1524 fott garet einen Xractat de oratione dominica gefdjric« 
ben fjaben; oljne 3 roe ^ e ^ t^ar er ftart^öfifc^ unb bie Stuflgabe bon 1543 nur eine 
Ueberarbeitung baoon. 1545 fdjicttc §arel an Sir et unb (Salb in ba8 3ftanu= 
feribt eine« ©ebetbudjg (Uber precationum) jur 2)urd)ftd)t unb tiefe e« balb barauf 
bruden; mar e« nur eine neue Ausgabe ber bem Sractat über ba8 3ktcr = Unfer 
angehängten ©ebete? 

12. 1544. Epistre exhortatoire ä tous ceux qui ont cognoissance de l'Evan- 
gile, les admonestant de cheinincr purement & vivre selon iceluy, gloriflant Dieu 
& ediflant le prosebain par parolles. s. 1., 12°. 

13. 1544. Epistre envoyee aux reliques de la dissipation horrible de l'Ante- 
christ. s. 1., 12°. 

*14. 1545. A tous coeurs affames du desir de la predication du Sainct- 
Evangile & du vray usage des Sacremens. *2tud) in ber Histoire des martyrs, 
«uggabe »on 1619, f.° 164 u. f. 

*15. 1550. Le glaive de la parolle veritable, tire contre le bouclier de 
defense duquel un cordelier Libertin s'est voulu servir pour approuver des fausses 
& damnables opinions. (Senf, 12 u . 

*16. 1550. A tous seigneurs & peuples & pasteurs auxquels le Seigneur 
m'a donne" accez, qui m'ont aide" & assiste" en l'oeuvre de nostre Soigneur Jesus, 
et envera lesquels Dieu s'est servi de moy, en la pre'dkation de son sainet 
Evangile. Ms. gu (Senf. Ueberarbeitung bon Kummer 3. 

17. 1553. De la sainete cene de nostre Seigneur J6sus Sc de son Testament 
conflnne par sa mort et sa passion. ©enf, 8°. 

*18. 1560. Du vray usage de la croix de J. C, & de Tabus & de l'ido- 
latrie commlse autour d'icelle: & de Tauthorite de la parolle de Dieu, & des 
traditiona humaines. 2Kit »orrebc bon SJiret. ©enf, 12°. 



* Tie mit einem Stern fcejei<6neten finb bie , bie i$ benufcen Tonnte. 



Digitizcd 



Peter Eiret 

i. 

(S« ift in ber SBiograpln'e garer« Berietet worben, bafi 
biefet auf einer feiner jReformation^reifen, &u Drbe ben jungen Sßeter 
SBiret ftcb flum ©el)ülfen eTWarb. garel'« ©chüter unb Mitarbeiter, 
hatte SSiret über ßebre unb Dükiplin biefelben Slnft(t)ten unb bewie« 
biefelbegefligfeit, wie fein älterer greunb; bodj bewahrte er in man« 
eben ©tücfen bie ©elbflftanbigfeit feine« ©barafter«. <£o feurig garet 
war, fo genta jjigt mar SSirct, unb wäbrenb Jener ben ©ilberfturm 
billigte, war biefer ber entfebiebene ©egner aller ©ewaltthar. ©ein 
Seben bilbet eine Reibe ähnlicher ©efabren unb kämpfe, wie ba«« 
jenige garel'«; tote biefer war er ju jebem Opfer für ba« ßtoange* 
Uum bereit. ($r mar ber einige Reformator ber romanifeben (Schweif 
ber au« bem ßanbe f elber flammte; alle Slnbern waren franjöjifcbe 
Flüchtlinge. (5r Warb geboren im 3>afyre 1511 ju Drbe im SBaabt* 
lanbe, wo fein SSater ba« Studjfcheererhanb werf trieb. 3um geiftlidjcn 
©tanbe benimmt, machte er gu Sßari« clafjifche unb tbeologifebe 
Stubien, bie, nach feinen SBerfen gu fc^liefen, einen bebeutenben 
(3cbafc oon ©elebrfamfeit in feinem ©ebäcbtnifi jurücflie&en. 9J?an 
l)at behauptet, er fei febon ju 9ßari« mit garel jufammengefommen 
unb habe beffen ©influfj erfahren; bie« ijl aber barum unmöglich, 
weil garel bereit« 1521 $ari« oerliejü, in einer 3eit, wo ber jelm« 
jährige ÜB fr et noch mcr)t auf ber Unioerfttät fein fonnte. (Sein innere« 
ßeben ging ben nämlichen ©ang, wie ba« feine« fpätern greunbe«; 
auc^ für ihn fam eine lerifl«, hervorgerufen burdj ba« ßefen lutheri* 
feber SBucr)cr. (5r erjäfylt f elber, wie biefe fein Racljbenfen erweeften, 
wie fein ©ewiffen faft bi« jum SSerjweifeln beunruhigt Würbe, wie 
er fculefct nicht mehr wujjte, wohin (ich wenben. (5r entfagte ber 
ßirche, noch *b« er bie Sßriefferweibe erhalten fyattt, un ^ tttytt* in 
feine SJaterfrabt surftet £ier fanben ftdj fchon einige eifrige greunbe 
te« (Soangetium«; SBtret fcljlofj fleh an fie an, feine 3weifel löfren 
jtdj unb er fam jur ©rfenntmf ber Wahrheit. Allein fchüchtern oon 
Statur waate e« ber faum jwanjigjährige Jüngling nicht, öffentlich 
aufzutreten; er fürchtete ftd) „uor ber ©röße unb ©d)Wteria,feit be« 
SJkebigtamt«". Sil« jeboch garel 1531 nach Drbe fam unb auf 
SS tr et aufmerffam gemacht würbe, brang er fo gewaltig in ihn, wie 



40 



er e3 falb nadlet bei (5 alt) in tljat, baß er äße feine SBebenflidjfetten 
überwanb unb i^n fogleidj gum Sßrebiger weiljte. ftarel irrte ftdj nidjt 
in biefer SBaljl; SSiret war ein großer ©ewinn für bie Reformation; 
er Warb einer ifyrer treuften 93efenner unb eifrigen SBerfünbiger. 

<£t begann fein SBerf im SSaterljaufe unb tyatte ba8 (BIM, feine 
Altern gu befeljren; ben 6. Wlai 1531 prebtgte er gum erfren SM 
gu Drbe oor öffentlicher $erfammlung. 33alb folgten anbere Süng* 
iinge feinem ©eifptel unb traten als 3«igen beS (goangeliumS auf. 
33on ber ferner Regierung befdjüfct, prebigte SBiret auc$ gu ©ranfon, 
' gu &oend)eg unb befonberS gu Sßaöerne pßeterlingen) , wo er in sjSri* 
oatwoljnungen felbft bie ©acramente oerwaltete. Ueberau* traf er, 
oon ©eiten ber ©eiftlid)fett unb be8 Röbels, auf biefelben Schwierig* 
fetten, wie garel, unb erfuhr biefelben 2ftij?banblungen ; fdjon 1531 
famen beätyalb ferner 9lbgefanbre nadj £)rbe, um ftd) barüber gu 
bef lagen. £ier, in fetner USaterßabt, wirfte er inbeffen mit großem 
«Segen; fdjon 1532 feilte er ba$ Sloenbmal an etwa ^unbert $er* 
fönen auS. @r wiberlegtc öffentlich einen 9tf önd) , ber auf robe SBeife 
über baS 93erbfenfr ber SBerfe geprebtgt batte. Stac^ einer Unterrebung 
mit bem ^rtefter oon gJatjerne (1533), erbot er ftcf), oor bem ©ertd&te 
mit iljm gu erfdjetnen, um fein Cebren unb St^un gegen iljn gu rec$t* 
fertigen; e3 warb eine ©tfcung beätyalb angefagt, aber ben Sag oorljer 
traf ttjn ber ^rtefrer unb gerfdjlug ityn fo Ijeftig, bafj er wie tobt 
auf ber ©träfe liegen blieb. 3n einem @djretben oom 1. 3anuar 
1534 beHagte er ft<§ barüber bei ber SBerner Regierung. 5E)iefe Ijatte 
iljn beauftragt, mit $arel unb groment bie nad) ©enf gefanbten 
S3oten gu begleiten; er bat nun gugleidj, e$ mödjte wäljrenb feiner 
Slbwefen^eit nichts in feiner <Sadje gu Sßaöerne gefdjeljn, bamit üjm 
bte ©egner nicfjt oorwerfen fönnten, er fyabt ftdj burdj bie gluckt 
ber üßerljanblung entgogen. Racfjbem er oon feinen 2Bunben geseilt 
war, folgte er garel nad)©enf. #ier warb er beffen unermüblicfyer 
©eljülfe, teilte feine Sföüfyen unb ©efafyren, aber audj feinen ©ieg. 
©ei bem SSergiftunggoerfudj gegen garel, Aromen t unb ü)n, af* 
er allein oon bem fcfyäblidjen ©eridjt; er genaS gwar wieber, behielt 
aber fein ßeben lang ein unbeilbareS ©iedjtbum gurücf. £)a$ SSolf 
fab in bem gerf erlogenen, burdj ©ift gerrütteten Reformator ben 
Märtyrer einer ^eiligen ©adje; bte TÖmifdje ©eifilicbfett, bie gu 
foldjen SBaffen griff, oerrietfy i^tc geifttge Obnnw<bt unb fiel ber 
33erad)htng anbeim; Siret f elber, ftatt #ajj gu f üblen, blieb wie 
oorljer mäfng unb milb gegen bie flftenfdjen; nur trat er noeb ent* 
ft^iebener bem ^rrt^um entgegen, ber fte gum 2Rorbe gegen 2tnber$* 
glaubenbe oerleitete. 

Sftadj ber ©tnfübrung ber Reformation gu ©enf ging SBtret 
für eine 3cit lang nac^ Neuenbürg. 2BaS au§ beT SBorlabung nac^ 



Digitize 



41 



Sßatterne würbe, ifi unbefannt. %axel, ber tüchtige Mitarbeiter 
beburfte, fanbte einen ©oten an ©tret, um ihn &urücfyuberufen. 
(5r machte ftdj Sofort mit S^tiflop^ gabri auf ben 2Beg. ©ei 
goerbun trafen fie ba$, biefen Ort belagernbe, ©erner #eer, bei 
bem ftrh auch Gruppen t>on Caufanne befanben. (Sinige Saufanner 
bewogen 93fr et fte, nach bcenbigtem g^bjug, in ihre <Stabt ju be* 
gleiten unb unterbeffen in bem benachbarten Drbe auf fie ju »arten. 
ÜDiefe Gelegenheit in ber £>auptftabt be£ SEBaabilanbeS ba$ (5t>an- 
gelium gu oerfünbigen, burfte er nicht vorübergehen laffen; gabri 
ging allein nach ® cn f/ Wo übrigens wenige SJJonate fpater , ßaloin 
oon garel jurücfgehalten würbe. 

3u Saufanne war bie pottttfehe unb fircljliche Sage Ähnlich ber 
ju ©enf. ftarel ^atte fd)on einen ReformationSoerfud) gewagt, mar 
aber burch bie mächtige, oon greiburg unterfiüjjte ©eifUichfeft an 
wetterm SEBirfen gehinbert worben. üDoch waren tfeime oorljanben, 
bie nach ber (Eroberung be« SBaabtlanbeS burch ©ern gum ©ebenen 
gelangten. ©iret warb nun ber eigentliche Reformator oon 8au* 
fanne. @r prebigte in ber ©arfüfjerfircbe oor oielem ©olf, ba8, in 
ber erften ©efreiungSbifce bie ©Uber aerfi^Iug. 2luf bie Älage ber 
Äatholifchen oerorbnete ber Rath, *& fd benen, bieba« 2Bort®otte$ 
hören wollen , ootte Freiheit geftattet , nur fei oerboten, ©Uber unb Äir* 
chengeräthe ju befchdbigen. SBieberholteS (gtnfchreiten ber ©tiftSherren, 
beä ©ifchofS, ber greiburger, hielten bie ©ewegung nicht auf. 3m 
Styril 1536 warb ben (Soangelifchen auch bie ©ominifanerfirche über« 
laffen, mit bem ©ebeuten, weber Slltare, noch Orgel noch ©onftigeS 
wegauthun, ba (Solches Riemanben fd)abe noch habere ba$ 2Bort 
©otteä ju hören. 

Die Steigerung einiger Sßriefrer gu $h onon / mit gabrt ju 
biSputiren, oeranlafte ©ern, auf ben 1. Dctober 1Ö36 ein öffent* 
licheS ReligionSgefpräch nach ßaufanne ausschreiben. £)a garel 
burch Slbfaffung ber Siefen ben oorjüglichflen Slnthetl baran nahm, 
fo tft in feiner ©tographie barüber berichtet worben. <£>tefe$ ©efpräet) 
rechtfertigte oottenbS bie Reformation oor bem ©olf, unb bef eftigte 
ba« anfefm ©iret'8, ber mit ©elehrfamfeit unb ©ewanbtheit bie 
meiften ber Söffen oertheibigte. ©ereitS ben 9. Dctober würben bie 
©Uber au8 ber Äathebrale entfernt, unb ben 5. Rooember zugleich 
ber Slnfchluf* an ©ern befchworen unb bie ßirchenoerbefferung beftnitio 
eingeführt. 5Die ©erner Regierung ernannte ©arolf unb ©tret 
ju Sßrebfgern; jener erhielt, weil er bet ältere unb ÜDoctor war, bie 
erfte ©teile, boch warb ihm empfohlen , ba man ihm nicht ganj traute 
unb er ein grember war, ftd) in fdjwierigen ©orfommniffen mit 
©iret ju beraten, (53 bauerte nicht lange, fo trat ber eitle, unftäte 
©arolt wieber al$ ©egner auf. ©iret'8 geiftige Uebertegenheit 



Digitized by Google 



42 



mar ihm jumiber; er füllte ftdj beletbigt burch beffen $rcbtgten, in 
bcncn er 9lnfpielungen auf fein früheres Seben gu flnben borgab; 
baher f tagte er ihn laut aB UnruhfKfter an. SBäljrenb etneä SBefucheS 
SSiret'S bei feinen ©enfer greunben la8 (Saroli auf ber Äanjel 
eine ©ebrift ab über bie Rotljmenbigfeit ber ©ebete für bie lobten, 
unb erflärte, er mürbe in 3utunft bie 3 UTC ^»eifungen eineS fo 
jungen 3J?enfdjen mie fein College mc^t mehr annehmen. SSiret 
eilte jurücf unb befprach ftcb bergebenä mit ihm; bie ©adje fam bor 
ben Rath unb nach 33ern, n>eldje$ SBoten nach ßaufanne fehiefte; bor 
biefen unb bem herbeigerufenen (Salb in fat> ftch julejjjt (Saroli 
uac^ langem Jpin* unb £>erreben ^um ÜBiberruf genötigt. $aum 
hatte er Sbbttte getban, fo erhob er gegen SBiret, garel unb 
(Salbin bie Auflage, fte feien Slrianer , Säugner ber ©ottfjeit (Shrifrl 
(Sr mußte abermals miberrufen; bie brei Reformatoren aber, um 
öffentlich thre(Shre 8U retten, oerlangten bie 3«fatnmenberufung einer 
©tonobe nach Saufanne. 2113 biefe ben 14. Wlai 1537 ftch berfam* 
melte, legte $iret ba$ SBefenntmß ab, „baß ber ©ohn unb ber 
heilige ©eifi mit bem SSater mahrer, emiger ©ott feien;" auch ©albin 
mar e$ leicht, fich unb garel ju oerthetbigen, mäbrenb (Saroli 
letbenfehaftlich auf feiner gehäfftgen, auS ber ßuft gegriffenen Auflage 
beharrte. Die ©ttnobe erflärte baS Sefenntniß ber bret Reformatoren 
für rechtgläubig; (Sarolt, ben man bergebeng aufgeforbert hatte, 
©rünbe ju bringen, toarb alt SBerläumber au« feinem 2tmte entlaffen. 
SDa er nach S3em appellirte, marb ber ©treit bor ber, (Snbe 3Rat 
in biefer ©tabt gehaltenen ©tynobe mieberholt, mit bem nemltchen 
Erfolg; ©ttnobe unb Rath erfannten 93 fr et unb bie ©enfer für 
unfdjulbig; (Saroli, mit ben ©erichten bebroht, entfloh, U « D f^rtc 
fchon ju ©olothurn jum $atholici$mu3 jurücf. 

SSixct mar nun ju Saufanne allein. Sludj er bemühte |ich bie 
ßirchenjucht einzuführen , traf aber babei auf eben fo biet SBiberftanb, 
mie (Salb in ju ©enf unb garel fpäter ju Neuenbürg. 9113 bie 
beiben Settern bou ©enf bertrieben morben, unb bon S3ern au3 ein 
SSerfuch gemacht merben follte, ihre ©egner mieber mit ihnen $u 
berföhnen, erhielt SSiret ben Stuftrag, bie Söcmer ©otenju begleiten; 
bergebenS fprachen fie aber bor bem ©enfer Rath / ba& $8erbannung£* 
urtheil mürbe betätigt. Räch bem Umfhtrj ber ben Reformatoren 
feinbfeligen Partei meigerte ftch (Salb in äuerft, nach ber ihm mtber* 
mdrtig gemorbenen, bermilberten ©tabt jurücfyuf ehren; er empfahl 
Sßiret, unb auf biefe Empfehlung hin baten bie ©enfer bie SBerner 
Regierung, ihnen 3>iret gu überlaffen; ungern gemährte ihn biefe 
für eine ^rijl bon fechä 3)ionaten. 2118 (Salb in c3 hörte, febrieb 
er an $aret: „Sftit großer $reube habe ich erfahren, baß bie ©enfer 
ßirche nun 3Siret befifct; ich tonn iefct ^off en , baß bie ©efaljr bor* 



Digitized by Google 



43 



über tfr." 3u ©enf erfannte jebodj SSiret balb bie SRothwenbig* 
feit, bajj GUI» in felber aurücffommen müfje; in einem SBriefc Dom 
8. ftebruar 1541 machte er ihm eine lebhafte ©chilberung beä in ben 
©emüthern Dorflegangenen SBechfelS: man ijt ber (Sntjmeiung, ber 
leibenfehaftlichen Auftritte mübe geworben, bie 3eit ijt gefommen, 
ben SBieberaufbau btefer jftrehe &u unternehmen; „Derfäumfr bu e$, 
fo wirb ber .Sperr bich {trafen, fein (Soangelium »erachtet 3U haben." 
©iefer Slufruf trug Diel baju bei, ©alt) in jur 9^ücffe^r ju bewegen; 
ben 19. melbete er bem SRathe feinen (Sntfchlufj, nach bem (SoÜocroium 
Don föegenSburg wieber nach ©enf ju fommen; unterbeffen wünfehte 
er ihm ©lücf, in SBirct einen treuen ^ßrebiger ju haben, ©och 
tonnte er fich noch nicht ber 93eforgniffe erwehren; ben 1. 3Wärj 
fct)rteb er an SBtr et au£ Ulm: „ich fenne feinen Ort unter bem 
Gimmel, ben ich mehr fürchte, aU ©enf;" er fühle fleh ben©chwie* 
rtgfeiten nicht gewadjfen, ber #afj ber ©egner fei ju groß. (Srfl im 
(September fam er aurücf; er wünfehte SSiret bei fleh $u behalten 
unb fdjrieb beShalb an bie ferner Geologen, im tarnen 6^ri|ti fle 
bittenb, bei bem SÄat^e ba^in ju wirfen, bafj er ihn laffe; „fann ich 
ihn haben, fo hege idj bie fdjönfle Hoffnung für bie 3ufunft. // (Sal* 
Din war über Neuenbürg gefommen, wo $arel gerabe Don ben 
©egnern ber $irchen$ucht heftig bebrängt war. (Sine feiner erflen 
©orgen ju ©enf war, im tarnen ber Sßrebiger SSiret nach 9?euen* 
bürg gu fenben mit einem ©abreiben an ben 9iath unb mit bem 
Stuf trage, bie fräf tigflen SBorflellungen gegen bie 2luS weif ung garel'S 
)u machen; er foQte jeigen, bafj ein ^rebiger nur burefc) bie Kirche, 
bie ihn berufen, gefefclich entlaffen werben bürfe, bafj au$ ber 2lu$s 
führung beö gefaxten SBefdjluffeS grojjeS Uebel unb 5lergernifj entfielm 
würbe, bafj übrigens ftarel überall hochgeachtet fei unb fletS ba8 
Siechte gethan habe im SBerfe ©otteS. 2Jian hat im Seben ^ar^el'S 
gefefm, bajj biefe SSorfleflungen, Derbunben mit benen anberer fcirchen, 
ben gewünfehten (Srfolg hatten. 

(58 war bieä SBiret'S lefcte Arbeit im SDicnfre ber ©enfer ffirdje. 
SDer Sitten ßalDin'S ungeachtet berief ihn 93em nach Öaufanne 
jurücf. Mancherlei kämpfe unb ©chwierigfeiten erwarteten ihn hier, 
balb mit ben zahlreichen ©egnern ber ©ittenreform, balb mit ben 
ferner Theologen über einige £ir<hengebräuche unb ben S3ann; $al* 
Dtn wollte jwar, bafj er in biefen fingen nicht nachgäbe, bo<h ging 
er nach SBern unD »erftönotgte fleh mit ben ^rebtgern auf eine SBeife, 
bie für einige 3eit bem ©freit ein (Snbe machte. <5r hatte einen 
Sollegen, über beffen Langel an (Stfer er fuh beflagte; bie gröjjte 
Saft ber ttrdt)ltcr)en £hätigfett lag auf ihm; jubem war er ßehrer ber 
Sinologie an ber ©chule, welche 93ern ju ßaufanne gegrünbet batte / 
um ^>rebiger für bie franaöftfeh rebenbe 93eo6lferung bc^ 2BaabtlanbeS 



Digitized by Google 



44 



ju bilben; ßonrab ©ej? ncr ^atte hier (1537 bis 1540) bie griechifchcn 
HIafftfer erflärt; Stret legte bie SBüdjer beS feuert 2;efiamente8 
auf, 3°h ann Rimbert lehrte ba3 #ebraifche, 3<>h ann SRebit 
war ©eßner nachgefolgt. 1538 hatte ftch 95 ir et mit (Slifabeth 
gurta$ oonDrbe oerehelicht ; *) in feinem #aufe naljm er junge Seute 
auf, bic bie öffentlichen 23orlefungen befugten unb benen er noch aujjer* 
bem Unterricht gab. Sieben biefen Arbeiten fanb er noch^flufje, nicht 
nur ju einer weit ausgebreiteten (Sorrefponbenj , fonbem auch jur 
Aufarbeitung zahlreicher Schriften; in biefen fahren gab er cateche- 
tifche (Srflärungen ber jehn ©ebote unb be$ apoftolifchen ©mnboIumS, 
©enbfdjreiben an ^ßroteftanten , bie unter ßatholifen leben, polemifche 
Stractate über ba3 geijtlidje Statt unb bie ©acramente, fatirifche SDia* 
logen gegen baS gegfeuer, bie 9#effe, ba§ ^apßthum h«au3. 1545 
ging er mit garel nach ^3 ern imSntereffe ber oerfolgten SBalbenfer, 
unb nach 23afel, um mit Stouffaint über ben 3 u ßanb ^ 9Rüm* 
pelgarber Kirche ju beraten unb ihn, obwohl oergebenS, ju bewegen, 
einen 9tuf nach ®* n f anzunehmen. 2118 1546 bie SBerner eine $weite 
theologifche Celjrftelle $u Caufanne grünbeten, toünfchte 25iret, fte 
möchten garel berufen; |ie gingen aber nicht barauf ein; in ihrem 
. Sßiberwillen gegen (Saloin'S ©runbfäfce über baä ßirchenregiment 
warfen fte ihm unb feinen ftreunben ^terarc^ifcr)e ©eftnnungen oor; 
fie fahen nur ungern ba$ Einbringen feiner ßehren in baS 2Baabtlanb, 
auf gurcht, ihrßinflujj tonne barunter leiben; baher wollten fte nicht, 
bajj neben SSiret ber noch entfct)tebener caloinifche ftarel angefiellt 
würbe. Sßiret felbft würbe ihnen oerbächtig; al3 er, 1546, oon einer 
9?eife nach ©traf bürg zurüeffam, befchulbigten fte ihn, bie SBufcer'fche 
Anficht über'S Slbenbmal angenommen ju haben, gare! unb ©al* 
bin reiften für ihn nach 3«nch, um bie Vermittlung ber bortigen 
Theologen für ihn anjufprechen. SDie ferner Regierung hatte jwar 
für SBiret'ö Sleblichfeit bie größte Sichtung; aber nur nach wteber* 
holten Steifen unb SSerbanblungen , unb nachbem er oon ben ferner 
^rebigern fehr unfreunblich aufgenommen worben, gelang e$ ihm, 
Anfangs 1549, fte burch ein ©laubenSbefenntnif* , baS fte ihm abfor- 
berten, ju befchwichtigen. 33alb barauf fanb jwar ber Sinket Con- 
sensus patt; für 9Sir et War er aber oon feinem SRufcen, ba bie 
3wtngli'fchen ferner, weit entfernt, ihn anzunehmen, in ihrer 
ftetnbfeligfeit gegen bie ©enfer jefct noch weiter gingen, als oorher. 
SSiret blieb jeboch in feiner greunbfehaft für Saloin unerfchüttert; 
fo wie er bei ihm Statt) unb #ülfe fanb in ber 93ebr5ngnijj , fo War 
er feinerfritS unablafjtg bereit, ihn ju unterftüfcen. 1548 war er mit 



*) @ie flarb im SDiorj 1546; ba« 3a^r barauf »erheiratete ftd) 35 ir et ein 
jraeites SWat mit einer SBürgerötodjter au« (Senf. 



Uigitize 
■ 



45 



garel mehrmals ju ©enf, um (£aloin befiehlt in feinem Äampfe 
gegen bie Sibertiner. £)ie töathSbücher erwö^nen ber „frönen @r* 
mahnungen", bie SBeibe an bie oerfammelten föäthe richteten, in ber 
^urdjt ©otteS &u leben unb ben ©treittgfeiten in ber ©tabt ein @nbe 
ju machen. £5a8 3ahr barauf fanb et einen neuen greunb unb ben 
bcften ^Mitarbeiter an 33ega, ber &u ßaufanne aU Sßrofeffor angefreflt 
mürbe. (53 folgte nun eine ruhigere 3eit, ber eS ihm möglich 
marb, einige größere SBerfe ju oerf äffen, unter Stnberm einen Dialog 
über baS neueröffnete Stribentiuer ©oncil, ben er bem 9J?agtflrate 
feiner SSaterftabt Drbe nribmete (11. 5D?ai 1551), too jeboch erft 1554 
bie Deformation burdj (Stimmenmehrheit eingeführt würbe; eine laiei= 
nifche ©chrift über baS §lmt unb bie ©acramente, bem Rath oon 
ßaufanne gemibmet (1. 3uni 1553); eine ähnliche über biefelben ©e* 
genjtänbe, an bie SBerner Regierung gerichtet (20. 3uni 1553); eine 
gefc^idjtlidje £)arfteUung ber Gsntftehung beS SßapftthumS, mit einer 
3ufd?rift an 3afob oon SBonftetten, (Statthalter ber ©raffc^aft 
Neuenbürg (1. 3uli 1554). 3m 3at)r 1552 befugte il)n ber au$ 
Stalten geflüchtete ©irolamo Qantyi, ber feine Sßrebigten bemuns 
berte unb grcunbfdjaft mit ihm fchlof. 3" bemfelben 3ahre führte 
ihn bie ©orge für (Saloin abermals nach ©enf. Johann £rolliet 
hatte ben Reformator angcflagt, in feiner chrijtlichen 3nfftMion bie 
ßehre ju behaupten, ©ott fei ber Urheber beS UebelS. £>a eTfchie* 
uen SSiret unb ftarel oor bem JWath unb erflärten fo grünblich bie 
mif oerftanbene Anficht ihre« greunbeS , bafj burch öffentlichen SBefchlufj 
bie ^nPitution alsS chriftltcheS ©uch betätigt mürbe. Noch größern 
Kummer, als biefe immer ftch erneuernben Singriffe gegen (Saloin, 
machten SBiret bie Nachrichten, bie er bamalS auS granfreich erhielt, 
gfinf Junge ftranjofen, bie ju Saufanne ihre<Stubien gemacht hatten, 
maren als Sßrebiger in ihr 3>aterlanb jurüctgefehrt unb ju ßoott als 
Äefcer oerhaftet unb jum £obe oerurtheilt morben. Sluf SBiret'S 
unb Söeja'S ^Betreiben oerwanbten ftch oie reformirten Santone beim 
flöntg # ein rieh IL für bie ©efangenen, allein ohneSrfolg. SSiret, 
ftarel, <£aloin tonnten nichts thun, als ihnen £rojtbriefe fenben; 
ben 16. 2M 1553 erbulbeteu bie Jünglinge helbenmüthig ben fteuer* 
tob. 1555 erlitten fünf anbere ftrangofen baS nämliche ©djfcffal gu 
(Shambdrö; auch an biefe richteten 33fr et unb feine greunbe aufmun* 
tembe Schreiben. 

gür 9Siret felber bereiteten ftch in biefer %tit gefährliche ©türme 
oor. 1556 mürben, nach einer Empörung ber Cibertiner, bie $aupter 
berf elben auS ©enf oertrieben. SBern , immer f einbf elig gegen (5 a l o i n , 
nahm ftch ihrer an. 3 n Dem beßhalb gu 93ern geführten $rojeß 
mürbe auch SS ir et, namentlich oon $ et er 95 anbei, als SSerläumber 
unb SSerräther angeflagt. 3u ßaufanne fagte ber burchretfenbe $err in, 



46 • 

einer ber #auptgcgner (Saloin'S, bie fchmahlicbftcn $)inge über 
biefni unb Vir et; Iefcterer, Behauptete er, fei als fchmadjer (S^araftev 
Don 6 alt) in überrebet morben, bie unfchulbigen Sibertiner ber fchmerften 
Verbrechen^ befcbulbigen; er, er r in, habe bie ficherften 3eugntffe 
in £>änben, um bieg öffentlich gu bemetfen. 5£ie ßaufanner nahmen 
fleh oor , i^n bei feiner Rücffehr be^f>atb gerichtlich ju belangen. 3 n * 
beffen mufjte Vir et f elber 33ern erfcheinen, mo man, mie Veja 
an Vullinger f treibt, nicht mehr Rüif ficht auf ihn nahm, als 
toenn er ein gang unbekannter unb folcher Verbrechen fähiger 9ftenfch 
gemefen wäre. @r oertheibigte ftet) aber fo, bajj er nicht meiter be= 
Iäfligt mürbe. DieS mar nur baS Vorfpiel ber kämpfe, bie nun 
jmifchen ihm unb ben Vcrnern ausbrachen. 3 U Saufanne ^errfc^te 
unter einem großen, befonberS bem oornebmen Stheil ber Veüötferung 
biefelbe ©tttenloftgfett tone gu ©enf; eS gab auch ba eine ^artbet 
ber ßtbertiner, bie ftch ber £>iSctplin nicht fügen mottte; unb fo mie 
früher bie ©egner ber Deformation ftch «»f baS fatholifche greiburg 
flutten, fo beuteten jefct bie ©egner ber Kircbenjucht ben SBibeTtoiHen 
33ern'S gegen bie Anhänger beS (Sa loin'fchen eujlemS. Viret'S 
SBefrreben mar, bie nemlichc Drbnung einzuführen , mie in ber ©enfer 
Kirche, ein Konftfiorium mit ber SJtocht ju escommmuairen. Huf 
feinen Antrag ma^te ber Rath poltjetltche Verorbnungen befannt 
über ©ittenreform; Söern nahm eSübel, baj) man ftch in ber SBaabt, 
einem eroberten Sanbe, folchc Freiheiten nahm, unb fehtette feine 
eigenen Reglements, um ftch barnach &u richten. ®a zugleich Vern, 
fo mie überhaupt bie gan$e beutfehe ©chmeia , auS nicht unerheblichen 
©rünben, bie ©emalt beS Kirchenbannes nicht in bie #änbe ber 
^rebiger legen moUte, fo toiberfprach Vir et unb eS erfolgten lang 
batternbe ©treitigfeiten. 1558 brohte Vir et baS Slbenbmal nicht 
mehr ju reichen, menn ber Vann nicht eingeführt mürbe; bieSmal 
erfuchte noch Vern ben ßaufanner Rath, ben Reformator ju befänftigen, 
unb btefer gab nach; allein balb brach bie Qtüktxatyt oon Beuern 
auS. Strofc beS im Sahre 1555 oon ben ferner sperren crlaffenen 
©efehlS, man foße ftch alleS fctfputirenS über bie Sßräbeftinatton 
enthalten, trugen mehrere maabtlänbifcbe Sßrebiger btefe&hrein ihrem 
fhengften ©inne oor. ©ie mürben abgefegt; bie ßaufanner Klaffe 
protefttrte; SBem beftanb auf ber Abfejjung unb, um bem ©iSctplins 
(Streite ein (Snbe ju machen, fefcte eS in jeber ©emeinbe ein Konfi* 
frorium ein, mit bem Rechte bie Slergerntffe ju befhrafen, aber ohne 
@XCommunication. ©agegen beftanben Viret unb feine Kollegen 
hartnäefig auf Sefeterer unb begehrten zugleich bie Freiheit über bie 
SPrdbejttnation ju prebigen. Aufgebracht über biefen SBiberfianb, 
befahl ber Verner Rath allen SEBaabtlänber sprofefforen unb ^ßrebigern, 
»or ihm ju erfcheinen; fte famen ben 15. Sluguft 1558, begehrten 



Digitized by Google 



47 



eine Disputation unb, ba tiefe oerweigert würbe, fügten ftc fidj nodj 
einmal in ben SBiflen beT Regierung. Doch nabm bie SScTjrimmung 
jwifchen beiben feilen täglich ju; fchon im©eptember »erlief SBeja 
ßaufanne um fic^> in ©enf niebergulajfen. Sir et, ber in ii>m feine 
fräftigfte ©tüfce oerlor, war ljöd# mißoergnügt, unb lief ftcb nur 
mit SMfifje bürde) Saloln besänftigen, ber ©eja'S SBeggang ju 
rechtfertigen fuchte. 3 w ^gieng SSiret felber fchon mit bem ©ebanfen 
um au$ Saufanne wegjujiebn, wo buret) bie unaufhörlichen Äonflifte 
mit 33crn feine SBirffamfeit geljinbert war; allein er wollte feinen 
Soften nicht freiwillig oerlaffen. (Snbltch, ben 20. Januar 1559, 
würbe er mit feinem ÄoHegcn 3afob Skalier abgefegt, nach jwei- 
unbjwanjig jährigem Dienfi in ber Sauf anner SHTdje. (Srft {cjjt, ba 
ber Reformator felber gefallen war, nahmen auch bie Sßrofefforen ber 
Saufanner ©djule unb eine große 2ln$ahl Sßrebiger ber SBaabt ihre 
(Sntlaffung. 9Siret war nid)t entmutigt; ben 1. Januar 150O fc^rieb 
er an ben Rath unb bie ©emeinbe oon ^atyerne , er täufcfye ftd^ nicht 
über bie ©chwieTtgfcitcn ber Reformation, fte fei ein üöeTf baö 
nicht in einem Sage oollbracbi werbe, ju bem unfer ganjeä Ceben , 
nicht ausreiche; „baber muffen wir nid)t auf ba8 fehen, wa8 Slnbere 
tt)un, fonbern auf ba3 wa$ un$ obliegt, um treuHd) unfere Sßflicfyt 
gegen ©ort ju erfüllen, bem allein, unb nicht ben 2flenfdjen, wir 
9lcd)enfct)aft ft^ulbig finb." <Sr ging nach ©enf. Den 2. TOorj 
1559 warb er al$ Sßrebiger angefreUt unb erhielt ba$ ^Bürgerrecht. 
3ahlreicr)e Qxi^bxex brfingten flet) ju feinen ^rebigten, bie Iebenbiger, 
einbringlic^er waren aI3 bie (Saloin'ä. 2$on bem Ratt)e in ßbren 
gehalten, oon bem SBolfe geliebt, an ber ©eitc ßalüin'S unb ©eja'S, 
l)dtte er, wie er fagt, feinen anbern Aufenthalt met)r gewünfdjt als 
©enf. ©eine größere 3Wuße benufcte er jur Ueberarbettung ober 
neuen Verausgabe mehrerer früherer ©Triften; unb jur Abfaffung 
einiger neuer, namentlich eineg fonberbaren bibaftifchen 83ud)ö, bie 
ehriftltchc Sflctamorphofe betitelt, unb eineS ZxattatS über bie Sebren 
Oom Amt unb oon ber tfirebe, welken er ber ©tabt $atoemc 511= 
eignete, in ber (Erinnerung, baß er ber CSrfte gewefen ber fytx ba3 
(Soangelium georebigt I)atte. 

Selber fonnte fein Aufenthalt ju ©enf nicht oon langer Dauer 
fein. Der Sufiaifo feiner immer noch «n ^ folgen ber aSergiftung 
Ieibenben ©efunbheit war buTCh bie Sttüben unb ©orgen ber legten 
Sahre noch bebenflicher geworben; im 2Äarj 1557 fchrieb Söeja an 
SSullingcr, 33tret'3 fleiner, geflächter Äöroer (dcbilitatum 
corpusculum) flöße feinen ftreunben bie größten ©eforgniffe ein. 
(Sr beburfte eine« milbern 0ima'3; ba traf e$ fid), baß mehrere 
©emeinben beS füblichen ftranfreichS, unter Anbern RigmeS, oon ©enf 
^rebtger begehrten. 9Sirct oerlangte nach RiSmeS &u gehn; obfehon 



Digitized by Google 



48 



man für ihn bie ©efafyren ber föeife in bem unruhigen ßanbe fürchtete, 
gab ihm bcr föatt) einen zweimonatlichen Urlaub zur 2BteberherfkHung 
feiner ©efunbhett. £)en 6. Dctober 1561 fam er an, unb marb 
empfangen „tote ein 33ote bom Gimmel'', obgleich er in feinem elenben 
3uflanbe auSfab, „rote ein mit #aut überzogenes ©erippe"; felbjt 
Äatholtfen Ratten SKitleib mit ihm unb fagten: „ma8 »in ber arme 
SWenfch in biefem ßanbe? ift er nur gefommen um ftcb begraben ju 
Iaffen?" ©ct)on ben zweiten Stag nach fetner Slnfunft prebigte er; 
feine ©d)mctche mar aber fo grof, bafj SSiele meinten, eT mürbe oor 
bem ©djlu§ in Otynmadjt ftnfen. £)och erholte er ftet) balb in ber 
milbern Öuft. Gsr marb jum ^räfibenten beä ßonfifloriumä ernannt, 
führte ofme ÜBiberfranb bie ^irc^enjuc^t ein unb Innberte, fo oiel an 
ihm mar, ba$ Qexfiöxen ber S3ilber unb bie gemaltfame S8efi|mabmc 
ber jflrdjen. 92acr) Verlauf ber jmei3Äonate, melbete er an ßaloin 
er fdnne faum fort, er bftrfe ba8 begonnene SBerf nicht oerlaffen; 
bie ©emeinbe erbat unb erhielt oon bem ©cnfer SRagiflrat eine 93er* 
Iängerung be8 Urlaube. Slm SBettmacfytStage prebigte SSiret jum 
erfien Sßlal in ber Sftünflerfirche; nact) ber Sßrebigt nahm er offene 
lief) mehrere angefehene Jflofierleute , unter 2lnbern ßubmig oon SWont? 
calm, Sßrior oon SMü^aub, unb bie Slebtiffin oon SfcaraScon, unter 
bie ©emeinbe auf. 

2lu8 ben ©enfer töathSprotofoHen unb aug einem ©riefe SaU 
oin'8 an S3eja geht ^eroor, bafj gegen (Snbe 1561 2Mr*t für 
$ari8 oerlangt mürbe unb bafj er bie (Srlaubnif? erhielt bi8 jum 
(Sommer 1562 bort ju Oermeilen; ber föatygföretber machte bie natoe 
„man hofft er WeTbe oiel grucht bringen unb baju bei- 
tragen ba« Parlament zu befehren." (Sin fonjl zuberläfjiger gleich- 
zeitiger ©c^riftfiefler, SßaSquier, fagt, er habe in ber Stbat um 
biefe 3eit in ber SBorfrabt ©r. Marcel gepTebigt. SDicö tft aber 
faum ju glauben. *) 5Den 9tuf mag er erhalten haben , er folgte ihm 
aber nicht; ben 25. Dezember 1561 prebigte er ju SWiSmeS unb ben 
15. Januar 1562 mar er gleichfalls in biefer ©tabt; zmifc^en biefen 
Zmet (Sporen mar in bamaliger 3eit eine töeife oon Sßiäme« nach 
SßariS unb jurücf eine Unm5glichfeir. 

Den 17. Januar 1562 mürbe baS fogenannte Januar * Gsbift 
befannt gemalt, ba$ ben töeformirten befahl, ben ßatholifen bie 
ihnen mit ©emalt genommenen Äirchen jurüefzugeben. ©chon oor 
ber gJublijirung beffelben mar ber ©raf oon Sruffol, mit brei anbern 



*) (Sbenfo unrichtig ift c«, wenn § ottinger, in feiner $ifioria ber 9te* 
formation in ber Stbgenoffeufdtjaft , @. 852 fagt, SHret b,abe bem <£ot(o» 
quium bon <ßoiffü beigewohnt, <£r berwechfelt ib,n mit bem fonfl wenig 
befonnten «ßrebiger 3of>ann SBiret. 



Digitized by Google 



49 



(Sommiffarien, nad> bem Sangueboc gefchüft worben, um bie #ircf}en 
wieber ju »erlangen. £)ie Sßrebiger ber ^rooinj oerfammelten ftch 
ju Montpellier, um barüBer ju beraten; ben 15. richtete 
SS ix et ein benfwfirbigeS Schreiben an fie, in bem et fte aufforbette 
bem föniglichen SBefehle ^olge ju leiften: w eS märe ein gefährliches 
SHng, fagte er unter Slnberm, wenn e$ ben ÜBölfern gemattet wirre 
ftd) bie SRacht anjuma^en, bie, nach göttlicher Drbnung, nur ben 
Königen unb ben Don ihnen eingelegten Dbrigfeiten gebührt. 2Bir 
tonnen ben ©ehorfam nicht oerweigern, ohne unfrer ^pfttdEjt juwiber 
gu ^anbeln, olme bie Sirene unb alle ©laubigen in grofje ©efahr 
ju bringen; unfre ©egner wünfehen nidt)t^ mehr als unfern SBlber* 
jtanb t bureb, ben wir ihnen ©elegenheit gäben unS anklagen ; wäfc 
renb wir fie burch unfre Unterwerfung jum (Schweigen bringen." 3u 
SftSmeS lieg er bie nemlichen ©rmabnungen ^5ren; WaS lag auch 
baran, ba Religionsfreiheit gemattet war, fid) in einer Shthebrale 
ober fonft wo ju »erfammeln? „£)ie ^auptfadje, fagte SSiret, ijt 
unS geloffen, baS anbere ift nur SRebcnbing." (Schon ben 22. Januar 
würben in SftSmeS bie fiirdjen jurücf gegeben ; oon nun an fanb 
ber ©otteSbienft außerhalb ber dauern ftatt. SDen 2. ftebruar famen 
in befagter (Stabt fiebrig ^rebiger auS bem Unter-8angueboc aufammen, 
um fid> unter 93iret'S SSorfifc über bie Ausführung beS (SbiftS ju 
toerfiänbigen ; 2Rancr)en fam eS §axt oor ftch unterwerfen ju müffen, 
allein beS Reformators (Srmatmungen fanben julefct auch tyex ©ehör. 
ßurj barauf Oerltef? er SKiSmeS, oott SBewunberung über ben guten 
©etji ber bort berrfchte, über bie ©ereitwiUtgteit ber (Soangeltfchen 
fidj ben föniglichen ^Befehlen ju fügen, über bie Siebe bie fte üun 
erjeigt garten, über ben grieben &wifchen ben beiben $artbeien, über 
bie SBerträglichfeit ber ffat^olifen, oon benen er nie auch nur bie ge* 
ringfte Söefdjimpfung erlitten hatte. <5r Begab ftch nach SRontpeHter, 
in ber 3ibficr)t bie bortigen Sterbe gu befragen unb bann nad) ©enf 
jurücfjuf ehren. £)te feit 1559 in biefer ©tabt gegrünbete unb rafch 
aufgeblühte ©emeinbe wollte aber ben ausgezeichneten $rebiger gleich* 
falls eiüe &eit lang behalten. (Sine befonberS freunbliche Aufnahme 
fanb er bei ben Slerjten unb Sßrofefforen ber Berühmten mebfjinifchen 
gacultät, unter welchen er treffliche (Shriften erfannte, „bie bienatürs 
liehe ^h^lofoph^ mtt Dem (Stoangeltum ju bereinigen wußten." @r 
nennt ßorenj SConBert, getoneS, ^rial, ben Shirurgen 9Äis 
djel Jg)drouarb, ber mitSifer für bießirche oon 9Rontpeflier thätig 
war, ben ßanjler ©aporta unb ben SRaturhiftortf er unb Slnatomifer 
3B i 1 1> e l m SR onb elet, bie alle ihre ßunft anwanbten um feine ©e? 
funbheit wieberherguftellen. Obgleich fchon ben 7. Februar bie Kirchen 
gurütf gegeben worben waren unb bie ©emelnbe, ju ber, wie man fleht, 
bie gelehrteren 3Äänner joer llnioerfitat gehörten, (ich nur in einer 

£uppr.»S6anb. Scfcini bt, Tjaxtl «nb ©irrt. 4 



60 



©eljaufung am ©tabtgraben oerfammelte, prebigte SStret mit fo t>icl 
(Erfolg, baf ftch bie ber SRefortnirten fdmeff unb auferorbentltct) 
oermebrte; währenb im 3&h* 1560 nur 18 kaufen, unb 1561 beren 
260 ftatt gefunben Ratten, flieg im 3ahr 1562 bie 3aht auf 528. 
SBitet'3 Pflicht jog ihn iebodj nach ©enf; feine gamilte mar bort 
• jurücf geblieben, ber State) hatte ihm feine Söefolbung gelaffen, @al* 
©in wünfdjte ihn anrfief, bie3*it feine« Urlaubs waroorüber. 5Den 
23. SRära fchrteb er an ©aloin um ftch ju entfchulbtgen , &ftei Ur= 
fadjen gelten ihn noch in Montpellier aurücf , bie &ur bie er unter 
ben Slugen ber Sierße befolgte, unb bie Unruhen in ber Sßrooence, 
bie bie (Strafen unftcher matten. 2)te nemltchen ©rünbe oer^tnber* 
ten ihn auch bem Stuf ber ©emeinbe oon £ouloufe ju folgen, bie 
tyn burch abgefanbte SBoten eingelaben hatte bei ihr gu prebigen. 
SBenig £age fpäter fam aber ein anberer Stuf, ber fo bringenb war, 
baf er ihn nta)t abmeifen fonnte; bie flirre oon Styon begehrte ü)n 
oon ©enf , unb erhielt ihn für awei SKonate. 21m Dftertage (29. 9Eära) 
prebigte er aum lefeten Sttal in Montpellier; ba$ 93olf behauptete, wäh* 
renb feiner Sßrebigt h<*be man brei (Sonnen augletdj am Gimmel gefebn. 

SBereitS ßnbe Stprtl begab ft<h SBiret nach Söon. Sluch hier 
Ratten bie föeformtrten feine Äfrd)en mehr; pe oerfammelten ft<h in« 
©ebeim in einer ber SSorfiäbte, pflegten aber Slbenb« truppweife unb 
gjfalmen ftngenb bie ©trafen au bur^elm bt$ in bie innern ZfyeiU 
ber ©tabt; oergeben« mahnte einer ber ^ßrebiger fie baoon ab; trofc 
ber Verbote be« ©tatthalter« fuhren fie fort unb wiberftanben fogar 
mit ben SBaffen in ber £anb. Sil« SSiret fam, tt)at auch er ba« 
©einige um gur SRu^e ju mahnen; bo<h erregte feine Slnfunft bie 
©eijrcr noch mehr. 35er 3«brang ju feinen Sßrebigten war fo grof> 
baf er einft auf öffentlichem Pafee prebigen muf te ; er foU fo SBiele 
befet)rt haben, baf Stgrippa b'8tubign<$ erjä^It, Coon fei et)er 
burch bie 3u«Ö c SStret's* al« burch bie ©c&werter feiner 83ürger 
gewonnen worben. $)iefe 2Borte bejie^en fleh auf ftotgenbeä. 

SRach bem burch ba£ 23lutbab oon SSaffo herbeigeführten 2lu$* 
Bruch be« 23ürgerfrieg8, bemächtigten ftdj bie Hugenotten, ben 30. 
Slpril, burch einen fühnen #anbfheicb ber ©tobt Söon. %n ih rc * 
©iegeSfreube fanbten fie, fd)on ben 3. 2Kaf, ein in enthuftafrifdtjen 
SluSbrücfen abgefaßte« ©^reiben an ben ßönig ab, ba« ebenfo oon 
ihren loyalen ©eftnnungen, aI8 oon ihrem gänzlichen S3erfennen ber 
bamaligen SSerhältniffe aeugt. ©ie melbeten bem S UT P e n, baj? feine 
©tabt ßoon nun für Sbrißwu gewonnen fei, worüber er, ber aller* 
chrifHichfle ßönig, ftch freuen folle; fie hätten feinen neuen #errn 
eingefc^t auf er bem, an bem auch er ftch befenne; er fei gtüdlich 311 
preifen, baf unter feiner Regierung bie SBahrheit fich oerbreite, unb 
fei noch iuug genug um einft beren ©ieg au fehn; bie ©egner unb 



51 



Verfolger, bie pcb mit Umreit (SbriPen nennen, treiben überwunben 
werben, fo wie (ie gu Styon unterlegen pnb; bie Söoner fyjfcen bie 
St^rannei umgepürgt, um pd) bem gu übergeben, ben fie nad) ßbripo 
als ihren einigen rechtmäßigen #errn erfennen , bem Äönig. Db SS i r et 
an ber 2Ifcfa|fung biefeS, mit Sßfatmfprücbett unb SHeberffropljen ange* 
füllten ©cbreibenS 3lnt^eil hatte, tüiffen wir nicht; wir möchten Diel* 
mehr begweifeln , baß er e$ billigte. Der ©teg mar nicht rein geblieben; 
e$ waren in ben fatbolifeben ftirdjen ©ewalttbätigfetten berübt worben, 
gu benen felbfi einige Sßrebiger ba8 2Solf aufgebest Ratten. SStret 
[uä^te lange oergebenä gu wehren; nur mit SOWtye gelang eS ihm bie 
©emütber gu Besänftigen ; ei melbete e$ an Salb in, ber ben 13. üflat 
an bteSßrebiger fdjrieb, um ibrSBenehmen Preng gu mißbilligen. 3m 
3uni fanbte ba£ Ctyoner ßonpportuut SSoten nach ©enf um SSiret 
noch für längere 3ett gu erbitten; er hoffte gwar nicht ber Jtlrcbe lange 
mefjr bienen gu fönnen, er füllte pd) franf unb fdjwacb, unb fürdV 
tete balb ba8 Söett nicht mehr gu üerlaffen; bodj machte er, Wäljrenb 
beS neu erhaltenen- Urlaube, fap übermenf deiche SlnPrengungen , um 
wäfyrenb ber ÄriegSnoth unb ber $ep feine ©emeinbe im ©tauben 
aufredet gu erhalten. SlnfangS 1563 Pellte biefe abermals ben ©enferu 
Oor, pe fönne 58 irret nicht entbehren; er warb ihr nun für unbe* 
pimmte 3*ft gepattet. (Bx nahm e« an, „benn ber #eTr, fagte er, 
bat mid^ burdj bie Erfahrung belehrt, baß eS nicht an feinen Dienern 
Pebt ba^tn gu geljn wo Pe e$ wünfeben, fonbern baß pe ihm folgen 
follen wohin er pe ruft'' Qsx tarn felber nach ©enf unb banfte bem 
SRagiftrat mit gerührten Sßorten für feine Söohlthaten; „e8 würbe 
befcbloffen, ^ci^t eS im SRat^Sprotofoll, ihn ehrbar gu entlaffen unb 
ihm gu banfen, baß er, ben ©ort gewählt hatte um ba8 Soangelium 
in biefer ©tabt aufrichten gu Reifen, unfrerÄirä> mit fo biel SRufcen 
gebient bat, baß ba« Slnbenfen baran unvergeßlich fein wirb; auch 
ip oerorbnet worben ihm 8t0cÖ gu geben WaS er gur SReife bebarf." 

iRach ber Einnahme bureb bie Hugenotten blieb gu ßöon ber fatbo* 
lifdje ©otteSbienP unterbrochen, big gum grieben oon Slmboife, 19. 
Sttärg 1563. Den 15. Sunt rfieften fatbolifdje Strusen in bie ©tabt ; 
bie 3Reffe warb wieber hergePeflt, bie SRöncbe erfebienen wteber, 1564 
gog Sari IX. ein unb ließ ben Jtatbolifen bie ßirdjen gurüdfgeben, 
welche bie 9leformirten noch inne hatten. Doch warb ber ©otte$bien|t 
biefer ßefctern noch nicht gefrört. Jhrrg nach ber SEßteber^erfteHung be$ 
fatholifchen <£ultu8 im ©ommer 1563 Wünfchte SSiret eine ©tinobe 
gu halten; baS (SonPportum wanbte pd) be$halb an ben Sconig, ber 
aber unter bem SSorwanbe ber Unruhen feine ^Bewilligung oerwei- 
gerte; SSiret flagte barüber an (Saloin (28. 3uli); er jagte, bie 
meiPen Sßrebiger feien fdjon unterwegs, unb meinte er hätte »ielleicbt 
beffer baran gethan feine Srlaubniß gu begehren. (5$ fcheint inbeffen, 

4* 



Digitized by Google 



52 



bof bie ©djwierigfeiten gehoben würben, beim ben 10. fcuguft trat 
bie ©unobe aufammen: fte wirb als bie oterteber franjöflfäen üftario* 
nat=©önoben gejault. 58 (rct würbe jum SBorfifcenben (SRoberator) 
unb gugletdj gum ©ecretar erwählt; bie aSerfatmnlung fafjte eine töeibe 
oon ©efcfylüffen, t$eil# um gewiffe fünfte ber SMSjiplin genauer gu 
be|ttmmen, tbetlS um bie SSerbältntffe mebrerer Äirdjen ju regeln unb 
einigen Sßrebigern SSerbaltungSmajjregeln 51t geben über fcbwierige gdlle. 
£)a ftdj ju Styon audj eine italienifdje, meift au8 pdjttgen ßucenfern 
befte^enbe ©emeinbe gebilbet l)atte , förfeb SSiret, ben 20. ©eptember 
1563, im Kamen be$ ßonftftoriumS an &anä)i, er möge al$ Sßre= 
biger für feine Öanbäleute fommen, e8 fei ^ßflidjt bte greiljett ju be* 
nufcen bie ben ^roteftanten in granfreidj gefrattet tjt; bte metjten ber 
Italiener ju ßnon oerftünben jwar fran$öftfcfj , allein fie bebürften 
eine$ SßrebigerS t^rer ©pradje, fowofyl wegen beS UnterrtdjtS ber 
3ugenb, al8 weil ein fat^oltft^er italtentfdjer ©etfUicber Ijefrtg gegen 
bie ^Reformation eiferte. Qanfyi, ber fdwn @nbe 1561 einen äfm* 
liefen Stuf Don ßtton erhalten unb abgelehnt batte, wdre bie&nal gerne 
gefommen, wenn er nidjt bereits für ß^iaoenna jugefagt ^ätte. 

35er Soften $u St)on war ein aufjerft fdjmieriger; jwar $atte 
SBiret mehrere tätige Sollegen; aud) fanb er (Snbe 1563 einen 
längft ifym befreunbeten SRitarbeiter an Stirijroplj $abri, ber 
flüchtig oon SSienne berüberfam. ?TOetn bte ntetfie (Sorge lag auf 
ibm, bem Sßraftbenten be8 (Sonjtftoriumg. ÜDie Sßrotefranten waren 
aablreidj, bie Äat^oliföen waren e3 ni(t)t minber; ber burdj bie 
SBürgertriege entbrannte #a§ war burdj ba8 griebeng s (Sbift Don 
SImboife nidjt auggelöfdjt werben; eifrige Sfööndje, jumal 3*futtttt/ 
befämpften ben ^roteftanttSmuS ; jubem waTen, auf ba8 Gsbtft jlc$ 
berufenb, bem jufolge Sfiemanb wegen feineS ©laubenS geftört werben 
foflte, ©ectirer aufgetreten, bie bie ©emittier entzweiten unb ber 
guten ©adje mannen (Schaben brauten, ©ebon gleicb nad) feiner 
5(nfunft gu Co,on batte 3Siret ftdj Deranlafet gefetyn, einem fonft treffe 
lieben, gelebrten Sttann ju wtberfpredjen. Anfang 1562 war bier 
ein werfwÜTbtge«, mit Dieler Mäßigung getriebenes SBudj eTföienen 
über bie Orbnung unb ^ßolijei in ber (brijtttdjen Jhrdje; •) ber 23er* 
f affer, Sodann SKorelu, au« $ari§, ein nadj ©enf gefiüdjteter 
£ugenott, batte e$ SSiret gewibmet, nadfjbem ßaloin ftcb geweigert 
batte, baS Stfanufcript bur^gufe^n. (S8 entwitfelte, in SBejug auf 
Äirtbenregiment , bie extremften bemofTatifdjen ©runbfä^e; bie ^Pre- 
biger fotlen blog oon ber ©emeinbe gewählt unb entlaffen werben; 
fetbji über ©itten unb ße^re fott nur bie ©emeinbe rieten. SDie 
ben 25. Slpril 1562 ju Orleans gehaltene ©önobe oerwarf ba« 33u<§, 



*) Traict^ de la dlacipline et police chrestienne. 40. 



Digitized by 



53 

al« bie Sluflöfung ber Äircbe be$wecfenb. Stotel 9 erbot (ich, bem 
Urzell garcl'«, Saloin'« unb öiret'« ft<$ J« unterwerfen; 
namentlich fjoffte er, ftch mit Sefeterm, ben er persönlich tyfyaftete, 
oerftänbigen ju fönnen; oon ihrem ©tanbpunfte au« fonnten aber 
bie Reformatoren feine Stenbenjen nicht billigen, unb burdj 93efcr)luß 
be« ©cnfer attagtfirat« (16. (September 1563) würbe feine Schrift 
»erboten unb öffentlich oerbrannt. •) ©ne toeit gefährlichere er(fr)ien 
flu 8oon furj nach D «n ^rieben oon Slmboife; fle war anonym unb 
führte ben Xitel: „iDie bürgerliche unb militairifche SBertheibigung ber 
Unfchulbtgen unb ber flirre ©hrifH ; **) ba fte ben Hufflanb gegen bie 
Störannen rechtfertigte, erregte fte gro§e« Suffehn. SDer (Statthalter, 
#err oon (Soubife, übergab fte SBiret, welcher in feinem unb 
fetner (Sollegen tarnen ein (Gutachten abgab, in bem er erflärte, flc 
enthalte falfche, gefährliche, Wtebertäuferifche Sehren. (Sie würbe 
oerboten (11. 3uni 1563); ber bamal« ju 8öon anwefenbe, berühmte 
9lecht«gelehrte ßarl $)umoulin, ben man fälfchlidj im Stebacht 
hatte, ber SSerfaffer &u fein, würbe gefangen gefegt, nach wenig 
Sagen aber wieber frei gelaffen. 3« berfelben 3*** ungefähr h"** 
ftch ber Bntitrinitarier Sßalentino ©entile ju Soon auf; fein gegen 
(Saloin gerichtete« ,,@oangelifche« Söefenntnip" erfchien hier ImSDrucfe. 
<5r würbe gefänglich ^"fl^ogen, rebete ftch m& unD 8°fl/ * m ©ommer 
1563, mit Sllciati, ber wahrfcheinlich mit ihm ju 8oon war, nach 
$oIen. 3m3"W 1566 fam er wieber nach ©er,, würbe jeboch wenige 
SDtonate fpäter ju Sern hingerichtet. Ob er unter ben Sttoner 3ta* 
Iienern einigen Anhang gefunben hatte, oermögen wir nicht ju fagen; 
inbeffen fehlten auch unter ihnen bie ju ©rübeleien geneigten ©eifier 
nicht. 3m 3ahr 1566 traten jwei berfelben mit einer mofHfchen anseht 
OomUbenbmal auf; flc behaupteten, in bem (Sacrament, fo wie eS in 
ber ftirche gefeiert wirb, fei Sbrifht« auf feine SÖBeife gegenwärtig, 
bie ©entejenben treten baburch nicht einmal in geijtige ©emeinfehaft 
mit ihm; biefe ledere, bie geijn'ge, fei ^war bie allein wahre, bebürfe 
aber ber äugern Reichen nicht 2ln ben einen biefer Seute, mitkamen 
SÄlamanno, richtete SBeja, ben 2. 3unt, ein längere« Schreiben, 
um ihm feinen 3rrthum ju beweifen. (Sin fatholifcher ©chriflftetter 
be« fech«aehnten 3ahrhunbert« fagt, SSiret habe mit bem erjbifchöf* 
liehen SSicar gemeinfehaftliche (Sache gemacht, um biefe, bie Sooner 
Äirche ftörenben Äefcer ju unterbrüefen; bie« h«ft wohl nur fo oiel, 
baß SBeibe gleichzeitig auf bie (ghtfernung ber gwei 3taliener brangen, 
ba biefe, wie e« fcheint, fl<h fott>o^l an Äatholtfen al« an föeformirte 



*) ©ie nwrbe auch »on ben©tonoben ju^ari«, 1565, unb ju 9ft«me3, 1572, 
oerbammt 

*) De 1» defense civil« & müiUire des ümocene ft de TEgliee. 



Digitized by Google 



waubten. fßixtt hat fleh um fo weniger ju irgenb etwa« mit ber 
fathottfchen ©etfilichfeit oerbinben fönnen , ba et felber unb feine ©e* 
meinbe unaufhörlich ihren fcnfeinbungen au«gefefct war. 5Der gelehrte 
3efuit 31 n t o n i o o ff e 0 i n i gab einen italieniföen Zxactat ju ©unften 
ber 9Heffe herau«; fein Drben«bruber Öbmunb Sluger, ber 1563 bie 
erf*e SWeffe ju ßöon wieber feierte unb fpäter ©etchtoater ty« tföntg« 
§ einriß III. warb, fchrieb einen fran^öfifchen $?atecht«mu«, nach 
berOrbnung be« (Saloinifdjen, au« bem er Manche« entlehnte, um 
befio leichter ba« reformirte SBolf irre ju führen. &ujjerbem würbe 
auf ben Äanjeln heftig gegen bie Äefcer geprebigt. SBirei, ber ftdj 
an ben großen ©rfolg erinnerte, ben früher bie öffentlichen Steltgton«* 
gefpräche in ber ©djweij gehabt hatten, wünfebte nun ein ähnliche« 
ju ßoon gu galten; er meinte, „biefe« Hirtel ber SBa^eit ben^ieg 
gu oerfdjaffen, fei Beffer, al« bie Spenge gegen bie $efcer auftubefcen 
unb in 33egug auf bie Religion, in ber man am weiften einig fein 
foUte, geinbfajaft unb $afs gu erregen; nur burch öffentliche Söefprechung 
fann bie «Sache ofme <& anwerbt unb geuer, ohne Wloxb unb Ärieg, 
entfdn'eben werben; unb geben wir augletcb unfere gegenfettigen WleU 
nungen burch bie Sßreffe funb, fo tonnen Sllle fidt) belehren, gerabe 
wie bie dichter, wenn fte bie Steten eine« Sßrojeffcä burebgebn." £)ie 
fatholifdjen ©etfilteben weigerten fiel) aber lange, mit ben ©eißlicben 
fowohl öffentlich al« in $rtoat= Unterhaltung bt«ptttiren. (Srfi 1565 
willigten ber $ranji«faner Johann föopitel unb ber %e\üit Stuger 
ein, mit SSiret einige Slrtifel ju oerbanbeln, unb jwar nur fdjrtftlich. 
(Bit übergaben ihm eine Bleibe oon fragen, bie fleh, in fonberbarer 
Unorbnung, theil« auf ganj untergeorbnete $)inge, theil« auf bie 
Hierarchie, bie Saufe unb bie (Sscommunication bejogen. 3>n feiner in 
würbigem Stone gehaltenen Beantwortung führte SStret fämmtliche 
Slrtifel auf bie allgemeinen eOangelifchen ©runbfäfce jurittf, unb fügte 
feinerfeit« jwölf fragen bei; bie oorjügltcbflen waren: iß e« erlaubt, 
3ufö^e gum SBorte ©orte« $u machen? wirb ©ort burch äufiere Sere* 
monten Wahrhaft oerehrt? fann e« nach ber ©ibel ein einzige« ficht* 
bare« Oberhaupt berÄirche geben? fann etwa« in berSßelt gefchehn, 
gute« ober böfe«, ohne bie SSorfeljung ©otte«? Sßtrct gabba«©anae 
burch ben SDrucf f)exani; ob föopttel unb Sluger auf feine fragen 
antworteten, tft un« nicht befannt. 

SDiefe@chriftwar nicht bie einzige, bie SSiret ju 8öon oeröffent* 
lichte; trofe feiner tförperleiben entwicfelte er eine aujjerorbentlicbe litexa* 
rifche ahätigfeit; jum ^eil burch bie Singriffe ber ©egner oeranlaft, 
gab er in ben fahren 1563 bt« 1565 mehrere fetner bebeutenbften 
SOBerfe herau«: feine grofe <£h*f flüche Unterweifung, wooon er 
ben erflen Stheü ber ©emeinbe oon 9ft«me« (7. SDejember 1563), unb 
ben aweiten ber oon SKontpeUier (12. JDej. 1563) wibmete; einen 



Digitized by Google 



55 



Zxactat über bie ©ebete ber fotfjoüföen ©etfUichen; brei etnanber 
erganjenbe tßücher über bie Huctorität bei heiligen ©cbrtft, fcfe ©en?alt 
ber ©ehlüffel unb ben über bie »ah« unb bie falfdje Sftrehe geführten 
©treit; bie beiben erfien richtete er an bie ©nwohner Styon'8 beiber 
»efenntniffe (9. unb 12. «prü 1564), ba« britte an bie $eraogfn 
Renata von gerrara (5. 3lpril 1565); ferner eine fatirif^e ©^rift 
über bie ÜReffe; einen früher fdjon getriebenen Zxadat über ba$ 
Interim, ben er bem Slbmtral ßolignv, jueignete (20. ©eptbr. 
1565); enblieh eine 8b$anblung über ba« 2lbenbmal, unb eine über 
bie göttliche SBorfehung, ba« heifjt über bie öon ben Äatholifen häufig 
ben SReformirten $ur 8aft gelegte SPrfibejrination. 

SBann SStret Öoon »erlieg ift ungewiß; er toar bafelbft noch 
ben 20. ©eprember 1565. Den 4. Ortober erteilte ihn bteSfteuen» 
burger Älaffe an bie ©teile be£ fürjltch verdorbenen garel; ba er 
ntdjt annahm, würbe gabrt berufen. (Sin f5n^glicr)ed (Stift oom 
14. ©ejember 1563 t)atte , unter bem SBortoanb ben grieben von 
Ämboife ju interpretiren , ba« §etfjt ju befchränfen, toerboten, in 3" 5 
fünft au«lanbtfche Sßrebiger ifl granfreich anjuftellen; mehrere ©chrifts 
fteHer haben behauptet, bag bied Verbot fofort auf Sir et angetoanbt 
tourbe; man fleht jebod) au« Obigem, bafj bie« nicht ber gaü* war. 
©ahrfcheinlieh benufcten e« erftönbe 1565 bie Sefutten, um ben toegen 
feiner TOfjigung unb grleben«lfebe allgemein gearteten Sßrebiger jn 
entfernen. Gr ging nach Orange, ba« bem gürften SB ü heim von 
Sßaffau unterfym mar. Sondier berief ihn 3 Oranna von Vlbret 
an ihre neue, im $ahr 1566 errichtete Bfabemte von Ort^ej, in ©earn. 
SBon nun an oerfchtoinbet er beinah au« ber ©ef Siebte; feine Ittera* 
rifdje S^dtigfeit §örte auf; vielleicht ^inberte ihn junehmenbe Ärfinf* 
liefert an bebeutenbcmffiirfen; vielleicht begnügte er ftch, in bem gan& 
evangelifchen ßanbe ju feiner $olemif gelungen , mit bem öffentlichen 
Behren ber Geologie. Doch toarb aua> r)ier noch einmal feine föube 
gefrört. 1569 Feien fatyoltföe Gruppen unter bem SBicomte Von Serribe 
in ©earn ein, bemächtigten (ich auch ber ©tabt Orttyej, oertrieben 
bie Sßrofefforen, nahmen SSiret, ben berühmteren unb am met|ten 
gefür^teten, al« ©efangenen mit unb brauten ihn in ein fejte« ©ehlojj 
bei ©habanaö. SDtefe lefcte Sßrüfung bauerte inbeffen nur fur^eit; 
Orthej tourbe von bem ©rafen 2Rontgom6v toieber mit ©türm geuom* 
men; ein anbere« #ugenottencorp« nahm(£ha&«tatt, 1010 fünfte bem 
©efehl«haber biegieiheit auf fein SSerfprechen, auch SSiret freiaulaffen. 
<5r tourbe ju Orthej toieber etngefefct, jiarb aber fchon 1571, fettig 
3ahre alt, ber lefctüberlebenbe be« großen Triumvirat«, ba« bie Sie* 
formatton in ber romanifchen ©chtoeia unb von ba au« in granfreich 
begrünbet hatte. 



I 



56 



IL 

3n einem ©riefe au8 bem Safyre 1549 fdjrieb §arel an 
93 u Hing er: „©ort fytt un8 SS ir e t gegeben; id) fenne ilm beffer 
al% mify felber unb bezeuge bafj id> nie etwa$ 2lnbere$ in iljm gewahr 
warb , a(3 waijre aufrichtige Siebe ju ßljrifro unb feinem (Soangelium, 
ein bemütljtgeS, liebeoofleä, nad) ^rieben ftrebenbeä ©emütfy; fd^e er 
nidjt, baf ber^rrt^um fo fielen SBerberben bringt, unb wäre er ftd) 
ntdt)t bewujit, oon ©Ott getrieben ju werben, fo würbe er nie mit 
Semanben fheiten; im Streiten felbft jeigt er fo oiel 2)Mfngung, bafj 
bie ©egner, gezwungen bie £Ijatfad)en anjuerfennen, nidjtS 3lnbere$ 
$u tfyun wiffen , als ju behaupten , e8 fei 5ltteä nur Jpeudjelei bei i^m." 

£)iefe einfache G^aracterifhf, bereit SBafyrfyeü burefy SSiret'ä gan* 
je$ Seben bezeugt ifr, bient audj §ur (Srflärung ber SBirfungen bie er 
r)eroorbradt)te, überall wo er für bie Deformation tt)ätig war. SEBafc 
renb garel burdj fein rafet) entjünbenbeä §euer unb ßalotn burdj 
bie ©ewalt feiner ©ebanfen bie ^erjen gewannen unb bie ©egner jum 
©Zweigen brauten, t)at 93 ir ct'ö ißerfönlidjfeit, weldje bei eben fo 
Diel gefHgfeit wie feine $wei greunbe, met)r SWilbe unb einnet)menbe 
©anftmutf) befafj, ganj äf)nticr)e Refultate erreidjt. SDieStttttei, burdj 
bie er in ber romantfdjen ©djweij fowie in ©übfranfreidj gewirft $at, 
waren feine Sßrebigten unb feine ©Triften. 

SBon feinen ^rebigten ifr Ieiber feine erhalten; flc waren wotyl meifl 
improoiftrt, wie bie garel'S unb ©aloin'8; wäfjrenb aber bie be$ 
ßefctern burdj 9£ad>f Treiber auf bewabrt würben, r)at fict), wie eSfdjeint, 
für bie beiben anbern Reformatoren Riemanb gefunben, ber ü^nen einen 
ä^nlid)en $>ienft geleijiet t)ätte. Rur au$ tyren SBirfungen unb einigen 
3eugniffen oon 3eitgenoffen fann man auf ba$ (5igentt)ümlidje ber 
Sßrebigten ißtret'S fdjliefcen. ©in ©enf er (St)rontft fagt, fie feien bei 
bem SSoIfe in t)oI)em ©rabe Mieht gewefen; ,3ancr)t, ber 1552 
(Salotn ju ©t. ©eroate unb ben gerabe in ©enf anwefenben SSiret 
ju ©t. Sßeter prebigen r)örte, bewunberte beS Settern aufjerorbentlidje 
SBerebfamfeit unb pellte ilm al$ Rebner työljer al3 (Saloin. ©e$a 
fagt: „Riemanb r)at gelehrter geprebigt al§ ©alotn, Riemanb traf* 
tiger als garel, Riemanb fanfter als 33iret." Dirne 3weifel barf 
man übrigens annehmen, bafj ficr> in ben Sßrebigten biefeS ßejjtern 
bie nämlidjen ©tgenfdjaften funb gaben, wie in feinen ©Triften, bie 
grofjeutt)eil3 ebenfo inwrooijtrt ju fein fdjeinen, wie feine öffentlichen 
Reben; wa$ bat)er oon jenen ju fagen i|t, läßt fi<f> auf biefe anwenben. 

SS i r e t war einer ber frudjtbarften ©djriftßeUer ber 9tef ormationSs 
jeit; Ieiber ftnb feine meift für ba8 SSolf beftimmten SDBerfe wenig in 
bie #änbe ber ©ele^rten ober in SBibltotljefen gefommen, unb bafyer 



Digitized by Google 



57 



äufjerfi feiten geworben.*) 2Ba« fie oorsuggweife characterijtrt, ba« 
ift eine ungewöhnliche Hafftfd^e tmb t^eologifc^e Gelegenheit, reiche, 
<5tnbtlbung«traft, fhrenge ßogtf, oerbunben mit ©eift unbSBifc. $)ie 
im ©anjen flare Darfiellung ift oft wettfchweifig unb gebehnt; fchon 
frühe, 1546, hatte Salüin biefen fehler SBiret'« getabelt, ber eine 
golge ber @<hneUigfett feine« Sirbetten« mar. $)ie ©»räche ift bie 
be« Golfe« für ba« er fchreibt, populär unb mitunter trfoial; er fagt 
felber: „meine (Sprache tfi nicht attifdj, ich toerftelje nicht« oon W)t- 
torif, ich »erfafle oft in mein Patois aurüdf;" er tr)at bie« fogar 
abfichtlich , um beffer oerftanben ju werben. SDer 3wecf feiner Schrift 
ten war GolKunterricht unb ^ßolemif ; ba« theologifche ©öftem hat er 
Weber tiefer Begrünbet noch Weiter entwickelt; er ift <3ct)üler ßaloin'« 
unb hat {ich als folcher begnügt, beffen Rheologie für ba« 3Solf ju 
oerarbeiten ober gegen ben ftatholici«mu« ju oerthetbigen. 9Kan fann 
baher feine Schriften in jwei £auptflaffen eintheilen, infolge, bie jur 
poftttöen Gelehrung ber ©lieber ber reformirten Äirche befrimmt ftnb, 
unb in folche, bie bie Gefämpfung fatholif^jr Sehren unb ©ebräuche 
gur Slbficht haben. $)te erftern finb entWeber Lehrbücher für Slnfänger, 
ober Ermahnungen in bem Gefenntmfj be« eoangelifchen ©lauben« 
feftjuhalten. 

ÜDie Sehrbücher finb (SatechiSmen in bialogifcher %oxm, in ber 
3ftethobe r)ic unb ba abweichenb oon bem (£atechi«mu« (£aIoin'£. 
Sie bilben eine »Togreffioe 9ceihe, ben oerfchiebenen Sllter« ■ unbGil* 
bung«fhifenangemeffen, oon bem erften Elementar * Unterricht fortfchrei« 
tenb bi« %\\x oollftfinbigen grünblichen 3)arfieHung für Erwachfene. 3n 
feinen foätern Sahren, währenb feine« Aufenthalt« ju ßoon, Braute 
Gtret biefe ©Triften nebft einigen anbern in eine Sammlung, bie 
er burch mehrere neue (Stüde oerooUftönbigte unb unter bem Sitel 
herau«gab : „ShrffHicher Unterricht in ber fiehre be« ©efefce« unb be« 
(goangelium«, in ber wahren Sßhüofophte unb ber natürlichen unb 
übernatürlichen Xhwrfogie, in ber Getrachtung berSlbbilber unbSBerfe 
berGorfehung in bemffieltall, unb in ber ©efchichte ber (Srfchaffung, 
be« %oSA unb ber ErlBfung be« Sßenfchengefchlecht«." Such biefe« 
grofje 2Berf ift in bialogifcher §orm. Steufierfi feiten, ift e« in fodtern 
3eiten wenig beachtet worben, unb boch ift e« eine« ber merf würbig* 
ften Srjeugniffe ber reformatorifchen Stteratur be« fechjehnten 3ahr* 
hunbert«. 5Da« §auptintereffe befteht nicht fowohl in ben theologifchen 
^arthien, al« in ber Hnwenbung be« g fo ffientfop nl auf bie menfefc 



*) Sir et fotl mehrere SBcrfe unter bem tarnen ftirmtanu« CljloruS h«* 
ausgegeben Ijaben. «lle, bie id) jebod) öon tb,m gefeb> qabe, tragen feinen 
wabren Kamen auf bem Xitel, ©eine «riefe unterfdjricb er jumeden mit 
(Seöb,a« $ er Diu«, «nagramm »on SJiretu«. 



Digitized by Google 



58 



liehen Setljaitirtffe unb in ber c^ripi^s^ilofopWenSDSeltanf^auung. 
5Dcr (gjpoption ber gehn@ebote, bic ein »oHpänbtge« 2Korats©öPem 
barfrcUt, Qel)t eine (Srmahnung an ade Dbrigfetten ooran über bic 
oerfchtebenen 9tegierung«formen, um gu geigen, baf bie brei #aupt* 
formen, ^Monarchie, SlTifiocTarie unb SDemoeratie, an unb für tfdj 
gleichgültig finb ; in jeoer fann nach blo« menfdjltd&er SBiflfür regiert 
werben; wo bie« geflieht, tragen bie ©efefce ba« ©epräge ber Sei* 
benfdjaft unb e« entpehn Ue6el aller Ärt; wo aber ba« ©efefc ©orte« 
^errfd^t, ba ijt e« einerlei, Welche gorm man einführt, jebe fann paffen. 

©et aweite S^ett be« SBerfe« entölt bie natürliche unb bie 
(^rtflltc^e Geologie, eine 8trt 2lpologcrtf be« ßf)ri|ient^um8 , OoU 
tiefer unb origineller ©ebanfen. ©o groß auch, fagt SSiret im 
Gingang, ber SBiberjlanb gegen ba« ßoangelium war, fo ift e« boch 
Pegretch burch alle #inberniffe hinburdjgebrungen unb Jeber fann {efct 
feine ßlarhett felm. £)enno$ gibt e« noch SStele bie blinb bafür 
(inb: Unwiffenbe, bie e« fchwer tp bem StBerglauben gu entreißen; 
gurchtfame, bie e« nicht wagen pd) au«gufpre<hen; Gj^rgetyige, bie 
bie SBahrheit erfannt haben, aber um ^o^en Herren gu gefallen, 
äuferlidj fatholifcb bleiben; baneben auch foldje, bie, ben SSorwanb 
ber 9ieligion«Preitigfeiten benufcenb, jebe Religion für zweifelhaft 
erflären unb feine befolgen ; fte nehmen wohl einen ©Ott an , „nennen 
ftä) mit einem neuen SBorte ÜDeiften" , geben oor an bie Unfterblichfeit 
ber ©eele unb an eine 23orfef)ung ju glauben, feljen aber &He« 
wa« oon (S^riflo ergäbt wirb, „für gabeln unb Träumereien" an. 
3a, auch oößige 9ttheiften fommen oor, unb gwar gerabe unter ben 
f^arfjinnigjten , gelehrtepen köpfen. Um nun namentlich ben Reiften 
unb Reiften entgegen gu arbeiten, unb befonber« „Sßhtlofophen unb 
Slergte anzuregen , ihre SBBiffcnfd^aft bem 5Dtenflc ©orte« gu wiDmen," 
will SSiret geigen, wie bie gange ©djöpfung unb fpegtell ber Stfenfch, 
„gewöhnlich bie fleineSBelt (Microcosmus) genannt * 3eugnffj ablegt 
»on bem SDafein, ber Sßorfehung unb ber ©erechtigfeit ©otte«. (Sr 
entwicfelt btefen ©ebanfen weitläufig burch bie »ergebenen deiche 
ber 9Ratur htoburdj, bei ©elegenheit be« Hrtifel« be« apopolifchen 
(g^mbolum« über ©ort al« ©chöpfer. £)och oerfährt er nicht rein 
philofophifch, fonbern »ermißt ©ibeHehre unb Sßaturbetrachtung mit 
einanber; er argumentirt au« jener, Patt fte burch biefe gu betätigen, 
fo baf er auf bie, welche bie SBibel nicht annahmen, feinen (Sinbrucf 
oerfehlen muffte, immerhin ift fein SBerfuch in ben ©efdjöpfen unb 
Statur - Srfcheinungen ©innbilber, Offenbarungen ber unpchtbaren 
ÜDinge gu finben, getfireich burchgeführt, obgleich feine SRaturfenntnifj 
nicht über Strift o tele« unb Sßliniu« hinau«geht SBei bem SRenfdjen 
angefommen, fagt er, er fei ein Stbbüb ber gefammten <Sch5pfung; 
er trage oon allen Äreaturen etwa« an p<h, obwohl feine ihm ähnlich 



Digitized by Google 



■ 



59 



ift. HUe Bewegungen (Neigungen) in ben ©efööpfen, fcewujjt ober 
nicht, fontmen oon Siebe; bieg fü^rt auf bie Siebe ©otte« jurficf, 
al« Urgrunb aUeä ©ein«. Siebe ift SRittheilung , fie tarnt nicht 
untbätig fein; baher bie ©chöpfung ber SBelt unb befonber« beä 
SKenfchen. SlHen ©efdjöpfen $at ©Ott etwa« oon feiner Siebe mit« 
geseilt, fte fptegeln fie theil« ab, tbetl« ftnb fie oermöge berfelben 
$u einanber geneigt; baljer bie Drbnung unb Harmonie ber SBelt. 
s 2lber nicht ade ©efajöpfe ^aben ein Bewufiifein ihrer natürlichen 
Bewegungen, fonbern nur bie ßngel unb bie SHenfchen; biefe allein 
beftjjen baher Seben in ^ü^erem ©imte; fitere unb Sßflanjen haben 
auc^ Seben, aber feine ©eele; bie (Steine haben feine«, ober man 
müßte ba« ÜBort Seben in aflgemeinfier Bebeutung nehmen. Jpier 
folgt bann eine genaue Betreibung ber innern unb äußern Organe 
be« menfchlifchen Äörper«, nebft ben großentheil« f alfchen, bamal« 
in ber SWebtjtn gangbaren $opothefen über beren Beftimmung. SRehr 
SBerth al« biefer Xtyil f)at Btret'« Bewei«führung in Bejug auf 
bie Unfterbüchfett ber ©eele. Sftachbem er juerfl ba« ftegfeuer unb 
bie ©eetenmanberung wiberlegt, »eiche leitete „bamal« Anhänger 
unter ben Sp^ilofop^en hatte," geht er jur Unfterbltchfeit über; er 
erfennt jwar baß bie Bernunft fie nicht über allen 3 w «frf 8« erheben 
oermag, unb baß fte wef entlieh ein ©egenfianb be« ©lauben« ift, 
boch gibt er einige, unb jwar oon ben befien philofopbtfchen 5lrgu* 
menten an : man fann auf bie Unfterblichfeit fließen au« bem Begriff, 
ben ftch ber SKenfch oon unenblicher gortbauer macht, au« feiner 
©ehnfucht banach, au« ber angebornen gurcht oor Berntchtung, au« 
ber 3bee ber ©erechtigfeit@otte«, au« bem auf ßrben nie befriebigten 
(Streben nach Gfrfenntniß unb ©lücffeligfett. Diefer, ba« SGBerf ab* 
fdjließenbe Hbfchnitt iß reich anfdjönen, erhabenen ©teilen, in benen 
Biret eben fo groß al« »ebner toie al« ebrifilicher 2Beifer erfcheint. 

Beoor mir ju einer anbem ßlaffe feiner SBerfe Übergehn, ift 
noch feine ßhriftliche Sßetamorphofe au erwarten, bie getoiffer* 
maßen feinen Sehrföriften betgejähtt »erben fann. ©a« fonberbar 
fcheinenbe, auch to ^ber in ©efprächen (ich bewegenbe Buch tfl feine 
©atire, fonbern hat einen fehr ernflen 3wecf. „3)te alten Sßoeten 
haben oiel oon Berwanbelungen gerebet, befonber« Dotbiu«, ber 
ein ganje« Buch barüber gefchrieben $at; bie« ift aber Sitte« nur 
Sug unb&rug; nicht« befto weniger ift e« eTg&fclich, weil ber SÄenfch 
oon Sßatur Bilber unb SDichtung liebt/ Um nun bem (Sinfluß ber 
heibnifchen dichter entgegen ju wirfen, unb bie 2Wacht unb ba« 
Siecht ber Sßhantafte anerfemtenb, unternimmt Biret eine Sföetamor* 
phofe $u fchreiben in chriftlichem ©inn. 3™ erften moralifchsreligißfen 
2h eil wirb gezeigt, wie ber äftenfeh ftch Du *<h ^ e ©ünbe geifrig unb 
förperlich oerunftaltet, allein burch ben ©lauben an ©h^P" m f« nc 



Digitized by LiOOQle 



60 



wahre ©eftalt wieber herfallt $n bcn ber SBerunßaltung gewtb* 
meten £)talogen ^errfc^t eine tiefe StTaurigfett bor, bie felbft buret) 
ben mitunterlauf enben ©cherj burchflingt; in feinen <5djmer$en unb 
Slengfien, unter ben Kriegen ber dürften unb bent S^iefpalt ber 
Religionen, Fommt bem ^Betrachter ba$ Ceben wie „eine elenbe garce" 
oor; ber SWenfdj fchetnt ftch in X^ier oerwanbeln ju »ollen, ©eine 
(Seele tjt aber nach bem SBilbe ©otteS gefdjaffen; in btefeS foH fte 
wieber oerwanbelt werben, burch bie SBiebergeburt. ©er Ricbtsßhrifr, 
ber natürliche SRenfch J to <*r über baSSthfer «haben, ift ihm aber 
bod) ju Dergleichen, infofern er bie Wahre Äenntnifj ©otteä nicht h«t; 
Wa3 ben 3Jfenfcben oom ^tere f treibet, iß bie gähtgfeit ©Ott ju 
erfennen. $)te Spiere haben auch eine Slrt SSernunft (raison) , ja fte 
fhtb in i^rer Ratur weniger toerborben al8 ber SÄenfch, fte erfüllen 
ihre SBefrimtnung ftdjerer al3 biefer bie feinige, unb tonnen ihm, in 
biefem ©ejuge, ali SBorbilb bienen. £)ie$ führt jum jweiten Steile : 
bie Schule ber Spiere. „£)ie $h^°!°Ph en gleichen oft Sßrebtgern, 
bie fehr fdjön reben aber fehr fchlecht hanbeltt, unb nichts oon bem 
thun , wa$ fte bie Slnbern lehren. SDiefe ßehrmeifrer aber (bie Spiere), 
ju benen un$ ber ^eilige ©etfi in ber ©ibel ^trttoei^t, unterrichten 
un« nicht burch »tele SQBorte, fonbern burch ihre £t)at, burch ihr 
SBeifpiel." £ier folgt bann eine Reihe oon ©efprächen , oott origineller 
Betrachtungen über ba3 Sthierleben unb oft treffenber Snwenbungen 
auf ben SÄenfchen, neb(t oerfehrten, ber bamaligen RatuThtftorie 
angehörenben Hnftchten unb weit hergeholten SMgrefftonen. Slmeifen 
unb ©pinnen ftnbßehrer einer guten Haushaltung; Stauben, (Sdjwal* 
ben, £afen, SSorbilber ber ganültenliebe ; SBienen, ber (StaatSwfrth* 
fchaftunb ber Slrbeitfamfeit, Wobei gelegentlich oon ber Pflicht ber Dbrig* 
feiten, ben SRüftfggang nicht ju bulben, gebrochen, unb gegen bie 
23etielmonche loggefahren wirb. Slnbere Sthiere ftnb in ber ÄriegSfunji 
gefchieft; hier wirb oon erlaubten unb unerlaubten Kriegen gerebet, 
unb mit einem ©prung auf ben geijh'gen tfrteg ber ©briften, ihren 
geinb, ihre Staffen, ihren Heerführer übergegangen. ü)ann fommen 
bie fünfte, bie mechantfehen unb bie freien; wa8 Jene betrifft, fann 
man oon ©tenen unb (Spinnen lernen ; in ©egug auf bie freien, beftjjen 
güchfe, £unbe, Raben, u. f. w. eine auffaUenbe „btaleftifche Äunft"; 
bie SSÖgel finb ßebrer ber SRuftf; einige £hiere ftnb „Süfrrologen", 
inbem fie bie SHHtterungSwechfel oerfünbigen; Sllle ftnb Slerjtc, bieftch 
f elber heilen; hieran fnüpft ftch ein (gjcurS über bie #ranft)etten, bie 
Pflichten ber äerjte, unb bie ju befolgenbe $Mät in ber befonberS 
bie ihiere Sföußer ftnb. £inftchtltch ber moralifchen Stugenben tft ber 
£unb ßehrer ber Streue, ber 8öwe ber ©rofjmutb, bie Staube ber 
©ebulb u. f. w. SBon ba au$ fchldgt SSiret plöfelich einen anbern 
©ebanfengang ein, inbem er auf ba« fommt, wa$ ben SKenfchen 



Digitized by LjOOQle 



61 



Dom SC^icr unterfeheiben foH: e8 ift nicht allein bie Sprache, betin 
auch bie Safere haben eine Strt ©pradje, manche fömten wirf lieh fprechen 
lernen, unb Diele Sttenfchen fprechen nic^t anber« als biedere, ohne 
©inn unb SBerflanb; e3 i(l auch ber äußere ©otteöbienf* nicht allein, 
benn ben alten jufolge wenben fla) ber Elephant unb ber Cynoce- 
phalus ber ©onne ju, imb bie ©öfeenbtener machen e8 nicht Befiel ; 
enbltdj ifl e§ nicht einmal bie SBeifiagung, benn SBtleamS (Sfel hat 
geweiffagt, unb e8 gibt jahflofe falföe Propheten. SDer Sttenfö wirb 
nur Wahrer Wltnfä, wenn ba§ Söilb ©otteä burch ben heiligen ©effr 
wieber in ihm tyergefteflt wirb. 

2Bir haben un8 bei biefem wunberlichen 33u<he etwaS länger 
aufgehalten, um ju geigen, wie mächtig SSiret oon bem ©ebanfen 
beherrscht war, ?We$ auf bie djrifUidje Umgestaltung be$ einzelnen 
üWenfdjen, fo wie ber ganzen ©efeflfdjaft gu begießen, unb wie biefe 
jxete S^rfioccupatton ir)n an bem aeftbettföen SluSbau eineS 2Berfe8 
gef)inbertt)at, ba£ Diel anju'ehenber unb mitbin Diel lehrreicher geworben 
wäre, wenn er weniger nüchterne Slbfchweifungen unb polemtfcr)e 2lu$s 
falle barein gemixt hätte. £)och e$ ifl 3 C ^ 3 U " ncr anbern ©attung 
feiner Schriften überjugehn, ju ben Ermahnungen im eoangelifchen 
SSefenntniß gu Dekanen. 

ÜDtefe Ermahnungen ftnb ©enbfchretben balb an ek>angeltfct)e 
&§Ti\ten, bie unter Äattjolifen wohnten, wo flc berSßrebigt entbehren 
mußten unb Verfolgung litten , balb an gefangene , bem Stob entgegen? 
fehenbe ^rebfger, balb an foldje, bie ftch rühmten Sßroteftanten ju 
fein, aber »orgaben, bie äußerlichen ©ebräuche be$ SßapflthumS mit= 
machen ju fßnnen ofme©chaben für ihr ©ewifien. ©djöne, fymlity 
SBorte fommen in biefen ©tücfen bor. SKiret tabelt bie, welche 
„fleh al$ große Eiferer für ba8 EDangelium erweifen wollen, inbem 
fte, ohne 2Babl ber ©elegenheit unb ber Umftänbe, gegen ben fatho* 
lifchen ©öfcenbienft fchreien, unb ftatt bie ©emüther ju erbauen, nur 
bie Schwachen oerwtrren unb bie wahrhaft ©otteäfürcbttgen in 
©efahr bringen. 2118 $aulu$ ju Süthen war, entbrannte fein $eTj 
in ihm, ba er fah, wie bie ©tabt ber Abgötterei ergeben war; er 
bifputirtein ber SSerfammlung mit ben Suben, belehrte auf bem ARartte 
ba« SSolf, lief aber nicht burch bie ©trafen wie ein 2Bahnftnnfger, 
um, auf eigene ättachtooHrommenheit hin, bie SBilber umjuftüraen 
unb bie Tempel au aerflören." deicht minber fprach ftch SSiret, 
fo wie auch EalDin, Sßeter Sttartör unb 2lnbere e$ traten , gegen 
biejenigen au8, bie au8 weltlichen töücf flehten , au8 furcht ihr ©gen? 
thum, ihren Einfluß, ihreÄemter, ihre ©teilen am^ofegu Derlteren, 
bte bamalS in ftranfretch fo oft gehörten Etnwänbe Dorbradjten gegen 
bie Sftothwenbigfett eine$ offenen 33efenntnifie3 , ober ber flucht wenn 
biefe« SBefenntmß nicht möglich war. SDic «uSpchte berer, welche 



62 



Behaupteten, bic aufem Zeremonien feien an fleh gleichgültig, toenn 
man nur im $erjen ber Sßahrheit ergeben fei, nannte er mit SRedjt 
©ophifterei unb ©elBftBetrug; toie fchwer eS auch falle, fagte er, man 
mu§ jia> »on SlHem trennen, toenn man bie greifyeü be$ ©etoiffen« 
nicht ^at, unb ein Sanb »ertaffen, too biefe »ertoetgert n>irb. dagegen 
ermahnte er eine glüchtlingSgemeinbe, bie ftch in einer luthertfcijen 
©tabt niebergelaffen hatte (toahrfcheinlich bie ju granffurt), unb fidj 
fingflUcb Beflagte, bafj auch anbete ©efänge als bie Sßfalmen gefungen 
unb baf* Beim 2ibenbmal baS 93rob nicht gebrochen mürbe, ftd) an 
fingen nicht gtt fiofen, burch bie bie rechte ©ntradjt nicht gefrört 
toerben fönne; gaftfreunbltcr) an einem Orte aufgenommen , toofiebie 
©etoalt nicht haben, f ollen jte ftch fügen unb ba£ ihnen grembartige 
in ßiebe tragen. Die ©ebrüeften in granfretch warnte er »or ©e* 
toaltthätigfeft; fie f ollen nie gu ben SBaffen greifen, toeber toenn fte 
»on ber ÖBrigfeit »erfolgt, noch wenn ftc »on einem fanarifchen $öBel 
angegriffen toeTberf; ihre einigen SBaffen finb geifhge, unb früher 
ober fpäter »erraffen ihnen biefe ben ©ieg. Den ©efangenen enbs 
lieh empfahl er ftanbhafte ©ebulb; fo fchrieB er 1553 an bie ju Styon 
gum $obe »erurtheilten fünf ßaufanner (Stubenten unter &nberm 
folgenbeS: N (Srinnert euch an DQ S 2Bort: ich f cnoc CU( $ *»k ©chafe 
unter bie SBölfe. (5$ ^eipt nicht: ich fenbe euch *»ie SBölfe unter bie 
©chafe, noch tob toübt Sthiere gegen anbere toilbe £t)iere, fonbern 
tote ©cr)afe unter bie SEBölfe. (Sin feltfameS SBort! SEBelche ©iegeS* 
hoffnung fönnen ©chafe haben toenn jte ÜEBölfe Befömpfen follen ? toa$ 
SlnberS fönnen ftc erwarten, al$ jerriffen gu toerben? $ier ift aber 
toeber auf bie Statur ber ©chafe, noch ttU f W« ber Sßölfe &u fehn, 
fonbern auf ben, ber gefagt hat: ich f«»« euch; «, ber ^irte, ift 
e$, ber bie ©chafe fenbet bie ihm ber SSater gegeben hat, unb ber 
toitt baf? ihm feine« entriffen toerbe. 2Ba$ un8 baher »on ©eiten 
ber 3ftenfchen Begegnen möge, toir finb aufrieben einen folchen ©es 
fchüfcer gu h^Bcn, ber nicht ein Blofjer flHenfdj, fonbern ber etoige 
©ort felBer tjh Deshalb finb toir getoifj, ba& toir nicht untergehn; 
fterBenb leben toir, Beftegt ftnb toir ©ieger. 33leiBt nur feft in 
euerm ©lauben; Befämpft eure getnbe burch ihn, burch ©ebulb unb 
©ebet. DaS ftnb bie Staffen, burch welche »on Slnfang an bie 
Äirche @otte$ über bie ©etoaltigen ber (Srbe ©iegertn getoorben ift" 
8n biefe ©Triften Wiegt ftch ber Dialog über ba3 Interim 
an, ber für SSiret'S eigenen ©tanbpunft fehr Bejeichnenb ift. <5r 
fchreibt ihn, um bie e»angeltfehen Shriften »on ber SRothtoenbigfeit 
ber ütfäjtgung unb be$ alleinigen ©eBrauch$ ber geiftlichen SBaffen 
in üBerjeugen; ben Sitel Interim toählt er, toeil er »on ben in »er* 
febiebenen Sänbern »orgefchlagenen STOttteln fpredjen totll, ftch BtS-gur 
»Bfchltefjung einer »oUfommtnen <5inigfcit unb Deformation , in S3egug 



Digitized by Googl 



63 



auf bie Religion ju »erhalten; boch hanbelt er weniger ton biefen 
ÜKttteln, al$ oon ben (Stellungen, bie [eine 3eitgeno|fen bem öoan» 
gelium gegenüber einnahmen. <5r t^eilt ßefetere in Vermittler (moyen- 
neurs) , meldte bureb ßoncefßonen an ben ÄatholiciSmuS bie SRuhe für 
bie Sßroteftanten gu erlaufen, ober burdj gegenfettigeS unmögliche« 5Raä> 
geben beibe Stirnen gu oereinigen fuchen ; SRabifale (transformateura), 
bie nict)t nur bteÄtrche, fonbern audj ben <&taat »on@runb au« um? 
änbern tooßen ; ßtbertiner , bie jebe Religion unb jebe Autorität oeradjten ; 
Verfolger, bie trofc i^red SEBütben« ihren 3 weif bennodj nicht erreichen; 
©etnäßigte, bie allein ben grieben gu erhalten im (Stanbe finb, n>ett 
fie 2Wen gleichmäßig ©etoiffengfreiheit guerfennen. SSon fleh felbft fagt 
SBiret: „ich toar gtoar oon Sßatur fd)on gum grieben geneigt unb habe 
3toietracbt unb SSerwirrung gehaßt ; allein bie ßrfenntniß bie mir ©Ott 
Don feinem SBorte fdjenfte unb bie (Erfahrungen bie ich machte , haben 
mich noch mehr bagu getrieben, nach Sieben unb (Eintracht gu (heben 
unb ben StuSfprud) be« #errn fiei« oor Slugen gu haben: (Selig ftnb 
bie grtebferttgen, benn fte toerben ©orte« $inber beißen". 

SBeit gasreicher al« biefe (Schriften, ftnb 33iret'$ polemifche Zxat* 
tote; toährenb aber Don jenen manche oerbienten toteber an« Sicht ge* 
gogen gu toerben, fann man biefe faft burch gängig, toa« bie iföetbobe 
Betrifft, al« oeraltet betrachten; ftc haben inbeffen in mehrfacher $inftcbt 
ein große« hrftorifche« Sntereffe. SBiret'« gtolemtf läßt bie tiefem 
©runbbogmen unberührt; fte Befcbäfttgt ftch auSfcbließlich mit bem Sßra& 
tifchen, bem in bie äußere (SrfcbefnungStretenben, ben firchlichen (Sin* 
richtungen unb Hnftalten. ®er £auptfrreit , fagt er, breht ftch um bie 
Sehren oom geißlicben Hmt unb oon ben (Sacramenten , unb um ben 
SBerth ber äußern ©ebrauebe; Beibe Äirchen haben gfrebiger, unb jebe 
behauptet bie ihrigen feien allein bie rechten; bie eine hat fieben (Sacra* 
mente, bie anbere nur gtoei, unb jebe fagt fielehre in biefem ©eguge 
bie SBahrheit; bie eine hat einen reichen, in bie 2lugen fallenben ©orte«* 
bienft, toährenb bie anbere ben adereinfachften hat, unb jebe gibt oor 
nur ihre gorm fei bie ächt d)riftlicbe. 2Ba« fott nun bog SBolf in biefem 
Bwiefpalte tt)un? (5« gibt nur ein Littel ihm barau« gu helfen, nem* 
lieh b« fcnfprücbe beiber Äirchen nach ber Söibel gu prüfen, auf ba« 
Sllterthum gurücfgugelm , ba« h«ßt auf ©brifhtm unb bie Hpoßel. £>iefe 
Slrt bie ©egenjiänbe ber gSolemtf gu Bejrimmen offenbart ben Diel mit 
bemSSolfe oerfehrenben SDcann; man erfennt barau« toa« bie ©emüther 
bamal« oorgüglich Befchäftigte; toar man auch 8«tefgt bie Sßrebigt oon 
Shrifto unb bem rect)tfertigenben ©lauben an ihn angunehmen , fo blie* 
Ben boch bei SSielen 3»«fel gurücf über ba$ Siecht ber neuen ^rebtger 
unb über bieSRothtoenbigfeit, ben hergebrachten, fo Bequemen ©eBräu* 
d)en gu entfagen. SBiret, ber bie« oft genug erfahren haben mußte, 
hatte e8 fleh nun gur CebenSaufgaBe gemacht , bwreh aOe 2Äittel »eiche 



Digitized by Google 



64 



ihm feine ©elehrfamfeit, fein ©laube unb fein ©t^orffinn an bie £anb 
gaben, fomohl bie fatholifche Stnßcht über bie angegebenen fünfte ju 
befänden, at« bie proteftantifdje ju rechtfertigen. 

©eine ^te^erge^öttejen ©chriften fxnb thetl« ernjle, gelehrte 2lb= 
hanblungen, tbetl« wifeige ©efpTache unb©atiren; boch fommen auch 
in Jenen tyäufig fatirifche ©teilen oor. Unter ben gelehrten Straftaten 
entwicfeln mehrere, au« oerfchiebenen (Spochen feine« ßeben«, bieße^re 
oom getfiltchen 2(mt; ba biefe« ,,au« Dier ©Kufen befielt, berSßrebigt 
be« S&ort«, ber Verwaltung ber ©acramente, ber #anbhabung ber 
Diäjiptin, nnb ben ©ebeten (®otte«bienjt)/ fo werben auch biefe ©e* 
genftänbe mehr ober weniger au«führlicb bei ©elegenheit be« S&nte« 
behantelt. $)ie©rünbe welche SSiret anführt, um ju beWeifen, bafj 
in ben angeführten toter ©Kufen bie fatholifche ©eißlichfeit oon bem 
a&oflolifchen (Shrifrenthum abgewichen fei, ftnb bie allgemein befannten; 
fte brausen baher nicht ber Sange nach hier aufgellt ju werben. 
(Sigenrtjümlicfj , aber weniger fttchhaltig, ifl nur bie au« ber ttotoifdjen 
Slnwenbung ber alttejtamentliäjen Drbnung auf bie ßirdje genommene 
S3ewet«führung , bajj bie ©ewalt ber ©chlüffel nicht einer befonbem 
fßrtefrerfaftc gehöre. Sine eigene ©djrift hat jum 3wecf, hiftotifch bie 
(Sntjtehung unb 2lu«bilbung be« Sßatoftthum« nachjuweifen, unb burch 
SSergleidjung ber apofiolifchen Äird^e mit ber römifajen ju jeigen, wie 
wenig biefe jener entfpridjt. 3n einem anbern, jur3cit ber2Bieber= 
eröffnung be« Stribentinifchen ©ondl« , 1551, geschriebenen bialogifdjen 
Sraftat, be^anbelt er oerfchiebene auf ba« (Sondl bezügliche fragen. 
(Sr fteHt ben ©runbfafc tooran, e« fei Pflicht Jcbeö (5t>riflen ben gört* 
liefen SBiflen ju erforfchen burd) bie Littel, bie ©Ott felber baju ge* 
geben hat, nemlich in ber heiligen ©djrift; ba« allein oerbtene ben 
tarnen einer fertigen ^nquifttion. Viele haben nun aber allerlei Vor* 
wanbe, um ftch berüftühe biefe« gorfchen« &u entheben: ba« alter unb 
bie große Verbreitung ber fatholifdjen Religion, ba«2lnfehn ber Vor* 
fahren , ber ©ehorfam ben man ber Dbrigfeit fdjulbig i(l, ber Langel 
an 3eit, u. bergL Sffachbem er biefe Vorwänbe mit oielem ©eföitf 
wiberlegt hat, fommt er &u einem anbern bamal« oft oorgef chüfeten : 
,,e« ift nicht an un« bie firchlichen fragen gu Iöfen, wir müjfen bie 
93efchlüffe be« dondl« abwarten." SDa jetgt er nun, au« ber bereit« 
mit ber Sribentiner Verfammlung gemachten (Erfahrung, wie wenig 
man oon ihr au hoffen habe; überhaupt fdenbie fatholifdjen (Eoncüien 
nie fo gewefen, bajj ftch ber @h T $ th ncn «nbebingt unterwerfen fönne ; 
bie SBiberfprüdje in oielen ihrer ©efdjlüffe beWeifen wie wenig ihre 2lu^ 
torität gegrünbet ift; einem oom Zapfte »rdftbvrten ©ondl fehle bic 
nötige Freiheit ; man brauche übrigen« eine förchenoerfammlung nicht, 
benn bie (Srlebigung aller gragen ftnbe ftch JÜWfttJwb in ber h« s 
Iigen ©chrift 



Digitized by Google 



65 



Söci SBefamtfung bcr SD^cffc, bet 23über= unb föeltquienbfentfet, 
unb ber anbern äußern ©ebräucfye, Bebicnt ftd) S8tr et eine« SMittclt, 
bat bamalt fc^T wirffam war, obgleich et bcr ^tfloTtfr^en SBegrfinbung 
entbehrte; bei bcr großen Unwiffenfjeit ber meifren ^rtefier unb SWöndje, 
bie Don flafftfdjem Altertum ebenfo wenig wußten alt oon djriftlidjer 
Geologie unb Äircbengefdjidjte, waren fte iebodj ntc^t im ©tanbe, ffyren 
gewanbten, wiegen ©egner ju wiberlegen. 2Hret bemübte fieb uem* 
licfy, unb niebt blot aut 3 r *> n k fonbern aHet (Srnflet, fämmtltdje 
fatfjolifcfyc ©ebräudje auf bcibnifdje jurücf juf übren , um gütigen, baß 
ber ßatljolicitmut nidjtt alt ein erneuertet §eibentyum fei. iiet tfjut 
er namentlich inS3cjug auf bieÜÄeffe; burdj Anwenbung einer großen 
Slnjaljl toon ©teilen aut alten ©intern auf bic einzelnen Stfyeile bet 
SMeßcanont, auf bic Reibung ber^ßrießer, bie ,3terratf>en bet Altart, 
bie ©efäße, bic ©erimonien, will er geigen, baß bier nicfytt Auberet 
fei alt eine bat ^eilige entwetbenbe, ttyeatraltfcbe SSorjteHung. SBenn nun 
aud) im fatfyolifdjen Sultut ein tyeibnifdjet dement nidjt ju oerfennen 
ift, fo ift bodj gu oiel gefagt, wenn behauptet wirb, bic SKeffe fei oon 
ben alten £)i($tern oorbilblid) bargefreHt Werben , unb ber gange f atlw= 
Iifdje ©ottetbienp fei weiter nidjtt alt eine (Soptc bet fyetbnifdjen ©öt* 
terbienftet. 99ei ibrem ©efireben ben (§,\xltu$ auf bic urförünglt<$e apos 
ftolifdje <Sinfacbf)ett gurfufgufüljren unb allct @tnnlia> baraut flu cnt= 
fernen , begreift man jebodj wie bic febwetgerffdjen Reformatoren auf ben 
©ebanfen fommen fonnten, biefet ©tnnlidje, bat jeber ©eredjtigung 
imßoangelium entbehrt, fei nur ein berßtrc&e wieber aufgebrungenet 
^peibentbum. 

SDtefer ©ebanfe gieljt fld& a\x6) burdj fämmtlicfye fatiriföe ©Triften 
SBtret't ^inburd), bie inbeffen niä)t blot bie 9fteffe gum ©egenftanb 
baben, fonbern oiele anbere SDinge, bat gegefeuer, bie £obtengebrau<$e, 
bat Ceben ber ©cifili<^en, bie ©elübbe, bat 2fiönd>ttbum, bat Aoe 
Stfaria, ben töof entrang, bat 2Betywaffer, bie #reug= imb S3ilber= 
Derefyrung, u. f. w. Sßtret fagt, er ^alte et für erlaubt ftdj über 
Aberglauben unb 3rrtf)um luftig gu macben, gumal ba er jebetmal 
ben @rnft bcr 2Baljrl)eit entgegenflelle; bic ©efpräc&tform fei am 
beften bagu geeignet Wegen iljrer ßebenbigfeit unb freien ^Bewegung. 
Aucb ßaloin, bcr gu einer ©ammlung fatirifdjer ÜDialogen feinet 
greunbet eine SBorrebe fdjrieb, Ijat fein SBerfafyren gebilligt: „et gibt 
8eute, meint er, bie et oorgieljen auf angenebme SBeife ftdj belehren 
gu Iaffen, ftattburd} ernjtc, einfädle ÜDarjteflung ber Söa^r^cit ; baber 
finb bie ju loben, welche bie ©abe befi^en, ben ßefer burt^ bat SSer? 
gnügen 31t unterrichten bat fte i^m oerfebaffen ; biefe ©abe beftfet ntcr>t 
jeber, felbfl ben ©ele^rtefien fe^lt fie oft; ja Siele macben nur ftdt) 
felber Idc^erlicb , burdj bie 3Kü^e, bie ftc ftdj geben Anbere jum Sachen 
bringen gu wollen; wer ftdj bet SBifcet bebienen wiK, muß zweierlei 



C6 



Oermetben: er betrf nid)t# ©ejttmngeneS, roetther geholtes vorbringen, 
unb nicht in unfducflicheS ©efchtväfc verfallen; jur regten fttit, tref= 
fenb unb mit Anmuth ben ßefer belujh'gen, ba$ ift fein gemeine« 
Stalent; unfer ©ruber SSiret hat e« in ^o^em ©rab. 93ei SBefyanbs 
lung ber eigentlich religiösen ©egenßänbe ift ber 2Bijj nicht am Ort, 
ba geziemt nur t)ol)er (grnft; mo e« ftdt> aber barum hanbelt, 
abergläubifche ©ebräuche unb3ntt)ümer aufeubeefen, ba t)at ber 2Bife 
fein Siecht." SÜlan fleht au$ tiefer <$rflärung, ma« auch fenft hin* 
länglich beftdtigt ift, bafc ber bamatige ©efdjmacf weniger belicat war 
al8 ber iefcige, inbem man bie berbften ©päfce nur für anmutl)ige, 
angenehme Unterhaltung l)ielt. 93 i r e t *ö ©chriften bürfen baher nicht 
mit bem {ewigen ÜÄafjftabe gemeffen werben; verfefct man ftch auf ben 
©tanbpunft feiner Qeit, fo ift geroi(j, bajj er bie «Satire meijtert)aft 
gehanbt)abt t)at. Auch i(t &u bemerfen bajj er nirgenb« Sßerfonen ver= 
fpottet, fonbern nur bie £)inge an (ich* %n feinen Dialogen vertritt 
jeber ber SRebenben einen Sfcarafter, einen Stvpu« geiftiger ,3 u ifänbe 
ober »ergebener ©rabe d)riftlict)er (Srfenntnifj. SÄeift treten beren 
vier auf: ein umviffenber, noch in allem Aberglauben befangener 
ßathoiif, ber bie $rotejtanten mit ben bamal« üblichen SBerleumbungen 
überhäuft; eineT, beffen ©emiffen im Btvetfel ift ob er ftch jur alten 
ober jur neuen Äirc^e tvenben fofl; ein brirter, ber frei über bie SDftfjs 
bräune lofyieht unb bie lächerliche ©eite berfelben hervorhebt; unb 
julefct ein ernfler, gelehrter 9Äann, ber bie gragen nach bem SBorte 
©orte« entfeheibet. (Sin anber SÄal finb e« fed&S: ein SNönch, ber 
ftch begnügt ben ©afe 8« tvteberholen , man muffe mit Äefeern nicht 
biSputiren; ein Pfarrer, ber für feine tfirdjengebräuche beforgt ift, 
weil erSßufeen barem« jieht, unb fte beftmögltch }U vertheibigen fucht; 
ein ©chulmeifier, ber biefelben mit SBifc unb mit ©teilen au« profan* 
feribenten »iberlegt; ein Sßrebtger, ber au« ber SBibel argumentirt; 
jtvei Säten, bie belehrt ju fein tvünfchen unb ihre SBebenfen vorbringen, 
ber eine gemäßigt unb f djmanfenb , ber anbere fchon heftig gegen bie 
Sßriefter eingenommen. £>ie Dialogen haben fämmtlich bijarre £ttel, 
um bie SReugierbe &u erregen : $)ie Alchimie be« $egfeucr3 , bie t)öHifche 
tfoSmographie, bie päpfttiche $hhft*/ «nb bergt. — SBortfptele, alte unb 
neue Anefboten, ©teilen au« ftafftfehen Autoren unb au« Kirchen- 
Vätern, betjjenbe ©pottreben unb ernjte, erbauliche ©efpräche bilben 
ben ©toff aller biefer ©chriften. 3Me intereffantefte hat ben auf ein 
unüberfefcbare« SDBortfpiel gegrünbeten £ttel: le monde a l'empire 
(alknt piro) et le monde de*moniacle. 3 m er ft en 5tl)etle ttrirb bie 
SBett gefchilbert olS täglich fd)limmer roerbenb unb ftch ityem (5nbe 
nahenb; mit bem SQBorte empirer (ftch verfchlechtem) fpielenb, tvirb 
bie« juerfr an bem empire romain, bann an bem empire chre'tien, 
unb julefct an bem empire de röpublique, ben neueren ©taaten nach 5 



Digitized by LjOOQle 



67 



getoiefett. £rofc vieler Digrefftonen unb unnötig auSgeframier ©es 
lehTfamfeit, fommen ausgezeichnete (Stellen vor über bie ©Uten unb 
ben Verfall fowohl ber alten 2Belt als be$ $avfltf)um3. SDaSmerf* 
tt>ürbigfrc aber be8 ©ucheS ifi bie Freiheit, mit ber ftdj SBfrct über 
bie gefellfchaftlichen Verljältniffe feiner 3eit auSfvricht , über bie unge= 
rechten ©efejje, bie f ehielte Verwaltung, bie brüefenben Abgaben, bie 
Sttrannet ber gürften, bie übermäßigen Privilegien be8 SIbelS, bie 
(Sittenloftgfeit aller (Staube. Der jwcüe Ztyil bat e8 mit ber vom 
Teufel unb feinen Dienern berjerrfchten SBelt ju tr)un, unb befonberS 
mit ben fchwarjen Teufeln, b. h« ben Störannen unb ben Verfolgern 
beg VolfeS ©otteS, unb ben Weißen, b. h« ben ipeuchlern, fowohl 
unter Sßrotejianien als unter Äatholifen. Diefe §errfcbaft be8 bßfen 
©eifreä, bie SS ixet balb mit ben büfterfien ftarben , balb mit betpenber 
fronte ausmalt, ift ein 83ewei8 beä hinfälligen StlterS ber 2Belt; 
biefe gleist einem ©ebäube baä in krümmer fällt; einem ßranfeu 
ber unheilbar verloren ifl, einem ^erbrochenen Stovfe, ber nicht mehr 
geffteft werben fann. Unb bodj gibt e3 noch einen $elfer, toenn bie 
SBelt nur tooHtel SBeber tfafietungen noch SBefdjwörungen fönnen 
ben Teufel auftreiben; ©fyrifiuS allein bat bie £Racr)t baju, an ifyn 
muß man für) wenben. &uf bie trüben ©dnlberungen be$ VerbeTbenS 
ber 2Belt, folgt bann jum (Schluß ber 5lu$brucf ber fu^em Hoffnung, 
baj ©^rijio ber (Sieg bleiben wirb. 

ftürS Volf fct)reibenb, faßte Vtret alle bie bi^er bezeichneten 
SQBerfe in franjöfifc^cr <Svradje ab. Srft 1563 begann er mehrere 
berfelben auch lateinifch &u überarbeiten, befonbeTS bie volemifchen 
über baS Hmt unb bie (Sarramente, unb einige ber (Srmar/nungS* 
fchreiben an ^rotefranten in fatholifchen ßänbern. 211$ ©runb, Warum 
er Jene übeTfefete, gibt er an, er wolle bie ßenforen ber (Sorbonne 
unb in Italien, bie einige feiner fran^ftfehen (Schriften oerbammt 
hätten ohne fte gelefen &u haben, nun in ben ©tanb fefcen ihn ju 
vergehen; fein gatein, fügt er ironifch hfnju, f*i 8«>ar fehlest unb 
nicht flafftfch, aber gerabe barum werbe e$ biefen gelehrten §erren 
geläufiger fein. $)a8 Urteil ba$ er über fein Satein fällt ifr gegrünbet; 
e$ fmb fchwerfäflige Bücher, bie weit unter feinen franaöjtfcben fre^n ; 
nur als Curiosum verbtent eine «Sammlung (Cento) von Stellen auf 
einunbjroanjig latetnifchen Dichtern erwähnt ju werben, in welcher 
er, mit ebenfoviel ©efehief al$ wenig ©runb, ein hetbnifcheS Vorbilb 
ber gefammten 3)Jcßfcier geben will. 

inwiefern ftch 58ir et Verbienfie als ©ibelerflärcr erworben hat, 
Vermögen wir nicht ju fagen ; feine Kommentare über baS ©vangeltum 
Sohanni« unb bie 9lpo(ielge[chid)te p'nb unS nid)t 31t ©eftcht gefommen. 



5* 



Digitized by Google 



SBtrct'ö edjrifttu.») 



L «t|)rfd)tifttit. 

1. 1544. Exposition familiäre sur les dix commandemens de la loy, faite 
en forme de dialogue. ©ertf, 12 u . 

*2. 1546. Exposition familiere sur le symbolo des apostres , contonant 
les articles de la foy, & un sommaire de la religion chrestienne, faite par dia- 
lognes. ®cnf, 12». - 3ludj 1552 unb *1560, Genf, 12°. 

3. 1551. Expositio familiaris orationis dominicae. @enf, 12°.**) 

4. 1559. Instruction en la doctrine chrestienne, & principalement touchant 
la divine providence & preMestination, faite en forme de dialogue. s. I., 12 ü . 

5. ? Sommaire des prineipaux points de la foy & religion chrestienne, 'et 
des abus et erreurs contraires ä iceux. — Sfad) im 1. SBud) ber Instruction 
chrestienne, unb 1564, SJiefc, 8°. 

6. 1561. Brief sommaire de la doctrine chrestienne, fait en forme de dia- 
logue. 9?ebft ber franj. Ueberfefeung einer ^rebigt SB u Hing er' 8 über bo« 
Slbenbrnfll. s. L, 12°. — STlld) im 1. ber Instruction chrestienne. 

*7. 1561. Exposition familiere des prineipaux points du catfohisme & de 
la doctrine chrestienne, en dialogues. ©enf, 12°. — 2fod) im 1. 8. ber In- 
struction chrestienne. 

*8. 1561. La me*tamorphose chrestienne. ©enf, 12°. — 1592 f ©enf, 8°. 

*9. 1564. Instruction chrestienne en la doctrine de la loy & de l'Evan- 
gile: et en la vraye philosophie & theologie tant naturelle que supernaturelle 
des chrestiens: et en la contemplation du temple et des images et oeuvres de 
la providence de Dieu en tout l'univers: et en l'histoire de la creation et cheute 
et reparation du genre humain. ©cnf r f.°, 3 ©. — 2>en 3. ©etnb fiobe id) nidjt 
gefebn unb roeifj nicht, ob er erfchtenen ift; ber SJorrebe be« erften jufolge foüte 
cv bie Sractate über Äirdjc, 2Imt unb ©actamente enthalten. 

10. 1565. De la providence divino touchant tous les estats du monde et 
tous les biens et les maux qui y peuvent advenir et adviennent ordinairement 
par la volonte de Dieu. £toon f 8°. 



*) Tie mit Stemmen bejeitbneten ©Triften unb ausgaben finb bie, bie i$ bettufct $abe. 
Sri ber grefjen Seltenheit ber SBiret'föen ©Triften toage icb cd niebt ju bebaupten, 
bafi meine Ufte »eDftanbig ift. 

**) Ob biefe Scbrift »irfti^ lateinifdj erfebienen ift , fcermag i<b niebt fagen. 3$ entlegne 
bie Angabe ber 8ifte von 9*iret'ö «sdjriften bei Senebier (llistoire litteraire de 
Genere, 1, 156 u. f.). Senebier gibt aua) »on meiern anbern tateirtifcf>e Eitel an, 
bie er aber offenbar au* tüi e I cr> i o r ?lbam genommen bat, ber reine franjöftfibc gibt. 
SSirct fagt felbft, et $abe »er 1553 feine lateinifcbe So)riftcn beraub gegeben ; alle lalei^ 
nif(be Xitel *or biefem 3abr ftnb alio auf franjcTtffe ju begeben. 



Digitized by Google 



69 



2. (ErmaljnungöfdjrifUn. 

11. 1544. Deuz discours adressös aux fldeles qui sont parmi les papistes. 
©enf, 8». 

12. 1547. Bemonstrances aux fldüles, qui cojiverscnt entre les papistes, 
et principalement ä ceus qui sont en cour, et qui ont offlces publique*, tou- 
chant les moiens qu'ils doivent t^nir en leur vocation. ©Cltf , 12°. — 2tud) in 
ben unter 9?r. 15 anjufüljrenben Traites divers. 

13. 1551. De la communication que ceus qui cognoissent la verite de 
rEvangile, ont aus ceremonies des papistes, et principalement ä leurs baptesmes, 
mariages, messes, funeraillcs, et obsoques pour les trespassez. ©enf, 12°. — 
ftransöfifd) aud) 1558, 1560, s. L, 12°, unb in ben Trait& divers. 

*14. 1551. Du dovoir et du besoing qu'ont les hommes de s'enquerir de 
la volontö de Dieu par sa parolle, et de l'attente et finale resolution du vray 
concile. ©enf, 8°. — *5Bermeb,rt, unter bem SEitel: Dialogucs du combat des 
hommes contre leur propre salut, et contre le devoir et besoin qu'ils ont de s'en 
enquerir par la parole de Dieu. ©enf, 1561, 8°. — Ohne 3»eifel bie nämlidje 
©djrift, tote bie üon ©enebier uuter loteinifdjem Xitel angeführte: Qued spe- 
randum de concilio universali. ©enf, 1551, 8°. 

♦15. 1559. Traittez divers pour l'instruction des fldeles qui resident et 
conversent es lieus et pais esquels il no leur est permis de vivro en la purete 
et liberte* de TEvangile. Beveus et augmentez. ©enf, 1559 , 8°. (SntfyäU, außer 
ben unter 9?r. 11 unb 12 angegebenen Xractaten, nod) bie gtoei folgenben: Epistre 
aus fldeles, touchant leur conversation entre les papistes; — Admonition et 
consolation aus fldeles, qui deliberent do sortir d'entre les papistes, pour eviter 
idolatrie, contre les tentations qui leur peuvent advenir, et les dangers ausquels 
ils peuvent tomber en leur yssue. 

*16. 1559. Epistre consolatoiro pour consolcr los fldeles qui Bouflrent 
persocution pour le nom de Je'sus : et pour les instruire ä so gouverner en temps 
d'adversito et de prosperite, et les confermer contro les tentations et assaus de 
la mort. Boveue et augmente'o. ©enf, 12°. 

*17. 1559. Epistres aux fldeles pour les instruire et les admonester et 
exhortcr tnuebant leurs offlces, et pour les consoler en leurs tribulations. ©enf, 
12». 26 «riefe. 

♦18. 1565. Lintfrim, fait par dialogues. Styon, 8°. 

3. Polemik. 

19. 1548. De la vertu et usage du S. Minister© et des sacremens depen- 
. dans d'icelle : et des differons qui sont en la chrestiente' ä cause d'icelles. 

©enf, 8<>. 

20. 1550. Petit Tratte* do la difference des superstitions et idolatries des 
payens anciens et des chrestiens papistes. — Uebcrarbeitet : *Do la source et 
de la diffe'ronce et convenanco de la vieille et nouvelle idolatrie, et les vrayes 
et fausses images et rcliques, et du seul et vray mödiateur. ©enf, 1551, 
1559, 12«. 



Digitized by Google 



70 



2_L 1561« Hfl 1a nature et des diverses especes des voeus. ©enf, 81 — 
(Später fcbrieb Sit et: Dil voeu de Jacob et des 8acriflces paciflques (Wann 
unb wo?). — 2)ann baß ©anjc, fortgefefct unb überarbeitet: *De 1a vraye et 
fausse religion, touebant les voeus ei les sermens licites cl illicites, ei notam- 
mant touchant les voeus da perpetuelle continence, et les voeus d'anatheme ei 
execration , et les sacriflees d'bostics humaines , el dB rexeommunication en 
toutes religions. Item de. 1a moinerie, taut des Juifs que des payens ei des 
Turcs ei des Papistes, et des sacriflees faits ä Moloch, tant en Corps qu'en ame. 
©enf, 1560, 1590, 81 

♦ 29. 1553. De vero verbo Dei, sacramentorum ei Ecclesiae ministerio 
libri duo; dfi adulterinis sacramentis über unus; de. adulterato baptismi sacra- 
mento, ei dn sanetorum olcorum usu et consecrationibus über unus; de. Adiiltcrata 
Cocda Domini ei de. tremendis sacrao Missae mysteriis libri sex; de. theatrica 
Missae saltatione cento ex vetcribus poetis latinis consarcinatus. ©enf, f.° — 
©enf, 1563, 81 — ©cnebier gibt aud) befonbere Ausgaben be« Liber de 
adulterinis sacramentis uub be« Cento on, unb eine 1560 erfdjienene franjöfifdje 
Ueberfcfcung be« ganjen SBerf«. 

♦23- 1554. De origine, continuatione, usu, autoritato atque praest&ntia 
ministerii verbi Dei ei sacramentorum, ei de controversiis ca de. rs in Christian o 
orbe, hoc praesertim seculo excitatis, ac de. earum componendarum ratiooe. 
18 ©üd)er. ©enf, f.° Ueberarbeirung bon 9^r. 1&. — SRad) ©enebicr aud) 
franjöftfd), ©enf, 1565, 81 

24. 1554. Diflerence et Conference de. 1a cene ei du 1a messe, ©enf, 8°; 
1500, 81 

*25. 155«. Des actes des apostres de J. C. et des apostats du l'Eglise ei 
des successeurs tant des uns que des autres. ©enf, 8^ *1559, 81 

• *2fi. 1560. Du vray ministere de 1a vraye Eglise de J. C, et des vrais 

gacremens d'icelle, et des faus sacremens de l'Eglise, de. 1' Antcchrist , ei des 
Addition» adinnst^ea par les hommes au sacrement du baptesme. ©enf, 81 

21. 1564. Institution des heures canoniques ei de temps determinez aux 
prieres des chrestiens. £b,on, 8°. 

* 28. 1564. De l'anthnritft' et perfection dfi 1a doctrine des sainetes Escri- 
tures ei du ministere d'icelle, ei des vrais ei faux pasteurs et de leurs dis- 
ciples, et des marques pour cognoistre ei discern«r tant les uns que les autres. 
?aon, 81 

*29- 1564. Des cl. fs dß l'Eglise, ei de l'^dministr^finTi dfi 1a parole dfi 
Dien, ei des sacremens, Selon l'usage de. l'Eglise Komaine, ei dfi la trans- 
substantiation , ei de 1a verite* du corps de J. C, ei de. 1a vraye communion 
d'iceluy. ©enf, 81 gortfefeung oon 9hrmmer 28, 

*30. 1565. De. Testat de 1a Conference dn l'authorite', puissance, prescrip- 
tion ei succession tant de 1a vraye que de. 1a fausse Eglise, depuis k commen- 
cement du monde, ei des ministres d'icelles et dfi leurs vocations ei degrez. 
?t)on, 81 gortfe^ung oon Kummer 22L 

*31. 1565. Response aux qnestions proposees par Jean Ropitel, minime, 
• aux Ministres dfi l'Eglise reformee de Lyon, avec d'Aiitrt»« questions proposees 
ä luy ei a ses compagnons, suyvant la t^neur des siennes. ?t)0ll, 81 

82. 1565. Trois livTes des prineipaux poinets qui sont aujourd'huy en different 
ouchant 1a sainete cene da J. C. ei 1a messe, ei da la resolution d'iceux. ?i)oit , 8°. 



Digitized by Google