I
3ot)amtes Sd)laf.
Äritijcfye fteoifion
3. ff. ff. Bruns’ Berlag, Blhtben L B3.
gtrsogtid) Sä^flldK uriö JÜrttltf» S$aum6wg«ClpplW>e $of>$erlag$&U'tfianMiing.
1906. IfflBliu IfimnuH
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Johannes Sd)Iaf.
Äritifcfjc 5Reoi[ton einer 9Bl)itman * 2lbl)anblung
oon Dr. (Ebuarb Sert}.
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3. CC. (I. ©runs’ ©erlag, ©Hnben i. 2B.
8«r3ogIitf) S8d)ft[d)f unb $JürJtn<b Scbaumburg . CippiJcfje gof «Scrlagsbudjfjanbluitg.
1906.
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P 5 3 23/
134/8 S3
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5 lls Separat» Slbbru * aus bem „Jahrbuch für fejuelle
3u>ifcf)enftuf en mit befonberer ©erücfefid)ttgung ber
fjomofejualitat, hetausgegeben oon Dr. med. Magnus
fjirf <hf elb ", erfdjien oor lungern im Berlage oon Maj Spot)r
(ßeipäig) eine Monographie oon Dr. (Ebuarb Bertj, be«
titelt „Malt 2 B 1 )itman; ein (Eljarabterbilb — Diefe
Monographie fud)t ben Mad)t»eis 3U führen, bah ®alt 2 Bhitman,
ber Dichter ber „©rashalme", ein ^omofejueüer gecoefen {ei; unb
3toar 3ähU ihn Dr. Bertj ber Kategorie ber (Ebel * Uranier bei.
3 d) behaupte nun, bah Dr - ®ertj c * n folctjer Bad) toeis nid)t
geglüc&t ift, unb id) toerbe bieje Behauptung im folgenben ftütjen
burd) eine britifdje Beoifion ber Betoei{e, bie Dr. Bert} mit Jo
grober Slusführlidjlteit roie ausgiebiger unb umfangreicher herbei»
[<haffung oon Material in {einer Monographie entroicbelt.
*
Utadjbem Bertj auf ben erften 25 Seiten {einer Schrift eine
9ln3ahl intere{{anter Urteile oon ©egnern unb Bereljrern 2 Bhit*
mans angeführt unb britifd) beleuchtet hat, um für feine iperfon
eine Mittelfteilung 3toifd>en ihnen ein3unehmen ; nachbem er ferner
unterf<hiebli<he Urteile roiffenfchaftlidjer Äapa3itäten über 2BI)itman
3itiert unb bie ^Rechtfertigung einer fejual » roiffenfehaf tlid)en Be»
leuchtung bes oorliegenben 'Problems gegen biefen unb jenen, ber
eine foldje prin3ipiell oerroirft, beigebracht h fl t< geh* er baran,
bie oier oon Jrjirfchfelb aufgefteüten <harabteriftifd)en Stigmata
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ber fjomofejualität bei ©Jhitman nad) 3 uroeifen. *Diefc Dter
Stigmata hefteten 1 . in fomatifdjen, 2. in pft)d)ifd)en fienn 3 eichen,
3. in einer grojjen Abneigung gegen bas ©Jeib unb 4. in einem
5teunb|(^afts*QEntI)u|iasmus non ge|d)led)tlicf)em ©runbd)arakter.
- ®iefe oier Stigmata, behauptet ©ert), laffen fid) bei ©Jljitman
nad)toeifen.
Cs ift inbeffen gleich oon 3ntereffe, i)eruor 3 ut|eben ( in
toeldjem Sinne Bert) non einer Jrjomofejualität 3Bf)itmans fprid)t ;
unb es ift ferner non 3ntereffe, auf ©runb melden ©laterials
er feinen Bern eis füt>rt.
3d) h°b bereits oorljin heroor, bafj Bert} ©Jljitman einen
©bei * Uranier nennt. ©Jas er bamit meint, bafür gibt eine Stelle
auf Seite 167 beut liefen ©ufjchlufj. — 3d) 3 itiere fie. 3m ©erlauf
einer Meinen 'Polemik gegen ©3ilh- Sdjölermann, ber im ©erläge
uon ©. ©ieberidjs in 3 ena »or ein paar fahren eine ©usroat)l s
Überfe^ung ber „©rashalme" mit ©inleitung Ijerausgebra^t hat,
äufjert Sertj fid) folgenbermajjen :
„2Bie fe^r Sdjölermann bie roaljre ©atur bes ^Problems
oerkennt, 3 eigt er, roenn er non ©3f)itman fagt: ,So kam es,
baff man iljm unerlaubte, aber unberoiefene Se 3 iel)ungen 3 U
jungen ßeuten nad)fagen mod)te.‘ 3d) roeif} nid)t, rooljer er
biefe ©nklage entnommen l>at ; Sdjölermann ift ber erfte, bei
bem id) fie lefe; in keinem anberen ber Dielen ©üdjer über
2Bl)itman, bie id) je 3 U ©ate ge 3 ogen habe, ift fie mir mit einer
foldjen Ungefd)minktheit aufgeftojjen. Unb id) be 3 toeifle
fogar, bafj ©3l)itman ,unerlaubte‘ ©e 3 ief)ungen 3 U jungen ßeuten
unterhalten hat, roenn ich ih n aud) nicht im geringften besroegen
nerurteilen mürbe, ©ein, nicht auf beftimmte ©kte,
gleid)Diel ob erlaubt ober oerboten, kommt es an, rnenn totr
bie Jrjomofejualität eines ÜJtannes feftfteüen tooHen, fonbern auf
feinen ©harakter, feine ffiefühlstoeife. ©s gibt unb gab
jeber 3 eit eine beträchtliche ©ruppe oon ©bel*Uraniern, bie nie*
mals bem Iriebe ihrer ßeibenfdjaft gehorchten."
©Ijo : Bert} beätoeifelt, bah ©Jhttman je ben urnifdjen ©kt
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$
Dot^ogen hat. (Es ift benn in ber lat auch nicht bas geringfte
©etocis * ÜJlaterial oorhanben, bah cs ber JaH getoefen wäre. —
2lber Bert) behauptet unb roiH betoeifen, bah fid) bei SBljitman
ber Charakter unb bie (Befühlstoeife bes f>omofejueHen
nadjroeifen laffe. — 2Bas nun i)ier ben Charakter bes Btaterials
onbelangt, auf befjen Bafis er einen folgen Beweis 3 U führen
gebenkt, fo ift folgenbe Stelle auf Seite 193 feines Buddes bafür
benn 3 eid)nenb. (Es Reifet bort:
„Oft bas Stubium feiner (JDljitmans) Biographie ge»
eignet, unferen Sdjlufj (auf Jrjomofejualität) 3 U entkräften, ober
bient es ü)m 3 ur Betätigung? 2Bobei roir natürüd) nid)t nur
feine laten unb Sdjickfale, fonbern oor allen Bingen fein 2Befen
felbft, toie es fid) äußerte, 3 um Biographien 3 U regnen haben."
Biefe kleine Stelle ift intereffant. B3enn Bert) nämlid) in
ben 3 toei lebten Sähen gegenüber 2 Bi)itmans laten unb Schick»
falen „oor allen Bingen" oon feinem „2Befen" fprid)t, fo
cerrät fid) baraus unwillkürlich bas Bewufjtfein oon einem ^lus
unb oon einem Btinus; unb 3 toar toirb bas Btinus bes Betoeis»
roertes für ÜBhüntans ^omofepalität feinen laten unb Sdjiätfalen,
bas 'P l u s bagegen feinem 3Befen innetoohnen. - irjier oerrät fid)
bereits ein Änick oon Berh’ gan 3 er nad)herigen Beweisführung. -
3<h benke, es fteht oon oornherein feft, bah bejonbere unb pofitiüe
Sd)lüffe fid), befonbers in unferem 3faHe, am toertooUften oor
allem aus laten (Berh meint natürlich fjanblungen) unb
Schick falen ge 3 ogen barfteüen müffen; toogegen Schlüffe aus
bem „SBefen" ungleich fd)wankenber unb un 3 uoerläffiger finb;
tnfofem Berh offenbar mit biefem „ 2 Befen" auf 2 Bt)itmans
Bietungen hin 3 ielt. Bun aber toili er ober fielet er fi<h oielmehr
genötigt, fold)e Schlüffe oornehmlich aus biefem „SBefen" 3 U
äiehen! — (Es fpridjt fich aüerbings 2Bl)itmans 2Befen in feinen
Bichtungen auherorbentlid) entfdjieben, unmittelbar unb fubjektio
aus. Boch ift erftens hierbei feljr 3 U berückfichtigen, bah niemanb
in aller Bioberne fein 2Befen fo betouht unb fo t) 0 <hgrabig 3 U
einem Äollektiowefen gemacht unb poten 3 iert hat, als gerabe
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©Sßitman! Blfo roirb berBobenoon Bert}’ Betoeisfüßrung, auf
ben er ficE> oor allem angetoiefen fief)t, nod) fcßroanbenber. -
©un ßat 3toar freilid) Bert) im weiteren ©erlaufe aud) aus ben
laten (£>anblungen) unb Scßidtfalen ©Stjitmans unb aus biefem
©eil feines Biograpßifdjen pofitioes, unb 3toar 3iemlid) reid)lid)es,
©laterial ßerbeigebradjt ; inbeffen er ift fid) feibft bemüht, baß
biefem ©laterial bas ©linus bes Betoeisroertes anfjaftet; unb
wir werben nachher nod) !)inreid)enb feßen, wie ftarfe biefes
©linus ift!
©Ifo: mir feßen oon oornßerein : bas fjunbament oon
Bert)’ Beweife lägt feßr 3U wünfcßen übrig. — Die Sad)e
wirb offenbar nid)t beffer, roenn Bert} Seite 197 gan3 unb gar
folgenbes fagt:
„Iroßbem ift es, roie fcßon jgaoelodi (Ellis ßeroorßebt,
nicßt leicßt, ©Sßttman na<ß bem fejueüen ®efid)tspunbt 3U blaffi*
gieren (!). Selbft nad) bem bie latfacße feiner Jrjomofejualität
ftonftatiert fein roirb" (fie wirb’s nidjt fein!), „roerben mir
nocß unfcßlüffig fein, welcher 'piaß in ber Beiße ber 3 aüfcßen*
ftufen tßm gebührt." (O, über biefe famofen „3wifcßenftufen" !
©Soßin roerben fie unferen ejabten Spe3iaiwiffenfcßaftlern nad)*
ftens woßl nod) progreffieren !)
Dies alfo ift bas tfunbament oon Bert)’ Betoeis ; unb
nun feßen mir uns biefen feibft an! —
©Sir ßaben es 3unäcßft mit bem „fomatifcßen Stigma" 3U tun.
Bert) füßrt ßier 3uoor jene 3 eu 9 n ilf c über ©Sßitmans
äußere ^perfönlicß&eit unb (Erfcßeinung an, welcße bem Cßarabter
ber ir)omofejualität entgegenfprecßen. (Es ift oielfacß unb oon
guten (Bewäßrsmännern berichtet toorben, baß ©Sßitmans (Er*
fdjeinung eine burcßaus männliche, ja, bie eines ooHenbeten unb
ooHbommenen, eines BoHmannes toar. — Bert) 3itiert ben Bus*
jprucß ßincolns, ben biefer tat, als er gelegentlich ©Sßitman oon
Bngeficßt 3U Bngeficßt gegenüberftanb. Der tpräfibent rief aus :
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„Weil, he looks like a Man.“ Bert? führt meine unb «Jreüigratljs
Überlegung biefes Slusfpruches an. ©ir ro ollen aber l)ter lieber
oon meinem ©ortlaut fpred)en; benn id) kannte ben Slusfprud)
nid)t in englifd)er Jaffung, |onbem Ijabe nur eine Überlegung
bes|elben kolportiert. Sie lautet: „Cr |iel)t bod) toie ein 3Jlenfd)
aus?" Das gibt 3 tnar aud) einen Sinn, toeil ©hitman bamals
Don ben prüben 7)ankees gerabeju als ein „(Benie ber ©o||e"
ausgerufen tourbe. 'ßielleid)t l)at ßincoln foldje ©erüd)te aud)
im Sinne gehabt, unb ber Sinn |eines Ausrufes i|t toirklid) ber
eben mitgeteilte geroejen. Onbeffen id) Ijalte, mit Bert), bennod)
3freiligratl)s Überlegung für bie belfere. Sie lautet: „3tun, ber
|iet)t aus toie ein 3Jtann !" 3Jlit 5led)t fetjt Bert) biefen Slusruf
in parallele 3 U bem Erfurter ©ort über ©oetfje : „Voilä un
homme!“ — Bert) jitiert bann ferner O’Connor, ber oon ©hitman
fprid)t als einem „3Jlamt oon auffaüenber männlicher Schönheit,
einem Dichter, einer kraftoollen unb efyrroürbigen ©rfd)einung;
grof), rul)ig, Ijerrlid) oon ffieftalt" unb |o roeiter. — ©etter toirb
Buche 3 itiert, ber oon ©hitman ausfagt: „Cr ift Jed)s Juf) l) 0 (^
unb gan 3 gerabe. ©r toiegt beinahe 200 *Pfunb. Äörper unb
©lieber finb rool)l proportioniert. IRulje ift ber geroöt)nlid)e 3lus»
bruck feines ffie|id)tes, aber mit ausgeprägter Jeftigheit unb ©nt=
fchiebenljeit. Me feine 3üge finb grof) unb maffiD, aber oon
folgern Ebenmaß, bajj fie nidjt fdjroerfällig erfd)einen. Sein ©efidjt
ift bas ebelfte, bas id) Jemals gefeljen t)abe." Buche, ber eine
|el)t bekannte Biographie ©hitmans gefdjrieben f>at, toar 3rren=
ar 3 t, ein „erfahrener ^Pft)<f)iater, ber bie grojje Orrenanftalt in
ßonbon, Ontario, Canaba leitete" (Bert) S. 170). Bucke hatte
©hitman gelegentlich felbft unter|ud)t unb feine oöllige
3lormalität feftgeftellt ! — John Burroughs fagt oon
©hitman: „Die oolle Sd)önf)eit feines ffiefi^tes unb Äopfes
rourbe erft nach feinem 60. Jahr augenfcheinlid). 31 ad) biefer
3eit ift mir’s faft 3 toeifelIos, bah cs ber fdjönfte ßopf roar, ben
bies 3 eitalter unb bies ßanb je gefehen hat." — ülnbere 3 eugniffe
haben berietet, bah fein Äörperbau athletifd) toar; bah cr bis
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3U feinen 40 er fahren, roo er am ßa3arettfteber erbranbte, nie
branb geroefen fei ; bajj er ein ftarber CEffer, fanguinifdjen
Temperamentes unb jeber 3 rreube offen geroefen fei; baf) er fiuft
am rauhen Geben gehabt unb bie Batur geliebt habe unb fo roeiter.
©egeniiber folgen Betreibungen ber äußeren 'Perfönlidjbett
©hitmans, bie Bert} als „irreführenbe Schönfärberei" bejeidjnet -
es bleibt offen, aus tDeldjem pofitioen Bnlafj? - füljrt er nun
gegenfählidje Sdjilberungen, bie über ©hitman überliefert finb, an.
Bber l)ier ift uns 3unäct)ft roieber eine Stelle intereffant,
hinter ber bie Ohnmacht oon Bert}, feinen Betoeis glatt burd)=
3ufüt>ren, unfreiroillig aber um fo unmifjoerftänblidjer, fid) roieber
einmal oerrät. - (Er fagt: „Ober ©hitman befitjen mir aller*
bings nid)t nur eins, fonbem mehrere ältliche Urteile ; aber auch
biefe 11r3te Ijaben gan3 entfdjieben nicht geroujjt, roorauf es an*
bommt, unb fo haben fie burd) ihre Oberflädjlidjbeit, ja, bur<h
ihre falfdjen Biagnofen ben <JaH nur um fo mehr oerbunbelt."
Äur3 3uoor l)atte freilich Bert) mit ©öbius gerabe bem ältlichen
Urteil grofje ©id)tigbeit oinbi3iert. Bun aber haben aujjer ben
(Ür3ten, oon benen eben bei Berij bie Bebe mar, nur nod) ein
paar anbere Biagnofen, ober oielmeljr Urteile über ©hitman
aufgefteüt, unb 3toar in einem ben Biagnofen ber anberen
bennajjert entgegengefetjten Sinne,, baf} Bert} i I) r Urteil
felber gelegentlich oerurteilt unb oertoorfen l) a t !
3 d) frage: auf roen in aller ©eit foU man fid) benn nun oer*
Iaffen, unb nach toelchem Urteil, toenn nicht nad) einem är3tlid>cn,
beffen ©id)tigbeit Bert} felbft, „mit ©öbius", befonbers betont,
foU man fein eigenes Urteil einrichten? — Bert) 3itiert ba nod)
einen Dr. ©. B. Brinbarb, ber erblärt I)at, ©httman habe bie
natürlid)ften ©eroohnheiten, Anlagen unb Organifation befeffen,
bie ihm bei einem ©amte oorgebommen ober oon ihm beobachtet
feien. - Buch biefe Busjage roirb oon Bert} mißachtet. BIjo:
ältliches Urteil ift - roir ftimmen ihm h* er fcl>r bei — oon
©ichtigbeit; oor allem bommt es auf ältliches Urteil an, unb
Bert} - oerroirft jegliches ältliche Urteil ! ! — ©arum?
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Sagen roit’s nur gletd) : roeil ©fjitman unter allen Umftänben
homofejuell fein {oll unb muß! Unb roarum bies roieber? Die
3 fr age bleibt offen. -
Unb auf roas grünbet et nun feinen Beroeis? Bun, auf
fein eigenes Urteil unb, roie n>ir nod) fef>en toerben, auf bie
Berichte einiger anberer ‘Perfonen, bie ifjm gerabe in ben
Äram paffen.
Sehen mir 3U! — ©fo Bert} behauptet bie Homo»
fejualität ©hitmans; unb 3toar erklärt er fie 3unäd)ft burcff
erbliche Belüftung. Unb nun merken mir nur auf, roie er
biefe (Erklärung burd)füt)rt!
©fo: erbliche Belüftung. — Bucke 3roar l>at gelegentlich
ausgefagt — gleichroie ©hitman in ben „©rashalmen" felbft —
ba& er oom Bater mie oon ber ©utter eine pradjtoolle Äörper»
befdjaffenheit unb eine naf)e3u beifpiellofe ©efunbl)eit unb leibliche
ßebensfüße geerbt habe- - Demgegenüber aber nun knüpft Bertj
an ben Sdjlagflufj an, eine linksfeitige fjemiplegie, oon bem
©hitman in feinem 45 . ßebensjafjr betroffen mürbe. — 3 d) roiU
hier gleich feftfteUen, bah ®erff an biefer Stelle - roie auch noch
an anberen bes Buches — fid> einer lonart bebient, bie feiner
unb einer folgen Beroeisführung nichts roeniger als roürbig ift.
(Er fagt 3um Beifpiel - ohne irgenbeinen objektioen unb pofitinen
©runb — anknüpfenb an eigene flufjerungen ©hitmans über
feinen ©efunbheits3uftanb : na<h ihnen (biefen Suherungen) hätte
er fi<h baher auch nicht feinen Schlagfluh als 3 folge erblicher
Dispofition erklären roollen; feine ©itelkeit (!) hätte bas nicht
gelitten. Die Sdjulb hätte aljo auf eine äujjere Urfadje, feinen
langjährigen ßa3arettbienft geflohen merben müffen. - 3 d) fage
noch einmal: biefe ©t unb ©eife ift unroürbig! - Buherbem
fpricht alles Üatjädjliche in ©irklichkeit nur bafür, bah jene
Hemiplegie eine Jolge oon ©hitmans langjährigem, h ar tem
ßa3arettbienft mar. - ©rftens hat bies ein Ul r 3 1 , ber bereits
ermähnte Dr. Drinkarb, ©ajljington, ausgefagt; 3meitens fpricht
alles bafür, menn man in Bückficht 3ief)t, bah ©hitman brei
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3 al)re lang, mit 3wei kur3en Unterbrechungen, lag für lag
unb meift fogar aud) bie Aad)t über in bicjen fiaäarcttcn con
ÜBafhington bamals weilte unb tätig roar ; bafj er aufjer anberen
aud) <^irurgijd)e §ilfsleiftungen tat ; mit ben f d) ro e r ft e n Äranft=
fjeiten in nädjfter Berührung war; umgeben roar oon Itjpfjus,
ßajarettfieber unb ben furdjtbarften Berftümmelungen ! 2 Benn
man ferner berückfichtigt, bajj er fid) nid)t nur eine Blutoergiftung
3U3og r fonbern aud) bas ßa3arettfieber 3U befielen hatte! —
Aujjerbem nun aber - unb fjier läftt fid) Bert) eine eigentlich
gar nicht 3U entfd)ulbigenbe 9 tad)läffigfeeit 3U fd)ulben kommen —
ift 3toar rf)eumatifd)e ßäljmung ein 3ei<h crt Don Bererbung,
nicht aber Hemiplegie. Bert} ift babei fo naio, bies felber bei
biefer (Belegenheit an3ufül)ren. — Aber für feinen 3 roe d? ift es
nidjtsbeftoroeniger oon nöten, baf} Hemiplegie bennoch möglicher*
roeife <]rolge oon Vererbung fein könne. - 3d) benke, mir finb
bereits berechtigt, biefen 'Punkt aus ber Bererbungslifte, bie er
auffteüen toiH, roeg3uftr eichen. (Er felbft gibt uns biefe Be red)=
tigung, inbem er fi<h roiberfpridjt. -
(Einen anberen Beweis oon Bererbung fie^t Bert} in bem
Umftanb, baf} Blfjitman bereits oor jenem ßa3arettbienft unb
fd)on feit feinem 30 . ßebensjat>r, graues Haar gehabt. - Bun,
immerhin fdjeint es niefjt gerabe „in ber jjamilie gelegen 3U haben",
benn über feine übrigen ad)t ffiefdjwifter toirb roeber oon ihm
nod) jemanb anberem bergleidjen berietet. — Btan bebenke
ferner, ein wie roedjfelreiches ßeben ©t)itman bis 3U feinem
30 . 3 af)r bereits hinter fich hatte, unb man wirb ein frül^eitiges
(Ergrauen bes Haares kaum fo oerrounberlid) finben. 3 d) gebe
ferner 3U bebenken, bafj 2 Bl)itman um biefe 3 «t in Utero Orleans
ein fehr ernftes ßiebesoerfjältnis hatte, unb baf} bie Unmöglichkeit,
mit ber (Beliebten fid) 3U uerheiraten - ihre Angehörigen, fieute
aus bem Greife ber t)ö<hften Ariftokratie, waren burdjaus bagegen,
trotjbem bas Berhältnis bereits folgen gehabt — AJhitman auf
bas t i e f ft e feelifd) erfchüttert hat. Sehr berechtigt ift man, an3u»
nehmen, bafj bie (Ergrauung feines Haares, gerabe in biefer 3 *it !
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bamit im 3 nfaniment)ang ftel)t ! - ©eitere Bererbungs*
3eid)en aber, geftetjt Bert) roieberum redjt naio 311, I)abe
©fjitman überhaupt nid)t gehabt! -
(Er berietet aber, roat)rj<!)einlid) um bie frühzeitige (Er*
grauung 3U retten, trotjbem nod) oon bem 3uftanb oon ©f)itmans
(Eltern; unb er füljrt tjier gegen bie oben ermähnte Busfage
Buckes einen Dr. Brinton ins 3 relb, ber ausgejagt tjabe:
„‘Paralgjis roar in jeiner (©tjitmans) Familie erblict). Sein Bater
litt in biejer 2 Beife, unb fein Bruber (Beorge, ben id) kenne, t)at
roieberfjolte Unfälle gehabt." Über bie ‘Perfon unb bie Autorität
biefes Dr. Brinton erfahren mir freilid) nichts ; roäfyrenb mir oon
Bucke toiffen, bafj er ein bebeutenber ‘Pft)d)iater roar. — Buf
©Ijitmans Bater unb feine Biutter aber kommen toir nad)l)er
nod) 3U fpredjen. —
ferner: fämtlidje iiberlebenben ©lieber ber fjamilie ©l)it=
man feien kinberlos geroefen. O’Connor t)at bas berichtet. —
(Es kommt Bert} t)ier aber gar nid)t barauf an, auf Seite 226
felbft 3U berichten, roie ffiljitman gelegentlid) bei ber ßeid)e eines
kleinen Beffen gefeffen E>at ! — ©eiter ignoriert er, bajj ©l)itman
in feinen Briefen aus bem ßa3arett, bie Berk bod) kennt ! fid) bes
öfteren nad) ben Äinbern feiner ©efdjroifter erkunbigt! —
©as nun ©l)itmans Bater anbelangt, fo ift ein fid) eres
3eugnis, bafj er 3U ‘paralgfis geneigt Ijabe, nirgenbs oorljanben.
©tjitman felbft fdjilbert feinen Bater als „ftark, felbftgenügfam,
männlid), fil3ig, 3um 3°r« geneigt, ungerecht — ieid)t fd)lägt er
3U, fdptell entfahren if)m laute ©orte; ein geriebener ©efdjäfts*
mann, ber bie ßeute fd)lau 3U köbern roeifj". — ©eiter toiffen
toir oon feinem Bater nid)ts Epofitioes ! - 3 d) benke, bas eben
mitgeteilte (Efjarakterbilb aber ift nid)t gerabe bie Signatur eines
kranken Btenfdjen ! - Jeber Unbefangene toirb fagen : ein l)er3*
Ijafter, feljr emotioneller ©ann. Unb ein „geriebener ©efd)äfts=
mann"? 3 d) 3toeifle, ob man ein foldjer bei Bnlage 3U ‘Paralpfis
3U fein oermag! —
Slber jetjt kommt etroas gan3 Unglaubliches! —
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Srgenbtooffer muff ja nun natürlich ©ffitman bic Einlage
3 um „Uranier" ffaben. §at er fte, offenbar, nid>t oom ©ater,
nun, jo ffat er fie oon ber ©lütter. —
Unb nun ff öre man!! - 2Bir coiffen non SDffitmans
©lütter, auffer ber inbirekten Pufferung Dr. ©uckes, burcff 2Bffit*
man jelbjt. Danad) roar jie „oon milbet ©ebe, mit jauberem
jQäubdjen unb ©eroanb ; ein gejunber Duft entjtrömt iffrer 'Perfon,
roenn jie oorübergefft". ©Ijo ein SBeib, roie es einen etcoas
ffeftigen Wann gut unb glücklicff ergän 3 t. - ©ber gerabe bieje
©lütter muff ji(ff - „urnijcffe ©igenfdjaften" 3 ufcffreiben laffen! —
©lan fföre, rooraufffin! - ©Jffitman berietet ausfüffrlicff
in einem ©ebicfft eine rounberbar rüffrenbe unb rei 3 enbe S 3 ene,
bie für jeben Unbefangenen keinen anbern ©eroeis als ben
rüffrenber §er 3 ensgüte geben roirb; ©erff bagegen ift fie ber ©eroeis
urnifcffet Anomalie ! - Der ftall aber ift ber : ©ine fgmpatffifcffe
unb feffr fcfföne junge Onbianerfquaro, eine ©injenftufflflecffterin,
kommt eines Xages, als ©Jffitmans ©lütter no<ff ©läbcffen ift,
auf bie ftarm iffrer ©Item unb bittet um ©rbeit. - 3fe meffr bie
©lütter bie Square fdjaut, um jo meffr liebt fie fie. ©ie 3 uoor
ffat fie fo rounberbare S(ffönffeit unb ©einffeit gefeffen. Sie Iäfft
bie Squar» am fiamin nieberfiffen, koefft iffr ©ffen; bie Squato
bleibt bis 3 um ©aeffmittag unb gefft bann toieber iffrem ffiefeffäft
ruuff. - Das ift für Dr. ©erff „urnijcffe ©igenfeffaft" ! - ftüreff*
terli(ff ! - ®ren 3 t ffier bie „©kribie" unferer „©jakten" unb
Spe 3 ialiften ni (ff t bereits iffrerjeits an - ffiefd)le(fftsirrfinn??
©Ifo : laffen toir’s babei: SBffitmans ©ater roar ein gefunber,
ffer 3 ffafter, roenn jeffon etroas rauffer ©lann, unb feine ©lütter
eine liebenstoürbige unb feffr gutffer 3 ige ftrau - gan 3 ber ©in*
bruck, ben aueff iffr Porträt maefft - bie 77 3affre alt tourbe unb
iffrem ©lann neun Äinber gebar; unb nieffts gibt uns ein ©e<fft,
3 u beffaupten, 2Bffitman ffabe oon iffnen ©lerkmale ber Degene-
ration geerbt. - Sein ©ater ift 3 toar im ©Iter an fefftoerer
Ärankffeit unb fjinfalligkeit geftorben - roie ©erff „reim bid),
ober ieff freff bid)!" auf alles losftür 3 t unb es aufpickt, fo
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natürlich aud) auf biefen Umftanb — ; aber mir benben, bas ift bei
einem Wenfdjen, ber jein ßebtag in 2Binb unb 2Better fernere
Arbeit getan unb mand)erlei 2Bec^felfätte bes ßebens burd)«
3umacf)en fyatte, wot)l kaum |o befonbers auffällig. —
Was bleibt nun aljo Don ber gangen „Sererbung" übrig?
9 tid)ts! —
*
9 Iber mir [inb mit bem „fomatifdjen Stigma" nod) nid)t
fertig. (Es get)t weiter. — Bert) fuc^t 3unäd)ft bas fyomofejuelle
OTerbgeid)en bes „weiblichen fjabitus" nadjgumeifen, bas fid) „bei
allen Urningen" wieberljolt. — ®a ift gunädjft bas Werbmal
ber garten, mot)t aud) rofigen unb meinen fjaut. ferner ein
3arter jugenbli<f)er Körper, fd)wad)e Wusbeln unb Trieb 3U
ruhigen Bewegungen. — Soldje Werbmale nun t)ätten fid) bei
2 Bt)itman gegeigt? - Bert) gitiert eine Sd)ilberung, bie 3 of)n
Surrougt)s, ber 3toei Büd)er über Wt)itman gefdjrieben unb „il)n
am beften gebannt", non Wfjitman gibt. (Es Ijeifjt bei Burrougljs :
„Britifdje Kritiber haben non QBtjitmans 2 ltt)letentum, feinem
atf)Ietifd)en Temperament unb berglei^en gefprodjen" (es bleibt
unentfd)ieben, ob fie’s nid)t im übertragenen Sinne getan Ijaben),
„aber er mar in beinern Sinn ein musbulöfer Warnt, ein 3 ltf)let.
Sein Körper, wenn aud) pradjtooß, roar in merbwürbiger Weife
ber Körper eines Kinbes; man fah bies an feiner fjorm, an
feiner rofenroten fjfarbe, unb an bem garten ©etoebe ber §aut.
©r hatte wenig Ontereffe an Kraftübungen unb att)letijd)en Sports,
©r fd)ritt mit langfamem, roüenbem ©ange baf)in ; in ber Tat, er
bewegte fid) langfam in jeber §infi(^t." —
Jrjiergu wäre 3U bemerben, bafj biefe Witteilung im Wiber«
Jprud) ftet>t mit anberen unb 3war gut oerbürgten, nad) benen QBljit*
mans Wejen bei Dielen ffielegenheiten fel)r refolut war. So hat er,
ber, nad) Quäber = ffiewo^nt)eit, einft mit bem jf) u t auf bem Kopf
in eine Kirche trat, einen Kird)enbiener, ber iljn beshalb beleibigte,
beim Kragen gepadit unb l)inausgeworfen. fjettter ift 3U bemerben,
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baß 2Bf)itman in jpäteren fahren, coo er ©uße bagu hatte, toie
mehrfad) berietet toirb, iäglid) fportlidje Übungen im freien
gemad)t hat ; baß man alfo oon irgenbeiner anormalen Abneigung
gegen börperlicße Übungen unb Sport nid)t toirb gut reben
bönnen. ©etter muß man bebenben, baß er große Strecben
Bmeribas jahrelang burdjtoanbert hat. - Bußerbem fteßt in
©iberfprud) 3U Burrougßs - ber i t> n ja aud) nur in ben
brei ©afhingtoner ßaaarettja^ren bannte, roo er
bärperlid) unb gef unbljeitlidj herunter toar; lauter
Umftänbe, bie 'S erb nicht ber ©üf)e roert t)ölt 3U beamten,
roeil er fein ©aterial im (Brunbe nur oberfläc^Iicf) unb britiblos
oerroertet - bie 5 T a tf a d) e , baß ©hitman bas rauhe Geben
im freien unb in ber Batur liebte. - Blfo, Schluß : toenn
©hitman aud) ni<ht gcrabe ben Habitus eines berufsmäßigen
Bildeten hatte, fo toar er bod) ein bräftiger ©ann unb einer,
ber börperlicße Bnftrengungen nid)t fdjeute, jeber • ßlrt non
Bewegung aud) felbft prahtifd) geneigt toar unb fie übte.
Unb, nochmals: Burrougfjs 'Beridjt ift fetjr mit 'ßorfidjt unb
Älaufel 3U oertoenben, benn er batiert aus ber ©afhingtoner
Ca3arett3eit ! -
Bun aber bie ftorm feines Körpers. 3 d) benbe, t)ier
roerben toir naturgemäß unb oernünftigerroeife oor allem ben oben
angeführten Urteilen ber Br3te, bie ißn bannten unb unterfucßt
hatten, ihr Bedjt unb ben Bor3ug geben müffen. Übrigens : ein Blieb
auf bie 3ahlreid) oorhanbenen Porträts ©hitmans Iaffen uns
Burroughs BeridEjt oom „Äörper eines Äinbes" als i<h weiß nießt
roas für eine iphantafie erfdjeinen ! - (Er hatte aüerbings runbe
unb fefjr fdjone (Bliebmaßen, ohne jebe (Edügbeit : aber fie entbehrten
bod) auch roieber in beiner ©eife männlicher £>er3haftigbeit. -
©an roirb übrigens fogleid) bebenben, baß bie angelfäd)ftfd)e Baffe
bie fd)önfte Baffe (Europas ift, in ihrem Beintpp. Unb einen folgen
Beintpp fteüt ©hitmans börperlidje (Erlernung un3toeifeIhaft
bar. - (Es ift bebannt, baß biefe Baffe ferner ben reinften leint
hat unter ben übrigen Baffen, unb baß bei ißr eine rote unb
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roeifje fjoutfärbung am meiften oorl)errfd)en. Bebenken roir’s,
fo roirb uns aud) 2Bf)itmans leint als nichts roeniger benn
anormal erlernen, ^ebenfalls mein’ id), ift biefe (Erklärung
fefjr berechtigt, ja : |ie brängt fid) gerabe3u auf, unb ift alles in allem
toenn mir bie Urteile ber flhgte über JBfjitman, roie mir bod)
mal fd)liepd) müffen, gelten lafjen, ift fie beinahe, bei allen übrigen
Bterkmalen ÜBljitmans, notroenbig! - 2 Bas aber fd)liefolid)
feinen ©ang anbelangt - ber in jener ferneren 2üafl)ing*
toner 3«it immerhin alfo nur „roüenb" aber nod) lange ni<^t
fdjlapp mar - fo ift er, nad) allen 3*ugniffen, ber männlicf)fte
©ang gemefen ; unb oon jener eblen, elaftifdjen unb bod) 3ugleid)
gelaffenen Ulrt, mie mir fie etroa bei Ifdjerkeffen unb roilben
©beiraffen roafjrnel)men können.
3 llfo, gebe Bert) bie fel)r relatioe unb im ©runbe redjt
un3uoerläffige Stütje Burrouljgs nur auf; glaube er lieber ben
Sitten, bie 2Bl)itman kannten, ba er bod) 3ubem aud) roieber
ä^tlic^em Urteil 2 Bid)tigkeit beimijjt; unb Iaffe er bas Bterk*
3eidjen bes „roeiblidjen ifjabitus" bis t)*erl)er fallen. - Denn im
übrigen Ijat er überljauptnur nod) ein „3Rerk3eid)en", unb bas ift bie
„Stimme". — „Ulis befonbers djarakteriftifd) für ben urnifcf)en
Iqpus gilt ferner bei ben meiften Sadjoerftänbigen ber meibüd)e
Ulccent ber Stimme bes Urnings." - Bert) miß oon biefem
ÜJierkmal bei 2Bl)itman „menigftens ftarke Bnbeutungen" (!) finben,
„wenn aud) feine Stimme nid)t gerabe eftrem roeiblid) gemefen
fein mag." - Biefes „roenigftens" ! unb biefes „mag" ! - 2Benn
id) bod) bis bal)er aud) nur ein einiges 3Jterk3eid)en fänbe, bas
Bert) fid) nid)t auf ber Stelle felber roieber oerklaufuliert unb
abgefd)mäd)t f)ätte, fo bafj id) eigentlich roeiter nichts 3U tun
braudje, als ihm immer ben letjten kleinen kritifd)en 'Puff 3U
geben, bafj er rettungslos über ben fjaufen faßt! -
Sllfo bie Stimme. 3 lun l)ören mir nur! - 2 Bie Bert)
felber 3itiert, ift über 2 Bl)itmans Stimme folgenbes überliefert:
1. ©urrougfjs fagt: „Seine Stimme mar ein roeidjer Bariton."
2 . 5 B. B. 5 oroelIs : „©ine Stimme oon geroinnenber unb ein»
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fdjmeidjelnber 3 freunbli<peit." 3 . Dr. 3 °h n 3 of)n[ton: „Seine
Stimme t>at eine hohe Cage unb ift mufikalifch." 4 . (Ein anberer :
„(Es ift feine amnberbare Stimme, bie es fo angenehm mad)t, mit
ihm äufammen 3U fein." 5 . $orace Iraubel : „(Eine Stimme, bie
mit allen Schattierungen bes Ions unb ber Jarbe fpieit." — Fn
anberen Stellen fprechen Surroughs unb Ducke oon feiner tiefen,
fgmpatl)ifd)en ; feiner tiefen, Haren unb ernften Stimme. —
Flies in allem alfo, benk’ ich unb hoffentlich jebet oer»
ftänbige Ftenfd) mit mir: eine fd)öne, mobulationsfähige Stimme
eines Doflkommenen unb gehalten emotionellen Cannes (ber 2 Bl)it*
man im praktifchen Geben ftets toar !) ; eine fdjöne, muftkalifche
Daritonftimme. — Fa, bie kommt 3toar feiten oor bei einer
mobernen „Ftannheit", bie fich ihr Organ mit labak unb Alkohol
3u oerberben pflegt, ift aber ni<htsbeftoroeniger, unb trotj aller
„Formalität" ber nerborbenen ÜJlännerftimmen non heute, nicht
anormal, fonbem gerabe gefunbe Formalität; ach ja! fo feiten
fie fein mag! —
Da mir nun aber auch ntit ber Stimme fertig finb, finb
mir mit bem „fomatifcljen Stigma" überhaupt am Fanbe. Unb
roo ift es? Firgenbs! (Es toar nur ein „Der Dien’ mufj!" non
Dr. Derij. —
*
„Rebus hactenus bene gestis“ mach’ ich mich nicht ohne
einige gute 3uoerfid)t an bas 3toeite 5irf<hfelbf<he, bas „pfgchifh«
Stigma". - 3 d) bin 3U einer folgen ßuoerficht um fo mehr be»
rechtigt, benk’ i<h, als Dr. Bertj fid) ber Unficherheit bereits feines
bisherigen „fomatifdjen Stigmas" felber beroufjt ift, benn er fchreibt:
„Ungleich umfaffenber ift aber bei ©hintan ber Äomplej ber
pjgchifchen Stigmata feiner homofejuetlen Faturanlage".
Fis bas erfte biefer „Stigmata" nun roirb „eine getoiffe
Unftetigkeit in ber Gebensrichtung" hntgeftellt. Sie fei 3U=
meift 3U erklären aus ber „urnifchen 3erriffenheit" (§m !) ; roeil ein
Urning feiten (Belegenheit habe, feinen Irieb gatt3 in bem Sinne
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3 U füllen, bafj er burdjaus Angegebene ©egenliebe fänbe. -
2Bi)itman fei nun 3 toar ber größte Optimift in ber Weltliteratur,
aber es fanben fid) Stellen bei if>m, bie beutlid) auf biefe
„urnifcEje 3 e n:iffenf)eit" A nt0 ' c I en -
fjören mir bie ©etoeife ! — Der erfte beftefjt in einem
3itat bes tounberfamen ffiebid)tes „2ränen" . . . jfjier ift es:
„üränen ! tränen ! üränen !
3n ber Dtacbt, in ©infambeit, Iränen,
2ln ber roeifjen ßüfte tropfenb, tropfenb, eingefaugt com Sanbe,
Iränen, unb nid)t ein Stern fd)eint, alles finfter unb troftlos,
9taffe tränen aus ben 2lugen eines cerijüHten $auptes.
O, roer ift biefer Seift ? T)iefe ©eftalt im ©unbeln, mit Xränen ?
2Bas für ein formlofer klumpen ift bas, gebeugt, 3 ufammengebauert
bort auf bem Sanb ?
Strömenbe üränen, fd)Iud) 3 enbe üränen, Sd)mer 3 en, bie in roilbem
Sluffdjrei fid) Cuft machen.
O oerfcörpertes ©ßetter, bu erijebft bid), bu rafeft mit fliegenbem
Stritt am ffieftabe babin !
O roilbes unb unheimliches näd)ttid)es SBetter mit Sturm - in
Der3roeifeltem Slusbrud) !
0 Schatten, bei Sage }o gelaffen unb n>of)lanftänbig, mit ruhigem
2lnge[id)t unb gemeffenem ffiang,
Slber bei 5tad)t, roenn bu hinausfliehft, roo niemanb bid) fieljt —
o bann ber entfeffelte 03 ean
©er üränen ! üränen ! tränen !"
„Umifcf)e 3 err iffeni)eit ?" — 3 cf) bann mir nid)t Alfen :
f djauerlid) ! ! — 3etjt trau’ id) mir kein ©ebid)t non ©oettje
ober Don Sf)abefpeare ober fonft einem ber ffirofjen, Jrjerrlidjen
3 U Iefen ; benn, fobalb id) bort mal, in ©infambeit, eine ÜJtannes*
feele in Irauer fef>e — icf) benbe, l> o f f e bod), fo etroas bommt
oor! — unb fobalb icf) mid) baburd), „in ^Reinigung foldjer
©ffebte'' ('ilriftoteles) innerlid)ft erfdjüttert unb ergriffen füf)le,
bommt ‘Pipifaj ber Steine unb fliiftert mir fjot)nbid)ernb ins
Of)t : „Urning ! Urning ! Urning !" —
Johannes Schlaf, Walt 3Bl)thnan öomo[eruc(Ier? 2
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§at Dr. Bert} nod) mefyr fotdje „Betoeife" ? (Einen hatten
toir ja fdjon: Bie „urnifdje" Btama SB^itman. —
Bber nun toeitcr! Bljo bie urnifd)e „ Unftetig ft eit " ,
„bie tooi)[ fdjcoerltd) allein" (bies „fhwerlid)" !) „auf ben über»
ftrömenben ßebensbrang ber Sünftlerfeele" (tx>elc^’ ein gebilbeter
unb tiefgefühlter Busbrucb !) „ 3 urü* 3 ufül)ren ift".
Ba, um es bur 3 3 U machen, Dr. Bert} 3 ät>tt bes längeren
auf, in toeld)en ßebenslagen, Berufen unb jo roeiter SB^itman
fid) jein ßebtag umgetan unb umgetrieben hat. Unb bas ift ihm
urnifd)e „Unftetigbeit". — 3ntoiefern? 3a, roer in aller 2Be!t
bas roüfjte! — 2Bir anberen meinen einfad), es ift erftens bas
Bormalleben einer ameribamfd)en (Ejiften 3 ber Bolbsfd)id)t, ber
2 Bl)itman angehörte; unb es ift anbererfeits ber Irieb einer
umfaffenben Bid)ternatur oon großen, umfpannenben bosnischen
Bifionen unb ffiebanbenrtd)tungen ; unb ferner eines SBannes, beffen
gan 3 es ßeben unb 2Birben bie gtofje Seligbeit ber ihm toohl als
erftem bejdjiebenen Bifta einer neuen, großen, toerbenben Baffe
roar. - ßetber geht bas Dr. Bertj über ben jrjor^ont. Bas ift ihm
„(Enthufiasmus", unb ber ift ihm nicht nur oerächtlid), fonbern er
fd)eint ihn auch fein ßebtag nie recht haben oertragen 3 U bönnen. -
3m übrigen: ich “»es °ben bereits barauf hm ( wie fid)
Bert} mit einer jonberbaren Baioetät feine „Beroeife" immer
roieber jelbft fd)toäd)t unb oerblaufuliert. So aud) hier. Denn
er fdjreibt Seite 214: „QBenn bie Unftetigbeit in ben äußeren
ßinien feines ßebenslaufes auffättt, fo barf man jebod) nicht
Derbennen, bah er als Bieter non ber 3eit an, ba er bie
„(Brashalme" bon 3 ipierte, troi} aller inneren SBiberfprüdje (!),
bie feine (Bebid)te auftoeifen, mit einer feltenen ffreftigbeit unb
Ueber 3 eugungstreue feine 3beale ausgebaut unb in 3 ähem ÜBiber»
ftanbe gegen fjohn unb §afj oerteibigt hat, unb ba§ fein ßebens»
ooerb, roas immer man britifd) baran ausfe^en mag (hm!),
3 eugnis gibt oon einem in oieler £jinfid)t großen, eblen unb über
ben Bur<hfd)nitt feiner 3unftgenoffen („ 3 un ft genoffen"? (Bräjj»
lieh ! !) h erD °rragenben 2BiUen."
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3 a, nun bitt’ id) jemanb : toas toiH benn Dr. ©ertj aber
nod) meljr?! —
©Ifo : roie eben 3U fel>en toar, l)alb mit feiner eigenen
(Erlaubnis : bidter Strid) burd) Dr. Berkens „urnifdje 3 erriffen*
f>eit" famt „Unftetigbeit ber ßebensfüljrung" ! lieber Strid)
burd) ! —
2Bir ^aben nad) ifpten ©elegenljeit, uns an eine anbere
„toeiblidje Untugenb bes Urnings" 3U madjen, nämltd) an feine
(Eitelbeit.
„(Er liebte es nid)t, fein ßid)t unter ben Steffel 3U
{teilen" (toeld)’ ebler ^lusbrucb !) „unb bie ©efdjeibenljeit toar
fjinter feinen anberen lugenben ftarb 3urü<bgeblieben." 3d)
möd)te Dr. ©ert) t)ier oieHeidjt aud) ©uffalo ©iH 3ur Stig=
matifierung übergeben ; benn bie ©eblame, bie er in fämtlidjen
europäifdjen ©ierbörfern gemalt Ijat, ift fidjer „nidjt o^ne".
©erbädjtig ! ©erbäd)tig ! — ©a alfo aber bei ©Salt geblieben !
Dr. Sertj 3ttiert ad punctum „(Eitelbeit" 3unäd)ft Dr. © 3 eir
JJlitdjell, ber oon © 3 l)itman fagt : „(Er toar bas aüereitelfte
(Befcfjöpf, bas idj jemals gebannt Ijabe. “Die gan3e <Bef<^id)te
feiner (Eitelbeit toirb niemals getrieben toerben. Sie gre^te
an bas Unglaubliche." ©a, toenn’s Dr. ©Seir 9 ©itd)eH fagt? -
Unb, allerbings: man benbe nur: gleid) ber 1. Auflage ber
„®rasl)alme" gibt biefer unglaublidjft eitelfte aller ©idjter fein
'Porträt bei! Unb bamit nid)t genug, in ben folgenben 3 Iuf=
lagen erfdjeinen fogar mehrere unb immer neue Silbniffe. -
Jemer: er ift ftol3 auf feine ©or3üge. (2Bar er mit ©ed)t !
,,©ur bie ßumpe finb befdjeiben.") — 3 m übrigen oergijjt Dr. Bert),
bajj 2Bl)itman fid) in feinen ffiebidjten meift alsäollebtioperfon
gibt; unb bafj er als foldjes feljr grofj getriebenes „ 3 " immer
bie ©or3üge feiner großen neuen ©affe preift. ©Senn ettoa
Dr. ©HtdjeU ober fonft toer ein foldjer ©anaufe ift, bajj er bas
Zßfjitman als unglaubliche perfönlid)e (Eitelbeit anredjnet, fo
foUte Dr. Bert} bas bem Dr. ©titdjell ruf)ig überlaffen. — ©Ser
ift übrigens biefer Dr. ®titd)ell ? ©us toas für einer ©erfenbung
2 *
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iaud)t er auf ? ©ermutlid) irgenbeiner ber feßr feltenen amerika«
nifd)en 3ah n ä r 3le ober jo etwas. (Schabe, baß Dr. Berß fiel) immer
bie 3 toeifeII)afte{ten Gewährsmänner mit ©orliebe ausfud)t !)
©Jeiter : (Er ift malerijd) in jeiner Äleibung. (Er ift jo überaus
reinlid). (Er trägt „beftänbig" — woher weiß bas Dr. ©erß
übrigens? — ©lumenfd)muck (ber „Urning" ift hier fofort,
untrüglich ijt er ertappt!). Unb bann fein breiter Umfd)lag=
{tragen (EJtt) m !) unb bie entblößte ©ruft (ÜJitjm !). Üarbieu, (EEis
fagen’s ja aud) : bie entblößte ©ruft, ber breitumgefcßlagene
Äragen, bie Blumenliebhabern : untrügliche Äenn 3 eid)en bes
„Uraniers". -
©ber im (Ernft : was jagen wir 3 U attebem ? 3d) benke
bies: wenn Dr. ©erß uns nid)t anbere pofitioe ©lerkmale ber
Jrjomofejualität ©hittnans beibringen wirb, bie oöEig unmiß»
oerftänblid) finb, fo ßängt bas aEes — wenn es aud) unter
Umftänben urnifdje ©terkmale fein mögen - oöEig in ber
Cuft. - ©enn id) fetje hier burchaus weiter nichts, als baß 2 BaIt
HBhttman wie jeber anftänbige ©lenjd) unb ffientleman oon ffie»
finnung erftens reinlich war, 3 weitens naturgemäß unb oer»
nünftig lebte unb besßalb etwa auch - aEerbings mit bem
©lute eines ffientleman, bei unfren heutigen ©erhältniffen —
ben fjals nicht mit unfern fo gefchmackooEen, „chiken", fteifhoßen
Äragen unb bie ©ruft nicht mit bem Oberhembpan 3 er torturierte.
3d) jehe in feiner ©lumenliebhaberei feinen Schönheitsfinn fid)
kunbgeben. SoEte ber arme 2Balt herumlaufen wie ein beutßher
iprofefjor ober ßanbpaftor? 3ch benke, wir woEen uns lieber
freuen unb uns ein Beifpiel nehmen, was er für ein fröhlicher,
natürlicher, freier, I)er 3 hafter unb feinfühliger EJtann war! -
üllfo weg mit ber „urnifcßcn (Eitelkeit" !
Och glaube, ber urnifdjen „©enommifterei", bie nun
als weiteres „pfp^ifdjes ©lerkmal" an bie ©eiße kommt, wirb’s
nicht beffer gehn.
©loü alfo hat barauf hiugewiefen, „baß bie Urninge eine
gewijfe ©enommifterei lieben".
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Bun, aud) bies Bterk3eid)en ber JÖomofejualität finbet Berß
bet 2 Bf)itman. - Seine „(Eitelkeit", fid) als amerikanifdjen „firaft»
menfdjen" 3U geben, roirb ißm l)ier 3ugleid> aud) als urnifeße
Benommifterei 3ugered)net. 2 Bir toollen nid)t nod) einmal roieber*
l)olen, toas toir über biejen ‘Punkt bereits oorßin ausgefüßrt
f)aben. — (Ein anberes Blerk3eid)en folget Benommifterei joH
jein, baß BB)itman fid) „als getoaltiger BBeiberßelb" (toie Bert)
es fid> mit feinen Busbrücken bequem mad)t !) aufgefpielt tjabe. —
*Da3u ift 3U bemerken, baß Bert) fid) mit {id) felbft in BBber»
jprud) [teilt, ©emt er t)ebt jpäter felbft ßeroor (mir kommen
halb näßer auf biejen feljr mistigen ‘Punkt 3urü(k!) unb belegt
es burcf) oerjdjiebene 3 cugnijje, baß Blfjitman im perfönlid)en
Berkeßr gar nidjt non ben SBeibern ober non feinen Be3ießungen
3U ißnen gejprodjen l)at ; toie er benn im Berkeßr überhaupt eine
jeßr gehaltene Brt geigte. B 3 ie aljo kommt Bert) ba3U, 3U be*
Raupten, er Ijabe fid) als Bfoiberßelb aufgefpielt? (Er 3ielt, nur
biefe 2 Jiöglid)keit bleibt nod) übrig, inbeffen tooßl auf B^itmans
Dichtung. ©a toäre aber Bert) roieber 3U bebeuten — roenn
toir überhaupt fo gut fein toollen, auf feine unb in biefem
fjrall gerabe3u unmögliche Bebensart ein3uget)en — , baß 2 Balt
BB)itman fid) in feinen ©ießtungen 3unäd)ft meift als Sollektio«
perfon gibt, unb toie in anberer Be3iel)ung, fo aud) Ijier ; ferner
aber ift 3U bemerken, toas ja bod) Bert) roieber gelegentlid)
felbft ausfüf)rt, baß bie (Ermahnung bes BJeibes in B^itmans
©idjtungen einen oerfjältnismäfjig kleinen Baum einnimmt; auf
biefem Baum aber — toir roerben es gteid) nachher auf bas
unoerkennbarfte bartun - fpridjt er oom Bleibe unb oon feinen
tatfäd)lid)en perfönlicßen Be3iel)ungen 3um Bleibe fo tounberbar
natürlich, mit fo prächtigem, männlichem 2akt unb fo gän3lid)
frei oon jener Benommage, bie toir gerabe oon unferem
heutigen Btannsoolk jo oft mit andren müffen, baß es
eine toaßre fjreube unb J5er3erquidtung ift. — Dd) fage alfo :
es ift fo falfd) toie un3ulaj[ig, toenn Bert) jagen toill, baß B 3 ßit«
man fid) je als Bleiberßelb aufgefpielt ßabe. — (Es ift falfd),
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un3uläfjig unb 3ubem eine birekte ffiebankenlojigkeit ; benn Bert;
roiberfprid)t fid) unb biefer Behauptung an anberen Stellen felbft
unb bis 3U einem folgen ffirabe, bah er {eine Behauptung
gerabe3U uöflig annulliert. ( 2 Bir roerben es nachher aljo noch mit
roünfd)ensroertefter 'Deutlichkeit jehen.)
ferner, IDhitman 3eige urnifd)e Senommifterei, roeil er
fid) nid)t geniere, für jeine Sterke Seklame 3U machen. Bas
ein urnifdjes Slerkmal? — 3 d) benke, 2Bf)itman ijt hierin hödjftens
unb lebiglid) 'JJankee. Unb ich benke 3ubem, JoId)e Seklame»
iDtacherei ijt heut3utage nur 3U jehr 3 ro e i zeitliche Untugenb, bis
3U einem ffirabe, bah bie Beften hier mit ben Slölfen heulen
müjjen. — Auherbem : es jteht ja roohl feft, bah Slljitman für
bie tpropaganba feiner Sterke oiel getan hat, bah er fich mol)l
fogar gelegentlich mal babei eine kleine laktlofigkeit hat 3U
fd)ulben kommen Iaffen ; aber bann ift er babei fo prächtig
unfdjulbig in ein paar fold)en fallen, bah es ihm eigentlich nur
3ur (Ehre gereicht. — Sßenn Bert) anführt, „bah Stt)itman im
ffirunbe toirklich bas toar, für toas er fich immer ausgab —
ber burd)fd)nittli<he Amerikaner, mit all feinen Schwachen fotoohl
roie mit allen Bo^ügen feiner 'Perfon", fo ift bas ja roohl 3U
unterfdjreiben ; bod) ift f e hr 3U beamten, bah bies Saffeeigen«
fchaften finb, bie roir roohl eigentlich nicht mehr recht mit europäifcfjen
töiahftäben meffen bürfen, fonbern bie mit ihren eigenen UJtah*
ftäben gemeffen roerben rooHen. — ^ebenfalls: roas in aller
Sielt hat Seklamemachen mit £omofejualität 3U tun? ! —
Bert} fährt fort. Unb es roerben nun noch einige „roeib*
liehe" (Eigenfdjaften SUptmans gittert, bie feine f)Omofejualität
beroeifen füllen, im übrigen freilich benn hoch oon Berti felbft
fogleid) aud) roieber als lugenben Stljitmans begeichnet roerben. -
So gan3 garftig ift er ja benn bo<h nid)t gegen ben guten Slalt ! -
SIfo : er roar in feinen ©eroohnheiten mähig ; er rauchte nid)t unb
roar ein mähiger Irinker. Als junger DJlenfd) ift er nie auf bie 3 agb
gegangen („Sloberne Sichtung", Dr. Bert) !) roas in Amerika auf
bem ßanbe jeber Burfd)e tut (roohl kaum jo recht, roenn er eine
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ülusnafjmenatur unb ein Dieter ift). (Er liebt üiere, f)ält [id> einen
Kanarienuogel. ferner tjabe er einen £ang 3 ur Bequemlichkeit
gegeigt (ben er roafjrfdjeinlid) befonbers in ben brei 2 Baff)ingtoner
ßaäarettjaljren bekunbet hat?). 2 IHes, toas er tut, tut er gemäct)«
lid). ( 2 Bie bas jeber oerftänbige unb ruhige, bebadjtfame Blann
tut!) (Er ift unroanbelbar ijöflid^ unb freunblid) gegen jeber*
mann, macht jebocf) niemals Komplimente unb gel>t fparfam um
mit ben äujjeren formen ber Jrjöflidjbeit. (Er ift ein leibenfdjaft*
lieber unb oerftänbnisooHer ftteunb bes lijeaters, ber Oper,
ber Btufik, roie alles Schönen in Kunft unb ßiteratur. (Er E)at
einen feljr entwickelten Sinn für fd)öne formen ; fein BM ift
oon einer feiten erreichten Unioerfalität. (Er liebt bie (BefeHigkeit,
ift reifeluftig, unb roenn er auch nur feine ipijantafie in fremben
3onen unb (Begenben fcfjtoeifen Iäjjt. Seine Slugen haben 3 U*
toeilen einen träumerijdjen 9lusbruck; er h at oft eine heiter
naioe, kinblid)e, I)atrmlofe, offene 2Irt. (Er liebt bie Kinber, unb
fie lieben ihn.
3n aller 2BeIt! 2Bas hat bas benn nun aber alles mit
jrjomofejualität ju tun?! Unb, eine (Betoiffensfrage : toas ift
benn für Dr. Bert} nun eigentlich ber Ulormaltpp eines reinen
unb ooHkommenen 3Jt an ne s? Bas 3 U erfahren märe ich
wirklich begierig. — 3 cf) benke, nur bas eine tritt immer
beutlicfjer unb über 3 eugenber, gerabe 3 u immer rounberbarer in bie
(Erfcheinung, bah 2Balt 2Bf)itman nichts roar als ein herrlicher
Btenfcf) unb ein ooDbommener Btann. 3d) möchte bocf) blofj
bem Btann--9Jtaterial unferer Jöocfjkultur fo oiel „ 2 Beibheit"
bes SBefens roünfcfjen ; es roare eine toahre ßuft unb ffionne!
3Bir mürben blofj noch ooüenbete ©entlemen haben; benn noch
je roaren bie 3 ierbe eines echten unb roahrhaft männlichen
©entleman bie (Eigenf cf) aften foldjer 2BeibIid)beit, roie fie 2Bf)itman
hier nachgefagt tourben!
3m Sinne bes „Stigmas" roagt Bert} auch ffilptmans
Schamhaftigkeit aus 3 ubeuten, mit ber bann aber, roie
fchnurrig! toieber feine „Brutalität" in 2üiberfpru<h ftehen
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foll, bie bamt auch roieber mit feiner „erhabenen Sdjamlofigkeit"
ibentifd) ift.'- Bert} meint inbeffen: „Irotjbem ijaben normal
©mpfinbenbe (hm!) fid) ftets gefreut, biefe Intimitäten ihres
mgfteriöjen Charakters 3 U entkleiben." 3d) erlaube mir, t)in 3 U«
3 ufügen: aufjer am Stammtifd), roenn mir „ÜJtädjens unter uns“
finb unb es „nach ©emütlidjkeit 3 U buften" beginnt; unb aufjer
an ben fo beliebten „fjerrenabenben", aud) einer ungemein fegens«
reichen Dnftitution unferer preisroürbigen fjod)kultur ! — Unb
biefe Stammtifdjler bann „ernft" roerben 3 U fetjen unb etroa oon
„heiligen ©ütem ber ffiefittung" reben 3 U hören: ©in Bnblidt für
junge ©ötter! —
*
2Bir Sonnten oermuten, es roäre nun genug unferes
„pfgd)ifd)en Stigmas". Bber betoafjre, noch lange nicht ! ®ie Sache
gebjt nod) toeiter! —
£irfd)felb l)at gelegentlich oon ber „erftaunltd)en
©rofjmut" gefprodjen, bie ber Urning 3reinben gegenüber 3 eigt.
(Sollte er bann aber nid)t eigentlich im ffirunbe eine Bammel»
büje fein? ©s läge hoch tool)I in ber „ßogik"?) Nun, 2BI)itman
3 eigt folt^e ©rofjmut: alfo Stigma! Urning! — Jfjirfdjfelb
fagt ferner, bafj bie Unterfd)iebe bes Stanbes, ber
Neligion, ber Naffe unb ber Nationalität (anberen
Orts fpridjt Bert) gerabe oon bem ejklufioen ‘Patriotismus
2Bf)itmans!) bei bem Urning nicht im entf ernteften bie
Nolle fpielen, toie bei bem normalen ÜJlann; folglich, roer
könnte ein ausgeprägterer Urning fein, als gerabe 2Balt 2Bl)itman !
Buguft Bebel, rool)r’ bi!
Nber Bert fährt fort ; bas „pfpd)ifd)e" Stigma ift mächtig fett. -
2Bir gelangen jet}t 3 U ben „ Onftinkten" ; unb Bert}
fagt: „Blas bas 3nftinktioe in feiner Natur betrifft, fo ift
auch bies ebenfofehr eine umif<he toie eine toeibliche Eigentümlichkeit.
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Daf) beim Weibe ber 3 nftinkt eine größere ©oHe fpielt als
beim Wanne, bajj es ein ©efühlsroefen ift, rourbe fd)on mehr«
fad) nachgemiefen, unb befonbers eingehenb I)at 3ulet)t nod)
Wöbius bies Äapitel behanbelt." - Unb mas nun fjirfchfelb
ift, ber fagt: „Der Urning fd>afft faft ftets aus bem (Befüt>I heraus.
Das 3ielbeu>uf3te, oerftanbesmäjjige Arbeiten bes Wannes ift itjm
nid)t eigen." 9 Iusnahmsroeife foH es nun 3roar aud) Uranier mit
männlichem ©erftanbe geben; 3U ihnen aber gehört nad) ©ert}
2Bf)itman „entfliehen nid)t". - 31 us foldjem ©orroalten bes
3 nftinktes erkläre fid) aud) Wljitmans ungeheure Subjektioität.
(Er befitje nicht bie ©emiffenhaftigkeü bes jorfchers, bes Wahr*
t>eitfud)ers ; ber roiffenfdjaftlid^e ©eift fei ihm oöüig fremb.
JÖict3u bemerken mir: Whitman t)at als Dichter „mit foId)er
©emiffenhaftigkeü bes fjorfdjers, bes 2Bat)rt)eitfud)ers" unb mit
„roiffenfdjaftlidjem ©eift" birekt burdjaus nid)ts 3U tun. Bielmet)r
ift bas 2Berk3eug bes grofjen Dichters eine möglidjft ftarke unb
kräftige Intuition unb eine möglidjft ftarke unb geroaltige
fgntfyetifdje Äraft. Das Wefen großer Dichtung ift oor allem
Sgnt^efe. — Das foDte einem Ijalbmegs gebilbeteti Wenfdjen benn
hoch rooI)I nadjgerabe bas W8(E fein. Was aber ift eigentlich
Intuition? Sie beftetjt in bem genialen ©ermögen, in fdjneller
fjolge eine grofje logifdje Äette 3U umfpannen unb it>re ©lieber in
möglichft roenige, unter Umftänben in eins 3ufammen3ufaffen. Diefe
erftaunlid)e unb oerel)rungsmürbige, gerabe fo ungemein logifdje
Äraft bes grojjen bidjterifdjen ©enies aber hat gerabe Whitman im
hödjften ffirabe befeffen. — ©ebenken mir ba3u, meldje unglaub*
lid)e, faft beifpielloje JüIIe fein mächtiges Innenleben barg, fo
können mir uns kaum eine anbere Örorm oorfteüen als biefe fo
mächtig fübjektioe, bie er 3eigt; unb bie hier gleichbebeutenb ift
mit einer geroaltig umfpannenben Objektioität. ©ei jebem
©rofjen ha&en roir bie rounberfame ffieiftesform folcf)er hö<hf* s
gefteigerten Subjektioität, bie 3uglei<h unmittelbar umfaffenbfte
Objektioität ift. - Whitman h fl i fie eigentlid) burchaus mit
(Ihriftus gemein. Wan ift überhaupt fchmankenb, ob man ihn
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nid)t ef)er bert religiöfen ©cnics befaßten foHtc? ^ebenfalls ift
jene Subjefttioität mit bem (Eßarahter foldjer umfpannenben Ob«
jehtioität ftets uttb nod) je bic übertDältigcnbe ©tpftib unmittel«
barer Über 3 eugungsftraft geroejen; bie immer roieber burd) eine
überragenbe Snbioibualität in ber 2 Beltgefd)id)te ben Slusfcßlag
geben mußte. 3tid)t bie kniffligen, fpißfinbigen, neunmalblugen
'Pßarifäer blieben im 9led)t, fonbern bie große, überragenbe
Subjebtioität bes (Eßrift. (93ieHeid)t roibmet Dr. 23ert) biefem
jeine nädjfte urnifeße 9lbßanblung ?)
Dr. Bert} rebet oon ben SBiberfprücßen bei SBßitman.
9lber gerabe in ißnen „liegt ber 2Bit)". *005 roerben natürliiß ßeute
roie Dr. ®erß nie unb nimmer begreifen. — ffian 3 redßt, roenn
233ßitman gelegentlicß jagt: „Htun gut, bann roiberfprecß’ i<ß
mir." - 'Denn, roas ift 3 U tun? ©erabe bas größte 3nbioibuum
muß ja boeß bieje SBiberjprücße einfeßließen ; benn es ift ber
©tibrobosmus im ÜRabrobosmus, es ift ein Spiegel : nämlicß ber
Spiegel bes großen, tiefen, tragifeßen 9ßiberfprucßes, ben bas
9111 bebeutet. ©erabe biefer üßiberjprud) aber ift fo bie 9Ra<ßt
roie bie Ir a gib bes ffienies. 2 Bie aber aueß immer: er ift
3 u g I e i cf) fein unfehlbar ft es &enn 3 eicßen. Unb 3 roar
fagen mir gleid) : bas fienn 3 eicßen bes geroaltigften unb -
roiffenbften ffießirns. Die Äleinen, bie fieß foI<ß einen ©roßen
auf 3 uteilen pflegen , unb ißr Kefjörtcßen 3 um ooHbommen
runbeften, logifcß rooßlgefügteften ßügel<ßen ballen, ßaben leießt
„roiberfprucßslos" unb „in fid) logifd)" 3 U fein. So oft fie inbefjen
feßon bie ©roßen aufgefreffen ßaben: fie bleiben bennoeß ißnen
gegenüber bie Ularren. - Sage benn nun alfo Dr. Bert) getroft
aud), baß ber (Eßrift ein Urning roar; ober 9ließfd)e ein fid)
roiberfpreeßenbes Btinbergeßim ; ober gar Äant, ber fid) feßließließ
bod) roieber oon ben oertraebten ,,'Poftulaten ber prafttifeßen 93er«
nunft" überroältigen Iaffert muß. —
2Bas Bert) über bie Religion 9ßßitmans ausfüßrt, übergeß’
id>; es ift benn bod) aÜ 3 U feitet, arm unb bilettantifcß, als baß
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man fid) roeiter babei aufljalteri bürfte. Um Rimmels»
roillen ! —
“Dann kommt Serij auf bas ÜJtitleib bei 2ül)itman. —
2 Bir benken etroa an bie ßajarettjaljre in QBafhington. Statürlid) :
Stigma ber JÖomoJefualität. — Sertj fagt im übrigen über bas
ÜRitleib: „Statt barf nid)t oergejjen, ba& bie im opferfreubigett
Stitleib roirkjame ffiefüljlsmoral aud) getoiffen Schenken unterliegt,
roenn nämlid) bas Slitleib nid)t burd) ©eredjtigkeit unb toeife
Sorausjidjt kontrolliert roirb." (hm !) - Unb bann roirb joldjer
©efüljlsmoral als „f)öf)ere CEtfjik" bie bes „3aratl)uftra" ent»
gegengefteüt ! ! — —
2Iber roenn bod) Dr. Sert) jo etroas lafjen mödjte! —
Denn: 2Bl)itman ijt in üßaljrljeit ebenjofeljr ber (Etljiker ber
jo 3 ietären Snftinkte - id) Ijabe bei il)m nid^t eine 3 eile t>on
irgenbeinem Sgjtem irgenbeiner „SUtleibsmoral" gefunben, obgleid)
id) il>n nun bod) jdjon feit 3 af)ren kenne! — als er ein ©tl)iker
bes „struggle for life“ ijt. Sotabene: roenn man if)n überhaupt
einen ©tljiker nennen roitt ! (2Benn id) Dr. Sertj oerraten bürfte,
roas für ein Ungeheuer 2BaIt eigentlich unb im ©runbe ge»
nommen ijt !) (Er ijt bas erftere, CEtf)iker ber jo 3 ietären Snjtinkte,
oor allem eigentlich in bejug auf bie 9t affe, ber er angehört, unb
bas letjtere injofern, als biefe jRafje fid) 3 U entroidteln unb 3 U
behaupten hat ; 3 U behaupten gegen fid) jelbft, roie gegen anbere
IRafjen ober Nationen ; obgleid) fid), mir roenigftens, bas ‘Problem
jJtorbamerikas mehr unb mehr nad) ber Sajje» als nach ber
3tationalitätsfrage ljin 3 ujpit)t, in bem Sinne, bajj „Yankee" ein
wichtigerer Segriff ijt als etroa „norbamerikanijdjer Unionift".
3d) jage, bajj „TJankee" einjt noch ber erlöfenbe, fermentioe Se«
griff unb ber bejte ffa&tor feiner ©ntroickelung für Sorbamerika
jein roirb! —
^ebenfalls : 2 Bl)itman unb Sie^jdje können nie unb
nimmermehr äueinanber in ffiegenjat) gejtellt roerben! Das
barf man nod) nidjt mal einem Ijalbroegen Sbepten burd)»
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get)en taffen, gefdjroetge gar etroa einem, ber ficf) auf fie
auskennen teilt. —
3 et$t aber finb mir enblid) bod) mit bem „pfgdjifdjen Stigma"
3U ©anbe gekommen. — Setjen Sie nod) roas baoon?
3 d) nid)t! —
♦
So ift benn alfo bas „Jomatifdje", toie aud) bas „pfgd)ifd)e
Stigma", unb 3roar auf ©immerroteberfefjen, in bie ©erfenkung
gefdjurrt. — Slber freilid) : fie toaren unb foHten aud) nod) gar
nid)t bie eigentlichen Irümpfe oon Dr. ©ert) fein. Unb, fügen
toir I)in3u: fie konnten’s aud) nod) gar nid)t fein. Diefe eigent«
li^en, bie fdjroeren Trümpfe, müffen offenbar in bem britten unb
oierten unfrer Stigmata liegen: in ber „ftarken Abneigung
gegen bas 2Beib" einerfeits unb in bem „3rreunbfd)afts*
entt)ufiasmus mit gefd)Ied)tlid)em ©r unbcfyarakter "
anbrerfeits.
§ier möd)t’ id) nun Dr. ©ert) etroas über feine laktik
fagen, roas freilid) nicf)t gerabe ein Kompliment bebeutet 3 d)
mürbe nämlid) bod) rooljl an feiner Stelle bie Sad)e etroas anbers
eingerichtet Ijaben. 3 d) mürbe ben Urning 3uerft ba gepackt
I)aben, mo er am fiefjerften unb unmi^oerftänbtidjften 3U packen
ift; unb roenn id) ihn ba feftgemadjt hätte, fo f)ätte id) meinet*
halben ge3eigt, roie alle fomatifd)en unb pftjdjifdjen ©terkmale 3U
ben beiben §auptkenn3eidjen biefes unb eines {eben Urnings
ftimmen unb mit ihnen in 3 u famment)ang ftetjen. Statt beffen
fängt Dr. ©etij mit allen möglichen fe^r roackligen Sa^en an;
nid)t lang, nid)t breit, nid)t ffifd), nid)t jleifd). —
3ebenfaIIs: unbebingt müffen mir jetjt ber jrjaupttrümpfe
gemärtig fein unb müffen uns auf manche I)arte ©uff gefafjt
machen. - Unb mir müffen benn aud) gleid) gefielen, baf), roenn
nic^t att3UDieI, fo bod) roenigftens ein paar foldjer ©üffe roirklid)
unb roa^rtjaftig oort)anben finb. freilich : wir merben fet)en, baff
fie bennod) 3U knacken finb; unb 3roar mit bloffen 3SI)nen.
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Slljo: bie „grofje Abneigung gegen bas SBeib".
fjiet mufj ber Urning fid) entlaroen! ^ier bann er uns nid)t
meijr entfd)lüpfen !
ßeiber leiber : toenn Serk nur nid)t, aud) fyier !, gleid) toieber
mit einer ßlaujel anfinge ! Denn : oon einer großen Abneigung
(mir könnten bod) rooljl korrekter jagen: einer anerkannten)
kann bei 2 Bf)itman oon oorntjerein nidjt bie Sebe jein. — Serk
jagt felbjt: „Slud) bieje (Abneigung) ift bei 2 Bf)itman oorfjanben,
toenngleid) man übet iijren (Brab 3roeifelt)aft jein kann unb 3um
Seit auf eigene Scklujjfolgerungen angeroiefen ift" (£jm! l)m! —
naef) ben „eigenen Scklujjfolgerungen" 3U urteilen, bie roir bisher
an Dr. Serk gerooknt toaren?), „ba gerabe f)ier einerjeits bie
ungered)teften Sinklagen gegen ikn erhoben unb bieje Se3iekungen
anbrerjeits oon feinen Serteibigern geflijjentlid) oerbunkelt jinb."
(Sekauptung oon Dr. Serk; nichts als bas!)
Solckermajjen beginnt nun Dr. Serk einen feiner bejten
Irümpfe aus3ufpielen !
ÜJlan bebenke : ftanb bereits, naef) einer früheren Siujjerung
oon Dr. Serk, jo oiel fejt, bajj man 2 BI)itman überhaupt nur in
eine Sroiföenftufe unterbringen könne, bafc es aber aujjerbem
S<ku)ierigkeiten macke, eine pajjenbe unter biejen 3 n>ifd)enftufen
für iljn 3U finben : jo ift nun aud) nad) allem fogar bie Slbneigung
gegen bas SBeib 3tr»eifell)aft ; es liegen keine 3Uoerläjfigen Über»
lieferungen oor, unb man ift „auf eigene Scklujjfolgerungen an*
geroiejen". —
Sa, bann nur 3U ! Da bürfen roir ja roitklid) fjoffen : roir
roerben am (Enbe bod) no<k ben guten 2Balt lebenbig aus ben
pp. ffietoäjjern bekommen!
3 unä<kft füfjrt Serk aneber ein paar 3 eugnijje an. 3 faak
fjult ^piatt roirb angeführt. Sämlid): ber junge ßekrer S 3 alt,
ber fid) 3U feinen Jungen I)SIt unb für ben bie Siäbdjens
keine „Sln3iel)ung 3U tjaben jd) einen". - fjätte er fid) etroa in
(ie oerlieben, Ijätte er fie u>of)l gar ... . Ulan kat Seifpiele!
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©ber: fd)icbt fid) bas für einen Beßrer? Unb für jo einen ©elb»
fdjnabel, ber felber bäum erft 16 3ai)re alt ift?
(Ein anberer Bericht Don Dr. 'Daniel ©. ©rinton befagt:
„(Er ( 2 Bl)itman) toar augenfdjeinli«^ gan3 inbifferent gegen bie
Hln3iel)ungen ber ©Seiber. (Einer oon benen, bie uns bei Mejer
(Betegenfjeit Bericht geben, ein alter ©Sann, ber fid) feiner er»
inner te, jagte: (Er fdjien bie ©Seiber 3U fjaffen."
©iejer „©enteis" fteljt auf ben bann bod) red)t toadtligen
©einen non ,,augenfd)einlid)" unb „fd)ien", roenn mir ben „alten
©tarnt" ba fonft fdjon in Trieben laffen toollen. —
ferner aber: um was für ©Seiber fyanbelt es fid) hier
benn eigentlich? 3 d) benbe bod), Herr Dr. Bert), man muff fid)
foldje Beriete ein bifjehen genauer anfef)en. — ©Ifo : 3unad)ft (
um toas für ©Seiber hanbelt es fid)? ©aoon erfahren toir nid)t
bas Ceifefte. - ©Sir toollen alfo bahinter 3U bommen fudjen. ©Sir
toiffen, bah Dr. ©rinton ein ©r3t unb (Ethnologe toar. (Es fteljt
3U oermuten, bah öer »alte ©Sann", ben er ba gefprodjen
hat, ber (BefeUfd)aftsfd)id)t Dr. ©rintons artgehörte. ©Ifo benn
bod) toohl auch bie ©Seiber, oon benen hier bie ©ebe ift. ©Ifo
toirb es fid) entroeber um bie 3 eit h an &eln, ba ©Salt in guten
äußeren ©erhältniffen lebte unb ©auunternehmer toar, ober um
bie ©Safhingtoner Ca3arettbienft3eit, too er burch bie O’Connors
unb Surroughs mit folgen ©efellfd)aftsfd)id)ten in Berührung
bam. Das bürfen toir mit oollem ©ed)t oermuten. — ©un
toollen toir bod) mal bebenben, bah es im allgemeinen bein Iaunen*
hafteres, oer3imperteres unb — raffinierteres ©Seib geben bann,
als bie „gebilbete" ©meribanerin. ©Senn © 3 hitman, mit feiner
mächtigen, eingeborenen Sympathie für alles Natürliche, fid) ihnen
gegenüber in ber ©ejeroe hielt: toem toirb bas unoerftänbHd) fein,
ober ©nlafj 3U - ©erbad)ten geben? ©ah es ©urd)fd)nittsmänner
jener Greife, toie ©rinton unb ber „alte ©Sann", nid)t oerftanben,
batf uns hoch toohl toeiter nicht irritieren. 3 m übrigen toirb
©Salt fid)er biefen ©amen, toie jebem, mit bem er in perfönlidje
Berührung bam, bie ihm eigene Höflichkeit ertoiefen haken, ©as
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wißen mir fogar mit Seftimmtheit Don anbcrert ©elegenßeiten her.
Senn 2 Bl)itman hat gar rooI)I mit gebilbeten, bas heißt wahr-
haftig gciftig burd)gebilbeten grauen oerkehrt; unb t)at mit
innert in freunbjdjaftlidjem Sertjältnis geftanben. 2Bir erinnern,
anberer hier nicht 3U gebenken, hier nur an Anne ©ilchrift. — Alfo :
was fangen mir nun mit betn Serictjt Srintons an? TOd)ts ! —
Sert) freilich fäl)rt getroft unb unbekümmert gleicf) barauf
fort: „Sementfpred)enb (!) ift 2 Ci)itman unoerheiratet geblieben."
Unb er erwähnt, baß Dr. Sucke einft ©t)itman gegenüber feine
Überrafcßung ausgefproeßen, baß er meßt heirate. SBßitman f)ätte
geantwortet: er hätte keinen bemühten ©runb bafür; er meine,
ber Jöauptgrunb Hege in feiner übermächtigen ßeibenfcßaft für
ffreißeit unb ßmanglofigkeit. ®ut! bas hat SJßitman gefagt.
Unb was weiter? - 3 cß benke, ber ©runb ift fo plaufibel unb
einbeutig wie möglid). - Sebenken mir aber uocß einmal, baß
AJßitman fieß unmöglich aus ber Amerikanerin ber „©cfeUfcßaft"
etwas gemalt Ijat, fo werben wir begreifen, weshalb er meßt
heiratete. Jür ein einfacheres 2Beib aber wäre er bod) auch
wieber 3U kompiliert gewefen. Sennocß ift es oerftänblicß, baß
ißm biefes 3um freien ßiebesoerkeßr ungleich angenehmer war
als jene Amerikanerin ber „ffiefeflfcßaft" ; oon ber er übrigens
bie unmißoerftänblichften „billets doux“ 3U bekommen pflegte;
fidjer ein llmftanb, ber fie ihm nocß mehr entfrembete. — Außer»
bem aber hatte Dr. Sucke wirklich mit jener jjrage ben weheften
!ßunkt in ffißitmans f>er3en berührt; nämlich jenes Erlebnis in
Aero Orleans, beffen wir oben bereits gebadjten, unb bas es
ihm einfad) unmöglich machte, fid) jemals 3U oerßeiraten. -
Alfo: mit biefen 3wei kümmerlid)eit unb ungewiffen Se«
richten ift nichts an3ufangen. Sie beweifen gar nichts. - Dr. Ser 13
ift alfo im wefentlicßen nur noch »auf eigene Schlußfolgerungen
angemiejen". Sie 3ieht er benn nun auch- — A 3 it werben
fehen, wie!
®r meint : nach außen hin müffe es ja ben Anfcßein haben,
als fei ÜBßitman ein außer orbentlicß er Anhänger ber freien ßiebe
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gewefen, unb fdjeint er f e I) r Diel mit bem SBeib $u tun gehabt
3U haben. — Berh fül)rt I)ier bod) nod) ein kur3es 3«ugnis an.
Unb biejes 3 eugnis fte^t im SBiberfprud) 3U benen, bie mir
eben kennen gelernt haben. 9 Jlr. 2 BiHiam ÜR. Salter Jagt
2Bt)itman fanb es offenbar in feiner Jugenb nidjt unter feiner
ffiürbe, fid) in foldje Berhältnijfe" (es finb freie ßiebesnerljältniffe
mit 2 Beibetn gemeint) „ein3ulaffen." — So prübe biefer 3 Rr. Salter
ift, fo glaubwürbig ift bod) aud) roenigftens roieber fein 3eugnis;
fid)er reichlich fo Diel als bie beiben anberen. (Es beftätigt übrigens
nur eigene Rusfagen 2Bf)itmans unb foldje feiner Jreunbe. —
Rber für Bert) ift bas alles nur fd)einbar. — Denn, ba kommt bod)
nod) mal ein 3eu9tns; unb 3roar eigentlich ein 3iemlid) bi dies.
(Es kommt oon jemanb, ber Burroughs internieret f>at. Danach
hat Burroughs ausgefagt: „Dafj toäljrenb ber 30 3 a f) re feines
intimen Verkehrs mit ©hitman, fooiel ihm beroujft, keine Bet*
toiikelungen mit SBeibem unb nid)t einmal ber Berbad)t einer
foldjen Dorl)anben mären, unb foldje Ve3ief)ungen finb bod) geeignet,
ben männlichen ffreunben eines DRannes 3ur Kenntnis 3U kont*
men. ffiijitman mar im Umgang mit ben grauen feiner Bekannt;
fdjaft etroas kalt unb refemert, unb in feinem perfönlidjen (Ef)a=
rakter gegenüber ber ©efeüfdjaft roar er gerotffermafjen mehr ein
ÜRann für Sülanner als für ffieiber. (Er füllte, baf) er fid) im
intellektuellen Verkehr mit feinem eigenen ffiefd)led)te freier geben
konnte als mit fjfrauen ; benn ba er niemals an bie <EE)e bad)te,
empfanb er eine getoiffe Schüchternheit gegenüber ben grauen, nid)t
um feiner felbft willen, fonbern roeit Jrauen oon Ratur fo leid)t ge=
neigt finb, geiftige Vertraulichkeit unb 3 rreunblid)keit für etwas
lieferes unb (Ernftes 3U halten. §err Burroughs hatte oielmeljr
ben Verbadjt, bah getoiffe reife VJeltbamen 9 lbfid)ten auf ben
Dichter hatten, ber jebenfaHs Don weiblicher Seite bemerkenswert
freimütige unb unkonoentioneHe Briefe empfing."
3 unäd)ft: in ben „30 fahren ihres intimen Verkehrs"
werben Burroughs unb 2 Bl)itman nicht gerabe immer 3ufammen*
gehockt haben, ober auch nur 3ufammen an einem unb bemfelben
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Ort geroefen fein, 3umal, wenn man an bie <yrci3Ügigfectt
2ßi)itmans benbt. 2täl)er unb öfter gefeljen toerben fie fid> t)öd)ftens
in ber fdjon erwähnten befjer fituierten 3 e ^ 9 BI)itmans haben,
refp. in ffiafljington, in ben brei ßa3arettjat)ren. Damals fjatte
2 BE)itrrian in ben fjfamilien O’Connor unb Burrougtjs 23 erbel)r.
So jet)r häufig aber bei biefen jjreunben 3U fein, toirb er bamals
Raum 3 cit gehabt haben. Unb roenn er bei ihnen war, fo toirb
er oon feinem anftrengenben ßa3arettbienft fet)r
marobe geroefen fein. - t»ie fd)on früher erwähnt:
es bann fi<h nur um Damen biefer (BefeEfdjaftsbreife geljanbelt
haben, oon beren etlichen er alfo auch billets doux empfing. —
ferner: roenn oon „ 23 erwidtelungen" bie Siebe ift, fo bann bas
hier nur Dertoidtelungen mit folgen Damen ber ©efeüfdjaft
bebeuten. - 2Bir bönnen aber aüerbings getroft l)in3ufügen, bafj
er Dertoidtel ungen überhaupt nur mit SBeibern hatte. Unb
bah er foldjen „fflirts" aus bem 2Bege ging: toir foHten es
ihm benn bod) gerabe als einen fd)önen, ernften männlichen
33or3ug anredjnen ! (Es ift Iebiglid> ein 3 eu 9 ™ s für feine ruhige,
gefunb * ausgegli<hene unb gehalten perfönlidje Sejualitat. Slujjer«
bem müffen roir au<h h* er unb überhaupt immer toieber an fein
Slero Orteanfer (Erlebnis benben! - Sagen toir’s überhaupt nur
gleich : feine 23 erl)ältniffe 3U SBeibem, unb er hat beren unb
oieIleid)t oiele gehabt - toobei toir aber Verhältnis nicht
mit Vertoidtelung ibentift3ieren bürfen — toaren fehr natür*
lief); oon einer großen primitipen 9 tatürlid)beit, bie etroas 23 er*
ehrungstoürbiges, klares unb gerabe3u $er3erquicbenbes hat. —
(Er toujjte nie ettoas oon jenen „fionflibten" unb „ 23 ertoidte*
lungen", mit benen fid) bie Jrjertd)en bie 3^it 3U oertreiben
pflegen ; ber intereffante Begriff „Srlirt" toar ihm oöüig fremb. —
(Er roies jebes 2 Beib 3urüdb, bas ihn 3U folgern Spiel mit ber
Sefualitat böbem wollte, ober ift ihm mit ber ihm eigenen Jrjöf*
lidjbeit ausgetoidjen, bie ber Onteroiewer Vurroughs’ h er 3li<h
gern „halt unb referoiert" nennen mag. - Mes anbere aber,
roas SJlr. Surroughs ba noch geäujjert haben foll - toir toiffen
Johannes S djlaf , 2Bntt Somofejueller ? 3
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ja nid)t, roer ihn internieret l)at unb mit melden offenen ober
latenten 91 b f i d) t e n er interoierot tourbe ! - ift 9Jtr. Burroughs’
fubjektioe 2Infid)t. -
Schließlich aber alfo : perjönlid) toirb 2Bt)itman mit
Burroughs nur in ber kürgeften gfrift biefer impofanten 30 3at»re
ba oerkefjrt haben, in ber 2Bajt)ingtoner 3 C **I unb, toie roir
fef)en, unter befonberen unb ungiinftigen Umftänben. — Bie
meifte übrige 3 e ü über haben fie filier nur in Äorrejponbenj
geftanben; unb id) geftatte mir, 3 U begtoeifeln, baß 2Bt)itman,
befonbers in ber halb barauf folgenben ^periobe feiner Ärankheit,
ein fo bejonbers [djreibfeliger unb häufiger ßorrefponbent toar. -
(Es ift nun aber gerabe^u broflig, toenn Dr. Bert) an biefe
Slusfage oon Blr. Burroughs folgenbes „9lIfo" knüpft: „9llfo ber
Dichter, ber theoretifd) bie nöttige ©mangipation bes JJIeif^es
prebigt, toar praktifd) ein keufdjer 3ojeph, ben aud) bas 3Beib
bes ‘potiphar nid)t cerführen konnte." - O, £err Dr. Bert)!
Diefer Ie%te Sah! Der rei<ht bodj toohl beinahe an bie
„umifche" Dtama ffihitman heran ! - Oh ! - Od) feh c Sie förm«
lieh mit bem 9luge 3 toinkern. „. . . 91 ud) bas 9Beib bes 'Poti«
phar nicht oerführen konnte." Bid)t? Unb toenn bie’s nicht
imftanbe toar ! - 9lber benken Sie nur : bas ift’s eben ! ffierabe
bie nicht! — Oct) h 0 ff c « baß ®ir nod) SefuaIp|pd)ologen haben,
bie gerabe bas begreifen ; troß jener großen Überzahl oon leicht
bereiten unb leicht fertigen Stigmatikern oon Obrem ©enre! —
9llfo, Befume : Dem hier oorliegenben 3«ugnis Dir. Dur«
roughs’ kommt bloß ein feßr bebingter 9Bert 3 U. ©s kann für
unferen $all kaum irgenb etroas bebeuten. Od) fürchte überbies,
baß es, nach allem toas roir über bas Berhältnis 3 tütjd)en 2Bi)it=
man unb Burroughs toiffen, eine tenbengiös entfteüte IBiebergabe
oon 9lusfagen Burroughs ift ! — ^ebenfalls : es Hegt in ißm burdjaus
keine Berechtigung, SBhitman als $omofejueflen Ijinguftetlen.
3eßt aber kommt eine benn freilief) hoch ungleich härtere Buß,
als bie leßte es toar ! 3 eßt kommt fein „geliebtefter junger ©ünftling",
ber bamalige Irambahnkonbukteur 'Peter Dogle an bie Beihe.
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©iefer 'Peter ©ot)Ie jagt 3 U einem Dnternieroer : „Kie ift
mir ein bekannt geroorben, bafj ©alt fid) um ein ©eib
(Bebanken gemalt ptte. 3n ber 2at hatte er nichts befonberes
mit irgenbeinem 2 frauen 3 immer 3 U tun, mit Ausnahme non Jrau
O’Ionnor unb ftrau Burrougljs (ben (Battinnen feiner beiben
intimen literarifdjen 3freunbe). Seine Einlage roar anbers. Das
2Beib in jenem Sinne kam niemals in jeinen Äopf. ©alt roar
3 U reinlid). (Er Ijafjte alles, roas nid)t reinlich roar. Äeine Spur
non irgenbroeldjer 3lrt non ßieberlid)keit in it)m. 3<h mu^ bod)
roifjen, roie es mit it)tn in jenen [fahren bcftcllt roar — roir
roaren fd)redilid) oertraut miteinanber."
©ie gejagt : eine etroas Ijärtlidje Kujj. ünbejfen, id) benke :
fie lagt fiel) knacken. —
3unäd)ft bie (Perfon bes ©ogle. (Es ift 3 U bebenken, bafj
er Irambaljnkonbukteur roar, ein ©beiter. (Es ift roeiter 3 U
bebenken, bafj ©ogle bamals - es l)anbelt fid) um bie ©aftjing*
toner 3«ü - feh* jung roar; er jtanb in feinem 18. fjatjr. (Es
ift ferner nicht unroefentlid), bafj er non Herkunft unb Kaffe ein
Orlänber roar; eine Kaffe, bie 3 toar als fet)r roarmf)er 3 ig gilt,
im übrigen aber in ber Union nicht gerabe im beften 2lnjel)en
ftel)t, benn ber ^rlänber ift nadjträgig. — (Dies oorausgefd)idtt,
müffen roir roeiter beachten, bafj er internieret rourbe. hierbei
mad)t fid) ein ©enfd) feiner ©t, ba er fid) gefdjmeidjelt fühlt,
gern roidjtig ; unb er roirb 3 unäd)ft roittem, mit ber eigenen
jjinbigkeit folgen Sd)lages, roas man non iljm Ijören roiH.
(Er roittert es, rietet fid) banad) unb berietet, roas man
Ijören roiH. Unb fo roirb alles in allem feine ©sfage eine
Küance bekommen, bie fieser nichts roeniger als 3 unerlaffig ift.
ferner roar er offenbar falopp ober bod) minbeftens unfid)er in
feiner ©sbrucksroeife. ©ir fetjen bas foroot)l in bem fo djarak»
teriftifdjen „fdjrecklid)" in ber lebten 3 ^ilc — bes übrigens
erfi^tlid) retoudjierten Berichtes - roir erfefjen es aud) aus bem
Bulgaren „3d) mufe es bod) roiffen"; unb roir roiffen es aud) aus
anberen mitgeteilten brieflichen unb fonftigen ©isjagen non ihm.
3 *
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2Bir Ijabctt ferner 3 U bebenKen, bajj gerabe bie 33erid)te bes
Dogle aus einer 3«t nad) bem lobe 2Bi)itmans ftammen. 3n ben
lebten 3 al)ten aber roar Dogle offenbar pikiert auf 2 Bi)itman, toeii
er, roof)l burd) 3 u f Q tt< als 2BE)itman in (Eamben tooijnte, nid)t
bei it)m norgelafjen rourbe. ®s ift 3 toeifeIIos, baff er, als Orlänbet
ber unteren Sd)td)ten, 2Bt)itman bas nadjgetragen f) Q t. fjat
bod) felbft O’Connor, gleichfalls Drlänber, 2Bt)itman jahrelang
eine Kleine ÜJieinungsoerjdjieben^eit nadjgetragen. - 2Bir muffen
toeiter bebenKen, bafj, roie aud) bie Berichte oon ©urrougfys -
id) betone bas immer roieber - unb alfo bie faft ewigen
berartigen 'Berichte über 2Bi)itmans Verhältnis 3 U bem SBeibe,
aud) ber oon Dogle, ben 2Bl)itman überhaupt erft in jener
3cit fiennen lernte, aus ber2Bajf)ingtoner3eit batiert. Mus
einet 3 ät alfo, too, nod) einmal fei es gefagt, 2 Bf)itman fi«h um
Sßeiber 3 U bekümmern bei feinem fo überaus anftrengenben
Ca 3 arettbienft lag unb 3lad)t gar Keine 3«tt übrig hatte unb 3 U*
bem aud) oiel 3 U marobe mar, pft)d)ifd) roie pf)t)fifd). — Der Seridjt
bes T>ot)le, ber alfo nod) ba 3 u toaf)r{d)einlid) abfichtlid) nid)tsroürbig
toar, ift bemnad), bxes alles in 93etrad)t ge 3 ogen, fehr leichtfinnig,
oberflächlich unb gebanKenlos ! — 3m übrigen : roas befagt es
benn, toenn Dogle fagt, 2Bl)itman habe (id) um ein 2Beib „Keine
©ebanKen" gemalt ; unb : „er hatte nichts Sefonberes mit ben
ftrauensimmern gu tun" ? ©s braucht burdjaus nicht 3 U befagen,
bajj 2 Bi)itman gefd)led)tlich nichts hätte mit ihnen 3 U tun haben
mögen; fonbern es toirb eher befagen, baf} er fid) nicht mit ben
ffieibern, roas man fo fagt, „herumge 3 ogen" hat. Unb bies ent*
fpridit aüerbings oöllig 2Bf)itmans ©IjaraKter, unb roir roerben es
gerabe als ein 9Jt erreichen einer fogefunben roie m ä n n l i dj e n
Sexualität 3 U roerten haben. — (Er f)at fid) nicht mit bem SBeib
ge 3 ogen; bas 2Beib hat ihn nicht unruhig gemacht; es f)at
feine ©ebanKen nicht befd)äftigt unb beunruhigt. — ©etter ift
es offenbar, baf) 2Bf)itman tm höchften ©rabe jene männliche
DisKretion befaf), bie fo rounberbar ift unb fidjer oon jebem
tü^tigen ©eibe fchr hod) gefdjätjt roerben roirb, unb bie nichts
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ausplaubert, bic nidjt „brüber rcbet". — (Es t[t 3 toar benkbar,
bah er fid) feinen beiben [[reunben gegenüber mal gelegentlich
Ieife über bergleidjen b)ätte äußern können ; inbeffen : bie brei
ÜJlänner roerben in jenen fahren, roo QBaffjington oon loten,
kranken, Derrounbeten unb kriegslärm roimmelte, ernftere Dinge
im köpfe gehabt haben, als irgenbeinen „Speech un ter uns jungen
3Jläb<hen". — Unb nun ferner: man [teile fid) boch blofj einmal
oor: ber Dotjle roar bama!s ein junges Dürfdjdjen oon 3 Üka
20 fahren ! 2Bt)itman bagegen ftanb in ben Diesigem. Sie
jtanben einanber gegenüber roie Dater unb Sohn. 2Bie hätte er
benn 3 U bem jungen Jant oon feinen ßiebesangelegenljeiten
fpredjen können, toenn er Jid) nid)t 3 U bem läd) erlich [ten Darren
oon ber 2 Belt hätte machen rooEen !
911fo, ich fdjliejje : ®er erfte Deil oon Dotjles Slusfage
bebeutet nichts unb nochmal nichts!
Elun aber ber 3 toeite üeil. Dotjle fagt: „Seine Einlage
toar anbers." - Das ift fo ein red)t fetter Rappen für Dr. Derh !
Dnbeffen, ich benke, roie kreu 3 gefäbrlid) biejer Sah fi<h auch
ausnehmen mag: nein! mir haben ben „Urning" noch lange nicht
attrapiert !
Sllfo : offenbar roiU Dotjle ettoas anbeuten ; üorausgefetjt
übrigens, bah wir uns auf bte Ueberfetjung biefer ZBorte oer«
Iaffen bürfen unb 3 ubem auf bie 3uoerIäffigkeit bes Dnteroieroers ! -
Elber, beamten mir folgenbes mohl! (Es ftef)t feft, bah
ZBljitman ben umifdjen 51 k t nie ooH 3 ogen hat - roäljrenb er
ben heterofefuellen 5Ikt fel>r oft ooll 3 ogen hat; roas aus
eigenen Slusfagen oon ihm, roie auch aus unmihoerftehlichen
Stellen in feinen ©ebichten, auf bie mir roeiter unten noch näher
etn 3 ugehen haben, mit aller ©eroihheit 3 U konftatieren ift; unb
ferner aus beftimmten ülusfagen feiner fjreunbe. - ÜBljitman hat
alfo einen homofejuellen 5Ikt aud) mit Dotjle nie ooH 3 ogen (mir
fträubt fid) bie jeher, roenn i<h biefe Sähe überhaupt nieber*
fdjreiben foH ! !) Dagegen ift es fo gut roie f ich er, bah Dotjle
feiner feit 5 ein Urning roar, ber oielleidjt roohl gar aud) mit
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anbeten bereits ben urnifchen Ulkt ©otogen hatte. Bas ift für
Bogles Slusfage feljr ctjarakteriftifch ! - Wir wiffen, tote Wljitman
mit biefen ßeuten unb mit bem Bolke 3U oerkehren pflegte:
genau jo roie einer ihresgleichen. 9 lIfo, bah er fid) etroa
gelegentlich, roie Arbeiter bies 3U tun geroohnt finb, mit ihnen
unterfafjte unb fo mit ihnen ging, 2lrm in 9 lrm, ober roohl aud)
9 lrm um bie Schulter ; ober bah er fie bei ber fjanb hielt, ober
fie im ffiefpräetje fonft berührte, in einer Hirt, roie biefe Ceute bei
ihrem frifchen, ettoas knabenhaften Wefen geroohnt finb; unb
roohl in Amerika noch ®eit mehr roie bei uns. — Sicher
aber ift Whitman, nach allem, roas toir non 3uoerläffiger Seite
oon feinem Wefen roiffen, bei aüebetn ungleich gehaltener geroefen
als fein Berkehr; unb roirb er folche Bertrauens3eid)en nur
benen haben 3ukommen laffen, bie ihm befonbers gefielen. (Er
mag biefen roohl aud) ben Willkommen» unb Bbfdjiebskufj gereicht
unb ihn oon ihnen empfangen haben ; roie er roieberum in Amerika
ein roeit gewöhnlicherer Brauch ift als bei uns. Botabene : bies alles
in feinen jungen unb in feinen früheren Btannesjahren ! — Bies
alles aber hat ®ot)le — ber in jenen fahren ein häbfdjes,
luftiges unb, als Orlänber, 3utunlid)es Bürfdjchen geroefen fein
mag, unb ben Whitman oietleicijt mal bei ber §anb gehalten
ober roohl auch mal geftreichelt hat — nachher, nach feiner
urnifchen 3 lrt, als eine 2 lrt urnifd)en 'Platonismus angefehen. —
Was enblid) aber bie lebten Sähe, bis 3U bem faloppen „toir
roaren fdjrecklicf) nertraut miteinanber" anbelangt (wörtlicher müf}te
toahrfd)einlich überfetjt toerben: „bi die oertraut miteinanber",
roas fdjon gleich eine ettoas anbere Utüance gibt), fo finb fie
ohne Belang. „Bas Weib in jenem Sinne kam ihm nie in ben
Äopf" ift iautologifd) bafür, bah Whitman „3U reinlich ro ar" ; unb
bas kann toieber ein ungenauer 'Husbruck fein für : er toar ba3U
3U anftänbig, ein 3U feiner Äerl unb bergleichen, ober - auch bas ift
möglich - ber Urning Bogle meint es wirklich in einem urnifchen
Sinn. Was nichts befagen will. Hlufjerbem aber fagt Bogle ja:
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„Äctnc Spur Dort irgenbroeldjer 9 trt oon £ieberli<hbeit toar in
Das bereif tigt uns eigentlich jogletd), alles, roas Doqle
non tfjm jagt, in jold)em Sinne 3U beuten; unb es roirb alfo
h«ijjen: 2Bf)itman gab ji<h 3toar mit ben SBeibem ab, aber er
roar babei nicht lieberlich. —
3 d) benbe, bie anjd)einenb l)arte Bujj ijt gebnadtt, unb mir
bürfen uns gut unb gern mit ihrem Äern 3ufrieben geben. -
CBir kommen nun aber mit Bertj bereits 3U 2 B^itmans
Se3iei)ungen 3um QBeibe, toie jie jid) in jeinen Dichtungen bunbgeben.
Bert} jagt Seite 248 : „Bun jdjilbert er ( 2 Bt)itman) 3toar
in jeinen ©ebidjten ben ©ejdjlechtsüerbehr 3t»ijd)en Btann unb
ffleib mit bejonberer Brutalität (hm !), um ©bmunb ffiojjes
Slusbrudt 3U gebrauchen, Bber es ijt in biejen Säuberungen
nichts enthalten, uras eine tiefere, feelijdje Beteiligung Derriete."
2 Bas biefe mangelnbe „tiefere, jeelijdje Beteiligung" anbe*
langt, jo bringt Bert} einige Urteile bei. - So l>at 3um Beijpiel
Ifjoreau in einem Briefe geäußert: ,,©r feiert überhaupt nid)t
bie ßiebe. ©s ijt, als ob bie liere jpred)en." (2horeau toar ein
bebeutenber Üftann, aber ein menjd>enferner unb gan3 unb gar
roetbferner ©injiebler; auf bejjen Begriffe non Ciebe roir jonad)
oiel ©eroicht nicht eben legen bürfen.)
Bert) finbet bas fehr 3utreffenb. ©r Dergleidjt bamit bie
„an Dlänner unb Jünglinge gerichteten ßiebesgebidjte", in benen
{ich alle 3 a *th e ü unb Onnigbeit bes ffiefühls »errate, roie jie
fonft nur in ber heterojejuellen Oiebeslqrib 3um Busbrucb kommt.
- ©r zitiert bafür Spmonbs, toeldjer gelegentlich jagt: „ 3 n
, Calamus 4 tritt bas ©lement bes Seelifdjen in ber ßeibenjdjaft,
ber Bomantib unb ber tiefen, bauernben ©mpfinbung, toelches
in bem 2 IbJd)nitt über bie normale ffiefdjlechtsliebe beinahe burd)
jeine Bbtoefenljeit glän3t," (toas für ein jalopper unb ungehöriger
2 lusbrucb !) „lebhaft in ben Borbergrunb unb oerleiht ber bünjt»
Ierifchen Behanbtung eine bejonbere 2 Bärme ber 'Poejie."
Dian müjje ferner bebenben, toelche Bebenrolle in jeinen
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Dichtungen bic 3frau überhaupt fpiele, toährenb er [ich nicht genug
tun könne, ben Wann in feiner Kraft unb Schönheit 3 U ner>
herrlichen. (Ebmunb §olmes h a f> e gejagt, Whitman habe bas
Weib gar nicht oerftanben. (Och lache ! ©enau bas ©egenteil
ift ber fjall !) ©utyanan fpreche non feiner „heterofejueHen ©ru*
talitat". ©r fage : „Wenn ich aus ber inneren 5lugenftyeinlitykeit
biefer Stellen einen Stylufe 3 iefee, mufe ich fagen, bah Whitman
keinesroegs ein Wann non ftarken, animalifchen ßeibenfehaften
tnar. 3n feinen 5lusbrücken liegt ettoas ftyrecklity ffieroaltfames,
toas ein ©pikuräer ber ßuft oermieben haben toürbe."
Wenn fich Dr. ©erfe aber auch nur ei« einiges Wal an
einen gebiegenen unb fokben ffieroährsmamt hielte! — 3ty bitte
jeben oerftänbigen Wann : toas ift bas für ein gerabe 3 U horribler
Unfinn, ben roir ba 3 itiert bekommen! - Whitman fei kein
Wann oon ftarken, animalifchen ßeibenfehaften geroefen ! — ßeibem
ftyajrten ! 51 n i m a l i f <h e ßeibenfehaften ! — 5lber ich bitte jemanb :
toaren bie benn überhaupt nicht burtyaus „shocking“? Unb
märe es alfo nicht gerabe ein gutes 3ei<hen, roenn Whitman fie
nicht gehabt hätte; nach ber Weinung biefer £erre«? — Was
oerftehen benn bie Herren hier unter ßeibenfehaften ? 3ty benke
bie gröbften, trübften ber ßeibenfehaften, bie böfeften, bie ani«
malifd)en, mit anberen Worten bie fejrueHen? - 3<h roeife ja
nun freilid) nicht : es reifet feeutsutage ein, bafe man bamit
befonbers prunkt, unb bafe man ben fejualen ©üpel unb toofel
gar ben ©üpelfeafteften 3 um 'Prototyp „gefunber Wamtyeit"
machen toiH. — Da fiele benn ja roofel unfer h err üty er Walt
grünblich ab. - Wir anberen freilich ftellen als 'Prototyp jeber
gefunben Wamtyeit, kulturtragenben unb kultur«
roirkenben Wamtyeit, immer noty ben fein, ber feine ßeiben«
ftyaften am beften im 3 «ume h«t u «b bei bem fie überhaupt ftyon
oon oornherein unb in ber gan 3 en ©aturanlage phgfiologifh
balanciert unb — kon 3 entriert finb. Das aber roaren fie
bei Whitman! - 5lIfo : ity finbe es einfach eine Oberfläty«
liefe k eit DO« ©utyanan, roenn er hier mit feinen „animaliftyen
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Hu.
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fleibenfd)aften" kommt ! - 9tod) unfinniger aber ift ber anbere Saß.
(Ein oerftänbiger ÜJtenfd), mein’ id), toirb if>n überhaupt kaum lejen
können. „3n feinen Slusbrücken liegt etroas fcßrechlid) ©eroalt«
fames, roas ein (Epikuräer ber ßuft oermieben ßaben mürbe." -
„(Epikuräer ber ßuft"? Ulber in biefem 3 u f ammen f) a n9 e i a
gerabegu fürdjterlid) ! — O r geroiffe englifdje unb amerikanifdje
Sdjriftfteüer ! — — Jrjätte ©alt etroa gar ein „(Epikuräer ber
ßuft" fein follen?! Ober märe er einer gemefen, menn er „ftarke,
animalifäje ßeibenfdjaften" gehabt ßätte? Unb märe bas etma
53ud)anan lieber gemefen, als bas „fcfjredtlid) ©emaltfame"
oon 2Bf)itmans Ausbruch? - ÜJlir für mein leil märe bas
ßeßtere immer nod) 3 ef)nmal lieber, mir erfdjiene es nod) gefjnmal
gefünber als ein joldjes ©pikuräertum. 'Budjanan roeifj bod) roaßr»
ijaftig felber nidjt, roas er ba für lorßeit ßingefcßrieben E>at! —
3m übrigen fage id) : nur ffiefüßlsatropßie kann ©ßitmans
9Irt „ fdjredilid) " unb „geroaltfam" nennen! - 2öas foH übrigens
biefes „geroaltfam" bebeuten? 3ft es etroa gar im Sinne oon
„ge 3 roungen" ober „gequält" gemeint? — ©ßitman ? ! Unb -
gequält ? ! 3n feinem Slusbrudt ? ! — 2Benn Sudjanan fagen
mürbe: furchtbar, bann roürb’ id) ißm allenfalls red)t geben,
©as könnte man oieHeicßt fagen, roenn man ©ßitman 3 um
erftenmal gegenübertritt, ülber er ift bann „furchtbar" roie bie
Jlatur, bie in iljrer fjurdjtbarkeit ergaben unb Ijeilig ift. — 3n
biefem Sinne ift etroa folgenbe Stelle „furdjtbar", bie ben gefd)Ied)t=
licken 91kt unb ben Samenerguß bei ber ^Begattung }o pßgfiologid)
mie gugleid) in feiner gangen, man mödjte fagen: metapßgfifdjen
Heiligkeit uns 3 ur (Empfinbung bringt. Sie finbet fid) in „I sing
the body electric“ :
„Mad filaments, ungovernable shoots play out of it, the response
likewise ungovernable,
Hair, bosom hibs, bend of legs, negligent falling hands all diffused,
mine too diffused,
Ebb stung by the flow and flow stung by the ebb, love-flesh
swelling and deliciously aching,
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Limitless limpid jets of love hot and enormous, quiyering jelly
of love, white -blow and delicious juice,
Bridegroom night of love working surely and softly into the
prostrate dawn,
Undulating into the willing and yielding day,
Lost in the cleave of the clasping and sweet -fleshd day.“
Bier I)at biefe göttlich * furchtbaren Berfe getrieben? (Die
l)ätte ein Uranier geftfjrtcben ? ! — Blasphemie! Bie unb
nimmermehr! (Ein ÜJiann h fl t P c getrieben! (Ein lann!
Unb nun Dernefjme man, roas Buchanan roeiter fd)reibt :
„(Diefer leil feines Buches h fl t ih m uermutlich bebeutenbe
Blühe gemacht (!); er ift nicht con amore (! !) getrieben,
unb abgefehen non feiner 3roeifa<hen unb mtjftijchen Bebeutung
ift er genau bas, roas ein alter (Philofoph fdjreiben könnte
(fehen mir ihn, biefen „alten 'Philofophen" ? menn er bie
ßeibenfchaft im trüben ßi<hte ber (Erinnerung bargufteüen Der«
fud)te." — - [fürchterlich !
3 ch benke, mir geben Buchanan fchleunigft ben ßaufpafj,
benn feine (Befeüfchaft ift benn hoch gar 3U pläfierlid) ! -
Verfolgen mir im übrigen aber unfre „ffieroährsmänner" roeiter.
3 unä<hft aber möcht’ ich mir einige Bemerkungen aüge«
meineren Inhalts geftatten. Sie mögen an jene bei BHjÜman Der»
mijjte „tiefere, feelifdEje Beteiligung", an bie oon Ihoreau Dermifjte
„[Jeier ber ßiebe", an bie fehlenbe „ßeibenfchaft", „Bomantik" (hm !)
unb bie „tiefe, bauernbe (Empfinbung" (hm !) — anknüpfen.
Dch tue eine 'Pilatus« unb (Beroiffensfrage : Blas ift ßiebe? -
Unb id) tue eine anbere: roas ift „(Element bes Seelifdjen", roas
ift „ßeibenfchaft", roas ift „Bomantik"? — Btan laffe mich 3u»
nädjft eine inbirekte Bntroort auf biefe [frage geben. — Och
3iehe bie (Entroickelung bes ßiebeslebens in Betracht. — B 3 ir
finben am Busgang ber Bntike, im ©egenfatj 3U bem großen
fchlidjten Stil einer früheren 'Periobe, ein feljr großes Blefen oom
Bleibe gemacht ; roir finben ferner etroas, bas ich einen gerabe3u
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unerhörten Konfluj ber (Beblechter nennen möchte ; einen Konfluj
oon einer T)ifferen3iertf)eit, einer „ßeibenfchaft" unb „^Romantik"
ber gejchledjtlichen We3ief)ungen, bie beispiellos ift. 3 d) [teile
ihr gegenüber als ihren 2lbfd)luf3 unb ihre (Ernüchterung bas
Taedium, bas bie Weroegung bes jungen (Eljriftentums ber 30hl«
reifen religiös * pf)ilofophi}<hen Sekten jenes 3 e ^alters biefer
$ijferen3iertheit, ßeibenfcf)aft (®eilheit) unb poetifd)en Werherr*
lidjung unb Womantik ber gefd)led)tli<hen We3iel)ungen gegenüber
bebeutet. — Unb ich betraute roeiter bas ßiebesleben ber jungen
germanifd)en Waffen in feiner, jenen früheren ‘Perioben ber Wntike
gegenüber immerhin anbers nuancierten ‘Primitioität ; unb ich f c h c
auh h«r bie beginnenbe ®ifferen3ierung, ßeibenfdjaft, ‘Poefie,
Romantik etroa bei ben fpäteren Iroubabours ober am Wusgange
ber Üßinnefänger3eit (Ulrich oon ßid)tenftein), bie oieüeidjt felbft
bereits, toie fie bie Wlüte ber germanifd)*chriftlichen ßiebesfeele
entfaltet, immerhin hoch üieHei<ht aud) f<hon ben Keim ihres Wer*
faUes einfd)Iiefet. 3 d) fel>e biefen Werfall fid) fteigern bis 3U ben
heilen unb raffinierten Orgien unb in bas De^toickte ßiebes*
leben unfrer mobernen fjodjkultur, mit ihren nur 3U unmifjoer*
ftänblichen, fataniftifch getoefenen Wuancen; ja, man möchte fd)on
[agen : ihrer fataniftifchen „Keufd)heit" ! - 3 <h 3tcl)c bas feit
unfrer Klaffik immer einfeitiger oortjerrfchenbe ßiebesmotio in ber
europäifdjen ipoefie in Wetracht, bas neuerbings — man muh We»
ferent über ßqrik fein! - bis 3um kompletteften (Ekel anfdjtnillt. 3 dj
Siehe bie ‘Pfeubo»„Womantik" unfres Wurchf<hnitt*ßiebesDerkehrs
mit feinen meift fo oerlogenen (Balanterien unb Komplimenten in
Betracht; unb mir finb alle biefe Wegriffe, unb mag felbft
ein Ihoreau fie bei WJhitman üermiffen, hö<hft oerbäd)tig,
menn nidjt gerabe3U nachgerabe ein für allemal oerleibet unb -
roiberroärtig ! Unb ich möchte rufen : „Mtjviv ’aetSe, 3 -sa, ür^vjcaSew
’Axax-rjos!" Unb ich {ehe biefen göttlichen ipeliben in UBalt
©hitman. Unb ich atme tiefbefreit auf, als fei ich aus mer
meih roas für einer bunftigen Wube in (Bottes fdjöne, freie, frifche
ßuft hinausgetreten! —
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3 d) bebenfee: roie eigentlid) [teilt überall, Ijeute tote je,
bie Batur bie ©e[d)led)ter 3ueinanber? Sie [teilt [ie aueinanber
als 3toei bejonbere, gefonbert für fid) befteljenbe 2Belten. ©ie[e
2Belten berühren, bur<f)bringen, fereü^en fid) aroar in ber gefdjledjt*
lidjen (Einigung, aber eingig 3U bem ß^ecfee ber 2 Beiter[d)öpfung. —
©as IR or male, ©e[unbe ift f)ier: bie oerfyältnismäfjig feur3e Be»
rütjrung unb ©urdjbringung bes Bfetes ; nad) it>r aber fällt jeber
ber beiben 3 nbioibualitäten, ber männlidjen roie ber roeiblktjen,
roieber ifjr eigener 2 Bert 3U, unb 2 Beib tritt 3U 2 Beib 3urüdfe, KRann
3U SERann; unb [ie [inb roieber fo3ietäre Onbioibualitäten ; als
roeldje 3U [ein [ie oor allem bas britte im ©reiedt nötigt, bas
eigentliche aller pp. „©ritten": bas Äinb!
3 d) [el)e in ber Batur bie feenn3eid)nenbe „Beradjtung",
bie ber Änabe bem URäbdjen entgegenbringt 3 d) fef)e roie
URäbdjen fid) 3U HRäbd)en, Änabe fid) 3U änabe ge[eHt. Bis
bann mit ber ipubertät bie iperiobe bes fid) gegen[eitigen Bus*
tjolens feommt, bie fid) bis 3ur 3eu9 un 9 [teigert, aus roeld)er
beibe ©efd)led)ter eigentlid) roieber als [03ietäre 3 nbioibualitäten,
jebes in [eine 2Belt, 3urü<fetreten ; gebunben beibe nur burd) bas
Äinb unb burd) bie periobifd) roieberfeefjrenbe Botroenbigfeeit ber
ge[d)led)tlid)en Bereinigung, beren ©efetje uns l)eut3utage bie
Batur erft nod) roieber in eine neue Bormalität 3U bringen
l)at. — ©as i[t alles ! Unb roas barüber i[t, i[t oom Übel. —
Unb bas ift, fagen roir’s nur, bie Bormalität, bie l)eute,
in unferer fürdjterlidjen [efueüen Berfal)renljeit unb Unorbnung,
gerabe3u räubig unb oerfeljmt bafteljt!
§at 2 Bf)itman aI[o jene „Bomantife", jene „Seele", ,,'Poefie",
„ßeibenfcfjaft" nid)t - unb [ie l)at er aHerbings nid)t fo
[agen roir nur rul)ig: es ift bas 3 c *^) cn feiner feem*
gefunben unb oollfeommenen IRannfyeit; [einer ge*
funben, normalen unb ruhigen, ausgeglichenen,
mannlic^*l)armonif d)en Sejualität! - Unb ein Eingriff
roie ber Bertjfdje i[t einfad) ber 2 lufrul)r bes ipi)ili[ters, ber
aümeintag, roenn bas ipelemele bes Satan in Blüte roar, je unb
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je 311 ftumpfnüftrig roar, um ©ott com leufel 3 U unterfdjeiben !
-1 Unb: id) roage bic fjgpotljeje getroft: es ^at jidjer aud)
ÜBfjitman einer geroiffen 21 rt non „befferen Stänben" gegenüber,
unb „Irägem unferer Kultur", fo oft er mit ihnen in perfönlidje
SerüFjrung kam, in ficf> felbft hineingetrieben. Unb baljer gerabe
beren Bumor non feiner „fjomofejualität". —
2 Bt)itmans ffiebidjte feien ba, roo fie mit bem Sßeibe 3 U
tun Ijaben, nidjt befeelt; fie feien „ttjeoretifd)", als ob fie ein
Profefjor, ein „alter ipijilojoph" gemalt t)ätte. — ferner: er
gebe bem 2Beibe einen oerfdjroinbenben Spielraum in feiner
Didjtung. — “Das alles ift 2Bort für 2Bort f a I f d) ! Sonbern bie
5adje nertjält fi<f) fo, bafj 2Bt)itman bem 2Beibe, als gefdjledjt«
lidjem Komplement bes Btannes, ben iljm 3 ukommenben
Spielraum gibt; als fojietäres Komplement Ijat es oöHig ben
gleiten ; unb fo ift benn eigentlich 2 Beib genau jo oiel berückfidjtigt
roie ÜJtann in 2Btjttnians Dichtung. Dajj er aber etroa irgenbtoie
ben URann als feyuelles Komplement bes Btannes gefüllt
unb gefeiert ha^e, ift eine fdjamloje (Entftellung entroeber
ober banaujifdje Stumpf nüftrigkeit rooljl gar amüfiert
grinfenber ^p^iliftrofttät! Denn: roie gerabe ber <Ph*‘
lifter fidj, im ftiüen, über fo etroas „hödjt"! - -
3dj benke, bereits bie oben mitgeteilte Stelle aus „Children
of Adam“ toirb jebem Berftünbigen nid)t als bie eines „alten
Profeffors" erfdjienen fein, fonbern als bie eines Bollmannes,
ber bas alles aus fo unmittelbarer roie ftarfter Erfahrung roeifj. —
Slber fefjen roir nun, roie rounberbar intim unb befeelt er in
ZBatjrheit oom JBeibe fpridjt! - Da es fid) in 2Bal)rl)eit nid)t fo
oerl)ält, roie Bert} unb feinesgleidjen fagt, fonbern oom 2Beibe
recht oft in ben „©rasljalmen" gehanbelt roirb, fo könnte ich
benn auch eine grofje 3 a h^ oon Belegen äufammentragen. 3dj
muh mich h* cr aber begnügen, aroei oon ihnen aus 3 uroählen ;
aber ich meine, fie fagen alles unb laffen nidjt eine Spur oon
ßroeifel übrig.
Die eine, ein köftlidjes 3bgH, mit bem unmittelbarften
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JRerkmal bes perfönüdjen ©rlebniffes, finbet fid) in „Song of
Myself“. Sic lautet:
„I am satisfied — I see, dance, laugh, sing;
As the hugging and loving bed-fellow sleeps at my side through
the night, and withdraws at the peep of the day with
stealthy tread,
Leaving me baskets cover’d with white towels swelling the
house with their plenty.“
3ft bies aus ber „Ifyeorie" bes „alten fprofeffors"? 3 cf)
benke, aus bem unmittelbarften (Erleben. SBoburd) könnte bas
befler erhellen als aus ben Äörben ! Das ift Diel 3 U eigen, paßt
niel 3 U [ef)r in 2 Bf)itmans ßebenslage, unb ift oiel 3 U umtad)=
afjmlid) perfönlid), als bajj es konftruiert fein könnte. — Das
kann 2 Bf)itman nur felbft am 2 Beibe unb mit bem 2 Beibe erlebt
haben! —
3d) fagte fdjon, mir Ratten Diele foldje Stellen. fHber Ratten
mir felbft nur biefe eine, fo mürbe id) fofort einen BoDfchlufj auf
SBfjitmans Sexualität unb auf feinen Berkehr mit bem ÜBeibe
3 iet)en ; unb barauf : bafj er fefjr oft, baff er fo Diel gefd)led)tlid)
mit bem ffieibe 3 U tun gehabt haben mu|, mieoiel nur immer
ein Dollkräftiger Sölann mit il>m 3 U tun 3 U f)aben pflegt.
(Es ift alfo ber Dlorgen, nad) gemeinfam oerbrad)ter 9lacf)t.
Offenbar ift er bamals nod) ein junger ÜJtann gemefen. 2Bie
ift bie 3tad)t gemefen? 3lun: „I am satisfied — I see, dance,
laugh, sing.“ - 3d) benke, mir Jagen „all right“. Dann mar’s
mas fRedjtfdjaffenes. (Er ift nid)t nur „guter Dinge", fonbern er
ift pfjgfifd) erquickt unb erleichtert, fo 3 ufagen: roie neugeboren;
roie man es nur ift nad) kräftigem unb reftlofem gefd)led)t=
liefen ©enufj. — 3llfo : ich benke : ber roünfdjensmertefte Bemeis
für feine kräftige, gefunbe Jrjeterofejualität. —
Unb nun bas roeitere. 2Bas für eine fJüHe Don Details
unb unmi^nerftehlichcn 2 Iuffd)Iüffen gibt er uns mit ein paar
kur 3 en, fd)Iid)ten, knappen Sähen ! - ©tan bemerke biefe Äür 3 e ! —
3d) könnte mir Dorfteüen, baß ein Urning eine foldje S 3 ene
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bidjiete, aus ber Ifjeorie, Dom ^örenfagen, ober felbft oon einem
eigenen (Erlebnis i)er; inbeffen, es ift mir 3roeifeüos, bajj er
gerabe in ben Details Joldjer ©iorgenf3enerie f e r ausfüljr*
Iidjgemefen roäre. (Er ijätte betrieben, gefdjilbert; um ja keinen
ßroeifel an [einer < Poten3 3U Ia[[en. (Er l)ütte fid) in allem, in
jebem kleinen Detail geroiegt. (Er märe oon ber Sadje überhaupt
nur mit 3 Jiüt)e losgekommen, gerabe meil es ein [eltenes unb
ein - falbes (Erlebnis getoefen märe. 3 d) [age nochmals: bas
ift mir pfgdjologifd) nöEig aujjer jebem 3roeifel. — 2Bf)itman
aber gibt 3toei ©ereilen. Unb nun beadjte man, toas alles
jie lagen unb oerraten!
3 unäd)ft fet)It jebe Spur oon irgenbroeldjem ©eft [ejueHer
Unausgeglichenheit, roie [ie fi<h in enblofen (root)l geilen)
M [fernen 3um Slbfdjieb, ober Sid) « an « bie « ©ruft * preffen, ober
exaltierten ©Sorten kenn3eid)nen mürben. — ©lann unb 2 Deib
fjaben fid) ooHauf befriebigt. (Es brauet unb barf oieUeidjt,
toeil es eine ©elegenheitseinigung ift, niemanb baoon roiffen,
bafj fie bei ihm geroefen ift; alfo [tiefjlt fie fid) am ©Sorgen,
otjne jebe geile Sentimentalität, oon feiner Seite, um fjinaus*
jul)ufd)en. ©Sie aber E>uf d) t fie hinaus? 3 n meinem ©emüts»
äuftanb unb in meinem pijgfifdjen ? Offenbar in bem gleidjen
roie ber ©Sann: in bem ooHer ©efriebigung unb 2 lusgeglid)enl)eit. —
2Bie feljr er fie befriebigt f)at — mir erfuhren es inbirekt bereits
aus ber erften 3®i^i roir erfahren es roeiter burd) bie oer«
betfeten Äörbe ; aus biefem 3 c ü*Kn rührenb naioer Dankbarkeit,
l)as fie ihm 3urütfeläfet. Unb biefe 3 ct<f)en fagen uns 3ugleicf) :
roenn ©Salt etroa nod) länger an biefem Orte oerroeilen mirb, fo
roirb fie f i d) e r mieber 3U ihm kommen. — ©ber nod) anbere —
®ie }d)lid)te unb keuf<he! — 3 c «hen finb ba, mie fel>r er fie
befriebigt l)at unb mie angenehm er ihr gemefen ift. 3roei gan3
unfd)einbare unb abfidjtslos — fo ohne jebe ©enommage! —
[(ingefetjte ©Sorte: „the hugging and loving bed-fellow.“ —
„‘Die umarmenbe unb liebenbe ©ettgenoffin." — ©Ifo:
bas ©Seib l)at il)n umarmt, l)at ihn gehest; fie ift offenbar
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ungetoölptlidj aktio unb beteiligt getoefen ; jeine ÜJtanntjeit ift if)r
fef)r jgmpatijifd) getoefen. —
3d) benke, bie brei fdjlidjten 33erfe lofjen toeber an T)eut=
lid)keit, nod) aud) an mal) rer Seele, ^Romantik, Ontimität unb
*Poejie irgenb etwas 3 U toünfd)en übrig. —
3etjt bie anbere Stefle! — Sie finbet fid) gleichfalls in
„Children of Adam“, unb 3 toar in bem ©ebid)t „From pent-up
aching rivers“.
Sie lautet:
(Hark close and still what I now whisper to you;
I love you, 0 you entireley possess me;
0 that you and I escape from the rest and go utterly off, free and
lawless,
Two hawks in the air, two fishes swimming in the sea not more
lawless than we;)
The furious storm through me careering, I passionately trembling,
The oath of the inseparableness of two together, of the woman
that loves me and whom I love more than my life,
the oath swearing,
(0 I willingly stäke all for you,
0 let me be lost if it must be sol
0 you and 11 what is it us what the rest do or think?
What is all eise to us? only that we enjoy each other and exhaust
each other if it must be so;)“
3d) jage : 3n biejer Stelle ift alles bis auf ben Ietjten 3teft
enthüllt, was ber 33t an n jemals im Onnerjten gegen bas SBetb
empfunben f)at! 3d) jage: t)ier liegt bas innerfte, fteujdjefte ©e=
heimnis bes 9Jtannes 3 utage, bas burd) keine „Itjeorte",
,,'Pl)ilofop^ie" unb überlegte, oerftanbesmä^ige Steflejion jemals
ausgebrüdtt toerben könnte! *Das nur bas in tim ft e (Empfinben
aus bem kräftig ft en ©rieben Ijeraus aus 3 ubrüdten oermag!
©s ift bas letjte unb roaljrfte 2Bort bes ÜJtannes an bas
SBeib; jenes 2Bort, bas gerabe ber 33t ann fo überaus feiten
ausfprid)t, unb bas gerabe infolgebeffen um fo überroältigenber
unb rounberfamer ift. Unb fo ift bies SBort l)ier ausgefpro^en,
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unb ift es bem ©leibe I)ier ge{agt. ®em ©leibe, bas ©lljitman
meint : bem — ©leibe! —
(Ein äfjnficfyer ©ebanke finbet fid), mennfcf)on nid)t mit ber
gangen ©lagie biefer Stelle 3um ©usbruck gebraut, in ,We
two, how long we were foold“ („Children of Adam“). Unb mit
meiner tiefen, Ijinreifjenben, magifdjen Innigkeit unb 'Poefie ift
bie ffiattenliebe 3um ©usbruck gebraut in jener unbefdjreiblid)
fd)önen (Elegie oon bem Spottbroffelpärctjen in „Out of the cradle
endlessly rocking“ („Sea- Drift“), bie 3U ben unuergänglid)ften
'Didjtungen ber ©leltliteratur gehört. — Soldje fd)lid)te, keufdje
unb tiefe Innigkeit ber ©mpfinbung oermag nur ein ©tann !
*
©un ift es aüerbings latfadje, bafj Steßen toie bie üorf)in
3itierten ober ermähnten , bie uns einen fo unmittelbaren
(Einblick in bas perfönlidje ßiebesleben bes Dieters geben,
in ben „ffirasljalmen" oerfyältnismäfjig feiten finb. — Onbeffen
es liegt auf ber Jöanb: es mürbe ein $ef|ler fein, menn fie’s
nid)t mären; ber Dichter mürbe bann gerabe bies 3 ntimfte,
©ßerunmittelbarfte unb ©laljrfte ber ©tannesfeele unb ©tannes=
empfinbung gemein madjen. — 3 d) fage: es ift gerabe ein
3eid)en non ©ll)itmans ungeroöljnlid) gefunbem unb männlichem
fejueflen lakt, bafj biefe Stellen fo feiten finb.
Sooiel ^at ber ©tann mit bem ©leibe unmittelbar 3U
tun; unb bies ift bie Ijeiligfte Einigung, ®erföl)nung ber beiben
©leltgegenfätje ; bie fjeüigfte, befeligenbfte unb möglid)fte. — Sie
barf in gefunben $er!)ältniffen — mas bie unferer fjod)kultur
keinesmegs finb! — nie gemein, fie barf 3U keinem Spiel, fagen
roir’s nur: fie foUte eigentlid) aud) nid)t 3U einem poetifdjen ober
gar artiftifdjen Spiel merben. — 3 n aflem übrigen foUte bas
©leib fo3ietäres 3 nbioibuum fein, füllte es nor allem ©lütter
fein unb — ift es ©lütter. - ©lie oft nun aber unb roie unoer*
gleid)lid) f)at es 2Bl)itman in feinen ffiebidjten als ©lütter gefeiert
unb oerf)errlid)t ! — Sie foUte unb foU fo3ietäres 3 nbioibuum,
3ol)annes Srfilaf, 2DaIt 2Bt)itman SomoJejuell«? 4
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©tutter fein, tote fie es in 2 Bal)rl)eit ift : unb fie ift es bei
2BI)itman ; toie fie es in aller raaljrfjaft großen Did)tung ber
Bteltliteratur ift. Sie ift es bei 2Bt)itman unb nimmt als foldjes
unb foldje einen reid)lid) fo großen Spielraum ein toie ber ©tarnt. —
3m übrigen alfo lebt bas 2Beib in ber 2Belt bes SBeibes unb
ber ©tann in ber 2 Belt bes ©tannes ; unb fo foH es fein ; unb ein
aÜ 3 U großer ßonfluj ber ©efd)led)ter ift immer ein 3 «id)en non
ungefunber Äultur. — Das 2 Beib tut SBeibestoerk, ber ©tann
©tannesroerk. 933ie es bie Statur bereits im Bemalten ber ©e*
fd)Ied)ter bis 3 ur ipubertät 3 um Busbruck bringt. ©et)t’s mit
redeten Dingen 3 U, fo barf, nad) ber überrounbenen fejueüen
Äonfliktsperiobe ber Pubertät unb nad) ber erfolgten erften
(Einigung, ber ©tann nid)t am SBeibe unb bas 2Beib nid)t am SJianne
kleben, unb fie bürfen beibe nid)t 3 U oiel Spielereien miteinanber
treiben, tt>eld)e befd)ßnigenben Be 3 eidjnungen man aud)
für folcfye Spielereien l)aben mag! Sie finb ein gefährlicher
Cujus; fie finb ber bebenklidje Überlujus unferer „Ejodjkultur"! —
3n allem übrigen toenbe ber ©tann fid) bem ©tanne 3U. Unb
er füljle fid) mit it)m als eine 2Belt. Unb fei bas Banb biefer
9Belt eine mächtige Sympathie unb Ciebe (2Bl)itman meint l)ier
immer unb nur bie fgmpatl)etifd)e Äraft ber Baffe*
gemeinfd)aft)! Diefe Sympathie unb Ciebe aber ift etroas roefent»
lid) anberes als jene ©tad)t, bie ben ©tann bem 2 Beibe eint 3 um
3toeck ber 3 cu 9 un 9- Diefes legiere ©efüijl ift eine unbefdjreib»
lid)e, burd) keine Definition oöHig 3 U fijierenbe, ^eilige, man
mü^te jagen metaphpfifdje Bötigung; bie Sgmpatf)ie oon ©tarnt
3 u ©tann aber, im Sinne ber Baffegemeinfd)aft unb Baffe*
„Brüberfdjaft", ift eine freie Sgmpatijie. Sie macht bie ©tänner
einer Baffegemeinfd)aft, melier fo 3 ietären Btt unb Buance auch,
immer „athletifd)", unb fie madjt bie gan 3 e Baffegemeinfdjaft 3 a
einer atl)Ietifd)en; toie etroa bie erften Börner eine jold)e
atl)letijd)e ©emeinfdjaft toaren. Diefe atljletifd)e ©emeinfdjaft aber
ift bie erfte Bebingung allen Gebens, aller lebenbigen Kultur
einer ©emeinfdjaft unb bie Bebingung ihrer Dauerhaftigkeit.
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tHuf itjr mujjj bie (Bemeinjd)aft 3unäd)ft berufen ; aisbann erft auf
ben Verträgen. Sic barf oot allem nt d)t berufen auf bem
gegenfettigen HJUjjtrauen eines „bellum omnium contra omnes“,
jo [el)t — roenn’s unb jo oiel es not tut — ein f o l d) e r Staub»
punkt aud) gegen alles, roas außerhalb ber Soäietät jelbft
ijt, berechtigt, oemünftig unb nötig fein mag. —
Dies unb einzig bies ijt ber Sinn non 2 BI)itmans Dichtung,
foroeit jie jid) bas ®ert)ältuis non 3 Jlann 3U 9 Jlann etroas an»
gehen läjjt. — Dajj bies jid) bei 2 BI)itman mit joId)er fieiben»
fdjaft, Energie unb 3 ntimität ber Emotion 3um Busbrudt bringt —
nur in feiner Dichtung ! im praktifdjen ßeben ijt er nad)
aügemeinjter Überlieferung feljr gehalten geroefen! — barf uns
nicht rounbernehmen ober gar Bebenken erregen. — Er erlebt,
roie jeine Union 3U einem immer bemusteren nationalen ßeben
jid) fteigert; roie bie oielen Baffebeftanbteile, aus benen jie —
ähnlich roie Bitrom könnte man jagen — 3ufammengeftrömt ijt,
beginnen, unter einem bejonberen 3 tDan 9 c P<h 3U politifd) unb
jo3iaI * nationaler Einheit 3ufammen3ujd)lieSen, befonbers aber
ÜJterkmale neuer 5 RajjeeigentümIid)keit 3U entfalten:
unb biejes rounberjame unb begeifternbe Erlebnis foHte jid) in
feinen Dichtungen nicht mit ßeibenjd)aft unb Entljujiasmus 3um
Busbrudt bringen? — 3 d) benke: es kann gar nicht anbers
möglich fein.
Unb jomit kommen mir benn nun 3U Sirjdjfelbs unb
Dr. Bertjens oiertem „Stigma" ber „f)omojejuaIität", kommen
toir 3U bem „fjrreunbjchaftsenthujiasmus mit gejd)led)tlid)em
®runbd)arakter".
*
Beoor id) naher batauf eingehe, noch eins : Bert) teilt mit,
bafj 2Bf)itman gelegentlich jemanb anoertraut hat» er jei Bater
mehrerer Äinber. 3 d) benke, abgefehen baoon, baS SBhitman ber
roahrheitliebenbjte Btenjd) roar, roie geroijj niemals in allen 3eiten
irgenbtoer Seinesgleichen unroahr geroefen, bürfett mir biejer feiner
4 *
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Stitteilung jofort (Blaubcn jd)enhen, roenrt mir uns nod) einmal
oergegenroärtigen, roas mir gelegentlich ber porigen groben aus
„Children of Adam“ ausgeführt haben. — Der Umjtanb bebeutet
benn immerhin aud) für Bert} einen Stein im SBege. über er roeih
fid) 3U Reifen : es bann jid) in joldjem Jalle ja aud) um Bifejualität
ober tarbioe fjomojejualität fjanbeln — natürlich! benn J 5 omo=
jejualität foll unb muh es ja auf alle JäUe jein! — 3 d) benbe,
mir haben oben gegeigt, bah 2Bt)itman unmöglich ein bifeyueller
Urning geroejen fein bann!
Der „ 3 rreunbjd)aftsentt)ufiasmus mit ge[d)led)tlid)em ©runb=
d)arabter" joll fid) nad) Bert} bereits an bem fed)3el)niäi)rigen ßehrer
2 Bi)itman gegeigt haben. (Er zitiert 3 jaac §uä platt, toeldjer
berietet, SBhitman habe §er3 gehabt für bie ihm anoertraute
Dorfjugenb; er fei nicht ftreng unb nicht fteif geroejen, habe fid)
nicht ben ün[d)ein ber Überlegenheit gegeben, aber aud) nid)t
getänbelt. üuherljalb bes Unterrid)tes habe er als Junge unter
Jungen oerbehrt — er roar aljo bamals felbft erft 3roifd)en bem 16 .
unb 18 . Jahr, unb eine gute üngal)! feiner Sd)üler mären ihm
gleichaltrig ! — ; er h a ^ e an ih rcn Spielen teilgenommen; er
habe ihnen gegenüber mtgemöhnliche Jreunblid)beit unb innige
ünteilnahme gegeigt.
©ut! Das h^t platt berichtet! — 2 Bie aber oermertet
Dr. Derb biejen Bericht? (Er muh ihm herhalten, „ Jreunbjd)afts»
enthufiasmus mit gefd)lec^tlid)em ©runbcharabter" 3U bemeifen ! —
2Bir unjererjeits oermögen hier nichts 3U erblichen, als ben (Et) 0 *
rabter einer jo tüchtigen roie gütigen Statur. Unb mir bebenben
abermals, bah ber ßehrer 2Bhitman bem ÜUer nad) felbft nur
erft nod) ein großer Junge roar. Jungen aber halten fid) 311
Jungen; unb jo ijt es richtig, natürlich, unb jo gehört es fid).
3 m übrigen bürfen mir nicht 3toeifeln, bah er fein ©erhalten als
ßehrer in gleicher SBeife jo ben Jungen, mie auch ben etroa
ihm 3um Unterricht anoertrauten Stäbchen hat guteil merben laffen.
(Es hätte fid) übrigens roohl auch bäum, ben anberen Jungen
gegenüber, recht gemacht, menn er, ber ßehrer, gleich oertraulid)
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mit beit 9 Bäbd)en außerhalb bes Unterrichts unb außerhalb
ettoaiger gemeinfamer Spiele ber 3 ugenb oerkeI)rt hätte. —
ferner: ein paar Jahre fpäter rebigiert 2 Bf)itman ein
felbft gegrünbetes 2 Bod)enblatt. (Es ift l>ier fein größtes Ber»
gnügen, bes Abenbs bie jungen Burfd)en bes Dorfes in ber
Druckerei um fid) 3U fammeln unb ihnen ffiefd)id)ten 3U er3ät)len,
ober Berfe 3U beklamieren. — Ba, man benke nur! 2 Bie oer«
bärtig! —
Unb roeiter : als ber 3rünfunb3toan3igjährige Bebakteur an
ber „Dailg Aurora“ ift, geroinnt er einen fieb3ef>njäl>rigen Setjer
lieb, Ijilft biefem beim Sehen unb f)at mit ihm kamerabfdjaftlidjen
Umgang. — Berbäd)tig! Berbäd)tig! Jrjödjft oerbäd)tig! —
„Unb allmählich getoann fein Ceben bann jenen abfonber»
lidjen Charakter, ber oljne ben Ijomofefuellen ©runb3ug feines
SBefens gar nid)t oerftänblid) fein toürbe." Das tjei^t, für
Dr. Bert) nid)t oerftänblid) fein toürbe; unb für alle, bie t)ier
fonft nod) auf ben Sdjnaätenfang aus finb! —
3 d) frage: ftef)t bas exakte Spe3ialiftentum, ftef)t bie „JBiffen*
fdjaft" toirklid) t)ier nicht felbft unb iljrerfeits an ber ffiren3e ber
Btanie, unb f)at fie biefe ffiren3e nid)t bereits überfdjritten?
Alfo: 2 Bl)itman taudjte in bas Bolk. (Er oerkehrt unter
Arbeitern, Athleten, Äutfdjern, Blatrofen, Bettlern, ßanbftreid)ern,
'Proftituierten. ßa3arette, Armetthäufer, ©efängniffe unb it)re
Jnfaffen toerben ihm oertraut. (Ateld) eine unerfättlidje, mann»
lid)e Benus Bulgioaga unb toie toenig Äoftoeräd)terin ! — Sogar
ßa3arette, Armenhäufer ! bie bod) eigentlich Aufenthaltsorte finb,
bet benen einem ber Appetit oergefjen könnte !) Seine gröfjte ßuft
ift es, auf bem Äutfdjbodt ber Omnibuffe ben Broabtoat) Ijinatif-
unb t)inab3ufahren ; auf ben 3 räl)rbooten 3toifd)en Betogork unb
Brooklgn über ben CEaft Bioer 30 fetjen. - Ungeheuer ift ber ffietoinn,
ben er als Dichter aus foldjer brülle oon (Einbrücken erntet, ffietoifj !
„Aber", fetjt Bert) h* n 3 u . „feine 5 (hmeid)ler (hm !) finb oötlig (!)
im 3 rrtum, toenn fie glauben, er höbe lebiglid) in künftlerifdjer
Abfi<ht unb 3U Stubien3toedten mit ben Omnibuskutfchern bes
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Broabroat) ic. Äamerabfd)aft gefdjloffen." — Äünftlerifdje Bb=
fußten? Stubien3wecben ? - 2 Bf)ttman?! 0 , wie profunb fyat
Dr. Bert} if)n oerftanben !
3 dj frage erftens: weshalb füllen biefe „Sd)meid)let" benn
Jo „Döütg" im 3 rrtum fein? 3 roe itens aber: feine „Sdjmeid)ler"
nehmen auch gar nicht an, baß er „lebiglidj in ftünftlerifdjer
fi<ht unb 311 Stubien3toe<ften" mit all biefen ßeuten oerbefjrt habe.
Benne mir Dr. 'Bert} einen einigen, ber fo eine Dummheit r»er=
brodjen hatte. — Bein, fie haben bas nid)t getan, benn fie
wiffen, baß SBtjitman einerfeits nichts weniger war, als einer
unferer heutigen (Ejperimental * Vornan = Schreiber, bie itjre 3 m=
prejfionen mit bem Beporterftift fammeln unb aneinanberblittern;
unb fie wiffen anbererfeits, baß er nichts weniger war als ein
Slrtift. Bber fie toiffen fefjr genau, baß ißn berfelbe mächtig
fpmpathetifche Irieb 3U biefen entroeber urfprünglidjen, ober
IeibensooHen unb mißachteten ßeuten ge3ogen hat, ber einft auch
ben QCfjriftus 3U ben £anbwerbem, bem Bolli, ben „ 3 öHnern unb
Sünbern" trieb ; alfo ein ungleich wertooüeres Motto, als bas
Berftanbesmotio bes Beporters ober bes Brtiften. — Bun toirb
mir Berß h' er natürlich, toie fd>on feine unb feinesgleidjen Brt
ift, fofort fo fcommen: Bßa! ba haben toir ben (Entljufiaften —
es ift für Berß nidjts oerrudjter als „(Entfjufiaft" 3U fein! — : er
feßt SBhitman bereits bem (Efjnftus gleid) ! — Dr. Bert}: was
ift benn ba weiter? Unb heut3utage! Unb gerabe für jemanb
wie Sie, oor beffen unbeftedjlidj „unbeirrbarem, eja&tem Blidt" es
bodj fdjon lange keine „(Böttlidjbeit" mehr gibt? Bielmehr: nod)
einmal ! idj wunbere mich, & a f3 Sie ben (Ehriftus nicht auch bereits
in einer langen, gelehrfamfeeittriefenben 'Hbljanblung als Uranier
bebouoriert haben? SBaturn nicht? 2Bas bem einen recht ift, ift
bem atibern billig. — 3 m übrigen hat mir Dr. Bert} tatfädjlid) ben
Borwurf eines folgen „(Enthufiasmus" in feiner Monographie
gemalt. £ätte er freilich genau hingefeljen, fo hätte er gefunben,
baß ich tn meiner Bbljanblung über 2 Bh*tman biefen bem (Etjrift nur
o er glichen habe. -- Bber bas ift es ja eben: fo genau pflegen
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toir eben ntd)t hin3ufef)en. 3a, unb machen habet hoch Bnfprud)
auf 9 Biffenfd)aftItd)fteit ! — 3 <h frage aber jeben, her 2 BI)ttman
nur ijalbtoegs bennt, ob id) nicht oöllige Berechtigung 3U einem
folgen Bergleich tjatte, ob er fid) nid)t gerabe3u aufbrängt unb
auf her flauen £anb liegt? —
2lber roeiter. - Blan benbe: toas mu& man nicht alles
oon biefem „beufdjen Jofeph" 2 Balt erfahren! 3 n feinem Sllter
noch, in (Eamben, hat er in feinem fjinter3 immer bie 'Photographie
eines frönen jungen Blamtes hängen. (Er entblöbet fid) ferner ni<ht,
eine Borliebe für fdjöne, bräftige männlid)e fiörper 3U haben,
freilich oerftetjt er fid) 3U her Bielfeitigbeit, auch bie Schönheit
3arter, bnabenhafter ftörper 3U — fdjätjen ! — ferner : nid)t nur
alle, bie ihn bennen, lieben ihn, fonbern aud) gän3lid) Jrembe
3eigen ihm gegenüber ein fpontanes (Entgegenbommen. - Blan
benbe! Blan benbe! — — Bertj meint, oon feinen Anhängern
toerbe bas auf einen „übernatürlichen Blagnetismus" 3urüdt»
geführt. §err Dr. Bert) ! oon roem ? 3 d) benne beinen. Denn
alle feine Anhänger finb burch bie Schule her ejabten Batur»
roiffenfd)aften gegangen. B 3 enn fie unb fotoeit fie tatfädjlid) oon
einem folgen Blagnetismus fpredjen, fo ift biefer Begriff bei
ihnen Iebiglid) ein, unb in her lat feljr guter, oergleidjstoeifer
unb fgmboli[d)er Busbrudt für eine tatfädjlid} erftaunlid)e unb
ungeroöljnlidje Bn3ietjungbraft ; für ben (Tharme, ben bis jetjt
noch jeher grojje, gute unb eble Blenfd) auf alle ausgeübt hat,
bie mit ihm in Berührung bamen. — Dr. Bert) fupponiert aber
ben „Anhängern" Bletaphgfib, unb nun bann er in ©ottesnamen
biefen „Blagnetismus" als bummes 3 *ug hinftellen. —
Batürlid) hat er tyex aud) roieber eine Autorität. Unb
toen? Jenen famofen Dr. Brinton. Der fagt: „Sotoeit meine
(Erfahrung geht, hatte er ( 2 Bl)itman) nichts befonbers Bn3ieljenbe5
in feinem 2 Befen unb Berhalten. ©r roar Jcf)lid)t, einfad), na»
türlich-" (Du liebe 3 e tt : toas genügt, Jrjerr Dr. Bertj! roas in
unferen oermicberten fjod)bultur lauf ten oöllig genügt! — Um
jemanb irjomoferualitat nad)3Utoeifen, nicht tDaf)r?)
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©un ift es mieber mal fyodjpläfterlid), Dr. ©ertjens Cogife
3U beobachten. Das meint Dr. ©rinton, unb alfo! Sogleid}
haben mir ein ,,©lfo" ! — „Tier magnetifche ©apport" (aber kein
©tenfch f)at meines © 3 if{ens oon „magneti^em ©apport" ge»
fprodjen) „3toijd)en ihm unb anberen Snbioibuen roirb aljo (!)
toof)X baoon abhängig geroefen {ein, baf} bie|e bur<h ihre ©er»
anlagung geeignete (!) ©tebien mären." Das h e *6* unb u>iH
befagen: ,,©lit anberen ©Sorten: es i{t toahrj(heinii(h, bah es mehr
ober minber ©leichfühlenbe, bas hei&t bis 3U einem geroi{{en ffirabe
urnijd) oeranlagte !perjönlid)keiten mären, melche jolchen ©tagnetis*
mus empfanben.“ - ©erabe3u ungeheuerlich ! — ©lan braucht
nur 3U bebenben, mie fie gerabe3U 3U j^unberten in ©amben, nach
{einem lobe, in {ein §aus brängten, um {eine ßeidje noch einmal
3u {eben unb ihr ©h r furd)t unb Sympathie 3U beroei{en. — Unb
fie alle roaren foldjc - ,©tebien‘?! . . .
©lan {ehe nur mal, mie Dr. ©erb »bie Sache macht" ! —
(Er operiert mit einem ©egriffe ©tagnetismus, ben er in {einer
©Seife füllt unb fo gefüllt anberen ßeuten in bie Schuhe {«hiebt,
um fie mit ihm ab3utun; er Hebt feine famofe ßogib an eine
© n f i d) t eines Dr. ©rinton, meldjer ©nficht einer{eits alles roiber»
fpricht, mas j e b e r , ber je mit © 3 I)itman in Berührung bam, über
©Shitman berichtet unb beftätigt hat ; unb bie in ihrem 3toeiten
Teil urbomifcher © 3 ei{e gar {olchen Berieten noch rei ht gibt!!
©ber nein, §err Dr. ©erb ! ©Senn Sie benn nun mal
logifch fein roollen, {0 müffen Sie fd)on fagen: alle maren mehr
ober meniger urnifch oeranlagt, bie je mit ©Shitman in perfönliche
Berührung gebommen finb, benn es hat b ein er {ich bem ©in»
brucb {einer ( perfönli<hbeit ent3iehen bönnen. Damit aber, benb’
ich, ift bie gan3e Unfinnigbeit 3 h res Stanbpunbtes am Tage. —
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Dr. Bert) fud)t jet)t bie „urnijdje ßetrinen^cit" 28 l)itmans
nod) näf)er bar3utun.
©s fyanbelt fid) hierbei oormiegenb um ben (Egclus „Calamus“,
auf ben l)in ÜBalt 2Bf)itman fd)on früher unb uon anbcren
Jjjomofejualität 3ugejd)rieben tnurbe. (Er jelbft, als er f)ter ge»
legentlid) interpelliert rourbe, f)at ausgefagt: „Dafj ber (Hbjcfjnitt
, Calamus 4 jemals bie (Dtöglidjkeit einer folgen fionftruktion, roie
bie ermähnte, 3ugelaffen t)at, ift furdi)tbar. 3 <f) tjoffe, man roirb
bie Seiten jelbft niemals in Berbinbung mit einer folgen miH»
hürlid) angenommenen unb uon mir feinergeit nid)t im minbeften
oermuteten unb geroünjd)ten 5 Höglid)beit krankhafter Begießungen
nennen, roeldje id) abtoeije unb für oerbammensroert halte."
(Be tfc: Seite 179 / 180 .)
fjier geht Bert} fogar jo roeit, bafj er 2 BI)itman fopt)iftijd)e
Bertujdjungsmanöoer 3ufd)an3t ; toenn er jd)on es nicht toagt, ißn
birekt einen fiügner 3U nennen! — Unb ber, ber oberflächlich
ober friool urteilt, könnte freilid) oieIIeid)t auch totrklid) an
2 Bl)itman irre toerben. Denn 2 Bl)itman l>at ein paar ffiebid)te,
bie ber „Calamus“ in ber erften (Huflage ber „©rasljalme" tjatte,
fpater fortgelaffen. Sie mürben natürlich fogleid) mit Bert) meinen:
aus bem bemujjten ffirunbe. - Dnbeffen ift es unmöglich, bas an»
3unel)men. (Es Ijanbelt fid) aud) l)ier mieber nur um ein „(Reim’
Md), ober ich frefj bid)!" bei Bert). — dBljitman muf) irgenb*
toeld)e gan3 anbere ©rünbe gehabt haben, biefe ffiebid)te aus ben
fpäteren (Huflagen ber „ffirashalme" fort3ulaffen. Denn für ben,
ber fjomojejualität aus feinen ©ebicßten, insbefonbere aus bem
„Calamus“ Ijerauslefen roiH, märe ja bod) eine fdjroere Jütte
reichlich fo belaftenber (Hnßaltspunkte, als fie bie in (Rebe fteßen»
ben fortgelaffenen ffiebidjte 3U bieten feinen, 3urückgebtieben.
2Bas in aller (Hielt könnte es it)m genügt haben, biefe 3toei, brei
©ebidjte roeg3ulaffen; bie nod) ba3u, roenn mir genauer 3ufel)en,
burcßaus keine graoierenberen 3nbi3ien barbieten, als bie 3urüdt=
gebliebenen ©ebidjte.
2 Bir kennen biefe ©ebid)te. Bert) 3itiert fie natürlid).
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Unb fie füllen auf bas beutlidjfte JBfjihnans „urnifdE)e 3 err Uf en =
beit" betoeifen.
Das erfte, bas ftd) alfo nur in bcr Ausgabe t>on 1860
ftnbet, ift bies :
„Gang anbauernbc Stunben, traurig unb f ebeneren fjer 3 ens,
Stunben ber Dämmerung, roenn id) an einen einfamen unb unbe=
tretenen fjledt mid) 3 urüd? 3 ief)e, mid) nieberfe^e unb mein
ffiefidjt in bie §änbe lehne;
Sd)laftofe Stunben, tief in ber 9tad)t, roenn id) fünausgefje, ^aftig
auf ber ßanbftrajje babineile, ober burd) bie Strafen ber
Stabt, ober Weilen unb Weilen toanbere mit erftiättem
Alagelaut,
Wutlofe, finnoerroirrte Stunben, — um ben (Einen, oljne ben id) mid)
nid)t 3 ufrieben geben bann, feit id) fab, bafj er fid) ohne
mid) 3 ufrieben gab;
Stunben, roenn id) nergeffen bin, (o, Wochen unb Wonate geben
babin, aber id) glaube, id) roerbe niemals oergeffen !)
Duftere unb leibooüe Stunben ! (3d) fd)äme mid) — aber es ift
nutjlos — td) bin, roas i<b bin;)
Stunben meiner Dein — ob roobl anbre Wänner jemals bas gleiche
leiben, als fjolge gleicher (Empfinbungen ?
©ibt es auch nur einen anberen gleid) mir — finnoerroirrt — bent
fein fyreunb, fein ©eliebter, oerloren ift?
Oft aud) er fo roie id) jet)t bin? (Erbebt er fid) nod) am Worgen
niebergefdjlagen, im ©ebanhen, roer ibm oerloren ift? Unb
bei 5Rad)t, roenn er erroadjt, benht er, roer oerloren ift?
§egt aud) er feine ftreunbfdjaft ftiH unb enblos ? §egt er feine Qual
unb feine ßeibenfdjaft?
Dringt irgenbeine gufällige Erinnerung ober bie gelegentliche Sufjerung
eines Uiamcns ben 2lnfaH roieber über ihn, fcbroeigfam
unb niebergebrüdit?
Siebt er fein Spiegelbilb in mir? 3n biefen Stunben, fiebt er in
ihnen bas Slnttit) feiner Stunben roibergefpiegelt?"
3etjt feb td) Dr. Derb, tote er fid) aufrid)tet! 3etjt
triumphiert er! — (Es ift aber aud) ein Irumpf! — Da liegt
er! Der j^aupttrumpf ! —
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2lber, benken Sie, Dr. Bert}: id) bin aber aud) nictjt im
minbeften oerlegen.
Slfo, biefes ffiebtdjt, urnifd) ? ! — SBirklid)?! Urnifd)?!
Unb es gäbe aber aud) gar keine (Erklärung?
O bod), Dr. Bert)! (Es gibt eine! Unb ljier ift fie.
fjaben Sie fid) fd)on mal (Bebanken barüber gemad)t, toie
rootjl bem (Eljriftus 3 U Blut getoefen ift? 3d) mu& itm, felbft auf
bie ©efaijr bes „(Entljufiasmus" t)in, toiebet mal 3 itieren. Satürüd),
nein! 2Bie kann man fid) mit folrf) einer Belanglofigkeit auf«
tjalten. Sun, trotjbem galten mir uns babei auf. — (Einfam ift
if)m 3 U Blut getoefen; furchtbar einfam. — S3ie muf) iljm aCein
bas tief beprimierenb getoefen fein, bafj er felbft 3 U feinen näd)=
ften Jüngern nid)t anbers als „in Silbern unb ffileidjniffen"
reben burfte! 2Bie mu| üjm bei ben närrifdjen fragen 3 U Blut
getoefen fein, bie fie, toie mir toiffen, fo oft an if)n richteten ! —
Unb toie ift if)m 3 U Blut getoefen in ffietfyfemane, als er fid) an
bie brei toanbte in ber Qual feiner lebten, größten unb tiefften,
feiner furdjtbarften (Einfamkeit, unb er fanb fie geruhig fd)Iafenb
unter bem Ölbaum liegen?
Sun, id) behaupte, genau fo einfam mufj aud) 2Bl)itman,
unb, ad) ©ott! toie oft 3 U Blut getoefen fein!
Oft benn gar nidjt oorfteUbar, toie fefjr bas auf ber flauen
Jrjanb liegt? Unb miiffen Sie, fjerr Dr. Bert}, toirklid) burdjaus
mit 3t)rem toiebertoärtigen „urnifd)" kommen?
ffietoif) : er oerkefjrte mit bem Bolke. ©r nerkeijrte mit
it)m toie mit feinesgleidjen ; inbeffen, nid)t als feinesgleidjen. -
Unb meinen Sie nidjt, bafj er biefen klaffenben Sbftanb nid)t
t)unbert= unb taufenbmal auf bas quaboUfte empfunben tjat? —
(Erftens : fein großer patriotifdjer ©ebanke ; feine grofoe Bifion
einer oöHigen Vita nuova, bie im Begriff ftel)t, ßulturprämiffen,
benen bie (Efjrtoürbigkeit oon 3af)rtaufenben unb 'Hberjaljr«
taufenben anfjaftet, für immer 3 U erlebigen; biefe Bifion, bie
feine l)olje Begnabigung roar, mujjte fie nidjt ebenfofetjr feine
'Uein unb feine Qual fein ? Steinen Sie, biefe guten ßeute hätten
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it)n ba alle jo glatt oerjtanben? Sie mögen im allgemeinen jo
iljre BSitterung gehabt tjaben, aber im ©runbe I)aben fie ii)n jo
toenig oerjtanben, roie bie Jünger ben (Eljrift. — Unb jein anbrer,
jein „gebilbetcr Berbefp:"? O jic^er tjat if>n ber oft genug
n o d) toeniger oerjtanben ! — ^ebenfalls : id) ftaune über
bies oft gerabeäu oberfläd)Iid)e unb banaujifd)e Berftänbnis
jelbjt {einer intimjten Jfreunbe, ber O'CTonnor unb Burrougf>s
jelbjt. - Dies gunädijt. ßroeitens bann aber gar ber rein per»
jönlid)e Berhefyr oon Dlenfd) 3U ÜJienjd) ! - 2 Bie oft toirb er jid)
nad) einer gan3en unb ooHen Busjptadje gejetjnt Ijaben, aud) jo
in gan3 rein menfd)lid)en unb alltäglichen Dingen, unb toie über»
aus jelten toirb ifjm bas oöllig unb gan3 möglich getoejen jein ! -
Unb toenn er nun toirftlid) gelegentlich einen bejonberen unb
fet>r naf)en Jreunb gefunben I)at — ein toie jeltener Jfunb mag
es getoejen jein! — t)at it)n lange Trennung oon if)m nicht auf
bas tieffte {«hmetgen müjjen ; unb nun gar, toenn es eine Trennung
für immer toar? 2Benn jid) einer oon üjm abgetoanbt, bem er
oolles Berftänbnis feiner iperfon 3ugetraut unb ber biejes Der»
ftänbnis jdjliejjlid) bod) nid)t gehabt hat?
Oft es nid)t gerabe3u ber Jrlud) foldjer Dlänner, bajj fie
nie in ber jyreunbfdjaft ein bauernbes CBIüdt 3U finben oermögen ;
einfach, weil kein Jreunb oorf>anben ift, ber ihrer Seele getoad)fen
toäre? Unb ift es nid)t oft jo getoejen, bajj, toenn jid) je ein
joldjer Jreunb fanb, biejer jid) nad)l)er gerabe3U in ihren fSfeinb
oenoanbelte ?
ffilauben Sie nur : genau jo müjjen toir auch 2 BaIt 2 Bi)itman
nehmen! Unb burd)aus nicht anbers! -
Bljo, kein 2Bort mehr oon biejem ffiebid)t!
*
Das anbere biejer oon 2ßf)itman fpäter fortgelaffenen ffie»
bi<hte, benk’ ich, bürfen toir übergeben ; um jo mehr, als es ungleich
toeniger „oon Belang" ift. —
3 m übrigen : nun, toas gibt’s alfo eigentlich ? 2 Bie ftel)t es
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mit biefem Berkehr 2ß^itmans ? — 2 Bt)itman fprid)t in feinen
©ebidjten non Berührungen. (Er fitjt etroa mit bem fjreunb
JF)anb in Jrjanb — unb bies geht ihm über aßen Ir oft unb aßes
ffilücksgut ber 2Belt. O, toem nid>t , ber ein lebenbiger Blenfd) unb
kein uermickertes, neunmalgef(heites ßulturmännlein ift, bas fi<h
auf feinen Struggle - for - Life - ‘Peffimismus ober toas roeih ich fonft?
roer roeifj toas einbilbet ! - Ober 2 Bl)itman berietet, toie er mit
bem 3 freunbe Arm in Arm, ober Arm über S<hulter geht ; ober roie
fie etroa au<h 2Bißkommen« ober Abfchiebskuh taufdjen. ( 2 Birb
toeber ßneif» noch Saug» noch Beifj'ßuh geroefen fein!) Ober -
shocking! very shocking! — tnie er mit einem fffreunbe auch
gelegentlich mal bas nädjtlidje ßager geteilt h at - — ©arurn
nicht? 3ubem, auf bem ßanbe, im 2Balb, in ber ^rärie finb
bie Betten knapp, unb man muh fürlieb nehmen. - ÜBenn
es ihm aber bei foldjer ©elegenheit ein angenehmes ©efüt)I
geroefen ift, mit einer brauen Jrjaut äufammen 3U liegen ; ober
roenn er fid), roirb er gerabe mal roa<h, unb ber länblidje Boß»
monb non Dakota fcheint burd) bie jjenfterluke auf ben ßager»
genoffen, an beffen prächtigem Äörper freut - in jenen JBalb»
ftrichen gibt’s fidjer einen fchönen Blenfchenfchlag — : Dabei
finben Sie etroas? Och finbc babei gar nichts, fonbern fage :
Honny soit qui mal y pense! —
Bun, bas aber ift auch gerabe3u aßes ! Unb roeiter ift
gar nichts geroefen unb hat es roahrlid) nichts gegeben.
Sexualität foß bem 3ugrunbe gelegen haben. 3 a, aber ich
bitte Sie, roas aßem liegt nicht „Sexualität" 3ugrunbe! 'Uber
gerabe3U aßem! — Alfo treiben Sie unb 3 Biffenfd)aftIer Ohres»
gleichen einfad) mit einer Irioialität hier Alljitman gegenüber -
roir rooßen bahin gefteßt fein laffen, mit roas aßem noch ! -
lebiglich Unfug. Och be3roeifle natürlich nicht, bah Sie es tun,
ohne Jich beffen beroufjt 3U fein ; ober bah fie in guter unb nüt)»
lieber Abfid)t hanbeln. — Aber i<h meine, es roürbe hoch roohl
3 eit, bah nnfer exakt » roiffenfdjaftiiches Spe3ialiftentum fid), in
Anbetracht geroiffer ffäfle mal an bie Stirn fahte! —
So! — Unb nun roiß ich als Äuriofum unb Aachfpiel nur
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nod) einen Weinen 3uf 3um beften geben; ber tooijl gar aud)
ein bejonberer Ürumpf oon Dr. ©ert) fein foH?
©fo : Dr. ©ert) 3itiert folgenbe üagebud) « Stelle non 2 Bt)it=
man. (Es fjanbelt fid) um (Erinnerungen an ben ©urd)3ug fub*
ftaatlid)er ©cferteure.
,, 3 d) ftanb gan3 naf)e babei, unb mehrere red)t tjübfdje
junge ßeute (aber ad), oon toeldjem (Elenb er3äf)Ite iijre (Erfdjeinung !)
nieten mir 3U ober fpradjen ein flüd)tiges ©ort 3U mir; ot)ne
3 toeifeI Iafen fie ÜJtttleib unb ©äterlidjbeit (©unberbar !) in
meinem ©efid)t, benn mein fjer3 roar ooE genug baoon. (©unber«
bar!) — — (Ein Burfcfje aus ©eft = ©enneffee — grofje, klare,
bunbelbraune Bugen, feljr fd)ön - tourte nidjt, roofür er mid)
nehmen foHte — oertraute mir enblid), bajj er grofjes ©erlangen
l)ätte, fid) reine HnterWeiber unb ein paar anftänbige Jrjofen 3U
oerfdjaffen. ©ünfd)te eine ©elegenfjeit, fid) orbenttid) 3U roafdjen
unb bas Unter3eug unt3U3iet)en. 3 d) Ijatte bas fefjr grofje ©er=
gnügen, il)m bei ber ©ertoirMidjung biefer anerbennensroerten
Bbfid)ten beijilflid) 3U fein."
Bt)a ! — ©a Ijaben roir’s !
©un, id) bann mir nidjt Reifen, id) t)abe gelabt, als
id) biefe 3 ®ilen las. — Unb fo toirb toof)! aud) ber fröljlidje
©alt bei ber ©elegenljeit felbft gelad)t fjaben. — 3 m übrigen:
©er junge ©ann l)ätte fid) aEein umbleiben bönnen? ©ein, bas
bonnte ber marfdjmarobe arme leufel n i d) t ; ba3u Ijatte er 3U
fteife unb mübe ©liebmajjen. ©fo t)atte er J^ilfe babei oonnöten !
unb ©alt leiftete fie if)tn; roie er pd)ftroal)rfd)einlid) in jener
©afljingtoner 3 eit nod) gan3 anbere ijilfsleiftungen getan l)at. -
©ber freüid), Dr. Bert) l)at an oerfdjiebenen SteEen nid)t übel
Bbfidjt, ben Umftanb, bajj ©t)itman bamals kranbenpfleger roar,
urnifd)en ©elüften 3U3ufd)reiben. — ©ie mürben if)m t»ol)l griinblid)
Dergangen fein ; ifjm, ber, roie oft ! mit bem (Eimer gefjen mujjte,
in melden ber ©3t bie aboperierten branbigen ffiliebmajjen
l)ineintoarf ! —
Um ^immelsroiEen, t)ören mir auf! -
*
Ijle
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Unb rejümieren mir.
2Bir haben 1. ben fomatijchen, 2. ben pjpd)ijd)en Bterb*
jeidjen einer Jfjomojejualität bei 2Bf)itman ben ßaufpajj geben
müjjen ; 3. haben mir gefetjen, ba{f oon einer Abneigung gegen
bas 2Beib nicht bie Bebe jein bann, fonbern bajj es jid) bei
2Bl)itman f)ier gerabe um einen gejunben männlichen labt t)anbelt,
unb 4., bajj auch &as oierte Stigma nad) 3 umeijen nur möglid) ijt,
wenn mir gemalt jam ben |eelif«±) = geistigen Begriff einer tieferen
unb ftarben Bajfe*St)mpatl)ie mit bem phqjiologijdien ber
Sejualität üertaujdjen moHen, roas burchaus ni<ht äuläjjig
unb mas 3 ubem birebt unroifjenjchaftlich ijt. —
2Bir haben bas ©e 3 mungene unb 3 umeijt jelbjteingejtanbener*
maj^en Unfid)ere oon Bert}’ BeroeiS'ÜRaterial erbannt, ber jelbft,
oon bem tatfäd)lid)en Sachuerhalt ge 3 roungen, auf bie Schmierig*
beit hingemiejen hat, 28l)itman mit Sicherheit in eine Spe 3 ies
ber etma in (frage bommenben fejueHen Anomalien ein 3 ureil)cn.
Äur 3 , Bertj h at nicht bemeijen bönnen, bah 2Bl)itman
irgenbeine 2lrt urnijd)er Anomalie eigen gemejen ijt! -
28 ei mar, 2Binter 1905.
3oI)annes Schlaf.
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Dacbtrag*
3 u guter 3 e it kommt mir no<h ein treffliches unb roert»
oolles Bud) auf beit Sdjretbtifd). (Es ift „A Life of Walt Whitman.
By Henry Bryan Binns. With thirty - three illustrations.
Methuen & Co. 36 Essex - Street. W.C. London.“ (370 Seiten.)
(Es ift aujjer mit einem Borroort unb einer „SBtjitmans Amerika"
betitelten (Einleitung oerjehen mit 3 toei Anhängen, einem aus»
füf)rlid)en Onbej unb mit 3 af)lreid)en Boten unter bem lejt, bie
auf ein |ef)r fleißig benutjtes unb D 0 r 3 üglid)es Quellen » Btaterial
tjinroeifen. — Binns, mütterlid)erjeits non amerikanifdjer Herkunft,
hat lange in Amerika geroeilt unb h at nicf)t nur ffif)itmans
©eburtsftatte bei QBeft fjiUs auf ßong üslanb gefefjen, fonbern
fid) au<h auf bas eingehenbfte unb forgfältigfte um alles nur
irgenboorfjanbene QueHen»3Jlaterial bekümmert, bas er mit großem
Berftanb 3 U fichten unb 3 U oerroerten toujjte. (Er hat ferner au<h
alle aufgefucht, bie mit 2BaIt 2Bl)itman in perfönlidjem Berkehr
geftanben haben. —
Bas ift norberhanb alles, toas i<h über biefes 2Berk 3 U
fagen roeif). 3<h benke, es ift bereits geeignet, ein günftiges Bor»
urteil 3 U tnecken. — 3nteref|ant roar mir au<h, bafj Binns Budte
unb feiner 2Bl)itman = Biographie einen befonberen SBert bei 3 U»
mefjen fdjeint. 21u<h mir f(heint Budte, ber aud) perfönlicf) ben
beften unb 3 uoerIä|figften (Einbrudt mad)t, ber befte ©etnährs»
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mann über 2Bf)itman 3U {ein; unb es ift mir oöüig unerfinblid),
toie I)r. Sertj gerabe biefen ©etoäljrsmaun 3U Dertoerfen oermag.
Mir fyaben im übrigen gelegen, bafj Dr. 'Berkens irjaupt*
trumpf, unb bod) tooljl überhaupt fein ein3iger ernftlidjer Trumpf,
Mljitmans Serfyaltnis 3U 'Peter Dogle mar.
3 d) glaube nun 3toar, it)m biefen Trumpf nichtig gemacht
3u f)aben ; bennod) fjabe id) bebauert, bajj mir felbft einget)enberes
'Detail über ©ot)le unb jeine Se3iel)ung 3U Ml)itman nid)t 3U
ffiebote ftanb. (Es ergibt fid) nadjträglid) freilid), bafj überhaupt
nur rec^t roenig t»on jo!d)em 'Detail oorfjanben ift. — (Es nerfteljt
jid), bafj id) mid) fogleid) in Sinns’ Siograpljie nad) biefer
Sidjtung l)in orientierte. Sinns l)at feinem Merk eine fefyr faubere
ßapitel» (Einteilung mit Überfdjriften gegeben, bie einem ermöglidjt,
alles leid)t an feinem Ort 3U finben. — 3 d) l)abe alfo jofort
nad)gefd)Iagen. Unb id) fjabe mid) gefreut, bas, toas id) bereits
im Seriauf biefer Slbljanblung über (Dogle unb Mljitman aus»
geführt l)abe, im roefentlidjen nur beftätigt 3U finben; ja, 3ubem
meine Sluffaffung burd) biefe unb jene mistige Mitteilung nod)
meljr geftütjt unb gekräftigt 3U fel)en.
3 mei fiapitel toaren für mid) non befonberer Mid)tigkeit:
bas 3el)nte, „The Testament of a Comrade“, unb bas
oier3el)nte, „Friends and Farne“ betitelt.
3 m erfteren Äapitel finbet fidj gelegentlid) bes (Egklus
„Calamns“ ber münfdjenstoertefte Mtsroeis bafür, toas Mfjitman
unter Äamerabfd)aft, unter ber „treuen ßiebe ber Äameraben"
nerftanben f)at. 3 n einigen ber mufterljaft knappen unb klaren
Sluseinanberfefeungen über biefen Punkt ftütjt fid) Sinns auf ein
„The World and the Individual“ betiteltes Merk oon Profeffor
iRogce. Sinns jagt: „It is to comradeship and not to institutions
that Whitman looks for a political redemption. He will bind
Amerika indissolubly together into the fellowship of his friends.
Their friendship shall be called after him, and in his name
they shall solve all the Problems of Freedom, and bring America
to victory. Lovers are the strength of Liberty, comrades
tJo^annes Sdjlaf, Tßatt 10f)itman gomofejuetler? 5
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perpetuate Equality ; America will be established above disaster
by the love of her poet’s lovera.“
Unb über 2Bt)itmans „Stgftiäismus" fcijreibt Sinns im
2Infd)luf) an bas 2üerfc bes ermähnten 'Profeffor Soqce :
„I trust it has already been sufficiently suggeated that
Whitman’s mysticism is not to be confuged with much that
hitherto hag pagsed ander that name. Mygticigm it is, for it ig
the expression of mygtical experience; but it ia clearly not the
my8ticigm which ia completed in a circle of devotion, religious
exercieeg, meditation and ec8tagy. It ig the mygticigm which
recreateg the world in a new image“ . . . „Your whole world
. . . ia your whole Seif — Whitman would perhapa have said,
it ie the mirror which reveala youraelf. The Infinite Universe,
whereof yourg ia but a part, ig the Seif of God. We live, but
are not lo8t in Him, for we are aa it were Hig membera. There
are two aspects of the human gelf: the temperal, in which it
appeare aa a mere momentary consciousness, and the eternal,
wliich revealg it aa an indestructible purpoae, the essence of
reality. For reality . . . i8 the viaible expression of purpose or
meaning.“
Unb ferner jagt Sinns über „Äamerabfdjaft" : „Sex became
for him (Whitman) in ita eaaence, the potency of that Life
wherein we are One. And comradahip a paaaion aa intenee aa
that of aex, he beheld ag the aame relation between gpiritual
or aetherial bodies. He waa aware that the nobleat of pa88iona
i8 the mögt liable to ba8e misunderstandings. But in it alone
the aoul finde full freedom. Sex pa8gion finde ita proper expreaaion
in physical ritea, it ig the paaaion of the life in Time; on the
contrary, the paaaion of comradee ia of eternity and only finds
expre88ion in Death. This appeare to have been Whitman’s
conviction.“
fjier ift 2BI)itmans Hluffaffung non ber „treuen ßiebe
ber Äameraben" in nöUige Älarljeit gerücht. Sinns beftätigt
burd)aus, toas id) bereits früher barüber ausgefütjrt. (Er trennt
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bie Äamerabfd)aftsliebe com ©efd)led)t unb rückt fie, tote id) cs
getan, in bic Sphäre ber Sympathie. — 3d) benke, mit können
foldfe Sympathie unb Äamerabfdjaftsliebe aud) begegnen als ein
mi)ftifct)es, felfr ftarkes ffiefüht non ©affe ; nid)t non Nationalität,
fonbern oon ©affe! Unb gerabe barin lebt es toie ein erftes
mächtiges Seroujftfein baoon, baff bie (Entroickelung Amerikas
auf bie Silbung unb Äongentration einer neuen ©affe hinaus
toiH. ©eshalb äußert fid) biefe ©mpfinbung bei
2 Bt)itman aud) fo überaus ftark; ift fie keine bloffe,
fd)ltegli(^ immerhin tnertlofe gebanklidje ©bftraktion, fonbem eine
mächtige ©efamtäufferung feiner Seele; besljalb geht fie fo tief
unb ftark in bas ©etjeimnis ber 'ptjgfiologie tjinein. ©enn
au ff erorbentlich tu i cf) t i g unb in erfter ßinie toidjtig
muff gerabe bei einer ©affenkriftalüfation bas
pt)i)fioIogifd)e ©toment fein. —
Dies alfo unb nichts anberes ift bie Äamerabfdjaftsliebe
oon QBalt 2Bl)itman.
*
©on befonberer 2 Bid)tigkeit muffte mir bann aber noch bas
anbere, „Friends and Farne“ betitelte Äapitel fein.
f)ier roar es mir 3 unad)ft oon 3ntereffe, 3 U erfahren, baff,
gegen ©erij, 2Bl)itman gar tool)l mit ©amen ber befferen ©efell*
fd>aft in näherem ©erkehr geftanben h at - Merbings nur mit
Joldjen — toas meine früher ausgefprod)enen ©ermutungen be=
ftätigt — , bie burd) geiftige unb menfd)lid) * perfönli<he ©igen»
fchaften unb Fähigkeiten über ben ©urchfehnittstpp bes ameri=
kanifdjen SBeibes ber „guten ©efellfdjaft" emporragten. —
3m übrigen helfet es Seite 225/226 oon Sinns ©iograpfeie
über JBhitmans ©erhältnis 3 um QBeibe folgenbermafeen :
„Whitman has been roundly abused by Mr. Swinburne and
others, because, as they say, he lacks the romantic attitude
towards woman. Mr. Meredith has shown in his own inimitable
way the fiends that mask themselves too often under this
5 *
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romantic mine; and one is not always sure whether Whitman’s
honesty is not in itsself a little distasteful to some of his
critics. — It is true tliat he has addressed woman as the mother
or the equal mate of man, rather than as the maid unwed, as
though his thought of sex transcended the limits usually assigned
of it. I am persuaded that the explanation of this is to he
foimd in the fact that Whitman’s mystic consciousness had broken
many of the barriers which have constricted the passion of sex
too narrowly during past centn ries“ . . . „The sonl of the
lover — as all the poets have been telling us since Dantes
day — discovers its true seif in the beloved person: but the
soul of Whitman discovered its seif as surely and as passionately
in the Beloved World. The expression is so novel that it
sounds well — nigh absurd the ears that do not „hear“. But
for those who can hear, Whitman’s voice is all surcharged with
the Lover’s passion; not less intense but larger in its sanity
than the voices of other poets. — Again we may justly urge
that, in general, it was Woman as Madonna, rather than as
Venus, whom he contemplated. Or shall we say he saw the
Madonna in Venus, as Boticelli did?“ unb fo tnetter.
ÜJlan nergleidje mit btefer Stelle, tnas td) gelegentlich in
biejer 'Hbljanblung über 2Bf)itman5 ßiebesleben ausführte.
3ln einer anbem Stelle, Seite 233/234 helfet es bann nod)
folgenbermafjen :
„It is, then, not a little tragie that he (Whitman) had no
home to call his own. In a sense he was a solitary man; in
the midst of his all - embracing love and his self-revealing
poems, Walt Whitman lived his life apart and kept many secrets.
In spirit he was a solitary as Thoreau, nay, even more than he,
for, though liis fellowship was with the life Universal, his
consciousness of it seemed unique. — His seif - reliant, masculine
nature was attractive to women, with whom he had, as one of
his friends phrased it, „a good way“. With them and with
children he was natural and happy. — Vague and anonymous
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figures of women move from time at time across his story.
ln 1863 it is with „a lady“ that he first remarks the President’s
sadness. In 1868 he has great talks and jolly times with the
girls he meet on a trip in New England, and he writes of his
„particular women friends in New York“. In 1869 he declares
laughingly, he is qnite a lady’s man again as in the old days. —
Women trusted him instinctiv ely, and he repayed
their trnst by a remarkable silence as to his
relations with them. He understood the liearts of women,
for there was in him much of the maternal“ etc.
Blan nergleidje aud) 3 U biefer Stelle bereits früher non
mir 31usgefüt)rtes.
3d) möd)te nod) eine Stelle aus einem Brief zitieren, ben
SBfjitman am 19. Sluguft 1890 an 3 . 91bbington Sgmonbs ge*
fdjrieben t)at. — Sie Ijeijjt: „My life, young manhood, mid-age,
times South“ etc., „have been jolly bodily, and doubtless open to
criticism. Tho’ unmarried I have had six children — two are
dead — one living, Southern grande hild, fine boy, writes to
me occasionally — circumstances (connected with their fortune
and benefit) have separated me from intimate relations.“ Bon
biefem Solpte bekam er in ber 3 e ^ ^ ur 3 oor feinem lobe
1892 Befud).
Bor allem aber intereffiert uns f)ier SB^itmans Berfjältnis
3 U ‘Peter Bogle.
Binns fdjreibt baoon auf Seite 232 folgenbes : „Separated
(Whitman) from his own children, and his own younger brothers
whom he had dearly loved, his heart’s tenderness expended
itself npon other lads, and upon none more than upon Pete. (Peter
Doyle).“ — „Whitman did not appear merely as a good fellow
to his young comrade; his affection ran too deep for that. This
is well illnstrated by an incident in their relationship. In a
passing fit of despondency Pete declared that life was no longer
worth living, and that he had more than half a mind to end it.
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Walt answered him sharply; he was very angry and not a little t
shocked. This occurred upon the evening of his departure from (
Brooklyn for one of his visits home, and the two separated i
somewhat coldly.“ i {
Siefe Stelle ift bas bemerkensmertefte non allem, roas
Sinns über bas ©erljältnis ber beiben 3ueinanber ausfüljrt. HBir j [
roerben, in all biefem 3 u f am menl)ange, fogleid) ben entliehenen (
QEinbruck haben, bafe ber blutjunge Sogle SBljitman, ber bamals I [
auf fein jünf3igftes losging, toie ein 3toeiter Sohn ans $er3 |
geroad)fen mar. ©ichts aber berechtigt uns, an3unehmen, bafe bas g f
Sert)ältnis einen Ijomofejueüen Charakter gehabt habe. — 3 d) t
habe gerabe biefe Stelle 3itiert, meil fie eine folc^e Hinnahme ^ c
birekt toiberfinnig macht. <
Senn, nehmen mir mal an, bah bergleidjen mirklid) mit 1 1
hineingefpielt habe, fo ift es bod) fid»er in ben Untergrünben bes I j
©erf)ältntffes geblieben ; bas h c '&t auf Seiten Sogles, non 1 1
SBhitman felbft bürfen mir in folgern 3ufammenhange überhaupt * \
nicht fpredjen. - (Es helfet - aud) Dr. ©erfe h°t barauf hin* i !
geroiefen — , bafe Sogle fjomofejueEer fei. 3 d) glaube 3roat f
nid)t, bafe man barüber etroas burchaus 3 UDer läffiges roeife ;!
bennod) aber könnte man, gerabe auf bie eben 3itierte SteEe fein, j.
einer folgen Hinnahme beipflichten. Senn offenbar fd)eint es fid)l
in ben lefeten Söfeen unfres Zitates in bem ©erhalten Sogles"
beim Hlbfdjieb oon HBlptman um einen, unb 3toar fehr heftigen
Hinfall „urnifdjer 3 erriffenheit" 3U hanbeln. 3 n HBIjitmans ©er»'
halten bagegen nehmen mir nicht eine Spur oon einem folgern
toahr. — Sollen (Eharciftter bes Berhältniffes alfo h>er mal
angenommen, roare basfelbe offenbar ein fehr unglückliches unbL
unbefriebigtes ©erf)ältnis geroefen ; in bem Sinne, bafe Sogle inl
keiner HBeife eine ©efriebigung gefunben, unb HBfeitman eine
berartige fiiebe Sogles nid)t im geringften ertoibert hatte, fjätte
er fie ertoibert, fo mürbe auch er ohne jeben 3®eifd menigften^
irgenbeine Spur foldjer Sepreffion in biefem Hlugenblicke 3etgen
mie Sogle felbft; ]ober er mürbe menigftens beffen Schmer J
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oerftefjen. 2lber er oerfteht ifjn nicht, fonbern tocift ii)n mit aller
(Entfchiebenheit, ja, (ogar „very angry“ 3 urücb. Unb mir gewinnen
burd)aus ben (Einbruch, baff 2Bt)itman ben jungen 'Dogte mit aller
®äterlid)beit 3 ured)troeijt.
(Die Sache liegt aijo oielleidjt fo, baff in 1)09163 ftreunb*
jchoftsgefühl fi<h fejueüe Unroanbiungen gemijd)t h a & en ; aber
gerabe biefe finb non 2Bf)itman nicht nur nicht erroibert, fonbern
fogar mit aller (Entfchiebenheit 3 urücbgetoiefen roorben.
Unb nun genug baoon. Deh benbe, mir laffen bas (Thema
fallen. (Utehr roie einmal t)®t fi<h mir bie 3reber gefträubt
oor folch äubringlicher, übel angebrachter 2Biffenfd)afttichbeit, fo
ernft fie non Dr. Bert} auch °h ne 3mcifcl gemeint ift; einer
2Biffenfchaftli<hbeit, bie, roie mir fehen, fid) nicht gefreut hat,
oon einem im (Brunbe burdjaus ooreingenommenen Stanb*
punbt aus, auch SBhitmans moralif ehern (Ehatabter dRabel
unb - oft roie läppifdje ! - Untugenben besiegen, bie in feinem
3faDe gdnälich unfinnig unb unmöglich erf<heinen. — (Rod) einmal :
bie biesbeäügliche 2BiJfenfehaft follte fich hüten, bafj nicht fie ihrer*
feits {ich in eine recht bebenbliche Sacbgaffe oerläuft ! —
3oI)annes Schlaf.
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PS3231B418S3 001
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