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Full text of "Basler Stadtbuch Jahrbuch fur Kultur und Geschichte"

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Basler Stadtbuch 



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lUarüart) (College ILibrary 




THE GIFT OF 

WILLIAM BAYARD CUTTING, Jr. 

(dass of tgoo) 

OF NEW YORK 

FOR BOOKS ON SWITZERLAND 







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v, /jdA^icitUj •A/a.dc£iuji 



fktlA.ß, 








Ktr-’.mbieh Riffar'h A Co i’crtm 



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aslcr flafyrbudj 
1 ^ 03 . 




l)i rausgegeben 

»Ott 

2Ubert EurdbaiM Xuiwlf Eiatfcnwgd 

urti' 

2Ubcrt 




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Parte 

Verlag v o n X. X c i cb 

(»otntals £. Pctfoff's SudjbmiMuns) 
( 905 . 



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n|affemfeicl>tti£. 

¥ 



prof. gurrfharbUScbajinaitn : Ur. Karl 23nrcfl;arbt-23nrcfbarbt 1 
Dr.JSubolf Euginbiibl: Per legte offizielle Kaiferbetucb in ffafel 40 

Ur. ,frift Saut: Per pafitpang 72 

Prof, if. 21. Sdjinib : Bans Sanbreuter . . 110 

Ur. £. f reicogcl : Stabt nnb £anbfd)aft I3afel in ber zweiten 

ffälftc bes 18. 3abrliunberts * 124 

Ur. 2Ubert (Segler: Per (Symnafiarcba prof. Hamjpecf unb jeine 

gnftoben 172 

Ur. <£, jj. Stütf el berg: Stbtpeizcrifrbe Santiagopilger . . . 190 

prof, Daniel ffnrtfbarbt < 1P er t bemann: (Ein 23ilbnis bes 

Walers Peter Sirmann 107 

prof. 21 1 b e r t Sur(ffrarbt«.lfhtslcr: Safels bauliche (Entwirf- 

jung im 19. 3flijrfrm*bcrt, II. 1850—1860. ...... 207 

21. (Segler, (g. Cfr. ITtarfees nnb 21. Pifd?e r-r>an (Saasbeerf: 

Pas fiinftlerifd?c geben in 23afel oom 1. flopember 1901 bis 

31. (Oftober 1902 259 

Ur. .frifr 23aur: gasler Cttronif oom 1. Itopember 1001 bis 

31. Olftobcr 1002 _ . 280 






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Prof. <C. <£fjr. J5uTcfff}arbt-5d?fljmann. 

* 

J^Var! Surcffearbt, beffen Sehen hier mehr nocf) in feinem Serben 
alä iin Sitten erjagt merben füd , mürbe in einer für unjere 
ÜSaterftabt fcftmeren geit, am 5. ^ejember 1831, als ältefteS Sinb 
beS Sanbfabrifanten ftarl öurdtfjarbt unb feiner fjfrau ©ophie 
geb. 9Sifd)er in 93afet geboren. 3m Vereine mit feinen brei iün= 
gern Schmeftern oerlebte er im elterlichen fpaufe eine fröhliche 
Sugenbjeit in ber einfachen Seije, toie fie bamalS Sitte toar unb 
mie fie feinem Pater, einem richtigen Siepräjentanten beS alten 
Pafel, jeitlebenS eigen blieb, piinftlich unb geioiffeuhaft in feinem 
Perufe unb mancherlei öffentlichen Stellungen hat er bem ©ohne 
ein fcf)öncS Peijpiel oon pflichttreue gegeben unb mit feiner herjlich 
mannen Siebe ihm baS Pefte gefchentt, roaS ein Sinb fich roünjchen 
mag. ®ie Üftutter, eine geiftig reiche unb ftrebjame grau, bie 
burch lange ftränfliebfeit bem gefchäftigen Siichtstun fo mancher 
ihres ©efchlechtS ferngehalten mar unb bie Piujje für bie pflege 
tieferer Sntereffen auSfaufte, hat in eben biefer Siicbtung einbrüctlich 
auf ihn eingemirtt. 3m Stange immer unter ben Grften, bejuctjte 
er juerft eine prioatfchule, bann baS biefige ©pmnafium unb Pä= 
bagogiunt. ©eine Slufjähe, Jagebudjnotijen unb Sieben, bie aus 
biefer 3eit erhalten finb, tragen ben Stempel einer minutiös ge» 

®aMer 3af)tbutfj 1903. 1 




2 



nauett ^Beobachtung, fnappen AuSbructS unb gefunben, etwas nücfp 
lernen Urteils. Auch jein Vortrag muß trocfen, faft höljern ge» 
roefen fein; non einer jolchen SBiebergabe beS belamiten ll^lanbjcfjm 
©ebichtS erhielt er in ber ißäbagogia beti Stauten „Unftern." (Sr 
loflt bei Schülern unb Sehretn als suoerläjfig unb tüchtig unb als 
treuer Äamerab beliebt. 

Sänger barf bei feinen eigentlichen ©tubienjahrefl üerroeilt 
werben. ®ie finb ja für baS SBerbcn eines jebeit entjcheibenb, bet 
nicht öorfjer oerbilbet unb oertrümmt roorben ift. 9tun lernt man, 
biSh« mehr geführt, crft jelbftänbig gehen. 

2BaS 93urcfharbt jurn ©tubium unb gerabe ju bem gewählten 
SBiffenSjroeige trieb, mar, foroeit erfidjtlich, roirfliche Suft unb Siebe, 
unb ber Sßater ließ ihn freunblirf) geroähren. 9Ran hotte ihn in 
ber jed)Sten klaffe beS ©tjmnafiumS jroei 3ahre behalten, ba er 
noch allju jung fchien. 3m ©ommcr 1850 roarb ber Achtjehn» 
jährige als ©tubent ber ^Rechte an ber heimatlichen Unioerfität 
immatrituliert unb genojj roährenb brei ©emeftern an ber bamatS 
nur jpärlicfje Schüler jählenben juriftifcfjen gafuttät bie oorjügliche 
Schulung oon SRännern roie |>euSler, Schnell unb 2Binbfcf)eib. 
daneben hörte er, bet jeitlebenS nicht im fjachftubium aufging, 
fonbern fich afljeitig ju bilben liebte, bei Sofob Surctharbt, SBilhelm 
tßijcher unb SBilhelm Söacfernagel jpracf)licbe unb gefchichtliche $ol= 
legien. (Sr hot eS SBadernagel nie genug bauten fönnen, bah et 
bei ihm jehon im päbagogium baS geliebte 2)eutjch grünblich ge» 
lernt unb greube unb SßetftänbniS für fc^öne Sitteratur gewonnen 
hatte; bie pflichttreue, mit ber ber ©eiehrte bem Sehrerberufe 
oblag, erfüllte ihn mit gewaltigem fRejpctt. Unb roährenb feines 
fpäteren Aufenthaltes im AuSlanbe tonnte man ihm aus ber |jeimat 
nie ju oiel über Satob 93urctharbtS öffentliche SBorlejungen fcf)reiben ; 
noch als alter £>err ift er auf ben Sänten ber Unioerfität ju beffen 
gühen gefeffen unb hot teinen feiner Aulaöorträge öerfäumt; baS 



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3 



„kleine biete 93ud)" begleitete iljn ftet§ auf feinen 3talienfabrten, 
bie übrigen SBerfe ftanben nicht afS tote ©cha^e auf feinen Sie* 
gatten, unb in feinen lebten fahren war ihm bie (Sriechifche Kultur» 
gefehlte, mag aud) bie ©eteljrten baoon fagen mod)ten, ein wahrer 
.'podigenufe. 3u ben Settern, bie ihm etroaS boten, blieb er über* 
haupt in einem banfbar warnten ißietätgoerhältnig. Sßie er all* 
mählich in öffentliche ©teilen oorrüdte, freute iljn oorab auch ba§, 
baff er nun bet College bet einftigen üfteifter warb unb bi« lieber 
ibr SBoblmoKen erfuhr. ®er antiten Srfcheinung ©dpteHs unb her 
cbarafterDolIen ©cftalt $euSler8 bot er ftetg mit ber größten $och* 
acbtung gebacht. Sin 3ug ber ißietät mar e» auch, wenn er bie 
in jenen Sab«« unb bi§ jum Slbfchluft beg Unioerfitätgftubiumg 
mit @ejd)id unb peinlicher ©auberfeit geführten zahlreichen ftol* 
legienbefte forgfältig gebunben aufbemahrte. ©ebraucht hot er fie 
fpäter fd)roer(id) mehr; er roar in feinem SBiffen über fie hinaug* 
geroachfen; aber eg roar feine 2lrt, fitf) ferner unb womöglich nicht 
tmn Dingen ju trennen, bie ihm etroag geroejen roaren. Die un* 
enblidje Slufftapelung, bie baraug ermudjg, roar glüdlicberroeife burch 
einen }o ejaften unb organifatorifcben Orbnunggfinn beberrfcbt unb 
gegliebert, bafs bie tote SJtaffe jeberjeit lebenbig nerioertbar gemacht 
werben tonnte. Unb biefelbe Irene, bie ficb an ber leblofen Statur 
Zeigte, bewährte er auch an größerem unb wichtigerem, an greuitbcn 
unb '-öerroanbten. 33on $aufe aug Iritifcb oeranlagt, in feinem 
SBefen leicht herb, fcheinbar öerfchloffen, jebenfallg ein gefchroorener 
Ofeinb allem ing ©eficht loben, gab unb mibmete er fich, weniger 
in Söorten, befto mehr aber in ber lat unb im ^erjen. Sr fcblofj 
fich oi<ht leicht an, aber wen er erfafjt hotte, bett hielt er feft; 
als ©tubent jebrieb et fich beg ißoloniuä äJialjnung hetaug: „Der 
greuttb, ber bein unb beffen ÜBaljl erprobt, mit ehernen klammern 
fhließ ihn an bein §erj. u SRan tonnte fid) burdjaug auf ihn 
»erlaffen; mag er jugejagt, hielt er utmerbrüchlich unb täufchte fein 



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4 



Vertrauen; barum fatib et auch folchem unb rourbe otelfatf) utib iit 
allen möglichen ^Dingen um Bat angegangen; man roat bei ihm 
etnge^enbfter Srroägung unb Teilnahme firfjcr. Sr fetbft bat übet 
btefe Äonfultationen nichtm oerlauten taffen; et roat oerfd)roiegen ; 
aber manche h^en bezeugt, erleichtert oon ibm roeggegangen ju jein. 
2tlm er einft einem greunbe im Sluälanb aum Verirrung empor= 
geholfen unb feine SDJutter, für ihn felbft beforgt, Slbbrud) jener 
Beziehungen forbette, antroortete et: „3üh b a &t bnrcf) Beigung unb 
burch meine ©tubien einen geroiffen ©inn für bam £iftorij<he, 
b. h- für eine Sntroicllung bet Berhciltniffe roie fie finb, für einen 
allmählichen fjortfehritt auf bet gegebenen Bafim. Sin Bruch mit 
bet Bergangenbeit ift ftetm an unb für fich ein Unglücf ; roie im 
ßeben ber ©taaten ift em auch in anbern Berhältniffen. Sinen 
fjreunb roechfeln roie ein abgeneigtem $leib ober roie ein ©elbjube 
feine Beligion, h°ft bu bebacht, roam bam heifet? Sine gteunbfchaft 
macht fich, fie roitb nicht gemacht, unb einen 5 reun b aufgeben ift 
eine Untreue, bie ich mir oon niemanb zugemutet roünjche. ®ott 
aber, nach einer folchen gottlofen Jat, um einen anberen bitten, 
bam roäre Blampheniie." ©chon in ber Schule, bann im .gofinger» 
oerein, bem er im Booember 1850 beitrat, jpäter im $lu3lanb unb 
noch im ÜJianncmalter in feinen mannigfachen Stellungen hat Burd= 
harbt bam SJlücf gehabt, roahre fffreunbe zu erroerben unb fie fürm 
ßeben ju beroahren, obfehon fich bie ÜBege bann trennten unb ber 
fchroere ©chatten, ber auf fein häumlichem @lüct fiel, ihm bie Bffege 
gejefliger Beziehungen Sabre lang oerunmöglicbte. ©o entfehieben 
er für feine Ueberzeugungen eintrat, jah er hoch balb immer mehr 
bam Sinigenbe alm bam Irennenbe; er bachte roie feine 'JButter, bie 
ihm am Snbe ihrem fiebenm febrieb: „3e mehr roir im 2llter unb 
im ßeben fortfehreiten, befto Unter roirb unm bie ©chroierigfeit, 
Sinigung burch 2lnficf)ten unb ©runbjähe z« erzielen; jebem Sllter 
unb jeber Sinzeine ift für fich ein (Sanzem unb 2lnberem, unb ba 



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5 



bleibt beim nichts als bie Siebe, welche, wenn etwas Bergen 
worben, «lieber einlenft uub nuägteic^t." ®ie |orajij^e f^rage: 
„Mitior ac melior fis accedente senectuf“ mar ihm ein tiebeS 
Qitat, unb er tonnte etwa Ungerecfjtigteiten in einer SBeife hin* 
nehmen, bie ben ©egner wirffamer entraaffneten als eine gel)at= 
nijchte Slntmort. 

3m SBinterfemefter 1851/2 trat er jum erftenmale aus bem 
(Slternhauje in bie greinbe. @r fiebelte für ein 3af)t nach Reibet* 
berg über, baS bamals faft als Sdjmeijerunioerfität in partibus 
gelten tonnte. 9llS einjiger Sohn unb Stüber in einem £aufe 
aufgemadjfen, in bem wegen ®ränflid)feit ber SJiutter fein lebhafter 
gejelliger Serfehr gepflegt mürbe, empfanb er ben ©intritt in biefe 
freie SBclt als görbernng unb boch micber als fchmierig ungewohnt. 
@r mußte gegen eine angeborene, biö^cr ju wenig abgewohnte 
Schüchternheit, Sroctenhcit, ©digfeit unb ©infilbigteit im Sertehr 
anfümpfen, gegen eine Schärfe im urteilen unb richten unb gegen 
Serftimmungen, bie teils aus häufiger $ränftid)feit, teils auS einem 
gewiffen Sichgehenlaffen refultierten. Seine 9Jiutter, ber er nun 
in fleißigem Sriefmedjfel womöglich noch näher trat als juBor, 
hatte ihm fchon Bor 3at)ren getrieben: „Sah beine öfteren 2ln= 
maublungcn non Saune beifeite, bah fic bic£) nicht meiftern, fonbern 
fei ihr $err, halb möchten fie bid) fonft jum &'ned)t erniebrigen; 
Bergleiche bid) nie mit anbetn beineSgleichen, bu h a ft einft für bid) 
fRedjenfchaft abjulegen unb baS Sröften mit anberer Schwachheit 
wirb bir feine Stüße fein. $abe etwas $oheS Bor klugen unb 
im §erjen; fchaffe bir ein Sorbilb, baS bich nid)t entfchulbigt, 
fonbern ftraft, wo eS nötig ift, bir aber auch h^f te '^ Bergebenb 
entgegentritt, wenn bu gefehlt unb bid) wieber ju ihm menbeft." 
Unb fpäter noch bem 35=iäljrigen: „®aß bu ftetS Bon Iferjen wohl» 
jutun wünfcheft, weih i<h roo^t; bu bift aber leibet beiner U)iutter 
Äinb unb jd)einft oft troden unb bift furj, wenn eS in bir ganj 



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6 



anbers auSfieht." @r ^at gegen biefe Schwächen beharrlich an» 
getämpft unb unaufhörlich an feinem nicht ganj teilten unb aus* 
geglichenen Sljarafter gearbeitet; innerlich warb er mehr unb mehr 
frei, aber äufeerlid) trat etwa noch ein SReft ju Jage, unb bie 
fchroeren SebenSftthrungen, bie er mit fid) allein burd)fämpfen mufete, 
legten bann auf fein Sefen eine 3nrüdhaltung unb einen Srnft, 
bet oft mifeöerftanben roorben ift, als Äiihle, ja Sälte, als arifto» 
fratifche Steferoiertheit. 

3unäd)ft freilieft mar bieS alle? noch unabgetlärt unb er, ber 
fpäter etroa „bie fteigenbe ©erbollfommnung bet ©aSler im Ab* 
fprechen" tabelte, ertoieS fid) batnals nod) als Siebhaber feftarfer 
Sritif, in politifdjen fragen fomoht, in benen er fieft bereinft jo 
unabhängig ju ftellen mufete, alä in $leinigfeiten beS gejeüigen 
SebenS, bem er fid), ohne bieS recht eingeftehen ju roollen, nicht 
ganj gemad)jen fühlte. Sie unbeholfen Hingt eS noch, menn er 
über bie Janjftunben, ju benen er fief) fchroeren £>erjenS entfchloffen 
hatte, feftrieb : „Sie ftören mich feftr in meiner ©equemlidjfeit, ba 
ich, ftatt in SDtufee im 5Rad)trod auf bem Kanapee lefen ober 
ftubieren ju tonnen, mid) um» unb anfleiben, auSgeben, ja fogar 
grauenjimnter unterhalten mufe. ®od) int ganjen mag bie Sache 
für mich 8 u t fein " Anbertljalb Saljre fpäter, am @nbe feines 
Serliner Aufenthaltes, roo er boeft auch weiblich gegen bie „fteife 
©ejeflfehaft" loSge^ogeti, lautete eS fchon einfichtiger : „ich ftnbe ein= 
jehen lernen, bafe mir feftr bieleS fehlt, baS ieft roiffen follte unb 
tönnte, unb bafe mir ein freiere! ©enehmen in größerer ©efcllfcftaft 
unb Unbetannten gegenüber wohl anftehen roürbe.“ damals aber 
roar ihm noch roohl, roenn er gröfeern ©efellfcftaf ten entgehen tonnte; 
e? gelang freilich nicht immer unb bann regte fich leicht etroaS 
einfeitige ßritif; befonberS entfefet roar er über bie äfthetifefeen 
?h ec ® in einem befreunbeten fpaufe, roo tlaffifcfte üJieifterroerfe mit 
Oerteilten Stollen gelefen unb tuntieftft geiftreid) gcroürbigt rourben- 



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7 



®a pflegte er ju Derftummen; berlei treibe man mit mehr ©enufj 
unb ©eroinn für fid) allein, meinte er. äöoljler roar ihm im 
fleineren Greife, im Setfehr mit $rofefforen unb mit f}reunben; 
ba genofj er ben geiftig bebeutenben ober hormloS fröhlichen Um* 
gang in Dollen 8ü9 en - Sn ben äQ^trcirtjen SöaSler Kommilitonen 
gefeilten fid) ©chroeijer anbcret Kantone; unter ihnen h°t « in 
König Don Sern, bem nachmaligen 5ßrofeffor, einen greunb ge* 
funben, ben erroorbcn unb bis ju beffett £obe in ungetrübter 3u* 
neigung befeffen ju hoben er ftetS als einen ber heften ©eroinnfte 
feine® SebenS empfunben hot. „Sreit, ftarf, ein guter Kopf, ein 
guter fRebner, energifch, oielfeitig, ein unermiiblicher Arbeiter; ber 
roirb eS ju etroaS bringen," fo frfjilbcrte er bie einbrudsoolle gigur 
an feine ÜKutter. @S ift fpäter Sahrjeljnte lang nichts in ber 
gantilie beS ©inen Dot fid) gegangen, bas Dom anbern nicht roie 
Don einem Sruber mitcmpfunben unb miterlebt toorben märe, 
greube roie £eib; man jcbrieb fich nnb fah fid), roo nur bie 3eit 
eS erlaubte, unb ftetS roar bie ©emeinjchoft eine Quelle reichen 
geiftigen AuStaufdjeS unb Doller Sefriebigung. 

Sieben ber SP f 9 e ber ejreunbfchaft roarb bie Arbeit nicht Der» 
nachlojfigt. 9Ü?it lobenSroerter Vßünftlicfjfeit roarb bei 3öpfl beutfche 
9techtSge)chid)te, bei SRenaub ßioilprojefj, bei Sriicfmaiin SBechfel» 
redjt, bei 9Kohl ^Solitif gehört; KortümS Sorträge über neuere beutfche - 
®efd)id)te unb Genies Anthropologie gingen als Abwechslung 
nebenher; im ©ommer folgte bann beim alten SKittermaier Krimi* 
nalrecht, nicht ohne ©inbrud, roie bie nachmalige jahrelange Se* 
fchäftigung mit biejer ^iSjiplin beweist; ferner ©ncpflopäbie ber 
Staatsroiffenfchaften bei 9)tof)l, fJtationalöfonomie bei 9lau, ein 
2>anf beu Dielen ©chroeijerftubenten fehr jahlreid) befuchteS Kolleg 
bei Kortüm über neuere ©chroeijergefchidjte, Dor allem aber römifche 
SRechtSgejdjichte bei bem juriftifchen SRagnet £>eibelbergS, Sangeroro. 
©ein weit berühmteres Kolleg, bie SanbeftenDorlefuug, bie }d)on 



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8 



mit fetjr ertlecftic^er Stunbenjahl begann, bann aumud)3, frfjtie^lic^ 
banf beftäubigem 3ufe(}en bie SBoche nahezu nofl beanfpruchte nnb 
in ber trofcbem nid)t gefchroänjt routbe, h fl t Surcfbarbt erft in 
feinem ©jamenfemefter jme? 3af)re fpäter mit SBemunberung be$ in 
ihr ju Jage trctenben päbagogijcben JalenteS bejucbt; bie fRed)t§= 
gejd)irf)te bagegen !am ihm ftarf antiquarijct) oor, fie ertranf im 
Jetail. 

Sieben ben Kollegien marb eifrig ißribatlettüre getrieben; eine 
SSergteidjung ber femefterroeife hierüber angelegten SBerjeichniffe giebt 
einen ©inblid in be$ Sefetä allmähliches 2Bad)fen. Jamals trat 
bie juriftifdje Seftüre nod) juriid; neben ©erberS beutfdjem fßribat* 
redjt, einem SBerte URittermaierS, 2fret)3 Cuellen beS Sanier Stabt» 
rechts unb bent ’Äuffafe bon SÜJpß über bie fchroeijerifchen Saubs* 
gemeinben finbet fid) als einjige cioiliftijdie fDionographie, bei ber 
eä bann für geraume $eit fein Öeroenbeu hatte, 28inbjd)eib» Sehre 
non ber Sebinguug. 3m übrigen trifft man neben einer geroiihlten 
©efellfchaft, mie bem Jorfo non önchofenS römifdjer @efri)id)te, 
fßertheS Sehen, ©uijotS engtifdjer Sieoulution, JanteS Snferno, 
©olbonis teatro comico, Shatcfpeare, Senau, ®id)enborff unb 
ÜJiörite, im Anfang and) bie teid)tgefd)ücjtcn fßlattljeiten ©erftäderS 
unb SioquetteS füfjlid) roeinerlidje Stomantif, beibeS ein ©enre, baS 
’ nach biefent Süerfud) enbgültig non ber ®ilbfläd)e berfchmanb. 2lud) 
baS bei ©erlad) wolfl erlernte Satein warb roährenb ber ganjen 
UniberfitätSjeit fleißig geübt; ©icero, $oraj, JacituS ftanben im 
Surbergrunb; fie mürben auch fpäter immer mieber gur .'panb ge» 
nommen, neben ihnen ©äfarS herrliche Kriegsberichte, roeldje ber 
ÜJiißbrauch gunt 5InfangSunterrid)t fo manchen entleibet, unb an 
ihrem Sdjauplah, in Stom, bie ©ejd)id)ten beS SibiuS; fo tonnte 
SBurdharbt feinem Sohn aus eigener ©rfahrung oerfichern, er merbe 
eS nie bereuen, roenn er bie Klaffifer in ber Schule mit ©ruft be= 
treibe; bann tonne er fich auch nachher ftetS mieber an ihnen er* 



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9 



frifcheu unb erholen. ®ag ©ricchijcße nahm et mit 91ugnaljme beg 
SJteuen Jeftamenteg, ifi bem er jebett 2)forgen big juleßt einen ?ib= 
fdjnitt log, etft fpnter mieber auf; in bet trüben 3eit, ba et but«^ 
bie $ranft)eit feiner ©attin Don ißr getrennt roarb unb olg all* 
mälfticf) bie Hoffnung, bie ©eteinjamung fei nur eine oorübergehetibe, 
gurüdtrat, griff er nad) bem Ijofyen üieb beg ^eimme^g, ber Dbpffee, 
unb nad) ißlatog unfterblidjer SBeigtjeit. 

3n |>eibelberg aber fang unb flang bag Seben nod); bann 
unb mann 50g bag Sweater öon SJtanntjeim ben ©tubenten aug 
ben Xoren ber Unioerfitätgftabt ju einer Oper; alg einft bie ©ontt* 
tag auftrat, fpürte er, beim Slnbrang jur $affe ftunbenlang in 
brangooll fürchterliche @nge geteilt unb oon ben auf itjre Stettung 
bebarf)ten Seibenggefäßrten geftoßen unb getreten, nod) (ange feine 
ftnodjen, meinte aber, er fei bafür reidjlicf) entfd)äbigt morben. @t 
hörte SJtufit mit großer greube unb ©enuß, ohne bod) eigentlich 
mufitalifd) ju fein, ohne ©elför unb ©ebacßtuig unb Schulung ju 
haben, Srforbcrniffe, bie bod) faft unerläßlich fdjeinen; in bet 
eigenen 3lugübung hot er eg nur big ju befc^cibenen ©renjen ge* 
bracht. 

Slbgefehen öon biefen gelegentlichen £beaterbejud)en mar fein 
Sehen mäßrenb beg erften ^eibelberger SSinterg ein giemlid) feß* 
hafte«. ®ie Sälte mar ungewöhnlich hart, Xeuerung unb Slrmut 
fcßritten burchg Sanb, bie 9tot erzeugte Unruhen. Unmutig Der* 
glich ber ©tubent, ber aug einem $aufe tarn, mo man bei be* 
fcheibenen Sehen« an jprüchen frembem @lenb gegenüber bie £>anb 
roeit öffnete, mag er in ber Jrembe beobachtete, mit bem Slltge* 
mahnten: „3iür bie Slrmen im Cbenmalb," fchrieb er, „fammelt 
man jeßt hi«; bie ^Regierung roirb bie ©ad)e in bie $anb nehmen; 
unterbeffen fchidt fie ©olbaten hjiit ; bie s Jtot ift fcht arg; aber 
roährenb fo Diele hungern, finb h> et nidjtg alg Suftbarfeiteu; bafür 
ift ©elb Dollauf, aber beim ©eben finb fie nicht befonberg bei ber 



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10 



,£janb." 3»oei 3al)re Später, furj oor feinem ©jamen, jeidjnete er 
baö felbftjufriebeu luftige Sehen am SJlecfar tflit fotgenben ©trieben r 
„©cbenfel beflamierte beute in bet Hirdje roie immer gegen Sonnen 
beö ÄultuS ohne ©tauben, gegen ißriefterherrfchaft, gegen 2Bunber= 
unb 3eichenoerlangen, furj gegen ben Äatholijigmug; babei rühmte 
er feine liebe afabemifcbe ©emeinbe, bie fiib nicht an Sleufjere» 
bänge, nicht nur leiblichen Surft unb junger habe, fonbern ba$ 
einjig 2Bal)te fucf>e unb banach hungere unb bürfte. Sabei mar freilich 
bie 3ubörecfchaft nicht fo jaljlreicb mie fonft, bejonberg beim fcf)önen 
®efd)terf)t, bag e8 fonft für guten Son halt, in bie Unioerfitätg* 
fircbe ju geben ftatt in bie ©tabtfirdje. Ser ©tunb mar eilt 
geftriger Sali, ber big in ben Späten 2Jtorgen gebauert b«t. 3D?it 
ber Sanjrout gebt e§ hier tn8 Unglaubliche. Sa ift fein $to= 
feffor, fein Beamter, fein Kaufmann, bet nicht einen SaH glaubt 
geben ju müffen, roomöglich in ben Sonntag hinein, bamit man 
bequemer augruljcn fann. daneben jiefjen täglich Scharen bon 
Bettlern auä ben benachbarten ©egenben burdh bie ©tragen unb 
haben fein 50rot, um ihren junger ju ftillen; ©onntagg um elf 
Uhr aber hören bie Sängerinnen ihren ©cbenfel über alleg ©ute 
unb Schöne prebigen, unb wenn er fie aufforbert, für eine arme 
©etneinbe beijufieuern, fo legt jebe jierlidjft brci ober fechg Sheujer 
auf ben Seilet beg ©infammlerg unb ift feft überzeugt, ihren an= 
beren Pflichten nachgefoinmen ju fein unb fechg Sage roieber tanjen 
ju bürfen." 

2Bo fo biete Sanblteute jufammentrafen, mürbe natürlich ber 
Heimat unb beffen, mag fie bemegte, nirfjt oergeffen. Sie Senge 
einer eibgenöffifchen Unioerfität erregte bamatg bie ©emüter, oor 
allem natürlich in ben |)ochjd)ulfantonen. Surdharbtg Sßetter unb 
treuer Sreunb Söilhelm 33ifcher, ber Später bie neuerbingg afut 
merbenbe Srage mit fo oieler ©infidjt erörtert hat, hielt ihn bamatg 
bon 93afet auö auf bem fiaufenben unb oeranlafjte, bah auch in 



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11 



^jeibelberg eine fachlich furje ©egenpetition infjeniert mürbe. 3llS 
baS ißrojett jmei Sah« nachher begraben roarb, mar auch bort r 
unter ben SöaSletn menigftenS, ber 3ubel grofe ; fie „Derjäumten 
nid)t, bem ©tänberat ein frohes £>od) ju trinfen;" boch mar 93urd= 
harbt unbefangen genug, ob ben Saäler 3ntereffen unb beti 9?eben= 
abfichten ber öefürroortet jenes planes, baS, roaS an ihm grofj. 
mar, nicf)t ju überfein; er meinte, im 9tationalrat feien beffeu 
©egner mitunter tief unter beffen Sefürroortern geftanben, benn Don 
biefen Ratten manche aus matjrer öegeifterung für ein 3beal unb 
ohne jebe ©elbftjudjt geljanbelt. Sr hotte alfo im gerechten 83e* 
urteilen ber ©egner gortjdiritte gemacht, gemijj nicht julejit Sanf 
feinen gcjchichtlidjen ©tubien, unb baS SBort, baS er fid) einft auS 
3achariäS Süchern Dom ©taat notiert ^atte, mar ihm allmälich 
ju eigen geroorben: „3n einer Meinung, bie Don einer grofeen 9ln= 
jaht SRenfchen geteilt roirb, liegt allemal, follte fie aud) nod) fo 
irrig fein, roenigftenS ein ,8ufa& »on SEBahrljeit; es ift belehrenber, 
biefen Sufafe auSjujdjeiben, als bie Meinung fdjtechthin ju Der» 
bamnten." 

ÜJtit bem ^erannahen märmerer Sage mufften £)eibelbergS 
herrliche Umgebungen ben aKjeit tüchtigen SEBonberer oft unb gern 
Don ben 33üd)ern, ber ©ejetligfeit unb bem ftubentifchen Steiben 
meg unb ins Sreic loden. Ser roeite ©otteSgarten, ber fid) bort 
um Strom unb |>ügel auSbreitet, machte ihm jenen Slufenthalt 
ganj befonberS lieb. SBettn er Don einem finnenben ©ang auf ben 
roalbigen ^bhenjUgen jurüdfani ober einen golbenen Slbenb auf ber 
Serraffe beS ©diloffeS jugebracht hotte, tonnte er in feinen ®e- 
richten über baS ©efchaute bie mahrften unb rodrmften Söne echter 
fßoejie finben. St hotte ein tiefcS SBerftänbniS für bie Statur im 
grofjen roie im Keinen ; nie fühlte er fid) gehobener unb freier als 
in ihrer Sftitte. Slud) fpäter hot er fid) ben ©einen in ben Serien' 
roochen immer am rüdhaltlofeften gegeben; an bieje Sage Jörgen* 



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12 



lofen ,3ufammenleben3 unb tüchtiger SJiätjcbe tnüpfen fiel) für fie 
bie froljften (Srinnerungen. 

Ia8 3ßb r 1852 brachte eine reiche Sülle Don Steifen; in ben 
Ißfingftferien mit greunb Stofenburger nad) bet burgreidjen ißfalj, 
in ben gronleicbnamSferien in bett Qbenroalb, roo bie ©rbaebfebe 
(Sammlung berounbert marb, im Sluguft bann, nad) jeiner 2Beife 
roobloorbereitet, über .Vtüblcnj, Äöln unb Sieben jum fließen '-öefurf) 
bet im Seebab Teilung fud)enben ÜJfutter naib Dftenbe, bann nad) 
$3rügge, ©ent, 93riiffel, Slntroerpen, 'IJiainj. Siid)t8 entging feinem 
eifrigen Sdjauen, unb er genoß e8 in Bollen 3ügen unb mit reichem 

©eroinn. ©8 roat ba8 erftental, bafj ihm bie &unft in reicher 

ffülle unb geroaltigen Sßerfen entgegentrat. ©r ift ihr in feinem 
fiebeti fdjauenb, lentenb unb fammelnb in fteter Hebung immer 

näher getreten unb b fl t ft<b ein Urteil unb Äenntniffe erroorben, 

loie fie bei Saiett nicht geroöbnlid) finb. 

Sn S3afel mar feines 331eiben8 nicht lange; fubroeft» unb bann 
tnieber norboftroärtS ging e8 in rajebem gluge ju ben ©eftaben 
be8 ©enfer» unb bann be§ SobettfeeS; b)ier fagte er ber ^eimat 
für ein roeitereS 3ab r nbe. Sieben Ulm, beffen altreid)8ftäbtifd)e 
^bbfiognomie ihn frappierte unb roo ihn bie Cetroabrlofung be8 
DotneS befümmerte, ging eS nad) StugSburg, roo ihm roieberum, 
roie in ^eibelberg, bie beutfebe Sienaiffance mächtig entgegentrat, 
unb bann ju einroödjentlicbem Slufentbalt nach 2Jiünd)en, biefern 
feltfamen ©eittifd) gemütlich futnpfenben 33ierpbilifterium8, eifriger 
Arbeit unb SfiMttelSbadrfdien $run£= unb SunftfinnS. Die s $inn* 
lotbe! roar nur ftürfroeije, aber boch in einem ihrer ganj großen 
SBunber, ben ftiubensfälen ju febauen; um fo mehr $eit mibmete 
er ber ©Ipptotbef; immer unb immer tnieber tonnte er fie fef)en, 
febtieb ber Sntbufiaft. Slud) fonft roarb bie $eit auSgefauft, roie 
e8 eben nur ber Sugenb möglich ift ; baS Ottoberfeft, ein Iraner» 
gotteSbienft für Sönig s Uia£, irgenb eine ijSoffe im Stolfstbeater, 



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13 



bie Sintigone beS SophofleS unb baS tppijche Kellerleben liefen 
fict) ohne Störung hormonifd) ncreinigen. 9?ur fcbwer rijä man firi> 
aus einem fjeitern Ißtjäafenleben toS ; für Nürnberg blieb nur ein 
Sag übrig, benn in ©erlin Hopfte baS ©emefter fdiou an bie Süre. 

Die ©tabt bot bamalS nidit ben heutigen Slnblicl; bet ihrem 
2Bieberfef)en nach 33 fahren traute ©urdharbt feinen Slugen laum. 
Unb auch politijcb burfte er fid) bamalS Joot)I nod) fragen, ob 
SRacaulap fßreufeen als ©Sacht jmeiten ÜtangeS nicht aflju h°d> 
eingefchäpt habe, ©ei bem roie ihm roolle, an ber Uninerfität unb 
am ©erlinerleben fanb er Dolles (Senüge. 3n Heller trat ihm nun 
bod) ein Sehret unb belehrter ganj anbern Schlages als ©angerow 
entgegen; ba mar nicht bie jpiegelglatt ebemnäfjige norauSfefcungS* 
lofe Darbietung eines mie ©aumöl ju fchlurfenben Sehrftoffes, fon* 
betn halb eine ©fijje nur, ein überrajchenbeS Streiflicht, halb ein 
tiefes ©inbringen, eine frappante parallele; im ganzen ein ©fit* 
erleben, eine ungeheure ^laftil geroefetien 9ted)tSlebenS, aber nur 
bem, ber fchon etwas mitbrachte, aufpajite unb ben Kopf gujammen* 
nahm, jugänglid). Heller wirtte ftarf auf ©urdharbt ein; er 
erfchlofj ihm baS römifdje s Jied)t ganj eigentlich; Cuellen* unb 
flitteraturftubien aller Slrt waren bie Solge. 5«r ben iKomaniften 
hatte ber ©tubent eitel ©ewunberung, jo wenig ihm ber ©rioat* 
unb ber Staatsmann fpmpathiich war. @r erblidte in fernem 
politijchen ®efinnungSwed)fel leine (Soolution, fonbern eine Um* 
Wölbung, unb oerftanb nach bett Zürcher Slntecebentien baS hei&t 
bemühen um (Srhebung in ben SIbelSftanb nicht, ju bem ber 
Klabberabatfch bantals boshaft bemerlte, bie SBieberaufnahme bcS 
früher in 3ürtd) geführten ÜRamenS „Keller oom ©teinbod" würbe 
trefflich paffen, ba fein Stöger in feinen Slnfichten injwifdjen ben 
SBenbefieiS beS KrebjeS juriidgelegt höbe, ©urdharbt hörte bei 
ihm ^permeneutil, ejegetifdie Uebungen unb mit bejonberem Sntereffe 
römifchen Kioilprojefs. Kälter ließ ihn ©taljlS ©aturrecht, j. S. 



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14 



tooljl wegen her nicht tenbengfreien ®arftellung, bann aber lag eg 
•aurf) am gad) an f»h; obfcfjon 23urdharbt fpefulatiö jufammen= 
faffenber 53etrad)tung ber 5Dinge fein Snterefje nicht eerfagte, neigte 
ec feinet ganzen Slnlage nad) weit mehr ju ^iftotifd)=praftifc^er 
tlnfdjauung unb pofitioer ©tofffenntnis, im 9ied)te bor allem. 3m 
übrigen waren eS Äirdienrecbt bei 3tirf)ter, ©trafprojefe unb 93btfer= 
recht bei Refftet, geriefetlicfje ffltebijin bei Sajper, beutfctjeg ißribat« 
red)t unb 2Sed)felred)t bei fpomeper unb ftanjöfifcbeS SRed)t bei 
Saniets, bie itjn jenes Sah* befd)äftigten unb wo$u er fid) burd) 
Ißrioatftubium mannigfache Dtotijen jufammentrug. SSon SRicht« 
fadjfußegieit warb nur noct) $unftgejd)id)te bei ©uht gehört; im 
übrigen trat mefjr unb metjr eigenes Slrbeitcn in ben Stijjj. 2)en 
friminatiftifdjen ©tubien fam cS ju gute, bafj er unter ben Mittigen 
eineä fid) als „ StcgierungSr ai" präfentierenben unb barum bienft« 
willig empfangenen 93aSler ^Ratsherrn baS grofje 3 e KengefängniS 
einge^enb befidjtigen tonnte; er notierte fid) oieleS über baS ®e= 
flaute, baS ihm fpäter als Sufti^birettor nüfdid) fein mochte. ©ine 
©tabt wie 93erlin nur jurn gachftubium unb Söücherlefen ju be* 
nü^en, tag aber nicftt in feinen 9tbfid)ten. Sn ganj anberem Um« 
fange als in fjjeibelberg genofj er Sweater unb Stonjerte; et abbierte 
fid) fdiliefjtid) fclbft mit ©d)tecfen, bafj er fie in fieben SRonaten 
wotjt gegen neunzig ÜDial befucbt f)abe; aber waS er an ©inbrüden 
empfangen, wie er feine $enntniffe erweitert, waS er oon aflerbeften 
Kräften angehört unb gefdjaut, unb waS er fpäter, wenn einmal 
im angeftrengten SöerufSleben, in biefer 9tid)tung fid) werbe ber« 
fagen müffen, baS, meinte er, redjtfertige bieje ^üfle oodauf, um* 
fomet)r als biefe ©cnüffe felbft einer ©tubentenbörfe leitet erreichbar 
gewefen feien, ©eine ©efcbmadSrichtung mag bie Jf)atfad)e tunb 
tun, bafj ein Sechstel jener Slbenbe auf roieberholteS, brei= bis 
viermaliges Slnljören bon 9llcefte, ^ribelio, C^tgaroS ^porfjjeit, ®on 
4$uan, fjreijihüh, ©urpanthe, unb faft bie Jpälfte auf Opern über« 



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15 



haupt entfiel, ©paff bereitete eS ihm, in ©chiflerS Seil an ©tauf» 
facherS §aufe eine SRenge SantonSwappen, barunter auch baS oon 
Safel ju erblicfen. 

lieber bet poetifd) oerflärten ©djroeij warb ihrer bamalS oft 
traurig profaifcben Quftänbe nicht oergeffcn. fieibenfcbaftlicf) meinte 
S3urcfharbt angefirfjtä ber ©ejfiner ßuftänbe, eS müffe einem jebert, 
ber eine @hre breinfe^e, ein Schweizer ju fein, bie Schamröte ins 
©eficht fteigen, mentt er baS ÜDiartten beS SBunbeSrateS mit Cefter- 
reirf) anfehen folle; eS fei traurig, fich fagen ju muffen: mir tonnen 
nichts mehr, mir finb nichts mehr ohne anbere; lieber bei ehrlicher 
SBerteibigung untergehen, als biefe ©cheinfelbfiänbigteit fortführen, 
©er greiburger Slufftanb, urteilte er, tönne jefjt, rao alles gegen 
bluffen einig fein foüte, bei feinem Schweizer Slntlang finben. ,,©a8 
aber entjchulbigt jene nicht, bie ben unnatürlichen 3uftanb biefeS 
ÄantonS herbeiführten; ber ißutfch geigt ihnen oon neuem laut 
genug, bafj cS nicht fo leicht hält, ein Soft oon feinen hergebrachten 
©itten unb ©ebräuchen abjubringen, ihm fein fpeiligfteS ju oer» 
tümmern, ihm neue ©ewohnheiten unb Slnfi^ten aufjubrängen. 
Söäre ßarrarb oor gehn bis jmanjig fahren auf ber entgegen» 
gefegten ©eite gefallen, fo märe er oon ben IRabifalen als 2Rät» 
tprer oerehrt toorben. ©ein ©ob h fl t toirflich nichts ©eineineS; 
er wollte fterben, weil es ihm unerträglich mar, com 18olf für 
einen agent provocateur ber Regierung gehalten ju werben, ©ie 
fiegreiche ^Regierung unb ihre Leibwächter rühmen fidf ihrer 2Ritbe, 
ba| fie ißetriet nicht jum ©obe oerurteilt hoben, fonbern nur ju 
breifeig fahren 3 u ^)thauS! ©ie lonnten nach 99unbeSre<f)t gar 
nicht anberS, tt)aten alfo baS Slergfte, was ihnen möglich war. 
2Rilbe gegen Slufftänbifche ift überhaupt nur rabifaler ©runbfafc, 
wenn bie Strenge fie treffen fönnte; man benle an SRejfi. ©er 
,S3unb‘ !ann natürlich bie ^Regierung nicht genug loben unb ihr 
banfen; fie tljat hoch nur baS ÜRatürlichfte, wenn fie für ihre 



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16 



©elbfterhältung forgte. 2öie anber? nntrben bie Sujerner greh 
fcfjarenjüge feinerjeit beurteilt, unb borf) roar in Sujem nicf»t bie- 
felbe mächtige Mehrheit be? Sßolfe? gegen bie Regierung, roie jefct 
in greiburg." 

Solche ©ebanfen foioie Mitteilungen über feine 93efd)äftigungetr 
unb bie ©rlebniffe be? Xage? beherrfchten feine Briefe; über fein 
tieffte? Innenleben ju fprerfjen, roar feine 2(rt nicht, roie er e? 
auch bei anbcren nur fchroer ertrug; er roarb ben tßergleid) mit 
einem SBegroerfen aller Sleiber nicht lo?. 0b biefer £atfad)e r 
bie bod) an ihm altgeroohnt roar unb ob bem ganzen bunten 
öerlinertreiben roarb ber um ba? feelifdje Söohl ihre? ©ohne? bc= 
forgten Mutter Slngft. 3n ihrem ftiflen, h“u?lid)en Seben !am 
ihr jene laute SBelt frembartig unb feinbjelig Dor; fie fürstete ben 
Sohn in ihren ©trubel mitgeriffen unb au? bem in ber Sugenb 
forglich gepflegten 93oben alten, frommen ©lauben? entwurzelt ju 
fehen ; ba fie ihn roenig oon Sirchenbefud) berichten hörte, fd)lo| fie 
au? bem ©chroeigen auf ein fehlen bet ©efinnung; fie mifjtraute 
feiner Umgebung; felber fränflicf) unb mit einer fronten Jodfter 
fern bon ju £>aufe in einer ihr unftjmpathifdjen ©ejellfchaft ab* 
roejenb, fteigerte fie, ber Möglichfeit ber ?(u?fprad)e beraubt, immer 
mehr ihre quälenbe $urcf)t; fie roarb fie 2og unb ?iad)t nicht 
mehr lo?, unb al? ihr ein Staunt ©djlimme? gegeigt, rebete fie 
ihm einbringlid) ernft in? ©eroiffen, forberte Dfechenfchaft übet feinen 
Sirdjen* unb 9lbenbmahl?bejuch, eine s Jfeoifion feiner greunbfchaften 
unb Üluffcblufj über gortgang un b feiner ©tubien. Sie 

ftorrejponbenj ift für beibe Seile ju diaraftenftifd), al? baß fie in 
biefetn 2eben?bilbe fehlen bürfte. Seiner ©d)ulb beroujjt, an6 
roortete er: „Slknn mid) alle Sriefe, bie ich erhalte, freuen, fo ift 
e? bod) bei ben deinen ganj befonber? ber gall. S)a? entfpringt 
rooht nidjt nur au? einem @efüf)l fiublidjer Metät, fonbern noch 
mehr barau?, ba| ich weif!, roie unfere ©efühle unb ©efitmungen 



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17 



in fo »iclcm übereinftimmen, tnie mir ein? ba? anbere begreifen 
unb bnber auch gegen einonber ein offene? gutraucn bffl eI1 - Sarum 
Iefe id) Seine ©riefe ftet? mit greube, and) bann, wenn fie oott 
untergeorbneten Singen banbeln ; benn e? entfdieibet nid)t bie Sadie, 
bie gefdiriebeit nnb gclefen roirb, jonbern bie ©efinnuug, in bev man fie 
fdireibt unb in ber man fie liegt. Ssd) mürbe aber Unrecht tun, roollte 
id) Sir oerjdjroeigen, baß Sein fester ©rief mid) nicht fo ganj red)t 
erfreut bat. G? fehlte mir barin ba? Zutrauen, fogar bie unb ba eine 
liebeoofle ©etradjtung ber Singe. G? ift barin Diele®, ba? meiner 
unb aud) Seiner früheren Slnfcbauung roiberfyrid)t. 2Ba? id) oon 
ber Sircbe halte, weißt Su, unb Su »ueifet, baß id) fie aud) hier 
befuebe; aber e? ift etroa? aubere?, e? ju £>auje mit allen ©e= 
fannten unb ©enoffen ober in ber grembe mit Unbctannten ju 
tun. Unb ba? ©emeinbegefübl ift ja gerabe beim Sircbenbefud) 
etroa? SBefeutlicbe?; benn eine ©rebigt, ja noch beffere? al? ©re* 
bigten fönntc ich aud) babeim lefen. Gbenfo ift e? beim $lbenb= 
mahl; aud) b^r ift bie ©emeinfdjaft ba? SBejentliche, unb fie lann 
für mich feine fo rein geiftige fein, baß ich mid) hier, roo feine 
Seele mich fennt, babei fo recht mit anberen ein? fühlen fönnte. 
Sa bleibe id) lieber 511 .£>aufe, ober gebe ftitl für mich unb finne 
nad) ober Iefe. Set ftircbenbejud) ift bod) böcbften? ein ©eroei? 
be? inneren 3 aftanbe?; er febafft ihn nicht unb erjeßt ihn nid)t. 
3 cb bin burd) meine (Strebung utib Einlage in bet ©föglicbfeit, 
über bieje Singe nad)jubenfen unb nadjpforfcben ; eine ©rebigt mag 
mich belehren unb anregen, aber fie roirb mir nicht ben öovbanbenen 
Sinn erft febaffen ober umänbern müffen. G? ift gewiß unrichtig, 
roenu Su Sircbbefud) ©iditfird)befud) unb ©lauben Unglauben fo 
jufammenftetlft, al? ob nur ein Ungläubiger nicht jeben Sonntag 
jur &ird)e ginge, ©eroiß fuc^t fid) ein rechter (5t)rift mit ©otte? 
-fjilfe im ©Uten immer weiter ju bringen unb roirb bie ÜJfittel 
baju nicht oerfchmäbeu ; aber bie ©fittel ohne ben guten SBillen 
®a$Ier 3af) r & uf fy 1903* 2 



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18 



finb nid)t§ unb e§ giebt aud) noct) anbere Mittel. ®afj ba nun 
auch anbere ©djulb fein füllen, bie mich überhaupt nott allem Outen 
abhielten, tann ®ein (Srnft nid)t fein. (Sin folcfjcS Süchten unb 
3J2effen anbetet ift mir in deinen ^Briefen neu; idj fetbft bin baju 
nur gar ju oft aufgelegt, aber e§ ift {»eilforn, menn icf) bann ftet$ 
an meine ©d)road)t)eit benfe unb mie nötig id) Stadjficht habe. 
9Jfit meinen greunben unb ,ißfeubofreunben‘ bin ich hier im deinen ; 
oon meinen Meinungen bringen fie mid) nicht ab unb id) bin für 
bie Erfahrungen, bie id) mit ihnen gemacht, banfbor (folgt bcr 
früher ermähnte ißaffuä über bie ffreuubjdjaft). SBa3 mein (Sjamen 
betrifft, fo tonnte ich c8 mohl bis in einigen Monaten machen; 
ba mir aber $eit unb llmftänbe erlauben, noch mehrere 3ahre 
meiner ÄuSbilbung ju roibmen, fo jiehe ich eS oor, nädiften SBinter 
noch ^ßaubetten ju hören unb bann im Schling j U bohorieren." 
S3ei ber offenen Sluäfpradje jerftreuten fid) bie SBolfcn rafch- ,,3d) 
bante für ®einen 93rief," jdjrieb bie äftutter; „benn ®eitte§ (per* 
jenä ©efintiungen finb mir baburd) mieber einmal Har gemorbeu. 
3d) bin tränt unb ich bin in ber ungeroohnten fjrembe; ba mußt 
®u mir SßertehrteS etroa ^inge^en taffen. Safe ®u bentft, id) 
moflte 2)id) tränten, fdjmerjt mich, roeit ich barin ein ju geringes 
©rtennen meinet Siebe loahrnchme. ©ag ®ir ächjnfältig bei jebem 
meiner ©riefe : eg ift bie alte SJtutter, bie jchreibt; nur ihre Siebe 
ift nod) jung. Slngft führte meine gebet ; fie entjprang ber Siebe. 
3d) fürchtete, alles ju fehr gehen ju taffen unb mid) um ®ein 
inneres ju roenig ju fümmern, mid) ju fehr auf ®etne ©elb* 
ftänbigteit ju ftirfeen unb aus 93equemtid)feit ber Pflicht ber (Sr* 
maljnung nicht nadjjufommen ; ich fiirrfjtete, mein 3utrauen ju 
®ir fei ju grofj. ©ift 3)u benn allein oerantroortlid) für Sein 
Seelenheil ? eingenommen auch, ja Don je^t an, fo habe id) Diel* 
leid)t bod) frühere ©eruadjläffigutig Derfchulbet unb füllte baS tUer* 
fäumte toenigftenS nachäuholen fliehen. • Slber menn ®u nur ftetS 



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19 



in Sir fortfrf)tcitcft unb ein wirtlich innerel lieben öon Sir ge= 
hegt unb gepflegt wirb, fo bin id) jufrieben; ©ott roirb bol anbere 
öetfeben. ,3roanglweijel Ueberjengenraotten in biefeu Singen ift 
öerfefjrt. Slber loürbeft Su ber Ijiftorijrfjen Kontinuität ftetl folgen, 
fo ntüfjteft Su bal Kirchenöetfäumen all einen SBrud) mit bet 
Sßergangenljeit anfeben ; beun oon Kinb auf warft Su an» Kirchen- 
geben gemöbnt. Unb icb bädjte, bie Kird)e fei eine ©emcinfd)aft 
aller ©laubigen, niibt blofj bet grennbe unb ®erroanbten. 3 d) 
toünfcbe bei Sit nicht ©innelänberuug, fonbern ©innelerhattung. 
Sin mit felber finbe id) jo oielel 51 t richten, baf} id) bacbte, bei 
Sit möchte el oielleidjt auch nötig fein, unb ba mit hoch etroeldje 
Slebnlirf)feit h Q be»t, beitfe ich, eine geraiffe Schüchternheit fei t»iet= 
leicht eher bie ©runburjad)e Seinem gurüdäiehenl, ment» el gibt, 
öffentlich feine ©efinnung ju betätigen. Sßal bie 3 teunbjd)aft 
betrifft, fo bejog fich meine Zumutung nidjt auf einen $reunb im 
fdjönen ganjen Sinn, fonbern blofe auf einen, bet ben Stauten 
trägt, im ©runb aber uni ^erabsiebt. 3 ft bie» bet gatt nicht 
unb bift Su ftätfer als ich gebaut, fo bin id) oon ^etjen froh 
unb ift mit Seine Sreue golbelmert; ich miß glauben auch wo ich 
nicht {ehe. 3Jtid) h at im ganzen Seben nichts mehr gehärmt, all 
»Denn ich in Singen, bie mein 3nnerftel betrafen, oon meinen 
Siebften nicht Derftanben mürbe; Sir hätte id) bicfel ©lüd ge- 
münzt, unb ich weiß, baß ber Umgang bet Siädjften unenblichen 
CSinflu^ aulübt unb mit unfete ©elbftänbigfeit eben bann leicht 
einbüfjen, menn mit jemanb lieben unb alles mit ihm teilen 
möchten. Sßeil id) felbft oft einel ©rntannenl aul bet «Schlaff* 
heit, eine! Slufraffenl aul geiftigein Schlaf, einel 3 errc i& cng ber 
mich h^mmenben irbifchen 93anbe bebarf, einel geroaltfamen 9tudl, 
um mieber jut Freiheit 511 fommen, fefjte id) biel Söebütfnil auch 
bei Sit ooraul. 9tun mag id) Süße geprebigt höben, mo foldje 
nicht oon 9iöten ift, menigften! nicht auf bieje SSeije. Slrbeiten 



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20 



roir alfo, jcbe§ auf feine 2 ltt, jum griebcn mit ©oft ju gelangen- 
SBag Sein ©tubium betrifft, fo fcßien mir, mir oerftnnben bie 
©ache 511 roenig, niemanb tiintmere fid> um Seinen gortgang, Su 
fiihlteft öielletctjt bie Saft beg 21lleintrageng unb niöctjteft Sir bei 
Scannern Seineg gadjeg in Safe! Stat erbeten. 9?un, idf roerbe 
raoh( ferner, um nicht feb)T ju gehen, biefen fetten angeftimmten 
unb be?hot& bigharmonijch geroorbeteen Son fallen taffen müffen 
unb roieber bie angeroühnte unb angeborene Stolle beg Sieben? unb 
ÜWitteilen? mehr a(g bie beg ftrengen Grmahneng übernehmen; eg 
ift mir lieber unb teichter, unb icf) bin froh, wenn ich bloß biefeg 
anroenbeu barf." @0 fant bie beibfeitige 2 lu?fprache jum guten 
Slugftang; in bet .'paiiptjache hotte man fich hoch Gin? gefunben, 
unb alg gahrjcßnte fpäter ©nrcfharbt fetber alg ®ater bie grage 
ftettte: „©ehft Su regelmäßig jur Kirche unb ftehft Su täglirf) 
mit ©ott in evnfthaftem, aufrichtigem 93erfef)r?" oerftanb er 
bie Sorgen feiner SJtutter, bie öebeutung fteter Uebung unb bag 
Unjulänglicße beftgt’h’gter geftigteit toeit beffer alg bnmalg. 

Sie s fßfiiigftferieu beg berliner 2tufenthotte8 beachte er, über» 
rafd]t, roeil nicht mit afljuoiel Grroartuug hingereigt, in ber 
fächfifchen ©diroeij ju; im ©ommer befudjte er bann auf fünf» 
rauchiger Steife mit jraei greunben ©reifgtüalb, Steigen, ©tratfunb, 
Stoftocf, 2öarnemünbe, Sobberau mit feinen jeltjam trinffreubigen 
©rabinfeßriften, ©chmerin, Sübecf, Hamburg, .fpannoüer, 2 lmfter» 
bam, £)aag, ©chebeningen, ßeejbeit, Stotterbane, Slntroerpen, 93rüffet, 
Köln, SBiegbaben unb grnntfurt, bann rafcf) bie SJtutter am 
©enferfee; unb nad) titrier Staft ging eg, biegtnat mit feinem 
Süetter unb nachmaligen ©chraager 2 tbotf Suvcfharbt, jum lebten» 
mal für? SBiuterfemefter 1853 54 nach beeil geliebten |>eibelberg. 
Sie Gltern hotten ihn gerne bei fid) behalten; aber fie ließen 
feinen ©elbftänbigteitgtrieb geraähren. gmmerhin eoünjdjten fie mm 
ju erfahren, too bag ©tubium hinaugraolle unb euie ber ©ohet bon 



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21 



jufünftiger Dätigfeit unb Seruf benfe. Stanb bocf) ber unb jener 
ber 911terlgenofjen fchon in ober oor einer praftijchen £aufbaf)n; 
eine foldje für ben ©ohn in3 2luge jii faffen mochte bem Sätet 
loo^l nahe liegen, roährenb bie ÜJiutter im |jinb(icf auf ben früh 
öerftorbenen trefflichen ©chroager Stjriftoph Surcfharbt unb ben 
noch in oollftem SBitfcn ftehenben Sruber SEßilhelm S5ifcf)er roofd 
an atabemifrfje ^Betätigung badjte. Die Slntmort lautete baljin, et 
föune nur ©inl Jagen: einftroeilen trachte et jo ju ftubieren, baf? 
et in feinem gacfie lein bloßer 'Dilettant fei. Dal ftelje ihntfeft: 
bem miffenfchaftlichen Serufe all Dojcut ober ©chriftfteller toerbe 
er fic^ nicht mibmen ; fo gut it>m biefe Dätigfeit an unb für ficf) 
besagen mürbe, fo lomme el ba eben nid)t aufl SSollen, foitbern 
aufl können an unb ba fehle el. Slnbrerfeitl, all Üfotar in eine 
©chreibftube ju fißen, Setmögen ju oerroalten unb 3inje einsu* 
Sieben, furg, biejem trodenften aller ©ejdjäfte bei ©elboorteill rocgeit 
fid) jujuroenben, baju fönnte er fid) nur entjcfjliejjen, menn et 
butchaul barauf angeroiefen märe ; foroeit rootle er el bringen, baß 
er, menn nötig, bal betreffeube ©jamen mofjl hefteten fönnte; aber 
lieber märe et bann noch ein ganjet Kaufmann geroorben. ©I gebe 
ober bocf) auch praftifd)e Sefd)äftigungen nnberer 5Irt, mogu er 
mehr Neigung fpüte, jum Seifpiel all 9fid)ter. ©orocit bie in 
mancher §inficf)t bejeidjuenbe Slutroort; im erften Deil eine ©elbft* 
befd)eibung, mie fie in biejem Sebenlftabium rnohl nidjt eben häufig 
ift; fie h a * Üju auch 1866 oeranlafjt, bie Don unjerer anberl* 
benfenben juriftifd)en gafultät burd) ihren Defan ®. ^artmann 
an ihn gerichtete Slufforberung, ihr all ©hrenbojent beijutreten, 
mit berfelben äJfotioierung abjulehnen. Daneben äufjert fiel) in 
jener Slntroort ein geroiffer fyreiheitltrieb, ein etmal einfeitig ge* 
ftimintel 21blehnen ermerbenber Dätigfeit, unb pofitio ber Söunfd), 
ber Slflgemeinheit irgenbroie, fei el auch nicht in oorberfter Sinie, 
gu bienen, ißolitijche Karriere ju machen, barauf ging er nie aul; 



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22 



jebeS neue Amt matb ihm je unb je Anlafi ju neuer Prüfung, 06 
er roohl beftehe; aber jene ©icfjtung feiner ©ebaufen fprach fid), 
ftorer noch als in biefem Aufjchlufj, fcbon in ber mäljrenb be3 
erften ^jeibelberger Aufenthaltes erfolgten ©ieberfdjtift auS Gicero§ 
©uch Bom Staate auS: „©ich* baju h«t uns baS ©aterlanb et* 
jeugt unb erjogen, um nichts Bon unS ju forbern, um nur feiner* 
feitS unS ju bienen unb nuferer ©uhe unb 9©ufje eine fixere 3u= 
ftucfjtsftätte ju gemährett, fonbent um bie bcften unb ftärfften 
Äräfte unfereS |>erjen 8 , ©erftanbeS unb Urteils ju feinem ©u^en 
als ©fanb ju nehmen unb uns nur jooiel jum eigenen ©cbrauche 
übrig ju taffen, als eS entbehren fann.“ @8 mar gemijj nicht 
oorab baS l»iftorifrf) Stjpifdfe, baS für bie Grfaffung einer längft* 
Bergangenen 3 c *t ethifd) 3ntereffante, maS ihn an biefem alt* 
rümifchen Grebo anjog, fonbern es mar ein ihm aus ber Seele 
gefprocheneS, bie eigenen fiebeuSanfchauuugen roiebergcbeubeS ©e* 
fenntnis. 35aß bie ©erhältniffe ihm bie Freiheit gaben, es jur £at 
umjufehen, bafiir mar er ftetS banfbar. 

Sinftroeiten h°nbette eS firfi aber noch baruin, mit 9©ad)t 
©anbeiten unb anbere GjamenSoorbereitungen ju treiben, gilt beibeS 
mie auclj für beit Abfcfjlufj fctber fdjien ihm «fjeibelberg fomoht Bon 
feiten ber oertrauten ikljrer unb Gjaminatoren als ber ungeftörten 
ArbeitSmufje ber geeignetfte ©oben. $)ie ©nSler ©rofefforen mareu 
inbeffen mit biefem erneuten Aufenthalt am ©eefar nicht atljufrieben 
unb Berfefeten mit ihrem Urteil über bie bortigeit $oüegen bie 
Gltern unfereS Stubenten in nicht geringen Sdjrecfen; fpejied 
©angerom marb abfällig eingefdjäht unb baneben angetönt, es märe 
paffenber, roenn ber junge ©aSler ben ®oftorhut in ber ©aterftabt 
unb nicht im AuSlanbe holen mürbe. 2>er liefe fich baS aber nicht 
anfechten. „Sch gebe ju,“ antroortete er auf bie mütterlichen ©Jam* 
rufe, „bah unter unferen ©rofefforeti ’feier Bielleicht nicht einer ge* 
rabe ein ©enie ift, baS auf Sahi'hunberte einen ©amen h fl b £ n 



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mirb. Slber 3Binbfd)eib, mie er t>or jroei 3q^rcn 33ongevojt> ^örte, 
rühmte mir, er fjabe feit Saoignp feinen folgen 2ef)rer mehr ge= 
feben. 3n ber £at ift er in feiner 9(rt ausgezeichnet; alles, maS 
er fagt, fönnte nitfjt beutlidjer unb flarer fein ; in biefem Seftreben 
gebt er freilich oft etroaS weit unb wirb breit. UebrigenS bot 
man and) itocb auf anbereS ^u fef)en als auf bie Kollegien; jeber 
ift gerne ^ier unb jeber fpridjt noct) in feinen fpäteren fahren gern 
ton ber Qeit, bie er hier perbradjt. 2BaS ben jDoftor betrifft, fo 
gebe id) ju, er ift b^r leichter ju machen als an manchen anberen 
Drten. 9lber maS beroeiSt fd)liejslid) fo ein Ejamen? Sei unS ift 
ber Sitel ein notroenbigeS llebel unb einerlei, roo man ihn ge« 
holt bat." 

3lm 14. 9Wärj 1854 marb benn and) bieS Uebel in ber 92ecfar= 
ftabt ohne ®iffertation mittelft jmeier fcbriftlicber Arbeiten unb 
einet münblicbeit fßrüfung glüdlid) abjoloiert. 3>a8 peinliche Serbör 
nolljog fich nad) löblichem UfuS abenbs beim Scbmauje in ber 
SBobnung beS 35efan8. $er ©rabuierte fanbte tagS barauf ber 
SöJutter folgenbeS ©enrebilbdjen gemütlichen UnmerfitcitSfleinlebenS : 
„$5aS prädjtige Söetter lub geftern ju allem eher ein als ju einer 
breiftüubigen EramenSfifuing; bie Herren mären roobl fo ungern bei 
ber Sache mie ich unb farnen ade oon Spaziergängen, mären baber 
mit einem guten durfte üerfcben; bem tonnten fie abbelfen, inbem 
auf bem runben Sifcb, um ben man fab, oier grofje Skinflafdjen 
bereit [tauben. Sei ben jroei erften, Dtojsbirt unb Stittermaier, 
ging bie Sadje gut unb id) ftürfte mich au ber Siagoutpaftete, bie 
ber |jerr Oberpebell je^t jeroierte. Unterbeffen marb eS bem alten 
üftittermaier ju lange, unb er »erliefe unS, um fich im hefigen 
5b eQ ter ben fpamlet anjufeben. 9iuu fam fRenaub; ba ging eS 
minber gut; er tnquirierte auf eine obiofe Slrt über Srboerträge 
biä ins fleitifte ®etail: über bie Einteilung in pacta constitu- 
tiva, conservativa, restitutiva, devolutiva, disposiliva, übet 



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24 



bie gorm, über bie grage, ob JeftamentafähigfeitSalter genügt u. j. ro. ; 
er roifl mehr jcigen, roaä er weiß, al$ fe^en, ma3 ber Sanbibat 
gelernt hat. 53ei 3öpfl mar e» mieber bejfet, utib nun rüdtte eine 
$aufe unb zu ihrer ^IitSfufiung ein ejcellenter 3tef)braten mit 2attid)= 
falat an, üoit bem icf) jebocf) nicht mit großem Appetit aff, ba 
SSangeroro mit ben ^ßanbetten brof)te. 2)od) beftanb icf) bann ge= 
rabe hierin gut unb befain baburd) SKut unb ?lppetit, jo baf? mir 
bie nun folgcnbe lorte nicht übel munbete. 3ut f fct lam 3J?of)l, 
ber mid) über fri)roeizerijd)e8 ©taatgrecfjt ber lebten 60 5af)re fragte, 
toorin er rcdjt gut bejdjlagen ift. Snblid) toar eg gegen neun Uhr 
oollbrad)t unb ber 4)err ®efan h>c& mich abtreten ing Diebenjimmer. 
3eßt mürbe ba8 Urteil gefällt unb ich bann mieber hineingerufen; 
eg mar mir äufjerft lieb, al8 eg f)tc§, ber |>err Äanbibat habe jein 
Gramen summa cum laude beftanben unb eg werbe mir Ijieju 
gratuliert. SBangerom forberte mich nun noch auf, mit ben Herren 
anjuftoßen, mast id) mit Sreuben tat, roorauf ich mich fofort mit 
einem ft'uir entfernte. Gg mar mir bebeutenb roohl, mie ich ba8 
,§aug im 3tiiden unb meine harrenben g-reunbe oor mir hatte; 
3hr fönnt (Sud) benfen, baf) eg an biejem Sfbettb etroag jpät mürbe.“ 
3>er neue 2)oftor mar nidjt gejonnen, fid) ftratg in bie ißrajig 
cinjpannen ju laffeit. Sr meinte, jeßt fange bag ©tubicren erft 
redjt an; um fich adfeitig zu bilbett, tnüffe er feine fjachfenntniffe 
Oertiefen, fid) tüchtig in anbetn SBiffenggebieten henuntummeln unb 
allerlei fianb unb fieute fef)en ; roer fönne roiffen, mie meit fid) 
baju nod) ©elcgenhcit biete, roeun man erft einmal in 93ajel feft- 
jiße. ®ie Sltern willfahrten bem ©ohne in ber weitherzigen 
äBeijc, mit ber fie fein ©elbftbeftimmunggrecht je unb je achteten, 
unb jo marb bie errungene grei^eit zunächft noch einen Sommer 
lang im jefjönen |)eibelberg genoffen; bie mannigfache Seftüre unb 
biegmal noch mehr bie oiele 93eroegung im freien, beibeg £ebeng= 
bebürfniffe, bie ob ber Gjamcngoorbereitung etroag waren t»erttarf)= 



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25 



tätigt roorbeit, mürben mieber aufgenommen; neben 9Jiobt3,Slunt)cbliS, 
SlittermaicrS unb ^euerbarfjS juriftijcfjen Serien mürben DiacaulapS 
(SffapS, ^euSlerS Trennung beS SlantonS Sajel, Sfonnarbs 3ort= 
fefcung ber ©cbroeijergefcbicbte burcbgelefen unb »on ftf)öner Sitte» 
ratur einige J)uf}enb Serie genofjen, Don SXriftop^aneä über Salberon, 
Seffing, Sielanb, ©Ritter, ®oett)e, 3ean ^Sou(, SOianjoni unb 
Qmmermann bis hinunter auf |jmuff unb |>et)fe. 3n ben ißfingft» 
ferien mürben bann bie Jtfjeinlonbe, nad) ©einefterjcblufj (Stuttgart, 
Ulm unb Slugsburg unb im fpodijommer bie biinbnerifcfjen 9thein» 
thäler, baS Sngabitt unb baS Scrgell, roo ein alter gofingerfreunb 
beintgejucht warb, bereist; ein prächtiger ©emSlopf, eine Seute 
feines fyühterS, beS berüchtigten Sägers ßotlani, hielt jeitlebenS 
bie (Srinnerung an bie gelungenen Serg» unb. ©letjcberfabrten 
lebenbig. ©o warb ber ©omnier im mefentlichen mit fröhlichem 
Summein 5 iigebrad)t. Sei all biefent Säubern fehlte eS nicht an 
©efellfchaft. ®ie gelungenfte (Spifobe mar bocf) mohl bie, wie er 
einen in Sonn ftubierenben fjreunb befuchte, ihn aber auSgeflogen, 
unb als er bann nach |>eibelberg jurüdfehrte, bort oorfanb; jeber 
hatte beni anbern biefelbe Ueberrafchung jugebacht; natürlid) roarb 
nun bie Jour Derlängert unb bein abgeriffenen Sonnet nach beftem 
Sermögen mit ®elb uitb (Sarberobe unter bie 9lrnie gegriffen. @iit 
Silb, baS ber SJhitter biefen unb einen ^eibelberger greunb fcf)il» 
bette, mag als gengniS für SurdharbtS fieberen Slid hier feinen 
ißlab finben: „3£. ift ganj beutfeher ©tubent, Doll ißhontafie, t»olt 
frifcher SebenSluft, ooH Siebe unb Segeifterung für alles ©d)öne; 
baS Sllltäglidje üerad)tet unb üernad)fäffigt er oft bis jur SJtffel» 
tiertheit; (Selb unb ©elbeSroert finb ihm gan$ gleichgültig; bagegen 
ift er ein trefflicher Segleiter in ber freien Satur ober in Äirdjen 
unb s D?ufeen, freut fid) an jeber fd)önen 3lu8ficbt, an jebem male» 
rijeben Swnft, bleibt entjüdt unb erftaunt oor jebent ßunftbitbe. 
43- bagegen ift ba§ Urbilb citteS foliben SaSlerS: immer fid) gleich, 



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— 26 — 

wenigftetig nie fo bewegt, baft cä äufcerlich beroortritt, nüdjtenT 
ofteS betrachtenb unb bann feine oft richtigen 3been anbrittgenb, 
auf bag ©elb teiber nur jn tjo^en B?ert fefcenb, bagegen äuoer= 
läffiger auch i m Steinen alg X., praftifcher, foliber. Slergerlidj 
mar eg ntir, wenn er oft an ben fchönften fünften fein 5Rechmtngg= 
bud) h eröor 5°9- bie Sluggaben berechnete unb abmog, wag teuer, 
wag wohlfeit fei. 3- f fl b in 3£. nicht üiel mehr alg einen Suntp 
unb X. fcfjalt 3- rinmal iiberg aubere einen gebauten." 

Ser Stbfchieb oon ^eibelberg warb Burdharbt nicht leicht; er 
fanb aber im §erbft einen freilich anbcr» gearteten ©rfafc in ^ßarig. 
Bon feinem bortigen Slufenthalt hat ec immer mit befonberer fjreubc 
gefproefjen. @r war ein ju guter Beobachter, alg baff ihm bie 
Sdjattenfeiten beg franjöfijchett SBefenS unb fpejiell beg ^Satifcr 
Sreibeng unter bem jmeiteu Saiferreiche entgangen wären; er pflegte 
über beriet fchonungglog ju urteilen unb cg womöglich jur ©eite 
liegen ju taffen; aber er muffte unbefangen bag @cf)te unb (Srofee 
ooranjuftellen, bag fiel) ihm bort bot, unb wie einige oierjig Saljre 
nachher in feinem §aufe ein guter SBuppertater SJiijfionggaft mit 
©ntfehen tion bem „mobernett Babel“ unter berber apofalpptifcher 
Benennung jprach, geriet er weiblich in ^»arnijeh unb meinte, man 
möchte hoch juerft oor ben Suren oon Berlin lehren. Sieben oer= 
fchiebenen Surfen an ber Ecole de droit unb ber Sorbonne waren 
eg bejonberg bie ©jungen ber ©ericfjtghöfe, bie ben jungen Suriften 
anjogen. @r ftubierte in feiner mett)obifchen 2öeife eifrig bie üer= 
fchiebenen 3 ro eigc beg franjöfifchen Stectjtg, bie Bermaltung, fpejietl 
bie Sltmenpflege, bag ©oilftanbgmefen unb ben ©taatgfchulbenbienft, 
bann Strafrecht, ©trafprojefj, §anbelgrecht, Berfchollcnheit, ^t)po= 
thefarwefen unb (Sprecht; eg ift ihm manches baoon fpäter birett 
ju gute gefummelt. Sattebeu trieb er frangöfifche unb oerglei^enbe 
Sitteraturftubien, forfchte fpejidl auch bem ©inftujjj ©Ijafefpearcg 
auf bie neuern Sichter nach unb fchenfte ber franjöfijchen Sunft 



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27 



eingeljenbe 58ead)tung. Sie golbene Slltartafel im ^otel be Slunt; 
roecfte alte ©djmer^en; oielleirfjt ift bamals bet erfte ©runb ju 
jeinet jpätercn Sßublifation über ben öaSler Sfirctjenfc^nfe gelegt 
motben. daneben bejudjte et bie grofjen Sammlungen, bie ft'on= 
jerte beS Eonferöatoire unb bie SLtjeater mit bet unermübtict)en 
SeiftungS; unb ?lufnal)mefäf)igfeit, bie if)tn bis in jein Sllter in 
einet für bie ^Begleiter ftetS unbegreiflidien unb mitunter rectjt füfjl* 
baren SSeife eigen roat, unb erfreute fict) montier gaftlicfjer 93e= 
Reifungen, forooljl in 93aSlerf)äujern als aud) mit Stünftlcrn, ju 
benen er fid) je unb je gern fjielt; er liebte öon ifjnen maudjeS in 
Singen bet ftunft gu lernen unb in if)rent ungegmungenen Serfefyr 
mar ifjm ftetS bejonberS rooljl. So Ijat er jpäter öon einem 23ejud) 
bei Slrnotb Söcfliit in Slorenj, bejjen EnbergebniS ber Slnfauf beS 
OpferfjainS fürs SHujeum mar, bctannt, er Ijabe in einer Stunbe 
angeregteften ®cfpräd)S meljr gelernt als jahrelang in Südjern. 
Sn s }?ariS ging er bantalS bei Äupferftecber SBcbet auS unb ein 
unb jal) aud) häufig Sanberer, SBinterfjalter unb öiirfli. Safe 
aud) fein fjfreunb Df- ftarl ©teljlin in ißaris roeilte, erfüllte bie 
Slnnelpnlidjfeit beS SlufentfjalteS. 

Sranfreid) jtanb bamalS mitten im Ärimfrieg. Ser Sontraft 
jmifcben beut Jammer in ber Jenie unb ber ungetrübten .pcfee ber 
Buftbarfeiten in 'Baris gab 33urdf)arbt nad) feiner SBeije oiel ju benfen.. 
Er mar nicfjt erfreut über bie 9lrt, roie offtjien baS Sletib öer= 
tufdjt, für bie gloire tfjeatralifd) Stimmung gemadjt, ber natio» 
nalen Eitelfeit geroeiljräudjert, ber gcitib als öerädjtlidj, fjalbmilb, 
lügenhaft, feig, trunfenbolbig unb graufam, baS öcrbüitbete £>eer 
bagegen unb oorab ber ftangöjijdje Solbat als liebenSroürbig, tapfer, 
felbftloS, furj als SluSbunb ber (Itfjif bnrgeftellt mürbe. Sie 
enorme 3ugfraft eines SpeftafelftüdeS, Srfjlatfjt an ber Sllnia be= 
titelt, im theätre du Cirque, mobei mof)l auf poliere SJeranlaj- 
jung oftentatioe iölufenmänner in beit stalles fafjen unb im paffen- 



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28 



ben Piomeut in Peifall arbeiteten, täujchte itjn uicf>t barüber, baß 
im $aijcrreitf) nicht alles, mag glänjte, ©olb mar. @r notierte 
ficf) mit Staunen bie nur allju offen öerftecftcn s 45erftfffogen frf)lintm= 
fter Art, bie in ben Sweatern unb Plättern trofe alter Scnjur über 
Ä'aijer unb Ä'aiferin auSgefchüttet mürben, unb bie Ühatfache, baß 
in einem Abenbfurje einfache Arbeiter mit gejpannter Aufmerfjam= 
feit unb, mie bie Klarheit unb Schärfe ihrer fragen unb Ant= 
roorten geigten, mit beftent (Srfolg fich über 9ted)t unb Perroaltung 
belehren ließen, ©r erjchraf oor bent ©ebattfen, baß ®umaS in 
feiner deini-inonde mahr unb nicht bramatijch übertrieben fönnte 
gefchilbert haben unb berounberte bie Sreue, mit ber ponjarb iit 
„l'honneur et l’argent“ baS riicffichtSloS materielle Strebertum 
unb ben ©elbfultuS gefchilbert hatte. ©r, ber im ^Reichtum eine 
Perantroortung unb eine Duelle oon pflichten fah, hatte für egoi* 
ftifch'gcnüfjlerifcbe PermögenSanhäufung, für ©elbftolg uub für 
fogiale SBertutig je nach ber 3aßl ber Dtutlen feinertei PerftänbniS. 
1852 hatte ihm ftortiim auS ber Seele gesprochen, als er baS 
fontmuniftijche Schaßgraben ber Perner unb baS fonferoatioe ber 
SSiener Spefulanten, baS Treiben beS jyabrifabelS gegenüber bem 
oon ihm gefchaffenen Proletariat, überhaupt baS gange genuß» unb 
gclbgierige Sßcfen tabelte, bem höhere 3 been unb 3 ro ecfe fern lägen. 
Sei Ponjarb fanb bieje Stimmung ein miHfomuteneS ©cßo; bie 
Per je: 

„et quand on est pourvn de tont ee qu’on aouhaite 

il faudrait etre un sot poar ne pas etrc honnete“ 

«rjcßicnen ihm als 2Raf)nung, gehltritte unb tS^cbarfeit ßorficf)tig 
unb nicht fatt gufrieben moralifcß ju roürbigcn. 

Dieben allebem hatte er in Paris engtifche ©ejcßicßte, Sitteratur 
unb Pe^tSoerhältniffe 311 ftubieren begonnen, um fich 8 U einem 
Aufenthalte in Ponbott öorgubereiteit. @r führte ihn im Sommer 
1855 aus, befuchte mit erfchopfenber ©rünblichfeit bie Stabt unb 



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29 



ihre Umgebungen, mit beionberem ©nt^üdeu bie ©artenanlagen unk 
funftgefcbmücfteu Seboufungcit ber englifdjen ©roifcn, Stidjmonb« 
liebliche |jügel, ben $flanjenreid)tum nun ®ero, bie Scheine be« 
Sritifcben 3JtufeumS utib ber Stationalgallerie, ttidjt ntinber eifrig 
aber auch bie ®erid)t«böfe mib bie Sibliotbef. Slbeub« bitbete er 
firf) gerne im Cigar Divan gegen ©rlegung bet üblichen t)ntben 
Srotie bei ambulanten £ef)rmeiftern im Sd)ad)fpiele au«. ®r ift 
ber ebefn ßunft bi« in bie lebten Sabre, mo iljn jemeilen nad) ben 
erften 3üge» ba« Slftbma anpacfte, mit ©ifer abgelegen nnb tjat 
SDhifjeftunben gerne jur Söjung oon Schachaufgaben nnb jum Stu» 
btum einfd)(ägiger £itteratur öerroenbet. 2i$a« itjit bamal« in @ng» 
lanb äße« interejfierte, jeidjnete er mit fpäter nid)t roieberbolter 
Soflftänbigfeit auf; neben Jagcbiuhnotijeu über alle«, mal er ge» 
fdjaut, finben fid) ba in bunter Dleitie Semerfungen über englifcbe 
fiunft uub übet frembe S?unft in Snglatib, über SJtacaulat)« grieb* 
rieft ben ©roßen, über ©olbftnitb« Seben unb 2öerfe, über Sohn 
Siuffcl« ißolitif, marfaute SlfftfenfäHe, neuere englifcbe Slrcpiteftur, 
englifcbe« Ubeater, Slgin SJiarble«, antife Spigtapbif, englifcfjen 
^vojefe, ßioilredjt, «Strafredjt, Serfaffung unb Serroaltung, 2f)°ma8 
äJtoore, Surfe, ©uijot« 9)tacd)iaoelli, englifcbe SInfid)ten über bie 
Surt), Strafjenfcenen, englifdjeS Slnnenmefen, Stirdjenaerfaffung unb 
üftilitärroefen, politifdje ®efd)id)te, bie ©renjeit gioifctjeit Suftij unb 
Serroaltung, um nur einige« aufju^äblen. (Sr la« mit ®eroinn 
©bafefpeareg $önig«bramen, bie 3uniu«briefe, Slacfftone, Sacon, 
Dfacaulap« englifd)e öejd)id)te, 35cÜüline« englijebe Serfaffung unb 
eine reiche Sa^l Dan ÜBerfeit jeböner Sitteratur unb aon Siogra» 
pbien. Seinen Slufeutbalt befd)loi er mit einer Steife burdf @ng' 
lanb, Sdfottlanb unb Urlaub, bie febönfte, bie er je gemacht, 
meinte er bamal«, wo er Italien nod) nid)t fanute. ®ann febrte 
er für einige SJtonate nach Safel jurüd, roa er fid) jum erften» 
male bem Staat al« Serbärfcbreiber im Sobnbof nüblid) erroie« 



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— HO — 

unb im übrigen bie englijcfjen ©tubien, benen er immer treu blieb, 
fortjefcte. ©eine äBanberperiobe bejdjloß er bann @nbe Januar 
biä April 1856 mit einem lebten Aufenthalte in ißariS im $aufe 
bei trefflirfjen SBaabtlänber lEidjterg Seifte Dlioier, ben litterarijrfje 
Sroede non feinen ftitlen Surahöfjen j n fcj e franzöfijdje Gentrale 
getrieben Jjotten, roo fein ©timmchen eerloren roar roie ba3 eine» 
$eimdjen§ in einem tofenben ÜRafdjinenraume. 93ur«ft)arbt trieb 
hier fratijbfifcbe nttb euglifdje 9led)t3gejchid)te unb @eftf>idjte be3 
SRittelalterS; er madjte fidj an» C£^ronifen= unb Urfunbenlefen ; 
fo mürben z- 93. 93arante, Philipp be Gommineä unb groifjarb 
mit ©enuß unb unbefcfjobet moberner franjöfifcber .piftorifcr, ©e* 
ridjtSrebner unb DJationalöfonomen burdjgenommen; baneben ftanb 
in üorberer 9ieifje ba§ moberne 9ied)t, oor allem Strafrecht unb 
Strafprozeß; bie Surfe eou 93aubillarb, Atnoulb, Scmin, 9£ifarb, 
©t. 9J?arc unb Somenie mürben bejucht; nebenher ging ber 93efuch 
bet ^arifer äBohlfahrtgcinridjtungen; bie oeuvre centrale unb 
bie oeuvre evangelique, ber franzöfijdje ißroteftantiSmug über» 
haupt unb firdjlidje fragen aller Art fnnben, burch ®. 2RonobS 
ißrebigtcit angeregt, fein lebhaftes Sntereffe. ißariS unb feine Um* 
gebung mürben nad) allen ©eiten in Segleit trefflicher fjreunbc, 
bie er hier gefunbeti, befonberS ber nachmaligen ißrofefjoren §i3 
unb £>agenbadj, burdjftreift, Jljeater unb Sonjerte, troß utiroill» 
fommenet S’cantheitSunterbredjung, eifrig frequentiert, als füllte hier 
noch ein Diejeröeoorrat auf äebenSjeit angelegt merben, unb in ber 
Hat mürbe bann in Safe! Sljalia ftatd Bcrnadjläjfigt. 5Die ©e= 
burt beS ißrinjen unb ber erjefjnte griebenäfdjluß brachten eine 
tReilje glänzenbet öffentlicher ©djaufpiele, Illuminationen, ©ratis* 
theater, Te Deum ec. Gin fünftägiger DfterauSflug nach 9touen, 
fjaore unb Ciaen fdjenlte tiefgeljenbe Suufteinbrüde unb fröhlichen 
93erfehr mit Sanbgleuten ; einen traurigen Ginbrucf bagegen madjte 
ihm ba? 93egräbtiiS 4?einridj .'peineS am 20. Februar, mo er als 



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31 



■einer her wenigen Begleiter bem Seicfeenwagen jum Ginietiere SDtont» 
martre folgte. 2 t. ®umal unb Sljeopfjtte ©autier Ratten fid) 
al» einzige ftanjöfifche 2 tutoren aitgefd)loffen, baneben einige 3 our= 
natiften, Neugierige unb 23erchrer bei ®icf)ter!. Sßort», fang» unb 
tlanglo! warb ber Sarg in bie ©ruft »erfenft; ba! fteine |>äuf* 
tein jerftreute fid) unb ein Xagelblatt fafete ben troftlofen ©inbrud 
baljin jufammen : „on etait indifferent ä la mort d’un liomme 
indifferent.“ ©ine fd)ted(id)e SBaljrheit, meinte Surdharbt; ihm 
fdjien ba! ©djidjal bei im glänäenben ißati! felbftoerbannten unb 
bort at§ ein gleichgültiger grember geftorbenen Poeten trauriger all 
ba! Doib! in Storni. 

©ed)l 3 at>re hotte SBurdljarbt 511 feiner 2 lulbilbutig oerwenben 
tonnen. ©r hatte fie öietfeitig aulgenüfet unb freubig genoffen; 
er lehrte tüchtiger, fefter unb gefbrberter prüd, all er fortgegangen. 
@r mar nun bodi froh, in heimifdje 2 $erhä(tniffe jurüdäutehren unb 
für anbere nufebar madjen §u tonnen, mal er fid) erworben. @t 
hat fpäter ben ©egen, ber in ber täglichen mitunter auch unerquid» 
liehen ^Berufsarbeit liegt, immer unb immer mieber betont; bamal! 
aber hatte e! mit ber 2 lu!füljrung jener SBorfä^e junäd)ft hoch nod) 
gute SBege. ©I ift nie leicht, fid) au! gtofeen Sßerhältniffen unb 
au! ber Freiheit eine! Sehen!, ba! man fid) nad) SBelieben ge» 
ftattet hat, mag el noch fo gut oerwenbet worben fein, in ba! 8 od) 
einet oon außen ^erautretenben, in oft engen ©chranten fich be» 
wegenben Stagelaufgabe ju begeben, löurdharbt, ber einen gewiffen 
$ang ju befchaulichem ©tubium unb wefent(id) reeeßtioer SSSätigfeit 
hatte, liefe ben Seruf mehr an fich h er anfommen, all bafe er ihn 
fud>te ; bei bem öffentlichen SBirten, bal er erhoffte, war bie! aud) 
taum anber! möglich, ©r trat etwa all 25erteibiger in ©traf» 
fachen unb all SßrototoKführer in Sätigfeit; im ganjen aber fuhr 
er junächft fort, feine ^rioatgelehrfamteit ju förbern. @r befdjäftigtc 
fich mit amerifanifdjem Stecht unb IBerfaffung, mit 2 lrbeiterfragen, 



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Sf)efcbeibung§red)t, ÜDforatftatiftif, ®efängni?mefen unb gefd)icf)tlici»ert 
Stubien. 9tad) ben 28anberjat)ren tarnen bie SBartejahre, unb mit 
ihnen ein reiche», aber jät) abbrectjenbeü ©tuet. 

Sr grünbete im Sat)« 1857 mit {einer Sugenbfreunbiit unb 
Soufine Slife ©nrcftjarbt {einen eigenen £>au$ftanb. 3$on bem in 
frühen Satiren oor ihrer ©eburt oerftorbenen trefflichen $atcr, bem 
Profeffor unb 9tat»hertn Sffriftoph Surctlfarbt, nnb non ifjcer geiftig 
hocfjftehenben ÜWutter, einer £od)ter beä 3ürd)cr3 ©aüib £>eß, hatte 
{ie ein munberbar reichet ©eifteä* unb ©eniütsleben empfangen, 
einen tief ergrei{enben 3auber ber äußern unb innerit Srfcheinung, 
einen lebhaften Sinn für alles ©rofje unb Schöne unb einen mannen 
Sifer, an unb um ficf) ftetS förbernb unb oerebelnb ju mieten; {ie 
mar ein tief beglücfenbeS SBefen üon ungeroühnlichem Steichtum 
innerer ©oben, Sliebe unb greube fchaffenb, roo fie ^intam. Sin 
bauertjafteS inniges ©lüd fd)ien gefertigt. Aber nad) achtjähriger 
Stje, in ber fie ihm bret Äinber fdjenfte, roarb fie ben S^rigen 
burd) eine Anfangs jahrelang in ftetem SBedjfet Angft, Trauer unb 
Hoffnung mit ftd) bringenbe intermittierenbe, bann unteilbare geiftige 
Scfrantung in junächft öorübergetjenber, bann bauernber Trennung 
entrücft. Sin fd)toerer ernfter Schatten tag feitbem auf bem Sehen 
beS öereinfamten ©atten unb Paters. SEBaS er burcfigefämpft, mie 
er bie{en bunfctn $B3eg ging als einer, ber bie Anfechtung erbutbet 
unb überroinbet, mie er nicht nur in ber Arbeit Sroft fanb unb 
maS er nun, öon feinen Sttern, Perroanbten unb treuen Pflegerinnen 
unterftiifjt, in oerboppeltein SJtaße feinen Äinbern mürbe, täfet fid) 
hier nur anbeuten. Am Snbe feinet SebenS angelangt, bticfte er 
aber barauf jurüd „mit SDant gegen ©ott für baS niete ©ute, 
ba{j er ihm getan unb in ber Hoffnung, baff aud) baS erfahrene 
Seib ju feinem |>eil bienen müffe." 

Auf jene Sßartejahre roareu rafch bie Salfre einet Uätigfeit 
gefolgt, bie bis junt testen Atcmjuge nicht nadjlicfj. Sr roud)S 



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33 



in Slemttein unb Stemter unb non Keinen in gro§e Slufgnben hinein. 
2öa3 unb wie er ba geroirft, lafit firf) nidjt fo im einjetnen fd»it= 
bern, roie bie fronen 3ugenbjal)re. 9iid)t nur, weil mit am iöeftcn 
basi mar, roonon fid) eben nid)t8 lagen läßt: bie Srfütlung ber 
täglichen laufenben ©erufSarbeit, fonbern and) roeil bie Seiten unt> 
bie mitfjanbelnben ißerfonen gefchicfjtlid) jit nat) unb bod) bem 
©direiber biefet Seiten mieber ju fern fteljen. 

28a3 fid) in ber fie^rjeit gebilbet, tarn je&t jur 9ieife unb 
jur ©ermenbung. 2)amal3 mar ber ©intritt in bie ©eridjte ber 
©eginn öffentlichen SBirtenS. Unb ba3 mit ©edjt. ®enn hier, 
in bei ba§ tEatfad)Iid)e forgfättig feftftellenben, im Sßereine mit 
Softegen unb nad) attfeitiger Srörterung öfter ©tanbpunfte an ge* 
redjten ©ormen meffenben Sätigfeit bitbet fid) ber Sinn für ejrafteS 
Arbeiten unb unparteiifd)e8, atlfeitig burrf)barf)teg (Sntfdjctben meit 
Boflfomntenet at8 im frühzeitigen potitijdien Stampfe um bie Ber* 
mirrenben fragen be8 Sage?. 3Ba8 ©urdf)arbt I)ier gelernt, ift 
ifjnt aud) in feiner abminiftratioen üöirffantfeit nid)t abtjanben ge* 
Jotnmen unb f)at itjrn aud) fpäter nod), j. ©. al8 ©räfibenten ber 
©etition8fommiffion be8 ©rofjen ©ate8, erheblichen ©nflufj Ber* 
fdjafft. @r fudite ba8 fRecht unbeJümmert um Opportunität, um 
^ßarteiintereffe unb ©arteiftanbpunft, roottte nichts für fich, meber 
SJiadjt nod) Sinflufj, unb hielt fid) in feinem ©erfahren frei Bon 
ben fteinlid) fdjtauen 9Jiittetd)en unb kniffen, bie für matidje Da8 
Sl©S ber politifdien 3Bei8t)eit bebeuten. 3m 3at)r 1858 mar er 
jurn ©iitglieb unb halb barauf jum ©tatttjalter be8 Kriminal* 
unb ®f)egerid)t8, 1861 aud) jum ©otigeiricbter gewählt morben 
1862 roarb mit bem ® intritt Bon Start gelij ©urdtjarbt in ben 
Steinen 9iat bie ißräfibentenftelte bcS @t)egerid)t8 für it)n frei, 
beren Siimmerniffe er nicht eben leicht trug; bie Sätigfeit am 
©ioit* unb am SBaijengeridjt mar ihm eine mififommene §tbroed)8* 
tung. 3)a8 ©id)teramt abforbierte aber feine S«it nicht ußttig ; er 

®a»tcr Saljvtmd) 1003. 3 



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34 



fajj feit 1862 im ©rofjen 9iat, jeit 1863 im Äirdjenrot, beibe§ 
nun auf CebettSbaucr, jchrieb in bie „Sanier Leitung" unb eine 
fEei^e oon 3eitfd)riften, machte, of)ne große 93egeifter«ng, eine 21n= 
phl militärifeßer Uebungen alä 3uftijjefretät mit, am Sujienfteig, 
in Senjbutg, in Sitten (roo bantalä nirgenbä ein 5öab p befommen 
mar, aufjer im Spital, wenn man e3 jroei Jage Dorier befteßte!) 
unb roibmete firf) baneben gemeinnüfcigen Gingen, jo bem Kinber» 
jpital, bem et faft 45 3al)re lang, plefct 15 3ahre alä ißräft* 
bent, treu blieb. 1858 pg er fürä StaatSarchio Üiegeften über 
jirfa 3500 Urtunben beä 9luguftineriitnenflofter3 Klingental unb ber 
Kattljaufe SKargaretental aus unb publizierte bann mit S. 9iiggen= 
barf) im achten bis je^nten ^pejt ber Ulitteilungen ber ©ejefljehaft 
für oaterlänbijdje Slltertiimer Slrbeiten über baä Klingentatflofter 
unb ben Kirchenfchate be3 3J?ünfter3 in SBafel. Er hatte, objehon 
bureb feine Stubien unb bie Jätigfeit alä Kommiffionämitglieb 
ber 9Jf ittelalterlidjen Sammlung roohl oorbereitet, biefe lefctere 3Iuf* 
gäbe nur pgernb übernommen: „ ict) oerfteße nict)t oiel baoon unb 
mache mir nicht gar oiel barauä," fagte er, „aber ba firf) fonft 
niemanb bran machen miß, muff ich eä tooßl ober übel tun." 
Snblich faß er auch in ber Kommijfion für baS neue Sioilgefefc, 
um ba8 unä furjfichtiger Unoerftanb pni bauernben Schaben 
unjereä 9techte§ bringen foflte. üftimmt man p aß biefen 

Gingen bie eben ^tefüt roie pm fonftigen SBeiterjdjreiten er» 
forberlicheu oieljeitigen Stubien, jo ergiebt fich ein moht auäge» 
füßteä ißenjum. 

Sr h Q tte fich ncirf) manchen Seiten fo tüchtig beroährt, bajj 
er am 2. Scjcmbet 1867, a(3 eä galt, Karl 93ifcher unb Smanuel 
93urctharbt»f5ürftenberger p etfeßen, neben feinem Onfel SBilhelm 
iBijcfjer pm ßJiitglieb beS Kleinen ßtateä geroäßlt mürbe, lieber» 
rafcht forberte er Sebenfjeit. Sä fiel ihm feßr fchroer, bie ihm 
lieb unb geläufig gemorbenen gerichtlichen ®ejd)äfte ju oerlaffen, 



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35 



gu benen ihn Neigung unb 5 'ö^igfeit, rate er meinte, mehr ^injog, 
unb auä ben angenehmen perfönticfjen ^Beziehungen jit ben bischerigen 
Stollegen ju jcbeiben ; er raar ungeroifj, ob er fich im abminiftra* 
tioen ©ebiete ebenjo leidet raetbe ^urecf)tfinben unb beroegen tonnen, 
bejonber3 bei bem tomptijierten Stollegiatfpftem; anberfeitS todte 
ihn bie neue Stufgabe unb freute er fidj, Stoflege oon Gönnern 
raie Äart fjetij SBurdf^orbt, Stbolf (Stjiift unb Sllfonä Söchlin 511 
raerben. ®r nat)m nad) turpem ©ebeitfen bie SBahl an; an feinem 
Geburtstag tarn ihm feine (Srnennung mit bem großen Staatsfiegel 
bekräftigt ju. SEBie ihm babei ju SJtute raar, geigt ein batb nad)- 
her jum Sahreäfdjluffe an feilte tränte Gattin gefdjriebener S3rief: 
„Oebe Gott, baff ®u im neuen 3at)re batb Seine Strafte roieber 
ertangeft unb roir bann roieber oereint bie Pflichten unb Stufgaben 
unfereS SebenS tonnen ju erfüllen trachten. SSenn ich für mich 
noch einen anberen 2Sunf<h h°be, fo ift eä ber, baff ich in meinem 
neuen SBitfungäfreije meine Stellung auäfüfle unb baä in mich ge= 
fejjte Zutrauen rechtfertige." @r badjte eben oon ben Stttforberungen, 
roeldje öffentliche^ SBirfen ftetlt, t)od) unb oon ben eigenen gähig* 
feiten bejdjeiben. 9J?anchem, ber ihn nicht nähet fannte, unb ber 
au3 feinem nötigenfalls recht beftimmten Stuftreten anbete Schlüffe 
jog, ift bieS erft in feiner fetbftoerfajjten EfBerfonatie überrajdjenb 
entgegengetreten ; er, bet jeber ^ßh ta f e abhotb unb ein ffeinb bei 
3umarfttragen8 innerfter Gefühle raar, fprad) ba u. a. au§, er er= 
hoffe Vergebung für feine nieten Sünben unb Schwächen, beren er 
fich gar roohl beroufjt fei. 

Suftij unb (Srgiehung waren bie groei Gebiete, in benen er 
fortan tätig raar, unb Sdjtag auf Schlag tarnen nun neue Stn= 
forberungen: Suftij» unb GrgiehungSfoöegium, Suratet, -Jtotariatä* 
prüfungSfomtniffion, IBürgerrat, Spnobe, feit bem Sobe oon Stn» 
brea? Neuster baä fßräfibium ber Stfabeniijchen ©efeflfehaft unb 
bie Sujpeftion be3 ©pmnafiumS, ber aud) fein Schroiegeroater ber= 



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36 



einft öorgeftanben unb jein ©rofeöater Oberft ©ijcfeer breifeig Safere- 
lang angefeört featte. ©r roofente häufig betn Unterrichte bei unb 
unterzog jicfe bei ben Promotionen bem toofeltätigen ,3roang, feine 
Scheu gegen öffentliches Auftreten ju übertoinben. ©on biefer ©r= 
roägung auS mürben ifem auch bie mancherlei Seftlichfeiten, benen 
er als SJiitglieb ber ^Regierung fortan beiroofenen mufete, erträglich). 
@r mar in lleinem gciftig feocfeftefeenben Greife ein guter ®ejet!= 
jdjafter unb tonnte mit ben öerfcfeiebenften Leuten Slnfnüpftmg unb 
Xaufcfeoerfefer finben, aber bie ©anfette mit iferem pferajenjcfemalX 
unb iferer enblofen Sifeerei roaren feine Sache nicht, ©egen jene 
Scheu t>or öffentlichem Sieben unb Auftreten fent er jeitlebenS 
tämpfen miiffen; er pflegte, roenn er länger 511 fprecfeen hatte, fid) 
forgfältig roomöglich mörtlicfe oorjubereiten ; bann mar er äuoer* 
läjfig, erfchöpfenb, fadjlich, furj, tlar unb fliefeenb, fo bafe man 
ifem gerne unb mit rufeiger Sicherheit jufeörte. ©ei ernfter ©e= 
ratung in tleincn unb grofeen Kollegien, fo auch in ben ßom* 
miffionen fürs Obligationenrecht, ju benen er roiebctfeolt einberufea 
roarb, [teilte er jeinen SJlann ooflauf, unb im ©rofeen Slat mufete 
er fid) aufmerffameS ©efeöt ja oerfd)affen; aber es fehlt {efemer ju 
glauben, bafe er in einer ©olfSüerjammlung jünbenb geroirft feätte. 
Sa^u fefelten ifem allerlei Slacfeteile unb nflevlei ©orjüge, oor allem 
aus in ber Siegel ein fid)tbarlicfe tommunicatioeS geuer, etmaS 
^»inreifeenbeS. @r geroann and) im perjönlicfeen Umgang niefet fo* 
fort; fo geacfetet er mar, fo mar er eigentlid) niefet populär; feine 
Äurjfichtigfeit unb fein fcfemacfeeS PerjonengebäcfetniS, baS 511 feinem 
fonftigen nie oerfagenben ©rinuerungSoermögen feltfam tontraftierte, 
fpielten ifem manchen Streicfe. SSiec aber mit ifem näfeer ju tun 
featte, ben überrafefete er burefe bie SBärme feines SnterejjeS für bie 
oielgeftaltigften ©ebiete, burefe bie geiftige fjreifeeit unb Reinheit 
feines Urteils unb burefe ein Oon .{perlen tommenbeS perjönlicfeeS 
SSofelroollen. 



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37 



3m ©ebiete be? ©rzieljungsroefen? mar e? befonbecS bie Ku* 
xatel ber Unioerfität, bie ihm angelegen mar. 91(3 ihr ÜDtitglieb, 
unb nach SBtl^elm 93ifcf)erS lobe al? if)t ©räfibent, arbeitete er 
bi? im 3af|r 1890 am 9lu3bau ber Unioerfität mit unermübtichem 
Gsifer. J)er reiche unb rege ©erfetjr mit ihren Slnge^örigen, ben er 
amtlich unb gejellig unterhielt, mar ihm eine Quelle fdjönften ©e* 
nuffe?. ©eine mannigfachen ©erbinbungen unb jein eigene? fad) 5 
liehe? Urteil machten ihn gerabe für bieje Stellung befonber? ge* 
jebidt; er h°t an <hr ouef) nach feinem 91u?jcheiben au? ber Ste* 
gierung feftgehalten, bi? ihm bie au? mieberholten Srfahrungen ge* 
fd)öpfte Ueberjeugung, in roichtigen fragen nußlo? mitzuarbeiten, 
ben 91u?tritt au? ben @rziebung3bet)örbcn jur unabroei?lichen unb 
fchmer^lirf) empfunbenen ©flicht machte. Jie Slufzeichnungen, bie 
er in biefen unb anberen Stellungen über bie ©ejehäfte führte, 
Zeigen, mie genau er alle? nahm unb mie fachlich er «orging; ba? 
roohlerroogene ©emeinmoljl mar hier mie fonft für feine Stellung* 
nähme allein entfeheibenb. Jer Belehrung mar er ftet? zugänglich, 
aber brutale ffltajorifierung unb unlogale Kampfroeije tränften ihn 
auf? tieffte; ba fonnte et ben jehärffteu Jon anfchlagen. 

@3 jeigte fich ba? u. a. naef) feinem 9lu?tritte au? bet Ste* 
gierung, bei Slnlafj be? etroa? fpät nachhinfenben Kulturlampfe?, 
ber anfang? ber achtziger 3ahre ba? 93a?ler Seben erregte unb bie 
Aufhebung ber fatholifchen ©rioatjchule znr Solge hoUr- 3eber 
Intoleranz feinb unb burcf) feine gejchichtliche ©ilbung überzeugt, 
baß Knechtung h‘ ec nur z«<« gegenteiligen (Srfolge führe, trat et 
im ©roßen State gegen bie formell, mie ihm fchien, anfechtbare 
unb materiell tabeln?merte Stellungnahme ber Stegierung Z“ bem 
oon bet lattjolijcben ©emeinbe erhobenen Stefurfe mit fräftigen 
©Sorten auf. @r befämpfte bie Anträge ber (Regierung unb ber 
Kommijfion?minberhcit al? reglementarifch unjuläffig unb rief bem 
9tegierung?präfibenten, ber megmerfenb meinte, man foKe fich bei 



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38 



folcfjcn formellen Sinroänben nicht aufbalten, bie @adje fei ju 
roicfjtig, ju: „Sin trauriger SRut! gernbe in einer fo »nichtigen 
Sache, roo man unferen tatbolifdjen Mitbürgern recht eigentlich 
einen Stofs ins §erj nerfeßen miß, foQte man auch ben Schein 
eine» ungefeßlidjen SßorgebenS oermeibeit unb fid) nicht bem Süor* 
murfe auSfe^en, man b^e in ber ißarteileibenfdjaft nicht einmal 
bie äußere gorm gemährt.“ Unb nadjbem er biefe rein juriftifdje 
grage erörtert, futjr er fort: „©S ift bemiibenb, im Berichte beS 
SrjiebungSbepartementS ju lefen, roie eS auf bie Suche auSging 
nad) gefuiten unb gejuitennerroanbtfdjaft, unb mie erfolglos biefeS 
Suchen roar; eS ift bemübenb ju lefen, roie man nergeblidj oet= 
fud)te, baS Sufnmmenfeben ber fatbolifdjeu Cebrer unb Seherinnen 
als Klofterleben ju fonftruieren unb roie man fdjliefslidj ben foit- 
fufen 9lrti!el 27 ber SunbeSoerfaffung bebnte unb jerrte, um bie 
Dmnipotenj beS ©taateS über bie ißrioatfdjulen ju bebujiercn. Sluf 
biefen Slrtifel 27 unb bann auf linfer Sdjulgefeß, roelcfjeS an= 
erfannterm affen bie Kongregationen nidjt aufbeben roofite, ftüßte 
man fdjliejslidj ben ©ntfcbeib, roeldjer ber fatbolifdjen Schule baS 
Seben unmöglich machen fotlte. 93on biefem ©oben fpringt nun 
aber ber fRegierungSrat in feiner SRefurSbeantroortung plößlidj ab. 
SS ift barin nidjt mehr tion ber SBunbeSoerfaffung unb nicht mehr 
loom Sdjulgefeß bie Diebe. ®et fRatfdjlag belehrt uns, bafs eS fich 
empfehle, ,ben fdjroierigen unb beftrittenen SBeg ber Interpretation 
ber 83unbeSoerfaffung' ju berlaffen unb bie fatbolifdje Schule unter 
£)inroeis auf einen allgemeinen Slrtifel ber KantonSöerfaffung burcf) 
ben fRelurSentfdjeib aufsubeben. Ss ift fcfjabe, bafs man baS nicht 
früher einfab, man hätte fid) öiel Schreiberei unb ben Mitgtiebem 
beS ©roßen States Diel unnüßeS Sefen erfparen fönnen. 9lber mit 
biefer ©djroentung nicht genug, öerläfst ber IRegierungSrat and) 
biefe jroeite rechtliche s $ofition unb fdjliefjt fich roieber ber Minbet* 
beit ber ißetitionSlommiffion an, roeldjc bie Schule nidjt aufbeben. 



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39 



aber burrf) ein ©pejialgefeB bie Sefjrbriiber oom Unterricht aus* 
fdjlieBen will. 2J?an fragt fid) mirflid), warum bie ^Regierung fid) 
nidrf lieber bem Anträge beS £jerrn ©. anfd)lieBt, ber fich in erfter 
Sinie auf bas fünfte Surf) 2J?ojiS ftüfct unb als ©runb ber 2Iuf= 
Hebung angiebt, bn§ fein SebürfniS für eine fatfjolifcbe @d)ule ba 
fei. 2)ieje »öllige Unfidjcrtjeit in ber rechtlichen Segrünbung be= 
weist, mie fd)led)t eS mit einer ©arfje ftet)en muff, bie man auf 
biefe Sßeije oerteibigt. 

„Sine große Atolle in ber SeroeiSfüljrung beS SrjieljungS* 
bepartementeS jpielt ber Sjpertenberid)t, unb aud) hier ift oor allem 
ja fonftatieren, baß bei üluffteflung biefer Sjperten oon beu etemen- 
tarften rechtlichen ©runbjä^en abgegangen mürben ift. $er eine 
biefer Sjperten ßnt in ber lebten ©ißung jugefianben, baß er 2)?it= 
gtieb eines rabifalen SeteineS fei unb baff biejer Serein bie Stuf* 
Ifebung ber fatf|olifd)cn ©djule »erlangt Babe. ® e r Serein unb 
feine Ülfitglieber maren alfo in biejer (Sache Partei; nirf)t§befto= 
meniger mirb ein fotcBeS üJütglieb als Sjperte ernannt. Sr jagt 
uns nun, er B»be ben Auftrag nur ungern angenommen; icß be= 
greife baS, aber id) begreife nicht, warum er ifjn nicht abgelebt 
Bat. ®aß biejelbe S^f 00 S Qt * e i unb unparteiijdjer ©arfjoerftän* 
biger fein fann, märe im fleinften ^Srojcffe nid)t möglich ; eS ift 
ein SBiberjprud) in fid) felbft. SRun ift betfelbe £>err auch SRit- 
glieb beS ©roßen 5RateS. 3h weiß nicht, ob er bei bem Sntfd)eibe 
mitftimmen mirb; mir hätten bann geroiB aud) ein baSlerijd)eS 
Unifum, nämlid) einen 2J?amt, ber in berfelben Sache Partei, un= 
parteiifdjer Sachoerftänbiger unb fRicßter ift! — 3d) fonftatiere 
übrigens, baB jdjon im SrjiefjungSrat, unb jroar »on einem rabi* 
taten üöiitglieb, eine Sjpertife burd) unbeteiligte auswärtige ©acB^ 
»erftänbige Bedangt würbe, aber umfonft. — $er SericBt ber 
Sjperten ergeht fid) mit fidjtlidjem Seßagen in ülufjäbluug einer 
Steiße oon SerftbBen, bie beim Unterricht ober in ben Sehrmitteln 



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bet fatholifchcn Schule oorgefontmen feien. Sinige bet leibenjcf)aft= 
lichften Mgfätle finb übrigens bei bet lefeten Dteoifion fiit ben 
(Srofeen 9iat unterbrüclt worben. So h'eß eg früher beim Unter- 
richt in ber Diaturfunbe mit unmürbiger 33erhöhitung: ,Dafj l)* e & e i 
ob unb ju gonj neue 9luffchlüffe gegeben roerben, ift für bie ÜBiffcn- 
fchaft wohl nicht ohne Snterefje;' — unb bei einem SBanbatlag, 
er fei ,fo gut erholten, baff bie Vermutung nahe liegt, bie Dafein 
werben feiten gebraucht.' 2Bag hätte man wohl gefügt, wenn ber 
SBanbatlag fd)lecf)t erhalten gemefen märe? Da liegt bie Vermutung 
auch nahe! — Md) ber öon §erru ©peijer citierte Saf) betreffenb 
©chreibunterricht ift in ber neuen Auflage nicht mehr oorljanben. 

„@g ift für mich fein 3'°eifet, baff man bei unfern öffent- 
lichen Schulen, wenn man baSfelbe fritifche ©e^iermeffer ge- 
brauchen wollte, gaitj ähnliche Dinge eruieren lönute. 2Ba» fpejicll 
bie Sehrmittel angeht, fo hat oor einer Mjahl fahren bem @r- 
jiehungSrat ein beutfcfjeS Sefebuch oorgelegen, bag oon einem Seiftet 
nnjrer ^ö^ern Schulen »erfaßt war unb oon fehlem unb SSerftößen 
wimmelte. Sn jenem 33uct) war j. 33. ju lefen, baß ba» Sieb 
,ffreut euch beg Sebeng' oon 9Katl)iag Slaubiug fei; mag hätten 
unfere (Sjperten gejagt, wenn bag in bet fatho (ifrfjeic Schule wäre 
bojiert worben? Unb jeßt jirluliert beim Srjiehunggrat ein @e- 
fchichtSburf) , bag in ber ÜRäbchen-Sefunbarfchule joll eingeführt 
werben, unb bag Stoff ju reichen Mgfehungen liefern würbe! 

„Der Expertenbericht oerbanunt nun bie ganje Schule, mäh- 
renb eg heißt, bah oier Spcjialberichte oon je einem Sjperten oor- 
liegen, unb baß bie jwei, welche bie ißrimarllaffeu betreffen, burch 
aug nicht jo ungünftig lauten. Seiber finb bieje Spejialberichte 
nicht einmal ben SJHtgliebern beg Srjiehunggratg gezeigt worben. 
Mein auch für bie obern klaffen fteljt bie Sache offenbar nicht fo 
jdjmarä wie man fie barfteQen will. (Sinmat jeigen bie Siefruten- 
prüfungen, bah bie fatljolijcheu Schüler benen ber frühem Sieal- 



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fcbule utib bet Sanbfcbulen gleich ober überlegen finb. 9?un will 
man freilich biefen Prüfungen plöhlich feinen SBert beifegen, unb 
bet SRegierungSrat führt in feinem ^Bericht als {einen ©emäbtS* 
mann £>errn 9Jat.=9fat ©egefjer an; man {iefjt, bafj je nach 39e* 
öürfniS Autoritäten aus allen Sägern citiert roerben. ©onft mar 
biefeS anberS, unb neulich noch bei ©nfübrung bet obligatorifchen 
ejortbilbung^fchule roaren jene Prüfungen ein roefentlicheS (Sfement. 

„©obatm läjjt {ich nicht leugnen, baß man bei unfern ®e= 
fchäftSleuten eine gatij albere Auficfjt über bie in bet fatf)oli{cf)en 
Schule gebitbeten jungen Seute finbet, unb fchtiefjlich ift bie 
©dtufe hoch für baS Seben ba, unb nicht für ©amina unb für 
©rpertifen! 

„Au cf) bie ©perten fönnen nicht umbin, ben Knabenhaften 
roenigftenä im ^Betragen ein gutes Zeugnis , nicht ju oerfagen,' unb 
bei ben UJfäbchen oerfteigen fie ficf) jogar $u einem pofitioen Sob 
in Sejug auf 9iube, Anftanb unb 9feinlicf)feit. Auch ben Sebrern 
mitb Eingebung unb bet befte ÜBide äuerfannt — aber fie hoben 
nicht bie rechte äJietfjobe! Auf biefeS ©ebiet toiff ich mich nun nidjt 
magen, bis auf roeitereS glaube ich, baß man auch im ©chufraefen 
auf oerfchiebenen SSegen junt Siele fomrnen fann, unb bah matt 
auch bi« jeben nach feiner Spanier fotf jefig merben laffen. 

„Um nun noch ein Süort über bie Opportunität ber ÜJJafj= 
reget ju jagen, fo fällt auf, bafj man nicht märten fonnte, bis bie 
SöunbeSbehörben bie ffrage bet Sebrfchroeftern entfchieben hoben, 
©ne ©efaljc im SBerjug liegt bi« fiel)« nicht oor. Statt beffen 
äiebt man eS oor, unfere zahlreiche fatbolifche Seoölferung burch 
baS einfeitigfte ißorgeben ju oerleßen. ÜJfan bebenft nicht, baß mir 
ein fleineS ©emeinroefen finb, baS ju feinem ©ebeibett ber ÜJiit* 
roirfung aller guten Kräfte bebarf. 2Bir hoben in ben lebten 
3ab«n oiele Arbeiten unternommen, faft ju oiel, unb noch üiele 
Aufgaben jovialer Art märten bringcnb ihrer ©rlebigung. ®iefe 



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Aufgaben ober gerabe fijnnen nicht nach einer ölten ißnrteijcba&lone- 
gelöSt werben, fonbern nur mit Ipilfe oller, bie eg mit unferm 
©emeinwefen wof)t meinen. Jag ift ober nicht möglich, roenn 
ganje Stoffen ber SBeoölferung in bem Staat nicht mehr ben |)üter 
beg 3ierf|tg unb ben @d)üßer alter beredjtigten Fntereffen jetjen, 
fonbern nur bag Organ einer ihnen feinblichen Partei. 

„933it finb oor ad)t Jagen mit einer fjlnt oon Urteilen be= 
fannter unb unbetannter 2lutoritäteu überfcfjiittet worben. 3d) 
erlaube mir aud) eineg, nur ein eingißeg, aber eg ift atg ob eg 
für ung gefd)rieben worben wäre. Fuleg ©imon fagt in feinem 
93udje über ,®ott, ißaterlanb, f5reib>eit' folgenbeg: 

„Stnbern eine Meinung aufbrängen, welche nicht bie ihrige 
ift, unb eine Haltung, bie fie mißbilligen, ift webet etwag neueg, 
noch etwag felteneg. Sg ift oietmehr ein jeberjeit unb überall fehr 
befannteg Verfahren, welches mit feinem wahren Slawen Jprannei 
heißt. Jsie frühem Anhänger ber ßehrfreißeit unb alter Freiheiten, 
welche eg jeßt unternommen haben, bag Seben Franfreicfjg ju retten, 
inbern fie alle Sinber in ben gleichen Fbeen unb nach ben gleichen 
ÜJlethoben erjiehen, geben oor, man müffe auf bie Freiheit »er» 
jid)ten, aug Furcht, Franfreid) ju teilen. 2tber auch bag hat einen 
fehr alten Slamen: eg ift ber Fanatigmug. 2>er Fanatigmug 
unfrer Seute ift ooti bem anberer baviu oerjchieben, baß biefer an= 
bere bie Freiheit einer Fbee opfert, unb baß er fie einer Stegation 
opfert; aber, oom ©tanbpuntt beg SRechtg unb bem beg SSerfahreng 
ift bie Analogie ootlftänbig." Unb einem Freunbe, bem er über 
bag ©efcheßene berichtete, fanbte er atg Gharafterifierung beg ge» 
troffenen Sntjcßeibä ©ulwerg SBorte: „Right! down with those 
who take the liberty to admire any liberty except our 
liberty; that is liberty! Jie ©chlagwörter Ultramontanigmug 
unb Fefuitigmug haben wie immer ihren alten Sauber auggeiibt. 
SDer Uiebnererfotg war auf ©eiten ber Opposition, aber jd)tießlicf> 



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43 



tjaben webet SRcben noch ©rünbe, fonbern bie 3o!)l bet aufgefirecfteit 
H>änbe entfcbieben." 

3JJit berfetben @nt)ct)icbenf)eit wonbte et fiel) gegen bie Ber= 
folgung bet Heilsarmee utib ihre laue Beurteilung int Sntjre 1887 : 
„Seiber hot Bafel fid) ben 9tuhm nid)t wollen nehmen laffen, nach 
bem Borgang bet ebeln ©emeinben Biel ttnb Slutjerfil)! and) feiner» 
feitS feine fortgefchrittene Bilbung burcl) Störung ber llebuttgen bet 
Heilsarmee ju bofumentieren, unb ebertfo teiber wirb bei uns bie 
Bolijei übet ben füfeen Böbel bei folgen ©elegenljeiten nicht ÜUleifier 
ober will nicht Steiftet werben.“ ©benfo unerbittlich trat er in 
Singen bet eigenen S'irdje gegen alles intolerante SBefen unb für 
bie Blöglicbfeit auf, ungeftört feines ©faubenS ju leben, ©ewifj, 
bie CrganifationSgcjehe ber 3af)re 1874 unb 1878 hoben nid)t 
jebermann befriebigt unb oiele im eigenen Saget hoben Burdborbt 
bamalS nicht öerftanben. Unb boef) mar eine attbere Söfung int 
Sntereffe ber SanbeSfirche felbet, bie bamalS ferneren Spaltungen 
entgegenging, nicht möglich, foftte nicht ihre oöllige 3ettrümmerung 
eintreten. Sa§ freimütige ^Referat, baS er im Sejember 1873 im 
©rofjen SRate hielt, ift für feine (Stellung ju einer Sieilje Don 
©runbftagen bejeichnenb; eS wirft in feinet ruhig irenifefjen SBeife 
echt entpfunben unb oornehm. „2Bic auf ftaatlichem, fo wohl auch 
noch mef)t ouf firdilichem ©ebiete," fchlofj et, „ift nun freilich bie 
Berfaffung nicht bie Houptfache. Sie Houptfache ift ber ©eift, in 
welchem fie gehanbhabt wirb. Unb fo werben muh bie h<er oor» 
gefehenen (Einrichtungen, namentlich bie ©pnobe, nur bann ihren 
3mecf erfüllen, wenn ber wahre ©eift djriftlirfjer Siebe in ihren 
ÜDJitgliebern ^ercfc^t, wenn BerftänbniS auch für anbere ©tanb* 
punfte unb Slnfdjauungen, wenn ein weiter Blicf auf baS allen 
©emeinfame öorbanben ift unb ein jeber nicht baS ©eine, fonbern 
baS Befte beS Slflgemeinen im Singe h Q t. Unter biefett BorauS» 
fefcungen werben bie neuen formen ein ©egen fein für unfere SanbeS» 



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f ircfje unb ju i^rer Kräftigung unb 2Seiterbilbung beitragen fönnen. “ 
(^Xllg. ©chmeijer Leitung 9fr. 56. 58.) 

Da» ftirdjentnefen tag im eigentlichen 9lrbeitSfelbe ©urcfharbtS ; 
ec hat nornemtich baS 3uftybepartement oerroattet. Unter feiner 
Seitung mürben eine Sieifye roictjtiger ©ejeße erlaffen. @r mar nicht 
blofj formet! teitenb unb anbern bie Arbeit übertragenb, fonbern 
eifrig in Dorberer Sfeifje fchaffenb tätig beim 9fotariatSgefeß, berrt 
Grlaffe beS fantonalen unb ber Durchführung beS etbgenöjfijcben 
©ioilftanbSgefeßeS, ber Einlegung beS ©runbbucßS, ber Kobififation 
ber ©trafgefeße, ben ©erichtSorganifationS=, Gioilprojefj* unb 93e= 
treibungSgefeßen ber 1870 ger Sabre nnb ber Unififation beS ftabt= 
baSlerifißen 9fed)tgebietS, unb als bie eibgenöffifcße 9fecf)tSeinbeit, 
beren ©rroartung bem baSlerijcßen Gipitgejeßentmurfe oerbängniSBoß 
gemorben mar, ficf) nur teitroeife Bermirftichte, griff er baS 3* e ^ 
einer Sfeuorbnung beS fantonaten StecßtS auf einem anbern üöege, 
bem ber ©pejialgefeßgebung, an. ©oroeit fich baS oon ber Arbeit 
eines ÜDfanneS fagen lägt, maren feine Schöpfungen baS 9facf)bar= 
recßtSgefeß, j. %. auch baS ©efeß über eheliches ©üterrecßt unb 
©rbrecfjt, Bor atlem aus baS SSormunbjchaftSrecht oon 1880, roetcheS 
baS S3ormunbfchaftSroefen auf bie Dfiebergelaffenen auSbelfnte, ina= 
teriell neu orbnete utib einer bejonberen ftaatticfjen Gentralbebörbe 
juroieS. Daß bamit ben 3i* n f ten , bie eS bisher atS bürgerliche 
93ef)örben beforgt hotten, bie ©jnftenjberecfitigung eigentlich entjogen 
mürbe, ift ja mäht; aber bie Slenberung mußte fornmen, unb ihn 
reute nur, bafs bie neue 93ef|ötbe nicht noch einheitlicher, etroa nach 
%t ber ®runbbud)Oerroattung, geftattet morbeit mar. $icr unb 
in anbern ©ebieten ermieS fich 93urcfharbt, roie einer feiner Sfefro» 
löge jutreffenb fagt, atS eingreifenber teuerer, ber fich bie 91uf= 
gaben meit ftettte unb fie ohne ängfttiche SJücfficht auf in fach* 
liehet ober perfönticher töejiehung hergebrachtes löste, ©in gegne* 
tijcheS 931att urteilte in ähnlicher SBeife, fein SBirfen habe ihn jum 



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45 



f5ortfcf)ritt3mann im beften Sinne gestempelt, roeil er mit um* 
fafjenbent Ü8lii unb flarer ©inficht in bie 93ebiirfniffe her Seit 
jeraeilen mit feftem SBillen uitb Starter £>nnb eingriff, um im 
©taatSroefen biejenigett g° rmen S u bie et als ju beffett 

©ebenen nutroenbig ertnnnte. damals freilich ift bieS bei ©egnern 
unb Sreunbcn nidjt immer anerfanut roorbcn ; Bielen fionjeroatiBen 
galt er bann unb mann als ein gefährlicher 2Rantt Bon erjrabitalen 
Allüren, mährenb ihn bie ©egenfeite als ber tonSeroatioen Partei 
Zugehörig befehbcte. @r mar eben unabhängig, unb barum halb 
ba halb bort angejmeifelt. ©emijj mar er ^iftorif«^ Beranlagt unb 
naturgemäßer gortentroidflung jugeneigt, aber barum auch nicht für 
©tehenlaSSen unb nicht für Regierung , jo lange fid) überhaupt 
pofitio mitarbeiten liefe, ©in Keiner Sng, ber bie nicht ganj leichte 
«Stellung djaratterifiert, ift ber, baff er im elterlichen $aufe non 
^olitil ju Sprechen oermieb; als er feiner SWutter einft Bon einer 
rabifalen ©röfee, bie er tennen gelernt, Schrieb, ber ÜDtann fei merf* 
mürbig tonferoatio, erhielt er jur Slntroort, bieS Urteil rounbere fie 
nicht, ba er felbft in 2)ioetfent ultrarabifal fei. 

SRadjbem er bie alte Seit Bor ben fiebjiger fahren nod) mit* 
erlebt unb bann nad) ber eingreifenben Uleuorganifation non 1875 
noch Sechs 3af)te ber Regierung angehört hatte, Schienen ihm 1881 
bie politischen Serhältniffe feinen Slbgang ju bittieren. „Tempus 
est abire,“ Schrieb er barnalS einem fyreunb, „ober tempus est 
abeundi; bet alte Rechter hat uns Seinerzeit ben Unterfd)ieb fo 
fein auSeinanbergejcht, baß mir fd)liefelid) nur baiüber tlug mürben, 
in ber ^auptfache tomme eS aufs Selbe herauf. Unb jefet merte 
ich, e§ tarnt im Sntereffe ber ©ache Selber jur Pflicht roerben.“ 
©t blieb biefem ©utfchlufe treu unb mar auch 1890 nicht mehr 
für eine Sanbibatur in bie ^Regierung ju gemimten. 

$)ie fo errungene 3Jiufee mar feine arbeitSlofe. @r lehrte jur 
erften Siebe, ber richterlidjcn Sätigfeit jurüd. ©eit 1882 mar er 



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«iS SJJitglieb, feit 1883 a(8 Statthalter im AppeflationSgericht bis 
on§ @nbe tätig. ®ie Aufgabe biefer Sehürbe fafjte er, ben Appel» 
tanten öießeid)t nid)t immer ju ®an! aber bod) geroifj richtig ba^in 
auf, fie höbe etlatante Unrichtigfeiten gut ju machen, nicht aber 
mit ffeinfic^em Sefferroiffenrooßen unb neuerungäfüchtigem fluten 
an aßen @<feu baä Anfchen ber llntergcridjte ju fchäbigen. ®a= 
neben präfibierte er ben ßflünfterbauoerein feit feiner ©riinbung bi§ 
jum Abfchluß ber Seftauration unb bi§ ju feiner Auflöfung (1879 
bi§ 1901), mar in einer Steife oon Anftalten, roie Alumneutn, 
ftinberjpital, ©emeinniifciger ©efeflfchaft, unb roie fchon ermähnt, 
geraume 3 e <t in ben Grrjiehungäbehörben tätig, gehörte bem Ser» 
roaltungSrat ber (Sentralbahn, in bem er feinerjeit Segierungöoer» 
treter geroefen, unb einer Seihe anbever Snftitute an, ertebigte Auf» 
träge be3 3uftijbepnrtement3, fafs bis juleßt in ber ©pttobe, bem 
ftirctjenrat, ber 3uftij= unb ber Sunftfommiffion, betätigte fid) in 
nunmehr freierer SBeife im ©rojjen State unb besorgte al§ $aupt 
bet gamilie bie ftetä roadjfenben Aufgaben, bie ihm für öerroaiSte 
unb oerroitroete Angehörige errouihfen. fturj, ein reichet SRajj oon 
Anforberungett aßet Art forgte bafür, baß er fith ber lätigfeit 
für anbere nicht entroöhnte. Smmerhin tonnte er fi<h nun roieber 
mit befferer SDJufje unb einem ©efüljl ber Befreiung, benn bie 
testen Sahre hatten fdpper auf ihm gelaftet, ben geliebten ißrioat» 
ftubien juroeitben. ©eine fdjöne Sibtiothel, bie er ftetä oielfeitig 
oermehrte unb auö ber, roenn ber ißlaß au^jugehen brohte, bie 
Sücfier törberoeije in aßerhanb öffentliche Sibliotheten ju roanbern 
pflegten, bot ihm reichen ©enufj; er fchrieb auch roieber juriftijche 
nitb hiftorifche fßublitationen, bie ihn mit ber Sergangenheit feiner 
Familie unb, roie ba§ bei folgern Auätaufd) roißfommen ift, mit 
einer Seihe trefflicher ßJiänner betannt machten. ®et alte SBanber* 
trieb, ber fich Saljre lang nur in ben Serien hatte betätigen formen, 
<rroacf)te roieber mit Stacht unb locfte ihn in manche Sanbe, oor 



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47 



«rÜern aber miebecbolt in baS geliebte Italien, baS er fdjon auf 
feiner £ocb 5 eitSrei}e unb 1872 nach jcbmerem $bpb lt8 monatelang 
als ftets beroäbrten Sungbrunnen befugt batte. 3m Sommer aber 
erquicfte er fid), fo oft er bie Stabt oerlaffen tonnte, an feinem 
Sanbbaufe oberhalb ^Sratteln, baS ihm fdjon feit langem als Ipeim 
ber ©Itern teuer geroefen mar. ®ort, in ber Stille auf fonniger 
^)ö|e am grünen 93ergeSbang, liefe er bie innige unb geroaltige 
Stimme ber Statur ju fidj fpred)en, menn er Don beS XageS &e= 
fdjäften ermübet btnauffam; nirgenbS lieber als bort oerfammelte 
et feine greunbe unb feine gamilie, bie allntäblicb fid) erroeitert 
unb mit Ausnahme einer treu für ibn forgenben Tochter fein £auS 
oerlaffen batte, ßettüre aller 2lrt, SBanberungen, botanifd)e Stu= 
bien, benen er feit jeber mit ©ifet obgelegen, unb bie Seforgung 
ber töebürfniffe beS ©uteS medjfelten bi« ab. Sr empfanb bie 
SBabrbeit beS äBorteS: „God müde the cotmtry and men made 
the town“ unb beherzigte als SBeifet SenecaS 9tat: ,,9lud) ju 
©unften ruhiger SJtufee mufe etroaS geroagt roetben, menn man 
nicht im ©etriebe ftäbtifeber Slrbeit altern mill, in biefent ©e» 
tümmel, biefer ftets neuen £>od)flut, ber boeb niemanb entgehen 
tann." 

Seine ©efunbbeit, bie nie ftart geroejen, obfdjon er ein ein- 
faches, abbärtenbeS Sieben führte, tarn in ben lefeten fahren mehr 
unb mehr ins 2Batifen unb micberbolte heftigere Sranfbeiten mahnten 
ihn, nadjbem ihm oiele SSermanbte unb greunbe tmrangegangen, 
an fein Snbe. s 2tm SKorgen beS 7. 3uli 1901, eines Sonntags, 
ift er auf feinem Sanbfifee uad) furjern Sranfenlager mitten im 
©efpräd) plöfelid) unb ben Seinen unerroartet geftorben. Sc batte 
bis faft julefet feine mancherlei Pflichten roillenSftart unb geroiffen* 
baft erfüllt, feine Dielen geiftigen Sntereffen road) erhalten unb mit 
bem alten ©ifer, menn aud) nicht mehr mit alter föraft, ftetS neues 
binjuftuleruen gejucht. Seine Söeftattung fiel mitten in ben Sturm 



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48 



unb ®rang bet Ütiiftjeit bet SöaSfer Söunbeäfeier, Dielen geroifj un* 
gelegen. @t fe(6er hätte ftcfjcrltc^ liebet, um nicfjt ju ftören, einen 
anbereit ^eitpunft au3geroäf)It. SIber ba§ ungeroöbnlid) johtreidhe 
©eleite, bas> feinem ©arge folgte, jeigte, baß trofj bem alles be= 
hetxfdjenben Stinnerungäfefte SRaum blieb für bn3 ©enm&tfcin, aurf) 
hier h°& e c ' n fteiueg ©tüd baSterifdjer ©efd)id)te feine Serförperung 
unb feinen ^Ibfdjlufj gefunben. 




T 



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U%U offtjwlTe ^atfcrBcfucB in Hafer. 



Don Jtubolf Cuginbüfjl. 

O * 

2 ft.ni 4. 3onuar 1563, einem 2Kontage, oerbreitete ftc^ gegen 
91benb in öajel bie Äunbe, bafj ber beutfcfje Äaifer gerbinanb I. 
in ben nächften Jagen bie Stabt ju befuchen wiinfche. J)iefe 9lad)= 
riebt war foeben non greiburg im ÖreiSgau her münblich unb 
Schriftlich überbrad)t worben. 9?och waren bie SBunbett nicht ner- 
harf^t, welche ber ptb^Iidje §in)d)ieb beS atljeit umfidjtigen 83ürger= 
meifterS Sran^ Obettieb, ber gerabe not acht Jagen ju ©rabe 
getragen worben, ber Stabt gefcblagen batte ; Sie jrf)ien alfo nichts 
weniger als ju einem frenbigen gefte, wie hoch ber ßaiferbefuch 
eines fein füllte, bisponiert ju Sein. Jrat nun auch biefe Nachricht 
nur in ©eftalt eine« SBunfcheS auf, fo haftete bod) fold) faifertichen 
SBiinfchen etwas ÄommanbohofteS an, benen nicht ju willfahren 
fich felbft ber gewanbtefte Jiplomat nrdjt getraute. UebrigenS war 

8a8Iet 3af)t6udj 1903. 4 



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50 



bie 9ind)ri(^t mofjt für bag ®tog bet ©tabtbeuölferung eine lieber* 
rafchmtg; für Ufte Rauptet unb Statglfetren roar fie eg niefjt ; benn 
fie roufsten fetjon feit jroei Sagen um beti ©Sunfch beg fioiferä, feinen 
©Jeg über ©afel unb nicht über beti „©Salb" nach Äonftonj gu 
nehmen. 

gerbinanb I. ( ©ruber beg beutfdjen föaiferg Start V., unb ruie 
biefer @nfel SRajimiliang I., hatte fiel) Söhnten unb Ungarn an* 
geheiratet, mar feit 1531 römifcfjec Stönig unb feit 1558 atg Sttad)* 
folget feitteg ©ruberg aucl) fiaijer; allein unaufhörliche ©ufftänbe 
unb Stampfe hatten ihm bie grcuöe am ©cfifc ber ncuerroorbenen 
®ebtete oergäHt. ©rft fegt, am ©benb feineg Siebeng geftalteten 
fid) bie politijehen ©erhältniffe günftiger für ihn; nicht nur hatte 
er mit ber Sürfei ^rieben gefchloffen unb roar alg Stönig oou Un* 
garn allgemein anertannt, jonbetn eg roar ihm auch gelungen, bie 
©Saht feineg ©ohneg ÜUtajimilian jum römifchen Stönig burchjufejjen ; 
eben — im Sftooember 1562 — roar fie in tJranffurt oollgogen 
roorben. 3m Sejember hatte er föne Steife nach 3nngbrucf an* 
getreten unb roar über ©trajjburg, Golmar unb ©reifach jroei Sage 
öor ©kihnadjten in §reiburg im ©reiggau eingetroffen. §ier hatte 
er einen Öanbtag abgehalten, ber bie (Srhebung beg „böjen ißfenningg" 
(Abgabe oon ©Sein) auf fein ©etreiben befchloffen. ©Sie öerlautete, 
gebachte ber Äaifer nach ben Jefttagen feinen SBeg über ben „©Salb“ 
nach St'onftanj einjufchlagen. 

Sie fchlimmen feiten machten eg bamalg jebem ©taatgroefen 
gur Pflicht, ein roachfameg Sluge über alle roichtigeren ©orgänge, 
namentlich an tnafjgebenber ©teile gu haben unb fid) burd) ®efanbte 
ober fonftige ©ertrauengmänner baoon rechtjeitig in Stenntnig fe^en 
ju laffen. ©Sohl aug biefem ®runbe — benn ein fpegieller ift ung 
nicht belannt, — hatte bie ©agier ^Regierung ben 3oh«nn ©afiling 
Jperolb nach grantfurt unb bann nach fjreiburg im ©reiggau gefanbt. 
^jerolb oon ^ödjftäbt an ber Sonau gebürtig, alg ©djriftfteller 



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51 



geflößt, oon einigen jogar für berühmt gehalten, als Uebcrfeber 
flajfijcfjer unb italienifd)er Sßerfe geachtet, Bon ben Satter Such* 
brudern auS einer ba^Icrifcijen Sanbpfarre in bie ©tabt gerufen, 
hier 1556 mit bein ^Bürgerrecht befcfjcnft, ftetä fprachgeroanbt, in 
Ijiftorifchen gingen aufferorbentlid) Berfiert, fd)ien fid) für politifdfe 
SRiffionen ganj befonberS ju qualifizieren, Vom $ofmarfd)atl erfuhr 
^erolb, baff ber Äaifer geioiftt märe, nach SBafel ju fommen, wenn 
er Bom Ütate baju eingetaben mürbe. Sefeterer, baoon jofort be= 
nacf)richtigt, beriet barüber am 2. 3anuar. 2>er faijerliche Söunfcfj 
fejjte ihn in grufje Verlegenheit. SBarum? Scheute ber 9iat ctma 
bie großen Äoften, roeldje ein folcher Vefud) üerurfacfite? gürdjtete 
et etrna, ber $aifer roerbe alte fRedfte gettenb machen, um biefen 
oom beutfchen ^Reiche abgebrödelten Heil roieber aitä ©tanimlanb 
ju litten? Ober fürchtete er, ber Saifer tonnte in religiöfen Gingen 
einen ®rud auSüben, um bent ÄatholijismuS roieber Eingang ober 
gar |>errfchaft ju oerfchaffen? 28aS bie Äoften betrifft, fo hüteten 
bie ©tabtoäter bie ginanjen roohl mit peinlicher ©orgfatt unb 
mieben jebe unnüfce SluSgabe, aber einet Ehrenpflicht entjogen fie 
fith nie. SDurchjiehenbe gürftlichfeiten, unb folcher gab eg beinahe 
jebeS Snh c > mufften bie ©aftfreunbjchaft VafelS nicht genug ju 
rühmen. 2>ie furcht Bor politijchen Eingriffen beS ÄaiferS roar 
hingegen nicht gattj unbegrünbet; benit turj barauf bat bie ©tabt 
©t. ©allen bie Jagfaßung um fRat, ba ber Ä'aifer feinem Äanjler 
URatthiaS ©trafjbergcr bie ©teuer ihrer Stabt an fich ju löfen 
beroiUigt h°&e, worauf ihr geantwortet rourbe, man glaube, baff 
ber Äaifer nur einen Verfud) h fl &e machen rootlen unb barauf nicht 
beharren roerbe; fie fülle juroarten, auch nicht? barauf antworten, 
wenn eine fernere Sntimation einlangen feilte, fonbcrn e? oor bie 
Eibgenoffen bringen, benen leicht ba? ÜRämliche juftojjen lönnte, ba 
Vaben, Steingarten, Stellingen unb Uhurgau ebenfalls ißfnnb* 
fchaften beS fReiche? feien. 2lud) bie furcht oor Eingriffen rcli* 



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52 



giöfer Strt entbehrte nictjt beS ©runbeS; galt bet Saifer aucf> für 
tolerant, }o blieb bodj feine gut !atbolijct)e ©efinnung unangejioet* 
feit, unb gerabe jefct roufste man nictjt, tnoju er ficfj bent fßapft 
gegenüber hatte üerpflicfjten müffen, um bie SBahl feines ©otjneä 
jum SRadjfolger burdjjufehen. 3n gfranfreid) ^atte ber fReligiwtS- 
Weg begonnen; am 19. ÜDcjember 1562' roaren bie Hugenotten bei 
SDreuj gejdjlagen unb iljr Haupt, fßtins Sonbe, gefangen genommen 
roorben. Sludj ©djroeijerfölbner batten fid) baran beteiligt; burd) 
fie erhielt baS ©ift beS fReligionSfjaffeS in ihrem Saterlanbe neue 
©tärfung. H* er batten fid) bie toufeffionellcn ©egenfäfec bur«f> baS 
fdjtoffe Stuftreten ber fatljolijdjen Orte gegen bie reformierten ©larnet 
unb ihre Parteinahme für baS tatholifche ©aootjen gegenüber beut 
proteftantijcfjen Sern fo febt jugefpifct, bafj jeben Slugenblicf ber 
SluSbrucfj eines (HeligionSWegeS ju befürchten mar. SIm folgenben 
äRorgen füllten bie IHatSherrcn Sonaoentura oon Srunn unb ÜRetjer 
jur lagjahung nach Saben oerreifeti, um hi« ihr möglidjfteS jum 
grieben ju tun. Stber raeber ber Äoftenaufroanb nodj bie furcht 
oor ©ingriffen politifdjer ober retigiöfer Slrt roaren eS, bie ber 
©tabt bie @b« beS faiferlicfjen SefudjS als jroeifelhaft unb nicht 
roünfcfjbar erfdjeinen liefjen, fonbern ihre ftaatliche ©tellung als 
©lieb ber ©ibgenoffenfdjaft unb ihre offijiefl nidjt anertannte ober 
roenigftenS nidjt auSgefprodjeue Slbgelöstljeit oom beutfdjen tReidjS 5 
oerbanbe. ©o lange Safe! roirtlidj IReidjSftabt geroefen, hatte fie 
ben Üaifer als ihren Cbcrherrn empfangen, fo ^jeinric^ VII. im 
3abre 1309, $orl IV. 1348 unb 1365, ©igiSmunb 1414 unb 
1433/34, griebrid) III. 1442 unb 1743, 3Rajimi(ian I. 1493; 
allein feit 1501 roar Safe! ein eibgenöffifdjer ©taub; als foldjer 
folgte ec roeber ben ©iulabungen ju ben beutfdjeu (Reichstagen, noch 
entfprach er ben namentlidj in ben 1540 ger fahren oft roieber* 
holten fjorberungen beS (Reichs um Sruppen ober ©elb. ©(eich 5 
roohl hatte Safel fo gut roie anbere ©djroeijerftäbte dRülje, fich in 



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53 



beit ©ebaufen einer DoUftänbigen Trennung ju finben. ®er 2lb= 
löfungSprojefe erforberte eben mehrere SJienfcfeenalter, bis er ficfe 
ganj oolljogen hatte. Sftoch jä^fte Söafel „braufeen" unter bie 
fReidjSftäbte; ihre $luSfd)eibung mar offiziell, b. i. Don ©eite beS 
Gleiches roeber anerfannt noch auSgefprodjen, btofe gebulbet. Söäferenb 
mir heute fcfearf umgrenzte SBerhältniffe lieben, alles hübfd) fäuber* 
tief) auSeinanberhalten, gefiel nton ficfe bamalS nufer in flüffigen 
tßerfeältniffen, bie ber ißaffioität be§ einen ebenfo Dorteilfeaft fein 
tonnten als ber Energie beS anbetn. ©o befanb fid) SBafel, menn 
and) nur formell, in einer 3'ßitterfteHunß, bie e§ ifem ratfam erfefeeinen 
liefe, auf bie St)re be§ faiferlicfeen Sefucfeä ju oerjidjten. UebetbieS 
mochten gerabe bie beiben lefeten Säiferbefucfee nicht in angenefemfter 
Erinnerung fielen, griebriefe III. nämlich batte 1473 an feinen 
S3efucfe bie gorberung ber ^ulbigung gefnüpft unb äRajimilian I. 
1493 an ben {einigen biejenige eines SlnleifeenS Don 2000 fl., nacfe= 
bem ihm Dorfeer ein folcfeeS Don 6000 fl. unb auf bie $erroeigerung 
beSfefben ein rebujierteS Don 2000 fl. mar abgefcfelagen morben, 
fo bafe fein 93e}ucb roirtlicfe in eine ©elbbettelei ausgelaufen mar. 
Ein rein äufeerer, unpolitischer ©runb mochte feauptfächlkh bie Slenbe* 
rung beS faiferlicfeen Ütei jeprogramtnS bemirlt haben : ber nahezu 60= 
jährige ÜRann jog in biefer rauhen gafereSjcit bie SRoute übet 33afel 
berjetiigen über ben „ÜBalb" Dor. ®afe babei auch politifcfee SRotioe 
beftimmenb eingeroirft, fann roohl mit 9tecf>t bejroeifelt roerben. 

2luS obigen ©rünben tarn ber 9tat am 2. Januar 1563 jum 
Sntfchlufe, furolb ju beauftragen, bahin ju mitten, bafe ber Äaifer 
auf feinen Sßlan, 23afel ju bejuefeen, oetjiefete; et teilte ihm bieä in 
nachfolgenbem Schreiben mit: 

®em erfamen, molgelerten, unferm lieben befonbern Johann, 
,£>erolben bp jpten ju grpburg im ^ßrpfegoro. 

Unfern gnnftigen grufe juuor, liebet befonber. Söeffen fich bet 
remifefe f^eiferüct) inajeftät unfetS allergnebigften feerren marjchald 



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54 



imt einem gefjaltnen gejpred) Ijnt bereit onnb oernemmen laufen, mie 
biefelbige, mann fi burd) bie Herren oon 93afefl gelaben, oiflicfp ir 
retjS Ijieburd) nemrnen onnb ein ftatt 93ajell befucfjen routbe, ba§ 
Ijaben mir, bind) Ürner fcfjriben an geftern nun? jugefanbt, innl)alteS 
oerftanben. SSierool bann mir alles, roaS feecfeftgenannter f^eiferlicf» 
majeftet bienftlid) onnb gemeiner unjet ftatt eerlid) mmb rünilid) 
fin !enbt onnb mecfjt, gern befürbert fedjen melten, )"o rourb bod) 
Don jcfemere megen ingeriffner Ärantfeejten onnb fterbenben leuffen, 
bamit nad) gotteS gefallen ein gute namfeaffte anjat ber unfern 
aflfeie g(td) fedjen at(S ntjbetn ftanbeS aitgtiffen onnb belaben finb, 
bp uns bebadjt, baS eS uns feinen roegS ttjunlid) fitt mofle, bie 
f)ed)fternante fljeiferlid) majeftet in follicfeen ftcrblicfeen lufft onnb 
pr ute ju beruffen. Serfealbeti onnfer begirlicfee uieijnung bafein ftatt, 
baS ir, bod) fljeiiier anbern mt)S bann für od) felbs, obernenten 
Herren marfdjald^en ber hingen mit güetigen frunbtlidjen Dimb be= 
fd)epbentid)en bienftlidjett reben onnb morten oerftenbigen, ber ju= 
üerficbt, ermeltcr feerr marfcbald Ijieruff bero ffeeiferlid) majeftet 
gnebigfteS bebendljen onnb reifen nad) gutem onnb befferm luffte, 
bann jefet bt) unnS, ridjten onnb legten roerbe. Steffen mir od) \j\t-- 
mitt beridjten, bis feienad) nfesefueren t)aben. 93nnb ift Ijiemitt 
onnfer geufjlicfeer gepietenber mifl, bas ir bis onnfer fdjriben nt)e> 
manbem jeuggen, nod) alls üon onnS fommen fin, offenbaren, jon- 
ber fellidjS bg od) felbft bemalten ober bent il)nen beooldien. @o 
fdjidfeen mir od) Ijiemit jeljen tl)aler, biefelben ju eurem bebürffen 
glidjroie bie ootigen gegeprudien feabemt. 

Saturn 2. januarii anno 1563. 

Sie get>egmen rät, genannt 
bie brgjedien ber ftatt Söafefl. 

Safe bamalS in Safel fefemere Grpibemien ober gar bie $eft, 
„fterbenbe leuff, “ gefjerrfdjt feätten, mie feier ber 3Jat behauptet, 
baoon roiffen jeitgenöffifdje Sferoniften nicfetS; eS mar roofel e^ec 



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55 



ttur ein Slorroanb, roenn übrigeng nidjt beftritten loerbcit fann, bofj 
bie ©tabt feiten feu<f)enfrei roar. U)ie furd)tbare s -ßeft beS 3af>re3 
1564 begann nad) SEBurftifen erft im SBinter 1563/64. (Das 
©djredgefpenft fdjeint auf ben ßaijer bie erhoffte SBirfung gang 
öerfehlt gu hohen; benn fcf)on am 4. Sanuar gelangte ber 8erid)t 
nad) 33ajel, „roie fjöcbft ernennte tf)et)jer(id) inajeftet einen gang gne= 
bigen onnb begirlichen luft onnb mitten fjett, burd) ein ftatt ©nfell 
gu repfen, rougu jette ntajeftet roiffen über oernemmen möchte, baS 
eS ben berren gu 93afett geoettig onnb tritt guroiber mete." Sefct 
tonnte ber 9tat bem 93efudje nid)t mehr anSroeichen. (Sr befdjlofe, 
fogleidj bie offtgiette (Sinlabung an ben Siaifer ergeben gu taffen 
unb betraute baniit SBerner SBötflin, £iauS SRubolf fjäfcb, Heinrich 
$etri unb Söernljarb 93ranb, bie fief) unOergüglid) auf ben S33eg 
nach greiburg i. 83r. machen fottten, um bort bie Sinlabung oor= 
gutragen. „3ft georbttet, baS h- £>einrid) (]3etri aflS ber etter bie reb 
tljun fotte." „3ft aud) bebadjt, baS fi fid) beS g-ufjoattS gepruchen 
füllen, onnb tnegen fie befünbett benn banpben annbern bericht, baS 
fettid) gu unberlaffett märe." 9tad) biejem im 9tatSbüd)tein eitt= 
getragenen 33efd)Iuf5 tourbe bie pringipiette grage, ob ber ßaijer 
al§ @aft ober als Oberljerr gu empfangen fei, im legieren ©intte 
entfd)ieben, ba ber gufjfatt ohne groeifel als gcichcn ber Unter- 
tänigfeit aufgefafjt mürbe. 3nbem ber 9tat bie äufjeten formen 
früherer Uutertänigfeit beobachtete, hoffte er oietteidjt, ben äRonardjcn 
ben Süerluft ber ©tabt nicht fühlen gu (affen unb ilpt für feine 
ÜBiitifcbe in guter ©titnmung gu erhalten. Smmerhin ging and) 
barin 53afel nicht fo roeit roie etroa nachher baS öfterreid)ifche 
©täbtdjen IRheinfelben ober roie 1414 bie DleichSftabt Sern, bie 
beibe bem cinreitenbett ttJlonarchett ber ©tabt ©chlüffet barbrad)ten. 
(Die 3lborbnung mürbe oom Staifer aufs hulbootlfte empfangen unb 
bie Sinlabung, roie gu erroarten, oon ihm angenommen, roaS ein 
berittener Sote unoergiiglid) nach Safel nielbete. 



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3>n ber gleiten ©ifcung traf bet 9iat bie 2>ifpofittonen junt 
©mpfang. fjrübere SJtonarcben roaren oont ©ifdjof in feierlicher 
©rojeffion an ber fianbrägrenje abgebott roorben. 2)a nun aber 
bie ©tabt ibr eigener $err roar, oerftanb e? fidj oon jetbft, bajj 
bie „foüupter" ben Smpfang ju beforgen Rotten. ®er ©iirger» 
nteifter Äafpar Ärug, bie beiben Dberjunftmeifter ©ebaftian Stoppen: 
ftein nnb Safob Siiibin unb ber ®tabtjd)reiber $einridj Offner 
foCtten bem ßaifer bi? jum gofltjauS an ber SBiejenbrüde entgegen: 
reiten. Stfnen fotlten fid) unter ber gübtung be? Sßerner SBötftin 
unb fiuj ©ebbarbt bie junge ©urgerfdtaft ju ©ferb anfd)tiefjcn nnb 
biejenigen „9tat?friinb onnb (anbern) ©urgere, junt jüberften ge» 
bufet onnb angelegt, bie tuft fetten, mit ber jungen burgcrfcbaft 
binau?juritten;" SBötftin unb ©ebbarbt „fotlten benfetben maß onnb 
orbnung geben toi fp ritten fotten." ©i? an ben Siirgecmeifter 
batten alle biefe bem taiferlidjen 3 u 9 e oorau?jureiten. „Unter bem 
©t. ©tafientbor fotlenbt bie betten, fo ben ^inttitel ju tragen oer* 
orbnet: |>an? Stubolf gefd», ^cinricb ©etri, Utrirf) Schulreif), 
^beobot SOJerian, ©ernbarb ©raub onnb |)an? Sjjtinger märten 
onnb bie f'beijertid) majeftet, mann fi bafelb? anfumpt, ntitt ge» 
biebrenbe reoerenfe bebccf^en onnb attjo bife ju ber fbeijertid) maje» 
ftet tofament bebarticb fiirfaren onnb bann iren abfcbeib nemmen." 
ferner mürbe befcbtoffen, bajj bie Surgerfcbaft unb £>iuterjefjen fid) 
mobt mit ^arniftb unb anberen &’rieg?rüftungen oerfeben unb auf 
ben ©trajjen ©polier bilben fotlten unb jroar bie Äteinba?ler oon 
ber SEBiefe bi? jur Stbeinbrüdc, bie ©rofjbaSler aber oon hier bi? 
junt Utenbeimerbof, mo ber Äaifer abfteigen foüte. 3roei ©orgejejjte 
ober ©etbfer jeber Sunft batten für Stube unb Drbnung bei ihren 
•Sunftbrübern ju forgen. S5a? Staditatifen am 3 u 9e fomie ber 
Stufentbatt auf ber ©trafje mäbrenb be? ©inritt? tourbe unterfagt. 
Studj marb ein ©anfettfomite beftebenb au? Suj ©ebbarbt, Safob 
Stturer, $au? fieiberer, Utrid) ©ratteter unb 2)iebolb ©ed eingejejjt. 



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57 



<5}anj befonberg lag ber ^Regierung bie Sorge für bie Sicherheit 
bet Stabt am ^perjen: brei £ore: St. Sllban«, St. Sotjantu unb 
bag ,fpeer» ober Steinentor foKten gefdjloffen, bie übrigen mit je 
gehn 2Jfann, ad)t unten, jmei oben, befefet werben; aud) alle 
„©rcnbel" oor ben loten wollte man fchliefjen „onnb fie nur ben 
wanberern onnb herreijenben mit befcfjeibcn^eit öffnen.“ ®ie Sieben* 
gaffen foßten burch Setten oon benen, bie bie Schlüffe! baju Rotten, 
ofegefperrt, bie Sichter rnoljl in Stanb gefegt werben. Sobalb bet 
(Sinritt ftattgefunben, Batte jebe ßunft jwei wohlauggerüftete 3Rann 
auf bag Seugbauö ju fd)icfen, bie hier fo lange 3Bad)e ju galten 
Ratten, big ber Saifer oerreigt war. SBäljrenb beg Slufentljaltg 
beg Saiferg burfte lein Bürger hinauggelaffen werben. $ie grojje 
Sorge für bie Sicherheit ber Stabt, eine Sorge, bie moljl ein ge= 
wiffe?, aber für bamalige 3 e *teit oöftig geredjtfertigteg ßRifjtrauen 
oerrät, offenbart fid) aud) in eitlem Schreiben beg IRatg an bie 
Sanbfdjaft, oon wo er gwar nicht, wie eg 1473 gefdjehen, einige 
hunbert 2Rann §um Sdfufce ber Stabt einbetief, foitbertt fid) mit 
ber Mahnung, fid) gerüftet ju h Q lten, begnügte. Sin bie 8anb= 
oögte oon Sieftal, SEBalbenburg unb g^ngburg erließ ber 9iat 
folgenben Befehl: 

„©eftrigen tagg fitib mir intt aller tjle oerftenbiget (worben), 
wie bie remifch fheiferlid) majeftet uff necfjft fommenbe fritag hie 
bi) ung aitlommen werbe, ^ieruntb ift unjet ernftlicher beneid), 
bag bu unfere unberthanen in binem arnpt oermartteft, bah fie fid) 
gerüftet haßten, bamit, wann wir bero ein jafl berüeffen würben, 
bag fie jum beften gerüftet Ijartommen, auch fonft beffen, fo mir ine 
jumuteu möchten, erwarten, hiermit ift and) unfer miß, bag bu ine 
fageft, onnb gepieteft, wenn fie oögeß ober fmener hatten ober über« 
fämen, bag fi biefelben beg oermeßten tagg ju oeißem fauff hie 
inn unfer ftatt pringen. 2)oran gfdjicBt unfer gepietenbe meinung. 

2)atum, ®iengtag, ben 5. januarii 1563. 



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58 



(P. S. ©o ift linier begirlicfeer bcüetcb, ba3 bu nacf) wilbprett 
tracf)teft, unb fo bu etwa« fachen linb betommen magft, önnä ba8- 
felbig gebauten tagä ju fertigen laffeft." 

Um anfälligen ^Reibereien äroifctjen ftaifcrlieben unb Saälern 
Dorjnbeugen, füllte mit bem |)ofmarjctiafl gefptocfecit roerben, bn3 
ffufeoolt §u ermahnen, ficfe jo §n oerbatten, bafe „niemanbem fljein 
unjucbt begegne." üRatiirlid) mufete ber Äaifer unb bie ibm Qu= 
näcbitftcbenbeu auch mit ben üblichen ©efcfeenten in ©elb, SEöeiti 
unb (betreibe bebacfet werben. Die $öhe berfetben beftimmte man 
nad) bem Ufu3 anberer ©täbte, namenttid) ©trafeburgä unb früherer 
feiten. 

3efjt entftanb in 93afel eine fieberhafte ; alles 3n- 

tereffe fonzentrierte fid) auf bie Vorbereitungen jum ©rnpfang, wozu 
man ja !aum brei Jage 3 e <t ^atte. Seber fuchte feine militärifdje 
?lu3rüftung in präfentationSfähigeu 3uftanb ju fc^en. lieber bie 
offiziellen Sßräparatorien giebt uns bie ©taatSrecfenung einigen Sluf- 
jd)lufe. 3ur ©rftellung be§ Salbad)ing taufte man 24 ©llen 
weifeeit unb fchmarzen Daniaft im Höert oon 41 fßfunb, jur @in- 
t faffung beSfclbeu 52 2ot oenetianijcfee ©eibe um 17 ißfb. 12 Safeen. 
?U8 Slacherlohn tourbe für jebe @(le 2 Sahen bezahlt. 'Der Sal= 
badjin ruhte auf jecfes mit ben ©tanbeSfarben bematten unb mit 
oergolbeteu knöpfen gezierten Stäben. 3BaS bie ©efdjenfe betrifft, 
fo hielt bie ^Regierung immer ziemliche Quantitäten SBeinS unb 
©etreibe in Vorrat, fo nud) je^jt, unb bieS obgleich fie furz üor 
2Beihnad)ten bet ©tabt grcibutg im VreiSgau auf beren ©efucb 
400 ©äde Jpabec läufüdj iiberlaffen hatte. 9luS 515 ©tlen Duch 
im SBcrt oon 50 fßfb. liefe fie 155 ©äde machen unb biefe mit 
bem Safelftab bemalen. Dem obrigfeitlicfeen ßetler füllten 20 Jaji 
ober halbe ffuber enthoben werben, wooon 13 zur Verfchenfuiig, 
bie anberit fiebeu ohne Sroeifel zur Verteilung in bie faijerlicfjr 
©äfte beherbergenbeu ^ßrioathäiifev unb ©afehöfe gelangen füllten. 



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59 



3)a» ©anfettfomite, bem aud) bie püriere, b. t. bo8 Quartier» 
ontt unterteilt gewefen ju fein jdjeinetl, Ijatte utiterbeffen auch feine 
©orbereitungen getroffen. ®en Äatfer wollte man int Utenbeimer» 
bof logieren, ber, laut gütiger Mitteilung be§ ^errn ©ijcber» 
©adjofen balb nachher, febr roa^rfc^einlicf) burd) ©rbfdjaft au3 bem 
©efifee ber Utenbeim=Oon ©ptingen in benfenigen ber .fjobenfirft» 
oon ©ptingen gelangte. Sind) ber grofje ©amfteiner», ober, wie id> 
burd) bie ©ute be§ $errn Dr. Steblin erfahre, ©edjburgerbof, 
SRittergaffe 17, würbe iljm referüiert. 3m r bie §artfd)iere unb ihre 
Änaben nahm man bie ©aftböfe jum roten Dd)jen unb jurn Silber» 
berg in 3lu3fid)t; bie übrigen ©afte würben wobt weift in ©rioat* 
bäufertt untergebradjt. 3 U biefem $roede M t^eilten bie furier bie 
berbergen au& onnb jeicbneten fie au, uit allein in gemeinen b« J 
bergen, funber aud) in bcn ftruembften tmnb lumlicbften mit ge» 
machen omtb ftaflungen (oerfebenen) beufeten, bo man auch man» 
biert, alle fachen jum befielt anjericbten." 3m Sdjlüffel follten 
bie fcftlicben Mabljeiteu abgebalteit werben; man rechnete babei 
auf cirfa 100 ©erfotten. SDa8 Silbergejcbirr würbe in guten Staub 
gefegt; ber Sftat johlte nachher „fürs ujjbuöen" beleihet! bem ©olb» 
fcbmieb 6 ©fb. 3 ©afcen 3 geller. ®a§ ©anfettfomite nahm au, 
bafj ber S'aifer im Verlaufe be§ Diadjmittagä antontmen toerbe unb 
fab belbatb jwei ©anfette: ein „Smbifjmabl“ unb ein ,,9Jad)t» 
mahl" üor. 3mr baä erftere würbe ba§ Menu wie folgt befteüt : 

1. jurn ooreffen uff jebett $ifd) ein hafteten mit jungen tuben 
ober bünlen; 

2. fuppen onnb foHgcnfc fleifcb Onnb inn jeber pfannen 2 Der» 
fottne bennen; 

3. ein effen beifjgfotten fijdj; 

4. witbprett in einem Pfeffer; 

5. gebrote§, junge benneit, tuben onnb falmen rüdben; 

6. fallfannen; 



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60 



7. obä onnb föä. 

3m fort man ober fein milbprett ubertommen, foflt man 
für ben Pfeffer ein rpjjmufj geben. 

.3um nact)tmoh( modjt man borftellen: 

1. ju einem ooreffen: broten rhüemtin oon follmen onnb ein 
jimmetbrüelin herüber; 

2. jum anbetn ein manbelmilch onnb in jeber blatten 2 aiU 
Rennen ; 

3. ein effen Ifeljjs gjottner fifdjen ; 

4. gepraten junge hüner, tuben onnb maS man belommen mag; 

5. faltgfottene falinen ; 

6. feig onnb ob3. 

®a§ „SRachtmaljl" benötigte 80 fßfb. SRinbfteifch, „2 fetber, 
4 gpji ober tomber, ba§ toilbprett, 50 alter Rennen ober 
Kappuuen, 100 junge hüner onnb 50 tuben." 

®a8 Komite »erteilte bie Slrbeit ber S3eauffid)tigung am 
Söanfett auf folgenbe SBeije unter fid*: 
bie effen aiijetragen, jführen 2uj ©eb^arbt. 

in ber ftuben ufffechen$ jhaben onnb bie effen 

uffjbeben §an8 fieiberer. 

iitn hufs unben uffjechen jljaben 3afob äfturer. 

bie abtragenbe fpgjj uffiehabettn ®iebo(b Sei. 

be3 mepnnä ju märten 3örg ©pörlin. 

be3 filbergfct)irr2 jmarten 3. Üientcluä. 

Stuffaften mag, bafj baä Sanfettfomite für ba3 ©ilbergefchirr 
einen eigenen Stuffeljer beijog. SBenn eä nicht nötig gemefen, märe 
c3 roohl nicht gefchehen. 51(3 bie Söerner feinerjeit ben König unb 
fpäteren Kaifer ©igiSmunb in ©ilbergefchirr beroirten moflten, ba 
mehrte ihnen ber §ofnteifter: „9Jein, bie beheim mügen nit ane 
fteln fin; e3 mürbe halb öerftotn; alfo tranf ber füng u? bünnen 
meljchen gtejern." !£er faiferlicfjen SRajeftät fjerbinanb I. mit 



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61 



„SRpfemufe" an Stelle be3 SBilbpret? aufjuroarten, warb nicfjt oon 
nöten; beim noch re^tjeitig mürben au§ bem jjarnäburgeramt jroei 
erlegte $it)cbe gebraut, roofür man bie Ueberbtinger reichlich be^ 
mirtete. 

$ie Vorbereitungen mären nahezu ooflenbet, bie Stabt junt 
Smpfange bereit. Freitag, ber 8. Sanuar 1563, war heran* 
gefommen. ®er ßaijer tiefe lange auf ficfe roarten. Grft gegen 
Slbenb, b. i. gegen fünf Ufer, traf er, oon Sieuenburg am Ülfeein, 
wo er übernachtet, ^erreiteub, an ber SanbeSgrenje ein ; hier harrten 
bie Stabtoerorbneten feiner. Sobalb fie einnnber anfichtig mürben, 
begannen bie taiferlichen Trompeter ju blafen utib bie Vaufer iu 
fdjlagen. Von ben Sßätten VafelS fnallte baä ©ejchtife. $et 
Slaifer, einen hübjchen Schimmel reitenb, h)iett an unb reichte ben 
VaSlern nach beren „gepieljrenber reüerenfe" t(ulboollft bie £anb. ®er 
Vürgermeifter föafpar Sfrug ^ielt hierauf ftefeenb folgenbe Slnfpracfee: 

„Slllerburchluchtigefter, grofemedjtigefter, unuberroinbtlichefter 
remifcher fepjer! atlergnebigfter t)err ! Vacfebem eure teiferliche ma* 
jeftet uff ber raten onnb bürgern ber ftatt VafeH, onitferen lieben 
grünbeit, unterthenigfteä pitten allergnebigft beroilligt, in bijet irer 
!. m. oorhabenben repfe ein ftatt Vajetl allergnebigft je be juchen, 
beffen onnb baä o. I. m. in froticfjer guter gejunbtheit pefeunber feie 
anfhemmen ift, fagen bie rät onnb bürgere ber ftatt Vajell bem 
allmechtigen gott bemüetig baue!; hiermit i. f. m. onberthenigft pit* 
tenbe, fi mellen iren inrptt frolich unb mit gueben nemmen onnb 
fich peberjitt gegen einet ftatt Vafell, auch bero burgerfdjafft Onnb 
gemcinbe atl§ ein gnebiger ^erc onnb fepfer erjeugen, ihro auch 
biefelbe attjit in gnaben laffen beoolchen fin. 2Baä bann rat onnb 
gemeinbe ihrer f. m. ju bienft thun fonnbten ober mochten, baä 
mürben fie mit unberthenigft geneigten roiflen onnb gern thun. 
Sollte hiemit gott, bem allmechtigen onnb gmepner ftatt Vafell in 
freuben millfommcn fin." 



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62 



hierauf ftieg ber jur Siebten be3 Äaiferä reitenbe ^ofmarfcfjalt 
öom 5ßferbe unb beantwortete bie Slnfpracbe ÄrugS mit ben SSorten: 
^ette bie remijdj feiferlicb majeftet ber ftatt 93afefl unter* 
tbenigefteä beruffen, frofoefen, bero froltcfjenn anffjommenä önnb 
unbertbenigftenä erpietenS allergnebigft angetjert önnb öernommen. 
®aruft ft muffen foöten, ba3 i. f. nt. ein ftatt Safell ufj ganft 
gnebigem willen ju befudjett nitt untertaffenn wollen; bie were auch 
bebaebt, fidj gegen einer ftatt 93afell aHjit all3 ein gtiebtger f) e rr 
»nnb feftjer ju erjeugen.“ 

hierauf feftte fidj ber $ug in Bewegung: öorauä 80 23agfer 
ju ißferb, ©ölbner unb SBurger mit „ettlicben trommeter — mir 
folgen b* e t ben Slufjeicbnungen be8 Slugenjeugen fjrelij glatter, 
infofern fie nicht mit ben amtlichen Sitten tollibieren — wol auä* 
gebubt önnb beritten, Ratten alle rafagen über fdjöne panfterbembbt 
angetbon, bie ermet boran uftgetban öitnb ^angenbt, bie bient mit 
weiften ftrauäfebern gejiert, bontttber ettlicb, bie in eeften gliberen 
ritten, gulbe fetten auch am bolfe fürten. ®oruff bie regietung 
ju @nfi?beim, beten eble iungen mit fcbefelitien oorreiten; boruff 
bie feiferfeben grafen, betreu önnb prälaten öom abet; auf folc^e 
bie feiferlicb majeftet önnb öor berfelbigen öil trummeter mit be§ 
reit^S fanen, berbeufen, bie öaft furjwftlig önnb luftig fpiKten, öil 
brabanten je füfj um ibr majeftet. S)oruff öolgteit bie ard)ier in 
barnift je roft, furten fdjwarfte fanen, bernacb bie reutet in großer 
jal. Sieben ihr majeftet ging ju füjj ber berr burgermeifter ftrüg, 
brug fein fcbmeifterbarretlin in bet banbt;" „rebte bifj in ben hoff 
binuffe mit irer majeftet; ban er ein man foldjen lib?, ba§ et faft 
feiferlicb majeftet je pferbt fiftenbe glief) fang wa§." „@r warbt 

öon irer majeftet üoti öil fachen im injug, ma§ eins ober ba3 anber 
were, auch maä e§ betreute, gefrogt; bo bann unber anberem bie 
erfte frag war, bie ftatt 93afef were nit feer befeftiget; boruf ber 
burgermeifter, man habe gute uoebburen, mißlich, erftlicb bie Oft* 



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63 



reifet ottnb anbre anftofjenbe, alß mit bcnen man feilt gefpait, 
fcemnad) bie CSibtgnoSfc^aft, oon beren man fcßirm ^ette, antßeu= 
tßenbe geantwortet." 

Unter bem Släfitor darrten beS KaiferS bie Satbacßinträger 
„in iren burgerS ratSröden angetßon mit entbecften ßeupteren.“ 
„SUfo jog man aufj bet f (einen ftatt über bie brucf, bie ßfengaffen 
<tuf, über ben forntnerdt, bie frpenftroS bim benmtin ßinuf bis für 
Uotenfjeimerljof onnb SRet^burger^of. Unb ftunben oom tf»or an 
bie ganße ftroßen, barburd) bet inritt gefdiacß, auf beiben feiten 
ein bürget an bem anbere in fjarneSt, gcmer tmnb fleibung juni 
äietlidjficn gerift onnb gebubt." 

Schon war 'Jüinfelßeit eingebrocßen ; bie ©tabtoäter oerfdjoben 
ben feierlichen 5lft mit bet lleberreicßung ber ©efdjenfe auf ben 
fofgenben lag; einzig eine größere 3aß( 5ifd)e würbe in ben 
Utenbeimetßof gefanbt, nämlich gorellen, Slejdjen unb anbere s Dhinb= 
fifcf)e im SBert oon 18 $ßfb., 41 große £>ed)te ju 15 Saßen baS 
©tüd, alfo im 2Bert oon 30 $ßfb. 15 Saßen; 136 Karpfen 
ii 5 Saßen = 34 fßfb. unb fedjS gtofse Stale h 10 Saßen = 3 ißfb. 
Sn Slnbetracßt ber oorgerüdten tonrbe nur ein Sanfett ab= 
gehalten ober gar leinS unb nicht toie oorgefeßen jwei. fiuftig 
mochte eS itn roten Dcßfen, too 94 |>artfd)iete mit 54 Knaben 
untergebracßt worben unb im ©ilbetberg, wo 17 ^artfcßiere mit 
11 Knaben logierten, ßcrgeßen; ber Rechnung naeß $u fcßließen — 
naßeju einen ©ulben für einen ^artfdjier — haben fie nicht gehungert. 
$lud) in ben s .ßriüatßäufern uioc^te eS luftig jugeßen. glatter 
erjäßlt, baß er bei ?lmbrofiuS g ro & e11 P nacht gegeffen ßabe, bei 
bem beS KaifetS ^perolb, ein „luftiger" 9Kann, einquartiert war. 

Stm folgenbett borgen ßörte ber Kaifer im 9ted)burgerl)of, 
wo man einen Slltar a uf gef cß lagen, bie SJieffe. hierauf empfing 
er bie Häupter in Stubienj, bie ißm abermals mit „gesiemenber 
reoerenß“ entgegentraten. Krug oerbanfte ißm nochmals ben Sejucß, 



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64 



gab auch bet Jreube übet bie 2Sat)l be3 fatjerlicfjen ©ofjneä gunt 
römijt^en ßönig StuSbrud 1 ) utib empfahl bie ©tabt bem 333ot)l= 
motten bcä ftaijerä. 9Jad) einer „ganj gnebiglidjen" SIntroort be£ 
Süijefanjlerä überteicfjte Ämg bie Oefcfjenfc bet ©tobt, nämliefj: 

(Sin ^überoergotbeteS Irinfgejdjirr im 2öett Don 150 ißfb. 

SDariit 1000 t^eitiifdje iSolbgulben = 1600 ißfb. 

10 Jafj ober ^afbe Juber SBeinä, roooon 3 Jab „t>on bem 
Sßpn be§ 40. jar§ onnb bie anbere 7 Daß oon gutem rotfjjem 
unb rotfjem ropn." 

50 ©öde £>aber. 

Jetnet ertjietten jum ©efdjenf: 

Ser §ofmarfd)aIt 1 Jajj SSeiit unb 15 ©äcfe §abet. 

Ser S8iäefanj(er beä 9leid)3 1 Jab 2öein unb 10 ©ade $aber. 

Ser böbmifcbe fianjter 1 Jab SBeiu unb 10 ©äde ^aber.. 

Sie faifertidjen Stempelet 8 Stjater — 12 ißjb. 

Sie faiferticften §erotbe btto. 

Sie „innetn" Sorbüter 9 ißfb. 

Sie untern fßortnec 3 ißfb. 

Sie !aijerlid)en Srabanten 20 feiferifd) fronen = 40 ißfb. 

Sie faiferlicben Safaien 20 Stjater = 30 ißfb., „atl3 mau 
bamit ben binieü oon inen miberumb getobt." 

*) Cdjb behauptet in feiner ©efd)ichte ber Stabt unb üanbfchaft SJafet 
VI. $b., S. 226, ber fiaifer fei mit feinem Sohne eingeritten. Sad fann 
nic^t richtig fein; beim fonft märe ber Sohn auch befdienft worben, wie cittft 
SRapimilian, atd er 1473, batnald noch (Srjfjerjog, mit feinem 'Haler, bem 
Jtaifer griebrid) 111. nach Safe! fam unb 500 Sturei erhielt wie biefer 1000 
Sie ©efdjenflifte oom 3af)t 1563 erwähnte aber feined Sofjncd mit feiner 
Silbe, hingegen gebenft ber fehwer Icferlichc S3ericf)t Qalfitero bc3 Sohneä 
mit fotgenben Süortcn: „firug empfieng ire majeftet abermale onnberthenigft 
mit frolocfd)en ired harfhoinmcnä, wunfeht bero ju ir feiferlid) majeftet ge= 
liepteit fun SJtarimiliano niier erwelter remifd) f()enig burdj gott ben herren 
höchftcä GSliirf." Stlfo hanbelte ed fich bloß um eine ©ratulation, bie ttrug 
bem fiaifer für bie SBahl feined Sohned barbrachte. 



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65 



35erbtetf)er beruhten foldje feftlidje Slnläffe, um begnabigung 
ju erlangen. bon einem roenigftenS, nämlief» Dom Wiener beS 
£anS non Slnblau, miffen mir, baß er auf ÜBunjdj beS ÄaiferS 
Dom 5Rat ber ©tobt bafel begnabigt roorben ift. Slm jeitig ge» 
haltenen 2JtittagSbanfett ^ielt ber ©tabtfchreiber Heinrich 5 a ^ ncr 
bie Siebe ober „®bbanfung." 2BaS er gefagt, roiffeit mir nicht; 
hoch läfet fich’S leicht benten. Um Mittag brach ber faiferlidje 
8ug Don bafel auf, bis Slugft, b. i. bis jur SanbeSgrenje Don 
ben basier berittenen begleitet. 3 tt, *i c ^ en brei unb oiet Uf>r traf 
ber ftaifer in Sitjeinfelben ein, roo er bann beim 3 unter Don ©cfjünau 
übernachtete. bon tyet Je^te er feine Sieije über SEBalbShut, ©cf)aff» 
Raufen, S’onftanj ac. bis nach SnnSbrucf fort. S)ie ^ofleute chataf» 
terifierten he tn ad) ben Empfang einer jeben ©tobt mit einem tref» 
fenben ©pitlfeton. ®er Äaifer mürbe aufgenommen in „Qrranffurt 
unbefinnlich, SJiainj fürftlich, Oppenheim Dermöglid), ©peper tapfer» 
lid), ßanbau lieberlich, SBeifsenburg nachgüttigliih, ^agenau bemü» 
tiglich, ©trafjburg prächtig, ©d)(ettftabt bäurifch, Äolmar freunbtich, 
breifach triegerifch, Qfreiburg chriftlich, bafel herrlich, Siheinfelben 
jierlich, SSalbShut einmütiglich, ©r^affhaufen einfältiglich, Äonftanj 
ftattlid), Ueberlingen liftiglid), 3Snp tnäfjiglich, Sempten ehrlich, 
SnnSbrncf feiferlicp." 

5elij glatter bagegen fagt: „eS gieng ein reb aujj, ir majeftet 
mere ju ©traffburg am reicheften, ju bafel am jierlirfjften, ju 
©cfjafhufen am frigiften empfangen morben.“ 

3)er Sfaijer pflegte feinen £anf für feftlichen ©mpfang mib 
©efchente in ber g°rm Don ©rljebung ber .perDorrageubften ber 
©tabt in ben SlbelSftanb unb Don ©rteilung Don fßribilegien aus» 
jubrüefen. $>er bürgermeifter ftajpar Ärug erhielt für fich, feine 
brübet unb 2)eScenbenten ben 91bel; beSgleichen b. branb unb 
Heinrich f5 a ^ner, ber ©tabtfehreiber, bie alle brei Dom 2lbelStitel 
feinen ©ebrauef) machten. ÜJferian befam einen SBappenbrief, ber 

SBaätct 3a!)rburf) 1903. 5 



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66 



fetn bigberigeg Sßappen mit einem ©ferneren oerme|cte. (illadj 
Sailer £f)™nifen I, 170, Slnmerfung 8.) 0b beit SIbel noch 
anbere erhielten, fonnte niefjt «uiert roerben. |>ang ÜHubotf Fäfch, 
9tat3berr, ber itjn nach einer 1811 in SBten auggefertigten Urfunbe 
erhalten haben fofl, frfjeint ihn boeb nicht empfangen ju haben, ba 
fid) bieje Urfunbe alg galfififat ^erauSgeftclIt bot- ©ein ©nfel, 
ber befannte 83iirgermeifter gfeitfjen Dlameng, jagt in feinen l 2tuf= 
jeicbmtngen nidftg baoon, mag ibm 0d)g (Sb. VI, ©. 226) irr* 
tümlid) als SBefdjeibenheit auglegt. 

Ungleich wichtiger al3 biefer papierne ober pergamentne £ri6ut 
bet dürften an bie menftf)Iicf»e ©itetfeit, ber oom Smpfänger ge* 
möbntid) teuer genug bejaht werben muffte, febien bag ju fein, 
wag bie ©tabt alg bleibenben ©ewinn beg 93efud)g ju erhalten 
anftrebte. $ie Sleicbgftäbte benu^teit folcbe SBefudje, um fief) ihre 
s $rioilegien oom Äaifer beftätigen unb Dcrtnebren ju taffen. 2)er 
beutfebe Äaifer befaß aber bamalg in Safe! nid)tg mehr, bag er 
bet ©tabt hätte febenfen fönnen, unb bie Don frühem Äaijeru 
auggefteflten ffkioilegien beftätigen ju taffen, fcfjien ganj jwedlog 
ju fein. SBobl angefiebtg ber febweren $eiten glaubte ber fftat eg 
nicht unterlaffen ju bürfen, auch Don biefem Sfaijer eine 93eftäti= 
gunggbufle augjuwirfen, wie er feiner 3 e *t, näntticb 1536 unb 1541, 
trobbem 93afet bamatg fdbon febweijerifeb war, fotebe 93ußen Don 
$arl V. erhalten hatte, ©anj befonbereg ©eroidjt glaubte er auf 
bie 93eftätigung ber Dom Äaifer ©igigmunb 1431 erteilten ^|5rioi= 
legten legen ju müffen, bie ber ©tabt nicht blofj bag 23efteuernngg= 
recht auf ihrem eignen, Jonbern auch Steuerfreiheit ihrer 93e* 
fißungen in frembem ©ebiete, jowie iöeftätigung aßet ihrer big» 
berigen fßrioilegien juficberten unb aße biejenigen, welche bie 23ag(er 
an ihren ©ütern unb Steuern, 23ete ober ©ewerff bejehweren ober 
fie Don ihren Siechten, Freiheiten unb ©ewohnheiten brängen 
woflten, mit empfiublicber ©träfe bebrof)ten. Unbegreiflicherweije 



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67 



würbe bec 1488 oon SJiajimitlian I. erroorbenen ©rioitegien gar 
nirfjt (Srroäbnung getban. Sieben biefem potitifcben Sefiberatum 
erhob 99afet noch einige anbere ntel)t materieller Slatur, auf roetcfje 
ficb ju* befcbrätiten e3 toobl beffer getban hätte. ©eit circa 40 
Sabren befaff e3 ©rolbüitingen at3 Sehen. Surj oorber roar ibm 
oorn föaifer bie ©ertängerung ber ©fanbfcbaft gugefidjett roorben. 
©ein ©egebren mochte nun auf öollftänbige Srroerbung au?= 
geben. Saran Inüpfte e§ einen SSunfcb bie 3J?ünjprägung betreffenb, 
ferner ba§ ©efucb um Aufhebung ober ^erabfebung einiger 3ö£Ie 
im benachbarten öfterreicbifcben ©ebiet unb rettamierte für ficb unb 
bie anbern babei intereffierten ©täbte, ©reifaib unb greiburg, ben 
fünften Seit beä im elfäjfifcben Sebertbat, unb iu anbern oorber* 
•öfterreicbifcben Orten auSgegrabenen ©itberS. 

Ser ©ürgermeifier trug bem Äaifer biefe SBünjcbe oor; 
festerer aber ocrfdjob bie ©eantroortung. ©ibon am 11.3anuar 
beriet bet 9iat barüber unb befcblofj, baf$ ©etnbarb ©ranb 
unb Heinrich gatfner, bie ben ©afiliuä |jerotb mit ficb nehmen 
möchten, bem SJionarcben nacbreifen fotlten. ©ie machten ficb ani 
18. Sanuar auf ben 2öeg, trafen aber ben Äaifer nicht mehr in 
Äonftanj, fucbten ihn aljo in Snnäbrudf einjuboten. Set ft'aifer 
fieberte ihnen bie ©eftätigung ber ©rioitegien gu, gab aber über 
bie anbern fünfte auäioeicbenbe Slntroort. Sie roeitere ©erfotgung 
ber Slngetegenbeit, foroie bie Stuäfertigung ber ©eftätigungSurfunbe 
marteten fie nicht ab, fonbetn überließen fie Jperotb unb begaben 
ficb am 22. gebruar auf bie ^eitnreije. ©ie trafen am 8. SJiärg 
rnieber in ©afet ein unb galten (aut ©eebnung 370 ©fb. 5 ©afeen 
10 ©fg. „oerjebrt, oertept, oerfebmibet, oerfatttet, oerert unb 
umb gotts mitten geben." Ohne 3meifet roaren fie es auch, 
metebe noch oor ihrer Stbreife oon Snnäbrucf ben ©attinnen be§ 
§ofmarfct)aItä unb beä ©igefatigterä ©efebmeibe im 2Bert oon 
86 ©fb. 11 ©aben 8 ©fg. öerebrten, natürlich mit bet 2tbfid)t, 



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68 



baburcf) berett einflußreiche ÜJiänner für 93afet noch günftiger ju 
ftimmen. 

^jerolb blieb noch etwa 50 Sage; über feine ©errichtungen 
finb wir gauj genau unterrichtet; beim fein Sagebuch, feine fieben 
an ben 9tat in Safe! getriebenen ©riefe, fomie feine betaillierte 
iftechnung geben ung allen wünfchbareit Üluffdjlufj. Seine ©riefe 
gelangten nur auf Umwegen an ben 9iat. £>erolb fctjirfte 5 .-©. 
ben erften ©rief ooni 27. gebruar an einen 3lrjt in greiburg i. ©.; 
benn jroifchen 3 rreiburg*(£nfigheim unb SunSbrud beftanb ein 
ziemlich reger ^oftcnlauf; oon greiburg aug gelangte bet ©rief 
an Dpotin in ©afel, unb biefer erft fanb bann beim Oeffnen bie 
SIbreffe an ben 3Sat. Ser jroeite ©rief Dom 6 . SDiärj 1563 ging 
über (Snfigheim unb Heinrich fßetri an feine enblicfje Slbreffe. 28ag 
ben Inhalt biefer ©riefe, beg Sagebuctjeg unb gan$ befonberS ber 
^Rechnung anbetrifft, fo gewähren fie ung oor allem aug einen 
Haren ©inblicf in bie ©elbmacherei ber faiferlichen Sanjlei. |>erolb 
follicitierte halb bei biejem ^ofbeamten, halb bei jenem, lief halb 
ju biefem Sefretär, halb ju jenem; aber er fam in furjem jur 
Ueberjeugung, bafj ohne reiche Spenben aug ber taiferlichen Äanjlei 
nid)tä erhältlich war. ©oller ©etjweiflimg ruft er einmal auö: 
„SSJill man etwag gefürbert haben, fo ift beä bettelwerdg fljein 
enb.“ §erolb fat> fich genötigt, beim öfterreidjifdjen Statthalter, 
bem ©rafen oon ^elfenftein, 220 fl. ju entlehnen. Ser fRat ber 
Stabt ©afel oergalt nachher bei ber tRücferftattung beg ©eliehenen, 
bie ©efäHigleit beg ©rafen mit einem toftbaren ©olbfcbntucf. 
§erolb h ött e cg unter anberm auch mit jroei Sclretären ju tun, 
bie ihn glauben machen wollten, „atlg ob fpe allein bie fache 
förtigten." „Ser Roller" — einer ber beiben Sefräfere — „fang 
wiber fpn alt lieb: wollte bag beft thon.“ „ 3 ch fi& warlich imt 
börnnen," bann würbe £>erotb wieber getröftet „gut bing will wpl 
haben; h 0 &* ein flein wenig gebulb." SBährenb er ungebulbig 



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69 



4>et §tu3fertigung bet Urfunben harrte, 50 g er ©rfunbigungen ein 
übet bie ©ewinnung unb ben 5ßrei§ be§ bottigen ©aljeg unb 
berichtete barüber nach SSafet. Sluch übet bie gorberungen be§ 
Äaiferä an ba 8 Jtibentinerfonjii erfahren mit 9lähercä. 3118 
^erolb enblich bie golbene 93ufle erhielt, betnerfte er 51 t feinem 
©chrecfen, baff ber Urfunbe bie Sontrafignatur beS SBijefanjlerä 
©elb fehlte; al§ er aber biefe erhalten, wufjte er nicht, roo er fie 
fidjer öerroahren fonnte. 2 Bie teuer öafel biefeä $lftenftücf ju 
ftehen Jam, erfahren mir auä ^perolbä betaiUierter Rechnung : 
176 pfb. 11 bähen 3 heller in bie Äanfclet) non wegen fheijerlich majeftet 
confinnation nnnb gegeben gulbin bull über hochtoblicher gebec^t= 
nufj fünig ©igmunbä frJjh e 'lr namblich für bie laj 50 golbgulben 
nnnb für bie bull, fo 45 bucaten ungcrifdjen golbeä gehalten hat. 

6 pfb. 1 bähen 8 heller umb brigg utijen golb, fo ju ber fchnur 
»erprucht, bie an bie bull fommen ift. 

1 pfb. 5 ba^en baran ju machen. 

2 pfb. 10 bähen bem regiftrator für fin recht bi ju behenden. 

22 pfb. 10 bähen bem ^offgolbfc^mibt bie bull p machen. 

1 pfb. 18 bähen für uftmect)fel be§ ungerijchen bucatengolbg. 

15 pfb. 8 bähen für baö boppelfdjriben uff bie golben bull. 

26 pfb. 11 bähen 3 heller für canhlcirecht nnnb oererung onnb 
bann 8 fecretarien, 4 fc^ribern, bem tajator, bem canhleitnecht, 
pebellen, uffroarter nnnb thorhüter: hebern ein gulbin gebenn. 

4 pfb. 10 bähen in bie hoffammer non foflicitierenS nnnb befür* 
berenS wegen nerert. 

5 pfb. bem Jammerfnecht oud) heeren 3oller3 tammerjchribern tmnb 
bieneru oerert. 

71 pfb. 18 bähen 9 heller geben umb ettlidje bidjer, fo inn bie canhtei 
ju SnnSprutf nerert finb worben. (<S§ waren folgenbe ÜBerle: 
^Ph- 3J?elonchthon3 ©heunifou unb Opus christianae doctrinae, 
Frisii dictionarium, ©leibanuä, 3 ooiu§, @. 5D7ünfier3 SoSmO' 



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70 



grapfjeq, SMuterbud), Cutter# neugebrudte ^ßoftille, beutfcfte 
93ibef, 3ojcyf)t<3, $erolb§ ^jeibenroeft, Cbib SBunberbüctjer.) 
@o foftete biefc Urfunbe über 300 fl., roährenb £ieroIb für 
bie anbere, bie ©rofjhüningerpfanbjchaftSDerlängerung betreffenb, blojj 
22 ft. 10 bähen notiert. ®aju tarnen nod) bie ißrioatau3lagen 
.perolbS non nafjeju 200 ft. Schlägen mir bie ßonti SranbS 
unb g-attnerä nod) baju, fo betaufen fid) bie Stoften für bie gol* 
bene Söutle oom Sahre 1563 auf runb 1000 ft. Unter ben Äaijer* 
urtunben, beren ba8 ^iefige ©taat§ard)io eine ftattliche 3ahl ent* 
hält, ift fie eine bet fdjönften, aber auch bie tefete. Safel ^at e£ 
oon nun an nicht mehr für nötig erachtet, feine ißrioitegien jeroeileu 
oon bent S'aijer .betätigen ju taffen. Uebrigenä fchtt biefer testen 
Äaiferurfuube SafelS bet jonft in ähnlichen Slttenftüden enthaltene 
fßaffuä Dort ber Seftätigung fämtticfjer öon römifdjen Königen ber 
©tobt erteilten ißtioilegien. £ätte banialS ber 9fat eine 9tl)nung »du 
bem 20 Sahre fpäter eingetretenen ftarnpf mit bem Sifcfjof gehabt, 
fo hätte er fid) ohne groeifet and) ba§ am 1 2. Stuguft 1433 oom 
Äaijer ©igiätnunb erhaltene iprioiteg fonfirmieren taffen, ba2 berStabt 
alle ißfanbjdjaften „bon mein auch bie gefommen finb," jufid)erte. 

tDiefer tefcte Staijerbejud) tarn bie Regierung Safet§ auf roenigften§ 
5000 ft. ju ftehen, eine ©urnrne, bie für fie ben SSert eines ®orfe§ 
au?mad)te. ®ie ©taatörechnung jener 3^'t meist fotgenbe auf: 



1561/62 ©innahmen 


46,892 




2 


Sahen 


7 


geller. 


Stuägaben 


27,914 


rr 


— 


It 


11 


rr 


Ginnohmeüberfd)ufe 


18,978 


m 


1 


Sahen 


8 


fetter. 


1562/63 ©innahmen 


44,963 


n 


5 


rr 


1 


rr 


Stuggaben 


38,703 


rr 


13 


rr 


9 


rr 


©innahnieüberjchufe 


6,259 


¥fb. 


11 


Sahen 


4 


fjeller. 


1563/64 ©innahmen 


45,297 


rr 


9 


rr 


11 


rr 


ütuägaben 


32,264 


rr 


13 


rr 


— 


rr 


©innahmeiiberfchufe 


13,032 


s ^fb. 


10 


Sahen 


11 


/pellet- 



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71 



2Bir fönnen mithin anuehmen, ba{j bet 5taiferbe)ucf) ©afel auf 
etwa 15% bet ©taatSauSgaben ober 10% bet Staatseinnahmen 
ju fielen fam. 

Unroitlfürtict) btängt fid) unS jum ©cblufi bet SSergleirf) 
biefeS lebten offijiellcn ÄaiferbefudjS mit bem oor !urjem ge- 
feierten ©unbeSfeft auf: bort ein aufgelöster, in gafto nid)t 
nieljr oorhanbener ©taatSoerbanb, Ijiet ein 400=jähriger, burd) 
genieinfame Kämpfe, Seiben unb greuben gehärteter 93unb ; bort 
Ipett unb Untertan, hier ©ärger gleichen s Jled)tenS; bort Sßer* 
legenheit bei ber Sunbe beS ©efud)S, hi« ein freubigeS 23egrüfjen 
unb görbern ber gcier üon ©eite ber ganjen ©eöölferung; bort 
ein Mißtrauen, allgemeines ©cmaffneti unb 33orforge gegen eine 
adfällige ©ergeroaltigung, hier baS ©efühl oollftänbigfter ©idjerheit; 
bort ftarrt SBafel in Sßaffen, hier geigt eS ben ©unbeSgenoffen 
fein fünftlerijdjeS unb geroerblicheS Sonnen; bort empfing man 
Seute, bie ©afel fremb waren unb blieben, ^iec fommen gute 
©elannte unb greunbe; bort genügt ©afel einer burcb bie ge= 
fcf>id)tlid)e Sntroitflung oerjährten Untertanenpflicht unb fiebert fid) 
baburch für bie 3 l| lunft baS faiferliche SBohlwollen, hier hingegen 
feiert ©afel, bent freubigen Strang feines §erjenS folgeub, ein 
patriotijcbeS geft unb förbert bamit öaterlänbijdje ©efinnung. 



SSorliegenbe Slibeit fcfjöpf tc i)auyt]'«cfjUc() aus folgenbcn Ijanbjdjriftlidjai 
Duellen im (jtefigen Staatsjarcl)iu. Ccftecrcicf) B. I. ; jttcineS SBeifieo iüucfi, 
gol. 201 ff. ; Scrfaffung A. 1. 2; Siatojcbbct ; Hatsbüc^lem ; 'Diiifiuencou jepte ; 
Slngariabucf) ; SBocbenauögabenbud). SIucl) baS Slutgrapljon gelij 5|Jlatlerb 
auf Ijiefiger Uniuerfitätsbibliotljef trmrbc ju Kate gejogen. 




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Pon Dr. 5riq 25aur. 



jH'er Safstoaiig, ein Don SBeftcn nadj Cften ftd) tange t)in= 
ftredfenber Sergrüdcn im ©übroeftot oon 93afcl, gehört 5 U ben 
^öc^ften Don biejer ©tobt aug in einem Sage ofjne ©djroierigfeit 
erreichbaren fünften im Sura. ©eine ?Iugjitf)t, roenn aud) nicfjt 
fo auggebetjnt unb jo reich an 5lbroect)g(ung ioie bie beg 2 Bei§en= 
ftein ober beg Gljafjerat, umfaßt bocf) einen Umtreig oon oielen 
©tunben unb rairb oon brei (Mebirgen begrenjt, ben Sogejen unb 
bem ©cfjroarjroatb im 9?orben, ben Sttpen im ©üben, ©eine 
93efteigung geht für Sagtet am (eidjteflen oor fich oon Stellingen 
an ber Surabaljn ober oon Dbetborj an ber SBallenburger Saljn aug. 

Senüfct man ben einen biefet SBege jum Stuf», ben anbern 
jum Siieberftcigen, jo ift ein Jag bequem auggefütlt unb bie Reifee 
9J?ittagjeit bringt man in luftiger $ölje ju. J)ie Sijenbafjnen 



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73 



erleichtern bie Stuäfüljrung biefeä 2lu8ftug3 butch SluSgabe non 
3iunbrei|'e=5a^rfarten 33afel*Saflenburg unb ©reflittgen * ©afel 
ober umgefeßrt ju billigen ©reifen. Seitereä über bie jaf)! 5 
reifen möglichen ©efteiguugen beS ©etgeä ju jagen, ift b|ter nicht 
ber Drt. Safür muß bet ßefer auf güljrer unb auf Stcijehanbs 
buchet oerroiefen roerben. 

@8 wirb fid) mieberholt auf ben nadjfotgenben ©eiten ®e- 
legenheit bieten, oon ber lanbfchafttichen (Schönheit be£ ©ergeä unb 
feiner Umgebung ju fprechen. SIber auch bie ©efchidjte fommt 
nicht ju furj, unb für bie greunbe unb Äenner beS ©olf3(eben3 
bieten fid) an feinen 9lb[)ängcn oiel Slnfnüpfungen ju lehrreichen 
unb angenehmen ^Beobachtungen. 

SRach ©üben fällt ber ©aßmang fteil ab gegen ba8 joto* 
thurnifche 2ftümli8mit, ein Sorf, ba 3 fein gut juraffijcheä ©epräge 
aud) barin betunbet, baß e8 neben ber ßanbmirtfdjaft Snbuftrie betreibt, 
unb jmar ^Bearbeitung oon fporn, Knochen unb Seflulofe ju dämmen, 
fiujuSartifeln unb bergt. $D?ümli§mil mit feinen 1818 jumeift fatljo* 
lifcßcn ©inmohnern liegt in einem tiefen Äeffel, bet feine Soffer 
nach ©üben ber Siinnern unb ber Stare jufenbet. Silb fteigen 
3fel8mänbe unb 3 ai &n, man möchte fagen unmittelbar au8 bem 
Salboben auf. ÜDtilberen Stnbticf gemährt nur ba8 nach SBeften 
ftreichenbe ©ulbental. Sttlein wer einbringt in biefe bünn bewohnte 
Salfcfjaft, ber finbet bei jebent Schritte, ben er weiter nach ber 
£>öhe tut, grünblicher verfallene £>öfe, fahlere Sapetlen, wilberc 
geläroniantif. Unmittelbar im 9?orben oon ÜDtümliömil fteigen 
bie Sönbe be§ ©aßmang fahl unb bleich au8 jpärlichem Salb 
auf. 3nt Dften führt ein ©träßefjen hinüber nach ßangenbruef. 
Ser ^elfenberg, bie Sanne unb bie anbern oon Seften nad) Cften 
jiehenben 3urafetten jeicfjnen fich hi« als fdjroff auffteigenbe ©pißen 
oom §immel ab, fo baß nach biefer ©eite ber obere 9tanb be8 
$efjel8 einen gleich einer ©äge auSgejahnten Umriß jeigt. 



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74 



Uie feltfnmfte Ueberrafdmng frort baS Ual, toenn man, ber 
äanbftrnße folgettb, fid) fübioärtS toenbet. SBenige Schritte außerhalb 
beS UorfeS treten oon linfS b er getoaltige, fenfredft abfadenbe 
roänbe bis .unmittelbar an bie Straße heran. @3 ift bie garisberger 
Süd), ber rocftlidje Slbfad beS 2BaunetibergeS. ÜBer bieje ^tub 
befudjen will, toaS am bequemftcn oon ber 53eretenf)öt)c auS jmifctjen 
dRütnliSioil unb Sangenbrud gcjdjiebt, ber muß fcbtoinbelfrei fein. 
Sind) für ben Schroinbelfreien ift es immerbin ein feltjameS ®efül)l, 
feine 2Ritmenfd)en 300 dReter unter fid) in ftrenger £>ori 3 ontafrroief tion 
babin trabbeln ju feben! Uer ffarisbcrgflub entspricht auf ber 
anbeten Seite ber Straffe eine ähnliche ffelStoanb. 21ebnlicf)eS ift 
ixberaft ba ber gad, roo baS SSaffer butcb eine ber langgeftretfteu 
Suratetten fid) quer binburd) gearbeitet bat. 28ir bcjeirfjnen foldje 
Steden als Älufen. 9tod) einmal öffnet fid) füblid) oon biefer 
SlluS baS Uälcben. Sluf beiben Seiten treten bie geljen beinahe 
im |>albfreiS auSeinanber. Es bilbet fid) ein großartiger natürlicher 
EirtuS oon gemattigften 9Raßen. ®ie Straße ftrebt bem fßuntte 3 U, 
mo bie beiben Sßänbe fid) 3 U berühren, ben SBeg ju Oerrammeln 
fcfjeinen. Sin biefer Stelle bat 3Renfd)enfunft ben fReijen ber ÜRatur 
fid) beigefedt. ®a thronen unmittelbar über ber Straße auf ber linfS, 
alfo im elften aufragenben fölippe, bie noch im SBerfad ftattlicben 
fRefte beS einftigen DiaubncfteS 97eu = 5alfenftein. 

UaS Sdjloß mit feinem ftoljen Ultra utib ben nod) beute 
troßig brein fcbanetiben dRauern biente oon 1417 bis ju feiner 
3erftorung 1798 als folotburnifdjer Sanboogtcifiß. Korber batten 
fid) üerfd)iebene gamilien, fo lang man baS Schloß 31 t oerfolgcn 
oermag, um ben 33efiß geftritten. ®ie galfenfteiner jelbcr inbeffen 
befanben fid) nicht unter ben $3eraerbern. Sie ftanunen oon Sllt* 
f^alfenftcin bei ®öSgen. Einmal bat bie ff-efte aud) bei unS in 
töafel oiel oon fid) reben gemad)t, oor mehr als 500 fahren, im 
3abr 1374. UamalS gefdjab öon S3afcl aus ein $ecr 3 ug miber baS 



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ben 33ed)burgerit juftänbige galfenftein.. Senn einige oornehme 
Sujchflepper Ratten non bem Sdjlojf aus baSlerifcfjen Äaufleuten 
Ufte ©üter, barunter acht 3entner Safran genommen, etliche ißerjonen 
gefangen unb auf bie Heftung gefegt. Safiir nahmen bie VnSler unb 
ber ©raf oon Stjburg, ihr Verbünbeter, Ötac^e, inbent fie Ralfen» 
ftein belagerten unb bejmangen. Sie perren, bie an ber Stäuberei 
bie fdjroerfte Sd)ulb trugen, mürben gefangen, bie Siener oor bem 
Schloff enthauptet. Slber ihren Safran unb bie anbern äBaren 
erhielten bie 93aSler boch nicht guriicf . — Von 9Jeu = tjaltenftein 
führt bie Straffe hinaus tiad) ben Stäbtchen ValSthal, bann burd) 
eine jroeite ruinengefchmücfte ®luS in bie offene ©bene ber Stare, 
ju bem Sorf Denfingen am guffe bet Vedjburg. 

SBir aber teuren juriicf hinter bie Stuine galfenftein, nicht 
ohne im Vorbeigehen bem reijenben Vilb unfere Stufmerfjamfeit 
gefd)enft ju hoben, baS baS Schloff »om Süben bietet mit ben in 
feinem Sd)ufce fid) erhebenben VauernlfäuSchen, ber fiapetle unb 
ber Sdjente. Ser Oorhin ermähnte grojfe gelScirfuS jrcifchen ber 
jerfallenen Vurg unb bem Sorfe SJtümliSmil ift in feiner ©in* 
famfeit ein unheimlicher Ort. Sie fi ob i f ep nennen ihn bie @in= 
roohner unb oertegen bahin eine greuliche Sage oon einem geizigen 
Vauer, ber aus pabfudjt einen Vejudjer ermorbete. 2Bie er lange 
Sahre nachher bie Stefte bes ©rmorbeten burd) Bufatl roieber ent» 
bedt, ergreift ihn Verjmeiflung, unb in berjelben SRacht haucht er, 
oon fdjrecflidjen ©emiffeuSbiffen gepeinigt, feine Seele au«. Stod) Diele 
3ahre nachher h°t llia n in ber Sobifep näd)tlid)ermei(e baS Seufjen 
unb Slechjeu beS unfdjulöigen ©rmorbeten oernommen, ber feine 9luf)e 
finben tonnte. Soch tat biejer ©eift niemanbem nichts ju leibe. 
SlnberS ber Schatten beS SJforberS. Unftät bie Schluchten ber 
Sobifetj burchirrenb, gräfliche Söue auSftoffenb, 3?einb jebeS menfd) 3 
liehen SBefenS, faffte et manchmal fturmroinbartig ben harmlofen 
SBanberer. Sr umflatterte bie Stätte feines einftigen SennhaufeS 



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76 



unb ftredte bie jdjönften Siinber. Oft trafen in ©eftalt feuriger 
Äugeln bie beiben ©djemen jufammen unb ein Äampf entfpann 
fitf), baß roeitum bie Junten {prüften. 92ic^tS nüfete alle® 33e= 
fcfjroören unb Sannen her Säter Äapujiner. 2Wit bem ©inriitfen 
ber Jranjofen erft nabnt ber ©puf ein @nbe. Ta3 2obifetj*@ut 
roedjfelte oielfad) ben Sefifcer. 3efct ift ba§ 2Bot)nbau3 Detfcbrounben. 
Tie Siatten f) a &en einige SJiümliäroiler unter fid) geteilt. Ter 
2obifep=Teufel erfd)eint nicht mehr. 

Son SRümliäroil führt ein Sträßchen, oon bem fpäter noch 
bie Siebe fein roirb, hinüber nach ben norbjuraffifchen Teilen be§ 
Äantonä Solothurn. ©eine S°f$öhe, genau 1000 SUieter, ift nic^t 
mehr roeit entfernt non ber mit einem ©ignat öerfehenen ©pifce 
be$ S°B roan 9^ er 8 e? - ®as ift ber eigentliche 2lu3fid)t3puitft. 
?!m ©üben erblidt man tief ju ffüfjen baS Torf ÜJiümtiSroil, bie 
Reifen best ffariäberg?, bie Siuine ffalfenftein; unb barüber hinauf, 
jroifcben ben Sluäläufern be§ üBeifjenftein» unb ber Sioggenfluh 
frbroeift ber Stic! roeithin über bie Gbene. 3n buntem SBerfjfet 
reifen ffelb unb SBalb, fjlur unb jpofftätte, Torf unb SSiefe fid} 
aneinanber. Tatnit aud) baä SBaffer nicht fehle, glifeert fern au§ 
bem ©üboften ber ©piegel beä ©einpadjerfeeS herüber. Tann fteigt 
ba§ Saitb langfant an ju ben Sorbergen ber Sltpen. 2Bir ertennen 
ben Sligi, ben fßilatuS, ben liefen. Tarntet enblid) fchliejjen 
baä t)errtid)e Silb in ununterbrochenem Sieigen bie ©cfjneeljäupter 
ber ?Ilpen, ftolj jum bunfelbtauen £)immel fid) emporredenb. greilid), 
feiten ftcllt ba8 ganje ©emätbe fid) ohne 2lu3nahme gleich beutlid» 
bar. SEBenn bie (Sbene fid) bi2 in alle @injelt)eiten flat jeigt, fo 
lagert oft ber Tunft auf ben Sergen unb umgefet)rt. 9lm meiften 
2Bal)rfd)einlid)!eit, eine ungetrübte Stuäfidjt auf bie Serge unb in 
bie @bcne ju geroäbren, bietet ein flarer Sommer* ober |)erbft> 
abenb. ffiir bie Üllpen empfiehlt fid) am meiften bet SEBinter. Siur 
bcbedt bann in ber Siegel bidjter Slarenebet ba§ ebene Snnb. Tafür 



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77 



branbet ober an bie 3urnroälle bag Siebelnteet, unb bag ift ein 
'Sc^auipiet fo eigener 2lrt, baß man ißm Diel mehr Serouitberer 
roünfctjen möchte, als eg in ber Siegel hot. 

Seltener lagert ber Siebei auf ber nörblidjen §älfte ber 
Saßroang»$lugficht. Stenn aucf) oft unmittelbar auf bem 9il)ein, 
bi8 über ©äcfingen hinauf «fennbar, bicbte fünfte liegen, fo ift 
bocf) bie übrige üanbjcfjaft meift oollfommen frei unb glänjt in 
golbigeni ©onnenlüht. ^jier ift eg weniger bie ©roßartigfeit unb 
ber 93licf über eine fr^einbor unermeßliche (Ebene, mag ung Saglern 
ben Saßwang fo lieb macht. Sielntehr bürfte eg ber Umftanb 
fein, baß mag fidf ba unten augbreitet, im engften ©inn unfere 
^eimat ift. ®a liegt er, ber Söinfel jmifdjen 3ura, ©chroarjroalb 
unb Sogejeu. 3n feiner SJiitte, am ftoljen Sogen beg ©tromeg, 
recft bie Saterftabt ben SBalb ihrer Sürrne empor. Ster Slauettberg 
unb ber ©empenftotlen, ©rfjauenburgetfluf) unb Sieftaler Slugfid)tgturm, 
©iffadjerfluh, Qiarngburg, Schafmatt unb alleg, mag brin eilige» 
jcßloffen ift — mag frommt eine trocfene §lufjäf|lung? S)ag ift bie 
©egeitb, wo faft jeber Saum ju ung jpricf)t unb beren Sieije man 
nicht burch trocfene .getglieberung anjiehenber macht; ba ift £>eimaterbe l 

Sine befonbere (Erörterung mürbe bie 3lugficht in bie 3ura= 
berge nach SBeften Derbienen. 28ie ba bie §ohe SSinbe im ebelti 
Schwung ihrer ©piße oon ben ©enofjen fich abhebt, roie bei gün» 
ftigec Steuerung genau über ihr Signal hin man bag Sllpbörfcßcn 
fRaimeuj gemährt, roie noch weiter, etroag noch linfg oerfchobeit, 
ber 9J?ont SDforon auffteigt, ber fich bann anfcßließt an bie £afeu= 
matt — ich breche ab, um nicht ju augfüfjrlich ju werben über 
biejen fRunbblicf. 9iur jo Diel mag noch erwähnt werben, baß 
barüber ein braudjbareg Sanorania Don SBintertin oorliegt, Don 
bem Sacfjbilbungeti auch im Suchhanbel erschienen finb. 

Sott ber ©pifce in jübweftlicher Südjtung nieberfteigenb, ge» 
langt man nach einem Steg Don etwa einem Kilometer ju einem 



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— 78 — 

in filberglättjenbe ©djinbeln gcfleibeten 93 erg^of, bem Obern 
mang. Sal §aul fteljt in fotothurnifchem Sefifc unb auf bem 
Sobeit bei Santonl Solothurn, roitb aber feit langen Streit öon 
Safelbieter Sehenteuten beroo^nt. Sie £eute betreiben bor allem 
fianbroirtfdjaft, Viehzucht unb ft’äferei. Sod) nehmen fie gern auch 
SBanberer auf, bie mit ber befcfjeibenen auf folget ^pb^e (11O0 m 
ü. 2 Jf.) jur Verfügung ftehenben Verpflegung jufrieben fitib. S>er 
Obere ^Safemang gehört nad) bem Urteil eibgenbffifcber unb fan» 
tonaler @ad)berftänbiger ju ben beftgelfaltenen ©ennlijöfen beS ©olo- 
tljurner 3ura. 

@1 ift oieHeicbt nicht allgemein befannt, baff bie Seltnen 
unferer SBeftfdiioei^er Serge neben bem Unterhalt bei eigenen Süieh^ 
nocf) mit einer fd)mungbaften, um el fo auljubrüden, ftoftge&ecec 
für frembe ©uftiroare, b. h- für fRinbet aul bem Sal fich befaffcn. 
Von weit ^er, 5. V. oielfach auch aul bem ©Ifafj, überfbmmern 
bie Säuern ihre halb aulgemachfenen ©tierlein unb $iihe auf ben 
SBeiben bei 3ura. 3n bem herben jubalpinen Slima merben bie 
^iere abgehärtet unb leiftunglfäfjiger all bei ber ©tallfütterung 
ber ©bene. Saju tommt bie fachoerftänbige Sflege ber erfahrenen 
jurajfifchen Sergfennen. Ser Viehbefifcer entrichtet für bal $aupt 
unb auf ben Sag bem üßeibinhaber ein geiuiffeS Äoftgelb. Somit 
aber nicht biefer, ber mährenb bei größten Seill bei ©ommerl 
unbeauffichtigt unb felbftänbig über ber fperbe fdjaltet, feine ^ßfleg* 
linge hungern läfet unb bal fdjöne ©clb einftreicht, ift eine eigen» 
tiimliche (Sinridftung getroffen: el roirb ben Siinbern ber Stuft» 
umfang gemeffen unb nad) Slblauf bet ©ömmerung bezieht ber 
©enne für jeben 3 oK, um ben ein Siet ^genommen hat, einen 
geroiffen junt ooraul feftgefefcten Setrag. 

Sal Serggut bei Obern V“Ü ro ang fteht umgeben junäd)ft 
bon einer roohlgepflegten ffläche Äulturlanb. Ser größte Seil 
trägt SBiefe; ein ©tüd pflegt mit §afer angefäet ju merben; an 



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79 



zitier jonnigen $olbe gebeten Kartoffeln. SDurd) Sctjciterjäune 
u nb 3Jiäuerchen, bie leiber aud) hi« oben bem ^eimtüdifdjen Stächet* 
braht ju roeidjen beginnen, ift ba§ angebaute Sanb ooit SBalb unb 
SSeibe getrennt. 2)er Diarne be« Serge« fdjeint anzubeuten, baff 
nicht überall, roo ^eute 2Beibeftäd)en liegen, foldje oon jeher fich 
behüten. $enn er ift niiht, wie mir feinerjeit noch in ber Schute 
gelehrt mürben, eine SBanb — nach folothurni)d)er ?lu«fprache 
SBang — , übet bie ein ißaß führt. Sielmehr geht er höchft roahr* 
fcheintich, nach freunblicher SRitteilung unfere« ®ia(eftforfcher« Slbolf 
Seiler, auf bie noch otelfach, Z- S. auf ber Siegfviebfarte gebrauch' 
lidje gornt Sarfchmang jurüd. ©chmanb, in ber SOhmbart Schroang, 
ift eine 9iobung, too bie Säume nur oberflächlich entfernt, nicht 
roie bei einer 9iiiti famt ben SSurjeln au«gereutet mürben. Sar 
ift ba« nämlkhe 2Bort, ba« oon bar»fuß, barhaupt h« befannt 
ift. ®er Sltame h^fet fomit fahle Siobung. 2)aß oon bem 9fanten 
einer begrenzten Certlid)feit — roeldjer, ba« fönnen mir nicht mehr 
ermitteln — ber So| unb ooit biejem ber ganze Serg ben Flamen 
befam, hol burcf)au« nicht« auffalletibe«. 

Som Ober=^ßa§roang ift bie Safjhölje nicht mehr meit ent= 
fernt. Son ihr führt ba« Sträjjchen nach SEBeften zu Sal. Stuf 
eine Strede meit läuft e« beinahe eben bahin. Unroeit fteht auf 
bem SEBicjenplan, oon prächtigen Schattenbäumen umgeben, ba« 
^pofgut be« ÜDlittlern ißaßroang. ®a mo ein Sebenmeg zu bem 
red)t« fidjtbaren Untern ^aßroang abzroeigt, roohl bem ftattlichften 
ber brei Serggüter, betritt bei einem funftlofen Siehgatter ba« 
Sträßchen ben SBatb. Salb fommen linf« bie fyeljen fo nahe heran, 
baß auf bicfer Seite fein Saunt mehr ÜBurzel jchlagen fann. 2)a« 
finb merfmürbige ©ebilbe, bie hier au« müftem Schutt unb ©eröfl an 
Stelle ber Säume turmhoch emporragen, einige fenfred)t auffteigenbe 
fpiße Klippen in ber gortn regelmäßiger gleicbjdjenfliger EDreiedc. 
<5>latt fallen fie nach ber Dlorbjeite ab, al« mären fie fünftlid) 



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80 



poliert. 3m JBinter haftet an bieien SSänbeu feine Scbneeflocfe. 
Xie impofantefte, bie am roeiteften nach SEBeften gelegene, trägt 
wenige EDfeter über ihrem 5 U B einen Slbfaß, auf bem fpärlidje 
©rasbüfchel wachfen unb — man rounbert ficf), woher fie bie 
Nahrung $ief)e — eine fcblanfe, fräftige tföhre gebeizt, öefonberä 
fcharfe Slugen wollen an ber Spiße be§ Reifen? eine 3nfcf)rift ent= 
bedt hoben. ®i e Sage erjählt non einem fabelhaft reichen EßaBroang» 
bauern, ber feinem 3$ieh bie £>örner oergolbete unb ihm fifberne 
Schellen anhangte. £er hat auch bie oberfte Spiße biefer fjh'k 




mit ®olb überfleiben taffen. Oft faß er auf ber Eßaßhöh? unb 
fchleuberte bie harten SSaler weit gegen EDJümliSroil unb 9famiSmil 
in bie 2iefe. 3u ber lat gelang e3 ihm, mit jeinem Reichtum 
fertig ju roetben. (Sr ftarb im (Slenb. ®ie Saufe fraßen ihn bei 
lebenbigem Seib. 

(Stwa§ unterhalb biefer {pißen 3flüf)e ftanben am 2. ÜJJärj 1798 
einige Solothurner mit einem ©efcßüß. Sie roaren oor einer 2lb= 
teilung einbringenber granjofen burd) baS ganje 93einroilertal lang 1 
fam bis in bie 9iäf)e ber EfSaßhähe juriicfgemichen. (Stwa jroei 
Kilometer weiter unten, beim fogenatinten Schilbgatter, hatten bie 



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81 



roelfthen Siiibringlinge fi<h gefegt, an bet Stelle, roo jefet am 2Beg 
gegenüber einem Scbeuerlein eine Keine halb oerfadene Kapelle fteht. 
$ier mürbe mit bem 9taub aug bem Sal abgetocht. Sa fchlägt 
plö^lid) mitten in ba3 franjöfijche Säger eine erfte fo(otf)urnifdie 
Äuget. ÜJfehrere granjofen roerben getötet. Sie anbern fließen fic^ 
auf eiliger glucht talaugroärtg ju retten. Sod) mürben bet Sürrenaft 
unb bei 9ieul)äu3lein nod» einige ber glüd)tigen tion ben Äugeln 
ber ®olotf)urner getroffen. 

Ser ®afsroangroeg t)ier auf ber Söeftjeite beg ®ergeg folgt iit 
feinem oberften Seil nicht bem rinnenben SBaffer. ®on ben (Platten 
glühen unb oom Untern ißafjroanghof fieht man in beträchtlicher 
Siefe einige ®üter liegen, bie Schiithöfe, beten Slblauf burch eine 
rauhe, befchmetliche gelfenfcbtucht, bag Äeffiloch, ing ®ogental 
flieht. Sie Straffe aber bleibt in ber |>öbe nnb roenbet fidj lintg 
nach einem anbern Sälchen. gn ber 9iähe beg ftattlichen .fjofeg 
0ber=®ud)en geroinnt man einen freien ®lit! big jur $ohen Söinbe 
hinüber unb in all bie oielgeftaltigen ®erge unb SE^äter, bie auf 
ber hi« fichtbaren füorboftfeite oon ihr nieberfliejjen, über bie be* 
häbigen ®auerngüter an ben Jpalben unb auf bie mit SGÖiegrouchg, 
grnd)t unb Äartoffeln roohlbeftanbenen gluren. 2UI bieg mar 
früher Älofterlanb. @g gehörte bem Älofter ®einmil, eine gute 
Stunbe roeiter oorn im Sal, bag noch ießt in feiner ®auart an 
bie einftige ®eftimmung erinnert, feilte fitib ang ben gellen ber 
®rüber ®fair* unb Schulhaug gemorben, unb bie ehemalige Älofter* 
firche bient alg ©emeinbefircfje. Sie ©rünbung beg bem ^eiügm 
®incenj unb allen ^eiligen gemeihten Älofterg geht big in bie erfte 
|jälfte beg 12. gahrhunbcrtg jurüd. Spater aber oerlor fich ber 
Äonoent, unb mit bet geit mußte ein ÜDlönd) befonberg nach ®ein= 
roil gefefct roerben, nur bamit roenigfteng jemaitb ba fei, um für 
bag geiftige SBoht bet Satberoohner ju forgen. gm gahr 1642, 
alg bag Älofter roieber h«geftedt mar, lehrten 2lbt unb Äonoent 

®a*Icc 3al)rbu(f) 1903. 6 



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82 



bem Ja! ben Würfen unb grünbeten in milberer Sage SWariafteiri. 
Woch heute befudjt man nicfjt ohne Wüljrung ben hölgernen Streus» 
gang unb bie bejcheibenen Octaffe ber SWöndje, unb man beroun» 
bert, auf ber Jerraffe beS ©ärtleinö ftet>eub, aurfj in biefer an» 
jpruchlofen Slttlage ben fidjern 93(irf für lanbjchaftliche Schönheit, 
ben geiftlidje '-Bauherren immer bewährt hoben. 

Sange oor bem ßlofter jebocf) trifft bet oom SSafjwang nieber* 
fteigenbe SBaitberer auf baS ftattlicf) im ©Ratten roeitäftiger Sinben 
rutienbe Weul}äuStein, ein empfehlenswertes ©afthauS. Jet erfte 
Jeil beS WamenS jehon beutet an, baff eS nicht auf ein jehr grofjeS 
Sllter jurürfblidt. 3n ber Jat biente urjprünglid) als Verberge 
für bie ißajjfahrer, als bet SBeg noch nicht feine jefeige Wichtung 
»erfolgte, ein $auS an ber ©teile beS unfern liegenben fjofeS 
Jürrenaft. Jiefer Warne jehon ift eine Grinnerung an bie einftige 
SJeftimmuug beS fjaujeS. Gin aufgefterfter Slft bejeidjtiete früher 
bie Verbergen. 3nt 3u(i 1598 gejchal) etwas unterhalb oon 
Jürrenaft ein Grbrutjch, bet mehrere SBohnungen begrub. Jet Sage 
nach joll man bamalS roährenb gehn Jagen einen |)ahn unter bem 
33oben frühen gehört haben, Jer ©ergrutjeh ftaute baS SBaffer 
unb eS bilbete fich ein ©ee, ber foiooht in baS Ja! oon Jürrenaft 
als in ben untern Jeil beS oon einem roeit bebeutenbern SBaffer* 
lauf burchflofjenen öogenthalS hinein reichte. Jer Werfehr mar 
gänglicf) unterbrochen. Jie 93ewof)ner ber umliegenben $öfe h°tten 
bem SBaffer einen SIblauf ju graben. Joch würbe babutch ber 
©ee nicht bejeitigt. SSielntehr blieb er bis jur Weuaitlegung ber 
©trafje im 3oh re 1780 berühmt wegen feiner oortrefjlichen Forellen. 
Jie neue ©trafje lief mitten burch ben bisherigen ©ee auf einem 
30 fjufj hohen Jamm. Ja man ben Jurchlajj für baS 93ogett= 
talroaffer ju wenig tief angelegt hot, treten nach jebetn ftarfen 
Wegengujj oberhalb beS JammeS gegen baS Wogental fein Ueber= 
fchwemmungen ein. 9iocfe heute heifjt in Grinnerung an ben frü» 



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83 



Ijern guftanb bie SBiefe, bie Don biejctt Ueberjchroemmungen bebroljt 
ift, ber SBci^et. ®ie ©traßenauffuflung nennen bie Sanbberoohner 
tDegen ihrer ©eftalt bie ©cfyattje, bie {(einen |jäugchen oberhalb, 
bie jeinerjeit alg Slrbeiterroofinungen joden errichtet tootben jein, 
fennt man als bie ©chanjenhäujer. 

3m 3ah r 1730, bem bie jeßige ©trage ihre ©ntftehung Der* 
banft, rourbe bag alte Sdeuhäuglein gebaut; bie 93er!Ieinetung8= 
form, bie auj bag jeßige ©afthaug nid)t pajjt, hotte *h« 8erech s 
tigung für biejen bejcheibenen Sau, ben bie ©cheune ho<h überragt. 
9ioch heute erinnern geroijje 3ierjormen an Jürfüdungen unb S)eden 
an bie Stofotojeit, ber biejeg ©ebäube entjtammt. 2)er gleiten 
3eit bürjte eine gujjeijerne Ofenplatte mit bem Sßappen beS 
Sauphing, ber H’ette beg ^eiliggeifhOrbeng unb !riegetij<heit @m= 
blemen angehören, bie lange 3 e *t in ber ÜBajdjfüche beg jpcitern 
.fjtaujeg ben geuerljerb becfte. jpunbert Saljre lang genügte bag 
{(eine ©ebäube unb eg mürbe in ber erften |jälfte beg 19. Saht» 
hunbertg barin auch gebabet. 

23ann mürbe in ben 1830er fahren, mie eg bamalä an 
manchen Orten beg 3ura gejchah, im untern Sogenthal eine ©lag* 
hätte angelegt, ober eine in ber diähe ftehenbe ermeitert, ober bie 
IRefte einer jolchen, bie früher in ber ©egenb jchon beftaubeit hotte, 
»erlegt unb roieber betriebjähig gemacht. SBenigjtenS jagt Srudner 
»om Sogenthal: „Sor fahren mar h<et eine ©laähütte, melche 
abgegangen ift." ©enug, ehe man mußte, mag für ©ejthäfte man 
mit ber neuen ©inrichiung machen roerbe, legte man in ber ÜJlähe 
alg SSoljnung für bie Seamten unb jur »ermehrten 3ed)ge(egenheit 
jüt bie Arbeiter bag grofje neue dieuhauglein an. Seiber jeigte jich 
halb, bajj bie Unternehmer jich »errechnet hotten. 3)ie ©laghütte 
lief? man verfallen ; ihre dtuine bient jeßt alg Strmenhaug. ®ag 
Sieuhäuglein mujjten Die Sürgen übernehmen. 3h r Satter hat 
bag Slnroejen jpäter an jich gebracht unb burch gejcßidte $äufe 



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84 



a6jimmben öerftanben. 3eßt bient bie au?gebehnte Sanbmirtfchaft 
ber (Saftroirtfchaft, unb baä oon ben (Säften eingefyenbe bare (Selb bem 
Sauernroefen. Sei biefern SerhättniS ftellen fich alte ^Beteiligten 
gut unb nicht juleßt bie, bie im 9ieu|äu§Iein (Sinfeljr galten- 

|)ier, roo ba3 Sogenthal, ba§ fetbft roieber oerfcßiebene Seben* 
täler aufnimmt, in baä Sal oon 0ber=Seinroil einmünbet, liegt 
ber mirtjcfyaftlicbe 2Jiitte(punft einer weitläufigen unb au§ Serg 
unb Sal, ?lbl)ang unb (Sbene mannigfaltig jufammengefeßteit 
(Segenb. Sirgenb? finben ficf) hier äujammentjängenbe borfartige 
Slnfiebelungen. Sie nieten ©injelfjöfe bienen um fo mehr jur Se= 
lebung be8 Sanbfcf)aftbilbe2. ©ie alle Ifaben ihren naturgemäßen 
©djmerpunft beim ÜJieuhäuSlein. Si3 ßier^er fährt benit autf) 
täglich bie ^oft. 3n ber 9?ä^e haben mir bie ißoftabtage unb 
ben Sramlaben, ferner bie Stäjerei, roo au3 aßen |)öfen ber Um» 
gegenb jmeintal be§ Sageä bie SKildj h'ngefahren unb nermogen 
roitb; fie ging bis nor furjet Seit auch ou8 biefen Sergen an ben 
Sanier Äonfumoerein. Jpier lehren alle ^aufierer unb Sanbfahrcr 
an. @o henfcht in ober nor ber Verberge immer ein gemiffer 
Setfehr unb e§ ift bei bem lebhaften Anteil, ben man auf bem 
Satib an ben Seegängen ber ©traße ju nehmen pflegt, bafür ge= 
forgt, baß bie Semohner ftetä furjmeilige Unterhaltung finben. 

3m rechten Sebental be3 Sogentalg ftehen jmei Sauernhöfe, 
eine Siertel* unb eine ^albe ©tunbe t>otn 9?euhäu§tein entfernt, 
ber Sorbere unb ber Hintere S i r t i 3. San ihnen oerbient ber 
leßtere, baß man furj bei ihm oetroeile. Senn e§ laffen fich an 
ihn einige gerabe für Sajel nicht roertlofe (Erinnerungen anfnüpfen. 
Ser oerftorbene folot^urnifrfje ©taatSfdjreiber 3- 3- Ülmiet hot fie 
gejammelt in einem ju Slnfang ber 80er 3ahte be§ notigen 3<»h ts 
hunbertä im ©onntagäblatt be§ Serner „Sunb“ erfchieneneu 2Iuf= 
faß, bem ich bie meiften ber fich auf ben Sirtiä bejiehenben Sln= 
gaben entnehme. $ier hinten im SirtiS faßen um bie ÜJJitte be& 



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85 



16. 5taf)i:l)unbert3 einige nieberlänbifd)e Fünfer, bie bett §of betn 
bamaligen (Eigentümer, SRarj ©aner, obgefauft Ratten. 9Zod) ftel)t 
an bem Jürfturj be§ |>aupteingangä auf einem ©prud)banb in 
fpätgotifcfjen 3>ffan bie Sahrjaljl be3 $au§faufl 1556; im näm= 
liehen 3a^t bürfte ba§ $ 011 * einem Umbau unterzogen roorben fein. 
®ie nieberlänbifchen Werten lebten hier in bem ftillen 3uratal in 
angenehmem Umgang mit bem fpäter belannt geroorbenen ®olo= 
thurner ißatrijiet 3unfer |jan3 3afob oon ©taal unb mit ben 
beiben ©erroaltern be3 oerfatlenben $lofter3, oon benen bet eine, 
©träler, ein gebilbeter $umanift mat, unb u. a. ju ©larean 33e- 
jiehungen unterhielt. 3m 3af)re 1563 finben fiel) bie lefcten 9tn* 
jeidjen non bet Slnroefenheit bet ^ollänbet im ©irtiä. 

©ie hinterlieffen aber unerroartete ©puren in bem biä bahin 
ftreng {atholifcfjen Sanb. ©chon 1558 roar ein ©eiuroiler bet 
Äejjerei oerbäd)tig befuubeit roorben; im Sah 1 * 1571 belannte fid) 
eine ©terbenbe al§ Jäuferin. 2)ie nieberlanbifdjen Snfafjen be* 
©irtig roaren Söiebertäufer geroefen, Ülnhänger beä ®aoib 3ori§ in 
©ajel, unb hatten fid) nad) beffen Job 1556 hieher gezogen. ©anj 
unbcfanut roar e? roenigftenS in ©afel nicht, baß h' ec “it ©prthu? 
folche Seute roofjnten. 2lud) auf baäletifdjem ©oben Ratten in 
biefem ©cbiet bie oon bet ioriftifdfen Sippe, bie überhaupt ihr (Selb 
gern in fianbgütem anlegten, feften ff-uff gefaxt. „3n bem 3af)te 
1500 unb etliche 50," }o lefen roir bei ©rudner, „befaß .fjerr 
©ebaftian Joppenftein, Sanboogt auf SBalbenbutg, bie Ullnt= unb 
Ipunbämatt, roelche er bem in unferen 5Hrd)engefd)id)ten befannten 
3unfer ^an§ oon ©rud ober Jaoib ©eikgen unb beffen (Ehefrau 
Sieterica Sunnden oerfauft hat.“ SDZag bie ©olothurner Regie- 
rung um bie Seriellen ber ©irti§bcroohnec geroufjt hoben ober nicht, 
fie legte ben fieuten leine Steine in ben 2Beg. 91ber feft haftete 
ieren Äefcerci in ber ©egenb. Rod) 1595 roarb ©eat ©aner jur 
^Buchen 00 m ©ogt oon fjalfeitftein gefangen gefegt, roeil er „fid) an 



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86 



bie Oerbampte tßeufferfche @e!t ergäben." 3a fogar 1629, meljr afö 
fechSjig 3a^re nacf) bem ©erfdpoinben beS festen fpoltänberS, finben 
mir bie bamafS ben 93irtiS berooljnenben Seute ber Keßerei ber= 
bärtig, narf)bem 1627 ber bamalige 2Ibminiftrator oon Seimotl ben 
©eorg 3eder, „ben unriiraigen Stopfen 3örg im ©irtljiä“ Ijatte 
freiten miiffen, roeil er ficf) mißbilligenb über ben neuen Kammer* 
herein geäußert batte. 3efet füllte er fe^erift^e Südjer beftfcen. 3n ber 
Sat mürben foldje bei einer ^auSjucßung gefunben. Soct) erfährt man 
nicbtä oon ©eftrafung, möglicherroeije weil bie unmittelbar nadjljcr 
ausgebrochene ^ßeft alles 3ntereffe für ficb in Stnfpruc^ nahm. 

Ser hintere ©irtis fieht noch ießt nicht auS roie bie atiberen 
§öfe ber ©egetib. ©t trägt mehr baS ©epräge eines $errfchaftS= 
fifceS. Sie SBetterfahne oon ©cßmiebeifen auf bem ©iebel, bie 
fteinernen fjenfter* unb Sürpfoften, bie geroaltigen ©erljältniffe beS 
Sarf^eS laffen ben ©au oon roeitem auffaÜen. Sritt man näher, fo 
erfennt man ben ©cßopf neben bem SEBohnbauS als ehemalige Kapelle. 
3m 3nnern jeigt fie oerbticßene Malereien, mie cS fcßeint auS bem 
Slnfang beS 19. 3ahrhunbeitS. Sie Kapelle felbft tourbe 1670 oon 
bem bamaligen ©efißer beS fpofeS, 3obann 3afob Slregger, geftiftet. 

©anj in ber 9fäbe beS hintern ©irtis geroähren jroei roeiße 
gelSroänbe, nahe jufammentretenb, für ein fchmaleS Söäfferlein 
Surdjlaß. (Sin nicht leicht gangbarer ©fab führt hier gleichfalls 
ins Sidicht unb über gefallene ©aumftämme unb fchlüpfrige QfelS= 
platten hinan, bis man in halber |>öbe ber Söanb in einer ©ifdje 
baS etwa halb lebensgroße ©ilb eines heiligen ©ilgerS geroahrt, 
ben ein Sotengerippe au ber £>anb geleitet. Ofrifdße ©aben be* 
roeijen, baß baS ©ilb noch heute ©erehrung genießt. 9?acß ber 
Ueberlieferung foö biefeS ©tanbbitb geftiftet fein oon bem reichen, 
tinberlojen ©efißer beS SanbeS ©farttS, ben ber heilige gribolin 
oom Sob erroedte, bamit er felbft bezeuge, er habe feine hinter* 
laffenfcßaft bem ^eiligen oerfprochen. SiefeS SBunbet roar roünfd)' 



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87 



bar geroorben, weil her ©ruber beS ©erftorbenen bie Srbjcfjaft für 
ficf) beanjpruchte. Satfädjlich flammt baS ©ilb erft auS ben 1680er 
Saljren. 9118 Stifter nennt ficf) auf einer nur noch mit Sütühe 
unb jum Seil lesbaren Snfcfjrift SoIjanneS ftejjler, ber um eben 
jene 3«* ben ©irtiS unb auch einen ber ©uchenhöfe befafj. 2In 
bem Ort aber in falber .£jöf)e ber g^h, roo jefct ber ^eilige 
ffrtibolin fteht, befanb ficf) feit 3af)rf)unberten ein ©renjftein. ,pier 
fließen bie ©ebiete non ©einroil unb oon Diunningen jufammen. 
Safe gerabe bem heiligen Sribolin liier ein ©ilb geftiftet mürbe, 
barf nicf)t Sßunber nehmen. SBirb er bod) im Sura oielfad) oer» 
ehrt. SnS ©ilb bat biejem gangen ffelSroinfel ben Flamen ge* 
geben. 2Kan nennt biefen Ort ben grieblisbrunnen. 

Ser $of ©ogental liegt im unteren Seil beS Sales, baS 
unmittelbar nörblid) trott ber ©ajjmangfpifce anfefet. ©eine ®e= 
fcfjichte gebärt im ©egenfaf} gu ber feines Nachbarn beS ©irtiS 
gänglid) ber SReugeit an. $ier rooljnte bis öor etroa einem 3ah r ' 
jebnt einer unferer ©aSler ©Mitbürger, ein alter reicher ©onberling, 
ber bnS gange ©auernmejen prächtig im Stanb hielt unb baneben 
in feinet 9lrt SBohltätigfeit übte, ©ein Sob erfolgte in ©afel, 
roo er feine Sage gu bejd)liejien gebacht, aber nod) nidjt rcgelredjt 
9lieberlaffung genommen hotte. @S erhob ficf) jroijd)en ©afelftabt 
unb =2anb, benn ©ogental gehört gur bafellanbjchaftlichen ®e= 
meinbe fiauroil, ein ©treit um bie, roeil feine bireften Srben ba 
roareu, feht anfehnlicfje SrbfdiaftSfteuer. Sa8 ©unbeSgericht ent* 
fchieb gu ©unften oon Sajcllanb. SaS @ut fam jamt bem be= 
träd)tlicf)cn Umfchroung in ben ©efijj einer ^olgfjänblerfirma. 
SahtauS jahrein fahren jefct bie jchroerbelabenen ^oljroagen burch 
baS ©einroil talauSroörtS. Sin namhafter Seil beS gu Sajel in 
$ücf)e unb Ofen gebrauchten |jo(ge8 unb mancher ©alten gu ©au» 
groecfen fommt hier auS bem ©ogental. Ser 9ieid)tunt ber teils 
oon Anfang an gurn ®ut gehörigen, teils erft in neuerer 3eit bagu 



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88 



erroorbenen SBätber ecfrfjeint beinahe nicht ju erjcbopfen. Sinjtg 
toaS an gefallenem |jotje balicgt, mürbe auf 3ab re hinaus ge* 
nügen, unt niete .fjauebattungen eor allen geuetungSforgen §u 
fdjüfeen. 3mar fleht fyier nicht ber prächtige ^)od}roalb ootl febtanter 
Säume, roie etroa im ©cbroarjroatb; roie man eS im 3ura gemotjnt 
ift, mäcbSt ba oiet Jtieberbotj, ab unb ju eine mächtig aufragenbe 
Suche, unb über bie nach korben abfaftenben Serglehnen bat ein 
meift aus Sannen beftetjenber fjorft feinen bunfetn Dfantet gebreitet. 

SSJenig nörblicf) 00 m Sogentat unb bamit burd) ein fahrbares 
(Sträuchen oetbunben, liegt ber beni SaSter Sürgerfpitat getjörenbe 
|)of Utmatt an fonniger $albe, oietleidjt baS fchönfte Serggut beS 
SafelbietS. Socf) mir tommen bamit ooti bem Sterna ob, ba§ 

uns jur Pflicht macht, uns öom tßafjroattg nicht attju roeit ju 
entfernen. 

Ser Sau ber ©trajje öon SJtümliSroil ins Seinroitertat, 
bie in biefen Stättern mieberbott ermähnt mürbe, oerbient eine 
etroaS eingebenbere Srörterung. Senn er ift ein bejeid)nenbet Sor= 
fall auS ber 3 f it ber alten Sibgenoffenfcbaft unb beroeist in feinen 
tonfreten 3ü0 en beffer atS eS lange Stbftraftionen oermöcbten, in 
roaS für einem Serbättnis gelegentlich bie getreuen lieben ©ibgenoffen 
ber alten 3eit 5 U einanber ftanben. ©ototburn hatte ficb längft 
im s Jiorben ber ,£>auptfetten beS 3uta feftgefe^t. Stile feine ©e= 
bietSerroeiterung im Ütorben beS ©ebirgeS gingen auf Höften SafetS, 
benn eS mären auSnabniStoS Sefifcungen, auf bie unfere Sibeinftabt 
rechtlich ober moratijd) begrünbete Stnfpriiche erhob. ©S ift fd)on 
bie Sermutung geäußert roorben, hinter biefem Sreiben höbe Sern 
geftanben in bem ©inne, baß eS ©ototburn carte blanche für 
Srroeiterungen nörblich Dom 3ura gab unter ber Sebingung, baf} 
biefeS SentS StuSbebnungSpoliti! an ben Ufern ber Stare unb bis 
jum Seman nicht ftöre. 



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89 



©ei bent wie ifjm motte. Ser Äanton Solothurn beftonb uitb 
befte^t aus gmei butcf) beit hohen Surawatt fd)arf getrennten Seiten. 
©S nutzte hüben ttnb brüten com SBerg ftetS baS ft arte 23ebütfniS 
nach einer rafdjen, bequemen Sßerbinbung hefteten. Sie itiatur 
bietet eine foldje nicht. Ser bireftefte Uebergang führt con ©oto* 
tfjurn baS ®äu hinab bis Denfingen, burd) bie ÄtuS hinein nad) 
33atsthat unb ÜDiümliSmil unb con ba ftreng norbmärts hinauf 
ginn ©attet ber Sßafferfatle, taufenb 3J?eter über 90?eer. Sine 
ÄapeÜe im rauhen Sergmatb begeidmet bie ißafshöhe- lieber bie 
Urfadie it)reS 23aueS erfährt man, baff eS fid) um einen ^oftien» 
raub in fototf)urnijd)en Sanben in ben 1650er Sagten fjanbett. 
Sie Siebe, bie fpäter bem ®atgen unb 9?ab oerfielen, warfen auf 
ihrer flucht bie §oftien auf ber SBafferfafte fort, fßaffanten ent* 
bedten fie, unb fie mürben itt einer hochfeierlichen, mehrtägigen, 
fird)tid)=metttid)en ©otennität roieber an Ort unb ©teile gurüd* 
gebracht. 

Siefer ißaff über bie SBafferfalte ift überaus befdimertid),* gur 
SSinterSgeit auf weite ©treden hi« mit einer ftarfen GiSlrufte über* 
gogen unb ungangbar. Stud) entfprad) er ben SSebürfniffen ©oto* 
thurnS nicht, weit er auf SaSler ©ebiet, fReigotbSwit, münbet. 
Sie eigentliche SSerbinbung, ber ^anbelS* unb ÜDiititärmcg, fdjon 
gur Slömergeit eine ^eerftrafje, führt mit weitem Umweg nad) 
Often unb gu einem großen Seit auf SSaSter ©ebiet con SatSttjat 
über SBalbenburg unb Sieftat nach öajet: ber Obere ^»auenftein. 
58on hier geh^ 3 bann «ft twd) mehrere ©tunben weit birSaufwärtS 
bis in bie norbjuraffijc^en Sänbereien ©otothurnS, houptfächlid) 
ehemalige 9?otbergifd)e unb Shierfteinifche 53efijjungen. So blieb, 
wenn man baSterijcbeS ©ebiet umgehen wollte, eingig ber Ueber* 
gang con ÜDfümliSmit an ben ißajjmanghöfen corüber nach ber 
Satfdjaft töeinwit. 3n>ar wenn man burch baS gange Sat hin- 
unterging bis in bie ©bene con Saufen, fo ließ frembeS ©ebiet 



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90 



fidf and) nicht umgeben. S§ mar fürftbiftfjöflid) ba?lerijd)cr ©oben 
auswärts Dom Schloff 2hierftein. Slber mit bem geiftlidjen §errtt 
Dertrug fi<f) in her Sieget bie fathotifche Stabt jelfr gut. Unb 
überbieS tonnte baS ©iStum jur Slot umgangen loerben auf leib* 
lieben SEBegen, bic (Stjchmil mit SDfeltingen ober ©üfferad) mit 9iurt= 
ningen Derbanben. ®aS waren wohl bie ©fabe gewejen, auf benen 
1499 bie ©olothurner Knaben Don bet SDlargaret^enfilbe jum ©nt= 
faße $ugiS nad) Sornad) geeilt waren; hier $otte 1,10,1 °ud) 5 ur 
3eit beS ©algenfriegS 1531 gearbeitet, um für ®e)d)ü| fahrbare 
©erbinbungen ^eräuftctlen, als man auS nalfeliegenben ©rünbeir 
wünjehen muffte, ©aSler ©oben ju umgeben. 

Stber für ben einträglichen ©crfel)r, für Ipanbel unb für 
SEBarentranSporte tonnte Don einer anberen ©erbinbung jwijchen 
©afel unb Solothurn nicht bie Siebe fein, als über ben Oberen 
•fpauenftein. SDieje Straffe, obwohl and) bi» weit inS 18. 3ah r = 
hunbert hinein nichts weniger als bequem fahrbar — fie würbe 1738 
bis 1760 fdjlecht genug forrigiert — war ber Kanal, ber bie ganje 
SBeftjdjweij mit ben über ©afel eingeführten Srjeugniffen ®eutjd)lanbS 
unb f5 IQ ntreid)S Derforgte. QsS tarnen ba Don unentbehrlichen Slah= 
rungSmitteln in ©etracht Frucht unb SEBein auS bem Slfajf unb Sal$ 
aus fiothringen. ©afel hatte als Stapetplaß an bem U«h rrDe t en unb 
an allem, was brum unb bratt hing, einen beträchtlichen ©erninn. 
®aff bie Konjumenten, bie aud) bieS in lebtet fiinie bejahten mufften,, 
ihn gerne unbejahlt gelaffen hätten, wirb man ihnen Derjeihen. 

Slnt 31. Sanuar 1729 berichtete ber folothuruijche ©aljbirettor 
Sunter Siubolf bem ©ate feines hohen StanDeS, waSmajfen baS 
©aSlct 3olIamt oon jebem nad) ©olothurn beftimmten burch* 
führenben Saljfäjfli fechS ©aßen 3°ß abforbete. @in ©leiere» fei 
gegen ©ern gegeben. $ier aber habe eS nur ber @injprad)c beS 
Schultheißen oon ISrlad) beburft, unb bet 3°ß fei auf brei ©aßen 
gemilbert worben. Slud) ©olothurn habe burd) feine ©pebiteure 



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91 



<$ebrüber äRüller reflamieren Iaffen, eS fei aber baS @(iicf bent 
Roheit ©tanb |’o günftig nicht als bem löblichen ©tanb Sern ge= 
wefen. SDian habe in Safel bie Meinung, wenn Solothurn an 
bet Sache gelegen fei, fo werbe bie Regierung jelber Schritte gu 
tun roiffen. SEBenn nun ber Sftat an Safel baS gehörige ©ollicita* 
tionSjchieiben abgehen laffen mochte, fo berichtete ber ©aljbireftor 
weiter, fo lönnte auch beigefügt werben, baff an ber S ortcn benen 
Fuhrleuten ein [tarfeS SEBeggelb, als brei ©olS per F u ber geforbert 
unb hiermit bie Fuhren hintertrieben werben. 3m übrigen märe 
Don SRöten, bah |jerr SEBallier oon SBenbelStorf, ber ben Jraltat 
mit ben Herren FemiierS son Lothringen gemacht, baS ®efcf)äft 
bahin leiten unb ju refommanbieren trachten möchte, baß hoch bie 
Führung recta auf SDornecf unb nicht in Safe! abjulaben befohlen 
würbe. S)ann eS 3- ®n. großer SRußen fein mürbe, mähen bie 
Fuhr aus ®otned auf Safe! fünf Saßen per Fah foftet, auch bie 
^ßrooifion in Safel mühte bejahlt werben. 

Sachbem fo Siubolf referiert unb jeine Anträge gefteHt hatte, 
erftattete ber Dielgereiste 91atfcßreiber Sah in feiner Eigenfcßaft als 
©efretär ber ©aljbireftion Sericfjt über ben SBeg Don Sartenheim 
bis ?lfljcbmil. S)et 9iat fonnte fid) nicht entfcßüehen, einem Dont 
löblichen ©tanbe Safel ju erwarten habenben SRefuS entgegen ju 
gehen unb ein ©ejuch um fperabfeßung beS ©aljjolls objufenben. 
ESagegett würbe ber ©aljbireftion aufgetragen, baS ®ejd)äft ju 
überlegen, ju beraten, waS bieSfallS am SEBägeften unb Sftüßlichftcn 
fein möchte unb bie Einrichtungen barnach ju treffen. 

3m 3J?är§ unb im SOfai beS gleichen 3aßreS hatte fich ber 
9tat bamit ju bef affen, bah Safel für 163 F°h Lothringer ©alj 
mit ber Seftimmuug Solothurn einen 3)urchgangjoll Don fechS 
guten Saßen per ©tiid unb überbieS 5 */* fireujer SEBagengelb be* 
anfpruchte. 2Jian befcßloh bieSmal, ein SemonftrationSjcßteiben an 
ben Sßein ju fenben. 3 lI 9ieich nahmen bie ©olothumer Herren 



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92 



mit Vergnügen baoon Stenntniä, 3. fiirftl. ®n. beä Sifdjofä Dort 
93afel fßremier*'Diinifter 33aron Slamfcbroaag molle mit Slnerbietung 
eine? leiblichen 3°Eß ober SEBeggelbeö bie Strafe über Sllljcbtoil 
clfo einrid)ten, baff man fiinftig nic^t mehr über Safel, fonbern 
über SReinad) ba§ ©alj haben fönnte. SSaÜier Don SBenbelötorf 
mürbe bejeiebnet, um mit 9iamfd)inaag bie tüerbanblung ju führen. 
<£r mürbe babin inftruiert, bajj Solothurn att bem Sau ber ge* 
planten ©trape ficb gerne beteilige; auch füllte er trachten, ju Der* 
nehmen, roaS man Dom ©tüd (Fajf) forbern rootle. 

®er ©ebanfe, bie Straffe über 93afel aufjugeben, mar feineSroegg 
<janj neu. SBielmebr butten bie ^nbrleute längft berauägefunben, bafj 
man 23ajel abfatjren unb bamit bie ßagetbau?gelber fparen fönne. 
9iact)bem am 12. SioDembet 1727 ©ajel terfiigt batte, baff burd) ben 
Äaufbau§fd)reiber Dom F Q fi ©alj fecf)8 fflapen eingeforbert unb be* 
jogen roetben foflen, mirb am 12. 3uni be§ folgenben Sabreä bem 
rooblioeifen £)errn Sürgermeifter amtlich h'nterbracbt, ber Stauf» 
bausftbreiber habe elf Söagen mit 27 gaff ©alj Don ©t. Slmarin 
über Mfdpoil fommenb, burd) feine auägejanbten ©olbaten bei 
Sinningen angetroffen, ba fie an ber ©tabt Dorbei längs ben 
©unbelbingen nad) Sleinacb fahren roollten. $ie gubrleute feien 
angebalten unb Dor baä ©teinentor geführt morben. SDie Sauf» 
bau§b«ren Derfammelten fid) unb ließen bie SJiärtner Dor fitb führen; 
fie hielten ihnen Dor, mal bieS für ein greoel fei, bie orbinari 
3oflfiätte ab 5 ufahren. 35ie fieute roiefeit aber ju ihrer Siecht* 
fertigung einen mit Sir. 72 Derfebenen Frachtbrief Dor. 3b n ^atte 
ein geroiffer Slieuret in ©t. Slmarin auSgeftellt, ber auch bie Fub t: 
leute befteßt unb bejablt unb ihnen expresse befohlen hatte, neben 
ber ©tabt Dorbeijufahren. 33ie F e btbaren erllärten, e3 fei ihnen 
bieS leib genug, muffen ber Slbmeg allju groß, ©ei ein Fehlet 
gegeben, fo moflten fie in ©otte§ Siamen ihr ©alj in 93afel ab* 
laben, man fönne bamit machen, roaä man moHe. 



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93 



Suf ein ©utacfeten ber SDreijehnet Werten, benen bet 8ericf)t 
bet gufjtleute unterbreitet worben wnr, tiefe bie Sagerfeouabireftion 
jwei ber SEBagen mit fünf Fafe ©atj famt bem c. v. SBieh unb 
ben Fuhrleuten anfealten unb im SEBirtäljauä junt fpirjen einfteflcn. 
Stm Nachmittag würben wieberum 13 SSagen auf bem nämlichen 
S33eg angehatten. Such baooit würben jwei SBagen mit fünf F°& 
©atj famt gutjrteuten unb c. v. ®iefe im SBirtähauä junt öären 
eintogiert. 3n feinem 93erid)t an ben Siirgermeifter unb bie Nöte 
über biefe Sugetegenljeiten macht ber ftattfbausSfchreiber befonber8 
auch barauf aufmerlfam, bafe ber erwähnte Frachtbrief bereite ber 
72fie ift, ber mit ©atj nach Neinach gefanbt wirb. @8 erfcheine 
bamit Härlich, bafe jcfeon eine grofee Snjahl ©atjfafe neben ber 
©tobt borbei müffen geführt worben fein. $arum wäre eine wün* 
fchenSmerte SJJafereget, fo meint ber &aufhau8jcfereiber, wenn ber 
93efet)t erteitt würbe, bafe ohne 3e<tbertuft bei Sinningen wieberum 
einige ©renbel, wie früher fchon welche ba ftanben, gejefet unb in* 
jmifcfeen burch bie ©otbaten bom ©teincn* unb ©palen tor fteifeig 
patroui fliert würbe. 

Cf) ne 3 roe >H hohen bie SaufhauSbirettoren mit Siecht eine 
Umgehung ber ©tabt burch bie ©atjfuhrteute at8 eine ftehenbe 
Sinricf)tung betrachtet. Sin Fuh r monn Fatob ©chmib melbete im 
Suguft 1728 bem ^aufhauSfcfereiber SSenebift ©ocin, bie Noute 
füblich oon ber ©tabt werbe feit fünf Fahren benüfet unb e3 feien 
nach feiner ©«häfeung woht taufenb ^Jäffer bajelbft paffiert worben. 
Sin 3»tter unb ©pebitor in ©otothurn gab nach ben Sufttärungen 
@chmib8 bie Raffer ju laben, unb ein gewiffer SJieier in 3)ornach 
empfing fie. 

©o hotte 93a}et nicht gerabe @runb, fotot^urnifcfjen ©atj* 
fuhrteuten gegenüber fein erhöhtes SBagengelb hetobjujefeen. -Dian 
barf bermuten, bafe bie Kenntnis bon bem SBeg, ben biete ©atj* 
tranSporte fuhren, auch mitwirtte, atä ber Nat bon ©otothurn 



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94 



barauf oerjicfetete, ein <Sd}retben um ©erminbcrung bet ©ebüferett 
nad) S3afet abgeben ju taffen (f. ©. 91). 51flein 20afet tonnte @r= 
Hebung eines feöfeeren 3olteS aucfe fonft begtiinben. Urfprüngticö 
batte man oom 3*ntner fecfes Sreujer bejogen, oon einem 
jecfeSjentnerigen alfo fec^S Saßen. ©ei biejent ©aß roar e3 
geblieben, obroofel bie fjäffet immer größer unb fcbroerer mürben. 
„®ie lotferingijcfeen germietS machen bie gafe faft noch jo groß" 
als ju bet Seit; & Q bet 2)urcfegangSjolI feftgejeßt mürbe, roirb im 
Safer 1735 oon Snjel auS bie Grfeöfeung ber ©ebüfer gered)tfertigt. 

Sluf bie Gntbedung biejer 9iebenftrafee über ©inningen unb 
9Jeina<b folgte am 7. Stuguft 1728 ber ©atSbefcfelufe, bie 3oHer 
ju ©t. Satob unb am Slefcfeentor Ratten folcfee naefe ©olotfeurrt 
fabrenbe ©aljroagen anjubalten unb inS ÄauffeauS ju roeijen, roo 
man tfenen jebn Saßen SBagenjott forbern metbe. ®er ©oll* 
ftänbigteit roegen erroafenen mir, bafe ©afel bie 1728 eingejogenen 
Suferleute unb ©ferbe naefe turjer 3”* laufen liefe. $)aS ©alj 
aber mürbe jurüdbebalten. ©rft im 3luguft 1769 mürbe es oom 
bijd)öflid)en ©afjfcfeaffner granj 9lttton ©öß in 9teinad) in @m* 
pfang genommen. ®ocfe finb „bei benen XranSoafietungen bie 
äd)ten ©umeroS oerloren gegangen" unb es mürbe blofe baS ®e» 
toiefet beS oor oierjig Saferen tonfiSjierten ©aljeS juriiderftattet. 

SDaö ©tubium, baS bie ©olotfeurner ©aljfeerreti ber ©erlegung 
ber ©trafee toibmeten, füferte halb ju feften ©orfcfelägen. 91m 
17. 91uguft 1729 featte Sunfer ©ubolf angebracht, auS fiotferingen 
feien in Sornacfebrud 800 gäfelein ©alj angetommen. ©oit ifenen 
lägen ein großer $eil auS ©Jangel beS Sogements, jroar bebedt, 
unter ber Sinbe. Ss märe fefer nüßliefe, in ber Sammet ©einmil 
ober in ©üfeeraefe ein ©aljmagajin auSjubauen, bamit baS ©alj 
bei ©erbefferutig beS SEBegeS über ben ©aferoang bis naefe ©alftal 
tonnte gefiifert roerben, in Slnfefeeti bie 3°^ bei meitern niefet fo 
feotfe fteigen mürben, als menn man baSfetbe burefe baS ©afelbiet 



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führen füllte. 9iun beauftragte bet 9t at bie ©aljbireftoren, bag 
SSorhaben ju beroerfftelligen unb bie nötigen Sefeljle unb ÜDliffioen 
ergeben ju taffen. 5lm 7. September traten bie fetten bemgemäfs 
xeferierenb not ben 9tat. ©ie legten ein ausführlid)eg 9ftemorial Dor 
über bie Slnlage ber ißajfroangftraffe. 2 B ag bie Abhilfe für bag im 
freien liegenbe ©al$ betrifft, fo beantragten fie ben Sau eineg 
©aljlagerhaufeg in Sornach an ©teQe ber Grotte in ber Äanjlei. 
S)iefer Sorfchlag mürbe in sessione angenommen. Sann mürbe 
bag Slemorial Detlefen unb ber roeitere Auftrag erteilt, bie ©alj= 
bireltion möchte einen Sotanfdjlag über ben Sau ber ©tröffe aug* 
Arbeiten, „mag für SOtagajing unb Slblag ohne Slntauf einiger 
Jpäufer oonnötlfen ober gemietet merben foöte, roie oiel eint unb 
aubereg, abjonberlid) aber bie SBeggeinridjtung über Sajdjroang 
foften möchte." 

Slud) bieg jeheint beförberlid) gefcf)eljen ju fein. Sie ©olo» 
tbumer fRatgmanuale, aug benen biefe Eingaben jutn Seil roörtlid) 
geköpft finb, enthalten batüber nichts. Soch fchoit im Sejembet 
beg nämlichen Sahreg oernimmt man, bie (Hemeinben Sreitenbach 
unb Siifferach füttert bie am Sau bet Straffe ihnen jugebadjte 
Arbeit anfänglich Derroeigert, banach aber, alg niemanb mehr 
gegen, bie befagte Slrbeit juft bem SBefe^l juroibet gemacht. Unb 
^roar roirb biefe Silage Dorgebracht üorn fRatglfenrn Sugginer im 
Sluftrag feineg ©chmagerg, beg Sauherrn unb Sngenieurg Urg 
3 ofef ©urp, bem bie fß(ä ne für bie neue ©tröffe unb beten Sau 
roaren aimertraut morbeu. Ser Sogt Don Sljierftein mürbe an» 
geroiejen, bie roiberhaarigett ©chmarjbuben, menn fie nicht Hein bei 
gäben, ju türmen unb bem 9iat übet beten Serhalten ju berichten. 
Sagroeimern unb Sebürftigen aber, bie an ber Straffe fronunggroei» 
arbeiten, fei im Sag ein fßlappart für Srot ju Derabreichen. SJloch 
im s JtoDember ging ben Sögten Don (Hilgenberg unb Shierftein bie 
SBeifung ju, fie möchten ihre Slmtuntertanen 5 U {fronungen für bie 



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— 96 — 



neue Straffe and) weiter als blofe im ©emcinbegebiet oeiroenbeii, 
ba bie in ber Sammer Seinmil foldjeg ?lmt allein ju oollführen 
nicht genugfam mären. Sie Aufgabe ber gronarbeiter beftanb 
barin, auf Slnmeifung beg Sauherrn ©urp an ber neuen ©trafje 
bie auggeftedte ÜSeite forgfam ju machen, bie @rbe aufjufjeben, bett 
Soben mit gtojfen nnb anberett Steinen ju »erfüllen unb gfeich* 
moht einen fatten unb bauerhaften 2Beg ju machen. 

Son ©chmierigteiten mit ©fpropriationen unb begleichen üer= 
nimmt man bei biefem ©traffenbau menig. (Stnmal ift baüon bie 
Siebe, baff bie Serbefferung ber Straffe auf bem Selb ju 
ligroil bunh einige Slecfer burchgehe unb ben Sigcntümern ber 
©djaben oergütet werben müffe; ein anbermal, baff in Süfferach ein 
fleineS unb fd)(cd)tcä ^päuSlein müffe erlauft unb gejcpliffen roerben. 
Siicpt ganj (eicht lam man bagegen ins Steine mit bem hothmürbigett 
Soabjutor Sluguftinug ju Seinroil. Siejer geiftlidie £>etr beftürmte 
ben Stat unb beffen Sommijfion mit Slagejchreiben, baff man bie 
neue ©trage unten im Sal bem Süffelflüfflein entlang führen unb 
nicht ber alten Stichtung folgen wolle, wobei bag etwa 25 SJteter 
über bet Salfolfle gebaute Älofter an ben 2öeg wäre ju liegen 
gelommen. Sllg man mit Siecht oon biefer Einrichtung, bie eine 
oerlorene Steigung ohne jeben oernünftigen ®runb gefchaffen hätte, 
nidjtg wiffen wollte, erbot fiel) ber Soabjutor fogar, bie obere 
©traffe in beg Slofterg eigenen Soften einjurichten. Sluch bieg 
oergebeng. SÖenig grijffern Srfolg h atte einige 3ah te fpäter im 
Sebruar 1734 ber in Seinmil begüterte Srigabier Sefenbal. Sief er 
glaubte eine ®ntfd)äbigung beanspruchen ju biirfen bafür, baff bie 
Zufahrten ju einer neu gebauten Srüde burch feine SJiatten follten 
geführt werben. Sig bahin mar man burch, nicht über ben Sach 
gefahren an einer anbern Stelle als wo fegt bie Srücfe ftanb. 
Sefenoal Sprach barunt bie fwffnung aug, man werbe ihn wie 
anbere anfehen unb einen billigen Slbtrag fdiöpfen. Ser Stat ent* 



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97 



feilieb, bie ©trafje werbe }o nuSgeführt, wie fie auSgeftedt fei. 
SBenn fid) nachher jemanb ju erflogen t)älte, fo werbe fief) bie 
Sehörbe nicht hinter ben ©chratif fteden. S33aS für praftifdje folgen 
biefer Sefcheib tjatte, ift unbefannt. 

ÜRetfwürbig ift ber Umftanb, baff jroei mit bem Sau ber 
©trafje in Sejiehung ftehenbe, für jene 3 e <t nicht unbebeutenbe 
Arbeiten in ben amtlicfjen S3erict)ten nur beiläufig erwähnt werben: 
ber Sau ber Sangen Srüde oberhalb @rjd)wil unb bie ©ntwäfferung 
bet Sümpfe beim 5)ürrenaft r in bet Oegenb beS heutigen SReuljäuSleinS. 

„Sange Srüde" Reifet heute nod) eine 3el3jd)lucht etwa 2 Äilo» 
meter oberhalb @rfd)wil im SBalbe. ©ie ift jo eng, ba& in ihr 
nur ber Sach 9taum finbet. ®arum flieg bet alte ©aumpfab 
hinauf bis jur $öhe ber litterten auf bem rechten Süffelufer, unb 
jenfeitS, flufjaufwärtS, wieber hinunter in bie bewohnte lalfohle. 5)iefe 
falfche ©teigung oermieb ©urp baburd), bafj er ber Sänge nach 
über ben Sad) etwa 30 SQieter lang eine Srüde wölbte. 2)iejeS 
333erf würbe als wahres ÜBunber angeftaunt. ©o fdjreibt noch in 
ben breifeiger Sohren beä 19. SahthunbertS in ben „ßJemälben ber 
©chmeij" ber biebere ©trohmeier: „55a... fcheinen auf einmal 
hohe fenfrechte 3rel8mauern ben 28eg ju Berrammeln, bie 225 fjufe 
fortlaufenb unb !aum 10 gufj öon einanber fteljenb einer Straße 
jur ©eite beS fJluffeS nicht 9iaum (affen. Sftach bem fßlan beS- 
Sauherrn ©urp würbe bei Einlegung ber neuen «Strafee über ben 
ißajjroang in biefer geljenfchlucht über bie Sänge beS Q’tuffeS eine 
120 jjujj [ 011 ge Srüde lünftlid) hineingebaut. $aum bcmerlt man 
ba$ in ben ©ngpafj h'neingejwungene merfwürbige SBerf, welches- 
ben 9t amen Sange Srüde führt." 

Safob Schließ ber Süngere, SUauret ab 9iüttinen, ber bie 
„lange SluS*Srüde am neuen 2Beg int Seinmiler $hal" im Set- 
bing ju machen über fid) genommen, bamit aber im ©chaben ju 
liegen oermeinte, bat im Suli 1733 ben 9tat oon Solothurn, et 

fflaätcr 3at)r6u<fj 1903. 7 



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— <18 — 

möchte bod) burcf) unparteiijdje IReifter baä ÜJBcrf unb bie ?Xrbcit 
bcfidjtigen unb ben Scfiaben jcftäfteit taffen. Die Stommiffarien ä u 
ber Strafte berichteten aber, er habe ben SBerbingafforb nidjt beob» 
ad)tet unb man Ijabe ifjm barum 60 'ißfunb eiubefjalten. Da befdjicb 
itjn ber fRat, er folle ba§ (Srntaugelnbe roabrjdjaft madjeu, fonft merbe 
e§ auf feine Soften befurgt werben. ÜBiebcrtjott liod) roenbete fid) 
Schneft mit feinem Anliegen an bie '-Bewürbe. Die Herren ftomntif* 
Arien roiejeti aber entgegen feiner 53ef)auptung, baft er bie iöriiete, rr>ie 
fie itjni aufgeftedt mürben, nerfertiget Tjabc, nach, baft er bieS feinet 
weg* getfjan, fonbern nad) feiner Sommlidifeit geftaubelt. Da mürbe 
er mit feinem Segeljren für ein» unb atlemat abgcmiejen. 

fRicftt einmal jo niel erfahren mir oou ber Verlegung be§ 
©tväftd)en3 beim Dürrcnaft. Der urjprünglid)e 3Bcg folgte Don 
ber Stelle beim |>of (Srütt, ungefähr mo bn§ Sogcntal unb ba3 
Dal be3 Dom töucftenljof nieberfommenben Söafferä jufammentreffen, 
bem fdiroacften jRinnfal be§ lefttern öadieä. 28o jeftt eine s ilrt 
Dalfefjel fidt weitet, tag bamalS ein Sumpf. @m am CSnbe bc§ 
16. Saftrljunbertä ergangener ©ergfturj, beffen Spuren am fRoten 
(Srütt auf ber linfen Dalroanb nod) beutlid) jn jeljen fitib, hatte, 
tuie weiter uorn ermähnt, bie (Seroäffer geftaut. ©leidijcitig mit 
bem 58au ber auf Damm angelegten neuen Straße, bie 

jeftt bem 9lbf)ang ber linfen Dalfeite entlang aufwärts geführt 
tourbe, entroäfferte man ben Sumpf unb gewann fo eine weite 
Strecfe frudjtbaren SanbeS. 

90?it 9tufang 1732 fdjcitit bie Strafte, foweit ber Uebergang 
über ben fßaftwatig in ®etrad)t fonunt, fertig geftellt geroefen gu 
fein. SBeil fie burd) Stblaffung beS fjwljeä im 9tobi»eggberg Der» 
fdjleipfet unb Derberbt toitb, weist ber fRat ben 93ogt Dott Ralfen» 
ftein an, alles lotsen in gejagtem fRobiSeggberg fowoftl ob als 
unter ber Straft allerbinge unb bei ftödjfter Strafe unb Ungnab 
ju Derbieten. 



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99 



9iicf)t lange bauerte e3, jo fingen für Solothurn aud) bie 
Sdjattcnfciten be3 Sfuraiibergang? an merf'bar ju roerben. 3m 3af)t 
1 736 metbcte bec Pogt üon Sornad), ei fei eine große Quantität 
<Satj au3 Sotßringen für Sern über Sornad) unb beit neuen 2öeg 
geführt roorben. 3°^ D ^ er S33eggelb aber tjabe man bafür nicfjt 
bejat)(t. Saratif befd)toß ber 9tat, oon benen burdjfaßrenben 
SBareit unb Satj feinen 3°fl< 1D0 ^ aber einen Paßen SBeggelb 
oom 29 a gen ju forbern. 

9Jod) immer t)ing aber bie Paßroangftraße meßt ober minber 
in ber Suft. Sie fffortfeßung nad) bem S3i$tum ließ troß ben 
Perfprediungen 9lamfd)roaag3 nod) immer auf fid) märten. 93ei einer 
fionferenj jroifdjen bem bi}d)bf(id)en Sonfeilter Seder unb breien 
fototßuruijdjen delegierten loegen 3 ür tf e ß lin 9 ber Straße burd) bie 
Pogteicn 3 nj *“S c n, Pfeffingen unb Pir»ed mürbe mitgeteitt, ber 
Pijdjof fetje fid) leiber roegen ®etbmaugel3 außer Staube, bie 
Sadje jetbft oorjuneßmen ; er übertaffe ei aber bem löblidjen Stanb, 
ju oeranftalten, baß für biefe-3 'JOtal „an beit notßigften Orten bie 
Petbcfferung jur ISinricßtung biefer Straß“ gefetje^e. Saä au** 
gegebene ®elt> t'önne entmeber am Soljjofl bureßgeftridmt ober gar 
refunbiert merben. 2tm beften märe e3, bie Straße burd) baä 
granjöfifdje über Ploßßeim 51 t führen. Stuf bieje Üüöeije mürbe 
gegen ben SBeg über Purgfelben eine gute Stunbe gemonnen. 3it 
Solotßurn jeigte man fid) über biefe Stitäficßten menig erbaut. 
SUJan ßatte nieftt oerßofft, oon burd)gefüf)rtem Salj einen 3°ß 
ju jaßten fdjutbig ju fein nnb tarn fd)tießlid) überein, baß ber 3 otl 
über bie neue Straße beibjeitig atfo eingerichtet roerben fotle, bamit 
bie fjußrleute ineßt angejogeit al§ abgetrieben mürben. 

Stießt oßne Sorgen hatte man alle bie 3eit ßer in Pafel baä 
Gntfteßcu ber Straße übet ben paßroatig oerfotgt. frfjeint 
nidjt bloß bie Qwtßl uor materiellem Perluft geroefen 51 t fein, bie 
biefe Sorgen roedte, fonbern nod) oiet meßt Siebenten politifcßer Statur. 



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100 



SDtan feielt bet unS DieOeicfet in aCtju fchroarjfefeerijcher ©timmung betr 
©tanb ©olotfeum nicht für ben einzigen Urheber unb görberer ber 
©trafee. an roar ju biefer 3 e >t in 93afet ofencfein in banger 
©orge roegen Qrrroeiterung ber |>üninget gefeftigungen. „®aS 
Dorhabenbe gortififationS=(5Etenjum ju Rüningen," liest man in 
einem grief beS ©tabtfctjreiberS granj Sferift Dom ©ommer 
1731, „unb bie ©träfe burcfe baS ©olotfeumijcfee fommen m. gn. 
£>. u. 0. unb ber ganzen gurgerfcfeaft je rnefer unb mehr bebenflitf) 
Dor . . . giele halten bafür, bafe @inS mit bem Anbern lombiniert 
fei unb bafe foroofel in ©rroeiterung ber gortifilation als ger* 
fertigung beS SBegeS ein 3 roc cf malte unb eS Don ©eiten granf» 
reid)S bafein abgejcfeen, fiel) beffer ju Rüningen ju fefeen unb mit 
ben !atfeolifd)en ©chroeijern näher gu Derbinben." Stuf ber Sag» 
fafcung gu gaben im 3uli 1731 gelang eS ben gaSler ©ejanbten 
©amuel SÜterian unb Sodann 9iubolf gäfcfe, aud) bie Vertreter 
non gern unb 3ütid| jg r i{j te 0 a d) e gu erroärmen. Sieje gaben gu, 
bafe ifetien bie Angelegenheit urfpriinglid) nicht jo bebenfüd) ge* 
fefeienen hatte, roie anjefco bei Anhörung ber baSlerijcfeen gebenlen 
unb bebauerten, bafe man fie connivendo jo meit habe fommen 
laffen. 2öie aber gu remebieren, ba fei guter 9{ at teuer. 9Jtan 
gog aud) ben faijerlidjen Abgejanbten ins ©efeeimnis, fam aber 
auch mit feiner £>itfe über bie SrfenntniS nid)t hinaus, bafe man 
bieSmal gu fpät aufgeftanben jei. 

@in3 fonnte man freilich tbun, um ben gerfefer ber alten 
©trafee über ben Obern tpauenftein gu erhalten. SDtan tonnte bieje, 
bie längft in fläglidjem guftanbe mar, fahrbar einrichten. SDaS 
gejdiah in ben 1730 er Saferen, roie man beS genauem in ben erften 
Stummem ber gaSter 3 e itfd)tift 1901 einem Auffafe Dr. gurcf* 
fearbt»giebermanuS entnehmen mag. SSeiter roanbte fiefe im ©ep* 
tember 1735 gafel an gern mit ber Aitfforberung, jefet nicht ben 
neuen ©ololfeurner 3öeg für bie ©algtranSporte aus Sotferingen gu 



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101 



'henüfjen, fonbern auch im finanziellen 3nteteffe be? SDtitftanbe? 
beim |>auenftein ju bleiben, ©teicbjeitig erhielt Sern eine fetjr 
beträchtliche Stebuftion be? ©alzzotle?. ©o ^atte bet Sau bet 
Sahmangftrahe mitgeholfen jut l)örf)ft notroenbigen Serbejjerung 
be? Uebergangä über ben §auenftein. Der Umftanb, bah bet 
Sijchof bie nötblidjen Sugänge nicht rechtzeitig anlegte, gemährte 
ben Sa?lern eine griff, um ihre alten Sunben an fich z u frffUn 
unb ohne großen ©chaben fich au? ber Angelegenheit zu Z' e ^ en - 

Auherorbentlich lohnenb märe e?, noch einige anbere ©freit« 
punfte, bie zu biefer $eit ber ©pannung zroifthen Safe! unb ©olo* 
thurn ben 9iat?herren hüben unb brüben zu benfen gaben, in biejem 
gujammenhang zu erörtern. Doch ber geneigte Sejer ift fchon jo 
lange aufgehalten roorben, bah wie mit furzen Aitbeutungen un? 
begnügen müffen. Sejonber? oiet boje? Blut machte ein $a»bel, 
ber fich mieberholt mit ber Angelegenheit ber neuen Straffe freugte, 
roeil bie nämlichen S er fonen babei beteiligt finb, aber eigentlich oon 
ihm unabhängig unb ganz fetbftänbig ift. Um bie geif, ba roegen 
Srhöhung be? Durchgang?zolIe? in Sajel bie ©olothurner Stage 
führten, juchte ber genannte jolotljurnijche Statjchreiber Sah in 
jeiner (Sigenjchaft al? ©efretär ber ©alzbireftion z roe i Siften mit 
»errufenem ®etb in Sajel umzuroechjeln. @? maren angeblich 
®iünzen, bie beim obrigfeitlichen ©algoerfauf eingegangen maren, 
unb im ganzen 1490 Sronen. (Sin jolcher Stöechfel aber ging gegen 
bie Sorjchrijten, oon benen man freilich in ©olothurn behauptete, 
fie feien erft erneuert morben, naebbem Sah ba? jchlechte ®elb 
oerjucht hatte anzubringen. Auf ©runb biejer Sorjchriften mürbe 
ba? ©elb im Saufhau? oerarreftiert unb bem gi?co zuerfennet. 

Da? Sechalten Sajel? mürbe in ©olothurn als fehr hart 
empfunben. Doch behielt man genug falte? Slut, um ben (Snt* 
mutf zu einem Sefctjroerbebrief, ben Sah bem State »erlegte, al? 
.„in einigen terminis zu ftarf" zur Umarbeitung zurüefzuroeijen. 



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102 



2lnt 9. grimm 1731 mürbe Doti beti fflerner (Scfjult^eigen ü. Srlacf) 
uub 0. Steiger ber Sntrourf eine? Schreiben? an Söafel bcn Solo» 
thurnern oorgelegt; ^)err alt Schultheiß Sutlj o. Steinberg rühmte 
baoou, eS jei „in joteben glimpflichen terrninis begriffen, baf? 3l)ro 
©naben baefelbe pro bono pacis annebmen tonnten." Heit Stimmen» 
mebrbeit mürbe eS jur 2$erjeubung angenommen. 2118 aber ©aß 
c8 in feiner Kanzlei ruhig iiberla8, fo fat) er, baß er eigentlich 
perjöulicb al8 ©iinbcnboct ben 23aSlern bargeftellt roerbe, miihvcnb 
er nur bie 2lufträge feiner Herren au8gefüt)rt hotte. Sr befanb 
ben 23rief „feiner Shre uub gutem Seumunb 311 nahe tretenb.“ 
2S>ieberholt mußte er oor bcn Siäten oorftellig merbeu, bi8 man 
bejdfloß, ba8 ißiojetPSdfreiben nicht abjujdfiden unb ba8 ©efdfäft 
einftmeilen in suspenso ju (affen. 3)ic ftanjlertrifiä mar be» 
fchrooren. 

2lber ba§ mar nicht bie einzige geige bc8 Streites um ba8 
Saljgelb. gn ber gleidjeu Sijwng be8 Solothurner 9tat8, am 
31. Oftober 1730, mo man in ber Sadie pro ultimato ein 
Schreiben an 23ajel fcefdilog, mürben jmei Hiitglieber beauftragt, 
„äufaiumenjutreten unb über bie non ben sperren 23ir8öogten ein» 
gejanbten ©ulten unb ©iiter, rocldfe bie 23a8lerijd)cn Herren non 
©ürgern unb Unterthaucu in jolothurnifchcu ilanben aufgerichtet 
unb anertauft, ihre ©ebanten sujammet^ubringen unb felbe bem 
9anbjcbreibcr 31t eröffnen." ®amit beginnt eine obrigfeitlidje gagb 
auf baelerijchen 23efih im Sulothurnifdien, ber um fo roeuiger 
ritterlich auSfieht, als SBafel teiuerlei Htöglidfteit fanb, an jolo- 
thurmjehem ©ut auf feinem ©ebict fich jdfabto? jn holten. 2(nf 
bie 2lnfragen be? 9iat8 antmortet 3. 23. ber Sanboogt auf garnSburg 
u. 21.: „t£ie ©olothuvnifchen befißen in m. gn. .£>.$. ©ebiet ju 2lnmit 
nichts." dagegen tonnten jene beiben Dtatebelegicrten in Solothurn 
am 8. Hooember 1730 mitteilen, „baß ein gemiffer |jerr greif 
au8 23afel ein anfehulid) ©ut in ber |)crrjd)aft Sortiert 311 9?uglat 



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103 



unb Pantaleon befitjc unb fünften fel)r gute ©iilten in bie Stabt 
93afel gel)örig feien; auf roelcfjeS oerfdjiebene ©ebanfen, mie mau 
fict) roegeu bemustern oerorrcftiertem ©elb errufen fönne, auf bie 
SBalfn Jommen." 

2Mefe ©ebanten erhielten halb eine feljr prahijdje löeberitung. 
Solotf)urn roätmte eine alte Serorbnung oom Saljr 1657 auf 
über bie gäljigfeit grember, iiaitb ju befi^cn. Stuf ©ruub biefeS 
SrlaffeS werben im grüf)jal)r 1733 bie im Solotljuruijcbeu be- 
güterten 93asler, ooran ftclft 3Keifter 5«*)- benad)rid)tigt, bnfj fie 
bis nndjfte Cftern il)re ©üter oertauft fjabett müffen, anfonft fie 
if)ttett oerfteigert mürben. Stodi auf längere gabre b'oauS fpielt 
biefe ®ejd)id)te. lüiit ibr läuft parallel ein ähnlicher, für baS S$er= 
halten ber beiben SDlitftänbe in jener bejeidjnenber £>anbel. 
Solothurn ^atte im Sluguft 1709 beitt SöaSler DaitbelSmnmi DanS 
gafob Snt^mfi eine Quantität gujils, bie er in granffurt erfauft 
unb nadier @d)aleuS in ber ©djmeij fenben roollen, untermeg» ju 
feinem l)öd)ften IHuin als Stontrcbanbe JonfiSjiert ; jubem mar nad) 
Eingabe Solothurns bie ÜBare unter falfdjcin gradjtbrief gereist. 
SBieberbolt fommt Slafcl auf bie Slnfprüdje feines 33ürgerS unb 
nad) beffen 2ob auf bie nun beffen Srbcu ju jpredjen. Solothurn 
bot erft uubebeuteube, bann ^ö^ece Summen an. Sublid), am 
21. Sluguft 1745 mürben bie beiben Stiften mit bem fonfiSjicrten 
©elbe bem Schwager bcS in ber 3roifd)en$eit jum Slatsberrn oor- 
gerüdlen ©afj, bem Sanboogt ©erber $u ®ornnd), Sbietftein unb 
©ilgenberg ausgcljänbigt gegen eine oon Solothurn an bie Süitme 
gm.fpoff geb. Slinber ju beja^lenbc @ntjd)äbiguiig oon 100 3)ublouen 
== 500 Stroueu. 

IBeiter liefee fid) als ©cleg für bie 9iei$barfeit ber ©emiitcr 
buben unb brübeu oom gura in jenen gabren ber unerquidlid)e 
Streit um bie ©renje an ber SBanuenfltil) anfiibren. geruer fann 
erinnert merben au ben Dünniger Sadisfangftreit, mo baS fl{ed)t 



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104 



hoch unbeftrittenermafjen auf Seiten fflajelS lag, Solothurn aber 
roiflenloS nach ben SBünfdjen beS ftanjöftfchen SmbaffaborS 
be SDJarianne fich richtete (oergl. Sari Sßielanb im SaSl. Sahrb. 
1889, ©. 57 ff.). Slud) 0d)S hält biefeS gefpannte SBerljältniS 
für ber (Srraä^nung wert. @r fdjreibt (VII, 511): 2)er 90?erci’fcbe 
2)urcf)jug lag bei ber ftanjöfifchen SImbaffabe in Solothurn immer 
noch in grofljüchtigem Slnbenten, unb bie ©olothurner unb anbere 
Äantone ftimmten ben franjöfifchen Klagen bei. 

SBenn |ier biefe ©treitigleiten ermähnt mürben, fo erinnern 
mir uns mit hoppeltem Vergnügen ber guten 9iad)barjdjaft, bie bie 
Hiact)fommen ber bamalS feinblidben Stüber beute mit einanber 
pflegen. 2Öir SaSler gebenlen mit fyreuben ber erbebenben 5eft= 
tage, bie mir 1899 unter 3)ornachS Stauern unb ju Solotburn 
mitfeiern burften, unb mir finb ftolj barauf, baß neben ben offi= 
jiellen auch uiele nicht offizielle Sefucber aus Solothurn ben 
•jpeinrichötag 1901 mit unS feftlicf) begingen. 

S)ocb lehren mir jurnd ju unferem eigentlichen Jbema. 3llS 
bleibenbeS 3eithen jener h fl berreicf)en 3 e *t beftebt bie ^Saßmang* 
ftrafje. ©ie barf um fo eher ein gerichtliches 3)enlmal genannt 
roerben, als fie feit ber 3 e it ihres SaueS im großen unb ganzen 
leine Seränberungen erfuhr. ®ie8 ergibt fich aufs beutlichfte aus 
einer Sergleichung ber heutigen ©traße mit Sanbtarten, bie ben 
Seftanb oott 1730 bis 1731 roiebergeben. ®ie öffentliche ®ib= 
liothet in Safel beroahrt in SOiappe A 8 ihrer ßartenfammlung 
u. a. ein Slatt mit oiele 3eilen langem SEitel, baS aufjet ber 
^ahmangftrafee auch bie bamit in Serbinbung ftebenbe erft in ben 
1740er fahren »ollenbete ber SirS entlang Iaufenbe ©trafje burch 
baS Sistum barfteflt, jenes SBert ber Sijchöfe 3alob ©igiSmunb 
»on Dteinad) unb Sofef SBilhelm 9iind oon Salbenftein, baS lßro= 
feffor Sujtorf in feiner SirSreife als opus plus quam Roma- 
num preist. 



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105 



Sie ft'arte tft oon £>anb feht faubet gejeichtiet, Eetber nictit 
i»atiert. Sie Strafe betritt, aug bem ©unbgau lommenb, bei 
^afcbioil bijct)öfli(f)e8 ©ebiet. ©ei Obermil geht fie jroijchen ber 

Magier ©teilte unb ber baglerifcften Sjflaoe ©ie(=©enfen ^inburcö 
nach Steinach unb Slefd), bann ber ©irg entlang auf beren linfem 
"Ufer big unterhalb ©teflingen. £ier überfchreitet fie ben fj^ufe- 
Sie folgt ihm nod) bis 3mingen. ©ott biefem Ort an oerfchminbet 
feie ©irg aug ber Äarte; eg bleibt nur nod) bie Süffel alg Seit* 
faben ber Ißaftmangftrafte. Sieje geht über Siiglad) unb „©reiten* 
berg" (bag burd) ein auf einem £>ügel fteljenbeg Sd)loft bezeichnet 
ift) nad) ©üfterach, roo fie bag linfe Ufer beg f^tuffeS gewinnt. 
Schon unterhalb Srfchmif führt eine weitere ©rüde auf bag rechte 
Ufer. Unmittelbar über ©rfcfjwil bemerft man Schloff „Sirftetn." 
9tun bleibt bie Straffe auf ber redjten Seite bei) ©ad)eS, big biefer 
bei „SUofter ©etnwil" oerfchminbet. 91uf ber nörblichen ©eite beg 
SBegeg ftelft „3um büren Slft," weiter oben auf bet fiiblicften ift 
bei jwei Raufern „Ißaftmang" angcmerft. Sie Strede Sürrenaft* 
üflümligmil, burd) Su)d)fd)attierung fürchterlich gemacht, trägt bie 
3nfdirift „ber in Reifen auggeljauene 2öeg" nörblid) oon ber Strafte, 
wälfrenb jiiblid) fteftt „ißaftmanger ©erg." Uebereinftimmenb nennen 
manche ältere harten bie oon ber .'poften SBinbe jum Ißaftmang 
giehenbe fjelfenfette fßaffroang. SBie jur ©ergleichung ift auf ber 
nämlichen Äarte bie alte IRoute über ben übereil |>auenftein ein* 
getragen. Sind) h* er gibt bloß einen SBafferlauf, bem bie Strafte 
folgt. St ift bezeichnet alg ipilftenfluft unb fällt big Sieftal mit bet 
Srgolj, oott ba big über ÜZÖallenburg ftinaug mit ber ootberen fjfrenfe 
gufammen. SWerfmürbigermeije erwähnen gerabe ältere harten bie Sange 
©rüde nicht. Sie tritt erft in berhältnigmäftig mobernen SBerfen auf. 

3m ganjen ftimrnt ber in biefer Äarte wiebergegebene 2öeg 
mit ber heutigen Sßaftmangftrafte überein. Sinjelne Slbweidjungen 
bürfen ung nicht irre machen. SBenn j. ©. ber 2Beg oon 3 ro * ll 9 en 



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106 



bi* Siifierad) auf bei« liiifett Ufer ber Siüjjel läuft, entgegen bent 
jeßigen Xatbeftanb, jo bürfen mit barau# taum jcblicfjen, baß bie 
©trabe hart urjprünglid) nicht jo lief wie beute. Xer Xitrrenajt 
uub bie Safemangbänjer ftanben aurfi ermiejenermaßen feit 1730 
jo ^it ber Straße mie jeßt unb bod) jeigt jie bie Starte oerfebrt. 
Ülud) bie mangelhafte Ortbog aplpe mancher ©gemiauten inng ba= 
rauf biuroeijen, baß joldten Starten nur ein brbmgter SJert jufomnit 
unb baß man llnredit täte, oon ilpien bie ©enauigfeit eine# tno* 
bernen ©latte# ja forbern. 

3um ©lütt für Sajel# Serfebr batte in ben erften fahren 
nach Sollenbnng ber ^aßroangftraßc tnie ermähnt bie bijchüflicbe 
{Regierung nicht# getßnn, um bie Xurcbiubr ber ©iiter über bieje 
neue Strafte ju erleichtern. X’ie« bot ber ©tabt eine ffrift, tuäb = 
reub ber jie baran arbeiten tonnte, ba? broheube Unheil abjumenben. 
3unäd)ft rombe bie Straße über ben ©bereit .pauenftein mieber in 
©taub gejtellt (j. oben). äSeiter gemährte Sajel oerjdiiebenen Stau- 
tonen namhafte 3ollerleid)teruugeu. Sogar für Solothurn moflte 
man in biejer pmjicht 'IJt'ilbe malten lajjen. bautet bod) bie 3n* 
ftruftion für bie ba#lerijd)en Sertreter an einer Slonferei^ jmijcbeu 
Seoollmäduigteu ber beiben Dlachbarftäube am 11 September 1735 
in yangenbrud über nerjclmbene ftreitige fßuntte, menn ©olothurn 
auf ber ßrmäftignng be? leitebenben ©al^oHe? beftehen jollte, jo 
tonnten bie ba#lcrijdien «jpei ren Xrputieiten alle Hoffnung niadien, 
bafi bieier 3nfl auf eben bein Jun, m-e leßtbiti gegen bent löb* 
liehen Staub Sern gejdicben, gejeßt merbe, unb hätten bie ©acht 
;id referciutum et rccotmnandaiulum ju übernehmen. 253eiter 
oenolgte ben 3med, ber alten Sölfer unb panbelftrafte über ben 
3ura ihren Seitehr erhalten, ein neuer Zolltarif mit bau pnu# 

Oejterrcid) non 1733. Xieier füllte für Oefterreich günftige 3oll* 
nnjaßc fejt, wogegen bie {Regierung bei- .pan je? Cefterreid) jid) oer- 
pf(id)tct, ben Süoreimertebc au? ihren Saubeii jo Diel al? möglich 



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107 



über 33a[el ju leiten. Sagen bann nad) ©üben beftimmte ©üter 
ber öfterretcütfcfjen Jpünbler einmal im Satifbaug ju Safe! ober bei 
einem Sagtet ©pebiteur, }o mag auf irgettb eine SBeijc bafiir ge« 
forgt roovben fein, baß fie nid)t übet beit ifSaßroang, fonbern übet 
ben ^»aueuftein iljrer Seftimmung entgegengeffiljrt mürben. 

Sajelg Semidjitngen, bet neuen ©traße ben Setlebt abgu« 
graben, jebeinen nid)t erfolglos gemefen gu fein. 9Jian barf bieg 
mit gug baraug fddiefeen, baß Stagen übet empjinblidje Scbäbi« 
gung bet ©tabt burd) ben neuen $u[tanb ber ®inge augbliebeu. 
Sind) erttärt eg fief) genügenb burd) ben Umftanb, baß bie ißajj« 
mcmgftrafie über ein 3at)rjet)nt taug nad) SBeftcn atg Stumpen« 
gelcije eubigte. 8ntere[[ant ift, baff in einer Sepie ber Dorn be« 
jcbrtebeiten Satte aug bem Sfabt 1773, bie jene lange Scgenbe gc= 
fingt miebergibt, eine ©teile in erweiterter fyorm auf tritt. ‘Jluftatt 
ber SBorte „ftofect ber neue Sßeg ..." beißt eg bi«: „ftofjt ge« 
bad)tc nun nicht mehr ftar £ bejudjte neue Straße an bie fönig= 
tid) fraugö[ifd)e Sanbjdiaft ©uubgau." 

Sic je^t beftebenbe, in ben 1730er Sabreti gebaute Sßafe* 
mangftraße bebcutet freitid) einen gcroattigen Sfortjdjritt gegenüber 
ibtem Sorgänget, bem unbequemen unb bejcbrocrlid)en Jußpfab 
burd) bie Santmer Scinwil. Sie» mürbe namentlich für bie Sange 
Sriicfe auerfannt, bie man uod) beute a(» ein adjtunggmerteg 233crf 
bamaliger Sngenieurfunft fdjä^t. Slber bie Straße bat bnnebett 
aud) genug 9iad)teile. s JUfan braudjt nur ein einjigeg 9Jfal bag 
Sal hinauf ober hinunter gefahren gu fein, um fid) üoh ben bieten 
uerlorcneu Steigungen unb bem häufig gefährlich [teilen ©efälle gu 
überzeugen. 

Sieje Nachteile empfanben bon jeher bie Salbemohner, nnb 
Urg ißeter ©trobmeper in feiner weiter born fchou benüfeten in ben 
©etuälben ber Schweig (Sb. X) enthaltenen Scjdircibung beg San« 
loug ©ulothurn äußert [ich (©• 36) im 3abre 1836 unroirfd) mie 



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108 



folgt: bie Straffe übev ben ^nferoang „fteigt an Dielen Orten über 
20 % unb ift unftreitig bie fdjledjtefte ßommunüationäftrafje her 

©djroeij SS jcheint, man habe bei bem Sau biefer 

brechenben Straffe bie böcfiften 3oche unb bie unfchidlidjften ©teilen 
gefliffentlid) auägeroählt, um fie ba burchjuführen." ©old)e Slagen 
bauern bis in bie unmittelbare ©egemoart. Sine Sinjenbung in 
einem ©olothurner Statt oom Snnuar 1902 lautet: „®aff baS 
©cbroarjbubentanb in Sejug auf Setjanbtung Don oben herab baS 
fototburnifrfje Seffin ift, unterliegt feinem 3roeifel. SEBie oft fdjon 
ift reftamiert morben roegen ben fd|led)ten ©tragen, ©enüfct ^at 
e3 jo Diel, baff unfere geplagten f^hrmannen faft burd)get)enb§ 
neue S33agenräber machen taffen muffen, bamit bie ftarfen ©tei= 
gungen unb £üget an unjeren ©troffen .eben gelarrt 4 rnerben lönnen. 
Si3 aber bie fßajfroangftrajfe oom 9?eut)äuälein bis Süfferad) auf 
bieje ülrt beffer roirb, flucht noct) mancher 3f u hnnann unb 9>bt3 
noch oiet Ungtütf." 

SBeniger Stntah ju Sluäjefcungen bietet bie ©traffe am ©üb= 
hange be8 SergeS. £)ier ift ihr Sertauf gegeben, unb e8 ift an* 
^nehmen, baff ber 3Beg bon 1531 im ganjen mit bem jefcigen 
©träffchen jujammenfällt. fiangfant feutt ei fid) juerft oon ber 
ißnjfhöbe bet Serglehne beS SRobiSegg entlang ein gutes ©tücf 
burch äöalb nach Often, um bann fid) nach ©üben ju menben 
unb burd) bie Cbftgärten unb fauberen ©etjöfte oon fRedenfien baS 
$otf ÜRümlieroil ju erreichen. ®ie ©traffe hat auf biefer ©eite 
ein gleichmäßiges ©efätle. 3n ©djneerointern fährt bie liebe 3ugenb 
bet fßaffroanghöfe ohne Slufentljalt im Schlitten oon hier oben bis 
oor bie ft'irchentür jur ©ßriftenleßre unb braucht fünf bis fieben 
SJfinuten für eine ©trede, bie einen rüftigen guffgäuget abroärtS 
fünf jig, aufroärtS fiebrig Minuten unb manchen ©dpoeifftropfen foftet. 

®er SRuf beS S a & ,Dan 9 unb feiner Umgegenb braucht bei 
Jouriften unb SRaturfreunben 93afelS nicht erft gefchaffeit ju rnerben. 



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109 



jDettrt fie fenneit genügenb ben Raubet biefer Sanbfchaft, ben ®(anj. 
biefet ^errlid)en 9tu§fid)ten. ÜBeniger befaitnt biirften in weiteten 
Greifen bie gefct)id)tlicf)en Srinnetungen (ein, bie ficf) an biefe ®egenb 
fniipfcn, unb bie potitijcben unb S3erfeljr8öerljältniffe, benen bie 
<Strafee übet ben Sßafjwang i[)t (Sntfteljen Derbantt. ÜEBenn e» bent 
5ßerfa((et gelungen i(t, burd) biejen 3Iuffa|j aud) bei ben ®efct>id)t8= 
fteunben ba8 Sntereffe füt biefe ©egenb gewedt unb if)r öieöeicfjt 
neue Sieb^afcer gewonnen ju haben, (o ift (ein 3<wd erreicht. 



* 

Js 




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*°S ff 

^ankcufcr. 

Hebe 

ßcljaltcu bei brr OrttifTiiung öer §nnbrruter-|iiis(lcUunfl iin JHär? 1902 

pon 

Heinrich 2llfrcb 5 d? nt i 6. 

£^$ir fenuen alte ^jan? ©anbreuter al? einen Äünftler, her 
tro£ig 1111b fietjer jeine eigenen SSege ging, ftetig fid) wanbelnb, 
»orroärt? ftrebcnb freier roerbenb, oielfcitiger feine firäfte entfaltenb. 
3öir fannten ihn ober nur al? ÜJJieifter, al? einen SJJann, ber 
längft innerlich mit fid) felbft int Steinen, feilt 3«! »erfolgte, unb 
jroar ohne ftonjef fronen, obwohl er e? tief empfanb üerfonnt 511 
fein. 2Bir tannten il)n aud) al? Stünftler, ber ©djritt für ©cfyritt 
an Soben unb an Ülnjefjen gewonnen l)at. 3Jfit fjreuben burften 
e? feine 3reunbe erleben, wie bie 35aterftabt, bann ba? weitere 
Slaterlanb, bie franjöfijche wie bie beutjdje ©cfjmeij unb enblid) aud) 
ba? Sluälanb anfittg ihn mit (Streit ju bebenten, bi? eine tiicfifdje 
ftranlheit ihn mitten au? einer reidjen Jatigteit ^inroeg^otte. 

91on ben lebten fünfsehn Sah«» gibt and) bie 3Iu?fteßung 
iin oberen ©aale ber ftunftljafie ein umfaffenbe? 5ötlb burd) bie 
©emälbe unb bie Äarton? ju ben monumentalen Arbeiten für 
3ürid) unb 33ern. 2Ba? oon biefen nod) fehlt, befinbet fid) fogar — 
mit 2lu?naf)me ber Arbeiten für ©tein am Stheitt unb ber abge- 
brodjeuen 5 d ff Q be be? SEBeitnauer’fdjen fpaufe? au ber greienftrafje — 
alle? nod) hier in 33afel teidjt jugänglich an ^äuferfaffaben unb 
in ber ©djmiebenjunft. §öd)ften? oon feiner Jätigfeit al? Slqua= 
reöift gibt bie 9lu?ftellung mit ihren wenigen wenn gleich treff* 



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> ICHTORUCKANSTAlT HENRI BESSON, BASEL. 



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111 



lidieu groben fein öollftänbigeä Öilb; 51 t febr finb bieie flotten, 
nt artigen, fri)'d) ber Statur abgclaujcbten Öilber nnb öitbdien im 
S^titmtbefi^ jerftreut, jabireid) finb fie and), baß eine größere 
Vertretung ober anef) nur eine größere, eine diarofteriftiicbe Au** 
n)al)l inöglid) geroejen märe. 

Saubreutcr jdiicn in ber un§ ollen befonnten regen Hätiqfeit 
aud) gaitj aiifjugefjen; in bunter i)ieit)e fat) ber Öejueticr be? Aie= 
lier3 Sntmürfe, größere (fiemälbe unb bie umfangreichen Norton» 
entfielen, er fab gattje Stöße oon Aquarellen unb Celftubien nod) 
jeber ©tubienreife in feiner SBeifftatt oufgeitnp.lt, bre geit, bie 
^nnfcbeu Aufnebmen unb Verarbeiten nod) ihrig blieb, feigen au§* 
gefüllt burd) Verbatiblungen mit Sefteßein, ©ifeungen in Äunft 
fommiffionen, Öejudie ber jeify luten großen Aufteilungen, nament- 
lich in SJtiindten, unb bie (Srbolung in förperlidjer Hätigfcit, bie 
er nie Deriiacbläffigt bat. 

Aber bie Schöpfungen erjeibten un§ boeb oon Stimmungen, 
roie nur bie geiftige Sammlung fie bietet. Seine Öilber, bie juerft 
namentlich wegen ihrer ourjiiglicbcn beforatioen SUirfung nerblüffen, 
fie fefcen bod) nod) etwas anbere« ooranS als jdiarfee Auge, (^e= 
fcbmnd unb eine folgfame .Ipniib. ©elegeutlid) merfte mau beim 
nud) ben benfeubeu Äunftler, ber uidit bloß mußte, was er wollte, 
fonbern and) warum er e$ wollte. SJtau fühlte ben SJienfcben oon 
tieferer öilbung, einer öilbung, bie freiliit) nidjt auf ber Schule 
erworben war. 2 Jfan oernabm and) Srjäblungen oon Abenteuern 
früherer 3abrc, abgeriffeue Gpijoben aus einem anbern Hiben „ooll 
gliicflicber Stot," wo ber tätige Ultanu nod) als Jüngling ge» 
fchmärmt bat, einem Heben weniger reich an (Srfolgen, weniger 
reich an fünftlerijchen Heftungen, aber oielleidit nod) reidier an 
unoetgefjlicben (Sinbriicfen, einem Heben, wo er bie tSinöriicfe auf» 
nahm, bie ihn ju beut machten, was) er geworben ift. Saubreutcr 
tonnte bann and) burd) fein ©rjäblertalent gläiijen. 



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112 



Der Zünftler Ijat begonnen feine Grinnerungen ju jammeltt 
itnb ift nur burcf) ben Job an ber ©oflenbung oeiljinbert worben. 
SEBie immer liegt auch auf biefen Äüufilererinnerungen ein ganj 
befonberer SDuft. Sie geben ung aber audj ein flareS ©ilb beg 
Sütenidjen, ber hinter ben ©Seifen ftet)t, eine roiitbige Vorbereitung 
jum (Senuffe jener Schöpfungen, bie mir heute oor ung fehen roerben. 

Sanbreuter toäre oon Anfang an gerne äRaler geioorben unb 
hat aud) neben bem SRealgpmnafium mit Gifer bie ftäbtijcbe Reichen* 
fchule bejud)t, mußte fich aber bann baju entfchließen, fiithograph 
ju werben. ®a entberfte et noch als Schüler, wie eg fcheint im 
^ahre 1862 ober 1863, alfo flroötf* big breijehnjährig , eineg 
Sonntagg im 3Rufeum eine herrliche große fianbjcßaft, bie er juoot 
nie gejehen, an h u ^er Stelle aufgehängt, fo baß ber 9?ame beg 
UReifterS nicht ju lefen mar. Gr mar ganj Ijingeriffen unb fragte 
einen alteren §errn, oon mein mohl biejeg prächtige ©üb fein !önne. 
SDiejer gab ihm bie barfdje Slntroort, ber URann heiße ©ödlin, bag 
©ilb fei gar nicht fertig, müßte eigentlich mieber jurürfgefchirft 
roerben unb fei überhaupt eine ganj oerfehlte ©ejdjichte. „So alfo 
fehen oerfehlte ©über aug," fagte fich ber ftnabe; eg befd)üch ihn 
toie eine Slßnung feiner jpäteren ßeiben, baS nieberbrüefenbe ®efühl, 
nie etroag beffereg leiften ju tönnen unb mit bem beften, mag er 
leiften werbe, oerfannt ju fein. ®aS Sßerf mar bie 3agb ber 
üDiatia; fie ift tatfächlid) lange ^od> aufgehängt ben ©liefen ho!f> 
entzogen gemejen unb ift auch fonft nicht oon allen Seiten gepriefen 
roorben. Gine abfällige Äritif, bie mohl auf ßenbaef) juriief^u» 
führen ift, finbet fich in bem ©ud) beg ©rafett oon Scharf über 
feine ©emälbefammlung. SReuerbingg roirb bag ©emälbe oielfad) 
alg ein jeßt oeralteteg Sugenbroerf bezeichnet. 31flein anberjeitg 
liegt bod) auch aug SÖeimar ein $eugnig üor, baß auf empfängt 
liehe Slugen bie Schöpfung gleich bei ihrem Gntftef)en einen be* 
raufchenben Ginbrurf machte unb für iene $eit wirtlich eine epod)e* 



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113 



ntachenbe lat roar. Sie feat ja auch bei bet 93ötflinau§fteltung r 
öom ©taube gereinigt unb in3 rechte Sicfet gerüdt, eine glängenbe 
Sluferftebung gefeiert, ©o nieberfd)lngenb nun bie (Erläuterung im 
erften ?(ugenbtid auf ben jungen ©anbreuter roirfte, er liefe fid) 
mit bern fieberen Snftinft roirllicber Veranlagung oon jener Ven 
eferung nid)t mehr abbtingen unb befud>te nun öfters baä Sftufeutn. 
Sie Sebauptung, bafe Södlin bod) ber gröfete HJlater fei, bat ifem 
aber nod) oon einem geidjenlebrer eine rofec gücbtiguug eingetragen, 
fo bafe ber Ättabe feeulenb nad) §aufe lief. (Sitte neue greube roaten 
i^m bie greifen beä ©arafin’fcfeen ©artenfaaleS oon 1868, bie 
lurg nad) ber Vollenbung einige Sage für jebertnann gu feben roarett. 
Sa feat ibn nattientlid) bie glucfet nad) Slegppten mit bem filbrigen 
Sid)t, in bem bie grüfelingslanbjcbaft liegt, angejprodten. SBeldje 
Vergleiche er aud) mit anberen mobernett Äunftlern anftetlen roollte, 
SödlinS Silber ftanben ibm itnttter bauäfeod) über allen anbertt. 

Sie ©erüfte auf ber Sreppe beS SJiufeuntä roaren inbeffen 
nod) nidit herunter genommen, als ©anbreuter int grübiafet 1870 
nad) SBürgburg iiberfiebelte, utn als 3eid)nungSlitbograpb eine 
©teile angutreteit. Sie Arbeit, bie er bi pr gu »errichten batte, roar 
leine lünftferifebe. (Sr batte faft nur ©bampagneretiletten gu geid)nett. 
(Sr bilbete fid) aber and) b^t meiter. gunäcbft lernte er gunt 
erftemnale ba§ Vufolo unb groar gleich oon ber glängenbften Seite 
lennen in bem fürftbifcboflicben SRefibengfcblofe unb im ^Saxt oon 
VeitSböcbbeim. Sann bejuebte er auefe bi er bie geicbenfcbule ; frei* 
liefe roar ber Unterriebt nicht oon bejonberem Söert, er rourbe oon 
einem alten afabemifchen s JJlaler gegeben, bod) fiel biefent auf, bafe 
ber Schüler Salent batte: „©anbreuter. Sie haben ein plaftifcbeS 
Sluge," roar ein SBort, an ba$ fid) ber Sünftler mit ©enugtuung 
erinnerte, gn SSürgburg fab er aud) bie ftangöfifdjen ©efangenen 
in grofeer gafel in bie geftung Sfarienbttrg eingieben unb in bunten 
©nippen auf bem ©cfelofeberg lagern. @3 entroidelte ficb ferner 

Sagtet 3at)rburf) 1903. 8 



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114 



«in fröhliche» geben mit ©dpueijer ©tubenten bei 3 ither unb 
SMnnboline. 

3m ^rütjjn^r 1871 aber trieb e$ ihn mächtig lind) bern 
©üben. (Sr puffte firt) neben feinem Berufe in ©tünchen auf ber 
Afabemie weiter ju bilben, ging juerft und) Nürnberg, bann mit 
ber ©alfn nach SugolftQ^t unb fam enblid) nach manchen ©er= 
jögeruugen in ©tünchen an. Jpier fanb er nicht gleich eine ©teile, 
bloß merjehn Zage hätte er warten miiffen; ba entfchloß er fich öoQer 
UngebulO etwa? neues ju lernen, nad) 3 talien ju gehen, nad)bem 
■er flüditig bie $nuptfehen?mürbigfeiten ber ©tobt gelüftet hatte. 

Ohne (Smpfehlungen, faft ohne Senntni« ber Sprache unb 
mit bürjtiger ©nrjchaft wauberte er jnerft 511 ben Alpen ju. 
3 n ßuiftein, als bie £>iße anftctg unerträglich ju werben, nahm 
er bie ©ahn. 3 bei mann aber, bein ber mitteilfome Abenteurer 
feine jßläue aiwertraute, riet ihm ab, fich nicht in? ©eiberben ju 
ftür^en, ba fein ©eruf in 3talien ööüig barnieber liege. Zie erfte 
'Stacht brachte er in ©etona ju, gan* überwältigt oon ben neuen 
(Sintirücfen, eie jehon beim erften ©etreten äeS italienijchen ©oben? 
auf ihn eingebrungeu waren. Anbern Zages finbet er eine ©teile 
bei einem githogrnphen unb arbeitete nun im (Stbgcjchoffe »on 
©atimicbelis beiühmtem ©alajjo ©eoilacqua, ber aber wie ba? 
<Sejd)äft feines ©roiherrn bie ©puren allgemeinen ©erfülle» gezeigt 
haben füll, ©alb fanb er eine beffere ©teile bei einem $onfur= 
reuten unb blieb nun bis jum fjerbft, bann aber würbe er oon 
neuem oom Söanbertrieb ergriffen. ®r befudite erft ©enebig, bann 
©tailanb, wo er grünbliche Umjchau Ipelt, unb fam enblid) gerabe 
jur 3«it ber Aequiuottialfiürme in ©eitua an. Dtun fchiffte er fich 
auf einem ÜtabDampfer, ber bie ftiifte entlang fuhr, nach 9feapel 
als Zedpaffagier ein, ohne ©rooiant unb wieberum faft ohne ©elb. 
4 )ier lernte er ba? ©teer jurn erftenmale unb gleich in feiner mil= 
beften töcrnalt fennen. Unabläjfig wälzten fich bie ftahlblauen 



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115 



HBogen heran mtb ergoffen fid) mit Stegen unb ^mgcf über baS 
$ecf. 2)ie ^ßaffagiere waren 6a(b alle fantpfunfähig geworben, 
roätjrenb Sanbieuter in feiner öegeifterung ob bem ungewohnten Schau* 
fpiel munter unb aufrecht blieb utib ein ©uotSmann ihn auch noch mit 
bem nötigen Sffen oerjah. ‘üluch in Neapel fannte ber Zünftler feine 
Seele, er roufjte nur, baff jmei Sefannte feines SöaterS, bie Stüber 
fferbinanb unb Slbolf grep ba roohnteu unb ber eine in Slngri eine 
fyabrif f>atte. Sc roar aber bei einem beutfchen SBirte abgeftiegen 
unb biejer teilte ihm mit, baff in bem 2itbographengefd)äft Stiebtet 
unb Sie. eben eine ©teile frei geioorben roar, roeil ein anberer 
Schweizer ÜJtamenS ©rob, ber fpäter als Waler befannt geworbene 
Sonrab ©rob, eben nach Wündjen übergefiebelt fei. Ohne Smpfehlung 
hat et auch hier fofort Arbeit unb lohnenben Serbienft gefunben. Sr 
hatte acht Stauben ju arbeiten unb burfte fich biefe }o wählen, baff et 
3eit hotte, fich nebenbei weiter $u bilben. 9tun ftellte et fich mit feinen 
3cicbmtngen einem fßrofeffor Sariflo an bet Slfabemie oott Steapet oot, 
e« war wohl ber erfte wirtliche Water, bem et als Schüler ent» 
gegentrat. ®iefer, ein jooialer alter ^crr, nahm fich feiner liebenS» 
wiirbig ait, ertlärte ihn, obwohl et ein Jrember fei, aufnehmen ju 
wollen. So würbe juerft im fernen Sanbe fein ^erjenSrounfcb erfüllt. 

Sanbieuter arbeitete nun Dom frühen Worgen big mittags 
im ©ejthäft, bie übrige 3eit in ber Slfabemie. Sc machte fjort» 
fchritte unb beftanb auch im fjrühia^c ein faft fomijcf) umftänb* 
licbeS Sjarnen. Sin unoergefjlirheS Schaufpiel bot aisbann ber 
Sejtw. 'Siebt Sage oor ber gewaltigen Sruption Don 1872 hotte 
ber fiünftler mit greunbeit bem Serg einen iBefucf) gemacht, ber 
bereits nicht ohne 3 lü ifd)enfall abgelaufen roar. S)a, an einem 
Wontag, als er eben jur Arbeit gehen wollte, fieht er bie ftata* 
ftiopbe anbredien; er fährt mit einigen Öefanntett nach fßortici, 
geht Don ba ju <$u& weiter in ein gefafjrbeteS ®orf. |)iet ift er nun 
3euge oon einem unbefchreiblichen ShaoS. Slngefeuert nod) oott 



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116 



ben Ijinbeorberten Ir uppen fuchten bie lorfbercohner in roahitfinniger 
Angft unb Serroirrung Sieh unb £)augrat ju retten, Gnblid) roirb 
eg ihm unb feinen ftameraben felbet etroag ungemütlich, fie befleißet» 
einen Cmnibug, ber mit SDfenfchen, SSie^ unb |>augrat überfüllt ift, 
unb fahren in rnfenber Gile in bie Stabt. G« folgte ein Augflug nach 
Saeftum, roobei er mit ben Stübern Jrep tagelang ju ^ßferbe in bem 
üerlaffenen Sanbe hcrumjog. Dort bat namentlich ein gtufjeg SBratf, 
bag in ber einfamen Gbene feine Sippen jum ipimmet ftredte, einen 
befonbetg tiefen Ginbrucf auf ben ÜJlaler gemacht. ler Sommer 
brachte rounberoofleSootfahrten am ßaftefl bell’ Odo unb am'ißofilipp. 

lie firone aber aller Grinnerungen mar ber Aufenthalt im 
Älofter ßa Irinita bella Gaoa. Gg ift bieg eine alte Senebiltiner* 
abtei, bie im Seginn beg elften ^ahvhunbertg Don ben ßongobarben 
gegrünbet mürbe. Die (Sattin beg Sormannentönigg Soger liegt 
bort begraben. lie Abtei befinbet fich rechtg Don ber Sahn, roenn 
man Don Socera nach Salerno fährt, in bem ©ebirge, bag man 
Don Soiupefi aug int ©üben fieht, unb liegt hoch über einer Reifen- 
fdjludjt am Abhang beg füblid)en Augläuferg beg SSonte S. An= 
gelo bi Gaoa. lie fulturlämpferifche Segierung ber fiebriger Sahre 
Derlangte Don ben Sfönchen einen Augmeig über nüfcliche lätigleit, 
unb bieg mar bie Serattlaffung jur Grrid)tung einer Grjiehungg* 
anftalt, bie big oierhunbert 3öglinge beherbergt haben joQ, utib 
jur £>erauggabe eineg $obej, ber bie mertoollen Urlauben beg 
Älofterg enthalten füllte. 3 ur tünftlerifchen Augftattung roanbte 
man fich an bag ©ejdjäft Sichter in Seapel, unb nun mürbe 
Sanbreuter augerfehen, bie Aufnahmen ber alten Abtei ju machen 
unb ben übrigen tünftlerifchen Schmucf h^juftellen. Gr ift ju 
biefem ^roede für mehrere ÜDlonate in bag ftloftcr übergefiebelt 
unb bie Stönche haben an bem Siefcer offenbar fofort ©efallen 
gefunben. let S" 01 ’- ein Sßrachtgmenjch äufeerlirfj unb innerlich, 
ein echt napolitanifcher gentilhonibre, jooial, geiftreid) unb Doll 



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117 



-Junior, bat jofort, ihn mit ®u anreben ju bürfen, fein 2lb* 
junft, ®on Sftauro, ber gleichaltrig mit Sanbreutec roar, mürbe 
beffen ®ujbruber. ifkior, ®on NJauro unb uujer ®on ©iooanni 
bilbeten bann für SOionate eine fröhliche ®i)cbgenoffen}chaft unb ber 
Zünftler erhielt ein 3immer angemiefen, roohin nur au? ber liefe 
ba? Naufdjen eine? S8nrf)C§ brang. ®en Vormittag roibmete er 
feiner Aufgabe. Nachmittag? fletterte er in ben Äalffelfen herum. 
Siiimal überräfchte ihn auf ber ißafehöhe eine Slu?flcht auf 9lma(fi 
unb ba? 3J?eer, Dun ber er meinte, bafc fein Sterblicher, auch ein 
SBöcflin nicht, fie je roerbe fchilbern fönnen. Sin anbere? SNal Der* 
fperrte ihm beim ^eimroeg ein bebenflid) anfchroellenber ©ebirg?* 
bad) ben 2öeg. Um nicht ganj abgejchnitten ju roerben, matete er 
rafch entfchloffen burcb ba? ÜBaffer, unb al? er nun triefenb nach 
.ftaufe tommt, blieb ihm nid)t? übrig, al? fich auch in eine Äutte 
ju fteden, roa? ben SNöndjen Dorjüglichen Spafj gemacht hat. 93e* 
fonbere? Sntjücfen erregte er aber bei einem mufifliebenben SÜiönche 
mit feiner 3>ther, ba ba? Snftrument bort noch ganj unbefannt 
roar. Sr mußte 9Nufifunterrid)t geben unb hat ba? Snftrument 
beim Sbfcbieb al? 9lttbenfen bort gelaffen, 2JJit fchroerem fersen 
ift er Don bort gefdfieben. ®ie 3ftönd)e beftürmten ihn, noch länger, 
roenn nicht für immer ju bleiben. Slber e? trieb ihn, nach Niünchen 
ju gehen, um fich Dollenb? jum Sfünftler au?jubilben. Sr hatte 
nun genug Derbient, um einige $eit Üben ju fönnen. So fehrte 
er, ohne fich lange aufjuhalten unb in ber SJieinung roieberjufehren, 
über Nom unb glorenj nach ®afel jurüd. 

Ipier fanb er feinen 2llter?genoffen üörünner fchon in Doller ®ätig= 
feit unb berounberte auch beffen ©efchicf, allein e? fdjroebten ihm anbere 
3bcale Dor. 3nt SNufeum fah er bie neu augefauften SBerfe Don 
Sööcflin, bie SJeilchenbame unb bie ißietä, unb er hörte, baff ber 
UJieifter auch nach ÜJfünchen iibergefiebelt fei. ®a? mochte ihn noch 
in feinem Sntfchluffe beftärft haben. 



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118 



©anbreuter malte bort juerft toähtenb beS ©omitierS 1873 
bie beibeit fleinen ßanbfcbaften, bie im Sorjaal auSgeftellt finb 
(„Sbene bei Vorbau“ unb „^elbmoching," beibe im Sejifce oon 
§. <Sorjbreuter=Sünbig). (Ss lafjen biefelberr unfern fiünftler, wie 
et fpäter mor, nicht erfcnnen, Dielmehr finb fie charafteriftijcb für 
ben ©til ber fiebjiger 3ofere int angemeinen. Slehnlidje SBerfe Don 
befannten Dfanten finben fid) in ber Dienen Sinafotfeef. Sie Silber 
jeigen aber, bafe er fein Dleuling mehr mar, ber Citfeograph ift 
jebenfaÜS Döfltg itberwunben; er mufe bamalS jehon recht Diel gelernt 
gehabt höben, obwohl er fid) hoch ber ftunft nur nebenbei hotte 
wibttten fönnen. ©attbreuter wollte fid) nun aber im Figuren» 
geicfenen unb im giguretimalen auSbilbett, weil er bie# in ber JJunjt 
für ba$ allernotwenbigfie hielt. ScSfealb bewarb er fich im .fperbft 
um bie Slufnohme in bie Slfabcmie. Sei bem erften Seferer, bent 
er fid) borftcflte, hotte er mit feinen bisherigen ©tubien aflerbingS 
fein ©lüd; aber er liefe fid) nicht abjefeteden unb bei Ißrofeffor 
Sartfe würbe ihm fofort eine fehr günftige Aufnahme in eine 
fonft fefeott oiel befuchte SDfalflaffe ju teil. Diun hätte er aud> 
nod) gerne fid) an bem abenblichen fSttjeidmen ber Dlfabentie be* 
teiligt. Sie Dlnftalt befattb fid) aber bamalS noch im alten ©e= 
bäube an ber SJiidiaelSfitdje, ber Saal war ftetS überfüllt unb ber 
Zutritt würbe beShalb einem eben erft ©ingetrcteneti nicht leicht. 
Sa hot ihm Sbdlin auegeholfen. ©anbreuter hotte fich biefent 
fefeon borher Dorgeftellt unb war gleich in liebeniWiirbigfter SBeije 
aufgenommen worben. 2113* er jefet bem SJicifter oott jeinem SSunfche 
erjählte, billigte biejer ihn burchauS, griff fofort nach feinem Jpute 
unb führte ben Schüler ju Söilbelm Don Äaulbad), ber bamalS 
Sireftor war unb erft im folgettbett Sollte an ber Sljolera geftorben 
ift. Sbcn entliefe ber gefeierte 2}fann eine ©cjellichaft bewttnbernber 
unb jum Steil aud) fefer fchöner Santen, als Södlin eintrat unb 
ben ßanbSntann mit ben SSorten Dorftellte: „Sa bringe id) Sh ncn 



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119 



einen jungen 2Wonn, ber aud) baS Ungläcf bat, Si'aler roerben ju 
rooflen." ®ie Sitte mürbe geronbrt unb Sanbreuter jab jich mm 
vorläufig am 3iel langjähriger SBünjche. Sr batte idmn mehr geieben 
als bie meiften feiner fDhtjcbüler, unb bie erften italienifcben Sinbrürfe 
mögen autb in 3 u fttnft nod) ihre ftifle Söirfung ausgeübt haben. 

®ie jujammenbängenben 'ilufjeicbnungen hören mit biejem 3e*t= 
punlt auf. Son nun an legen aber, beiitlicber als ©orte cs oer* 
mögen, bie SBerfe, bie in bet Slusfteüung oereungt finb, non feiner 
Sntroidlung 3 cu 9 n *§ ab. 

9iad) einem Sabre im iperbft 1874, folgte Sanbreuter bem 
bodmerebrten fianbsmanne nach Italien unb bat ficb infolge beffen 
nod) enger an ihn angejdiloffen. Sine gauje ih'eibe oon bod)begabteu 
jungen HHäunern finb bamalS mit nad) glorenj übergejiebtlt. So 
bie äWaler ißreisrocrt, jß'botl, oon bem mir baS Sud) über .£)anS 
öon SRateeS „9lus ber SBerfftatt eines ftünftlers" befijjen, Vllbert 
Sang, ^ermann ©üjcber, bann aud) ©elebrte unb Scbriftftellcr 
mie Slb. Sagersborfer, ^). oon Ujcbubi unb ©uftao fjlörfe. Ss ent= 
roidelte fid) ein ibealeS Üeben. 55er Unteibalt mar noch billig unb 
fröhlich ber Shit, eS mit ber 3 l rtm'ft aufjunebmen. 55ie Sialer 
roaren alles jd)on ÜJfäntier, bie übet bie eigentlichen Stnbieniabve 
hinaus maren unb arbeiteten in eigenen Slteliere, ÜCieje betäuben 
ficb in einer jauberen Sorftabt am Öungo lüfugnone unö boten 
eine herrliche Slusficbt auf ben ÜJfonte Scoreflo. Södlin bejudjte 
etroa alle SBochen einmal bie SEBerfftätten bercr, bie ficb als feine 
Schüler anjaben; fie roieberum jähen eine Seihe oon beffen lpaupt= 
roerfen entfielen. ülbenbs traf man fid) in ber ftneipe. Sonntags 
mar Sanbreuter bei SödlinS ju 35ijcb, unb im jroeiten 5tab r bat 
biefer ihm jogar bas freiftebenbe S ür tierbaus feiner Söobnung als 
Sebaufung überlaffen. Sr mar ber Steblingsjdüiler Södlins, mie 
benn biefer ihm nod) in ben lebten 3ab ; en einen Auftrag, beu er 
felber hätte auSfiibten fallen, jugi jehoben bat: bie £eforationS= 



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120 



malereien für ba§ ®ranb Jpotet in ©oben, bie heute in bet Äu8* 
fteflung ju feljeit finb. 

Ällein bie Florentiner Jage finb bie Quelle jahrelanger Selben 
geraefen. 35er Sehrer bat jroar immer betont, bah man fidj felbft 
geben müffe, nur fid) felbft geben tonne, unb er furf)te baS (Sigenfte 
in feinen Schülern ju entroicfeln ; allein fein Sinflufc mar benn 
bod) ju übermächtig, unb inbetn Sanbreuter feine frühere, jroeifelloS 
tiel gefälligere Spanier oerließ, um etroaS höherem nachjufireben, 
mar fein Schicffal für Fahre hinaus bcfiegelt. ÜJtehr als etroa ein 
©an unb feine ÄlterSgenoffen oon ÜtubenS ober bie Schüler 
beS ßornetiuS oon biejem hat et roohl nicht oon ©ödlin über» 
nommen; eine perjönlidje 9iote haben feine SBerfe auch in ben 
elften Fahren ber nun folgenben Seit behalten. 'Mein man cft 
heute ftrenger als früher, ber Stenner unb Siebhaber jahlt im 
®runbe weniger bie fchmüdenbe Seinroanb als baS Äutograph einer 
eigenen Stünftlerperjönlidjfeit. Fm Florentiner Streife raubte man 
roenigftenS SanbreuterS feltene Fähigkeit ju fchäjjen, baS Sbaraf» 
teriftifd)e in Farbe unb Form in einer ©eleud)tuug ober Suftftim* 
mung ju treffen, eine Fähigteit, bie ja rairflicf) ju feinen heroor- 
ftechenbften CSigenjdjaften gehört, ©ödlin felbft h Q t mir gegenüber 
noch in Sürid» feine oorjüglichen Starrifaturen gerühmt, unb bie 
Sicherheit, mit ber biefei einen beftimmten F ar benton, ben er gar 
nicht oor Äugen hatte, auf ber ©alette bis auf bie feinfte 9iuance 
ju treffen raubte, jeigtc fich unter anbernt noch bei ber ÄuS= 
fchmüdung feines ^aufeS unb fall bie Jpanbroerfer gerabeju oer« 
blüfft haben. Mein fdjon feine Florentiner Freunbe hätten ihm, 
roie eS fcheint, bie jpätere Unabhängigteit nicht jugetraut. 

®ein raeiteren ©ublitum roar aber ber fpätere ©tilÖödlinS felber 
iiod) ju neu, man mochte raohl überhaupt nur bas jehen, raaSSehrer unb 
©djüler in gleicher SBeife oon allen anbern unter jehieb, unb für bie feineren 
Uuterfchiebe jroifchen Schüler unb Seljrer taum ein Äuge haben. 



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121 



2>afj aber nun ©igentümlichfeiten, bie man beim 9Jieifter 
■glaubte genügenb uerurteilt ju hoben, gar noch non auberen nach» 
geahmt roerben, baS erregte bie größte ©ntrüftung, wenn eS in 
SSirflichfeit auch Vorzüge allgemeiner 9lrt, wie bie Sntjipiebenheit 
bet Stimmung, bie ©efcplofjenheit ber SEBirfung roaren. 3)aju 
bürfte bei ©anbreuter im meiteren Verlauf feiner Sätigfeit aller» 
bingS no<h baS gefommen fein, baff roohl infolge junehmenber Ver» 
ftimmung namentlich fein Äolorit, aber auch bie gejamte Sluffaffung 
oft einen roirflid) büfteren unb ablehnenben Shorafter annahm, ©o 
ereilte ihn benn baS hoppelte SWifjgejchicf, bah er ju gleicher geit 
ebenfo roohl als SJachahmer, roie auch als ©onbcrling, ber oon 
anbern feinen 9?at annehmen roollte, oerjchrieen roar. (Segen jefjn 
3apre hat er in glorenj, bann in ißaiia, 9tom unb Neapel ge» 
arbeitet ohne ©rfotg unb faft ohne 2luSficf|t auf ©rfolg. 

SD?ir fcheint, buvch bie Slrt, roie man beit Verdorbenen als 
Siacpahmer oerjchrieen h°t, ift ihm baS blutigfte Unrecht getan 
roorben. @S gibt freilich eine Siacpahmung in ber bilbenben ßunft, 
bie unbebingt ju oerurteilen ift. gaft in jeber $unftmetropole gibt 
eS ©rohen, roelche anerfannte SWeifter ober anerfannte 2)2anieren 
blenbenb für ungeübte ?lugen nacf>äuäffen oerftchen unb bamit ihren 
Veutel füllen; eS gibt auch folct)e, roelche bie großen ©ebanfen 
oon Zünftlern, bie felbft noch ju ringen hoben, bem ißublifum 
gleich in gefälligerer jjfornt aufjuroarten roiffen. Jpätte ©anbreuter 
baS getan, jo roäre jebe öffentliche Verurteilung berechtigt geroejen. 
Allein bann hätte ouch er im ©egenteil eines rafchen, roenn auch 
oielleicht oorübergehenben ©rfolgeS fiepet fein fönnen, jein Ver» 
fahren roäre öom 5ßublifum nicht bemerft, oon ber $ritif faum 
gerügt roorben. 1 ) 9iicf)tS pflegt jo mühelos unb reichlich ©etb unb 

’) latjädjticf) ift non einer firitit, bie in ifjrer Slrt flaffifcfi roar, einem 
fotd^ fcfmöbcn Jtadjafjmer cinft bie Sßalnte gereicht roorben, roäfjrcnb oon 
©anbreuter unb anbern tjeroorragenbe SBerfc auSgcftellt roaren. 



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122 



(ihren eingutragen, al§ jolch breifte Ausbeutung frember ©ebanfen* 
arbeit. 

©anbreuter hatte eS aber nicht barauf abgesehen, gu blenben, 
fonbern juchte bie Äunft in bem ©eifte auSguiiben, roie ber SD?eifter, 
ber ihm oon Sugenb auf als 3beal eines ßünftlerS erfchienen roar;. 
beShalb ift bie Schule ©öeflinä für ihn benn auch junätf»ft ein 
SDlartprium geroorben. @S hot allerbingS auch ©anbreuter manches 
übernommen, roaS nicht notroenbig mit 93ödtinS höherer Auffajjung 
utib reiferer technifchen Grfahrung oerbunben mar. Aber bieS mar 
bei bem engen 3 u fammenleben in gloreng jcbließlich gang natür* 
lieh- 5)ie ©inbrüefe, bie lööcllin gerabe barnalS anregten, perfön* 
liehe Srlebniffe, bie bie einzelnen Jöerle oeranlajjten, felbft feine 
gange Slnfchauung oom SBerte beS SafeinS mürben oon feinen @e= 
noffen geteilt. Sftan lebte oon ber SBelt abgejcblofjen unb atmete 
biejetbe Suft. SSörflin, ber angeblich 23eftohlene, urteilte benn auch) 
gang anberS über ©anbreuter, er jah in jeinem ©chüler ben Jreunb 
unb ©uubesgenoffen unb h fl t ihn bei feinen SJJijjerfolgen mieber 

aufgumuntern gejucht. 

9Jiit ber bauernben Ueberfiebelung nach Söafet im 3ahre 188» 
begann für biefen aber eine glüdlichere Gpod>e, bie britte unb (e|te 
feiner Sätigfeit, bie 3 c it ber grojjen Aufträge. @r nahm noef) 

einmal einen Aufjchroung unb auch mir fehen mit ben ©egnem 
SödlinS in ben SBerten biefer 3eit bie beften feine? SebenS. ©einen 
äufjeren Gefolgen tarn groar auch baS gu gute, baß auch fein 
Sehrer nun immer mehr an Anfeljen geroann; es mar gu beobachten, 
roie 3 e itungöfritifer, bie Södlin anfingen gu loben, halb auch 

©anbreuter gelinber behanbelten. Allein es ift leine fyrage, baß. 

er nun auch manche Aeußcrlichteiten ber Sörflin’jchen ©chule abge* 
ftreift hot. 2>aS jubjeftioe Glement, baS aller mähren $unft eigen 
ift, tritt nun unoerhiillter gu Sage in einem ftarf ausgeprägten 
perjönlidjeit ©efchmad in fjarbe unb gorm. Sefjt entftehen bie ÜBerfe,. 



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123 



bie an niemnub anbcrn mehr erinnern. wirb Er oudj 

reoliftifcher, [Jaibe, 3ornt nnb ülnorbnung roirfen äuföÜtger, bie 
Palette inirb reicher, bie Sttobellierung weither, bie räumliche 2öit= 
fung ftärfer, bie Stimmung buftiger. (Sine oiet reichere Sfala 

oon Farben unb $önen oerrocnbet er and) ba, tno er wie im 
„Dolce für niente“ ober in „SOfalerei unb Sichtung" auf bie 
31ormüife ber früheren (Spoche priidgreift. 3cßt [teilte er aud) 
fein brforatiDeS Salent, bas in beu Sanbfdjaften ber lebten 3al)re 
fo mn^iglidi jur ©eltung fommt, in ben Sienft bei Setoration 
im engeren Sinne, unb eS emftel)en feine gejd)inadDof(en SJJöbel, bie 
uurfuuaeDollen ißlafate nnb bie ’äluSftattung feines eigenen |)aufeS. 

SUitr jdieint, baff aber gerabe jcßt, roo bie Sleufeerlidjfeiten 
einer fremben Snbiüibualität jurüdtreten unb auS ben nieiften SBerten 
Döllig öerjdnpunben finb, baS, maS an 33ödlin mirtlid) oorbüblidv 
ift, leinen Schöpfungen ihre befonbere SBeihe Derlieh: ber einfache 
unb grofje 3»9, ber ^«jicht auf ödes überflüifig niebliche unb 
hitbiche, bie (Sutjchiebenheit, mit ber alles einer großen ®ejamt= 
umfnng bienftbar gemacht ift, überhaupt baS Schaffen, um in ber 
Iß nuft uub nidjt butd) bie Stunft etroaS ju erreichen. ®S finb bieS 
freilich lüor,',üge, in benen ein Sehrer roohl einen Schüler beftärfen 
fanu, bie aber aud) im Sdjüler einen ganzen SJiann oorauSfeßen, 
SBor^üge, bie man n>ol)l bei jeher großen Seiftung aller Stilepochen 
uub Golfer ftitben fann. So h Qt [ich bie 93eharrlid)feit ge- 

lehnt, mit ber Sanbreuter feit ben ßnobenjahren baS 3*^ ver- 
folgte, als fehöpferijeher Sünftler einft tätig ju fein; baß er aber 
einem ©emaltigen roie Södlin gegenüber feine (Eigenart beruatjren 
tonnte, ober btffer, bafe er fie oon einem folchen 'JJteifter in foldier 
SÖJeiie jurüderobern tonnte, mar eine echte SManneStat, bie ihm ju 
baueruber @hre anuiredwen ift, unb bezeugt ein Salent Don felienet 
£ oft unb Unoücbfigfeit. 

- - 



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iaht mt& ^an&fößaff 1§ajef in hx ymirn 
Jlälffe h$ 1$. §a$x$mhxt$. 



Don Dr. £. 5rei»ogeI. 

* 

5. Sie 23asler Canbrögte. (gortjefcung. 1 ) 

D. ^ilimc^enflem. 

1. ©manuel gäjd), J. U. L. (1749—1757). 

(Siegen beö ©tammbaumsS ficf)e §omburg 5.) 

Sec Sanboogt ©manuet Qfäjd) ift nidjt, wie jdjon behauptet 
worben, bet 1760 öerftorbene SSBagmeifter, ein ©obn be§ ©tabt* 
fritreiberä 3- 3- 5äfd), jonbetn ein ©oljn be$ Soljnljerrn SufaS unb 
fflrubet be3 Seputaten tiufa8 gäjd). @r würbe am 5. Sejember 
1724 ju ©t. Sllban getauft unb Ijatte aufeer fiufaS nod) jwei 
©efdjroifter, Sl. ÜJfaria unb ©ara, Don betten bie erftere bie fjrou 
be3 Sanbüogts 3ofeplj 23urcfl)arbt Don $omburg unb 2ßünd)enftein 
war. 2Bie nod) Diele aus! biefet gatnilie roanbte er fid) bem juri= 

') S. Saöler 3af)rbnd) 1902 ©. 134 ff. 



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125 



ftifdien ©tubium ju unb mürbe Sijentiot beibet Siechte. ®arnuf 
erlieft et 1748, noch nicht einmal 24 3nf)re alt, trofc 50 Se= 
roerbern bie Sanbüogtei ättündjenftem (4/17 j. 9t nt 8. ÜJiärj 1740 
legte et ben Slmtseib ab unb fieflte als Särgen feinen ©chroaget 
Sofeph Surctharbt unb ben ©tabtfchreiber oon Sleinbafel, $ietrid) 
Srorcarb. 

®ie neue Stellung mu& baS ©elbftgefüljl beS jungen 9Jianne& 
bebeutenb gefteigert haben. SßenigftcnS mürbe ihm 1750 mit un= 
jroeibeutigen SBorten gejdjrieben, bet fianboogt foüe ficf) gegenüber 
bet Obrigfeit jo Derbalten, mie eS jeine Pflicht erforbere; jonft {ehe 
man fid) gemüjjigt, ihm auch fernerhin baS äJtijjfaflen ju oerjtehen 
ju geben unb ihn jur Serantraortung ju gieren. 

3n Sinningen müßten Sarbara unb &tanj ©eilet an ©teße 
eines alten ©tafleS einen neuen mit ©cheune bauen; eS roiberjefcte 
fid) jebod) bet Machbar. ®arauf roünjchten beibe Parteien einen 
9tugenjd)ein beS ßanbnogtS. @t aber fanb, bie Untertanen berei= 
teten jid) nur unnüfce Soften; jie joflten jid) mit bem gerichtlichen 
Spruche begnügen. Slßein er empfing bie SBeijung, ben Stugenjrfjein 
öorjunehnten unb nach Sißigfeit ju entjdjeiben. 

3n ber golge finben mir gäjd) eifrig tätig. ®od) nod) im 
lebten 3ahr blieb ihm ber Sorrourf nicht erjpart, bafj er baS 
übrigens jebr engherzige ©efefc roegeu gernbaltung ber fremben 
©chuhtnadjer bejjer hätte hanbhaben joflen. 

1757 lehrte er, erft 32 3af)te alt, mieber nach Sajel jurüd 
unb lebte ziemlich jurüdgejogen. Srft 1761 tarn er in baS ©ericht 
ber minbern ©tabt unb 1766 als einfacher SlccebenS in bie Sanjlei. 
9lm 1. 3J?örg 1769 mürbe er jum ?ßoftmeifter geroählt, bat aber 
jchon am 25. beSjelben Stonats mieber ab, rocil, mie er in einem 
Schreiben an ben Steinen 9iat jelbft ertlärte, feine Sräfte zur 
Serjehung einiger gunftiuncn nicht geroachfen feien. ®r behielt 
bähet feine Sanzleiftefle mieber bei, bis ihm im folgenben Saht 



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126 



«in beffer jufagenber fßoften roinfte unb er al3 Diadifolger feines 
£>(jeim3, §anä |>eintid) fjäfd), jurn ©tnbtfchreiber non Sieftal be= 
förbert rourbe. Er trat fein neue? 21mt fofort an, ^atte aber nodj 
ein 3af)t lang, im fogenannten ©nabenjabr, ba3 Etufommen ben 
Erben feine» SSorgängerä ju überlaffen, roofür aud) feinen s J?adj* 
fommen biefelbe $8ergünftigung in Sluäfidjt geftellt mürbe. 9iaef) 
einer ruhuitrofleii Uätigfeit ftarb et in ber 9iad)t com 21. auf ben 
22. 2lpril 1796 unb rourbe am 24 ju Sieftal begraben. 

Sr hatte fid) am 1. ®ejember 1749 mit ®urotl)ea dürften* 
berget öerljeiratet, bie ihm in 'JÄuncbenftein bret Sfrnber gebar, 
©ara, Philipp §einrid) unb 21. ÜJfaria, über bie icb feine roei= 
tern üüiitteilungen ju machen imftaube bin. 

» 

2. £>ieroni)mu§ Shrift (1757 — 1765). 

®er ©tammöatcr be§ baSlerifctjen ©efdjlecbte? Shrift roar 
nad) Sufe JobiaS (S^rift, ber öon SQfarfird) im Sljaß nach 23ajel 
auSroanbertc unb b' er 1647 ftarb. ©ein Eiltet »eranj, fßrofeffor 
unb 9iatsfd)reiber, roar ber 2$ater be3 Saubtrogt§ ^ietunpinu», über 
beffen Familie folgenber ©tammbaum ba3 Nötige enthält : 

granj Cfjrift, 1688—1744, J. U. D., ißrofefjor unb SRatejcfjreiber 

3ut>itl) gäiri), f 7751 

§anä 3atob St. 'Dtaria granj granj §icroitt)mu6, Sanboogt 
1722 — 43 1724 1725 1728 1729-1806 

31 d fing fintier, f 1782 

SHoftna Sknebict graiij, $anbcl6maim tueromjmuo 
1748—1811 1749 1750—1815 1758-1827 

3of). 9tub. Stiefel* 3t. ajlarg. grep 06 er!m>arf)tmeiftci-, mittet. 

berger t 1819 

jDer Sanboogt ^ieroithmuä S^rift rourbe am 3. Sali 1729 
ju ©t. 2übnn getauft. Er roanbte fid) bein juriftiidjen ©tuoium 
ju, rourbe fdjon 1751 ©erichtäherr biesfeitä unb trat 1755 als 
2lccebent in bie Äatijlei ein. 2lber fc^on am 22. 'Uiärj be« fol= 



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127 



-genben Sabreä erlangte er unter 23 Seroerbetn bie Sanboogtei 
HJfüncbenftein. 211s er bei Uebernabme feineg neuen 21mte8 am 
19. 2re&ruar 1757 ben @ib ablegte, bürgten für ihn fein ®cbroieger= 
nater, bet S33irt Sencbilt Äubet, unb ber Sobnbert SufaS ©arafin. 

25er junge iöiann warf ficb mit roabrer Segeifterung auf feine 
neue Aufgabe, galt e§ bod), auf bem ©ebiete ber £anbroirtfd)aft 
etroaS ju leiften, für roeld)e bamalS bie Seften unb SEägfien im 
ganjen Saterlanbe fd)roärmten. 2)et Strieg gegen bie 2)reifetber= 
roirtfcbaft mar erflärt, unb baS frfjfet^te 21der(anb fällte burch ©in* 
fcblagen in 9J?atten unb burd) richtige Süngung öerbeffert merben. 
©brift rooflte auf ben ©d)lofjgütern eine ällufterroirtjdjaft entrichten, 
ließ fcbott 1756 50 Saunte fe^en unb brachte einige Sanbleute 
baju, ibre in bet Sähe beS ©d)loffe§ gelegenen Sieder gegen attbere 
an ber Sagtet ©renje augjutaujchen. I)ann ermarb er ficb 1761 
bag augfcbliefjlidie ^J3riot(eg ber SluSbeutung einer äJJergelgrube, 
um mit biefent ßunftbünger auf bett ©chlofjgütern unb bem SlHmenb» 
lanb Stoben üornebmen ju fönnen. Sluf ein ferneres Segebren, bag 
er noch im gleichen 3abre ftellte, ihm bie etwa eine halbe ©tunbe 
oom ©cbloffe entfernten Slegerten als ©rbleben ju übertragen, bantit 
er fie oerbeffern föttne, ging ber Sfleine 9iat nicht ein. dagegen 
mürbe er nod) 1761 mit Sic. fjäfd) beauftragt, roegen ber in 
Srehroil begehrten @infcf)läge eine Unterfuchung ooräuttebmen unb 
überhaupt roegen ber Serbefferung ber Sanbroirtjchaft einen Serid)t 
einjugeben, ein Sluftrag, ber 1770 erneuert routbe. 

2)iefer Serid)t ') bejpricbt junächft bie begehrten ©infdjläge in 
ben Sännen IReigotbgroil, Sauroil, Srehroil, Oberborf, Sangenbrud, 
Sennroil, ^olftein, ©ptingen, Siegten, Sennifen, §äfelfingen, 3^9* 
lingen, Sünenberg, ©elterünben, ©iffacf), 3 un J9 en > tJrentenborf im 
einjelnen aufs eingebenbfte, um bann im allgemeinen ben ©taub ber 



') $ater(iinbif(f)e SBibtiothct 0 31. 



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128 



bamaligen Sanbrnirtfchaft einet Sritif ju untergeben. Sie fpaupt* 
gehanten finb furg folgenbe : Sin grojjer Seil beä l ilcfer!anbc3 finb 
s 2 Iegerten ober mertlofeä Sanb, baS entroeber ben SBobcngiiiS tiid)t ab* 
wirft ober nur mit großer SRülje bebaut wirb. SEBelcben Stufcen baS 
©infcblagen oou fcblecbtem Slcterlanb einer ganjen Drtjcbaft bringen 
fann, bat ßangenbrucf gegeigt, wo bie blübenbfte ßanbroirtfcbaft 
beftebt. Sa§ übrigbleibenbe Slcferlanb erhält um fo beffere pflege, 
roeäbalb auch ber 3 ebntenau$fa[l nicht jo grojj ift, wie man geglaubt 
bat. Ser ^eujebnten ift in eine ber Statur be§ ßanbeS ent* 
fprecbenbe ©elbabgabe ju oerwanbcln. Slllerbingä gebt bie Srad) s 
meibe für bie ©efamtbeit öerloren; aber man gewinnt bafiir bie 
4 ?erbftroeibe. 2 Ser ba 8 9ted)t ber ©igenmeibigfcit erlangen will, 
jablt bafür eine beftimmte Saje, bie 511 m Stufen ber ©emeinbe ju 
öermenben ift. Sie Söeitweiben befinbett fid) meift in einem tläg* 
lieben .ßuftanb, ma3 oon ber na<bläjfigen Säuberung betrübet. SaS 
Sieb tauft fief) barauf mübe, ohne ficb jatt freffen ju föntten. 3 m 
Stalle gefüttert, märe ei nicht nur leiftungSfäbiger, jonbern leichter 
ju mäften. Sie gtou tonnte bitrd) eine Sluflage auf bie ©üter 
beffer georbnet werben. 

1762. befahl man auf ben Sorfchlag be§ ßanboogtä, an ber 
Sit§ unb am Sirfig SBeiben ju pflanjen, unb 1763, bie 2Seit= 
weiben ju jäubern. Ser Sau ber ÜNündjenfteinerftrafee, bie unter 
feiner Sermaltung beenbigt mürbe, brachte ihn auf ben ©ebanfen, 
bie jjron auf einen befjern f$ufj einjuriebten, unb berfelbe fanb 
folgen Slnflang, bafj eine Slrbeit barüber 1764 fogar in ben „?lb= 
banblungen unb Seobachtungen bureb bie öfonomifebe ©ejeüjchaft 
in Sern" Slufnabme fanb. 

Ser mejentlicbe 3nbalt biejer Schrift ift folgenber: fronen 
finb eigentlich Sienfte, welche bie Untertanen früher ihren f>erren 
ober ©emeinben perjönlich unb unentgeltlich leifteten. Später waren 
fie bie golge ber Sienftbarteit, ba bie ßanbe§berren jugleich ©igen* 



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129 



tümcr bet liegenben unb fafjtenben §obe waren. Slls ober eine 
Derniinftigere unb milbere ©efinnungSart Dberljanb gewann, rourbe 
mit ber junefjmenben Freiheit aftmäljlid) bie Siealfron eingefiibrt. 
Sin nieten Orten bet ©djweij befielt aber nod) immer bie Sßerfonal* 
fron, wobei Jauner unb Weinbauern bie £>anbfron unb bie Sc* 
fifeer Don 8 u 0°' e l bie fjuljrfron leiften. ®er SSerfaffer tjält bie 
fRealfron, roenigftenS für bie größeren ftaatlidjen fronen, für baS 
allein Süchtige unb jeigt, wie biejetbe an einem beftimmten Orte 
aufä trefflid)fte eingerichtet mar. |jerrfd)aft3=, $farr* unb prioi* 
legierte ©üter waren mie biSljet frei, eine Sergünftigung, bie in 
8u!unft ben an Herren übergeljenben Bauerngütern nicht ntef)r ju 
teil werben fott. Jie 90tannfd)aft beS JorfeS mar in Stötten ein* 
geteilt. Seben Jag trat eine anbere unter einem Stottmeifter an. 
Seber frönet, foroie jeber $uf|rmann, erhielt einen beftimmten 
Sotjn. Jiefer mürbe aus ber Stuftage befahlt, bie nad) bern 
©dja^ungämerte ber @üter erhoben mürbe, ©o mar bie neue Sin* 
ridjtung für bie Sinnen, bie feine @üter befaßen, jugfeid) eine Ouetle 
beS SerbienfteS ; aud) trug fie jur ^ebung ber lianbroirtfdjaft bei, 
ba mieber mefjr Sugtoieh gehalten, baS fjutter im fianbe Derbraud)t 
unb bie Sieder infolge beffen beffer gebüngt unb gepflügt mürben. 
Sei ber Skrtung ber ®üter berüdfidjtigt ber Serfaffer bie §l)po* 
tiefen nicht unb glaubt, gemäß ben ©runbfäfeen beS p!jßfio!ratifcf)en 
©gftemS, |>auä, §of unb Saumgarten, fomie bie angelegten (Selber 
oon jeber Sefteuerung befreien ju müffen, tro^bem ihm beibeS nicht 
ganj billig erfcheint. SSie fehr er übrigens feine SDtitbürger ju 
überjeugen Derftanb, beweist bie neue gronorbnung Dom 7. ÜJtärj 
1764, roo alle biefe ©ebanfen fid) faft unoeränbert mieber ftnben. 

3n feinen Slmtsljanblungen blieb Steift ber Sormurf ber 
Sparte unb Sigcnmädjtigfeit nicht erfpart, unb bei aller Segeifterung 
für ben Sanbbau mar er mit feinen Herren ber Slnfid)t, bafj baS 
hanbüolf in patriardjatifdjer Sinfacf)l)eit, fern Don allen Ser» 

Öaältx 3a[)cburfj 1903. 9 



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130 



gniigungen unb in finbltt^er fjrömmigteit ju Rotten ') fei, mübtenb 
fie felbft fid) nicht ben geringften 3»“tig auftegteu. Sietleicht war 
bie ©infübrung feiner Neuerungen nicht frei bon bieten ©ebäffig* 
feiten. SBenigftenS b«* er ficf) beim Sötte ben Nuf eines geftrengen 
$ertn erworben, beffen Negierung man biejenige eines „dürfen" ober 
„Reiben" borgejogen ^ätte. 8 ) 

SDiit bem ©rojjjen ©efcheib führte er 1758 wegen bet ©erictjtS* 
Barfeit in ben Sännen Sinningen unb Sottmingen einen S r0 S e &r 
ber atterbingS ju feinen ©unften entfcbiebcn würbe, dagegen be» 
hielt 1760 trofc jeiner Stage ber Sefifeer beS Sriigtinger ©uteS, 
§err Söffet, fein ^3rit>ileg, ben 933einje^nten teitweife mit ©elb ab» 
tragen ju bürfen. 

Nach Sajel jurüctgetebrt, würbe ß^rift 1767 ®efcf}eibt)ert 
unb 1769 ®o^ten^err. ©einen ©intritt in ben ©rofjen Nat er» 
reichte et jcboch erft 1771 burct) feine 2Bat)t jum ©echfer ber 
©chtüffetjunft, in welcher er 1789 jum NatSberrn borriitfte. 35a* 
neben mar er 1772 unb 1790 ©begerictjtStjerr, 1777 Serorbneter 
in Sanb jachen, 1779 unb 1789 Sigilanjben:, 1779 tDtitgtieb ber 
Sommijfion für 9lmtS» unb tßfrunbbäujer, 1783 grudjtfammer» 
berr, 1785 Snfpeftor beS ©tebtinSbrunnenS (©tapfetberg), 1788 
Necbenrat, 1790 Sßotijeiberr, 1791 Srotfcbauberr unb günferberr, 
1793 SBalbberr, 1795 beS ©iebneramteS, 1796 Neoifor, 

1797 $thpettationSberr unb 1790 unb 1793 ennetbirgifdjer ®e» 
fanbter, weSbatb et 1791 unb 1794 ju Sieftat bie $utbigung 
entgegennabm. 

3m 3abr 1778 erftärte ©brift i m ©rofjen Nate, bafj Seute 
non gunbamentatgefefjen rebeteit, bie nach biefen ©efefjen nicht ein» 
mal in ber Serfammtung fi|en biirften. 35er ißrofeffor unb Stein* 



’) SRebe in Sieftat 1798. 

2 ) JRünbticfje Uebertiefening. 



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131 



Tat Sßeifj bejog bieS fofort auf fidj unb erhielt ben Befcheib, baf? 
er Bcnfionen empfange, eine Behauptung, welche jebocf) fein Segnet 
nicht ju bemeifen imftanbe war. Stls Befifcer oon Brüglingen 
mürbe Shnft jmeimal, 1780 unb 1784, juerft öon ÜReifter ©täljelin 
in bet SReuen SBelt unb bann öon ben ÜJJüflern ju @t. Sllban 
öerflagt, bajj et in feinem leicharme gafchtnen unb SBeiben an* 
gebracht unb baburcf» BJaffermangel heröorgerufen. das erfte 2RaI 
behielt et recht; welchen SluSgang aber bet jmeite ißrojejj nahm, 
fonnte ich aus ben Sitten nicht etfehen. 

Beim Sluäbruch bet Basier ^Resolution erfreute fich CS^rtft 
beS öoflen BertrauenS ber alten ^Regierung. deshalb würbe er 
am 10. Sanuar 1798 als deputierter nach Sieftal gefchicft, wo er 
burch feine unbebachtfamen SBorte ben Sang ber Sreigniffe unb 
ben ©ieg ber gegnerifchen Sache mejeutlich förberte, „ba man feine 
eigene 3Roralität nur aflju gut lannte." darum belleibete er 
webet jur 3 e ‘l SRationalüerfammlung, noch ber $eloetit irgenb 
ein politifcheS Slrnt. dagegen würbe et 1803 als BatSljerr jum 
©chlüffel wieber SDtitglieb beS kleinen States. ®r ftarb am 9. 2Rär$ 
1806, nachbem ihm feine Semaljlin fchon 1782 im dobe ooran* 
gegangen war. 

©ein jüngerer Sohn $ieronpmuS hatte es in Ofranfreicf) im 
SRegimente ©atis=@amaben bis jum ÜRajor gebracht. SllS baS* 
felbe 1792 aufgelöst würbe, nähte er auf ber flucht 90 SouiSborS 
in feine §alSbinbe ein. ©ie würben ihm aber in ißierre^ontaine 
im departement bn doubS abgenommen, der Bater bat feine 
^Regierung um eine „gürbitte." Ob fie ihm aber öiel genügt, ift 
ju bezweifeln. Sn Bafel mürbe ber junge SRann fpäter ÄriegS» 
lommifjär unb ©tabtrat unb lebte bis 1827. ©ein älterer Bruber 
3rranj war feit 1784 ©echjer ju SBebern. 



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— 132 — 

3. $on§ ©ernljarb ©arafin, J. U. L. unb Sürgermeifter 
(1765—1773). 

(Siehe bie ausführliche unb fctjßnc Arbeit oon gelij Sarafut im Basier 
Jahrbuch 1892.) 

4. Sofepf) 93urdf)arbt (1773—1781). 

(Siehe ßomburg 1.) 

5. Solfann Safob S^utnetjjen, Med. Dr. (1781 — 1789). 

®a3 alte ba3terifd)e @efd)led)t ®^um^äujer ober ®^urne^ett 
fpattete fid) feit bem @nbe be§ 17. SatfrVunbedä * n ä ,De ‘ 3>®etge r 
bie fid) bon 9iat2^errn Stubolf, f 1683, unb beffen Stüber ÜBil- 
^e(m Verleiteten. ®er @n!el beä legtern war ber Sater beS Sanb- 
DogtS, beffen 9lm>etmanbte man au8 folgenbem ©tammbaum erfetjen 
mag: 

Subroig $f)urnei)fen, Kaufmann, 1690—1735 
SJlargaretha Sinbcr, getraut 1723 

3oh ann Safob, Med. Dr., Sanboogt SufaS, Kaufmann 

1729-89 1732-87 

1) Äatfj. Sattet f 1758; 2) 21. SDlaria §euöler f 1772 
fiufaS Salcria ÜufaS 3°h- Safob üufaS ; SlnbreaS Subroig 

1753-64 1754—1827 1755-56 1756-1804 1758—59 1760-61 1761 f 1761 

Sich- SJlicg, ^irof. Stof- 

§ieronijmuS ÜSargaretha St. SRana Di. ©alomea 
1763-82 1764 1765 1767—1806 

®et fianboogt Solfann Safob -HEturne^fen, ©o^tt beä Submig 
unb ber Äatfjarina, geb. gattet, nid)t ju oermed)jeln mit jmet 
anbern ^eitgeitoffen beleihen ©efdjtedjteg, nmrbe am 13. Sanuar 
1729 ju ©t. SeonVarb getauft. 9113 er 1745 bie ^itofop^ifc^e 
äRagifiertoürbe ermatten, manbte er fid) bem mebijinifd)en ©tubium 
ju unb mürbe 1751 Dr. med. unb 1756 Seifiger ber mebijinijdjen 
fjafutteit in 93afet. ®od) fonnte ifjn fein 93etuf nidjt auf bie 
®auer feffeln; benn 1763 tiefe er fid) jum ®ompropfteifd)affner 
roäVten, nacfjbem er aud) ein 3af)t lang ÄoßeftVert geroejett mar- 




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133 



17 3öh« fpäter metbete er ftd) mit 31 Beroerbern um bie fianb* 
uogtei SRünchenftein unb mürbe am 28. gfebruar 1780 burd;? So? 
gemählt, tro^bem nur brei bon fiebjc^n Stimmen auf ihn gefallen 
roaren. SRun bat er am 21. StRärj beäfetben 3ob re8 in einer oon 
ber „§au?hattung“ roarm unterftüfeten Bittfdjrift, ifjm feine SSer= 
mattung bi? So^anni 1781 ju taffen; feine SBohnung motte er 
bi? auf jmei 3immer auf Oculi 1781 räumen. ®? mürbe ihm 
im Steinen iRate entsprochen. 216er tag? juoor mar im ©cofjen 
IRate bie ffrage geftellt morben, ob e? nicfjt tunlich fei, ben neu 
ju erroä^Ienben Bermalter einer beftimmien Drbnung ju unter* 
rnerfen, morauf bie Bemerfungen fielen: 1. (Sin fünftiger Schaffner 
fotte feine 3a^rretbnungen unb 2. bie ^Rechnungen über SSein unb 
Brot nach bem SRufter be? ®ireftorium? ber Sdjaffneien ein* 
rieten; 3. feine Baumaterialien burd) ßoljnfubren unb nicht butd) 
eigene 2Bagen abtjolen; 4. ba? Stuhl* unb ©rabfteinbuch richtig 
führen unb ber ®ireftoriatfeffion jut Prüfung bortegen unb 5. Ber* 
matter ^huwehfen möge ba?, ma? 1763, 1773 unb 1779 an 
©elb, Stud)t unb SBein oorhanben geroefen, jujammentragen. 

®er neue Sanbbogt ftettte am 10. SRärj 1781 bei ütntafj 
feiner (Sibleiftung at? Bürgen ßufa? ißaffabant unb Sufa? %b u nt* 
epfen. Slber am 27. 3uni 1787 erftärte et bor fRat, baff e? bie 
Umftänbe erforberten, ftatt ihrer feinen üEochtermann ißrofeffor 
Stchitte? 3Rieg unb feinen Sohn ‘tßrofeffor Slfurnepfen borjufchtagen. 

3m fotgenben 3oh te 1788 mürbe jE^ucneofenS SRadjfotger in 
bet ®ompropftei, Berroatter fjatfner, jum ®ireftor ber Schaffneien 
gemähtt unb bei biejer ©efegenheit bie Sompetenj eine? ®ompropftei* 
fcbaffner? neu georbnet. ®abei geigte e? fidj, baß fich forooht 
Xhutnepfen at? Qfaffner tjerfdjiebene Stccibenjien in Stroh, -fpotj, 
(Shtfchäfeen, bie Uebermajje (S)ifferenjen be? Sieftaler unb Bürger* 
mafje?) bon SEBein unb grüßten, Sabi?, 9Ru?, bie Benü^ung einer 
■Beunbe ju Bothenfluh unb einen ^eujehnten ju grenfenborf an* 



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134 



geeignet. Sa3 Urteil bom 23. Februar 1789 ging baljin, bajj 
Jburne^fen ber Sompropfteioerwaltung 400 unb Zöllner 200 9?eu- 
toter innerhalb bier SBodjen juriidjuerftatten Slm 13. beS 

folgenben SDionatS würbe ßanboogt Sljumepfen begraben. 3eljn 
Sage barauf baten bie beiben Smtsbürgen Dtieg unb Sljutnepfen 
um Slccefs bor SRot, aber erhielten am 8. 3uni 1789 ben toenig 
tröftlicben Vefdjeib : „ßaffen eS meine ©näbigen Herren bei ber 
GcrfanntniS bom 23. $ornung bewenben unb finb bie bef«f>toffenen 
100 ßouiSborS innerhalb 24 ©tunben ber Somberwaltung ju 
bejahen. Sen beiben fetten werben iljre ©djriften jurücf gegeben, 
unb jeber bon ilfnen ift jur Vejeugung ber ©näbigen Herren unb 
Obern SJiifjbergnügenS in eine ©träfe bon 100 Sfteutalern juöunften 
ber beiben ülrmenljäufer @r. Sllmofen unb SBaifenljauS berurteilt." 

Sieje Verljanblungen Ratten jur Qfolge, bafj fiel) aucf) gegen 
bie lanbbögtlii^e Verwaltung SJjuntegfenä 3 roe ’? e ^ erhoben. Silber 
am 2. Slpril 1789 erflärteu in ber „£au?t)altung" Sreierljerr 
ÜJiüntb unb SRatSljerr ©täljelin, bie mit alhßanbbogt ©arafin 
bie Unterfudjung ju fügten gehabt, eS fei meljr Sluffeljen gemalt 
worben, als an ber ©at^e fei. Von umgeljauenen Väumen t>abe 
man nidjts gefunben ; allerbingS feien bie ©üter ftarf benüfct worben, 
unb ber grofje ^olsborrat fei boUftänbig oerfd)Wiinben. ülurf) war, 
wie fidj’S am 15. 5D?ai barauf erwies, bie ©djlofjregifiratur nid)t 
in Orbnung unb bie SaljreSetnte, bie man fonft gegen eine ©nt* 
fcf)äbigung in jJrürfjten bem s Jiac£)folger ju überlaffen pflegte, fdjon 
an ßanbleute oerlauft. Sie ©tben Ratten fiel) mit fianboogt 
9Q?un$inger ju üerftänbigen. Sott) am 8. Sejember 1789 waren 
baS Verhör» unb SlugenfdjeinSprotololI norf) nid)t ju ©nbe geführt. 

3m übrigen fdjeint ßanbbogt S^urnepfen ein milber §err 
gewefen ju fein; wenigftenS fragte er am 8. Sejember 1786 an, 
ob er bem 3alob ©tingelin, ber ju biel .fpodjjeitSgäfte eingelaben, 
ntt^i oon ber gefefclidjen ©träfe bon über 200 Sßfb. (10 ©ulbett 



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135 



pro ißerjon) einen £ei( erraffen bürfe. ®iefer $ug ift um jo metjr 
beroorjubeben, als biefe ©trafgelber einen mefentlidjen 2eil bet 
lanboögtlid)en Sinnaljmen feilbeten. 

3n 93afel mürben oon 3obann 3atofe Iljurnepfen am 1 . 3uli 
1780 ben brei Oefettfcfeaften oon Steinbajel brei Suchorten Sanb 
unb Oon beffen Stben am 15. üftai 1789 baS .£)auS $um 3<tgb 5 
berg an ber SS3ebergaffe bem ^aubelSmann ^»ieronpmuS be la Sb e nat 
oerfauft. 



6. SftillauS SWunjinger (1789 — 1797). 

SUS im 3abt 1393 bie ©aSler „gegen einen oon Krentingcn" 
nad) SDfuttenj jogen (Ocfes), bejcbenflen fie unter anbern aud) einen 
Sftunjinger mit bem ©ürgerredjt. ©eitbem blühte biejeS ©eftfeletfet 
in unjeret ©tabt, unb menn eS ficfe auch nicht ju ben jogenannten 
herrjdjenben jäfelte, jo beteiligten ji<h hoch feit bem 16. 3ab r bun* 
bert immer einige ©lieber an bet Seitung beS ©tnatSroejenS. ©eit 
1539 bejahen fie fajt foctroährenb ben ©ejtanb ber fjijcferoeibe in bet 
SilBiefe, jo bah 1768 ber iRotgerber Sriebrid) üon einem Schlehen 
jprad); es toar ihm aber nicht möglich, bieje ©ebauptnng ju etmeijeu, 
jo bah oon ba an baS Vorrecht aufhörte. Sin grober leil ber 
gamilie mohnte im Äleinbajel ; ein anbeter betrieb ju ©t. Slijabetfeeit 
ben ©äderberuf. ®iejein entjtammte ber Sanboogt SRiflauS, über 
bejjen Stnöerroanbte jolgenber Stammbaum SluStunft geben mag : 



§an3 3ato6, SGBei^6ecf, f 1725 
Stalharino Stellet 

2t. Gfjriftine 2t. CSlifabett) <pan§ ^einric^, 2Bcif;bcct 
1693-1753 1697-1763 1704—1748 

Sof). Ult. ©ulger Seft Maria ©porlin, perei). 1734 

9titlauä, Sanboogt, Deputat 

1735-1809 



©ufanna Margaretha Sinber, ocref)!. 1758 



JJtanjiäfa 21. Katharina ©ul. Margaretha 
1758 1760-1835 1762-1820 

3. (Shriftoph Siiggenbach §. ©corg ©pbler 

Kaufmann 



©lifabetf) 9tiflau6 SRubotf 
1765—89 1770-83 1771—1820 

beerbigt ju Cberl. ber 

SRändjenftein. Staube*« 

truppen. 



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136 



2)er Sanboogt 9JtfIauS ÜJJunjinger, nicf)t ju oertoechfeln 
mit bem nur ein holbeg 3ahr ättern, ebenfaflg oon einem §ang 
Heinrich SffJunjinger abftammenben -Jtiflaug -Dfunjinget, Ißofamenter 
unb Sümmann oon Sleinbafel, toutbe am 11. Oftober 1735 gu 
©t. ßlifabeihett getauft, ©ein ©ater, beit er fc|on alg groölf* 
jähriger Änabe oerlor, hotte oon 1742 — 1746 eine ©echferfielle 
ber ©ädergunft inne, eine ©^re, bic 1768 aucf) bem ©ohne gu teil 
tourbe. ®arauf mar er 1770 ©algherr, 1771 ©erichtgljerr, 1775 
©eformationgherr, 1782 Ulppetlationgherr unb 1783 ©tatutenherr. 

1788 melbete er ficf) unter 25 ©emerbern um bie Sanbbogtei 
■UJündjenftein unb empfing fie am 25. Februar, nachbem er in ber 
©orroahl 6 oon 17 Stimmen auf fid> bereinigt hotte. SI(§ er 
am 11. SRcirg 1789 feine ©teile antrat, bürgten für ihn feine 
©cfjioiegerfüfjne 3afob ßhriftoph ©iggenbad) unb |)an§ ®eorg ©pjjler. 

SKuttgingerg 9lintgperiobe fiel in eine ernfte, beroegte 3eit. 
Slrn 5. 2ftat 1789 traten in ©erjaiKeg bie 9teid)gftdnbe gufammen, 
unb Silbe 3ult mar an unfern ©rengen bie ©eüolution jdjon in 
ooKem ©äuge, }o bafj 30 big 40 SWann aufgeboten mürben, um 
bie ©irgbrüde unb ben ©teg su ©t. 3afob gu beroadjen. ßbenfo 
mürben im ßinücrnefpnen mit bem gürftbifdjof nach bem 9Jeubab 
unb nach ©enfen ißatrouiöen angeorbnet. SDJit ©echt befürchtete 
bie Regierung, eg möchte bag Sanboolf in bie ©emcgung hinein; 
gejogen merben, befotiberg ba ber Club helvetique ©vojchüren in 
ber ©dpoeig »erteilte unb auf alle SBeife jchürte. SBirflich mürbe 

1789 fjriebrid) Sauglin oon SDiutteng s u nier Sohren ©aleeren 
unb sn einiger ©erbannung aug ber ßibgenoffenfchaft oerurteilt, 
meil er im ßlfafj einen ®iebftnljl begangen hotte. 9?och gefälp 
liehet mürbe ©afelg Sage, alg 1792 bag ©igtum oerloren ging 
unb ©ieb©enfeit eine franjöfifche ßnftaoe mürbe, ©on nun an 
erfolgten häufig ©rengoerlefcmtgen, unb S)eferteute flüdjteten auf 
nufer ©ebiet. 3a 1792 sogen fogar 53 feinbliche ®ragoner butcf) 



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- 137 - 

Uftuttenj. Schon 1789 blieben bie gruchtgefätle aus bem ©tjajj 
nuS unb 1792 auch biejenigen auS bem Sistum, jo baß ber 
Ißf ortet Don SWünchenftein ootn Staate entfchäbigt merbett muffte. 

Unter folgen Umftänbeti beburfte es eine? unwichtigen Se= 
amten, bet but<h roeije Maßregeln jid) baS 3 u trauen be§ SSolfeS 
geroann. ®ieS muß UKunjinget gan$ unb gat gemejen jein; benn 
am 14. 3anuat 1797 mürbe ihm nicht nur eine Summe oon 
500 ^ßfb. für aufjerorbentliche Unfoften unb beit Ausfall oon Som* 
petenjfrüchten bemilligt, jonbetn auch bie 3ufriebenf)eit bet Sehörben 
auSgejprochen. 3n bem betrefjenben Schreiben Reifet eS roörttidj: 
„2J?it Slugljeit, Sachtunbe unb $ßüntt(icbfeit ^abt 3hr bie @ucf) 
jugegangenen Aufträge ftets bejorgt, an ASachjamfeit unb treuer 
Serichterftattung beS Sorfaftenben eS nie ermangeln lafjen, unb 
ber ©ifer, ben 3f)t ben Angelegenheiten ©urer Amtsangehörigen 
ftets gemibmet, jeigt nichts als eine jufammenhängenbe Sette jcfjönet 
gemeinnüfciger SBirtjamteit für baS SBohl ©urer Untergebenen, 
meldje e§ mit SDanl unb Führung ertennen. Süfj muff biefer Sohn 
in ©urem £erjen bereits liegen; jum Reichen aber, baff ©uet un- 
auSgejefet lublichjteS Setragen auch @urer Obrigfeit bie reinfte unb 
tebhaftefte greube gemährt hat, unb bafs ber SBert eines jolchen 
SenehmenS berjetben bejonberS jchäßbar ijt, bezeugen mir ^iemit 
beS feierlidjften unb einhellig ©uch, als einem oerbienftooKen Se= 
amten, unjer ho^eS unb befteS Vergnügen übet alle Sure ju unjerer 
Sufriebenheit ausgefallenen AmtSüerrichtungen." ') 

Aber auch SDtunjinger hatte eS nicht allen reiht maihen fönnen. 
®enn am 7. 3uli 1798 oerlangten bie Seamten oon Sinningen 
unb Sottmingen AuSlunft über bie Siegeltaje, bie fie ihm beim 
S erlauf beS SchloffeS Sinningen hatten bejahten müffen. ®rei 
■Jage barauf führte er gegen 3. SöKnth Oon Siffaih Slage, roeil 



') 3Jtiir«Den 1797. 14. I. 



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138 



biejet im ©d)lüfjet ju fflinningen oor oielen ßeuten gejagt batte, 
bie SJanboögte feien alle ®iebe unb ©i^etme geroefen, unb trofcbem 
man ibn auf bie ißerjon Sftunjinger« aufmerljam gemalt, ba8 
28ort mieberbotte. SDet Stngeflagte mufete Abbitte tun unb bie 
©eridjtsfoften tragen. 

fftacfe bem ©turj bet alten ^Regierung roat SRiftauS 2Run* 
jinger ÜKitglieb ber Soinmijfion jur Slnbörung baterlänbifcber Sßor* 
jdfläge, roäbtenb ber fpeloetif ßantongricf)ter unb jur Seit ber URe* 
biation Äleinrat, Deputat unb Pfleger beS ©pitatS. Sr ftarS am 
16. Stooember 1809 unb mürbe am 20. beäfetben SRonatS ju 
©t. Stifabetben begraben. 

7. 3afob (S^riftop^ SRofeitburger (1797 — 1798). 

(äöegen ber gamilie ftc^c Somburg 6.) 

Safob Sbriftopb IRofenburger, einer ber bebeutenbjten Sagte* 
rifeben tßotitifer im 18. Sabrbunbert, mürbe als ber ättefte ©ofen 
beg Sanboogtg ißeter JRofenburger unb ber St. 3J?aria §otner am 
10. Februar 1733 ju Strigborf geboren. 1 ) SRacfebem et ba8 tjiejige 
©pmnafium mit großer Stugjeicbnung burcblaufen ^atte, machte er 
eine faufmännijcbe 2e|re burd) unb begab fid) bann ju feinem 
mütterlichen ©beim ©amuel fmrner nad) Dublin. Srft nach }e<b8= 
fäbriger Stbmefenbeit lehrte er mieber nach 93afet jurilcf unb er* 
rirfjtete mit feinem SSruber Stanj eine Snbiennefabril. SDamt Oer* 
mäbtte er fid) am 25. 2Rärj 1754 mit ©ufanna SRofa Sfetin, 
oertor fie jebocb fcbon ben 18. ©ejember beSjelben 3ob re3 burd) 
ben Job. $otb balb feben mir ibn mieber auf greiergfufeen ; 
biegmat oertobte er fid) mit feiner eigenen Soufine 2R. URagbatena 
fRofenburger, unb ba fie mit ibm in oerbotenem @rabe oerroanbt 
mar, tiefe et ficb in jugenblicbem fieicfetfinn am 8. ©eptember 1756 

’) ßimlftanb. 



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139 



ju Süllingen trauen. ®a§ Shegerid)t, baS ton bet ©ad)e ßenutniS 
erhielt, rourbe getauft. ®a riet ihm ber ©tabttonfulent, ben man 
um ein ©utad)ten erfuc^te, fid) mit einer ©ittfchrift an ben ©rofjen 
Stat ju roenben, unb biefer betegte ihn mit einer ©träfe oon 100 ft. 
ju ©unften beS ÜSaifenantteS unb *§aufe8. 

Sud) als tJabrif^err jog fid) ©ofenburger anfänglich Jabel 
ju. 1757 tief ihm ber junge Sodann Slafpar SRiebtmanu au§ ber 
Sehre, unb als et ihn beSroegen terflagte, rourbe er bejdjutbigt, 
if)n ®ieb gesotten unb gefdjlagen ju haben. SDarauf muffte ihm 
Stofenburger ein SeummibSjeugniS au^fteHen. 1758 geriet er in 
einen fjarten ßonflift mit bem Snbiennefabrifanten Smanuel 
Stainer, weit er einen feiner entlaffenen Arbeiter, SohanneS äJiürp> 
oon SSinterfingen, in fein ©efdjäft aufgenommen unb fidj ^art* 
närfig roeigerte, if)tt ju terabjdjieben. Sr tat bieS überhaupt erft, 
als er gerichtlich baju genötigt rourbe. $m folgenben Sah« hatte 
et fid) roieberum roegen beS ©ergehenS, einen ßetjrjungeu an ficf> 
gezogen ju haben, gegen bie Herren Äödjlin, Joflfufj unb Sie. in 
SHiÜhaufeti ju oerantroorten. 35iefer ©treit jog fid) mehrere 2)lo= 
nate hinaus. 3roar gab Stofenburger nach; aber ber ton ben 
©aSlern borgefchtagene ©etgleid) }toifd)en ben ©aSter unb 2Rül= 
häufet Snbiennefabrifanten fam nicht juftanbe. 1 ) 

©eit bem Snbe ber fedjSjiger 3ahre biirfen roit 3afob Shri* 
ftoph nicht mehr atS Shef bet ffiabrif anfehen. J)ieS rourbe bet 
©ruber, Oberftmeifter g-ranj. Sr roar es, roetcher am 31. Dltober 
1775, atterbingS unter ber Kaution beS ©aterS unb ©rubetS, baS 
SHingental um einen jährlichen 3inS oon 610 ißfb. pachtete, um 
in beffen zahlreichen Räumen baS ©efchäft beffer betreiben ju 
fönnen. Sr burfte jebe roünfd)bare Slenberutig tornehmen, hatte 
aber baS ©ange auf feine Äoften ju unterhalten; nur empfing er 



‘) $anbe( unb (Seroerbe 2.2.59 gnbiennefabrif 1753—1754. 



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140 



1 



«m 12. ÜRooember 1776 jut ^Reparatur beä |jauptgebäube3 fünf* 
ljunbert neue ftanjöfifdje ©aler. ?luf SBeitereä liefe fidj ba§ ©iref» 
totium ber Sd)affneien nid)t meljt ein. Slm 24. äRärj 1779 taufte 
bie fjtrnia bon |>einrict) Neuster, J. U. L., bie SEBalfe im Klingen* 
tat, beräufjerte aber 1778 baS SdfjauS beim SRieljentor unb 1780 
bie Käufer jum füllen SQ3inb unb jum ^irjburg. 1791 ftnbet fidj 
im fRagionenbudj ffranj Ütojenburger allein bezeichnet, voa^rft£)ein= 
lid) roeil Safob CS^riftop^, bem 1790 feine jmeite grau, 9R. ÜRag* 
balena geb. SRofenburget, geftorben, nun enbgiiltig jurüdgetreten mar. 
1794 mürbe bie fjabrif, roie bie fämtlidjen berfelben 93rand)e in 
ISafel, in einen fdjroeten ?tu§ftanb bermidelt. @3 maren aufjer ber 
IRojenburgerifdjen biejenigen ber Herren fftanj SEBert^emann, Qoljann 
unb Samuel 5Rpljiner*2Rakinger, (Smanuel Stainer, Deputat Surd* 
Ijarbt unb fiinber. ©ie Seranlaffung ju ber interefjanten 93e* 
megung gab ein 5lbfcf)ieb be3 |jerrn Smanuel 3J^iner, motin ber 
betreffenbe Arbeiter berpflid)tet mürbe, fed)3 SBorfjen auf bem Sanbe 
ju arbeiten unb erft bann in ein ähnliches ©efchäft ber Stabt ein» 
jutreten. Sofort mürbe in allen 3nbiennefabrifen ©onnerStag bcn 
23. Oftober bet SluSftanb erflärt. ©rüder unb SRobellftecher be* 
gaben fid) in ben Scfjroatjen Slbler, unb als bort nidjt geniigenb 
^ßlajj mar, in ba§ Stebljauä unb mahlten fed)3 ©eputierte, meldje 
bei ber gabriffommiffion Dorftellig roetben unb Slufhebung ber für 
bie Slrbeiterjdjaft jo läftigen Seftimmung berlangen füllten, ©ie 
Arbeit mürbe erft am Samstag barauf mieber aufgenommen, nadj= 
bem bie Qfabrifanten nachgegeben. SRad) biejem (Ereignis beftanb 
bas ®efd)äft nur nod) turje 3 e 't; benn 1797 figuriert gtanj 
IRojenburger unter ben ißapierfabrifanten. 

Safob (S^ciftop^s potitifcfje ©ätigteit begann im 3taf)re 1760 
mit feiner SBaljl jum SKitmeifter jum ©reifen, roa£ auch feinen 
Eintritt in ben ©rojjen fRat gut golge ^atte. Sobann mürbe er 
1768 93igilanj* unb SleformationS^err, 1769 SRitglieb ber Snfpef* 



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141 



tion be$ SBaifett^aufeS, 1770 ©ecbenrat, 1771 deputiertet ju beit 
Statuten, 1774 ©efdjeibSbetr jenfeitS unb deputierter 5 U ben 
mßianjen, 1778 SlppeflationSberr, 1780 SJiitglieb ber Stommiffion 
für ülmtS* unb ^ßfrunbbäufer, 1784 ©aubert jenfeitS, 1786 SJJit* 
glieb ber ßanblommiffion unb beä @^egericf)ts. ©nblicb gtücfte e& 
iljm 1787, SJieifter ju ©afran ju werben, nacbbem er fc^on 1781 
in biefer 3 unft eine ©ecbferfteße erhalten tjatte. 

S 02 it biefer 2 Bal)l ^brte micf) feine dätigfeit als 9ied)enrat 
auf, als welcher er ber Ütepubtif wichtige dienfte geleiftet. SBenn 
eine Unterfmbung ober ein Slugenfc^ein, befonberS oon ©ebäuben, 
oorjune^men war, }o beauftragte man gewöhnlich ßiojenburger. 
die? gefdjßb j. S. beim ©tabtfcfjreibereigebäube ju Sieftal, bent 
SBaffcrfaßenbauS, bent ©djlofj ©amftein, ber ßlatalircbe, bem 
©t. Ulbanftofter, ber SOJägbleinfcbute ju ©atfüfsern ttttb anberen. 
@r hotte über bie ©tammlöje nnb ben 91uf= unb Slbjug ber ßanb» 
oögte oon ^ontburg ein ©utadjten einjugeben. ©ot allein aber 
erwarb er ficb 1771 im ©etreibegefdfäft ©erbienfte, fo baß man 
iljn aufeerorbentlicf) belohnen wollte. @r roieS aber äße ©ejcfjenle 
jutiid unb erflcirte, baff er in bem ©emufitfein, jurn allgemeinen 
©efien etwas getan p hoben, ben fünften dan! fe^e, worauf eS 
bie ©näbigen Herren bei bem „obrigfeitlicfjen ©ergnügen" bewenben 
liefen. 

Sll§ $leinrat mürbe et 1787 ßJJitglieb ber lanbmirtfefjaftlicfieu 
Äomtniffion unb deputierter ju ben 21Üianjen, 1788 ennetbirgifc^er 
©efanbter, geuer^auptmann unb ßtfitglieb ber üföicbelfelberfommif* 
fion, 1789 Cberfcbiifeenmeifter bet geuerjcbüfeen, deputierter jutti 
©emeinen ®ut unb wieber ennetbirgifrfjer ©efanbter, 1790 ©au* 
ljerr, 1791 Jünferbcrr, 1794 mieberum ©auljerr unb dreijebner* 
berr, enblitb 1795 unb 1797 SJiacbgefanbtet an bie dagfafeung. 

drofj biefer hoben ©frenfteßen bewarb et ficb 1796 um bie 
fianboogtei SDiüncbenftein unb erhielt am 29. Februar bet ber ©or* 



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mahl nur Bier Bon actjtjehn Stimmen, Ijotte aber ba? 2o? für 
lieh, ba? ihm ba? gahr Borget bei ßleinhüningen jroeimal un* 
künftig geroefen mar. SRun mürbe er mieber Seifer ju Sdjmieben. 

©ein neue? 2lmt, ba? er um Dculi 1797 antrat, |atte er 
nicht einmal ein 3af)t inne, aber erroatb fi<h in biefer furjen 
Ißeriobe fo fefyr bie Siebe unb Sichtung feiner Untertanen, bafj fie 
jetbft bie UlationalBerfammlung um feine @ntf<häbigung baten; 
„benn er mttrbe geliebt unb niemal? al? ein geftrenger .fperr er* 
ur^tet. " ®e?roegen BoHjog fid) ber 2Bed)feI in aller URinne; ba? 
©d)lo| mürbe geräumt unb ba? ÜRobiliar unb 9lrcfjiB in? S)otf 
SRünchenftein gebraut. ®arauf erfülle er um bie (Srlaubni?, in 
bie ©tabt jie^eu ju bürfen, roa? ihm am 24. ganuat 1798 auch 
gemährt mürbe. 

fRofenburger hotte roie fein College £u!a? Segranb in fRiehen 
bie 3rid)en ber geit Berftanben. ©o fam e?, bafj et am 1. ge* 
bruar 1798 in ber ntinbern ©tabt mit bet größten ©timmengahl 
(129) jurn SBahlmann bet $Bolf?repräfentanten ernannt ronrbe. 
2lm 6. gebruat barauf mar er unter benjenigen IRepräfentanten, 
melcbe Bon ben 93 ärgern au? ihrer 9Ritte geroählt mürben, unb am 
20. 2Rärj mürbe er ÜRitglieb be? gitianj* unb guftigtomitee?. 
Sährenb ber ^elnetif gehörte er bem S?anton?gerid)t an. 

Sine gang herborragenbe Stellung nahm er in ber SRebiatioit 
ein. @r mürbe nicht nur mieber SReifter, jonbem ©taat?rat. 2)a= 
neben befleibetc er ba? fßräfibium be? 2)eputatenamte? unb mar 
SRitglieb be? guftig* unb ißotigeifollegium? unb Sßorgefeßter ber 
geuerfchüßen. 93efonbere Serbienfte erroarb et fich al? Deputat bei 
ber fReform bet Sanbfchulen, „bie gum Heil fein SBerl mar" (£ufc). 
<5r ftarb am 14. ®egember 1812 in feinem 79. £eben?jahre unb 
mürbe am 17. be? gleichen SRonat? gu ©t. Sljeobor begraben. 



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143 



E. ^ieflciC. 
a) Basler S^ultfyeifien. 

<9?eu in ber jraeiten §älfte ber geraben unb ber elften ber ungeraten 3 a ^ rc 
unb alt in ber jtoeiten Hälfte ber ungeraben unb ber erften ber geraben 3 a $ re -) 

3ol)ann S)aüib §ebbenftreit, J. U. C., genannt ßa 9iocf)e. 

(1744—1798). 

9iad) ßufe rautbe 1591 SJücfjaet §ebbenftreit, ein $afnet Don 
^ulbridjätfaufen, inä ^Bürgerrecht aufgenommen. $)ie Sliite beS 
<55efdi)lecf)te8 aber beginnt erft mit Sodann Safob (1650 — 1714), 
bet ben größten Xeil feines ßebenS in franjöfijc^en Äriegsbienften 
.jubracfyte unb fich ben Seinamen ßa 9iorf)e erraarb. @t mar ber 
©rofjoater be§ ©djuftljeijjen, übet beffen fjamitie folgenber Stamm- 
baum baS ÜRälfere angibt. 

3ofj. 3a!o6 §ebbenftreit, £a Stoche, 1650-1717 *) 

1) äBatg. §emian 1655—1692 ; 2) St. Rati). Summe!, oeretjl. 1694 

(Jricb. 3of>. SEaoib, Dberft SÄ. Ratharina 31. SDiaria StiflauS Siubolf ©atome 
1692—1783 1696 1698 1699—1783 1704-49 1709 

1) 3Jt. SDtagbal. '-BranbmüUcr f 1729 

2) Sufanna Rrug f 1784 

3ot). SDaoib, ©chultfjeife 21. Süiargaretlja 3t. Ratharine 3°f)- Rafpar ßmanucl 
1722—1807 1730—32 1733 1735-40 1T37 

Si.äKario ©tupanug f 1789 

Saotb, J. U. L. 3tnt. Ratharine ©ufanna ©manuel 21. SDiaria 
1745-1817 1747—1827 1748 1749 1750 

8aufl>au8beamtet SBirj f3fr 

Ghart. 2J!argaretf)a 3t>h- Sernharb Slnbreaö*) 3°h allnc3 Senebict 
1752-1828 1754—90 1757—1817 1759—72 1762—1808 

£anbeI8mann flaufmann. 

9iacb langem SlufentljaU in granfreich unb Dielen rutjmboHen 
f^elbjügen, ©rf)tarf)ten unb Selagerungen teerte Sodann f^riebriib 

') Sei §ot}halb unb £ufc unrichtig 1714. 

*) Der bei ^oljtialb unb £u$ figurierenbe Stnbreaä, geboren 1768, 
«jiftierte nicht ; im ipfarrbuch oon iiieftal fleht 1757. 



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144 



jDabib .fpebbenftreit nad) Safet gurüd unb öermä^ttc fid) 1721 mit 
9ft. SJiagbatena Sranbmütter, bie iljnt im 3a^te 1722 ein einiges 
©öbntein, Sobann ©aoib, fcfjenlte, metcbeg am 14. 3uni beöfelbeit 
3at)reg gu ©t. ißeter getauft mürbe. 3>er ©obn, bet fdjon im 
fiebten fiebengjabt feine SWutter plö&lid) »ertöten, roanbte ficb bem 
iuriftifctjen ©tubinm gu unb mad)te eine Steife nad) ^tanfteid). 
9ltg er gurüdgefebrt, mar eben bie Sagtet ©cbultbeijjenfteHe in 
Sieftat febig. St bemarb fid) barum mit 28 anberen unb mürbe 
am 20. SCRai 1744 geroätjtt. 2)ie Sürgfd)aft teifteten guerft fein 
Sater unb ©cbmiegeroatec, bie Herren Oberft §ebbenftreit unb 
©tupanug, nad) ihrem $obe aber 1787 bet Sruber Smanuet 
^ebbenftreit unb ©amuet Sieng. 

2)ie Familie mar auf ber Sanbfdjaft nid)t mehr fremb. ©d)on 
ber ©rofjöater hatte gu lennifen ein @ut bei gmangiß fahren be* 
feffen; barauf hatte eg beffett ©obn, ber füleifter 9liftaug, big gu 
feinem lobe 1783 inne, morauf eg auf ben @d)miegerfobn 2)tetrid) 
überging. ®er ©cbuttbeifs fetbft crmarb fid) bag Subenbörfer Sab, 
mo et am 2. Stuguft 1760 gmei Sudjarten 9lcferlanb einfehtagen 
burfte. 

®afj übrigeng fiebbenftreit fid) in feinem neuen Ülmt halb 
heintifd) fügten muffte, forgte bie ^Regierung »on Anfang an. ©d)on 
am 4. 3Jiai 1744 mar tmm ÖJrofjen 91at befdjtoffen roorben, baff 
ber Sn^aber ber neuen ©djuItheifjenfteKe aufjer ber alleinigen 2luf= 
fi<ht über Sagb, gifebengen unb Sßeiljet bag Äornmrifteramt be* 
fleiben unb ein eigeneg Slmtg^aug bemobnen foße, big gu beffen 
Segug ihm tjunbert Sulben atg ^augging augbegabtt mürben. 
STiath bem lobe beg ©ebuttbeifjen ©ingeifen ging man nod) einen 
©d)ritt roeiter unb beftinunte am 5. SDtai 1764, baff aud) bie 93e= 
forgung ber ©troffen unb SSälbec ©ad)e beg Sagtet ©«huttheifeen 
fein fotte; nur blieben nad) einer Srtäuterung oom 10. 3anuar 1766 
bie ©trafgetbec in SBalbjadjen noch bei Sebgeiten beg ©djuttbeiffen 



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145 



@afe bem neuen Schultheißen, fielen aber bann ebenfalls betn Salier 
©djultbeijjen ju. 

®er etroaS fjifcige Sa9tod)e geriet batb foroohl mit bem ©tabt* 
fdjreibet 3oljann ^jeinricf) gäfch, als mit feinem SltntSgenoffen 
äßicbael ©trübin non Sieftal in (Streit. 3ener |atte bis bafjiit 
fed)S 3ah« lang nicht nur baS 3agbred)t genoffen, fonbern autf) 
bei 93erE)orett roie bie Seifaffen ju Sieftal fein Sotum abgegeben. 
9tun erlegte ein für ifjn jagenber Sieftaler Sürget einen §afen, 
mürbe aber beSroegen oom Schultheißen getürmt. ®a tlagte Qräfcf) 
unb mürbe oom ®teijef)nerrat am 20. SIpril 1746 in allen feinen 
Stedten beiaffen. 

©einem ÄoKegen ©trübin roollte |jebbenftreit im SIptil beS* 
felben 3aI)reS bie ©trafgelber üon 3agb unb gifchenjen oorenthalten, 
unb er ftedte jogar einen an jenen abreffierten Srief ein, unter 
bem Sorgeben, baß et eigentlich für ißn beftimmt fei. 2luch biefe 
©adje mürbe am 4. üttai 1746 an bie „Haushaltung“ gemiefen; 
beoor aber ihr Sericßt einging, refignierte ©trübin. 

3u nod) größere Slbfjängigfeit geriet bet Slachfolger 3- 3- ©ing* 
eifen, ba er megeit feiner Unfähigleit, größere Schreiben ju Der* 
faffen, auf feinen Salier Kollegen angeroiefen mar. 21m 19. Sluguft 
1747 mürbe ißm aud) bie @rmäd)tigung erteilt, foldje oon ihm 
beforgen ju laffen. dagegen mochte eS für iljn recht bemütigenb 
fein, baß man im Cf tobet 1747 nicht ißn als regierenben Schult* 
heißen, fonbern ^ebbenftreit beauftragte, ben oorbeijicßenben fran* 
jöfifdjen (Sefanbten, 9JfarquiS be Sourtetefle, im Sfatnen feiner 9tegie* 
rung ju lomplimentieren. ©tabtfchreiber gäfcf) hätte ihn begleiten 
füllen; et füllte fitf) aber burd) bie Slrt ber (Siitlabung Don ihm ab* 
geftoßen unb ritt nicht nach 9lieberjd)öntbal hinunter, roaS am 4. unb 
7. Citobet mieberum Slnlafj ju einer Sefpredjung im 9iate gab. 

®iefeS §erbe in bem Sharalter HebbenftrettS trat mit ju* 
nehmenbem Sllter ein menig jurütf, unb er galt für einen tüchtigen 

BaSlet 3af)tbitrf) ]M. 10 



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1 

I 

t 



Beamten, bet ficf) baS 3 u trauen bet regietenben Häupter in Vafel 
erwarb. 9ltS barum tat 3af)t 1757 fianboogt ?lbel SBettftein 
gegen einige ftörrifc^e Säuern eine Untersuchung »erlangte, mar eS 
neben ßanbfcf)reiber ©ilbernagel in Siffad) auch $ebbenftreit, ber 
mit biefer Stufgabe betraut würbe. (Sbenjo erfucbte man ihn 1768, 
wegen einer beffern (Sinrichtuttg unb Sinteilung ber ßanboogteien 
$arnSbutg unb §omburg ein Vebenfett cinjugeben. 

©ewifs hatte et auch feine Verbienfte als Verwalter bei Sforn» 
häufet in ßieftal. Sie§ war gewiffermajjen für bie in ber ßanb= 
fchaft eingehenben 3rud)t= unb SBeingefäfie baS |jauptbepot, aus 
bem bann wieber bie 3rucf)t= unb SBeinfompetenjen abgeführt würben. 
Sie übrigbteibenbe grucht würbe oon 3eit ju 3 e <t oerfauft unb 
ber SrlöS ber Regierung »errechnet. Ser ßornmeifter hatte mit 
beit 3ebntenbeftänbern ju unterhanbeln unb©treitigfeiten ju flüchten, 
{für folcfje ©jtraleiftungen würbe et bejoitberS belohnt; hoch fdjeute 
fid) SafJioche namentlich in jüngeren 3ah«n nicht, auch für an» 
bereS, wie baS Sintreiben beS ©etreibeS, baS {yaffen beSfelben auf 
bett Äontböben, baS Sortieren beS ©elbeS, eine Ißroöifiou anju : 
rechnen. SllS er beSwegett am 8. SJfärj 1747 jur Verantwortung 
gejogen würbe, berief er fich auf baS Seifpiel feines Vorgängers. 

Slber wie grofj auch feine anberweitigen Verbienfte fein mosten, 
bei ber Veoölferung oon ßieftal founte er baS SKifjtrauen nicht 
befeitigen, baS fie nicht nur gegen feine 'Sßerfon, fonbern baS »er» 
hoffte VaSler ©chultheiifeuamt unb bie nicht ntinber »erhoffte 5Re= 
gierung hegte. ViS 1653 hatte ihre ©tabt jwei jährlich mech= 
felnbe ßieftaler Schultheißen, große, bis an bie Unabhängigfeit 
gcenjenbe Vorrechte unb einen eigenen Vat befeffen. SieS wieber 
ju erhalten, war ihr feljnlichfter SEBunfcf). StlS barum ber Club 
lielvetique oon V fl riS aus feine Vrofchüren in bie ©chweij warf 
unb bie brei ©chlagwörter „Freiheit, ©leichheit, Srüberlichfeit" 
auch in ber ßanbfchaft Vafel jünbeten, ba wagte eS am 31. 3uli 



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147 



1790 Sieftat guerft, in einer 93ittjdfrift feinen Söünfchen Stuäbrucf 
gu geben. untertänigen SBorten, aber auf! beftimmtefte 

»erlangte e§ 1. bie Seibelfreitfeit atter Untertanen, 2. bie Setufl» 
unb £)anbet!freit)eit, 8. SSerfrfjonung »or weitern ^Bürgern unb 
.fjinterfaffen, 4. bie 5 re ^ e >t, ih re Sßalbfacben unabhängig öom 
Schuttlfeißen unter einjiger Stufficht ber SBatbtommijfion in ihren 
©inunglgemeinben fetbft otbnen gu bürfen, 5. betaittierte ^arfchiet» 
recßnungen, 6. bie ©rtaubnil, wie früher, bie Straße butth Sieftal 
»om Saibgaßbrücftein »or bem untern bi! gunt obern £or burdj 
ba! ©enteineroerf auf Soften ber „Stube" unb nicht burrf) bie 
Sannmarten auf Soften ber Qfronrechnung machen git bürfen, 7. bie 
Freiheit, bie in ber ©emeinbegiegelei »on ben Schauntciftern gut 
befunbetie Sßare aulrufen gu bürfen, ohne fie »ortjer burcf) Schutt» 
heiß §ebbenftreit prüfen gu taffen, ber auch »ergebene ber ®e= 
meitibe gehörenbe ?Ir<hi»alien, loie ißrotototte, Srfanntniffe unb 
©inunglmeifterrechnungen gurüctbeljalten , 8. bie Rührung eines 
Sßerhörprotofofll unb Slnroefenheit bei Stabtfdjreiber! bei geeicht» 
liehen Verhören, foroie bei ®efan! 3 ra ‘ n 9 ec & e i &en ®eratuitgen 
über Irmenfadjen, 9. einen Sihuttheißen au! ber Sieftater töiirger» 
fchaft nach bem $obe ^ebbenftreitl. 1 ) 

SEBenn man auch über biefer Sefdjroerbe im Skalier State jur 
EEagelorbnung überging, fo ift fie hoch nicht ohne gotge geblieben, 
unb man barf wohl bie Stufhebung ber Seibeigenfcßaft »om 20. ®e= 
gember 1790 barauf gurüefführen. Mein biefe Songeffion genügte 
nicht mehr, unb ba! SJiißtrauen fchroanb nicht. So behauptete 
man »on ^ebbenftreit, er h^e auf ben Stat feine! geiubel, be! 
®reierherrn gürftenberger, um fich mieber eine fotibere Stellung 
gu fdjaffen, bie ©emeiitben bei Stmte! gegen ba! Stäbttein gu 
Ißrogeffen aufgereigt, fo baß bie einen |jo(g au! ben Sieftater 3Bät» 



') Saterl. SiMiotljef. D ‘26 2 . 



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bern, anbere 2Seibere<hte betlnngten ; bodj nad) jmei Sauren Ratten 
fie fid) i^rer geinbe erwehrt. 1 ) 

SBie fid) übrigens SaSRoche feine Unpopularität allmählich 
felbft gefcfjaffen, mag folgenbeS öeifpiel jeigen. Sin 23. Sejember 
1790 münfchten bie 33orfteher bet Sicftaler ©emeinbe, um ben 
SEBalb SRunien ju fronen, einen Seil beS Stompetenjholjeä in ge» 
ringern ©orten ju geben. SKe ©eainten mären eitwerftanben, mit 
SuSnaljme beä ©djultheihen §ebbenftreit. 2Bir bürfen uns habet 
nicht lounbern, bah er ficb nach jenen ftürmifcben 3anuartagen nicht 
mehr fieser in Sieftat hielt. „@r roch ben Sunten“ unb begab 
fich junächft nach ©iffaef), um allen Unannehmlichfeiten ju entgehen, 
unb bann nach S9afel.*) Sm 18. Januar forberten bie Susfchüffe 
beS SanbooIlS oon feinem ©ohne, bem Pfarrer SafRodje, bie 9täu= 
mung be§ MmtähaufeS unb bie Schlüffe! beS fßuloerturmS unb fö>rn* 
fjaufeS; hoch liehen fie fich baburch befchwichtigen, bah ber ©cf)ult= 
heih noch jnoor feine Äomrechnung oblegen müffe. 3 ) SieS tat er 
nicht mehr felber, fonbem fein ©rofjfohn am 12. SRärj 1798. @r 
ftarb am 20. Suguft 1807 unb mürbe ju @t. ißeter begraben. 

b) tieftaler Schultfjeffoen. 

(31cu in ber jroeiten fbälftc ber ungeraben unb ber erften ber geraben 3afjre 
unb alt in ber jroeiten §älfte ber geraben unb ber erften ber ungeraben 3af)re.) 

1. §anS Safob ©ingeifen (1747 — 1764). 

Sem alten ©efchlechte ©ingeifen in Sieftal mar fdjon oiermal 
bie @hre ju teil geworben, Sngefiörige jut ©djultheihenmürbe empor» 
fteigen ju feiert, nämlich 1496 Pantaleon, 1534 Pantaleon f 1549, 
1550 SobiaS unb 1591 Pantaleon f 1623. Ser fünfte war 



’) Mcuolutionägefdncfite im gleichen ®anb. 

0 ©cfiroeigiiaufcrä Xagebud), SBaterl. SBibiiotf)ef D 26 ! . 
*) SU. Mp. 



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149 



•4?an§ Sofob, bet at8 ©obn be8 Heinrich ©ingeifen unb bet @18« 
Betb tUiurer am 4. tflonember 1677 in bet S?ird)e ju ßieftal ge» 
tauft mürbe, ©eine? 3eid)enä ein ©dfmieb, öeref)(id)te et fich am 
8. 3Q?ai 1703 mit 5lbetbeib Ißfaff, bie ihm fet^ä ft'inber jrfjenfte, 
non benen einige früh ftarben, nämlicf) |jeinrid) 1704, ©tsbetb 
1706, 3afob 1710—1745, Heinrich 1712, Slbetbeib 1718 unb 
£einrid) 1726. 1 ) 

1729 mürbe ©ingeifen SBeififcer, b. b- einer bet acht, rocldje 
feit 1653 bie gunftionen beS alten 9tate8 auäübten, unb 1731 
©tubenmeifter, b. b- 2Kitgtieb be8 engetn S3ürgerrat§, bet ba§ 
©tubengut ju betmatten batte- Stoßbein et lebenslänglich geroäbtt 
mar, fe^te es bod) Sfart ©manuet |>otn, ein Slngeftellter beS Sanb» 
fdjreiberS Sobann Heinrich $äfcb, 1745 butcb, bafs an beffen ©teile 
Seitin ©trübin oorgefcbtagen mürbe, unter bem Sßotgeben, bafj 
©ingeifen nur auf fed)S Sabre ernannt fei, bie für baS ©tubengut 
gemachten Serorbnungen in ben SBinb fcbtage unb ju biel Stemter 
auf fid) bereinigt b Q be. Stber am 27. Sanuar 1745 mürbe er 
burcb ben Äteinrat mieber beftätigt unb fporn als „©puriuS" bon 
feiner Seififcerftette entfernt. 

9?acb bem Sobe beg ©chultbei&en HKidjaet ©trübin mürben 
am 17. 3uni 1747 fotgenbe fedjs Äanbibaten in bie 3Babt ge* 
jogen: ®|riftopb 3mbof, Stnbreaä SBrobbed, Safob ©pinntet, 
Sftidjaet ©trübin, fämtlicb Seifiger, Sotjann ®obnp, &biwrg, unb 
§a nS Safob ©ingeifen unb ber tefjte burcb baS So3 geroäbtt. Stber 
fcbon am 12. tKuguft beSfetben SabreS gefdjab im 9iate ju Safet 
ber Slnjug, ©chuttbeij} ©ingeifen ju Sieftat fei in Äuffefeung ber 
Äonjeptfcbreiben an meine ©näbtgen fetten unb im Schreiben nicht 
eben roobt erfahren unb fällte feine Schreiben burd) einen gefdjmo* 
renen ©chreibet öerfertigen taffen, rootauf befchloffen mürbe, ©ing= 

*) ben freunblidien Sötitteitungen non §errn Pfarrer @aujs in Sieftat. 



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etfcn foKe jeine Schreiben, wenn jie ihm ju jt^ioer fielen, in ber 
©tabtfchreiberei oerfertigen lajjen unb bet ©tabtfdjreiber ihm babei 
behilfliche $anb bieten. 9lber biefet »erlangte für ein jolcheg 

Safeen ; barum bejorgte ©ingeijen bie $olj* unb anbete 6i»il= 
fdjreiben felbft unb liefe bie anbern bittcf) Schultheiß ^»ebbenftreit 
ausfertigen, mag am 26. Sluguft 1747 aud) h ot h°btig!eitli(h ge- 
nehmigt roittbe. 

©pater fpifete fid) bag leibe Serhältnig ju ©tabtfe^reiber Johann 
Heinrich Oräjd) no<h mehr ju, jo bafe ©ingeijen am 20. 2lpril 1748 
in Safel flagte, er roerbe non ihm unb einigen @erid)tgleuten ju Sieftal 
»erachtet, unb wenn er nicht in ihre Slbfichten einmillige, öffentlich 
aufgeforbert, fid) ju rechtfertigen. SDer 5t leinrat überroieS bie 51 n» 
gelegenheit ben 2)reijehnern, unb bieje ließen fie burch eine &»m* 
mijjion unterjudjen, inoranf am 18. SO?ai beSjelben Wahres bejchlofjen 
mürbe, ber jcroeilen präfibierenbe Schulreife jofle bie ©erichtgleute 
ber Drbnung nach fragen, jo bafe jeber jeine ÜJieinung frei au»» 
fprecfjen !önne, unb leinet ber Oberbeamten fid) in bie ©efefeäfte 
eineg anbern einmijehen. SBer ba§ tue, höbe empftnbliche ©träfe 
ju geroärtigen. 

Su feinem Kollegen ^ebbenftreit, ber {eine rechte fjja nb mar, 
fefeeint ©ingeijen im ganjen gut geftanben ju hoben. ©ie hotten 
auch gemeinfante Stuf träge ju beforgen, jo 1750 gu Saufen ben 
burd) ein ©erütjd) entftanbenen ©efeaben unb 1761 bie geuerftätten 
ju Sieftal ju unterjuchen; auch mürben 1755 beibe megen ber 
©trafeen oor bag Sauamt citiert. 

2lnfangg 2Wärj 1764 mollte ©ingeijen mit £>auptmann gorcatb 
nadi ^etnfenborf fahren. ®od) beim SDrahtgug ftür^te bie 5tutjd)e 
um, unb ber alte ÜUfann jog fid) folche Serlefeungen ju, bafe er 
am 16. SIpril beS gleichen Sahreg bett ©eift aufgab. SBeil er 
regierenb mar, hotten feine SSitroe, f 1766, unb feine ©rofelinbec 
big Sohanni noch bie ©infünfte ju geniefeen. 



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151 



2. fRubolf ©a& (1764—1791). 

$>er ©c^ult^eijä Kubolf ©afj, Sol)n beä 3afob ©a§ unb bet 
^Barbara @rni, Manien, welche nad) fRotljenflulj weifen, würbe am 
5. Januar 1716 ju Sieftal getauft, ©eine? ein äRefcger, 

cetlieft et cirfa 1735 Sieftal, um iit g ren fartm r f neben feinem 
Seruf bie uorbere SBirtjcfjaft ju betreiben. $enn am 28. 3uni 1735 
bermciljlte et fid) bafelbft mit Üttargretl) ‘ißlattner, bie if)iit nach 
bem bortigcn ^ßfarrbud) bier Slinbet fdjenfte. 91ät)ere3 über feinen 
fjanülienftanb mag folgenbet Stammbaum 1 ) jeigen: 

3afob ©ajj 
^Barbara 6 tut 

SRubolf ©afe, ©d)ultt)eifi 
1716—1791 

äliargretl) ^lottner 

§anö Safob SWargret^ §and Stubolf Safob 
1736 + 1736 1737 17:39 1742-62 

(3 iBurfji'n) öorbcrer SBirt in grcnfcnburf 

J'orotbea 3Met(er, nerefjl. 1763 

£>anö Sitibolf §atiö Slmia SJtaria Sobanneb SRagbalcna Siargaretba 

1764 1761—9 0 1763 f 1763 1763-69 1774 1776 

2)orotijea St. Siatia 
1778 1781 

SRadjbem SKubolf ©afj bie SEBirtfdjaft feinem ©ot)ue übergeben, 
würbe er nad) bem $obe SingeifenS mit Samuel Sörobtbetf, SRiflauä 
SBefcel, ®aniel ißfnff, Sinigmeifter, Soljanneä 83ot)ng, 

Sf)irurg unb SRillaul SjSfaff, ©eififeer, als 9?ad)folger oorgefdjlagen 
unb am 3. 3uli 1764 buvd) ba8 fio8 ermäljlt. SCod) er blieb 
wenigftenä am Anfang nod) in grenfenborf. ®enn am ©nbe beä 
3al)te3 jd)tieb ber bantalige Pfarrer fjrratij ffäfd) in baS bortige 
Sßfatrbud): „URertmiirbig ift, bafj biefeä 1764. 3af)t, weld)e§, }o 



’) Stad) ben freunblidjcn 3)titteitungen ber Herren Pfarrer ©aufi unb 
Saumann. 



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lange grenfenborf fteljt, nie gefcbeben, bet Pfarrer biefet ©emeinbe 
unb einet betet moblweifen $etten ©chultbeijjen »cm Sieftal, SRamenS 
£err fRubolf ©aff, Siirger in Sieftaf, in greitfenborf wohnhaft 
waten." 

SSie erwähnt, war 1764 bie 9tufficf)t übet bie ©troffen unb 
S33älber bem SBaSler ©chultbeiffen pgeroiefen worben; boch blieben 
©aff notf) bie betreffenben ©trafgelber. tlu<b et bebiente fid) gut 
StuSfertigung grö&etet ©Treiben beS ©erichtSfchreiberS 23obng. 
©eine Vermattung war wobt eine ruhige. §1(8 er batum im Sunt 
1791 burch einen ©chlagflufs gelähmt würbe, bebauerte e8 ©rfjult» 
beijj |>ebbenftreit aufrichtig unb bat bie ©ttäbigen Werten, feinen 
SoHegen nicht »on feinem timte p entfernen unb bie (aufenben 
©efdjäfte burdj ben ©egenfcbwäbet, ben Seififter SBe^el, führen p 
(affen. @8 würbe ihm entfprochen. Slber fdjon am 16. ©eptember 
1791 machte ber Job beffen Seiben ein Qrnbe. 



3. SRiflauS Vrobtbed (1791—1798). 

3)ec ÜRame Vrobtbed mar urfprünglid) }o wenig a(8 SReier, 
SRüfler, Seiler unb anbere an einen beftimmten Ort gebunben 
©o würbe nach Sufe 1360 ^einjmann 93robbecf, ©pengfer bon 
^altingen, 1522 ©eorg, ©hneiber »on ©teinenftabt, 1528 ©b^’ 
ftopb, SRehger »on SRotjbeim, 1569 Sbriftian, SRebmann »on 
5Rutteng, ins 33aS(er ^Bürgerrecht aufgenommen. tluS bem Sieftaler 
©efchlecbt mar am 9. ©eptember 1476 beim Verlauf beS „fReuen 
Kaufes " £an8 Vrotbed Urteilfprecber. ©er ©chultbeifj SRillauS, 
bet am 8. September 1740 in Sieftal getauft würbe, gehörte einer 
anfebnlicben gamilie an, bercn SRacbfommen noch bis auf ben 
heutigen ©ag blühen. Sch ftelte biefelbe in folgenbem ©tamm* 
bäum pfammen: 



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153 



©amuet Srobtbed ‘) 

©atomc ©rübetlin 

SJtiflaud, @d)ultf)eifi ©amuet, ®crber 2tmbrofiuö 

1740—1816 1 1828 ffiirt jum Stglüffel 

SI. Maria SBniberlin 1741—1827 

©amuet £an6 3afob 21. Maria ©atome Jtiftaua 

1764—1812 1765-79 1767 1769-1838 1771-1812 

9J1 egget urtb ffetjenmotger 

©. ©gfin f 1832 ^oi). Siubotf 21. Maria Safob 

1772—1846 1778-1826 1781 

Gterirfjtöfjerc unb SfdbmüQer. 

©iflauS SBrobtbecf, ein oetmögenber SDJann, bet 1805 non 
Sufc als ©efi^et beS £>afenbühl8 unb eines bet SBannengüter er* 
wähnt toitb, 2 ) rourbe am 28. September 1791 neben Gfprutg 
©ohnp, Slltfopfwirt ©rüberlin, 2lmbrofiuS .fpeinimann, (S^iturg, 
Safob ®pfin beim oberen lor unb ©eififcet 28ej}el für bie Sieftaler 
©chultheifeenfielle »orgefchlagen unb gemäht. 211s ©erwaltungS* 
beamtet bot er geroijj feinen ÜÜiann gefteßt. ®och brängte et fid) 
fo wenig oor als feine beiben ©orgänger ©ingeifen unb ®afj. ®rft 
als ©onaparte feine benfwiiroige unb für bie ©djroeij fo wichtige 
9teife nach ©aftatt machte, war feine ©tunbe gelommen, unb et 
begrüfjte in feuriger ©ebe ben fflefreier Italiens. ©eroifj gehörte 
auch er im §erjen ber ©atriotenpartei an; aber er burfte es öffent* 
lieh nicht jeigen. §öchft oorfichttg liefe er am 7. Januar 1798 
ben grcihritäbaum mit ber Safobinermüfee wieber entfernen, ben 
man bie ©acht üorljer auf betn ©ruunen aufgepflanjt hotte, wofür 
ihm am 10. Januar ber ®an! ber regierenben Häupter auSgefptochen 
würbe. Sbenfo teilte er am 16. 3anuar mit, ba& er bie übrig* 
feitlichen ©ublifationen burch bie £arfd)ieter an bie ©emeinben ge* 
fanbt hohe, bafs baS ©olf aber barauf geftürjt fei unb jmeitaufenb 
©auern fiih anfehirften, in bie ©tobt ju marfchieren. 21ber freube* 

') 9tad) ben freunbtidjen Mitteilungen uon §errn ififr. ©aufs in Sieftal. 

*) Merfroürbigfeiten II. ©. 4 f. 



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154 



ftraljtenb empfing et am 20. Januar mit ben Sluäjchüffett bcS 
Sanböolfs bie non Slarau jurüdfehrenbeit 33aSler ©efanbten, 2)reiet= 
^errrt äRünd) mtb ©ürgermeifter SlnbreaS Sujtorf, bei ihrer 25urd)= 
reife nad) 23afel. 2öaS meiterljin gefdtja^, entzieht fid) unferer 
Kenntnis. SBahrfcheinlid) haben aud) in Sieftal, wie in ben 
übrigen Remtern bie ftcibtifdjen Organe ihre Munitionen eingeftellt, 
ba bie SluSfdjüffe beS fianboolls biefelben übernahmen. 

9lath ben Jagen ber Stationalüerfanuntung unb ber ^pelbetif 
trat aud) Srobtbed mieber für einige 3eit an bie Deffenttid)leit. 
@r mürbe Siatsherr, 1 ) äJiitglicb beS ÜDiilitörloflegiumS unb ©berft 
im britten Siegiment ber Sanbmilij. 25od) mar lefcte ©teile fd)on 
1807 oalant. @r ftarb am 13. ©ejember 1816. 



F, fließen. 

1. Johann Utrich Schnell (1750—1772). 

(Siebe SBalbenburg 9tr. 4). 

2. ÖufaS gäfch (1772—1792). 

(Sicf>e aticb §omburg 3it. 5). 

25er Sanboogt SulaS Mäl’eh, jnr Unterfcheibung öon bem ®e^ 
putaten SulaS be fiufaS fjäfcl), geroö^nlict) ÜDieifter Mäfd) ober SulaS 
be Mafob Mäfdj genannt, mürbe am 23. 25ejentber 1723 ju 
©t. (Slifabeihen getauft, ©ein 33ater Malob, fiijentiat beiber Siechte, 
belleibete baS Slrnt eines ©berftherrenbienerS. ©eine SJfutter 
St. SJiargaretha, geb. SSiettftein, mar bie ©chmefter beS Sanbüogts 
Slbel SBettftein. ©ie überlebte ihren 5üinnn mehr als 25 Mahre 
unb ftarb am 21. Sluguft 1781 hochbetagt, ©emifj ift baS ßeben 
beS abenteuerlichen DheimS nicht ohne Sinflujj auf ben SUeffen ge» 

') Stcgimcntöbiicblcin gcb. 1740. 



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155 



bltebeti. 2113 biefer barum feine ©tubien ooKenbet unb bie philo* 
fophift* SWagiftermiirbe empfangen, trieb eS ihn in bie gerne. @r 
trat 1742 in bie föniglidHpanifcf)en ®ienfte ein, beteiligte fit 
1745 unb 1746 an bem gelbjug in gtalien, erhielt 1747 eine 
^jauptmannSftelle in ben SRieberlanben unb mürbe 1749 mit gleichem 
Slang in ba§ ißriii 5 *Statt^a(ter=@arberegiment aufgenommen. Balb 
barauf mufj er nat $aufe jurüdgetehrt fein. 

2>enn 1751 meiste man ihn jum ©etfer ber Slebleutenjunft, 
roo er 1757 jum SJteifter oorriidte. gn biefern galjre unb roieber* 
um 1769 mürbe er ans ennetbirgifdje ©gnbitat unb 1768 att 
bie Stagfafeung ju grauenfelb abgeorbnet. daneben mar er Un= 
jütterljetr (1757), ßollettherr unb Slcoifor (1758), SÜlitglieb be& 
@rofjen ©efteibS (1759), ®ol)lenherr (1767), 2lppeflation8l)err 
(1768) unb gradiert (1769). 

2lber mid)tiger als ade biefe ©teilen, bie jebet ©piepbürger 
belleiben tonnte, maren bie bleibenben ®ienfte, bie er feiner Baten 
ftabt leiftete, bei ber Beitreibung ber ©renjen unb hauptfätlit 
im gahr 1770, ba eS ihm als ©efanbtet in ©trafjburg unb ißariS 
gelang, bie freie SluSfufjr ber elfäffifdjen 3 toten unb Bobenjinfen, 
foroie Don ©alj ju ermirfen. 

211S Belohnung mürbe il)m am 11. SUoüembet 1768 bie 
SBoljnung beS Stamfteiner ©tlofjguteS nebft 600 Bfb. oom 9Jliet= 
jinS unb jmar fo lange jugefidjert, bis er ju einem .£>aupt ober jum 
Sanbbogt Don Stiegen befbrbert merbe. 21m 20. ÜUiärj 1771 mürbe 
aut biefe Befträulung aufgehoben, gäft jum £>reijel)nerl)erru ge» 
roählt unb feine ©attin mit ©itbergeftirr bejtenlt. 2lm 4. SJlärj 
beSfelben gatjreS fiel ihm burd) baS 2oS bie fianboogtei Stieben 
ju, natbem er in ber Borroahl fetä Don jmanjig ©timmeti er* 
halten hatte, ©eine neue ©teile trat er am 21. SJtärj 1772 an 
unb ftmor ben iibliten 2(mtSeib. 21nt 1. gebruar biejeS gahteS 
mar er Don ber SBerbiingsfammer, bem ©efteib, ber Büterfom* 



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156 



mijfton unb ber ©oblenmeifterftetle am 2)iünfterberg entlaßen 
worben. 

2Bir bürfen wohl annebmen, bajj er auch als ßanboogt bie 
ihm Obliegenheit ©ejcbäfte gut 3ufriebenbeit jeinet SSorgeje&ten be* 
jotgte. SBenigftenS lefe idj nirgenbs, bafs ibm ein Sabel au3= 
gejprorfjen mürbe. ©emifj mar er bei ben (Streitigfeiten, bie wegen 
beä SEBiejenflujjeS in ben fiebjiger 3abten beS 3abrbunbertS mit 
ben ©emeinben Stetten unb SBeil auSbracben, für bie !Betbanb= 
lungen ber gegebene SOtann. 3m 3abte 1791 erhielt bie Schule 
in Stieben einen tüchtigen Reifer, bei welchem Slnlajj baS jo läftige 
Schulbolj ber Äinber butch eine fjoljgabe ber ©emeinbe erjefet 
würbe. 

3m 3abr 1777 mürbe Qfäjtb bie ©bre ju teil, ben neuen 
franjöjijcben ©ejanbten, ©reifen con ißolignac, begrüben ju öürfett. 
1782 half er ben langjährigen Streit mit Solothurn wegen ber 
SBannenflub beenbigen. ©aneben war et Ouärtierbauptmann im 
Slejcbenquartier bis 1775, SJtitglieb beS SelletamteS feit 1778 unb 
beS SatjamteS bis 1778, ber Sanität, beS 235aijenamteS unb ber 
IDtichelfelberfommijfton (bis 1783), beS SBauamtS (1784), beS 
3eugamt3 (bis 1784) unb StriegSlommiffär. ©emobnt b®t er, 
wohl menigftenS im SBinter, beim filingental ju Sleinbajel, wo er 
im 3ob r e 1765 ein $au3 faufte (SBebergaffe 5). So erllären fidj 
auch bie öfteren ©inbrüche im BanböogteibauS Stieben. @r ftarb 
am 8. SJtai 1792 unb mürbe ju Stieben begraben. 

©ie ©attin ÜDt. SDtagbalena Stobner, mit bet ficb SutaS fjäjcb 
am 5. September 1768 oermäblte, mar eine SBerwanbte, weshalb 
et für fie bie übliche Strafe oon 100 ©ulben bem SBaijenamt 
fahlen muffte. Sie jehenfte ihm jwei fiinber, 3obann SufaS unb 
$1. SJtargaretba. ©iefe heiratete ben S3ucbbänbter Slbant fjlicf unb 
ftarb 1841 in Stbeinfelben 65=jäbrig. ©er Sohn jeboch machte 
ber SKutter wenig Ofreube. 1792 bejihimpfte er bie granjofen unb 



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157 



liefe fid) im folgenben Safere arge öergefeungen ju ftfeulben lommen, 
fo bafe auf ifen gefafenbet mürbe. 2)a oerltefe er bie Heimat unb 

feferte mofel niemals mefer jurüd. SSaferfcfeeinlicfe ift Sofe. 2u!a& 

gäfcfe, bet am 22. Oltober 1798 ju ©t. fßierre auf 5D?artinique 
als Seutenant ftarb, mit ifem ju ibentifijieren. 

21m 11. Stuguft 1792 erfucfete bie SBitroe gäfcfe in einet 
SBittfdjrift bie ©näbigen sperren um bie fernere SJiufeniefeung be4 
fRamfteinerguteä. ©ie erfeielt aber nur nod) einmal 600 fßfb. $a& 
@ut felbft aber nebft 300 ißfb. jäferlicfe mürbe auf öebenüjeit bent 
SJreierfeetrn äftiincfe juerlannt. 

3. fiulaä Cegranb (1792 — 1798). 

Siefie in Öen „Sanier Biographien" 1900 bie treffliche SErbeit uon §anä Bufer 
„2ufa8 Segranb, 2)ireftor ber heloetifdfen SHepu&Iil." 



G. ^Cein^ünmgett. 

1. Sofeann 2ufa§ Sfelin (1744 — 1773). 

Sn 33afel bliifeten jroei ©efcfelecfeter beä ÜRamenS. 3)aä ältere 
acfetbürgerlitfee ftarb in ber SRitte beä 16. Saferfeunbertä au3. 5Da£ 
jefeige leitet fiel) oon ^einriefe Don fRofenfelb ab, ber 1364 auS 
bem SEBürttembergifcfeen feiefeer lam, unb beffen ©ofen Sonrab 1403 
in baä feiefige Sürgerrccfet aufgenommen mürbe. 2)ie oier ©öfene 
Oon Sofe. fiufaS, geft. 1560, Safob, Ulricfe, $ieront)mu§ unb flulaS 
roaren bie ©tammoäter ber oier 3 lue rge. ®ent lefeten gefeörte ber 
fianboogt Sofeann £ufa§ an, beffen SBerroanbte man auä fotgenbem 
©tammbaum erfefeen mag: 



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— 158 — 

Sljriftopt) Jl'elin, Sreierljerr 

1645-1719 

ScrenaSubcr f 1719 

(ifiriftopt) §an8 SRubolf 9Jlargaret()a §8. 3ntob Seronila SC. 9J!aiia 

1672 1673 1674 1675-173« 1677 1679 

§6. Sufaö, Stanboogt 
1665 — 1774 

9. 3R. SRrttinger 1687—1749 
flrtraut 1703*) 

<Sftf)cr Scronifa 91. Sflaria Süiargaretlja 2R. 6!i(abctt)a 61)riftopl)oru0 
1764 1706 1712—48 1714-61 1715-59 1717—22 

§ar[cf)er 9titl. ^Jreiöroerf 
$anbel»mann 

§8. Scronifa (Shriftopt) $8. £>einricf) 

1720 1722 1724—73 1727—74 

$tanbel4mamt §anbel?mann 

3ol)ann fiufaS Sfetin jurn Stoßhof*) mürbe am 23. Sunt 
1685 ats jiiiigfte§ Sinb bc 8 dreierherrn S^riftopb 3felitt unb ber 
Verena ßuber gu St. ^Seter getauft. Seine ©Übung fcheint eine 
taufmännifche geroefen ju fein. darauf beutet rootjt auch feine 
frü^e Verheiratung Dor jurüdgelegtem 18. 9Uter3jahr. denn fie 
erfolgte fchon am 18. Suni 1703 1 ) mit 91. SRaria ©ieltinger, bie 
ihm jeljn ftinbet fdjenfte, Don beneit einige Salb mieber megftarben. 

1706 mürbe er in ber Vebleutenjunft Seifer, um 1712 
Duarticrherr 511 Spaten, 1722 3 clI gh e u, 1724 ©ericSt^^err ber 
mehreren Stabt, 1727 ©auhert, 1734 StppetlationS^err unb 1735 
ÜÜiitgtieb ber aßerbungSfammer, 9temter, roelthe er außer ber 
ßuartierherrenfteße 1740 infolge feinet 2Bat)l jurn 9iat3herrn auf* 
geben muffte, nacbbem er fchon 1730 oon benjenigen eines ©erichtS* 
unb 3 eu 9 ^ err n gurücfgetreten mar. darauf mar er 1741 mieber 
©erichtshere ber mehrern Stabt, 1742 Dberftmeifter ber geuer* 
fchühen, 1746 deputierter in SanbcSfadjen unb VeformationShfu, 
1748 9tppettationS= unb ÄaufhauStjerr unb 1754 direftor bet 




*) Srrtiimlid) 1704 Giöilftanb. 
2 ) 9lemterbuc§ fiinber. 



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159 



Äaufmannfd)aft. Schon 1740 mar iljm bie ®b rc eines erntet» 
birgifdjen ©efanbten unb 1742 biefenige eines 9?ad)gefanbten an 
bie IJagfafeung ju teil geworben, unb 1751 würbe er fogar in baS 
SJreijeljnerfoQegium aufgenontmen, „in welchem er fidj balb bor 
jeinen ÜJäträten berourtat." *) 

3utn Dbernogt bon Äleinbüningen würbe er am 30. Oftober 
1744 gemäht, als et bereits fein 59. SHtersjaljr erteilt batte, 
unb blieb über 28 Sab« in biefer Stellung, bis ibn am 20. 3Jtärj 
1773 bie SUterSbejdjmcrben jmangen, äurüdjutreten. GS war eine 
rubige StmtSperiobe, eine _3eit beS griebenS unmittelbar nad) bem 
Söaffenlärm ber borbergebenben Sabre. 9?ur 1758 geriet Sjelin 
mit bem SBeft^er ber Untern Älhbed, bem Äronenmirt §aufer in 
Sleinbüningen, in Streit, ba er ibm borfd)rift§gemäfe nur erlauben 
wollte, fünf Partien §au3leute ju batten. §aujer liefe fid) beS* 
balb ju ben Sßorten tjinreifeen, ber Sanboogt feabe ifem 90 ißfb. 
aus bem Sad geftofeten, wofür er am 26. S«li beSfelben Safere 
bor IRat abbitten niufete. 

Dbne 3roeifel bütfen mir in bem Streit, ben 1759 bie ftlein= 
büninger tJifcbec mit ber SBorftabtgefelljcfeaft jur SOiägb führten, bie 
UJf itbilfe ibreS bo<b 9 e ftenten SBorfteberS im ©reijebnertat annebmen. 
Sene befafeen nämlid) feit ihrer gugefeörigfeit ju 93afel baS gifd)» 
recht bon 9 f tb e i nn,e ^ er bis Stugft. ®aran wollten fie nun ju wieber» 
holten Süialen bie löaSler gifd)er binbern; biefe mürben aber aud) 
jefet mieber abgewiefen. 

Slm 29. gebruar 1752 erwarb fid) Sfetin auf fed)S Sabre 
bie gifcbmeibe in ber SBiefe „an biefenige beS SanboogtS bon SHein» 
büningen ftofeenb.“ 

@t ftarb am 20. Sanuar 1774, 88 Sab** unb neun ÜDionate 
alt, unb mürbe ju St. ^Seter begraben. 



*) 2u$, Sürgerbud). 



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160 



1 



2. $aniel 2Rijj, J. U. L., ©ürgermeifter (1773 — 1777). 

Stä im breifei gjä^rigen Stiege nad) bem Srlaffe be§ ©efti= 
tution2ebift3 bie SBogen ber (Segenreformation am ^öcfeften gingen, 
manbte bie gut eöangelifcfje gamitie 9©ifc iljrer ffiaterftabt Sötn 
ben ©liefen unb liefe fid) naef) fürjerm Sufenttjatt in granffurt a. 9Ä. 
unb ©trafeburg in ©afet nieber. ©ie betrieb ben Raubet mit 
engtifefeem unb niebertänbifefeem lud) unb öffnete fief) baburd) leiert 
ben 3ugang in bie angefefeenften ©a3ter Raufer unb ben ©atlfaat. 
®ie 2(nget)örigen bei ©ürgermeifterS mag man au3 folgenbem ©tamm* 
bäum erfefeen: 

Stnhrcac Düfc, ganbelämanit 
1. ©alome 3BerU)emann; 2. fialf). ©arafin 
Xanicl SHifc, ©endjtöfjcrr 1680—1751 
Signets gre t; f 1758 

Sat^arina 3ol). 3afob Slgned 3ol). Sutmtig Xaniel, ©ürgermeifter 
1701 1715—17 1715 1719 — 67 1724 -89 

ftanbcismann %. 5tatl). 3)terifln 1715—1805 

SDtargaretlja Signets SJfarie ©alome ©amuel 
1752—1830 1756—1815 1758-1821 1758 

SJtartm Sßcnl 2cont) fiteuöler 3of). SKub. Jäfd) 

Stabtrat Stabtrat tjSrof. 

lieber ba§ Seben beS Sürgermeifters SDaniel SJfife geben un& 
aufeer Seu unb |>otgf)alb üor allem feine felbftgefcfyriebenen ©er= 
fonatien unb eine finge ©iograpfeie bei ÜKarfuS fiu| Sufjefjtufe. 
@r erbtiefte atä jüngfteä Sinb be§ Gteridjtäfjerrn 2>aniet 2ftife am 
20. ®egember 1724 ba§ ßiefet ber SBett unb eignete fid), neben 
einer guten @rgiet)ung, in ber ©efeute auf ©urg baSjenige SBiffen 
an, ba§ bama(§ jungen Seuten beigebradjt mürbe, ©od) nicht 
öierget)njät)rig, mürbe er am 8. Sprit 1738 gu ben öffentlichen ©or= 
tefungen gugetaffen unb empfing groei Safere barauf oon ©tofeffor 
|)arfd)et ben erften afabemifcfjen @rab primae laureae. 2)arauf 
maefete er feine pfeitojopfeifefeen unb pfeitotogifefeen ©tubien unter 
ßeferern, bie fid) teitmeife fpäter eines europäifefeen ©ufe§ erfreuten. 



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161 



toie bem 3 uriften Slnbreag SBeife, ber aber bamalg ©ittenlefere, 
Statur* unb ©ölferredrt, unb bem SDtatljematiter Sofeanneg ©ernoulli 
bem Süngem, ber ©erebfamfeit lehrte, Jomie ^ßeter Seiner, 3 ol)ann 
©eorg Srjberger unb Sofeann Safob $faff, bie ifen in bie öogif 
unb in bie gtiedjifdje unb bie morgenlänbiftfeen Sprachen einfüferten. 

Stacfebem er am 8 . 3uni 1741 jum Sekret ber SEBeltmeigfeeit 
promooiert, ftubierte er unter Slnbrea« Sinber 3 ura unb erlangte 
enblid) am 8 . Sanuar 1745 bie SBiirbe eines Sijentiaten beiber 
SRedjte. dreimal gab er differtationen ein, um fid) um einen tebig 
geworbenen fieljrftufjl ju bewerben, fo 1741 um benjenigen ber 
©etebf amfeit, 1744 ben ber griedjifcfeen Sprache unb 1747 ben ber 
©efd)id)te, aber immer ofene ©rfolg. @o begab er fid) auf Reifen 
unb !am 1745 bei Stntafe ber fiaiferfrönung oon 3 ran S I- nacf> 
granlfurt unb jpäter burd) bie ©djmeis unb gnmfmct) unb Ijielt 
fid) faft ein Safer lang in ißarig auf, um fid) neben ber ©pradje 
im franjöfij(|en Sterte auäjubilben. 

flfS er miebet jurüctgefe^tt mar, liefe er fid) 1750 3 unt 
©ecfefer in bet ©(^lüffeljunft unb 1751 jutn ®erid)tgfeerrn bieg* 
feits miifelen unb betrat fomit bie politifdje fiaufbafen. dagegen war 
er öorerft nur (Sfeegeridfetgfeerr (1757) unb ©taßfeerr (1759). die 
©ferenftellen feäuften fiel) erft, als er 1760 als Statgfeerr in beit 
fileinen s J?at aufgenommen mürbe. Stun war er 1763 Oberft* 
jdjiifeenmeifter ber Qreuerfcfeüfeen, 1766 ©aufeerr, 1767 deputierter 
in 5Dtefegerfad)en, 1768 gabrif*, fiolleft*, günfer* un ^ gtefornta* 
tiongfeerr, 1769 wieber ©aufeerr unb ©anitätgrat, 1770 ©crorb* 
neter 311 ben ©iben, 1773 Steöifor, 1774 Slppellationgfeetr, 1775 
©feegericfetgfeerr unb 1776 ©erorbneter in Suft^facfeen. 1767 unb 
1775 würbe er ang italienifcfee ©pnbifat abgeotbnet unb benufete 
bag erfte SDtal bie ©elegenfeeit 3 U einer Steife nacfe SJtailanb, ©enua 
unb durin. ©0311 erfeielt er am 22. QJ^ärj 1773 (11/19, gröfete 
@timmen 3 afel) bie fianboogtei fileinfeihtingen, bie er jcfeon am 

S0a*let 3al)r(iuff) 1903. 11 



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162 



27. Sanuar 1777 mit ber SBiirbe eineg Dberftjunftmeifterg unb 
am 17. ?tpril beg gleichen 3aljre» mit berjenigen eine« Söiitger- 
meifterg oertaufchte. 

Uebcr feine Hätigfeit alg ßanboogt !ann ich nid^ts mitteilen; 
hoch ift wohl anjunehmen, baff fie einen ruhigen Verlauf fyatte. 
2US Dberftjunftmeifter befleibete er bag Slmt eineg 3 eu 0^ errn unb 
atg öürgermeifter bag eineg '-Bauherrn. Daneben fanb er aber alg 
©efanbter an bie Hagfafcung unb bag ennetbirgijdje ©ijnbifat oon 
1777 — 1788 felfr häufig Sßerroenbung. Mein er übte wohl auf 
ben ©aug ber eibgenöffifcfjen ißolitif einen felfr geringen SinftuR 
aug, unb eg beutet eher auf feinen ftiQen, friedlichen ©hntafter, 
baff er 1781 neben ben ©efanbten oon Sürich unb SBem oon ber 
©tabt ßiehtenfteig alg ©d)iebgricbter gegen ben ?lbt oon ©t. ©allen 
angetufen würbe, für welchen bie SBoten oon ßujern, ®latu3 unb 
Sd)iDt)j eintraten, ©ie brachten auch Brieflich einen beiben Heilen 
genehmen Vertrag juftanbe, burch welchen bie lünftige Stellung 
ber ©tabt ju beit äbtifchen ^Beamten genau beftimmt war. 

Daniel 9Jiih jeichnete fid), wie bie üeic^enprebigt ihm nach 5 
rühmt, burch große Klugheit, ©erechtigfeitgliebe, greunblidffeit, 
ßeutfeligfeit unb oöllige Eingabe an fein Slmt aug. 9tachbem er 
fchon einige Sah 16 öorher eine fchwere Äranfheit überftanben, rourbe 
er äßittwod), ben 29. 3uli 1789 abenbg, in einer ©eheimratg 5 
fifcung, plößlich oon Ärämpfen, Seibegfchmerjen unb SBangigfeit 
überfallen, bajj man ihn nach $aufe bringen muffte. Darauf ftarb 
et in ber folgenben 9?ad)t jroifdjen 1 unb 2 Uhr, umgeben oon 
ben ©einigen, unb würbe am 1. 9luguft beim SJfünfter begraben. ®t 
hatte fein ßeben auf 64 3ahre, 7 SRonate unb 10 Hage gebracht. 

3. Stnbreag Suttorf, öürgertueifter (1777 — 1783). 

lieber bag SBujtorfijche ©ejchlecht befifcen wir nicht nur bei 
£eu, ^oljholb unb ßufc wertoolle s JRittei(ungen, jonbern im ©ernleri; 



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163 



fcben ©tammbucb eine etmaS eingebenbere ijamtüengefc^ic^te. *) ®a8* 
felbe ftammt au2 bei meftpbälifcben ©tabt Samen, rno im 16. 3tab*’ 
Rimbert 3foacf)im Surtorf ba§ Sürgermeifteramt betteibete, ©ein 
Snfel 3obanne8, geboren 1565, tarn 1588 nadj 93afet unb erlangte 
hier 1591 bie 93rofeffur ber bebräifcben ©pracbe. Sr ift ber 33e= 
grünber einer (Mef)ttenbt;na[tie, beren s Jtubm oon Safel au3 über 
baä ganje proteftantifdje Suropa ftrablte. S5ie näbem Angehörigen 
be8 33ürgermeifter8 geigt folgenber ©tammbanm: 

3ofjann SJuporf, ^rof. 

1663-1732 

2(ugufta 3)orotI)ea §ummel -j- 1747 

3lagiift Jofjann, ^fc. Ipö. 3afob $orotf)ea 
1696-1765 1699 1703—1785 

31. Jäfcf), Gm. Strccfeijen 

getraut 1728 1 1758 

3)orotf)ea ^ofiaimcö ättna 2tnbreaä, öiirgermeiftcr 
1729 1731 1735—37 1740—1815 

(Sara S<tm>eigf)aufer 
getraut 1765 1 1810 

Xnbreaä Sara Gmanucl 

1765—1825 1766 — 1834 1767 

$anbel&mann <£>ierom;mu'3 Sifdjof. 

S)em 93ürgermeifter SlnbreaS 99ujtorf mibmet Pfarrer fiufe in 
ben 9tauraci3 1828 in einem langem Artifel einen marinen 9?acb-' 
ruf. ^lufjerbetn befifct bie äkterlänbijcbe öibliotbef über it)n eine 
Keine 93iograpf|ic. 2 ) 

St mürbe am 24. April 1740 geboren '■') unb am 26. beleihen 
SDionatS in ber Äircbe ju ©t. Slifabetben getauft, mo fein Sßater 
Auguft 3obann bamalS Pfarrer mar. 3bm unb feiner ÜÜtutter 
Slnna, geborene fjafd), üerbantt er feine ©eiftelanlagen unb feine 
S3orliebe für bie ©efebiebte unb ba8 Altertum, bie ibn burib ba3 

*) 9?atcrl. 23i6liotf)ef Q 73. 33aäfer 3at;rbud) 1879. 

*) P 52 8 . 

*) behauptet fälfdjlicf) am 26. 



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164 



gange Seben begleitete. 3m 3at)re 1758 ermatb er ftd) bie pt)i= 
lofopl)ijd)e Wagiftermürbe unb fdjeint bie fotgenben Satire gu mei* 
tern ©tubien auf biefem ©ebiete oermenbet gu Ijaben. 

Sr gehörte guerft ber ©djtüffetgunft an. da fie iftm aber gu 
toenig 9lu8fid)t auf Seförberung bot, trat er 1764 gu $auS* 
genoffen übet unb mürbe fjier 1765 ©edjfer unb 1768 9tat8^err. 
di e Stemter, bie et fortan betteibete, finb faft fiegion. ©o mar er 
1768 Witgtieb ber gabriffommiffion, ber Sigitang unb be8 Un= 
gücbterfoIIegiumS unb $otteltinjpefior, 1769 3in§t)err unb ®erirf)tg* 
tjerr ber minbetn ©tabt, 1770 Witgtieb ber SBalbfommiffion un5 
©efcbeibä^err biesffeitä, 1771 Witglieb ber SBerbunggfammer unb 
1772 ber Siicftertommiffion, foroie deputierter gu ben Statuten, 
1774 Sigilaitgljetr, 1775 Guartiertjerr be3 ?lefd)enquartierg, 1777 
Snfpettor be2 SBaifentjaufeg, 1781 $aufljau8tjerr, 1782 St)egerid)t3* 
Iferr unb direttor ber grud)tfammer unb 1783 ©äußert, dreier« 
fjerr unb ©anitätärat. 

5lm 27. 3anuar 1777 mürbe er at$ SJtadifolger üon daniel 3J2i^ 
gum Sanboogt oon Stteinftüningen gemäht. 3n roetdiem ©etfte er 
roäljrenb fed)§ Sauren bie Sanboogtei geführt, fagt fiuft, taffe fitf) 
am beften aug bem Seifatl entnehmen, ber itjm gu nerfdjiebenen 
Waten gegoftt mürbe. Sr fei bemüht geroefen, bie öfonomifdjen 
Scrljättniffe feiner Stmtguntergebeuen gu oerbeffern, unb bie Ser* 
fcftönerung ber $ircf)e, fomie ber pbfdjen Anlagen um bag dorf 
Ijetum feien fein SBert. ©emift t|at er aud) 1780 feine gifcfier in 
bem roieber auggebtodienen Streite mit ber SorftabtgefelIfd)aft gur 
Wägb in Scftuft genommen, in bem fie roieberum fiegten. Sr meitte 
bejonberg gern in bem tjübfdjen ßttybedfdjlöftdjen, mo er neue Sänfe 
anbringen tieft, unb bag er nod) über feine 9tmtggeit f)inaug be-- 
moftnte. 

9tm 15. Stprit 1784 mürbe er gum Gberftgunftmeifter beför» 
bert (9/19), unb am 23. Wai 1796 rüdte er als SJtadjfotger ooit 



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165 



-3oljanne8 Gebart) gut ©ürgermeifter würbe oor. 3n biefen @t el* 
fungen mar er 1789 Seug^etr, 1790 S3au= unb 3tatt^err unb 1793 
ÄriegStontmiffär. Seine Sätigfeit t)atte fid) aber jefct meljr ber 
äufjetn ißolitit gugewanbt. SRadjbem er }d>on 1770 unb 1772 
als ennetbirgifcfjer ©efanbter unb 1773, 1774, 1777, 1779 unb 
1780 als ÜRadjgefanbter an ber Sagfafcung gewirft, treffen mir 
iljn fegt feljr Ijäufig als SBorgefanbten, }o 1785, 1787, 1789, 
1791, 1792, 1793, 1795 unb 1797, ju einer 3«^ wo bie 
roidjtigften fragen befprodtjen würben. Senn eS würbe Oer* 
Ijanbelt über bie franjöfif^e SReoolution, bie ©rfjweijer ^Regimenter 
in granfreid), bie oerlotenen gelten unb 3'ofen im Sljajj, bie 
'^Neutralität ber bifdjöftid) baSlerifdien unb föniglict) neuenburgifdjen 
Sanbe unb nid)t jum minbeften über bie gefafytoolle Sage 23ajelS. 
Sin ber Sagfafcung ju grauenfelb oom 14. bis 30. 9Rai 1792 
war es Sujtorf, ber auf bie SRotmenbigteit eines eibgenöffij^en 
3ugugS IjinroieS unb iljn aucf) mirftid) juftanbe brachte. 

Silier ber midjtigften Sage feines SebenS war jener 20. Januar 
1798, ba er mit Sreierljerrn 9ftünd> auf ber fRüdfeljr oon ber 
lebten eibgenöffifcf)en Sagfafcung in Slarau überall oom SBolfe ber 
Sanbfdjaft bemitlfommt unb gefeiert würbe. groljlodenb empfing 
man iljn an ben ©renjen; in ©iffadj erhielt er bie breifarbige 
Äolarbe; Sieftat begrüßte ifjn aufs freubigfte, unb baS bürger» 
lit^e Komitee junt 93ären fanbte i^m eine SMatbc unb galjne 
entgegen. 

93iergef)n Sage barauf, am 5. gebruar 1798, trat bie alte 
^Regierung jurüd. ttlber am folgenben Sage ftanb ©ujtorf neben 
feinem Kollegen im neuen ^Regiment, ißeter Söurdljarbt, an ber 
Spifje ber SßolfSrepräfentaten, bie oon iljren SRitbürgern ernannt 
würben, unb gehörte barauf bem ©efonomiefomitee an. SKm 3. ge» 
bruar begab er fiel) mit Segranb nadj Sreitönigen, wo eine ferner 
<Sefanbtjd)aft weilte, um if)r bie Unmöglic^leit einer ^itfeleiftung 



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166 



borjufteflen litib fie ju bitten, bie neue ^elnetifcfje SSerfoffung an® 
junehmen. ©benfo reiste er am 27. Februar mit SBilhetm £>ocfy 
boit Sieftal nad) 3ürirf>, bamit aud) biefer ©tanb fein ÜJ?ögIid)fte8 tue, 
83ern bom SSiberftanb gegen granfreid) abjuhalten. 1 ) Sßährenb ber 
$elbeti! befleibete er fogar bie ©teile eines ißrafibenten ber 2Kuniji* 
palitöt. 4 ) $od) mürbe nid)t er, roie fdjon behauptet mürbe, als Äom* 
miffär ins SBatliS gefdjidt, fonbern bet ©enator Johannes Sujtorf. 

9lacf) ber ^elbetif jog fid) StnbreaS SBujtorf faft bon allen 
öffentlichen ©efdjäften jurtiif unb blieb nur noch Äleinrat. 35od> 
mar er bis in fein h°h e S Sitter immer nod) ritftig unb gefunb. 
©rft im SBinter 1814 begann er ju träufeln unb begab fith im 
3uli 1815. nad) ©chinjnad). §ier [ftarb er am 18. beSfelben 
Sftonats unb mürbe auf bem ß'irchhofe jtt S3irt beigejefct. 

4. 3ohanneS Äienjel (1783 — 1795). 

SDer Sanbnogt Sohann Sienjel gehörte einem @efd)ted)te an, 
baS meber bei Seu nod) bei Sufc Aufnahme fanb, ba eS Iefcterer 
bereits auf bie Sifte ber üluSgeftorbenen fefet. 9lur ^»oljholb er« 
mahnt brei Flamen, roorunter aud) biejenigen beS SanbbogtS unk 
feines Katers. ®ie $aufe jenes finbet fich jeboch meber im Sioil« 
ftanbSregifter nod) in einem ftäbtifdjen Saufbudje bezeichnet. SRur 
baS ©eburtsjahr 1719 ift im fRegimentSbüdjlein unb bei ^oljhalfr 
genannt. Somit ergibt fid) fof genbet ©tammbaum: 

3oljanne3 Äicnjel 

fflrujrat 

3ofjanned, fianboogt 1719 — 1803 
Gupf)roft)ite 6enj 

flftr. 1742 t 1757 

©ertrub ©ftfjer 3)t. ©alome 21. 2Jlaria ©alome 3 . 3<»tob 
17«— 1806 1744-1812 1746 t 1746 1747 1749 1 1749 

2tnbreas SDiärHin 

Sreficc 21. Katharina 3°l)- Solob 2)t. äliagbalciia 

1751 1754 — 57 1757 +1757. 

’) 9teujaf)rSblatt 1877 6. 7 f. 

2 ) 



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167 



J)er fianboogt Sohann .Äienjel war wie jein gleichnamiger 
Vater non 93eruf ein ©djneiber. ®r oermählte ficf) 1742 mit 
(Suphrofine ^enj, oerlor jie aber fdjott 1757 burd) bett Job, brei 
SRonate nad) ber ©eburt be? achten S'inbe?. 

1765 würbe er ©edjfer unb 1769 SReifter ju ©chneibcrn, 
worauf er eine SRenge (Shrenftellen befleibete ; benn er war 1769 
SSigilanjIerr, 1770 gleifd)fchäfcer, 1771 ^euerljauptmann unb .£iolä s 
otbnung?herr, 1772 deputierter ju ben Surgerred)t?fad)en, 1773 
Jfofleftljerr, 1774 SBein^err, 1777 @^egerid)t#^err, 1780 ©ericht?» 
Ijerr biesjeit?, 1782 @efcheib?herr unb .£>auptmann be? ©palen* 
quartier?, 1784 ÜRitglieb bet ’IRichelfelberlommijfion, 1785 3J?üfler= 
unb günferljerr, 1786 §o( 3 marft?heir unb 1794 93annl)err ju 
©t. fieonljarb. 9tm 9. 3uli 1785 trat er infolge einer Ärantfjeit 
non ber §auptmann?ftefle be? ©palenquartier?, fowie bem Fünfer», 
ßRarft* unb 9?^etnantt juriict. 

Slm 18. Jtuguft 1783 würbe er mit nur jmei oon breijetin 
©timmen jum Sanboogt üon Süeinhüningen twrgefd) tagen unb burd) 
ba? 2o? gewählt. Heber bie Verwaltung ift mir nid)t? bcfaunt; 
bod) bürfte fie bem tragijdjen ©nbe entjpredjen. Schon feit einiget 
3eit war ben Herren be? Jreieraint? bie eigentümliche Strt auf» 
gefallen, wie fiienjel am Vrett (ber ©taat?!affe) ©elb ju jählen 
pflegte. @r fdjob ba?felbe mit ber rechten $anb oor unb bilbete 
Heine Häufchen; jugleich aber fdßofj fid) bie juecft offene linle £>anb 
immer mehr unb fuhr julefct in bie Jafdje, fo bafj er alfo mit 
ber linfen £anb teilweife wieber nahm, wa? et mit ber rechten 
gegeben h fl tte. 1795 würbe er oon jwei Herren beobachtet unb 
jur SRebe gefteßt; aßein er beteuerte feine Unfdjulb. Ja würbe er 
ben Sieben überwiejen, fchulbig befunben unb am 24. 3uni 1795 
nicht nur ber fianboogtei, fonbcrn aßer feiner Slemter entjefct. 91m 
4. 3uli be? gleichen 3ahre? bat für ihn, ben 77*jährigen ©rei?, 
SReifter 9(nbrea? 3Jiärfliti, in feinem unb ber übrigen Jochtet» 



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168 



mönner, Sudjter unb ©rojjtinber STamen, unb beroirfte, bafj itjnt 
bet kleine 9tat fortan roödjenttid} einen Steutaler auSjaf)len ließ. 

Siacf) biefem mora(ifd)eii Sobe lebte et nocf) fieben 3al)re; 
benn er ftarb am 15. Sanuar 1803 unb rourbe ju @t. fieonljatb 
begraben. 

5. Soljann 3afob ä f (1795). 

(Siebe §om6urg 92r. 5.) 

Sodann Safob 3mfd) rourbe als jüngfteS J?tnb beS 2Bag» 
meifterS Smanuel gäfd) unb btt S(eopt)a Rummel am 20. ÜRai 
1732 ju ©t. Seonljarb getauft. Sr roar ju ©artnern jiinftig, 
mürbe ba 1771 ©edjfer unb 1780 Statsljerr unb befleibete fobann 
baS Slmt eines SBigilanjticrrn (1781), eines ©eridjtsljerrn jenfeitS 
unb eines Sauljerrn (1784), fomie eines Cuartierljerrn ju ©t. Stoljann 
(1795). 91m 25. 3uni 1795 erfolgte feine $Bal)l jum ßauboogt 
oou ßleinljüningen (3/14) j er bat aber jmei Sage barauf toieber 
ab unb jroar „rnegen bem Sib." 1 ) 9lm 22. 91uguft 1796 jog 
mau feine ßeidje bei ßembS aus bem IRljein unb beerbigte fie ba* 
fetbft am folgenben Sage, lieber bie Urjacbe biefeS tragifd)en SnbeS 
ift mit nidjtS befannt. 

6. Saniel ©djornborf (1795 — 1798). 

Sie Familie ©cfjornborf, bie unS im lebten Viertel beS 
15. 3al)rt)uubertS in 93afe( begegnet, foll aus bem ©täbtdjen 
©cfyornborf in SBürttentberg ftainmen. Sie mufs ficb halb ju jiem= 
lieber Söo^l^abentjeit aufgefdjtoutigen l)aben, ba Stubolf ©djornborf, 
t 1084, 1664 fogar baS ©d)Io& SBilbenftein bei Subenborf taufen 
tonnte, ©ein oierter 9tad)tonime mar bet Sanboogt Saniel, übet 
beffen gamilie id) baS 9?ötige in folgenbem ©tanimbaum mitteite : 

') Stemterbucf) von ^ßrofeffor 3(16. SSunfljarbt. 



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169 



§ano Subolf Sdjornborf, jünger, Silberbrefjer, 1671 — 1758 
Salome Sranbmiiller 1682 — 1752 

■3Raria SKoftna 'ä.äSaria §0. 3afob Spannes 3-9tuboIf §st. Jafob Salome 
1Ö96 — 1765 1700 1703-1709 1705 — 1769 1706-1709 1710 1715—1789 

^5j)il. §einr. «oftmeifter 

Stern Su[. 3(elin 1716—86 

fleh. 17 40 

3of|. SRubolf 3oj)anneö Salome Saniel 3obann 

1742 17411 — 47 1744—1820 1746 tl746 1748 

ffianiel §ö.3afob S3enebift Sujanna Charlotte 

1750-1817 1750 — 1880 17fö-l815 1759-182« 

üanbooflt u. Xepiitat fflccfifclfciifal 'üofttnffirr (J m . ginber, Wmcf)t«f)crr 

3B. ®tagb. Sfelin 

1760-1832 

3Ji. SKagbalcna Suf. SRaria SR. 3Rargaretl)a Suife Salome 

1780 1782-1830 1785-1801 1788-1805 

3 af. Sunfljarbt 
IHntiftc*. 

Sianiet ©cbornborf tmirbe jugleicb mit feinem 3 ro <tti”S®Bruber, 
bem fpätern 2Bed)feIjenfaten f>an§ Satob, am 30. 3ult 1750 ju 
©it. ißeter getauft. 9(t§ et feine ©cbutjeit beenbet, mürbe et Stauf* 
mann unb Ijatte 1797 eine ©eiben* unb gtoretfabrif auf bem 
Dtabetberg. Stuf fein STnfe^en meifen bie sa^lreirfjcn Slemter, bie 
er fd)on in jungen labten betteibete. Stacbbem et 1788 ©ecbfer 
ju SBeinteuten geroorben, roat er 1789 $eug= unb 5Bigilanjb«r. 
1791 rücfte et at§ 9tat?^ea not unb mar nun 1792 Gljegerid)t8= 
unb 9Jefütmatiou§fjerr, 1793 Serorbnetcr in SJtefjgerfacben unb 
Cuartiermeifter ju ©palen, 1795 @ericf)tSt)err jenfeitS, Slppeflationä*, 
SJtünj* unb 3 ei >gf)«t unb 1796 SUtitglieb bet 2Berbung?tammer 
unb bet 9tuffid)t§!ommiffion, fomie 93ürgfcbaft8beputietter. 

2)ie SBabt jutn fianbnogt oon ßteinbüningen erfolgte am 
29. 3unt 1795, nacbbem er bie Ijöcbfte ©timmenjaljl auf ficb Der* 
einigt b“to (5/17). @r tonnte ba3 9tnit nur fünftbatb Sabre 
befteiben; aber nach SSerftujj berfetben mürbe itjm bie nic^t benei* 
benäroerte @bre ju teil, neben einem fpagcnbacb, SDtüfler unb 
<Memufeuä öffentlich burd) ©cbrift unb Sitb nerfpottet ju merben. 1 ) 

') Sdnmifjgebicljt. Sktert. Söibliotfjet. 



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©eroijf roar feine Stellung feine leiste; beim an unfertt 
©renjen tobte ber Ärieg, unb bie bebrüdten Untertanen richteten 
jebnfud)tgt>oll ihre tilgen nad) graitfreid), a(§ bem fianbe, oon too 
ihnen fpilfe fommen füllte. ®ag Ratten bie bamaligen Siegenten 
mehr berüdfidftigen füllen. aber autb ©cbornborf bieg nid)t 

getan, gebt aug allein, üomeljinlicb aber aug ben ßlagebriefen 
beroor, bie ber Äronenroirt unb öefifeer ber Untern Äftjbecf, Stubolf 
Äafpar Raufer, an ibn unb fpäter an bie Äommiffioit jur Se* 
ratung üaterlänbifd)er Sßorjcbfäge richtete. 1 ) 

Söofil finb eg bie Grgüffe eineg erzürnten ÜJfanneg, bie mit 
ba ju bören befomnten; aber fie enthalten ju oiel Ginjelbeiten, atg 
bajj atle§ aug bet Suft gegriffen fein fönnte. $er ^pauptanlafj 
jur Unjufriebenbeit mar bie Söegmeijung ber SJlietgleute in ber 
Untern fölpbed, roäbtenb bie frühem Sanboögte bod) roenigfteng fünf 
gamilien gebulbet Ratten. SDann flogt Raufer über bie aUju 
großen Auflagen, fo bnfj er an 3«f)nteit, Ungelb, ©trafen, 33otcn= 
unb ©iegelgelberit 30 % oom Grtrage feiner SBirtJdjaft ^abe jablen 
müffen, ber man bag Sledjt, ©peifen auSjugeben, genommen f>abe.. 
©g fdjeiitt überhaupt bie Ißvajig ©djornborfg gerocfen ju fein, alle 
grentben ober utmermögenben Seute, felbft Untertanen aug bem 
ober» SBafetbiet, aud) raenu fie genügenb ©ürgfdjaft leiften fonnteii, 
aug bem ®orfe ju entfernen. S)ag mar j. 33. mit $ang ©eorg 
3immermann, einem „ehrlichen DJJanne," ber galt, obfcfjon er eine 
Sürgergtodjter jur grau Ijatte. Gbenfo burfte ein anberer, beffen 
£od)ter an ber ©eburt üjreg jüngften ftinbeg geftorben mar, feine 
©rofjfinber nid)t bei fid) bemalten. Stud) ber ©djulineifter ©dparj, 
„ber oierje^n Sabre lang ^ur .ßufriebeiibeit ber SSeüötferung fein 
Stint geführt," erhielt ben 93efebl ing ©pitat ju geben. 911g er 
bem Sanboogt eine 23ittjd)rift eingab, jerrijj fie biefer unb marf fie 
bem Seiftet oor bie giifje, mit ber Semerfung, er fötme frob jein, 

*) ^Dlitifdjcö 1798, 3trcf)io Söafet. 



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171 



bofe fie nicht in bie .§01106 ber ©nöbigen §erren gefommen; fonft 
^ätte fie iljn inS gw^ 011 * gebracht. SJicht einmal Derfcfjiebene 
©ffeften Don ©chroarj burften im 25orfe bei bem frühem ßoftgeber 
bleiben. SBä^renb aber Scfjornborf gegen bie Untertanen bie gemifs 
bamals fcfjarfen Seftimmungen über bie SJfieberlaffung fo ftreng 
hanbljabte, Derroeilte im ^Ipbedfchlöfscljeu eitt franjöfifcfjer (Smigrant, 
ber einen SÜJorb begangen ^aben foltte. SBenn §aufer nod) h>n s 
jufügt, aud) bie ^Reformation, Sanität, bas ©efdjeib unb günfer= 
amt feien öfters Don ber Otbnung gemidjen, fo erfeheit mir barauS,. 
baff ©djornborf nur im Sinne feiner Kollegen ^anbelte, bie als 
§erren ben Untertanen nicht atlju Diel Slücffidjt ju frf>ulbett glaubten. 

3m 3aljre 1798 mar Bürget ®aniel ©djornborf ÜRitglieb 
ber Slommiffion für ©inquactierung. @r trat aber am 15. Oftober 
biefeS Sa^reS roegen ber Dielen eigenen ©efrfjnfte jurücf. 

1803 begann eine neue Sßeriobe Don ©djornborfs politi}d)er 
ITätigfeit. 2llS ÜtatS^err ju SBeinleuten gehörte er miebet bem 
kleinen IRate unb halb aucf) Derfchiebetien Äommiffionen an, fo feit 
1806 bem Seputatenanit, @f)egerid)t unb ber ^Sflcgerei beS ©pitals 
unb feit 1807 ben Slelteften ber franjöfifdjen Sirene. 3a 1813 
trat er fogat in ben ©taatSrat ein, melcfjer an ©teile ber frü= 
{fern XIII bie roidjtigften fragen beS Staates beriet. 3)er Hob 
ereilte iljn am 25. 3anuar 1817 in SBpt bei SRafj, unb er mürbe 
auf bem bärtigen ^riebfjofe begraben. 

$et SRadjruf, ber iljm im gleichen 3af)te in ben Berf)anb= 
lungen ber fchmeijerifchen gemeinnüfcigen ©efeOfcfjaft ju teil mürbe, 
rühmt ihn als freunblich forgenben Bürger, als 2Ritglieb bet 
gemeinnützigen ©efeflfdjaften unb Slnftalten unb als liebeootlen 
Unterftüfcer unb Berater ber Slrmut, ber aller Siebe unb Sichtung 
erroorben h Q ^- 

(gortfefcung folgt.) 



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er <^tnnaftarc(ja f|atttf^$ mb 
feine Hn^en. 

Don 2Ilbcrt «Segler. 

9 

||fer twr bem Sagte 1880 in? 93a?ler ©pmnafium gegangen 
ift, wirb fief) erinnern, baß jum Snöentar biefer Slnftalt jwei 
ihr [toben gehörten, ältere ©c^üler, benen bie 93ejorgung bet hinten» 
fäffec unb anbere Heine $au?gef(f)äfte oblagen. Segt werben biefe 
Arbeiten ootn Slbwart beforgt. (Sin folget ejiftierte im ©tjmnafium 
febon im Sagte 1797; aber bi? jum @nbe ber fiebriger Sagre 
be? lebten Sagrgunbert? gatte er bie Äuftoben jur ©eite, bie eben 
ba? beforgten, roa? bie weiften oon unfern Sefern fie tun gefegen 
haben. S8or 1797 mar ba? anber? gewefen. 2)a Ratten bie ^uftoben 
bie ganje Slrbeit am ©tjmnafium oerriegten müffen. 21jeopgil 
S3iucfgarbt*33iebermann *) berichtet barübet am ©egluffe feine? fo 
»erbienftticben 99ucbe§ über ba? 93a?ler ©pmnafium. 

|jeute nun möchten mit ein ©cgriftftücf twrlegen, roeltge? fi«b 
mit biefen Äuftoben gattj befonbet? eingegenb befegäftigt, au?fügr= 
lieber al? bie? in bem genannten SBerfe gefegiegt. 9lber nicht lebig* 
lieb barum möchten mir e? barbieten; ein folget Sjlur? ju bem 
bei Surclgarbt gegebenen SSefentlicgen ber ©aege gat al? folcger 
nur untergeorbneten SBert; ba? ©egriftftürf lägt un? jebo«b in 
aÜerganb anbere SSerbältniffe bliden. 3unä«gft in petfönlicge be? 
^Reftor? (©tjmnafiartga) 3a!ob ©griftopg 9tamfped, ber genug 



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173 



in getjerabenbg fnrifierenbem ©orträt jdjon manchem unferer gteunbe 
»ot 2lugen gefommen fein roirb. ©obann in aHerbanb ©ürger* 
lid)e§ hinein, bem oft bet Stnftug einet geroiffen Somit nicht fehlt 
Surj, mit tjoffen, baß mir für unfere ©ublifation, abgefeben non 
bet ©rgänjung bet ®r)mnafium8gefd)id)te in einem unmefentlidjen 
Jeit, einigeg Sntereffe raetben finben tönnen. 

Sßa8 mit bringen, ift alfo ein au8 bem Slrdjio beS ®pmnafium8 
gejogeneg ©cbriftftüd beS ©tjmnafiarcba ©amfped, eineg ©tanneg, 
Don bem ©urdbarbt 2 ) nid)t atlp öiel ®ute8 ju berichten meife. 
3d) entnehme bem ©urdbarbt’fchen 93ud)e fotgenbeS: 3. ©. ©amfpetf 
mat geboren am 6. September 1722 al8 ©oljn be§ ©farrerg ju 
©t. Qrlifabetben, ^atte, nach Slbfolüierung bet ©astet nieberen unb 
hoben ©(buten frfjon 1737 bie ©tagifterroürbe erlangt, batte bann 
©tebijin unb Sotanit ftubiert, als Dr. nied. 1743 ©eifen nach 
©ertin unb anbern Unioerfitäten gemacht, mar in ©öttingen Sllbrecbt 
oon patter näbergetreten unb bann na(b ©ari8 gegangen. ©ad> 
feiner §eimfebr erbiett er burcb ba8 So8 bie ©rofeffur für ©tatbe= 
matif, oertaufcbtc fic bann aber, nacbbem bie ©cgenj bem ©rofeen 
State oerfcbiebenttitbe ernftlidje ©orfteltungen gemacht batte, 1748 
mit Sobatin ©ernoulti II., ber ibm bafür bie ©rofeffur ber @lo* 
quenj abtrat. 3 ) @r unternahm bann nocbmat8 Steifen unb tant 
babei nach Serben, nad) ©nglanb unb mieberum nad) ©ari8. 1755 
tief it>n bet afabemiftbe ©enat unter Stnbrobung be3 Stmt8oertuft8 
jurüd. @r begann bann eine tnebijinifcbe ©raji8 unb bat biefe 
aud) nod) nach feiner ©rroäblung junt ©eftor (1765) fortbetrieben \ 
namentlich fott er Sinberfranfbeiten bebanbett haben. @r ftarb ant 
28. ©ooember 1797. 

©urdbnrbt bejeidjnet feine SBabl jurn ©eftor al8 feine gute;. 
e8 habe ihm namentlich an ©eroiffenbaftigfeit gemangett. Jabei mar 
et ein Querulant, „unermiibtid) in ©upplifationen, roo er ju futj. 
ju fommen glaubte, unb in ©eftamationen, mo ihn gerechter Jabel 



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174 



1 



getroffen fjntte, ober Heine Strafte gum 2Bof)le her ®d)ule Oon ibtu 
»erlangt mürben, bie nicht au?brüdlich in feinem Sßflicbtenbefte 
ftanben." ©o wenig wie mit ben 23ef)örben »erftanb er fidj mit 
Settern unb ©Gütern. 

Unter fein Steltorat fällt bie Sieuorbnung bet Stuftobenange* 
legenbett. 4 ) 2öie fdjon gefagt, Ratten oon 2llter? !fer gmei ©d)üler 
bie Neigung unb Steinigung ber ©djuljimmer beforgt unb waren 
bem Steltor gnr Verfügung geftellt gemefen. ©ie wohnten in einem 
befonbern „©tüblein" be? ©pmnafiutn?, befcbeiben genug; benn au? 
bem golgenbett gebt b etöot - bnfs fie ihre Setten felbft bortbin 
liefern mufften. Slfit feinen Stuftuben batte nun Stamfped nicht 
»iel @lüd. 3m 3ab re 1769 mar ibm ein $ufto? näcbtlicbernjeile 
in? §au? eingebrocben unb batte ihn beftoblen. Slnbere Unorbent* 
liebfeiten fanten bingu; man glaubte ihnen fteuern gu fönnen, inbent 
man bie (Srneuerung ber Stuftoben in bie §anb bet Sifitatoren 5 ) 
legte. 2lber aud) ba? genügte nicht, unb ber Slntifte? (Smanuel 
Slierian, ber bie eben gemachte Sluftobenorbnung entworfen batte, 
»erlangte ftatt ber Stuftoben einen Slbroart. 2lber bie ffinatig; 
»erwaltung wollte, wobl weil c? billiger war, beim alten Stuftoben* 
Stegime bleiben. Ser Slntifte? aber fefcte nochmal? an unb brachte 
bie ©a<be »or bie ©chulfoinmijfion. Sie? mar im 3fabre 1795. 
Silan fteßte nun eine Unterfuchung an: ©djultbeih SBielanb »er* 
langte »on bem Sieltor eine genaue Slufftellung über Pflichten unb 
Siedjte ber St'uftoben, unb bie Antwort auf biefe? Segebren ift nun 
ba? »orliegenbe ©chriftftüd. @? ift fo beutlid), wie man bie? nur 
wünfchen lann unb geigt unter anberm, bah ber $ert ©tjmnafiard) 
mit ber Stbfcbaffung ber Stuft oben gar nicht einoerftanben gemcfen 
wäre, ^namentlich aber läfjt e? un? erlernten, au? wie oiel {feinen 
unb lleinlichften Singclbeiten ficb bamal? noch — man benfe, im 
Zeitalter ber Slufflärung — bei un? foldje ©tellelein wie bie ber 
.Stuftoben unb ihre Sefolbung gufammenjebten. 



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175 



3m übrigen ift bann bie Sommiffton über bie Sßünfche 
Slarnfpeds ^inroeggegangen unb b°t 1797 für bie roicfjtigeren ®e* 
fehäfte wie Peinigen unb §eijen einen Abwart angefteKt, nicht fij, 
nur im Afforb. ®a8 Amt ber Stiftoben t>at fortbeftanben, allere 
bingS in anberer fjorm. ©ie mürben ju Votenbienften, 3 um 9iei= 
nigen ber lintenfäffer u. f. w. benüfct. ©rft ber notierte fReftor beS 
©hmnafiumS, Ißrofeffor grijj Vurcfljarbt, hat, auSgehenb öom ®e* 
banfen, baß baS feine Arbeit für ©cf)üter fei, bie Seamtung aufgehoben. 

P. P. 

2)a äJfeitt 3njonberS .gwchgeehrtefter $err ©tabtfchrcibet 
SBielanb 6 ) biefer lagen, nomine (£. £. ©chulcommission, 7 ) einen 
Bericht non mir Oerlangt hat, anbetreffenb bie Custodes beS Gym- 
nasii, fo habe bie @h te SolgenbeS SO? einen ©näbigen, |>och a 
geauten unb |>ochgeehrteften ^errett über biefen ©egenftanb 
gejiemenb ju metben. 

@S ift fcbon feit Anfangs biefeä Seculi, unb auch noch früher, 
ber ©ebrauth gemefen, baß jttr Beforgung ber Angelegenheiten 
beS Gymnasii, jmeg ermachfetie ©thulfnaben oon Bürgeren, oon 
bem jeweiligen Gymnasiarcha finb angenommen unb beftellt worben, 
unter beffen Direction, Anleitung unb befehlen fie geftanben, ber 
bie Aufficht über fie gehabt hat, unb fie jur Beobachtung ihrer 
Verrichtungen unb Pflichten angehalten. ®iejet Observantz jufolge 
habe ich feit Anfang meines Amts bifj jejjmtb jeberjeit jmet) Gustodes 
gehabt; bie letften, bie Anfangs ber §unbstagen im oermichenen 
Saht quittiert haben, waren 2 ©ebrübere ©riininger, beS ÄüfferS 
©ohne in ber SCfcfjemet Vorftabt, 8 ) worauf ju neuen Custodibus 
angenommen Baltljaf. Ofuntpf, beS SornfchreiberS S’nab, 9 ) unb 
©man. ^inbenlang, beffen Vater ein Saglöhncr, betjbe über 
15 Sahre alt. 3)iefe ihre Väter haben mir alles Siebs unb ©uts 
non ihnen »erjprochen, wie bajj ihre Snaben alle ihre obliegenbe 



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176 



©efcf)äfte benötig beforgen, unb mir ade salisfaction geben werben ; 
ben ^inbenlang habe icb mit Sßorwiffen unb ©ut^eiffen ©einer 
hodjwürben fetten Antistitis, 10 ) bor etmon 4. Söorfjen, als einen 
lieberlidjen Surfchen unb JaugenichtS, ber oft 3. 4. 5. Jage fid) 
ntct)t hot fehen taffen, unb untetbeffen baS ^anbroet! eines s. v. 
©chweintreiberS getrieben, fortgefchicft, beffen SSater auch ein fchlechter 
tieberlidjer 2Jtann, unb neülicf) in Utij. ®n. Herren Serljaft ge= 
roefen, beme bet) feiner Soßlaffung unsagbare Aufführung bet) 
3uchthouSftrafe ift injungiert morben. 11 ) 

SJor^eiten unter meinem feel. Herren AmtSborfahr, 12 ) unb auch 
eine 3eiilang mährenb meines Amts hot bet Gymnasiarcha bie 
Auswahl unter 4. 5. 6. unb noch mehreren finaben gehabt, bie 
ficf) um eine Custosftefle beworben, unb fich beßwegen bet) mir ge= 
melbet. Allein feit etwan 6. 8. iahten haben ft<h b\t Seiten ge= 
waltig geänbert, inbent fich bie Anzahl ber baju tauglichen erwach' 
fenen Knaben, unb bie es begehrten, fehr berminbert haben. Sch 
war barüber berfd)iebene mal fehr berlegen, wo ich einen tauglichen 
ffriab auSfinben tonnte, unb anftatt, bafj bie ©chultnaben fich 
barum beworben, muffte ich ihnen f° jureben, nachgehen, fie an= 
fragen, ob fie bie CustosfteDe annehmen wollten, unb fie ober ihre 
Eltern gleichfam bitten, es anäuneljmen. ®rofje unb erwachfene 
SürgerSfnaben finb fehr wenig in ber Jeutfchen ßlafj, unb Heinere 
bon 10. 12. Sahren tan man nicht gebrauchen. 

@S beliebten mir ÜKeiit hochgeehrter §err ©tabtfchreiber ju 
melbeit, bafj ich an beS fortgefcbidten ^tinbenlangS ©teile leinen 
neüen Gustodem biß auf ferneren Söejdjeib annehmen möchte. 
Allein, erlauben ©ie mir, ein einjiger Gustos ift nicht sufficient 
alles gehörig ju berftehen, infonberhcit 8. ©chulflaffen ju wifchen 
unb anbereS mehr. Sch habe gleich nach gortfchicfung beS §inben= 
längs, alfo fcfjon bor 4. SBochen, ad interim einen jungen SBhbert, 
beffen Später ein bürftiger Sörbcrgefell 13 J unb SBittmer, einen ge* 



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177 



jitteten, ftiHen Snob, unb fleißigen ©chüler, roie e« $err Cand. 
Seüdjt u ) bejeügen tan, angenommen, unb, jo ju reben, bitten miijjen, 
inbent et mir bebeütet, roie baß jein Sater oernommen, baß bie 
CustosfteQe jo wenig eintrage, unb man ja baSjenige, roa« jie 
bißheto bejogen haben, Stnftanb mache ihnen jufommen p lafjeu; 
Siejem jungen SBtjbert fann ich ba« Conge geben, mann man e« 
nöt^ig finben wirb, et roirb e« aud) gar gern annehmen; inbem er 
bie Custosjlelle meiften« aus affection gegen mich angenommen, 
ba icf) mit jeinen @roß@lteren, benen icf) jdjon oiele ©efälligfeiten 
erroiejen habe, rooljl befannt bin. 2)er Custos Stumpf will ferner 
bleiben. SBa« nun ihre obliegenben Verrichtungen unb Pflichten 
betrijt, jo habe bie @fjr foIgenbeS p melben. @8 ijt oon jeher 
ihr 2lmt geroefen, am Söinter bie Seürung ber 8. ©djulftuben, unter 
be« Gymnasiarchae öbjorge unb Veranftaltung, p Herrichten, p 
bem @nb be« SDtorgen« frü^c, etwa« oor 6. Ut)r, aufpfteljen, ba« 
geuet in ben Öfen anpjünben, oon geit p Seit gehörig nadjp* 
jeßen, nachpjtoßen — überhaupt alle mögliche Sorgfalt p Ver* 
hütung eine« Unglüd« anproenben, unb bann gegen 8 Uhr, wenn 
alle« oerbrennt ift, bie Öfen p bejchliejjen, bamit bie Stuben, 
roatm bie Schul angeht, benötig erroärmt fepn jotlen. Sch habe 
eS aber gar nicht ber Custodum arbilrio unb SBillführ über* 
lajjen, roie man e8 etroan oermepnen möchte unb man e« auch wirf* 
lieh oermepnt hat, nach SBohlgefallen ftarf, mittelmäßig ober nur 
roenig einpfjeißen, jonbern nach bem SDfaaßftab ber falten ober ge* 
ünben SEBitterung; p bem (Snb habe ich ihnen alle Stacht, ehe jie 
p Seite gegangen, angejeigt unb befohlen, roieoiel ©cheiter ipolj 
jie ben folgenben SDtorgen in ben Öfen thun jotlen. Srenuroetlen, 
bie mir bie 25omprobftep liefert |: welche« feine jogenannte Depu- 
taten*2Bellen jtnb, jonbern nur geringe ordinarie fleine :| haben 
jie gewöhnlich pr Slnjünbung, bamit bie ©cheiter halb in flammen 
fommen, brep genommen, freilich war e§ difficil, ba« punc- 

SBasIct 3af)rbutf) 1903. 12 



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tum saturationis, nicht ju oicl unb nicht ju wenig, ju treffen; 
batb war eg ben fetten Praeceptoribus ju falt, botb ju warm, 
barüber ict) oft öielen Serbrug gehabt hob. Sieje Jeürung ift nun 
biß dato oon ben Custodibus beftänbig oerridjtet worben, unb ift, 
Oiott fei} San!, niemat fein Ungtücf gejcheljen, aud) nicht einmal 
eine Qieüerggefahr. Sie hoben für biefe ihre öemühung beS Gin* 
feücrng, oon benen 17. & (öfteren tpolj, bie ich jährlich ju belieben 
habe, jeber oon ihnen ein ©djeit genommen unb nach -paufj ge* 
tragen. Gg bot aber für biejen SBinter G. 2. Ijaußhaltung 15 ) für 
gut befunbeu, ju mehrerer Sicherheit, einen geftanbenen Wann, ben 
^ßeter ©eiffer, jur Ginfcüerung ber Classen ju befteKen, ber alle 
Worgen gegen 6. Uhr fommt, um einjufeüern, bem ich ju bem 
Gnb ben $au6fd)(üffet jugefteßt unb ber aud) bie 34 ©djeiter ^»olj 
bezogen, bie bie begben Custodes oorhero gehabt haben. 

ferner ift ihre Pflicht, bie 8. ©chulftuben gehörig ju wifchen» 
ju fäubercn, Sijd)e unb 33änfe abjuftauben, bie Spinngewebe weg* 
juwifchen :r., baju fie oon mir wöchentlich jweg 5}ejen empfangen. 
Söifjhet ift eg gewöhnlich jwegmal bie Söoche Sonnftagg unb ©am* 
flagg gejdjehen, ba fie ban gewöhnlich gleich Nachmittagg um 
1. Uhr |: ba nad) ber alten Drbnung an biejen Nachmittagen feine 
©d)ul gehalten würbe :| angefangen unb gegen Slbenb bamit fertig 
geworben, inbent, wenn eg gehörig gejchehen foll, eg geit unb SBeit 
erforberet. 3efeunb aber, ba am Sonnftag bijj um 4. Uhr Schul 
gehalten wirb, ift eg infonberheit in ben furjen SEBintertagen, biß 
Nnfangg ber Sunfelljeit bamit fertig ju werben, jehr difticU. 3lm 
©amftag wirb bijj um 3. Uhr Schul gehalten, ba beim bie gleiche 
©djmierigfeit fid) wegen ber ßürje ber 3eit ereignet. 3a biejen 
Nachmittag haben fie noch mehrereg ju Oerridjten, alg nämlich bie 
affixa ber ©ejänge für bie Sättftunb unb ben folgenben Sonntag 
«ufjujudjen, beg Slbenbg für bie 33ättftunb an ben ftirchtljüren an* 
juljängen unb wieber abjuljängen, in bie Somprobfteg ju gehen. 



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179 



um bie 99cfen abjuholen, allmo fie auch öfters oufge^atten werben ; 
bie ©offen üor meiner SBohnung ju wifcffen, ben ©ingang in baS 
£jauß, unb auch öon 3eit 3“ 3«it ben |jof; non biefetn aber ift 
ju bemerfen, baß, wenn er fdjon geroifdjt ift, er oft fogleich öon 
ben gruchtroägen, bie öfters fommen, wieber üerunreiniget wirb. 3a 
es gefdpeht auch ju 3 e >* e n, baß, menn fie 2>onnftagS unb ©amftagS 
finitä scholä roijdfen wollen, ficfj 3intmer(eüte in ben Classen 
biß Nachts aufhalten, wie es erft oorgeftrigen ©antftag gefdjeljen. 

gerner füllen fie öon 3 e >t 3 U 3 e it baS s. v. privat, meines 
öon ben ©djulfnaben |: unb bieS öfters aus SNuthmiden unb aus 
ißotfaß :| üerunreiniget mirb, mit l)eiffem SSaffer büßen unb faitbern. 

ferner müffett fie alle greptage Nachmittags gegen 3. Uhr 
■auf bem Sarfüfferpfaß bem £>errn Hlmofeufcfjafner bie ©affen not 
feinem |jauß fauber mifchen, 16 ) bie öon bem c. v. $8ieh öerunrei< 
niget morben, unb ihm nod) iiberbieS eint unb anbere ^außgefcßäfte 
öerrichten, fo baß fie oft erft gegen ülbenb fertig werben unb in 
bas Gymnasium jurüdfommen. @S praetendiert ©erfelbe ferner, 
baß, fo oft er $olj befommt, bie Custodes baffelbe in fein §öf= 
lein hinter bem §auß tragen unb beügcn foUen; er fdpdt beß* 
wegen feinen 93ettetoogt, ben Cladi Sßeiffenburger 17 ) in mein |jauß, 
um es ihnen anjufagen, baß fie ohne alles gehlen fommen foden, 
eS fetjen ein ißaar SSägen $olj atigefominen; bieS ift mir öfters 
fdjon fehr ungelegen unb unangenehm gemefen, inbem es etroan auf 
einen ®onftag ober ©amftag gefchehen, ba fie bie Classen mifchen 
füllten, ober auch an einem anbem Jag, ba fie fonft ©ejchäfte in 
bem Gymnasio haben, als etwan SBrenmoeden, §olj, fo ich 
empfangen :c. ju bejorgen unb üor bem Negen ju öerroahren. 
•t>r. ©cßafner aber praetendiert, biefe feine ^oljgejchäfte gehen 
auf feinen Söefeht allen anbetn üor, unb brohet ihnen, biejenigen 
■6. 93ß., bie fie wöchentlich aus bem 91dmofen ju beziehen hoben, 
ihnen nicht öerabfolgen ju laffen unb innjubehalten. 



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180 



geeiter, roenn SSägen mit ®rennroellen in ben ©chulhof, jur 
geüerung her Classen unb auch jit meinem ©tbraudj, fommen r 
fo jotten bie Custodes fie Reifen ablaben, jählen, in bie baju 
destillierte SBellenfammet tragen unb aßba gehörig rangieren 
unb beugen, groar, roaS baä 3“^ en berfelben betrift, fo f)ab ich 
e§ biß^ero felbft beforgt, unb bin, bei) aller SBitterung, bei) ber 
Slblabung berfelben felbft gegenwärtig gemejen, roie eg £>r. ©afjlet 
in ber Somprobftet) betrügen lann, bamit @. £. ^»au^altung, bie 
bie SBefien burcf) bie Somprobftet) fourniert, nidjt betrogen roerbe, 
inbem bie c. v. fchelmifchen SEeKenbauren, ju ihrem SBortljeil, im 
Säulen, wenn man nicht genau Sichtung giebt, gern betriegen. 

SSenn bie 17. Slafter $oIj, laut meiner Competentz, fotn* 
men, feilen fie baffelbe, wenn e8 genauen unb gefpalten, in ba& 
§oljhaufj tragen, bafür fie au8 ber Somprobftet) jufammen 17. ßftaafi 
SBein unb fo eiel Sßfunb ®robt, allfo jeglicher bie Reifte baoon 
ju bejieljen l)at. 

gerner follen fie Sienftag Niorgenä, ©amftag SIbenbg unb 
ben Sonntag bie ©efangaffixa an bie Äirchthüren exact beforgen, 
ju rechter 3eit anhängen unb abljängen, ^ernac^ bie ©efänge in 
bie baju gehörige «Schachtel ober fiaben roieber gehörig oermahren. 

(Sinige Sage oor bet Slugtheilung be8 SchulertuchS 18 ) follen 
fie bie Sucher auf Slnmeijung feiner .podimürben §erm Antistitis. 
bet) ben Saufleüten abholen, fie in 355of)lbeffen ®eljaujung tragen, 
unb oott ba ben Vormittag oor ber SluStljeilung in ba8 Gymna- 
sium, unb felbigen Nachmittag bijf auf ben Stbenb jur Slufroattuug 
ba fepn. Sit Literas circulares üon SBohlbemeltem £>ertn An- 
tistite an bie S. T. sperren Visitatores l9 ) gehörig herunttragen, 
roie auch jur Examenjeit bie Themata ober Argumenter an bie 
S. T. Herren Professores. 3ur Promotion» jeit *°) bie ®üchet ju 
ben praemiis bei) ben ®ucf)hänblern abhofen, ben Suchbinbern über* 
bringen, unb alle anbern aläban oorfallenbe ©efchäfte mehr gehörig. 



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181 



’fiejorgen. Sot ber Promotion bic ©tiihle au! ber Sirene in ba8 
(£ljor trogen, bomit bie Knaben fifcen fönnen, unb fie beit folgen» 
bett Jag wieber megtragen, unb au8 5lnlafj ber Promotion nod) 
fonft anberel ju oerrichten. 

Sorhero haben beftänbig bie Custodes in ihrem ©tüblein, 
barinnen fie ju SBinterljeit mit Sorficht einjufeiiern bie (Srtaubnil 
Ratten, fdßaffen miiffen, jefctunb aber habe ich ihnen erlaubt, bet) 
4?auj5 ju bleiben, ba fie nicht meljt nötfjig haben, bei SDJorgenS 
früh einjufeüern, infonberljeit aber weil fie aul Jürftigfeit um ben 
3in& ihre Sette entlegnen mußten, unb ihnen bie Koften bei Sett» 
jinfel ju erjparen. 

©ie foßen aber bei SDiorgcnl, infonberljeit bet) ben längeren 
Jagen, gleich nach Ijalb 8. Uljr fid) in bem Gymnasio einfinben, 
um bie §aufjthüre, jammt ben Säben ber 2. ©d)u(ftuben gegen ben 
SJJünfterplah ju öfnen, fict) aber ohne mistige Urfad), unb ofjne 
bei Gymnasiarchae SBormiffen unb (Erlaubnis, nicht megbegeben, 
fonbern ba oerbleiben, bifj um 11. Uhr bie ©cf)ut geenbiget, itibem 
wegen aßetl)anb unöorgejehene SßorfalXen^eiten unb ©reigniffe ihre 
©egenroart nöt^ig ift. Um 11. Uhr foßen fie in bie Classen 
gehen, um ju fehen, ob 51ßel in gehöriger Drbnung fet)e, ob nicht 
etroan ein t^enfter offen unb nid)t in bem Niegeli, ba bann oon 
bem 2Binb fömtten ©cheiben ^erbrochen werben, mie el auch fefjon 
gejdjeljen; ob nicht etraan, mie el fihon öfter! gefchehen, unb ich 
felbft bet) meiner öftern Visitierung ber Klaffen nach 11. Uhr 
beobachtet, oon ben Knaben bie ©tubenthür fönnte offengelaffen 
toorben fepn unb allbann bie ©tube auf ben Nachmittag üerlältet 
werben, mie benn auch fchott meine unb auch ftembe Kafcen, wenn fte 
bie Jljüren offen gefunben, in bie ©tuben gefchtidjen unb fie oerun» 
reiniget haben. Wlbantt fönnen fie fid) nach Sejchlieffung ber |>auf5= 
thüre nach §aufj begeben, ©ie foßen aber um */* auf 1. Uhr fich 
toieber einfinben, um bie fiaultljür ben Knaben wieber ju öfnen, 



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182 



itibem eg nicht bei Gymnasiarchae Stml unb ^ßflicfjt ift, eg 511 
tljun, bafür finb bie Custodes |: hoch ober habe id) bifjanhero 
bie Öfnung bet Iwufjthüre um biefe Seit felbft beforgt .| Sie 
füllen jebocf) aufg fpcitefte um 1. Uf>r fid) einfinben, weil eg gu 
feiten gefdpeht, bafj etman einer her fetten Praeceptorum au§ 
Unpäjjlichfeit ober fünften nicht in bie Schul lommen Ion, ber 
bann ben Gymnasiarcham borübet berichtet, worauf ich ben 
Custodem in bag Collegium bet) Seiten fd)iden muff, um ben 
Studiosum Vicarium, 21 ) ehe et auggeht, gu befteöen. Weine 
Wagb beg biefem Slntafj in bag Collegium gu fchicfen ift nicht 
meine Pflicht, roie eg aber auch jd)on gefcfje^en, ba bie Custodes 
noch nicht um bie gehörige Seit ba mären. Sie füllen aber auch 
in bem Gymnasio, mie am Sßormittag, bifj gu Snb ber Schul 
bijj um 4. Uhr oetbleiben, weil man nicht miffen fan, mag etroan 
oorfallen fan, algbann roieber in ihre Classen gehen, um wegen 
ben genfieren unb ber Stubentljüt nachgufehen, mie um 11. Uhr, 
inbem bie Herren Praeceptores öfters beg SRachmittagg, wenn 
bie Sonne in bie klaffen fdjeint, bie genfter öfnen, wenn fie 
oermeinen, eg feg in ber ßlafj gu warm; hernach bie ^aujribür 
gumadjen, unb bie Säben gegen ber ©affen gehörig befchlieffen unb 
üetriegeln. S^ar wirb feit etmag Seit oon bem Schreibmeifter bijj. 
um 5 Uhr Schiri gehalten, ba bann bie §aufjthüre bife um biefe 
Stunb offen bleiben mufj. 

SBag enblid) ihre Pflichten unb Obliegenheiten gegen mich ben 
Gymasiarcham betrift, fo ift eg jdjon Oon Sllterg her bie Obser- 
vantz gemefen, bah fie unter beg Gymnasiarchae ^Befehlen ge» 
ftanben, um fie in feinen ©efd)äften gu gebrauchen. Unter meinem 
£nt. ?lmtgoorfahr feel., ber, feinen übrigen SBerbienften unb ®e* 
lehrtheit unbefdjabet, wie befannt, eine etmag unorbentliche deran- 
gierte menage gehabt hat, unb auch mit ^intetlaffung oieler 
Schulben geftorben, haben fie müffen Oöflig |jaugfned)t* unb Wägben* 



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183 



bienfte thutt, in bie @d)ot unb auf ben SWatft gehen, ben SSein 
in ben S33ein= unb SßirthShäuferen übet bie ©affen holen, ba er 
feinen Competentzroein ju ©eit gemailt unb nertauft ^at, SOSaffet 
oont Srunnen in ben 3überen in bie Äudji tragen unb noch BieleS 
anbereS mehr, roie id) es non noch lebenben Custodibns unter ihm 
oernomtnen, als |>r. ©pittalmeifter ©alathe, is ) SJJeifter Safob 
3D?eper ä3 ) bem ©cfjneiber, roie aud) Bon bem erft Bor ein $ßaar 
Sauren Beworbenen ÜDJeifter ©alatfje bem ©d)umather ju ©t. Sllban,* 4 ) 
beS ©pittalmeifterS Sruber. 

3cp meine? Orts brauche fie, ohne fie Bon ihren Slmtsoer» 
richtungen ober Bon Sefuchung ber ©cfjul obju^alten, nur ju ge^ 
ringen unb leichten Commissionen, als etroan eine 3eitung ju 
holen unb roegjutragen, einen ©rief ober fonfit ein Rillet irgenbroo 
absugeben, ein Such in ber Sefegefeßjchaft für mich ju holen ober 
roiebet hmjutragen, ben fftathSjebel an Seljörbe ju überbringen, in 
ber Slpotljef Krjnepen für mich ju holen, unb etroan eine Bouteille 
frifch 2Ö affet, infonberheit jur ©ommerSjeit unb etroan noch an= 
bere unbebeütenbe $(einigfeiten. Sünbep thun fie biefeS mir nicht 
nöÜig umfonft, inbem ich ihnen jum ÜDfejjfram, llteuen Saht, meinem 
DtahmenStage ein Jrinfgelb gebe, bamit fie rool)l jufrieben fepn 
fönnen, unb bet) fonft noch anbeten SInläfjen. 

SBaS benn enblich ihre fixen intraden betrift, fo finb fie, 
bie Sßabrbeit ju gefielen, bei ben iefcigen theüern unb flammen 
feiten nicht fonberüd) grob, ba baS tneifte fchon oor Bielen fahren, 
vielleicht fchon im notigen Seculo stipuliert roorben, in roelchem 
ein Wappen, roie befannt, jo nie! geroejen als jejjunber 4. ober 
noch mehr. 

©rftlich hoben fie wöchentlich non |>rn. Slllmofenf^afner aus 
bem täglichen 2Wmofen alle greptag bet) SBifcpung ber ©ajj Bor 
feiner SBohnung 6. Saßen ju beziehen, roie ich fcpon ju tnelben bie 
©p gehabt, ferner haben fie geroöhntid) biß dato ein Stipen- 



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184 



dium Don 5. ißfb. fronfaftentlich gehabt; ber Custos SHutnpf hat 
aber dato nur 3. ^ßfb., barübet fid) fein Sater [fich] jeht beffagt. 
Item hoben fie Don mir bi§ dato fronfaftentlid) Don ben 13. ^ßfb. 
pro pauperibus scholasticis loco panis jeber 50. Sahen ju be= 
jiehen gehabt, barüber id) fcfjon bie Ght 'gehabt bie benöthigte 
SluSfutift ju geben. Item hoben fie fronfaftentlid) Don jebem 
©cfjulfnab 2. Wappen ju bestehen, roeld)e3 jo eine Äleinigfeit, bie 
SWiemanben lauer anfommen füllte ju entrichten; bie Slnjaljl ber 
ünaben ift Deränbertich; mären einmal roetiiger alä 250. unb 

auch n«cf)t mehr als 300. Item hoben fie Don bem Sifchoff* 

Safetfdjen ©djafner §rn. Sinbenmepet 25 ) ben lebten ©arnftag in 
jebem Sßonat ben foßenannteit SRonatlaib, 6. ß betragenb, 
nebft noch 10 onberen bürftigen Snaben, ju bejiehen. Qä ift aber 
habet) ju benterfen, baff fie bieje 6. ß fdjou bezogen, ehe fie 
Custodes tuaren, unb e§ aQfo fein specialeS beneficium für fie 
ift, inbem fie fich geroohnlid) unter ben 10. übrigen Änaben ftpon 
befunbcn hoben. Item haben fie am (S^arfreitag laut einer alten 
©tiftung aus ber ®omprobftep jeber 1. fl. ju beziehen, bafür fie 
beS 2)forgen$ früh öon 0- bifj 9. Uhr ben SKünfterplah roifchen 
füllen. Son ben fogenannten Äirc^eujebelenen, raorinn bie Nahmen 
ber gierten ^Scebiger famntt ben ©efängen Derjeichnet finb, unb bie 
fie an Siebhaber beS ©amftagS h^omtragen, hoben fie auch nicht 
mehr üiel einjuneljmen, inbem bie Siebhaber berfetben fiep eine 3eit 
per fehr Derminbert hoben. ®a ihre Vorfahren steiferen 30. unb 
40. Don biefen Sfirchenjebelenen ju Dertragen gehabt hoben, fo finb 
fie jefct bijj auf 10. ober 12. gejcbmoljen, Don jebem hoben fie 
jährlich ungefähr 12. Sahen, baoon rnüfjen (fie) 3. ©tüd gratis 
auSgeben, als nämlid) bem $ernt $omprobftepfchafner, 26 ) SWmofen* 
fepafner unb $errn S. ©engenbach 27 ) als Organiften. 

$ln SBein unb Srobt unb anberem, baS nicht baar @elt, 
haben fie ju empfangen: 2luS bem täglichen Slßmofen Slnfang^ 



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* 



— 185 — 

Decembris ein ©aar ©cf)ul)e famrnt 6. (Sflen leinen 2uch ju einem 
4?emb, welche? ober, nach intern ©orgeben, fefjc gering, fhtecht 
unb grob fetjn foU. Um bie fämmtlichen oielen genfter in ben 
8. Glossen in ben |>unb?tagäferien an bent ©cunnen ju faübern 
unb ju roafchen, haben fie au? bec 2)omprobftet) jebet */* fl. famrnt 
3. 2 Kaa| Sßein unb 3. ©funb ©tobt, meines wahrlich für bieje 
Slrbeit, mit bet fie einige Jage ju tljun haben, niiht alljuoiel ift. 
©on ben 17. klaftern ^>olj, um fie in ba? $oljhau| ju tragen 
unb §u beügen, roie fcfion ju inelben bie Sh* gehabt, jufammen 
17. Nfaajj 2Bein unb jobiel ©futtb ©tobt, gür 2 mal be? BaljreS, 
griih 5 unb ©pätjaljt, in bet $arb ober fonften bie baculos ju 
hauen, au? bet Somprobftet) jebet 3. SNaafj 2Sein unb V* fooiel ©funb 
©tobt, ©et) jebet Promotion Dftern unb $erbft fiit ben ©cf)uf= 
hof ju roifchett ebenjo oiel, unb 12. ©robtroecflin. ©et) bet ©cfjul s 
tuet) Slufjtljeilung befomnten fie nach ®utbepnben ©einet ^joef)’ 
mürben fterrtt Antistitis unb nach bem SNafjftab ihre» SBobloet« 
halten? eine portion ©chulertucf). 

Sie? ift, jo oiel id) mich ju entfinnen roeijj, toa? fie an 
fixum bet) gegenmärtigen theüern unb flammen Beiten ju bejieljen 
haben. (£? ftnb aber oiele accidentien unb Xtinfgelter, bie ihre 
©orfahten genoffen, unb bie ein 3*emlidje? ausgemacht haben, ihnen 
oöfiig abgegangen, übrigen?, toie ich fc^ou ju ntelben bie (Sljt 
gehabt, fo oetmehne ich unmaaSgebtid), bafj e? nicht mohl angehe 
nur (Sinen Cusloflem in bem Gymnasio ju haben, ba ja be* 
ftänbig 2. gemejen, auch Jiueifle id), ob man eine taugliche erroad)* 
jene ©ecjon finben roetbe, bie fich resolvieten mirb, roie e? bie 
Otbnung erfotberet, täglich aon 8. bifj 11. Uhr, unb Nachmittags 
oon 1. bifj 4. Uhr beftänbig in bem Gymnasio jit betbleiben. 

(Ss haben oetroichenett gfretjtag Nachmittag? gegen v 2tbenb 
©eine .fjoebroürben §etr Antistes beliebt, mich mit feinem feht 
roettheu ©efuch ju beehren, ba ich benn auch mit ©Johlbentjelben 



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186 



Bon biefem ©egenftanb bie Custodes betrcffenb gef proctjeti , unt* 
meine ©eftnnungen borübet eröfnet. 

3d) überlaffe e§ übrigen^ bei prudentz unb ben 6injid)ten 
ton ÜReinen ©näbtgen, f)od)gea<bten unb $o<bgeehrtefterc 
Werten non S. ©tbulconimission gerinnen natf» ©utbeftnben 
ju oerfa^ren. Segelten Sie etioon eine weitere Srlaüterung ober 
einen ferneren Serid)t Bon mir, fo bin id) bereit bamit gejiemenb' 
aufjumarten. 

Sajet ben 24. Januar 1796. 

J. C. Ramspeck, Gymnasiarcha. 

N. R. 3 cf) depreciere feljr bet) (Jroer 2Bohl@belgebornetr 
SReinem |)ocbgeebrteften Herren ©tabtfchreiber, bafj id) nicht e^enber 
biefen ©eridjt 3h nen überjd)idt ^ob; bie Urfad) banon ift, baß icb 
leiteten Sonftag auf bem regten 3trm, wegen Äopfmelje unb an* 
beren Sefdpoerben, habe taffen eine Stber öfnen, banon mir ber 
Strm ein paar Sage lang etma§ gefdjmerjt hot fo bafj ich ba4 
Schreiben untertaffen mußte, unb erft geftern wieber im ©tanbe 
war bie gebet ju führen, ©ie belieben atfo biefen meinen Stuf* 
fdjub gütig ju pardonieren. 



Sem 2Remoriat be§ ©pntnafiar^a liegt ein Statt bei r 
in welchem bie ®omprobftei*@chaffnei genau mitteitt, ma§ bie 
Äuftoben jährlich Bon bort ju beziehen hatten. S3 ift an bie 
©chutfommiffion gerichtet unb ftammt Bom Sejember 1797, atfu 
au8 einer 3 e *t, ba SRamfpetf bereits feit einigen 2Bod)en tot mar. 
3<h taffe eä ber Sollftänbigfeit wegen b<« folgen; e3 fügt bent 
Bont IReftot berichteten nod) einige (Sinjetheiten bei. 




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187 



Serjeidinifj bet öon ben Suftoben beä Gymnasii au§ ber 
Xom^ßrobftet) bijjljer bezogenen jäl>rt. Competenzien. 

£ob( c . ©djut Commission auf Segelten eingegeben im De- 
cembr. 1797. 



$)ie Custoden tjaben bifj bato jätjrt., ba§ ganje Sotjt burd). 
in ber Stotnißrobfteg bejogen: 

SBotfjentlic^ 10 93efen, bagegen lifern fie baS Sirdjen gebetj. 

Stuf Sapjer §einrid)3 Jag jebem 3 9Jfa§ SBein unb 3 Sßfunb 
93rob. 

p in ben §unb§ Jagen bie fämttidjen fjenfiet im Gymnasio 
ju bufeen jebem V» ©utben, 3 $D?aä SBein unb 3 ißfunb 
Stob. 

3 m griitj unb ©patbjabt für bie ißacfeten ju fammten jebem 
3 9)ia§ SBein unb 3 ißfunb SSrob. 

p ben £>of im Examen ju föubern jebem 3 9J?a§ SBein unb 
3 Sßfunb Stob. 

p jebeä Stafter $otj ju oetforgen unb ju beiigen beib ju- 
fammen 1 2Jfa§ SBein unb 1 Sfunb Stob. 

Stm Öfter Sftontag ben SKiinfter 5 U faübetn jebem 

3 9D?a& SBein unb 3 Sßfunb Stob. 

J)ie Sanieren, SD?et)I= nnb Sobenroifcf), ©prifefad)et unb ©tuben* 
©djaiifelj mie aud) 3 über unb ßübet, werben nur ange* 
fdjafft, man e§ nöt^ig, gehören aber ttirfjt 5 U ben jätjrt. 
Competenzen, mie bie Custoden fid) eä b>aben attmaffeit 
motten. 

Safet, ben 9* Xbr. 1797. 

Jwmißrobftep ©d?affnetj. 



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188 



Jlnmerfutttgen. 



') ©eftbicbte beä ©pmnafiumä ju Safel. 3 ur britten ©äfularfeier im 
Auftrag ber Sd)ulbel)örbc »erfaßt oon Xi». 33urcff)arbt»Bicbermann. Safcl 
1889. (Gitiert als S.=S.) 

*) S.=S. ©. 149 f. 

3 ) Setgl. über biefe bamals fel)r ernftc, tjeute tragifomifdfe ©e[c^icE»te : 
^Scter Sierian „Sie 2Jiatf)emati!er Sernoutti," ©. 50 f. 

*) 33.4). S. 208. 

5 ) lieber biefe f. u. Slnm. 19. 

®) 3o(). ®einr. SBielanb (1758 — 1838). ©. über iljn $3.»8., ©. 187 ff. 

’) lieber bie ©dfulfommiffion oergl. S.43. passim. 

8 ) Gin Süfer ©rüninger rcoljnte bamals Slefdfenoorftabt 1003, jc$t 
77 („3um .öauenftein"). 

“) 3afob Gfjriftopl) Stumpf, Siitmeiftcr jum ©reifen, roar Äornf^reiber 
feit 1774. f 2lpril 1803. 

10 ) aintiftcä roar oon 176G— 1817 ©manuel Slcrian. 

“) Ser Saglöfpter SHubolf §ittbcnlang ift laut Urfeljbbud) (oon 1794 
biä 1798; Staatäarcfpo), ber §aft in ber „Sarenlfaut" (©t. Sllbau @dfioib= 
bogen) cntlaffcn unb roirb oor @. Sann geroiefen am 12. Hpril 1794. 3tm 
21. Stooember 1823 ftirbt ein 3 e t ti; 0räger Stab. §inbenlang (begraben ju 
©t. ©lifabetljen. — Gioilftanbsregifter), lootjl ibentifd) mit bcm „Sagliiliner.* 

* 2 ) Slmtsoorfalir Sfamfpccfs roar oon 1729—1763 Cand. granj Äafpar 
Saoib. Son 1763—1766 gab eö feinen Jteftor. 

,! ) ©in ©cibenfärber 3ol). 3af. SBgbert, f (laut Gioilftanb) am 2. ge= 
bruar 1819 (ju ©t. Scon^arb begraben). 

“) Cand. 3- 3- Scucfjt, angefteUt feit 1793, roar Seljrer an ber „Seutfdjen 
filaffe" (93. =53. ©. 199). ©r rourbc bann Pfarrer in Siegten, 1820 Siafon 
bet St. Bieter unb ftarb 1324. (Söeifs, Basilea Sepulta.) 

,s ) fbausfjathmg = ginanjoerroaltung. lieber itjre Stellung ben Seljrem 
gegenüber, f. 93. =8., ©. 175 ff. 

I8 ) 2llmofenfd)affncr roar feit 1759 ©matt. Srutfner J. U. C. ©r + im 
2lpril 1805 unb rourbc im Sföiinfter begraben. (Bas. sep. unb Gioilftanb.) 
©r rooljnte auf bcm Sarfüjjerplatj, naef) 2lbrcfjbud) oon 1798 Dir. 737 (nad> 
bcm oon 1862 Dir. 937). ©eine DBofjnung roar ein Seil beä Sarfüßerfl öftere, 
ungefähr an ber ©teile beb ©tabtfafinoä (oergl. fjeftbuct) jur Gröffnung bcs 
Ipiftor. DJlufeumd, 1894, S. 284). 



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189 



”) 3>er „ßlabi" (ßlaubiuö) äOeifscuburger fdjeint eine 2trt ftebenber 
Skjeidfnung geroefen ju fein ; ein foldjcr f 63-jährig im Slpril 1753 (ßioil» 
ftanb); gemeint ift aber tjicr jebenfaUcS ber in bet Bas. sep. at$ im 3abr 1806 
geftorben ermähnte „SUmofenbiener" 3“*- ßi)tift. SÖeifjenburger. 

,B ) Uebet bao ScbiUertucb am ©pmnafium f. SS. =33. S. 207. 

'*) lieber bie $ifitatoren f. 8.*8. passim. — 3m ^rotofoil ber Sd)ul= 
lommiffion fol. 39 jum 3obre 1796 (21. September) roerben alä fotdje, bie 
roodjenroeife baS ©pmnaftum ju befugen hoben, genannt: 1. Stabtfdjreiber 
gäfdf, 2. ^tof- Dr. §erjog, 3. SÄcifter Scgranb, 4. ^3rof. galtncr, 5. 6tabt= 
frfireiber Söielanb, 6. Mppellationsrat 3afob Sarafin. 

• 0 ) lieber bie im ©b or bei! SWünflerS abgefjattenen spromotionäfeicr[id>= 
leiten }. ».=». S. 158 f. 

S1 ) Ueber bie Silarc f. 8.=8. ©. 205 f. 

ss ) ffllagiftcr 3- 3- Salaifie mar erft „Gonbolierer", mürbe 1780 Spital: 
meifter unb ftarb 1801 (begraben St. Seonfjarb, [Bas. sep.]). 

s ') Sin Sdjneibcr 3»b- 3olob 'JDtepcr roirb am 10. SRouember 1798 ju 
St. ©lifabetben begraben, (ffiergf. 3- SBeiji, Serjeicbnis ber in Bafel oer» 
ftorbenen unb begrabenen 8ürger unb ©inroobner feit bem Sab« 1730 — 1819). 

**) ©in Scbubmatbcr .fjeinr. Salatbe mirb beerbigt }u St. 2llban 19. 3uii 
1791 (Söeijj, Serjeicbniä). 

”) 3) er Sifcbof = Safelfcbc Schaffner 9ticlau8 Stinbenmeper »ar fpätcr 
SEBarenfenfal ; 1816 roirb er alö „SllOScbgffner" bejeid^net ; f SDjäbrig am 
9. 3!oöcmber 1842 (begraben ju St. iJSeter. ©ioilftanb). 

M ) ®omprobfteifcbaffner roar feit 1789 Dr. med. Daniel 8emouUi= 
®urdbarbi (1751 — 1834), feit 1792 l’rof. med. 

”) ©briftopb »on ©engenbad) 8. M. C. rourbe 1784 ^Jräceptor ber 
Söcbterfcbute auf bem ©arfüfjerpiafj unb Drganift am Sliinftcr. ©r ftarb 
1797. (Bas. sep.) 




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Don <£. 31. Stiicf clberg. 

* 

^ie Sitte beS SEBaHfabrenS gc^t in bie altd)riftlid)e 3nt 
^unid; baS 3^ bet Pilger ift junärfjft baS (Stab beS SrlöferS, 
bann baS ©rab ber Slpoftetfiirften, bann baS anberet berühmter 
10?ättprer. SBidjtigfte SBaUfaljrtSorte finb alfo Serufalem unb 
tRom. Sin britter ©teile *) fpielt im 9J?ittetalter Santiago eine 9tolIe. 

®er ÜRationalljeilige oon ©panien roat anfangs ©t. Sßincenj; 
<tn feine ©teile tritt feit bem neunten 3at)rl)unbect ©t. Safob, beffen 
Heiligtum Santiago be Sompoftela ift. 

®ie Segettbe berietet, bet Ijeil. 3a!ob fei ber Slpoftel Spaniens 
geroefen unb feine ©ebeine feien nad) beS ^eiligen aRartertob ju 
Serufalem burd) jroei @d)üler oon 3oppe nad) ©aticien gebracht 
worben. 

3>er 93ifd)of oon Sria foll uniS Salfr 800 baS ©rab entbedt 
l)aben; fieser ift, baff baSfelbe halb baS 3«l fpanifcfjer, im je^nten 
3al)rljunbert fdjon auSlänbifdjet ©ilger ift. ©ifdwf ®almatiu3 

') 3to(f) 1670 gibt £>«begger Diss. de peregrinationibua religiosis, 
3iirid), bic Sieitjenfotgc : ^erufalcm, SRont, Santiago bc Gompofteta, 2orcto, 
<Sinfiebetn. 



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191 



t)on 3ria erreicht 1096, baß bet 9tame be3 ©ifdjoffifceä in ©an* 
liago be Sompoftela untgeänbett werbe; einer feiner 9tacf)folger fe|t 
im 1120 bie Srlfe&ung ber ®iögefe gum @rgbi8tum burdj. 1 ) 
©t. 3nlo6 wirb gleicf) ©eter unb ©aul Slpoftelfiirft genannt ; er 
ift ber gewaltige Reifer in ben ©d)lad)ten ber ©panier. §ll§ foldfer 
wirb et ber ©d)ufcpatron be3 Stitterorbenä oon ©t. Sntob gum 
©d)wert in ©panien unb Portugal 2 ) (um 1170). 

@3 war nun im SJtittelalter ©itte, bei großen unb Eieinen 
©ülfn* unb ©ittfaljrten ben ©efucf) mehrerer SBatlfa^rtSftätten mit 
etnanber gu öetbinben. Sie bie ©d)weiget mit ber fßilgerfabrt 
nad) (Sinfiebeln eine fotrfje nad) ©djöntljal, nacf) ber ©eatuäfjöljle 
unb nad) ©äcfingen 8 ) Eombinierten, fo pflegten bie fDeutfdjen auf 
bem Seg nacf) Santiago Sinfiebeln gu befugen. 31ef)nlicf) wall» 
fahren bie Stompilger oon fjeute audj nad) ÜDtailanb unb Soreto. 

®ie Saflfaljrt nad) ©antiago war, wie alle anbern Steifen 
in entfernte fiänber, im SJtittelalter befdpoerlid) unb gefälfrlid); gar 
monier ließ auf ber Jpin* ober Stüdreife ba« Seben. 1 ) SDtan pflegte 
baljer oor foldjem Unternehmen ba3 Xeftament gu machen. 6 ) ®ie 
Ißilgertradjt, 6 ) (Smpfet)tung3= unb ©ettelbriefe fdjü^ten gwar biö gu 



') 5- unb 3t. g. ©uerra Recaerdos de an viaje a, Santiago de 
■Ciaücia. HRabrib 1882. 

J ) Manuel Roquette Ordens Militares Portuguezag I. Seiria 1901. 

’) Sergl. bie Slusgabepoften beo 3iecE)nungobiic£)3 »on Älofier Älingentlfal 
im Sabter Staatbardpo, ©. 186: „gan ©infibten unb fant batten," @. 194: 
„ju unfer froroen gan ©infibten unb unfer froroen gan Sdjöntal unb ju 
fant frpbtin," 6. 198: „gan einfplben (fo) unb gan frontal unb gan fant 
batten unb fant fnjblin," ferner ©.211; biefc regelmäßigen 3öallfaf)rten 
fallen in bie 3af)rc 1463 — 1470. 

4 ) 3. SB. bie Sdpneij. Pilger » 01 t 1648 unb 1659. 

4 ) 3- ®- 1279; SSermä^tniffe non SRomfaßrern fommen fdjon weit 
früher (im 3aQr 744) nor. Sßergl. SBartmann, ©t. ©aller U.=0. 1. S. 12. 

•) diejenige beb Stiirnbergerb ißraun ift im ©erman. fRationatmufeum 
ermatten. 



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192 



einem geroifjen ©rabc ben fReifenben ; ausführliche SReifebücher ') 
gingen ihm an bie Jpanb unb unterrichteten ihn in praftijcher SBeife 
über Seg unb ©teg, Unterfunft unb ©elbroechfel. 3n ©infiebelt« 
pflegten fid) beutfche ©antiagofahrer, fogen. 3afob3brüber aufju= 
halten, roelche ißaternoftcr, mahrjcheinlich auch SafobSbilber »er* 
tauften, ein Brauch, bet oon ben ©tiftsbehörben gelegentlich ein» 
gefchränft mürbe. s ) 2)iefelben Brüber roerben moht auch münbtich 
9lu8funft unb SRat für ißilger erteilt haben. 

3eugniffe beS Safobsfults finben mir junächft Reliquien 3 } 
be§ Slpoftels unb jroar feit bem neunten 3ah*hunbett. £)ier eine 
fnappe Ueberficht über Heiligtum non @t. Safob in unfern Sipfano« 
thefen: SßfäöetS (nach 875), ©anft ©allen (9. 3af)rhunbert), Grinfie* 
beln (987—1039), SRuri (1064), ©chaffhaufen (1064), ©ngelbetg 
(1 1./12. 3ahrhunbert), SRheinau (1143), gürich (1170), ©anft 
Urban (1231), ^eitigenberg (nach 1252), Bern (1343), Bern* 
münfter (14. Sahrhunbert), Bafel (©t. ?lnbreaSfape£le (1459), fiujern 
(1460), ©hur unb SRanneborf (15. Sahrhunbert), Bafel (®ont 1511), 
^Bedingen (1517), Büren (St. Bem, um 1528), 3«9 unb Ufhufen 
(16. SSabrbunbert), ©anft ©allen (1693), Stltenburg (1715), Baar 
(1735), fiüfcet (18.3ahthunbert), ÜBollerau (1789), ©throtfö. 

©piriS Sujerner ®chaf)Oerjeicbtti§ J ) qualifijiert bie 3afobSreIi= 
qnien ber |>offirche näher, inbem er jagt: de casula sancti Jacobi 
Apostoli. 

') Sonrab fjäbter. 25aö SBaBfafjrtäbucf) bc« ftcrmannug Jtiinig oon 
Sadj unb bie ^itgerrcifen ber Scutfäen nach Santiago. Strafeburg 1899. 

2 ) Solche gigiircben würben in ©inftebcln ausgegraben. ?tnj. f. fcfftoeij. 
ätttertumsSfunbe. 1869. ©. 76—77 unb Jaf. VII. SRingbol} a.a.D. S. 279A.2; 
wie man in 3ürict) SWuttergotteäbilber für bie Pilger itacfi Sinftebeln IjcrfteUte 
unb uerfaufte, fo oertrieb man an lefcterm Crt Silber für bie Santiago» 
pilger. P. Dbilo SHingfjoIj 3üaUfat)rt0gcf<t)id)te 6. ‘282. 

3 ) 2Me Siadpoeife tjieju in ben SHegeften meiner „8efd)id)te ber SReliquien" 
unter ben bctr. Sauren, foioic in ben SUten meine« 9teliquienarrf)ios. 

*) Spiri Thesaurus, 6. 58— G2. SDicicr. ber Sürgcrbibliottjet Sujern. 



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193 



®a3 finb nur einige menige 0 rte, öon benen unä nuSbtücflich 
überliefert ift, ba& in ihnen ^Reliquien beä ^eil. 3nfob lagen; aufjer* 
bem l)aben mir Stnbenfen an Santiago oorauSjufefsen überall ba, 
roo Sirdben, ÄapeHen, Slltäre, Sruberfcfjaften in bet ©bre be3 
^eiligen Slpoftel» Dorbanben roaren. 

®ie§ gilt öon folgenben 0rten:‘) ftleinbietroql (1149), 
Portalban (12. Stabrljunbert), ^ürirf) (1221), Safel (1268), §ei= 
ligenberg (1273), Sucbreiit (13. Sahrhunbert), $hun (1340), 
@ftaoat)er4e=2ac (1363 unb 1379), pianconthet) (? 1412), Sujevit 
(1418), Sülle (1453), Sachen (1476), SRein (1482), ®ome3roalt> 
(1497), Steinen, Senlen, ÜRärftetten, Jänifon (15. 3ah r ^ un ^ er 0c 
Söfingen (1508), greiburg (1512), ©rmenfee (1565), ÜReufitcb, 
$aoel (a. b. 2f)ut), ©mmetten, Schropj, ©harntet) (1619), fjritf, 
Sacbfeln, @ftaöat)er4e=®iblouj (17. 3tabtf)unbert), SSJittnau (18. 
Saljrhunbert). fjünf ober jedß Kapellen geboren ju Siecbenbäufern.*) 

3tt jablreidpen finb nun forootjt bie ^Reliquien bureb 

fcbtneijerifibe Santiagofabrer in8 £anb gebraut roorben al8 auch 
bie ßapeKen, Slltäre, Silber unb Sruberf^aften bureb foldbe ^Silger 
jur ©rinnerung an ihre Sittfabrt geftiftet roorben. Ülucb ber Dfattte 
be§ ^eiligen roitb im fpäteren 2Rittelalter einet ber beliebteren unb 
nerbreitetften Sornamen in Stabt unb Sattb. St. Satob non 
©ompoftela ift ber „roabte Salob" im Unterschieb ju anbereit 
^eiligen biefeg SRatnenä. 

Ser ber St. 3a!ob?oerebrung in ber Scproeij nadjgeben will, 
roirb ficb in beit ®efcbicbt$quellen umtun müffen, um ju erfahren, 
wann unfere SanbeSgegenben beginnen, an ber Pilgerfahrt nach 



') 5!ergl. Dellion Dictionnaire für bic Jreiburgifdjen Orte, 3iüfcf)elcrä 
Ootteäfeüufer «nb TOalbburgerä SRegiftcr baju ©. ö5 (Seil, jum f. gebroeij. 
©efdjicbte 1900) unb Sangä ©ninbrifj. 

s ) 91üf<beler in StrdjiD f. ©cbioeij. ©efeb XV, ®. 182 — 219; ©ü()Ier, 
55er Sitöfab in ber Schwei}. Sujern 1902. 

®o8Ier gabrbueb 1803. 13 



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194 






Santiago teiljunehmen unb welche ^ec)önlitf)!eiten bie befcbtoerliche 

Steife unternommen unb ju (Snbe geführt haben. 

,f)ier eine Ueberficf)t über bie uns belannt geroorbenen 

Wahrten : 

um 1072. ©raf Gberharb oon Sßeflenburg unb feine ©attin. 1 ) 

1279. ÜJtai 26. Heinrich SBaflijetler, Bürget bon 3üric^, ber nach 
Santiago roafl fahren miß, macht ein BermächtniS.*) 

1449. 9ticolau§ be ©gra, gotterer oon SBafel. 3 ) 

1490. Satob $eib, ©ohn be3 21rmbrufter3 Heinrich $eib oon 
Bafel, erllärt fict) jum Befud) oon acht 2Satlfahtt8orten, 
barunter Santiago, bereit für ben gaü feiner Befreiung 
aus bet ©efangenfchaft. 4 ) 

1498. |>an3 Milchmann oon Bajel. s ) 

1509. Hlban ©ernler oon Bafel. 

Satob S?och oon Bafel. 6 ) 

1518. S)iethelm Böuft oon ßürict), ©offn bes Bürgermeifterä 30?arj 
SRöuft. 7 ) 

1518 — 19. Heinrich 2Bolf oon 3üric^. 8 ) 

1521. @3lin §ittinen erhält oom Berner Diät einen Bettelbrief 
für bie 5ahrt nach ©antiago. 9 ) 

1531. Heinrich ©chöitbrunner oon 3 U 8- 10 ) 



') gcftftfirift be$ ÄantonS Schaff häufen 1901, S. 140. 
s ) 3ürcber U.*SB. V, n. 1734. 
s ) Saeler U =8. VII, S. 389. 

4 ) Siingbolj a. a. D., ©. 109. 

5 ) Jpiftor. Jeftbucb j. 8asl. Scrcinigungsfeier, ©. 259. Sael. (Stjron. VI, 
<©. 443. 

•) Söaoler Staatbarcbio, Urf. V, 118, SJtitg. oon £r. Dr. 9t. SBacfernagel. 
’) (£f)ton. be4 8. SBbfi eb. ©. ginöter. 1901. ©. 42 A. 1. 

•) 3i*rd)cr Saföenbucb. 1901. S. 176-177. 

•) Raiter, Sern, in feinen Statämanualen I, <3. 92. 

,0 ) ©efebfr. XVIII, u. 3n>ingliana, §eft 8. 





195 



uot 1535. ©eter Fü&li Don .Büricf) (?)•') 

1535. SB. tfaefet. 
fetter (Sbp. 

§an3 ©armiätopl. 
fetter Sorant. 2 ) 

1549. SBilfjetm oon ©rarontan bon Jteiburg. 

1556. 9iappo. 

SHufiel SEBerlt). 

©enoit £ljun. 

P. 9tub. ©jablej, orb. f. Slug. 3 ) 

1589. ©itter 2Jietd)ior Sufti bon Stand. 4 ) 

1640. Witter 3afob ©talber, £anbe?}äl)nricf) au§ ©eggenrieb; 
ftarb 1640. 8 ) 

1648. $einrid) £>erjog aud SBpnott bei ©eromünfter ; ftarb auf 
ber ^jinreife. 3 ) 

1659. ÜDfarcud Sfnüjel bon SKeierdfappel, 

3oft $aijer oon Ubligendrotjl ; beibe ftorben auf ber 23afl= 
fa^rt. 8 ) 

1679. @et§d Freiburger unb eine F rau - 3 ) 

9todj in jpäterer 3eit »allfa^rteten manche ©cfftoeijet nacf) 
(Jompoftela, einzelne oießetdjt um fid) in Spanien nacf; Ärieg«bien|'t 

*) Stuf ben Porträts biefeö ptgerd in Solotfjurn unb 3> lr >^ finb 
fec^ä ^ilgerjeit^en abgebilbet : 3orbantaufe, Seronica, roeifser Siocf, Safere 
unb Stab, fjeiiiged $aud unb eine Himmelfahrt. 3<h bejietje fie auf bie 
SBallfaljrten nach 'patäfsma, Siom, Girier, Santiago, Soreto unb einen fedjften 
mir unbetannten Ort. 

*) Dellion Dictionnaire VI, p. 375. 

*) ©efthfr. XXXI, S. 345. 

4 ) Sufi ng er. ©eftb. Unteramtbend, S. 149 unb SatthafardHetoetia: 3of). 
aJietcf). Sieur: Seben, Söanbet unb fei. $inf(f|eib bed eblen §rn. Dberft 3JtcIrf)ior 
Sufft .... SJtitg. oon Dr. 9t. SCurrer. 

s ) 9t. $urrer. 2Jie ma. ftunftbenfmäter Unterroatbcnd, S. 38. 

6 ) ©eföfr. LVI, S. 72. 






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196 



umjutuit. Sind) bie iKblafjprebiget tun ber ©ilgerreife Srroähnung, 
fo j. ©. tropft Sodann ©luter laut feiner Don ißapft 3uliu8 11. 
1509 erhaltenen Soflmacht. 1 ) Snfofem als manche ©antiago» 
fahrt bie SrfüHung eines gerichtlichen Urteils mar, hoben biefe 
ÜBaflfahrten eine gemiffe Sebeutuitg für bie mittelalterliche Stedhts» 
geferchte. Snjofera als fie zahlreiche ©eroohner unfereS ffeinen 
SanbeS ins ferne SluSlanb, ju fernen Söllern führte, hot fie bie 
Seifeluft beS ©djroeizerS unb beffen Kenntnis auSlänbijchet Ser» 
höltniffe geförbert. ©o finb bie ©antiagofahrten als futtnrefle 
Qraftoren jn betrachten im Silbe ber Sergangenheit unjereS ©ater* 
lanbeS. 



') £f). u. Siebenten 3 . ber 9l&lafcprebiger, S. 2 in SaSter 3 e ’ t= 

fc^rift f. ©. u. Stltertumofunbe. 1902. 





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UCMTORUCKANSTALT HENRI BESSGN, lUSEi . 





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bin 



Don Daniel Surcftfjarbt.TDertljemann. 

io muß er auSgefetjert haben, ber treuherzige alte Sanbfchafts* 
maler, ben einft ©oetlje unter wifciget Ülnfpielung auf ben Familien* 
namen eines befannten SBinterthurer SierjeidbnerS ben „ächten 
Siebermann" nannte. 

SDas tteine, hier wiebergegebene Porträt ergebt nicht ben 3tn» 
fprnch barauf, als ßunftwerf ju gelten; bie ungefcfjulte £)anb 
3. ©tiinjiS, eines SlrbeiterS ber Sirmannfchen Äunftanftalt, hat 
einft baS Sifbdjen ohne Sorroiffen beS ÜJiobeEtä ausgeführt; fo ntag 
für bie oerfchiebenen, nicht wcgjuleugnenben 2Jiängel, welche bem be* 
fcheibenen, an bie SSJeife beS .fpieronpmuS §eß erinnetnben 2öer! 
anhaften, bie naioe, frifche Stuffaffung ber fo ehrenfeften ißer» 
föntichfeit Sirmannä entfehäbigen ; irren mir nicht, fo ift unjer 
öilbcfjen baS „ähnlichfte" unter ben noch erhaltenen Porträten beS 
Zünftlers. SSBer fidh ein wenig in bie 2Berfe Sirmanns hinein» 
gelebt unb ein Silb oon beS SJfeifterS CS^arafter gewonnen hat» 
wirb feinen Sinbrucf burch baS oorliegenbe Porträt auffallenb be* 
ftätigt ftnben. 

Sei Sirmann werben wir oergeblich nach einem genialen ober 
auch nur originellen .gug fuchen; was uns bei ihm an feinerem fünft = 
terijehem ®ef)alt begegnet, bat er ziemlich mühfam burch baS ©tu» 
ibium oon SBerfen höher beanlagter Serufägenoffen erworben, wobei 



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198 




er baS ©lüd hatte, in ber SEBaljl feiner Porbilber burrf) einen an* 
geborenen guten ©efdjmad fidjec geleitet ju merben. Sin fcharfeS- 
Sluge unb eine gefd)idte £anb waren ihm bis in fein h°h^ 
Sitter eigen, unb burd) getreulid)e Senüfcung bet wenigen, ihm an* 
nertrauten ^Sfunbe bat fid) ber SJJeifter einen ehrenüoHen Plafc in 
ber 6aSlerifd)en Jhtnftgefd)id)te unb oor allem auch namhafte Per* 
bienfte als !ünftferifd)er Grgieljer erworben. 

SBetin wir es im Sftachftehenben öerfuchen, Sirmann als 
ßünftler gerecht ju merben, fo ftüfcen mir uns für bie mehr 
äufjeren Satfadjen feines SebenS auf bie jmei frönen Mono- 
graphien, bie wir oon ber pietätootlen |>anb beS ©tänberateS 
Martin Pirmann befifcen. 

®a8 Seben ltnfreS Malers meist wenige beroorfterbenbe Gr* 
eigniffe auf. Peter Pirmann würbe in befcbeibenen Perljältniffen 
1758 ju Pajel geboren. Anfänglich für ben oäterlidjen Peruf 
beS ©teinme|en exogen, mürbe er 1771 bei einem Porträtmaler 
in bie Sehre getan; eine bürftige weitere SluSbilbung erhielt er in 
oerfd)iebenen Pentet Malerateliers als Sslluminicret ber bamals 
beliebten banblolorierten Pabierungen, bis eS ihm enblid) gelang, mit 
einet Unterftüfcung beS Oberften Sol). Pub. Purdljarbt jurn Sirftb* 
garten nacf) Stalien ju gelangen. Peun Sabre lang (1781—1790) 
mar er in Pom unb beffen Umgebung tätig unb mürbe burd) ben 
anregenben Umgang mit PerufSgenoffen unb oerfdpebenen heroor* 
ragenben beutfdjen Pompilgern (©oethe) offenbar and) geifiig 
etwas gehoben. Pach Pajel jurüdgelehrt, ging Pirmann aber 
halb in bet Profa beS SebenS unter. Gin auSgebehnteS ©ejd)äft 
(ÄunftDerlag, fpanbel mit alten S'unftgegenftänben, Glasmalerei), 
baS ihn mehr unb mehr an eigener füiifilerijcher Probultion hin* 
berte, bilbete unter feiner Slegibe eine anSgejeichnete Schule für bie 
jüngere ©eneration oon PaSler Malern, welche in ben engen 
Räumen ber am Plumenrain gelegenen SBertftatt als Sopiften,. 



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199 



©tedjer unb Äolorierer ftet? überreiche S8efd)äftigung fanben. 911? 
ißeter Virmann hod)betagt am 18. 3uli 1844 ftarb, mar er felfcft 
in feiner Vaterftabt als ßünftler faft ganz oergeffett. 

^Seter Virmann fleht auf ber ©renzfcljeibe jmeier 3eiten. g r 
rauch? heran» al§ in Vafel ßunft be? SRofolo langfam burch 
ben $laffizi$mu? Derbrängt mürbe, ©eine lünftlerifchen Anfänge 
murjeln nod» DöOig in ber eleganten, etraa? banalen Sanier be? 
achtzehnten 3fahrhnnbert§; mit einem gemiffen 9Jiitleib mag ber 
gemachte SWeifter fpäter auf biefe erften 4? er juche geblidt hoben; 
niele geugniffe feiner früheften lätigfeit hot er offenbar fpäter al? 
fünftlerijche Verirrungen oernichtet, ba ber in ber Äunftfammlung 
aufberoahrte Virtnanttfche SJiachlafj nur roenige SBerfe enthält, roelche 
bi? in bie 1770 er 3af)te jurürfgehen. Vor nn? liegt ein ge» 
tufchte? Vlättchen, „©d)[o& (9ieu=)3falcfenftein am ^auenftein 1777, 
ba mich ber £mrf<hier roeggejagt hot," lautet bie Dom SJialer 
beigefefcte Vezeidjnung. Ia? anfpru<h?loje Heine SBert ift doii 
einer überrafchenb flotten Viache, bie Umriffe finb mit bem ißinfcl 
leicfjt hingemorfen, bie 9lu?führnng in lujche ift äufjerft breit unb 
entbehrt nicht einer 9?eit)e pifanter Sichteffefte. ©chon biefe reizooll 
geftimmte „©ömmerlanbfchaft im Sura" ftellt Virmann entfchieben 
an bie ©pifce ber ba?Ierifd)en £anbfd)aft?maler be? aditjehnteu 
3ahrhunbertä unb mir fragen un? billig, mie Diel ber junge Sünftler 
hiebei roof)l feinen ßehrmeiftern ju Derbanlen hatte, Don roelcheu 
bei ber @ntftchung?jeit be? Vilbdjen? nur SBochet unb ®berli in 
Orrage fommen lönnen, beibe? tüchtige Zeichner unb jchäfcbare ülquarell» 
maler. @? ift uns noch Don Virmann? £>anb eine ©ruppe Don 
Zart in filbcrnen Ionen gehaltenen, lanbjchaftlichen Aquarellen ec» 
halten, bie an Slberli? franzöfijche SDfaniet erinnern, roäl)renb anbere 
SBerte mehr ber präjifen, zeic^nerijc^ert Söeife äöodjer? oermanbt 
finb; mit folgen, unter fvembem Sinflnjj entftnnbenen „Atelier* 
Arbeiten" ftimmt aber unfer Vilbdjett ganz ut, b gar nicht; hier 



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200 



hat Sirmann einen ihm plijfclich gelominenen fiinftletijt^en ©inbrucf 
in einem ureigenen, perfönlicheit Stile feftgeljalten. Sold) gute 
Stunben, wie jene im Sommer 1777 auf galdenftein, hat bet 
Äünftler nicht oiele erleben bürfen; er ift leiber auch nicht ber 
SDlann baju gemefen, fid) unbeirtt burdj bie alles betjerrfcfjenbe 
geitmobe eine inbioibueße SBeife im h°h ere11 ©inne 51 t fdjaffen ; 
unb bod) hatte er, roie bie SCnfic^t oon fjalcfenftein lehrt, bas 
3 eug jum echten Zünftler in fid). 

SirmannS £>eranronihieu fiel in eine ißeriobe, welche jeber 
fräftigerett (Sigenart oon oorneherein abholb mar. Süßer bie bei ben 
iöaSfern beS ad)tjehnten Sahrhunberts fo beliebten Silber ber grant* 
furterfchule burchmuftert, wer bie afabemifchen Sieben be» 3ofua 
StepnolbS liest ober jenen feinerjeit berühmten Srief Salomon 
©efjnerS 00 m 10. Sanuar 1770 jur |janb nimmt, wirb ftcts bie 
Sotjchaft oernehmen, bafj baS £>eil ber Sunft nur in ber 9lad)- 
ahmung ber alten grofjen SJieifter beruhen tönne; als Sorbilber 
würben oon ber granffurterfdjule unb teilmeife auch oon ©efjner 
bie ^oHänbet empfohlen, mährenb fich Siepnolbs entfliehen für 
ben großen Stil ber Italiener auSfprad). 

Sillen Sehren unb Slnfdjauungen, bie mährenb feines langen 
SebenS laut geworben finb, hat Sirntann mehr ober minber getreu» 
lief) nadjjuleben gefudjt, unb beShalb gemährt auch bie ®urd)ficht ber 
jahllofen SBerfe feines 9la<hlaffe$ immerhin einen getoiffen ©enufj, 
fpiegelt fich bod) in ben SlquareOen unb Delgemälbett biefeS un» 
fiefjern unb jd)roan!enben Talentes ein gutes Stüc! einer fünftlerijdj 
intereffanten 3 eit mieber. 

Sirmann arbeitete noch in ben Serner SltelierS als Stad)* 
ahmer oon franjöfijdjen unb hoÖänbifchen Sfteiftern, als bet grofie 
Umfchmung auf bem ©ebiete ber Äunft auch in ber Sdjmeij fühl» 
bar mürbe. @S liegt außerhalb ber unferm Sluffafj gezogenen 
©renjen, auf bie oielfadjen äufeern unb innern ©rünbe einjutreten, 



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201 



welche bie nunmehrige Äünftlergeneration auf bie Antife, als baS 
allein noHgültige, ber '-Nachahmung merte ©chönheitsibeal, ^inroiefen 
unb eine neue Äunftrictjtung, ben ßlajjiäiSmuS roadjriefen. Sang* 
fam nur errang fitf) in bet ©d)ioeiä bie anfänglich als fpröbe unb 
fall empfunbene SBeife ihren ©ieg; in 93afel jchuf ihr not allem bet 
feinfühlige Sohann 'Jiubolf Bunfharbt*®eBarp Singang, ber als 
Bauherr beS §au|’eS jum ftirjcfigarten (1780 — 1782) unb um 
ermüblicher ©önner unb Auftraggeber beS BitbhauerS Alejanber 
2rippel ben neuen ©til in impofanten unb muftergültigen SDtonu* 
mentalroerten feinen Sföitbürgern jur Anfchauuttg brachte. Auch auf 
bem ©ebiete ber ÜÄalerei gebachte je§t Burcfharbt bie flajfijiftifche 
^Richtung ju pflegen unb glaubte in bem talentboKen SanbfchaftS* 
malet Birmann jeinen ÜJiann gefunben ju ha^n- burch 

SBurrf^arbtS Bemühungen ermöglichte Aufenthalt in 9iom manbelte 
BirmannS Sunftmeife non ©runb auS um: Als tppifcher Bertreter 
ber fonoentionellen ß’unft beS BofofojeitalterS hatte ber junge Basier 
bie ©chroei 5 oerlaffen; jum „antifen Reiben" unb überjeugten Ber* 
«hier ber SBintfetmannjchen 3beale machte ihn fdjon bie Anfangs* 
jeit feiner römifchen Sehrjahre. 

2)aS römifche $unftleben ftanb jitr Seit oon BirmannS Stalien* 
fahrt noch notlftänbig unter bem Banne beS 1779 nerftorbenen 
Ant. jRaphael 9J?eugS, jenes h^te fehr obfc^ä^ig beurteilten 2fta* 
lerS, ber SSincfelmannS £h eot i cn in tünftlerifche £at umfef}te. 
©erne hätten wir an biefern Orte an ber .fjatib non BirmannS 
eigenljänbigen, {ebenfalls höchft anjiehenben Aufjeichnungen eine Heine 
©chilberung jenes Bom*AufenthalteS nerfucht, hoch ift leibet ber 
gefamte hanbjchriftliche 97achlafj beS ÄünftterS, auf bem noch Stäube* 
rat Birmann feine biographifthen ©tijjen aufbauen fonnte, mittlerineile 
nernichtet roorben; meber über beS SNalerS BerhältniS ju ©oethe noch 
über feinen famerabfdjaftlic^en Umgang mit ben jahlreichen in SRont 
lebenben beutfchen ©tubiengenoffen roerben mir bähet jemals auf* 



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202 



gettärt werben. 3um ©Uict bieten beS ÜReiftetS @fijjetibürf)er 
etwetchen (Srfafc für bie tertorenen littcrarife^en Duetten. ÜRit alter 
$eutlid)feit nehmen wir h<« wahr, bafe ftrf) ber junge $unftbeftif* 
jene bei feinet Setrad)tuug ber tömifchen Sanbfchaft oor allem 
burd) einen bnrnatS jcfjon längft terftorbenen 2J?eifter leiten liefen 
burd) (Staube Sortain, bejjen „über veritatis“ in ber gefetzten 
SluSgabe oon 1777 baS Sabemecum jebeS ftaffijiftifchen fianb* 
fdiaftSmaterS bitbete. Schon baS äußere ©ewanb ber in Stufet)’ 
manier geästen, rötlich gebrudten Sartomjdjen @tid>e beS „Liber“ 
hat offenbar einen tiefgeljenben Sinflnfj auf SirmamtS Jedjnif 
ausgeübt : er beginnt mehr unb mehr in feinen Sßerfen bie garbe 
Döttig jn Dernachläffigett unb bie SJtct^at)! feiner größeren SÜ'oni* 
pofitionen in ©epia auSjufütjren; eS gelingt itjm fo, bie ihm oiet* 
teid)t fetbft nicht bewujjte ©d)Wäd)e feiner foloriftifchen Segabuug 
unb bie SDJangelfiaftigfeit feiner Sedinif gtüdtid; ju oerbergen. 

SDie großen Äompofitionen SirutannS üben tjeute noch auf ben 
Unbefangenen eine bebeutenbe, eigentümlich faScinierenbe SBirfung 
aus, wenn ihnen auch bet ©atornon ©ejjnerS Sanbfchaften eigene 
Üieij beS Siebtidjen, intimen, „(Smpfinbfanten" faft ganj abgeht. 

Sin ber tinfen unb rechten ©eite ber Silber — beinahe aus* 
naljmSloS wählt Sirmann Sreitformat — erheben fief) ©ruppen 
ton ebetgeformten Säumen, bie bem Stic! in weite, founige gemen 
ats (Soutiffen ju bienen h Q &en, fRuinen atitifer Slrchitettnr treten 
im ÜRittetgrunb hettor, ben ferngerüdten $orijont begrenjen nie* 
brige Sergjüge; römifche Sanbteute, fettener antileS Sotf, bitben 
bie Staffage; über ber ganzen Sanbjcfjaft waltet Mare, ruhige 
©timmung. 

(Sin betannter franjöfifcher Äritifer hat einft ein Dom Su* 
blifum begeiftert aufgenommenes ®rama bahin beurteilt, baff baS 
©tüd oiet ®uteS unb oiet 9teueS enthalte, nur fei teiber baS @ute 
nicht neu unb baS Steue nicht gut. Uns fcheint, biefeS Urteil treffe 



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203 



aud) auf ©irmannS Schöpfungen ju. So fange ber Sünftler int 
©ejcfjmade Glaube fiortainS arbeitete, ift er in fwh em SNaffe ge* 
niejjbar. S)ie oon SEBindelmann für bie griecpifdje Sfunft angeroanbte 
unb jum ®d)lagmort beS ÄlaffijiSmuS geworbene Gfjarafteriftif 
„eble Ginfalt unb ftifle ©töfee" pafft auf wenige SBerfe jener 3ät 
beffer benn auf bie ©irmannS unb bod) tnüfjen ber bawaligen 
römiftf>*beutfi^en Äunftgemeinbe bie ®ompofitionen bcS ©aSler 
NialerS banal erfdjienen fein; in ©oetljeS „Sßincfetmann unb fein 
3ahtf)unbert" würbigt Heinrich SNeper bie itn Glaube Sorrainftfien 
©til aufgebauten Sanbfdjaften ©irmannS feines SEBorteS, bagegen 
hebt er bie „AuSfid)ten" (©ebuten) heroor, „in benen bie Natur 
treuer als bei anbem aufgefajjt" fei. SCÖir fbnnen biefeS, uuS feilte 
rec^t fd)ief oorfommenbe Urteil nur bamit erflären, baff bie oon unferm 
Äünftler gefertigten Naturftubien ben 9ieij bet Neuheit befaßen unb 
beShalb über ©ebüljr gefügt würben, unterfdjieben fie fid) bod) in 
ihrer gröfjetn G^rlidjfeit merflicp oon ben ftilifierten Naturaufnahmen, 
wie foldje ber einft fo bewunberte ©h^ipp Rädert bamalS auf 
ben tömifthen Äunftmarft brachte, ©obalb fid) aber ©irmannS 
Naturftubien nicht einem erborgten ÄompofitionSjcpema anpaffen, 
finb fie unglaublich nüchtern, in ihrer farbigen Ausführung 
herrfdjt — oielleicfjt in bewußter Dppofition jur fotoriftifchen Arm» 
feligfeit ber 8eitgenoffen — eine folcf) lärmenbe ©untheit, baff eS 
fcpwer hält, ben Nachahmer Glaube fiorrainS, ben einstigen Spüler 
AberliS unb SSocherS wieber ju erlernten. SSaS an biefett Sßerfen 
einzig günftig auffällt, ift bie Sicherheit uttb glottljeit ber ÜUincpe 
unb eine für bie bamaligen ffunftoerljältniffe merfwürbig ftarfe 
©etonung beS SNalerifchen gegenüber bem 3eithneri}d)en. 3m übrigen 
gefd)ähe ben bebauerlich unharmonifchen, grell getünchten Aquarellen 
ein ganj befonberer Gefallen, wenn fie einige NJonate ber ©onne 
auSgefe|t unb gebleicht würben. 9Nan mache baS Gjperiment. 

* * 

* 



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204 




Sirmann tonnte aucf) in materiedem Sinne als gemachter 2Rann 
gelten, als et im Spätjafjr 1790 wieber in 23ajel anlangte. ©en 
Jpöljepunft feiner fttnftlerijchen ©ätigfeit hatte et in fRorn erreicht, 
in SBafel blieb jeine fernere ißrobuftion frfjroacb, feiten nur gelangen 
if)m beffere Schöpfungen wie ein ganj im ©eift beS römifcfpbeutjcben 
$laffijiSntuS ausgeführter „Ofernblicf auf dRünchenftein" (Sepiablatt 
bet öffentlichen Shinftjammlung). ©ie bier einft oiet gerühmten, 
noch in ben Originalaufnahmen unb mehrfachen eigenljänbigen 2Bieber= 
holungen erhaltenen $ödentalanfichten, welche Sitmann balb nach 
bcr Gampagne öon 1796 für ben ©cnerat äRoreau malte, gehören 
jener oben genannten Kategorie non „SRaturftubien" an unb bieten 
<m feineren Sögen eben jo wenig als bie oerbreitete fßublifation 
„Yoyage pittoresque de Bäte ä Bienne,“ baS Standard work 
beS fflirmannfchen fiunftoerlageS; auch über bie Oelgemälbe jener 
tünftlerifch biirren Seit tun wir befjer, fein SBort ju berlieren. 

Sirmann jum ÜRittelpunft ber flaffijiftifchen Äunftübung 
löafelS ju machen, wäre unrichtig. Jpier gebührt bie erfte Stelle 
bent 2lr«hiteften Soljann Ulrich Süchel unb bent Sirmann oon 
fRom bet befreunbeten ÜRaler Sohann 2t u g u ft SRahl, ber trojj 
bet Sürje feines Aufenthaltes in SBajel nicht ohne ftarfen Gittflufj 
auf uttfer Sunftleben geblieben ift. SRahl ift ftetSfort innerhalb 
ber bent flaffijiftifchen UJaler gejogenen Schranfen geblieben. 3m 
«noerfälfchten ©eifte beS SReitgS hat er ju 93afel feine £>iftorien* 
bilber entworfen, benen ©oetljeS Propyläen SBorte höchfter 93e= 
geifterung wibmeten ; auch bie jarten, föftlichett SSilbnifje bott 2Rit* 
gliebern ber 93aSler ©efeUfdhaft, bie er ju Seginn ber 1790 er 
3ahre in Sepia ausführte, gemahnen in ihrer botnehmen Stili= 
fierung unb genrehaften Aujfaffung aufs beutlichfte an bie Dich- 
tung beS 2RengS, bor adern an bie Arbeiten ber Angelifa Äauf* 
mann. Solche bis ins fteinfte ©etail ftiliftifch fonfequenten 
Schöpfungen befifcen einen bleibenben Äunftwert. 



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205 



3nt ©egenfafc ju mor Sirmann als „achter Siebet» 
mann" ju entlief), um einet if)nt unroabr etfcfjeinenben SDiobefunft 
jeitlebenS ju bulbigen; et bat ficb auf baS ®ebiet beS 9?eali8muS 
gewagt, auf bem er trofc f (beinbatet Slitetfennung bet S^tgenoffen 
bei feinet ganjen Einlage unb Schulung feine bauetnbeit Sorbeeren 
erringen fonnte. 

Cb roobl bet „ÄirjcbgartemSurcfbarbt" mit ben filnftlerifcfjen 
Srfolgen feines Schützlings fd)tief}ticf) jufrieben geroefen ift? 



§err Sßfarrer 3. tprobft ju ©t. Sßeter, beffen Ofreunblidjfeit 
mir baS SilbniS SirmannS öerbanfen, bat uns über 3- ©tünji, 
ben SKaler beS {(einen 9lquarefIeS, naebftebenbe SJlotijen jur Ser» 
fügung gefteKt: 

„3obanneS ©tünji, in feiner fpeimatgemeinbe Jorgen am 
Süridjfee 1813 geboren, roucbS im grieben eines einfamen Säuern» 
beimeS auf. 2>a er fünftlerifcbe Anlagen jeigte, braute ibn ber 
Sater nach gebraltorf ju einem ®eiger in bie Sehre. SWein baS 
©aitenfpiel mürbe bem Änaben Siebenfache, als er einen Säuern 
fennen gelernt batte, ber jeiebnen unb malen fonnte. St entfcblofi 
fid), biefe Äunft ju lernen unb trat 1826 bei einem „Äunftmaler" 
in ?lffottern a/?l. als Sebrling ein. 3m 3abte 1830 roanberte 
et mit feiner Äunft nach Safe! unb fanb halb im Sirmann’jcben 
Snftitute Snftedung. Sichrere 3abre jeiebnete unb illuminierte er 
hier. SBäbrenb ber gemeinfamen Slrbeit in ber Sialftube entroarf 
er einmal heimlich baS Stlb feines SieifterS. 35aSfelbe mürbe 
freilich nicht ganj fertig; aber er beroabtte es jeitlebenS als ein 
liebes Slnbenfen. ©eine Familie befijjt nod) manch bübfdjeS SBerf 
feiner §anb. ®ie meitern ©dpcffale beS fdjlichten unb feinen SianneS 



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206 



7 



uerbienen roohl eine furje (Srtoähnung. @r gog oon Safe! nad* 
©enf unb £gon, ju gujj natürlich, überall ffijgietenb. 3n £pon 
traf er in einem cf)riftlid)en Vereine junger Scanner mit einem 
SJiedjnnifer SftilolauS 9iiggenbach aus SSafel jufammen unb 
fchlojj mit iljm greunbjcbaft. fRiggenbadj nahm ben ftrebjamen 
©enoffen mit in ©eibenfabrifen, in melden er an Sßebftühlen 9te* 
paraturen ju befotgen fjntte. 25er jcharfblidenbe gürdber prägte 
fid) ben SRedjaniSmuS ber Sponet SBeberei ein, reiste h e i m unb 
(teilte 1838 im elterlichen §aufe jutn 9?euhof bie erften äBebftüIjle 
für fa<;onnierten ©ammet auf. 9lu8 ben befdjeibenen unb oft fri= 
tifdjen Anfängen entroidfelte (ich bann im Saufe ber Safjrjeljnte 
bie große ©eibenmeberei ©tünji ©öhne in Jorgen, bie ju ben 
-erften beS SanbeS johlt. 3Jfit bem greunbe (Riggenbach blieb Soljann 
©tünji ftets in etroelcher SSerbinbung unb als @nbe ber §lcbtjiger* 
jahre „ber alte ÜRecpanifer'' feinen greunb in Jorgen befuepte, 
toar eS ein fjobjeS Vergnügen, bie beiben Metren ihre 3ugenberin= 
nerungen auStaujcpen unb ihre ©cpicffale erjagen ju hören. 3ohann 
©tünji ift 1888 geftorben. SSir oerbanlen baS Söitb fßeter öitmannS 
ber greunblicpfeit feiner ©ohne." 




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kfefe kuftck im 19. MV x* 

fyunhxt 



II. 1850—1860. 



Don 2Uf>. 23urcfc!jarbt.5inslcr. 

* 

bie im Dotierten Sanier Sahrbud) erjcbiettene Slbljanb* 
lung über SBafelS bauliche Qsntmidlung ira 19. Sabrbunbert einen 
borläufigen Slbfälufj fanb mit bem 3al|te 1850, mürbe im lebten 
©afce auf bie tßerfönlid^feit be§ 9lrchiteften 3- 3- ©tehlin b* n ' 
geroiejen, meiner für lange 3eit ber S3a8ler Saufunft feinen 
©tempel aufgebriidt höbe. Üftit ber lätigfeit biefeä 9Q?anne8 unb 
mit berfenigen be8 ^ocfjoerbienten SSorfteherS be8 IBaufotlegiumS, 
beg 9lat§b«tn Äarl ©arafin, roerben mir eä in erfter fiinie ju 
tun haben, roenn mir bie bauliche ©ntroidlung unfter SBaterftabt 
in ben günfjiger^ unb hauptfächlich in ben ©echjtgerjahren beä 
vorigen 3ahrhunbertä ju fchilbern unternehmen. SlKgemein roirb 
anerlannt, baß bie beiben jufammen ©rofjeä geleiftet haben, unb 
ba§ ihre Sßerbienfte um bie ©tabt Söajel bleibenbe unb h K00r ' 
ragenbe finb. ©elbftoerftänblid) ift, bajs auch »ht $un nnb Soffen 



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208 



»ielfacß einer jrfjarfcn ßritit unterjogen roorben ift, unb baß ihre 
Snergie, roeldje fid) in einzelnen gäflen bis ju etroelcfjer fRücffichtS* 
lofigteit fteigern tonnte, männern Sauherrn unb Saumeifter recht 
unbequem werben tonnte, }o bajj ber SolfSroifc btefer ©mpfinbung 
in bem SReime ÜluSbruc! »erlich: „Seljüt’ uns $err in gnab'gem 
©inn »or ©tehlin unb »ot ©arafin.“ SGöenn aber bie öotljer 
niemals geahnte, gro&artige (Sntmictlung Sajels auch in baulicher 
^infictjt in bie richtigen Sahnen gelentt würbe, unb wenn biefe 
bauliche Stcitigteit in einer Slnjahl monumentaler Schöpfungen ihren 
würbigen SluSbrurf gefunben h°t, f» flehen biefe beiben Statfachen 
in unlöslichem 3“fommcnhang mit ben SRamen Äarl ©arafin unb- 
Johann Satob ©tehlin. 

freilich bis 1858 haben wir es noch mit ben äRännern »or* 
nehmlich ju tun, welche fcf>on in ben Sierjigerjahren an ber ©pifce 
beS fantonaten SaumefenS gefianben hoben, mit bem ^Ratsherrn 
©amuel SRinber als bem ißräfibenten beS SaufoßegiumS unb mit 
Sauinfpeftor SlmabeuS SRerian. Seiber Serbienfte foflen burchauS 
nicht im niinbeften angejmcifelt werben; aßein bie ganj grojjen 
Slufgaben, welche ju @nbe ber günfjigerjahte an bie Sehörbe 
herantraten, erforberten wenigftenS für baS fßräfibiunt ber oberften 
Saubehörbe eine neue, jüngere Äraft. SRerian hötte in feinem 
Slmte noch bebeutenbeS leiften tonnen, jeboch baS (Gefühl, bei meh* 
reren (Gelegenheiten in ben ^intergrunb gefteflt ju werben, bewog 
ihn, fein Slntt nieberjulegen unb bann feine reichen Senntniffe haupt« 
fachlich als ©tabtrat feinen ßRitbürgern jur Serfügung ju fteflen. 

©chauen mit nun an |>anb ber SermaltungSberichte, welche 
»on ^Regierung unb ©tabtrat ausgegangen finb, fomie mit 3»* 
jiehung weiterer jum Steil hanbfchriftlicher Slufjeichnungen, wie fich 
im einjeliten bie bauliche (Sntmicflung unferet ©tabt geftaltet hot* 

3n bem ©chlufjabfchnitte beS erften Steiles biefer Slbljanblung 
war auch barauf hi” 9 ^oiefen worben, bah infolge ber unfichern 



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209 



potitijd)en Serbättniffe ju (Silbe bei Siergigerjabre nur wenige 
größere Strbeiten bon Staats wegen unternommen mürben ; jefct, ju 
Einfang be§ festen Sa^rje^nteä, trat eine SSanbtung ein, wetd)e 
511m SCeif aucf) burcti bie Slusftattung beä Sunbe§ mit einer ganjen 
Slnjabt bisher tantonater Stufgaben tjeroorgerufen itmrbe. |)iet)et 
gehört in elfter fiinie bie Uebernabme beS ißoftregalä burtf) bie 
(Sibgenoffenfd)aft, woburd) aud) ber Sau eine? neuen 'sßoftgebäube& 
in Söafet mächtig geförbert worben ift. SSoljt nntrbe fd)on feit 
geraumer $eit an ißteinen gearbeitet, welche bem ©ebanten ber 
Verlegung ber Sßoft nach bem alten Staufbaufe entfprungen waren; 
allein bie ©ad)e wollte feinen rechten Fortgang nehmen. ©tetä 
[tetlten fict) neue £)inberniffe in ben SBeg. ®a erfdjien im Spät- 
jabr 1850 ber SIfef beä eibgenöffifeben ißoftbepartemcntä in Safet, 
um baä atte $aufbau3 in Stugenfcbeiit ju nehmen. 3m herein 
mit fRatSberr unb ©tänberat 3- 3. Stettin würbe ein Saiiprogramtn 
feftgeftefit, unb be§ le^tern ©otjn, Strdjiteft 3- 3- ©te^lin, erhielt 
ben Stuftrag, bie bieSbejüglicben ^ßtäne au?juarbeiteit. Sei biefec 
Strbeit nahm man aueb bon Stnfang an auf eine fünftige Ser- 
breiterung ber untern greienftrafje 9tüdfid)t. ©ofort würbe ein 
SRietbertrag jwifeben Danton unb (Sibgenoffenfcbaft aufgeftettt, iit 
welchem lefetere einen ÜJRietjinS non 3fr. 12,000 oerfprad), mcibtenb 
für ben Sau fetbft ein ßrebit bon 3fr. 120,000 a. SB. eröffnet 
würbe. (Sine befonbere 'ißoftbaufomtnif^ion trat ins Beben, biefe 

begann ihre tEätigfeit bamit, bafj fie aud) noch bie @d)euetmannfd)e 
Sebaufung (3reieftrafje 9?r. 1635) fäuftid) erwarb unb bamit ben 
SRietjins ber (Sibgenofienfd)aft um 1200 Sranfen erhöben tonnte, 
fo ba| ber Serwattung8berid)t beä 3abreä 1851 bie Sefpredjung 
ber tßoftangetegenbeit mit bem junetfid)tlid)en ©afce fcbliefjen tonnte: 
„duftig wirb nun barauf to§ gearbeitet, unb wir hoffen, baff bas 
neue Softgebäube unfercr ©tabt 311t 3<erbe gereichen werbe." (Sinem 
SRanne atterbingS bot biefe ftatttidje Saute bieten Steiger oer* 

»aSIct 3a&rburf) 1803. 14 



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210 



urjad)t, närn(id) bem ©auinjpeftor s 2lmabeu3 ÜJierian, roclrfjer ficf) 
fdjon feit mehreren Sagten mit bem ißlane für ben Umbau befd)äf= 
tigt hatte, unb bem nun biefe Arbeit auf nid)t gerabe rüdfid)t3= 
oofle SBeife aul ben .pänben genommen mürbe. 3ebod) ber ©rfolg 
rechtfertigte bie |janblung3roeife ber ©ehörben; benn 93afet erhielt 
auf biefe Sßeife ein jentral gelegene^ ©oftgebäube, baä ätoanjig 
3at)re fjtnburcb allen ©ebürfniffen ©eniige leiftete, unb ba» bi§ 
auf ben heutigen Sag in ber Sat eine ber innern Stabt 

geblieben ift. 2Jiit einer ©ietät, roeldje in jener 3 e 't befonbere 
©eadjtung oerbient, fcfylofj fich ber Neubau ben got^ijcfjen formen 
be§ alten fiaufhaufeä an; oou biejem tourbe, fo oiel nur immer 
möglich mar, erhalten, ohne baff baburcf) bie praftifdje ©inricfjtung 
be3 ©anjen irgenbtoie beeinträchtigt morben märe. 

„Sei ben bamaligen ©erhältnifjen beruhte bet ©oftbienft faft 
«uäfdjliefjliih auf ben ©oftmagen, roelchen bie Söefövberung fomohl 
ber ©affagiere al3 and) ber ©riefe unb ©afete oblag. Stuf biefeS 
Sranäportmittel mar 'auch bie Slitlage bei ^aujeä berechnet, für 
boSfelbe ba§ mächtige (SingangStor an ber grcienftrajje, ber mit ©laä 
gebedte^mf, mo mehrere ©oftmagen gleidjjeitig beöient roerben tonnten, 
fomie ber Ipof mit ben tüöagen^emifett angeorbnet. ©eiberfeitä oom 
©ofthof befanben fid) bie ©ureauj ber bantalä noch in ih ret Äinbheit 
befinblicfjen ©rief-- unb ©afetpoft, roelche für ba» ©ublifum burch 
bie Seiteneingänge mit ben Slifaben zugänglich roaren. 

Siefe Sispofition fanb aud) in ber Saffabe an ber freien* 
ftrajjc burch ben bominierenbeu SÖiittelbau ihren 9lusbrud. 3m 
übrigen fd)!icfjt fid) biefelbe mit ben flachen Stichbogen im Srb= 
gefdjoB unb ben horizontal abjd)liefjenben Sachgefimfen bem äfthe-- 
tifdjen ©riitjipe bes alten fäaufhaujeä mehr ober meniger an. Sie 
ift in bem oor$iiglichen roten Sanbftein auä ben jefet auSgebeuteten 
©rücfjen bei Dtieljen erbaut." ( 3 - 3 - Stehlin=©urdharbt, §lrd)itet= 
tonijche ©fitteilungen auä ©afel, S. 54.) 



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211 



25er 93au bcs IßoftgebäubeS nahm einen fe^r raft^en 93er(auf, 
io baß im 3uli 1852 bie feierliche ©runbfteinlegung, am 22. Sauuar 
1853 bie Slufrichtung unb am 1. SDegember biefeö SaßreS bie 
Uebergabe an bie eibgenöjfijche 'ißoftDermaltung ftattfinben tonnte. 
Slffgemein rourbe bie oorgüglidje ßöfung bet Aufgabe, mie fie 
Stclflm gefunben hatte, anerfannt, unb auch in äfthetifcf)er $infid)t 
toar baS fiob ein ungeteiltes. Sehr intereffant ift eS, h' ec ben 
Stünftler als ©othiter fennen gu lernen, ber mit ebenfo großer 
©eroiffenßaftigteit als gliicflidjer $anb bie formen beS Stiles gu 
»erroenben roeiß, roahreub er groangig 3aßre fpäter bei feinen an* 
läßlich ber notmenbigett *8ergrößerung beS s .ßoftgebäubeS erftcÜten 
Ißlänen biefe gottjifchen formen mit baroden (Slementen mijcbte, 
i»aS bann aud) hauptfächtid) batan fchulb mar, baß bie Uinarbei* 
tung beS gangen ißrofefteS burd) Sombaumeifter ißrofeffor ©cßmibt 
in SBien befd)loffen mürbe. @S toar bieS ein Vorgehen, melcheS 
©teßlin feiner iBaterftabt nie öjrgiehcn hat, toie er ficß bent auch 
in feinen „^Mitteilungen“ auf baS öitterfte barüber anSfpricht. 

Mein mir lehren nach biejen unfrer Sarftellung rneit oorauS* 
eilenben SSemertungen jum 3al)re 1851 guritd unb freuen unS ber 
äöahrnehmung, baß neben ber (SrftcHung eines neuen ^oftgebäubeS 
auch nod) «ine gange Meiße anbercr ißrojctte, roelcße fchließlich gu 
ben erfreulicßften Söfungen geführt haben, nicht nur in ber Suft 
lagen, fonbern ernfthafter Sisfujfion untergogen unb gum Seil ba= 
malS fcßon burch midjtige oorbereitenbe 93ejcß(üffe geförbert mürben. 
So tlagten bie oerßhiebenett Strafgerichte über bie mangelhaften 
ißnett gur SSerfügung ftehetibeu Mäutnlicßfeiten unb roiejen auf einen 
bieSbegiiglichen Umbau beS SoßnßofS hin. 2)eS roeitent befd)äftigte 
baS 83aufoHegium ber in SluSficßt genommene Umbau ber Sißein* 
bcüde. IBou befonberS michtigen folgen aber mar ber öejcßluß, 
eine neue ÜDJiinfterorgel gu erftellen, roelche ihren $laß anf bem 
.gmifdjen bie beiben Sürnte gu »erfeßenben blauen Lettner erhalten 



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212 



füllte. ©iSßer liebte bic Orgel wie ein ©cßmalbenneft an ber Rorb* 
roanb beS IwuptjcbiffeS; mit ihrer ©ntfernung aber mürbe nun bie 
grage ber Renooation beS ÜRünfterS entrollt, inbem hauptfädjlich 
$u entjcßeiben mar, ob an ©teile beS blauen fiettnerS eine neue 
©laSroanb baS ©dpf! üon bem ©hot trennen füllte, ober ob in 
3ufunft ©h or unb ©cßiff einen großen einheitlichen Snnenraum 
bilben füllten, ©eiftlidjleit unb mettliche ©ehörben mareit in biefem 
fünfte fef)r Derfcfjiebener 31nfid)t unb fuchten gegenfeitig ihren ©taub» 
punft mit aller (Energie ju mähren. 

gür bie ganje ReftaurationSarbeit, metche fchließlid) burch 
Abtragung ber ©ierungSfrppta , burch ©rftellung neuer ©h° ts 
treppen unb einer neuen ©eftuhlung, foroie Äbftorfen ber SSänbe 
unb ©nmölbung ber ßmporen eine anfangs taum geplante $luS* 
behnung gemann, fei auf bie ®arftellung fi'arl ©tebjlinä in ber 
„©augefchichte beS ©aSler SRünfterS" hi n 9 elD > e ) en - UnS bleibt 
nur noch übrig, auS ben Slufjcichnungen beS ©auinfpeftorS 
2lmabeuS ÜRerian, bem jebenfalls nicht bie geringere Hälfte beS 
©erbienfteS um bie gelungene Reftauration jufommt, noch einiges 
nachjutragen. üDlerian betont öfters, mie er burd) 4>errn Oberft* 
helfet fiinber befonberS luftig angegriffen, im ©aufollegium aber 
burch ?lrd)itelt Riggenbach ftetS mit Rad)brurf unterftüfet mürbe; 
baß biefer „cßriftliche ©aumeifter" biefe ©tellung einnahm, fchien 
jenem febergemanbten ©eiftlidjen unbegreiflich- 333ie übrigens baS 
©aufollegium bie ©adje aufgefaßt h°t geh* auch barauS h er ‘ 
oor, baß in biefer ©ehörbe ber Eintrag gefteHt unb jum ©e* 
fchluß erhoben mürbe, man möchte ben ©auinfpeftor reifen lafien, 
bamit er üerfcfjiebene neuere unb ältere größere Kirchen be* 
fudje, namentlich ba mehrere alte ®om!ird)en in ncuefter 3 c it 
reftauriert roorben feien, „liefen Sluftrag, erjagt SlmabeuS SRerian 
in feiner SebenSbefchreibung, oernahm ich nicht ungern, fperr Riggen* 
bad) begrüßte benfelben feßr unb fagte, roetin eS ben Herren beS 



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213 



Kollegiums recht fei, fei er bereit, mich 511 begleiten; natürlich fonnte 
ictj mir bieS nicht oerbeten. herr Dr. heimlicher, ber bantalS baS 
Sefretariat führte, fagte mir nach ber Sifeung : Sch hätte bieS an 
Sheet Stelle abjuleljnen gefucht, Sie roerben fe^en, biefe Steife» 
begleitung wirb fpäter baju benüßt, ben Slnteil an bem Steftau» 
ration»erfolge fich ju^uroenben." Allein SOferiatt erroiberte, er holte 
eS für politijd), fich bet Begleitung 9tiggenbad)S, ber ein ange» 
febciteS, frommes SWitglieb ber ©emeinbe fei, nicht ju roiberfeßen. 
Slud) lag eS bem ganjen SBefen SiiggettbadiS burchauS fern, fich 
auf Sfoften anberer Berbienfte anjumaffen. SBenn aber nach feinem 
Job bie SRünfterreftauration faft auSfchltefflid) als fein SB er! be= 
trachtet tourbe, maS begreiflichermeije SJierian frönten muffte, }o 
mar baS eine Belehrung ber roirflichen Efatfachen, toogegen toohl 
Stiggenbad) felbft in erfter Sinie proteftiert haben mürbe. ®ie Beiben 
traten aljo gemeinfchaftlich bie Steife an, befugten bie michtigften 
Äirchenbauten ®eutfd)tanbS uub fehrten nach oier SBocheit mit einem 
reichen ÜDiateriat 11 ad; ber heimat jurücf. hier mürbe baS Äon» 
jept beS fReifeberidjteS gemeinfdjaftlid) befprochen, bie SluSarbeitung 
übernahm Stiggenbach, ba für SQterian eine große SlrbeitSlaft fich 
unterbeffen auf feinem Bureau angefammelt hatte. ®aS Bau» 
follegium nahm bie Borfdjläge ber beiben jehr günftig auf, unb fo 
fonnte benn bie Steftauration beS SJtünfterS tcoß allen ^inberniffen 
benjenigen Fortgang nehmen, beffeu (Srfotg noch heutzutage ben 
Befucher erfreut. ®ie Arbeiten behüten fich bis in baS Saht 1856 
aus, am 31. Sluguft biefeS SahveS mürbe bie Kirche feierlich gemeiht. 
®ie BeftaurationSfoften betrugen für ben Staat fjr. 176,027. 87, 
mobei baS urfprüngliche Bubget um Sit. 73,000, alfo um ca. 70 % 
überfchritten mürbe, daneben roaren burch freimiflige Beiträge ca. 
Sfr. 140,000 für Orgel, ©laSgemälbe unb heijung aufgebracht mürben. 

haben mir eS bei ber Wiinfterreftauration mit einem SBerfe 
.311 tun, baS bann fpäter noch burch bie Sfeftauration beS Sleuffern 



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214 



ber fiirdje feinen Slbjchlufj unb feine ©oDenbung gefunbeit hat, fo 
befchäftigte ebenfalls ju Anfang ber ^ünfjigerjn^re noch eine anbere 
niefit minbet wichtige Aufgabe bie ©oubehörben, toelrfje erft in ben 
nädjften Sahreu iljre enbgiiftige fiöjung ftnben wirb, e§ ift bie§, 
wie jehon früher ongebeutet tnurbe, bie ©heinbrüdenfrage. ®ie 
©otroenbigfeit eines Umbaus ber alten ©rüde rourbe allgemein 
anerfannt. Ingenieur Dollfufe hatte bie nötigen ^Slätie eingeliefert, 
unb eine fiommiffion rourbe eingefe^t, welche bie an befonbere CSj= 
perten 511 ftellenben fragen prüfen füllte. ^Darüber erreichte im 
(September beS Safyreä 1851 ber Strom einen jelfr hohe« 3öaffer= 
ftatib, welcher bie fdjabfjaften alten ^öljernen Soche bebrolfte. ©e= 
beutenb gefä^rlid)er aber rourbe bie Sod)e im folgenben 3aljre 1852 r 
ba ber ©hein ben I)öd)ften SSafferftanb beS ganzen Sot)tfjunbert3 
aufroieS. ©cjouberS bebrohlid) rourben für bie ©rüde bie loS= 
geriffenen ©ontonS ber bainalS im ©au begriffenen grauenbab- 
anftalt. fjreilic^ hielt auch fefjt noch ber alte ©au ftanb, bodi 
muffte bie SluSbefferung aller höljernen Sodie mit SluSnahme ber 
1845/6 erneuerten bejchloffen roerben. 3/amit glaubten bie ©e= 
flörben für einige Sahre alle ®efaf)r befeitigt ju hoben, unb cS 
fonnte nun mit um jo mehr ©elaffenljeit ein burdjgreifenber Umbau 
ober gerabeju ein ©eubau ftubiert roerben. SUIcin al 2 oerjd)iebcne 
©laue unb SDiobelle im Sah 1 ' 1853 bem fileinen ©at oorgelegt 
rourben, wollte ben Herren feine bet üorgefdjlagenen Söfungen recht 
gefallen; nur prinzipiell entjchlofj man fid) ju einer zroedmäpigeu 
SuftanbfteKung ber beftchenben ©rüde burch allmähliche ©ermin* 
beruug ber höljernen Sodje, ©ioellierung unb gleichmäßige ©er= 
breiterung. 9luf ben weitern ©orfehlag ber ©rüdenfommijfion, bie 
grage einer zweiten ©rüde zu ftubieren, ging ber ©at grunbjäfclid) 
nicht ein. So rourbe benn zunächft weiter geflidt unb aud) weiter 
beraten, wobei «3 mehr als einmal zu unliebfamen (Erörterungen 
gefommen ift, inbem zwei Derfcbiebcne Ülnfichten, oertreten burch» 



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nicht gerabc nachgiebige SJiätmer, auf einanber ftießen. 9fad) bet 
einen füllte ber alten 93riicfe burd) fpoljfonftruftionen, nach ber 
anbern burcf) Sogen auS (Sifenbled) geholfen roerben. Schließlich 
Jam ein Kompromiß juftanbe. 2)er bavauf bafiette Umbau nahm 
nun einige Sahre in ?lnfpruct), baS (Stfeßen ber fchabhaften 
jernen Sodje, baS Spannen ber eifernen Sogen unb baS Sefcfpoeren 
mit ben großen Santen au8 Solothurner Stein Joftete große Opfer 
an unb ®e(b. (Srft im Saßre 1858 fanben bie Slrbeiten, 
roeldje ber alten 9tf)einbrücfe ihre leßte äußere @eftalt oerjchaffteu, 
ihren Slbfchluß. 25er SerroaltungSbencßt biefeS SaßreS brücft ficß 
barüber folgenbermaßen auS: „?ln ber SRheinbrücfe felbft mürben 
bie noch rücfftänbigen NcftaurationSarbeiten ganj oolleitbet, bie 
Trottoir? angebracht, bie fteinerneu Sißbänfe auf bie höljernm 
Sfeilcr geftellt, bie Sehnen befeftigt, bie eifernen Sogen mit ®it* 
tern oertleibet, bie SodjfnpeHe auf ber 2J?itte beS SriicfcnfelbeS 
ausgebaut unb ocrjiert mit ber Statuette beS Sifcfjofs Heinrich 
non 2hun, unter mclchent bie alte Sriicfe oor fed)3 Sahrhunberten 
entftanbeu mar." 2>aS gefdjah oor 44 fahren, als unjre Sater* 
ftabt gegen 30,000 (Sinroohtter jählte. 25ie hergeftetltc Sriicfe hot 
roährenb eines halben Saljihunberts ihren Sicnft treulich oerfehen, 
troß allen .f)ochmaffern unb anberen ®efäf)rbungen, unb hat ben 
■^auptoerfehr beroältigt in einem ©emeinmefen, beffeit Sinmohnerjahl 
fich mehr als Derbreifacht hat, unb beffeit neuefte SerfehrSmittel 
alten Srücfen befonberS gefährlid) merben mußten. Salb roirb bie 
Sriicfe Heinrichs oon £hmt üerjchmunben fein, unb mir hoffen nur, 
ihre Nachfolgerin, ein neuer Sdmiud unjreS unocrgleid)lichen Stäbte* 
bilbeS, merbe SJahrhunberte lang ihre Slufgabe mit ber gleichen 
SluSbauer erfüllen, mie es ber Sau beS SWittelnlterS getan hat. 

®och mir moflen ja junächft oon ben Arbeiten berichten, 
roeldje ju Slnfang ber 3-ünfjigerjnhre beS leßten ^ahrhunbevtS auS= 
geführt morben finb. $)a geben uns beim bie SermaltungSberidife 



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21f> 



foroie bie SJterian’fcbcn Aufzeichnungen noch fotgenbe AuSfunft. 
SBäbrenb früher bie ©tobt ihren 3»ll an beit Horen «nb im ßauf* 
häufe bezogen batte, »erlegte nun baS eibgenöjfijcbe ^anbel§- unb 
3oUbepartement, an roelcbeS baS 3oflmefen infolge ber neuen BunbeS* 
terfaffung übergegangen mar, biefeä ©efcbäft möglidjft nabe an bie 
©renzen, jo bofj ber Stanton söafel im Sabre 1851 oier 3oflbäujer, 
unb jraar auf bent fipebiicbel, bei Burgfelben, beim |jorn unb bei 
ber SBiefenbrücfe errichten muffte, für roelcbe alle jnfamtnen ber 
Bunb einen ÜDiietjinä non gr. 1200 bezahlte. £eute roerben nur 
notb baS 93urgfelber 3oflbauS unb baSjenige auf bem £tjSbü<bel 
benüfct unb auch lefjtereä roirb in näcbfter 3eü burd) ein hart an 
ber ©renje gelegenes ©ebäube abgelöst roerben ; auch hierin fpiegelt 
ficb einmal bie gewaltige Steigerung beS BerlebrS unb fobaim bie 
rapibe räumliche AuSbebnmtg ber Stabt, beren |>äujer je^t febon 
bie ißeripberie ihres ©ebieteS ftreifen. 

Aud) baS Helegrapbenroefen, roelcbeS ber Bunb übernommen 
batte, gab bantalS ju mehrfachen Beratungen unb Unterbanblungen 
"Slnlafe ; oorgejebeu roaren in ber ganzen Schweiz junäcbft jroei 
üinien, ooit benen bie eine SRbeiued mit ©enf, bie anbere Bafel 
mit ßbioffo oerbinben jollte. ©in befonbercS Anleihen rourbe in 
AuSficbt genommen, roobei Bafel mit 3rr. 50,000 ficb ä u beteiligen 
willens roar, jeboeb unter ber Bebingung, bafj au<b ber Anfcblufj 
nach ^altingen, ber bamaligen ©nbftation ber babifeben Bahn, er* 
fteflt roerbc. Als Helegrapbenburcau rourbe bie ebemalige ißoftremife 
am Hotengäfjlein oorgefeben, beren ^erftellung auf gr. 2733 ju 
fteben tarn. 

|>anbelte eS ficb hier um Steuerungen, roelcbe roefentlicb oon 
ber ©ibgenoffenfebaft ausgingen, fo traten bie [täbtijcben Bebörbeit 
in ben Borbergrunb, als eS ficb um ©infübrung ber ©aSbeleucb* 
tung banbeite. ®S ift roobl mehr als zufällig, baff ein SJfülbaufet, 
ber febon mehrfach ermähnte Ingenieur Hotlfujs, biefe Angelegenheit 



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217 



in glufj brachte. 21m 13. SJfoöember 1851 erfolgte bie ©eneh- 
migung beS Vertrages mit SDollfufj barct) ben großen Stabtrat. 
3)aS ®a8 foKte aus ^»oljfo^len erftellt roerben, ba bie $anb= 
fabrifanten gegen ©teitifobjlengag fid) mehrten, aus ;}urc{)t, eS 
möchte baSjelbe ben jarten Farben ihrer ©emebe gefährlich werben. 
(Sin Slnleiljen öon 3fr. 300,000 machte bie nötigen Summen flüffig. 
SDer 23au ber ©aSanftalt oor bent ©teinentor beim Hochgericht 
mürbe in Singriff genommen unb für bie ©tobt eine 23eleudjtung 
mit 438 latenten oorgefeljen. ®ie ©emeinben Slltocf unb ©tanS 
aber erhielten auf ihr Slnfudfen unentgeltlich bie alten Oellaternen, 
welche bisher ben SöaSlern i£)r biirfttge» Sicht gefpenbet hatten. 

Sluch eine ganje Slnjahl öon $?orreftionen im Snnern ber 
©tabt würbe barnalS auSgeführt. freilich erfcheinen biefelben bem 
moberucn Vergehen gegenüber, ba gan$e ©offen auf Slbbrnd) »er* 
fteigert werben, fehr unbebeutenb, unb auch bie barauf oermenbeten 
©ummen bewegen fid) in ©renjen, für welche unfere Sage fein 
SBcrftänbniS mehr befijjen. immerhin beweist bie Jatfache, baff 
halb ba bnlb bort eine Sorreftion in Singriff genommen würbe, 
wie fehr allgemein baS SebiirfniS nach öerbefferung ber baulichen 
SJerhältniffe mar. 

führen wir einige SSeifpiele an aus ben fahren 1851 unb 
1852. ®er $itd)plah jn ©t. 3JJartin würbe erweitert unb ber 
törunnen, welcher 2fr. 1901 foftete, an bie Söanb ber ©artenmauer 
beS SRathaufeS oerfefet ; auch würbe ber ißlah niöelliert unb neu 
gepfläftert, was mieberunt eine SluSgabe oon gr. 1020 oerurfachte. 
3n ber ©t. Sllbanöorftabt, beim ehemaligen örigittator, wo auch 
heute noch feine aflju breite ißaffage fich befinbet, fanb ebenfalls 
eine Horreftioit ftatt, welche öerhältniSmäfjig teuer ju flehen fam. 
Slm Slohlenberg erfefete man baS frühere Sßflafter burd) eine ®hauf= 
fierung mit ÄieS unb SDJergel, brachte UrottoirS auf beiben ©eiten 
«n unb oerlegte ben bortigen ©rojwiehmarft auf ben IRoßmarft 



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218 



beim ©teinenflofter. bein @t. SKban* unb bem ülefdjentor 

mürbe bie dontreeScarpenmauer erhöht unb ein eijerneS ©elänber 
längä bem ©tabtgraben erstellt. 

2 Jtit Spannung öerfolgten audj bie ^Bürger bie .§ebuug beS 
3 fifd)inarKbrunnenS, meldjer bamalS fdjon bet ©egenftanb gerechten 
©tolles für bie Semoljner bet innern ©tabt geroefen ift ; jur 
©d)onung beS neuen SrunntrogeS mürbe aud) an bet ©d)ifflänbe 
ein Sränfebrnnneit errichtet, roäbretib bet Keine Sifchmarftbrunnen 
mit feinein jugenblidjen 9 ieptun in eine dtfe beS ißfaheS gegen baS 
SirtShauS sum §elm ju fteljen tarn. dnblid) tonnten jmei 93 au= 
gruben, eine im Sirdjgäfjlein bei ©t. Jheobor Hn b eine anbere ju 
SInfang bet @t. 3ohannoorftabt gegen dntfdjäbigungen non 200 
refp. 400 fronten für immer befeitigt merben. dS roaren bieS 
noch Ueberbleibfel aus einer 3 ^it, ba auch bie Sürger burcbauS 
noch nicht auf alle Slanbroirtjchaft innerhalb ber ©tabtmauern öer= 
jicbtet hotten. Mein folcbe Slnlageti, benen mit auf bem 3 J?erian-- 
feben ©tabtplan öon 1610 itod) in großer Mjaljl begegnen, bienten 
meber jut drieichterung beS äuneljmenben SerfehrS nod) jur ,£>ebuug 
bet ©alubrität in ben engen ©affen. 3b re dntfernung aber mar 
ftetS mit großen ©djmietigfciten unb Soften oerbunben; benn auch 
ber Bürger, nicht nur ber Sauer, ljing mit grofjet ^ähigfeit an 
feinem SKifthaufen. 

Mein, h n ^ en wir unS bei biefen Sleinigfeiten nicht aflä« 
lange auf, fonbern ftreifen mir nod) eine grage, melcbe bamalS bie 
©emiiter bet Siirgerfdjaft nicht mit Unrecht in eine grojje 9 tuf* 
regung tjerfe^te, hanbelte eS fid) hoch um nichts geringeres als um 
bie grage: 2 öie fofl Safe! mit ber übrigen ©cbmeij burd) einen 
difenbahnftrang oerbunben merben? 9 lu 8 jenen batiert 511m 
guten Jeil bie ffiioalität jmifdjen ben beiben ©tobten $ürich unb 
Safel, meid) (entere fid) ber Rührung ber erfteren in difenbahn» 
fachen nid)t fo oertrauenSfelig anjchliefeen mollte, als man eS am 



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219 



ehemaligen eibgenöffifdjen Vororte erroartet hatte, ©afel hotte firh 
oon ben ©djidfaläfchlägen bet Sreifjigerjahte mirtfchaftlich öoK* 
fommcn erholt, e3 h°tte burch feine Stellungnahme gegen ben 
©onberbunb unb burch feine Betätigung am neuen ©unbe auch 
feine politifche ©ebeutung roenigftenä jum guten Seil jnrücferobert, 
unb eine ber Steuerungen be§ miebergemoitnenen SlnfeljenS war auch, 
nachbem ber ©taatäbau ber ©ahnen in ber ®ibgenoffenjd)aft am 
26. unb 28. 3uli 1852 abgelehnt roorben mar, ba§ felbftänbige 
©orgehen in ©ifenbahnfragcn, mar bie ©rünbung ber ©dpoeije* 
rifchen Sentralbaljn. 

3uni erftenmat im ©erroaltung§berid)t be» 5atjre§ 1853 er* 
fcheint ein befonberer Slbfdjnitt mit ber Stuffchrift „XI. (Sifenbaljn* 
roefen," nachbem fchon in ben beiben tiorangehenben fahren megen 
ber fo midjtigen Stngelegenheit oiel bebattiert unb unterhanbelt 
morben mar. 3nt Sabre 1852 trat bie neue ßentralbabngefell* 
fchoft inä fieben, unb trofc ollen ^inberniffen gtüdte beren 3finan= 
jierung, fo baff halb ein ©tiid bet Sinie nach bem anbern eröffnet 
roerben tonnte. ÜBir oermeijen für biefe Singe auf bie Slbljanblung 
©eeritig? in bet ^-eftfctjrift für 1901, foroie auf bie jüngft er* 
fchienene ©rofchüre SR. fieupolbS. SRan oergleiche baju etroa noch 
bie Strtitel, melche über biejen ©egenftanb in ber ©aäler 3eitung 
ber betreffenben Sabre erjchienen finb, unb man erhält einen Segriff 
baoon, mit melchen ©chmierigteiten bie Gentralbahn ju fämpfen 
hatte, unb meldjeä SDii^trauen ihr an oieleu Orten entgegengebrarbt 
mürbe. ®S finb bamal# recht unfrcunblidje ©emerfungen fomohl 
in ber SReuen 3ürd)er* als itt ber SaSler Leitung gefallen; aber 
man lieh fid) in ©afel nicht irre machen unb ging feinen eigenen 
2Beg. Sie golgejeit hot jenen Scannern, bie an ber ©pifce ber 
(Sentralbahn geftanben hoben, ganj unb gar recht gegeben. 

Sn baulicher $infid)t mar bie Slnlage ber ©ahn für bie 
©tabt ©afel oon ben einfdjneibenbften folgen begleitet, unb eS ift 



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220 



TDofjt ni«f)t ju t>iel gejagt, menn behauptet roirb, bafs bie ©tabt» 
mauern uub Dote in erftet Sinie bunt) Sofomotioen ber Sen trat» 
bahn ju gebraut roorben finb. 3unäd)ft freilich tjatten bie 
ulten Sefeftigungen noch gute Stube; beim ess erfolgte bie herein» 
barung, baff man fid) bi§ auf roeitereä mit einem ptoöiforifd)en 
Sahnljofe begnügen toolle, roetefjer an ber Sangen ©affe oor bei« 
©t. Sllbantor anjutegen mar. Die Sentralbafjn ^atte auf ihre 
Äoften für eine jroedmäfjige Serbinbung beS Sahnljofeg mit ber 
tpauptftrafje jroifeben bent 3tejd)en= unb bem @t. Stlbantor ju 
forgeu. 1853 mürben bie Sßtäne genehmigt, bie Sirdbrücfe geprüft 
unb am 19. Dejember 1854 fanb bie Sröffnuug be§ regelmäßigen 
Setriebeö jmifchen Safel uub Sieftal ftatt, mobei täglid} nach beiben 
Stidjtungeu je fünf 3üfl e auf ber Sinie oerfehrten. SBäbrenb nun 
bie Sentralbaljn ihr Steh fdirittroeife ausbaute unb aud) bie grofje 
Aufgabe, bie Durchbohrung be3 untern |)auenftein3 töäte, fo baß 
1858 bie birette Serbinbung Söafetä mit Sujern unb Sern h«’ 
•geftellt unb aud) ber Stnfdjtufj an bie oftfchmeijerifchen Sinien über 
Slarau unb au bie roeftfdjroeijerijdjen über Siel unb ©otothum 
beroerfftelligt mar, behalf man fich ftetöfort mit ben höljerneu 
©tationägebäuben an ber Sangen ©affe; allein jdjon gleich nach 
©rftellung be3 prooiforifchen Saljnhofeä mürben auch bie Unter» 
hanblutigen jmifchen Staat unb Sahn megen einer enbgüttigen 
Einlage aufgenommen. 3uerft backte bie Sentratbahn an einen 
größeren gemeinfd)aftlid)en Sahnhof ju ©t. 3of)ann, jebodj bie 
Regierung lieh fid) barauf nicht ein, „meil bantit jugleich eine 
SerbinbungSbaljn mit ber franjöfifchen ©ifenbahn rings um bie 
©tabt herum erjtelt merben rooltte, für meldje Sinrichtung bie 
©entralbahngefetlfchaft feine Sonjeffion befaß, unb für roetche, 
menn eine jotche früher ober fpäter münjehbar ober notroenbig 
merben füllte, beu h'efigen Sehörben freie unb offene $anb 
»orbehalten merben muff.“ Darauf brachte ba3 Direftorium ber 



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221 



ßentralbaf)n bag 2Rargaretl)enfelb in Sorjd)lag, jebod) and) biefeg- 
fattb bec Steine SRat meber angemeffen noct) entjpredjeub. ßnbe 

1855 erfolgte fobann ber Sefd)luf$ ber Selförben, man motte einer 
Saljnljofanlage mit Sopfftation junädjft bem Slefdjentor bic ©e= 
nelfmigung erteilen, unb im 3Jfai 1856 mürbe ein Vertrag jmifcben 
ben Seljörben unb ber Salin abgejdjloffen, melier and) am 16. 3nnt 

1856 bie ©enefymigung beS ©roßen Siateg erhielt. 

Die bieSbejügüdje ©roßratgfifcung mar mit Spannung üon 
ber Siirgerfdjaft erroartet morben, beSljalb mar aud) bie Dribiine 
bi8 auf ben lebten 5ßlaß befefct. 31tt ber DiSfuffion nahmen faft 
alle angefefyenern SOiitglicbcr ber Scljürbe teil. Der Sorfdjlag ber 
^Regierung ging auf ©enefpnigung eines Vertrages mit ber ßentral» 
bal)n, roonad) ber Süpfbafpifyof oor bag 3lefd)entor auf bie Df)oma’fd)e 
2iegenfd)aft ju fteljen fam unb ber Staat fid) ju einem Seitrag 
Bon 250,000 fjr. öerpflidjtete. Sürgermeifter Ofefij Sarafin trat 
als Referent auf unb mieS auf bie Slrt unb SÜJeife Ijin, roie ber 
Slcine 9tat ju feinem Sorfdjlag gefommen fei. @r betonte, baff 
afletbingS oon ber ßentralbaljn aud) ein ißrojeft oorgefdjtagen 
morben fei, meldjeg bag 3elb jmifdjen ?lefcf>en= unb St. Wlbantor 
Borgefeljen l)abe unb mofür feine Staatgjnboention Berlangt morben 
fei. Sei ber barauffolgenben DiSfujfion fpradjen fiel) entjdjieben 
für ben ttfegierunggoorfdjlag auS Stänberat Stäf)e(in=Srunner, bie 
$Rat§f)erren Slbolf ßljrift, Stefjlin unb ttRinber, ©roferat SRiflauS 
patter, SRonuS'@emufeu?, S ro f e ff or S^ter 3Rerian unb Oberft 
Senebift Sifcber, mäljrenb l)auptjäd)lid) bie Sertreter be§ ttRittel» 
ftanbeS iljr ßieblinggprojeft, CSrrirf)tung eineg ißerjonenbafynljofeS 
auf bem Slreal beg SteinenftofterS mit 91ufnaf)mSgebäube am 
Steineuberg, nid)t preisgeben mottten; in biefem Sinne fpradjen 
SBilljelm ßdenftein, 3. 3- 3m§of - gorfart, 2Bill)e(m Sleiti, 
Dr. O. Sirmann unb SJßebcr ßngel, roälfrenb eine britte ©ruppe 
I)auptjäd)lid) aug Sparjamfeitgrüdfidjten bem ^ßrojeft an ber 



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222 




.Sürcherftrafje beit Sorjug gaben. 3 U biejer gehörten bie ^ecrcir 
?lppeßation?rat |)i?, £eonl)arb £cu?ler b. St., St. fiichtenhahit* 
^mgenbad), Statä^err Sfelin utib Oberft St. ^ßaraoicini, ber ju= 
gleich aud) Stüdfid)t auf ba? rechte SR^etmtfec burch SrfteÜung 
einer jroeiten Srüde nehmen motlte. 2)iejer Sluficht nmrbe aber 
oon 93 ii i ge v m ei ft e r ©arafin mit Dollem Stecht entgegengehaltcn, baß 
fie eine Stommunifationsfftraße nach bcm @t. Sllbangraben itt fich 
fdjtiejje, welche mit einer Stiflion jebenfafl? nid)t ju hod) ange* 
fdjlagen fei. Stuguft ©tähclin=Srunner roie? auf bie technifchen 
Sdjwierigfeiten eine? Sahnhofe? am ©teinenberg hin, matt mürbe 
mit einem Äoftenaufroanb ooit fünf Stiflionen ein „ s $erjonen* 
ftatiöuli" itt ber ©tabt unb einen ©üterbahnhof oor bem Jot be* 
fommen. Oberft ©tehÜn aber erflärte: „®ie ißrojette, ben Sahn* 
huf in bie ©tabt ju öerlegeti, gehen baoon au?, bajj bie SEBäße 
«nb Stauern für alle feiten bie Slbjchliefjung ber ©tabt bilbett 
tuerben. SDie Stauern unb £ore finb jeboch nur noch ©tnnbilber 
einer ©tabt, mie fie geroefen bei 18,000 ISinroohnern." 

Sie enbgültige Slbftimmung ergab guftinimung jum Sor* 
fdjlag ber Stegierung mit 73 gegen 22 Stimmen. Slßein bie 
SluSfiihrung beSfelben lieh auf fich märten, inbcm bie (Zentral* 
bahn nun ein fionjeffion^begehren für eine Serbinbung?bahn 
ihre? Sahnhofe? mit ber franpfijchen Oftbahn eiureichte unb int 
Stnfdjlufj baran bie Stegierung erfuchte, auf bie oertraglid) feft* 
gefteflte Situation bc? Snljnhofe? oor bem $te)chentor prüd* 
pfotnnten. ^ug(eid) mürbe oon ber Sentralbahn ein gemein* 

fchaftlidjer burchgehetiber Sahnhof, welcher jroijd)cn ba? Star* 
garethenfelb unb ba? ©lifabethenboßroerf ju liegen tommen joflte, 
anempfohten. 

Sie Slnjchauungen über biefen neuen s f3lau waren geteilt, unb 
e? fanben feljr lebhafte Sefprechungen barübet ftatt; aber fchtiefjlich 
ermächtigte ber ©rofje Stat am 29. 3uni 1857 bie Regierung 



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223 



nutet Aufhebung beä groBrättic^en Sefchluffe? Dom 16. 3uni 1856, 
bie neue Seteinbarung mit bet ßentralbabn abjufchliefjen, monadf 
alfo bet befinitioe Sahnhof an bet Stelle angelegt roetben füllte, 
iueld)e et Ijeute noch einnimmt unb roobl noch lange Sabre ein* 
nehmen roirb. „Unb bamit mar benn eine füt bie ©egenroart, 
noch me^t aber für bie 3ulunft unjerer Saterftabt (etjt bcbero 
tungäooHe Stage jum enblicben Slbfchluffe gebracht." Sßir loerben 
jpäter jeljen, roaS für eine öoCfommene Umroäljung in Sejug auf 
bie beftehenben Strafjeiroerbinbungen, unb roa3 für eine meitgehenbe 
Einlage neuer Strafjenjüge mit biefem benfroürbigen löefcfjlufje ge= 
■geben roaren. 

SButbe burch biefe (ientralbabnangelcgenbeit in erfter Sinie bie 
Sntroidlung be§ Süboftplateau? bebingt, fo Dolljogen fich not ben 
Soren bet Meinen Stabt ju gleicher 3 e >l nicht minbet »nichtige 
Seränberungen, inbem tjier bie babifche Saljn fich anmelbete unb 
ihren bleibenben SEBobnfih aufjufd)lagen begehrte. URerfroürbiger* 
rocife fuhr fchon feit einigen fahren bie babifche Sahn bis in bie 
nächfte 9iät)e Safelä, ohne jebod) bie ©renje ju überfchreiten. Sie 
Söirren, oon benen ju @nbe bet Siecjigerfabre auch unjer 9iacf) ; 
batlanb heimgejudjt routbe, mochten ben 9lu3bau beä ©ijenbaljn* 
netyeä nerjbgert hoben, unb bie Sanier geroöbnten fich baran, erft 
nad) $altingen ju lutfebieren, um bann non bort bie @ijen6abn 
nach Sreiburg ober Sarlärube ju benähen. Stuf bie Sauer roar 
natürlich ein fold)e3 SerbältniS nicht haltbar. 

So mürben benn im Sabre 1851 bie Serbaitblungen mieber 
aufgenommen, 1852 mürbe ber nötige StaatSoertrag abgefchloffett 
nnb bemjelben am 7. ÜRärj 1853 bie Dorbefjattene IRatififation 
erteilt. Somit mar ber Sau ber fiinic $altingen*Safel gefiebert, nur 
in Sejug auf bie Dichtung berfelbeit roaren bie ^Beteiligten noch 
tjerfdjiebener Meinung, inbem bie babifche ^Regierung ben SEßeg über 
SBeil einfchlagen, roährenb Safel bie Sahn über bie £eopolb?bi% 



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224 



leiten wollte. 9lud) in 93ejug auf beit $ßlah unb bie Strt be& 
öaljnhofg mar ntnn oerfd)iebener Slnficht. Tie ©tobt war mehr 
für eine Äopfftation eingenommen, 93oben ^ielt immer energifdier 
an einer Turdtganggftation feft. ®g mar Don bem ©ürgi’fcfjeti 
93abe, ber Sgler’fdjen Siegenfchaft unb ber Slaramatte alg ge* 
eigneten Slntagen bie Siebe, ©djliefjlid) gaben beibe Parteien etma& 
nad) unb einigten fid) auf eine Turchganggftation, welche „norb* 
öftlid) oom $8ürgi’fd)en öabe" ju erftetlen mar, fo tarn ber ^cute 
nod) beftef)ettbe Sabifdje Safynljof juftatibe. Tie Slugführung ging 
jiemlid) rafd) oor ficb, fo bah fd)on oom 18. Siooembet 1854 an 
prooiforifdje ©iiterjüge jur (Sntleerung ber überfüllten SBareithafle 
in .fjaltingeit eingerichtet roerben tonnten. 

9(m 19. Februar 1855 tonnte, ba man fid) auch h* er einft* 
roeilen mit einem prooiforifchen ©tatiotiggebäube begnügte, bie Sinie 
$attingen=93afel feierlich eröffnet roerben. Um 11 V* Uhr langte 
ber grofsherjoglid) babifdje ©taatgminifter oon Stübt mit jahl* 
reicher ^Begleitung in 93afel an; tut feftlid) gefchntüdten SBartfaal 
rourben bie nad)barlid)en Slntoritäten burd) bie Vertreter ber 33n«ler 
33el)örben begrüßt. ©tatibegtruppe, SJlilitärmufit unb Artillerie 
roarett aufgeboten unb taten ba» 3h r '9 e S uc 2}erherrlid)ung be& 
Tageg. Um 1 Ul)t führte ein Sjtrajug bie beibfeitigen Vertreter 
nad) £jaltingen, roo eine Tafel oon etroa fünfzig ©ebeden ihrer 
im SSSartfaal harrte. 3 uer ft toaftierte oon Stübt auf bie ©djweij 
unb 93afel, fobann 23ürgermeifter gelij ©arafin auf ben bamaligen 
^ßrittäregenten, ben feßigen Glrofeh er 5 o 0- 3ahl re ’d)e weitere Xrinf* 
fprüdje folgten nach, barunter aud) einer beg einunbachtjigjährigen 
Statgljerrti Ogmalb, welcher fein ©lag auf bag Anbenten beg ©roh* 
herjogg Seopolb unb auf bag 2Bof)t feiner SBitroe, ber ©rofch« 5 
jogin ©ophie, leerte. Tie ©eltenjunft, welche eben beim 3 im ft s 
effett oerfammelt war, fchidte einen te(egrapf)ifd)en ©lüdtounfd). 
„Sfadj fünf Uhr trennte fid) bie ©ejeflfdjaft, jeber Teilnehmer wohl 



225 



mit bem ®efüf)l, baff bei babifrfje Schienenroeg, bet an bie SchmeHe 
bet St^roeij führt, bie materiellen unb geiftigen '-Begebungen jroijihen 
beiben Staaten enget fniipfe, unb mit bem SBunfch, baß bie Sonne 
beS griebeuS in beiben Staaten ungetrübt leuchten möge. Sen 
©abenjern ift ©ajel für biefen angenehmen Sag unb bie heitere 
geftfreube Sanf, marmen San! fcbulbig." (©aSler Leitung.) 

©üftig mürbe babifd)erfeitS an ber ^ortfehung ber ©ahn meiter» 
gebaut, jo bafe auch fchon am 2. Februar 1856 bie Sinie Do» 
©ajel bis Sädingen Oem ©erfehr übergeben rnetben fonnte, maS 
mieberum eine fröhliche freier oerurjachte. SamalS mar eS, bah 
am Sriumphbogen jit 2Bt)f|len bie flafjijche Snjchrift prangte: 
„2Bie einft ©egajuS in bett Dlpmp flog, jo fliegt mit Sampffraft 
je^t ber ©teufet)!'' Slflenthalben befunbete bie ©eDölferung ebenfo 
grojje fjrreube als anerfennenbcS ©erftanbniS für ben neu eröffneten 
©etfehrSroeg. 

Sie ©ahnhofanlage in ©ajel erforberte nun aber au<h eine 
unmittelbare ©erbinbung mit ber 9tfjeinbrücfe, lag boih auf bet 
§anb, bah ber ju erroactenbe ©erfehr roeber burch baS ©läft», 
noch butcf) baS 9tief)entor herumgeleitet roerben fonnte. Saher 
jchlofj bie Regierung mit bem Stabtrat einen ©ertrag ab, roonad> 
bie neue Straffe auf gemeinjchaftliche Äoften erftellt, bie Arbeitet» 
an ben ©efeftigungen aber allein Dom Staat getragen roerbetr 
füllten. Sie Sorreftion ber ©reifengaffe übernimmt ebenfalls bie 
Stabt; hoch fteuert ihr ber Staat baju 10,000 gr. bei. ©tit ben 
Arbeiten mürbe jofort begonnen, baS 1531 errichtete filarabollroerf, 
bem ju Siebe einft ber Shor ber Stoftetfirctje geopfert roorben mar, 
mürbe bejeitigt, ber Stabtgraben an jener Stelle aufgefüllt, ber 
Seich überbrücft unb ein pronijorijcher Stabtabjdjluh in gorm 
eines hbljerneu ©atterä erftellt, nachbem ber ®rojje Siat ben ffrebit 
für ben ©au eines eigentlichen SoreS Derroorfen hntte. Siefe 
Steuerung ^atte jur fjolge, bah mit einer jeljr altertümlichen 

9a«ler 3af)tOud) 1903. 15 



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226 



3nftitution, melcfje oielfod) Slnlafe ju Spott unb Unfug geworben 
mar, aufgeräumt mürbe. @8 bejchlofe nämlich bet Steine 3tat im 
3atjre 1856, e? jott in Söetracfjt bet ftet? machfenben Seoölferung 
oor ben loten unb be? gefteigetten Sßecfe^rS jroijchen bem 3nnern 
bet Stabt unb bem Stabtbanne bie Sorjperre aufgehoben roetben. 
Sie Sore bleiben Sommer? unb SBinter? big 11 UIjt offen unb mer 
fpätet hinein ober hinau? miß, bejahtt 10 St?, an ben öffnenben 
ilanbjägerplanton. guhtroetfe haben einen halben granten ju ent* 
tichten. 

9iun aber ftellte fich h eta u?, baß nad) Sntfetnung be? Soll» 
mert? bie Slarafitche einen ruinenhaften Sinbtucf machte, fo bafe 
eine Sertängerung be? Schiffe? mit polpgonetn Shorabfchlufe, roie 
mit ihn je|t noch oor un? haben, gutgeheifeen unb au?gefiihrt 
roittbe. Qcreilirf) bie Sorreftion bet ©reifengafje, beten unterer Seil 
bamal? noch ben Flamen Srempergaffe führte, hielt fich in recht 
bejcfeeibettett ®renjen. Sie bejchränfte fich auf Uebetbrüäung be? 
Sädjlein?, auf jmedniäfeigere Slufftellung einiger Srunnen, foroie auf 
eine oollfommene Dieupfläfterung ber ©affe. Sie Soften beliefen 
fich auch nur auf 38,517 3fr. 61 9{p., fo bafe burch biefe ©reifen» 
gafetovrettion bie ftäbtijchen ginanjeu nicht adjufehr in? USanfen 
gerieten. 3Bir roerbeu fpäter mieber üon ben babifchen Sahnhof* 
bauten unb ihren folgen ju reben haben, menn bie Srftellung be? 
befinitioen Station?gebäube? unb bie Sefeitigung ber ftäbtijchen 
3feftung?bauten merben befeanbett merben. 

Sinftroeilen laffen mir nun biefe anjefjnlidjen Sauten auf 
bem ©ebiete be? Sifenbahumefen? auf fich beruhen, um unjere Stuf* 
merfjamteit berjeuigen baulichen Sätigfeit ber fantonalen unb 
ftäbtijchen Sehörben jujuroenben, roelche ber allgemeiuen Srjiehung 
in unjerem Santone ju ©ute tarnen. 

Sa? fünfte Sahrjehnt hatte in biejer ^inficht mit ber ©r* 
ricfetung eine? Slionumentalbaue?, be? ätiujeum?, abgefchloffen, ber 



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227 



fofgenbe Zeitraum hatte befcfjeibenere, menn aucfe ebetifo nötige 
Aufgaben ju löfen. üfiachbem in ben 3aljren 1851 bi« 1853 
feine «eitere Bautätigfeit auf biejem ©ebiete entfaltet morben mar, 
brachte im 3al)re 1854 bet furj normet gefaxte Bejcfelufe, baß baS 
turnen als obligatorifctjeS ga d) ju betrachten fei, etmaS Seben 
in bie ©ad)e. infolge Wangels einer geniigenben Sofalität 
mufete im SBinter 1853/1854 ber Turnunterricht an ben beiben 
ISgmnafien unb an ber 9?ealfd)ule eingefteHt merben. TeShalb 
roanbte fid) int 3Kärj 1854 baS ©rjiehungSfolIegium an ben 
©tabtrat mit bem Anfudjen, eS möchte ihm bie ber ©tabt ge» 
hörige Siegenjdjaft beS BifchofShofeS hinter bem ^fünfter behufs 
©inrichtung einer Turnhalle unb ber nötigen Sfreiturnpläfee mietS» 
meije übetlaffen merben. Allein bie DfecfenungSfammer beS ©tabt» 
rate«, melcher bie grage jur Begutachtung iibermiefen mürbe, fanb 
allerlei Bebenfen gegen biefeS ^Scoieft heraus. Ter ©taat befifee 
Siegenfcfeaften genug, bie er für biejen 3med öerroenben fönne, 
ber BifctjofShof fei bafür unpaffenb, „meil berfelbe bem 97orbroinb 
auSgefefet unb überhaupt bei feiner erhöhten freien Sage am Sffeein 
allen 3ugrainben jugänglid) fei; überbieS bürfte bie Sage beSjelben 
in ber ÜJiähe ber meiblichen Babanftalt als eine raeniger paffenbe 
erfcheinen." T>ie enbgültige Srlebigung biefet Angelegenheit liefe 
noch jiemlich lange auf fid) märten; bemt erft am 2. SRoöeutber 
1857, nachbem baS ungenügenbe Turnlofal in ber DiiflauSfapefle 
fcfeon für bie mittelalterliche ©ammlung in AuSfidjt genommen 
mar, erfolgte ber entfcheibenbe Schritt, inbem ber ©rofee Stat ben 
Stauf beS BijdjofShofeS 5 unt greife »on 100,000 granfen ge» 
nefemigte. Als Tumlofale mürben baS Srbgefcfeofe unb baS obere 
©tocfroerf bet alten SRemife eingerichtet, baju fam noch bie An» 
legung jroeier freier Sßläfee. 933ohl mochten mit biefern hauihälteri« 
fchen Borgefeen ber Behörben nicht alle Turnfreunbe einoerftanben 
fein, hatten fie hoch auf eine muftergültige Turnhalle gehofft, moju 



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228 



bie ißläne burd) Jurnlebrer ©piejj fdjon au? Sarmftabt bejogeir 
morben roaren. Um ju fparen, behalf man ficf) mit jenen roobl 
Dielen unfeter fiefer rooblbetannten niebrigen unb ftaubreidjeit 
Sälen, roelcbe erft in neueret geit burd) bie grofjen, rationellen 
fallen oerbrängt morben finb. 

3u entfd)ieben gröberen Opfern bequemten ficf) bie Sebörben, 
als bie ©rroeiterung be? löcbterfcbulbaufe? jum ©effel am £oten« 
gäfjlein nicht mehr ju umgeben roar. 3m Sab« 1854 mürben 
jroei Üiebengebäube angetauft, unb bcr Sauinfpcttor erhielt ben 
Auftrag, bie nötigen ißläne für ben Um« unb 9lu?bau be? ®e= 
bäube? ju entmerfen. SDabei betlagt fid) ?ltnabeu? ÜWerian, bafj 
.jperr Oberft ©teblin gegen ein rationellere? ftaffabenjqftem, roelche? 
gefälliger gemejen unb roeniger teuer ju fteben getommen märe, 
opponiert habe, allein natürlich habe feine ©timme im 9tat mehr 
gegolten al? affe lechnifer be? Saufoflegium?. Slm 5. 3uni 1855 
eröffnete ber ©roße 9iat einen Ärebit Don 30,000 granfen unb 
fofort begann bie Slrbeit am Sau, bie bann im folgenben Sabre, 
1856, ihren 9lbjd)luf5 fanb. Sterian bot auch biefe fjfaffabe in 
jenem ihm geläufigen ÜJtünd)enerftil aufgefübrt, roelcber etroa mit 
ber nid)t?fagenben Sejeichnung „neubpjantinifcb“ belegt ju roerben 
pflegte. ©8 ift jefct, nadjbem alle ©tilarten ber Sergangenbeit in« 
folge eine? bi? in alle ©injelbeiten gebenben biftorifc^cn ©tubium? 
raäbrenb eine? halben Sabrbunbert? in jum Heil recht erfreulichen 
Kopien probiert morben finb, nicht ferner, auf bie SJtängel jener 
älteren romantifchen ©djule binjuroeifen, befonber? roenn man beren 
Söerte einer SJetailfritit unterzieht. SlUein berjenige, melcber ben 
bamaligen ©taub ber Äunftbiftorie unb bie allgemeinen äftbetifeben 
Serbältniffe jener 3 e *t in ^Rechnung fefct, roirb ftet? auch biejen 
Sauten ber Siüncbener Schule au? ber 3eit Äönig Subroig I. mit 
Stefpett begegnen; benn einmal offenbart fid) in ihnen ein monu« 
mentaler ©inn, ein ©treben nach beni ©rofeen, bem freilich nicht 



229 



immer im einjelnen gatte ba3 tat)äcf)Iicfte können entfprodjen b fl t, 
unb jroeiteng muffte bie bamatige, wenn auch etmaS oberflächliche 
53egeifterung für bie fRomantit bie Anregung geben für ba8 
ernfte unb ftrenge Ijiftorifcfje ©tubium, ba8 ja bann in ber Sat 
auch nicht auägeblieben ift. 

SBeniger Slnlaff jn lunftgefcbicbtlichai Semetfungen geben bie= 
jeuigen ©djulbauten, roetcbe um bie gleite 3^it, ba bet ßanton 
bie Söchterfcbule umbaute, Don bet ©tabt errietet roorben finb. 
darunter fallen in erfter ßinie jene fchntucflofen @emeinbefd)ut= 
Käufer mit ihren böljetnen Xreppen, roelcbe beute noch einen guten 
Seil unfeter ißrimarfcbüler beherbergen. Snfolge be§ neuen Schul» 
gefefjeS Dom 23. SJiärj 1852 banbeite eä fitb iunäcbft um eine 
lärroeiterung ber brei ©cbulbäufet im Suftgäfflein, bildet bem 
fünfter (fogenannteS Stoteä ©cbulbauö) unb bei ©t. fßeter, 3lt* 
beiten, welche in ben labten 1854/1855 angeführt mürben. ©o= 
bann taufte bie ©tabt ben gäfcbijcben 3iiHmetbof bei ©t. Ibeobor 
an, ein Slreal Don ungefähr 14,300 Quabratfuff, jum fßreije Don 
30,000 granfen, um bafelbft ein Soppelj<hulf)au8 für fämtlicbe 
©emeinbefcbulcn ber lleinen ©tabt ju errichten, einen Sau, mit 
welchem im Stabre 1855 begonnen mürbe. (Snblicb muffte auch 
bie Seonbarb8getneinbe mit einet neuen ißrimarfcbule bebadjt roerben. 
§iefür fcbien fich ba3 bem ßanton gehörige ®real ber 1855 
nach ber .^ägenbeimerftraffe terlegten SBafeumeifterei am beften ju 
eignen. Sott oben an ber Scfe ber Äanonengaffe unb be8 genier* 
gäfflein8, roo einft bie SBobnung be8 ©charfrichterä geftanben unb 
roo in alter 3eit unter ber Sinbe ber genfer übet bie greibeitä* 
tnaben unb bie Sobliberger ju ©ericbt gefeffen batte, begann nun 
eine rege SBautätigfeit, ber Santon hatte baä ©aulanb ber ©tabt 
unentgeltlich abgetreten, unb im ©pätberbft 1857 mürbe baä @<hul* 
bau8 Don @t. Seonbarb als festes ber Dier ©emeinbefcbulbäufer 
iem ^Betrieb übergeben, innerhalb Don oier Stabten roaren fünf 



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230 



©djulßäufer teils roejentlid) erweitert, teils neu erfteHt roorben r 
rooburrf) ber Stabt eine Auslage oon ungefähr 400,000 grauten 
erwuchs ; an biefe Summe jpeubete ber Stanton einen Seitrag non 
60,000 grünten, foroie bie Siegenfdjaft am $o!jlenberg. 9?id)t 
ohne ©enugtuung lägt fid) bat)er ber ftäbtifche SerwaltungSberid)t 
non 1857 folgenbermaßen bernehmen: „SJtiltelft biefer bebeutenben 
Ausgaben finb bemnacf) baS Stnabew unb äJiäbdjenfchulhauS für bie 
äftünftergemeinbe nad) SebürfniS wcfentlicf) oergrößert roorben. Sine 
ebenfo bebeutenbe Vergrößerung ift für baS ©t. IßeterSfchulhauS 
eingetreten, unb baS als Sehrermohnung benüfcte ©tiftShauä mürbe 
grünblich repariert. 2>ie beiben ©emeinben ©t. Seonßarb unb 
©t. 21jeobor gaben jebe ein ganj neues boppelteS ©dpilhauS unb 
in bemfelben jwei, refp. brei oollftänbige Sehrerwohitungen er- 

galten ÜJtit ber Sollenbung ber ©djulljauSbauten, bie, 

mie ju ßoffen, bem SebürfniS auf längere geit genügen werben, 
finb aud) bie feit 1848 alljährlich oorgefommenen SluSgaben für 
probijorijchc ©djuleinridjtungen roeggefallen." Sn ber £at, es 
reichten biefe Sauten, welche fid) burd) bie größte Sinfadjßeit unb 
bie nücßternfte ©djmudlofigteit tennjeidjnen, etwa für jroei Sab» 
jetinte auS, bis bann infolge eines gewaltigen SlnjdjmellenS ber 
Seoölferung unb einer Ufeorganifation beS gejamten ©djulmefenS 
eine neue, feßr intenfioe lätigteit auf bem ©ebiete beS ©djulßauS* 
baueS fid) geltenb machte. 

SBaS enblid) oon feiten beS SantonS neben bem Sau ber 
£öd)terjd)ule im Saufe beS SaljrjeßntS für Schulbauten getan 
worben ift, läßt fid) in wenige Semertungen jufamtnenfaffen. 
©nige Slenberungen würben 1852 nötig, als baS ©pmnafium in 
jroei Slbteilungen getrennt unb bie neue ©eroerbefdjule in ben fRei’ 
jdjacherhof oerlegt würbe, bamalS würbe aud) ein geicßnungSfaal 
im fpauje jur s Ulüde erbaut. Sluf Segeßren beS ©jiehungSfofle* 
giumS erftedtc ber Sauinfpeftor im Saufe beS SaßreS 1853 Stäne,. 



DigitizecJ-by geegte 




— 231 — 



rooburd) bie bet §örjä(e im Unioerfilät^gebäubc oermehrt 
unb überhaupt ein allmählicher oollfommener Umbau beg §aufeg 
ohne @tt)öf)ung bet girftlinie beg Sacheg ermöglicht roerben follte. 
©injelneg routbe in bet Sät fofort auggeführt, jo meit eg fid) 
roettigfteng um bie innere ©inteilung unb Staumbefchaffung ßonbelte; 
bet Umbau beg Beugern hingegen oerjögerte jid) etroag, big bann 
bie beoorftehenbe oiette ©äfularfeier bet Unioerfität bie Ungelegen* 
heit miebetum in glu& btadjte; allein gerabe batiiber !am eg (eibet 
gu Sifferenjeu jroifchen bem Saufotlegium unb bem Sauinfpeftor, 
jo bafj leitetet, wie mir fehen roerben, jeine ©ntlajfung oerlangte 
unb aucß erhielt. 

©ehr halb geigte eg jich auch, bajj bie 9täum(idjfeiten beg 
9teijchacf)erhofeg jür bie ©eroerbefchule nicht mehr augreicfaten, roie 
and), bafj bag Sealgpmttajium noch weiterer fflafjenjitnmer beburfte. 
3nfolge baoon jiebelte 1858 bie ©eroerbejchute in ben fjtaUen» 
fteinerhof über, um bem Sealgqmnafium iß(a^ p machen. Sa 
aber ade bieje (Sinridjtungen unb Serfchiebungen auf bie Sauer 
bod) nicht p genügen fchienen, nahm man jchoit bamalg einen 9leu = 
bau im ©arten beg 2J?entelinl)ofe§, roo jefct bag Obere ©pmnajiutu 
fte^t, in Slugficht ; allein bag ^rojett fanb feine gute Slufnahme 
im kleinen SRate, unb jo begnügte man jich einfiroeilen bamit, bajj 
ber ©chönauerhof hinter bem fünfter ebenfaflg p ©d)uljroecfen 
oerroenbet routbe. 

Sie in beit lefeten ©eiten angeführten Sauten bürften, einige 
Heinere Slrbeiten abgejehen, allcg fein, mag big pr Annahme ber 
neuen Serfaffung oon 1858 in baulicher £>infid)t für bag ©rjiehungg» 
roejen oon Äanton unb ©tabt geleiftet roorben ift, jo bajj mir nun 
auf biejenigen baulichen Unternehmungen p fprcchen fontmen, roeldie 
ben übrigen ,8roeigen beg ©taatghaughalteg p ©ute gefommeu jittb. 

3n erfter Sinie fommt hier in Setrnd)t bag ©erichtgroejeu. 
@djon früher rourbe ermähnt, bojj ber fiofpihof mehrfachen Um» 



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232 



bauten unterzogen mürbe, welche burd) ba3 bringenbe ©aumbebürfnis 
ber fantonalen SßoHjei unb ber ©echtfprechung öeranlajjt waren. 
Sluch hanbelte eS ficb hauptfächtich um oermehrte SRäumlicbfeiten 
für bie Unterfud)ung3gefangenen. 3 in übrigen arbeitete bet ©an* 
infpeftor einen ißlan aus, wonach bet ooDfomtnene Umbau beS 
SeonharbsftijteS auf ungefähr $r. 100,000 ju fielen gefommen 
wäre, ein Unternehmen, bas allmählich au3gefüf)rt werben jotlte. 
3ebod) e3 fam nur weniges juftanbe, inbem jchr halb ficb heraus* 
ftetlte, bah baS alte (S^or^errcnftift nicht ouSreidje, um in jmeef* 
mä|iger SBeije fowohl bie ^olijci als auch fämtliche Berichte ju 
beherbergen. SBobl würbe 1854 bie am Singang befinblidje ©igriften* 
Wohnung ju einem SBachtjimmer unb einer ißortiermobnung einge* 
richtet, unb ber g-lügel neben ber SeonbarbSfirdie um ein ©todwerf 
erhöht. 3m 3ah re 1855 erhielt aber, nachbem oon bem Slreal beS 
©teinenflofterS, auf welchem einige ©ürget fd)on ben jufunftigen 
(£entralbahnhof jähen, war Umgang genommen worben, eine ad 
hoc ernannte Äommiffion ben Auftrag, für ein neues ©eridjtS* 
gebäube mit alleiniger ©üdjicbtnnbme ber Strafgerichte unb beS 
ßioilgerid)tS ben ißräfenjerhof am ©äumlein ins 9luge ju faffen. 
ßS mar bieS um fo notmenbiger, als bie burch ben ©rohen 9?at 
befchloffene ?lufbebung ber StanbeStruppe eine bebeutenbe ©er* 
mehrung beS s }$olizeifoip3 unb bamit auch gröbere Snanfpruchnahme 
ber 9fäumlid)feiten ju ©t. Üeonbarb zur golge hatte. 

®er |>auptgrunb ber Sluflöfung beS Ä'orpS beftanb in ben häu* 
figen 5Defertionen, waren hoch oom gebruar bis ßnbe Sftoöember 1855 
nicht weniger als 73 SJfann befertiert, wobei eS einmal üorgefommen 
mar, bah bie ganze ©Sache am ©t. 3ohanntor auSrih, nachbem fie baS 
2or gejchloffett unb bie ©chlüfjel in ben ©tabtgraben geworfen hatte. 
@3 waren englijdie mit grobem Ipanbgelb oerfehene SSerber, welche eine 
folche SlnziehungSfraft auSübten. Siefe ©erljältniffe machten einen 
längern Qrortbeftanb ber Gruppe unmöglich, io bah am 17. 3anuar 







233 



1856 her äufhebungSantrag bet Regierung im ©roßen State jur 
SDiSfuffion gelangte. Stod) gab eS einige »arme 93efücroortec bet 
©taubeStruppe, »ie QriSfal Dr. Stubolf ©urdharbt; allein ft^ltefelidj 
erfolgte bod» mit 63 gegen 30 Stimmen bet ÜtufhebungSbefchlufj 
im ©tnne bet ^Regierung, nadjbem noch barauf ^ingeroiefen roorben 
toar, bajj and) ber »adere Äommanbant Jpinbenlang bei jefciger 
alle ©anbe ber ®i3jiplin lodernber Sachlage bie Sluflöjung je 
eher befto liebet »ünjdje. ®ie feierliche ©erabjchiebung fanb am 
14. 3nni 1856 ftatt, nad)bem abenbä öorl)er ber tteue Steft 
be$ .ftorpS im $of ber itaferne $u einer SWahljeit Bereinigt 
»otben »at. 3)ie Üruppe jählte bei ihrer Sluflöfung noch fünf 
Offijtere unb 68 ÜJfann. (Sin neues ©efeß muffte erlaffen »erben, 
»oburd» baS SßolijeitorpS, baS bie meiften Munitionen ber StanbeS* 
truppe ju übernehmen ^atte, auf höchftenä 104 Wann gebracht 
»urbe. $5aSjelbe jerfiel in Sanbjäger, beneu ber SidjerheitS* unb 
3oßbienft oblag, unb in fßolijeimänner, »eiche ooräugSroeife für 
■©erfehung ber ftäbtifdjen fßolijei beftimmt waren. Stoch recht leb= 
haft erinnern »ir uns aus unjeren 3ugenbjahren ber „©riinen" 
unb bet „©lauen," »eiche oft mit rauher £anb in unfete 3ugenb= 
jpiele auf bem SOtünfterplafc unb im Äreujgang einjugreifen Slnlaff 
fanben. (Die £»cilfte beS SorpS füllte laut ©efeh einfaferniert »erben, 
roaS »ieberum eine oermehrte 3nanfprud)nahme beS ßohnhofeS be* 
beutete, ba »enigftenö oorübergehenb bie ©lömlifajerne burd) bie 
eibgenbjfijchen ©ejahungStruppen in Slnfprud) genommen roar. 

Unter biefen Umftänben arbeitete bie oben ermähnte Spejial* 
fommiffion für ein am ©äumlein ju erftellenbeS @erid)tägcbäube 
ruhig »eitet. 3» ÜJiärj 1856 erfolgte bie 2Cugfd»reibung oon 
©aupläneit, »ofür brei greife in 2Iu3fid)t gefteHt »aren. ?ld)t 
Söfungen gingen ein, ooit biefen »urben brei burch Prämien Bon 
je 300 Mruufat ausgezeichnet, nämlich biejenigen ber Slrdjiteften 
3- 3- @tehlin=©urdharbt, M- SB- Sartorius unb ©. Säufer, unb 



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S. äRoring. 3)er elftere erhielt gugleid) ben Auftrag, einen beftni* 
tißen Vauplan au^guorbeiteit, ber bann aud) mit einigen 91bänbe* 
rnngeit genehmigt routbe. 'Sie Koften waren auf Fr. 200,000 
berechnet, wobei ba8 Mobiliar, bie Vorfenfter, bie ®a8beleuch= 
tung u. a. m. nicht inbegriffen waren, lieber ben Vauplnfe briicft 
fid) ber Slrctjiteft folgenbermafeen au8: „£er für ben UJeubau be= 
ftiitimte Vlafc war eben berjetbe, welchen bie al8 ©erichtafchrciberci 
befaunten ®ebäulid)feiten bamala noch einuahmen. Obwohl für ba8 
räumliche Vebürfnia genügenb, liefe beffen eingefeilte Sage, an ber 
engen, fteil anftcigenben Säumleingaffe, für einen Suftijpalaft oielea 
ju wünfchen übrig. Sa war bafeer geboten, burch bie SDiapofition 
be8 ®ebäube8 ben Mängeln ber Situation möglichft ju begegnen." 
Stehlin gibt un8 an, wie er ju feinem Siele gelangt ift. Sr fefete 
bie gaffabe etma8 jurücf uub hob fie burch Heine Anbauten oon 
ben 9fad)bargiebeln ab, eine Freitreppe unb bie ülbfdjlufegittcr bienten 
jur Vermittlung ber 9fioeauunterfd)iebe, bet fräftig betonte Mittel* 
bau, mit einer plaftifcfjen ©ruppe gefrönt, füllte ber jehiefen Strafecn* 
linie entgegenwirfen. Sluffallen faun, bafe hier Stehlin fich ben 
flotentinijcheti fßalaftbauten beö 15. 3ahrl)unberta angefd)(offen ^at ; 
e8 war bie $eit, ba ba8 Vunbe8rat?hau8 in ®ern burch bie Slrrhi* 
teften Stabler unb Stüber in eben bemjelben Stile erbaut worben 
mar. SöoQte ber Va8ler ÜJfeifter feinen Kollegen geigen, bafe auch 
er in biefer Vaumeife fich 5“ bewegen üerftehe? 3)afe ihm fein 
2Burf gelungen ift, wirb niemanb in Frage fteKeii. Freilich oerrät 
auch fchon biefe Faffabe, bafe ihr Srbauer ber Florentiner Früh 5 
renaiffance nicht aOjulange treu bleiben werbe, gibt fid) bod) in 
bet SDf ittelpnrtie ein Smpfinben funb, ba8 über furj ober lang mit 
ben ftrengen Formen jener ^Richtung brechen mufete. 2)er fünftige 
Anhänger be8 Varocfftilea tünbet fid) mit feinen ftarfen Verfröpfungrn 
unb feinen gefuppelten Säulen hier jehon mit aller wünfehbaren 
®eutlid)feit an. 



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235 



3n Sejug auf baS innere roirft bie Slnlage bet kreppe unb- 
bag Seftibufe großartig, auch fonft ift bie 9taumbifpofition einfach 
unb burchfichtig, nuc bie Sicbtoerbaltniffe beg (SrbgejchofeeS gaben 
nielfach ju Klagen Slntafj. ffür eine fpäter nötig roetbenbe Ser* 
gröjjerung hotte bet 9lrd)iteft einen bem Hauptgebäube parallel ju 
erfteflenben Sau im ©arten beg ®omhofe8 in üluSfidjt genommen. 
®ieje Hoffnungen finb nicht in ISrfüflung gegangen, inbem bie @r* 
roeiterung fchliefjlich in einem gebogenen Neubau an bet Säumfein* 
gaffe gefunben tourbe, eine £öfung, roelche in Serbinbung mit einer 
neuen {Jiioellierung bet Säumleingaffe bem ßunftroerfe ©tehlinS 
nicht unbebeutenben ©intrag getan hot. 

3m ©ommet beS 3of)«8 1859 mürbe baS neue ©erichtShauS 
ben richterlichen Seljörben übergeben, morüber fi<h ber 93erirf)t beS 
2lppeüationggerid)t8 folgenbermajjen oerbreitet: „2118 eineg erfreu* 
liehen, unb moljt barf eg betont roetben, als eines, einen neuen 
$lbfd)nitt in unferm 9ted)t8leben begrünbenben ©reigniffeS, biirfen 
mir fobann auch ber SoQenbung beS neuen ©erichtshoufeg gebenfen, 
rneldje ben Sejug ber ftattlichen unb jmecfmäfjig eingerichteten 
{Räume noch ju Anfang beS ©pätjahrS ermöglichte. @8 ging 
bemfelben, auf Seranftaltung unfreS Jribunalg, melchem @. @. {Rat 
bureb 93ef<hlufe oom 27. Sluguft baS ©ebäube förmlich übergeben 
unb jur Verfügung geftellt hotte, eine fachliche ©inmeihungSfeier 
im fünfter ooran, mobil» fid) bie ©itigelabenen unb ^Beteiligten, 
nachbem fie fith ju biefent ^mede auf bem Sathaufe oerjanimelt 
hatten, in georbnetem 3 u ge oerfügten, um fich fobann nach bem 
©otteSbienft auf gleiche SBeife nach bem ©erichtSbaufe ju begeben. 
Hier fanb nun in ©egenroart ber Vertreter unjerer höchften Sehörben 
unb {amtlicher ©erichte, foroie ber eingelabenen Seamten, Slnmälte 
unb Slngefteüten, nach einer Slnfpradje unferg ^ßräfibenten, bie lieber* 
gäbe ber betreffenben Solalitäten an bie baju berufenen Tribunale 
ftatt. ®en ©djtufj ber gfeier bilbete ein ffefteffen tm ©ommer* Äafino.“ 



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236 



Ueber biejem großem, ausführlicher be^anbetten Unternehmen 
iarf eine 2 lnjnht tleinerer ©auten nid)t ganz mit ©tilljchroeigen über» 
gongen roerben. 3 um Seil finb e§ Reparaturen an StaatSgebäuben, 
jum Seit Reubauten, welche nicht unter bie oben angeführten Ru» 
brifen untergebracht werben fönnen. Zieher gehört bie ©rrid)tung 
neuer ©olizeipoften, fo 1853 beSjenigen beim Sßerfhof am ©eterS» 
graben, ber feinen Urheber, ben ©auinjpettor SlmabeuS ÜJJetian, 
nicht oerläugnet. 3m fotgenben 3ahre 1854 würbe bie ®aS» 
beteuchtung im Rathaus eingeführt; bie ©emälbe im |>of, in ben 
(Sängen unb im Rorjimmer würben erneuert unb auSgebeffert. Stuch 
entfernte baS ©aufonegium auf ©orfteßungen ber Stntiguarifchen 
©efetlfchaft hm baS im ®h°r ber ©rebigerlirche aufbewahrte ©alz, 
welches fcbon grofjcn Schaben an bem ehrwürbigen ©ebäube an» 
gerietet hatte. Snblid) würbe bie Serraffe ber ©t. ©hrifdjonafirthe 
51 t gunften ber Spaziergänger ^ergeftellt unb bafetbft ein Drien» 
tierungSftein für bie StuSficht angebracht. 

©iS jum 3af)re 1855 fammelte ber ©igrift jeweifen baS 
?tlmojen mittels ber Klingelbeutel ein, biefem ben ©otteSbienft 
ftörenben ©rauch würbe bamatS ein ®nbe gemacht, unb eS mufften 
bie Dpferftöde an ben Kirdjtüren errichtet werben; nur bie £anb» 
gemeinben wollten fid) woht auS guten ©rünben mit ber Reuerung 
nicht befreunben unb behielten bie alte Slrt unb SBeife beS Sin» 
fammelnS nod) eine 3 e *tlang bei. 

3nt ©teinenflofter befajf ber Staat ein ungemein wert» 
«ofleS Streal, bafetbft befanb fid) aujjer ber fi'ajertie ber ©tanbeS» 
truppe and) bie SBohnung beS ©lafcfommanbanten unb bie ©er» 
wattung beS Kirchen» unb ©djulguteS, welches feine Sntftehung 
ben fäfularifierten Klöftern zu Derbanten hotte. 3m 3at)re 1855 
ftarb ber ©teineuflofterüerwalter unb bie ganze ©ermaltung fam 
auf baS Rathaus. |)ier würbe nun über bem alten ©taatSardpo 
ein feueifeftcS ©ewötbe errichtet, in welchem bie zahlreichen halb 




237 



barauf burd) ißrofeffor 3- @dmell unb einige feiner Schüler georb* 
neten Slofterurtunben Slufnabme fanben. 

Stuch bie ß^oiern, welche im Sluguft unb «September be« 
Sabre« 1855 jo manche« Opfer foftete, oerurjacfjte einige bauliche 
Sorfebrungen im ©nabental. Snblid) waren bie großen Uebel* 
ftänbe, welche bie in bet Stabt gelegenen ©d)iacf)ti)ciufer mit ficb 
brachten, Seranlaffung für bie ftäbtijdjen Sebörben, um ben Sau 
eine* neuen Sdjlacbtbaufe« ju ftubieren. Salb tarnen biefe auf ben 
©ebanfen, ba§ projeftierte ©ebäube in bie Stäbe be« St. Sßbann* 
tore« ju »erlegen, womöglich auf ba« Slreal ber Stheinfchanje. Stoch 
im Sabre 1855 würbe bie Stegierung um Abtretung be« fraglichen 
'fßlabeS angegangen. Sebod) biefe Sebörbe tonnte ficb nicht mit 
biefeni Slane befreunben unb jcblug bem Stabtrat eine Sotalität 
am Söeibengäfjlein ober eine folcbe in ber Stäbe ber ©a«fabrif Dor, 
waä roieberum ber ftäbtifchen Sebörbe nicht jufagte, fo bah bie Sin* 
gelegenbeit einftweilen auf ficb beruben blieb, unb bie Schuljugenb 
auch noch ferner ba« Sergnügeu batte, an bet Sattelgaffe jujujeben, 
wie bie Ocbfen gefcblagen würben. 

Semerten«wert ift eine Stelle im Serraa(tungssberid)t »on 
1855, worin im Slnfcblufc an ben Sericbt ber Sbolerafonimiffion 
folgenbe« gejagt wirb: „SBenn infolge ber Äataftropbe bie jefeige 
3eit mit Slnftrengung ba« in fanitätspoli^eilidier jpinficbt auch hier 
früher Serjäumte nacbbolt unb au?bauernb bie Sefeitigung ber er* 
tonnten Uebel anftrebt, fo wäre bie ßb°^ ern trofe jcbweret Opfer 
ein Segen für unfere Stabt gewefen, ben einft fpätere feiten un* 
ferer jefeigeu ©eueration banten werben." ®ie erfannten Uebel aber 
waren, foweit fie auf bie öffentliche Serwaltung Se^ug batten, ber 
Sirfig, bie Strafjenreinigung unb ba« bamit jufatnmenbängenbe 
Sortfchaffen be« Unrat« unb Slbgang« au« ben Käufern, bie ®oblen, 
öffentlichen Slbtritte, ftintenben ©ewerbe, fofern fie nid)t in SriDat* 
bänben fidfe befanben, unb bie Salbei über bie Lebensmittel. $>en 



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238 



’HJtiöaten ober wirb foIgenbeS Sünbenregifter Dorgefealten: Stinfenbe 
©eroerbe, ©täfle, in?bejonbre Scferoeineftälle , 5Uiiftgruben , ©üUen* 
bemalter, Abtritte, fehlerhafte Abjug?gräben öon SSSafferfteinen u. f.ro., 
fthlcchte äßofennngen, Unreinlicfefeit unb Ueberfiiflung bet Käufer. 

2Bet fi<h not!) an bie frühere ©eftaltung unfrer Cloaca maxima, 
be? Virfig?, erinnern tonn, roer ferner roeife, mit roelcfeer Vorliebe 
ber Va?ler Viirger fein Säulein mäftete, unb roie berfenige, ber 
biefen Sport nicht betrieb, bocfe bie Speiferefte feine? ©efcfeäft? unb 
feiner £jau?fealtung forgfältig aufberoaferte, bi? ein Vacfebat ober 
ein Verroanbter biefe „Säutränfe" für feine ©runjer abfeolen liefe, 
ioer fiel) enblich ferner erinnert, roa? für ®üfte an Dielen Stellen 
bet Stabt infolge Don Ställen ober au? anbern nicht näher ju 
bejefereibenben ©rünben fich Derbreiteten, ber roirb taum finben, bafe 
ber ^Bericht ber Efeolerafommijfion allju ftarf auftrage. @2 roar 
bafeer ein ©lüd, bafe im Sommer 1856 foroohl eine Sommiffion, 
roelcfee bie Söorfchläge be? ©eneralbericfet? für §ebung beftefeenber 
Uebelftänbe ju prüfen unb begutachten hatte, al? auefe ein Sanität?» 
au?fcfeufe eingefefet rourbe, an beren beiber Spifee ein ÜJiann Don 
ber ©infidjt unb ber Snergie eines s Jiat?feerrn Sari Sarafin ge» 
fteflt rourbe. Von ba an beginnt bie atlmälicfee Sanierung unfrer 
Stabt, an roelcfjer unfre 3 e >t nocfe ftetS mit grofeen Opfern weiter 
arbeiten mufe. ®enn bie Viefenarbeit fouute feinen rafcbeit 9Ser= 
lauf nehmen, nicht nur roeil bie enormen Soften eine Verteilung 
auf eine 9leifee Don Safereu nötig maefeten, fonbern roeil au? Un= 
Derftanb unb Anfeänglicfefeit au bie alten unjulänglicfeen ©inriefe* 
tungen ben roofeltätigften Vorlagen ber Vefeörben oft ber jäfeefte 
Sßiberftanb eutgegengejefet rourbe. 

©rfreuliefeer als biefe ®inge roar ba? Anerbieten, roelcfee? am 
14. Suui 1856 ©feriftopfe SReriamVurcffearbt bent Sleinen Sftate 
machte, auf eigene Soften eine neue Slifabetfeenfircfee, foroie ein 
Scfeulgebäube famt Sefererroofenung bauen ju laffen. An biefe? 




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239 



l)o^etjtgc Vorgehen tmirbe nur bie Sebiitgung gelnüpft, bafj ber 
Staat ben etforbetlichen Vauptah auf beut 9lreal beg Steinen* 
flofterg jur Verfügung ftelle, bie nötigen SErcppcn, bie ^erraffen* 
mauern unb aud) bie Srridjtung eineg neuen ißfarrhaufeg über* 
nehme. ®ie ßiberafität ÜJieriang hatte auch noch bag ®ute, bafj 

baburch bie Schaltung beg Steinenllofterarealg, bag natf) Slbfehnung 
beg früher ermähnten Vahnhofprojefteg für parjeflenmeije Veräujjje* 
rung an ^rioaten augerfehen mar, ber ©efamtheit erhalten bteihen 
fonnte. 3n ber ©rofjratgfihnng oom 16. 3uni 1856 ftellte benn 
auch ^ßrofeffor SBilhelnt SBadernagel einen Antrag auf Verroenbuitg 
beg umfangreichen Sltealg für öffentliche 3 tD ede. 

9J?it ben Vorbereitungen jum Vau ber Sirdje — eg mar bie 
■erfte neue Äirche in Vafel feit ber 1416 erfolgten SEÖeihe ber 
Älarthäufertirche — mürbe jofort begonnen. £er Stifter beftinunte 
brei greife; bag Vauptogramm fc^tieb für bie neu ju erbauenbe 
Äirdje „bie Vaufonncn ber oerfchiebenen mittelalterlichen Äitd)en= 
formen" oor. 5)ie auf Sdnoeijer 3(rd)iteften bejehränfte Äotdnr* 
reuj führte jur Srlangung oon fed)jehn Patten, 0011 ^ enen e ^f bie 
Äirche in gotifcf)em, fünf in romanijehem Stile augführen mollten. 
£)ag peiggericht «teilte jrnei jroeite unb einen britten peig, bie 
betreffenben Ulrdjiteften maren $euch oon Vaben, Stabler oon 3ürich 
unb oon Sftütte in Vern. Stablerg Pan würbe jur 21ugfithrung 
empfohlen unb erhielt auch bie Vifliguttg beg Stifterg, bet mit ber 
Leitung beg Vaueg ben Slrchitelten Sh r - Viggenbad) betraute. SKanrijeg 
ift an bem urfprünglichen patte Stablerg geänbert roorben, mohl 
nicht alleg ju beffen Vorteil, DVcbtgbeftoroeniger ift ein ©anjeg 
entftanben, bag ber Vautunft jur Shre unb ber Stabt jur 3'«^e 
gereicht unb allgemeine Slnerfennung gefunben hat. Seiber füllten 
foroohl ber Stifter alg ber 9(rd)itelt bie Vollenbung beg Vaueg 
nicht mehr erleben, inbem Shtiftoph 3R*rian fd)on am 22. Slnguft 
1858, Sh^ftaph Viggenbach am 11. 3uni 1863 bag 3 e 'tliche 



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— 240 — 

fegneten. Die Uebcrgabe ber @lifabell)enfircbe für ben ©otteäbienft 
aber erfolgte erft im Saufe beS SaljreS 1864. 

Damit finb bie umfangreichen Sauten, welche noch in baS 
fettste Sahrjehnt beä 19. 3al)tbunbertS fallen, aufgejählt, unb eS 
bleibt uns übrig, einet Slnjaljl fleinerer Anlagen Erwähnung ja 
tun, meldje in ben fahren 1857—1860 jur Ausführung gelommen 
finb. Daf)in gehört bie •‘perfteltung ber früher als Durnhalle be= 
nüfeten ©t. IRiflauSfapelle für bie mittelalterliche Sammlung, bei 
welchem Snlaffe auch bie nach bem Stonjilienfaale fü^renbe SBenbel* 
treppe erftellt würbe. 3m 3ah te 1859 befchlojj bie Regierung 
ben Umbau ber AntifteSwofjnung. Seranlafjt würbe biefer burch 
bie beabfichtigte Sorreftion ber überaus fchmalen Durchfahrt h<nto 
bem ÜKünfter. Snfolge baoon mufften ein Seil beS Kaufes fotoie 
bie gegenüberliegenben 2J?agajine beseitigt werben. Auch am 51a = 
pitelhauS werben einige Aenberungen oorgenommen. ©o entftanb 
ber beinahe quabratifche Sftünfterhof, bet fpäler burch ben Sau 
ber untern IKealfcpule wieber eine oeränberte ©eftalt erhalten 
hat. Such bie Anlage beS ÄlaraplafceS, wo bie alte Reifer» 
Wohnung abgetragen würbe, fällt in baS 3ahr 1859. Daburch 
lam auch ber neu erftedte ftlaratjof ju bet ihm gebühtenben 2Biit- 
bigung. 

©röfjere Umbauten würben angefid)t8 ber beoorfteljenben öierten 
©äfularfeier am UnioerfitätSgebäube geplant. Der Sauinfpeftor 
hatte fich im Aufträge beS SaufolIegiumS an bie Arbeit gemacht 
unb legte feine Entwürfe ber Sehörbe oor; aber bie $innengiebel 
unb Erferlürmchen fanben feinen Anflang bei ben Sorgefefcten 
2J?erianS, ber fiep über bie Angelegenheit folgenbcrmafjen auSfpricht : 
„üftachbem ich Dorier bem ^errn Stäfibenten (SRatSljerr Sari 
©arafin) bie ^ßläne erflärt, aus welchen SJlotioen bieS fo unb jenes 
fo gehalten würbe, brachte er biefelben oor bie nächfte ©ipung, 
erflärte fie unb gab qperru ©tehlin baS erfte Sotum. Diefer fanb- 





241 



bie 35äcf)er hoü) unb jagte, bieje Stufgabe liefee fidj mit ftacben 

®admngen hübjcher löjen je id) möchte eS nad) feinen Sin» 

beutungen probieren." Unter bet §anb erfuhr aber ber ®auiitfpeftor, 
bah Slrchiteft ©tehlin ebenfalls mit Stnfertigung tion ißtänen beauf* 
tragt nmrbe, jo bah er fid) nun jur 3)emijfion entfcfalof}. „$a eS im 
lebten Quartal beS 3ahreS 1859 mar, ich 1835 mit 3af)reS* 
anfang bie Sauinfpeftorftefle angetreten, fo mar mit SahreSfdjlnh 
bie 35auer meiner Seamtung alfo gerabe 25 3ahre, bis roohin ich 
meinen SluStritt anjeigte mit ber Srflärung, nad) Reujahr noch 
bie eingebenben Rechnungen für Slrbeiten, bie unter meiner Ceitung 
aus geführt mürben, ju öerifijieren." Rieht ohne grofje Sitterfeit 
fd)ieb SRerian aus bem Slmte. 3n feinen Slufjeichnungen befd)roert 
et fith barüber, bah ihm eine Reihe größerer Slrbeiten entzogen 
roorben fei, nad)bem hoch bie 2üd)tigfeit ber oon ihm h'efür an* 
gefertigten ißläne in SrotofoÜen unb ßeitungen allgemein anerfannt 
morben roaren. Slllenthalben mitterte er roobl mit Unrecht 3ntriguen, 
bie gegen ihn gejpielt mürben. 2) er neuern äufammenfehung beS 
SaufoflegiumS mürbe er nicht mehr gerecht, unb bah ein Slrchiteft 
mie 3- 3- ©teljlin ihm in mehr als einet Jfjinficht überlegen mar, 
rootlte er nicht einfeben. ©o fieht man benn ben gemiffenhaften 
Seamten, roelchet feinet Saterfiabt bie beften Slrbeitsjahre geroibmet 
hatte, unbefriebigt auS feinet Stellung fcheiben, unb feine Slufjeich» 
nungen taffen etfennen, mie feljr er fid) jurüdgefefet unb mißachtet 
muh gefühlt haben. 3)er fantonale SerroaltungSbericht Oon 1859 
aber melbet fühl unb furj: ,,®er langjährige ®auinfpeftor ift auf feine 
Slbbitte hin erlaffen unb beffen ©teile mieber bejefct morben." 5DaS 
beutet bod) baranf hin, bafsÜJferian nicht unrecht hatte, menn er annahm, 
im neuen Saufotlegium herrjdje feine ihm roohtroollenbe ©timmung. 

SBenig umfangreich roaren bie Sauten beS Staates in bem 
lefcten hier ju behanbelnben 3af)re 1860. 5)amalS fammelte man 
freimütige ©eiträge für eine ju grütibenbe ©ternmarte, roelche auf 

»aisler 3al)rlmrf) 1903. 16 



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242 



bet Slifabethenfchnnje errichtet merben follte. Slnläfjlid) bc» etb= 
genöffiftfjen ÜDtufitfefteä mürbe jum erftenmale jeneä foloffale ©erüft 
im fünfter aujgejrfjlagen, baä einen grofsen Jeil beä ÜJ?ittelfcf»ifte8 
3 U oerfperren pflegt. (Snbtic^ mürbe mit bem Sau ber Älingen» 
taltaferne begonnen, beten SoHenbung atlerbingä erft in baä 3a^r 
1863 fällt, ißräfibent beä SJiilitärtotlegiumä mar bamalä Oberft 
Si. ißaraoicüti, melier 3- 3- ©tehlin mit ber üluäarbeitung ber 
Ißläne betraute. Siäher mar immer non einer SJtillion gtanfen 
bie Siebe geroefen, meldje für einen berartigen Sau erforberlich fei ; 
©teljlin machte fich anheifdjig, mit gr. 600,000 auäsufontmen. 
„$)ie Söfung beä ißroblemä mar aKerbingä nur burd) eine fnappe 
®iäpofition beä ißlaneä, bei roeldjer atteä feinen ißlafc hoben muff 
unb {einerlei Siaum oerloren gehen barf, ju erreichen, ©oroohl 
für bie iDiannfchaftäräume alä auch für bie Stallungen mürben 
gormeln gejucht, melche bei tleinftem Siaume bie größte Stiftung 
erzielen, bie ©ebäube felbft aber in fonjentrifdjer gönn angelegt 
unb fo biäponiert, ba& fie mit ber ebenfallä alä Staferue nerroen* 
beten ehemaligen Slofterfirche einen großen alä (äjerjier* unb $ßarf= 
plafc bcftimmten $of umfchliefjen. . . . 3n ber Siegel hoben fnappe, 
ftreng logifche ®iäpofitionen auch eine naturroiichfige auä ber Sache 
heroorgehenbe ©ruppicrung jur golge, melche bie ©ebäube ohne 
erhebliche architeftonifche SJiittel jur ©eltung tommen läfet. ütuch 
unfere ßaferneubauteu tonnten baher in ben einfachen gormen 
gehalten roerben, melche fid) au bie in ben ißlan einbejogene Slofter- 
tirche mehr ober meniger anfchtiefjen" (©teljlin, Slrchiteftonijche 
HJiitteilungen 11/12). 

SJiit biefem ebenfo einfachen alä mirtungäoollen Saumerfe 
©tehlinä, baä fich roürbig an fein ißoft* unb an fein ©eridjtä* 
gebäube anreiht, nehmen mir non bem fpochbau im fechäten Saht- 
jehnt beä oorigen 3ah l 'f)nnbertä SUbfdgeb, um junädjft noch einen 
Stid auf baä ©chidjal ber geftungäbauten ju roerfen. 



D i g i irz 




243 



Sine fe^t »oicfjttge grage war bie, ob SSafel fjeftung feilt unb 
■bleiben fotle. SBenn man fid) aud) nicht oerheljlte, bah bie be» 
ftef)enben SBerfc einem ernftlicfjen feinblichen Eingriff auf bie ®auer 
feinen nachhaltigen UBiberftanb teiften fonnten, fo trennten fid) bod) 
anberfeitS bie Sitrger nicht fo (eichten HerjenS oon bem altge» 
roohnten, beruhigenben ®efül)le ber fortififatorifchen Sicherung, be* 
fonberS ba fie in ben Dreifsiget SBirren übet bie dauern unb 
®ore recht froh gemefen roaren, ba man auch bem franjöfifchen 
Sahnhof juliebe noch eine ©rroeiterung ber (Befeftigungcn butcf)= 
geführt hatte, unb ba enblid) roährettb ber babifchen (Reoalution 
ber SRufcen foft^er fd)üßenben SBerfe aufs neue fich f(ar unb beut-- 
lieh gegeigt hatte. ®ent gegenüber fiel aber in (Betracht, bah bei 
bet ftetigen Zunahme ber ftäbtifchen (Beoölferung ber 3Jiauergürtet 
ju enge toerben muhte, unb bah infolge baoon eine Ueberfüflung 
unb eine junehmenbe Snfalubrität ber inneren Stabt unoermeiblid) 
roaren. ®ie Käufer bafelbft roaren urfprüngtid) für eine Haus- 
haltung berechnet; Öaben unb SSerfftatt im ©rbgefchoß, jroei roohn» 
liehe 3immer unb bie ßüdje im erften Stocfroerf unb eine Slnjatjl 
Schtafräume auf ber jroeiten, eoentuell auch ber britten ©tage, baS 
aßeS jufamtnen hatte einft reiflich genügt für ben äJieifter, feine 
Öanülie unb feine ©efeßen. ®aS roar bie (Reget beS SEBohnenS, 
fo lange (Bafel eine Stabt oon 10 — 15,000 Sinrooljnern mar. Mein 
nun preßte fich beinahe bie breifache Stnjaht Don ßeuten in bie 
nur menig oermehrten ©ebüube. ®ie groben f>errenl)äujet erlitten 
feine ftärfere (Belüftung, roohl aber bie SBoljnungen bet deinen 
8eute. ®a mürben benn in ben oberen Stocfroerfen Kammern unb 
(BorratSräume ju Zimmern umgebaut, mürbe eine jroeite ober gar 
eine britte ®üd)e eingerichtet, mürben gröbere fünfter auggebrochen, 
roaS aßeS baju bienen muhte, bamit ÜRieter, beten $infe nid)t ju 
oerachten maren, aufgenommen roerbeti fonnten. §luf biefe SBeife 
muh man eS fid) erflären, bah bis auf ben heutigen ®ag bie 



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244 



SBohnung?oerhäliniffe in bet inneren ©tabt Dielfach recht bebenfliche 
geworben finb; nicht unfere Sotfahren in ben früheren 3ahr= 
hunberten trogen bie ©chulb, fonbern bie Serhältniffe, wie fie ficf» 
im Saufe ber erften Raffte be? nötigen ^ahrhunbert? geftaltet 
haben. 2J?an vergleiche nur etwa ba? SBohnoerjeic^niS, wie e? um 
1600 Slnbrea? SR^f jufammengeftellt hat, mit bem „Seiten Stunt* 
metnbüchlein" be? SOtagifter? Heinrich SBeiff Don 1834 ober mit 
bem fdjönen Hummern* unb Stbreffbud) ber ©tabt SBafel oon 1862, 
unb ba? (gejagte roirb feine? weiteren Semeife? mehr bebürfen. 

®och biefe SlnfüQung ber beftehenben Käufer mar ein Slu?= 
funft?mittel, ba? fe^r halb feine Kraft oerfagen muffte. @3 be* 
burfte einet anberen rabifateren Söjung, bamit ba? SBohnen in 
Safel ein gejunbe? unb angenehme? werben tonnte. (Sinmat mufften 
bie älteren groffen Käufer ber inneren ©tabt, bie noch jum guten 
ieil oon oornehmen Seuten bewohnt würben, Don biejen geräumt 
unb bem .fjanbmerf unb ©etoerbe überlaffen werben, ffi? ift bie? 
ein Sßrojejf, ber nun, mir bürfen wohl fagen, Dollfommen burch-- 
geführt ift. 3Wit Stecht mag man bebauern, baff babei bie frönen, 
alten Käufer furchtbar mitgenommen worben finb, inbem bie ehe* 
maligen in gefchmacfoollen Sogen fidj öffnenben ©rbgejchoffe burch 
gejchmacflofe ®eoanturen baflhornifiert, inbem bie geräumigen 
^jauefluren Unterlagen, bie breiten Ureppen mit ihren S°befien 
burch fchwale, leiternähnliche ©liegen eifert, alte gemalte Sapeten, 
bunte Defen unb Dessus de porte mit reijenben Sanbfchaften 
entfernt mürben. ®? ift wohl überflüffig, Seifpiele anjuführen, 
ein ©ang Dom Slumenrain burch ^eterlgaffe unb über ben 
Stabeiberg ober ein Süd in einjelne Raufer an ber Sergfeite ber 
greienftrajfe bürften genügen, um bie fRichtigfeit be? foeben Sin* 
geführten barjutun. ®och wir fragen, wo fiebelten fich bie bi?herigen, 
wohlfituierten Sewohner biefet großen ©tabthäufer an? 3unäd)ft 
juchte man bie Sorftäbte auf, wo noch ein anfehnliche? un* 



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245 



bebautes Herritorium anjutreffen war. Schon im 18. Saljrhunbert 
hatte eine fotctje SBanberung, unb jroat nach ©t. 3ohann, fiott* 
gefunben, jejät würbe ©t. Sllbatt beoorjugt. SUIein baS reichte 
nicht auS; benn eine Slnja^t ganj großer ©arten, beten Sefifeet 
butcfyauS feine fßarjellierung münfchten, machten eine ausgiebige, 
bauliche Senkung biefeS ©tabtteiteS unmöglich. H)aju fam noch, 
bafj neue gabrifen ebenfalls noch innerhalb bet alten Sefcftigungen 
errichtet mürben, rooburch roiebetum bie t5froge ber Slrbeitermofj 5 
nungen aufgeroorfen mürbe. Schon im 3ahte 1853 bebattierte bie 
©emeinniihige ©efeHfrfjaft über biefe Slngelegenljeit, unb im Hejember 
biefeS 3ahreS fam fie ju bem ©cf)Iuffe, auf ber ©reite 24 SBohnungen 
ju erfteilen „infolge beS in Safel immer mehr h« r oortretenben 
Mangels an gefunben unb wohlfeilen SBohnungen für bie unteren 
©tänbe.“ Hamit mar ein wichtiger ©chritt getan, unb allgemein 
würbe erwartet, bafj nun auch ©rioate, hauptsächlich fjabrifherren, 
biejem Seifpiele folgen werben, was auch in mehreren gällen gefchehen ift. 

3eboch nicht nur bie Slrbeiter, auch bie gabrifanten unb 
ftaufleute, welche an baS SBohnen größere Slnforberungen ju ftellen 
immer mehr fich gewöhnten, unb bie houptfächlich auch ben ©enufj 
eines ©arten? nicht entbehren wollten, mufften ihr Homijil auffer» 
halb ber ©tabt auffchlagen. Hoju famen bie neuen SerfehrSmittel, 
bie beiben Sahnhöfe oor ben Horen, bie junehmenbe SluSjöhnung 
mit Sajellanb, furjum eine fHeihe Umftänbe, welche einer ©tabt= 
ermeiterung auf föoften ber gortififationen gebieterifch riefen. Natürlich 
würbe biefer h> ec in allgemeinen Bügen angebeutete ißrojef) nur 
langfam geführt unb nahm bis ju feinem legislatorifchen Slbfdhlufj 
baS gange fechSte Sahrjeljnt in Slnfprucf). Suchen mir uttS bie 
^auptftabien beSfelben an einjelnen Haten unb bejonberS mich» 
tigen Hatfachen ju »ergegenmärtigen. 

©<hon ju Anfang beS SahrjehntS mehrten fich begreiflicher* 
weife bie Saubegehren im fogenannten geftungSrapon, ja eS mürbe 



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246 






ton mehreren fpefutatioen ©runbbefißern gerabeju bie Stufhebunj 
jeglidjen ©auterboteg in ber Stöße bet ©efeftigungen angetegt. 
Someit moflten nun freilich bie ©eßörben nicht gehen, jonbern eg 
mürbe noch im Saßre 1854 nur ein ©orfcßlag gemacht, monad) 
bie neue SBaulinie nur ^unbert 5uß ton bet Sontre*@gcarpe ent» 
fcrnt jein foltte, mag bann auch im fotgenben 3aßre 1855 jum 
©efcßtuß erhoben mürbe. Sntevefjant mar bie erfte ©roßratgfißung 
biejeg 3aßreg, inbem am 5. gebruar ifkäfibent SBöIfjlin ben SInjug 
[teilte, eg jolle ein neucg Stabttor bei ber Slijabethenfcßanje er* 
richtet merbeu, bamit für ben gebröngten ©erlebt burch bag Slejcßen* 
tor ein anberer Stbftuß gefchaffen rcerbe; im übrigen jei ber Sin* 
tragfteller nid)t ber SDteinung, baß unjere $ore unb ©tauern fallen 
füllen. Statthalter §eugter=3jelin rootlte noch einen Schritt meiter 
gehen, inbem er bie Slnregutig auf eine allgemeinere ©aftg [teilte 
unb eine Unieifudiung beantragte barüber, ob unb an melden Orten 
neue Sluggänge in ber Stabtmauer anjubringen feien. Slllein ba 
trat als SSarner Ratsherr Osmalb auf; et oermahrte [ich gegen 
ein mutroitfigeS gerftören ton ©tauern unb ©räben; eine ©renj* 
[tabt lönne leicht bei Slufläufen in ber Stacßbarfchaft in ben galt 
tommen, fotdjer ju bebürfen. Smnterßin mürbe ber Slnjug bem 
Steinen State jur ©egutaißtung übermiefen, jeboch) bei ber Beratung 
im ©rofeen State bahingeftellt, big bie ©ahnhoffrage entjeßieben 
fein mürbe. 

2>aß iibrigeng auf biefe geftunglmerfe fein aflgugro^eS ®e* 
reicht mehr gelegt merben burfte, geht Schon baraug hertor, baß 
im fiaufe beg Saßreg 1855 ein Seil ber Stabtmauer in ben fo* 
genannten Schinbgraben fiel, unb baß man um biefelbe geit fein 
©ebenfen trug, ben Stabtgraben jroijchen bem nun abgetragenen 
Staraboflroerf unb bem Stiehentor aufjufüüen. Slud) beim Spaten tot 
mußten größere Steparaturen an ber Stabtmauer torgenommen 
merben. £aß nun aber bie ©reigniffe beg 3aßreg 1856, alg in* 



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247 



folge be8 Sfteuenburger ftonflilteS friegetijdje ©erroidlungen in 3Iu8= 
ficht ftnnben, unb unter ber Seitung be8 Dberften Selarageaj auf 
SleinbaSler ®ebiet gelbfchanjen fid) erhoben unb eine ©djiffbrüde 
am ^»arjgraben erfteflt würbe, nid)t baju angetan waren, um bie 
2uft ber Bürger, if)te QfeftungSwerfe ju fcfjleifen, ju oerme^ren, ift 
felbftöerftänblicf). Sind) im fotgenben 3al)t 1857 bemühte fid) ba8 
©aufotlegium, bie gortififationen in gutem ©tanbe ju ermatten. 
Utur eine Sonjeffion würbe gemalt, bie barin beftanb, baff bie 
burd) bie eibgenöffifcfien ©enietruppen angcbracfjte ©faueröffnung 
beim 2Baifenhau8 an ber fogenannten ©aar, auf Stnfucfjen ber 
fR^einfä^renßefetlfr^aft unb einiger ©utSbefifser an ber ©renjadjer» 
ftrajje unter betn Flamen be8 ©reufjentörleinS al8 ©tabteingang 
jweiten 3Jange8 erhalten blieb. 

2)o<f) nidit mefjr lange war an bem gortbeftanb ber fjorti* 
fifationen feftguftalten ; ju »iele Petitionen liefen ein, welche halb 
ba, halb bort ein Surd)bred)eu ber ©tabtmauer ober ein 2tuffüHen 
be8 ©tabtgraben8 »erlangten. Unter folchen Umftänben tauchte in 
bem kleinen SRate ber ©ebante einer fogenannten Dttroimauer auf, 
welche, .bei ber SRünbung ber ©ir8 beginnenb, fid) bi« gum ©eigt)* 
fdjeit @ut erftredt, bann ber ©aljnlinie bi8 jum 2Jfild)t)äu8lein ge- 
folgt wäre, um oon ba gum ©t. Sofjanntor ^tnunterjufteigen. 
Sie Äoften einer folgen ©iauer würben auf 1,200,000 granfen 
beredinet, ©lüdlidjerweife gab man biefer Anregung teine weitere 
$olge, fonbern bie fflel)brben begnügten fid) mit einer 5lngal)l oon 
weniger umfangreichen unb foftfpieligen Slenberungen gu ©unften 
eine8 erleichterten ©erfel)r8, beren notwenbige t^olge bann allerbing8 
bie ©efeitigung bet fJeftungSwerfe fein muffte. Sabei ift nicht gu 
»erhehlen, baß auch Sanbfpelulationen, welche nur bei Deffnutig ber 
©tabt möglich waren, mit in8 ©emicht fielen, unb baff bei biefen 
©pefulationen gum Seil }et>r angefeljene ©erfönlichteiten mittelbar 
ober unmittelbar beteiligt waren. SRod) würbe im ©ermaltung?* 



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248 



becicfjt non 1858 baS Slefdjentor als ein ^iftocifc^ interefjanter 
$urm bejcidjnet, beffen Söeibe^altung jo erroünfdjt jei, baß man 
fidj mit einem ptoDijorifdjen ©eitenauSgang unb Sluffüüung beS 
©rabenS begnügen foHe. 3 U gleitet $eit würbe auch am SluS* 
gang ber bamaligen ÜJtiffionSgaffe, bet jeßigen BeonbarbSftraße, bie 
©tabtmauer burtbbrodjen unb ber ©raben überbrücft. 9tocb toicf)* 
tiger aber mar ber Umjtanb, baff nun infolge ber S3abnbofbauten 
bie SluffüHung be§ ganzen ©tabtgrabenS jroijcfien Slefdjen* unb 
©teinentor, foroie bie ©ejeitigung bes SlejdjenbolIwertS bejdjlofjen 
rourbe. Sludj bie £atjacbe, baff Don ©nbe 3Kai bis ÜÜtitte S5e- 
jember 1858 nidjt meniger als 82 Saubegetjren eintiefen, roeldje 
bas ©efeftigungSterrain betrafen, mar Don nicht ju unterjdjäßenber 
SBicfjtigfeit. 3«r S3ejcbleunigung einet roeitgebenben 33ejcblußfaffung 
trug roobl aud) baS irrige bie im 3abte 1857 angeregte unb 
1858 burdjgefübrte SJetfafjungSreoifion bei, infolge baoon ber ^et= 
fonalbeftanb joroobl be$ kleinen als beS ©rofjen States mand)e 
Slenberung erlitt. ©arafin rourbe als ©ürgermeifter beftätigt 
unb an ©teile beS jurüdtretenben 3. 3. S3urcf(jarbt'9tt)ljiner 9iatS= 
berr 3- 3- ©teblin^agenbad) jurn groeiten ©ürgernteifter erroäblt. 
$aS ^räfibium bes ©auloflegiumS übernahm StatSberr Äarl 
©arafin, bie übrigen ÜJtitglieber roaten 3- 3- S3urdbarbt=9tpb> ner < 
B. 93urdt^acbt*©d^rrcfet, ^JJrofeffor Stub. Sfteüan, Slrdjiteft SRiggen* 
bacb, §■ 9Rerian»3}onberä)tüblt, B. 51. SSurcf^arbt, J. U. D., Oberft 
SB. ©eigg unb Sircbiteft ©teblimSurdbarbt. Statsberr SJtinber, 
welcher feit 1833 ber 33ebörbe Dorgeftanben roat, unb ficb nun mit 
bem ©tattbalteramt begnügen fotlte, Derbat ficb bieje @b re - 

SS läßt fidj nidjt leugnen, bafj burdj biefe SSerjcbiebungen 
neues Beben in bie baulidje Gsntwidlung unferet ©tabt gefommen 
ift, bafj bwiptfäcblidj für bie gewaltigen neuen Slufgaben, bie nun 
einmal unabweisbar waren, jüngere, unternebmungSluftige Beute 
nötig waren, unb bet ©rfolg bat biefe SJeränbetungen mehr als 



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249 



gerechtfertigt. ®amit fofleti bie 2$erbienfte ber früheren ©eneration, 
etne§ ^Ratsherrn SJiinbcr unb eine« 2lmabeu8 ÜDierian, nict)t im 
minbeften in Qrrage gefteüt fein; bie SBetreffenben hoben in beu 
fchroierigften 3 e > tcn bem Staat bie treueften 3)ienfte geleiftet, unb 
beibe finb auch Scanner getreten, metdje für bie Sebürfniffe ber 
3eit ein grofjeS SBerftänbniS an btn lag gelegt hoben. Mein 
bie 2lufgabe rourbe ju grofj, unb fchon oor bem SBechfcl im 23au= 
tollegium mürbe neben bem öauinfpeftor noch ein befonberer Se* 
amtet in bet tßerjon beS Ingenieurs £>artmann bon St. ©allen 
angeftellt. 2lmabeu8 2J?erian erjählt in feinen SOiemoiren bie ©e» 
fchichte folgenbetma|en: „(SineS £ageä tarn §err ^Ratsherr Stehlin 
als ißijepräfibent beS SSaüfolIegiumS ju mir auf baS 23aubureau, 
um bie in Slrbeit befinbliche ®ifpofition ber Umgebung beS 2lefchen= 
torS ju befidjtigen; als er biefelbe angefeljen, fagte er: bicS ift 
feine architeftonifche Söjung; miffen Sie roaS, bie Quartiere unb 
bie Strafjenanlagen um bie grofje Stabt iiberlaffen Sie mir, bie» 
jenigen ber tleinen Stabt überlaffe ich 3hnen." 93alb aber jeigte 
eS fiel), baff eine befonbere Äraft für bie Söfung biefer geroaltigen 
Arbeit nötig mar, unb fo befchlofj ber kleine 9lat bie Stnfteflung 
Startmanns, ber ttorher ÄantonSingenieur in St. ©allen geroejen 
toar. 2113 23urenu mürbe für ihn ber $unftfaal ju ©eiten ge» 
mietet, mährenb bem Sauinfpeltor ber bisherige StabtratSfaal im 
IRatljauS (jefct 9iegierungSratSfaal) jugeroiefen rourbe. 

23on ber größten SBidjtigfeit für bie ©ntroicflung ber Stabt 
mar baS am 27. 3uni 1859 erlaffene ©efefc über ©rmeiterung ber 
Stabt, beffen § 4 folgenbermafjen lautet: „3u f?erftellung ange* 
meffener Söerbinbungett jroifchen ben äußeren neuen Quartieren unb 
ber inneren Stabt burch Strafen unb öffentliche ^ßläfee ift ber 
kleine SRat ermächtigt, ba roo eS baS 23ebürfniS erheifcht unb bie 
SBerhältniffe eS paffenb erfdjeinen laffen, bie Stabtgräben je nach 
feinem ffirmeffen auSjufüHen unb neue Stabteingänge h^joftellen, 



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250 



autf) bie bisherigen ©tabtmauem nebft baran liegenben ©thansett 
ganj ober teilroeife ju befeitigen." ?lu8brüiflich ausgenommen non 
biefer ©rmächtigung mürben bie erft öor 15 Sauren erbauten ©e* 
feftigungett beim franjöfifdjen ©ahnljof, ber höbe SB all, bie ©a= 
ftionen ju ©t. Seonharb unb bei ©t. ©lifabetljen , fomie bie 
©t. SUbanfdianje. 

Slm 29. üluguft 1859 tarn baS ©ejeß juftanbe „über Slnlage 
unb S'orreftion oon Straßen unb über baS ©auen an benfelben,“ 
rooburd) bie rechtliche ©runblage für bie nun beginnenbe, ungeahnte 
Srmeiterung ber ©tabt gegeben mar. 3 u Qt e i c h tourbe auch rin ©e= 
bauungSplan beS ju erjdjließenben ©ebieteS borgelegt. Sofort mürbe 
noch im Qahre 1859 eine ganje ©eihe non ftorreftionen in 9ln* 
griff genommen, meldje jum großen 2 eit mit bem ©au be§ neuen 
©ahnßofeS in ©erbinbung ftanben, auch mußte nach bet JonjeffionS* 
gemäßen ©eftimmutig mehr als eine neue ©traße burch bie ©cntral* 
bahngefetlfdhaft auSgeführt merben. ©o mürbe bie ©üterftraße an= 
gelegt unb baS bisher unbebeutenbe fRauengäßdjen, ein fchmater 
gelbroeg, oerbreitert. 

5m fotgenben 5ahre erfolgte bie ftorreftion ber SWüncben* 
fteinerftrafee, fomie biejeuige beS Ä'lingelbergeS unb ber SRittleren 
Straße, ferner oerurfachten ben ©aubehörben tuet Slrbeit bie ©er* 
hanblungen betreffenb bie Srfteflung ber Straßen jmifcßen bem 
©lifabethenauSgang unb bem ©t. Sltbantor, fomie bie Oeffnung ber 
©tabt bei ber „£pß." 

35ie 2lu3führung biefer ißläne unb bie großen Umbauten unb 
Einlagen erfolgten erft in ben folgenben 3ahren. 1861 fiel ba$ 
Slefchentor bem geitgeift jum Opfer, unb halb oerfdjmanb ein ©tüd 
ber alten ©efeftigungen, reelle 500 5oh re lang bie ©tabt ge= 
f«hirmt hatten, nach bem anberen. fiuft unb Sicht lamen ju ihrem 
boflen ©echte, unb ein ©ürtel reijenber ißarfanlagen legte fuh um 
baS alte SEöeichbilb, alles ®inge, meldje in erfter £inie bem uner* 



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251 



fdiütterlichen, {djopferijdjeii ©eifte Sari ©orafing ju oerbanfen finb. 
SBo^l hätte man gerne ba utib bort, roo feine Serfef)r?intereffen 
auf bem Spiele ftanben, Diefleidjt etroa? mehr Sd)onung ber alten 
Sauroerfe geroünfd)t, hätte gerne ber folgenben Generation neben 
ben brei loten auch nod) ein Stuftet ber alten lürme, ©räben, 
Stauern unb Sdjanjen gerettet. Sluf folche ^iftorifdj-antiquarifcfje 
Liebhabereien ging aflerbing? ba? bamalige Saufollegium nicht ein ; 
allein ba?, roa? an Stelle ber alten 333erfe gefefet tourbe, ift fo 
fchr gelungen, baff e? auf alle 3 e *teu ber Stolj nnb bie 3»erbe 
unferet Stabt fein roirb. 

SJrängte, roie gezeigt morben ift, alles bahin, baff bie Se» 
feftigungcn fallen unb ba? oor benfelben liegettbe Serrain not» 
roenbigerroeife jum Sau non SBohnhäufern oertoenbet io erben 
mu|te, fo mürbe bafür mit Sorreftionen innethalb be? alten SBeich» 
bilbe? eher langfamen Schritte? oorgegangeit. Stau fcfieute bie- 
Soften, roelche allenthalben ber Umbau einer alten Stabt Der» 
urfacht, unb in ben Sehörben gab e? ftet? bei jeber größeren Slu?-- 
gabe eine Slnjahl Leute, roelche ben finanziellen Stuin üor Singen 
fahen; fo roar, um nur ein Seifpiel ju ermähnen, bie Mahnung 
jum Sparen be? „Ceteram censeo“ be? Deputaten ©erman La» 
Stoche, roelcher aud) bei ben notroenbigften Slu?gaben feinen Slbfdjeu 
oor bem ®elbau?geben nicht ju unterbrüden oermochte. 

Sdjon im Serlauf ber bisherigen $)arfteflung finb einige 
Heinere Slenberungen unb Setbefferungen, bie in bet alten Stabt 
Dorgenommen rourben, ermähnt morben. Schauen mir, roa? fonft 
etroa noch gefcheljen ift. 

3m 3ah re 1852 foftete ber geroöhnliche Unterhalt bet Straffen 
in ber Stabt gr. 3855. 03, bie Sn>menaben in ber Stabt mit 
(Sinfchlujj ber Sahnhofanlage ju St. 3ohann unb be? St. 3afob?^ 
benfmale? Deraitlajjten eine Slu?gabe Don 5 r - 1912. 04. ©ine 
größere Slu?gabe (fjfr. 15,854) üerurfad)te bie gänglidje Umpfläftc» 



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252 



tung be8 SWünfterplaheS unb eine? Seils beS ©cfjlüf jelbergS ; auch 
im ©t. StappoltSbof, ober, wie man ju jagen pflegte, im Siumpel 
mu&te mit einer neuen Ißfläfterung begonnen werben. 2)urch ben 
Santon erfolgte bie Sorreftion beS SteinentorbergeS ; „eS gelang, 
benfelben auf eine Steigung öon 7 7* % SU rebujieren, ohne ba* 
burct) bie ©erteibigungSfähigfeit jener ©eite alljufehr ju beeinträch- 
tigen. " Stuf Stagen einer Stnjahl ©ewoljner ber SSeifjen ©affe, 
welche unter ben Unannehmlichkeit ber bortigen neuen ©djoot ju 
teiben hotte, tonnte nur injoroeit eingetreten werben, als ber ©cfjoot 
«in größeres Quantum Slbwaffer oom ©pitalfprungbrunnen jur 
Abführung bet Unreinlichfeiten jugeteilt würbe. Sßer fief) noch ber 
nicht feht einfabenben ©eruchsoerhältniffe, wie fie lange noch an 
ber Sßeifjen ©affe beftanben hoben, erinnert, ber wirb ben Slagen 
ber Anwohner ihre ^Berechtigung wohl taum abfptechen wollen. 

©ine entfehieben bebeutenbere Sorreftion würbe im Söhre 1853 
junächft in bem ©tabtrat erwogen, eS ift bieS bie ©rmeiterung ber 
untern greienftrafje, woju houptfächlid) ber Umbau beS alten Sauf* 
häufet jur ißoft ©eranlaffung gegeben hotte. ®er ©tabtrat taufte 
oorforglid) bie brei ßiegetijchaften jur Harmonie, jum ©lefanten 
unb jur fchmalen ©onue unb trat mit ben getreu ©hriftoph Surcf* 
harbt, Smhoff'goltner, granj Sofeph Üfteper unb ©hriftion Sitfch 
in Unterhanblung. Slucf) bie Ueberroölbung beS ©irfigS würbe in 
^Beratung gezogen, jeboef) jchliefslich abgelehnt. @S fragte fiel) nun, 
mie bie betreffenben ©efifjer entfdjabigt werben foHtett. „ÜDiejelben 
wünfdjten biefe 3rage baburch gelöst ju fehen, baß ihnen für ben 
^ur ©traße absutretenben Staum ber gleiche Staunt in bet ©reite 
^uerfannt werbe, nebft einer angenteffenen ©elbentfrfjäbigung für bie 
©autoften. 2)ic ftäbtifhen öehörben ertlärten fief» bamit einoer* 
ftanben. Stuf biefe SBeife würbe bie Streife, an welcher bisher acht 
Käufer geftanben hatten, oon benen nun eines, wie früher bemerft, 
3 ur s 4Soft gefchlagen würbe, fünf Steubauten aufgeführt (greieftrafje 



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253 



2 — 10), ittbem bie Saupläfee bet üier ermahnten ©gentiimer bet* 
brcitcrt würben, wobei bann noch ein fünfter, bie jefeige ©eorg’jche 
Sucfehanblung, übrig blieb. 2luch mit §errn ©eorg Kiefer, bet 
bamatä fein ©efc^äft im §auje jut Saute (Süiarftplafe 7) betrieb, 
gab e§ einige Slnftänbe wegen jmeier ©iebellitfeter. immerhin fanb 
fcfeliefelich mit allen Sntereffenten eine ©nigung auf frieblichem 
SBege ftatt; bie @ntfcf)äbigung8jumme betrug fjr. 137,827, woran 
ber Kanton laut Sefchlufe öont 15. Sonuar 1855 gr. 50,000 
beifteueite. 3)en an ba8 neue Softgebäube anftofeenben Sauplafe 
mit einem fjläcbentaum oon 180 m* erfteigerte 9t(ejanber SBiftor 
^ßfanber jum greife oon ffr. 39,536, jo bafe aljo ber Cuabrat* 
metcr auf $r. 220 ju ftefeen !am. SSelcfee SBertfteigerung haben 
bet ®runb unb ©oben an jener Sage in ben lefeten fünfzig Sagten 
erhalten ! 

?ticht um eine ©trafeenforreftion, fonbern um bie Anlage einer 
ganj neuen ©trafee oon 24 gufe »Breite hanbelte e8 fich, al8 ber 
Söürgcrfpital bie Slrmenherberge oerfaufte, jenen hif^’jch benf= 
würbigen £mf ber ÜDiöncfee oon Sanb8fron, in welchem 1305 König 
Sllbrecht butch ben Sifchof Ctto oon ©ranbfon beinahe ermorbet 
worben wäre, unb ber im 3al)te 1421 oon Sunfer Konrab jem 
Raufet auf ewige feiten für bequemere Seherbergung bet frembeit 
burcfereifenben Slrmen, Pilger unb Sertriebeneti mit bem ganjen 3n* 
oentar oergabt worben war. 3m 3aljre 1844 erfolgte bie Ueber* 
gäbe be8 Vermögen? ber Slrmenherberge an ben Spital unb neun 
3af)re fpäter auch bie räumliche Serfchnieljung burcf) ben Ser* 
fauf be8 @ebäube8. Salb würben bie alten ©ebäube bem ©b* 
hoben gleich gemacht unb an bie frühere Snftitution erinnerte 
au feer jwei Setteloögten, welche noch mehrere 3at)re ihr ®afein 
frifteten, ber SRarne ber neuen ,'perberggajje 0Dfeper*U7erian, S)ie 
Slrmenherberge in Safel, ©eiträge jur oaterlänbifchen ©efcfeichte, 
Sb. VI, ©. 209 ff.). 



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254 



£eutjutage werben nicfjt mit Unredjt bie Serljältniffe an ber 
Einmiinbung ber untern ©erbergnffe gegen ben URarft als unhaltbar 
bejeidjnet; allein bamalS iin 3ahre 1854 glaubte ber ©tabtrat 
geniigenb geforgt ju hoben, wenn er bem Sefifcer beS £aufeS jum 
■SEleienecf „behufs Erweiterung beS Eingangs in bie 9tinbermarlt= 
ftrajje für einen gebrodenen Ecf an feiner Sieubaute unb gänzliche 
Entfernung eine§ SfellereingangS auf bem Srottoir" gfr. 1500 $u* 
fprad»- 

Als eine SerfehrSerleidterung mufj auct) bie ju Anfang 9io= 
»entberS cröffuete fR^einfä^re am fparjgraben angefeben werben. 
Sie Sünftlergefefljdaft erhielt eon ber Regierung bie bieSbejiiglide 
Äonjeffion fowie einen ©taatsbeitrag oon 5 r - 1000. 91ud) für eine 
Uätjre beim Sotentanj würbe ber genannten ©ejetlfdaft baS $ßrio= 
ritätSredt gewahrt. Sie Regierung modte antiebmen, baff burd 
biefe Qrähren bie Erfüllung beS SEBunjdeS nad Erbauung einer 
^weiten Sl^einbrütle nod ouf längere 3 e *f ^inau§gefdobeu werben 
fönne, was benn aud mirflid ber goll gewefen ift, mährenb anber= 
feitS aus bem (Srtrag ber gälten ein Kapital fid angefantmelt 
bat, bem bie Erbauung ber Äunfthafle jum guten Seil ^u t>er= 
banlen ift. 

3mm er mehr madte fid bei ben junebmenben Seränberungen 
unb bet beftänbigen AuSbeljnung ber ©tabt ber Mangel eines ©tabt* 
planes unb allgemeiner Sorfdriften für größere Sauanlagcn oor 
ben Soren geltenb. 3n Sejug auf Siidtung unb Sreite ber 
©trafjen, über bie Stellung unb Art ber Sauten, in Sejug auf 
©täfle, Saugruben u. f. w. beftanben feine gefefcliden Seftimmungen, 
webet für baS Sauen innerhalb nod außerhalb ber ©tabt. Son 
einem allgemeinen ©tabtplan mar aflerbingS fdon lange bie Siebe ; 
ullein bie Ausführung mar an ber ©röjje ber Äoften gefdeitert. 
SBoht beftanb eine Serorbnung oom 3. Seiender 1846, wonad 
jeber, ber im ©tabtbann bauen wollte, gehalten mar, bem ißrä* 



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255 



fibenten beS bctreffenben „©ejrfjeibä'' Anjeige ju matten, liefet 
foCIte fid) bann mit bem Sßrüftbenten bet 2anb* unb SBalbinfpef» 
tion inS (Sinoernehmen jefeen wegen bet ju erteilenben ^Bewilligung. 
Am 21. ÜRätj 1855 mürbe beft^Ioffen, eS jotl allenthalben, wo 
tticbt fofort ohne Auftanb bie ^Bewilligung jurn Sau erteilt werben 
fonnte, ber ©tabtrat benachrichtigt werben, bamit er fich über bie 
$uläffigteit einer folchen Saute auSfprechen unb namentlich ba, wo 
•eS fid? um ein neues Quartier hanble, ben ©egenftanb begutachten 
unb allfällig bem betreffenben Sartitutarcn, welcher bauen will, bie 
geeigneten ^Bewertungen in feinem unb im allgemeinen Sntereffe 
^ugehen taffen tonne. .gugleicb fefete fich bie Sehörbe mit bem 
©eometer SRubolf fyalfner bem fpäteren Sorfteher beS Saubepar= 
tementS in Serbinbung wegen Srftellung eines ©tabtplaneS. 9J?an 
•einigte fich auf bie $lauaufnat)men ber Umgebungen ber großen 
©tabt öon ben alten ©tabtgräben auS; bis ju 6nbe 1856 war 
bie Ausführung bis an bie jwei lebten 93lätter oollenbet. Allein 
mit biefer nur bie Sorftäbte unb baS außerhalb ber ©tabtmauern 
gelegene ©ebiet untfaffcnben ißlanaufnahme mar uod) nicht allen 
oorhanbenen Anfprücben ©einige geleiftet, man mufete einen ooü= 
ftänbigen regelrechten ©tabtplan haben, unb bieje Stufgabe nahm 
nun bie ^Regierung an bie |)anb, inbem fie ben ©eometer Söffel 
mit beten Ausfertigung betraute. Sei bem ©rohen SRat mürbe 
um einen Ärebit oon 3fr. 18,000 nachgefucht, unb bie ftäbtifchen 
Sehörben oerfptachen, biefeS eerbantenSmerte unb wichtige SEßert 
nad) Sräften ju förbern. @o entftanb jener große jchöne ©tabt= 
plan, welcher bie ©runblage für alle fpätern ähnlichen Unternehmen 
bilbet. 

2Rit ben ©traßentorreftionen ging'S unterbeffen in {ehr ge= 
meffenem Xempo oormärts, unb nur allju oft waren es bie grofeen 
Ausgaben, welche bie ©tabtoäter oon Unternehmungen abjchredten, 
bcren 3 tt,e< Jmäfeigfeit oolltommen tlar oor Augen lag. 



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256 



@o mar fcfjon {eit Starren bie 9?ebe oon einet Storreftion bes 
SlumentainS mit Qtntfernung be8 8t. 3of»annfchtoibbogen8 unb 
Söerminberung bet ftarfen Steigung. Sie bebeutenben Schmierig» 
feiten unb bie unoerhältniSmäftigen Sfoften fetten aber ben Stabt» 
rot oon bet Ausführung bet bieäbejüglit^en s fMäne ab, unb im 
Sa^re 1856 begnügte man fid) mit einer einfachen Umpftafterung. 
bet Strafe, unb mit bet Anlage eines beibfeitigen f>of)en SrottoirS, 
beffen leftte Seite erft in biefetn Sah« entfernt motben finb. @ben» 
falls an einet Steße, roo t)eute roiebet meitgehenbe Umgeftaltungen 
oorgenommen werben, fanb 1858 eine nic^t unbebeutenbe Äorreftion 
ftatt, nämlich hinter bet 9fümetin8müf)Ie unb an bet Stuttetgafje, 
bem heutigen SDtünjgäfttein. Sie gabrbaßn muftte oerbreitert roer» 
ben, ju welchem ©effufe bet bis baf)in offen ftieftenbe ßtümetinbact) 
mit gledtingen übet eifernen öalfen bis jur Suttelgaftbrücfe bei 
bem alten ßKünjgebäube überbetft mürbe, roa8 aßeS eine Ausgabe 
oon gr. 10,559. 83 oeranlaftte. 

3m Sah« 1859 ging baS gefamte ftäbtifdje ©auroefen mit 
Ausnahme beS ©runnroefens an ben Staat über, unb fofort machte 
fi<h aucf) eine gefteigerte Sätigfeit in ©ejug auf StraBenforreftionen 
in bet inneren Stabt gettenb. 3n biefem 3a^re mürbe bie Äor= 
reftion beS rechten fHEjeinufetS burcß Auffteßung eines Sd)uftgetän* 
ber8 ooßenbet, mürbe bie Schlußrechnung über bie nunmehr ooßenbete 
Umbauung ber ©heinbrücfe mit 247,792 granfen Ausgaben ab' 
gelegt, unb für bie Storreftion ber St. (Slijabethenoorftabt unb bie 
Anlage oon neuen Straften im üuartier ber ehemaligen Spital» 
fcheune ein Ärebit oon 130,000 granfen eröffnet. ©on biefer 
Summe mürbe ein anfeljnlichet Seit für ben Stlofterberg oerroenbet. 
Sie projezierte Straftenanlage bei ber Spitalfcheune mar afletbingS 
eine Spefulation beS SöürgerfpitalS, burch welche jeboch laut 93e= 
rieht für 1859 für bie Stabt eine Anjaht angenehmer ©aupläfcr 
an freier unb guter Sage gewonnen mürbe. 



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257 



Sine neue Slbfahrt gegen ben ÜHfjein Beim Seibenljof foKie 
burcf) eine SrebitberoiÜigung non 11,000 granfen erfteKt werben, 
bamit bejroedten bie ©aubelförben einmal eine bequemere 3 u f Q ^ rt 
511 m SK^eitt in ©ranbfällen, unb sroeiteng rourbe bnburd) bie Sin» 
läge eineg SRljeinroegeg längg ber <St. gohannoorftabt ermöglicht. 

Sbenfallg im Saljre 1859 mürbe auch bie anlä&lid) beg Um» 
baueä beg Slntiftitiumg fd)on ermähnte ©trafeenforreftion hinter bem 
fünfter befdjloffen unb begonnen. Sin l)ihf)ft bebauerlidjer Un» 
gtürfgfall hatte beroiefen, bafi bieje notroenbige ©trafjenoerbreiterung 
öurebaug geboten mar. $)amalg erroarb bie Regierung aud) ben 
neben bem „‘Celpljin“ gelegenen 25iegbacf)er ,'pof, burcf) beffen Snt» 
fernung bie ©erbefferung ber bortigen Sommunifation jeljt gefbrbert 
rourbe. 

9iur ermähnen mosten roir nod), bajj man fief) ju gleicher 
3 eit »ielfacf) mit einer neuen ©ttafjenhfläfterung befchäftigte ; babei 
ergab fich, bafc bag bisher hier berroenbete SDiaterial, bie s JJ^cin» 
fiejel, bag oorjüglichfte unb jugleich bag am roenigften foftfpielige 
fei, bag baffer eine ©erbefferung lebiglid) in bet forgfältigeren ©e= 
hanblung unb 3 UI üftung begfelbeit unb in einer rationelleren ©e» 
banblung beg ©trajjenbaueg ju fudjen fei. 

2>ie Sorreftionen unb neuen ©trafjenanlageu in ber Umgebung 
beg ©ahnljofeg nahmen ihren erfreulichen gottgang, unb mit grofjer 
©efriebigung fah man, baff bie Gentralbahn burcf) Srftellung eineg 
nicht nur groeef mäßigen, fonbern auch fchönen ©ahnhofeg bag 
3 hnge P än« gelungenen Sluggeftaltung beg neuen Cuartierg bei» 
tragen rooftte. ®aju tarn ber ©au beg mächtigen, bag ©irfigtat 
iibcrbrücfenben ©iabufteg. 

Seinen fo erfreulichen gortgang nahm ber 9Jeubau beg babi» 
fchen ©ahnhofeg, ittbem bie ©roffherjoglid) ©abifche ^Regierung fid) 
burd) bie Srieggrüftungen im gahre 1859 oeranlafjt fah, alle nicht 
unumgänglich nötigen Sifenbahnbauten fiftieren 511 laffen. ®ie 

■SaMcr Jolltburq 1903. 17 



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— 258 — 

S3a3lcr Negierung erhob wegen biefer Nerjögerung Ginfprache unb 
hatte menigften« ben Srfolg, baff bie SrnibamentierungSarbeiten für 
beit babifefjen öahnhof noch in betn genannten 3ahre in Slngrifr 
genommen mürben. 

$>a3 Sohr 1860 bradfjte bie Sorreftion ber Glifabethenftrah« 
unb be3 ftlofterbergeä ju Gnbe. Sluch mürbe in Nerbinbung mit 
biejen Unternehmungen bie SBaftionftrahe, bie bann fpäter ben 
Manien Nktlftrahe erhielt, crfteflt. Ginige Heinere Arbeiten am 
Sohlenberg, hinter ber Nümelin3mühle, an ber oberen Nheingaffe 
bei ber fogenannten SWeercnge unb nnbere? mehr mögen neben ber 
Sortierung ber früher fdjon ermähnten unb begonnenen Sorreftionen 
nur angebeutet fein. Son oiel größerer Sebentung aber mar, bah 
am 7. SDiai 1860 bie Negierung mit ber franjofifchen Oftbahn 
einen Vertrag abfchloh, roonach biefe ihren Söahnhof ju ©t. Johann 
aufgeben foflie, um in ben neuen Gentratbahnhof einjujiehen. Slm 
15. Suui mürbe bie 5Serbinbung?bahtt nadh erfolgter SoKaubation 
bem Serfehr übergeben, ©o ftanb nun nicf)t3 mehr im SBege, 
bah fich bie ©tabt ungehinbert jmifchen ben ©tabtgriiben unb ben 
neuen öahnlinien auSbehnen tonnte. 2>antat3 mürbe bet ftei= 
nerne Ning, melcher bie ©tabt währenb fünf ^ahrhunberten um= 
fchloffen hotte, gefprengt. ffüohl niemanb ahnte, bah f<hon nach 
oierjig Sabrcn ber neue ©ihienenftrang als eijerner Ning empfunben 
merbe, unb bah bie 93efeitigung beSfelben ebenjo fehr Seben?fragc 
für bie ©tabt Söafel fein merbe, mie e8 ju unferer Näter 3eit baa 
Nieberlegen ber Seftung?roerte geroefen ift. liefen Gntroicflunga* 
gang ju frfjilbern, fotl bie Stufgabe beS nächften Sahrbuche? fein. 

" ’ - 1 " 1 







^ a$ tafttortfcBe ^cBcn in 1§afcf 

vom 1 ftovcmk’r IdOl In? ^itm 31 4>ftfokr 1002. 

6iit vHiidU’fid'; tilicr Sljailer, ?flii[i(i tinö tüffteniK >'iimll. 



Don 

2llt>. (Segler, (£. Cb. VTarhccs unö 21. Visfc^cr«van (ßaasbeeft. 

* 

A. Iheater. 

1 . Sdjaufpiel. 

^)ie Saijon 1901 1902 ftanb roieberum unter ber tecfjnifc^cn 
unb fünftlerifchen Seitung be§ £>errn £ireftor Seo äRelifc, unb 
e§ ift unter ihm Diel ©uteä geleiftet worben, troßbem ba3 £h eotcv 
mit ftnanjietlen Schmierigfeiten ju feimpfen hotte. ®o3 flaffi)<f)c 
^Repertoire, ba3 erfahrungsgemäß nicht bie heften (Sinnafimen bringt, 
mürbe nicht öerfiirjt; es finb barin 3 . 23. „SBallenftcin," „Smilia 
©alotti" unb „®ie 3 iibin Don £olebo" ( ©riflparjer) gegeben 
morben. 2?on ÜRooitäten famen Otto ©rieb £>artleben» „fRojen 
montag“ unb beS in 23afcl unfähigen dichter? ^»ermann Stege» 
mann fcbmeijerifcbeS Sdjoufpiel „IRifolauS Don gliic" jur £nr* 
ftellung; baS letztgenannte Stiicf fanb fo Dielen 23eifall, bah es 
fecfjSmal Dor Dollem Jpauje roieberholt werben mußte. Sobanti ift 
$enrif SbjcnS „fRoSmerSbolm" am 6. gebruar jutu erftenmal 
in 23a}el in Scene gegangen. 9lucf) Otto SubmigS üuftfpiel 
„§an§ fyrei" unb ßalberonS ftomöbie „ 3 n>ei ßifen im Jeuer“ 
mürben bem 93a§ler ißitblifum jum erftenmal bargeboten, ©rötere 



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— 2150 — 

©aftipiefe gab eg jroei. 3uerft, nod) im -JloDember, jaben mit 
jpecru Dtto ISppcng, unjereit ÜKitbiirger unb Dom Seftfpiel b«t 
aflgeliebten ^Kegiffeur, als „Stönigglieutenant" (©ußtoro), alä „9ticf)ter 
ddii 3alantea“ iSalberon), alg äöilbelin $efl unb alg SEBcItcr in 
31njengruberg „.fpanb unb $erj." 2)ann !am im Februar bie in 
Safel feit ihrem oorjä^rigen ©aftfpiel äufjerft beliebt geworbene 
Fräulein 3tene Iriefd) aug 33er(in unb fpielte ,,'Jiora" (3bjen , 
Santujja (in „Cavalleria lnsücana“ oon SJerga), (S^riftitte in 
91rtbur Sd)nifo(erg „Eiebelei" unb SJiagba itt Subermanng „,f)eimat.“ 
@in weniger roidjtigeg, aber um fo luftigereg ©aftfpiel batten frfjon 
im S)ejember bie Jegernjeer '-Bauern abjoloiert; fie batten bie 
beliebten SBolfgftiirfe „Sllmenraufd) unb Sbelroeifj," „ s }Srojef3bangl,“ 
„25er ®orfbaber,“ „ 25er 5perrgottgjpieler Don Slmmergau“ unb 
„25ie 3i»ibntDuri , n M gefpielt, alleg mit bebeutenbent ©rfolg. 3nt 
3anuar gab eg etroag @£otijd)eg, eilt ©aftfpiel beg japanifcben 
Ibeaterg ber Saba 9)acco: eine ber intereffanteften Darbietungen, 
bie unfer Skater je gefe^en bat. 9lud) franjöfifcbc Iruppen lehrten 
bei ung ein, im ^ejember |»err 33a re t, im 3anttar |>err (Xo = 
quelin j ne ; ber festere fpielte üJloliöreg „©ourgeoig ®eutil= 
bornrne." Grrroäbnung nerbietten auch bie öon ber Ibfatertommif- 
fion neu eingefübrten 33 olfgoorftellungen flaffif^et Stüde; fie 
fanben au Samgtag 3lbenben ju billigen greifen ftatt. 

2)ie neue Saifon begann im September 1902. Sie brachte 
junäcbft einige ^muptänberungen im fßerfonal. 2)ie Herren gelb« 
baug, 25t)fing unb ©runbmann finb in ben Jäcbern beg erften 
gelben, beg jugenblicben Siebbaberg utib beg Somifetg burrf) bie 
getreu 9iütbling, Sunbbeim unb 9iubtifd) erfefet roorben. 
ohne baß allerbingg ber ©rfafc oöflig befriebigte. 3m 3adje ber 
fentimentalen fiiebboberin b' n 9 e 9 en fcfjeint in gräuleiu S. Saum 
unfere 33übne eine gute 3lcquifitiou gemadjt ju haben. 5pert>or= 
ragenbe ÜDiitglteber beg (Snfetnbleg finb fjrau äBagner (erfte £ieb= 



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201 



tmbcrin), £>err |)agen (CSfjarafter^ieler), fperr Schmibtfjoff 
(SSäter) unb grau goche (©fütier). 

®g barf hier nicht unerwähnt bleiben, bajj bie ©aijon 1902 
big 1903 infofern unter günftigeu Slujpijien eröffnet roorben ift, 
atg mit ©eroäbrung einer jä^rlidien Suboentiongerböbung um 
30,000 granfen ber ©rofje 9tat ben gortbeftanb unfereg U^eaterä 
überbauet gefiebert ^at. gn ben beiben evften 3J2onaten beg gegen» 
märtigen Spielrointerg finb an tlaffijcbcn Stücfeti „Son ßatlog" 
unb „©öfj öon fflerlicbiugcn," an ©ouitäten 3J?ei)er=görfterg 
„9llt=£>eibelberg," ©ubertttnnng ,,©g lebe bag Seben" unb 
gbfeng „$ebba ©abler“ ju fe^en geroefen. Sl(g ©aft mar |>err 
§lbalbert SOI a tforogft) aug ©erlitt ba; er fpielte fiamlet, 
©etrucdjio (itt Sbafefpeareg »Stimmung ber Siberfpetiftigen") unb 
Äean (non Suntag ©ater). 

gm Slnfcblujj an bie ©öligen über bag Scbaufpiel fei auch 
noch ber im ©ooentber öeranfialteten Soiree ©rtoäbnung getan, 
in welcher ber Sellamator .£>err ©mit Dfilan ©rgähluugen öon 
©jörnfon unb Solftoj, fotuie ©ebicfjte oott Sebmel, SJZüncbbaitfen, 
Sluetiariug, gontane unb giiictert gu ©ebör gebracht bat. Sie feine 
Seflamationg» unb S^araflerifierungSfuitft beg ©ortraggtneifterg 
9Kilan bot itt ©ajel ticle greunbe. @r toirb begl)olb bann unb 
mann auch itt ©rioatfreife berufen. 

2. Oper. 

Sag mufifalifdje Seben ©ajelg mar nud) im Sinter 1901 
big 1902 mieber ein febr regeg. Sen Söroeitantcil an ber ©ro= 
buhiott auf biefent ©ebiete trug natürlich bag Stabttbeater mit 
ber Aufführung öott 29 Opern llaffifcber uttb mobertter 9©eifter 
baoon. ©g marett barunter Serie, bie gunt erftenntal in unferer 
Stabt gu ©ebör gebracht mürben. Sie ©röffnung ber Saifon er= 
folgte am 17. September 1901 mit ©erbig „Alba“; int Saufe 



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262 



beä SBinterä (10. Sloücmber) tarnen bann alg „Bonitäten" 9tid)arb 
SBagtierS SJhififbrama „©iegfrieb“ (in einer unjeren ^icfigcit 
Crc^efteroer^ältniffen angepaßten ^Bearbeitung öon $errn Saped» 
meifter £renfler) unb am 5. ganuar 1902 bie Dpet „©amfon 
unb 2)alila‘‘ öon (5. ©aint=®aen3 auf bie SSiihne. — SSon nam= 
haften Säften feien t)ier grau Srita Sßebcfinb unb ©ignor 
b’Slnbrabe ermähnt. $ie ©pieljeit erreichte ihr Snbe am 
23. SRärs 1902. 



B. Rotierte. 

3n ber üßeranftattung öon Sonjerten entfalteten Vereine unb 
4$riöate einen regen Wetteifer. Sin erfter ©teile ftanben f)ier mieber 
bie jebu SlbonnementSfonserte ber Slllgemeinen SJtufit* 
gefellfcfjaf t. ©ic brachten un», mie adjähvlich, unter ber Seitung 
non ^>errn Äapedineifter Dr. Slolflanb eine Sleibe fd)on befa unter 
unb neuer Crchefterroerte; unter ben lefstereu mar eine ©pmphonie 
(C-dur, Sir. 3) unferes! 33a8ler Somponiftcn $an8 ^ub er. ®a8 
SSert mürbe unter grofjem öeifad öon bent Zünftler felbft am 
9. Februar oorgefütjit. Sbenfo tarnen eine ganje 9teihe geitgenöffi» 
fcfjer Smnfefccr mit größeren unb Heineren SBerfen jum SBort, unter 
ihnen ftlugharbt, 5£^uilte, Srieg unb anbere. SSon ben 
Stünftlern, bie mit ©oloöorträgcn in biefen ftonjerten auftraten, 
feien befonberef heroorgehobeit bie ißianiften 31aoul Sßugno, 
ßbuarb ÜRieler unb grau ßlotilbe ftMeeberg, bann bie Seiger 
Gcugöne fjfape unb gacqucS Jh'fruub. latere erregte 
bei feinem Sluftreten am 17. Slooember eigentliche ©enjation. ®ie 
Sejang8fimft mar uertreten burrf) au8märtige unb ein^eimifdje 
Siinftler unb ftünftlerinncn. 3 U ben erfteren gehören bie Sänge- 
rinnen grau SBalter*6b D i n anu8, grau fiula Smeiner, grau 
91iita galicro, ju ben leßteren gräuleitt 3Jlaria tJJhilippi unb 
.£jerr Robert Kaufmann. 



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263 



Sin Unternehmen ber SJfufifgcjeflfc^aft, bag ber größten ©tjm* 
pathie mürbig gemefen märe, aber leibet nicht bie 8ea<f)tung fanb, 
bie eg roirflich oerbient hätte, mar bie ©eranftaltung non eiet po= 
pulären ©tjmphoniefonjerten, in benen nur belannte Crchefterroerte 
geboten mürben. 

©ebeutenb größeren örfolg hatten bie feefjä ßammermujif* 
abenbe ber ©efeHidjaft, in benen bie Sßrobuftionen beg neugebil* 
beten Streichquartetts ber ,'perren Slonjertmeifter ft’öt jeher, SSitt» 
raer, ©djaeffer unb ©rimfon bie ^jauptan,yehunggpunfte bil* 
beten. ?lußerbent mürben einheimijehe unb augmärtige Äünftlet in 
jeber ©oiree jur ÜRitroirfung herangejogen. 

SBag nun bie Vereine betrifft, }o bemerfen mir h' e * junt 
üoraug, bafj eg in biefem 3ujammenhaug nicht möglich ift, beg 
Gängern über feben Slnlafj unb jeben einjelneu ©oliften ju be= 
richten. S93ir fönnen nur in großen gügen ein ©ilb beg mufi= 
talifchen Öebeng in ©ajel entroerfen unb nur jolcße Sreigniffe 
regiftrieren, bie mirftidje -Dfarljeichen ber SRufiffultur ©afelg 
finb. Sehen mir, mag bie hier beftehenben Shoröereine — 
in alphabetischer ^Reihenfolge aufgejählt — probu$iert haben, jo 
muffen mir juerft bie brei grofjen fionjerte beg 83 agier ©ejang= 
oereing nennen. 2>er unter Leitung beg $errn Dr. £>ang §uber 
ftehenbe ®hor gab auch biefeg 3ahr brei große Sfonjerte unb eine 
Saniatenaufführung, leßtere in ber ©aulugtirche. 3n ben großen 
Stonjerten mürben ju ©chür gebracht: am 23. unb 24. ÜRooembet 
1901 bie ^eftfpielmufif oon «jpang |>uber ju ber äöadernagel* 
fd)en Äantate „‘JJer ©agier ©unb." 91n ben Shoren beteiligte 
fich außer bem ©efangöerein bie ©agier üiebertafel; bie ©olo-- 
partieu lagen in ben |jänben beroährter einheimijeher Kräfte. 
Dann brachte ung bag Sonjert oom 1. gebruat 1902 eine 8luf= 
führung oon £jat)bng „3ahregäeiten," in benen im ©egenfaß jum 
oorigeu ftonjert lauter augmärtige Strafte alg ©oliften mitroirften: 



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204 



bie ^errett Ü)teSfd)aert unb Robert Kaufmann unb grau 
9iüdbeil=.£)iller. 

(Sin bejonbereS ©reigniS für bie Basier SÜiufiffreunbe bilbete 
bann bie am 25. 2J?ai 1902 jurn erftenmal in Bafel gehörte Sfteffe 
in C-inoll oon UJiojart in ber Bearbeitung Don ?llot)8 ©cbmitt. 
Sic Aufführung, bie unS auch bie Befanntfdjaft einer auSgejeicf^ 
neten foliftifdjen ftraft, ber grau Sioorberoier'SiebbingiuS oer= 
mittelte, fanb überall ungeteilte Anerfennung. 3m Slantatenfonjert 
(22. Sejember 1901) tonnten fid) bie 3ubörer an jroei prächtigen 
Sßerfen oon ©ebnftian Bach erbauen; eS mürben babei aitfgefübrt 
bie Kantaten „(Stjriften, äfcet biefen Sag" unb „$alt im ®e= 
bäcbtniS." 

Sieben biefen & orderten oeranftaltete ber Berein brei ftamnter- 
mufitabenbe, an benen ber Keine ©bot beS ©efangoereinS, bas 
Basier Botalquartett, joroie bi?f'9 e unb auSroärtige 3nftrumental= 
unb Bofaljoliftcn fid) beteiligten. S ur Aufführung gelangten bie 
oerjcbiebenartigften ßammermufifroerfe flaffifcbcr unb moberner 
SJieifter, unb bie Abenbe erfreuten fid) eines ftarfen BefucbeS. 

Sie Basier Üiebertafel trat jum erftenmale in ber ©aifon 
im Slonjert für bie 2Sitroen- unb SBaifentafje beS DrcbefterS in 
ber SJiartinSfircbe auf, unb jroar mit ©ernSbeimS „SEBächter» 
lieb;" bann mirtte fie jufammen mit bem ©ejangoereiu in ber 
Aufführung oon £anS £>uber3 „geftjpielmufif" am 23. unb 
24. SioDcmber 1901, unb ebenfo beteiligte fie fid) an bem Benefij» 
tonjert beS $errn föapellmeifterS Dr. $1. Boltlanb (12. 3anuar 
1902). 3n biefern mürbe j. B. bie oon $errn SOiunjinger tom- 
poniertc BunbeSfantate oon B Q ul Sieber ju ©ebör gebracht. 

SaS ^pauptereigniS für ben Berein mar aber bie gm* feines 
fünfzigjährigen BeftebenS, bie nad) langen, jorgfältigen Borberei» 
Jungen in fünftlerifdjer Söeife am 3. Ütai 1902 mit einem grofjen 
^efttonjert im SWufiffaal begangen mürbe. SaS B r0 8 rQmm < > n 



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265 



bem natiirlicf) ade oon bet Siebertafel gepflegten ©attiwgen beS 
(Stjorgefange? enthalten waren, brachte als ©lanjpunlt bcr Auf- 
füfjrung bie ftautate „©inalbo" oon ©rahmS, in ber als ©olift 
Iperr ömil ©inlS mitwirfte; bann ftompofitioncn oon @^ren= 
tnitgliebern, unter benen mit ß. Attenhofer, gr. fpegar, fjanS 
$uber unb ß. SReinecfe anführen. 9lach bem Jlonjert, bem eine 
‘äJfenge delegierter fjiefiget unb auswärtiger Vereine beigemoljnt 
Rotten, folgte ber gefellige deil ber geier. — dafj bie ©efangS» 
funft bei allen „Anläffen" ber Siebertafel eine große Stolle jpielt, 
bürfte genügenb betannt fein. 2Bir fötmcn fjier aber nur bie eigen!» 
lieben ftonjerte, nid)t auch bie mehr nur innerhalb ber Vereine fid) 
abfpielenben Aufführungen beriicffichtigen. diejenigen Sefer, bie ein 
genaues ©ilb bet dätigfeit ber mufifalifcben Jnftitute ju erhalten 
wünjehen, miiffen wir auf bie jeweilen erfcfjeinenbeti Jahresberichte 
oerweifen. 

Als britter grober ßfjoroerein ift ber ©aSler SJtännerchor 
mit jwei ^onjerten auf bem ©lau erfdjicnen. @r feierte am 
8. dejember 1901 in ähnlicher ©Seife, wie bie Siebertafel ihren 
fünfjigften ©eburtStag begangen h Q Ue, fein fünfunbfiebjig* 
jähriges Jubiläum, unb jrnar mit einem großen ftonjert im 
©fünfter; auch in biefein Jade gab ber ©ereilt im ©rogramm ge» 
roiffermafjen eine tleberfidjt über fein ©Sitten unb legte ©toben 
feiner S¥unft im ©ejatig ab, im einfachen ©olfSlieb wie im tom» 
plijierten Ännftlieb. Unter ber direftion beS |>errn ß. Jul. 
©chrnibt Gereinigten fief) im gweiten deile beS SfonjerteS ber ßljor 
tnit ben ©oliften grau Jba $itber unb £errn ©tof. ©ieSfchaert 
ju ber Aufführung oon ©ruchS „©eenen aus ber grithjofjage.“ 
daS Sieberfongert beS ©ereiuS ging ant 20. April 1902 oor fich- 

2ln biefer ©teile fei auch beS ßnbe Juni 1902 auS ©efunb» 
heitSrüdfi^ten erfolgten SiiicftritteS beS .jpertn Dr. A. ©olllanb 
oon ber direltiou ber ftonjerte bet Allgemeinen ©hififgejeflfchaft unb 



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bet „Öiebertafel“ gebaut. 2)et hbehberbiente ftünftler hat roährenb 
mehr als 25 fahren auf bie mufifalijche Ä'ultur 93afelS einen 
ftarfen, nachhaltigen Einflufj ausgeübt, unb fein SBitfen roirb Bet 
ben ^iefigen SDhififfreunben ftetS in guter Erinnerung bleiben. Ein 
9ia<f)folger ift ihm in ber ißerfon beS |>errn ^»ermann ©uter 
auS ft’aijerftuhl gegeben roorben. 

Slujjer ben oben angeführten fionjerten fanb noch eine ganje 
9Jeihe öon folchen ftatt, bie hwfi9 e unb auswärtige Äünftler gaben, 
bie mir aber nicht befprechen tbnnen, ba bieS ju weit führen würbe 
unb cS fich nicht um eine bis inS fleinfte $etail burchgeführte 
@efchid)te bet Diufif in unjerer ©tabt hanbelt, fonbern, wie gefagt, 
um einen allgemeinen Ueberblicf über ba» ÜJiufifleben SBafelS im 
3af)te 1901 bis 1902. ©oflte babei ber ober jener, ber an un= 
jerer mnfifalifchen Slultur perfönlich einen ftarfen Anteil ju haben 
glaubt, feinen SJiamen nicht aufgeführt finbett, fo möge er beSroegen 
feinen ©roll hegen. 9Jiit biefem 2Bunfcf)e fcfjliefjt unfere fleine 
Gfjronif- 



C. UTalerei unb piaftif. 

9iach ber SluSfletlung bon g. o. Uljbe, bie in unfetem lebten 
Berichte als eine 9lrt Ereignis in ber 93a§ler $unfthaüe ermähnt 
mar, fernen granjofen bei uns ju ©afte, b. h. eigentlich ©chmeijer, 
bie in Sßaris leben unb bort ganj affimiliert morben finb. Einer 
oon ihnen ftefjt fogar an einer ©pi§e franjöfijcher Slunft : Eugene 
©raffet , ber ©raphifer, Slluftrator, Sanbjchafter, ©laSmaler, 
Slunftgeroerbler ift, unb auf allen biefeit ©ebieten fraft feiner grofjen 
ißljantafie, feiner technifchen Sicherheit unb Jertigfeit, bor altem 
burch fein berbliiffenbeS garben= unb gormgefühl IptroorragenbeS 
unb 9teueS leiftet. ©obann roareu Oelgeinälbe, ipaftelle unb £itho= 
graphien bon 2 out je SreSlau auSgeftellt, fämtlich Söerfe 
bon hochsumertenben jeirfjnerifchen unb foloriftijdjen Qualitäten, 



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«reift Porträt». — ©eiftreirfje Interpretationen beä ißariferifcben 
Sport3leben§ finb bie farbigen IHabietungen t>on 9iirf)arb Stanft; 
«ucb üanbfd>aften oon feinem SReije waten oon it)m ba. — Pierre 
'-öibert ftellte firf) als fräftigen, originellen 3ei(f)ner ^oläfdjnittortig 
beljanbelter fyiguren oor. — gelij Sal lotton gab belifat auf= 
gefaxte Oelbilber unb fatirijcbe 3 e i<^ n n rt 9 e n f bie leiteten faft nuc 
nod) Slnbeutungen bet gönn, aber borf) oon pactenb geiftoollem 
Snbalt. — Sn ©uftaoe s iJ5oetjfd) lernten mir einen Sanbfrbafter 
unb ißorträtiften oon guter (Smpfinbung fennen. 

©leitbjeitig mit ben ^arifer Scbtoeiiern f)atte ber Sanier 
Silbbauet Sluguft $eer eine ÄoQeftion feiner Sfulpturen au§^ 
gefteHt, barunter feine fcbon befannte noble ©rabfigur, einige ge* 
lungcne ißorträtbüften unb ein paar Senfmalentroürfe. 

3m Se^embet ging bann bie SploefterauSftellung ber Sanier 
Äünftler auf. Sie mar gut bejcfjicft. 3nt ißorträtfarf) roiefen 
■pan§ ©arnfobft, Slngufta 3io jjmann, 'Jiubolf üöio, ^ein = 
ritb Slltberr, Hermann SDicper, Ctto Süfciblp, griß Surger 
imb Sllfreb ißeter ^eroorragenbe Seiftungen auf. 3nt ©enrebilb 
batten @r oft Sreitenftein nnb ffranj $raufj @ute3 ju jeigen, 
unb al£ Sanbfcbafter traten X^eop^il ^rei8roerf, gri^ SBöllmt), 
SB. Segoumoig, @mil Sd)ill, SB. Salmet, Ä'arl J^eobor 
'Hieper, §an3 Senborff, Sllfreb S^atelain, 2)iaj Suri, 
Safob SBagner, Sluguft Sauer, ©ottfrieb $erjig unb 
©manuel 93 ii r g ij , joioie HJiocf, @mi( Sill, §anä Süf = 
fert unb Surf^art llftangolb, bie oier letztgenannten oorne^m* 
lieb al§ SlquareHiften, mit jum Seil gan$ auägejeicbneten Soeben 
ben Äunftfreunben oor Slugen. Dieijenbe lanbjcbaftlicbe Sit^ogra= 
pbien Ratten ÜJiarie Sa 91 o d) e unb ©ertrub Sietfdp) au§ge= 
fteHt. 2lud) SRinna Siebenmann, Diojalie Surcfb at bt unb 
Sftber ^erjog jeigten, bie beiben erften in Saubjcbaften unb 
Slumen, bie legiere alä Sierjeicbnerin, fc^öneä Salent. SJiit einem 



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fräftigen Snterieurbitbe rütfte auch ßonife 3>aoib in bie Steife 
ber ernft ju nehmenben 93a?ter SDtaterinnen ein. — $1(8 @ta8= 
malet traten $rendhahn unb Sohn mit guten ©tüden 
(Kopien unb Criginalien) auf ben üßlan. — 3n ber Sßlaftif 
jogen ein paar fantofe Söronjen non grau ©. Surger-|)art= 
mann, eine Statuette Don |i>eer unb ein paar funftgemerbtichc 
Arbeiten beg 2Jtebai(leur8 $an8 grei mit Dtedjt bie Slufmert» 
famfeit auf fid). 

®ie nächfte ?Iu8ftettung brachte juncichft eine Serie oon Stqua- 
reiten beä feinerjeit fetjr gefdjäfeten 93a§Ier SJfalerä Dtubotf 
SJtülter (f), ferner eine 2Injat)( reijenb frifcher ßanbfdfaftgftubien 
oon $an§ ßenborff, jmei intereffante ßanbfchaften oon gerbi» 
nanb Nobler, eine Stnsatjt Stitteben unb Porträts ber latent» 
ootten Öerttja ^itbebranb, brei Sierftücfe be3 Stttmeifter? 
Dtubolf Voller, at§ ^auptmaffe aber eine grofje 3“ht ^ottän» 
bifeber Silber unb atä SlttraftionSftüde jroei Dtiejengemätbe oon 
©ugöne Surnanb: „‘Die (Sinlabung jutn grofjen Slbenbrnabl" 
unb „3)a8 Ijobepriefterlidje ®ebet." ®aju waren einige größere 
Sfutpturmerfe oon Dt. Sifjting ju fe^en. 

3m $lpril gefdjah bann bie eigentliche Hat unter ben D(u8= 
fteHuugen be§ 3nhre8, bie 3 u f°mmenfaffung ber SBerfe |jan3 
Sanbreuterä. StBer bie Sluäfteflung betrat, mar entjiieft: erftenä 
oon ber gefcfjmadooHen SInorbnuiig, bie CSt)nrIeg ®iron, ein greunb 
be8 Serftorbenen, ber Sache at8 @anje8 hotte angebeihen taffen, 
namenttich bann aber and) oon ber gütte beä ©rofjen unb ©djönen, 
bie au8 biefern ju früh gebrodjeiten Sünftlcrteben unä jugeroachfen 
ift. SDtan lernte ba junädift beit talentoollen Södtinfctjüter, fobann 
ben felbftänbigen, ebenfo großzügigen wie tiefempfinbenben ßanb= 
fchafter, enbtid) ben genialen $eforateur Sanbreuter fenneu, unb 
wer e3 bisher nicht hotte gtauben ober äugeben wollen, bafj ©anb= 
reutet einer ber lieroorragenbften Sdjweijccmnter gemefeu ift, ber 



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mußte jicf) in biejer ?lugftellung eineg anbereit belehren löffelt. äJiatt 
fal), eg mar rnatjr geworben, wag 93öcf [in oor fec^je^n Sauren an 
Sanbreuter gejdjrieben Ijat: „(Seifen Sie tufjig oorwärtg, wie Sie 
big jeßt gegangen finb. Siejer jdjönfte Srfolg fattn Optiert nidjt 
augblciben, baß ©ie biejeuigett für 3b« Sanft gewinnen, beren 
Scifall ben größten Söert bot-" 

■Jtidjt in ber Sunftfjalle, fonbern im (Sewerbemujeuitt waren 
im 3J{ai etwa 200 3ei<f)nungen beg talentoolten beutfeben (Srapfji= 
ferg 3ojepl) ©attter auggeftellt, fämtttd) 3lluftrationen ju ber 
oierbänbigen „@efcf)irf)tc ber rt>einifcf>en ©täbtefuttur" non ißrofefjor 
$eintid) Soog in Sajel. 

3m 3uni tarn bann noch ber „Surnug" beg }d)Weijeti)d)cn 
Sunftoereing; bie meiften unjerer Sagtet Sünftler waren baran be= 
teilgt, mit bi« notf) nic^t gejebenen Silbern gtiß Söllmt), |>ang 
Senbotff unb S3. Segountoig. 3m ganjen war aber biefe 3lug= 
fteltung feine ber bebentenberen unb eg war gut, bajj gleichzeitig 
im unteren ©aale intereffante Solleftionen oon 3rriß Sarget* 
feben Sorträtg, fleinen Sattbfdjaften non Sßrofeffot äBilberniuth(f), 
Sfabierungen non ©trurf unb jwei Sanbftfjaften oon Slbolf 
Stäb li (f) aufgebängt waren. 

3n ber neuen ©aijon gab eg juerft eine intereffante 9lug* 
fteltung oon Silbern unb ©tubien bei fürjlicf) (1901) oerftorbeneu, 
reitb begabten füiündjner SünftlerS Sßilbelm Solj, baju eine 
Serie Sanbfdjaften oon granj £jodi unb ißorträtg oon 3of). 
Sleinf^mibt nebft einigen Silbniffen ber beiben talentoolten, 
jungen Salier üttaler $einrid) 'älltljerr unb ^ermann SOteßer, 
fowie brei aug ben 70er3af)«n ftemmenbe SBerfe oon 6. Srünner. 
(Sincg ber Soljjcfjen Silber „Ser Staunt ber ^eiligen ßäcilia," 
würbe oon einem fßrioaten erworben unb ber Sammlung beg Sunft» 
oereing gefd)enft. Sieje fleine (Salerie, jüngft neu georbnet, ift 
auch bitrd) ein ^auptbilb oon ©anbreuter („Ser oerjpottete ^an“) 



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unb butcf) eine @ip?büfte Sfkofeffor griß Surcfbarbt?, eine Strbeit 
non 3Raj 2eu (f) (Sdjenfung be? jDargeftellten) »erinebrt worben. 

^ulefet ericbien eine Slu?ftellung »on lauter Serliner Silbern, 
unter benen rerf>t bemerfcn?werte Soeben ju feben waren; manche? 
aber gehörte ju jener äflittelware, mit ber bie „9teirf)§^aupttftabt" 
bie „Snwiiiä" ungeftraft glaubt beimjudjen ju bürfen. 

$er Sanier ftunftocrein jäblt gegenwärtig 1327 SDfitglieber. 
Snt Sabre 1901 fiub in feinen 9Iu?ftellungen 140 ©emälbe für 
3fr. 71,352. 95 »erlauft worben. 

2>ie Sfulpturballe, feit fßtofeffor SBolfflin’? SBegjug unter 
fieitung »on fperrn Sßrofeffor ®ragenborff, bat eine SHeibe neuer 
Slacbbilbungen nach antiten unb SRenaiffonce=2Berfen erbalten. 

Sil? ein (Sreigni? im Sanier Sunftlcben barf bie grojsberjige 
Scbenlung »on Silbern an ba? ^iefige SJlufeum au? bem SErauer= 
baufe Oberft SR. SD?erian=3felin fei. hier genannt werben. @? finb 
barau? befonber? Söcflin? „Sßetrarca" unb eine grofje Sanbfcbaft 
bon (£alame ju erwähnen. 

Sieben bem Äunftcerein ejiftiert in Safel eine Zünftler* 
gefellfcbaft, bie in einem originell nu?geftatteten Sofale ber 
ShwftbaKe jeben Sam?tag Slbenb jufammenfommt. SDfit Separat* 
au?fteÜungen ift fie febon feit längerer $eit nicht mehr ber»ot* 
getreten ; hingegen »eranftaltet fie jebe? Saht eine Sploefterüerlofung 
für ihre Sßaffiömitglieber. 



D. fHrcbiteftur. 

Sbrem Umfange nach bat fi<h bie Sautätigfeit in unferer 
Stabt mäbrenb be§ »erftoffenen Sabre? nicht nur auf ber gleichen 
§öbe gehalten, wie im »origen Sabre, fonbern fie ift eher noch 
geftiegen; hoch wir machen bie Seobachtung, baff fie fidf mehr wie 
bi?ber auf ben 2Bobnbau?bau, unb jwar bauptfächlich in ben 
äußeren Onartieren, befctjränft bat. £>icr bat bie Sebauimg ber 



Digrtizetfbföflogre 




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neuen ©trafjenjüge enotme ^ortjcfjritte gemalt, mäljrenb e§ fcheint, 
al§ ob in bet alten Stabt nach ben gewaltigen Ummälsungen ber 
lebten 3at)te ein ruhigere? Sempo eintreten füllte. Sonnen wir 
borf) üon ben innerhalb ber alten Stabtmauern erftanbenen Sauten 
fanm ein Sufjenb ©eifpiele aufjählen, bie alä arcfjiteftomjctje 
Schöpfungen Slnjpruct) auf unfere ©eachtung machen fönnten. 3n 
ber greienftrafje finb in ©erfolg ber Sorreftion nur jroei 9teu= 
bauten entftnnben. Sn3 ®efd)äftä= unb SBohnhanS Ultno (5trcf)i= 
tett: QJ. Stehelm u. t£ie.), beffeu mit ©aroefornamenten üerjierte 
Saffabe bei ber gorberung ber enormen ©iontren für bie unteren 
unb ber gcjcbloffenen Slusbilbung für bie oberen Stocfmertc einen 
organifdjen Ülufbau nicht bieten tonnte, unb ber 91eubau *3um 
Hermelin" (Drogerie 91. ü)lüb(etf)aler) mit einer in jpätgotifebem 
Stile burchgefülfrten f^affobe (ülrchiteft: ©a§ler ©augefefljchaft, twr» 
mal§ 91ub. Sinber Surch eine eigenartige ©ertoenbung unb ma 
lerifcfje ©ruppietung oormiegenb mittelalterlicher 9Jlotioe intereffiereu 
nn§ bie 28irt3häufer galtnerftrafee 31 „3unt ^arabieS" (91rct}iteft 
@. ißfrnnber) unb @cfe Schnabel 5 unb Srillengäjjlein „3um 
Schnabel" (SlrdEjiteft @. dopplet). 9lnt ©arfüfjerplah würbe nach 
ben 'ißlänen ber ?lrcf)iteften ©anfer unb ©ernoulli an ber Stelle 
be§ alten .fpanfe» „3um Sienberg beim ©feläturm" ein 91enbau 
errichtet, ber fiel) bei aller ©rfüüung ber 9(nforberungen unferer 
mobernen 3eit beut ©efamtbilb mit bem bominierenben ©iilbect 
unb ber SeonharbStirche beeent einfügt. 3n ber äußeren Steinen» 
oorftabt erwähnen mir fobann noct) ben 91eubau 91. Steh(e=2öeit* 
nauer mit einer in freien, fpätgotifchen ^formen fid) aufbauenben, 
»ott einem hübfdjen ©iebel befrönten gaffabe non ben Slrchitetteu 
®. unb 3. Selterborn. 28it möchten Iper auf ein anbereS SBert 
biefer 9trd)iteEten juriidgreifen, auf ben Umbau ber üDlagajine 
„3um SSilben Dlann," oon bem allerbiitgä bie Qraffabe an ber 
greienftrafje nur ganj unmefentlich berührt würbe. Sagegen mur* 



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ben bie alten glügelgebäube im $of biejer fiiegenjdiaft unb ba* 
•pinterf)au3 am Sd)lüffe(berg abgebrochen unb an beren Stelle 
Neubauten erridjtet, welche, mit bem Sorberbauje in Serbinbung 
gebracht, ein moberneä Serfaufämagajitt non impojanter ©röße er» 
gaben, ©in großer iiberbetfter Sichthof, gegen ben fic£) bie Stocf» 
werfe galerieartig öffnen, bietet ißlafc für eine boppelarmige Irep» 
penanlage, bie, in ber 9Jfitte(ajre beä @rbgej<boßjaale3 auffteigenb, 
ben £>intergrunb tei$»ofl abfcbließt. '.Reichliche Zufuhr oon 2uft 
unb Sicht bei mögtichfter Ueberfichtlicf)feit ber ganjen Slnlage waren 
bie maßgebenbett ©eficht§punfte bei bet SluSfü^rung biejer Saute. 
Der innere ar^iteftouifdje Slufbau weist einfache moberne formen, 
in hellen Ionen gehalten, auf. 

3wei Siegenjdjaften, bie, in anbeven Sejiß übergegangen, 
burebgreifenber Slenberung in baulicher Sejiefjung unterworfen waren, 
finb bet 2ü|elf)of unb bag 2Bohnhau§ beä .'petrn SRatatjerru 
©. ®urcf^arbt»Surtf^arbt fei. 

3m Sluguft würbe mit bem Umbau be§ Süfcelhofeä ju geiw* 
mefjrjmecfen begonnen. Der Siifcethof, urjpriinglich ©igentum ber 

Stbtei Süfcel im Cberelfaß, würbe, nac^bem er infolge ber fran» 
jöfifcfjen Sfeoolution mehrmals beit Sefißer gewedelt ^atte, im 
3af)te 1834 oon Jperrn 9fub. 2Retian=3rijchmann fnuflitft erworben, 
beffen ©rben bie Siegenfdjaft in biefem Sabre an ben Staat »er» 

tauften. Die Umbauarbeiten befebränften fief) bei ben alten ®e» 

bäuben auf bie ©inricf)tung »on äJJagajinen unb SBacbtlofalen, 

fowie eine! großen ScblafjaaleS, rooburd) einige 5lenberungen an 
ber gafjabe notwenbig würben. Ia3 Staögebäube, als SEBerfftatt 
bergeriebtet, blieb im Pufferen nabeju intaft. ©in jomobl »orn 
Schützengraben als auef) »on ber Spalenoorftabt jicbtbarer Steiger» 
türm, an baS Stallgebäube angebaut, »erfiinbet bie neue Seftim» 
mung ber Einlage, bie »on unferem .^oebbaubureau (9trcf)iteft 
©. Seifinger) eingerichtet würbe. 



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273 



3)ie Siegenfcfjaft beä §ertn '.Ratsherrn IS. Burcfharbt-Burcf* 
barbt fef. an ber ®t. SJeonharbftrafje ixmrbe jum ßmecfe ber Unter=> 
bringung ber 3Jfufiffcbute angefauft. 35aS SSohnhauS an ber 
Straße foll in wenig oeränbertem guftanbe als BerwaltungS= 
gebäube fteljen bleiben, mährenb als eigentliches ©chulgebäube ein 
tReubau im ©arten erftellt umrbe. gür biefeS ©ebäube, baS in 
jmei ©tocfmerfen unb einem BJanfarbenfiocfe je um einen SRittel» 
forribor gruppierte Siehrräume enthält, mürben fdjlichte formen beS 
18. BahrljunbertS gewählt, bie eS erlauben, bein einfachen UtilitätS» 
baue hoch baSfenige importante Slnfchen ju geben, welches eine 
2lnftalt oon ber SluSbehnung ber ÜRufiffchule beanfptuchen barf. 
(Sin Keiner fionjettfaal, welcher baS ©chulgebäube flanfieren fotl, 
ift auf ber linfen .pofjeite jmifchen BermaltungS* unb ©chulgebäube 
in SluSficht genommen unb wirb im nächften Bahre erftellt (3lrchi= 
teften $r. ©tehlin unb ©. ßa'Jioche). 

Bnbet 2lefchem>orftabt ift bie Baffabe beS neuen ©aftljaufeS „3utn 
Bären“ beinahe nodenbet worben. 3)iefer oon ber Basler Baugefefl= 
fchaft, oormalS fRub.Sinber, errichtete Neubau foll in feinen unteren 
©efcfjoffen, bis an baS Brnnngäfjlein reichenb, fReftaurationSjmecfen 
bienen, währenb bie brei oberen ©tocfroerfe als fpotel eingerichtet finb. 
'Bei ber ftonjeption ber fjaffabc lag bie Bbee ju ©runbe, bem @e* 
bäube einen ^eimifc^en (Sharafter ju geben; baher in ©til unb fünft = 
lerifchent Beiroerf eine ftarfe Anlehnung an fchmeijerifche SRotioe. 
©fulpturen oon $tuguft ^>eer, Bfaferei oon Burfharb Bfangolb. 

“Die in biefem Bahre oorgenommenen Arbeiten jum @rmeite= 
rungSbau unfeteS SRathaufeS entziehen fich infolge ber fiage beS 
Bauplanes im Bnnern ber Üiegenjchaft unb an ber wenig began» 
genen ÜDiartinSgaffe etwas bem ?luge beS BublifumS unb h Q ^ en 
beShalb nicht in bem SRajje, wie im üorigen Bahre bie Bodenbung 
ber oerjüngten alten fRathauSfaffabe mit ihren beiben mächtigen 
Trabanten, baS Bntereffe beS BolfeS machgehalten. 

Basler galjrbmf) 1903. 18 



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274 



SaS ©orbergebäube ift im Saufe beS 3ahreS im Snnern 
fertig gefteüt unb bezogen morben. Sie ÜJialereien bet fjaffaben 
nach bem £of unb in ben anftofeenben fallen aus bem fechjehnten 
itnb siebzehnten 3<»^^unbett mürben, foroeit fie ermatten, reftauriert, 
bie feljlenben Seile auf ©runb oon früheren Aufnahmen unb öor- 
hanbenen gatbenfpuren ergänzt. 

©ei ber ©ehanblung beS Innern beS ©ebäubeS ging ba§ ©e 
ftreben ber ©auleitung baljin, in ber gormengebung unb bem 
malerifdjen ©chmucf unter (Einhaltung eines bem Sfjarafter beS 
©athaufeS entfprecfjenben, einheitlichen .gugeS ö> e ©eftimmung ber 
einzelnen iJiäutne ju fennjei^nen. 

SaS fpintergebäube, baS ben Oroferotfaat mit feinen Sepen* 
benjen unb einer fReilje oon 9(rbeitSjimmern unb 9iäumli<f)feiten 
für Strdjiojioede enthält, ift im fRoljbau oollenbet motbeit. 

Sie Jenfterfront beS ©roßratfaaleS ift gegen ben nörblid) 
gelegenen, geräumigen $of gerichtet, mit bem ©lief auf baS fttrcf)io» 
gebäube unb ben ftattlidsen Surm bet 2JtartinSfircf)e. 2llS Jpaupt« 
Zugang bient bie alte Freitreppe im $auptljofe. 

©on ber äßartinSgaffe führt bie geroölbte ©äulenhalle, melche 
an jroei ©eiten ben fleinen ©arten oor bem Strdjio einfcbliefjt, 
einerseits nach bem ©rofjratjaal, anbererfeitS mittelft einer $rei= 
treppe nach bem ©farftplah. Surch biefe öffentliche ©affage erhält 
bas ©ublihim 3 utr *tt ju Öen tnalerijchcn ©artien in ben oer= 
fdhiebenen aufeinanberfolgenben £>öfen. 

Sen 3lbfif)lu6 beS ©artenS nach ber 9J?artinSgaffe toirb baS 
fchöne ©aroefgitter aus bem Üteinacherhofe bilben. 

3n hohem 3J?a6e mürbe ju Anfang beS Wahres unfer Sntereffe 
auf biejenige ©teile unferer©tabt gelenft, beren geologifdjer ©eftaltung 
©afel feine ©tünbung oerbanft; mir meinen bie Umgebung bet ©im 
münbung beS ©irfigS in ben fRhein. s Jiacf)bem bie oon ber hohen Sit* 
gierung auSgefchriebene ©heinbrüdenfonlurrenj ein in jeber ©ejidjung 



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275 



reiche? 9%efultat geliefert ^otte, unb au? ber SReihe ber prämierten 
Ißrojette ba? an erfter ©teile genannte jur 8lu?führung empfohlen unb 
»on ber 5Bolf?oertretung angenommen mar, ftanb ber befinitioen Übjung 
einer oielumftrittenen grage nicht? mehr im SBege. ®ie alte lH£)ein= 
briicfe mirb fallen, unb an Ufte ©teile ein Sßert treten, beffert 
fünftlerifche Urheber, griebrich oon Sfyerfd) unb @mil Qraefct), für 
ba? ©elingen ©ernähr leiften. ®a mit bem Neubau ber 9t^etrr= 
brücfe auch ba? fileinba?lec Ufer an jener ©teile eine burdjgreifenbe 
bauliche SReugeftaltung erfahren rotrb, müffen mir öon manchem 
alten Selannten Sbfchieb nehmen. ®a? $au8 „SBalbect" mit feinen 
Dfachbarn mirb öerfchroinben, roie bie alte ©eroerbehalle. 

®ie ©chifflänbe, meldje fich nach bem Slbbruch be§ alten SU^etrt 
tore? unb ber anliegenben alten Käufer Safjrjehnte lang im 3»iftanbe 
be? fßrobiforium? befunben hotte, tonnte im Porigen Sah«, nach ®ur<h= 
führung ber Sirfigtorreftion, ber befinitioen ©eftaltung näher geführt 
merben. ®a? früher behuf? Sanben? ber ©chiffe tiefer liegenbe SRioeau 
ift auf bie 4?öf)e ber umliegenben ©tragen unb ber Sörürfe gehoben 
morben. 3n biefem 3aljre h°t mott jobann mit ber ©rfteflung 
ber Kantonalbanf ben erften Schritt jur Umgebung jene? h etöDI:! 
ragenb gelegenen $(a|e? mit einer SReihe oon SRonumentalbauten 
getan. ®ie Srdjiteften ©ebrübet Stamm finb bei ber §lit?arbei* 
tung ihre? äöerte? ben ?lnforberungen ber Sage gerecht geroorben. 
@8 hanbelte fich barum, für bie mit ber anjeljntichen gafjabe be? 
Rotels „ju ben brei Königen" anfcfjliefeexrbe Läuferreihe jmijrfieu 
bem fRljein unb bem SBlumenrain einen muchtigen Slbfchlutl ju finben, 
ber befonber? auch für ben ©tanbpunft auf bem Sleinba?fer Ufer 
ju berechnen mar. ®iefe ©rroägungen hohen bie fSrchiteftcn ju 
ber gefchloffenen SRaffenhaltung geführt, bie ba? jefct im Sleufeeren 
beinahe ooHenbete ©ebäube aufroei?t. ©in Heinere? ©iebetrifalit 
trennt an ben beiben 2äng?feiten bie gaffaben oon ben brei Königen, 
roähtenb bie ber ©chifflänbe jugetehrte ©chmalfeite be? ©ebäube? 



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276 



burcfe einen mächtigeren ©iebelauffafe jnr Jpouptfaffabe geftentpelt 
mirb. 35er Stil bei ©ebäubei beroegt ficfe in ben formen ber 
.ipocbrenaiffance mit ©ermenbung Don ©arodmotioen. 35er ©au 
mirb bnrd) ein mäcfjtigei, rotei ^iegelbad) mirfungiooll betriint. 

3Bir bürfen unferen 93erirf?t über bie ßKonumentalbauten nicht 
abftfeliefeen, ohne jroeier roicfetiger ©erfehtimerfe jit gebeuten, nud> 
wenn fie in biejein Safere nod) nicht oollenbct finb, nämlich bei neuen 
©ahnhofei.berScbmeijerijchenöuubeibahnen unb bei Söirfigoiabufte*. 

©om neuen ©erfonenbafenfeof mürben in biejem 3afere brei 
©erronfeaßen aufgerichtet. 3)ie girma ?Ub. ©liefe u. Sie. ?(.=©., 
roeldjer bie ffonftruttion biejer fallen übertragen ift, hot in an-- 
erfenneniroerter Söeije b> c &ei einen s 2lrcfeitefteu ju State gezogen, 
um hinsichtlich ber ardjitcttouijchen ©eftaltung ber Stüfeen unb 
©i3gen eingehenbe Stubiett ju machen. 35ie formen jchmiegen fich 
ber gegebenen Älonftruftion an unb benufeen roo irgenb möglidi bie 
©liebet berjelben ju architcttonijcher SBirlung. 3)er mobemen ®nt= 
ftehung bei Sijenbauei ^Rechnung tragenb, finb alle ©lieberungen 
in Scfemiebeifen auigefüfert, unb jmar in ganj freier 3rorm, ohne 
itgenbroelche hiftorifche Sientiniicenj (ülrcfeiteft ©. gaefch). 

©on ber nad) ben ©länen bei Äantoniingenieuri ©ringolf 
ausgeführten ©erbreiteruug bei ©irfigoiabuftei ift bie fübliche fpälfte 
fertig erftellt. 

®i erübrigt noch, aui ber grofeen ßahl ber in ben äufeeren 
Quartieren ausgeführten Neubauten einige beacfeteniroerte ju nennen. 

3m äufeeren St. SUbanquartier hoben mir einige ©infamiliem 
SBohnhöufer gtöfeeret ?Irt entftehen feheit ; 

Slnt ©eßert, Sde ber ©rellingerftrafee, ein im gotifcfeen Stile 
burchgeführtei äSofenfeaui mit reich gegliebertem 35ach- (?lrd)iteftcn 
üaStocfee, Stähelin u. Sie.). 

35ai gegenüber gelegene, burch 3 - 3 . Stehlin im 2ubor-Stile 
erbaute „Scfelöfeli" hot einen Slnbau erholten, bet bem fpouje einen 



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277 



großen ©aton nebft '-Heranba beifügt, ^trc^iteft ^r. Stehtin tjat 
biefen Slnnej in pietätnoder Sßeife bem ©efamtbau eingeorbnet; 
er erganjt ba? L°u? mirffam unb trägt bojn bei, bie in Safe! 
weniger häufig nertretene ©titart toietleictjt noch prägnanter jurn 
9tu?brud ju bringen, at? bie? bi? jeßt ber galt war. 

®de Ijirjbobenroeg unb ©onncnroeg ein Sacffteinbau mit 
Laufteinbetait?; al? Stbfchtufj einet Läuferreihe gebaut, jod ba? 
Lau? mit L^fe eines hochgeführten ©iebetrifafitS unb eine? breiten 
Surmaufbaue? einen entjdjiebenen (Snbpunft bitben. (Slrdjiteft 
5r. ©tetilin.) 

St. Sltbauantage 52, SBohnljau? 2B.=ÜJ., ifkßbau mit bejenter 
SSertoenbung non t pa»fteinbetaits in freier Stmnenbung non gotifierenbeu 
Wotinen. (Slrchiteft 53a?ler Siaugejedjcbaft, normal? 'Jtub. Sinber.) 

SBartenbergftraße 45—49, 3)rei=jpäufcr=(S}rup)pe in einfacher 
Stnmcnbung frangöfijeher SDiotine ber jroeiten Lätfte be? 18. 3at)r= 
hunbert?. (Strchiteft 33a?Ier töaHgejedjchnft, normal? 9iub. Sinber.) 

Sin ber ©t. 3afob?ftra6e, auf ber hochgelegenen Jerraffe vis- 
a-vis bem ©t. 2falob?benlmn(, mürbe ba? Sßohnhau? 2).*®. et= 
richtet. 2)ie Sluffinbung ber richtigen Situation bot bejonbere 
©chmierigfeiten. Sine?tei(? bie Höhenlage über ber ©trajje, onberer* 
feit? fehr einfehneibenbe 23aulinien unb enbtid) ber SBunjch ber (St* 
hattung einer prächtigen auf bem Terrain ftehenbcu ®aumadee 
nerlangten bejonbere söerüdfichtigung. ®a? L°u? mürbe bemnad) 
paradet mit ber aderbittg? noch griinbtid) ju forrigierenben SWüncfjen* 
fteinerftra&e geftedt. 2er Bugaug befinbet fid) an ber St. Safob?* 
ftra&e e» niveau mit berfelben, fo baß fid) auf biefer ©eite be? 
Loufe§ ein in beit Lüget eingefd)nittener ®orljof bitbet. ($? etrnög* 
lichte biefe Slrt ber Slntage, ba? Lau? in ®ejug auf bie (Srpofition 
ber g-enfter ber nerfchiebenen SBohnräumlichfeiteu richtig ju pla* 
gieren, b. h- bie SBohnräume nur um gang roenige? über ba? 
hochgelegene ©artennineau ju heben unb fie fo in mögtichft nahen 



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278 



Sontaft mit bem ©arten gu bringen. ®a8 £au8 ift in einfachen 
aber monumentalen gorwien beS SiouiS XVI.*®tile8 erbaut, melier 
joroohl jum @t. 3atob8benfmat, al8 auch jum ©ommerfafino paf* 
fenb fein bürfte. (2lrd)itc!t gt. ©tehlin.) 

2>aS ©unbolbinger Quartier, ba3 befonberS in feinem öfttidjen 
leil eine große 2tnjaf)l Neubauten aufroeiSt, entroicfeft fidj Dor» 
äugSroeife al8 ein Quartier Don ©tagenroohnungen. ®ie meiften 
.Jmujer fitib jroei- ober breiftbdig. @8 ift aber als ein erfreulicher 
gortjchritt ju oerjeichnen, baß bei Dielen ber neuen jfrafjaben eilt 
$ug nach fetbftänbiger unb rationeller ©eftaltung $u Sage tritt. 

3m ©egenfafc jutn ©unbolbinger' finben roir im äußern ©teilten' 
quartier Dielfach eine offenere ©auroeije Dorgejchrieben. ©8 entftetjen 
bort ©nippen Don jroei unb brei Raufern, roeehfelnb mit ge* 

jchlofjenen .päuferrei^cn , unb fo erhält bieje8 Quartier ein oiel 

abtDech8lung8Do(Iere8 Slugjeljen. Sluth finb einzelne ©auten Don 
iutereffanter ®urd)bi(bung ju jehen (Dberroiterftraße 63 u. a. m.) 

3m äußeren ©palenquartier ermähnen roir ba8 Don Slrdjiteft 
ÜRub. ©aubreuter erbaute jchroeijerifche i8raelitifche SSaijetihau8 an 
ber ©otthelfftraße, ba8 jur Untertunft Don 30 SBaifenf inbern be= 
ftimmt ift. 2>aS §lenßere ift in franjöfifcher fRenaiffance, in ein* 
fachen bem 3u> e de entfprechenben formen gehalten, ©de ÜRijfionS* 
ftraße unb äRaiengaffe ein in gotifierenben formen erbautes 

2öohnhau8 oott wohnlichem CS^acafter. (STrchiteften ißteiSroerf u. Gie.) 

ferner ©de ©ilgerftraße unb IRonnenroeg ein in einfachen 

formen ber beutjchen SRenaiffance entworfenes SBohnhauS (Slrchiteften 
©agier ©augefefl jehaft, Dorm. IRubolf fiinber) unb am 5Rotmenroeg 
noch jroei Slrbeiten Don SRub. ©anbreuter, iRr. 29, Slnbau an ba8 
2Bohnhau8 9R.*5. unb SRr. 4 ein SßohnhauS. 

3m äußern ©t. 3ohann8quartier haben roir noch ber in biefem 
3ahre auSgefiihrten ©auten im ©d)lachthau§ ©troähnung ju tun. 
©8 finb bie8 ba8 ÄühlhnuS, ba8 am 1. 3uni biefeS 3ahte8 bem 




279 



Setriebe übergeben mürbe, ferner bie ©rofsbiel)- unb bie ©ebroeine» 
fcblacbtballe. 

<£$ bleiben un§ noif) im Aleinbafel, roo fpejieft im ^orbueg-- 
quartier eine g(eid) rege Sautätigfeit ^errftfjt, mie in ben 2tufjen= 
quartieren auf ©rofsbaSler ©eite, einige Sauten bet Slrdjiteften 
IRomang unb Sernoufli ju nennen, bie fid) burd) eine geriefte 
Stnroenbung mittelalterlidjer SDJotioe bemerfbar madjett, nämlid) 
äroei Sßoljnbäufer am Sinbenberg unb brei 2Bobnf)äujer am ©ebaff» 
Raufer Ü^einmeg. 

2luf eine Slnjabl in ben »erjdjiebenett ‘Mujjetiquartieren im Sau 
begriffener SBerfe werben mir unä erlauben, im nädjften Sericbt ju-- 
rüdjufommen. 




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<x$Ux r ^|rontk 

pom 

1. tlopember 1901 bis 51. (Dhtober 1902. 




tfon Ur. Srilj 25aur. 

♦ 

9tor>ember 1901. 

1 . ^liitrittSoDrlejung beS .fierrn ißrofefjor o. .fperff übet baS 
Sßct^äCtni^ bet ©e|d)lecf)tet. 

2. /3. Sei bet periobijcbcn teilmeijeit (Srneuerung bet ©ericfyte 
wirb auf eine neue 9lmt2bauer jum 'ßräfibenten beS 3lppeHationS= 
gericbtS gcrociblt ißrofefjor Dr. 9ltibrea3 §euSler, ju 9lppeIlation§= 
riestern ißrofeffor Dr. St. ©jt. Surdbarbt=0<baätnann, Dr. jper= 
mann CS^rift, ißrofeffor Dr. g. gleiner, Hermann Sa Dtocbe^Surct» 
barbt unb s ^3rofeffor Dr. Sari Sßielanb ; ju ißräfibenten beS (Sioit* 
geridjtS bie DDr. Sörobtbetf, £>uber unb Ofterlag, ju ißräfibenten 
beä Strafgerichts bie DDr. £)übfdjer, Sd)ät unb Söflint), fämt* 
liebe mit SluSnabine non ißrofeffor $. ©jr. Surcfbarbt bisherige 
Subabet bet Stelle. 

3. Sei bet 9teformationStollefte, bie in biejem Sabre 
fiit bie junge proteftantifebe ©emeinbe im benachbarten Saufen 
(Sern) beftimmt ift, »erben an unferen Äircbtüren mehr als 5000 
granfen jufammeugelegt. 




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281 



4. (Sine gtojje ©?engeTumnnifd)e gaben mit grauen uitb 
Ähtbern, im ganjeit etma 400 ©erfonen, parieren auf ber (Eurch= 
reife nach Argentinien unfere Stabt. 

4. 5. (Sin Heiner gtalienerframall entfteljt, meil einem 
©auunternehmer fein parlier mit ber jur Söhuung ber Arbeiter 
beftimmten Summe oerfebmanb unb ber ©aumcifter fid) roeigert, 
feine Heute auajuja^len. 3)ieje ftreiften, bemonftrierten gegen it»rett 
Arbeitgeber unb fuchtelt ArbeitSroiflige an ber Arbeit ju t)inbem. 
(Eie ©olijei jdjritt ein. Am 5. mürbe bie Angelegenheit burch 
Vermittlung ber ^Regierung oorläufig gefdjlichtet. 

6. (Ea§ Strafgericht oerurteilt ben 24=iäf)tigen griebricb 
Üirdjhofer aus Auenftein (Aargau), ber am 26. guli b. 3. feine 
grau beim gafobSberger ,'polj erjd)og, megen ©JorbeS ju (eben? 
länglichem gudjthauS. 

7. (Eer (©eitere ©ürgerrat meist einen ©orjcblag jur baulichen 
Snueiterung be? ©farlgräfifcben ©alafte? ju gunften be? ermeiterung?= 
bebiirftigen ©frunbhnufeS an ben (Sngern ©ürgerrat juriid unb erlebigt 
ben ^Prüfungsbericht für 1900 unb eine Sieihe oon ©ürgerauf nahmen. 

8. ©ei ber SRef toratSfeier fpricf)t ber abtretenbe ©eltor 
©rofeffor I )i\ gr. gleiner über bie ©ntmicflung be? fatholifchen 
SUrdjenrechtS im 19. gahrhunbert. (Eie ©reisf ragen h“&e» feine 
fiöjung gefnnben. Ja» StettoratSprogramm ftammt oon ©rofeffor 
I )r. (ÜBifle unb unterjucht ba? ©ebäcbtni? nad) ber pfpdiO'phbfiolo* 
gijehen Seite. 3öie üblich fcbliefjt fich an ben ernften Alt ba? 
SfeftoratSeffcn an, gleichseitig ber ScbutauS bet alabentifchen gunft. 

10. gm überfüllten ©fünfter fpridjt ber ^ofprebiger a. 5). 
Abolf Stöder übet ba? Jh c ma »ber ^err forbert Heben," unb 
am folgenben Jag behanbelt er öor einem engeren ffrei« eine 
für ©fänner unb günglinge befonbers brennenbe grage. 

12. gm Alter oon 52 gahren ftirbt nach furjer ^ranlheit 
©fairer Auguft Steiger, gebürtig aus beni Danton St. ©allen. 



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282 



@t amtierte juerft in ßbnat unb in • $eri?au, fpäter, bon 1892 
an, al? Pfarrer ju ©t. ßlifabetb in ©afel, bon 1895 an als 
Dberftbelfec am ÜJtünfter. ßr mar ein ©orfämpfet ber fitcblicben 
Reform unb genoß in ben Steifen {einer ©efinnungSgenoffett großes 
Slnfebeu. 

13. Sie Regierung fteflt ba? ©ubget für 1902 feft mit 
10,437,320 0fr. ©ittnabmen, 11,824,438 0fr. Ausgaben unb 
1,387,118 0t. 2)efijit, woju nod) 830,000 0fr. für ©trafienbauten 
ju Saften be? Sonto? für ©abnboferweiterung tomnten. — Sie 
SHegierung ernennt jum ÜKajor |>auptmann Silbelm Sietfdjp 
unb überträgt ilfrn ba? Stontmanbo be? neuen, bafelftäbtifdjen 
©ataillon? 97. — Ser SRecitator ßmil 9)t i l a n trägt in ber 
Slula be? ©tufeum? eine Slnjabl profaifdje unb poetifcbe Sunftwerte 
junt ßiitjüden feiner jablreicben 3ubörer oor - 

12., 13. Auftreten be? 'ißreftibigitateur? unb 3Hufioniften ©eile 
im Stabttafino. 

14. ©rojjer 9? a t. Starb Statifitation bon 49 ©iirgcrauf= 
nabmen werben ein Sanbanfauf jut ©ergröfjerung be? Soologifdjcn 
©arten? unb ein fianboerfauf für ein iSroelitiftfjeä Saifenbau? 
an ber ©ottbelfftra&e bewilligt, weiter ein ©efefseSentmurf ange» 
nommen, ber berfcbiebenc neue ©teilen im 0finanjbepartement fdjafft, 
unb ber ßntwurf eine? ©rojjratSbefcbluffe? betr. ©au eine? gtöferen 
Stejerboir? unb Anlage boit filtern für ba? Saffetroerf auf bem 
©ruberbolj (Soften 950,000 0t.) an eine Sommiffion gewiefen ; auf 
beit Siatjdjlag betr. Surcbfübrung bet oerlängerten Sltargaretben; 
ftrafje tritt ber Stat nicht ein, unb bie ©otlage betr. Slbänberung 
bc? ©ejefje? einer Organifation be? ©aubepartement? wei?t er mit 
Wotioierung jurücf. 

16. Starb einer Srodenbeit oon mebreren Soeben unb einem 
jum Seil febr febönen unb warmen Stacbfommer bringt bet heutige 
SDtorgen ben erften ©djnee. 



DigitizsOl 







283 



17. Sie neu erbaute 'ißauluäürc^e, ba? groeite ©otteghau? 
ber ©t. ßeonharbgemeinbe, roirb unter jebr ftarfer Beteiligung ber 
gangen ©emeinbe feiertid) eingetoeiljt. 2ltn folgenben Sag (18.) 
oereinigt ein Banfett im 2Rufiffaal bie ©emeinbeangehörigen beiber 
fircfjlit^eit Slidjtungen gu jcfjöner ©efelligfeit. 

18. Sie Siebertafet wählt gu ihrem ißräfibenten Dr. 5D(. 
Böniger. 

19. Sie Siegeng wählt guin Sieftor ber Unioerfität für 1902 
Brofeffor Dr. 21. Baumgartner. 

20. ffg. Sa? groeite ba jelftäbtifche Bataillon roirb an ©teile 
Dom ©tbüfeenbataillon 4 in bag XVI. 3nfanterie=Ülegiment unb 
aljo in ben Berbanb ber l\'. Sioifion eingeteilt, erhält bie Ba- 
taillongnummer 97 unb roirb organifiert. 

23.;24. Sie Sßahlen Don fecf)? Gioil* unb f i eben Strafe 
ritfjtern, bie im periobifchen Slugtritt maren, fallen beftätigenb 
au?. (Sin Berjut!) ber jogialbentofratifcfjen B flt iei, einige ©effet 
für fid) gu erobern, mivb gurücfgeroiejen. 3n ber Bolfgabftimmung 
roirb ber bie £>olgpfläfterung?=3nitiatiDe ablef)nenbe ®rojj= 
rat?befcf)lufe oerroorfen mit 2532 gegen 1739 Stimmen. 

25. Bei ber 3abre?Derjamntlung ber ^ßofrtioen ©enteinbc» 
otreinc in bet Burgoogteifjatle }pricf)t Slntifteg o. ©ali? über bie 
Bfolmen. 

26. Sie freiwillige ©r^ulfgnobe wählt gu ihrem Bri>fi= 
benten für ba? 3abr 1902 Sleallehrer 3. #t. ®d)är. hierauf 
roirb ein S^ema au? bem ©ebiete be? Siechnunggunterricht? be^ 
hanbelt. Sie Sigfujfion barüber gieht fiel) fo lange hin, bafe ein 
groeite? noch in Slugficht genommeneg Shema muh oerfefjoben werben. 

28. ©rofset Slot. Slacf) ber Sntgegennahme ber ÜBahO 
unb Slbftimmunggergebniffe oom 23.Z24. roirb bie SrfteHung ber 
Bolta* unb ber ©rohpeterftrafje bejchloffen unb ber Bericht bec 
Bechnunggfommiffion für 1901 besprochen. Sag oon einer ©roh 5 



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284 



rat&fommijfion butdjberatene Sürgerreditggejeh wirb in erftct Cejung 
burcf)beraten. 

30. Sei bcr Eröffnung be? Seftament? be? in biefet äBodje 
geftorbenen 3- Secf»®amper ergibt fid), baff bent 3<u>togifd)en 
©arten ein Segat t>on 750,000 3 r - jufällt. 

Sejember 1901. 

1. Set Siebafteur be? fojialbeniofratifcben „Sorwärt?," 
Slrnotb, hatte auf @runb eines ftrafgerichtlidjen, Dom SlppeHation?» 
geeicht beftätigten, aber Don feinen fßarteigcnoffen als ungered)t 
fritifierten Urteil? eine Strafe Don brei Sagen .*paft abjufi^en. 
©eine heutige ffintlaffung lourbe Don Partei wegen 51 t einer großen 
Semonftration betrügt, bei ber aderljanb Sieben gehalten tourben 
unb bie ©enoffen firf) in langem 3 ug p burd) bie Stobt bewegten. — 
@? roirb in allen eoangelifdjen Kird)cn ber ©tabt ein befonbere? 
Opfer für bie fDiiffion erhoben; e? ergibt nicht weniger al? 
0000 gr., moDon eine ©imune Don ca. 200 gr. bern allgemeinen 
cDangelifrfjeit SOfijfiongDcrein, ber Sieft ber Sagtet SJiiffiott jufätlt. 

7. SU? Sieftor ber 5öiäbd)enftfunbnrfd)ut p wirb Don ber Sie» 
gierung beftätigt ber Dom @rjiehung?rat gewählte Dr. Sbroin 
3oIlinger. — Sa? Seftament be? in biefet 2Bod)e Derftorbenett 
(£. ®. Sihh'Dft wirb eröffnet. ®? fefct eine allerbing? noch nid^t 
unmittelbar frei merbenbe ©untine oon 300,000 ^t. für bie 
Unioerfität au? unb jwar follen bie 3i>ifen be? Kapital? benüfct 
werben jur Sejolbuug eine? Sh p °t° 9 en < eines Siotogen unb eine? 
Shitofapf)« 1 - beren Aufgabe bie pflege Dornu?}ef}ung?lofet SBiffen» 
fdjaft fein foll. Sin Kuratorium h fl t über ber Slu?führung ber 
Stiftung ju wachen. 

8. Ser Sa?ler SJiännerchor begeht ba? Subiläum feine? 
75»jährigeu Seftanbe? mit einem gtofjen Konjert im fDiünfter unb 
einem Sanfett im SJiufifjaal. 



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285 



9. Sie Ituioecfität jäf)tt im taufenbeit Sßinterfemefter 529 
©tubierettbe, barunter 8 Samen, unb 88 nirf)t immatrifulierte 
Störet, barunter 13 Santen. Unter ben ©tubierenben finb Der» 
treten Vafelftabt mit 173 (11 Jtjeotogen, 20 Juriften, 54 SKe- 
bijiner, 88 ^ßfjilofop^ett), bie ganje ©dtroeij mit 390, ba3 StuS= 
tanb mit 139 ißerfonen. 9tadj ben gatuttäten oerteilen fid) bie 
©tubierenben auf Ideologie 42, Jutiäprubenj 44, 'JKebijitt 147 
unb ^itojopljie 296. ©egen baS tefcte ©emefter trat eine S16= 
nafyme ber grequenj um jmei ©tubierenbe ein. 

12. ©rofjer 9int. 9iad) einer Interpellation über ben oon 
Seutjd)lanb projeftierten Sau eines beutfdjen gortS auf bet Sül= 
tinger $ötfe unb Valibierung ber Üttd)tenoat)ten Dom 23./24. 9io- 
oember toirb ber Ä'rebit für Verbreiterung beS VirfigoiabufteS unb 
bie (Srpropriation für einzelne jur VirSuferftrajfe unb VirSforrettion 
erforberticbe Sanbftürfe betoifligt unb ber Verist ber Prüfung?» 
tommiffion für 1900 eutgegengenoinmen. 

14. /15. S3eim erften SBatjtgaitg ber SBafyten ju beit gern erb * 
ticken ©djiebSgeridjten lommen Don 120 Sßaljten 90 juftanbe. 
Sie 30 nicfjt befefcten ©teilen betreffen fämttid) jo(d)e Don Arbeitgebern. 

15. Sie ^eftatojäigefellfdjaft tjält iljre Jaljre§Derfamm= 
tung mit Abenbunterl)altung in ber SBurgoogteitjaÜe ab. 

17. Set neue ©jtraorbiitariuS für ®unftgefd)id)te, ^ßrofeffor 
p. A. ©d)ntib, f><itt feine ^pabilitationSDortejung über Probleme 
unb Sedinif ber $hinftgefd)id)te. — Sine Sßroteftlunbgebung 
bet grauen unb Jungfrauen Söafetä gegen bie Velfanblung, bie in 
ben ÄongentrationStagern ©übafritaS ben SSoerenfrauen unb 
*$ittbern ju teil toirb, oereinigt binnen turnet 3«t übet 20,000 
Unterfdpüften. Saju fommen 7000 aus Vajettanb. Sie 83e» 
toegung Derbreitet fid) Don Safet aus auf bie übrige ©djroeij. 

18. Sie (Eröffnung beS SeftamentS ber am 14. oerftorbenen 
grau Abete äfterian^Jfetin ergibt für einen tmmöopatljijdfeu 



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286 



Spital in Safel unter Surftest ber ©emeinnüfcigen ©efelljchaft 

700.000 gr., für biefe ©efeOfchaft 100,000 gr., für üerjdjiebene 
anbere wohltätige, gemeinnüfcige unb religiöfe Snftitute total 

225.000 gr. Jen öffentlichen Äunftfammlungen fallen jum Seil 
fe^r wertoolle ©emälbe aus bem üftachlafs zu. 

19. Jer SBeitere SBürgerrat beauftragt ben längeren 33ürget= 
rat mit einer (Eingabe au ben ©roßen 9tat, in ber biefer Sehörbe 
für bie zweite Beratung beS 93iirgerrecbt§gefeheS foK anS $erj gelegt 
werben, baS 93aSfet ^Bürgerrecht nicht, wie in erfter Sefung gejehehen, 
benen, bie ein 9ied)t barauf haben, es anjufprechen, oon ©efebeS wegen 
anju tragen. Slußerbem werben eine Dteihe SBürgerrechtSbegehren erlebigt. 

20. @S wirb befannt gemacht, bajj baS Komitee 511 t ©amnt= 
lung oon ©elbern für ben Sau eines neuen StaubtierljaufeS im 
3oolo giften ©arten angefid)tS beS Legates 33ecf=@amper auf 
weitere Sammlung oerjichtet, nachbem bis bahin ca. 11,000 gr. 
erzielt worben finb. 

21 . / 22 . Jer jweite SBablgang für bie SBahlen bet ©ewerb* 
liehen ©cbiebSgerichte bilbet ben ©chfufj ber SBahlgefdjäfte 
biefeS SohreS. 

23. ffg. 3m ©tabtfafino hängen bie blau=weifeen gähnen 
heraus unb eS oerfünbet eine grojje 3nfchrift ben V. 3ioniften= 
fongrejj, nachbem fchon in ben lebten Jagen bie jioniftffche 
3 ugenb 3 $taels, meift SllaöemÜer unb Slfabemiferinnen, in an= 
fehnlicher 3 a ht in Safel (©afthauS jum Storren) getagt unb 
ihre ©ebanfen auSgetaujcht haben. Jie offiziellen ©ifcungen fanben 
unter ftarfem Slnbrang am 26., 27. unb 29. Jejember ftatt. 9iur 
mit .§ilfe oon Stachtfifcungen tonnte ber Äongrefj bie Jraftanben 
bewältigen unb erft am ©iloefter früh öier Uhr ging bie leßte all= 
gemeine ®erfammlung auSeinanber. Jie Seiter finb wie bei ben 
früheren SBaSler Äongreffen Dr. Jt) c obor ^erjl aus SBien unb 
Dr. SJiaj Vorbau auS 'ißariS. 



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287 



30. Sie Venia legendi für Ophthalmologie erhält Dr. O. 
§a Hauer, al? Seftor für englifcfte Spradte an bet Unioerfität 
wirb abmittiert Dr. phil. 3Jeinle. 

Sanuar 1902. 

1. 3m a6gelaufenen Saht mürben im Äanton Sajelftabt ootl- 
jogen 1105 (1900: 1170) Stauungen (eingerechnet 139 au?roärt? 
getraute ^ßaare, mo bet Sräutigam im £ an ton mohnhaft mar); 
e? ereigneten fid) 3644 (3576) ©eburten unb 1884 (2074) Sobe?* 
fälle. Sei ©eburten unb Sobe?fäfien fitib 121 Sotgeburten mit* 
gerechnet. Unter ben 3523 (3459) Sebenbgeborenen maren 1756 
Änaben unb 1767 Stäbchen. Unter ben 1763 ©eftorbenen (ohne 
bie Sotgeburten) maren 862 männliche unb 901 weibliche ^Serfonen. 

2. Ser neue ©iiterbahnhof ©t. 3ohann wirb bem Ser* 
lehr übergeben. 

6. Sei ber Äonfurrenj für Släne einer mittleren 
3th*inbrücf e, beren Srgebni? h E “ü eröffnet wirb, erhalten einen 
erften ißrei? bie |)enen 211b. S lieft & Sie. unb ifkofeffor ffr. o. 
Shierfch in ÜWünchen unb Äonforten; einen jroeiten bie fperten ißrofefjor 
Sf^otte in 21arau unb Sa?let Saugefelljchaft unb Äonforten; je 
einen brüten bie HRafcftinenfabrü Sftlingen unb Äonf orten, 
bie Herren ißh’l- ^oljmann & Sie. in granffurt unb Slrcftitelt SmI. 
SaSioche in Safe! unb Äonforten, unb bie Herren ^ßrofeffor Bfcftoffe 
in 2(arau unb Sanier Saugefelljchaft unb Äonforten für ein weitere? 
Sßrojcft. Sie ißrojefte mürben Pont 11. bi? jum 26. 3anuar im 
©eroetbemujeum au?geftellt. 

7. /8. Softbirettor 9JJ a u r e r feiert in engftem Ärei? ba? 

3ubiläunt feine? por jetzig 3oh ren «folgten Sintritt? in ben 
Softbienft. 

8. 3m ©enof }enfchaft?rat be? A. C. V. werben einige 
Sßahlen getroffen unb Sefcftlüffe gefafet über ein Äonfumoerein* 



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288 



Organ, baS bemuächft er)d)einett wirb ; für bie ArbeitSlojen werben 
1500 $r. auSgeworfen ; weitgehenbe unb foftfpteligc Sauprojefte 
beS 33erwnItungSrateS (Bebauung beS iJtilmelinbac^arcnlS) werben 
abgelehnt unb blofs 45,000 gr. für Erweiterung ber SBäcferei be= 
willigt ; enblid) wirb bem SßerwaltungSrat bie $rage jum Stubium 
überwiefen, ob unb auf welche SBeije ein regelmäßiger amtlicher 
Sontaft jwifctjen ©enofjenjchaftSrat unb ißerfonal beS A.C.Y. ju 
jchaffen jei. 

9. 3nt ©roßen 9iat wirb eine ^Interpellation betr. bie 
bem SSerfehrSoerein übergebene Sorge für bie SReflame» Affinen an- 
gehört. ®er Diät bestätigt weiter 52 33ürgeraufnaf)nten, erttärt 
bie Sctjiebäric^terwablen gültig, beauftragt bie Regierung mit ber 
Ausarbeitung einet Vortage betr. öefeitigung ber ^Beiträge ber An* 
wänber an bie Soften ber ^oljpfläfterung, erlebigt bas ©cfeß betr. 
Üieueinteilung ber Ouartiere in jweiter Sefung unb nimmt eS au, 
genehmigt einen Antrag bet Regierung betr. Abtaujd) oon 2anb auf 
bet Slgbecfinfel, ratifijicrt ben oon ber Regierung abgefchloffenen 
Vertrag betr. bie Straßenbahn oon öafel nach ArleSheim unb 
überweist ber Regierung ben Anjug betr. Uebernahme ber ©efdjäfte 
ber ©emeinbe Ziehen burd) ben Staat. 

15. beinahe acf)tjigjährig ftirbt ber ehemalige Saumeifter 3. 
9Ji ü 1 1 e t = Stähelin, ber, abgefefjen oon feiner IBerufStätigfeit, auch 
in jahlreithen fantonalen unb bürgerlichen Aemtern bem aHge= 
meinen SBohle biente unb oielfad) in religiöfeu Vereinen tätig war. 

18. Es erfcheint bie erfte Diununer beS ©enojjenfchaft» 
liehen SBolfSblatteS, Organs beS Allgemeinen fionf umoereinS 
unb beS '-Basier Q-rembenblatteS, baS bem Jrembenoerfehr 
bienen will. 

18./19. 3uni Pfarrer am ÜJiünfter (Oberfthelfer) an Stelle 
beS oerftorbenen Aug. Steiger wirb ohne Opposition ber pofitioen 
Partei gewählt bet Reformer fieonhnrb Siagaj, jur^eit in Ehur. 



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289 



23. 2)er ©rofje Üiat nimmt Kenntnis non bem iRüdtrittS» 
gefud) non SRegierungSrat ^itippi, befchließt, bte ©teile beS Staats» 
citwaltS nicht auSjufdireiben, wählt je jeljn (Srfoferitfjter für baS 
Stoil« unb für baS Strafgericht, genehmigt ben SIntauf ber Siegen» 
fdjaften fRebgaffe 52 unb SRiehenthorftrajie 17, lehnt bie 35urd)« 
füljrung ber SRaiengaffe nad) ber ^iebelftrajje ab unb berät baS- 
93ubget für 1902 burd), fo baß eS jefct befinitio aufweist an 
©nnahmen 10,435,820 %i., an Ausgaben 11,786,098 3?r. r 
alfo ein SJefisit non 1,350,278 ffr-, woju nod) ungebedte 
830,000 gr. für ©fenbahnumbauten fommen. ©ne ©ngabe beS- 
fßerfonalS ber ©trafjenbatjnen um Sßermeljrung ihres Urlaubs wirb 
in empfefjtenbem ©inn an bie ^Regierung geroiejen. — 3m ‘älter 
non 58 3ahren ftirbt an einem §irnfd)lag $einr. Sßfifterer» 
©todmeper, fßeljhänbler, ber fiep mancherlei religiöjen unb gemein- 
nüfcigen Seftrebungen mit Eingebung geroibmet ^at. 

25. ©eneralöerfammlung beS bafelftäbtif djen Surn» 
»erbanbeS. 

31. ®ie Söitterung beS 3anuarS h' e lt ttid)t, tnaS matt 
öon bem ÜRonat ju erwarten pflegt. $aS Shermometer beroegt 
fid) meift um ben SJiuflpunft. 25ocp brachte hauptsächlich bie erfte 
£älfte beS 2RonatS eine Steife fd)öner fonniger Jage unb ba eS- 
nie nennenswert gejd)neit hatte, fo war eS meift ein Sauwetter 
ohne 2feud)tigleit unb frei oon Äot. 91m 25. war ein ©emittec 
mit ®onner, Slip unb ^agelfturm. 

gebruar 1902. 

1. 3um fßrofeffor für Sotanif wirb berufen Dr. Sltfreb 
gif eher, bergeit in Seipjig. — V.D.M. ©eorg fji n Sl er , SRe» 
ligionSlehrer am hieftgen ©pmnafium, wirb non ber philofopljifchen 
gafultät ber Uniöerfttät junt Dr. phil. hon. c. ernannt wegen 
feiner reformationSgefchid)tlichen gorfchungen unb feiner Arbeiten 

8a8Iet SaCjrtmrfj 1903. 19 



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290 



übet äroingti. — 3n feinem 79. Sebenäjahr ftirbt alt ©tabtrat 
2Ü. Stüller, früher in mancherlei bürgerlichen Slemtern mit oielem 
Serbienft tätig. 

2. ®ie beutfehe Kolonie begeht ihre Kaiferfeier. 

2./3. Sei ber 3ahre3feiet bet Soangelijchen QJefetl jc^aft für 
<3 tabtmiffion tritt als ^jauptrebner auf ber Sorfteher ber ©tabt= 
miffion in |)alle a./@. ©imfa. 

5. ^ßtofeffor 3. ^ßiccarb roirb oon feinem ßehramt oon ber 
Dtegierung auf @nbe beS ©ommerfemefterS 1902 entlaffen. — 
Ißrofeffor 3afob Söadernagel nimmt einen Stuf nach ©öttingen 
als orbentlicher ^ßrofeffor bet oergteichenben ©prachroiffenfchaften an. 

12. 3unt fantonalen ©eroerbeinjpettor roirb oon ber Siegie* 
rung ernannt Dr. ^»ermann Stocher. — SOtit ihrem üblichen 
Slfchermittroochmahl öerbinbet bie ©afranjunft bie ©nroeihung 
ihreg fünftlerifch auSgefchmücften großen tfeftjaaleS im neuen 3unft= 
gebäube. 

13. ©rofjet 9t at. Stach Statififation jroeiet Kleinhüninger 
Sürgeraufnahmeu roerben angenommen bie Einträge ber Stegierung 
betr. 3“räcffehung beS |>aufe3 9tr. 11 greieftrafje, ein Ertrag 
betr. Slbtaufch eine? ©türfeS Sanb am oormalS 2öalter=2)ürft'jchen 
@ute, bie 9(nfäufe beS ßüjjeUjofeS in ber ©palenoorftabt unb bes 
^aufeS jum Pilger in ber Sifengaffe, alles mit 2>tinglid)feit. ®ie 
gorberung eines »eiteren KrebiteS für Umbau beS 9iathaufeS, bie 
eine Ueberfcfjreitung beS urfprünglichen beroißigten KrebiteS um etroa 
eine halbe SDtiltion bebeutet, roirb an eine Kommiffion geroiefen ; bie 
Üütotionen ÜBuHfchleger betr. ein fantonateS Slrbeiterfchufegefeh unb 
Roller betr. SBahl ber SDtitglieber beS ©tänberatä unb beS Stational* 
rats an bent nämlichen Jage »erben überroiefen; bie Stegierung 
roirb infolge einer Petition aufgeforbert, neuerbingS bie in einer ber 
lebten ©ifeungen abgelehnte SerbinbuttgSftrafje jroifchen |>euroagpla& 
unb ©t. Stargarethenübergang ju prüfen. hierauf roirb bas ©efefc 



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291 



betr. @rf)öt)ung bet SSefteuerung anonymer ©rwerbgefellfcbaften in 
crftet Sefung erfebigt unb ba§ ©efeb betr. Anlegung unb ßorreltion 
ton Strafen in jweiter Sefung burcbberaten unb mit großer 2Jtebr= 
beit gegen jroei Stimmen angenommen. 

15. Sie Regierung erteilt bie nacbgefucbte ©ntlaffung bem 
Nettor be? ©pmnafium? ißrofeffor g-rifc Sunfbarbt auf ben 
Herbft unb bem nach ©öttingen berufenen ißrofeffor 3afob SB a der« 
naget auf Snbe be? SBinterfemefterS. 

16. ©in in ben fpäteren Stbenbftunben im äufjeren St. 3o= 
bannquartier au?gebrocbene? Sd)abenfeuer ?ann auf feinen ^perb 
bcfcfjränft roerben. 

17ffg. Sie gaftnacfjt gebt in ben hergebrachten formen oor 
fich, nur bafj fie am ÜJtontag burch einen in ben oorhergehenben 
Sagen gefallenen Schnee, noch mehr aber am äftittmod) burch Sau« 
metter behinbert roitb. 

20. 3m SBeitern Sürgerrat werben eine Neibe Don 8ür= 
gerrechtbegehren erlebigt. 

23. 3n ber SSurgöogteibalte hält unter ungeheurem Stn« 
brang ißrinj 9Waj oon Saufen, jur geit ißrofeffor ber 
Sljeologie an ber Unioerfität greiburg in ber Scbweij, einen 
Sßortrag über bie Pflichten be? fatholijchen Spanne?. — Stm 
Slbenb ftirbt nach turjem Sranfenlager fecf)?unbfünjigiäbrig (Smanuel 
3Ba<!ernagel»iDfet, feit fechjehn 3ahccn Verleger ber „93a?ler 
Nachrichten." 

25. ißrioatbojent Dr. ©uftao Senn bätt feine Habilitation?« 
Dotlefung über bie (Shtomatopho«n ber ißflanjen unb ihre ®e« 
fchichte. — Slm Nachmittag werben brei etwa fiebenjäbrige Knaben 
au? bem ©unbelbingerquartier, bie auf bem Sruberbolj ihren 
Spielen oblagen, oon h°tb oerwitberten Hunben überfallen. 
Ser eine würbe getötet, ein anbecer fchwer oerlefet; ber britte fam 
mit Heineren SBunbeit baoon. 



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26. 25ie Regierung erteilt bem langjährigen Reifer ju ©t. 
^Jeter Pfarrer Sluguft Sinber bie erbetene (Sntfaffung auf beti 
l.DItober 1902. 

28. ®ie SBitterung befielt ben im roejentlidjen milben 
ßhorafter bei, ber jehon ben Sanuar gefennjeichnet hotte, ©tarfe 
Sftieberjdjläge blieben au8, abgejehen oon einem gegen bie SJiitte 
beS Sfflonats gefallenen jehr ftarfen @djnee, ber aber bei einem 
rafd) folgenben Umjchlage ber SBitterung in ber grühlingSroärme 
beS 18 ffg. in unferen Sagen rafd) baljin jchmol^, auf ben 93ajel 
umgebenben £öt)en fith aber lange noch h*elt. 

fDtärj 1902. 

1. 3um orbentlichen ißrofeffot bet Sj3h«lojop^ie an ber Uni» 
»erfität roirb ernannt ißrofeffor Dr. ßarl 3oel, bisher aujjer» 
orbentlidjer ^rofeffor. 

2. Stuf ben 3ä n ften finben heute unb an ben folgenben 
©onntageit, 9. unb 16. ÜDfärj, bie SrneuerungSroahlen je beS 
halben SSorftanbeS auf fed)8 3ahre ftatt unb etmaige (SrgänjungS* 
mahlen. — Sftachbem er fchon am öorangegangenen Xag im engeren 
Greife gefprodjen hot, holt ber ^)eilSarmee»®enetal Sootlj unter 
grofjeni Slnbrang in ber 93urgöogteihaHe nicht roeniger als brei 
SSerjammlungen ab. 

5. 93om ÜiegierungSrat mirb ber langjährige ©ehretär beS 
ißolijeibepartements Subroig Sufc auf feinen SBunjch mit beftem 
®anf für feine ®tenfte au8 bem ©taatSbienft entlaffen. — Skt 
33uubeSrat teilt mit, bafj angefichtS ber ablehnenben Haltung 
$eutjd)tanb8 bie Verlängerung beS £ üninget'ßanalS 
auf ©chroeijergebiet bermalen als unausführbar erfdjeint. 

10. ®S roirb burd) eine fUfitteilung in ben Leitungen be» 
fannt gemacht, bafj ber bisherige ßentralbahnhof Don jefct an amt' 
lieh ben tarnen führt S.B.B.-93ahnhof 93afet. 



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293 



11. ®ie bisher als ^rittatfacfje betriebene Sin ft alt für 
14 toarfjfinnige Jaubftumme in 93ettingen gebt an eine 
gemeinnützige Äommiffion über. 

12. Stuf einer SRunbreije bureb ®übbeutjcf)(anb berührt ber 
beutfebe Kronprinz au4 93ajel. ®ie 9ta4t oom 11. jutn 
12. bnt er tm ©aftbofe brei Königen jugebraebt. Slm 12. be* 
futbte er mit feinem lleinen ©efolge bie öffentlidjen Sammlungen 
unb reiste bann na4 Sujern weiter. 

13. ©rofjer Stat. @8 wirb interpelliert über bie Stellung 
ber bafelftäbtifcben Sßolijei §u bem Unglücf mit ben $unben auf 
bem Sruberbolj (25. gebruar) unb über ben ©injug non ®oblen= 
beitragen, hierauf werben eine 9ieibe 33ürgeraufnabmen ratifiziert, 
ber jrneite Staatsanwalt unb ber zweite UnterfucbungSricbter ohne 
Sluäjtbteibung in ihrem Slmte bestätigt, bie Slbbitte öon $RegietungS= 
rat ißbilippi on eine $ommiffion gewiefert, eine Stnznbt ßiegenfebaft» 
taufe zur Äorrettion ber Slef4enöorftabt ratifiziert, bet 9iegierungS= 
«ntrag betr. Speifeleitungen nadi bem ©unbelbingerquartier ange* 
nommen ; bann wirb in zweiter Sefung baS ©efefc betr. Sefteuerung 
anonymer @rwerbgefellfd)aften erlebigt, bie ißfläfterung ber St. 
(jatobftrafje mit einigen Slenberungen am SJtegierungSantrag an= 
genommen unb bie ftaatlidfe Suboention an baS 5£^eatec tion 25,000 
auf 55,000 3fr. erhöbt. 

18. ÜRationalrat Söul Iftb leger wirb oon feinen ißartei* 
freunben entgegen einem früher tunbgegebenen ©ntjcblufj öeranlajjt, 
eine Stanbibatur z u ben beoorftebenben SRegierungSwablen anzu= 
nehmen. 

21. ©ine Sßerfammlung bet SBarenjettion beS ,fpanbels= unb 
SnbuftrieoereinS zu Safran fofet öefcbliiffe, bie eine f»erabfe|ung 
ber Slnfäfje für 9labrungS= unb ©enufjmitteln in bem ben eibge* 
nöffijtben Späten zur 3 e >t oorliegenben ©ntwurf zu einem neuen 
Zolltarif anftreben. 



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294 



22. Sem Dr. raed. unb phil. ©uftaD ißreiSroer! wirk 
bie venia legendi als fieltor für ,8ot)nljeUfunbe an bet mebicini* 
fcf)en ^alultät erteilt. — 3“™ ®treftor bet Äantonalbanl an ©teile 
beS nad) 3ürid) überfiebelnben Sirettor Äunbert wirb ernannt bet 
bisherige Ißrolurift Sluguft Vurdlfarbt’^artmann aus Safel. 

26. 3n ben VerroaltungSrat ber ^anbelSbanl wirb ge= 
roäljlt StegierungSrat Dr. '.ßaul ©peifer, bet feinen SRücf tritt 
au? bet Regierung auf bie beoorfteljenben SReuwalflen erftärt fjat. 

31. SBaS bie SBitterung anbettifft, fo lief) fitfj bet ÜRonat 
SRätj feljt günftig an mit warmen, fonnigen Sagen unb bie Vege= 
tation jurütffjaltenber näd)tlicf)er Äälte. Sie jroeite $älfte ba^ 
gegen mar tegnerifd) unb ungemütlich, etwa Dom 16. weg, ben ein 
ftarfeS ©eroitter auSjeidjnete. Sind) bie Ofiertage (Oftern 30. ©ärj) 
brachten fein angenehme? Söetter. 

Slpril 1902. 

3. Ser Vürgerrat Ijeifjt einen iljm Dont ©ngetn SBürgerrat üor= 
gelegten generellen (JrroeiterungSplan beS VürgerfpitalS gtunbfäfclicf) 
gut unb befchliefst ju beffen Slu?fül)tung ben erften ©d)ritt ju tljun 
mit einet Verlängerung beS 5ßfrutibl)aujeS in ber £>ebelftrafje. Saju 
roitb ein ßrebit oon 330,000 gr. beroitligt. Sie ßommiffion ber 
©emeinniifjigen ©efeflfdiaft ju einem SllterSafgl für Stiebergelaffene 
fteuert weitere 220,000 3r. bei. hierauf werben eine IReilje Don 
93ürgerred)t?bege^reu erlebigt. — 3 U » 1 ^räfibenten beS SRufeumS» 
Der ein? wirb gewählt an ©teile beS nad) ©öttingen übetfiebelnben 
ißrofefforS 3alob Sßacfernagel ißrof. $arl VonberSRülfll. 

6. §ln ber Selegiertenoerfammlung beS ©djweijerifdien 
©djüfcenoereinS im ©tabtfafino unter bem Vorfifce oon 0berft 
Slbrien Sfyelin nahmen etwa 400 Selegierte teil, als Vertreter 
ber ^Regierung Don Vafelftabt iRegierungSrat Dr. 3faal 3jelin. @4 




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295 



würbe eine längere 9teibe non SEraftanbeu erlebigt unb bann int 
SJtufitfaal bei gemeinfamet Safel fröhlich banfettiert. 

7. ®er Pnnbe?rat entläßt ben SDireftor be? Poftfreije? Pafel, 
3. SJfaurer, auf fein ©efucb au? bem Poftbienft, in bem er feit 
1842 ftanb. 

8. SRacf) langem, fernerem Seihen ftirbt im Sitter Bon wenig 
über 50 fahren (Jarl ©täbelin»Purcfbarbt, her in ben Ber* 
fc^iebenften 3 roe *S en ber SBobltätigfeit unb ©emeinnü^igfeit, nament* 
lieb auch in religibfen Unternehmungen, eifrig tätig mar. 

9. 3‘im orbentlidjen Profeffot für ftaffifcfje Philologie unb 
©praebwiffenfebaften an ©teile be? nach ©öttingen überfiebelnben 
Profeffor 3afob Sßadernagel wirb ernannt Dr. fjerbinanb ©ommer, 
bereit Prioatbojent in Seipjig. 

10. ©rojjer 9t at. 9tacb einer SnterpeHation Dr. ©teblin? 
betr. Ä'affierung be? Prunngäfjcben? nnb her Peftätigung einet Sin» 
jabl Pürgeraufnabmett wirb ber Panfrat auf eine weitere Slmt?» 
bauet beftätigt. hierauf wirb ber 9tütfftänbebericht be? 9tcgierung?» 
rate? burebberaten, Bon bem mehrere Punfte ju 2>i?fujfionen Slnlafr 
bieten. 3n ber Stacbmittagfibung wirb ber Pertrag mit ben ©b e ' 
gatten 9iittmann betreffenb Slbtaujcb Bon Sanb an ber ^üningerftra&e 
ratifiziert, bie Slbbitte 9tegierung?rat Pbilippi? unb bie Dr. ©. 
©cbeuermann? Born ©efretariat be? ©rojjen 9tate? bewilligt unb 
bem erftern eine Penfion, bem I extern eine Slbfcbieb?gratififation 
jugefprochen. ®er i?raelitifd)en ©emeinbe wirb bie Slnlegung eine? 
befonbern iStircbbof? bewilligt, ber Pan eine? Äeffelbaufe? unb bie 
SluffteÖung eine? weitern S)ampffeffel? in ber @a?fabrif, ber Sin» 
lauf ber Siegenfcbaft Prunngäfjlein 4 befdjtoffen, bie jroeite Por* 
läge betr. Perlängerung ber 9Jtargaretbeiiftrafje angenommen, bie 
Petition bet 2iegenjcbaft?befit}er am ©palenring um Urmäfjigung 
ihrer Peiträge an bie Soften ber £>erftetlung bet neuen 9tingftrafie 
auf Slntrag ber Petition?fommiffion mit Ptotioierung abgemiefeu 



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296 



ittib gegenüber beni ütnjug 9Riiller=Dtt bett. ba® Stfftrf)en= unb 
Stetlameroefen Jageäorbnung befc^toffen. ®et ißräfibent fcbliejjt 
©i|ung unb Segislaturperiobe mit einer Slnfpraebe, rooritt er au® 
Slnlafj ber eben au® Sern eingetroffenen 92acf)rirf)t oom äbbrud) 
ber biplomatifcben Sejiebungen ju Italien ben Sunbe®rat be§ Qn- 
trauen® be® Solle® oon Safelftabt unb feiner Eingabe an® Sater» 
lanb oerfidjert. 

fßrofeffor Jriebrid) SDiüUet nimmt einen Stuf al§ Diadp 
folget giemjjen® nad» ÜRündjen an. 

11. 3um Schreibet ber ©emeinnüfcigen ©efellfcbaft wirb 
gemäht Dr. $b e °b DC ©täbelin; ferner bewilligt bie ©efeßjdjaft ben 
für einen Steubau jur SRufilfdjule auf bem für bie Slnftalt er» 
roorbenen Slreat in ber Seoubarbftrajje erforberlid)en Srebit oon 
360,000 gr. 

11. 12. 13. @3 untergeben ficb ben faufmänniftben Sehr» 
lingäprüfungen 22 junge Öeute, oon benen jämtlicbe bie iß™* 
fung beftanben. ®en ©cblujjaft mit ®iplomöerteilung unb mannig» 
fatben unterbaltenben ißrobuttionen beging man in bem großen 
©aale be® neuen ©afranjunftgebäube®. 

12. Sei ber 9lu®tragung be® ©buutpionnat® ber ©djroei* 
jerifdten gedjtunion fiegte bie Societe d’escriine de Geneve. 
35ie b'cfige Societe d’escrime ä l’epee, bie bie Organifation übet» 
nommen b“ tte . fd)lo^ bann einen ?lffaut an, ber bureb Jeilnabme 
auswärtiger SDieifter befonbere® Snterefje gewann. — Unabhängig 
bieüon oeranftaltete ber Sanier geebttlub am ©onntag 13. 9lpril 
jur geier feine® 25» jährigen Sefteben® einen Slfjaut im SRufüjaal 
unb am 9tbenb ein belebte® Sanfett. — Sad) einem Äranfentager 
oon oielen SJfonaten ftirbt 62 Sabre alt Slrcbiteft Siubolf geebter, 
ber bureb ba® rege Sntereffe, ba® er ben antiquarijdjen gragen 
entgegenbradjte, unb bureb fein feine® Serftänbni® für ältere i?unft 
in bie Äoinmiffion für ba® Saäler ^iftorifebe SRufeum unb in 



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297 



"ben SSorftanb bet fcbroeijerifchen ©ejeHjchaft für Spaltung ^ifto= 
tif^et (Denfmäler geführt routbc. 

16. 2)ie ^Regierung befrfjliefet im ©runbfafj, eine SRettungS* 
anftalt für oenoahrloSte ÜRäbchen ju grünben mit ©ifc im 
S3anne Stiegen. 

19. SDie Satter Ärebitanftalt unb 23aSler ©par* 
fafje melbet ihren ÄonfurS an. — 5)em 3ooIogif <^en ©orten 
finb bon ben naturmiffenfdjaftlicfjen 9lnftalten in ißotii, bie unter Öei= 
tung oon jdjraeijerifdjen ©eiehrten flehen, eine ^njahl Vertreter 
ber jübninerifanijchen gauna jugefonbt roorben, unter anberm ein 
^Imeijenbär unb ein gaultier. 

22. ißromotionSfeierbeS Cbern ©hmnafiumS in ber 9lula 
bes SRujeumS. — (Sine totale ÜRonbfinfterniS, bie fcfjon bor 
URonbaufgang begann unb für unS toährenb beS größten Seils ihrer 
»Dauer oortrefflid) ju beobachten geroefen märe, bleibt roegen un» 
günftiger Sßitterung unficfjtbar. 

24. 2)ie 93aSler@parfaffe unter Seitung ber ÖaSler Sfrebit* 
-gejellfc^aft bot fiel) gleichfalls infoloent erflärt (oergl. jum 19. ülpril). 

26. 27. SBeim erften Sßahlgang für bie IRegierungS* unb 
•©roferatSioablen rücften bie greifinnigen unb bie Sonjeruatioen 
mit ber gabt naef) ootlftänbigen, ber (ßarteifarbe nach gemixten 
Siften auf; bie ©ojialiften fchlugen unbollftänbige fiiften mit aus» 
fcbliefelid) fojialiftifctjen Äanbibaten oor, für bie ^Regierung einzig 
ihren SSertrauenSmann, IRationalrat SEBuOfc^leger ; bie Äatholifen 
empfahlen für bie SBahl ber (Regierung unb für bie ©ro&ratSroahlen 
in einigen Quartieren (Sntbaltung, für anbere Quartiere gaben fie 
felbftänbige, in ben meiften fünften mit ben Äonferoatioen überein» 
ftimmenbe ßiften heraus. Stufjerbem gab eS Siften bet ^anbroerfer 
unb beS SBirteoereinS, ferner im ^lefdjenquartier eine foldje, bie bie 
©onberintereffen beS ©unbelbiitger Quartiers im Stuge hatte, unb 
im , 'potburgquartier eine Sifte biffibenter ©ojialiften. 



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298 



3n bet ^Regierung rnaren bie jmei burd) beit fRüdtritt ber 
fRegierungSräte iJJbilippi unb Speifet erlcbigten Seffel neu ju be= 
fegen. Sie $reifinnigen fctjtugen oor ijStofeffor Dr. Sllbert ©lircf 
barbt=5in§ler unb Dr. ©mit ©üittSfjeim, bie Sonferöatioen GioiD 
gericf)tft^reiber Dr. ,£)an3 S8unffjarbt»3retfcf)erin unb Dr. Sltfreb 
SBielanb, bie Sojialiften mie ermähnt einjig SRationalrat Sßuflfchleger. 
93ei ber SRegierungSroahl gaben oon 17,205 Stimmberechtigten 9620 
gültige Stimmzettel ab. Sei einem obfoluten 3Rehr oon 4811 
mürben gerodelt bie ©iälfetigen Dr. 3faat 3felin (6428), Dr. |>ein= 
rid) Saoib (6417), Dr. Stidjarb 3 u *t (6196), Oberft Söilljelm 
58ifd)Dff (5922) unb fpetntich fReefe (5875). SBeitere Stimmen 
erhielten Stationalrat SBullfcbleger (4552), ißrofeffor Mbert S3urd= 
harbt (3806), Dr. $an3 Surdhaibt (3361), Dr. ©rnil ©ötti§= 
heim (2820) unb Dr. Stlfreb SBielanb (2728); e§ h°t alfo ein 
jroeiter Sßahlgang ftottjufinben. 

S3ei ben ©rofjratäroahlen lagen für 130 Sige nahe an 300 
Sanbibaturen oor. 3m erften SÜBahlgang gingen mit roenig Sluä- 
nahmen nur folche Sanbibaten burch, bie auf mehr als einer ber 
beiben |)auptliften ftanben, in Äleinbafel aud) biefe nicht äße. 3m 
ganzen tarnen blofj 56 SBahlen juftanbe. Sein einziges Ouartier 
hat feine Hborbnung gleich im erften äBahlgang ernannt. Sie 
brei Quartiere SleinbafelS mit jufatnrnen 47 ©rofjratämitgliebern 
haben nur neun gewählt, eä bleiben alfo für bie Stacgroahl hier noch 
38 ! SluS bem SSßahlgefchäft ergaben fich für bie gegenroärtige Starte 
ber hauptfächlichften Parteien in ©afel folgenbe Äffern: grei* 
finnige 40 %, Sonferöatioe 35 %, ©ojialiften 25 %• 

Sie Vorlage betreffenb bie Aufhebung ber ©eitragpflicgt ber 
Slnroänber Oon mit £>olj gepfläfterten Strogen (£>oljpf l after« 
3nitiatioe) mürbe angenommen mit 5232 3a gegen 3755 Stein. 

29. ©ine ©läubigeroerfamtnlung ber faßiten Saäler 
Srebitgefellfcgaft ernannte eine fünfgliebrige SonturSoermaltuug 



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299 



unb einen ©läubigeraugfdjuh. Slug bem Umftaub, baff ber 93ec= 
fammlung runb 400 jumeift fogenonnte {(eine Seute beiroohnien, 
ift ju entnehmen, roelche Kalamität für S3afet bet gufammenbruch 
bet Sanf bebeutet; oiedeicht noch fdperälicher entpfunbene SSertufte 
braute bet gad ber ©parfnffe bet Ärebitgefedfd)aft. ®ie beiben 
gadimente neunten bag allgemeine gntereffe faft nod) mehr in 
Slnjprud) alg bie Sßal)(polemtf. 

30. 2)ie Siegierung ernennt ju außerotbentlidjen 'tßrofefforen 
an ber philofophifdjen gafultät bie ^ritmtbojenten DI)r. ®aniel 
Surdharbt unb griebrid) SJiünjer. 

®ie SBitterung roat in ber erften, gröfjern Hälfte beg 2Ho= 
natg ber Vegetation aufeerorbentlief) günftig. ©in Söedjfel oon 
fonnigent grühlinggroetter unb nmrmem liegen lodte bag ®rün unb 
bie SBlüten mächtig Ijertmr, fo baff gelb, Vaumgarten unb Sieb* 
gelänbe ju ben jdjünften Hoffnungen berechtigten, ©egen ©nbe beg 
SJionatg trat eine Slbtüljlung ein. lieber 9iad)t mürbe e3 rniebtr* 
holt empfinblid) falt. Slm 29. uub 30. gab’g fogar groft, bod> 
©(haben mürbe, roie eg fdfeint, nicht angerichtet. 

ÜJiai 1902. 

1. SDie SJlaifeier midelt fich in ben üblich geroorbeneit 
gotmen ab. ©in fröfteliger Siegen am Slachmittag tut ber ®e= 
teiligung ©intrag unb fd)ränft ben jmeiten Slft in ben Sangen 
©rlen bebeutenb ein. 

2. gn einet ©ifcung beg H an ^ roet ^ i:; unb ©emerbeüereing 
roirb mitgeteilt, bah bag ®efijit ber ®eroerbe*2lugftellung 
oon 1901 etroa 30,000 gr. betrage unb bah für bie ®edung 
biefet Summe in ber nächften 3eit SJiittel unb Söege müffen ge* 
funben roerben. 

3. ®ie ©innahmen ber ©taatgrechnung für 1901 betragen 
12,065,747 gr. (Subget 10,945,373), bie Sluggaben 12,033,003 gr. 



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300 



<12,590,928); eg ergibt fict> ein Uebetfdjufj ber Qrinnahmen oort 
32,743 3t. ftatt beg bubgetierten S5efijitg oon 1,645,552 gr. 

Saften beg Staatgoermögeng würben aufeerbem Ausgaben ge* 
macht für ©ahnhofumbauten unb barnit jufammenhängenbe Sir* 
betten im ©etrag twn 1,219,424 gr. (1,450,000). — 3m Sitter 
twn 62 Sauren ftirbt Slboofat Dr. ©eöerin Scheuer mann, lang* 
jähriger erfter ©efretär beg ©rojjen tRateä, SKitglieb beg altfattjo» 
lijc^en Äirchenoorftanbeg. 

3./4. Stuf ben jroeiten SBahlgang ber fRegierungg* unb 
©rojfratgroahlen mürbe jmifchen ber freifinnigen unb fojialiftifcfjen 
Partei ein Äompromijj abgefdjl offen. gür bie fRegierunggroahlen 
trachten bie ©ojialifien roieber einjig ihren Äanbibaten SButl* 
fd)teger; ber freifinnige SBahloorfchlag enthielt, ba ficf) Dr. ©öttig* 
beim jurüdgejogen hatte, bie tarnen 93urtf^arbt*f3in§ler unb 2BuH= 
fcbleger; bie Äonferoatioen rücften einjig mit bem Uiarnen Söurtf^orbt* 
getfcherin auf, ba auch Dr. SBietanb jurüdgetreten mar. SBenn 
bie Sifte ber Ureiftnnigen unb ©ojialiften im jmeiten SBahlgang 
ohne Slenberung burcbgegangen märe — fie enthielt aujjer brei 
Äonferoatioen nur nod) Stabifale unb ©ojialiften — fo bötte ber 
©rofse 9tat beftanben aug 79 greifinnigen, 25 ©ojialiften, 21 Äon* 
feroatioen unb 5 SBilben. 

gür ben füegierunggrat mahlten gültig 9381 ©timmberech* 
tigte. ©emählt mürben 9?ationalrat SButtfchleger mit 5261 unb 
Ißrofeffor ©urdharbbginSlet mit 3949 Stimmen, roährenb Dr. §ang 
©urdharbt=getjcherin 3633 Stimmen machte, ©ei ben ©rofjratg* 
mahlen mürben 8816 gültige Stimmen eingelegt. ®et neue ©rofje 
SRat befteht nunmehr, ba ber jmeite SBahlgang nicht auf ber ganjen 
Siuie ben ©ieg ber ffompromifjtifte brachte, aug 66 greifinnigen, 
34 Äonferoatioen, 21 ©ojialiften, 7 SBilben unb 2 Äatholifen. 
iDoch finb jroei Äanbibaten hoppelt gewählt unb bie ©ifce bet 
beiben neuen fJtegierunggräte neu ju beferen. 



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301 



3. /4. Sie Siebertafel feiert unter Anroejenbeit jablretcber 
©äfte Don augtoärtg unb aug Safe! bag Subiläunt ibreg 50=jäB)= 
rigen ©eftebeng mit Äonjert, ©anlett unb ©all. gür bie (Sin- 
gelbeiten fei auf bie Gtjumif ber ntufüatifdjen (Sreigniffe Derroiefen. 

4. Sm ©ormittagggottegbienft im ©fünfter roirb ber neu= 
gemähte Dberftljelfer Pfarrer SRagag burd) ben ©räfibenten beg 
Äir<benratg 31. 0. ©alig feierlieb in fein Amt eingefü^rt. 

6. Ser ©erroaltunggrat ber ©agier ^anbelgbanl roä^lt 
gu feinem ©igepräfibenten auf eine Amtgbauer öon groei fahren 
alt SRegierunggrat Dr. ©aul ©petfer. 

9. Sie ©läubigeröermaltung ber mit ber Ärebitgefelljcbaft in 
©erbinbung flebenben faüiten ©agier ©pariaffe befteüt eine 
Äonlurgoerroaltung unb einen ©läubigeraugfcbujj. — Sie ©eneral» 
oerfammlung ber ©enoffenfdjafter beg Allgemeinen Äonfutn= 
Der ein g befdjliefst nach Antrag beg ©ermaltunggratg für 1901 
eine SiDibenbe öon 8%- 

9. 10. Sor Strafgericht beginnen bie ©erljanbtungen gegen 
bie ©agier Saugejellfcbaft roegen beg (Sinfturgeg beg 5Jfeu= 
baueg an ber Aefcbenoorftabt (28. Auguft 1901). Sod) gebeiben 
bie ©erbanblungen einftroeilen noch nirfjt über ©ernebmung ber 
Angellagten unb bag Serbör eineg größeren Seileg ber gasreichen 
beugen b'naug. 

10. 3n Raufen i. SB. finbet roie übtid) bag ^ebelntäbli 
ftatt. — Ser 3abtegberid}t ber ©agier Straßenbahnen für 
1901 begiffert bie 3al)l ber Sßaffagiere im Saufe beg Sabreg 
inet, bie Abonnenten auf 11,228,241. Sie (Sinnabmen betrugen 
1,284,742 gr.; ber Ueberfchuß ber (Sinnabmen oon 349,470 [fr. 
erlaubte gum erftenmal nicht, eine Abtreibung am Anlagefapital 
torjunebmen. 

11. Sie Äonfelration ber neuen tatboltjcben ©t. 3ofepb s 
lird)e im |>orburgquartier mirb burd) ben ©ifc^of öon ©ajel. 



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302 



£eotif)arb £>aa§, bei Slnroejenheit ber Siebte oon Sinfiebetn unb 
HRnriaftein oorgenommen. 

12. 13. 9tad)bem nochmals jroei Sage übet bie Saut ata* 
ftroph« in ber Stefchenoorftabt oerljanbelt roorben, fällt am 
Slbenb ba® Strafgericht fein Urteil. Söegen fahrtäffiger Sötiing 
unb ßorperoerleßung roerben bet Stngeflagte Sinber ju einem SRonat 
<S5efängniS, ber Stngeflagte Senibunia ju 100 3fr. Sufje, eöent. 
jetjn läge |>aft oerurteilt. 35ie Ginget tagten SBernti unb Öenbto 
roerben freigejprodjen, tragen aber einen Seit ber Soften. 

13. Sn Sern ftirbt 63=jät)ng als Sorftefjer beä bortigen 
35iafoniffenhaufe$ Slbolf Sijcher=Sarafin, früher in Safe! ein 
$aupt oieleerjroeigter @oangelijation8tätigfeit, aurf) eine 3 e itlang 
Oroferatämitglieb unb @t)ericf)tet, langjähriger itatienifetjer Sonfut. 

14. Sm SRegierungärat jpridjt ber ißräfibent Saoib ben 
anäftheibenben SRitgliebern Speijer unb ^3^ilip>pi ben S)ant aus 
für ihre roähtenb langer Sah re treu gelcifteten Sienfte. 

15. ©rofjer 9tat. Sie fonftituierenbe €>ißung roirb in 
Stbroejentjeit beä Stlteräpräfibenten SBittmer burcfi ba3 jroeit* 
ältefte üRitglieb ®. |)ebiger mit einer paffenben Stnfprache eröffnet. 
3um ißräfibenten roirb geroäljtt Dr. 0. Sotto, jum Statthalter 
I)r. St. Söietanb unb baä Sureau beftetlt au§ brei i5 re ifi nn ifl €,t 
unb jroei Sonfertmiroen. S um Sßröfibenten ber Regierung für 1902 
roirb gewählt Oberft Sifcfjoff, junt Sijepräfibenten Dr. SR. Sott. 
Utadb ber 28aht ber Sßahlprüfungäfommiffion roirb ein Stnjug 
©tehlin betr. ftajfierung be§ SrunngäfiteinS gmifetjen SQialj* 
gaffe unb Sufourftraße ber ^Regierung überroiefen. Sn ber SRach* 
mittagfißung roirb bie Sßetitionäfoinmiffion beftetlt (Sßräfibent Dr. 
<Smit ©tödlin) unb bie SBabl ber ^Regierung öatibiert, ferner eine 
Sautime am ©emäberg gelegt, ba3 ©ebäube ber ^anbroerfetbanf 
©tifabethenftrafje 1 getauft unb bie Segung eines Sramgeteife« in 
ber äußeren ©lifabethenftrafje befdjtoffetl. 



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303 



16. $ie '.Regierung »erteilt ihre ®epartemente wie 
folgt: ©egierunglräte ©ifd)off: Sanität; ©urtfhotbt: Srjiehung; 
Hiaoib: ginanjen; gfelin : guftij, 9Jiilitär= unb fiöjcfjroefen ; 9ieefe : 
©auten; SBufljcfjleger: gnnerel unb 3“U: ©olijei. — 2)er neue 
©rofeffor für ©hilologie, Dr. gerb. Sommer, hält feine 2lntritt§= 
»otlefung über bie inbogermanifdje Urjprache. 

17. SRegierunglrat S33ul If rf> leger ertlärt, baff er fein 9fa* 
tionalratlmanbat niebergelegt ^abe. — 2)er nact) 3Ründ)en berufene 
Äliniter unferer Unioerfität, ©rofeffor g. 2Rü 1 1 er, erhält feine 
Sntlaffung. — gum Setretär bei ©olijeibepartementl an Stelle 
bei jurücftretenben S. Sujj roirb geroäljlt (8. Raiter. 

21. Sine oom Slrbeiterbunb einberufcne ©erfammlung in ber 
Surgöogtei ergebt ©roteft gegen bal Urteil erfter gnftanj im 
©rojefj betr. bie ©aufataftrophe in ber lejdjenootftabt (j. 12. unb 
13. bl.), ©egen bal Urteil ift übrigenl oom Staatlanroalt unb 
oon ben ©erurteilten üinber unb genibunia appelliert roorben. 

22. ®er SSeitere ©ürgerrat befdjtiefjt ben Slnlauf eines 
fpaujel in ber Slifabethenftrajje für bie S^riftopb äRerian’jc^e 
Stiftung, genehmigte bie ihm »orgejchlagene ©erteilung bei biel= 
jährigen Srtragl ber Shriftoph SRerian'jchen Stiftung unb erlebigt 
eine SReihe ©egehren um Aufnahme inl ©ürgerredjt. 

23. Dr. Otto $ a 1 1 a u e t h“U feine 3lntrittl»orlefung über 
bie ©rille unb ihre ®efchid)te. — gn ber Schlußfifeung ber ®e* 
meiunüßigen ©efellfcßaft roirb jum ©orfteher gewählt äBilhelm 
^>eulle»©onber3RühIl. 3)a bie ©efetljchaft ihr 125.gahr oollenbet, 
fügt ber abtretenbe ©orfteher, ©rofeffor Speijer, ju feinem ftatuten= 
gemäßen Schlußoortrng einen jroeiten ©ortrag mit einem ©üdblii 
auf bie ©ejchichte ber ©ejellfdjaft im testen ©ierteljahrhunbert. Sin 
belebtes ©achteffen auf ber Safranjunft befc^liejßt ben gefttag. 

23./24. 3u> n ©fatrer an ber St. ©eterlgenieinbe jum 
Srjaß bei jurüdtretenben Sluguft öinber roirb ohne Oppofition ge- 



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304 



wäljlt ber Sanbibat beS ^ofitioen ©enieinbcöereinS ©t. 5ßetcr.. 
Pfarrer Safob 5ßrob[t, jur 3eit in Jorgen. 

27. Ser neue Sßrofeffot für Sotanif, Dr. Sllfreb gifdfer, 
fjält feine $abilitationSDorlefung über bie Sflanje unb ben ©ticfftoff. 

28. Ser ©d)alf oon ^Serfien reist auf bem SBege bon 9tom 
nacf) Berlin in 93afel burtf) unb wirb auf bem SunbeSbaljnljof bon 
Scrtretern beS beutfdjen ÄaiferS begrüßt. 

29. 3m ©roßen Sat werben bie ©roßratswaljlen balibiert ; 

hierauf wirb ber ©tjicIfungSrat befteflt auS ben Sßrofeffoten 3riß 
Surdlfarbt, S. ©. Gourooifier, @b. §agenbacf)*Sif(f)off, $infelin 
unb S- SB. ©dpnibt, ferner SB. IkuSler-SonbetSKülffl, ©mit 3Jiürt)= 
3’tüd unb Segierungärat 3 ut *- ®> n 2Birtfcf)aftSrefurS unb bie 

Petition eines SolijeimannS fowie eine Petition in ©rbfrfjaftsfac^en 
werben abgewiefen unb in bie Seratung ber Sorlage betr. Sin» 
tage eines SeferboirS auf bem S3ruberf)oIg eingetreten. 

31. §ür bie SBitterung biefeS SJfaien fönnen bie meteoro» 
logifcßen Tabellen feine parallele angeben. SBir ffatten tatfäcblich 
faum einen einzigen Sag oljne Segen. Sie ©onne fam fjücfjftenS 
für SBiertelftunben jum Sorftfjein. Sie Semperatur glicf» tneljr 
einem $ebruar als einem üliaien. üfteift würbe ben ganjen 3Jionat 
^inburc^ noch gezeigt, ©rft in ben festen Sagen nahm bie SBit= 
terung eine SBenbung jum Seffern. Sodj ßat ber nafjfalte SSai 
in ber Sanbwirtfdjaft, wie eS fcßeint, weniger gef^abet als man 
befürchtet. @r l)at bie burdj ben außergewöhnlich milben Stprit 
etwas überftürjte ©ntwicflung bet ^Bflangcn jurücfgefyalten, weniges 
bireft berborbett. 



3 uni 1902. 

1. Sie Slnftalt für fd)wad)begabte Saubftumme in Set» 
tingen wirb wieber eröffnet unter einer neuen ftommiffion unb 
neuen §auSeltern, nadjbem fie längere 3 e »t gefdjloffen gewefen war. 



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305 



2. ®er prooiforifche ©abnljof, ber roäljrenb be8 Umbauet 
be3 früfjem ßentralbaljnljofs, b. lj- auf eine $eit oon etroa öiec 
Sauren ben ©etfeljr mit ber ©t^meij unb mit Qtlfafj bebiencn füll, 
roirb eröffnet. — 3n ber ©ifcung ber ©pobe ber eoatigelifd)* 
reformierten Sanbe8!ird)e roirb an ©teile be3 oerflorbenett 
Oberftbelfer ?Iuguft ©teiger jum ©räfibenten gewählt Ctto gell' 
roeger, §um ©ijepräfibenten Pfarrer ©. ©öljringer unb an ©teile 
be8 oerftorbenen alt SRat^errn Dr. 6. ©urdbarbt=©urdl)arbt junr 
SKitgliebe beS Äircf)enrat8 ©rofeffot £. St)r. ©urdbarbt=©d)ojmann; 
hierauf roirb ber 3aljre8berid)t be8 ÄirdjenratS genehmigt unb bie 
©ifcung gefcfiloffen. 

3. Vertreter ber eibgenöffijdjen ©oft», QolU unb @ifenbaljn= 
beamten befrfjliefeen auf ein fReferat oon 9iegierung8rat 3Bulljd)leger, 
fidj ju einem gemeinfamen ©erbanb eibgenöffifdjer ©eamter 
unb Slngeftetlter jufammenjufdtliefjen, ber, roemt aud; eine lodere 
Organifation, über ben gemeinfefjaftfidjen SRed^ten ber SUiitglieber 
machen fofl. 

4. 3m ©ommerfemefter 1902 johlt bie Unioerfität 54G 
©tubierenbe unb 72 nicht immatrifulierte |>örer. ©on jenen finb 
50 Theologen, 53 3uriften, 148 SCRebijiner unb 295 2lngef)örige 
ber pj^ilofop^ifcften gafultät. ©on ben 174 Safelftäbtern ftubieren 
10 SC^eologie, 28 SuriSprubenj, 60 ÜJtebijin unb 76 an ber phi* 
lofophifchen gafultät. — 9?ad) mehrroöd)entlid)er ®auer roirb ein 
©trei! ber ©teinbauer ber Sanier ©augefeßfchaft burd) <5in= 
greifen be§ ftaattidjen ©ermittlungSamteS (©räfibent 5Regierung8rat 
Stteefe) beigelegt. 

5. ©rofier SRat. Diacf) einer Snterpellation betr. bie ©treif» 
Haujel beim ©ertrag über ben ©au bc§ ßantonalbanfneubauS, 
ber Statififation einer ©ürgeraufnahme unb SSabt ber Santonal* 
banf=ßontroflftelIe roirb bie (SrfteHung eines ©eferOoirS für ©reU 
lingerroaffer auf bem ©ruber^olj nach ben Einträgen ber ^Regierung 

®a«Ict SafyrbucJ) 1903. 20 



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306 



unb ber Äommiffion 3n ber Sßatbmittaggfifcung be= 

fcblie&t ber 3tnt, b ag ©ermeffunggbureau big 1906 fortbefteljen $u 
laffen, einen Ülbjunften beS ©aupolijeiinfpeftorg unb einen öierten 
©trafjenmeifter anjufteflen, bag im allgemeinen Äanalijationg* 
Programm für 1902 oorgejeljene llieh oon Kanälen augjufübren, 
bie SSabl beS ©tänberatg am Sage ber Slationalratgmahl oorju* 
nehmen unb bie ©rofjratgwablen in ,3ufunft in ben SOiai ftatt in 
ben 9lpril ju legen; weiter werben geänberte ©autinien für bie 
©üboftfeite beg SWarftplafceg angenommen unb enblid) wirb ein 
©rofjratgbejcblu& gefaxt betr. Sanberwerb jut ÜJ2 arfgräf ferftrofee. 

7. 3uin ißrofeffor für innere SRebijin wirb gewählt Dr. 2Bih 
beim ig, bereit ©pitalbireftor in Sregben. — 3tabreg0erfamm* 
hing beg f c^weijerif t^en Sehrerinnenoereing im ©laufreuj» 
bnug. 

8. Set ©ejangoerein beranftaltet einen ülugflug nach ©ab 
Sauterbad) unb Ufingen, ber ft'unftoerein feiert auf bent Üil^ein 
ju einem SOiittageffen nach hieuenburg, naebbem nod) üor Sijcb ber 
^irdje in DtfpnarSbeim e j n 93 e fut^ ift abgeftattet worben. 

12. 3nt 3ltter oon 82 3flb ren ftirbt 3. 3- o. ©alig, 1864 
bi3 1899 ©trafanftaltgbireftor, früher Pfarrer ju ©tampa im 
©ergeh. 

3n biefen Sagen begeben Dr. Sllbert Seicbmann an ber 
juriftijdjen unb Dr. ©uftao ©olban an ber pbilofopbijd)en 3a- 
fultät ber Unioerfität bag Subiläum ihrer 25=jähtigen Sßrofefforen* 
tätigteit. 

14. ©or Strafgericht fummt bec 3fah jur ©erbonblung, 
wo auf bem ©rnberbolj brei ©agier Knaben am 26. gebruar oon 
halb oermilberten ^unben aitgefahen würben. Sie ©igentümer 
ber Siere würben oon ftrafredjtlicber ©erantwortung freigefproeben ; 
bagegen bleiben ben Opfern beg .^mibeüberfahg ihre cioilrecbtliiben 
5lnfprüche gewahrt. 



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307 



14. 15. 93on t>iec 9tnchmahlen in beit ©roßen 9tat im 
Dtiehen* unb im 93läfiquartier tarnen jmei juftanbe, roährenb für 
jwei, beibe im Släfiquartier, ein jroeitcr SBafjlgang nötig wirb. — 
die fchroeijerifhe ©efellfchaft für Scßulhhgiene l)ätt ihre 
Serfammlung in S3afel ab. @3 wirb oertianbett über Schule unb 
anftecfenbe Ä'ranlheiten, über bie Sdjulljöufer ber Stabt, über Schute 
unb Surjfichtigfeit unb über bie in Safe! beftetjenben SBohlfahrtS» 
einrichtungen auf bem ©ebiete ber Schulhygiene. 

16. 3m Sommerfafino tagen bie delegierten beS $erbanbä 
fcfimeijerifc^er IßerfehrSoereine unb befcßließen ©rrichtung 
eines ©eneralfefretariatS für ben fjatl, baß bem älerbanb bie ißro- 
paganba für bie jchweijerifchen SunbeSba^uen übertragen roirb. 

18. Stach langen uub ferneren fieiben ftirbt ißrofeffor 3afob 
SJtähly, geb. 1828, in frühem Sauren Bester an unfern mittlern 
unb obern Schulen unb ißrofeffor ber llaffifcßen Biologie an ber 
Uuioerfität, in roeiten Greifen als fruchtbarer SchriftfieHer betannt, 
ein SOtann glänjenbfter Begabung. 

19. ©rofjer 9t a t. ^unathft werben einige öürgeraufnahmen 
ratifiziert unb jroei ©rfaßridjter für baS Strafgericht gewählt; bann 
erlebigt bet 9tat bie jroeite Beratung bei ©ürgertcchtSgejeßeS uub 
nimmt eS an. 3n bet Stadjmittaggfißung werben jroei Slnjiige 
betr. ftaattidje Seauffidjtigung oon Sparlaffen überwiefen, wirb 
ber Slnfauf beS Kaufes Stapfelberg 7 (grauenarbeitsfchule) üom 
Staat ratiftjiert, ber ©ejeßentrourf betr. UniöerfitätSgut je. an 
eine Sommiffion oerroiejen, für ißflafterung ber St. Satobsftraße 
ber nötige Ärebit bewilligt unb oon bem Schlußbericht über ben 
.fpüningerfanal Kenntnis genommen. — Äapetlmeifter Dr. Sllfreb 
SSolflanb tritt auS ©ejunbheitSrürffichten oon ber Seitung ber 
hieftgen mufiEalifcften 3nftitute jurücf. 

20. die ,,©a$ler Ütachricßten" roecbenoon einem Sonfortium, 
für baS bie girnta ^aafenftein unb Moglet bot, an öffentlicher 



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308 



©ant ersteigert, infolge beffen geht bie „SUIgemeine ©chmeijer 
Leitung" nach beinahe 30«jährigem Seftanb auf ben 30. 3uni ein 
unb ihre SRebaftoren traten ju ben „Sagtet SRachriditen" über. — 
®ie ©emeinnüfcige ©efettfcbaft roeigt bie Einträge betreffend 
©rütibung eineg h°möopathifchen ©pitalg (Segat ber grau Slbete 
9Rerian=3ietin im Setrage öott gr. 700,000) an ben Sorftanb ju 
weiterer Seratung jurüd. 

21. 22. ßraei ©rofsratäerfa&roatjlen im Slöfiquartier 
fallen im jmeiten äöahtgang ju gunften ber freifinnigen $an-- 
bibaten äug. 

27. Stuf einem 3lutomobit=2Bettf a^ren Oon a r t § 
nad) SBien rafen am Sormittag non 8 big nach 12 Ut)t roeit 
über fiunbert Slutomobite an unferer ©tabt oorüber. Sie tarnen 
aug bem SirStat auf ber 9teinad)er Sanbftrajje. Seim SRuchfetb 
roar ßontrollftetle ; bann gingg ben SBalfemeg hinunter unb über 
ben ©t. 3afob=©teg nach ber fRtjeinfelber Sanbftra|e. ®ie eigent= 
liehe SBettfahrt ging aber blofe non s 4*arig big Setfort unb oon 
Sregenj nad) SSJien. 3)ie ©trede Setfort=Sregenj mar neutralU 
fiert morben. 5Dag ißubtifum oon Safe! bernieg bem ©chaufpiet 
oiet 3ntereffe. 

29. 2)ag im benachbarten Sinningen gefeierte bafettanb* 
fehafttidje Äantonatgejangfeft bringt öiet Seben aud) in bie 
©tabt. 

30. ®ie SBitterung beg ÜRottatg 3uni lägt fich nicht rühmen. 
2)ie größere erfte £>ätfte oerlief in einer StBeife, bah man, um einen 
gleich fatten unb regnerifchen 3uni ju finben, in entlegene feiten 
jurüdfudjen muffte. Sig in bie SRitte beg SRonatg ronrbe bei 
ung öietfadj gehest unb fiel auf ben benachbarten 3uta=, ©chroarj» 
roatb unb Sogejenhöhen Schnee. (Srft oon ber ©onnenroenbe 
an tarn tangfain bag gute SBetter unb blieb beftänbig big ©nbt 
beg Ültonatg. 



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309 



30. Suni — 4. Suli. Tie SBoche ber religiösen 3af)regfefte in 
löafel alias boä SJiiffiongfeft wictelt fich in ben üblichen formen 
lei bem alt gewohnten prächtigen ©ommerwetter unter Slnwefenljeit 
jahlteicher ®äfte öon nah unb fern ab. 

3uli 1902. 

1. Ter äöeitere ^Bürger rat h“M Sifcung unb behanbelt 
ausschließlich ©ejuche um Aufnahme in§ Sürgerrecfjt. 

2. Tie Regierung bcftätigt bie oom ErjiehungSrat getroffene 
SBaljl öon Dr. grifc ©chäublin jum Siettor be3 ©pmnafiumS. 

3. ©rofser SRat. Stach ber Erlebiguttg einer Snterpeflation 
betr. bie Urlauboerhältniffe ber Straßenbahuangeftellten, ber Sen 
Schiebung jweier Petitionen unb ber Salibierung ber ©rofjratS* 
Stachroahlen bejchließt ber Siat auf Antrag ber ^Regierung mit allen 
gegen eine Stimme Steubau ber mittleren Sibeinbrücte nach 
ben plätten ber $irma Suß u - ®te. unb ^oljmann u. Sie.; bie 
Soften roerben getragen roerben Don bem Ertrag ber Ehr. SJierian* 
fchcn Stiftung, Soweit er bem Staate jufätlt. ferner bewilligt bet 
Siat ftrebite für allerlei Sauten im Sraufebab an ber Älaramatte 
unb befcßließt ^Beibehaltung unb Horreftioit beä Srunngäßleinä. 3n 
ber Siachmittagfißung wirb ba8 ©ejeß betr. Slbänberung be3 2Bahl= 
gefeßeä in jweiter, ba3 betr. Unoereinbarteit öffentlicher Meintet in 
erfter Sefung ertebigt, eublich bie Errichtung eineg 3euerwehrhaupt= 
bepot« im Süßelhof unb eines DiebenbepotS in ber Siebgaffe 3 be= 
Schloffen. 

5. 6. Ter üierte fchweijetifche Mbftinententag jählte 
etwa 800 Teilnehmer, ^caupttag war ber Sonntag, 6. 3uti. 
9iath einem Sreftjug am Sormittag, in bem öerßhiebene ©ruppen 
in fchweijerifchen ßanbegtrachten auffielen, Sprach in ber Surg« 
oogtei Dr. Eourooifiet aus Siel über bag SBirfen beg Mltiong» 
fomiteeg im abgelaufenen 3oh r , ©ewerbeinjpettor Slocher über 23ehn 



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310 



Iraft unb 81fohol. Äm SRachmittag bei einet öffentlichen Ser* 
fammlung in ber fßauluSfirche fpracheu bie Pfarrer @rnft Stähelin 
unb ßeonhatb SRagaj. 8m 8benb fanb bie fonftituierenbe Ser* 
fammlung beS frfjroeijerifcfjen 8bftinenten=3 1 rauenbunbe§ ftatt. 

6. 3n Äleinhüningen mirb baS bafetftäbtifche Santonal* 
Sutnfeft bei prächtiger, beinahe afljn heißer SBitterung gefeiert. 
SRamentlich am SRachmittag jum genüge ^errfd^tc ein ungeheurer 
8nbrang beS Sollet. @§ famen 240 greife $ur Serteilung, beren 
©eroinner hier oufjujä^len ju weit führen mürbe. — 3m benach- 
barten ßangenbrud mirb ein Neubau ber non Safe! aus gegrün* 
beten unb unterhaltenen Äinberheilftätte jur 8u eingeroeiht. 

7. 35aS 8ppelIation8gericht beftätigte baS Urteil erfter 
Snftanj Dom 13. 2Rat in Sachen ber Saulataftrophe an ber 
8efd)enDorftabt (®nbe 8uguft 1901). — 3m 81ter Don über 
60 Sohren ftirbt SRiffionar ftühne=Srenner, ber in ben Siebjiger* 
fahren mit fRamfetjet unb beffen grau bie oielbefprochcne ©efangen* 
fchaft bei ben 8fhanteeS burchmachte unb Don Sir ©arnet 2Bol= 
felep befreit mürbe. 

10. ©rofeer fRat. SRach SRatifitation einer fReilfe Don 8uf* 
nahmen ins Stabtbürgerrecht befcbltejjt ber fRat 8nfauf beS |)aufe& 
3friebenSgaffe 19 als Diertcn fßfatthaufeS ber fßeterSgemeinbe, er- 
lebigt in jmeiter ßefung baS ©efeß betr. baä ©erfahren bei Un* 
Dereinbarfeit öffentlicher Stellungen, geht über einen 8njug betr. 
Seroifligung Don Urlaub an proDiforifdje Strafjenbahnangeftellte 
jut JageSorbnung, befchliefst Erneuerung beS ^oljpflafterS in 
bet obern ©erbergaffe, erteilt einen Ä'rebit Don 170,000 fjr. für 
ba8 3Jfobi(iar beä fRatlfaufeS, meist einen SaurelurS ab, erflärt 
Seitritt beS ÄantonS jutn Sonforbat über Sefreiung Don Sicher* 
heitSleiftung für ©rojeptoften unb änbert einige Seftimmungen ber 
ßioilprojefjorbnung ab; enblid) mirb ein fRad)trag jum Subget 
bemilligt, bann tritt ber fRat feine Sommerferien an. 



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311 



11. ÜJJufilbireftor Hermann ©uter in gütich übernimmt bie 
®irettion bet SJiebertafel unb beS Drd)efier§ bet Slflgcmeinen Slfufif* 
flefeflft^oft. 

12. 2)ie mebi$inifche ^ofultät Beranftaltet im ©djüfeenhauä 
ein oon Sßrofefforen unb Siebten ftarl befud)teä 2lbfd)iebäejfen 
SU @)ren beä nad) breijahriget Sätigleit in Safel nad) 2J?ünd)en 
übetfiebelnben Sßrofeffor fjriebrict) 2Küller. 

13. ®ie tnebisinifche gofoltät überreicht s $rofeffor Iftubolf 
2ft affin i, bet Bot 25 Sagten als ißrofeffot in bie fjafultät auf- 
genommen roorben ift, ein ©lüdrounfchfchreiben. 

14. SDie ftansöfifche Kolonie feiert ihr S^ationalfeft 
im ©ommerlafino. 

16. 3um ftantonäftatiftiler roäf)tt bie ^Regierung Dr. Qfrifj 
SJJangotb oon Safel. 

19. Sä roirb bem Slegicrungärat oon 2167 Stimmberechtigten 
ba3 9teferenbumbegchren gegen ben ©roferatäbefchlufj Bom 

15. 3uni betreffenb geftfefcung ber Saulinien au ber untern 
©erbergajfe, bem SÖJarftplah unb ber untern Qrreienftrajje 
eingereicht. ®ie Solläabftimmung roirb in ber ©ifcung bet s Jle^ 
gietung oom 25. Siuli auf ben 23./24. Sluguft, gleichseitig mit ber 
s Jtationalratä=@ria|roahl für IRegierungärat S33ullfd)leger feftgeje|t. — 
Seginn ber großen ©ommerferien (fflünbelitag). 

24. Utact) furjet Äranlljeit ftirbt, noch tu träftigem 91lter, grih 
$Rüegg*$ratyer, SDireltor ber ©eibentrocfnungäanftalt, ber fich nicht 
nur in feinem Seruf auägeseichnet, fonbern auch au f ^> em 5 e ^ e bet 
©emeinnüfcigleit betätigt l)at. 

27. 3)ie beutfche Kolonie feiert mit Dteben, ©ejang unb 
Jans ein ©ommerfeft im ©ommerlafino. 

31. ®ie SBitterung beä ÜDlonatä 3uli 1902 batf alä 
normal beseidjnet roerben. ®ie sum Seil recht h°h e Temperatur 
rourbe roieberholt burd) ©eroitter gemilbert, bereu ^eftigfte in bet 



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312 



9?ad)t Dom 9. auf ben 10. unb am 2lbenb beg 31. eintraten. ®ag 
{entere fjat an niedreren Orten ber Stabt eingejebtagen, an einem 
aud) gejünbet, bodj fonnte bag Jeuer fofort getäfelt roerben. 



2t u g u ft 1902. 

1. ®ie ©rünbung beg Scbroeijerbunbeg rotrb in üblicher 
SJBcije burd) bag ©elciute jämtlicber ©loden bet Seoölterung in 
(Stinnerung gebracht. ®ie Sanbgmannfcbaften bet oetjebiebenen 
Äantone, 3^«'®«^, Sernet Seift u. f. f. oereinigen ftdj in 
bet Surgoogtei, um ben Jag gemeinfant mit patriotijdjen Sieben 
unb ©ejängen ju begehen. 

7. ißtojeffor |jang ®ragenborff erhält oom fRegierunggrat 
bie nac^gefut^te Sntlaffung. 

13. ^Jrofeffot SBilbelm Sornemann erhält oom Slegietungg* 
rat bie nacbgejudjte (Sntlafjung. 

14 ff. 3m SRufifjaal toirb bag grofje 3uitgftan = 9ielief 
('JJiajjftab 1 : 2500) ber Herren 3nifelb unb 23ecfer auggefteKt. 

17. Sine internationale jo^ialiftifcbe ^Bereinigung 
mit Solfgoerjammlung im Äafenienbof unb Jemonftrationgpg 
burd) bie Stabt gebt in Safel oor fidj. @4 jpracben im Äofernen- 
bof ber beutfe^e 3iei^?taggabgeorbnete |jod), ein Staliener unb 
Siegierunggrat SöuUfc^leget- @ine Stejolution gegen bie $olijei= 
miOfür in Siufjlanb roirb einftimmig angenommen. 

18. Jet ict)tpei3erijcf)e herein oom Stauen Sfreuj feiert 
fein 25., ber baglerijdje jein 20. 3abregfeft unter jablreid)er 93e* 
teitigung — ca. 2500 Jeilnebmer — mit Serjammlungcn in Der* 
fibiebetien Äirdjen uub Slnfpradjen aller Slrt, mit Sanfetten in 
terjebiebenen Sotalen, einem ®emonftration8jug burd) bie Stabt 
mit Dielen 3 Q ^ nen unb SJJufifen unb ettblid) einem ißidnid im 
SWargaretbengut. 



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313 



23. 24. 3um ÜRationalrat an ©teile be8 roegen feinet 
ÜBaljl in bie ^Regierung jurüdgetretenen SRegierungSrat SBuKfd)leger 
mirb geroäblt mit 3472 Stimmen alt $Regierung8= unb ^Rational» 
rat Dr. Sßaul ©peifer. ©ein einiger ©egenfanbibat, bet oon 
ben greifinnigen portierte Dr. Otto machte 2590 Stimmen. 
®ie ©ojialiften Ratten SBablentbaltung proflamiert. — ©leid^eitig 
mürbe abgeftimmt übet bie ©eftaltung ber ©übo ft feite be8 
2Rarftplabe8, eine Q3aulitiienfrage, bie burcb ba8 SReferenbum 
oor bie SollSabftimmung mar gejerrt roorben. ®ie SRebrbeit ber 
©timmcnben, 3543, beftätigte ben 93efd)luf3 beS ©rofeen SRateg 
oom 5. Suni; mit SRein ftimmten 2137. 

26. Sa8 bieSjäbrige @t. Safobsfeft bat unter ungünftiger 
SBitterung ju leiben. 5)a eS ben ganjen 25. Sluguft unb ben 
töormittag be8 26. b<nburd) geregnet batte, roagte man ben 3 U 8 
aufs ©cbtacbtfelb nid)t. $>ie geftrebe mürbe oor bent Slenfmal 
butd) alt SöunbeSrat @mil grep gebalten. ®ann begab man fid) 
in bie Söurgoogtei, mo nad) einet Slnfpradje be8 geftpräfibenten 
Dtationalrat $öd)lin bie für bas ©cbladjtfelb in Stuäfic^t genom* 
menen 9Rufif=, ®efang= unb Sumprobuftionen abgeroidelt mürben. 
$Da8 geft fanb feinen Slbfcplujj burcb 3 euecn)et t u*tb (ebenbe töilber, 
fogenannte SRartnotgruppen, naib ©inbrucp ber ©unfelbeit auf bem 
HRünfterplap. 

28. 3n einet jmeiten ©läubigeroerfammlung ber falliten 
Sa gier Spar! affe mürbe bie Äonfureoertoaltung ermächtigt, bie 
oorbanbenen Wtioen in freier 2Beife, unb ohne fie an eine ©tei= 
gerung ju bringen, ju öeräu|ern. 

30. 31. 3>®eitägiger 2lu8ntat}cb ber ftabetten oon Saufen 
über ben ißafjmang nacp 9Rümli8roiI unb über ben obern |>auen= 
ftein nacp Sieftal. 

31. 3>ie SBitterung beS abgelaufenen SRonatS mar überaus 
oeränberlicb. @8 ift al8 ob e8 biefet ©ommer nie ju einer meb* 



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314 



rere läge anhaltenben SEBärme unb ju bauernbem ©onnenfcheitt 
brachte. Sennod) fielen bie Äulturen tneift recht gut. (Sine be= 
friebigenbe örnte liegt hinter uns, unb eS fcheint, auch ber ^>erbft 
roolle nicht jchlimtn augfatten. ?(m 8. Sluguft ging ein geroaltiger 
ftageljchlag nieber, beffen Verheerungen fich jum @füct auf einen 
Seil ber ©tabt unb ihrer Sannmeile befchränfte. Snt Slnfchlujj 
baran tarnen eine Steife gerabeju etnpfinblich fii^le Sage. 

September 1902. 

1. Sn ber Morgenfrühe jmifdien 2 unb 3 Uhr fährt im 
©jtrajug auf ber SRüdreife Don ißotsbam ber Sünig Don Italien 
hier burd), nachbem er am 26. Sluguft auf ber Hinfahrt mit bem 
VunbeSrat in ©öfchenen eine ^Begegnung gehabt hat. 

2. Stm Slbenb um h Q i& 9 Uh 1 entgleisten roegen fatfcfter 
SBeichenftellung Don einem Don SEBalbShut hereitifahrenben ©üterjug 
jroei Solomotioen unb fünf SEBagen. Menfdjen mürben nicht Der» 
lefct. Ser ©djaben an Material ift fef)t bebeutenb. 

5. Slm frühen Morgen langte Don ©d)affhaujen her in feinen 
oier (Srtrajügen Varnum unb VailepS amerifanijcheS Ver= 
gnügungSetabliffement an, baS fich ben Sfamen ber größten ©djau» 
ftellung auf Srbett beilegt unb jugleich Menagerie, 3irfu3 unb 
5lbnormitäten=9luSftef(ung ift. @3 gab am 5., 6. unb 7. je jrnei 
Verkeilungen in eigenem 3irfu3 auf ber ®chüf}enmatte, Derveiste 
in ber 9?ad)t Dom 7. auf ben 8. unb gab am 8. nachmittags in 
Velfort eine VorfteHung. 

6. 7. @3 fitibet in Vafel eine Vereinigung Don Selegierten 
unb Vorturnern ber fchroeijerifchen Männerturnoereine ftatt. 

10. Sag neu gcbilbete Vataillon 97 (Major äBilhelm 
Sietfchh) rüdt in bie §erbftübmtgen be3 IV. SlrmeetorpS jroijchen 
©urfee unb 3ütid) ein. ®3 ift ba3 ecfte Mal, bafj bieje neue 
©inheit jufammentritt. 



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315 



13. 2)ie Regierung ernennt gum orbentlidien ^ßrofeffor für 
Geologie ben bisher aufeerorbentlicfjen ^ßrofeffor ©aul ©legger, 
gum aufserorbentlichen ^ßcofeffor ben bisherigen ipriöatbogenten an 
ber theologifchen Safultät, Lic. ©bewarb ©ifcher. 

14. Pfarrer Stuguft Sinber gu ©t. ©eter hält öor über» 
füKter Kirche jeine StbfdpebSprebigt, nachbem et bei 30 Sohren an 
ber ©emeinbe im ©egen gerairft hat. 

18. SDaS am Stbenb beS 17. aus bem SDianööet juriicfgetehrte 
©ataitlon 97 mirb entlafjen. 

19. ©ine ©erfammlung ber Kampf» unb ©treitgenojjenfchoft 
ber ©aSler Krebitanjtalt befafet fid) u. a. mit ber Stage ber 
SRelonftruftion beS Unternehmens. — 2)er ©ofitiße ©emeinbeoerein 
©t. ©eter beranftaltet bem aus feinem Slmte fcheibenben ©farrer 
Stuguft ßinber ein Stbjd)iebSfeftchen im ©ejelljchaftShauS gut Sftägb. 

24. 25. 35ie ®ia!oniffenanftalt im benachbarten Ziehen, 
beten Singehörige öor allem in fflafet ihr SBirfungSgebiet fehen unb 
hier fchon unenblich fiel ©uteS gerairft haben, begeht in ©efcheiben» 
heit unb ©title, non ihren Sreunben mit ©tiicf = unb ©egenSroünfrfjen 
erfreut, baS Subiläutn ihres 50=jährigen ©eftanbeS. 

25. SDer 3» r tuS Sorcf) fchtägt für einige $age jein 3 e lt 
auf bem ßanbhof auf. 

29. @S erjcheint bie erfte 9?utnmer eines neuen ©latteS 
„©aSlet 3 e ttung unb ^janbefSblatt“ unter bet ßeitung beS 
frühem SfebaltorS ber ©aSlet 9lacbricf)ten, Dr. Otto 3°H er » ber 
fid» ber Unterftühung bet DDr. SJeinholb ©iinther unb Otto §art» 
mann erfreut. 

30. ®ie Sßitterung beS ÜDlonatS ©eptember blieb mit ihrer 
Unbeftänbigteit bem allgemeinen ©harafter beS gangen ©ommerS 
getreu. 3 roe i für baS Saljr 1902 befonberS lange anbauernbe 
©utraetterperioben, 1. bis 4. unb 18. bis 24. ©eptember machten 
allerjeitS Diel fjreube. ©onft h err fd)te roetterttienbifche Caunenhaf' 



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316 



tigfeit. Dod) finb bei biefcr SBitterung Dbft unb ©emiije roolfl 
geraten; nur ber Sßein broljt fauer ju roerben. 

Ottober 19Ü2. 

4. ÜRad) öO^jäljrigem ©dtjulbienft tritt fßrofeffor <$rifc öuttf* 
Ifarbt, feit 30 3a^ren iReftor bei ©pmnafiuml, in ben $Rul)e= 
ftanb. ©eine ©djiiler oeranftalten ilfm ju (Sljren bei biefern Stnta& 
bejdjeibene Slbfdfieblfeierlicbfeiten. 

93or bem ?Ippellation3gerid)t roirb ein Sljrbeleibigungl* 
fjonbet jroifdien ben fojialiftifdjen ^ülfrern Dr. £)anl SRütfer unb 
Dr. ÜRiflauä SBaffilieff entfpredjenb ber erften Snftanj in bem Sinne 
entfliehen, baff beibe Parteien in gleiche ©djulb unb ©träfe üer= 
fällt merbeu. Dr. |janl ÜRiifler, ber aul ber jo£iatbemoh - atifd)en 
Partei bei ftantonl aulgeftojjen rourbe, fyatte feine Dentiffion all 
Ißräfibent bei ©rütlioereinl ©rofebofel eingereidjt; fie mürbe aber 
nicf)t angenommen. — Die SSirledbalfn roirb eröffnet, eine elef* 
trifdie ©traßetibaljn Don Safel (Slefdjenplagj über SRündjenftein 
nad) §trlcll)eim unb Dornad)brud, bie an bie Salier ©tragen* 
bahnen angejdjloffen ift unb oon i^nen betrieben roirb. 

6 ff. Da berUmbau bei fRatfjaufel, roenigftenl roal bal 
Sorberljaul anbetrifft, oollenbet ift, fo jiefjen einftroeilen bal fjinanj' 
öepartement unb bal Departement bei Innern barin ein. 3lud) 
bie SRäume ber ©ejamtregierung roerben bejogen unb bie baburd) 
frei roerbenben Sofale bei SRoflerljofel anbern 3 roe & n bienftbar 
gemacht. 

9. 3n ber erften ©i&ung bei (Stoffen fRatel nad) ben 
©ommetferien roirb nach ber IRatififation einiger Sürgeraufnaljmen 
unb ber Gsntgegennafjme einiger Slbbitten unb bei Stgebniffel bei 
ÜRarftplajjreferenbuml bie Äorreftion ber @de 3Rarftpla^@ifen* 
gaffe aufgefdjobcn ; ferner genehmigt ber ffiat ben Vertrag mit 
Sinningen betr. ben Änfdflujj biefer ©emeinbe an bie ballerifdie 



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317 



Slanalifation. Set Statjchtag betr. ^Beiträge bet SInftöfeer an 
bie ftoften bet Unterhaltung bet 2iBiefen= unb Mfjeinufet roitb att 
eine Sommiffion geroiefen, enbticf) eine SBautinie an bet ©cfe Stejcfjen» 
oorftabt * ©lifabethenftrafje angenommen. Sie ©ifcung geht jut 
Stulnahme nach fnnm jroeiftünbiget Sauer ju ©nbe. 

12. Sn bet ©t. ißeter«firche roitb bet neue patter bet 
©t. ißeter«gemeinbe, Safob ißrobft, bisher ^ßfatret in Jorgen am 
^ürichjee, in feinem Slmte eingeführt. Stm folgenben Sag bereiten 
ihm feine pofitioen ®efinnung«genoffen bei einem gamitienabenb 
einen freunblichen ©mpfang. — Set mititärifche SSorunterricht 
fchliefjt mit einet Snfpeltion bie ©ommetübungen ab. — Surch 
einen Unglüd«fafl ftirbt ptöfetich in rüftigem 2Jtanne?atter Dt. Stnton 
©chroenbt, ein tüchtiger Ototoge unb ißrioatbogent an ber mebi» 
jinifchen galultät bet llniöerfität. 

15. Huf ber Steife üon .grollanb nach bet Stiöiera berührt 
ißaut S rüget, ber ißrafibent bet geroefenen fübafrifanifchen S3oeren= 
republif Sran«t>aal, in ber SDtorgenfrühe bie ©tabt ®afet. 

16. Set Söeitere Sürgerrat beftätigt ben ®ürgerraifchreiber 
Dr. ^ermann Jpübfc^ auf eine roeitere fech?jät)tige 9Imt«bauer unb 
oofljieht 28 Aufnahmen in« ©tabtbürgerrecht; bet ©ngere ®ürger= 
rat gibt Senntni« baoon, baf} er 38 Detenten aufgenommen hat. 
S« finb bie« bie elften Stufnahmen, bei benen ba« neue ®ürger- 
recht«gefeh in SBirlfamfeit trat. 

17. Sie ©emeinuüfcige ©efetlfchaft übernimmt bie finan» 
jieHe Ueberroacf)ung be« ßegate« 3J?eriort «3feltn jur ©rünbung eine« 
homöopathifch^n ©pitat«. — gut geier 25=fährigen Stmt«= 
tätigleit be« frühem 9tegierung«ratfefretät« unb ©taatäarchioar« 
Dr. Stubotf SBarfernagel finbet eine fjeiet im „Storchen" ftatt, 
wobei ber ®erbienfte be« Subitar« gebührenb gebacht roitb. 

20. ©tfte ©ifcung bet §iftorifchen ©efetlfdjaft im 
SBintet 1902/3. 



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22. Sn ber 8t. 5Diartin§fird»e galten in ber Slbenbftunbe bic 
^rreunbe ber Suren eine Serjammlung ab, bei ber Stechen* 
fdjaft abgelegt wirb über bie biejem Solf gefpenbeten ©aben. 
fprad»en Slntifteä o. ©alte, Dberfthelfer Siagaj unb ^Srofeffor 
o. Orelli. 

25. 3utn orbentlicfjen fßroftffor nrit Lehrauftrag für flaffijdje 
Shifalogie wirb ernannt ber bisherige auherorbentlidje ^ßrofeffor 
l)r. griebrid) SJtünjer. — S)er Sanier Lehreroerein beranftattet 
eine befdjeibene Keine geier P Safran jur Srinnerung an bie 
-50*iährige Stitgliebfdjaft oon S ro f e fl or Surcfharbt, alt 
Steftor be§ ©pmnafiumä. 

25. 26. Sei ben Sntegralerneuerungäwahlen in ben 
Stationalrat waren infolge ber Soltephlung oon 1900 fed)3 ftatt 
toter ©ifje ju toerfe^en. @8 lagen bafür nicht weniger al8 elf &an* 
bibaturen oor ; einer bet bisherigen Vertreter, JRationalrat Stühlen, 
hatte eine SBieberwahl abgefehnt. ®ie fyreifinnigen fthtugen oor 
9iegierung3rat S)aoib (bi3fj-)> Submig Dietrich, ®mil SHüttpOrÜh* 
unb Dr. Otto 3°Qer, eine bijfibente ©ruppe „unabhängige J-rei» 
finnige“ ftatt be§ lefetern Dr. Smil ©töctlin; bie Ouartieroereine 
unb ber Sibgenöffifche Seretn fdjlugen oor tRegierungärat Sfelin, 
alt 9tegierung3rat ©peijer (beibe bist».) unb alt ©entralbahnbireltor 
SBilhelnt .peuSler, bie Sojialiften Dr. Sllfteb Srüftlein in Sem 
unb Diebaftor ÜBilhelm Slrnolb, bie Satljolifen Dr. Smft geigen* 
winter. 3ber erfte SBahfgang blieb refnltatloS, inbent bei einem 
abfoluten 3Rehr oon 4581 bie Stimmen fid» wie folgt »erteilten : 
©peifer 4378, ®aoib 4233, Sfelin 4086, SOiürtj 3555, fpeugler 
3370, 3ofler 3217, Srüftlein 2598, ÜDietrid» 2553, Slrnolb 2161, 
geigenwinter 2026, ©tödlin 798. Son 17,886 ©timmbered»* 
tigten h°Ken fich 9161 beteiligt. Sin jweiter Sßahlgang am 
2. Stooember, bei bem einjig bie fi’atholiten mit einer neuen Lifte 
aufrüeften, nämlich geigenminter, Sfelin, ©peifer, 3)aoib, füfürp, 



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39rüftlein, bie anbern Parteien aber alle mit ben nämlidjen ge= 
bratenen Siften, mie am 26. Otober, brachte bei einet ^Beteiligung 
bon 9994 Stimmen bie folgenbe @nijcf)cibung: $aoib mit 5060, 
Steifer mit 5038, St’elin mit 4734, SJJurp mit 4604, 
33 tüftle in mit 3834 uttb Boiler mit 3504 Stimmen gemäljlt. 
SÜßeitere Stimmen erhielten §euSler 3308, Sietritf) 2842, Sltnolb 
2404 unb Qfeigenrointer 1964. Stöcflin routbe uidjt rneljr portiert. 

©(eicf^eitig mürbe als Stänberat beftätigt mit 5868 oon 
6442 Stimmen Dr. ißaul Sperrer. — 3« SHitgliebern beS 
(EibilgericfjtS mürben gemailt SBilljelm grep'grepoogel unb 
SDireftor (Srnft 53auer; bei ber 2Bal)l oon jmei Strafrichtern 
erreichte feiner ber brei ®orgejcf)lagenen baS abfolute 2We^r. $iet 
fiel ber jroeite SEBaljtgang am 2. Slooember ju gunften oon $. 3*ueifel= 
33ienj unb ®. fßaffaoant aus. 

26. ®ie SJiejfe, bie morgen eingeläutet roerbeu foll, nimmt 
fcbon feilte Sonntag ülbenb ihren Einfang auf bem 93arfüfeerplafe. 
Sie bringt aufcer ben gemeinten SeljenSmürbigfeiten unb Suft* 
barfeiten nichts befonbereS. 

31. 35ie SBitterung mar mSljtenb beS ganjen SKonatS oer= 
änberlicf) mit oor^errjdjeuber Steigung jum Stegen, jo bafj faum 
ein fdjoner $erbfttag uns belieben mar. 




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