Fmoncüjr^ibaiLi
iviitteilungen aer Lresellscnatt lur \
De u tsch e Erzieh ungs- und ... j
Gesellschaft für Deutsche Erziehungs- !
LIBRARY
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA.
Oa$s
Mitteilungen
der Gesellschaft
ftlr
deutsche Erziehungs- und SohulgesohiGhte
Im Aufträge der Oesellscliaft herattsgegeben
TOB
KARL KEHRBACH
Jahrgang YII
Berlin 1897
A. Hofmann &. Comp.
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Inhaltsverzeiclinis.
1. Propst Gerhoch von Relchereberg. ein bayrischer Scholastiker, «her
die Schulfeste in Augsburg? im XII. Jahrhundert Von Prof.
D. Dr. Joseph Bach, o. ö. Professor der Theologie au der
2. Lehrer und Sehfller des Mittelalters in Bildern. Von Prof. D. Dr.
Job Bach, o. ö. Professor der Theologie an der Universit&t
Mt)ucben
8. Geo^aphiecfaer Unterrieht an einer Nflmbergor Hittelechnle in der
Zeit vor Molanchthon. Von Prof. I^r. Siegniuiicl Gunther,
o. 0. Profesäor der Geon^aphie aa der Technischen Uuchschule
in Mflneben
i. Die Beziehungen Philipp lf«buiehthons «i ^yera nach R. Hart-
5. Bayerische Edelknabenordnui^ vom Jalirc 1576. Von Gymnasial-
profsasor Dr. Friedrich Schmidt in Mflnchon 27
6. Ueber den Bau des Jesuitengyranafliums zu Landsberg am Lech
in den Jahren 1088—1092. Von Dr. Job. Bapt. Krallinger.
K. Gynmasiulproiessor iu München 31
7. Bin Streifitug durch die deutschen Schulen MOnehene sur Zeit der
.Schuelhalterznnft". (17. und 18 .Jahrhundert) Von G. N.
Marschau, König). Rcalschuldirektot a. D. in Mttnrhen . . 46
8. IMe Schul lehrersfamilie Thoma in Tutzing am WUrmsee. Mitgeteilt
vom Seroinardireictor Jos. Heigenmooear in Mtlachen. . . 68
9« Joeef Allton Schneller als Direktor der Nonnalschul? /r: Dillingen
1774-1787. Von Franz Xav. Thalhofer, Benehciat in
10. Beformbestrebungen der bayerischen Benediktiner auf dent ( Tebioto
des Gymnasialwesens um 1708. Auszug aus dem Protokoll der
Sitzungen der Benediktiner der bayerischen Kongregation,
welche im Jahre 1708 in Scheyern {^»'hnltiMi wurde Von l'rof.
D. Dr. Job. Bach, o. 5. Professor der Theologie an der Uni-
▼arsitat Mflnehen 86
11. PldagOi^eeh'hiBtorieche Ausstollung bei Gelegenheit der 18. Haupt>
Versammlung des Bayr. VolksschnllelirerveFeitts in München.
4.-9. August 1896 91
12. Die Lateinschule In Schwäbisch GniOnd. Von Semlnaroberlahror
B. Kaissor in SihwJlbisch Gmünd 97
18. Bin Urteil der Philosopliischen I-'akultnt (ItM- .jlton Universität
Strassburg au.s doin -lahre 1636 Uber Thonjos Murners Charti-
iudium Logicae. Vmi Prof. Dr. Gustav Knod« Lic-Oberlehrer
in StraH.'^lnirg im !''.lsass 107
14. Barthulomaei (Jolonienses epistuia mythologica. Bine Schul-Humo-
reske aus der Zeit des deutschen PrOhhuraanismuB. Neu
herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Prof.
Dr. Dietrich H«'ichlin^ 7.n Münster i. W Ul
ib. Weimarische Schulurdnuug von 15U2. Vuu Ludwig Weniger,
DirelEtor des Gymnasiums su Weimar 172
16. £ur Geschiclitf der Schulbibel. Von Dr. P. Dix, Direktor der
höhertjji Madchenschule in Flensburg 18H
17. Lehrer und Schüler den Mittelaitors in Bildern. Ergänzungen zu
Heft 1. Jahrg. VU. Von Pfarrer Dr. Falk in Klein «Wintern-
1
22
DilUngen a. D.
heim bei Mains
191
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Inhaltsveneichnis.
18. U«ber die ftlteeten Vorlesungsverzeirtinisse der philosophiecbeii
PakaltÄt an der Leipziger Tiux «^rsiiftt. Von Dr. Bruno
StUbel, Oberbibliothekar au der Köni^i. öil'ejitl. Bibliothek
in Dresden 201
19. Ohrietoph Schellonberg de visitationibus seu iiiäpectionibu» anni-
vprsarit*' srholac illustrin Grimanae il'. )] - l'tlö) mit don uint-
iichen Herichteo der Yisitatoreu. lioraimgegebou von Prut. Dr.
Paul Meyer, Oberlehrer an der Pürsten- und Landesschute
Grimma 209
20. Die i'^eier des Gregoriualesteü an der Annaberger Lateinscbulo im
XVI. Jahrhundert Bin queilenmaasiger Beitriag sur Geschichte
dipRr>ai ppstr.-;. Taiil H;irtu8ch, Seminaroberlehrer in Anna-
ber^ (Kuuip-eii'h Wachsen) 24ti
21. Aus Heinrich von TreiUchltes SciiUlerzeit. Von St 259
7SL Die Bntwickelnng- der Städtischen höheren .Töchterschule zu
Dic^Jon. Vnn Profosnor Dr. G ust. Hausmann, Direktorder
huhert'n TöcliterHchule in Dresden 265
28. Zur Geschichte deutscher Fürstenerziphun^'. Zur Geschichte der
PrinzeiitMzi<»hung der Wettiner. Von Schulrat iMof. l). Dr.
Georp Müller, König!. lJezirlv8S('hulins|>ekt.or in Zittau . . '2Hi
24. Die ernte I rkundü der Dre.sdner Tauh.stunimen-Anstalt aus dem
Jahn- IS2H. Bin Blatt aus deren .lugendgeschichte. Von Hof-
raf H. E. Stotsner, Direktor der Taubstummen -Anstalt zu
Dre.Hden 290
26. GrQndung der ältesten sScIislschen Kealscliule (Loipzigi und ihre
ersten Schicksale. Von Dr. Hermann Barge in Leipzig . . 801
26. Geschichte des .Militftr-Brsiehungs- und Bitdungswesoiis im Krini«:
reich Sachsen 3y2
27. Deutsche Sprache und Litteratnr am Philanthropin in Dessau (1775
—1793). Von Prof. Dr. Karl Kehrbach In Charlottonburg-
Berlin 800
2Ö. Johannes Toltz. ein Scluillehrcr und Prediger der IJeformations-
seit Von Perd. Gohrs.» I'ostor prim. in Bachershausen . . 860
29. Der erste OrgaiiiHatlon.'^i.htn der .Hi'du'rn Gewerbschiilo" zu
Cliemnitz aus dem Jahre lh:iG. Von Dr. K. Vetters, Lelirer
an den technischen Staatslehranstalten in Chemnitz .... 892
90. Zw Geschichte der PrinsM- und Prinzessinnen-Ersiehunf? im Hause
Hnhr'nz>>11»'in 4Ui
81. Texte und Forschungen zur Geschichte des L'nterrichts und dor
Erziehung in den Landern deutscher Zunge. Band I. A. ßrmiur.
Die Schdlnr'Tf^sprftche der fitinmnisteii. Auszüge mit Ein-
leitungen, Anmerkungen und >aiuen- und Sachregister. I. Teil;
Vom .Manuale scholarium bis Kegendorffinus ca. 14ti0— 1620.
Von Paul Berger 410
GeschaftlicJier Teil.
B«>rictii über ditt Bayern-Orupp«* i*J
MittAilunjTon ühfr rlii> OnippVn dir OwpUsi'Iiiift. nnipp«» Ocsixn-oich S. 1^ u. 418.
(irii|i|n' Mi^>»'ii - Na^smi -\\ ;ilil-'i'k
Dat» tf^siuulc KneifltuugH- uud L'nK-rnclit-^wt'ücti iii dvit LänUerit (iculäclivr Zungo . . 415
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1.
Propst Gerlioch Ton Reichersberg, ein bayrischer
Scholastiker, Uber die Schiilfeste in Augsburg im
XIL Jahrhundert*
VoD Prof. D. Dr. Joieph Baob, o. ( Profeflaor der Theologie an der
Universität München.
Wohl kaum dOrfto gegen die Thatsache weiterhin Einspruch
zu erheben sein, dass die unter dem Herzoge Tbassilo von Bayern
um das Jahr 774 abgehaltene Synode von Keuch iiig die älteste
ScbulgesetzgebuDg Deutechlands repräsentiert.
Die Bischöfe des Landes werden aufgefordert, fttr die Er-
ziehung des Klerus mit allem Eifer zu sorgen» , damit die Priester
nicht unwissende Leute seien, sondern die heiligen Schriften zu
lesen und zu erfassen verm(}gen .... Ein jeder Bischof 'soll da-
her an seinem Sitze eine Schule errichten und einen weisen Lehrer
bestellen, der nach der Ueberlieferung der ROmer zu unterrichten
und Schule zu halten verstehe.*
Ueber das Schulwesen des benachbarten Augsburg, der freien
Reichsstadt, fliesseu die Quellen in dem 8., 9. und 10. Jahrhundert
ziemlich spärlich.
Besonders hervorragend scheinen die Schulen in Augsburg
nicht gewesen zu sein» sonst wAren wohl die lernbegierigen JQng-
linge des Schwabenlandes, wie z. B. der spSteii) Bischof von
Regensburg. St. Oswald, der Schwabenbischof St. Ulrich, der
spdtere Bischof Otto von Bamberg oicht nach Reichenau uimI
St Gallen gewandert. Der Bischol Udalrlch von Augsbui-g
(924 — 975), der selbst in St. Gallen unter den Lehrern Waning
und Hartmann gebildet wurde (vgl. Specht. Geschichte des
Unterrichtswesens in Deutschland. S. 321), tritt im 10. Jahrhundert
* als Reformator der Domschule in Augsburg auf. Im 12. Jahr-
hundert scheint ein Verfall eingetreten zu sein. Ziemlich aus-
ftthrlich berichtet uns ein aus Bayern stammender Scholastiker, der
in der ersten Hslfte des 12. Jahrhunderts selbst an der Domschule
MUl4>II. it.ni>ji. r. iltKi-li, Kr/ii'li.* II. Ki-liul(rpm'h. Vit I (l{«yi*ni-1Ii'ni IH»T. |
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Mittcilungon d. Gos. f. doutsclie Erzii'huugs- u. Schulgesch. V'II.
wirkU', über das Thun uud Treiben der dortigen Scholttstiiter und
der Scliüler.
Zwar (Mnilirt'ii wir in seinen sonst zitMnlich breiten Erzählungen
wenij? über den I 'iiterrielit selbst, wohl aber ülirr das f+onstigo
Thun uud Treiben der Lohror und SrhiSler. namentlich ilb^T die
sogenannten Sehülertcste. wt lrhe danials nut theatralisriien V(U-
st«'lhui*;ou veröchieiletirr l»ihlischen Einzahlungen gefeiert wurdeu.
bei denen es oft zienilieli bunt lu'rixet:aniren sein mag.
Unser Schrittstelier und Berichteistattt r ist kein anderer, als
der später so hervorragende Probst (iei lio( h vun lieiciieisberg, der,
wie bemerkt, in Jungen .lahreu mit drei seiuer BrUder au dem
Dome in Augsburg wirkte.
Ich habe anderwärts die itedentende Persönli«hkfit (iciliochs
als Keronuator ') auf versehiedeiifii (Jeljielen /.ii srhildeiii versucht.
Kaum dürfte ans dieser Zeil ein Mann zu iM iinen sein. I)ei
dem die l't rsr.nlichkeit so In den Vordergrund seiner J^chrifti'U
tritt, wie bei (i erhoch.
Uerade das lla.verlund war im 12. Jahrhundert der Schau-
platz der hetti;;.>ien theologischen und philosophischen Streitigkeiten,
welche auf einen hohen Srand der Bildung hinweisen. Von dem
Bischöfe Otto 1. von Freiem:;, dem Ueschichtschreiber Friedrici»s 1.,
wird uns berichtet. da.s.s er aus (h*n Sehulcn l'iankn'iehs (I'aris)
die (l(»gischen) Schriften des Aristoteles mitgeljracht. und dass er
sell>sl ein heftiger Dialektiker, besonders ein Verehrer des
Koniinalisten Gilliert war.
Der Streit zwischen Nominalisten und Realisten, welcher in
Frankreich entbrannt war. hatte auch in Bayern seine Kämpen.
Otto von Freising nebst anderen Scholastikern der Freisinger uud
Baniberger Schule neigten dem Noiuinalisuius zu.
Auf der entgegengesetzten Seite standen die mehr realistisch
gesinnten Männer, unter «Uesen in erster Reihe Gerhoch. Das»
die neuen phiJosophisehen Waffen zunächst auf theologischem
Boden ihre Verwendung fanden und neue Kämpfe auf dem Gebiete
der Abendmahlslehre, der Christologie hervoiYiefeti. gehört nivht
hieher.
Nur 80 viel mag bemerkt werden: Gerhoch war der heftigste
(jeguer dieser Neuerungen ; er schrieb eine Keihc von Schriften zur
Verteidigung seiner l*eberzeugnng. er Icorrespondiorte in dieser An-
>) Vjj-l. üerhoch VOM Heiihorsberj^, ein iioioiuiatur dt-a XII. Julir-
hundcrts. Oc-wterr. Vlorteljahrwihrlft für ThtfOlof^^lo, I, und Do{^tieii-
tj^erichichte (Ion MKti'laUcrs. \\>n 18"ü, Ud. 1 und Ii.
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1. Propst Gerhoeh rüa Reieharsbei^, ein bayrisdier Scholastiker etc. B
jjelegeuheit mit den Iri vunaireudston Mäuuerii seinerzeit, veikelirte
persönlich mit Kaiser und l'apsteii.
Zum Verständnis der nachfolgenden zur Schulgeschichte
gehörigen Bericht« über die ei^'ene Bethritigung Gerhochs
an diesen scenischen Aufführungen mag bemerkt werden
das» wir hier den Bericht eines sehr strengen Mannes aus dem
späteren Leben vor uns haben, der ähnlich wie Augustinus in
seioen Oonfessioneo seine eigenen Jugendstreiche erzählt und bitter
bereut.
Gerhoch hatte n&mlich, das mag kurz berflhrt sein, in Augs»
biug selbst sehr bittere Erfahrungen machen müssen. Unter den
damaligen Zwistigkeiten zwischen Papsttum und Kaisertum litt das
kirehliehe Leben, litten am meisten Bildung und Unterricht.
In zwei kurzen, sich gegenseitig ergänzenden Berichten klagt
der strenge Mann bitter; um so mehr, da er selbst eine Zeit lang
in demselben Fahrwasser war.
In dem ersten Bericht schildert Gerhoch in drastischen Farben
den Verfall des klöRterlichen Lehens, der bis dahin bereit« sich
ausgedehnt hatte, dann die Kanonik«M- weder in dem (wohl geinrin-
t<(lian liehen) Sclilafsaal mehr sehlieien uoch an dem genieiii-;i[iien
Tiseh itire .Mah1/.eiten einnahmen. Die Anflösuni: der vita coiniuuiHs.
des klösterlichen /li-^annnenlebens, war also hereitn zur Mei^'e! tre-
worden. Eine Autjnalinie davon bildeten nur noeh die Kireheul. .^le.
wie z. B. da.s Fest der nn.schuldigen Kindel-, das WeihnaelitstL'sl,
namentlich aber die Pa.-3sion>!!- und i )sleJ woeh<'. au welchen Festen
die Kanoniker in ihrer Eigens('haft als SchuUelirer (Schola.^liker)
genieinsani mit den Schülern s. g. Misterien d. h. theatralische
Voi sitiiluugen aus dem Leben und Leiden Christi gaben, an welche
■) Aus Pos. fhe». V. 2089, col. 2 B.: Cohaerebat Ipai Ecelesiae Claustrum
satia honeatuin, eed a clauatrali religione om&ino vaeuum, cum neque in
donniturio fratrc» donnirent, neque in refectorio compd«»ient, ezeeptis
raris.simi'^ ♦»'sti.'?. maximp. in «jiiihü}« Herodeiu repruesentarent
Chrittti pe rf*e cuturein, parvuiuruni iiitertectorein, aeu ludis aliiä uut
HpectuculiB, quatii theatralibu» exhibendi^ comportaretur »ymbolutn ad
faciendam convlvium in refectorio «Iiis pene omnibua temporibuB
vacao.
Cogor hie reininiaci propriap stultiUiie in amaritudine aniinae m''nv
dolens et poenitens^ (|Uod non ^Hmel talibus in.saniis nun Hnhiin intcrtui.
8ed etlam praefui, utpute Mugiätcr schularum et ductur juvcuum
quibus ad istaa vanitates non aolummodo froenum laxavi, aed etiam stimulum
addldl pro alTectu atulUtlae, quo tunc infeckuB erani ot in quo irapra multoa
coaetanooa uipos profeceram. '
1*
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4 Mtttetliingen d. Ges. t deotaelie Bniehungi- u. BehidgeBeh. VH.
sich jedoch nach damalij^er GcA^ohuheit nicht selten s. Possen-
uiid Spektakolstücke von sehr profanem Inhalt und Geschmack
anschlössen.
Der l^erichterstatter bemerkt, dass die «grossen Räume des
Klosters nur mehr zu Zwecken theatralischer V^orstellungeu benutzt
wurden, sonst aber leer und Öde standen.
Nicht oiine in inlii he Reminiscenz*'!! sclilicsst Gerhoch da.^ Ii« -
kenntnis daran, üa.s.s er in jdngeieü Jahren an deraHii^vn
theatraliscijen Vorstellungen nicht bloss Anteil f^enoninicii habe,
sondern «lass er selbst als Schuliiicistt-r iiml L^'hrer der Junjj;lin«:;e
zugleich als hervorragender Leiter und \'eraustalter solcher Fest-
vorstellungen fungiert habe.
Na( h i'igenem Zeugnis scheint Gerhoch nirli iwwh auf die.-^em
Ft'lilt! «Irr Pädagogik eine Art I^'iiihmtheit erworben vm iutben. Doch
tügt ei- bei, dass diesp seine Tiiätigkeit nur von kurzer Dauer war.
und er Itald tler ..siiuuun Stadt *• deji Rücken gekohrt habe, um
in «Iiis voTi den Weifen LTstittete Kloster Raitenbiicli südlich vom
liiihen Peissenl>erg zu g* hni wohin iinn der erst jüiigsi ans Frank-
reichs Schulen heinigekclirle üruder Arno folgte, die l)ei(l< )i Brüder
Rüdiger und Friedrich in Auj^bui^ bei deju Biscdiof Hermann
zurücklassend.
Der zweite Bericht*) ist noch viel düsterer, als der erste. Kr
') Aus d«B Arcbiv für Kunde Gsterr. Geachlchtaquellen. Bd. XX. Wieu
1S59. S. 129— IdO. De inveatigstione Antichriati und dem Codex
Reicheraperg. ori|r. p. 130: Et sacerdotes^ qui dicuntUTf jam non oecIeHiae
vel altaris niinisterio debiti sunt, sed exercitiia avaritiao vaiiitatum et
spectacidonim adeo, ut eeclesia-^ ipaas vidclicet orationuni (lotnos in tlieatro
conuiutcnt ac loimiciä ludorun) spectaculiä impleant. Interque nlmiruui
speetacula astantibue et «pectanttbiis ipaorum femlnia Intmxluoi et anti-
Christi, de quo nobie aermo est, non iit ipsi eatimant imaginariam atmili-
tudinem exhibent, Bcd in veritatc ut erodi potent, initpiitatirt ipsiua miHterium
pro parte siui in))lf'Jit. Quidni jani diubuhis atiutatur in »eriuni rebus
exhibitid in vuuitutia ludicrum, sicut donnnuK »iuO(|ue Jesus eonverten» in
äcriu ludibria, quibua upud Judeoä vcl piiutuui in paHsiune aä'ectus eät? . . .
Quid ergo iali uune antichriatum vel herodem in auia ludia aimulantea
eoadem non ut eis intentioni est, ludicro mentinntur sed in veritate
exhibent ... Contimit ut eonperimus. aliquando apud tales. ut cum.
(piem inter ludiera sua (luasi mnrtimm afi lu'Iiöef» propheta sufcitandum
exhiberent. peractu «iniulatiunc niortuum invtMÜreni. AHuh item antichri.'it"
suu quaai au8citandu.s oblatus inter VII dies veip niortuus et sepultu.s est.
Et quis scire potest, an et cetera simulata antiehristi scilicct eftigicm.
demonum larvaa, berodianam inaaniam in veritate non exhibeant? , . . .
Exhibent preterea imaginaliter et salvatoris infantiae cunabula, fp. Iii)
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i. l'ropst Gerhoch von Heichersberg, ein bayrischer Scholaetiker etc. 5
st>»mmt au8 etwas spStcrer Zeit uihI bokla^t hitter, dass (ieistlicho,
M)gar aus Motiven der llabsurlit an sokhen SpektakcJstückiMi. den
s. ^. Esels- und Naneufesten des Mittelalters. Anteil nahmen. Er
hekla^t. dass derartijje oft mhe \'(M;stellungen. bei denen die Wiejje
des Heilandes aul' der l>iiliiie erschien, das kindliehe Sehreii'ii des-
selben sceniscli (I;irt;e8telit wurde, der Kindenuord und das (.Icschrei
fler Mutter in ki ;i8aester Fot in ;iuf den lirettern vorkam, überbaupt
stattfanden. Was ihm aber am liiltei-sten war, ist die üetlentlichkeit
dieser Sehiilervurstelliinj^en auf den Strassen und selbst in d<'n
Kirchen. Dass dcis Gotteshaus zum Narrenhaus werde, das war
ihm zu toll. DesshalU sali er hier Teufelswerk.
parvtii; vagitum, piierperae vlrginis matronalem hubitnm, »toUuo (iua.ti
aidus tlanii^eriim. infantum nocom. matornnm rachelis pluratuin, »cd (iivinitas
in^mpcr et matiiru fa"ios eccle»iae abhonet spcctarula theatralia, non respicil
in vauitate» et iiidania«» laläutj, iinmo iwn lalsaä seil juni voraä insaniai«, in
qnlbns viri totos ee Ihui^^nt in feminas quasi pudeat eo8 qnod viri Butit»
elend in militea, homines ae in demonmn larvas tratMfigiurant. Dumque
Irajusmodi vanitates et insaiiiae sacramentorum oelebraiidorum lucis et
temporibus m in^runt. quaai abominationem desolationiB in loco sancto
videre est.
Paulu aünus euim turpe est faciem cccIeBiac talibus vuaitatum spec-
tactitia christlanoe fedare, quam oUm in templo fuerit Imagiiies Gal c^aaria
gentUea intullsse vel pilatum . . . ot.
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6 Mitteilungeti d. Ges. f. deulaebe Bniehunga- u. Bchulgeäch. VII.
2.
Lehrer und Schüler des Mittehilters in Bildern.
Voll Prof. l). Dr. Joi. Baob, o. ö. l'rotcssor der Theologie au der L nivorniUit
lltlneheti.
Durch die in den „Mittcilungon'^ ') frOher ersichienenen Abbildungen
wurde in mir die lebhafte EriBnening rege» dass mir gclcgcntlicii ander-
weitiger Studien auf verschiedenen Bibliotheken Ähnliche Bilder schon
begegnet sind. Da ich es damals Tersänmte, mir die Signaturen zu
notieren, so waren meine Bernfthangen in dieser Hinsicht ohne Erfolg;
trotsdem ich wusste, dass uiunentlich Frahdruckc, welche dem Schul-
prohrauch«' dienten, wie z. Ii. der Donatus, die „Scutenzm" des Petrus
l.nmbardus un<l die ^^pfiteren Konnnentnre derselheii flerartige etwas nidi-
111' nfiuc Holzsrhnitte bieten. Durch Herrn Direktor der k. k. Hof- und
Staut^bibliothek von Laubniann wurde ieh auf die (^uentel'sche Dniekerci
aufmerksam Remariit und den lieniülnin);eii des Herrn Oberbibliothekars
der Münchner Uiüversitfttsbibliothck Dr. Schnorr-Karulsfeld gelang es, die
beiden Titdbilder ssn emieren, welche hier folgen.
Bas erste der Bilder nun ist das Titelbild zu einem Donatus, dem
vielgebrauchten Schulbuch der mittelalterlichen Schulen. Es stellt den
heiligen Thomas, wohl den berOhmtesten Lehrer des Biittelalters, vor. Er
sitat in einem der Frtlbgotik angehörenden Lehr>fnlil (cathedra), vorsieh
auf einem Pulte das I^ehrbudi, wohl die allgenn in um ln iinchten Senteiuen
des magister Srliulmeister) Petrus Lombardus auf welclie er mit
beiden Händen erklärend hinweist. Vor ihm. zu seinen Füssen, sitzen nuf
beiden Seiten auf uii dereni Gestübl die Si liüler. St. Thumas entlH'hrt di s
S) niboli'?i des nmgistcr der niittehiUerliclien I<ehrerwttrde, namli« h der
Rute. Dagegen ist ihm, wie den grossen Kirt lienvätcm der alten Zeit,
die Taabe als Symbol göttlicher Eildnchtnng des heiligen Geistes gegeben.
Auf dem Spruchbaade steht oben: S. Thomas, unten: Thomistae, ejus
discipnii. (Die Thomisten, seine SchOler). Zu Füssen des\Bildes steht das
charakteristische Distichon:
Qui foeris cupidus sophiae mox carpere flores,
Scripta Thomae divl perlege; doctus eris.
Zu deutsch etwa:
Strebst Du, in kürzester Frist zu pflocken die BiUten der
Weisheit;
Des Thomas Werke studir*; bald whvt weise Du sein.
') Jahrgang V, 1M95, S. 76—82.
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2. Loliror und Schüler iWa Mittolaltpra in liiUlorn.
7
Oboii links (vom Hesrhaucr ans) ist noch dor Gnind anficfrcbeii, weshalb
dem St. Thomas das Symbol des Kirchenlehrers (des dodor ecclesiac)
nämlich statt der Rute die Taube zukomme.
Innocentius papa in sennoue cujus thenia est: „Ecce plus «juan»
Jnnocm'I^UiLLia
?nionc£Ui''ihiailii
jy^K" fr»'!"- ■t"->^
fi£XtfiiLllli- 7 ^ Ol
untjflijiiT fai^nif
Htld 1.
Salome hic!'' De sancto Thoma d«- Aquiiio sie inquit: Ilujns doctoris
sapientia prae caeteris (excepta <an»»nieal haue proprietafcm verborum,
modum dicendorum. veritatein sclentiaruin ihabet) ita ut nunquam qni eum
fenuit invcniatur a tramite veritatis deviasst' et qni euiii impupnavit sernjicr
fuit de xeritate suspectus. Zu deutsch: Dir l'apst Innoccn/. hat in einer
Predigt, deren Inhalt folgender ist: „Sieh mehr als Sulomo hier!'* folgendes
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8 Mitteilungen d. (ieH. 1. iltuiUiche Er/iehungs- u. 8cliulgt>8ch. Vil.
vom ln'iligcn 'riinmas von A^uin gc-^agt : Dieses Lelneis Weisheit hat vor
anikn n S« liriften (mit Ausnalinie der kanonisclion. d. Ii. <ler Hibt^i eine
derartige Eigenart der Rede, eine Art dc6 Vortrages, eine Wahrheit der
WiflseBBChaften, dass deijenige, der sich an ihn holt, nie die Spur der
Wahrheit verlftsst; wer diHjegon ihn belt&nipft, stets hinsichtlich dur Wahr-
heit verdftchtig ist
Uild 2.
Wiilncnd liie und da anf älniliehen Titi lbildeni Alltt itu^ IMnjrinis mit
der biseliöflicln'n Mitra bekleidet \^\, <la er ja lüselutt Min Üeu'eiishuii; war,
ist er im IJild J eiiifaeh niit dem Harret des ]\laui->teis hedi rkt, »it/.eiid aul'
dem gotliiäclien i.elirstulil, in der Kochten diu Uute lialtend, mit der Linken
demohstriereud zu den drei Schttlem, welche aof niedrigen Stühlen zu seinen
Füssen sitzen« herabblickend. Aus den Handbewegungen der Schttler ist
ersichtlich, dass hier ein wuwenschaftliches Gesprftch, eine sogenannte
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10 Alitleiiiiiigun tl. (Jua. 1". Ueutaehe Erziehung»- u. tScIiulgcsch. VJI.
Disputation stattfindet. Dass «wei dcrstilbtu ebciitiills ila^ Harn t auf dem
Haupte Iiabei), dürfte vvolü andeuten, dass dieselben bereit:» einen Gradui>,
d. Ii. eine bAhere Wflrde beattxen.
Die beigcftigte Schrift: Secrcta mnlierum ab Alberto Magno composita,
zu deutsch: eine Schrift Alberts des Grossen Aber die Beimlicbkeiten der
Fratien, ist deshalb beigefttgt» weil der betreffende Schnitt das Titelbild ist
zu einer Schrift obifien Titels, w . !< he fiUsehlich dem Albcrtns Magnus bci-
geli'frl wird, L'eber die tickten and tiii;.'eflruekten, echten und un-
echten Sclinften des Albertus Magnus vergleiche des Verfassers Festrede
in der Aula der I-tidwiir-Maximiliansnnivcrsität München, zur sechsten
Säkularfeicr 1^><1. in di i- Aujisburger Allgemeinen Zeitniitr. November \'^><\.
Se])ai;itab(lriifk der iluitlcrVchen Ofticin; dann die iM'StM-britt ; J>i'^ Alln-rtus
Alayiuis Verhältnis zur Krkenntnislchrc der Gnechcn, Lateiner. Aral»er
und Jndea. Wien, BraiimlUler, 1881.
Der vorliegende Holzschnitt von Lucas Cranach, (Bild 3) welchen ich
der gütigen Mitteilung des Herrn Gehcinirates von Hefner-Alteneck, des ehc>
maligen bewährien Vorstandes des bt^yeriscben Nationalmusenms verdanke»
hat gewöhnlich den Namen: ^Die Schule Christi-. Im Gegensalz zu anderen
Auffassungen möchte ich das eigentliche Mittelbild ein sogenanntes Selb->
dritt nennen, nämlii h die Darstellung der Mutter Anna und der Mutter
Christi, vnw wclrliem die crstere das Christkind auf dem Schosse h:5U. eine
llai'stelliMii.'. wi'lclir lirs(niders der Plastik 7iir Zt-it des Mittelriltcrs sehr
geläutii; w.w. Vnrn Mittrll)il)l liiik>> ist der Ijeiiitrc .ln.>i-f, r«M bt.s drei stehende
Männer in der Traelit der Nürnberger Patrizier in enistcr Unterredung;
abgewendet von diesen ein würdevoll die U&nde auf einen Schttlcr
legender Mann. Vor den Beiden sitzt eine Frau, welche einen strampelnden
Jungen an den FQssen hdlt, welcher sich an der Arbeit eines etwas älteren
Weltbürgers beteiligen will, der sich den linken Fuss kratzt. Neben diesem
sitzt euie ihren Säugling haltende Mutter. Zu diesen mannigfsltigen Dar-
vti'll Uli cell der Ki liderweit kummt aber noch links in der Ecke das eigent-
liche Thema, niindicli das getreue PiM < iner Winkclschule des ir>. ,Tahr-
}innd«'i1s. Mit der iN-Izmtit/e auf dnn Haupte, die Rute in der Rechten
auf die Schulter rines Seliidt rs i;o>tiitzt, zeigt der Lehrer mit den Fineem
der rechten Hand, ohne sieh von der Tnigebung irgendwie stortMi zu lassen,
auf das Buch, das er auf dem Schoss hält. Er weiss die Kleinen so sehr
zu fesseln, dass Beide sich in keiner Weise mit etwas Anderem als dem
Gegenstände des Unterrichts befassen. Durch das Fenster ist der Blick in
die nahe Landschaft gestattet. Wir haben hier die Darstellung des Lese-
unterrichtes.
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(ieugraphiticher Uiiterrii'hl an einer NUruboigcr Mittoiscli nie eic. II
3.
Oeoj^phiselicr Uiiterriclit an eiiior Niiriiberger
Mittelschule in der Zeit vor Melanehthon.
Von Prof. Dr. Bittgmund Oüntber, o. ö. Prufeesor der GtMjgraphie an der
Technischen Hochschule in linnchen.
Welch iinjjpliouren Aufs<;hwun<; das j^oaamtp» Oph'hrtonschiil-
wc.^cu I)<»ut8< hlands durch das Kinp:reif«Mi des grossen WittenlHTjjor
PAdajjogen gfiiomuKii, das ist all 'gemein bokaiiiit, und daös scino
Initiative auch mwm Ims dahin last vollständig v«»rnachlässigtoti
odrr verkaiinicu LnlcnichtsÄ^eig»' zu gute kam, ist ebenfalls
schon inslH'öondere durch Hartfidder') hci vKi L^cliohcu worden. Das
Nürnl)erger (lyninasijim. ht»s zu den bedeutendsten Schul-
giündungeu in der ersten lIüllLe des XVI. .lahrhunderts gehöric.
hatte in seinem ersten Mathematiklehrer .F. Schoener zu^rleich einen
der bedeutendsten (Jeugrapln n des Zeitaltei-s als ^Mitglied seines
ersten Lehrerkollegiums erhaltin. und wenn auch urkundli<-he
Zeugnisse hierüber fehlen, dürfen wir es doch als sicher anselien,
dass an jener Anstalt der — dem Anscheine nach ül»rigens halb-
akademisch gestaltete — L'nterric hl au<-h die Kidkunde gebührend
berücksichtigt hal)e.2) Allein schon geraume Zeit vor dem Zeit-
punkte, auf den siel» die obigen Worte beziehen, ist in Niirnix
geographische rnterw<'isung an einer der dortigen lat<Mnischen
Schulen erteilt worden, und diese Thatsache verdient von der
*) Vgl. Karl Hartfelder, Philipp Melanchthon als Praeseptor Germaniae,
Berlin 1890. (M. (J. P. VII) S. lo2 ff. Diosc Bcthntif^ung diT piUlagojrisrben
BeHtreheng^oTi Molaticlithons verdiente wohl einmal ihre besondere, fach-
männiHchc Helt-uclitun^'-.
-) l'eber di«* ku.HiiiograpiÜ8chen Arbeit»«» Sclioeiierti. der ja weit melir
Astronom und Kartenseiehner als Uatheniatiicer im heute flblichen Wort-
iinne war, s. Näheres hei Piorini-GOnther, Erd- und Himmelsgloben, ihre
Geschichte und Konstruktion, Leipzig 1895, S. tS7ff. Mehrere Schriften
dos zuerst in Hamborg: und nachmale In Nürnberg wohnhalten -M;tnnos
sind panz unzweifc^lhaft unmittelbar aua der Unterriehtttpraxi« horvor-
gcgungen.
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12 MilUüiuiigi'ii cl. (ioa. f. deuUicho Ki^in hungH- u. Scluilgetich. VII.
(Jt s( hichki der Didaktik j^anz aiidorn hoarlitct zu worden, als <•«
bishci- (li'i- FaU wai . \\ «'nn wir uu.s nämlich vor/.u«;rpitfMi und die
Ergehnisse der wcitncn UnterHUchunir hiiM- hneits zusammen-
zufassen erlauben diirtVn, so können viiv tulLrrndts aussprechen:')
Der ^lann, ui lrher zuerst in Di u l.scliland die Aner-
kcunuiij; der (ieo^raphie als eiiitö üblij^atorischen Lehr-
pensums an einer M ittelsfhnle nicht nur anre«!te. sou«lern
auch mit Erfol«; dun hlu lirte, war Johann Ctn hlanis. von
löIO bis 1514 Schnlrektor bei St. Lorenz in Nünibfrjr.
r<'lier die Pei-sönlichkeit. welche uns hier entgegentritt, sind
wir sehr gut unterri< htet durch die gehallviille Monographie vuu
Otto,-) in weh hfl ueiade die uns hier beschäftigende Seite des
WirkeiLs dieses iMaimt s recht eingehend behandelt wird, ohne dass
aber, wie sich von selltst versteht, die prinzij»i*'lle Hedeutung
seines XOrgehens «;auz zu ihrem Kechte käme. Eine solche
Würdigung kann nui- von geographischer Seite erfolgen.**) Hei Otto
ist nachzulesen, wie der junge Gelehrti' Johann Cochlaeus, der
eigentlicli Dobeneck hiess und als ein Sohn des nahe bei Nürnberg
gelegenen Fleckens W'eiidelst^'in seinen >iaineu nach dem lateinischen
Worte für Wendeltrei>pe („Cochlea") antikisierte oder, wenn man
will, inudeniisierte. von der Universität Kola, der er noch als
Hörer ajigehörte, nach Numbei-y: benilen ward, um den Versuch,
der dreizehn Jahre zuvor mit dem . Poetenschulmeister " Grieninger
zi* iiilich erfolglos gemacht worden war. unter günstigeren Umständen
zu erneuern. Es war diesem FrUhhumanisten, zu dessen Füssen
auch Cochlaetis seihst gesessen, nicht vergönnt, dem Alt«rtiuii8-
studium üi der leblialkMi Handelsstadt die gewünschte Statte zu
') In gewimn Sinne int ja Msohl auch etwa» Enlkunde an den alton
KlcMter« und Stiflsschulon getrieben worden. Doch war sie dortselbst nur
ein Aiihftngöol des dop;cnannten Quadrivhim.«« und konnte ni keiner Wei.sc
ul8 BelbstAndi^^er Ldu go{?pn?t:inil j^elteii, kommt mithin auch iUr uns an
<lie»or Stelle nicht weiter in Hctmctit.
2) C. Otti). JohaiiuoH CochlttCUä. der Hnni.iiü.si, Bm'sIuu ls74. Aus
diOBor Darstellung erhellt, datw der (Icnauntc von dem Augeubücke an, da
er In die Gegenreformationebewegung hineingezogen wurde, Wob noch
als Theologe sich fUhlte und der profiinen Wissenschaft gnnzlieh absagte.
Hierin glich er dem antllngUch von ihm befehdeten Eck (s. (Jünther, Johann
Ei k als Geograph. Forachungeu über die Kultur- und Utteraturgoschichte
BayeniH. 'i. Rtirh. S. llnftV)
3) Mit Hecht niaimt auch l'uulson (t iesdiiclii*? düd gelehrten Unter-
richtes, II. Aufl., i. Band, Leipzig IbUb, t^. Uy) aut diese Rotormbestrebungen
des Cochlaeus Rttcksicht.
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3. Gcographiachor Uutenricht au einer Nürnberger Mittelschule etc. 13
bcn'ileii . abor inittlerwoile hatte mau die Not \vt'ii(JiL'k''if einer
soIcIh-m l*i]<lung (loch iinnuT klarer (mii!^(»}h»ü «^ek'rnt. und als der
kluge Propst Anton Kress im .I.ihre 1509 die vier vorhandenen
Lati'iiiscliiilen — niutniassiicli u.u-U Breslauer Muster — zu
reforiuioira «ich enfschlosH, glanhte er in Corhlaous. den er von
früher kaniit<'. <leii geeijjjneten Mann tüi- die ihm am meisleii am
Herzen Heißende, weil mit seiner PCai-iei St. Loren/, verhundono
An?<talt t^efiinden zu haben. Zum Berater hatte er seinen Freund,
den hochgeijüdeteü und damals schon den Mittelpunkt des geistigen
I^bens in Ndruberj dai-stellenden Patrizier Pirckijeyiner. der bei
der in Kede stehenden Wahl ebenso sehr eine glückliche HamI
bethatigte, wie ei- treiiioh nachh<'r auch die Hauptachnhi an dem
vorzeitigen We«r/u»re des vftn ihm gewonnenen T.ehrei-s trug.')
Cociilaeiis wai. als er in seinen neuen WirknnL'^^krris gelangte,
in er-ster Linie Philosoph, aber das Wort .Philosuidiie" fasste er
IVeilieh in cijiem sehr weiten Siinie auf, wenn er vom Lehrer der
Jugend verlangte, derselbe solle zuerst rationelle Phihi^r|il i '
— (Srammatik. Phetorik. Dialektik — so<lann Moralpliilo.su|)hie
und endlich Natur|diil(>8(>|d]ie mit seinen Zöglingen treiben.'^
Dazu kam im besonderen l'alle noch der Kirchengesanir, auf
dessen I'flege der Propst seinen Kekioi- dringend hiiiu» w n sen
hatte. D« es an geeigneten Lelinniifehi gebrarii. >u lasste
Coehlaeus den Kntschlnss, selbst tüi m>1( lie zu sorgen, und
bratlue ihn wahrend der paar .laiir^* seiner NUrnbei*gei- Amtszeit
mit eisernem Kleisse zur Dnrrhtiihrung. Das erste seiner Kom-
pendien war ein solches der Musik das zweite ein .solciies der
>) Aof don Wunsch Plrekheym«« ging Codilaeus mit ein paar jungen
Anvorvvundt^n des Bratereii als deren Hofmeistor und Reiaebegleiter nach
Italien. Vgl. GUnthor. NVilihahl Pirckhrvmf- diT Wiedererw«>cker der
tiiM»tfraphie in Deul^schland, Buyerlaiid, 4. Jahrgang, iS. oöyff.
'■») Otto, S. 21 ff.
*) Tetrachordum Musicea Joannls Codei Magistri, Kttmberg 1511. llir,
wie jeder der obrigen in NOrnberg edierten Scliriften dee Autors iat ein
Elnleitmi^-ijfcdicht des Nürnberger Benediktiners Chelidonius Muaophilus
vorffcdiufkt, vplthor »pntorhin (l)!'.) Schottonfiht iti Wien worde und
zuvor, in vertrautem Tingango mit Firckheynior, Cioschmark «n der neuen
hmnunidtiHchen Bildung sich angeeignet hatte. Die Widmung richtot aich
an Kress. und die Pflicliten, welclio dieser dem Relctor bei seiner Amts-
einaetzung vorgehalten hatte, werden des nftheren gekennseichnet. Das
„Telrachoid" ^oll hei der RinObung deH Piguralgeaangea als Hilfsmittel
dienen, ahrr def»nn«jeachti'f wird, vvjp es die Systematik des niich iiiiiner
herrschenden .Mittelalters verlangte, die Musik als mathematische Disziplin
betrachtet und behandelt.
y
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14 Mitteiluinffii d. üe«*. f. deuU»c'he Erziehungs- u. Schulgesch. VJI.
Gramoiatik Dann ii\u'v i^ini; » s an (iic N'atur|)hUosn|»hit* od<'r. wie
wir heiiti;^t'n Taj^t'.s uns aiisdriicKcn würilni. au die N;it n i w iss<'ns( hat't.
Es jralt. sit-h uinzuselirii um h cincin W'rrke des Ali<'inini- xwlclies
irewrcUU'U juni;en Leuten, natürlit h uiil dem erfordcrlK Im ii Kom-
nu'iitare. iu di«; Hand «^^'ijelitMi worden konnfo. und da iiuisscii w li-
es luin unserem Diduktikcr sila liocli aiir«'C'lm«'n. dati.s er nicht zu
Plinius j^rift*. in welchoiii das l»et;innende X\ I. .lahrlnindert den fast
unj'rreit'li baren Meister allen \Vi.-jsH?ns von der Natur erblickte^),
soudern dass er der .Mt'ieoiolKj^ie" des Aristoteles^) den Voraug
iiiih. welche ja aucli. als einem Denker ei*sten Hanges aus
einem (iusse ^rearheitet, turmliotii über dem Kuüektüneenhefte des
römischen Polviiistors steht und deshalb auf den emp(Tuii;licheii
. Geist junger Leute zweiCelios auch einen l»esseren EiiidnK k liervor-
bringen musste. Für Cochlueus stand, so würde ein moderner
Benrieiler sageu, die pli} sisclie Erdk unde im Vordergi'unde^); iu
') Quadrivium Grammatict's Joannin (Juclei Norici. artium magistri,
Nürnberg 1511. AU da« BUchlehi gedruckt wurde» hatte der doch erat
wenig über ein Jahr wAhrende Unterriebt offenbar bereits seinen guten
Fortgang genommen, denn in der DodikutionsepUtel an Kress heiaat es
V(in don Schülern: „Audiverunt modo Dialectiron ad ( ul* om fore perductam,
tncipiiint(|Uo neuere ingonia, rertnro HrgumentiSt determmare quaeatiunculos,
ad uaturaleiii imhclaro philosophiam."
') Die iaa moääloäo sich steigernde Verehrung, welche Plinins bei
den besten Vertretern der einschlägigen Ffteher genoss. gehCrt au den
schwer beg^iflichen Dingen. Die .Naturgeschiehte* war das von selbst
gi'^-cliene Hilt'abuch bei jeder nnturwiHHonschaftUehen UniversitJUsvorlesung
(.lectiü Pliniana"). wie dies bei Günther (Jakob Ziegler. ein Inis f ri^< Imt
(H'ognipi) und Mathematiker, Ausbach lb9U. S. öäll'.) sich im eiuzolneu
dargol<>f?t findet.
Es darf hier als bekannt augenuwmen werdon, das:* der Terminus
.Meteorologie" bei dem Stagiriten etwas anderes, nftmlich etwas ungleich
allgemeineres bedeutet als in der Gegenwart, welche darunter gans aus-
schliesslich die Lehn» von den VerÖn<lerungen der Atmosphäre vpri*toht.
Aristotf'Ies zng' tnu h ein»' Meuir*' luiderweitcr iVoblonio der kosmischou
und tfiri'.-Jtiisclifn Phvwik herein (s. die Iniudtsanidyse hei A. Holh'r.
(ieschichre der Physik j von Aribtotide« bis auf die neueste Zeit, I. liund,
Stuttgart 189:2* 8. (>9ff.).
An Kreas schreibt der Herauegeber im Eingange seines Wericea,
er halte es (ttr Überaus nützlich, der Jugend einige Kenntnis der Uete-
orologlt' und Kusinographie beizubringen; dunn kttnne diosellte sich troIiHch
jindoren Studien zuwenden. l'nd Aristoteles gebe auch hielUr den
sichersten Führer nh „Inter ejus opera meieondogica parapiira.si.s nostris
adulusceutibus coniniudior vi.su e.st. i|ua inibuti :id philo^ophiae atudia
ferventius asd^ndaiit"
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d. Geographiaeher Unterricht an einer Narnberger Mittelsehule etc. 15
ihr aeine UOrer auszubiLden, war ihm Herzenssache, und die Slittel,
deren er sich zu dem Ende bediente, können, wenn wir uns an
seine Stelle Im Qeiste zurttcicversetzen. nur unsere volle Billigung
finden.
Ursprüii^ilich hatte der Lehrer Exemplare für sehie Schule aus
Köln beziehen zu können ^ehottt. allein da man ihn dort im Stiche
Hess, so ging er daran, selbst ein Buch zu schaffen, das den
Schülern in die Hand ;,'»M;eben werden konnte. Er legte die
lateinische Paraphrase des Faber Stapulensis*) zu gründe, liess
deren einzelne Kapitel wörtlich abdrucken nud fügte zu jedem aus-
führliche, erläuternde Bemerkungen hinzu. Den Text liess er aus-
wendig lernen; der Kommentar wurde im Unterrichte selbst
kateehetlsch durebgenonunen.*'') Die Ueberzeugung. dass die junge
Welt bei solchem Schulplane nicht blos, wie sonst so oft. blosse
Worte, sondern die Sachen selbst lerne, war fttr Oochlaeus eine
feststehende, und er unterliess es nicht, diese Art von Schul-
betrieb derjenigen, mit welcher er selbst Belcanntschaft gemadit.
hatte, als die bessere, fortschrittliche gegenüberzustellen.^ Liest
man den Kommentar durch, so vergewissert man sich darüber, dass
man aus demselben neben so manchen Fabeln und Ungereimt-
heiten, von denen sich eben damals auch der Beste nicht zu
M Jacqu<»!< Lefevre D'Etaples (I4.">r» IVnfot*9or in Paris, galt um
jene Zeit für di^n ersten unter den zahiieich vorhandenen Erklärern der
ariatotelieehen Orandbücher. CoehlaeuB rtthmt eeine Faraphraeen, welche
also nicht etwa bloa den Urtext in anderer Sprache sklavisch wiedergaben,
t*oii(!('rn gleichzpitig ersterfn flOs^i^ niuchon und bis zu einem gewiss^Mi
(»niilc den SchiOion vorailii'itcn sollten. Das ParaphraslonMi stollfe ein
Mittelding zwisclK ii rduTsi-tzcn und KomnuMitleron dar. r('l)rigons war
Fuber nicht grorudc Drigineli, sondern hielt bich an die Vurarbuit deä
Hermolaus Barbarua, der selbst wieder aus Themi«tius geschöpft: hatte.
^) .^uapropter", sagt Cochlacud la. a. ü.). „nului in commontario
toztiw inateriam rcpetere, satius fore arbitratus, adolescentes textuni
addiscere (qui et elogans «alt et Aristotelis sententiae ftdelis onsertor), t|uatn
nuilta verbortiin circuitiltione ipsos defatigari mcmoriamquo corum a textu
distrahi."
') Vor dein zweiten Buche der uns hier beschäftigenden Ausgabe ist
<'in WidniungsM^-hroihen an f'irckhoynier abgedruckt, worin C'ochlaous seine
AutichauungiMi über Erziehung und Sclmh' ni«'d«>rgelegt hat. «Dcdit nubis
deiis, siniul recta cum religione, clciuentiuäque olim coelura, inuUiusque
ingenlam (quod facile ex artificiis variisque Germanonim invpntls perpendcre
lirebit), »oii longa adhuo nobis est puoritia. tenera oducati». sera et quideni
barbar» litterarum educatio."
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16 Iftttelhtiigen d. Get. t deutsehe Brriehungs- u. Schnlgesch. vn.
emanzipieren imstande war« auch recht viel gutes und nQtKliches
lernte.')
Was nun ffir die Geschichte der ausübenden Pildagogik von
sehr hoher Wichtigiceit zu sein scheint, das ist der Umstand» dass
man aus den eigenen Angaben des Cochlaeus einen deutlichen Ein-
blick in den eigentlichen Unterrichtsorganismus erbftlt Welche
Leitfftden dem Lehrgange zugrunde lagen, wie deren Inhalt der
Lehrer zum Eigentume der Schaler zu machen bestrebt war —
darüber erfiUiTt man im ganzen Mittelalter nichts absolut zu-
verlSssiges, vielmehr ist man durchaus auf mehr oder minder
plausible Vermutungen angewiesen. Hier jedoch, da wir uns an
der Schwelle der neuen Zeit befinden, bekommen wir endlich ein-
mal klaren Wein eingeschenkt. Wir erfahren, welches Buch als
Kompendium in der Schule verwendet wurde, wir erfahren auch
weiter, wie der Lehrer in seiner Klasse yerführ, was er als
Memorierstoff auffasste, und was er für disicursiven Unterricht auf-
sparte. Jedenfalls leuchtet auch ein, dass die Methode des
Cochlaeus einen ganz erheblichen Fortschritt gegenüber dem for-
malen Brill signalisierte, unter welchem in der Mehrzahl der
Schulen die Knaben seufzten.
Mit der physiachen Erdkunde sollte nun aber auch die Geo-
graphie selbst Hand in Hand gehen. In früher Jugend diesen
gewaltigen Bildungsstoff nicht kennen gelernt zu haben, bedauerte
unser Schulmann nachmals gar sehr.^ Wie könne man Geschichte
') In erntete Katpgorio ^'«'bört z. B. das Marchon, da^x boi Frosch-
odtT Wurmrog'iMi dii' hoti «'ticiuii'n Ticio «Itirch die „Genfratio spontanea""
entütaniien sfifu. BeachteuHweri dugt.'f^t'n int, wa«, angeblich im Anschlusae
an PosidoniuB, von jahrlichen, monaütchen und täglichen (iexeiten au»-
gesagt wird. Binen gsnz modern phyatkaliachen Geist atmen die Er*
ürtcningeii Ober die £(esiehungen zwischen Bewegung und Wiu-me (a. a. O.,
Kol. X. 1). Kaihdem von der Wärmeerzeugung dun li die Bcw«'j>:ung der
Hiniinelflk<\r]»er die Rede geweüt'H war. fahrt der Koiimit ritator Ibrt: „seil
et alii motuä iocules caiel'activi sunt. Quod muitiä »ane constat vx-
perimentie. Prirou plumbum »agittae velociter einieaae liqueMit ....**
Aehnllchea iat Ja auch von Bleikugeln, die hart auftreffen, bekannt.
*) Aus der Widmung der Pomponius Heia-Ausgabe: »Bgo certe geme-
bundus plerumque efTu^is etiam interdum la^rimis nM ordnr jacturom illam
et temports et Btudii, quam in tenoris annis ]>a?«3tis stini. dum vnlfrari i»i-
veterataque imbuerer barbarie legeronn|u«' puctariini carmina sini« priacipits
tum Grammatice tum Geographie. Credo equidem, Geographiam id esse
historicis, quod Sd est mundo. Hie lucem praebpt rebus, Ilia seriptoribus
fidem, legentibu» InteUigentiam. Hujus Inmine conspiciuntur eolores rerum,
Ullus dpscriptione cernnntur res gestae. Hujus dcnique praesentla Jukunda
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8. Geo^aphUcher Unterricht au elaer NOmberger Mittelschule etc. 17
und Mythologie treiben wollen oime ein fjtnvisses Mass geographischen
Wissens? Uns ist kein Autor bekannt, der mit so nachdrücklichen
Worten die Bedeutung der Geographie als «mikt <:cPRchiclitli«hen
Hilfswissenschaft ins richtige laicht zu setzfn bemüht ^oweseii wäi»*.
wie eben ('ochlaeus. Aber, so werde (Mn<?eworfeii, die Sache sei
zu schwierig für AnfTingor. Ja, wnm man freilich die Lehre nicht
auf Anschauung begiiiu dt' . daim möge sie schwif-rii; sein: alx-r man
habe ja die Mittel, durch diese, durch stete Ueiziehmig der Karte,
dem noch unzureichend geühten Vei"st{lndnis iiachzuheifen. ') Uns ist
nicht bekannt, ob irgendwo anders dieses niodorne ( Jiundpriuzii) ri<!-
kundlicber Didaktik wie es sich in den obigüu Sat/en anssi)iichi,
vor Cuelilarus srliju gleicli bestimmt zur (reltung .i;el)i'aciit wurden
sei; wenu aber nicht, so gel)iibit ihm ein Ehrenplatz gleichmassig
in der Geschi< hte der Geographie, wie in derjenigen der Erziehungs-
kunst Die Ntiniberger LateinschUler hatten das Glück, Land-
karten, die damals wahrlich ein seltener Artikel waren, vorgelebt
zu erhalten; 2) ja wenn wir eine andere Stelle richtig verstellen,
so blieb es hn i l - i nicht, sondern es wurden sogar l'ebimgen im
Kartenzeichnen \ n[ L^i iiommen.'') Das alles ziisainnn u kann wohl
so vollständig zur ik'kriifliguifu' uiiserer P»ef);(n|itum,' übci- die eigen-
artige Stellung des Cochlaeus dienen, dass wir auf weitere Aus-
führung zu verzichten ein Hecht haben.
fiunt nunicrosa opera, IIUuhi noticia jucundiHsinui lostoriai loii lectio.- Zahl-
reiche Belege werden aus heiliger uud pruiunor Ueächichto beigebracht.
Aristoteles» Ptolemaeus, Plinius, Strabon, Solinus sind Zeugen d»fllr, wie
innig Geschichte und Geographie In einander greifen. Und e1>endft
schreibt Cochlaeus an Pirckhcymer: ..Siayphi rotat saxuni, qui aut poeai
ant historie aine cosmographia ullam impendit operain.*^
') „Si qul causentur, Javencutos primis litteraram rudimentiä initiatos
hanc lectionem rapero no» J>o)^^^o, üiomineriiit, (puioHo. Hnbjr»ct;iiii luijiis
aitia memuriam sciidütilem e^be otiiiK'iu, iiilcU'M f ma perindo diücipulorum
facile posse juvurl et lideli praeceptori» iostriictionc, et oculari locurum
demonstratione impressa.**
Hier iährt Cochlaeub turt: ..Mihi prut'ecto tres in eum uäuiu mappae
asservantur, due Scripte^ et wia impressa.*' Wie schade, das« eine n&here
Maehricht aber diese — wahrscheinlich einer der schon vorhandenen
Ptolemaena-Ausgaben entnommenen — Landlcarten nicht aufzufinden ist!
") In der Einleitung zum „Quadrivium grammatices*^ (s. o.) beg^nen
uir den nachstoheiidon Worten: „Siquidem ex oosiiiographia praetor
regiomim »itu.-^ dulic<"'Hi' nonmilli imuuH muppas circulia efforniuro
justaque proportiotie dupiiigcro.' Ii» wurde somit aut geometrische Karten-
Zeichnung bedacht genommen.
WtU'ii. d. Ges. f. dUi4.lj. Erziuli.- u. Si-liulfoseli. VII l (H;ki orß-Hefi> lf<«7. g ^
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1 8 MltteHungeiL d. Gea. t «teatache Eniehungs- u. SchiügeMlk. VIL
Als der passendste Schrifteteller ftlr seine Zwecke erschieu
dem Lehrer der Römer Pomponius Mela. den er urtfimlich in die
Zeit J. Oaesais verlegte,^) der aber tiiatsäciilich bereit« der ersten
Kaiserzeit angehört hat Ihm schreibt Cochlaeus Kttrze der Dar-
stellung und einen guten Stil su, und darum empfehle er sich
speziell fttr die ScbullektOre.^ Weil auch in diesem Falle der
Buchhandel dm Zwecken der Schule nicht genOgend entgegenkam,
entschloes sich deren Vorstand auch wieder zur Besorgung einer
neuen, selbständigen Ausgabe, für welche ein Venetianer und ein
Pariser Druck, letzterer allerdings erst nach Beseitigung zahlreicher
ihm anhaftender Unrichtigkeiten, die Grundlage bildeten. Aach
war mit der Herstellung eines brauchbaren lateiniscben Textes
noch keineswegs allen getban, vielmehr bedurfte Mela, wenn er
zum Schulbuche werden sollte, zweier sehr notwendiger Ei-gan-
Zungen. Die eine derselben bestand in den mathematiBc h^. <igra*
pbiscben Grundlehren, auf welche das Original yerzichtet hatte;
die andere war geboten durch den Umstand, dass der alte Römer
von Germanien so gut wie gar nichts sicheres gewusst hatte. Den
deutschen Schulen durRe jedoch Kenntnis ihres Vaterlandes nicht
vorenthalten werden, und so unternahm es der Herausgeber, eine
imangenehm empftindene Lttcke auszufüllen. Es ftel dies schwer,
weil selbst in dem blicherreichen NOmberg nur wenig einschlägige
Litteratur zu beschaffen war; selbst die Werke des Celtes konnten
nicht aufgf trieben werden.^ Gleichwohl brachten Fleiss und Hin-
gebung eine ganz anerkennenswerte Leistung zustande.
Der Abriss der astronomischen Geographie*) ist kui-z, genügt
aber den an ein elementares Schulbüchlein zu stellenden Anfor-
derungen. An der Spitze stehen zwei Beweise fttr die Erdrundung:
die von der Bewegung auf der Erde abhängige Erhebung eines
bestimmten Sternes Uber den Horizont und die bekannte, von
>) Ein andere» mal iieisst es von dickem SchriftoteUer, derselbe habe
„öub conaulibua" gelebt.
^ „Geogruphiam Pomponii Melae"'', so redet Cochlaeus .seinen Gönner
un, ,jajn pridcu uoätrud docere adolescentea animum uidusi: prueäta»'
tlflsime D. BiUbalde: ob pluiimas sane maacimasque (qua» prae ae fert)
utilltatos." Wir tasten auch von d< n lateinieeheu Geographiebttchem,
und ein solchea mumte gewählt werden, kein brauchbareres za nennen.
^ Otto, a. a. 0.» 8. 27 ff.
<) De qulnque zonia Tenre eompendium Jo. Cociei Norici in Geographiae
introductorium in X capitibua conflatum.
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9. Geographiacher Unterricht an einer NOrnberger liitteisebule etc. Id
Aristoteles vorwertcle Erscheinung bei partielJen Mondfinsternissen. ^)
Es foK't <lie Definition <ler — nicht gehörig auseiuandergehaltenen
— Paralielkreise und Zonen. 2) wobei darauf hingewiesen wird,
(lass detn hfkaniiten Erdj^ebiete die Chlaiiiys-Oestnlt zukomme.
Kontinente giel»t (^-.s drei. Die Erdobei'flache wird ferner in Klimate
zciIp'j:! (_|iliires purallcli quam flimata"). Dann geht der Autor
zur Polhöhe üIh t. dir man ihm zurol<;p dadurch am leiclitesteu be-
stimmt, dass nijin an einem der beiden Aequinoktialta^i^e die Mittaj^-
höhe der Sonne misst und von ihr das Komplement nimmt. Am
Aequator ist die Polhölie gleich Null. Nachdem dann noch der
Möglichkeit, die Entfernung zweier Erdorte aus deren geoifraphisclien
Koordinaten zu berechnen, kurze Erwähnung getlüui ist. wird die
Einteilung der liiuuuekkugel besdiriebeu imd ander beigegebeueu
Figui' erläutert.
Hieran jedoch reiht sich ein Abschnitt, der, soweit unser
Wissen reicht, in dieser Form in keinem frühei-en Lehrbuche zu
finden sein dürfte. Dies ist eine geographische Terminoiogie,
eine Erklärung der wichtigsten, dem Lernenden unentbehrlichen
topischeu Hegrifle. Die Worte, deren Sinn angegeben wird, sind die
folgenden: terra, territorium, regio, regnum, provincia, ducatus, uatio,
gens, populus, plebs, urbs. civitas, emporium, oppidum, castellum,
vicus, pagus. Villa, casa, tugurium, mons, Collis, clivus, rupes,
Vertex, vallis, convallis (.Thalkessel" nach Varro). fauces. campus.
ager, rus, arvum. pratum. pascua. silva, lucu.'*, saltus. nemus. vir-
gultum, fons. rivus, flumen, torreus („aqua cum impetu venieus"),
gurges. amnis. fluctus, ripa, fontes. ostia (Hinweis auf Nil und
Donau), vadum (Untiefe), lacus, stagnum, j)alus, lacuna. eisterna,
Piscina, therme, lialnea, tnare, oceanus. aestus. fretum. Euripus,
liosphorus (Biel), pontus. iitus, agger, ora. chersonnesus, isthmus,
Promontorium, peninsula, insula (der Flussinseln wird besonders
M Die betreuende Stelle ist freilich bo kurz }^<'fa>»st, d:i?*j* »dinf das
Zuthuii des Ijehreru wohl keni Schüler dcii'n wahre iSrdcutuiig gela.«*8t
haben würde. Cochlueuä aclurcibt nümlich: „Luimque ürbiculaiiter recipit
Ittmen a Sole prupter terrae rotunditatem biterpositam.*'
') Hier üiül uucli ein kui^ea Wort ab für die Neue Welt („Zonu in-
ogiiitft")i von der man aber noch zu wenig wiwe, um in ihr ein geogra-
phiBChea Forsehiingsobjekt anerkennen zu können. Als Entdecker güt auch
hier Amerigo Vespucci und nicht Columbut«. Das war im beginnenden
XVT. .Ttthrhundnrt die durchgangige und. wie Elter (De Henriro (llareano
geogruphü et iintiquit<»ini!i forma „Americae^* commentatio, lionn 1H9G,
Sp. 21 fl) des näheren erörtert, mit einem gewisaeu Rechte gehegte Ansicht.
2* r
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20 Büttoilangen d. Ges. f. dentaelie EnidbungB- u. Bdnügefteb. VII.
gedacht). Man wird in diesem Verzeichnisse ein gewisses Strel)en
nacli Systemalil< nicht veri<ennen wollen. An der S[iilxe stehen
Begriffe der politischen (teographie. und weiterhin wird zu solchen
aus der physischen Geographie übergegangen. Da haben wir
obenan das Festland, dann das SQsswasser, das Meer und end-
lich die WechselbeKiehongeQ zwischen dem festen und flüssigen
Elemente.
Auch die kui-ze I rh« rsi» ht über Deutsclilund darf nicht im-
bpHprochon bleiben. IHc Kaititeleinteilung ist die.se: 1. Gerniania
bei tk'ii Alt) Ii: '>. \'»'?iuitierungeii infolge der Völkerwanderung:
3. l)as ge-j»'rnvi(rlij;L' IJciitschlaud. -) »eine Grenzen, Flüsse und Ge-
birge: 4. l)t'lailbcscfin-il'n!ii' \uii Xfinilierg (mit sachkundiger
Rück.sichtn-tlime aul' Kuiisi^cscliicliU'j: 5. der Süden; 6. der Osten;
7. dei' NurdtMi: 8. (hn- \V»'sten. Die UnvoUständiL^lvrit seiiM>r Dar-
stelliiiiir, welche iiiiiii^rii.s niciii oo srliliiiiui ist, Mjsvie den luiiner-
hiu etwius rauhen Stil uatschuldigt Cochlaeus mit Zeitmangel, bedingt
durch den l'uterriclit und die Notwendi^rkeit. den musikali.«<ehen
Hebungen viel Fleiss zu<iuweude!) ; audi die Auyarbeiluiig des
Kommentares zur -Met^reoiogie" (s.o.) habe viele Arbeit erheischt.
Bei alledem verdient der Maim, der unter Hchwierigen Verhält-
nissen SU viel tüclitiges schuf, unsere volle Anerkennung, uml da.ss
ihm diese noch mehr als bisher zu teil werde, dafür sollen eben
diese Zeilen ihren Beitrag leisten. —
Mit dem Wegzuge des Cochlaeus verfiel auch sein Werk. Er
selbst stürzte sieh in den Strudel der religiösen l^lemik, welche
die besten Köpfe dieser Epoche so ausschliesslich in Beschlag
nahm, und Icehrte auch nie mehr zur Jugendbildung zurück. Seino
Heia-Ausgabe zierte der uns bekannte Chelidonius mit einem Nach-
worte, an dessen Schlüsse er dem Freunde zuruft: ,Perge igitur
et quem ex Geographiao flosculis legisti in conununem legentium
fac redolere odorem." Der so Qemahnte ist diosem wolilbegrün-
deten Kufe nicht gefolgt. Aber uuvei'gessen soll ilim bleiben, dass
er der erste gewesen ist, welcher an einer d<'utschen Mittelschule
der Geographie eine mit den dui'ch die Ue herlief erung dort
*) Brevis Gennanie deecriptio tum a rebus gestis, moribttaque populo-
nim tum a locoram situ: ab eodem J. Cochleo octo rapitlbus digoBta.
*) Bic nicht ohne einigen Natlonalatolz dahhiachreltende Schilderung
verweilt mit Vorliebe bei großen Erfindungen des deutschen Volltes, so
bet der der Feuerwaffen.
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8. Geographiicher ünterricht an einer Nontborg<er Mtitelschule ete. 21
heimisch gewordenen Ffichern gleichherechtigte Stätte zu bereiten
bestrebt var.
') Loider mm» dto an Hich nahe liegende Hoffhnng, du»H ilor auf der
Njirri'l)i'rp:r»r Stadtbibllotliok ;Mintpwahrto iinfjodmckto Rricfwcclisrl d<»s
C'üi liiuouH noch woiterc Dokuuu'iiUi Tür «eine diduklisihi* Wirkbüinkeit
enUmlten uiüge, aufgcgebeu worden, nachdem die Herren i^tAdtarciiivar
Hununenhoff und Dr. Reicks dae ganze Material vergeblich nach dieser
Boito hin durchflucht haben« wofttr ihnen der Veifaeaer an diener Stelle
vnrbiiunichoii Dank auflzuHprechen nicht unterlasHen m'^rhtn, Golda^t hat
in sein Work (V. IlluHtriH Bilibaldi Pirrkheimeri opera itolitica. htHtorica,
philulogicu et epistolica, Frankfurt ii. M., S. 327, S. ÜU.) tl) lediglich die
uns bekannten WidmungHepisteln aufgenommen, soweit ea sieh um di-
daktisch-geographische Dinge handelt. Gans gering ist anch die bei
Heumaiui (Documenta literaria varii argumenti ad lucem prolata, Altdorf
17.')S> zu hob'iul«' Aushour«'. Abgcr^clicn davon, ilass in den hier wleder-
gegebenf-n Briefen de« CocIilaouH an Pirckhcyini'r die Klag^rn fthrr das
vlelo unnütze Zeut^. welchem die Studierenden in »ich autnehnien müasten,
uns nicht selten begegnet, erhellt nur aus einer einaigen Btelte, dass der
junge Hoftneister auch In Bologna noch seinen Zö^ingen geographische
FrivatiRKima hielt. Im M.'lrz 1517 «chreibt er nümlich (a. a. O., 8. 15 des
eif^oiitlichfn Textes): ,.l)io!)Uf* fi'fäfifi jam Pomponinm Molam (A^ »um lec-
tiirus/- Ferner reproduziert Heumunn (a. a. 0.. S. '\ ff.) die zwinchon C'ochlaeua
^auch j.Vendelstein") eiuerrteiiH, Kress und Tetzel andererseits erwachsene
Konrespondena über die Besetsnng des Nttmberger Rektorates. — Dem
Geographen Cochlaeus sucht flbrigene auch, wie anhangswelae bemerkt
sein möge. Doppelmayr (Historische Nachricht von den NOmbei^schen
Mathernnticis und Künstlern. Nfirnberj]^ 1780, S. 52 tfJ einifjerniaffen gerecht
ssu w«^rdt!n, ohne jedoch irj^endwie tiefer in die Sache einzugehen, lieber
die licziehuiigen des Cochlaeus zu Pirckcheymer orientiert trefflich
R. Usgen (Wüibaid PIrckheymer In seinem VerhBltois sum Humanismus
und cur Reformation, HittelL d. Ver. f. Gesch. NUmbergs, 4. Heft, 8. 156ff.)
r
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22 Mitteilungen d. Ges. f. df »tsclie Erziehungs- u. Schulgosch. VII.
4.
Die Bezlehiin^eii Philipp MelaDctithons m Bayern
uacli Ii. Uartfelde]*s Mclaiiehthoii als rraeceptor
Gerinuiüae.
Die 400j&brige Geburtstagsfeier Philipp Melanchthons (IG.Febniar)
hat von nouem die Kiinnerung an den Fraeceptor Gormaniao warb-
gerufen. Es kann nicht Auftrabe unseres Rayernheftes seio, die
grossen und vielseitigen Verdienste dieses seltenen Mannes nni die
deutsche Schule darzustellen. Unsere Gesellschaft hat übrigens im
Band VII der Monunienta Germaniae Paedagogica durch den leider
zu früh verstorbenen treft'li( Ihh llartfelder dieso Aufgabe in uin-
fasseader und giündliclier Weise lösen lassen'). An der Hand
dieses Werkes wollen wir in unserem ßayernhcft« die BeziehuDgen
darlegen, welche M. sum Bayemlande in seiner jetzigen Abgrenzung
gehabt hat.
Da ist zunächst zu erwähnen, dass Pallas Sjmngel (8. 18 — 24)
aus NeusUidt a. IL in der bayerischen Rheinpfalz, sein liebster
Lehrer in Heidelberg gewesen war. Er hat einen gro8S(»n Kinfluss
auf den jugendlichen }>\. ausgeübt, l)esondcrs durch seinen per-
sönlichen Verkehr, da M. als Zögling bei ihm wohnte. ...Spangel
ist dadurch eine so charakteristische Persönliclikeit, dass er
typisch ist für das Verhältnis der Univei-sitrit zum Humanismus
um diese Zeit. Aul"» injiigste befreundet und verbunden mit
Humanisten, die ihn zum Teil als ihren Lehrer hoch verehren,
steht er doch ganz in der altkirchlichen Weltvorstellung. Er
ist tüchtiger Schohustiker und bekennt sich zum System der
Thomisten. Die , neuen Wissenschaften" sind ihm blos ein
formales Büdungsmittel, und das bessere Latein, das er von Agricola
*) Philipp Melanchthon als Proeceptor GernuuiiAe. Von Dr. Karl
Hartfolder, Professor am Gymnaeium in Heidelberg. Bortin, A. Hofmaiin
& Comp. iSSy. ^MonunuMitii (iormauiae Paedagogka. Schulordnungon,
t^chullȟcher und ]>:iiia^^(>;;iich'' Mi.-^i nlluneen aus den Landen dinitscher
Znnp^P. riitt r Mitwirkung einer An/. iiil von Kachgelohrton hen»UrtK<>pct)en
von Kurl Kehrbuch. Band VII.) Lex. XXVIII, (ib7 [IJ S. M. 20,0ü.
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4. Die Beziohungen Philipp Melanclitlions zu Bayern etc. 23
<^el^*mt. hat. ist ihm nur ein Werkzeug», um die Lehren der Kirche
diin h ein jinsprorhenderes Gewand den höherni Anfordenin»^» ti der
Go^onwarl ont8prechender zu machen. Dabei bleibt er eine erfreu-
liche ErHclieinung, als ein ßittenrfiiier. edler nnd aiifopferungfifahiger
Kleriker in seiner Zeit, da die Klagen über die Schäden der Geist-
lichkeit ganz allgemein waren."
Don bayeiischen Boden l)etmt M. zum ersten ilale (8. 62— «54),
als er im Jahre 1Ö18 nach Wittenberg aufbiach, um sich in Augs-
burg dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen vorzustellen, der ihn
aui (ion erbotüüeü Vorschhig Hcurhlins als Luiirer des Griechischen
nach Wittenberg berul'en hatte. liier in Augsburg wurden ver-
gebliche Vorsuche gemacht. M. für die blühende Universität Ingol-
stadt zu gewfnnon. v.uliin ihn auch Kourhlin später zu ziehen sucht«,
um ihn ^von dem überwältigeudeu Eiullu86e Luthers zu befreien."*
(Ö. 105 108.)
Auf seiner Weiterreise bei-ührte M. Nürnbei^ (S. 131 13ö).
wo er mit Willibald Pirckheimer Freundschaft schloss und Christoph
Schourl persönlich kennen lernte. Mit Pirkheimer, dem kla.s.si.stiii
gebildeten Gelehrten, ., ausgezeichnet als Jurist, Staatsmann. Kedner.
Historiker, Ueberseteer, sogar als lleerfühi-er, - hatte M. schon von
Tübingen aus Verbindung gesucht. Der vornehme Mann hatte Ge-
fallen an den Huldigungen des talentvollen Tübinger Magisters und
erwiderte in einem höchst freundlichen Schreiben, sodass M. Ver-
langen und Mut hatte, ihn persönlich aufzusuchen. Obgleich
Pirckheimer bald Anstoss nahm an «der demokratischen Art, wie
das ^Evangelium" in Nttniberg flieh Äusserte** und deshalb aus einem
b^eisterten Anhänger Lutheis ein Gegner desselben wurde, hielt er
doeli mit M. trotz der Verschiedenlieit ihrer religiOeen Ansichten
FreundaGhaft und ,die Qemeintwmkeit dea bumaniatiBehen Inter-
68868 hat sieh starker gezeigt, als der treonande religiöse
Hader." Im Jahre 1525 wandte aidi der gefeierte Humanist mit
achtungsvollem Vertrauen an M. um Abhilfe des unwürdigen Ver-
haltens Evangelischer in Nürnberg. Zwei Sdiwestem Piickheimers,
darunter die berOhmte Charitas, die Freundin Celtis« waren Nonnen
in einem Nflmberger Kloster und mnssten alle die „Verleum-
dungen, Verspottungen und Schmähungen" ertragen, welche den
standhaften Nonnen, die nicht aus dem Kloster weichen wollten,
von der evangelisch gewordenen Bevölkerung bereitet wurden. Als
Charitas hOrte, dass M. w^gen der Schule, welche Nürnberg zu
gründen gedachte, dorthin zu kommen beabsichtige, gab sie ihrer
Freude darüber Ausdruck, da sie schon Iftngst von ihm gehOrt
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24 Ifittettungen d. Ges. t deutoehe EndeliuiigB- u. SchulgMcli. vn.
habe, dass er ein ganz ledUeher. ebreniveiter und lauterer Manu
sei, der die Gerelchtigkeit liebe, imd dass das Vorgehen der Evan-
gelischen von ihm nicht werde gebilligt weiden. M. kam und
suchte in Begleitung des Ptlcgors NQtzel Charitas im Kloster auf;
er hatte eine lange Unterredung mit ihr» Ober deren Inhalt das
Tagebuch der Nonne Nachricht giebt
»Welchen tiefen Eändruck.der damals noch nicht 80 Jahre alte
humanistische Gelehrte auf die fast 00 Jahre aite humanistisch
gebildete Nonne machte* hat dieselbe offen ausgesprochen: «Wollte
Gott, es wäre jedermann der Bescheidenheit, wie Herr Philippus,
hoffen wir, es sollt viel Dings unterwegen blieben sein.*
Christoph Scheurl (S. 135 - 139), deu er bei seinem «M-8ten Besuch
Nürnbergs gleichfalls aufsuchte, gehörte einer angesehenen und
begüterten Familie Nürnbergs an. Langer als acht Jahre hatte er sich
in Bologna dem Studium der Jurisprudenz gewidmet. Kaum nach
Deutschland zurückgekehrt, wurde er als Lehrer des römischen
Rechts an die neu gegründete Universität Wittenberg berufen, wo
er aber nur bis 1512 blieb, da er als Rechtsbeistand in den Dienst
seiner Vaterstadt Nttniberg trat. In dieser Stellung verhante er
bis zu seinem Tode. Auch er begrüsste das Auftreten Luthers mit
grosser Freude und trat mit M. in briefliche Verbindung, die von
unbegrenzter Hochachtung Scheurls für den jüngeren Gelehrten
Zeugnis giebt.
Es war ein lebhafter Verkehr, da in jener Zeit beständig
Nürnberger PatrizieisOhne in Wittenberg studierten, die sich gern
durch Empfehlungsschreiben bei ihren Lehrern einfllhrten« und da
die Wittenberger Gelehrten vielfach genftt^ waren, aus Nürnberg,
das ein Hauptmarkt fUr Bttcher war, ihre Bücher zu beschaffen. So
Hess sich z, B. M. durch Scheurl eine griechische Bibel von den
bekannten Buchhftndlem Koburger kommen. — Nachher schloss sich
Scheurl den Gegnern der Reformation an. Entfiremdung trat ein.
Die verschiedene religiöse Anschauung zerriss das Band der ehe-
maligen humanistischen Freundschaft.
Mit einem anderen bayoriHchen Gelehrten, Johaniutj Tminair,
nach seiner \'aterstadt Abensberg Aventiaus gtMiaunt, liuL M.
später ebenfalls iu wissenschaftlichen Verkehr (S. 144 — 145).
Aventinus. «der Begründer der wissenschaftlichen deutschen
Gesctiichtschreibung, der „bayerische Uerodot" hatte in Ingolstadt
^) Heniug. d. C. HOfler, Bamberg 18l»2. (QuaUeiiB. f. firBsk. Geach.,
Bd. IV.) Vgl. Dr. Bhider, CharitM Ph-kbeimer, B. 2001
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4. Di« Bedehungen Philipp MelauehthODS zu Bayern etc.
25
und Paris und auf veitm Reisen tüchtige Kenntdsse gesammelt
und wurde 1509 Enieher der bayerischen Herzöge. ^Später wurde
er- zum ^bayerischen Oesciuchtschreiber" ernannt, in welcher
Eigenschaft er seine historischen Werlte verfasst hat, die in Methode
und Soigfalt an die Gesehiehtschreibung unseres Jahrhunderts er-
innern. Er gehörte in Regensburg der evangelischen Gemeinde
an. In einem Schreiben, das als «literae amantissime scriptae" Ton
M. bezeichnet wird, teilte er diesem mit, dass es seine Absicht sei,
Bayern su verlassen und sich in Sachsen einen Ort für seine
hislorische Th&tiglteit zu suchen. M. aber gab ihm den Rat, diesen
Plan nicht auszuführen, vielmehr einen Antrag des Bischofs von
Salzburg anzunehmen. Infolge davon blieb Aventinus in der sttd-
deutschen Heimat. »Keine Angabe ist vorhanden, dass ein regerer
G^ankenaustausch in der letzten Zeit zwischen den beiden Mtbinern
stattgefunden liat, obgleich M. ebenfalls ein sehr entwickeltes
historisches Interesse hatte."
Eine hervorragende Thatigkeit entfaltete M. als Organisator
und Reorganisator verschiedener Schulen (S. 489 — BBS), Bas
südwestliche, mittlere und nürdliche Deutsclüand begehrt von dem
berOhmten Ifanne Rat, bittet um Lehrer und Professoren, die er
ausgebildet hat, führt seine Lehrbücher der griechischen und
lateinischen Grammatik, der Rhetorik und Dialektik, der Physik
und Psychologie, der Ethik und Dogmatik ein, die bis ins 18. Jahr-
hundert hinein dem geleiirten Unterricht auf den deutschen
Universitäten und Schulen als Grundlage dienen. In dem grifesten
Teile Deutschlands werden die höheren wie niederen Schulen nach
seinen VorschiSgen umgestaltet So fasste auch der Rat der Stadt
Nürnberg (S. 601 if.) am 17. Oktober 1524 den Beschluss: »Sofern
man Herrn Pliilipp Melanchthon zu Wittenberg bewegen lEann, dass
er sich mit seinem Anwesen her gen Nürnberg thun wollt, soll der
von wegen seiner Ubermassen Schicklichkeit und Kunst der Stadt
Kmder zu lernen angenommen und zu seiner Unterhaltung
ziemlicher Weise von gemeiner Stadt besoldet werden. Zu den
imtgliedem des Rates gehörten damals Lazarus Spengler, ein Freund
der beiden Wittenberger Reformatoren, und Hieronymus Baumgartner,
ein Schüler Hs., .ein tüchtiger Gelehrter und Staatsmann, der Ver-
treter seiner Vaterstadt auf den Reichs- und Religionstagen, der
Förderer des Schulwesens."
Man beabsichtigte in Nürnberg eine »obere" Schule zu gründen,
welche den Unterricht der bereits vorhandenen Lateinschulen ab-
scfaliessen und zugleich direkte Vorbereitungsschule für die Uni-
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26 Ifitb^ung«!! d. Gei. f. deutMdi« Br^ehuiigs- u. SehuIgCMcb. VII.
vorsität sein sollte; es sollte also die humanistisrhe Poetcnschiile,
für dir man Konmd Celtis s. Z. ver^eblif h zu trewinnen gesucht,
an der Heinrich Greniiiger imd OochlRus gewirkt, die aber nicht
recht hatte gedeihen wollen, in verbesserter Oestalt wieder auf-
gerichtet werden. M. sprach seine Freude über den Plan aus und
rühmte Nürnberg, dass es die Philosophen zu sicli einlade; die Be-
rufung aber lehnte er, auch einem zweiten Ansuchen gegenüber,
ab; er wurde trotzdem vom Rate ersucht, für I^hrer zu sorge n.
Für die ihm zugedachte Stelle empfahl er seinen Freund und
SchQler Joachim Camerarius, neben welchem Michael Hoting aus
Sulzfeld in Franken, der bekannte lateinische Dichter Eobanus
Hessus aus Erfurt und Johann Schoner') aus Karlstadt berufen
wurden. Im Frühling (23. Mai) 1526 wurde die Anstalt in den
Räumen des Aegidienklosters eröffnet.
M., der schon am 6. Mai. in KUmberg eingetroffen war, hielt
in Gegenwart der angesehensten Minner die ErOflhungsrede in
latdniseher Sprache, deren Inhalt Hartfelder au^Uhrlicb angiebt.
..Diese Rede, in der sich Religiositftt und Wissenschaft zu einer
höheren Einheit zusammenschliesseD, zeigt, dass der geistige Pfttron
der Schule im A^dienkloeter sich von den höchsten Gesichtft^
punkten leiten Uess. Darin lag auch Ton vornherein der Segen und
Unsegen der Stiftung beschlossen. Der ideale Flug des melan-
chthonisohen Geistes, der an die Möglichkeit der Verwirklichung
seiner Ideale noch fest glaubt, findet in seiner ungebrochenen
Parrhesie das glänzende Wort. Gelegentlich scheint er im Gesprüch
auch die Parallele mit Athen gezogen zu haben.**
Die Anstalt aber wollte trotz des , wohldurchdachten" Planes
derselben, den jedenfalls M. auch entworfen hatte, trotz der vor-
züglichen Lehrkrftfte, die für dieselbe gewonnen waren, trotz aller
Bemflhungen des melanchthonischen Humanistenkreises in Nürnberg
nicht gedeihen. «Wenngleich Melanchthon die Schule nicht aus
dem Auge veiior, so hat er doch nicht melir Anlass geftinden,
direkt in die Leitung und den Plan derselben einzugreifen.*" —
Schmerzlich mochte es ihn immerhin berühren, dass gerade diese
Anstalt in NOmberg nicht aufblühte, in dem gefeierten Nürnberg,
das er nicht allein in seiner ErOlhiungsrede, sondern auch als
Geograph in seinem Encomium Franciae, einer lateinischen Rede,
in welcher auch Bambei^ mit seinen obstreichen Gärten gerühmt
wird, als erste Stadt des damaligen Deutschlands preist (S. 307).
*) bthoener, vgl. oben B. 11.
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5. Bayertoehe Edelkii»l»enordniiii|p vom Jahre 1676.
27
5.
Bayerische Edelknabenordnunir vom Jahre 15 < 6.
Von Gjrmnasialprofeflsor Vr, Friedrich Schmidt in Mttnchen.
Id meiner , Geschichte der Erziehung der bayerischen WitAels-
bacher" ^on. Germ. Paed. B. XIV) ist zu wiederholten Halen Ton
Edelknaben die Bede* die seit den ftltesten Zeiten am bayerischen -
Hofe zu finden sind und teils als Gespielen und Lemkameraden
mit den Prinzen erzogen und unterrichtet wurden, teils besondere
Dienste und Verrichtungen am Hofe zu besorgen hatten. (Das
Nähere Iftsst sich mit Hilfe des Begisters leicht finden). Wie allen
Bediensteten waren auch ihnen gewisse Verhaltungsmassregeln in
Form einer Instruktion gegeben, wovon in zwei Kopialbfichem der
Egl. Hof* und Staatsbibliothek (cod. germ. 1962 und 1963) zwei
gleichlautende Exemplare aus den Jahren 1576 und 1729 erlialten
sind. Indem wir die Mitteilung der zweiten, Ungeren Instruktion
attf ein andermal verschieben, geben wir hier den Wortlaut der
ersteren wieder:
OrdtnuDg und Instmction,
Wasmassen meines Genedigen Fftrssten nnnd Herrn Herzog Wilhelmben in
Bajm etc., auch ihrer Frtl. Drtl. Gemachel £dl Knaben sich in derselbigen
Diennsten, anch gegen Ihrem von Ihro Frtl. Drtl. zuegegebenen Prftceptor')
verhalten sollen.
Erstlirhcn wartlicn zwccn Knaben stcots in Sr. Frtl. Drtl. Cammer
auf, (lennen ist schon ain stuntlt benennet, wann Syo 7,nm Dienst kommen
sollen, nnnd woill Svc :ilsn t'ospannen sein raflossrn, werden sye der
Lehrnnng nit könm n icdcr/.rit nblieren; doch solle Sye (irr PrUrf^ptor in
anderen fählen m Kürcheii, vor d<T Tafel unnd sonst sowolil als die
andern Knaben in embsiger zacht, aehtiuig nnnd gleicher Straff halten.
Zam andern sollen die Knaben, sobaldt Sje aufgestanden, sich sanber
Waschen nnnd Ihr gebett, so Ihnen Ihr Frftee^r gegeben, fieisaig mit
') AIh ..der odoltMi KiKibcn Prrroptnr " mit t1 jMhrlirhnm (Johalt
wird in den horzugUch bayoriachen Holzuhlumtsrechnuugeu jener Zeit
Siegniund Fneas genannt. Bin Hann grlolchen Namens findet sich lö60
als deutflcher Schulmeister in MOnchon. (8. Daieenberger: Zum Schul-
Wesen Mün<',hen8 in den MitteUungen der Gesellschaft f. d. R u. Sch.*G.
I. B., 1. U., S. 56.)
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28 MitteOungeii <L Ges. t dentseho Bnciehangs- o. Schu1g«6ch. VIL
gebogenen Knyen verrichten. Das wöUen Ihr Fktl. Ditl insonderheit haben.
A1s<1ann mögen sye Ihr Suppen, doch zflcbtiger weis essen, darob dann
der Pracceptor auch onistlich sein soll. Darnach von standt an sollen sye
sich ttbersczen nnnd Ihren schrüflftcn unnd Lehrnnngon. was Ifinen der
Praorcptnr zaifrt, tlcissig aufwarthcn. drnisclben gchorsainblich folßen;
sdlli ii ahn bpy df>r T.phrnung bkibi ii Iiis mann das Ainbt will anhebon,
uiüiU kt'iiicr duvoü kuninicn bcy crii'^tlii lif'r Straff des Praorpptors. F!s
were danu, dass Ihre Frtl. Drtl. ain Fiüelif-Mess liüreu, sollen Sye auch
sambt dem Praeccptor alzcit aufwarthen.
Fürs Dritt*', »obaldt man das Anibt angefangen, solle sich der Prae-
ceptor sambt den Knaben allen in der Kttrchen, es wcre bey der Predig
oder Ainbt^ fleissig finden lassen, aehtaiig geben, damit ein ieder sein
sonderlichs büechl bey Ihme hab nnnd nit mnethwUlen oder sonst unnus
geschwftz bey dem ikmbt der Heylligen Hess treiben» sondern Ihr Gebett
fleissig darbey verrichten, auch mit dem Diennen bey der Wandlnng, doch
mit ombwexlnng, fleissig nnnd züchtig sein. Wo i'raeceptor in dlsem
allein von Ihren ainem oder mehr ainichen untieis spührt oder mit dem
wenigsten sühe, solle Er sye ernstlicher nothdurtft nach wissen zeatraffen.
Zum Viertten. sobaldt das Ambt aus, »ollen Syo sich sammentlicb
Fambt dein Prapceptor boy der Kurhl erzaigen unnd Ihre Frtl. Drtl.
speisen sowohl zu narht iieWen zuchtig liinniif tragen, unnd wo noch übrige
speisen in den Kn< lu l. solbMi Sve von stundt an soeben, damit dit";( l-
bigen durch sye auch liiiiauf in ihr Frtl. Drtl. Zimuier komnien, auf das
die Silber*Caunner oder Maister Köcli nit vcrarsacht werden znclagen,
dann wo zum wonigisten ainiche clag wnrde von Ihnen erfohren, solle
Praeceptor ernstliche nnd nothwendige Straff gegen Ihnen flir die Hanndt .
nemmen. Sye sollen ancb emstlich durch den Praeceptor dahin gehalten
werden, das Sye vor Ihre Frtl. DrU. Tafel fleissig auf den FOrschneidert
Mvndtschencicen nnnd anndere wartlien unnd kainer aus der Stuben gehe
ausser Praeceptors wissen, es seyc dann das Sye werden geschickht oder
sonst unib spris oder anderen gehen, bey ernstlicher Straflf des? Prae-
ceptors, weli ln - auch sowohl als die Knaben bey der Tafel soll auf-
warthcn. Es tulk ü auch die aufgehöbten speisen fleissig auf der Trucithsesseu
Tafel unnd nit änderst wohin getragen werden.
Zum Fünfften sollen Sye sich ob Tisch allzeit, es seyc Ihr Frtl, Di-tl.
obhanden oder nit, eines stillen, züilitigen Wandels halten, darob dann
auch der Praeceptor ernstlich sein soll, sich auch dess zuctrflnckhens
mit ganzen oder halben Pechem massen; dann wo ainer oder mehr
darüber betretten wurde, solle Praeceptor emstliche Straff gegen Ihnnen
fttfnemben, unnd da der StaUmeister'} Ihrer wurde begehren zu dem
Reithen» solle solches geschechen.
Die Edelknaben »t^nden samt ihrem Prftceptor unter der Amts-
gewalt des hentoglichen Stallmeisters.
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ö. Bayerische Edelkimbenorduung vom Jahre 1576.
29
Zum Sechsten sollen Sye sich sauber uniul znchtit^ in liiren ClaytiiTii
halten, da dann der Praeoeptor sein sonderlirh aufse» lien liabt ii üoll, was
Ihnen von Ihrer Frti. Drtl. weegen gegeben würdt, das Sye dasselbig
sauber uund ileissig aufheben, unnd bej leib ausser Praeceptors wissen
oder willen nichts hinweclth geben, schencMien oder TerisBolfen, es seye
Glain oder gros; dann wo Er mit dem wenigisten erfttrt« das sye solche
Glaidnng hinweckli geben, es were zn Teiscbenckhai oder nit» soll Er Prae-
ceptor emstliche Straff gegen Ihnen fttmemben nnnd alsdann dem Herrn
Stallmaister solches darsue anzaigen, dem solle alsdann hinfttro keines
mehr werden. Er Praeceptnr solle auch emstlich darob sein, damit Sye
nit hin unnd wider schul<1rn machen: solle auch Ihr keiner ausser
wissen des«? Praeceptors wueder bey Schucsstcr, Schneider noch andern
nichts nirtchen Insseii.
Zum Im ii iin sollen sich die Kaabeu dess Spillcas, es seye umb
vil! oder wenig, niassen. auch sollen sye sich des> Schwörens uund Gotts-
Liisterns fleissig enthalten, der Weibs-Büdern entschlagen, selbst uiuig
nnnd gestöllig bey einander bleiben nnd leben; dann wo Praeceptor in
disen aweyen oder dreyen Stackhen zum wenigisten etwas erfahren
wurde, das sye sich derselben nit enthalten wolten, solle gemelter Prae-
ceptor mit emstlidier Straff gegen Ihnen Einsechnng thuen nnnd solches
gegen seiner obrigkeit nit nnangezaigt lassen.
Zum achten sollen sich gemelte mehies Genedigisten Fttrsten tmnd
Herrn, auch Ihrer FrU. Drtl. Gemacbel Knaben gegen meniglich, sonderlich
aber gegen Iliro Drtl. aller Diemüi'thigkeit unnd Reverenz beÜeissen,
sonderlich aber mit dem Pukhen, welches mit s^ndi ler Xaijning geschechcn
solte; so sollen Sye sicli auch in nichfcn cindrüngen ixli v mischen, Sye
werden dann von Ihrtr Frtl, Drtl. Ibst darzne erfordert; kainer solle
auch Ihn» Drtl. mit niclitm \berlaufieii oder selbst anreden, sondern
solches alles durch (Ilii Stallmaister verrichten.
Zum Neunten sollen sirb die Knaben sambcntlich unnd sonderlich
hievtM gemelter articnl fleibsig verhalten, deniselbigen gehorsamblich nach-
komben nnnd sonderlich Ihrem zuegebenen Praeceptor all i^flhrliche
gehorsamb leisten, «ein ^raff nnnd Befelch in kein gespöth siechen, sondern
dcroHelbigen gehorsamblich nachkommen, als wer es von Ihrer Frtl. Drtl.
selbst geschafft; dann wo einer dem Praeceptor in mttndisten ungehorsamb
sein oder annainerisch zaigon wurde, s<dl Kr Praeceptor bey hocher Straff
solches auf keinen verhalten, sondern Ihr Frtl. Drtl. oder derselben Stall-
maister an/aigcn; der solle alsdann von solchen gestrafft werden« damit
sich ain annderer daran stossen mö'ic
Beschlnosvlirli «^ollf «irh Prat ci ptor tli-i r vorgesclinboniMi artiniln
aller gegen dvn Knabi u tlei?^f?ig vl ilialti ii, dit jii'lben in guetor zuelii. I.clir-
nung, Dienst unnd Gottesforcht haben, Sye auch mit ernst dalnn ver-
mögen, damit sye diser Instruction gehursamblich uachkomuieu; dann wo
ainer oder mehr solche yberiretten unnd Er Praeceptor es Ibnnen gestatten
r
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30 MitteUungen d. Ges. t deutsche Bndehung«- u. Sehulgeach. VII.
oder das wenigist auf alnem versc^eigen wurde, soll Er alBdaim selbst
nach Ungnaden gostraiTt werden.
Dass alles wollen sich Ihre Frtl. Drtl. ganz gnediglich versechen,
unnd da Derne nit gelebt wurde, soll emstliche Straff gegen den Knaben
ojind Praeceptor filrgenouiben werden.
Dess xa UiUumdt liaben Hure Frll. BrÜ. solches ndt algner haadt
ontenehiiben und mit Ihren Seerete verferttigt
Actum Laodtshaet den 4. Marti ao. 1576.
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6. üebor dfin Bau des JeraitengymDaaininfl m Landaberg am Lech ete. 31
6.
lieber den Bau den Jesuiteng^mnaHiums zu Laudsberg
am Lech üi den Jalireu 1688—1692.
Von Dr. Job. Bapt. KralUngar. K. GymuMialprofeaBor in HOuchen.
Auf 9>(»\te 249 ft\ des ('ist<'ii liaiides «lieser ^Mitteilungen" ist
eine \ie(\e al><^'e<l ruckt, weiclie die Gcscliiciite des Landsberger
JesuitfiiL^viimasiuins zum Gegenstände hat. Die Beschaffung ge-
eigneter Käunie für die im Jahre 1640 gegründete Unterridits-
aiistalt beL'i'irncte liieniadi anfänglieh grossen Schwierigkeiten, iiiid
man viru» inU't«' einstweilen dan Helfensteinsche Haus als Scliiil-
gebäude. Da sich aber dan neue ({yinnasium bald eines zahl-
reichen Besuches erfreute und den Hunianitätsklassen aiieh ein
philo8oi)hiöt:her und monütheologischer Kui-s hinzugeftigt worden
war. liess sich gegen Ende der achtziger Jahi*e des 17. Jahr-
iimulerts die Auffüluung eines eigenen Gebäudes fllr dasselbe nicht
mehr länger aufschieben. Dius Landsberger StadUtrchiv ') verwahrt
nun einen Teil des Schriftwechsels, welcher anlässlich der Ver-
handlungen tiber den Bau zwischen Jesuitenkollegium und Stadt-
niagistrat sowie zwischen dem Landsben?er Pflegamt und der kur-
tTirstlichen llütkcimmer in München erwachsen ist. Zwar umfasst
diis \ orhaudene nur zehn Schriftstücke, allein diese geben nicht
bloss hinreichenden Aufschluss über den Verlauf des Uyninasiums-
liaiies, riüJidern enthalten überhaupt soviel des scluil-, sprach- und
ullgemeinkulturgeschichtlich Interes.santen, dass \ ieilei(ht die Ver-
öffentlichung auf T»*ilnahme weiterer Kreise reclmeu darl.
IUe einzeljieu Aklenstücke werden in möglichst gotreuer, anrh
die orthographischeT? und iuteijumkiionellen Eigentüuiiiciikeiien
wiederg<»bendei Alisrlii ift chronoln^'isdi da r'j:e boten, und soweit not-
wendig, mit s|iia(liliri)<'ii uud sachliciien Erläuterungen unter dem
Texte Ncrseheu werden.
*j ötttdtaichiv zu LaiiÜHberg am Lech, Aeilere ISchulukten, Band 11,
ante Abteilung.
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52 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgescti. VII.
Die Eröffnung der Verhandlungen erfolgt durch ein Sdneiben
des Rektors des .TesuiteukoIh^giiimH und Probalioiirihuuseä Martin
Müller vom 2b. Mär/, des Jahres löÖ8 (No. 1) au den Sliidt-
niagistrat. Darin beruft sirh der .Schreil>er auf die Stiftungs-
urkundc'j, wuriu sich die SUuli u. a. verpflichtet habe, ein taug-
liches GymnasialirebSude nebst einem Festsaal zur Abhaltung der
ge^vühI1li(•hell 8cliulgotU*sdieiiste. I\t)n^'re};;itioueu, Kxhortatioiien u,
dgl. herzustellen. Man habe nun damals wegen der diiich den
dreissigjährigen Krieg herbeigeführten Erscliöpfung der Stadlkasse
den Bau aufgeschoben, obwohl die Jesuiten uut abermaliges An-
suchen der Stadtverwaltung ausser den im Stiftungsbrief in Aus-
sicht geatellten Professoren für die Humaniora auch noch je einen
Professor für Logik und Moraltheologie aufgestellt hätten. Auch
wird daran erinnert, dass der Magistrat u. a. schon in den Jahren
1651 und 1685 versprochen habe, seiner BauptUcht gerecht zu
werden. Da nun der ungarisch-türkische Krieg bei den Jesuiten
einen Personalmangel verorsat-ht, müssten sie sich auf die Besetzung
der Pflichtstellen beschränken. Es würden daher, falls dem
Lokalitateumaugel nicht bald abgeholfen werde, die beiden ge-
nannten Professoren bis nächsten Herbst abberufen werden. Dann
hUt der Rektor den V&tern der Stadt vor, sie bfttton schon wieder^
holt die Gelegenheit, das nötige Gtold zam Ban zu erhalten, vorlLber-
gehen lassen. Uebrigras solle man die Baukosten nieht über-
schätzen, da Ja die Stadt das Baumaterial selbst liefern und die
Fohrweike selbst stellen kOnne und das Jesuitenkollegium gern
ratend zur Seite stehe. Zudem sei tou der Erweiterung der Schul-
räume eine Erhöhung der Schfllerzahl zu erwarten, und diese
komme auch der Stadt wieder zugute.
Laut eines Berichtes des kiiiriirstlichen Pflegers zu Landsberg
Franz Karl Penibler an die kurfUi*stliche Hofkammer vom 5. .linii
gl. .Jhs. (No, II) ist nun am Donnerstag, den 3. Juni, bereits vuiü
Anitöbiirgenneister und dem Pater iiektur im 1'.! i sein der anderen
Bürgermeister und (i»'r Mitglieder des inneren und äusseren Rates
der Grundstein luui umen Gebäude gelegt worden. Davon hätte
aber die Nachwelt wahrscheiulicii keine Kunde erhalten, wenn nicht
der Pfleger bei der Einladung zur Feier umgangen worden wäre.
Dies schloss nach seiner Auffassung eine Missachtung des Aufsichts-
rechtes der kiirfiii-stli<;hen Behörde in sich, da zur liiaugrift'nahme
') Abgedruckt auf S. SS ff. der Landsberger ächuigescitu htu von
Dr. KmlliDger. Programm 1888.
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6. Ueber den Bau des Jesttitengymiuuiiuins zu Landsberg am Leeh etc. 33
des J'.aiK'd, welcher die Stadtkuniiiier iniiidcHt^'us 10- 12ü(X) tl.
kostetr werde, die kurfüi*stliclie (jiMictiinii^uiij; erlordeiiicli i^ewcsni
wäre. Dif kuiilirstliclie IlorkanniM'i- sciulete die liescliweidc mit
Ent8(hlies3iinjü; vom 11. Jimi iü88 (Nn. III) an die Sladtverwaliuii^'
zur uul'klärendeu Bericlit4}i*s>tattun^. FAm" Antwort daraul' eiitlialten
die Akten zwar nicht, wohl aber ist aus ileni Koir/ept eines
Schreibens des Maj^istrats au den Rektor vom 28. Januai* 11109
(No. IV') zn entnehmen, dass der Bau bereits im er.steu Jaiire bis
zum ersten Stock gelordert worden sei. Her Miigistrat bittet aber
um Vermittlun}j: eines unverzinslichen und ratenweise rückzahlbareu
Darlehens von 3000 11 . da er die auf das ei-ste Baujahr er-
wachsenen Kosti'ii noch nicht ganz gedeckt und ausserdem für Re-
paraturen am Leehbau, an der SflgmUhle uud dem Schranneugebäude
namhafte Aufwendungen zu machen habe. Im Falle der Nioht-
genehmigung des Gesuches mttsse der Hau eingestellt werden. Der
Rektor meint in seinem Autwortschreiben vom 14. Februar 1689
(No, V), es sei unter den ungünstigen Zeitrerhflltnissen schwer, ein
HO gi'ossea Kapital unverzinslich aufzutreiben, uud boflt, die Stadt
werde aus ihren Stiftungen das nOtige Qeld erhalten können. Für
den äusaereten Notfall macht er sich anheischig, 1 — ^2000 11. zu
vermitteln; übrigens sollten sich die Stadtvftter für ein derartiges
iVnlehen die Genehmigung der kurfürstlichen Hofkammer erwiriten
und über die Art der Sicherstellung des Kapitals beraten. Der
Magistrat i^t darüber, wie das Schreibenskonzept vom 4. Marz 1669
(Xo. VI) zeigt, brichst unzufrieden und fortlert mindestens 2000 fl.
Anlehen, da ihm seitens der JeRuiten Beihilfe versprochen worden,
seine Mittel anderweitig vollständig in Anspruch genommen seien,
die Gelder der Wohlthätigkeitsstiftungen aber nur für den Stiftungs>
zweck verwendet werden dürften. In einem Schreiben vom
22, April 1689 (No. VII) stellt nun der Rektor vorerst 1000 fl. in
Aussicht und verlaugt die Ausstellung einer unMtändlichen Schul d-
urkuude, deren einzelne Punkte er namhaft macht. Doch schon
nach drei Tagen hält derselbe, da noch keine Antwort eingetrolTeu,
sondern das (Gerücht zu ihm gedrungen, mau habe die Einsteilung
des Baues bcMchloHsen. für notwendig, Aufklürtmgcn und allenfalls
Milderung seiner Fordenmgen in Aussicht zu stellen. Für den
Fall der Halsstarrigkeit des Hagistrates aber stellt er die Ab-
benifnng der beiden Hochschulprofessoren in sichere Aussiclit
(No. VI II). Aber auch dieses Schriftstück scheint noch nicht die
gewünscht« Wirkung gesichert zu haben, denn aus einem Privatl»rief
an den AmtHbürgenneister vom 26. April 1669 (No. IX) ist zu er-
UitU'it. il. iSifS. r. <lts« li. Krxii'li.- II. Si'linlb'<'«ii. VII ] i Unycro. Ilclti |H)t7. 3
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34 Mlttenniil^ d. Qm. f. deutache Bnlelniiig«- BchvlgMcli. VIL
Mhen, dass auch mündliche Unterhandlimgeii stattgefimdeii haben,
und das» der Rektor auf einen neuen Ausweg gekommen ist,
nSmlioh ein unYersinslichee und in Raten rackaahibaies Darlehen
Ton 2000 II. von der Hofkammer zu erwirken. Das scheint zum
Ziele gefuhrt zu haben; denn in den folgenden drei Jahren wurde
der Bau der Vollendung nahe gebraehtk wie aus dem Schieiben des
Rektors vom 29. Mai 1692 (No. X) zu entnehmen ist Darin er-
sucht der Rektor nur noch, die Fenster für den Saal machen zu
lassen, da die Saaldecke bereite fertig und der Altar in Arbeit sei.
Laut Rechnung des Gymnasiumsbaues wurde das Weik im Jahre
1693 wiridich vollendet
Der schongelegene und merlrwardige Bau» dessen Entstehung
auf so grosse Schwierigkeiten gestossen, dient gegenwartig den
Zwecken einer sechsklassigen Realschule.
L
HochEhniaeMte, POnichtig, Brsamb vnnd Wolwoiae, fmondon Hochgeelürt
vnd geliebte Herreu Nadiboren.
Es wird luoinen Hochgeehrten Herren schon voran bckhandt ') sein
wass niasHon nach langen anhalten vnd begehm eines Löbl. Magistrats
vud gemaincr Statt alhier zu Landsperg, man sich endlich von theill der
SoeUttt Jesu anno 1640 gegen Selbiger ordentlich dahin erclert, dass van
Bye neben andren von selbaten anerbottenon bedingnusen, tmeh ein taug-
same» (iymnasium sambt einem darzu gehörigen Schuelleaid, auf welchen
die StudioKi ihron {rewohnlichen Gottesdiensten, Congrrgnt'wmlms, Exhor-
tatimubus, vnd dergleichen vnvorhinrlprt andrt'r nlt darzu gohrtrigen
rersohneu, gelegentlich beywuluifn khiuien, aut ihren Vnkhossten crpaueu-
vnd ins khfiniltig p.'iulich erhalten lassen werden, berQehrte VnaerÄ»<n«tet,
nachdem 8ye durch andre ihre Standmeasige dienst, albereith yber 60 Jahr
das allgemaine Chriatllche Wesen alhier befbrdem helinni, endlich auch
das schon so laiipo Zeit verlangte Gymnatium zu soiulorhabron
trosst vnd uuzen dor g-nnzen Statt alhier, wolle annehiiuMi, vnd
lauth des lü4ü ordentlich aulgoric-liten Fundations brietf, su Docicruny der
Hfonmhnm S^Mliormn blnftlru jederzeit genuegsaroe Brawiptorti zuttOT'
ordnen, vnd nit nittnder altes dasjenige «uuenrichten, wass in dergleichen
diser Provim Gi/mnafiis gewohn- nucz, und lObUeh, vnd der SodeUt ImtiUit
genipss ist. Nacli welch crfol^^tor lusolufinyi man bcirlorseuts vnuerztiglich
zum Werckh geschiiittoii : vnd zwar an seuthen vnserer Socictct das nun-
mehr angenohmeue (ri/mmsium zu grösserer Ehre Gottes- auch Haii vud
Wolfiurth des Nechsten, mit genucgsomen ^nd tauglichen iVoecQilmbw
also suueraehen, dass wttr der Hofbung geloben, es werde hieran ManlgUch
einen trosst vnd sattsames Vergnfiegen zutragen Ursach gehabt haben.
Herentgegen hat em Löblicher MagUtraU vnd ganxe Burgersehafft alhier.
I) Di« Schreibung Ith uimI ekb «ntspricbt dl«r noch h«tite im Lcebnüo Üblichen harten
Aiimpr«ebe der Kehllaute.
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6. Ueber den Bau dea Jeauitengymnasiums zu Landsberg am Lech etc. 36
aueh nit ermanglet, alle zu erhultuag der Ü-aeceptorum anerbottene HiltT-
leMoog, ¥od eingangene BedingnuBon, sunolblelieii» vnd ddfiijenige m-
laiAteu, Waas in dem deaattialbdr ex uUugue parte m& dato 6. ^teiiAn»
ONflO itftfO ordenllieh aofgericht, vnderschriben-verfertttgten FuudatiQwthriettt
in ain so aiid4?m enthalten ist. (ausaer das gloicli dazum.ilil. da tlio Kriegs-
lilulV) din j:jc>iiaine Statt Cassu »TschJ^pfet- vnd iiit weniger zubestreittung
diäes aul' diae Weitta neu augeiaugcuon Gt^mtuunt der oiiuo daa v erdiirbteu')
BurgendhaHt sOmblicli aehwer fQeUe^ man mit fernerer erpauung der
SehueUeii vnd SehuellBaale müsete in etwaas einen Venug liaben, biaa
gleichwohl der libe friden, vnd mit demselben beaeere Zeiten hernach vol-
gMntf'n. Wclclu' orhottene Von^'eilliing aber an aeuthon vnaerer Societet
vmb fjouill leuchter anzunehmen wäre. Vrtiachen gleich anfänglich der
studiereuten Jugend auzahl uit gar gruüi», vnd Volglich der zu dato aunoi:h
atehente 8chttell Pau vor 8ye weith genueg geweeaen.)
Damit aber ein LObL Ma^ttrat vnd ganae Btirgeraeliaflt deaato augen-
scheinlicher aehen vnd spflren aulle, wie geneigt vnd befliaaen wOr auf
Ihren gomainen nucz"Ti vnd aufneliinnn bedacht aoyeu. vnd zuerkhonen
thuen geben, dasa wUr nichts anUeia alaa aiio guete Nachbaracbatl't mit
denenaelbeu suechou, auch nichts mchreres verlangen, alas das allen, souill
immer die mttglichkheit zulaeafcp dureh vnaere Oeiaatliehe dienet gehoUfen
werde, ao aeint auf abermahligea anhalten eines LüVil. Magistrats alhier,
von southen vnaerer Societet, ausa erat verstandener Vraachen vnd gueten
Willen, yber das Pactum Fundatioolx. so sich nlloin auf die vnderen') vnd
nit die Höchen Schuellen erstrcckJit, noch iiwei Patres Proftasorcs Loyiaic
el Uteeiogute nu>raH$, in dem alhieigen Gi/mnado auijgeatelt, vod aeuth
atmo 1661 biaa dato, alberelth biaafn die 87. Jahr lang anaa GuetwQligkheit,
ohne ainige vnaere tiagente eiUgatiottt o^^' neue FundatUm, erhalten
worden.
Nnn haben wür nieaialila gezweilVelt, ein Löbl. Magistrat vnd (Jcinaine
Statt alhior, werden durch dise vnd andere dergleichen Ihnen laistiMite
Dienst, genuegaame Vraachen gewOnen, einatena, zu endlicher cmiplu rang
der zugesagten ISutdoHonit aceorden,*) den Oymnaeii Pau, aambt dem darzu
gehörigen Baal vor die Hand nehmen zulusaen. Vnd diaes zwar durumben.
Weillcn ohiw v(>llf(h'hrt(>n di.son l'au die Crnjrnr'htfn FHii'hiti'tins
Ihreraeuta noch vmu>llzohen, viid viiUhrorttig verblt'ibt'ii tiuien- vnd nicbta
deastomündor denenaelben die Obligation biaa ein solche» geacliicht, allzeit
obllgen wird. Dahingegen wür vnaera theils nit altein nit nur vnaer ver-
sprechen bey einen buechataben Gnau gehalten, vnd noch ferner zuhalten
*) Zwer^T, Dr. Franz, LancUberg im drcisHlgj. KiietfCi Progr. u. Uci>chicbU»
iModabwg» 18BB.
Dns ö «Uli des e ist vor r im Lc liralnisrhi^n tioi h honte {«briluchllch i bewshte
■ucli kliröfflie, Sückbi'l, paufüUip, khöiilTtrg', Heilürfnip, luönklii li etc.
*J Die uut«ran ticliuleQ oder das Uyinnnsiuni WAn»u : 1. Uuüiiuond und Urttuuuatik, Z kh'iuu
Sylttax, 3. gevmn HynUai, 4 IIumAnitf t oder Poesie, & Rhetorik mit teils ein- und teils swei*
JKhrifTCT DaiiiT. Daran Mhlewi «leb nach oben je ein mobijübriger |iblloaopbiscb«r uod
*) Ana der gtaum Korr«>tpondoiiz l«( die gitmn« Veruitzi^rang: der deutecben Sprache
in der diiiualiKen Zeit diircli Fremdwörter . a < Iivt» und di>' KnLslelmng il<'r .Sprarti^McIl-
scbadeu zu erklttreo, welche sit fi wie die .deuUKibtfesiuuto UenosAenscbafl** des FbiUpp voa
Seeon bi Hamburg die Reiniguiiir der deutecben Sprache sor Aufffabe stellten»
5*
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56 M ittailniig»]! d. Geo. t deutsche Bnlehnnge- u. Sehulgeaeh. VIL
beifehreiit tonderii such noch darober swey Fatrei Brofmoret Logieaef vnd
Tfiiologi/if uuirnlis auss guet geneigten Willen, vnd or/.ai^un^ n^uetor Narh-
barschatrt, uufgostelt, vnd schon so lange Zeit i>rhulteii liabon.
■J''" Uiiss (lisps vnsiT ho widnrhdltes ganz bilücl:' h l« cm-, »ixen ^uf
vnserfii, öoiidrni Ihroii viul (I»t Ihri;^(>n niu'zfii uiifi;<*s<'luM! ist.
rtiio DoBU fin Löbl. Ma-iistnä \ud geiiiaine BurgerechatTt diHOn so
hoelinothwendigen Gymiumi Pau vorzunehmen schon öflter vor sich gehabt:
damit ich aber andrer mahl geechweige, wiU ich nur allein beyfQegen,
waaa Sye in einem Ihrer achreiben, so Sye schon vnder dato 1*. Mut/ n»m
lUfil, an weylandt vnsrem daniahls gewessten Ftitrcm htmvnnlnn K''"«
Patreni (%Hstophorum Sclxtrrrr sei. eben zu der Zeit, da Syo vinh die h'o-
feiMores der 2. Uöchereu Schuellen angehalten, selbsten erinert haben abs
nemblicben. $ Zu dem aüan vnd viertens, weillen bey solchem ineremenio
vnd aufnehmen der Bchuell Jugend, vnnd Schuelten selber,*) der placz su
engt tlu muCHS solcher in allweeg erweittt rt. vnd noch darzu ein Saal
vnd mehrere HcluiclhMi erbauet worden otc Ivben ilorf^lcichen offerU-ii Heyen
erst vor Ü. Jahren, von zwey alhieigen Herren Bur^nneisteren. vnd da-
niahligeu Stattachreibern, als» desa Gesambten Kliatä Dtputiettniy b»«y Kl^
Baire JBuBtino Thtrkae», damahl iVoriiMMitai, nun aber yber die Teutschen
der SoeUtet I^rovinttn Anistentef in gegenwarth hteigen Rttri» BeeUm»^ an-
stat eines gansen LObl. MagUtrats vorgetragen worden.
Ohneracht aber aller diser erzoMtfn. vnd noch mehreren Vrsachen,
haben wOr, wider !illen erwartten biHt« auf diso Stundt. vnd zwar disos er-
fahren mtiessen, dass mau an aeuthen eineH L<>bl. Mayiitrat.^ vnd Geniainer
Stadt allliier, die wenigste sorg trage, wie disow vuaerea öowüIiI biiliehen,
alss nothwendigisten begehm m<ichte einstens ein Genaegen beschehen,
vnd nach den blossen Wortten, mit Welchen Wflr Vnss biss auf dise Stundt
ein yber das andermahl mflessen abspeissen lassen, nimmer das Weraich
erfolgt i-*t
Dahero vnd bey «olcher gstaltcn beachartenheit tringt mieh die notii,
.Meinen hocli^eelu*ten Herren zu hiuderbringcn. da^s obwolilen es Vnserer
Soeietet ein sonderbahre flreud verursacht, Wan Sye mit Ihren Geisstlichen
Fmcttonibu* iederman Ivhan erspriesslicfa vnd nuzUeh sein: Wie dah auch
dero Verrichtun^^en dahin zUhlen. Wan sich aber zuträ^^t, da.ss Vnt» der-
mahlen an Priestern ermanglet, alns deren ein zümbliche an/.ahl in dinen
schwebenten Uuugarischen Kriegs Empörungen zu trogst, vnd Hütt der
Bayrisch vnd Schwäbisch auailiar Vfilcltber ihr Junges leben im Veldt uof-
geopferet, Vnnd also WOr anieso, nit wie suuor alle mderente Stellen, blas
glelchwuhl andere hierzu eiwachsen, allerohrten C'onnnodlich ersezen
Ithönei«: So erhaiseht ia all« billichlclieit, da.<i.s \V(»r drn ab^an;^ der Pric-^.ster
vnd Profcffffi^rnm von denen ehrten abziehen, allwo kln-in «hVui/ttioiu oder
ob schon ainige obligaüun wäre, die Uegen Obligation nit allerdings treulich
gehalten wird, vnd dahin versezen, allwo vnss alle pacta biss dato gehalten
worden, vnd annoch ohne mangl gehalten werden.
Wird also wider meinen Willen auss tringenter noth vnd Mlllchkheit
die zween futris Proffssores Ln^ii-ar rf Tfif-hiiiirrr tuftraJi^ auf begehrn Sdi
Pattis PiOLtncidlm anzulassen genottiget werden, welche ablorderung eut-
1] Ks iiiclirle «ii-li tilm» die 8(>iiltl«r- und KlaMwosalil.
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C. Ucber den ßau dvß .Jeauitengymna»iuni8 zu Laudsberg atn Lech etc. 37
wetlern. wcnigi8t uinen theils^. bald, oder auf lAn(i»t gegen iiegaten
heibHt gänzlich, gewiss vud vufehlbar erfolgen wird, daueni') ein Löbl.
Magitirat nit vorkhomen, vnd vor solcher Zeit Wfirckbliehe «natelt, eles
mit dengnation ainee taugUehen plasee, beyfuhrung der Materialien x zu vor-
haben ten Gepan machen, auch au vnserer Satüfactüm in Werdch selbe er-
zeugen wird.
VorhnfTp annebens Mfino hochfrochrton Herren wt'rdfii Ihnen discH
nit befrembten lassen, sondern von sich selbsteu W'eissUch schliessen^ dass
wur hieriufalls nit vnrecht daran sein, wen wQr Vnser achnldigkheit anm
ersten beobachten, vnd alssdan erst auf die freiwillige dienst bedacht sein.
Dft wQr aber mit der Zeit widerumb mit Genuo^';4:itiior anzahl der Persolmen
worden vprsehen ^»'iW. S(i will man nipinen Hocii^-*M'hrten Herren, sanibt
einer ganzen Burgerschattt, die Hoßaung, benannte Prnfffimrfs widerumb
zuyberkhomen, ganz vnd gar nit benohmen haben. Jedoch da zuuor der
Otfmnasii Pau wareklieh wird volliochen sein. Da dann die iVofesvorei mit
grosseren lust,*) die Studierente Jugent aber mit melirereu eyfer Ihr gnetes
vorhaben werden vortsetsen.
Im fahl nun, wie bisshcru beschcchen, M^ne hochgeehrte Herren auch
nniozo die noth Ihrer er«chöplten Staftrammer Vnr/.nschttzen bo^rtmen, ob-
wohlen diae offt vorgeruckhte noth nit alle, so WüssenschaHt haben, be-
stehen') wollen; lasse ichs doch dahin gestelt sein. Verlange allein, dass
Sye Ihr notii der geldtmtttlen gegen der vnseren gedenckhen wollen, in
dem war auch iif schweren selten biss in die 87. Jahr oberwehnte 2. HUrt»
li nfmore» dem genannten Wesen zu lieb vnd ehr zu unteriialten, nit under-
lassen. 7jnw andom wollon Syo dits»' noth der rnittlpp, jre.y-en vnserer
iezigon n»iltli der l'ersülmeii halten. Werden nun inoiii Honen grossgdl.
sieh auf mittl. i vHolvicrn, Wie Sye dise notli, doch ahiuiahl ihrer schuldig«
kheit ein Genttegen xnlaisten, yberwdndten woiI«i, vnd den Iftngst mit
oltUgntion versprodienen Pau ohne ferneren Verzug voraunehmen; Werden
auch Wür vn»er aniezo tragente noth der Porsohnen, vnss ziiyben^nndten
befleissen. anch khein ;<t>ndoro Vrsach mehr haben. Vnnor l'rnfrKHorrx
von hier at)zuziehen, vnd anderwert** hin zuuerwenllien, sondern ijandt-
sperg alss ein Alters Gynwarium, vor etlieh andern zuuersehen.
Drittens will man steh erineren, daea vor wenig Jahren, ein anschlag
voi^tragen, ein Summa geldts so suerpauung des Gymnati/ notwendig,
ohne aOnaa, wie dacumalfl die Hoflhung wäre, aulnibringen, so doch auas-
geschlagen worden.
Viertens lüian mann heherzifren. dasa man vor dicom die mittel zu
solchem Pau nit ulieia augetragen, suadern beraits durch woll bewussteu
hierzu erhaltenen neipfenlng, in die HAnde gelegt, welcher aber ander-
werta angewandt^ vnd aussgelegt worden.
POnfltens so ist Villeucht der Concept*} vnnd Wohn*» von den beuor
ffebenten l'au Vnkhossten in einbildtung Meiner hoohfroohr-ton Horren
grosser, alss sich ctwan in der sach selber befOndeu wird, welcher doch
*) Noi-Ii hüllt»' l« Allli«^'«m mÜMtilich K<'')<'«ui:iit, «•l»«'iitäi> »iv; ili-r l.ufi,
■) R#ict«beD s eliiirrat9b*D. ziiir»«t«lien.
*) Konzopi -_ Kniwurf. Vornii«i'li|«|j.
Wobu Wahn, Vorsk'Uuug.
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38 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Ei^ehunga- u. Scbulgesch. Vn.
glaublich »uf kheln vnwmsliwIogUclie Summa alch belaaffen dOrlRet dauern
min Ton eeuUieii einer LObUchen Statt mit nothwendi|ren ntataruüie» vnd
fiiehrcn beykhommeo ivoltet na welchen auch Wür vnaen thaUe Rhat na
erthaillen nit erman^len werden.
Sechstona Woill dio HtiHnung ist. da man ein rechtes (i '/in^ns'non
pauen werde, auch uii zahl mehrere, vnd fllrnehmere Knaben ulium gf-
achickht möchten werden, wurde den Gemainen Sdekhel der aussgelegte
VnkhOHten, nach ^'nd nach durch die Koeet^eldter wideminb einlauffea,
Yn^ hisiges Gtpnnamum, gleich ^ie es bisshero andren Gpmnasm in prxh
ffctn litcrnrio vnd disnplina mit nichten gewichen: Bonder vor otlieh
anderen geschäzt worden, also auch in gueter, ftteglicher, vnd Ehrlicher
accomoäa^i nit weichen würde, wie es hierinen bisähero, will nit sagen
hOcheren ehrten, sonder auch etlichen geringeren, vmb uiU Weichen, vnd
nachgeben mflessen.
Diso? habe Ich Freund Nachbarlich Meinen hochgeehrten Herreu vor-
tragen wollen, mit bitt, Sye Geruehen, auf disos Gott so angenehmes,
Ihres thaills nit allein hochrOemblichea, sondern auch schon vorlüngst
achuldiges, der lieben Jugend godeuliches, vnd Gemainer Statt ins khönirtig
eraprtteBelicbee Werckh emstliche gedanckheo suwendten, vnd mir vn-
echwer endlichen, vnd SW«*, den ich allain verlang, schrüflftlichen Schlnss
mit negftpn ztikhommen zlassoii. I nder dcssfn aber ihwo ncliens noch
ferner offeritruug vnserer geisstlichen Dienst, vnd erwarttung aller nach-
barlichen Gewogenheit, vuas allerseuta in den shucz dess allerhöchsten
Getreulichst empfehlen. Landsperg den 28. Mart^ anno 1688.
Meinen Insonders Hochgeehrt vnd
geliebten Herren Nachbaren
dienstwilliger
Martinm MnUn\ Soc. .Ifgu
Domus l^obotionvs d CoUa/ii
Rcctor.
II.
Durchlcuchtigstor Thurfürst, (ienfdiiristcr Korr. Rur Churl'rtl. Drtl.
3<»11<' vndortlipnif^isl an/.ulir'2;'pn nicht vnderlassrn, da.s Burircnnaister vnd
Rhat alliiiT, vf aiiöueehen der iSüdt'/d Jesu alda, die Veraristaltuag ^jfcthann,
vnd sich genzlichen reaolmert, dass zum theill paufOllig: vnd enge Gymmnum
fllhier nach vnd nach gMiriichen nideireissen vnd dergleichen mit einen
grossen Sahl von Grundt widerumb new auferpauen zulassen, Gestalten
Svo hoipit den Anfang gemacht, don Gnmdt aufgraben laa^on. vnd Vpr-
w ich iien Donnerstag nach vorbeigangnen Gottesdienst den ersten (irundt-
stain, der Ambtsbürgermaister, vnd P. Rcctor miteinander, in beysein der
andern 8.Burgennidster,^) item der Innern- vnd Baseern Rhats Verwalmten
iedocb ohnne Vorwissen vnd Zueriehung meiner gelegt hat. Wann aber
diser Pau, wie ich berichtet wt\rdt, von einer absonderlichen Jmportanz,
Inmassen derselbe sich von 10. bis» 12CK)0f!, belauften solle, welche geltpr
dann maistenthails von i^iemainer Stattcammer hergeschossen werden
wollen, Inen Burgermaister vnd Rhat aber, dergleichen ohne Eur churftl.
)) Damals wurdtm jodet* .)«iir vier Bürge rtuuiütcir gewiUüt, welch« abwecbsoluugHweiüe
j« «in Vl«rte|J»br tti»l«Schlicb ün Amte varen und daim «AmMbOrBenaalttor* biflSMii.
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4
& UelMr den Bau des Jeeuitengymnasiums zu Laudsberg am I^ch etc. 39
Drtl. gdisten comau gleich propria autharitate^ vnd ohne Zucziehuiig luoiner,
ttles Ireo von Iro Chrftl. DriL voi^ieeesten oberk^^eeiom vommenDieii nicht
gezimmen will, Alts habe oss Eur Chrfrtl. Drtl. von tragenter Ambte- vnd
oberimpectiomwoj^pj^ hiemit gehorsarobist borichtlirhen yborachroiben vnd
die wonig'ist vaderthenigisto mass nicht vort^chrciben. wass dieselben
hieryber gdist verfiegen, sonder habe Eur Uhrfrtl. Drtl. micl» nj ithin, gleich
alzdi» SU daro CburfIrtL liecbston hnlden vnd G«b vndertbenig-gehorsamblat
StämuUhm wollen. Landteperg den 6. Juny anno 1688. Bor Choffrtl. DrtL
VnderHienlg^horsMnbieter
m.
Von Gottes Genaden Ifucimiliau Emanuol in ob vnd Mderii Buy i n,
auch dor obern Pfalcz Herzog, Pfalzgraf bey Rhein. Am heyl. Köm.
Keichs Er/triu hsess vnd Churfürst, Landtgraf zu Leichtonberg.
Vuseru giues /uuor, Weise Liebe (iethreue. Wasa an Vnns Vnnser
Rhat, Truchsefle vnd Richter su Landt^purg Frans Karl Pembler wider
Buch wegen vorhabenter erpauung deee Gymmtiif Ambtdialber vnder*
thenigiet gelangen lassen, habt ihr beischÜBSig suersechen, vnd hierQber
euren gehorsambisten bericht sueri^tatten, desa WQr Vnnn versechen.
Manchen den IL Juny anrno 1G88. J, G, Ffister,
IV.
Hochwnrdig«M in Gott, ggl., Hochgeehrt<?r Hen*. Es haben vns vnsero
Vörordtnete Herrn l^au Verwalther refait% wassgestalten Eür HochwUrdt
von Ihro Hochwürdt R JVomnoalen yber vneer alda durch swaj auae
vnsera Rhata-MItlen abgeordnete um ein Anleben von 8000 fl. ao mit
Jehrlich Fristen iedoeh ohne Interesse zubezahlen weron zu Proseqtnrting des
angefangenen Gymiumi Pau beshehenes anlangen, endtlichen die Resolution
dahin erltalten habe, dass man deroseiths zu obgedachten Ende einicho
Tausendt Gulden vorzestreckhen genaigt seye; vnd ob zwar ermeldt vusere
Pauverwalther aleoglelch die grOndlicbe BaiunuMion beigefiegt, dasa
man mit dieem retpe^üoe wenigen geldt zum denäerirtm Ende bej weithem
nit gelangen werdte, haben disolhon weithers geantworthot. dass man von
der StattCammcr Casm auch 1000 fl. beitragen, vnd eodan ein nambhafltes
darmit aussrichten werdte:
Nun Künden wür Derosolben nit verhalten, auch mit wahrbeit ver-
aiehem, daaa unnres orts eüiiehe Verstellung wegen dees angelangten An>
leihens, wie iedoeh immerdar punctirt wirdt. nit undorlauffen seye; aller-
massen die StattCammer fassa durch die beatendtigo Lech-, auch vor-
unglUckhte Saagmühl- vnd ächrannengepew dergestalten enervirt wordt,
dass man sich zu imtruirung dess Gymnas\j Pau für disamahl nit habe
resoluirt, noch rewMrcn. Künden, wan vnss ntt die immerdar gegebne Ver>
tröetung mit dirglelchen anlachen vnder die arm segreifen sur gesagten
BetlAMitium veranlasst hetten, wie man dan fertigen^) Jahrs mit den an-
f^efanf^enen vnd nnr aui^s den fimrlatmitt /fl)iing:('n resnjiih-l')i Pau in mif-
fiehrung einer gadou") darüber, sich soweit binauasgelassen, dass niun
>) Fertii; noch hout« in .iUb lyom gebrauchtes Wort lUr Torlt^ Toijihfisi vcrgtaieh
alU>. feiten ss voriges Jabr, uad Firn!
*) Gaden = ätookwerk.
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40 Mitteilungen d. (job. (. deutsche Eniehuiig«- u. hchulgeHch. VII.
I
t
1
sogar die dbätahin g'f macht t^chulden ze dato nit abfiehren. vnii> ^sieuil
weniger wirdt man bej nunmehr Maliter erschöpften StattCammer Cmsa
dero Oedaackben nach für dissmahl dauaent Guldon beitragen Künden«
welcbe bej fertig so weitb gefiehrten Pan wohl in äiqth schon ebigesenekht')
wordt; dahoro wür vnser anlangen dcss pnhottPiir'n anlehens widerhollen
thiipn. das», imfahl dieselbe mit dnnen . Hi>t«> . fl.. so m.in wol vonnetten
haben wieidi. nit willfehrig »ein KhUndte. wenig-sttMiM jnlt . 20iK). fl. mitsehi
meehte, angcsechen wür mit denen angebottenen tausendt Gulden den
schweren Paukbosten aussaeltehren ainmahl nit vennechten vnd vnbeliebig
neben belschaffong der matn-iaVui», m die, tstattcammer ein NambhalFtes
Kosten thuen. für dif^s vnd villeicbt KUntttigeH Jahr den 80 eifrig an-
gefangenen P:tu eiti/.estellen gedrungen sein wurdten.
Es EUr Huchwtlrden wllr yber Doru beshecheno HatolutUtn nit bergen,
annebens aber deroselben vnss dienstsehuldtig enipfeldicn sollen. Land»*
peng. den . liB. Jener, ao.- 16S9. BUr Hochwttrdt. IMenstschuldHge.
V.
Hueht^hnües«»t, Kürsichtig, Ki-samb vnnd Wollwebe, Insondors hoch-
geehrt vnd geliebte Herren, vnd Nachbarm.
Heiner hoehgeelirten Herren dato 24. negst verschinen Monats Jenner,
an mich beliebten shrelben, hub ich /.urecht erhalten, vnd darauss suuill
vornohnien, wie dass zu Vort«<etzung desM lipiuith ins Werckh gesezten
Gymna>tij Pau. von mir ein unlehen pr. drey (»dt»r aufs wenigist liUK) fl.
(. die hernach uüt Jührlicbeu Friaateu von ;{0ü fl. ohne zttnss widerumb
absufnehren weren.) verlangt wirdt, Vrsachen die tiemaine Stattkhammer
ganz ersehöpflat, vnd dahero die prouqdenmg des Paus, ohne diaes an-
lehen, vor dies Jahr gar eingestelter verbleiben mttease ete.
7i\\ bonüthigter nachricht habe Moinon hochgeehrten Herren nit borgen
sollen, Wie dass ich nichts mehreres wünschte, alas deuenselben hieriut'ahls
nach verlangen zu gratificirn.
So Wille Ich dieselbe aber von selbsten weissUch erachten lassen,
wie es doch woll möglich were, dass Ich bey diser so schweren vnd vn>
sichern Zeiten (in \vololH'n aiiier auch kaumb ein anlehen gegen gewohn-
lichen liiUTfxHc haben kliaii» ain !<o inr»rckliche Smuntn (uddts pr. :'fK')<) fl
anlehen ohne int^, solte auitreiben khönoii. Aber damit gleichwoll dinor
80 gUekh- alas Gottoeelig angefangene Gymnmij Pau nit gleich nach dem
ersten Jahr ersttsen bleibet, vnd damit Meine hochgeehrte Herren sehen,
• dass ich incim-rsfits allen möglichen Beytrag zuthun gesünet bin, so thue
ich nit alicir) die sclion .Mündlich angedpirttf 1<hm) fl. anlehen ohne zOriss.
hiemit zusagen, dass ich solche S(d)ald mann mit Vortsetzun^' d< sfs nun
angefangenen Paues wOrckhlich vort>«chreitten wiidt, paar einhandigen,
sondern auch noch yberdiss mit vngesparten vlelss dabin bemttehet sein
will, dass ich noch danm . 600 . oder woll auch in allem . 2000 fl. ge-
sagter massen zuwege bringe, doch allein, vnnd dergestalteu.
Imfahl es einer Vöh\. Stattcammer alhier. m\ ihren ai^renen. rxler andent
beyhanden Hreh'Miten. vrni Icjchtlich erworblichen ( icMt mit len {^n-luechen
solte, welche doch meiiiHn vnd anderer gedunckhen^) nacii von einen Löbl.
»J Verbaut.
^ G«duiu*1ilien Bedttoken.
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H. Uoher den Buu dcü JoBuitcugymnasium« ZU Landtberg am Lech etc. 41
UatfhUnL ctwao aaas einar Catsa alss vnser lieben Frauen mnimelfiuth
Bruederaebaflt, ßpittal, Leprcnn^ hatue oder dergleichen vnder obbeeagten
bedingun^n ebenso leicht ia weil auch leuchter khOndten vnd solton
ivterhii erhoben werden, bovorab zu oincn sowohl dor Ehr (intton, alsn
aiuh der ganzen Burger- vnd Pauerschatlt eisitrieaslichon üfistlitlicn
werckh, dergleichen dan iät Uegenwertigcr HymmmJ Pau. In bedoiickhen
eben auch ich midi solcher, vnd swar von weith hergesuchten mittlen,
dauern einer Btatteammer auea der nfthe ftteglichere handreichung nit be»
shehen khflnte, wird entlich bedienen niUessen vnd mich zu bedienen al-
bcralth entschlossen, im fahl sdic hes die vnumbgengliche noth erhaischcn
wurde. Auf welches bogclxn (Ihu ich verhoffe, nit allein vmb das
khUntftige Anlecheu der Tausont oder ontUch zwey-Tauaent Uuldten,
(lenuegsam veraicbert, sonder auch dess hiersu bed(tofitigen ainer hochlObl.
HoRCammer gelaiaten Canwns anaichlng auwerdeo. So ich entgegen in
antwortt nit verhalten, vnnd dameben vns.'» allerseits in den schucz des«
allorhr>chsten getreulichist empfeichen wollen. Liattdtspeig den 14. FdbrMarii
anm 1689.
VI.
HochwQrdiger in Uott, ggL Hoehg<^rter Herr.
VA\r HochwQrdt vnder 1 1 I'Vbruurj Ershtn yber vnser vorhin ab-
gelassenes t^chreiben den bcuorrttfliciUcn < ; '/ninnuij Pan vnd jtrom'tfuirniitf
desselben betr. ggl. eriolgte antworth. duss wür von selbste rächten Kündten
wie es doch möglich, dass bei disen so schweren: vnsichem Zeiten ain so
mOrckhliehe Summa Ueldta von 8000 ft. antechen ohne mteretme softe auf»
aetreiben sein: andertena dass sich Bflr HochwQrdt. erbietten, einiche Müehe
nit zuspahren yber die bereiths zugesajjto. 10(K). fl. anlechen, etwan noch
.1««». oder w<dil auch in allem die .(hhi. auwegen zebringen, iedoch il< r-
gestalten, wan der Stattcammer an ihren aigenen- oder aonst loichtlicli
erwerbllchen geldtnütlen gebrechen solte, welche iedoch etwan ausa einer
C(MM alss (J. 1. Frau Himmelferth bruederBchafft, Spithal, Leprosen oder
dergleichen vnd vnder gewisen bedingnuss ebenso leicht, ia wohl auch
Ic iL-htpr zuerheben sein wurdten etc. haben wQr seines Inhalts des mehreren
ersechen.
Nun souil das Erste anbelanget, mUedse vvUr freylichen gestelien, das.s
bej dlaen vnsichem Zeiten schwer seye, derlej geldtanlechen aafieebringen,
allebiig stellen wttr EQr Hoehwflrdt ku gf^, eonriäfraWm^ dass man vnsrer-
seitha. ehe vnd beu'u man den OynmoKy Pau angefangen, alielt den
dermahli^'-f»n vn<ierni(>^li<lion nrrn'w-l aldasi^-'T St uttcamnior v<»rgr»sti'lt
habe. Hingegen ab»'r von dcioselbeü dif t itt.-ii lichu Zuuersicht ci lolgt scye.
dass mau deroseiths (lenminu Stattcanuner nit lasaeu vnd mit einteilen
tausendt Gulden anlechen ohne iukresse vnder die armb greiffeu wolle mit
beigefiegter an- vnd vftnuntening. man solle nur einstens den anfiuig
machen vnd einen ernst erseigeu: vf welch dero gegebene versprechen
vnd vrig<'zweiffh>te Vicilulft' miin eiidtlichcn .•^r)hhnji püii fififuii^ron lassen;
zemablcn aber die zugesagif mir ain lausendi gülden zu ternerer Furt-
setzung üit erkleckhiich, vnd mau bej gemainer Stattcammer alwo wegen
') l^|troH<>n ICC .KuH»kt2i]{n,
*| nerrus — Kraft» t«l«tuB|piflbi|pk«lt.
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42 MlUciluuf^ d. Ges. t deutoche Bnlehnog»- u. Sohulgesefa. VII.
forti^or') «'rs( iiüpfTiuig mit beischaflTuiig der materialien genuog zethueu.
auch mich oia weitli g-iusHerfr %'nko8ten alss gedachte 2fMX) . fl. erforilort
»ein wirdt, so yber die i^tattcanimer ergehen, beineben» öieh imuierdar Inn
Gton^iMr Statt vn^atelU^ PaufftUigkheiten eraignen, aUs dennahlen in
«pect« beyr Wuehren*) sich heruorthuen vnd neben dem Oyrnnami pau
mttessen rq)arirt werden, weithere geldtmitl aufitetreiben nit wüste, an-
ir''-*f>rhpn stniil der beschochpne* vorsrlilag von don armen heUseni geldt-
mitl herzeneninien vnd ander puncten betrifft, dise beschafTenheit hat, das
solche capital Geldter denen armen bedürfTtigen ex itUentione fundntorum
vm^&aU SU ihrer mmtadaUon vf den Tisch gewidtmet selndt, vnd man ohne
vninitlbabre DewilMion derselben die vnterhalteinitl nit benemnien Kuadte,
auch heissen WUrdte, man oportere uvum dUare discooperiri, ut alici um coope-
riatur, alaa mtiesen wür, atisssrr Enr Horbwür«!' >H lif»bpn su h des anlechens
halber der gleichwohlon iiit erkluckhlichcn . L'<««»tl. mthegorice zu resoluircn^
bej welcher erkhleruug vnd vorHtreckhung wür die alsobaldige Ver-
aastaltuog verfiegen vod den pau fortsezen woUeii, derentwillen man der
richtigen wider ainhaimbsahlung halber mehr difidenz nit sesen darff, weillen
für dergl. nothürfflige anlechon zu Versicherung derselben der Stattcammer
Rent- vnd Uildten zu yorhypoihenifn alzeit bej Burgermaister vnd Rhat
macht gestandten bej nechst yberschribciu r hi schaffenheit verbleiben vnd
den 80 EOffrig angefangenen pau, welchen man disseit« so gern perfcct
hett sehen mögen, anch verwichenen herbst sn desto baldiger vollendtung
desselben dass BOsserste geschechen, für dlses Jahr eingestelten ersisen
lassen, aber wegen obhabendter itnpo.stfihiHt<'it dissfahl» in vngleichem nit
2U verdenckhi ii sein werdten. So wür in Goprenantworth nit verhalten
vnd d^roBfllM ii vns ie vnd alzeit vnderdieustUch ompfehichen wollen.
i. Martij J6S9.
vn.
Hoch EhmueAst etc.
Demnach ich verstanden, wie das Meine hochgeehrte Herrn Nachbarn
wlllenH sein, vor die ienigo I(J<K>. 11, die ich zum instehenlon (lymvfi^ij Pau
alhier erlpf^eii wille. zu beederseut*« molirer richtigklieit. vnd vorluiettung
khUntltigen Zsv^ lrachts, vor mein auuerchrauttes Co/te/iwm vnnd iVokrfioii«-
hauss*) der BotAetet Jeam alhier, oder villmehr vor dise Persolmen, so mir
dises geldt herleiehen, eine genuegsame vnnd sichere Schuldtverschreihung
aufzurichten willen«. Zu dem ende ich dann die icnige CotKiititons oder
Pinicton die mir beliebig du?i sie erniehh r nhlü/ation einuerleibt werden,
selhstcn aufsezen, vnnd dennenj*elben ybergtiben solle, Alss hab ich nit
eruiungleu wollen diseu Meiner hochgeehrten Herrn Nachbarn billichen
verlangen vnnd begehm zu willfahren, vnnd zwar vmb souill mehren,
weiti ich sihe, dass Sie Ihrerseiths alles dasienige hiertnfi»Ms Thun vnd
laistcn wollen, Avase« der billichkheit. vnd zuerhaltung fernerer (Juet^r
Nachbarschafft nit xuwiderlauffet, welches mir auch ein Vrsach ist, mit
I) Ferticr «ie ob«D.
*) Die Woebr = du Webr, «1. L eine Stauvorrlohtunc Im LecU zur KlUluos de« MttfaU
^ ProbaUoiMbAUs ist eine AmUlt dor .Josuitoa, .worin zuicttiiAJire Jemiiton ihn Ftobe-
seit »l)xal«B«a babeii.
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6. Ueber den Bsu des Jesuitengymnaeiuine m hukääberg am Lech etc. 43
allem dem, waae mir nur die mögUchkheit immer «tlaMen wirdt, dennon-
selben beysnhaUen, die Puneta aber sind dise.
1^ dasi auf 2000 fl. Yon Churfttl. hoehlöbL Hofcamer If Qnehen die
BaHfieation oder Consem vorhero aussgewOrckht werde. Zumahlen ich ge-
wOsae nachricht vnn München hör habe, dusH khoin Stnit in pranzf>n
Bttvrn, ohne zuvur erhulttmeii dergleichen fonscus. de hi>iii,s pnJiliris das ge-
ringste verschreibeu khan. Es wore dau sach vvolte aiiier au»8 Meinen
hocbgeehrten Herrn Nachbarn ebi erkleckliches äpccialhypotiteea auss
seinen eigenen absonderlichen Quetteni dagegen verschreiben.
2^ dasB neben Verschreibung aller Otletter in gatere^ so bey Genudner
statt Vorhanden wie gebreuchif? auch eine Special hypotheca so frey vnd noch
niemandC Verschriben ist, warauf 2U00. fl. sieher Ilgen mögen, in der Mi^iJtiion
benanibset werde.
3J|o dass die Obligation dormahl nur pr. 1000. fl. laute, die abzaluiig
aber von dato des erlags, nach Verflossenen ersten Jahr mit 100 fl., die
negst hemaehvolgente 8. Jahr aber iedes mit 800. fl. In Prttssten, alles ohne
Zflnss, gewiss beshochen solle: Ausi^genohmen, wofern vonseuthenelnosLöbl.
Maj^istrats mit i' n l'rüHsten wider verhoffen nit solte z.uf^ehalten worden,
Sie als8daiin !?chiildi^ (»ein sollen, von den verfahle neu vnd noch schuldigen
Frilasten das Lamlt.M^eiirencliigo Int^f^) zuerlegen.
4|2, Öoilou die FiiiHsten widerumb dem darleicher in gueter gang-
bahrer Lsndtsw^ning,' iedes Jahr ohne Verwdiliing ptneHrter massen be-
zahlt werden, vnd hleruon einen LObl. Magitirat vnd Gemeine Statt alhier,
alnigcs VnglOckh oder noth, es sey hernach allgemaiu, oder besonders,
im wenigisten nit befreyen. Wie dun auch fahls tjich vnder diser Zeit
wider besseres Verninthen zwischen vnsa beiden l'artheyen ein stritt er-
waxen solte, das^s »ulches disen contract im wenigisten nit berUelu'en, noch
verhindern solle, Allermassen auf solchen fahl der Terüiu unschuldig au
l^den hete.
6^ Soll neben des Rhato Insigl die Herrn Burgermaister vnd
Innern Rhatsherm der iMigation sich vnderachreibon.
6*^ Soll auch der oWujation einuerletbt werden, da.s all dise Puncten
vnd Cotiifitioncs, so auf die 10<»0. fl, lauthen. nnch sich er.strockhen Odilen,
im lahi Sie noch ni ehrer entlehnen, vnd hierunter in dise Schuldtver-
sclircibiing einuerkibt werden,
Vnnd WU8S otwan »uii8ten Meinen huchgeelirten Herrn Nachbarn be-
liebig sein wlrdk Die 1000. fl. will ich ohne verschub, sug vmb sug ei^
legen, vnd wan dise nit erkleckhen selten, vnd ein lObl. StattCammer
kheine aodorwertige^) mittel mehr bette, auch ich sehen Thue, das der
Ojfmnaitij Pau dias Jahr noch %'ndor das Tach j^ehracht werde, so bif ich
vrhiettifr. wie ich schon litUer ^e\ves«eii, nucli !<)<)(). fl, darzii herzjischieösen.
Wurmit Meine hocbgeelu te herni Nachbarn in (ien shucz dess allerhöchsten
getreulichst empfelchent. Landtsperg den 22. April anno 1689. etc.
') Eswoi-i' dun „SHch" = os wäre denn der Fall. ScIiiin'lliT, Hm vi t W'irtnr' tn h II. 210.
*) .Interesso" ist oocb beute ailenthalbea in Bajrem statt Kapitalzios gebräucbliob:
t, B. Oeld uf ImterORse l«g»n, den Interrase ishlmt.
*) Zu aiMlenrlns.
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44 Mittcilung(Mi d. (ies. f. dciUschc Krziehungs- «. Sehulgesch. VII.
vni.
Hoch Khnuie8st etc.
Will nit Zwoiflen. oh wonle donselbif^en mein viulcr fititn doa
22. ApriUs an sye abgelftssencs Schreiben eingehändiget seyii worden.
Weile» Ich aber bt« dato auf solches nit allidn ainige andtwort nit er-
halten, sondern auch vememmen mueaH. dos man alberait von dem Löb-
lichen Wprckh dos rpasxnnnrtrn G i/nnins'ij Bii\\i's dif H.lrid nltjj^czi Kheii. in
vorhabou. solchen glcichwol auf die Irin-ri' Uanckh Zutichitdion : als ist mir
zu SUnne khommcn ob nit etwan in obermeldten iShreiben ain oder
anderes Stuckh endfaalten, so aus mangl besserer erleuterung, Meinen Hoch-
geehrten Herrn etwas frembd vorkhomm«i, vnd selbige sn widerigen
gedanckhen verlaitet habe.
Dauern nun dem aIi<o wftre, bin ich hiemit des willigen anerbttettens,
alles, \v;i!< hitTÜiiii ZwiMflliatlti/^'-. ZiuMlHiittprn ; was Zu hart vnrkhommcf.
8üuil mir möglich, zu nultcrn: vnd im fahl, ho ich doch annoch nit g«'-
ateehen, vnd kimin Vnpartheyiacher Villeicht yemahlen orkhennen wird,
etwas Vngerechtes. wie man sich dan Verlautten lasset, wider mein Wissen
vnd Willen, eingeloffen') wftre, alles bester massen Zu Schlichten vnd Zu
richten; dan auch dero weislichM guetachten vnd fernere Rhataame Vor-
t<eh!'*^' anzuhören, allain dahin, vnd der mainnnp. damit ich an meinen
JiueTlmen. f«nuil mir Zuestehen will, niclit.s crmaiiglfn lasse. .'*<> zti Schlei-
niger vnd Notthweiidiger Forttjezunj? den nun mthr angetaiigenen Bawea,
dan auch Zuerhaltung der blshero bayderseitä gepflogaen Fridlichen Nach'
barBchatft bequemb, vnd ersprieeslieh sejn mag.
Widrigen Fahls aber, da man wider raein Verhaffen» so Preindliebend-
nachbarliches anbtletteu Vngeacht, nun mehr gefa.ste vnd mir Zuegesagto
ItftinJuHou aliio j^.'Vch.*) vnd auf ainen Sfiuv, abbrechen, vnd den Schul-
digen vber die nun mehr 4«. Jahr vorHchobenen (ii/mno^ij Baw noch Fer-
ners aufochiebcn wolle, werden sich demnach meine liebe Herrn Nach-
barn khaines wegs Zubefirembden haben; dauern man etwan bsld hierauf,
auch Vuser Seite ein befuegte Rauilutiony i^eZwun^ener weiss, Shöptt'eii
wird, welche dan wir so wol bey gcmainer allhieigcn HurgerschaHt, al»
auch anderer orth vnd Ende, Zu Heiner Zeit, bey so beschaflVneti Hachen,
beasor, als Villeicht andere, Zuuerthüdigen«) Vns getrawen. vvt4chea ich
nit Zu Troen oder 8chreckhen, smideni aus gueten grnndt angefUegt Itabeii
will, Meine hochgeehrte Herrn Freflndt-Nachbarlich Zugewamen, damit
man nicht in VnbeiiebigeWeitlAufigkheitgerathe» Vnd auf ainmahl brechen
wölh». 8o sich etwan, sonderlich h^y disen <jr<*freinvertigen %«'iton Vnd ab-
gang der Pcrsohnen, auch niuicrn hc\ lauttendten Vmhfi.indrn. nicht »(\
bald widerumb anbUnden .wird lassen. Wie ich nun meines Thails, weit
vber mein Schuldigkheit gethanes Versprechen Thails Trewlich gehalten,
Thails annoch Zuhalten Vrbietig bin, also holte ich man werde auch von
Seiten aines LObi. Magkttraitf, aine den alten vnd nowen versprechen gleich-
') „«It-lofTon" statt „^n iiiiir«ir wir.l tioi li in oinii»lm?n ij»'>fi't«den Altbi|yttrni> get»niueliL
«) (jä,-|i = pliitzlicl) ; ^;ia< h'" ist n<wli (;t'K'i.>ti'»-iitti|r in \'»l'a%-<'rii in TTfbunjr.
•) Stuc7. = mhd. ütuU = .stos«?, Anprall. Kltijri-, Kt.vru'-Iotfi.si ln'ö Wortttrbucli.
*) VortblUligmi — vertelditren. 8chiiteU»r, Haycr. Wttrterbucb.
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6. Ueber den Bau des Jeaiütengyiimasiums zu Landsbeiigf am Lech etc. 45
lautende, vw Gott vnd der Weldt Shuldigo Ban^Ho» famon, in deren
Shleini^r erwartung ich verbleibe etc.
CoOt^ LfuuU^erg, 25, April 1689.
IX.
Hochgeehrter Herr Ainl»tv-<hurfj'Ornuiister!
Ibor bowusöt«' VorHchlüf^: ist mir aUer«M-8t luuit noch :iin undprer b(»y-
gefallen, durch weichen Villeicht der gelter Viuiteredte iiuiidl Füegitchdt
khtlndte gericht vnd geshlicht werden.
Ich getrawe mir durch Zuethuen ga»ter FreOndt Zu München gar
w'ol UU8 Zubringen, daa ein Churfrl. HotXJamor alldn, ullhieig'er Statt
2(H>r) fl., ohup Ztins8. anlpchortH woinH (iarstrerkhe. doch ainig vnd allt'hi
Zu N'dllfüprunp dPH nun mehr atit^otanf^eiien Gt/rnnmü Bawof^, der iuaKät>n
vnd g»'»tait»Mi. duH obgemelter Churlri. HotUamor yedes Jahr auf benaudt-
lichen tenmn Von allhieiger üoniainer Statt refitniUrt Vnd abgestifft werden
300 11.
Dauern solche» Mittl beliebig, khan man mich dessen berichteo, Vnd
anf mein wordt. gleich ycrzund mit dem Baw in namen (iottes Fortfabren.
Aua dem Coüeifio A*. J. Apnhs
Meines htichgeeluten Herrens
dionätwilligor
Mardmiu MSOUr S. J.
Reetor,
X.
Hoch Ehmuewt etc.
Naehdmne nun mehr die Saal Tekhe des Cr^tmati^ allhier Zu gaeteu
Bnde gebracht, Vnd der Aitar neben andern ZuegehOr sich also Vnder
Händen befOndt^ das man aich deesen anfrichtung bis khdnfftigen Herbat
zugetri^sten, vnd also khaum was anders, nussor dor Fonsfer. ZuiK'rfertigen
annuc.h vherig Verbleibet; Als gelangt an meine Hochgeehrte Herren
Nachbaaren mein Froundtliches au»uecheUf sye wollen Ihnen belieben
laaaen, auch diaw Jahr mit tdner newen Znesag' nammhafflt Zuemachen,
vnd die Pensster auf ermeldten Saal Zuuerachalfen, als olin welche das
vbrig alles wenig nnci Vnd Vnbrauchbar ii*t; damit man doch ainmahl
dise» ianjr erwüiiachton i^chiVnPM r*laczes. Zu Tfl/^-nclicii tieiÜ-ron !\T<'mm-
Opfer, dan auch anderen so wol das <tf/m/uimj als (''>it,^r'yiiti»nis gfwohn-
lieber fum tioncn, Vnd Verrichtungen genüessen möge, wtüches dan so wol
Zu Gottes Bhr» als auch Zu Ztterde der gemainen Statt, Vnd beyhilf der
«tmUrenäen Jugend gedeyen wird. Verbleibe mithin
Meiner hochgeehrten H. Nachbaaren
CoUfgiuM Landtthorg, den 2*J. Mu/g Anm lti92.
dienstwilliger
Martiuun MüU<-f i'ullryü
et XhmHn Pp"»6. Hfrtor.
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46 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehuiigs- u. bchulgeach. VII.
7.
Ein Streifzug durch die deutschen Schulen
Mttucheus zur Zeit der „Sehuelhalterzuuft". (17.
und 18. Jahrhundert.)
Von O. N. MhimImII, KOnigl. Realschuldirektor a. D. in MOnehen.
Schüu auö ültereu \'erüllVntlldinngon ') ist bekiintit, «iasa die
Lehrer der deutschen Schulen Muncluns «gleich deni'u uiidcrer
Siadte^) nach dem Mustfr der Ilandworkeriiuuiii^^'ii eine eigene
Zunft bildeten. Die Entsteiiun;; der «Schuelhalterziint'te" lallt
aber in eine Zeit, da die Haudwfrkerinuuugen ihre liiiUe lanj; scliuu
hinter sich liatteu und bereits ihrem Verlulle entgegen gingeu.
Joseph Gebelü setzt iu üeiuer auf gründlichen archivalischeii
Forschungen beruhenden Geschichte des Schulwesens der
K. Haupt- und Residenzstadt München,') (8. 6) die Ent-
stehung der Münchencr Schulhalterzunlt iu das Jahr 1564, iu
welchem die Konzessionsurkunde für die deutscheu Schulen der
Stadt München*) erlassen wurde. Diese, wie die ^Schuellordnung-
vom Jalire 1682 veröffentlichte Gebele im Anhange zu seiner
Schulgeschicbte (S. 3 — 10, bezw. 10 — 12) dem Wortlaute nach. Von
einer Zunft ist in diesen beiden Dokumenten allerdings nicht die
*) Ant V. Bucher; BeytrÄjrt* 7a\ oiner Schul- und Erziehungsj^eachichtc
von Bayern. 177S. S. 14Ö. J. v. Dali Armi: Die SchuUehrer in Jüuycrn.
Augsb. 1Ö55, S, üi.
*) In NOrnberg bildeten die Sehidlelirer, 48 an der Zahl, von 1613 an
eine Zunft. W. K. Schultheiae: Geschichte der Schulen In NOmberg.
Riegel & Wiessncr isär;. II, 29 ff.
*) Dieselbe wurde den Tciliirhmorn an der in der erstf^n August-
woche d. J. zu München abgehaltenen 13. iiauptversaninilung dea
Bayoriachen VolkBechuUehrerTereins ala Pwtgabe gei^pendot, ist aber nnn
auch im Bnchbandel erBChlenen, llflnehen. Kellerer.
*) tünuemerkhcii Etliche Atricull vnd S.ntz, So ain Emuester, Fur-
fichtig-er, En«amrr. Weiser Rath Alhic Zu iiumcht'n den Tf utHchen ^^cliuol-
hultcni gegeben, vnd daneben Iii< n Eingobimden, Das sy »ich bey Ver-
meidung Raths straff denselheu Alierding gem&sa liallteu, Actum den
Achtvnnd 2waniteigiaten Angua^ Anno ViervndBeehtzigg.**
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7. Bin Streifzug durch die deutschen Schulen Münchens etc. 47
Rede; erst 1696 wurden „Sät/ und Ordnungen Einer Ehrbaliren
Zuuft. der Itüri?erl" SchuelUiaht^r alliier* in 31 Artikeln') festge-
setzt. Da.sH aber die Zunfteiurichtung für die Mumliner Sehul-
halter schon lauge vor 1696 bestand, ist durch zahlreiclie Akten-
stücke des Stadtarchivs nachgewiesen, namentlich aus den ersten
Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts. Die wichtigsten dieser Akten-
stücke werden im Nachloijs'euden miti,'eteilt. Ich verdanke .sie zum
«grösseren Teil der Güte des Herrn übeiiehrers Uebele. in d«'sseu
Schuli^eschichte sie keinen Raum tinden kuimten. Doch habe ich
selbst die Abschriften mit den Originalen des Stadtaichivs ver-
glichen, sie durch andere einschlägige Kuiid^ebungeu ergänzt und
mich bemüht, deren Entstehuugszeit zu ermitteln, soweit dies Uber-
haupt möglich war.-'^
Es ist gorade kein erfreuliches Bild, das sich uns aus diesen
Dokumenten entrollt. Gleich den übrigen Innungen verlblgte auch
die Schul halte rAunft «laa ja berecl»tigte Bestreben, jede Konkurrenz
durch Winkt'lscluileu oder Privatunterricht fern zu halten, zu^'lejch
aber auch die Zahl der Zunftgeiiu.'^sen möglichst eiuz.is ' liraukeu,
was um so unbegreiilicher erscheitien muss. als von liirer Seite
selbst wiederholt schwere Klagen ül<er völlig ungenügende Öchul-
räuine und höchst bedenkliclies Zusammenproplen der Schüler er-
hobrn wurden, gleichwie die übermässige Schülerzalil auch von
vurnhcivm einem gedeihlichen Unterrichte hinderlich sein nnisste.
Freilich N\art'ij den deutschen Lehrern nicht wie ih n lateinischen
öftentliehe SchuUokale zur Verfügung gesteiit. soudeiu sie niussteu
die Schtilzimmer mieten, die dann in der Regel auch nocli zur
P'amilienwulmung dienten. Wer die Ivunzession als zünftiger
Schuihalter erlangt hatte, ilnrtic glci( h den anderen Zunftmeistern
eine Tafel an seiner Wolmung aushängen. Auch brachte es die
Zunftverfassung mit sich, dass die Meister Gehilfen halten durften,
als welche nicht mir ihre eigenen Söhne, sondern häufig auch ihre
Töchter und Frauen thätig waren. 3) Ebenso konnten sie ihre
Stellen auf ihre Söhne, Frauen und Töchter vererben, nur mussten
die ersteren die vorgeschriebene Prüfung abgelegt haben, die Witwen
und Töchter al»er approbierte Kandidaten heiraten; ja die Gerecht-
same eines zünftigen Schul) laltt i-.s wurde wie die eines zünftigen
Handwerkers seBist käullich, doch erforderte ein solcher Kauf die
<) Gebele, Anh. 18—17.
^ 8. Anmerkung: 2 8. 65.
*) 8. S. 56.
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48 Blitteiluageu d. Gea. f. deutsche Erstiehunga- u. Schulgesch. Vll,
Geiieliiiiiguiii,' (Ws Sliidir;il»'s^. 'j Die Zunft!ii<'ist<'r wus^tt-n .uicli
dahin zu hiini^cn. daHs iliiR'u ilic F.eirclili<,'uii:: ziii \'iiin<iliin»' <lrr
früher von den Sdiulubert-n (Scliolijinlirii) vorgeiiüiiniieiuMi
Prüluiigeii liir die Approbation zum SclmlluiliiMi eini^eraunil wurdv,
sodaas aio niisHliebige Bewerber fernhalten, genehme dagegen be-
günstigen küniiten.
Wenn man denmach in den liest ivhunL^en «ier Schulhaller j^Mier
Zeit einem stark auHgepirtirten selltsisiichiigen Zug. d;»?e?en fast
nie einer auf ideale Ziele geriehteten Kundgebung begegnet, so iwt
das zwar nirlii • iiivuli( Ii. aber nur zu erklärlicii nieht nur ans dem
allg<'meinen. wnni^' lii m Idealea zugewandten Zuge jener harten
Zeit, sondern iiisi « n l* le auch durch die höchst trauriL^eii tiiiaii-
ziellen Verhältnisse lU-y deut.schen Lehrer. Dass sie die Kosten
für Mi* t*' und Beheizinii,' der Scbullokab' Im .^n ciftMi tnussten.
wiirilt- i?t huu uiisjedeiitel, Daliei hatten si«- ktMut- foicit He.sol-
dungeii. weder vom Staat, noch von der Stadt, sund«'i'n ^ie er-
hielten bloss hrn-hst bescheidene riiterstützunirsheitrAge aus (h r
St. Benuostütun^' und aus der liolkaininer als 1 Jiischädigung füi*
den unentgeltlichen Unterricht armer Kinder oder der Kindel' von
unbemittelten Hofbediensteten.'^) Ausnahmsweise gewährte iiiuen
die Stadl auch ein«' oder einige Klafter Holz zur Hidjeizu?!'^'.'') Sie
waren also fast ausschliesslich auf das gering bfinessrnr (^naiemner-
(55chul-)geld)"*) uüd auf einige Neben bezüge von teilweise recht be-
1) I. J. 1746 verkaufte Meiuter Job. Georg Hechenberger seine ,,SehueU
Gerechtigkeit" dem George Peldinayr um 20<) fl., wovon KK) fl. buar bezahlt,
die anderen l'K> fl. spAter ah^'-ct iair<'n wordüni .«ol!t<ni. Nrichilfin Feldniayr
die voigeacJiriel>ene Prüfung ab^oU'^i. fi tul^tf ohrij;keilhrhe Cieuehuii^uiig
des Kuutgeachflftes. (üobele a. a. U. t>.
^) Nach einem Dokument aus der Zeit um 177U erhielten neun
deutsche Schulhalter jeder ca. 60 fl jahrlidi ».wegen Instruirung der Arme
Hofbedienten Kindern.*^
*) Bin Verzeichni.s im Stadtarchiv weist aus dem Jahre 1801 die Ver-
teilung von 10 Klaftern Holz an die stndti.schen Schulen nach.
*) Dif^'Sf'H liotrujf nach der KonzeBnionsurkundo vom Jahre ir)04 für
Kinder. ..welche allein lesen und Hfhrotben lornen." 15 kr. {= !■< IM'^'.),
die neben dem Leaen und SSchrcibeu noch rechnen lernen, iiükr., wenn sie
aber auch noch die weledie Praktik lernen, 1 fl. (= 1^71 MIc). Im Jahre
1590 wurde der Sats au 15 kr. auf 17 kr. erhöht, 1696 genehmigt 24 kr.,
40 kr., l fl. Noch heute ist nach dem Schuldotationsjresetz v»»ni i< November
Iböl von einem Wcrktnfx.sschu'cr vicrteljahrl-- L' 1 kr ci To l'fu.^. von
einem Sonnta^-.ssrliül''r Iii kr. Si-bulgeld -/ii i'iiirichrrn. Ii hah'-n scliuii
viele Uenieiiulen, namentUcli die ötüdtisciien. da.« Schulgeld al){^e.schuHt,
.München 1872.
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7. Bin Strel&ng durdi die detttMSheD Schulen Hünehens etc. 49
denklieliOT Art angewieBen: Tinten-, Licht- und Holzlcniner, Gregori-
geld und Rutenpfennige»^) was ihr Anaehen nieht heben konnte.
Man kann ea ihnen nach all dem nieht veratgen, veim sie auf
milglichst viele SchUler bedacht waren, sumal ihnen selbst Zu-
wendungen des Staates wieder enta&ogen wurden, so im Jahre 1590
der Oetreidebezug (je ein Sehelfel Roggen), den ihnen die Regieruug
1587 fOr Erteilung des Katechismusunterrichts gewfthrt hatte. Auf
ihre Bitte um Wiederabgabe des Getreides erging folgender Be-
scheid:^
„Vun Gottes gtuudeii Williohii
Herzog. lu Obern vnd Niilern IJuvni x.
Viiiisein fjflnstliohen irniess Zuuor Fümehtge. Ersame, Weise, Liebe ge-
treue, Kbs haben eiu Zeithero die 'Peitschen ächuelliuaiüter alliie vmb daä
Traidt, so wflr Innen desBhalben, das sj die Jugent Za der Oatechismi
Lehr gehalten vnd gefiert, ans genaden, vnd damit den Gottseligen zweckh
sein anfaange gemacht werde, Zn Zweymale emolgen lassen, Oftennsls ge-
•) Schon nach der KonzeaaionaurkuntU' vom Jahro lf.n4 hatte oin
Bchulkuid für die zwei Wintor(|uartale 2 kr., von 1696 ab 4 kr. Uolzgeld
und eine Unschlittkcrze zu geben, fUr welch letztere später in der Kegel
der Geldbetrag gezahlt wurde. Im Btadtarehiv (Lade II, 121) findet sich
ein Veneiehnis des Hob- und Lichtgeldes bei der St Peterspfaitschole
1660 von 45 Scbfllem, jeder 4 Icr., mehrere 6 kr., etliche selbst 6 ki-., in
Summa 4 fl. 14 kr.. Tintenkreuzer wunlcn prnt spSUcr oiii^eführt. Das ^
uralte SchnllOHt dos Gre^/fori wurd*» apJlter statt am ( ire^oriusta^e (!'_'. Mitrz)
in die Sommerzeit verlegt und da die Kinder in die „ürtln", d. h. in einen
Wirthschafttigarten geführt und bewirtet. Dafür hatte jedes Kind 8 kr.,
Hpater 5 kr. su entrichten. Die merkwürdigste Binnahme der Lehrer war
das sogenannte Hutengeld, in der Konsessions-Urkunde vom Jahre 1664
„Aufrttreichgellt' . in der Zunftordnung vom Jahre 169« „Pritschgeld" ge-
nannt. Es wurde mit 1 Pf. (l."»6J) uiler 1 kr. fiitrichtet an den
drei höchsten Festen Weihnachten. Uitern, ilui^slen, zur Fastnacht und
sur Jakobiduld. Sehmeller in seinem Bayerischen Worterbuch n, 806 sagt
darOber, däaa die Kinder, eines nach dem andern dem Lehrer swlsehen
den Beinen durchkriechen und einen Streich ad posteriora in Empfang
nehmen und daftlr den sogenannten Ausstreichkreuzer entrichten mussten.
Noch einer s(»nderbai en Rinnahmsquelle thut die Kunzessions-Urkunde
vom Jahre li>ü4 Envalumu^i. Die Schulhalter gaben den Schülern gegen
Geld und ,^dere Liebung** Zeichen, pacem genannt, durch deren ZurOck-
gäbe sie sich von einer verhängten Strafe befreiten. Dieser ,«pOse prAUch**
sollte nach der Konzosslons-Urkunde abgeschatrt sein; man darf aber be-
zwfMfoln. oh «iie Beseitigung völlig gelang. Die später den SchlUera oft
nur in zu reichen) Masse in verschiedeneu Graden (bezeichnet durch ver-
schiedene Farben) gespendeten Pleiesbillette mögen ein Ueberrest jener
verpönten pacem sein. In Manchen wurden sie erst 1870 nbgesehaflt
Stadtarchiv, Lade II, Aktenfassikel 121.
]fiU«il.d.U««. f.atftrh. Rnleb.. u. 8chulirp>i<-b. VI! 1 (B^jrrra'Hefki tülfi. A
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50 Mitteilungen <L Ges. f. deutsche Bnieliunge> u. Sehulgeaeh. vn.
honanun augebalten. Nechdem wir aber ans Fri: müde, nanmehr das
Tnnserige gethau, Ynd sonusten ohne vonser «itgeit, wol mitl vnd weege,
damit Innen den srhuellraaistern kban «eh o Ifen werden. Vor der hanndt,
wie wir dann bi rii lit worden, das Ir am h alln i nif nit vnderlassen habet,
der Sachen lürscbuh Zuthun, in dem das ain Klmult Quatemberlich Zwen
Kreflzer mehr Zuueretehen für; 10 Krl: 17:') Zuclit- vnd l.era-gelt geben
solle, welches dann den schuellmaistern eine guete Besserung were, wann
nit eflidi vnder Ineti die :lfi: für die :17: Kil: dammben ein merere
Jugent an sich Zubringen vnd also ein geringeres nenunen; daher dann er-
scheint, das einer dem andern selbst nit wenig eintrag Znfiegen Uraet,
desswegen die notturfl ernordert, ein sonderi)are gnete acht, damit vnder
Inen ein ^eicheit vnd Ordnung gelialten werde, Zahaben, wie dann auch
nit weniger, das der schueluiaistcr in der AnZahl gar Zunil, vnd wie man
Pfleget Zusngon, ;iiner dem Andern das Broth vor dem Maul abschneidet,
darzue etliclie die l.eraenns selbst wohl bedürften.
Demuacli ist vniiser Beuelch. das hinfüro vber ;h: Tetltsche S<'huel-
maister in vniisi rer hisigeu haubtstat München, als virr Iimerlialb der
Thum, vnd viier ausserhalb nit nier boHcii gehalten werden, Yedorli auf
das solches khainem der Schuelniaister nit gehüngcr*) abschaffung be>
sehweriicb falle. Wollen wftr gnedigist Znelassen, das die Zeit vberigen
ableibens oder Verendemng damit Znerwortten, werden sich alsdann
khonfüg ohne ZweiCd geschiclKter Tang^ehe Persohnen, weiche der Jugend
nach notturtt wohl vorstehen khönnen (:in dem sy Ir nahrung bisslier haben
mOgen:) Iwünden und brauchen lassen, daran v(dziehet Ir vnnsere enttiche
mainnng vnd haissen, datl; Manchen den :22 Xbris :92.^)
Wilhelm.
AufTallend ist es, dass man die Zahl der deutschen >ihuimei8ter
noch weiter zn \ <'rni!!idern suchte, nachdem sie in etwa 25 Jahren
ohnehin srlion /.iii-in k «gegangen war. Nocli im .lalire 15ö0 betrug*
sie neben den drei Lateinschulen (der staatlichrii I*oetenschule und
den städtischen Schulen an der Frauen- und Ptterspfarrei) 18 bezw.
19;"*) ums Jahr 1614 nur noch 16. wie aus tollendem I*iot<»koLl^)
über <lie auf Anordnunj; des Herzogs Maximilian i. vorgenommene
Visitation der Münch^Mier Schulen ei-sichtiich ist.
„Visitation der Teutschen Scbueleu alhie betrf.
Anno UMi,
Anfcngklichen. Der Schuelhalterwoluiuugea, vund gelegenhaiet an-
langent: haben wier befanden: das der weniger thsiel der Schuelhalter mit
') Für die trUher Üblichen lö Kreuzer nun 17 Kreuzer.
^) = 2u rascher.
= 22. Desember 1592.
*) 6. das von Daleenberger in den „Mitteilungen'S ^hrg, I, 8. 6Slf mit>
geteilte Visitationsprotokoll.
^) Stdtarrh., Lade II, 120.
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7. Bin StreiÜBUg durch die deutachen Schulen MOnchena etc. 61
weittem nmd gelegeni*) Zimmer, der Zeitt ferseehen ist Shondeclich:
Hannas Nambstaler, welcher vill vnnd gaeter Leuth Kbinnder, in Einem
Engen Zimmer obennander haltet
Hannse Mayer, hat g^eiehroll Ein weittes Zimmer» aber gefliirUchen
auf- vnnd abgang. Nemerus SPerl hat vill Ehimider, alaao das Er solliche
Sommer- vnnd wintteraZeitten In der Stuben vnnd Camer halten muesa.
Georg Härtl Imt Zae seinen Khinndem Ein Einiges Zimmer» irie nit
weniger BenedÜct Hörmann.
Die Erlhnrniing der Klnnder betreffend: SO ist sollichc bei etlichen
sclileclit, Shonderlich bey Leoniarden Erkhen vnnd Geör^en Fritschen»
weUiche der Schneie gebüreiites Fleiss nit abwarthon tlmot.
Bei Nemerura SPerl, Hannssen Ilärtl, Balthasar Stitzl Ist die
Vndterweissung Im rerbnen gering. Die Auesslendiscbe vnnd frembde
Kbinnder. bebuigi'nt, simlt syo alle, auesser (»tlichon Anoern Khinndem,')
In Ebrlirbeu, guetoii CoHteii, voim Ehrlichen gueteri Eltern wie nit weniger
diu pauers Kbimuit r, Ir ^ette vudtcrhaltuiig haben.
Die Alhiesigta Khiader botrf. werden din Armen, Vom Sti.
Bennonis Bruderschaft mit den Quateinber gelt vnnd ( iaidnng, vmlter-
halten. lere Eltern sindt gemainiglioh bey dem Heilligen Almuesseri.
Deren Zucht: lialber: berichten Etliche Scbuellialter, ila^i sye glcich-
woll mögligisten Fleiss hierinnen» fUrwendten: Etlidie Eltern aber wollen
gebttrente correction nit gedulden. Derentwegen Sye jene Kbinnder» vonn
den Schneien bOsswillig nemmen.
Schuelhalter der Zeitt sendt .16
Damndter: Zwe Wittib.
Kbinnder In allen sendt 1024.'^>)
Wie nit aus Vorstehendem entaehmeo. flbten auch zwei
Witwen das UntemchtsgeBchAft des verlebten Mannes selbständig
aus. Dagegen reichte im Namen der Zunitgenossen der Vierer^)
Simon Hueber beim „Herrn Scholiarch'* folgende Beschwerde ein:
.»Es werden die Schnelmaister beschwerde wegen der Wltüb die
Rizlin genannt» so im Tal wonhaft auf der hochpmggen da sie vnge-
scheicht: sowol Knaben alss mädlen lehmt, vnd Ir die aosshenge Tafl
Wirt gunnt, welche doch kain einiger Signatur oder rechten beschaidt kan
firwaisen ds Tr von Rathss wegen ist solches vergnnnt worden. Der Frau
Ostermayrin ist niemalss eiiaubt gewesen» da sie hat Knaben derffsn
Mit geräumigen und (zweckmftdaig) golcgeneu.
*) Kinder aus der Vorstadt Au.
'l Ea traten ala<» auf eint* Lehrkraft <hirt li8clinittli«'h *U Schüler.
*) Vierer (= Zuuftvorgeher) hiessen die Vorstelior der üüntie nach
ihrer Zahl, die sich aus der Einteilung der Stadt in vl«r Stadtbeshice
(Viertelj ergab.
4*
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52 MlttoUungeii d. Gm. f. doofMihe BnlehuiigB- u. BchulgeBch. VII,
lahnien odr Ir ein «miieng^ Tafl wen Tergant wozden. Ist also ein
besdiwerliclH!« «erkli, ds diese "Wittib einen Sehoelmaisler so gleicli sein.*
Attcii an den Rat der Stadt riditeteii die Zaiift?orst«lier eine
Eingabe, die uns einen wenig eifreuliclieü Einbliclc in die da-
maligen SchulverhiUtnisse bietet.
„Per iiisigca leutsclien Scliuelhalter
Beschwer Puiicteu Kliiiizlii h zuuenieiiuiieii.
Nemblich dass in villeji viiililigonton Statt- vnd Märrklitcn, die Teutsclu*
Scliuelhalter Aigue hehuussun^cu ohue ZiDss bcsUzen, vnd bi^swciieu noch
darzne, mit Holz, IVaidt, \nd gelt besoldt werden, hergegen sber alliie in
dieser Statt lüuuu ainiger Sclmelmaister mit Aigner behaussang versehen,
sonnder alle miteinander in scinrerem haass Zflnss wofanen, auch ainiclie
besoldnng vnd Ergedichkeit nit haben, dann obwollen vor Jahren ir. Fri.
Drl. in Bayern: x Jeden Schnelmaister alliie wegen der khtlnderler ain
Schäffl Khortii gdst. iai( iit. Ist Ihnen doch solches weil die Zahl vber-
seast widenimb aufgeln bt worden.
Wie dann schier khein ainiger Teutscher Schuelmaister alhie mit
ainer rechten niith: vnd bequeniben Schuel versehen, sonnder wie vor
Augen, si»' -ich in so deinen Zimmern vnd Stihlcn bphelffen, dass sie die
Srhni'lkhündi r in Ihn' klumter sezen, sich aber smiibt wcib vnd khündem,
etwan in ain sclilcchtvii wiiickhel authalten vnd die Srhuelkhnnder also
vber einander Treiben mucsscu, dass sich die .lugent sauibt IIuilmi vor
grossem Tranng nit Rieten: anch solcher Schmallen Dafflen^) gebrauchen
miessen, aof denen die Jngent Ir Lemnng, Schreibseug, vnd Papier, nit
also vor sich legen, dass sie der gebar nach, Lernen vnd schreiben
mechten. Welches dann nit allein ein solchen grossen Dampf vnd Ge-
schmachen^) verursacht, dass der Schuelmaister $and)t seiner Jugent darob
schwach vnd Matt werden, sonndern auch dass sonnderlich die vermög-
lichen Ihre khünder wetrm solchen getrenng vund gestambfs, gar nit in die
scliuel schickhcn, sonder Ihren khiiidern Ai^?ne paedagogos anhaimb halten,
vnd dass Gelt ilrcyfach aus«geben, also dem Schuelmaister sein (^uatember
gelt entzogen wiudt.
Dannach S\c in ^oiclicn Ihren heusern kheia bc-tiunlt haben, sonndern
von aim halben .lalir, /mu\ Anudern in Sorgen stehn." ^Yann Ihnen dass
Uauss widerunib aulkhiindt, vnnd sie weiter Ziehen vnd also Ir ganz
Schnei widenimb verlassen niiessen.
Gestalten sie dann wegen grosser Lasts vnd Ynmhe der khdndern
JUmemblich wegen der Haimbligkheit^) seer schwerlich vmiderkhonunen,
vnd schier gar nit mehr eingenommen vnd geduldet werden wollen, deren!-
1) a Tischen.
*) — Uebelgeruch,
»> = Abort,
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I
7. EUi Streifzug durch dio douUchen Schulen Maiichene etc. 53
wegen sie init Zinss vnnd anudeni seer hoch geataigert vnd beachwerdt
werden.
Daran««« dann Volu't. üass sie mit Ihrem hinn: viiiid wid<»r Ziehen:
Die khindor vixl dartlnrch Ir Narung wio schon villta bescluclifn, ver-
lioliren in ilng^ti'u, vnnd gar in Annueth gerathen, massen dann etlirh
allain der Vrsachcn beraith gar you der Schuel Abgetretten vuud sich
nah annderen dlennst bewGri>en.
Dahero begibt es sich, dasa 3. 4. Tnd mehr Schaelmiüster in ainer
Gaasen Zefinden, welches nit allain Ihnen, sonder auch der Jugent seer
schftdlicb, Tnd Temrsacht, dass etliche sonnderiicb die dainen wegen
weithe dess weeges fttmemblich Zu WttntersZeit gar dahaimb bleiben, die
anndem aber so auf so weitfaen weeg Allerhandt geschray vnd Mueth-
wiUcn ybcn, grosse gefahr zu gewarthen haben, aucli « fliehe desswegen
gar khein Scbuel besnchen, inas«ien dann sonnderlich diser Zeit nur der
geniainon T.oith kliinder die man dahaimb nit Ziehen mag Zu der Schnei
geschickht werden.
Dardnrrh bescliicht aucli weil si^» so naohent ') beysanimen, dass sie
kliain rt chtts Refrimont führen vnd die gehörende Zucht nit hraiicli<'n
di'i-tiVn, dann so baldt man die khünder khrumb ansieht, sie huiinblaufTen
die Srtitiehtiaister mit alleriei narende Lugen, vercleinem, dardurch sie
Znwegcn bringen, damit sie aass Lauter Fürwiz vmider der Quatembcr in
annderc Schneien khommen, vnnd da schon vennttg der Silz der Annder
Schuelmaister dass khftndt so seinen vorigen Schuelmaister nit bezalt, so
lanng biss Er entricht m sein, Schnei nit anfhemmen soll, wirdt doch
solches weil er dess MiflndU Kolhalber fro sein mness nit alzeit gehalten.
Vnnd obwol vor etlich Jahren vermög FrL Benelches nit mehr alss
Acht Tentache Schnelmaiater alhie, sollen Passiert werden ao sein doch
bey 14 Znegelassen.
Dahero sich dann begeben daas ainer Aintweders gar haimblirh
danon der annder in ein andere statt gezogen Tnd der dritt die Schnei
gar Teriaasen.
Ansa welcher Tberseznng auch genolgt, daaa etliehe Sehnebnaiateni
etwann nur 50. vnd aufs maiste 80 Tud 100 khflnder haben, welches
Jeden Jährlicli 1(H) fl. wenig oder mehrers ertregt, danon er sich sambt
weib vnnd khindeni erhalten muess, vnd den hausZinss ao vffs wenigist
35 tl. vnd dass Holz 15 fl. bttrift. nbrichten mness. daraus^ Jrirht
Zeschlif'ssiMi wie hart vnd Annselig sich die Sclmehiiaistcr darbey erhalt<;n.
vnd hinbringen vnd noch darzuc an vill kbindern dass i^uatember gelt gar
verliehren miessen.
•) = nahp.
j Also t>ine Schttlerzahl. die man Iteute für un2ulilt>3ig erachtet^ war
dumald zu gering.
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54 Mrttpil ungjcü ff. (io>-. f. deutsche Eraiehungs- u. Schulgesch. YII.
Dflim kheiner vnnder Ilinon, so Er gleich gesberi? ') genueg haust
souil ersparen vnd für sich bringen khan, dass £r Ihme selbst ein Hmss
erkhanffnn nieclito
Am> wj'U ia iii (iann Zuspiren, dass die hiesige Schaelmaister mit den
khündem (:da sie auuderst Ir Narung haben: vnd den Pettlstub eutgeiiii
wollen:) khein rechtes Regiment fiehren, vnd die Mothwendige straff nit
bnaehen derffen* sonnder Urnen aus noth etwaas mehreiB benngen vnd
TbefMchen mieisen.
Ynnd weiden diser Zeit in den Tentachen Scbuelen bey weithene
aonfl Jvgent idt also von wenig Jahren Js kanm 7 oder 800 in allem
gefiinden, danon deb 12 Schaelmaiater erhalten mieuen daibey heUt es
wer vUl daruon bring, der hat \t11.
Dio vrsach aber dass weniger khinder bey den Teutschen Schneien
alss vor Jahren vurhandten. ist dass discr Zeit die inaisten kbtlndcr
Studieren vnd l^ateinisch Lernen.
Vniid obwoll die Schuelhalter allJiie alss wann sy nit guete Sclireiber
vnd Rechner sein sollen, bissweilen hören miessen, so ist doch der Maiste
thail in aehreiben Rechnen Tnd anndem ohne Rhoemb hoffentlich also
Er&bren dass bey Ihnen noch wol andere gnet qnalificirte Leith abge-
richt werden khSnden.
"Wie dann Tor Jahren die FOrnembsten Schaelmaister sonnderiieh die
Yi^sirer, Sclireiber oder Junddunaister gehalten, darbey gye dass Rechnen,
Schreiben vnd Yisircn also erlernet dass Sie hemaeh selbsten gtiettc Schnei:
vnd Rechenmaister ub^'eben, vrelches, wann der Sehuelmaister weniger
weren, widrrunib gescheclien, vnd gnete Sclmclmaister geZiglet^) werdr-n
khunden, vnd :>ich nit soh-lic scldeclite Leith dainmben bewerben dertien,
Jezt aber weil wenig Jngend vnd Zunil liuclniaiiter, khtlnden f;ich die
besten selbst allaiu schwerlich erhalten, wirdt also kliein Sciiuelmaister
mehr respectiert noch obsemiert.
Zur geschweigen Eudtlichen dass bey diesen Teutschen Schuelen Auf
vnd nach Zeidichen Abieiben den Schnlmaistem Ihre nachgelassenen
wittil>eB Arm Tnd hilfloss, Ja da sie nit auch bald abdruckhen,") dem
Petdstab schwerlich entrinnen mögen, dann der wenigist tliaU der wittiben
nach Absterben Ihrer Ehdiftnner den Schneien voistehn: oder Znner-
liettFathnng aunderer qnalifisierter Schnlbalter (:wie bey annderen band-
tiemngen leichter besehicht:) schwerlich gelanngen khönnen.
U\ (lern allem nach der scbnelhalter sambtlicli vndeiihenige Mtt, Imm
nit allein mit aufnemung Neuer Schuelhalter biss die Zahl vermög ange-
repten Frl. bou' Irbs. widenimb vfT 8. liernb khombt, pl, Zuuerschonneti
sonndem auch hieroberZelte l^'^-hwer Punctcn, gl. Znbetjbaehtcn, vnd
Ihnen in aim vnd andern funiemblich aber mit aussthaillung der Scbuelen,
■) — sparsam, notig.
') — hernn gesogen.
') =. sterben.
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7. Kill Streifzug durch die deutschen ISchulen Münchens etc. 55
tn A\p vip?-tl vnd bct]U»'nier Züiner, aurli dass bey Ir Curfrl, T)rl. Ihnen
wiiienimh Jahrlich dass vorige Traidt eruolgt werden mechte, gl. ver-
holffen Zusein. M
Am 8. März 1629"^) Hess der H»t die Hiuntlioh^D «Maister".
deren Zahl seit 1614 sich auf zwölf ab;;emind(>rt hulk*. zur Ein/.el-
vernohniuii«; vorrufen. Ihre IIaiii)tbt's<'lnverde wnr wieder die
Ueber^^elziing der Zunft, da ,lr 8 es kh(»nt<'n wohl verrichten.*
Ferner erachteten sie für nötig, die Erhöhung des QuartÄlgeldeö
auf 24, 40 kr. und 1 fl.
Letzterem VVnnscht' wurdf ;iuch entsprochen: fliiMiso ^elans;
es der Zunft, die Zahl der l)üi'>;erlichen Schnlhaltrr mehr und
mehr einzuöciuäiiken. sodusri deren im Jahre 1696 (neben den un-
verändert fortbestehenden drei Lat«'iu8chulen) nur noch fünl be-
stunden. Trotzdem richteten die Zunftgenossen, als im genannten
Jalwe eine (iere« liisame erledigt war, folgendes . Undertheniges
Memorial" an den Stadtrat
yiOostricrs Tai,'> in d fniehe liaf <TMTt d allnKTliti-ii- sfinem Viier-
fiirsciilicli Göttlichen Willen nach Antununn Öttl gt '»«.rsteii IJurgcr \ud
touthclien Srhullhaltcr alhie, vnd erst vor. 4. wocheu »ein EliewQrthin
Aunum nunmehr beed secl von den Zeitlicheii: hoffentlich zum ewigen
lieben abgefordt, hierdurch dann solche Schnellhalterstflhl Vadrent worden.
Wann dann geblettundte Herrn x. ir dannoch 5. tratsch: vnd 3.
Lateinisch: Zosammen aber 8. SchueUen, ohne der Engellendischen
freylen Vorhanden^) mit solcher Zahl dann auch schon, vnd Zwar da-
ramben yberhenfl sein, Weilten erst angeregte adeliche frevlen ihre Kinder
M St.-Arch. II, 121.
^1 hn Jahre IHl-l hattt' .Maximilian I. den Befehl zur Vi.-<itati(>n .'s.lmt-
licher bayeriHchi-ii Si luilcii gogoben. Üb di(> Soito äo f. erwJlhntc Visitation
der Münchner Schulen bereits in jenem Jahre stattfand, ist nicht sicher.
Die alteren AktenatUoke, namentlich Bingaben, tragen selten ein Datum,
nicht einmal einen Binlaufvermeric, sodass man die Zeit ihrer Bntotobung
oft nur aus anderen verwandten Urkunden annähernd bestimmen kann.
Die von Seite 60 an aufgeführten Bcbriftetttcke fallen in die Zeit von 1614
bis 1629.
») Rtadtarch. Lud»' II. 1-2!.
*) i>urch Ent.s(•llli^'s:^ll^fr des Kurfürsten .Maximiliaiif» I. vom 15. Januar
1644 war den Lateitischuieu die Erlaubnis erteilt und trotz des Wider-
epruchee des Stadtrates «nfirecht erhalten worden, auch deutochen Unter-
richt au erteilen, wodurch den deuteelien Schulen viele Knaben enteogen
wurden. Deshalb legt en die deutschen Schulhalter fortwährend Beschwerde
gegen die!»p Roointr.lchtigiing auf tmd bewirkten. Kurfürst Max
Emanuel unterui ti. Oktober IHiMi dem Magistrat den Beieid zugehen lies?«,
abzuschafl'eu, dass die Uitelnlschen Bchulhalter Deutsch lehren, aber uucli
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56 Mitteilungen d. Oes. f. deutsche Ersieh ungs- u. Schulgeacb. Vn.
in grossen Menge, beuorab bcy inzig: weit grosser gepauteu Schuellen vnd
wolgerichten Gelegenheit, aber Zur Tnserer den tentschen ScliuelUialter
faeefastem Naelithea gratis lehren. Neben dene das sonil Pmoeptores,
Yagirende Stndenten, Winckel: vnd StDellschreiber die Kind Zn hans
inatniini so gar in Icein SehneU, Yihreniger in die CSuistenkhr geschickt
werden, liierdurch dann nit allain vnKor Gewerb, scnder anch die bedürf-
tige Nahrung, bey disen so Theur: vnd Geltclainen Zeiten, wegen dess da-
binden bleibenden Quatemberpelts ciestArt: hingegen die bansZins nur
imerdar eihöticrt werden, die w<lr bis in die 60 mUehesamb kummer-
Uchist raichen rouessen.
Gelangt demnach an flir Wohlfdl. Gestrl: Edl Vcst \ud wolweisshl.
vnscre vndtheniges bitten, Die>elbe gerueheu eingangs ernaout: nunmehr
Tacirende tentsche SdraellhalteratOUana abangeregten wahren motia^ vnd
Zwar mb sonil ehend ggl. aufheben Zlassen, wdllen Termuettlieh ein
ander Schnell vha Lehen,') ab welchem sonsten nit wenig Kind in vnsem
Stattschnellen herein gangen, anfgesCellt: anch ohne di. dem jnngen Sperl
Zn seiner Zeit (iGliebts Gott:) solch seines Vatters seel: Verlassone Stöhl,
nach ggl. belieben vorbehalten werden mechte. Zn ggl. Wilfahnmg vns
mdterthenig empfelchent.
Die Sclmellhalter alhie sambt vnd Sonds.
Zuj^leich hatte auch unterm Ib. Mai 1696 Tochter dos ver^
storbenen Lehrers an der Oettclschen Schule in der SendÜDgerstrasse.
Maria Theresia Schmidtin um Uebertragung der erledigten Stelle
gebeten, Vobei sie zur Itegrüudung vorbringt: .indem ich von
Jugent auf meinem Vattern sehl. sowohl in geistl. als weltlich
instruction die Liebe Jugent mit beygeholffen, dahero zu instruiren
gattsambe Wissenschaft habe, Zuniahlen ich auch dem Hochlöbl.
Statt Magistrat x. ainen der Schnell tauglich Verstendig Und ge-
lehrten Menschen mit dero gnad Oonsens vorschlagen würde."
Zu wessen Gunsten die EütBcheldimg ausfiel, ist aus den Akten
nicht zu entnehmen.
SU verhindern, dass die deutschen Scbulhalter lateinische Buben lehrten
Dieser Befehl scheint aber nicht durchgeführt worden su sein, denn auf
weitere Beschwerden entschied Karl Albrecht am 28. April 1748, dass es
bei der bisheripen Observanz sein Verb!<^ib«'n haben solle, wonach denn
die Lateinlehrer auch wie bisher deutBciien Unterricht gaben. (Vergl.
Oebele a. a. 0. 8. 20). Das Institut der englischen Prftulein war 1629 unter
Maximilian I. gegründet und demselben neboi ausgiebiger Dotation ein
geräumiges und günstig gelegenen Gebftnde (die heutige Polizeidirektion)
angewiesen \vordpn. sodriws don dont.'^chpn Srhulon. in donen Knaben und
Mftdcheu in un^otreunteu Baumeu unterrichtet wurden» auch Abbruch ge-
schah. (Gebele S. 13.)
') Eigentlich Lehel, ein Stadtteil ausserhalb der Ringrmanem.
«) Btadtereh. II, 1^.
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7. Ein Strelfitun; durch die deutoehen Schulen Münchens etc. 67
Es aei hier angefügt, dass 78 Jahre später ein ftholieher Fall
zu Guneteii einer Witwe, besw. deren Tochter entschieden wurde.
Im Jahre 1774 stellte die ^twe des verstorbenen Schnllehzers
(die Benennungen Sehulhalter und Scbulmeister waren trotz Fort-
bestandes der Zunft damals in Bayern schon abgeschafft) Feldmayr,
Susanna, an den Bürgenneister die Bitte, der Schule des Verlebten
mit ihrer Tochter vorstehen zu dfirfen bis zur «Herstellung eines
tauglichen Subjekts.* Als solches besseichnete sie einen Hofdiechslers-
söhn aus Salzburg, Sebastian Rettensteiner, und bittet, die Gerecht-
same ihrer Tochter Anna Maria Übertragen zu dürfen. Durch Er-
lass des Kurfürsten Max III. Joseph vom 8. Januar 1774 wurde
dem Magistrat auf Grund eines Gutachtens des geistlichen Rates
befohlen, der Witwe einstweilen das Schulhaiten zu gestatten.
Nachdem später Seb. Rettensteiner bei der verordneten Kommission
(die ApprobationsprOfüngen der Schullehrer waren den Zunftvor-
stehem wieder abgenommen und einer staatlichen Kommission Über-
tragen worden) die vorschriftsmassige FrOAmg und vor dem
Dechanten im Beisein zweier Zunftmitglieder das Glaubensbekenntnis
abgelegt hatte, wurde er zum Schullehrer ernannt.
Einen fortlaufenden Gegenstand der Beschwerden der »ver-
bürgerten Schuelhalter** bildeten die Winkelechulen und das
Instruieren nicht approbierter Personen von Haus zu Haus.
Und doch war daran hauptsächlich der Umstand schuld, dass durch
fortwährende Abminderung der konzessionierten Schulen und die
infolgedessen ausserordentlich gesteigerte Kinderzahl der einzelnen
Klassen die Zunftschulen nur Ungenfigendes leisten konnten.
In einer Eingabe der Vierer an den Stadtrat (olme Datum,
aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Zeit um 1620—30) wird Klage
geführt «da nit allein bey vomemmen, sondern Genudnen Leithen
souil pedagoges gehalten vnd die Jugent von den schneien vnd
kbinderlehm abgezogen werden, .... Also die teutsche schneien
in solche Verachtung khomen, das die Schuelmaister nit mehr wie
vor dissem respectiert vnd obseruiert auch schier khain Zucht von
ihnen angenommen werden will.''
In einer Beschwerdeschrift vom 80. November 1770 führen die
,»8amtlichen Verburgerten Schuelhater'' 29 solcher Winkelechulen
und Instruktoren namentlich auf. In vier Winkelschulen, darunter
eine Kasemenachule und die Schule eines Mesners, wurde täglich
vor- und nachmittags Schule gehalten. Die Instruktoren, so von
Haus zu Haus laufen, darunter auch zwei Frauenspersonen, die
neben dem firanzd8i?itK«n Unterricht (zu dem sie wohl berechtigt
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58 Mitteilungen <i. (ies. f. deutsche Erziehungs- u. SchulgeBch. YII.
waron) auch deutscheu erteilten. IVrnor ein StudtMit. der sich vpr-
heiratet hatte, ein frUheifr Prazeptor u. a. werden _8tinipler und
Pfuscher" genannt, dif du hpssoren Schüler an sich ziehen, sodass
den verburgerten S» (mKi ilterii nur die anueu Siiltungskinder') ver-
blieben und sie den schweren Hauszins nicht zahlen könnten.
Noch im Jahre 1782, da die Zunft bereits bedeutungslos ge-
worden war und die Zahl der deutschen Schulen sich wieder ver-
doppelt hatte (10 gegen 5), sah sich der Geistliclie Rat als oberste
Schulbehörde zu folgender EntschliessuDg Teraolasst:^)
Zum grössten Nachteil des Staates sowohl als des Schulwesens
haben bisher eine Kenge hiesiger junger T>eute aus keiner anderen
Ursache sich aufs Instriilren von Haus zu Hause begeben, als daes
sie einen Titel dadurch erhalten möchten, die Heuratslizenz nach-
zusuchen und zu erlangen. Ohne alle Prüfung, ohne oft kaum
mittelmassige Fabiglceit setzten sie sich denn hin, liefen in der
Stadt herum, und kaperten geübten M&nnem, und zum Teil auch
braven Studierenden <lie besten H&ttser weg, unterrichteten höchst
wolilfeil aber ohne allen Plan, waren weiter nichts als Ueyprüzep-
toren*), oder enichteten Winkelschulen. Dieser Unfug und die
Raseroy ohne einen bestimmten Posten sich zu verehelichen, er-
streckte sich auch auf, zum Beyspiel, geschickte und wirklich bei
Stadtschulen angestellte Prazeptoren. Dadurch, und bei deren
täglich zunehmender Anzahl, fallen sie sich nun nicht nur allein
selbst unter einander, und dem Staate mit häutig unver-sorgten
Witwen und Kindern, toli^lidi Bettelleuten, zur Last, sondern
sperren sich auch jede Aussieht zu ihrem Uni^ rkonnnen, da man
schon mehrraal ergiebige Schuldienste hin und wieder im Lande
mit derlei auch noch so guten Subjt^kten bloss desswegen nicht
besetzen konnte, weil sie sdion gebunden, mithin eine Witw e oder
Tochter zu eheliehen und dadurch versorgt zu werden ausser Stande
waren.
Solchem Unwesen diesem noch abzuwehren hat man von
CburfDrsÜ. geistl. Rathswegen nicht entstehen wollen, das so nötig
als nfltzliche Ansinnen an die auch OhurfUrstl. obere Landes-
regierung zu stellen, selbe beliebe allen hiesigen GerichtssteUen,
Staatskommissarien, voncQglich aber den Hof- und Stadtoberrichtei-
ftmtem, und dem Gerichte ob der Au (:bey dem eben der Fall,
1) Kinder, für die das Schulgeld aufi Stiftungen bezahlt wurde.
*) StnHfMrch. Lade Tl. 120.
*j üut dem Lande (im Gey d. i. Uaui üerumwanderade Lehrer.
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7. Bin Stndftuff durch die deutschea fichulen Mflnebeiia «tc. 59
welchem hoftentlich vorzuheu<;en diese Eriuuerung noch nicht zu
spät kommen wird, novissime existirt. allwo, vermnthlich durch
falsches Vorschreiben ein sicherer Scharf, den doch der vorige
Gerichtaherr, wie die dasige Schullehrer vorgebracht, schon 2 mal
aus dem Gericht geschaft, die Heyrathslicenz zum grössten Prä-
judiz der Schulen erschlichen haben soll:) endlich auch dem Hof-
marchsgerichte zu Haidhausen und Falkenau nachdrücklichst anzu-
befehlen, dass sie von nun an keinen Menschen mehr unter dem
Titel eines PrSzeptors oder Instrtiktors sich ansässig zu machen,
noch Tiel weniger, er sey hernach bey einer Schule angestellt oder
nicht, sich verehelidhen zu dürfen erlauben sollen, es wftre denn,
dass ein solcher bei dieesortiger Stelle fSrmlich, und zwar neuer-
dings geprüft und etwa, jedoch hOchst selten, aus besondere erhel>-
liehen, nur hier zu berichtigenden Umstanden die Billigkeit seines
Gesuchs anerkannt worden; da denn jederzeit zuvor vom geüÜ.
Rath. resp. dem dabei bestehenden Schuldirektorium die nötige Er-
innerung zu erholen, und ausserdem ein jeder der^eichen Supplikant
gleich instanti von der Hand zu weisen ist, mit dem Bedeuten,
falls er auch sub alio quovis colorato titulo das Gesetz zu dndiren
suchen wollte, mau ihm das Prftceptoriren gewiss auf unbeliebige
Art einstellen wOrde.
Sigl. iü C0U8. tsccl. Münclieii deu loten 9bris 1782.
Graf V. Spreti. .
Fttr die Schullehrer selbst war der Zunftverband allerdings
insofern von VorteU, als sie nicht nur durch ihre Vonechte gegen
unliebsame Konkurrenz sich schätzten, sondern noch mehr, weil sie
als zttnftige Meister auch Stadtbürger waren und an deren Rechten
teil hatten, was namentlich Ihren Hinterbliebenen zugute kam, nicht
weil sie etwa Älimentationsberechtigungen hatten — die gab es nicht
für Scbulhalter — sondern Anspruch auf Almosen aus Öffentlichen
Stiftungen. Allein für die Entwicidung des Schulwesens war die Zunft
nur hinderlich, und dieses hat in der Zeit von mehr als zweihundert
Jahren nicht nur keinen Fortschritt, sondern bedauerliche Rück-
schritte erfahren. Dieser Rückgang zeigt sich schon üusserlich in
der fortwährenden Einschrftnkimg der Zahl konzessionierter Lehrer.
Wie schon oben bemerkt, betrug diese 1580 18 bezw. 19, sank
aber lasch auf 16 (1614), 12 (1629) und d (1696). Darin Uegt
einerseits eine ausserordentliche Beschränkung der Büdungsgelegen-
heit, und andererseits trat eine UeberfUUung der einzelnen Schulen
(von einer oi-dentlichen Klasseneinteilung wusste man ja damals
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60 lliiteUiuigeu (1. ües. f. UeuUchtd RrziehimgH- u. t>chulge8ch. Vil.
]iU'hls) iu tiokliein (Tradf oiii. wie si«- uns hvuU' mihf«:rt'ifli(li or-
sfheint, Ueber die Suhülerzahl aus dem Jalirc lüGO siiul wir uioht
unterrichtet; mn^ Jahr 1614 zahltt' mau bt*i 16 Lehrpei-sonen
1024 Schüler, xid iss auf eine LeJirkraft 64 liefieii. Aber dem
gpgemilier zählie inaii 17b6 je eine Sehnle mit 80 — 100. I>ezw.
110 — 120, drei Schulen mit 120 — -130 und weit#»re drei j^ai- mit
130 — 140 Schülern V) mithin lur eine Schule durchtschnittiich etwa
122 Schüler, gerade nneh einmal snN»el 1614.2)
Schon hierauH lässt sirh schliesseu, (la.s8 die L'iiteiTichl.serl'idire
nur ?nangelhaft .sein konnlen. si* \vai*en ex aber auch in Hinsn iit
aul" die Qualität der Lehrer. Sagen doeli die Schulhalter in ihren
„ Besch xserpimkten" (S. 54) selbst, es sollten wieder ,guete Schuel-
maister gezieglet" werden, damit sich nicht .,8olche schlechte Leith
darum (um die Lehrstellen) bewerben flerften." Es würde zu weit
führen, hier auch auf den inneren Schulbetriei» näher einzugehen:
das aber darf gesagt werden, dass der Unterricht sit h in alten
Geleisen fortschleppte und in mechanischem Eiulerueu imd geiist-
losem Drill bestand.
Als daher der edle Kuriiu-st Maximilian III. (1740 1777).
dem allgemeinen, auf Hebung der Volksbildung gerichteten Zuge
der Zeit folgend, auch in Bayern eine gründliche Verl>e8sening des
Schulweseufi mit allem Ernste au.sticbli». war er vor allem bedacht,
den Lehrei*stand .selbst und dessen Ansehen zu heben. In einem
Mandate vom 18. Oktober 1770 über die Verbessernnu; des Schtil-
wesens finden sich die folgenden goideueu Würte: „Da da,.s Ami
eines öffentlichen Schullehrers im Staate eines der wichtigsten, wo-
^) Da die Sehttlenahl wfthrend des Jahre« weehselte, sind Minimal*
und Maximalziftem angegeben.
') Lnr. V. \\ Cstcnripder sairT in oinem 1790 veröflentlichten Aufsätze:
„Ob man Borger und B.iueni autltlüieu äoH?": «In München sind wenigaten»
8000 schulfähige Kinder." (I^ie Stadt zahlt damals gegen üOooo Einwohner.)
N Lange nicht 2000 besnehen gegenwärtig die affentlichen Sehulen. Bs ist
also hier Iceine Nationalersiehnng. Wer eine solche herstellen wollte»
mfleste sich gefallen lassen, eret etwa 1000(N) i1. auf Heretellung ordent>
licher SohulhfUjfer, dann (im Kapital wenigsten») ebennoviel zur beBtiin-
digen und an^eiiu .'i.^eiieii Besoldung lür Lehrer, die Zutrauen und Achtung
verdienen, zu verwenden. (ISaratüche Werke, Kempten 18i}Ü, Bd. VI,
8. 4S.) Wie bescheiden der ehrwOrdige Westenrieder noch war* Heute
verwendet ^e Stadt Manchen (bei mehr sls 40UU)U Einwohner) auf ihr
Schulwesen jährlich Uber 3 Millionen Uark, ungerechnet die Beitrüge des
Staates und des KroinoH i I'rdviii/,), tind für Schulhausbauten wurden
seit 1870 jnhrlich «egeu .»(«hhh» M. verautigabt. Die Zahl der Werktags-
schuler betragt nahezu 40000 in ca. 720 Klaasen.
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7. Ein Streifini^ durdi die d«ataeh«i 8chii]«ii llttaelieiia efee. 61
von meistens die Erziehung guter nützlicher Staatsbürger abiiRngt,
8o soll die Obrigkeit diesen SchuUehreni ihr Ansehen auf jede
mögliche Weise vermehren und sie insbesondere nicht unter
andere Zünfte stossen und den Handwerkern gleichhalten/
Zunächst suchte der KurfttiBt die Mfinchener Lehrer, um ihr An-
sehen zu erhöhen, der bisherigen Zunftstellung zu entheben und
aie den OiTentllchen Bediensteten einzureihen. Zum Ausdruck kam
dieees bei der ji^rossen Fronleichnamsprozession, der die Lehrer bis-
her als Zunft unter den Handwerkerzünften angerechnet hatten.
Unter dem 14. Mai 1771, kurz vor dem Fronleichnamstage, erliess
der Landesherr folgende fintschlieflsung an den Magistrat:
.^uchdem Wir gdst. rosolviret, dss Unseren« gdst. Generali
gemäss die Srliulh-hrer kcint-swegs nielir oiiie Zuiill tonuieren
sollen, 8o habt ihr zu verfüi^eii. dass für aiilHMier tJa« ei"stemahl sie
Dicht mehr als eine Zuuft iu der Autlasprozesöiou ersciieiuen
mögen."
Diese Entschllessung wm-de den samtlichen lateinisclien und
deutschen Lehrern mit Ausnahme des als kiank entschuldigten
Fronholei zu Protokoll eröffnet, wofür sie zwar .gehorsamen Dank*
erstatteten, sich al>er, weil sie sich äusserst beschwert" fänden
„unterthänigste Vorstellung" vorbehielten.
Durch diese Verfügung wunien die Lelirei- in die hocIistcAiü'reguiig
\ei>ei/A. liisher wohnten sie d^r Piu/e^siou mit Spiess und Staud-
afle hei und trn<;en die Kerzen auf Stangen, wie die übrigen
Zünfte, .letzt sullteu sie irleich den IJeainten die Kerzen in den
Uäiidt ii tragen innl Spiess und Jjtaugeu beiseile lassen. Daä mussie
verhütet werden.
Ein Augenzeuge, An\. v. Hiiclier ^katli. (ieistlicher) berichlet
darülMT in seljjen P.eit rieben zur Sciail- und Erziehungsgeschichte
in Baiern 1778 (S l-iyf ): .Mit Spiess und Stange überliefen sie
am Fe.sttage den Landeshenn und batiicii um ihre Standarte
wieder, wt^il man ihnen autgebunden hat. dadurcli wäie die Ehre
(iOttes lieleidigt; wenu sie ohne Spiels und Standarte erscliieneij.
und die Kerzen, die sie aul den Stangen lierumtrugen, in Händen
trügen, uud heriiiu h weil ;iuch ihr i)ürgerliches Hrod und die Schnl-
lehrergen'chligkeii /.n seiner Zeit darunter leiden könnte. — — —
Hatte ich <len gelehiten Mann ideht selbst ndl den Sjiiess in der
Hand, uud in eine seidene Scharpie bis über hallten Leil* ein-
Daa PronleichnamsfeBt heisst auch Antlu, und zwar daa Hauptfest
der grosse, das vier, bsw. acht Tage darnach begangene der kleine Antlas.
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62 MitteiluQigen d. Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Scltulgesch. VIL
gewickelt, bei dem Laiidesherrii nrn die KSiandarte bitten, und Uber
die Kränkungen, mit denen man ihre büi*gerli(;he Freyheit be-
ü€h\veiei. klagen gehöret, so würde ich die ganze Erzählung Für
eine Eitindiing eines lustigen Kopfes angesehen haben."
Der gütige Fürst, dem nichts ferner lai' als den Lehr» i n «'ine
Unbill ziizutiigen. gewährte diesen die stsinlerbare lütte u!i»! lie-^s
s>ie naeli wie vor mit Spiess. Stan<!:irlH!i und Stangen nnler den
Handwerkerzünften bei der Prozes-^n n para<heren. Aneii der Ziinlt-
\erband dauerte noeli turi. uliwolil er alle Hedeulung verloreu
hatte. — Kr liel von selbst mit I)eginn des neuen Jahrhunderts,
da infolge der franz<isi>t iien Kevoiuiion und der durch dieselbe
hervorgerufenen Kriege nicht mir der Hesitz.st^ind Bayerns eine
gänzliche Umgestaltung erfuin. sondern auch andere Hegieruiigs-
grundsRtze zur Geltung gelangten, so dass mit der \'«'i-ändei-iin^
der territorialen auch eine solclif der innerstaaile heu Verhältnisse
eintrat, die auch einer wiikiichen Schulretorni. wie hip unt<»r dem
Kurfürsten, siiäteren König Maximilian 1. ins Werk geöct/J wurd»%
die Wege ebneten. Das Volksschulwenen — denn erst mit He-
ginn unseres Jahrhunderts kann man in Wirklichkeit von einem
solchen sprechen — weibt in einem \ ierteljahrliunderi grösseren
Fortgang auf als vorher in der Zunt'tzeit lu zwei einiiaib Jahr-
hunderten.
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8. IHe Bdrallehrersfainilie Thoma in Tutzing am Würmsee.
8.
Die Schullelirersfamilie Tlioiua in Tutzing am
WilmBee.
Mftgetetlt vom Seminardlrektor Jos. Relffenmooter in llOnchen.
jyio „Thoma", ein sehr altes » leschlecht, ntamtnen laut \S appedkuml«»
au» Tegeroäee iu Uberbayern, allwo schon uuno 1196 Edgaid Thouui im
dortige» Benedlktinenttft Bcholaatlker war*). Derselbe besog nebit
freiem Quwtier und Zehrang sucIl noeh ein Oeldaveieum, „demit er die
Kinder ja recht fleissig m den Elementen unterrichte." Ihr Stamm ist nur
in Bayern vf»rz\veig:t. Im Wappen ftthrt dioses^ Cesclili'clif rdipn ;ini HpIh»,
dessen Decken goldun, schwär/- und rot sind, einen wachsenden Luweii,
einen solchen auch oben Im Schilde im blauen Felde; dieser weist auf
Groeemtit und Edelsinn des Eklgard Thoma hin» wahrend die 8 Kron«i und
2 matter unten im eehwarx-roten Grund das uralt« Klosterwappen von
Tegernsee, dem Stammorte der ThomSi sind. (Aus Paul POrsts Wiq»pen'
tcunde 1496.)
IMe ^.Thumu" finden sich als Inhaber des Messner- und später auch
^^(-.Ituldieustes in Tutzing in den Taufmatrikeln der Pfarrei Bemried seit
1582 und zwar In iul^j^ender Reihenfolge:
1. Nik(»hi\i.^ Thoma, dem am 28. Juli ir>82 ein Kind getauft %vurde.
2. Ihm folgte Kaspar Thoma als Meaauer, dem am :^iJ. iMai oia
Kind getauft wurde und der am 29. Desember 1642 starb.
8. Maeh ihm findet sieh ab Measner dessen Sohn Markus Thoma,
geb. 19. Aprü 1611, t 17. Oktober 1692.
4. Der Sohn deeselben Blasiue Thoma, geb. den 2. Februar 1648»
t am 28. April 1698, ist Messner und der erste Schulhalter in Tutsing.
6. Dessen Sohn Benedikt Thoma, geb. 26. Mftra 1677, t 8. Dez. 1748^
.Hessner und 8chulhaltcr in Tutzing.
a. DesBtn Snhn Zarhaus Thoma. gpb. 2«. August 1718, f 19. Juli 17bO,
ebenfalls Mesi^ner und Schiilhalter in Tutzing.
7. Km folgte ia gleicher Eigenschaft Klement Thuma, geb.
2a. November 175«, t H. April 1886.
8. Jakob Thoma, geb. 6. November 17'Jl, Solin des vorigen, war
zuerst 6 Jahre provisorisch, dann seit 21. September 1819 d^itiv Schul-
t) Rr RohCrte «llor W^hrw-bciolictikvit n«eli iletn I^iVDStiinile lut.
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64 Hitteihiiigttii d. Ge«. f. dentfche Bniehung»- a. Sdialgeeeh. VII.
1 ehrer in Tutsing. 16 Kinder eatotammen seiner Ehe mit Fhuutlalc»
Wegner>).
9. Der letzt« Lehrer in Tutzing war deeeen Bohn Wilhelm Thomn,
geb. den 81. Januar 1882. Derselbe lebt gegenwärtig nidit mehr.
Die Schule Totxing wurde 16W durch die Choiherm des Augustiner-
ürdenH in Ürriiried im Vereine mit Rcii-Iisfi-Hiliorni von (lotzcii^rioii. Hoi-
rat In München, gegrt^ndct. Dan Kloster iible die OburaufBicht Uber
dieselbe; die Chorherru erteilten den kehgionsunterricht bia zur Kloster-
aufbebung 1808. Ata Meaaner hatten die .Thoma* seit 1500 das Anwesen
N. IS, jetst 81, in Tutsing inne; in der Wohnstube des Meesnera wurde
bis 18'Ji) die Schule gehalten. Vum ersten Schulhalter in Tutzing.
Blasius Thoma, befinden sich unter den Fnnilu npapieron Uruchstücke
ei^e^^ ircschriebenen Rechenbuches. Der zweite Schulhaltcr licnedikt
Thomu war auch ein geschickter Schreiner. Er iiat »«tinitUche Kasten und
Schrftnlce in Sakriatel und Oratorium der 1789 neuerbauten KIrehe ge-
flN-tigt Auf dem Messnergute ruhte auch eine lialbe Plscherrigerecht-
same, weshalb jeder lleesuer auch die Fischerei Intrieb. Kloment
Thoma war im T^ntprrichten sehr preschickt. in i luittlichen Aufblitzen
>»ehr penbt. Den eiuschUigigen l'ntt»rricht erhielt er, wie dossfii Vor-
fahren, im Kloster Bernried. Von Jakub Thoma liegt bei den Familien»
papieren ein Attest dd. Manchen, 23. April 1812, ges. M. Weichselbaumer,
Beminardirehtor, worin l>e8tfttigt wird, dass dorselbe nach den Resultaten
seiner am 28. Oktober vorifrcn lahres abgelegten vorlaufigen Prtlfung als
der erste in der III. Klasse der Adspiranten als Schulpraparand Aufnahme
in das Kgl. Bchullehrersenüuar München erhielt, bisher aber durch eine
lange anhaltende Kranlcheit verhindert war« einzutreten. Derselbe trat
auch später nicht ein: denn am 10. September 1818 abemalim er den
Schuldienst Tutsing von seinem Vater Klemens Thoma, der AS Jahre hin-
durch zur vollen Zutriedeiiheit wirkte. Zur Erkinprung des Definitivums
musste Jakob Thoma beim Kgi. DiHtriktsschulfirmspektor Sepp in Irteldorf
eine Prllfung ablegen. Die Arbeiten der Hchriitlicheu Prüfung, dd.
5. Mai 1819, linden sieb bei den ^mUienpapieren. Die Aul^pübmi sind
nicht olme Interesse: 1. In weichen PBch«m soli der VoUcsschnllehrer be-
sonders bewandert sein? 2. Was kann und soll ein Lehrer ftir Schul- und
Kirchenpe^ang: thun? Wie können den Kindern die ersten Anfangs-
gründe der Kechenkuiist auf anschanliche und den Verstand in Thtttigkeit
setzende Weise beigebracht werden .' 4, W ie müssen trüge Kinder be-
lumdelt werden, tun aus ihnen th&tige Menschen su machen? 5, Was musa
der Lehrer vontQgUch meiden, um s^en Stand vor Germgschatsung su
bewahren? 6. Welches sind die Hindernisee, die noch immer der Aus-
tXlhrung der nützlichsten Schulverordnungcn im We-^e stehen? 7. Ein
Pferdehändler verkaufte 123 I^lerde fUr lüü'JOfl. und gewinnt bei 8 Pferden
45 fl. 8Ü kr. Wie gross ist sein ganzer Gewinn und wie hoch kam ihm
eines von diesen Pferden su stehen? Die Beantwortung dieser Fragen
entspricht den Forderungen, welche man damals an einen SchuUelirer
stellte, vollauf. Bei den Pamilienpapieren li^en auch mehrere Zeugnisse,
») Au&zut; ikua dt'o Matiikfln dft l'fuifi't IJerurn'il. «Id. 1. Sf|iU!uil»«3i- IsUtt Nifkl,
Prarrer.
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8. Die SchuUelireraffunilie Tboma la Tutzing am WUrnuee. 65
welche eini* glilnz«Mide l^iiallüktttiuii des Lolirors Jakob Thüiua nntlialt»»u.
— Et» dürfte wenig Beiapiele in Bayern gt^beii, ihmä der Meüaner- und
Schuldienst eluee Ortes 200 Jshre lang In einem SchuUehrergeschleeht
vererbte, wie bei der Piunflie »Thema* in Tutsing*).
*) Der ätiuninbiium dieser I'&xuUie, «owi« »Ine ticbulc««cbiol)ie von TuUlng von Wilheüo
Thonis, reni«r etB Band Punllienpaptare der Tbora» taf«n In d«r plidac;>lil«tor. AtuwMlaitir
bei <ler Ul H»u|>tver«. des hayr. \'olkssrtiiillehrprv«rptnS in MQnch«ii, 4.— S, Auguvt 1866 TOT*
Hifniuü wurtie voretebeade NuUi geschöpft
MilUil. a. tit;<i. 1. (Ils. h. Kmek- u. .S«'Uulift*m li. VII 1 (Hu.veni-iU-rt) IMiT.
6
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d6 Mitteilungen «L Oe«. f. deutachtt Bnlehungs- u. Scliulgeaeh. VIT.
9.
Josef Anton Schneller als l>irektor der Kormal-
sehule zu DtUingen 1774—1787.
Von Fraiu Xav. ThalhofSn'. Bencficiat in Dillingen a. D.
In (1(11 .Mitreilun«?en der Gesellschaft für deutsche Emehiings-
und Hthul^e.schidite*' ') wurden von Dr. Ludw. Muggenlimler ^die
Verdienste des hayrischeu Bisdiofs (Jleinens Wenzeslaiis um das
-Er/ieiiunj;s- und Unterriditswcsoir bespnjchen. Dabei wurde kurz
des J. A. Sduieller als S(huldirektoi*s }j;edat'ht,2) und von dessen
Schriften sind zwölf auf «geführt.*) Eine kleine Schrift ist nieht er-
wähnt, die sidi in der Kapitelsbibliothek Iiilliiigen findet und be-
titelt ist: „Anhang zu der Theorie der diiin'iischen Schrribschulo
oder historisch -biographisdier und chronnloLrip' hf^r Zui iirkidi« k auf
das alte Trivial-Schulwpsen in der ehcmaliLCcii lUrstbisefiötlirhen
Residenzstadt Diliti^^t ii." Gedruckt dahin 1810. Djls 86 Seiten
starke Rüchlein enthält wciiiirer, als sein 'l itrl v»'rsi»ndtt: es unter-
liditct iiiuiilici) nur über das Dillinger Sdnil wt'stMi iinit-r dem
Direktorium Scbncllers. luimerhiii war es alM-i- iiircicssanl u'ciiii'^.
um den Verfasser dieses anzuregen, den diiirli ein Jahrhundert \cr-
wischten Spuren eines Mr!Mnni,'s\\ ert«»n Schuiniannes nachzufoi*sdien
und durch genaueres Suiiiiiiin der noch erhältlichen Schriften und
mehrerer interessanter ardiivalischer Aktenstücke eine SditlUerung
der sdmüschen Thätigkeit dieses Mannes zu \ ersuchen.
Ceber den Lebensgang Josef Anton SchneUei*» gebeii
\V. Weiss, ^) P. Braun ^) und zei-streute Iknierkuiigen in Schneliers
»» Hd. 1. s. n f\:
') a. a. 0. ts.
•) s. .m.
*\ W. Weiss, „Chronik der IStadt Dillingen", Dillingen, Veritig von
A. Kolb. im,
P. Braun, »Geachiehto der BiachOfe von Augsburg", Augsburg,
Moy*8 Verlag. 1815.
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9. Josei' Anton Schneiler als Direktor der Normaischule etc.
67
Werken folgeiidea flir die ersten Zeitvu aiierdiugs aicht geuaueu
Aufschluss. ^)
J. A. Schneller war }^el)ort'ii zu Leehthal in Tirol am 12. Juli
1738, seine Iheolojrisehon Studien beendete er 1762 zu Innsbruck.
Am 19. ►Se|)leiiiber 1763 zum Priester geweiht, war er dann
melu'ei'e Jahre als Si eisurg;5prirst<'r thätig, so 1767 — 1771 als
Sehulbenefiziat zu Steeg in Timl, 1771 wurd«' «t vom Augsburger
Jiischul ('leuH'ii.s Wenzeslaus naeh PfutVeiiliausen beruteu, um dort
als Hcpetiior .jung«' (ieisi I k lie au bilden.' Von 1773—1803 ver-
sah er als Universitätsj-i »Ii ssor zu Dillingeu das l^ehramt d»'r
HermeiH'utik und liebri"ii><ehen SjM-ac'lie. Am 4. November 1773
wurde er zum doetor theolog. |U(MiinvitM't, 1774 au die Spitze des
Dilliuger und des ganzen hoelKsMltisciu-n Volksschulwesens von
Clemeus Wenzeslaus gestellt unter dem Titel Universal-Studien-
und Sehuldirektor. liu gleichen Jaiiie erhielt er die von Dillingen
1 Stunden entfernte Ptainu Wittislingcu, dieselbe üess er his
1803 durch einen Vikar pastorierm. 1779 wurde er zum bischöf-
liciien geistlichen Hat und zum i'rokanzler der Universität be-
fördert, 1782 zum (xeboimon lüit ornannl. 1787 gab er das Amt
als Normaleehuldireklor an II. Nuemer ab, 1803 übiriiaiim er nacli
Anfliebung der UniveT-sitat die i^astoration seiner Tlarrei Wittis-
lingen, wo er .beiui kalten (Hen des hohen Altera im Winterrock
eines trock«'uen und locn-n Titrls «dm;» acquiescierteu Lehrers der
ehemaligen bif»chötUchen Universität in seiner Solitude seineu aus-
gearbeiteten Korper und ermüdeten Geist nach so langen und harten
Strapazen in « iiier ländlichen Ruhe bis zum Lebensende verpflegte."*'')
Am 5. Mai 1811 starb er und liegt zu Wittislingen begraben. Sein
Grabstein trägt ausser der Angabe der Lehensdat-en die Verse":
,Von ihm hat die hiesige Pfarrkii*che ihn' Ziei de. Dir Gemeine er-
hielt durch ihn sittliche Würde. Und ihm verdanken die deutschen
Schulen im Iloehstift Augsburg ihre lilüte."
Im l-*ol<j:t n(ltMi soll uuu die Schul tbätigkeit SchueUers naher
gewürdigt werden.
Die Jahre 1774 — 1787. während welcher Schneller als Normal-
Hchuldirektor wirkte, sagen uns schon, in welche geistige Zeit-
richtung die Thätigkeit Schnellers fällt, in die sogenannte Epoche
der Autkiaruug. ^Dieser Zeit .wohnte das Streben iane, die Wissen-
') iirielHehe Anfragen nach genaut^n Gebuj'tsunguben wuriiiMi iiiclit
beantwortet
*) Anhang S. 2.
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68 Mifteilungdn d. Qea. L deutsche Krzieliuiigs- a. SchiUgeeeh. VII.
Schaft zu veraUgeuMmeni, sie ins Leben hinaustreten und au&
Leben einwirken zu lassen." „Durch solch gesteij?ei*te Geistes-
bildung hoffte man auch das sittliche Wohl nicht blos Einzelner,
Bevorzugter, sondern des ganzen Volkes zu fördern.^) Mag man
nun über diese Bestrebungen und deren Erfolge urteilen, wie ihm!)
will, das muss mau doch zugeben: „Es war eine hohe Zeit der
Pädagogik gekommen; eine Begeisterung für aUe Fragen der Er-
ziehung, ein wahrhaft glühender pädagogischer Enthusiasmus be
herrschte alle Schichten der be.sseren GeseUschatt*".*) beeinflusst
von Lo(k(' und Rousseau .suchten Basedow und seine Anhänger das
Er/Jehungs- und Schulwesen im rationalistischen Geiste des Phi-
lantlu opinlsmus umzugestalten. Andei-seits knüpften die katholischen
Schulmänner an die anf positiv christlicher Grundlage ruhenden
Bestrebungen Kranke's, weitergefördert, durch llähn und Ileeker.
an, und naliinen \oni i)hilanthropinisti8chen .Schulwesen den an Keal-
gegenstÄndeu reicheren Unterricht un<i die bessere Lehnnethode
herüber. Das katholische Srhuhve.sen uahni dadurch einen hoch-
erfreulichen Aufschwung. Der bekannteste unter den ilanialigen
Schulreforniatoren ist uns Ignaz v. Felbiger. !\elornujtoi- des
schlesischeu und österreichisclien Volksschulwesens •■*) An ihn reiht
sich Heinrich Braun, dessen in das höhere und niedere l)ayrische
Scliulwesen eingreifende Thätigkeit hat ueiiesteiis ein«* dankens-
werte Würdigung ertühren.*) ( ileirh/.eitig mit diesen Schulmänneru.
gleichartig beeintlusst und heaniagt, von gleichem Streben beseelt
war Jos. Ant. Sciuieller. Er war befähigt und berufen, aul' das
Volksschulwesen des lloehstiftes Augsburg einen umgestaltenden
Einfluss auszuüben. Ire Ii ich nüt igten ihn manch widrige Umstände
seine Wii-ksanikeit iiauptsächlich auf das kleine Gebiet des
Dillingischen Volksschuhvesens zu i»eschräuken. Clemens Wenzeslaus,
1768 zum Bischof von Augsburg gewählt, richteip auf das vernach-
lässigte Trivialschulwesen seines Hochstittes bal(i sein Augenmerk.
-Die s(»>:enannten Schulmeister waren grösstenteils rohe, uner-
fahren«- Männer, die Srhulstuben. was waren sie anders, als
grossenieils tinstere, keiierähnliche Hauswinkel, die Kinderlein, die
*) K, L. Wultiuni: H. bruun, München, ÜuchntM', lbU2, gr, 8". Uisto-
riachc Abhandlungen ans dem Münchner Seminar. Herauagegoben von
Dr. Th. Helgel u. Dr. H. Oraacrt III. Heft, 8. 1.
') ..Bayrische Lehreraeilung", Nürnberg, Jahrgang 1896, S. 857.
*) cf. I. Ig. V. Felbigera Methodenbuch, bearbeitet von 1. Panhobter,
Herder, Frei bürg 1892.
*J Dr. K. L. Wolfram: Heinrieh Braun, .München. Huchner, lb92.
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9. Joäef Anton Schneller als Direktor der Normalschule etc. 69
erbarm ungswürdi Iren Tröpfchen kamen in die Schule ohne alle
Sohulgerätc und waren bestiinnit, Schlachtvieh der rohestoii Duimn-
heil zu werden."*) In Schneller erhoffte nun Clemens Wenzeslaus
den 31» nn. der Wandel schaffen könnte. Er hatte schon seit dem
vierten Jalire seiner Seelsorge _ein klein geistlich Feldclien nach
der Saganischen (Abt Felbigerschen) und Wieueiischen Normalschul-
methode zu kultivieren anpefanRen."^).
Als l\<'|»elitor zu Pf;illrii!iausen und als Organisator des Dillin-
giticlien (Tyninasialschuiwesens nach Aufhebung des Jesuitenordens
hatte er sWh l)ewälirt.*j Er nollte nun auch die Trivialschulen in
Ordnung: Uringeu. .,Sieh' an," so lie«s It TTemens Wenzeslaus
in einer Unterredung mit Srhneller vernehmen, -den erbärmlichen
Zustand den liebsten und wiciuigsten Teiles meiner geistlichen
Heerde, der zarten Jugend, die ohne richtige Lehre, ohne Plan,
ohne Methode wie in einer unwegsamen Wildnis herumirrt. Auf
Dein Talent und Hiederherz setze ich mein Vertrauen. Empfange
meinen biH< tu)tlichen Segen und geh" hin in meinem Namen: bring'
erstlich die katechetische Christenlehre wieder in Ordnung, das übrige
Schulwesen aber in einen Zustand, der zugleicli meinen landesherr-
lichen und bischöflichen Wünschen entspreche." Schneller ging
freudig auf die Absichten seines ihm gewogenen Fürstbischofs ein.
Unter dem Datum: Dillingen, am 17. Weinmunat 177-1 sandte er
an den Bischof ein ausführliches Gutachten, enthaltend: -Unmass-
geldic'iie Gedanken über Einrichtung der Normalschulc allhier.'*)
Er verbreitet sich liier ül>er folgende Fragen: 1, ,Wo die Schule
gehalten werden soll." Er schlägt vor, das bisherige Schulzimmer
im Chorregentenhaus, in dem bisher die Sehulkinder beiderlei Ge-
schlechts von dem einzigen Lehrer und Chorregenten A. Laucher
unterrichtet wurden, lu vergrössern und dasselbe als spezielle
Knabenschule einzurichten. -Das Schulzimmer wird ziemlich gross
und in etwas abgeteilt, damit die Kinder distmgiiierter Voifahren
von den gemeinen Kindeiii lu etwas abgesondert sitzen können,
doch so. dass alle insgesammt den Schulmeister vor Augen haben
und die Tabellen zu beobachten vermögen * 2 .Wie ab- und ein-
geteilt werden soll. .Die haupt*iäcliliche Abteilung besteht in der
>) Schneller, ilnliaiig 8. 6.
Anhang 8. 4.
*) Anhang 8. 6. Die Airteii aber Organisation des Gymnaalalechiil-
weeen» alnd dem Verfaaeer nocii nicht augftngUeli geworden.
*) Origlnaluri^unde im Neuburger Krei^krcliiv, Akt H. 58.
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70 Mitteilungen (L Ges. f. deutsche Entiehunge- u. Schulgesch. VII.
AböoiiHiening der Ruhen und Mädj^en. die Einteilung aber der
Schul*^ solbst in zwei Klassen." Den Klosterfrauen des ^rossen
Klo8l4M-.s (Frauaiökiuieriancn). denen durch bischöflichen lielehl der
KlemenUrunterricht der .armen Mäd^en- bereits libertragen war.
sollte der linterriclii der j;esaniteii weiblichen Schuljngond dureh
zwei Lehrerinnen anbefohlen werden. Sie sollten auch für Be-
schafTung eines Schulzimmei-s. wofür sie Platz genug hätteii, sorgen
ferner für Beheizung desselben, wozu ihnen die Mittel nicht fohlt*»n.
,Auf diese Weise werden die dem Staate bisher iiborläslig»!!
Klosterfrauen nOtzlich und bekommen Gelegenheit, sich um das
Gemein wf'.seii amh verdient zu machen." Schneller erklart sich
bereit, zwei Ordensfrauen in der Nornuilücliulmethode zu unter-
richten. 3. ,\Vas für und wie viel Lehrmeister aufgestellt werden
sollten.-* Dem bisherigen I^hror soll ein Gehilfe zugelcilt werden
in der Person eineö jibscilviorten Theologen namens Welz, der sich
bei einer Besoldung von lOü 11. für ein Jahr zum L'nlerricht bereit
erklärt habe. 4. .Wie diese besoldet werden sollen."* Dazu macht
Schneller eingehende Vorschlage, wie die Stadt ohne weitere Bc-
lastnng aus ."^tiftnngs- mid Armenkassanickeln die Besoldung des
Schulgehilfen aufbringen könne. Dem C'horregenteü soll ausser
seinem lixen bisherigen Gehalt das Schulgeld aller Kinder, Knaben
wie Madeheu, zullietisen. Dasselbe wird für da^ 1. (Quartal von
Michaeli-Geoiigi auf 32 Kreuzer für das II. Q. von Geoi-gi-Micliaeii
auf 24 Kreuzer festgesetzt. .Die Klosterfrauen mögen sich zum
Unterricht unentgeltlich umsoraehr gebrauchen lassen, als sie
ohnehin gute Verpflegung und ausser der Schularbeit keine andere
zu besorgen haben. Der allgemeine Nutzen ist gowias der bisherigen
geringen Arbeit der Klosterfhiuen oder gar derselben gemein-
schaftlicb uoterhaltenem MUssiggange vorzuziehen/ Nach dieser
nur aus dem Geiste der damaligen Zeit erklärbaren Aeusserung
bemerkt er noeh: ^Bocb würde auch nicht zu viel geschehen, wenn
gnädigste Herrschaft denen zwei Lehnneisterinnen jährlich ein ge-
ringes Geschenk zu bestimmen sich bewogen fftnde." 5. «Was fttr
allgemeine und besondere Anstalten und Verfügungen getroffen
werden sollten." Der Sobulbesach soll filr alle Kinder obligatorisch
sein, sodass «alle Kinder, sobald sie das siebente Jahr erreicht
haben, in die Schule geschickt werden sollen, so lange bis sie alle
Klassen mit der ZuMedenheit des Schuldirektors durdüoften haben
werden. Bas Verseicfania der schulpflichtig werdenden Kinder ist
alljährlich vom Magistrat an das Schuldirektorium hinttberzugeben.
Der Unterricht dauert von Va^^H Uhr und 1—4 Uhr. inbegrifl!en
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9. Josef AiitOQ Schneller als Direktor der NorniaUchule et€.
71
die obligate» Schuüiiesse um 9 Uhr. Schulferien sind alio 8ouü-
und Feiertage und von Mariu (ieburt bis Michaeli zu halten.
Interessant für «lie Stellunjj der geplanten Normalschule zur kirchlich
städtisclien Behörde ist der letzte Passus: NB. Ist hislier oin zoit-
licher ("liorregent und Schulmeister dem Herrn Stadipiarior vorge-
stellt worden. Ob mm herauf nochmals beharrt werden soll, hängt
von gnädigster Vcrlügiiug ah: an si( h scheint es sehr gleichgütig
zu seiu, solches zu thun oder /u unierla-ssen."
Diese _nnniassgel)lichen Gedanken"' scheinen die fürsthisrhof-
liche Anerkennung gefunden zu haben: denn schon mit Beginn les
November 1774 ging Schneller an die Ausführung seiniM- \ ( i st hinge.
.Zwischen Furcht und Hofftnuig*" liug er sein .grosücs und
kiitisiihes Tagewerk an.'V)
Zunächst trennte Schneller die lateinischen und deutschen
Kleinentarschulen. die „bisher ohne Unterschied des Oesehl echtem
in zwo Sehulspeluukeu zerteilt waren." -) In der deutschen
Elementarschule sonderte er dann .die Knaben von (h ii Mägdlein
ab und wies in diesem grossen Xeubruche politischer und moralischer
Kultnr jedem Gest hl echte sein eigenes Schul haus an und jeder
Schule ihre Lehrerinnen." .Noch bebt ineine Brust* ^< hreil)t er
weiter, .zu dem erschütterndeu Gedanken, den die Krinucriing an
diese mühevolle Schulenabsonderung in mir erneuert."*') Die
Knabenschule i)lieb in il' in alten Schulhaus, die Madchen bezogen
zwei passend hei*gerichtete Käunie in dem ( h kunomiegebäude des
grossen Kl«»sters. Sehnellei-s Bemühungen, die mit viel _,\j-beit
und Sch weiss"* verbunden waren war es gehingen, mit kräftiger
llnterstfUzung des Bischofes djis Kiosttr zu den geplanten Leistungen
zu bewegen. Zwar zälrlt eine Klostergeschichie. 1841 von
L. St(>niptlt' veil'asst*) viei Ordensfrauen namentlich aiif. welche
den Unterricht iilK>rnommen haben sollten, doch die oben erwähnten
.Gedanken" redeu nur von zweien.
Diese aufgezählten vier werden ebensowenig gleicljzeitig ge-
wiikt haben, wie die vier Kuabenlehrer. die Weiss*) autzählt.
Denn wie aus obigen .Gedanken" erhellt, konnte mit MUlie der
(ii'halt für einen Hilfslehrer beschatlt werden, ferner sind die von
Weiss und Stempfle aufgefiihrteu Namen der angeblichen geist-
') Anhang S. U.
Anhang S. 12.
Anhang S. IH.
*) Manuskript in deiu Klosterurubiv zu DilUugen. ohne Signatur.
») Chronik der Stadt DilUngen 8. 91.
Digrtized by Gö'Ogle
72 MitteUnngen d. G«b. f. deutseiie Bniehang»> o. Schulgeseb. VH.
lieben Lehrer im betreffenden JfthreBSchematlflmiis von 1774 niehfe
zu finden. £b wirkte eben neben Laacher nur Welz, später wird
der Kateehist Ehrtinger in Cairistenlehrakton erwftlmt. So war aber
doeh Schneller bei Verfügung Ober swei mi&nnUebe und zwei weib-
liche Lehrkräfte in den .Stand gesetzt, jedes Sehulehor in Klassen
eimmteilen und jeder Klasse seine Schulzeit und Stunden anzu-
weisen." ')
Wenn auch wegen solcher Umänderungen .die Feinde aller
guten Anstalten, die Dummheit und die Voruiteile Ton allen Seiten
ihm entgegenzogen, Iconnte doch am 29. November 1774, am
Namensfeste des Bischofs GL Wenzeslaus die neugestaltete Schule
erOffi;iet werden unter dem Titel Normalschule. Nach einer in der
Stadtpfarrkirche abgehaltenen Anrede und dem Hochamt, ^ zogen,
ihren Schuldirektor an der Spitze, die Lehrer, Lehrf^auen und
Kinder^ feierlich in ihre Schulen ein. wo den Kindern zur freu-
digen Elrinnerung an diesen Tag Torten ausgeteilt wurden. Noch lange
erz^ten die Kinder von den Freuden dieses Tages.''*) Die fast
Qberschwilngliche Begeisterung Schnellers geht aus einer .Passage"
seiner Bede hervor, die er uns hinterlassen hat.^) »Was die ur-
alte Residenzstadt Dillingen noch nie gesehen, was bis auf den
heutigen niemand hat verhoffen können; was eben aujetzo manche
vor Verwunderung nicht recht glauben wollen, seht A. A., das ist
nun wirklich geschehen. Heute wird erOfftaet, heute nimmt den
Anfang die verbesserte Schule. Was soll ich reden von dem bis*
herigen Mangel civilisdier Kenntnisse, von der Unart der Sitten,
von den faden Begriffen von geistlichen Dingen bey unserer Jugend.
Redet ilir für mich, ihr Hauern der Kirchen, ihr Gassen und
Häuser dieser Vaterstadt .... Aber was beweinen wir lang die
leidigen Uebel: unterrichte man die Jugend, verbessere man die
Schiüen, so wird die Quelle alles Uebels gar bald veratopfet sein.
Wie! Dillingen. Du uralte Stadt! Du vormals fhichtbare Mutter
so vieler grosser Männer! Du Schatzkammer und Freude Deines
Landesfürsten! Dillingen! Du allein sollst die Schande Deiner
Gleichgiltigkeit mit ungefärbten Wangen tragen können?" . . . .
1) Anhang S. 14.
^ Die Prequwinabl ist nirgenda erwähnt. 1810 xählte die DlUinger
Schule 2S8 Kinder. So berichtet J. Reeckl, Sehulreden, HOnchen, Fleisch-
mann 1812.
') Storapfle, Kloötetg^eHchii iite.
♦) Anhang 8. 15. cf. den überschwauglichen Pa^auä au8 einer Hede
Hngeliii» gehalten nach der ersten PrOfüng der Wiener Normalschule«
September 1771. Panholaer: Pelbiger Metbodenbueh 8. So.
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9. Josef Anton Schneller als Direktor der ^lonnaUchuIe etc. 73 /
Scluiellers Beijeisterunj; und Eifer, mit dem er in der Folge
-sein neueR Feld behaute, besäete, mit Schweiss und Thräueu be-
goss", bliüb nicht ohne Erlolg. Er überwand mich und nach die
kühle, fast ablehnende Stellung, welche der Stadtmagi.stiat der
Neiiorgaüisiition gegenüber einnahm. Dieser war mit dem Titel
„Xormalachule" nicht einveretanden. wollte sich zu Ausgaben über
die Besoldung der Lelirer hinaus z. IV zur Priiniionbeschafl'uiig für
die l^reisträger nicht herbeilassen, den unbeciueinen nicht rastenden
und immer vorwärts drangenden Schneller wollten sie aus dem
Direktoramt hinausbringen und schlugen in ihrem diesbezüglichen
Promemoria an die Statthalterschaft vor, einein der zwei Kanoniker
bei der Stadtpfarrkirche St. Peter, die von ihnen präsentiert waren,
die Schuldirektorstelle zu übertragen. Sie hofften wohl dadurch
an Stelle des .uneigennützigen und ganz unentgeltlich' arbeitenden
und darum unabhängig waltenden Schneller, eine gefügige Person
für dieses Amt zu bekommen. Zudem soUte ein .hiesiges Bürger-
kind'' dazu auserwählt werden. Engherzige Kirchturmspolitik!
Wir kennen diese Promemoria -Forderungen aus der Antwort
Schnellers» die er in einem Gutachten vom 29. Januar 1782 gab. ^)
^Ihm ist es," schreiht er« , nur am dieses zu thun, daas 1. das
Scbulhans heigeetellt. 2. für jede Klasse ein, mithin in allem drei
Lehrer festgesetzt und 8. denselben ein standesgemSsser Unterhalt
angewiesen werde." T^e wenig selbst* und herrsdisQehttg Schneller
dachte, geht aus seinen weiteren Ausführungen hervor. „Ist dieses
geschehen, so bedarf man sodann keuien andern Schaldirektor
melir, indem der •Lehrer der dritten Klasse als der ftlteete und
erfahrenste die Schule allmählich dirigieren liann.* .Wollte man
also die hiesigen zwei Kanonikats-Prftbenden zu dem Schulwesen
ziehen, so würde es ja zum Hauptziel der Schulen weit zutrSg-
lieher sein, wenn man den Ertrag der Präbenden zum Unterhalt
der wirldich beschäftigten und wohlyerdienten Lehrer als zur Er-
götzung eines müssigen Zuschauers yerwende. Denn einen Direictor
hat man eigentlich nur so lange yonnOten, bis einmal die Schule
hergestellt, die Schulbücher eingerichtet, die Methode bestimmt
und wider die Einwürfe und EinfUle der Neider und Witzlinge
verteidigt, die Schulordnung festgesetzt und die Lehrer in Richtig-
keit gebracht sein werden, sodass in beiden Schulen der Knaben
sowohl als der Migdlein Eintracht ihrer Lehrer und Eintracht
ihrer Lehrart festgesetzt ist" Bios sei aber trotz achtjihiiger
Neuburger Archiv, „Qutacbteu über dae verehrungswürdige Pro-
memoria dee Magietratea DiUnigen."
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74 Mitteilungen d, (ies. f. deutsche Erziehung^- u. tschuigeach. VII.
Arbeit nocli nicht erivichl. BetrefTs der Hesuldiin^ m^i or zuletzl.:
.Wenn die Lehrer <\\v S( luildit;keit thiin. so verdient ein Jeder
seiüe ehrliche K«»öt und standesmfissige Wohiiunj; und es würde
gar uicht zu viel sein, wenn man dem ältesten Lehrer der dritten
Klas.se überdies noch 2C() t1.. dem zweiten noch 100 fl.. dem ersten
noch wcniirstens bO Ii. lUtei die Kost und Wohnung jjeben würde.
.Schulsiiihcn, Lehrer und ßrul, iji diesem besteht dcnnal die Not."
Der ersten Not wurde bald al>jreholfen. Am 19. A|>ril 1782 wurde
der Grundstein zu einem neiK ii Küabenä< hulhans *;clegt. dem jetzt
noch stehenden. Der Text zu dem Festspiel anlasslich dieser Feier ist
nucii erluilten ( ienien der Stadt, des Vaterlandes und ein Scliüler-
clior preisen abwechselnd deu Fürstbischof, den treuesten Gönner
der Schule. J. N. Angelter. Domprobst zu Augsburg, dm Herrn
Mjiri;. Fieiherr von und zu Hürustcin. Stadtptleger zu Dillingen
und die hochehrwürdige Frau M. Angela Eggerin. Meisterin des
Klosters, Letztere, weil eben zu dieser Zeit an dem Umbau des
Mädrhenschulhauses gearbeitet wurde, das mit einem KosU'nauf-
wand von 1000 fl., getragen vom Kloster, hei-gerichtet wurde 1782.
1783 konnte auch das neue Knabensciiulhaus eingeweiht werden.
Schneller hielt unter dem , prächtigen Portale" des Neubaues vor
^dem versammelten hochpreislicheu Magistrat'' beim Einzug eine
begeisterte Rede.
..Hier stellt sieh vor Ihnen dar die sSrnrntliche iiSchuljugend
(dee männlichen Geschlechtes) ihrer löblichen Vaterstadt. Sie hat
zwar «cht ganze Jahre lang ihren Unterachlauf gehabt in dem
alten Stadtschulhause; und obwohl derselbige Ort in verschiedenem
Anbetracht nicht ganz hinreichend war» so danken wir doch tausend«
mal für die Wohlthat, die uns durch die gütige AuAiahme iu jenes
Haus diese lange Zeit her widerfahren ist: Da aber heute zu
unserm unsäglichen Troete die zuverlSssige Nachricht in der bis-
herigen Schulwohnung erschollen: daas die Väter unserer Vater>
Stadt uns eine ganz neue, bequemere .... Pilanzschule vom Fun-
dament aus erbaut haben, sind wir heute an dem unvergesslichen
Tage wonnevoll und gleichsam berauscht vor Freuden, unverzüglich
in vereinten ChOren aufgebrochen, haben das alte SchulhauB gleich
einem auswandernden Bienenschwarm verlassen und sind so zn
•) Heilage zum Akt H 175, Fasel, Neub. Archiv. „l>P'»kinal der all-
j;rm< iiu'n Freude, wclclif im Juhro den 11). April der Si huljup^end zu
Diliii^^i'n widoritthreii ist. als daaclbyt mit allcrhf'HliHt^'r Ht'^(Mif»hinigung'
zu dt'in t'tlrstl. Rcsideiizstadi Diimgischon ^ieuHc.hulbuu der (irundateiu
gelegt wurde.*^ „Dillngen, Rossuagel", ohne JahreazahL
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9. JoBof Anton Schjieller als Direktor der Normolschulc etc. 76
reden mit Sack und Park .... auf diesen eheinal« bereite öden
Plata hieihoigekommen. Und wirklich stehen wir vor dem
grossen Thore ja sclion unter der Pforte unserer Hofl'nnng
— bey dem Eingange unseres entgegenlächelnden Glückes" etc;.
Ob die weiteren Forderungen Schindlern: N'ennehruiig und hej^sere
Besoldung der l.(dukrüft€ erfüllt wurden, darüber sind wir ur-
kundlich nicht untpirichtet. WahrHchoiiilich ist es: das geht aus
pinrr Vorstellung Schnellers au die Frau Mei.-iterin des Klostors
indirekt hervor.*) Dieses Schriftstück (nicht datiert, wahi-scheinlich
1784 oder 1783) ist insofern interessant, als es zeigt, wie Schnellors
anfanglieh hoehftiegeiide liegeist«Mung herabgestimmt wurde und
sich gerade/,*! lu Kesignation veruandelt.
Es ist auch wichtig zur \Vürdiguüg seines Rücktrittes 1786/b7.
Auf die Mitteiluug, dass zwei Klosterfrauen zum Schulhalten sich
ausbüdcü wollen, antwortet er: »In Ihrem Kl08t«'!r ist nicht nur
niemand, der es (Schulhalten) recht kann, sondern aus den drei
wirklichen I.,ehrerinnen ist keine einzige, die nur von weitem i>e-
greifen kann, was Schulhalten ist. Was bisher geschah, war nur
fUr die Not und grossenteils nur auf den Schein, welches aufhören
wird, sobald die Klosterfrauen niemand mehr haben werden, der
sie leitet und ihren Sachen I..eben giebt Wiridieh ist die be-
nachbarte^) Knabenschule merklich vorangekommen, die da
vorigen Jahrs das Qleiehgewieht liielton mit der iObllehen Fhuien-
sehule. Ich habe mir für Ihre Schule viel Mtthe gegeben und
hatte noch vorigen Jahres gute Hoffliung. selbe in dauerhaften
Stand 8U bringen, weil ich nach Erbauung des so schönen Schul-
hauaes 1783 und anderer Anstalten eine Novisin im lUoster wusste.
die ich hoffte mit den drei übrigen Lehrfrauen genugsam abrichten
zu können. Seitdem aber diese sich unbrauchbar erwiesen hat,
ich keine weiss, auf die ich mich verlassen kann, so kann ich denn
•nicht Iftnger bergen, dass ich ganz eimQdet bin und nicht mehr ge-
denke vergeblich einen Klosterfhiuen* oder gar Kinderschulmeister
zu machen. Ich will lieber meine ohnehin kostbare Zeit verwenden,
wo ich wahren Nutsen sehe. Mein Charakter und Stand will sich
nicht recht schicken zum Schulmeisterdienst. ob ich gleich mich
dahinabgelassen habe, so lange ich Hoffhung sah, den Zweck zu
erreichen. Ich habe mich bemüht und man hat es mir Qbel aus-
gedeutet, ich habe gut und aufrichtig rathen wollen, man hat mehr
M Nfuh. Archiv H. 195, Fawc :V
Dttrtiii!* glaube ich dm Datinn auf HimI«' lTh3 oder 1784 leftt«otzen tu
dürfen.
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76 Mitteilungen d. (ic8. f. deutäche Emebungs- u. BchulgeaclL Yü.
Anderen als mir Ooh<ir «^«'gphen. Ich holte mm am besten durch-
zukommen, wenn ich mich zu allem j^leirhpiltig verhalte, ich heisse
sie nichts, ich verbiete nichts, mir ist gleich, ^vas sie thuii. wenn
ich nur nicht mehr viel geplajjt werde mit di^'scr JSchule.- Eia .
frischerer Toii f^eht durch die _ Vorstellung'' Schnellers an den
Fürstbischol (undatiert, wahrf^cheinlich 1783).*) .Schon wirklich
fängt das neunte Jahr an. da ich zu Befolgung der iiöchsten
WülensmeiniJüg, zum allirf in ifu n Nutzen der hiesigen löblichen
Bürgerschaft das mühevolle Amt eines Schulendirektors nicht nur
uneigennützig und ^aiiz unentgeltlich, sondern mit «grosser Einbusse
meiner eigenen Sache trage, (rott segnete meine bestuiein*'nde
Verwendung in dem Erfolge, sodass nicht ufir Dillingen die reiciiüton
l iia hte dieser neuen Schuleinriclitung ^t hon lange anzuschneiden
angelangeu. .sunderu dass bereits das ganze Land, Jr sogar auch
auswärtige Orter, Dörfer, Flecken, Städte und nebiete unserer
Lehrart zum Beispiel zu nehmen und die Dillingische Schule als
ihre Mutter zu ehren beginnen." Er kla<:t dann ül»ei- <iie geringe
Förderung der Schulsache von seilen der städtischen Behörden und
schliesst: .Würde sich ein löblicher Magistrat endluli einmal da-
hin entscheiden und durch weise Vorkehrungen das grundgelegte
Werk in einen dauerhaften Stand bringen, so würtie nicht nur ich
mit Freuden meine bestgemeinten Dienste zum ewigen Nutzen der
löblichen Bürgeischaft imd des grossen Vaterlandes fernerhin un-
crmüdet beilragen, sdudetu die ganze Nachwelt würde in spätesten
Enkeln die Weisheit tiiid den Eifer der Gegenwärtigea gemessen
und unaufhörlich preisen/
Die Dienste, die Schneller leistete, bestanden nicht l)los in den
geschilderten organisatorischen Massnahmen, sondern erstreckten
sich auch auf die Technik und Methodik des praktischen Schul-
betriebs. Selbst mit der Kormalschulmethode <iiirch eigene
Unterrichtsthätigkeit vertraut, suchte er vor Hllem seine ihm
„untergebenen Lehrer und Lehrerinnen mit der normalischen Lehr-
art bekannt zu maciien." Er bearbeitete Schulbücher für alle
Fftcher, .so kurz und wohlfeil als es iiumer sein konnte.-^ Was
er nicht in Druck bringen konnte, ersetzte er mit seinen Manu-
skripten. 14 .Schulbucbgen- sind von ihm im Druck ei-schienen.
>) Neub. Arcli. ad H. H5, Päse 1.
«) Anhang: 11.
•) Zu den von .Muf^ponthalpr. Mitteilungen ibOl, :'.s nutgeteilten
sünl nucif hinzuzufügen : »Da« gedruckte Abc-Buch", ,dae geschriebene
Abc-Buch fttr die II. KImm*, «Sunmluiig verschiedener Leseabungeu",
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9. Josef Anton Schneller als Direktor der Norinalschule etc. 77
Das Ideal der Unterrichts- uud Ei-ziehiuigsthatigkeit seiner Nonnal-
achiile zeiclmelt' er in seinem grössei*en Werke: «Die NormaUchule,
wie sie sein sollte." Dilliiigeu 1786. S«. 368 8. Eine vortrelf-
liciie Arbeit; reieli an gediegenen Unterrichts- uud Emehungs-
grundsätzen. geöchrie])en mit Begeisterung und wohlthuender Liebe
för Jugend und Lehrerstand. Inwieweit Schneller in diesen seinen
Arbeiten von Felbiger beeinllnsst ist. bedarf einer eigenen Unter-
suchung. Dum er von iliiu abhitiigig ist, obwohl er dessen nirgends
erwähnt, ist inizweiJclIiaft. doch hat er dabei seine Eigenart be-
wahrt. Obwohl X. ]i. Felbigers Katechismus in drei Abstulungeu yeit
1765 vorlag, ari)eitete Schneller flir die täglich in seiner Schule
zu erteilende „ehnsiUche Lehre" drei Katechismen aus und ver-
drängte den kleinen Oanisius, um .etwas Zusammenhängendes und
in einem Zusammenhajig ordentlich durch mehrere Schulklassen
Fortschreitendes zum normalisehen Keligionsunterriclit" zu haben.
Er verfasete eine biblüsche Geschichte ftir Schulzwecke und tritt
damit in die Reihe jener ersten katholischen Schulmänner, die an-
lingen, diesen wichtigen Unterrichtszweig zu fördern. Nach dem
Keligionsunterricht nimmt in Schnellers Normalschule das Lesen
die zweite Stelle ein. Trotz Bochows 1774 ergangene!- Auffor-
derung zu vorbereitendem Anschauungsunterricht, kennt ihn Schneller
noch nicht, auch lierrschte in seiner Schule noch die Syllabier-
methode. obschon Hofmaun in MQnchen bereits die liautiermethode
erfolgreich zu ver^^euden begonnen hatte. Die Lehrfertigkeit soll
in den von ihm erstrebten vier Volksschulldassen soweit gedeihen,
daas die Schttler der vierten Klasse im Lesen ^der uralten und
härtesten Druclte, der Abkürzung und etwati gar noch des Fran-
zösischen und Welschen* geübt seien. Die jeder Klasse eigenen
Lesebttcber waren reichhaltig und enthielten in den oberen Stufen
Lesestttclte aus der Welt-, Landes- und Stadtgeschichte, Länder-,
Natur- und Hauskunde. Die Lehrer sollten die Kinder .nicht nur
so materialisch und papageiisch ihre Schulbuchgeu durchhumsen,
sondern mit Verstand und Ueberlegung lesen lehren.'' Schreiben
und Rechnen begann man erst in der zweiten Klasse, und betrieb
ettib&nB bis zur Kenntnis der ^.Kanzley-Fralctur- und Lateinschrift,
Anfertigung von Handschriften, Quittungen« Konti und Briefgen*,
letzteres bis zur Kenntnis der regula quinque. Ein Gesaiigbttchlein
„Allerhand nfltzlicho lateinische, fraiizösirtche und welsch»' Lcsfübungoii".
l)i»> Titel Huid dorn „Anhaii«^-' ontauminen. Die OrighialausgabüJi konnten
nur teilweise beschafft werilfii.
>) Anhang S. 87.
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78 Ifitteilungoa d. Ues. f. deutsche Erzieh uii|^- u. Schulgesch. YIL
zeigt, daas auch Gesang nicht fehlte. All diesn (Ic-i^eustände wollte
Schneller nach der normalischen Methode liciiiebcu wissen, deren
Charakteristika: ZusaiiiineiiuntfM-ricliteu. Buchstaben- und 'rabelh'ij-
metliüüe in Schneller einen eilnj^eii aber auch veniüiuiiiieu \'er-
teidiger fanden, der «lie Schwächen dieser Melliodeii wolil kannte
und meiden lehrte-. Die Nonn der wirklieheii Lehie (es mag her-
nach seyii die Christen- «»der Sitiealehre. die Les-, Schreib- oder
Kecliuuugsiheorie oder was inuuer) setzen wir," schreibt «t') .iu
dreyen Sliit k<Mi. Das erst»- ist der Vortrag, das zweite die .Vnalyse,
das dritte die Katechisalioir . Wir haben hier schon den allen
jnuderiifn formalen Stufen gemeinsanu-ii h km klang : .Anschauen —
Denken — Anwenden. In der weiu-ren iiesjireehting dieser Stul'eii-
giin<;e tin<hni sich dann eine Men<;e vorlretnicher methodischer (ie-
danken ül>er Anschaulichkeit. Frai;ernethode, Antwort, Kateehesier-
kunst. Sie lassen uns Schneller als gediegenen praktischen ^ciiul-
mann erkennen, der es mit seiner Schulai bcit durcliaus ernst nimmt
und auch mit der seiner Lehrer und LeJirkaiididaten. .Aber das
ist iiait.- läsöt er sich einmü nden. ^ .Hart für blöde und unge-
übte Köpfe: Concedo. Für solche, «lie wenigstens ein Talent zu
diesem Amt und darzu ein bischen Unterricht und Praxis habeu:
Nego. Das Ganze will so viel sagen:
Freilich in einem Tag
Wirst Du kein Normalist.
Wenn Lehr und Tebung fehlt
Und Du eia ^Simpel bist.
Verzeiht mir*8, ich mein*8 nicht böse ; nur die Wahrheit möchte
ich Euch recht anlegen und angenehm machen« liebste Schul-
Icandidateo.'
Scfanellers PlSne gingen Ober die Normalschule hinaus noch
weiter. Er glaubte, dass die Nonnalsehule einer Ergänzung oder
eines Abschluaaes bedürfe in einer Wiederholungsschule, Feiertags-
schule jetzt genannt In einem Bericht^ an den Fürstbischof gab
er seine Ansicht datiin Icund, dass die Schüler und Schülerinnen
der Nonnalsehule nach Austritt aus deroelben noch drei Jahre
wöchentlich ein oder zweimal je zwei Stunden Wiederholung8>
Unterricht zu besuchen angehalten werden sollen. Er wünscht
1) J. A. B( hneller, NormalBchule yc'w sie sein sollte 1786. Verleger
nicht angegt'btM). S. 115.
») Nf)rnialscliulu S. 14S.
*) Meub. Archiv H. ITö, dutiert vom ü. Oktober 11^4.
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9. Joeef Anton SchnAlIer ato Direktor der NonnftTschule etc. 79
diese Bestunmung auch auf die Landschulen ausgedehnt Dagegen
wehrten sich aber die Stadtvftter Dillingeus in einer begründenden
Eiugabe^; sehr entschieden. »Sie bitten »die hiesige Bürgerschaft
mit dieser Wiederholungsschule in höchsten Gnaden zu verschonen. "
Und der Plan Schnellers scheiterte. «Die Oppositions-Mftnner
und -Weiber wussten ihre Vereitel ungämaschioe gegen meinen best-
gemeinten Vorschlag so fQrchterlich au laden« dass »ogar die hohe
Stelle selbst denselben nicht ganz in Schutz zu nehmen getraute.*^
Doch bleibt Schneller das Verdienst, den ersten Antrieb zu
einer Sache gegeben zu haben, die dann 1809 und 1817 ausge-
führt wurde.')
Nicht viel besser eiging es Schneller mit einem weiteren
Plan, eine Strick- und Nfihschule fOr die ans der Normalschule
entlassenen MAdchen unter Leitung einer filteren Person .von
Religion» von exemplarischer Aufführung und gutem Leumund* ein-
zurichten. In einem Promemoria^) bezeichnet er als Hauptgegen-
Stande dieser Schule: Nahen, Stricken, Theorie der weiblichen
Haus¥rirtadiaft (Waschen. Bügeln, Besorgung der Bett- und Tisch-
zeuge), endlich Wiederholung des in der Normalschule Gelernten.*
Die Antwort des Stadtammans giebt zu bedenken» dass eine passende
Lehrerin dafUr nicht aufzutreiben, auch genOgender Gehalt fUr solche
nicht zu besehaffen sei und schlagt vor, die Dominikanerinnen des
sogenannten kleinen Klosters zum Strick- und Nahunterricht zu ver-
anlassen. Deren voraussichtliche Einwendungen, Klausur und Chor-
gebet betreffend, seien nicht stichhaltig, übrigens kOnne davon der
Bischof ein paar Frauen dispensieren. Daran zerschlug sich aber
die geplante Sache. Denn «die dasigen (doi tigen) Nonnen waren
durch ihre vorgeblichen Ausreden und gefundene, heimliche, an-
sehnliche Unterstatzung allzustark, als dass ich,* berichtet Schneller,
.mit dieser meiner so nützlichen als gemässigten Anstalt Eingang
finden konnte. Diese für ihre religiöse Ruhe streitenden Amazonen
stürmten so heftig auf mich unbeliebten Pädagogen Ol>er ihre
Mauern heraus, dass ich mich hinter die Kanonen meines guten
Willens und meiner standhaften Geduld zurückziehen musste."
Doch auch dieser Plan kam spater zur Ausführung. 1812 wird
von einer Industrielehrerin berichtet (Frl. Adelheid von Siehlein).
M Noub. Archiv H. I7ä, datiert vom 3. Januar ilHö.
'^j Anhang ö. til.
^ J. ROekl, Sehvireden, gehalten bey öffentikhen PrOlün^pen u. Preis»
verthellungen an die Jugend. Manchen b^ B. A. Pleiechmann. 69.
*) Xeub. Anshiv H. 209, 16. Oktober 17S6.
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80 Hitteilungeo d. Ges. f. deutsche Enüehuags- lu ächulgosch. VII.
dass sie nach Augsburg versetot wurde. Ihre Nachfolgerin war
FrÄulein von Isenbilhl.
Nach dieser Würdigung der oi^anisatorischen und unterrichtlich-
methudischen Thntigkeit Schnellers, erübrigt Doch auf die erzieherische
Schulthfttigkeit desselben einen Blick zu werfen. Gerade die dies-
bezüglichen Bestrebungen Sehnellers zeigen une den ('harakter dieses
edlen, begeisterten Schulmannes von seiner schönsten Seite.
Die Lehren des religiösen Unterrichtes sollten die Kinder aas-
leben in den soigfältig durch Schneller geordneten gottesdienst-
lichen Uebungen. £r erwirkte fttr speziell der Schuljugend ange-
passte Werktags- und Sonntagsgotteedienste (Kinderpredigt) die Er-
laubnis zum Gebiauoh der Hofkapelle. Bort wurde der Schul-
jugend allsonntagllch auch Christenlehre gehslten, wahrend Schneller
selbst für die nicht mehr schulpflichtigen Ledigen beiderlei Qe-
scUechteSt die bis zum 60. Lebensjahr zum Besuch veri^cfatet
waren, in zwei Abteilungen von 1—^ Uhr Christenlehre hielt. ^)
Die Schuljugend war zu vierteljährigem Empfang der Sakra-
mente, zur Teilnahme an den flblichen Prozessionen und Blttgftngen
verpflii^tet, als Patrociniumsfeier wurde für die Knaben Johann
Baptist, fttr die MSdchen Mariae Opferung begangen. Dem Zuge
der Zeit folgend wurde im Religionsunterricht die Sittenlehre ein-
gehend behandelt, in der obersten Klasse nach dem fünften Kate-
chismos-HauptatUck: von der ehristUchen Gerechtigkeit, in der
dritten Klasse nach einem eigenen „Traktatlein ..Sittenlehre'' be-
titelt, in der zweiten Klasse nach dem Bttchlein: ..Schule der Höf-
lichkeit'', Dillingen 1785. Dasselbe belehrt in gereimten Fragen
und Antworten über wohlanstftndige Sitten daheim, beim Kii-ch*
gang, in der Schule, bei Tisch u. s. w. Die Verwandtschaft der
zunächst gelehrten HOitichkeit mit der christlichen Sittenlehre wird
Öfters henroigehoben. „Denn die Höflichkeit darf zu ihrem Grunde
nichts anderes haben als die Demut und Liebe des Nächsten, wenn
nicht ihr ganzes Wesen eitel Geprflng und verdamml. Heucheley
seyn solL'*^ Schneller ist also auch hier nicht vom QelBte der
AulklArung, sondern von praktischem christlichem Sinne geleitet,
er Tcrrftt femer eine gute Beobachtungsgabe für kindliche Ver«
haltnisse, treulichen Humor, vermischt mit edlem Emst
,.Chrißtenlehr6 in Dilingen. Vorbcsseruntj und Einrichtung der
praktischon ChriHt^nlehrordng." AktonsHlrkf au» den Jahren 177», 79, 80,
h4 u. 99 Bischöfl. Ordinuriatsarchiv Augsburg.
') Normalschule S. 45.
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9. Josef Anton Schneller als Direktor der Nonnalschule etc.
81
Auch bei deu audereD UnterrichtsgegeDständeu will Schneller
die eiv.iehlich© Bedeutung hervorgehoben wissen. Sehr vornlinftige
Gruudsake spricht er über die Willensbildung der Schüler aus.
Konsequent sollen diosp Grundsätze beachtet werden, immer aber
im Geiste weiser Milde. Da ein Kind, von was immer für einer
Gemütsart es sei, williger der Freundlichkeit als der Gewalt folge,
80 hielt Schneller, wenn auch nicht prinzipieller Gegner körper-
licher Strafen, doch den als den „besten oder glücklichsten Zucht-
meister, der ohne wirkliche körperliche Begegnung die Verbessening
der Fehlenden, den Endzweck aller Zucht erreicht, geschehe es her-
nach wie es wolle." ')
Belohnungen hält Schneller für notwendig, doch sollen sie un- *
erwartet sein, um nicht eine auf knechtischen Eigennutz gegründete
Tugend zu eraeugen. Der eraiehliche Einfluss der Schule soll sich
auch über die Schiilstube und Kii^che hinaus erstrecken. Von den
Bestimmungen darüber sei eine augeführt, die uns heute kurios
anmutet. ,Da^ sogenannte Baden, eine Sache, mit welcher nach
Z»'iiü;nis gewisser Erfahrtniir so viel Gefahr als Un;mständi<rkeit
verbundeil ist, ?ol1 der Sdiiiler allzeit und allentb&lben meiden,
Uieheu und scharfesf vpi-hoten halten. •*
Naeh solchen (iruudsatzeu erziehlicher und nnterriciitlicher
Art wurde die Dilliniiei' Nonnalschule von Schneller geleitet. Für
die dadurch erhielten Erfoli^e hlicl» die Anerkennung tiiclil aus.
V. Un^elter berichtet nach einer Visitation am 11. .\pril 1778 an
den Fürstbischof: 2) ..Es befindet sich das Normalscliuhv» sen in
jenem Fortgang, dass ich dabei keine wesentliche Ausstellung zu
machen wusste.* Clemens Wenzeslaus verlieh Silinellt-r <leii
31. August 1782 motu proprio den .Charakter und das Dipiuui
eiues geheimen lUtes," .in Rücksicht seiner .so gelehrten al.s ge-
schickten Eigenschaften, dann der we;/*M! lufhabender Direktion der
Nonnal- und sämtlichen Schulen dem g«'mt incn We.sen geleisteten
besonders nützlichen Diensten.* Sclmeller >«'U»st schreibt:^) ..l uler
die Früchte meiner vom Himmel gesegneten Kultur und Arbeiten
erachte ich auch nicht unbillitr rechnen zu krumen, dass vei*schie-
dejie fürstliche Personen, lauster und auder«' vom Uaiige, bei
ötfentlichen wohlgerathcnen Prüfungen und iiey amlcren S. hulhc-
»üchen nicht nur eiimial vor \ er\\uuderung ttusruiteü: Wie war es
doch möglich, Kinder so weil zu bringen."
Nonnalschule 207.
^) Augäburger OrdinaiiatMrcbiv.
») Anhang S. 63.
MiUtiil, d. U«s. L dtecb. Knieb.- x Scbulg«ai-b. VU 1 (Bi^en).He(tl 1*01. g
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82 Mitteilungen d. Ues. t deutache Bniehange- u. SchttlgesclL VII.
Srhuollers Eiutluss inachte ^h-h auch über seine Dillinger
Xormala-hule himius auf das Scliiiiwt'st'ii des Horhstifts AugHbwg
gelteml. Er spricht einii^eiiial vuii Helatioueii ül>er das luichstift-
liche Schulwesen, die \oü ihm an die *)l)ei-st4> Stelle «geliefert wurden.
Es gelang ilmen aiier nicht, eine neue Schulordnung für das u'anze
Hochstift hervorzurufen. Din-kten Eintluss auf nmnche >eiiuleii
gewann Schuellei- da<hirch. dass viele Lehrer und Leliranit<*lvuu-
didaten an seiner Nonnal-Mu8t*)rschule iMisjutieHen ja dazu ange-
halten worden waren. .Ich fand iiiicli «ieiiöti^t. " schreibt er.')
_eine besundrre eigene Anstalt für angidienih' Päda^'o<:en. Schullehr-
kandidaten und IJeldiabei- des verbesserten iiornuiÜHchen Jugend-
unLernciiLe.s m irellen. L'iid w i L'en Abirans: JifKieier Mittel inusste
ich lialt auch da. nebst so vielen nit-iuei- Hesdiäftiirinigeu Seliiil-
niei^lcr für die Schulmeister seyn." Einen akteiunässii^eu lu-vseis»
dafür haben wir iii t-iiier \ ursiellung Schliellors"'^) an den Fürstl>ischof,
es solk' der neuernannte Schullehrer vou Dillishaiiseu trotz seines
geringen Gehaltes von 17 t1. für jährlich zwidt'wuclieutlifheFi Sehul-
unterrieht vor ^1elneul Anitsantnii zum Besuch der Nurinulöcliuie
verplUchlei werden. Die dazu notwendigen Konten von einem
Karcdin könne wohl die (ienieinde und der Pfarrer aulbringen.
Darauf erging am 10. Oktober das Conrlusum : ileycribatur «leni
rtleganit Buchloe. dass der nach Diiiishausen in Vorschlag ge-
brachte Schulmeister an alihiesigeu Schuldirektor zur Prüfung ver-
wiesen weide."
So mag wolil Sciineller des öfteren auf eine geistige Hebung
des damaligen Lehrei*standes hingearbeitet haben. Er trat aber
auch für die Bessei^estaltung der materiellen Lage ein. getrageu
von hoher Auffassung des Lehrerberufes und erfüllt vou grosser
Liebe zum Lehrerst^ud. ,,Es soll aulhören," schreibt er. .das
ärgerliche Wort: Ein Schuüelirer kann einer sein, der nichts ge-
lernt hat." .Das Herz blutet mir, iasst er sich ein andermal
vernehmen.^) so oft ich daran gedenke, an so vielfaltige bittere
und jammervolle Klage ehrlichster Männer, welche vor mir den
besten Willen zeigten und zu dem Lehramt die beste Anlage, ja
auch wirklicliü tjesehicklichkeit besassen, aber wegen Ueringheit
ihres (Jehaltes und Unzui-eicbliehkeit ihres Schulertrages fast des
Lebens überdrüssig waren." Das Verhällui;> des Seelsorgers zum
Lehrer denkt sich Schneller als das eines wohlwollenden Vor-
'l .\iiliang S. IT.
Ni iihiii t;« r Archiv H. 176, F»8C, 1, 6. Oktober 17b4.
2) Nornml»chule S. 26ö.
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9. Josef Autou Sclmeiler als Direktor der Normabchule etc. 8S
Standes uml hiifreiclieu Beistandes, der berufs^emilss sich zur För-
derung dei S' liul- uud Lehreriuteressen verpflichtet fühlt.
Von 1774—1786 hatte Schneller mit rastlosem Eifer und un-
eigennütziger Hingabe an dem Auibau und Ausbau der iiiiiinger
Noimalschule gearbeitet.
Ja, mit solcher Liebe widmete er sieh diesem Werke, dass
seine andere BerufsthAtIgkeit darunter leiden musste. In einem
Promemoria an Ol. Wenzeslaus aus dem Jalire 1775 die Akademie
DUUngen betreffend, heisst es von Professor Schneller:^) »Der prof.
sacrae scripturae Dr. Schneller giebt in seinen Repetitionen nicht
GenQgen: die Diszipl hören ihn gar ungern, zudem ihnen dieses
Studium ganz ungewohnt Uebrigens giebt er nur alle ordentliche
Satisfaktion wegen Direktion der Studien und besonders wegen der
Kinderschul, wo er verschiedenes recht Gutes und Nützliches ein-
führt.*' Aber auch in diesem Nebenamt koimte er nicht bei Allen
Befriedigung sich erwerben. Seine Stell ungnalime gegenüber den
l^iirfrauen und in der Strickschulangelegenheit wii-d ihm diese
entfremdet haben und damit auch die Gönner, die jene gewiss
hatten. Seine von der pfarrgeistlichen Behörde unabhängigen Ver-
fügungen in jugendseelsorgerisclier Bezieimng (eigene Kapelle und
Kindergottesdienst), das ihm ol)erhirtlich übertragene Reciit der
Christen l(>hre konnten dem 1784 neu aufgezogenen Stadtpfarrer
V. Ueretsdorf als Uebergrill'e erscheinen, der Stadtpfarrer war dem
immer vorwärts drängenden Schulmann aus fuianziellen QrUndeu
auch nicht }i;tinRtig gesinnt. So niotlite)i b'u\\ die Klagen gegen
Schneller mehren und stimmten schliesslich auch Clemens Wenzeslaus
zu Schnellers Ungunsten um. Ks wurde eine Kommission gebildet
zur Untersut hung der »bei der Normalschule statthabenden Di-sziplin,
dann auch weiterer eingeschlichener mannigfaltiger Gebrechen,- und
zur Berichterstattung über zu wenig angewandte .,Voi-8icht beim
Beichtuntorricht der Mädchen und beim Christenlehrunterriclit von
Seiten Schnellers. * Darauf wurde ihm eine Oberschul-Kommission
zur Seite gesetzt und ihm bedeutet, Ilirer Churllirstiichen Gnaden
würde es gern sehen, wenn Schneller, da er mit dieser Kommission
doch nicht zusammenarbeiten könne, ,aus Liebe zum Frieden", die
so Itosclnvorliche Last der Uuterschuldirektion au eine jüngere
Kraf, einen passend erfimdenen Konviktprüfekton ah^rr^hon würde,
Ihrer Churfilrstlichen Gnaden wäre es ferner angenehm, wenn er
') Nouhiirgcr Archiv. Mitgeteilt von Dr. Tb. Specht, k, Lyc. Profeasor.
liiiUiigeu, uhue Augube der SiguuLiu*.
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34 Mitteilungen d. Gee. f. deuteche Eniehunga- u. Seholgeach. VII.
die Christeulehre dem Stadtpfarror vulli^: anluMmst^llen würde.
Schneller vei*8tand das in ge^i hmeidi^'o] Ilot'sprache abgel'asste Aa-
sinoen und trat aus dem Amte des Schuldirektors.
Das Datum seine» Rücktrittes findet sich nicht angegeben, es
ist auf Ende 1786 oder Anfang 1787 zu setzen. Am 21. Februar
1787 trat als Nachfolger Nömcr ins Amt. Die Akten über Schnellfrs
Entlassung sind spärlich,*) doch l:» iiüirt nd. um in ihrer aalglatten,
verdäihtigi'nden und doch nictitssagenden Art der Abfjissung er-
kennen zu lassen, dass Schneller ohne ausschlaggebende sachliche
Gründe als Opfer persönlicher (Jlegenstnlmungen einfach abgesägt
woiden ist. wenn auch in feinster Fonu. v. Ungelter blieb ihm
treu und hielt ihn so lange als nur möglich. Die , Dienste*, die aber
Th. J. V. Heiden. Direktor der bischoflichen Kanzlei, .,Sr. Durchlaucht
gegen Schneller zu Füssen legte." waren stärker und führten
Schnellers Scheiden aus dem Direktoramt herbei.
Mag nun auch solcher Abgang Sclineüers anfänglich Zweifel
gegen seine ganze Amtsführung erregen, so müssen diese do<'h bei
iroii.iuerei' Krwii^^unu' <icr Verhältnisse schwinden und solches Knde
vermag auf den ganzen L-barakter des Mnnnes keinen Schatten zu
werfen. Sefnieller bleibt uns trotidem eiu aclitenswerter Sehnl-
mann. ^^'elln ;unli kein eii;eii;irti;i,'er bahnbreeliendfr Kefonnaior,
so ist er <!(!( Ii rin liirliijger Verarbeiter <ler zeitgenössischen päda-
i:<t<j:isrheii und iiselhodischen Ideen, ein Schulmann von khtrem Blick
und warmem Her/eu für Jugend und Volk, wert, Felbiger und
Braun augereiht werden.
1) Nouburger Archiv H. 175, Piwc. 8 n. 8.
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10. Reformbefitrebungen der bayeriticheii Benediktiner etc. 85
JO.
Reformbestrebiuigen der bayeiisehen Benediktiner
auf Oobiete des (lyiiiiiasialweseiis iini lli^.
Auszug aus dem Protokoll der Sitzungen der Benediktiner der bayerischen Kon-
gregation, weiche im Jahre 1708 in Scheyern gehalten wurde.
Vun Prof. D. Dr. Jos. Baob, u. (i. Professor der TheolO|;ie an der Universität
München.
Einen nicht zn untei-scliatzenden Beitrag zu einer wirkliehen
Erzielrangs- und Schul^eKchicht«» der mittleren und höheren Schulen
in Bayern würden die Protc»k(dle der Versammln ngon der Aebte
lind Deputierten sämtliche^' l>iiy irischen Benodüctinerkonvente bilden,
welche nich 8oit Ende des 17. Jahrhunderts zu gemeinsamen Inter-
essen alle drei Jahre unter dem Titel der bayerischen Kongregation
vereinigten.
Der VaiiUalismus der Säkularisation hat freilich auch diese
Protokolle wohl grösstenteils — wie so vieles Andere — ver«
richtet. Doch düiften sich da und dort in den Archiven oder
Bibliotheken einzelne derartige Fascikeln noch vorfinden.
Wir geben hier von einem d<'rartig(Mi Protokoll einen Auszug»
soweit derselbe (Ur die Sehulgeschichte von Belang ist*
Bemerkt muss werden, dass diese Sjitzungen auf Grund eines
eigenen pftpstlichen Breve*s eröllhet wurden, und ihre Beschlüsse
Yorbindende Kraft für sämtliche Konvente der Kongregation hatten.
Dazu kam dann noch die Erlaubnis beziehungsweise Be-
stätigung des Staates.
ProtocoUum actoruni et constitutorum in Capitulo genei-ali nono
in exempto monaatorio Schyrensi celebrato post Dominicam Oantate,
8eu Quartam post Pascha a die 7 Maji usque ad 9 inclusive
Anno 1708.
In der erst^^n Sitzung werden dit; allgemeinen Interessen des
Ordens hosproi lien und beraten. Unter dein Vorsitze des Präses
der Kongregation, des Abtes von Tegernsee (^uii inus versammelten
Bich vierzehn Aebu- <ler vei-schicdenen bayerischen Klöster persönlich,
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86 Mittf'iltinp'Pn d Gof^. f. rloutf^clio Er/.iohnn^r^' n. Scluilf^oBcli, VII.
Während einige, durch Krankheit verhinderte Prälaten Stellvertreter
schickten. Ausserdem aber waren sftmüiehe Konvente durch eigene»
Deputiei-ta vertreten. Im ganzen waren siebenuoddreissig Manu
rertreten. Die Dei)utierten der Konvente liatten zusammen vier
Stimmen (Vocales).
Schon vor der Eröffnung der zweiten Sitzung machte der
Regens des fUrstbifichöflichen Clymnasiums in Freising Benedikt
Ehersehwang ans Frauenzell den Definitoren Vorschlfige üher eine
gründliche Ileforin des Gymnaisiums selbst und voranlasst eine
Kollektiveingabe des gesamten iüipitels bei dem lAudesherren in
dieser Hinsicht.
Darauf folgt die zweite Sitzung, welche vorwiegend pAdagogische
Fragen erörtert:
Sossio SeciiTida.
De conimuni Kovitiatu et studio literarum.
Propositio 1: Quid circa Gymnasium Frisingense disponendum
et quatenus ejus fundatio elTicaciter urgenda rc taudem obtinendar*
Quis ])rü ftituro trieunio in praesidem et a.s8istentem eligendus, et
quo tem|)ore visitatio ejusdem institnonda?
Kesolutio: (.'onsultissimum videbatur pro obtinenda actuali
fundatione Gymnasii gratiosissimnm foret. pulsare per supplice«
litleras nomine totiu.s Congrcgationis a Keverendissimo DuoWolfgango
ahbatc ]\Ii< hp!ff'ldensi concipieudas, illis terrainis expressionis. quibus
üoverit, animum «lomontissinii PHncipis foro expugnandum et in
Vota iiostra trahenduui. I^orro in pracsidcin dicti Gymnasii com-
nnniil)us votis rlcrtus fuit Kevcrendissimus I). Ahbas Weihen-
stoplianensi.s. in assistentem vcro Revd8iH"j' I). Cnplpstituts Abbas
Schyrensis. Qui cum haue spart;im rnriin iMtionihus a se amoliri
conatus esset, eidem subrogulus fuit Kcverooditisiinus D. Abbas
Michel fei<l<'nsi8.
Propositio 2'1'*
An nnvitiatus ruinnuinis in rnfmahterio \\'<'ih('iistr|ihaüeü8i Sit
constitiH'udus. an vero alio transferendus? ot (luoräumy
Kesolutio: In Monasteriu?Ti Mallerstorleriöü.
Propositio 8 ». An modernus novitiorum magister sit confir«
mandus vol aliuö substituendus?
Keriolutio: R. P. Aiieano in nmnom eventum placuit substituere
H. K P. P Thomam p. t. Priorom Audecensem et Bemarduin
Tegeruse*Mis(Mn.
Pro|>ositio 4". An (|iialitor novilii magis exercendi in bumi-
litale et abuegatione propriac voluntatisV
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10. Refonnbeatrebungon der baycrischeu Bouediktiuor etc, 87
Kesolntio: Revereodus D. Maurus Abbas Audeceaais suggeret
inBtructiones.
Propositio 5'': An commune Studium Burae^) maueat aa vero
Sit transfereiuiiini ot fiuorsum?
Hosolntio: Kuu apparet locus couimodior ^uam Mouastcrium
Weihenstephaiionso. ^
Propositio 6 V. Qualls Direct<)i- et jirofessores ««int coustituendi?
Resolutio: Et P, Director ot proffssores tlieoloi^Miio in suis
cathedris maneant. Cum tempoii' surcedent in tlifulo^ia Ii. V. Joannes
Evangelifita ^rall^TstorfenHis et F. Felicianus Kottciisis, Pro philo-
ßophia denoiniiiHii smit R. R. P. 1*. Rr'iicdirtiis Ebeiio Prior iu
Thif'!]iHnpt«n. 8t«phaniis Sto<4puecher Weihenstephanensis et
Quiriiius Htockhammer hyrmsls.
Pi-npositio 7^. Auaou »iuj^uüs amm uovuä curäus (»liiiobopbicud
iüchoauduB?
Resolutio: Videtur plaue uecessarium, ut sioguiis auuis iu-
choetur.
Propositio 8. An non videatm-. ut fratres iiovitii et studiusi
anticijiato aliquo Hununam solvant et sornm staiim alteraut.
Kesolutio: Oiiuiino solvatur a liquid anticipalü.
Propositio 9". Quid ot quautuin detoreudum puuctts a K. K.
Petro Directore porrectis?
Resolutio: I.o^'antur pci- P spcrotHrium et lecta tsunt.
Puncta comiuuae Studium coucemeuda Kevereudissimo capitulo
oblata.
Propositio 1. Videtur distiibutio lemporis iu piuribus im-
mutanda.
Resolutio: Tempus dabit, quid sit imjnutaiulum ei mnovaudum.
Propositio 2. Supposita studiorum translatione videtur con-
sultissimum ut finitis Tocationibus dovus rursusPiiilosophiae inchoetur
ac inpostenim Professoribus phiiosopbiae extraordioaria iectio vel
ex historia aut Ethica injungatur.
fieaolutio: Quoad primum aflinuativa, quoad alterum veit)
negatlTa.
Propositio 3"=. An extranei Keligioei non uostri ordinis ad
commune Studium admittendi.
Resolutio: Admittautur aicut hactenue.
Benedictbouern.
') Weihenstephan bei Freising, jetzt laudwirtachaftUche Hochschule.
Im Text steht Weicheostephaaense.
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88 Bütttilungen d. Gw. f. deutsche Erziehungs- u. Sdiulgcach. VII.
Proposltio 44. Quid de matoriis theologicis statuenduni? An
Scti Thomae sententiA docenda, an Tero libertas indulgenda? Circa
hoc punctnm diversae opinionea erant Quidain cDim propugnabaat
libertatem: potiores tarnen stetenmt pro eententia S. Thomae et atc
juxta majora absolute facta est.
RoBolutio: Doceatur imposterum aententia S. Thomae.
PropoBitio 5. Ab inhaerendum decratis CapituU generalia de
anno 1701, quod lectiones Juris Canonici sustulit, ne disdpQli
materiarum varietate nimium occupentur, et utrom continuanda
extraordinaria explicatio juris civilis?
Resolutio: Omnino inhaeiendum est decretis Capitiüaribus.
Propositio 6. ProTideatur de medio oportuno« quo sumptua
pro sustentandis professoribus solvi possint, ne propterea rationes
fratrum studiosorum graventur et Revm| a mittendis ad commune
Studium Religiosis absterreantur.
Resolutio: Jam videbitur.
Propositio 7. Ad Universitates nullus mittatur, vel si mittantur.
nonnisi ad Salisbuigensem mittantur.
Resolutio: Sit liberiias mittendi ad quamcunque.
Propositio 8. Studia 'privata severe interdicantur.
Resolutio: Sint interdicta.
Propositio 9. In professo primo Sancti Lucae^) exactissime
compareant in loeo studii Aratres nostri.
Resolutio: Jam füit statutum in Capitulo praecedenti.
Propositio 10. Fratres studiosi secum afferant libros pro
meditatione alüsque spiritualibus exercitüs.
Resolutio: Est plane necessarium.
Propositio 11. Toti communi studio adoptetur tutelaris specialis,
vel Beatissima virgo sine labe concepta, in cujus feste posset
piaestari juramentum de defendenda immaculata conceptione, vel
S. Maurus vel S. Anseimus, aut S. Beda.
Resolutio: In praesidem per majora eligere placuit Beatissimam
Virginem sine labe conceptam: Juramentum praestandum relinquitur
cujusvis devotioni.
Propositio 12. Denique P. Petrus huiniUime petit liberari
tum a Professura tum a Directorio.
Resolutio: P. Petrus pergat in utroque munere eo quo hactenus
fervore ac industria.
> ) Der 18. Oktober, der Tag des Apostel Lucaa, war der B^iinn der
Studien.
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10. Reformbestrebimgeu der bayerischen Benediktiner etc. 89
Kesolutis hipcn pnnctis vocati stiiit P. P. Vocales, eorumque
Votca audita, quo u praedictis resoiutioDibus ferne mliil dis-
cordabant.
In der dritten Sitisuug werden disziplinare Fragen über die
Orden SV i.sitationon und andere (JrdeiiHtragcn erörtert .
In der vierten Sitzung wird beraten über die liitte des Priors
von Peterehaunen, welcher um Mitteilung von Urkunden der
einzelnen Klöster bittet behufs AnIV'tTijjjiiiij; «miht allgtnneinen Ge-
schichte (wohl des bayeri.sciit'ii lienediivtiiieiordens) jiro concinnanda
liistoria quadam universal i. 7)ie8e Bitie wird befürwortet.
Dagegen wird die Bitt«^ des Abtes von Georgenberg in Tirol, drei
seiner Conveiituakii in deni Studium (grutiü) zu behalteu. ob iii-
jurias belli et tempui inn. abschlägig bosrhiodon.
In der fünften Sitzung werden bestimmte Noten für die Auf-
nahme in das Gymuasium verlangt. Dagegen wird den Professoren
der liat gegeben, das Mass der monatlichen Hausaufgaben nicht zu
überschreiten.
Ebenso werden Schulkonferenzen angeordnet.
Die Professoren der Philosophie sollen fiach ihrem Range zu
Professoren der Theologie vorrücken. Es soll die Bitte bei dem
Papste gestellt werden, dass zwei bayerische Religiösen in das
CoUegium Romaniim Authahme finden.
Unter den Beschlüssen des GeneralkapitelB sind die über das
Unterricbtswesen in erster Reihe. Sie lauten:
Pro communi altionim seientiaram sede ae literarum atheneo
electum füit Monasterium Weihenstephanense sub modemis P. P.
Directore et Profeesorihus s. s. Theologiac^ et quia hoc singulis
post hac annis ad renovatioDem stiidiorum in feste S. Luoae qua
die omnes ff. stiidiosi praecise comparere debent, novus Cuisus
PhüoBophiae Inchoandus est, ideo pro sequenti triennio ad docendam
Philosophiam deetinati sunt R. R. P. P. Benedictos p. t. Prior in
Thierhaupten, Stephaniis Weichenstephanensis (sie!) et P. Quirinus
SchyrenaiB juxta dispositionem Rev^j Praesidis et visitatorum. Circa
iiiiucttim, qualis sententfa docenda. luaevaluit sententia Thonüstica
juxta priores recessus. Praeses et patrona stndiorum assumpta fUit
R= Virgo sine labe concepla.
Novitiatiis communis ex monasterio Weichenstephanensl trans:-
latus est ad monasterium Malierstorfense sub R. P. Aniano Rottensi.
cui in omnem eventum siibstituti sunt R. R. P. P. Thomas Ande>
censis et Bemardua Tegerensis. Porro ne monasteria ubi commune
tyroclniiim aut Studium instituttim est. nimium graventur ob multitudi-
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90 Mitteihinppn d. (\vs. f. doufschp Entiehiinp-s u. SchiiIgpRch. Vif
nem hoopitum, placuit deeernere ut fratres eo mittendi aliquam
pecuiiiarum summ am secum afferant et aaticipato solvant.
In Praesidem Gymnasii Frisingenfis elcclus fuit D. Abbas
WeicheDStophanensis, cui assistet R'i» I). Michelfeldensis. Ne vrrn
Gymnasio subjecta capacia desint. ordinal um fuit. ut JuvoDOB reli-
giosi. ubi fieri potost, in humanisUcia diiigeuter exerceantur et
qualificati Hnnotentur.
Nacl» mehreren anderweitigen Beschlüssen (n]^ No. 10: Pro
gratia ponteficia oh inscrlptas theses sapplicabitur, ut duo ex noatris
alantur in Collegio Romano. *
Es folgen dann die Unterschriften.
Acta auut haec in MSS^ Sehyrensi 9 Maij anno 170^*.
Quirinus Abbaa TegemBeensis p. t. Fraeaes Generalis.
Placidus Abbas Visitator ordiuariua.
Maurus Abbas Andccensis.
Inf. Bavariae et PalHtiiiatus Visitator.
Bonaventura Abbas Keicbeubacensis, Procurator generalis et
definitor.
Auf einem späteren Generalkapil^^I, das im Juni 1741 in Ober-
altaich gehalten wurde, wurden \'erhandiuugen Uber VerbUtung des
Flachdrucks der Büchel- gepflogen.
Der Catalogus Monasteriorum Cnngregationis Bavariae vom
.lahre 1782 verzeichnet folgende 19 Konvente des damalijxen
Bavcrns — die in den schwäbischen und fränkischen T^andesteilen
des heutigen Bayerns' sind selbstverständlifh nicht mitgezählt — :
Andechs. Attl. Benediktbeuern, St. Emnieran in Tiegensburg, Frauen
Zell. Mallorsdnrf. ]\Iichaelsfeld, Oberaltaich, Prifling. Reichenbach,
Rfttt am Inn. rhierhau))ten. Weihenstophan. Weissenau. Welt^nburg
und Wessobrunn. In diesen lebten 45ü Priester, deren mehr als
dir* Hälfte dem Lehrstaud angehörten, andere wie l:*^benius.
ISaül'tl ( tc bodentende GelehrK* waren.
Kinen Auszug a)iH den Protokollen sänitlirlirr Sit/.iiniron, welcher
für die »Schulgescliichte Bayerns von i;rossem Interesse wäre. I)ieteii
die noch handsrhriftüch vorhandenen Annales (^ongroi^ationis
Benedicto-Bavaricac. deren Herfmsgahe wir vipilrjclit ntich der
Munificenz drr honte wieder neu erstaadenen Kongregation zu ver-
danken haben werden.
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11. Pädagogisch -hiBtoriächc AusstolluDg etc.
91
11.
Püdagogisch'taistorische Ausstellung
bei Gelegenheit der 18. Heuptveraiunmlttiig dee Bayr. VolIcsBchuUehrer'
vereine in Mflnchen, 4.-9. Auguet 1896.
Der Qedaniie» bei einer bayeriseben Lebrerversammlang neben einer
LebnnittelaiuBtellang «ach dnmal eine pädagügisch'historische Abteilang
am Bcfaairen» fand trotx der Neuheit desselben bei den Qllinitlichen und
privaten Sanunlnngen, ^isytuten, sowie namenliich in Lehrerkreisen and
bei Sehttlfreanden gute Anfiuihme nnd UntersUltning. Man nrnsste die
Anschauung billigen, da.ss eine grosse Lchrcrvcrsauiinlnnf,' vor allem
ri>,'n('t sei. durch oino solrhe Voranstaltinip dns Intorrsse für Schulgt'srhiclitc
zu fördeni. die Lehrerwclt zum Sainiiit In schuJgesfhichtlirhon Matorials
nii/nrogeii und oine wirksame rr(i]taj.'iin(la fOr die Bestrebinicfn der Oe-
sellsciirtft fflr dentselie Erzit'lmntjs- und S^-Iiulgesclnchte aii/uhahnon. "Wenn
nun auch in Folge der kurzen, zur Verfügung stehenden Zeit und des
Mangels hinreichender Arbeitskrifle das gsnxe Unternehmen sich nur als
ein erster Yersnch darstellt, dem viele Mftngel anhaften, so möge doch ge-
stattet sein, hier darftber sn referieren, da die Ansstellnng nicht nnr
seitens der ca. 6000 Teiinelmier der Versanirolang, sondern auch der Be-
wohner Münchens sich eines lebhaften Besuches und der vollsten An-
erkennung erfrrnto.
Der Katalog führt 87 Aussteller und 785 Ausstellungsobjekte auf.
besonders dankbar wird anfM'kaiint. da'^s die stnatlirhen nnd sts\dtis( hen
Injstitutf sirh mit ihren \\ rrtvoUi'u Schätz<'n beteiligten: die Kgl. Ht)f- und
Staatsliibiitithek. dii- Kgl. UuivtT'«ität.«hibliolhek, das Kd Mfinrkabinett,
die Magistratsbibliothek, das Stadtarchiv, Stadtmuseuin mit Mailliuger-
sammluug, die Kgl. KreiS'Lehrerinneubilduugstuistalt, gewerbliche Fort-
bfldungsschnle. der Stadtmagistrat Knlmbach etc. Aber auch private
Samminngen boten uns ihre Untersttttzung, so I>r. Mensbachws MQns«
handlung, die Antiquariate Halle und Hess, sowie viele hiesige und aus*
wArtige Lehrer etc. Ton Bezirkslehrerrereinen that sich besonders
Regensburg her\'or. sowie Landshut.
Abteilung A enthielt Handschriften und zwar unter I. die
38 Nummern Schularchivalien aus dem MOnchener Stadtarchiv, wolrho
sich auf die Poetenschule des Gabriel Castnor 1560, die deuf. sehen S hnl n
von 1501 an und endlich auf die hie^iffen Feiertntjssrhnlen von 17*.>1 an
beziehen. Diese wertvollen Arcliivalieu sind schon früher durch Westen-
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92 Uitteilungen d. Gee. f. deutsche EnEiehunge- u. Bchulgeech. Vn.
rieder n. a. nnd zuletzt in der als Festgabe den Teilndunern der Ver-
sammlung dargereichten Schrift von Oberlehrer Gebele: Das Schulwesen
der Kgl. bayr. Haupt- und Rcsidon/stadt München in ?einf»r ppsrli. Eiif-
wirklnn? — publiziert nnd verarbeitet worden. Trotzdem war die DarbietiuiR
dieser Quellen erwünscht nnd lehrreich. Von den weiteren Hand-
sdirifttii, welche auflagen und im Katalui: unter U. angeführt sind, er-
regten mehrere ein grosses Interesse, da solche wertvolle Stücke selten zu-
gänglich sind, so der cod. germ. 216 mil: modna legendi A rethoiica
volgarie von Christoph Hnber in Landshut 1477 — das Alteste nnd ans
dem 15. Jahrhundert das einzige Werk, welches Aber den deatschen Unter«
rieht in Schulen einigen Anftchlnss gibt — (bearbeitet von Br. Johannes
MtlUer in den deutschen Quellenschriften der Geschichte der Methodik von
Dr. Kehr); Neues NamenbOchlein. auf Pergament mit silber-
beschhifrononi, durch Brillanten '_'e<5cbmflrkten Sammeteinbnnd. 17. Jabr-
hnndeii. Weniger methodisch als durch künstlerisrh nn*:trefüliiie Miniaturen
bildete dieses kostbare Scbnustfu 1<. welches wt)hl einiiiiil in fürstlichem Oe-
branche war, einen Aüziehunysjmiikt. Das Keclicnbut h vt»n Wertem a
von Plurs 1593 ragte ebenfalls durch schöne künstlerische Darstellung
hervor. Von anderen Handschriften seien noeh 8 Briefe Pestalozzis
an Pater Girard nnd die IngolstAdter Schulordnung von 1589 erwfthnt.
Die Abteilung Ii. Theoretische IMd ;i troirik mit besonderer Be-
ziehung auf das Volksschulwpsen, unifasste ein zienilicli reichhaltiges
Material von Üriginalausgabcu pädagogischer Quelleiiwerke und Scbrilteii
in (i (»nippen, von No. (iT --2(19 des Katalogs. Dit; (tliederung war
folgende: 1. Von der Keformatiou bis zum äOjäluigen Krieg. 2. Die
Schule unter dem Einflüsse des Realismus 1618 — 1700. 3. Pädagogische
Bestrebungen von 1700—1750 (Pietismus), i. Aufklimngsjseit 1750^-1800
(Philantiopiuismus). 5. Pestalozzische Zeit 1800—1880. 6. Pestalozzi-
gmppe. Dem Besucher war sohio Gelegenheit gegeben, die ganze Ent-
wicklung unserer Piidago^ ^nt der Reformation in den wichtigsten littc-
rarischen Werken im Gewände ilirer Zeit zu überschauen, was für die
meisten Schnlni.inner nm sn grösseren Bei/, bot. da die wenigsten jernals
die Oriffi^^:ll:lll^L:;ll)en der p.idugogiscben Qiirlh iischriften zu sehen be-
kommen. Es isl lieivor/iili« l»cn, das.s das zur Kenntnis des Imyerixlieu
Volksschulwesens dienliche Material für die Zeit seit den ktzttn Jaiir-
zehntcn des vorigen Jahrhunderts gut vertreten war. Da begegnen wir
ausser den bekannten bayerischen Pädagogen: Heinrich Braun« von Ickstatt,
F. H. Hofeiann, lüchael Sailer und G. F. Seiler» Aeg. Jais, Seb. Gunther,
Stephani, Graser, Hergeurftther — auch vielen mit Unrecht wenig ge-
kannten Kamen: von Eckartshausen, Picblmayer, Fronhofer, Steiner, Weiler,
Bacher, Silli r, Böckl, Thanner, Obert'nn Müller, Zebeter etc. Aus der
älteren Zeit bot Kandier, Johann, Sibnl/ueltt. Kegensburg 1628 und:
Wnhlf,'eineint«>s griindlicbes Bedenken. .\hi;'>1iiii l' I'i^"' «grosses Interesse.
Sticht mindere Anziehungskraft zeigten AU&mr den pädagogischeu Klassikern
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11. Pfldagogisch-historischp Ausstellung etc.
98
die älteren und nenrren bayerischen Schulordnungen, die 19 Münchener
Sohulredon 1772 — lb25 etc. Zn Ehren Pestalozzis war im Saale dessen
Büste aufV'f'stcIlt, umgeben vf>ii lUumenschmuck: es laijon die meisteu
seiner Werke in Originalausgaben und viele Schritten Uber ihn auf.
Den girOssten Umfang hatte Abteilung G, Prafctiselie Pftdagogik
des YoIksschuhvrsiMis, No. 270 — 660 des Katalogs. Unter T Religion
und biblische Geschichte waren die Katcrltismcn von Canisius, Luther,
Spener, Felbiircr rtc, die Scbrifton von MutsclicHo. Sclnlnberg etc. vor-
treten. Auch ein Kiit» rbismus in Kupfern für Leute, ^so dess Lesens un-
erfahren sevnd" fcliltc nichf. Aih »1er Gruppe Tl. deutsche Sprache, sind
zunächst ca. In) Fibeln /.u trvvahnen, deren älteste von 155ü stammt;
darunter waren viele Stücke methodisch, wie durch Illustration sehr be-
achtenswert, a. B. Ohrist. Fiaehen LessbttcUein, Regenabnrg 1637, Neu
erfundener Lustweg durch Bilder das ABC und Buchstabieren zu lernen,
NQmberg ca. 1750, Seidl, Ein sonderliches Alphabetfa-, Berlin 1711j
(im AnscUnas an die Wappen das ABC zu lernen). Militärisches
ABC, Erlangen 1814. Hömisch katholisdus XuiiHtilinclitciii, Freysing.
178() etc. etc. Von besonderem Werte für die Kenntnis des bayerischen
Volki-s< hui Wesens sind die H Clmrbayerischen Elementarhürher von
H Biauu 1770. «lie in einem seltenen, vollstinulijcu Exemplare zu sehen
waren. Sehr wertvolle Werke über (Maniiiiafik liihlen: Ein deutscher
borrarius vun Stainhöwel 147;^, mit der ältesten ueiirurkten Anleitung über
Interpunktion; Formulari für brieff u. rhctorik, Augsburg 1483; Faliian
Frank Orthographie 1540, Gantdeibfichlein 1517, Handtbncblin von
Helchssner 1550 etc. Auch die UL Gruppe, Beehnen, war ziemlich reich-
haltig vertreten, sodass man die Geschichte des elementaren Rechnens ron
Adam Rysen 1527 an bis ca. 18:20 in den wichtigsten Werken verfolgen
konnte. Die meisten der Werke entstammen bayerischen Autoren und
sind darum für unsere Schulgesclüchte von sp^eUer Wichtigkeit. Auch
eine Rechenmaschine aus dem 17 Jahrhundert war ausgestellt, ein Kästchen
mit drehbiiren Hollen, worauf die Produkte jeder Zahl innerhalb 10 nn-
gegelHMi waren. Der Appnrat erinnert an die Xepper^chen Rechenstäbe
und (lieiiic zum Multipliziercu und Dividieren. l)a.ss der Erfinder der
Stenographie, Gabelsberger, auch Lehrmittel erfand, i&t wohl wenigen be-
Icannt; iu der Ausstellung war von demselben eiue mechanische Uhr und
eine mechaniache Rechentafel zu sehen. Unter dten Geographiewerken,
IV. Gruppe, waren ausser den in der Geschichte der Methodik aufgeführten
bekamitenn Werken, 2 seltenere methodisch erwihnenawerte Arbeiten auf-
gelegt: Geographischer Anfang, von einem Jesuiten, Augsburg 1729, Hin-
längliche Geographie vor die Schule von Pater Anselm Desing, BenedÜCtiuer
in Ensdorf, Salzburg 1743. Bayerische Schulgeographen sind ntehrere ver-
treten gewesen: Westenrieder, Prilndel, Bundschuh, Höldericli, ('aiiiraorer,
Nicsenbr>rk, Solrhaw, von W(*stennayr, Kienast. Die Wände des Aus-
stellungssaules waren uit alten Bayernkorten geziert, darunter ein sehr
94 Mitteilungen d. G68. f. deutsche Brciehuiigs* u. Bchulgescb. VLL
schönes Expmplar der Apiankarte, dio Karte von Fink 1663, solche von
Lobck, lloiiiann, Sontter. fifr bcrriiclie Atlas vim Riedl etc. Ein sehr
j^eltoiies Exemplar, eine Nürnberger Fraisciikartc ca. 155u, besonders aber
eint' I,andkarte mit tigürlichen T>arst< 'Hungen, Lütter Augsburg 1745, fand
viel Beachtung, letztere durch das Bestreben, Geschichte mit Geographie
in amchaolicbe Yerbrndmig in bringen. Aqb der Gruppe V, Geschichte,
heben wir Bonos historische Bilder 1705, als das beachtenswerteste Werlc
hervor. Schnlmethodiaches Interesse können auch beanspruchen: Historiadie
Tabellen von P. Pock in Ettal 1736. Weatenrieders Geschiebtsbacher fUr
Schalen. Tabelle derWeltgeschiclite in Strömen und Flttssen von Straas 1821.
Die Naturkunde, erst seit Beginn unseres Jahrhundert.'» ein Lehrgegenstaad
der Volkssi liuleu, war in Gruppe VI nur wenig vertn t( ii, doch erschienen
in München 1790, 1791, 18<X), 1801, 1H>4. IHl'i, in Straubing lMr>5, in
Ingolstadt 18( >2, 1812, in Augsburg lölü ächulbUcher, welche diesen Lehr-
gegenstand bcarljeiteten.
In Gruppe VIll, Schreiben und Zeichnen, fanden sich die Zierschriften
der alten Schreibmeister Newdorffer-Nürnberg Möller-Lübeck lülU,
Steisslinger-Augsbiirg etc . aber auch Stephanis genetische Schreibmethode,
Kanisauer Zeiclienlehre etc. Audi Albrecht Dürers Unterweisung 1583
fisUte nicht
Eine seltene und wertvolle Kollektion von Werken für den elementaren
Gesanguntenieht bot Gruppe YHL Wir nennen von bajeiischen Produkten
besonders ffie Werke von Gnmpelshaimer, Angsbniig 1595, Trantmann, ftr
die Schulen in Lindan, Kempten 1618, Nopitsch, NOrdlingen 1784, Frölich,
Wflnbnrg etc. Schliesslich sei der ilteren Jugendsehriftcn in Gruppe IX
gedacht, von denen die Kinderzeitnng, Nürnberg 1780, die Kinderakademie,
Mfkncben 1784, der höfliche Schaler, Manchen 1784 etc. hervorai'
hellen sind.
In der Abteilung D wurden bildliche Darstellungen geboten,
eine reiche pädagogische Galerie von Oelgemülden, Kupferstichen, Schab-
blättem, Hidzschnitten, Lithographien, welche die Wilnde des Saales zitTten,
No. 001—759 des Kataloges. Sowohl die Porträte von Pitdat^ogi-n und
SchuliiKinnern, als auch charakteristische Darstellungen aus Schule und
Lebrerleben fanden und verdienten besondere Beachtung, da darunter wert-
volle nnd seltene Stfldce za sehen waren. Einen Glanzpunlrt der Ans-
Stellung bildete die Abteilung £, Medaillen nnd Mttnsen in 2 Sehan-
kisten, No. 770 nnd 771, ca. hnndert Scholinftnxen, die einen Wert von
mehreren tausend Mark repräsentierten. Ausser den Medaillen berflfamter
PftdagOgen, worunter hervermf^M ude Gepräge sich faiiden, interessierten den
Schulmann besonders die bayerischen S( Imlprämien und die Rechenpfennige
aus dem Iii und 17. Jahrhundert. In dt r SchUissabtcilnnfr F, Vcr-
scliiedono? Irii'cn neuere schnlgcsrliK Ijtli lip Schriften auf. r>!e (resrhichte
des Vujks-i tiuhs (M ns der Oberpfalz von ilullwi ]{, Daisenbergers Volksschulen
der Diözese Augsburg und vor allem die Pubiikutiuueu der Gesellschaft für
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11. Pftdagogisch-historiache Ausstellung etc.
95
deutsche Erziehungs- und Schulgescliichte seien besonders erwähnt. Die
Prospekte der neueren Schriften der letztem kamen In grosser Zairl zur
Verteilung. - - Einr pädagoinsi li-liistorix lic Ausslfllun.i:. wie wir sie im
Ut'bt'rblifk gescliildert li;ilicn luul wie sie als ciii erster Vernich vorliegt,
mu5S und kann zulrieUtii sein, wenn sie in Lehrer- und sehulfreundliche
Kreise Anregung bringt, den schulgesehichtlicben Erscheinungen ein grösseres
Interesse zuznwenden. Dass dies der Fall gewesen, können wir bei der
regen Anteilnahme nnd nacli dem allgemeinen Urteil annehmen. Damit
aber dieses Interesse ein dauerndes nnd tieferes werde, welches zn einer
eingehenderen Beschäftigung mit dem schulgesehichtlichcu Material führt,
ist es nötig, dass insbesunders der Lehrerwelt, welehe Geschiehte der
Pädagogik zu studieren beruflich verpfliehtet ist, eine Sammlung dieser
Art zur VnrfOgnng stehe. Zur Errichtung eines pftdagogrsrh-historiselien
Museums fiir Bayern in Mflnrhen '«ind bereits Einleitungen g<'troffen, und
es bestritt begründete UotTuung, dass dieselben zu einem erfreulichen Ziele
führen werdeu.
H e ige n m OOS e r - MQnehen.
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I Mitteil. (L Ges. f. deutächo Erzieh.- u. i^chulgesch. Vll. ijcBchAttl. TeiL
Geschäftlicher TeiL
Bericht über die Bayern-Gruppe.
In nächster Zeit wird es ein Jahr, dtx»» nach laugen Yurbereitungen
die Konstituierung der Grui>|»o Bayern der (lOsellHchalt fßr deutsche Br>
ziehungs- und Schulgeachiciite erfolgte. Wir kimiKMi sowohl in Bezug auf
ausaere als auf innere Erfolge mit Befriedigung auf dieses erste Jahr
unserer Thötigkeit zuracksehen. Ünspr© Gruppe sdhlt zur Zeit 105 Mit-
glieder. Au,-<scr(i<Mii gehören 11 andere, in Bayern wohnemlc Mittriieder
der ullgemeiueu Gesellschaft f. d. E. u. äch. U. an. Es dürfte sich
eujplehlen, diese ansserhslb der Onippe stehenden Mitglieder In die Reihe
der (ii'U|)|HMiangehörigen auf/un(>lnn(>ii. wuilurch SOWOm die Listeiifahning
als auch die Einzahlung der Beiträge vereinfacht wUrde.
Auf Anregung mehrerer Teilnehmer an der ersten Generalversammlung
vom 11. April v. J. erging an tiulucr»' Iltrion al» Vertreter ver8chi<'<lener
luteressenkreise die Einladung, dorn Kuruturium der Gruppe Bayern bei-
ssntreten, so das« sieh dieses snr Zeit ausser den bereits in den Mit-
teilungen, Heft 2, Jahrgang VI Wb'Mi) (Geschätll. Tpü). genannten, aus
folgenden Herren zu.sainmensetzt; J. Beer, k. lieallohrer in München,
J. Blanl, k. Regierungänit im Kultusministerium in Mfinchen, F. Bumm,
k. Ministerialrat in .Mdiulion. ErbshÄust i-. k Ki t i^^achulinspektor in
WUrzburg, Fr. J. iiäbcrleiu, l^elirer und 1. Vorsitzender des kathol.
Lehrervereins in Mfinchen, Dr. Kral i Inger, k. Gymnasialprofessor in
München, Dr. Georg von Laubmann, Direktor der k. Hof- und
ätaatsbibliothek iu München, Dr. Leitschuh, k. Oberbibliothekar in
Bamberg, Dr. Iwan von Mttller, k. Geh. Rat und Univer^tAtsprofessor in
MOnchfii, P. MufTi "^attlcr. I'rior des Benediktinerklostera in AnrJerhs.
J. B. i>chubert, Ubtrlehrer in Augsburg, Dr. Specht, k. geistl. Kat und
Domkapitular in München, Dr. R. Btmzle. k. Univertiitntsprofessor in
Wür/.burg, Dr. Vn^t. Rektor des k. Ivcalgyiiinn-Jinins in Nürnberg.
In einer lifihe von Sitzungen wuiiion sowohl die Satzungen d<^r
Gruppe Bayern, welche sich in den Mitteilungen, Jahrgang VI. Heft 2
((le»chni(I. Teil), gedruckt finden, ala auch die zunUchst vorzunehmenden
wissennchattlichen Aufgaben der Gruppe beraten und lestgeHtellt. Als
Ergebnis der letzteren kann sunachst daa vorliegende Bay e r n h e f t betrachtet
werden. Es utehen aber noch anrlerf Arbeiten in Aussicht, die »um Teil
umfaäseiidercr Vorbereitungen hndürleu.
So hat Herr Gyinnasialrektur Dr. Arnold seine Mithilfe zur Her-
.«tHhmg eine» Verzeiehnissps der in SchulprogranmiPii und Gelegenheits-
Hchriiton erachienenen Beiirilge zu einer Geschichu» der bayerischen
Mittelschulen zugesagt und Herr .\rchivpraktikant Dr. Kapt i r hiit die Zu-
aammenstellung des achulgesichichtlieht n Materials, daa in den periodisch
eracheinendcn DruckachrÜ'ten der hisiurischen Vereijie des Königreichs
niedergelegt ist, übernommen und nahezu beendigt.
Endlich liegt als Fortsetzung des im Jahre Ib'J'J herausgegebenen
Moiiuuieutu-ßandes: Geschichte der Erziehung der bayerischen Wittola-
bacher von Dr. Fr. Schmidt der zweite Teil, welcher die Geschichte der
Erziehung der pfälziachcn Wittelabachor eiithällt und an wiasenachaft-
licheoi. pädagogischem wit> kulturgeschiclulichem Wert dem ersten nicht
nachstehen wird, im Manuskript fertig vor. so dass der Druck des bisher
einzig dastehenden wissenschaftlichen Werkes nunmehr begonnen werden
kann.
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12. Die Lateinadiiile in Scbwftbiicb GmQnd.
97
12.
Bie Lateinschule in Schwäbisch Gmünd.
Von Semioaroberlelurer B. Xalaiw In Sciiwftbiacli Gmfind.
Wie iu anderen Städten, so wnrde auch in der alten Reich^-
etadt Schwab. Gniiiüd ur>piünglich eine kirchliche Schule er-
richtet, imd schon im Jahre 129") igt in einer Adel bergischen Kloster-
Urkunde von eiueni C. rector scolarum in Gmundia die liede.
132ü stiftet ein Conradus de Gamundia zu einer Messe in Gmünd
eine Hube iu Herlikofen (0. A. Tieschrb^j;. S. 334). Ob diese ehe-
malige kirchliche, jedenfalls von einein der vielen hiesi^j;en Klöster
aus geleitete Lateinschule zu einer besonderen Blüte gekommen ist'),
davon ist nichts bekannt, wohl aber, dass uuter dem Bürgermeister
Goldsteiner, der zugleich städtischer Bauherr war, dem West-
pctrtal der Stadtpfarrkirche gegenüber, nahe bei dem Platte, wo
schon 1432 eine Schule gestanden, ein neues Schulgebäude aufge-
führt wurde (die spätere Stadtschreiberei, noch später das evan-
gelische Schulhaus, heute das evangelische Vereinshaus). Die an
ihm eingemauerte Tafel trSgt folgende iDSdirift in lateinischeo
Lettern: «Anno domini 1578 ist dieser Bau der lateinischen Schule
angefangen, vollendet und Ton einem ehrbaren Rat der Herr
Burgermeister Bsulus Golds feiner zum Ehinehmer, Ausgeber und
Baumeister verordnet worden." Der damalige lateinische Lehrer
hiees Ag. Sehreiner.
Im Jahre 1674 am 26. Juni wurde eine fOr die Lateinsehule
hwelts vorhandene Schulordnung .renoviert*^ und im Jahre 1706
eine Schulordnung gegeben« Zu dieser Zeit. d. h. 1674, waren als
Lehrer ein Prftzeptor und ein Kantor auf Kündigung angestellt, und
die Schule befand sich in stadtischer Verwaltung. Der Stadtpfarrer
>) Vergl. unten UniTerntatunatrilcel!
^ Folgt unten.
IIltt«Uiuig»a d. a«f. r. deutoehe Bnieh.- u. ScbulgMcblcht«. Vtl Z ISOT. ^
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98 Mitteilungen <L Ges. f, deutsche Erziehung»- u. Schulgeach. VII.
und ein Katslierr SüIlU'ii alle Quartal über Kenntiiisrie uüd Ver-
halten der Schüler visitieren. Da um diese Zeit und jedenfalls vor
1700 auch die Franziskaner eine Lateinschule errichtet hatten, so
gab dieses liäulig Aiiiuss zu Kontlikteu mit der .städli.scheu Schule,
besonders mit der Stadtpfarrei, insofern die Fran/Liskaner-Studenteii
zur österüchen Kommunion niciit in die Stadtpfarrkirche gehen
wollten.
Tni Jahre 1707 wurde der Unterricht^plan der beiden Latein-
schulen dahin geändert, dass von da an die .städtisclie Lateinschule
die Anfangsf^ründe (Grammatica und Syntax minor). i\ir !■ ranziskauer
Syntaris major, Humanität und lüietorik zu lehren halten. Beider
Kirchenmuaik sollten sioh beide Abteilungen unterstUtzeu
Als Gmünd 1803 wllrttembergisch geworden war, rausste das
bisherige Scbulgebäude geräumt werden, da die Stadtschreiberei
bioeinTerlegt wurde, und die Stlnile kam in die sogenannte, 1Ö&9
erbaute «Schmalzgrube". Nach der Anfhehung des Franziskaner»
klosters, 1809, wui-den die beiden Lateiuscbuleu vereinigt und die
Schule in das Franziskanerkloster verlegt, woselbst noch längere
Zeit zwei der früheren Patres in weltlicher Kleidung als Lehrer
wirkten.
Im Jahre 1818 bestanden hier drei Lateinidassen mit sechs
Abteilungen qnd drei geistlichen Lehrern, sowie eine Elementar-
klasse der lajtetnisehen Schule, der ein eigener Lehrer vorstand.
Lehrgegenstande waren: lateinische, griechische und deutsche Sprache,
Welt-, Natur> und Vaterlandsgeschichte, Geographie, Arithmetik,
Technologio, Keligionslehre, Poesie und Rhetorik. Der Unterricht
in der französischen Sprache, ini Zeichnen und in der Musik
wurde den Studenten von den Lehrern obiger Lehrgegenstilnde in
eigens dazu bestimmten Stunden g^eben. Wöchentlich waren» wie
in den deutschen Schulen, zwei Kacfamittsge frei, die aber sommers
zu gymnastischen Uebungen verwendet wurden. Eine besondere
Zeichenschule wurde 1778 errichtet, und 1780 eine Süig- imd Geig-
schule von dem Stadtorganisten erOfbet, wofUr spftter ein eigener
Mttsildehrer angestellt wurde.
Am Ende des Schuljahres wurden, wie dies auch in der
deutschen Schule der Fall war, zur Belehrung und Aufinunterung
des Fleisses PrSmien, bestehend in nützlichen Büchern, an die ver-
dieutesten Schüler öfTentlleh ausgeteilt.
') Dieser Vergleich folgt unten.
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12. Die Lateinschule in Schwäbisch GniUtid.
99
Zu reichsistädtischen Zeiten wurden vou den Latemschülerii ^ ou.
Zeit zu Zeit Schauspiele aufgeführt, z. B. im Jahre 1789: «Die
grossmütige Liebe". Ans dieser Zeit stainniea wohl auch die
^Schulgesetze für die lateinische Lehranstalt in Gmünd", welche
im Oktoljer 1839 durch den Oberprazeptoratsverweser Kriegstötter
neugeordnet wurden
Im Jahre 1840 wurde neben der Lateinschule eine Keal-
4Bchule errichtet und ein Jahr darauf eröffnet. Sie bestand anfän^'lich
nur aus einer Klasse für Schüler von 11 — 14 Jahren. Dazu kam
im Jahre 1845 eine zweite Klasse, im Jahre 1863 sodann eine
unterste Klasse für Knaben von 8—10 Jahren, vorerst in provi-
sorischer Weise, und zugleich wurde der Anstalt für Schüler über
14 Jahren eine sogenaimte Selekta oder Oberabteilung in Ver-
bindung mit der 3. Klasse hinzugefügt.
Bis zum Jahre 1872 bestand die Lateinsdinle ebenfalls aus
Klassen in zwei Abteilungen unter einem Oberprftzeptor,
Prftzeptor und Elementarlehrer. Die Umwandlung der beiden
Schulen in ein Reallyceum wurde gleichfalls in diesem Jahre ein-
geleitet Die definitive Konstituierung desselben mit der GrQudung
einer 7. Klasse fBUt in das Jahr 1876. Nachdem im nächsten
J^bie den sieben Klassen noch eine 8. hinzugefügt worden, sind
•die Abiturienten berechtigt zum Portepee-Fühnrich-Examen, zum
Eintritt in die Tierarzneischule, sowie in die 9. Klasse eines Real-
gymnasiums oder einer rein humanistischen Anstalt. Im vorigen
Jahre wurde beschlossen und Yon der Regierung genehmigt, das,
Beallyceum zu einem Realgymnasium auszubauen und den bisherigen
.8 Klassen noch eine 9. und 10. Klasse hinzuzufDgen.
DasB in der alten Reichsstadt Gmünd schon im Mittelalter
«in fQr die dÄmaligen Verhältnisse höchst blühendes geistiges
XiOben und Streben herrschte, wie es in sp&teren Jahrhunderten
unter, dem Einfluss besonders materieller Interessen, trotz der Zu-
nahme der BevGlicerung, nicht mehr geblüht hat, das zeigen un-
widerleglich die neuerdings veröffentlichten UniversitätsmatrilceL
Ihre Aufzeichnuugen verldlnden den Ruhm des alten Gamundia auf
einer grossen Zahl von Universitäten Deutschlands und lassen einen
orientierenden Kttcksehluss auch auf das Schulwesen der Stadt machen.
Da ünden wir eine grosse Zahl von SOhnen Gmünds bei ihrer
Pflege der Wissenschaft auf den Universitäten Freiburg, Erfurt,
Bamberg, Tübingen, Heidelberg, Strassbuig, Prag, Wien, Wittenberg,
*) Polgen imten.
7*
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100 Mitteiiuugeu d. Ges. f. deutsche Erziehung* o. Bchulgesch. VIL
ja sogar in Krakau. Iimerhall» eiues Zeitraums von 70 Jahrea
(1480 — 1550) studierten in Freiburg i. B. 47. in Ki tui t noch eine
grössere Zahl; 63 Studenten linden sich von der Gründung bis zur
KeformatioTi in Heidelberg. Noch grösser war der Besuch der
jetzigen Landesuniversität Tübingen, ja, der erste, welcher sich
nach ihrer Gründuug. 1477. in der Matrikel eingesclirieiteu und die
statüiclie Reihe der Mii>' iibohne durch die Jahrhunderte hindurch
würdig eröffnet hat. ist ein Oinitnder — Frator Udalrikus
Prörrlin, Prior de.s pj-emitenlvluöLerä des heiligen Augustinus in
Tül>ingeu. Beaclir«Miswert ist. dass die Gniünder Studenten zur
Zeit der lielonnation und nachher von den rptorinierteu Hochschulen,
■wie Tübingen, W ittenberg. Erfurt, verschwmden.
Das oben aufgeführte Aktenstück — Schulordnung für dio
Lateinschule vom Jahre 1674 — hat nachstehenden Wortlaut, dem
wir des äligemeineu Verständnisses wegen Ei'l&uterungeü, resp.
Uebeisetauugen beigefügt haben.
Ordming
«
So in der latdoiiclien Sdiuel Bolle gehalten werden.
EtBtlicli aolle ein Jedw Bra^i^torjmia StaMa SynodaUa iVo/isMMiMi»
CsttoKcoe Fidei^) zuc leisten schuldig vnd Terbunden seyn.
Am anderen: Solle er seinen ^IOtto^^dienstpn, alss göttlichen Aemptern,
Mettenen. Vospprn. Und anderen, worzue Er vom Pfarrherni wmh Gottes
Ehr ^V illen (gemahnt wirdt, fleissig abwartheu vnd sich mit seiner Schuclern
2ue rechter Zeit dnntte verftigen.
Drittens eolle Hr. Mag^&ter (Leteinlehrer) oder Cantor (Singlehrer)
alle Soun vnd Feyertilg durch das ganze Jahr (es wAre denn ein Kalte
Zeit) mit M/^ijorihis ^'M^.f'vru Si-liülorin der Predig zuhören, die Minores
(jüngeren Schnh^r) aber untcrdessfMi bibs zu(? endt der Predig in die iSchuel
geführt und du^elbst in Ueistlichen sachcn infonnirt vnd ex&rcUri (unter*
lichtet und geübt) auch gvr Keineswegs allein gelassen werden.
Viertens. Sollen die Schneller an Sonn- vnd Peyertttgen bey des
Protektors benannter Straff, ieder eich in seiner Schuel vor Zwölf Uhren
einstellen, "welche dann sflmhtlich Prnre.tsionalilrr (wie bei ehicr Proze.saion.
d. i. in strenger Ordnunj;) in die Kirche zue Kindh'hr gefdhrt vnd vor ver-
loÜ'ener (abgelaufener) Zeil nit solle erlassen werden — die Lateinschuler
waren also vor 180 Jahren bis zu einem bestinunten Lebensalter (an
welchem, ist nicht angeführt) aum Besui^e der Kinder- oder Christenlehre
am Nachmittag verpflichtet und ipv'urden von ihr«n Lehrer vom SchuU
lokale aus in geordneter Weise zur Kirche grefUhrt — .
Fürs Fünfte sollen alle Schueler St. Fdri Vaimü Cathecitimm^) zu
1) G«niliB dM Synodatetstuta daa katbotlsebe Olanbensbekanntnto «bieg«!!.
*) K.iti.'> hif iQUS des l'i ior (Janisius. CaDisius (iri21 — 1597) iat der erste Deutsche,
welober in den Jesuitenorden eintrat. Wie LuUier für seine tilauben^ganoissea, lo vwIlMMt*
Ckolslui fUr die Katholiken einen kleineren und srBaeereii Kntechiemtts in denteeher
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12. Die Lateiodchule in Schwäbiach Gmünd,
101
lehren ornatlich (W^«<^^«(yi>^ vnd angehalten, vnd darauf pro cuiMrunq}(e raptu
vnd Bescbaffeuheit einem jeden V(U)fgabou (aufgeben^ vnd e^aminirl
-werden, woran sich der Marter gar keineswegs (es weite gteieh durch
Blteni oder sonst vf (uf) ein andr Weiss beschehen) soUte lassen hinderen.
Zum sechsten: Sollen die Schucler, wie von altersher« die gewisse
Stunden sowohl in dio Kucli. alas in die Scliuelon zne gehen wohl nn«!
Reissig obser^iiren (beobachten 1, darzue alles ernstes angehalten vud dem-
selben Einem oder mehr ihres gefallenes darein zu Khommen oder gor
«uss «1 Ueiben in Kein weeg gestattet, sondern dl tUnenUi obterviri (die
Abwesenden bemerkt) und abgestrafffc. da dann beaorab (bevorab, d. i. vor
allen) in der Kirchen silentium (Stillschweigen, Ruhe) gelialtcn vnd fttr daa
vnntlze preschwtttz die Scholares (Schüler) den Rosenrrantz oder sonsten an-
dächtig zue betten angewissen, vnd darauf insonderheit guete achtuug ge-
geben werden, wie sich ein Jeder sowohl in der Kirchen alss in der Schuel
«D Weiss (Anstand) und gebftrdten verhalte.
Am sibendon solle bei den Scholaribus auch all: ärgerliche SpihI
(Spiele\hin- vnd widvagioren (horuin.streirl rn ' schoulicho labsclieuliche'^ har-
l()kh iHaarbjcken. viel!, unziemliche Haartri^nren oder auffallig langes Haar)
vnd Waas etwan (etwa) sonsten zur Kitelkeit vnd Hoffart geraichen mag,
gftnzlieh abgeschafft vnd gar Keineewegä zugelassen seyn.
Zum achten Sollen sowohl der Magi»ter alss Cantor lleissig ob der
Morgen vnd anderer Schulen halten die Sfholares zue demselben merkhlichen
schaden vnd verabsaunibung vor der Zeit nit dimittirm (entlassen), vil
weniger nach gefallen denen^elben rrcrt'afinri (Erholung) geben.
Neuntens soileu iu der Schuele ein certtts modm docaidi (bestimmte
Lehrmethode) gehalten vnd die Jugendt in BegvH» JSwItmenfonfMi, Gram^
maUeeB cl Syntaxeo»*) tftglieh vnderwissen (unterwiesen), eseereirt ^ttbt) vnd
tXüfninirt (abgefragt) werden.
Zum Zehenden solle sich der Magister dahin befleissen. daas er seine
urgumenki lutine verUnda über solche rcgulis funuire^». in denselben auch
keine Zue schwere terminot, unienüas oder h 'ustorias (Ausdrücke, Satze und Er-
zählungen), so die Jugendt noch nit fassen oder verstehen Khan, gebrauchen,
eondem sich in allweg ad puerorum ctqftum dimittire*) vnd denselben all«
wegs am aff'tet- Montag (unser Dienstag) vnd Mittwochen ein thema pro
cujmque quaHtate viätaim »oluU vel HgaU e» Umpore xue componirm ad caimutn
dictire*).
Pflm ailflie sollMi alle Froytag vnd etwa theilsa am Saabstag
LeeKona, hebdonuuUki npi^t (wöchentliche Lekttonen) vnd damebens
LeeÜo OateeMiHea (Abfingen oder BrUttren des Katechismus) gehalten, auch
Sprache, welcbor in «Ue eorapftisdiAD 8i>r»cl)«n ttberMtot and &Jieia in D^utBobland vier^
faunderUiial gvdruokt irUrd« — In d«r That ein koBtbuvr Beltra« zur BHäunr des Voltaa
und ein dauorndes LotirmiUel für die .Schule! (t'ebrigons war ti:T KatoctiLsmii)) VtolMcht
ttrsprtiugUcli latointoi-li verfasiit — siebe Kircbenlex. unter dem Artikel .Cauislus.")
I) In des Anfanj^sregaln, d«r Ommaiatik und der Syntax.
•) Vom J>«aiaeban Im Latoinltetw tu ttlMnetsmde Stlieke Ubtr solelt« R*s*ln
«)>fu8e.
*) Sich In allweff su der Puauognkrmft der Sehflier berablesi«.
♦) KIn Thema, angepaat^t der jeweiligen Bildungsstufe dos SnliUlers, in die Fed«r
diktieren, damit es abwecbalungavelse bald in Prosa, bald in gebundener Form, lofork (aua
dem Stegreif) loa Lateloisohe ebereeUt werde.
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102 Ifitteilnageii d. Ges. t deutsch« BniehungB- n. Schulgescli. Vn.
am Montag, Donnerstag vnd Sambstag nach vollendeter Naehnüttagesehuel
Oantus tarn choralis quam figuraUs ejrercirt ^verden.
Zum zwölflTlcn, damit denen Knaben sich ab der (lassen anheimbs rw
halten vnd zu studieren der^to mehr Ursach g-eben werde: so solle der
Prazeptor denselben zum öfteren saiptionea (schriftliche Arbeiten) yber
nadkt ane verüirm (ttberaetzen) vnd morgena aue ämnoimMrm (vurzeigen)
nachher Hanaa geben.
Zum drelaeheDden sollen vffs wenigst in der wochen einmal eine
dixputiillon gehalten %vfrd'Mi vnd siiu/ulis didisUhls /»ro loco ein Argument
verdi t werden und in jedem Monat zum Zweck der jLokutioa ein deutachea.
Stück, tibersetzt werden.
Zum vlmehenden solle der Magitter oder der Qmtor an Fosttilgen
eich mit Vffliuchuog der GasUnger (Lieder) seitlich hefleissen vnd sich da-
mit gefasst halten, auch die Mu»ivo3 Extraordinarios (aiis>4orordentJichen)
hissweilen ersuchen vnd etwan instehenden Mangel «ich umb geaAng-
bUcher umbsehen.
FUnfzehendens. So ist auch miem (Freitag) den JJ.Zuny dies Jahr m
eancUiU i^er^Ari (im Rate besehloseen), wan ein Feyertag in der wochen, das»
■elbige wochen gar kein vaamz oder (Jrlaub solle geben werden, inmaasen
auch in den Bestallungen (Anstellungsvertragen) der Lehrer begriffen, vnd
dass an allen Sambstllgen vnd Feyerahonden man naehmittaf^^H \im 12 Uhr
fleisaig in derbchuel sein vnd allezeit darinnen bisa 2 Uhr verbleiben, zu-
mahl auch den ßchuelknahan alles ematea von Herrn Fraee^^ort vnd
Cantore anbefohlen werden soUe, dass sie ihre Xecftone» (Aufgaben) sue
Hauss anheimbs vnd nit erst in der SChuel lehnn-n, vnd sunen innunderheit
anrli rnncj/for vnd Oantnr Thnnn angelogen j^t-in lassen, daas die Knaben
an morgens vmb 6 Uhr fleissig in der schucl ersctieinen.
Renoviert 20. Jny l'ü4.
Der Bestallungsbrief des (Kantors stammt aus dem Jahw
1694 und ist fast durchweg gleichlautend mit dem des Priizeptorä
vom Jahre 1705. Ausgestellt ist er von einem Joh. Bapt. Krauss von
Wittislingen. Abweichend von dem Inhalt des BeBtaUujigsbrief»
für d^n Präzeptor ist folgend« !' Absatz:
„Vnd ob sichs t(»egte, tlab.-< »t Spruch vnd [•'orderun;,'- zue Vns, den
Vnssern vnd denen, »u Vns vnd den Vnsern zu Versprechen stehen, ge-
winne, umb wass saeh dass seyn würde, solle Er sie bey dem Recht, wie
Wir dessen von Römischen Kaysem vnd Königui privilegirt vnd befteyet
seyn, bleiben lassen vnd sie änderst nicht fümemnien, noch weiter treiben
in keinen weeg vndt «roc-pn Vubs vnd denen, so Vn?:?« mo versprpchen
stehen vor Unss vnd Vnt«seroin iSuttgericht allhier zue Gemündt des Kechten
ersättiget seyn, oline fernere waigerung, vnd wer zue Ihme zue sprechen
hat, der soU vor Ynss vnd Vnsaerem Stattgericht, wo obsteht, Recht gebed
vnd nehmen vnd nach Vnsserer Statt Gewohnheit, Recht vnd Entscheid
bleiben."
Als Belohnung erhielt der Cantor jährlich 60 Gulden „in
Münz Reichsgibiger Währung vnd siben Malter Dinkhel hiesiger
Statt Mass, auch zehen Fueder UulzfuhreD und Steuerfreiheit.''
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12. Die Lateiiiächule tu Schwäbisch GmtUid.
103
Vndt lauthet des zeitUchea Praeceptors BeBtallungsbrieff also:
tJchBndts Vndenwliribener thue kiindt^ vndt Uemit bekhennen, dnn
▼on denok WoUedlan, Vösten, hochgelehrten, ehrmvOeteii, fDreiehtig -vnd
wohlweissen Herrn Burgermeister vnd Rata dieser Heyl. : Röm. Reichs Statt
Schwab: Goinüiidt, meinen f^dgl. gebiettendeii Herrn u.s.w. Ich zu dero vnd
gemeiner ^tatt lateiniaclion Hchuelnmister viiii rraeceptor grusagL auf- vnd
angenohmen worden dergestaU vnd aköu, wie der mir ausgehändigte
BeetaUoiigelni«^ KUMsh folgend« maasen Iftttthet:
WOr Bttrgemiaiater vad Rath des Heyl. ROm. Reiche Statt Bchvftb:
GemOndt fliegen hiemit zue wissen, das» wtlr vff heut zue endtgesetzlen
dato den Ehrenvrtst vnd gelehrten Herrn Antonium WolfyaHgum Lucas von
Herrieden gebtUrtig zu vuaerem vnd gemainer Statt Uitoinisehem Praec^tor
vnd Schuetmalater nachfolgender gestalt auf vnd augcaehmeu, daaä er
Gott vorderlßt vor engen haben, dann vne getrew vnd hold, gehonamb
vnd gewärtig soyn, vnepni vnd gMieiner Statt retpeet^ Nutzen vnci Wolil-
farth narh seinem vermftpren snchnn vnd beftirderen. sclijuii'u vnd nach-
theil aber seinem besten Verstandt nach abwenden vnd vorkhumaieu solle;
insonderheit aber solle Er die Ihme von nun an vertraute Lateinische
Sehnel mit getreuem Fleiaee nach der Ordtnung, wie ihme aolche sugeetellt
worden vnd in der Scliuel angefft (angeheftet) ist oder khünlltig hin noch
gegeben werden, willigst versehen vnd die Knaben, so in die Schuel ge-
t^chickht vnd khommen werdon, mit allem Flei.-^s narh bPHtem seinem Ver-
mö^^en fj^ctroulich infttruiren vnd Ichri n, diot^cllx.' alh'rl'nrderisjt auch aue der
Fromkeit vndt furcht Gottes vndt allen anderen Ehilichen vndt tugend-
lichen gaetten Sitten siehen- vnd.vnennaedet anmahne, allermaseen solches
Einem veratändigen vnd fteittigen ^Rraee^ori vnd Schuelmeister seines an-
vertrautten Ambt« vnd daryber abgelegten pflichten halber zue verrichten
frcbtlhren vnd obligen thnot; Vnd m wür jemand vemrdnen werden, der
die Schuel visiliren vnd die Knaben luauiinircn wie auch sein des Fraeceptoris
ales Cantori« lehr, ihren modum et metJiodum doeendi et »bruettdi probirm vnd
vntersuchen solle, dieselbe vitUationf examUialMn vnd Erforschung solle er
.willigst vnd ulutc Weigerung mit geziemenden rctp$et stattgeben vnd ^^e-
horsamhlu h willfahren vnd was Satz- vnd ürdtunp:nn in der Scliuol zu
lehren vnd zue gebranchon wür von seibeten oder durc h Viisore depidii fc
Ihme anzeigen vnd Überträgen werden, deme all: vnd Jedem soll Er in all-
weeg alss man solches allschon yon Wortt sue wortt in disser Bestallung
oder Schntiordtnung sondlieitUch mnverlelbt wäre schuldigen Folge leisten
vnd nachsetsen vnd durch das ganze Jahr zue gewöhnlicher Zeit vff ge-
bührende vnd bestimmte Zeit vnd stund Srhnelhalton. die Knahon nicht
zu bald auss; vnd von sanien laaspn, f«<»lbige auch an ;^»'ineiiieu Werkhtügen
morgens nach gesungenem Vcni 6aiute Spiritus von der Schuel auss in das
Seelenambt; nicht minder am Feyeanabendt Sonn- vnd Feyertägen in Kutten»
vnd Chorröckben in die Ve^pera»: an denen Sonntagen auch mit dem
Cantore (dlernative in die Klnderlehr führen, mithin fleisnige obsicht tragen,
dafs sie dai innen sich andAchti^ vnd eingezogen vi^rhalt^n, auch weder
von sich selbst noch vff anderer anhalten c es thfttten dann solches vnsero
dgtwHrit Scholar dicn:) in der Wochen über emo Vrlaub oder vacanz nicht
ertheUe» dass doch allwegen ererst in die stundt Nachmittag, daas ist liach
«in Vhr vnd darvor nicht (: aussgenohmen an denen 8 Tagen St.. Vroula
104 ItfitteUungen cL Ges, f. deut«che Erziehuugs- u. Schulgesch. Vü.
vnd St. Lucia Jahnnarkht» daran wür hicmit selbst g&nzücho vacam gegeben
hftben wollen:) beaehehen Mlle: deaagleiehen es auch auff die Peyerabend
mit Vrlauben in der stnndt nachmittag, oder nach aln Vhr so halten.
Vnd wann ein Feyertag in der Wochen einfallnt. solle er darum
khein Vrlaub flehen, dun auf den Fpyorabondt nach ain Vhr. an welchen
Tagen aber Er unib so ehonder, vnd zwar präcise auf Sinj^ung des Da
jpacem Domine u. s. w. in der Scbuel sein vnd die Leitr vurnemmen solle.
BbenermasBen andi solle er wegen der in hiesigen KlOstem bey
«okiNMr yncl ftyerltcher Begehnng deren ordena- oder andern Pesten
anstellenden Mtmcen oder derenttdHem gebenden Mahlzeiten ohne
wenigst einer von Herrn Burgermaister vnd peheimben Rathen
daryber erbettenen Xicenz keine or/fififlrt Srhuelzoit verabsiuimen vnd vndor-
lassen: vnd weylen Wür, auf das» an die Jugendt mit der lehr vnd vuder-
weyanng deraelbon in gneter Zucht nichts ▼erabsanmet werde, neben ihm
dem Schuelmalater, auch einen ecmtcrtm halten, der andenWeiktBgenvnd
zue der Zeit der Octav Corporis Christi, wie auch sonsten im Jahr melirers
in der Kirchen die ämpter, Vigilien, Motten, Salve vnd anderes zne singen
nach Herkhomen verrichtet, solle Er praecqttor unter solcher Zeit die öehuel
mit lehnmg der Scbuelknaben wie auch andern Tagen halten, dcmo fleyssig
obsein vnd aufWarthen vnd solcher anss keinerl^ Hindemnssen oder aua-
aug Tttderlassen, vnd dieses sowohl an denen in seinen als des Oantoris
Clasacn sitzenden Schuelknabon thuen vnd vollzif^hen: nicht weniger alle
Monat des Cantoyn.^ Knaben, wan «jostalten dipst»lbe proficircn absonderlich
examiniren vnd dan denen Herrn VisitatorUnu den befundenen Progress bey
vorgehttider vidhüon getrewllch erOfltaen Tnd anaeigen, umb Tetordnem rai
khönnen, ob! vnd wan die Maiwiore$ ad majcrm dorne» prmnamrt vnd ge-
setzt werden mögen. — Es solle auch Er Bnmwqitor allen vnseren eo
iezigen alss kliQnnftign ergehenden gebott, Sats vnd ordtnnngen sn gebor*
sunben gehalten »eyn.
Vnd was den armen bchucilcnabeu von dem sogenannten j>ar fem oder
anders woher, wie vnd wass dass ist, gefallet, dass solle er nebst dem
Cantore d«i Scbnelknaben gar vnd genslich lassen vnd ansstiieilen helfen
ohne alle Gunst vnd partheyUchkeit, dorvon auch weder für sieh noch
eonsten jemandt kein thcil nemroen oder gehen.
Dabey er auch zumahlen disscs beobachten solle, dass die Jenige
Schuelknaben, ao umb den Paeter (?) singen |: darinn Er sie nicht weniger
alM der Gmito* sue Ifutmire» :} aolchea mit gebührender bescheldenheit
thuen vnd verrichten u. s.w. Nicht weniger solle Er auch schuldig sein, in
jeder wochen zwoymahl, alss am Montag vnd Donnerstag Nachmittage
Zeit die Knaben neben dem Cantor eine stundt lang in der Hwak Stt
lehren vnd zu instruirau
Umb solche seine anwendende Dienst vnd lehr wollen Wür Ihme
Herrn Antonia Wolfgango Lucas in des Jahres besonders Ein hatdert
Qulden in Müns reichs^ber wehrung vnd sieben Malter IMnkhel hiesiger
Btatt Mftss geben vnd daran auf iede quatcmber einen Viertheil bezahlen,
darzue Ihme der Steuer vnd anderer bür|?f rlichen beschwerdten frey !<eyn
vnd sitzen, wie auch die Nolturft an Holtz füehren lassen; doch da er
ligende Gtietcr in vnserem gebieth haben oder khtlnfflig bekommen mOgte,
dass Er davon wie ander Bediente biss auf bessere Zelt vnd Bndemng die
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12. Die Lateinschule in Schwäbisch Gmünd. 100
ansetzende Schätzung crraichen obiigirt vnd gehalten seyn; dubey Ihme
des L^ehtausoslngen^-gelt gedeyhen, doch alsso auch, daas er mit dem
anualiigiea mit dem Ckmfere tüUrmren vnd ▼mbwediaeln eoll&
Dahingegen solle Er von Schuelknaben« so dias zeit burgers Kind
seyndt, wedor 8rhuol^'>!t. MarHn-^wpin, fasten- odor andere ayr. auch khoin
•wax oder andere liechter, noch sonstea etwas, waas dasb aeyn oder Nahmen
haben möchte, nicht forderen, noch nemuion, sondern derselben vnd alles
anderen gttnilieh frey sitzen lassen: da aber frembde Schueler anhero
khommen selten, gegen denenselbe solle Er Scbuelmaieter sich mit dem
i?chut'lgelt gebührlich halten vnd nicht tlbpmpninipn. vnd da Wür Ihme
Herrn Antonium Wolfganffum Lucas zue Vnsercm vnd fromainor Statt Schucl-
maistern läugers nicht haben wollen, umb welcher Vrsach willen dass auch
aeya wQrdta, so haben imd beulten Wllr Vnaa hiemit allen Gewalt ynd
fireye macht bevor, Ihne zu welcher Zeit im Jahr Wttr das wollen, zu
demiUtren vnd zue beurlauben vnd disses seynes Schulmaisten Diensta
ziuTifln^^-^'^n: dass er dan tu^ontlich vnd ohne allo waigerung auf-
nehmen vnd mit f^uetem willen davon khommon vn<! abstehen, derentwillen
auch gegen Vns insgesambt oder souderheitiicii nach den Vnssem kein
wider willen fassen vnd empfaben. daaa auch weder mit worthen noch
Weikhen nidit anden, Offsren, ZSchen oder vindieirm eoDe, weder durch
aich selbst noch anderleuth in kheiner weiss noch weeg. Wflr wollen auch
nicht schuldig seyn, Ihme die vrsachen seiner entla.säting: vnd beurlaubun^
anzuzeigen: iedoch so Wür Ihne demUtiren vnd weiten, wollen Wür Ihnje
ein Viertel Jahrs Zeit zuevor abkhQnden vnd sobald nach solcher ab-
khOndtung das Vierth Jahr auss vnd veradiinen Ist, so solle Br gtlettich
vnd ohne alle Zach abziehen: Ingleichen haben Wflr Ihme Praetuptori ver-
gönnet vnd znejrelassen, wan er vnser Diener vnd Schuelmaister nicht
mehr seyn wolio. dass er Vnsa solches auch ein Viertel Jahr vorhero ab-
khUndcu vnd autsagen solle vnd sobald nach solch seiner abkhündtiuig das
Vierteljahr hin vnd veiadiinen ist, eoUe Er den nechsten abzuziehen macht
haben.
Dome allem wie obstehet getrew vnd gehorsambe zugeleben vnd
nacli/.iK'klinmmPn liat Vns offernannter Antonim Wolpjnngm Lurna oinen
aydt mit auterhobenen Fingern vnd j^plchrtcn worthen zue Gott vnd allen
Heiligen geschworen, darüber auch einen schriftlichen Mevers mit aigen-
hftad%er Subter^Hon vnd fQrgedrukhten Pettschalt zuegesellt Urkundlich
haben WUr diesen BestaUungsbrieff mit Vnserem vnd g«nainer Statt
grösseren Insi^^o! betrukhen lassen.
So bescholion fl^r. 20. t. Monotstag Martij nach der gnadenroichftn
geburth vn.ser^ lieben Herrn vnd ErlOssers Jesu Christi gezählt siebzehn-
hundert vnd tünÜ' Jaltr.
L. 8.
Demenach gerede, verspreche vnd gelobe Ich allem demjenigen, so
in ietzt besagter Bestallung anged(\then worden, nach meinem besten ver*
m^^g:f•n, wissen vnd pewisson trewüch vnd redlich nachzuekhommen. massen
ich dann hieryber einen Cörperlichen uydt zue Gott vnd allen Heiligen
geschworen getrewlich vnd sonder gefilhrde.
Zue mehrer verrieherung liabe ich diaaen Beoen aigenhftndig vnder'
achrieben vnd mit meiner gewOnlichen pettschaft bekrftfftiget; so geschehen
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106 Mitteilungen d. Gen. {. deutttclio Erziehoiigfi- u. 8c'hulge»ch. Vli.
den 20. t. Monatstag Martij nach der gnadenreichen geburth \'nsereä lieben
Herrn vnd Brlösaera J«mi CStriHi gexeMt sibsebnlnindert vnd fDnff Jahr. —
Vergleich zwischen der T.nt oin'ichiilo und den Franziskanern
Vom Jalire ITuti.
Vndt weilen derraahleina nicht allein Jh-aectptor et Cantor sondern
anch B. B. F, P. Franziskaner die /«/Mm tZodrea vnd aich einigo
JHfflartndm zaigeo vnd hervorthun wollen, so bat man für gueU vnd nutz-
bar gefunden, solche LecHona xne »^ariren vnd vnder ihnen folgenden
Vergleich zumnrhfn, wclrhfr auch dem Innli:ilt ^joniJlsp von Ixu'den th^'illen
ttijfviirt vnd deine nttchzu^^olcboii vt reprochen worden, welcUfs alsi» kiuthoi
Demnach sich iezt eini^i^e Zeither Stritt vnd kleine Differenzien er-
hoben swisehen tili. Herrn Magister Guorduitt vnd. Einem lObl* OMwcaf
Ordifdt 8, .FVoncifei Fratnm mmorum UrtM Begvlo an Binem: vnd
Praeceptore et Cantore der lateinischen Schuel allhier in des HeyL R6m.
RpichHstatt Schwäb. (lomOndt aiidoron thoilsf* dpH Jii^'^endt docirens vnä
Jnstr}(irf)is halber: Alss i.si durch irtfcr/>wi/io« (h-^ zi-itiiehon Landdochanten
vnd Stttttpfarreni Herrn L.t. Schleichern HochwürUeu dio eache zwischen
E^tbesagt: einem 15bL. Comnnt, vnd Einem Bhrsamben Rath in Oonnlio Item
me endgesetiton dato gdiobea vnd tai^poraiUer oder blas zue Widerauf-
hObung ein: so anderen theilss dahin verglichen worden, dasa iVo Primo
i n Lateinif eher Schtiel allein die pi-ima prim-ipia, dio Ku'hnirnt vnd Grammatica
auch die Heynla mmorts S^niaxeos oder biss auf die dritte ächuel inclusive
sollen dociret vnd die Junge Knaben biss dahin instmirei werden; dahin*
gegen aollen vnd wollen sie B, B. P. P. Franziskaner die Begula$ 8yniaxe(»
maioris, die Hunianitut vnd BhetoHe od. die 4. 6. vnd 0 t. Schuel dociren^
der Imtrwtinjx ;i?>er der cetcris witwrihus; sich giknzlich bemllsai^i'n, Pro
Secundo hat man sich der Mmic halber dabin vereinbaret vml {^uotwillig
einverstanden, dass die B, IL P. P. Franziskaner ihre in Musica inf ormirte
Knaben zue der Jftine in die Pfarrkirchen, auch tue ttffentlidten ProaeMionen
schickhen vnd admittiren wollen: dahingegen aollen vnd wollen auch die
auss der lateinischen Schuel Uiuikverstftndige lüiaben ihren Musikchor
redproce frequentirm.
Da? Sehuel-i^uait;ili:»'lt mior Besoldung' l*ro TtrÜo betreffend ist die
Buche dahin vertragen, dass niebrbenumbste P. P. Franziskaner sich allein
mit denen jederweiligen quatembergelter von denen Knaben vergnügen
lassen vnd sich weitherer ordtitari-gett oder Fruchtbeeoldung von gemainer
Statt entschlagen vnd sich allein mit <j Clatfter aufgemachten Holz aus
dem Thannwaldt, welches man Ihnen heinib vnd fUr die thUren führen
jasscu witdt, vergnUfiren lassen wollen.
Urkundlich dessen ist dieser Rezcss vnd Vergleich zu Papier go-
tanaeht in allhieasiger Canzley mmMrt von beeden theillen vnderscluiben
vnd auagefwtiget; von dene zwey gleichlautende Exeas»^ifana genohmen
jedem theil zue seiner khttnftigen Information vnd Vösthaltuug Eines zuge-
stelt worden. So geHohehen Jnvh df>n vierzehenden octohris als man zfllt
nach der gnadenreichen Ueburtt Jesu C hristi sibenzehenhuudert vnd sechss
Jahr. —
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IS. Bin Urteil der Pbilosoph. Fak. 4er «Iten Univen. EltnMOimg etc. 107
18.
Ein l iUil der Pliilosophlschen lakültät der alten
UniverBität Strassburg aus dem Jahre UlDer
Thomas MumerB ChartUadluni Logieae.
Von Prof. Dr. Gnetar Xnod, Lyc-Oberlelirer in Stresaburg im Elaaaa.
Ikluruor hatte bekanntlieh eine bosondere Vorliebe dafür, die
Wisse ii-^diaften durch Spiele zu lehren. Hat er diese Methode auch
nicht selbst crfuudeu, so hat er sie doch in Mode <:^eltracht und
niciit geringes Aufsehen (iuiiiit erregt, Ülleubai* iiatt«' er sie iti
Paris bei Jacobus Faber Stajuilensis l<ennen gelernt'), der auf diese
Weise die Kegeln der Verskunsi und der Mathematik meinen Schülern
beizubringen suchte. Bald nach seiner litickkehr aus Paris (1499)
sehen wir Munier in Strasf'burL; beschiifti«rt, nach dieser Mothode das
rfmiisehe Kocht zu ]>opnlarisieren, indem er den \ «-iMich machte,
die Institutionen durch Bilder und Spielkarten zu eriäuleru uud ein-
zuprägen. Schon 1502 rühnil er sich in einem Briefe an Geiler,
dass niomuü(i das Studium der Just inianu^i neu Institutionen so be-
quem gemacht habe, als er; (himals war also wolü brreits sein
berühmtes juhstisclies Xarienspicl ersi hienen^). In den Jahren
1506 und 1507. wo er in Krakau die Parva logicalia des Petrus
llispanns dozierte, war er bestrebt, seinen Schülern das schwierige
uud tiockeue Studium des scliolastischen Logikers auf die gleiche
<) Auf diesen Znaammenhang hat R5luich, Gesch. d. Ref. i. Eis. 1, 8o»
a. 11 merst hingewiesen. — Vielleicht durch Murners Brfolgo veranlue^Ktv
hat Uatthiad Ringmann, gleichfalls eni S( huler Pubers, dieselbe Methode
in seiner Grammatica figurata (As^'-. l.>()',M aufgewandt.
^} Ein Exemplar dieses juristischen Kartenspiels (vielleicht ein uuicum)
vurde vom verstorbenen Bibliothekar L. Sieber auf der Basler. Stadt-
bihliothek aufgefunden. -Eine genaue Beschreibung desselben nebst Bei>
lagen i. d. Beitr. z. vaterld. Gsch. v. Basel X (1875), S. 2?8ff.
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108 Mitteiluagen d. Ges. t deutsche Erziehung»- u. Schulgesch. VIL
Weise annehmlicher und uiitzbriuj^eQder zu jrestalteri. iudem er dea
Inhalt des vielgebrauchten Lehrbuchs vm besserer EinprÄgung in
ein Kartens]iiel zusainiiit iidräuf^te und die Bestimmungen und Er-
kiäruDgeü der Begrille luid Sätze durch 51 in Holz geschnittene
Figuren in Spielkartenform versinnlidite. Er erzielte dabei, wie
ein Zeu<!:nis des Krakauer Prolessors ^l. Johannes de Glogovia es
ausspricht, so ausserordentliche Erfoli:»' dutis er in Verdacht der
Zauberei f^eriet und dem l'nivrrsitätsküüvent darüber Rede stehen
musste. Auf diese Weise ;6ur ( )tVcnl»arung seines Gelieiiunisses ge-
nötigt, entsciiloss er sich, sein jtraktisches Handbuch zu Nutz und
Frommen weiterer Kreise in Druck zu geben. So erschien die
erste Ausgabe des Werkcliens noch im Jalire 1507 zu Krakau unter
dem Titel: Cartiludiuni logicae seu lo.iiica i)oetiea vel memorativa.
cum iocondo pictasmatis excitamento pr<) conHuuui oiuuium studentuiii
utilitate. — Impress. Cracoviae inipeusiö optimi et famatissimi viri
Johannis Hallcr civis Cracuvieiiäis a. 1507. XIII. Kai. Murtii. 4*'.
got. — Im Jahre 1509 veranstaltete Murner von Freiburg i. B.
aus eine neue Au.si^abe unter etwas verändertem Titel, die von
Grüniuger in Strassburg gedruckt wurdet.
Allerdings wollten diese ublectaui^^nta studiorum den erusteru
unter seinen Zeit<rpnoPsen keinp'^wegs lobenswert erscheinen. Den-
noch wurde das W erkchen aucli sjiäter wiederliuii aulgelegt, und
üocli im Jalire 1629 liess der l^ariser Advokat Johannes Balesdens
eine neue mit erläuternden Anmerkungen versehene Ausgabe er-
scheinen, da er überzeugt war, d;iss es kein treflf lieberes Mittel für
den Studierenden gebe, sich in ieicliter. schneller und angenehmer
Weise auf dem schwierigen Gebiete der Logik heimisch zu niadieu.
Derselben Ansicht scheiat auch ein Zeitgenosse und Lands-
mann des Herausgebers, oin gewisser M. Dauphin, gewesen zu sein,
der im Wintersemester 1G35/36 bei dem Dekan der Strassbuiger
Philosophischen Fakultät die Erlaubnis naclisuclite. ein CoUegium
logicum veranstalten und dabei Murners Chartiludium logicum ver-
'wenden zu dürfen, ^weil es nicht allein ein sonderlich compendium
die Logik zu dociren, sondern auch etwas newes sei für das heutige
curiosum seculum." Auf Verlangen des Dekans wurde das
Cbartäludium nebst dem Kommentar des Balesdens zu genauerer
») Die Titel bei Schmidt. Hist. litt( rairo do l Alsace II, 420. — Eine
kurze txetTende Beschreibung und Beurteilung dvti Ciiartüudium logicum
hat JeremiiM Jacob Oberlin im Programm dea StnMtburger Gytnnaalttins
1792 gegeben.
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13. Ein Urteil der Philosoph. Fak. der alten Univers. Strassburg etc. 109
Prüfung der Fakultät vorgelegt. Die Antwort der Fakultät
lautete'):
,pb Magistro Daaphin ein solches Golleginm logicnm sa
gOnnen sey?
Bey dieser Frau' n i in Betraclitung gezogen worden:
1. Thomas Muraerus, dass, ob er zwar ein Arpentinensis ge-
wesen, 80 ist er doch acerrimus B. Lutheri kostis gewesen, iiatt auch viel
schmfthkarten und bUder wider ihn lasseB in trade kommen. Wardt sich
deroselben nicht wol scUdcen in Univerflitate orthodoxa eines solchen
invention den stndiosis Tonntragen nnd zu loben ohn alle tringende noth>
wendigkeit eben so wenig als man die jesoiten wolte introdnciren.
2. Balesdenins, als der des HQmeri explicatioB nnd modnm nicbt
anss dem ftindament nnd grOndtlich weiss oder Terstehet, sondexn er hatt
aUein deas Uflnieri karten nnd imagines bekommen, Aber welche er dar-
nach seine conjectums gestellet, wie er Selbsten liekennet in titolo et
pracfatione. Uber dass so führt er auch in seinem scripto einen so gar
barbarum styluni, dass mnn dergleichen bey dem Scoto nnd anderen
Scholastiris kaum findet. ETi lilichcn so hatt er auch ein vninderlichen
metliodum in seiner Logic indem er de teminis synonymis, homonymis etc.
zuletzt handelt post syllogismum und die demonstration gar ausslai>set etc.,
wie dan viel solcher sachen alldar vorkommen.
3. Imagines ipsae. Unter den karten seindt abschewliche, teuff-
liscbe, Bchendtliche, leiclrffertige nnd närrische bilder, als lentt mltt tenffela
köpfen, eyn nackende person mit dem bOsen anff dem bock fahrendt etc.»
welclie nicbt allein bey der jngendt eyn acandslnm, sondern anch ein
snspicionem magiae canairen können, die weil die aach doch woU dnrdi
andere bUder hette können dargethan werden. Es finden sich auch da-
rinnen imagines, die viilcr im^pr n ligion lauffen, als Pater noster, Mtlnchs-
kutten, sonderlich aber die Monstrantj^, mit welcher denionstrirt wurdt
symbolum accidentium separabiliam, wie dass corpus Christi ist, cum
accidentibus panis.
4. Modus dorendi. Es haben sich die Universiteten allezeit wider
ein solchen inodum docendi gelegt, als Jena in dem Katf ichianischen
Wesen, und Giesscu wider D. Glaun, weil kein bestandt nmi grnndt in
diesen sacheu ist, wie es die experientz bezeugt. Einer der schon ein
loi^cns is^ der kaim ea Twateben: aber einen logicum daranaa n macbim,
ist omnöglich.
5. M. Dauphin, als der ein Calviniat iat, bey welchen sich aller-
bandt in der religion gef&hrlicbe «qilicationes canonnm finden: Ja gar ein
iSkKt der voll weina in der kirchen an 8. Thoman sich Ubergeben batt,
>) Protoc. Pacnlt Philo«, ad b. a.
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1 10 Mitteilungen d. Ges. t deutaclie Brdehunga» u. Sehulgeseh. vn.
\
irie aach ein schlechter Granunatieas, der in seiner epistola petitoria yitia
halt: also dass einem solchen menschen in scbola ortbodoxa kein potOBtaa
-docendi nomine facultafis kann gegilnnt werden. Uber dass so ist norh
ein gross clnbinm, ob er auch ein fondamentalis logicus sey, den er sich
nie hatt huren lassen.
Conclusio. Ist bcschlnKsm worden, weil ein jeder, der Collegia
halten will, sccundum Facultatis praescriptujn dociren soll, diesen juodam
•docendi aber tanquam iniperfectum et contrarientem Statutis Academicis
■die Facultas nieht approbieren kan, so soll er ktlrtzlich abgewiesen werden.^
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14. Bartholotnaei Colonieosis epistola mythologic«.
III
14.
Barfholomaei ColonleiiBls epistola mythologica.
Eine Schiil-Ilumoieske aus der Zeit (lt\s d* utschen FrühhumanismuH.
Meu herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von
Prof. Dr. Btotslofa lUtohUpg zvl MQnster i. W.
Vorheni erklingen.
W ie iiiancher Ribliojn*a['li uüd Freund alter Drucke mag wohl
schon unter den Iniiiuabel-BestÄnden grös.s«'rf*r Bibliotheken die
Epi^^tola my tlioiogica des Bartholomaeus Culoniensis vor-
^;elimdeu Imben, ohne dass er dieselbe auf ihren Inhalt auch nur
oberflächlieh aiigesehcu hat! Denn nur bei der Annahme L'än/.licher
ISichlbeachiuDs: und Tinkenntnis des luludus küuueii wii- es uns er-
klaren, dass dieser am Ausgange des 15. und zu Anfang des
16. Jahriiunderts oft aufgelegte, in pädagogischer wie kultur-
geschichtlicher Hinsicht höchöl l>eachtenswerte Traktat, eins der
frühesten Erzeugnisse des deutschen Ilumaui.smus ül>erliaupt, seit
fast 400 Jahren keinen Neudruck mehr eifnhren hat. Wer hätte
auch nach dem Titel') etwas anderes venmiteii sulleu aln oine
hin und wieder mit scherahaften Bemerkungen vei*sehene Abhandlung
aus der griechisch-römischen ]\h tliologie, wie .^ie der Humanismus
dulzeudwelse hervorgebracht hat?
Und dueh hat die Kpi-tohi niythologica des r.jiiliiulunuuia von
Köln mit der Mythologie im gewöhnlichen ."^inue des Wortes nichts
weiter gemein als die gelegentliche Verwendung mythologischer
Gestalten und Dinge zur Ausschmückung der Darstellung und Kr-
höhung des Kontrastes, hn übrigen ist sie eine durchaus origi-
nelle, zumeist Verhältnisse und Begebenheiten des mudeiueii
Lebens behandelnde Erdichtung von urwüchsiger, wenn auch mit-
') Siehe folg. S., Anm. 2.
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112 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehungä- u. Schulgeach. VII.
unter ins Groteske getriebeiior Komik, eine Art Biem iiung grössern
Stils, um mich studeuiisch auszudrücken. Der Verfa^sser will eben
nicht auf ausgetretenen Pfaden wandeln oder, um seine eigenen
Wort« zu gebrauchen, .vom Alter morsch gewordene Zaunpfähle
mit Purpurlappen behängen, oder taube Isiiisse mit (ioldschaum
überziehen').**
Mit der Helustigmig durch den Inhalt aber verbindet diese
in fliessendem, vorwiegend piautiuisch-terenziaulsehem Latein
gescJiriebeue Humoreske zugleich den besondern Zweck, durch die
FoiTii der Darstellung zum mündlichen Gebrauch der lateinischen
Sprache zu befähigen 2). Dass diese doppelte Aufgabe in ausgezeich-
neter Weise gelöst ist, wird jeder zugeben, der das Stück mit
Aufmerksamkeit durchgelesen bat. Auf eine nähere Analyse des-
selben verzichte ich hier, um nicht dem Le^er den Genuss zu
gchm&lem, 'welchen derartige Erzeugnisse nur bei unvermittelter
Lektüre toU und ganz zu bieten Termügen.
Dass das Schiiftcben wirklieb in den Schulen gelesen worden
ist, mag zwar manchem Pädagogen der Neuzeit Tervimderlich vor-
kommen, kann aber nicht bezweifelt werden. Auf den Schulgebraucb
weisen die wiederholten, mehrfach innerhalb Jahresfrist erfolgten
Auflagen, der den ältesten Drucken betgegebene Holzschnitt, welcher
einen Lehrer, Ton Schillern umgeben, darstellt, sowie die sprach-
lichen und sachlichen Randglossen in manchen alten Exemplaren
deutlich hin. Insbesondere darf der Gebrauch an derjenigen An-
stalt vorausgesetzt werden, an welcher der Autor zur Zeit der Ab-
fassung als Lehrer wirkte. Biese aber war keine geringere als
die unter der Leitung des Alexander Hegius als lElteste Pflanz-
stfttte des Humanismus in Norddeutschland so berühmt gewordene
Scbule zu Deventer. In Deventer ist die Epistola mytbologica
laut Schlttssschrift verfasst und ebendaselbst auch bis zum Aus-
gange des 15. Jahrhunderts zumeist gedruclct worden.
In dem ältesten der bis jetzt nachweisbaren Drucke trftgt die
Epistola die Scblussdatierung: Ex Daventria, sexto Idus Julii
1489'). wahrend die Ortsbezeichnung und das Monatsdatum ia
die nachfolgenden Auflagen herUbergenommen wurde, finden wir
') Siehe den Schhisa der Ep. niyth.
Dieser Zweck wird »chon im Titel anpodeutet: Epistola mytho-
logica pleriäque lepidiä sententüs et ad commuuera aermonia usum
aceommodatissimia referta etc.
*j Siehe Hain, R«pert blbliogr. I, 2492; Campbell, Annales de la
typogr. N^rlandaise 251.
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14. Bttitholomael Coloniensia episfcola mytfaologica. IIS
die Jahresaogabe meiBtens der Zeit der Drueklegiing entsprechend
abgellndert. Uneenn Neudmclc ist in ErmaDgelung der Original-
aasgabe die «weite Auflage vom Jahre 1490 zu Grunde gelegt
worden. Dieselbe entstammt, ebenso wie die erste und die nftchst-
folgenden ohne Angabe des Druckers erschienenen Auflagen, der
Offizin Jacobs Ton Breda in Dot enter, wie eine Vergleichung
der Typen zur £Tidenz lehrt Ausser diesem Drucke, den wir
in der Folge mit Ä bezeichnen, ist flir die Feststellung des Textes
eine der letzten Ausgaben benutzt worden, die, von einem gewissen
Baccalaureus Georg Alberti Witchin zu Leipzig nach einem
Drucke von 1496 veranstaltet, im Jahre 1512 bei Thomas
Anseimus in Tübingen erschien; diese bezeiclmen wir mit S.
Von den Lebensumständen des Verfassers ist nach dem bis«
lang zugänglich gemachten QueUenmaterial nur weniges mit Si<^r^
heit festzustellen. Wie schon angedeutet, war Bartholomäus von
Köln wenigstens seit 1489 Lehrer an der von Alexander Iltgitis
geleiteten Schule zu Deventer. an der er auch seine Vorbildung
genossen haben wird. Er ist daselbst auch noch mehrere Jahre
nach dem Tode des Uegius thatig gewesen, zwar nicht als Rektor,
wie Hamelmann will') — der Nachfolger des Hegius war Johannes
Ostendorp — . sondern als Lehrer der viertenKlasse^. Sonach hat er
ohne Zweifelan der Ausbildung der zahlreichen ausgezeichneten liftnner
mitgewirkt, welche gerade während des gedachten Zeitraums aus
der Schule Deventers hervorgegangen sind. In den ersten Jahren
des 16. Jahrhunderts scheint er Deventer verlassen und sich zu-
Qftchst nach Zwoll*) und darauf nach Köln gewandt zu haben.
Dass er von dem letztem Orte durch die «Kölner Barbaren* ver-
trieben worden sei^). ist eine durch nichts gerechtfertigte Behauptung
Hamelmanns, der fast jeden einmal mit der dortigen Hochschule
in BerOhrung gekommenen Humanisten zum Mftttyrer zu stempeh
sucht^. Um das Jahr 1506 Icam er auf Empfehlung des edlen
Domherrn Rudolf von Langen nach Münster an die Schule zu
St. Mau ritz als Nachfolger des von Hermann van dem Busche
V» Eine {TPnaue bibliographische Beeclireibuiig findet maa bei
Campbell 1. c . 2. Suppl. 201a.
') Haitiulmuiiii. Opp. gen. his»t, p. 207.
*) Siehe Butzbach, bei Kruflt und Creceliuiä, Beitrage z. Gesch. d.
Hamaoismiis I. (Elberfeld 1870) 8. 10 u. 82.
*) Wenigsteile fthrt ihn Hamelmann als Lehrer in Zwoll an.
^» Hamelmann. I.e. p. 291.
^) NnhereH hierüber in meiner Biographie des Muriuellius S. 21 ff*
MitteUang^D d. Gea. f. deutecbe Erzieh.* u. Scbul9««cbichle. VII 2 1887. fi
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1 14 latteilungMi d. Gea. £ deutoebe Bndehongs- u. Sdiulgeach. VH.
und Kurmellius gepriesenen Magisters Johannes Groyius^).
Wie lange er in dieser Stellung geblieben ist, Ifisst sieh nicht
genau bestinunen; jedenfalls aber hat er Tor 1513 das Rektorat
der Schule zu Allcmaar im nordwestliehen Holland beJdeidet*),
-worin ihm in dem gedachten Jahre Murmellius gefolgt ist^.
Letzterer liest in einem Briefe an Johannes Aedicollius aus
demselben Jahre*) ihn nebst Jacob Fabri in Beventer grüsseä,
-woraus hervorzugehen scheint, dasa er sich wieder eine Zeitlang in
Deren ter aufgehalten hat Alsdann wurde er als Rektor nach
Minden berufen, wo er nicht lange darauf, muthmasslich um
1516^), in dOrftigen Verhältnissen^ gestorben ist.
Wenn der Verfasser der Epistola mythologica dem wirklichen
oder fingierten Freunde Paneratius gegenüber sein l&ngeres
Schweigen damit entschuldigt, dass die Tielen Pflicht- und Ver-
tretungsstunden, die er su erteilen habe, sowie die Tag und Nacht
fortgesetzten wissenschaftlichen Forschungen ihm kaum die not-
wendige Zeit zur Erholung Hessen, so ist das keine rhetorische
Uebertroibung. Auch Johannes Butzbach. dersp&tereBenediktiner-
Prior zu Laach, welcher um 1500 in Beventer Schiller des
Bartholomäus war, hebt ausdrücklich den unablftasigen Studieneifer
seines Meisters hervor, „der, obwohl auf allen Gebieten der
Wissenschaft bewandert, zur Verwunderung aller noch heute wie
ein ganz und gar Unwissender bis in die tiefe Nacht hinein fort-
studiert." Mit Begeisterung spricht Butzbach femer Ton dem
Cliaiakter, dem Lehrtalent und der wunderbaren Redegewandtheit
des Mannes, von dem glühenden Eifer, womit er seine Schüler für
die Wissenschaft zu entflammen verstanden habe, von der rührenden
Anhänglichkeit und Liebe, welche diese ihrem Lehrer bezeugt
') Hami Im. 1. c. p. 268. — rnsoro Zoitbestimtnun«];' der Ankunft des
BartholuiUilUH in Munster «tdtzt sich aui' den ürastand. «iafs Groviua
UDi die angegebene Zeit aui Uagiache Weise uma Leben gekunnnen war.
Vgl. Hain el mann L c p. 208 und meine Biograpbie des MarraelliUB
S. 09.
•| Sieho Boomkamp. Alkmaer on de.szclvcs Geschiodeniaeen (Rotter-
dam 1747) p. .%<)•. Paquot. MwnnirPt» litt. tnm. XIII.. p. IbO.
■) Siehe meine Biographie des MurmeUti.s S.
*) Abgedruckt bei Krafft u. Creceliua, Beiträge II (Elberfeld
1876) 8. 61.
"1 loh. Cüsarius tQhrt ihn in der seiner Dialektik vom Jalure 1520
vorgedruckten Apologie unter den ^non ita pridem" V(>rstorbenen Gelehrten
vor MurnieHius au. dessen Tod in das Jahr löl7 fällt.
«) Harne imann 1. c. p. 296.
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U. Bartholomaei ColonlentfB epietola mytholo^e«. 115
bättenO- Und mit dieser Hocbschfttzung steht Butzbach nicht allein.
Mit gleidi hoher Anerkennung sprechen sich auch andere Zeit-
genossen, vor allen Hermann van dem Busche^» Murmellius')
und Cäsar ius^), Uber Barthoiomftus von EOln als Gelehrten und
Schulmann aus. Der letztgenannte Humanist, Begründer des grie-
chischen Sprachstudiums in Norddeutschland und hervorragender
Dialektiker, nennt ihn einen „zureifellos grossen Philosophen*
und bedauert lebhaft, dass er seine Arbeiten auf dem Gebiete der
Mathematik der Nachwelt vorenthalten halte.
Ausser der Epistola mythologica sind von Bartholomäus von
Köln eine Silva carminum^), Gedichte zum Lobe der Philo-
sophie, ein Libellus elegiacus de septenis doloribus beatls-
simae Mariae^), mit einem Empfehlungsepigramm des
Murmeilius versehen, Canones^ und eine Abliandlung: De
secta Diogenis^, veröffentlicht worden.
1) Butzbach, bei KralTt u. Creceliua, Beitrage I, 8. lOff '
Bei Harne Im an n 1. c. p. 290.
3) Siehe Murm. Eleg. raor. I, 4,
*) In der vori^. S., Aum. 5 bezeicbneteu 5?chritt.
^ Daventriae Jac. Bredensis, 1491.
S. I., typ. n. et a (c IGOo).
') ZwoUis. Petr. Os de Breda, 1505.
8) Letzter«« Schrift, welche sich in der kurzen Vita dps Rrirtlu)loiuäua
Colonienais von Job. Trithemius aus dem Jahro 1494 vcrzelchuet ändet,
iat sonst nicht nachsttweiaen.
8*
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116 M ittoUungen <L Gee. f. d«utacli« Enielmiigs- v. 8diiilg«och. Vn.
Barttiolomaei ColonieiiBis epistoln mytholog^ica
ad Paneratium gnuin.
Bartholomaens Colonionsis Pancratio j^uo salntem dicit.
Quod iiteris tuis, qnas ad me iam pridein dedisti, haoteims non, ut debe-
5 bam, respondi, non roeae uegligentiae, sed potius diversis, quibas diatlneor, ne-
gotii» MCribas Telim, qaiatot et taotis distrahor oeeapatiODibns, ntvizrefidendi
eorpucoli mihi tempns oppoxtanom snperet, qvod facili opera prospiciet qoia-
qiiis videbil me praeter laborea, quibas qnotidie eonfidor, scbolastioos, tarn
ordinarioa quam aubticim ac sabBocondarios, praeterqne peipetaoB
losndores, qnos perdius et pentox bonamm artinni studüs impendo, rem
domesticam ingenti soUicitudine curare, pracscrtim huc tempestate, qna
non mo'lo roi fninientariae, veram et quorumvis obsoniorum caritate ubivis
gentiuni, ni fallor, Inboratur. Qaod iliftirile, nt tute ipsp oxporiris, faetn
est, quodque n' vit;» ardunm mihi exisiiniatiir. Iliiic factum est. nt Hierin
i'>tuis ad mc per tabellarium tuum pcrlaüs miiiiine, nt diiüum expetisti,
scriptis respondi. Sed de bis satia.
Oetemm nepotem tmun Panlnm, qnero mihi tantopere commendas,
in meam earam eatemu snscipiam, qnatenns Iiteris tois per enm ad me
peilakis mihi significastt, existimans me opportunam occasionem esse mwtnm»
s^ qua animiun meum erga te gratum dcdarare possem quaque tibi pro tnis
immortalibos benefieiis apnd me coUatis mntaam vicem aliquando rependcre
qaeam , qnod ante hune diem, qvotüam occasio mihi denegata erat, efficere
non potai.
Librum astronomicon Marci Manilii cum cudice Hr?ini de side-
2r. ribus, quos tantopere diu iam cnpidus exspectasti. ad ff usque perferendos
tradere curassem, ei usquam gentium eos apud bibliopolas aut magistros
artis librariae Tenam expositos offendissem.
9) subsicivos] saccisivos B, 16) scriptis deeat in B, 21) apnd] in B^
24) Manilii] Manlii AB.
7) Buporare = Bupcresae. Cf. Plaut. Troe. pr. 20.
9) Buhaecundarlus = extraordinarins.
10) peidius et pernox = die noctuque.
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U. BartholoiiMei Golonieii^ epiatola mytholo^ea. 117
Codices Toro tuos et praecipne Sidoniom, qaem abhioc tertio*) anno
« to commodato acoepi, tibi remitto. Qui hactenns apad me Titam somno
simillimam in cubiculo suo, mediusfidius, exegit. Cuius somnolontiam
€go iniqao ferens animo rrebrius sublata vocu exrlaniavi ingeminaiis •
,Si(loni, nvigila! Sidoni, evigüa! Iiim vnim sn\ medium lieniispbacrii nostri 5
IIS* i iidit nxem; iam enim in huram us(iue jiKTidianam, pruh piidor!
obdiintnsti; iam satis superque somno iiidulsisti.' Ubi Iiis vocibas nihil
profeci, coepi tandem tacitns mecum volutare, qnidnam cansae riet, quod
faic bomnndo totas noetes, hem, quid noetes? immo totoa dies cnra iptis
nociibiu abaqne alla temporis intercapedine — qnod mimm est dicta et lo
difficH« eredita — perqniesdt» «t mortuo conrimüior quam sopito videatar.
Forsitaa papaveris semina afidis» nt ainnt, fandbns deglntivit aut sopori-
fenim, nescio quem, potum magnis haustibss aTariter in se ingurgitarit.
Dum haec identidem cogitabundus replico, optimum tandem factn visara
est mihi cubicuhim eius insrcnderf < t eum profundo somno excutere. ir.
Ubi ad ostiülum conclavis pervontum est, itenim sublata voce occoepi
inclamare: , Sidoni, evipla et surge!' Et cum dicto fore scubiculi duobus
digitis a pullice proximis leniter pulsavi. Quibus semel iterum<[ue et
deincepa incassom polaatis mox manu in marsnpinm, quod laevo femori
meo adhaarebal, ioiecta daran exprompii. cxpromptam serae osttoliao
imniiai, qua davia immittendae foramen patebat. Qnae immissa ac clreiim>
acta in dnas desilüt partes, qaaniin alteram manas et alteram sera
detinnit. Qao tIso fremebnndits steti et vaUdis pugnis cubiculi fores adeo
pnlsavi, at non modo ostiolum, verum et tota cubiculi fabnca instar
arbustulae ventorum flatibus actac contremeret. Ubi bis ctiam pugnoruraa»
ictibus nihil profeci, aliquantulum retro abiens a foribiis cubiculi discessi,
ut vehementiore insultu, inore arietum, qui eomibus obvcrsis concurrere
pestiuiit, fores obtundendo cffringerem, aut saltem eas ex cardinibus eiirerem.
<^uibus tandem meonuu impulsu pedum e cardinibus suis cxturbatis dicto
tsitios in cubicolnm ingenti strepita bacchabnndns introrapi quam mazimeso
<icelamitans: »Heus, ubi es tu, Sidoni, qni me pnlsantem in enbieniiim
OOS intromiseris? Quid refnm agis, forcifer? Qnod te dü deaeqne omnes
perdant! Gnr mibi non loqneris? cur obmutesds? EUngoisne es, qni
giacolo soles esse garralior et qnavis rana loqnador?' Et cum dicto
ntnmqve maimm in vestem stngulam linteumque grabi^uli conieci, 35
hominem supcme ad imos usquc pcdes deuudans, ut cum non Sidouium,
sed gymnosophistam quempiam Indum, si conni stetissea, putasses; bcm,
titabavi verbo, non gymnosophistam, sed iigneolam hominis figuram ob
1) abhinc tertio anno] anno ab hinc tertio B. 10) intercapt (1ine|
intercapidine A. 28) obtnndendo] obtrudendo B, 35) grabatoli] grabbat-
tttli Ä, grabbatoU B.
10) intercapedo est »patium vel intervallum.
19> marsupinm est loculu«» pecuniarius.
itö) grabatuluti = lectulus.
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IIS Mitteiliuigen d. Gea. f. dflotadt« Bniehnagt- iL Bchulgesch. VIL
animi torporem et mentis inettiam credidiases. £o igitor sie detecto et
nollam Signum TxtM, nedum aomni, praß <:e ferente occoepi vehementer
addubitaro, mortnn? ossot an vivus, an inter utrnmque constitutns, si rerura
natura pateretur, neutrum aj^erot. Dum haec identidem dubitabundus
6 revolverem, putavi tandem optinio consUio factum iri, £»i propius accedeiis
vitüui eius, si quaoi baberet, süUerti indagiuc vostiifwem, statimque,
quantum soUertissime potui, venulaui dextri bracliii instar medici pertrectavi
nt ealtem viUaii, si qoA foret» in ipiw venanim palpationibiu investitsarem.
Sed nbi Tenalae di^tis meis eontrectata» mdlimi Bnbsaltnm nvlliuiiqafr
10 Titae latentis rigniim dedere — loaruit eniiD, qaod estmirabüe dicto, perquant
qnidtae — , mox, oonrerti manum meam a Tenia ad laeTam pectoris eiv&
papiUam, sub qua, ut medici tradunt. corcnlam hominis delitescit, ot ealoreiik
vitalem, si nspiam in praecordiis latitaret, persentiscerem. IShxnn igitur mea
ad pcctus eius a(^m^t^ ubtulit scse mibi calor quidam admodum l;iTi'niidus»
16 qui, ut mihi visum erat, iion fuit ccrtus index vitae. praesertim cum nft
miniiiium quidein anhelitus tiatuin jjotuerim deprehendere.
Novo igitur cousilio iuito sumpsi moUiculam quandam plumam,
quam in nares eius conieci, ut periculum facerem, viveret ipse necne. Quae
nbi in naanm eins coniecta est, statim propellebatar in aana reciproci
90 flatus nspiratione. Qnod fnit mihi potiasimnm iritae eins argnmoitam.
Quo habito factns sum omnis morae, qaam nt eredi possit» impatientior»
statimqne, quantum maxime potoi, in anres eins exelamavi ingeminanat
,Sidoni, evigila! Sidoni, evigila!' ut non hominis Tocem te ezandire, led
potins tauri boatum crederes. Ad banc tarnen vocem non magis experrectns
aä est quam vitulus marinns altissimo somno oppressas ad lenem zephyri
susurrum evigilat.
Sfd ubi his clamoribu^ nihil consccutus sum. iuierta tandem in eun»
mann aures eius unguibus iiieis vellicare adurtus äuui. Quibus vellicatis
ac paene perrnlsis mox occoepi hireiuum eius iMurbitinm prope ad pubcm
ao usquc porreetnm per intenralla compilare: Et ne capnt eins qnod reli>
qnnm erat ab ininria immune esset, iniectis manibus tarn antependnloa
quam retropendnios crines cute tenns» mefaerde, evulsi, ut te non capnt,.
sed cneuibitam ant glabdlam quandam rapam viderc putares. Ipse tarnen
quasi statua insensibilis perduravit. £o igitur sie insensibiliter perdnraatfr
as occoepi mecum tacitus reputarc bunc hominem esse letbnr'jicum, son car-
minum avocnmento soporatnm et ad obiivionem pracsentium exstematum,
seu a Circo, quae Ulysh^is socios in pluriformcs bcinas camiinibus mutavit»
obcantatum et in sumniculosum glirem transformatum. äcd intcr cogitauduin
23) exaudirej audiru B, 3G) exsteruatumj exttrnatum -LB. 38) somiii-
cnlosum] somniculosam Ä.
83) glabelluH (diniinut. a frlaber) = levis et eine pilis.
8r»> pxstprnatus = alionatus.
dhj somniculosus glis uobis est ,Siebenschlate^^
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14. Bartholomaei Coloniensis eplstola mytbolog^ea.
119
liquido cogTiovi cum non obcantatum nequc lethar^rum, spA morbo
socordiac a vertice capitis ad imas ii'^qn»» plantas occupatuin. (^uod cum
exploratum haberem, mox indignabuudus ocnlo«? cirrumtuli. locos quosiiue
cubiculi (lilijxenter perscrutans, ut, si qnem i»ai uluiu uspiaiii vidfrem, arri-
perem, quo buic mastigiao socordiam de oerebro possein deturbare. luter &
perBcrntoiidiuii obtnlit sese mihi pertica qnaedam brachiali eraasitudine,
qna olim, ni fallor» aedium foraa obfinnabantnr. Qnam cosspicatain snmeiis
in ipeciem i»roe]ii maaoa obarmsri et libratis ictibm ▼erbera Teibeiüms
acenmola]» magoos agones inatar palaastritaa desodavi. Ferire tautispar
enm decravi, donec eom e somno. immo ex sonniio et, ut rectius dicam, lo
ex morte resoscitem, existiinans fastaAiiam meum ease cadaceum Mercaiii,
tpkO ipsp mortnos ad vitaiii pristinam revocare solet.
Hic ubi fuste rem a^ji taiulem persenserat et sc libratis fustuarii
iotibus baud secus quam femim in incude emolliri roguovcrat, quam ma-
xiina potuit voce exclamavit inecminans : .Anna for. ho'^pe*;! Anna fer, is
bospes, ac sappetias mihi accurre!' Kxdamanti iiiquain: ,i:^u anna ullata*
(faBtQariQm offerens); ,quae si caecutiantibns» immo Bomnolentis oodis non
videas, bono sü animo ac tranqnillo, ego, meberde, fadam, at medullitus
peraoitiaa.*
Sid<miv8: .QaiBestn, scelesto*, inqnit» ,qiii me misenun plagis diver>9o
berasti adusque Titte meae periculum?'
Bartholomaens. Qaaerenti inquam: »Ego som hospes tmis, o Sidoni«
eniteos te hoc cadaceo exprofnodo somno» immo ex morte adpriatlnam
vitani revocare.*
Sidonius, .At te Diespiter*. imiuit, .diiqno nmnes perdant! Xoti Imspcs 25
ineus, scd liDStis es, qui me nodoso hoc l'ustf ainmnm ex penetralibu^
viscerum evomere cogis, cum tarnen nun modu ullo facto, sed ne tantillo
qnidem dtcto meo laesos eis. Ut videreris te merito ultum ire. esset satis
snperqae acerbnm toieratn, si me depalmassea, aat pagno nalaa meaa
peimississeB, ant flagria scapolas meaa caeeidissea. Nunc stas ftistioiilo, n
qno latent mm dedolasti, inatroctns» quasi proeliom eases capessitnroa.
0 magae Apollo, confige hone nequiNimam saglttia tnis, qnlbns Pythonoa
viscera traiecisti, ut scelerum' suorum poenas vel vulnere vel veneno Inat!
Vcl potiiis cniri, ut inter terram atquc coelum sit pensilis, suffigatur pedibns
supiuotia ac sursom elatis, capite deorsum in terram de?ergente, manibosas
SI) capessiturusj capessurus B. 32) Pythonos] pythoni^ B.
6) mastigia graeco dicitur, latine verbero, onis.
6) pertica = audea aive ftastla.
11) fustuarium hic idem est quod fustia.
in) alicui HU(>petia8 aecurrare vel advenire ss alicui aoxUio ▼enire.
et Flaut. Meii. ö, 7, 38.
3Uj ecapulae auut parte» humeri.
81) dedolare = coatimdere sive recidere. CiL Flaut. Mon. 0, 2, 100.
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1 20 MiUeUungea d. Ges. t dentach« Biziehungs- u. Schulgescb. VII.
post terga reTüictiSt ocnlis fascia obTektis, et duobas canibus pastoriciis
hitic et liinr per pcdcs posteriores pensilfbus et in rabiim efferatis, ut
viven < nies et mortuus corvos camo sua (»xs;itur*'t, nt sie corollariam
sceh'nbus suis condijmum sibi rornparet. i}ui dignus, horcle, dignus esset,
ö ut biiiis quadrigis reviiirtus in diversa nitentibns dilaceraretur!'
Bartholomaeus. ,Vide, sis, quam mox vapularc vis, nisi actutum
obticescas, fiirdfer; nosti enim, ut opluor, nemiaem posse crabrones im«
pune initare. Nam si basce dim derotioiiea in caput menm imprecari
non dadveria, ego bodie faciam, nt» medinsfidina, omninm mortaUnm longa
10 miserrimns aiea/ Et com dicto daram libravl aimilia percnaanro, minitans
ei plagam, sed non incutiens.
Qood cam vidit, dicto citina pnlvillum, quo cervicem anfioldebat,
arripions ictui velut umbonfm opposnit, exrlamando quantum maxime
potuit ingeminans: ,0 mninic Apollo, adiuva me! 0 iiiagne Apollo, adiuva
i&ioe! lam enim mortem oppetiatn, ni solito mihi adiumento su< «"Mneris.'
Eo sie vü( ilerantp ego totuR in cachinnum solvebar. ut virii)iis meis
nimio risu labefactatis ipsa clava suopte poiidere degravata inaiiibus meis
eaaet el^psa. Qnam tamm tandem de anb pedibna meia rian pamniper
offrenato inmanum reaumpai sie inquiena: ,0 Sidoni» cnraSomno, deomm
flo plnddiaalmo» ad ApoIUnem defeeiati? Num^nid anb dnctu et auapido Somni
bucnaqne miUtasti? Responde, obsecro, mi Sidoni Satina esaet te, mihi
crade, a Somno ad Hercnlem defedsae, qni te boe Insticnlo mco prima
certaminnm rudimenta entdivit et» ot opinor, qnod tnte ipse fttoberia,
apprime edocuit.'
SB Sidonius. .Hercules te pessinium,' inquit, ,obtundat clava sna tnnodi!
Anten me diri^ verbcribti« rontndisti; nunc vero TiinUiforniibns contra me
velitaris ridiculis. Dii ileaeque omne"? snperi et iiiferi et medioxumi te
Pessimum pessime p(>rdaiit et a suih.tIs auris jx-r declivia voraginum terrae
in coufluentem Cocyti et Plilegelhoutis dttrudaut, ut ibi in lacrimnnuu
yo madore et iguiuiu vaporc tuorum scelerum poenas in aetenium lua».*
Baec Qle.
5) dilaceraretur] dilaceretur 1. 9) desiveris] desineres B, 17 labe-
factatis] Inbefactis B. 19) offrenatoj effrenato B. 31) Haec illc] dcsunt
haec voccabuia in B.
8) corollaritim est praemimn, quod additur praeter illnd, qnod est
debituin.
6) ,Vide sli^ (=r si vis) quam mox vapuiare via, niai aetutam hiac
abiö/ Plaut. Amph. I, 1. 207.
7) crubronea = veapae. .Crabrone« Initare,* ap. Plaut. Amph. 2, 2, b3.
12) pulvilluB (a pulvino deriv.) — cnrvical (Kopf- oder RodcenklBaen).
18) de aub, ap. Senee., cootr. 1, 8, 11, ap. Veget , art. vet. 2, 19, 2.
Hac lücutiono. -sanpins ropptita. auotor iocatnr in Doetrinali:« veraum 1»24.
27) velitari . liti'rare, pugnare. C t. Flaut. Meu. 5, 2, 'iü.
27) medioxumi dii, ap. Plaut. Cist. 2, 1, 4ö.
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14. Bartholomaei ColoniensU epistula mythologica. 121
Tnnipgo: .Papac, <lens.' iiiqnam, .quid ex te audio? Hoccine prae-
minm mihi et lin^riti tuo et medico repotidis, o Sidoui, qui te hoc per-
petuum triennium quasi somniculosum glircui in aedibus meis saginavi et
insuper salubri niedela curavi? Dipmis, horrlp, digniis ob animi tni ingrati-
tudinem extrema sustinere et si quid extremu est cxtrcmiuä. Dü boni, 6
quid hoc monatri alit? Cam dicto opus est, pythagorissat, et etim tacito
opus est, epicnriBsat et miraiD in modiim blAterAt» ot inceitam Bit, an
tacitQTnitate sit mvisior an loqnacitate molestior/ Haec ego.
Tun ille: ^Proh Jnpiter liospltalis, qoid dteam? Qnis nnqnani
homintun talem Iiospitem habmt, qui hoqiites snos instibas, ne absqne lO
opertorio in lectulo rubent, cooperit; qui, etiam licet aeqno animo ferat
tuniculam hospitis siii advontantis esse umrolorem. millo tarnen pacto fcrre
potest outiculuiu eins esse unirolorem. sed illam molitur diris verberibus
tarn versicolorem i t ddero, (iuani sunt peristromata picta aut ta])eta beluata!
Mallem sub axc liyperboreo aut Libyco agere quam in aedibus huius- i'j
cemodi hospitis immorarier. Satius ducerem, ita me dii beue ament, panem
ciltariom, immo hetole fnifares incretos ac sordidos maltoque lapide aale-
broso8 mandncare et aqnani palustiem concava mann potitare qnam
mellita huiumodi hospitis edolia absamere et Tinum Hippocrationm aut
qnodlibet ' aliud nectar gemmatis pateris eUbere. Nnmqiüd salias mihi »
fuisset in agii caespite aut in fori süiee quam in hoc grabatnlo cnbitasse?
in quo haud secns quam Arcadicum pecns faste dedolatas sum, ab hoc
pracsertim homine, si fas fst cnm homincm diccro, cnins feritati cedunt
ara Bui"siridis, stabnlum Diomedis et mrnsa Lycaouis, cuius acdes sunt
taurus Phalaridis, immo, hercle, vestibulum rptrinnis Achcronticae, in quibus 2b
rectius Eumenides degerent quam hominis. Edepol, corte scio quod
Yulcanus, sol, luna, dies poenosiorcs uullas illuxcre alteras. Ehern, et
qaod paene praeterieram, hic crocodilns non modo se hospitem, Tenim et
medicom agere fabidatur. Quid potest, dii boni, esse absnniius andita et
difficilins creditn qnam illnm medicom . agere, qni costanim crates diasipat, so
latemm compages discatit et hunbomm robora debilitat Hic meo
iudicio non Hippocratem, sed carnificem agit, non medicinam, sed carni'
ficinam exercet*
3) somnicnlosuni) aomniculosam A. 6) hoc] hic B. 10) hospites
suos fustibns] sais fustibus hospites B, 17) herdej hercale B,
3) .sagiüarf = phiK-tiofacore.
14) peri.stroma oat vclameii parictiä. Cf. Plaut. Stich. *i, 54.
14> tupcfa bt^luata difnntur, quibus formae beluarum auut iutextae.
16) pani-i cibiiriuB f^^t panLs vulgariä et ruöticus | Schwarzbrot).
. 17) furiurOH inrreti, i. h. non por cribnira exouösi.
27) poenosioroü, i. e. crudelioroa et acerbiores. (Vox ab auctore huius
epistolae ficta esae vidctur ox poena.)
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122 Mitteiiiuigen d. Ges. L deutsche Erziehuugs- u. Scholgesch. VII.
Cui ego: ,Die, i-ucnle, die, solentne mediri. cum f;ictn opus siet.
purulenta tiibera scalpeilis oxcidere, aut ignitis IV'rniiiu'iitrs iieriireiT'. aut
— quüd liorridum est dictu, horridius visu — hominum membra semilis
rcsecare V'
6 Sidonius. «Qnorsiim liaec/ inqnit, ,hoiiiiniim leqntoiimd?*
,üt ta, peens,' »inqiiaiii, »scias medieiim non Semper ampallam oleariam
aegris membris adbibere, sed qnaadoqiie, eun facto opus siet, serranw
scalpmm et laminam.*
Tarn ille: «Nihil bomm, quac dixeris, intelUgo. Rem apertina, si labet;
loeflRu«; nam isti quidem oraüoni Oedipode opus est coniedore, qai
Spbingi iaterprcs fuit.'
Tum ejro: ,Non sapis,' inquam, ,rem quae iiu ri liaiia luce est clarior.
Non eniiii propono tibi Apollinis oracnla, ut Sibylla iutiMi)retp opus tibi
siet, ut'iiue Thebanae Sphingos aeuigmata, ut Oedipodos opera indigeas.
15 Verum enimvero, ut» quatenus possim, quod scutio luculeute breviterque
planiloqmui alnolvam: morbus, qao lamdnduD laborabas, non oleo, sed
bacnlo erat expellendna; haue ob rem decrevi Inmbos tnoa non nngaentOr
sed fnsticalo perfrieare, nt sanitate tandem recnperata laetam vitam degas
et idonenm corollariam mihi rependas.'
so Sidonius. ,Ain tu,' inquit, .lorcifer, me morbo laboraase?'
Barthnlomaeus. ,Aio,' inquam, ,et merito, quia hoc vero nihil est
verius. non Apollinis oraculum, nee Sibyllac folinm.'
Sid niiTiv. .Proh Jupiter,* inquit, .ijuis unquam fando audivit tarn
impudejis m. ndacium, quod plus a vero distat quam corvus a cygno!
25 Aesculapius abhinc anno quinquagcsimo nie salubcrrima valetudine pro-
sccutus est et a quovis morbo penitus immunem praeservavit, ut anxie
mihi metuere videretor et utpote pignori sno longe proTisum eupere. Nam
egomet memet pntassem esse filiom Aesculapii et nepotem Apollinis, nisi
mater mea, quae hisce in rebus est peritiort alind mihi persuasisset*
ao Cui ego: ,Profecto, ut loquor, res ita est Kon enim habeo uUam
occasionem, ut apud te falsa fabuler. Haud equidem sum is bomo, qni
soleat mendacia garrire, nt tute ipse, si velis, nosti. Res ipsa denique
tidpm sormnni meo dabit, prafcipue cum tibi tostos fidc di>,missimos pro-
duxero, quomni iistipulatiuiiibus summam tidem, ni fallor, habebis, etiam
üb si uuUum iubiuraudam verbis suis interposnerint.'
Tum ille: ,Id tarn faccre potfü. quam imbrein iii ci'ibro pulliiiario
gestarc. Ubinam gentium huiusccmodi tcstcs, die, quaeso, invenies, quo-
nun simplicf assertioni tantam habeam fidem?*
V'y) Ocdipudc] oi.-dipo B. 11) Spbinfri] Pphiiigos cnicrmattim B,
lo) opus tibi] tibi opus B. 14) OedipodosJ oedipodis Ä 25) abhinc amiu quin-
quagcsimo me) me quinquagenos annos et amplius B. 35) suis deat in S.
1) cuculus ^Kukuk) homo deaidiosus compellah solet. Cf. Hör. a&U
U 7, 32.
96) cribrum pollinarium (Plaut, Poen. 8, 1, 10) nobis est 3outelrieb*.
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14. Bartholoinaei Colouieusk epistola m^tboiogic«.
123
Baitholomneus. ,Tn hisce/ iiiquain, .rnois aedibus, cum vohiero, in-
veiiiaiu: liaud facto opus est maria traiiceie aiit lonieinquas tcrras peterc.'
0 Uli Pancrati, ut iam nunc copnoscas qua facie sint illi scni nici.
quos testes advcrsuin Sidoiiium tuum produxerim, ego tibi unumquemquo
illonun per ordinem grai)bice ostendam. s
Promo mens est statara paene iusta, decenti capite, ca^iUo leniter
refiexo et sofflaTO, sapercUiis paene ooniunctis, vigflantibuB ocnlis, non
magnis Daribas aeqae parria, sed inter utras^ae medüs, Daso recto, colore
candidOt dentibus exiguis et firmis, cervice erecta, lato pectore, humeria
nrasciilosis, longioribus brachiis, vaientibos digitis, Tentre modico, exilibaa lo
oniribu'^, snris et podibus expotliti^. non supcrflaa carnc distcntis, scd ncr-
vorum durilia coUcctis. Huic liomini, si quid recte ouratuni velis, mandcs;
mori sese rnisere mallet quam non perfectum reddat quod perficere pro-
miserit.
Davus vero, ut äcias, est eiiormiä statuia, sesquipedu quidem est I5
quam Brome longior; caput par?iim et portentoaum et com semper tum
in qaantolocnnqae acta Tel mazime tremnlnm; capillas Tersipellis, rarae
et circa verticem millus, sed pone occipitiam snbmissior, nt cervicem eins
iam obtegat; snpercUia hinmta, hebetiores ocnli sajidttctif recessn concavo
introrsum recepti, anres flaccidae, nasos et a medio eminentior 'et ab imo so
deductior, nares gravedine ocdasae, color snbniger, malae oblongae, os
rubicunduiii et atlunHltim magnum, labia tnniiri;i »^t salivosa, dentes scabri
et apr(»nun instar prominentes, plertra üntruae titubantia, risus indecens,
iam turpior spumaute rictu, mcntum multibarbum ; habet fariem aceti
arorem et sinapis acriinoniam prac se ferenteni, cervicem rigidam et i»
obstipam, angustam pectus et setis ubsitum, ventrem paene ad gcnua usquc
proiectam, dorsiun aactom gibbere; est etiam Immeria infirmis, breTio-
ribos brachiis, maaibas tremalis, erorlbiis introrsom intortis, stiris crassis
et pedibos admodam magnis et, nt paaeis expediam Teibis, tarn assimitia
facie Charoni est, at pleriqne e&m procreatam ex eo crederent. T^te-ao
met minc fac coniectaram, ceternm qold id sit hominis, coi Pamphagns
cognomen alet.
Parmononom voro. qni «?nbseqnitMr, srins esso brcvicnlnm, rccalvum,
fttligine et carbonaria aspergine obductuni, buci ulenttiin. ventm-jnm, ali-
quantnlum incnrvum, ocnlis praegrandibus, malis Lebetiorilius ( t pendidis, 35
cruribus in exteriorem partem obtortis. Dextro pede non j)erinile valet,
ut äaepe etiaui hibcmis dicbus indc Claudicat. !Nam Parmeuo, dum puerum
6) paene] bene B, 25) rigidam] frigidam B.
17) capiUiu verslpellia = canescena. Cf. Plaut Pers. 2, 2, 48.
20) aores flaccidae, i. e. pendulae ot non arrectae Schlappohren).
21) gravedo est gravis pitnita et craseior (ätockschnapfen). Plaut.
Aa. 4, 1, 51.
2ö) aceti aeor est acritudo acetl.
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124 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehung«- u. Sehulgescb. VH.
agebat, suffaratus est aliqnando p<>i-tiuiiculain qiiandam carnis suillao iti
macellü de mensa laniouia. Quod ( um laiiü liinis oculis praeter upiQiuaem
PaniuMionis notarunt, Parmenoueia deprehenderunt, deprehensum palmis
cum exporroctis tum maxime compressis pulsavcre, pulsatum tanderu cru-
fido tergoii reeenter costis mactafti bovis direpto imponunt, impoiiitim iD
mbUme, qaaatain maxime poteiant, iactanmt et iactatnm subdncto te^re
in terram deorram recidere glTenmt, qao ex casa dextnim talum snftegit.
jBic frater germanns Megadipso est. Quatridanm non iaterest aetatis.
nter maier siet, veram iDgenium frandnleatiuii plus qnadraginta annis maius
10 est Pannenoni quam alteri. Nam ipse est vcrsutiur quam rota tijurularis;
utcunque est ventns. exin volnm vortit. Dpsrriptioiiom cquidcni, hcrclc,
Megadipsi potius voio silontiu praeterire quam srrmouo expli(Mre, Etenini
nimis longo sermone utendum mihi essi t. si ih berem lioc monstniiu
graphice describere, quod scilicet est ei prodigioba statura, caput prae-
15 grimde, capillus horrore implexus atque impeditus, stuppae tomento
assimilis, et inaeqnaliter hiitas et globosas et congestns et prorsos ineno-
' dabilis diatina incnria non modo non comendi, sed saltem expediendi et
discriminandi; snpercUia setosa, octdi rnbicnndi et prominentes, nasos et
in medio dednctior et in imo eminentior, nares admodnm hinlcae, labia
«overracosa, os deforme, dentes lupini, malae instar proserpentis bestiae
turgentes, mentum longum et hirciuo barbitio obsitum, cervix obesa, color
totins corporis praeter faciem, quac rubicunda est plerumque ex potuleutia,
est obsoletus, inif^'lque idem est angustus ab humeris et pe< tnr('. cotcris
qun(]u<< momliris usque ad inios pedes inaequalis et incougruus — hacc enim
25 omuia loiiguui esset enarrare.
Verum ut iam taudem, undc digressQS snm, rcgrediar, scias Sidonium
dixisse: JUosce testes, quos te habere praedicas, videre gestio/
Cid ego: ,Qaando illosce meos testes videre gestis, ego nnamqnemqne
illormn proprio nomine ciens Imc vocabo. Hans, hens, Dromo, Pave,
soPaimeno et Megadipse, ubi estis? Accurrite buc, properate!* Intrormn-
pente itaque ono et altero ac dein pluribns hanc sermonem exorsns sum:
.Quid sentis de bis viris? die, o Sidoni. Xtimquid corum siniplici
assertioni sinnmam haberes fidem, an itisinrandura superexigeres? Corte,
si ullam ratioiiem honestatis, quautaiulihot parvam, in te haberes, eorum
85 simplici assertioni propomodum tidem hahrrts. Sunt enim, ni mentiar,
viri omiüum, qui unquaiii fueru aut sunt aut etiam futuri erunt, veracissimL
^ 12) Etenim] AX enim Ä. 15) tomento] tonnento B. 19) admodnm
liiulGae] ad modum huiusce B. 24) quoque] rinodqne B, 31) dein)
deinde B, 32) o dee»t in B, 33) liabeies] habes B.
2) mensa lanionia dicitur, in qua scinditur caro.
10) rota figuUu-is (T«»pierrad) ap. Plaut. £p. a, 2, 6b.
15) Btuppae tomentum, ,Wulat von Werg*.
16) hirtus = hirautua.
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14. Bwtholomaei ColonienBis epistola mythologica. 125
Interrogalo igitoreos, ut labet, taper morbo tao, et qaicquid respoBderint,
oncnlam ApoUinia potiito/
Ad hoc Terbiim com Sidoiuos tmo maxime serromm grex risn diram*
pebatar niaximo, ut prac risa vix pedibns eonsiitere qitiTissent. Naiiqiiani,
edepol, nllo die, ni fnllor, riserant adaeqve, neqne hoc quod reliqnimi est c
risnros opinor.
Carhinno tandem panimper sedato orr()c])it Sidonius Davum adoriri
hisce verbi'^. direns: ,0 l)ono vir vel, si i<l inavis. optime, — si meutiar,
ignoscant id mihi Uii, — ain' iiif tiiorbo laborasse
DaTus. ,Aio immo et Ji*seio.' 10
Sidonius. ,Sed quid ego istuc vredam? Yidistin', an tu andita
renimtiaa?
Banis. ,Hand egomet vidi, sed fando andivi.*
ffidonias. J^lnris est ocolatas testb mins qnam aariti decem; qd
audiunt, audita dicimt, qoi vldent, plane sdant. Malo ocidis qnam verbis i&
habere fidem.'
Davus. ,Quam ob rem istitr dicis?'
Sidonius. ,Quiri n»? rortin^ visu quam auditu cognosrniitur.'
Davus. ,Ha, mi Sidoiii. n u rcrto iudiras; bona venia hoc audeo
oegare; ego res rertius anditu nuaui visu comprehendo.' 20
Sidonius. ,Nuuc profecto ementiris.'
PaTus. «Hand mentior; nam mendacimn odi aeqne atqne angiiea.'
SidonioB. ,Yera qaae dids,' inqnit, ,DaTe, prae ceteris, qnae ementiris»
pars ea non est miUesima.*
Davtis. ,At ego te in qnodvis pignus toco, si in tmo nspiam vezbo ab
m^dacium admisi.'
Sidonias. ,At tu, si non mentiris, es ocolis hebetioribus.*
I)avas. ,Si istnr tibi subolot, rhomnatismo non laboras.'
Sidonius. ,Eh<>, iam satis vorboruin est, uti Dave; impone vorbis modiira.*
Davus. ."Noll t iro ad ipsum modum. sed retro panliilum et citra SQ
modum, immo, ut vt iius diraiii, longe ultra modum soleo tiansrurrcre '
Sidonius. ,Davc, non opus est verbis compluscaüs. Iam pridem
constat testimoniom Ipom nnUius esse ponderis, ne dixerim momentl.'
Davns. ,Qaid tu ais, glis somniculose? Appendistin* libripendia
instar testimonium meam in lancibus librae, nt videres quanti pon-as
deris Biet?'
Sidonius. ,Appendi, et inTentum ost inano et oppido frivolom.'
Davus. ,Iam nunc dicis, qnod a nnllo scriptum nec onqnani fando
auditum et omnium, quae monstra dicuntur, moii'^tniosi'^^innim ost. Quis
unquam fando audivit honniiuiii trstinionia in statora triitinari .-' Credo, 40
edcpol, te, qui talia garris, deUrare et melanchoUca vertigine laborare aat
appotum probe.'
27) i.o., si istud sentis, pltoita non voxariH.
84) iibripens est atipis ponderandaa Ubrator sive pensator.
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126 Mitteilungen d. Oes. t deuUche Erziehuugs- u. Schulgesch. VIL
Sidonius. ,Abi in malam cruceni, verbero iiequissimc! Putas im.' esse
similem tui? quo nemo ost liflleboro indigentior, qui non soluiii obolo
aut drachnia cyathove aut acetabulo, sed ne urna quidem hellebori ab in-
sania purgari possis; immo nee medidnae anctor Aeseoh^iits te omniiio
B ab insaoia liberaret.*
DaTiis. ,Ioco an serio illa dicas, aescio; sed si acirem id a te ex
animo dici, ipae iain, herde, ocoeptarem inaanire primnlnm, ut me apnd
te non Damm, sed Hcrculom fnrt nfcm agere perscntisccreg,*
Sidonius. ,Quid ais, helao, quid ais? Venisti bnc cansa testimonii
10 perMbendi an piitrillandi':"
Davus. .Al)i in Orcum, pntic cadavtT. (uiu tua istac quacstione!
Non enim )iur vt iii vorbis coutenderc, sed })U.:nis, imino fiistihu'' Pt, nt
verius dicam, ardiuitibus titionibus e foculo correptis.' £t cum dit to liuguam
exsertavit et Sidonium derisit.
ifi Quud com vidif fremebondna omiloa truces in Davam invertens dbd:
,Dii te perimant. larvale simolacnun, qnando aemper negotia meaintnrbas!
Id ego cum alias, tom etiam nunc in praesentiaram qsu experior.'
Nondom htett finieram. com ipse coeperat a conaerris ania propeUi*
efflari et exaibilari. Sed Dromo ceteris commotior. ne dixerim furibiindior,
90 velut atra bile pcrcitus matellam loUi arreptam in oapnt Davi infregit sie
inquifii«: ,Nostin', furcifrr. noqnaquam enm recte dicerc qui. quicquid in
buccain venit, dicit'.'' Huc testandi cnusa veni«;<tp tr» dixissos, imn coiUen-
dendi. Sed tu niliil sapi«;. nihil Si ntis; taiiti ts, quaiiti tst iungus putridus.
imujo, beide, niortuus pluris prctii est quam tu es.' Kt cum dicto eum
25 urina perlutum extra limen cubiculi eiecit. Quo eiecto in ipso eodem
mom^to osUnrn cnbicnli de anb pedibns sublatnia in eardines Sites
conüciens ad claustra pessolum rednxlt et fores snper ae occlnsit, ne
Davns intrornmperet et locnm spnrcissimo lotii madore oppleret; nam,
qaocnnqne transibat, nnivennB aer feetore orinae instar extremae laliinae
90 olebat.
Interim Davus ad focum procurrit ardentemque titionem ex igne
corrrpttiTii <:ercns ad cnbirulum properavit sie voce sublata occlamitans:
,0 Drnino, Dromo. si m.iu'iianimnm heroa praf* f<' fers, veni foras et prodi
in conspectum meum et noli intra parietcs cubiculi latitare aut, quod
9) venisti] veniatin B. 12) huc Teiü) veni huc B. 14) exsertavit|
«xertavit AB, 17) cum) tnm B, 19) exaibtlari] exibilari AB. 23) pntridusj
putidus B. 29) extremae de&t in B.
S) acetabulum ost gemis vaniB minuet capaciä (|iiam urna.
7) occeptaro — incipere. Cf. Plaut. Men. ö, 5, 18, 82.
0) heluo est homo jrulosus, patasitus.
17) in preseutiarum — iu pracaentiu rurum.
20) mateUa lotii eet vas urina impletoni.
27) peeauiua est ioatrumentum, quo oatium domna elaudltur.
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14. BaHholomaM Colonienns epiatola mythologic».
127
magis endo, sab lectum te condere. Ego, meherde. hodte efficiam, nt
per totum orbem boii iuvenias miseriae taae eomparem; imnio, sl nanc
quadrigas levis inscendas atqae hinc sufTa^NOs, itn vix poteris eflfugere in-
fortuniam, qnod tibi dcstinatum est. Nisi metus heri mei obstitisset, ego
iamdudum o^tio e rardinibus roiecto innre fulminis cubirulum introrupissem r.
et verbereum capiit tuum miiiim in modnm hoc torre ambusto, qui iii
maiiibus gesto, obtiidisscni, atqiie id eo gratius fecissem, quo tu viderorc
spectatoribus uostris Leniaea hydra aquam palustrem eiectaus, et ego
Hercules tc flammis ultricibus exurens/
Eo antem hmic in modvm blateraate Dromo sermooem eins his lo
Terbis internunpeiis ait: ,Dic, bomioam staltiasiiiie, qua confidentia andes
ne ad pvgnandnm laceaaere, qni te poaaem ona mei apiritu, nt ventna folia
ant penicnlnm tectoriam, difflare?'
Davus. ,Quid tu l^, fnrcifer? Satin' es sanus, qui putas me diimam
grani fnimentarii aut pnppum cardui, quem levis ventoruni flatus diftiat 15
ii]»r<> ritr(ique per ;iunis, cum tarnen siin '^oqmlentior quam bos sagiiiatus,
et animo>ior quam leo iubatusV Quo tit ctiaiu, ut e.ro tc tantum timeam,
quantuin vlcphas culirem. Ehern, quid modo venit mihi in meutern?
um quid tu, Culex, uudius terlius identidem comminabaris te coni Uui-um
me machaera toa minnatim, ut agnien fonnicarum possit ine frustulatim ao
in cavemnlaa snas introferre? Cur modo non properaa? cur proeliam
detrectaa? cur ex iatoc cnbicnlo tamqaam ex formicino antro prodire non
andea? Die, formicula, die.*
Dromo. ,Tace, tacc,' inqnit, ,8tnlti]oqne, et tntamenta sermonis eircnm-
spice; parce,' inqnit, ,in Tictorem tuum, ne quam tibi lingua intemperante 26
in capitis tui perniciem uoxain contrahas! Turpe (niidcm est calamitatibus
affertris suporbo cum virtriribus ncroro. itpmqtip maxiinum quidem stultitiae
• spcciiiu'ii est trivola verba pn» duris verberibus, ut tu facis, reddere.'
I) iviis. ,I)( siiie.' inquit. ,Dromo, leporuiu voxillifer ac damularum
antesiguanus, iu istac tua victoriola insolenter gbjriai i. qiiando saepiculc •"*»
Victor a victo vice veraa ftmditiir, vincitnr et pedibos pi uteritur. Tute ipsc,
ni fidior, noati qaam geatiat fortnna, qoae victoriae ceterommqne id genna
bonomm fabnlatar largitrix, suaa Inbricaa ambagea et inatabilea incnraionea
«t reciprocaa viciaaitadinea in hominibua diu noctnqne exercere.'
Vix baec ünierat. rum ego minabundns inqnami fVide, aia, Dave, ir*
quam mox ftistibus delumbari vis. nisi aotutam hinc abi8t qnando nihil
apnd haace cubicoli forea negotii ait tibi. Propera igitor, quantam celer-
2.3) Dir dccst in Ii.
Iii) penicuiuH teetoriua est maiiipulup atramcuticiuä, quilmn tectorum
rimae obafaruuntur (StrohwiachV
14) gluma foUiculua groni eat.
16) pappus curdui eat floa vel semen cardui.
88) labulare (pro fabulari), ap. Plaut. MiL 2, 4, IB, Truc. 1, 2, 95.
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128 MitteUmigen d. G«b. t dentacliA Brnehuiig«- n. Sehnlgesdi. VII.
rime potes. te istac Teste nvida exmre et qmlibet alis, quam sors dederit»
inducre. nec non et capat mamisqiie et fadem aqva ablnere. Qnibus
ablutis in rulinam te introcapesses, ut patinas elnn«, racabos ahenaqne
tlefrires a'iuainve in lebetes, qni a<l iL'nt'in appositi sunt, inperas ant saltcm
5 in ullara olennii indas. Et si Imnini nünl facto (ijxis sict. tiinc rorhloarinm
foraminosum in inanuni arcipitu et ova elixanda in carabo despmaatu.
Quud si persequi neglexeris, ego iubebo tc nuUum astringi ad columnam
fortiter et virgis tantisper laceiari, donec, qaod imperaTerim, penentiscas
et hibenter persequi pergas.*
10 Et cum dicto conrerti me ad Sidomam sie mqnieiia: ^Ism taadem
labet mihi, o Sidoni, iocis semotis seiio teram agere. Si Tis, faeiam, nt
ocnlis tois cernas et inanibns tangas te morbo vebementer laboraaae/
Sidonius. ,Tolo, sed tarn efficies, quam iraaginem Diogenis cum suo
palliastro, barba, sdpione, pera panaria et crepidis in adamante stUo
16 exsculpes.'
Cui ego. ,An istur eftircro possim. band srio: id rerto srio nie
farere posse, nt palpes et tanf.';ij> le niurbo etiam gravissimo lubi>rassc.
Quaero igitur ex te num iliuin diccres gravissimo morbo laborasse, cai
bsrba insensibiliter expOantar, anres peirdteieHtiir, frons et occipitinm
£0 deealTareotar» nt te non hominis capot, sed rapae bolbnm videre putares?*
Sidonius. «Uüqne diceremS inqnit
JSrgo ta gravissimo/ inqnam, tmoibo laborasti, cnins barbitinm per
interraila insensibiliter evulsum est, anres petmlsae, frona et ocdpitium
compilata et tarn glabra, hem, quam hacc est nianas/
25 Sidonius. ,YaIi, apage to,' inquit, ,n me* Ineptias mihi narras et nngaa
meran: nuUo enini pacto verbis ttiis habebo lidem.'
Bartholnmaens. .Admove dcxt. rani capiti,' inquani. ,tnn, et invenies
genas per intervalla depilrs. anres piTvnlsas et totum caput cxpilatum.'
Cum primum manu capiti admota calvitium deprebendit, in haec
soverba pronunpens, quam maxime potuit, exdamavit: ,0 infanstom diem, o
ralamitosnm diem, atro lapillo signandnm, qnibna «t qnantis ezposoiati me
ludibrüsi Hodie mihi capnt tonsorio ctdtro admatüatnm est et nsqne ad
Tivam entern tonsatnm probe; hodie mihi barbitinm per tnterralla forficulia
desectnm est; hodie mibi costamm cratis verberibns paene dissipata est ct.
SB nt pands eipediam verbis, hodie mihi totnm corpus adeo fustibus est
fontnsnm, nt mihi de vita, nisi dii snccarrerint, prorsns desperandum sit.*
7) nudum dcest in A, 8) persentiacaa] pracsentiscaa B, 26) habebo)
habeo B. 27) Bartholomaeus deest in Ä. 33) forficnlis] forpicnlis B.
3) 88 iutrocttpeHsere {vnlgo se capessere allquo) est ae dto conferra
in aliquem locum.
8) cacabus vaa est, in quo pulmentum coquitur.
4) lebes est genus vx-^is ahenei.
14) palliaalnim p?t rudn pallium et vile.
20) rapae bulbus nobis est »KübenknoUen*.
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14. Bartholfunaei Coloniensis epistola mythologica. 129
, Cni ego: .Desiste*, inqnam, .iuepta et oppido frivola coramemorari.
Non enim colter tonsorins caput taum rasitavit, sed manus mea fcmditas
eqtäanrit*. Et cum dieto coUegi proniw dndnnoft eins de Bai» pedibiu meis,
qnot dadnm btoIsos per cubicaU pavinratttm diapenennit coUectOB ocnlis
BidB obtoli dicens: ^Tidea* hnas Stirpes liornm cximom? Qaae tibi aigii* s
mento sient eos non novacala reciBos, sed manibvB radicitiui te nescio
obstirpatAa, qaod onom potest satls snperque probare te morbo etiam
gravissimo laborasse.*
Ubi hacc tinicram, Sidonius: ,Papae, deus,* inquit, .quid dicani, ctnri
tot et tantis astruor argumentis morbo laborasse? Et tarnen, ita me lo
Apollo amet, nullius roorbi mihi conscius sum. Adde quod habitudo cor-
poris nou est attenuata, no» succus exsorptns, nec color obliteratus, nec
Tigor, nid Terberibna, debüitatiia. Yeium eniinverOt nt lata sese habent,
8i qua fidee impertienda est» debniBseB tu pottus morbam meorn berbantm
Buecls quam fasttbns pepvÜBse. Sed qvod seiBcitari paene praeterieram, it
quo modo factove deprebendisti me morbo laborasse?*
Cni ego: ,Si vis auribas, vt ainnt, arrectis omnem rem anseoltare
nee me intervertere, sed sinere me commodao orationi finem fiicere, ego sin-
gala tibi explicabo, quam brovissimc potucro.*
Sidonius. .Hern,' in^ul^ trir volo et dosidero. Die, amabo, die» SO
ego te uüu interpellam, neque ex ore tuo orationera tibi eripiam.'
Tum ego sie loqui t xorsus sum: JLtus tuus cum alias, tum praecipue
nudius tcrtius uuas ad luc dedit literaä, ut tc quam pnmum ad eum
remftterem et iure postlimU gaudere sinerem. Quod ne dintios facere
differrem, statni te hodie binc abemdam et ad bemm tniim remigrandmn. ss
Qtto fBkctnm est, ut bodie sab tempos antelacanam nominatim te deiis
freqaenter indamaTi: Stdoni« evig^ et sorge! Qaod eom semel et iteram
. ac deinceps fecissem, et mihi indamaiiti prorsos nihil respondissos, docrevi
cnbicnlum tnum inscendere et te a somno ezperrectum reddere. Ubi ad
limen cubiculi pervontum est, — quid func rprcrim, loncrum rsscf enarrare, 80
quod scilict't ostium cuhicuH f cardinibus eiocerim, quodqnc b.irbitiuin,
frontem et orcipitium tibi cxpilaverim, adde, quod aures tuas percusserira,
quod deuique murbum tuum compertum ex mediis usque ossibus fuste
propulsaverim, — hacc enim omiiia rntHo silentio praeterire quam sermone
eaqplicare, quia iam fieri dictis meis compendinm toIo.* Haec ego. ss
Tum Sidonias: ,Qaod est boic morbo nomen?*
.Socordia,* inqoam.
4) disperseram] disperserant B. 12) exsorptus] exorptns AB. 20) istac]
istad B. 37) socordia] secordia B (rie etiam pwUa).
6) novacula cuiter tonsohus.
18) intervertere = fruudare, interpellare.
d4) iOB posüimii est ins amiasae rei redpiendae et in pristinam
Btatnm leatttaendae (Ueimatereebt).
Mlttelluagen d. Goi. f. deuteebe Eisieh.« u. SohulirMi'hiehta. VJI 2 1897. O
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ISO Mitteilungen d. Ges. t deutoche Erziehung«*- u. tSchuigesch. VII.
Sidomus. *,Cur hunc morbom lualuisti mihi fostibus quam berbis pro-
pulsare?
,Quia fustibus propelli,' inquam, ,huic niurbo est pecuüaio.'
Sidonius. .Monstruosa est prorsus natura huius morbi, sed scientia,
sqnae fostilnu bniuscemodi, qoem roeinoras, morbiim propellit, longe est
ni<mttrao8ior.'
Tom ego: ,Hoc, qood dids^' mqnaiii, «propemodam est yenun.'
Sidonias. »Qaonam argamento nosti hunc morbom peiticis propelli?
die, qoMso/
10 Tum ego. »Dicam, quando ex mc qnaeris. Ego dum puenim agebam,
hoc morbo Tninim in modnni laltoravi; sod pacdagogus meos ferola nates
meas obvcrhprrtns liunc morbum facili opera propnli^JivU.*
Sidoiiiiis. ,rurigitur.' iiiquit, ,maluisti me clava quam fernla curare?*
,Quia memoria^/ inquam, ,prodiium est ab Asclcpiadc, qni inter praeci-
15 puos medicorum, si unum Hippoeratem exclpias, ccteris princeps, homincm
grandem natn non fernlis, sed fitstienlis tanquam praesraUuieo remedio a
morbo socordiae liberari. Qood ego solIertiBsIme aniraadTertens slatoi te
ioxta Asclepiadis aententlam ab hoc morbo daneola polioa qoam fenda
liberare et pristbiae salobritati restitoere. Sed, proh Juppiter, qoalem
flogratiam mihi pro istoc beneficio haboisti, immo retulisti! Tute ipse noatL
Si apud Persas degeres, haec tua ingratitudo exquisitis ulcisceretur sup-
pliriis. Si igitur homines ipsam ingratitiidiiit m tf\m aoprrc fenmt, qnara
at'gro laturi sint cam dii. qui omnia iustis rcspiciunt oculis, tccum aoimo
fac cogites.'
S Kondnm haec finieraia, cum Sidonius palliolo super nudaiii camcm
circomiecto vix semiamictus e lecto sese, quoqno modo potuit» corripuit
et ante pedes meos proddeos veniam et obÜTlonem praeteritorora omniom
laernqis obortis manibosqoe in preoes porrectis expostulaTit, dieens so poe<
nitere, qood tarn diras devotiones in caput menm imprecatos foerit Et
so com diclo dexteram meam prebendit, prebensam ori soo admovit,
admotam »sculabondns tanquam salutigendam soam demolsit Et ne
clava, qua fortiter contosos erat, esset gratitudinis suae exsors. ipse eam
quam pltirimis osculis impressis honnravif » t irisuprr hoc totrastirhon in
laudcm eins, quoniam Musaram antistes erat, (m i innit sie iuceptans;
SB .I>ux Erebi, Pluton, Stygiis sori»rUiaiii ab antris
Misit, ut humauum devorot illa genus.
Juppiter banc superis clavam dcmisit ab oris,
Qoae pestem Stygios tmdat adnsque lacns/
Haec Ule.
4) monstmosa] noostrosa B, 32} exsors] exors A B. SS) et dent
in B, 34) occinuit] occinil B. S5) Erebi] herebi AB.
16) praeeentaneuro remedinm est remedium cito elSeax.
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14. Baitiiolomaei C^Itmidiide epistol» mytboIogicA.
131
l>un ego: .Quando te/ inquam, .considero ess« gratum noo modo
ergn n«, Ternm etiam erga claTiciilani, labem condono tibi ex animo
«miiem, qniM mihi intnliati, iniariam, et toto abhinc tempore erU meas
«micos. Et com dieto apprehendi manam eins rablevans, eam ac in pedea
«OOS stataens. Et in ipso momesto insei Dromonem ire in tonetrinam 5
allatura aulam oleaham, pjxideB nngoentarias et »cissiles pannioaloa»
<J«ibus ad rae per Dromonem allatis ef?o medici vulnerarii personam
sustinen'- Inmbos et latora Sidonii. palliolo tatiieii oitis ante cxuto, oleariis
fomentis demulsi et catapiasmatibiis » irrjpnvolvi et panai^ fasciis(|iie colli^avi.
«t, si coram stetisses, non me Bartiu«luiiuieam, «cd Hippocratom putasses. lo
His igitur rite peractis iussi Dromonem ciuluBi olearium cum pyxidibas
unguentariie m tonitiinam leportare et, cnm piiwnn leportaTerit, itenim
ad me redire, nt d qua in re opera eins iadigerem, praesto eaaet Deiode
inasi Pannenonem et Megadipsom indaere Sidoninm vestibna sipis. Sed
piinaqnam eom Testibiu sina rite indnltaent, rediit Dromo. Quem imaiia
munas indntioida perseqai ot absolvere. Parraenonem irero et McfiMl^ainn
iussi alia miinera obire: illam scilicet, ut Sidonio sorbitiiracalam coqacret
et ova galliiiacea testis «üis pxuta cum butrro in sartapino frijjpret aut ea
in caleiiti cinere leniter per temporis intervalla versando pcrcoquerot, nec
non et piilinciitnm px pist ibus exotico iure i)r;u'pararet et illam partem 20
sturionis, quaui pndiano vcsperi in foro pijicariu a cctarüs nostris temis
atateribiis coämerat, assarct, itemque ferculum ex bubolis carnibus miuu-
tatim condsis anavi aapore percoqneret et capum altilem iUaiidatom veni-
bQ8<pie afiixam redproca Tertigine ad ignem diotina versaret, in omnen
lei eYentam, ut, si quis ex familiaribat meia ad aedes meaa prandendias
$ «attsa diverterlt, habeam. quod ante illnm in mensa ponam; hnnc vero, ut
Sidonio cantbarum vetulo vino ad summam utqne oram impletom afferret,
aut si maluerit cerevisiam quam vinum potitare: sunt mihi dno vasa in
rella vinaria, quorum alterum est oppletum cervisia Tlreinensi, qua Rhada-
manthus posset impionim animas, si eins copiam arTid iiiforos baberet, ao
acriter torqiierc, i t huic vasculo insertura est ligaeum eductoniim, quo ipse
potus ex vaae educitur; alterum vero est oppletum cervisia Haniburjjonsi.
quam, ut verum fatear, poto esse iotionem Furiarum aut saltem a l atus
apnd inferos ex ira et ftirore, ut nostri orbis cervisia ex hordeo et aqua
Ii) rite deest in B. 17) iussi deesl in B. 21) vesperi] vespere B.
21) temis] trinis B. 22) ex bubulis dceat in B. . 29) cervisia} cerevisia B
(tk etiam infra). 32) Hamburgensi) bomborgessi 33) Iotionem]
lodnm B.
6) adaaile» panniculos nos vocamus ,Charpie''.
18) «urtago idem eet, quod frixoiiuro aive patella (Bratpfanne).
21) cctariua bic est venditor ma^oram piadum.
22) stater genus est nummismatia ex argento facti«
0*
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132 Mitteilungen (L Gea. f. deutsciifl Bmehungs- vl Schulgesch. YIL
coqnitar, decoctam et in iiostniiu urbem usque delatain, et huir tinae est
inserta aerea fistula; utrulibet potest Sidonins potitaro. Tandem cum
Sidonias erat Testibus snis rite indutus, iussi Drumuuem primo fenestras
dathntas i^erin, srabaMnm steznere et wopu aqaalemqae mm aqua in
B eabicolum introferre; quibvs introlatis psrimeiitiim cnbicnli, quod fidt
qmdratis cniBtiB latericiis coDatratom» aqna ctmspergfin, conspemun eeopia
▼etrere et palviecoliim coDreramn egerere; deinde arabicos adores fncendere,
11t nares noatrae, qnae hactenns winae q^ordtia fiietiuit offensae, melioii
odore recrearentur.*
10 Ad quod verbum resp^nrlit Dromo: ,0 mi berf», nares meae non
odore arabiri thuris, sed nidore per^uotae rarni«? oblectantiir; iiam oinnium
UDRuentorum, ita me ament dii patellarii, odor praeiiidore porcortae camis
milü nausea e^t: ille odor est mihi stacte, cinnamomum, rosa, crocus,
casia et balsaiimm.'
Tarn ego: ^oa minim est' inquam, .credita catillonem magis nidore
camis qvam odore tbaris oblectari, qni rammam felidtatem in catillis
•bUgaritaadiB, eattotnm instart eonstitnit. Quid enini mea refert te mdoro
camis an vapore Tentris obstb&aatis oblectaiier. Ego iabeo te odores
arabicos incendere et haac mensam tnagnifico apparatu instruere.*
» Erat Orbis quidam acenrns tribus pedibus saffnltos in eodem cnbi-
cnln, quem primiim Dromo mappa constra\ it, dcnique mappnla? mamiarias
per cxtremam oram eius circiimrinrcns suporiniposuit. Qiiihus ctiiii stagneos
orbirnliis per certa iutervalla iiiiecit, salinum non neglexit et, ne quid ad
mensae apparatum deesse Tiderctur, duds circulus aereos, quibus paropsidrs
25 snstentantur, in mediam meusam coniecit. Quibus coiüectis inox pauibus ex
eanlstris depromptls mensam per certa interralla onerare stndnit. Eteece *
in eodem temporis puncto Megadipsus intronipit gestans ampboram
cerridae commante in dextera et aliqnanta fictilia pocola in sinistra, qnae^
nbi amphoram deposoit, ittxta panes in mensa lite colloeavit. Mensa
80 igltor hoc apparatu instnicta Dromo festinabundus dngnlos polTÜIos ventose
timentes in singdas sellas iniidens, eas in circdta mensae ponere caradt
1 coquitur] (Ior..qnitiir B. nostrum orbem] nostram urbem B,
tinaej tirmae A. J) listula] phystnln A, phistula B, {) sropai*] scobas A.
1) Terrere] vertere Ä 21) deniquej deinde JB. 28} dextera] dextra B.
11 ttna — dolium.
ü} luuL'SLra clathratu, i. e. clathris muuita, ap. Plaut. MiL 2, 4, 2G.
4) aqualis, ac. iirceua, est vaa aquarium. Plaut. Cure. 2, d, 38.
18) stacte (onniTin) est qnoddam genus aromatis; cf. Plaut Truc 2, 6, 29.
14) casia sive cassia (/.a^ta, xizzii) est cortez quldaiii odorifer,
lö) cntillo. i. p. cntillonini llirurritor = ganeo Slve belUO.
21) mappulaü niaiuKuiao, ,S<.>rvietton*.
28) stojrnei orbicuü, .zinnerne Teller.
24) paropsis = paüna dve patella.
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XA, BartiralomMi Cokmimi^s opistola niythologicft.
188
Interim Megadipsus, com malluviain abesse praesenserat, illico in tncUniam
properat aUalmn gattoniiiiiii com aerao labro ac mappa maanali. Qnibuper
emD in cabicnlnm intiolatis accorrit Panneno noster dicens: ,0 mi here,
pnuidimn, nt intsisü, cnratnm est probe; nbi Inbet, iie licet accobitom/
<)iiod com audivi, inssi Sidonium nanas saas ablaere, ablutas linteo ezteiv 6
gere, deinde ad mensam arcumbere. Sidonins vcto, nbi maims suas
ablnerat et ablutas absterserat, aliquantiihim subsistens pedetn samn fixit.
Qnod ego cum vidi, mirabundus inqiiam: »Quid eonctaris» o Sidoni,
mensam nrredere? Timen' te virides serpentom spnmas aot aconita potoriia
vasis ebibiturnm?' lo
Sidonius. ,Non, edopol,' inqiiit, ,aconita pertimesco, ner virulentorum
apumas .snpontum, sed mensam accedere cunctatus mm, quia indignum
putavi ine prius ad meiisam uccumbere, quam tu hunurutiorem accubitom
in mensa obtinnisses, Quis, patas, non dieeret me liominem rmtieaBiim
et ftbaHbm stipulis rndiorem aot qnemlibet alimn inter capros Tifcamis
tramegisse, si videret me primot recabitna in mensa aasn temenrio
hero meo atante occapare et snperioram accnmbere?'
Cui ego: ,Accede/ inqnam, .intrepidus et qvemvis locom in mensa
occnpa. Ego enim non sam domi, sed aUo pransurns; hesterno quidem
vesperi vocntn«; unm n praocipuis mcis amicis ad hodiernam praadinm« nt»
me hilarem convivam apud eos aperem.'
Haoc nie loquente Dromo inquit: .Serius est iam nunc, quam ut
alio ad quodlibet aliud ronviviuni oa.';: iam enim meridies ibit in vesperam,
imino vespera, si qua fides stomacbo meo famelico babenda est^ ibit in
noctem/ »
Et ecce in ipso temporis puncto sonuit primam diel horam post*
meridianam. Qnod nbi andivi, mox ad hiterem properavi manns meas
ablnenSf quibns ablntis et eztersiB ad mensam accnbai inbens Dromonem
ire in colinam allatom edulia, qnae sunt discumbentibus primo, aestivis
dum taxat diobus apponenda. Et ecce dicto citius attulit mihi Dromo so
edulium confnsaneum ex cnidis horbulis, lactnca scilicet et nasturtio,
confrrtuni, aceti) pert'u^um et olivo inuuctum. Sidonio vero apposuit
sorbitiunculam ex ovis gallinacois vinoque et pulvere aromaticu ronfertam.
Quam cum Sidonius partim cochleario exhausit partimque scutella ambabus
manibuä ad os admota exsorbuit, tum ego iussi Dromonem patinam cum 35
reliqnüa berbaram — quoniam ex hetbnlis tantam ederam, quantnm mihi
12) cunctatns) parataa B, 2i) Taq^ri] vespere B. 33) eonfectnm
deevt in B, 36) exsorbnit) exorboit AR
1) malluvium (manus et luo) vas est, quo lavautur mauuB.
2) gutturnixim (a gutta) genus vasia aquarii est
82) naaturtinm (a naao torquendo) genua est herbae, qnod ium
dicimna yK^eaae^
8fi) aentella genua vaaculi rotundi, semieoncavi est.
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134 MiUeilungen d. Ges. f. deutsche Eniehungs- u. t$chulg€sch. VIL
labuerat — tollere ot alind fdulium ocin« apponoro. Apposuit igitur mihi
patinam cum ovis l(»iiLra elixatiuue durutis, testa exutis. bipartitis ac i)f'tro-
sülinn niiuutatim cuiniso respersis et in acri aceto natantibus. Ante
Sidouiuin vero posuit patellam cum binis ovis testu adhuc inclusis et in
ficalido cinere ad ignera leniter versatistac percoctis. Interim Megadipaas
amphonun cervisariun arripiens fictOia pocula ad snniinam nsqiie orificium
adimplere caravit Qaibas impletis iossi «oodem ire primo in cellam
Tinariam allatom cantharnm vini vetidi. et deinde in discabitorivm allatnm
dnos vitreoB calices mnltinodes ceteris capaciores. Qnos «bi nna eam
iocaatharo vini attnlerat, inssi calices aqua effricaii ac elni, elutos yia»
aflluenter implori et in mensam ante nos statui. Cum vero ex ovis uterque
tantum, quantum nobis collubait, absumpsimus, itt^nim inssi Dromonem
patinas tollere et alia ojj^onia imbis appoiiero. Posuit jijitur ante nie
pulmeutarium ex bubulis cai-nibus te--ellatiui ronci^is ol uvarum passanim
16 acinis interiectis confectum ac pulvere aromaticu alVaüm couditum. Sidunio
vero apposuit pisoea flnviales, quos lacios vocant, aromaUco liquora
imiantes et snavi sapore percoctos.
Tom ego inter od^nm dizi: »0 Sidoni, cogitabondns videris; na
laetas, altinge palmentariiim, noli Terectmdari; neminem ad mensam, ot
20 nosti, verecundari decet.* Et cum diclo propinavi ei roeam vitreum ca-
licem plenum salienti vino, quem ipse ex mann mea cxceptam ad iumm
nsqne fundum raptim ot sine Interspiratione, ut antistitem Bacchi deoet,
exhausit Vh\ \vro quid niodicnm ox obsoni«» ntprque suo prau^^ns ♦•ssct,
iussi Dromuufm illasce dapes amovere et ocius alias ante nob appoiiere.
26 Apponebatur ipitui- iiiilii < apus illaridatus tt ad ijrnem crebro volumine
versatus ac peicoctus, cui adiiciebatur stagnea quacdam patella cum olivis
ex Yaae eoadin^ario recenter deprumptia. Ante Sfdoninm vero pane«
batar opiparum fercolnm ex sturione asram et piperis gingiberisqae polUne
et aaccaro affatim conditnm.
» Merim Megadipsns ntrumqne pocalum fragranti Tino adimpleTit»
atterum mihi porrigeDS et altenim Sidonio. Sidonius vero cyathvm ribi
porrectnm dextera saa tenens sie inqnit: ,0 mi here, hunc cyatham dimi-
diatnm tibi, si labet, propinabo/
3) bipartitis) dispertitis B. 5) Ante Sidonium veroj Sidonio vero
27) stagnea] stannea B. '60) saccaroj sacharo B,
9) discubitiiriuni copnaculum,
10) vitrei culicet» mulUnodes ceteris capaciores, suntquoa nosappellaro
aoIemUB «Rbeinweinglflser*.
30) verecundari, gennaniee ,btöde sein, eich genieren'.
20) opiparua Ost delicatus, abundans, copiosus. Cf. Plaut Ifil. 2, 1^
29; Capt. 4, IJ. Per«. 4, 4, 1.
3it 34) L't nostri cives Academici dicere soleiit: ,Geitattc mir, Ihnen
einen Halben vorzukommen*
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14. Bartholomaei Colonieusis epUtola mythoiogiea.
135
Cui i'<^o: ,gui(lm luberet? Si totum cyathum mihi propinaveris,
suscipercin quam lubentissime.'
Sidonius. ,Et quando,' inqait, ,tibi lubet, toluju » aliccni tibi propi-
nabu.' Et cum diclo cyathum ori admotum funditus exhausit exbaustumque
inssit Megadipsum readimplere et readimpletum ante me, nt eln]>Qffein, &
apponere.
Cui ego: ,R^tine tibit* inqiiaiii, ,calicem tanin, o mi Sidoni, ego Irnnc
menm calicem, quem dextera sostineo, eodem, quo tn toum» pacto ez-
banriam/
In ipso fenne momento Parmeno se introcapcssit gestans diios panes lö
dbarios, alterum snb dextera ascella et alteram sub lacva, et Ugnenm
alveum in ambabns ma&ibns plemim pridiania canübus frigidis, utpotc sin-
cipite auillo, perna semiesa, callo et clune aprinis et duobus longis farci-
minibus mtilta adipe rcfertis. Quem Mcgadipsus utraque mann la<^tabui!'I'!s
excepit et exccptum tabulae, quam Promo duobus subselliis tripedibus 15
pano intervallo a se invicem distantibus iiiiecerat, superimposuit. Interim
Promo panes memuratos ex sub ascellis Parmenoiiis excipieas alterum
iuxta alveum in tabula collocavit et altemm ad pcctus suum laevtun admovit
et admotam in dnaa partes cnltro suo pauario divisit, quaram alteram sibi
retinnit et alteram Megadipso porrexit. Pane igitnr bipertito et in ntmmqne »
diviso Dromo dicto citios dexteram in alveum iniiciens dunem aprinum
arripnit et arreptum cum pane altemis morsibus occoepit devorare.
Megadipsus vero manum suam in eatinum pari coloritiite immittens pemam
semiesam rapuit et raptam rictibus suis admovit, admotam cum pane
vicissim satcu^it inglntire. Eodem fennc pacto reliquum panem cum 25
reliquis caniilnis, ut famelici lupi, infulscnint ac devoraverunt. Absumptis
igitnr carnilms alveum «"xinnnittnn oxsortis liimuls, cattomm instar, liguri-
erunt, ut tos, si eorum inghivu iu coram spectasses, ad iiuos usque pedum
digitos exinanitos fuisse putasses. Tantae enim eraut gulac, ut, medius
fidins, rapacitate cum Harpyiis et Toracitate cum Cerbero aequo Marteao
eertassent Numquam sunt Itam saturi ant cibis distentl, quin relinquant
in Tentre cellae nni loeum, nbi reliqaias mensae meae, si eis apponerentnr,
recondant
Ubi illasee igitnr dapes* quibns duo edacissimi Inpi content! fuissent,
in breviculo temporis momento absnmpsissent, devorassent et inj^ntisseat, as
taata afficiebantnr siti, nt ipsnm mare, qnod omnes terras omnifiurlam et
l'V) semiesa] semesa B. 15) excepit et deeai in B. 24) semiesamj
semesam B, 27) exsertisj cxertis AB.
18) ascella — axilla.
lö) perna oat coxa porcinu.
27) satagere = festinare, ap. Plaut As. 2, 4, 34.
86) omnifariam = nbique.
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186 JUtteilniigeB d. Ges. t dAuUclie Bnlehmig«- u. Maxwell, VII.
paene uiidique versum circumflait, sitibundis faacibus absorbere posse vide-
rentur. Cucurrit igitur Megadipsas in cellam cervisiaxiam allataui umphoram
qnandam capacissimam plenam cenrisia commwii, qaa vaea cervisaiia, quae
efferbnemnt, sappleri debebant Haue ampnllam per Megadipsum in eobi«
.a calnni introlatam Dromo et Hegadipsos altends bamttbiie ad tutbidae nsqiie
faeces exsorbaenmt» nt eo« uoii bommes, sed inexplebües Gbaiybdes et
eervisiae banitra patasses. Exinanita igitnr amphora iussi' Drouionen
paropsides nostras tollere et lancem cnm botyro flaventi, nec non et
canistnim rtim rascis btibtilis et ovillis mcnsao superimponere. Interim
loMegadipsus caliro? )K)«rros vino implevit, quos facili opera ebibimus: ebi-
bitos readimpleri iussimus et readimpletus ante nos apponi. Ubi ven» ex
butyro et cuseis quid modicum insumpsimus, iussi Dromoüem patinam cum
batyro et canistram cum caseis amovere et, si qua bellaria haberet,
apponeie. Apposait igitar nobis doas paünaa cwn pomis, quamm altera
15 erat semiplena cerasia aqua perlutis et altera plena flavis et lividis pmnis,
itemqae calaiümiii cam malis acidia annieulis et praecocibna bomifl. Ubi
vero bina temave ex qidbiulibet pomii uterqne insompsimiu» iasd
Dromonem reliqua tollere et deiode linteum meneae eam apparatu suo
removcrc. Hemoto igitur mensae Hnteo iussi Dromonem alveolum aleae
ao cum t( sseris et orbicnUs illieo affecret nt animos nostros lade aleatorio
recrearemus.
Quod cum Sidonius audivit: .Ali. noli,' iiiqtiit, ,iinpcraro, uti tabula
aleatoria aiferatur. Cerebruiu meuiu linditur et cor mcum quidem guttatim
contabescit, quasi in aquam indideris salcm, ubi istius ludi aleatorii fit
26 quaque mentio.*
Tom ego: ,Qiiam ob cavaam?'
Sidonias. «Causam dicere probibeor.'
Bartbolomaens. «Quis,* inqnam ,probibet?'
Sidonius. ,Ariolare.'
80 Bartbolomaens. .Dolor/ inqnam, ,et pudor.'
Sidonius. ,Recte ariolatus es; nam mc sitpptidot dicere. quod non
suppuduit facrre. Dicam tarnen, b'rot dolor et pudor obstdit, et cn incipio :
Hi«" ludus, dum adolescens eraiii, exuit me miserum in quadam cauponula
pniiiu Omnibus nummis meis pracsentariis cum mutuaticis, deinde villis,
35 agris et possessiunculis, nt ne hara quidem sailla mibi superesset, aut
6) exsorbuerunt] exorbuerunt AB. S) paropsides] parapsides A.
20) Ulico] iHco AB. 23) finditor] funditur A. 2i) contabescit] tabescit B,
18) bellaria dlenntur secundae meneae eseulenta, ut nncesi mala etc.
16) hmnua est bnius anni ibeurig).
29) ariolari vel harlolari bic oignifieat susplearl aive conlectare.
84) nummi praeaentarU aunt numnu praesentes, et nummi mutaatiei
eunt nummi mutuo aceepti.
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«
14. Barchoiomaei Uolonienaia epistola mythologica. 137
tantiiluiji loci, ubi catellus cubilare posset, postrumu vero omnibus tunicis
com amiculo et rrepidulis, ut ne iutima quidem tuiiicuia uiilii superesset,
nt te, si aftdsses, hob homiBoolBm deandatum, sed eucidui Ubeimim
deplmnatiiiii speetare pntasses.*
Bartbolomaens. >Papae, quid iam ex ta*, inqoam, «audio?* s
Sidoniiu. Jd qnod remm est.*
Bartholomieos. ,Si istaC, in quam, .Tamm est, quod commemoras,
panperior eras quam Diogenes ille Cynicus.'
Sidonius. Jmmo, longo pauperior; nam illi reliqunm erat dolium
vrrsatile, quod ad faciem solis diurni, instar solstitialis hcrbae, obversabatur; lO
UM Iii vero prae nimia paupertate ne cavea quidera viminia, sub qua frallina
cum pullis suis succtibare posset, erat: illi erat tunica interula, palliolum,
quod superue circumiecerat, et pedom tegumenta, baxeae, mendicorumqae
anpellez, baenlns et pera panaria; nihi vero, proh dolor, nihü boram erat.
Non modo non videbar Diogene, Temm et qnovis mendico circumforaneo u
panperior. Qood com, licet sero. animadTeitiflseiD, nee idlnm verbtua ae
ne tadtnm qnidem geraitoin quivl emittere; poat aliqiiaiitaliim temporis oc-
coepi meaxn fortunani meosqne eaauB grayiter ingeiniseere et vacaas maniu
saepicule complodere pedesque ineertis altemationibus commovcre, modo
hanc. modo illuin capitis partem, qnae mihi non pmriobat, adscalpere et 20
ore semiclauso balbutiens, nesoio quas, qucrimonias eifutire. Tandem dolore
ingravescente subito velut lympbatirus incepi victorem meum, immo. lierrle,
exspoliatorem, onmibus maledictis, quae (juivi comminiscicr, oiK^rarc. com-
pellans eum tntuicm, latrunculum, sicarium, veiienanum, patriae proditorcm,
parricidam, sacrilegum, periurum, Icgirupam, pemiciem adolescentam. Etas
com dicto Ubratnm pagnam in ora eina impegi, nt gingiras eins edentarem.
Ipae Toro exteraplo mihi capnt correpto de mensa alTOoIo excerebrasset,
nisi nnns ex coUnsoribns nostris, Misargyroa nomine, qni adaedebat altrin*
aecns inteipediaset et rixas nostras intercesan ano diremisaet. In ipao ferne
temporia puncto accnnit minister canponlna, qni me miaenim affatim plagia ao
castigatum forinsecns abiecit et tris canes villaticos, feros atque immanea,
e cavea sua, in qua per tempus dinrntim concatenati cubant. emisit. Qni
simul, signo solito ministri rauponii incensi atque iiitlauimati furio viqni^
rabie conriti et allatratibus etiam absoiiis horrendi, euiit in me misenim.
Quod cum vidissem, illico silicem quandam de via tremebuntius corripui, 35
correptam in capnt propinqnioris canis accurrentis magno nisu contorsi;
sed impeto casso per extremnm dorsinn transcnrreiis lapis contra opinionem
13) tegumenta] tc<;imenta R 17) ne] nec ^1. 23) exspoliatorem]
expoliatorem AB. 35) quandamj quendani B. Z(V correptam] correptum B,
Ii f;itcl!iis dfiuinutivura, est catuli ijnng^os Ulkndchen).
12) luiiita intfrulft = intima tunicula iHemiü.
26) ^iii^ivae sunt partes oris in quibua dentes sunt.
29) üitcrpedire = impedire. Ct. Mticr. 8at 7, 12.
80) Minister canponina est, quem noa vocamna vel ^Haoatcnecht'.
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138 Mitteilungen d. Ges. l. dcuiache Erziehungs- u. Scbulgesch. VII.
meain deciderat iü tt rrarn iniioxius. Quo hipidis iactu caiüs, alioqain ex-
i^eiatas, ftiriosas me miseruu rai>kk> hctu aggreditar, a^r^sum t4;rrae
gnviter applosit, applosuni ipse fMterit eaidlms coadtetoribi» nembntiiii
disoerpere tentBvtt. Sed in eodem paene momento accnrrant viril nistieaiii,
squi meuin misenbüem nlnlatmn cognovere, feitmaboBdi snppetias, hi cnm
fbstibiis, isti cnm fbrcis bicornibns, illi Tero cum perticist qaibos segetes
demcssae in am flagellaatnr. Qni nln appropinqnavere, non modo «imis
suis nisticis, veram etiam sablatis clamoribas canes abs me abegernnt.
Abactis ipitnr canibus me misemm humi ?npinatam in pedes stfltnerant
10 et corpore meo sanguinem laciniis et quibuslibt t alit« pniiincnlis deterscnmi.
Petcrso idtur sanguinis profluvi«» accessit quidani ex vicmis moi^, cui
nomen erat Eleus, qui in«- miserum approhensuni ad aedes fratris mei
maioris natu Alexeos perduxit. Qui ubi cognovit mc a canibus admorsum
et varüs vnlnenbvs distractnm, statim medicam Tnlnerarinni com pyxi-
is dicnlis migaentariia ex nrbe proximiore acciri fla^^tavit/
Hactenaa adhnc Sidonio fabtdante ego sermonem eins faisce Teibb
inteirapi sie mquiens: ,Tace, tace» mi Sidoni sat historianim est. Tu non
niai tristia commemoras; ego, mehercle. toIo animos nostros vel ludo quo«
piam vel canta lyrac aut tibiae oblectari.' Et cnm dicto interrogavi Dromonem
ao sciret artem tibicinariam . quae acnto tinnitu et gravi bombo rnncentnm
musirnm mifcot, nfcnr*. Respondit antfni illo mihi »mhi prorsiis nescire,
sed, si mihi hihfret, caneret mihi quunilibet suavem cantilenazn. Iiissi
igitur cum cautilenam quampiani duhüiit de love Optimo Maxiuioque
oecinere, quae cum aures nostras, tum maxime mentes sua modulatione
26 permnlceret.
Qnod cum fando andivit HegadipBQs: ,0*. inqnit, ,nii bere, ona opera
inbeaa enm in coelnm ire salutatam tno nomine lovem: tarn Ulnd poteat
qaam istad. Nostin' vetas proverbiam esse; »»Nihil cum fidibns gracnlo,
ant cnm amaracino sui?" Quisnam docuisset hnnc comedonem artem
somnaicam, quae ex longis et brevibas, acntis et gravibas gonis constat et
tam diversis et dissonis vocibus harmoniam con«5onam, ut ex te crcbro
audivi. reddit. Hic enim nudius tertius, cum Dionysia celebravimus, oc- *
coeperat quandam, nescio quam, cantionem quam maxima voce personare,
ut eum tragoedum, si audisscs, putasses, qui. ne claritudo vocis arteriis
35 obsolesceret, identidera boando raucitatem suam purgaret. Ego, mehercle,
1) alioquin) alioqui B. 9) statnernnt] atraverunt A. 10) et corpore]
ex corpore JB. 13) Alexeos] Alexlos B, 18) animos nostros deeti in K
qnopiam] qnippiam B, 21) ille] Dromo B. 24) quae] qua B. Sl) conaonam
dtat in B. 05) obsolesceret] abolesceret B.
10) laciniae = lacera iiuteola.
29} Nihil eum amaracino sui, (germaDice: ,WaB nützt der KohMuaeate?')
»p. Gell, praef. 19.
62) Dionysia eelebrare est Bacchanalia celebrare (Fastnacht feiern).
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14. Bartholomaei Colonienai« epiatola mythologica.
139
mallem opcjannitum vulpis, immo, pninnitum suis ct. nt vcriiis dicam, cla-
morem cuiusvis asini Arcndici obraucati quam voccs liuius Dromonis
audire. Et idipsum. ni fullor, malles, si ipse occiperet suo more cantitare,
hoc est, instar hacdi (»bvagire *
Cui Dromo: ,Nosti tu, iiiexplebilis ccrvisiae vorago, suavius quam t
ego modnkri? «nt potes lusciniolam Toce tau aequiperare? Car igitur
iion canis? cnr non probas te posse Sirainm qrmphooiani nmltiformibiis
moduKs «xsaperare? Die, bibio, die*
Megadipsns. Jam pridem cantaBaem,* inqoit, ,si herna mens me canere
inssisset; nihil enim debet scrvus boiiae ^gi, qfu^ ego snm, iiüassa beri 10
ani attcntare, si non velit eins indignationem infaustis avibus incurrere.'
Cui ego: ,Si autem', inqnam, ,putas te suavius isto modulaturum, illam
eandem cantilonam de love Optimo Maximoqup te nunc moduluri iubeo.'
Megudipsus. ,Nulla% inquit, .carmiiia de lovc tiio cam re scio; sed,
si tibi lut^ret. uccinercm suavcm quandam cantiunem de diis nieis peculi- i&
aribuÄ.*
Bartbolomaeus. ,Qtii annt', inquam, ,dii toi pecoliares, de quibna can-
tUanaiB etiam doleiaoiiaia te canere dlfen?'
HegadipsuB. «Dü mei% inqnit, «pecnliarea snnt veoter meus et eiiis
Qxor, sancta aaturitas. Qnos ego ab iheniite aevo in hone oaqoe diem, ut 20
Epicnreum decet, rrli^riose colui et colo et, quoad mihi vita supererit, colam
non modo pervigili anniversario sacro aut menstruis supplicationibus, verum
et diurnis norturnisque romessationibns et potationibus, quibus huinscemodi
dü plarantur ac tranquUlantar, ot mare non sit tranqaillius, cum alcedo
poUos educit suos.* 96
Bartholomaous. ,Abi% inquam, ,in malam crucem cum istis diis tuis,
quos bomo bonae fhigi prae nimio despectu ne pccudum quidera, nedum
hominnm, censeat esse deos, qoamqoam yos Epicurei, qui infra qoaalibet
pecndea vestram ob ingloTiem estis detrasi, eos deoa babeatis.* Et cum
dicto cooTeitt sennonem menm ad Sidomnm sie inqniena: ,Sidoni, postera ae
die ientacniatione confecta sarcintüis tuis aumptiB viam capesses et ad
patriam profectionem dtriges, herum tuum Pancratinm poatliminio revisurus,
qui advcntum tuum animo anhelo, ut literae suae ad me perlatac indicant^
opperifur. Qnod si di iuceps faoere distuleris aut in supinam procrasti-
natiuuem reieceris, herum tuum implacabiliter, milü crede, offendes/ as
1) oggannitum] aggannitum B. ')\ iiosti| iioslin B. >) cxstiperaro]
exuperare Ab. 14) tno dast in B. 'J'J) iiicnstniis| iiiL'iisariis i/. jf.') pullos
educit suosj educit puUos suos B. 27) bonaej bene B. ö i) inj B.
2:>) .Quam mare dolce eal, quomodo Ibi alcedo pulloe edodt auos/
ap. Plaut. Poen. 1, 2, 146.
31) icntaculatiu sivo ietitac uhim (I'laut. Truc. 2, 7, 4ü) eet commeBtio
seu rcfüctiu, (luae maue ante legitimum prundium aumitnr.
84) Bupina procraatinalio est dilatio provenlena pi;;i itia.
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140 ^itteiiuugen d. Ge». f. deutaehe Erziehung»- u. bchulgescb. VH«
Nondam haec finieram, cum Megadipsus verba mea mterrnropens sie
pneftitus est: .Hestemo vesperi fando aadivi latrones vias infeatare etTia«
tom qaosque pectmüs aardnisqne eiomenre.*
BtrtholoiiiMiis. ,Tace*, iD^uini, ,Dasigenile! Tannm est et oppido
5 iBhmm vias latruiculis infestari et viatoies depnedari. Esto, qaod latrones
?iaa tnfestent: i|itid igitiir viatori de auiima paoperie latnmcali anferre
poaaent? An ignoras, stulte, nodum quempiam non a decem milittbiu ob«
■ armatis exspoliari posse? Sidonius noster non solet esse pecuniis, com
profirisritur, oneratus, licet sit pora lagnnrula, ut philosophnm dcret,
10 sutfan inatus. Non tarnen hinc abibil iiicomitatu?, scd Dronio erit pedi-
sequus eius, qui gladiulo suo cinctus et ferrata ciavicula iostructus latro-
nibus erit formidini et Sidonio praesidio.'
Quod cum Megadipsus audivit, ridiculos iocos in Dromonem instnudt
sie inqniens: ,0 nü Dromo, ai via aalnti toae esse proYisnm, vade concilo
IS grada conanltnm haniapices ant, ai mavia, geoetüiacos, qni j^rodigioaia
artilnia res omnia poilfiitaras praenoacnnt, anper eiitn profecuonia tnae,
ne aeena fitciena infaoatia avibns iter cqteaaas et vitae impnidenter, qnod
du vetent, incurras.'
Dromo. ,Tua', in(iiiit, .quud nihil refert, ne eures. I'rüfeotio mea, nt
SO sit fausta. non requirit haruspicem cum lituo, sed crumciiani cum viatico.
non Cliaklaeuni cum rphcnipride, sed manticam cum paue et caseo et,
quod paono praetorierani. lagenam cum corvisia aut, quod mallem, vino.*
Ubi haec tiuicrat, dixi ad euiti: ,B(>uo äis animo, rai Dromo; postera
die dÜ8 benevolenlibvs inatiuam te largo viatico, quo et tibi et Sidonio
25 posaea eacalenta com pocnlentia in tabemia direrroiiia affatim eonq»anre/
Dromo. ,At tn, bere« quod te decet, fada, et nonquam faoere deati-
tiati, qnod ad officium booi et Ubwalia vir! quomodolibet pertinere videbatnr.
Nunc vero unum eatr quod a te Tdiementer peto. Qnaeris, quid sit illud.
Ut acilicet liceait nobia viam carpento conficere; Sidonius enim, qnod tute
ao etiam non ignora<;, est male pedatua, quam ob rem maUet caipento quam
pedibus viam couticere.'
Bartholomaeus. ,Non tutum est', inquara, , carpento viam scrupis
stirpibusque infestam capessere. Superioh Tero anno, cum patriam meam
1) cum deeit in ß, 2) vesperi] vespere B. 8) exapoliari] expoliari
AB. 18) vetent] vortant B.
9) lagiincula (a lagcna) nobia est «Flasche, Bouteille*.
11) elavicnln hlc * elava, non a elaida, deiivata est
15) genetiiUacua est aatrologua, qni conatnr alieui praedicere
ftaturoa eveotua ex hora nativitatls eine.
20) critmona cum viatico. i. p. raarsupium l)one luimmatum.
21) ephemerid est Uber, In quo sunt scriptae diurnalea diviuationes
aatrologorum.
29) carpentum est genua cuntut sive vebiculi.
82) aenipue idem est, quod calcnlus eeu acutus lapiUua.
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14. BartJiiulumuei Colonienais epistola mytboiogica. 141
Petitums quadrigas meritorias insrendissem et ad octavnm itineris mei
milliariam iam perveni&sem, carpentum caudicis ciuusdam toro, ad quem
sete lotanun orbes oÜDnderant» sabrwteliatiir «t me aToIntaiii «I w&umm
bQmlqiie ifteentem in invenam coopeitobal ic tegebaL Ne TobiB quid
nmile obtingat, magna eavtlo est adhibenda. Consaltiiu tarnen mihi viaam 6
est TOS paHiam eqnis qnam qnadrigis petere. Est mihi nrnis, nt scis,
eqnus Asturco toIlDÜm gradiens pro Sidonio, si esset mihi alter, pro te;
potent uterqae equo vectari/
Vix finem orationi imposui, mm Megradipsns inquit: ,Bono sis animo,
nii licre. Est raendicus quidam f'ircumforanoiis in xenodochio habens lo
asmum clitellarium solitum gestaie infantes eins impositos duabus corl nlis
hinc et hinc dependiilis, quem exiguo pretio, quoniam nudius quartus
mansuetiorcm pro infautulis suis gcstaiidis euicrat, comparare posses et
comparatam ezomare phaleris anrsiB et facatis ephippils et purpureis ta*
petis et frenis argenteis et plctülbas balteis et tintüiabalis perargutis, nt is
non Tideatnr esse asinns, sed eqans onoeephalns» qoi neu magis dedeeet
Dromonem, qnam olim eqnns bncephalns Alexandmm ülnm, Uacedonnm
legem. Ehern, et quod paene süentio praeteiieram, is asinns, quem
mcmoro, est ad speciem honestus, ad cnrsnram Tegetns et ad vecturam
validns, et Dromonem non modo pernicitcr, verum ctiam mollitcr pi^n ohct, an
quoniam probe ralcontus est comeis soleis a magistro artis laiifrrnariae.
Nondnm lios iocos finierat, cum Dromo in hascp voces prorumpens
ait: ,Abi in maluin cruciatum rum illor asino rlitellurio et desine mihi»
illudere, alioquin Euineiiidrs touubuul faces. Audis hoc, asine bipes?'
Megadipsos. ,GnrS inquit, ,mihi obirasceris? Si non Tmasino residere, as
insideaa alato Persei Pegaso. Qnid enim mea refert, quo inmento resideas,
ntrnm asini dorso, an eatti tergo, an pedibns iter capessas? Quicqnid ego
dlxeiim, pro commodo tno dictum pntato. Yerumtamen, ut mea fert opinio^
Satins esset te catti tergo insidere quam pedibus iter scruposnm aestitis
diebns conficere et iutertriginem ex dintino itineris labore contrabere. Est so
mihi rntttis pnicliollo rapite, oculis nigris, auribus acutis, naso decenti,
ore niiiiuto, niento raris setis obsito, cenice crassa, terfi;o obeso, vpiitre
mediocriter proiecto, cauda pilusa et in iustom longitudinem exporrecto,
21) calceatusj calciatus --iÄ, 21) lanternariaej latemariae AB.
28) tuo deeat in B.
2) candex dve codn = truncns.
7) Asturco equns est in Hispani» genitus (ab Aatorica genta ita
appellatus), qul tolutim, i. e. molli gradu et »ine succussaliuna Ingreditnr.
14) phalorae sunt ornanienta frontis ac pectoris equonim.
20^ pt rniciT'^r \' lociter. celerit«r. Cf. Plaut. Amph. ö, 1, 67.
27) cuttus est leliä inas (Kater).
80) Intertrigo (ex Inter et tero) est attritto vel eonflrieatio femomm
(ein Wolf).
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142 Mitteilungen d. (Jes. f. deuUche Erziehungä- u. Schulgeäch. VII.
pedibus lautis, pelle nitenti, femoribus einascuJatis et. ut unu expediam
yerbo, totus beilnlus. UU, si tibi lubet, capistrum tarnquam caotherio
jniice et capistntnni consoende, nt non videaria miles uinariu, sed
cattarius. Praeterea sunt mihi sex immaaea muret« qoos mosoipida mea
;6 ^Btolatis lardi ottalis inttracta intra hoc tridntim in cella penuaria gandi-
bnndiu cepi ; hos soccolo inclusos in catti pabidom teeum feres, nt peconiaa,
•qnas pro liniiismodi inmenti pabulo expendes, in pecdinm tnom conferens
ditior evadas *
Eo autciii ;idhur fabulante Dromo infrendens dcntibus suis pucnium
10 libratum in os eius iiicussisssct, nisi i t'O medius interressissem et ictuin
minitantis pugui brachio meo avortiss* üi dict^ns: ,Heii> tu. Dromo, si quid
dictum est per iocuin. nolito in serium euuvertcre, prat-cii>ae illud, quod
homo potnientns et animi impos cernaiae Titio dlxerit/
Dromo J7on placet*, inqnit. ,in mutam quippiam confeni qnod loqai
16 non potest; nam cerriBia, si fabnlari posset» ae defenderet. Sed hominea
minimi pretii iilico eonftiginnt ad ebrietatia accnaationem taaqaam in ali>
quod fani asylum et, qaae peasime fecenint, ea non snae temeritati, sed
ebnet ati attribuenda esse rlicanL Sed looge aeqnina meo indido eaaet de
huius( oniodi hominibus duplex atippUcInm sunere pro dnplid Titio, ebrie-
ao tatis scilicet et temeritatis.*
Cui Me{xadipsus: ,I1Ip extra noxam est cons('mlu>. qui id lacit, quod
dii eum farore rogunt. Osiris, cuius numinc aftlatus sum, cogit me hosce
ridiculos iocos iu te effutire. Si esscs mentis meae corapos, nulla mcrcede
possem induci, ut anum ridicnlnm verbiun Tel minimtua in te congercrem.*
as Tarn Dromo inqnit: »Harenlea, cnina ego nomine afflatna aom, eogit
me manua in boccas tuas inücere et ora tna temeraria pngnia contnndere,
nt deainant huinacemodi ridicnla in me effutire.'
Ea igitar inter eoa contentio longiua prodncta fuisset, nisi ego arbi-
tratus faissem non operae pr^inm esse eaadein has altcrcationea diirtioa
10 aadirc. lussi igittir titnimqne ol)tiiiit«><;rore et obstrepentes lingiias ilHco
compescerf. Et cum dieto inieci iiiaiiuni iiioam in marsupiuni cxpronuns
vicenos statoros arijpntoos, quos Drojuuiii pro utriusque viatico nianibus
meis atluuni< ra\ i din ns: .Dromo, hic sunt viceni statcres argentei, quurum
singuli pluris aostiniautur quam quattuur nummi argentci nostrates, quos
S6 stttferos vocant. Tide; ai qaid erit dnbium, immntabo.'
1) laotaa] latia B. 5) pennaria] penaria B, 6) hos) hoc B. 24) Tel]
etiam B. 27) hainacemodi] fanivsmodi B, 29) fiiissem deest in Ä.
2) cantherius est equua emaaculatns sive castratus. Cf. Plant AnL 8,
Ö, 21. Capt. 4, 2.
1) poruUum eät, quod aervus do domeoäo t>uo unciatim cumpm^t.
Cf. Flaut. As. 2, 4, 91.
22) Oatria traditor inTeniase primua cocturam eius potionia, quam
postea cervisiam vocabant.
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14. BMlholoiOMi CokmieiiriB «piftol» mythologica. 148
Nondum bosce Dromo m loculos mos diemiserat, cum Parmeno
cubiculam introgredieiis adoantiat Pbilotimiim noatrom com duobas nüiiiatris
suis mercenariis in veatibvlo domm meae stare et me ad piogoiasiiiioin
cervi femiir invitare. Qaod com andi?i, diii: ,0 Panaeno» die Pbüotimo
meo me e vestigio ad se Tentaram et ad coeaam secnm ilantm.' ParmeDOne b
autem abeoDte ego Dromonem in baec verba allocatos som, lic inqnient:
,0 mi Dromo, postera die Sidonio equitaiite tu iter pedibus, quando non
Cft tibi cqtius, conficies. Haud tu. hen le, luinisterin equi indiges, quoniam
potfs, ni fallor, Armenias tigres et Partliicas sn.t;ifta> velocitate praeire,
quod nunniiis toi iuterprctatiti astniere vidctur: Iinmiu cuiiii cursuni soiiat. lo
£t ue durities itineris plantas tuoä laedat, culceu tc ülm caiceis, quos
nadius qaartus pittacüs suppegiiti et davis caligarÜB suffixisti/
Et com dieto converti aermoiiem meom ad Sidoniom sie inqidens:
,0 Sidoni, ego som» ut andisti, coenatan» com PbOotimo meo, qd me in
vestibolo domos meae opperitor, ut ona secnm ad coenam perggui. Tu ib
Tero com Dromone meo hilares convivas boc vesperi agetis. Archimagiras
meoa Parmeno soppeditabit vobia escolentomm abundantiam et pocillator
meos MegadipsMS. idem promii«?, poenlontonim affluentiam.'
Vix haec praet';(tii fiieram, cum Sidonius surgens capnt sirum aponiit
et dexterain iiu'am appr^hcndit sie direns: ,Iam nunc volu tibi, mi ht-ro,
valefacerr et gralias pru tuis imiiiortalibus bcneficiis in me collatis, cum
non posbim referrc, saltem babere, si forte crastiiia die, qua binc abiturus
8um, non daretnr mihi valefadoidi on^rtoidtas; possibile est cnim me
cogi Inno, priusquam to te e lecto compias, abire et iter destinatam
capessere. Vale igitnr, mi here, et mihi ut mancipio too impera.' »
Tom ego: ,E!t tn, Sidoni, vale et iter destinatnm fanstia avibns
capesse Pancratinmqne, hemm tonm, meo nomine aalvere plnrimnm inbeto.
Itemm vale/
His dictis cubiculo exce??i ronf» ndons festinabundus in vestibuhim
domus, in quo erat, ut supra memoravi, rhil< tiiiuis mens cum ministris ao
suis mercenariis. Qu! cum primum me conspuatiis tui'rnt: .At tu', inquit,
,longas luoras m^i-ti>. Sonuit sextam h<»raTn vt-spcrtinatii, tcuipiis <"st ( ocuandi,
eamus ad uedcä nieua coeaatum, affattm cuncta duh i baporo, acio, suut
percocta.*
fEamos*, inqnam. as
Haec tecom, mi Pancrati, per literaa, ot ainnt, iocatns sum. Sed to
forsan iam nunc admiraberis, qood ego non dixerim obique Terisimilia
2) adnuntiat] annunciut B. il) culceaj caloia A. 11) caiceis)
calciis Ä. 15) opperitui'] operitur Is. 16) vesperi] vespere B, 20) dex-
teram] dextratn B.
10) Dromo curaum öunat, imtno curaorem.
12) pittacium est portio quaedam corii cocti, quo muniuntur soleue
caloeomm.
16) archimaginia latine didtur prinexpalis eoquua.
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144 Mitteilungen d. Ges. f. deutecbe Emehtmgs- u, bchulgeech. VIL
neque servaverim ubique in personis ar rebus decorcin scrundum praecepUt
artis oratoriae, itemqne quod nun servaverim ubique brevitatem veuusta-
temque et mundiciem comicae orationis. Sed nihil est, quod admireris, si
egu uülim saepium sudes vetustate putridas purpureis amiciie chlamydulis
5 tut caaau mm iuglandes aoreis intorsre bnoteiB. OUBciitt lam dndmn«
ni Mlor, quid Telim, qaonlam qnidem homo es nare aagaciore quam
eanis TenaticsB, immo, herele, qnain Toltiir ftmelicos. Sed de hac re «atie.
Cetermn nostS qnilnis et qmntis te ism pridem oneravi preeibns, nt mibi
remiUerea geometriam Eaclidis, theoricam planetarum et metaplqndeain
10 AiUtoteliB einn commentariis Thomae Aquinatis. Sed nondom cnrasti
remitterc; cura igitur propediem remittas. Vale et magi^tram Theodorirnm,
virum Pcripateticis di'^riplinis apprime eruditum et arithmeticae non minus
quam penmetriac pcrituiii, meo nomine plarimnm salvere iubeaa. Itenunvale.
£x Daventria, sexto Idus loUas M. CCOC. XC.
1) decorem] decomm B. 13) aritfametiiM non minus quam geo<
melriae] geometriae non minus qoam arithmeticae B. 14) IL CCCG. XC]
Anno nostrae salotis H. OOCC. XGYL B.
5) braetea est teniiistlm» lamina ex auro Tel atffento vel atio metallo
Habiicata.
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14. Des Bartholomäus von Köln sa^nhattes Sendachreiben. 145
Des Bartlioloniäus you Xöiu sageuhalXes Schreiben
an seinen Frennd Pancratius.
Bartholom US von Köln sendet seinem liehen I'ancratiiis besten Grusa.
Wenn ich auf Deinen schon vor langer Zeit an mich gerichtoten
Brief Malang nicht geaatwortetlMilie, wie ee meine Pflicht geweoen wBre, eo
mOgeet Du das lüeht rnetner SaiimBellgkeit, sondern -vlelmeiir den ver-
schiedenartigen Goechärtci). dio mich in Anspruch nehment zueolireiben,
indem ich durch so viele vnul umfassende Beschäftigungen hingehalten
werde, das« mir kanm die {^eeitmete Z»»it zur Erhohmg übrig bleibt, wie
sich jeder leicht vuretelleu kann, der da sieht, wie ausser den tiiglichen
Mtfreibenden ArT>eitenim Bciiuldienst mit seinen PfUeht-, Neben« und Ver-
teetungaetnnden nnd aneser den mnmteilMocliMien Anstrengungen, die
ich Tag und Nacht auf wisaensehaftliche Porschangen verwende, die Be-
streitung'' des Haushalten mir gewaltige Sorge macht, zumal in dieser
Zeit, wu mau unter der Teuerung nicht nur des Getreides, sondern jeg-
licher Art von Lebensmitteln überall, so weit ich sehe, zu leiden hat
Das ist al»er, wie Du aus eigener Brfslirang weisst» eine IieUde Sadie,
und mir kommt sie wahrhaft mühselig vor. So ist es gekommen, dasa
ich auf das durch Deinen Brienrntm mir überbrarhte Schreiben dio
längst gewünschte Antwort ganz und gar schuldig geblieben bin. Doeh
genug hiervon.
Uebrigens werde i^ D^en Bnkel Paulus, d«i Du mir ao angele-
gentlich empfiehlst, bis au dem in Defaiem Briefe angegebenen Zeitpnnict
in meine Obhut neiinx u. indem ich so eine günstige Gelegenheit erlangt
au haben glaul>e, mich gegen Dich dankbar bei^eipi'en und Dir dit- unvfr-
gessllchen NVuhlthaten. die l)u mir erwiesen, endlieh eiumnl vergelten /u
können, wus ich bislang, da mir die Gelegenheit dazu vorsagt war, nicht
vermocht habe.
Die aatrcmomiache Schrift des MarBua ManiUna nebat der Abhand-
lung des Hyginus Uber dio Gestirne, die I>u sehen so lango sohnlichat er-
wartet hast, würde ich Dir zug-e^andt haben, wenn ieh sie iij^fndwo
bei den Buchündieru oder Verlegern zum Verkaufe ausgelegt gefimden
hatte.
Deine Bücher jedoch, und namentlich den Sidonius, den ieh vor drei
Jahren von Dir geliehen bekommen habe, sende ich Dir aurftek. Iietzterer
hat nftmlich bislang bei mir in der Kammer ein Leben verbracht, das,
bei Gott, dem Tddesschlafe ganz Uhnlich sah.
Ala ich seine Schlafsucht schliesslich nicht mehr ertragen konnte,
rief ich ein Ober das andere Mal mit lauter Stimme: .Sidonius, wache
MitUiiiuogeo d. Ges. f. deutsche Enleh.- u. imlguaciacljU:. Vit 2 lä^T. ^
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146 IQtteUuiigttii d. Om. t dentachA Endakniigs- n. MalgMeh. VII.
auf! Sidonius, wache auf! Die Sonne ist ja bereits bi» zum Zenith
unserer Halbkuj^^nl ompor^fstie^on; du lio<^st ja. o Schmach, bis in den
hellen Mittag hineiii im Bett»-, schon ^'enug und üborp:pnug: hast du dem
Schlafe dich hingegeben." Du ich mit solchen Rufen uiclit«^ uuärichlete.
fing ich endlich an im Stillen nwdizudenken, was wohl der Gnind aein
möchte, daas dieser Widit ganxe Nichte, ef, was sage ich Iteehte? viel-
mehr ganze Tage samt den N&chten dazu ohne Jede Unterbrechung —
was wunderlich lautet und jichw-rr zu prlauhon i:<t — dnrchschlflft, so da>»s
er einem Toten ilhnlichcr üielit üb einem Schlummernden. Vielleicht hat
er Mohnsamen mit gieriger Kehle, wie man so sagt, verschlmigen. oder
irgend einen tScliIaftrank in machten Zflgen haatig liinuntergeapoit.
wahrend solche (jedunken mir wiederholt durch den Kopf gingen, hielt
ich OS fcliliortslich doch für da.s (Jeratenstt», in seine Kammer einzudringen
und ihn aus dem tieien J^chliit'e aulzurüttpln. Als ich an die kleine Thür
des Gemaches gekommen war, äug ich wieder mit lauter Stimme an zu
rufen: .Sidoniua, wache auf und erhebe dich!** Und lugleieh lclq>fte ich
mit den dem Daumen nftchatfoigenden beidoi Fingern leiae an die
Kammerthür. Nachdem ich einmal, norhmals und abermala vergeblich
angeklopft hatte, griif ich alsbald in die Ta.-^che. welche an meiner linken
Seite bini^. holte einen ÖcJilüs.sel heraus, steckte den-wlben in das ThOr-
schioss, da, wo dos SciüUssellueh äich befindet Als ich ihn aber hinein-
geeteckt und umgedreht liatte, zersprang er ia zwei Stttcke, von denen
ich das eine in der Hand Uelt» daa andere im Schloaae stecken blieb.
Angesichts diese? Missgeschickes stand ich zilhneknirachend da, und mit
kräftigen Fäusten h.liumerte Ich derartig auf die KammcrthOr le.s, das;»
nicht blos diese, sondeni auch das sämtliche Zirumergersit wie ein von
Windstösseu bewegter Strauch eraitterte. Als ich selbst mit diesen Fuuäi-
achlagen nichta ausrichtete, da trat ich einige Schritte von der Kammer-
thfir surttck, um in stärkerem Änsata, nach Art der Stiere, welche mit
vorgehaltenen H5meni auf einander loszugehen pflegen, die Thür eimnt-
rennen oder sie wenipstens aus den Angeln zu brinfren. Als diese end-
lich durch meine Fusstritte aus den Angeln geris5*en war, stürzte ich
schneller nlä ich es sagen kann, wie wahnsinnig mit gewaltigem Lärm in
das 8chlal^emach, indem ich so laut ala möglich rief: „Holla, wo ateckat
du denn, Sldoniua, daaa du mich auf mein Klopfen nicht eingelassen Imst?
Was treibat du nur, du Galgenstrick? Mögen alle Götter und Göttinnen
dich vernichten! Warimi jriebst du mir keine Antwort? Warum bleibst
du stumm? Hiust du denn die Sprache veriuren. du, der sonst ge-
schwätziger zu sein pflegt als die Dohle und ein grOsaeres Plappermaul
ala irgend ein Proach ?" Und damit führ ich mit beiden HBnden In die
Bettdecke und das Lemenseug des Lagers^ indem ich den Menschen vom
Kopf bis zu den Füssen eiitblösste, so da.ss Du. wflrest Du dabei q-e-
weaen, ihn nicht für Sidonius, sondern für einen indischen lirahmiaeu ge-
halten haben würdest; ach, ich habe mich versprociien, nicht für einen
Brahminen, sondern für eine Menschengestalt aus Hols hattest Du ihn ob
seiner ßtumpftinnigkeit und Geistestragheit angesehen. Als er nun so
blOBsgcdeckt war und kein Zeichen von Leben, geschweige von Schlaf,
verriet, da begann ich ernstlich daran zu zweifeln, ob er tot oder leben-
dig sei, oder ub er, zwischen beiden Zuständen schwebend, wenn es die
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14.,De8 BArtboloraftus von Köln sagenhaftes Sendschreiben. 147
Katurgeöetzo zuliesson, ein neutralem Wo^on (iarr^tollo. Während derartige
sweifelndo (iedankeu mir im . Kopfe hm uud her gingeu, kam ich schliess-
lich XU der Ansieht, daas aa doch wohl am goratenstaii boIb wflrde, wann
ieh niher hinzuträte und dureh gaachickt« Unteranchung harauabrachte,
ob etwa noch Leben in ihm sei. Und aogleich befühlte ich mit grflaater
.Sorgfalt, wie ein Arzt, den Puls st'iiics reclitoii Uiitorarmea, damit ich,
wenn übt'rh;iii[)t noch Leben in ihm wäre, die» an den Pulj»sichlügen ver-
spürte. AI» aber die mit meinen Fingern zusammengepre^aten Aederchen
Icainen Pulsaclüag und Icein Zeichen achlummemdan Lebana von aidi
gaben — sie standen nSmlidi wunderbarer Weiae ganz und gar still — ,
da ricihtete ich alsbald meine Hand von den Adern zu seiner linken Brust-
warze, unter dor. wie die Aerzte lehren, das Herz des Menschen steckt,
\\m wahrzunehmen, ob irgendwo Iii der iJrust noch Lebenswilnne ver-
borgen wäre. Nachdem ich ubo meine Hand auf öeiue Brust gelegt, tiol
mir eine gewisse, sehr schwache W&rmeauf, die, wie mir achten, allenünga
kein sicheres Anseieben von Leben war, zumal da ich auch nicht den
geringsten Atemzug verspOren konnte.
Ich fasHte also einen neuen Plan und nahm eine weiche Feder, die
ich ihm in die Nasenflügel tJteckte, um zu imtersuchen, ob er lebe oder
jiicht. Sobald diese ihm in die Naae gesteckt wiurde, schnellte sie sofort
infolge dea Gegenhauehes in die Lnft Das war mir aber ein Hauptbew<^
aeinea Lebens. Als ich diesen hatte, da wurde ich ungeduldiger als man
glauben kann, und sogleich schrie ich, so laut ich nur konnte, ihm wieder-
holt in die Ohren: , Sidonius, wache auf! Sidonius, wache auf!" so dass
Du geglaubt haben würdest, nicht die Stimme eines Menschen, sondern
das Gebrttll eines Stieres zu hOren, Auf diesen Ruf bin aber wurde er so
wenig wach, wie ein in tiefsten Schlaf versunkenes Meertcalb beim linden
Sttuseln des Zephyrwindes erwacht.
Als aber luu-h dies Schreien nichts helfen wollte, da wurde ieh
schliesslich huud;ri°eitlich und niachi<> mich daran, ihm mit meinen Nägeln
in die Ohren zu kneipen. Nachdem diese gezwickt und beinahe abgerissen,
fing ich alsbald «n, ihm den üMt bia auf die Schenkel herabrelchendai
Ziegenbart stellenweise auszurupfen. Und damit der Qbrige Teil des
Kopfes nicht uuverschont bliebe, griff ich ihm in seine vorn und hinten
herabwalleiiden Haare und riss diese wahrhal'ti;,'- bis auf die Wurzeln au»,
«o dass l)u nicht einen Kopf, sondern einen Ivürbis udereine abgeschabte
Hube zu erblicken geglaubt hättest. Er jedoch blieb so unempfindlich
wie eine BUdaftule. Als er nun in aolcher Empfindungslosigkeit veiharrte,
«Heg in mir beim atili«k Kacbdeaken der Verdacht auf, dasa dleaer Mensch
wohl am Stankrampf leiden, odw durch einen Zauberspruch betäubt, oder
von der C'irce, welche die (?eno«j<pn des Odyssens in verschiedenartig?©
Tiere verwandelt hat, verzaubert uud in einen Siel^enschhlfer uni^'^ewandelt
sein möchte. Aber während ich so nachsann, kam ich zu der Leber-
zeugung, dasa er nicht T^rzaubert oder eratarrt, sondern vom Scheitel bia
zu den Zehen vom Faulfieber befallen sei. Als ich aber daa heranage»
bracht hatte, Hess ich alsbald voll Unwillen meine Augen umherschweifen,
jeden Winkel des (iemacha sorgfftltip: durchspnhend. ob ich nicht irgendwo
einen Stock erblickte, den ich ergreiten konnte, um damit diesem Schlingel
seine Faulheit aus dem Kopf zu treiben, WAlirend ieh so umlierspahte,
10*
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148 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehuugs- u. Schulgesch. VII.
fiel mir ein Knfttel von Armsdicke in die Angren, womit ehedom mufc»
maBslich dio Hausthtlren verrammelt wurdon. Diesen ergritt" ich mm und
bewaünete damit, i*la ginge es zur Sciilttelit, meine Hände, dann, zum
BdlUge ftnftholend, UeM ich Hieb «nf Hieb nledereaueen und rnObete mieik
In geiraltigeti Ktanpfen «b wie ein lleieter der Ringschule, kh beabddi-
tigte nämliclv, ihn so lange zu verhauen, bis ich ihn aus dem Bchlafe,
nein, auB der Starrsiicht oder, richtif^cr ^osa^rt. vom Todo aufgeweckt hatte,
indem ich meinen Prügel für den Züuber8tab det> Merkur liielt, womit
dieser die Toten in das frohere Leben zurückzurufen pflegt.
Als er endlieh gemerlct hatte» dees die Sache mit dem Prflgel abge-
macht werden sollte, und dass er durch wuchtige Stockhiebe, wie daa
Eisen auf dem Amhns. weich f^ehauen -wurde, da rief er, po Iniit er nur
konnte, zu wiederholten Malen aus; »Waffen herbei, lieber (Jastlreund!
Waffen herbei, lieber Gastfreund, und konun mir zu Hüte Auf sein
Sdureien erwiderte icli, indMi ich üim den PrOgel unter die Angen htolt :
«Hier sind ja Waffen; solltest du sie mit deinen biOden oder viehnehr
schlaftrunkenen Augen ni( hf sehen, nun, dann sei mrr ganz getrost; ich
werde e<* wahrlich schon dahin bringen, dass du sie bis ins Haik Iiinein,
verspüren sollst."
Sidonius: »Wer bist du, Schurke, der du mich Armen derartig mit
BchUgen durchblftut hast, dass mein Leben auf dem ^iele steht?*
Auf seine Frage erwiderte ich: »Ich bin ja dein Gastfreund^
Sidonius, d' r ylch bemüht, mit diesem Z;iubf^i^tabe dich aus dem tiefen
Schlafe, oder vielmehr vom Tode ine frühere Leben zurHckzunifen."
Sidonius: „Aiier da soUfu dich doch Jtipitcr und all»- (Wetter ver-
derben! Nicht mein Freund, sondern mein Feind bist du, der du mit
diesem knorrigen Knittel mir die Seele aus dem Leibe treibst« widirend
du doch von mir nicht nur nicht thfttlieh, sondern nicht einmal mit dem
leisesten Worte beleidigt worden bist. Um dir den Anschein zu geben,
als gingest du mit Recht gegf»n mich vor. wfirf« f»f» sichon bitter genug'
zu ertragen, wenn du mich geobri'eigt. oder mit der Faust meine Kinn-
backen bearbeitet, oder mit I'eitachenhicben mir den Rücken verhauen
hättest. Jetst stehet du da mit dem Knittel, womit du mir die Seiten
blau geschlagen hast, ausgerüstet, als wenn du eine Schlacht auafechten
wolltest. 0 grosser Apollo, durchbohr^ dicfinn Hchandhnhon mit deinen
Pfeilen, womit du dem Python dir- Eingeweide durchschossen hast, auf
dass er seine Schandthaten durch Verwundung oder Gift büsse! Oder
besser noch, man schlage ihn ans Kreuz, damit er xwischen ffimmei und
Brde sehwebe, mit rlLckwArts gelegenen und nach oben gezogenen
Füssen, abwärts zur Erde geneigtem Haupte, die Hände auf den Kucken
gebunden, die Augen mit einer Bind^ verhüllt, während zwei in "Wut
gebrachte SrhfHerhunde sich zu bf iden Seiton an seinen Hinterbeinen
festbelssen, auf dass er lebend den Hunden und todt den Raben zum
Frasse diene und so einen seinen Schandthaten einigermassen ent*
sprechenden Lohn empfange, er, der, bei Gott, yerdlent hfttte, an swtf
Viergespanne festgebunden, durch Auseinandertreiben derselben zerrissen
au werden!"
Bfirtholoiii ins : ,Du sollst sehen, wie bald du Prügel bekommst,
wenn du niclu auf der Stelle schweigst, du Schurke. Du weisst doch
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14 Des Bartholoaiftiw von KÜHn eagwibflfles Sendadur^betu 14^
holltoiitlidi, dass nlenand iiiig6S(ir»ft in ein Wespennest sticlit. Denn
wenn du nicht suflidrst, solche schredcliehe VerwQnechungen Mf
Hnnpt herabsomfen, so werde ich es, beim Himmel, beute noch dnhia
bringen, dass auf dem ganzen Erdennind kein auch nur annähernd so
bejammornswerter Mensch zu fintinn ist \\ it> du." Und damit srhwang ich
den Knittel, alä ob ich zuachlugeu wollte, indem ich üim jedoch nur
SchlAge androhte, aber nicht anschlug«
Als er das sah, eigrilT er blitaadinell das IQssen, welcbes ihm anr
Stütze für seinen Nacken diente, and hielt es wie pinen Schild gegen den
Hieb vor, wobei er. sn laut er nur konnte, wiederholt ausrief: ,0 gros^<«»^
Apollo, hilf mir! O grosser Apollo, hüt wir! Denn ich bin ein Kliiü dea
Todes, wenn Du mir nicht mit Deinem gewohnten Beistande zur Seite
etehat"
Als er so jammerte, da wollte ich schier vor Lachen beisten, ao daas,
da mir <ltirch das unbändige Gelächter die Kräfte ausgegangen waren,
auch die K'frile, durch ihr eigenes Gewicht herabgezogen, meinen Händen
entglitten war. Diese nahm ich jedoch endlich, nachdem sich das Lachen
ein wenig gelegt hatte, unter meinen Pttssen weg wieder in die Hand,
Indem ich also sprach: „0 Sidonina, warum bist du von dem Qotte dea
Bdilafes, dem friedlichsten der Götter, zu Apollo abgefallen? Hast da'
denn unter der Fnhrttng tind Obcrloitmig dos Schlaffjottes bislang etwa
Kriegsdienste f^ethan? Antworte, ich bitte difli. Sidoninf. Glaube mir,
«8 Wäre für dich besser gewesen, wenn da von dem Schlafgotte zu
Herkulea ttbeiigetreten wBrest, der dich mit diesem Prügel in den ersten
IQunpfabungen unterwiesen und, wie du selbst, sollte ich meinen, sugeben
wirst, sie dir gründlicli beigebracht hat."
Sidonius: „Herkules möge dich Sr!> indbid)on mit seiner dreiknoti^en
Keule nieder.Hchlag-en I Vorhin ha.stdu uucii mit deinen fürchterlichen Hieben
zerbläut, und jetzt ziehst du mit allerhand tSpöttereien gegen mich
ZU Felde. Alle Götter und Göttinnen des Himmels, der Unterwelt und dea
Raumes, der daawiaehen liegt, mögen dich Schandbuben sdundvoU au
Grunde richten und von der Oberwelt durch die Abhänge der Erdschlünde
in den Zuaammenfluss des Cocytus und dos Plilog:eth<in hinabschleudcm,
damit du dort im Thränenmeer und l-euerpt'uhl für deine tichandthaten in
Ewigkeit gepeinigt werdest!" So jener.
Darauf nahm ich das Wort: „Du lieber Oott, was muss ich dn von
dir hören? So lohnst du also mir, deinem Oaatfireunde und Arzte, Si-
donius, der ich dich drei lange Jahre hindurch wie einen Siebens( hlfifor
in meinem Huuae gemästet und obendrein noch durch ein licilkriUti^es
Mittel kuriert habe? Du verdienst, beim Herkules, du verdienst, wegen
deiner Undankbaik^t die ärgsten, ja die allerärgsten Strafen zu erleiden!
0 ihr gütigen Götter, was ist denn nur mit diesem Ungeheuer loa?
Wenn es gilt zu sprechen, ist der Mensch stumm wie Pytbagoras, und
wenn er schweitren .soll, spricht er wie Epikiir und sclnvatxt wundorlicheg
Zeug, so dass man iui Zweifel ist. ob er diirrli seine Schweigsamkeit ver-
hasster oder durch seine Schwatzhuttigkeit lästiger ist." So weit ich.
Danttf entgegnete jener: „Ach, Jupiter, du Schiimer dw Gaat-
freundsebaft, was soll ich dazu sagen? Welcher Mensch hat Je einen
aolchen Gastfreund gehabt, der seine Gflste, damit sie nicht unbedeckt im
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150 Mitteilungen d. Ues. t deuUclie Erziehuugs- u. Scbulge«ch. VIL
Bt?tte lie^i^en, mit Kjiilteln zudeckt! der. wiewohl er nichts dagegen einzu-
wenden hat, dass das ROckleln seines Gastes beim Antrittabesuehe ein-
farbig ist, dennoeh auf keine Weise dulden kann« dass Rfleklein eine
Farbe zeigt, sondeni rieh abmüht, dasselbe durch l'QrchterlH he Hie])C ao
buntscheckig zu machpn. wie gestickte Vorliilii;;»' Dclor mit Tier<restalten
durchwirkte Tfpjili-he ! Liel>er ■wollte ich am >ii)rdi)ol oder in Alrika leben,
als dass ich im Hause eines derartigen Gastfreundes bUebe. Ich würde ea
▼erdeh«!, ao wahr ndr die QdtUur helfen, Schwanbrot» nelii, beim Her>
knleSt nngeriebte, aehmutaige und mit vielem Sand durchaelBte Kleien in
zerkauen und PfUtzenwamer ans der huhlen Hand zu Mnken, als vcm den
honiiTMOssen I^eckereien eines derarti;^eri (lastfreundes zu nwchen \md
Chierweiü oder irgend welchen andern CJidtertrank aus mit Edelsteinen
besetzten Schalen zu Mchltlrfen. Hatte ich nicht besser draut».sen im Grase
oder auf dem Strassenpilaster genAcbtigt, als In dieeem Ruhebette? in
welchem ich wie ein arlcadlacher Beel mit dem Knlttel verbauen worden
bin. und zwar von einem Menschen, wenn man ihn ttberhaupt einen
Menschen T)eTinf>ti darf, vor depf*»n (Irausanikcit der Altar des Bnsiris. der
Stall des Diomede» und der Tisch Uea Lykaon in den Schatten treten^
dessen Haus der Stier des Phalaris, nein, beim Herkules, der Vorhof der
Bftlle ist, in welchem daher mit grOeserem Recht Furien hausen würden^
als Menschen. Wahrlich, ich weiea bestimmt, dass Vulkan, Sonne, Mond
und Tageslicht keine schlimmere Folterkammer je beschienen haben. Ha,
und was ich heinahe vor^'essen hütfe. dieses Krokodil faselt mir vor, es
spiele nicht blos den Gasttreund, sondern auch den Arzt. Was kann wolü^
ihr grüUgcn GOtter, einAltig«r lauten und schwerer zu glauben sein, als
dass der den Arzt spielt, welcher einem die Rippen einschlugt, die Hnft-
gelenke auseinandertreibt nnd die Lenden lahm haut? Kiti solcher stellt
meines Erarht'^i'r- nicht den Hippnkrates. sondern den Henkeraiuiecht dar^
er betreibt nicht Arznei, sondern Schinderei,-'
Darauf bemerkte ich ihm: ..Sag, Faullenzcr, sag, pHe^^en denn nicht
die Aerzte, wenn es sein muss, eiternde GeschwOre mit d«n Seciermesser
auszuschneiden, oder mit glQhendem Bisen auszubrennen, oder gar — waa
schauerlich lautet und noch schauerlicher anzusehen ist — menschliche
Glieder abzusäigen?*'
Sidonius : ..Warum sag-st du das, du Erztaufjenichts?"
..Damit du. Einfaltspinsel, wissest," erwiderte ich, „dass der Arzt
nicht immer die ßalbenbflchse bei kranken Gliedern anwendet, sondeni
bisweilen, wenn es not thut, die Bage, das Seciermesser und glohend»
Platten.*
T>aranf entg^egnete jeuor: „Ich verstehe nichts von dem. was du da
sagst. Sprich dich, bitte, deutlicher aus, denn aus solchen Kedereien
konnte nur ein Oedipus klug werden, der die Rätsel der Sphinx löste."
Ich vefsetste: „Du verstehst eine Sache nicht, die klarer ist als die
Sonne am hellen Mitta^^:? Ich lege dir nnmilch keine Orakelsprflche dea
Apollo v<^r, dass du einer Sibylle als Auslegerin hedUrttest. noch Rätsel
d' r thebanischen Sphinx, dass du den Oedipus nötig hättest. Indessen,
um dir meine Wahrnehmung, soweit ich vermag, ohne Umijchweiie klipp
und klar darzulegen, so hOre: Die Krankheit, an der du schon seit langer
Zeit littest, konnte nicht durch Balsam, sondern musste mit dem Stock
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14. Des Bartholomäus von Köln sagenhaftes Sendschreiben. 151
ausgetrieben werden; deshalb beschloss ich, dir die Lenden nicht mit
Salböl, sondciik mit dem Stock ebunreiben, d«mit du nach endliehar
Wtodereriangvng d«r Geaandheit ein frObliches Leben fthren kOnnteet
und mir alsdann ein augemesBenea Honorar zahltest,"
Sidonius: „Willst du, Schurke» etwa behaupten, ich hatte an einer
Krankheit gelitten?*'
BarthulomUuä : „Das behaupte ich, und zwar mii vollem iiecht, da
ja nichta wahrer ist als dies, weder das Orakel Apollos, no4Sh der Zettel
der SibyUe.'«
Sidonius: „0 Jupiter, wer hat jemals auch nur gertlchtweise eine so
nnversch^lmte Lüge golißrt. die zu der Wahrheit in grellerem Gegensatz
steht als der Habe zum Schwan? Aeskiilap hat mir vor nunmehr fünfzig
Jahren eine kernfeste Gesundheit mit aut den Lebensweg gegeben und
mich vor jeglicher Krankh^t vollständig bewahrt, so dass man sehen
konnte, wie ängstlich er um mich besorgt war und wie ihn der Wonach
beseelte, für mich als seinen Sprt^ssling auf lange Zeit Vorsorge zu treffen.
Denn ich selbst würde mich für einen Sohn des Aeskulap nnd Enkel des
Apollo gehalten haben, hätte nicht meine Mutter, die in solchen Dingen
erfahrener ist, mich eines andern belehrt*^
Ich entgegnete ihm darauf: „Wahrliaftig, die Sache verhAlt sieh so,
wie icli .saf,'e. Ich habe ja auch gar keine Veranlassung, dir etwas vor-
ziifchwiiideln. Icli bin nicht der Mann, der sich mit Lügen abzugeben
pflegt, wie du selbst weisst, wenn du nur willst. Üebrigens wird die
Thatsache selbst meine Behauptung rechtfertigen, namentlich wenn ich
dir höchst glanbwllrdige Zeugen v<Hrl1lhren werde, deren Veralehenmgwi
du, sollte ich meinen, vollkommen Glauben beimessen whrst, auch olme
dasB sie ihre Worte mit einem Eidsehwnr bekrftftigen.'*
Daranf sprach jener: ..Das wirst du so wenig fertif^- brin}?en, als
wenn du Kcf^enwanser in einem Beutelsiebe trafen .solltest. Wo in aller
Welt wirst du denn, siig an, bitte, derartige Zeugen auftreiben, deren
einfacher Versicherung ich solchen Qlauben schenken konntet*
Bartholom&ns: ,Jn diesem meinem Hause werde Ich dieselben, wenn
ich will, finden; es ist nicht nOtig, über die Heere au setaen oder in ferne
Lande zu roit^en."
0 lieber Fancratius, damit Du sehen jetzt erf/ihrst, wie diese meine
Diener, die ich als Zeugen gegen Deinen Sidonius vorzuiuhren gedenke,
eigentlich aussehen, so will ich Dir einen jeden derselben der Reihe nach
getreulich abkonterfeien.
Mein Dromo ist von annflhernd regelrechter Statur, hat einen zier-
lichen Kopf, leicht gekr.luspltps. Iielihlondes Haar, fast zusammenpe-
wachseue Augenbrauen, lebhatte Augen, nicht zu weite, noch zu enge,
sondern mittelmUssig grosse Nasenflügel, eine gerade Nase, weisse Haut*
Üftrbe, kleine und feste Zfthne, einen hohen Nadcen, eine breite Brust,
mächtige Schultern, etwas lange Arme, kräftige Finger, einen massigen
Bauch, dünne Schenkel, elastische, nicht übermässig aufgedunsene, sondern
durch starke Sehnen zusammengehaltene Waden nnd Beine. Dieson
Menschen darfst Du, wenn Du etwas richtig besorgt haben willst, ruhig
damit beauftragen; er würde lieber elendiglich su Grunde gehen woUon,
als dass » nicht erledigte, was er auszufahren einmal versprochen hat.
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152 ]litt6ilttiigead.G«8.£d6tttteh8EnMui]ig»-iL8cbuIgeBclL YII.
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Davus hingegen ist, wie Du weiset, riesig grom, n&mlich anderthalb
Pubs langer ala Dromo. Sein Kopf iat klein und mifSmilich und atete, he*
sonders aber bei dar geringsten Bewegung, im höchsten Grade wackelig;
sein Haar i.st grau meliert und spärlich und fehlt am Sclicitel vollständig,
dagegen am Hinterkopfe hnnjrt es mehr herab, so da»3 es bereits soinen
isacken bedeckt; seine Augenbrauen sind struppig, die etwas blüden Augen
liegen tief in den HOhlen» die Obren hAngen ihm schlapp herunter, seine
Naae ateht in der Mitte mehr hervor und verengt sich nach unten, aeine
Nasenflügel sind vom Stockschnupfen verstopft; seine Hautfarbe ist sehwftn-
lieh, die Backen sind t^chmal, der Mund hochrot und recht breit, die Lippen
schwellend und voller Speichel, die Znhne ecki^i^ und luuh Art der Eber
hervorstehend; er stösst mit der Zunge an, sein Lachen ist unanständig
und um so widerlicher, als ihm dabei der Schaum im Halse ateht; er
haA €iin vielbehaartes Kinn, ein Gericht, das ausaieht wie sehaxfer Bssig und
Senf, einen steifen, seitwärts stehenden Nacken, eine schmale und mit
Haaren bewachaeno Brust, einen fast bis auf die Kiii^« h*»rrihh:!r>2-enden
Bauch, einen mit einem Höcker gezierten üücken; zudem hat er schlatie
Schultern, zu kurze Arme, zitternde Hände, einwärts gebogene Kniee, dicke
Waden und recht grosae Fflsae. Kurzum^ er gleicht im Aeuaaem so sehr
dem Charon, daas die meiaten ihn für deaaen Sohn gehalten haben würden.
Du kannst Dir nun selbst ausmalen, wie es im übrigen mit dem Menschen
beeteilt ist, da er den Beinamen „Vielfrass" führt.
Was aber den fulgendeu, Parmeno, betritli, so bemerke ich, das«
derselbe ziemlich klein ist, eine hohe kahle Stirn hat, mit Rusa und Kohlen-
staub bedeckt, pausbaddg, dickwanstig und etwaa krumm iat, gewaltig
grosse Augen, adüair herabh&ngende Backen und nach auawArts gebogene
Beine hat. Den rechten Fuss kann er nieiit prut gebrauchen, so dass er
sogar in den Wintertagen danut hinkt. Tarmeno 8chnn|)pte nftmlich, als
er noch ein Knabo war, einmal ein Stück bchweinetieisch vom Met^er-
laden weg. Da dies aber die Met^^rbuxscfaen mit ihren scheelen Augen
wider Brwarten des Parmeno bemerkten, ergriffen sie unaem Parmeno,
klopften ihm mit ausgestreckten und besonders mit geballten Plasten das
Wams au3. Icfxton ihn alndann auf eine rohe, soeben von den Rippen eines
geschlaclit'^t'Mi *)chsen ahgezntrenr Haut, warten ihn mit aller Gewalt in
die Höiie und iiessen ihn dann, luduui äie die Haut wegzogen, von oben
herab auf die Erde Adlon, infolge dessen er sidi den rechten PussknOchel
SM-braeli.
Dieser ist der leibliche Bruder des Megadipsus. Keine vier Tage
slud die beiden an Alter auseinander, aber an btihischer Verschmitztheit
ist I'armeno dem andern um mehr ala vierzig Jahre voraus. Denn der-
selbe ist bew egUciier als ein Tüplerrad^ je nachdem der Wind weht, wendet
er die SegeL Eine Zeichnung des Megadipsus möchte ich wahrhaftig lieber
gana unterlassen, als mit Worten geben. Denn es bedOrflo einer zu langen
Darstellung, wenn ich dienes UugetOm von Menschen veranschaulichen
sollto; (i:iss er nilmlii-h eine ^janz ttnnatl^rliclie (Jestalt. einen gewaltig
grossen Kupi, zottiges und wirres Haar liat, das einem Wulst von Werg
ähnlich sieht imd ungleichmässig struppig, kugoUutig ausammengeballt
und glnslich unentwirrbar ist wegen der langen Vernachlässigung nicht
nur im PrislOTSn, sondern selbst im Loswickeln und Ordnen; dass er
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14. Des Bartholomftiis von Koln sagenhaftes Sendschreiben. 153
iHMTstige Augenbniten, rote und hervortretende Augen, eine in der Mitte
melir eingezogene und nach unten hm sich orbreiternde Xasp. rnchi weite
Nasenflügel, runzelige Lippen, einen hn^^-^liction Mund, WolfszAhne, auf-
geblflhte Backen nach Schlanfremirt. ein ] iiifj:;»"« und mit einem Ziegpnbart
besftetes Kinn, aowie einen dUiiueu iiuid hat; du«tti die Farbe dm ganzen
Körpers aosser dem Gesiehte« welchee meistens dnnkelrot ist infolge der
Tnniksiteht, verschossen aussieht; dass er femer Migschulterig und eng-
brttstig und auch in Bezug auf die übrigen Körperteile bis zu den Fusa-
i^pitzen herab unebenmaesig und anormal ist — denn alles dies hersu»
zahlen, würde zu weitlilufig »ein.
Aber um nun endlich nach dieser Abschweifung auf meinen Aus-
gangspunkt suraclESQkommen, so bemerke ich, dass Sidonius gesagt hatte:
»Jene Zeugen, welche du sn haben dich rttlmist, die bin ich denn doch
begierig zu schon."
Ich eiitf^f^^iic'to ihm: „Du du meine Zeu^^t-u zu sehen wiinachest,
so will ich einen jeden derselben bei seinem besondera ^amen au rufen
und hierlier bescheiden. He, holla, Dromo, Davus, Parmeno und Megsr
dipeus, wo steckt ihr? Eilet schleunigst herbei!* Indem hierauf der
eine und andere und sodann mehrere horeinstOnten, hielt ich folgende
Ansprache :
„Was hftltst du von diei-en Mlknntrn? snir ;in, Sidonius. Wurdest
du ihrer einfachen Versicherung oime weiteres üiuuben schenken, oder
solltest du etwm noch einen Bidachwur verlangen? Sicherlich, wenn du
von Ehrenhaftigkeit auch nur einen leisen Begriff hftttest, so wttrdest du
ihrer blossen Versicherung ebenso gut glauben. Sie sind n&mlich uuge«
loffon von allen Mnnncrn, dio jemals ^^-clebt hahon, odor noch leben . ->finr
leben werden, die jjrewisbenhaltesten. Betraf^e .sie alr^o nach lk'liel)en Uber
deine Ivrankheit, und alles, was sie aittwortcn werden, sielie für einen
Orakelspruch Apollos an.
Bei diesen Worten brach die gause Dienexschaar eamt Sidonius in
ein schallendes Gelächter aus, so dass sie sich vor Lachen kaum auf den
Beinpn halten konnten. Niemals, beim Polhix, haben ^^ie an irgend einem
Tage, soweit ich mich erinnere, derartig gelacht, noch werden sie, glaubo
ich, in der Polgeseit lachen.
Als endlich das Oelftchter ein wenig nachgelassen hatte, begann
Sidonius den Davus mit folgenden Worten anzufallen : „O guter Mann, oder,
W(>nn du da8 lielier lu'nst. bester Mann, — sollte icli Kl^en. ."O m^f^cn es
mir die Götter ver/eiiien. — meintet du. ich hätte an einer Krankheit gelitten?"
Davus: .Jawoiii, imd ich versicliere es."
Sid<mius: «Aber wie soll ich das glauben? BmuA du es gesehen,
oder erzählst du wieder, was du gehOrt hast?"
Oftvus: »Ich habe es selbst nicht gesehen, sondern weiss es vom
Hörensagen.*
Sidonius: „Ein Augenzeuge gilt mehr als zehn (»hrenzi u^en ; diu da
hören, erzählen Gehörtes, die da sehen, wissen es genau, icii will lieber
den Augen als Worten Glauben schenken.*
Davue: »Weshalb sagst du das?"
Sidonius: ..Weil die Thataaidien sicherer durch das Gesicht als durch
das OehOr erkannt werden."
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1 o4 Mitteilungen cL Ges. t deutsche Erziehung»- u. Schulgesch. Vli.
Davus: «Ha« Sidonius, d* urteilst du nicht recht : verzeihe, wenn ich
di«wii Sati lu bestreiten wage; ich fasse die Dinge sicherar mit dem
QehOr als mit dem Oesidit tsat*
Sidonius: .Nun lügst du aber ganz gewiaa."
Davus: »Ich Ittge nicht; denn die Loge ist mir so verhasst wie die
Schlangen."
Sidonius: „Was du Wahres redest, Davue», daa iäi im Verhältnis zu
dem. was da eriflgst, noch nicht der tausendste Teil."
Davns: .Aber ich gehe mit dir Jede Wette «In, wenn ich In ii^end
einer Sache auch nur mit ebiem Worte mich der Lüge schuldig ge>
macht )i:ib*' '
Sidonius: „Aber, wenn du nicht lügst, dann hast du ja recht blöde
Augen.**
Davus: «Wenn du das witterst, so leidest du nicht am Schnupfen.*
Sidonius: pOho, nun ist es aber genug, Davue; halte Mass und Ziel
in deinen Worten."
Davns: >Ich pflof^c nicht bis gerade ana Ziel, sondern etwas davon
ab imd diesseits des Zieles, oder vielmehr, um der Wahrheit näher zu
kommen, weit Ober das Ziel hinaus su laufen.*
Sidonius: »Davus, es bedarf keiner weiteren Worte. Schon Iftngst
steht es ja fest, das» dein Zeugnis gar nicht ins Gewicht ftUt» geschweige
denn ausBchlaggebond iBt."
Daviif»: ,Waa eagat du da. Siobonschläter':' Hunt du etwa, wie ein
WÄgemeister, mein Zeugnis auf die Wagschale gelegt, um zu sehen, wie
schwer es ist?"
Sidonius: .Das habe Ich, und es hat sich als nichtig and gans ge*
haltlos herausgestellt. "
Davus: ..Jetzt sajn^t du abor. was man noch nie gelegen, wovon
man niemals pohört hat, und was vnu allem, was man ungeheuerlich nennt,
das ungeheuerlichste ist. Wer hat denn je gehört, dass man die Zeugnisse
der Menschen auf d«r Wage abwftgt? Ich glaube, beim PoUuz, dass du»
der du solches Zeug schwatseet, nicht recht gescheit bist und an Tiefoinn und
Sehwindel leidest, oder aber zu tief ins Glas geguckt hast."
Fidunluf»: Jioh zum Henker, d\x nichtsiinitzipt-r Srhlingell Meinst
du, es ginge mir wie dir? der mehr wie irgend ein Mensch Nieswurs
nötig hat, der nicht nur nicht durch ein oder einige Quentchen oder ein
Weinglas oder einen Becher Nieswun, sondern nicht einmal durch einen
W'asserkrug voll vom Wahnsinn geheilt werden kann . jn selbst der Vater
der Arzneikunst, A>'skulap. ^vürds nicht imstande sein, dich gänalich von
deinem Wahnsinn zu bcfrfifn."
Davus: ^i)b du dies im Scherz oder Emst sagst, weiss ich nicht;
wttsate ich abor, dass es dir Ernst wftre, dann wQrde ich, beim Heriniles,
schon mal anfangen derart su wttten, dass du In mir nicht den Davus»
sondern den rasenden Herkules verspüren solltest.^
Sidonius: „Was sagst du da, Sclilommer, was sagst du? Bist du
hierher ^^okommen, um Zeugnis abzulegen, oder aber, um zn raufen?"
Duvuh: „tieh zum Teufel, fauler Gauch, mit deiner einfältigen
Frage! Freilich bin ich nicht hierher gekommen, um mit Worten so
fechten, sondern mit Pausten oder vielmehr mit Knitteln und, tun die volle
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14. Des Bartholomäus von Köln sagenhaftes Sendschreiben. 155
Wabiiieit zu sagen, mit brennenden, vom Herde gerissenen Holzscheiten."
Und indem er das st^te, streckte er di« Zunge aus und grinste
Sidonins an.
Als ich aber da« sah, warf ich zornentbrannt Diu us einen grimmigen
Blick ztt, indem ich sagte: „1 >ic G '»^ff^r "Adllon dich verderben, <hi Schrerk-
gespenst, da du immer meine Angelogeuhcitcn durchkrenzost! Da^ habe
ich schon bei anderer (ieiegonheit, namentlich aber jetzt wieder erfahren."
leb hatte noch nicht ausgeredet, da fingen seine Kollegen an, ihn
wegzutreiben, hinaoBsaatoeaen- und au verhOiinen. Dromo aber, der be-
hender, vm nicht zu sagen wütender, war als die übrigen, ergiifP, wie vea
schw:u-7er Galle erre»^t, da.s Nachtgeschirr und warf cä Davua an den
Kopl, uulem er also sprach : ..Woiast du, Schurke, doiui nicht, dass der
keineswege» spricht, wie eä äich gebUhrt, welcher sagt, was üim gerade
in den Mund kommt? Da hAtteet sagen sollen, du seiest hierher gekom-
men, um Zeugnm abzulegen, nieht um Zank anzufangen. Abw du luwt
keinen Verstand, keine Einsicht, du taugst so viel wie ein fauler PU», ja»
boim Horktilps. oin verwester Loichnam ist mehr wert als du." Und damit
wart er den vuu Urin Triefenden tlber die Scliwello de« Gemaches. Als-
dann hob er fast im selben Augenblicke die Kammerthttr vor seinen
Fussen auf, lirachte sie in ihre Angeln, schob den Ri^l vor und sehloes
die ThOr von innen, damit Davus nicht hineinbrache und das Qemach mit
der schonssliehcn rrinjaucho voqjpstptp; denn üV)erall, WO er VOrttberging,
Stank die ganze Lut't von l'rin. wif die ürgste Latrine.
Mittlerweile iiel l^avus zum Herde und eilte mit einem brennenden,
ans dem Feuer gerissentti Holzseheit zum Schlafgemach, indem er mK
lauter Stimme rief: „0 Dromo, Dromo, wenn du dich rOhmst, ein mutiger
Kam})tcr zu sein, so komm heraus und tritt mir VOr die AugtMi. und hatte
dich nicht in den Erkon des Schlafzimmers oder, wa-^ ich elier glauben
mriehte. unter dem Bette versteckt. Uli werde es, beim Herkules, noch
heute dahin bringen, dass du auf dem ganzen Erdenrund keinen zweiten
Unglttcksmenschen finden sollst, der sich mit dir vergleichen konnte; ja,
wenn du jetzt das Viergespann Jupiters l)estiegest und von hier ent-
fcttnest^ auch dann wirst du schwerlich dem Verhängnis entgehen kOnnen«
daf dir T-.ngedacht ist. Hfttte mich nicht die Furcht vor meinem Herrn
zurückgehalten, so htttte ich schon langst die Thür wieder aus den Angeln
gerissen, wäre wie der Blitz in das Schlafgemach gebrochen und hatte
dein strftfliches Haupt mit diesem brennenden Holsscheit, das ich in den
Binden halte, ganz farchterlich zugerichtet Und das wOrde ieh um so
lieber gethan haben, als dann unsere Zuschauer in dir dielemälsche Schlange
erblickt hätten, wie sie Sumpfwasser anssppit, nnd in mir den Herkules,
wie er dir mit rächenden Flammen den Kopf ausbrennt.*'
Wahrend er in diesem Tone poltert, unterbricht ihn Dromo in seinem
Wortschwall mit der Frage*. „Sag an, du Erzdummkopf, wie kannst du
es nur wagen, mich zum Kampfe zu reizen, der ich dich mit dem Hauche
meines Mundes, wie der Wind die Blfttter oder einen Strohwisch, fort-
blasen konnte?"
Davus: „Was saget du da, Schurke? Du bist wohl nicht recht
gescheit, dass du mich fQr die HOlse eines Getreidekoms oder für Distel-
samen ansiehst, den ein leichter Windhauch hin und her durch die Lttfte
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156 Mitteilungcu d. Ges. f. deutsche Erziehiuigs- u. SchiUgesch. VII.
weht, wfthrend ich doch krältiger bm als ein gemästeter Ochs und mutiger
alB ein bemUmtar Lftwe! Daher fürchte ich dich auch ao wenig, als der
filephant die MOcke. Je, was fallt mir da gerade ein? Drohtesfe du,
Mücke, mir nicht neulith wiederholt, du würdest mi« h mit deinem Messer
so kurz und klein hacken, dass eine AmeiseuBchttÄr mich brockenweise
in ihre Zellen tragen könnte? Warum kommst du denn nicht eiligst
heran? warum eotsi^t du dich dem Kampfe? wamm wagst du es nicht,
ans dieser ICunmer, gleichwie aas der Ameiaenhöhle/ sum Vorschein au
kommtti. Sprich docli, du Ameischen, sprich?*'
Dromo! „Schweijr, Hch\vi'i|^, du einfältiger Schwätzer, \ipd Rj<»h
dich mit deinen Reden vor: ^ehe behutsam mit d<'in<'ni H»>sieger um,
damit du dir durch dein zUgeliosed Muul keine Strate zum Unheil für
dein Haupt aufladest Ist es doch s^bmfthlieh, wenn die vom Kriegs*
nnglOck Heimgesuchten sieh gegen ilire Sieger stola benehmen« und so
verrät vollends die grösste Dummheit, wenn man derbe Hiebe mit
nichtigen Worten erwidert, wie du thu,st. ■
Davus: ,.H«^re auf, Droim», du Pauiortrllfier der Husen und Anführer
der Hehkälber, dich jeiio» klciueu Siegen, den du crrrungen, so übermütig
au TQhmen, da dffcera der Sieger von dem Besiegten au Boden geworfen,
Oberwlltigt und mit Fttssen getret«i wird. Du sdbst weisst doch ver-
mutlich, wie sehr das Glück, welches man für die Verleiherin des Sieges
und der llhrifren derarti^-on VorzUfre ausgiebt. greneijirt it^t. seine schlOpfe-
rigen Irrwege und unsteten iStreilzUge und steten WechsellÄlle die Men-
schen Tag und Nacht verspüren zu lassen."
Kaum hatte er ausgeredet, als ich drohend sprach; »,Wenn du k^e
PrOgel bekommen willst, Davus, dann mach dich auf der Stelle von
hinnen, da du an der Thür dieses Schlafzimmers nichts zu schaft'en hast.
Beeile dich also, so ruach du nur kannst, dieses triefende Gewand abzu-
legen und irgend ein anderes, wie es dir gerade zur Hand ist, anzuziehen,
■owie dir den Kopf, die Hinde und das Gesicht mit Wasser absuwaachen.
Alsdann begieb dich in die Kflche, um die Sehttsseln ausauspOlen, die
Kochtopfe und das eherne Geichin- zu scheuem, oder Waaser in die Kessel,
welche am Feuer stehen, zu ^ies^s^en, oder wenigsten« aolehe«« in den Kohl-
topi zu thun. l'nd talls uit hts derartiges zu besorgen sein sollte, dann
nimm den Schaumlööei zur Hand und schlage die Eier, welche gesotten
werden sollen, in der SchOssel au Schaum. Wenn du diea ausauiichten
unterlftaet, so werde ich dich nackt an eine Sftule festbinden und so lange
mit Ruten durchpeitschen lassen, bis du dir meine Befehle merkst und
sie nächstens willig uuBftthrst.
Tnd daraut wandte ich mich an Sidnniuti mit den Worten; ,, Jetzt
möchiö ich endlich, mein lieber Sidonius, die ^Scherze beiseite lassen und
im Emst mit dir reden. Wenn du willst, sollst du mit 'eigenen Augen
sehen und mit Hftnden greifen, daas du aehwer krank gewesen biet.'*
Sidonius: «Gut, aber das wirst du so wenig fertig bringen, als wenn
du das Bild des Diogenes mit seinem scliäbi*rc'ii Mantel, seinem Bart, Stab,
Brutbeutel und seinen Sandalen in Stahl ausraei!*öeiu «olltesL*
Ich erwiderte ihm: »Ob ich das letztere vermag, weiss ich nicht;
das aber weiss ich bestimmt: ich kann bewirken, daas du fohlst und mit
Hftnden greifst, wie du «n einer Krankheit, und sogar an einer sehr sdiweren.
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14. Des Bartholomaus vou Köln sagenhaftes Sendschreiben. 157
gelitten hast, ich frag:e dich also: Würdest du zugaben, das» der an einer
sehr schweren Krankheit gelitten hat, dem, ohne daȊ er es merkte, der
Bnrt «ii«g«nuftt die Ohren serrMMn, die Stim und dae Hititerliaupt w>
kahl geechunden «Orden, daee du nicht ^en MoiacheDkopf, eondem einen
RdhenknoIIen zu sehen glaubtest?"
Sidonius; A!leidint?9 wtlrdo ich das ztigeben."
„Fol/i-licli, »prach ich, ^haat du an piner sehr schweren ivi*aakheit
gelitten, da dir duiii Bart, ohne das» du gemerkt hast, stellenweise
ansgeiiaaen, die Ohren serrteben, die Stira und das Hinterhaupt auageranft
worden eind, und swar eo' glatt» hnt, wi« dieae Band iat."
Sidonius: .Bah, schere dich fort, dn erzahlst mir Albernheiten und
reine Possen; denn auf keine Welae werde ich deinen Worten Glauben
schenken.**
Bartholomaus: „Lege die rechte Hand an dein Haupt, dann wirst
dn deine Wangen etellenweiee haarlos, die Oliren seraehunden nnd den
ganzen Kopf kahl finden."
Sobald er die Hand an den Kopf gebracht und seinp Glatzp gefühlt
hatte, rief er, in diese Worte ausbrechend, so laut er nur konnte: ,ü un-
seliger Tag, o unheilvoller Tag, der schwarz angestrichen werden muss,
wie "vieUiMhen und argeu Beachimpfungen haet da mich ansgeaetat! Hanta
ist mir der Kopf mit dem Schermeaser verhunat und bis auf die bloese
Haut radikal idlkgeschoren ; heute int irtlr der Bart atellenweise mit der
Sclicre abgeschnitton; beut« sind mir die l^ippen von Hieben büinahe
eingeschlagen niui, um es kurz zu sagen, heute» ist mir der ganze Leib
derartig mit Knitteln »erblaut worden, dass ich, wenn nicht die Götter zu
Hilfo kommen, gttnzlich am Leben ▼anweifeln mueal*
Darauf entgegnete ich ihm: «Höre doch auf, lacheriiehee und gans
einföltiges Zeug zu reden. Nicht das Hchermesser hat dein Haupthaar
dir abgeöi lmitteii. sondern meine Hand hat es mit der Wurzel ausgerissen."
Und daniit hob ich. indem ich mich bückte, petne Haarlocken vor nieinen
FtlsHen ttui, die ich vorhin »uageraull und auf dem Fu^sboden des Gemaches
nmheigeatrent hatte, nnd hielt aie ihm unter die Augen, indem ich sagte:
.Siehat dn die untersten Spitzen dieser Haare? Dieselben mögen dir zum
Beweise dienen, duss die letzteren nicht mit der Schere abgeschnitten,
sondern mit den Hftnden von der Wurzel an. nhne dag? du es merktest,
ausgerautt worden sind, was allein mehr als hinreichend beweist, duss du
au einer Krankheit, und zwar au einer sehr schweren, gelitten hast."
Als ich ausgeredet hatte» sprach Sidoniua: .Ach mein Gott, was
aoU ich sagen, wenn mir so viele und gewiditige Beweise dafür bei-
gebracht werden, dass ich krank gewesen sei? Und doch, so wahr mir
Apoüo helfe, bin ich mir keiner Krankheit bewusst. Zudem ist mein
Körper nicht abgemagert, die Lebenskraft nicht erschripft, die Farbe nicht
Terachwnnden und die Beweglichkeit, ausser durch die Hiebe, nicht be-
eintrtUshtigt worden. Indessen, wie dem auch sein mag, wenn man Ober-
ha\ipt etwa- I auf geben soll, jedenfalls h&ttest du meine Krankheit
filglicher mit Kr.lutersnft-'n als mit Storkhieben austreiben sollen. Aber,
was ich in I'.rtalirung zu lirinL:i'n beinahe vergessen hfitte, auf web'he
Weise oder durt ii welche Thatsaehe bist du darauf gekommen, dass ich
krank gewesen sei?*
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ibb Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehttngs- u. ischulgeach. YIL
Ich erwiderte ilim: «Wenn du mit gespitzten Ohren, wie man zu
sagen pflegt, den gamen Sachverlialt anhOren und mich nicht uttMMredieo,
sondern ruhig «uareden 1mb«i willst, ao worde ich dir die einxeineit Um«
stünde 80 kurz als möglich darlegen."
Sidonius: ..Nun, das will ich und bin gespannt. Sprich, bitte, sprich,
ich werde dich nicht unterbrechen und dir nicht das Wort aus dorn
Munde nehmen.""
Da begann ich also sn reden: „Dein Beir sehrieh mir hereits fküher
nnd nsmentlich vorgestern wieder, ich mOchte dieh bsIdmÖ^Udist zu Ihm
snrnelc.senden und dich das Heimatrecht g-cnicssen lassen. Um hiermit
nun nicht lanp^er 7m zögom. bestimmte ich. dass du heute von hier auf-
brechen und zu deinem Herrn zurQcliwaaderu solltest. Zu dem Ende rief
ich dich heute um die Zeit der Morgcndammenmg an, indem ich wieder-
holt den Ruf erschallen Uese: „Sidonius, wache auf und erhöhe dich!'^
Als ich dies einmal und nochmals und abermals gethan hat^, und dn
mir auf mein RulVn gar keine Antwort gabst, beschloss ich, in die Kammer
einzudringen und dich aus dorn Schlafe zu rütteln. ich an die
Schwelle de« Gemaches gekommen war, — was ich da gethan habe, das
SU ersflhlen, wQrde zu lange dauern : wie ich nftmiich die Kammerthttr
aus den Angeln gestossen, alsdann dir den Bart, die fitim und das Hinter-
haupt ausgerauft, die Ohren zerzaust und endlich, als idi deine Krank-
heit eniiitfelt hatte, dir dieselbe mit dem Prüf^el atis (1(mi Kmichon tr*^-
trieiion luihc : denn dies alles mi'ichte ich lieber mit Stiilschweigreu
übergehen als mit Worten schildern, da ich nunmehr mich kurz fassen
will/* Soweit ich.
Darauf fragte Sidonius: „Wie heisst denn diese Krankheit?'«
„Faulheit," erwiderte ich.
Sidoniii!<: ..Warum hast du mir denn diese iCrantcheit lieber mit
Stockhieben alrs mit Pillen austreiben wollen?"
„Weil diese Kranklieii,'' entgegnete ich, .,die Eigeatumiu hkeit an
sieh hat, dass sie nur mit Stockhieben ausgetrieben werden kann."
Sidonius: „Gar seltsam ist der Cturakter dieser Krankheit, aber die
Wissenschaft, welche eine derartige Krankheit, wie du sie erwfthnst, mit
Stockhieben anstreibt. ist noch weit .seltsamer."
Ich entgegnete: ,.Was du da sagst, ist ungefähr richtig."
Sidonius: „Welchen Beweis hast du denn daftir, diws diese Ivrauk-
heit mit Knitteln ausgelaieben wird? Das sage mir, bitte.**
Ich antwortete: „Ich will es dir sagen, da du mich danach fragst.
Ich litt als Knabe in ganz ungewöhnlichem Grade an dieser Krankheit;
aber mein T. ehrer trieb mir die.selhe. dadurch dass er mein Hinterteil mit
der liute bearbeitete, mit leichter Muhe aus den Knochen/*
Sidonius: „Warum Imst du mich denn al>er mit dem Khittel anstatt
mit der Rute kurieren wollen?**
„Weil Asklepiades" versetzte ich, „der unter den berfihmten Aersten,
mit alleiniger Au.-nahni<> des Ilipjiokrates. den ersten Knng einnimmt, für
die >>achwelt die Lehre aulgestelk hat. dass ein erwachsener Menscli
nicht mit Ruten, sondern mit Stockhieben, als einem sotort wirkenden
Heilmittel, vom Faulfieber beik'eit wird. Indem ich mir nun diese Lehre
für die Praxis sorgfältig merkte, beschloss ich, nach der Theorie des
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14. Des Bartholomäus vou Koln sagenhaftes Seadschreiben. 159
Asklepiades dich von dieser Krauklieit zweckmässiger mit dem Knittelchen
aU mit dem Rfihrchen ni befreien and die frolieire Qesandheit dir wiedof •
angeben. Aber, Jupiter eei'» geklagt, welchen Dank hast da mir ittr jene
Wohlthat gewuest, oder vielmehr abgestattet! Das weisst du ja selbst.
\Vt»nn du bei don Pprsem lebtost, so würde diese deine Undankbark»>it
mit ausfresiichten Martern beatralt worden. Wenn nun scbon dio Monncheti
an der Undankbarkeit so grossen Anstoss nehmen, dann bedenke, wie
«ehr die QOtter dadnreh beleidigt werden, die aUes mit den Augen der
Gereehll^eit anaehaoen.*
Ich hatte noch nicht ausgeredet, da raffte sieh Sidonins» nachdem
er oin Mfint: lohen über »eine nackte Haut ^-eworfen Hatto kaum halb be-
kleidet, »o gut er konnte, aus dem Bette aui, iiel mir zu Küs.^en und bat
unter hervorbrechenden Thräneu und mit flehentlich ausgestreckten Händen
am yenelhung und Veigeeeenheit alles Vorgefallenen, indem er seiner
Keue darüber Ausdruck gab, dass er so schreckliche Verwflnschungen auf
mein Hauj)t horabj^orufon habe. Und zuj;loifh orgritT er meine Rechte,
drückte sie an seinen Mund und stroit holto sie untor violen Küssen als
seine Lebensretterin. Und damit auch der Knittel, womit er weidlich
durchgewalkt worden war, von aeiner Dankbarkeit nicht ausgeschlossen
"wAre, so beehrte er ihn mit sahlretchen Kttasen und dichtete obendrein zu
«einem Lobe folgendes Tetrastlchon, vrie er denn ein Jünger der Musen
war, indem ur alsn unhub:
..Pluto, der H«'rr3cher der Nacht, entsandt aus den stygischen Höhlea,
Düsa sie das Menselieng^chlecht morde, die Trägheit hinauf.
Jupiter liesB aus den HOh'n des Himmels fallen den Knittel.
Dass der treibe die Peet fort in die SOmpfe des Styx."*
Soweit jener.
Darauf sprach ich zu iimi: „Da ich sehe, dass du dich nicht nur
p:e«ron mich dankbar zeigst, Huiidom auch pref'-on das Knittelchen. so vor-
zeilie ich dir von Herzen gern alles Unrecht, das du mir angethan hai»L,
und von nun an wirst du allzeit mein Freund sein.** Und mit diestti
Worten fasste ich ihn bei der Hand, um üm anzuheben und auf Mine
Beine zu stellen. Und im selben Augenblick befahl ich Dromo, in die
Barbierstube r.w ^ohen und ein OelflflHchcbori, SalbenbOehj5on und Zon^r-
lappen heranzubringen. Als diese Sachen durch Dromo herbeigedchaltt
waren, da legte ich, die RoUe des Wundarztes übernehmend, dem Sidonius
lindernde Oelpflaster auf die Lenden und Seiten, wobei ieh ihm jedoch vorher
erst sein Mantelchen auszog, umwickelte sie mit Breiumschlägen und ver>
band sio mit Lajipon und Hiindorn. 30 das^ Du. liiittest Du es mit ange-
sehen, mich nicht tür liarthnloniiUib. sondorn tür Hippnkratos jrchalten
haben würdest, ^'achdem ich dies nun kunstgerecht aut^getuhrt, befahl
ich DromOf die OelflaTChe samt den BalbenbOchsen wieder in die Barbier«
Stube zu tragen und, sobald er de zurttckgebracht bfttte, wieder zu mir
au kommen, damit er. wenn ich irgendwie seiner Hilfe bedürfte, zur Stelle
wäre. Alsdann gab ich Parmono und Mof^-adipsuf don Auftrag, den
Sidonius anzukleiden. Aber bevor diesfllM-ii ihm «ieine Gewilndor ordent-
lich angelegt hatten, kam Dromo schon xurUck. Diesem betahl ich nun,
das Ankleidegescbalt fortsusetzen und zu Ende zu Ähren» dem Parmeno
und Hegadipsus aber befahl ich, andere Verrichtungen zu Ubemeimien,
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IGO Mitteilungen d. Oes. t dentoehe Bndeirangfi- 11. Schulgeseh. VII.
nnd swar dem ti«t«ren, fllr Sidoiiii» da Titiikdieti tu beraten nnd »ns
ihren Seiialen gelOete HlUinereier mit Butter in einem Tiegel xu schmoren^
oder sie in heisaer Asche durch allmähliches leichtes Umwenden zu sotten,
sowie auch eine Fischputstoto mit spanischer Sauce herzurichten und das
Stück Sturfleisch, "welctip^ er am Abend vorher auf dfin l-'ischmarkte von
Uüöera Grossfischhändlem für drei Mark erstanden hatte, zu braten, ferner
^n Gericht aus klein gehecktem Rtndfleiedi in sQMer 8ance dnrclankoclieit
nnd ^en gespickten Xarpaunen am Bratepiess durch abwechselndes Um-
drehen am Feuer Inngere Zeit zu rösten, damit ich auf jeden Fall, wenn
Bich einer von meinen Freunden zum FrühstUck in meinem Hause ein-
finden sulite, ihm t^twas vorzusetzen hAtte: dem letztem hing-egen trug ich
auf, t'Ur Sidonius einen Humpen mit altem Wein, bis zum obersten Rande
gefDllt, heransnhrittgen, oder, falls er lieber Bier als Wein trinken sollte;
„so liegen da", bemerkte ich« „im Weinkeller zwei Passer, deren einee
mit Bremer Bier gefüllt ist, womit Hhadamanthus, wenn er davon in der
HfVlle Vorrat hatte, die Seelen der Gottlosen fürchterlich peinigen künnte
und in diesem Fäaschen steckt ein hölzerner Krahn, mittels dessen eben
das Getrttnk vom Fass abgezogen wird; das andere dagegen ist mit
nonburger Bier gefüllt, welches ich, um die Wahrtieit m gestehen, fOr
Purienurin halte, oder von dem ieli doch wenigstens glaube, dass es von
den Furien iti der Hölle aus Zorn und Wut. ;ilinlich wie unser Bier ans
Gerste und ^Vas^^er, gebraut und auf die Erde gebracht worden ist. und
in diesem Fasse steckt ein kupferner HebeL Sidonius kann trinken, was
ihm beUebt'*
Nachdem Sidonius endlich mit seinen Gewlndem regelrecht be-
kleidet war, befahl ich Dromo, zunächst die Oitteifenster zu ofTnen, das
Bett zu machen und Besen, nowie «^inen Eimer mit Wasser in das Schlaf-
gemach zu bringen, öudann dm l''uH.sbi«den. der mit viereekTjL''«'n Ziegel-
steinpluttoii ausgelegt war, luti Walser zu besprengen, deut^eibeu mit den
Besen auszufegen und den Kehricht lünausmschaiTen, darauf Rftucherwerk
ansnzOnden, damit unsere Nase, die bislang von dem Uringestank belflstigt
war, durch bessere Geruch sich wieder erholen könnte.
Auf dieses Gehoias aber entcreguete Dromo: ,0 g-nfldi^icr Herr,
meine Nase ergötzt f^icli nicht am Gerüche arabischen Weihrauclis, sondern
an dem Dutte von gebratenem Fleisch; denn, so waiir mir die Tafelgötter
beistehen, der Geruch sämtlicher Parfllmerlen ist mir im Vergleich zu
dem Duft von gebratenem Fleisch geradezu widerlich; jener Gcrach ist
für mich Myrrhensalt, Zimmt^ Rosenöl, Safran, Seidelbant und Balsam."
Da Hpracli ich: ..Ks ist p-ar nirht zu verwundern, dass ein Lecker-
maul sich meiir um Dutte des Fleisclics als am Gerucli des Weihrauches
ergOtzt, da es eben seine hödiste Wonne im Teilerablecken findet, ganz
so wie die Katzen. Was kfimmert's mich aber, ob du dich am Dnft des
Fleisches oder um Dunst eines losgelassenen Baiichw indes ergötzest.
Ich befehle dir, RaucJierwerk aozuattnden und diesen Tiscii prunlchafk
auszustatten."
Es stand da in demselben Gemach ein runder Tisch aus Ahornhulz
mit drei Beinen. Diesen bödeckte Dromo zunächst mit etii«n Tischtuch,
dann belegte er ihn am ftusaersten Rande ringsuiA mit Servietten, stellte
ainnerne Teller in bestimmten Absfttzen darauf, vergaas auch das Sahfhsa
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14. Des Bartholomaus von Koiu sagenhaftes Sendschreiben. 161
nicht, und damit nicht« an der Ausstattung des Tisches vermisst %vUrde
setzte er zwei eherne PrABentierteller, auf welche die SchOaaeln zu stelieB
kommen, in die Mitte dee Tisches, worauf er sich alsbald daran machte,
den Tisch mit Brötchen, die er ans einem Korbe nahm, in bestimmtea
Abstanden zu bfletron. Urifi sielif. in donisulben Augenblickn stflrzte
Me^adipsus herein mit einer Khhir' gewüiuilichen Bieres in lior Rechten
und einigen ThonkrUgen in der ijinlcen, welche er, naclidem er die
Ka&ne niedergesetst, neben die BrOtchen ordnungsmftssig auf den Tisch
hinstellte.
Als nun drr Tisch in dieser Weise ausgestattet war, legte Dromo
diensteifrig^ sc Invi Ucndo Kij«sen auf die einzeliion Pcssi'l und stellte die-
selben rin^ö um (ion 'risch. Inzwischen eilt Megudipsus. ilcr g'f»merkt
hatte, dass das Waschbecken fehlte, in das tSpeisezimmer, um eine Giess-
kanne nebst einem ehernen Becken und einem Handtuehe zu holen. Nach«
dem er diese Gegenstände in das Schlafgemach getoagen« kommt unser
Parmeno honui und meldet: „Gnadiger Herr, das FrahHtück ist deinem Be-
fohle gcmflss gehörig lit'«nr«rt. wonn's gefällig ist, bitte zu Ti^ich zu
kommen.^' Als ich das horte, veranlasste ich Sidonius, sich die Hündo
zu waschen, sie an dem Uaudtuche abzutrockueu und sich dann
SU Tische SU setzen. Sidonius ab^ hielt, nachdem er seine HAnde ge«
waschen und abgetrocknet hatte, eine Weile iime Und blieb stehen.
Als ich dii-^ sah, sprach icli \ (>11 Verwunderung zu ihm: „Was zauderHt
du. liolier ^^idonius, an den Tisch in treten Fürchtest du etwa, du würde;<t
grdniichen Schlaugeugischt oder Belladonna aus den Triakgefüsseu hin-
nnterschlttrfen?*
Sidonius: ,.Neln, beim Polluz, mir bangt nicht vor Belladonna oder
dem Geifer giftiger Schlangen, sondern ich habe gezögert, an den Tisch
z\i treron. weil irli für unpassend hiolt. wonn ich (uich zu Ti.sche setzte,
bevor du den Ehrenplatz am Tische ein<;eni.ninu'n hiittest. Würde da
nicht jeder sagen, ich sei ein Bauer und roher wie lioimenstroh oder hätte
als sonst wer unter Ziegenböcken mein Leben zugebracht, wenn er sähe,
dass ich so verwegen gewesen wftre, den ersten Platz am Tische einzu-
nehmen und mich, wahrend mein Herr noch stand, zuoberst zu setzen?"
Ich entgegnete ihm: „Tritt nur ruhig heran und wähle dir jeden
beliebigen Platz am Tische ; ich werde nämlich nicht zu Hause, sondern
auswärts speisen; denn gehiern Abend bin icli von meinen engsten
Freunden zum heutigen FrtthstOck geladen, tun bei ihnen die Gesellschaft
au erheitern.''
Ais ich das sagte, bemerkte Dromo: „Es ist jetzt schon zu sp.tt, als
dass du aufwärts zu irgend einem nndom Mahle gehen k^Wintest; denn
der Mittag wird sich allgemach zum Abend neigen, ja, wenn ich meinem
hiuigrigen Magen glauben soll, wird der Abend bald in die Nacht Uber-
gehen.**
Und ^'iohe, in demselben Augenblicke schlug es ein Uhr naebmittaga.
Als ich ilas lifirte, eilte ich alsbald zum Waschbecken und wusch mir die
Hände; als ich pie p-ewafchen und abgetrocknet hatte, setzte ich mich zu
Tische, indem ich Dromo befahl, in die Küche zu gehen und die Speisen
heranzubringen, welche man den Gasten suerst, wenigstens in den Sommer-
tagen, vorzueetaen hat Und siehe, flugs brachte Dromo fflr mich ein
inUeilUBgan d. G«fi. f. deutsche firzleb.- u. Sehtilgesctaicbte. VII 2 Wft.
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162 Mitteilungen d. Ges. f. deatscbe Bniehnnge- n. 8ehnlg«Mh. m
Misehgerieht «ob grOnen Krtatem, nftmlleh ans KopfSuJat und Uresse,
heran, die mit Eesig begossen und mit Olivenöl getrnnkt \v:ir. Für Suinniue
aber potzte or ein aus Hühnercieni. Wein und Oownrz bereiU'teft Triinkchen
hin, wi'lchps daun Sidonius teils mir dem LöiM hnrausholto. teil.><. indem
er die Schale mit beiden Hüudea an den Mund brachte, ausaclüUrtte.
Darauf befahl ick Dromo. die Sdillesel mit den Salatresten — ich hatte
nftmlieh von dem GrOnkraut gerade soviel gegeesen, als mir snsagte —
w^autragen imd schleunigst ein anderes Gericht aufzutischen. Er setste
mir nun eine Schüssel mit Eiern vor. die hartgekocht, entfichair '^•iitzwei-
geschnitten und mit kleingeliackter l'etersilie bestreut wan u und in
scharfem Essig schwammen. FOr Sidonius aber stellte er einen Telli*r mit
swel Eiern hin, die noeh in der Behale staken und vorher auf dem Herde
in heisser Äsche leicht umgewendet und gesotten waren. Inxwischeu
ergriff Megadipsus die Bierkanne und füllte geschäftig die ThonkrQge bis
an den oberffen Rand. Nachdem er einfjrcschenkt hatte, befahl ich dem-
selben, zunächst in den Weinkeller zu gehen und einen Humpen alten
Weines heranzubringen und dann aus dem Speisesimmer zwei Kelchgläser
mit vielen Knoten und grOeserm Gehalt als die ttbrigen zu holen. Nach'
dem er dieselben zugleich mit dem Humpen alten Weines herangebracht
hatte, liefls ich die Kelchgl.lser auswaschen niui ali^pülen, darauf sie v(dl
Wein schenken und v(»r uns axif den Tit^eh steilen. Als wir al»er beide
von den Eiern soviel, als uns zusagte, genossen hatten, befahl ich wiederum
dem Dromo, die Sehflsaeln fortzunehmen und ims andere Gerichte anlku-
tragen* Br setzte mir nun eine Speise vor, die aus wttrfelartig geschnittenen-
und mit Korinthen untermischten RindfleischstUcken zubereitet xmd reichlich
mit (lewttrz bestreut war. Pidnnins aber setzte er Flussfische, Ileihte
genannt, vor. die in wttrzigor Brühe ecbwammen und in sttssem Saft gar-
gekocht waren.
Da sprach ich wfthrend der Mahlzeit: „tdeber Sidonius, du kommst
mir nachdenklich vor; sei munter, greif tflchtig zu und geniere dich nieht;
bei Tische darf man, wie du ja weisst, nicht blöde Min.^ Und damit bot
ich ihm mein Kelchglas voll sprudelnden W.'ines an, das er aus meiner
Hand eutgegennahm und hastig, ohne at)zu3etzen, wie sicli das für einen
Bacchusbruder schickt, bis auf den Grund leerte. Als aber jeder von uns
von seinem Gericht ein wenig genossen hatte, befahl ich Dromo, jene
Speisen fortzutragen und schnell andere vor uns hlnzustoUen. Es wurde
mir nun ein gespickter und am Feuer durch hilufigcs Umwenden ge-
bratener Kapaun vorgesetzt, zu welchem eine zinnerne Schale mit eben
aus dem Einmacheto])!' genommenen Oliven kam. Vor Sidonius aber wurde
eine tdditige Portion gebratenen Störfleisches hingestellt, das mit fein-
gestossenem Pfeifer, Ingwerpulver sowie Zucker reichlich gewttrst war.
Inzwischen füllte Megadipsus die boideu Pokale ndt wttrzigem Wein und
reichte den einen mir. den anih'rn S'iilnnius <iar.
Sitionius aber sprach, den ihm dargereichten llecher in fier Hechten
haltend, also: „0 mein Herr, wenn du es gestattest, komme ich dir diesen
halben Becher vor,*^
„Wie sollte ich das nicht gestatten?^ erwiderte ich ihm. „Wenn du
mir den ganzen Pokal vorkftmest, SO wttrde ich das mit dem gröBSten
Vergnügen annehmen.*^ ,
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14. Dea Bartholomäuä von Köln sagenhaftes iSendscbroiben. 163
Sidonius: „Nun, wenn du ea denn gestattest, so komme ich dir den
ganzan Pokal vor.** Und damit aetste Br den Becher an den Mund und
trank ihn hie auf den Grund leer, liese den auageleerten durch Hegadipsua
^eder fallen und sodann vor mich hinstellen, damit ich ihn leerte.
Da fprach ich zu il-m „Behalte nur doineu Bechor fnr dich, lieber
f>idonius: ich werde diesen meinen Becher, don ich in der Rechten halte,
auf dieselbe Weise, wie du den deinigen, austrinken."
Feat im aelben Moment trat Parmeno mit svei Sdiwarabroten herein,
deren eines er unter der rechten Achsel, das andere unter der linken trug,
sowie mit einer hölzernen Mulde in beiden Hftnden, die angefüllt war von
kalten Flf^ischresten vom vorhergehenden Tage, nämlich einem halben
Schweinskopf, einem zur Hälfte verzehrten LendenstOck, der Schwarte und
Hinterkeule vom Eber und awei langen, mit vielem Fett angefüllten
Wflraten. Diese Ifulde nahm ihm Megadipsua, vor Freude grinsend, ab
und stellte sie auf den Tisch hin, welchen Dromo vnr /.wei dreibeinige
Sitzbfinko, die in geringer Entfernung von einaiuir-r abstanden, hinj^e-
schoben hatte. Inzwischen leg-te Dronio. indem er die *M\v;Uuiton Brote
unter den Achseln Parnienos hervorzog, daa eine neben die Mulde auf den
Tiflcb, das andere brachte er an seine linke Brost und schnitt ee dann mit
«einem Brotmesser in zwei Teile, von denen er den einen für sieh behielt
und den andern Megadipsus hinreichte. Nachdem nun das Brot entzwei-
g'oschniftfn luid verteilt worden war. fuhr Dromo wio der Blitz mit der
Kechten in die Mulde, ergriff di«> Hintorkeule vom llhcr imd machte sich
daran, dieselbe mit dem Brote in abwecliselnden Bissen zu verschlingen,
Megadipsus aber streckte seine Hand mit gleicher Schnelligkeit in die
Batte und holte sich das halbvenehrte LendenstQck heraus, brachte es an
seinen Rachen und schlang es abwechselnd mit dem Brote hastig hin-
unter. In tinfTL'fiihr gleicher Weine stoi)fton sie auch den Rest des Brotes
mit dem Reste der Fleischstücke, wie hungrige Wtilie, hinein und ver-
schlangen sie. Nachdem sie sämtliches Fleisch verzehrt hatten, leckten
sie die leere Mulde mit ausgestreckten Zungen, nach Art der Katzen, aus,
so dass Du, hättest Du ihre Q^ftssigkeit mit angesehen, geglaubt haben
würdest, sie seien bis in die untersten Zehen ausf^ohungert gewesen. So
gross waren niimlieh ihre Kehlen, dass hei (iott. an Raubgier es mit
den Harpyien und an Fressgier mit dem Höllenhunde ausgehalten hätten.
Niemals sind sie so satt oder von Speisen vollgepfropft, dass sie nicht
irgend ein PIfttzchen im Bauche leer Hessen, um darin die Ueberreste von
meinem Tische, falls sie ihnen vorgesetzt werden sollten, verbergen zu
können.
Als sie nun diese Rationen, womit zwei heisshunf^rige Wolle zu-
frieden gewesen wären, im Handumdrehen weggeschnappt, verschlungen
und vertilgt hatten, bekamen sie einen so fürchterlichen Durst^ dass sie
selbst daa Meer, welches alle Lander llberall und fast von allen Seiten her
umflutet, mit ihren durstigen Kehlen aualeeren zu kennen sehiencn. Bs
lief daher Megadipsus in den Bierkellor, um ein»»n f^pwjsspn Kru-r {jrn^sten
Umfange? voll frewöhnliohen Bieres heranzuholen, womit die Biergelässe,
wenn sie überschautnten, nachgefüllt werden sollten. Diesen von Megadipsus
in daa Schlafgemach gebrachten Krug tranken Dromo und Megadipsus in
abwechselnden Zügen bis auf die trabe Hefe aus, ao dass Du sie nicht
11*
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164 Mitteilungen d. Uce. f. deutache Erziehunga- u. Schulgefich. VII.
für Menschen, Bondem für uuere&ttlidie Strudel und BierschlUude gehalten
haben würdest.
Nftchdem nun der Bieiluiig leer getrunken war, befahl ich Dromo^
ttnaere SchOsaeln fortzunehmen und eine Schale mit gelber Butter, sowie
ein Körbchen mit Kuh- und Schafkäse auf den Tisch zu stellen. Unter-
dessen füllte Mpfradipsufs unsere Kelche mit Woin: wir frnnkcn fie ohne
Bonderliehe Mühe aus, iiesseu sie wiederum füllen und vor und stellen.
Ale wir aber von der Butter and dem KAse ein wenig zu uns genommen
hatten, befohl ich Dromo, die Buttersehale und das Körbchen mit Klee
fortzunehmen und, wenn er etwas für den Nachtisch hfttte, ob aufzutragen.
Er setzte uns nun zwei Si-lialcn mit Obs^t vor. von dcnnn dio Mine liallivfill
war von im Wasser abjfi'spulieu Kir.*iclu'ii. cli*' atul<Mc ^ctTiilt mit gcllK'ii
und blauen Pflaumen, desgleichen ein Körbciien mit suuern Acpfeln vom
vorigen und frühreifen von diesem Jahre. Als wir beide aber zwei bis
drei Stttck von den verschiedenen Obstsorten zu uns genommen hatten
liess ich Dromo die übri^j^en Sachen fortiK^hmen und dann da^ Tischtuch
samt dem TiHchprnrnt ontt^men. Naclidem nun dnn Tist-htuch entfernt
war. beauftni{4:to i< li Dronu», einen 8pielbechpr mit W ürtV'la und Brettcheu
8chieunig»t he ranz abringen, damit wir luis am Würfelspiel vergntlgeu
konnten.
Sobald Sidonius aber das harte, wendete er ein: .Ach, lass nur J&
kern Spielbrett holen ; das Hirn will mir zerspringen und das Herz tropfen-
weise zorsrhmnlzon. als wenn du Salz ins Waaser thust, sobald nur von
dem verwUii.schten Würfelspiel die Kede ist.*
«Weshalb?" fragte ich.
Sidonius: «Den Grund anzugeben, wird mir untersagt.*
„Wer untersajrt es dir?" folgte ich.
Sidonius: ,.I{ate nial."
Bartholom.'lux: ..Schmerz und Schuin."
Sidonius: ,.l>u hast es geraten; denn ich schäme mich zu sageu^
was ich mich nicht geschftmt habe an thun. Ich will es jedoch gestehen,
wiewohl Schmera und Scham es mir schwer machen, und so höre denn:
IMeses Spiel bat mich Armen, als ich noch ein Jüngling war, in einer ge-
wissen Knoipo zuor«i1' um alle mfinf Mfinr-tcn . dio briron mitsuint (lr>n
grpuiiiptoii. ^M'hracht. tiunn um die Lttndhftu.ser, Ai-ckcr und (lidioltc, su das»
mir niclit einmal der Schweinestall übrig blieb oder auch nur so viel Platz,
dass sich ein Httndchen hfttte verkriechen können, und endlich sogar um
alle Kleider samt Ueberaieher und Sandalen bis auf das Hemd am Leibe»
so dass du, wenn du zugegen gewesen wärest, nicht einen ausgeplünderten
armen Scblnrkor. sondern einen gerupften Kuckuck sur Winterzeit su sehen
geglaubt hi^ttest."
Bartholomäus: ,Ei, was hüre ich da von dir?"
Sidonius: .Nichts als die Wahrheit.*
Bartholomäus: »Wenn das wahr ist, was du erwfthnst, dann wärest
du ja ftrmcr als der Cyniker Diogenes."
Sidoniti'^; .Gewiss, weit ftrmer: denn d^r hatte doch wenigsten« sein
KoUfaRH. daa »ich dem Antlitz des Tagesgestirns, gleichwie ein Sommor-
gewUcliB, zuwendete: ich dagegen besass vor lauter Armut nicht einmal
einen Weidenkorb, unter welchem eine Henne mit ihren Ktichleln hfttt»
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14, Des Üurthulomäui» vuu Külu aa^euhuttea äcudächreibeu. 165
UntorkuDlt linden können; jener hatte duch noch ötiii Lntei wams, ein
Hflntelchen, das er darüber warf, und seine Fussbekleidung. g^robe Schuhe,
«owie das Gerftt der Bettler, Btab und Brotbeutel: ich dagegen^ o wehe,
hatte nichts dergleichen. Ja, nicht nur Anner als Diogenes sab ich aus«
sondern selbttt iiLs jt'g-lichcr StnirtscnlxHtler. Als ich dios ntin. freilich zu
spät, l)oin*'rktf, konnte ich /uerat kein Wort, ja nicht einmal einen stillen
S«u£zcr borvorbringen. Nacli einiger Zeit jedoch begann ich« mein Schick-
aal ttnd Ung^lldL aehw«r la beklagen und die leeren Hftnde oft naMEunen-
auecblagen und die FOase In unaidierm Takte su bewegen, bald dieeeiu
bald jenen Teil des Kopfes, der mir gar nicht juckte, zu kratxen und mit
lialb^'-osoldosi=ienem .Munde, ich weiss nicht welche Kinnen au?zn!»to!*9en.
Endlich, von Schmerz (dxM-wUlligt, tin^^ ich pliitzlich wie wahnsinnig an,
meinen BesLegcr, nein, beim Herkules, meinen Ausplünderer mit allen
Bchimpfworten, deren ich mich gerade entsinnen konnte, tu OberschQtten,
Indem Ich ihn einen Brwpitsbuhen, Strassenrtlaber, Meuchelmörder, Gtlt-
mischer, Vatcrlandsventter, Vatermörder, Tempelschander, Meineidigen,
■üesety.esveröchter, .Tufr^ndvorderbor schalt. L'jid zuf^rlficli versetzte ich ihm
mit geballter Faust einen Öchiag- in-^ Gesicht, dann ihm die Znhne aus dem
Munde flogen. Er aber hätte mir auf der Stelle mit der vom Tische ge-
rissenen Mulde den Schftdel eingeschlagen, wenn nicht einer von unsem
Mitspielern, namens Misargyrus, der uns gegenüber aass, dies verhindert
und unserm Hader durch sein J)az\vischentroten ein Ende gemacht hätte.
Fast im selben Moment kam der Hausknecht herangelaufen. d^r mich
Annen tüchtig mit Schlägen traktierte, zur Thür hinauswarf und drei
bissige und riesig grosse Hofhunde aus ihrer Hütte, in welcher sie tags-
Uber angekettet liegen, losliess. Diese kamen, durch das gewolinte Zeichen
des Hausknechts angefeuert und aufgebracht und in rasende Wut versetzt
und schon durch ihr absclienüehps Ciobrll selirfcki^nerregend, zugleich auf
mich los. Als ich das sah. r-.iü'w icli in mtMiit r Angst schnei! einen Kiesel-
stein vom Wege auf und schleuderte ihn mit aller Wucht gegen den
Kopf des sunftehst heranstOneuden Höndes; aber in vergeblichem
Schwünge gerade aber seinen Rftcken hinwegfliegend, war der Stein gegen
mein Erwarten, «ihn«* zu treft'en, zur Erde gefa11<Mi. Durch diesen Btein-
■\vurf nun voilcmU in Wtif gebracht, füllt litT nhni'liin schon gereizte
Hund mit aul>csj)» jrten» Uachen über mich .\rmen her, wirft mich hart zu
Boden und tiehii.kt sich mit Beihilfe der übrigen Hunde an, mich glied-
weise ZU zerfleischen. Aber fast im selben Augenblicke kommen Bauern?
burechen, die mein j&mmerllches Geheul vernahmen, mir schleunigst su
Hilfe, die einen mit Knitteln, andere mit zwcizinkigen Heugabeln, wieder
andere mit Flegeln, mit denen die pi!»<reheimsten Saaten auf der Tenno
gedroschen werden. AU diese herangekommen waren, trieben sie mit
ihren ländlichen Wallen sowohl als diurch lautes Schreien die Hunde von
mir weg. Nachdem sie nun die Hunde veijagt, stellten sie mich Armen,
der ich rQcklings auf dem Boden lag, auf die Beine und witschten mir mit
Zeugfetzen und sonstigen Lappen das Blut vom Leibe. Als sie den 131ut-
strom gestillt hatten, kam einer vf)n meinen Nachbarn, namenn Klons. hin-
zu, der mich Armen anfa.sMt<; utul zum Hause meines altern Bruders
Alexis geleitete. Sobald dieser erfahren hatte, dass ich von Hunden ge-
bissen und durch verschiedene Wunden serfleischt sei. da verlangte er so-
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106 Mitteilungen d. ües. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgesch. VII.
fort, daää maji einen Wuudarzi mit SalbenbUehsen auü der nächsten Stadt
herbeiholen sollte.*
Hier unterbrach ich, w&hrend Sidonine noch am Fabeln war, seinen
Wortachwall, indem ich also sprach: ,Höre auf, höre auf, lieber Sidonius j
ee ist ponug der Geschichten! Du erzählet ja mir traurige Dinf?o, ich
möchte aber, beim Herkules, dass wir uns erheiterten, sei es an irgend
einem Spiele^ oder an den lüaugen der Leier oder Flöte." Und mit diesen
Worten richtete ich an Dromo die Frage, oh er die Kunst des FlOteU'
apielee, welche in der Verachmelxung hoher Diskant- und tiefer Baastöne
zum hannonischf n Einklang besteht, verstände oder nii ht. Joncr ant-
wortete mir aber, davon verstände er gar nichts; aber wenn es mir recht
wäre, dami wolle er mir irgend ein schönes Lied vorsingen. Ich befahl
ihm nun, ehi echdiies Lied von Jupiter, dem AllgUtigen und Eriiaheneu,
▼orsotragen, welches unsere Ohren sowohl als auch vor allem unsern Geist
durch seinen Wohlklang ergötzen würde.
Als das nljt'i- M<'j:^;u!;m -ns hr)rtr'. sprach nr mir! .O f^nndi^tor Herr,
ebenso pnt kr-iuiiost du ihtn licfehien, in den iiimmel zu gehen, uru einen
üruss von dir an Jupiter zu bestellen: das eine vermag er namiich so
wenig wie das andere. Weisst du denn nicht, daas em altes Sprichwort
eagt: ,Was hat die Krthe mit der Violine su thun, oder das Schwein mit
Majoranöl?' Wer sollte denn auch dieeem Schlemmer die Musikkunst bei-
gebracht haben, die aus lan«roH und kurzen, linlicn und tiefen Tönen bo?teht
und ans so uriirIoicli:irrigen und verschieden klinirenden Lauten einen
harmonischen Einklang herstellt, wie ich oft von dir gehört habe? Hatte
doch dieser Mensch vorgestern, als wir Pastuacht feierten, irgend ein Lied
derartig laut zu brOllen angefangen, dass du, wenn du es gehOrt hattest^
ihn für einen Heldenschaiispieler gehalten haben wnrdnst, der, damit die
Klarlioit der Stimme nicht durch die I-iiftrnhre beeinträchtigt würde, durch
w^iederholtcs Brüllen seiner heisern Kolile Luft machte. Ich für meinen
Teil würde, heim Herkules, lieber das Ivlätfcn des t'uchses, ja, das Grunzen
des Schweines und, ganz offen gesagt, das Geschrei eines beliebigen
heisern arkadischen Esels hören, als die Stimme dieses Dromo hier. Und
dasselbe würdest auch du vermutlich lieber wollen, wenn er jpt/.t anting-e,
auf sfin»' \V»'ise zu sinfron. das heisst. wie nin Zicq-onbock zu inockcrn.**
i>aruui entgegnete L>romo; .Verstehst du, unersättlicher Bierechlund,
vielleicht schOner «a singen als ich? oder kannst du gar mit der Nachtigall
.im Singen wetteifern? Warum singst du denn nicht? warum beweisest du
nicht, dass du den Sirenengesang in vielgestaltigen Modulationen ttber>
treffen kannst? Sprich. Triinkf-nhoUL, sprich."
Mecradipsus: „Sphnn l;iM^''st würde ich gctiun^^cn haben, wenn mein
Herr uücii geheissen hülle zu singen; denn uichts darf ein wackerer Diener^
wie ich bin, ohne Geheiss seines Herrn unternehmen, falls er sich nicht
dessen Unwillen su seinem Unglttck susiehen will.**
Ich spriu^h zu ihm: „Nun, wenn du meinst, du könntest besser singen
als er. so tra^e ich dir auf, eben dasselbe Lied von Jupiter, dem AllgUtigen
und Erhabenen, jetzt anzustimmen."
Mogadipsus: „Ich kaxm gar keiue Lieder von deinem Jupiter singen;
wenn es du* aber recht sein sollte, wOrde loh dir ein schönes Lied voa
meinen besondem Göttin vorsingen.*
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14. Des Bartholumäus von Kölu a^enhafkes Sendschreiben. 167
Bartholom&us: .Wer sind denn deine besonderen Götter, von denen du
ein Lied, und eogar ein lieblich klingendes, su aIngen dich erbietest?"
MegadipHuu: , Meine besondern (lüttcr »^'md mein Baueh und dessen
Frau, die heiligo Siitiig'uii'j:. Diese habe ic!! ^ on mi'inrr Jugend an bis
auf diesen Ta^'-. wie sicli das für einen Ei»ikuretr ziemt, gewissenhaft vor-
ehrt und verehre sie noch und werde sie auch, solaoge ich am Loben
bleibe, verehren, und xwar nicht bloss durch ein alljahrige», die Nacht hin-
durch andanemdes Opfer, oder durch alhnonatliehe Annilüngen, sondern
durch Tag und Nacht hindurch fortgesetzte Ess- und Trinkgelage, durch
weicht^ dorartipe (intthciten bof^!\nftigt und so beruhigt werden, dass da»
Meer nicht nihij^er ist, wenn der Eisvogel s^ine Eier brütet."
Bartliolumiiun; ,,tieh zum Henker mit diesen deinen üöttern, welche
ein rechtschaifener Mensch vor lauter Verachtung nicht einmal für Götter
des Viehs, geschweige der Menschen, ansieht, wenn auch ihr Epikureer,
die ihr wegen eiver Gefrttssigkeit unter allem Vieh steht, sie für Götter
haltet/'
Und sodann wandte ich mich an Sidonius mit den Worten: „Sidonius,
morgen nach dem Frtlhsttlck wirst du dein Rüuzleiu nehmen, dich auf den
Weg machen und deinen Marsch nach det Heimat richten, um dich bei
deinem Herrn Paneratius endlich wieder einzufinden, der deine Ankunft,
wie aus seinem an mich gerichteten Schreiben hervorgeht, mit Sehnsucht
erwartet. Wenn du dios alsbald zu thun unterlflssest oder deine Abrf^is*»
nachliissigcrweise wiederum verschiebst, so wirst du deinen Herrn un-
versölmlich, das glaube mir nur, beleidigen.**
Ich hatte noch nicht ausgeredet, da unterbrach Megadipsus meine
Worte, indem er einwendete: „(je.stern Abend habe ich gehört, dass Uftuber
die Wege unsidier machten und alle Wanderer um ihre Börse und ihre
Ranzen erleiciuerten.
Bartholomäus: „Schweig, du Schwatzer, es ist dummes Zeug und ganz-
lich unwahr, dass die Strassen durch Rftuber unsicher gemacht und die
Wanderer ausgeplündert werden. Aber gesetat auch den Fall, Rftuber
machten die Wege unsicher: was könnten denn einem völlig mittellosen
VVandoror die F?fluher eigentlich wejrnehraen? Oder weiset du, Dummkopf,
denn nicht, dass ein Nackter auch nicht von zehn bewaffneten Soldaten
ausgeplündert werden kann? Unser Sidonius pflegt, wenn er reiset, nicht
mit Moneten beschwert au sein, wenn er auch mit dem Ranzen und der
Feldflasche, wie sich das ftlr einen Philosophen geziemt, bepackt ist. bi-
dessen wird er nicht ohne Begleitung von hier fortziehen, sondern Dromo
wird als sein Diener mitgehen, der. mit seinem Dofr^'n iimg-firtet und ndt,
dem eiseubeschlagenen Knotenr«tuck ausgerüstet, für die liauber ein Grausen
und tUr Sidonius eine Schutzwehr sein wird.*-^
Als das Megadipsus hörte, da brachte er Iftcherllche Sticheleien
gegen Dromo vor, indem er also sprach: „0 lieber Dromo, wenn du auf
dein Heil bedacht nehmen willst, so gehe schleunigst hin zu den Wahr-
sagern, oder, wenn du lieber willst, zu den NativitiltstoUern, die durch
wundersame Künste alle zukünftigen Dinge vorher wissen, und befrage
sie Aber den Ausgang deiner Reise, damit du andernfalls nicht unter un*
heilvollen Voneichen dehien Marsch antrittst und unvorsichtigerweise
dein Leben, was die Götter verbaten wollen, in Gefahr bringst.**
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1 68 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erztehungs- u. Schulgesch. YII.
I^mo: „Wae dich niehts angeht, darum kOnunere dich aaeh nicht.
Damit meine Reite glUcklidi von Statten gehe, bedarf es nicht des Wahr»
aagers mit dein Kruiiimstabe, sondern eines put gespickten Geldbeutels,
nicht des Chalditers mit Hcinom Wnii^safrobtichf», a^ndom eines Runzon
mit Brut und KMo und, was ich beinahe verfct^äaen hätte, einer I^lodche
mit Bier oder, was ich noch lieber möchte, mit Wein."
Als er dies ausgesprochen hatte, sagte ich zu ihm: „Sei nur zu-
fkieden, lieber Dromo, mwgenf so die Götter wollen, werde ich dich mit
einem anstAndigen Reisegeld« versehen, womit du sowohl für dich als für
Sidonius Speisen nebst Getrftulcen in den Wirtsstuben reichlich beschaffen
könntest '•
Dromo: „l>u. Herr, thust ja. was dir Ehre macht, und hast nie un-
terlassen, was nur irgendwie zur Obliegenheit eines guten und fireigebigeu
Hannes su gehören schien. JeUt aber habe ich dich um eins dringend
zu bitten. Du fragst, was da.«* sei. Dass du uns nnmlich ^T.startf^n iiu't-^'est,
den We^ zu Wagen zurdckzulegen; Sidonius ist wie auch dir nicht un-
bekannt ist, schlecht zu I'usse. weshalb er lieber zu Wagen als su Fuss
den Weir zunicklegen möchte."
Bariholomaus: „Es ist nicht unbedenklich, den durcli Steine und
Baumwuneln unsicher gemachten Weg zu Wagen zu machen. Im ver-
gangenen Jahre, als ich zur Reise in meine Heimat ein Mietgespann be»
stiegen hatte und bereits bis zum achten Meilensteine meines Weges ge«
kommen war, kippte der Wagen an t'incni h'MA i .i si i hi rnlen Baumstanuuo.
au dem :*ich die Rndroit«'n _'-H'^t<)«<sen hatten, um und fifl auf mich, der ieh
herausgeworfen Ujul lorigeschleudert war und rücklings aiu Boden lug,
und bedeckte mich. Soll euch nicht ein ahnlicher Unfall treffen, so ist
grosse Vorsicht anzuwenden. Geratener jedoch scheint es mir, wenn
ihr zu Pferde in die Heimat reiset, statt zu Wagen. Ich habe, wie du
weisst, ein asturischfs Pf'.,(I von hM^om Cinui- für Sidonius; wenn ich
ein zweites für dicli iKiitc. .s<> kunntri iiir bi-idt» ifiten.
Kaum hatte ii h meine Rede l)eeadei. als .Megaiiipsus sagte: .,Mach
dir keine Sorgen, gnädiger Herr. Es ist hier in der Herberge ein Strassen-
bettler; der bat einen Packesel, welcher seine Kinder in den beiden rechts
und links herabhangenden Körben zu tragen pflegte. Diesen könntest du,
da er sich vor drei Tagen einen zahmeren zum Tragen seiner Kleinen ge-
kauft hat, für f'iiK'n «reriniren Frei-: rtr'toheii und ilin dann mit vergolde-
ten Schildchen und bemaltem Sattelzeug und purpurnen Decken und
«dlberbeschiagenen ZQgeln und gestickten Gurten und hellklingenden
Schellon schmücken, so dass er nicht als Esel erscheint, sondern als Pferd
mit Eselskopf, welches dem lMuino i Im i.so gutansteht, als eiu.'<t das Pferd
mit dem Ochsenkopf dem Al( \ indi»r. KOuig von Macedonien. la, und was
ich beinahe vergessen b.'irfr, zu erwiihnen, dieser Esel, <ien icii meine, ist
hübsch von Ansehen, flink im Laufen und ausdauernd im Kitt, und er
wird den Dromo nicht nur behende, sondern auch sanft hinflbertragen,
da er mit tüchtigen Hornschuhen von dem Lateruenmachermeistor ver-
sehen ist.*^
Er hatte diese Spöttereien noch nicht be<'ndigt. als Dromo in diese
Worte ausbrach: „Geh zum Teufel mit deinem Packesel und höre auf, mich
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14. Des Bartholomaus von Köln sagenhaftes Sendschreiben. 169
zu verhöhnen, sonst werden die Furien die Fackohi halten! Verstehst du
das, zweibeiniger Esel?"
Megadipsus: Warum sttmit du mir denn? Wenn du nicht auf dem
Beel reiten willst, so sefoBe dich auf dae geftflgelte Boss des Perseua. Was
kUnimore ich mich durum, auf welchem Tiere du reitest, ob du auf des
Esels Buckel, oder des Kutorn Rück^^n oder zu Fuss deine Reise unter-
nimmst? Alles, was ich genagt lialien mag, das siehe an, als habe ich ea
in deinem Intercaae gesagt. Indessen wäre es meiner Ansicht nach besser,
du setztest dich auf den Rücken des Katers, als dass du au Pusse den
steinigen Weg in den Sonunertagen surOcklegtest und dir infolge der
langen Anstrengung des .Marsches einen Wolf zuzögest. Ich besitze einen
Kater mit hübschem Ko])f. schwarzen Augen, spitzen Ohren, feiner Nase,
niedlichem Miuide, einem mit vereinzelten öpUrhauren besüettju Kiun,
dickem Nacken, feistem Klicken, mässig vorstehendem Bauche, behaartem
und zur richtigen Lange ausgestrecktem Schwanz, netten Fassen, glAo-
zendem Fell, kastrierten Schenkeln, kurz und gut, ein ganz prftehtiges
Tierchen. Diesem lege, wenn es dir beliebt, den Halfter an. wie einem
Wallach, und beateige ihn dann, auf dass du nicht .als Landsknecht mit
dem Esel, sondern mit dem Kater auftrittst. Ausserdem habe ich sechs
riesige Mause, welche ich in meiner mit aogehrannten SpeckstUckchen ver»
seheoen Mausefalle innerhalb der letzten drei Tage im Weinkeller zu
meinem Gau dl um gefangen habe; diese magst du, in ein Sückchen einge-
schlc^sen als i'utter für den Kater mitnehmen, duuüt du so das Geld,
welches du liir das I'utter eines derartifren Lasttieies ausgeben wirst, zu
deinen Sparpl'enuigcn hinzulepen k.uinst iiml reiclier \vir?«t.'''
\V;ilirend er alu'r iiuch am JSchwutzen war. <la knirschte l^rnmo mit
den Z.Ihnen, und er würde ihm mit der gebailieii l'uust ins Ge.siclit sre-
schlagen haben, wenn ich mich nicht ins Mittel gelegt und den Schlag
seiner drohenden Faust mit meinem Arm abgewendet hatte, indem ich
sprach: „Höre, Dromo, wenn etwas im Scherze gesagt ist, so nimm das
doch nicht ernst, namontlicli das niclit, was ein betrunkener und seines
Ver-slandes nicht mftcliti^^er Mensch in seiner Bierlaune gej^u;^! liat."
Drunm; „Es will nur nicht gefallen, dass man die Schuld jedesmal
auf das schiebt, was stumm ist luid nicht sprechen kann; denn das Bier
wttrde, wenn es plaudern konnte, sich dagegen verwahren. Aber nur
Menschen, die gar nichts taugen, nehmen sogleich ihre Zuflucht zu der
Bozichtif;-ung der Trunkenheit, gleichwie zu einer Preistfttte im Tempel,
und meinMii. dass alles, was sie Böse:« «rethan haben, nit lit ihr^r Ver-
messenheit, sundern der Tnuikenheit zur Lnst gelegt weiden nUisse. In-
dessen wäre CS meiner Meinung nach weil gv rechter, wenn man derartige
Menschen doppelt stnfte fUr ein doppeltes Vergehen, nämlich das der
Trunkenheit und der Vermessenheit*'
Megadipsus aber entgegnete Ihm: ..Derjenige muss fOr schuldlos
angesehen werden, der flas tbut. was die (Jütter ihn zu thun zwingen.
Osirif. von dessen Hauch ich beseelt hin. /.wingt mich, die-ip spasshaften
Sticheleien gegen dich vorzubringen. Wenn du in meiner (ieistesverfassung
wärest, würde Ich mich um keinen Preis verleiten lassen, auch nur ein
Witzwort und wäre es das harmloseste, gegen dich fallen zu lassen."
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170 Mitteilungen d. Geü. f. deutsche Erziehungs- u. Scliulgcech. VII.
Da sprach Dromo: „Herkules, von dessen Hauch ich beseelt bin»
zwingt mich, die Hände mit deinen Backen in unsanfte BerOhnrng su
bringen und dein verwegenes Mundwerk mit den Pftusten zu bearbeiten,
damit es aufhört, derartige Witie auf mich su machen.^'
Dipso Zänkerei würde nun unter ihnen noch längere Zeit angodauort
haben, wenn ich nicht geglaubt hatte, es verlohne sich nicht der Mühe,
in einem lort denselben Wortwechsel auzuhöreu. Ich befahl also beiden
SU sdiwtigen und ihre ▼oriauten fangen auf die ^elle su sQgdn. Und
mgleieh griff ich in meinen Geldbeutel und entnahm demselben swaodg^
Mark in Silber, welche ich üroino als Zehrgeld für die Beiden vonAlllte»
iiulciii ich safrtf! ..Dronif», hier sind zwaiizi;; Mark in Silhrr. von denen
jedes Stück ui«>hr wert ist als vi»»r von unscrn Silhorinilnzcn, tiio miin
Staber nennt. Siehe nach; wenn es nicht stimmen «ollte, werde ich es
berichtigen.'*
Noch hatte Dromo diese nicht in seinen Beutel gesteclct, als Pannen»
in das Gemach tritt und meidet, dase unser lieber Philotimue mit seinen
zwei T.ohndieneni in dem Flur unseres Hauses stehe un l mich XU einer
leisten Rehkeule oinladn. Als ich ilas hörte, spracli ich: I'armeno. sage
nifinfin liehen Fhilutinius, ich würde sofort zu ihm kommen und mit ihm
zum Seiimause gehen." Indem aber Parnieno abtrat, richtete ich an Dromo
folgende Ansprache: „Lieber Dromo, morgen wirst du» w&hrend Sidoniua
reitet, den Weg xu Posse machen, weil du eben Icein Pferd hast Du hast
auch wahrhaftig kcins nötig, da du ja, wenn ich nicht irre, die Tiger
Armeniens und dio Pfeile der Parthor nn Schnnlli^'^koit überholen kannst,
was die Uebersetaung deines Namens an/.udeuten scheint: Dromo heisst
n&nlich Scbnelliäufcr. Und damit du dir auf dem rauhen Wege die I'^sse
nicht wund läufst, so siehe die Schuhe an» dio du vor drei Tagen geflickt
und mit Sehuhnllgeln beschlagen hast*
Und damit richtete ich meine Rede an Sidonius, indem ich also
sprach: .Lieber Sidonius, ich werde, wie du gehOrt hast, bei mtüncm
Philotimus spf»rs»cn. dor im Flur meines Ifansps auf mich wartet, um mich
zum Essen abzuholen. Du hingegen und mein Dronm, ihr werdet heute
Abend fröhliche Tischgeuossen sein. Mein KQchenmeister Parmeno wird
euch reichlich mit Speisen versorgen, und mein Mundschenk Megadipeus»
der auch zugleich mein Hausverwalter ist, vollauf mit Uetranken.**
Eben hatte ich diese Bemerkungen gemacht« da eriiob sich Sidonius,
nahm seinen Hut ab und orgriff mninc Reclitn. indnm or sprach: „Jetzt
aber will ich mich von dir \ t^rat)!*< liii'd('n. mein lierr, iitul dir lilr die un-
vergesslicben Wohlthaten, die du mir erwiesen, da icli sie dir niclit ver-
gelten kann, wenigstens Dank sagen, wenn ich vielleicht morgen, wo ich
von hier aufbrechen werde, keine Gtiegenheit finden sollte, von dbr Ab-
schied zu nehmen: denn es ist ja mOglicb, dass ich mich, bevor du dich
aus dem Betto raffst, von hi^r aufmachen und dfu bostimmtm Marsch an-
treten muss. Lt'bt» also wohl, mein Herr, und verfüge über mich al»
deinen unterthflnigsten Diener!"
Darauf sagte ich: „Auch du, lieber Sidonius, lebe wohl, komme
glQcklich Uber und grosse den Pancratlus, deinen Herrn, vielmals von
mir. Nochmals, lebe wohl!"
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14. De« BarUiolomäus von Küin sageuhaltea ^endschreibeu. 171
Mit diesen Worten ging ich aus dem Gemach und eilte in den Haus-
flur, wo, wie ich vorbin erwftbnte, mein Preuod Philotimus mit Minen.
Lohndienem stand. Sobald dieser mich erblickt hatte, sagte er: .Aber da
m^st ja lange auf dich warten! Es hat schon sechs Uhr -geschlagen, es
ist Zeit 7:11 fspf^ison, lass im» ntich I1lPi^er^V(lbnung zum Abendessen gehen;,
alles ist, wie ich wcis.s. recht lecker zubereitet,**
»So lass uns doiiii gehen," versetzte ich.
In stilclier WVise, mein lieber Pancratiu^, liabo icii mit Dir brietlich,
wie mau zu sagen pflegt, gescherzt. Aber Du vsiröt Dich vielleicht schon
jetat wundem, dass ich nicht ttberall Wahrscheinliches vorgebracht und
nicht immer bei den Personen und Sachen das Delcomm gewahrt habe,
nach den Vorschriften der Redekunst, sowie auch, dass icb nicht Uberall
die Kürze, Anmut und Eleganz der kftmiarhnn Sprache beobachtet habe.
Aber Du brauchst Dich nicht zu wundern, wenn ich nicht vom Alter morsch
gewordene Zaunpfahle mit Purpurlappeu behängen oder taube NOsse mit
Ooldsdiaum Qbeniehen mochte. Du hast ohne Zweifel schon längst ge>
wittert, was ich damit sagen will, da Du ja ein Mensch bist, der eine
feinere Nase hat als ein Jagdhuiui oder vielmehr, beim Herlcules» als ein
ausgehunf^pftor Geier, Doch ;j:eiiug: hiervon.
üebrigcn» weisst Du, wie oft und dringend ich Dich schon früher ge-
beten habe, dass Du mir die Geometrie des Euklides, die Untersuchung-
Uber die Planeten und die Metaphysik des Aristoteles mit den Erläute-
rungen des Thomas von A<iuin wieder zustellen möchtest. Aber Du hast
sie hislanp: noch nicht zurückgeschickt: lass sie mir also demnftchi^t wioder
zukommen. Lebe wohl und bestelle an den Doctor Dietrich, einen auf
dem Gebiete der Philosophie vorzuglich bewanderten und in der Arith-
metik nicht minder als in der Geometrie erfhhrenen Hwm, in meinem
Namen die herzlichsten GrQsse. Nochmals, lebe wohl!
Deventer, den 10. Juli 1490.
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172 Mitteiliuigeu d. Ges. t. deutsche Eraiohungs- u. ^Schulgesch. VU.
15.
Weimarisefie Schiilordnuiis^ von
Voa Ludwig Weniger, Direktur des Cjymuasiunia zu \Veimar.
Die mit der Weimarischen Stadtkircbe zu S. Peter und Paul
verbundeoe Schule, aus der das beutige Gynmasium hervorgegangen
ist, reicht bis in das fUnföehnte Jahrhundert zurück. Seit 1443
iNiirde sie vom Rate der Stadt erhalten. Aber erst nach der Re-
formation gewann die Schule festere Gestalt und höhere Ziele. Die
auf Veranlassung der Reformatoren und ihrer Nachfolger in den
Jahren 1528, 1533. 1554, 1570, 1573 und weiterhin vorgenommenen
Kirchen- und Schulvisitationen kamen auch ihr zu gute und forderten
ihre EntWickelung.
Luthers Sendschreiben »An die Radherm aller stedte deutsches
lands* vom Jahre 1524 hatte in Weimar die Wirkung, daas Kur-
fürst Johann von Sachsen 1525 alle KirchengUter dem Stadtrat ttber^
wies, der daraus drei Geistliche, sowie einen Schulmeister mit zwei
Gesellen, besolden sollte i). 1528 fand die erste Visitation statt.
Der ältesten Schulordnung scheint der von Melanchthon ver-
fasste Sächsische Schnlplan am Schlüsse des „Unterrichts der Visi-
tatom ym Kurflirstenthum zu Sachsen" (Wittenberg 1528) zu Grunde
gelegen zu haben. Die dort empfohlene Einteilung der Schüler in
drei Haufen war auch in Weiinai* <liirchgefUl)i1, M ie aus der Visitations-
urkunde von 1533 henorgelit. Ihr ent-sju-ach ofVenbar die Anstellung
eines Schulmeisters und zweier (leselien; denn jedem der drei Lehrer
war eine der Klassen zugewiesen.
Zwanzig Jahre si>ärcr wurde eine nouo S. bul ordnung von
dein Diakonus an der Stadtkirclie M. Kaspar Müller abgefasst, dem
durcli Wrfügung der Ilei-zöge Johann Frifdri- h> des Mittleren und
Jobauu Wilhelms vom .fahre 1548 an Stelle des hochhetagten Super»
intcndenten Grau die Aufsicht über die Stadtschule anvertraut worden
') Die DarätcUung stutzt öich auf G. Heiland, Beitra^fO zur Geschichte
des Gymntisiums zu Weimar. Weimar« 1859. V^l. 0. Franc Ice, Regesten
zur Geschichte des Gymnasiums au Weimar. Weimar issl.
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Ii). \\ euiiurische Si-huiordnuiig von lü62.
17»
war. Diese Schuiurduuiif; ist nicht erhalten. Indes ^\ ird iilMTÜffert,
(lass bereits um lööÜ ein vierter Lehrer angestellt war. Müliei's
Werk hatte wenig Erfolg und kurze Dauer: die Lehrer hielten
hartnackig um liergebraciiten lest uud behalten sich, so gut es
eben ging.
Von 1554 an lasst sich ein EiiiporltHiheu der Schule wahr-
nehmen. In die«eni Jahre fand eine drille Visitation statt. Wegen
des Anwachsens der S( liiiJer/.alil wurde auf Itefehl der füi-stlichen
IleiTSchafl ein runiu r Ldin r ajigestellt. Das Jahr darauf erhielt
die Schule in M. .l(»liaiin Wolf, geboren in Weimar 1524, einen
jugendtn.scheu, dun li Wibaen und Tliatkraft auisgi-zcichiieten Leiter^).
Nach fast zwanzigjähriger AVirksainkcit wurde W^ilf 1574 als Gegner
des Synergismus seines Amtes entsetzt. Nachdem er eine kurze
Zeit als Adjunkt der philosophischen Fakultüt in Wittenberg thätig
gewesen, erhielt er (nachweislich vor 1576) das Rektorat der Schule
in Regensburg; 1586 wurde er in seinen alten Wirkungskreis nach
Weimar zurück berufen und 1595 sogar zum Bürgermeister gewählt.
£r starb am 3. November 1602 im 78. Lebensjahre.
Unter Wolfs erstem Rektorate. löGi, erlüelt die Schule ein
neues Haus, das Baum für fünf Klassen und die Rektorwohnung
bot. Zugleich erfolgte eine Aufbessenmg der übrigen Verbaltoisse.
Da den Tier Gesellen täglich eine Stunde mehr an Arbeit zuwuchs,
80 bewilligte eine herzogliche Verfügung vom 9. Januar 1662 jederar
eine Zulage Ton 1 Malter Korn, in der Erwartung, „dass Schul-
meister und Gesellen ilire Stunden ohne alle Versäumnis mit Fleiss
abwarten wttrden, damit nicht allein die Jugend nicht yersäumet»
sondern auch diese übrige Darlegung neben der ordentUehen Be-
soldung gebührlich vei'dient werde*. Wenige Tage darauf, nSmlieh
am 14. Januar 1562, wurde eine neue Schulordnung eingeführt,
durch die fortan der Lehrplan fes^estellt und eine Richtschnur für
die Zucht geschaifen werden sollte. Eben diese Schulordnung wurde
im Jahre 1570, als wiederum eine Visitation im Werke war, neben
einem «Venseichnus Etlicher Mengel vnd gebrechen der Schuldiener
zu Weunar'', den damaligen Visitatoren, das ist dem Superinten-
<) Näheres Ober J. Wolf bei J. 8. 0. Schwabe, CommeDtatto de Schola
Vinarienal — , Vinariuc 1816, p. 75. Von ihm orschienen u. a. 1569 Annales
VinarifiiHos. ffrnpr lö7*> der Stich eJnoM snrp^^fnltif^ nufirenoinmoiion Plans
der Stadt Weimar, des erHten, den os giebt, für viel»» Frageii dor Orta-
geschichte cino wertvolle Quelle. Uebor die AufYQhrung biblischer Dramea
durch die Schaler unter Wolf vgL G. Heiland, lieber die dramatiecheD
AttflUhniugen im Gymnauum su Weimar. Weimar IttoS. S. 6 IT.
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174 MitteiluDgeu d. (ieä. i. deutsche Erziehuugs- u. Schuigosch. VII.
denten M. Baithulomaeus Rosinus. deu beiden Hofräten Heinrich
V. Erlla und Dr. jur. Kilian Gohlstein und dem Schösser Nickel
Fuchs aus Weimar, überrei( ht und damit die Bitte um Bestätigung
verbundt'u. ^Zum Zwelfften vnd letzten", heisst es wörtlich, .bitten
wir auch, E. W. vnd G. wolle nu auch ^ userr Schulordeuung vnd
Leges Scholasticas. die wir hiemit vbergcbenu, vulx'schwertt durch-
lesenn vnd crwegen. vnd do darann kein mengel noch gebreclieu
befunden, dieseibigen günstiglich auch mit euerem suflfragio be-
krefttigen vnd bestetigenn, da aber etwas duranu zuenderu. oder
zu bessern, wollen wir E. W. vnd G. rath vnd Weisung guet willig-
lich vnd gerne, gemeinem nutz zum bestenn. folgenn". Das Ver-
zeichnis der Mängel und mit ihm die lateinische Schulordnung von
1662 befinden sich im Weimarischen Gesamtarchive in einem Akten-
bande, betitelt „Kirchen- und Schulvisitations-Akta 1569 — 72, vol. III.
Keg. 55", an dessen Ende auch der Beschluss eingeheftet ist, in
-dem die, vorher namentli^ angefahrten, Visitatoren der Schul-
ordnung ihre Bestätigung erteilen und einige Bemericungen sSfCh-
lichen Inhalts hinzufügen. -Den wesentlichen Inhalt der Schul-
ordnung hat G. Hefland in seinen »Beiti-ägen zur Gesehidite des
Oyrnnasiums* 1859 wiedergegeben. Natürlich kann dieser Auszog
die lateinische Urschrift nicht ersetzen.
Die Schulordnung zerfällt in zwei Abschnitte. Der erste,
Abetsehiieben «Ordo lectionum In Schola Vinariensi pro-
positus anno a nato Christo MDLXII. XIX. Gal. Februarü qui fbit
dies Felicis Martyris^ ist eine selbständige Leistung, die in der
Hauptsache offenbar von Johann Wolf herrOhrt. Er enthält den
Lehrplan Ton sechs Klassen, aufeteigend yon Sexta bis Prima;
Secunda und Prima sind in der Hand des Hektors vereint. Re-
miniscenzen an den Sächsischen Schulplan Melanchthons schimmern
durch, doch zeigt sich überall ein zielbewusster Fortschritt Uns
fällt die starke Betonung des Didaktischen gegenüber dem Historischen
auf. Der Katechismus Luthers wird deutsch, lateinisch und griechisch
gelernt, dagegen tritt die biblische Geschichte zurück. In den
Sprachen spielt Grammatik eine ttbergrosse Holle. Von Schrift-
stellern werden gnomische und solche, die für das Lateinsprechen
nützlich sind, gelesen. In Tertia beginnt Griechisch, in Secunda
Dichterlesung und Dialektik. Deutsch und Realien sind ganz ver-
nachlässigt.
Der zweite Abschnitt, überschrieben ,.De cura gubernandi
mores pueriles* enthält die Regelung der Zucht durch Schul*
gesetze. Er stimmt zum grössten Teile wörtlich mit dem ent-
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15. Weimarische Schulordnung von 15G2.
175
sprechendeü Stück eiiKT Eiseiiacher Schulordnun«^ von 1551 überein,
die von dem Rektor dn- düiti','en Schule, Audie.iri Roätius, abgefasst
ist wnd dessen UntorsL-hrift träd'). Andreas lioötius, geboren
22. Juuuar 1525 in (Jiiheu, kajii lo38 auf die .Schule zu Eisenach,
an der sein Bruder Sebastian Rektor war. 1542 bis 46 studierte
er in Wittenberg. Auf Empfehlun«; des Superinteudeuten Justus
Menius wurd«> er 1546 als Tertius an der Eisenacher Schule an-
gestellt, danach 1548 zum Konrektor eruannt, 1551 als Nachlülgor
-des Bartholomäus Rosin US ins Rektorat berufen. Am 11. September 1551)
wurde er Diakonus an der Georgenkirche, starb aber schon am 23. Ok-
tober. Gleich im ersten Jahre seines Rektorats, also 1551, hatte
«r die erw&hnte Schulordnimg ausgearbeitet. 1555 wurde sie den
Visitatoren vorgelegt und von diesen durch Namensunterechrift ge-
nehmigt. Auch die Eisenacher Scliulordnung ist in die zwei Ab-
sehnitte, Lebrplan und Sctiulgesetze, zerlegt. Den Lehrplaa, über-
schrieben De cura provehendi stndia puerlUa, bat G. Schmidt im
Osterprogramm des Eisenacher Realg}'nma8ium8 Ton abge-
druckt Die Schulgesetze unter dem Titel De cura provehendi
mores pueriles waren bereits 1854 von K. H. FunkhAnel in seinen
Beitragen zur Geschichte der Schule III veröffentlicht worden.
Ist der erste Teil unserer Weimarischen Schulordnung von
1562, der Lehrplan, von der Eisenacher Ydllig unabhängig aus-
gearbeitet» so deckt sich, wie wir sahen, der Wortlaut des zweiten,
der die Schulgesetze umfasst, mit der Arbeit des BoGtius fast ganz.
Abweichungen finden sich, aber es sind verhftltnismflssig wenige;
teils solche stilistischer Art oder durch die Ortsverh<nisse veran-
lasst, teils allerdings audi auf wohlbegrUndeter Ansicht und praktl*
scher Erfahrung der Weimarischen Schulmfinnner beruhend. Zur
bequemeren Uebersicht sind die einzelnen Punkte des Inhalts in
dem Weimarischen Texte durch Ueberschriften gekennzeichnet. Bas
Kapitel der Eisenacher Gesetze De tribus signis seu notis discipUnae
scholasticae ist durch den abweichenden Abschnitt De notationibus
scholasticis ersetzt, und im Zusammenhang damit steht eine Aenderung
auch im letzten Stttcke «Custodum officia".
Welchen Umständen es zuzuschreiben ist, dass man in Weimar
ein gutes Stack der Eisenacher Schulordnung, wenn auch Uber-
arbeitet, sich aneignete, laset sich vermuten. Superintendent und
„ADdreaa Boätlus, Ludimoderator." Das Folgende uach K.H.Funk-
h&nel, Beitrage rar Gsaehichto der Schute. 10. Eiaenach 1854. VgL G. Kahn,
Segesten xur GeMhiohte des Caii Friedrich - Gymnaahmwt zu BiMoach«
Biaenach, 1894.
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176 MitteiluDgen d. Gea. f. deutache Eniehungs- u« Schulgeseh. VII.
damit Ephorua der Weimarischeo Stadtseliule war voa 1&69 — 62
M. Bartholomäus Rosinus (Rossfeld). Rosinus hatte toh 1544
bis 51 als immittelharer Vorgänger des A. BoStius die Eisenadier
Schule geleitet t dann war er von 1551—59 Diakonus an der
8. Qeorgenlcirche, und in dieser Stellung mit dem Ephorat der
Etsenacher Schule betraut gewesen, was in der Eisenacher Schul-
Ordnung selbst ausdrücklich überliefert ist^). Und wemi es dort zu
Anfang des zweiten Abschnitts hetsst: ^leges igitur scbolae oon-
gestas bis quotannis recitamus/ und gleich darauf: ,Uic nt auctoritas
aliqua bis legibus circumdetur. praemittitur ab inepectore scholae
praefatiuncula de reTerentia debita his legibus. Deinde recitatio
fit a ludimoderatore coram toto coetu scholastico etc.**), so sehen
wir, dass Rosinus die Eisenacher Schulgesetze so genau, wie wenig
Andere, kennen zu lernen Gelegenheit hatte. Seiner Empfehlung
also wird deren Aufnahme in die Weimarische Schulordnung zu
Terdanken sein.
Welches Ansehens aber auch sonst das Werk des Andreas
Boitins sich erfl?eute. bezeugt die Tlwtsache, dass die Ratio ad-
ministrandi Scholas triviales pro)K>sita in visitatione ecclesiarum
et scholarum sub Ducatu luniorum Piindpum Saxonias*^ von 1573^
auf Grundlage eben dieser Eisenacher Schulordnung abgefasst ist^).
Abgesehen von der Einleitung und einzelnen methodischen Aus-
führungen, sowie etlichen, durch die Bestimmung für den aUgemeinen
Gebrauch vieler Schulen gegebenen, Weisungen, stimmt ihr Lehrplan
völlig mit dem Eisenacher Qberein. Das Gleiche ist bei den Schul-
gesetzen der Fall, nur ist diesen noch ein Kapitel .De colleganim
officiis" zugefügt, das in der Eisenacher und der Weimarer Fassung
fehlt, weil dort der Inhalt aus dem Schosse der Lehrerschaft selber
hervorgegangen ist. Uebrigens weichen die Weimarischen Schul-
gesetze in höherem Grade, als die Ratio administrandi des Jahres 1673,
von dem Eisenacher Original ab.
1) Sdimidt S. 18: „Utilissiraam igitur operam navat ecbolae noatrae
vii" doctrina pietateque nxci llentissimuH M. Bartholoniueus Rosinus, in-
spector Scholas nosi i « (c. Vjrl. FunkhJlnel a. 0. S. 87. Uehpr
Kosinus: Wette, Hidior. .Nachrichten d. Kesidentz Stadt Weimar. Weimar
1787, 8. m-j IV.
*) Funkhftnel a. 0. S. 10.
*) Als Hencoglich Sächaiache Schulordnung von 157S ahgedrackt bei
Vormbaum, Ev. Schulordnungen. I. S. obO ff.
*) Dies lehrt der Worttsut und bestätigt Schumacher, Merkwürdig-
keiten der Stadt Eiaenach. Eisenach 1777, S. 80.
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15. yreimariBthe Schulordnong von 1562.
177
Wie veit die Eisenacher Sofaulgesetee als eigene Leistung des
Andreas Bofitius zu betracliten sind, lässt sich schwer entscheiden.
In all diesen Schulzuchten des sechzehnten Jahrhunderts kann man
einen Steele Ten wiederltehrenden Einzelsatzungoa erkennen, und
zwar nicht blos solchen, die zu allen Zeiten Geltung haben und
sich eigentlich von selbst verstehen. Zum Beispiel das Verbot
des Badens im Freien, des Gleitens auf dem Eise, das Qebot des
Lateinsprec hens und anderes dergleichen findet sich schon zu Anfang
des XVI. Jahrhunderts in den damals weit verbreiteten gereimten
Scbttlerregeln 1) und vielfach sonst. Eine Untersuchung, ob die
Etsenacher Gesetze in unmittelbarer Beziehung zu bestimmten Vor-
gangem stehen, muss zunächst unterbleiben. Ein Einblick in das
leichter zugängliche lilaterial hat eine Abhän^i<;keit nicht ergeben.
Wer als Schulmann jemals selbst mit der Abfassung solcher Be-
stimmungen betraut gewesen ist. wird die Verpflichtung gefiihlt
haben, zum Besten der Jugend Gutes von anderwärts zu entlehnen,
ohne dabei seine Selbständigkeit preiszugeben. Tliaten dies doch
auch die Gesetzgeber im grossen Styl zu allen Zeiten. So soll
denn auch dem einstigen Kektor von Eisenacb das Verdienst nicht
geschmälert werden, dass er ein fUr seine Zeit sehr achtungswertes
"Werk gescliatten hat. Man that in Weimar wohl, dieses Stück der
Schulordnung von der Scliwesteranstalt zu übernehmen, freilich auch,
es aus guten Gründen in Einzelheiten abzuändern.
Im nachfolgenden drucken wir die ganze Weimarische Schul-
ordnung von 15ü2 wörtlich ab. wie sie in der Reinschrift 1570
den Visitatoren eingehändigt worden ist. Sie umfasst im Oi itrinale
30 Seiten Folio. Im ei-sten Abschnitte sind die Ueborschriften der
einzelneu Klassen mit roten Buchstaben iresehrieben. Am Schlüsse
fügen wir den WOitlaut der Bestätigung durch die Visitatoren und
deren Bemerkungen hinzu.
ORDO LECTIONVM IN 8CHOL.\ VIXARIKNSI I'ROPOSITVS ANNO A NATO
CHRISTO MDLXli. XIX. CAL. FEBKVAHii q\l FVIT DIES FELICIS
IfABTYRIS«).
SBXTAB CLASSIS LBCTIONES BT BXERCmA.
Praeclare a Nasianxeno dictum est. i'^x^f» «lüivtdiv «cA t^.oc isokt 9«4v,
Quaro hora septima, qua hyberno tempore piieri in .«tiidia conveniunt, ne
illotifl iimnibu«!. vH potius illota et impiira monte «tndia üteranun inrho/'ntur.
ünus puerorum c superiore ordiue huius clasais, quinque uudä capita Cate-
'I Herausjfegeben von B ah 1 mann in Kehrbachs Mitteilungen der
Geselläch. f. deuische Erzieh.- aScbolgeseh. Iii, IW ff., vgl. ii.81.87.88.
Folgt eine leere Seite.
MitteUuog«ii cL Qes. C d«ut8cb« Emieb.- u. Schulgeschicbte. vn 2 1897. 1 0
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178 Itittoilungeii d. Ges. t deutsche Bnidningii- iL Sehulgesch. MI.
chisml, cum fonunia precum, (|uu se mane »urgentes Deo commendant,
Gf'rmanire et clara vn(n rocitabit. Huic pio aiispicio alij (hin jinori addent
expositionem unius pajtis Catr« hismi, a virn saucto Luthord traditam,
idque clara voce, ut et caeteii audire, et isla quotidiana recitatione discere,
et memeriae infigero queant').
lACto sie pio fUndamento, ad ipaaa lectiones aeeeditur, Primum prae-
e«ptor singulia ordinibus proponit. clara voce ter quatorvo recitans, certum
penpiim. fpu locum in u>itatis übcHif'. Grammatica niniirum, Donato et
Elcmcntali puerili, quud vocaiit. Deinde omnpf ordine bis ante diniiägionein
Ä schola audiuntur^ hoc modo: Praeccptor in Hitiguliä ordinibug et decurijs,
audit Decuiiones, qui ubi bend peneum suani absoluerint, committuntur
Ulie cae(te]rt ordtne iuttituendi et audiendL Quod ■! ij nesciveilDt pro-
posltani lectionem, aut saepius haesitaverint, annotantur, et praeceptori
postea iudicantiir, ut dotiuo ab illo audiantiir. Ad hanc aiiditionem, quae
sedulo, praeceptorc Semper praeseaie üeri debet» et recoguitiunem erratorum
ut mliümum opus est horis duabus.
Reliquumtenipue ante horam decimaiD,totum seriptionibus attribuitur,
et recitationi paradigmatnra. Hoc tempore et pennae pueris rudioriboe
parandae et coiicinnandnp sunt, nehanim dofr-rttim stuio praotn^ant ifr^aviae.
Hortanrii otiam sinpuü sunt, ut aemper in proiuptu babeant libellos. (|uibus
in hoc geuere exercitij utaatur. Slntque ij coutexti, ot uon temere couuoiutL
et fluitantes. Haec exerdtia observantur nuine pw totam aoptimanam,
ezceptis dtebu» Mercurij et Sabbathi, in quibua exigua accedit nariatto, ut
poeten scquetur.
Die Vfin-ris loco scriptionia re<'itantnr uncabula latina, et aententiae,
quao ilia septimana prnpositao fiuM Uüt. Qui recitarunt pensum, nihilonünus
scripta sua abaohiuai, uL iiura duodceima praeceptori corrigcnda ofTerant.
Horn duodecima, ut et hoc etudiorum initium alt faustum et auspi*
catum, recitant superioria ordinia pueri certoa paalmoa, Germanici« bae
recitatione quadrans horae transmittitur. Deinde succedit scriptnrum
emcndatio. in qua non tantiim perporam exarata diapunguntiir. sod ctiam
ueri et compendiosi Uterarum duciutj munestrantur. Absoluta hac ücriptoruin
correetionc, lectioncs eo modo et ordino, quo auto mcridiem proponuntur,
et audiuntur. Et minoribua ac rudioribua praeterea bina latina vocabula*),
caeteria vero etiam brevis aliqua pia« aut moralis aeotentia in tabula
annotatur, quam in suos libellos descriptara et praeceptori ante egreesum
4 iudo, et domi parontibti«', nna cum binia vocabuli;« n^eitont.
Die MercuriJ mane recitatis prccibua, ut et supcrioribua dicbus factum
eet, certum penaum pro captu pueromm proponltur in Catecliiamo Germanleo,
quod deinde omnea redtent praeceptori. Minorea recitant nuda quinque
capita catechisoii cxun adiunctis predbus.
Die Sabliathi post prpco>? ordino aiiditmtur recitantes menioritor oam
catechiBuii i)arttMii. quam die Mereurij Icu'^'mi' lantiim didicerunt. Qui autem
per aetatoui cult-chisiiui longiorem oxplicalioneui iiuudum addiscere i)()S3unt,
iJ Am Uwtcl» von andrer Uand: Et sUUim aubUcero IcctioDem rnius capitis ex BibliJ«
latinig ot GermaolcJa.
>) Am Rande von anderer Hand: aut «tiam i>lura, ut magnatn eopiam Tocabulorum
«olUgara poaaint.
lo. Weimariache SehulordDung von 1662.
17»
«t lectionis imporitl aunt, sola quinque cspita com IbrmuliB precum r«citimt^
Postrema hora Evangelium aeqnenti Dominica publicö ezplicandum, ali»
<]i)Oties a praeceptore, et deinde a pupiis clara voce xpcitahir. nt unam
mit nltcram pcntentiaro. qnam praeceptor indicavcrit indo cxcorpant. et
memoriae intigant, quam postero die et praeceptori in schola, et domi
parentibus memoriter recitare queant
QVINTA CL ASSIS.
Pietatia exerciüa in hac clause fere eadem sunt, quae in superiure.
Kam manö Bemper nuda eapita Catochiaini, latind ab aliquo puerorum reci-
tantur. Bt poste« duo alli unam partem cum latina ezpoaitione Lutiiori,
itidem claru uoco caeteris attcnt^ auacultantibus pronunciant. Deinde tra>
duntur formae declinationum ot cnnius'atioTnim usque ad Imram nctauam,
qua ea, quae in prouerbiia Salomonis praecedeuti die rclicta euut, Gram-
maticö exctttiontur, et considerantur, ne pueris desint Hegolarum, et
inflnionm»., com in nomlnibua tum in uerbia exempla.
Caeterum hic ordinamus, ac conatituimuä, ut praeceptor hnios claseis,
non tantnm ohiter themata indicet, »od ctiam in tabtila annotot. adipatque
8ingnulo8, irt ea in stin.s libellof dilif^-enter doHcribanf . ({un et r!i>' Sabliathi,
«t in aemestri e:^a^^i^e, illum suum coilectain thesaurum uucabuiorum, et
breviomm formnlanim praeeeptorib. monetiare, et praocipna mamoiitnr
recitare queant Nona bora Bl^ologiae praecqita breviora ezplicantnr.
Horae Pomeiidianae.
Daodecima bora decantato hyrano, quo Spiritus sancti auxitimn
implorator, onmes in Muaicia exercentor. Volumm autem Cantorem non
tantuni superioruni, sed etiam inlVriorum ordinum in hac arte tradenda«
habere rationem. Quare diebus Lunao et Martis per tolam hnnim praecepta
cum additis exemplia pueria explicandi» et respondendo inculcabnntur.
Bequentibus autem duobns diebns, cum dimidia bora praeceptia tradendit«,
tranaacta ftaerit, reUqunm tempus repetitioni insigniormn eantilenamm
attribnetor in Musaeo separate. Ne autem cantore absente turbae exei*
tontiir, ant tomptis imTtilitnr a minonbua teratur, constitnot semper
alitpiem puenun cx Primania, qui minores canendo sednlo et diligeuter
exerceat.
Prima hora, Balomonis Pronerbia expimnntnr, et Grammatlcd ezptt-
cantur. Qaod si anguatia temporia aliqoa in proposita lectione inexplleata
relinqnantur, seqnenti die. bora octava ut supra indicauimus excutiuntur.
Ultima hora. Catonis Diaticha Qnintae et Qnartae dassl stmul
enarrantur ä praccpptor»'. (jui alia« soli quartu'' chissi praepnt.
Die Mercuiij priuribua üuabua horia scripta inspiciuninr et corri-
gmitor. VolomoB antem praeceptorem singnlarem apad bun puoros a^ibere
diligentiam, ut, aaauefadat omnes ad pictoram llterarum non tumoltuariam,
sod elegantem et eradltis boc noatro seeolo probatam. Proponnntur aiitem
hia rudiorihtis ad!>i!<' nnf^ris non Kpi^itolae integrae, aut Innfriorf"^ Poriodi,
sed tantuiit brov^ st-ntentioiae, lingua nobia uernacula ex b'cliuiiibua pro-
poaitia deaumptae, ut faciliua uocea ad latinam cumpoeitiunem neceaaarioa
iienari et inqnirere poaaint Nona hora brevioree et naitatioree Begulae
Syntueoa ezplicantur, et adduntor exempla plnra, at paeri faeitius eae
intelligant et in aeribendo aeqoantur. Die Satnrni hora septima uenoe
12»
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180 Mitteilungen d. Gea. t deutsche ErziehuugS' u. tichulgescb. YII.
8tigelij sammutu Euangelij seqaentis Dumiiiicau complect^nte«, cum prapci-
pua illiuB EuangeliJ sententia exponuntur. Octava iiiHpiciuutur eomtueu»
tarioli paerorain, «t inlraDtur momoriter raeltare «j^Ueata uoeabula, et
bre^iorea loquandi formulaa. Mon» a^onitor Catoebiaaras Lntheii.
QVARTA CLASSIS.
Doetrlna Catechialiea In Ubello Lutberi tradlta« optima est Bpitome
doctrinse propheticae et ApoatoUcae, quare et in superioribus classlbiia peiv
petuo retinetur, et recitatur ante lectionis raatutiiün^ initium. Post preces
primus über Bpistolantm Ciceronis, quaa Sturmius t?elej^it enarratur. In
expUcandü iä »ervetur modus, qui aetati puerili et tenerae adhuc est
aacommodatua. It» niminun, ut poat interpretationam Qeram et ueniaculae
lingoae conuraiaitein explicantur uooea nngulae Graanuitied. Sittplicibiis
uocabulis adEtymologiae praeceptaexcusais.monstretur oonstructionum ratio.
Deinde phrases et formulae loquendi inde excerpantur. et pupria in tabula
ne toties et ade«) turpiier in scribendo errent, annotentur. DanUa tarnen
oper» est, ut aon aliunde peregrinae phrases huc accumulentur, quae saepe
longiorea simfc» aut obacurtorea« quam ut eaa teaella aetaa eapere» aut
memoriae infigere queat. Tandem ut pueri has pbraaea pland anaa fadantv
et in qiiiilibpt occasione ijs recte uti possint. Arfrunicntum Germanicum ita
proponatiir, et applicefiir ad andita^ iam fornuilar^. iit oas oitra mapnum
laboremeo accommodare putjsint. Hora octaua praocipuue rogulae Syntaxeoa;
Nona varo praecepta Etymologiae explicantur, idquu perpetno obaarvatur,
dlebua Lonae, Uakia, lovia et Veneria.
A Heridie.
Duodecinm bora in Muaieia eo modo et diligentia ezercentnr, ut
dictum eet. Prima Aemtpi fubulae iiiinorr^ u Caraerario conscriptae ez>
p(munttir. ot ricrmariic;- oxriituuitur. Socuiida. Disticha Cafi-Tiia enarrantur.
Die Mercurij matutinae hurae scripturum emeiuliitiuiif' cunsuraantur, Scd
hic uolumus praeceptorem primum colligcre siugulurutu argumenta, ne in
Scbola primum componanturt et tot furta committantur. Vitia Indicentur
Clara uoce, et iubeantur caeteri omnea attentd auacultare emendationenu
Sie tempoa aub emendatione non ignauo ocio et nuf^atioiübua pueri terent».
et praeceptor nna et eadpm oppra pmdorit omnibus. Hoc in genero omnibus
praoceiitoritiiis dicimuä sicut et illud superiua de a^Buefaciendin pueri»
ad elegantem literarum picturam. Cauendum praetcrea, ne nimium fcstinetur
in conrigendo. Hortandi etiam et cogendi aunt ainguU pueri, ut argoment»
au» in elegantea et ben^ contextos libelloa Germanica et latind conacribant.
Sabbathi dies sacris potisaimum et censurae seu examinationi phra-
aiiim pt alionnn mnmorabiliiim, (jiiao per tutain septinianam tradita aunt^
tribtiitur. Septima iutinum Euangelium cum additia SStigelij uersibus expo-
nitur. Octaua, phraaea et alle in eemmentariolia annotata repoacuntnr.
Nona Cateclüamua Lutheri explicatur.
TERTIA CLA8SIB.
Hymno et precibus abaolutia, diebua Lunae, Martia« lovIa et Veneria
hora aeptima huic clasai. secundua et tertius über Ejjistolarum quaa Stur-
mius ex Cicppviio siolPErit. f>narrantur. eudoni forü modo MxpHrationis obser-
uato, qui in su{»eriore quarta claaae praet*criptu8 ewt, niHi (juod bic. (|uaedam
paulu uberiua truduutur. Hora OCtaua Syntaseoa, nona autem Etymologiae^
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lö. Weimariach« Schulordnung von lö62.
18i
praecepta perpetuo expununlur. et reposcuntur tnemoritor ea, inuie a prae-
ceptore pueri iusai sunt recitare. Diebus Veneria et levis adultioribua hora
aonftpandigmAtft OraManiin dttdltiialkmiim etiam propomintur, ut eomftlitt«
«d teenndam clasMin piMparentur.
A Merldie
Duodecima exercentur cum toto coetu in Mu^ia. Prima. Aeaopi
fabulae minores ä Camerario conscriptae exponuntur, et Germanice excu-
titnittir. Secunda Bucoliea Virgil^ enarrantur, et aumma diligentia ad
praecepta Gramroatica examinantur.
Die Mercurij matutinis hori& acripta corriguntur eo modo, qui in
^uarto ordtne Indicatus eat. Recitantur et ultima iiora regulao Syntazeoa,
qnarum certus numerus k praecept<>re propositus est.
Die Siibhathi so})tima matutiiu'i Eiumgelium l:itim^ csixinltiir. Octaua
censura phrasium iiliorumquo memoraViiliuin, qiiao per totaiii scptinianam
tradita fuerunt, instituitur. Nona cate(hi^^rnus Lutlieri enarratur, cum
paucis ietifl deftnltionibus, Dei, legis, EuangeliJ, peecati etc.'). Et Üb omni-
biis absolutis» adultiorea diaetmt ezpoaere nuda qulnque capita Graed
«atechiami, quae poetea in aecunda daase memoriter recitant loco precom.
BBCVNDA BT PRIMA CLASSIB.
PneroB qui Lndimoderatorl peeuliariter erudiendl et informandi
commissi sunt, in duos ordines seu classes distribuimua. Nam 4]ui primua
ex tertia claflse addncuntur. pt in Hraecis literis parum, in Dialecticif« iipro
nihil perceperunt. ncc uersibiis scriliciKHs exercitati sunt, socuiulao classi
annumerantur, in qua ubi aiiuuin cum laude versati fueriiU, iu primum
<»rdinem recipinntur.
Pietatia ezereitia' liic parum diaeedunt ab ^ quae in tertia elaaae
habentur. Nam perpetno matatini.s horis, pnst hymnum decantatum. lee-
tioni praemittitur rpcitatio alininis partia CatochiHrai liUthori. quo absoluto
adduntur breues definitiones, Dei. Legis, Euangelij, peccuti etc. ex libeüo
Catechistico (Chytraei) seu methodo D. luanuis Wigand!').
Die Veneria nada quinque capita Catecheaia Oraecae eum forroutis
precam, quibus ad menaam utimnr recitantur, et die Lunae recitatio Graeci
Buangelij aliarum lectionam pium est auspicium. Huic pio fundamento, sen
rr-citationi succedit Kpistolarum familiarium Ciceronis explicatio ab hora
soptima usque ad ottauam diebus Lnnae Martis et Veneris. Nam die
Veneria, haue ipsam horam Graecae lectioni Heaiodi, Phocylidis aut alterias
«uthoria Graed attrlbnimoa. Octaua bora uaqae ad nonam R^Utloni
Gateeliiami in templo, ant habitae lectionL^ destinata est. Nona diebna
Lnnae et Murtis (irarcae Qrammaticae Bpitome explicator. Diebua varo
iovia et Veneris Dialectica.
A Meridie.
Finitu Musices exeroitio diebas Lunae et Martis Comoediae Teren>
tfanae, bora prima enarrantur, Diebua uero Jonie et Veneria Grammatlca
Ladna repeütor, Loco Terenty interdom Dialogi Cieeronia de amicitia et
aenectute proponontur. Hora aeeunda» diebua Lunae Martis et loois Aeneis
i> Am Rande von aadrer Hand: et duabua ret trlbut quMitioaibut ex tneUiodo I>. leao.
Wigand!.
*} CtiytrMi durch ifoitli-icbea. Uie dann fulKt^udt-tt WurU; vua aad«it«r il»ud.
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182 Mitteilungen d. Ges. £. deutsche ErziehuDgs- a, Schulgesch. VIL
I
Virg-iliana uel G*M»r{ä:ica expiicantitr. Die ihti» Von'Tis notao aiuliiinttTr. ot
uersuä EtJiici ex optünia pojjtis selecti expoiiuutur et meiuoriter recituniur.
Vbl «imiil ftunt cobortationes ad nitMa et mores honeetd regendoe.
Dies Mercurü emendationi ecriptoram prosae et Ugalse orationis tri-
buitur. Vitima hora neinpe ab octaua usque ad nonam fiant concertationes
di3])Utandn et scriboiifio. Vtrtnri premij loro dntur superior w^deg eiu»
quem uicit. Uora geptima die Sabbathi Euaugeliutn Graece explicatur
et praecipuae doctrinae breoiter indicautur. Octaoa themata excutiuntur, et
ezercentur pneri dedinando et eoniugando Graecd; Nona breue ezamen
instituitur, in quo phrases aliaque meraorabilia illa septiinanatradita. repos»
cuntnr. ot in!*piciuntur übclli in quibus ea annotata comprohenduntur.
Deinde dimidia hora tribuitur Mithodo dnctrinae C'hristianae I^octoris
Wigandi, ut dofinitiuno» antea traditas melius et rectius intelligaiit, et itÄ
paulatim alias etiam qoaestionee ad alendam neram pietat^ oecessariaa
eognoseant, et memoriae infigant. In ezplicatione autem iam dietarum
lectionttm is soruatur modus. i{ui pupiis in Iltens, iam aliqiiantutum pro-
gresais, accomodatus c^t. F.t cum plurimum reforat utriiisque Gramraaticoa
praecoptu in ludis literarijs diligontor percepisse, omnia qua tiori potcst
diligentia in latinis et Graucia authoribu», ad quatuor Granitnatice»« partea
examinantiir et ezcutinntnr, et monstratnr usus slmpUeimn et coniunctaram
noeum, nt postea in loqaendo et propoaiti« argvmentts, qnae nt plorimiim
ex auditis lectionibus desomtntur, eas rectÄ et tempestivd acoomodare
posslnt.
Dies DruninicuH tntu^ est destinatus auHcuItationi piarum concionum
et earuiidem repetiüoni, quae fit post finitam vespertinara conciouem.
1>K CVKA ÜVliERNAM)! MORES i'Vi:ien.FS.
Altera oiticii nostri pars nersatur in regentlit* muribus pueritiae,
esqne difficilior et aerumnosior est in iiac temporum corruptiunc, cum et
pablica et domestlca ezempla maxime pueritiae noceant et parwitnm
negligentia conflrmetur discipllna(> contemptus.
Ne tarnen officio nosttro dcsimus. {iraostamiis quod ])ossumu8. et ut
plura pi)S8iniU8 DEV.M oramus. Proponimu» igitur liasro ic^e?^. quas et
aliä» et certis diebus po.-^t oxaxuina repetimuü et explicamu«, nostris »cbo>
lastieis semandaa.
1. Quid domi fieri debeat
Prindpio etsi aitae domestieae inspectlo et guberaatio praedpn»
parentibu» et bospitibus mandata est, nec nos de ea commod^ legcs eoique
praescribcre jMigsumus: tamon in fronore praocipimus. ut Scholastioi tnetnores
majuluti diuini honorent huoö partiitr-, Iimc '»*'t. ut grati agtioacant ingentia
eorum bene&cia, et orent pro eit», oijsequaiitur. et tribuant eis reuerentiam
debitam, errata ipsonim boni consnlentes. Sint etiam diligentes in repeten>
dis lectionibus. Pugiant Ignaviam et somnoleatiam, nee recnsent Interdiua
Bubire labore» domestieo«. Surgant manS in tempore, ubi manibus et fkdfr
Jotis, capillorjiip i^fxo. irrntin« a'^ant DH(' pro nortuma cuHtodia et rellqui»
beneficijf, et ardenler ab eu Huceessus et giibernatiuneni suorum Btudiorum
pctant. Deinde acceptis libris repetaut et ediscant quae ante meridiem
tenere debent in Ludo. Argumenta sua tarn ligatae quam prosae orationia
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lö. Weimarische öcUulorduiuig von lö62.
183
doini dilippiiter tMinijxtsita a<' (h'scripta in luduin iiil'crunt. Post caenrun
flüpaa uiiu atque allere hoiu cubilum concedaiii, uec ui^iiiaä in mullam
noelem extendanl Kam interapestiva studia et ingenij et corporis nires
debilitant. AasueBcant potius maturö cnbitu «arg^. Hoc ad longaevitatom
plurimum cnndurit, ot matutinum tempua studija est conuenientlHainium ut
dicitur. AVKOKA EbT AMICA MVSIS. Discant ctiam ciuilitatem in accu-
bitu, et admiiiiätratione mensae, de qua re extant clegantissima praocepta
miiltoriuiL
II. Quid in publico aea plateis deceat
In publico Scholastici prae(i]iup sint modesti. ac reuereantur tucita
honiinum iudicia. Non curaitent, nec diu in uia piiblioa morentur inepta
curioaitate inbiuutes onmibuä rebuB, quae uulgu geruutur. Nudeut uero
eapita coram niro HonorabüL Non ludant, non laaciviant in glacia et niue.
Natationes seu lotionea aestioas in fluminibuB, quib. plurimum inest periculi«
uitent. In vestitu reuereantur bonorum uirorum oculoa. Exerant manus ö
togiB seu pallijs, (juao non siiit niiiiiö brtniia. scd •j:onija euntium tegant,
»intque ea omnia manieatu. naui caetera uiatonnn sunt, et pucnim mapriä
deformant quam urnant. Calceoa niundo^ Imbeant, peronum et ptleorunt
neue rusticia relinquatur. lUa oero diaaecta et nimia laxa et turgida femini-
cruralia» qoae oanltas et luxna perditonun hOminum ezcogitauit, proraus
intcrdicimua omnlbua acholaaticia. Problbemna etiam geatationem gladiorum
et aicarum aeu pugionum.
III. Quid in ipso ludo Htorarif) fieri velimus.
In ludiun caufant Scholastici no tardius ueniant. In quo ut minus
isit tuuiultuum abt^entibus pracceptoribus, uolumur^ ut qiiilibet nimul atque
ingresaua ludum flierit, suum locum oecupet, nec liuläquam rine granibue
cauaia in aUena claaae conapiciatur. Praeaentibus et introenntiboa praacep-
toribua tribuatur debitua bonos et reuerentia. Domi quilibet didicerit. quae
in liulo tenerc dohpf. Vicinua non insusnrrf»t aut adniurmnrot uicino suo
uliquid recitaati ue ipsiua ncgligentiam boc modo conbrniet. Quae reci-
tauda sunt ea studeant pueri clara, diatincta et tardiuscula pronunciaüune
elferre. Latinö cum ubique loquantur, tum praecipue in ludo coram
praeeeptoribus. Inter praelegenduin non garrlant, nec interiin al^a rebuR
occupati aint, s^d toti pi luU ant al» ore praeceptoris. Omni moniento sint
instructi Charta et caiamo, ut annntont nicjitid aiinotatti dignum audiant.
Nun eshibeant praeceptori argimicnta ab aiija composita pro suis. Nec
(luisquam quaeatuB lUieuiua gratia uel alla quaeunque de cauao, ulteri
argumenta eidiibenda componat, ut praeeeptor noacere poaait caluauie
in^M-nium, et profectum in disc ndM. Si cum praecept^re uel uiro hono-
lahili luquenduni est: atent puori ([uieti. et pedibus compositis. ot tierofunde
euni cum quo luquuntur intueautur. Nihil nec emant. n«'c ut ndant. nec
permuteut inscijs praeeeptoribus. Dent operam ut rea propriaa custodiaut.
Quod aiquid ab alija andaaum offendunt, non retineant, aed ad praecep-
torem afferent, ut reatituatur. In latrina nec diu morentur, nee tumul-
tuentur, aed aiot uerecundi, et inuicem reuereantur ae. Nec quist^uam in
allum locum uadat ad CToneratioiH'm alui aut noMicae. Locus t'ti:ini ipxp
ita conscruc'iur ne cousptfctu?* ocuios grauiter ollendat. Dilijrant i^v mutuu
omues ut Iratres. Si quia ab altero laesus sit, aciat sibi tarnen non licere
uerberare queuquam, aut uUo modo ezercere uindictam: sed praeceptori
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J84 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehung«- u. Schulgesch. VII.
ultionem rellnqiiat, qoi re eognita poensun sonti irrogabit pro modü delictL
Qoae diseordiae iutet aeholaeticos in ludo oriuitar in ludo et oompo-
nantar. Nee ea quae in ludo geruntur foraft efferri ooluraoa. In toleiandis
vf»ro poenis nemo sit rebt^llis. Sunt qui clani solent dolero ea. quae pu-
blieae utiiitatid causa a praeceptoribu» in^cripta ^^unt tabulia horum petu-
lantiam seuere prohibemus, et ai quos tales depreheuduriinus grauiter in
eiDS «nlmadnertomus. K quis laaciuiena in Indo fregerit aliquid, et reficere,
Sd «HO eomptu tenetar« «t inauper etiam uapulabit. Cam exennt acholastiei
A IndOt aut ex alia classe in aliam, praecipue renereantur praeseutiam
praeceptorum. nec cursittMit. nec tuinultiiontiir, nec strepltum excitent
tancjuam jKuiimfntum aut ;,Tadiia |)e'rfracturi. OmnOH uero qui in aliam
locum Htudiurum causa probcinci cogitant. prius couBulant ea de re Ludi-
rectorem, nee talem mntationem temerö iiiei poat oeitata Examina aaacipiaiii»
Bent antem op«T«ai neperpetratla turpibna fadnoribiia aat ofltoais paren-
fibna et hospitibus hinc abire cogantur. Impetrata antem dimissione
primnm praoccptoribuä singuUa, poatea etiam hoapitibaa reaerenter gratiaa
agant, atque ualedicant.
IV, C^uae iji teinplo facienda.
In templum nemo ante tempne tntroeat, prlua autem omnee Scholaatici
in ludum eonneniant^ ut totus coetua eimul inde in templum eat. Inter
eundum nemo uel cum comite suo, uel cum alio quoquaiu cunfabuletur, sed
taciti ac <inc tnurmure oant ut scholasticos decet. Nam si ut nari at Homerus,
eiercitua Graecorum prope iniinitus modestissimo silentio prugredi sulitus
est; turpissimum certe eat, coetum Schuladticum nun ea^e eadem modeatia.
Cum nero in congreesibus Becleaiae non solum multi pij et aancü homlnea
congregati eint, aed etiam ipse flliua Dei cum Banctla angelia praesens ibi
adsit: uenerentur pueri omnibus modis locum sacrum, et ingredientea
tenipluni rapita nudent. quod idem etiam in egressu faciendum. Inter
canündum nemo rideat aut fabuletur, nemo priuatim aliquid lecticans aliud
agat. Nemo etiam m ä coetu cauenüum »egregana, seorsim stet tanqoam
immunia ofBciorum echolaatloorum, aut Interim in inferiorem templl partem
foeminia dastinatam, deapielat. Omnea pariter ad librum quam proxime
possunt, accpflant ac canant, ut gtudinsam s;uam operam cantori probent.
Quod si cautilr-nai' (k'miain(ae cauendae sunt, pueri aint iuHtructi suis
enchiridijs. Conciones sucraa attcnte audiaut ac memoriae mandare conentur,
ut poatea et praeceptoribna et parentibua de ija rationem reddere queant.
Nomini vero leau Saluatoria nostri omnes eaplUbua apertis aasurgant, uel
genua flectant. 8i satis loci est schulasticiä ut atrueturae illi transuersae.
quam luricam appollure liceat, pectore incuiiibom possiiit. iiicumliant auscul-
tandi gratia, aed niodesie, et cedant loco honoratiorihur*. .-^i ipii adupniaiit.
Quod si parum loci uacat, inciuile est ita urgere latus itoiieHti uiri. ut
quasi loco Buo eum remoturus uidearis. Nemo ante tempua 6 templo ae
aubdueat Pinita condone, cum Ecclesia pubUce Deo gratiaa agit pro
quotidianis benefieijs, ac deprecatur iram Dei, pestem, famem, bella, et
alias miHorias puhlicas: adiung'ant puori Krclosiac precibus etiam sua-i. ot
cogitet unu.-<<)\iidcpu' etiam sua iiitfi »'hs«'. si status Reipub: et Kcclesiao
saluus eit. Diebu:« Lunae in euurrutioae Cateclüt^mi et slmiliter Diebus
MereuriJ et Veneria, cum caput e nouo Testamente breuiter ezplicatur et
precea fiunt, quilibet ratione auae classis deputatum albi locum occupet»
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16. WeimariBche Bchuiordnung von 1562.
185
nec maiorea retrocedanr in itif?iil<w pt HPÜaa tanquam Lucifug-ae. Cum ante
copulatioDcm publicam spousi et ypon.sue nuptialis psaimus in templo usitato
jnore caneudus est: eauduit scholastici ne uel in templo uel in coemitorio
diseummt, uel tumttltaentar, conueniftiit autem omnes in locoin templi ipais
•deatinatimi. qui a coetn canentium, ehori appellationem retinet, ibiqae
tranqTiille aduenftira sponsi comitumque eius expectent. Qui templo aut
*5chnla emanore uolunt. nou solum ueniam petant ä praccoptore, sed etinm
ostendaut grauem causam, qua impediantur. In primis uero diu Veneriä
nemo emaneat temer^ nial ipae neniena aiU impetret k praeceptore ueniam.
Peregrini nunquam in palriam diaeedant nlai petita et impetrata uenia eiim
auae claaaU praeceptore. tum etiam h Ludiractore. Temeraria iutamenta,
et malas erecrationes uerberationes inntuas, obscncnns Kermones, furta,
mendacia, et id ^enus alia prcccata uitanda esse noruiit scholastici ex
doctrina Decalogi, cuius uiolationem cum Deuä iustissimus Iudex seuere
puniat, caneant omnea ne etuaniodl peccatia poenaa dinlnaa albi et alijs
attrabant Teaaerae ant ehartae Inaoiiae non inueniatttar apud Beholaetieoa,
ut ne suspicerour quidem, eos solere eiuamodi hidoa exercere, qui ä puerili
«etate debpiit pssr» alionissimi. Si qui clain in suis Imspitijs aut alibi
compotationes inslituent, uut in doniiri'trum 8Uorum uel alitirum coimiuiis
ebrij deprehenai fueriut experientnr dignam aeueritatem noatraiu in caati-
.gando. Ne ad nn^tlaa qiridem qttenqoaai nolumva accedere, niai pennieeti
Lndünoderatoria, ä quo u qni propter proptaqnaon cognatlonem, qaam uel
cum aponao uel cum sponsa habenU ueniam accedendi ad nuptiaa impetra-
bunt, uitent aaltatione^. Indos illitos, ebrietatem *>f ^cTirriloH cum tympano
obambulationes, ac ne ulla ait occafio peccandi h,^^ rebuM, fu^iant consnrtia
«Orum, qui non aolum haa honeatisaiman acholaaticaä lege^ derideat, aed
etiam oppidanonun magiatratnam edicta ttiolare andent
In tmiaennm nero atndeant scbolaaticl, cum omnea, tmn pimecipue
maiorea natu, tit hono exemplo alija praceant, nec aua pertinacia inoitent
«tiam minores ad diaciplinae contemptum. Sic et praoccptornm gratiam mere*
buntur, fcliciuaqoe in diacendo progredientur, et praomya a Deo ornabnntor.
De poenis uiolatarum logum.
Proetra i gnbernatoribas elaboratur in condendia et promulgandia
legibus, nisi poenae etiam proponantor, qnibns improboram petalantia
-eo^rceatur. Poenaa igitur anmemua & tranagreaauribna harum legum pro
modo delictorum. Siqui intordum pefcant upI iucuria uel Icuiusculis rohus:
aliäa uero praeceptoribus probant suam modestiaui ac diligentiam, poterunt
uel ueniam imprudentioe, uel aaltein poenarum mitigationem mererL Quod
•i qnia aaepina mia in re peccat^ aut aliqnotlea admonltoBi non tamen
atadioae nitat peccata non poteat mderi incnria peccare. Qni noro mani*
feetum diaciplinae contemptum prne ae ferant, aut data opera cooaultaqne
spe impunitatia peccabunt scueriua ä nobls fasti^abuntnr aut redeant in
xiiani. (Quorum noro petulantia nullis 1)11(^11!^ (>mendari pute^^t. eos, niai
epem meliuriä uitau ostendent, t^iudt^m ex auoietate Scholaaticoruni eijciomua,
nt membrum fai corpore incnrabiti morbo affbctam, enae recidendnm eat,
ne pars ayneera trahatnr.
De notationibus Scholaeticis.
Ad disctplinam alcndam. et ronsnruandum pxorritium latine loquondi,
conatituimua in achola noatra etiam nutationea, ut nimirum noteutur
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186 Mitteilung«! d. 0ml f. deotsche Brziehunga- n. SeliuigeBdi. VII.
ruBticitatis seu malorum moninif item Gennanicae etinemendataeloeuttonis»
quictinque in lioc genere deliqudrint. Indicantur autem notati die Veneria
ana com caeteiis ti<ins(rres8oribus legum nostrarum. Et tum s« ucl recita-
tione uGrsuum. uei Epistoiaruni Ciceronis. uel Sent«^nti;inim Sahnnonis
libernrp co^jimtur. Damns aiitfiTi omnibns pupri« faruliaiein notandl buhs
condiBcIpulo». et qui tutu hebduiuuUe nulluui iiutauerit poenae supra.
scriptae ipse aubiecttts eat Rusticltatia uel malorum morum notantur qui
tardiue in ludum uenerint, qui eine comite templum ingreaii fuerint, qui
in deductione funeruin aut alias inter eundum in templnm aequatani soriem
non tennorint, aut ordinpm f*\\nv clat^sla deaenierint, qui pilf»nlum trnns-
uersuo) luorc n.ilitari rapili jinposuerint. aut pallium humeri« inieceriat.
Qui inter prut'icgendum fabulati fuerint. Qui oseitaater auscultauerint,
aut alije interim rebus oceupati füerint. Qui in ludo dormitauerint Qui
cachinno uel alio ineiuili etrepitn peccauerint. Qui uel foria uel In Ludo
c-orain praoceptore uel alio honorabili uiro capita non nudauerint. Qui ia
templo uel in ludo audito nominn lESV non flcxorint frmna ac rapita nu-
dauerint. Qui scurriliter uulg'u iucesserint non exertis manibus e toj^is
aeu pallijä. D«iiquo qui in abftwtia praeeeptomm turbauerint, aut irnmo*
deatö peratrepuerint. Hi ommea Bi sint primae aut sejcundae daaaia in
poenam »uao incuriao uiginti uerauB aut aliquan\ Epiatolam Cleeronia
memnritcr rcritabunt. Si sint trrtian aiit quarfar« dassis. decem uersihu»
aut dinüdiata Epistola. aut tribus scnttMitiis pifiuorbiorum Öalonionis reci-
titis liberabuntur. inemendattaej locutionia uotantur, qui incougrue
aliquid protulerint, uel inter recitandum uerba nimis celeriter praecipitaue^
rint. Item qui argumenta negligenter uel compoBueriut uel deBcripserint.
(iermauicae locutionia notantur, qui eolloquentes cum suis rondiacipulia
uel in ludo uel loris nornacti!a lingun \m\ fuorint. Kr I i (juidem omnes
»imiliter li!>orahmit i crta recitatione sicut supra tüctum eat de ijs qui
ruBticitatitt notati luerunl.
Hae Bunt poenae leniorum peceatorum, quae admittuntur incuria, aut
eirore quodam, non tamen Baepe. Qui uero de grauioribua accuaabuntur
a cust^)dibus acerbiorcs poenas luent. Operae precium autem est ut
etiam custodibus leges praescribantur He ip!«orum Offices.
CVSTODYM OI-I-'ICIA.
Cuhtodes pubiici obseruent. quicunque ex toiu numero Bcholasiicorum
in publico uel luserint uel cursitaueriut uel clamauerint, uel in glacie uel
nine lasciuerint. Itm qui in templum una cum eoetu Seholasticorum
non ingressi fuerint, uel qui inibi nott diligenter cecinerint^ oceupati in-
ferim alijs robiin. et in uniiiersuin (pii non ea. <|ua debent esse in loco
sacro. inndestia niorurn fn*'iini. u<'l ipii se inde sine iienia subduxerint.
item qui recusant i^ub concione Catechismi. et quaudo precea fiunt diebua
Mercurij et Veneris buo loco stare. Item qui dum exeunt non recta per
graduB descendunt, aut sese mutuo urgentes tnmultnanturf uel qui omnino
in alicna classe conspicientur sine grauicauBa. Item qui in latrina immo-
desti fuiTint. uel alio ad exonerandtim altuim iiel vesiram ruerint.
Custodes prinati uerrant )»aiiiiii<Mita simrinn Ici turionun quotie^eunque
opus est: minimum uero bis sin^uli.s hebdomadis. Ne autem puluis ©xci-
tetur aepergant ea leniter pura mimi, remoueant ex angulis telas aranea-
rnm, uideantqne ne mieae uel fruBta panis in angulis uel fenestris relln-
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15. Weiumrischo Schulorduuug von 1562.
187
quantur. Sordeö uero non in angulos abdent, sed in locum a nobis mon-
stratuni efferent. Praeterea inspecto Catalogo suae classis obseruabunt,
qui ex suis condiscipulis uel ludo uel templo emMieant, quoa looo et
tempore constitato nominatim indicabaut. Deniqne indicabunt praecop-
tori suo, quicqtud praeterea a auis praeter deeorem et ordinem fieri
uidebunt.
Haec studLosü et fideliter cnrabunt t^uicunquo cuätodum ot'ticio
fungentiir. Sdant etiam ei ncgligentee fuerint in faeiendo offieio aut
connioere ad aliquonim malo« moros uolnerint in se redimdaturas esse
poeoas illaa quae BOntibus. quorum nominibttS ipsi parcimt, irrogandae
pssrnt. f'xistiment se inhonostc farrro, si malofironim prauitatem
inUict'iU; Nani ut loseph honestisüiiue ot uptime momtua adolesccna., pa-
renti peccata fratrum pl6 iudicabat ut coörcerentur et cmcndarentur: Ita
et eustodes in ludo idem fscere possunt Sed fiat indicatio emendationis
causa» et absit inuidia et odium iniustum.
Huc i^tur modo non sulum leges bonestomm morum praoscribimus
sed ptiam popnrirum comminationom addimn«*. Et no huoc pint inania
verriculiiTiicnta. sriluli) inquininus et animadin'rtimus in delicta inipruburum
Idque Iii quuiidif, et piuedertim die Veneria qui coguoaeendis delictis.
SdiolssticlB destlnatns est
Haue formam sequimur in administrando ludo nostro literario.
Petimus autem ab omnibus literatis et ßapientibus viris, qui uel legent
haec. uel aliocpii cognitam habent rationeni administrationis no^trao Srho-
lao, ut 8i quid in quacumiu • re desiderent. cdnsilium nobis suum imper-
tiant ac declarent, quid, qua ratione tieri possit commodius: PoUicemur
nos honuD consilijs et admonitionibus, pro eo atqne debemus, publicae
utilitatis causa« aequissimis animis obseeuturos.
Am Ende des Bandes steht der BeschlusH der ol)en S. 174
geuanutcu Visitiitoren von 1570, dann ein Abschnitt ^die Schul
belangendt**, an dessen Scbluss es hei88t:
„T>ip v!»i>rgT'bf»nno Schulordiiunge vndt Le^ps srlioIasticaH haliPn
wir die Visitaturos \ crlcsiMi vndt vns golallen laswen, dieselben auch durch
vnsere Subscripticm confinnirt vndt beötottiget.
Hierttber aber haben wir, die visitatores« feiner verordnet:
Dass alle morgen in der Schul Ein Ctepittel der Biblien Lateinisch
vndt te:ifs< h. durch die Knaben soll gelegen werden.
In prima classe Suil Jdethodus doctrinae D. lohannis Wigandi tracUrt
werden.
in aecunda classe Solion allein ettliche touUsche »piae^stiones aus ge-
melttem Methodo proponiret vndt getrieben werden.
In caeteris vero classibus der Latinische vndt teutsche Cateclüsmus
Lutheri gelernet werdenn (sampt dem kleinen corpore doctrinae M. Mathei
ludlcis)').
Die verordneten In»pectürcä Sollen alle Quartal die Megdleiu Schule
visitiren."
I) Das EingcklMiiinerte von anderer Ilaod.
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188 Hltteilungen d. Gm. t deutsche Bnlehunga- u. Schulgesch. VIL
16.
Zur Geschichte der SchulblbeL
Voll Dr. F. Dix, Direktor der höhereu Mädcheaschulo in Flensburg.
Im S. Hefte des 4. Jahrganges, 1894, berichteten wir Über den
Stand der Schulblbelfhige. Dieser Bericht reichte bis in den An-
fang des Jahres 1893. Es sind seitdem vier Jahre verflossen. In
dieser Zeit hat die Sache nicht still gestanden» vielmehr sehr
vesentllehe Foitsduitte gemacht. So ist die Bremer Schulbibel in
mehr als 44000 Exemplaren verbreitet, in Hamburg in allen
Schulen eingeführt und in Elsass-Lothringen und im Fürstentum
Birlcenfeld ist die Erlaubnis zur Einführung erteilt vrorden. Die
29. schleswig-holsteinische Lehrerversammlung richtete im vorigen
Jahre an das Königliche Konsistorium und an die Königliche
Regierung die Bitte, in Volks- und Mittelst-hukMi ein biblisches
Lesebuch zu gestatten. Eine Antwort ist allerdings, so viel wir
wissen, darauf nicht erteilt wordeu. Auch die allgemeine deutsche
Lelirerversammlung, die im vorigen Jahre im Hamburg tagte, hat
sieh mit grosser Mehrheit goiron den f m I»raii( h der Vollbibel in der
Volksschule t rklart und ein biblisches Lesebuch verlangt. Die
Konferenz der Keligi«»nslt'lii>'r höherer Schulen in der Provinz
Sachsen bat wegen der S« iuilbibel eine Umfrage gehalten. Von
34 Schulen waren 33 für eine Schulbibel, davon 30 für die Bremer,
3 schwankten zwischen dieser und der Voelker-Stra^ks. Die evan^
gelischen Beligionslehrer höherer Schulen in Schlesien haben vor-
geschlagen, dass die von Rheinland und Westfalen sich vereint
mit ihnen an das Ministerium wenden möchten wegen Einführung
der Ureraer Schulbibel. ~ In der letzten Generalsynode war die
Mehrheit gegen eine Schulbibel, Hofprediger a. D. Stöcker für
dieseli)e. Es wurde kein Beschluss gefasst, sondern die Sache
aufs nächste Jahr vertagt.
Die Eisenacher Konferenz wird 1898 über die Schulbibel-
frage verbandeln und man hofft, dass dort die Herstellung eines
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16. Zur Geschichte der iSehulbibei.
189
einheitlichen, deutschen. liil)liscl)en Lesebuchs anp:ebahnt wird.
Denn es ist drinjrend zu wUüScheu, dass nicht eine Zersplitterun*;
eintritt durch den (lebmuch verschiedener biblischer Lesebüffipr,
sondern das8 alle evangelischen Volksschulen Deutschlands ein und
dasselbe Buch gebrauchen.
Eine sehr rasche Verbreitung hat das Yom eTai^elischen
Oberkirchenanit empfohlene biblische Lesebuch Ton Voelker und
Strack gefunden, das bereits iu sechs Auflagen A'orliegt. Diese
neueste Auflage hat den alttestamentlichen Text erweitert, frühere
Uinstellunixen beseitigt und gliedert den Inhalt noch mehr als
früher durch Ueberschriften.
Wie In Pireussen, so tet auch in Sachsen, Weinuur, Ck>buTg,
Württemberg and. wie schon gesagt» in den Reichslanden der
Gebrauch ebaes biblischen Lesebuchs grundBfttzlich gestattet In
Preussen nur das von VoelkeisStrack*
Die beiden genannten Sehulblbeln stimmen darin überein, dass
sie geben, was gelesen w« rdcu kuuu, weichen aber darin von ein-
ander ab, dass die Bremer mehr das . Biblisch", die Voclker-
Stracksche mehr das .Lesebuch" beHMit, d. Ii. dass die Bremer den
Wortlaut der Bibel sorgfältig gesichtet darbietet zur freien Ver-
fügung des Lehrers, wahrend die andere dem Lehrer ültrrall
Weisungen giebt diircli Kinleitungeu, Einteilungen, Erklärungen
von Liedern und Katechisniusstücken. durch subjektive Beigaben
^ erschiedenster Art. Diese beiden Bücher haben bis jetzt die
weiteste Verbreitung. Jüngst ist iiineu ein drittes zur Seite
getreten, da.s biblische Lesebuch für den vSchnl gebrauch von Otto
Schäfer, iiektor der Bethmannscbule in Fiaiikiurt am Main, und
Lic. theol. Albert Krebs. Gymnasialprolessor ebenda. Diesterweg.
Frankfurt am Main I89ti. Das alte Testament umfasst liiei 26d,
das neue 229 Seiten gegen 454 und 301 iiu Bremer Lesebuch.
Papier und Druck sind bei weitem nicht so gut wie bei diesem.
Die Ausscheidung geht sehr weit, wie die Verfasser sagen so weil,
,dass niemand daran denken kann, in dem Auszug einen dauernden
Ersatz für die Vollbibel zu sehen." Mau denkt an Lessing und
fOrchtet, dass einer kommt und sagt: ich bin der Niemand. Diese
Meinung hängt ja nicht vom Umfang des Lesebuches al>, sondern
Ton der Behandlung im Unterricht Hat dieser Verlangen nach
tieferem Einblick erweckt» dann wird der Niemand nicht aulli-eten,
die Dicke oder Dttnne des Buches aber wird Um nicht hindern.
Trotz der weitgehenden Ausscheidung bringt auch diese Bibel
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190 Mitteiiungeu d. Ged. f. deuUciie ErzieUuugä- u. Öcliulgeäch. Vü.
iiiiiiier noch m*'lii-. als die Schule unteni< htlich durchaibeiteu
kann, und Ikast vieicti wc^, was manche fiii- uiiontbehrlirh halten
■^^erden. Wo ist also die Grenze? Die beiden anderen Schiiibiijeln
nehmen, wie uir nu im n, «Irin Text i;:eirenüber die richtige objektive,
die Frankfurter Bibel eiiio mehr subjt-ktive Stellung ein, und bie
bevoi-mundet den Ldiier noch weit mehr, als die Voelker-Stracksche
Bibel. Aber in der äusseren Einrichtung, z. B. Spaltung der
Seiten, Zählung der Vt isr. lolgt das Schaefersche Ltsebueh dem
Beispiel des lUemer. Alh-6 dii .-cd zeigt einen höchst erfreulichen
FortschriLt der Schulbibelsache.
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n. Lehrer und Schüler des Mittelalters in Bildern.
191
17.
Lehrer und Schüler des Mittelalters in Bildern.
Brgaozongeii su Heft 1, Jahrg. VII, 189 7, Bayern-Heft^ Seite 6, BUd 8,
von Pfarrer Dr. V«lk in Klein Wintemlieim bei Maina.
iHeses ivraiiach'scliü Bild iat deu Keuuerii der Holzschnitte
bekannt als .,Die lieilige Familie im Saale*. Eine !)( srlmMbung
davon ^;iebt Heller in seinem L. Kranach S. 126 der zweiten Auf-
lage, Xürnlterg 1854. Er bemerkt dabei:
Dieses vurzügiiche Blatt wird audi liäulig ,,die heilige Familie
in der Scimie " genannt. Es gieht liit rvon ältere Abdrücke mit
dem Liede: .,Voö ad se Puori etc., mil welchem zu Wittenberg
die Kinder zu Schulen werden getUi*et Am Tag S. Gregorii,
Verdeutscht:
Der Herre Christi, ir Kindlcin klein,
Rufft euch zu sich, lieblich und lein. '
(20 Zeilen Gedicht.)
Es gehört somit dieses Bild zu den „Einladungsbildern", wie
"wir ein älteres besitzen in dem Züricher Kalenderbibl von 1508,
dessen Wiedergabe innerhalb der Mitteilungen noch be vorstellt.
Welcher Keiehiuai au einschlägigen Bildern Überhaupt in
Wiegendrucken vorlianden ist, ergiebt sol'orl eij» Blick iu die Ver-
zeichnisse der Wiegendrucke eiir/.elner Bibliotheken. So sind z. B.
in dem auf Veranstaltung des kath. Adniinistrationsrates des
Kantons herausgegebenen Verzeichnisse der Incunabeln der Biblio-
thek zu St. Gallen (18öO) die Werke mit Holzs( hnitt\eiv.ierungen
in einer besonderen Gruppe S. XXV im Anhange verzeii hnet. Es
befinden sich dabei 15 Werke mit Titelbildern, in denen „Lehrer
und Schiller" dargestellt sind.
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192 Mttteiltuig«ii d. Oes. t denlaclie Enieliiiiigs- tt. Behulgesch. VIL
Geschäftlicher Teil.
mtteüangen über die aroppen der Gesellsohaft.
1* Cliiippe Oesttnreldu
Ueber die rOhrige, yon grossem Erfblge begleitete ThAtigkeit
der österreichiBelien Gruppe untemchtet der von Herrn Direktor
Prof. Dr. Haimak, dem Sduiftnihrer der tetenreiebiechen Gruppe,
auf der JabresYersamiiiluDg in Wien am 15. Mai d. J. Torgetragene
und baLd darauf veröffentlichte dritte Jahresbericht i), der im Fol-
genden zur Kenntnis der Mitglieder der Geseilschaft gebracht wird:
B BchoUa oomia nostr» «das, divitiae onmes.
Inschrift (un QyiunuHiuiii dos Püfif- Kvon.-nrliisttrr.
Die Hoffnnng auf oino weitere gedeihliche Entwicklung der öster-
reichiHchcQ Gruppe fOr deutsche Erziehungs- und iSchulgeschichte, welche
der Vorstand in seinem vorjahrigen Borichte xiun Aasdracke brachte, hat
im Verlaufe dieses Jahres an Zuveritodgkelt gewonnen. I>enn wahrend
im Vorjahre nur mit Hilfe der Berliner Geselbchaft ein besonderes Heft
von Arbeiten der österreichischen Gruppe veröffentlicht werden konnte,
wurde es ihr heuer ermöglicht, scihstflndi^'- soh iic I'ublikutionon herauszu-
gobeu. Dasä der Vorstand mit dietier erireulichou Mitlciluug neiiien dies-
jährigen Bericht eröffnen kann, dankt die Osterreichische Gruppe der
Munificeos 8r. Bxcellens des Herrn Untcrrichtsminii^tors Dr. Paul Frei-
herrn Gautsch von Frankenthu in. Dieser hat laut hohem Erlaus vom
4. Februar 1M97, Z. Hl (52, sich bewo^i ri getunden, „der Osterreichi-rhen
Gruppe der Gesellschatt tur deutsche Erziehungs- und Öchulgeschichte zum
Zwecke schulgeachicbtUcher Publikationen einen Betrag von 600 fl, ttt
bewUligen."
Desgleichen hat der Grosaiadust Helle Herr Karl Wittg^onstein
durch Vermittlung de» lvr><rierunf!r^r:ites !>•• I^^rpror Ritter von Möll-
wald der österreichischen Gruppe einen lietrag von lUü fl. hochherzig au-
gewendet.
Ueberdies hat auch 9e. Durchlaucht der Herr Fttrst Pran»
Aueraperg heim Eintritte in die Mitgliedschaft der Oatenreichiachen
I) Gr-t<>1l<trhafl rtlr dentacbo ErztehunKH- und Srtaulerachlchte. Dritter Jahrosbericbt
(l»T i'ist'Tri'ii 1i1m'1i4Ti Urui>ii>'. V(irtr<'ti nk'i>ii in <l(>r ■Tjilin'HVenKAinmltuif; am I&. Mai Wü. Wil'ri
ltftl7. VurJag der U. 0. d&r Uosollst^bafl flir dnutei'he EniDhuogS'« und Scbulg«8cliicbt«.
l>rttck TOii Kudolf BntezovRky und j^öbne, 9 10. S.
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Mitteilungen Ober d. Orupp. d. Gesellscb. 1. Gruppe Oesterreich. 19S
Gruppe eine Uebor/.ahluii^ v(in 7 fl. freleistet, die auBschUesslich tUr Zwecke
dieser Gruppe verwendet werden können.
Indem auf diese Welse su den von 8r. Msjestftt dem Kaiser Im Vor-
jahre atlergnadlget gespendeten 200 11. noeh 700 hinnkamen, wurde es
der österreichischen Gruppr" prtn<»i;licht, mit 8elb8tAndigen Publikationen
Obor die einheiniischf SchuIgBtichichtf h'Tvor/utrcten. Darum g-ebnhrt den
grutitftnUtigen Spendern «ler wUrmste Dunk, den hiermit der Vorstand
öffentlich abzustatten sich gedrängt fOblt
Unter d«i beim RedaktionBaassehusse eingelaufenen Manudcripten
waren es hauptdftchlich zw^m. dit^ durch ihren grösseren Umfang eine Auf-
nahmo in die »Mitteilung^cn der {'rosellachaft für deutsclie Hrziehungs- und
fcjchulgoHchichtp" uninügUch machten: „Die (Jeachiclite des Piariaten-
g^mnadiumä in liorn' von P. Friedrich Endl und ,Dio Geschichte der
Bavoy'schen Ritterakademie'' von Prof. Johann Sehwarx. Der Vorstand
besehloss deshalb, diese Arbeiten /.unrichst an publisieren; und zwar wurde
feetgentelU. dasa unter dem Titel .Beitrüge zur «österreichischen Schul-
und Erziehuiigögeschichto" zwanglose Hefte heruusge^i-hen werden sollen,
die den Mitgliedern der Gruppe unentgeltlich verabfuigt werden, und dass
das erste die Oeschiehte der Savoy'aehen Ritterakademie enthalten
soll, weil diese eine eigenartige und für die theresianische Zeit eharak-
teristiscbe Anstalt ist, die als aelbstHndiger Organismus im Verbände mit
der then»sianif»chen Akademie noch gegenwartig besteht. Es dürfte in der
nüchsteu Zeit dies Heft zur Auegabe gelaugen; daa zweite Heft, das auch
baldigst erscheinen soU. wird die Geschichte des Piaristengymnasiums iu
Horn bringen.
Neben diesen Vcniffentlichungen ist noch eine Abhandlung zu er-
wähnen, die im Vi. Jahrgänge (p. 122 — 150) der Mitteilungen der Gesell-
schalt tih- deutsche Erziehungs- und Schulgesehichte \on dem Vorstands-
mitgliede k. u. k. Sektionsrat Dr. IC Schrauf erschienen ist. Sie be-
handelt »den Entwurf des P. Gratiao Manc über die Reform der Ostern
reichischen Gymna.sien vom 7. Juli 1775".
Indem der Vorstand auf diese für Oestnrreiclis Schulgesehichte
wertvollen Beitrage als die deutlich sichtbaren Fruchte seiner Tharigkeit
hinweist, kann er gleichzeitig auch anderweitiger Bemühungen gedenken,
die er im verflossenon Vereinqjahre zur POrderang der patriotiaehen
Zwecke der Oeterreiehiechen Gesellsehafkegmppe nieht ohne Erfolg anter-
nonunen hat. Diese bewegten sich in swei Richtungen: der Vorstand
musste Minf'rseits Mitglieder gewinnen, um dl"' fn iferiellen Einkünfte zu
mehren und Unterstützungen fUr seine patriotischen Bestrebungen zu er-
lialten, audererseits Mitarbeiter heranzieheo, die ihre Kraft: der Erforschung
der heimischen Schul- and Erxtehungsgeschlehte widmen.
In heiden Kichtungen fand er sich wesentlich geffirdert durch den
im vorjährigen Berichte hervorgehobenen Erlass des hohen Ministeriums
ffir Kultus und ünterrlcht vom ö. Mürz 18%, Z. 8UV2, ex lb9'>. Die k, k.
SchulrlUe der einzelnen Provinzen liatten infolge dieses hohen Erlasses an
die ihnen unterstehenden Organe Weisungen erteilt, den Intentionen des
hohen Ministeriums su entsprechen. Das zeigte sich in den Anfragen und
Mitteilungen, die au? mehreren Krünhindern bei dem Vorstände einliefen,
wobei insbesondere der Umstand rühmend hervorgehoben zu werden ver-
Mittsilongen d. G««. f. doutocbe ffmieli.- u. Schulgeocbicht«. VII 2 1687.
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194 Mitteilungen d. Ge«. £ dentaehe Bniehungt- o. 8chu]geechj Vn.
dient, dwsa diese auch aus dem Kreise der Volksschidlehrer stammten. Im
Vorjahre konnte schon die Sendun^r eineg wertvfillon srhulgeschichtlichen
\Verko8 aus OherHsferreich (V'öcklabrack) und von Akten aus dorn Horzog-
tiun Salzburg (Liofer) erwähnt werden« in weh'h" letzterer sich der Ein-
sender ttttsdracklich auf einm Erlass des Salzburger k. k. Laadeaschul-
rates b«rle£
Im gegenwärtigen Vereinsjahre zeigte sich die Teilnahme fQr die
HestrebuTig^en der österreichischen Verein^gnippe in erhöhtem Maasse und
auch in anderen Kronländern.
In Lieder-Oesterreich haben sich die I^aben-Bttrgerechole im
IL Wiener Besirk, Schwarzingergasse, und die Uftdchensehttle Im 3CVI.Beiirlc,
Wichteigaase, zum Beitritte gemeldet.
Was Ober^Oesterreleh anbelangt» so Ist von d<nt das Staatsgymnasium
in Linz der Osterreich ischen Gruppe «Icr Gosellschaft für deutsche Erziehongs-
und Schulgeschichtf lioipctreten. Iiislx/'soudere ist die Förderung hervor-
zuheben, welche der k. k. Bezirkshauptmann von Gmundon, Baron
Aichelburg-Labia, dem Vereine angedeihen lässt. Auf seine Anregung
ist ea wohl sorackzoführMi, dasa auf Antrag des Schulleiters Anten-
gruber und durch Beschluss der Bezirkslebrer^Konfereos in Gmunden im
August 1890 die Bezirkslehrer-Bihlinthfken von Gmunden und Ischl der
österreichischen Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte
als Mitglieder beigetreten äind.
Und wie viel Sinn imd Verständnis er selbst l'Ur die Bedeutung der
Schulgesehiehto besitzt« zeigt der Schulkataster, den er bei der Beslrfcs-
hauptmannschaft in Gmunden im Jahre 1891 begrOndete. Seine Anlage ist
so vortrefflich. dasH fr in künftiurt'ii Zeiton oin vorzttj^liches Quellenwprk
fi\r die Schulgi'^rhichtt' dvr Bezirke (riiuiiKi'Mi und hehl abg:cben wird. Es
wäre daher gewiss wünschenswert, wenn auch iu aiidereu Bezirken dieses
Beiq^iel Nacludunung fände. Dadurch sei ea gerechtfertigt, dass das
Schema dieses Katasters in der Beilage (A) abgedruckt erscheint.
Aus Salzburg langte im April ein Schreiben des Direktors dtr
Rnrgerschule Ferd. Thyin ein. wol< h«>.s den Roitritt des dortigen Bezirks-
schulrates in Aussifhr stf-lltp. dor aucli taktisch erfo!g"tP.
Ans Steiermark traten da?* II. Staatsgymnasium in Graz, die Lehrer-
bildungsanstalten in Graz und Marburg dem Vereine bei; der Bezirks-
adkulrat von Knittolfeld hat mit Dekret yom 20. April 1896, Z. 394, die
Mittelungen der Gesellschaft den Volksschulen «npibhlen, weshidb sich
der Ortsschulrat von Knittelfeld mit einer Zuschrift vom 2G. November
1896 an den Vorstand um Aufklfinmgen tlber die Modalitftt'm des Bezuges
wandte. Eine gleiche Antrage kam von der Schulleitung in Aussee, ddo.
21. Jnll 1896.
Als ein neuer Mitarbeiter meldete sich der Oberlehrer Herr Alfred
Ostermayer in Schölbing (bei Hartberg) in Stei^mark. Er berichtete
in einem Schreiben tiber seine bisheripro Th.itip;kpit auf dem Gebiete dor
Schulgeschichte und verwies aui seine Arlieiten in den „Mitteilungen des
historischen Vereines für Steiermark". Der Vorstand schatfte die betreS'endeu
Hefte an, wobei er auf Verwendung des Dr. Ilwof vom Verein eineii
f^Sssigten Preis zugestanden erhielt.
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Mitteiluntjen über d, Grupp. d. Gesellsch. 1. Gruppe Oesterreich. 195
In Böhiuen hat der k. k. Lundesschuh-at mit Erlu»9 vom 25. April
1896, Z. 10824, die UnterstOtsun^ der Oeterreichiachen Gruppe fOrBniehaogs-
lind Bcliulgeschichte den ihm unterstehenden Schulen empfohlen. Infolge
desson meldete Herr Direktor P'ranz N. stlfr. ddo. 19. Juli 1896, Z. 409,
den Beitritt des Gymnaaiums zu Ijeitmeritz und sandte {j^l eichzeitig zwei
Jahresberichte desselben von den Jahren 1»77 und 187b, in welchen der
dunalige Direktor Heinridi Klafiak die Geschlclite des Leltmerltser
Gymiittdiune bearbeitet hat Deegleicheu trat daa Gymnariiim in Böhmiach-
Leipa und die Staatsmittelschnlf» in Reichenberg dem Vereine bei.
Da die Kihl. Bezirksachulrätc. den Weisungen des hochlöbl. Landes-
schulrates folgend, an die Volksachulen Aufforderungen erlieaaen, die Beätre«
buogen des Vereines zn nnteratutsen, ao langten von den Besirkaacliul-
fftten in Nenhaua (ddo. 16. JtutI 1896) und Jnngbnnalau (ddo. 14. Juli 1896)
Anfragen um die Bedingungen des Beitrittes ein: die Volksschule Herms-
(lorf bei Nir'mpa in Böhmen, die Bürfrcrschule und die II. Volkfischule in
Kurlsbad, die Bürgerschule in bchunborn bei Niedergrund und die Orts-
ieh rerbibliothek in Weipert meldeten ihren. Beitritt; die Schulleitung
Bleiswedel liess durch den 15bl. BezirlLSSchulrat Leitmerltz (ddo. 11. Oktober
1896, Z. 2621) die Mitteilung an den Vorstund gelangen, dass an dieser
SchvUf <'in rrkumlrnbucli sei. wclclics Vcrdrdininp'pn in Schtilsachnn, an-
fangr^Mid mit dem Jahre lb2ö, eiithallo, die zulV>Ifr<' bisclml lichen Konsistorial-
Autlrages vom ib. August 1841, Z. 3249, mit bezug auf den § 221 der
politischen Schulverfassnng ausanunengesteltt wurden.
Auch in MUmn liat der k. k. Landeeaohulrat mit Brtass vom
80. Mörz 1896, Z. 2845, den Schulen dio Fördonrng der Zwecke des Ver-
eines nahegelegt. Mit Berufunj,' auf diesen Erlass meldeten sich die Volks-
schulen zu Witkowitz und Mlstck durch den Bezirksschulrat von Miatek,
ddo. 81. Deiember 1896, «tm Beitritt
Die bisher angefttlurten Bmingenschaften dankt die österreiehiaehe
Gesellschaft deutadier Ensiehungs- und luil^^eschiehto der Unterstützung
ihrer Boatrebuitfren von seitcn d< r fiohen l^e;j:ierung und spricht ihr hier-
für den wärmsten Dank mit der Bitte aus, auch fernerhin ihr patriotisches
Unternehmen zu fördern.
Doch auch der Vorstand war bemttht, die Teilnahme und -das Inter-
esse für seine Bemühungen in weiteren Kreisen zu verbreiten. Zminchst
diente ihm zu dle^ein Zwecke das im vorigen Vereinsjahre h('raiis':^<';rebf!\o
Austriahelt. !)a.ssell)e wurde in verschietlenen Zeitschriften und Zeifunpt'ti
besproclieu und hierbei zugleich der Bealrebuugen der Gesellschaft
gedacht. ,
(Et Mgm hl«r die Nmneti «let t>«tr. ZeHuni^fn wul Zeiteehrlfteo.)
Ausserdem wurden durch pprsönliche lutervontion einzelner ^Üt-
g'lieder des Vorstand'>s Exemplar*' des Austriaheftes und der Jahresberichte
an namhafte Persönlichkeiten ver:>undt, um diese flir die Zwecke des Ver-
eines aa interessieren und zu gewinnen. Um s])ezieU in Wiener Schul*
mAnnerlorelsen die Teilnahme für die Bestrebungen der Österreichischen
Gruppe für deutsche Erziehungs- und Schidgeschichto wach zu erhalten,
hielt di'r Ohmann des Vorstandes Kei^ierunp^Hrat Dr. Egger von Mf^ll-
wald im Verein „.Miitelschule* einen Vortrag, der. anknüpfend an das im
Manuskripte vorgelegte Werk P. Fr. EndUs «Geschichte des Piaristen-
13*
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196 Mitt«iliiDg«a d. Ges. f. deutsche Endehunge- o. Sehulgeach. VII.
Gymnaaiume in Horn*, dessen Bedeutung wOrdigte und steh im allgemeinen
ober die schulgeschichttiehen Puhlikatlonen der jfingslen Zeit und ihre
Wichtigkeit VPrbr(Mteto.
Diese Bemühungen dm Vorstandes blieben nach beiden Richtungen
nicht ohne Erfolg: Sie führten dem Vereine neue Mitglieder und neue Mit-
arbeiter SU.
Unter ersteren sei vor allem Sr. Durchlaucht des Fftrsten Frans
Auersperg gedacht. ist das erste und bla jetzt leider einzige Mit-
glied des hohen Adels, d:vs lit'iii Vereine hoitrnt und ycine ppwis^» .schönen
und patriotischen Zweckt^ zu tordem sich entscliIoi>ä. Gerade von dieser
Seite konnte der Erforschung des heimischen Schul- und Erziehungswesens
die ausgiebigste Hilfe gew&hrt werden. Denn die SprOsdinge des hohen
Adels sind im 17., 18. Jahrhunderte und in der francisceischen Zeit die
mächtigsten Förderer vaterländischor Kunst und Wissiongchaft gewesen,
von deren zielbewusster Thätigkeit gar vinlo herrliche Kunstwerke, Samm-
lungen, Bibliotheken und Archive noch jeut deuLlich Kunde geben. Welch'
glAoaende BlAtter konnte die fleterrelehlscheGnippe für deutseheBrsiebungs-
und Behulgesdiicbte der vateriindischen Kulturgeschichte Anfügen, wenn
sie in die Lagr versetzt würde, die Erziehung uIl' der her\-orTagenden
ürandseigneura zu ert'nrsschon und darzulegen, die ah wahre Aristokmteu
des Geistes unser herrliches Oesterreich mit Werken und Pflegestatten der
Kunst nnd Wissensehalt scfamockten! Wir begrUssen deshalb den Beitritt
8r. Durchlaucht in der freudigen HoChung; dass sein Beispiel in den
Kreisen des hohen Adels Nachahmung finden werde.
Es sei femer gesUittet, darauf hinzuweisen, da-s« nnfcr den neu ein-
getretenen Mitgliedern Herr Uofrat Dr. Anton Kezuk aus dem Unterrichts-
ministerium und Universitata-Prof. Theol. Dr. Anton Weiss, d.Z. Rector
Magnifieus der Universitlt Gras, erscheinen. Sie ^d Repräsentanten von
zwei Faktoren, auf deren Gunst die Osterreichische drupp*' hohen Wert
legt, der rntorrichtsverwaltunj» einer-, des gelelirten Klerus andererseits.
Die Erfolge, welche iler Vorstand bei der Anwerbung neuer Mit-
glieder aufzuweisen bat, sprechen sich in dem Status der Mitglicuerzalu
ans, die sich t<« 114 im Voijahre auf 182 erhöhte.
Leider beklagt auch die OsteiTeichiselie Gruppe den Vertust dreier
hervorragender Hitglieder, die ihr durch den Tod entrissen wurden. Es
sind dies P. Franz Xav. Benda, der Provinzial des PiariBten-Onlens.
Kegierungsrat und Museumsdirektor Dr. Albert 11g und üofrat Adolf
Lang. Die Verdienste Dr. Albert Ilg's liegen auf ebiem Geldete, welches
der Thltigkeit des Verehies ferner liegt. Als gewiegter Kunstkenner hat
er sich um die einheimische Kunstgeschichte viele allgemein anerkannte
Verdienste envorhen. Seine Werke nnd seine Vortrage haben wesentlich
dazu beigetragen, daas das Verstfindnis der vatcrlftndisclien Kunstwerke in
weite Kreise verbreitet and die Leistungen der einheimisclien Künstler all-
gemein bekannt imd gewUrdigt wurden.
Die beiden anderen Abgeschiedenen gehörten zu den bedeutenden
Schulmannern unseres Vaterlandes. Provinzial P. BeTida wirkte lange
Zeit — über 40 Jahre — erfolgreich im T.ehramte und stand seit IsS'J an
der Spitze desjenigen Ordens, der sich um das t^chulwesen Oesterreichs
die grOssten Verdienste erworben hatte. Hofrat Lang war einer der
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Mitteilungen (Iber d. Grupp. d. Uesellsch. I. Gruppe Oeeterreich. 197
«rsten Sebfller das rOhmlieliftt balauiiitOD UidvenltitttohreiB Dr. Boniti
und erwarb sieh all GyimuwialproflBMor, Direktor und Laadee-SdinliiiBpdctor
^in Tirol, Marburg und Wien) grosse Verdienete um die Ausgestaltong der
Gymnasipn- zuletzt wirkto »]^ Hofrat und Rpforont im k. k. rntorrichtä-
ministerium. Sein konziliantes Wesen und »eine durch eine vielseitige
Bildung unterstützte Beredsamkeit bleiben allen in der Erinnenuig, die mit
Ihm Terkehrten.
Auch die Bestrebungen des Vorstandes, Mitarbeiter an der ebenso
wi' !iti_''' n :Ati dringenden Tliätig-keit doa VereinoH prwprben, waren
von Erfolg begleitot. Insbesondere ist unter denjeuiiri n liorrcn, die ihre
Kräfte unserer GeHellHclialt zur Verfügung stellten, der im Ruhestände
lebende Landeo^Schulinspektor Dr. Josef Gobans hervonnheben. Dieser
aandte einen yon ihm verfiMSten Bericht Ober die Bntwicklfmg dee Volke«
Schulwesens in Kiruton in der Zeit von 1870 — iss'), dor bei Tvoon in
Klagenfurt erschienen ist und der Bibliotlxek des Vereines einverleibt
wurde, und zwei Manuskripte: das eine ist eine Promemoria des Ferdi-
nand Preiherrn von Bouttler Uber Errichtung eines 8tadien>Konviktes
in Klagenftnrt de dato Wien 6. Februar 1806 (aas dem steiennirkisehen
Landesarchive), das andere ein Zirkulär des k. k. Kreisamtes Klagenftnt
4Ua samtliche Bezirks- und Patronatsherr^rhaften und Dominien , wp^ren
Beförderung dea Srhidwesens" vom 10. April 1811. Das im Einzeldruck
vom J. 1811 vorliegende Zirkular glaubte die österreiclüsehe Groppe der
Gesellscliaft als Beilage dee Jahreaberlehtes (B) bringen an sf^en, weil es
Yon allgemeinem Interesse ist and einen Einblick in die erfrealidie
Thntigkeit des Staates auf dem Trcbiete dee VolkMchalwesens in der
traurigen Zeit der Franzosenkriege gewahrt.
Ausserdem teilte Dr. Josei' Gobans^ mit, duss der Oberielirer und
Besirksscbtdinspektor Hugo Moro In Hermagor eine voilstandige Dar-
ateilnng des kämtischen VoUcssehnlweeenB seit 1870 liefern werde, und
dass der kllrntiriche I.amle.^schnlrat einen amtlichen Rericht über seine
' Th&tigkeit für dan Jahr lyuo in AutJ-siclit genommen habe.
Ueberdies kam aus Kärnten ein Bericht des Schulleiters Alexander
Berger, der In einem weltenilegeiien Sebnlhaitse in Dreifaltigkeit auf
dem Sonntagsberge mit Treue md Fleias, aber gegen khrgUchen Lelm
seine schweren Pflichten erfüllt. Zur Ehre seines Standes, der gerade
jetzt den heftl^rsten Angriffen ansj^esetzt ist, sei im Anhang (Heilage C)
ein Auäzug aus diesem die Schulverhaltnisse vieler unserer GebirgslAnder
treffend charakterisierenden Bericlite mitgeteilt.
Als Manuskripte sind femer eingelaufen:
Bine Iu.-«truktiun für den Schulmeister and Kirchendiener von Alt»
Münster aus dem Jahre 1G99 aas dem Sallnenarchiv in Isclil vom Regiemnga-
rat Dr. Egger von Möllwald.
Eine Arbeit Uber die Laudsctialtstschulu iu Liiu von Prüf. Dr.
Khull in Graz.
Aut^züge aus dem Pfarr-Gedenkbach von Ntederliollalirimn von dem
dortigen I'farr-I'ruvisMr Herrn Hauer Anton, die einzt'Incn Daten (liier
Pfarrer. L<^lirer und Ge}ii1tV»n in dieser Ortschalt enthalten und einerseits
bis ins Jahr 1754 hinaui und andererseits bis ins Jahr iHiü herabreichen.
Boiche Milteilangon aind um so freudiger an iMgrOasen, als gerade Qber
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198 Mitteilungen d. Ges. f. denteelie Entehimgs- u. Scbulgeseh. VH.
die Geschichte den Volksschulweeens uneeres Vaterlandes namentlich in
(ipr Znit vor rkr politischen Scbulverfessang die Qaellen aosserordentUch
spärlich flitsscn.
In Aufsicht gestellt wurden nebst dpu borcils erwähnten Beitragen
noch sulche von Prof. Josef Wichner in Krema, dem VerfafMjer des
Büchleins: „Aas dem Stadieratftdtchen'' Brinnerongen und Bilder ans dem
Gymnasialleben (Wien 1896), dass einen Interessanten Einblick in die^
Lebensverhaltnisse unserer Gymnasialschüler gewährt. Der Verfattsor er-
klnrto sich bereit, Akt^n zur Schoigeschichte von Binden« aus der Zeit
von ITiK)— ls4f) /.u li«'t»'rn.
Dergleichen stellte Vcoi'. Eymer Wenzel aus Budweis eiue Arbeit
fil>er den Wiener Bischof Natisea» der als Kanselredner und Schriftsteller
auch für die Jugendersiehong und namentlich für die Heranbildung der
Theologen erfolgreich wiricte, In Aussicht
Dagejren hat der Vorstand der Anre^j^un^^, die Pater Maurus Kinter
in der letzten Generalversammlung gegeben, bei den hochwÜrdig»teii
Geueralübten des Bencdiktiuerordeos um Unterstützung der Vereinsbe-
etrebung durch Publikation der auf Schule und Unterricht beattglichen
Konstitutionen des Ordens anvosucben, bisher noch nicht Folge geben
können.
Vielmehr wandte er sieh durch den um die Schulgeschichte Oester-
reichs wohlverdienten I'rof. 1*. Tassilo I. ebner an den hochwOrdipon
Prälaten in Krenismünster mit der Bitte um geneigte Auskunft, auf weiche
Art die österreicliische Gruppe an den Benediktinerorden herantreten
könnte, um eine Auegabe der Konstitutionen und Schulordnungen dessel-
ben zu veranstalten, aus der seine hohen Verdienste um Schule und Er-
ziehung ersichtlich waren. Der Herr Prülat empfahl dem V<>r.st;iiide,
sich mit seinem Anliegen an die Aebte der einzelnen btifter zu wenden.
In bezug auf die Abfassang einer THbIfograpbie, an der der Vorstand
als einer wichtigen Aufgabe den Vereines lesthlül, konnten bis jetzt die
Arbeiten noch nicht in systematischer Weise in Angriff genommen
werden.
Doch erOflhete Herr Prof. H. F. Wagner von der II. Staatsreal-
schule im II. Bezirke dem Vorstande, duss er als ProA'ssor an der Lehrep-
b!ldun^'-t*?»nstalt in Salzburg nnd I.inz das Material zu einer Schulbiblio-
graphie von Salzburg und Obero.'^türreich bis zum Jahre ISTü fast voll-
ständig besitze, und von der Schul bibliographie der übrigen Alpculander^
namwitliclL Tirols und der Steiermark, auch manches gesammelt habe.
Allerdings könnte er nn «Mnc Ordnung und Sichtung erst dann schreiteUf.
urenn er vom holien Ministerium t iiii'U T'rluub erhielte, da er an Neur-
asthenie leidend sciion mit EriVdlun^' .Heiner Lehrpflicht mehr, als es
seiner Geisuiidheit /,utragUi:]i is-t, in Anspruch genommen sei.
Die Bibliographie über die Bücher, Aufsatze nnd Vpr^rdnun^en des
gesamten Erziehung»- und Unterricbtswesena in den Landen deutscher
Zunge, welche gegenwärtig erscheinen, publiciert im Auftrage der Gesell*
Schaft f(ir di'uts lie Erziehung und Schulgeschichte in Berlin Dr. Karl
Kehrb»ch. Hievon sind bis jetzt neun Hefte erschienen. Der Preis ist
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Mltteilungea über d. Grupp. d. Goaellsch. 1. Gruppe Oesterreich. 199
per Jahr auf 20 Mark featgeiatit.*) Bs wflre lu wOiwcliaii, daaa diaies
verdieDStvollo Unternehmen In Oeateireich mehr Forderung ftnde, ala dies
bisher der Fall war, u. zvf. sowohl durch Bestellung der wertvollen Publi-
kation, als auch diirch Mittrilimir des Titol;^ und InhaltPH ']<^r p'w/'A-
noa Anfs?»t7.e seitens der iistorreichi-schpii Srhrirtstcller und Zeitjjchnt'teu.
Wie im Vorjahre kann der Vorstand auch in diesem Jahre berichten,
dass er Abhandiungon und Werke Ober schulgeschichtUche Fragen von
«inaehien Herren und von Korporationen gespoidet erhielt, welche den
Grundstock zu einor auf das Bchul» ttttd Braiebnn gewesen sich
besieheiid cn Bihliiithek hiMon -oHon.
Neböt den in diospm BtTicliro schüii erwähnten Geschonkon ist zu-
nächst hervorzuheben der iu eiuer l'rachtuusgabe reproduzierte „Actus
publicus oder öiTentlidie Uebnngen ans der militärischen Wissenschaft,
welche den 80. September 1789 am Vorabende des Geburtstages Sr. k.
und k. Majestät Kaiser Karl VT. von dem Iiif^^enieur Scholaren des Chaos'-
öchen Stiftes gehalten wurden". liui erhielt in drei Exemplaren der
Verein durch Vermittlung des Herrn k. und k. Öektionsrates Dr. Karl
Schrauf von dem Direktor der teeknisch«! Militärakademie Herrn General-
major Adolf Schneider.
P. Tassilo Lehner, Professer am Gymnasium in Kremsmünster,
tlbennittelte durch den Obmann des Vorstandes seine fOr Oesterreichs
Schulgesrhichte höch.st beachtenswerten Abhandlungen: „P- Simon itetten-
bacher's Stellung zum Griechischen" und „P. Simon Rettsnbaelier's plda-
gogisch'didaktlsche Grundsätze** In den Programmen des GymnasimBS
von Kremsmünster au» den Jahren 1894 und 1895 imd die mit Unter-
stützung der Leo-Ge?ienöcluift veröfTentrulite Ansfrahe von „Rettenbacher' s
lateini.sclieii lyrifchi-n Gedichten" (Wien isHö», denen eine Biograpltie des
Dichters und Schulniunuca beigegeben ist. In diesen Arbeiten wtlrdigte
der Herausgeber die Verdienste dieses Mannes, der an den bedeutendsten
Schnlmftnnem des XVII. Jahrhunderts gehört» und dessen lateinische Dich«
tiingen jetzt in den Klostersrhnlen zu Maredsou^' in Belgien Und Diflsentis
in der Schweiz neben denen Horazens gelesen werden.
Das Mitglied der österreichischen Gruppe, üniverwitatsprofessur Dr.
Georg LOaehe, spendete das 1. und 2. Heft des Jahrbacbes der Gesell-
schaft fttr die Oeschiidite des Protestantismns in Oesterreich (XVm. Jahrg.),
in welchem er eine Abhandlung hZu Melanchthons vierter S&eularfeier"
veröflentlichto.
Das Mitglied des Vorstandes, Gymnasialdirektor Dr. Jos. Loos,
schenkte den zur 25 j&hrigen JubUfturosfeler herausgegebenen Jaliresbericht,
worin »die ersten 25 Jahre des k. Ic Msximilian-Gjrmnasiums in Wien" ge-
sddidert werden.
Der Pädagogische Verein in Lemberg (Towanry^fwo pedafi-di^iczne)
ptnd»" Statuten, den letzten Jahresbericht und ein Verzeichnis seiner
i'ubiikatiunen.
Indem die Zahl der Akten, Hefte und BOcher, wenn ancli in be-
adieidenem Uaasee, von Jahr an Jahr sich stetig mehrte, geriet der Verein
*) Miti;lio<ler ilor Gosellsctiaft bexldhon d«n JabTganff m «rmlHiIctem Ifniae (SB pCL
iUbatt ausscbUo«sUch des rorto).
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200 Mitteilang6ii d. Ges. f. deutsche ErziehungB« u. Schulgesch. VIT.
in grosse Verlfg-ciiheit, wo er diese Objektp aufbewahren ^lollto. Dicsf^m
fühlbareu Bedürfnisse half der hochwflrdige Herr Kektor P. Michael
Hersaii ab, indem er ein Zimmer im PiariBtenldoater mit einem Kastea
der Oeterreiehieehen GeaeUsebaftognippe eiaitumte, wo de die Akten und
Geschenke aufbewahren kann. Der Schriftführer der Gruppe» P, Dr.
Pröll, tibernahm die Aufsieht übpr dieses ihr Archiv.
Gegenuber der vielseitigen Hilfe, die dem Vorstände zuteil wurde»
fohlt er eich verpfliehtet, all den Herren, welche die Bestrebungen des
Vereines förderten, und epeziell denen, deren Verdienste im vcnrliegenden
Jahresberichte namhaft gemacht sind, den wBrmsten Dank fOr ihre mate-
riellen und geistif^fMi Untersttitztingen anfztr^prechen. An diesen Dank
knUpft fr füp Bitto, das» die geehrten Schulvorstände aller Schulkate-
gorien angesichts der Ferien die Mitglieder ihrer Lehrkörper freundlichst
anffordeni mOgen, in jenen Orten, wo sie die Ferienxelt anbringen, die
Gemeinde*, Pfarr- nnd Seholarchive durduafonehen, um Quellen fOr
die heimische Scliul und Erziehungsgeschichtc aufzufinden.
Zum Schlüsse glaubt der Vorstand mit BefriedigunL'^ darauf hin-
weisen zu können, dass das dritte Jahr einen sichtbaren Fort>
sehritt in der Bntwiefclnng der fisterreichieehen Gruppe der
Gesellechaft fllr deutsehe Brsiehnnge- und Sehulgescbiehto
bekimdet, und er schöpft dw^us die Hoflfhung;, dass sie auch in Zukunft
wachsen und prcrleihen und in erfoltTreich"!- 'l'h!Uig:kpit sirh entfalten
werde zur Ehre unseres heiniatliohen Stliulwesens und zum Ruhme unseres
Vaterlandes und seiner bildiuigslreundlichen Herrscher.
Es fulgeii öüduim S. 18 — 24 der Reclienschaftsbeiirht und.
diiij Mitglieder- Verzeichiiis. Den Srhluss bilden drei Beilagen:
1) Schulkataster von Gmunden (begründet durch Bezirkshauptmann
Baron Alehelbuig^Labla 1891.)
IM Ein Circular „wegen Beförderung des Sclnihvesens", das am
10. April 1811 von dem K. K. Kreisamt Klagenfiirt erlassen wurde. Es
ist unterzeichnet: v. Fradeneck, v. Spiegelfeld, von W olf.
8) Aus dem Berichte des SchuUeitere Alexander Berg er in Drei-
faltigkeit auf dem Sonntagsberge (Kärnten).
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18. U6ber die aiteeten VorleaiuigsTeneichiiiaM etc.
201
IS.
t
IJebor die iiltost^n Voiiesuiigsverzeichiiisse derphilo-
sophittclicu i'akulüit an der Leipziger Universität.
Von Dr. Branio Btülwl, Oberbibliotliikar an der KOnigL Oflieatl. Bibliothek
in Dresden.
Von dem Reichtum der wissenschaftlichen DLsziplinen, von den
zahlreichen Fächern, in welche die einzelüen Wissensdiaften zer-
fallen, von der Ausdehnung bezw. Entwicldung, welche dieselben
in neuerer Zeit erfa lue II haben, bekunnnen wir eine ungefähre Vor-
atelliing, wenn wir die j&hrlioh zweimal erscheinenden Verzeich-
nisse der Vorlesungen an unseren höheren deutschen Lehranstalten,
vor allem an tinseren Universitäten, einer Durchsicht unterwerfen,
und es wäre sicherlich ein verdienstliches Unternehmen, auf Grund
dieser Vorlesungsverzoichniöse von Zrit zu Zoit eine vergleichende
Zusammenstellung d^r wisseiis( hat i liehen Disziplinen zu veran-
stalten'), ans der wir daiiii ersehen könnten, was geirenwiiriig an
unseren (ieutschen Hocliselmli'n «gelehrt wird. Nirgends mehr als
liierl)ei würden wir «'inen Einblick gewinnen in die unerinessliehen
Furfsrlniile, welclic dir ^leiftii^e Entwicklung; der "Menschheit im
VeiglL'ii li mit der \'eiL:aii^eiiheit u'tMiiaeht hat. iiiui wenn uns lieut-
zutage die Erkenntnis dirser Fortschritte aus-serordciitlirli erleichtert
ist und imuiii' mehr erlfichtert wird, so ist es dagegt^u schwer,
ein klares l^ild beisnieif>weise von der Ptlege der Wissensciiatten
im 15. und IG. Jahrhundert au den damals bo.stehonden Universitäten,
von der Thätigkeit, welche die Leiirer derdt Hten entfalteten, aus
dem uügeheuereji. zum grossen Teil aber auch unverarbeiteten
Materiale über die Geschichte der Universitäten zu erhalten.
') Fdrdio Vni l'-siiTipT>n nbf-r deutsche ErzioluiDtTH- und SoludgOrfcliichto
an deutscIi'Mi riii\ ci^itau'n i.-t dan hekamitlieh von F. A8chers()n in den
.MittoiliitJgeir dieser Ücscdlschatt, .itihrg. I, 1891, S. Iü2; lü, Ibüa, S. 127,
IV, 1894, S. 284; V, S. 69, vnternommeu worden.
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202 Miiteilungen d. (iea. £. deutsche Erziehuugs- u. Bchulgeacli. YIL
Allerdings ist in neuerer Zeit viel iuv die Ifebunsr uiul \vis,sen-
schullliche Verwertun}^ dieses Mjit^'rialcs ;:;e.-rlH'lirii und durcii eine
j^anze Anzahl trefflicher l'iildikalioneü aiml unsviv Kenntnisse über
das frilhere rnterrichuswi sfii erheblich erweitert worden, iiiiiin rliiii
aber bleibt noch 8o manches zu tliuii UUri;^, und diese und jene
Uuivei-sitat harrt mit Scluneraen iiotli immer auf ihren Öpezial-
historiker.i)
Für die Geschichte einer der hedeatendsteii deotachen Um-
versitaten, nämlich Lei|i/.i<;s. besitzen wir nun bereits seit einer
Reihe von Jahren einige ^grundlegende Arbeiten, die wir dem im
Jahre 1891 verstorbenen Friedrich Zamcke verdanken. Es sind
dies vor allem „Die urkundlichen Quellen zur Geschichte der Uni-
versit&t Leipzig in den eraten 150 JaJiren ihres Bestehens (also von
1409~1555)^ Leipzig 1867, und ^Bie StatutenbQcher der Uni-
versitftt aus den ersten 150 Jahren ihres Bestehens", Leipzig 1861.
Das letztere Werk bietet ein Qberaus reiclihaltiges Material für die
Verfaasungsgeschichte der Universität dar, aus welchem wir auch
Kenntnis von den in den einzelnen Fakultäten traktierten Lebrgegen-
ständen nehmen können, ja wir finden darin das nachweislich älteste
systematisch angelegte Vorlesungsverzeichnis, das wir von der
Leipziger Universität besitzen, wiedergegeben. Es trägt die Uebeiv
schnlt: »Lehr- und Stundenplan für idle Fakultäten, basiert auf
Herzog Georgs Reformation. Vom Jahre 15^9" (p. 34—42), ediert
auf Grund einer von Vogel im 4. Bande seiner handscliriftlichen
Kollektar^een verfertigten sehr mangelhaften Abschrift des nicht
mehr ci'lüdtt iit'n Oi i,i:in;iles.
Maunigfacli«' im Lnufe der Zeit an der l'niversität eingerissene
üebelstände und Misshräurhe hatten Herzog Georg von S.e !!^^en
(reg. V. 1500 — 1539). der bekanntlich ein grosser Freund gelehrter
Bildung war und dem das Gedeihen der Universität wahrhaft am
Herzen lag, bewogen, im Jahre 1&02 eine Reformation oder lleor-
«ranisation in allen Faivultäten vorzunehmen''^). Au diese Reformation
hatte sich dann ein ziemlich lebhafter und kritischer Gedank^'naiis-
t<au8ch zwischen dem Herzog und den UuiverBitätsklueru auge-
') Am tier Eiwjij^iing licrau». duas eine intensivere Durchforschung
der Geschichte der UuiversiUlten sich immer mehr als notwendig erweist,
wird die GeseUlBchaft fttr deutscbe ErsiehunffB> imd Schulgeschichte ihren
bereits bestehenden Veronenthchun^'un wahrscheinlich demnächst eine neue
liiniufOgen, durch die diesoui K H inisse abgeiaolfen werden soll.
5) 'Die rlai.tiif liezügliclie l rkunde, dat. Leipzig s. November (dinstage
nuch Leonhurdi coniessoris) bei Zarncke, J. c. p. 27 — '46.
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18. lieber die ältesten VorlösuugtJverÄC'ichuisde etc.
203
knüpft, bei dem unter andern auch zu wiederholten Malen die
Spnicho auf die Art uud Wei.se der in Zukunft zu haltenden \'or-
lesun^en gekommen war. Als ein Hauptühelstand und Besehwerde-
grund hatten sich hierbei die höchst ungenügenden Besoldungs Ver-
hältnisse der Lehrer herausgestellt, welche diese geradezu veran-
lassten, durch Nebenämter ihren Unterhalt zu verbessern. Sehr
schlimm waren namentUeli «Ue Lehrer der Artistea- oder philo-
sophischen Fakultftt daran. Die Reformation Tom Jahre 1502 hatte
unter andern bestimmt» dass alle Vorlesungen in dieser Faioiltftt
imiBonst, wir würden jetst sagen publice, gehalten werden, und dass
die Lehrer hierzu von den Mitgliedern In- and ausserhalb der
Fakult&t ausgew&hlt oder ausgelost werden sollten, doch war es
den Lehrern auch gestattet, ausserordentlicher Weise Qeld für ihre
Vorlesungen zu nehmen. Jeder Lehrer las nun einen Kursus über
die Ihm halbjiUirlioh durch Wahl oder durch Los zugefallene
Miaterie, nach dessen Beendigung wiederum eine neue Wahl statt-
fand. Diese halbjährlich wechselnden Lektionen, die man walzende
LelEtionen (leetiones tomatiles) nannte, wurden in grössere und
Ideinere (majores und minores) oder höhere und niedere geschieden,
ein Unterschied, der mit dem ganzen damaligen Ctuirakter der
Universitäten zusammenhing, die ja gleichzeitig die Stelle unserer
heutigen Gymnasien vertraten, zu dem höheren Unterricht erst vor-
bereiten mussten. Abgeschafft wurden die walzenden Lektionen im
Jahre 1557, als sich die Besoldungsverhältnisse durch die vorher
eifolgten ziemlich reichlichen Schenkungen des Herzogs Moritz an
die Universität wesentlich gebessert hatten.
Ein gOnsttger Umstand war es nun, dass ein Jahr nach £r-
lass der Beformation des Herzogs Georg im Jahre 1503 ein Gönner
der Universität, der Kardinal Melcliior von Meclcau, Bischof von
Brixon, ihr zweihundert rheinische Goldgulden zu Gunsten gewisser
Lektionen in der Artisten- und in der the(»l<t;;i>chen Fakultät testar
mentarisch bestimmte, welche Bestiimnung indirekt die Veranlassung
zu einer neuen Studienordnung wurde. In dem Entwürfe zu der-
selben, der nach dem Tode des Kardinals ^lekhior am 3. März
1509 verfasst woiden ist*), wird verordnet, dass, weil viele
Leiitionen infolge geringer Besfddung von den Lehrern nachlässig
betrieben würden, statt so manclier übei-flüssigen Lektion nur wenige,
aber nützliche mit reichlicher Besoldung gehalten werden sollten,
M Ahi^cd ruckt im UrkuiidcnlMn Ii ih r Univeraitflt Leipzig, Cud. diplum.
Saxon. il, 11, ur. 27y, p. d"l~a74, Leipz. IbT'J.
•«
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204 Mittollungeo d. Oea. t deutsche Eniehungs- u. Schtilgeech. VII.
WOZU Jährlich 250 Quldea von der Artisten- und der theologischen
Fakultät mit Zuhilfenahme der von dem Kardinal Melchior testa^
meotariBch bestimmten Summe vorzustrecken seien.
Diese in deutscher Sprache konzipierte Studienordnung ist nun
als der VorlAufer des oben erwähnten lateinisch verfassten und mit
Motiven versehenen Lehr- und Stundenplanes vom Jahre 1510,
allerdings nur soweit sie sieh auf die philosophische Fakultät be-
zieht, anzusehen. Wir wollen hier auch nur die Lehrgegenstände,
die in dieser Fakultät, welelie man ja von Haus aus als die wichtigste,
als das Fundament der anderei) I'ilviiltäten /.u betrachten pflegte,
ins Äuge fassen, zuvor aber tlUc-htig die >tiiilien streifen, die vor
dem Jahre 1519 in Leipzig betrieben wurden').
Bekanntlich hat kein ^chrit'tsteller de» kla^^sischen Altertums
einen solchen Kiutluss uiif den geisti<;en Entwicklungsgang; des
Mittelalters ausgeübt wie Aristoteles. Die Bedeutung dieses grossen
Lebirmeisters. die vornehmlich in der Universalität seines Wissens
beruht, lernen wir erst kennen und würdigen, wenn wir uns mit
der Geschichte des Unlerrichtswesens an den l'nivei-sitilten beschäf-
tigen, eiiio Bedeutung, die han}tt«inchlich auch noch durch die
Autorität und llrrrsrbaft seiner Philosophie wjfhrend der ]>!iKe/t'i(
der Schohistik erhöht wurde. Wir sfossen daher in den stdir diirf-
tigen Stndieiiverordnungen der inittelalt€rliciien ri>iversitaien. die
wesentlich auf der Lehre do- >iel)en freien kunsif liernhcn. in
ereter Linie immer auf die Lulerweisuug iu deu iichriftoa des
Aristoteles.
So wur<lc iu den iiliealen Staturen der Leipziger Aniaicn-
l'ukuilai \uni Jahre HU9 — 1410 mit Zusalzbetjrhlüshen i)is zum
Jahre 1445 für die Krlaui^ung des untersten akademischen Grades,
des Bacealani e;ii>. die Keüuüiis der „Libri jirioruni, poste-
riorum ( an a I \ t icu rum). e lenchui um, j« h} sicoruni. d. i. de
|»hysica auM-uJtatione oder de physicu uudilu, de aninia,**
und für die Erlanj^un;; des höheren Grades, des Magistcriunib, die
der „Libri topic<»runi, de caelo, de geueratione et corru-
ptione, libri metheororum. parva naturalia. d. i. de sensu
et sensato. de sompuo et vigilla, de memoria et remini-
scentia, de longitudine et brevitate vitae etc., femer libri
'i V'Mi^^l. Uber (Ion St.ind «b'r StiKÜnn an d> i L< iji/,i:j<'r Uijivorsitilt
ini Aüt.iii^ 1'*,. .Jahrhuiuiürts «l'u' AMunniUinfr von j 'cl ician i i»*s>i liOii>Kig
und \V ill«Mibt'iy: »Ein Beitrag' /.iir 8acii.>5i.si li< n K'-Iunnahujisgeschichte"
im Nouen Archiv f. d. 81lch!iijM;ho üMehichro etc.« Bd. 10, p. 41^-93.
Dresden I89ö.
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Ib. Uebor die ftiteateu Vorlcsimgsvcr/.('ii lmisöo etc.
205
ethicoruiu, iioliticonim, yconoiniLonim uud mctaph vsika"
verlangt. Dazu kniiipn laut der dritirii Sliitiitciircdakiidii vnu
1471 — 1490 für das Magisierium noch die .libri rheiuricorum '
hinzu.
Nächst Alislotole«, dessen erwähnte Schriften deu Schülern in
schlechten latrinfHchen l'ebersetzunsion vor«j;etragen wurden, koiiuut
von griochischcji Autoren in dem ersteu Jahrhundert des Bestehens
der I^riji/.iger Universität nur noch uud zwar gleich von Anlang
au für das Magi.steiiiun Euklid, der Mathematiker, in Betracht.
Die rönii.schen Schriftsteller liutltii wir zu dieser Zeil nur
dunii Duuiit und Pi isrian vertreten. Jener ist ziiiii nrstenmale,
und zwjjr in der küizt ivu Jkarhcitung seiiKM- lateiiiisrlicn Gram-
iiiHÜk, als Donatus minor, in der Studienordnung der jdiilo-
sophischen Fakultät von 1436 — 1465 als notwendig für das Bacca-
laureat, dieser als Priscianus hrevior bereits in den Statuten vom
Jahre 1410, ebeufalls als notwendig für das Baccalaureat. erwähnt.
Von den Schriftstellern de» Mittelalters genoes das grOsste
Ansehen in der Schule Petrus Hispanus^)« dessen «tractatus*
oder „parva loglcalia*', d. i. System der Logik« in Leiiizig für
das Baccalaureat erforderlich war. Für das Magisterium wurde die
Logil( des Wilhelm us Hcntisberus (Henbrus). von Autoren des
15. Jahrhunderts Öfters auch Mos Tysberus genannt (gestorben um
das Jahr ISöO), verlangt. Sie ist zusammengefasst in der Schrift
yj)e sensu comi>osito et dtviso" und in zwei Bearbeitungen des
Gebietes der Sophismen^, wurde aber dann, weil sie, wie es in
der Reformation vom Jahre heisst, zu wenig fruchtbringend
sei, mit der Rhetorik des Aristoteles vertauscht. Wir finden femer
bei dem Unterricht in der Lojnk schon in den Statuten der philo-
sophischen Fakultät vom Jahre 1410 die «vetus ars* für das
Baccalaureat angeführt, womit also auf die Scheidung des Aristote-
lischen Systems der Logik in die vetus logica oder vetus ars.
zu welcher man die Categoriae (Praedicainenta) und Peri
HerinfMieias (de interpretatione) und in <\\r nova logica,
zu welcher man die libri i»rioruni. posteriorum analyti-
corum. libri topicorum nebst soph. elenchorum zählte, hin«
gedeutet wird.
^) Bekanntlich Pseudonym fUr Papst Johann XXI., der aus Lissabon
gebürtig, vorher Kardinal und Bisehof von Prascati war, 1276 zum Papat
erwählt wurde, aber schmi dt^n 1'". Mai 1277 starb. Siehe Ober ihn
Praotl, Geachichtt' der Logik im Abondlantle Ul. ü. äSlT.
3) Siehe Traiitl 1. c IV, p. öü- 'JH.
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206 Mitteilunireii d. Oes. f. deutachA BniehUDgs- u. Sehtügescb. VIL
Wichtige UntomchiBgegenstftnde bildeten dann noch für das
Baccalaureat die ^sphaera materiali8^ der « Algerismae,
Algaritbmus*, d. L Anleitung zur Kenntnis und Anwendung der
arabischen Ziffern, sovie Rechnung mit dem dekadischen Zahlen-
system, und ,Oomputus", und fQr das Magisterium die Musilc
nach der Lehre des Johannes de Muris, des berühmtesten MusUc-
theoretücers der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Oi sodann
„perspectiva communis*, die «theorica plane tarum*, und
die «arismetrica communis"^' (!).
Dieser Studienicreis an der philosophischen Fainilt&t der
Leipziger Untrermt&t im 15. Jahrhundert wurde nun durch den im
Anfang des 16. Jahrhunderts erlaasenen deutschen bezw. lateinischen
Lehr- und Stundenplan wesentlich erweitert, vor allen Dingen
aber den modernen Forderungen, wie sie durch den sich immer
niachtiger eotwiciteliideD Humanismus bedingt wtirdcu, sollt« die
Universität nicht anderen neu aufstrebenden Univei'sitäten zurück-
stehen, mehr augepasst. Infolge der Gunst Herzog Georgs kam der
HutnaniBmus in Leipzig nunmehr zu einer öffentlich autorisierten
Vertretung^.
Die ftu88ero Anordnung der Lelir- und Stundenpläne anbe-
langend, 80 wurden die Studien nicht mehr dem Baccalaureat und
Magisterium angemessen, sondern, wenigstens was d^n deutschen
Entwurf betriflCt, in höhere und niedfTc (siehe oben) eingeteilt, oder
.jTo majoribus et minoribus" bestiraiiit. auch wurden genau die
Jahreszeiten (Winter und Sommer) und Ti^^esstundeu tlii' die eia-
zeln<Mi Disziplinrn fVstt,'f»sf»tzt.
I"nt<M- den urieihisclieu Autoren stfht aucli iiier witider
ArivStutelfs au der Spitze, nur sollten jetzt an dio Srclle dei- nllon
barliurischen lateinischen Uebei-setzungen meiner Schritten uud die
seiner Kommentatoren durchweg neue imd elegantere den Vor-
lesungon zu (iniiKit' gelegt werden, so z. B. die der griechistii-
italienischen ilninanisten Ressitrion. Ai*gyropulus. Augustinus Niphus,
liermolaus üarljarus, Theodorus Gaza, Ueorg V'alia*).
') Schrieb: 6p«euliuii musieae in 7 Bttcheni. Siehe Ober ihn Rob.
Hirschfeld, Joh. de Muris etc., Leipzig 1884.
') In der Studienordnung vom Jahre 1519 heiset ea paritmetica
COtDrauni»."
*) Siehe T^nilspii, fleschichto de» golehrten Unterricht« etc., 2. Aufl.,
I, p. 92—107, Leipzig Ihihh
*) Paulseu, 1. c. p. 1Ü5, lü6 ^iebt irrtümlich L. VaUa als Ueber-
setzer an.
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Ib. lieber die älteäteu Vürleauugsverxeiclinittse etc.
207
AusBer den sdinu obeu ei'vviUint<'n Seliriftni warrn für das
Studium dPK Ari,st(»ttles nur noch die „ jirobleiualu'" und die
„magna müialia" crloiderlich.
Als griechiöclu' KoinracnUitoiea des Aristoteles werden auf-
gefüiirt Themistius (2. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr.) super
posterionim, phisicorum, de anima, parva naturalia und Porphyrius
von Tyrus (3. Jahrhundert n. Chr.) Isagoge. handelt Uber die
Kategorioen d«6 Aristoteles.
Von griechiseben Autoren kommeD nur noch in Betracht der
Peripatetiker TheophrastUB ausfiresos (geb. 372, gest. 287). der
Begründer der Pflansenkunde, mit seiner Metaphysik (pro majoribus),
Euklid (pro majoribus) und Theokrit (pro junioribus). Qrtechische
Grammatik wurde zusammen mit einem Dicht nfiher bezeichneten
griechischen PoSten fUr die Jüngeren nach dem Buche des oben
erwAhnton Uumaniston Theodorus Gaza (gest. 1478) gelehrt.
Die Lateiner waren in den neuen Lehr- und Stundenplftnen
zuYOrderst mit Cicero und zwar mit dessen officia, particiones,
de oratore, epistolae ad Brutum et Quintum fratrem, ad
Herenninm, de senectute, de amicitia Tertreten. Femer soll
pro major. Plinius, der als ein vortrefflicher Autor bezeichnet
wird und fQr den ein besooders tüchtiger Lehrer auszuwfthlen ist,
gelehrt werden, weiter Quinctilian und Priscian und schliessUcb
von den Dichtem Terenz. Ovid (Fasti) und Virgil (Aoneide).
Von den Autoren des Mittelalters sind liehufs Erldftrung ihrer
Scliriften in 'Ion neuen Lehrplänen aufgenommen worden:
A V 0 r r 0 e s (Abu 1 - Walid- Moluimmed - i hn - Achmed-i bn-Uosth d . gest .
1198). der berühmte Kommentator des Aristoteles mit der »Schrift
.de Bubstautia (natura) orbis-, GilbertUB l'orretanus.
BiscJiof von Poitiers (lehrte von 1136 an in Paris, <;f>>t 1154) mit
seinen «sex prlncipia', ül>er welche Prantl (1. c. II, p. 223)
das nicht sehr schmeichelhafte Urteil frdlt: .Ein klägliches Mach-
werk, welphes wahrscheinlich nur ilurch die Borniertheit des
AlbtMliis Mai^iiiis zu Ansehen iiinl Geltung kommen konnte", das
aber i lui/dfiii in fast sämtliche älteste lateinische Uebei-setzungen
des Aristoleles liber^r^ijanf^on ii^t Sndnnn Thomas von Aquino.
der einflus-si-fj« »Icr Srlmhistiker (!:•'•». 1224. irf>st. 1274) mit
den IxMilt'ii SclihlU'U ^di' mfe et t'.-s<ii t ia " und .de para-
logi.^ nionini argutiis"", lern<'r Juhauiies de Sacinbus« «> ans
Halifax in Vorkshire (gest. 1256? in Paris), der mit seiner
^Sphacra" die Astronomie in gleicher Weise vertiitt wie Kuklid
mit seinen Werken die Mathematik. Als neuere (jlrammaiiker er-
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308 Mitteilungon d. Ges. f. deuteehe Bndehnng»- u. SchnIgMCh. VIL
scheinen noch Pirothus Sipontinus, d. i. Nicolaus Perotto oder
Perot aas Saasoferrator ErzÜschof von Siponto oder Hanfredonia
im NeapolitaniseheD (gest. 1480), dessen nRudimenta gramma-
ticjes Latinae*, oder Manutius Aldus (der altere, gest. 1515).
dessen »Institutiones grammaticae Graecae" gelebrt werden
sollten. Endlich erscheint auch in den neuen Plünen Petrus
Hispanus mit seinen »Septem tractatus** wieder.
An den in deutscher Sprache verltosten Entwurf des auf der
Reformation der Leipziger Universität vom Jahre 1502 beruhenden
Lehr- und Stundenplanes fUr die Artisten- oder philosophische
Fakultüt schliesst sieh nun im Urlcundenbuch der Universität
Leipzig (1. c. nr. 280, p. 874 — 75) weiter ein lateinisch konzipiertes
undatiertes Verzeichnis der von den Dozenten derselben Faicultftt
.sub stipendio cardinalis atque faeultatis artium' (s. oben) zu hal«
tenden Vorlesungen. Neu ist hierbei der Unterricht in der (latei-
nischen) Qrammatil; des Diomedes (lebte in der zweiten Ilülfte
des 4. Jahrhunderts) und der in der I.ektUre der Briefe des jün-
geren Vilnius. Auch wird hier die Scheidung der Aristotelischen
Logik in die „vetus ars" oder .vetus logica* und in die
^nova logica" (s. olien) scharf betont. Uei)er die ars vetus
schrieb Antonius Andreas (gest. 1320) ,Scri|)t{i seu expositiones
super artem veterem et super Boetiuni de divisionihus."'
Unter don T.ehrern, die das Los oder die Wahl lür die ein-
zelnen Disziitliiieu (es waren darunter Theolog;rn, Juristen, auch
ein Mcdi/iiioi) ^M troflen und dcion llesoldiins^ für jede Lektion in
diesem lateinischen Vem'ichiiis ;iii^ei:cl)eii wii d, ist keiner, der sie!»
als Philosoph oder irriffhibcher oder iaU'iiiistlici' Phili)lng einen be-
sonderen Nnmon «gemacht hat. Den prs^teii wiiklirhcii Lehrer der
griechischen Siirach'-. Her in Lriji/J;;. alh-idiiigs nur zwei Jahre,
\on 1515 — 1517, ai.>u iiugefalir um ditvscibe Zeit, aus welcher das
Verzeichnis stammt, wirkte, den Ijigläiider Richard Crocus, finden
wir nicht mit aufgeführt. Durch ihn. ficr sich des grössten An-
sehens als Lehrer erfreute, sowie durcli seinen Nachfolger Petrus
Mosellanus (P. Schade zti lirultig a. d. Mosel, gest. 1524). gelangte
das Studium des Griechischen in Leijfzig zu hoher Blüte, und war
die» auch die erste Disziplin, mit welcher die i.fi[»/:iger Universität
sich besonderen Ruhm erwarb
') Ueber die AnfiUigc den ixtiei lii^'chf'n Sdirliiim« in Lpipzi«? und ühor
Crocus vgl. ü. Bauch-Breslau: L>ie AiitluigP des Studiums der griechischen
Sprache imd Litteratur in Norddeutschland. ^Mitteilungen Bd. VI, lbü6,
8. 168 ff.)
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19. Christoph Schelleoberg de viftitattonlbua etc. 209
19.
Chrjjstoph Sehellenberg
de Tlsitationlbus seu inspecüonibns anniYersarllg
seliolae illiistris Orimnnae (1554—1575) mit den
aiütlicheii Berichten der Yisitatorcn.
Heruuägegebeu von Prof. Dr. Paul Meyer, Oburlebrcr an der Fürsten- und
Landessrhttte Grimma.
Dns St lirüiclion, das liieriiiil der Oeftentlithkeil üborgeben
wird, isi WHiirscheiiilich in den Jahren 1574 — 76 niedergeschrieben,
doch nicht mir durch sein Alter elirwürdis:: als erster Beitrag
zur Geschiclitf iler Fürsten- und Landebbchule Grimma,
zudem btiuliend auf zuverlässigsten Nachrichten, verdient es beson-
dere I^eachtnn^. Der Verfasser, Christoph Schellenberg aus Anua-
berg Uli Erzgebirge, entsiaiiiiutc dürftigen Verhältnissen, aber er
war ein wackrer und gelehrter Mann und errang die Freundschaft
eines Georg Fabricius, eines Philipp ^[elauchthou. der ihn z. B. an
seinem Hochzeitstage mit einem Briefe und einer Festgabe erfreute^).
ScheUenberg wirkte in den Jahren 1557—76 als Tertius an der
Schule, im Jahre 1659 vermählte er sich mit Anna Siber. der
Tochter des hochverdienten ersten Rektors der Anstalt. Er ent-
schloss sich oiTenbar erst sp&t zur Abfassung der Visitationes,
wohl auf eine Anregung Slbers hin« der ilin jedenfalls forderte und
mit wichtigen Beitragen versorgte^, der nach Schellenbeigs Tode
auch den geeigneten Fortsetzer in dem begabten Nachfolger Schellen-
bergs, Martin Hayneccius, gewann*).
') Abjjpdnukt bei Srhumacber S. H2 s;^ und im C oqi. Hof. vol. IX
p. 918; die Anrede lautet: Intcgerrimo viro, eruditione et virtuto prae.stauti
Chr. Sch., Amico sno S. D.
3) Vgl. S. 15.
3) Kr war ein Scluili'i- Sihcrs. .^ii;^ustinor 1 "i'»» — ri'. Tortius l.'j76—
nachdem er weitnrliin in Aml)rr>r nud Braunsrhweig' (jyinnasi«n prfleitot
hatto. Ubertrug ihm die iviirsiirlisische i<egierving läbb das Kekturut des
Moidanum, das er 22 Jahre fest und weise rerwaltete. Er starb 1611.
MUtoiluoffea d. Oes. L doataotoo Erstob.* «. Sclmigt äobkbte. vn S 18B7. 14
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210 llitCeOttiiKen d. Ges. f. deutsche Bniehimgii- u. Schulgesch. VII.
Dieser fügte eiue EinleituDg an; es finden sich auch eiin>e
ZuaAtse und Randnoten von seiner Hand, die ich nicht m< gge-
lasBOD, aber ala solche bezeidwet habe. Seine Feiteetzuog, deren
Drucklegung ich vorbereite» ist weit ausführlicfaer als das Sehriftchea
Schellenbergs uDd verschafft uns das anschaulichste Bild von dem
Leben und Treiben in der Schule und von den Schwierigiceiten,
die dem Relrtor einer FOrstenschule sich damals entgegensteUten
Der Titel der Schrift Schellenbergs lautet: de visitutionibus
seu inspeetiontbns anniveFSarüs triam scholarum illustrimn Grimanae,
Misenensis. Portensis; er verspricht mehr, als der Verfasser hält.
Denn abgesehen von der (erst naebtrftglich) vorangestellten Dar-
legung der Visitatoren des Jahres 1554, dem denicwürdigen Be-
richt Melanchthons» beschränlct er sieb auf Grimma, wohl mit Recht,
da er 80 in der Lage ist, nur völlig Verbürgtes niederzuschreiben.
Die ideine Veränderung des Titels, die ich vorgenommen habe,
soll vor Enttftuschuog bewahren.
Von Werken, die »ir BinfQhning in die Immerhin verwickelten
Verhilltnisao rlor Ftlrstenpchulen in jpnor Zoit popignet Bind undmehr£nch
von mir aiij<-ez(jgen worden, nf»nnp U li t'ulf^eiido :
K. J. Kösaler. G^prhirhte der K. S. FUrsteu- u. Landesachule ürimma.
Leipzig, Teubner lü'ai.
J. A. Httller, Venach einer Geschichte der Fürsten- und Landochule in
UeiBsen. 2 Bde. 1787 u. m9.
Th. Plathe, St. Afra. Leipzig, Tauchnitz 1879.
Fr. T'slm, de priBtina UlustrU Moldanl diedpUnft. Programm der Füraten-
echulu 1800.
Ch. G. Lorenz, series praeceptorum 111. apud Grünam Moldani. Programm
der FQratenachule 1849; Bericht Uber die tirOndung und Eröffnung
der L>andes9cbule zu Grimma. Grirania is:>n; Grinimenscr - Album.
Grimma 1850; die Stadt Grimma hiaUirisch beschrieben, 8 Bde.,
IS 5^—70.
H. A. t^chuiimcher, hititoria vitae Adanii Siberi. Grimae 171U.
K. Kirchner, Biographie Adam Sibere. Cbemnitat May 1887.
Samuel Pufeodorf, cannen saeculare (in Meyer Samuel Pufendorf.
Programm der Pnrstenachule Grimma 1894, S. 1.'»— 'JS).
Uober die Visitatioii' ii inöbesoiidcif find» t sich alles Nötige bei
Müller, IS. 113—116, Lon riz. Bmrhf, S. Flatlie. S. 7'J 76, Kössler,
8. ia8 -i;3ü. Ich füge hi«r nur wenige Sätze an über die AutUngo dieaor
Binrichtung. Pforta und Meissen wurden sunftchst vom Regierungesitse
au« beaufeichtigt« doch sehen 1544 entsandte man, um ehie xuvoriBssigere
Kontrolle herbeteufütireu, ala ersten Visitator den in Meissen lebenden ver-
dienten Pädagogen Rivius (vgl. Visitatiunsbericht 1554, Plathe t^. i'"-', 23;
**) Hübsch, coUectanea III, p. lu; Portam etiam (Hivius) a principe
ad explorandum prugressu», quos alumni istius loci in studüs feetssent,
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19. Christoph Schellenberg de vieitationibus etc. 211
Die amtlichen Berichte der Visitatoren Uber das Mol-
danum aus den Jahren 1568—1575 ergänzen nicht nur in hOchst will-
kommener Weise Schelienbeijgs visitaliones. sondern orientieren noch
dardber hinaus in zuverllks&iger Weise über eine Reihe Ton Ereig-
nissen und Ton Zustünden, die in derFlirstenschule eintraten. Ihre recht-
zeitige Veröffentlichung war mir durch die Zuvorkommenheit ermög-
licht, mit der mir der Direktor des Königl. Sftchs. Haupt-Staatsarchivs,
Herr Geh. Regierungsrat Dr. Hassel die Benutzung der Akten er-
leichterte. Ihm sei auch hier mein auMchtigster Dank ausgesprochen.
1. De visitationibus «eu inspectionibus annlversariis
trium scUoiurum illustriuui Grimaiiae, Miscncnsis, PortensisI
qaariim omninm prima fnit coepta Anno 1554 Grimae, et ei
visitatioDi primae iuterfuit etiam Philippus Kelanchthon et
Camerarins etc.
In qua observatione singnlorum annorum Visit atores
nominatim recenaiti sunt: interdum et alia qnaedam ad
a. C. 1Ö44 miaauB est*). Im folgenden Jalire erteilte der kurf. Rat Georg
V. Komerstatlt dem Rektor der üniversitilt Leipzig, Leonhard Badehoni, den
Atiftra«:?, MoisHcn zu Ins^pizieron (Fr. Zarncke, die urkundlichen Quellen zur
Go8chiehte der Uiüversitftt Leipzig. Abhiwdl. der K. S. Gcaelisch. der
Wisa. 8. Band, 8. S64— S6); infolge Bolnea Berichte« befahl der Herzog
Morits der Leipsiger Univerdt&t die Anfeicht Uber beide Schulen (Zarncke
8. 545t 8. 660 ut pnsthac iUloe et Portensts scholae omncm curam univer-
aitas {j^ererct; S. (int; : communibus onmiuni «uffraj^iis nationum visitatoroa
srholfirnni Hlfcti sunt IJoraerus, CamorariuB et Mourerus). und in der That
wurde diuae «eit iö4(i uuHgcübt. *VgI. Archiv loc. 10 4üii der Univers, tzu
Leip»ickinBpectionCuravndorcbiungderchiirf.ScbidensaPfortenRl>elAnngend.
Geatellot im Augustu In Jar IbAO*. Auch für Grimma verordnete man von
Anfang der Schulen an dieHelbo Oberaufsichf (*Arcliiv Inc. If)l()7 Schule
tzv tirym lör>0, Hl. 49: es soll auch .Jeriich In der Silmloii ein ^^^mein
t^xamen gehalten werden Inn beyseiu zweier oder dreier von der üniveraitet
danni verordent personell*). Im Jahre 1564 beteiligte sieh Melanchthon
an der Vuitntlon, in Grimma nur dioe eine *in Pfortn auch 1567, und
ein Kcnkript vom 18. März IhOO ordnet an, die Visitation aolle jnhrllch
auch ohuo besonderen Befehl statttinden mit doir Herren von Adel und
Melanchthon, falla dieser nicht verhindert «ei* Y)ji;l. Flathe S. 47L
Im Jahre 1558 erschien '*auf Grund oiner churf. Verordnung vom 12. Julil6ö8
(Archiv, Copial278, Bl. 160b u. 151*; vgl. nochRCasler 8. 180)2uer8t ein adeliger
Inqxdctor neben den rrofoäsüren, dem vor allem die AufHichf (tber den
HansvorwaltiT oblag (wieder löGO, litÜ'A. darauf or-( 1,'»7I, vgl. die Visitations-
bfiiclitc Jahro !.",(;7. ♦;'». 74, 7.">). Seit dem Jahre löfi.'» endlich kamen
die Leipziger in begleitung von Witteuberger Profeöäoren ^unier diesen
Stehend Caspar Peucer, Melanchthons Bidam bis 157d; nach seinem Bturxe
llbertrug man die Visitation eine Zeit lang meist Theologen).
Vt Die t>o/<'ii'tin<'ion XusUtr.r vi>nlatiko Icb dor ArpuodUcbeB Mlttctlung doB Herrn
l*Uri>toiuchulob«rltibn)r 1*. Fleinuilug io Fforta.
14*
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212 JUitteitungen d. Ges. f. deutoclie Ersiehung»- ti. Schiilgcsch. VII.
scholaist ictis, ad pracceptores, ad oeconoiiiuni portinentiu
attinguntur.
Yisitatores seu luspectores Graecis sunt i^ftpw et itAt:^ Homeras
OdysB. V» pa«. 120:
lupiter ipsos viciscatur duprccabiliä, qui et alios homines iaspicit et plectit,
quicuuque puccat.
Di' V isitatoruni officio,
loannes Sturmitts llfaro 2, epistola C, in Classids epistolis ipsius:
Scbolarchae a priucipio institati iuuc itiilii adiunxernni adintores, qui ab>
sente me aut occupato Curias omncs obirent aut quos ego mihi advocarem
propter doctrinam et virtulent et authoritatem in caussis gravioribnB:
Casparuin Hedioneni Doitorem Tiieologum et Christianum Horlinuiu
Mathoniaticum. Hos Visitatorcs et nie RiMtoriiii iioininabaiit roH-
quannii schtilaruin vombulis Ar T^iMtoris jnidiMii noineii iiiniis mihi
vidctur inagnifioniH. taint tH Koniiuiniiiin sil, jui Kectorcs doiiiino«! srMiipcr
oderiiiit. Visitatoris vciu appdlatio di<;nitati inuju-ns vcstri vidctur iidiuo
responderc iieque satisfaccrc. Auiicitiae cnii» taiactüi tribuutur: natu amicos
Tisitamns, cum animos relaxare volumus: tarnen magis delectationis et
voluptatis, quam studij et sollicitudinis est. Assidui enim vestri labores
sunt, et severa vcstra est, hoc est diltgens et gravis cora non soluni in
adolescentibus castigandis, vcnmi ctiaiii in iiioiieadis Praereptoribus et in
tantis consiltjs et in ofücijs luaiidandis. in probaiidis otiani et interrogandis
atqtie doccndi«, quotics erit opus, adolesceutibns. Sod quia id vorabnlnm
t't iu nlijs scholis, quas AcadtMiiias vocant, vsti n rc }«tuiri est «»t in nostras
aduiissuni, retiiiore übid )»1n(*ct, mm qnod as-iduo \üs iavist rr oimrtet
tribus omncs rotidie, tum quod voi-abulum vi stris oftirijs atquf laburibus
cotidianis iam aibi virtatcm et gravitatem atqur authoritatem vindicavit, non
minus quam in Graecia et in sacrJs cRo^niv appeHatio, quorum Iionorificum
munus fiiit. Hi tres primi fncrunt ludi nostri Yisitatores atque Praefecti,
Anno 38» delecti a Scliolardiis Jacobe Sturmio pretorio viro, et Nicoiao Cnipsio
Consnlari senatori, et Jacobo Heiero tredeeimviro militari etc. Item: Tu
nunc Leonarde Herteti Yisitatorem agis sucressor et gener Seveni etc.
Item: T?«?o tamen, vt pergas porrn faiere et Mitrbacbio Theologo Doctori
et Courado Dasjpodio Visitntori, coIIi lm- in hoc muncre adesse etc.
Ex it'jT'>y^'i';«n pliiiipj, i Mel. •») ').
Amiu nm eilffteu tag Scptembris, sind vff (jhurfUrst liehen bo-
felU zu Grimm aukoimnen,
Randnote* S(hellenbpr<rs : K^ro hoc ex aut. descripsi anno 1574,
cum ipsum afferret Dortor .lungenuau.
') Das Original betindnt dich jetzt im K, S. Haupt»taat?arehiv in
Dresdon. Bund Rolif^rionssacheii, Amü l.V»4, :..V .",s betr.. loe.
i^cheUenberga Absehriit erwies sich bei der Vergleichuug als zuverlässig
(abgesehen von orthographischen Kleinigkeiten).
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19. ChrUitoph Schelleuberg de visitalionibuö clc.
218
1. Doctor Alesius,
2. Doctor Wolfgajigus Meurer,
3. loachimus Oomerariiis, vnd
4. Philippus MeluichthoD*),
vnd habon alsbald dem vcr^'^dter, vnd Rectoii der CharfttrsUichen schul
ongezeiget, das sie bfucloh betten, anzuhören wie es stehe, In der schul
mit der vuterhaldung, lehre, Versorgung der jugeDt^ einigktfit der per-
sonca etc.
Daranff vns an> vulgenden tag den 12. taf^ Sept» mbiis,
Erstlich der vcTwalter '") von diesen vier Artikeln berielit gcthau,
I. Zum ersten, von den legeutcn, das durch gottcs gnade, zwisschen
Ihm vnd ihnen, auch zwisschen den Legenten selbs, gutte Einigkeit sey,
auch sehe er, das sie ihrer arbeit varten, vnd niclit ihre stunden ver*
scumeu.
II. Zum andern, hatt er angezeigt, das das einkbommcn der schul
sich nicht erstrecke vif die verordnet vnterhaltung, darumb er in die
euipter schuMi.: i^f,
III. zum dritten, das aueh vhcr die verordnete Zal der jungen viel
mehr knaben im zuge&aut werden, daraus auch vuradt vudt schulden
vülgen.
IV. zum virdeo, das noch kein Chnrftirstlicbe ftmdatio dieser schul
geben sey, vnd so die fnndatlo soll gestellet werden, were es gntt, das
gewisse gfltter ernand wQrden, als das Closter Nimmitsch,
denn zur Ilansshaltung bedurft man Ecker, wisen, gerten, pferd eto vnd
sey grosser vnradt, so man alles tegltcb kauffen soll.
Diaes ist des Verwalters anzeigung gewesen.
Darnach haben vrir den Rector, vnd die andern Legenten gebort,
die auch berii ht haben, das sie gutteo gefallen am verwaltber, vnd der
Speisung haben, vnd sey zwischen ihnen gutte Einigkeit.
Darnach haben wir die ordunng ihrer lection beseiien, die vns wol
^'t f.dli n. hüben emach vor vnd nach niittiuj bey vier stundoii. die
knaben in der schul olfeutUch Exuniinirt, vnd bcsuuder die grüsscrn iu
beiden classibns.
Nun khoaea die knaben nicht alle glei« h sein, aber deojQOch ist
dieses Christliche werk, am mehr er theil woU bowant. vnd shid ettliche
dio latine prosam, vnd verss schreiben, vnd smd grammatici, Ettliche sind
auch In dialcctica wol gevbet.
«) Kandnoto b'chellojibergs: M Wulfgangus Fusiiis etiani hinc fuit
in Coinitnttt liftnun Visitatoruni : qni nnllis litteri> jn aoTni^si*?. vt
postea « inpt r tartiini, subilo advenrnint. — Urber Fusiu«?, bibt:rs ^^ liv\i^ ^^ ^-
vater, i^t einzui^i !pu R, A. Leiuj». , Mag. Wolfgang Fues, Chenndtz 1^77.
Note 8< itclleubcrgs: Nirko! Petzseh. — Er war Hausverwalter
1552—55. Vgl. SchumachüT, Anliang; Lorenz. Stadt Grimma, S. lUNS;
Rössler S. 56.
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214 Mitteilungen d. Ges. L deutsche Erziehung»- u. Schulgeach. VIL
Die Jüngsten haben wir im Catechismo gebort. Aus welcher ant-
wortt wir befanden haben, das sie in der selbigen ersten tnter-
weisnag in Christlicher lehr recht Tnd ordentlich vnterwisen wordcni. De
Mnsicis exercitüs triam illnstrinni scholarum infra in Portensi Ti^tatione.
Meissen.
V£f den 11. tag Septembiis, äiad die vorgeniclten, Ductur Alesius,
Doctor Wolfgangus Meurer. Joaehimns Gamerarius, vnd PhiUppus In der
ChurflIrstUchen Schul zu Meissen ankhomen, vnd haben am volgeoden Tag
morgens den Verwalter Johann Rosbach, vnd denRector, vnd Legenten
alle angleich, von der vnterhaltang, lehr, Versorgung der Jogent, von einig-
keit vnter ihnen etc. angercdt.
Doraulf der Verwalter Johann Rossbach gesagt, er sey wol zufriden
mit den legenten, hahon <iv aber man(?el an inie, das worrlcn sie anroigcn.
DoraufF vns (Hl' lou'eultiu ernaeh bericht, was sie uiaiim l hubia, vnd
sind ettliclie Artikel, die wir auch darfQr achten, das sie zu erhaltung der
Schul nottig sind.
L Zum ersten, Diweü nach des Herren Bivii tod kein vilBeher ver«
ordnet ist, welchem Die verwalther vnd legenten ihr notdurilt in für^
fallenden sachen anamzeigen hatten. Item, der gegenwertig sejr bey dem
irrlirlien Examen, etc. bedenckea die legenten, das man widerurab iemand,
als vffseher verordnen woll.
Dieses achten wir auch nöttig, vnd haben bedacht, das diese beydo,
als inspectores zu verordnen sind, der Bürgermeister Anesurg, vnd
Doctor Chri^topliorus Medicus.
II. /um andern wird bcgcrt, das besser vk vs geschehe mit kochen,
vnd mit dem gdmnk. der ingent gesnndheit zn gutt, da von wir auch den
verwalther aogeredt, der sich darzn erbotten hatt
III. Zum Dritten, wie es mitt den krancken zu halten, Nun ist
itzund in neuen gebende, ein stuben für die krancken gebauet, dahin kann
man di>' I^^a[lcken verordnen, vnd sie da besonder speyssen, vnd sie nach
rath des Mrilioi versorgen. Davon soltr andi di in Verwalter bevehl ge-
schehen, auch was in die apotekeii zu beziden sryu winlt.
IUI. Zum NinUn, das kleidung zu rechter zeit geben werde, vnd in
Bonderheil bedcncken wir, dsvs man den legenten so viel tuchs gebe, dus
sie zimbliche rocke, nicht so kurtz, daraus machen kOnncu, als ncmblich
idero zehen eleu, vnd von zimblichem tuch. Ton diesem artikel bedencken
wir aucli, das dieses ernstlich zu befehlen sey.
T. Zum Iftnfilen, vom waschen, vnd das zu Reinigung der jflngsAen
knal) 11 m:ii' frau ^'ohalteu werde.
VL Zum Sechsten, die gebende zerfallen, vnd werden bfleher vnd
anders von regen bescbedigt Daruuib ist notti»? zu befehlen, wie es mit
den gcbeuden zu halden sey. Vnd h;il)('ii die li crenten für sich in der
schul, nur ein gemach, das zn eng ist. vnd reirin t dorcin. Atirli ist mangel
des holt/s /.um i>ffen, Item der Cantor vbei"siagei dariuu, daruiub ist von
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19. Chrlatoph Schellenberg de viäitationibua ete. 215
not< ii, Ttiehr stuben den legenteD zm Tcrordneo, vnd sie mit lioltz zu
versorgen.
VII. Zum Siob^nden, wird bedacht, das ein wechter gehalten werde,
der alle nacht ainbtier gehe, vnd incrck, ob etwa feaer vffgeheu wollt.
Denelbige weehier wen aneli der torlilUter, der m rechter Zeit seUiwen,
vnd vflBiachen solte. Tod so kein torfattter ist, ist not den legenten
scUttssel m gelwn, du sie moreens in der kelt meht vor dem thor htrren
mflssen.
Tin. Znm Achten» wird gebeten, des vnser gnedigster Herr« den
legenten, die ehlich sind, etttiche heusslin in dt r Sta<It i;ii(Mli(i;1ich geben
wolt, die xuvor der vicarien gewesen sind^), damit sie mit ihren Idndleia
wonang haben moclitcn, vnd nicht mit hausszins beladen würden.
IX. Zum N« iin(l> n, das die loiaben erst nach sechs Jaren ans dieser
Schul gt lasst ii werden").
Diese Articki l haben wir aiit Ii für wichtig goacht, vnd bitten in vnter«
thenigkeith, vnser gnedigster Herr, wolle hie von gnedige befelch thun.
Nach diesen berirhten haben wir die jupent examinirt, vnd sonderlich
die Neuen Stipendiaten, die anfallen m Thiolo^ria zu stuiliren^), vnd wie-
wol die selbigen neuen Stipendiaten vn^'leich sind, sn ist doch war, das wir
ettliche viel drunter gefunden haln n, die zu Leipzigk woi stuüirt hüben,
vnd haben ein gutten Anfang in Theulogia. Doch haben wir für nützlich
bedacht, das dieselbigen neuen Stipendiaten alle, ein lection Georgii
Fabricii in lingua latina, Item die Dialelctitcen hören soUen, das also der
gantze Hauff als eine schal sey.
Vnd lese der theologicus lector ein ledion in Theologia, vnd eine
in lingua Graeca» vnd halte Disputationes, vnd so ehr noch einen gesellen
bekhoniet, sollen sie sich vereinigen, welrher grarrc ndi r Ebraiic lesen
solle, vnd sollen beide ihrer Audienten sclirifTtou fordeni vnd enicndiren.
Item sollen beyde die I)isputnti(mes helffen halten, Item srdhn auff
der Andienten sitten acht haben, si*' ^^traffen vnd aclitung darauff haben,
das sie nicht nusslauffen, oder zu naclit aussbleiben.
Soll auch dieses an'jefan<rene Werek erhalten ^veI•den, ist not, dem
gedachten theologieo lectori fürderlicii einen ireselh'u zu/uordneii. liilten,
das unser gnedigster Herr, hiriun gmdigliih wolle bevelch tliuu. Vud
haben wir bedacht, das dazu Caspar Cruciger tüchtig sey, der gelcrt^
sflchtig, vnd friedelich ist
Ynd dieweH vnbeqnem ist» das plkrrampt dnrcb einen legenten zu
bestellen, denn der pastor ofit zum knmcken erfordert wird» ist not ein
*) Platbe, 6. 85.
*) Plathe, 8. 145.
Die der Meissner FürHU^nsehule angeg^liederte theolutriHche Schule
erhielt sich nur hin ina uAchst« Jahr. YergL Flathe, S. 141.
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216 lIDttoiliiiigttn <L Gm, f. deuticlie Bnlehiuigs- il Sdhidgeach. VIL
gewisse besondere Person zum Pfarrampt zu verordnen, vnd wer da z«
beruffen Nicolaus Picus'), der die Oeconomiam zur Pforten regieret batt.
Pfort
Tff den 23. tag Septembris sindt D. Wolffgftngus Menrer,
Joachimus ComeniriuB Ynd Philippus in der churfÜntKcfaen schal zur
Porten ankdimiü ii, Ynd biiben den volgenden Tag den Verwalter Nicolftum
Picum vnd den Rector vnd Legintcn allczugleich von der Vnterhaltang,
lehre, Versorgung der Jugent vnd Einigkeit vuder ihnen angeredt.
Darauf vns pn^tlidi der Vmvalt.-r lierirlit. das gutte Einigkeit vnder
inen allen soy. hatt dabey angezeigt, (l:is iiiii die last dor gro««:pii Haus-
haldung zu schwer sey. Em ach haben der liectur vnd legenU n ange-
zeigt, das sie mit dem Verwalter vndt mit der l'nterbaltung, speis vnd
gctrenckh wol zufrieden sind, vnd nachdem der Hector neulich erst
aakhommen gewesen, haben wir die Yerzeichnus der lecÜoD besehen« vndt
gebessert. Emach haben wir die Jugent durch aus examinirt» vndt wie
wol nicht möglich ist, das sie alle gleich ^adt, so haben wir doch welche
fanden, die in Graromatica vndt lateinischer [sprach]*/ wol zugenommen
haben.
Musica. Mit dem singen in der kir( Ik ii ttglidi vndt an den
festen, ist in diesen dreyen scbulen ein riirlie Ordnung vnd nützliche
Vbung, vnd Zucht, daran wir ein gutt gefalli ii in habt liahcn. So haben
wir vns auch von der Jugcndt sitten erkundet, vnd durch gottes
gnaden, nicht Enormia vicia gefonden. So ist in allen schulen begeret,
das jerlich durch tQchtige Personen die schulen einmal visitirt werdeai
das von fllrfallenden sachen durch dieselben visitatores neben den Personen
die zur Vffsehung der schulen verordtn-t sindt, vnsern gnedigsten Herrn
bericlit gescheh, vndt also diese christliche, nützliche schulen zu gottes
ehm, der Jugent zur bessening vnd der kirchcn zu gutte erhalten werden,
besonder, dieweil öffentlich ist, das in vielen landen Pfnrkirchen
vnd schulen gantz ledig stehen. Vnd ein heidnische Mindthcit vnd Rottes
vcraeiitung ciugefUrct wirdt, davon wir vvarhaftigen bericht thuen khonnen,
dieweil wir viä fremhder Personen, die aus andern landen in die Vni'
versiteten khommen, hören mflssen, in welchen grosse blinlheit ist.
Derhalben wir erstlich gott mit hertzlichen seuftzcn
bitten, das ehr die herschaft dieser fand gnediglich regieren vnd bewaren
wollen, vnd wolle diesen Landen selig regiment frid, vnd narung geben,
vnd darian Ihn (ttr vnd fUr ein Ewige kirehen samlen, vnd dazu schulen
Mtlllor, S. 802 30'». In Tforta wnr er Pastor und hn Nchonamt
Schulverwiilter, also (Iber die Oekononiie ge.H(itzt. SareerinH wies ihn naeh-
drücklich darauf hin, dui^s diese beiden Aemtcr 8icb nicht mit einander
vertrügen; niemand kOnne zwoen Herren dienen.
\ Fehlt im Original.
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19. Christoph Sehellenberg de viditutiuuibus etc.
217
vnd rechte studia erhalten. Wir bitten auch iu Vntertheuigkeit
Tnd Tmb gottes willen msern gnedlgaten Henn, seine Gh. F. 6. woUen
diese sclraleii gott m. lob gnedi^ch erhalten.
Upnae 1556
X* Janaarii').
Vttolgaagiw lieurer, D. Joachim CameradiM, PhiUppua lielanchthon.
Ganterariiis war damit wenig i&Meden, dass der Bericht erst so
spftt abging, wie ans einem Briefe an Georg von Koroerstadt hervorgeht,
der am selben Orte aufbewahrt wird (Narrationem inspectioiiis illustriss.
Scholarum Pliilippus Mel. . . . tandem absolvit. Eam studui quam primum
ail i'uam Praestantiam mitti, ut illustr. Principi ofFerretur). Er empfahl
dein kurfürstlichon Rate, mit der Visitation weiterhin die Universität
Leipzig zu betrauen (velim autem, si reuovari inspecüonem ordinariam
Ifbeat, Taa praestantia eonsideret, nnmqnid Academiae Lipsicae istam
cnnftlonem committi opoiteat et rectiasimom fatomm sit, cum ei antea
illa eara ftierit coromissa). Vgl. S. .2.
Anno MDLV.
fHayiii'ccius orprünzt: Diess Jar 1555 hatt in seinem Ausschreiben
an die Lantsihuft vntcr aiiilroii Piinctcn, Churf. Augustus, anrli einen von
Schulen gesetzet, darinnen er die drcy Fttrsten-Sehuleu zu erludtcu guedigst
zugesagt, wie sie gestift sein, anch darin zugesaget, so In denen Mangel
') Dem Bericht war folg-endor Brief an den KnrfQreten beigegeben
(zum Teil gedruckt bei Pahn, Ö. 6, A. 22):
liottea gnad durch aeiucn Eingcboruen bon Jesum Christum vnacrn
Heiland vnd warhaflUgen HellTer, vnd Bin neu, ftidUch, vnd frolich Jar
auvor, dorcblettchtigBter hochgebomer« gnedigater ohurfürat und beer,
E. eh. g. senden wir in vnterthonigkeit die verzeichnua von gehaltner
Viaittttio In den dreyen schulen zu Meissen, Porten vnd Grimm. Nu wissen
wir, das E. cf. g. als ein huchlobiicher christlicher churt'urst selb be-
trachten, daa erhaltuug solcher acbulen Gott gefellig, der ehristUchen
Kirchen nutsUch, vnd xu sucht der Jugend gants notig ist, vnd ist eben
dieses werk, davon der altmftchtig Son gottes spricht, la-^set die kleinen
kindfein zu mir khommen. denn solcher ist daa himmelreirh. Dieweil
denn nicht niüglich ist zu rechter erkenntnus vnd anruffuni^' Hottes ulmo
votcrweiaung vnd lehre zu kommen, so geschihet in diesen »chulen
gewiaalich dieser dinat, das dem Herrn Christo die jugent ftirgetragen
wirt. die eroach in kirchen vnd schulen dienen soll. Dununbe wollen
E. cf. ^. gncdiglich vnrl vntcrlicli dioso loMiciie vnd chriatlicho fumia-
tionea erhalden, «(»iMlei lirli (iicweii in vielen landen teutscher Nation die
fichuleu vugeacht sind vnd nicht erhalten werden, daraus heidnische blint*
heit vnd grobe barbarey folget, davon wir viel berichten kdnnen; denn
viel aus andern landen in die vniversititen khomen, die in xiemlichem
alter noch nicht« von christlicher lehr wissen, vnd erat in dieaen landen
die kinderlehr vnd cutechismnm /.n lernen ant'ahen. Nu wissen E. cf. g.
die gnedige verheiüsuug des Herrn Cliristi, wer dem geringsten vnter den
«
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318 MitteUw^en d. Ges. f. deutsche Eniehungs- u. Schulgesch. VH
ftlirftelo, nottOrftigc Zulage zu than, item darin befohlen, Es sollen die Yer-
wfttter solcher schulen, durch die dazu verordneten «nfteher» Torwamt Tnd
angehalten werden, den Knaben ire Nolturftt au schaffen rai keinen Ifoi^l
oder gebruch leiden zu lassen. Auch auf der Schulen einkommen gut
achtung zugeben, das nichts davon entwendet werde etc. Item das vn-
tQchtige vnd vngehorsame knaben sollen den Visitatoribus vorgcstellet
werden, vnd ihren Eltern zugeschrieben werden, das sie die innerhalb
11 tagen abliohlen, wo das nicht geschieht, soll ihnen wohuung vnd kost
abgeschnitten werden ')
Anno MDLVI.
(Hayn. : IIoc anno iiuUi advenerunt visitatores. Et codeni anno drca
Michaelis factos est oecouomus Ludi illustris, Blasius Becksteiu^j, antea
civis et judex Ordinarius oppidi Griroae; olim rero a scripturis et re
familiari nobilis Johannis a Ponickau, primai^ consiliarij Electoris. Bei
diesem Verwalter hett sich aHerl^ Yerenderong zugetragen, de quibns
supra. Neben welchen auch folgende stücke aufkommen. Als erstlich,
das, da von Anfaiigk der Schulen, alhier die Churf. Schul alle Sontoge
Hpnrirt, ht>tt er mit verwilligung dt s licrtoris, Siberi, angeben, das auch
die in der Sl.adt, einen Sontasr viiil) dm andron sintren. nd oxerrendos
pueros. Vor «l<»r l'rauc t j»! (»niin Wt ibrr dt-r Ciiurf. Schul, hett er
einen Stul in der Kirchen im Kloster bauen lassen, Ist geschehen Aimo
1559. Als von anfangs der Schulen brenchlich wer, das keinem prae-
ceptori, zu jeder Zeit des tages, versaget wflrde, auch wol etliche Kannen
Bier» nach gelcgenheit ehrlicher Leute, welche die Schul besuchen wolten,
in seiner Stube zu hohlen, Ist bei Becksteins Zeitten (qnae invidia) ge-
nieinen umb der lehr willen Einen trunk wasser gibot, dor wird bnlohnung
empi'ahen. Auch sind viel chriätlicher herzen in dieaen i^chulen, jung vnd
alt, die fttr B. cf. g. vnd für das Vaterland ernstlich beten; dieser seulTser
vnd gebet ist gewissUch nicht vafruchtbar.
Darumb bitten wir in vnterthftnigkoit vnd vmb Gottes willen E. cf. g.
wollen in l)et!"ichttinjr dor hohen notturft vnd det* {^rossen cliristürhon
nutzen, vnd göttliches willens, vnd der gnodigen gottliiheu vcrlu'i.-^.^iung
diese lobliche vnd christliche schulen in B. cf. g. Uiudcii giicdiglich
erhalden« vnd von vregen dieser gebrechen, die wir hier antseigen,
gnediglich bevelicii thun. Dagegen bitton wir von Hortzen den all-
müchtigon Son gottcs Jcsiim Christiun. dfc yhm irrwi.sslif h im mensch-
licheji prosrhlochto mno cw'i'j; kin hi n durrlis ('\ iui^^cliuiii vnd nicht anders
aanileL, Er wolle E. i t. g. vnd E. cl. g. gcnialil vnd den jungen t'ursten
gnediglich in langem Leben vnd seliger regierung erhalden vilen Christen
zu gutem, Amen.
Datum zu Leiptzik. d<M ima Januarii io56.
') Müller, S. 174 ff., I-Iatlio, S. 44.
^) Er ritemimte au» dem Marktflecken MitL< i>iH im Obcrpinz^au und
war Schulverwalter in den Jahren ImÜ—Ül. S. Lorenz, Stadt Grimma,
S. 1124, Itötjsler, S. üü.
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19. Christoph Bchelienberg de Tisitationibus etc. 219
klaget worden Hatt damals Inspector Oeconomiae, vir nobilis, der gelerte
IJndcnau befolilen. Jedem teglich 1 halbstübchfu toliron zu lassen. Saget
Feckstein: „Ja, das es aber in der Schul getruiicken werde." »Ei,'' saget
der Nobttis. „Ich geba meinem Benter, wo ers will aiutrinkeo, das mögen
sie aadi thim in iren B&nseni, Et hoc decemo anctoritate diplomalis
Angntd'*: qnod ex süm depromit Also ist der Schlaltnindc in der
praeceptonim Hftaser kommen^).
Anno MDLYIL
Eo anno ego G. S,*) die Petri Pauli Grimam Teni, accersitns
literis Adami Siberi; postea soceri mei, ad scholasticam fanctionem in
iUnstri Inda provinciali Electoris Saxonici etc.'), quo anno nnlti ad nos
missi annt vieitatores.
Anno MDLVm.
f?popot Lipsienses huc vpneruut.
1. Joach. Camerarius Acadeniino T/ipsiensis Rei tor.
2. M. Michael Barth, civis mt us, Decanus Lips.
3. M. Leonbardus Licius, luedicuü.
4. D. Pailtts Helbom Theologna.
5. Diteriena a Storschedel nobilis, dominus oppidi IfTtsacheu.
6. M. Woifgangna Fosios.
Anno MDL IX.
NnlU adTenemnt Max»
Anno MBLX.
1. Camerarius Vicerector.
2. Soctor Mevreras, medicns.
8. Andreas Freyhnbins Doct. Theologiae.
4. Inrisoonsaltns N.
f). Ditrioh a StorscbedeL
6. M. licias.
Anno MDLXL
Anno MDLXII.
Adfnerant visitatores die 9. Augusti.
Anno 1563. Yeneruot die 30. Jnlg.
1. M. Caspanis Tungorman Rector lipsiensis.
2. loachimas Camerarius.
') Weiteres Uber den Schlaftrunk und die Biervorpflej^unj^ der Lehrer
und Schdicr in des Haynecclus annal. acholasL zum Jahre i&9L Vgi. noch
Röaeler, S. 27, 2b.
^} Christophorus Schellen berg.
*) Dasu merkt Haynecdua an: C. B. sttcceseit Georgio ProeBcheilo
Bttcholdino mortuo anno eodem MDLVÜ. D. 2. ApriL: eul Monnmentum
cBt in templo collcgii talo: D. S. Georgio Froechelio Bucholdino Uterae
hic doc. vis a. XXXIV. lukU üb. IV. Non. April. UDLVU.
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220 Mitteilungen d. Gea. f. deutache Erziehung^- u. Schulgeach. VII.
8. Victorinus Strigplius.
4. M. Leuiiitardus Licias.
5. H. liUirentias Rttlicbias Theologus.
6. Henrich ab Einside], ards Goldieensis Praefeetna.
Anno M T) LXIII.
die XXI. Julij J'fopot vencruut
1. Victorinus Strigdius Rector Lipsiensis.
2. M. Vaientinus Tliau Muthcmaticus, Decanus Lips.
3. Morrhiis doctor iuris
l. M. Michael liurili uiedicus.
5. Bf. lacobni Strasborgus.
In sui aftiiiis comitutu Victorini Strigelii tone erat et Daniel
Schnepflna, Erhardi darissimi Tbeologi F.
Anno MDLXV.
I)ic 2b. Augusti, Visitatores adfuerunt Lipsienaes
1. GenrLrins Cosana Kector, Inrisconaulttta.
2. Caiia-rarius.
3. Marliims von Dierbach 1. V. Doctor.
4. Victorinus ätrigelius.
5. M. Lanrentiua Rnlichina Theologoa.
Et liinc primum Witebergenses,
1. (^asparus Peucerus, mcdicus, Doctor.
2. M. GAaparua Cmciger Theologus, et poiiU.
Anno MDLXVI.
Tempore postis nuper ortao die 24. Inlij veiienint
1. M. . . . Mosbach medicua, Rector Lipsiensis.
2. Catnorarius.
3. Victuriiius.
4. l'i'trus Hrlhrun dnrtor thcologiac.
5. M. Caäparuä luiigcnnaii.
Et Witebergenses
1. Caspiinis Bourcnis doctor.
2. M. (^asparus Crucigcr.
Hoc anno tiG. dimissi sunt alumni propter pestem usque ad 17,
Nimicium') cum niagistris abducti: ibi snbstitcruut tantum dies 8. donec
dominica 9. Trinitatis ibidem mortntts est Kicolans Hndeisen, Grimenais,
sepohos in pago Groasbothen. Et eodem die moituna est et Job. Costts;
tum Igitnr omnea discipnli domum misai sunt*).
•) Niiubachen.
*) Vgl. iScIiumacher« S. Idö, Lorens, Bericht, a2, Kösaier, ä. 40.
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19. Uhriatopli BcbtjUenborg de visitatiunibus etc.
«
221
Anno 1567').
Die 4. Augusti, veiierunt Visitatores
1. Caspams Peucerus I
2. M. Christophonis PeteUus / Witibergeiise».
1. M. loan. Craneras Rector Lips., Halbentadiensis
a. Doetor Petrin Helbom
3. M. LaaientiQg Rnlieh
4. M. Antonius Kleiiiigk Decanus
5. M. Balthasar GuUenu ffledicus
Anno 1568 *).
Die 6. Jum, Visttatores apnd nos tantum pransi sant^
Lipsenses.
Lipsionscs, qui statim a
praiidio abicrc rursus Mi-
sciiam versus, rcinanentc
apud iios intcrca ('aTncrario
patrc prupter calciiluiu.
1. Joachimvs Canierarias.
2. M. Tieonliardus Lycius Rertor.
3. Doctor Freyhubius, Theologiis.
4. M. Balthasar Gutlerus, niedii u.s.
5. Ludovicus Camerariu!> Joacliiiui F.
Die antem 10. July venenmt Witebergenaes duo:
1. Doctor Peacems.
2. M. Henriens MoUeras Hambargensia, Theologas.
Die vero XI. Jnttj et Witebergenaes et Upsenies visitatores umnea
Bitnul Geringsvaldam profecti sunt ad inspiciendas ibi res scholastiras
et Pracceptores Flacianissiinos , M. Hieronyinuni IlaubDldum, oius Indi
Rectorein, cum suo Collega Cantore . . Melhomo, quonini h\c obstrictua
est statini mandato priiicipis: illc autem aiitcquain prehendi possct
(dcprendi miscruin est, Horatius)') profugit, et poslca per Flacianos
amicos commeudatus est Ratiübuneuäibus, quoruiu Ludimagister fuit per
aliqnot annos.
Anno HDLXIX.
Die XXVni. Julij Yisitatoros ?eneront, qaoa perpetaos kaArrvt
triam aeholarnm illnstrium fore hinc aiebant: ij erant:
1. Canierarius.
2. Doctor Andreas B'reylwbiaa.
3. M. K!cini?k
4. M. üaspanis Inn^nM-nian.
5. M. Baltliaüur Gutlerus.
1. Doctor Ca.spar Peucerus. \
3. H. Henrieus BloUema
Lipsienses.
3. 11 Christophonis Pelchins. '
> Witebergenses.
b) Hayn.: Andreas Weher baute die Uaachkammer vber der Küchen,
da smvor nur ein verloren Dach war.
Weber.
*) Hayn, meilct an: obiit oeconomus Beckstein. Ei sueeeartt Andreas
>) sat. I, 2, 184.
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222 Mitteilungen d. Ge& L deutsche Erzieliungs- u. Scbulgesch. VII,
«
Eodem tempore huc venit Doctor Petrus Practorins Snperintftndons
Zoioensis, et syndicas quidam eius oppidi cnia ipsu. Ibi inter coeDaiidum
orta disputationc de re sacranicntaria, et facta mentionc Catechcscos Prac-
toriaaae, quam olere OalTinismiiiii ob^debat Praetorio Ad. Sibems, com
nitro citroqne verba iadala inflammassent tineta vino corda, Siberns
apeite (bSM et Gamerarias, et Peneeius Gabitum discesaerant) dixit hae
Toce nsvs: Ihr seit ein Sacramentirer*).
Die 16. 0 et ob r. anni buias nows oeoonomns Antonias Ricbaenban*),
buius illustris lodi coetnm pascere coepit 1b dies erat domiidca XIX.
post Trinitatis.
Anno M.B.LXX.
TIL Augosti Tenerant ad nos i^op« acholastiei:
1. Doctor Peacenis mediena.
3. Doctor HoUeras Theologns.
8. C.iiiierarius pater.
4. Ludovicus Camorarius F.').
5. Doctor Freyhubin« Theologus.
6. M. Volentinus Thaii, inatheniaticas.
7. M. Balthasarus Gutler, medicus.
Uli MiHCtia ad nos i t dienint XIII. Augusti, ac pustridie hora XI. Lipsiam
sunt revccti. Ipsis vulentibuti et iubcntibas, quam abireot hinc hora Xll.
uoätri scholastici reliquam eius dici ludendo transegeront.
Tisitatio Scbolae Illustris Grinino^ Anno Christi M.DIiXXI.
Mense Angasto«),
Die XIX. M. Angnsti Yisitatores primnm Lipsenses Tenenint:
I. M. Casparos Inrmortruin. f^encr D. Camerar^, Jorisconsvltos
II. Dort. Andreas Freihub, Theologus doctor.
III. Daltasar Gutlerus medicus licentiatos.
HD. M. lohannes Albinus.
Hi poätridie statin) Miscnam abvecti sunt, ad nos inde revereuri
cuQi Witebpf^onsibus visitatoribns.
Die XXIIII, ijdem Misena rcdierunt Comitati Witebergeusibus visita-
toribns, qni etant:
V. D. Gaspams Pencems Medicns.
TL H. Leramiger.
") Sohellenberg bemerkt am Rand: oeconomns lodi iam erat Ant»
Richzenhaii.
^) Schclienbcr^: D. Camerarius antea plerumque etiam advenit.
') Selminacher, B. 110.
») Lorenz, Stadt Grimma, S. 1124; Rösnler, S. «8.
*) Seine Unterschrift fehlt im Viaitationsbericht.
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19. Chriäloph SchcUeaberg de vlaitatiojiibus etc.
223
VII. Haubold a StarticiuMii l nuvus visitator'i hinc accessit.
Die XXVT. a prandiu oiiincs hiiic- ili'^t-essenint.
In Ea Visitatione primum Praocoptorp« anditi sunt, et quidoin
scorsiiii siiiinili, vt et anno superiore 1570. deinde occunomus suas qua-
relaiä ad illos retulit.
Visitatorcs binc admunueruiit Pracccptorcs, ut horis Icctioiiuiu oh-
Mrratifl düigeiitiiu et malniinB lectiones adirent. Item: liguis in arca
abstinereat ete.
NB. Item ad tatelam (^toris*), adiponuenint, ut quisqne collega
eins, cam esBet inspector, Cantiombns io templo adesset, propter paeros,
nl easent ibi modestlores et in canendo attentiores:
Ego binc eram hoc responsurus, ei nominatim co nomine
folBaem compellatus:
I. Scirc Cantorein, Müs habere distiiutas offirinrum operas et
horas, et queiiique certo tempore haben, <{nni] ruret, ayatque. Mann
hora 7. et vesperi bora 3. tinita» operas meas oesi^are, incipere Cantoris
in templo caiieutis.
lam qnod ipsc pustulet, ut Ego iiispector pneros singulos cogam in
ninm chomm ad cantandom: idem aase, ac si ego ab eo poscam, nt ipse
Inspector in meas lectiones congreget et compellat moos aaditorea. Sed
rectina eat, ut quiaqne annm onna p ortet et sno loco ac tempore
laciat officium snnm.
II. Et tarnen aestate simul et hycme pracsertim e vaporarijs e^of,-!;
ego expello in nu)1nm pucros: id qnod ipsi puen de me testiticari
COguntur. Idem üinuliti r et Rector tacit.
ni. M. Schieiütius') e.\ otij abiindantia, sacpius iiiterest Cantan-
tibus in templo ächolasticis: qui, si libcat, etiam pro Cantorc sit ibidem
Gaator et Inapector.
IT. Mihi tempus studigs meis, quod alioqni multum desidero, cnm
sam Inspector, eriperetar iato modo, ai pueria in templo adesae cogerer.
') Hestellt durch Verordnung!; vom 23. .luni 1571: „wie wir dan auch
vorortlont, das Euch dioso itzifron vnnd die kfhiffti<?oM Visitationen in jeder
»chuelcn einer vom Adel. aU in der schuei Meisgen Heinrich von I'etzachwity.
au Redem, in der Schuel Grim. Hauboldt vom Starachedel vflf Mutsnchen,
vnd in dor Pforten Ditterich , . . au Beaaerstedt beiwonen vnd aich ein jeder
vf den tagk ao Ihr oder vnaere Verwalter Ine benennen werdet, zu Euch
verfugen soll, die wollet an aoicher Visitation mitauziehen.** 8. Visltatious-
bericht 1569.
Kantor war 15öü~-i590 Johann Kciimiaun. öiobe Schumacher, B.?«]?.;
Lorenz, seriea, S. 29.
*) Schumacher, S. 71, 72, der auch ein bitteres Bpi^^umm Scliellen-
berge anf Reinmaan mitteilt; Loreoz, aeriea 8. 16. Ueber alle Lelirer, welche
seit 1650 an der Schule wirlcten, ist Oberdies Pufendorft Jubelgedicbt ein-
zusehen 8. 24,20.
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224 Mittdfaii^ati d. Get. t deutoche Endtlraiigi- n. Sehulgeaeh. VII.
y. Quid, quod fiire plins poeii absiiiit a templo, Gantmre ipso
Ihspectore? quem minns timent pueri, quam alios praeceptores.
VI. TereDdam mihi est. vltiosam illud dülX«tpiMinaKOTnfy: nam memini
aliqnaiido me paulo cnriosiorem esse in eantaado, et non solnm pneros
ad canradum inDpellere freqnenter, sed me etiam interdam in compositiooe
harmonid Carminis exercere, primis annis praesertim, ac interdum etiam
mandare scholasticis , quod canerent, et quomodo canercnt. S<»d eccc ibi
mihi obicctutii ab illo fuit, quasi e^^cm polypragmon, et ille uescire prope*
modum se dixit, vter pssft Cautor nostrum.
VII. Idem optime et longissime canit PraesenÜbus Yisitatoribos, et
auscultantibus in templo.
VIII. Maturius intcnlutn adsit, iter properat domnni niiiiiuiii.
IX. Dct idcm operam. ut oboedientiores habeat ad caiitanduin
discipulos, iicc apud eos ipse suam autoritatem imminuat. intempestivis
interdum declamationibus in schola, et invidiosis atquo insanis ob-
iurgationibus pueronim et odiosis collegarnm suorum vellicationibus.
X. Mihi sie videretur, qaandu aliu ratione vix tieri possit, vt
vnivenos ac singulos paerot balieat sibi in templo praesentes, vt ipsos
egressos e lectione Gantor ad sommos sealanim gradns exciptat, e vesti-
gioqne in temphim addncat, aateqaam in saa conclavia dilabantnr ibique
lateant.
Eqnidem mane et Tesperi, si Übet, meae elassis pneros omnes ea
ratione trudam, ne necessc sit cos postt a o ('n])iculis evocare et ezpeUere.
Qnod aotequam fiat, cantiancnlae in templo finiuntur etc.
Anno M.D.LXXII.
Nulli Visitatorcs eo anno ad illustres Scholas Klcctoris Saxoiiici,
missi sunt, absente hinc Principe Angosto in Dauia et illnd non m an-
dante, qni princeps die 18. Novembris huc venit ad aprornm venationes.
Eodem anno Sy nodos fuit Orimae, Pastorum buins ditionis Ecelesiasticae.
Anno M. D. L XXI II.
Maij mensis die XX. Lipsia Ro.salebiam versus profecti sunt, et inde
Portam: hinc Lipsiam revecti. ad nos yenerunt die 27. Maij
i i iinum t'irca lueridiim Witeborgcnscs
1. Hcnricus Mollcrus Hamburgcnsis , sacrae Theologiae dfxtor. ^^\.
linguac Hebraicae Professor, Acaderaiae Witebergenhis Hector.
n. Doctor CaspaniB Pencerus, cnm filio Caspare M.
m. Andreas Freihab Tbeologns doctor, Saganus.
IUI. Baldasar Gntleras, Mediens doctor.
y. M. lohannes Albinos.
Cum illis advenit et louas de Zeschau et Lorcntz de Schonbergk,
meus Condiscipulns rctus.
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19. Cbriatoph Schelieuberg de visitaUoitibua etc.
225
Postridie manc ab hora 7. vsque ad 9. in schola cxaniinarunt omnes
et siiiixuli, nostros gcholasticos ox hnrnm scriptis prosaicis et poSticis
A meridie per duas lioras idcm feccrunt •*).
Sequcntc die 2'J. Maij hora circitcr 7. manc accerüituin primuni
oeconomum interrogavcrunt, si qaid Teilet ad se refenre etc.
Posteft, Contra quam antea faotmn aliqnoties, Praec^tores aecersiti
nniveni Amvl (non aeonim) ei eis qaaesitimi est, faaberentoe aliqnid,
qaod indicandam esset ipns
L Tel de oeconoroo, et tins administratione scholasüea.
II. Tel de Pueris, et horuro vita ac studiis.
m. Tel de nobis iiiTicem praeceptoribns ac collegis.
Roctor Solas respondü et paaca in genere dixit de prioribiis
querelis, iam non repeteudis etc.
Ibi D. Peuceras coepit dicere com alia tarn baec praecipue nobis
adinonendi c;UT?a snbijcori':
I. Inspi'otort in intcr ]iidenduin inpriinis, pucris pracsentem esse
Semper oportere, propteiea quud oeconomi aucillao et famulitia pronüscue
coro eis Tersorontur, et mala saepe ederentar tarn ab bis« tom ab illis
exempla etc.
IL Rectorem non despicieadam. neqoe eo iuseio et non admonito
prios» coUegis eins a lectionibus emmendom. sed cum ipsios Tolnntate
curandum, vt lectionis hora ne omnino sit labore vacua» et snbstituendus
interim alias locu absentis pracceptoris, vcl aegrotantis, vel prrcgrinantis.
TIT. I.ij^nis in area collocatis abstinendura, neque piicris ronce-
dciuliiin, vt iiide in fornnces ingerant, neiiue praeceptohbas inde auferendain
ad privatas suas habitatioucs calefocicndas.
Hoc anno post hanc visitationera die nimirum Tltimo long
Elcctor Saxoniae hur misit (lip1(nn;t illud novnni liinc, de rinno Ten-
tatiunis, qui rnrirrdprotur imviciis scliolasticis, ut pioliaroiit, an idoiioi
eüseut ad discendum, quod maudatum priucipi^ in altcro libru, de scko-
larum legibus et statutis*).
') Dieses Mandat er»'flhnt Kösalor in seiner Schulgeschichto nirht
(S. 218 -22.3 huiidi'lt or von der Aufniihrao der Älunuion^ Üer Wortlaut
int fnlgpndor (K. S. HuuptHtaatHurchiv. loco lOoOT, S. 12;l): „Vnna hnhpn
diü hothgelarton vnaerr liebe getreuen Veronleuten Visitatores iiuch vulii-
brachter Visitation berieht gethan, wie sie es allenthalben befinden vnd
das vnter anderm d'iss der fttmemb^to gcbrcchenn, das /um oftcrmal Holche
Knabrn Tnn vnn^ri- Schulon gi'scbickl wfrdnnn. \vi'l( he vonn Nutur zu
denn t«ludij3 Viitiichiiirk \ riiid vngoachickt. Odor aber Koincn will'ni noch
luat dazu haben, auch keine discipliu leiden wollen. Dadurch dun nicht
allein solche Knabenn selbst Teneiunet vund Inn Ihrer Jugendt andere
hantterong Tonnuiehmen vnnd m lernen gehindert Sondern auch venn
Ihnen andre, welche Inn l!in n Studija wol nutz Bchaffon können vnnd
zu ziehen weren, vorfurth werden, Tnnd andtlich diss daraus erfolget, das
llittoUunBeu d. Qei. f. deatmsb« Erstob.- v. Sebnlctwiaclito. VIX 8 ISIV. |5
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226 Mitteilungen d. Ges. f. deutsctie Erziehung^- u. Schulgcäch. Yll.
Scorsim Peuc«ruä dixit, Nos iu hac scliula peius pasci quam
Porienaes Pnieceptons. Hos anten i^aeri gmiter, com nos
minus qaeTelanim in medium aiBnimiis>).
De Eselio Witebergensi, puero perdito et desperato, qai prias
anfttgerat, sed commendatns denno literis WIttebergensiiim, reeeptus
fnerat, et postea nihilo ^Mtns melior accusatos est apnd Visitatores» et Iii
rogati, vt enm removerent ex hoc coetn nostro. At illi aUo nsi consilio
vtigis Tolaernnt ipsam caedi coram se praesentibus, vt eo inaior esset
torror alijs rontumacibus scholastiris. Sed vehementer restitit Rector ne
id tieret, tyranuidem dicens esse-) etc., quaravis Peneenis diceret, simile
exemplum sese Witcbi rpae nnper statnisse, in quodam scholastico suo,
Nurembergici Patricij tilio, qui can eris poenaui recusaaset et timuisset in-
famiain cxclusiuitis ex Acadeiuia etc. Offeusi igitur valde sunt vibita-
tores ista Bectoria nostri recuaationet et Peuceras ndnafcus , se de ea
relatnnun in anlam etc.. obgciens nobis, nos iam Tirgas e Indo nostro
exterminasse, et exemplnm vindicandae nequitiae in pneris sustoHsse.
JBgo seorsim si foisaem interrogatns tnnc a TiBitatoribns, vt
proximo et alia visitaüone fnerat factum, respondissem, ad iJla tria ab
ipsis percontantibas proposita, in haac ferne sententiam:
I. De oeconomo. Me non omnino nibfl habere, qnod improbem
et de qno qnercnduni sit, praesertim, cum som inspector. Habere oom
rationem praoscriptam nos pasrendi. sed posse, si vi'llet, mulfa facere
melius. Srd pliirima ab eius famulis et ministris n*'gligcntius tiori, cuiiis
gent'Hs si qua mihi, Inspectori praesertim, obvia sunt, stutim Eectori
indico, vt is de ipsis corrigendis oeconomuin admoueat.
Si rorus esset nnisicus, dicerem eum semper eadein cliorda oberrare
h. e. Semper eosdem cibus caraesque eodeui mudo apparari, euia parcere
oolclie Beneficia vbel AOasbraucht vnnd dieselben andern gutten In fpenijs
die sonst armuts halben Vomi Stndiren ablusHen müsHeu. ab-
«jeBch Mitten. Doniitt nun Holche Mi^sln i'uch»» so den Schulen bcwliwcrlicb
vnnd sihodplirh nieht ferner fiiireisscii mugen, So begeron wir hiermit
befehlende. Ihr wollet hinturo der Knaben su vff vim»eron bcfehlich Inn
vnsere schule geschickt werden, das Erste Jahr wol wamehmen, wie sich
ein Jeder Inn seinen Studija auWse vnd da vber fleisHigeB Vermahnen
vnnd Anhalten aui'b ander datzu gehörige Miitell an Ihnen nicht f^uttor
nutz odtT fnieht zu schaffen, dieselben alsdan nach ansspang des Jahrn
VDsem Visit«toribu8 Namhattig machen. Vnd do sie neben euch an Ihnen
nicht stmderliche Hofbungr Ihres StudireiM befinden Kennen Bolche Ihren
eitern wiederumb anheim schicken.** Wie milde trotx dieses vortrefflichen
Befehle.^ in der Praxis verfahren wurde, erbellt s. 6. aus dem Vorgehen
der Visitatoren im Jahre lö75.
Ein altes gutes Lob, abor das laute Klagen war einträglicher.
') RöBsler, 8. 144. Sonst wurde nicht mit Bcblägen gespart, vergl.
S. 143.
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19. Christuph äcliellenberg (lo visitationibus etc. 227
iiitcrduni butyro, iiitordiira aioinatis, piaosertim in Vitulinis Caniibos Con-
diendis, possc cum ctiain variaie fercula.
II. Plnrima quaedan video, luspector cimi snm, in pueris» digna
animadvenioiie et emendKÜone, non tolenuida: qnae ego si qaa Bnnt, vt
ipse possim ea eorrigere, verbis ireibsribasque corrigo; sin mümi» defero
ad rectorem, ad oeconomum, si quid ad hone pertinet, vt sive hiiiiis
ministri anctllacque sive nostri discipiili delinquant, statim vindicetar, et
ompndetur: vt ne sit opus ea ad adventuin vcstrum differri, noiinuUi tarnen
sunt iiidurati, ({iii intcr exaininanduin possuiit vobifl indicari. vestris
obiurgatiuuibus (-astii^andi et niinis lacti^äeudi etc.
III. Ad collegas meos quod attlnet, cum iis aiiqaot salis
modios (iain sunt roei comparos coUegae et familiäres) per annos mnltoa
abamnpai rel confeci. Eonrai mores iU feto» vt debeo, et vt ipsi meos
etiain ferunt, assaefictos dadam sum eomm convictiii, vt non deceat me
eoram nomine qaidqaam vel defeire ad vos.
Die 29. Maij hora prima. Visitatorcs invitati ad coenam eins diei
Buchatri supra Leisnicium, in aedes lonae de Zescbau, indo postridio
Miscnam perroxerunt. Lipsienses die 3. lunij, huc redierunt, circa meridicni,
ac nobii^riim Nimibschim vecti Bont etc. Postridie hora quiuta matutioa
Lipsiam reversi.
Anno M.D.LXXIIII.
Generalis Omnium Ecclesiarnm et scholaram Visitatio ")
Die 15. Nov. duo Visitatores hnc venere, tempore scilicet illo contro-
versiarum de Toena dominica. Henricus Salmnthns Doctor Theologiac,
Lipsieosis Pastor et Siiperindentons {sie!'': ot Caosar a Bretenbarh, zix
Perit'/, non prorul a Koeta, ao statim postridie ad sc vocariiiit Paj>tores
paganaruni Ecclesiurum, cum suis doumüs, et auditohbus etc. et camm
ptimnm rationes reditnum Eeclesiastieonim inspezemnt, qaaram rationnm
tria exemplaria singoli Pastores exiiibere coacti snnt
Ae qaibnsdam ad ana salaria aliqnid est additam, qmbnsdam vero
petentibuB, NIHIL.
Postea mutne inter Pastores et anditores, et ipsos fundi doniinos
qnerelac nnditac. et cTnininatan. ot compontae snnt, et plnrima impedita
ant controvorsa in melius redacta.
•) Bebellenberg: ^^Heitatio scholae bnins tone nnlla fnit, propter
tnibas de re saaramentaria excitatas, et prioribas visitatoribns nonnolUs
cnstodiae traditia.
') KloHterbuoh bei Tanndort (Lyisnig).
Ueber den Sturz dos Kryplocalviuismue in Sachsen vgl. CalUnicb,
Kampf nnd Untergang des Melanehthonlsmue I. 8. 186ft. Kluekhohn, Der
Stur« des KryptooalvinismuB in S. I.'T }. Hist. Zeit. is. —- Von den Inkaion
Wirkun^on dor Katastroplif. ilireiii Kinflu^*« uufiiiiHr«' Scliido handeln Schu-
macher, S. 110 ff., Kirchner, S. 115, Kössler, 8. 49; a. auch Flutho. 9. 51 ff.
. 15*
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228 Mitteilunisen cL Gee. t deutsche Erziehungs- u. Schulgesch. VII
Taiiilcm Articuli de Coena domini, iidem, qui in Germanico
libro 00 anno cdilo, hoc titulo: kurt;; Bekenntnis, vnd Artikel vom heiligen
Abt iidmal dos leibs vnd bluts Christi, < oiitinentar, sunt propositi pastoribus,
et dominis fuiidi, ut subscriberoiit, itaquo feccmnt
Visitatorcs Grimoe in arce habitaverunt, et id uxecuti sunt per dies
14 contiBttOfl, cum totom dlem, excepta nna alqne altera praadii eoenteiiae
hör», istis laborilnu molestiisque iDgentibiis absnmerent
Die dominlca, qua« Hariae oblationi dicata tunc erat, scilicet lOU.
Novetnbris, dvo Pastorea*) in noBtrae acliolae templo ad minlateriiim
ETangelii
I. Vnus,
II. Alter.
Ordinavit eos doctor Salmutlms hoc modo, vt vidi;
Ordinatii) pastorum duoruni Gritnae.
Dortor Salmuthus stabat rcmo loco, tcrgo innixns altari, facie ad
populum versa. Ad eins siiustrum lalus astabat nostcr Superintcndcns,
D. Christophoms Winzerus, nuper quidem eleetus, et exorsus suum
mmigteriam Pastorale, sed uotidum ioitiatus ritu poblico, sivc Investitus.
Diaconomm alter, M. Adamas Zimmennanas, ad dextrum altaria
Gonrn, in latere stabat, alter HieroDymna, N. Geringawaldensis, ei ipae
naper ad id ministeriiim aceeptaa, ad ainistram comQ.
Duo antern ordinandi, genibus nitebantor medio altaris gradn, et
a tergo cortim quatuor pueri, etiam flexis genibus procumbentes.
Finita id fiebat eonciooe, airi»qiiam Coipas et aanguis Christi
porrigitur cummunicantibus.
Primnin oniniuni, Vcni Sanete spii it its, reple tun in in Corda
fidelia etc. C'lioruä Sciiolasticus canebat, et alter urdinandoruni legcbat
CoUBctam. PostM alatini D. Salmslbas, interrogabal ulmmqae Ordinandmn,
de saa fide et confeaaione, ex Symbolo Apoatolioo, et vellentne in vera
doctrina persererare, et damnare haereticam etc. De officio item auo eo»
admonebat, ex loco Pauli, in 4. cap. ad Timothenm, Et ad Philippenses,
de officio scniorum, de canibaa non pareentibus suo gregi. Eaqae verba
explicabat, et officium iUud esse apiritus Sancti, et ab eo imponi ministris
docebat.
Ad oiniiia illa iiüerrogatn ordinandi respomlprit : Ja, Ja.
Hic iam ab ipso ordiuaute. et alijs oiaiiibus ministris manus
imponuuiar ordinandis. lüde hunc textum praelegebat Salmuthus! Fax
Tobis; sicut misit ine pater, ita et ego mitto vos^. Addebat hic Precationem
Domioicam pro ipsis ordinandis: et aliam precationem, in qua etiam illa
insunt verba: Messis copiosa est et panci operarii, mitte ergo operarios in
») Scheilenberg; luvestitus est iiinc simul Christopüorus Winzerus
Superintendens Grimensis.
•V Bv. Joh. 20, 21.
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19. Christoph Seheneabwg^ de WaitationlbiM «te.
229
messem. His peractis, ordinandis elaves Ecclesiae maaduitir, et
tradniitiir, hoc est potestas dstnr doeendi in Eededa, et sacramenta
dittrümendi; et üla verba reeitantnr ad ordinatos iam Ifiniatros, ex 1. Petri
capite 5. Oennanice: Paacite, qaantam in vobis est» gregem Chriatii,
enram flUaa agentes, non eoacti, aed volentes; non tnrpiter alfectaiilea
lacniin, sod proponsr» nnimo: neqne cca dominiam cxorcentes advontti?
rlerns, sed sie, vt sint ext-mplaria gregis. Et cum apparuerit Ule Pastorum
princepH, reportabitie iihniarcossibilem gloriae coronara etc.
Et haec appendix: Gratia doiaini noätri lesu Christi vobis iiobisque
miütiplicctar etc. Ad extreuiuin de cocua participabant isti duo
onünati Paatores primo loco, deinde leliqoi Gominiimeantea* Poet extremain
vero Benedictionem ad totnm popalnm dictum: der Herr bebfltte Dich etc.
Gaaitar: Ite in orhem anlTerenm etc.
Kursus de Visitatione.
Die Saturni. XXVII. Novembris, Nos iUustris ludi Praceeptores,
hora 3. Pomeridiana a domiaie ▼iaitatoribns in areem aeceratti snmos,
qnoe D. Henricaa Salroathiw Germanice in hanc fere aententiam est
alloctttoa:
„Optimi et doetisaimi viii, domini, et amici cariasimi. Nihil est
doblj, quin de honim tcmporuni controversijs in Articnlo de Coena domi-
nica i'xortis, vobis satis sit cognitum; de quo articulo per annos L nostrae
ccrlcsiae rect*« stm^^crunt, ff viianrini Conscnsu atque ore docuerunt, doner p^r
pauculos annus pruximos quidani »• nostris ausi sunt novas dissonsioiieb
et erroresj de codem articulo in medium prufcne, los^uo vivu voce, et
scriptis primum clani, deinde palam iu vulgus cditis spargere. De quibus
iUnatriasiniiis piineepa« Angustns Elector Saz. dominus noster deraen-
tisftimas, Cerüor üMtna, snoe Theologos et Snperintendentea Torgam
convocari cnrayit, illasqae controTersiaa, et eantm anthorea perqniri et
examinari mandavit; tandnniiue verara de Sacrosaacta coena Christi
aententiam, et vaitatam nostris Ecclcsijs doctrinam tueri^ et de ea Articntos
conscribi, quibus omnes Theologi et sui stipeiutiati alijqnc iionntilli subscri-
berent, cdixit, Mox etiamtypis eadiMn. m" i" Torgae acta sunt, et subscripto-
rum noinina excusa sunt. Quem libriim quoniam vos oinnps et singulos
Icgisse arbitramur, quid in eo insit, percopistis haud dubie. Nos vcro,
nobilissimos et generosissimus liic Caesar de Breteubach, et ego, ab
illnatrissimo Electore Angnato etc> ad hoc in Hianicas Eccleaias miaai
legatiqae Visitatores snmns, nt omnibos Ecclesiamm ministris» aimulqne
scholarom Praeceptoribos, enm libram proponeremus» etillommanbscr^ones
exlgeremus. Quanquam igitur nobis pcr^uasiasimnin est, Yoa Praeceptores
huius s( hola«' Hh rtorialis et sentire et docere recto. de coena praesentis
(■(trpori' s:iM,"i!in< !U(.' tilü dfi, ncc nilquam orroris alii nius, aut diversae
beutciUiue Hümme äUüpecti eslis; tauieu (.'um iUusiris-iinus EJcctor nobia
de Omnium Ecclesiamm et scholaruni iiisptitiunc utque examiiiati«»ne
generale mandatuni dederit, ab eo vos excludere nobis nüuime licet.
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230 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziebunga- u. Schulgesch. VIL
Petimus igitur, vt hmc iibro. qoi nuper Germanice editus, alfiniiativas et
Veras seatentias de coeua dominica, itemque negotivas et damnandas
continet, ne gravtfmini tnbaciibere, ttqjn ita Testro aasenia et subscriptioae
TOS verae Eccleiiae membra, tealesque ineonnptoe Teritatis ewe
ooraprobetia.*
His dictis libnim mann aeriptnin in foHo protulit, nobiaqne propo-
suit, et legendi eius, si forte cuperemus, vel non ante legissemns, copiain
nobis fecit. Tunc Adamus Sibrrus iHnstris ludi Rector, socer nvMis
carissimus, suo nostroquc roliegaruni siKiniiii immine, quaesivit, vtrum
eadcin cssenf in hoc libro, quem nobis offerrent i^in eum libnim smi
niMtutiu inscripst raiit omues, ad quos vcneraut visitatatores prius quam ad
nos), perscripta, qaae in iUo Oermanico tjJsSs exumo, Cai titalna: karts
BekentniB viid Artikel vom heiligen Abendmahl des leibee Tnd
blnts Christi etc. Com eadem inesse vterqne Tiaitator tesponderet» ibl
mens socer dixit» se minime dabitare id TOce, et mann saa testari qaod
corde crederet, et aperte libenter veram de reali pracsentia Corporis
Cliri.sti in sacramonto, eiusdomque rorporali manduoationc sentcntiam
cuntitc ri. Atque ita accepto libro ralainoque, haor verba (quae siia manu
exarata eodfin die in srheda*} mihi tradidit) 8ubscri[)tinni nomiuis sui
praemisit: In negocio couiiac sacrosanctae vigeat, duminetur,
et triumphct invicta veritas verborum D. N. lesu Christi sine
figtira Sophistica, siTe forma illa sit, sive modus. Qnod enim
semelloqnitnr dens, neciterat, nee retraetat, et qni simpliciter
credit, optime credit, inqnit Angaatinus'').
Tum sabscripsimus :
I. Adamus Sibenis illustris ludi K.
II. M. lohannes Srhreincnis etc.
III. Kgo Christophorus Si'hellenbPfiriiis illustris ludi Oriinonsis Collcga,
candem de Sacrosancta coena dominica Confessionem mea subscriptione
approbo,
IT. Kgo M. Wolfgangus HeMhom ete.
T. Ego lohannes Beinman Gaator etc.
Eodem die ante meridiem subscripaemnt etiam acholae Senatoriae
praeceptores,
I. M. Wolfgangus Auhems fVibergensis, Bector.
n. Martinas Tschaa Grimensis, Baccalaureas.
*) SeheUenbeig: £am scbedam oompactam inrenies in mearam
^istolarum YOlnmine, pagina 686. Briefe and Blatt aind Terloren ge«
gangen.
^) Haec verba Siberns anno sequente inaemit in sao Breviario
Ohristiano in annotatis ad prosam Aquinatis, de coena Dominica; ubi et
haec verba praerodnnt: Smnnnt boni oro rorporis pariter, et fidei:
siimunt malij ore taatum corporis. Ucbcr das Breviarium vgl. Kirchner,
S. 135.
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19. GhfiBtopli Sdielleikberg d« viaifaktionlbus etc.
231
m. Yalentiniis Hasa, Woroensis, Gantor.
Item Miniatri Ecdesiae Gtiraenaia:
I. ChristophorasWiiiEemtDresdeiisia. PastoretSaperiatetideiiaOrimeiiBia.
II. M Adamus Zimmerrnan Leisnicius, Diacnnas.
JIL HierODymus Haaboldus lerichswaldcnsis, Diacnnn?.
Postridie, Dominica Adrentns, qui erat XXVIII. Novembris, in
nostro templo concioneni andlverunt ambo visitatores, qui a nostro
oeronomo deimun ;at sor<») ad prandium invitati, nos suum ad prandium
invitarunt Igitur mens Socer et M Schreinenis et ego (reliqui duo
collegae et ipse oecouoinas non iuit invitatiisj in arcc cum Visitatoribus
pranai somna, et largiaa nomiihil Tmuni praesertim bibimna, et yterqne
Yisitator hunaniasime nobiseum est collocatus. Cum Caeaare a BreteU'
bach vetua erat mihi fiuuiliaritaa ante XYIIL aimos \ntebergae incboata;
eaqne praecipue in canasa ftrit, tt ab ipso faivitarer conviva. Ego n
istam fomiliaritatem mibi adhue colendam et magni faeiendam esse
intpllp^prct , e\ vt oain in postonim qnoque nobis integram rnancrp me
rupere aiiimadverteret , ipsuni sine aliquo mci avT|;j.oTJv<|) hinc deredcro
nolui. Itaque dono dedi ipsi priiTnnii Annales Misuenses Geortrij l-'abricij,
Cuios discipnlus, vt et ego, in eaucm vrbe olim faerat; dcindc libros
meorum Epithalamiorum ') Coropactos: tertio loco, Imaginem Crucis Christi,
quibas subscr^ti erant veraiciili Adoniei. Hie ea grato animo et ore
aecepit, et neaeio qnae promiait, mfld meisqne Uberis'), qnibua ceite pro
ea, qua nunc est autoiitate et gratia, commodare poteat pluriraum. YiftA
▼aleatque dia superatea Caesar ille pietate, Tirtnte, doctrina praestans.
Post horam 2. Grima nvocti «imt Bornam versus, a quo non ita longo
abest domns eius Seritz, Eoetae tarnen oppidulo vidnior«
Anno M.1>.LXXT.
Die 30. Maij, qui erat dies Lunae post festnm Tiinitatia, viaitandae
scholae nostrae eauaa Lipsia huc Teneront dno tantnm viri:
I. Casparus longeimann I. V. Doctor, gener Camerarij, Reetor
Lipsiensis (qui etiam anno 71 Rector, hic fuit Yisitator, et sob eo Bectore
mens filius eodom hoc anno est relatus in albom stndiosonun lipsienainm.
ist est Zerbirensis).
II. Andreas Fri^yhubius Tlicoloffiae doctor.
Witebergensium professoruiii iiuiius venit.
Lipsienses boram ante tatam veqiwtbuun Tenerc, quomm iusau
invitati sumua ad snam coenam oeconomo ipso, Antonio Biduenhano
nngolos noa invitante.
Poatridie (31. Maij) bora 6. roatutina vaeaa nobis fbit, vt semper
antea» a lectionibna pnblicis. Eadem bora aoeeraiti snmns ab ipsia Vtsita-
') Zwei Bücher. Vertfl. Schumacher, S. y>->: Ltiiojiz >sL>ri('t<. 8. 121.
Siehe diu Geachlochtstafel bei Schumuciier, ti. b(i, Anna äiher
schenkte ihm sieben Kinder, von denen vier den Vatw aberlebten.
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Mitteilungen d. Ges. f. deutsclie Erziehungs- u. Schulgesch. VII.
toribus, et Rector nobis priiuum legit mandatuin illubtnäsiiui Elcctoris
Sazoniae de hac et Portensi sehola iiupiciendA etc. et iidem diio per*
petni erant Yisitatores, yt erat in diplomate priacipie
Saxoniae.
Tum interrogavit nos, si quid Ydlemiu proferre Tel de
oeconoino vel de nobis ipsis vel de paeiü. Beetor respondit, et paginam
obiulit, in qua quacdam annotata fucrc, quomodo olini tractati sint et
pueri et praeceptores , Germanice'). Deinde addita etiiim quaedani viva
voce, vt de candelis parvis, de litrni^ laalis et cuuctautor praebitis, de
atrainento, quod ego dixi raiius c^uam oliui et parcius dari, item de
mnndo paue. de fractis scamiiia in lectorio etc.
Hora 7. iam audita matntiiiae preees «mit cantatae.
Hora 8. soUtit lectionibas praeceptores perfbneti sunt.
Hora 10. poet fioilam schoIasUcorom jHraiidiiim, praeceptores cam
l^itatoribns sunt pransi. Sed ante piandium Visitatores Oeconomo propo-
suerunt, quae a Rcc torc in ipso desiderari erant iudicata, quae omnia sc
in melius restituturuni promiserit oecnnomus, et siniul qnasdam qncrelas
et ipse adniiserit in suis purgationibus, vt scamna t'rantri in Bacciia-
nalibus, dum locu suü motu disijccrentur et spectatoribus offerreutur etc. Item
panis mundi culpaui esae pistorem, qui hac vice nimis multos paues
coxerit; Idem, Candelas plares poseeadas, si priores esaent nimis
' Aufbewahrt im Archiv 10597 (Visitation Anno 1577), Bl. 81. 32.
Er stellte B. fest: zum Ersten haben die Vnrwaltor mitt den
coptoribus teglich matizeit gohulton, Solches hatt dur/.u gedienett, das
Sie seibat gesehen, wie das Essen angerichtett vud aus der Küchen
gereichet worden
Zum Andern scind den Prftceptoribus nach gelegenheitt der Zeitt
H'hvM- fnii>? viid ald. Schnurlcii, Blaulioclit, Str.r, Laclis, Ahll. brlc]F,en vad
dergleichen gespeissct wnrdfii vnd l»is\v(>yhMi allzu vhertleissi^k*.
Zum Achton sfiiul zum Schlaftrun^^'k [gegeben worden nicht eine
äeliulkannel allein, sundcni zwo vnd etwas drdber;
Zum Neundea «eiud \siiitLer Zeit licht gegeben worden, welche von
eecbsen ahn bis vmb achtte stunde, das die luiaben vmb gebrechen des
lichts nicht haben sa bette getrieben ddrffen werden;
Zum Zehenden seind den Icnaben bisher g^eben vnd Pappir,
Tiotten, Schueh vnd Tuch zu rochtter Zeitt ausgeteillet worden;
Zum £yl ritten wurde denlLnaben eynem Jeglichen eyn pfloctcenbett
gegeben:
Zum Dreitiieiienden wurden in den Leclorijs Calheder, Bencke,
Leuchter, Offengelender erhalden vnd gebessert.
Zum Viersehenden ist auch den Kranken nach gelegenheitt ander
Spcl^^'O. dan den Gesunden, geweift worden.
Zum F a nffzeh (■ ndcn ist dit" ThOr vfVa Was>;er ftcissigk verwahret
wdnicn vnd die Bleiche hindcr der BadsEuhon ^^clcficn , das obgleich das
gosiniio gowolt, den knaben kein bos« lixcmpei gegeben;
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19. dulstopb ScbeUflnberg de viaitatioiiibiu «te.
23S
parvae, sed tun» et famidos^) mnltos gafturari, et vendera intw-
dum etc.
De ligiiis nobia canetaater et non iasta mennra praebitiB» neu tarn
Bnam esae colpam qaam Forsteroram, <|ai illa seearl eararent etc. Item
Atramentam dari matore et safficienter ad scribam sanm pertinere.
Cid id mandavit. Ego nd hoc capot obiter dbd, me andiTisse a soperioribna
oeconomis et srribis, se X florenos pro atramento qnotannis expensos in
ratioDum saanim rodices rettilisse. Item se iam olim in omnibHs puornnim
spondis curassR culritras lancas, sive fomenticias (? vielleicht plum.) saa
centones, gcflorkpn bett; si denno sint cnrandae, oportere de eo ad
principoQi refern, nani esse magni prctij mcrces illas.
Hora I. etc. ingressi sunt anditoria ibique examinanint paeros
Tsque ad 4. horam fere. Eodem die pranai coenatiqae omnes nos
praeceptores somos cam ip^ YiaitatoribaB, n et postridie. (Oeco-
Bomtu eo die fremait firendnitqne, et gettibas iram immit et pastim mnr-
mnraTit).
Die 1. Innij hora 6. ingresai rvamu anditoria eiaminanrnt.
Horam ante 8. templnm iogressi andiTimoa omnes M. MeUbomnm
conoionantam.
Hora 10. omnes nna snmns praori, A prandio stsüm, 12. hora
aonante, rltimnm ingresd scbolam Frimam admonnernnt ambo, et Sector«
et Freyhnbioa scholasticoe ad maiorem pietatem et diligentiam; inprimis
vcro istos pessimos pneroSt qni in medium ante ora visitatoram snnt
coosütutip qui eraat
Zum Siebensehenden giengen die Prnceptores nicht viell spaciran
Sollten aucli Iliro Lese- vnd Inspection stundo weder halb noch gantz ver-
aeunieu, Vsserdem du eyner icranck oder souöten nötiger geschoflft wegen
sein Ambt nicht versorgen könde, seine Stunden mitt einem andern
welcher yff solche Zeitt trej vnd ledig, bestellen.
Zum Achtseh enden wurden in diese Chnrf. Scfanl aus den Stedtten
armer vnd vnvermügender leutte vnd nicht der Bargermeistert
Richter etc. Kinder geschicket.
Zum Neunze h B nd en wurden fein erzogene vnd tugliche k:i:ilH*n
zum atudiren aus den Stodttt'ii vnd soiKsten zu dieser Schullo voruidin tt.
Zum ZwautzigHten ist für eynem Jaio ein Churf. belehl an-
kommen, das die praeceptores mit eynem jeglichen Knaben von der Zeitt
ahn, da ehr in die Schul geschicket wird, Annum tentationis sollen aus-
halten, vnd so ehr als dan befinden, das ehr zum stu ! i r u nicht tflchtigk
"(Irr mich sonsten mutwilligk. Ihren Fdtom aoll wiod": uilieini jrf'srhicket
Hnof' )»anca de multis; ad ssi cx parte euMTMiabuntur,
umiua quuu uuuc recte habentur, praeclare agtftur cum C'chuiu bac pro-
vinclali: Bta minusi sed caetera dicere nolo.
>) lieber die £amuli vgl Flathe S. llö, ROssler S. ai6.
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254 HltteUungen d. Ges. t dentache Bixlehiuig«- u. Sohnlgeech. VII.
1. Sura«!*)
2. Harcna^)
3.
4. loannes
Hobner
Voctus J)
Breithut
Pfeifer
Hertzog »f)
Fuiak '')
Kichter, fratres
Torgenses
5.
6.
7,
8.
Eilenbargenses.
Hi octu nequam uceiTinie sunt obiurgati, additis miaiä, ni ud luülturem
frugem se recipcreut, statini excludeudos. Couctique sunt ydeni isti stipu-
lata mann promittere visitatoribiis, et oobis Praeceptoribas, miitiirain
seriamqae momm atqne negUgentiM emendatioiiem, et rnntationem in
melius. Postea regressi in oeconomi vaporaiimii in commune nos
praeceptores et occononmm ad coucordiam et placidam rernm inter nos
transactiooem cohortati sunt. Indc hora prima pomcridiana Lipsiam
revecti sunt, non Misenani, nam eo venturos fortassis ^Vit( Ht>rirenses
Visitatores. Eo die proliriscentibus Vi'sitatoribus, et vnicntibus ac
iubontihiis. srliolastici uostri, reliquum diei quod erat, aninii relaxationibns
et lusibuä deterunt.
*) Hayn, fügt iduzu: aufugit anno 77. — Grimmenscr Album S. 42
(in diesem Werke ist Schellenbergs Schrift von Lorens noch nicht benatst).
^) H.: aufugit anno 78 G. Aprilis. — Gr. Alb. S. 44 (nennt als Weg-
gangstag 15. April 1578).
^) H.: Ifotthftns Hnfner ezchistts anno 76. — Gr. A. S. 41.
^) H.: tandem exclusus annu 78. — Gr. A S. 43. Dem Yisitations-
bericht Ton 1577 wurden ScbQlerlisten beigegeben mit Zeugnissen Aber die
einzelnen Schfller (Ton Hayneccins geschrieben, K. S. Staatsarchiv, loco
10597, No. 28}; In ihnen findet sich folgendes Urteil Aber Vogt: halt kein
ingeninm, Mangelt ihm auch an vleis, studirt nichts, wer derbalben etwas
anders mit ihm vorzunehmen. Ist diesmal abwesend, vnd der vrsacb nicht
e^mminirt worden.
H.: Daniel — aufugit ipso anno 75 8. lul^. — Gr. A. S. 43.
0 H : ßenedictus — Gr A 8. 43. Auch dieser veriiess die Schule
vor der Zeit am 5. Mai 1576.
>?) H. : Johannes. Eiectus tandeni anno 77 22. Nov. — Gr. \. S. 41.
— VisitntidTisbprirlit 1577: Hat nichts zu studiren, ist mutwilligk. Tardi
ingenij. Spc i nullius.
l'elrus — Pirnensis. Tandem auftigit Anno 77 - Gr. A. S. 42.
- Visitntionsbericht 1577: Ist weder from noch vleis«itrk, viiiid einmal aus
der äi'lmlen ohn alle vr.sai Ii aus lauter Mutwillen ausluuflen . . Weil dann
keine hofhungk von ihm, wer nichts besser, denn das er ans der sehnle
gnomen vnd etwas andres mit ihm versucht wflrde.
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19. Christoph Schcllenberg de visitationibus etc.
235
Nachschrift des Uayneccius.
Hunc Cddiceiii Dunavit Martmo Hayneccio successori etc. socer
SchelienbLTgii Ad. Sibems.
Christopherus Scliellenbergius, qui praccedentia, sibi ipse, et sua
mm eonsignata, Toluit: ObHt diem sniun dintuni« tabe estMostM XI (sie).
Gal. Febroar. Anni lesu Giristi MDLXXyi. Tanmlatue in Sacra aede
CoUegii scholastici illastriB ad Middam post altaro; infra snbUmiorem
exstrnctionem alteram eins aedis, quae scholasUeum fllnatris ludi chorum
anatinere solet. Tomvlo saxain iocoinbit, opera Siberi aoceri hac inscri-
ptione donatnm:
Chr. Sac.
Christ Schellenberg. Annaberg.
Gene, et CoU.
Ad. Siberus
MDLXXYI. XHL Kl. Febr.
Ein leidiger, aber charaktoristiaeher Sefalasa!
Schumacher, S. 84/85 erzählt Folgendes: SdieUenbcrgius quataor
liboroa anpersütes reliqait ofpbanos nihilqne diviüamm et opum, inida
ttiitriri poaaent. Avus igitar rogsrit et iDTitavit amicoa Schellenber^
praeaertim vero Du. Ehrenfridam ab Ende, nt in bae neoeaaitate Yidiiae
et nepotibua anccarreret:
At quia adhuc restant poeri Uni atqae pnellae,
Estquc minus nihilo, ande qneant natririer isü:
Vos, cum Schelnbprpo, qneis consuetndinis nsns
Cessit et inter aniur Holironis propter alumaos,
Consulite in medium et natis succurrite amici
Tuque adeo in primis,
Quem pueruui docuit. cui primae tradidit artea
. Christ ophonia fratrique too: deprome benigna
Dextra aliqoid, tibi Siracidea quo dieere poant:
Sie orbo genitor miaerae vidaaeque maritoa.
3. Am den amflicheii Bericht«ii der Ylsltatoren.
(K. S. Hanptstaats-Archiv loc. 105U7, No. 1 — 4.)
15.VH«):
1 hueii ili'iauach /u wissen, duss >vir auff empfangenen Churf. beveih
versoliiener tage Erstlich vns gehn Grimme verfuegt vnd doselbst in der
Charf, schneie neben dem Gestrengen Emvhesten Herrn Dietrichen
Undatiert. Archiv loc. in. "07, Bl. 193/0!. Untorzpichnot von
Camerarius, HelburUf Barth und Lyclus, auf die auch der Verwalter (eod.
*«■
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236 Mitteilungen d. Gea. f. deutsclie Erziehungs- u. Schulgesch. VIL
Storsrhcdcl bey den Lercrn vnd dem Verwalter vmb alle gelegenheitt der
schuelu dess orts befragett, vnd von den Preceptoribus oder irenthalbca
sonderbche Uage noch beschwerd (derwegen namlichtr BMldang vnd be-
richts TOD nOten) nit venramnien. So haben wir snnrt in irem wesen vnd
der knabcn institatioDt anch aUem bevollenem scholambt anders nit be-
funden dann vleissige aQssriehtnng vnd Versorgung ires ambts
in allen stneeken.
Der Herr Ycnvalter aber liatt die Haosshaltnng vnd was derselbigen
zugehörig belangend auff unsrn befrapning allcrl( y iiotweiidiyc bericht ge-
than, den wir <ro betten schrifftlichen zu verfassen vnd ihnen denselben hie-
rait E. G. L dinstlit hs vleis«; vbprpobcn . . .
Es haben ancli die praeceptores in der srhuel Grimnio angcMigt,
das der kraiu ken kn:iben halben offtermals von nutiicn seye, eines iirizts
rathe zuhaben, vnd bietbeu derwegen zu vorschaffeu, dass durch den Vor-
walter einem, so dar^u sich gebrauchen wolle lassen zu Leipzigk jerlich
aas der schneien etwas gegeben (wie anch in den andern zweyen Ghnrf.
schulen geschichet). Darmitt in diessem Falle fnnieralich die armen knaben
mt vertenmbt werden, haben wir fiir ein sonderlich notwendig stnedie an
beriiditen nit vnteriassen sollen*}.
Was die Praeceptores vnd ire läre belangend ist sinniger mangell
noch feil diess ortes nit beAmden vnd vormerkt, das wolgeschickte knaben
in dieser Schneie erzogen, deren viele sere arm itznnt nsch ansgaage be*
stimpter Jaren zn nntzlichen volnziehung Ires Stndli fOrdening bedflrUisn,
ohn welche sie zu bescfawerlicber verlassnng deswlben gedrungen werd«i.
So erzeiLTii sirb anrh von der liaushaltunge nicht sonderliche oder newe
klage. Fünu-mlirb wirt jzcbeten, die Schule mit Znlage des weines
gnediglich zu bedenken. An den Kellern befindet sich besclnverlirher
mangell also das in denselben das Getrencke anch mit sunderlicbem
grossem vleisse zu nützlichem gebrauche nit danren will. Dertwegen des
Herrn Verwalters beiicht zn vornehmen sein mochte.
Unterschriften: M Leonhartus Lycins Bector,
Andreas Freyhabe, tbeologns D., Andr. Moreh> I. T. D.,
Andreas Ellinger Medic, D., Joachim Camerar.,
M. Martinas Wilischins.
loc, ßl. 24, 20, 2h, 29) sich bezielit. Po war dieser Bi'iirht dem Jahre
ITi/iS zuztiwoTsfMi. Der Vorwalter l)at z. 15. um clif Bcseitii^uiig dos Prhindcl-
dachs der öeliule, den Neubau einer Scheune iu liardtiu, um die Lieferung
von Wein (aus der Kellerei su PfSorta und Leipzig) and Bier (Torgpau) und
klagt aber das unsureidiend« Einkommen der Schale, die der KurfOrst '
doch mit einem ziemlichen Vorrat gnftdJgst bedenken könnte.
') ROdsler, B, 112. Vgl. auch die Vintationsberichte aus den Jahren
lö6b~70.
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19. Christoph Schelleuberg de vtäitatiouibus otc. 237
IMSs
Die Verordneten dieses Jarcs zu der Churf. Schulen Visitation sindt
zu Grim ankckuuimen am 30. tag Julij. Oohiu sieb auch der Gestreng
Ebrarest Tnd EdeU Her Hainrieh vom Einsiedel! Haoptmatm m Ooldilz
vetfUget, vnd nnd des ortes die Sachen allenthalben der gestalt befunden,
das einiise sonderliche Idage nit Tonnerlrt» Tnd wüsten sie andres nichts
SU vermelden, dan war vor vieren Jam angezeigt, famemlich die gncdigste
Vergünstigung anlangend in der Schneien holtzern zn teglicber notwcmdiger
besserung der Sclmlgebäude Holtz zu bauen (doch mit vorwissung vnd an-
weisung der Förster) ... Do auch dem Gestrengen Ehrnvehstcn vnd
Edeln Hainrieh vom EiusiedeU obgenant ein ansdrficklichcr bevehl von
Churf. Durchliiuchtigkcit gegeben auff die Schule vud deren Versorgung
anffisehen vnd achtung zu geben, würde solches ohn ZweyfcU der Ch. Schuel
nm bestendigen guten anlßiehmen vnd bessemng gereichen.
Inn Churf. Sclnu lc Grimma . . . habt ii alle sachcu woll hcfiimlon.
liiJil (üi'woil angezeiget, dass die l'raeceptores daselbst ilircntiialben einer
gesclji H benen Ordnung bednrfften, ist ein kurtzt r bci^riff Uervvugcn von den
Yisitatom vnderschrieben ihnen zugestelt Unnd der Herr Verwalter ver-
mahnet ward, dass er anch hinfüro vleiss anwende, damit die
knaben mit nottwendiger wolgekoebler spejrs versorget seien. . . Und di-
weil vnder den Prfteeptores diss orte keiner ist der in der Arithmetica
sich sonderlich gevbt bette nnd die za lehren vnderstehen wollte: also ist
fur<,'e?( hingen, man mochte einen frommen, wolgeschiekten ledigen gesellen
in die schuel zu den andern Praeceptoribus vnderhaltcn, weither die
Arithmetica die knaben wol lehren kontlio vtmd in der WorluMi ein
Predigt für die knaben thiien snllte (dann allein am sontag vnd Ii in tage
die knaben ein predigt haben vimd ist docli autig, dass sie inn der vvoche
auch ciiismahls predigt boren), vuud bette dieser seine wohiiuug bcy imcht
vnd tag in der Schule ").
Und Erstlich findet sii b in drr wider anircriciitetcn t'liurf. Schule zu
Grimma kein kla^'o, die liaiislialtuiiL', der in-er vnd knaben versorcrntiL'e
belangend, auch kein mangel ahn der Institution vud disciplina
') Undatiert. Arehiv lue. 10597, Blatt l'io 47. AufT?latt 244 worden
al« VisitatoriMi lUr WittfuhtTf?- (von dort gingen »io nach MeiHj^eii und
Grimma) benannt: Uektur Co»aus, v. Diembach, Htrigel, Hülich und
Cameraiius. 8o war daa SchriftetQck dem Jahre 1666 xusuwelsen.
*) RMsIer, B. 118.
'l Wegen der Pest muaaten die Behfller am lt. Angnat 1566 ent>
lassen nnd die Schule geschlossen worden, sie ward erst am 28. April 1567
wieder oröffaet. KOasler, S. 4a Da der Visitationsbehcht auf dieses Er-
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238 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Er/iehungs- u. Schulgeacli. Vli.
noch sonst irtrents, aussi rhalb auch Y<irinals erinerten fBrnemlich drcyer
Stücken zum Ersten, das einer des orts mangelt, der die kuabcu in der
Arithmetica vnd RecfanuBg Tnterwejsett vnd ?bete, wie etwa durch Johan
Flacher seligen geschehen; zum Andern das zu wenig Predigt fBr die
k)i«ben gehalten werden; zum Dritten, das Niemandt ans den Präcepto*
ribns die Nachtt bey Tnd in der Schneien Ueibtt ?nd alda seyne bey-
wonnng vnd lager hatt . .
Nach dem dann vor Jarcn bcy einer jeden der dreyen charf. Scbnien
einer vom Adel zu sonderlicher auffsehung auff dieselben geordnet vnd in
den Visitationibus gogenwertig, aber nuh bis in das dritt jar hieran mancrfl
gewesen, auch itznndt an keinem ort iemandts erschienen, do diuli solche
vieler vnd iitcr^'klichcr vrsach halben »it zu vnterlassen, wcrc darauff
churl". befehl zu ihuu oder geschehener zu emeuwen, danuit auch etwa
n vnnvorsehener Zeitt ilfe Ihenigcn, so der hansshdtnag Tontendig. an-
kamen vnd eigentlich erfaliren kanten, wie vberall mit den Sachen vmb-
gegangen.
1508'):
Auff gnodipston Churf. bevelh hatt Zu der Clmrfürsil. .Schuele be-
stendige Visitution . . aus den vier Facultäten, welclie v nabgewechseltt
jerlicU hinfortt der Visitation beywouen . . sollen, alle sambt oder in das
meyste teyl, vnd ist Camerarins selbst zn Grimme vnd Geringswald mit
gewessen vnd dnrch schwauheitt ferner zn vorreysen gelnndertt worden.
Und befinden sich in der Chart Schale za Grimme alle sache
dermassen angerichtet vnd bestellet, das man nichts zn klagen,
wie dan anch desselben orts kein klage vermarcktt
Es wird aber durch die Praeceptores angezeiget, das je bey-
weilen knaben dohin geschickt« die noch in schreiben vnd lesen, auch Decli-
niren vnd Coiyngiren gar vn^ri:rn)n(1*'t. Dieweil dan solchs der Schul-
ordnung zuwider vnd «nch dm knnbcn nachtoil}<_', i^t bovohlen oh dor
Ordnung zu halten vnd dei-.:c?taltc knaben nit anzunehmen. Man achtet
auch, das ratlisani vnd nützlich sey vnd fast die nott erfordern wolle,
einen Medicum tu Lciptzigk zu der Scbuclcn (wit> aut h vor gesc liehen) zu
bestellen') vnd deretwegeu dem Herren Verwalter bevelh zu tUuu, auff die
cignis ganz offenbar bezug nimmt, miiHs er dem Jahre löü? angehören
(nicht 1566). Er ist uiuliitiorr. An hiv loc. 1UÖ97, BL 2ö2— ö5, auch die
Unterschriften d<'r Visitatoren tehien.
') Tndatiert. Archiv loc. lor»'.)7, 131. 144 u. 1!"^ fd- i eiits]tiechendo
über I'forto BL 146- Ab). Der liericht Uber Grimma hat di« ünterHchritton
Joachim Camerarius, Andreas Freyhube D., Baltassar Ootler Leonhart.
LyciuB M. Der bricht Aber Pforta bringt die dort Pehlanden henu: Caspar
Peucorus D. und Hcnricus Moller M. Danach ist es der Bericht der Visita^
toren des Jahres 166b.
3/ Siehe Viöitatiousbericht 1569/ld70.
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19. Christoph Schellenberg de vUitationIbus etc.
2S9
anzeigen, ob etwan ein woltangliche Person aas Leipzigk hienu kdhte ver-
ordnet werclen .... Diweil dan hirvor der Fnndatiou halber meldnag
gethaa vnd dieselbe noch nicht in das wergk gerichtet ist, wird abermalt
Tnderthenigst erinnert vnd ^'(-bchten, zu bedenken, ob nit aller mögklichen
vrsachen halber dieselben in dieser vnd den andern Ghnrf. Scholen mm
forderlicliston aufzurichten sein solte . .
Ans Grimme sind die Visitatnro«? lant Churf. brfehls pen
Geringsw a! (1 ktniirn vii<i ist der bericht, wie man die Sachen doselbst
befanden, alsbald durch den Schösser za Gnmme vberseodet.
IM»:
Haben erstlich mit allem vleiss die praeceptores vermöge Gbarf.
bevelhfl befragt vnnd verhöret einen ieden insonderheit, vnnd von allen
vnd einem jeglichen guten, laatem, eigentlichen bericht, fbmemlicb die
Christliche eintrechtige lehre vnnd consensns doctrinae ecclesiasticae
in diesen landen betreffend, eingefordert, doinit meniglich woll begnügen.
So ist auch sonst kein mangel ahn der schnei lehr noch ander klage ver-
merkt. Pefindet sich, das (nott loli) diese schuclc mit praocept orihTi«;
wol versehen, sich auch die praiM cjitores mit dem Verwalter vnd er,
der Verwalter, mit Inen woll vrrtiat,M'ii vnd in gueter eynigki;it sein. Es
werden au( Ii in der Ilaushaltutig gar keine vnrichtigktMt vnHeiss oder nach-
Iftssigkeit gespUret vnd sind beide theil ires ambts erinnert vnnd dem»
selben getreolich vonostehn vermanet Die prilceptores haben der knaben
halber vermeldet, das mehimals in die schneie geschickt werden wdche,
ao noch in lesen, schreiben vnnd Decliniren vbcl institnirt sein*), vnd
Tber das mit vngestalt der Kleidunge vnnd freiheit sich ttirlit wie schtUer
er/eiprn, deren gleirhwoll die visitatoros ottHrhc (vrulcr \v<'lchon zwcen
von Allel) insonderheit fürgenommen vnd mit worttii gostratVt haben. Was
dann sonst vor ein. jur undertheniirst \cnntlilrt vnnd erinnert, wird in
aller underthenigkf'it gebethen nochiaals zu betrat hten. Nemlich einen
Medicum za der schneie aus Leipzigk (wie znvor) zu bestellen^), item ub
nicht ettliche von Adel der Visitation ierlich beimwonen hevelh zu tbun*),
anch die fandation der schneie allenthalben aafborichten. Es wUl anch
die noht erfordern, das ein bsondere tangliche pcrson bestelt vnnd gehalten
werde, der Knaben, welche etwa krangk werden, zu warten*) vnd hievon
dem Verwalter vevelh zugeben.
Es befindet sirli, das diese schneie mit wein nicht woll versehen,
das doch liilliu' ^< in sulte, dieweil der ort< viel fische gespeiset wf^rden.
vnd das von der schucle einkhomen woll soviel ohu allen nachteil
)) Randbemericung de« Kurrorsten Auguat, loc. 10597, BI. 142:
»ollen vorthin k^ynen annemen vnd do sye im cxamon eolUcho
knaben befynden, dyselbigen wider heymachicken.
kössler, 8. 112.
•) S. 2. U), A, 1,
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240 Ifitteilungen d. Gee. f. deutsche Brziehungs- a. Schulgetch. Vn.
ersparet kttnte werden, dammb guter wem vngcf herlich bey 30 Eimer
gekraffl; do man andre Verfügung nicht timii wolle, Tand weiss der Ter>
Walter biervon gnthen bericht vimd AlrBchlege nt thnn, wird avfia nnder-
theaigvt gebeten, Ohnrt Dareblenchtigkeit weite distheUs der ecbaden
gnedipt miltigkcit eraeigen, und bevelhen, das der Terwalter dises stneks
halber c:i>liöret werde.
Die praeceptores bitten anf's vmkrthenigst zu befürdem, das bei
der schnei in Grimma liibliotlieca oder libcrey') anpericht vnnd erhalten
werde zu irer der iiraecej)! uruiu Nutturft. Hicniuff diu visitatorea
underthenigst bitten, die schuele disfals auch guedigät zu bedenkeu.
imt
In der Sehne] Grimma haben die Yisitatores die Sachen beider die
Institution der Knaben sampt der Disciplin vnd die Haushaltung in guter
richtigkeit befunden, Vnd obwol die knabcn vngleich, deren auch ein put
teil neulich hinein kommen, so sind dncli die meisten wol bestanden.
Was abt-r iiianprols befunden vml fiidnitiiu' beduiift, «la? ist abgeschaffet
worden, auch der Disciplin halben wider etliche nüttüiiugcr enist für»
gewMidet. Die Geb rechen aber, darOber sieh bdde, dfe PriLeeptom
ynd der Terwalter beaehweret haben, sind ittmemlich xweieiiei gewesen,
eines Hedici halber vnd wegen des abbraebs des weim.
Was einem Med i cum anlangt, Jsts an dem, das die andern beide
schalen nach nottdurft Tsisoi^set, die Pforten ans der Nanmbnr^ Meissen ans
der Stadt, vnd hat derselben Medicorum ein jeder seine Jarbestallung ans
der Schulen, Grimma aber aUeine ist gar mit keinem Medice versehen,
vnd obwol fttr der Zeit einem von lieiptzi? eine bestalhincr gocreben von
zehen tuleni, so ist es doch vngelegen daniinb, fias Lciptzig weit ent-
legen, vnd der Medicus allwef,'e mit neuen Mikusten der Sciiulen hat
mtlssen abgeholet vnd widerumb hingefürct werden. Darumb die Yisitatores
bedacht, weil sich ein Mediens sn Leiptzig augegeben, als wolle er anf
bestallong der Sehnlen vnd des Radts sich wesontiich von Haas vnd H<^
gegm Grimma wenden rnd allda Ihme tin CSorpns anrichten, es solle der
Schalen gerathen sein, das man Ihme Jeriieh eine bestallong Tff 30 oder
zum wenigsten yff 25 fl. zn machen bette, vmb solche bestallung vfT der
knaben fleissig zu warten. Dann ohne des so vil vnd mehr auflFgelauflFen
ist, wen man einen von Tieiptziior vher seine bestalhmg hat holen mtlssen.
Derenthalbcn die Visitatores vnsem gnedigsten Herrn, cbni (jhurfürsten zu
Sachsen, vndertbcnigät bitten, seine Churf. g. wolle in solche bostalluog
gnedigst willigen . . .
Ton dem abbrach des Weins ist vormals aach erinnemng geschehen,
vnd ob wol die Jar der Terwalter von der Scholen einkommen aas
gnädigster vervilligong etlichen Wein erkanfil hat, so wollen sich doch die
RöPsler, S. 215.
'j Randbemerkung dos Kurf&rsten: fiat.
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19. Christoph Schellenborg de viaittttloiubuä etc. 241
chikommen küiitTtig oiie liesc liwonnii; so fem nicht erstrecken, darüber
wttrdc die Schule in schulden gerutheu. Dieser vrsach Iialben vnd weil
der Prfteeptonim vtd Knaben geinndUidt eaweüeii ein trandc wein
erfordert, bitten abermals die Ylaitatores vndertbenigit, vnser gnedigster
Herr wolle die fArhin gewilligte Anzal eimer weios kflnfltig der Sehnl
Grimma aus der Pforten folgen lassen. Dieselben wollen sie mit der
Scholen pferden, wans die Zeit ist, abholen ohne irgents jemand beschwenug.
1571:
Der Verwalter berichtete den Vieitatoren. er habe das Jattr
130 Scheffel Roggen um! 1<h) Schefl'el Hafer borgen mUsaeii; Deckung sei
möglicli, wenn die Gelder der Kostknaben bossor oiui,'lngt. n (diese wurden
von dttii Visitatoren bedroht) ; notwendig soi die Auöbe«*8erung des Ducha
und des Türmleina der Kin he, der Schule für nOtzUch halte er dio Anlage
einea Karpfienteichea. Seine Wunsche voranbringen und zu empfehlen»
erboten sich die Viaitatoren, doch vermahnten Sie ihn, keine unnötige
Kosten dadurch herbeizuführen, dass er erwachsene Kinder und mehr
Gesinde im Hause haho, als ihm zuprestandpn sei: weiter teilten sio ihm
mit, e« seien klagen über Speise und Trank, auch über die Kleidung, die
den Knaben nicht zu rechter Zeit gegeben worden a^ laut geworden. Br
gelobte Beeaerung nach jeder Richtung hin. Im Bericht heiaat es dann
weiter:
Diweil auch zwischen dem Verwalter vnd den Präcepturibus ein
missverstandt entstanden, dessen vrsach, das er selten zu ihnen nliri den
gemeinen tisch in ccnaculnm kompt, dadurch dan vil Irrungen ab-
gewandt werden können, haben die Visitatoren zwischen uomeUen Personen
denselben missverstandt vffgehoben Und erstlich dem Verwalter vermüge
des Chnif. befhels ernstlich vferleget, den Präccptoribns mehr vnd Oüter
bey zu wonen, darnach beyden bevholen, was ein teil an dem andern fQr
mangel finde, von denselben sich mitt einander frenndlich zn vnterroden,
dieselben abschaffen vnd einander die Hendc reichen, wie es für der Zeit
brenchlich gewesen sey; das sie sich zu beiden teilen zn thnn erboten haben.
Es ist üinen auch zu beiden teilen emstlich bef holen, dem Verwalter
vff sein gesinde. den Prilceptoribus vtT ihre knabcn gutt flcissig acht zu
geben bey tag vnd nacht, das ein jeder das seine warte vnd des andern
sich verscldahe ....
Lm der Inöfitution der knabon. wie (lii-scibc von dm jirac-
ceptoribus den Visitaturn inu schrillten angestelt^it haben diu Visitatoren
dismal nichts zn endem befanden. So sind die knaben in dem Ei am ine
dermassen bestanden, das die Visitatozn gar ein gntt gen&ge vnd
gefallen an ihnen gehabt haben. Tnd da sie die Praeceptoren einen
jeden inn Sonderheit gehöret, die gebrechen, so von einem Jeden
fürgebracht, nachmals in geraein vermöge der Schulordnung vnd iron
legibus mitt allem fleiss eiidcni vml abzuschaffen bi fohlen Sonderlich
aber ist ihnen mit ernst vtlVrlet^t, acht daruff zu tirlirn, die nacht-
inspection von deme, dem dieselbe zu verrichten bcfhulen, recht vnd
MiU«Uaogen d. Oes. t doutsob« &Yioh.* u. Sohulcesotüclit«. VU 3 1897. \ß
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242 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Enüehungt»- u. Schulgesch. VU.
fleissig bestellet vml die kiiaben keineswegcn alleine gelassen werden.
Bftii sotten danron künftig klagen oder berichte einkonunen, worden die
Visitatores vermacht von wegen der ernsten Ghurf. befbele» «o derentbalb
ergangen, diesen mangel femer mit beschwer anxabringen.
1573:
Es i^t eine gemeine klage in allen vier Schulen'), das ufft knaben
hinein gethan werden, allein der vnderhalt halben, die ontworler gar
von Natnr vntüchfitr zun stndijs sind vml vngeschickt udci- über keinen
willen vnd lust darzu habt n, viid knim disciplin leidon wollen, auch offto
sich erklcrcn, das sie zu »tudiieu nicht gedencken, darüber so verhetzen
vnd verfllrcn sie mit sieh andere, die sonst vol an regieren vnd an xleheii
weren. Derselben sind eüicho den Yisitatoribas fllrgestellet worden, die
biss inn das sechste Jar inn den Scholen blieben vff anhalten vnd flehen
der eitern, aber wenig' stndiii haben. Sind nhu erwachssen vnd zu
anderer Handtierung vntOchtig, dann sie sonst zu nichts andrem getHi^Sa
vnd gewolinct wurden vnd Schemen sich nunmehr alters halben ottwas m
lernen oder anzufangen, das der .lutreiit ^'i höret. Solche gcwonheit di» -
weil sie den Schulen bcsclnverlich \ iid st liedlicli ist, danimb das denen so
das Churf. beneficium geniessen vnd vbel aidegea, nicht;» geholffeu,
aiMlem aber die tüchtiger darzu weren, solche far dem maule weg.
genommen wird, haben die Tisitatoren doch, vff Ghurf. gnedigste erklerang,
bedacht diesen gebrechen knniltig allso abanhelffisn, das allen knaben so
inn die Scholen genommen werden, mm wenigsten das erste Jar anr probe
vnnd com Yersuch Jhar gestattet werde, vnnd bey denen man spflret vn-
tOchtigkeit zum studiren oder Vnwillen, das dieselbigen aussgangs Jhars
alsbalt hinaus geschaffet vnnd andere an ihre stat geordnet wttrden.
Zum andern gehet auch eine irpmeine klaye, das man mitt der
electinn der knaben so inn die Sctiulen auss den Stedten verordnet vnd
geschickt werden, nicht riclttigk vinbfielic vnnd das oftmals aus t;unst,
arme wolgcschickte tüchtige knaben vhergangen vnd Ver-
stössen, andere aber als der ffirncmsten sühne, die es wol am
wenigsten benötigt weren, aus gnnst fttrge zogen vnd eingeschoben
werden. Diesem gebrechen, weil die Yisitatores fftr ihr person nicht
haben oder wissen zn rathen oder absu^Hfen, haben sie von dem*
selben allein vnseni Gnedigsten Herrn dem Churfttrsten zn Sachsen etc.
erinnern wollen, ob niclit ein weg wer diesem zn rathen . . .
Znm Dritten ist auch eine gemeine klage der krancken knaben
halben, das diesclbi^ nicht genügsame nntttirftiee wartiinu' liaben, dieweil
sie allein von den anr!ern knaben geptletret vnd gewartet werden, die
nicht srenui?sani verstehen, wie vnnd wann sie zu speisen sein oder die
Medicin abwarten suUcu mit einnemen, schmieren, schwitzen, reinigen
') Pfurta, ürimma, Meiaeeu, Kosalcbeu.
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1». Christoph Schellciibcri; du vuitaüouibua etc.
243
vnd dergleicln ii, Auch das Wnchpn inn poferlirben kranckhriten iiirlit aus-
sU'hf'ii vormüKon vnd sonst Jugeiit halben zu solchen Dienst<ii verdrossen
vnd beschweret sind. Vml worden tliirrh solrhs unrichtig warten Süuder
Zweiffei offt kranrk*' vtrwarhiset, die suust möchten erhalten werden.
Wolle derfaalben der Sehnten nottnrft Bein, das gewisse» alte, ventendige
penonen, mann oder weib, m solchem warten (so oft es von nöten)
beateilet werden, welches one sondre grosse Yokosten oder beschwemng
der Scholen wo! geschehen kan, wan mau ihnen gleich etwas gewisses ver«
ordnen sollte . . .
Inn der Schnleu Grimma haben die Visitatoren die Ynderhaltang
der Praeceptorum vnd knabcn, desgleichen auch die Lehr vnd
Instittttion belangend, keine klage oder niangel befunden. Dan die knahen
znm meisten wo! bestanden . . . Sonstcn a))> r die kiiiibon. das iresinde
vivd soiidorlirli die Rürpcr vnd iMiiwoner Inn der Stadt liclaiiüfml , sind
ettliehe gcbrcelien zum ti il vom Verwalter, zum teil von Praeccptoribus,
zum teil von beiden fürbracbt wurden.
Die knaben belangend ist den Prnereptnribus niitt enist
befoidtMi worden, vtl" dieselben vlcj'ssigcr aclit^^ugeben vnd ^^-^on iliiicii auch
ettwa» uitlir cnist zu gebrauchen, den nmttwillen zu welirun vnd zu
steuern; sonderlich das die Inspectores stets umb vnd bcy den knaben
bleyben vud verhütten, damitt sie sich des Oeconomi gesinde eutscblagen
vand schaden zu thnn enthalten.
Dergleichen ist dem Oeconorao bcf holen, sein gesinde allso zu
lassen vnd zu regieren, damit sie der knaben mQssig gehen und das heim-
liehe practieiren md partiren mittHnander vntenregs lassen.
Der 15 ürj::('rscliaftt hallx'ii liab^n beyde teil, der N'crwaUer vnd
die Praeceptores kiaK"- ciii;,'cliraclit, das sich eine Zoittlaiiu' her dieselbe
mitt gcwalt vnd iiiil liauffcn inn die Schulen gedrungen vnd die knaben an
sich gezogen haben, vnd obwol der Verwalter diesem allem so viel möglich
geweret, so habe es doch nicht heUTen wollen. Weil dan daraas entlieh
beiden der Hansshaltnng vnd der Disciplin mercidiche zerrOttung vnd
Vmtrib hatte folgen wollen, haben die Visitatorn den Bttrgermeister vnd
Richter der Stadt fleissig ermanet, ihren Bargcrn solches idndringcn inn
dip Schule m vntersagen bey einer gebttrlichen harten straffe. Das sie
sich zu thuD erbotten haben.
Ks haben aneh die ^sitaftom nicht vnterlassen, von ettlichen
gebrechen, so cttwa der Praeceptorum halben anderswo an sie
gelangt i!), dirsellte in criiuieru mit ernster ermanang zum vleyss vnd
zur eiuigkeit durcheinaudcr . . .
Der Ernvheste Gestrenge Haubolt von Starschedcl ist dissmal bej
den andern Visitatom nicht gewesen, hat sich entschuldiget, das er wegen
der steaer eiuuamc in Leipzigk nicht abkommen künne.
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244 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehuji^fs- u. Schulgesch. VII.
Haben füllenden tas vor Mittag <leii Cliurf. jüngst aussgegaageiieii
bet'ehl dieser \ j!5UuUoii iialbtju vorgelialtteii uid Uuiuuff vou Ihnen bericht
begeliretf wats Yor Immg vnd gebrechen vnter Urnen s^st fürgefallen,
auch welcher viiderweisaDg der kaabenn itsiger Zeitt bewandt wehre.
Doraoff dann erstlich der Sehnlenn Rector vnd die andern Pii-
ceptores ein Jedw Inn eonderheit angezeiget, dass awischeD Ihnen
selbst gote einigkeit scy, sii h auch derselben hinfort gegen ein-
ander zu befleissigeii erbot liiii, haben sicli auch crklLTot. dass sie
mit der Speise vnd trauck vnd soiistcn mit dem vf nvalter wol
zufriedenn; hinwindcr der Verwalter vbcr die praocppt ores nicht
geklagt, bich auch auf vnserc erinaciuag erbotenn, so oft das er durch
erhebliche vrsacheu luu der Uaussbaltung vud soustcu nicht verhindert
wttrde, ann der Praceptora gemeinen tisch znkommenn vnd doselbst vonn
▼offallenden saehen sieh frenndtlich vnter einander za bereden. So aeind
auch etidiche geringe gebrechran, so itaimd Terman^et, auf vnsere
erinnening geenderC vnd abgeschaft wurden . . . Znm andern . . seindt
die Präceptores erinnert worden . . . keine stunden zu verseumen, auch die
nächtücho Inspcction von domo so os gebühret mit fleiss zu halten vnd
sich also allenthalben Ihrem ampt geuiess zu ( rzeigen. Hierüber ist Ihnen
auch vermeldet, welcher gestnlt es mit Ihren so wdI als mit vnsenn Jhär-
lichen Examiniren hinfort gehaltenn werden solle, Nemlich dieweil
gebreudilich, dass vonn den Präceptores zwey Jh&rliche sondeiliche
Examina Öffentlich gehalten werdenut so sollte derselben eines bis vff
vnaere Ankunft mb Trinitatis aufgeschoben . . werden. Zum dritten
aeind nach mittage desselben vnd Vormittage des folgenden tages alle vnd
jede knaben durchauss in den stücken der Christlichen lahr des
Catechisnii vud auderu artihus dorinn sie bissanher vnf errichtet vud
geübet worden, auch in vers vnd Pr<>?am srhrciben vorhorot vud exaniiniret
worden, vnd seiud <ler mehrer theil dcrselbigen Ihrem alter vnd verstand!
nach wül bestanden, das man billich drumb gott dem allmechtigen vnd
vnsem gncdigstcn Churfürsten zu Sachsen zu danken. Vnd ob wol etzliche
wenige etwas nachlässig vnd muthwillig befunden vnd derfaalhen in sonderiieitt
den anderen zum absehen vns öffentlich voigestellet vnd von uns zum
jleissigen stndiren vnd guter disciplin erinnert worden, So haben sie sich
doch dermassen dorauf erzeiget und bcssening zugesagt, das auch der>
selben halben hinfort gute hofiiung zu haben.
Gebrechen so vnderthenigst zu berichten gebeten word»:
Erstlich . . wird es vnserm gncdigsten Herrn anheim gestellet, ob
sein GImrf. 6. einen vom Adel hinfort wieder zu dieser srhuh u Visitation
verordnen wollen; mm nudern als auch Inebcvor inu Jedes kiuiben
kauimer ein Flocken bette LTorduet wordcnn vud dieselben bcttenn zum
mehrem theil nunmehr verbraucht vud abgegangen, So hatt der Verwalter
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19. Clifivtopli Sclieneiilierg de ▼iBltatlonflras ete. S45
vnd die PrSoeptores gebetenn , daa der abgang solcher bettenn fftr die
gar wnieii gnadoikiiiAeo fridemmb za erBetsenn möchte »igelassen Tnd
erianbet werdemt.
Zum drittepn bitten die Präceptores vndcrthenigst, das diese
schule mitt einer gnedigsten Zulage bedacht werden möchte, domit eine
Bibliothecam doselbst aoznrichtenn irie dann za Pforten bewilliget.
>) Siehe aehon Vialtationabericht 1669.
240 l[itteUiingeiid.Q«i.f.ddtiteeh«Bnl«hiings-ii.8cha]geBeh. VII.
20.
l>ie Feier des Grei^üriustestes an der Aiiuaberger
Lateinschule im XVI. Jahrhundert.
£iu quellenmässiger Beitrag' zur Geschichte dieses Festes.
Pavl BairtuBoh, S(>uniiorol)(<rlohrer in Aiuiabdr;^
(Künig^reicU Sachsen).
Ueber das Gregoriusfest, seinen l^i-spi-ung und seine Feier,
ist in älterer und neuerer Zeit bereits viel geschrieben worden.')
Trotzdem liefern namentlich dl4> örtliclien Quellen noch manchen
interessanten Beitnig, so auch die Annabcrirer.
Das genannte Schul- und Kindorfr'st. dessen gebrauciilichstor
Name beltanntlich Aon dem mittelalterlichen Schutzpatron der
Schiile, dem Papste (iregor dem Grossen, abgeleitet wird, das aber
in Annaberg — wohl in KiinnerunL: ;in seino älteste Heimat, das
alte Korn — auch gern rallados festiuu genannt wird'^), wurde
*J Allein in dieaem Jahre Ober das Gegoriusfeet an e&chBiflehen
Schulen drei Arbeiten erHChienen: H Dnbritz: Etwas vom ulten (iregurius-
festo in sHchsiöchnn StAdteii {Wim. Beil. d. „Leipzg. Zt-. ' 1897. Xo. 80).
— E. H« \ iloareich: Das Gregnritisfest im Hi\chsi3chea Hrzgebirg-e, mit
boHunderer Berttcksichtiguug Freiboigcr Vcrhaltuistio (Mitteil, dos Froiberger
Alteitumaver., Heft 88). — P. Bartuaeh; Die Annaberger Latehiaehnle sur
Zeit der ersten Blute der Stadt und ihrer Schule im XVt Jahrhundert:
Bii>he dort iL Haupttell, III, 8 (unter Erziehungsmittel, spesieU Be-
lohn un gen ^
') Mit letzterem Namon ^oileu die iücaigen humanitjtiächen Bericht-
erstatter olmB Zweifel auf den Znsammenhang doi Kinderfeetea ihrer Zeit
mit dem alCrömieehen Feste der Quinquatrus hinweisen, die su Ehren der
Minerva von ullon, die diesn ü<<ttiii als Schutzpatronin verehrten, ulso
auch von dm le rnenden Kindern. '^>'\Q\ort wunl' ii. V. r;xi. Ovid. Kast. III
bUU ff., inabes. bl5: Pallada nunc puori teiuTampi^- inaio jniellae, Qui benc
placarit Pallada, doctus orit. Ob dieser Zusammcnhaug iu Wirklichkeit
existierte, ist eine andere Frage.
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20. Die Feier des Gregoriusfestes etc.
247
aus dem katholischen Miitrlalter auch in die protestantische Schule
herübergeüümmeii. In der Auiiaherger T^iteinschule, dir» ^vie diu
Stadt Annaberg selbst auf der Greirze zwisclieii Mitielaltei- und
Neuzeit ^^r-i^rUndet worden ist (1498/U9), und die im XVI. .lulir-
huudert nach Zahl der Lehrer (5—6) und Schüler (bis TuO). der
Klassen (5 — 6) und Lehrzimuicr (4), üu( h Art des Uiiterrichts-
bt'tr iebes und der Eraehung neben den ;^'rö8si. n iiiid besten
Schulen des Sachsenlandes einen Platz verdieut 'l. ist es jedentalls
schon sehr tiüh, vielleicht schon 1512 (nach chronikalisoliem
Berichte), sicher aber lange vor 1572, in welchem Jalire es eine
IJmfonnuug erfuhr, eingeführt gewesen, und bei der Vorliebe des
Er/.gebirgers für derartige volkstümliche Feste (man denke nur an
die Anoaberger .Käth-I) ist es kein Wunder, dass die Feier hier
sowohl zur YoUen, glftnzendsten Entfaltung gekommen ist, als auch
bis in unser Jahrhundert hinein, bis 1824, dch erhalten hat^.
Wie^sie am Ende des XVI. Jahrhunderts (um 1589), sowie einige
Zeit vorher (vor der Reorganisation 1672) verlief, darQber giebt
uns der bekannte Ännaberger Chronist und berfihmte Schuirektor
des XVI. Jahrhunderts M. Paulus Jenisius oder Jenisch (später
Hofprediger und Ronsistorial- Assessor in Dresden) in seinen 1589
augelegten Ännales scholae Annabergensis einen vollständigen,
wenn auch kurzen Originalbericht. In Kapitel V genannter Quelle,
das die Uebeischrift trftgt: Scholae instituta, mores, oonsuetudines,
findet sich neben anderen interessanten Baten Uber Schulordnungen,
Examina, dramatische Aufführungen. Ferien etc. folgende Be-
schreibung dee Schulfestes:
PALLADOS FESTVAI.
l'ueros ad schnlam ronvocanili talis quondam') ratio usuipata, ut
totus grex Schola^ticub, parvubä solummodo exclusis, qui per aetatis ac
corporis imbedUitatem prodire non possent, tripartito agmine per arbem
qnotidiano colta*) incederent inque civiam aede« admissi modot facerent
mnsieos eo»que orationft latina ant germanica, nt ad Scbolam filios
') Ausführlich ist (Iber Gründuug, Geschichte und Gestalt dieser
trutz ihrtT Bhcnmiigeii Bertihruthoit (sogar Mcianchthnn Ix'clirto sie mit
oiiieui üeiiucho!) bulbvergesseuou SScholu Auimbergeusis iu des Xerümen
obehgenaiuiteiii Buche (Beilage s. 4. Ber. des K^L Lehreneininaraj berichtet.
') Aafgfehoben 'Wttrde derGregoriiuumsag in den «aeheltchen Scholen
— nach mehrmalifT*^'") Anlaufe 177:) und IbOö — erst durch das Volke-
echulgcaetz vom 6. Juni iHlib. An seine äteile trat das moderne Behulfest.
•■') Vor lü72 unten).
*) lu AUtagskleidung.
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248 Mitteilang«a <L Geo. f. deutoche ErdelmiigS' u. Schulgeoch. WTL
mitterent, per emn» eai dtcendi partes mcniiit»ebaiit*)« in^tarent Singalis
agminilms, qiaoe Qioros appeHainnt, ex adoltioribiu qaidam praeerat, qni
Mnsicos concentns moderarotur ac reliqnos in officio, dam per platcas
irent, inque rivium aedibus contincret. Fiebat hoc veterum iiisUtuto ipso
Groporii die') aut. ?i n?rh ronsfitutio asperior incideret. paulo post:
<iuravitque consnetmio ca ud aimam usqa« 1572, quo tota Ula ratio sab
M. Jagenteiiffolio osl inimutata''i.
Parvuli cuim caadidati^i prius in tcuiplu convenirc jnssi äuut, quos
qaidam Salvatoria penoiuun gerens^) praeccdit; seqauutar paeri Sjnn-
pbonici: medimn agmen Episcopi quldam habitnm gerens tenet^, et non
roolto postiUademate, iceptro, monflibaa anreia ae veete precioea andcttts
paar eqao Tectas*), cnjns latera »t^patoree daadmit, praeeiiiitibm aliquot,
qoi proeeruni persona?; snstiiieiit Atqae baec pompa per plateas vrbiB in-
grcditur, hymnis ac Musico ronrcntu apparatusqnc splcndorc parvuloniin
animos ad se alliriens. ut qui cunctanter alioqui ad Scholam veniunt, specta-
culia illia deliniti magoifacere discant rem Scholaaticam, ac discipUoae
*) Durch den Sprecher.
') Am 12. Mar*.
') M. Nicol. Jagenteuffel aus Königsberg- war in Annaborc: Supor-
iotendent 1667—1574. Durch ihn wurde statt d«a seit der i^elormation
vereinlachten Modus der Feier wieder der prunkvollere des ausgehenden
Uitteiaitore eingefOhrfc, demaofolge das Fest in einen Irirchttchen und einen
weltlichen Teil zerfiel (a. Palraer in Herzogs Realcncykl. V, 865 ff.). Diese
Reorganisation gab den spateren Annaberger Cbr* ni tcn und Srhulrektoren
M. Georg Arnold iChronikon Annacborgensp und Adam iJauiül Kichter
(Umständliche Chrunica utc. 1746) Aiilasä zu der Üelmuptung, das (iregorius*
fiest sei 1672 nherhaupt sttm ersten Mate hier gefeiert worden. In anderen
sachsiBchen Städten scheint thataftclilich die Uregoriuefeler in der ersten
Zeit nach der Reformation geruht zu Iiabcn. so in Freiberg bis 1BS2 (Süss,
Gcech. des Gymn. z. Freib., S. öü ü'.), in (irimnia bis \nH3, in Oschatz bis
löbH etc., obwohl die Reformatoren dem Feste durchaus nicht feindlich
gogenttlter standen.
Richter in seiner Chronüc: ,in weissen Heni1)den*.
*) Oemeint ist .der Salyator oder der Herr Christas selber als der
einige und obriste Bchnlpatron, der nicht allein im 12. Jahre seines Alt«rs
die grossen Doctores mit höchster Verwunderung unterrichtet, sondern
auch in denen jüdischen Synagogen gewaltig golohret hat." (0. Beonewits:
«Entwurff des Uhralten Gregorius- und Schulen-Festes 1652".)
^ Die Rolle des Bisdiofe, nach der die ganze Pestliclilceit wohl auch
das Bisehoftspiel genannt wird, fiel demnach auch in naehrefonnatorischer
Zeit nicht weg. Freilich wurde sie von der des „Kaisers* mehr und
mehr überstrahlt, und endlich ging ^ie unter dem Schwärm von allego-
rischou Figuren, von Gullorn und Gütiiaueu, Alusen und l-^ngoln, die sich
namentlich seit dem XVII. Jahrhundert im Festzuge breit tuacliteii, ganz
unter.
Richter a. O.: »der Keyser genannt*
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20. Die Feier des Gregoriusfestes etc.
249
so suhniittant cnpidius'). Usu tandcm receptum, üt concio in templo
publice hiiberotnr^; oaqiio pfrarfa de Soholi-; enniniqno, nni Iis pracstint,
pareiitum quorpie ac disripulorum officio Kpiscopus prinmm, hinc pueri
quidam Snoptricr^ri ad poptilnm dissorant, factaque naminis divini
invocationo dictisque ab Ecdesia prccibus ordiuo pucri c tmplo iiymnuDi
racrnm eanentes egrediantiir.
>) Mit naiver OlfenheU wird hier sugeatandeo, daaa der Kkuptaweck
der pomphaftoD Feier nicht die BdueUgang der Schiller war, aondem die
Anlockung derer, die e^ wcrdon wollten oder sollten. Der gl&nsende Auf«
7A}g. durch den dip Ivatoinscli nie nicht nur die Herzon der Kinder gewann,
sondern auch die Augen der Bürgerschaft auf sich zog, wnd durch den
sie — auä ihrer ätillen Verborgenheit h.erau»tretend — als offizielle, von
der Obrlf^it begflnstigte und bevoirechtete Stadtochule sich erwiea,
war in jener ^ichulzwaoglosen Zeit, mehr noch als heutsutage die Zueker-
düte, ein n^Mii^cr Aüspom zu Avilligem und flciHwipnm Schulbe.such und
namentlich auch ein nicht zu unterschntzendet« Fürdernis im Kampfe g-egen
die gefährliche Konkurrenz der Neben- oder Beischulen, bo auch in Anna-
berg, wo damals die .verstatteten 6 deotsschen Schnlea der Knaben und
Jungfraolein* und ausserdem eine Reihe von Privataehulen (unter ihnen
auch die des „berühmten und fürtrefflichen Rechenmeisters Adam Ries")
und Winkelschulen gern dip i^chnlfr wf-gfin^rfn, und wo l.'7t> dio Collogae
schoiae klagen: „Es lauflfen ihr viel uns der schulen, die hernach in
deuteschen schulen sine testimonio angenommen werden* (Sftcha Haupt*
staatsarch. Loc. 2012, Visit. 1679, Bl. 188b. — AuafQhrllcheres darOber s. bei
Bartu8ch, Annab. I^ateinsch., S. 8—6 u. 91f.). — Aehnlich singt der dritte
Vers des alten GregoriuaUedee:
Diess Spektakel zu Ruhm und Preis
Don Künsten wird ^'■ohalten,
Anreizung giebt es», auch zu Fleins
Don Jungen und den Alten,
Das« Eltern solin anff frischer fartb
Zur schul sendten Jhr klnder sarth
Und tiott es lassen walten.
*) Schon nach dem kursSchmschen Bchulptsne von 1628 ^.sollen die
Prediger die leute vcrmanon. yhrekinder zur schule zu thun" (Vormbaum,
ev, Schulordn. T. 1). In der kursiU hsisrhen Schidordnun'»' von 158() werden
jährlich zwei Kchulpredigteu angeordnet (Vormbaum a. a. 0. 249, 261)
In Annaberg wurden solche Bchulpredigten schon lange vor 1580 floissig
gehalten. 1617 dagegen klagen bei der Kirchen- und Schulvisitation die
Lehrer Obmr den Superintendenten: „In toHto Scholnstico entbricht Er sich
der ppbOrlifhen Schnlprodiirt, fri\irt di<'srll)i;^p andoni Collpgis auf, du sich
iiif'hr gebühren wnlte, der Schull zu willfahren, diesoll)i;_'-e zu comnieu-
diren, nutz undt nothwendigkt^it derselben anzuführen vnüL als»» bey der
Bürgerschaft mehr adfecUon gegen die ScbuU vndt derselben Diener sn
erwecken" ^S&cha» Hauptstaatsarch. Loc. 2005, Via. 1617, Clag vndt Be>
achwerungspuncta der Bchull VI).
*
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250 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Bndehung»- n. Selralgeadiu VIL
PecaniA a pneria collecta*) Lndimagistro traditur, qua tyronrnlis
tluiciiiaria, iivae passac, amvfrdalap, vpxrlla rliartacea-), p&im bis rocttis,
qua«? ob recurrentps in sp flexus spinis, a duricie crustnlaf vucanf ^i, prac-
bciitur Idom Ludiinagistor de pecuina in collppns quitlpiain ^) crugat
üsque ob praestituin in deducendis per plutcaä pucris ofüciuia pruiidiolum
praebet et coenam.
Quaestiones et responriones de re Scholastica, quas annuatim in
feste PaUadoa pneri qnattuordecim sceptrigeri finita in templo coneione
tiU iuvioesi opponentea et respondentes recitare aolent, in gratiam lectoris
lioc loco adjectae*).
Clu'i.stliche fragen und Antwort auf 8. Uregori Tag von den
1. Warumb Pi rdif^et mann auf diesen taji von Sclinlon?
R Dicweii mann an diesem Tage die neuen Scliüb rit in mit fi'inon
ecn nionien in die Schule holet *^), soll mann die Obrigkeit vnd Christliche
Pfarrer vnd fromme ültem, SchulMeister vnd Schüler erinncni, wie es so
ein thener vnd klMüdier Schatz ist vmb eine ObristUehe fud woUange-
richtete Schale, Tnd was ein Jeglicher seines Aiapts nnd Diensts halben
bey der Schale thnn soll.
Auch in Annaberg wtinio demnach beim Umzüge von den Schulern
Geld gesammelt «Ein Bettelgang* ist trotsdeBi der Gregoriusumguug
in Annaberg nicht gewesen und — soviel ersichtlich — nie geworden.
(Andere in Urimma, vergl. Dftbritz a. a. 0.) Vielmehr bewahrte er hier
»tetä 8cineu flaupt* barakter als Schulfest, im Oegeosatse au den zahl-
reichen SingunifjT.iii^en.
HoHinen, Mandeln, PapiurfiUi neben.
*) Brezeln, «das mit jenem Tage unsertrennliche Backwerk.*
*) Kandbemerkung: Hodie alnguUs 6 gr., Caotori 8 gr.
Der folgende deutschp Text ist im wesentlichen nieht nach don
Aimabi^r^er SchulanTialcn zitiert, wo er erst npfiter, unscheinenil von der
Hand de» Kektor M. Johann Vogelhaupt (ii. hier I0o7— IGTü), eingetragen
ist, sondern nach der offenbar alteren Lesart, die sich in einem in der
Leipsiger Btadtbibliothek aufbewahrten Sammelbaode Alterer, handschrift»
lieber Annahergiana findet. Da letsterer Hand, wie in „Annub. Latein-
schule" 8. 189 nachgewiesen ist, aiiH den Jahren ]tVVi IfJO^I stammt, so
iat damit da» hohe Alter der Frageti und Antworten, bezgl. ihre Entstehung
und Verwendung zur Zeit dea Jeuisius im XVI. Jahrhuudert erwiesen.
*) Vergl. den Anfang des oben erwähnten Gregoiiusliedea:
„Ein alter Brauch bei Christen ist,
DaSB man zu diofPii Zeiten
Die .lug^end durcli di<' Stadt aufUeiit
Und in die Schul thut leiten.
Idit Klang, Gesang, lieblichem Ton,
Auch mehrem Ceremonien schon
Dies Schulfest wird begangen" etc. etc.
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20. Die Feier des Gregoriusfestes etc.
251
2. "Was ist denn eine Christliche Schule?
Es ist ein rechter Lustgarten vnd Paradeis Gottes, darinnen Gott
die geteufliten Kinderloin unterweisen lest, damit er durch ihre unschuldige
Zünglein gelohet, vnd den Teuffei sein Reich zerstöret werde, vnd darinnen
er lest erziehen, dii- friede, recht vnd d<'n leutcii Ihre Gt siindheit erhalten
helffen'), Darunib hatt Gott seinem eiuigea Sohn ueben allen groseu
Proplieten aacli lassen Scbnle halten.
3. Was soll die Obrigkeit'') bey der Schule thun?
Sie soll vornemblich dahin trachten, wie der Hauptmann zn Knpcr-
naum^J, das Schalen erbawet vnd erhalten^) vnd das sie mit Tüchtigen,
AufTallig it*t es, das8 hier von den drei Stilnden, fHr die die Anna-
berger Schule wie audere ihre Schüler erziehen woUlo (statu» ecciesiaHticus,
8t civilis, st oeconomicus) nur der mittolste aufgeführt ist, dorjejiige der
Politici, denen a«eh die Mediä bdgeiftUt werden. VengL Ober den Zweck
der Schule des Verl Asnab. Lateinaeh., 8. 116 ff.
') Der weltlichen Obrigkeit, an die bei Einführung der Reformation
d:ig Scliulregimeiit überall überging, wird treue FOrsorgp für d'io Scluden
sfiiun von Luther Tind Melanehth«in oft und warm iinH Herz g^elt-gt. An
unserer Stelio iat mit Obrigkeit die Ortaachulbehörde gemeial, albo Sladt-
pfairer und Rat, in deren Hftnden in Annaberg echon in der kathoüacheo
Zeit und endgültig seit der Einführung der Reformation (i. J. 1639) die
Leitung der Stadtschule, damit freilich auch die fast alleinige Für-
sorge für ihre HrlmUung lag, und denen z. B. 1555 von den Vinitatoren
aneinplolüeu wird, „was zu beforderunge der Schulen vnd derselbigen
Diener vonnotten sein will, jhres vermugcuns höchsten vnnd ganti ge-
trewen irleiasee su befordern* (Annaberger Ratsarchiv Vlait 1556, Abschiede
Art. X. — Mehr Uber das Schulreginicnt, seine Organe und Punktionen •.
in des Verfassers „Annaberger Lateinschule", S. 19 Gi*).
Von ihm riihmen die Aeltesten seiner t^tadt (nach Luthers Ueber-
setzung von Luk, 7, Tj): „die Schule hat er uns erbauet."
*) Die Annaberger kamen dieser Verpflichtung treulich und willig
nach. Binnen IGO Jahren erbauten sie drei SehnUillueer (1512/14, 1549,
1604), von denen die beiden lotsten, die «steinern xogeriehtet* und
„stattlich erbawet" waren, unter den oft recht „vbel gebeuethen" Scluden
der engeren und weiteren Umgebung weit hervorragten und weit und l)reit
gerühmt wurden. Für den Neubau des Jahres i6(.>4 brachte die Studt in
schwerer 2eit, nach dem grossen Stadtbrande, 1124 fl. 9 gr.^ Ja nach
anderer Leaart sogar an 1866 fl. auf (also nach heutigeni Geldwerte gegen
27(JO() iNf.), Sununen, die im Vergleich mit dem damaligen Werte der Hauser
(ein Bürgerhaus kostete danial.-- in Annaherg 26<Jfl.)und den Baukosfen anderer
Schulen (die stattliche Schule der Naelibarstadt SehnfcluTg kostete t1.) un-
gemein huch siud. ,Zu vnderhulthuuge der ISchuelou' etc. werden in den
viersiger Jahren des XVI. Jahrhunderts j&hrlich ,100 IL vflb wmügst'* aus-
gegeben. (Ueber die Annabeiger S^ulbautoi veigL „Aunab. Lateinsch.**
S. 44—52, wo auch ein interessanter Grondris« von 1649 sich findet)
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352 Mitteilungen d. Ges. f. deatsche Emehung^- u. Schulgosch. VIL
Gottrsfflrchtis^en, gelehrten Vnd vltisiptii Icutt n bistellet worden') vnd soll
nach dem Exempol Alphonsi (':') scIIh t mit ziisrhoii, (l;is <lit' Kinder in
uöthigen vnd nützlichen Dingen fein richlig vnd trewlich unterweiset
werden^: Tnd soll getrewe Diener nicht leichtlich Übergeben Tnd oflt
wechseln, sondern sie ihre getrewe Dienste auch geniesen lassen*). Denn
') Die Sorge für ausreichende Lehrkräfte war nicht weniger wichtig,
die Erinnerung daran in jorn-r Zeit nicht \\oni}x»T nnfig. als die br'zg'l. der
ScbuUokale. Auch in diesor Hinsiclit war in Annaberg trefflich gesorgt,
»uwohl waa die Zahl, ai» auch wus die Art der Lehrer anbelangt. Uiu-
eichtUch der Btttrlce des Kollegium» (5-6 ausser den Oblichen Hlllbkraften)
etond die Annabei^r Schule neben Dresden« Freiberg, Zwickau, liotpaig.
Lobende Zeugnisse tlber die Tüchtigkeit und Treue der Annaberger Lehrer,
die z. B. 1575 «als pclartp, ^i)tsfiu'rcht5<;f>. wf>l«»eschickto MonnfT. in ihrem
Dienst vndt Ampt einigk, getrewo, vleisMig, kegen dorn Rath vnd gemeine
Stadt danicwar erfunden* werden, finden sich in den VisitatioDsbeiiehten
und sonst an Dutzenden, eine in jener Zeit, wo von dem Lehrerstande als
Ganzem nicht viel üute:^ i: i e richten war, inunerhin bemerlcenswerte Br^
scheinung. (Uebor die Annabcrgor Lnhrer — Anstelhniir. Vorbildung:,
Alter, Einkumm**n etc. — vergl. „Ann;il). Lateinsch.". S »i'J—^D.^
Die im Mittelalter fast noch ganz fehlende. uIjct seit der Refor-
mation allenthalben eingeftlhrt« Bchulauf»icht wurde auch in Annaberg
fleissig Ausgeobt Oertlichc Injektionen durch die Im^ectores seholae,
den Superint4^>iK]i nton und die Schoiarchen oder Schulberren, wurden all-
wöchentlich in Form dtn consnra monim und censura studiorum abge-
halten, Scliulvisitntionen durch die Ubcrhrhördo, das Konnistorium, fanden
in Annaber;:: von I .■>;I9— 10<K) fünfzehn mal ntutt (a. a. O. S. l'4 - i'O)-
Ebentallä eine in joner Zeit recht nötige Muhniuigl In i^iiaaberg
allerdings waren die Beeoldungsverhftltniese zeitiger und gOnstiger ge-
regelt worden als an den meisten sAchsi^chcn und uusserafichsiechen
ScliuliMi ;4-loicher Art. Sdion \><^\ Einfilhrunj^j^ drr nofnrDiatinn InJ^O be-
zo^^en dip Annabcr^-or LclinT Icsten Gelialt und zwar an barem Gelde, die
vielen Nebeneiukllntte ungerechnet, der Schulmeister HAt fl., iSupremus und
lledins je &0 fl., Infimns and Cantor je 40 11. (Nach Akten dea Annaberger
ISatearchivs.) Trotsdem nuin also in Annaberg die Lehrer ihre treuen
Dienste geniessen lioss. klagen 1017 die Vjsitatoren auch hier:
„die mutatione» seien hier crebrae mit denen Praeeeptoribua und seher
schädlich den Schulen, die geringen SStipendia aber verursachten solche
crebras mutationes"' (Hauptstaatsorch. Vis. 1617, Loc. 2(X)^, BL2h7a), und
nicht ohne Grund, denn in der «weiten Hälfte dea XVI. Jahihunderta
wurden in Annaber^ angestellt U Rektoren, ir» Konrektoren und 24 Bacca-
laureou, es amtierte also oin Rektor ndcr Kmirektfir nur durchschnittlich
4 — ü Jahre. l>ir> allgemein Itciuerkbure l'nruhe innei halb der Lehrerschaft
zeigt sich also auch m Annaberg. (Eine ausführliche Darlegung der Gehalts-
verhUtnisse des XV). Jahriiunderta a. in Jüinab. Lateinsch.", S. 7d1L, s.
dort auch das gleichseitige Blnkommen der Geistliehen, des SeharEnchters,
der Maurer und andet-er Annuberger Beamten imd Arbeiter, sowie gleich-
zeitige Preise iUr LebonsuHtteL Kleider etc.)
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20. Die Feier des Gregoriuafeütes etc.
353
vnib einer Christlichen Schulen wilh'ii, da mann taglich Gott lobi t vad
anrnffet wird oftmals eine gautze Stad, Kii*cb, regiuient vud die uohrung
gesegnet.
4. Was soll ein Christlirhor Pfari t r b» y der Schulen thuiT.^
Kr soll flrr Scbnh n chiiicli auf (irr ('auci'll gedcncken, vndt si.' mit
Gottf's Wortt pieiher» vinl fördern bclff* ii, vud ihr bey der Obrigkeit,
Reichen vnd Sterbenden leuten iui bebten gedencken"-'): auch daran sevni!
das Fried vnd Einigkeit zwischen Sclml \iid Pfarr gepflantzet vod erhalieu
werde*) Ynd soll nicht mit der Schule theilen wie die alten Chorherren,
die behielten die Zinsae, 80 die Fürsten zur Schulen geben, vn4 die arbeit
brfohlen sie Tngesefaickten leuten'). Sie sollen anch sehen, das die jugend
rein in CatechiBsmo aufwachse*), vnd sollen sich amier Schüler getrew-
liehen annehmen, d;is >ie können Btlcher haben vnd fortkommen*'). Denn
dieweil sich Gottes Sohn nicht gescbcniet batt Schul zu halten, sollen alle
Christliche Pfarrer ihnen die Schulen auch lassen getrewlich befohlen seyn.
*) Gebetet wurde in der Annaberger Behüte täglich sechs mal.
*i Ueber die Schulpredigten s. oben! I>ie grosse „Annidberglflche
KirehenordnungvnndtSchulbeatellung'' vom Jahre 1578 beHtimmt in Punkt
XV: Bey den Krankon vnd sterbenden pcscliieht billich Vormnlinung durch
die üiaeon, eo »ie benuchen, daa ein Jeder nach seinem Vermögen vnd
guten Willeu die Kirch vnd Schulen mit Jhrem gut auas miltigkeit be-
denoken^ etc. Von dem gttt«iBrft)lg dieser Vermahnong aeugen die vielen
und hohen Legate für die Schule (im XVI. Jahih. annJUiemd 60, einselne
bis SU 1000 und 2000 fl ).
^) Diese Mahnung ist in jenen Zeiten, da .,nnfnials zwirfchen denen
Pfarrern und Schnl-Persnnen Zwietracht und L'neiuigkeit entstehet" (Kur-
öiithö. Schuiurdnunj^ v. lübU) nicht üburfliitjtiig. In Anuaberg acheiut sie
fhst durchgangig beherzigt worden zu sein, mit wenig Ausnahmen, in denen
die Geistlichen den Lehrern, s. B. „dem allhier bertthroten Rectori Job.
Rivio, vielen Dumpf und Tort angethan/^
*) Ans{)iolung auf die katholische Aera, die in Annaberg bis zum
26. Juli löay dauerte.
*l Hoinbeit d. b. liekenntnismflssigkeit de« tiljuiben» und der l^ehre
wird namentlich in der von religiösen Lehratreitigkeiton übervollen zweiten
Hftlfte des XVI. Jahrhunderts wieder und immer wieder betont In Anna-
berg ergab die oft und scharf gettbte Bekenntniskontrolle fast stets be*
friedigende Hesnltato. „Catecbismus Lulheri wird getrieben ohne allen
vordecbtigen Zusatz" fHauptstaat:^.uTh. Via. 159s. I^,,-. v;(M). jJl. ;520;.
*) Ansgiebijje I'ürsor^e lür arme Schüler war in <ien Zeiten hnU]
nach der Hcfurmation, wo äieh einerneits die Schüler in der Mehrzahl aus
den mittleren und unteren Stftnden rekrutierten, und wo andrerseits das
bisherige kostenlose Klosterstadtum wegfiel und das mittelalterliche Bettet-
studentontum und Bettel.schülertum bcschrllnkt werden sollte, doppelt nötig.
In Annaberg fiel dank dem lieichtura und der ..miltigkeit'* der HfVrg'er
diese Unterstützung der „Uuvormugeudeu" ganz besonders reichlich aus.
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254 Ifitteilungon d. Ges. f. deutsche Erjsiehunga- u. Schulgesch. VII.
( ■■ - ■ ■ » - -..
5» Was sollen fromme Eltern bey der Selmlen thnn?
Sie sollen ihre Einderlein, die ihnen Qott bescliehret, Gott sa ehren
vnd dem Yateriftode som besten» vleissig in die Schnle schicken vnd sie
nicht an der lehre daheime verseamen, welches eine grose SQnde ist*):
Vnd sollen täglich fOr ihre Einderk in beten, Gott wolle ihre stodla segnen,
vnd sollen die TiPhror in ehron halten vnd sich danckbar gegen sie erzeigen
wi> Ilannu Sainuclis ^[iittcr that- So will Gott vmb des gebets, emsts
vnd danckbarkcit willen der eitern diu Kinder wohl geiubten lassen.
6. Was sollen getrew Schulmeister thnn?
Sie sollen ihre Schfllleilein lieb hshen vnd fiterlich meynen, Tnd in
der ftircht Gottes, neben den sprachen, guten Künsten vnd ehrlichen Sitten
mit allem vleis aofidehen'), ?nd sie mit (^pff vnd beacheidenheit attch'
reichlicher als wohl in den meisten deutschen Städten. Von den («4» aus-
wärtigen SchtUem, die 1666—1570 aufjuenommen wurden, waren 608 Heu'
dikanten, d. h. AInioBenempfinger, ,qui ▼Ol in ecludn vel In civlum aedibus
civil! m munificentia sustentantur". Ihre Zahl verhielt sich zur Zahl der-
jenig^en, „qui euo sumptu vivunt", 1556 wie 36 : 6, 1558 wio öS : G, 1559 wie
70 : 9 etc. Der „vorrath" des BogenaDoten Schttleralmoseus (Aerarium
seholastlcum)*, d. b. der SUpendlenfondabellef sieb 1617 nach aktenmassigen
Berichten auf rund 8600 IL, also auf mehr als 60000 IL
*) Bchttlswang gab es noch nicht, höchstens eine Art moniliechen
Zwange. Von Annaberg aber berichtet 1578 der Superintendent den Visita-
toren: ..Halten alle ihre Kinderlein vloisr^I^ zur Kirchen vnd Schulen"
Pauptstaatsarch. Vis. 157H, Loc. 2012, Bl. ö4:i).
') Der Aunaberger Hektor M. Friedrich Wolfeshusius (Rektor hier
1694/95, spater in Leipatg Rektor dar Nioolalsehnle, dreimal Rector Magni-
fieoe der Universität etc.) bemerkt fai einer lüer gehaltenen Schnhede
treffend: talem esse uniuscujusque filium foris, qualem ipsura parentea
velint enso (inmi. und mahnt die Eltern 1. zur häuslichen Zuchtttbung:,
2. zur Hochachtung: der Lohrerarbeit — um der Söhne willen. Letztere
Mahnung ist um so nötiger. Je allgemeiner und empfindlidier sich damals
die Undankbartceit der Eltern gegen die Lehrer und die Oeringachatsung
ihrer Arbeit an den Kindern bemerkbar machte. Der Chemnitier Rektor
Uaynecciua nngt in bitterer Ironie:
„Wer frnnil)de Hunde zeucht vnd nehrt/
Vnd aridfi ' louto kindor lert, /
Der lu'iei^t duuor die helsdie pein, /
Das muBB er lan sein tranckgelt aein.**
Aebniiche Klagen hören wir von Luther (das Lehramt sei ,,bo schändlich
veracht, als sey es gar nichts*') und Melanchthon, aus Chemnlta, Schlettau etc.
Pietas, Utterae (nach ihrer formalen und materialen Seite gesondert
in linptae und :ir*'^s), virtus — in v5Hifj:cr Vrrnaclil.lssifnmij: der Hsthe-
tisclu'ii Bildung — das sind bekanntlic}i die Schulziclp der ImniiinititiHrhPTi
Zeit, wie das neben oder nach Melanchthon, Sturm etc. auch die Auna-
berger Schulordnungen klar und bestimmt aussprechen.
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20. Die Feier des Gregoriusfeetes etc.
255
tigen'), vnd sie ofiPt aar Gottseligkeit und elire vermahnen, vnd ihnen gnte
exempel mit betrn, singon vnd Kleidung fnrtrappn'\ damit sie die liebe
Jugend nicht ergein, vnd sollen vmlj dir Eltern vnd Kinder Undanck-
barkeit willen nicht nngodultig werden, vnd die Srliulcu übergehen, nnd
das gfwis seyn, da sdion die Welt ihre getrewen Dienste vnd niit/liciu'
Arbeit nidit aeliftet nodi Mobnet, das (9iri<tiM Jesus mit aeiiMB lidien
I^gelein bey ihnen in der Setanle ist md lest ihm ihn» arbeit gefallen«
vnd will sie bie seiflieh vnd dort evi^cb rOhmen Tüd besahlen, mit
grossen ehren vnd einer vnvenrelddicben Krone').
7. Was sollen Christliche Schüllcrlein thun?
Sie sollen dem Exempel Christi nach, £jem vnd willig in dir Sclmle
gehen, hertzlich beten, vlcissit' zuliönn, gftn'wlich npctircii*}, ihn' Prae-
Ceptorcs lieben vnd ehren, vad ihnu Ernst vnd Hefftigkeit zu gutthaltcu
vnd ihre menschliche Ahl vnd gebredien mit Eliae mantel sndecken*)t
vnd sollen in gedult das bittre Kranit vnd armselige Brod ans EUsae
Tflpffen eine xoitiang essen vnd ihrer Lehrer Fleiss vnd Sorge ihr leben*
lang nicht vergessen, vnd ^ ihnen etwas in Christi nahmen gegeben wirt,
0 Die Mahnung zum Masehalten im Strafen war bei der Brutalität
do8 damalif^en Strafverfahrens, die wieder durch die Unbandij^keit der
Juprend Ix'dingt war (s. ..AniKib. Tjateinsrh.'' S. IfiO ff.. S. f.). «ehr am
Platze und ertönt auch in den Annuberger Schulordnungen immer wieder-
Die Lehmr sollen s. B. ,4m stFalIiB& nicht pultem mit grausamen, vnerhOrten
LandeflknechtiBchen Huehen oder andern Ulsteiliehen schmaheworten'*, sollen
ausser von den erlaubten virgaram correctionibus nicht auch noch von
colaphis (»t eapif nn) quassationihtif* (?ebrauch marhcn. sollen überhaupt
^nicht gar zu runsch" sein (vom aJid. ruoren = Schlagen zum Zwecke
des Autreibens, voruehmlich dea Viehea).
*) Das Vorbild der Lehrer ist als bestes Bndehungsmlttel in Anna-
berg achon frtthe erkannt und gefördert worden, s. B. in der Schulordnung
von 157s: in moribua regendie pmelaceant ^1 sobrietate, vestimentorum
Convenientia et tegumentorum non monstrosa usurpatione etc.
') ^'^rgl- liUthers tihnlicho Mahnung, der I.olitor mü.ssc ..niclif .sehen,
wie m die Welt vorlolmet und hält, sondern wie e» Gott aclitet und an
jenem Tage rQbmen wird*^ Trotz dieser schünou Worte ging dem da-
maligen Lehrerstande als Gansem die geforderte und aUseit nötige ideale
Auffassung ihrea Berufes noch funt vftUig ab« Die meisten Bcruf^trjlgor
s:th< n hn Lehramte nur einen Durchgangsposten su anderen einträglicheren
Aemicru.
*) Bei dem damaligen last rein niemuralLven Lelirvertaliren bestand
die Aufgabe der Schüler nur darin, das Yorgetrageno zu tiureu und eiu-
suprttgen. Genauerea Ober die Lehrmethode a. in „Annab. Lateinsch/*,
S. 140 ir.
•) Vergl. 1. KSnige 19, 19.
•j Veigl. 2. Könige 4, 88 IT.
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256 Miiteiltiiigen d. Gea, t deutsche Ensiebuiigs- uu Schulgeaeh. VIL
wolil vnd nützlich anlegen'). Vnd sollen des gewis seyn, Gott wolle sie
cmohren vnd zu ehren bringen, als die n-chtcn Barnabas vnd Propheten
KiiKU r, wie er denn die Schüler Elisae wunderbarlich emehret vnd iUkn
Schülern die veilieisung gegeben halt, mann wird essen, vnd wird über-
bleiben*).
QaaesÜoBoin barom redtatione peracta totas grex Sebolasticas
sequentem precatianeulain mm oratiene Doninic« elara voce snbiicit:
Scbulgebetlein.
0 dn vahrer Sobn Gottes, unser ewiger Priester, der da Eindedein
liebest, vnd heisest sie za dir kommen, imd «ilt dnrcb ihre nnscholdiga
Zflnglein, dir ein cwigos lob viul preiss zurichten, vnd deine feinde ver-
tilgen. Wir bitten dich, du oberster Kirch vnd Schnlvater, du wollest
uns, vnd alle Schüllcrlein, vnd Chrisflielic Jugend gnfldi^dich segnen, vnd
sie zu (lein* 11 elirm. in Gott'^eligkeit, Zucht vnd guti'U Künsten erziehen,
vnd Eillc Christliclifii Scliulen vnd Schulfretmde erhalten und ihnen ihre
trewe vnd Vorsorg reichlich vergelten, damit d»*in Reich gemehret, vnd
unsere nachkommen treWe Lehrer vnd Christliche regenten haben, der du
als unser ewiger Bischoff xnd Tater, alle Schulen vnd Sirchen durch
deinen Geist bestellest vnd regir^t, tob nun an biss in Ewigkeit. Amen^
*) In Aniiaber^' hatte man, wie die Ahnosenordnung ' om Juliro löTTi
erwähnt, Stipendiaten „otlt bey nächtlicher weyle uff denen BiorbttJacken
oder Bonetm in heimlichen Gelacken vff den Spielplfttaen vndt nicht aber
ihren rtudÜB beftmdttl'^
•) Vergl. 2. Könige 4, 43.
') Ein ähnliches Schulgebet aus dem XVI. Jahrhundert findet sicli
zwischen anderen hand»chrit'tiichen Notizen auA jener Zeit auf den letzten
leeren Bl&ttem eiues alten Bandes der Auuaberger Kircbenbibliothek eiu-
getngw, der einige alte Drucke (Agenda Hersog Heinrichs, gedr. loa6,
Ordnungen der HerzOge Brnst und Albrecht, gedr. 1678 etc.) mthftlt. Da-
selbst beiset es:
Ein Collect am Schnlfet^t.
Lost die Kindlein zu mir kommen, vnd weiiret Ihnen Holches nicht. AlieL
Daxm solcher ist das Reich Qottea. AlleL
0 Herr Jesu Chrlste, Du Brunn Aller weissheit, vnser eyniger prae-
ceptor vnd hoher Priester, den der himlische Vater vom himel zu hören
befohlen hat, der Du inn der Zeit des fleische» Jünger inn Peine Schul
gefordert, vnd tretlliche ieut erzogen hast, die vou Deyuer Menschwerdung,
leyden. Sterben vnd AuferstdiUDg geprediget haben, vnd der Du wilt, das
man die kindlein au Dir bringen soll, auf das Du durch Ihren mund
gepreiflset werdest, vnd hant Allzeit ein gnedigo» auge auf Kirch und
Schulen. Wir bitten Dirh herzlich. Du wollost Kirch vnd sc1iu1*mi schützen
vnd erhalten vnd lehrer vnd Schüler segnen, ihre hertzen inn einem Geist
mit lieb verbinden, daa sie einander hertzlich meynen» trewlich lehren, inn
Zucht vnd selig Künsten aufwachsen, vnd Dein wort inn Ihnen versiegeln,
das gelerte leute auss Ihnen werd<'n, dardun U reyne Lehre, Fried Vnd
Zucht erhalten vnd Dein Reich gemehret vnd Dein liebes wort reyn vnd
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20. Die Feier dea GregoriusfeBtea etc. , 257
In enger Verbindung mit der Gregoriusfeier erscheint in
Aimabeig im XVI. Jahrhmidert ein Ableger des mittelalterlichen
Rutenzuges, d. h. der feierlich -fröhlichen Einholung der zur Züch-
tigung nötigen Kuten, n&mlich die Kusticatio, eine Art von Schul-
spasiergwg oder Scbulspieltag. In alterer Zeit wurde sie »nach
verbrachtem Schulfeste also wohl zumeist am Tage nach dem
Gregoriusfeete, abgehalten, seit 1577 fknd sie jährlich zweimal
statt. Jenisius, der in Kapitel V der Annales auch die ratio
feriandi behandelt imd dort die schulfreien Tage iu feriae statao
und feriae coDceptivae einteilt und letzteren auch den Schulausflug
beizahlt, schreibt darüber folgendes:
Feriae concepHvas dicimus. quas ob caussani aliquani houestam
vel Magistratus vel Scliolae iuspectores indicunt Quo refereudum
putamus, quod anno 77 institutum, ut vore ineunte rursumque
adulta aetate auturanove grex pueroruni ad locum alicpiem apricum
extra urhera dcdncatur. Kiii^ticationeni appellandani censemus. In
])riitis iiarviili lusitant: inajoros a cantn sacro iufipient^s hido ft
ipsi bt' ohlectant, tandciiii|Ut' fi-uiidilju.s iiistructi, velut ac
liamalia agerentur, ad Vrbeiu atquc iu iSüholam odas sacrafi caneutes
revertuutur.
Auf eine Verschmelzung dieser Rusticatio mit der Gregorius-
fcier deutet der Festbericht, den K< ktor Arnold vom Jahre 1612
giebt: „Den 22. April ist boy scliönen Wetter das Gregori- oder
SchuUfest gehalten worden: Woljry die SchuUjugend schön ge-
.srhiiiüükt, ordentlich uft'n Böhl berge spaUireiid, nebens denLehreiii mit
stliöner Musick gefiihret, doselbst sieh erlu.stiret. wiedfiimi t'rölig au-
heim begleit<>t, unterwegs mit Gesang den lieben Gott, wegen
Schutz und Krhaltung der Schulen, gedancket worden. Dahmahls
der sugeuaiiuie Keyser Jobst SeilTert Sohn gewesen."
(Chronikon II. ud 10 12.)
Spater wurden mit dem Grcgoriusfeste wie auch anderwärts
(na^h Kuothe in Bautzen schon 1418), die dramatischen Auf-
führungen verbunden, die hier von 1559 bis 1786 fleissig,
in der Regel aller zwei Jahre, abgelialten wurden*). In
lauter auf die N&chkouuncu gebracht werde vnd sie uiicli irowe iwhrcr
viid Regenten haben, der Du iselbst alle Kirchen vnd Schulen beätellest,
hochgelobet inn ewi^keit Amen.
Nfthere Angaben über Nutzen, Art und Stoff, Ort, Zeit und
Sprache dieser SchulkoinfUüon. die in Annahrri!; mohr als in faat allen
a.'ichaischen Stadtou und annähernd in dt i .si llii ii \ ollkommcnlu it wie in
der Straiisburgür Akademie gepflegt worden üu seiu scheinen, b. in „Ajmub.
Lateineeh.«, £i. lo6~161.
UiKvUuPgm Ues. t deutocb« Ersiob.- u. SeholCMClilebl«. VU 8 ieV7. Yl
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238 Mitteilungen d. Ges. f. deutoehe Bniehungs- q. Schulgesch. VII.
den Einladungsschreiben, die Mitt« des XVIII. Jahrhunderts
Rektor Kichter erlftBBt, ^iit es als ^eine alte löbliche Gewohnheit
unserer Vorfahren, bey dem instehenden GregoriusfeBte unsere
geliebete Schuljugend auf der IJühne auftreten ztt laSBen"^). Da-
neben aber blieben auch Gottesdienst und Umzug als wesentliche
Bestandteile des Festes in Uebung. ja bei der wachsenden Freude
an Scherz und Pomp, namentlich am Vermummen, drängte sich der
Festzii^: immer mohr in den Vordergrund. AVie derselbe aber an
anderen Orten .Ania.>i.s zu Ausbrüclu'n wüster Roheit oder arger
Frivolität gab" und daher hie und da beschränkt, ja aufgehoben
wurde, so erschien um 1684 auch in Annaberg -bezgl. des Festum
GreiTorii eine besondere Ainudnung zu abstellung aller unanständigen
Mis.^brüuebe iiudt Incoiiveiiieiitien". In welch' überinubener Aus-
gelassenheit trotzdem die Fe.stCeier zu Anfani; des g<»genw artigen
Jahrhundeits verlief, davon giebt nach dem miindücheu Bericht
von Äugenzeugen Sj>iess ein anschauli^ljoi» Bild-).
Der späteren Ausartung gegenüber bietet der oben gegebene
]{ericht aus dem XVI. Jahrhundert — und darin eben liegt sein
Hauptwert — das anmutende ]M\d einer massvollen und siuuvullen
SeluiUeier. die mit vergnüglichem Scherze in weiser Mischung
erzieherischen Ernst zu verbinden wusste.
1; A. D. Richter: Catalf^B discipulonimv quos Schola Annabergenris
docult Titelblatt.
Pnigrainm der Annaberger Realschule von lb62 über Aborglttubeu,
Silteu uud Gebräuche des Obereragobirge» ; das betreffende 8tttck ist
abgedruckl von Heydenrelcb a. a. O.
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21. Aus Heinrich v^' TreitachkCd^IHhUlerzeit.
259
;iTY
21.
Aus Heinrieh von Treitsehkes Sehülerzeit^).
Das Gymnasium zrnn Heiligen Krem in Dresden oder, wis wir
bescheidentlieh nodi zu sagen pflegen, die Ereuzsdiale, nennt ans
diesem Jalulnmdert drei ilirer Schiller mit besonderem Stolze:
Theodor KGrner, Richard Wagner imd Heinrich von
Treitscfake. Merkwürdigerweise konnte sie die Namen der beiden
ersten bis noch nicht vor langer Zelt in ihren Sohfllerlisten oder
in sonstigen untrüglichen Aufeeichnungen nicht nachweisen, obwohl
der Besuch der Eieuzschule für Kfimer doreb eine alte und nicht
unglaubwürdige Ueberliefenmg behauptet wurde, fUr Wagner durch
sein und seiner Schulfreunde Zeugnis ausser Zweifel stand. Dass
Carl Theodor KOrner die Ereuzschule in der That besucht bat,
ist dann wohl zuerst durch einen Brief seiner Huttor an die Tante
Christiane Sophie Ayrer, geb. KOrner, erwiesen worden, den
Karl Elze in den »Vennischton Blattern* (Kothen 1875) ver-
öffentlicht hat. Es heisst in ihm: «Carl (diesen Vornamen ver-
wendeten die Eltern für ihren Sohn in seiner Jugend allein als
Rufnamen) lernt recht viel auf der Creuzschule, der Vater ist zu>
frieden ..." Dieser Brief mms um das Jahr 1805 geschrieben sein
(vgl. S. 4 der Schulnachrich teu der Kreuzschiile vom Jahrie 1892).
Wenn nun trotzdem Körners Name nicht in der Aufnahmeliste, die
aus jener Zeit vollstänflifi: erhalten ist, verzeichnet steht, so hat
man das darauf zurückgeführt, dass die Kreuzschule damals ausser
den vom Rekter aufgenommenen ScbQlem auch noch von so-
^) Dies« HittoUungen wollen nur ab eine Are von LttekenbttaBer be-
tiAchtot werden für einen eingehenderen Beitrug nus der Geechtclito der
Kreuzschule, der der Schriflleitung zugesagt war, aber infolge plötzlklipr
VerhitKlenin^ dos Herren, der die Arbeit Übernommen hatte, nicht bereit
geatolit werden konnte.
17»
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260 Uitteilungen d. Gea. f. denticIiA Bntehungft- n, Bchulgesch. VH.
genaimten Privatisten besucht wurde, die von einzelnen Klassen-
lehrern zum Untendeht zugelassen waren.
Von Richard Wagner Ist erst im Jahre 1883 anlflsslich
seines Todes durch den damaligen Rektor der Schule, jetzigen
Obersehulrat Professor Dr. Friedrich Hultsch ermittelt worden, dass
er doch in der Aiifoahmeliste verzeichnet ist, aber unter dem
Namen, den seine Mutter durch ihre zweite Verheiratung mit dem
Schauspieler Geyer erhalten hatte, als »Wilhelm Richard Geyer,
Sohn des verstorbenen Hofschauspielers Geyer, geb. in Leipzig den
22. May 1813, recip. am 2. December 1822, CL V, 2. Abtheil.''
Er hat dann, wie sich nun aus den Programmen und Gensurtabellen
nachweisen Uess. die Kreuzschule bis zur Unterselcunda und bis
ins Schuljahr 1827/28 besucht. Nur unter dem Nameo Geyer war
er auch seinen Hitschfllem bekannt, von denen einer erst vor
wenigen Jahren gestorbeik ist, ein anderer noch in Dresden lebt
Seit dieser Feststellung wird nun diese Seite der Kreuzschul-
matrilcel von Wagners Verehrern mit gebührender Ehrfüroht be-
trachtet; sie wird demnächst auch iu einem Urkundenwerke, das
eine opferwillige eoglische Enthusiastin über sein Leben vorl^ereitot,
in IJclitdriuk mit der nötigen Beglaubigung vervielfRltigt werden;
Auch seine llalbjahrscensuren werden dort mitgeteilt werden, die
ihn fast fUr seine ganze Schulzeit als einen trelflicheu SchUier kenn-
zeichnen.
Ueber Heinrich von Treitschkes Krouzschulzeit (1846 bis
1851) fliessen die Quellen sclion reichlicher. Vor allem lebt in
l''riedrich Hultsch noch derjeniitic seiner Mitschüler, der die obereten
»S( liiilklasseii neben ihm und wie er seltener Auszeirliniiiii^ wiirrlig
besuclit hat. Auf seine Mitteiluugeu geht auch unter auderm zurück,
was Bailleu im 23. Jahrp:an£^ der „Deutsclieu Kundschan " (1896),
S. 99 1". und uoeli mehr. \va8 Theodor Sehiemann in dem -Die
^ Kreuzschuir- iiliersi hriebenen Abschnitt 8eiüe8 lUiches .Ht'inriuh
von Treitseliketj Lehr- und Wauderjahre 1834 — 1866" (MUuclieu und
Leipzig 180G) beri( ht< i liat. Die Schule ist auch noch im Besitze
der fünf mhi ihm bei der Keifeprülung im Juhre 1851 geschriebenen
Arbeiten uud der ersten Fiussung seines Gedichtes .Die Ditmarschen",
diis er am 14. April 1851 bei der öffentlichen Feier der Entla-ssung
von der Soiiule vorgetragen iiat. Kr hat mir wenige Jahre später
in seinen ^Vaterländischen Gedirhteu" ((iöttingen 1856) eine
Dithtiiug unter derselben ,\ufschritt veröffentlicht, aber der Ver-
gleich der beiden Fassungen zeigt, wie die geistige lleifiiii-^ i^« l ade
dieser Lebensjahie bei ihm auch das dichteiische Formgeiühl ent"
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21, Aus] Heinrich von Treitocbkes SchOlerzeit
261
wickelt hat. Der Haupts^edankonj^ang der Dichtuiip: ist allerdings
der j;l»M('he <:rf)licbeii. Doch sind /iiirlchst die eiulritendon Verse
dt r ersten l-assung we^'j;*^t<iH''" • von denen Aufaug und End© zur
i*robe mitgeteilt worden mögen:
Bist du denn ganz vorfrossen. gewaltiges Geschlecht
Der alten deutschen Heiden, mit deinem alten Recht?
Seid ihr denn ganz versehollen, ihr Männer, kühn und frei.
Mit hellem Schwerterklauge, mit Saug uud Melodei?
Steig' denii aus deinem Ural>p. gewaltiges Geschlecht
Der alten 1 )ilinars('heu mit deinem alten Recht,
Steig' auf, du \ olk \ou liauerii, in deines liulimtis Glanz,
Mit deinem i.oweuniule ijn wilden Sehwertertan/.
Ferner ist ein ganzer Teil der (usten Fassung niciit mit
lieHi hergenommen, .Wibcn Peter- genannt, in dein erzählt ward,
w'w dieser, der sciiönste Manu im I.ande der Ditmarsclieu. sich für
wiederholte z\bweisuiig vor dem Freigerii'hte zu Meldorf rächte
und währeiKl einer Sturmflut die verlassenen Dörfer anzündete:
^Ihr hal)t micii ahgewiesen: nun zünd* ich euch zum Dank — leli
uili eueii dämmen helfen — eine leuchte heil uud biauk!"* Er
überfällt dann vou llelguland aus häufig die Boote seiner Sta!nm«»H-
genossrn, bis diese sich zu einem Zuge gegen ihn vereinen, aut
dem Eilande landen und die steilen Felseu uach der Kii'obe, iu
die er sich geflüchtet hat, lüuaufkletteru:
Sie dringen in die Kirche, sie 8eh*n den FUtchtling nicht.
^HOrt ihr ihn auf dem Boden, ihr Männer, hOrt ihr nicht?"
Sie feuern ihre BQchsen wohl durch die Decice ab;
Horch! welch* ein dumpfes StOhnen; dann Stille wie im Grab.
Und Blutesströmo rieseln auf den Altar hinab.
Dann eilen sie zum Boden und tragen ihn herab.
Da lag der schön«' Totf. das Au«/ gehrorhcii schon,
Xuch spielt um seiue Züge eiu stolzer, kalter iiohu.
.,So sterbe," spricht ein Bauer, »ein Jeder, der die fland
VerrAtrisch zu erhelien wagt gegen's Vaterland.*
in den anderen drei T«'ileü der Dichtung .Die Heramingstädter
Schiaehf. .,Die letzte Fehde" (in der ersten Fassung „Das Ende"
genannt). .Schlussgesang" sind nur wenige Verse unverändert
geblieben; der schülerhafte Charakter, der dem diciiterisclieu Auh-
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262 Mitteilungen d. Gea. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgesch. VIL
druck des im siebzehnten Lebeunjahre steht i Ion Abifurientea
begreillicher Weise noch eigen war. Ist eiiitr l)('stiiümteren,
markigeren Sprache gewichen, die ErziUiluiii; beruht im Ganzen wie
im Einzelnen aul' eingehenderer Vor.stellung von den geschichtlicheii
Vorgängen wie vou deu Lebens verhaitnisseu des Volkes.
Ueber die deutsche ReifeprUfkingsarbdit H. t. Treitschkes
urteilt schon Schiemann a. a. 0. S. 42 auf Grund eines Auszugs Ton
Uultsch, <Im.>^s sie für ihn ungemein charaixteristiach ist, weil sie .,mit
dem Pathos des Sechzehnjährigen einer Empfindung Ausdruck giebt,
die lür sein ganzes Wesen be/ei( bueud ist. Es ist, fast möchte man
sagen, ein Hymnus auf die Durchdringung jeder Leben sthiuigkeit
durch den Gedanken der Liebe: Triebe zum Beruf, zum Vaterlande,
zu Gott schärft den Blick zur Erkenntnis des Idealen und .fülirt
mit freudig ernster Begeisterung unbeirrt und sicher dem hohen
Ziel entgegen". Und das war ja im letzten (irunde die Kraft, die
sein ganzes Leben durchgeistigt und ertiillt hat, Liebe und un-
bedingte Wahrliaftigkeit, nur dass' die erste ihn, wo es not that,
auch zum leidenschaftlichen Hasser mai hen konnte, und dass, wo
die zweite fehlte, er unerbittlich streng iiikI rücksichtslos durch-
zugreifen pflegt»' " Weil es sich sonach hier gb ichsam mn eine Art
von Bekenntnis eines Charakters handelt, der ausserurdenllich friili
in der Richtung gefestigt war, die seinem ö[>äteren Wirken seine
Redentiing verleihen sollte, und zugleich um einen ebenso friiben
Beweis einer grossen Begabung, su wird rs uia der Molchen .Jugend-
arbeiten gegenüber nötigen Zurückhaltung vereinbai' sein, wenn wir
einige Sätze aus ii»r mitteilen. Die Aufgabe war vom ilektur Klee
gestellt in dem Goetheschen S[)ruehe: .Wer recht will thuu immer
und mit Lust, der hege wahre Lieb' in 6iuu und Brust." Der
Eingang der Arbeit lautet:
^Der Mensch wirkt nie mit einer seiner Geisteskräfte aHein. Die
Anlaf»en seines Geistes sind so mannigfaltig und stehen in so en?rer De-
/ielinii^ zu einander, das« sie sirh gegenseitig durchdringen und bestimmen.
Das Vorlierrschen der einen derselben über die anderen richtet «ich nach
der Individualität oder vielmehr bedingt die Eigentümlichkeit der Iudi>
Tidnen. Jm AllgH&ehiai abor kann man domoeh behaupten, das«! das
Oemllt mit seinea versdiiedeaen Afecten, in Neigung und WiderwiUen,
Schmers und Freude, auf die HandluQgsweiBe des Menschen den grOasten
Einfluss abe, ibr zu Omnde liege.*'
Nachdem er von hier aus den Uebergang zur Aufgabe
gefunden, sagt er:
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21. Aus Heinrieh von Troitschkos ScbQleneit.
_Es liefft in den Menschen ein unbecrreifliche^ Etwa<?, das mnn Hera
oder (ifiniit zu tieuiien pHegt, das launenhaft, uni-rliittlirli dem Mcnsrlien
Gesetze vorschreibt; man kann es beugen, es dem Gesetze der Vernunft
nnterwerfen, man kann mit kräftigem Willen die oft thdrichte Neigung
beherrschen — aber seiner inneren Neigung, der Stimme «te den Tiefen
eeines Wesene entgegm handeln nnd doch Grosses nnd Heriliches schaffen
— nimmermehr. Oer Henseh ist so unendlich weit Ton dem Gottlichen
entfernt, dass er mir mit seinem ganzen Wesen, im TolIen Einklang mit
sich etwas Grosses und Herrliches wirken kann; nimmermehr aber, wenn
er, uneins mit sich selbst, nur einen Teil seiner Kriifte auf sein Werk
verwendet. — Wenn der Menseh ylüt/.lich, wie von einem zündenden
Strahl von oben i^etroffeu, mit «seinem sranzen Wesen sich auf ein Werk
legt, ohne sich klare Rechenst hat't Uber öeiu Beginnen geben zu können,
dann isl der frohe Wille» das fteadige Studien tber ihn gekommen, rnd
er kann etwas Grosses, etwas GAtÜiches vollbringm, und so ist manches
Knnstwerk wie in einem Rausche göttlicher Begeisterung entstanden.'' —
„Diese Neigung, dieser inne re Beruf zu einer Beschftftigang wird nur alljEU-
oft von Jttnglingen bei der Wahl ihres Herufes vemaciilassigt; wie oft
wird nnr aus Rücksicht auf die baldniöglichste Versorgung für dies oder
jenes Fach entschieden; dodi die Reue kommt bald; und ebenso schwer
rächt sich die Thorheit mancher Elteni an ihren Söhnen, die wider ihre
Neigung zu einem Berufe gezwungen, mit allen Kräften ihrer l'tlicht zu
genflgcn streben, ohne die Leere ihres Innern ausfüllen zu können, und im
vergeblichen Streben zu Grunde gehen. — Nicht als ob, weil die Liebe
das Bedingnis jedes tQchtigen Handelns ist, man sich durch eine innere
Abneigung von manchen Bescbftftigangen abhalten lassen und in ihr einen
Yorwand unserer Trägheit finden dflrfe; mit aller Kraft unseres Willens
müssen wir diese Abneigung zu unterdrücken streben; aber wehe dem, der
«rp.rrn die Hauptrichtung seiner Thätigkeit eine tief eintjewnrzelte Ab-
neigung hat. Die Hindernisse der Natur lassen sieh überwinden: das
stotternde Oryan des Deniosthenes bildete sieh zur tzewaltigen Donner-
stimme, aber die innere Abneigung gegen einen Beruf ist anbesieglich :
ein Schiller konnte nie ein tüchtiger wQrtembergischer Regimentschirurg
werden. Die Neigung umgiebt uns mit unttbersteiglichen Schranken, deren
Macht wir fühlen, die zu erklären oder zu besiegen wir umsonst ver-
suchen. — Wer aber mit wahrer Liebe seinen Beruf eigriüen, der mag
die heitere Stirn, den frohen Blick kühn der Zukunft entgegen richten;
denn dann wird er, wenn er sieli selbst treu bli ibt, nach seinen Kräften
(Irosses leisten." — «Wohl ist es rilhrciid, ein Kind zu sehen, d;is, von
reiner Liebe zu „unserem liehen Gott'' durchdrungen, das Heiligtum der
Kirche mit einem .,Guten Morgen, Gott!" begrUsst und so ein von reiner,
unschuldiger Frömmigkeit gebeUigtcs Leben führt; aber ernst und gross
ist das Bild des Mannes, der von dem Baume der Erkenntnis gekostet,
mit richtiger Einsicht, mit sch&ifercm Blicke sein Ideal erkannt nnd mit
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264 Mitteilungeu d. Gm. f. deutäclie Erziehuugs- u. Bchulgesch. VII.
freudig-eruster Begeisterung unbeirrt und sicher dem hohen Ziele entgegen*
geht. Wohl giebt e« viele Menschen, die recht handeln und gewiBsenhtft
ihre Pflicht erfftUen, doch nur ans einer Art von inetiDctmftssigem Pflicht-
geffthle; doch wie tief stehen sie unter dem, der mit freudiger, ans der
Erkenntnis hervorgehender Liebe zu seinem erhabenen Berufe wirkt, dessen
ganxes Tichten und Trachten von dem befrachtenden Tau der Liebe aber-
gossf»n, dessen Lebon gleichsam ein prosses, inbrflnstif^'os Gebot ist.'* —
„Und wahrlich, oiii trrosser, ein »erbebender Gedanke ist es, das trfiiize
grosse Menscbentresi lilcrlit als » in Geschlecht von Brüdern zu betrachten,
sie Alle mit gkicluir Liebe zu umfassen, freudig und rüstig für sie zu
wirken, wie von ihnen auf uns eingewirkt wird. Es ist der Triumph der
Seibrtbeherrschnng, der Selbstverleugnung, sich freundlich in die Memchen
SU fttgen, ihre Schw&chen zu tragen and trotz der tiefen Einsicht ihrer
M angelht^^eit aus reiner Liebe fttr sie zu wiiken. Doch diese reine,
freudige Hingebung an die Menschen schliesst die Abnei^'img gegen die
Bdsen nicht ans; es ist der Triumph der Liebo. wolii/nthun denen, die
nns hassen, die zu segnen, die un«' fluchen; und trotz der tiefsten Ab-
neigung gegen die Srblechten oder gegen Andere, von denen wir uns
abgcstossen fühlen, doch stets edel und gerecht, selbst gepen unsere
Feinde, zu bandi In, eine Handlungsweise, die nur aus der reinsten, tiefsten
Liebe entspringen kann. Und diese Lehre von der idlgemeinen Menschen-
Hebe, diese ist es, welche das Christentum von allen anderen Beligionen
unterscheidet und ne zu der vollkommensten von allen macht. ^Gott ist
die Liebe und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott, und Gott in
ihm'* — fürwahr, wenn das uiinzc Neue Testament nur diesen einzigen
grossen Spruch enthielte — schon er reichte hin, dem Christentum den
Stempel reiner Or(l«se tuifzndrücken!" — T»Wie die Liebe einst, nnrh einer
alten, sinnvollen Sage, die Teile des Chaos verband und einti', wie sie
neirli beute in der Nnttir sich äussert, ihr Wachsen und Fortbestehen
bedingt, su suU sie die Grundlage unseres Wesens sein; und immer wird
der einfach^grosse Spruch des Dichters wahr bleiben, der, oft angegriffen
als ein Mann ohne Beligion, gerade dnrch diesen Spruch bewiesen, dam er
den Geist des Ghiistentums besser verstanden, als seine Angreifer, die
Vergüssen, dass das Wesen des Christentums gerade in seiner Lehre von
der Liebe liegt, dass also fast alles Grosse und Schöne, das ein Mensch
vollführt, im Grande christlich ist — immer wird der &|irach des Dichters
wahr bleiben;
„Wer reclif will tliun immer und mit Lust,
Der hege wahre Lieb' in Sinn und lirusi.-
Dresden, im August 1897. St.
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est. Die Bntwlckelnng der Stftdt böh. TOchterBchule xu Dresden. 265
22.
Die Entwickelung der Städtischen hl^hcrcii Töchter-
schule zu Dresden.
Von Professor Dr. OosL Heiiismann , Direktor der Jiühereii Tochterschule
in Dresden.
Die hGheie BUdoogsanstalt für die veibliebe Jugend zu
Dreeden, die ehemalige «RathstGchteisebule*. welche nach mancherlei
Wandlungen jetet den Namen „Stödtische höhere Töchterschule*
führt, reicht in ihrer Entstehung bis in die Anfangszelten unseres
Jahrhimd(?rtB ziirUck. Im Jahre 1806 beschloss der Rat zu Dresden,
nach dem Muster der bereits bestehenden höhereu liürgersf^hiilca
für Knabfii m f UnteiTiohtsanstalt mit gesteigerten Bildungszielen
aueli für Mädchen zu bej^rUnden; auf der Meissnei- ( Jasse, — also
in D resden - Neustadt wnrd ein Lokal für sie ermietet, ein
Hatsmitglied mit der besonderen Vertretung beauftragt, und ein
Direktor in der Person des Magisters Haan ernannt, welcher mit
einem „Oollahorator" und einer Lehrerin den Schulbetrieb in Gang
setzt«. Als M. Haan schon nach /woi Jahren we^'Cii Kränklichkeit
sein Amt niederlegte, folgte ihm im Direktorat sein bisheriger Mit-
arbeiter, Magister Meyer, und tjleirhzeitiir wtirde die Anstalt nach
Dresden - Altstadt verlt ;;t in ein Cebäude auf der Brüdergasse,
in welchem sie bis zum Jalue 1S76 verblieben ist. Anfänglich
waren au(-h in diesem neuen Heim die Schulräume nur orniiftct;
als aber, etwn «mu .laliiv.ehnt später, djis Haus zwani^swcise ver-
kauii weidm niu>>ie, und der Hat dem nunmehrigen Kigetitünier,
Herrn Gemeiuderitlitci' lJurner, vorstellijLr machte», ^wie das von ihm
erstandene Haus für die gegründete weiidiche Unterri<;lil.^anstalt zu
deren zweckmüösiger Einrichtung sehr wünschenswert sei^. ei kläiio
der neue Besitzer in grosshei"ziger Weise, .dass er zur Be-
förderung des liiMböichtigten woblibäLigen Zweckes seine Er-
ste bunirsrechte all die weibliche Untemcht^anst.ilf al»tret4Mi und zu
Ounsteii der piae cauHae allen weiteren An.sprüchen an das gedachte
Grundstück entsagt haben woUo". Solchergestalt gelaugte die Aa-
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266 Hitt^uiigeii d. Ges. f. dentBch« Bniehuiigs- n. Schulgeseh. ML*
statt in den Besitz eines eignen Hanses, nnd als dasselbe spftterhin
anderweit vericanft wurde, eines ansehnlichen StiftungsvermOgens,
dessen Zinsen zum Betrieb der Schale verwendet werden mflsaen.
Im Jahie 1831 erfolgte die Peninonierung des Direictors M. Mejer;
an seine Stelle trat Magister Schöne, welcher wiederum im Jahre
1846 durch Direkter Richter ersetzt ward.
Inzwischen war die Anstalt Ausserlidi wie innerlich ansehnlich
gewachsen; nachdem ihre Klassenzahl von drei oder vier bis auf
acht gestiegen war, Torband man mit ihr im Jahre 1847 eine Fort-
bildongsaustalt, die erste in Sachsen, welche den Zweclc haben
sollte, konfirmierten Mädchen nicht bloss Gelegenheit zu geben, den
in der Schule gelegten Grund zu befestigen, sondern sich auch mit
solchen Gegenständen rlos Wissens vertraut zu machen, die über
das Schulziel hinausreichen. Die zu diesem Zwecke aufgesetzt«
,,Selekta" sollte aber noch Höheres erreichen: die jiingoii Mädchen
mit Kenntnissen und Fertigkeiten ausrüsten, welche sie befAhigteu,
als Erzieherinnen und Lehrerinnen sich eine selbständige,
ehrende und sorgenfreie Stellung zu verschaffen. Diese Befugnis,
eigentliche Lehrerinnen auszubilden, hat die Anstalt freilich später
wieder aufgeben und den eijijpntlirben Seminarien überlassen müssen;
damals aber haben binnen 20 Jahren 34 Lehrerinnen und Er-
zleherianen ihre Vorbildung in der Ratstöcbterschulo gefunden.
In der zuletzt geschilderten Gestalt bestund die RatetiW lifer-
schüle bis ztrm Abgang des Direktors Dr. Ludwig Erdmann Ivielilrr
7Ai <Js1» rn 18G8. Seit üirer Begrümbirii: bis zu diesem Zeitjinnkte
hallt? sie eine ganz eigenartige SoudersLeiluug bebaii{)let; sie war
weder eine eigentlich (Ml'entlit be. noch eine eigentü« be private An-
stalt, weder eine wirklich höhere, noch eine Voiksseiiule gewesen.
Hauptsächlich durch eine Stiftung unterhalten, wurde die Kats-
töchterschule von einem Direktor geleitet, dessen Ernennung vom
Rate zu Dresden erfolgte; der Rat gewährte auch gegen Miet-
zahlung die Schulräume (die freilich in dem genannten Haus auf
der Drüdergasse ungenügend, winklig und tinsfer waren), behielt
sich auch vor, einzeliieu Lehrern, die ihren ganzen Lebeusberuf
dem Dienst der Schule gewidmet hatten, Ständigkeit und Pensions-
berechtigung zu gewähren; im übrigen aber war die Verwaltung
und Leitung der Anstalt Sache des DireiitoTS, der sie auf seine
Rechnung und Gefahr fibemahm, die Lehrlcrafte ernannte und
bezahlte, die Lehrordoung festsetzte und nur insoweit unter der
Oberaufsicht der Schulbehörden stand, als durch die landesgesetz-
lichen Bestimmungen die Ueberwachung des Schulwesens vor-
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23. Die Botwidcelou^ der Stadt. hOh. TOchtencbnle su Dresdeu. 267
geschrieben ist. Da gescbab es im Jähre 1868 beim RtteldiitI des
Direktors Dr. Richter, dasa der Rat und die Gemeindevertreter von
Dresden beschlossen, die Anstalt völlig zu einer (Ufontlichen am*
sugestaltent sie in städtische VerwaUung su nehmen, mit einem
festangestellten Lehrerpetsonal auszustatten, und ihr eine neue Lehr»
YerfaSBung zu geben, welche der in den gehobenen Bildungs-
anstalten tOr die mftnnliche Jugend nicht mehr minderwertig, wenn
auch nicht gleichartig sein sollte. Dehn wfthrend für die Knaben-
bildung längst schon in hinreichender Weise durch alle möglichen
AbstufÜDgen von höheren, mitfieien und einfachen Unterrichts-
anstalten gesorgt war, hatte man über das MaasB dessen; was die
Bezirlcs- und BQrgerschule nach den Forderungen des VoUcsschul-
gesetzee bietet, für die Mftdchenbildung nichts weiter gethan; die
Vermittelung höherer Kenntnisse an das weibliche Gesdilecht blieb
den Privatschulen überlassen. Das sollte nun anders werden.
Ueberau in Deutschland, zumal in unserem grausen Nachbarstaat
Preussen, regte sich der Qedanke, dass auch die weibliche
Jugend berechtigten Anspruch an höhere Bildungsstätten liabe,
weil das Maass der einem Mädchen zu gewährenden Summe Ton
Kenntnissen und Ferüglceitett je nach Stand, Rang und sonstigen
Lebensinteresaen sehr verschieden ist, und den einen gerechtfertigter
Weise nicht vorenthalten werden darf, was man den anderen in
ausgiebi^,'ster Weise längst gewahrt hat. Das weibliche Pfliclitleben
ist wahrlich nicht bescluäni\t durch die Aufgabe, Hausfrau und
Mutter zu werden; das Weilt eines gebildeten Mannes soll auch
die geistige Gefährtin ihres Gatten sein, ihn verstehen, mit ihm
zu Rate gelieu könnten; sie soll iliii durch unverwelklielie Vorzüge
auch dann nocli lesholu kümieu, wenn das Alter und di" Stürme
des Lebens den vergünglichen Staub aujnntiger Jugendblüte von
iliren Wangen h inweggeweht haben. Vor allem aber ist es des
"Weibes gottgeorduete Aufgabe, nicht allein scliwere leibliche
Mutterpflichten auf sich zu nehmen, sondern auch _den goldnen
Morgen" ihres Kindes allseitig zu überwachen, das heranwachsende
Geschlecht zu erziehen, zu belehren, das Samenkorn des Guten,
Wahren. Schönen in die kindliche Brust zu ptlanzen, und zwar
nach Maassgabe der eigenen ('ni|>fang<'nen Jiiliiiiug, die den
Menschen selten im Stich lässt; denn entwickelter Versland, Ein-
sicht und Ueberlegung zeigt überall den besseren, vernünftigeren
Weg. Wer ' wollte verkennen , dass gerade die erste An-
regung, welche das Kind von der Wi^e an durch die Mutter
emptaugt, oftmals ausschlaggebend für seine ganze spätere Lel>ens-
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'268 MitteUnngen cL Get. f. deutaehe Brdehuiiga' n. BcIuilgMclL VII.
^richtoDg sei? Qewiss ist es ein scihOnes Wort Jean Pauls, der da
sagt, man kdnne erzogene Kinder gebfiren, wenn die Mütter selber
■erzogen wftren. Wie hirnlos und roh klingt dagegen die oft gehörte
banale Phrase, dass ein Mftdchen nicht soTiel su lernen brauche;
•Qüt ein wenig Lebensidugbeit und gesundem MenschenTerstand finde
•die Mutter instinldiTisch dasjenige Ton selbst, was ihrem Kinde
jfromme. Wie oft lehrt die Erfahrung das Gegenteil! Wie oft
findet man die Kinder mit sogenannten Muttersünden behaftet,
Muttersanden, die anderen Menschen unausstehlich werden kGnnen,
•die aber die gute Mutter an ihrem Liebling übersieht, nicht aus
bösem Willen, sonderu aus bliüdor Liebe, aus Mangel an Verstand
•und Erkenntnis. Wolle man daher der weibliciien Jugend den
Weg au höherer Schulbildui^ wenigstens niclit verschliessen.
sondern gewahi-en, soweit er von ihr selbst begehrt und für nötig
erachtet wird. Von derartigen Erwägungen ausgehend, besciilossen
die städtischen Behörden Dresdens, die bisherige Ratstiich terschule
in dem Sinne neu zu gestalten, dass sie eine <ler Realstthiüe gleicii-
wertige innere und äus.sere Organisation erhalte und, wenn auch
naturgemass unter Berücksichtigung anders gearteter Interessen des
wciblicheu Gesclilfclites. zu einer liildungsreife emporfilhren sollte,
weiche die Zick' der iiohoron Volkssrhiiln fihorsteigt. Der Name
.Ratstöchterschule" wurde durch tli»' licy.cichnun'jr .Städtische
liöln re Töchterschule" ersetzt; v'm ans akademisciien , Semina-
rist IscIkmi Lohrern und Lehrerinnm /usaimnengesetzter Lehrkörper
sollte für den Sehnlhchii-l» i^pschatteii ^verdon. Die unmittelbare
Leitung der Schule legte der Rat zu DrcsdtMt in die Hände eines
in diesem l^'aehr schon erfahrenen, im « )t li mi-n'rt'n i^eschulten
Mauues, de» DirekJurs Alwin X'iT'lor. der schon zwei gleich-
gerichtete höhere MädcheuHchuleii in rreiissen, die zu Ferlelierg
und die zu (iörlitz, eingerichtet und dirigiert hatte, und von
welclieni sich d»Mnn{ich erlndlVn lies.s. <lasö er auch den Neuaufbau
der Uretjdener Schwesteranstalt in richtiger Weise leiten und sie
auf die zt itgemässen iiahncn unter Fühlungnahme mit den allerorts
in Deutschland siel» aufthueuden Mädchen-Dildungsanstalten lüiireu
werde. Selbstverständlich konnte Victor die Umformung nicht mit
einem Schlage durchführen; denn es galt, mit bestehenden Ver-
hältnissen zu rechnen, auch unser Publikum erst an die neuen Ideen
KU gewöhnen; aber das Ziel selbst unverrOckt im Auge behaltend,
hat er in achtjähriger Thätigkeit die alte Ordnung mit weiser Hand
allmählich in die neue histtbergeleitet, und allen Hindernissen zum
Trotz ist die letzte Frucht seines Arbeitens und Strebens denn
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22. Die Entwiekelung der StädU höh. Töchterschule in Dresden. 269
auch das Zustandekommen einer vollentwickelten zehnklassi^en
Schilift gewesen. War ihm auch selber nicht beschieden, noch
wähn-iid t'iu;iici- Amt8thMiiz:keit als Leiter der Tr>ol»tersclmle seinem
Workr <l(>ii Schliissstein einzufügen, so gebührt iliin doch (I;i>t un-
bestreitbare Verdienst, dass es wesentlich seinen Jiemüliun<4< ii zu-
zu^i^h reiben ist, wetm der schöne Bau bald darauf seine VoUeuduiig
erreichte.
Das eivstt; von Victor ausgegebcni scluilprogramm (1869)
lÄsst denn niicli .sofdrl die Tendenz erkennen, vnn welcher das
Neu-Organi.safioii.swerk getragen sein soll, wenn auih der Vedctsser
es für anL'enu'sscn hftlt, ül)er seine letzten Pläne und Ziele noch
nicht mit voller Oll'enheit ans Lii ht zu treten. Die Schule setzt
sich aus sieben Jahre.sknrscu zusammen, welche als Klawsen die
Namen Prima bie* Septinia führen; den Abschluss nach oben, einen
achten .lahreskursus, bildet die Selekta. Mit hinein acht jäh rii^cn
Unterricht musste also damals versucht werden, eine die N'olk.s-
schulo übei-steigendc IJildung zu erreichen, und da der Eintritt in
die Am^talt mit dem Beginn der Schulptlichtigkcit, also mit dem
06Cb8t6ii Lebensjahr, zusammenfiel, so miisste bei regelrechtem
AuMcken der ÄbscMosB des Gesamtkorsus mit dem vierzehnten
Lebensjahre Tollendet werden Icdnnen: das erscheint Icanm aus»*
reichend lür OrganisieruDg emes hdheren Unterrichts! ViStor erldart
selbst, dass zur Durchführung das Hilfamittel unerlftaslieh sei, die
AufrQckung in höhere Klassen nach ^loglichkeit zu erschweren,
wahrend der Lehrarbeit allerdings nicht unwesentlich der Umstand
zugute icomme, dass die Töchter derjenigen Stande, fUr welche die
Anstalt vorzugsweise bestimmt sein sollte, schon von Haus aus im
allgemeinen besser vorgebildet und auf den Unterricht der Schule
vorbereitet sind, als die Schülerinnen in den Volksschulen, mithin
ein nicht geringer Teil der Anfangsarbeit dem Lehrer erspart
bleibt Aber dass auch damit Viötor sein Bildungsziel für un-
erreichbar halt, spricht er selbst in den Worten aus: „Teils ist
dies innerhalb der auf diese Weise sich ergebenden sieben Schul-
jahre nicht möglich, teils und besonders auch deshalb nicht, weil
eine grössere Verstandesreife zur Eifassung der w^eiteirgohenden
BilduDgsmittel unabweisluh nötig ist. und diese sich in so frühen
Jahren noch nicht findet. Wenn die Anstalt die Schülerinnen nicht
bis zum 16. und 17. Lebensjaiirf? behalten kann, so ist es völl^
unmöglich, den Schülerinnen eine wirklieh tiefere und umfassendere
Bildung zu geben Aus diesen Worten lässt sich zugleich
unschwer erkennen, welchem Endziel Victor entg^enstouerte.
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270 Mitteilungen d. Gee. f. deutache Braiehungs* n. Sehulgeech. VII.
Mit sieben fest angest<?llteii Lehrkräften (zwei akademischen
und zwei seminaristischen Lehrern und drei Lehrerinneu) ging der
neue Leiter an spin Werk, die Anstalt innerlich und ausserlich
auszubauen und zugleich den Unterricht in Gnnj^ zu setzen. Von
diesen orston Mitar' fitfn-n ist nnr einer noch an der Schule fhäti;:.
der damcilii,'e PredigUuutökandidat und Dr. phil. Auj^ust Wim -'he.
der in nunmehr 28jahriger, unemiütlliiher Thfitii^keit s-eine i^auze
Kraft und seine reiche Erfnhning für die Entwickeliing und das
Aufblühen der Anstalt und des iiöh^ren Madrhenschulwesena über-
haupt eingesetzt hat. Auch ausnerlialb tieiuer amtlichen Thätigkeit
ist WuiiSülie eine Zierde unserer Anstalt geworden; sein Huf als
Gelehrter und Schriftsteller hat ihm von der Universität Jena den
Titel eines Doktura der Theologie honoris causa, sowie die Er-
uenuuug zum rrofessui' von Sr. Majestät dem König von Sachsen
eingebracht. Noch jetzt arbeitet er in ungebrochener SchaÖeuskraft
als Lehrer und Gelehrter weiter.
Der von dem Direktor unter Mitwirkung des Lehrkörpers
festgestellte, behördiicli genehmigte Lehrpian zeigt in seiner ersten
Gestalt folgende Uebersicbt:
LehrgegeDStftude:
Selekta
II
1
III
1
IV
V
1
VI
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1
VII
Sumoift
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22. Die Eolwickeluug der Stadt, hüh. TüchterBchule zu Dresden. 271
Zwei Jahre späTcr tritt Viötor mit nimm ikmiom Lehrplan
hervor, dessen Neurraug, abgesehon von einjgeu uiibedüut«üdcn \'or-
aohiebungen, hauptsächlich in der Eiuniu'iinir des Turnunter-
richtes bestand: freilich ist er in seinen scliüchterüen AnfVt!iL'<'n
nur mit vier, iin folgenden Jahre nül sechs Wochenatunden lür
die <;an/,e Schule angesetzt. Weiche gerini^e \Vi(hti<:keit man
ihm damals zuschrieb, und weh he grosse Bedeutung man ihm lieute
(15 Wochenstuu(ien) beilegt, bezeugt die gesteigerte Fürsorge, die
man seit einem halben Jaiirhundort dem körperlichen Wohl des
heranwachsenden Qeschlechtes zugewendet hat.
Die folgenden Jahresberichte der Anstalt weisen nur unbedeutende
Veränderungen des Lelirplans auf, in der Hauptsache ist 1)18 zum
Jahre 1376 nach diesen Feststellungen gearbeitet worden. I)al)ei
behielt aber der Leiter sein Endziel unablässig im Auge, die An-
stalt vom Achtklassensystem zum Zehnklassensystem weiter-
zuführen, sobald die Räumlichkeiten des SchulgrundstUckes und die
Frequenz der Sidiule dies gestatten wurden. Die Ansichten der
Behörden und die Stimmung im Publikum zeigten sich der Er-
weiterung im allgemeinen geneigt, nur über den Zweck de« Ganzen
schienen sich zwiespältige Ansichten zu bUden; es wurden Stimmen
laut, welche die Aufmerksamkeit der Stadtvertreter auf die Not-
wendigkeit der Vorbereitung fttr dss praktische Leben, d. h. fUr
ein Fachstudium, liinwiesen. Vletor nimmt von vornherein ent-
schieden Stellung gegen die Bestrebungen, die höhere Töchter-
schule zu einer Fachschule zu machen. Er wird hierin bestärkt
durch die inzwischen stattgefUndene allgemeine deutsche Veisanun-
lung von Lehrern und Lehrerinnen höherer Mädchenschulen zu
Weimar. Die von etwa 150 Mitgliedern aus ganz Deutschland
besuchte Versammlung hatte eine Reihe von Beschlossen gefaest,
um die höhere Mädchenschule in ihrer Eigenart und in ihren unter-
scheidenden Merkmalen von allen anderen, namentlich ihnlichen
Bildungsanstalten für das weibliche Gfeschlecht, zu cliarakterisieren
und ihr eine einheitliche Organisation zu schaffen. Eine hlerttber
abgefasste Denkschrift wurde an die Regierungen sämtlicher
deutscher Staaten eingereicht; der preussische Unterrichten[iini.<iter
liess darauf eine Versammlung von Reglern ngsbeamten und Fach*
männem zusammen treten, um mit diesen die hocliwichtigc Frage zu
beraten und weiteren EntSchliessungen entgegenzufUhren; in Sachsen
hat Viötor dem damaligen Kultusminister v. Gerber die Denkschritt
in persönlicher Audienz überreicht, freundliche Aufnahme und die
Zusicherung gefunden, daas man die ausgesprechenen Wünsche in
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272 Mitteilungen cL Güd. 1. deutäch« Braiehuug»- u. ächulgeach. VU.
wolilwoik'iid«' Eiwüjijuug ziohpii werde. Uiit-er drii (lamaii«;eii ]^e-
öchlüösieii ist aiK'h in Puukt 2 die Erklärung eülhalU'u. du«« die
höhon' MfidclH nst Imlo den Charakter einer Fachscluile zurückweise.
Demnach Uliirlt Niötors Ansicht die Oberhand. Zur ferneren
Wahrung und (iellendmachuiii^ der in Weimar fonnulit rtt u Leit-
sätze gilindeto sich der all'^cinciin' dcuidche Verein von Diiigonten
und Lehrern an höheren .Mädchciiscliulen : derselbe schluj; auch in
unserem en«j*'irii X'aterlande seine \\ uiiüiü und führt« zur IJildung
eines Zweigvereins, dessen Leitung den Herren Direktoren der
Mädchenschulen in den drei (trossstfulteu des Landes. Dr. Nöldeke-
Leipzig, Victor - Dresden und Llols ch er - Chemnitz übertragen
wurde.
Was der Herr Minister v. (Serber in mündlicher Audienz zu-
gesagt, hat er gehalten. Die Entwickelung der Mädchenschulfrage
schien im Königreich Sachsen durch ihn einen unerwartet günstigen
Anlauf zu nehmen. Bei Beratung eines n- uen Gesetzes für die
höheren Unterrichtsaustalten legte die Hegieruntr den Kannnern
folgende Bestiininunu vor: „Für höhere Töchterschulen, welche so
eingericlilüt sind, dass sie die Ziele di r hölieren Volksschule über-
steigen, werden die (irundsät/x- ihrer Organisation, die Aufsiclits-
behörde, sowie die Verlialiuisse der Lehrer und Lehrerinnen an
denselben von der ohersten Schulbehördc Ix'stinimt." Damit
scliien der liodeu gewonnen; Sachsen hätte mit seinem Müdchen-
schulwesen an die Spitze einer neuen, zeitgemässen ]?(\ve;^'nng
treten können. Aber die Stände itiinten die Aufnahme der Be-
stimmung in das Gesetz ab und ert( ilien »h r Suuitsregierung nur
die Ermächtigung, «bis auf weiteres die \'ei lialtnisse solcher höherer
Töchterschulen, welche so eingerichtet sind, dass sie die Ziele der
höheren Volksschule übersteigen, soweit thunlich, nach den r.estiin-
miui.^'en des Gesetzes über die Gymnasien, Uealschuleu und
Seminare zu regeln."
Damit war, so nahe am Ziel, ein neues Hindernis gegeben. Frei-
lich kein unübei-steigliches; denn in Wirklichkeit handelte es sieb
nun der Hauptsache nach nur um die Bereitwilligkeit der grösseren
Stadlgemeinden - - es konnten überhaupt aur Dresden, Leipzig und
Chemnitz in Frage kommen — hinreichende Mittel zu gewähren
für einen angemessenen Etat der Ansialt und tiir entsprechende
Lehrerbesoldung, letzteres um se wichtiger, als man sonst liätte
befürchten müssen, nur niinderweilige Kräfte zu g*'winn<'n: für
Dresden im besouderou war auch noch unimigäugliche Vorbedingung
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22. Dio Eatwickeiuiig dar üVXdl. höh. Tüchtcrtichulo 2U Drcädeii. 273
einer zehuklasHlcren vSchule die Erwerbiuig eioeb ueucu, räumUcb
genüjienden ScInilLMiiiidstUckes.
Dass letüLerer Wunsch rasclu^r, als erwartet, in Erfüllung
gin«;, ist zum irross^en Teil der Anri';^Muitx Ihrer Majestät, unserer
erlauchten Kr»iii;,'iu Carola zu dauivcu, welche gelegentlich ihrer
Anwesenheit l^ui den OsterprUfungen im Jahre 1875 dem Wunsch
AuHdnick gah, da.ss der Seliule bald schönere und geräumigere
Lukale zur Verfügung stehen möchten. Nachdt'in .laiire liuig ver-
gebliche Anstrengungen gemacht wonicii waren, cinfii i^coignoten
Platz für einen Neubau zu üiiden, hol dich Oelegeuheit zur Er-
werbung eines Grundstückes in der Laugestrasse (jetzt Zinzen-
dorfstrasse) für den Kaui'preis von 249000 Maik. Es bestand aus
einem Tillenarttgen Vorderhaus mit Piivatwobnungeu . einem
60 Meter langen und 32 Meter breiton Schulplatz mit Qartenanlagen
und einem aus Erdgesehoss und zwei Stockverken beetotienden
Schulhaus, das an der Hintorseito des Platzes fllr ein bisheriges
Privatinstitut erbaut, vom störenden Strassenl&rm entfernt lag,
ausreichend licht und Luft und die Möglichkeit freier Bewegung
der Schaiexinnen wahrend der Pausen bot
Auch historische Bedeutung haftet an diesem Grundstock: das
Vorderhaus ist seinerzeit von dem berühmten Bildhauer Ernst
Rietschel, dem Schfipfer der Lessingstatue zu Braunsehweig und
des Lutherdenkmals in Worms, erbaut worden und diente ihm, wie
zwei anderen, Itaum minder gefeierten Kttnstlem, den Malern
Ben de mann und Julius Hühner, viele Jahre lang als Heim.
Zu Ostern 1876 erfolgte der Umzug. Man durfte erhoffen, dass
die neuen Rftume aisbald auch der Anstalt neues Publikum an-
locken würden, Platz dazu schien hinreichend vorhanden. Gleich-
zeitig sollte auch auf Victors erneute Anregung der Ausbau der
Anstalt zum ZehnklaHsensystcm praktisch seiner Verwirklii-Imng
entgegengeittlirt werden, d. h. die Selekte als ein vom eigentlichen
Schulkursus sich absetzender Oberbau wegfallen und für zehn voll-
entwickelte Klassenstufen eine neue Unterrichtsordnung eintreten.
Die völlige Durchführung war freilich nicht unmittelhar zu ermög-
lichen. Durch Spaltung der einen Klasse in zwei traten mit Ostern
1876 zunächst neun fllr sich beslehende Jahreskurse ins Lehen; für
die zehnte, oherste, holVto man ebenfalls in B&lde eine hinreichende
Anzahl Schülerinnen zu linden.
Dagegen zt'i'jtc sirh das Kr)ni'j:lTcht' Kultusministerium, nach-
dem es, wie ol»en ausgeführt, die l'ra-^e wp^en Neiiregehmg des
höhereu AlÄdcUeoschulwesens so warm befürwortet hatte, nunmehr
MiUaUttBcvn d. Qm. t d«n1ache Enieh.- u. ScbolgMChleble. VH S 1W7. |g
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274 Mitteiluiigeu d. Ges. f. deutsche Eruehaaga- u. Schulgesch. Yil.
nif'bt. sofort geneigt, von seinem, ihm durch die Sfandc cin-
geiäuiiiten Iicrlite Gebrauch zu machen und die end.£:iltitrf An-
erkennung unserer Anstalt im Atisii;ihniefa11 ohne Weiteres aus-
zusprechen. Auf eino bezügliclie Vor8telluiii; des Rat^is gab es zum
Bescheid, dass es sein endgiltiges Urteil üljer die stüdtisciie liöhere
TöchterBciiule zur Zeit noch aussetzen mtisse: zur Begründung
machte es geltend, dass im sächsischen Volksschulgesetz vom Jahre
1873 auch die höhere Volksschule vorgesehen sei, und dass es sich
niciit empfehle, dem Organismus des Volksschulwesens kurzer
Hand die Spitze abzubrechen. Dies veranlasste in der Folge einen
mehrfachen Meinungsaustausch zwischen der königlichen und der
städtischen Behörde, his eudUch ein Provisorium bewilligt wurde,
laut dessen das Mmisterium die Inspektion, besonders bezüglich
der Äusseren Gesehäfte« dem Rate xu Dresden ttberliess. aiuserdem
aber zur Ckkinspektion em Mitglied des Uinisteriums bestellte, so
lange, «bis sich aus der Weiterentwiekelung der Anstalt ei^ben
haben würde, ob dieselbe dauernd nur ala hdhere Volksschule zu
charakterisieren und unter das Volksscbulgesetz zu stellen sei, oder
ob die Frage über das hdhere M&dchenschulwesen und die fragliche
Anstalt sich inzwischen soweit kUrte, dass eine AusDahmeetellung
gerechtfertigt erscheine*.
In Ausführung oben beregter Ministerialverordnung wurde
durch Erlass Tom 4. Januar 1876 Herr Dr. Bornemann, Geheimer
Schulrat im Königlichen Kultusministerium, zum Coinspektor er-
nannt. Unter seiner Oberleitung ist dieses jüngste Glied unseres
TatorlAndisehen Schulorganismus zu herrlicher, Torher kaum
geahnter Blute gediehen, so dass das Kfinigreieh Sachsen bezüglich
seiner Füisorge für die Mftdchenbüdung hinter keinem anderen
deutschen Staate zurückgeblieben, vielen unter ihnen sogar weit
vorausgeeilt ist
Noch eines anderen Hannes sei hier gedacht: des inzwischen
langst aus dem Leben gescliiedenen Stadtrats Otto Leonhard
Heubner. deinen Bemühungen um die Anstalt, in deren Entr
Wickelung er mit dem ihm eigenen Scharfblick einen bedeutsamen
Fortschritt erkannte, ist es nicht zum geringsten Teile voriiehaiten
gewesen, Mittel und Wege zu finden, um sie aus einer bescheidenen
Stiftnngsschule zu einer grossen öffentlichen Bildungsanfitalt empor*
zuheben. —
S(i\vpit war es Victor gelungen, sein Werk dem Ziele ent-
gegeuzuführen. Die Vollendung war ihm nicht bescbieden. Der
Hat ernannte Um zu Michaelis 1Ö76 zum Kektor des Annen -Beal-
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22. Die Bntwiokeiung der Stadt höh. Töchterachnle zu Dresden. 276
gymnasiunis. Aii seine Stelle wurde der Virfasser vnrliejxondor
Arbeit, bis dahin Oberlehrer am Krr^iizi^yinn.isiuin zu Dresden,
berufen. Ol)wobl ron einer eicrentliclien ( Jelelirtensclnile herüi>er-
geaumineü. war icii im Mii(k'iieniinterrieht kein Neulinj;, konnte niieli
daher auch rasch orientleren und mit frischer Lust und Kraft die
Pläne meines V(M f,'Hnut r.s zu den meiuigen machen, i leilich, die
Verhältnisse sciuenrii nicht allzu ermutigend. Von den im
Organisationsplan vorgedciiriel>enen zehn Klas.sen Ix-standeu bei
meinem Amtsantritt nur neun, meistens nur dünn besetzt. Die
erste Klasse existierte nur auf dem Papier, die zweite übernahm
ich mit 4 Schülerinnen, die noch dazu .wegen erflillter ScUul-
ptlicht" alle bereits abgemeldet waren, die dritte Klasse hatte 13,
die vierte 8 Schülerinnen; nur die Unterklassen waren etwas voller.
AlitM- bald fing die Zahl au. erfreulicli zu waclisen. Im zweiten
Jahi e nai h meinem Antritt konnte ich eine erste Klasse mit
Iti J^chiilerinneü eröffnen: auch der Kachwuchs von unten wurde
stärker, nach und nach mussien emzelne Klassen in Parallel-
abteilungeu gespalten werden; von 1877 bis lö86 stieg die Zahl
der Klassenabteilungen von 9 auf 15.
Mit der äusseren Fortentwickelung Hand in Hand ging die
Vollendung des inneren Ausbaues. Zuerst erfüllte sich die Hoff-
nung auf Anerkennung der Schule als höhere Bildungsanstalt.
Geeenfiber dem Zustandekommen des vollen Zehnklassensystems
Hess das Köni;^liehe Knltiisministeriuin die letzten Bedenken fallen
und hob zwei gleichgerichtete Mädchenschulen des Kr)ni2:reiches
ans dem Rahmen der Volksschule heraus: die städtische höhere
Miuiclieiiseliulo ZU Leipzig, widehe unter der Leitung des verdienten
Dr. Nöldeke stand, sowi» iji;sere stadtische luihere Tr^eht^^rschiile
ZU Dresden, lieide sind bisiier die einzigen MädcUeusühuien des
Landes geblieben, die diesen Vorzug gemessen.
Aus dem damals aufgestellten Organisatiousplau der Schule
seien folgende Bestimmungen von allgemeinerem Luteresse herror-
gehoben:
Die höhere Töchtei-schule hat die Bestimmung, der weiblichen
Jugend diin-h Unterricht und Erziehung auf religiü.s-sittlicher Grund-
lage eine Ausbildung zu geben, weiche die Zieln der liölieren
Volksschule übersteigt.
Sie hat aber nicht die Bestimmung, ihren Schülerinnen durch
Aufnahme von Fachstudien eine bestimmte» auf Erwerb berechnete
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276 Ulttoilungen d. lies. f. doutache Erziehungs- u. Schulgcsch. VII.
Lelx nsrichtung zu geben: sie legt viel\nehr den Sihworjuinkt ihres
Tüuuä lediglich in die Vermitteluiig allgememer höherer Bildung.
Die höhere Tdchterschule ist eioe städtische Öffen^cbe Schale,
wird vom Rat zu Dresden unter verfassungsmässiger Mitwirkung der
Gemeindevertretung verwaltet, und soweit die Zinsen des Stiftungs-
Icapitals und die Einnahme an Schulgeld den Aufwand nicht
decken, aus städtischen Mitteln unterhalten. Mit Vorberatung der
Schulangelegenhelten ist der fttr die stadtischen höheren Bildungs^
anstalten niedergesetzte Ausscimsä beauftragt. Das Königliche
Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts übt über die
Anstalt <hi8 <)l)erautsichtsrecht aus und bildet für deren innere und
äussere Angelegenheiten die oberste Instanz.
Die Inspektion des Religionsunterrichtes nach evangelisch-
lutherischem Bekenntnis (welchem die bei weitem überwiegende
Anzahl der Schülerinnen angehört) steht unter der Aufeicht der
Königlichen Superintendentur Dresden I (nicht wie bei den Volks-
schulen unter dem ParochialgeistUchen).
Die Schule besteht aus zehn aufsteigenden Klassen, welche
sich in drei llauptstufen gliedern. Die Unterstufe umfasst die drei
letzten Klassen Vlll. IX, X. die Mittelstufe V, VI, VU. die Ober-
stufe die Klassen I bis IV. Der Unterricht wird in Jafareskursen
erteilt, welche von Ostern zu Ostern gehen.
Die Aufnalime der Schülerinnen erfolgt mit dem sechsten
Lebensjahre: bei regelniäasigem Aufstt ii^'eii (liirch die zehn Klassen
schliesst der Gesamtlehrgang mit dem vollendeteu äechzehuleu
Lebensjahre der Schüleriii uea ab.
Der Unterricht wird teils von akademisch gebildetem, teils von
seminaristischen Lehrern und Lehrerinnen erteilt. An der Spitze
des Lehrerkollegiums steht der Direktor. Die Zahl der akademisch
gebildeten Lehrer richtet sicii nach der Zahl der Klassen, welche
die Ul)erstufe (Khisso I bis iV) oiitbält, wobei Normal- und
Parallelklassen in Kecliiniiig m bringen sind. Soviel solche Klassen
bestehen, soviel akademisch L,'ebibh»te Lehrer sind anzustellen. Der
Direktor ist in die Zalil derselben eiazurechucu. Unter denselben
darf sich ein Theoiog beiluden.
Die Unterrichtsgegenstande sind: Religion nach evangelisch-
lutherischem Bekenntnis, Denkübungen, Lesen. Schreiben, Rechnen,
deutsche, ftanzösische und englische Sprache, Geschichte« Geo-
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23. Die Biitwi«keliii« der Stildt höh. Tflehtefechule zu Dresden. 277
graptiie, Naturgeschichte, Physik und Chemie, Lltteriitur und Kunst-
geschichte, Mythologie, praktische Eniehongslehre, Zeichnen,
Singen, Turnen, weibliche Handarbeiten. FUr die technischen
Fächer darf der Direlctor auf Grand ärztlichen Zeugnisses und
längstens für em Schuljahr Befreiung gewähren.
Die Zahl der Schülerinnen darf in den Klassen drr Mittcl-
II nd Untei*stufe 40, in den Klassen der Oberstufe 30 niclit üher-
Hchreiteii. Werden diese Zahlen dauernd überschritten, so muss
eine Teilung der Klasse eintreten.
Dei Neuaufbau der Lehrordnung weist für die voll (Mit wickelte
Anstalt einen starken Zuwachs an Lehrstunden auf: dieselben sind
gegen früher 222 + 6 auf 294 vermehrt, d. h. um 66 Stunden, bei
einem Zuwachs Ton swei Kiassenstufen:
Schematiacher Lehrplan.
1
Lehrgegenständo:
1
OberBtafe
Mittelstufe
Unteratufe
II
III
IV
V
VI
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VIII
IX
X
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ErziehUDgslehre
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1
1
2
2
2
2
2
2
2
2
Summa
26
27
1 92
1 32
32
1 82
82
80
27
1 24
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378 UittftiluDgen d. Ges. t devtadie Bniehuag«' u. 8dnt]gesc]i. VII.
Die Sttindenzalil mag hoebgegriffen eischeinen und ist auch in
den Jahren, wo die Ueberbttrdungsfrage das Schlagwort von Aor
giifTeu gegen alle Schulen war, des öfteren angefochten worden.
Um sie Terstftndlicb m finden, mag man bedenken, dass in jenen
Jahren, wo es sich vonugswelse darum handelte, die Anerkennung
der Madchenschule als höhere Büdungsanstalt zu erkämpfen, das
Bestreben sich geltend machte, durch hochgespannte Anforderungen
zu beweisen, dass die Ziele der Volksschule in der That ttber-
schritten seien. Bio Zeit hat hier, wie Überall, mit sachter Hand
dem Uebereifer entgegengewirkt Auf einer Fachkonferens des
sächsischen Vereins fQr das höhere Ifftdcfaenschulwesen m Leipzig
im Jahre wurde auf meine Anregung beschlossen, einen all-
gemeinen, für die höheren Töchterschulen des Königreichs Sachsen
berechneten Lehiplan unter Ausscheidung alles dessen, was sich
nach den bisherigen Erfahrungen nicht bewährt hatte, auszuarbeiten
und namentlich über das Maass der einzuhaltenden Anforderungen
sich zu verständigen. An dieser Neuaufteilung wurdo in einer
Ileihe von Konferenzen drei Jafire lang gearbeitet, durch eine ver-
gleichende Uebersicht der berufensten Anstalten dieser Art in ganz
Deutschland eine grundlegende Vorarbeit für die Beiatungen und
lieschlüsse geliefert und dann durch Fachreferenten die Besprechung
über die einzelnen TTiitorrichtsgef^enstrinde weiter geführt. Die
Feststell 11 ii<;en sollten imiiit'r noch den einzelnen Sclnilen die nötige
Freiheit »gewähren, lokalen lnteres4>eQ gerecht zu werden.
Bei diesen Arbeiten stand uns als wertvoller ^^itl)erater und
Förderer der Herr Geheime ."^» hulrat Dr. Bornemann, unser Vor-
gesetzter ans dem Künigliclien Kiiltiisininisteriiini , zur Seile, und
auf einer letzten VerHauimiunf,' zu Dn-sdcn im SepU'Uiber 1885 sind
uniei'" allgemeiner Zustimmung die lI;ai|(t]Mi!ikte eines säe lisiischeu
Konualiehrplans für die höhere .Madchen.scliule festgesetzt
worden (ietra<;eii von dem Gruiidgedankeu nach Bestimmung eines
verniiufligen, körperliches und geistiges Wohl gleielierweise ab-
wägenden Maasses 8iüd 8ie von nun au die Normen für unsere
Arbeit geworden. Als höchste Stundeir/iffer für die Ol'eik lassen
sind 30 wöchentliche Lehrstuuden angcuuiiiuien . welche für die
Wüchenta^je die Zeit von 8 bis 1 Uhr auj^fülleu; für die tlinf
Unterklassen wird die Höchstzitl'er sclirittweise von 22 bis 29
Wochenatunden angebahnt. Der Ueberlastung bei fünfstündigem
Unterricht ist durch Pausen vorgebeugt, deren längste eine volle
halbe Stunde wfthrt. Die Gesamtziffer aller Stunden ist von 294
auf 277 herabgesetzt, wie folgendes Schema darthut:
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22. Die Eatwickelung der Stadt, höh. Töchterschule zu Dreaden. 279
Oberstufe
—
; Milteistute
1
l.nterstufo
Lehrgegenatand:
i
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Kl.
Kl.
Kl.
Kl.
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Kl. :
Kl.
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Kl.
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18. Handarbeiten . .
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20
14. Emehungslehre
2
GesamtBahl
1
30
80
30
30
29
29 1
J
23
22
277
Seitdem haben wir nach diesem Plane gearbeitet, und er hat
sich, abgesehen von einzelnen kleineu Mängeln imd UuvoUkommen-
hcitcn, die wir zu beseitigen aufmerksam betlissen waren, voll-
standig bewährt. Alles vernünftige Leben ist Streben aus der Un-
vollkommenbeit heraus nach steinender V^ervollkommnimg. Von fler
heilifren Pflicht unablässigen Ringens nach dem Besseren durch-
driiDj^en. liahon wir uns in unserer Arbeit nicht beirren lassen tmd
werden uns nicht beirren ias.sen. sol;ui2;e die heilijre Pflicht der
Heranbildung der weiblichen Ju^^^nd in unsere Hand y*>le«j^t ist.
Wohl haben wir auch dem Tadel jederzieit ein williges (Jhr ge-
liehen; allein nicht in allen Fallen ist es möglich, geäusserte
Wünsclie sogleich in die Praxis umzusetzen. Ueber das Maass
eines der weiltlicheii JuL'fiid zu vermittelnden Wis>t iisstofre8 gehen
die Aüschauungeu hinuueiweit auseinander, und sollte man nach
den Ansichten und Ansprüchen Einzelner verfahren, so würdeu wir
nicht viel weniger höhere Töchterächulen gründen müssen, als es
Familien gieht, welche mit Töchtern gesegnet sind. Reachtenswert
blo!l)t vor allen» die Forderung eines weitjeu Alauöahaitens . dalici
soll auch unser Streben nicht allein bei einer Ilerabmiuderuag der
Unteriiclitsstundea stehen bleiben, sondern auch in der
iSichtung der Stoffmasse von einem haushälterischen Geiste
getragen sein, der sieb bis zu möglichster Vereinfachung aucii des
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280 Ifitteilungeii d. Ges. f. dentache Srclehiuig»* 11. Schiilgeach. Vn.
Schalbfiehermaterials entreckt In diesen Bestr^biu^n stehen
wir nicht allein, sondern finden Büdchalt in der gesamten Fach-
genosaenschaft unseres grossen deutschen Vaterlandes. Und in der
UebereiDstimmung vieler Denkender und redlich Strebender liegt
eine gewisse Gewähr für die Richtiglieit der eingeschlagenen Bahn.
Nur zweimal sind wir mit wichtigeren Neuerungen Ton der
bestehenden Lehrordnuog abgewichen, und zwar im Sinne einer
abennaiigen Belastung: durch HinzufQgung von zwei Turn-
stunden für Klasse I und II und durch Einrichtung zweier Kurse
in der Gab eisberger Stenographie für AreiwiUige Teil-
nehmerinnen aus den Oberstufen.
Voll Gottreriaittien schauen wir auf die Weiterentwickelung
unseres Lehr- und Erziehungswerkes. Wir sind uns bewusst, einem
hohen, heiligen Zweck nachzustreben, indem wir uns der weiblichen
Jugend bis zum beginnenden Jungfhiuenalter annehmen. Von der
Tugend der deutschen Jungfrau, von der Pflichttreue der deutschen
Gattin, Ton der Tüchtigkeit der deutschen Mutter, von der Bildung
der deutschen Erzieherin hän^ die gedeihliche Zui^nnft unseres
teui'CD Viilrilaiidt's und seitici- zukünftigen Ge.schle<dUer ab.
Die höhere Mädchenschule hat allerdings auch ihre Gegner
und Feinde gefunden. In der Presse, im geselligen Verkehr, in
öffentlichen Verhandlungen von Landes- oder (ienieindevertretern
hat man sie schonungslos angegritT'en, und häutig dabei sich
nicht von ruhig abwägenden, objektiven Urteilen leiten lassen,
sondern zur Uebertreibung, ja zu iSpott und Hohn gegriffen. Möchten
doch die Widersacher bedenken, dass einzelne Mängel und
Irrtümer nnch keinesw<"„vs berechtigen, über ein grosses (Janze
'I'Mi Stab zu brechen, und dass es unendlich schwerer hält, an
Sirlle des BemängeltiMi ein P>e8Sere.s zu setzen, wflchf's i:«»gen alle
Wünsche und Anforderungen siegreich standhält, ohne diesen
Hintergrund erzeugt das abs|)rech(»ndr* \U-\r\\ nur Srhfiden . und
besonders, wo es sich um dlo 1i'"l»liohsLfn. dul'li^^si.«[i Blüleii unserer
Menschonsrhaft . um dit^ jungen Mfldchon liandelt. Auch die
Mädchenschul»' nuiss einem reinen, klaren bpiegcl gleichen; jeder
unvorsichtige Hauch irübt ihn!
Möge Gott unseren Bi.sliebungeu um das leibli<'he und
geistig«? Wohl der uns aavertrauteu weiblichen Jugend mit seinem
Segen nahe seiu!
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28. Zur OMddehto d«utBeher FQnteneniehung.
281
28.
Zur GeBchickte deutscher f Ursteuerziehuug.
Nach dem Plane der M. 0. F. vom Jahre 1883 soUten in be-
sondereQ Bänden dieses grossen Sammelwerkes auch die Akten zur
Erziehung der Prinsen und Pnnzessinnen deutscher FQrstenhflueer
und des Hauses Habsburg verOiTenflicht werdeo. Von den auf
diesem Gebiete unternommenen Arbeiten Ist bis jetzt erst ein Band
erschienen: „Geschichte der Ei-ziehimg der bayorisclit n Wittels-
bacher von den frühesten Zeiten bis 1750'' von Prof. Dr. Friedrich
Schmidt (M. ih P. XIV. Bd., CXXV, 4G0 S.. Register üO S.) Der
zweite (Schliiss-)Band liegt bereits iin Manuskripte vor. Was die
ü1>rigeii FUrstenhAuser anbelangt, so ist es nur möglich gewesen, für
die Habsburger und llohenzoUern geneigte Bearbeiter zu finden. Hin-
sichtlich des Wettinischen Fürstonhauses war beabsichtigt, die Sachseii-
Albertiiiischo nnd die Snchsen-Krnestinische Linie getrennt zu bear-
beiten, und es war in der lieilage der Ausgabe des Planes der M. G. 1*.
vom Jahre lb83 darauf hingewiesen, dass die auf die Sachsen-
Ernesliuer bezügliche Arbeit l»ereits in AngiitV ircnommen worden
sei. Leider war der Pearbeiter später verhindert, das nniernoninit ne
Werk weiter zu fördern. Was aber das Sachsen-Alberlini.sche
Haus befrittt, öu war es dem Ib rausgebor der M. G P., Herrn
Professor Dr. Karl Kehrbach, trotü vieler sehi ifi lirher Pemühungen
und mehrfacher persönlicher Rücksprache, besonders in dun Jahren
1883 und 1»85 in Leipzig und Dresden, nicht gelungen, eine
geeignete Kraft zu finden, die die Bearbeitung der nach verschie-
denen Kichtuugt'U hin ;ui.-,^t ist wertvollen Materialien zur (Jeschichto
der Füi-stenerziehung im \V» liiiiis( lien llau.se Sachsen-Albertinischer
Liuiu übernonmiOu hätte. Kleinere Beitrage dazu sind seither in
Zeitschriften und Progrannuen allerdings mehrfach erschienen. Zu
ihiieu gesellt sich jetzt auf Wunsch des Vorstandes der Gesellschaft
für deutsche Erziehungs- und Schulgescbichte die nachfolgende
Arbeit
«■
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282 llitteilungAii d. <3m. f. devtMh^ Bnlehviig»> v. 8ehii%«8c1i. VTL
Zar Oeschiehte der Prini enentelmiig der Wetter.
Von Sohulrat Prof. D. Dr. titomv MBUmf, Ktaigl. BesirkBaehallii^dklxH'
in ZittML
Die llerzüge JohaDii Erust und Friedrich von Sachseu-
Weiniar auf der Universität Jena 1608 bis 1610.
^lit niluender SorjrfVilt hatte Herzog Johann liiJ). l)esoüders
nach seiner l ( hcrsiech^hiii;: vuu Altenburg nach Weimar im Jahre
inOH, die Kr/it'himt: seiner zahlreirhen Sohne ül)erwacht. Von
seiner Willensstärken (iernaidiii Dorothea Maria^) imt«rstüt/.t. hatte
er ))eri»önlich nicht nur der hölischen Ausbildung, sondern auch der
( JestaUun«; des Unterrichts seine Aufinerksahikeit zugewendet. Als
er inm. 35 Jahr alt, am 31. Oktober 1605 st^irb, da nahm sich die
Witwe unter vergeblichem Ankämpfen gegen kurfürstlichen Einfliuss*)
mit dem },T<jssten Eifer der Erziehung der Söhne an. Jedes Jahr
zweimal nuissteu diese in ötfentlichen Prüfungen ihre FortscIiriUe
darthun*).
Bald regt« sich bei den ältereu Prinzen. Herzog Johann Ernst*),
geboren um 21. Februar 1594, und Herzog Friedrich, geboren um
1. Marz 1596, das Verlangen, die Studien auf der Universität Jena
fortzusetzen. Nachdem die Mutter bereits am 24. April 1607^)
dem KuiiHrsten Christian II. von Sachsen als \ oruumd die Bitt«
der Söhne befürwortend vorgetragen und dessen Dilliguug des
'1 K. Hopf, HiHtoriBch-üencalogiacher Atlas, Abt. I, Deutschland.
Gotha 1858. 8. 152, No. 268 e. — Kamill von Sehr, Genealogie dflr in
Europa ngieranden FOrstenhJluaer. 2. AnJl. Leipzig 1870. 8. 146, Tafel
CXLV. Hoftneistcr, Geo. Eberhard, Das Haus Wettin von seinem Ursprünge
bu cur neuesten Zeit ii. s w. lit^ipzig, Spamer 1S89. —
Zur Erziehung des Herzug.-* Johann hat Karl Kehrbach einen Beitrag
geliefert. Mitt«il. EI, S. 29— «Studierordnung der Herzogin Dorothea
Sttsanna von Weimar für iliren Sohn, den Hersog Johann von Sachsen-
Weimar (1588).'*
*) O. Th. Stichling, Die Mutter der Bmestiner. Wefanar 18<iO.
«) A. a. O., S. 70ir.
*) Ein Protokoll Ober eine solche Prüfung zu Weimar enthalt Loc.
I0()<i7. Herzog Johann Ernst etc. im Haupt-Staats An luv zu Dresden:
Elxaiuen puhllcum habituui Yinariae Anno MDCVill, Aprilis XIX et XX.
*) B. G. von Hellfeld, Leben Johann Ernst des Jüngeren. Jena 1784.
— 6. B. Heermann, Naehlese zu dem Beitrage der Lebensgescliielite
Johann Ecnets dee Jüngeren. Weimar 1786. 6. 7$ fF.
•) A. a. 0.. % 78 f.
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2;]. Zur Geschichte deutscher Pürsteiierziehung. 283
Planes erlaogt hatte'), zog sich die Ausführung über ein Jahr hin.
Da erneuert« sie (his Gesuch am 16 Mai 1G08. Rereita eine Woche
s}>ritor erklärte der Kurfürst sich mit den Vorschlägen einver-
standen, vollzog die Instruktionen für die Erzieher und entschul-
digte das Hinausschieben der Angelegenheit damit, dass „wegen der
jetzigen ganz hosen Leulff <1. h. während dor die Höfe damals
lebhaft in Anspruch nehni<Miden Unionsverhaudluii!^'«'?i — an der
recbtaeitigeu Ausfertigung cl( r Schriftstücke gehiudort wordeü sei.
So zogen denn am 7. Juli-*) die Prinzen von Weimar nach
Jena. Zur Leitung und Erziehung waren ihnen als Hofmeister
Kaspar von Teutleben^), als PrÄzeptor Friedricli Hortleder*) bei-
gegobon, tlio air^owiesen wurden, ausser an die Herzogin Dorothea
Maria. ai\ den Kurfürsten von Sachsen als Vonmind von Zfit zu
Zeit üix'i *Ien Foitgaug der Studien üuor Zöglinge eiugeheude 13e-
riciite eiir/ii^en(l(ML
Ltnztt're sind im Könitrli' licn Hauj)tst;tatsar<'hive zu Dresden-^)
«TluiltMi) und l)iet<'u mit ihrer Fülle von ciuzeineu Zügen einen
rt'sst'iudcn Einblick in der Vvhv/.rii Lehen nnd Treiben, ihren Hof-
halt und ihre wissensrhan liehe lieschäftiming. Xamontlicli rsind
drei SchririHiücke, ein von Hurtleder entworfener Lehi'iilan umi zwei
Piiifungöprotokolle von Wichtigkeit. Sie ergänzen das lelieiisvolle
Bild, das Moriz Kitter^) in seiner auf einer Herlinei- Ilandsehrift
ruhenden Studie über die sUiatsmännisclie und p(diüssclie Jiüduiig,
öuwie deren Bedeutung f\\r die S|>ät«re Haltung der l'rinzen ent-
worfen hat. Diese Fi'kiinden enthalten genaue Aagaheii über Lehr-
ziele imd Mülliode. üijer Leiiibücher uud Lelirgegenslände.
1) KurfOest an die fQr»tiicbe Wittib zn Weimar, 28. Mai 1608. An-
weisung'^ des Kurrursten an die Regienings- und Kammer-Rate su Weimar
vom 23. Mai IGÜS.
Bericht Ka«par voti Teutlebens vom 21. JuLi 1608.
*) Allir. Deutsche Biographie 87, 61G.
Ebenda l:?, iriä. — Ott. Stahins. Bulla, ((u.tiu . . . donnl . . . Fridoriro
Horileder. Lipciiae l<ilO (Kgl. öff. Bibliothek iii Dresden. 13iogr. erud. L>.
Un, 72}.
*) Loe. 10667. Herzog Joliann Emst und Hersog Friedricli au Jena
bei 1607. 8. 9. 10. Das Aktenetttck ist nicht paginiert. Da die Sebrift-
stticke im ganzen nach der Zeit geordnet sind, so sind sie unschwer au
Huden.
^) AI. Rittor, Friedrich Uortleder alsLelirer der Herzoge Joimnn Eru^t
und Friedrich von Sachaeti-W^nua'. Neues Archiv f. d. Sftehs. Geseb. u.
Altertumskunde 1« 18B-202. — Vgl. auch StIchUog, a.a.O., 8. 70 IT. —
Heermann, a. a. 0., 8. 70 11.
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2d4 Hitteilungten d. Oes. 1 deutacbo Bnlelittiiga- n. Behntgesch. Vtl.
Von Interesse ist zunächst ein Bericht Friedrich Hortleden')
vom 21. Juli 1608, in dem dieser Icun nach dem Eintreffen der
Prinzen einen eingehenden Lehrplan übersendet. Charakteristiseh
für die Zeit ist die starke Betonung des Lateins. Wfthrend die
bisher erworbene Bildung der Prinzen im allgemeinen Anerkennung
fand, erschien das Latein nicht sicher genug begründet, infolge-
dessen eine genauere grammatische Schulung in Vorschlag gebracht
wurde. In seiner Antwort warnte der KurfQrst den PrRzeptor vor
Ueberbfirdung der Prinzen^. Er solle «vor allen Dingen aber dahin
sehen, dass 1. 1. L. L. mit vielen Lectionibus nicht obruirt, sondern mit
guter Beliebung bei den Studien behalten werden mögen, auch neben
dem Hufmeister Euch beniühon, dass 1. 1. L. L. an feine höfliche
Gebilde und Sitten, in Reden und sonsten sich gewöhnen und die>
selbe gebrauclieu''.
Kurze Zeit nach der Ankunft wurde Herzog Johann Emst
zum Rektor^) der Univei-sität gewählt und trat seine Würde am
10. August IftOS an. In festlichem Zuge wurde er von den
Professoren in Ui« Cniversitatskirche geleitet, hier mit den Zeichen
des Amtes feierlich bekleidet und hielt dann eine lateinische Hede
de lege regia Germanorum über eine halbe Stunde lang „mit
solchem Wf)hlnnst;md und fürstlicher Tapferkeit, dass sich mäniiiglich
darob voiwiiudert und wir Diener gute Hoffnun«; pfoschnpft, es
wprdt» diese Vererhirkinii: nicht ühel angewendet sein"'*). Das
übliche CüUviviiHu fand am Tage darauf statt. , Unnötiger, Über-
mässiger Anfi^aiii:- sollte (lahei vfM'mi»'d<'n werden.
Eine l'e.-^onders \virjitiL,'e Seite der Korresjtondenz l)ii(irt(Mi in
dieser Zeit die Auscinandersel/iinj^eii iibei- di*' Fütiriiii;:; des lluiis-
haltes; denn mit eiserner Slieiige wurde vom Kurfürsten darüber
gewacht, dass die Knai)en möglichst einfach erzriL^en würden und
die Hofhaltung nicht zu viel kostete^). An drei Tafeiu wurde
1) Erwähnt bei HeUfeld, a. «. 0., B. 17 1
') KurfOrat au Hoitleder, & Anguet 1606. Vgl. auch von Hellfeld,
S. 197 f.
') Beior, iSyllabu« Rortnntm Prnfpssonjm .TeneiiHiiim ]>. 170 sequ.
*) Bericht Teutlebonj* vuiu 1«. August lt>0^ l>io iietlo war von
Hortloder verl'aaat, vgl. Ritter, a.a.O., S. lUtif^ wo »ich auch üühero Au-
gabon Über Inhalt, VerhSltnia xur zuit^cnöasiachen Litteratur und Druek
finden.
^) Vp:b z. B. die dem Berichte Teutlebens vom 2t. Juli 160S beipo-
!e;rte Berechnung über die Auagaben des Haut«ba!t-i: würhnntlich 93 Gulden
la Gr. a Vfg., jlUirlich 4>n>6 Gulden 17 Gr. Eine andere i.Uto rechnet für
Hpoiflcn und üetrAnko die Woche m Guldon 13 Gr. >/• ^'^iS-* das Jahr
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23. Zur Geschichto dcut»cher Fürntenerzi^hung.
285
gespeist. An der ersten sjissen die Prinzen mit dem Hofmeister
und Piü/t-ptor, die zweite hiess die Truchsesstafel, die dritte das
Beitischieiu. Zu ersterer wurden öfter Professoren der Univeinität
geladen; nach einer Anweisunsr des Kurfürsten sollte dies nur Soun-
Ui^s geschphen und nur einer oder zwei preladen werden. Kaspar
von Teiitlelxm liatto an den fiiist liehen Tisch urepriin.t^lich auch den
Tauzmeister, einen j;el)orenen lialienei^ iicrangezogen ,\veil er
nicht allein elirliclion Ilerküniuions. soiidei-n auch ehrbar, aufrichtig;
und Mnstrfiflichen Wandels, höflicher und anmuliger Stimme, auch
ein filier Latinus und der Muöik fast erfahrener Meister" sei Der
Kiiriürst billigte dies nicht und ordnete an, da.sü der THU/Jueister
und der Bereiter, der ursprünglich mit bedient hatte, besser von
der Tafel wegbliebe. <la man Ursache habe, bei Tisch «von anderen
wichtigeren und nützliclieren Sachen als vom Tanzen und Bereuten
zu reden, die wir sonst zu ihren gewissen Zeiten und ihren Stunden
wohl das ilirige verrichten lassen können".
Wie hier vom Kurfürsten in einzelnen Fällen genaue Anord-
nungen erlassen wurden, so waren für den Hofmeister und l'räzeptor
eingehende und strenge Amtsvorschriften und Dienstanweisungen
ausgefertigt worden 2), die von den Beamten um so sorgfaltiger
beachtet wurden, als jede Uebertretimg sofort scharf gerügt wurde.
Auch den Prinzea waren ernste Mahnungen mit auf den Weg
gegeben worden. Mit gtossem Eifer erklRrton die Mandel in ibr^
Briefen ihre BereitwUüglceit, eich den Anordnungen zu fügen, und
sprechen die Hoflbung aus. dass die Examinatoren mit ihnen zu-
frieden sein wflrden').
Eine solche Prüfung fand in besonders feierlicher Weise am
14. und 15. Dezember^) 1608 in Gegenwart zahlreicher Vertreter
4öü4 üulden ü Gr. 2 Pfg. (ohne das Licht für den Wintor). Wöchentlich
etwa 70 Gulden erscheinen in einem Berichte vom 10. Oktober 16Ü8. Be-
sQgUch des Getrttnkes hatte der Hoflnetster mit den AmtBunterthftoen ver-
handelt, daes sie gutes Bier den Eimer für IG Gr. gegen VerachQttung
der Goif^to um den Marktpreis zu Jena lioforton. Auch das l?niiif»n (Jf?
Biers in Weimar wurde ins Äuge gefasst. iJcriclit T(>utl»'l)(>ns an (ifn Kur-
fUroten vum 10. Oktober lüU8. Der Kuriürät uti die Kuuiiuerrille und iienl-
meister m Weimar, den 16. Oktober 1608. Vgl. auch den Bericht Aber
Bpeiae und Trank vom 2. Oktober 1608.
1) Kurfürst an Teutleben vom 8. August 160a
«) Kittor, a. a. 0., S. 189.
') Schreiben der Prinzen an den Kurfürsten vum 21. Juli, 18. August,
10. Oktober 1608.
*} Die Universität überreicht bei dieser Oolegenheit ein godriicktcs
Gedieht. Von HoUfeld S. 19, Anm. g,
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2b6 Mitteilungen d. (Jes. i\ dcutachc lii/.ielmngs- u. Scliul^etich. Yll.
«les Holes, <lor Universität und der Kii-ciie statt. Dm einstellende,
nuter No. 2 «l»f;edruckte Protokoll lässt erkennen, in w^loher Weise
nnd mit welchen Zielen der Unterricht von den Lehrern ertoilt
Aviirdeu war. Dem llntenichtsbetriebe der Zeit gemäss wui'de das
Uedächtuiä stari^ iu Ausprucb geooinmeu.
Der Ausfall der PrUfuqg rief bei den Primeii, dem Iturfttrst-
liehen Hofe uod nanKMttUch der Mutter hohe Befriedlgimg hervor.
Voll etolzer mOtterlicber Freude selilckte sie ein I'rotokoU nach
Gotha und wurde von hier aus lebhaft beglück wttnecht').
Ueher den Fortfi;ang und die Uichtung, die die Studien der
Priuzeu im folgenden Jahre nahmen, unterrichtet das Protokoll der
Prüfling, die am 10. Februar 1610 In Jena gehalten wurde (Bettage
III). Hier spielte die grammatische und syntaktische Schulung
wieder eine grosse Rolle. Eine für das Haus der Wettiner politisch
l>edeutsame Stelle aus dem lateinischen Sleidanus*) — Herzog
Heinrichs Antwort an Herzog Georgs Gesandte, seine kirchliehe
Stellung betreffend — wurde übersetzt, dazu etwas Arithmetik be-
handelt. Auch diesmal hatten sich die Prinzen des vollen Beifalls
ihrer Lehrer zu erfreuen, besonders Herzog Johann Ernst.
Dies»M- bat s]»i4t«'r die hier crworijene lU-hri-i-scbung der
lateinischen SjMache j^ut verwenden können, da er ant srinen Reisen
mehrfach l»ei \vichti<;en (ie)«'genheiten'''K so hei (h'ni Knij>r;tni!:e
dmch Jakob I. von KnirliUMl, bei Bethlen (;;il»or und sonst, lateinisch
zu sprechen war nnd sicli dalxi durch seine Sprach-
kt'iintnis. wie bei den rnrnicren dun h cdlt ii Aiiölaiul und ritter-
liches Auftreten*), «grosse AnerkennmiL; erwarb. Seine späteren
|iolitischeu Anschuiningen zeii;en den «luutiiiden Einlluss Ilorlleders*'*)
'Uebritjens hal>en sich von den i '.rüdem mehrere einen augeseheueu
Numeu erworbeu^j.
') Elionda S. 196 da.s Schreiben der Her/og-in Durotlieu Maria vom
<>. Januar ItiOii, S. l'J7 die Autwoit Herzog .lohauu Cattimirs vom
17. Januar 1609.
*) Ritter, a. a. 0., S. 194.
>) Heermanii, a. a. 0., 8. 81, AnmerlcUDg.
*) Ebenda 8. 82.
») Ritter. ». a. 0., 8. 197 ff.
^) Vgl. B. Ritoe, Johann Priedrieh d«r Sechste, Herzog su Sachsen,
Emestl Iii »eher Linie. Neustadt a. d. Orla 1827. — AUgemeine Deutsche
Biographie 18, Itiö
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28. Zur üowhldito deutlicher Pnratonanielnuij^
267
Bericht Friedrieh Horileders an den Kurfürsten Christian II.
von Sachsen, Jena, den 21. Juli 1608, onthaltend den Lehrplan
für die Herzö^je .Jolianu Ernst und Friodrirh.
(üauptataataarchiv zu Drosdon. Lü( . 10667. Uerzug Johann Ernst und
Friedrich zu Jena hol. 1607. 8. 9. 10.)
Ourchleiichtigstcr, Hochgcborncr, giifdicrstcr Cliurfni*st und Hn : I ,.
Churf. G. seiiid meine unterthenigste pflichtschuldige Dit-nstf höi iisin-
Mttgliclikcitt zuvor. Gnedigster Churfürst und Herr. Obschon E. Churf.
6 freundliche liebe Pflegsühn, die Durchlauchtige Hochgebome Fttrsten
und Herren» Herr Johan Emst und Herr Friederkh, Hertcogen zue
Sachsen etc., gebrfldere, ]1 auch G. F. ond H. in gnten kOnaten und
spradien dermassen hiebem geflbet und enogen worden, das L F. 6.
darinnen nach Gelegenheitt ihres Alters ein ahnsehnUchs fttr sich bracht.
8o haben doch I. F. 6. das Fundament in der Lateinischen Sprach
so grflndlich nicht gelegett, das niitt besondorm Nutz xue hfiheA studiß
geschritten wenieii knnte. (Sondern es mtisscn I. F. 0. zum wenigsten noch
ein Jahr lang stetigk und wol in Grammattcts cxerciret werden.
Drrowi'i^cn auf Rath und Gnttaclitou sowol meines grosgttnstigen
Herrn i'ollcum', des Herrn Ilofuifistt-rs, des von Teutlebens, als des vorigen
Wciinariscli€U piarccitiot itt und Hcni, M. Wulfgan^k Heidors, proft^^myris al-
hier, hab I. F. G. studia ich wöchentlich also ahngeätellett, das Montags,
Dienstags» Mitwoehens, Donnerstags und Freitsgs bis ttmb 2 Uhr nach
])lBttage nichts anders, den die J^puM!ae Okerwm et jPltn(j Junwrü, des-
gleichen die Comoediae TermHü und Fabulae Aeaopi je ein auäor
wöchentlich umb den andern erstlich ausgelegt, hernach a4 difmdoffiam
et regtths (irammattcns exomimrd und dan teglich ad imäaitionem der
ziorlif listen Arten /u reden, so in der Ledwn zu befinden, ein Artrnmontlein
gegeben und geniachett wirdt. lu welchen cjereitijs Htifli sirii atn h M.
G. F. und Herr, Herr Johan Ernst, dcnnasson ahnb-sst, das ich zue Gott
verhoffc, S. F. G. sollen innerhalb Jahresfrist ein Arguincntt ohn sUien
Fehl, Herr Friederich aber, M. auch G. F. und Herr, als vor welches
F. G. Herr Johan Emst beides an Alter und guter Gedechtntts einen
grossen Fürsprungk hatt, ein leidliches Aigamentiein schreiben können.
Femer, so werden t F. G. Freitags nach Hittag von 2 bis umb
3 Uhr von dem Superiniendentm alhier, Hern Johan Mi^om>), in saeris
unterwiesen, worzu er dan den caierhi»mnm Luiheri, welclien der Herr
Hofprediger zu Weimar fur die Fürstliche Junge Herrschaft doselbst etwas
weiter ausgeführt und des MnHluu i ludicis cmjmx dodi iiutr auserlesen.
Des Sonnabends aber vor Mittag zu Wiederbolnng iJrr alten h< fi>mum,
nach Mittag zu Auslegung des Lateinischen Evungelij und vamctihrum
Vgl. G. HtlUer, VerfassungiK und Verwaltung»geachichte der
sächsischen Landeskirche. Leipzig 1896. II, 195 (Beitrage s. Säehs.
Kirchengeschichte, Heft 10).
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2Ö8 Mitteilungen d. Ges. £. deutsclie Eraiehuugs- u. Schulgesch. Vil.
f!f Ksfij von mir ;ilm:,'<'liaUfn Ist il ni nncli /eilt lihriiik, dieselbe wirtl zu
Vtrlcsuug des liiiuiviikriegs beim Sictil'"'" unter aiideni auch zue deiu
Eude aliiigeweudett, weil derselbe Gc-lcgeubcitt gibt I. F. G. iu die iomos
Lilien m fahren und diurimieii bekant m machen.
Hierüber so lenicu I. F. G. tcglich aus einem bewehrten Lateinischen
auctare «in schön cfüium oder prooer^um.
Werden die woche einroahl in eine leeHoitem piMiam wie dan audi
gemeiniglich in eine düputatümem,
Ittgleleben des Sontagt sweimahl nnd xweimahl Mitwocbens und Frei-
tags in die Kirch geführett
Und beten Abends und Morgens fleis^gk ihren Abend- and Morgen-
sogen mit Wiederholung der Psalmen des Catet^tsmi and der Gebehtlein
nmb glückseligen meeeswm ghtdiiomm,
Yer^flge E. Churf. G. in der initrudion dem Hern Hofemelster und
mir gnedigst gegebenen Befehlichs.
Wu nulm E. Clmrf. G, diese meine unteilheiiigstc Almwi isung ilir
gnedigst gefallen lessett, bin ich pHiclitschuldij^'k mit ahnwundung alles
Utttcrthonigstcn höchsten Fleisses in Deroselbcn fortzufahren.
Hiomitt E. Chmf. G, zu guter langwiri^'er Gesundheitt und glück-
li( In r Kl pi riuig Gott dem Almechtigen, Mich aber zu Deroselben G. unter-
thenigst befehlend. Jena, dea 21- Juh'j muto G08.
E Churf. G.
untertheiiigstiT grliorsamer
Friederich Horttleder.
Bericht Uber die erste am 14. und 15. Dezember 1608 in Jena
mit den Herzögen Johann Ernst und Friedrich von Sachsen-
Weimar gehaltene Prftfang.
(HauptstoataarcJiiv in Dreoden. Loc. 10667. Hersog Johann Emst und
Hensog Friedrich au Jena bei. 1601. 8. 9. 10.)
Und ist aogestaltes Examen Tolgenderweise
gehalten undt verricfatet wordenn.
Nach gehaltener und angehörter Mittwoehspredigt, so frne moi^nts
umb 7 Uhr angegangen und nach 8 Uhm sich geendet, hat der Herr
Snperintendens ') den Eingang gemacht mit einer Lateinischen praefatimt
in welt licr er zu Ende kürzlich borichtot, was die Furstl. stuilin nilc Ilerr-
schallt Ijislicr fiir rnrcilia pi'fiaii'^ cri lüibtt nnd wie weit Sie in denselben
profteiii, Als neudich, das In \ do Ili-rren Gehrüi ilere eczliclio TO Psalmen
auswendig geleniet undt dann auch den Catechiäsnuini Luüieri minorem
deutzsch und lateinisch fertig rccäiren künten und leczlich auss der
Kinderlehr Herrn M. Abrahami Langen das erste nnd ander Heubtsttck
') Johann Major, vgL oben iin Berichte Uortledera.
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28. Zur GMeblebte deutscher POrsteneniehung.
289
mit aussweDdiglomeii bis« auf ein klein Kestlcin in 18 recä(ätmibu8 vol-
fiUhrei, wie solches das Kjumrn pobon wilnlc, Udfiovis jyrnrfafw.
1. Darauft' hat der Herr Suporiiitiudens das Kxaiiion aiiKcfnnj^cn
und die bcyde Herzogen aHernntim Ljcfrairpt auss der Kinderlelir und
1. 1. G. G, lassen recitiren die prd€(fomena dt nccessiiuic vorabulo definitione
angine et äivüüme Catedtünni und ein gutt Theil auss dem ersten Gebott
sowohl als anss dem andern and dritten, das viertte Gebott ist mit seiner
Ansslegung (anss des Herrn Hoffpredigers pampkran) nach aUen Sprftchen
vnd Exempoln ganea heigesagt worden, ans den andern wiedenimb etwps,
das Achte Gebott grosses theils. Der Besdilnss HL Zehen Gebott volstendig
ohne Ausdassang einiger Frage.
Im andern Heubtstflckc haben bcyde H<rzogen nicht allein die
drey Glaubens Arttit ull verhis Lntheri nnfini, «rleichwie auch mit
DcmliKfo von ihren iiiiadt n ^Tschehen, sondini i s si indt auch die fur-
nembsten und fa^t iiieibteun l^'ragcn beym ersten und andern Aiticul hin-
«■kommen. Dann obwoU L L 6. G. dtoselbe alle geleraet, haben Se
doeh wegen loiraer Zeit nicht alle mögen repotcat und recätFci werdenn.
Znm dritten ist bieraaff die r^^äMo norporis Dodrinae Matthaci
ludieis ') erfolget, auss welchem 1. 1 G. G. alle 30 locos fterfieete ei iniegrt
«tue haetiUäiom mit Verwondernng aller Ahnwesenden können memorüer
dargebenn.
Und weil sicli f^as cirrpn^ (Jorfrinar in allen locis auf den Catrchismum
Lutheri referird, ids ist aucii /»er haue occcmonem derselbe mitgenommen
und Lateinisch rccitiret worden.
Die Psalmen, Gebet uud Sprtlcho, so beydcn Ihren F. G. G. bekandt,
haben dissmahl müssen nachbleiben, damit es nf einmahl nicht zuviel und
snlang wttrde, sintheroal ohne das das Examm aber 2 ganzer Stunden ge*
wehret p.
A meridie.
2. LeeHambiM saerü koe rtto fdieäer peradts hatt der I¥aect^rior
FHederich Hortteder jira«»uaM mOMneula lafiwi^ folgender gcstalt
examinini.
Erstlich haben Ihre F. F G. G beyderseit'; nach niittaire umb
'2 Uhr den loi-tint Tercntij in srena f. ad. 1. Atuiriac antalii inic ; iKun i.s
]H>dqH<im t'xcessit fucphrbis Sosiu j>. unti srhliessenile: obmiuinin amicoH
vo'äas (HÜitm jxtrif p. tapinurd uud fertig ausgelegt,
DaroufT ist aingularum voctim ett/mtloyia et StfnUtxii examinird und
naeh solchem JSxamne alsobaldt ein argumentlein ad imäationem prwd'
puarum phranium et tfofborum ^» leefioms äidirä tmnexa contestatione
praec^/Ums, das er zur versian dessvlbeu Ihr. F. G. G. in keine wege be<
ftrderiich gewesen.
Als nun 1. 1. P\F. G. G. solch anjnmeni in praeseutiu Duminormn et
Praemäum examini$ d Tedium reuwtis tarnen Ubri» vorfertigei und in
Allgemelno Deutsche Biographie 14, 666.
llitt»Jliwg«ii d. G««. t doutwbo Bnieb.' a. ScIiatSMelitelito. Vn S ÜBT. |9
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290 Mitteiliuigreii d. ües. f. deutsche Erziehung«- u. 8chulgesch. VII.
ihn- frcwöluilirhe ArfrftmenthlicUcr ufs roiiio papyr pfhrarlit, hatt dasselbe
(lor l'nwrjitor vhira ri,rr lu rgelescn, initt angeheffter Bitte, es woltpn die
Ili rrcii Kjiiniin'tfiirrs selbst die ArffutnenthWrher ansehen und die vorigen
Attfumtniu gtgeii iiziges hiilteu. Daraus wUrde sich befinden, das nicht
alleine smdero dergleichen mehr von Ihr. F. G. 6. verfertiget, sondern
auch das ftiiBSgenomiiienen Somtabend and Sontag kein Tagk in der Wochen
entweder fnrubergangen, das nicht die Ursache dansu nfh Band veReichaet
wehrOt wammb das gewönliehe extrcifwm unterlassen wordenn.
Nachdem aber der Tagk über solchem Examine fiinibcrgangen und
iczt der Seiger funff ülir war, ist das Examen iflnts di'ei solcher gestaltt
geschlossen, das zu endt vnni J'raerejttore gebeten worden, die ahnwesendcn
Herrn Exantifinfnrcs woltcii unbeschwert jjer un-nsinpirm rtiffoifit/'J i'nfrr
coenundum vd poid <v<-ii(i»i ^\ch bey I. F. G. G. erkundigen, was dit selben
aus« dem Sclddano bcJialten, Denn I. F. G. G. heilen in libro J et 5
emimefiiarianm Setndam die gancse Hüforum des Banrenkrieges lej/endo
zum Ende gebracht, sowohl aach w h'bro 10 die gancse Hutoriam der
wjedertenlTerisi^n iumulien zu Ifflnster.
WeMu s dann anch geschehen und Im Wercke sich dermassen
löblich befonden, das es die Hcrni Kjaminatorpn mit T.nst und Verwun-
demng angehöret, wie I F. G. G. solclie Iliston'en allen rirrKnisi'in(i(s-
nacb /II iTzehlcii, nteriia caumrum fein zu pmtdcrtren. Und wann gleich
ddntn ujxra ist etwas jtfrfxratn nllri;ni worden, iiaben I. F. G. G. nicht
alleiue sulcbe errores di'j/tciitjiunet, sondern auch cum sint/tUari (amen
medesUa et verecunde et dehntet sa emendirw und wu und wie es ge-
scliehen und zugangen, zu ensefalen gewnst
15. Pce ein bris.
Den volgc'Hileii Tag i.st frubc uiab H übr das Examen wietleruiab
jjiacseniibus omnibus supcn'us anmutaiis jtraesidibus angefangen wordenn,
do praemma ttt'dem oratiuncula latina die promlna nnd Sentenfiae anss
den Fiämlis Teren^ zu dem Ende eoUfffirtf <)as I. F. 6. 6. tAglich anss
denselben lernen solten sind reeäiret worden. Inmassen I. F. 6. G. die-
selben per Ändriam et totam fire Euniu'hnm gar fertig nacl) einander
reeäird und per (jcrmnm'm hTia und Spricliwörter expom'ret haben.
Hicrbey aber der l^raiciptar errinnert, das er snleh c.m'n'iitfm eine
Zeit liero unterlassen und iiuftiescliohen, indelnne er vermercket, das noch
in praeccj'tt^ tjrammatiris iindiu ad cnin - ,.i!<UH si-lidam et ftcrferfam tru-
Uitionem mccsmn'a binterslellig wereu, mit welchen 1. V. G. G. bisliero
nicht betten belegt und mdeätni werden kOnnm, indeme mit Flefes dohin
zn sehen, das I. F. G. G. bey Lust erhalten und mtUOfudine Praec^tcmm
von stndiren nicht abgeschreckt noch atteriret werden mOchtenn.
Hdbte derowegen anstadt der Proveifnorum und Sententianm Biren
F. G. G. tf plich zn lernen gegeben die verha mit ihren praetcritis nnd
supinift, welche auss des Herrn Mi-Imiclii. grosser Grammait''n jre-
nohmmen, welche Perba dann L F. G. G. per omm 4 cot\fuyationei cum
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2tf. Zur (ietichichte deutscher FUrstencnuehuiig.
291
inferprdationc Gramtnatüa jirMieräis et su^inü fertig von aufaug bis zu
ende erzehlet undt autgesa^t.
So ist auch ferner voiu J'raeceptore gemeldet worden, das Herzogk
Johann Ernst uf der UmversiUi- Jbena di« regulas de vtrbis awmaUst
Herczogk Friderich die signt'ticaiumes adoetffUfmm cum mtu advei%iü, wie
die denn auch voriges Tages angehöret worden^ Mit angehefllen fernem
Beriehl des HeFCxegea Johan Grasten zu lernen hintersteUigk wehren,
die anomda nonu'nn in ffenenbut ä casihus sowohl die eonjMffatia»e8
vethofum (kfhin orum d a/wmalorum et Grammrfica majori.
Herrzogk Fride riehen aber, sowohl dieses, als die Vcrsslcin de
nominihns defectivü in numero singulari et pluraU. Itcm die Figurae
Sgnüutds:
Hierauff habtu ihre F. G. G. angesagt die leditmcfi, welche Sie zu
Weymar I'rueccpiore M. Barthdomaeo Wintcro luemoriae mandirt and auss*
wendig geleniet nnd den Anfang gemacht Ton dem ausgescheiten Kern der
praee^^itümm polii{ewum% welche ein prinfs^ ammywut ad fUtumprmo-
genäum in FrancOsischer Sprache znsammengetragen nnd D. Jacob
I^ornicz*) veiiird und edirei, die dann Ihr F. G. G. von Anfisog bis zu
Ende fast ohn p\n\(i Anstossen recitiret.
So seind auch nnss dem gnamdhgico Uilneri eczliche pruvertna und
Spricbwörtf^r horj?('sat,'tt worden.
Danu'ben hat der Pmcccjiior auch erwehnet, das Ht rc/ogk J*»han
Ernst über die "JOOO vocabiäa laiina, Herczogk Friederich in die 1000
sampt den laHim vemmlis BeMtij in die Evan<jelia eum rgthmü
GermameUt Item xweyen pnoribw Hhris Catoma dtsiü^orum ntaroUam
noch redHrm nnd hersagen kOnten. Weib aber die Zeitt verflossen ge-
wesen nnd die ahnwesenden Herren Examnatores daAir gehatten, es können
anss dem, was r^eUret worden, Dir. F. G. G. yn'frrhif; Jinide ditjni
gnungsamb abgenommen werden, als ist in dem Naliincn des AUincrhtigen
nff dissinal dns Kidmcn vnm nrnliarum miiont: latina gest lilossi n.
Daraurt" (I<m- Herr Cami //an'Hx^) an I. F. G. G (iiUi<iriiii(trniin
ortdionem gelialtuii, Ihr. F. ü ü. Fltiss liocli gcruhmet und das auch hin-
fuhro dcrglciclicn vou Ihr. F. G. G. geschehen mochte, vermahnet, wie
dann nichts nunders den Herrn Holbneieter, Herrn Superintendenten nndt
Praee^^itorem errinnert, auch binfnhro dergleiehen Fleiss anxawenden und
in ihren ahnbefohlenen Diensten, wie denn kein Zweiffol, sich trew und
fleissigk zu erwciss»*n.
Dehme der Herr Hoffmeister Caspar vonn Teutleben gesuitwortct und
wie solch Examm abgangen fideliter zu ref'enren gebeten p. Auch «uo»
') Stit hling, tt. a. 0., S. üü: Aureiv dogniatii politicu Ludovici
Praticomm rej^is ad Phtlippum.
*) Vgl Uber diesen auf natlonalOkononiischein Gebiete bekannten
Schriftatelier All|?. Deutsche Biographie 8, 17ö f.
•) Wolfgang Speit.
19»
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292 Mttteilungea d. Ges. f. (ieuU»ehe Eniehmig»- u. Schuli^eseh. VII.
Ihmini SiqHriHicniknU's ef jyracrejttm'ta n<mtne sich zu allen inenscblkbcn
uodt niuglickun Fleiss auerbotcnn p.
Friedrich Hortleders Bericht Aber die am 14. Februar 1610 in
Jena mit den Herzögen Johann Ernst und Friedrich von Sachsen*
Weimar angestellte Prftfnng
(Hauptstaatsarehiv in Dresden. Loc. 10667. Herxog Johann Bmet und
Henog Friedrich su Jena bei. 1007. 8. 9. 10.)
....... Als hab ich, Friederich Hortleder, nach dero im Ein-
gang gethaner Ahnzeig, worttmb I. I. F. F. G. 0. bis dabero bei der
Grammatik und Uebung in Lateinischer Sprach allein behalten und mit
vielen und schwerern Udiom'bus nicht haben beschwerctt und verwirrett
werden sollen noch kfjunen, obbcncnten IJ. Fehruarij nach 3 Uhren zne
Mittage Iiis nach fünfen aus der Graniniatick nur allein dasjeiii^'c jcuo
cjcuiHiniivH für die Hand genommen, so I. I. F. F. G. (5. seit der Zeitt
dessen hiebcvor den 13. ^sic) Veceaibris Anm ü'08 gelialteuen ejcaminis
gelernt nnd vor rieh bracht
Und haben demnach aus dem verbesserten Auszugk der Grammatickcn
JPküij/jji, so der Schmeltser zugcnahmet irird, and dem Troeedorfjßo L L
F. F. G. G. ingesamt ersehlet ?on praee^iü e^meiogim:
1. Die nomina amomiüa in g^teribw ambus dedinatümüma sambt
ahngeheAer Deutscher Auslegnng aller derer darin and in andern praee^piüf
so folgends recäirt, gesetster Lateinischer Exempel.
Herr Friedorich aber in diesen anemalü nomimbw besonders die
nomina anomala in numeris, wie dieselbe in den Yerssleia ASr td
mmdu8 ete. begriffen, welche Herr Johan Emst schon vor der Zeitt des
ersten examitus gekontt.
2. Die reyulas Trocedorf'ßJ de deäinatime notm'num campositorum,
3* Herr Jolian Ernst die sjjecns ntminuin ikrtmioruin una cum
ftunaraltbtts ans dem Schmeltzer. Herr Friederich aber allein die
Humeralia.
i Bcidü llerru die reyalua ietzbemeltes Schmeltzers ii& fiyuri»
vvrOorum.
5. Die W7>"/' ri ) fia im j« is'nailm miit at: i'oci's coniineHUa sambt
etzlichen audcni dar/u gehörigen und dem Troccdorffio mauglenden
6. Herr Friederich die regnh» Trwtäxurffij de verbit tmomaiü ymere
modo Umpare eot^ffotione, so Herr Johan Emst anch schon gelernt ge*
liabt. Beide Herrn aber das supptementum anom«d<frum eot^gatione aus
dem Schmeltzer.
7. Desg^eielien beide Herrn die eon/ugaUones verttonm anamalorwn:
Ai'o Salve Vale Ave Faxo Cedo Inß. Inqnio 9«u inqwm (^uaeso Memini
Odi Caepi Novi et caeterarum.
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23. Zur Geschichte deutscher Furstenerziehuug.
293
8. Herr Johaii Emst die vurian siyuifkaiiones adverbioium loci bei
dem Schmeltzer. So Herrn Friederichen in praecc^ü etjfmologicis zae
lemn nur noch aUdne flbrigk neben den t^aeeibm nomumm daivatoruM.
In Smtm-i
aber halt Uerr Johan Ernst auf^'osaf^t dio rcifuias Tri/cedorfft/ de usk d
differetiÜß pronomintim recipructtium et rdiäimi'um und daiiiit seine
recitaiwnem geschlossen, weil S. F. G. in ien andern Regeln allen der
Sjfnfaxu gettbt nod er&hren, nnd sowol in diesem Stflck der Grammatick
als in etyrndoffieü mchls mehr zue lernen flbrigk und hinterstelligk hatl.
Herr Friedericli hat reeäüt die figwras Syntaxeos als sgitäteem
«yfepat» t^Mod^ H rdigiuas. Zn dem andern Rest in Syniaaci ist auch
schon ein guter ahnfangk gemacht Weil es aber schon q>abt gewesen»
als ist dieses Tages examcn hicmit geendet worden.
Des andern Tages, welcher wnr der 15 Fdmtnrij, hab ich früe
morgens ümb ;u lit Uhr im Eingang envt hnt, d;is in (Tmmmaticis prnctia's
nnd enarnoults aKfiorilma Herr Jolian Knist dun Ii Gottes Segen so weit
koniineu, das S F. G. bei eineiii iialben Jahr ihre Lateiuisclte iectiones
selbst zimliclier massoi sm verdentschen ahngefangen und «mgularum voeum
expedäam raHonem etjfmciogieam et Spntaxeos gegeben.
Hicrinnen nnbn S F. G. zu yersuchoi ist auf Guttachten des Heirn
Hofpredigers M. Ahrahatui Lm^ deroselben eine Uiüon aus dem
Lateinisclicn Slcidano fürgelegt worden. Darinne commenfariorum h'hro
12. erzehlett wird, was der Horlilöblichr und Clinst<:eli!re Fürst, Hertzog
Henrich /u<: Saclisen seines Ili rrii 15ruf'dorn Ht^rtzoiik Gürgens Geseilten
7A\T Autwortt f^cKobcii. als ilinic (lieselbcn die siicrrssöm in brflederlirlier
Erbsehatfl mit dem Beding aliugetragen, wufcru er Land und Leute bei
der hergebrachten B&bstischen rdigion ruhigk bleiben lassen wttrde.
Denselben loeum Skiäam haben auch seine F. G. alsobald in Gegen-
wart der Herrn Prttsidenten nnd Zeugen des examam yor sich genomraeut
verdolmetscht» conäruiH und eines Jeglichen Worts rectam et emvenientem
raHonem dymdo(ficam gegeben.
ITetten auch ihn grössers Thcils wiederümb ins Latein versetzen
sollen, wo nicht die Zeit erfodert, das ich car ein klein Argtimentb in von
3 Zeilen S. F. G. dirtirrn und dnbeneben mich darauf beruffen nitisseii,
dass deroselben profedus genugsam gtfbiiülm t werden k^^nte, aus d( n» n
argumcntis, so vor dem cjcamine in unsern gewöhnlichen Studieistuuden
gemacht worden.
Inmittels hatt Herr iUederich, weil S. F. G. alters wegen datun
noch nicht gelangt, das sie eine Lateinische Uetim selbst mehrentheils
verdeutschen ki>ntten, eine Fabel Cnmeranj exponiti und Grammaiice
resolrid, so deroselben vor dem cjaminc vorgelesen worden. Daraus hatt
seiner F. Gn, Herr M. Winter ninb Vermeidung Verdachts willen ein
Ar^ruuient gt u'i Ix n Weichs auch S. F. G. leidlich und wohl ios Latein
gebracht und autgewiesen.
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294 Mitteilungen d. Uea. i. deutsche £i%iehuu|^ u. Schulgeach. VII.
Narh wclcliein I, I. F. F. G. G. beiderseits aoch alle verba 1.2.^
und 4 cm/uyatiinus mit ihrer auslcgung jfw/w^mifi.!?, sttpinis, inßniUisU wie
dieselbe bei dem Scbmeltzer nach der Lenge befunden werden zur Prob
reeäiiif das bei den Nengdeniten keUombm der alten doch nicbt ver-
geasen worden.
Und ist also vor dieses Mahl das Fttrstliche examen mitt der Half
Gottes ^flcklich volbrai tit und beseblossen worden.
Dan so viel des Herrn Superintendentm theil betrifft, was dcisclhe
in fiorns und Arälimeiius examimrt, davon wirdt er Selbsten förderlichst
zu berichten wissen.
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24. Die erste Urkunde der Dresdner Taubatummen-Anatalt etc. 295
IHe erste rrkuiiAe der Dresdner Taubstiimmen-
Aiistiill aus dem Jailire 1828.
Ein Blatt aus deren J ugeudgeächichto.
Von Uofrat H. & Stdtsner, Direktor der Tattbetummen-Anstali xu DreKleu.
Im Jahre 1825 trat in Dresden das Freiherrlieh von Fleteh«rache
Schullehrerseininar, die Stiftung einer Freiftwi von Pietcher, ins
Leben. Zum Direlctor desselben wurde Franz Ludwig Zabn, spftter
Seminardirekftor zu Mflrs am Rliein, berufen. Dieser wurde durch
den Umstand» dass ein neben dem Seminar wohnender taubstummer
Knabe öftere in das Seminar Icam, zu dem Versuche angeregt^ den
armen Knaben zu unterrichten. Eine Schrift des Züricher Taub-
stummenlehrers Scherr, in welcher dieser die MöglichlceU» taub-
stumme Kinder mit hörenden zugleich zu unterrichten, erörtert und
die Schriften des Schulrats Graser bestärkten ihn in seinem Vor-
hallen. Er nahm den Knaben — und bald nachher noch zwei
andere Taubatuiimie — in die Freischule des Seminars auf und
beschäftigt« sie gemeinsam mit den übrigen Kindern. Ausserdem
wurden aber die TaubstunimeTi noch täglich zwei Stunden unter
seiner Leitung von Seminaristen unterrichtet. Einer derselben,
Johann Friedrich Jencke, zeigte besonderes Interesse für die taub-
stummen Kinder. Er hatte bereits im Elternhause durch den Ver-
kehr mit einer taubstummen Magd sich einige Gewandtheit im
Gebrauche der Gebänlensprac^hn (»rworben. und zu ihm fühlten sich
die Taubstummen nm meisten liin.i:eznn;pn. Direktor Zahn fragte
ihn darum, ob er sich ganz dem lltTiile eines Taubstummenlehrei*s
uidiiien wolle. Jencke, eine tief religiöse Natur, sah darin eiueu
Fingeraeig Gottes und orklfirte wirb hierzu bereit.
Am 14. (>ktcd)er 18i^8 überualim Jencke allein den Unter-
richt der Taubstumuieu, und dieser Tag gilt als der Grüuduugätag
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296 MittMJungen d. Ges. t deutache Bniehungs* vl Schnlgeuh. VIF.
der Dresdner TaubBtonmi^-ADStalt. Direktor Zahn aber richtete
nunmelir an die Administratoren des Fletcherschen Seminars das
Gesuch, mit dem Seminar ein kleinea Taubstummen-Institut zu
verbinden. Dieses Schriftstück» die erste Urkunde der Dresdner
Taubstummen -Anstalt, ist wertvoll und hat allgemeines Interesse.
Es lautet:
Au die hochverehrten Herren Adiniaiätiatcjreii
des Freihcrriich von Fletelierschen Schollehrerseininars.
Seit angefUhr einem Jahre nahmen wir einen taubstummen Knaben,
dessen Vater neben dem Seminar wohnt, in unsere Freischule. Er wnrde
neben den flbrigen Kiodem im Sdireiben unterrichtet, und schon die 6e*
wöhnnng an Ordnung und Beschftftignng hatte den Knaben sichtbar ver*
ändert. Dies gab die Veraulassunj,', dass wir seinen Unterricht soigfiUtiger
zu behandeln gedachten, zugleich auch den Zweck im Auge behielten, die
Pominnriston mit der Mctlindo dfs Taiibstummrnniifoirirlitf bekannt zu
raarhen, damit sie einst im Stande waren, jedes laubstumme Kind, das
sich m ihrer Gemeiudc vorfände, mit zu unterriclitcu.
Auf meijie Erkundigung fanden sich auch bald uuch zwei andere
Tanbstnmme, und alle Drei werden jetzt mgleich mit den Kindern der
Freischule unterrichtet und erhalten täglich noch zwei Stunden besonders
Unterricht unter meiner Leitung von einem Seminaristen. Die Bemthungen
sind nicht ohne Erfolg geblielien: sie haben in kurzer Zeit einfache Silben
schon recht deutlich aussprerhcn lernen, und wissen viele Dinge der sinn>
liehen Anschauung schriftlich zu benennen
Dies hat mich nnf den Gedanken gchiarht, ob nirht bei unserui
Seminar ein kleines Xaubstummcuinstitut errichtet werden konnte.
Was
A. die Notwendigkeit betrifft, noch mehr für die Bildung der un-
glücklichen Taubstummen zu sorgen, so geht diese daraus hervor, dass
1. im Königreich Sachsen wohl gegen GOÜ Taubstuinnre vurlianden
sind, indem man, nach anderweit angesteltten Zlhlungen, gegen
600 auf eine Million rechnet.
2. Von diesen 600 mögen ohngeffthr 300 noch «nterrichts-
fähig sein.
3. In Leipzig sind zwischen 10 und 50 Taubstumme untor-
gehracht: bleiben also wenigstens noch 2^)11 solche Unglück»
liehe, die ganz der Verwildenintr liingegeben werden.
4. Wenn auch das Loipzit'cr Institut tun die Hälfte erweitert,
würde, so würde dem dringenden litdürtnisse nur zu einem
geringen Teile abgeholfen.
Was nun
B. die Möglichkeit betrifft, etwas Durchgreifendes fOr die Bildung
aller Taubstummen zu thun, so mtlssten hier woU die ntohsten An*
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I>io erate Urkunde der Dresdner Taubätummen Anstalt etc. 297
fordorungcn an die SchulIuhrer^Seminarieii za machen sein. Dies
könnte geschehen, wenn
1. die Zöglinge dr-rsolbon niil der Uiitcrrichtsmothode der Taub-
stummen bckiiiiiii ^'cmacht würden, und diese dann in iliren
künftigen W'irkungskreisen die Taubstummen zugleich mit den
hörenden Kindern za unterrichten lernten.
2. Würden aol diese Weise die taubstummen Kinder vorderhand
bis zu einem gewissen Grade nntenichtet, so liene es sich
vohl für ctie Skdnuift leicht bewerksteiligeii, dass In jeder
Ephorie ein SckuUehrer angestellt würde, der besonderes
Talent zur Taubstummenbildung hätte, und dem dann die in
den übrigen Schulen bis zum Lesen und Schreiben gebrachten
Taubstummen, zur Vollendung ihres Unterrichtes, auf einige
Jahre noch überlassen würden, was wohl ohne bedeutende
Kosten geschehen könnte, die jeder Kreis selbst tragen würde.
3. So konnte also in nnsenn Yaterlande leicht ha Werk gesetst
werden, eine durchgreifende Sorge für alle Tanbstnmmen,
weldier Wohlthat sich noch kein Land erfreut Die Institnte
würden dann nur die Pflegerinnen der wahrhaften Taubst uiDmen-
Methode sein für di^enfgen, die es zu einem besonderen
Grade der Ausbildung bringen sollten.
C. Fm aber dies allgemeine erfreuliche Resultat hervorzubringen
mildsten notwendig Taubstummfninstitutp mit dtni Scminaricn des
Landes verbunden werden: fllr den Meissner Kreis mit (icin
Fletchcrschen; für das Erzgebirge mit dum Freiberger, für das
Vogtland mit dem Plauenschen; für die Lausitz mit dem Bautzuer
oder Zittaver.
Und nirgends Iftsst sich ein Tanbstummenlnatitat mit so
geringem Kostenaufwand errichten, als bei einem Seminar, weil
nirgends soviel Lelirkräfte vorband i i i l als hier; aber anch für
die Seminarien selbst wflrden manche Vorteile daraus hervorgehen.
Was nnn demnach
I). die Torteilo betrifil, die die Errichtung eines Tanbstnmmenlnstituta
namentlich fllr unsere Anstalt haben k(^nnte, so liegen diese
1. schon im Obigen, indem es in unserer Zeit bald als allgemein
notwendif; erkannt werden wird, dn^^s Seminarien ihre Zöglinge
auch als Taubstummenlehrer bilden.
2. Der Taubstummen-Unterricht trägt auch zur allgemeinen Aus-
bildung eines Schulmannes viel bei, indem hier besonders die
Lautmethode am grOndlichston, die Spruch« und Begrtlb*
entwicklttng aufs genaueste and schftrfete betrieben werden mnss.
3. Die vielleicht durch die Gnade Sr. M^jest&t des Königs m
erlangende Anstellung eines eigeiicii Taul)stumnicnlehrer8 Würde
auch &iT8 Seminar insofern vorteilhalt sein, als derselbe, da
*
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298 Mitteilungen d. Ges. f. tl(Hii>ch.' Krzir-hungR- u. Schulgosrli. VII.
er von den Seminaristen unterstützt wflrdo, wiederain mm
Unterriehl im Seminar gebraucht werden könnte.
4. WOrdn in Zukunft ein ordcntlirln's Taii]»stnTnmoniiistitnt
gegrtindet, so mflssto ps allerdings mit dem Seminar ver-
bunden bleiben, wenn der Hauptzweck, die Taubstummen-
bildung allgemein im Lande zu machen, erreicht werden
sollte. Diese Yerbindung mit unserer Anstalt denke ich mir
ohngefilhr so:
a> Die Admlnistretion des Seminars hätte aneh mgteich
die Administration des Taubstummeninstitots.
b) Se. Ifiaesittt der König besoldete vielleicht gn&digst
einen Lehrer oder Hesse in die Kasse der Anstalt ebe
namhafte Snnune fliessen, wovon ein Lehrer besoldet
and ein Lokal gemietet werden könnte.
c) Es könnte sich auch ein Verein bilden, der fllr die
leibliche Notdurft der Taubstammen Sorge trflge, der
aber nur dir Zöglinge, dif or ni versorgen im Stande
wäre, (kr Administration zur Aufnahme ins Seminar
vursrlilüf/e.
ii) Auch das Wirtschaftliche eines Taubstnninu uinstituts
Hesse sidj mit unserer Wirtschaft vereinigen, wenn es
nämlich genau ausgemittclt würde, wie hoch die Be-
köstigung eines Tanbstammen komme. 0nd es Hesse
sich so wohl aach eine Erspaniis in unserer Wirtschafts-
einrichtung machen.
Dies sfaid die diesfallsigen Bemerkangen, die ich der geneigten
Beurteilttog Ew. Excellenz and Hochwohlgeboren voilegOt and in tiefer
Verehning und treaer Ergebenheit verharre.
Dresden, den 24. November 1828.
Franz Ludwig Zahu.
Das Gesuch wurde von den Adminit^tratoren geneliinigt, und
man heschlo.ss. mit dem Seminar eine Taubstnnnnenschule zu ver-
Idnden. Se. Majestät der Küni«? verwilUgte au(;h, zunächst auf
sechs Jahre, eine jährliche Unterstützung von löOThalem. Jencke
wurde nach seinem Ah^an^e vom Seminar 1830 mit einem (Jehalte
von 100 Thalern als Taul)Stummenlehrer angestellt. .letzt rührte
Bich auch das Königliche Seminar in Frie<Irichstadt- Dresden. I><m-
Leiter desselben, Seminardirektor Otto, hattt» sich in Leipzig mit
dem Tauljstuiniiiommtcrricht !u>kaiiiii u^'inaclit und errichff'te 18!^0
eine Taubbtuuimen^jchule, weicher die llegieruug ebeufaiiä eine
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24. Die erste Urkunde der Dresdner Taubstummen-Anstalt etc. 2Ö9
Unteretütztiiig von 150 Thalern verwilligte. Zwischen den beiden
jungen Anstalten entatand aber min eine kleine Fehde und da
beide zu ihrer Existenz die Unterntützung des Publikums brauchten,
80 nahm aiirli dieses fllr und wider Partei. Das Fletchersrhe
Seminar stand im Gerüche, eine pietistische Richtung zu be-
günstigen, während das Friedrichstädter einer freieren Richtung
huldi'f^tc. Tin , Dresdner Anzeiger" wurde mit Beziehung hierauf
h'bhaft iic'^en dif^ Flctclicrsrhe Taul)Stiimnienschule agitiert und
man surhtc ihr <lie 'i'eiliialiin»' dos Publikums zu <Mitzi«>ht'ii. Da
die Direktion der L<'ipxi;;or 'l'unlistuiiiuicnaiistÄlt sich autb fui- das
Friedriebstädter Seminar erklärte, sd ;;iiig Jencke auf einige Zeit
nach Berlin, um sich im dortigen Taiib^tuinmen-Institiit weiter zu
unterrii;bteu. Trotz allr i- Scbw ierigkeiten aber gedieh die Fletehersehe
Taubstuinmenschule, während die Friedrichstädter i>ereits is;^6
wieder einging. 1831 gab Zahn unter dem Titel ^Die Taul>-
stummenschule zu Dresden. Ein Wort zum Pesten der Taub-
stummen im Königreiche Sachsen" den ersten Pericht heraus, in
dem er mitteilt, dass bereits zehn Taul>stumme Umrrrielil rrhalten.
1832 ging Zahn nach Möns als Seminardirektor. In Jencke halte
er aber den rechten Mami für die junge Anstalt gefunden. Die
Verhältnisse waren mehr wie armselig; aber der junge Jencke
hatte ein felsenfestes Gottvertraueu und einilussreiche Freunde,
dabei var er rubig und besonnen, genOgsam und sparsam, arbeitsam
und von zäher Ausdauer. So gelang ihm Grosses. Da die Ver-
bindung mit dem Seminar eine gedeihliche Entwickelung unmöglich
machte, so stellte er 1853 die Anstalt auf eigene Fflese, und als
er 1835 durch eine Landeskoliekte, welche 5620 Thaler ergab, in
den Stand gesetzt wurde, ein bedeutendes QrundstQck zu erwerben,
da war die Zeit der schwersten Not rorUher, zumal nun auch die
Regierung sich energisch der Anstalt annahm. VoUe 62 Jahre hat
Hofrat Jencke die Dresdner Taubstummen- Anstalt geleitet und zu
. einer der ersten Deutschlands erhoben.
Am 4. August 1893 starb der verdienstvolle Mann. Sein An-
denken wird stets in Ehren gehalten werden. Jetzt zahlt die
Dresdner Taubstummen «Anstalt mit der Voi'schule in Plauen bei
Dresden und dem Asyl fUr erwachsene taubstumme MAdchen
262 Zöglinge, welclie von 23 Lehrern und 8 Lehrerinnen unter-
richtet werden. Der Wunsch Zahns und Jenckes, dass alle taub-
stummen Kimier Sachsens erzogen und unterrichtet werden möchten,
ist - dank der treuen Fürsorge der sächsischen Regierung - in
Erfüllung gegangen; denn die Leipziger, wie die Dresdner Taub-
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300 Mitteilungen d. Ges. f. doutdchc Ensiehungs- u. Sehulgeach. \'1L
Stummen-Anstalt sind derart erweitert worden, dass allen goholfen
wird. IJeide Ari.sl.alt»Mi /.ählou zur Zeit Zr»<:lin«;o, welche von
2 Direktoren. 35 sti iHÜ'^oii Lehrern. 4 lliirsl«hrern . 1 Kindel^
gartnerin, 4 liehreni für teclinisjche Fä<;lier und 10 Nadelarbeit*-
Lehrerlnneii unterriclttet werden. Der (iesunitant'wund aber betragt
jäiHUeh 27('»{)5(> .Mark, wozu die 8iaat.skasse eineu Zuscbuss von
250122 Mark gewährt.
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36. GrOndung der ftltesten Bttchsmchen Realsehnle (Leipzig) ote. 301
25.
ürUuduii^ der HltosteD süchsisehen Realschule
(Leipssig) und ihre ersten Kehieksale.
Von Dr. Rvniuam Barg».
Gleichzeitig mit der seit dem Kndf des \ori''f'?i Jahiiiuiiderts
einsetzenden Ditterenzierun«? d»*r mciischlichen < lest llschaft war in
Deutschland eine Wi-feinming der Bililuiig.sln'dürlui.sse eiuher-
gegangen. Die massiven F<irin>»n. in deiK ri bisher die Aufnahme
der lUkluug ortolgt war, erwiesen Kicti weiten Kreisen der Be-
völkerung gegenüber als unzureichend. Ein in der Ausübimg neuer
qualifizierter Berufsaiten wirtschaltlith erstarktes, infolge der von
Frankreich ausgehenden Freiheitsbewcguug uiüinlig gewordenes,
durch die Auteiluuhnu! au dem Aufschwünge der deutschen Natioual-
litteratur und an den deutschen Freiheitskämpfen zu frohem Selbst-
gefühl gelangtes Bürgertum ward weder durch die elementare
Volksschulbildung befriedigt, noch auch fand es seioe Rechnung bei
den ausschliesslich itlr die künftige QelehrteDlaufbahD vorhereitendeo
Gymnasien. Es heisclite einen BiLdimgsgang, der seinen im
modernen Leben und seinen Anforderungen wurzeinden Interessen
entsprach. Er wai*d iiim gewährleistet in der Realschule.
Freilich fehlte viel, dass dem neuen Bildungsverlangen so-
gleich entsprochen wäre. Die Realschule hat sieh ihre Existenz in
hartem Ringen ericämpfen müssen. Naturgemftss war dieser Kampf,
da die obersten Schulbehörden auf jegliche planmfissige FOrde>
rung der Realschule zunächst verzichteten, dui'ch lokale Verhältnisse
bedingt und ist in den verschiedenen Teilen Deutschlands auf ver«
schiedene Weise geführt worden. Der sebulgeschichtlichen Forschung
erwachst daher hier mehr, als auf anderen Gebieten, die Aufgabe,
Borgf Altige Einzeluntersuchungen vorzunehmen^). Erst wenn es
') Dies Ertnrderuis erkeunt auch Fr. PauUen, (ieschichto dua
gelehrten Unterrichte, II, p. 548 Anm. an.
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302 llitteiliu)gen d. Ges. f. deutsche Entlehungs- u. Schulgeseh. MI.
gelungen ist, für die Enislehiing der Realfiehulen versehiedeue
Typen herauszuarbeiten, wird man zu einer konkreten Geeamt-
ausehauung Uber die Änfünge des Kealschulwesens gelangen. 80
dürften auch die folgenden AusfOhrungen fiber die Entetehuug der
Leipziger Bealschuie, der iiitesten des Königreichs Sachsen, nicht
aufiBchliessHch von lokalgeBchichtlichem Interesse sein*).
Noch zu einer Zeit, da in Preussen das Realschulwesen
bereits eine erste staatliche Organisation erhalten hatte (1892),
war im ganzen Königreiche Sachsen keine einzige Realschule vor-
handen. Diese Thatsache ist nicht ganz zufallig. Denn in
Preussen lagen die Umstünde fUr ei^ie Befkiedigung des BedOrfliisses
nach der Gründung von Realschulen günstiger. Durch die nach
der Beendigung der Freiheitskriege voigenommenc Reform des
in'eijssischcn Gymnasiahvesens waren viele Latoinsi luilen, besonders
der kleineren Städte, welche nicht zu Gymnasien erhoben worden
waren, der alten Bereclitigungen verlustig gegangen und damit der
Lebenskraft beraubt worden. An sie knüpften die neuen Be-
strebungen an: diese Anstalten liessen sich <lurch entspreciiende
Reformen zu Realscliulen umwandeln, ohne dass hierfür ein bedeu-
tender Kostenaufwand erfordert nnd die bestehende Äussere
Organisation wesentlicii verändert wurde.
In Sachsen hnton sich den Anhängern der neuen, realen
liiidungsrichtung dnaitii:*' ;;iiiistige Anlehnungspimkte nicht. Sollten
ihro Wüiische Verwirkiii Iniiii; find«'n. so schien nichts ührii; zu
l>l('ilM'ii, als neuo Kealfinstalfcii ins Lel»eu zu rufon. Vor dein d-cnif
Yciiiuiidonpn tiiianzirllcn iJisiko ai>er scheuten die maassgenei. l« u
Heliiirden um so mehr zurück, als d.unals in Sachsen der (;niad-
sat7 die Regel bildete, dass J^mIo Sihnlr aii::;sL:hliesslich durch die
Schulgelder- KinuahmHi ihr Ausgabeubudget ohne staatlichen oder
kommunalen Znschuss l)estreiten müsse.
Auch iu Leiftzig. wo dorh bei dem reiben (Jeisto eiiiei- durch
grossartige Ilantiei.-ibe/jfliungeü .(Ul das jtraktische Lebt'n bin-
gewiesenen Bevölkerung der Boden lür die Begrüiuiuni,' ein» r [Jeal-
schule besonders günstig sein nuissfe, ist nicht sogleich mil der
planmässigen Einriclitung einer derartigen Anstalt begonnen worden.
Vielmehr ist die Leipziger Realschule gajiz allmählich, fjist un-
vermerkt, ja häufig unter dem latenten Widerstande der Rats-
') Die Darstellung baut sich im wescntlichon atif Leipziger Rat«-
ukten uut, deren Benutzung mir die städtische Behordo in eotgegen-
kommeindBter Weise geetftttete.
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26. Grflndiing der Alteaton aäehelachen Realecbiile (Leipdg) etc. 303
behdrde und vor allem der Stadtverordneten, aus der Leipziger
ersten BUrgerscbule herausgewachBen.
Bas Bedürfnis nach einer Uber den VolksBehuIunterricht
hinausgebenden Vorbildung fOr das praktische Leben hatte sich
freilich schon frühzeitig in der Leipziger Bevölkerung geltend
gemacht. Bereits im Jahre 1803 war die Leipziger Bürgerschule
gegründet worden» die als Bildungsstätte für die Söhne der besser
gestellten Bürger gedacht war, welche nach erlangter Konfirmation
in den Kauflnannsstand. zu anderen Gewerben, auch in Forst- und
ökonomische Institute Obergehen wollten Aber diese Anstalt
hatte in keiner Weise deu auf sie gesetzten Hofbungen ent-
sprochen. Ein V'iert^ljtthrhundert nach ilirer Eröffnung finden wir
sie in dem Zustande einer unerhörten Vernaehlässigung. Schon
ihre äussere Organisation war im höchsten Grade niangdliafl.
Neben dem Direktor und drei ^Hauptlehreni"' waren an ihr nicht
weniger als 28 Hilfslehrer und Vikare thäüg, die «so unwürdig
für iiire Thätigkeit besoldet — nicht honoriert, sondern des-
honoriert" — wurden, «dass nur Leipzigs allgerühmte Anziehungs-
kraft und AniK'hmlichkeiteu es erklriron, wie so mancher Ehren-
mann, freilicli nur mit Hilfe einer Ma.S!<e von PrivatÄtunden oder
sonstiger ErwerUsniittel einen 'IVil seines Lel)ens und seiner Kraft
einer si»lchen Sfellting widmen konnte"'-). Verdrnss über die
gediiiiklen ökono mischen VcrluUtnisse hattp den Lehrern dor
Bürgerschule die lienifr^frtMiiiigkcit ireraul»l: so »laiuien auch diu
Leistungen der Sciuiie auf einem sehr tiefen Niveau. In dor
zweiten Klujsse vermofhte bei einer v<»rgenoinmenen Priitiing von
50 Sciiülern kein einziger ein eiid'uche.s Multi|>likHi.iuns('\rm|M'l zu
lösen; Elementaii;eoiuetrie ward diktiert, der Ueligiunsunierriciit
nach sielten Kateciiiäuien erluiit. Dem 79 Jahre alten Schreibe-
lehrer Türk fiel schwer, „seineu eigenen Namen mit einiger
Zierlichkeit aiifznzeichnen** •'').
Die Folge war. dnaa eben tiie Kreise, für weh he dir liiirger-
schule berechnet war. sich von ihr fern iHelt^-ii. Ein lielVr .Stand
des höiiereu sliiatlichen oder kommunalen Schulwesens zieht stets
ein vorübergehendes Aufblülien de.s l'rivatschulwesens nacl» sich.
In Leipzig zählte man im Jahre 1832 nicht weniger als 16 Privat-
scbulen. Einzelne davon mögen Tüchtiges geleistet haben. Drei,
») Ver^rl. Stift VITT D !'>. V(,l. TV f. t>17.
') Worte dc8 neu berut'enoii Direivtors Vngi-l in »eitior Eingabe an
den Hut vom ü. Januar ISiJa. Stift VIII D 10, Vol. I f. 2.
•) Vergl. Stift Vm D 10, Vol. I 1 27.
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804 Mitteilungen d. üee. f. deutecbe Erziehung«* u. Seliulgeach. VI!.
die Hander'sche, Kichter'sche und Hager'sche, verfolgten sogar
ähnliche Ziele, wie die preussischen Realschulen '). Wie aber hätten
diese Anstalten, bei denen die Rücksichten auf möglichst hohe
finanzielle Ergebnisse naturgeuiSss die ausschlaggebenden waren,
das Verlangen nach einer zeitgemSssen BefiHrm des höheren b&rger^
liehen Bildung^wesens in Leipzig auf die Bauer zurQckdrftngen
können? Ganz abgesehen davon, daas durch ein geordnetes kom-
munales Bürgerschulwesen eine gute Disziplin, Einheit und Plan-
mfissigkeit weit mehr verbürgt ist, als durch Privatuntemehmungen,
fehlten letzteren Überhaupt die umfassenden lüttel, wesentliche
Reformen in grösserem Maassstabe durchzuführen. Als der bisherige
Direktor Gedicke ün Jahre 18St in den Ruhestand trat, war das
BedOrfnis nach einer Reorganisation der Bürgerschule allgemein,
und der Stadtrat, wie die fahrenden Kreise der Bürgerschaft waren
darin einig, dass die Leitung der Schule nur einer energischen
Persönlichkeit übertragen werden dürfe, die gewillt war, die not-
wendigen Refomen durchzufahren.
Da war es nun von fjrößster Bedeutung, dass bei der Wahl
sich die Aufmerksamkeit auf einen Mann richtete, dessen vornehra»te
Interessen und bisherigen Leistungen auf dem Gebiete des Real-
schulwesens lagen. Es war Dr. Carl Vogel, der damalige Leiter
des höheren Bürgerschulwesens in Krefeld 2).
Vogel, 1795 zu Stadt Ilm in Thüringen geboren, hatte
in Jena Theolo<j:ie studiert. Bereits mit 20 Jahren trat er
nach absolviertem thonln<^ischem Exanion in die im Jahre IJSlü ge-
gründete Lang'sclip Kr/icliun^'sansfalt zu Tharand als Lohrer r-in.
welche bald «laiaiu nach Wackerbarthsnihe bei Dresden verlegt
wurde. Unter den Schülern der Anstalt befanden sich viele Aus-
länder vornehmen Geschlechts-''): ihr^ Erziehung liess sich ni<)if in
den herkömmlichen Formen crymnasialer nildun^r vornehmen. So
ward Vogel schon frühzeitig durch seme Herutkthätigkeit auf eine
vorui'teilslose Auffassung' des Erziehtmj^swesens hingewiesen.
Auf einer grossen Kcise nacli Kniiland. Schottland und Frank-
reich, die er als Begleiter eines reichen Barous nnternahni. er-
weiterte sich sein Gesiciitbkteis. und erfuhren insbesondere seine
neusprachlichen Kenntnisse wort volle Bereicherung. Bald nach
seiner Rückkelir wurde er von Lang zum Mildirektor der \Va( ker-
») Ver^rl. ÖtiJt VIII 1) 10. Vnl. II f. 2.
') reb<?r ihn vorgl. dri.s Lcbonsbild seiner Tochter Eüj^e Polko
, Notizen und Briefe über umi von Dr. Carl Vogel". Leipzig l?563.
Vergl. Elise Polko, L & 21.
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25. Gründung der ikit«steii silchaiachen Realschule (Leipzig) etc. 305
bartlisiuht-r Erziehuügsanstalt erwählt (1821): in dieser .Stellung
erregte er durch seine hervorragenden pädagogischen Lt iätungen
die Aufiiif rksamkeit weiterer Kreise. Alb im Jahre 1823 die An-
stalt — nicht ohne Schuld des Direktors Lang — infolge von
finanziellen Schwierigkeiten einging, trat Vogel in preussiache
Dienste. Dass er seine Krftfte künitig der Forderung des Real-
scbulwesens widmen werde, stand sehen damals bei ihm fest, und
nicht zum mindesten venichtete er deshalb auf eine Th&tiglceit in
Sachsen, weil er hier bei dem Nichtvorhandensein Ton Realschulen
keine seinen Wünschen entsprechende Stellunii; finden zu können
glaubte'). Im Jahre 1824 folgte er einem Rufe als Direictor des
gesamten städtischen Schulwesens nach Krefeld^. Er entfaltete in *
dem neuen Wirkungskreise eine seinen innersten Wttnscben und
eigentOmlichen Anlagen entsprechende Tbatigkeit. Durch Ver-
einigung einer lateinischen Stiftungsachiile und einer höheren Stadt*
schule schuf er eine neue, den Anforderungen der Zeit genügende
Anstalt. Hierbei tritt uns bereits ein (Ür Vogels spftteree Wirken
charakteristischer Zug entgegen: seine lebhafte Abneigung gegen
lateinische Halbbildung. Durch das Schulten'sche Testament
war er gezwungen, zunächst die lateinische Sprache als Hauptlehr-
gegenständ beizubehalten. £r bedauerte dies lebhaft; denn nach
seiner Meinung erforderten .die nächsten und dringendsten lie-
dürfhisse und Wünsche hiesigen Orts, als einer Fabrik- und
Handelsstadt, allermeist die Errichtung einer solchen Anstalt, durch
welche diejenigen, die sieh einem technisch -praktischen Berufe zu
widmen gedenken, die Gelegenheit zu der ihnen nötigen wissen-
schaflliclien Ausbildung nach den Forderungen unserer Zeit gegeben
werde"'*). Wennschon in seiner Handlungsfreiheit bis zu einem
gewissen Grade beschränkt, hat er es dennoch veratjinden. der
nt iieii Krefehler Anstalt in allen \vt^^enlli••lM'Il Zii^^cn das (lepnic^e
einer Realschule zu verleihen - l'ifilich l)tTi"ii»Me sie ziii^h'ich auch
als -Gelehrten- Vorbildungsschule' auf tlieSecundades Gymnasiums vor.
In Leipzig war Vogels Name bekannt geworden vornehmlich
infolge seiner Waekerbarlhsruher Thätigkcit^). Für seine Berufung
scheint Itesonders warm der Buchhändler Aml)rosius Barth, der zu-
gleich StaUtverordoeter war, eiogetreteu zu sein. Aus einem Briefe
*) Naeh seiner eigenen Angabe Stift VIII D 60.
*) Nach Vogels eigener Aussage (Stift VIII D fiO) 1824, nioht wie
Elise Polko. 1. c. p. .{6 nii;ricbt. IvJ.x . .
•) Vogels Wortfi bei VAise Polko, Le. p. 4Ö.
Vergl. Stift VIII 1) 60.
MitU'iluogüu U. Gt'b. f. üouUt lic Ltxiult.- u. Sctiulge«cbic)iU<. VII H lis&i.
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306 Mitteilung«»! d. Ges. t deutedbe Bniehnngs- u. Schulgesdi. VII
Vogels an ihn vom 30. April 1831 geht hervor, dass Barth —
offenbar im EiDverstundDis mit dem Rate — bereits vor der Amts-
uiederleguug Gedickee vertraulich bei ihm aogefragt hatte, ob er
zur Uebemahme der Direktorialstelle bereit sei'). Vogel ant»
wertete zunflcbst ausweichend. Er fühlte nicht das Bedürfnis» die
Krefelder Thaiigkeit mit einer neuen zu vertauschen und lehnte es
jedenfalls ab, sich um die Stelle zu bewerben. So sah sich der
Rat veranlasst, dieselbe öffentlich auszuschreiben'). Trotz zahl-
reicher Bewerbungen kam man doch wieder auf Vogels Berufung
zurUck. Am 3. April I83'i schrieb Stadtrat Porsche, der Vorsteher
der Bürgerschule, an ihn. machte ihn mit den Missstanden des
Leipziger öffentlichen Schulwesens bekannt und versprach, der Rat
werde den Direktor bei einer Reform desselben unterstützen,
, Oberhaupt aber den gerechten Wünschen des hiesigen, für alle
guten Zwecke erwftnnten Publikums nach einer Verbesserung der
Bürgerschule gern und aus eigener UeberzeUgung entgegenkommen"
Nach einem harten Kampfe entachloss sich Vogel dazu, von
dem ihm ans Herz gewachsenen Krefelder Kreis zu scheiden: am
8. April 1832 sandte er an Porsche seine endgiltige Zusage. In
dem Schreiben beisst es u. a.: «Seit mehr als zehn Jahren
beschäftigt mich das höhere BQi^gerschulwesen in seinem ganzen
4
Umfiulge, und hat den Hauptteil meines geistigon Lobons fQr sich
in Anspruch genommen, da ich es erkannte, in ihm und seiner
würdigen. zeitgomä8sen Organisation und Gestaltung Ixiiihe eine
Hauptbedingung des sicheren Fortschreitens auf der Bahn ver-
nünfrij;* r, ciiristlich-freier Volksl)ildung, dif « benso weit von zügel-
loser Frechheit und Uitro-Liberalismus, als von geistiger Knecht-
schaft und Obskurantismus entfernt ist. Der Keni des Volkes, der
Bilrgei*stHnd. entbehrte nur zu lange der gewünschten und so nötigen
Berücksichtigung in Befriedigung seiner UnterrichtsbedUrfnisse.
») Der Brief Vogels Stift VIII D 60. Deraelbe B.irtli »chicktc später
vier Söhne auf die neugegrOndete Realschule. Vergt. Bist, statistiaehe
Uitteiluogen Ober die ereten 50 Jahre der Stadt. Reatschule zu Leipzig
vom Direktor (Jiesel. Loipzifr p. 23.
^) In filier Reiho von Zeitungen, z B. in dor „Leipziger Litteratiir-
Zeitimg" 2'oü, Okt. ibül. U.a. heisst es in dem Ausschreibon: „Und da
icOnftig eine den Zeit* und IiokalbedOrfhiBroa entsprachende Erweiterung
und Vervollkomnmang des gedsebtea Instituta beabsichtigt; wird, wobey
es auf die einsiclitsvoile und werkth&tigc Mitwirkung dos Direktors vor-
Süglic'h ankommt, so prpel'en sich hionni» dio Wahlfriiu (i< rnissp von «611)81."
^) Eine Kupie dieses brieies fand ich unter Akten aus dem Jahre
lb4ü eingestreut. SUft VIII D 10, VoL IV f. 216 f.
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26. Grttodung der alteAten sächsischen Realscbulo (Leipzig) ete. S07
während für die Lundachulen auf der vmm, für die (ielehrten-
schulen auf der audereu Seite fast alles, was nötig scheinen konnte,
geschah'* ').
Am 7. Oktober 1832 fand die feierliche Einweisung X^o^els in
seiD Amt statt, und alsbald nahm er die Neuorganisation der Bür^u r-
scfaule mit alier EntBchiedenheit in Angriff.
Ein glQoklicber Enthusiasmus, der ihn Uber kleinliche Ver-
stimmungen hinweghob, ein Zug aufs Qrosse- Ganze, entsprungen
einer elirlichen, idealen Begeisterung fUr seine Lebensaufgabe,
lassen ihn zu seinem Werke in hohem Maasse berufen erscheinen.
Wenn etwas zur Beruhigung gewisser angstlicher Seelen beitragen
konnte, die in den Realschulen «Brutstätten des Materialismus, der
Irreligiosität und der Revolution* sahen so war es die PersOn*
llchkeit dieses VorkAmpfers realistischer Bildung.
Ein fast ttbergrofiser Optimismus, im Grunde auf religiösen
Ueberzeugungen fiissend, führte ihn öfters zu einer Unterschatzung
der Hemmnisse, die der DurcfafilhruDg seiner Reformen sich ent-
gegenstellen sollten. Stiess er dann wider Erwarten doch auf
Schwiorii:kt'iten, so brauste er rasch unwillig auf, und seine Er-
regung hallt auch in offiziellen Schriftstücken nach. Er offenbart
auch hierin die Eigenart enthusiastischer Naturen. Die Kunst,
durch diplomatisches Entgegenkommen liindemisse zu überwinden,
hat er nicht besessen. Wir brauchen diesen Mangel nicht zu be-
klagen: er hat ihn in schweren Zeiten davor bewahrt, auf un*
genügende Kompromisse sich einzulassen.
Iininoriiin war es ein sehr günstiger Umstand, dass ihm bei
der IN'toiin doy Schiihvcsens ein Mann zur Seite stand, der ihn in
wichtigen Bt'/.i('liiiii'_M'ii wcrtvtdl frpjSnzte. Es ist der Vorsteher
der Bürsrorst iinlc , Stadtrat Po rsc Ii c •'). Audi I'ar-Hche war erst
kürzlich, im Jalir** 1831. von seiner Vati»rstadt Zittau nach i.t ipzi^j:
berufen; auch er von dorn Verlangen l)PSf(»U, zu schiilVeii.
dabei voll feinen Verstiindniöses für die Hedüirui:ise des Ltip/ij^^er
S(.'hnhv('si'ns. Schon ><einp regen geistigen Interessen - für Musik
und Malerei war er begeistert, ja in seinem Nactilasbc fanden si( Ii
eine Heihe zart empfundene! üedichte bewalitien ihn vor einer
rein l)ureaukratischen Auffassung seiner Stellung, in allen we?«ent-
') Stift VIII D 60.
') Urteil Bilers s. Puiilson II, 5öO.
^1 robrr ihn vrr^l dcti wrirrtioti Narhruf Vo^el« in ili'ii „Niich-
richicu vuii dem iiostcheu der Keui- uud ers^lea l3Urgersehulc £U Leipzig
1840/41" p. 7 - 13.
30*
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•
308 Ifitteilungen d. Gea. t deutsehe Biziehiutgs- tL Sehulgeech. VII.
liehen sadilicheD Fragen mit Vogel gleicher Ansicht und ebenso
uneimlldllch, wie er. in der Befürwortung der notwendigen
Reformen^), besasB er doch ein ruhigeres Temperament, als jener.
Die Beschwerden, die Vogel bei ihm in leidenschaftlichem Tone
▼erbrachte, legte er dem Bäte mit ruhiger, sachlicher BegrOndong
vor> Porsche hat das Verdienst der BegrOndung der Bealschule
stets Vogel sugeschrleben. Er spricht einmal gelegentlich von der
Bealschule als Ton emer Anstalt, «die nach den Mustern in
andern Staaten, hier ihre Entstehung den Vorschlügen des aus
Krefeld berufenen Herrn Direktor Dr. Vogel verdankt*^. Und
doch ist es zweifelhaft, wie weit Vogels Plane zur Durchfuhrung
gelangt wären, wenn sie nicht in Porsche allezeit einen so warmen
Vertreter beim Stadtrate gefunden hätten.
Das erste Vierteljahr seiner Amtsführung benutzte Vogel
dazu, die Missstände in der äusseren und inneren Organisation der
Btlrgerschule zu beobachten, Erfahrungen zu sammeln. Reform-
projekte reifen zu lassen. Die Ergebnisse seiner Beobachtungen
und Erwägungen legte er in einer Eingabe an den Rat vom
6. Januar 1833 nieder*''). Es ist das erst^ Aktenstück, in welchem
der künftiETon Leipziger Realschule Erwähnung <?ethaii wiid Der
I'at der Stadl, auf eine ernstt^ Kritik der Zustände au der Bürger-
schule gefasHt. miisste füglich doch eretaunen ob der geradezu ver-
nichtenden ])losslei;uiii; der vorhandenen Schäden. In dem ersten
Teile der Denkschrii! . weicher eine Kritik der bestehenden Ver-
hältnisse enthält, werden sehoniingälos nacli einander die einÄcliien
Pimkte autgezählt, die Vogels Entriistunt; iiervorgerufen hatten:
die unwürdige Organisation und gedrückte wirtscliaitiiche Stellung
des I^^ehrerkollegiums (kr BUrgerechnle: die Maugelhaftigkeit des
Lehrplans und der Disziplin: der dürtti<;e Zubtand der Schul-
bibliothek: d;is Ftlilen eines Zusaminenhaugcs der Bürgerschule
mit den ültrigen stiidtlscheu Sihulen: schliesslich die Unzuläng-
lichkeil der Lehrziele. Unser Interesse richtet sich vornehmlich
auf den letzten Punkt. Die Ausführungen Vogels hierüber lauten
folgeudermaassen: ^Es entbehrt endlich die Bürgerschule der ernsten
und bestimmten Beziehung auf das btti'gerliche Leben und seine
Anforderungen; denn ein 8eh0]er mit den Kenntnissen ausgerOstet,
M F.rj<t-:i Uli lieh ist tler Pleit*?* und die (5e\viHsoiihi»ftigkeit, di© er auf
seine umtangreichen berichte im den Rat verwendet bat.
•) Stift Vm D 81 t 24.
. ^ Stift Vm D 10, VoL I f. 2-12.
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25. GrQndung der ältesten »ftchsiachcn Realschule (Leipzig) etc. 309
velehe er sich bei dem augeublicklichen Zustande der Schule er-
worben kann, ist nicht im Stande, in ein Verhfiltnis des höheren
bür«jprli<hen oder gewerbthfitigen I^bens einzutreten, ohne der
Nachhilfe in der allgemeinen Vorbildim? noch zu bedürfen,
wi'lcln' doch jeder in seinem Berufe mitbringen sollte. Das aber
rnuss einer liiirgerschule von dem Umfan^'e wie die unsriije,
Schande bringen und ist ein faktischer Beweiä ihrer Mangeiiiuttig-
keit." Es ist bezeichnend, dass — von unbekannter Hand') -
bei den aüj^elührU'n Worten an den Kand zunächst einige di«-ke
Fragezeichen gesetzt und alöUanu die Worte geschrieben öiud:
j^quid hoc rei est? Keulbchule?'' —
Die Antwort auf die Fragezeichen erteilte Vogel gründlich in
dem zweiten Teil der Denkschrift, der seine positiven V^oi-schlage
für eine Heform der Bürgerschule giebt'^). Darnach will er letztere
in drei, äusserlich mit einander zusammenhängende, nach Methode
desTInterricht^^ und Lehrzielen aber verschiedene Abteiliin?:en gliedern:
in die Elementarschule, die Btlrfjerschule uud die höhere Bürger-
schule. Alle Schüler der Anstalt müssen die beiden ersten Stufen
durchlatilen ; die Schüler aber, .welche sich einem teclmisch-prak-
tiächeu Berufe bestimmen, der mehr als Handferti<^keit uud
mechanische Uebung fordert"', scheiden uacli erlangtem 12. Jahre
aus der eigentlichen r.iirf^erschule aus, um bis zum .hihre die
in vier Klassen zertaiiende höhere iiuri^erschule zu besucheu-
Ueber die Ziele dieser Anstalt spricht sich Vogel folgendermaassen
aus: _Die Realschule für KuabeFi entlässt ihre Zoglini^e als völlig
und gründlich vorbereitet für jeden ol*en nälu'c liezeichneten-') Beruf,
und erwartet für ihre Schüler keine weitere Fortsetzung des Unter-
richts als diejenige, welche die Wahl eines bestimmten P.eruf.'?
liedingt. Deshalb muss sie in den Realien, namentlich in der
Mathenuitik und den Naturwissenschaften, sowie auch in den
neueren Sprachen ihr Ziel höher stecken, als es die Gymnasien
1) PorseheB Handschrift ist es nicht
IMeser xwelte Teil der Denkschrift ist mit unwesentlichen Ver-
änderungen gedruckt zuerst noch im Jahre Ihiiii (h. u.) iu „Brste Nach-
richt Uber die beabsichtigte Organisation de« Bürger- Schiilwosens der
iStadt Leipzig ls;i;5. Leipzig, Teubnor". Wieder ubgedruckt ist der
Bericht in Vogels Uavh „Die liUrgertjchule zu Leipzig im Jahre lö42.
Leipzig, Ambr. Bari;h^, p. 1—8* Doch fehlt bei beiden Drucken das im
Ori^^nal angeftthrte „prilsamptive Budget**.
^ Fabrikanten, KQnstler, Kaufleute, Oekonomen, Berg^. Porst- und
l'ostbeanite, 8ubalternbeamte, Rechnangsflkhrer.
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310 Mittoilungen d. Ges. f. deutsche Erzichuugs- u. Scbulgeach. VIL
thiin, welelie auf Forttjetziiii-^ und Ki;^;inzuDg durch die akademischen
Studien rechnen dürfen und inüssrir').
Man sieht, was Vogel ins Lt ioMi rufen will, ist nichts anderes,
als ciiic licalschnle. Nur in ilircm Unt('rl>an reicht dieselbe noch
iu die Jliirgertsclmle hinein. Vo^'el veiv.iclitel darauf, eine Heal-
schule mit sechsjährigem Kursus einzurichten. An Steile der
beiden ei-sten Jahrgänge lässt er vieirnelu- den Besuch der füufien
und vierten Klasse der liürgerschule treten. Eine faktische
DitTerenz iiiii dtu Leistungen der preussi.schen Realschulen trat
dadurch ainu- um so weniger ein, als den Schülern der vierten
Klasse der Bürgerschule Gelegenheit geboten wurde, die Elemente
des Französischen zu erlcrneu^j.
Die Gründe, die Vogel veranlassten, die Realschule nicht von
vornherein aus dem Organismus der Bürgerschule auBzuschcideu,
sind UQSchwei* zu erketioen. Er kam ebne Zweifel bereits mit dem
festen Vorsatze nach Leipzig, hier eine Realschule zu begrOoden.
Aber sehr bald nach dem Eintritt in seinen neuen Wirkungskreis
gewann er — vielleicht durch vertrauliche Rücksprache mit Poi'sche
— die Ueberzeugung, dass weder der Rat der Stadt noch die
Stadtverordneten, wennschon zu einer Umgestaltung der Bürger-
schule die Hand bietend, so bedeutende Mittel, wie sie die Xeu-
grfindung einer Realschule erforderten, bewilligen würden. So
konnte er auf eine Verwirklichung seiner Absichten nur rechnen,
indem er die neue Anstalt als ein notwendiges Ei-gebnis der Neu-
oiganisation der Bttigerschule hinstellte. Aus diesen Erwftgungen
heraus vermied er es auch, in seiner Eingabe an den Rat den
Ausdruck „Realschule* zu gebrauchen: er spricht vielmehr vou
einer «höheren Bürgerschule*'. Er mochte hoffen, dass man diese
gleichsam nur als eine Selekten-Abteiluug der allgemeinen Bürger^
schule ansehen und deshalb anstandslos in ihre Errichtung wUli^n
werde').
UebrigeiiH nuhtn Vogel hi seinen Roorguiiiäuitoiisplun aucit den
Gedanken der Begründung (uner hUheren BQigerschule (iiealecbule) fttr
Mädchen auf. Doch kam derselbe, weil sieh eine entsprechende Zuld
von SrhfUcrinnon nicht meldete, sanächst nicht zur Ausführung. Vergl.
Stift Vlll T) 10. Vol. II f. ü^h.
^) Auch dea Lateinischen. Vergl. Vogel, Die iJUrgerschule zu
Leipzig, p. 29.
*) Koch am 18. September 1888 — 4*it Jahr nach der wiiklichen Br-
öffhung der KeulHchuie — vortreten in der That die Stadtverordneton die
Annii-ht. iias8 die Kealschulklu»äen niclitd als Solektenklasseu der Bürger-
schule seien. ^t\(t VlII D lU Vol. IV f. lai.
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25. Oründung^ der ältesten s.lchBischen Rculschule (Leipzig) etc. 311
Die Vora€bläge Vogels machte Porsche alsbald in ihrem voUen
ümfauge zu den seinigen. Unennüdlich war er in dem Bestreben,
zunächst die übrigen Mitglieder der Schulbehörde, sodann das Rats-
plenum für sie zu gewinnen. Er sprach den innigen Wunsch aus,
.<lass! sich rt'clif hnh\ Mittel und Wofr^ finden mögen, dieses Projekt
auf eine der Stadt Loip7.i<^ wiirdi^'e Weiso zur Ausführung zu
bringen'*'). Kr veisuhfit. diese höhere liürgerschulf' werde sich
als ein l)ebüuderer Zweig erst künftig aus der Mittribürgerschule
bilden und mit selbiger in Vereinigung bringen lassen'^.
ludess das Ratspleuum verhielt sich dem Gedanken der Be-
griirulun^ einer höheren Bürgerschule i^ogcnüber zunächst ab-
leliMt'iid. Vogel erhielt zwar die Genugthiiiin!,'. seine sämtlichen
Vorschlage, soweit Hie eine Neuordnung der Bürgerechule selbst
betrafen, vom Raiskol Icj^ium gebilligt zu sehen Aber elieii in
dem Punkte, der ihm am meisteu am lleraeü lag, erreichte er vor-
läulig nichts.
In der Plenarsitzung vom i". Fetiruar 1803 ward be.^chlo.ssen,
Vo;^el möge an die Ausarbeitung ririps Planes irf'h<Mi. „drrsiclizii-
liäclist nur auf die Vorschläge lu ziulit*. wodurch der Bürgerschule
aufzuhellen ^ei*)*. Damit wai* vor der ilaud das Kealschul*
Projekt abgethan.
Ks entspricht ganz der 'glilnliig vertrauenden Denkungsart
Vogels, dass er sich durch diesen Bescheid uichl im miudesteu
eutmutiiron Hess.
Ks kommt ihm der (^edanke gar nicht, dass durcl) den Rats-
bcsL-hiuss die He<;iiindung der Realschule endgiltig al)gelehnt sei.^)
Er meint niii. der liai wolle, .nnt dem Nöti«?sten beginnend, zu
dem MLudernötigeu fortschreitend, zwar langsamen iichritteä, aber
*) Eingabe vom 23. Januar 1838. Stift VIII D lu, Vol. 1 f. y3b.
') Eingabe vom 10. Februar 18;{;J. Ib. f. 4a.
Nach Jahresfrist Ist die lieorganisation im wesentlichen Vogela
Vorschlagen entsprechend volhtogen worden.
*) Btift VIII D 10. Vol. I f. 72b. Der Oiganisatloosplui Vogels
betr. die BOrgersehulc ist abgedruckt in seinem Buche «Die fittrger-
sclinle SU Leipzig im Jahre 1842". p. 9ff.
*) Am 19. Mai 1883 schreibt er sogar voller Zuv.'r^^icht an seinen
Freund Eichhorn, es sei „der Plan zu einem Realgymnasium oder Real-
schule in allen seinen Teilen entworfen und höheren Orts bis auts Jota,
geoebmigt* (B. Polko, L c p. 91), wahrend doch thatsttehlieh die Ver>
haodlungen Ober die Realschule erst wieder am 24. Nov. itt88 aufgenommen
wurdeu.
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8t2 Mitteüunj^cn d. ües. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgeach. \TL
sicher dem j^estecktt'U Ziele ont^c^fn-^chen" JeckMifalls wollte
Vogel, wenn der Rat uichti* ihal. tüi seiueu Teil weiter für die
Idee einer Kealw-hule Anhänger gewinnen. So entschloss er sicii,
seinen gesamten am Ii Jan. I8.'5.i beim Rate eingereichten Orga-
niaationsplau im Osieiptogramm dea Jahres 1838 zu veröffentlichen.
Hier setzte er getrost tiir .höhere Bün^'erschiile- die liezcichmmg
^Realschule" ein. die er im Original, wie wir nahen, vermiedea
hatte.
War Vogel nach dem Beschlüsse des Ratspleuums vom
27. Februar 1833 rechtlich dazu befugt, von der Realschule in
einem Schulprogramjn, also einem quasi ulfiziellen Schriftstücke,
als von einer geplanten Zweiganstalt der Bürgerschule zu sprechen?
Mir scheint, er ist — wenudchou uubewusst — damit über das
Maass seiner Anilsbefugnisse hinausgegangen. Aber sicherlich hat
er mit der Veröffentlichung des Orgauisationaentwurfes erreicht»
was er wollte: das PublUuim erhielt eine erste vorläufige Nachricht
von sein« Absicht, ein« RMdschule ins Leben zu rufen und konnte
nun seinerseits dazu Stellung nehmen.
In der Thiit ward alsbald seitens einer Reihe von Eltern,
deren Kinder die Bürgerschule besuchten, der Wunsch ausgespruchen,
mit der bi.-^herii:en Anstalt möglichst bald eine Realschule zu
verbinden. Klieii dies war es. was Vogel gewünscht hatte. Jetzt
hatte er (lelegeiilieil. die Materie, welche das j;aUi>le(niiii zunächst
hatte fallen ia.ssen, aufs neue zur Sprache zu bringen, und der iltn-
weis darauf, dass sich innerhalb <ler Bürgerschaft selbst das Ver-
langen nach der Gründung einer Realschule regte, konnte unmöglich
seinen Eindruck auf den Rat verfehlen.
Nach eingehenden Be.«prechungen \ ogels mit St ««itrHt Porsche
verfasste letzterer eine Denkschrift, die er am 24. Kovember 1Ö33
') Worte im OshTprogruium der Bürgersch. 188;i p. 17. Sp.»Vter, im
J. 1842, spricht er in Heiner Schrift „Die Bürgerschule zu Leipzig-, p. 9
Anm. flogpar dem Rute aeioe gröBste Anerkennung dafür aas, dass er nicht
BO^eich mit der tirOndung «iner RealschuLo hegonnen, dass er die Orga-
nisation von unten und nicht von oben her angefangen hal)e. Wollte er
damit dem Stadtrute nur eine Artif^keit safren'.' Jodenfallö heiiiorko icli,
dtiaa Vogel iiu J. IbS'd doch einen andern Standpunkt uU im J. Iby2 cin>
genommen und eine möglichst baldige Erfiflhung der Realschule damals
gewttnsebt hat Recht deutlieh beweist dies das Jener 1. Eingabe vom
6. Jan. 1838 angefügte prUdumptive Budf^et. Hier schätzte er die Zahl der
Schüler, welche die tiAhere Uflr^-erHciiiile besuchen würden, auf 4(X), hielt
uido oüenbar den Zeitpunkt zur Erütfnun^ deräulbeu ftU* gekoiumeu.
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2ö. ürUadung der altoston i^ächäischeu liealschule ^Leipzig) etc. 313
dem Rate zu*^eheü lies8 [n ihr steht der Hinweis auf die Wünsche
der iiurgemliaft obenan. Hie Zwecke und Ziele der geplanten
AuHtalt Sri liUlert Porsche in iihiili' her Weise, wie dies Vogel bereits
in seiner Kiugal)e vom 6. Januar 1833 irethan hatte. Den Schwer-
punkt seiner Auölülinini;en aber legt er uut eine Zusammenstellung
der Momente, welche die praktische Durchführbarkeit d«'s Real-
schulprojekts ohne grossen Kostenaufwand zu gewährleisten
schienen.
Zun&chst könnten, so fQhtt er ans, BürgerschuUehrer teüveise
auch fQr die Realschule verwendet werden, da die Lehigegenatlnde
auf lyeideo Anstalten vielfach die gleieben seien. Ferner wfiren die
Lokalitäten der Bürgerschule so reichlich, dass die Realschule in
dem Gebäude derselben gut untergebracht werden könnte. Bezüg-
lich des ftoanziellen Punktes btttet sieh Porsche vor weilgeheaden
Vorschlägen, auf deren Zustimmung er, wie er wusste, doch nicht
rechnen konnte. Er erkennt die Bedeutung der finanziellen Seite
des Projektes an. Da man kein sicheres Uiteil Uber die Zahl der
Schüler hätte, die sich für die Realschule anmelden wUrden, so
wäre es am geeignetsten, die Eltern und Erzieher von dem Plane
ihrer Eröflkiung in Kenntnis zu setzen und innerhalb der nächsten
4 — 6 Wochen die Anmeldungen für Ostern des folgenden Jahres
entgegenzunehmen.
Der Rat blieb diesen Vorschlägen gegenüber in abwartender
Haltung. In der Sitzung vom 14. Dezember 1838 beschloss er,
die Aufforderung zur Anmeldung ergehen zu lassen, „damit man
die Sache anderweit in Erwägung ziehe.'
Jetzt galt es zu werben unter der Leipziger Bürgerschaft für
die neue Anstalt Denn je grösser die Zahl der Anmeldungen
wurde, um so mehr war der Bestand der Realschule gesichert.
Vogel war unermüdlich. Damals schrieb er seine auch über
Leip/ij;« Weichbild hinaus bekannt i^ewordene Abhandlung: „Ueber
die Idee und die Einrichtung einer höheren Bürger- oder Real-
schule für Knaben und einer höheren Mädehenscbule zunächett nach
den liedürfnissen der Stadt Leipzig'-). Es ist eine in ihrer Be-
deutung weit Uber ihre spezielle Veranlassung hinausgehende
*} Ergeboiiäter Vurtrag, diu Errichtung einer lioaUchulo bei der
Borgerschule betr. Stift VIII h LO, Vol. II f. 1 IT.
*j ErBcbienen lb84 bei Barth, in 2. etwas veränderter Auftage ebenda
J889. Wiederabgedruckt ist aio in Vogol« Bürgerschule p. IG— 5s. Daas
ßic vor der «'iitrteh«'idoiulen Eingabe i'orrtches vom lü. April Ib3i4 ver^
ött'eutUcüt ist, urgitibl Stiit VIII D lü, VuL II £. 4Ü.
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B14 Mitteilungen d. Gea. t deutselie Bndehunga- u. Schulgeeeh. VIL
Apologie der Kealschule überhaupt, ausgezeichnet durch Wärme des
Tones nicht minder alB durch Klarheit und logische Schärfe der
Darleguiigeo. Beredt weist er auf die Notwendiglceit einer Ver-
einigung von Wissen mit dem Können, der Brlcenntnis mit
der Qeschiciclicbiceit hin.
Ein echter Idealist, wie er, der Vorlcämpfer flir die Real-
schule, allezeit gewesen ist. will er jegliche büigerliche Thätigiceit
adeln zu einer » freien menschlichen Kunst". «Die Zeit ist
vorbei, in welcher das Vorurteil galt, und die Schulelnrichtungen
bestimmten: dass die bürgerliche Thfitigiceit eine gemeine und un-
erlle sei, die also beim höheren Unierrichte keine besondere Be-
rüclcsicbtigung verdiene. Laut fordeii; die zu grosserer Reife ge-
langte Erkenntnis des Volkes eine grössere und sorgsamere Berttck-
Hichtigung des bürgerlichen Lebens in allen seinen Verhältnissen
von Seiten des öffentlichen Unterrichts, weil nur dadurch das äussere
Leben eine höhere, veredelte und sittliche Gestalt gewinnen kann.*
Ein tüchtiger Bürger müsse zugleich uucli ein gebildeter Mann
sein. »Erst <iaim koiinon und werdfMi auch die fr^'i^ii Verfassungen
der Qemeindni und Stnateo, welche die neueste Zeit gebracht hat,
zur vollständigen Wahrheit werden, wenn auch von unten her die
nötige Bildung, und der durch echte lJil(hiug gereinigte Wille
hervorgebracht und in mögliclist weite Kreise verbreitet sein
werden.-
Die praktische Wirkung dieser aus warmer Begeisterung
heraus geflosseneu Schrift war nicht eben durchschlagend. Solange
eine Schulgattung noch im Werden iiegritl'en ist, wird sie stets mit
dem Misstraueu oder doch der Teiloahmlosigkeit des Publikums zu
kämpfen hahon. znni.tl w»»nn sie. wie dies hei der Realschule der
Fall war, uirht .uit eine t^rncrfllo Fordeniiv^ von seilen der Ke-
girTtini; zu rechnen hat. Kiu jeder lurnlitr erst Erfahrungen
s;iuiuit'ln. die Erfolge abwarten: so zaudern .selbst die. welche
grundsätzlich dem ueueu Bilduu^^sgauge sympaÜiiäch gegeuUber-
atehen.
Insgcsfinit ertnli:!»'!! 25 Schiih raiinicldungen beim Direktor
Vog' l. Di' scr zwt it' lti' keinen AuKeiiblick daran, mau müsse mit
soIcIh'iu richülerbesiiuide /Air EröHuuug der Kealschule stliiciien.
Für Porsche al)er war es keine leichte Aufgabe, dem Haie gegen-
ülier noch au dciu alten Antrage anl U« ;^rüjidung eiiuT Kealschule
festzuhalten." Dorli nül Vogel gau/. in der Ueberaeugung eius. dass
eine Stadt wie Leipzig auf die Dauer einer Realschule nicht ent-
behren könne, ist er willig und freudig für dieselbe eingetreten.
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26. Gründung der ältesten sttdisischflii Reftlaehttle (Leipzig) ote. 815
In fieiner umftnglicben Eingab« rom 10. April 1834 teilte er dem
Rate die AnmeMuiig der 26 Schüler mit und beantragte, nun un-
verzüglich die Realscbule zu eröffnen, und zwar «inftobst die dritte
und vierte Klasse. Für beide Klasaen würden zunficbst zwei
Zimmer im linken Seitengebäude der Bttrgerachule in der ersten
£tage genügen, unmittelbar neben dem Arbeitszimmer des Direlitors
isoliert gelegen^. «Diese Zimmer sind zwar nicht selir gross, aber
hell und freundlich, auch sonst mit den notwendigsten Qerftt-
scbaften versehen, so dass für letzt damit auszukonunen ist*
Falls sich, wie zu erwarten, die Kealsehule erweitern würde,
werde man die in der Bürgerschule angebrachten Mietwohnungen,
zunächst die des Kaufmanns Heyer im rechten Ei-dgesehoss
der Bfii'gerschule , lUr die Realschule beanspruchen müssen.
Die Lehrkräfte werde man teilweise gewinnen durch Mitbenutzung
von BürgerschuUebreni. „Ausser finanziellen Rücksichten tritt
übrigens noch die hinzu, dass eine solche Stellung für pflichtgetreue
Lehrer ein sehr geeignetes Mittel zur eigeiieu feruereii Fortbildung
darbietet Aber alle Lehrfächer durch lliirfj^erscliullehrer zu
besetzen, wäre unmöglich, deim notwendig sei .bei einem »olehen,
neu begründeten Institute auch auf die individuellen Ausichten und
Erwartungen der Eltfirn einigermaassen Kücköiclit zu nehmen*.
Für die Fä(-her Keligion, Mathematik. Naturwissenschaften, Fran-
Züsisrh sei die Austeilung hesouderer Fachlehrer unerlässlich. Die
Gehälter für sie müssten aus den Srhulgelder-Kiunahmen besfrifteu
werden, die bei einem jährlichen Schulgelde von 30 Thalern und
eiuer Zahl vou *25 Scliüleru «ich auf insgesamt 750 Thaler beliefen.
Im einzelnen stellt Torsche für die Fachlehrer folirende Sätze auf:
der JJeligionslehrer erhält für 10—12 St. wöchentl. 200 Thir.
„ Mathematiklehrer » 12 „ , 200 ,
„ Naturgeschichtslehrer , , 8 , 150 »
„ französis<;he Lehrer „ . 9 — 10 , „ 150 »
, Zeicbenlelirer « « 4 « „ 50 .
Doch sollen diese Gehaltssätze nur provisorisch sein, und
Porsche l>ehSlt sieh, bei ihrer geringen Höhe, neue VorschlAge vor.
Die Stadt übernimmt die Lokalitaten, das Brennholz und die Be-
leuchtung.
1) stii't vm D lU, VoL U f. 4a-0s.
'\ Ein rmstand von g-ros^rr II'HU'iitunf;. Dio Mitt"! nir (Inn Bau
piiifs ht-Hundeiou Kealbchulgebaudca wui*de der Kut ifuwisa nicht bewilligt
liaben.
4H»
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316 lattdluagen cLCfe«. f. deutoclM Bni«hiuig»- il SehulgodcL Vit.
Auf Vogels DrAngeu hin legte Porsche dem Rate die so-
fortige Eröfl'uuiig der Realschule am 1. M&i 1834 ans üerz. «Es
wttrde dies für die Schüler den weaentUclieii Nutzen haben, daas
auf ihre Bfldting sofort ein volles Jahr bis Ostern 1836 verwendet
werden und sonach von dieser Zeit an alsbald der fernere Lehr-
kursuB beginnen kann.*
Auf den Rat scheint die ISahl der für die Realschule an-
gemeldeten Schfiler nicht eben grossen Eindruck gemacht zu haben.
Am 26. April 1834 besehlods das Ratsplenum, wie das Protokoll
besagt« «nach behufiger Bekanntmachung zur Eröfltaung der ver-
suchsweise (!) eingerichteten Realschule zu veischreiteu* i).
Man sieht, er ist nicht dazu entschlossen, die Einrichtung
einer Realschule als eine definitive anzusehen. Wenn der Rat
gleichwohl in allen Punkten Porsches VorscbUgen zustimmte, so
geschah das ohne Zweifel nur mit Rücksicht darauf, dass der Stadt
durch die ErOfftaung der Anstalt irgend wesentliche Unkosten nicht
erwuchsen. Grundsätzlich lehnte er es ab, das finanzielle Risiko
auf seine Schultern zu nehmen. \'ogel hat nicht L'nrecht, wenn er
spfiter einmal, im Jahre 1840, schreibt, da«s die Kealschule bei der
Teilnahmlosigkeit der städtisclien liehörde ilirer Organisation nach
mit den Prlvatschuieu auf eine Linie zu stellen sei^).
Immerhin war nach so manchen Hemmnissen das vorlEufige
Ergebnis wertvoll. Die ErOfltaung der Realschule für den 5. Mai
war beschlossen, der neuen Anstalt Gelegenheit geboten, ihre
Leistungsfähigkeit zu erproben. Das Pul)liKiiTn wurde durch eine
oflizieile Bekanntmachung im .Leipziger Tageblatt"*'') über die
Zwecke der Schule aufgeklärt Dieselbe hat folgenden Wortlaut:
«In hiesiger BOrgerschule soll nunmehr, ausser dem auch
ferner ganz ungestört, wie zeither, fortgehenden Unterrichte in den
( iegenstftnden allgemeiner, jedem BUrgerschQler gebührenden
liildung. auch zu einer Ubor die Letztere hinaus und noch nach dem
Zeitpunkte der Oonlirmatlon zu erlangenden höheren, mehr
wissenschaftlichen Bildung in Religion, Mathematik, Natur-
kunde, Geographie, Geschiclil»'. deutsclier. ftanzösisclier und eng-
lischer Sprache, Schönscineiben uu<l Zeiclinen, nach vielseitig aus-
genprocheneo und sehr beachtenswertheu Wünschen, Gelegenheit
gegeben werden.
ötitt viif I) 10. Vol. n r 97.
») ötitt Vlil l.> io, Vol. iV 1. im.
') 1S84 Nr. 128. Soonabend, den 8. Mai.
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25. Gründung der ältesten sächsischen ßeulscimle (Leipzig) etc. 3 1 7
Zu «lioseiii Zwei wird, ohno iu das Unterricbtsjrpbiot dor
li<>i(|('ii ( J viniiasieii iiiui der Il;iii(lhin^ssrhiilp ein/iitriTitVii . die Er-
olTmin,^' eiuer dritten A Itt lieilurig der l'in'^erschuio, und zwar
zur Zeit für 'Äi^i^Ww^v niäimlichen Geschlecht^} als eine sogen.'uuite,
auf vier Cla^öen 1)» rtM-luiefe KV al^^t liule in (»hjtrom Sinoe vom
5. Mai d. J. an |>r()\ is(>ris< ti üegiiuieii. jedoch vor jetzt nur die
vierte und dritte ( la^.-^e . indem dazu geeignete Schüler bereits au-
gemeldet worden öiud. enichtet werden.
Indem dies zur ött'entlichen Kenntnis gebracht wird, werden
alle diejenigen, welche von nun an noch ihre Kiiider und Pfleg-
linge, sie mögen zeither in der Bürgerschule, oder anderswo, öffent-
lichen oder l'rivat- Unterricht genttssen haben, in jene dritte Ab-
theilung oder Realschule aufgenommen zu sehen wünschen, ihre dies-
fallsigen Anmeldungen dem Herrn BUrgerschul-Dlrector Vogel zur
PrOfling der Qualification der Aufzunehmenden zu machen hierdurch
aufgefordert.
Leipzig, de»i 1. Mai 1834.
iJei- Rat Ii der Stadt Leipzig.
Friedricli .Müller, 8tadtrath.-
In der festgesetzten Weise ward durdi eine einfache Feier
am Montag, den 5. Mai 1834, die Leipi^iger iiealscliule erört'net.
Die Jb Schüler, welche in sie eintraten, wurden auf die beiden
Klas.sen III und IV verteilt und zumlchst in den zwei von Porsche
vorgeschlagenen Lokalitäten der l^ürgerschule') untergebracht.
In wie ausserordentlich bescheidenen Anfängen die Leipziger
Ffenlschule auch ins Leben trat, ihre innere Orpmisation hatte do(;h
manche V'orzüge vor andern, nnnuntlicli preussischeu Schulen
gleicher Gatturii; vornus. Wir aalien. dnss in Preussen die nn i.'^ton
liealschuleu entstanden waren in Anlehnung an alte Laleinst Inilen.
(>iese?n Umstände w;»r ihre günstige linanzielle Ha.sierun^' zu
danken; aiier aus eljcn dem Grunde war die Freiheit in der Ge-
staltung ihrer Lehipläne hesclirankt Das Latein. weNlies in der
alten Anstalt das beherrschende lljinjjirach gewesen war. li(\ss sich
füglich nicht mit einem Male aus dem Lehridun der neuen,
lelormierten Anstalt strej( hm, Da/Ji kam. dass die preussische
llegierung iu der i-n-tea lliiUte unseres Jalirhnndert.s für die Bei-
behaltung des Lateins auf den liealschulen eintrtit Die Fol;4en
hiervon konnten nur unerquickliche sein. Die für das Latein an-
') Dieselbe ist gegenüber der LeipBig<»r Universität am Augustus-
platze gelegen.
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318 Mitteilimgeu d. Gea. t deutsche ErzLchuugs- u. Schulgcach. YU.
gnsotzto StiiiKlciizalil 'j:('iiü^;te V>ei (h-\\\ iiu'ist spcli^Jiihi-i'j'i'n Kursus
«'iitfenit nicht, eine <Miii;:rnii;inss<>n griiiidliche Eiloniung der Sprache
zu <j;<'\v;ilii lt'i?«teTi. • iilzog al>ei- andern Fächern w i< Ii ri«;e Lehrstunden
und drückte somif dii^ Niveau der Oliri.^t'n ]-''hiv,iele heral». Vogel
selbst hfitt*' ähiilirht' Krtaliruiigea iii Kreft-M Ihm der UniwandluDg
eiuer lateinischen Siiftschule in eine I.'ralschule niaciien müssen.
Ihnen mochte zum guten Tt il sein leithafter Wid«'rwin(' j^egen
jenen Mi?chty|>iis vieler Realschulen entspriiiiLriTi sein, die zu^^leich
VorbereitungsaustMltfii für OyniTiasien und fiii- h^hi ic liüru"''ili«lie
Thäti*rkeit sein \vollti*ii. ranhritlichkeit drr Lihr/.i. lc srhitMi ihm
für seine Leipzig'"!- Jicalschuie \viehtigstes Erfonleniis /ii sein.
Darum aber war ein Ausscheiden des lateinisclien Unterrichts aus
ihrem Lehrplane unerlilsslich Vogel hat kräftig gegen die
M<'inuiiu' aii;j:ekämpft, als ol» lateinisrher Unterricht ein notwendiges
Merkmal jeglicher IkiIh-jou liildujig sei. «Es gielii liihlnng ohne
Latein! — wer will das leugnen!" so ruft er spätei- eiiimul aus^).
„Denn die liöheren Sprach- und Dciikgcäetze, derou Keimluis aller-
dings von uiueni walnhaft Gebildeten verlangt werden daif und
mubs, lassen sich von jeder Sprache absüuhierea. " Mit Stolz, im
Vollgefühl, der Vorkämpfer eiuer neuen. sell»stsirheren Bildtmg zu
aeiii, wirft er die Errungenschaften der modernen Wis.sensehafteii
in die Wagschale gegenüber dem konstauteü Bildungsschatze der
Antike. „Die Kunde des klassisclien Altertums, 8o viel Auch des
Ecbtmenschlichen in voller Herrlichkeit und Wahrheit sich in ihr
abäpiegelt, — sie reicht nicht mehr hin; eine neue Zeit ist aus der
alten erwachsen und mttndig geworden; wohl ehrt und achtet sie
die Mutter und wird sie ewig ehren und achten; allein im Geftthle
ihrer eigenen Kraft steht sie nun selbständig neben ihr und bedarf
nicht mehr des Gängelbandes; sie will ihre eigene Sprache reden
') In 8'MniMi Id(^en und Einrichtungen euier höheren BOrgerschule
p. 13 Anm. i^ngt er: „L'ebrip'f n«< ntoht \vnh\ prwnrtPM. (ia.s.s mit d(m Kart-
schritten wahrer Bürgerbilduug das Vorurteil, als liillfe ,.ein wenig
Latein*' etwas su allgemeiner Bildung und zu Erlernung anderer (ueucror)
Sprachen, immer mehr verschwinden werde. Ein wenig Latein hilft su
gar nichtH, oder ea ateht doch wcnigstons der dadurch erzieh o Nutzen
in keinen» Vorhilltni.-^se zu dorn dazu erfonlerlichen yioitaufwando. Das
Studium der aUon Spruchou fordert Emst und Grttndlichiceit, weuu oa
etwas nützen soll."
>) In der vortrefflichen Rede zur Erinuerujig an das zehnjährige
Beetehen der Realschule. Leipzig, Fr. Nies, 1844, p. 7. Dieae Rede hat
Vogel im wesentlichen wiederholt in der Im Osterprogramm 1860 ge-
druckten „Kurzen Geschichte der städt. Roatechule zu Leipzig^'.
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25. Gründung der ältesten säcbsiechen Realschule (Leipzig) etc. 319
und aus ihrer ei<,'en» n Ooschichte leriieti: sie hat Steine und
Pflanzen und Tiere iresamnielt in der alten !ind neu<»!i Welt. Er-
öcheiniingeii und Kiätte l)*H>bachtet, nach deueu sie die Alteu ver-
gebena um Autöthiuss fragt, *■
Aus der Entstehnugsgescliichte der Leipziger Realschule or-
giebt sich ohne weiteres, dass sich hier ohne Mühe ein Wegfall
des Lateins erreichen liess. Die lateinlose Realschule war die
natiiri^rniässe Fortsetzung <lrr l?nri!:crsrhn1r'. So hat — trotz der
bt drutt uden äusseren Schwierigkeiten, mit denen die junge Anstalt
in den ei^sten Zeiten üires lksteheus zu krun|d"en hatte — Vogel
eine grosse Freiheit in der Ausarbeitung des Lehrplans gehallt.
Die Leipziger Poalseliule ist eine iresunde Neuschöpfung, nicht das
Produkt eines künstiicheu Kompromisses zwischen alt«u uud neuen
Büdungselementen.
In der näheren Abgrenzung ihrer I^ehrziele nun ott'enbart
Vogel eine weise Mässigun;;. Wie vr sicii diigegen verwahrt hat,
der Realschule den Charakter einer Pseudo-Gelehrt(^nanstalt zu
geben, so scheidet er ihr (Jebiit nicht minder scharf ab gegen die
höheren Fachschuleu. Die tierulsbilduag kann uuniöglich in der
Schule geboten werden: _wer hier vorgreift, versündit^t sirh an der
Mens( hlieil, indem er ilire Entwicklungsfrcibeit bescliräukt und den
Unmündigen schon in eine bestimmte liichtuiig zwätigt, elie der
Grad von selhstiuidigem Urteil ei reii ht ist. welchen die Wahl eines
hölieVeu ßeruls uutwendig vuiausserzt" Drastisch schildert Vogel
einmal die Folgen, die eine Aulnuhme technischer Studien in die
Leiirpläne der Realschulen halten würde. In jeder Stadt würde
sich eine solche Anstalt ander> ge.stalteu: wo di<' Tuchma(;herzunft
überwiegend wäre, würde man sie nach deren Jiedürfnissen
organisieren; iu einer Stadt mit Färbereien würde die Chemie, in
einer Handelsstadt merkantilistlsche Korrespondenz und doppelte
Buchführung für den Kern des Unterrichts angesehen werden*).
Ich meine, das.s eius der grössten Verdienste Vogels um die
Realscliule eben in der klaren Erkenntnis ihres eigensten Wirkungs-
gebietes besteht 3). Was Vogel den Schülern seiner Kealanstult
M Vergl. die oben citierte Rede p. 4.
') Da.s.-i er .seine reherzeugunj;en teilweise itiis eiiiciu sorgföltijjen
b^tuüium der duumligcii piUlugogiächcii Litteratur gewann, versteht aich
von selbst Als seine hauptsächlichen GewAhrsmanner nennt er in der
Einleitung seiner Schrift ,Jdec mul Einrichtung" etc. Niemever. Z- rronner»
Schwarz, DinkmaDn, Spiiielce, UarniAch, Oblert, Mönnich, Schubart,
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320 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehung»- u. Schulgesch. VII.
mit auf den Lpbfnswpj:^ i^fhcii will, ist eine allgemeine höhere,
aber in sich (liirchaiis alt^'t'schldssoic HildunE^, die sie in den Stand
setzt, sich jeglichem praktischen Bernfe n »'li erlanj?toni Abgangs-
zeugnisse zuzuwenden odei- alshnld in t iiie liöhere Fachlehranstalt
— wie Handels-, Forst-, Berg-, (jewerbe- und landwirtschaftliche
Schule — überzugehen. Er will die Schüler dazu rüsten, im Ge-
triebe der Welt einen festen Stand zu gewiimen, und insbesondere
der Industrie soliea durch die Uealscimle neue geistige Kräfte zu-
geführt werden. Wie empört ihn der Vorwurf, duas die Lehrer
und Freunde der Realschule sich zu Dienern des groben Materia-
lismus herabwürdigten! Stolz weist er darauf hin. dass gerade
durch die realen Anstalten eine immer vollkommeneie .Emanzipation
der Menschheit vom Dieuste der niederen ^'aturkrüftc und des
fohen Stoffes" emelt werde.
Bereits in seiner Schrift „Idee und Kiiiiiclitung" etc. (p. 11)
liatte er den für die neue Anstalt berechneieu Stundenplan ver-
Onentüclit. welchen ich hier folgen lasse:
Lehrgegenstaode
Klasse I
Klasse Klasse III
Klasse IV
Summa
2
2
4
4
12
Mathematik ....
6
6
6
6
24
Naturkunde ....
6
6
4
4
19
Oeograpliie ....
2
2
2
2
8
Geachichto ....
8
3
2
2
10
Deutsch
4
6
5
6
20
Französisch ....
6
6
4
i
19
Englisch
4
4
2
10
Sc-hönschroiben . .
2
8
6
Zeichneu
4
4
3
8
14
1
2
8
1 dti
1 86
1 »e
1 -
Von einzi'liieu Dilferenzen al>gesehen, ist die SLundi uverteilung
ganz ähnlich derjenigen der heutigen sächsischen Realschulen; in
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•
25. Gründuug der iUtesten sächsischen liealschule (Leipzig) etc. o2i
der Znh] und Art der behandelten LehrgegenstÄude herrscht sogar
vollßtäudige Uebereinslimmimg mit diesen.
Freilich besteht zwifsclHjn dm iHMitit^en Realschulen Sachsens
und der von Vogel begründeten keineswegs das Verhriltnis der
Kontinuität. Es ist bekannt, dass gerade die Lelaphine der s^eh-
sischen Realschulen die mauniglachsten Wandlungen in» Laute der
Zeit durchgemacht liaben'). Die ältesten unter diesen Anstalten,
dtinmier ;uich unsere Leipziger Realschule, haben sich unter der
Einwirkung der politischen Ereignisse seit dem Jahre 1866 in
ni«chem Aufschwünge zu Realgymnasien mit neunjährigem
Kursus herausgebildet und gehören somit zeitweilig einer ganz neuen
Schulgattung an. Haben doch die Realgymnasien nicht nur einer
sehr bedeutenden Zahl von Besuchern der Hochschulen, sondern,
wie insbesondere das Leipziger Realgymnasium, auch einer Reihe
von angesehenen Hochschullehrern an Universitäten und tech-
nischen Akademieen ihre wissenschaftliche Vorbildung verlieben!
Aber so ursprangUch, unaufhaltsam und innerlich notwendig
auch diese Entwicklung von der Realschule zum Realgymnasium
vor sich ging, so machte sich doch bereits in der Zeit, da sie be-
gann, der alte Gedanke einer höheren bürgerlichen Bildung
aufä neue mit Entschiedenheit geltend, und das neue Bedfirfhis
fand seine Befiiedigung in der Begründung neuer eigentlicher
Realschulen mit sechsjährigem Kursus. In Leipag rief im Jahre
1871 Konrad FriedlBnder eine solche Realschule (die heutige erste
stadtische) ganz im Sinne und Geiste Vogels ins Leben. Dass man
überhaupt in der Organisation der heutigen Realschulen ganz auf
die Grundsätze zurückgekommen ist, die Vogel l)ei dei- Einrichtung
der Leipziger Realschule leiteten, ist ein Beweis für den sicheren,
praktischen Blick, den er bese^iseu hat.
Gegenüber den bedeutenden Vorzügen in der Einrichtung der
Leipziger Realscliule treten die Mängel, die ihr bei der Neuheit
der Schulgattung und der Unmöglichkeit, auf genauen Be-
obachtungen zu fussen. anhaften mussteu. in den Hintergrund.
Nur zwei scheinen benu-rkensweit. Einmal hat Vogel, so weise
er auch in der Auswahl der für die Re;ilschiile in l'.etraeht
kommenden Fäelier verfahren ist. doch innerliall» tlei- tin/.elnen
Untorrichtämuterieu liiu und wieder das Maass der ^Vnforderungen
Einen guten Ueberblick Uber die Geacbichte der sachsischeii
Ut^alat hulen gewahrt die rrogramniiibhundhmg der Leipzi/jror Rcalachule
I. Oiiiining von 1872/73: ..Hin Wort zur Entwicklung des KeaischulwQBenB
in fc^aehsou" von Dr. E. Frledr. Alfr. Oertol.
MiMeUui>g«Q d. G«b. f. deutsche Elnieb.- u. ScbiügaMbiobt«. VU 8 18»7. 21
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322 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehuags- u. Scbulgeach. VIL
ül»ers'fhrittcn , die man billigerweise an 16jährige jungo Menschen
stellen kann. Von den Schülern der ersten Klasse ^e^lan,L;te er im
Deutsrhen Fertigkeit im .freien mündlichen Vdrtrau'. wie ihn das
stcialisbüj-gerliche Leben tä^^licii mein- zum Bedürfnisse macht", im
Französischen neben ^'ramiuatischer Reinheit im Ausdruck
auch Fertigkeit im Sprechen '). Auffälliger noch sind die An-
forderungen in der Mathematik, \seil sie hier nicht nur in einem
all'^emeincn Postulat*, sondern in einer genauen Fixierung des
Lehri)lans ihren AusdnK k fanden. In der Arithmetik will Vogel
die Schüler luhren ^bis zur Dillerentialrechnung, weil es nöthig er-
scheint, die nach Beendigung eines vollständigen Kursus in der
Realschule abgehenden Schfller in den Stand zu setzen, auch ohne
Hilfe des Lehrers sich durch Lesung reia-wisseDSchaftlicher Werke
Uber mecbaniacbe Naturlehre und rechnende Qeomelrie zu unter-
riehten*. Die Geometrie schliesst «nach grOndlicher Behandlung
der Stereometrie und Trigonometrie^ in Kkase I mit den Haupt-
sfttsen aus der Lehre Yon den Kegelschnitten, der mathematischen
Geographie und der Astronomie"*).
Dabei leitete Vogel vohl yomehmlich der Wunsch, seine
Schüler so Torbereitet zu entlassen, dass sie ohne weiteres in die
höheren technischen Lehranstalten, unter denen besonders die poly*
technische Schule*) in Dresden, die Bergakademie in Freiherg lud
die Forstakademie in Tharand in Betracht kamen, Ubergehen
konnten. . Er hat seiner Realschule damit ein 2<iel gesetzt, das die
Realanstalten mit sechsjährigem Kursus auf die Dauer nicht fest-
zuhalten yermochten: die Aufgabe einer genttgenden Vorbereitung
für die technischen Akademieen haben erst die Realgymnasien gelöst.
Ein zweiter Mangel hängt mit der Verteilung des Unterrichts
auf die Lehrer zusammen. Um in allen F&chem möglichst gOnstige
Resultate zu erzielen, vormied es Vogel, soweit es anging, Bürger-
schullehrer für die Realschule zu verwenden. Es gelang ihm, fast
für jegliches Spezialfach einen besonderen, akademisch gebildeten
Lehrer zu gewinnen^). Dadurch war ja die Gewähr für eine
*) Vogel, Die Bürgerschule p. SJ ^.i
*) Die Trigonumetrie ist aua dem Lehrplun der heutigen iie^d-
schulen volligr aasgeschiedeD.
•) Vogel, Die BOrgerochule p. H4/G5.
*) Das Bpatere PolytechDiknm und die heutige technische Hoch-
schule.
^) Bo gab 08 besondere Lehrer Ittr PraosOsiach und Englisch, ebenso
fur Physik_uiid Chemie.
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25. Gründung der ältesten sachsischen Realschule (Leipzig) etc. 323
gründliche wissenschaftliehe Unterweisung der Schiller gegeben;
aber auf der andern Seite bestand die Gefahr einer übermässigen
Zersplitterung in der ünterrichfsverteilutig, die aus erziehlichen
Gründen bedenklich war. Indem thatsächlich die Schüler in jeder
Klasse von allen Lehrern der Anstalt unterrichtet wurden. tVhlte
ihnen — besonders denen in jüngerem Alter — der so notwendige
erzieherische Einfluss eines Lehrers, welcher eine f^ntsscre Anzahl
von Unterrichtsstunden auf sich vereiuiL,'t hätte iiml zu den Scliülen)
seiner Klasse in liäuli;;« pei-sfinliehe lierühnmg getreten wäre.
Erst allmählich erfolLite eine Aenderuni: in diesem Zunfainle. indem
mehrere verwandte Difizipiiueu iu einer iQasse auf eineu Lehrer
übertragen wurden.
Das waren Mängel, die in der Praxis, «<> wie sie lühlbar
wurden, bith abstellen Hessen, die innere Lebensfähigkeit der
Anstalt al)er mit nichten gefährdeten.
Wohl aber ergaben sich ans äusseren VerauUussungen
Schwierigkeiten, die das Wa< hstum der jungen Anstalt zu ver-
künuuern drohten, ja ihren Bestand in Frage .stellten. Paulsen
hat einmal gesagt'), die (iesrhiihte der einzelnen Realschulen ent-
halte meist ein gut Stiu k i.eidensgeschichte: für die Leipziger
Realschule triftt dies in vollem Maasse zu.
Voi- allem waren die finanziellen Grundlagen der AnsUilt
liorli^i mungelliuft. Da diesi«ll»e — abgesehen von der Beschaffung
der Lokalitäten — ausschlies>li('h auf ihr eigenes Einnahmenbudgot
angewiesen war, .so ergaben sich für die Lehrer Gehalte von einer
ausscrordentliclien Geringfügigkeit.
Wie stolze Hoffnungen hatte Vogel auch auf das äussere Gedeihen
der Anstalt geselzil In seiner ersten Eingabe au den Rat vom
6. Januar 1853 hatte er ein .,präsumptivcs P)ii(iget" der Realschule
aufgestellt und bei einer voraussichtlichen Zahl von 400 Schülern
10000 Tiiuler jalirliehe Eiiiiialunen herausgerechnet. Die Hegrujidung
von sieben ordentlichen LehrersteJleü, davon vier mit 800, drei mit
600 Thaleru. hatte er ijii Voraus bemrwürt<3t. Jetzt betrug im
ersten Jahre die Gc^sanit-Einnahme bare 750 Thaler. Diese Summe
kommt ungefähr dem Gehalte des letzten ständigen Lehrers an
einer heutigen Koalschule gleich — eine Thatsache, welche l)e-
merkenswert genug bleibt, auch wenn man das Sinken des Geld-
wertes seit jener Zeit berücksichtigt. Und von den 750 Thalem
sollte die Besoldung eines ganzen Lehrerkollegiums bestritten werden!
*) Oeachtebte dea gelehrten Untenicht« II, 548 Amn.
21*
Üigi
324 MilteiluiigcQ d. Ges. f. deutsche Erziehung«* u. Schulgesch, VIL
Auch in den folj^enden Jahren ändorte sich an diesem un-
wiirdiiren Zust^mde weni«;. Die Zahl iWv Sdnilcr nahm allerdings
stetig zu. fJätcrn 18 konnle man zur Erolluung der /.writcn
Klasse selneiten '): Ostern 183G ward auch die ei-sto KUisse
hiDzugefüj^t^). AlitM die Orüsse der Zunahme entspra<!h doch nicht
den gehegten Krwii innren. Die Frequenz der Schule stellt sich
für die ersten zelui .lalue
1 olgendermajissen ^) :
1834/35
33
1839/40
90
1830/36
61
1840/41
100
1836/37
86
1841/42
103
1837/38
99
1842/43
104
1838,39
94
1843/44
III
Ein Hani)t;j:riind für die verhältnismässig g«'ringe Zahl der
KeaUthUler überhaupt, wie besniidei-s den schwaclien Besuch der
eräten Klasse^), ist ia dem Umstände zu suchen. da.ss die mit dem
Abgangszeugnisse \on der Realschule abgehenden Schüler auf
keinerlei besondere Iterechtigungen Anspruch hattea. Hierin waren
die preussischen Schulen der Leipziger weit voraus: schon die In-
struktion vom 8. März 183'i hatte dpii meisten preussischen Real-
anstalten weitgehende Jle< hit' ein«j:eräumt*). Vo^cl spricht Ii voll
bitteren Unmuts darüber aus, dass es an «einer durchgreifenden
gesetzlichen Nötigung" fehlt, ,deu Kursub in einer äolchen Weise
>) Stift vin D 10, Vol. n f. m.
') Ib. VoL III f. 77. Porsche: „Sie (die Realschule) entstand ta
Osten\ 18:U mit 25 S* hnleni. welche in Klasse III und IV vorteilt wurden.
Im nnch stfolgendeji Jahre ward . . . bei 4ö Schtilem . . . die Ute Kl.isse
hinzugefügt. An Ostern 1836 waren ... 77 Schiller vorhandou und es
konnte nunmehr die Ite Klasse hergestellt werden."
Darnach ist die auf efaier unrichtigen Mitteilung Herings im Pro-
^^ruiiim der RealHchule 1800 p. IV fu^äondc Angabe Giesels. Hint. 6tat.
Mitt<-ihTng'on p zw liei-i( liti>rfMi. <]ii^s Opfern 1^:55 die 2. und 1. Klasse OT»
gleich mit je 0 S( liiilorn erötfnet worden wftreu.
') Giesel, Ht3t. Stat. Mitteilungen p. lS/19,
*) Noch im Jahre 1848/49 waren nnter den 14L Bchalem der Anstalt
neben 80 achUlem der 4., 16 Sehttlern der 8. und 22 Schfilem der 2. Klasse
nur 8 ScbOler der ersten Klasse.
* Vergl. darOber Oertel p. 7. In Sachsen ward zuer^st durch eine
Verordnung des Königl. Finaiizminiateriunia vom 2.'». Mai I.S.M) da» Abgangs-
seugnis einer Koalschule für die Auftiahme in die Königl. Porstakademie
SU Tharandt sur Bedfaigung gemacht. Einige neue Rechte brachte das
Regulativ vom 2. Juli 1860 den sachsischen Realschulen, ihre volle Gleich-
stellung mit den preussischen aber erfolgte erst in dem NachtragreguUtiv
vum 2. Dezember 187ü.
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2Ö. GrUiiiiung der iiUeüte:! sndisUchen lieabchulü (Leipzig) etc. 325
zu volleuden, wie er lür die GymuMsicii in liezitshuiig auf die
Uiiiversität l>estelit- '). Vorläufig hieltt ii äicli — enteprechend der
Schüler/ahl — auch die Lehrergehalte auf einem tiefen Niveau.
Eine Zusaiameustelluiig der Beäolduugeu der BealschuUehrer für
die Jahre 1834 bis 1839 ergiebt folgendes Resultat:
xj III uoiiiOi lur«
4.00"*
xoov
2uÜ
Tblr.
äoo
450
ÖOO
500
500
ilatheinaük
200
aoo
880
880
880
880
160
200
300
äoo
800
800
-
100
100
100
100
*>"vi 1
»VW
200
275
300
aoo
— _
aoo
50
75
luo
luu
ItX)
25
25
25
25
25
25
25
100
Rofhnoii
UX)
1«)
KJO
Deutach, GeBchicht«, Geographie
200
800
8U)
Das Sfhliinniste dabei war, das?* selbst di<'se i;enr)iffü«4igen
Besoldungen den Lehrern von seitrii Siadi vi-iwaltimi; iiirht
garantiert waren. Von Jahr l\\ Julir wurden diu Gt lialU' aufs ut'ue
besclilossen. und mit Bangen harrten der Direktor und das
Kollegium auf die Xeuanmelduugen der Schüler, von deren Zahl
die Höhe der ßesolduugcu abhiog. Die Lösung dieser fioanziellen
Frage brachten selbst Porsches unablässige ßemtthuogen nicht zu
Stande. Vergebens ^'ies er darauf hin, dass auswärtige neu«
gegründete Realschulen, wie die zu Gotha, Hannover und Berlin,
fortwährend bedeutende Zuschüsse erforderten, ohne wesentlich
mehr als die Leipziger Anstalt zu leisten^.
Umsonst auch betonte er das moralische Recht der Real-
sehullehrer auf eine höhere Dotierung, die nur in der Voraussicht,
') Vogei, Die Bürge rtM^hule p. UU.
^) VergL Eingabe vom 80. llftn 1887. Stift VIII D lu, Vol. UI f. 180.
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S26 MlttoilungAn d. Gea. t deatsch« Bniehungs- u. Skshulgeach. VIL
alsbald eine gesicherte fixistonz und eine ihrea Leistongen ent-
sprechende Besoldiing zu erhalten, ihre Stellungen angenommen
hftiten. Der Rat und die Stadtverordneten aeigten gegenflber
Porsches Vorschlügen kein Entgegenkommen. Die Gehalte der
Realachullehrer sind — von venigen Aenderungen abgesehen —
trotz ihrer Dürftigkeit in den Jahren 1837 bis 1846 die gleichen
geblieben. Dabei trug die Behörde kein Bedenken, noch j&hrUche
Ueberschflsee, die durch die Schul<;clder-EinQahmen bei der Real-
schule erzielt wurden, in die Stadtkasse lliessen zu lassen^).
Daas bei dieser Stellungnahme der Behörde zur Realschule
auch deren Ausstattung mit Sammlungen, Apparaten. Hilfsmitteln
höchst primitiv war, Torsteht sich von selbst. Für den natur-
wissenschaftlichen Unterricht musste in den ersten Jahren der
Natu^eschichtslehrer Reichenbach seine PriTatsammlungen der
Schule zur Verfügung >it« llen, und es kostete MUhe. ihm dafür eine
Oratifllcation von 25 Thalern zu erwirken. Der ]»hyäikalische
Apparat, welcher der Realschule v(»u der Bürgerschule zur Be-
nutzung gestattet wurde, war gäuzlich unlirauchbar. Es gelang
Vogels Hinweisen auf die Unenthehrlichkeit physikalischer Lehr-
mittel, ohne welche ,<laa Gesetz stets ohne den Reweis der wirk-
lichpu Erscbeinung" bliebe, wenigstens einige Mittel für Neuan-
schatVungen bewilligt zu erhalt^^n. Als er aber im folgenden Jahre
1838 auch das Naturulienkal>inett in einen den Anforderungen des
Unterrichte entsjjrechciidrn Zustand hriirj^on wollto. vpr\v<M'trerten
die Stadtverurdiictcii l»t'liai'i-licli dits liifi^Tir rrtordcrliilicii (ielder.
Porsche wies ihncii i;*'L,'<Miül>t'r auf dir linlien Lehriiele der Ueal-
schnle hin und betonu*, man dürie die-scllic nicht mit wenig brauch-
baren »Selektonklasscn verwechseln: das loi/.tt' nur noch den Wider-
spruch der Stadtväti r. lu einer geharnischlr'u Krkläiunfj: führten
sie aus. dass die Ivealschule lediglich als ein Anhängsel der Bürger-
schule zu belracliteii sei, wesliall) mau sich keinesfalls um iliret-
willen in Unkosten stürzen diiile'-).
Nichts konnte \'oi:>-\ sc hwerer verletzen, als derartige prinzi-
pielle AuslUbruJigeu. durch welche die Selbstäudigkeit seiuer Keal-
^ In der von den Lehrern der Realschule im Jahre 1846 verfaseten
und «le Mannekript gedruckten ^enkachrift in Betreff der atadtiachen
Realschule zu Leipzig'' werden p. 17 dit'so UeborschüHse in den oraton
zwf)!f Jahren mit }'^"^5 Thalern ntw i-s zu \u>vh berechnot, da, wie die Ilat^s-
uktcu ergeben, eiu Iftl liiervon ula Urutilikatioueu an die Lehrer der
Heulschule verteilt worden ist,
*) Stift Vm D 10. VoL IV t 181.
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26. Grfindiuig der alterten aäcbslacbea Realschule (Leipzigj etc. 327
schule angefochten wurde. Lud doch musste «t sich jedesmal auf
derarfiire Auseinandersetzungen gefasst niaclien, wenn er auf die
eigeimiiige, von dem Wesen der Bürgerschule grundsätzlich ver-
schiedene Bedeutung derselben hinwies.
Der Hat stand in dieser Beziehung doch auch im wesent-
lichen auf demselben Standpunkte wie die Stadtvei-ordneten. lu
einem Berichte an den Bat vom 2. April 1838 hatte Porsche
ausgeführt, dass .din ol)f'icn Klassen der Hiirj;erschule nicht,
wie man zum Teil immer n<K'h zu ijlaiibcMi scheint, als die
unteren einer Realschule gelten Krumen, diese vielmehr ilircn
(M\'cuen. auf l'oriliihliiiii,' genau berechneten Unterbau, ihre be-
sonderen Tu t er k lassen haben muss, wenn nicht ein imvollstiui-
diges. hedeiiiiiiigh und wertbises Stückwerk des Wissens iiervor-
gclieii und die Realschule lle^'ritV und Zw«M-k, mithin ihre Existenz
verlioren roII"'). Dautben lindet ^iicb von der Hand eines unbe-
kannten Stadtrats die bezeichuende iUndbemeikuug geschrieben:
, Darin lie<;t cln n der Irrtum, obgleich die Sache so oft und so
klar entwickelt worden ist, Ceber den oheren Kla.«^sen der Büriccr-
schule kann wuiil uücli eine Selekta stehen, diese wird, kann und
soll aber nie eine Realschule ersetzen.*
Ali^fi nicht einmal n]^ eine llealschule ward die neue Anstalt
von ilirer vor^'eseiüten Behörde aiierkannt. wiewohl sie sich in iliren
Lei8tun;.:en ^'etrust neben jede andere Realanstalt siollen konnte!
Ks gehörte wahrlich ein ^'rosscs Maass Unverdro.sbenheit von Seiten
deö Direktois Vogel und des Lehrerkollegiums der Realschule da-
zu, tiotz des mangelnden Verständnisses, das man fort^'e setzt ihren
autuplernden Bemühungen entgegenbrachte, nicht zu veraageu und
auf bessere Tage zu hott'eü.
Und gerade in dieser schworen Zeit traf die Realschule ein
hart<'r S( hlag: am 14. Mai 1840 starb ihr Vorsteher, der Stadt-
rat Boi-sciie-). Die geschätlsmännische Kürae, die den amtlicbeD
Schriftstücken seines Nachfolgers eigen ist, belehrte Vogel, dass er
bei ihm nicht ohne weiteres auf ein gleich warmes Entgegenkommen
zu rechnen habe wio bei Porsche. Es trat bei ihm ein Getuhl der
Kntniutigung ein. Kr war entschlossen, von der Leitung' der Keal-
scliule zurückzutreten, wemi nicht dereu Lehrern von der Stadt eine
') II), f.
") Nachricht*'!! von dem Beätehco der Real- und ersten Bttrgerdchule
zu Leip/ig iö-lU/41, p. 16.
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828 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Ktzii iuuigö- u. iScIiulgeöch. VII.
fesie Aiistt'lliing 7,ii^esich<3rt werde. Aus dieser Stiinmuug herauö
schi'ieb er am 1. Juli lÖ-iO den rolu'fMidcu i>rieP);
„V'eielulesiier! Ihre gestrige verlrauliriie Zuschrift, für wcIcIk*
ich Ihnen herzlich und ergeheust danke. Ueiührt die Lebenftlrag«»
einer Anstalt, wckhe sowohl Ihr Kollegium durch mehrfache Be-
scliliibbe und iieivanntmachungen als auch die K. Krei^direktion
durch Reskript vom 24. ()ktol>er v. J. tXir einen .wesent-
lichen integrierenden Teil der Hllj^cjuciiRU liüigersi hule" erklärt
hat. Ist aber die Realschule wirklich organisches Glied dt s grossen
üauzeu uüseres städtischen Schulwesens, so müssen ihre resp.
Lehrer auch Teil haben an den Rechten, die von denen der resp.
Schwesteranstalten beantragt werden. Wollte man dieses ihnen ver-
veigeni. so setzte man sie priüctiBch in die Kategorie der Privat-
lehrer herab, und Idste die Realschule selbst aus dem Organismus
der OffeDtlichen Schulen der Stadt> was einer Aufhebung derselben
gleich zu achten w&re. Wohl weiss ich conArmatio nil dal novi,
habe damit seit Jahren die immer wieder sich erneuernden An-
sprüche meiner Kollegen auf diese Anerkennung seitens der vorge-
setzten Behörde beschwichtigt; allein jetzt, wo sie sogar für die
Lehrer der Armen schule beantragt werden soll, bei deren An-
stellung und Wahl die städtische Behörde — soviel mir bekannt
ist — ebenso wenig wie die KOniglicbe beteiligt ist oder kon-
kurriert, können die Lehrer der Realschule nicht zurückgesetzt
werden, ohne in der Öffentlichen Meinung zum Nachteile des Ganzen
zu leiden und für ihre eigene Person entmutigt zu werden. Das
Letztere aber wäre um so bedauerlicher, als jnan anerkennen muss,
dass diese Anstalt den hohen Standpunkt, welchen sie augenblicklich
in der Meinung des Publikums und stijumfähiger Männer des In-
und Auslandes einnimmt, nur durch das uueigeuniltizige, behnn liehe
Streben ihrer Lehrer zu danken hat, und worin sie zu erhalten
für mich bei der Geringfügigkeit ihrer Besoldungen keine
leichte Aufgabe war. Und für alles dieses sollten sie jetzt
hinter den Lehrern <ler .Vrmenschule zurückstehen?! — Nein, das
kann und wiU ich im fp?^teii Glauben an die Gerechtigkeit Ihres
von mir so hochvocln tcu ('olIr«:ii nicht glaubenl — Denn daas
die Realschule l';i c h Idircr li.it. k;inn ihr hier ebeiiso weni^^ zum
Präjudiz tr<'rci< li»'n. als man keinen .'Vii>tiiiid nimmt, <\c\\ Mathematikus
oder lieügiouslebrer au einem U^mua^ium zu kuutirmiereu, sofern
») Stift, Vill D 10, Vol. IV f. 163. Die PcrtJünlichkeit des AUressateu
näher zu beatiuimeu war mir unmöglich.
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25. Gründung der Ältesten 8ftf"ll^is(■luMl Rrulschulc il^oipzi^! efc ^29
er einmal alB ordentlicher Lehrer angestellt wird. Nur soMk' aber,
und keineswegs solche» welche nur einzelne Stunden gehen, habe
ich zur Konürmation aus dem Collegio der Lehrer der stadtischen
Realschule vorgeschlagen, weil nun einmal die Organisation einer
solchen Anstalt die Teilung der Lchrarbeit nacli Fächern \md nicht
nach Klassen notwendig macht. Uebrigens hat keiner clor Vorge-
schlagenen nur ein Facli\), mit Ausnahme der Lehrer der fran-
zösisrhcn tind englischen Sj)rMilie, die jedoch ihrei' Wiclitigkeit
willen zu den Ilaupttaehern «gerechnet weivh'u müssen und deshalb
ancli nicht für einzelne tituuden angestellt und bezahlt werden,
sundern tiir ilire allgemeine Wirksamkeit für die Anstalt al« ivhissen-
ordinarieu und Diszi})linai inspektaren Uebrigens lege ich
diese hochwichtiire Angelegenheit mit vollstem Vertrauen in die
Hände Ihres hochverehrten Collegii. welcljes ja die Realschule ins
Leben gerufen und bisher in ihrem Gedeihen gefördert hat, und da-
her uiclit wollen kaim, dass sie bei dieser Gelegenheit in ihrem
innersten Leben uud ihrer Ehre gefiihrdet und in die Reihe der
l'riva! schulen zurückverwiesen werde, deren Direktion sich
mit meiner öffentlichen amtlichen Stellung kaum länger
vereinbaren lassen dürfte. üass sie dabei von Ihnen
freundlich und warm werde vertreten werden, bin ich fest überzeugt
und im Voraos dafür ei^ebenst dankbar. Mit walu-er Hociiachtung.
Ihr treu verbundener 1>. Vogel.*
Solche Vorstellungen verfehlten ihre W irkung nicht. In der
Ratssitzung vom 22. Auguäi lä4ü wurde l>eschlo8sen. dass die
Stadt die Garantie für die Gehalte der Rcalschullehrcr
übernehmen sollet).
Eine Erhdbung der Gehaltssätze erfolgte aber auch jetzt noch
nicht. Koch volle sechs Jahre waren die Einnahmen der Lehrer
an der Realschttle um ein BetrftchtÜehes tiefer, als die an der
Elementar- und Ärmenechule. In dieser Thatsache fand der neue
Schul Vorsteher nichts Auff&lliges, ^da — wie er später einmal aus-
führt^ — es sich bei der Realschule nicht um eine für die Gemeinde
unumgAnglich notwendige Elementarschule, sondern nur um ein
wünschenswertes Ausbildungsinstitut für nur im ganzen wenige
Gemeindemitglieder, ja nicht einmal ausschliesslich für solche,
sondern in sehr bedeutender Anzahl für Fremde' handelt.
') Freilich rechnet dabei Vogel Algebra uud Geometrio, Nutur-
gMchichte und Physik ab verschiedene Fächer.
') Ib. f. 188.
*) Stift Vin D lö, VoL n f. 8S.
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330 Mitteilungen d. Ges. f. deutachp Erziohungs- u. Schulgosch. VII.
Am Ende erweist der Einzelne sich doch ohnnulchtig gegen-
über der Macht erdrückender Verhältnisse. Dann tritt der Augen-
blick ein, da er Umschau halt und Fühlung anstrebt mit Elementen,
die unter der gleichen Ungunst des Geschickes leiden wie er. In-
dem er sich mit ihnen verbindet, kräftigt ihn das Gpfühl, das Glied
eines (laiizon zu sein, und giebt üim das durcii gemeinBHme Aus-
sprache gestärkte Bewnsstsein seines moralischen Hechtes Kraft,
im Kampfe für seine iüteresseu und die Sache, die er vertritt, zu
beharren.
Diese Gemeinsamkeit d*»r Inieresssen war es. wrh he die lieal-
schulmännor Deutschlaü<ls im Jahre 1845 zum erst. n Male veran-
lasste, in Meissen zur Beratung ihrer Aogeiegt-uhcileu zusammen-
zutreten. Den eifrigen Bemühungen Vogels war es in erster Linie
zu danken, dass die Versamnilui^g wirklich zu stände kam. Die
Rückwirkung dieser Versammlung auf die Haltung der Lehrer der
Leipziger Kealschule ist unverkennbar. Es war auf derselhen auch
ihrer gedrückten SteJIung gedacht worden. Der beste G« \uiiii aber,
den die Leipziger Realschullehrer aus ihr -zogen, war eine neue
Zuversicht, der Glaube an die Zukunft der Sache, in deren Dienst
sie sich gestellt hatten. Aha ein Nachklang jener Versanunlung
stellt sidi eine im Jahre 1846 Ton den ordentlichen Lehrern der
Realschule rerfasste und als Manuskript gedruckte «Denkschrift in
Betreff der stftdttschen Realschule zu Leii)zig* dar. In ihr treten
die Lehrer nicht minder für die ganze Schulgattung wie für ihre
persdulicben Interessen ein. Denn eben die grosse Bedeutung der
Schulgattung erfordert, dass ihre Lehrer eine entsprechende Lebens-
stellung erhalten. So gipfelt die Schrift in der Forderung, dass
jeder ordentliche Lehrer der Realschule nach dem Maasse seiner
Stundenzahl mindestens dem Best besoldeten unter den Bürger-
BchuUehrem an Gehalt gleichgestellt werde.
Vogel befürwortete bei Zusendung der Schrift an den Schul-
Yorsteher Stadtrat Herold warm diese Wünsche. ,In keinem Falle
denken Sie,** schreibt er^), »Ton der Denkschrift etwas Ungebühr-
liches; denn wenn auch die Verfasser in eigner Sache sprechen und
pro ans et focis streiten, so sind sie doch fem von jeder An*
maassung und wissen es wohl zu wOrdigen, was die ungünstigen
Zeitverhältnisse verwirkten und verschuldeten bei der ailerdings bis
jetzt noch prekären Stellung unserer Realschule, von welcher das
Ausland weit mehr weiss als das Inland — ein H. Ministerium
17. Man 1846. Büft Vin D'U» Vol. U t Ii.
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25. Grllndung dyr ältotjten sAchaiachen Realacbule (Leipzig) etc. 331
des Kultus und öffeutlichen Unterrichts nicht ausgeschlossen —
und welche Fremde einer weit grösseren Aufmerksamkeit gewürdigt
haben, als das heimische Publikum, wenigstens soweit es nicht un^
mittelbar beteiligt ist.'
Eh jrenllgp. das Ei j^ddiis der Verliandlimgen. die im Uate Uber
die beaiitni<;tc Erhöhung der (tHialte geflihrt wurden, iiiitzuioilen:
aiji 8. Januar 1847 beschlos.s der Hai. iiauli Maa.s.sgaljc der in der
Denkschrift gemachten Vursrhläge, die (iehaltc der vier volll)«'-
schäi'tigten ordentlicln n Lehrer der Realschule auf öOO Thalei- zu
erhöhpn'). Die Stadtverordneten, die ausdrücklich anerkannten,
dass ^<lie Bof^oidung dieser Lehrer zu ihren Leistungen bisher
in keinem richtigen Veriiältnis gesianden hat", ptlichteteu diesem
Beschlus.se einstimmig i)ei-).
Damit war ein Erfolg eraielt. wt-lclu r den dauernden Bestand
der Leipziger Realschule sicherte. Des Näheren zu schildern, wie
dieselbe dank dem mini.'^teriellen Regulativ vom 2. Juli iöUÜ end-
giltig uurf ihrer Vereinigung mit der 1. Bürgerschule losgelöst und
zu einer Realschule mit sechsjährigem Kursus erweitert wurde,
wie sie im Jjihre 1871 zu einer Realschule 1. Ordnung mit sieben-
jährigem Kursus, bereits im Jahre 1874 zu einer solchen mit acht-
jährigem Kursus umgewandelt ward und wie schliesslich aus der
Realschule das heutige Lei]>ziger Realgynmasium hervorging: all'
das zu schüdem würde zu weit fOhren. Auch verlAuft diese Ent-
wicklung ganz typisch in Uebereinstimmung mit anderen
Bichsischen Realschulen und entbehrt der indiYidu eilen Momente,
die die Oiündungsgeachichte der fOr das sächsische Realschulwesen
bahnbrechend und Torbildlich gewordenen Leipziger Realschule so
interessant nuicben.
>) Ib. f. 42.
3) Ib. f. 53.
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332 MitteUun/rcn c\. Ges. f. (leutselig l>/,ir'liiing:s- u. Schulgeach. VII.
28.
Oeschielite des MilifSr-Erztehimgs- und Bildunss-
wesens im Köiii^eich Sachsen.
Diese Arbeit bildet einen Teil des 18. Bandes der ilonumenta
Germaniao Pa<Hlngo«;ica. Titol:
(i<'S('lii('hte dt'.s Milititr-Krziehungs- und BilduniB:swe.sens in
den Landen deutscher Zunge. V'on B. Polen, Königl. preussieclK iu
Oberst a. I). Band V: Sachsen — Schaumburg- Lippe — SchleSwig-
Holsiein — S<^wei» — Kmigreieh Wesifalm — Württemberg,
Berlin. A. Hoftautnn & Comp. 1807. Grofls- Oktav. [VI] 403
8«i(eii.
Das Werk behandelt nach einer einleitMiden üeberBicht 1. Das
Kadettenkorps (1692 — 1836). «Von allen in den Landen deotseher
Zunge gegenwiitig bestehenden Hflltai^firzLehungs- und BUdungsan-
stalten ist das Dresdner Kadettenkorps die älteste. Es ist zugleich die-
jenige Anstalt, in welcher zwei jetzt verschwundene, eine Artillerie-
und eine Ingenieur^Schule« zeitweilig aufgegangen sind.'' 2. Die
Militär-Bildungs- Anstalt (1835 — 1851) nebst der besonderen Ab-
teilung: Die Unteroffizier-Abteilung (1841-1851). 3. Die Kriegs-
schule (1851—1850). In diesem Abschnitt wird ein besonderes
Kapitel den „Portepee-Junkern der Reiterei'', Uirer Ausbildung. Er-
nennung und Verwendung gewidmet 4. Das Kadettenkorps
(1859-1896). 5. Die Artillerieschule und deren Fortsetzungen:
T)io ArtiUerieschule(l 766 — 181 1), die Artillerieakademie 1811 — 1816).
die Militärakademie (1816—1828, 1828—1831, 1831—1835), die
ArtUlorieschule (1859- 1866). 6. Die Ingenieur- Akademie (1734—
18 lO). 7. Die Unteroffizierschule und die Uuteroffiziervorschule
(1868—1896).
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27. Deutsehe Sprache und Lltteratiir am Philanthropln In Dessau etc. 338
27.
Deutsche Sprache und Litteratnr
am FhUanthropiu iu Dessau (1775—1:93).')
Von KaA Kebrbaob» Berlin.
£8 ist l>ekaimt, dasB die PhilaDthropinisten den Unterricht in
den Sprachen reformierten. Ihre Reformen erstreckten sich auch
auf den Unterricht in deutscher Sprache und Litteratur.
Das Deutsche war bis dahin mit geringen Ausnahmen in den höheren
Schulen Stiefkind. Wenn öfter und sogar noch neuerdings behauptet
worden ist, dass »seit Luthers Auftreteu ' für Pflege und Ausübung
der deutsclien Mutteröprache in der Schule eine warme Sorgfalt
entwickelt worden sei-), so ist das nicht zutreflend. Denn in den
Unterrichtsplänen des Humanisten- und ßeformationszeitaLters ist
^ TÄB folgende Abhandlung ist aus Anlaaa der Peier der 25jahrigen
Desententhätie^eit meines vereiirtea Lelirers und Freundes, des Professors
der deutschen Philologie, Dr. Ed. SieTSrs in Leipzig, dessen ältester Zu-
hörer ich bin. ont^itanden. Auf Anrefrini'-r Ho ? Professor*« I>r. K. Kauffmann-
Kiel und des Privutdozenten Dr. John Meie r Halle wurde von eiuer Anzahl
SdiQler des Jubilars eine Reihe von Aufsätzen verfasst, die am Tage der
Peier unter dem Titel: «Plillolo^aehe Studien. Pestgabe für Bduard Sievers
zum 1. Oktober 1896. Halle h. 8. (M. Niemeyer) 1896. Gr. 9> VI» 441 &«*
überreicht wurden.
In diesem äammelbando beüudet sich meine Abhandlung auf den
Seiten 874— 4U0.
Wenn ieh dieselbe, die ausBchliesslicli für den angegebenen Zweck
als ein Teil der Fentgabe verfasst worden ist, jetzt in unseren „Mitteilungen'^
wieder abdntckcn las-<e. 90 folg-e ich damit nur den von don verschiedensten
Seiten gegebenen Anregungen, die in dieser Abiiandiung niedoi^elcgten
Ergebnisse meiner Nachforschungen den Mitgliedern unserer Gesellschaft
und sodann einem weiteren pftdagogischen Interessentenkreise leichter
angtaplich zu machen. Der nachfolgende Abdruck folgt gvn.ai der Vor-
lage der Festgabe, nur ist die Glt'Mirnitiir in dio durch rürai.sche iiilTern (I — IV)
bezeichneten Abteilungen aulgegeben und die angewandte Orthographie in
die fUr die Mitteilungen angenommene neue, sogenannte Puttkamwsche,
umgesetst worden.
Rieh. Hodernmnn , UniversitJltsvorlesungen in deutscher Sprache
um die Wende des 17. Jahrhunderts, Dias. Jena Ibdl.
imtoilniicw d. Get. t <l«uUt<Oio finicb.- u. j!c(inlsc«cbichto. VII 4 1607. 22
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334 Hitteilungeit Ges. f. deutsche Eraiehungs- u. Sdiulgescli. VII.
fast nirgends von der deutaiihen Sprache als Unterrichtsfach die
Bede. Wenn ja in LektLonsplAnen für höhere Schulen Deutsch
erwlbnt wird, so erstreckt sich das auf den eleineiitareu Lese- Mud
S<'hreibiinterricht, oder in den mittleren und oberen Klassen auf
IJeboi-seizcn aus einer fremden Sprache ins Deutsche und umgekehrt.
Iin Mittelpunkte des gesamten Unterrichts stund die lateinische
Sprache und Litt^ r.itur. die zu beherrschen das oberste Ziel der
Schule war. Ist doch allgemeiii bekannt, dass die SchCiler im
Verkehr mit den Lehreru und unter sich atisschliesslich lateinisch
redf^n mM««fpn. und dnss die üuterhalTuiii; iu der Muttersprache
oder der ( icinjurli von deiu^ciicn Woi-rj'ii liart iM'strat't wurde. So
sehr galt das Latciiiisrlir als das W'i'S'iitliclistt'. dass sogar daran
gedacht wurde, die deuischen Sclinl*'!! in den kieiueu Städten, dio
iil^rierens luci-vitMis Pnvaluuleruehiiiuiige]i waren, ganz und gar ab-
ziiöcliairen. da durch sie die „latfdnischen verderbt würden und
viele Schüler, die zum LutcLuuiit» rrichl und also zur Ehre Gottes
und zur Verwaltung eines geineiuen Nutzens geschickt sind, ver-
säumt werden" 1). Diese Bevorzugung dos Lateinischen vor dcui
Deutschen blieb auch in den darauf folgenden Jahihunderten im
Unterricht der liOheren Schulen biestehen.
Freilich darf nicht unerwähnt bleiben, dass es nicht an Ver<
suchen gefehlt hat, der Temachlässigteu deutschen Spi-ache im
Unterrichte der höheren Bildungsanstalten einen würdigeren Platz
zu verschaffen. Bekannt sind die Versuche xon Hererlingb bis auf
Thomasius. der deutschen Sprache beim Vortrage auf denUniversitüten
gleiche Rechte wie der lateinischen zu erringen^. Auch für die
Einführung und grossere Berücksichtigung der deutschen Sprache
in dem Unterrichte der liateinschulen erhoben sich bereits im
16. Jahrhundert einzelne Stimmen. Es sei an Paracelsus erinnert
und an einen seiner Anhänger, über den neuerdings Sudhott'^) einige
Isa< liriclitcn gegeben hat. Zu praktischen Kesultati'U jedoch liabeu
anscheinend die Vorschläge dieser .Männer an den liateinschulen
nicht geführt. Im 17. Jahrhundert aber, selbst während des 30-
jährigen Krieges, mehren sieh die Stinitnen: hier ist in ei-ster Linie
der Restrebungen des Ratichius und Cuiuenius zu ged<Mikeu, dert u
praktische Durchrührnng in einer Anzahl von Schulen versucht
wurde. Es sei hier besonders an die Schulen in Weimar und
') Instruktion Herzog- Ulrichs v. Württemberg an dieViaitationartttelölSw
') Vgl. Hoderinann l. c:.
") Mitte; hingen der Geaellachaft 1. dl^cU. Erz,' u. Sckulgeäch.^ ö. Jahrg.
S. b3— ÜÜ,
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27. Deutsche Sprache und Litterattir am Philanthropin in Deaeau etc. 336
Gotha» um deieu Beform sich die Ratlchiaaer Eromayer und Reyher
Terdient gemacht haben, erinnert Eiomayer war ob auch, der fttr
den Sehulgebrauch die erste deutsche Grammatik in deutscher
Sprache schrieb^). Neben diesen Männern seien genannt Veit
Ludwig Yon Sedcendort der «teutsche redelainst und teutschen
Stylus* forderte, Balthasar Schupp, der Verfasser des teutschen
Lehrmeisters, August Hennann Francice, der in der Lateinschule
deutsche Oratoria und Uebungen im Stylus germanicus verlangte^
aber die Uebungen erst wünschte, wenn der Schüler recht viel
Bealien im Kopfe habe. (}os< hickte Rede, Briefschreiben und ein
gutes Carmen sind sein Ziel, ja er vensendet wöchentlich eine
Stunde auf die Poesie^. Auch Flattich verlangt Uebungen in der
Muttersprache und rechnet dazu das deutsche Verscriiachen*'').
Aber nicht nur für den Unterricht in den Lateinschulen hatten
eich diese einzelnen Stimmen erhoben, auch in den der Kavalier-
büdung gewidmeten Werken des 17. Jalirliuiulrits von Tscliirfihanss,
Kemm^^rich und dem pseudonymischen TalaiiderVi wird Kcnninis
der (dcutsclien) Muttersprache und Uebun;; in derselben verlangt.
Tahuider fordert sogar .professores der deutschen eloqueuz'* auf
den Akademien. Aber es scheint doch bei der Theorie geblieben
zu sein, und wenn man an die damalif^e ]k'.>^chatlt*nh»'it der einen
traurigen Misciimasch von Französisch, DeuUch und Lateinisch dar-
stellenden Sprache der vornehmen Kreise dieser Zeit denkt, kann
mau niclit einmal bedauern, dass die wülilgemeinten Vorschläge
nicht allgemein in die Praxis umgesetzt worden sind. Beiläufig sei
hier bemerkt, dass in der deutschen Fürstenerziehung schon frUh-
seitig Unterricht in deutschen Sprach- und StQftbungen auftritt^).
TJeberbliekt man aber die zablreichen Dokumente, die uns
über den faktischen Bestand von Unteiricht und Erziehung in den
höheren Schulen des 17. Jahrhunderts Aufeehluss geben, so
Peutsche (rrauimatioa. Zum newen methodo der juxend zum
besten zugerichtet. Für die weyni n l ische schuol. .\utr s(>iuU?rbaron
farsH. gn. befehl. Gedruckt zu Weymor durch Johann Weiduern. Im
jar 1618.
*) Vgl/u. a. K. A. Schmtd, Gesch. d. Erz., 4. Bd., 1. Abteil (Stuttg. 1896).
*) Ebenda 8. 810.
*) Siohn (Inorg Stoinhausou, Dio Mc'i'i r/ii hung' iui Zeitalter der
Perücke (Mittcilungeu der Geseliach. f. dtoch. Erz.- u. ächulgescb.« 4. Jahrg.,
1894, S. 224).
•) QeAchiehte d. Bnloh. d. bayr. Wittelsbaeher von Prof. Dr. Fr. Schmidt
(Honun. G. Paedag. Bd. 14). Im Register werden unter den Stichwortesn
Deutach und Briefe die betreffcndea Stellen verzeichaot.
22*
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83Ö Mittoilungen d. G«s. f. deutoehe BniehimgB- u. Scholgeeeh. VIL
muss bemerkt werden, dass das dadurch gebotene Gesamtbild eine
grosse Vernachlässigung der deutachen Sprache iiu Unterrichte zeigt,
das durch einzelne Versaelie, der deutschen Sprache m ihrem Bechte
SU verhelfen, kaum Terftndert wird und wohl auch durch zukünftige
Forschungen, die noch eine Reihe Yon Einzelfallen zu Tage ftrdern
können, nicht verftndert werden wird.
Im 18. Jahrhundert mehren sich die Zeichen der WertschatzuDg
unserer Muttersprache, und als das Horgenrot der klassischen Periode
unserer Litteratur aufgeht« nehmen auch die Bestrebungen, der
deutschen Sprache Eingang in die Schule zu Terschaffen, zu; uud
nicht nur in Norddeutschland, dem Gebiete der Luthersprache»
sondern auch in Oesterreich, wo mit der Regierungszeit Karls VI.
das nationale Empfinden und mit ihm die Schätzung der deutschen
Sprache sich steigerte, Im Jahre 1747 erscheint dort die erete
deutsche Sprachlehre, «die kaiserlich deutsche Grammatik von
Johann Balthasar von Antesperg^^ und zwar im Auseliluss an die
obersfn hf-ist h-lutherische Form des Neuhochdeutschen. Um dieselbf^
Zeit und noch vorher hatte I^rnaz Würz aogetangen, seine Schüler
in deutschen Aufsätzen zu üben.
Bald folgte der Jesuit D' tti^ der 1766 oino Sammlung kureer
Gedichte aus den neueren Dicluem Ueulsciilaiids, das erste Lese-
buch in Oesterreich, herausjrab^).
In KorddeuLschlaiid gniiipieren sich alle Bcftrebunfreu tür
deutsche Sprache und Litieratur um Gottsched, dessen gram-
matikalische Arbeiten weithin gewaltigen Eindruck machten und
zu zahlreichen BcarbeiLuiigeii tuhitoü, unter driifii sich auch ein
Lehrbuch prosaischer und poetischer WohliLtieuheit befindet, das
der spätere Begründer des Dessauer Philanthropius, Jobauu Bern-
hard Basedow» 17&6 in Kopenhagen herausgab.
Sein Interesse an deutscher Sprache und Litteratur bethütigte
Basedow auch noch später und mit ihm eine Anzahl von MSnuern,
M yn\. K. Kehrbach, Jahresbericht über die Litteratur zur dtsch.
Erz.- u. rtriuilf^oschirhtf» des Jahres lh;>;> (Jahresborichte für neuere dtsch,
Litteraturgesch., Bd. 4, Abt. 1, i^r. 22i»i, Stuttgart, Uüachen lb95
') Ueber die Verdienste der Jesuiten um den deutschen Sprachunter-
richt vgl. die Ausgabe der Ratio studiorum etc. von P. Pachtler nnd P. Duhr
(Monumenta üermauiae paedngog:ica, Bd. 2, 5, !), 15), worin das Stichwort
Deutsch im Register die nötigen Anhalte bietet, forner P. Duhr, Die
Btudieuordnung der Geeellachatt Jesu (Froibur;r i. H. 1896. Bordcri im
Kapitel «Muttersprache* S. 107—118. — Im entgegeiigi .^ptzteti Sinne au:^sert
eich Fr. Kluge, Von Luther bis Lessing, 2. Aull., Kap. 9 »Oberdeutscblund
und die KathoKken" B. 128—144.
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27. Deutocbe Sprache und Litteratur am Philanthropin in D«watt etc. 337
die an jener grossen, anf ^e ySIllge ümgestaltimg von Emebung
und Unterricht abzioleoden Bel egung teil hatten nnd durch die
Schaftüng des Pbilanthropins zu Dessau die Augen der g^
samten gebildeten Welt auf sieb richteten. Mit grosserem Nach-
drucke, als es bisher geschehen war, forderten sie die Einfügung
des Unterrichts in deutscher Sprache und Litteratur in den Lehr-
plan der höheren Schulen.
Eüie befriedigende Darstellung der philanthropinisttscben Be-
strebungen auf diesem Gebiete fehlt bis jetzt. Die grosseren Ge-
Schichtswerke über Unterricht und Erziehung bringen nur spftrliche
Nachrichten» die im wesentüicben dem Basedow'schen Methoden-
buche oder dem philanthropinistifichen Erziebungsplane fUr Marsch*
lins*), der zwar von Bahrdt verfaast, aber doch nicht ohne Basedows
EinflusB und wahrscheinlich auch nicht ohne seine Einwilligung er-
schienen ist, oder der Trapp'sciien Pädagogik entnommen sind*
Auch die zahlreichen Monograpiiien, deren Aufzahlung im einzelnen
ich mir versage, gehen hierüber nicht hinaus, selbst nicht das neueste
und umfangreichste Werk Uber den Philanthropimsmus, das Ter>
dienstliche Werlt von A. Pinloche •"'j.
Durch die folgenden Untersuchungen sollen alle bis jetit
vorhandenen Schriften und Werke, von denen einzelne violloicht
au!=! nkonomisrhon (iründen sich ein näheres Eingeben auf dieses
Tliema v*'rs;mrn niussrcn. tM-gnnzt werrl^n'*).
Die iSchiiler d»-^ IMiil aiith rupiiis sollen zuerst und vor
anderem die Mnttf rsiuache eiienien, damit sie sich deutlich und
bestiiimil ausdrücken können. Vor allen Dingen iiiüsst' d ilur s^p.sorgt
werden, dass die Kinder von den ersten Jahren an nuM-tenteils nur
mit solchen Personen umgeheii. die die Laudessprai in; in gewissem
firade richtig sprächen. Die Unsitte, Kinder vor dem 6. Jiüire,
wie es damals in den vornehmen Kreisen üblich war, schon mit
Latein oder Französisch zu plagen, wird getadelt. Sie sollen rein
') Das Methodenbuch für Väter und Matter der F.iniilieii und Völker
von Johann Bcr.ihard Basedow, P. P. in AUona und Bremen 17"o.
Phtluutliropiuischer £rziebung»plau oder voUutüadige Muchriebt
von dem ersten mriiidichen PhilanthropiD so Manchlins. Fmnkf a. M. 177Sb
*) A. Flnloehe, Geschichte des Phitaathropinismiu. Deutsehe Be*
arbeitun^ von J. Rauschenfels und A. Pinloehe. Leipzig, Fr. Brandstetter.
^) Den liebenawllrdigcn Förderern meiner kleinen Abhandlung, den
Vortttehem der von mir w&hrend meines Aufenthalts in Dessau benutzten
Bibliotheken, den Haren Geheimer Hofrat Dr. Hosftns, Oberschulrat Prot
Dr. Krttger, Hofrat Kulpe sei hier nochmals hersUchst gedankt
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338 Mitteilungeu d. Gea. f. deutsche Enuehungs* u. Schulgcsch. VII.
und gut sprethen, sollen sich wie mündlich so aiRh srhrüilicli gut
ausdrücken, sollen zur Lektüre der Muster der j^t l-iiiidt neu und
ungebundenen Rede angeleitet werden und die deutsche Grammatik,
besonders die Orthographie, gi-ündlich erlernen, aber erst, nachdem
die Zöjrlin<;e schon einige Fertigkeit im kurrekteu Gebrauche der
Sprache erlangt haben In einem höheren Kursus soll darauf
noch eine Anweisung zur Wuhiredeuheit-j u;egel)eii werden.
Wfihrcnd der Emile Rousseaus in seinem 12. Jahre kaum
wissen soll, was ein Buch ist und also bis zu diesem Zeitpunkt«
auch noch keine Lesettbuogen gemacht haben soll ist Basedow bis
in sein Alter darauf bedacht, Methoden zu erfinden, die ein Mheres
und rasches Lesenlenien möglich machen*). Noch in seinem 62. Lebens^
jähre, „noßh Tielen theologischen, philosophischen und pädagogischen
schweren Arbeiten", drdngt ihn «sein Gewissen* dazu, von neuem
der Verbesserung der Lesemethode sich zu widmen, praktisch als
Lehrer in dem Institute der Frau Ealisky in Magdeburg, theoretisch
durch sein »Neues Wei'kzeug sum Lesenlehren'' (2. Aufl. Leipzig
1787). Bereits in seinen ersten, das Lesenlernen betreffenden Ver-
öffentlichungen hat er herrorgehoben. dass die Kunst, Lesen zu lehren,
▼on ihrer leicht erreichbaren Vollkonmienheit weit über die HSlfte
entfernt sei. Verderbt sei diese Kunst nicht, sie sei niemals gut
gewesen. Eine jede selbst auch , kleine Annäherung zur Voll-
kommenheit dies r Kunst" sei wielitig. Er weist, wie viele andere
das vor und neben ihm auch gethan hatten, auf die grosse Plage
hin, die das Lesenlernen den Kindern verursache, auf das dnbei
ausgestandene Leiden der ächuler, das Einilaas auf ihr gaum
»Die Grammatik der Landessprache musa einem jeden die oratA
•dn; in toteo oder fremden bedarf er dann keuier andern Regeln, als
durch welche die Abweichunj^eu derselben von jener schon bekannten ge»
Ichrot wrnlon; denn das FebereinBlimmende darf man ala bekannt vorauB-
eetzen." ^Üasi'duws Methodonbuch, Altona 1770, Ö. 2Ö9.)
'J Poetik und iilietorik (schöne KüBste).
Im vorigen Jalirbutiderte hielten es auch hervorragende Gelehrte
nicht unter ihrer Würde, auf Verbesserungen 'der Leaemcthude su denken,
ja dieser Fr.i^f» doi^ Elomentanintprnchtf öffneten sogar die hervorragenden
Zeitschriften der (lain;ili<^'-on Zeit ihn- Si>alten. Fr. (iodike (Aristutele.-* und
Basedow oder Fragmente übur Ejüiehungs- und Schulwesen bei den Aitun
und Neuen, BerUn und Leipzig 1B79, S. 12o) ist der Meinung, .daas zur
VerferUgung eines Abc- oder Lesebuches mehr Scharfsinn und Beurteilungs-
kraft als zur Kompilation eines dickon Quartantoii j^ohArn'*. Auch Herder
hat sich mit der Lesemethode beachältigt und im .Jahr*' 17-- ^ ciiM' Lpselibel
herausgegeben. (Vgl. Aütteilungeu der Gesellschaft tür deutsclie Kr^ichuiiga»
und Schulgeschichte, Jahrg. 1, Heft 1, 8. 98.)
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27. Deutache Sprache und LiUeratur am Philajithropin in Dessau etc. 339
Leben haTic. Es käme darauf an, dass die Kinder mit der min-
desten Unlust das LoBcn lernten. Trotz aller dieser ^Yahrend
seines ganzen Lebens tortgesetzten Bemiümngen ist Basedow docli
iiiclit über die Budistabiermethode hinausgekommen. Das ist um
80 auffallender r»ls zwei Zeitgenossen von ihm, Amand Schindler
und F. X. Iloliuatin, bereits für die Einführung der Lautier-
Methode thätig waren, und es wohl kaum denkbar isi, dass Basedow,
der aiisdriicldich behauptet, die LitterMtiir des Elementar-Leso-
unterriciitcö, „die merkwürdigsten der Schriften dieser Art", durch-
studiert zu haben^), beide Autoren nicht keuiieü gelernt halten soll.
Auch die beiden Phüanthropinisten Campe und Vogel haben
l^iicichterungen im Lesenlemen geschaffen, sind aber ebenfalls
nicht über das Buchstabieren hinausgekommen. Ob Schweig-
häuser und Simon, die yon 1775 — 1777 als Lehrer am
Phj]«athiopin thfttig waren» mit den Ton ihnen Terfossten
Fibeln Uber Basedow und Campe hinausgegangen sind, kann
ich nicht feststellen, da Ton ihren Eibeln kein Exemplar aufzu-
finden war.
Was Olivier, der als- Vertreter der Lautiermethode an-
gesehen werden kann, anbelangt, so habe ich nirgends einen Beleg
gefunden, dass er wfthrend seiner 15 jährigen LebithAtigkeit am
Philantliropin seine Grundsätze im Unterrichte selbst yerwerfcet
habe oder durch andere habe verwerten lassen. Dagegen ist
wohl anzunehmen, dass er in seinem eigentlichen Unterrichts^
gebiete, dem Französischen, seine Methode zur AusfUiirung ge-
braeljt hat. Seine erste Schrift über die Anwendung seiner
Methode im deutschen Unterricht erschien • erst nach der Auf-
lösung des Philanthropins.2) Das ist auch der Fall mit den
Arbeiten Salzmanns ^ und Wolkes^) über den elementaren Sprach-
Neues Werkzeug S, 1—2, und Unorwartlich grosse VerbeMeTOng
der Kunst Lesen zu lehren, Leipzig und Hamburg llbb, S. 3.
Die Kunst Lesen und Rechtöchreiben zu lehren auf ihr einzig-
wahres, höchst einfaches und untrügliches Grundprinzip zurückgeführt.
Bnter theoretischer TelL 1. Bd. Dessau 1801. — üebsr Olivier vgL auch
Hcinr. Fochner, Die Methoden dos ersten Leseuntenichts., Berlin 1882,
g. I;M ff. uiul C. Kohr, Gesch. d. Methodik. 1. Bd. (Gesch. d. deutsch,
Uati'rr. in der Volksschule, (iotha 18S9), ö. 60 IV. Nach Fechner S. 140
hat Olivier bereits auf dem Philanthropin einige Hilfsmittel auch für das
Deutsch-Lesen ausgearbeitet.
^ Konrad Kiefers Abc- und Lesoboehleüi, oder Anweisung anf eine
leichte und angenehme Woisr» d:H Losen zu lehren.
*) Ersto? Lesebuch für sechs- bis zwelQarigo Kinder und fUr ire fiboL-
lerenden und erzihenden freunde. Berlin und Leipzig 1820.
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340 Mitteilungen d. Gea. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgesch. VH.
Unterricht Allerdingi? wird bereits aus dem Jahre 1776 berichtet,
datiö WoLke ,mit zweien kleinen I't iisiouisteu eine Probe seiüer
neuen i.rliuduug zur Krloichteruüg de« Lessens ^MMiiacht habe"^).
Worin jedoch diese Krk-ichterung bestand, wird iiichl init<reteilt.
Auch in seinem Berichte an den Fürsten Tiauz vuu De6.>?au vom
Mfirz 1782 spricht Wolke Ton einer für die unterste Klasse des
PliilanthropmB bestimmten Arbeit» in der er dfts Lesenlemen
^befördern* 'wiU^. Ob diese Arbeit aber gedruckt worden ist,
konnte nieht festgestellt werden.
Üaa Lesen sollen die Kinder, wie alles andere im Philau-
thropin, spielend erlernen. Den Leüeübungen an der Lesemaschine,
an der Tafel oder im Buche gingen dreierlei Spiele voraus: das
Spiel der xiubspraihe'), wobei dem Kinde zuerst NOkale und
Konsonanten vorgesprochen werden und dann aus einzelnen Worten
die Lippenbucbstaben (tn, b), die Zuugeubucbstaben (d, l, n), die
Kehlbuchstaben {h, g) und die Zahnbuchstaben («, sck) von den
Kindern herausgefunden werden müssen. Darauf folgt das Buch-
stabeni^iel (Kleines Buch für Eltern und Iiehrer, S. 69): dem
Kinde werden 82 weisse Karten in die Hftnde gegeben« auf denen
Volrale und Konsonanten aufgezeichnet sbid. Zuerst wird die
Karte mit dem a ausgegeben» dann die mit den folgenden Buch-
Stäben. Darauf müssen die Kmder aus dem Kartenhaufen die
einzelnen Budistaben, die ihnen vorgesagt worden sind und deren
Qestalt sie sich eingeprägt haben, aussuchen. Das Buchstabier-
spiel, das auf das Buchstabenspiel folgt» soll die Zusammensetzung
der Buchstaben» das Syllabieren, üben. Die Kinder» die sich bei
diesen Spielen auszeichneten, wurden belohnt» sei es, dass sie
Rosinen, Birnen oder Aepfel zu essen bekamen, ein Bild ansehen,
auf einem Instrumente spielen» einen besonders verzierten Uut
aufsetzen durften oder von den anderen Kindern eine ehrerbietige
Verbeugung erhielten.
Zur Erleichterung fordert Basedow eine Buchstabiertabelle,
1) Perd. Lentae» Beitr. x. gesch. der philantiiropuie üi Dessau u. Manch»
Uns. S. Bcila^^e zum 29. Jahresbcr. des erang. BehuUehrenemjnars in
Karlsruhe i KarlHrulu-. Cli. Th. Groos 1876).
3) F. P. iiietzold, Wolke am Fhilanthropin au Dessau, Leipsiger Dlaa,
1890, S. 112.
') In der üeschichte Franzend (Basedow, Element.nrwfrk, Bd. 1»
B. 22 ff.) wird eine Eutwickelung der Sprechübimgeu vom IVühfotea Kin-
desaltw m gegeben.
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27. Deuucbe Sprache und Litteratur am FbUanthropin ia Dessau etc. ö41
,1d der die Lippon-, Zungen-, Kehl-, Zähnebuchataben u. 8. w. zu-
aammengestellt sind"^).
Um '{t ri Kinderu die Lesoübungeii aiigenohm zu machen.
"Wählt Ol- in isemen Uebimgsbüchem vorzugsweise Worte und Satze,
deren Inhalt den Kindern lieb ist: meistens beziehen h'w sirh auf
Speisen und (jeliüiike, im Gegensatz zu den sonst üblichen Bücliern
den Elementarunterrichts, die fast ausschliesslich biblische Stolle
und moralische Sprüche enthielten.
Eingeübt wird zmiät hst nur dnü kleine deutsche Alpli.ibet^),
dessen Figuren die Kinder nach Bu.sedow am leiclitesten an ge-
backeneu Buchstal)en kenneu lernten, was Wolke schon früher
betUrwortet hatte.^) Basedow schlägt allen Erostes Tor, dass in
jeder grossen Stadt ein eigener Sehoibfteker oder bei jedem
Bücker ein eigener Korb mit Schulware sei. Nach seinen Er-
fahrungen bedürfe ein Kind 4 Wochen des Buchstabeneseens, um
das ganze Alphabet sich eingeprägt zu haben. Der Schwer-
punkt wird bei allen diesen Lesetthungen auf die gute Aussprache
gelegt.
Mit welcher Sorgfalt das Lesen am Philanthropm gettbt
wurde, geht aus den Erörterungen Jaspersons*) hervor. Zum
guten Lesen gehüre nicht nur reine, deutliche Aussprache einzelner
Buchstaben, Silben und Wörter, nicht nur die mechanische Fertig-
keit; im fliessenden Vortrag ganzer Sfttze und Perioden, sondern
>) Band 1, B. 81 von Basedow, Das Elementarwerk, ein Vorrat der
besten Brkenntnisse sum Lernen, Lehren, Wiederholen und Nachdenken,
A Bftndc, Dessau 1774.
Virl. T. H. Bii^^fflow. Klfine.s Buch für Kindrr aUf»r Stünde. Erstoa
Stück. Mit drey Knptertalein 1771 („die Veruuntt h,1tto uns nur ein
Alphabet empfohlen*), Neues Werkzeug S. 91. — MerkwtU'dlgerwei«e will
Basedow im Plane des wahrim PhUantbroplnume das elementare Lesen an
dem kleinen lutoinisehen Alphabete iomen lassen (Plan des wahren
Philanthr. r?r. n. StfJrk do? l'hilanthr. Archive, Dessau 177«), 6.'>). \n
dem Kinderbuch, das er beabsichtigte herauszugeben, sollte der erste
Teil „mit lanter Lettern des kleinen teutschen Alphabets gedruekt", der
«weite and stärkste Teil sollte „teutsche kleine und grosse Lettern** und
der dritte „laiiter lateiniiichen Druck mit unteruiiscliten grossen und kleinen
Lettern" enthalten. Er macht dubei in einer Anmerkung den Vorschl.ng,
„teutöche Bücher nur mit lateiniächeu Lettern drucken zu lu&sou*', die
Kmder brauchten dann nur die zwei lateinischen Alpliabete lesen und
•ehreiben zu lernen.
■) Padagog. ünterhandl. 1777.
*) Etwas über die deutschen Lesesttind'Mi im Institut (Philanthr.
Journal für die Erziehung und daa Publikum. Vierte.s Vierteljahr dos
fünften Jahrganges. Dessau. Im Wonnemond 1784, S. o47~60aj iS. 549.
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342 Mitti ilunpren d. Ges. f. deutsche Erziehunps- u. Schulgoscli. VII.
auch eine richtige Abmossnng des Tones «nd die geschickteste
Modulation der Stimme. Von allen Lehrern wird verlangt, dass
sie durch ihr Vorlesen den Schülern ein nachalinnin?r^wert( s Bei-
spiel gehen'). Da, wo das nicht der Fall ist. wird es getadelt.
Bo an dem LeJirer Lenz, an dem hoi der PrüfuDg am 19. Oktober
178Ö die saclisisciie Provüizialau^spraciie bemerkt wurde-).
Zur Förderung im mündlichen korrekten Gehrauch der
deutschen Sprache waren am Phiianthropin in dr-n or^^ten Jahren
seines Ijp=!teheu8 füi* die Zöi:linp:p der mittleren und unteren
Klassen noch besondere Konversationsstunden eingerichtet,
die vom Jaini.a- his .Tohannis 1778*) von NpiH»ndorf mit der
2. Klasse dfi- kleinen rhilanthropisfen in wiMlunt lieh ß Stunden
abgehalten wunlcn. Von Johnnnis 177Ö bis U>t< m 1779 hat die
1. und 2. Klassi' der kloinfn Fhilaiithropisten wKlieutlich 2 Kon-
versationsstunden (Mittwoch und J^t»nn;ilMMid von 2 — 3 Uhr), die
3. Klasse jedoch täglich von 6 — ^ Ulir und zwar mit der 1. und
2. vereint^), so dass die 1. uüd 2. Klaase wöchentlich 14 Kuu-
versationsstunden hatten.
Bei der Ausijüduug im mündlichen Auxii iick liat Ikir-cilow
auch «innial an das Knmöd iens pielen gedaciit. Auch von
Baladl wiifl in dem pliilaiiihropischen Erziehuugsplane als Schluss
der Deklaniatiunäübungen das Komödienspiel, für das in Mai-sch-
lins ein eigenes Theater eingerichtet worden war, aulgestellt.
Es sollten aber nur besondere EindelicomÖdien zur Auffilhrung
gelangen^). In seinem Elementarwerk (Bd. 4 [1774]. S. 246)
dagegen erklfirt Basedow sowohl das Komödienspiel als auch die
Oflrentlichen Redeübungen für ein schädliches Spielwerk und
schlagt statt dessen vor: Vorlesungen im Hause oder in der
Schule vor einer grosseren Cresellschaft mit daraufTolgenden
Diskiissionen, femer Memorieren und VortrAge erst kleinerer, dann
grosserer Reden, zuletzt kurze ^Extemporalreden*. Trotzdem
sind auch späterhin (nach 1774) Komödien aufjgefOhrt worden, so
>) Ebenda S. ö52.
^} ProtoknlU iich der mdagogischen Gesellschaft, 8. 78.
3) I'ndag. liit<^rhandl. 17"h
*) 0. Franke, Beitrage zur Gesch. des Philanthropina zu Deasuu (K.
Eebrbacb, Mitteilungen der OeBellsch. f. dtscb* Erziehungi- n. Scholgesch.»
Jahrg. 2 (1892) B. 40).
*) Pliilanthropi«ti9Pher Erziehungsplan oder voll^tfliidipn Narhricht
von dem erraten wirklichen PMlanthropin zu Marschlins, Frankfurt, a. 2iL
1776, S. 6G u. 371.
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27. Deutsche Sprache und l/Uteiatiir am Philanthropin in Dessau etc. 343
nach dem grossen Examen am 15. ilai 1776'). Am 24. November
desselben Jahres fiihren die .kleinen Pensionistea" ein von ihneo
selbst gefertigtes Lustspiel auf.^ Auch Neuendorf 3) berichtet
von .Kinderschauspielen'*, und am 27. Dezember 1782 wird ein
von S.uid r. einem Lehrer ain PhÜanthropiu, abgefasstes Schauspiel
aul'get'üiirt/*)
Mit den TVbüH'JT'^n im Sprechen und Lesen wurden, nachdem
das Srhreibeu in ih r unlerstcu Kla.sse in besonderen Schreib-
stuiidm erlernt wurden war.*) IJehnnuMMi im schriftlichen
Ausdruck verbunden. Hierbei tral«Mi auch schon frramniatil\a-
lisehe Beb brunL^cn ein. oluie dass jednrh den Scliüh nt zuuäch.st
eine wirkliche Unuuuiauk in dif llaiido gegeben wurde. Di iin
man könne, sagt Neueudorf und zwar in Uebereinstimmung mit
Basedow, Campe, Trapp, Wolke u a.. auch ohne nur das Wort
Grammatik zu neuueu, schon frülizeitig Sprachriciitigkeit fiben
und beim Fortschritt die meisten grammatikalischen Kegeln in
dem übrigen Sprachunterricht erwerben, so dass die Zöglinge,
wenn sie spftter, nach Absolvierung der mittleren Klassen, die
Grammatik in die Hände bekommen, die Hauptsache derselben
schon ziemlich wissen. Diesen Weg habe das Phüantfaropin ge-
wählt und die Jugend auf denselben gleich vom Anfonge des
deutschen Sprachunterrichtes geführt. — Tritt nachher der eigent-
liche grammatische Unterricht ein, so verlangt Basedow^ Deklir
nations- und Eonjugationsilbungen. die I<ehre vom Satze und
Kenntnis der grammatischen Kunstwörter. Er fordert, dass viel
J. G. Schummel, Fritzens Reise nach Dessau u. s. w. und P. B.
von rjnchow, Authen tisch o Xarliriilit u. 8. w. (s Neudrucke pAdago-
giecber Schritt 'ti von A. Richter, C, Ö. i-A u. 7iJ.
3) Vgl. F. Loutz 1. c. S. .'}S
') Is'uchricht von der gegenwartigen Vcrfasaung des Erziohungs-
institulB SU Dessau. Dessau, im Mal 1785, S. 61.
*) Sander, G. F., Pusillana, ein Schauspiel In 4 Aufsogen, im
DessAuiscben Ersiehungsinstitute aufgeführt d. 21, Dexember 1782.
Dessau 1183.
*) Auffällig i.st. (l;ls^< im Philanthrupin die Sehroib-Lese-Arcthode nicht
zur Anwendung gekomuien ist, obwohl r»in nhemaliger hervorragondor
Lehret- des Philanthropins*, Ernst Chru. Trapp, sie vertritt (Versuch einer
Pädagogik V, B. Chr. Trnpp. Berlin 1780, B. 861—362). Vgl. auch: Allge-
meine Revision des gesammten Schul- und Erciehungswesens hrsg. v.
J. H. Campe, 1" Tf>il, Wien und Braunschweig 1701.
«) Nachrichr ^.
') Eleuieaturwerii iid. 4, b. 210.
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vi44 Mitteilungen d. Ges. f. deuti^che Erziekungs- u. iSchiilgearh. VIL
diktiert und von Zeit zu Zelt nach dorn Nominativ des Nomens ^)
und dem Infinitiv der Verben gefragt werde. Spfitcr vrerdc die
Syntax ihnen erklärt und jede Regel durch mehrere Bf'isi.iele er-
läutert. Den psycliologischen Grundsätzen des Unterrichts zu-
widerlaufend ist Pxisedows Vorschlag, dass der Lehrer ein gram-
matikalisch sehr fehlerhaft»^s Buch mit bekanntem Inhalt zusammen-
tragen möge. Die Schüler sollten sodann alle Fehler «sowohl
wider die Regeln der Endigungen als wider den WoiilauL' ver-
bessern. Basedow halt es lür nützlich, ein solches Buch, worin
die Fehler in Klassen gebracht werden, füi- jede Sprache diucken
zu lassen.
Grosse Aufmerksamkeit wurde der Orthographie zugewandt.
Die hervorragenden Philaiitli 10}) iuisten des Dessauer Philanthropius,
Basedow, Campe, Trapp, Wolke, haben sich mehrfach damit be-
schäftigt, ohne jedoch in den Einzelheiten übereinzusünuiien.
Dieser Gegenstand hatte in der damaligen Zeit allgemein die
Geister erregt, unter ihnen auch Elopstock^. dessen Partei das
Philantbropin (Wolke) nahm, wenn es auch nicht TOIlig sidi ihm
«oschloss. Durch diese Teilnahme aher wurde eine derbsatyrische
Schrift hervorgerufen^.
Die VerGffenÜichungen des Phila&fhropins sind zum Teil in
einer Ten der damals allgemein Üblichen Schreibweise abweichen-
den, aber nicht Iconsequent durchgeführten Orthograplüe gedruckt
Der Grundgedanke bei diesen Reformbestrebungen war der« es
solle nichts Ueberflflssiges gethan, nicht Buchstaben geschrieben
werden, die gar nicht ausgesprochen wllrden. Wenn die vielen
fiberflttssigen Buchstaben ausgelassen würden, so werde dasLeseu-
lemeu erleichtcit; denn je kürzer die Worte geschrieben würden,
um so schneller könnte man sie ttbersehen. Den Schreibenden
') Basedow glaubte den bekannten lateinischen Kunstwörtern dorcb
Abkftrzung der EndsUben ein deutsches Ansehen Ngeben zu können. Statt
shigulBria sagte er sin^lar, etfttt maaculinum mascuUn, statt verbum ein
▼erbe, statt die nomina die noniens. (Btteedow, Lehrbuch proeaiedier und
poptiBcher Wohkedenheit in verschiedenen 8ebreibarten u. e. w., Kopen-
ha^^cn iTöG.)
^) Uebor spr&cbe und dicbtkunst. fragmente fou Klupätock, H:un-
burg 1779.
') Die allemcuesto deutsche Orthographie des 18. Jahrhunderte,
erfunden von Klopstock, nachirivihmt von d*^m Dossmii-^chen Er7;if»hnng8-
institute. ausgezischt von der gelehrten Welt, und Ubergej^angen in die
VergesscnhoiL Herausgegeben von einem Mcnnonitcn. Frankfurt und
Leipzig 1779.
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27. Deutsche i^prnche und Litteratur um Philanthrupin in Dessau etc. 345
aber würde viel Zeit und viel Papier oi-spart. BerechiRie iUn-M
Wolke, dass die „'£)eut8d)cu'' durch Aniiahint' seiner ^Sclneibregel-
lehre" (d. i. Orthoj,'raphie) jährlich 10 000 Jahre Arbeit oder
5 Millionen Thaler für ^uuütse staben" (Buchstaben) ersparen
würden*). Das e als Dehnungszeichen soll von nun an wegbleiben:
di statt die, si statt sie, dittm statt dienen u. a. m. Ebenso geht
es mit dem also fiOm statt fUkim, hnn statt l^ren, Oren statt
OkftH, fdt staHifehlL dt wird in k umgewandelt, daher Stük statt
^Sck; Uf in m: Nuam statt NuiMeii. Die DoppeUtonsonanz rnntj
NR, U wird Yereinfacht, also Qtwm, Himt, Schal, kel, wU statt
£7ai0tNfi» stimmi, SekaU, hdl, witt; S8 wird zu eiofa«shem «: FteU
iOr Fleu8. — Wolke will auch die erste Gestalt der Worte
wiederherstellen und achreibt daher axe (weil lateinisch axi»), fw
(engl fogs), oxe (engl, osr) statt aekte, fudts, oehse^). Er weist
darauf hin, «dass hisher, wenn eine Silbe lang oder gedehnt aus*
gesprochen wird, gewöhnlich bald dieser, bald jener Buchstabe,
der sonst nidit nötig wftre. cum Zeichen dieser Dehnung gebraucht,
und bald so. bald anders eingeschoben oder angesetzt werde, . . .
ferner, dass viele Silben gedehnt ansgesprochen werden, ohne dass
man ein Dehnungszeichen setzt" ^. Die ^wildfremden Buchstaben*
ph und c düifen nach seiner Meinung nicht beibehalten werden,
ebensowenig der Gebrauch dreier Zeichen (ph, /*, v) für einen
Laut*). Oleicliwohl will er mit seiner neuen Orthographie nicht
FO weit gehen, „dass man die Siinuhe j^ati/, nach der Aussprache
biegen nilisse". Er hat sogar einige h, die später allerdings n^ch
getilgt worden uiiissten, zunächst stehen lasifu. damit sich ,nur
erst da.N Auge an die Auölasöung desselben in dm Silben, die mit
einem S(lt)stlatite enden, einigennassen gewöhne."^) Basedow
schreibt ck (kk) in den Fällen, in denen naeh seiner Meinung
beide k gehört werden, also wecken', ebenso U: setzen.
*) Anleit zur deutschen (jeBuuitsprache ucler zu Krkennnng und Be-
richtigung einiger (zu wenigst 20) tausend Spraclilehler in der hoch-
deutschen Mundart. Von Cbristfan Heinrich Wolke, Dresden 1612, 8. M ff.
Von dem Gesichtspunkte der Ersparung aus betrachtet auch der PhilAn-
thropinist Villaumo in seinem »Praktischoii Ilandburh fOr Li'hror in liürg-er-
und Landschulen (iJe.ssau 17Si. Im Verlage der luatltuttibuchliaudlung)*
die orthographische lieform.
') Wi die Rechtschraibunc^ der deutsehen Sprache bestimmter, im
ganasen gleichförmiger und leichter werden kann (Philanthrop. Journal,
4. Quartal den 2. Jahrganges, Dessau, Juli 1179, 8« 611).
^1 KItenda S. GO!).
«) Kbenda S. Üi9.
•) Ehend* 8. «11.
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346 Mitteilungea d. Ges. t deutsche Bniehunga- u. 8chulgeach. VII.
Bei anderen Lautverbindiingen gehen die Philanthropinisten
Hiebt soweit wie Klopstoek» der die Regel aufstellte, die Worte
80 zu schreiben, wie man sie nach einer guten Aussprache hörte,
also: ßr färde sin di ärdepfel samt den hleUern statt vier pferde
äikn di erdäpfel samt den blättern (so Wolki ) oder: es fäll fU
sUtt es fehlt vil (Wolke). Auch Trappt) hat die Kogel aufgestellt:
„Schreibe, was du hörst!" fügt aber hinzu: „Siehe auf die Ab-
stammung der Wörter! Siehe auf Verlnn«:pning der Wörter!
"Richte dicli nach der ^lode!" und bemerkt zugleich, dass diese
Kegeln oft einander aiil'hi'l)cn.
Die Schwierigkeiten, bestimmte liegein aufzusirllcn, haben
die Philanthropinisten auch wohl eingesehen, und sie kniniD'Mi daiia
immer zu dem einzigen Auswege, durcii vit'lcs Leseu, DikLiereu
und Korrigieren die nötige Sicherheit im orthogiapliischeu Schreiben
bei allen Sckülera zu erzielen. Auch Tra[>p sieht das Bedeiiklii lie
in der Regel: „Schreibe, was du hörst* ein und veiiuugl daher
mehr Uebung im Abschreiben als im Diktatschreiben, da die Ortho-
graphie mehr eine Sache der Augen als der Ohren sei. Dabei
Verden im einzelnen folgende Voracluifton gegeben: „Wenn einem
etwas korrigiert wird, so soUen alle Anteil nehmen. Es soUen
den Kindern oft WOrter mit Verstössen gegen die Orthographie an
die Tafel geschrieben werden nnd man soll sie dann sagen lassen,
wie es recht geschrieben werde*. Auch in dem Bericht von 1778
^dag. Unterhandlungen 7. Stück) wird von Trapp erzählt, dass
er, um die Schüler des Philantbropins in der Orthographie und
im rechten Gebrauch der Unterscheidungszeichen zu befestigen,
bisweilen nach Anleitung der Basedowschen Teutschen Grammatik
etwas Fehlerhaftes berichtigen lasse, »welches eine sehr gute
Uebung sei^
Dass hierbei die Belohnungen und Strafen eine grosse Rolle
spielten, ist ganz im Geiste der Fhilauthropinistcn^. Basedow
*) Versuch eiuer Pädagugik, Berlin I7t^.
.Wenn es in der Kirschenzelt ist, bekömmt jeder dos Morgens
ein oder awel Dutzend Kirschen, die ihm aber nicht in die Hilndo gogehm
werden, sondern vor eeineu Augen in Schiichtelchon oder andern GoiiLssen
etehen, dio mit dem Namen der Schüler hrt/^cichnct aind, so tlass ein joilor
das Seinige kennen kann. Wenn nun der Lehrer die Utk-lier durclmieht,
idnunt er tOr jeden Fehler aus dem Schnchtelchen demjenigen, der ihn ge<
nacht hat) eine IQrsehe und legt sie in ein besonderes Geßit». Soviel
einer nun Fehler macht, soviel Kirschen ist er dos Mittag^s weniger, und
die verlorenen worden an die Bedienten aus^^etoilt. Weitorlün im Jalir
macht man es mit anderem Obst ebenso, um* duss ein Aplel oder cijio Birn
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Deutsche Sprache und Litteratur am PhUauthropin in Dessau otc. S47
Terlangt, dass die Kinder fehlerhaft Geschriebenes Terbessert
kopieren sollen, wobei Yorher die orthographischen Regolu, «wenn
die Kinder sie verstehen können", Toigeführt werden^).
Fehler in der Bechtaehreihung soleher Wörter, die selten
Torkommen, müsse die Jugend selbst in ein S4Areibbuch eintragen
nnd das Verbesserte nebst dem Fehlerhaften hinschreiben.
Jasperson in seinen noch ungedruckten und bisher nicht be-
nutzten Berichten Uber seine französischen und deutschen Stunden
teilt unterm 23, September 1782 mit, dass er, „um die ortho-
gi-aphischen Uebungen auf melir als eine Art lehrreich und allge-
meia iotorpssant zu nukchen", die Gescliichte des misstrauischen
und furchtsamen Dionys za 'Syrakus ans^cwütilt habe, sie dann
von einem Schttler periodenweise an die Tafel sclireiben und darauf
die Fehler von den übrigen der Reihe nach habe verbessern lassen.
Er habe dabei die allgemein brauchbaren fiegeln der deutschen >
Orthographie augebracht.
Wenn trotz aller dieser Bemühuut^en es sich bei den Prü-
fungt'ii herausstellte, daf<s die Schüler selbst in der obersten
Klrtsse noch Verstösse gegen die Orilioij;iaphie maehten, so lässt
sieh (las nur aus dem Umstände erklären, dass eine bestimmte
Orthographie nicht konsequent durchgeführt war. Die im riiilan-
thropin benutzten Bücher zeifir^^n die verschiedeiiaitiirste Schreil»-
weise, ebenso uie die VeruHeuilichungen des I*hilauthropius selbst.
Nicht einmal iju philanthropischen Lesebuche sind die Regeln, die
Wolke für dasselbe aufgestellt hatte 2), befolgt wordeu. Dazu kam,
dass die im Philanthropin angewandte Methode, wonach die
Schüler verbesserte Worte mit den fehlerhaften in eütem Hefte
nebeneinander eintragen mussten, und wonach ferner der Lehrer
Worte und Sfttze abslchüich falsch an die Wandtafel aufschrieb,
damit die SchOler sie nachher verbesserten, eine Sicherheit im
Orthographisch richtig schreiben nicht aufkonmien lassen konnte,
da auf diese Weise das Bichtige mit dem Falschen dem Auge
und Gedftcfatois sich gleichwertig einprägte.
nur durch vier Fehler ganz vorlohron gehen kann. Hat man kein übst
mehr, so thue man dasselbe mit anderen esabaren oder nicht easbarou
Dingen, die den IQndern Ueb sind. Man wird in knrzer Zeit es dolitn
bringen, dasa sie gut buclistabieren und richtig schreiben lernen.* Trapp,
Pädagogik S. 109— liü.
Basedow, Teutsche Grammatik \^Eleinentar\vetk 4, L'IT).
^ Wolke, Von der deutschen Rechtschreibung (philanthropisches
Lesebuch fOr die Jugend und iro Freunde. Das virte Virteljar des *Jton
Jahrgangs. Dessau im julius 1*79.
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348 UttteUungeii d. Ge«. f. deutsche Braiehnngs* u. Schulgesch. VII.
"Bei den schriftliclien Arbeiten, die eich an die zabl«
reichen Uebuiigen im mttndlicben Ausdrucke ansdüieBBen oder mit
ihnen einherlaofen, Terlangt Basedow mit der Beschreibung anzu-
fangen. Wie bei den Lese- und Spreebfibungen nur Stoffe ver-
wendet wurden, die den Kindern in Wirldichlceit, im Bilde oder
Modell vorgefahrt werden konnten, so sollten auch die ersten
schriftlichen Uebungen sieh mit dem beschäftigen, was die EiAder
mit den Sinnen wahrnehmen kOnnen.
Die Schüler sollen zunächst ein Zimmer, ein Haus, einen
Garten, eine Gegend, eine Stadt beschreiben; sie sollen sodann
erzftblen, was sie erlebt oder gelesen und was andere ihnen erzählt
haben. Daran sollen sich Lebensbeschreibungen und Charakte-
ristiken anschliessen, wozu Nepos und Plutarch benutzt werden
können oder besser Personen des Familien^ und Bekannten-
kreises. Die schriftlichen Arbeiten erstreckten sich weiterhin
auf Buchhalten, auf Abfassung von Kontrakten, Testamenten,
Zeugnissen, kurz auf alles, was Basedow ,recbt^Angige Schriften**
nannte %
Die Schiller sollen angehalten werden, eine «weitlfiutlge''
Schrift in einen tabeUarisch gescliriebenen Ausmg an bringen.
Diese Ausarbeitungen wurden, wie der Bericht ttber den Unter-
richtsbetrieb am Philanthropin vom Januar bis Joliannis 1778^
mitteilt, teils dem Schaler von dem Lehrer aufgegeben, teils der
Wahl des SchOlers Oberlassen, ebenso die Form der Darstellung,
nur teilt der Schaler dem Lehrer mit, «was er die künftige Woche
liefern will*. Fttr diejenigen Schaler der oberen Abteilung des
Philanthropins. die zum Studium bestimmt sind, bedarf es noch
umfangreidier schriftlicher und grammatischer Uebungen.
Sie mttssen einen gegebenen Vortrag verkürzen, verlftngem
und auf andere Art bearbeiten, sie mOssen remitierte Beden in
referierende und referierte in recitierende Form verwandeln, sie
mOssen eine Bede oder Abhandlung in eine »tabeUarisdie Vor*
Stellung bringen und die Hauptsachen verkürzt vortragen*. Denn
1) Basedow, Blementarwerk Bd. 4, 8. 244 imd Basedow. Die durch
•wähl des Nützlichsten elenu t t isch© teutsche Grammatik der philunthro-
pischcn SemiiKire in Anhalt. irnd zu MarBChlins in BUndten und
anderer, die ihnen gieichlörmig werden wollen. Leipzig, Crusius, 177Ö,
8. 120 ff.
*) Pftdsgog. Cnterhandlimgeii, 7. Stflek, S. 606.
>) Kachrieht 8. 25.
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27. Deutsche Sprache und Litteratur am Philaatbropiu in Deaau etc. 349
nichts bilde, wie Npuendoif-^) in seinem Berichte über den Unter-
richt im Philantli](>iiln mitteilt. Gedanken und Sprache mehr, als
die mannigfaltigen LJebuugeu in schriltiK lien Arl>eiten und Auf-
sätzen. Man habe dalnT im Philnntfiropin groäseu Wert auf diese
Uebungen gelegt und die Jugend, sobald es sich thun las^^^e, dazu
angehalten. Solche stilistischen Uebungen sollen aber nur uuge-
feleilt Averdeu an Materien, die der Schüler bereit« kennt und er-
fasst hat oder die seinem IntercsseukreiH angehören. Sonst werde
weiter nichts als Wortkrämerei ausgebildet*). Die einzelneu
schriftlichen Arbeiten liest der Lehrer vor und beurteilt sie iu
Rttcksicht auf Gedanken, Ausdruck und Grammatik"*. Die dabei
gegebenen «Kegela werden jedesmal laut wiederholt, von dem
Lehrer sowohl als von den SehtUera, und mit vielen Beispielen
erlAutert". Auch für diese stilistischen Arbeiten wurden, wie filr -
die orthographischen (siehe oben S. 346 t), «nach Verhältnis ihres
Wertes*" Belohnungen erteilt, die in «BUleten des Fleisses" be-
standen, wodurch der Schüler sich .goldene Punkte auf der
weissen Keritentafel'* erwerben konnte.
Wie im vorigen Jahrhundert überhaupt, so wurde auch am
Dessauer Philanthropin dem Brief schreiben grosser Wert bei-
gelegt und von Basedow eingehende Vorschriften dafür aufge-
steUts). Bereits vom zehnten Jahre an sollte der Zögling unter
Anführung seines Lehrers wöchentlich wenigstens einen Brief
schreiben*), und zwar zunfichst an solche Personen, die er duzen
konnte; ^denn jede Uebung mttsse durch Elemente anfangen*.
«Man muss ihr (der Jugend) anfangs nicht zu gleicher Zeit die
Sorgfalt für ein Ceremoniell auftragen, welches wider den Bat der
gesunden Vernunft von der Mode erfunden worden ist* Dem
Zöglinge müsse, ehe er sich selbst Überlassen werde, ein gutes
^Titularbuch wegen der äusserlichen Einiichtung der Briefe nach
der Mode" bekannt gemacht werden; auch werde er hingewiesen
auf eine Anweisung zum Briefschreiben (Briefsteller). Dabei wird
Basedow. Teutscbe Grammatik (Elementarwcrk Bd. 4, S. 212).
*) EtoiiMiterwerk Bd. 4, 8. 886 ff. und Teutache Onmmatik der
phDanthroplmettachea Seniinare in Anhalt<Dee8aa und bu HarBchlins in
Bündten und anderer, die ihnen gleichförmig werden wollen. Leipng 1775,
& 114—119.
') Im Jahre 1777 — 7S berichtet Trapp, dass er :im ersten und fünf-
zehnten Tage jedes Monatd eine Stunde zum Briefschreibeu benutze.
(Pädagog. Unterhandl. 1778, 7. Stück, Nr. 26).
MitUiUimgea d. Qm. t. deuuutiv Erziuti.- u. Scbulgeechiclitc. Vli 4 1987. 23
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350 Hittoilungen d. Ges. f. deutaehe Enlehungs- u. Sehulgeecfa. VIL
das Euch von Stockhausen empfohlen i), ferner Sammlungen von
gedruckten Briefen; auch werden die Briefe der Frau von Sevign6,
T. Maintencoi, die Sammlungen yon BQssy und Geliert ganannt
Diese soll der Schiller freilich nicht auBschreiben, aber sie lesen,
besonder »knrs vorher; seine Seele wd dadurch zu dem Tone
des Bilefetiles etwas gestinunt*. Das Btiefechreiben wurde aber
nicht nur in bestimmten dalQr angesetsten Tintenichtsstunden gettbt,
die ZO^^inge waten auch verpflichtetk an bestimmten Tagen, den
«Brieltagen*, wiiklidie Briefe an ihre AngehOiigen und Freunde
zu schreiben. Für die grosseren Philanthropinisten fiel seit dem
16. November 1777^ der bestimmte Brieftag weg, doch wurde
jeder ^Privataufseher" der grösseren verpflichtet, seine Untergebenen
anzuhalten, ,die nötigen Briefe zu schreiben (welches am be-
' quemsten Sonntnjrs Nachmittag gestheheu kann)", sie selbst zu ver-
siegeln und auf die Post zu schicken. Für die kleinen blieb jedoch
der Brieftag bestehen.
Das Ideal des Dessauer Philanthropins im Unterrichte deut-
scher Sprache und Litteratur ist die Fertigkeit der Lehrer und
Zöglinge im guten mündlichen und schriftlichen Ausdrucke.
Dieses Ziel wird nicht durch Grammatik erreicht — denn es
könne einer in einer Sprache ein meisterhafter Schriftsteller
werden, ohne jemals etAvas von der Grammatik derselben zu
lesen^) — , «ondern duruh ^Ueltuni; des Geschmackes an
gut<Mi Sclirit'tsteliern'**). Solche ücbnncjcn begannen, wie
oben 343) er\\ähnt worden ist. schon frühzeitig. Nachdem das
mechanische Lesen erlernt war, ging es an die Lektüre von Lese-
stücken der damals üblichen, tür diesen /weck verfasäten Lehr-
mittel. Für die mittleren und untereü Klassen wurden benutzt
Bochows und Weisses Kiuderfreund, das Öitleubüchlein für Kinder
in gesitteten Ständen. Beispiele der Weisheit und Tugend von
Feddersen, ivleuie üüschäftiguüg liu* Kinder von Funk, das plü-
Job, Christoph Stockhaueens Grundsätze wohlf»in£r<*rirhtetpr Briefe,
nach den besten Mustom der Deutschen und Ausländer, nebst beigelügten
Erläuterungen imd fixempeln. Wien, veilegt bei Joh. Thomu Bdlen von
Trattnern, ksiaerL kOnigL HofbuehdraekttiL und BuchiUtadieni. 1766.
») Protokollbuch der Pädngopßchcii Gr 1' chaft S. 16. — Das Pro-
tokollbuch der Gpspllschaft, deren ordentliche Mitglietler die Lehrer do»
Philanthropins waren, befindet sich in der üerzogächeu Bibliothek za
DesBan.
>) Hetfaodenbnclk 8. 248.
Bbd.
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27. Deutsche Sjtrache und Litteratur am Phitanthropin in DessAU etc. 351
lanthropiscbd Lesebuch (auch für die obere Klasse), die Dessauiach«
Jugendzeitung und der Jugendbeobachter.
Es wird danach gestrobt, dem Vortrnjrr' des Tif^senden , Nach-
druck und Grazie mitzAttcilen und in seine .Stimme Geist nnd Loben
zu brinf^eu*. Dies ist natürlich nur denkbar unter der Voraus-
setzung einer genauen Kenntnis des gelesenen Stückes, daher mit
der Lektüre .die genaueste Zergliederung des Autors' vorbunden
wird. Es geiien da die Leseübungeu nach und nach in pCigent-
liche Uebungen des Verstandes über uud iühren uns zu kritischer
Beurteilung sowohl der Schreibart als der Gedanken unseres Ver-
iHssei-s." Neben der sprachlichen Retrachtungsart laufen moralische
und sachliche nebenher. In welcher Weise das gesch.ili. geht aus
Jaspersons Bericht , Etwas über die deutschen Lesestunden im
Institut" 1) hervor. Es werden nicht nur „die Bedeutungen der
Ausdrilcke, der richtige Sinn der Redensarten aufgesucht*, sondern
vir ,»nebmen nun auch die Sachen selbst vor und holen yon seinen
(des Verfeesers) Erzählungen und Behauptungen den Stoff her, die
Kräfte unseres Nachdenkens su scharfen, indem wir die uns be^
kannten Wahrheiten mit den von ihm Torgetragenen unbekannitezen
yergleichen, und daraus fttr die Mdglich- und Unm<)gliehkeit, Wahr-
• heit oder Wahrscheinlichkeit. Gewiasheit oder Ungewissheit derselbea
Schlüsse zu ziehen lernen.**
In der Lehrprobe, die er dabei mitteilt (16. Stück der
Dessauischen Jugendzeitung Ton 1782) finden sich übrigens keine
sprachlichen Bemerkungen. Auch in seinen noch nicht TerOffent'
lichten Berichten ist nur einmal von orthographischen Uebungen
die Rede (vgl. oben S. 346); hier überwiegt vielmehr die moraUsdie
und sachliche Betrachtungsart. In manchen Stunden dagf i^fii wird,
wie Jasperson selbst mitteilt, hauptsäciüich auf Ausdruck und
Sprache gesehen und alles gesammelt, was zur Bildung des Stiles
zu wissen erforderlich sei^. Bei der Lektüre von Försters Reisen
hat Jasper.son dif Schüler belehrt, dass die Menschen ursprünglich
nicht zur Bosheit, Fai>< hheit und Ungeroehtii^'keit u. s. w.. wie
allgemein angeriomnu n werde, geneigt gewesen seien, sondern djiss
sie erst dazu gekommen sind durch den Kinfluss der ,iresittptf>n
Völker.'' Ein anderes Mal hat er ihnen i»c;^reitlich gemaclit, dass
der Götzendienst eine Erfindung einiger schlauer Kopte gewesen^).
■) PhilAnthrop. Joarnal, 5. Jfthrgang (1784), 4. Heft, 8. 6fi6,
^ JaspOFMUt Etwas ttber die deuCschon Lesestundoii im Inetituti
B. 604.
^) Jttfiperüou, Bericht vom Juni ITöl.
23*
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352 Mitteiiuugen d. Ges. f. deutsche Erziehung^- u. Schulgeach. V1L
Ei" üpsf. iliiit'H (laei W'cisse sciH' Urania vom ^^ iii(l.--|»it'l vor. uiii zu
zeigen, dass die Rachsucht sehr verabschüuuugsiwüidi.t; macht, uud
weist darauf hin. wie edel das Vergeben sei. Eine Kei.seboschri'i-
bunjr aus dem Jugend beobachter veranlasst ihn, mit seinen Scliülera
Elcineulargeugraphie zu treiben, über den Handel in Ut r Levante,
über Wechsel, Aj^Hiunaiiouen, Obligationen, Banknoten, Postverkehr
u. 8. w. zu sprechen. Bei der Geschichte von Columbus wird
Geographie getrieben, der Globus und die Karte erklfirt und werden
schliesslich aiithmetische Uebungen angescbloesen, als es gilt, den
Wert des Goldes zur Zeit des Columbus in die , derzeitigen' Werte
umzusetzen^). Dass mit der Wahl der LesestQcke trotz der geringen
Schülerzahl Fehlgriffe vorkamen, gesteht Jasperson selbst zu, indem
er erklärt^ er habe G^Jckingks Epistel gelesen, aber bemerken
müssen, dass wegen ihrer Schwierigkeiten die Schüler kein Inter-
esse dafttr gezeigt hfttten^.
Von den damaligen Dichtern werden nach den überlieferten
authentischen Ifitteilungen Uber den Unterriditsbetrieb im Pbilan-
thropin namentlich aufgeführt: Geliert, Gessncr, Gückingk.
E. T. Kleist, Klopstock, Weisse. In den mittleren (2. und 3.)
Klassen scheint Geliert besonders beliebt gewesen zu sein;
wenigstens gebt aus dem Protokollbuche lien'or, dass in den
Prüfungen der 2. Klasse vom 6. Mai 1791 und vom 22. April 1793
Gellertsche Fabelß und Gedichte deklamiert wurd«m. In einer
früheren Prüfung, am 22. Mai 1786, wurde „ein Versuch gemacht,
den ersten Oesaug des Todes Abels (von Gessner) zu lesen", und
es wird im I^rotokollbuch (S. 84) bemerkt, dass die .Schüler
grösstenteils mit Empfindung der poetischen Stellen gelesen hatten
mid dass mnn daraus schliessen duifte, dass sie ein prosaisches
Stück erst recht gut und fertig lesen würden.
Sowohl in der obei*steu Klasse der ersten Hauptabteilung des
Philauthropins, die die Schüler vom 6. bis etwa zum 15. Lebens-
jahre umfasste, und für alle l)ürgerliclieii Berulsarteu, ausser für
die, welche eine aliademische Vorbildung verlangen, vorbereitet,
als auch in der zweiten Hauptabteilung, der die Schüler vom 15.
bis zum 18. Lebensjahre angehören, um für die Universität sich Tor>
zubereiten, werden die »besten klassischen Schriftsteller
unserer Nation* teils stellen- teils auesugsweise gelesen, nach
den Regeln des Geschmackes beurteilt und grössere Ausarbeitungen
») Bericht vom 25. Februar 1782.
«) Bericht vom Juni 1781.
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j7. Deutsche Sprache und Litteratur um Philänthropin in Dessau etc. 353
geliefert!). Auch werden , viele üebuügen der gemeimiUUigeu
Wohlredenheit* angestellt*).
Für die akademische Abteilung wird als ein Gegensatz zu
der .überhand nehiiicnden Lesesucht solcher Bücher, welche die
Unschuld keineswegs befördern, das Studium der besten vater-
Iflnrlischen Schriftstoller als eine Hauptsache bezeichnet,
wozu die Eleven des Pliilanthropins anciehalten" würden. Von
den „besten Diilitfiir tritt uns in der ersten Klasse zunäciist
E. T. Ivleist entgegen, det^spn Ode an die preussischo Armee nach
einigen vornn<:osrhirkten Fi-a^^m über den Charakter dor Ode in
der rrüt'ung am 17. Olitober 1785 gelesen wurde. ^Die meisten
lasen mit einer traurigen Stimme." Nur ein Zögling las „mit
der richtigen Tunsetzuiig" ^^). Aus der Prüf »mg vom 25. Oktober
1787 ^vird berichtet, dass ein Teil von Klopstocks Messias von
Schülera vorgelesen wurde. Die erste Klasse wird in den Proto-
' kollen über die Prüfungen, die vom Jahre 17S6 1793 statt-
gefunden haben, nur noch einmal erwShnt, nämlich in dem
Berichte Uber die Prüfung vom 6. Mai 1791, in der der Schfiler
Bbeinfarth eine toh ihm angefertigte Rede, «woriii er viele
historische Kenntnisse gezeigt hatte**, Torliest. Hit welchen Bich'
lern aber die Schiller noch bekannt gemacht wurden, kOnnen wir
indirekt aus den Werken schliessen, die die Lehrer beim Unter-
richt gebrauchten. Von Trapp wird mitgeteilt^), dass er sich
der Yor&bungen Sulzers bedient habe. In diesem lange Zeit
hindurch mit Recht beliebt gewesenen Werke, das in seinen 3
ersten Teilen Musterstllcke der Prosa und Poesie enthfilt, sind
von deutschen Dichtem vertreten: Bodmer, Claudius» v. Creuz,
Geliert, Gessner, Uagedorn, llaller, E. v. Kleist. Klopstock,
Lichtwer, Nicolai, Wieland. Auch Ramlers liatteux,^) der nebsA
Breitinger (Kritische Dichtkunst, Zürich 1740) zur Benutzung im
Unterrichte der schonen Wissenschaften (Wohlredeuheit) empfohlen
^) Jaspenon, Btwas Aber die deutschen LeMatundeo im Institut»
8. 60.".
^) Ncuendorf^ Nachricht von der gcgeuwürtigen Verfassuug, Dessau
1785, 8. 12.
>) Protokollbuch S. 72.
*) Pädagogische Unterhandl. 1778, S. 60C ff.
Einleitung in die schönon Wi^si nscli if! nn. Nach dorn Pranzö.sischen
des Herrn Batteux mit ZusäUeu vermehrt von C \V. Ramler. — Diese Zu-
•fttse haben sich von Auflage zu Auflage besonders dureb Belcgo ans
deutschen Dichtem vermehrt.
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354 Mitteilungen d. Ges. f. deutache ErziehuugB- u. Schulgesch. VII.
wircP), und der vou Trapp beuiitzt worden ist. enthält Proben aus
deutschen Dichtern, die bei deu Eröneruugeii über die einzelnen
Dichtungsarten vorgelesen und besprochen wurden. Beim Idyll
handelt es sich hauptsSchlirh um Gfssner, dessen ^It i.alkas nebst
E. V. Kleists Irin s^chon 1775 von Du Toit, einem Lehrer iim i'iulau-
thropin, in dem Tlaue einer Erziiehungsanstalt^) als gute Lektüre
und geeignet für den Unterricht bezeichnet worden war. AuBBerdem
Verden einige Anonyme aufgeführt, die wohl Ramler zum Verfasser
haben. Für die epische und dramatische Dichtung fehlen Belege
aus der deutschen litteratur, dagegen sind bei der Fabel GeUert,
Gessner, Hagedon, Lichtwer; bei der Lyrik Gleim, Hagedorn,
Klopstock, Lange, Weisse; bei der Satyre Canitz, Haller,
Bamler und beim Epigranun Ewald, Gleim, Gdtz, Hagedom,
Lessing, Logau, Opitz, Wemike Tertreten, Wenn Spazier")
berichtet, dass er die ZOglinge des Philanthropins in der Rhetorik
und Poetik nach Eschenburg unterrichtet habe, so ist anzunehmen,
dass auch er seine Lehren an das Vorlesen und Besprechen dich-
terischer Produktionen anknüpfte, da Eschenburg ausdrücklich er-
klärt, dass mehr als alle Kegeln die Lesungen, Erklftrungen und
Anwendungen der beskn Cluster wirken*), ebenso wie es bei Schütz^)
der Fall war, dessen Werk Trapp 1778 seinem Unterrichte in der
') Basedow verlangt, das3 Ramlers Batteux stückweise erklärt werde
unter Lesuog einiger Epigramme und Fabeln, Lehrgedichte und Satyren,
Idyllen, Elegieii, Odeu, eines HeldengedichteB und einiger Dramen (Ble-
mentarwerk i. Bd.. zehntes Buch: das Nötigste der Gnunmatik und von der
Wohlredenheit, g. 261.
«) radagog. Unterhandle 12. btuck, 1778.
*) Carl Pilger, Roman seines Lebens, 8. Teil, Berlin 1796, B. 169.
*} Joach. Bsdienburg, Entwurf einer Theorie und Litteratur der
schönen Wissonschaften, Berlin u. Stettin, Friedr, Nicolai, 1788, Vorrodn.
Eschenbtirg |3rab später 1788 eine Beispieleammlung zur Theorie und Litte-
ratur der schönen Wissenschaften, Bd. 1—8, heraus (Berlin u. Stettin), die
aber Spazier, obwohl sie sieb in der Bibliothek des Philantliropins befand,
nicht mehr benutst haben kann, da er bereits 1184 Dessau verlassen hat.
*) Lehrbuch zur Bildung des Verstandes und des Geschmacks. Zum
Behufe des öffentlichen Schul- und Privatunterrichts verfase<^t vnn Christian
Gottfried SchttU. Erster Band, Halle 177ö. Zweiter Band, Halle 1778.
Schots wQnscht ausdraddich, dass niemals eine blos trockene Theorie an
die Stelle des lebendigen Studiums der erhabensten Denkmaler des Ver-
standes und Witzes gesetzt werde. Ausser den oben bei Sulzer und
Ramler erwnhnten Dichtern treten bei Schütz noch auf: Blum, Bürger,
Cramer, Funk, Uoethe (Werther;, Gotter, Schiebeier, Schlegel, Willamov.
Von Prosaikern sind Raphael Meng» und Wlnkolmum mit Auazttgen ans
Ihren Schriften beracksiehtigl.
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27. Deutsche Sprache und Lttteratur am Philanthropiti In Dessau etc. 355
ersten Klasse des Philantropius in der Bildung des Geschmackes
und des deutschen Stiles zu Grunde legtet).
Trappt) giebt auch aa^ "wie die Antozen behandelt wurdeiL
Der Lehrer liest zunAchst ein poetisches oder prosaiaches Stüde lant
▼or und giebt es darauf einem Schüler, des es «naehmachen' muss;
Gedanken, Wendungen und Ausdracke des Autors werden beurteilt,
seine Abeicht aufgesucht, sein Plan vorgelegt und gezeigt, ^e die
Gedanken hieraus entstehen, wie einer den andern erzeugt, wie sie
unter sich mit dem Ganzen zusammenhangen. — Auch das Aus-
wendiglernen schöner Stellen wird empfohlen, doch dflife der
Zögling nur das lernen, was er yöUig yerstehe und selir gut ge-
lesen habe. Diese Methode Trappe deckt sich mit den Vorschlagen,
die Sulzer in dem allein zum Gebrauche der Lehrer geschriehenea
4. Teile seines Werkes (Von dem Zwecke und dem Gebrauch
dieses Buches) ausgesprochen hat. und die heulagen Tages noch be-
folgt zu werden verdienen.
An die LektUre und Erläuterungen der Prosaiker und
Dichter schloss sich, wie Jasperson^) mitteilt, in der obersten
Klasse eine kurzo Uebersicht der deutsch eu Litteratur nebst
Erörterungen cinii^er allgem eine r Grund sä tze der schonen
Wissenschaften; letztere alh'idings nur mit Scliülern. die sich
filr die Universität vorbereiteten'). in dem Ötuudeniilanr dos
Philanthropins, der vom Januar bis Johannis 1778 befolgt wonJen
ist, find für die 1. und 2. Klasse der gnisseren Pensionisten
wochenlUch 3 Stunden zur Bildimg des (Jescliniacke.^ und des
deutschen Stiles bestimmt. Für die 1. Kla-sse der kleineren l'hi-
lanthropinisten sind 6 Stunden wöchentlich für Leseübuniren ange-
setzt; die 2. Klasse der kleincrcü rhilauthropinisteu hat iu wöchent-
lich ü Stunden Rechtschreibung und freie Stunde zum Umgange ab-
wechselDd mit der 1. Klasse, ausserdem 6 Stunden Ucbuugeu im
Lesen lehrreidier Bficher. Für die Klasse der Famulanten sind
6 Stunden wOcbentiich für Hebungen im Stil und in der Secht-
echreibung angesetzt.
In dem Lehrplane für die Zeit von Johannis 1778 bis Ostern
1779 sind für Trapps «philosophische und poetische Lektionen, auch
StilUbangen in deutscher und lateinischer Sprache" 12 Stunden in
der Wodie bestimmt. Für die damals existterende kaufinftnnische
^) Padagog. Unterhandlungen, 1778, 8. 625.
^) PüUagog. Unterhandlungen, 177b, S. 6Ü5i.
^ Etwas über die deutBcben LeseBtunden iip Institut, 8. 605.
*) Nenendorf, Naehrieht, 8. 12.
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356 Mitteilungen d. Ges. f. deutacho Erxiehungi- u. Scliulgeadi. VIL
Klasse fanden tftglich tod 9 — 11 Ubr, also 12 Stunden wöchentlich,
kaufinftmiisGbe Lektionen statt, die in der Hauptsache in schrift-
lichen Arbeiten bestanden. Die 3 Klassen der kleineren Philan-
thropinisten haben wöchentlich je 6 ^Leseatunden'*. Die Famulanten
haben täglich von 9 — 11 Uhr Uebungen in schriftlichen Arbeiten
und im Rechnen.
Von OBtern 1779 bis Ostern 1780 bestehen drei deutsche
Klassen, auf die wöchentlich je 6 Stunden entfielen. In dem
Studionplane Neuendorfs wird mitgeteilt, dass 4 deutsche Klassen
best.tndrii haben, von denen die 4. wöchentlich 8, die 3* 6 und
die beiden oberen je 4 Stunden hatten.
Als Lehrer ftir den deutschen Unterricht werden genannt:
Andreae, Basedow, Honiiann. .Talm. Ja.-)U'rson. Kolbe. Lippoldt,
^lochel, Peters, Richter, Sander, Scüüts, Sciiuke, Spazier, Trapp,
Vogel.
Wer dor vor sLehenden Darstellung mit ;\iil'rnei ksaiukeit getWI-^t
und in der Or?.tlii( hte des deutschen Erziehunga- und ünterHuiiKs-
wcsrns nicht uabewaiidcrt ist. wird zugestehen, dass niemals vor-
her weder theoretisch noch piakrisch mit solchem ^Saclid! iirk die
Einführung des Unterrichts in deutscher Sprache und Lilteraliir in
den Lchiplun einer höheren Leliraustalt gefordert und aufgenoniincu
worden ist. Und wenn Ba.sedow und Trapp auch weiter nichts
gtiban hätten, als ihre theoretischen Forderungen fUr den
detttseben Unterricht aufeusteUen, so ^rOiden sie sidi doch wenigstens
ein Verdienst um die Entwickelung des Systems der Pädagogik er-
worben haben, es sei denn, dass man systematische EriJrterungen
ohne ihre Umsetzung in die Praxis für akademische Betrachtungen
ohne Weit erachte, ein Standpunkt der Beurteilung, durch den
mancher berühmte pädagogische Sjstematiker aus den Tabellen der
Geschichte der Ersiehung und des Unterrichts beseitigt werden
mOsste. Wenn mehrfach und auch von Spazier, einem Lehrer des
Philanthropins, der ein sehr UDgOnstiges Urteil über das Institut
gefällt hat, behauptet worden ist, dass es nur zwei lobenswerte
Dinge am Philanthropin gegeben habe, n&mlich den Beligions-
unterricht und die kör|»crliche Ei7.i*^hung, so wird nun wohl
niemandem zweifelhaft sein, dass auch der Unterricht in der deutschen
Sprache und Litteratur nicht allzu fern von jenen „lobenswerten
Dingen" stehen dürfte, und Pinloche, der im übrigen sich dem Ur-
teile Spazier.s anschliesst. hat ganz recht, wenn er erklärt, es sei
lohf>iid nTizuorbniuen. dass die Philunthropinisten die Notwendigkeit
nachgewiesen hätten, «in die Erzieh uagBprogramme eine Menge in
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27. Uouuchc Sprache und Littorutur am rhilaiithropiit iii Dessau etc. 357
der That niitzliclicr Diiiiro aiif/Muehiiien. welcii»'ii «lir sclii.ilusti.sche
PadajTügik die Auliialiiiie veiweij^ert habe", und wenn er iu erster
Linie zu dieam niit/.liclieii Diniron das Studium der Muttei-s) »räche
rechnet. Nitiualö vdilit r und noch lange nachher sind in hrdieren
Schulfü jsu, wie im rhilanüirupiii, die deutschen Lehrstunden als
die wichtigtt'ii, (l;ts Studium unserer besten vaterländiscUen Scliritt-
täteller als die Hauptsache bezeichnet wor<l»'n
Wenn in vielen Büchern tH>er ileii Philantliropiuismus l»is in
die neueste Zeit hinein immer und immer wit Ufi- betont wird, da.ss
(Vw Fbilantliropiuisten nur als Vertreter des N'ülzlirhktMisprin/jps
uü/.uselien seien, wonach der Zögling nur das zu wi^öeu brauche,
was er in seinem zukUulligeu praktischen Berufe nötig habe, so
beweisen doch Pläne und Ausführung. Theorie und Praxis des
deutschen Unterrichts am Philanthropin das Gegenteil. Wie hätte
sonst im Unterricht der ersten Abteilung, die für alle höbereu Be-
rufsarfeen mit Ausoalinie derer, die ein akademisches Studium er-
fordern, vorbereitete, Keuntnls der deutseben Litteratur und eine
EncN klopftdie oder kurze historiscbe Uebersicht der Wissenschaften
verlangt und dargeboten werden icönnen? Wie hatte in der zweiten
Abteilung die Theorie der schönen Wissenschaften nach den Werken
von Eschenburg, nach Ramlers Batteux, nach Schütz und Sulzer
getrieben werden kGnnen? Gewiss wird Spazier in vielen Dingen
recht haben, und es werden die Verhältnisse, die er schildert, vor
allem die Vielkdpfigkeit der Direktion, der Mangel an ineinander
eingreifenden Lehiplänen trotz wiederholter Versuche, hier Abhilfe
zu schaffen^), FeblgrilTe in der Wahl der Lehrer, der Mangel an
zweckmässigen Lebrbflchem (die indes im deutschen Unterrichte
nicht gefehlt haben) dem gedeihlichen Fortgange des Unterrichts
oftmals entgegen gewirkt haben. Doch will es mir scheinen, dass
hierdurch in erster Linie der Unlerriclil in den klassisciien Sprachen
gelitten hat; abn- nueh nielit zu allen Zeiten. Giebt doch Spazier
selbst zu, das8 in <ler letzten Zeit — er ist anfangs 1785 abge*
gangen — auch auf diesem Unlerrichtsgebiete zuweilen Besseres
geleistet wurde. Man darf nur die von Pinloehe nicht gekannten
Lehrberichtc <les Magisters Friedrich Willielm G(ilze-') \m
1780 — 81 nachlesen, um über gewi.sse. freilieh kurze Perioden des
Iiii>tituts aucil biusichÜLcb des altäiu'achüchen Unterrichts eine bcH^^ere
'l Neuendorf, Nuchricht. S. iM und 1.*
-j Vgl. U. Frttttke 1. c. ö. au- IS uud .Metzoid 1. c. S. 1U7.
Ü. Kranke 1. c. S. 181—201.
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«
358 Mitteiluugen d. Gcä. f. deuttjcike Erziehuuga- u. Schuigesch. Vil.
Meiiiuijg zu gewinnen. Es scheint mir iilx'rhaupt, dasj^ man ge-
wöhnlich das Philanthropiu zu sehr in Bausch und liogen beurteilt
und nicht bea<htet, dass es zu verschiedeutu Zeiten ein vei-schie-
denes gewesen ist. Hätte der deutsche Unterricht niclUi» geuugt,
80 vOrde Spaaier sicher keine ScbOler gefunden haben, die seinem
Unteiricbte in der Tbeorie der Dichtkunst und Beredsamkeit nach
EBchenburg hätten folgen können? WUrde sich in seinen unent»
geltlichen Privatstunden, in denen er allgemeine Encyklopftdie nach
Sulser lehrte, alsdann eine «auserlesene* ZaU von Zöglingen einge-
funden haben, von denen er selbst sagt, dass sie seine ausser-
ordentliche Mtthe reichlich durch Fleiss und Liebe belohnten?
Wenn von den ftigsten Feinden der philanthropinistischen
Bestrebungen, den Vertretern des Homanismus, Jahrsehnte hindurch
in oft weitschweifigen Aufsätzen und Bttchem die härtesten An-
schuldigungen gegen das Philanthropin erhoben worden sind, so
Icann man nur bedauern, dass diese Gegner nicht Zeit gefunden
liaben, das zu prüfen, was die Fhilanthropinisten für den Unter-
richt in deutscher Sprache und Litteratur theoretisch und praktisch
Gutes gewirkt haben. Es hätten dann sicher so beschämende Zu-
stände nicht eintreten können, wie im Anfange dieses Jahrhunderts
in Schulpforta, einer Anstalt, die lange Zeit hindurch als das
Prototyp eines Gymnasiums, dessen Einrichtungen weithin nach-
geahmt wurden, galt. Nicht nur. dass deutsche Litteratur im Lelir*
plane dieser Anstalt nicht aufgenommen war. man tadelte und Ter-
bot sogar die Privatbesctiäftigung d»'r Schüler mit den deutschen
Khussikern. wie denn auch zu joner Zeit der berühmte Rektor der
Schule und hervorragende Vertn-ler der klassischen Philologie,
Dlgen, entsetzt War. als man 1817 die im Phiianthropin so beliebt
gewesenen und allgemein gerühmten Leibesübungen auch in Schul-
pforta einführte und die Itegierung aus Berlin ihm tür den Turn-
unterricht ein S])ringpferd schickte, das er nach <Ier Meinung des
ebenfalls berühmten I'hilologon ({ottfried Hermann nicht hätte an-
nehmen dürfen, da der T'nktor einer litterärischen Schule nicht auch
Stallm<'ister cinfs höl/mi- n Pferd»'s soin Könne WfMin Ausbil-
dnn«r der Köi|H'rkiriftr und KrziehiiiiL,' m uationalf in Itcnkrü und
Fühlen das Kennzeit lit-n des (lyinii.isiums <lci- ( ii iei lien j^ewt.'isen
war, so ist dm Philauthropiu durch sciue l'tlügc nationaler Littera-
K. Euler. iSchulpluria ^ Voseiache Zeitung ls'.»a, Nr. 21) und
K. Kohrbach, Jahresborichto f. ueuore deutacho Litteratur, Bd. 4, Abteilung
1, 6, Nr. 186.
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27. DeuUche iSprache und Litteratur am Philanthropin in Dessau etc. 3ö9
tur und seine Ptlej^e der Leil>ei5Übuugen dem ürt}'i)us des Hym-
nasiums näher gekomnieu, als jene Anstalten, die mit den griechischen
weiter niclits als den Kamen gemeinsam hatten und die wohl auch
bei der Abfassung ihror Lehrpläne das klassi^^cho Altertum nicht
im perikk'ischen. soudeni im grainmalistisclien Zeitalter der
Alexandriner zu finden glaubten.
Den Philanthropinisten aber sei ihr Wollen und Wirken für
die Einftihi-ung deutscher Sprache und Litteratw in den ünter^
richtsplan der höheren Schulen uu vergessen!
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ii60 Mitteilungen d. Ges. £ deutsche Erzieliungs- u. Schulgeach. Vil.
26.
Johannes Toltz,
ein Schii]lehrer und Prediger der KeforiiiationsKeit.
Von Ford. Cohm, Paator prim. in Bschershausen.
Unser Johannes Toltz ist vielfach mit anderen Mftnnern,
namentUch mit dem Wittenbeiger Domherrn Johannes Dolsch oder
Doltz verwechselt. Schon dadurdi wird, abgesehen von Tolts*
Utteranscher und pädagogischer Bedeutung, ein kurzes Lebensbild
von ihm gerechtfertigt.^)
Der Irrtum, dass Toltz mit dem Wittenberger Domherrn
identisch wäre, öiheint durch V. L. v. Seclcendorf (Gomment.
hißt, et apoiog. de Liithcranismo: ed. U L\\iH. 1694) aufgekommen
zu sein. Obwohl er S. 27f;a lit riclitet hat. dass Doltz 1523 soliou
gestorben war. legt er ihm doch iu seinen Scholia ad Ind. I,
Ko. XXI den 1526 (ä. schreibt wohl irrtümlich 152Ö) erHchienenen
Toltz »chen Sermon «Von den zweyen Schwestern ..." (Jio. V)^
bei, den er als posthum gedacht haben mag, wenn ihm der von
ihm vertretene Widerspruch klar 'geworden ist .1, C. Olearius,
der 1724 (Arnstadii) Toltz' Sermon .vber das Christliclie lol>gesang
Ein kindeleyn so lobiglich . . . (No. IIU) neu herausgab (vgl.
Herrn Professor D. Kawerau, der durch seine eingehenden,
unten mehrfach benutstteu Mitteilungen meine Vermutungr, dass Toltx
weder mit Bolsch noch mit Bernhardi etwas zu thun habe, mir /m (><>wi9a-
heit orhoh, safre ich für stnup f^ütif^f T'nteratützung' meinen horzlirhsffn
Donk. Ausserdem danke icli «l'-n Herren Pa.sfor D. Buchwjild in Leipzig,
Pfarrer D. Enders in Oberrad, l^rofcssor Dr. Erler in Königsberg, Pastor
Kaiser in Reiehenhach, Oberlehrer Dr. Kttck in Rostock, Fnstor Nicolai
in Geilsdorf, Oberlehrer Dr. Stntzner in Zwickau, sowie den Verwaltungen
.nllfM- im bibliopTnphischrii Vr'r7»'!ichnis genannten Bibliotheken herzlicbet
für ihre g-ütif^en .Mitteilungen und Iiemf)hiingen.
^) Die den Titeln in Kluuimeru iiinxugei (igten Mummorn verweisen
auf das 8. S78 abgedruckte „Verzeichnis von Tolts' Schriften."
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28. Joliauiies Toltz, eiu Schulltibrer u. Prediger iler Reioruiatiuuszeit. 361
die Kezeiibiou in Fortges. SaDimlmi^' v. Alten u. Neurn Tlieol.
Sachen. Leipz. 1724. S. 1069 tl.). und Greg. Lauge mack,
der Toliz Ilundbüchlein (No. 1) in seiner llistoria eatechetica II
(Oreifsw. und Strals. 1733. S. 457 tt'.) erwähnt, halten auch beide
den Domherrn für den Verfasser der von ihnen bespfochenen
Schriften.
Der Brief Luthers an Spalatiii (Aiilang 1524), in dem er
diesen gewinnen will, gleich ilau einige Psalmen zu Gemeinde-
gesängen umzudichten, und ihm schreibt, dass er auch Joh. Dölzig,
den kurfürstlichen Rat und Marschall, um das Gleiche gebeten habe
(Endera, E. L., Dr. M. Luthers ßriefw. IV. S. 273), giebt
B. Q. Schöber Veranlassung, sich in seinem „Beytrag zur Lieder-
Historie*' (Leipz. 1759. S. 29) mit der uns interessierenden Pei^
sonenfrage zu beschäftigen. Er yermutet, dass Luther mit Joh.
Bolzig den Bomberm Doltz gemeint habe, wird von J. B. Biederer,
der in seiner , Abhandlung von EUofQhrung des teutsohen Qesangs
in die ev. luth. Kirche* (NUmb. 1759. S. 101 ff.) auf Seclcendorfs
Nachricht hinweist, dass der Bomherr schon 1523 gestorben sei,
allerdings eines besseren belehrt, bleibt aber in seinem »Zweyten
Beytrag zur Liedei^Uistorie'' (Leipz. 1760. S. 21 ff.) bei seiner
Behauptung und ftthrt nun zum Beweise, dass der Bomherr selbst
1528 noch gelebt habe, die Joh. Toltz*schen Schriften in ziemlicher
Vollständigkeit an. In seinem «Beytrag zu den Beformations-
urlninden'* (Altdorf 1762. S. 19 iL) kommt Biederer auf die
Frage noch einmal zurück und beweist, dass der Domherr und der
Verfasser der von Srhöher frcnnnntcn Sermone u. dgl. verschiedene
Personen seien. Trotzdem sind sie auch später noch verwechselt,
so nn< !i neuerdings in dem Artikel „Joh. Toltz* in der AUg.
Deutschen Biographie, Bd. 38. S. 430 f.
Eine zveite Verwechslung Toltz' mit Joh. Ik»rnhardi aus
Feldkirch Gndet sich in Luthers Briefwechsel von Enders'). Im
Jahre 1520 erschienen zwei Verteidigungsschriften für Luther, eine
gegen den Augustiner Alveld. deren Verfasser sich Johannes \'elt-
kirch nennt, und eine gegen die Löwener und Kölner Theohjgen,
die Joh. Doelsch Veltkirciieiisis geschrieljen hatte. Verfas.ser der
ersteren Schrift ist der Profes.sor Joh, Bernhardi aus Feldkirch
(Corp. Bef. I. S. 165 ff. 201) ; indem Enders (a. a. O. XL S. 399.
M Nach ihm wohl in ßut hsvuid, G. Zur Wittenborgcr Stadt- und
Universitüts-üeschichte in der Uetormation.szeit. Leipzig 1893. S. 102.
Anm. 1.
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362 Mitteilungen d. Ge& £. deutsche Erziehungs- u. bchulgesch. VII.
No. 302. Aniii. 10) ihm luiii ;in< h die kiztere. von dem Domherrn
(Knaake in lAithors Werkfu. Wriiu. Ausg. VIT. S. 171) vorfasste
Schrift beilegt, vermutet er auH ihrem Titel düss lU'inh;ir(li auch
Doelsch geheifisen. und meint in ihm den zweiten, von dem Dom-
herrn zu uüierscheidenden Doltz gefunden zu liaben, der jenen
üherlobfe (Endei-s a. a, O. III. S. 129. iSo. 42G. Aum.8; IV, S. 187.
Nu. 684. Auju. 6.)
Die Verwirrung löst sieb auf folgende Weise. Wir haben
zu unterscheiden:
1. Den Domherrn: Johannes Piliatori.s Dolseh (Dülscii, Dölsth,
Doltz) de Veitkirch — auch kurzweg Feldkirch genannt: immatri-
kuliert in W'ittenberg J504 (Foerstemann, C. E. Album acad.
Vitebergensis. Lips. 1841. S. 13): Raccalaureus 1504, M tirtJ^ter
1506. recoptus in senatum artisticum 1509 (Kes^tlin, Jul. Die
l*accalaurei u. Mag. d. Witt, philo.«^. Fakult. Halle 1887 t\\ 1.
S. 4; 23; 28); admipf^n«? ad bililiani 15Ü9. Imld darauf Canonicus.
später Custos an der Seiiiosskirclit'. Seiitentiariiis IT)!!, Bacc. for-
matus. ad leeluram libr. III et IUI Smt. Lonib. admissus 1512
(Foerstemann. C. E. Lüht Deeaiioruin Factilt. Throloi^icae Acad.
Viteb. Lips. 1838. S. 5: 10: 12): W. Ö. 1616 lieklor der Uuiver-
sität lAlt.. S. 03); Lic. iheol. 1517 (Dec. S. 21): Dekan der
philos(.}>h. Fakultät 1520 (Ba( u. M. II. S. 9 u. 24): Doetor
theol. 23. Juli 1521, aufgenonimeu in dl»' theol. Fakultät und
theol. Dekan 1521/22 (Dec. S. 25 f.). Er ist aiituii;;.s für Lullier
{Enders a. a. 0. I. S. 188) und schreibt gegen die Löwener und
Kolner Theologen (s. d. Titel i. d. Weini. Ausg. a. a. 0.); später
ist er gegen die Umgestaltung des Qottesdienstea in der Schloss-
kirche (Seckendorf. Comm. L § 130. Add. I. d. £ndei8 a. a. 0.
IV. Ho. 684 Z. 21 ff.); er liest 1522/23 noch Uber Lukas (Spala-
tins Annalen b. Biederer, Beytr. s. d. Ref. Urk. S. 21; Kawerau,0.
Der Briefw. d. Just. Jonas. HaUe 1884. S. 85. Anm. 1) und
stirbt am 29. Juli 1523 (Enders IV. S. 187). Disputationen von
ihm sind in der Fortges. Sammlung. 1706. S. 147 f.
2. Den Wittenberger Professor .lohauues IJtinliardi aus Feld-
kirch, ebeiit'all» kui/.weg Feldkiich oder Velcurio genannt (so Corp.
Ref. I. S. 884). Bruder des Bartholomäus Bernhardi. des Proi)Stes
von Remberg, und Schüler Melanchtiions, (Corp. lief. I. S. 201;
Enders 1. S. 58. No.22. Anm. 3). Er ist immatrikuliert S.-S. 1512
als Johannes Bemhart (Alb. S. 42; das de Veitkirch ist aus der
Vörden Reihe zu seinem Kamen zu ziehen); Baccalaureus 1515,
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28. Johaaneä Toltz, ein Schullehrer u. Prediger der Reforumtionszcit. 363
Magister 1519. ad facultatem recpptiis 152u (Hacr. u. Mag. I. S. 16;
II. S. 17 u. '24: v('I'.ü;1. llartfeider, Karl. Pliilipp Melanchlhon.
Mon. Genn. Paed. Vll. Berlin 1889. S. 509); er bchreibt gegen
Alveld (W t'iin. Ausg. VI, S. 280; so schon Riederer in Beytr. z.
Ref. Urk. S. 22): er ist der Verfass« r einer Pliysik (Bacc. u. M.
1. S. 10^) und Herausgeber von Knismus" De du])lici fopia verboruni
(Corp. »Ref. II. 8. 784: Hartfelder a. a. O. S. 27 ft./: 1530 ist er
Kektor (Alb. S. 13ö); Ib'ä'A liest er noch den Quintilian (Buchwald,
Zur Wittenb. Stadt- u. Ua.-Ge8ch. S. 102); 1534 ist er schon tot
(Corp. Ref. a, a. 0.)-
S. Johannes Tolts, aus Plauen i V. gebfirtig.
Er ist im W.^. 1511 unter dem Rektorat des Professors der
Theol. M. Paulus Sebiller« der auch aus Plauen stammte, auf der
Leipziger UnlTersitftt immatrUcnliert'); er wird also etwa 1495
geboren sein. Am 14. September 1615 unter dem Rektorat des
Godehard LQderl aus Halle a. S., unter dem Dekanat des Johannes
Rogge aus Braunschweig bestand er als 288ter Ton 64 Examinanden
das Bakkalaureatsexamen und wurde bald danach promoTlert*).
Er determinierte unter dem Magister Johannes Koel aus Leipzig,
den er sich nach der Vorschrift unter den Magistern der Meissener
Kation ausgewählt hatte. Arm kann er nicht gewesen sein, denn
die Oebtthr fttr die Promotion ist ihm weder erlassen noch gestun-
det Magister ist er in Leipzig nicht geworden; sein Name findet
sich in der Leipziger Matrikel nicht weiter. Ueberhaupt ist es mir
nicht gelungen, für die folgenden Jahre bis 1526*) bczw. Anfang
1529, wo uns Tolts als Schulmeister in Plauen i. V. begegnet,
') Nach Bacc. u. Mag. II. S. 17. Anm. 1. ,D. Medio. I'hysic. Cycuaeua*
Bcheint er seitweise in Zwidum gewesen m. sein.
3) Erler. Georg. Die Matrikel der UniveFsitat Leipzig. I. Leips.
iso:,. S. .-,14; „Johannes Töltz de Plawon. G yr. dt. tohim Hallmsi-. Der
Zusatz l)fdeutet, dass T oist bei seiner Meldung zum BakkulauitMts-
examen »eine gauzo iminairikulationsgebUhr dem damaligen Kolctor ent-
richtet hat
*) a. a. 0. Ii 6. 485. »Joannee Toiti de Flawen*.
*) Dass er schon 1526 Schulmeister in Plauen gewesen sei, bemerkt
Buchwald im Archiv fOr Gesch. d. dtsch. Buclihandcl.^. XVI. S. 49 (No. S8,
Anm. 1, in der es tlbrigens statt 1529 heisseu muss löüb). Auf meiae Au-
frage^ woher er die Notiz habe, konnte B. mir leider keine bestimmte
Anslcunft geben, vermutet aber aus dem Rothschen Briefwechsel auf der
Zwiclcuuer Ratsschulbibliothek, — Kiederei- t !'' ytrai,- zu den Reformations-
urkiindpn. S. H"- meint irjrondwo ;;o|csen /.u haben. Toltz sei auch in Lief-
land gtiwesen. Wenn das nicht ein Irrtum ist, so mag es in dou Jahren
gleich nach seinem Studium gewesen sein.
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364 Mitteiluiigeu d. Ges. t. deutsche Erziehujogs- u. Schulgesch. VII.
urkundliche Naclirichteii ili>t [- ihn aufzufinden. Viell<'irht hat er
von T.eipzlg aus sich noch /.um Studium imeli Wittenberg bci^i'beu i):
eiü Brief MelanchthonH «n ihn aus drin .lahre 1554 (Corp. l>'.ef.
IX. S. 914) läpst fiiif tili*' Rfküiiiitsrhufl zwischen beiden Mauuern
schliessen. aluT ja juuli aus spiiierer Zeit — vielleicht aus den
Tagen, wo Tuilz zum Zweck seiner Ordination sich in Wittenberg
aufliielt (s. u. S. 37.'>) — .^Uunmen kann, ja iiiöglicherweise nur
durch Toltz' Sohn-) veranlasst ist. Mit zit'uilicli< r Sicherheit dürfen
wir indes vermuten, dass Toltz schon vor 1526 in seiner Vater-
stadt sich uiedergelasseu und sich dort verheiratet hat. Sein eben
erwähnter Sohn, Augustinus Bochz [!J Plawensis, -wird sehon im
W.-S. 1638/39 in Wittenberg immatrikuliert (Alb. S. 174), nuias
also doch schon am 1522 und zwar in Plauen geboren sein^.
Ob nun Toltz gleich Ton Anfang an als Schulmeister in Plauen
gewirkt hat, ist zweifelhaft. Jedenfalls ist sein «handbuchlyn für
iuiige Christen" (No. I), das er schon in der Adventszeit 1525
nach Wittenberg sendet^), um es dort approbieren und drucken zu
lassen, nach seinen eigenen Worten^) ein Schulbuch und wird, wie
andere von Toltz verfasste Schulbttcher^), aus der Arbeit der
Schule hervorgegangen sein. Neben seinem Schulamt hat Toltz
aber oifenbar — wenigstens von 1526 an — in Irgend einer Weise
ein Predtgtamt versehen^). DafQr sprechen mehrere Sermone, die
>) Dasa wir Joh. T. im Album nicht fiuden, braucht, weil «s nicht
absolut vollständig ist, nichts dagegen zu beweisen.
*) Gorade im Jalire 1554 war Aug. Tolts wieder in Wittenberg ge-
wesen (8. u. S. 377).
') „Plawenais" ^^»'ht doch wohl auf den Geburt siu t Auf den dama-
ligen Wohnort des Vaters kann es nicht bezogen weriien. du Joh. Toltz
damals hOehst wahrscheinlich Pfarrer in Burkstein, jedenfliUs nicht in
Plauen war.
*) Vgl. die VoiTcde il. Hiu hor; von I5iigenhagen.
In der Vorrode zur Uaterweiäuug junger Christen ,ynn dreien
heuptstuckeu" (No. XI).
•) No. xn— XV.
') Wenn T., wie wir angenommen haben, wirklieh in «Ueser Zeit in
Plauen gelobt hat, scheint or allerdings nicht offiilell oin Predigtamt be-
kleidet zu haben; sonst wJlre er wnhl in dem Vlait.-Protokoll v. V>'29. wo
auch mehrere Vikare aufgeführt sind {». Mitteilungen d. Altcrtumsvereins
sn Planen l V. VI. 1887. Kommissionsverl v. P. E. Neupert 8. XIV), in
irgend einer Weise mit erwähnt Aber vielleicht hat er in dieser Zeit des
roborgangß. wo es an geeigneten Predigern fehlte, nur mehrfach au >::(•-
holfen wolil besonders in Festzeiten (s. die \Veihnarht«?{)redigt: No. IUI.
die Piii*sioiJäj>rodigt: No. X. 1. Teil, die üslorpredigten: No. VI und Vil,
die Predigt z. liimmclf. Mariä: No. Vj — ; ist vielleicht auch für Nik.
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2b. Johannes Toltz^ ein Schuliehrer u. Frediger der Keformaüouäzeit. 365
er in diu Jalneii 1526 und 1527 herausgab und grössti^ntoils bei
Michael Dluiii iu Leii»zi}j;, den er wohl noch von seiner Studien-
zeit her kannte, teils auch iu dem ihm noch näher gelegenen
Zwickau drucken liess; dafür sprechen auch seine Tropi bibiiaci
(1. Teil: 1526 — No. II u. IIa: 2. Teil: 1528 — No. III), ein
IIQfsbuch namentlich für Predip:er'). um iii dit- liedo weise der Bibel
einzufühlen. Das Buch hat fiiie Zeit lang otleubar Aiikluiig pe-
tuüdeji-), aber die eigene Arbeit Toltz' daran beschränkt sich im
wesentlichen auf die Idee, auf die ihn wohl Luthere Vorrede zum
.Psalter deutsch nach Art hebr. Sprache^ (1524. Erl, Ausg. 37,
S. 104 ff.) gebracht hat, einsAlne ^ und nieht nur hüdliehe —
AusdrQcke der Bibel herauBzugreifen, als Stichworte hinsustelleD
und zu erklären; die ErkU&ruDgen selbst bat er zum grössten Teil
wörtlich aus Luthers Schriften entlehnt Namentlich lisst sich
das bei den umfangreicheren Erldftrungen des 2. Teila der Tropi
nachweisen, wfthrend für die durchweg kürzeren und weit zahl-
reicheren Abschnitte des 1. Teils die Vorlagen nicht so leicht
aufzufinden sind^. Infolge des 1. Teils der Tropi seheint Toltas
Ilgener eingetreten, von dem ob in gen. ProtokuU heisst: .predigt nicht".
M<^lleher Weise hat er auch einige Jahre in der Nahe Plauens ein Pfiufr-
amt bekleidet. Die Vorrede sur weit Abhandl. in No. X, in der er seinen
— leider ungonunuten — Putron anredet, so duss m&n an eine Patronats*
pfftrre denken könnte, braucht dafür iilU nUn^r!* nicht beweisend zu spin.
denn die Scijule in Plauen stand in einem .\bhnngigkeit8vorh.'Utnia zum
deutschen Orden, dessen Komtur iu PI., damalü Georg EuUier, wohl von
T. als sein Patron bezeichnet werden konnte. (Vergl. Uitt d. Alt. Ver. su
PL 1880. & 86.) JedenfoUs wird man . ino Predigtthatigkeit Toltz an
nehmpn müssen, solange man die betrotlVndr' S^rnioiif nicht ils einfach
enüehut nachweist. Duss T. sie. die den Eindruck wiiklich gehaltener
Predigten machen, nur für den Druck geschrieben haben sollte, ist mir
unwaiirschelnllch. Die Tropi bibl. allein brauchten allerdings, sumal sie
grösstenteils Kompilation sind, nichts zu beweisen.
') Siehe den Titpl rlcs 2. T.üh; No. III.
') Ks ist von Harth. We.Ht heimer in seinen Tropi insigniorc?' V. nt
N. Test. (Basel, 1527), iu deren Vurrede er T. e. virum celebri nomine
nennt, benutzt und vermehrt (Unschuld. Nachrichten 1716. 8. 25 f.).
Im 1. Teil sind nachweisbar benutzt in den Abschnitten: Gerieht
und Gerechtiglceit; Wahrheit: Angesicht — Der Psalter deutsch nach Art
hebr. Spnu-he. a. a. O. H". 109. UTI: in den Abschnitten: Wie man die
Schrift geistlich auslegen soll^ Wie gar oiues einföU. Sinnes die Schrift
Ist ; Von Buchstaben und Geist lehren — Luthers «Auf das ttberchrlstl.,
flbergelstl. u. QberkUnstl. Buch Bock Brosers zu Leipzig Antwort'. Brl.
Ausg. 21. '2."iS f. L'itL', 271; in dorn Abschn.: Der Friede sei mit euch —
Die Ain'nsrving des 'S'. Psalms v. l'rJl n. a O, :v.}^. vi ri;!. ICi'istlin,
Martin Luliier 1. 4. Aufl. S. 4M); in den ÄbsciiiuLif n. Dit* eiserne Kut;
MilluiluDgea d. Ufa. f. UeuUebo Krzivh,- u. .Scliulgc.S':liicnu.'. Vü 4 issöT.
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366 Mitteilungen d. lies. f. deutsche ErBiehongs- u. S^chulgesch. VII.
AngrittV wegen seines JBücherschreibens erfahren zu haben, cje^jen
«liü er in der Vorrede zum 2. Teil sich ernstlich verwahrt
und als deren Grund er ^eid und Abgunst meint erkannt
zu haben.
Von 1S39 an bis Weiimaehten 1636 >) linden vir Toltz
zweifeilos als Sohulmeistor in Plauen. Einige Nachrichten Qber
ibn geben uns die Visitationsprotokolle von 1529 und 1583. Bei
der Visitation am 4. Mftrz 1520 wird sein und des Kantors Qehalt
festgesetzt; er erh< 40 Gulden bar und 6 Klafter HoK jedenfalls
mehr» als ein Kaplan (lütteil. d. Altertnmsver. in PL VI.
S. XXVII f.); bei der Visitation am 4. April 1583 hat man «Rede
mit ilmi gehabt*« und er ist «gescbiclct befünden* (a. a. O.
S. LVI); aucb wird ihm ein lang gehegter Wunsch erfOUt« den er
schon 1529 ausgesprochen; er bekömmt jetzt neben dem Kantor
noch einen Lokaten zur Hilfe. Wichtiger, als diese Nachrichten,
ist der zweifellos von Toltz verfasste Lektionsplan der Planener
Schule V, 1529, der uns bei den Visitationsakten im Grossheizogl.
Gesamtarchiv in Weimar erhalten ist, un<l den ich hier aus den
Mittrillingen des Altert ums verein« zu Pliiuen i. V. 1880. 8. 39
abdrucke, weil diese Mitteilungen nicht leicht zu beschaffen sind:
Cathaloj^us lectionum scholae.
Primc r1a!«(iis pueris prelegitur [!j elementa latina una cum vucabulis
rerum a prandio.
Sccunde classis pucris Douatus oiitc prandiuro, Catouis sententiae a
praadlo,
Teriie classis est etbimolo^a Pbilippi Melancbthonis ante prandiam»
a prandio autem fabelte Esopi, qui e altemis repetitar.
Opfer der Gorerhtig'keit; Sohn Onttps küssen — Oporatinnos in I'-^almoH.
Op. ex. 1(J, 7a, 107 ff. b6. Namentlich aus den Uperatioaes scheinen aber
noch weit mehr ErklanmgeD entlehnt zu sein. — hm 2. Teil aind benutzt
in den Abschnitten: «Sehers Gesieht" bis „Speer, Pfeil" Luthers Auslegung
d. Proph. Habakuk. Erl. Ausg. 42, 18 f. lü. :?0. :V2 t 89, 7«. 78. s4. 86. 99.
!n;i: in den Abschnitten: „Meer" bis „Brot u. Wasser" Der Troph. .Jona
ausf^elegt a. a. ü. 41, ff. 365. 877 t. !J«7. 8i)4; in den Abschnitten:
»Der Gottlose" bis „Schatten" Die Auslegung der vier Trostpsaluien a. a.
O. 88. 379 ff., 892. 408 410. 414. 429. 488. 488. 447; In den Abschnitten:
«Licht» Flnsternuss* bis „Christus Zunamen' Die Epistel oder Propbecei
Jesaift. so man in dft ( in istnips^o liesot a. a. 0. lö Aufl.) S. 71 ff. Ts.
95. ;*7 ff. und in doii Al>scliiiiit(Mi : „Uewöchs" bis «t^u wahr der Herr lobet"
Eine Epistel aus dem l'rupiietcri .Tereniia a. a. 0. 41. 11)2 f. 20H ff. *>Ih. •
*) Noch der Plauener „Geui.-Kasten-Hechnung" v, l./J'j— lö4u, vergl,
MitteÜungon d. Alt-Vereins s. PI im. S. 41.
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28. Johannes Toitz, ein SchuUebrer u. Prediger der Reformationaseit 367
Qnürtt- flassis .syntaxis riusdt-in Pliilippi ante prandium, comedie
terentiaue a prandio, septimanis variatur.
Christianismi capita, decalogus, symbolum apostolicam et oratio do-
miaicadie Mercurii Bimplidasime onarrantur.
Miuioa singnlis diebus a prandio rocoUtnr. EYaogelium Matthei
ad preces veapertinaa et latine et germanice in ede sacra legitur.
logrediuntor ladmn literaritun mane Ideme hora quinta, cstate
scxtn, rlimittiintiir liiemo ortava, pstate vero nona, reTertontar sabinde
undecimu, denimn hora tcrtia doinos repetuut.
Porro ut ptieris sutistiat, nobis ad iiiodum opus esset collega tertio*
atqoi meuut est imlicare, vestrum constituere.
Schon MUlkr, der den von mir benutzten Abdruck besorgt
hat, hat a. a. O. S. 40 darauf hingewiesen, dass der Lektionsplau
zeige, .wie mau in den mittleren Städten die Forderuugeu des
Humanismus und der Reformatoren — [wie sie im sftchsisohen
Schulplan Melanehtbons von 1528 ausgesinochen waren] — (bat-
aftdilich verwirklichte*. Der sächsische Scbulplan hatte das
3 Elassen-System sd Grunde gelegt ; bei Toltz finden wir 4 Klassen.
Daraus ergeben sich von seibat einige Aenderungen, andere folgen
daraus, dass nur zwei Lehrer vorhanden sind. Letzteres ist wohl
der Grund dafOr, dass die erste — unterste — Klasse nur nach-
mittags beschilftigt wird. Sie lernt dann auch nur die Elementa
latina una cum vocabulis rerum — letzteres wie im sfichsisehen
Scbulplan (s. Erl. Ausg. 24, 66) — « wfthrend Donat und Gate, die
nach der Wittenberger Schulordnung von 1533 (FOrstemann, 0. E.
Neues Urkundenbach. Hamburg, 1842. S. 390 f. vergl. Heft 56
der Schrift, d. Ver. f. fief. Qesch. S. 55) Übrigens auch erst in
der zweiten Klasse traktiert werden, der folgenden Stufe reserviert
bleiben.
Die Fabeln Aesops und Terentius, die nach dem sächsischen
Schulplan beide sdion in der zweiten Klasse getrieben werden
sollen, von denen die Praxis im Wittenberger Plan von 1633 aber
auch Terenz der Oberstufe zugewiesen bat, werden nach Toltz:
Aesop in der dritten, Terenz in der vierten — obersten — Klasse
behandelt: und über Tereutius gehen Toltz' Anforderungen über-
haupt nicht hinaus. Auch Prosodia bat er bei seinen boschränktfu
Lehrverhältnissen gestrichpii: im übrigen bewahrt er di»' vdu
Melanchthou vorgeschriebene Folge : Et^mologia^) d. i. Formenlehre;
Öyntaxis.
') Nach MelanchthonH eigener Erklärung in seinor Grammatica
latina: id o^t propriota.s dictionis, docet enim discrimiua casuum in
dictonibus (^t'orp. Kef. XX. S. 240).
24*
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^8 mtteiliuigeii d. Gm. f. deutsche Endehiiiig»- u. Sdndgeacfa. vn.
Die von ihm benutaten Sehulbttdier bftt Toltz e. T. selbst
Torfasst oder doch ftlr seine Zwecke bearbeitet Letzteres gQt von
der Syntax Melanchthons, die er durch alleilei HUftnmittel dem
Vetstftndiiis der Anfänger, der «schverfUligen" Schüler, wie er
sagt, angepasst bat^). Er hat dem lateinischen Text vielfach die
deutsche Uebersetzung iiinzugelOgt, er bat die Verse, die als
Beispiele angeftlhrt werden, slcandiert, hat griechische Wörter
durch lateinische ersetzt*) und hat namentlich das ganze Buch in
Tabellenfonn herausgegeben, um durch diese Anordnung den Ueber*
blick zu erleichtem und dem GedSchtnis zur Hilfe zu kommen.
Von den recht zahlreichen Kürzungen abgesehen, ist der Text bei
Toltz 1. g. derselbe, wie bei Melaocbthon, und auch Einteilung und
Reihenfolge entsprechen sich im wesentlichen. Nur ist Toltz offen-
bar bestrebt, den Stoif in kleinere Abschnitte zu zerlegen. So
zerfallt das Nouuii b* i Toltz in 17 Abteilungen statt wie bei
Melanchtbon in 13; das Verbum in 9 statt in 4. Eine Terändert^
Anordnung zeigt dt r Abschnitt Syntaxis verborum cum obliquis»
dw bei Toltz in 22 Abteilungen zerf&Ut, indem zu ihm die verba
mercandi, die regulae teinporis, die mensurae et spatia und die
«rbium nomina, die bei Melanchtbon davon getrennt st<}hen, hinzu-
gerechnet werden. Beim Gerundium fügt Toltz die VerV)in(lun[r:
mihi le^endum est. die bei Melanchthon foblt. iils Appendix hiuzu
und über opus est bildet er ciiir cii^tMie KciTrl''). Die Lehre von
den Praepositiones , die Melanrhtlvtn in seiner Syntjixis (iherliiiupt.
nicht behandelt, für die er viehiiehr auf seine Ktyniulogia. d. h.
auf seine latein. Grammatik, vorweist, eigänzt Tolt/. aus dieser.
Das ist aulTallend. weil Melanchthons ( iranunatik nach dem SturideD-
plan doch auch iü Tulu" Schule gebrain hi wurde. P>enierkenswert,
weil die Belesenheit des Verfassers dadurch bewieaeu wird, sind
noch einige Hinweise auf die Ele;j;auüao Iniini sermonis des Laur.
Valla (vejgl. Hartfelder, Melanclilhun. S. 268), auf die T'araphrasis
des Erasmus (d. i. rai'aj)lirdi3is in clegantias Laur. Vullae ; erst
1529 erschienen, also damals noch ein neues Buch! vergl. Biblio-
8. den Titel unten No. XV.
*) So r:^<{9ciRe dnrch »ppositio; aueh bei Melanchthon in der Aus-
gabe V. 1589.
Dux et autor nobis opus
est. Germa. wir bedurffen.
Opus est huic tuu iudicio.
i. e. der bedarff.
Froiilc
vorn an
[ Horn, j
Opus A
fnr sich,
Tcrf?o
Exlgit
zurück,
AhL j
, binder sich
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28. JohamiM Tolts, ein SeliuUeluer n. Prediger der Reltonnationaseit. 869
theca Eiasmiai». Gand, 1898. S. 152) und auf Prisdaaus de
CoBBtruetione (Hartfelder, a. a. 0. S. 272). Um einen Einblick in
den Charakter dea Bucliea zu geben, drucke ich Beinen Anüutg
ab, den man mit Corp. Ref. XX. S. 488 f. Teigleicben mag:
Oratio. 2)ie übt.
Est integre sententiae expUcatio.
^«nnanica«, 3fl «ymr oolfommeit mcYititim, «in mifsbrfl^itg.
u e. XXk^ü aber ZÜgeH
0« Nealnet IParvnla prima.
8ubsUintiuam et
AdiectinniD
Nominale
Pronominale
Participialc
Nominale.
Amicns eertns in re in-
eerta ceniitar.
Eodt'in GtUL-re 1 Proiioiniiiak'.
Nnmero et casa { IntrafOttOnim deb^ qnls*
coberent.
Altera.
Interrogatiaum
et Rosponuuam.
InteTiogatiniim
Beddiiinnm
Gener«
Numero
AUqnando
etiam Caan
ipao
<Bennamce.€vn
Conueninnt yt
qnS mSnCfg stt&m.
Participiale.
NuUüä (\U änussils iblt
ämfcQs öpes.
Intcrro. Cuius senteutia
est?
Rt'sponsiuum. Ciceronis.
Die mihi DamrtA cUiQa
pßcüa an M6Ubei?
nOn, Tömm A^gOnls.
Relatinom
enm anter.
substantiuo
nccesse est
ßenere
Nomero
5ra0e liooertlen bas ifi
nuitt
iij.
fraget«
i3cid7cib ©nb
antwort gibt.
Antec.:
consentire, cMns ae- 1 Litteras accepi toaa.
quentirerborespondet, \ ^\g^:
Relatinum
Antecedens
2>eflb
bctg
Que mihi magno voluptati
fuemnt t. e. febr lÄfKg.
wortlcin.
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370 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziebungs- u. Schulgesch. VII.
Qunlissnnmsnb- 1 Casum
stajistiuum ad-
sciscit, a quo
mntnatar:
tuj.
ivt: Talis est
Ciuitas, qnales
Niiit piincipom
Genus
moree.
T.
Adsciscere
3ufüg«n,
(ßattcti,
ISubstantinuin ctun snbstantiuo
Genitiuo casu iunguntur. Vt
Sub. Sub.
Cr98c!t ämOr nQmml, quäntum Ipsä
pecOnYS crfiacTt
Nihil pocuniae, pro uuUa pecunia.
TL
(Comp,
ynifle ai^ientam «st anrO, vlrtQtlbfis aOrom.
AblatinoB. Yt 1 Et Tilim est argentnm quam auinm. •
IL B. w.
Selbst verlasst bezw, zusammeugostellt hat Tolu das J^ehr-
buch für den ersten lateiniscbpn Unterricht, die Elenienta puerilla
ad latiuae lüiguao lectioiieiu perdiscendam usui futura, 1529
(No. XIII). Das Buch beginnt mit den Buchstaben, die nach
Vokalen, Diphthongen und Kousonajuen uatirscliieden werden.
Dann folgen Lrsciibim^en : zuerst sämtliche Konsonanten immer mit
Vokalen zusaiainLügesetzL: ba, be, bi, bo, bu u. s. w. ; dann andere,
ziuu Teil sehr wnnderliche Zusammensetzungen (gdu, sbu u. a.),
zum Teil auch wirkliche lateinische Wörter; dann die zehn Gebote,
der Glaube« das YateruDaer, das Benedicite und Gratias« und zwar
immer eist lateinisch, dann dentscli« ol»wohl man das Umgekehrte
erwarten sollte, bis auf das letzte StQck mit Silbentrennung, also
zum Buchstabieren eingerichtet Weiter sollen die Kinder an
Dialogen geübt werden. Der erste, der nur in lateinischer Fassung
vorliegt, Paedologia Monitoria betitelt, ist den CoUoquia des
Erasmus entnommen (i. d. Ausg. v. A. Montanus, Lips. 1684, die
mir vorliegt, S. 44 IT.); der andere, der wieder erst lateinisch,
dann in deutscher Uebersetzung erscheint. De Summa Christianismi
überschrieben, ist Tolts* eigene Arbeit. Trotz seines religiösen
Inhalts scheint er Tolts heim religiösen Unterricht nicht gedient
zu haben 1). Die Vocabula rerum, von denen die Knaben jeden
') Er wUrdo sonst, da er auch aug dem Jährt; l.VJ'.^ ?«tanimt, der Aus-
trage Toltz' im Lektionsplau, dass Decal., iSymb. und Ur. domin. im
Kcligionsunterricht kurs erklart würden, direkt «idereprechen, da er nicht
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2b. Johannes Toltz, ein Schullelurcr u. Predl|;er der Reformation Bzeit. 371
Tag ihr Pensum auswendig zu lernen l)ek(nnmen. machen den
{^•össteu Teil und /Ji<;ieic;li düü Schliiss dütj Bufhe» aus. Sie sind
in lulgeiidü Abüchnilte geit4»iU: De i>eo et de rebus eueleötibus ;
De aquis et terris: Xoniiua legiunum et gentium; Nomina civitatuni
er Idcorum: De domo et eins partibus: De vniiu su|iellectiIo et
iustrunientis rusticorum : De supellectilidoiiiesticu; De vaiiiin.in otl'ici-
narum instiumeotis; Devasiscoquiuariis: Vusaaquatica: Mensaiia; Vasa
potoria; Vasa conservatoria; De temporibus; De bumine et eins
partibus; De variis coloribus; De vestibus: De cibi generibus:
De potus generibus; Votabula cognationis; Nomina dignitatum
ecclestasticaium ; Nomina dignitatum secularium; Nomina opificom;
De aribus; De piacibiis; De animalibos; De Termibns; De arbori-
btis; De fhictibus; De herbis et floribua; De aromatibus; De fru-
mentis; De lapidibus et gemmie; De metallis; De templo et rebus
ecdessiaatidB; De libiis; De ponderibua; De moneta; Quedam
adiectlva nomina; De niimeris. Bei der Auswahl bemerlcen wir
die Rttdcsicbt auf die EiforderniMe des tSglicben Lebens. Hinter
jedem Substantivum ist Qeschlecbt und Deklination in EUrze an-
gegeben: z. B. Qt, m. d. 2 SS mBiinlicbeii Geschlechts, nach der
IL Deklination.
Den Freitag hat Tolts in seinem Lektionsplan dem Religions-
unterricht gewidmet. Der sllchsische Schulplan hatte dafür den
Sonnabend oder Mittwoch empfohlen (ErL Ausg. 23 S. 68), aber
auch die Wittenbeiger Schulordnung yon 1638 hat den Freitag be-
vorzugt (Föistemann a. a. 0.). Eine ganze ^Reihe von Schul-
büi hern zeugen Ton Toltz' Eifer gerade bei diesem Unterricht
Er scheint an ihn sunftchst ziemlicb hohe Anforderungen gestellt
zu haben, dann aber, durch die Verhaltnisse gezwungen, in seinen
Ansprüchen zurückgegangen zu sein. Die Vorrede zu seiner
„Untenveisiing'' (No. XI), die ums Jahr 1526 geschrieben sein
mag, giebt sein ursprüngliches Programm uns folf^endermaassen an:
.Zuuor vnd ehe man dieses gesprech buchieu handeL sol man
erstlich die iungen Christen den schlechten l)lossen text der zehen
gebot, des glaubeiis vnd vatervnsers a\o1 vnterweysen, wie ynu
der leyheu Bibel «geschrieben ist, vnd als dann dainarh das naeh-
uoigend examen vnd i^^esprerhr funveuden. Zum dritten vnd letzten
das haiullMii lilrn mir ylincn practieirn vnd von wort zu wort aus-
wendig auil'zusagen leren." Während der Lektionsplaa aus dem
eine HrkKlrung dieBer Stücke esthfllt. l'ebrigens wird er in einem Bimde
der :\Ion. üerni Paed. „I>te evang. KatechinuiisverBuehe vor Luth«ra
Euclüridion" abgedruckt werden.
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372 mtteiliuigeii d. Ge«. t deutBche Entobung»* u. Schulgeeeli. VII.
Jahre 1529 vier Stufen kennt, werden hier beim Religionsunter-
richt nur drei Stufen unterschieden. Vielleicfat erkiftrt sich das
einfoßh so, daes Toltss seine Schiller UTsprQnglich ttherhaupt in
drei Klassen geteilt hatte; Tielleicht hat er auch beim Religions-
Unterricht die zweite und dritte Klasse zu einer Mittelstufe Ter-
bunden und eo bei dieser Diseiplin immer' die Dreiteilung beibe-
halten. Auf der Unterstufe benutzt er die Laienbibel (s. Schneider,
K. F. Th. D. H. Luthers Id. Katechismus. Berlin, 185$. S. 77 IT.),
die er gleichzeitig als Lesebuch gebraucht haben wird. Aus ilir
lernen die Anf&nger den Text der zehn Geln^te. des Glaubeos und
des Vaterunsern einfach auswendig; die aus Luthei-s Schriften kom-
jiilierteii Erklärungen werden nicht berücksichtigt. Für die Ober^
stufe dient Tolta' Handbüchlein (No. I). das auch .von wort zu
worf auswendig gelernt werden soll. Es enthält nicht eine Dar-
stellung des Katechismusstottes. sondern P>klärungen der wichtig-
sten liegritte der christlichen Lehre in 40 Abschnitten: Gesetz.
Evangelium. Glaube u. s. w. (s. Kawenui. (J. Zwei älteste Kate-
chismen d. luth. Ref. Halle a. S. löiH). S. 8, Aum. 2).
Während hier also die hunianisti^äch«' Unterricht.'<iin'tliode der
loci communes (▼ergl. Plitt, G. L. Dir Loci coinm. Ph. Melanch-
thons in ihrer Urgcstalt. 2. Aull. v. Th. Koide. Erl. u. L^z. 1890.
S. 33) zur Anwendung kommt, hat Toltz in seinem Uuterrichts-
buch für die Mittelstufe, in der .Unterweisung", eine andere
Weise der Humanisten befob^- Zunächst zur Uebung im Latein-
sprechen verfassteu diese ihre Gesprächbücher^), die dann gleich-
zelti'j: dfo Schüler iitiff die gesprächsweise bohandelten GtL'»!!
stände Ix'lt'hrten. I^-i dieser Methode wurde di«' Aiifmerksaiiilviit
«ranz and» rs i;f'r<'s>cli. als wenn der Stotf in tnn kcntT Altliandlung
^ (ULrt'traLTtii wärt', Dir.-;!' l 'ntrmchtsform verwendet Toltz auch
Im im iellgi(isen Llnterriciit, indem er, an Luthers Kurze Form
(VaL Aus;;. 22. S. 1 ft'.) sich anlehnend, die drei alten Haupt-
.^tUcke -- l>ek;iln-^'. Credo. Vaterunser — in der Form t iiics seel-
sorgerlicheu (icbiiräclis-j zwischen „Pfarrer" iiml .. IMuikiudt" be-
handelt, Üchou durch diese Benennung der n-deudeu Personen*)
') Die Colloquia des ErMmw, die Paedologia des Petrus Mosellanua
die belcannteateu dieser Go8prach»bueher, vgl. lieft I der «Texte und
PocBchuDgen": A. BCuner, Die lat. Schülergesprache d«T Humanisten. 1.
') Das soll der Ausdruck pxamon in der Vorrede wohl bedeuten.
') Man könnte die Üenennungen ja dadurch erkiareu, dass dm Buch
für den kirchlichen Gebrauch sei bestimmt gewesen, wenn es durch seine
Vorrede nicht aasdrQckUch als Schulbuch ervriesen w&re.
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28. Johannes Toltx, ein Schuüebier u. Prediger d^r Heioruitttiouäzeit. 373
ist (las Buch, das Toltz iiiclit zufällig ein cjeaprech buchleü genuDiit
hat. von nnderen Katerhisinfii iü Frage und Antwort unterHchieden,
die nur Lehrbiu hei- s^ein. alter nicht gleichzeitig die N'orstt'liuug
eines wirklich süitttindeudeu Gesprächs erwecken wollen; und
diese Wahrnehmung wird durch den ganzen Charakter des Buches,
80 gleich durch die umstäudlicben erstell Fragen und Antworten,
bestätigt').
Die gleichzeitige üebting im LaU^iusprerlion scheint Tolt/. dalMM
zunächst nicht ins Auge gefasst zu lialien; wir l\ennen soinc Unter-
weisung nur in einer deutschen AnSL'abe; vielmehr stheiut er, da
selbst (las relMingslnieh der Uberstul'e nur deutsch vorliegt, den
Iieiigiousuutei-ri( ht autangs auäschliesslich in deutscher Sprache
erteilt zu haben.
Spnter hat er das aber offenbar geändert. Wir haben nicht
nur den IVxt der Hauptstücke und Gebete in den Eleraenta pue-
rilia in lateinischer und deutscher Fassung; auch die Elementa
pietatis (No. XIU u. XIIU) liegen uns deutsch und lateinisch Tor
und werden, wie jene, in beiden Sprachen in Toltz' Schule aoa^
wendig gelernt worden sein. Die Elementa pietatis scheinen aber
überhaupt eine zwcife Phase ijn Toltz'schen Ueligionsunterricht zu
bedeuten. A\ ir kennen von der Unterweisung nur einen Druck und
auch vom Handbüclib in keinen Einzeldruck nach 1526. Schon
das macht wahrscheinlich, dass beide Biidier sich als untauglich
« rwiesen haben, von Toltz ül'i'eschafti und nicht melir neben den
Elementa idetHtis von 1580 lu-nutzt worden sind. Auch hat Toltz
schweilii li so viele verschiedene Üücher in seiner Seinile Lrebraiicht.
Die \'erNvandts('hafl der Eb'inenta pietatis mit Luthers Knchiridion
lässt vieiniclir ^el•lnuten. dass letzteres gleich nach .meinem Er-
scheinen in der IMaiiener Schule einiieführt ist, dass es sich dann
als liuch tür die Uher-stufe erwiesen und das Haiuiliüclilein ver-
drängt hat, und dass nun Toltz. um der MilteLstule ein auf da.^
Enchiridioii vorbereitendes Duch in die Hand zu geben, seine
Unterweisung" bei Seite gesetzt und seine Elementa pietatis
verliisst hat.-)
') Da das HandbUchlehi sowohl, wie die Unterweisung ebentalls in
dem 8. 370, Anm. 1 erwähnten Bande der Hon. Germ. Paed, abgedruckt
werden, eo gehe ich hier nicht Aveiter auf sie ein.
') Vergl. auch die Eiiil. dor Elem iiiet in der dtöch. Ftissnng: ,Es
mnd etliche knabon khüiis VL-rneinone vnd behalten», deaon z\i j^ut sind
uuehfolgende gosprech vnd lüalogi, »uffa kürzest vnd allereiufeltigst vertasset
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374 Hittoilungen d. Gle. f. deutsche Bniehungs« u. Sclralgesch. VII.
Der Unterricht in Dialogform hat sich auf der Mittelstufe
offenbar bewfthrt. Denn die Elementa pietatis sind für jene ein
besonders charaklerietificliee Beispiel. Das beweist schon die Wahl
der redenden Personen, die je dem behandelten Stoff entsprechend
wechseln. Das erste Gesprftch Aber die zelm Gebote» den Glauben
und das Vaterunser in kurzer Zusammenfassung spielt in der Schule:
es reden der Paedagogus (in der deutschen Fassung: Lehrer) und
der Puer (SchOler). Bas zweite Gesprftch über die heilige Taufe
führen der Catechista und der Oatechumenus. Babel könnte
man an die Katechese in der Kirche denken, wenn nicht die
deutsche TJebersetzung, wo der Pathe mit seinem Pathkinde
redet, uns auf den mittelalterlichen Sprachgebranch hinführte.
Nach diesem bedeutete Catechismus den Unterricht in den Haupt-
punkten des CbriBtentums — namentlich auch über die Taufe — ,
den Ton Bechts wegen der Pathe — daher Catechista — dem von
ihm zur Taufe gebrachten Kinde — Catechumenus zu erteilen
hatte. 1) Das dritte Gespräch führt uns eine Vorbereitung aufs
heilige Abendmahl vf.r: dor Seelsorger (Pastor, dxach. Pfarrer)
redet mit seinem BeichtkiiHle (Ovis, dtsch. Kind). Neben diesen
GesprAchen enthalten die Element^! pietatis. als ob sie uns die
Muster zeigen wollten, nach denen Toltz gearbeitet hat, noch zwei
Dialoge, von denen der eine, den wir schon in den Elenientii puerilia
fanden, aus den Colloquia des Erasmus entlehnt, der andere aus
jenen und der Paedologia des Mosellauus kom|>iliert ist.'^ —
Weihnarhtf'ti 1536 — d. h. nach der Gewohnheit der Ke-
formatiouszeit. (l;is .lahr mit >Veihiia<-liten zü he^nnnen. wolü An-
fang 1536 — \i"^U' Tnltz sein Srliiilaiiit in l'laiien nieder. Wohin
er damals sicli g»'\sandl. darüber giel»t nm venniitlich ein SchttMlx ii
des Kickel Sack in Ueylsdorf an Stephau lloth, den ^tadtsclu'ciber
worden, Gott gcb das sie sich bosseru vnd zu andern C'atechbaii» go-
BcMckt werdeo.*
1) Aiiffiillend Ist die erate Frage: cur petis Uvacnim baptiBin»tu? .
al8 ob 08 sich \xm einen erwachsenen Täufling handelte, der erst auf die
Taufe vorbereitet würde.
^} In dem unten folirendon Verzeichnis der Toltzschen Schriften
iindeu wir iu deui Titel der datierten Ausgabe der Elem. piet., die wohl
jedenfalls Original-Ausgabe i8t> den Zusatz: In tres dialogos eonlecta« in
der undatierten den Zusatas: in quinque d. Eratere redet deshalb nur
von 3 Dialogen, weil sie den aus Era«:rn. Coli, entnommenen und den ans
Erasm. und Mosell. kom^Mlif^rtPn nicht initzTihlt. sniidprn diese als Anhang
betrachtet. Letztere enthalt an erster iStelJe den Dialog^ De Summa Christ,
aus den Elcm. puer., dann die 8 IMaloge Uber den Katechismus, darmif
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2ü. Johannes Tolto, eiu ächuUehrer u. Prediger der Reformationszeit. 375
in Zwickau, v. 7. Juli 1538 Knude (Roth'sche Briefsanuuluug der
Zwickauer Katsschulbibl. VI, 124). In diesem Geleitsbrief für
Toltz und soiiien Begleiter, die Sacks Söhne auf die Zwickauer
Schule bringen und bei Stephau Roth empfehlen sollen, heisat es:
«Herr Johann Toltzen meinen beLehneten pfarror mm Buicksteia
vnd lieben geTatter*". Da kaum anzunehmen ist, dass Tolts seit
1536 sehen ein anderes Amt bekleidet hat, da wir ihn femer schon
eine VertrauenssteUung bei seinem Patron einnehmen sehen, die
eine Bekanntschaft von wenii^tens einigen Jahren Yoraussetzt')»
so wird die Belohnung mit der Pfane su Burkstein für Tolts die
Veranlassung' gewesen sein, aus Plauen fortzugehen.^ Bei dieser
Berufung ist Tolts — wenn die gleich abzudruckende Bestallung
Toltz* fOr Beichenbach, die uns das beweist*), nicht einläich ein
feststehendes Schema wiedeigiebt — in Wittenberg ordiniert und
einer PrQfüng unterworfen. Unter letzterer ist in jener Zeit frei-
lieh „nicht ein Examen, das auf eine eigentliche wissenschaftlich
theologische Bildung sich richtete", zu verstehen, sondern nur eine
»Prüfung des betrefiTenden nach der reinen evangelis('hen Lehre"
(Rietschel, G. Luther und die Ordination. Wittenb. 1883. S. 81).
Jene Bestalluni:: vom 29. August 1541 redet auch von Pfarr-
Aemtern, die Toltz seit seiner Ordination bekleidet h&tte.
den aut Br.-Moa. kompil. Dialog: und endlich den aua Br. entlehnten.
Wenn die letztere Ausgabe nicht ein Nachdruck ist, mit dem Tolts nichte
zu thun hat, sondorn wirklich Pinn vnn T. besorgte, so müsstpn wir
1, annehmen, daas dvr Dialo-^^ De Summa Chri^^t. duch von T. direkt xutn
reiig. Unterricht gobrauclit ist, wobei dann aliordings die Differenz mit dem
Lelctionspl»ii bestehen bliebe (a. 8. fi70, Anm. 1); und 2. dem kompilierteB
DhUog eine grOesere Bedeutung beilegen. Der Braamische bleibt auch in
dieser Ausgabe ungezählt. - Die drei Dialogo über die 5 Haupt»
stocke sind unten deutsch und lateinisch abgodriickt.
<) Die Bekanntschati küuuto ja freilich auch schon aus früherer Zeit
stammen, da Geilsdorf bei WeischUt« nicht weit von Plauen entfernt ist
^ Barkstein, su röm. Zeit berflhmter Walllshrtsort mit swei dicht
neben einander gelegenen Kirchen, ist heute keine Pfiure mehr. Nachdem
man dir» f>ino Kirche schon t':!;! dem Untergang-e gcwoilit hatte, um
wenigstens die andere iu Bau und Besserung erhalten zu können, Uberliess
man von etwa 1644 an auch diese dem Verfall. Toltx ist also einer der
letxten Pfarrer von Burkstein gewesen. Sein unmittelbarer VoigOnger
war M. Wolfg. Ochsenhiiuter, ein Bayer, dem er 1541 auch in Reichenbach
folgte. S. Milt. d Altortumsvor zu !'1an«'n i. V VI. ?. LVllI.
•) Die Aufzeichnungen de» Wittfiiherger Ürdinicrtr»nhuch08, herausg.
V. Bucliwald, 1: Lpz. 1894; H: Lpz. 1895, können uns darüber keine Aus-
kunft geben, denn, obgleich Ordinationen schon vom 36. Oktober i6B5 an
gehalten wurden (Ordiniorteni). II S. III), beginnen die Aufzeichnungen
doch erst mit dem 24. Juni löa? (a. a. 0. 1. S. 1).
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S7d lUttttilangeii d. G«s. f. detttechft Eniehungs- iL Sehulgeaoh. VII.
lat dio Hehnalil nicht in übertragener Bedeutung auf die
Tefscbiedeneii Funktionen, die Toltz als Pfarrer von Buricatein
anegeübt liat» zu beziehen^), und ist unsere Vermutung riditig. dass
er von Plauen nach Burkstein gegangeu, so würde er. also in den
Jahren 1539 bis Mitte 1641 noch in einem anderen Pfammte
thlUäg gewesen sein. Sicher ist, daes Tolts, prAsentiert von Joseph
Levin Hetzsch in Mylau und dem Rat der Stadt Reichenbach als
Inhaber des dortigen deutschen Ordenshauses, vom Landesfürsten
am 29. August 1541 mit der Pfane zu Reichenbach betraut ist.
Die betreffende Urkunde ist uns in Olischer, Entwurff einer
Chronica der alten VoigÜftndischen Stadt Reichenbach. Leipzig 1729.
S. 57 f. aufbehalten. Weil das Buch sehr selten ist^ drucke ich
sie mit einigen unwesentlichen Kürzungen hier ab:
„Von Gottes Gn. Wir, Jobannes Friedrich, des Heil. Rom. Beicfaa
Ertz-Miirsfhall und Cliurfürst, Burfrgraf zn MaLr(lel)nrtr ninl Johann Emst
Gebrüdore, Hertzo^rcn zu Sachsen, Landgrafen in Thüringen und Marg-
grafen /II Meissen bekeiiiu ii und thun kund gegen mrtiinidich: Nachdem
Unsere liebe Getreue. Joseph Levin Metzsch, zu Mylau, und der Rath zu
Reiclienbacb, Ton ihrer selbst und der gantzen Gemeine wegen, Herrn
Johann Döltzen zu eisem Pfiirrer gegen Reichenbach beniffes, und Uns
bewast, dass gedachter DOltz durch Unsere Gelehrten der Heil. Schrift
zu Wittenberg examiniert, za einem Seelsorger und Pfarrer tQchtig und
"Wohl geschickt befunden und dazu von ihnen, nach recht christlicher Weise
ordinieret, « r sich auch dar;nif ein zeithero in Unserem Fürst« iiflmm, mit
Versorgung i'tarr-Aetntt r « liiistlich gehalten, reiner Lt hr und trutni Lfbens
befli?^f»n, das? Wir ihn derhalben zu einem Pfarn r m'<s*-u Rt ichenbach
contiiniiret und bestätiget eonfirmieren und bestätigt ^ ihn hiermit in Kraft
dieses Biieffs, also, dass er die Gemeine und eingepfarrten daselbst
iieissig versehe und sich mit Ceremonien und demselben, und wie durch
Unser Yisitatom seind allenthalben geordnet gemSss ludte . . . '. Und be*
fehlen allen und jeden Amtleuten ehrbaren Männern und sonderlich obge-
meldten Joseph Levin Metzsch und dem Vorsteher des tentschen Pfarr-
hauses zu Heichenbach, dem Kath und Vorsteher gemeinen Kastens daselbst
gedachten Johann Döltzen bei angezeigter Pfarr m schützen und zu hand-
haben auch darob zw sein, lias^ ihm das Kinkouimen der Pfarren . . . .
jllhrlichen gereidu t und uuvermind» rt gelassen wcrdo, ihme auch jederzeit
gebührlich helfiFen, deren gescliieht llnsere gäntzliche Meinung. Zu Urkund
etc. m Torgau, Montags nach Bartholomaei, Anno 1541.''
In Reichenbach ist Toltz bis an seinen Tod geblieben. Von
Burlc8tein(?) aus hatte er seinen Sohn Augustinus, der in Plauen
die Schule seines Vaters besucht hatte, auf die Wittenberger Uni*
An die von uns angenommeuü Predifjtihatigkeir früherer Zeit zu
denken, verbietet das „darauf* der Urkunde.
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28. Johannes Toltz, ein Schuliehrer u. Prediger der Hefurmationszeit. 377
versitat ^'csclückl, wo er als pauper c;:ratiH (W.-S. 1538/39) ünnin-
trikuliert wurde. Am 15. Oktober 1539 promovierte er zum Bai ( <
laureuR (aii< h gratis, Bacc. ii. Mag. III. S. 6) und ^scheint sich fiaun
noch mehrere Jahre iü Wittetiberg aufgehalten zu habiii.') Ohne
.sich zuvor den Magister-Grad zu erwerben, den er erst am 15. Fe-
bruar 1554 erlaugte (Bacc. u. Mag. IV. S. 14), ist er dann zu seinem
Vater nach Reiciienbach gegangen, ist hier anfangs Schulmeister
(Olischer S. 58) und, nachdem er am 27. Juli 1547 in Wittenberg
ordiniert war (Witt. Ordiniertenb. I. S. 55. No. 878), Diaoonus ge-
worden und hat als solcher den alternden Joh. Toltz treu unter^
stützt^ Im Jahre 1554 verlor dieser seine Frau, bei welcher Ge-
legenheit ihm Melan<^thon den schon erwfthnten Brief vom
11. September 1564 (Corp. Ref. IX. S.914) schrieb; im Jahre 157^
starb Joh. Toltz, etwa 80 Jährig. Sein Sohn Augustinus folgte ihm
als Pastor von Reichenbach; vom 30. November 1573 datiert seine
Bestallung (Olischer a. a. 0.)^). Augustanus ist nicht so alt geworden«
wie sein Vater. Er ist am 24. Januar 1585 am Schlagfluss ge-
storben.
Auch Paulus Dolscius Plawensis scheint ein Sohn von Job.
Toltz gewesen zu sein.^) Er ist Mon. Qerm. Paed. VII, S. 102 unter
dem Dolscius zu verstehen, dem Melanchthon eine griechische
Ueliorset/.niii: der Augustana vcrfasst hal^); 1730 ist diese als
Dolscius eigene Arbeit von L'hrist. Reineccius herausgegeben
(Feuerleiii. .T. Guil. Bibl. symb. N(»r. 1768. F. S. 62. ^'o. 344). Wo
Paulus studiert iiat. habe ich niciit <uifüDdea können. Am 11. August
1551 hat er !?ich in AViltenbcrg den Magist»»r-< Jrad erworben
(Bacc. u. Mng. IV. S. 1 1). hat längere Jahre die Schule in Halle a. S.
gebMtet (Witt. Ordiniertenb. II. No. 4Ü5 u. ö. s. im Heg. i. ist 1560 in
Italien Doktor d<'r ^hvllzin und endlich Bürgermeister geworden
(Bacc. u. Mag. a. a. ü. Anm. 6).
1) Am 16. Mal 1643 finden wir ihn m Wittenberg (Areh. f. Oeaeh. d.
dtsdi. BochhandeU. XVI. S. S40. No. 794).
*) 1662 hat or Joseph I^i'viii Mctzsch Ehefrau, 1571 Jos. I.ev. Metzsch
selbst (Wo I.eiohpurcdo gehalten. Beide ReUeu aind nach Olischer S. 5H
in \Vilti.'nbyrg gedruckt.
^) Als Tostor von keiciietibat h wird er orvvähnt W iit. Ordiniurteub.
II. 8. 168.
*) D. Kawerau machte mich darauf aufmerkaam, daoa Toltx ala guter
Lutheraucr seine SOhne Paulu:^ und Aiijpistinue nenntw
') ( itat ans: I :it!r. Ludovicu!^, Orationc« de votoris Ecclesiae certa-
rainilm». t>. 474. vergl. btrobei, Ü. T. Misceil. litt. Inh. V. ö. 143 und Corj).
Ref. XIX. 8. 497 1.
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378 Mitteiluu^ea d. ües. f. deuteche EraLeliuugs- u. Schulgeach. VIL
Yerzeichnis Ton TolU? Sehrffleii»
BABMrlRniSVll : Dt» unter dra «lozelnen Titoin stotKond^n nttht aJnfie1itainmert«n
Buchsl-alien verweisen «uf den T ini.>r1, un<l xwar bedeuten Tt K^'^ili:]. Uibt. in Ti'-tV.'r.
»r = Stadtbibl. io Breslau: D = Kgl. öfT. Bilil. in Dresdey; l iii?.-Bil>l. in I.»!) /!-:
M = Kk'l. Hof- u. StaatiJ-Bibl. in Mlinelicu ; W = H.tzok'I. Bibl. in Wolf. nbUUel ; Z ^
80bulbil>l. in ^wickuu. Dun'liwei; ist aueli dos BUdiothekstzeichen nnire^eben. Die ftltlKtt'
kkUDtnvrten Buchstiiben verweisen nuf l>ibliOKr. ^Ve^l<e, und 7v\,ir V Mit PMizer, AniUll»«
typograpbici ; W »uf Weiler, E. Ropertorium tjpozr, NOfdI. 1^; Wl auf do»seQ 1. Sapplom.
KOrdL 1874; WH auf d«tsea 2. Suptdem. NKrdL 188& — Die Titel I, 4 und U. 8 sind nur
nacli 'Weller angeif>>beii, da mir die betr. Dnirke nirhl zu (ji-bole stHndi-n. — I)ie Tit* ' -'n>'\
niügticbst den Originalen nuchtfubildft, Uucb ist das übcrjfesct/tf t der Umlaute tuoJemisierl.
1.
, 1. i£vin Itiirfi lianh- j budiiun / tia iun- | gc Cbriftcn / fouicl
yljn 511 miffon roit nötcn. Jabomi. eol^. j IDittemb. l52o.
lu BordUro: \iiitpn Lucrccias Erninrdun';
a. E. : (ßcörücft 5U irittcmbcrcj. \ durd? ^or^ 2iI}aiP. | Un. etc. \52ö.
16 in 8": letzte 8. leer.
B : Eo. öäöO. — Z : 1. VUl. 13. (VV : 3996).
2. %n Kurf I l^oilblßudir^it | für iun$e C^rtfteit foutel ; yl^n su
»tffen I pon ndien. || Jo^a. Soff. | IDWemberQ. !536.
In Bordflre: offenes Portal; unten das Wappen von Mich. Blum
in Leipvig, von swei Engeln gehalten,
15 BU. in 8*.
B : Eo. 5362. — M : Äse. 49152. (W : 3996).
3. %n Rur^ ^anbi" , üüt(jlc0n / füi Junge . ii^ntten / fo
v\{ jn 5u mif' > fen oon tidUen. \\ jo|^linn. Coif. jj IDtttm'
Iwr^. M.D.XXVI. 3ac,
In Burd.: whIhho Ornamente auf schraffiertem Grunde.
16 BU. IQ 8*; lot/.t. P,l. leer.
M : A^. 4915iü. (\V : 3997).
4. Cyn fur| ^an6t- | i>fi4|ldii / fflr 311119« (C^rtfien / fo ptl jn j
tptffen von [ ndlten. • 3o^ann. CoI$. j 1526. 0. O.
Mit TiteleinfasBung.
16 Bll. in 80; 1. Bl. leer.
(W : 8998).
5. if^rn fiorfß \ Iiantboo.-F vox ymi- vI[ni)ton / fo rdc cn notl?
JTTatth^i jm rj. I • j K.iniot her ibo niv / alle öc bc» j mütjct Dnnde
beladen )yn / yd ; ipyl jtr porqixncfcn j| 2n.i)..^'-^»j.
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2S. Joliauueä Tolu, ein üchuUehrer u. Prediger der Ueformationsaeit. 379
In RandleiBteD*).
a. £.: <j na ^tboxii) / \ Dar na jm frpj. yat
alf50 ©orl^. j D» fpj. ^ag^es Jel«ruarij / trefft tubwfdi Dte^
geöructet my.
16 Bll. in 8*; 1. S. leer
W:368. 1. Theol.
n.
1. 9tt (e0(t0ttt fi^rtft { 2(ct / IPeYfe / pnb gebraud^. | Cropi
Btbliaci. I| Jc^iinn. &dl|. | <ße6i:d<ft XDittembcrg. 1526.
Li Bord.: unten Chrlstoa am Krens iwiaeh«n den Schachern.
Auf J7& (vor dem R^tor): Signet v. Q, Rhaw in Wittenberg,
darunter: <Sk6rflcft }u WrXttmUt^ / 6urc(} | 3or$ Ht}am.
2(nno. etc. 1(526.
A bis Kt nnd e. leeres El. in 8^
B : Bg. 684. ~ Er : 8 S. 722. — W : 1164. 91. Tlieol.
(WI : 401).
2. JDer SfQlicien i $<firiff Hrf / I tnertfc / tnib { f^t^vm^. !
Cropi 23ibliavt. Jo^nn. Zoiii. , ^326
In Kandleisten.
Das Kcgister beginnt auf L *2!l
a. E.:fi jobjt <9utfne<i}t. [in NUmbergJ.
A bis if , 12 Bogenlagen in 8*; 1. EL leer.
D : Hist. eccl. E. 900. 2. (P : Bd. VII. No. 289. — W : 8993).
3. Der l?ayli(jcn ge= ! fdirifft ^rt / IDeyfe / vnb gcbraudj. | (Lropi
Bibliaci. | Johann. Zol^. ! M.D.XXVl.
o. 0. Titek'intassung.
69 gez. BU.. 1 BL leer, 7 BU. llegiatcr, 2 Bll 1. in b".'-)
(W ; 3992).
11^
1. Dtv h
i3ibliaci. CEvn fiirl-^ luinMMid>lvii für iunö»c vLl;ii)tvii / j )o i>icl
Y^n )Uipi|fen von nötcn. , jofian. ^ol^.
Die obere und untere Rttndleiate ebenso, die rechte und linke
ähnlich wie die im Titel dos Kostocker Katechismua 1625 in: Wiechmann-
Kadow, C. M. Ii >arhiiu Sltiter's ftltestes rostocker Gesangbuch. Schwerin, 1858.
') N;i('li: Weller. 8992 Anm neu anfi^^r-Io^t: 1^27 bei K. Peypus in
NOniber^'- und lö27 in Strassburg-. iM'idf in h". Narh: WoicrnMCnczyrtski,
Th%;dauru8 libellorum. Leipz. IbTü: 1527 in 9» bei üutkncoht in Nürnberg.
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SSO MiUeilungen d. Ges. f. deutsche Emohuugä- u. ä<;hulgesch. VII.
DIetallM Bord., wie 11,1.
Das HandbOchlein beginnt auf K.
o. 0. u. J. |G. Khaw in Wittenberg],
a. E.: ^ubc öifcs ^udjlyns.
A bis L in 8"; die beid. letzt. Bll. leer.
>I : Dogm. 657.
2. jDer Bein^itit | fd>rifft art / ipc^fs / m ! qehrmdf, Cro» I
pi l^ibhaci. ri (f in furfe ^anötbüd^Iin für jun^e Cbriftcn /
pü in I yii iv\]icn vom nc ' tcn. "\ Jo^Ull £öl^. | Jj^
In Bord.: unten ö tuu/ondi> Kngel.
Das Handbüchlein beginnt auf 11.
a. E.: Xoriuha-ge. per Frideriaon F<^/pm. ] M.D.XXVIJ.
A bis J in 8"; 1. Bl. leer.»)
B : Bg. 685. — W : 1133. 6. Theol. und 996. Theol.
m.
1. jBibUcorum Zvü' porü pars altera | non ^tni"
feitba. II Bon l|iaili0ec #df { Itd^er defd^nfft tpe^fe 511
reben / 1 btt Tinbtt toyl / oUen (C^cit / fflr* | nMUe^ / vn^tftUUn
paftorn | vnb pteöicantö faft nü^ | vnb ^an^ 9ÜI. || <ßott bevx
^emn /ecr/ lob vnb ' prcyfs in migfait ' 3Imen. '\ Jo^att.
JDufciuö ^Inno. M.D.XXVllI. ;| IPittcmbcicj.
A— G in 8"; letzt. Bl. leer.
D : Hi8t. eccl. E. 900, 4. — W : 1183. ö. TbeoL
bü. I Von ^eyli^er 6dtH<^et $f(^rifft | wcy^i sSre^en / 5er
2In5er teyl / | allen ^^riften ffirnemlt«]^ / | pndeflt>ten
Paftorn vnb | preMcanten fafi nfi^ | pnn5 ^an^^ 9ät
<5ott bem ^errra / e«r / 10& ond | preyfi in «oi^favt ^men.
jDttfdu«. I :(nnom.2).X3epiii || lüittenkrvj.')
Joan.
1) Nach \Vcllor -.ms Anm. oea aufgelegt: 1527 bei J. Gutknecbt ia
Nürnberg und 1636 in Wittenberg.
In dem int« n Initint n David mit der Harfe: auch das BliHtchf?n
irft rot. Das üetsperrle III, 1 Zeile 1—4, lü, 12; III, 2 Zeile 1 U ist iin
Uriginui rot.
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2b. Johannea Toltz, eiu Schuliehrer u. Prediger der Rei'urmuüuuBzeit. 3S1
a. E.: (ßctrucft 58 Hünnbcraf / buvd} 1c}ans j (£Y^?cunatt>a: von
^tandfmt | 1^ W- -^.D. vnb. XX, piij.
A— G in 8"; 1. Ö. leer.
M : Polem. 1815. Z : 1, XIV, 11.
ira.
€on ßurl|cr unb fnpf | im^liörfirfjer liefiQei | bener Sermon
n^tt I bü» C^nKßi^e fotige | fang ^in fititde(e0it {
(o6t0ßii$ if ons gtBo | ten ^mU u* \\ $nimnt^^ 9n%
||. 1526.
In Bord.: rechts and Unks je e. groeae Bftule; unten ein Lowe,
a. E.: <ScönuR 5U ttfp^ bmdf ZYltt^I Blum. Darunter: Schluas-
vignette: 2 Drachen.
4 Ba in 4*; 1. S. leer.
B : Ctt 6516. — Br : 4 S. 278. — D : Bist. eccl. £. 357,
10. — W : 240. 60. Qu. — Z : XVH. Vm. 16. (W : 4000).
V.
JB^on bcu ;u)cijcu \d} \ tnclicrn iliact^a nnd { ntaria
JEuc. U). h(iB (fua I 0enum tnef^s mann { am fe^ btt
fimeCfarf | jßlarie fiefef. jl Ja^anne« tnX^, || . ^526.
Bord, und ganse Aueetattung dieselbe, wie bei No. HU.
a. E : ^kbtndt 5U Ce^pfSd^ öurd^ XXtidttl Blum. Schlusavignette,
wie bei No. IUI.
4 BU. in 4«; 1. S. leer.
B : Cu 6522. Br : 4 S. 278. — W : 370. TheoL - Z :
XVll, VIII, 16. (\VII: (89M)).
VI.
%n *r»cnnonn | von ^cr rilfcltiacti frucht | 6e5 gcftorbacn
it>e>^forn I Ich 2]ialt?. l o. Jliarci. 8. €u , cc. 9. vnb 3oE?an. \2, f
Jol^on. STolfi. ! . \r)2(K
In Bord.: oö'. Fenster; unton halten 2 Engel ein leeres Wappen-
schild.
a. E.: (f5c6rucft 511 Ccypfsaf buxd^ iliidjcl r>Ium. Daruuter Schlu«>i-
vignette. wie bei No Uli u. V,
4 BU. in 4*; 1. S. leer.
Z : XVn. VIII. 16 und XX. VIII. 11. (Wn : (40on ).
MtU«iluog«n d. Oea. f. deutsch« Erzieh.- u. .Sctiuli^eschichte. VII i IbOT. 25
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883 lOttoanngwi cL Oei. t dmitaelie Bxiiehungs- il SdudgMeh. Vn.
VII.
Jfott ^ettt 0\ I Uximtm Ottb { CeßatiMiit 3ii«fii <£hvm 1 1 0115
^cm ^iDdlffim Copitt«! | 6c» andern hvtit6 \ ZRoft. || Jd^. i^^dff ||
Bord.: unten 4 nackte Knaben, von denen 2 mit einem Hund
Rpiplcn : rnrhts und links liftlt je ein nackter Kn. e. ati e. Saale
befestigt. Hing.
0. 0. [Leipzig bei Michel Blum; vgL No. VIXU-l
15 BU. in 8".
B : Bm 5380. — W : 990. Theol. und 1003. 12.TbeoL —
Z : I. Vni, 13. (P : Bd. U, No. 3124. Wl : 402).
VIII.
1. IDaul^er rnfcrc ge» i $eyt auffrur ^^^ morcf j lid^ groffc pnluft enV
fprungcn c]irünMfid>cr ' hcfdjicö aus t'cr bovH« gen fd?ricfft auff
cylff i articfcl fambt öem b«« j [ctjlu» gcj^eUctt , öurdi i 3ö<iiiJiciu
(Cölfecn 11 1526
In Bord.: off. Fenster; rechte und links je e. Sftule.
a. E. : Schiusa Vignette: 2 Engel halten «.Wappenschild m. d.
Wappen v. Michel lUinn in Leipzig.
0. O. 23 IUI. in 8»; 1. 8. leer.
Z: I, XIV, 11.— W: 1Ü03. 12. TheoL
2. Xüanfftx onfe» | rc gejevt / auffrur vn \ mcrrflid^ groffc on- j lufl cnt«
[prungenn / ; grfinMidter b9\dtiib | aus ber E>evligcn fd; | ricfft auff
«flff orfi» I («I fambt Xmn be< ] fcEtliis geiltet / 1 burd) 3ol|ait> | nem
Caitjen II D. |!|i>i.
In Bord.: off. Fenster; ob. in d. spitxwinkeligen KrOnung e. Schild
m. Monognunm.
a. £.: auf B. 7»: <0ebnicrt ju ^orbt burdr XTIelc^tov | Sodrffen
3tt ber 2(rd)cn / [ bei 5ant m\dftL | III. D. froj. auf B 7b
und B 8* je e. Holzachnitt,
16 BU. iD 8«; 1. S. leer.
B : Flugscfar. 1526. 12.» D : TheoL evang. catecb. 48.
VIIIL
J^on f(bam» | gefui^fe» || Mit bat \ ies I m^s ^«t
tnettfc^ i^te | auff 9t\m begecet / tfi ent< | tfcber fleyf^'
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28. JohannM Tolti, ein Bchnllehrer u. Prediger der Befonnattoneseit 383
Iid)e lüoi I luft / 3CYtIid? gutt / j obbei iDelUid? elj [ re /
Dieselbe Bordüre, wio No. VII.
a. £.: die Michel lUumäche Schlussviguette.
8 Bll. in 8^ 1. S. leer.
Z: 1, XIV, 11 (WI :372).
X.
Üttt fii^dn nfi|tii^ i tractetlen von red^tfd^affner \ anbad}t
5U ^em t^eioem | onb fdfUu^en Uybcn C^ti | (H pnfers ^eylanös. |
porigen aus^cc^dnQnen See | monen t>aft öienftltd^. ||
ü^ie fern ntait ^ \ vmb <Bottts eiPtge mrfel^ung | hc'
fummem foU / guter $tfinMltc^er | bef^evM btt BIHkit. || J[ol|fait.
Der swelte Teil beginnt auf B4ik
2Tt.r.JE3eDti. I 3are.
20 Bll. in 8«; 1. S. leer.
D : Hist eccL E. 900, 6. — Z : I, XIV. 11.
XI.
JKe WÄtt ilttl-' I 0C Cßriffcn | örcyen t^euptftucfcn bcr
$e» I I^cn gcpot (SoMts / 6cs | (Slotifcens / pn5 Da | ter pnfers /
auffs i furt>t mtonrei | fen fol. | Jonii. ^of^. |
In Burd.: ott. l-enster; obeu Hundbugen; unten halten 2 Bogel
das Wappen vw Hi<Ael Bluin In Leipzii^.
a. Michel Blumeche Schlussvigiiette.
12 Bl. in 8"; die 3 letzt. S. leer.
W : 1003. 3. Tlieol. — Z : I, XIV. 11.
xn.
^ ELE I MENTA PVERILIA I ad latinac linguae. lerHonefn |
jterfJifrt'nffani ufiii fvtura. Adiunrfh f/ia;/»!/.v JJi» j aloffis gf* Latino ^ff \
Gcrmanico. Joania.s iJulrij. M I > XXIX
In Bord.: rechte v. Besch. Petrus, links Paulus; ob. i. d. Mitte
Medaillonbnd.
a. E.: Imprefzum Cygneae ptr GiAvidan KamU. \ Afmo dtmim. M.D.XXIX.
40 Bl. in 8^; 1. S. leer.
Z : II, VUI, 24.
25*
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384 .Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehung«- u. Schulgcsch. VII.
XÜL
1. ^ ELE- I MENTA PIETATIS | IN TRES DIALO- 1 gos breuir>
fimos I coniecta. | I ChiiltiaDU'miu. | II Baptiftaius. | UJ. Eucha-
liftia. II lOANN. BOLTZ. | Wittembergae | M.D.XXX.
Id Bord.: weisee Drachenhaupter auf schndllertem Grunde,
o. 0. 16 BI. iQ 8*; 1. S. leer.
D : Hist. eccL E. 890, 2™. — Z : I, XI, 17. (P : Bd. IX.
No. 217).
2. ELEMENTA pietatis. y\ Qüinq^ Dia^ ' logos bi\niif=
fimos I coniecta. |i " Jüiimin. JDalti. ,(
£)oratms. j Quo fcmel tft imbuta rccens feruacit |sn:| ohorcm , Cefta bin.
0. 0. u. J. 20 Bl. in 8°; die 3 1. Seii^^n le«r.
Br: 1210.
xiin.
1. 3nÖoff Cfii ift lidicr lere / ynit örey | fur^e Dialoaos | pcrfaffet.
II Jt^an* jDolt^. I l Summa ^cs C^nflentumH. 1 2 Cauff«. 1 5 Sacra*
ment 2Utats. | (530.
In B rd ; rochta u. linka Sftule; uut n. ob. veisae Arabedcen a.
achrnfV 'rruiuk>.
a. E.: O^ct^iüdt ju ITittembcrö 5ur<^ | (Beerten K^oo. | (ööO.
8 Bll. in H'»: 1. S. leer.
D : Theol. evang. catecb. 48.
2. Slt^ntf C^tU I fHt(^ Ine / {n btey j fut|e Diolo^os | perfoffd.
II iol^lllt jDdCf . I { Suma bts C^rtften^ [ tumb$. | 2 Caujfc |
3 Sacramet bes 2Utai». | (530.
Ih Bord.: rechta u. liulca Säule; imt. groaae Birne u. kl. Apfel;
ob. e. Traube, an der Bogel aiebeii.
a. E.: ^1 ^etnuft XiSxmbtt^ bey | 6eor9 tPacf^ter.
D : Theol. evang. catecb. 117. — W: 1196. 6. Theol.
Dieae Zeilen sind so geordnet:
1
2
Summa (L^nfüanif«
Uli.
(£ated?ifmo fcu (£^ri«
De ftianifmo,
3 Baptifmo.
4 €u:l^ariftia
ö 1 ptelate pucrili.
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'2b. Johanuea ToIU, eiu Schullehrer u. Prediger der Helürmatioudzeit. 385
XV.
1. EPITO I MATA SYNTAXIS | PHIUPPI MELAN. |
A lOHÄN. DVLCIO. IN REM | TARDIVSCVLORVM | OON-
GESTA:- | Quicquid pi^dplfis. sftö | Mals, vt cYtö dicta |
Peretpiät finiml ddcilea, tS- | nSAtq^ ftdelSs. Flae. m. or. Boe.
In Randleiste: Blattwerk, unter d. u. Baad derselben:
MDXXXIL
a. Has Philipp! HolanehthoiB de Syntax! | pf^ptides, k Joäne
Duldo in Typoa c9 1 modUIlme c^^troctas, lipei^ Valentiuua
[so!] I Schümann lünuna diligentia in rem ftu- 1 diofae ittUTen-
tatia excumtw | Anno. M.D.XXXXI.
30 BU. in 8*; 1. S. leer.
L. (Corp. Ref. XX. S. 346).
2. £PITO* I MATA SYNTAXIS | Philipp. Melancfa. a Johä. |
Bulcio, in rem tardiufcu- | lorum congefta. | Quicquid preclpfös,
Sfto I braute, Yt cm dicta | PSrcTplnnt 2niml ddcües. | tön«atq|
flddes. Flae. m. ar. ] FbeiL
In Randleiste Blattwerk,
a. E.: Dieselbe Bemerkung, wie bei der Ausg. v. 1532, nur hier:
Valentinus; iuuentutis und Anno. M.D.XXXUI.
30 Bll. in 8".
M : Enc. 2.
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386 MitteUuogeu d. Ges. l. deutsche Erziehungs- u. bchulgesch. Yil.
Abdruck aus dvr deutschen Ausgabe der
j^leinciita pietotis".^)
(2(0. xim, 1).
[Aij] Smnma tnm <$fiicifMtmlm
C€K€K, U)ic ptcl ift einem *£i^rifkji ju u?iffcn von nöUcn?
CiCH. bmnV SC^P. Die ^(i^in gepot, 6er 6Iaube, vnb bas
Vokc vnfer.
CCHCK IDte t?eiffen 6ie ^el^oi ^epot? Du folt ni<^t anöcre
<0dtter ^o&eit ic.
€€H(£H tPos ift bds ynii ctnet fummo gefaxt? S<£Qt>. IPtt
t9er6en baean ^Umt, wk vnt ons mit ^bcnäm, »orten pn^
iDercfen M6e& ^cn iSolt on^ bem nel^iflen Rotten follen.
ZDos [A3&] fin^ »ir 6ott f^fuIMg mit ^eöditcfen? 5£Q. Dos
mir y^m pon ^et^en pertramen.
C€H. XOqs mit morten? Dos mir feinen nrnnen onruffen
pn6 Q^ntbeftn,
C€H€H IDos mit mer(fen? SCQX>. Dos mir ber fflnöm mfiffi^
gelten pn6 <C5otts mort pleifjtg ^dren.
€€H. HOte fol id^ meinem ne^ificn Menen mit 9e5an<fen? S£Q. So,
boB \d} yI?>" Pon ^ertjcn (jünftia foy.
£€H<£K XDie mit morten? SC1?P. Dos it^ ni<l^ts or^es Pon ytfm
tcbc.
£€H£K. ITte aber mit irercfen? S€^. Was tct} pon yl^m tcfoben
w'xlf öosfelb fol id} yl^m aud} tt^uen.
£€K. Dennach nu aud; 6er menfd} foldfs pon yt^m felbs ju^oUen?
5(££). iHit nidjte, fon6ern <ßott mus fein 9na6e 6a5U ^eben.
£€H. IPomit erlangt man [AiijJ (ßotts ^ul6e? S(£Q. Ducc^ 6en
einigen glauben.
£€H(f rOas gleubftu? S(£^P. 3dj gleub an 6oU öen poter aU»
mcd}tigen tc.
Die Abdrucke geben genau die Origiuule wieder; ntir ist der Text
der Originale fbrtl«ufend gedruckt, wahrend hier In den Abdroeken je
eine Frage und Antwort einen Absatz bilden. — Di(> Drucke No. XIIII, 2
beivr. No. Xlll, l' sind nicht berücksichtigt. wr»il sie, wiv ans ihr^n Drnrk-
Mikrn ersiclitlii h wird, offenbare r^achdrucke sind und keine nennens-
werten Varianten haben.
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2a Johannes Tolts, ein BchuUehrer 11. Prediger der BefonnatiwuBcil 887
Abdruet aus der latefnisehen Ausgabe der
„Elementa pietatis".
(No. XIII, 1).
[Aijl €AT£CU18MV8 TEL CHRI8TIANI8MYS.
PAEDA606VS.
QVOT sunt Chiistiams neeessario addiseenda? FVER. Tria.
PAEDAGOGVS. Quaonam? PV. Decalogus, aymbolum apostolieum
et orado dominica. s
PAE. DecaloguB quis est? PV. Non hatebis Beos aUem» et
reliqiia.
PAE. Quid Jiaec dbi Tolnnt in genere? PV. FtaescribuDt quic-
quid oogitata, loqaela ac re ipaa tatn deo quam proximo ä
nobis praestandum sit. 10
VAE. Cogitaudo quid Deo debemuB?
VV I'idutiani cordifi.
PAE. Quid loquendo? PV. luuocationem a€ beoedictioiiem sai
nominis.
PAE. Quid operandol:* PV. Ferias canüs et auditum Terbi. is
PAE. Vt vero inser- {A2^ uiaui proximo cogitatione? PV. Si
quando ei px animo bcno roluero.
VAE. Quo modo autem liiigua ipsa? PV. quid simstre de ipso
ili<-ain. ao
PAE. (^uo pa< to öp.'iibus? PV. Vt quicquid mihi ipsi cupio üeri
hoc itidiin alijs tndam.
PAE. Sunt ne luiinanae vires tanto onpii paros?
l*V. Miüime, »od dexiro adiMxnie jii*i[iii i<» numiuo opus est,
PAE. Quid conüiliat homini diuinaiii gratiam? PV. Vna fides. 20
l*AE. Quid credis? PV. Credn in deum patrem omiiipott;ntem.
6 a. R. Bio. 20 [8 ff.] — 10 ». R. Hat. 22 187 ff.] — 21 a. IL Hat 7
(12]. — 25 ». R. Rom. 8. [28J.
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888 lUtteilungen d. Gea. t deutsche Bnlehunge- u. 6ci^«lge8ch. VIL
CO. Saft an mit f urt5en tpocteit/ voas bu von ^tt öem ooter ^Iciibfl.
SCQ. qHsmb ^entsli^, bos er aQe creaturen etfc^affen,
ouc^ bcs er olbs icgtce vnb cr^ott.
£€H. tOie pon <5ott 6em Soit? SCQ. Den ^olt ic^ oot meinen
5 einigen eclöfer pnb ^eylonö.
C€H. VOk heim fm ben ^eUi^en ^etfl? S(£QP. Des Hn gewis,
bds 6er menf<^ on fein einge^un^ pn6 mitn»icclun9/ öos aOer
minftc nic^t t^un fan.
C€K. U>ie rflffefhi ^tt an? S€^V. Vakt vnfer 5u bifl ym
10 l}ym^,
£<£K<CH. Perfaf os allcf- ynn ein fumma. SCQP. KürtjUd) bauon
$u rcöcn, Birten mir alles, fo vns an fcel vnb leib Don
ndtten ift, öod; 6er geftatt, 6a9 oUe nad) <Sotte5 miOen
geridjtet treröcn.
15 £€K Dos tft ein red}t 9e(»et, fonfl mdc^fiu nid^t n>ol fpredyen Umtn.
* *
*
[Aiüj] dauffr*
IParfimb be^erfhi 6es Cauffs? B^ICl) Barumb 6as y^n
Cl^riftus pnfer ^cylanö^ vnb bk en>i$e mor^t felbft ^at auff*
gefetzt.
» B. XDo 6a? B. ZUott^. am legten. ICanffet fte ym nomen 6es
X>alers, i>n6 6es Sons, i>n6 6es ^eiligen geiftes.
B. IDoi^u nfi^ct es? B. gu 6er feelen feligfeit, Denn toer 6a ^leubet
i>n6 ^etauffi wir6, 6er fol fefi^ oer6en, als er ons felbs ivfaQli,
8. QOas iß 6{e Cauff? 3. €s tfl ein ^eilig }ei<i^n, <5otts 9na6en
86 on6 eines busferüften lebens.
B. tPie Mcnimfla 6as? B2{tCQ. <BIeicf7 als wir ynn 6as n>a|fer
^etttud^t o66er 6amit begoffen, on6 [A4^] entlid} wibet I^eraus
gebogen iper6en. So auc^ foHen vir ^fc^tid^en bdfen Iflflen vn6
be9ir6cn, teglicl^ abwerben, on6 yn einem neiDen iDan6eI mit
8u C^riflo aufferfie^en, toad^fcn rn6 5un^emen.
B. mit n>em bQeugftu 6as? B. Durd^ 6en ^eiligen paulum su 6en
Kontern am fec^ften.
B« IDie lang tpert 6ie Cauff? B. Das gant^e leben aus, bis ynn
6en to6, 6enn man fol 6en alten Ubam Ymer6ar mit (£rifto
8B creii^gen, vnb ftc^ ol^eit 6es beften <5ott oerfeljen.
21 Matth. 2b, 19. — 82 Röm. 6, 4.
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28. JohAnnes Tolts, oin Schullehrer u. Prediger der ReformaUoiissoit, 389
PAE. Die suiaiiiaLüii ijuid certi liabeas de Duo patre? TV. Nou
dubito quiü ouiüia condiderit, foueat et seruet.
FA£. De fiUo Dei quid? PV. Hirne eredo esse meum adseriorom
ae Baluatorem. s
PA£. Quid Tero de apiritn sancto? PV. Mihi exploFatum est^
hoiniaem citra eiua adflatum ne tantilliim qaidem poBse.
FA£. Qua latione opem Del implo- [Aü]} ras? PV. Pater noster
qui es in coelis etc . lo
PAE. Bern omnem vno yerbo complectore? PV. In summa petimua
quaecunque vel anuno vei cotpori neoessaiia sunt» ea tarnen
lege, vt singula ad amussim diuinae Toluntatis exigamus.
PAE. Probe TOtum« neque enim aliter recte dlxeriSt Amen. a
[A3^1 BAPTIHlim
GATECHISTA.
Q\R petis lanacrum baptismatis? CATECHVMENVS. Quia id
ipsum CbristuB, Teritas et Salus nostra. iastituit.
C. \ bi ivdm'f Matthaei vltimo, BapLi^aiitea eoö iu uomine patria 20
et filij et Spiritus saiicli.
C. lü quem vsum? C. Ad saiutem animae. Qui enim, ft ipse
adfirniat, crediderit et bapisatus fuerit saluus erit, Marci Tltimo.
C. Quid est baptismus? C. Est Signum resipisoentiae.
C. Qui hoc intelügiB? 0. Sicut aqua immeigimur vel abluimur. ita
Teterem liominem, camiB inquam adfeetus, necesse est morti-
lieaie.
C. Testimonio caius? C. Diui Pauli ad Rhomanos sexto.
G. Quo Tsque duiat eins effectus? [Aiii]] C. Per onmem vitam,
Nam Semper adfligenda est caro nostra et nunquam non de
Deo patre per Christum in bonitate sentiendum. »
2 a. R. Gene. 1. Acto. 17. [26] — 4 a. R. Luce. 2. (II) Tit. 2. [13] —
7 a. R. Joan. lö |26| ■- 9 a. R. Mat. 6 [11 ft.J — 13 a. R. 1. Jo. ö [Uf.j —
20 a. R. Mat. vlümo. [2», 19) — 28 a. R Uar. 16 [lej ^ 81 a. R. Roma. 6 (4|.
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390 lütteauiigeii d. Gm. f. deutaehe Bniahimga- a. Sdnil^MclL VII.
(Besiniv't ]id)s and) iuit^e pnmflnMge finMcin su touffen? B. VOcbcMj
nt<^t Cl^riftus 6er ^crr i)at Gefprod^n, Caft 5ie fin6Idn 5U
mir fönten, bmn yl}t ift bas t^v^elreid;. ZHatt xix.
8. t)<ir$tt vdl <ßott fein ^nab 9«ben. B. Dnrd} Cl^riftum 3^efiitn
pA^*2IKK£K irnrfmib achcftu 511 05ones ttfdi, mein Kn6. K^ZID.
Das mid) nadj o^ottcf- and5 rcrlait-st
1" P;J2(H. tPic fo? H. Das id) ein armer *jroffcr junöer bin.
P^K. 5o t}öte id} tpol 6u ^eöencfeft öein ieb«tt ju Seffern, ü. 3a
P^21K. IPomit bas? Ii. Durdi 6cn erlaub«» an vibrijtum j^cfum.
p. ITaju fol 6ir bcmi öas Sacromcnl? K. Soldjcn ^Iaul)en öamit
i** 5uftercfen vnb Dcrnenjcn,
P. IPos ifts Dor ein Sacrament? 'KJ €s ift ber xvavc loib rnö
bas matt blut Pitfers [Aö^] Ikben i}crrn jbeiu tbrifti rntcr
ober mit bcm broö rn6 trein, t»ns C^nft^leubi^en cffcn pnö
triiicfcii von Cl^rifto folbs ciiujcfatjt.
^' Pj^<^. Jft 6i»5 nu genug? Ii. Ztcin iraipn, [oiiöcrn idj rnus 6er
pcrlyeiffung (£1)li)Ii gkuiben.
P^. IDeIdye ift es? "H. ZTemlid? bk, Zumct, cfjct, öas ift mein leib
6er für eudf 0eben n>ir6, Pes gleidjcn com feldj, Das ift 6er
fddt 6es neigen Ceßaments \nn meinem I)Iut^ 6as für eu^ t>n6
^ . M. pergoffen mir6 }U oergebung 6et fuit6en, foldjs tt^uet^ fo offt
yfy[ irincfet; 5U meinem 9e6ed?tnis. TSlait, xxvi.
pj2{H. XOie 9e6enA man 6es to6e9 Ct^rifti rec^t? K Qnn bem 6as
tnt 6en felbtgen als ein ^nu^tl^uung für alle fun6e, Ye6erman
oecffinöt^en, (£^fto 6em Qerm ynn lief) on6 Id6 noc^jfol^en rnö
"> gleichförmig oei6en. ^ Cor* xi.
P^2ÜIS(£S St^e 6as 6u oon ^^en gleubefi, ime 6u mit 6em
munöe befennefl, 6enn 6arattff loil läf 6tr 6as ho<^nnr6tg Sacra*
ment reic^n vnb mitteilen, (ßott porlef 6ir ^eyl onö feligfeit ^aju.
Vftxt allen feinen ausenoelten btxtdf C^nftum, TXXtl^TX.
Ö Matth. 19, 14. — 26 Matth. 26, 26ff. — ao 1. Cor. 11, 26 ff.
vnfem ^eyknb. ^men.
[AvJ
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2b. Johaunes Toltz, ein SchuUehrer u. Prediger der Reformationazeit. 391
C. (Jüügruit De etiam hoc symbolum lactentibus recena natis?
C. Quid ni, Enim uero Christus dixit, Ne prohibeatis pueros
ad me venire, taliuni est enim reg;num cuelorum.
C. Ciementissiiiius Dens bene coepta secundet. C. In Christo Jesu
seruat^re nostro Amen. ft
[A4''J EYCJUBISXU.
PASTOB.
QVid accedis meDsam Domioi. mi puer? OVIS. Quia ad fbaorem
Dei adspiro.
P. Quid ita? O. Nempe quod mole peccatorum praemor. lo
P. Certum igitur est resipiscere? O. eciam Domine.
1*. Qua nani? O. Per tidem Christi.
P. Ad quid vero tibi symbolum conferl? O. Ad eiusmodi fiduciam
corroborandam, instaiirandamque. is
P. Quid est sacramentnm Altaris':* O. Est Neruni corpus et verus
sanguis Doniiui nostri Jesu Christi, sub pane et vino nnbis
Christicolis ad luaaducandum ac bibendum ab ipso Christo
institutuiii.
P. 1(1 ne ü08se et facere satis est 0. Mioime, verum [AvJ oportet
rae diuina»' pnlli«'itacioni credere.
P. Cniusmodi est illa? (). Ea nimiriim. Acci|»ite, edite, hoc ebt
corpus meuiu quod pro voliis datitr. Ad euudem modum de
calice. Hoc poculum uouuui TeäUimeüturu est in meo sanguiue.
qui pro vol)i9 et multis funditur in remissiunem peccatorum, 2r,
hoc facite iu luei rouuneiuoratioiieni.
P. Quo pact<i mortis Dominicae. quis probe meminerit':' O, Nenipe
vt eaiu ipsani oinnis peccati ex{üationem cunctis praediceia,
adeoque et sufferendo et diligendo Christum ipsimi referam.
PASTOR. Quod proAteris ore. fac credas corde, eo enim nomine,
iatud saeramentum tibi impertiam, Deus optimus Maximus bene
vertat.
O. Credo Domine, Chmtus Jesus mihi fldem adaugeat, P. AMEN.
3 ft, R. Mat 19. [14] — 18 a. R. Bom. 8. [28J.
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392 Mitteilimgea d. Ges. f. deutsche Enieimugs- u. SSehulgesch. VIL
29.
Der erste OrganiHationsplan der „H'öliem Oewerb-
schiile^^ zu Chemnitz aus dem Jahre 1836.
Von Dr. X. Vcttrn, Lehrer an den teelinlechen StutelehreneUUten in
Chemnits.^)
Die heutige ,li»iliore (Jcwt i bschule'' zu Chemnitz, flereu
erster Ort^aiiisationsplan hiüruutiT /.um Alxlruck gekiugt, Iic^muu h\a
mittlere Uewerbschule mit Ostern 1836 ihr erstes Schuljalir. Die
holie Staatsregierung hatte, wie aus einem i>ei den Akten der Au
stalt befindlichen Schreiben der Kreisdirektion zu Zwiclcau vom
12. Februar 1835 an den damaligen Amtshauptmann von Polenz
hervorgeht, ursprünglich beabeicbtigt, in Chenmite eine , höhere
gewerbliehe Büdungsanstalt nach dem Miuter der in Dresden be-
stehenden" KU ertiehten und dafür einen j&hrlichen Zuschuss von
4000 Thalein aus Staatsmitteln in Ansprach su nehmen. Ausser-
dem sollten an yerscfaiedenen Orten» und zwar zunächst in Plauen,
Leipzig und Zittau, als den Hauptpunkten der industriell hervor-
ragenden Landesteile, mittlere Qewerbschulen errichtet Verden.
Der beantragte Zuschuss you jährlich 4000 Thalem fOr Ghenmitz
hatte die landständische Bewilligung nicht gefunden, es waren viel-
mehr der Rogierung im Ganzen 3000 Thaler zur Errichtung von
mittleren Qewerbschulen zur Verfügung gestellt worden. Nach
reiflicher Erwägung und längeren Verhandlungen mit dem Stadt-
') Die folgende Arbeit war ursprliii^liili bestimmt, einen TpW des
dritten (Suchsea-jUettes zu bilden. E» be»tuud die Absicht, iu diesem, der
diesjährigen deutachen PhilologouveraAmmlung gewidmeten Hefte alle Typen
■iclMieeher Unterrichteanstaltea durch kleine historieche AufUltio oder
Abdrucke von uriaindllchem Material vorzufahren. Ans Mangel an Raum
— einzelne der angenommenen Arheiton liessen «ich nicht zusammen-
streichen — musstc auch die Einfügung dieser bereite im Satz vorliegenden
Arbelt unterbleiben.
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29. Der erete OrgtuiisatioDsplan der .Uüheni Uew erbschule " etc. 393
rat besehiuss das Köniirliclie Ministerium des InntTii. oiiif miiilerü
(lewerbschule zu Chemuitz unter ripwahrimg von jährlich 1625
Thalern aus dem bewilligten Fond und eines einmaligen Betrages
von 1500 Thalern zur ersten Kinrii^htung unter der r.edinunmg zu
gründen, dass die Stjult Cheniaitz ein geeignetes Uiiterriclitslukul
dauernd und uiieiitgeltlich zur Verfügung stelle. Da die Stadtver-
tretung auf diese Bedingung einging, und der nunmehr zwischen
den Königlichen und stadtisehen Behörden abgeschlossene Vertrag
ebenso wie der vorgelegte Organisationsplaii die AUeriiOcbtte Geneh-
migung fand, lioimte die Anstalt am 2. Mai des Jahres 1836 er-
Oflbet Verden.
Zur Gew&hning eines llttclitigen Einblicks in die Entwiclceliing
der vor 61 Jahren begrOndeten Schule magen einige loirze An-
gaben ttber den gegenwi^tigen Zustand derselben dienen: Die
.Königlich höhere Gewerbschule" ist derzeit die erste der unter
dem Kamen ^Technische Staatslehranstalten* vereinigten Schulen.
Sie zerfftllt in Abteilungen fttr mechanische Technilc, chemische
Technik, Hochbau und Elektrotechnik, die ihr Pensum in jfVs bezw.
4 Jahren erledigen.
Zum Eintritt in die Höhere Qewerbscbule berechtigt der Be-
sitz des Freiwilligenzeugnisses, vorausgesetzt, dass auf demselbea
Mathematik und deutsche Sprache mindestens mit 2b zensiertslnd. oder
das Bestehen einer entsiire( henden Aufnahmeprüfung. Der Nachweis
vorhergegangener praktisrtu r Thätigkeit kann insofern als Auf-
nahmebedingung gelten, als bei dem derzeitigen Andränge zur
'schule in erster Linie junge Männer, welche eine gewisse Praxis
lünter sich hab<>u. Berücksichtigung ßnden.
Von den mein* als 1000 Schülerii. welche die Techniselien
8tiiatslehran.stai(en jährlich besuchen, entfallen ungefähr 350 «auf
die Höhere (Qewerbscbule. Zu bemerken ist hierbei, da.ss sämt-
liche Schulen viole Aspiranten (Ostern 95 die rjewerhsehiile
allein 74) toils u»'i;en l'laf/.niHugelö, teils wegen ungenügender Vor-
bildung Zill iirk weisen mussten. Diis Schulgeld beträgt bri der
Höheren tiewerbschule für IJeiciisdeutöche 120 Mark, für Ausländer
240 Mark jähiUch.
OrgaiiiaationMplan fttr die Uewerbticliale zu Cbemnitx.
§ 1.
Die Geworbschule zu Chemnitz hat den Zweck, Denjenigen, Hl« sich
dem prnktisclu'n Gewcrb?lob'^n im Bereiche des Handwnrk'- odor l'ahrilc
betrieben zu widmen tr» lit nk. u, G(.'lejrenh»'it zu einer i!ii\u l!>'ilürtni>.seii
entsprechenden wissensoiuili liehen Ausbildung darzubieten, und dadurch ins-
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394 Mitteilungen d. Ges. L deutsche Erziehungs- u. Sehulgeach. Vll.
besondere zur YcrToUkommnuDg des vaterländischen Gewerbwesens bei-
zutragen.
Der LehilcreiB der Anstatt imtBclilieist jedoeb die tedmbeiieii
Wissenschaften nur bis za dem Punkte, bis za welchem die Kenntnis der>
selben fttr den rationellen Gewerbsbetrieb flberhanpt Bedfirfhis ist, indem
das hdbcre und umfassendere Realstudium den daftlr bostimmten allgCo
meinen oder besonderen Bildongsanstalten Torbehalten bleibt. <
s .
Die Sonntagsschule des Handwerkervereios za Chemnitz wird mit
der Gcwerbsi-hule insoweit zu einem Ganzen vereinifjt, al? sie in geeig-
neten l' illlen die Stelle einer Eleineatur- oder Vorbereitungsklasse vertritt.
I)i('sell)p steht nat-h wie vor unter der bt'sonderen Leitung und Auf-
sicht des Ilaadwerkervereius und behalt iia wesentlichen ihre dernialige
Einrichtong.
Pie SonntagsMshnle soll xunldist Handwerksgesellen und Lehrlingen,
die sich mit den Elem«iten der JlCathematik und Zeichenkonat neben ihren
praktischen Bemfisarbeiten bekannt machen und flberhanpt ihre in der
Volksschule erlangten Kenntnisse befestigen nnd erweitern wollen, die Ge-
legenheit hierzu darbieten.
Sodann sind aber auch Diejenigen, denen es für die Teilnabrae an
dem Lnteniebtc in der (rcwerbsrbnie noch an der erforderlichen Vor-
bildung gebricht, an die Sonntagsschule zu verweisen.
Desgleichen ist solchen Schillern, die sich swar die fttr den Eintritt
in die Gewerbachule flberhanpt erfbrderliche Fertigkeit im Lesen and
Schreiben angeeignet haben, die aber in der mflndlichen nnd schriftlichen
Handhabung der Hnttersin'ache noch mehr oder weniger zu wflnschen
flbrig lassen, die Anftiahme in die Gewi rbs( hulo nur nnter der Bedingung
zu bewilligen, dass sie gleichzeitig auch die betreffenden Unterrichts-
stunden bei der Sonntagsscbule besuchen.
Die Gewerbschule zerfallt in drei verschiedene Klassen, von denen
jede auf einen einjährigen Kursus eingerichtet ist, daher denn auch der
gesamte Unterricht der Regel nach einen dreijährigen Kuri^us umfasst.
§ 4.
Die unterste oder dritte Klasse bezweckt die Erlangung einer all-
gemeinen Bildung in den Anfangsgrflnden der Mathematik, l'hväik nnd des
Zeichnens, ohne die q»eiielle Biehtung aof das technische, mechanische
und chemische Studium, welche der Unterricht in den beiden oberen
Klassen verfolgt
§ 5.
Die zweitr oder mittlere Klas^ie ist srbon mehr der Vorbereitung
auf das praktisch-mechaiiischc und chemische Studium gewidmet, und es
sind Geometrie, Trigonometrie etc., theon tische Chemie und Maschinen-
zeichnen hauptsächliche Untcrrichtsgcgcnstünde derselbeu.
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29. Der erste Orgfuiiäatiousplan der .Uöfaem Gewerbschule" etc. 395
Beide unteren Klassuu werden mit Erf*»lg von rlenon zur Vorbereitung
benut7t werde» können, welche siel» zur Pharmazeutik i>der Kaufmann-
schaft, zum Studium des Berg- oder Bauwesens, der Forst- oder Land-
wirtschaft ftnf den dam bettimmtea Anstalten aasbüden vollen.
§ 6.
Die erste oder oberste Klasse hat hauptsaclilicii die mechanische
und clieniisciie TeebnOc, ab Grundlage eines rationellen Geweibbetriebs»
zum Zweck.
Ob sie daher gleich nnr bis an dem Punkte führt« wo die obere
Abteilung der technischen Bildnngsanstalt in Dresden beginnt, so wird
dorli ;mf die letzterer vorbehaltenen praktischen Uebnngen bei der Gewerbe
schale za Chemnitz, soweit thanlicbp Bedacht genommen werden.
Der Lehrplan stinunt mit dem der unteren Abteilung der Dresdner
Bildungsanstalt in der Hauptsarhe fiberein, nnd es Wird im Laufe des
ordentlichen dre\jähngeu Kursus gelehrt:
I. In der unteren Klasse.
1. Beschreibende Geometrie wöchentL 3 Stunden.
2. Zahlen- und Buchstabenrechnunp bi«? zu den
quadratischen Gleiehunpen, iiigi. dvii arith-
metischen und gLouietrischen Progressionen „ ö ^
3. Experimentalphysik mit einem Vortrage ttber
Nalnrknnde in technischer Begehung nnd
über die Anfangsgründe der Chemie ... „ 4 „
4. Projektionslehre und Schattenkonstmktlon,
Zeichnen nach Vorlegebliittern „ 6 .
5. Freies Handseichnen (in allen Klassen gleirh-
zeitig) „ 12 »
II. In der mittleren Klasse.
1. Geometrie (Lonpometrie, Pliininietrie, Stereo-
metriel. vhviu' nnd sphnrisdie Trigonometrie.
Lehre von den Kegelschnitten „ 5 „
2. Theoretische Chemie „ 3 -
3. Zeidinen nach Mascliinen, Modellen, Tor-
legeblftttem, PerspektiTe „ 8 „
4. Freies Handzeichnen (gemeinschaftlich) . . „ 12 „
ÜL In der obersten Klasse.
1. Maschinenlehre, TerbundenmitmalfaematiBcher
Plqrsik nnd der beschreibenden Darstellung
der hauptsächlichsten mechanischen Gewerbe ^ 12 „
2. Allf^emeine teclinische Chemie, verbnnden mit
der br-'ichroiln'iKlt'n Darstellung der vorzdg*
liebsten chemischen Gewerbe „ 3 „
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396 Jtfitteiliuigen d. Ges. t deutsche Erziehungs- u. Schulgeach. VII.
3. Praktisch-chemisrhp Uebunfren wöchenU. 8 Stunden.
4. Mathematisches Zeicliuen ^init der 2. Kla&se
gemeiasdiafliiGh) ^ 6 «
5. Freies HandzeichneD (gemeinschafUidi) . . ^ 12 ,f
6. NaturiniBde (technische HinenJogie nnd a]l>
gemeine Prodnkteolefare) , 3 „
Der üntemcht im srchitektonisclien Zeidmen and in der fransd-
sischen Sprache bleibt fttr jetzt von dem Kreise der Lehrgegenstände ans*
geschlossen nnd, was letztere anlangt, dem Privatnnterriclitc Qberlassen.
Der oben mit aufgoführtp Unterricht im freien Uandzeichnen wird
für jetzt in drr auf den Etat der Gewerbschule überKclienden Kästncrsi luMi
Zeichenschule unter Erweiterung der Lchrstunden ortcilt, aucli kann der-
selbe noch ausserdem bei der Sunntagssrhule mit benutzt werden.
§ 8.
Es wird vorausgesetzt, dass Diejenigen, welche mit der Absicht in
die Gewerbschule] eintreten, um sich eine vollständigere, technisch-wissen-
sebaftliche Ausbildmig anzaeignen» den ordentUchen Lehrkarsns jeder
Klasse Tollstindig imie halten.
Sollte jedoch bei einzelneii Schfllem wegen ihrer besonderen Yer-
hiltlliase es fttr wttn^olionswi i t gi lialtr-n werden, hiervon eine Ausnahme
zu machen, so haben sie sich behufs der fb Stimmung der für sie passenden
Unterrichtsfdcher am Anfange jeden Lehrjahres nn den Vorsteher zu
wenden, der ilincii, unti r Kürksprachf mit dpn betrelTciiden Lehrern, so-
wie mit tliurdii lister lierüiksiclitigimi: ilircr Yt-rhältaissc, die erforderliche
Anweisung erteilen wird, welcher sicli der Schüler zu unterwerfen hat.
Nicht minder haben die Lehrer solche SchtQer, die in der schrift-
lichen Handhabung der Hntterq»rache noch nicht die erforderliche Uebnng
nnd Festigiceit besitzen, zum Besuche des dentschen Sprachonterrlchts an-
zuhalten.
§9.
Um in die Aii-^falt aufgenommen zu werden, wird erfordert:
a) ein Alter von wenigstens 11 Jahren;
b d( r Nai hweiäi der erfolgten Sehutzpockeiiimpfung;
c) geliorige Benutzung des früheren Schulunterrichts und namentlich
Fertigkeit im Lesen, Schreiben nnd den gemeinen Rechnungs-
arten;
d> die erfolgte kirchliche Konfirmation.
Der Aufzunehmende hat sich hierflber durch Beibringung der ge-
hörigen Zengnisse, sowie wegen des Erfordeniisses unter c durch eine
Prüfung vor dem Lehrervereine auszuweisen.
§ 10.
Erwachsene und in selbständigen Verhältnissen stehende Personen,
welche an einzelnen rntt'rrichtsfärh' rn 'IVil zu nehmen wtinschen, können
dazu von dem Vorsteher Erlaubnis erhalten.
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89. D«r erste ürgaiiiaatioiisplaii der »Höhem Gewarbschnle* etc. 397
Sie werden als blosse Zuhörer betraditet und sind den Schnlgesetzen
nielit unterworfen.
§ 11.
Bei der Aufnahme verpflichtet sich der Schiller mittelst Handschlags
zur pünktlichen Befolgnng der ihm bekannt zu machenden Gesetze der
Anstalt, von denen ihm gleichzeitig ein Exemplar einzuhändigen ist.
§ 12.
Jeder Srhfller tritt in der Regel in die unterste Klasse ein, wenn
ihn nicht die in di r einen oder anderen "Wissenschaft liereits erlangten
und bei der Autnabmepnuuiig bewährten Vorkenntnisse sofort zur Teil-
nahme an dem Unterrichte in einer der höheren Klassen befähigen.
Für die minder Vorbereiteten und Diejenigen, welche bei dm
Untorriclite hmter den üebrigen zarttck bleiben, werden, dafem thnnlich,
▼on den Zöglingen der oberen Abteilung, gegen ein billiges Honorar, Vor«
bereitengs« und Repetitionsstanden erteilt werden.
§ 18.
Der üebergang ans einer unteren in eine höhere Klasse erfolgt nich
der m Ostern jeden Jahres stattfindenden PrOfium und ist nur solchen
Zöglingen gestattet, welche ihre Befähigung dazu, nach dem Urteile des
Lehrervereins, genügend beurkundet liaben.
§ 14.
Von den Schfllem ist fÖr den Uuterhciit ein Honorar zu ejitncliten,
dessen Betrag vor Anfang eines jeden Lehijuhres beütimmt werden wird
und in der untersten Klasse bis auf weiteres 8 Thlr., in der niitftleron
10 Thlr., in der obersten 12 Tblr. jfthrUch betrogen soll.
Der gftnzüche oder teilweise Eriass der festgesetsten Geldbeitilge
auf den Grund bescheinigter Mittellosigkeit bleibt anf die Anzeige des
Vorsiehers der Sehol-Kommission vorbehalten«
§ 15.
Der Au'itnft aus der Anstalt erfolgt:
1. durch Entlassung nuch Ablauf der Zeit, die für die Aus-
bildnn<r des Zöj?ling8 bestimmt gewesen ist;
2. durch Entlassung wegen Untieissies;
8. durch Ansschliennng als Strafe, in den dorch die GesetaEO
der Anstalt bestimmten Fällen.
§ 16.
In dem § 15, No. 1 gedachten Falle ist dem abgehenden Sdifller
ein Zeugnis anszn stellen, welches teils über die von ihm an den Tag ge-
legte wissenschaftliche Befilhigung, mit Rücksicht darauf, ob er eine all-
gemeine Tind vollständige, oder nur eine teilweise Ausbildung geancht und
erhnUi'u liat, teils über sein sittliches Verlialtt ti Auskunft giebt.
Solche, die wp^en TTntl»'isses entlassen oder mr Strafe ausfie-^eldosst n
werden, haben auf ein Abgangszeugnis keinen Ansprucli, oder erhalten nur
ein Zeugnis, in weiefaem der Entlassnngsgmnd angegeben ist.
üittoiluitgc-n d. (je», t, dcuisriie Kr^k'li.- u. .^ehuli^eschichio. VII l 181*7. 2Ö
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598 Mitteilungen d. Ges. f. deutacho Erzielmugs- u. Bcimlgesch. VIL
§ 17.
Für die Beaufsichtigung der Gewerbschule, in Unterordnung zunächst
unter dfo Ereisdif«lrtioii, irfrd ein« Sdmüioiiiiiiiaaioii gebildet, welclie be-
Btebt ans
einem Komminar der Staatsreglening»
einem BGtgliede des Stadtrats,
dem Vorsteher der Gewerbschule und
einem IVfitgliede der Einwohners< haft, welches die Stadtverordneten
innerhalb oder ausserhalb ihres Mittels je für die nächstpu
sechs Jahre zu walilcn und zur BestfltijsniTip zu präsentieren
haben. Für dieses Mitglied wird jedesmal ein Stellvertreter
gewAtalt, der in BelündeniagBfiUlen an den Sitnu^^ der
Kommission Teil nimmt
§ IB.
Im allgemeinen gehurt zu den Geschäften der Schul-Kommission :
die Beaufsichtigimpr der Anstalt im allgemeinen, in Beziehung auf
den Gang des Unterrichts, die Disziplin etc.;
die Erstttttnng jahiüeber Anseigen Uber denZaslnod derGewerb-
scbnle nnd die bemericenswerten Ergebnisse des Terflossenen
Ldiijahres, welcbe dnrcb die Kreisdireiction an das Ministerinm
gelaiifjren;
die Eröffjmnp: gutachtlicher Vorschläge wegen Besetzung erledigter
LehrerstcUen, Veränderangen im Lehrplane and in der Ver-
fassnnp dfr Anstalt;
die Ansf hatfunü; von Bedürfnissen zur Vervollständigung der Lehr-
mittel, soweit die Krilfte der Schulkasse hinreichen;
die Bewilligung von Erlassen an anbemittelte Sdittler;
die ErOlliittng gutacbtlicber Vorschläge wegen Bewülignng von
Prftmien nnd Belobungen an ansgezeichnete Scbfller;
die Oenebmignng nnd Vollziehung der Abgangszeugnisse, welcbe
von dem Vorsitzenden der Söhulkommission und Ton dem Vor-
steher gcmeinschaftlieh bt w irkt wird;
die KontroUicninjr des Kassenwesens;
die Oberaufsicht über die Sammlungen.
§ 10.
Die unmittelbare Leitung der Gewerbschule liegt dem Vorsteher der
Anstalt unter Mitwirkung des Lehre rvereins ob.
§ 20.
Der Yorsteber hat im allgemeinen über die Yollziehunc: der Gesetze
der Anstalt und über den ordnnnfrsmässigen Gang des Unterrichts zu
wachen. Er leitet die Beratungeu «les Tiehrt rvereins, beruft die ausser-
ordentlichen Vei-sammlungen desselben, verfiissl und vollzieht die an die
Schttlkommission zu richtenden Anzeigen in den Fällen« in denen der
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29. Der erste Organisatiunsplan der .Höhom Gewerbachule*' etc. 399
mündliche Vortrag bei selbiger nicht ausreicht, und hat, soweit nicht die
Kompetenz der Schulkommission selbst dabei eintritt, den amtlichen Ver-
kehr zwischen der Anstalt und den zu ihr in Verhältnissen stehenden
dritten Personen za besorgen.
§ 21.
Der Lehrerverein besteht aus dem Vorstelier als Vorsitzendem und
deiycnigen Lehrern der Anstalt, welche die vorgesetzte Behörde dazu
6raeiuit.
Die Ztiaehong anderer, als der dem Lehrenrereiiie in der Eigeii-
aekaft ordenüicher Mitglieder aagelUVrenden Lehrer mit beratender Stimme
bei einzebien in ihr UnteiTiehtsfiush einsdilaj^nden Gegenständen bleibt
dem Vorsteher Torbehalten.
§ 22.
Die GeschMte des JLehrervereina sind:
1. die Aufnahme neuer ZOglinge und deren Einweisung in die
betreffenden Abteflnngen und Klassen, wobei jedoch, wenn es
sich um die Aufiiahme von Ausländern handelt, zuvörderst die
Genehmigung der vorgesetzten Behörden einzuholen ist;
2. die Besclilussnalime liber das Aufrücken dfr SchtUer aus den
unteren in die oberen Ahtcilnngen und Klassen;
3. der Vorsriilag zu Pramienverteihins^en;
4. die Ausstellung der Abgangszeugnisse, welche dem Vorstande
der § 17 ^pnannt«'n Behönle zur Vollziehung vorzulegen und
von dem Vorstelier zu kontrasigniereu sind;
5. die Handhabung der Sehuldisziplin nach Maassgabe der Ge-
setze der Anstalt;
6. die Er(yffnung gutachtlicher YorschUge über etwaige YerSn-
deningen in der Organisation der Anstalt, in den Gesetzen
für die Schttler und in dem Lehrplane, sowie ttber die Ter*
Tollstandignng «ler materiellen nilfsmittel des Unterrichts und
der zu dem Institute gehörenden Sammlungen.
§28.
Der Lehrerverein versammelt sieh regelmftssig alle vierzehn Tage
und ausserdem so oft, als er von dem Vorsteher oder auf Veranlassung
des Kommissars zusammenbemfen wird.
§ 24,
Dem Vorsteher sowie den zu dem Lehrervereine gehörigen Lehrern
liegt es ob, auch die Privatstudien der Schttler und deren sittliclies Be-
tragen, so weit thunlich, zu beauftichtigen.
Zu dem Ende sind die letzteren dergestalt unter die betreffenden
Lehrer zu verteilen, dass sich jeder derselben der Spezialaufsicht Aber
eine bestimmte Anzahl von Schttlem zu unterziehen hat.
2«*
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400 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgesch. VII.
1
§ 25.
Die mit der iinätait künftig etwa zu verbindt ndt n Sammlungen, in-
gleichpn das chemische Laboratoriam stehen unter der speziellen Anfsicht
der damit zu beauftragenden Lehrer. Die Art und Weise ihrer Benutzung
dmdi die ScbOler, soivfe darcii das grönere PabUkam wird dnrdi beBon*
dere BegalatiTe bestimmt w^en.
§26.
Der Königl. Kommissar Ist bestimmt, die Verbindung zwisebea der
Begierang and der Anstalt sa erbstten. Er bat das Becbt, an allen
Sitmngen des Lebrerrereiaa, inglelcben an allen Yerbandlnngen der Schal-
kommission Teil za nehmen, and Ahrt solchenfalls in beiden den Vorsitz.
Aach bedürfen alle Berichterstattangen der Srlmlkommission seiner Teil»
nähme und dt-sfalliuc Beschlüsse wenigstens nacliträ^dicher Genehmigung.
Dagegen stellt es dem Kommissar frei, in vorkommenden Fällen
ohne Kunkurrenz der Schulkomroission Berichte über den Zustand der
Anstalt an die vorgesetzte Behörde zu erstatten.
§ 27.
Der vorstehende Organisationsplan tritt mit dem nach Ostern dieses
Jahres beginnenden Lehrjahre in Wirksamkeit.
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oO Z. Ccsch. d. Prinzen- u. Prinzessinnen-Erziehung d. Hohenzoiiorn. 401
30.
Zur Geschichte der Prinzen- uud Pnuzessinuen-
Erziehung im Hause Hohenzollern*
Das seit geraumer Zeit für die Ausgabe der M. G. P. in An-
*jiitV goiiüinmeuo Wt-rk ist, uaciideiii leider mehrfache Hinderniase
üt'u stetigen Fortgaug der wichtigen Arbeit aufgelialteu hatten,
endlich soweit gediehen, dass jetzt ein Ijesserer Ueberblick über
den Umfang des Werkes möglich ist. Dieses wird in drei
MoDumeDtabändea eracheinen; ausser dem Urkuodenmaterial liegen
für die einzelnen Bftnde bereits TeUe der Darstellung, die den
Urkundentoxten Torausgehen sollen, vor.
In die Arbeit liaben sieb geteilt der Geh. Ärcbivrat Dr.
Grossmann, der Kgl. Haus-Arclilvar Dr. Schuster und Prof. Dr.
Friedrich Wagner in Berlin. Beim weiteren Vorracken der Arbeit
waren innerhalb des Vorstandes mehrfache Bedenken ge&ussert
worden. Erstens ob die Gesellschaft sich erlauben dürfte, ohne
ausdrückliche Genehmigung Sr. Majestät des regierenden Königs von
Preussen die Herausgabe zu untemelunen. Eine Genehmigung war auch
8. Z., als die Arbeit begonnen wurde, von dem hochseligen Kaiser und
KGntg Wilhelm dem Grossen nicht eingeholt worden, dem Vorstand
war aber bekannt geworden, dass Se. Hajestat der Kaiser Friedrich
noch als Kronprinz dem geplanten Unternehmen warmes Interesse
entgegeogebraclit hatte.
Zweitens schien es zweifelhaft, ob für den Fall einer Erlaiilmis
der Herausgabe die ( iir/elnni Herausgeber und der Leiter der
Monumenta QermanLae Paeda^ogica aus eigener ^laclitvoUkommen-
heit die Auswahl aus den angesammelten Materialien für die
Veröffentlichung treffen dürften, oder ob es nicht nötig sei, fli- s
unter dem Schutze und Deistand eines von 8r. Majestät zu erliit-
tenden Beirates zu thun. Uel)er dl^^^c Punkte hatte der Herausgeher
der M. G. P. mehrfach Gelegenheit, mit Sr. Excelleuz dem Herrn
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402 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgescii. VII.
Kultusminister Dr. Bosse mündlich zu veihandelu. Einer Aureguiig
Sr. Excellenz folg^Mid, hatte unser daiualiger Vorsitzender, der fiirst-
bischöfliche Delegat unil ai)usioli.st'he Protonotar Propst Dr. Jahuei
an den Herrn Minister am 19. Oktober 1896 eine Eingabe gerichtet,
in -weither Se. ExceLlenz gebeten wurde, die Allerhöchste Erlaultnis
zur Herausgabe des Werkes hochgeneijjtest zu vennitteln und die
Frage über die Notwendigkeit eines Beiiates in Erwägung ziehen
zu wollen.
Am 25, Jan. 1897 gelangte der Bescheid des Herrn Ministers
an den Vonitzenden, in veldiem der Vorstand der Gtosellschaft
ersoelit ▼urde,
„behufs etwaigt 1 Einreichung au AllerhrK-hster Stelle den
Plan des Unternehmens in übersichtlicher Zusanmien-
stellung vorzulegen. Neben eingehender Darlegung Uber
Zweck, Inhalt und Ausfahrung des Werkes werden die za
beracksichtigenden Personen und wissenschaftlidieii Quellen,
sowie auch die zeitliche Grenze, bis tn weicher die Fort-
fOhrung beabsichtigt ist, genauer zu bezeichnen sein."
Dem Wunsche des Herrn Ministers wurde durch Ueber-
reichung einer eingeiienderen Darstellung entsprochen. Im weiteren
Verfolg der Angelegenheit unterbreitete der Chef des Civilkabinets, ,
Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Rat Dr. von Lucanus. Sr. Majestät
dem Kaiser und König den Plan und die Bedenk* ii der Gesellschult
zui' Ailergnädigsten Keuutnisnahmo und Entscheidung.
In einem Schreiben xoni 8. Oktober 1Ö97 teilte darauf Se.
Excellenz der Herr Minister Hosse dem Vorstand mit,
„dass Se. Majestät der Kaiser und König von dem vor-
gelegten IMane zur Ileranngabo eines Werke? über die
(Jeschii lik- der Prinzen- und Prinzessinneu-Erzieliung im
Hause llulienzoliern Alierguüdigst Kenntnis genoimneü und
zu genehmigen geruht haben, dass von der Ernennung
eines Beirates zur Prüfung des eitigeliefert^n Manuskriptes
und zur Beratung über die äussere Gestaltung des Werkes
Abstand genommen werde. Einer Allerhöchsten Erlaubnis
zur Herausgabe de«? Werkes l>e(larf es nicht; wegen der ^
Benutzung des K<>iiil;1: lien llausarcliivs fiii- die Zwecke des
Werkes hat der Herr Minister des Königlichen Hauses das
Geeignete veranlasst."
Da der Vorstand glaubt, dass den Mitglii deru nähere Mit-
teilungen Uber das Werk erwünscht sind, so giebt er aus dem
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80. 2. Gesch. d. Prinzen- u. Priuze8suineo-£r«iehujig d. HohensoUeni. 403
Sr. Exfellenz dem Herrn Kultusminister lür den Vortrag' l)ei
Sr. Majestät bostimmten Schriftstücke die folgenden Mitteilungen.
Zunächst wird einleitend in dem Berichte kurz liervorgehoben.
Avas die Gesellschaft für deutsche Eraiehungs- und Schul ireschichte
für das Kapitel deutscher Fürstenerziehung bereits ^el< i>t»'t habo
und darauf hinirewieson wie re(;ht Prof. Dr. K. Kclirbach liatte, als
er in seinem iiurzgeiassteu l*hine der Monum. Germ. Paedag.
1883/04 Darstellungen zur Geschichte der l'nuzi n- und Prinzessinnen-
Erziehnng in den deutschen Fürstenhäusern, das Haus Habsburg '
eingeschlossen, als integrierende Bestandteile der Mon. Genn. Paedag.
aufnalim und mehrfach seiner Verwunderunj; dariil)er Ausdruck gab,
dass diesem Gebiete historischer Forschung bis dahin uirgends eine •
der Wichtigkeit des Gegenstandes angemessene Werischätzung zu
teil geTV'orden sei. Denn nicht nur für die Geschichte des Erziehungs-
.und Unterrichtsweseu seien diese Arbeiten Uber Fttistendncielnuig
wichtig, sondern auch fttr die politische Geschichte» da manche
politische Ereignisse ihre Begründung und Erklärung zuweilen nur
finden könnten in den GrundsAtzen, nach denen die Erziehung des
Staatsoberhauptes geleitel worden sei, und in den Stoffon, die der
Unterrieht dem jungen Forsten dargeboten habe. Das SchriftstUek
führt dann weiter aus, dass nach den bisher gewonnenen Resultaten
die Erziehungsgeschichte des erlauchten Hauses der HohenzolXem
nach yersehiedenen Bichtungen hin ganz besonders wichtig sei und
vor allem geeignet sein werde, im Volke VerstiUidnis, Verehrung
und Treue für unser Herrseherhaus zu erwecken und zu mehren,
indem sie einen Einblick gebe in dessen gewissenhafte und hoch-
herzige Erziehungsgrundsatze.
Die Eingabe des Vorstandes fährt nun wörtlich fort:
«Auffallender Weise ist. obwohl die Geschichte unseres hohen
Herrscherhauses seit Jahrzehnten auf das eifrigste erforscht und
behandelt worden ist, doch die Jugend- und Erziehungsgeschichte
hierbei bisher nicht genügend berücksichtigt, noch weniger im
Zusammenhange auf wissenschaftlicher Grundlage dargestellt
worden.
Weder in Rankes zwölf Büchern Preussischer Geschichte noch
in Droysens Geschiebte der Preussischen Politik linden sich irgend-
wie befriedigende Nachrichten über diese Punkte. Allerdings ist
die Erziehung des Grossen Kurfürsten. so\^ie die seiner Kinder,
aueh die Jugendf'pscbielitr des l\.öiiii;s l-'ri<'drif*h IT, so gründlich
ri-foisrhf und behandelt wordeu, dasH für die^»- Fürsten nur eine
Isachiese möglich sein wii-d; aber sonst widmen selbst Einzeln-
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404 Mitteilungen d. üea. t. deutsche Erziehungs* u. Schulg^ch. VII.
schrifteii über diosoii und jenen ?f<MTscher uewühnlifh diesem
Gegeustande nm- <:eriuge Aufnicrk.samkeii. Uüd \\a6 sich darliber
iu sukheu Werkeu lindei, das bind uur vereinzelte Nachrichten
über die regierenden Fürsten; von deren Gescliwistorn. so be-
deutende und eiiitliiäöieicho Persönlichkeiten sich auch d f runter be-
finden, ist wenig die Rede. Hier ist eine Lücke in Fui^chung wie ^
Darstellung vorhanden, die ausgefüllt zu werden verdient. Es
handelt sich alsu darum,
eine Jugend- und Erziehungsgeschiuhte sämtlicher Fürsten
und Fürstinnen aus dem Hause Hohenzolleru und zwar
zuniieliist nur der kurbrandenburgischen und königlich
preussischen Linie zu bearbeiten.
^Notwendig ist diese Arbeit schon in Ikzug auf die
a) regierenden Fürsten. - Iis ist doch in hohem Grade
unbefriedigend (z. B. in Riedels Gesch. d. Preuss. Königshauses),* f
einige unbestimmte Angaben über die Sprachkenntnisse des Kur-
fürsten Friedricli I. zu lesen oder von Kurfürst Friedrich II. nur
zu erfahren, dass er in seiner Jugcn<l einige Jahre am polnischen
Hfife zugebracht habe. Auf Avelclier Grundlage Kurfürst Albi*echt
(Achill) seine umfassende Weit- und Mensehenkenntnis sich an-
geeignet habe, ist bislier zn ermitteln kaum versucht worden. #
Woher bei seiiieni 8ohne Johann drr Beiname Cicero stammt, mit
welcher Bererlitigimg er ihn tiilirt. i^^t kriti.'^ch noch nicht unter-
sucht. Ueher die Ei-ziehmii: .ln;icl)inis I. imd II. ist I)i.-<lier sn gut
wie nichts bekannt gewesen; nicht einmal, wo Joacliim L seine
Jugend zugebracht hat, ist iigendwo erwähnt.
Dass bei dem Mangel an Akten, natürlich also auch an Ev-
ziehungsakten, vor 150U die Telterlieferung eine späriielie. niüh.sam
zu SHinnieliide isi, erscheint .->ehr frklärlicli : aber auch vom Kur-
fürsten .lüliann Georg wu.sste man l>i.slier kaum mehr, als dass er
auf der L'uiveröilal Fraukt'url a <). studiert habe. Die Jugend-
geschichle seines Sohnes Joacliim l'riedrich, seine Teilnahme am
Türkenkriege Kaiser Maximilians Ii., zu dem ihn sein Lehrer Dr.
Hübner begleitete, ist noch unertoischt. Von dieser Zeit an be-
ginnen erst Instruktionen für Hnimeistor und Lehrer, die in den \
meisten Fällen bisiier unliekaniit geblieben sind.
Aber sell).NL in der neueren Zeit werden noch mancherlei
Lücken aiis/ufnllen sein. Das Krzi'liunu>jnurnal des Grafen
Schwerin. .«)\vie vor allem die von ihm angelegte Sammlung der
Jugend briete seiner Zöglinge, wird noch manche Ausbeute für eine
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80. Z. Gesch. d. Prinzen- u. Prinzessinnen-Erziehung d. Uohouzolieru. 405
genauere Forschuof; darbieten. Was Fairster in seinem Bin he üUer
König Friedrich WiDieliii I. aus der Zeit vor deiu Hegiei'iiu^ti-
antritt, giebt, ist niclit uusreiclieiid für das Verstanduis der eicren-
«tiügeu Entwicklung dieseü Füreten. Während der Stotf für die
Jugend und Erziehung König Friedri»:h 11. (durch Koser) im wesent-
lichen erschöpft sein mag, ist für die Nachfolger noch so weuig
gethan. das» für sie erst grundlegende Arbeiten vonunehmen sein
werden.
b) Weuu nun schon Jugendzeit und Bildungsgang der regie-
renden Herren noch wenig erforscht und bekannt ist, so darf man
sich nicht wundern, wenn dies mit der Erziehuugsgeächicbte der
Geschwister noch weniger der Fall ist. Und doch giebt es auch
unter den jüngeren Brüdern so bedeutende Hanner» dass die Fi age
beantwortet zu werden verdient» wie sie das geworden sind» als
was sie im späteren Leben auftreten. Um nur einige Beispiele
aozufUhren: Der Kardinal Albrecbt von Mainz, der Administrator
Christian Wilhelm von Magdeburg, der Generalfeldoberst* Mark-
graf Johann Georg von Jügemdorf. die Markgrafen Christian von
Bayreuth und Joachim Emst von Ansbach, der jung verotorbene
Kurprinz Karl Emil, der Bruder Friedrich d. Gr. Prinz Heinrich»
Prinz Louis Ferdinand, Prinz Adalbert dttifen bei einer solchen
Darstellung nicht unberficksichtigt bleiben.
Auch unter den Prinzessinnen finden sich so bedeutsame Per-
sönlichkeiten, wie die Tochter Johann des Alchimisten» Barbara von
Montua. welche, ebenso gelehrt wie kunstsinnig, eine Zierde ihres
Geschlechts war: die Töchter Albrecht Achills, von denen einige
durch ihr tragisclies Geschick (Elisabcili von Württemberg. Barbara
von Krosseii) Tt ilnaiime erregen; jene Tochter Joachim I., Eli>;ib»'th,
welche nach Braunschweig vermÄhlt, jung verwitwet, trefüidi für
ihren unmündigen Sohn regiertr- und für ihn tiefUur« hd:H lit«- liafc-
ßchlnge eigenhiindig niederschrieb; Maria Eleonore, die (Miiialilin
Gustav Adolfs, die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, die
Schwester Fn<Hlri< h d. Gr., die Kaiserin Charlotte von Kussland.
Abor iiirht nur der politische und biographische r4o-
sirlit^i.iiiikt wird bei dieser Arbeit zu berücksichtigen öeiu, Süüderu
aucl» der kulturhistorische und L^one.i loiri,«cbe.
Es ist zwar j^rliwt'i- lir^it-itlirli, nlicr doch rine ThaLsachc. dass
in der Geschichte der II^^Immi/uIIci ii eint' K'eihc von gt^'nealogisclien
Fragen noch nicht erii.s( hifdcii ist. Dir Siauiiutafel von Siillt'i ied
zeigt sich je Innirer. desto uii/.iivfrlH.ssiger. Fs musstt- auf breiter
Gi'uudlage eine durchaus neue Arbeit geschaö'en werden. So wai-
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406 Mitteilungen d. Ges. i. deutache Erziehungs- u. Schulgesch. VII.
es doch an der Zeit, eine «'nd<;iltige Entscheidung darüber herbei-
ziifübrcn, ob Kurilirst Friedrich II. eineu oder zwei Söhne gehabt
hat. und wann derselbe bezw. dieselben gestorben sind. Die Ge-
burtä- und Sterbetage bedürfen in der neueren Zeil durchgehend
einer Vei ilizieruni!:, da Stilllried den Unterschied zwischen altem und
neuem Kalender nicht berücksichtigt hat. Es verdient hervor-
geli<'I>en zu werden, dass der Regierungsau tritt Kurfürst Georg
Wilhelms nicht auf das Jahr 1619, wie bisher stets gelehrt worden
ist, sondern in (ias folgende Jahr 1620 fällt.
Wenn die Erziehung der Söhne und Töchter diep^^s Geschlech-
tes im Zusammenhange erforscht und da^restellt wird, so darf
der Zustand der allgemeinen Bilduni: und d«T Erziehungsgnmdsätze
in dein betreffenden Zeitabschnitt nicht unberückeiehtis^t bleiben.
Schon jetzt, bei der noch nicht al)geschlossenen Sammlung des
Stoffes, sprin^rt in die Augen, dass bis zu den Söhnen Albre. ht
Achills das Vorbild der rittcrliciien Eraiehung im Mittelalter maass-
gebend war, dass bei Joachim I. der humanistische Zug der Zeit
Einflusfl gewann, dasb im 16. Jahrlimulert unter dem Einlluss der
Reformation das religiöse Moment Itesonders stark betont wurde,
diiüs von den Brüdern und Söhnea Joachim Friedrichs an — sie
wurden inlolge eigentümlicher Altersverhältnisse zusammen erzogen
— zur Ausbildung die ,.grosse Tour" durch Europa und der Be-
such Iremder Universitäten als notwendig befunden wurde, und
dass nach dem jetzt vurlicgendeu 3Iaterial erst recht spät die (.so-
zusagen) politische Erziehung, die unmittelbare Vorbildung
zum Begeoteoberufe, zu ihrem Rechte kam. In den Rahmen
jeder Zei1|»eiiode bineingestellt, wird die Darstellung dieser Yer-
hSltnisse auch fOr die allgemeine Würdigung der Bildungs^ und
Erziehungsfragen nicht ohne Wichtigkeit sein.
Der Begriff « Jugendgeschic htc" wird dahin verstanden, dass
die Lebensgeschichte der einzelnen Fürsten in der Kegel bis zu
ihrem 20. Lclo nsjahre, die der Prinzessinnen eveiit, nur bis zu
ihrer Vermählung geführt werden soll. Kurze Ausbiiekc auf die
weiteren Schicksale, falls sie noch ni<-ht bekannt sein sollten, sind
nicht ausgeschlossen, besonders soweit sie sich als unmitlelbai'e
Ergebnisse der Erziehung darstellen.
Die Ausführung ist in der Weise gedacht, dass zunächst
eine lesbare Darstellung einzelner Lebensbilder, unterl)rochen
von eiiil« 1 1 « M l' H und zu.sammenfassenden Ab.schnitten, gegelien wird.
Der wissenschalüicho Apparat (^Kritik der bisherigen Leistungen,
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dO. Z. Oeach. d. Prinzeu- a. Prinzessinaea-Erziehung d. HobenzoUern. 407
Angabe und W'üidigUQg neueu Stoffes) würde anmerkuDgaweiae
beigefügt werden.
Als besonderer Teil wUrdo dieser Darstellung ein Urkunden-
buch beigegeben werden, welches sowohl das gesamte Urkunden-
wie AIvtenmaterial zu beiilcksichtigon hätte. Schon «^cdnickte Ur-
kunden würden, wonn die Edition einwandsfroi erfolgt ist, nur
als Regesten einj^ctufit. neues Material, wenn os von erheblieher
Wirhtip:ke!t i^r in extenso verött'entlicht werden. Hei ei^'enhändigen
Briefen würde drr Abdruck diplomatisch j;etreu erlulgeu, wahrend
bei Instruktionen u. r. w. jede erlaubte Hilfe aur Förderuog des
VersUlndnisse.s an/jiweiulen wäre.
Ueber die wissenschaftliche Grundlage des Werkes ni(pj;»'n
noch einig«' Au.sfuhruugen gestattet sein. Dass die gedruckten
Werke (Dai-ötellun^en wie UrkundenbUcher) in möj^lifhster Voll-
fctundiirkeit herange/.ü^jen weiflen, bedarf kaum der Erwähnung.
Daneben soll aber aucli eine uinfas.«?ende Ausbeutung archivalischen
Stoffes st^^ttfinden. Eben darin wurde der Hauptwert dieser Arbeit
zu suchen öein. Denn mit Hilfe des bisher liekannt gewordenen
^laterials würde besonders in der älteren Zeit nicht weit zu kommen
sein. Mau wird sich aber für diesen Abschnitt, wo in den Archiven
zusammenhängende Stücke Uber Jugend- und Kizieliungsgeschichte
fehlen, nicht auf Nächstliegendes beschränken, bondern das <j:anzo
überhaupt vorhandene Material durcharbeiten müssen. Wie not-
wendig das ist, mögen eiiiijj:e Beispiele zeigen,
Den Tod des Sulmes Kurfürst Friedrichs Tl. genauer zu be-
stimmen, war nur durch eine Durchsicht des Urkundenrepertoriums
im Geh. Staatsarcliiv niö";lich. — Ohne Durchforst huag der gesamten
Bestände des ehenialigeu Plassenljurger Archivs wäre es schwerlich
gelungen, etwas über die lazieiiuug Joachims 1. festzuslellen, da
sich in beiden Berliner Archiven nicht.s darüber findet.
Eben daraus ergiebt sich aber auch die Notwendigkeit, archi-
valische Reisen für unsere Zwecke zu unternelnuen, wie eine solche
schon nach Dresden, Bamberg. Würzburg, Neustadt a. d, Aisch,
Erlangen, Nürnberg und München gemacht worden ist. Ks liat
sich dabei herausgestellt, dass ausser den Archiven auch die lUidio-
theken auf Codices und Leliri)üclier zu untersuchen sein werden.
So fand sich sowohl in der P)ildiothek des Germanischen
Museums in Nürnberg wie in der Hof und Staatshildiothek in
München je pin alehiinistiscliei- ( '»idex dei- dein Ivtjrfürslen Friedrich 1.
gewidmet ist; das Verhältnis der beiden Handsdiriftcn zu einander
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400 Mitteilimgeu U. Ges. t Ueutache Erziehunga- u. Schulge«ch. VIL
sowie ihre n^ziehtintr zw dem Kiiifiirsteii nn<l soinoni ältesten Sohne
Johann, der von seinen alrhiiiiisiiseheii Bestrebuugcu seinen Bei-
namen erhalten liiit. bleibt uocli zu iinU^röucijen.
Eine Handschrift der Wiener Bibliothek l^eweist, dnss nnter
dem genannten Marki^ralen .bjhMiin die riasseiiburg Sitz »gelehrter
Studien gewesen ist, wäiirend eine Ihindsehrift der Göttinger
Bibliothek darauf hinweist, dass auf der Kadolzluirg von 147r> —1499
Terenz, Sallust u. a in usum Delphini abge.schriebcn worden sind.
In Erlangen befinden sich die litterarischen Schätze des Klosters
Heilsbronn. Wenn irgendwo, so werden dort die herüliinten „teutscheu
les|mecher", weUlie Kurfürst Friedrich i. im Kadoizbui-ger üaus-
vertrage seinen Ööbnen ans Herz legte, zu suchen sein
Eine lateinische Grammatik von 1402 (eine der üitesten.
die im Druck vorliegen) ist dem Markgrafen Friedrich von Ansiweh
und seinen Söhnen gewidmet; unzweifelhaft ist sie auch für den
rnteirieht Joachims 1. benutzt worden; es finden sich Exeni|tlare
im Berliner Ilausarchiv wie in der Bibliothek in Münciien mit
hnndschriftlichen Bemerkungen; vielleicht gäbe ein sonst auf-
bewahrtes Exemplar Aufscblusä Uber die Beziehung des Veifaäsers
zur Prinzenerziehung.
Wir wissen genau,*) duss Joarhim 1. für seinen alte^^teu Solin die
l>raecei>la aslrologica eines gewissen Nanno aiKs denj Lateinischen
ins Deutsche übersetzt und in der Vorrede das Wort angeführt
hat: illileratum Principem simileni e.sse asinu coronato. Es wird
nach diesem wichtigen ^fannskript in Archiven wie Bibliotheken
gesucht werden nnissen. W ahrscheinlich wird dadurch das über-
ans dürftige Material für die Jugendgeschichte Joachims II. wesent-
lich ergänzt wer<len. Möglicherweise bieten auch die in Breslau
beruhenden Bestände der Bibliothek der ftüheren Universität Frank-
furt H. 0. noch mancherlei Stolf für die Darstellung der wieseo*
schaftliehen Ausbildung der KurfQisten Joachim II. und seines
Sohnes Johann Qeoig dar.
Aus dieser kurzen Uehersicht ergiebt sich schon, dass so um>
fassende Untersuchungen nicht gelegentlich werden gemacht werden
können, sondern dass es notwendig sein wird, einen oder mehrere
Gelehrte fllr einige Zeit ausschliesslich damit zu beschäftigen.
£s kommt dazu, dass es wünschenswert wSre, dem Werke
eine Reihe von bildlichen Darstellungen beizugeben. Authen-
tische Proben forstlicher Handschrift in eigenhändig geschriebenen
F. Uildcalieizi), Dr. med. Yitae Joachim! 11. et Joujiuis etc. 1592.
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30. Z. Gesch. it. Pnnzen- u. Prinzessinnen-Brziehung d. HohenzoUern. 409
liriefeü sUid ein nicht mi\vi( hliges Alaterial für die Charakteristik
wie für die Kultur<;eschi( hte. Auch auf diesem Gebiete ist noch
manches zu thuu. So sind die bisher veröffentlichten Autograjiha
Albiecht Achills (bei Mimitoli. liei Bcrnei j als falsch zu bezeichnen.
Auch die bisher gegebenen Porträts müssen einer kritischen
Sichtung unterzogen werden und bedürfen einer vollständigen
Sammlung. Verhandlungen, welche mit der DkektioQ des Hohen-
zollemmuseums angeknüpft worden sind, lassen mancherlei Be-
reichern ng auf dleeem Gebiete erhoffen; ebenso hat sich gezeigt,
dass trote Stillfrieds fruchtbringender Tbatigkeit in den firAnJcischen
Ländern, besonders in Ansbadi, noch manches Unbekannte vor-
handen ist. Es befindet sich dort in den Sammlungen des historischen
Vereins fUr Mittelf^anlcen ein noch Überhaupt nicht bestimmtes Bild
eines brandenbuigischen Kurflirsten — die Embleme liennzeichnen
ihn als solchen — sowie eine hOchst merkwürdige malerische Dar-
stellung des Kurfürsten Joachim II. in polnischer oder ungarischer
Tracht, vielleicht aus den Zeiten seines THrkenzuges herstammend.
Endlich käme in Frage, ob die Darstellung durch Ab-
bildung der Schlosser, wo die jungen Farsten ihre Ausbildung
erhalten haben, zu illustrieren wäre. Es ist dafttr in yeischiedenen
Werken Stillfrieds reichhaltiger Stoff zusammengetragen; doch sind
diese Quellen der Belehrung durch Format und Preis weiteren
Kreisen schwer zugänglich. —
Nach den bis jetzt vorhandenen Materialion liesse sich die
Zeit bis zum Grossen Kurfürsten ausschliesslich in einem mSssig
starken Baude von ca. 320 Seiten Text und ca. 480 S. Urlninden*
buch zusammenfassen.
In weiteren zwei Bänden von annähernd demselben Umfaü{;e
würden die späteren Geschlechtsreihen l)is zu Kaiser Wilhelm dem
Grossen und seinen Geschwistern zu behandeio sein.*'
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410 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Ersiebungs- u. Schulgescb. YU.
81.
Texte und Forscliunq:en zur Geschichte des
Unterriclits und der Erziehung in den Ländern
deuteeher Zunge*
Band L
L Mh, Mi Utiliiluln Sclller^esprlcli to Houilte
AiusOge mit Blnleltungen, Anmerkungen und KameH' und SftchregUter.
Erster TeU:
Tom Manuale seholarinni Iiis HegtndorfÜnns c. 1480- 1580.
Berlin, J.H«mr!tes Nachfolger 18»7. Gr.««. (IV), 112 8. 2,00 M.
Schon seit geraumer Zeit hatte sich die Notweiuü'jk'Mt herausgestellt,
zwischen die bisherigen Voriiffentüclmngen der Oos' II 1 ift für deutsche
Erziehungs- und Schulgest liicLte, die ^Monumenta Germaniao raedagogica**
nud die „Mitteilungen der GeseUdchaft** ein weiteres Glied einzufügen» da
unter den der Qesdlsehaft xam Abdruck eingesandten Manuskripten sich
nur zu häufig solclw befanden, die besonders wegen ihres ümfanges fltr
keine der bestehenden Veröffentlichungen sich eigneten, deren wertvoller,
gaos im Sinne der Bestrebungen der Gesellschaft gehaltener Inhalt indes
ihre Veröffentlichung wünschpn<?wprt erscheinen Hess. Das gab Veran-
lassung dazu, dass der nns leidtr in diesem Jahr?* entrissene Herr Professor
Dr. Lommatzsch, damals Mitglied drs RtHlaktioiis-Ansschusses, einer An-
regung des Herrn Proftäsor Dr. Kehrbai h folge nd, auf der dritten Gene-
ralversammlung der Gcsellscbait am 3. April 1395 den Antrag zu „einer
£rgftuang der wissenschaftlichen Veröffentlichungen*^ der Gesellschaft
stellte. (Vergl. MiU. Jahrg. DI. 1893. Geschllftl. Teil S. XVU ff.) Aeussere
Gründe verzOgerlen bislang die AusftUimng des von der Generalversamm*
lung angenommenen Beschlusses, und erst Jetzt erschehit das erste Heft
der „Texte und Forschungen."
Wie der Verfasserin der „Einführung'* mitteilt, verdankt seine Arbeit
ihre Kutst<'hnn?T dem Prof. Dr. Karl Kehrbach, der die BeliandliniLr der
Collo(iuien in einem besonderen Bande schon in seinem „Kurzgetassteu
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ni. Texte und Forschungen zur Geschichte des Unterrichta etc. 411
Plan der Monumcnta G<'rmaniae Paedagogica" (Borlin 1883/^1, A. Hofmann
it Co., S. ?'2.) cmpfohlini hatte. Der vorliegende erste Teil umfasst einen
Zeitraum von 10 Jahren und behandelt das Manuale scholarium, Niavis,
Huendeni und Corvinus, Erasmus, Moäellauuä und Hegendorffinus. Der
Verfasser erwähnt die „Vulgaria Terentii^ die in den 80 er Jahren des
XV. Jahrhonderts encMen, wegen ihrer sacUidien Anordnung als einer
ttberans ntttdiehen Vorarbeit für die Abfossnng Ton Gesprächen und weist
nadi, dass auch dem Mittelalter, ja selbst dem Altertum solche Schaler-
gesprdche nicht fremd waren. Er kommt weiter auf das 1878 erschienene
Werk von L. Massebicau: „Les colloqnes scolaires du seizieme sierle et
leurs autcurs", das er als ein/ige grössere Vorarbeit kennt, die er abt^r
als äusserst unvollständig bezeichnet, da Niavis, Huendem. Corvinus,
Wininaiinus, Duncanus und Zovitius gar nicht darin erwähnt werden, und
deren bibliographische Angaben durch ihn ganz wesentlich ergänzt und
beriehtigt werden konnten. Bei dieser Gelegaihdt gedenkt er dankbar
einer Anregui^ der Geaellscbaft für dentscbe Eraehnngs* nnd Schul-
gescluchte, die „eine exakte Pflege der Bibliographie'* au einem
ihrer obersten Grundsfttse gemacht habe.
Die lateinischen SchQlergesprftche sind ans der „ebenso wohlgemeinten,
wie unglOcklirh ausgelaufenen" Absicht der Bnmanisten hervorgegangen
der reinen lateinischen Sprache für alle Unterhaltungen, nicht nur wissen-
schaftlirlier, sondern auch vertraulicher Natur, Ein'jang zu verschaffen.
Da der Begriff Schillrr sicli nicht auf die 'rrivialsrhüler besrhriVnkt, sondern
sich aneli auf die studierende Juuend rrstreckt, und da inl'ulgedessen die
Gespräche neben Vorkommnissen aus dem Bereiche des Schul- und üni-
versitAtslebens auch solche des täglichen Verkehrs Uberhaupt enthalt«!, so
ist es klar, dass dieselben in ihnr Mannigffiltigkeit nicht allein wertvoll
sind ftr die Gesciüchte des Unterrichts nnd der Erziehung, sondern auch
als eine kostbare Quelle angesehen werden mQssen für die Kulturgeschichte
ihrer Zeit.
Drr Verfasser des Manuale scholarium ist unbekannt, wie auch Ort
und Zeit seines Entsteliens nicht mit Sicherheit zu bestimmen sind, Ea
enthält in seinen Gesprächen Nachriehten Über dif Universität Heidelberg
um 1480 und wirtt intereRsante Streitiirhter auf das damalige Lebt n und
Treiben der akademischen Hörer und Lehrer. So werden z. B. die
„hustiludia'^ erwähnt, kleine ritterliche Uebungcn, die von deu Studenten,
allerdings gegen den WÜlen der Universität, besonders um Fastnacht ver-
anstaltet wurden.
Eine kOetliche Frohe des Kauderwalscbes, welches die Beane
sprachen, giebt des Niavis nur wenig umfangreicher, aber höchst inter-
essanter „Dialogus in quo literamm Studiosus cum beano quammvia
praeceptionum imperito loquitur". Der V<>rfassör giebt das erste Gesprftdi
vtdlständig im "Wortlaut wied< r. und wir können es uns nicht versagen,
wenigstens den Anfang desselben an dieser Stelle aozof Ohren:
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412 MiUeiliujgeu d. Ges. f. deutache Eraiehungs- u. Schulgesch. VII.
Scoribal: Benevenis, Florine! Ille filiuü pistoris dixit mihi, quod
tu vcnisti, et ego ita cum de foro. ut pes faciunt mihi awe. Florinus:
Gratia tibi pro hac tua in me benevolentia sit atque adeo maxima! Scor.:
Pf 6 Florine, venisti iam de alta schola? Flor.: Probe narras, quia disei-
plinamm nemo virtottimqae metilnr futigiom. Nee Socrates potdt nec
Plate apprehendere scientiamra extremnm qaidran altttudinis teraiinnm.
Soor.: Ei, per deum sanctura, tu bene stodiüsti! Seit nniis ita bene in
lila alta schola sttulere? etc.
Wenn auch das Manuale noch viele jjrammatischf Schnitzer und
Gt'rmanismen aufweist, so hat der Verfasser doch zweifellos humanistischo
Bildung genossen, wie u. A. seine Verteidigung der Dichter im 5. Kapitel
erkennen lässt.
Neu herausgegeben warde das Manuale von Pauli» Niavis, der als
der eigenUicbe Yater der SehQleiieqiriclie m beseiclmen ist Das Leben
der Trivialschfller schildein die Oeaprttehe des Andreas Hnendem, der
heute so gut wie vergessen ist, trotzdem er der erste Deutsche war, der
„gegen die weitschweifigen und dunklen mittelalterlichen Lehrbücher für
c'\no}\ einfachen und praktischen Betrieb des lateinisrhcn T'nterriclits ein-
trat", und des Laurentius Corvinus, der als einfr der erlolgreichäteu Bahn-
brecher des Humanismus in Schlesien besondere Beachtung; verdient. Bevor
sich der Verfasser nun zu Desiderius Erasmus wendet, erwähnt er eines
kurzen drastischen Dialogs, der den Anhang »i einer von dem ZwoUer
Rektor Hermann Tonrenttans besorKten erklftrenden Ansgabe von Hymnen
nnd Sequenzen bildet und besonders deshalb merkwardig ist, weil er neben
dem lateiiüscben Texte eine niederdeatsche Uebersetzang aufweist. In
ausführlicher Weise sind die Familiarium colloquiorum forroolae bez.
CoUoquia familiaria des Erasmus behandelt. Der Verfasser dfbt an der
Hand der Drucke ans Frobens Oftixin in P>a?el, die die neuen Iledaktiom ii
des Werkes ininu r zuerst gebracht, eine eiugeiiende Untersuchung über
die Formen der CuIlo'iuiÄ gerade in ihren Anfangsstadien und über die
Erweiterung der Sammlung bis zu ihrer vollendeten Gestalt. Petrus
Mosellanas, dessen Pidalogia folgt, schildert die Zustande an den Trivial-
schulen nnd an der trniveisttftt zu Leipzig zu Begum des 16. Jahrimnderts.
Den Beschlnss des Heftes machen Chrirtopborus Hegendoifißnos und seine
Dialogi pueriles, die zweifellos durch Mosellanus veranlasst and beeinflnsst,
aber allerdings in der Korrektheit des lateinischen Stils nicht an ihn
heranreichen.
Der 2. Teil soll von Rarlandns l)is Corderius(1520 15G1) reichen,
also wiederum einen Zeitraum von 4u Jahren umfassen, und ein aus-
führliches Namen- und Sachregister zu dem ganzen Werke bringen.
Paul Berger.
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Mittellungen ober die Gruppen der GeeoUachaft.
418
Geschäftlicher TeU.
Mitteiiangen über die Qrappen der Geseilscliaft.
1. Gntpiie Oeiterreleh.
In Heft n der Mitteiiangen dieses Jahrgangs warde in dem fiericht
über die gedeihliehe Entwiclclung der Gruppe Oesterreich darauf hingewiesen»
dass die Gruppe demnächst beginnen warde, unter dem Titel
„Bsitrige xur Marrehihliehen Erzieliungf wid SolnilgWGliidrte*'
zwanglose Hefte hemuszugeben. Das erste Heft, dessen baldiges Er-
sclK'iuen bereits aiigekündipt war, ist inzwisclioii orsrhienen. E's holiandelt
die Gesrhiclitc dor Siivoyischoii Rittor Ikademie in Wien vom
laliro ITtt» — 177"^. ilürni Vi i-fasscr, Prof. Dr. Johann Schwar^r. mit nn-
freiiieincni FItisvc di,- iiiniaiiLM (^iffjon Materiali«n in voller Beiierrsclmntr
des StolVt-s vt rurbciiet lial, luid zwar unter dem Gesiohtsptinkt. d;uss „die
Geschichte einer grossen Erziehun^sanotait ein Spiegt lbild ihrer Zeit" sei.
Das Heft, oder vielmehr Bncli, iftt, Tontlglich ausgestattet, bei Wilhelm
BraumttUer in Wien erschienen, umfasst 166 Seiten Text, sodann ein Vorwort
und, was besonders dankbar zu bcgrflssen ist, ein Namen- und Sochrogister
Die österreichische Gruppe der Gest^llschaft hat ihr We 1 ' in « in
Torzftgliches Bildnis der Stiftcrin der Sav«)\ ischcn Ritter- AkadLinic. der
Herzogin Marie Theresia Felicitas von Savoyen bt'i'j-i-^pbr'ti i^t. liim
östcrrf^ichi-rhi'u Minister tür Kultus und TFnfprrirht. dem l r< ihi-jTn Gaiirsfii
V. Friinkt iUhurn, als .,dem milchtigen FurUerer ihrer Bestrebungen in daiili-
barer Verehrung" gewidmet. In einem der nächsten Hefte soll eingehender
über den Inhalt des Werkes berichtet werden.
2. (iruitpe Hessen- Nassau 'Wuldtrk.
D(;r Vorstand der ( fruppr Hessen-Nassau- Waldeck ha» seinen Plan, mit
der diesjährigen ■_*2. Versammlung des Vi ii ins von i>elirern iiohercr Unler-
richts-Anstalteu der Provinz. licssen-Nassiiu und des Fürstentums Waldeck in
Marburg eine Versammlung der Mitglieder seiner Gmppo zu verbinden,
leider nicht ausfuhren können, da der Vorsitzende, Herr Geheiraerat
Kannegieseer in Kassel, durch Krankheit verhindert war, die nötigen
Vorbercitnngen treffen und an der Versammlung teilnehmen zu können.
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414 MitteiL d. Gea. C deutsche Ersieh.- 11. Schulgeech. VII. (SeaehftfU. Teil.
Einen t^r!»atz hat aber Herr Oberh'lirer Dr Knabe, Her, wie unseren Mit-
glicfJprn bfk^nnt ir-t. nntcr der Aegide Kannegips«pr<5 mit hitippboiidoni
Eifer di»* Uildiiii:: der (huppe bewirkt ImUe, durch einen auf der Ver-
sammlung gehaltenen Vortrag geboten.
Dieser Vortrag „über die Gesellschaft fUr deutsche Erziehung^- und
Sehulgeschicbtc** ist abgedruckt in den Verhandlungen Aber die erwähnte
Versammlung (Marburg, Drucli von Fr. SDmmering. 1897. 8^ 68 S.)» die
soeben dem Hanptvorstand unserer Gesellschaft angegangen sind. In kuraen
Zttgen schildert er di* Gründung der Gesellschaft, ihre bisher entfaltete
wissenschaftliche Bethätigung, die für die nächste Zeit geplanten Veröffent-
lichungen, die Bildunp und Thätigkeit der Gruppen und kommt dann auf
die von der Gnipj)i' Hessen- Nassau -Walderk 7:uiiiirhst zu unternehmonden
Arbeiten zu spreciieu, indem er dabei um die Mitarbeit der Teilnehmer
der Versammlung bitt<;t.
Als erste grundlegende Arbeit wurde aufgestellt die Herstellung eines
„Yerzelcbnisses aller bisher gedruckten Werke und Aufs&tse zur Erziehungs-
und Schnlgeschiehte unserer ProTinz» wie dasselbe far den Begierungs-
besirk Cassel vorliegt in I>r. Ackermann: Bibliotheca Hassiaca. B. Kb.
1884 nebst ö Nachträgen".
Xarh Analogie des im Auftrat'» der Gruppe Rheinprovinz von den
Gf'lioiinrat(Mi Dr. Deiters in Koblenz und .lüreen Dona 'Meyor in Honn ver-
i'a>sten Verzeielinis^es der in den Schulprograiniiieu der höheren Li lnauRtalten
<ler Kheiuprovinz niedergelegten Abhandlungen zur Schulgeschiclite soll
auch ein Verzeicbuis für die Hessengruppe hergestellt werden. Ebenso
schlägt Knabe vor, gleich den Gruppen ßa^em und Oesterreich innerhalb
der Ifitteilungen ein Heft, dessen Inhalt sich ausschliesslich auf die Gruppe
Hessen- Nassau -WaUedc bezieht« herausmgeben.
Als Notwendigkeit fordert er ferner die planniässige Durchforschung
der einzelnen Archive der l'rovinz nach schulgeschichtlichem Material und
wünscht ausser l'^rn die Herstellung rincs Verzeichnisses „der in unserem
Gebiete in frnliercn Zeiten L'ehraneliten S( hulbüeher**. Um die Ziele zu
erreichen, sei übrigens der V( rsammlungsurt Marburg die beste Ceutralstelle.
da er durch seine Universität und sein bedeutendes Archiv sowohl die geeig-
neten Männer für die Arbeit als auch umfangreiche areliivalische Schätse snr
Durchforschung darbftte. — Da Herr Oberlehrer Dr. Knabe inawischen
«ine Berufung zum Direktor der Marbnrger Realschule erhalten hat, dürfen
wir bald die ersten sichtbaren I^^lege der wissenschaftlichen Thätigkeit
der Gruppe Hessen -Kassau -Wolderk erwarten.
Weitere Hf rit lite über die Thätigkeit anderer tinippeii werden
im nächsten Helte folgen.
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üeschüftl. Teil. D.is gcsuiuio Erziehimg»- ci. ünterrichtswesen ete. 415
Das gesamte Erziehuiigs- und Uiiterrichtswesen
in den Landern deutscher Zunge.
lUbliogruplüschcH Ver^i^cti hiiiä und Inhalltiuiigube der Bücher, Aufailtzo und
behördlichen Verordnungen sur deut«ehen Kraiehungs- und Unterrichta-
wi»seD8cbalt nebst MUteilongen Ober LehrmiiCeL
Von nnserem grossen bibliographischen Unternehmen sind bis jetzt
13 Hefte fertiggestellt. Das letzte Doppelheft 14 — 15 des ersten Jahr-
ganges befindet sich in Vorbereitung und wird Ende des Monats auS'
fredruckt sein.
Es pcht aus di^'scr Mitteilung horvor, dass die ursprünirlii ]i ■ Absicht,
das ^anzc litterarische Material eines Jahres in \'J Hcfleu lUir/aiiiptcn.
sich nicht ausführen Hess, trotzdem wir das Mann^kiiiit tfu liii' 1« t/tun
Hefte, soweit es sich um die Inhaltsangabe von liürhern, Zeitscliritteu
u. s. w. handelt, ungemein gekürzt hatten.
Wenn nnn zwischen dem Erscheinen des Doppelheftes 10—11 und
dem des folgenden als Scldassheft gedachten Heftes ein nngewOtinticb
Innger Zeitraum verstrichen ist, so findet dies seine Erldftmng in dem
l'mstandi . (hisä bei dem Sammeln notwendig gewordener Nachtrftge und
«ler Durchforsrhung neuer, uns zugänglich gewordener Zeitschriften u. s. w.
Spuren uns bisher nicht /nr Vrrfflpin? gewesener, auf Erziehung und l'nter-
richt bezüglicher Materialien uufL'-di rkt wurden, denen nachzugehen wir
uns im Interesse einer noch grösseren Vollstündigkeit unseres Werkes,
verptiichtet fühlten.
Die Schwierigkeiten, die sich unseren Bemühungen entgegenstellten,
konnten aber trotz der VeriAngerang der Arbeitszeit und der Vermcbrnng
der Hilfskräfte nicht eher bewältigt werden, als es geschehen ist Das
Resultat unserer erneuten Kachforschungen aber hat uns, wie oben bereits
gesagt, gezwungen, ftir den ersten Jahrgang noch 3 Hefte zuzugeben.
Die Arbeitsleistung, wie sie in den erschienenen \'.\ Heften sich
»ihtrhlir-ken l;i'-«t, wird wohl am deutlirli«;teTi dnrrl! fulLMinl. /üTcni
gekciinzcii liiK t. Es sind in Heft 1 l.'. l.'iM» selbständige Werke mr
deutschen Kr/iehungs- und l'ntcrrirliiswissenschaft vorgeführt und 4359
Aufiifitae, Verordnungen, lte.sehreibungeu von Lehrmitteln, die im
Jahre 1896 erschienen sind, verzeichnet worden. Zur Herstellung des
Verzeichnisses der Aufsatze wurden 1320 Zeitschriften durchforscht, von
denen 020 uns Beiträge geliefert haben.
Da, um eine möglichst grosse Genauigkeit zu erreichen, die Schrift-
leitung mit fast sünitlicheii Verfassern von Büchern und Aufsätzen wegen
der Abfassting der Inhaltsangaben ihrer .\rheiten sich fre\v5linlirh erst in
Verbindung setzte, so wird auch durch diesi u l instand eine Verzögerung
im Erscheineu der Helte erkUirlicU werden.
Den vollstiindigen Abschluss wird aber der 1. Jahrgang nicht mit
seinem letzten (15.) Hefte erbalteOt sondern erst dann, wenn das ungemein
schwierige Namen- und Sachregister, an dessen Herstellung seit dem
Juli d. J. unansgesetzt von dem Herausgeber und seinen Hilfekräften gear-
beitet wird, abgeschlossen ist.
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Mitteüa Offen d. Gm. t deutMhc Endeh.- u. SchulgeMh. VII. Aualgan.
Veriac von 0. L. Srsohfeld in Leipsig.
Das
ÖFFENTLIOHE ONTfiRRIGHTSWfiSfiN
im Dentsdun Rtiebe ud iE din ftbriütQ auopiiMlieE Kaltarlindiii.
Von
Dr. A. Petersilie,
Profeaaor und Mitglied des Königl. statistiscben Bureaus in B«rlin.
LTelL
I. Theoretische (iruiidla^o und geechichtlicho Entwickeluug^ de^ ött'onC-
lichen Unterrichts. iL Vorwaltiingsgorichtliche (iliedening des öKent»
liehen Unterrichts.
29 Bogen,
n. Teil.
HL VerfaBBUngsmttBsige Organisation des Öffentlichen Unterrichte,
89 Bogen.
Preis M. 2i^~ , in 2 Halbfranz-Einbrnufe gebunden M. 82,—.
Dieses eoeben eracbienene Werk ans der Feder des in Schullcrelson
rühmlichst bekannten Herrn Verfassers stellt „Das öfTentlicho l'nter«
rirhtsweson" im Sinn<' einos praktischon Hundbuchs nach der schulvcr-
fassuDgs- and schul vcrwaltungsmussigen Seite dar und dQrftc bald ein
Hanssehatz fttr die gesamte Lebrerwelt werden!
Verlag v. J. Harrwitz Nachf., Berlin SW-
lolzsciliiiitarboiteii. •f^:3*^
Diiterrlelitsinodilie
I I <>rlaut. Texl. in Buchform nur 5 H. U.i
loilijil iiAtli /.<jicli:iiii"y (jjft Aujj.ibo I I Werk eij-nti Mih fnn^chst vorzüglicti ?iim
dM Kwoeki*. I PUnctrrichit- m II i/«chiiittarbeiteii für
- Reparaturen. !'M'.'lP:"r.,t,.,.n P Vorerrück>c,c. Aber a,K:h alle d.e.
' «'i hr ihre freie Zeil der l;cs h.i'^tiKiing
HPnmapckaiiCOn WlÄ*l*tiH* m>t Hi>l'schniuarbciien widmen, werden dai
. nOmerblldUbBII, in SaclMen Werk. da« für ihre Arbeiten so «chön« Vofw
X3U '1 itIqI I i I ■ ■ Vi groMe VorKige-Tafeln, enihahenit ca.
rnySlK. bileK irOieCU.lii>. f^foo vorzugl. Inhograph. AbhUdutigen mit
Verlny von Friedr. Vieweg & Sohn iu Braunschweig
Krsl VT kuiYt iii . (•«'•hit ni'n um! h. n it-- mehrfach zur Einflihriing gelangt.
U, TOM CirOKütl. ItMÜlKClioii Oberzell II Irnt
s== amtlich zur Kiiinihnmt; eiii|»fokleii .
Vierstellige loguitinisciie i. ^iionetrisiibe Tafeln
neM den nüHgea HlUstafeta.
Ueraiiagpgvlii'n von P* Vr«'iitlelu. Direktor des iUMl?ymna»inroB Karlsruhe.
Prt i-^ kMrl. (K) I'fß.
B»>i l.i'jihsi. hfii-tiMi Neucinführungen >t' l:iMi .l. n \:<^\,i-n i;.-luinl.'ii. den
i 'I I 1 1 1 ■ I • \ ni (: 1 .1 I <.■ I I I' I
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Mitteilungen
der Qesellschaft
Ar
deatsohe £rziehungs- und Schulgesohiohte
Im Auitrage der Gesellschaft herausgegebeu
▼oa
KARL K£HRBACH
Jalirgttig Tm
Berlin 1898
A. Hofmann & Comp.
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Inhaltsyerzeichms.
Seit«
1. Wfiiuarisich».' Sdnilonliumi' vou l<»lo. Von Linlwi^ Weiiiiier,
Direktor de* Gy mnasiums in Weimar 1
2. Friedrich KUcbelbecker. Ein Beitrag' mr Studiengeschichte Witten-
berg^^ und Leipzigs im 18. Jahrhundert. Von Dr. Hans Zimmer
in 46
3. Zur (feschicht»' Stadtscliiil»- in Wrnlaii (Könip". Sachsfn) in diT
Mitte des 15. JaLthundurt». SvU»i i Uernfung^uikuudeu für den
Rektor <i7(K»<, Kantor (1759). Organisten (1744) und Kollabonitor
(174l>. Von Dr. F. Tetzner-Leipzig 83
4. BesprcL-liun;.' von Bernhard Kaissers GeMhichte des Volksschulwesens
in Wüittemlterir SM
ö. Befipiechung vuu l»aul Seidels Holu-nzollern-Jalnbucli DO
6. ErgSnznngen und Berichtigung zu Johannes Toltz, ein Schullehrer
imd Prediger der Refomiatiouszeit. Von Fe rd. Gohrs. (Mittig.
VII [18117] .S. -Miü ff.) IMi
Vorwort zu H. l't i' :i lOrdenslielt) I-IA'
7. Zur Pflege <iei Brielsteller- und K<innuIarl»(it'l)er-IJtlrialiir im (,'iüter-
ciinperordeu. Von Dr. Otto U rillnberger Ord, Cist. iu Wil-
hering 97
8. Franziskaner in Bayern. Von \\ Parthenius Tinges, 0. Fr. Min.
L. ktor d. Thi ol. in München 137
9. Die ältesten St urliitiplänp des ,fesuit*'ui.'vnin!isiums in Köln. Von
Bernhard Duhr Ö. J., Exateu (Holland) 13()
10. Ueber die wissenschaftliche Heianbildnug der Piaristen im 17. und
18. Jahrhunderte. Mit besonderer Rücksicht auf die dentitche
(sc. österr.) Ordens-Provinz von I'. Krifdrieli Endl. 0.8.0.^
Archivar des Benedictiner-Stil'tes .\ltenbiirg in Viprl«'r-()i>st«»rreich 147
11. Kleine Mitteilungen ülter Alll>ayerns älteste Klosterschnlfii. a) Die
Klosterschule zu .Salzhurg. h) Wohin ging Erzbischof Arno von
Salzburg in die Schule? Von Max Paittltuger, Benefiziat bei
St. Peter in Mflnch» n 178
12. Die Schul-(Jeoi:raphit' des .\htes Anselm Desing ((). S. B ) für da.-*
Benedi( tiner-(;\ iuna.>iiini 7.u Krenisnu"ln->ter a. d. .F. 174;5. \'ou
l^ruf. Dr. Allmunn-Altiug er, (0 .S. B.^ Kremsuu'luster . . . lb'2
18. Der Dominikaner und Wiener l'uiversitÄlsprofessor IVtru« Qazzanign
Ober den pädagogischen Wert der seholaHtii»chen Methode deM
achtzehnten .Taluiiumlcrts. V^n P. Thomas M. Wt-hofer. i»rd.
Pra»'d . Doktor der TlieoloLMc ii?id Philosophie, ProlV.osor au der
Minerva in Koni IUI
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I nhalt ei verzeicliuifi .
14. Dit* KliK-ttTK-liiiU'U ilfi- l rsaiiiitriiiii»"!! in Krlurt von ItlüT his zur
(jt'j.a*u\vart. Vou Dr. lUeol. Frauz .Scbauertt', Tlarrfr in Krtiirt 198
15. Die Regularkanomswa des August meronlens unter dem Titel: Kon-
gregation Unserer Frau oder de Xotre Dame. Von Dr. Emil
Uttendorfei . Doiukapitular in Münrli«n 203
lö. KurzjT Aii;:zuL'' <lvr Erzicliunffs- und I nr- i i ii (it> - ( ii -rhiclif«' (l»'r
5>alf:«iiiiH'riunfn in Hnyt'ni. Von *'ineni tl«'> ♦ »rden?; der
Salesianerinnen zu St. Jost pli auf Zaii^lx-r^' 207
17. Die g(>i;enwSrtii? im Gebiete des DeutM;hen Reiches tbJU.i|fen Frauen-
f irnosscnschafttMi l'iir l ntcrricht und tlr/iebung« Eine Ueli«'rsicht
mit iri^iii.Ti und stutisiiiich'-ii IltMtifrkiinL'fTi. Von Dr. Max
H t" i ni b II (' lirr, l'rofcssor tl« r I)'it.'iuiitik am Köuiirl. ]^yc«'iiin in
Bjuul.org 211
18. Die Unirersittlt Paderborn (Teil I) Quellen und Abhandlungen ron
1«514 isos. Von Jos«'ph l'n i.-ieü (B«-si)rfihung) 287
19. Der Innnanistisclie Sohulnu.'isttr IVtrus Tritonius Athesinus. Von
F«'rdiivand Cohrs. Pastor prini in Kschcrsbauscn 261
20. L eber IJartholumaeus Colouicusis. B^-itra«; zur Geecbicbt« dtfs Uuma-
nismns. Von Karl SOnnecken. Seminar-Oberlehrer in Liegnitas 278
21. P. Simon Rett«nbacber» ein Österreichischer Pädagoge aus der Reform-
zeit des 17. .Tahrhunderts. Von P.Tassilo Lehner, Professor
am Oymnasiuni in Krcnisuifinstcr 806
22. Weiiuariticbe Scbulordnuug vou 1070. Von Ludwig \Vt*uif:er,
Direktor des Gymnasiums in Weimar 831
CtoMhSflUcher Teil.
Bericht aber die fflnfle ordentliche GeneralTersaDunlung der Qesell-
sdiaft » 2ii
Vorzi'icbnis der Kuratdrialmiti'UfdiM* . . 256
Mitteiiungeu aus drn (iruj i t-n der GetjelUehaft. Gruppe
Anhalt. Gruppe Bayern. Orupiie Oesterreich, Gruppe Pommem.
Gruppe Schweiz. Gruppe Thflringen. Gruppe Württemberg . . 868
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Vorwort
Nach dem i.J. 1888 verölTHiitlichtcü riaiie der Moii. (tomii. l'ard.
sollte innerhalb dieses ■wiriseiiscbaftlicheD Unteniehuicn» aucli das
Liziehurigs- und Studienwesen der kalholischen Ordensverbindungen
zur Dai-stellung gelangen. Wie bereits in der Beilage zu der Neu-
ausgabe dee Planes vom Jahre 1884 mitgeteilt werden konnte,
ttbemahm fUr den Jesuitenorden P. PacbÜer, nachdem der damalige
Ordensgeneral P. Beckx die Erlaubnis hierzu gegeben hatte, die
Bearbeitung des urkundlichen Materials zur Studiengeschichte der
Gesellschaft Jesu*}. Es waren auch mit gelehrten Mitgliedern
anderer Kongregationen wegen gleichartiger Arbeiten Verhandlungen
angeknüpft worden'), und die Teilnahme, welche die VerGffent-
') Das Work ersclüen In vier Binden (MGP. II, V. IX, XVI) unter
dem Titel: Ratio stmlionim et institutione» sciioiusticue Socii'tiiiis Jesu
per (ternoaniara olim vi^^entea. Collectae, concinnatae, düucldatae a
G. M. raclitlor S. J.
') Wie aus der Beilage der zweiten Auflage des Flaues 8. ö ü. zu
ersehen ist, hatten bis sum Jahre 1888 folgende Ordensndtglieder ihre
Mitwirkung in Aussicht gestellt: P. Albin Crerny, Bibliothekar u. Kapi-
tular im Stifte St. Florian; P. Donifln 0. P. in Rom: P K. Ebnt^r S J.
in Linz; P. Ehrte 8. J. in Horn; Prof. Dr. I-'rieas, ! ^ihliothckur im Bi>ne-
dikUoerstifte Seitenstetten; P. O. Kerostock, Chorherr des Stitcea Vorau;
P. II. Kinter, Bibliothekar und Arehivar im Btlfte Baigem; Prof. Laad'
Steiner (0. P. Sch..), Bhrendomherr in Wien; P. Prof. Dr. N. Lshinger,
Kapitular des Benediktinerstittoa Si. Paul in Klagenfurt; P. G. Meier,
Kapltular im Benediktiuerstifte Maria-Einsiedeln : P. G Paclitler 8. J. in
Blyenbeek (Holland); Pr. Prof. L. Prüll in Oberhollabrunn; P. 0. Rott-
manner, Bibliothekar im BenediktinerstUt St. Bonifai in Manchen; P. H.
Bchmid, Knpiinlar und BtbUothelur im Stift Kransmaoeter ; 0. Behweltier,
Chorherr des Stiftes Herzogenburg; P. Y. Staufer, Bibliothekar im Stifte
Mf^lk; P. Pro^ H ri brich in Melk; P. A Weis im Cistor- onsprstifte
Renn bei Gradwein-, P. J. Wicbner, Archivar im Beoediktinerstifte
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II
Vorwort.
lichuDgeu der ^IGI\ iu den Kreisen d* r Ansrehörigeu katholibtlier
Orden fand, liess liotleu. dass l>ald alle bedeutenderen Ordeus-
geoossenscbatiten innerhalb der Monumenta vertreten sein wfirden.
Leider bat sich diese Erwarturg bisher nicht erfOlit weil die
Auffindung und Kutzbarmachung des Quellenmaterials gerade hier >
ungemein grosse Schwierigkeiten darbot.
Schon die internationale Organisation des Urdenswesens und
der Umstatid, dass manche Orden bestanden haben lange vor
ihrer Einführung in deutsche liüider. ei-schwert die Quellenforschung
in höchstem Maasse. Femer ist durch die wechselvollen Schick-
sale einzelner Orden, namenHidi aber durch die zu Anfang dieses
Jahrhunderts erfolgte Säkularisation auch in der Entwicklung des
Ordensschulweaens der Zusammenhang {'mit dem Alten vielfach
aufgehoben» der grössere Tdl der bezilgllchen Materialien verschleppt
oder Tonüchtet worden. Dazu kommt noch, dass bei einigen Hltereu
Orden in den froheren Zeiten wahrscheinlich nur spärliche Auf-
zeichnungen Uber ihre Unterrichtseinrichtuugen gemacht woHen
sind« vielmehr die mündliche Ueberlieferuug rorgeherrscht haben
wird. In solchen Fällen ist man. um eine wenn auch nur annähernd
richtige Vorstellung von dem Gewesenen zu gewinnen, geuOiigt,
nach indirekten Belegen zu suchen, was bekanntlich noch viel müh-
samer ist. Bei dieser Lage der Dinge ersclieint die IlerbeischafViiiig
genügenden Materials für den einzelnen Forscher kaum möglich.
Wie daher unsere Gesellschaft in einzelnen Ländern und
Provmzen zur Bildung von territorialen Gruppen geschritten ist,
um durch sie die Sammlung, Sichtung und wissenschaftliche Ver-
arbeitung des Quellenmaterials zur Schulgeschichte dieser Dlnder
und Provinzen vornehmen zu lassen, so hat sie auch versucht, iu
ähnlicher Weise die scbulgeschichUichen Studien innerhalb der
katholischen Orden zu organisieren. Indes haben die Bemühungen
um Einrichtung einer oder mehi'erer Oidensgnippen bisher noch
nicht zum Abschluss geführt, obgleich eine Anzahl von Mitgliedern
der Gesellschaft, die zugleich Ordensgeistliche sind, vor allen der
Admont; P. D, Willi, Prior im CiaterzieiiBerstitte Mehrerau; P. C. Zldek
O. Praom., NovizonmeiBter im Cliorherrnstiite Ncu-Reiach (Mfthron.)
Während der daraiit iütgeuden Jahre i^t die Zahl der Mitarbeiter
aus den Ordenakreiaen immer grösser geworden. Bei der GrQudimg der
GeMlIschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeechichte tratea auch
eine Reihe Vertreter der verschiedenen Kongregaüonea in das Knra»
torium ein.
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Vorwort.
m
geistliche Rat un<l Kapitul.ir V. Maurus Ktntor im Beuediktiuer-
stifte Kaigerii. lebhaft dafür eintiütt u. ')
Dass jedoch dieses Gebiet der Uiiterrichtsgesciüchte in den
Ver<itt'entlichuugen der Gesellsciiaft nicht vernachlässij!;t worden ist.
beweist ausser der oben genannten Ausgabe der Jesuitica auch der
Inhalt cinzolnor Jalirgäuge der .. Mitteilungen" ''^). Um ah^r diesen
\vi( htigen Forschtingf^n einen kräftigeren An?<tf>?5s zu g>'ben und
zugleich die Notwendigkeit einer \'eieini«j:nng geei^'neler Kräfte vor
Augen /u führen, wuivle liesrhl<'s.seii . ein Heft der Milteilungeu
ausschliesslich T'eitriii;eii im- Er-ülehungs- uiul l iiterriehtsgeschichte
der Männer- uud Fraueuorden zu widmen, ihusselbe sollte ein
Seiten.stück sein zu den sogeuanuten Gruppenhetton, die zur Be-
lelding der schulgeschichtliclieu Forschuügen für einige Länder ver-
ütleulUchl Worden sind^).
Die von der Schriftleitung seit einem Jahre mit Angehörigen
fast aller Orden und mit katholischen Historikern gepflogenen
öchriftlicheu und mündlichen Verhandlungen haben uns in den
Stand gesetzt, das vorliegende (Do})pel-)Heft herausgeben zu können.
Unsere Absiebt, alle in Betracht kommen den katholischen Ordens*
Verbindungen in dem Hefte durcb einen, wenn auch nur kleinen,
Beitrag Terzuftihren , liess eich leider niebt verwirklichen. Es
werden dafür in spateren Heften noch Ergänzungen dargeboten
werden durch Arbeiten, die fttr das Ordenshefb nicht rechtzeitig
fertig gestellt werden Iconnten. Was aber das Wertvollste ist: die
von unserer Gesellschaft gegebenen Anregungen sind Überall auf
fruchtbaren Boden gefallen, so dass jetzt die Erreichung der ein-
gangs bezeichneten Ziele naher gerüickt erseheint.
Wir erftlllen hier gern eine Dankes])tlicbt ausser gegen die
Herren Verfasser der hier vorliegenden Arbeiten auch gegen alle,
die mittelbar an der Veröffentlichung des Ordensbeftes Anteil
haben. An erster Stelle sei den bochwQrdigen Herren ErzbischOfen
und Bischöfen von Breslau. Köln, Paderborn, Strassburg und Trier
gedanict, die durch wertvolle Mitteilungen Uber die Ausbreitung und
Oeschichte der religiösen Orden innerhalb ihres Sprengeis oder
») Vgl. Mittelluugen, Jahrg. HI, Geschaftl. Teil, iS. XVII ff.
Uebor dio inittelaltprüclipii Dom- und Kluaterschulen öiehe Mitt. I.
42 u. VII, I; über die Auguötiaor-Ereniiten Mitt. V. 39; Ober die Beno-
diktliier Mitt I, 248, V. 215. VH, 85; über Jeauiteu Mitt. UI. 194, IV, 5 u.
247, V, aiß, VII, 81; Ober die Piartoten V, 216. VII, 29«,
Es liegen vor: für Bayern Juhrf,-. VII, Heft 1, lÜr Oeilerreich
Jahrg. V, Uett 3. lUr Sachsen Jahrg. VU, Heft 4.
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IV
Vorwort.
durch Hinweise auf geeignete Mitarbeiter in bereitwilligster Weise
dem UnterDehmen ihre Unterstützung geliehen haben. In ftbnlicber
Weise haben auch die hochwttrdigen Herren Prof. Dr. Frz. Falk
in Kleinwinteruheim bei ^lainz. Dr. Fi-z. Httlskamp, geh. pSpstUcber
Kammerherl' in Münster i. W.. Dr. J. Jungnitz, erzbischöfl. ArchiT-
direktor und geistl. Rat in Breslau, P. Dr. A, Rösler. 0. S. Redempt.
zu Muntern in Steieniiark. Kuratus Schwartz in Berlin. Dr. Specht,
Donikapitular und geistL Rat in MUnchen, Dr. Wokcr, Domkapitiilar
und ^eistl. Rat in Paderborn, Pfarrer Dr. Wurm in Hausber«;e
a. il. Porta Westfalica und noch viele andere uns nützliche Rat-
schlage und Fingerzeige gegeben, denen allen wir hiermit für ihre
uneigennützige MUhewaitung unseren Dank aussprechen.
Berlin, im Oktober 1898.
Prof. Dr. Karl Kehrbach.
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1. Weimarteehe SiAnlordnuDg von 1610. Voo Ludwig Weniger. 1
1.
Weimarische Schulordnung von KllO.
Von IiUdwig W«nJg«qr, Direktor doB Gymoasiums iu Weimar.
Wem es obgel^en bat, eine SchtilordnuDg auszuarbeiten, der
weiss, wie gern man sieh der Illusion hingiebt. dass das sorgfiUtig
erwogene Weric auf ferne Zeiten das Gedeihen der Anstalt, fQr die
es bestimmt ist, sichern werde. Leider lehrt die Erfiihrung, dass
die meisten dieser Arbeiten nur ein Alter von Jahnsehnten erreichen.
Im Laufe der Jahre setzt sich Neues an, andere PersönlichJceiten
machen ihren Willen geltend, umwälzende Gedanken dringen von
aussen heran, und Schicksale fiben iliren Zwang aus. Auch bei
ruhigen Verliiiltnisson wird von Zeit zu Zeit eine Siclidmg not*
wendig, <iio erkannte Mängel beseitigt und gemachte Erfahrungen
verwei"tet. £s ist ebenso lehrreich, die F'oitsrhritte zu verfolgen
und den Einfluss umgestaltender Mächte zu beol)achten, wie es an-
ziehend i.st, im Hiublici< auf ähnliche BemUhungeu an anderen
Orten die Entwickelung der Lehrkunst im Laufe der Zeiten kennen
zu lernen. Indes nur wenn sie vollständig und im Wortlaute zu-
gänglich gemacht werden, ist es mö'^lich, den Zusamm**nhang der
Schulordnuugtn unter einander rcj^Tziistellen. Solche Veröftent-
lichungen liefern dann den Kohstott' für eine erfolgreiche Darstellung
der äcliuigeschkhto nach ihrer wesentlichäten Seit«.^)
*) Freilich ist dabei wohl zu bedeuken — was boroits mehrrach
horvorp;'<'ii()bon worden ist — . dat<H di»' Au>>;alio flfr Scluiln|-(Iiniii;r''n nicht
immer ein Spiegelbild des wirklieiion lietriebes vou l at-'i-riclii und
Erziehung in den Schulen ist. Es hat sich nur zu oft bei näherer Be-
trachtung horau.sgeHtellt, dass viele von den wohlgemeinten Bestimmungen
einzaln«r Sehulordnangen nur auf dem Papier gestanden haben und nie-
mals in die Wirklichkeit übertraffen worden sind. Visitations- Protokolle
und Stniidonpl.'hio frebon hierfdr oft drastische Belejr«', nnd e» müssen
daher diese vielfach als minderwertig angeüeheneu Dukumcuto von der
historieeheo Forschung in den gegebenen Fallen immer mit beraDge/.ogeu
«erden. D. Red.
UlttoOtmgen d. Ge«. f. detttsrlie Enteh.« «. Sebuls«iebIobto. VIII 1 180S. i
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2 lUtteUungen 4L Ges. f. deutsehe BraehmigB- o. Sdralgeseli. VIII.
An der Weimarieehen Schule läsat Bich jetzt die Entwickelung
ohne bedeutende Ldclcen durch die Zeit von mehr als drei Jahr-
hunderten, Ton ihren AnjfAngen bis zur Neuzeit, Terfolgen.
Auf die Ton uns im vorigen Jahrgänge mitgeteilte Schul-
ordnung von 1562^) folgte eine neue im Jahre 1610, der nur eine
Dauer von acht Jahren, nfimüch bis zur EtDfQhrung des auf Ra-
ticliius* Ideen aufgebauten „Neuen Methodus* Johaunes Eromayers,
beschieden gewesen ist. Sie soll im Nachfolgenden veröffentticht
und in ihren Zusammenhängen erlflutert werden.
Die Schulordnung von 1562 war, wie wir sahen, wahi-schein-
lieh von dem Reictor Jobann Wol f verfasst und wurde, solange
Wolf die Leitung der Weimarischen Schule führte, zunächst also
bis 1573, dann von 1586 bis 1595, festgehalten. Die kurzen
Zwischenrektorate des zerfahrenen Bartholomäus Httbner von 1574
bis 78 und des unbedeutenden Georg Milo von 78 bis 86 hatten
keine Veranlassung zu Neuerungen geboten. Von 1595 bis 1602
war Wolf Bflrgenneister von Weimar und behielt als solcher Ein-
lluss auf die Stadtschule. DemgemSss wird man auch unter
Johannes Roth, der, bereits seit 1571 als Lehrer an der Schule
thfttig, 1596 Wolfs Nachfolger wurde und bis 1600 das Rektorat
verwaltet hat, die Im stehende Schulurdnimg ohne besondere Aen-
derung beibehalten haben. Wenigstens wird nirgends von einer
Neuerung berichtet. Auch innere Gründe sprechen dagegen. In
der Schulordnung von 1610 schimmern die Bestimmungen von 1562
überall durch. Dass etwa die hei-zoglii-h-sächsisi he Schulordnung
von 1573*), die auf Boetius' Eisonaihor Schulplan /uHif^kgeht.
in Weimar eingeführt worden soi. wird nirgends erwähnt: es lag
Icein Gnind vor. das eben (1570) bestätigte Werk bereitä wieder
durch ein neues zu ersetzen.
Hatte man in Weimar 1562 zwar den AbschniU von der Zucht
der Ar])eit des Boetius entnommen, so war <ler Lelirplan doch
eine selbständige Leistung, die Anerkennung verdiente. Auch zeigt
die Schulordnung von 1610 keine Anklänge au die anderw&rts
massgebende von 1573.
Im Jahre 1601 wurde auf Empfehlung des Jenaischen Super-
intendenten Mylius M. Georg SaXzhuber als Rektor an die Wei-
») Mittel lungcu VII, lb97, S. 172 ff.
*) Ratio adminifllrandl echolas triviales, propoait« in viaitatione eccle-
■iamm et fleholantm sub Dacattt Juniorum Prineipum SaxonhM, Jeoae 1678;
bei Vormbaum, E. 8ch. O. I, ö«0 ff.
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1. Weimarieche 8ctrak»rdniiiiff toh 1610. Von Lwiwlg Weuigci . 8
malische Schule berufen uud blieb bis zu seinem Tode (1615) im
Amte. Salzbuber genoss den Huf eines tUchtigeu Gelehrten und
Schulmanns und hatte eich bereits an anderen Orten unter
Behwiengen Verbaltnissen bewahrt,
Die Sebnle besass zu Anfang des 17. Jahrhunderts nach wie
vor ihre sechs Klassen. Die unterste hatte man wegen der Qber-
grossen Schttlerzahl zeitweis in zwei Abteilungen zerlegt, dafür die
Klassen Secunda und Tertia vereint Die Leitung der Prima lag
in der Hand des Beictors, im Griechischen unterrichtete er Prima
und Seicunda zusammen. Hit Salzhuber als erstem Lehrer wirlcten
gemeinsam: 2. der Konrektor Jonas Q lein er, Klassenlehrer der
vereinten Secunda und Tertia, seit 1613 durch M. Johann Friedrich
Bochmann ersetzt; d. Johann Weber, Klassenlehrer der Quarta;
4. der KantDr Heldiior Vulpius, als Liederdichter und Komponist
angesehen^, Klassenlehrer der Quinta ; 5. Heinrich Koppe, Klassen-
lehrer der Sexta; 6. Jobann Meise, CoUega infimus.
Die Aufisicht der Schule führte neben dem Stadtrate das kirch-
liche Ministerinm, d. h. die drei Geistlichen der Stadtkirche zu
Peter und Paul, ni&mllch: 1. der Superintendent D. Antonius Probus
von 1587 an, gestorben 1612 im Alter von 74 Jahren; 2. der
Diakonus M. Martinus Rntllius 1586—1618; S. der Diakonus
Johannes Maior 1592—1609, danach kurze Zeit K Philippus
Kirchner, sodann (bereits 1610) M. KWn^ Schönfeld, gestorben
1625*"'). Die Oberleitung lag in den Händen des Superintendenten
Probtts. Als sich bei diesem alliiiählich die Last der Jahre bemerkbar
machte, wurde ihm 1610 der fürstliche Ilofprediger D. Abraham
Lange als Beistand im geistlichen Amte und künftiger Nachfolger
ziijreordnet. Ein Jahr nach Prohns Tode. 1613. wurde Lange zum
Generalsuperintendent^n ernaimt. Er starb Weihnachten 1615*).
Dieser um das Schulwesen eifrig bemühte Mann, der nachmals
in die Katichischen Handel in |>einUcher Weise verwickt lt werden
sollte, übernahm nun auch gleich bei seinem Eintritte die Ober-
aufsicht der Weimarischen Schule. So ist es gewiss kein Zufall,
*) xSüheres Uber S. in meiner Abhandlung Hatichius, Kromaycr und
der Neue Methodut an der Schule zu Weimar II, Zeitechr. t Thfliing.
Ge«chlehte XYIII« 1897, 8. 870.
*) Jtaticliiua, Kromayer etc. a. 0. S. 450. Iti,
*) Wette, Uistor. Nachrichten v. der berühmten Keaidents • Stadt
Weimar. 1, 1737. S. a77, 8%, 3«J9 ff.
AufifQbrlich über Lange Abh. Ratichiue, Kromayer etc. II, a. O.
8.. 811, 878, 884, 886, 449.
!♦
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4 MitteUimgeu d. Ges. 1. deutsche Erzieiiuiiga- u. ^chulgesch. VIII.
dass in demselben Jahro IßlO die neue Schulurduung erlassen
wurde. Da Rektor Salzliubn in den neun Jahren seiner bisherigen
Wirksamkeit au ein sulrlies Werk nicht liei angetreten war, darf
kaum vorau^ipjesetzt werden, diiris er es gewesen, der sich jetzt
einer solclieu Arbeit unterzog. Dies bestätigt denn auch der Inhalt.
Allerdings hat Salzhuber, wie wir sehen werden, Material geliefert,
das in vialeii Bestimmungen Verwendung fand. Aber die einlei-
tenden Gnmdzfige tragen die Unteracbrift •Ministri Ecclesiae et
senatus Vinariensis*', und aucli die weiteren Auslttlirungen bekun-
den die Baratellung einer Perafinlichkeit, die Uber den Rektor ge-
stellt war. Hierfür kommt aber ausser I^ange kein anderer in Be-
tracht; mag er auch mit den geistLichen AmtsbrUdem und Rats-
mitgliedem fiber den Gegenstand yerhandelt haben, so gebohrt ihm
doch offenbar das Hauptrerdienst an der Leistung und trflgt er die
Verantwortung fttr das neue Werk, auch ist er spfiter daiQr ein-
getreten^).
Die Landesregternng ftthrte von 160S— 1605 Johann, der
Stammvater aller folgenden Emeetiner, seit 1593 mit der trefflichen
Dorothea Maria von Gothen vermählt, ein FUrst, der ein warmes
Herz für die Schulen des Landes besass und dies seiner Gemahlin
ebenso, wie den nachgelassenen Söhnen. vereiM hat. Unter ihm
wurde durch Erlass vom 23. Januar 1604 <hi> lunkommen des
Kektors und der Lehrer an der Weiniarischen Stadtschule erhöht
und dazu die Summe von 1600 Guiden verwüligt Als Herzog
Johann am 31. Oktober 1605 verstarb, übernahm Kurlllrst
Christian II. von Sachsen die Vormundschaft über seine acht un-
mündigen Söhne und nach Christians Tode 1611 dessen Bruder
Johann Georg I. bis zum Jahro 1615. Unter Johann Georg
Avnrdo 1612 ein Konsistoriinn errichtet, dem die Angelegenheiten
der Kirche und Schule untergeordnet waren.
Offenbar im Zusammenhange mit dem KinUitl«' «h-s nnH u In-
spektors-^j laud eine Visitation der AA'eimarischen ^?ehuie sliUt, die
einer gründlichen Reform dit- Wege bahnte. Allgemein waren
Klacren laut geworden, im Weimarischen Ratsanhive-'') beliiidcl
sich von Salzhubers Hand ein lateinischer lierit lii an die Scho-
larcheu und Inspektoren der Stadtschule. Es sind neun eng be-
^) Abh. Raticbiua, Kromayer otc. II, a. 0. 8. aso f.
^prDxitna acholae Viii;irit'ii8i.-~ \ irtitationo'" heisst es zu Anfang
der Bchulorduuug, derou üenohmiguag durch EriasB vum 18. Augtut 1(^10
erfolgte.
*) HifliorlBchea Archiv I, 27, 55, Schulordnungen von 1610. 48. 50.
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1. Weimariache BehnlordnuQg von 1610. Von Ludwig Weniger. 5
Mhiiebene Seiten auf Foliobogen rauhen Schreibpapiers; die
zehnte bat, ebenfalls von Sakbnbers Hand, die Aufecbrift ,Äd D.
D. Sdiolarehfts et inspectores GymnaaU Vinarienais* Das
Schriflstack gevOhrt einen so deutlichen Einblick in die damaligen
VerhUtnisse und in die Entstehung der neuen Schuloidnung, dass
seine wörtliche Mitteilung lohnend erscheint
£e zerfUlt in 34 Abschnitte-) und einen Anhang über die
Abnahme des Schulliesuchs in 9 Punkten und lantet« wie folgt:
Hennuila 09 öX.uaT? in deetrina «t dlgcIpUna Scholae Tinar.
corrigenda vna cum brefi Bectoris apolegia.
[lo dem folgi-nden Tcxto sind dio Ahbrovlnturen aufgolust, dlo Accent« auf den latoinUchen
WSrtwti, du dlo S<»liriMliart im Miinu!*kript inkonseiiiiont ist, Hbopall wetrgt- lassen.]
1. CoUegflo in rlorendo iiuüorom curam et indiistriam adhiboant
posthac: rAptt>-(Ti et iiou nccessariu ad ostentationem magis, quam ad utilitatem
comparata» litent. in tradenda Grammatiea utraqae regolanim et inprimis
ezceptionnm dextram et perspicaam ezplicationem institaaDt: et ut puer!
praecepta vera et vtilia probe inteUigere, et memoriae nandare qneant
opcram dent: Icctiones hAbendas praeceptores praemeditentur: pere-
grinationes crebras (ut hactcnus factum) fugiant. Nam eo ipso diBCipuIi
ad ncgligentlam et petulantiam invitantar: ut lectioonm intermissionem
taceam.
2. Negotia dotnestica ot alia a labnribiis srholastiris alicna, ul
coUoquia, cougressus vel roUogarum vel peregrinuruiu, lectiones vel scrip-
tiones remm novarum aut literarum, non üs horis, quibus docendam est,
Sfucipiantnr et institnaotar, sed penso abeolnto. Hic aemper necesaaria et
ineTitabllia excipiuntur.
3. Non patiantar diacipuloa auoa inter docendum excurrere ant
alien«! traeta» et nugaii: neve ipsi in saia negoeüa eiqtediendia ab aoa-
ealtationibna abstrahant eos, et ad opera senilia adhibeant. Xam in pro*
grcssv impediiintur, et fastidium literamm in iiadem gignitar. Hinc illae
Toces qaemlae: non ndfni, non adfui.
4. Ordinem dorendi a D. scholarchis praesrriptum absque illnniin
consensu tcmere nun mutent aut ab eo recedant: nec etiam pneria h.'j>ÜMi
persuadeant: sc longe mcliorn »?ocfMo possc.
Reritationem lertionum diligentius obsri vtnt : t t iit iu medium
pröducti, libris clausis, sin«* nlionim insnsnrraf ii»iie, proposita tarde,
distinctc et aiticulate pronuncicul, eiticiuiit. iiic multa dcsiderautur in
omnibas fere classibna.
1) Dazu (pier geschrieben von anderer Uand: Schuelordnung belan«
gende Anno Domini 1010. No. 19.
*) SaUhuher zahlt 8S, hat aber die Ziffer 24 an« Venehon
flbergangen.
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6 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgesch. VIII.
C). Siimmam ot inaudltam paene nonimllüium if^iaviaiTi ncf^IigeiitiaiDt
H ]r"inm et prni n i^toruiii subsannationeni, troiisductionoiu et contompttim
»cnus et gravionbus suppliriis puniant Naiii rnulti sine onini metu et
reverentia, sine praemeiiitutione lectionuia, sine iiioribus et pietate ad
auditoria accedant. Doctores Ecclesiae hac iu parte pro suggcstu pare&>
tes et cives moDere deberent: quo etdoctrlnftm et disciplinun domestlcam
Buoram, magis sibi carae et cordi esae peterentnr, ao saepios eos
in ludniii literariam et templmn mitterent. Nam hactenns iUonim
ne^igentia progressilras discipolonim plnrimam incommodavit.
7. Usum et exercitationem latinae lingoae in superioribns dasaibus
maiori studio et mnlcta prosequantvr, saoqae ezemplo pnerls praeluceant.
üic quoquo non parnm desideratnr.
8. Proiuinriationem f^raccae et latinae linguae tardarn clarain et di-
stiiictam perpetuo urgeant: vitia corri^rant, t t in scribendo orthographiam
Icgitimani obsorvcnt. Nam plerique in itiferiuribus classibus pessiine
pronunciant; dum uequc Spiritus, neque aerentus et distinctioncs observant:
et istsk 3^a>.;i.ccia dcinde in prima classe admodum difficolter etiam cum
iactora temporis emendantnr. Hic mvltifariam a eollegis peccatnr,
partim ex insdtia, partim vero negligentia: nt in ezamioationibtts de-
iwebenditor.
9. Styli purioris et clcgantioris maiorem rationem habeant: e
Cicer[oi)c], Caesare, Salustio et similibus argumenta cum emendationibus.
non ex antiqaa Bibliomm venionet vel ex postillis semibarbaris desn-
mantur.
10. Examinationes liinae quotauuis institui possunt. una privata,
altera publica: sed it& ut progressiones semel tauluni adniittantur:
quo pueii in cnriis inferioribna Grammaticae regulas eo melius percipiant
et cum fructa ad anperiores tiibna ascendere poasint.
lt. In primam classem ex aecunda nemo recipiatnr: nisi qui latinae
Grammaticae regulas omnes perdidicerit, et in Graeca, paradigroa decli*
nationnm et coningationum cum regulis necessariis callnerit: idque facile
fini ))oterit, si et praeceptor snas boras fidcliter compleverit, et disci|)iili
domcsticns lucobrationes cum obedientia et diligentia scbolastira
coniunxerint.
12. Cum iioiiiiuUi hactenus in docendo admoihun tanle progressi
sint: et propter z'iy^y^u. atque absentiam (quam tumoii impudeater negant,
licet lippis et tonsoribus uota sit) in bonis autoribus cum iactura tcmpuris
et pneromm, paacos versus obiter tantnm abaolverint: D. scholarchae
postbac singulis certom pensum proponant» quo et de praeceptorum et
disdpulorum praesentia et assiduitate constet. Nam pancitas lectionum
et repetitionum Tel crebram absentiam vcl praescntis negligentiam nruMiit
magnam. Et quod interdum a eollegis negligitur, id ab imperitis vel
invidis et malcvolis, Rr-i tori imputatur: sicnti in privativa inspoctiono olim
factum et adhuc Hcri solet. Verum »v^tv^ü novae et positivae iuspectioiiis
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1, WeliMiladie Sehiilordnmig von 1610. Von Ludwig W«ntg«r. 7
focile indicabitp quid distenk um lupinis. Telioi igitar tntiqiia iam anti-
qairi et non renoTari: praeserlim eam Toritas narrationiim saepo adalta-
i^lnr, et miitca pro Elepbaato oMrodator: Diacos intn moroa peceatnr
et extra.
1^'. I,ectione8 rlassis primae et minui et mutari possunt: nt> anditores
obniauitur et iustas querolas do moltitudine ad alios effuudere queant
iiut in cxerritationibtis styli Graminatici et Ulmtorioi impediaiitur : Cum
plerique siut peregriui et dura premuutur Servitute iu suis liospitiis. Quo
fit» at domesticae IncnbraUo&ea raiiorea aint et aaqiiiia a lectiMlboa
pvblicis abeaae eogantor.
14. De Nomendatore latino et graeco per onuies clasaea deliberan-
dum pato. Dialogoa latmi aennonte et elegaatiaa in qnarta daiae
habemus.
1.'). Conipcndium Mellen rcmovendum et vcl Crusii vel Gollii in
scholam inlrodutt-udum esse censeo. Eius prima tiiociiiia in fiirirta curia
inchoari, in tcrtia et secnnda continiiari et plura in declinatiombus, coniu-
gationibus ac reguliä addi, iu pniua rcgolae omues cum iu Etymologia,
tum syntaxi absolvi possunt.
16. Translatione sen progreasione imtitiita pniewptorea nq^riorea
Semper per mensem nnnm vel altenim repetant ea, qnae in Inferioii daase
didicenint, ne ezddant, ant sapeiiora addiscaotar inferioribna neglectia et
oblivioni tmditis. Hinc cnim ficri potest» nt in examinationibus supcriores
clasaes ignorent rudimeotu GrammaticeSf qnae in inferioribus didicerunt.
Ilinc etiam illa eantilena absoim col!'^"nn!rn infrrionini, quando cloriantnr
SUDS (liäci})uln::» maius in pracceptis grammaticae opcrae pretlum fecisse
sccundanis tcrtianis et quartanis.
17. Prosodia Claii in secunda classe iuclioauda \nietur: ita ut
vulgares et usitatas rcgulas edL$cere iubcautur. Iu primaui classem
Dialectica et Khetorica Loasii post examinationem invehatnr et
Compendinm aliqnod theologicnm meis qnaestionibns sobaütuatar pro
arbitrio.
18. In ultima classe Grammatirae tirocinia et Cati cliisnii exerdta-
tlones mainri indusfria sunt instituenda: alia negoria in aliud tempus
reücioTuia, nec oscitanter oftiriuni faciendum, ut hactenus factum.
19. MinoH's spu pusilli alpUabetarii non sunt confundendi rum
suporinribns propter iucelium, scd suo praocf^ptori relinqucndi: ne
in declinatiomim et cr>niu^ati()num paradignialis sujioriores impc-
diautur, et aptions ad quintam classen» in progrossioailm.s «'Hiriantur.
20. Tertia clasiis cum qimrta coniungenda videtur: quo srcundani
in utraque Grammatica et caeteris Icctionibus lelicius et cxpeditius pru-
grediantnr, et cum fructu in primam dassem traducantur. Nam inter
caeteras causas, de qnibua supra» haec non niininia fitit: quod rarietate
leetionnm nnlla praesertim antegressa praemeditatione et i^iarum renini
occupationibus distradua praeceptor ignavos snos et negligentea disripuloa
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8 llilteiliusB& «LGea. t deutsche Bnielnin^- u. SduilgeBch. VJSW
ad miiiorem libenlium artiam notidani perdueere non potaeriL Qaae
etiani mnsa me movet, ut posthac novitios primae classis in secnadam
remittere non cogitem, cum ibi in Grammaücis nnllam progresüonem per-
sentiscam.
21. Ad musicam tradendam et exercendam liactenos Cantori intimie
classis pracccptor alter adiunctus foit: sed iuterim iutiuü fueruut ueglecti.
Caator itaque solvs doceat ot exerceat musicam et in moderanda voce
ac sonis Tel vocibus distribnendis deztre saos informet
23. Giammatica Stropbii, quae conftisio&em et impedimentum
haetemia attalit, extnrbetnr et Grammatica Philippi malor secondanis pfo-
ponatnr: ex qua regolas necessatias et faciliorea cum suis ezceptionibas
diBcant.
23. In tertia et qaarta classe compendium latinae Grammatieae
bactenas receptrim rptincatur. In Graeca docliimtiones simplices una nm
rinrui tritim vocom proponantur et ut lecüouis graecae fuadamenta fideliter
iaciant, curator.
[24].*) Discipulorum absentiaiii teinerariaiii rt arbitmriam gravius
plectant: nec facile schedis illorum fictis et fucalis babeuut bduin. Nec
locum habeat iUud xpr^jf j^etov, ut dicuut: uuluut obtemperare pueri,
pareotes oienduntur: diadpali bonae indolis a studiis abstenentur, et si
quae sunt aliae frirolae ezcusationes: quia praeeeptoris est non tantnm
docere, sed etiam disciplinam obaerfare et pueroram commoda respicere:
quod a seguibus et osdtantibns praeceptoribus minime fieri solet
(25) . Non singuli suae tantum classis disciplinam sibi commendatam
liabcant: praesertim in pnblicis eongressibus, sed Universum coetnm
scbolastirum diligentius obsenrent, praesertim in templo, plateis et funemm
dedurtinnibus: ubi in illorum praesentia magna est dis( ipulomm öi-rt-h:
de qua iiiulti quf^runtur, ot qunm ipspiiiet ib prehendo quotics ordo inspcr-
tioniö niki püscit, ut diebus Jovis et Solis: ubi tanta est morum ljar!).'iiii ?,
tantus motus et strepitus, tanta discursatio, ut in illa ( umpescctida M;iu-
menter sit laborandum et desudandum. Si Oollegae caeteris diebus,
qaibns soli templam ingrediuntnr, facerent officium et in turbatores.
discnrsores et nugatores animadverterent pro ratione delictomm: nostra
discipUna non laboraret et multis ego molestiis sublevarer, nec etiam
tot iniquas vocntas parentom, qui seTeritatem meam traducunt, andire
cogerer.
[26) . Ne sint pueris etiam raolcsti exigi'nda poouniaria mulcta, aut
praetextu alterius rei, dum pro iiv^Tcsi^n honoraria tiadfant ab omnibus
sine discriniino, disccdcntibus tostimonla offenint ceifa ijeninin, et alias
niiras teclmas nummos extor inrmii iiiv( niuiit. Hinc jKiiTiitrs vehementer
offenduntur quotidianis cxactiouibus et ad veiba parüui idonea contra
scholara effutienda impelluntur: dnm scholam quaestuaiiara institoriam et
*) Verschrieben steht im Originale 25 u. a. w.
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I. WeiuuuriBche Sdinlordnung von 1610. Von Ludwijp Weniger. 9
nmomacam dictitant: tenoioris eti«m fortonte hoimnes rapn modnni
oBeraotar.
|27]. Didactram sive Minervale collegae a peregrinis ne poscant,
aut eos ad solutionem illius adigant, quia istud nccideiis ad salarium
Rectoris pertinet, sed a civibu«; exigant, ea tamen moderatione, qna par et
aequum est, ne ultra modum prodeant
[28]. Disciplina scholastira in exercitationibus }>ii tatis, niüdostiac at
doctrinae negligentcr et oscitantcr Iiactenus adiaiiiistrata iuit, dum a \nc-
dbns rcligiosis, a sacris concionibus et lectionibus sese temere subducentes
minqtiam vel raro meritis poenis snbiecerant, et ea in re Tel &Torem et
gratiam, vel mnnnsciila respexemnt Quare serio Ulis mandandam. nt
posthac accaratiorem iUina liabeant raüonem. Kam pleriqae hoc nomine
odio proaeqnnntiir me, qnasi ego solus suos filiolos in ordinem cogere ac
fcrulae subjicerc velira: cum mcae dassis non sint auditores, et caeteri
ooUcgac illonim mortis et studia facile ferro possint. Hinc etiam nascitur
iliud, quod in iiift rioi ilms tribubus licentiae assueti postca ad primam
curlaia evecti, severioreiii culculum et censuram ferre recusent, et hinc
discedere malint, quam morum barbarie et in studüs negligentia deposita
ad meliorem fragem sese recipere.
[29J. Majorem etiam in noanallis desidero obedientiam. praesertim
in its» qoae acholae rationes respiciant. Nam a me hnmaniter appellati
et moniti, nt diUgentiara in docendo et conaerranda disciplina debita adbi-
bereut, ne Gymnasium hoc malo andiret, ex süentio et vnltu et subsecntls
coUoqoiis ilLoium animadverti : meam privatam et separatem admonitionem
pnrnm gratatn e^so, et aliud tiiliil cfücere, nisi conspirationem contra me
et varios apud alios caiamnias et criminationes.
|?>0j. Rixae et contcntiones odto^ae rollegarum (Nam nuUa mihi
cum ipsis privat a iutercedunt iui^ria) per quam multos annos srholam
nostram del'ormaiites, et tani docti inam quam disriiiliuaui lubefactaiilct,
omniuo sub gravi pocna üunt interdicenda. Sunt « tiim quidam a sui^
affecttbng tantopere absorpti, nt pnblicae paris et concordiae caasa nallum
Terbnlnm impmdenter elapsnm degintire possint et sunm illud cacol^thes
alionim exemplis speciose excnsare snaqne enormia 9?40.^«r« proisus aut
extennare sciant, nt nibil iam dicam, qnod snas exorbitationes, suam ab-
sentiam et negligentiam per sammam contumeliam apud ali<»s mihi imputare
noti oniVicsratit : vrnim a-ko'Ms vestra posthac nnllo negotio mendacium a
veritate disr- riicrr ]M)terit.
In ti !nj>l.> ]ir!i(>c*'ptores pietate ac religiosis moribus lininiin
pracbeant exempluiu disLipulij,. omucs una ingrediautur et ujodcsliam
cuetus srholastici procurcnt, intcr concionandum et orandum nun Icgant
ant scribant aliena, pneros nngantes. tnmnltnantes, dormientes et discar«
rentes observent et excnrrendi illis temere copiam non fadant. Hic multa
desiderantar et pleraque omnia, quae bic pneris non sunt coneedenda, a
coUegis designantnr, praesertim me absente. Alter praeceptor sextae
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10 Mitteilungen d. Ges. f. deateche Bniehunge- v. Sehulgeeclt vm.
dsssls ad legendua diBciplinam pornm aptu eit jj^jiteraiimm dafectnni.
Gonsvltnm itaqae esset, ut alter, qni etiam libenlias habet Stipendium
infinios [?] pusillos ad istum rhonim ronütaretnr, ne tanta esset confaaio
et qucrelanim tandeni finis sequeretur.
|321. Intor docendum coram pnoris alios praeceptores eommque
(lisciplinani et ddctrinnm non traducaiit et rarpant atque aatoritatem Ulis
detrahant: qiii;i in contemptum collof^aruni et laxation^m disriplinae hoc
cadit. Nam pucri äxfit^t« luborantes suuin tantuiu praeceptoreiii colent et
metuetit» caeteros snsqne deqne habebnut.
[33]. Nec etiam aliarnm classiam discipulos blandis verbis ad se
pertinhant expiscaturi quid praereptores loquantor, doeeant. agant» vel
illos tanquam dandestlnos Gorycaeos constitaant snoram praeceptoram.
Kam illft res ad animornm distractionem et pneronim oontnmaciam
ac pctulantiam facit: ut taceam iUos ad mendacia et proditiones
assucfieri.
f;U). Concionatorps pro sngfo^tn v.ot\ carpant scholac statrnn, sed
paitiuos cf rivcs muneaut. deiit operaiu quod (?) tilii t»t aiii percgriui
cum domesticas repetitiones et lucubrationes instituaat, tum crebrius tcmplum
et scholam ingrcdiaatur. Kam publicis istis velllcationibus idiotae et
eexpcToi ad eontemptam scbolae et praeceptoram instigantar ntqni nitro
nostram gymnaaiom in Antieyram ablegatnm Telient.
II.
Cor numeru» bcholai^tiooruiu luaioruui et iieregriuorum
decrescere vldeatur.
1. Quia iam plurcs novae scbolae in vicinia extructae et iu-
choatae sunt, nbi bonestns reeeptns et hospitium gi atuitnm datur.
2. Quia fatalis caiamitas omnes tarn pnblicas quam privatas scbolas
invasit, cum et doctrina et discipUna prior sordeat.
3. Qnia mntationes et alternationes scholasticoram non sunt novaet
sed admodom retostae nec nostrae propria sed mnltis commonlB« cum
et respnblirac literariae, non tantnm eii^es, snas babeant conversiones
periodicas et tam annos quam mcuses suos climactericos.
1. Quia in cl;!««ibns iiiferioribii? ad veram diligentiain et obo-
dientiam ac iiuMlcstiam nun cxcitantur ut ])ar erat. Hinr priinani facti
antiquum obtinere voluut, cum in vita et moribuä tum ia discendi ratioiie:
iuliibitiones et castigationts admittere uuluiit, sed alibi 'fatvviivr^v licentiani
pluris faciunt, quam piam et salutarem vitioram correctionem in nostra
schola.
5. Quia pauca snnt bospitia liberalia et gratoita eaque sie
comparata, nt saepenumcro disciplinae scholasticae debitum reddere
neqnoant : (luamvls in barbaris moribns etiam intetdum culpa baereat.
6. Quia post luem contagiosam lama apnd exteros sparsa est,
honestum et liberalem locum Tinariae peregrinis non amplius dari.
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1. Weimsriadie Sdnilordnung von 1610. Von Ludwig Weniger. 11
7. Qaia non tatitnin occapationilmt domettidB, verum etiam exemplis
malii et negligentia dominornm a tcbola abatrahantnr.
8. Qaia licentiam et prava eodalicia rifl^diori et contractiorl di«ci*
plinae longa praefenmt.
9. Qaia patativa et privativa Gymnasü noatn autpectio harnm reram
fere omninm causa e«t praecipna. Kectoris vel doctrina vel diaciplina eat
causa per arcidens: cum nemo di-cipnloruin bona conscientia nisi ab nliis
sednctua vel instigatua de paucitate lectionum, quarum tortiam partcm
reddere nequeunt, conqueri possit: inspinantnr lectiones et puertinun
progreaäus explorentar: haud dubie aiiigulorum pracceptorum excuaationea
Tel vacillabunt vel luatificabuntar.
M. G. S. lt. Sch. Vi:')
Ueberblicken wir den Berieht des Rektors, so stellt 8i(^
allerdiugs heraus, dass die Zustände an der Weimaiiechen Schule
damals keineswegs erf^uliche waren. Die Lehrer thaten nicht
ihre Pflicht. Sie Hessen es an gewissenhaftem Bleisse fehlen, kamen
unvorbereitet in die Klassen» trieben wAhrend des Unterrichts
Privatangelegenheiten, fehlten ohne Entschuldiguug, hielten den
Lehrplan nicht ein und erreichten infolge dessen auch nicht die
Ziele. Die Zucht war schlaif; man liess vieles durch, brauchte die
Schiller auch zu Privatgeschäften. Jeder kümmerte sich nur um seine
eigene Klasse und liess bei den Schülern der andern jeden Unfüg
geschehen, als ob sie ihn nichto angingen. Daher trat bei dem
öffentlichen Auftreten des ganzen Coetus, das damals, bei dem
engeren Zusammenhange mit gottesdiensäicben Handlungen, in der
Kirche, lieim Singen vor den HSusern, bei Hochzeiten und Leichen-
begängnisscD, häufiger stattfand, als jetzt, eine Zuchtlosigkeit an
den Tag, die den Ruf der Schule schädigen musste. Der TToktor
wurde nicht als Vorgesetzter gebührend geachtet, im Kollegium
herrschten ärgerliche Streitigkeiten. Den Schtilern wurden unter
nichtigen Verwänden Geldzahlungen zugemutet und dadurch mancher
Verdruss bei den Kitern erregt. Die Geistlichen erlaubten sich die
Zustände der Schule auf der Kanzel zu kriti8ier<^n und setzten
sie riaflnrc'h in den Augen der (Jemeindo hernb. Aik h di*' Eltorn
hieittii die Knnbon nicht zum Srhtilbesuch iiiul zur Krlülliiiii: ilinT
Schulj)llirluen an. Die Auswäiti<;rii fanden wt'nij:^ tl'ite (^uarliere
und blieben sich vioil'acli -s<'ll»st ilberlasscn. K.s kam dazu, dass
eiue ansteckende Krankheit (vielleicht die l'esl) in den letzten
Jahren den Aufenthalt in Weimar lu Misskredit gebracht hatte.
*) D. i. Magister Georgltia Sabhuber Bector Bcholne Vinariensia.
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12 Mitteilimgeii d. Gee. f. deutacshe Bisiehungs- u. SchulgeMh. VIIL
Auch im Unterricht selbst blieb vieles zu "wttnsehen. Bie Aus^
spräche war schlecht, besonders in den Unterklassen. Im La-
teinischen behalf, man sich mit ungeeigneten Vorbildern: die
klassischen Muster der Prosaiker des goldenen Zeitalters Hess man
unbeachtet. Ueberhaupt lagen die Studien ebenso danieder, wie
die Sitten.
Man sieht, dass, wenn nnr die H&lfte dieser EUagen begrOndet
war, eine gründliche Besserung der Verhaltnisse dringend not that
BasB auch der Rektor seiner Pflicht nicht gehörig nachkam, bezeugt
ein Schreiben des Superintendenten Probua vom 16. Juni 1604, in
dem über «Bes Schulmeisters ftrgerUches Saufen" geklagt wird.^
Im Jabre 1606 sollte er sich wegen dreitägiger Versäumnis einen
Hausarrest gefallen Inssr n.')
Durch welche Mittel man nun den ud erfreulichen ZustHiideu
abzuhelfen gedachte, zeigt die neue Schulordnung vom Jahre 1610.
Sie steht in einem alten Urkundenbuche des Weimarlschcn Gym-
nasiums, da.s. lange verschwunden, im Jabre 1891 auf dem Chore
der Stadtkirche wieder aufgefunden worden ist, und über <I.is wir
im Osterprogrammo des Weimarischen Gymnasiums von 1892 aus-
führlirlier berichtet haben. Das in diesem Buche auf lilatt 4 ff.
abschrilllieli mit^^etoiltf» Aktenstück trägt die Uebei-schiil'i .Leges
s-cholasticae j Pro srlKda Vinariensi, Praeceptores potissitiiimi ot
.sciiulaictias concerueutes'' und besteht aus fünf vei'schiedenen Ab-
sclmitten.
Der erste enthält in lateinischer S|»raclie den Eutwuri" einer
Organisation der Schule, die man als .Sehulverfassuug'* bezeichnen
kann. Er trügt die üntei schrill ^Miuibtri Ecclesiae et senatuc;
Vinarieusis" ohne Datum. Dieser Entwurf wurde dem Kurfürsten
Christian II. uis vonnundschaftlichem Regenten eingereieiit nnter
üinMeis auf die alliiemeineu Klagen über die Schule, deren kürz-
lich erfolgte \ issitatiüu, den darüber an den Kurfürsten erstatteten
') Grossherzoglichos Archiv H. 'J942b.
-I Im Htf^dtiscb. I II Hist. Archiv 1, 27, 54 findet sich Knnzt'pt und
Heinachritt, tolgender Veriügung: „Uieweil M. Goorgius Balzhubor Hector
Scholae ohne Vorwiflsen des Horrn Superintendenten vudt des Raths alhier
als Scholae Inspectoribm, vonn hindäimen abgerdaset, vndt ganxer drey
Tags aich aoderweut ohne Uhrsachen vonn der Schneien, wie vor dessean
auch zum offtern f^oi^chohen. abscntirot. als wirdt doinsclbi^MMi hiermit
auferlof^et, dag er «ich der Schuolon hitiföriior cisornii. vnntil in dor Schnel-
wuhuuug bid8 aui t'eruoru beHcheldt inuüu bullen Hulle, darnach er sich
hatte aue achtenn. Slgnatum Weimar denn 22. Ifariii Ao. 1606. | Antonina
Protnia Doetor vnd Superintend. m. p. | Oemeldt |?] | DerRattb sue Weymar."
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1. Weinukrlsehe Sdralordnnng ▼on 1610. Von Ludwig Weniger. 13
Bericht «od demen erfblgton Auftrag. Den Inhalt bilden : t. Eiine
Instruktioik des Beictors und der Lehrer; 2. Allgenieine Weisungen
Uber die Lehrart; 3. Allgemeine Weisungen Aber die sittliche Er-
ziehung der Schiller (darin auch die jährliche Auflllhrung einer
lateinischen Komödie); 4. Die Einrichtung einer halbjährlichen
schriftlichen und mündlichen ölTentlichen Prüfung mit schriftlicher
Zensierung der Leistungen» und einer jährlichen Versetzung. Nach
jeder Prüfung soll den Lehrern die Unterrichtsaufgabe des nächsten
Halbjahrs vorgeschrieben werden; 5. Die Zusammensetzung der
nächsten Aufsichtsbehörde, des Scholatchats, und deren Obliegen-
heiten.
Den zweiten Abschnitt bildet die unter dem 13. August 1310
erteilte Bestätigung des mitgeteilten Entwurfs durch EurfUrst
Christian II. in deutscher Sprache. Danach soll genannte Ver-
fassung feierlich (d. i wohl Ton der B^zel der Stadtkirche) ver-
öffentlicht werden. Die Mitglieder der Aufsichtsbehörde werden
ernannt, ni&mlich zwei aus der Geistlichkeit, zwei aus dem Stadtrat,
zwei aus der Bürgerschaft; ausserdem soll Superintendent Lange
standiger Oberaufseher sein. Zu den Prüfungen soll jedesmal ein
fürstlicher Rat abgeordnet werden, auch sollen die Scholarchen
alle halben Jahre gleich nach der Prüfung Beriebt erstatten.
Als dritter Abschnitt folgen wieder lateinisch Leges Scholas
Vinariensis in 2 Kapiteln, betreffend 1. Zucht und Sitten; 2. Unter-
richt und Lemweise, nftmlich die allgemeinen Pflichten des Fleisses
und das Verhalten im Unterricht Das Ganze entspricht aUo dem,
was wir jetzt als «Schulgesetze" bezeichnen.
An diese Schulgesetze schliesst sich als vierter Abschnitt
(im Urkundenbuche durch eine leere Seite vom Vorhergehenden
getrennt) ein allgemein gehaltener deutsch abgefasster Entwurf
eines Lehrplans, der zwar die Ueberschrift trfigt: ,Ad latinae
linguae in aoluta et ligata oratione cognitionem gehöret,** aber sich
nicht blos auf das Lateinische, sondern auch das Griechische,
Dialektik und Rhetorik lieziebt und ohne genauere Abgrenzung der
Klassen (mit Ausnahme der Prima) in 17 Abschnitten den Unter-
richtsgang von unten nach oben vorschreibt. Angehängt sind in
Form einer Note Vorschlage über einzelne Punkte, darunter
Enipfelüung des Rechenunterriehts unter Hinweis auf die kurfOrst<
liehe Schulordnung.
Als fünfter Abschnitt gehört hierher der im Urkundenbuche
nach einem Zwischenräume von 8 leeren Biattejm aufgezeichnete
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14 Mitteilungen d. Gee. t deutache Bnlehung»- u. SehulgoaclL vm.
Stundenplan von 1610, der die Ausfttfarung des allgemeinen Lehr-
plans darstellt. Wir lassen mm den Wortlaut folgen:
U.B. Fol. 4. LE(;ES SlHOL.iSiK K
Pro schola YinAiieniti, Praccepteres potiitüluium et i^eliolarcliag
eeaceraeates.
Qaandoqnidem cum ex commani querela, tarn prorima echolae
TinarienBia vidtatione 9fdk^aat in ea nonnaUa deprehenderimns, eaqne Sere-
lUBaiinoElectoriSaxoniaeDomjno noatro dem^iitiaaimo, aicutüpain» eelaitndo
Dobis iniunxent, ezposaerimns: Ferro nobia mandatnm e<t, ut leges scbo-
lastiras conscribereraus, quaruni sancta et accarata observatione apparena
malum non soluin < '^rngi, sed ctiam in posterum tetra ronfnsio ceu prae-
sentissima et communis puerorum et adolescentum pcrnii iea pniecaveri et
averti possit. Nos itaque officii et dobitae b«mili*5iiiu' subicrtioiiis, nec
uon publicae salutis ratione babita, huic iiianduto obtentpcrare debuimus
ac Toluimus.
Hoc vero dum meditaremar et de modo cogitaremas eurem nobis
vellicabat sapienüssimna Rex Salomen, qui Proverb. 22 t. 28 graviter
moaet: Ne transferas terminoa aotiqnoa, qaos pOBaeiunt patres tai. Qua«
propter, ne vel vetemm sanctioaea aniiquare, vel novas condere velle
videremur, id saltem hac vice corrigere \ oluiinus. qnod non tarn ex legum
defectu, qnnm oanindcm neglcrtu in jx-ius ruisso dopreliendimus.
Tsta vorn, quae iiistauratione seu redintegratiune opus babeiit, quiuque
i-apitibu.s (Oinprchendi poäsunt.
Primo eniro Rector aeholae et coUegae eaeteri in instum et decen-
tem ordinem redigendi. Deinde mam cuique pensnm et operarum tele
assignanda est. Tertio aererior in scbolanostra pietatis etmorum cenaura
inatitaenda et augenda est Quailum Inatrationes eolmnea aeu exaroina
concemit. Qointum vero acholarcbas et diligeatem legum euatodiam.
De prImo eflcio
acilleet Beeterla ei GeUeganiH.
Reetor 8<^lae, cum dax Sit et antesignanus totiua chori acholaatici,
pietate in DEVM scria, gravitate decenti, honesta morum gabeniatione,
teniperantia et sobrietatc auctoritatem suani tueatur, eamque siugulari
humnnitate ita temperet, nt non solum discipuli, veniin ctiam rollegae
omnes ipsum diligant, obscrvciit et revereantur. l'ateniurn itaque cum
erga diäcipulus, tum coUaboratuies amorem et diligentiam non solum in
Icctionibus, sed etiam universi corporis scholastici gubernatione ab ipso
rcquirimus, ac proinde rariaalme eum a achola abesse T<riinmaa. Quod
ai gravea forsan eaaaae interdum ipsum avocent, inspectoribns et soho<
larchis eaa exponat.
1) Abgedruckt in der Abhandlung „liatichius, Kiomayer otc." I. Zoit-
schrift fQr Thnring. Geachiehte XVIII, 1896, 8. 246 f. in abweichender, dem
Stundenpläne von 1644 anbequemter Ordnung.
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1. Weimurische bchulordnuug^>.4^oii,16Ji^, .V^it^Ludwig Weniger. 15
Totuiu corpus scholasticum iuxta leges et hasce constitutioaes regat,
neqae latnm ungaem ab ijs ausu proprio defleetat Si qnae vero indderiot,
qaa» Hma et emendatione opns habere Tidebnntiir, illa extemplo inspectO'
rOnu et acholarctaia rignifieiÄit^).
Singalis diebns «tatim andita hora Reetor non solam
praesto sit, ted omnes etlam inapiciat classeB, et operum det^
iit unusqutsquc tcmpestive opprarnm telnm auspirotur. Qua-
propter neiniiiein ex collegis vcl unius Imnilae spatiuin absque
Rectnris venia et permissu a scijala abesse vel statioaem suam
aliud agendo desererc vcl negligcre volumus. Rector Bcholae
nostrae habenas ita moderabitur, ut et collegis coeteris sua cuique saita
tecta maneat anctoiitas, utqae acholastid non solnm praeeeptores snae
elaadB, sed omnes pariter, etiam inferiornm tribaum, praeeertim
in templo, in plateis et congreisibaa publicit observent et
roTereantiir. Quod si forte aliqaid in uno vel altera collega anfanad'
veraione vel ;i(lnionitiono dignum obscrvaverit, de eo privatim ac
renioti«! subitris ilhim moneat, nc, si intemprstivc et coram
coft u sclidlast iro id fiat, p rae ( e j) t o li pariat coutetuptum, ethac
ratidiie piuU rvia et contumacia üchulabtioorum alatur.
Concordiae invicein studeant omncs, hac cuioi vel sola molcstias la-
bomm tadle Buperabnnt, et Dominos mandabit desoper benedictionem et
Titam nsque in secnlnm. Lites itaqne inter collegas Lndimoderator neqoe
ipse serat, neque alibi subortas crescere sinot: sed simnl ac apparnerint
in herba conterat» Tel componendas scholarchis exponat
Caput secuuüuai
De doceadl rattone«
Ad opera cum Rectoiis, tnm hypodidascalonim quod attinet,
requirtanns ab omnibns pietatem» fidelitatem» dexteritatem et assiduitatom,
ita nt xp'i^!^^' *-*vni Epichanno tradidisse vere et cum laude propriae
conadentiae approbatione, aiidiant Spartam itaque unnsquisquc i^iiam urnet.
Cumqiie singiilanini rlassium lortiones rertis schematibus delineatac siiit
illam bypntypo'iin arettratc iibiinn« ob«orvari volumus. Niilla itaqitr miitatio
insalutatis Sclinl.ircbis (mtaiula. I'raeceptorc« d(»ini b'rtiduo niitfiuain
discipulis jMupoiiaut praemeditciitur. Opcram iiupiimib dabuot PratM cptotvs,
ut praect'ptiont's Grammaticas ita pueris tradaut et inculccut, ut cas
matare imbibant, et integre suo quisque loco et ordine ediscant.
In Gnarratione vero anthorum ita versentar, nt pneris praxis Gram-
malicae praedpae monstretur quo ad imitationem probatorani antboram
et loqttt et scribere possint Dictata itaqne £-:£f.o7f«« «al MEpcpx« cen sto*
diorum remorao <^ temporis pemidosa dispendia inpostemm intermittantur.
Qnae vcro ad ouiusris authoris verum ac gcnninum intellectum inonstrandum
et illustraadam necessaria sunt, ea paucissimis aunotaada subjjciautur.
*) Da« gesperrt Gedruckte rot nnterstricben.
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16 IBtteUnngen d. Gm. f. deutedie Eniehongs- «. Schulgeseh. Vin.
Utqne memofiMD omiis seieDtiu ^ «mdittoiifs IhetMurani a teneiis
exeolaat, et copiam idoneomm verboram in ntraqne ÜDgiia sehola« nostiae
difcipnU sibi comparent. Lectiones omnas memoriae mandabnnt Qaa in
re tamenea iageniomm babenda est ratio, ne Icctionam prolixitato obraantar,
et privs odisse literas, quam diligere et nmpli rti incipiant, Styli porro
exprritinm in utraque lincnia cnm in nrosa, tum ligata oratione, praeceptores
sedulo urgoant. et singulari'm industriam ft diligpiitiam adhibeant. ut
disfipuli non sdIuih praeceptioiii's riraiiimaticas, verum etiam ea, quae ex
bouis auloribuij audivcrt' ad usum trausferrc et imitari discant. Uac iii
ratione nttUam diUgemiam nalhrnque rtadfam et operam nimiam vel
snpervaeaoeam esse eerto tibi penuadeant. Gamditatem et veniacali
sermonis abasam in ichola in dasaibos soperioiibus laline loqaeodi oou*
saetadine refrenabnnt et corrigoit In lectionnm recitaüonibna haed»
tationee csnbras, nimiam linguae volabilitatem, uisnsnrrationes, libromm
inspectiones et id genus alia, Pmo^cptorcs in disdpnlis non feraat, sed
sab poena scbolastica hisce omnibus iaterdicant.
Capat tertiam
De Mornm gaberiiatione.
De morum civilitate elegantes (luidcm et pi-ac<lari extant libelli:
loterim tarnen paucos hoc tempore reperias srholasticos, qui exemplo illos
exprimere, vitamquc ac mores ad pietatem ac libtiestatem componere
studeant. Reotorem itaque et collegas coeteros act uratos et graves morum
ceusores deinceps esse yolumus. Qui cnim in litteris profidt et in moribas
defidt, iUe plus defedsse, quam profedase rede dicitur. PmeceploFes
igitnr pia et honesta monun gabematione toti coetnl echolastloo praehiceaiit,
et caveant sednlo, ne qnid impiaair barbamm aut illiberale diedpali de
ipsis vel videant vel aadiant. Discipnlos postea adhortentur scrio, ut
p^)tati studeant, concioues et lectiones sacras attente audiant 1 1 discant.
inque assiduis poenitentiae et invocationis exercitiis ad mmn transferant,
mcruin honestate domi forisque vitain liierariam oment: Et in vestitu,
iiK ( ssu, sermone, risu et univcrsi corporis habitu ita sc gerant, ut lucu-
lentum discrimeu inter lioniiiien» barbarum *al «RflrfJwwv et a literis hnma*
nioribus esdusum nppareat. Qaod d qnid indecori in aUqao obaervaTorint»
verbis id ipsum statim emendent: qnae n floccipenderint contnmaciores»
vlrgA castigatiomB stnltitiam e cordibns taiium puerorum exterminabnnt:
boc enim sapientiBsimi Regie 8q>ien8 consUinm est Proverb. 22.
Et ne Praeceptorcs latcat, quales se ipsnrnm discipiiU etiam illis
absentibus gcrere snleaiit: coriracos ^nh firtc sileutii et reddeiidae rationis
stihoment: qui veiboruni petulaiitiam et iiiorum barburicm uotent, et ad
praiceptores sclieilulis ronsiuiiataia dei'erant, ut in transgressores pro
dolifti ratione animadvertere possint. Curaque secundum Quiutülanuin
}»erluceant mores et quodammodo ex oratione cognoscantnr, et notam Sit
Henandri dictam: TpdT^c fo9' 6 Ttährt xt» }i]f0VTO€, lA Xiijos, Praeceptoree snos
diedpulos aesnefaciant, ut decenter et ilextre in publioo loqni et sibi
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1. Weimarische Schulorduuug von lülO. Von Ludwig Weniger. 17
coRimissa sulerter exequi &>tudeaut: euui m üoeia amgulis annis discipulos
snOB Imtrandos qnui fieetor in theatnim prodaeet et eomoediam publioe
spectandam exldbelnt latinam, quam cum oonsilio inspectorum elagerit
FInilo examiM pnblico honflstae ncnatioDia gratta id fiel «»iimiodiBaiiiie.
Taput f|nartiim
De Exauiloibu» et rrouiutiouibim*
Bina qaidem examina quut&nnis instituenda esse censemas, suffu iat
vern iina piieronnn ex infcrioribus classibas ad supenores tramilaüo: £x-
cipioutur tarnen hic pueri quorum
Ingeniaüi coelestc suis volocius aunis
Surgit, et ingratae fert male damna morae.
PobUcam togatoram militaiii Instrationein seniper piaecedat privata
»nguloram diacipoloruiii per singularom claasiuni Praeceptores» accurata
explonitio per oinnes Icctiones: et pr;i''cer)torcs non solum anscnltare, sed
etiam annotarc dcbent et referre in peculiareni lilirum') aii ciirn usuin
conhcieiidum, quomodo unusqiiibque ex 'iualib»>t Icctioiu- responderit.
Istuni libruDi postea noa cum scripto extempore couipoäito censorum uculis
subycient in publicu examioe, ut eo rcctius et certius de unius coiusqae
iodole» diligentia et profeciu indieare posaint. Examina publica Semper
praecedente die Dominico pablice e suggesta Bignificari debent^ et cives
qnicDnque Tolnerint isti actui Panegyrico adease, ad enm inTitari.
liiberum etiam erlt oninibus ad examen publicum acccdentibus. quoscnnque
voluerint ex scliolastir:, intorrogare, vcl ex lectionibus, quas
praccedt'iitp vonipstri audiverunt. vnl ex scripfis, quae velati specimen
profet tiis exbiburrunt: Xohimus euini in cuiiisi[uo gratiam vd .m ribi vcl
quai-unque ratione aliquid ücri: rcspectus per^onaruni iiic uullus iiuquc
malevolentiae aut odii privati ullos esto. Finitu examine Scholarchat'
praeceptozibos ttnioscuiusque dassis certnm pmsam seqnente semestri ab*
solvendnm distribnere potemnt. Gumque dies diem docere soleat, Bector
scbolae et GoUegae coeteri qoolibet tempore, cumprimis vero finiUs ex-
aminibUB Srholarcliis significent, si quid detrimenti Remp. literariam
rapere animadverterint, nt matnre de remedys idoneis cogitatioaes
suBcipiant.
Caput qnintum
De Seholarebis et eonun oflleio.
Scbolarcbae qnatnor constitoi possent: duo ex Ministerio: et duo ex
Senatu: aljj bis duo adiungantur ex faonestis et literatis eiribus. Officium
herum est, nt sint custodos legum : quaproptcr bini singulis mensibus bis
scholam visitent diebtts identidcm variatis ac diversis. Scbolam ingressi
et doctrinam et mores observent, et de omnibus diligenter sciscitentur,
Damit lat unser Urkundrabuch selbst gemeint
lUtteUiufm d. Q«a. t. deutwbe Eraieh.« u. Schialgeachiebte. VllI 1 180K O
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18 Mitteiluagen d. Ges. f. deutBcho Erziehungs- u. Schulgesch. Vill.
rationemque doceudi ac discciidi cxplorent, au äit legibus tousentanea:
PneeeptoreB insnper ac discipulos, si forte opus esse Tiderint, officg sni
admoDeant» neque legee acbolasücas vHa ratione contemni ant lattefMtari
patiaDtar. Jndicea denique sint ac arbltri n vel inter CoUegas Utas ortae
ftaerint, vel coatttmaeea diadpuli aat eorum parentes praeceptoribna litem
moverint, vel alia ratione raoleati Ulis fueriot. In eiusmodi cootrovertys
et motibus intcrposita snn authoritat' , loj-mn pt scholae aostrae Praecep*
tonunque iutcgritatem et existiinatiouem tueantur.
Qnod rolii[uum est, rogamns aotenmm fiiium DEI, Dominum nostrum
JESVM CEKiSTVM, ut ipse proptcr sauctissiini nominis «sni glorinm, vulnera
Ecdesiae et scholae nostrae sauet, et amoenuni pietatis et umuigenae
cruditionis ^JTty-Tjptov in imc urbe manu sua plantet, idque contra irapietatem,
barbariem et dTa«f«v C^Tlopicam tueatnr. Benedicat etiam ex alto cum
docentiuin, tarn discentium laboxibns, ut ez scbolis eeu limpidissinus bono-
rom fontibns aalatares rivuli in Eecleaiain et politias longa lateqne deri-
ventar. Amen.
Ifinistri Eccleaiae et aenatus Yinarienna.
Twi Clattea Gaaden ChriatiaB der ander
BwCaof ane Sacliaaen» JUIeh Clere Tsd Bergk^ Chorflrat Tiid Tormaadt.
Wirdige vnd woHplaite lieben andechtige vnd gctrewe, das vnsera
iflngatlieben gnedigsten bevelich die aehr nohtwendige Correction dea
bieaigen BChalwesens betreffende, ibr eucb eareaüieüa nicbta habt erwinden
lassen, vod etlicbe Gapita» weason dch nemlicb Rector vnd GoUegae gegen-
einander, 50 dann auch gegen die ao ibnen anvertruwete Jugend Heydas
in docendo, als auch forniatione inorum vnd disciplin betzeugen sollen,
Ingleichnnss wie die Jehrlicben Examina vnd trniisloc ationcs anzuestellen,
vnd was sohliesslichcn das Anibt drr Srholari hcn sein solle, abgefasset,
vnd zue Papier gebraciil, aucti uns ad revideudum vberschicket, daran ist
VBB TOB £ttch xae sonderbabien vnd gnedigstcu gefallen geschehen. Nicht
swelvelnde, der Allmechtige Gott werde diesen Dingen ein gnediges ge-
deyea, gltteklichen nfltzlichen fortgang mildiglicben verleilian» damit da^
durch kQnfftigk aein Göttlieber nähme gepreiset, auch kircben, aehnlen vnd
Policeyen erbawet werden m<^oi.
Haben demnach gemelte Capita von anfang bis zum ende, durch
vnsere in Vormundschaft anhero vcrordente Cantzler vnd Käthe lassen
durchlesen, vnd dieweilen wir darbey (ausser was vnten der Schnlan hen
halben erwehnet wird) nichts weiferc zue erinneru, Ist nunmehr noch
dieses vbrigk, das solche orduuag lordcilichst puhlicirt, vnd darüber
vleissig gehalten werde. Darauf begehren wir nun in VorniundschaiTt des
weiland Hoebgebomen Farsten vnseres freundlichen lieben Tettem, Bruders
▼nd Geuattera Herrn Jobanaen Hertaogen «ue Sachsen p. loblicher ga-
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1. Weinuu'ische Schulordnung von 1610. Von Ludwig Weuig«r. 19
dechtnils hinterlassener junger Hflrrschafft hiermit, ihr wollet gemelte Capita
(die wir Euch denn zue dem Intent hierbey wüdrumb mit zue rürke
senden) vngesaumbt gebflorlichea ablesen vnd publicireu, auch ihnen den
MmbUicben Schnelcollegis mit «rast demaodim Tod aoferiegen, das
d&wleder keiiier bey venneidnng unserer eusenten Tognade»' Tod est*
letmng seines diensta, handeln solle.
Die Scholarchen belangende, wollen wir, das zwarten ihr M. Lange
perpetnus inspector sein vnd bleiben sollet, neben Euch aber sollen hier-
mit zup Scholarchen bestellet, vnd verordnet sein, Erstlichen ausm Ministerio
ihr beide Üiaconi M. Martinas Kutilius viid M. Elias Sch^^nfeld, folgends
auss den Rahtspersonen ihr D. Heinrich Ludwi;;: vnd Johau Kreich, beide
Bargemeistern, vnd sollet ihr ietzbenaute hierüber uuä der gemeinde M.
Joban Heindrichen rad Hanss Poppenden JOngeni sue Eneh aneziehen, vnd
ihnen kratl dieses an Tnsere Stadt befehlen, das sie sich dieses wereks
Tnterüuigett, vnd was ihr Ambt mit mch bringen wird, der gebOer vnd
fltnnn besten Verstände nach, neben eneh verrichten, vnd ihrestheils die
schulen als Seminaria Ecclesiac et Reipublicae Bestes treulichst befördern
helffen sollen. Damit aurli vber abgesetzten Capitihns vnd andern Legibus
desto steiffer geh; Itr n vnd l)oides dorentcs als discentes desto hesser in
(ifticio erhalten werden niüegeu. Als seiud wir gemeinet, zue ieden Examiui
(aut vorgehende eure ünterthenigstc andeutungc) icmands aus obbe-
rürten Unseren in Vormundschaft Räthen abzuordnen, vnd denselben bey-
wohnen zu lassen, Vnd sollet Vns ihr die scholarehae aUe halbe ihar nach
gehaltenem Ezamtne, was die Praeceptores gelesen, vnd wie die Jugend
profidreft euren anslDhriichen schriffUiehen bericht vorwenden. Vber das
vnd eudtlichen, bevelilon wir auch Enrh in gesambt das ihr vber vid-
gedachter neuer Ordnung mit allem Fleiss lialtet, kein person disfals an-
sehet, vnd do ihr von einem vnd dem andern Praeceptore ichtwas, wo-
rinnen er nemlirhen darwieder handien würde, erfahren vnd iniM n werdet,
denselben im lall es von nöthen, vns vngescheuet anzeiget, vnd vnserer
ferneren verordnungc darauf gewartet. An derac allen vollbringt ihr vnsem
gnedigsten willen, vnd snvoriessige meinnnge. Datnm Weymar am 13. Augusti
Anno 16ia Wolff.^an- So.umerfelt. D [?]
Den wirdigen vnd wullgclart^n \'nsem Ii» hi n Andcchtigen vnd ge-
treuen Herrn Hoffpredi<.'( r vnd Diaconi», auch dem Ralbe zue Weyinar,
Ps. 1'6. Augusti Anuo d. 1610.
Legen Schölte Vlnariensls
Disirlbnt» in dno rapitn, dlsctpltnam et doetrinam.
Caput
De disciplina et iiioril>iis.
1. Cum ]^rtiu^ rcliä^iüsa >it inultr iniiiiiiini virtutinii rt ipsius fclicita-
tis^ uec tantum huius vitue, verum etiam beutac immortalitatis promissiones
2*
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20 Mitteilun^^en d. üea. f. deutachc Erziehungs- u. Schulgeäch. Vill.
habeat luculentissimas: omues et siiiguli reip. nostrae literariae cives,
DEYM Opt. Max. pie et devote colanto, diligunto» metnonto et invocaato,
et fidnciam snam in illo solo coUocanto, Ooena Dominica saepe atnntor.
Nam timor Domini inititun sapieotiae.
2. Maae et vesperi preces pias pro felid in Stades racceaan, pro
«onaervaidone Eecleaiae et acholae, pro magiatratu, ooncionatoiibns. inspec-
toribma, parentibns, Praeceptorilma ad DEVH fnndnnto, s. aancto DEI
nomine ne abataator.
3. Conciones sarras et preces publicas nc negligunto; dies festos
lectionibns sacris et versioni concionis tribuuiitü: subsellia, parietes vel
picturas atramento ne contummanto vel findunto aut dissecuiito.
4. Inter orandum et concionandum ne nupantor. ridento, discurrunto,
leguuto aut ridiculis gestibus ooetnm turbanto, aut cubiti«? aut popliti-
tibus innituntor et fnlciuntor: 8e»l uttentr, modeste et religioso cum silen-
tio coucioiies matutmiis et vespertinas uudiuuto; ad aonitii .lESV proiuin-
tiatum Caput nsdanto; primae et secandae curiae disdpuli etlam exci«
pionto et latlne domi reddonto.
5. Diebna featis omnes scholaatici acholara ingrediuntor panlo ante
aeciuidnm polsam, et Erangelij eiplicationem attente et com aitoitio an*
dinnto; pottea bin! ac biid ordine ac abe raorom barbarie ad
templum s> sc recipiunto, per scalas sine strepitn pednm ascendiuito, loca
seciuduni classittm ordinem capite aperto occapaoto.
6. Ad Mnsicam fignralcm a cantore vocati omnes sine tergiversatione
statim snrgUDto, et sunvitatis magis, quam clamoris habita ratione
cnndnunto: singuli psalmorum et Evanj^ilionira libros secum
ferentes apertis ci^itibus pulpitam sine risu« murmurc et garritu circum-
stanto.
7. E templo ante finltam eoncionem, cantiones et preces,
nisi eztrema urgeat necesaitas, ne egreditintor, aed cum nni-
verao coetn modeste in gcholam rerertnntor et Praeceptornn^
dimissionem expectanto*),
8. Mane ot duodecima omnes sdiolustici in schola ante preces in-
choatas adsunto, et ab ijs labores suns auspicantr>r.
9. Munditiem in vcstibtis et toto corpore diiigenter scrvanto; capilbis
pectunto, manus et facieui abluuutu, os eluunto, caloeos exleieunfn. crin«'>
longiores calamistratos non alunto, vestes coloris varij nun usiirpanto:
decenter per plateas pallio non post tergum reiecto, aut brachio nudato
et ezerto, incedanto; paedagogiaa suas fideliter administranto; hospitia
inscio Bectore ne mutante.
10. Practereantes viros graves^ concionatores» senatores, literato^.
praeceptures aut bonestas matronas ac virgines cnpita aperiuntoi appellati
7Tio(b sto i't clare respoadento, titulo honoris et dignitatis una com gestibns-
Das gesperrt Gedruckte unterstrichen.
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1. Weimariaehe Seluilordnung von 1610. Von Ludwig Weniger. 21
decentüms adhibifis: Lapidibns vel globis et massia niveia caoea, anseiea
et honunes ne petooto, aat in tecta et fenestras ea iacalantor, ant per
glaciem foruntor.
11. In plateis aut extra portam temere ne vagantor, colludunto,
aut ab nffirio pictatis et honestatis aliena conscctantor, aut discipünam
scholasticam insectandi occasionem turbae promiscuae praebeuto;
inprimis in funerum deductionibus uode&tiam, ordinem et sUeatiain
observanto.
12. Qui pompas nuptiales, fanebrea ant alias apectabunt cavento
petulantiam, memorea Terecandiae et matnre ad chonini symphoidacom
seae confeninto« anteqnam sponsa templnm ingrediatar: invitati ad nuptias
propinqnornm com üliteratis Hasicos vel inlerdia vel noctn in plateis
ne seqnimtor; eompotationes, Inxmn vestinm et omnem sconilitatem
fuginnto.
IH. Scholaiii iugressi siiiguli in suas classes sesc recipitinto, ibi cum
silentio liorain prccationis et lectioiiis expectantes; ne jicr fenestras
prospiciunto, nun per subsellia disi-urruuto, tabulis in^rripta nun deleuto.
fontaces, scainna. cathedras, parictes cultris non discindunto, perfodiunto,
ant aliud damnam infemnto illis; mnlto minns daves adolteriiräs habento:
vel pro libria cbartas lasorias vel tesseras importanto : com aeqnalibns
sais ne rixantor, lodnm pro sno arbitrio ne deseronto.
14. Pugiones et cultros grandiores togati nostri militcs ne babento.
sed libris et reliquis armis ad Musarum castra pertinentibus iustnicti
sunto, quia in sc minario religiosae pietatis et iiteranim humanionun Martern
dominari nüluinus.
If). Elccmosynam et stipcni oätiatim petentes currendo per civitatcm,
vel concentu harmunico victus et amictus subsidia quaereutes, inprimis
morum sanctitaü studento, a riids» intempestivis nugis. alijsque ineptgs
abstinento» in canendo vocis mqderaüonem et saavitatem observanto, dads
dnetum et tactum seqnuntor: praetereuntibna et nranascola offorentibtts
capita cnm gratiarum actione nndanto; matnre conveninnto et ante nltimnm
actom sese ne subducunto.
IH. Ctistodcs et nioruin censores sive aperti sive clandcstini prirai
suuto in classibus, instnicti requisitis necessarijs, conclavia aperiunto et
clauduntu, paviun nta et pcrgulas studiose verrunto, pulvcrein e libris pu-
blicis cxcutiuntü, surdes et quisquUias in locum destinatuin exportanto,
fomaces a sordibns mundanto, telas araneomm abstergunto, et ne quid
damDi coeteri condisdpuli domieilio Mnsanim inferant, sednto cavento:
absentea, tarde venientes, rixantes, tnmultuantes, et vemacnlo sermone
ntentes, annotanto.
€apnt aecaadom
De doetrina sea dtBoeadl ratlone*
1. Qoi in prindp\|8 religiosae doetrinae et coeteris hnmaniomm
literamm Stüdes magnum operae prettum facere et tandem in censn et
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22 Blittailungfin d. Gm. f. deutMhe Brtiehung»- u. Bchulgeaeh. VUL
wmeto Ifteratomm faaberi enpit, enm laboris et molestliiiiim qnotidiaiift-
ram nOD oportet esse iinpAtileateiii, sed awidimin et Induatriom,
tarn in schola publica, quam intr» prlTatos et domestieoa paiietes.
2. Mane igitur surgonto, et operaa anteliicanas inprimis memoriae
ac difiicilioribns destinanto meditationibus; praemeditantor suas lectiones
audif ii hi?, quac per intogrnm diem in schola sunt praestanda probe
expcniiunto, et ad ea i»u pracparantn: quo deiude a meridie bospitibos suis
in necessarijs operara suam locarc possint.
?>. Cum hora praefinita illos iu pulaci»tram vcl pulverem literarium
evocat, libris necessarijs uääumptis in scbolam seso conferunto ad äuam
coriam, et locum a Praeceptore assiguatum occupanto; übros cum instra«
mentia reliqnis depromnnto, lectionem vet ezpoaeodam Tel reeftandam all«
qiioties ant aoll tot com altero, silentio debito, relegnnto.
4. A Praeceptore prodncti et inssi reeitare, interpretaii, ezhibere
qnippiam, aine tergireraaüone id üacinnto, clare. diatincte, tarde et actiea-
lata, «ine insnaoiratione, danais vel depoaitis libris, eoram caatigationcs
aat animadversiones meritas aequo animo ferunto; eos parentnm loco
bnbonto, a donatioDibns et Yeoditionibna vel libromm vel aliaram reram
abstinent (1.
5. Argnmenta latina vel graeca iu librum peculiarem refiTiinto,
eumqne sartum tectum servnnto, ut et alios libollos auuutatioauia: in
reddendia argumentia pnritatem et latiuitatem spectanto, et phrases e
lectionibns petnnto; diatinctionea membromm et periodorom et nsnm
latini aeimonis perpetno obserranto, aive in acbola, aiTe eztra yersati
ftierlnt,
6. Yaria et inutüia csculenta, ut prona, poma, pyra agrestia, uures
et similia primae aetati perniciosa, non importanto: quia ronsuetudo ista
non tantum valetudini incommodat , sod ctiam studiorum proq:ressu8 im-
pedit, et crebra natorae reqoiaita flagitat; patamioa ne in paTimeutuin
ab\jcinnto.
7. In exponendo latino vcl gracco aatore ordinem syntaxeos sequun-
tor: lectionea omnea memoiiae mandanto; et inprimis regulas Etymologiae
et SyntaxeoB in ntraqne Grammatica ad nngnem ediacnnto» et exempla
regolannn interpretari diacnnto.
8. Gapita pietatis, Cateeheain, Iioeoa theologicoa, Paalmoa, precea
latinaa et graeca.s, cordi et curae sibi e»m patiuntor.
9. In orthographia UHitafam literanim pi- tnram obs'Tvanto, affecta-
taiii illatu et Sabaudicaiii fugiunto. no litcta iiteram scandat. atit ponatur
una pro altera, ravento: verf*ion<'H vcrnaculaw ot latina«, a pmcccjitdrilms
data» libris autborum no illinunto, prae^ertim graecis: quia res i^t«
lectionem graecamm dictionam depravat. et parit ignaviam.
10. Äi repetitionibna priyatia et domeaticia Incubrationibns, ad alios
antorea ne fiat progreaaio, prinaqnam ordinarija lectionibna aatia-
fecerint: vesperi anteqnam cubitnm eant, anccinctam eonim omninm.
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I. W«imariiebe Scliulonliiwig von 1610. Von Ludwig Weniger. 23
qaae per totnm diem didicentnt, egeront, legenmt oensaram institiiiiiito,
aecondttin illad:
Non prius in dalcem declinos loinina somnnm,
Omnia quam longi reputaveris acta diei.
11. Librum in quem elegantes sintcntiae grueoap vel latinae
referantnr, sibi comparanto, et quae obiter a praeceptoribus, vel etiam pro
roncione utiliter e patribus addacuntur, inscnbunto: Lucos communes
colligunto; slDgularia et rariura in authoribus propositis annotanto.
12. Noctamas et alias intempestim Incnbrationes matnre faginnto:
tempns dinnmm bene diapeiiaanto; et inprimis matatinom recte coUocaato;
oe ingenia ignaTo otio torpescant, cavento.
13. Negligentes scholaHtirr ^ t vagabundos adolescentes veluti pestem
certissimam aversantor et fugiunto. Studionim vero et deieetationnm
causa horis succisivi« cum indnstrija et bonis rongrediuntor.
14. Didactrnm conHtifutuiii iusto tempore statim post receptionem
ad sex menpea solvunto, et peregrini quidem Rectori; civea vero et aolici
collegia tradunto.
Haa legea nniTenaa et aingalaa qnilibet acliolaaticaa amore potiaa
virtntit, quam formidlne poenae eoinmo atndio obaemt; et Becnndnia
iUaa totnm vitae snae cardenlnm, atadia et mores inatitaat; idqve nt per-
ficere poeait, a DEO Opt. Max: qnotidiania et ardentibna votia apirttna
aaacti petat anxilinm.
AMEN.
Ü. B. fol. lö. .\d I:i1in;i' liiisnw
in goluta et llt;ata orationc cognitionem gehöret.
T.
Das die Knaben vor allen Dingen fertigk vnd redit leinen lesen,
aneh biemoder die gemeimten Tocabnla aiUBwendig lernen Tnd all meblich
ad pingendaa litcras gewobaet werdean, darbey dann die Praeceptores
inferionim dassinm sich keine mnbe noeb fleiss soUenn verdriessen lassen.
IL
Hieraof sollen folgen panuligmata Dedinadonnm et conjugationum
et praecepta Etymologica «x Donato et epitome Graminatices ex Phiüppi
Melaiichthonis Grammatica excerpta. Dicss buclilcin solbnin die Knaben
nd ungucin auss\Ncndig lernen, doch inn solcher Ordnung, wie itzo gemelt
vnd balt folgenn wird.
m.
Damit sie anch den Usum mit den Fraeceptis conjunglren, vnd an
Torrath lateinischer woit täglich me nehmen, können neben dem compen«
dio Grommaticea den kleineren Knaben Catechismns Latinna, Sententiae
Solomottis, Disticha Gatonis, vnd die CoUoqnia pnerilia, der Bonns dies
genant exponiret vnd ansswendig zue lernen anfgegeben. Sonderlich aber
die infiexiones nominum, Pronominnm, et Teibomm ans angedeuteten
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24 Mitteilung«!! d. Ges. f. deuteebe Braiehonge* u. Scbnlgesch. VIU.
LecUonibiis mit ibnen fleisig getrieben Tod dabej Paftinra indeclinabDinm
sigaificadones gewiesen auch anas einem bewerten Nomendatore etlicbe
Latein wScbendtlich annwendigk me leinen aofgegeben «erdean.
IV.
Wenn sie nu Etymologiam zimlichen gefasset vnd in Declinationibaa
et Conjugationibus wohl rjevbet, auch einen Vorrath lateinisi^her worter
gesamlet haben, Soll ihnen Syntaxis aus obenjorezoc^cneni t^pitome fleisig
vnd deutlich gelesen, mit exempeln dentsch vnd lateinisch die Re^iulae
explicirot, auch dus sie dieselben auswendigk lernen augchalten werdenn.
V.
Hienieben werc es im Zeit, das den Knaben Epistolae Ciceronis
minores et faciliores die Fabulae Camerar^ vnd seine Dialogi in quibns
pora latioitas, gelesemi, vnd daraus Urnen wöebentlieh ein seriptum gege-
ben, fnd wie sie sieb ins Tertiren schidken vnd die Praeceptioaes Gramma-
tices ad naam transferiren selten Itlndlicb Tnd verstendlich ibnen gewiesen
warde.
VI.
Es sollen auch die Knaben, so halt da? rxcrritinm styli mit ihn<^n
vorgenommen, zum Nachschla-^enn angowiest n werden, zue wi lchem ende
denn liiertzn dienliche hUcher, uls Thesaurus Fabri, Lexicon Tnliugae
Sturmij ion der Schuelen beyhanden sein soltenn.
vn.
Weiiji ühuii die schucler ihr Compendium fedigk geleniet, auch
congrue ächreibeu konten, so solte Ihnen denn also die Grammatica
Fldlippi gelesen ancb die TOrmmbsten Auctores in Lingua Latina Cicero
ynd Terentins interpretiret vnd an sswendig zne lernen') aufgegeben
werden, vnd sollten die Praeceptores in enarratione auelomm nur ad
praxin Grammatices et Latinae linguae proprietatem et elegantlam sehen,
vnd alles hiertzu vndienlichen dictirens vnd vnnotigen memorirens
sieb gentzliub enthaltenn.
VIII.
Es mussten nu mehr auch den Knabenn etwas schwerere vnd weit-
leuftigore Argumenta gegebenn, vnd inn allen doliin gesehen werdenn, das
sie ad iinitatiouem probatoram Auctorum schreiben lemeten.
IX.
Inn dieser (Ihisse konte auch die Prnsodia angefangen vnd Ihicolicn
Virgilij neben einem andern Poeten so ein rein vnd leicht Elegiacum
Carmen geschrieben gtlesenn, oder wochendlich etliche Versus senten-
tiosi nach der Construction versetzet ihnen nach Verses arih zue-
sammen zae bringen vnd damacb anaswendig sue lernen aufgegeben
werden.
*) Das Gesperrte unterstrichen.
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1. Weiinariache Sehahndnu ng von 1610. Von Ludwig Weiiig«r. 25
Eb wül aneli na melur Zeit sein QrMcanim decliDttionum 61 Coi^ii*
gatioiimiL Paradigmata et commiiiiioia Orammaljees Gnecaa praecepta ine
traffiren. 5>(> muste auch Ysus gratia neben den Giieehisehen Catediiamo
et Evangclijs DommicaUbos Oratio Isocratis ad Demonienm Grammatice
expUciret werdeniL
XI.
Wenn inn iet2t bcmeltnin Lrrtinnihus die Knaben wühl gevbet. die
Praecepton's aiirh v« nii< rkcnu wurüenn cum aetate judicinm in
plerisqae cresinre, so kömucnn dieselben ad sapremam Ciassem cTcbiret
werden.
XU.
Dabey denn woU inn acbt sae nebnienn das damit nicht zne
eilen sein wolle, sondern allein die in hanc tribnra in erhebmn,
so ihre Orammaücam I^atinam qno ad praecepla gnungsam ge-
fa^^set, dieselbige tollerabiliter ad usum transferiren vnd Grammatice
schreiben köntenn, auch in gmeeis leidliche ioitia hattenn damit sie ad
uberiorem ingenii cnltnm capiendum desto geschickter weronn, vn«! der
Rector nicht mit versaumuni,' der Maionim fla--^ erst verdriess mit ihnen
treiben muste, das sie ex intVrioribus rlassiuu.. rnitbriugeim sulU n, Prac-
properae enim trunalationeb puriunt cunfusiont^ä et Praecepturibus
aeque ac disdpnlis non honori sunt sed oneri. Et vitinm primae
eonooctioniB raro corrigitnr in secvnda. Ingegen soll anch die so pro-
motione digni propter bonam indolem nicht hindern, sondern vilmehr vor
andern fordern.
xin.
In suprema Classe wolte nu vomemblichen neben der Doctrina
pietatis, davon Oben, vnd was nocli in Praeceptionibus Grammaticis der
Rector zue trartiron hctte, praxis Grammatires zue treiben sein, Erstlicii
in Classicis Latinae linguac authoribus Cicerone et Terentio vnd darnach
in styli solutae et Poeticae orationis assiduo exercitio, et Lutine loqucnd
familiari consuetudinc. Dazuc denn nicht vndienlichcn das man Veniaculae
lingnae notam so wobl inn dieser, als inferioribns Qassibns» darimien exer-
citiom Latinae lingnae getrieben wird« anordnete.
. XIV.
Hierneben musten Liüri Aeueidos Virgily, Gramiuatice explicirct
Ynnd die schneier ad imitationem angewiesen werdenn, Es were auch nicht
böse wenn Praeceptor Elegiacam Carmen etwas so vor die Knaben ex
Ovidio oder einem andern gneten poeten dabey gelesen wurde.
XV.
Inn dieser Classe solte auch nahn ein vollkommene Grat>ca
Granunatica gelesenn» vnd propter nsum . Liber Qyracidis Graece
▼nd dameben ein Pon Hesiodns oder ein ander interpretiret werdenn.
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26 Mittenimgen d. Ges. t deot»*« MifaB^ «. UmIipmIl VH.
XVI.
Es kontenn ancb die Majores inn dieser Gtasse woehentlich etwas
ex Graeco in latinam et vice versa vertiren, nebenn denen gewöhnlichen
argnmonten, so nu ino)ir nach gelegenheit des profcctos et jadicü disceu-
Üam zne Eriiohen sein wolltenn.
XVII.
Sonderliche aber konte nahn mehr der Eector auch mit nut7. Prae-
cepta Dialectices et Rhetorices ex quaestionibus Lossij et Georgy M«^oris
den Discipulis primae et sapremae Gassis propooireii vnd mit
exompUs iUnrtrireii das sie ad Tervm harom artinm nsmn aageftlnet
wnidenn.
Not».
1. Hierbey will zne bedenckenn sein weme Lectio prosodiae
et Poi^seos vnder dea CoUegis aofzaetragen? Ob nicht Johaoni
Webern.
2. Item ob nicht dem Cantori die Lectio Musices alleine zue
befehlen, als darauf er vomemblichen bestellet sich auch am besten darauf
verstehet
8. Es solle aach einer Aritlmietices initia den Knabenn lesen, Ob
tticlit Henriens Koppe od der Gonrector dasne zoe gebrandienn? Man
könte nach anweisung der Churfttrstlichenn Scbnel - Ordnung Montag die
Stand Tonn 12 biss auf eins dartsne nebmenn.
L
Anlangend die Mores Sollenn die Praeceptores
nicht allein mit ihrem eigenen exempel Sondern anch mit vieisiger auf
acht vnd vattcriirher Castigation dieselbigenn also regiren, ut sint honesti,
et scholasticis digni
U.
Vnnd dieweil Sie nicht alletzeit vad aller orter vmb die Knabenn
sein küiincnu, were Sonderlich bey bewuster groser dissolutione nicht
vnnotig das mau cor>'caeos sub fide sUeuti^j et couditione reddendue
rationis bestellet«, so die «lonnia notireten Ynd den Praeeeptoribns
wochenilicb Tbergeben, die dann nacb befindnng der Vbermass Vnzhnb*
lieben «tcess, Erstiidi mit wortenn sne straiTen Ynd wo dan nicht helffenn
Woltem mit der Bntthen der Znefat denn bosenn wnrdenn zne Stenern
wissen.
III.
Dieweil aucli viel daran gelegen ist, das die Knabenn Vor leuthen
redenn vnd das ihr Fornilii h anbriengeim vnti ausrichten lernen so snll
iherlich finito cxamine eine coiuoedia entweder ex ierenlio oder eine
andere nach guet acbtenn der inspectomm agiret werdenn. welches dann
nicht allein ad nsnm Latinae lingnae, Sondern anch ad eonformandos
mores sehr dienlichenn ist.
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1. 'Waimarisclie Sehidordiiiiiis von 1610. Von Ludwig Wonlger. 27
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30 Mitteilungen d. Ges. i. deutsclie Erxichungs-- u. Schulgesch. Vlll.
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1. Weimariflche Schulordnung von 1610. Von Ludwig Weniger. 31
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32 . Mitteiliuigeii d. Ges. f. dentaehe ERdebung«* n. Scbulgesch. VUL
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1. Weimarische Schulordnung von 1610. Von Ludwig Wenigef. SB
Auf den folgenden Blättern des Urkundenbuehes, dem wir die
Erhaltung der Schulordnung und des Stundenplans von 1610 ver*
danken, folgen nun (fol. SO bis 174) die SchfOerlisten; die Angaben
Uber den durchgenommenen LehrstolT und die Zensuren der Schiller
aller Klassen fttr jeden der Lehrabschnitte, Halbjahre oder Schul-
jahre Ton 1610 bis 1617. Diese Mitteilungen sind flberaus lehr-
reich und gew&hren einen ziemlich genauen Einblick in den Unter-
ricbtsbetrieb der gedachten acht Jahre. Sie sflmüich abzudrucken
würde KU weit führen, auch wenn man, wie sich Ton selbst Ter*
steht, auf die Scbfllemamen Torzichtet.
Nicht unwichtig ist aber ein Einblick in die SchUlerzahl
aller Klassen, die wir im Nachstehenden mitteilen. Es waren
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Ferner wird
wenigstens
ein Einblick in
den
Betrieb des
ersten Schuljahres, vom Fi-tilijahr bis zum Herbst 1610 und von
da an bis zum I.Mai 1611, willkommen sein*), wahrend der übrige
Stoff fUr die weitere Darstellung benutzt werden soll.
Jlmifriiatlo 1«><-ti«*uDni ab «xniiiliiutione venia anno ir»l(> usque ad
autiuuuakMii priiiiiie cia»i»it> discipall»; propo.sitaruiu:
1. Ccnnpendium Tlieoiogiae: locus de scriptura sarra. — 2. Preces
et symbola graeca, — 3. Epistolae et Evangelia gracca. — 4. Dialcctira
Lossij: nsque ad Praedicamenta. — 5. Rhetorica Lossij: usque ad status.
6. Isocratis oratio ad Nicodem ab initio usqne ad Terba flla: oTiav uiicM|ac8«
8tlv ctvot T«v ifHwi ^mOxintvvs tat t/^v i:4Xiv, «>s ^fn], itmxfysrm. — 7. Hesiodus-
Opera et dies ab initio versus 46., nltimus est: ^pr« ß«wv dn^^oiTo xal
T|jiH'5vti>v raXotejjYuTv. — 8. Gnunniatica Qraeca. — 9. Cato Maior Ciceronis:
lectionis primae initium: Xon sunt in senertutc vires? finis: Sed quid ego
alios? ad me ipsum iam revcrtar. — 10. 0 rat in Cicoronis pro S. Koscio,
principiam: Tametsi boc quidem miuime latet, quud ita piomptom est;
Den Berieht vom Herbete 1614 Uber die Sommerarbelt haben wir
in der Abb. Batlchiue, Kromayer etc. II. a. 0. 8. 872 ff. abgedruckt.
Mlltollmisvn d. Oes. f. deutsche Bniefa.- u. SebulirBicbicbtei. Till 1 1898.
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84 Mitteilungen d. Gos. f. deutsche ErziebuQj^ä- u. bchulgesch. VIII.
fiuis: in hac vitu, iudices, quos sumptus <^uotidianos, quas efifusiuiies ficri
patatia. — 11. Qfammatiea latiaa. — 12. Yirgilios lib. 6. Aeoeiil. ab
initio venas 70; iiltimns est: Lisüioam featosqne dies de nonÜDe Pboebi.
— 18. Horatins. Oda secanda et decima.
Lectiones ^ecuaduuis et tertiatiis h(»c scmestrl proitoisitae:
1. Catechismus Latinus toUis. — 2. Graecus Lossij totus. — • 3. In
compendio theologico secondaal octo quaestiones primi lod, tertiani Tero
decem piimi et secnndi didicernnt. — 4. Grammaücam PbiUppi a verbo ua-
que ad fincm aadWerunt. — 5. Slyataxis tota. — 6. Septima ecloga Tir-
gilü cum pnuü Gramm, et prosodia. — 7. In locis Mnrmeliy 15 disticba,
— 8. In Graeca Grammat. secundani nomen et verbum, declinationes
simplices et rontractas. verbum in artiva, ])n>-siva et media voce.
Item -oiiio in activa taiituni. 'rerti.nii vero declinationc*? >iinplires cum
conjagat verbi tjztw ia activa, passiva et media voce didiceruut. — 'J. In
Cicerone primani inferiores cum secundanis 7. epistolas lib. 13, audiverunt.
— 10. In Terentij Eunucbü ^dcm cui^uuctim duas sccnas videlicet [?] sep-
ttmam 4. et prhnara 5. actus. Una n. bore tantnm in septimana mihi
Gonceditur. — 11. Arithmetica Pfscatorie primanis et secnndanis a prin-
cipio nsqne ad mnltiplicationem per nnicam boram praelecta est —
12. Exerdtinm poeticum conionctim andivenuit primani et secundani.
Beelgnatlo leetlonam ab «xamlnatlone Tema nsqne ad antnnnalem aane
1610 pneris qnartae classts propoaitamm.
1. Oateclüsmns latinus D. Martini Lathen cum explicatione et Tabula
oeconomlca. — 2. Compeadinra etymologiae et syntaxeos totnm. —
3. Epistolam 37. 3S. 39. libri I. a Sturmiu selectaniin. — 4. Colloquia
scholastica Maturini Corderij 28. 29. 30. 31. 32. 33. lib. I. — 5. Fabulae
Aesopi Camerarij. 1. De gallo rcpcrtore unionis. 2. De lupi» et agno.
3. De muro et raua. 4. Dr rane et frusto camis. — <i. Distirlia Catonis
30. 31. 32. 33. 3-1. 30. ijti. 37. 38. lib. I. Hic incipieiului Quae culpa
sülcs etc. — 7. Nomenciator caput 12. De aedificijs; continet vocabula 138.
— 8. Evangelia dominfcalia cfim disticbis Stic^elij.
Qaintaiionim loctioiics in exainlno autuninall A. WAO recitatae:
1. Recitaveruiil ratrcliisimiin ironuaiiicum totum cum ijnaestioiiibus
D. Koäiui. — 2. Quidaiji Catrc iiisiui latiai trin priora capita, caeteri priinum
tantum caput. — 3. Salomoiiis provcrbiorum capitis 21. proverbium priuium
usque ad 16. — 4. Gramroaticam qnidaro anperiomm totam» reliqai nomen.
— 6. CoUoqniomm pnerilium coUoquinm primnm nsque ad 9. — 6. Ca-
tonis quaedam diaticha. — 7. Nomeaclatoria capnt 12.
Gonsignatle leetlonnm aextae classls In examine autumnall 1610.
1. Cateclüsmaui gcrmanicum totum cum quaestionibus Rusini sape-
riorea mediocriter recitare noverunt. — 2. Decem paalmoa nempe 51. 53.
Ö4. 61. 70. 72. 90. 91.^ 93. 110. memoriae mandaruut. — 3. Tria capita
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1. Weüuarisohe Schulordnung von 1610. Von Ludwig Weniger. 35
cx N'omenclatore, 0. et 7. ex veteri, priinum caput ex novo recitare didi-
ceruut. — 4. Superiores in scribendo et iegeudo mediocriter se exer-
cneront.
IlMiguatiu leetiouum al> examioatione autumnall anno UiUi. asque ad
vernani anno dlscipnlig prinme dassls proposltwmiii.
1. Ex rompendio sacro «äocunüiini locum de tloo et tertinm de
persona Christi ust^ue ad ijUiiestionem 30. — 2. Precationes et
^jmbola graeca. — 3. Epistolae et evaagelia latina et graeca.
— 4. Ex Dialecticis LoBsij a praedicamentis vsqae ad postpraedi-
camenta. — 5. Ez Bbetoricis einsdem a stattboa vsqae ad genns deli-
beratiwin. — 6. Ex Tirgil|j üb. 6. Aencid. versas 192; primns est: Te
qttoque magna manent regnis penetralia nostris, ultimas: Nuni unimis opus,
Acnea, nnnr pi i tore firmo. — 7. Ex Horatij Hb. I. rarm. oda 12. 20. 22,
ex lib. 2. carm. oda 2. 10, 10. — 8. Ex Hcsiodi lib. I. operum et dicmm
versus 91, priinus est: Uli 'Ata Expj-U /'SKwAiw^f^x tppe^lv / : v. ultimus:
o'jx ihiwr^ iirA'j^zzi Oeot; ot 'UÄj;i.-"iv l/ousiv. — Q. Ex oratioue isotratis ad
Kicoclem lectionis primae initnim: libAtst« U dv awt&c iati asMtov r>'x^'f.Tfieir^i
etc., finis: mtpü "iffi ^iyyfi ^Mcvvtv* k"^^^ MxaXmf». — 10. Ex Giceronia
Catone ICaiore initinm primae lectioiiiB: Primiim haboi aemper aedales etc;
finis: Potest eiiim qoicqoam esse absnrdiiis, quam, qno mbiiui viae restat,
eo plus viatid qmaerere. — 11. Ex oratione Giceronis pro A. Licinio
Ardiia poeta exordium et narrationcm; verba ultima sunt: iit domus, qiiae
hnic ad«il< sccntiao primn fucrit cadem esset familiarisslma senectuti. • —
12. Excrcitium utriusc^ue Grainmatices.
Leotlones ab exaiuiue aututuuuli t^ecuudauih et tertiauig proposltae IdlU
1. Gatechismns latinus totns. — 2. Gatechis. graecns Lossij totas.
3. In cnmpendio theolofrico scrundanis a secundo usque ad 5. locum
25 fin:\pst.; Tertiani vero a tertio m(]nt} ad 11. lociim 80
quaestioiii's oniut. ■ — 4. Grainmatica Pliil. a pritn ipin usque ad
verbura. TLitiaiü Epitomcn audivcre. — 5. Syiitaxis Iota. — G. Octava
ecloga Tirgilij cum cxposit. praxi Gram, et prosodia. — 7, In locis Mur-
meiy 38 disticba. — 8. In graeca grammat. secandani nomen, prono. et
Terbnm, decliuat simpli. et contractas, verb. tvstio in act., pass. et media
voce. Item ixUm in act. voce tantam. Tertiani vero totum compendium
didioiTunt. — 9. In Cicerone secundani 10 episttdas ex lib. 1.'5. audivere.
— 10. In Terentij Eunut li.i 7 sccnas, videl. 2. 3. 4, 5. 0. 7. et 8. actus 5.
— 11, In Arithmefira priinani et secundani multiplira*. divis. prnfir<"^sinnTim
arith. et geomc!. item regulam de tri audiveruul ]>< r imam linr. in septi-
mana. — 12. Exer< itium puetn am primaui et secundani couiuuctim iuxta
ordioem praeseriptum tructaruut.
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86 IfitteQiingQii d. Ges. f. deutsche Bniehungs- n. Schulgescb. Vin.
QuartM clMSIe pnerl tUb eza»fauitloiie antiuniiall aaal 1910. nqm ad
TeniaiB tm. I9ti dldleerutt
1. GatecbiBmam D. Lathen germanicum et latioum cum explieatione
aliquoties repetiverant, addita tabula oeconomica. — 2. Epitomen Gram-
matices semel atque itfimm perdidiceriiDt. — ?>. Regulas syntaxeos oinnes
ad unguem recitant. — I. Episfolam Cireron. 'MK 10. 11. 12 \'\. lib. I.
Sturmian. mcmoriae mandarunt et veniaculo sermone redüere didicerunt.
— 5. Colloquium sdiolnsticum 34. 35. 36. 37. 38. 39. 10. 11. 42. 43. 44.
45. 4G. 47. 18. lib. I CoUoqu. Maturini Corderg. — 6. Fabulam Aesupi
5. 6. 7. 8. 9, 10. 11. 12. memoiiae mandantnt et genuanice reddere di-
diceront. — 7. Distichon Gatoms 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
14, 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. lib. I. 8. Ex nomenclatore
Caput 13. de supeUeetile domestica. quod continet vocabula 144,
cap. 14. de rc equestri et militari vocabula 53, cap. 15. de instrumcntis
üperariis vocab. 255. — 9. Evnti{,'eli;i dominicalifl orania cum distichia
Stigelij exponere et grammatice iuterpretari didiceiuut.
Qiintaaonw leetteneai» quaa in examiae Tcnall aa«l 1611. redtaTenuL
1. Gatechismnm gennanicom totnm. — 2. Quiniine capita latini. —
3. Proverbia Salomonia capitis 21., 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
26. 27. 28. 29, 80. 31. — 4. Grammaticam totam. — 5. Colloquia pueri-
lia ab initio usqne ad colloqninm vii^esirnnm. — 6. Capita aliquot Nomen-
chitoris. — 7. Disticha quaedam Catonis. — 8. Dicta eTaugelioram cum
distichis Stigeiy.
CoBSlgaatie lef^oaum Inflsae clusls In examine venuilt Uli.
1. Catechismum Lntheri germanicum cum quaestionibus Rosini tole-
rabiliter rccitare novorunt. — 2. Viginti psalmos memoriae mandaverunt,
nempe 111. 113. 114. 120. 121. 123. 124. 125. 126. 127. 12S. 130. 131. 133.
134. 137. 144. 146. 149. 150. — 3. In Nomenclatore septem capita, vide-
licet 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. mediocriter rccitare didicerunt. — 4. In scribeiido
et legendo, in latina et vemaeiila liugua superiores progressum fecerunt
non poeoiteiidiuii.
An die Angabe des durchgenommenen Unterrichtsstoffes der Klasse
sctaliesst sich im Urknndenbuche jedesmal die Zensierong der Schfller an.
Es wird nOtzlicb sein, aber auch genflgen, wenn wir «In einzelnes Bebpiel
herausheben. Es handelt sich um den Primauer Johannes Wachsmuth
aus Langensalza im Herbat 1610 (U. B. fol. 35 r.). Am Rande steht unter
der üeberschrift Cnnsura tronprnlis vitue t t morum: Modeslu«!, pius,
obediens. Res anffusta domi. Diligeus: re|)Ctitiones privatas uro rationc
temporis vacui satis multas instituit. 31eni(jria felix. ludicium mpdiocre.
Ingenium felicissimum. Vivit aliena quadra. Bignus meliore fortuua et
promotione. Im Hauptraume: Compendlum Theologiae: Bene. — Preces
etsymbola graeca: Bene. Bespondit. — Evangelia et Epistolae Oraecae:
Beete. Dialectica Los^j: satisfecit. — Bhetoriea l40ssy: satisfedt. —
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1. Weimariselie Schulordnung von 1610. Von Ludwig Weniger, 37
JaocnteB: tolorabills. — Hietiodus: tolerabilia. — Grammatica graeea:
plcraqtie tenet. — Cato Maior Cicoronis: et hie probat iir, — Oratio
Cicerunis pro S. Rosv-io: Satis cummode. — Grammatica lalina: Parum
desideratar. — Yirgilias: tenet oranes versus. — Horatins: Odas daas
didicit.
Man erkennt, ilass sich die Zensnr der Leistungen zunächst auf das
Ergebnis der Prafuiig bezieht, aus der sich dann aber aiu li ;iuf die Arbeit
des Schülers im Halbjahr schliessen lüsst. Entspreehend ist die Beur-
teilung jedes Einzelnen der übrigen Primaner. Die Zensur der Schüler iu
den anderen Klassen ist kürzer abgemacht, gewährt aber ebenfalls wert-
volle Elnblidte in den Schulbetrieb.
Gehen wir uun auf den Inhalt <i»'r Schulordnung; von 1610
ein, 80 tliidot sich die Bemerkiiiii; in der Eingabe des ( ieibtlicheu
MiniRteriuius und des Stadtrats (oben 8. 14). da*?s es sich nur
xim eine Verbesserung, nicht um eine Erneueruii'j; (l»'r bestehenden
Satzungen handelt, bestätigt. Die alte Grundlage ist festgehalten,
80 die Unterrichtszeit von vormittags im Sommer, von 7 bis
10 im Winter, nachniiiuigis von 12 — 3. An den Mittwoch- und
Sonnabendnachmittagen fällt die Schule aus. Der Singunterricht
liegt in der Hand des Kantors und findet, wie aneh schon im
Sächsischen Schulplane Melanchthons. in (ier ersiun Nathmilt<igs-
ötunde statt. Ebenso wird an den schnftiicben Uobungen im
lateinischem Styl jeden Mittwoch Vormittag fUr die Klassen Quarta
bis Prima nach wie vor festgehalten. Die KatechismusUbangen
deutsch, lateinisch, griechisch, je nach den Klassen, bilden den
Hauptteil der religiösen Unterweisung; die Ferikopen des nächsten
Sonntags werden gleichfalls in allen Sprachen gelernt. Dialeictik
und Rhetorik bleibt der Prima vorbehalten; Proeodie und lateinische
Dichterlesung, Terenz und Viigil. beginnt in der mit Tertia ver-
einten Secunda, Hesiod in Prima. In den Mittelklassen bleiben
Oiceros Briefe von Sturm eingeführt, desgleichen die Aesopischen
Fabeln des Camerarius, in Quarta und Quinta Gates Distichen, in
Quinta auch die Provörbia Salomonis.
Wie im liOhrplane, so sind auch in den eigentlichen Schul-
gesetzen die grundlegenden Normen von 1562 unveiindert Die
Schüler sollen Mh aufstehen imd sich für den Unterridit vorbe-
reiten, nicht in die Nacht hinein sitzen. Die Vorschriften für die
Haltung in der Khisse, in der Kirclie. anf der Strasse. Überhaupt
beim uirent liehen Auftreten, insbesondere bei Hochzeiten, die Sauber-
keit iu der Kleidung, das Verbot, Watfen zu tragen, die £insetzung
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S8 ICitteilangen d. Gm. f. deutsche Bralehungs* u. ScbulgeBefa. VIIL
von AiifseberD, custodes oder oorycaei, alles das begegnet in den
Weisungen von 1610 wie in denen Ton 1562. Auch die Auf-
führung lateinischer KomOdien, die bereits Jo. Wolf eingeführt
hatte, wird beibehalteD.
Allein auch die Klagen und BesserungsvorsohUge Rektor
S&lzh Ubers in der Eingabe Ton 1610 (Nonnulla crfoOifbara etc.
oben S. 5 fi'.) finden mit bewusster Auswahl Verwendung. So in
dem Abschnitte de primo officio !N i toris et Colleganmi Ii ■ Weisung,
dass kein Lehrer ohne ilie l^laubuis des Rektors den l'nterricht
versäume (ssoXfiaxal, 2, 12), dass die Lehrer nicht blos die eii,M'nfMi
Schüler, sondern auch die der andern Klassen im Auge behalten
sollen (25, 28), die Mahnung zur Einigkeit (30). In dem Abschnitte
de docendi ratione wird bestimmt, dass der Lehrplan festgehalten
und keine Aenderung ohne Erlaubnis dfr Scholarchrn vorircDommen
werde (4. 12), dass die Lehrer sicli lUr den UnttM rieht vorbe-
reiten fl). Die Verordnung über das Lateinsprechrn in den
obereil Kla.ssen (7). über die deutliche Aussprache der t>(hiiler
(8), ist gleichfallfj auf Salzhuliers IJericht zurückzuführen. In dem
Kapit«! de niorum gubeniatione tretlen wir eine Hinweisung auf
das gute Beispiel der Lehrer (31j, über Anstand und gute Sitten
auch in der äu.ssem Haltung (25, 28). Sodanu wird die Durch-
führuug zweier Piülungen bei einmaliger Versetzung ebenfalls in
Salzhubers Denkschrift (10) empfohlen, und der Vurschiag, dacis
die Scholarcheu nach der Priit'unir jedem Lehrer sein bestimmtes
Pensum vorschreiben, rührt von ihm her (12). Dais Gleiche gilt
von der Weisung über die Zahlung des Schulgelds der einheimischen
Schüler an die Lehrer, der auswärtigen an den Rektor (27). In
dem Abschnitt Ad latinae linguae cognitionem finden wir die Ein-
führung eines Vokabelbuehs (14). die Bestimmung über die Nach*
ahmung guter Autoren (1, 9), Uber die Einführung der grösseren
Grammatik Melanchtfaons statt des Stropbius (22), Uber die Ver-
setzung nach Prima nur bei genügender Reife (11). die Erwägung,
ob nicht dem Kantor allein der ganze Singunterricht zu Ubertangen
sei (21), übereinstimmend mit den Antragen des Belttors/ Somit
darf man den Vorschlfigen Salzhubers einen immerhin betrftcht-
lichen Anteil an dem Inhalte der neuen Schulordnung zuschreiben,
wenn auch die Abfassung des Qanzen im wesentlichen den Scho-
larchen, d. i. in letzter Hinsicht- dem Superintendenten D. Lange,
auf Rechnung zu setzen ist.
In der den Vorschriften über den Unterriehtsbetrieb ange-
bängten Nota findet sich bei dem Vorschlage über die Einführung
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1. Weimarische Behulordnung von 1610. Von Ludwig Weiügor, 89
der Arithmetik in der Stunde von 12 bis t Uhr (S. 26) die, wie
der Stundenplan zeigt« für Prima und Secunda durchgeführt worden
ist, ein Hinweis auf die Kurfttrstllche Schulordnung. Gtomeint
ist die zum grossen Teile wörtlich mit dem entsprechenden Ab-
sdmitte der Wfirtembeigiscben Kirchenordnung von 1569 ttber-
einstimmeode Schulordnung, die der Kursftcbeischen Kirchenordnung
vom 1. Januar 1580 beigegeben ist*). Dort heisst es wörtlich. »Auf
den Freytag soll das Kxcrcitium musicae eingestellet nnd von
zwölff biss auf ein Ulir die Arithmetica gelesen werden. Es sollen
aber die Praeceptores keine andere Aritbmeticam, denn Piscatoris,
und daraus in quarta Classe alleine die Speeles, in quinta aber
die gautze Aritbmeticani lesen'). Nun entspricht der Quarta und
Quinta bei der umgekehrten KLissenbezeichnung in Weimar die
Secunda und Prima. Auch das Ruch von IM-^cator hat man ein-
geführt, wie der Bericht Uber den orteilten Unterricht (oben S. 84 f.
zeigt. Dass man statt des Freitags die Mittagsstunde der Montage
gewählt bat, ist nicht von Belaug.
Wiebtiger als diese Einzelheit erscbeiut die Tbatsache. dass
dem Verfasser der Weimarischen Schulordnung von 1610 bei der
Ausarbeitung die Kurfürstliche von 1580 überhaupt vorgelegen hat,
und es drängt sicli die Frage auf. ob er auch sonst diese wertvolle
Urkunde beriutzt hat. Ein Vergleich zeigt, dass sich Ueberein*
Stimmungen finden. Z. B. in der Einsetzung des Kuratoriums, be-
stehend aus Pfarrer und Ratsherrn'*), in der Einrichtung der Prü-
fungen und der Versetzung der Schüler, der Benutzung solcher
Bticher, wie des Cato, der Proverbia Saloinonis, der Ciceronischen
Brit'tV und Fabeln des Camorarius. der Graniniatik Melauchthons.
der Evan«;eli»'ü in don dici Sprachen, in der Unterweisung der
PriniaiK-r in Ixlitturik und Di.ib'ktik. Es sind dies aber Ein-
richtungen, dir sich in Weimar schon 1562 finden, ^lan darf an-
nehmen, dass den Verfassern der Kur-^ärhsisiheii Schulordnung, <lie
bei ihrem Werke viele andere Sclnilonlnungen niclit blos die
Würteiabergischo benutzt liabon, auch der Weiiuarische Schulplan
von 1562 vorgelegen hat. Im Übrigen zeigt sich dagegen unsere
') Vormbaum. Ev. SchuiordoUDgen 1 3. 6S ff. Ueber den Einflu.'js
Jo. Sturnis .auf hcidr Soliiilirdmin^rf''i 8. HaunuT, Gesch. d. P. I, S. 29j{.
'■') Ab^^edrurkt liri Vurmbaum a O, L S. ff.
•) In der Württim bergische u Schulordnung ist diese Bestimmung
nicht enthatten.
*} Vormbaum «. O. I, 26t.
») Vormbaum a. 0. 1^ 282.
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40 Mittoilimgen d. Gm. t deutache Bniehangs- u. Behulgesch. VDI.
Schulordiniiig von 1010 durchaus unabhängig von der Kursachsisehen.
sie ist aoflschlieaslicli nach den Bedlirtuissan der Weimarischeo
Schule abgefasat, während die Koraaehsische, allgemein gehalten,
für alle Stadt- uud Landsehulen bestimmt, und darum auch ausge-
führter im einzelnen erscheint. Uebrigens enthftlt sie auch wesent-
liche Abweichun£::;pn.
So ist die Weimariache Schulordnung von 1610 mit all* ihren
Vorzügen u?ifl Mängeln ein sell)stftndiges Werk, üass sie gegen
die bisherigen Satzungen einen Fortschritt zum Bessereu bekundet,
lässt sich nicht verkennen. Ihre Haupt Vorzüge liegen in der
nengeor^lnctcn und fester gefügten Verfassung. E«? wird der Scho-
larchat, heutzutage würdo man sagen rin Kuratorium, eingesetzt,
bestehend aus zwei Mitgliedern <l«'r stiidtischen Gf^istlichkoir aln
Vertretern der KLiche, mit der die Srlmlc durch Gottesdienst und
Unterrichtswosen aufs engste verbunden ist: 2 Räte vertreten die
städtische Belionie. die den Patronat innehat und für Erhaltung
der Schule un<l Iksoldung der Lehrer vornehmlich Sorge tragt.
2 Abgeordnete aus der JUii-gerschaft vertreten die Eltern, die ilire
Kinder der Schule auvertntueu. So wird eine vernünftige Instanz
geschafl'en. der die Ueberwachung der Anstalt obliegt. Hierzu
kommt der eiste Geistliche als oberster Aufseher. Inspektor oder
Kidiurus genannt. Er giebl die Eiit.scheidunL:. ihm liegt die
Initiative und die Zusammenfassung der Beratungen des Kura-
toriums ob, auf ihm lastet die Hauptverantwortung und ebenso
gebührt ihm das Uauptverdienst für das Gedeihen der Schule. Er
Yeimittelt zwischen dem Kuratorium und der landesfttrsüichen Orts-
behörde. Welche Bedeutung der £phorat fUr die Entwiclcelung
der Schule in Weimar fortan haben sollte, lehrt noch im 17. Jbdt.
die Geschichte der ratichianischen Bewegung, lehrt im 18. die
Wirksamkeit Herders. Die Einrichtung bestand bis 1849.
Die zweimal jährlich vorzunehmenden OffentlicheD Prüfungen boten
Gelegenheit, den Stand der lioistungen ordentlich kennen zu lernen.
Die Einladung dazu von der Kanzel herab, die Erlaubnis, dass
jeder der Gftste sich Äugend beteiligen durfte, die Abordnung eines
fürstlichen Hates bekunden das Bestreben der Obrigkeit, die Stadt*
schule zu fördern und die Teilnahme an der Erziehung des heran-
wachsenden Geschlechts anzuregen und wach zu erhalten, sie dienten
auch nicht wenig dazu, Lehrer und Schaler zu treuer Pflichterfüllung
anzuspornen. Audi diese Einrichtung hat sicli bis in die Neuzeit
erhalten und in der Folge wiederliolt eine bedeutende Rolle ge-
spielt. Die im Anschluss an die Prüfungen den Lehrern, wie den
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L Weimariiclie Schulordnung von 1610. Von Ludwig Weniger. 41
Aufsehern, «gebotene Gelegenheit, Mangel anzumelden und Ver-
, besserungen vorzuschlagen, verbunden mit der Feststellung der
neuen Lehmofgaben für die Lehrer, dienten gleicbfalla dazu, eine
gedeihliche Weiterentwickelung zu Terbttrgen. Ebendahin geM(rt
die halbjährige Berichterstattung der Scholarchen. Einmal im
Jahre fand das Aufirttcken der reifen Schüler in hfihere Klassen
statt. Dadurch wurde der Fortschritt der Schüler gewährleistet
und zugleich der Unruhe Torgebengt, die mit halbjähriger Ver-
setzung verbunden zu sein pflogt. Die Grundlage fUr die Ver-
setzungen bildete die schriftliche Feststellung der Leistungen, das.
was wir jetzt Zensur nennen. Obgleich diese Auflehnungen zu-
nächst in den Akten der Schule verbUoben, so schufen sie doch
eine Qewfthr für die Gerechtigkeit der Beurteilung und dienten
-zugleich dazu, die Leistungen auf der notwendigen Höhe zu er-
halten. Somit war eine bestimmte Organisation hergestellt, die
zwar nicht in allen Stocken als eine neue Einrichtung gelten darf,
immerhin aber das Verdienst hat, das bewfthrte Gute zu befestigen
und straffer, als bisher, zusammenzufassen.
llicr/ii treten im l",iii/,elneii eine Reihe gesumler Maasregeln
in Kr/iehMii^j: und IJulerricliU (ioUeölurcht ist das er'ste (Jesetz
der Sdiuie und wird durch den Zusammenhang mit dei- Kirche
le1»e!i<!ii; erlialtm. im Vereine damit stellt die ilkge der ('ln»ral-
mn.sik, deren l'rüchte s< hon damals und si»äter noch hl erlreuliclien
Leistungen auf dem Gebiete des evaiigelischon Kirchenliedes zu
Tage traten. Anzuerkennen ist das Einschreiten gegen die ein-
gerissene Laxheit in /uchL und rnterrielii, der Ernst bei der Ver-
setzung iu iiüli' ic Klassen, das in jener Zeit besonders notwendige
Bestreiken, Sauberkeit und Orduuug herzuötellfn und ;l^^tällclige
Uuiluiig in der Schule, wie im öttentlichen Aultreten, zu emelca.
Sehr zu loben ist, dass man die Aufmerksamkeit auf deutliche
und reine Aussprache richtet und dementsprechend auch auf eine
gute Handschrift. Die Forderung grammatischer Gründlichkeit, so
weit sie nicht das Mass ttherachreitet, verdient gleichfalls Auer*
kennung. Auch die Aneignung eines reichen Vokabelschatzes ist
unter Hinblick auf das Endziel, das man sich zu stecken genötigt
war, nur zu billigen. Die Richtung auf das Gnomische, die aus
Bachem, wie der Cato, die Sprüche Salomons und des Jesus
Siracb, den Werken und Tagen Ilesiods u. a. nachweisbar ist und
schon in der Schulordnung von i5G2 entgegentritt, hatte das Gute,
den SchiUern einen Schatz praktischer llausweisheit mitzugeben.
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43 Mitteilungen d. Gea. f. deotsclie Bralehungs- n. Schalgesch. VID.
der ebeoBO im blirgerliclieiL Leben« wie im künftigen Predigtamt,
nOtaliche Verwendung fand.
Diesen Vorzügen ider neuen Schulordnung stehen aber auch
erhebliche Mftngel gegenüber, Mangel allerdings, die sie zum
grosseren Teil mit den meisten Sehulplftnen der damaligen Zeit
gemein bat. Zunächst hatte die Einrichtung des Scholarehats,
namentlich die Stellung des Epborus, das BedenkUche, dass sie
die Vollmachten des Rektois wesentlich einscbrftnkte, diesem daher
auch ein gut Stück der Verantwortung abnahm und anderseits auch
die Sicherheit raubte, deren er für sein schwieriges Amt notwendig
bedurfte. Dies ist ein Umstand, unter dem die Weimarischen
Rektoreo. so lange der Ephorat bestand, also bis in die Mitte
unseres Jahrhunderts, zu leiden gehal>t haben. £io grosser Uebel-
htand war auch die mangelhafte Ausbildung der Lehrer für ihr
Amt; entweder zehrten sie von den Erinnerungen an die eigene
Schulzeit, oder die Selbständigeren unter ihnen waren nur txi leicht
geneigt, eigene Wege zu geben und den An.scliluss an die Arbeit
der Amtsgenossen zu vernachlässigen. Djis Bildungsziel der ge
samten Schularbeit war zudem imklnr. Galt es dio Vorbereitung
für die Universitätsstudien zu bescliafTm . sn hatte man doch
weniger deren Bedürfnisse, als das llerkummen. vor Augen, das
nach wie vor an dem alten Trivium Grammaüiv, Rhetorik und
Dialektilv festhielt. (I»mi! /f^'eiiüber noch nicht einmal das Quadri-
viiim. Arithmetik. ( leometrie, Musik und Asfnmomie. zu seinem
Nullen Keciite kam: <lenn Arithmetik wurde nur spärlich. Geunietrie
und Astronomie j^ar nkht betriel)en. Ohne Zweifel hatte man vor
allem die Ausbildung künftiger (»eisllicher im Sinne; denn die andern
lierulsaiieii Hess man ausser Acht. Den Hauptunterricht machte
das Lateinisclie aus, und zwar im Hinl»lick auf Sprechen und
Schreiben: die Schriftsteller ktuan nur als Hilfsmittel für diese
beiilen. Ziele, daneben zur Kiuübung der Grammatik, in Betracht.
Auch die lateinische Komödie diente dem gleichen Zwecke. Das
Griechische tritt zurück; von den Schi'iftstellern, die w mit Recht
als die schönsten und besten Vorbilder klasaschen Geistes
betrachten, Homer, Sophokles, Plate,, die grossen Geschichts-
schreiber, wurde keiner gelesen. Dies liegt im Geiste der Zeit,
und der Vorwurf trüft nicht die Weimarische Schule allein. Aus
derselben Auffassung flieset die 'icaum glaubliche VernachlAssigung
dessen, was das bürgerliche Leben erfordert Ueber die beschrankte
Vorbildung im Rechnen, die man sudem auf die obersten Klassen
versparte, ist schon oben gehandelt Geometrie, Geschichte, £rd-
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1. Weimariaehe Bdratordnung von 1610. Von Ludwig Wenfgor. 43
künde, KaturwiBseDscbaffc wurden gar niebt getrieben. Die Mutter-
spraebe nur gelegentlich, insoweit sie durch die alten Sprachen unbe-
wusst mitgefördert wurde. Dass fremde neuere Sprachen nicht gelehrt
worden, versteht sieb für damals von selbst Es ist erstaunlich,
dass sich die Weimariacben Bürger mit so einseitiger Ausbilduog
ihrer Söhne «ufHeden gaben, umsomehr als doch anderwärts bereits
auf eine praktische Ausbildung der Jugend Rücksicht genommen
wurde 0. Besoudfrs sträflich war der ITnleirielit der Kleinen ver-
nachlässigt. Weit über 100 Schüler in jeder der Elementarklassen,
wie sich annehmen lässt, viele von zartem Alter, olme bewusste
Methode, auf das Zuhören und allmähliche Nadiabmen angewiesen:
80 musste jeder der kleinen Jungen sehen, wie er nach und nach
in den Lehrstoft' hineinwuchs, freudlos und ohne das BedÜrfoia
seiner Kinderjabre berücksichtigt zu ünden.
Gehen wir auf das Einzelne ein, so erregt es Bedenken, dass
in der neuen Schule die Elassenaul^aben mehr skizsiert» als scharf
umgrenzt waren, ein Mangel, den man auch bereits nach wenigen
Jahren selber erkannte. Eine andere Klage, die bald laut wurde, '
betrifft das Vielerlei der Unterrichtsgegenstftnde. Bei aller Einseitig-
keit des Lehrstoffe traf der Vorwurf das Bechte. Es war verfehlt,
wenn die Primaner in einem halben Jahre von Cicero das Buch über
die Pflichten und eine Bede, femer Horaz Ineben Veigils Aeneis
lasen, im Griechischen Hesiod, Isokrates, Jesus Sirach und die
Perikopen, die Sekundaner im Lateinischen Terenz, die Bucolica,
Ciceros Briefe und Murmellius. die Tertianer Munnellius, Ciceros
Briefe, die Fabeln d» s Oamerarius. die Gespräche Cor<liers, die
BiK'olira und die Evangelien, die Quartaner Ciceronisclio Briefe,
Cordiers Gesiuitche, die Fabeln, den Cato und den Katechismus,
die Quintaner Oordiers Gespräche, die Sprüche Salomons, den Cato
und den Katechismus. Die Lesung eines Schriftstellers fand mit-
unter in einer einzigen Wochenstunde statt, eine Einrichtung, die
sich noch nie bewährt hat. weil Lehrer tnid Schlllfr don Zus.immcn-
hani: mit dein Unterrichte der Woche vorher verlieren. Der Ti Ih I-
staiid tritt uni so stfirker hervor, wenn man zusieht, wie wenig in
jedem einzehieu Lesest inke fertit; gebracht wurde. "Her llnter-
riditsbericht über den dun hgenommenen Sinti Iji.sst dies deutlich
erkenuen. Im Sommer 1610 lasen die Primaner von Isokrates
*) Schon Jjiither in der Seluiit au die Hatshorru zielt auf eino
solche, vgl. V. Raomer, Gesch. d. Päd. V 166 ff., 178 ff., besondem
aber Michael Neander, ebd. 282 ff.
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' 44 Hitteilimgen «L ües. f. deutache Ccsiehungs- u. Schulgesch. VIIL
aus der Rede an Nikokles etwa 3 V4 Seite, Tom Cato Major 3 Vt S..
au8 Ciceios Rede fttr Roedus A^t S. heutigen Teubnersehen Textes,
Ton Hesiods W. u. T. 46 Verse, aus der Aeneis 70 Verse, you Horas
2 OdfflL In dem längeren Zeiträume vom Herbst 1610 bis «um
1. Mai 1611 Ton leokrates &Vs S.» vom Cato Major 7 S., aus der
Rede fOr Ärchias nicht ganz 2 S.. aus Hesiod 91 Verse, aus der
Aeneide 192 Verse, von Horas 6, keineswegs umfan^eicbe Oden.
Die Frage liegt so nahe, warum las man nicht nur einen Prosaiker
und nur einen Dichter, aber diese eingehender? Indes erkennt
man el>on auch, dass die Schriftst«41er als Mift«'! zur Einübung
und Auttrischung der Grammatik, 8tyli.stik und Frosodie dienten,
dass das Verständnis ihres Inhalts Nebensache war. Ii^ den
übrigen Klassen stand es ähnlich, so weit sich nachkommen iHsst.
Zu der Art des Ik'triel)8 gehört das viele Auswendiglernen. .Man
einsieht dies deutlich aus der Zensierung. Das Compendium Mutiere.
Isokrates. Hesiod. Vergil. Honi/. Terenz, der Kati^rhismus in allen
drei Sprachen, die Slurmscbeo Hriele Ciceros. die Colloquia scho-
lastica, dio Aesopischen Fabeln, die Vroverbia, dor Cato, die
Psalmen, die Evangelieu, die Kegeln der GruuiiuHiik, alles wird
wort lieh dem Gedächtnis anvertraut. Wie weit dabei auf vorher-
^ehendt's Ver.siäüduis geaehen worden ist, lässt sich nicht er-
kciiiieu. Man begreift die später laut werdenden Klagen. Im
Keligionsunterricht erwies sich Hutters Compendium bald als m
schwierig. Auffallend ist die geringe Heinicksichtigung iku Bibel
nach der historischen Seite; liier müssen die Perikopcn allein aus-
reichen; vom alten Testament lernten die Schüler nur Psalmen
und S])ruch Weisheit kennen.
In Hinsicht der Zucht tritt als bedenkliche Massregel die
Einsetzung von Sdiülern als Aufpasser besonders hervor; auch
dies war eine zu jeuer Zeit noch bei den meisten Schulen durchgeführte
J^tassregeL Dass die PensionsverhAltnisse im damaligen Weimar
schlimme waren» die hfiuslicben Umstände zerstreuend wirlcten, die
SchOler viel den Unterricht versäumten, sind Uebelstünde, die
veniger die Schule und deren Satzungen treffen, als soziale
Schäden» mit denen diese schwer zu Icämpfen hatte.
Bei aller entschuldigenden KUcksicht auf Zeitanschauung und
äussere Lage lässt sich nicht behaupten, dass die Schulordnung
von 1610 ein Meisterstttck schulmännischer Weisheit bildete. Das
Beste ist ohne Zweifel die wohlgeordnete Verfassung, und diese
ist es denn auch, die sich bei allen sonstigen Veränderungen ttber
zwei Jahrhunderte im wesentlichen gehalten hat. Dass man bereits
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1. W'eimarische Schulordnung von 1610. Von Ludwig Weniger. 45
venige Jahre nach Kinfdhning der neuen Satzungen wieder mit den
Zuständen am Gymnnsium im/.ufrieden war. lu'kunden Aeusserungon
aus den Ki'eisen sacliversläudiger Beurteiler, die sich erhalten
haben. In dem Visitationsprotokolle von 1650 wird gelegentlich
ein l^eiii'ht Langes von 1613 erwähnt, der eine genauere Fest-
setzuug der Klasseuzii'lo verlangt. •)
Man wundert sich nur, dass der Ej)horus nicht selber dazu
schritt eine solche Festsetzung mit der Lehrerschaft zu vereiubareD.
]>to RatldiianisobeQ Ndueruogea begannen eben damals sich geltend zu
machen. Batichius war bereits im September 1612 zum ersten
Male in Weimar aufgetreten und hatte Qeneralsuperintendent Lange
bitter angefeindet- Wir dürfen Uber diese Hftndel auf unsere Dar-
stellung in der Abhandlung aber BaticliiuB» Eromayer und den
Neuen Methodus in der Schule zu Weimar verweisen. Die Neue
Methode wurde 1617 von Kromayer ausgearbeitet und am
8. Januar 1618 eingeführt. Damit wurde die Schulordnung von
1610 beseitigt, nachdem sie zunächst nur 8 Jahre lang geltend
gewesen war. Kromayeis, nach Raticbius' Grundsätzen aufgebauter
Sdiulplan hielt sich bis 1644. Dann lebte die alte Ordnung» wenn
auch mit manchen Abänderungen, aber ohne doch eine neue Bedalction
zu erfahren, bis auf weiteres wieder auf.
M VgL Abb. Ratichius, Kromayer etc. II, a. a. 0. .8. 8bO f.
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46 Milteiluugtiu d. Ged. f. deuUjche Erziehung^- u. Sehuigesch. VIII.
2.
^edrich Kttchellt^eeker.
Ein Beitrog zur Studieogesehiehte Wittenbergs und Leipzigs
im 18. Jahrhundert
Von Dr. Haxw Zimmer üi Leipzig.
Vorwort.
Friedrich Basilius Küclielbeckpr ist in der Geschichte der deutschen
Kultur und Litteratur ein uubekaiiüter Manu, und nur durcli einen Zufull
bin ich auf ihn anfinerksam geworden. Ob ich recht getban habe, ihn aus
der Yeigessenheit herauszuziehen, muss meine Arbeit aelber entscheiden
lassen, aber das ist sicher: hätte ich n n r den Dichter, nicht ench eine
<2aelle fUr die Kaltorgeschicbte des 18. Jahrhunderts in ihm gefiinden, so
h&tte ich angestanden, es zu thun.
Icli selber habe aus KUchelbeckers Angaben nur das herausgezogen,
was für die Studiengeschichte von Interesse ist. Uebergungen habe ich
die zahlreiclien, über meinoin Zwcrko feniHeironden Blätter und Bltlten zur
KiiUnr"f?rliirhte iin allgeiiieiiirrcii Sinne, die man son^t noch von diesem
Baume ptiiirkiu könnte. Aber ich umpfelde meinen Kollegen von der
Kulturgeschichte aus aufrichtiger Ueberzeugung, hier auch ihrerseits eiiuual
Ernte sn halten.
Vom dritten Abschnitt an liegt meine Arbeit nur noch in den An-
merlcnngen. Absichtlich ond mit einer gewissen Selbstfiberwindung habe
ich diese nicht mit den Auszttgen aus Küchelbeckers Werk zu einer ab-
gerundeten Darstellong Terschmolzcn, wie es mich reizte, sondern den
eigentlichen Text ganz nieinem Gewäbrsinanne eingerftumt. Denn nur so
konnte ich eine übersichtliche Zusammenstellung seiner Angaben erreichen,
raein besrlicidencs liciwerk nnr so scharf von jenen scIuMdm. Dn«- dadurch
die Fonn der K.ijMt* 1 drei bis fünf nüchterner, scheni itis« Ikt und dürftiger
gewordcu ist, als sie hätte werden könneu, mag man damit entschuldigen,
dass der der folgenden Blätter doeh eben ganz in KOchelbeckers,
gar nicht in meinen Worten liegen soll.
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2. Friedrich KodMlbeck«*. Bin Beitrag zur Stndieogeachiehte etc. 47
Liebenswttrdige Untentatxang fand ich dnndi die Herren Geh. Re-
gleniiigsnt von Bote (Dresden« Köoigl. Akademie der Kttnste), Gymnasial«
Oberlehrer Prof. Dr. F. A. Branse (Leipzig, Thomasschole), Dr. Wilhelm
Fabricius (Marbart;), Gymnasialdirektor Prof. Dr. Guhraucr (Wittenberg),
Prof. Dr. Hermann Sochier (Halle a. S.\ Pastor Gustav Vogel (Frohburg),
ferner durch das Königlich Sächsische Justizministerium, da«; rvairjelische
PfanaiDt r]t r Stadtkirche zu Wittenberg, den Stadtrat zu Penig, die
liibliottn k^vi r\valtiin<;en zu Berlin, Dresden, Halle und Leipzig. Urnen
allen gebührt mein uutrichtiger Dank.
L Leben.
Der Schriftsteller, dem die folgenden Bogen irewidmet sind,
hat in dem wichtigeren seiner beiden Werke') zahlreiche Angaben
Über seine Lebeusschicksale bis zum Jahie 1801 gemacht. Von
diesen Mitteilungen lassen sich die einen diiK^h urt hivalische Er-
kuiuligungen n. s. w. erhärten, die auderou nicht weiter belegen.
Aber da sich der Mann bei jenen als einen durchaus glaubwürdigen
Menschen erweist, liegt kein Grund vor, ihm bei diesen zu miss-
tnuen. Ich stehe also nicht an, im folgenden seine eigenen An-
gaben Uber sein Leben mit dem zu verweben, was Ich aus Eirchen-
hUchem, Schulakten, durch freundliche Mitteilungen u. s. w. Aber
ihn zusammentragen Iconnte.
Friedrich Basilius August Küchelbecker ist am 28. Juni 1776
zu Wittenberg a. E. geboren und am 30. desselben Monats auf den
evungeüsch-lutheriflchen Glauben getauft; worden^. Sein Vater.
Friedrich Basilius, hatte die Rechte studiert^, war aber dann in
kaiserliche MÜitftrdienste getreten, zum Lieutenant befördert worden
und bis nach SiebenbQi^en, Ungarn und der Türkei gekommen*).
Friedrich war das Alteste Kind aus seiner zweiten Ehe; seine erste
Frau hatte ihm bereits einen Sohn Karl geschenkt^), die zweite
gebar nach Friedrich noch ein Mftdchen. das Christiane Henriette,
und einen Knaben, der Carl Heinrich genannt wurde. Henriette
kam am 25. Dezember 1778, Heinrich am 5. Oktober 1780 zur
Welt; getauft wurde erstere drei, letzterer vier Tage nach der
Geburt«),
Seines Amtes war der Vater Küchelbecker in Wittenberg
Kurfürstlich Sfichsiacher General - Accis - Assistenz * Einnehmer^);
»Zöllner" nennt ihn kürzer der Sohn^. Er ist am 6. Juni 1792
sechzig Jahre alt, zu Wittenberg gestorben und am 10. desselben
Monats ^mit der Vs Schule bejgesetzt* worden*). Von Friedrichs
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48 Mittellungeii d. Ges. f. deutsche Bniehungs- vu Sehnlgeecli. VUL
Mutter, Dorothea EüBabeth geh. Mttller aus Babnm^^, erfahren
wir, daes sie eine hftusliche, frommet in jeder Beziehung brave
Frau war, die ihren Mann wie ihre Kinder verständig va allem
Guten anhielt 1').
Seinen ersten Schalunterrl€ht erhielt KOchelbecker in der
Vaterstadt. Er trat am 20. April 1781 in die Sexta des Witten-
bei^er Gymnasiums ein ^'), blieb zwei Jahre in dieser Klasse, aber
nicht etwa .sitzen', sondern frelwiUig oder auf Wunsch seiner
Eltern, und ging dann glatt bis Sekunda (IV 1784, III 178&,
II 1786). In der Schillerliste der Sekunda wird er im ersten
Jahre chaiakterisiert als vetemosus interdum, im zweiten Jahre
dagegen als naturae dotibus insigniter omatus. Er erscheint als
Schüler der Sekunda noch in den Schulnachrichten vom Mai 1790,
und zwar mit der Charakteristik null! cedit. In denen vom Juni
1791 ist unter den Abgegangenen aufjgefUhrt Friedericus Basilius
Kuechelbecker in scholam quae Lipsiae floret Thomanam.
Erfolgt war aber der Abgang vom Wittenberger Gymnasium
schon im Anfang des Jahres, denn nach S. 83 des index scholae
Thomanae, d. h. der von 1767 — 1841 reichenden Aufnahme-
Matrikel, wurde KOchelbecker am 80. März 1791 m die Leipziger
Anstalt aufgenommen, und zwar nach Sekunda i'). Er selbst
schrieb in das album Thomanorum (1730 — 1800). in das sich die
Schüler eigenhändig eintragen mussten, folgende Worte (S. 448.
Nr. 247): Ego Fridericus Basilius Aug. Kuechelbeckerus, Viteber-
gensis, natus anno Christi 1776. patre F^iderico Basilio, vectigalario,
leceptuB sum in scholam Thomanam, ordinls amplissiml benefido,
poUicitus, cum reliqua in foimula obligationls expressa, tum me
mausurum in hac schola annos tres. Adscriptus sum classi secundac-
Haec auteru scripsL a. d. V Cal. Junias MDCCLXXXXI'*).
Darunter bemerkt der fiektor Fischer: disoessit honeste die 4 Mail
A. C. 1797.
Dass Küchelbecker von Sekunda ab noch sechs Jahre lang
die Thomasschule besuchte, erklärt sich bei der Freiheit und
SelbstbeBtinimung, die den SchOlem damals bekanntlich noch in
dieser Be/Jehung gelassen war, zwangbts aus seinen eigenen
Worten'^). Er Hrt<;f, er iiabe zwar in Wittenbelg genug gelernt,
um sich auf der Universität inskribieren zu lassen:
„Sonnt exponieren
den Horas vom Anfang bis zum End
vnd kOmmerlich 's Griechische Testament.
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2. Friedrich Kllchelb«cker. Ein Beltn^ sur Bhidiengeschichte etc. 49.
' EooBt aadi waa Aatiqiutttaii dtttiebeii,
wiisste, «er Rom «rbant hatt, gar eben,
wie hoch die S&ul des Tnyauna sei,
und noch mehr solehe Schnarrpfeiferei.*^
Wat jedoch sogleich fort:
„Sähe dann aber an den Jammer,
wenn die Jungen ai!< ihrer Srhulkanimer,
mit Milchgesichtern und glattem Kim
lanfen zur Univt rsitat hin:
tragen di)rt Stürmer und mächtige Öporeo,
mOeseB ddi Uunea den Esel bohren;
aehen aneh in die Kollegia
und sperren auf die ICftnler aUda;
denken noch gar, sie wären's selber
und gebehrden sich me die jungen Kftlber.
Dachte: lieber will ich mein dummes Zeug
nuirlien auf der Schul mit einander gleich,
da schadtfttj dir blos bfi Präzcptoren
und die edle Zeit ist euiiuai verlohreu.
Denn daraof rechnet ich ein und allenial,
dass ich dnmmer Streiche eine grosse Zahl
wttrde laufen lassen in meinem Leben;
und hatte mich frölich drein ergeben,
denn junger Wein und ein junger Geist
gar gern aebien alten Schlauch zenreisBt^«).''
Er hatte sich nicht yerrechnet; die sechs Jahre auf der
Thomasschtile genügten nichts seine Jugendlust zu zügeln: er hat
noch Burschenstreiche genug voUfUhrt, als er 1797 die Dniveisitftt
Wittenberg bezog, um drei Jahre lang die Rechte zu studieren
Seinen Unterhalt verschafften ihm Stipendien und Unterrichts-
stunden im Flötenspiel, die er erteilte; Wohnung hatte er bei
Mutter und Schwester genommen*^).
Letztere heiratete einen seiner Freunde, der in Toigau sein
Brot gefunden hatte. Als nun infolgedessen die Mutter mit dem
Sohne allein blieb, drängte sie in ihn, sein juristisches Examen
abzulegen, und er bestand es auch glüddich*^). Die Acta Facul-
tatis Juridicae in Ac. Witteberg, enthalten f. 658^ die Eintragung,
dass Kttchelbecker am 10. Juli 1800 pro Praxi et Notariatu ge-
prüft worden und das Pr&dilcat dignissimus erhalten habe*^). Einige
Wochen vorher hatte er sich bereits den Eandidatentitel erworben^').
Sein Bruder Heinrich war Kaufmann geworden, dann aber
zur Malerei übergegangen; als Kttchelbecker sein .Leben" schrieb,
Mitteiluoffda d. Q«a. t deutscbe iSneleli.- n. £Schulg«Bcbtcfata. VIII 1 mn. a
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60 Uitteilniiffeii d. Ges. f. deutaehe Bnieliuiigt* u. Scbulgescli. Vm.
besuchte er gerade die Dresdener Akademie"). Der Stiefbruder.
Karl, hatte «auch einmal die Rechte studiret aber sie nicht ganz
absolYiret*^, Schliesslich war er ia Ansbach Sektetär geworden
und hatte dort sein Auskommen sowie Frau und Eind^). Zu ihm
untemahmnun EUßhelbecker im Juli 1800 von Wittenberg aus eine
Fuesreise, gleich nach seinem Exarnsn^). üeber Leipzig, Hof.
Bemeck, Baareuth, Streitbeig, Erlangen und Fannbacb gelangte er
nach Ansbach und nach einem Aufenthalte von fünf Wochen^)
fiber Bamberg, Kloster Banz, Saalfeld, Jena und Ltttzen surfick
nach Wittenberg. Auf der Rückreise hatte er einen Be-
gleiter. »Er hiess Oertel, war aus Baireuth gebürtig, und reisete
als Jftger angethan, von Ansbach mit mir nach Berlin zurück* '0-
In Wittenberg lebte Kfichelbecker von jetit an allein, denn
seine Mutter war nicht lange nach seiner RQckkehr zu ihrer ver-
heirateten Tochter nach Torgau gezogen ^). Dieser Umstand wirkte
nicht günstig auf Kii( helbecker ein; die alte Burschenlust erwachte
in ihm, jetzt ungehindert durch die Rücksicht, die er bisher auf
die Mutter hatte nehmen müssen*^). Er erteilte zwar wieder
Flötenstundeu und dazu Unterricht in der Rechtswissenschaft, aber
da er kein Amt und Uberhau])t keine bestimmte Arbeit hatte, blieb
ihm viel müssige Zeit: ,Die füllt ich mit unnützer Frölilichkeif^O).
ünangonehmo Foljxon hatte eine Schlagerei, in die er mit sechs
anderen .Musen" ganz wider Willen von vierzig „Philistern" ver-
\virkolt wurde: zehn Onlden Schmerzensgeld, die Kosten des
richterlichen Verfahrens und zwölf Tage Karzer waren das
Resultat
Nach einer solchen Erfahrung begann er Sehnsucht nach
einem ruhigen, geregelten Fainilienleben zu einijliinleii^^, aber
leider durchkreuzte das Schicksal seine nAchsten Zukiuiitsj.iane.
Dem nassen Winter löOO entstieg die Seuche des Scharlachlielters,
und als die Studenten in Scharen die Stadt verliessen. 11 oh auch
Küchelbecker mit zwei .Hausimrschen" nach Geyer^*). In diesem
erzgebirgischen Städtciien wollte er. als Re])etitnr seiner beiden
Begleiter, eigentlich flcisöig arbeiten, aljer als andere Kommilitonen
den Ort ebenfalls aufsuchten, entspann sich ein studentisches Leben,
das nicht zurückstand hinter dem Wittenberger**).
Im Frühjahr 1801. als sich die Seuche gelegt hatte, kehrte
Ettchelbecker in die Heimat zurUck^), sollte die Vateiutiidt aber
sehr bald ganz verlassen mOssen. Wieder war es ein Skandal,
dem OT, auch diesmal ganz unschuldig, zu Johannis 1801 zum
Opfer M: er wurde vor das akademische Gerieht geladen und
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2. Friedrich Kllchelbecker. Ein Beitrag zur Studiengeachichte etc. 61
erhielt zugleich mit zwei Freunden das consilium aheiiiidi: in drei
Stunden hatten sie die Stadt zu räumen. Ein Vierter, ein Adliger,
kam mit sechs Tagen Karzer weg***). Küchelbecker wendete sich
nach Leipzig, und hier, bei eioem Freunde im Qua]*tier, Bchreibt
er sein •Leben*. Er scbliesst es damit, daas er nun virlilieh
ins Pbiliaterleben übertreten wolle, damit ihn sein braver Schwager
in Torgau nicht mehr mit seinem Scbweisse zu nähren brauche,
und er versichert:
«Sollte übrigens irgend ein Leeer begehren,
von meinem Leben das fem're zn hOren^
so thut mirs leid! xwar eisAhlt Ichs gern,
aber mein GlQcks- und Unglaks-Stern,
sowohl Schale, als Kern,
bleibt ihnen, meine Herrn!
Von Jczt An Fern."
Er hat recht behalten, lieber sein T.ehen nneh 1801 Hess
sich irotz fleissigen Naohforschens nichts ermitteln, al« dass er
am 5. Juli 1804 als Advokat in den kursachsiseheu Landen zu-
^'elassen und veritflichtet wurde**), und das» er am 7. Januar 1814
gestorben sein solP'*).
.Einen i^esundeii Leib, zwei helle Augen, zwei feste Arme"
brachte Küchelliecker mit auf die Welt ^^'). alier wäre sein Gesicht
auch „leidlich* gewesen, so liättr es dorh zugleich „tinster* aus-
ijesehen. erzählt er*'). Auf der Thoniasschule habo er „vom
Kin^reu und Balp:pn ein Plus hekunimeu an der recliien Schulter",
uikI daf^ habe ihm auf sein „ganzes Leben im lauern ein n tinstern
Ton gegeben"*^).
Da« ist das einzige, was wir iil)er Küdielbeckers Aousseres
erl'ahren^'). aber vou dem „finsteren Tuu" ist in seinen Werken
nicht viel zu spüren. Der junge Dichter macht vieluiehr den
Eindruck eines heiteren, ja lustigen und zu Zeiten wohl auch
ein wenig leichtsinnigen Menschen, dem es auf einen gelegentlichen
Hurschenstreich nicht ankommt, der einen reichen Quell erfrischenden
Humors und schlagfertiger Satire besitzt und dabei doch ein braver,
tüclitiger Mann und in seinen Grundauschauungen ein sehr ver-
nünftiger Mann ist.
Bei jeder Gelegenheit ausserordentlich selbständig in seinen
Ansichten und stets bestrebt, sieh „von dem gewöhnlichen Tross
zu erheben", vertritt er als oberstes Lebensgesetz den Wahlspnich:
„Wahrheit ist ein gutes Ding.'' Gegen sich wie gegen andere
aufrichtig bis zur Selbstironie und scharfen Opposition, bedenict er
4*
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fi2 MilteUiingen d Geft. f. deutoeh« ErdciIiti]iK»> u. Schulgesch. Vm.
sieh keinen Augenblick, selbst die jüngste Vergangenheit in den
Bereich seiner kritiselien Betrachtungea za ziehen, und das Giiösste
an OiTenlierslgkeit hat er in der Schilderung derUniTersitatageriehts-
verliandluDg geleistet die zu seiner Relegation führte.
Die Geheimniskrämerei der studentischen Oriiea ist ihm zu-
wider, und so j?em er dem wahren Verdienste gerechte Aner-
iiennuDg zollt, so wenig hält er von dem ^ganzeu gclchrteu Wust"
der Sei ml Weisheit: er ist vielmehr für eine gesunde, natUrliehe
Lebensweisheit eingenommen, und er ündet sie in dem vertrauten
Umgang mit der Natur, im Studium der Alten, .der Römer Früh-
ling und edler Blftt", und nicht zum mindesten auch üu eigeneu
Nachdenken, Spekulieren und Meditieren. «Es ist ein Glttck, dass
hei mir die heftigsten EmpfindoDgen in das Gebiet der Vernunft
übergehen, wenn ich ihnen nur ungestört nachliängen kann**, sagt
er in der «Quintessenz** (S. 41) seihst. Was endlich noch be-
sonders angenehm an ihm berdhrt, das ist seine ungekünstelte
Frömmigkeit und vor allem die grosse Liebe zu seinen Eltern
und Geschwistern, die immer von neuem an den verschiedensten
Stellen seiner beiden BQcber sichtbar wird.
n. Werke.
Von Friedrich Kttchelbecker sind zwei Werke im Druck
erscliienen:
1. Quintessenz meiner Fusswanderung in süddeutsche Oetjendeu
im Jahre 1800 in üechszeim wahrhaften Abeiitiicuern vuu Friedrich
Küchelbeclver. Mit Kupfer und Music. Penig, 1802, bei Ferdinand
Dienemann und Compagnie. l Blatt Titel, 1 Blatt Inhalt, I — XU.
13—186. Das vor den Titel gebundene „Kupfer' stellt Küchel-
becker dar, wie er, FiOte blasend, im Fenster eines alten Wart-
turmes sitzt und in eine Morgenlandschaft, die Umgegend von
Bemeck. liinausblickt; es gehört zu Kapitel V. Der Radierer ist
nicht angegeben. Die zwischen S. 60 und 61 eingebundene „Music**
bietet eine Komposition des Abschnittes VI (»Die Wahnsinnige in
♦«**•, in Vereen) von C(hristian) G(otthilf) Tag (1735—1811.
Kantor zu Hohenstein in Saclisen). Ich benutze das Exemplar der
Berliner Königlichen BibUothek: S. 16221.
2. Mein Leben auf Schulen und Universitäten bis Johannis
1801. in einer Art Verse abgefasst, die sich etwas besser als
Knittelverse lesen lassen. 1802 Penig, bei Ferdinand Dienemann
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2. Friedlich Küehelbeeker. Bin Beitrag sur StiidietigeBCliiebte etc.
und Compagnie. 1 Blatt Titel, 1—156. Ich benutze das in
meinem Besite befindliehe Exemfilar.
Voü diesen beiden Werken ist die in Prosa abgefasste „Quint-
essenz" zuerst geschrieben worden; doch war sie. als Kapitel X
des .Lebens" zu Papier gebracht wurde, noch nicht gedruckt**):
sie ist zwischen Juli 1800 (Reise nach Ansbach) und Johannis
1801 (liüher kann das „Leben" nicht geschrieben sein), das „Leben"
zwischen Johannis 1801 und 1802 (Jahr des Ersciieiuens) aufge-
zeichnet worden.
In dem „Vorbericht" zur .Quintessenz" sagt Küchelberker,
<M<!;entlich wäre er ein Narr, dass er sicli als Schriftsteller ni<-ht
.hinter die seit einiger Zeit so beliebte Maske eines hessischen,
preu.ssischen, kaiserlichen oder etc.schen Offiziers" versteckte. Er
redet von „wertherischen Kaclitexcursioüen". empfiehlt sich seinen
Rezensenten durch ein Gebetlein .,ad inoduin Fiscliarls", von dessen
„Gargantua, auch fiarganzvoU und Garkautenvoll oder Gurj^ellang,
Gurgelstrotza" er eine genaue Kenntnis verrät, und bittet endlich,
ihn nicht „für einen Kachkömmling Jean Pauls*' zu halten, „wenn
ich gleich vielleicht einige Familienfthnlichkeit haben sollte; Jean
Paul BoU und mnes ohne Nachfolger bleiben, seine Fehler mochten
sich sonst leichter vererben als seine Tugenden — und er nimmt
den Beifoll des Publikums auch ohne Anweisung dahin, ich aber
bedarf dieser gar sehr/* Er wendet sich deshalb an die Rezen-
senten, die ilmi eine solche Anweisung auf das Wohlwollen der
Leser ausstellen sotten, und begründet seine Bitte damit, dass er
„ein Nagelverwandter des guten Geschmacks von der prosaisch*
satyrisch-romantiBchen Linie" seL
Er hat damit seine litterarische Persönlichkeit, wie sie in
diesem Buche sich offenbart, gar nicht unpassend charakterisiert:
er schildert, was er sah, in Anlehnung an das Muster Jean Pauls
in der Kleinmalerei und den humoristischen Parfeieen, an
das der ftlteren Romantiker in der Verwertung des Stimmung»-
gehaltes.
Im übrigen lührt der „Vorbericht" noch dii-ekt in die Er-
zählung hinein. In einem Zwiegespräch mit der Mutter entwickelt
sich KUchelbeckers Absicht, die Reise nacii Ansbach anzutreten,
angeblich, um über den sehrelbsaumigen Bruder Karl sichere Nach-
richten einzuziehen, mehr aber, weil er «grade die rechte Stimmung*
hatte, „ein grösseres Stückchen von der Welt zu besehen, als man
von den StadtthQrmen meines Oeburtsortes (im iihysischen und
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54 lUtteilungeti d. Gm. t deuteehe BntfthungB- u. SchuJgMch. Vni.
Utterarisdieii Süme) erblicken konnte." Zeigt sicli Kfichelbecker
in der , Quintessenz" ziemlicli abhAngig von seinen Vorbildern, so
bedeutet das »Leben" in jeder Beziehung einen Fortschritt. Zwar
auch hier bat er ein Vorbild nRmlich Kortums .Jobsiade*. aber er
steht seinem Muster hier weit selbständiger gegenüber als dort*)
III. Das Wittenberger Gymnasium.
Bei dem Vermerk ttberKficbelbeckersÄulbahme in die Stadtschule
steht die Notiz ,4 J. VI". Es bedeutet das. dass er mit 4 Jahren
in Sexta eingetreten sei. Wirklich war er, wie aus der Biographie
hervorgeht, im April 1781 noch nicht fünf .lahre alt. Das war
wohl besonders frtth; (Unfj&hrige Schüler aber sind in den alten
Verzeichnissen des Gymnasiums wiederholt angeführt*^).
Die Schule war ein GymnaHium (Lyceum. Gelehrteiischule)
und bis 1793 die einzige Anstalt fiir die Bildung der männlichen
Jupond in Wittenberg *^). Der Unterricht begann mit den Elemen-
tarieii. aber schon in Quinta wurde mit dem Lateioiscbeo. schon
in (^uaria mit dem Griechischen begonnen.
In Sexta lernt»' mnn. wie KO(h<'lh»>cker erzählt, das
Lesen bis zur völligen l'ertigkeit, ferner Schreiben und Rechnen.
Die Quartaner waren
.,z!i allen Zeiten aurh Knrrcntaner,
lielVu Sonntags in die Häuser hinein
und HiUe» doi cfaristtidien GlaolMm schrein;
trugen L^erhoten und blane Hftntal auswendig
und bSlkften uimI modnlirten nnbSndig.*
In Tertia trieben die Schüler noch »Langes EoUoquia"*^
piivatim aber las KUchelbecker — «schon im sehnten Jahr", wie
er auch hier ganz gewissenhaft der Wahrheit gemiss ausrechnet —
den Curtius Rufus.
Der Relctor^. der in Frima unterrichtete, war ,alt und
schwach",
,(lorli stiuid er PtH-jfln keinem nach
uud klopfte mit zierlichen Haselstöcken
*) Auf eine faisftihrlicht» Inhattsangabo dor in dor ..(^tiintesHonz" gr©-
Bchiiderten Abeuteuer, wie sie der Herr Vcrt'aaaer in seinem Manuskript
uns darbietet, glauben wir au diesem Orte versiebten su dfirfeo, weil sich
kebie Beatandteile ▼ovfinden, die sich auf die Geschichte dea Unterrichte-
und Studienwesens beziehen. EbenBO unterlassen wir die Inhalteangabe
des zweiten Werkes von Küchelbecker „Mein Leben auf Schnl^n und Uni-
versitiUcn bis Johannis 1801" hier wiedoriugeben, weil dasselbe borpits
in der Biographie erzählt und auch die folgenden Kapitel ausfülirUch
darüber berichten. Anmerlcung der Redaktion*
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sl Prtedrieh Kadhelbeek«r. Bin B«itng war Studlengmchlelite ete. 65
uns reinlich den 8tanb ans den Jacken ond BOdcen.
Doch brachten wir't an ihn, nnd gaben nns Hflhp
PrOgel m terdienen spat nnd firfih."
Ein anderer Lehrer, dessen Kfichelbecker gedenkt, war
Konrektor Henriei^^).
„Konrektor Henrici pflog keinen za schlagen,
sondern thäts uns mit dttrren Worten sagen,
wenn wir Benkels waren nnd faul;
drum scheuten wir sein satyrisches Maul.
Man könnt aber bei dem Manne was lernen:
er iiatte die Weislicit aus naheu und fernen
Zeiten und L&ndern zusammen gebracht
nnd lockt nns, nnd lehrt nns mit ihrer Macht.*'
Ueber den Religionsunterricht in Prima erfahren wir
endlich folgendes interessante Detail.
«Damals irar anf der Wittonberger Sehnte,
nm nnsre Seelen vonoa FenerpAihle
zu bewahren, die Methode im Schwang,
dass wir Primaner d» n Ireifaclien Gang
zum Himmelspförtlein mit Fleiss erlernten,
und dass wir vom rechten nns einst nicht entfernten,
spazierten wir zur Prob auf den falschen herum,
nämlich in Hutteri Compendium^"):
draub der Rekt4>r die Transsubstaution dozierte
indess ihm oft einer die Perticke venierte,
mit dem Eckerober, oder einem Hasenschwanz,
welcher ihm stnnde TortreSlich ganz!
Ueber diese Lehre kam er nie hinaus,
sondern blieb immer bei der verbrannten Maua,
weicht' die Pfaffen mit List mussten hasch»^!i,
weil sie pfiog von den Oblaten zu naschen.^
IV. Die Leipziger Thomasschule.
Wo Küchelbecker, im dritten Kapitel seines , Lebens-, von
seiner Uebersiedelung auf die Leipziger Thomasschule berichtet,
entwirft er zunächst in wenigen Versen ein satirisch geftobtes Bild
von der ätadt Leipzig, das folgendermaassen lautet:
„Ist aber Leipzig ein feines Städtchen,
voll dürrer Knaben und blasser Mädchen,
h;it Konzert^'), Oper und eine schöne AUee^-),
da hält Frau Venus ihre Assemblee.
Bas Ganze aber thnt Merkur r^eren
nnd die nenn Mosen können sich kanm rühren
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56 Hittolliuigeii d. Ges. f. dentsdie Endehung»- iL Behulgwcii. Vm.
vor Fuhnnaiuiawagen und Eftofmannsgnt
and Ladendienem im Bonaparte Hut
Und die Herrn Kauf- und Haiidelslente
srluippten selbst den Apoll auf die Seite,
wenn er wollt so vermessen sein
nnd treten einher auf dem breiten Stein
Giebt aber dennoch dort viele Magister,
doch achtet sie schlecht der schnöde Philister,
und hAlt sie gefaogea in seinem Scholdbnch
und fahrt über sie manchen schweren Fluch.
Drum mht anch Plntns Segen mit nichten
auf der armen Magister Schreiben und Dichten!
sie crschrcibcn und erdichten nur Kupfer statt Gold,
ist aber einer des andern Ehrenhold. *
Wie er in aeinem Berieht aber das Wittenbetger Gymnasium
in den Gestalten des Bektors Measersehmid und des Eonrektora
Henrici zwei Tereehiedene Charaktere wiikungsToU g^nfibeistellen
konnte, bo hebt Kttebelbecker noch schärfer den tiefen Gegensatz
im Wesen des Leipziger Rektore Fiseher und ,Vater* Hillers
iierror. Der Rektor Fischer^) erscheint vor allem als Pedant,
der in zShem Kampfe gegen kleine Aeusserlichkeiten es nicht
duldete, dass seine ThomasschUler Stiefeln trugen.
,Aber et gefiel des Scholarcfaen Blicke,
wenn min, benebit einer infamen Perttcke,
wollne Strümpfe trug nnd kleine Schuh-
schnallen und knöpfte die Weste zu
bis nii (U n Hals, ohne Halstuchschleife,
keine Sannnthose, sondern kleine steife
Acnnelaufsriiliige, und wenn das Haar
unter der Azel glatt verschoren war."^ ').
Die Folge davon war, dass ihn die jungen Burschen oft zu
hintergehen suchten:
yBa kam ich erst hinter die Schliche recht,
nnd lernte, wie man von aussen äoht-
rcktorisch scheinen kennt nnd im Stillen
leben nach seinem Lüster und Willen:
wie man sich neben dem Srhnlnu istt i rock
'n bunten und Sporeu und Knutenatock
and SteifsticfeUi hielt und Lederhosen,
um ausser dem Sehulgebände sn kosen
ittcognito mit einem schönen Ehid,
oder schleichen in die Oper geschwind.
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2. Friedricli KQchslbeeker. Bin Beitrag zur StadiangMchichte ete. 57
Dem um war gar scharf das Theater
vertiotheii, weil iisend ein EircheiiTater,
in irgend einem Opere,
darttber gerufen bat sein: Web!*"^
Im Abrigen war Kflehelbecker für seinen Rektor voller Hoch-
achtung:
^Sonst war der Sektor ein Mann wie Eisen,
so fest nnd brauchbar; er liatto die Weisen
von Kom und Attika bas studirt
und draus die Varianten sich annotirt:
war eisern redlich und glaubte darneben,
das Griechische diene zum ewigen Leben."
Sein phllolof^isoher Eifer war so gross, dass KU» hf'lbecker
uur einen riiistand kannte, der ihm den Aufenthalt auf der
Thomasschule zu Zeiten eiii wenig verkümmerte, und das war,
wenn der Rektor seinen Schülern
^schwal
macht mit einer variana lectto
ana dem Saida oder dem Hesychio.
Da hab ich» so recht im inoem begriffen.
es sei kein Schecrmesser so S( harf <z:e8chlifren,
es führe kein Sclincidor 'no Nadel so spitz,
als eines grainniatisrhcn Kritikers Witz.
Unser Rektor war der subtilste darunter,
der streift einem Floh den Balg herunter
nnd gerbet den Balg und machet ihn gar —
wenn der Floh nur ans Griechenland war'^.''
Von Adam Hiller. der bekanntlich von 1789—1800 Kautor
an der Thomasfichulc war. rühmt Küchelbecker, er sei ^.ebenso
redlich, doch so rostig nicht"' wie der liektor gewesen.
„Er pllog sem Gesicht
gern unter uns Kindern zu erheitern,
rOgt' unsere Felder ohne wettern
nnd längeren Groll; sein weiches Herz
nahm an nnare Fanden wie nnaeni Scbmenc'*^).
War in seinem Leben an ^elen Orten
geehrt, noch öfter verkannt wurden
und bitter «rekriinkf. und Traute doch
kiudlif li dem Menschenherzen nocii.
Und erzählte mir oft in den Abendstunden,
wie er Tugend gesucht und selten gefunden,
und hoffte dann mit glflabiger Kraft
anf Tugend jenseit der Pilgerschaft;
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68 lOttelluiigeii d. Ges. f. deutache Erxlehiinga« it Sefanlgetch. VIIL
and sagte mir glSheDd dann: Jftnglingl bewahre
des Herzens Reinheit bis an die Bahre!
und stund ich dann da, mit fliegender Brust
und zitterte hciuilic)) fOr Math und fOr Lnst^")."
Der 81 lilkiitf Kapellmeister war aber auch eia unerBchrockener
Kämpfer für den Fortschritt:
„Anch suchte Yater Hiller*«') mit Eifer
uns arme Jungen von alter, steifer
Mönrijsnorm zu entbinden und stritte darum
sich oft mit den andern Kollegen hprani***).
Wir Pennäle traten auf beide Partheien,
und manche hielteus mit allen zweien.
Waren aber die von des Bektors Part
oft Jangen von bteer, lieimlidier Art,
thaten HiUem so gani im Stillen kränken
und niemandem Iclaren Wein einschenken.
Da traf sicbs, dass es dem Hiller gelang
und iltirch beim Leipziger Ratho er drang,
der srhickto dem Rektor ein miit litig grosfjos
Schreiben, divss wir Peiuialo künftigliin blosses
Kopfes gehen dürften, weil sich unsre Perücken
zur AnfUäruug nicht länger wollten schicken:
da schnitt der Rektor ehi Laxiergesicht
und liess seinen Aerger sich merken nicht;
wir aber nahmen mit behendem Finger
die Teufelsbesen und warfen sie nunter in Zwinger,
da kamen die Hunde nnd bissen siuh drum;
das war ein PerUckengaudium
Natürlich aber gab es in Leipzig auch Leute, die fQr diese
befreiende .That kein Yerstäiidoiä hatten:
„Sagten aber doch einige Stadtpliilisfer,
als wir nicht mehr wie Katerheten nnd Küster
einher gingen, sondern wie uns der liebe Gott
belockt hatte, schwarz, gelb, braun or roth;
das wär eine Schand und ein ärgerlich Leben,
sie möchten nix mehr ins Karrentbflchsel geben!
Sdbst Ton den PennAlen sagte mancher Dommhat:
eine Perflcke hfttt anch gestanden gut**
Vod ironisch fUgt der Dichter diesem Berichte hinzu:
«Da seht ihn, dass zu allen Zeiten
die Leute dem Wessen das Weisse beatreiten.*
lieber seinen Abgang von der Thomasschule erzfthlt er
folgendes:
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2. Friedrieh Kachelberker. Ein BeltTtg sur Studteogeeehiobte ete. 59
.Schickt mieh aber doch min VAlcdlxircn
vnd mnsst 'ne Oration memoriran,
die der Rektor hatte selbst gemacht;
das hat mich um manche Stunde gebracht*®).
Als wir nun die Reden halten thäten,
gingen dazwischen Paukrn nnd Trompeten
und die Pennälc sangen eine Motette ab,
was zoBammen viel Spektakel gab.
Dann thät ich meine Gläubiger kontentiren
nnd liesB mich von allen gehörig qnittiren,
auch vom Rektor Uber meiiie Sitten nnd Flein,
der gab mir ein Zeognias treflicher Weis,
ünd Hiller nahm mich an seine Brust
und sagte! Sei edel, so lebst du niitLunt!
So zog ich denn muthi^', mit leisem Trauern,
nach Wittenberg, weg von Leipzigs Mauern,
war geworden um volle sechs Jahr älter,
doch wenig verständiger und wenig kälter;
aber ein bischen gelehrter» das ist wahr!
doch wava nnr wenig fttr ganze sechs Jahr.**
V. Die Wittenberger Universität.
Als Küchelbecker in seine Vaterstadt Wittenberg zurück-
•gekehrt war, ,um drei Jahr lang der Rechte Honigseim zu saminoln
und hernnch von den Waben aufs ganze Lehen zu zehren zu haben
wollte er sich Jn den Blumen und Disteln des Corjms jnris" doch
nicht -SO ganz einnisleltr, dass er sein*' l>urschenzeit nicht ander-
weit genossen liiitte. Er sagt darüber — und diese Stelle gehört,
weil sie gleichsam die Richtschnur für seine ganze Beurteilung der
Wittenberger Universitätsverhältuisse bildet, gar wohl an den An^
fang diesafi Kapitels — ausdrQcklieh folgendes:
,Ich habe darüber immer so gedacht:
der Mensch ist nicht hlos snm Stndiren gemacht,
er soll seine SGtspieler lernen kennen
und sich die jnngen HOmer abrennen;
soll nun anfangen sich selbst zu regitTcn
sich nicht länger lassen am Gängelband ftlhren.
Dazu mac man nun nehmen die kurze Frist,
wo man joog und auf Universitäten ist:
aber Freiheit mnss da sein und eigene Wahl,
souüt bleibt man sein Lebtage nur >'in rennal.
Dmm soU nntar^n^SuBchen-Gemeiiigeist wehen,
soll einer TOr aller Rechte stehen!
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60 lOttoiliingeii cL Ges. f. dentaehe Bni«hu]igt- u. Schuigesch. Tm.
und alle Tör einen! aonst tofs Oanie verlobren
nnd'a ergreifen den Kappsaam die Professoren.
Diese sollen ein lastigeot tollen Streich
nicht verfolgen mit Stralm und Plagen gleich,
sollen denken: wir wnren ancli einmnl jong
und liabens getrieben eben toll genungr.
Denn was soll aus einem jungen Rosse werden,
wenn maus, gleich alten, steifen Pferden,
an den Beinen gefesselt, will auf der Weide
xwar grasMi lassen, aber die wilde Frende
niclit anatobea, nicht Uber Ofaben nnd Zaun
rasch aetien, nnd alles mit Domen verbaan,
wo's Hösslein könnt fallen und brechen ein Bein,
nnd den ganzen Tag Hotte! und Scliwude! Schrein?!
Das gicbt Ackergaule und stätig und faul
und Muckers und furchtsam' und hurto im Maul.
Freilich mag maji ein Ross wohl so dressiren,
dass es auf der Reitbahn kann brillircn:
aber k la Campagne wird's nie taugen sehr
nnd im Leben geht's 4 la Campagne her.
So BoUt'a sein, dacht ich nach meinem Verstand.
Lasst sehen! wie Ichs in Wittenberg fand.*
Wo er Uber die ThomasBcbuIe erzahlt, beginnt Kachelbecfcer,
wie wir gesehen haben, mit einer Schilderung der damaligen Stadt
Leipzig. Aach hier geht er, in seinem sechsten Kapitel, Ton
einigen Worten Uber Wittenberg aus. leitet sie aber gleich Uber
in den Bericht vom Vergnügen und Ton des Wittenberger
Husensobn.
„ ,Wer von Leipzig kommt ohne Weib
von Wittc iihr rt' mir gesundem Leib
von Jena ohn geschlagen,
der hat von Glück zu sagen!*
nach diesem Spracbloin sollte man glauben,
als flögen in Wittenberg, wie ein Fing Taabm
ins Feld schwftnnt nnd wieder ins Tanbenhans,
in Hänfen die Krankheiten ein nnd ans.
Mit nichten! glanbets, man kann zur Stund
rflstig dort sein und frisch nnd gesund^).
Pro primo giebts ziemlich breite Gassen***),
ilii' überall niedere Hütten einfassen,
und die Gassen gehen von Osten nach West,
da wehen die Morgenwinde mh besst,
anch wehreta k«in Mensch dem scharfen Nord
in die Stadt su blasen fert and fort.
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SS. Friedrich KtUshelbecker. Bin Beitrag mr Skadieugescbichte ete, 61
weU aehon seit den siebenjährigen Kriegen
die Häuser gen Nord noch im Schatte liegen**).
Pro secondo strömet der Elbe Flnss
von der Stsdfc noch keinen Biiclisenschnss
nnd es reinigen seine frische Wellen
die Luft von der Pest und bösen, schnellen
Seuchen, auch kann der Student alihie
sich ergützeu mit einer Wa-'serparthie.
Pro tertio ist der Luxuä und sein VerguUgeu
Im Chnratädtlein eben nidit hoch gestiegen
m«n hit dft nicht Oper, Konzert, Gerassel,
Assemblee, ja nicht einmal ein Bordell;
pflegt fleissig Bier statt Wein zu trinken,
folgt nicht der Huren Locken und Winken,
sondern deponirt etwa eine rtinde, frische Magd,
was der Gesundheit bas zusagt.
Muss also wolil jenes SprQchleins üraach
wo anders liegen. Und brauchen wir nur auch
dem ersten besten BiMfaans za gehen,
so werden vir, was es bedente, sehen*^.
Da sitsen die mnutem Husen zusammen
nnd suchen des ewigen Durstes Flammen
mit vollen Krügen zu löschen au;^,
und singen und führen einen Teufelsaans.
Einer aber sitzt oben an,
der am besten singen nnd schlingen kann,
den neuut mau den I ruäes, der erhebt seine Sliaiuie
und brttUt wie ein junger Leu im Grimme;
die andern mftssen ihm alle pariren,
und darf sich keiner vom Stuhle rfthren,
darf keiner im Gesänge pecciren,
und keiner plaudern und haseliren '^'*),
sonst thut er ihnen zur Strafe diktiren
j'iuen Zit'hscliininiel''"), oder zwei,
die trinkt man in einem Zupe frei.
lia jauchzen die Musen voll i^uat und Vergnügen
und wflnschen ins HSdels Arme zu liegen,
da singt man der Knabenseit ein Hoch!
und dem Lande, das uos gross erzog.
Auch die Lehrer werden nicht vergessen
und pflegt mau ihre Verdienste zu messen
nach ihrem lTni^?an'-'e nnd Kordialität,
und lilsst hoch leben seine Fakultilt.
Zuletzt werden wohl uocli die Miidels abgesungen,
und dabei viel Kannen Bier verschlungen.
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62 IfltfeeihiDgeii d. Geo. f. deutwelie Bniehangs- u. Schulgeach. Vin.
weil jeder gern't «chOnste Mftdel bittest
sodann geht man illumiiiirt tu Dette.
Da seufzen nnn drflber die Professoivn
und geben die Kommencbbrftder alle verlobren»
nnd sagen: dass man söfTc so arg,
sei ein Hauptnaeol /lun frühen Sarg.
0! ihr lieben Professorsleut.
seid l ininal billig und wahrhaft gescheat!
Was habt ihr denn gethan, was verfüget,
das besser die mntern Studenten vergnttget?
Ibr laest ja keine Unterhaltnng ein,
*s mOgen Scbanapieler oder sonst was sein!
was sollen die jungen Leute beginnen?
sie mtJssen aus sich selbst herausspinnen
die rnterhaltung und die lebendige Lust.
Sie wollfii aussclireieii die starke Brust,
sie wollen nun jugendlich frölich sein
und sich nicht mit euch am Spieltisch ka stein.
Und wenn auch durch euch zu der Musen Frommen
roebr getban wAr, so soll docb nicbt abkommen
das Singen und Trinken ganz nnd gtuTf
weil Jugend vom Anfeng der Welt jnng war.
Der ebrsame Leser soll aber nicht denken,
als wenn sie in Wittenberg immer tr.lnkon ;
man b«^*r( ibt wltl eben das Hauptwerk
nirgends ticissiger als in Wittenberg.
Fast alle hören tieisäig ihre Kollegen
und thun sie zu Hause im Kopfe bewegen,
oder spreclien mit SVeunden, oder lesen darüber,
nnd sbid geschickt als liederlicb lieber;
manche freilicb sind beides zugleich,
das ist den Professoren ein Queerstreich.
Frühmorgens studirt man und erlustiret
Narbrnittaps sich ijnnz iingenirot.
Da geht niun hinaus auf die rot he Mark''),
die liegt in einem Eiehenpark,
hat rothe Wände und dreierlei üier;
man bezahlt hier baar — *
All dieser Stelle hiääo ich nur einen zwar ganz lustigen, aber
gar nicht zu meinem Zwecke gehörigen Schwank aus, wie awei
Studenten deu Wirt der Hüten Mark prellen, und fahre nach diesem
«StQck von Intermezzo*' sogleich in Kfichelbeckers Texte fort.
•Da miethct man einen Philistergaul --),
der dflrr ist, aber im Laufen nicht faul,
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2. Priedricli Küchel becker. Ein Beitrag zur Studiengeschichte etc. 63
sprengt dann Gallop durch die schallenden Gassen,
mn «ich ▼or'n M&ddn sehn zn lassen;
und die Frennde nnd Herren Bmder
nehmen anch ein Boss and sprengen wieder
dem ersten nach nnd so hezt man fort,
bis mau kommt an einen andern Ort.
Da ist Komberg, dort spielt oinp pute Bande
den Hamlet Shakespearn im Grabe zur Schande,
und kann man das Tranerspiel nicht geniessen.
60 giebu doch Spas mit den jungen Aktrisen
ODd man sdiaut, venn ein Knliseenfenster aufgeht»
wie ein Reitrod[ Ophelien sftrtlich nrnftht
Femer Koswig» ein lidites AnhUtiscb Städtchen
hat Zerbster Bier und hübsche Mädchen.
Nuders tlorf im Walde hat starkes Bier,
da sinji' * nn'l trinkt man im Grünen hier.
Wörlitz mit dem englisrlien, schönen
Garten, voll wilder und milder Scenen,
wo die Kunst mit der Natur rang
nnd keines das andre gar bezwang
nnd darum heide Mnnd an Mnnd
nnd Arm in Arm schlössen den ewigen Bnnd,
da kehrt man beim Moses ein, oder beim Hirsche
oder reutet zur Oper, oder zur Pirsche
nach Dessnn Tind verjankeriret dort
sein Geld, dann reutet man wieder fort!
Und jagt mau zum Thür ein und setzet den Hut
verkehrt und grölet mit frölichem Muth
sein Gaudeamus igitur her,
als wenn die Welt nun unser wär.
Am freisten noch ist der Wittenberger;
und aileuthalben ist es ärger
mit der lieben Polizei,
di<' giebts in Wittenberg keinerlei;
man raucht auf der Strasse seine riVit'o frei,
man schwärmt nnd lärmt, macht ein Feldgcschrei:
I)a sind keine Schnurren • und Stadtknechte
und Laubfrösche'*) und andre solche Hechte,
die um einen schnOden Gewinnst
lauem dem Burschen auf den Dienst
Freilich! giebts auch da zwei Pedelle
nnd einen Karzerknecht zur Stelle,
aber man wünscht sie mit Unrecht zur TTölle:
das erhöht nur den Jnbcl nnd machet ilm keck,
so wie manche Speisen der Teufclsdreck*
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64 IGttsQun^n d. Ge«. f. dentscbe Endehiing»' u. Seholgeaeh. VIIL
Sonst ist der Student still nnd solide,
▼oll guten Willens, hält Ruh und Friede,
gereizt aber ist er wild, einig und toU,
bis der Philister tlmt, was er soll.
Eh soll aber der Philister bedenken:
was er ist? soll sein Herz nicht henken
au Hüffart uud Dünkel auf sein Geld,
um das er ohnehin den Studenten prellt
Soll im niindsteii kein Prft Terlangeo
und seinen Eetecbismns mit dem Spmeh aafeogen:
Schnster, bleib bei deinem Leisten fein,
so magst dn gehen in Himmel ein^^)
Diese goldnc Lelire haben ich und viole gnte Brflder
mit dem Stocke gepredigt hin und wieder,
aber den Magnificis schien die Methode za schwer,
und das Karzer wurde selten leer."
Auch im -i- i t ntra Kapitel hat sich Küciiellxcker ein be-
stimmtes, abgesrhiosseues 'riieina gestellt; er redet hier vom
Verhältuis der Professoren zu den Studenten (»von Pro-
fessoren und Kanonen und Pfundsporeo").
^Sagt, was ihr wollt! 's ist ein schlimmer Staudpunkt
der Professor- uud Rektoratahl; wenn er gleich prunkt
mit rothem Sammet oder ^oletten,
mddit mich doch in so einen Stuhl nicbt betten !
Da kommen nun aus aller Herren Landen
Mehr hondert Jünglinge, ohn andre Bauden,
als einen gemeinschalUichou Zweck,
zusammen und gehen auch wieder weir.
wie'd ihnen beliebt, und die I'ntfi ssort ii
bestehen durch sie und sind alle verlohrcn,
wenn die Jünglinge abziehn auf eiutual —
Denkt nur an Nora und den braven Dahl'")!
Und es soll ein Professor, der Bektor, darneben
regiertti und strafen der Jttn^inge Leben,
kriegt auch vmi oben dazu Auktoiitftt
und'n Pedell, der mit dem Zepter vonveg geht;
und die Professors kt^nnen alle Rektor werden
und regeln der Jünglinge Wort tnul Gebehrdeii,
und wissen doch, dass ihre Subsistenz
abhängt von der Beuivolenz.
Da kömien nun wenig den Gesichtspunkt finden,
wie sie freie Leute sollen regehi und binden;
und stellen sich manche von ihnen zu weit,
und manche zu nah, manche gar von der Seit
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2. Friedrich KQchelbecker. Bin Beitrag zur StudiengMchicIite etc. 65
Und die zu weit von den Jünglingen stehen,
denken, wenn sie nur ihre Lebntonden Tenehen
und das Honorar im Sacke lian,
so lültten sie sdion genung gethan;
flbrigens kUmmem sie sich mit nichten
um der Jtlinglinge Trachten und Dichten,
leben vor sich and bannen von sich weit
Die HOrer mit kalter Hüflichkeit.
Ru rlits um, ihr Herrn! koimncn Studenten
nicht blos Hörens wegen von allen Enden
zusammen« sie wollen erlernen aach
des Lebens Sitte und feinen^ Brauch;
dmm sollt ihr mit enem Studenten umgehen»
ihr müsstet denn selbst keine Sitte veistehen.
Die andern aber, und das sind die jungen,
leben mit den Studenten gar ungezwungen,
jubeln mit ihnen und saufen dlinc Scheu
und erzSfilon iliri' Jugendsünden dabei.
Das mag eben so wenig taugen;
ein solcher ist in der Kommilitonen Augen
ein allenfiRlIs geschicktrer Student,
doch verlacht man sein Warnen und Regiment.
Noch andre aber tappen gar dameben,
wollen sich nicht ttbem Srlmlstaub erheben,
treiben junge Männer mit ilin ni Bakel'*)
zur Woislieit und glauben jeden Spektakel
mit cirit r Schulmeisterweisnng 7n hindern.
und biethen Pfeffernüsso den fromiucn Kindern;
da entbrennt nun in des Jünglings Brust
zornige Yeraohtnng und bittre Unlust,
er fühlt seine Reife, er fthlet dm Mann
und willmirm Pedant nichts zu schaffen han.
In Wittenberg war von diesen drei Fehlen
fast jeder zu finden! doch darf ich's nicht hehlen,
dass mancho Professors, mit verständgom (rpmüthe,
rni-;clit< u Lt lirc, Fronnd<*fbaft und ernste Güte,
und im Studenten, wie mirs auch recht scheint,
erblickten den jüngcrn, unwissendem Freund.
Zu den meisten ging man ohne Zwang
und unterhielt sich breit und lang
von Studien oder andern Geschichten,
sie rlr Ii! rten, ohne zu unterrichten,
und scherzten ohne Gravität,
man merkts schon, wo das von Herzen geht.
Milttilungen d. Ges. /. dcuUcliu Kii;t-li,- u. Sciiulgtsclüclite. ViiI 1 Im«. ^
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66 . WtteUungea d. Ges. f. deutsche Erziehunga- u. Scbulgesch. VIIL
Andre freilich waren vornehmer und kälter,
doch waren diese Herrn auch reicher und alter,
die sprachen in einem hoben, feineu Ton,
doch ehrten sie BSttum den Hnsensohn.
Sonst freilich, hevor noch die helle Laterne
der Anfldlning brannt', tof voaenn Sterne,
und die gclphrtc Welt vorzüglich, tief
in Pcdanteroi begraben, aufm Rücken schlief;
sonst freilich wurden die guten >Tn v^n
nur schlecht honoriret! zu Ritti ishusen"»)
und Kenchlin's Zeiten traktirt ein blosser Doktenr
den flottesten Porschen doch nur par Er!
Da gab*s Pennalisrnns und Depodtoren*^,
Beantf*), Konnten, nnd seibat die Sektoren
iisgten den neuen Student bei der Inskription :
hat er abgelegt seine HOner schon?
Lieben Brüder! da waren noch schlechte Zeiten,
die will ii Ii wenn ihr sie nicht kennt, euch deuten;
ich hab's gelesen mit vielem Vcrdniss
im Lustspiel: Relegatus Cornelius^').
Ein damaliger Rector magnificns,
wenn wir alten Holsschnitten glauben, mnas
besonders gnt bähen ansgeiehen:
wie freilich mnsate's rotfae Wbitlein stehen
zu einem tartariscben Zwickelbart
und einer Liripipiumsmütze zart !
Damals waren Rektoren nicht Freunde, nnr Richter,
und sie trugen Kriminalpeflichter.
kümmerten sich um's Kleinste mit grossem Fieiss,
und machteu den Burschen die HuUe mit heiss.
Wollten keinen Jnhel leiden und Possen,
nnd hätten sie gern hei'n Bflchem TerseUosseo,
nahmen hei Iqjnrien immer inolsis an,
der Student habe's erste Unrecht gethan,
hielten jede Schneiderrechnung für richtig
und nur die exceptio deficrentis pecnniae wichtig.
Strekten des Nachts zum Fenst( r "nans ilire Nas';
ob der Student tumnltnire auf dtr Gass:
wussten's ob einer in s Kollegium lief
nnd drinnen, oder bei aeiner ^Rrthin sehliet
hekttnnnerten gauut sich nm die ZaU,
*) Beanus ist nach der Etymologie des Cornelius relegfttae nichts
als: B— eanus V-^t V— slaos N— esdena V— itam B-^tadioeomm. (An-
merkung Kochelbeckers).
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3. Friedrich Kflehelbecker. Bin Beitrag zur StadiengeMdiidite etc. 67
wie inel einer tranlc Kannen Bier anf einmal.
Lanscblen fleissig mit gesdifliften Ohren,
ob einer vorbeiklirrt* mit grossen Sporen,
und meinten, es könne in steifen Kanonen
nur ("In unaaahros Renoraistenbeiu wohnen,
sagten auch, deu liielteu sie geringe,
der Abends in eine Bierkneipe ginge
und hätten ihm gern schmälicher Weiss
ein'n Prodnltt gegeben auf Beinen SteisB.
Das hat sich aber nun heut nt Tage
ganz nnd gar Terfoimt; und wer noch Klage
flihrt Ober Rektoren Pedantereien,
dem will ich das Lustspiel Cornelius leihen.
In Wittenberg hab ich zn dieser Comoedia
das Urbild nicht getuiiden, denn da
gab es noch immer, von Zeit zu Zeit,
einen Rektor, der von so etwas weit
entfernt war nnd es innerlich fAhlte,
daas die Bnthe einen Fenergeist nicht kühlte,
der wie ein Tater mit erwadiaenen Söhnen,
um sie znr Ordnung und Zucht zn gewöhnen,
zuerst nach ihrer Liebe trachtet
und sith in ihnen selber achtet.
Und Achtung webt Achtung, und Liebe Liebe;
so oft nun der Rektor verminftif? bliebe,
blieben oft auch die Kommiiituuen vernünftig;
trieb er aber^s Regieren hart nnd sOnftig,
10 träfe, dasa an seinem lialben Zncfatjahr*"),
tagtft^eh ein neuer Skandal war."
Von Orden und Duellen ,, und andern dergleichen Uni^likka-
fSllen" handelt das ganze achte Kapitel Kilchelbei kers. Ich kann
die ziemlich lange Einloitung, die, bei Adam und Eva anhebend,
das IJaÄüin geheimer Gesellschaften bis m die frühesten Zeiten der
Menschengeschichto zurückveifolgt und ihren Wert nur iu der halb
lini lügen, halb treuherzig wanaenden Darstellung findet, mit Recht
tibergehen und brauche aur das anzuführen, was Küchelbecker in
dieser Beziehung über die Witt©nbei«,'er Verhältnisse sagt
^Aiicli in Wittenberg, hiess < s. war ein Orden.
wer dabei war? bin ich iiiclit inne geworden,
docii äugte man gewiss, er wäre da
und nenne sieh Blenmonrantin.
'S ist aber besonders mit soleben geheimen
Ve rbindungen! ich kanns nicht xnaanunen reimen,
6*
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68 Mitteilungeu d. Ges. f. deutsciie Erziehung«- u. Schulgesch. YIII.
wie sie bestelm können, ohne Widerspruch,
geheim und auch OffenUieh eben genug.
Man hört imn, es giebt Blenmonrantisteii,
Desperatisten, IndisMlabaitistenM) —
SchUmm ! sag ich, ihr Herren, dass man es hOit,
schon halb ist's Gehcimniss dadurch versehrt;
denn wenn die Welt erst den Namen weifs?,
trachtet sie das Ganze zn erfahren mit Fleiss.
Anch ich hatte von Blfumouriinz gehöret,
das hat mir oft meine liuhe gestöret
mit Speknliren «od Achtung geben,
was sie Gutes wirice im Stadentenleben?
Und weil ich davon nichts wirken sah,
ergrimmt ich auf die Bleamonrantia
und schalt und sankte in's Blaue hinein.
Doch liab's ein^csehn hinterdrein,
diiss ich vic'lloichl inif Gcspoiistcrn gefochten,
die in meinem Kupf nur existiren mochten.
Drum übergeh ich meine Donquixntszüge
gegen Windmühlen und Marionetten, und fttge
meine nnmassgebliehe Meinung bei:
ob der Orden Stütze, das Duell, recht sei?
hk Witt«ibei|[ gab es nur wenig DneUe»
nnd ich glaube, es wussten die muntern Pedelle
sie meistens genauer und früher als ich,
denn ich kümmerte mich darum wenig.
Auch hab ich eben nichts gespüret,
dass der Maoristrat darüber inquirirel,
wenn Fäiua gleich manchmal piano blioss:
der odw j^er liat einen Antcbiss''')-
Das macU^* er recht! denn beim Lichte betraditet,
und nnsre Gesetze unveraehtet,
durften wohl in all den besondren Fällen,
wo der Stant nnsre Ehre nicht sicher zu stellen
im Stand ist. die kleinen Schlägereien
auf Akadeniieii nicht unrecht «^ein.
Es fordert nun einmal die Mt iiiung der Leute.
zuweilen das Katzbalgen, und wer es scheute,
wllr^ in ihren Augen nur ein Schuft.
Ich weiss es, dass man hier drein ruft:
Die Meinung der Leute soll den Weisen nicht kflm*
aber dies mag meinen Satz nicht schlimmern; (mern!
denn Ehre ist inclir als Luftersclieiiuing
und sie besteht eben in der Leute Meinung!*^
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2. Fdedrieh Küchelbeeker etc. — Asmarkongen. 69
AuBser in diesen drei zugammenhfiiigenden Kapiteln liat
Kttchelbecker noch an einigen anderen Stellen hier und da verstreut
Bemerkungen ttber Wittenberger üniversitatsverfa<nisse gemacht
Er bestätigt^ daas es 2u seiner Zeit^ wie ja auch ohnebin bekannt»
erforderlich war, das Studium der Jurisprudenz mit dem der Logik
einzuleiten» und dass es auch damals Sitte war, einzelne Vor-
lesun^n repetendo zu hOren, Von seinen Professoren nennt er als
Vertreter anerkennenswerter Kechtssysteme Zachari& und Kohl-
schütter»)» und anschaulich führt er die Kleidung des FrUflings
vor — „ein seidenes Strümpfe Paar, welches hier unentbehrlich
war, so auch Handschuh und einen Degen** — wenn er mit seinen
Oppoiient<»n. deren jeder wie er selbst einen Spiess trftgt, zu Wagen
nach dem Ort der Kandidatcnprüfung fahrt. Dem heiteren Schmause
nach gelungenem Examen, hei dem ,.wohl dreierlei" Gerichte auf-
getragen werden, stehen die erbitterten Streitigkeiten zwischen
Burschen und Philistern gegenüber, wenn diese den Studenten
„die Spitze bieten" wollen und „oben an stehn in Zukunft hin*'.
Ja auch das lustige ..Sommerlogis" beim Karzerknecht spielt seine
fröhliche Rolle. Aber alle diese kleinen Notizen reichen nicht
entfernt an die Mitteilungen heran, die oben aus Kapitel 6 — 8 ab-
gedruckt ^v( rden konnten, und ich darl' daher meine Auszüge mit
diesem kurzen Hinweise schliesseu.
Anmerkungen.
') Vgl. Kap. il. Jch citiere sie stets mit «Quiutesseuz' und „Leben*
und gebe mit den hinter diese AbkOrsungen gesetzten Zahlen die Selten
«n. (Für die Biographie Icommt im weaentUchen nur das •Leben* in Be-
trucht ; die spftrlichen biographischen Angaben der „Quintessenz" decken sich
mit donon dos in dioser Beziehnn^^ viel »imfOhrlichcrpri „Lebens". Natür-
lich lät davon die in der „Quintessenz' g-oschildorte Heise ausgenommen^
sofern es sich um ilire einzelnen «Abenteuer" handelt. Einen Gesamtüber-
blick Ober sie eibJÜt man ebenfalls nur aus dem ^Leben**.)
') „Leben" 8. Dazu Taufl)uch der Stadtpfarrkircho zu Wittenberg
von 1776. Als Gevattern mIiuI hier angegeben: Dr. Christian Friedrich
Küruberger, med pra( i . Jungfrau Henri^'fto Aiifrnste, Herrn Heinrich
Amadeus Hasen's, Churi. äaclis. Kreis- Amtsmauns aUhier liinterlassene einzige
Jungfer Tochter, nnd Christian Friedrich Wetske, iur. practieus.
^ „Leben" 6. Noch im Wittenberger Taufbuch, bei Friedrichs
Geburt, wird er stnd. iuris genannt.
*) „Leben" ü. \Venn er in >>einer Eigenschttft ala Leutnant mit
dem kaiaerlichon Heere nach diesen Landern gekommen ist, so kann Oa
sich nur um eine kleinere Expedition gehandelt liaben. Bedeutendere
kaiserliche AktionMi fielen dort bekanntlich nur In die Jahre 1787 und 179S.
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70 Hitteilimgen d. Oes. f. deuttehe Bnlehiings* u. BchuIgeMh* VUL
Im prston Fulli aber war der i\lter«^ Kücholbpcker n Jalire alt, und 1788
oaßB er, l&ug^st nicht mehr für den Kriegsdienst tauglich, ruhig in Wittenberg.
*) «Leben" 88. In den Taufbiu-hern dt^r Wittenberger Stadtpfarr-
kirche iat Karl nicht eingetragen. E» ist duauch wuhracheinlich, daB» der
V«ler «ret nach d«r G«1>iiit Belnw Sltosteii SohtiM nach Wittenberg ge-
koinm«! ist.
«) .Leben- 7, 25, t?6, 28, 76, 82. Dazu Taufbach der Stadtpfarrkirche
zu Wittenberg von 1778 und 1780. Als Gevattern treten bei Henrielte auf:
die Frau eines Steuer-Procuratora und Rechtapracticus, der Universitlkta-
Geiichte- und Fiecue-Vamlter Chrietiati Friedrich WoliT und die Tochter
des TentiHlMiiea Beisitzern der Wittenherger Jurieten-Pekaltti und
Bürgermeisters Dr. Leonhard Ludwig Mencke; bei Heinrich: ein Kauf- und
Handelsmann, die Gattin des Miigi^ters Kühler von der Stadtschule
(Gymnasium) und ein „liataverwaudter, auch Kaut- und Handelsmann". Man
eieht ans allen den drei angefahrten Taufbuchsteileu, daas die Familie
Kfichetbeeker in den beeeeren Kreisen Wittenbergs befreundet war und
Otaner gefunden hatte.
^) Das geht ebenfaUa aua den Angaben der Taufbücher hervor.
») »Leben" 7.
*1 .Leben" Kap. 4. »Quintessenz** Kap. 4. Dazu Toteubuch der Stadt-
pfarrkirche SU Wittenberg von 1792.
1*) 8o nennt sie das Taufbuch bei der ^tngung von Henriettena
Geburt.
„Leben" 7.
Die Angaben über Küchelbe<-kera Besuch des Wittenberger Gymna-
siums verdanke ich der liebenswürdigen Mitteilung des jetzigen Direk-
tors dieser Bildungsanstalt, des Herrn Prof. Dr. Guhrauer. Dazu »Leben*
Kap. 2.
^ Die Daten ttber Küchelbeekers Aufenthalt auf der Thomasschule
flössen mir durch die freundlichen Bemühungen des Herrn Oberlehrer
Prof. Dr. F. A. Brause in Leipzig zu. „Leben" Kap. 3 und :■>.
") Ausserdem erscheint Küchelbecker am 27. April i79ü, als der
Konrektor Rost sein Amt antrat, als zweiter Primaner in der Unterschrift
samtMeh«: BchOler unter einem earmen gratulatorium und im Net^Jahra-
programm vom 81. Desember 1796.
^ »Leben« 14 und 15.
Wahrscheinlich gehört*! er auch zu denjenigen Alumnen, die
Kapellmeister Hiller für soine Mtisikanfführungen zu In-stnimontuUsten
heranbildete. So werden seine Kenntnisse im Flötenspiel gewiss hier ihren
Ursprung gehabt haben.
<^ »Loben" 31. Ueber den Tag der Immatrikulation war nichts tu
ermitteln. Das Album von Wittenberg liegi auf der KgL UniversitM»^
blbiioth^ au Halle a. S., doch enthält es den Namen Küchelbecker ebenso-
wenig wie die gedruckten Annab-n von Wittenberg. Das Wittenherger
Archiv ir^t ebenfalls in Halle. leidrr aber nicht in dem ürade geordnet,
dttäs über die akademischen iStraten KUeheibeckers etwas zu finden wflre.
>^ »Leben* 76 und 68.
.Leben" 77.
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2. Friedrich XOchetbecker ete. Aumerkimgeii. 71
Diesen Auszug aus den Pakult&tsakten verdanke ich der GMkte
des Herrn Prof. Dr. Hermann Suchier in Halle a. S. Dazu JLehoa' 8i.
") .Leben- 78.
.Leben* 88. Ein» diel^b«xllgUebe Anfrage Ih^ Bekretwlttfc der
KSnigl. Akademie der bildenden KCknete au Dreeden blieb erfolgloa, Um, wie
mir mitgeteilt wurde, erst im Jahre 1806 Sehulerlisten angelegt worden
Bind und mebrfiwibe andere NachSorscbimgen ebenHaUe au keinem Brgebnia
i'Uhrteu.
») .Leben- 8Ö.
•*) «L^en" 84. Kach „Quinteaeens* Vm war das Und ein Bohn
und hiess Frans. Eine Anfrage in Ansbach nach Karl Kflchelbeeker bUeb
erfolglos.
, Leben" 84. „Quintessenz" Vorbericht.
^) Hier ist die einzige unrichtige Angabe, die Küchelbecker unter-
gelanflm [iat Nach .Quinteaaens* 51 wtre er bereits Ende Juli auf der
Rfickreise gewesen. Das ist nach »Leben* 88, wo gans nnsweidentig die
Dauer dea Ansbacher Aufenthaltes mit fnnf Wochen angegeben ist, nicht
möglich, und mich .Qiiinteasenx* lü^p. iX selbst weist deutlich auf ^en
i&ngerea Beauch Aiisbachä.
'^J .Quintessenz" 67, Anmerkung.
W) .Leben* 81.
») „Leben" 91.
3") „Leben" 92.
3'j „Leben- IK?— 105.
») .Leben- 106—107.
^Leben'' 108 und 112.
**) rrLebeo* 113~-118. Eine Anfrage in Geyer bBeb erfolglos.
„Leben*' 117— Iis.
^} „Leben- Kapitel 14.
'*) „Leben" letztes Kapitel.
^ Gtttige intteUung des KOnl^. Sftch^ehen JnatlsaüDiiteriuttB.
Das vermerkt, aber ohne Quellenangabe. Chr. Gottl. Ibysers
»Vollständiges Bücher-Lexicon", Teil III (Leipzig 1835). Eine Spur wies
nach Frohburg-, führte aber auf den Pastor Friedrich Christian Heinrich
Küchelbecker, der als theologischer und püduj^ogiöoher Sclirit'tstoller hervor-
getreten ist. Es lug dem Zwecke dieser Arbeit natürlich gaxiz fern, genau
festaustellen, inwieweit die beiden MUnner mit einander verwandt waren.
An anderer Stelle Ober Chr. H. Kflchelbeeker su handeln, wird sich Gelegen«
heit geben. Schon jetzt aber bin ich für Mittcilung'on Uber ihn Herrn Pastor
Gustav Vogel ia Frohburg zu Danke verpRichtet, — Der am 29. Auguat 1767
verstorbene Johann Basilius Küchelbecker, der vor allem lieiseachriften
verÜMSte, und dessen Biographie Meusels MLsodcon der teutschen Scbiift-
BteUer^S VII, 895—396, bringt« ist vermutlieh der Grossvater unseres Küchel-
becker gewesen.
„Leben" 7.
„Leben" W.
*■) ,J.eben** 00 und 81.
Das Titelbild der „Qnintessens*^ wird niemand fttr poitr8tg«treu
halten.
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72 Mitteilimgeu d. Ges. t deutsche Brzieliuiig«- u. Schulgesch, VIII.
**) „Leben" 84 und s5, „Quinteaaciiz" XII.
**) Freundliche Mitteilung des Herrn Prof. Dr. Guhrauer in Wittenberg.
^) Vgl. iSpitzner, „Geschichte dee Gyinnaaiiiiiii und der Bchnlanstalten
sn Wittenberg*', Leipiig 1880, 8. XUL
Joachim Lange, Schüler und Kollege Fraockee, der 1670 lu
Gardplegeii in dor Altniark geboren, 1744 als Professor der Theologie in
Halle gestürben ibU ueherrachte bekanntlich lange Zeit mit seinen beiden
sogenannten Halle'ächeü Graniinatiken die Schulen. Die griechische ist
«lerst 1705 erseidtiim, und ihr folgte 1707 die lateinische^ die bis sum
Jehre 1819 in sechzig Auflagen verbreitet wurde. Die 5. Ausgabe vom
jLvTiro !7l 1. die mir vorliegt, enthält in den in Dekurien rolloquionim
latinonim am iSchlusHe des Buches auf 35 Seiten WO kurze lateinische
Gespräche ttber das Grüssen, das Ankleiden, über Bücher, Vorbereitung
anf die Unterrichteetnnden, AuflnericBamkeit u. •. i Welche Stelhing da«
Bneh in der Btndiengeeeldchte des 18. Jahrhunderte einnimmt, hat Panlsen,
„Geschichte des gelehrten Unterrichts'* * II, 898 dargelegt; vgL ebenda
über Lange auch L l-^^' "nd II. MO f.
^) Der Magister Johann Cliristiun Mpsser^fiiraid, geb. 172Ü »l-^ Sohn
des liektorä Johann Heinrich Meäserächmid zu. Weii^enfels, studiertü in
Leipzig und wurde 17d5 Rektor su KlosterDonndorf. Am 27. April 1757
-wurde er xum Rektor in Wittenberg gewfthlt, am 22. Mai feierlieh in sein
Amt eingefflhrt. Am 21. Januar 1794 ist er nach langer Lehrthütigkeit
gestorben. Er trat vielfach auf dem Gebiete des DeutHchen, der alten
Sprachen und des Hebräischen als Schriftsteller aul und erwarb sich da-
durch auch den Titel eines Baccalaureus der Theologie (Weitz, ,^Gelehites
Sachsen**, 8. 166; Meusel, „Gelehrtes Teutschland**, 4. Ausg., Teil 2, 8. 147).
Hehrere kleinere Schriften sind in den monumcnt. acadom. Viteberg. dem
Titel naeh angegeben. Seine Amtsführung gereichte dem Wittenherger
Gymnasium nicht zum Segen; die Schule ging unter ihm ontächieden
zurück. Ostern bis Juli 1761 hatte er sich eigenmftchtig Urlaub genommen,
bis ihn ein Schreiben des Magistrats su sdüenniger RQckkehr aufforderte.
Aber auch sonst gab sein Benehmen zu einer wenig freundlichen Stimmung
seiner Vorgesetzten gegen ihn V» ranla^3un'r. und das Misstrauen gegen
ihn -war unt«r den Ellern der Scliüler so stark, tlass er seit 1758 immer
höchstens vier, sechs Jahre lang gar keinen Schüler iu seiner Prima
hatte, sondern alle unmittelbar aus der Sekunda des Konrektors zur Uni«
veiritAt oder auf andere Schulen Ubergingen. Br selbst wurde dadurch
immer verstimmter und missmutiger. Ein A\iftrag des Consistoriuras an
den damaligen Generalsuperintendenten Dr. Hirt und an den Magistrat
„über den Verfall der Scbulzucht, den seit Jahren verspürten Maugel
einer ersten Klasse und einige andre Gegenstände Untersnehung ansu-
bellen** verUef im Sande: es blieb unter Messerscimild alles, wie es war.
Spitzner S. 142, Anm., vermutet, die geringe Anteilnahme Messerschmids
an seinem Amte sei darauf zurückzuführen, dans er „lieber ein geistliches
Amt als eine Schulstelle verwaltet hatte." Vgl. bei Spitzner auch S, 125,
126, liiö, 136, 141, 142.
^) Der Magister Johann Christian H eurici war als Konrektor Klassen-
lehrer der Sekunda. Er stammte aus Niederfrolma bei Chemnitz, wo sein
Vater Prediger war, besuchte die Fttrstenscbule su Grimma und studierte
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2 Friedrich Kachelbecker e(e. — Anmerkungen.
73
in Wittenberg. Am 2ö. Pebmer 1176 trat er am Wittenberger Gymnaeittm
an die Stelle des bieberigen Konrektors Schutze und folgte 1791, nachdem
er am 21. April soin Pohnlaiiu niedergelegt fuittc, seinem Lehrer Hillrr nls
Professor der Beredsamkeit an der Univerijitil'. Wittenberg. Seine Vor-
lesungen ttber AltertOmer wurden sehr geschlitzt (üroluuanu, „Annaluii der
UnIveFBitftt Wittenberg'% Teil 8, S. 121), nnd auch In eefaiem Scbniamte
halte er den ernaMlchen Willen gehabt, die SchuU' in die Hölic zu bringen.
Ueber seine Schriften vg-1. MpusoI, „Golphrtos Teutschland" III, 219 f,;
XVIII, 120 f. Er starb im Februar 1818 zu Wittenberg. Vgl. Öpitxner 130,
14ü, 141. 147.
^) Das „Compendiuin locorum theologicorum ex ücripiuris aacria et
librü concordlae coUectum", das Leonhard Uutter (156Ü — 1G16), der grosse
Feind dee Calvlniunue und eiflrige Vertreter der lutherlaehen Orthodeacie,
suerat 1610 in Wittenberg erscheinen liess, um damit die ,JjOCi" Ifelaneh-
thons 7.XI ersetzen, behauptete bekanntlich lauge Zeit last unangefochten
die er»te StoHe unter den tliecdof^ischen Schulbnchern Deutschlands. Am
Wittenberger GymnuHlum war es durch Johann öoger eingefülirt worden, der
1622 Rektor wurde (Spitmer S. 86, Anm. 1). Der Konrelctor Beyer,
Henricie Nachfolger, bedi«ite rieh unter MeBserachmid bereits dee Jobann
Georg I^o.senmüller sehen Religion.sbuches, aber Messerschmid selbst hielt
bis zuletzt an dem veralteten ..Compondium" fest. Spitzner 145. Die »drei
Wege* sind uatttrlich die der Lutheraner. Keformterten und Katholiken j ttber
die TranaaubBtaatiation iak bei Hutter im 21. Locua (in der mir vorliegenden
Att^abe von 162*2 Seite 24S ff.) gehandelt Hier wird im 4. Abschnitt die
Frage erörtert: ..Annon Calviniani «juoque eodem modo intelligunt verha
Ini^titntinnis"' und mit einem schrofl'en ..N'nn" die bekannten rnter^rhiede
von dem „vere" und ..tigurate'' einf^eieirei Im 33. Abschnitt handelt es
sieh um die Erwägung: „l'luresne abouiiimtiones circa Sacramentum hoc
fovent Romanenees", und geantwortet wird mit einem entschiedenen
^axime". Diese beiden Abschnitte also behandeln die falschen Weg^,
auf denen Küchelbecker und seine Mitschüler zur Prnbe he^ml^^pa7ie^t
sind. Dass der Hekfur über diese Lehre nie hinaus kam. will wohl
besagen, dass er die loci 22—34 aus Zeitmangel nie durchsprach; die
Geschichte mit der Maus war offenbar ein SchulwitK Mesaersehmids, im
Hutter steht davon nichts.
*') KQchelbccker denkt an das „(jewandhauskonzerf (früher „Urossea
Konxert"), das in seiner gegenwartigen Form seit 1181 besteht. Begründer
dieser wichtigen Kun.steinri<;Iitung war der IUir;^ermei«ter K. W. ItfttUer.
Er braelite zuei"?*t ein Direktorium von 7:w<"itr .Mii^^'-liedern zusammen, das
ein Abonnement aut vientndzwanzig Konzerte erutliioLe und Hiller die
Leitung Ubertrug. Daher durfte Carl Neumann in seiner warmherzig
pieUltvollen Schrift »,Johann Adam Hiller. Eine bescheidene WQrdiguing
seiner Verdienste als Mensch, KOnstTer und Sehulmann*', Leipzig 1804,
8. 12, sagen: ..Gehört ihm (Hiller) nicht die Stiftung des Leipziger grossen
Konzerts, das auf diese durch manche Vorziijre auspezeichnete Stadt keinen
geringen Glanz wirft und i. J. llbi aus seiner MusikUbouden Gesellsclmft,
die seit 117$ eimig an der Stelle des entschlafenen Öffentlichen Konaerts
stand, hervoi^ging?'*
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74 Mitteilungen d. Ges. f. devtoche Eniehung»- u. Schulgesch. VUL
Gemeint kl ier^liahniettplat«", eine Promenade, die rieh nieprOng-
Hch vom Rannst&dter Thore bis zum ThomaapfArtcheii hinzog, spfitor er-
weitert wurde und ihren Namen von den vielen Kinderw iirterinnen erhielt,
die aicb mit den ihnen anvertrauten Kleinen dort aufzuhalten pflegten
(vf^ eber »aeh Karl Groese, »Geechiclite der Stadt Leipzig von der ftlteeten
bie auf die neueete Zeit", Leipiig 1842« Bd. 8. 861). Das war der Ort»
wo »die feine und schOne Welt ihre Promenade hatte und sich gegeoeeitig
einander pi-;\sf'ntierte."
^) Gepflasterter Weg für Puaagänger auf der Promenade.
") Johann Friedrich Fischer war von 1767—1799 Rektor der Thomas-
fichule. Ueber ihn handelt austührlich Christian Victor Kindervater,
Prediger stt Pedelwits nnwelt Pegau, in e^er Schrift »Ueber Johann
FHedrich Piaeher, gewesenen Reetor dar Thomasschule an Leipaig, ale
Schulmann. Ein Vereuch", Leipzig 1801, bei Johann Benjamin Georg
Fleischer. Der Verfasser war wie K(lcht'nj(»ckor ^in Schtiler Fischers, aber
schon von 1774 — 78, also 20 Jahre trtlhcr als jener; es ist daher nicht auffällig,
daee Kfichelbecker den alternden Fischer etwas anders, weniger günstig
beurteilte als Kindervater, der selbst sagt (8. 4), er habe Fischer «in den
Jahren Hoiiie^; Lebens genossen, wo seine gründliche Gelehrsamkeit und
die Kraft seiner mannlichen Jahre für die Schule ... am meisten wirlcte.*^
Kimlervater a. a. O. S. 102/3 sagrf : Fischer hielt „sehr strenge b^i
seinen Untergebenen auf Ordnung, Frugalitat und eine ungesuchte Wohl-
anstiiiidiglceit in der Ivleidung. Es mag sein, daas er hierin von Pedanterei
nicht gans frei war. Stiefeln a. ausgenommen bei gans Qblem Wetter,
schwar/e Halsbinden oder andere Kleidungsstücke, die seiner Meinung
nach den Renommist^m nnkfJndigten, konnte er durchaus nicht leiilen; und
ich weis« mehrere Beispiele, daas die, welche dawider sündigten, mit dem
Carcer oder auf andere Weise bcstrutt wurden. So wenig er das dulden
moehte, was in seinen Augen den Anstrich von Rohheit hatte, eben-
sowenig fand das Affektierte, Weichliche oder auffallend Neumodische vor
ihm Gnade. Gleich sehlnas er — es ma;r sein, dass er sich zuweilen into «—
davon auf das Innere. ' Azel s. v. w. Perücke.
^) I\inLi(:'r\ atfr ;i. a. O. S. 104— 1U5: ^Ebenso wenig erlaubte er
seineu Schülern, ein Schttuspiel zu sehen. Eis geschah freilich, dass je-
auweilen einer und der andere bei dem Inspelctor sich die Erlaubnis aus-
bat, abends ausser der Schule su bleiben, unt«r dem Vorwande, einen in
Leipzig angekommenen Verwandten oder Freund zu besuchen, hennlich
aber in das Sehan«pi«>lhatm ging. Wehe ihm, wenn es verraten wurde und
Fischern zu Ohren kutn; seine Strafe wurde exemplarisch! Da galt keine
RQeksicht auf das gegebene StQck, mochte es Lessingen oder den ge-
meinsten Stttmper nun Verfissser haben; Fischer kannte sie ohnedem nicht*
Gegen den Tadel, dem der Schulmann deswegen von manchen Seiten
ausgesetzt war. nimmt Kindervater seinen alten Rektor in SchutJS.
Anch Carl Xextmann. elienfalls ein früherer Schüler der Thomana,
lukt in seiner Schritt „Johann Adam Hilter. Eine bescheidene Würdigung
aehier Verdienste als Mensch, Kttnstler und Schulmann,* Leij^ig lb04, in
mancher Beziehung ein GegenstQclc su Kindervaters kleinem Buche, & 14
den Sata: „Die Welt nennt ehrfurchtsvoll des grossen und guten Johann
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2. Friedrich KQehdbedcer «te. — AnmerkuDgOD. 75
Friedrich Fischers Namen, dem die Schule und dae Alumneum unsterblfchen
Denk schuldig ist". Ueber Fischers Bedeutung als Philolog sagt Kinder*
vater a. a. O. S. 8i»— 40 unter anderem: „Seine IndU-es sowohl bei diesem
Buche („ralftphatiif*"! als bei mehrern, die er Itearboitet hat, sowie seine
Anmerkungen dazu, enlhalten einen reichhaltigen Schate philulogiächcr
Gelehrsamkeit, die ans eigener Beobachtung^ aus ununterbrochener Lesung
der Alten, nie aus Registern, WOrtert>flchem und ähnlichen Ziehbrunnen
geschöpft war. Seine Aniniadversionen über den Weller werden eine
reiche Fundgrube für den (Ircwninatiker bleiben; und gesetzt auch, dasa
dieser dichte Wald, ohne Nachteil des üanzen, selbst tür die Bequemlich-
keit derjenigen, die ihn au ilirem Hausbedarf brauchen -wollen^ hier und
da gelichtet werden könnte, so nehmen doch Sprachforscher suverilsidg
mit Dankbarkeit an, was Fischer hier geleistet hat." Interessant ist es,
aus Kindervaters Mitteilungen (S. 41) zu .seher», ein wie grosser Feind der
Lange sehen «CoUoquia" Fischer war, die Kuchclbecker auf dem Witten-
berger Gymnasium noch in Tertia luitte lesen mttftseB. — ausführ-
licheres Citat aus Kindervaters Schrift (8. 51 — 6S> muss ich ttlier Fischers
philologische Lehrmethode geben: J)ie Interpretation, welche er auf die
Uebersetzung folgen Hess, war so besi haften, als sie igelten auf Schulen zu
sein pflegt. Vor allen Dingen wurde bei verdorbenen Stellen die richtigste
Lesart ausgemittelt, mit sorgialtiger Prüfung aller der Beweise, welche
das Ansehen .der Handschriften und der ältesten Ausgaben, der Genius
der Sprache, der individuelle Charakter des Schriftstellers, selbst der
numerus im Ausdrucke darbieten. Hierauf ging er zur ErkUimn.r der
Stelle selbst ütier, wobei nicht tias Mindeste in Absicht der Ausdrücke
übergangen wurde. Ihm war es hier nicht genug, zu sagen, das und das
ist der Sinn, oder die Stelle mit einer knnsen Paraphrase absuthun. Die
Bedeutungen der Wörter wurden genetiseh bestimmt^ die ParHlIolstclIen
aus demselben Autor angezogen und immer darauf gesehen, wie si( h der
Schrittsteller aus sich seihst erkläre. Dabei ptlegte er auf die Anmerkun-
gen anderer Gelehrten h.iuüg hinzuweisen. Wo die Erklärung aus den
Altertttm^n und der Geschichte geschöpft werden musste, machte er mit den
Quellen und beiher mit ehier Menge dahin einschlagender Bficher bekannt,
die er, um nfthere Bekanntschaft damit zu verschaffen, ans seinem reich-
haltigen I?flchervorrate herlieh; und er ompfand es allemal sein tibel,
weon der Letzte in der lüasse, dessen Amt dieses war, nicht von Zeit zu
Zeit zu ihm kam und fUr seine MitschOler die merkwürdigsten von ihm
abholte. Hau f^aube nicht, als wenn seine Interpretation keine Rücksicht
auf den Geist des Schriftstellers und die Schönheiten der Sprache genom-
men habe. Da bei jedem bedeutenden Ausdrucke gezeigt wurde, wanim
der Schriftsteller so imd nicht anders geschrieben, diesen und keinen
andern Tropus gewühlt, in dieser und keiner andern Gradation den AiTekt
habe steigen lassen; da jede, auch die verboigenste Anspielung auf Sitten
und Gehrfluche oder, wie z. B. bei den Cieemmianischen Briefen jedes in-
dividuelle Verhnltnis derl^ersonen gegeneinander, jeder sarkastische S{)Ott,
z. B. in den Keden, und jede andere leine Eutrapelio bemerkt wurde, so
wird man wohl eingestehen müssen, dass er seine BchUler auch mit andern
Eigenschaften des Schriftstellers als mit der btoesen Grammatik und
Varianten bekannt machte, und dass er sich von manchen sehr berühmten
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76 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Eniehungs- u. Schulgesch. VIII.
Iiullnndischea Phitolegeo, deren viele mu belesme Gremmatiker zu sein
scheinen, zu soim m Vorteile unterachied. Oft tadelto er die sogenannten
ftsthetisclioii Inti rprrtationpn. die nur mit einem praeclara, nobilis idea!
ehcu quam pulchrum ! den Leaer oder Zuhürer abfertigen und die genauere
Brklftrung dasu schuldig bleiben. »Brklfli« du mir*, pflegte er xu sagen,
«die Stelle recht gründlich, djunn werde ich wohl selbst empfinden, was
schön oder nicht scliön ist, uhne dass du mir es zuschreieHt!" Das Vor-
Bclireiten bei der Interpretation ging, wie man au« dem bisher Geeagten
wohl einsehen wird, langsam von statten, lieber den Plutus des Aristo-
phanos« worüber er wöchentlich vier Stunden las, brachte er, als ich auf
der Schule mur. Ober ein Jahrsu; aber den PhBdon des Plate noch etwas
Iniigor; Ober ein Buch des Cicero von den Pflichton ein halbes Jahr, und
diese Langsamkeit ist sowohl in al>< anssorlialb der Schule hilufig* pretadplt
worden. Mau hat ihm vorgeworfen, dasa er die Alten nur so zu erklären
pflege, als wenn alle seine SchOler Philologen von Profession werden
soUcen." Und auch gegen diesen Vorwurf verteidigt Kindervater seinen
Wohlthntcr iS. 118—119) mit Wftrme.
^"i \ jarl Neumaun a. a. O.. S. 16—17: „Es gehörte unter seine
Maximen, die fcSchüler mit VorlrauPn und frcuntilichpr Liebe zu liehandeln
und in ihnen dun Menschen und kumii^en Bürger des Siaulä zu achten.
Von Jeher haaste er den Oruodsat«, welcher die Untergebnen, sur Erhaltung
des Respekts, in strenger und scheuer Ferne zu halten, sie selten einer
frpimdlirliprpn Rede, viel weniger eines fortwnluenden liobreiclien rmgang-s
zu würdi^on rüt .... l)ein zu Folge war er oft utul gern luilor uns. wie
ein Vater unter seinen Kindern; seine Miene war freundlich, sein Tun Hanfe
und kaum, wenn er sOraen musste, empfindlich. Hit väterlicher Liebe
rügte er die Fehler seiner ZOglhige, nicht Öffentlich, nicht bitter, nicht
mit Schmiihnn^on .... sondern auf aeiner Stube, durch liebreiche Vor«
stellungcn und Bitton.
Neumaun a. a. 0. S. 18 — 19: „Er begnügte sich nicht, eicli uns
nur in seinem wöchentlichen Inspektorate bei Tische und bei dem gewöhn-
lichen FrOh« und Abendgebete zu seigen, sondern ehe wir es vermuteten,
trat er, im Sommer, in unsere Zellen, erkundigte sich nach unserem Stu
dioren, «rab uns gelegentlirho Belehrung und Ermahnung, fragte nach der
Einteilung uosrer Zeit und sorgte, doss diese nicht mit schlidlichcr LcktUre
verderbt ward Selbst dm Abends in der sehnten Stunde durchwandelte
er, mit dem Lichte in der Hand, die Tabulate imd sah soigsam auf Ord-
nung und Anatand. Im Winter kam er oft zu uns ins Cönakel, ging SU
dem und jenem, redete mit ihm freundlich und gab ihm gute Ratschläge.
Oder er versaiiimeite uns um sich, unterhielt sich mit uns traulich, er-
zahlte uns bald etwas aus seiner eignen Lebensgeechichte oder aus dem
Leben andrer merkwOrdiger , lebender oder gestorbener Uftnner, und
suolite uns so unvMmerkt manche gute Lehre, manche richtige Ansicht
des .Menschen und der menschllclien Handlunpren zu geben." Dass Uiller
auch in dieser Beziehung, wie sonst nucli (»lt. verkannt wurde, drirttber
klagte er selbst: , Armer HiUerl was halt es dir uuu, dass du dich mit
deinen Klo dem In trauliche Unterhaltungen einliessest und bisweilen
durch eine launige Brs&hlung, durch eioen hingeworfenen schenshafton
Einfall sie sum ernsten Nachdenken Ober Sittlichkeit und Unsitt-
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2. Friedrich Kttdielbecker etc. — Anmeikungen.
77
liebkeit» Recht und Unrecht briogen wolltest? Du m ja uneiliOrte
Neuemag!''
^) Neumann a. a. 0. 8. 19; •Vater HlUer (diesen Nsmen gab ihm
gern jedes Herz" etc.
ß'l (tlcii h aiia den folgenden Zeilen geht hervor, d.nss KUchelbecker
unter den .andern Kullegen" vornehmlich den Kektor Fischer meint. Die
Gründe, warum ein Thomasscbulrektor mit seinem Cantor nie um' beson-
ders gutem Foese leben konnte, erörtert eingebend Neumann a. a. 0.
8. 6—9. Doch sagt er (S. 9), Fischer habe diese Streitigkeiten .vielleicht
mit weniger Vorsichtigkeit, aber mit ungleich grosserer Heftigkeit* als
seine Vorgänger fortgesetzt.
üeber dieses „PerUckenguuUiuiu'' drückt sich Neumann a. a. 0.
S. 22 sehr allgemein aus: „Die Zierde der Peruquen fand er [Hiller] fUr
junge Leute su vornehm, oder deutsch — m Iftppiseh, und gab dem grauen
Alter einen Schmuck ziirück, mit dem es die blOhende Jugend zu lieb-
reich und freigebig beehrt hatte." N.'lhore Angaben marht er nicht. Diese
Bind lins erat jotzt durch Prof. Dr. Albert Br:i\iso.s gründliches lS97er
Tliomana-Programm .Johann Gottfried Stallbaum" Teil) geboten worden,
das auf S. 24—25 ausfOhrUch at>er die AtNiehaining der Peracken handelt
Die RatsverfOgung, um die ee sich handelt, ist vom 9. Juli 1798.
Das IvoDZcpt des Btlrgermeisten? .MQller befindet sich noch im
Leipziger Ratsarchive, und es heisst da: „Es vorlauter, da><s utiter
den Herrn Lehrern der Thomasschule Uber Beibehaltung oder Abschaffung
der Perücken und Hintel der Scholer sich ein Zwist entsponnen habe.
Kaum konnten ttber ausserwesentlichere Dinge, als es diese «irklich sind,
die Meinungen gelehrter Schulmänner geteilt sein, bei welchen man die
IJeberzPugiing voraussetzen darf, dass die llildung des Herfens und Vor-
staudes der Schüler, wenn sie ihre eigenen Uaare tragen und un bemäntelt
sind, ebenso g^Ockiich von rtatten gehen kOnne, als wenn sie runde
Perücken aufsetsen und Mftntel umhftngen.'* Es IBsst sieh begreifen, dass
der ironische Ton dieses Bescheides den Kektor zu einem .Laxiergesicht"
veranlasste. Der Zwinger lag auf der Westseite der Thoraasschule.
**) Kindervater a. a. 0. 8. 7<<— 74 schildert die Anleitungen, die
Fischer seinen Schülern ftlr gutes Deklaniiercn gab, und fügt hinzu:
„Diejenigen, welche von seinen Schülern Oflbntlich valedlderten,
sind meistenteils^ auch in Absicht des Aeusseriichon, mit Beifall gehört
worden/^
Vgl, A. M. Meyner, „Geschichte der Stadt Wittenberg ans urchi-
valischen und andern zuverlns8igf>n fjuellon*'. r)es8au 1845, S. 123—124:
„Ein für die Stadt sehr nachteiliges Vorurteil, welches man früher gegen
sie hegte, war die Meinung von der Ungcsundheit der Lage und der Luft,
die SU einem bekannten Sprichwort Veranlassung gab. D. Stensel schrieb
darüber bei dem Antritte seiner Professur der Pathologie ein starkes Pro-
gramm unter dem Titel: ..Prae'^idi» .sanitntts. quilnis Vitehergn nbund.'it,
contra trilum proverbiura; wer von Wittenberg kömmt mit gesundem Leib
imd von Leipzig ohne W'eib und vou Jena ohne Schlagen, der hat von
grossem Glück su sagen*', Wittenberg 1787, 4* worin er dieses Sprichwort
▼Olllg widerlegt.** Vgl, aber Anmerkung 67,
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78 Uftteilungeii d. Gea. f. «leatscbe Bndebutig»> n. SehulgMch. VIII.
**) Darüber könnt« man Terschiedener Aneicht sein. Küchelbecker,
der ausser Wittenberg nur das in der inneren Stadt noch heute durch
auffftlHp cngp und winkelige Gassen ausgezeichnete lioipzigund die kleinen
Orte kannte, die er aul' seiner Ansbacher Heise besucht liatto, l'aud die
Stranen der Vaterstadt breit; der Berliner Scbadow dagegen aagt In
seiner Schrift „Wittenbergs Denkmäler der Bildnerei, Baukunst und
Malerei, mit Iii r nischen und artiatiaeheo Brlftutcningen**, Wittenberg 182fi«
8. 3: „Die Strassen sind eng."
Bei der furchtbaren Beschiessung Wittenbergs durch die Kaiser-
lichen am 18. Oktober 17iM> wurden sieben Gassen gAnzHch einge-
äschert, 120 Bftuter binerbalb der Stadt« über 200 in den Vorstädten
zerstört
Vgl. Meyner a. a. O. S. 125: „Ein starker Erwerbszweig war [in
Wittenberg] von alters her die Brauerei. Im Jalire 1513 waren in der
Stadt 172 Brauhftuaer, 1801 gab es 188 gans und 12 balb branberechtigte
HAuser. . . Wetosbler an brauen wwde 17Q$ merst beachloaaen und
wiederholt in den Jahren 1709, 1721, 1722 und 1727 alseine in der Landes-
verfassung und den Steue^^i^!s^^chreiben gegrflndete Bache ernstlich ange-
ordnet.' Wer sich mit der Wittenberger ätodtgeschicbte beschäftigt, der
stAsst immer von neuem auf Bemaricungen Aber das Bier. Bo hat s. B.
der ehemalige Rektor Beyer des Gymnasiums, ala er einiges zur
schichte der Schule Gehiu-lges aus froheren Urkunden sammelte, auch
einen langen Proze??« dr s I i hrerkollet^'iiin»^ mit der Wittenborger Bratier-
schaft über eine von jeueni verweigerte Abgabe von fremdem Biere er-
wähnt, der endlich au Gunsten der Lehrer entschieden wurde (Spitzner,
a. a. 0. 8. IX). Ebenao ersieht man aua einer ganzen Reihe von Stellen
aus Grohmanns „Annalen*, eine wie grosse Rolle das Bier in den Rechts-
verhflltniösen der Universitfttsverwandten spielte, und ebendort heilst es
Iii, S. 25t; ,Im Jahr 1704 wurde aul das hiesige [Wittenber^ischej.
Jenaische und Leipziger Studentenleben eine Mtlnze geschlagen, auf
weldier daa Charakteiiatisshe desselben folgendwmaassen dargestellt Ist
In der Beschreibung derselben nämlich heisat es (s. Wittenbergiachea
Wochonblutt, G. Stück, ITsl): .Die drei Studenten, der ii». i^-(T iji der
Mitte mit entflammten Herzen in der Hand, der \Vi'ten!ierger zui" Hechten
mit siecher Miene und dem Bierglase, doch das Bucii unter dem Arme,
und der Jenenser mit entblOaatem Degen und einer grossen Schmarre auf
dem rechten Backen. Die Ueberschrüt ist: Trahit aua quemque voluptaa.
Ueberdies ist auch ausser dieser Mtlnze das Spricliwort bekannt: .Wer von
Leipzig kommt olme Weib, von Wittenberg mit gesundem Leib und von
Jen» ohne Schiiten, der hat von grossem Glück zu sagen" [vgl An-
merkung 64]. Ich musa gesehen, daaa ich, waa daa blasige
Studentanleben betrlflt» aowohl die Wahriielt dieser HQnze als auch
dieses Sprichworts in der Geschichte des frühem Zustandes unaerer Uni*
vorsitat leider bewährt gefunden habe. S< ])on die vielen kleinen aka-
demischen Schriften „de ebrietate", welche in den damaligen Zeiten
Profeaaovan und Studenten auf unMrer Univmsitilt herauagaben, sind
tranxlge Belege, daaa dieaes Laster damala mehr ala bgend etna unter den
hiedgen Studierenden müsse geherrscht haben. ... Es wäre aber traurig,
wenn wir in diesem Fortrat unaerer Vorfahren die Jetaige liebenaartwieder-
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2. Friedrich Kflehribecker etc — ADmerkuDg«ii.
79
finden eoltten. Denn meii Icnnn mit Wakrheit sagen, daae, so ftlinlich viel-
leicht auch damals das PortrAt gewesen ist, jetst ancb nieht die geringste
FtanilipnühnHrhkeit mehr Qbrig ist."
'^^1 Wio die Hasen M&nnehen machen, Poflsen, Scherz treiben, wild
und unbnndig lärmen.
^) Der Ruf .Zieh, Schimmel, zieh!* begleitete die Aufforderung,
stark pru poeuA su trinken. Vgl. FHedrieh Kluge, »Deutsche Studenten*
spraciie*, Strassbniig 1896^ 8. 186.
Vgl John Meier, «.HalUsche Stndentensprache", Halle a. S. 1894,
8. 40: „Die gebrniirhlichaten Ausdrtlcko fflr Geliebte im IS. Jahrhundert
sind Amaute und Channunto. Das Hospitium (1747) erläutert auf 8. 47
den Unterschied zwischen beiden Bezeichnungen : ,Eine Amante heisst ein
Frauenslmmer, weldies wflridieh geliebt wird, eine Ghannante aber Ist nnr
dicjjenlge, welche man in seinen Augen tot artig bftlt Denn es kann einen
schon jemand charmieren, ohne dass er solche wQrklich liebt.' Oft war
aber auch der Unterschied zwischen Ainantc trnci Charmante der zwischen
hoher und niederer Minne. So kam man dazu, trinkend um die Charmaute
SU kämpfen und einen Tirinkprozesa um ihren Besits su ftthren, bei dem
der das Mldehen heim fObrte, der die weiteste Gurgel und den auagepieh-
tetsten Magen hatte." Ein bekanntem Beispiel dafür Ib Zacharias MRenom»
misten", S. 15 der Ausgabe von 1772.
Die jetzige Domflne Rothemark (27 Ew.», noch heute mit einer
Bierbrauerei verbunden, liegt in einem Eichenwaldctien gegen Westen zu.
Hs!yner sagt a. a 0. 8. 121 (aus dem Jahr lö4o>: „Ein Pttehter, der zugleich
die Punktionen eines Revierfitrsters Qbemommcn, bewfa^ die Oftste aus
der Stadt, welche sich firOher hier nehr zahlreich einzufinden pflegteo.*
Unter den Gedichten des von Leasing L-*Motteten Epigrammendichror««
Simon Lemnius, der 1538 — 88 in Wittenberg etudierte, bezieht sich eiueü.
»De Sylva Napaea*, auf die Rothemark; eine deutsche Uebersetzung des-
selben von D. Tieehimer druckt Meyner a. a. O. & 122 ab; ebenso
Orohmann a. a. 0. I, 8. 191, der auch die lateinische Fassung giebt
") In der Rede, die er bei der Uebemahnie des Rektorates hielt,
vergleicht I-'riodrich Taubmann (von l — 1613 rrnfe.ssur tier Popsin nnf!
Eloquenz in Wittenberg) „den alcidennschen Rektor mit dem thebaiiischen
Herkules und die Beschwerden uud Lasten desselben mit den riesenmässigen
Arbeiten, die dieser verrichtet hat* Bs heisst da: «Hier, glaube ich wahr-
haftig, hat der berOhmte Herkules von Theben mit weniger Beschwerden
den Xeinivi.schcn Ijrtwen erwtlrget, als der Rektor das wilde Geschrei der
Lereinstünnenden Menge von Gläubigem bündigen kann. Denn wenn or
glaubt, daas er mit diesen zu Ende ist, so kummen zwanzig andere und
bringuu den Studenten, Johann Biberius, geführt. Der eine ist ein Kauf-
mann, der swslte ein Schueter, der dritte Schneider, der vierte Wein«
hftndler, der fUnfte Kaffeeschenke, ja auch der Pferdeverleiher vor
dem Thnre, als wenn es mit denen in der Stadt nicht genug Wäre, er-
scheint." Vgl. Grohmann a. a. 0. III, 8. 255.
äo belesen die stadtischen Polizeimauuschaften (.Häscher') nach
den Sehnuiren, die sie tragen; es sind Holsl&stmmente, die sie sum Zeichen
Buer Wachsamkeit ertOnen lassen.
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80 llitteiliuigend.G«8. f. deutsche Bniehung8-u.8chii]g«tt:h Vni.
In der Diebessprache so viel wie GrttnrOeke, Jftger. Noch John
Meier (a» ». 0. S. 50) wird das Weimarer Militär von den Studenten so
genannt. Ftlr Küchelbeckcrs Stelle konimt das natürlich nnr sowoit in Be-
tracht, als man violleicht daraus schlieasen darf, dass auch hier (Stadt)-
soldaten gemeint sind.
^) Es handelt sich hier vor allem um die ZUaft« der Stadt. Sie
konnten es offenbar nicht vergessen, dass sie frflher, schon im 14. Jshr-
hundert, denen aller anderen Sta4te des Landes vorgezogen worden waren.
Denn alle diese mussten den Streit, den sie vor ihrer eij^enen Lade niclit
schlichten konnton. vor die der Wittenberger Zünite zur Entscheidiing-
bringen. 8o erklärt es sich gut, dass sie einen besonderen Stolz ent-
Üklteten und »ein Prft verlangten", aber die Geschichte der deutschen
Universitäten lehrt» dass noch zu allen Zeiten und Uberall Bursehen und
Philister in beständigem Streite gelegen.
Diese Anspielung KQchelbeckers vermag ich nicht zu
erklären.
In der Originalausgabe Druckfehler: feinem.
Stock, vom lateinischen baculus.
'^j Konrad iiittersbausen (Rittershusius), lööO — 1613, als Rechtslehrer
einer der glAnsendsten Sterne der Altdorfer Hochschule, zugleich aber
auch ein grOndlicher Phüolog. Vgl Aber ihn Bisenhart in der »AUge*
meinen deutschen Biograplüe*, 2S. Bd., 8. 698.
^1 Vor die Depositoren, eigens dafür angestellte Tiearate oder nltere
damit beauftragte Studenten, wurden die vom Gymnasium auf die Univer-
Bittlt Kommenden, die beani (angeblich abgeleitet vom romauiäcben beja-
BUS, bcjaune, bec jaune, GellMchnatiel) oder Komuten (OehOrnte) gebracht,
um durch eine Ridhe derber Ceremonieen von ihren »Httmem" befreit und
ins akademische Leben eingeführt zu werden. In Wittenberg wurde dieser
Brauch im Jahre 178:3 abgeechafft, und an seine Stulle trat (wie (Ibrfgens
auch anderwärts' der folgende, von dem Grohmann a. a. 0. III, 47 be-
richtet. Dem Depositor mussten frOher von jedem neu vigekommenen
Studenten 16 Groschen gezahlt werden. Die philosophische Fakultät bat
schon 1718, »dass ihr ktinftig dieses Einkommen gewidmet sein möchte,
indem sie gegen die andern Fakultäten sehr geringe Einkünfte hlltte.
Sie wolle gegen Erlegung jener iü Groschen jeden neu angekommenen
Studenten examinieren und ihn zur besten Anwendung seiner akademischen
Jshre vermahnen und ihm einen Deposldonsschein darttber ausstellen.
Der jedesmalige philosophische Dekan sollte nämlich dieses Einkommen
genieseon." Trotz dra Widerspruches der anderen KakultJ^ten. die an diesen
Einktlnften auch teilnehmen wollten, wurde das 1722 zu Gunsiron der i)hi-
lufiophischeu Fakultiii auttgel'crtigtc königliche Dekret llA'i endgültig be-
stätigt. Ueber die Deposition vergleiche Wilhelm Fabrldus in seiner
Ausgabe von „Joh. Georg Schochs Comoedia vom Studentenleben*,
München S. io:,~\m und vor ?!l"m desselben Verfassers gehaltreiche
Schrift: .l)ie akad<'nusche Depositiun", Frankfurt a. M. IbUö. l)anL'l)en siehe
Adoli l^ernwerth von Bamstein, «Beiträge zur Geschichte und ijitteratur
des deutschen Studententumes", Wünburg 1882, 8. 18 ff. und die
hiteressante Zusammenstsllung bei Grohmann a. a. 0. m, S. 218 f.
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2. Fri«dridi Kflchelbecker ete. — AnnerknngttD. 81
*^ üeber den „ConielliM rel«gatiu* teilte mir Herr Dr. WUhelm
Pabriciuci, der vortreffliche Kenner des deutschen Btudententum» und seiner
LittprafTir, folgendes freundliclv>t mit: „Der CnrnoKna rclegatus ist zuerst,
lateiuisch verfaast, von dem Ruetocker Wichgrevius herauagegohen v.-orfloii.
Der Titel lautet: Cornelius relegatus, sive Cunioedia nova festissime lie-
pingene vitam pseudoetudioeorum et eontlnena nomraUoe ritut ncndemteoe
in Germania. Acta anno JuMlaeo RoetocU in foro latino . . . Roatoekl
1600, femer IROl, und Lipsiae 1602. Die VerhältJiisse in diesem Stück be-
ziehen sich lediglich auf Rostock " Kücheibecker hat nicht auf dip**^
lateinisehef sondern auf die deutsche Bearbeitung des Stuckes Bezug
genommen: ^ComeUna relegatne, Eine Newe lustige Comoedia» welelie gar
artilg der falsehgenaoten Studenten leben beschreibet ... in Teutaebe
Sprach Obersetzt durch Johannem Sommenim^ Pfarrherrn zu Osterwed-
dingen . . Das Buch ist schon KtOö übersetzt, zu Magdeburp- zuerst
ohne Jahr, dann 161Ö erschienen. Das Titelblatt zeigt einen rohen Holz-
schnitt, den bekannten Typus Cornelius darstellend, ^ie er in J. von
Heydens Speeulum Comellamim ersdielnt. (Bine leicht suganglldie Nach-
bildung davon in der .neachichte der deutschen Litteratur" von F. Yogt
und M. Koch, Leipzig. Bibliographisches Institut, 18Vi7, S » ubor auch
in Fabriciua' Ausjj^abe von ..Job. Schochs Comoedia vorn Stüde ntrn loben",
S. X.) Ich liabe von iSoaimers Cornelius das im Besitz der Kuiugiicben
Bibliothek sn Berlin befindliche Exemplar benntst. In der 2. Seene des
2. Aktes sagt daselbst Cornelius: „Beanus Est Asinus, Nesciens Vitam
Studiosorum. Bachant Ein Alber Narr Vnd Stoltz. Ein grob und ungehobelt
Holtz." Wo Küchelbecker das Auftreten der früheren Rektoren beapricht,
denkt er vor allem an die 8. (letzte) Scene des 8. Aktes, wo der Koktor
Fridericns den Cofnelios mit den heftigsten Scliimpfworten bedenkt und
ihm u. a. zuruft: ,^lt da daa MauL**
^*) Liripipium ist die Mütze der Magister und Baccalauren.
'^^ Drr Rektor der Wittenberger Universität wurde zweimal im .Jaiu-p
neu gewählt, am 1. Mai und am Ib. Oktober, also Ähnlich wie auf anderen
Uniyefsltaten ; vgl. Georg Kanfinann, „Die OesehiiAte der deutschen
Univerdtiten'S 3. Band, Stuttgart 1896, B. 172 und Anm. 2.
Ueber „Die Studentenorden des 18. Jahrhunderts und ihr Ver-
hältnis zu den gleichzeitigen Landsmannschaften'" handelte ausfuhr! icli und
sehr lehrreich Wilhelm Fubricius, Jena Ib'JL Ueber Desperatidtea und
IndissolubiliUsten vgl. daselbst besonders S. 89.
Im Duell erhaltene Wunde. Vgl Kluge a. a. O. 8. 79 und ^helm
Hauff, „Mitteilungen aus den Memoiren des Satan"', Kap. s (Bd. 11, 8. 284
der Aua^^abe von Max Mondheim, Leipzig, Bibliographisches Institut,
Meyers IvlaHsiker-Bibliotheki: .,Der gute Theoldge wusste nicht, ■vsie ilini
geschah, mein «Sekundant und Zeuge sprangen uit einem Zollstab hinzu,
maassen die Wunde und sagten mit feierlicher Stimme: ,Bs ist mehr als
ein Zoll, klafft und blutet, also Anseh-— ss' ; das hless soviel als: wdl ich
dem guten Jungen ein /.olllanges Loch ine Fleisch gemacht hatte, war
seiner Ehre genug geschelvn"
Karl Salome Zacharia von Lingenthal {geb. am 14. September 17ö9
au Meiseen) hatte in Leip^g erst Philologie und PhUosophie, dann die
Kochte studiert und 1792—94 als Mentor des Grafen zur Lippe in Witten-
lIMtotlunfaa d. G««, t il«nt«ch« Snlsb.- n. ScbulgMeliJolilflb VHX 1 1696. 0
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82 liittelluniren d. G«8. t deutaehe Eniehmiga- iL Schulgeaeh. Vm.
berg Min« Studien forCgMOtst Dort wnrde er 1795 Privetdosent, beraite
1797 ausserordentlichor und 1802 ordontlichfir I'rnfepsor der Rechte. In
gleicher Bigenaehaft seit I8f)7 in Heidelberg'- rh uig, dtarb er dadelbat am
27. Marz 1843. Sein Hauptwerk sind die berühmten .Vierzig BUclier vom
Btent« (1820—32). Ked ChriitiMi KohliehOtler (geb. am U. Juni 1764 tu
Dreeden) beaog 1784 die Univereltftt Wittenberg:, wo er neben reehte-
wiflaeosc haftlichen auch historiBche, philosophische und besonders theo-
logische Vorlesungen besuchte. 1791 zum Doktor der Rechte promnvi(«rt.
habilitierte er sich 1792. Drei Jahre darauf wurde er „wegen seiner grOud-
llehen Rachtswisaenechaft und in Schriften und Vorieeungwi erwiesenen
Oeeehidclichkelt'' eom Snpemuoiecaraaseaaor bei der Wittenbeiyer
JurifltenHiknltAt und bald darauf zum ProfSBaeor de« sächsischen Rechte
ernannt. Von 1708— 182^ an lebte er in hoher amtlicher Stellung in
Dresden, wo er luii '.». Februar lb87 starb. IvohlschUtter war der erste, der
in W ittenberg bei seinen Vorlesungen über römisches Recht sich nicht
mehr etrenf die ^um Vortrage der Reohtewiaaenachi^ achleehterdinge
untengUchen" Pandekten anscbloss, und Zacharili bi kuunto in seinem Auf-
satz ,,T'"brT (Iln Methode, nach welcher die Rechtswi.-ispTi^^c baft gr^^*'"-
wärtig :Luf der hiesigen | Wittenberger] UnivorsitM vorg( traij:on v«ird -
(Grohmanu a. u. 0. III, 8. I2b — iüS) : „Der Verfasser dieses Auisuuea ist
dieaem Belapiele gefolgt üebeneugt, daaa daa Naturrecht gleichaam ale
eine Methodologie dea poaitiven Rechte su betrachten aei, hat er die CoUegia»
die Bian mit dem Namen der Institutionen und Pandekten bezeichnet, so
weit es die Natur des Gogenatandes erlaubte, der Ürdnvuig at)Zupr\.H3en
gesucht, die durch das philosophische Recht für den Vortrug des l'rivat-
re<Atea beeltmmt wird.**
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8. Zur Geschichte der Btadtachtile in Werdau (KOnigr. Secheeii) etc. 83
8.
Zur GeHi'hiclite der Stadtschule in Wei*dau (Köuigr.
SaehBen) in der Mitte des 18. Jahrhunderts. ^)
Nebet 4 BeruAingBUTlcttndeii für den Rektor (1760)« Kantor (1759),
Ofgenieton (1744) und Kollaborator (1744).
Von 0r. V. Tetnet-Leipiiff.
lu der Mitte des vorigen Jahrhunderts sorgten für den
städtischen Schulunterricht zu Wt^rdaii. das damals ein Landstädt-
chen von 1800 Linwolinoru war. vier Lehrer: der Rektor, der
Kantor, der ^Urgaaist und Mägdleiü-Schulmeisler • und der
, Kirchner, Glöckner und Kollaborator".
Der Rektor war .seit Alt^^TS ein Tiieologe; vor j^eiuer Wal»l
bekleidete er gewöhnlich ein Kaiitorat und ging später meist in das
Amt eines Geistlichen ülu'i. Kr wurde vom liiirjLrenneiwter imd
dem liat der Stadt angestellt, die Kin-hc hatte keinen Kintluss auf
üeiue Wahl. Zur Bewerbung musste er ein Gesuch einreichen,
djis in den untertliänigsten Bittworten abgefasst war. Er wohnte in
der Schule, musste täglich die Elutben 6 Stunden in der Keligiou.
in guten KOnsten, bes. im Rechnen, in Sptnehen, Wissenschaften
und im Anstand unterrichten. £r empfing alles Schulgeld, nfimlich
8 Pfennige vom Kind in der Woche. Auss^em hatte er Wohnung.
Feld und Feuerung frei und erhielt seitens der Bürger eine be-
stimmte Zahl Garben, sowie Geld aus dem gemeinen Kasten. Im
ganzen war der Wert der SteUe etwas einträglicher, als die des
Kanters, die man um 1800 auf AOO Thaler schätzte. Der Reicter
musste nötigenfalls den Kantor vertreten und umgekehrt Er ver«
pflichtete sich, keine Neuerungen einzuführen, das Schulgeld nicht
•) Die vorliegende Arbeit war ursprunglich für daa „Sachsen -Heft"
(Uitteilaiigen Vit, 8) beitimmi^ konnte aber In dieiea wegen Mnngele an
Raum nicht aufgenommen werden.
6*
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84 Mitteilungen d Gen. f, dantadie Krdehuugs u. SduiIgMeh. Vm.
zu erhöhen, niit gutem Wandel ein Vorbild zu geben und vier
anne Knaben umsonBt su nnterrichton. Den Hamen Bdctor fahtte
er seit der Reformation statt des ITamens SdiulmeiBter und behielt
ihn bis 1896. Da erfolgte eine Neuordnung der Schule, an deren
Spitze spftter ein Direktor trat
Der Kantor» gleiebfalls ein Theologe, verfolgte dieselbe
Laufbahn wie der Beictor, dessen Vorgänger er oft var. Seine
Bewerbung und Wahl geschah wie die des Beictors, der Schuldienst
war der gleiche; ausserdem hatte er dem Chor Yorzustehen. Seiner
Bestätigung ging eine Prol>e voraus, die der Zwiekaner Superinten-
dent vornahm. Als sich 1784 ein Jurist tun die Stelle bewarb
und an erster Stelle vergeschlBgen ward, wurde er im Lateinischen
aus Cornelius Nepos, im Griechischen aus dem BOmerbrief, ausser-
dem in Theologie und im Katechisieren, wie im Singea geprttffe
und ftlr nicht '^rt nügend erklärt. Kfintoren treffen wir in Werdau
bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts, 1815 hatte der Kantor
200 Kinder in 2 Abteilungen zu unterrichten. Das gelang ihm nur
schwer, zumal er alt war. Trotzdem geschah vorlaufig keine
Teilung. Schulgeld empfing er nicht. crteUte aber Privatstunden.
Seine Besoldung betrug an Geld, Holz, freier Wohnung, Niessnutz
des Feldes um 1800 etwa 400 Thaler: der Kantor .-«elhst schätzte
sich mit 244 — ;-5üO Thaiem ein, was man indessen als viel zu
niedri«; bezeiclinele. Im 1(3. und 17. Jahrhundert versorgte meist
die Kaiitorji;attiu die 1579 eingerichtete Mödehenschule. Später ging
dies Amt auf einen besonderen Lehrer Uber.
Der Organist hatte früher nicht« mit der Schule zu thun.
.1. G. Kiessling (1709—24) wird als der erste bezeiclmet, der zu-
jxleich .Mäi^dleinschulmeister" war. Die Vorbildung erhielten
die meisten in eiuer guten StadLsrluilf (»der durch rrivalunterricht.
Auch Stadtpfeifer und liegimeutä]iauker erliielten solche Stellen;
seltener bewarben sich Theologen. 1815 hatte der Organist
300 Kinder iu geteilten Klassen zu unterrichten. Auf ergebene
Bewerbung hin, zog der Rat Erkundigungen ein, wählte ihn dann,
liess ihn proben und gab ihm darauf die Anstellungsurkunde,
kraft deren er neben seinem Eirebendienst die Madchen im Beten.
Singen, Schreiben, Lesen und Rechnen allein zu unterrichten hatte.
Er bekam freie Wohnung, 30 Qulden jährlich, Ü Klaftern Holz
nebst Fuhrlohn, die »Accidentien*. aber kein Schulgeld, im ganzen
etwa '/« der Besoldung des Kantors. Eist 1880 wurde der Mädchen-
schule ein zweiter Lehrer beigegeben.
Der »Kirchner und Glöckner* wurde seit 1730 zugleich zum
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8. Zur Geaehidite der StadtadiuU in Werdaa (KOnigr. StchMii) etc. 85
•Kollaborator* der Knabenachule gemacht, d. h. ermuBsto aUjShr-
lieh svischen Martini und Osteni je eine Stunde Tor- und nach-
mittags etwa 50 (l J. 1815) kleinen Schillern das Buchstabieren
und die eisten leügidsen Stoffe lernen. Die Schule irar sein
Nebeoamtt der Kiichendienst die Hauptsache. Für die heiligen
GrefBsse und dergleichen musste er Sicherheit stellen. Er hatte
keine besondere Vorbildung ausser der aUeigevOhnlichsten Schul-
bildung genossen und war Tor seiner Anstellung entweder Vor-
sRnger (AdjuTant) des Kantors oder ein gewöhnlicher Handwerker
und Borger der Stadt. Er wurde vor der Wahl im Lesen,
Schreiben, Rechnen und in Religion geprüft: um seine Wahl erhob
sich meist langwieriger Streit. 1743 meldeten sich 2 Tuchmacher
und je ein T^einwebeTt Schuhmacher, Schneider, Tischler: 1761 je
ein Stadtpfeifer, Zeugmacher, Tischler, Tuchmacher, 1801 u. a.
auch ein Lehrer. Man wählte in der ersten Hälfte des 18. Jahi-
hunderts (liirchgangiij den Sohn oder Bruder des Vorfjanf^ers, kur^
iVw Familie Olienauf, die der Stadl später einen ]^ür*;erineister gab.
Diese Obenaufe erfreuten sich der G'nisf des Pastors, nicht der des
Rats. Dem Hande l rlv nach wurden S« Ii i 'ider, Zeugmacher. Nadler
^^ewfililt. Die meisten schrieben eine schöne Handschrift, einige aber
aiii h recht fchlf'rhHft. und statt jener gebräuchlichen demütigen Art ,
in uubeabsiciiiigi Iminoi istischer Weise als , guter Freund" des
Rates. Die meisten erzählen ihr Unglück, ihre Verdieubte um die
Madt und versich<'rn ihre ewip^e Daukbarkeit. Die Besoldung
von Seiten der Ivirclie war festi^rsetzt. die für die Schule wai
geriüg. Sic hetrug G Gulden zu 'Jl Groschen, ausserdem freie
Wohnung und einige Klafteru Holz. 1815 wird aUes auf 180 Thaler
geschätzt. Grosser Streit herrschte um die Besetzung. Anfänglich
besetzte der Rat ganz allein sämtliche Schulstellen und liielt an
seinem Reehte fest. Am 7. Juli 1765 Hess er durch Zeugeneid
bestätigen, dass er ganz allein das Reeht der Wahl und Berufung
seit Menschengedenken ausgeübt^ nicht bloss fUr alle Rektoren.
Kantoren und Organisten, sondern auch für die Kirchner und
' Kollaboratoren. In der That war 1743 der Pastor mit seiner
Forderung vom Konsistorium abgewiesen worden, der Rat solle ihm
zur Auswahl drei Bewerber vorschlagen, trotzdem der Ratskandidat
den Pastor bedroht und ^.mechant* behandelt hatte.
1765 erhob nun wieder der neue Pastor Einspruch ohne Grund,
aber diesmal erkannte ihm das Konsistorium eine Stimme zu.
Dabei blieb es, trotzdem der Pastor das alleinige «entseheidende**
Hecht der Wahl haben wollte. 1815 wurde von Seiten der BQrger-
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SG Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Bndehungä- u. Schulgeach. YIIL
Schaft verlaügt, dass umn als Koliitb(ti atür keinen Handwerker, sondern
eiueu (»rdentlichen Lelirer mit besserer Bezalilung anstellen solle.
Werdaii sei kein Dorf, sondern eine , volkreiche Stadt" und
ein „Fabrikort". Für 500 Kinder seien 3 Klassen uDd die wenigen
Lehrer zu wenijr. die Winkelschulen und Privatlehrer aber seien
weniger wirksam und doch kostspieliger. Der Kollaborator solle
zu 180 Thalem noch 100 erhalten, und der Zeugmaeher solle
Kirchner, aber nicht Lehrer sein. Die Verhandlungen verliefen im
Sand, weil [die Bürgerschaft die 100 Tbaler nicht bewilligen und
das eingeschulte Leubnitz Überhaupt nicht mitmachen wollte. Erst
18S0 erfüllte sich jener Wunsch, und seit 1836 ist der Kirchner
nicht mehr Lehrer.
Vergleichen wir vor der Kundgabe der vier ilteston Werdauer
ßerufungsurkuttden den fetzigen Stand des Werdauer VoUcsschul-
Wesens mit dem im Einleitungssatze beschriebenen vor 150 Jahren,
so ist ein ungeahnter seltener Fortschritt zu bekunden. Die Stadt
hat ihre Einwohner^ wie ihre Lehrerzahl verzehnfacht, trotzdem
Ijeubnitz ausgeschult ward, das jetzt selbst 6 Lehrer besitzt. Werdau
besitzt jetzt (1898) 2 Bürgerschulen mit 2 Direktoren, 47 Lehrern
und 2906 Schülern; eine Fortbihhingsschulc mit einem Direktor,
18 Lehrern, 525 Schülern: eine Handelsschule niit einem Direktor.
8 Lehrern, 855 Schülern, ein*' ^^^'ll.schule mit einem Direktor, drei
Lehrern und 50 Schülern und eine Kealschule mit einem Direktort
8 Lehrern imd 174 SchUlem.
nir vier ältesten Bfiufungsurkundeii für den l^eklor 1760 (1).
Kantor 1759 (2), Organist 1744 (3). KoUahoraU.r 1744 (4) be-
wahren eine Ferra, die herkömmlich war und fast unverändert
100 .lahre fortdauerte. Nur beim Kollaborator wurde der alt*" An-
laiig. Resetzunj; durch den liat. durch „Herlx i/idning des Pfarrers
und mit Vorwiböen des Zwickauer Superiuiendentcn" verändeit.
Der Hl 1 erwähnte Zürckler slaramto aus Plauen und kam 1744
als Kektor nach Eibenstock, Ilallbauer war eines Werdauer liückers
Sohn, hatte Theologie studiert und starb sclion 1762; seine Nacli-
folger Messen Heyer. Storch und Engelmann (1773—1820); der in
2 erw&hnte Werdauer Kantor (1759—73), stammte aus Zwickau,
war der Sohn eines Buchbinders und ktm auf des Zwiclcauer
Superintendenten Weise Empfehlung nach Werdau, als sein Vor*
gttnger Götze aus dem Altonburgischen gestorben war. Der in 3
erwähnte Krantz war zuvor Organist in Meerane. Spiess Ktti'assier^
Regimentspauker (t 1772).
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a. Zur G«sebidtte der Btodttebale in Werd«u (KOnigr. Sacbeen) ete. 87
Die BenutzuDg der Uifcunden (Abschriften) selbst verdanke icli
der Gttto des Werdauer BQrgermeisterB und Rate, denen ich hier-
dnidi meiiien Dank sage.
1. BemftingsiiTlLiuide für den Bektor ans dem Jahre 17<0.
Wfar BOi^gemeister und Rath der Stadt Werdan nhxkandeii und be.
kennen hiermit, dess nachdem durch erlangte ajidenreite Beförderung
Herrn Johann Adam Zflrcklers der hiesige Schul>Rector-Dienst sich erle-
diget, und dann die Nothdurffl erfordert, sothimon Re ctorat -Dienst kraft
des uns zustehenden Rorlits, Herrn Juhanii Gottfried Halbatiern, S.S.llic»/.
Siudioso, auf dessen danini beschchoncs j^ebührfiidcs Ansuchen confm'rd
u. aufgetragen haben. W</ t/; und berufi n demnai h in Nahmen der
Heiligen und Hu< ligelt»btcu Dreyfoltigkeit ermeldten Herrn Johann Gottfried
Halbauem hiermit und Kraft dieses zu erwehnten Rector-Dienst, dergestallt
und also, dass er «olchen auf sich nehmen, und des ftrdersambsten an-
treten, die Schnl'Jngend in dar Furcht Gottes, der reinen Evangelischen
mit der umgelndertenAngspnrgischenCon/^Mto», FonatiJia Cmeoräiiae und
andern %i//7;fy/ischen Bflrhern flberein kommenden Lehre, guten Ktlnsten,
Sprachen, Wissenschaften, Hidlidn ii Sitten und andern, nöthigen Sachen
fkleUhr informieren, und nii1 erweisen, ihr mit einen Christlichen, Gott-
seeligcn und erbarn Leben und Wandel voruelir-n und sonsten allos, was
7.\\ deren Heilsamen Besten dienet, uudt diessfalls einea getreuen und
tlcissigen Sehul-Lehrers Ambt ist, jederzeit gleich seinen Vorfaliren, in
ffircb und Schule mit unverdrossenem Fleias verrichten und, da er in der
Schul Wohnung allein wohnt, die Schul-Stunden frflhe mit dem Confore
Wechselsweise anfangen, sowoU, wenn der (kmicr abwesend und krank
seyn möchte und kein Adjuvant Chori musici alllder zu liabon wftre, oder
auch nach dessen Absterben bey währender Vacanz in der Kirche und
Schule vor ihn das Ambt mit singen und anderen Verrirhttmgen vorsehen,
und sich jillenthalben derniassen, wie er es get,'en Gott aller Höchsten und
der erbarn Welt zu vtrantwurtteu getrauet, be/,eigen und niiffüliren s(dl.
Dargugen ihm dasjenige, was Herkommens, und seine VoriaUren an Be-
soldung, Schulgeld und il<x»tf6n<»V» ' genossen, wir solcbea alles uns
dfidr^ obne abbruch gereichet, und soviel an Uns, danni verholfen
werden. Jedoch sonderlich das Schulgeld vor dch nicht erhAhmi, und efaiige
Xeuenmgen einfahren, inglcichen hergebrachter Gewohnheit gemäss, 4 arme
Knaben ohne Schulgeld unterrichten solle. Uhr-Kundlich wir ihm diese
Wf7f?Vw mit dem Stadt Insiegel bedrücken hissen und unterdes regierenden
Bürger-Meisters eigenhändiger Unterschrift abgegeben. So geschehen
Werdau, den 29'"' July Ahhq 17f3(}.
Bürgenueister und Rath
allda
Johann Michael Oberländer
p. t. regier. B. Mstr.
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88 Mitteilungen d. Ges. f. deutwdie Entehunge- vl SeludgeaclL VUL
2. Bonifiiiigsiirkaiide für den Kuitor Tom Jahre 1759»
Wir Bttcger-Heiater und lUtli der Stadt Werdau nlirkunden nnd
bekennen hiermit, dass nachdem durch secl. Absterben Herrn Johann
Christoph Götzens der liieiige (7an/or-Dienst sich verlediget, und dann
die Notlulurft erfordert, sotlianes (Aintutal einen andern g:eBchicktcn
Siibjrdo zu vcrtraut'n, wie bcrülirten Caniar-Dicnst, kraft dos uns zu-
stellenden Rechts Herrn Johatnt Goithelf Engelmatm, S. S. Th:»!. Sfudioato,
auf dessen durum beschehenes gebührendes Aoaucheu, nach vorgegangener
gewöhnlicher EsB/ioraiim nnd abgelegten Probe conferird nnd aufgetragen
hab«!, Voearm nnd bemfon demnach ia Nahmen der Heiligen und Hoch-
geiobten Dreyfaltigkeit enneldten Herrn Jchemn Gotthtif Engdmann hier-
mit nnd kraft dieses zu erwehnten CSontor-Dienst, dergestaUt nnd als«»,
dass er solchen auf sich nehmen und des fördersambsten antreten, den-
selben seinen besten Vorstände und Vennögen nach, zur Äusbrcit nnd
Beförderung der Ehre Gottes, treu fleissig und unverdrossen, abwarttcn
und verwalten, dem Choro Mmiru wohl verstehen, inaonderhuit aber die ihn
unvertraute Schul-Jugend in der Gottes Furcht, reinen Evangelischen
Lehre, guten Künsten, Sprachen, Wissenscliafken, Höflichen Sitten, bevorab
denen Haupt-StUcken unsers Christlichen Glanbens, wie solche mit deren
Erlftntemng in den Dresadener C!8<AeeAtiim<> enthalten, fideüfer tnformiren,
ihr mit einen ehrbam und exemjilarüchen Leben und Wandel vorgehen,
und sonst en, was zu derselben Heyl und besten dienet, auch diessfalls
seynes Ambts seyn wird, in der Zoit in der Kirche, und Schule fleissiL'
und unverdrossen zu verrichten, und sich allenthalben dermassen, wie er
oa gegen Gott in Himmel und de» erbam Welt zu vorautwortten uanloukel,
bezeigen und auüuuren solle. Dargegeu ihm, gleich seineu Vorfahren,
Vierüg Gfllden jährliche ordinair Besoldung als:
27 f — , — , ans den geistl. Kasten
10 f — , — , aus der Armen Spende
3 f ~, "-t aus der £atha-C&mmcrey
nebat dmen gewöhnUchmi AcadeiUim und holtx an drey klafftem, von
dem Geistlichen Kasten, auch dasjenige, was bey dem, die Canhnd Be-
soldung halber, vor den GtocUlObl. Constatono zu Leipzig anhängigen Procesa
kfiüiftig erkannt werden möchte, gereichet, ingleichen freye W<»hnung und
dasjenige Stück Feld, an der Königswalder Stra^^30, eo Weil. Tobicn
Wintern gewesen, zum NieaBbranch ein«?erRumet werden 8<»11. Dessen zu
riir Kuiid wir ihm diese Vocatioa unter vorgedruckteu Stadt Inaiegel
unter gewöhnte Öubscription wisseadlich ausgebt eilet. So geschehen und
gegel>en zu Werdau am 29. April Anno 1759.
Der Kath d^elbtüt
Zacharia-s Zachar
p. t. regier. B. Mstr.
«
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8. Zur Geschichte der SUdtechiile in Werdaa (Kdnigr. Sachsen) etc. 89
Beralluigsttrkiimde fVr den Orgaaistem mis den Jahre 1744«
Wir Bürger Meisicr und liuth
der Stadt Werdau, nhrknndpn und bt kenueü hiennit, dass nachdem durch
sei. Absterben Herrn ■lohami KranUens, der hiesige Organisten und
M&gdlein-Schulmeistcr Dienst sich verlediget, und die Nothdurft erfordert,
solch«! Dienst mit einem anderen tnchtlgen Sväigeäo sn besetien, vir be-
xHhitea Dienst Kraft des uns anstehenden Rechts Jokeam Ckrütcph S^^ütse»
anf dessen dammbeschehenesAnsncben, nadi vorhergegangener .E^orolum,
und ahgelegten OrpvMufM-Probe, cmfenref nnd angetragen haben.
Jkcurm nnd beinfen demnach im Naman der Heiligen nnd Hoch-
gelobten Dreyeüiüi^eit eimtfdten Herrn Johann Christoph Spicss hiermit
nnd Kraft dieses zu enrehnten Organitten nnd MAgdleiu-Schnlmeister
Dienst, dergestallt, dass er solchen des fördersamsten antreten»
Den Organi'sten-Ih'enst hvy dem Offeiitli* hon Gottes Dienste seinen
besten Verb lande und Vermögen nach, m Befrinlerung der Ehre Gottes,
treu, rieistig und unverdrossen abwarten und verwalten, insunderlieit aber
lUr ihm m der Mägdlein Schule anvertraute Schul- Jin/t/id, in der Gottcs-
turcht, reinen evangelischen Lehre, bevorub denen üaupt-StUckeu uuares
chriatUcben. Glaubens, wir solche mit denen Erläuterungen in dem Dresdner
Gatechisamo enthalten, anch in beten, singen, sclir^ben, und rechnen
treulich infcrmörm, ihr mit einen erbam und förem/jMschen Leben und
Wandel Torgebn nnd »ich ailonthalben wie er es* gegen €k»tt im Himmel,
und der erbani Welt au Terantworten gedenket, bezeigen solle.
Dagegen ihm, ^oich seinen Yorfahrem, als Orgattut:
26 Meissn. Gfllden, jährlich ans der Raths Kftmraerej
ewei Claftiern deputat-YioMz
und zu jeder daffter 14 Pf. ~ fuhrlohn
aus den Oeistl. Kasten.
als Mägiilein-Srhdnm'iftcr — jllhrl.
2 Meisau. Gfllden ans den Geistl. Kasten
2 Meisen. Gülden aus der Kaths Cümmerey
ingleichen
vür Claffiern dijntiat -Holtz und das völlige I'ubrh»l»n darzu, ebeiifallü aus
der Baths G&mmeery gereicht
mit freyer Wohnung Tersehen, und die gewdhnliche AnddetOiaf wie solche
die Yorfahrer in beyden Diensten genossen, erhalten soUe.
Dessen su uhrkund wir ihm diese VocaÜo» unter Tofgedmclcten
Stadt«lnsiegel und gewöhnlicher SubseripUon wissentlig aoagestdlet
So geschehen und gegeben, Werdau, den 1. April Anno 1744.
Der BaÜk dtuelbst.
Johann Mu^a^ C^länäer
p. t, regierender Bargermeister.
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90 MttteUungen d. ti«8. f. deutsche Brsiehun^- u. Schulgesch. Vin.
4. Benifliiigrafkmid« llr ito» ColMNintor (1744).
Wir Endesimtencliriebeiie Pastor und Rath der Stadt Werdau Uhr-
kanden und bekennen hiermit, dasi» nadidein dvrdi Miebael Obenanfii er-
folgtem tOdUehea Hintritt der KirehBer and GlOckaer Dienst, wie auch die
atmo 1730 dar la gerächte Schal CeUaberalur, sieh voledi^li, Wir mit
Vonsisscn ond genehm HlltQOg des Herrn Supennkndenien zn Zwickaa*
Gottfirid Obenauffn, Borgern nnd Schnpidf^m, des dtfuneti Bruder, zu
sothanen Kirchner nit l Glöckner, wie aach Schul CMabm-ntor Dienst er-
wehlet und erkuhrcii haben. Dociren und benifen demnach im Namen
der hl. Dreifaltigkeit ermelten Gotttrid Obeiiauff hiermit und Kraft dieses,
dergestalt und also, dass er berührte Dienste des fördersamsten antreten,
ia solchen sich getrea, fleissig and anverdrossea erweisen, dasjenige, was
die Torigen Kirchnern and GlOcImera zn than schaldig gewesm, Teniehten
aad besorgen, Uemechst aach hey der al^fthrllch von Martini his Ostern
ihm obliegenden Schul Informaium, die Jagend aas Gottes Wort, wie es
in hl. gettlicher Schrift alten und neuen Testaments, der ungeänderten
Angspurgischen Ct/nf'esxton Formnln mnritrdt'fit'. Schmalkaldisrhcn Arfinrhi
nnd Luihen grossen und kleinen t'atichisnw begriffen und enthalten, unter-
weisen solle.
D;igegen ihm auch die gebühr, was seinem Vorfahren am Kirchnor-
dienst, Yermfige Verhandener bestallung, gegeben worden entrichtet and
besonders vor die Schal Infcrmatimt all) fthrlieh sechs GlUden, den Gülden
sa Bn aad Zwaazig Groscbea geredmet, aas dem Gemein gereichet werden
sollen. Uhrkundlicli liaben wir diese Y>m ution unter nnsem Petschaft aad
resp. Stodt-Insiegel, wie auch gewöhnlicher Sitb San^io» ansgesteUt. So
geschehea Werdaa am Jannari anno 1744.
J£. l*eter Paul ]Va<fner Pagf.
S, u. Adj. mpp.
Dürgonnstr. und Rath allda
Johann Michael Oberländr
p. t. reg. B. Melstr,
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4. Bernlmnl Kaiwera Getdiichte des Volkawhiilwesens in WOrtfiemberg. 91
4.
Bernhard Kaissers OeHcliiclite des Yolksschulweseus
in Württemberg.^)
Der TerfasBer des voiliegenden Werkes ist bereits durch Modo-
graphieen den weitesten pidagogiecben EreiseB bekannt Er bat teils in
Fachzeitscliriftcn und Inder Tagespresse, teils in Tinseren .Mitteilungen"'),
vor allem in der aus Anlass des i'rijrihriuoii l\ogierungvjiibil;"inrns des
Königs Karl von Wtlrttenibfr? veröffentlichten Featsehrift „rTescliiclite des
Volk8Sf:huIwesens in Württemberg'^ sich als genauer Kenner der Schul-
geschichte seines engeren Vaterhindes, als ein unermüdlicher Forscher und
Sammler gezeigt. Er bietet in der zweibändigen „Geschichte des Yolks-
sehnlwesens in Wllritemberg'' die Frucht seiner reichen arcbiTallschen
Anabente nnd seiner langjlhrigen eingehenden Stadien, als deren Besaitet
er den Sata anlrtdlt, daas veder der Staat, noch die Gemeinde den ersten
Anstoss zur Gründung von deutschen Schulen gegeben habe, sondern dass
die Kirche als ^Mutter der Schule ilberhaupt nnd der Schule des ge-
meinen Volke^-, der Volksschule, insbcsonden-"-' ünzuerkcunen sei.
Zur Kennzeichnung der Anlage des Werkes sei Folgendes bemerkt :
Nachdem in der Einleitung die Geschichte des mittelalterlichen Schul-
wesens, speziell des niederen, von seinen ältesten Sparen bis zum Aus-
gange der Epoche verfolgt ist mit der aasgesprochenen Absicht, die rege
Schnlthfttigkeit dieser noch viel verkannten Zeit in das rechte Licht zn
setsen, g^ebt der Verfaaser im ersten Abschnitte nrkondUch belegte Mit-
t^ongen ttber die ▼orreformatorischen Volksschulen Württembergs. Es
wird der Nachweis zu führen gesucht, dass die Glaubensepaltung und die
mit ihr verknüpften Wirren trotz des guten Willens der Reformatoren
*) Geachiehte dea Volksachulwesens in Württemberg. I5earbciiet
und herausgegeben von Bernhard Kalaaer, Oberlehrer am KOnig'l. Schul-
lebrerBeminar Gmünd. Erster Band. Daa VolkHschulwetien im fVoherea
Herzof^tum und im jer7igf'!) Königreich Württcuiberg. Stuttgart. Jos.
Kulh scho Verlagsbuchhandlung ls;»5, X., 33G S. — Frakt. Dasselbe. —
Zweiter Band. Das Voiksschulwescii in Neuwürtteniberg lb97, XI , uSn S.
*) Hitt III. 124. IV, 147. VII. 97.
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92 lUttoUiingen d. Gm. f. deutsche Bnlehunge- u. Sehalgeaeh. vm.
vorerst eine Ifissachtung der erzieheificheii Arbeit and einen VerM der
im AnfbltQiai begriiraen Anstalten herbeiftthrte. Die weitere Entmcldnng
des wflrttembergischen Yolksschulwesens bis zur Anglicderang der nenen
katholischen Landesteile, dessen Grundlage die Schulordnung des Herzogs
Christoph vom Jahre 1550 bildet, findet eine mehr grnndris«;irti'je, aber
darum nicht minder gründliche Behandlung. Den Bemühungen der
katholischen Kirclie um die Hebung des Schulwesens in Deutschland
während dieses Zciiraumes, der Thättgkcit Felbigers und der Einführung
seiner Metho^ in Wflrttemberg ist noch ein besonderer Atochnitt gevid-
met. Eine sehr eingehende Derttellnng etfthren die Sehnlgesetsgebnng nnd
die sie be^eit«iden RefonnbewegoBgen im 19. Jahrhundert» woranttt
wieder der Streit um die Schulaufsicht den breitesten Raum einnimmt.
Mit grosser Klarheit durch keinerlei ttberflfissige Materialanhäufung verdeckt,
treten die schnell aufwärts gehenden Tiinien der Entwicklung nnd schliess-
lich die Umrisse der gcfj;enwärtigen Verfassung hervor, wobei Kaisser die
Gt'S( hichte der Volksschuhuetiiodik allerdings nicht in den Kreis seiner
Forschungen gezogeu hat.
Zwei wertvolle Ergänzungen zu diesem allgemeinen Teil bilden die
sehr ttbersichtlicheii Aosftlhrungen Ober das Entstehen nnd Werden der
FortbUdangsschnle in allen ihren Yersweignngen nnd die Aber die Für-
sorge für Waisen nnd abnorme Kinder. Die den ersten Band be-
sehUessende Gkwchichte des Lehrerstandes, welche sich besondns dnrch
die Ffllle des herangezogenen teilweise noeb onbekannten Materials ans*
zeichnet, greift weit über die territorialen Grenzen hinaus, wie denn flber-
linnpt (Iii: Beziehungen der Oes utitentwicklong zur laudesgeschichtliclien
stets gebührend berücksichtigt werden.
Unabhängig vom ersten Bande, sich zu ihm verlialtend wie die
Spezialforschnng zur systematischen D;ir;>tellung, bietet der zweite Band
das meist handschriftlichen ürkuudeu entnommene schulgeschichtlicbe
Hateiial Inr die katbdBicheB Landesteile Wflrttemlmgs, nach den geist-
lichen nnd weitUehen Herrschaftsgebieten geordnet nnd >nr Oiientiemng
ndt allgemein historischen Notiien versehen. Die Yerarbdtnng des reichen
Stoffes ist, wenn anch auf der ersten Stufe der Zusunmenfassung stehen
bleibend, eine streng methodische, indem das schnlgeschichtliche Bild der
einzelnen Herrschaften ans den Sehnlakten der ragehörigen Gremeinden
gewonnen wird.
Dem Verfasser liegt zunächst daran, «lurch aktenmässige Darstellung:
der Entwickeliing de« Volksschulwescn^ der katholischen Landesteile und
ihrer Schulorte nachzuweisen, dass man katholischerseits in der Sorge für
die Hebung und Verbesserung der Volksbildung in diesen Landesteilen
gegen andere nicht zurückgeblieben ist, und dass die Regierungen dieser
Gebiete redlich bemflht waren, in richtiger Erkenntnis der grossen yfMi-
tigkelt einer gnten Jngendeniebnng derselben anch ihrerseits ToUe Anf-
merksamkeit za «chenken. Sein Hauptsweck aber ist, wertvolles ecbnl«
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4. Bernhard Kniaters Geacbidite dea VolkMcbnlweaeiis in WOrttemberg. 98
geschicliÜieliM Miterial um Tageslielrt m sieben, das, interOMtot Ar die
einaeliie Gemeinde und wichtig für du Gerne, m liefatigem nnd mUdem
Urteile Aber die Tergangenlidt befibigt und tot UebencbStmng der
Gegrawart bewahrt.
Obwohl wir Kaisser in aeinem geringschätzigen Urteile Aber die Be-
deutung der Reformation fflr Erziehung mul Unterricht nicht hpi«^tiramen,
und obwohl wir crewünscht hätten, dass das proteptarttisrhe Schulwesen
eine eiugehendere Berücksichtigung hätte iiodeu mögen, eo erkennen wir
doch freudig an, dass der Verfasser in seiner „Geschichte des Volks-
scholwesens in Wfirttemberg'* ein in hohem Grade TerdienstToUes Werk
gesebafhn hat, ein Werk, das Uberans vielfiÜtlgeB Material fibenicbtUcb
dttstollt, einen steten Einblick in die Butwidcelong des gesamten
deutschen Schalwesens gewährt und neben seinem fachlichen pftdagogisdien
Inhalt reich an historisdiem nnd knltaigescbichilichem Stoffe ist
Kaisser hat mit seinem Werk einen neuen brauchbaren Baustein zum
Aufbau einer Gosamtgeschichte der Erziehung und des Unterrichts in den
Ländern deutscher Zunge f?eliefert nnd so recht im Sinne der Bestrebun-
gen unserer Geselkcbaft^ deren thätige» Mitglied er seit Jahren ist, ge-
arbeitet Möge sein Beispiel auch in andern Ländern deutscher Zunge
Nachahmung hnden.
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94 Wtteiliuigvn d. 0«a. f. dmilMhe Bnlehungs» n. SehulgeMli. VID.
ö.
Das Holienzolleni-Jalirbucli Ton Paul SeideL^)
IHeies Werk bat die Aufgabe, „einen Mittelpunkt xu bilden fftr die
beute ttberall zerstreuten Forschongen Ober die Gescbicbte der Hobea-
zoUem vnd ihre Thlti^Mt iBr den Staat.** Der Heransgeber, Dr. Paul
Seidel, der Direktor des Hobensollem-Mnseiiiiie und der Kunstsammlungen
in den kAniglichen Schlossern, ist wie kein anderer geeignet der Leiter
aller der Bestrebanc:en za sein, die eine Sanunlung, Sichtung, Verarbeitung
und Herausgabe des reichen littorarisrlion und bikilichen Quellonmaterials
der Archive, Bibliotheken und Kunstsammlungen zur Geschichte des
Uobenzollera llauses bezwecken.
Wenn wir hier auf das Jahrbuch, das ein Prachtwerk ersten Ranges ist,
hinwdsen, so geschieht da«^ weU es berufen sein wird» an der Ltenng der
Aufjpiben unserer Gesellschaft mitzuarbeiten. Bereits im ersten Jahrgänge
bietet nns Seidel unter den Miscellanea Zolleraaa dneu Interessanten
Beitrag rar Geschichte dei Fürst cnerziehung im Hause Hohenzollem.
Wie unseren Mitgliedern bekannt ist. bat unsere Gesollsoliaft seit
Jahren ein umfangreiches Werk Ober die Geschiclite der Prin/en-
und Prinzessi nne n - Er/.icltuug im Hause der IloheazoUern
in Angriff nehmen lassen. Wie weit dasselbe bereits gefördert ist, bat
unser Bericht in den Mitteilungen Jahrg. YII, Hft. i. dargelegt. Die
Seidcl'sehen Veröffentlichungen, welche in unserem Werke spftter benutst
werden mftssen, besteben in dem Abdruck von Papieren, die sich auf die
im Jahre 1786 erfolgte BemAing des Grafen Karl Adolph von Btllhl mm
Obristhofmeister des spftteren Königs Friedrich Wilhelm III. beziehen.
Besonders wichtig ist ein von Brühl dem Vater seines Zöglings vorgelegtes
S('briff&tü<^k . in welchem er gewisse „puneta zu hOcbst dem Api»rnbation.
Abiiiukrung oder ganzlicher Verwerfung ühninass;xcblirli^ \ orschla^t. Der
Graf erbittet c'mp Feststellung seiner Machtvollkommenheit, soweit ihm
diese zu einer gedeildichcn Erziehung der Königlichen Prinzen notwendig
erscheint. In richtiger Erwägung des bedeutenden Einflusses, welchen die
') Hohcn/.olicrii-.Iabrbnch Porschnnf^pn und Abbildungen zur Ge-
schichte der Hohtiuzollern in ßruadeuburg-Preussen. Herausgegeben von
Paul Seidel. Erster Jalirgang 1897. Verlag von Oieaecke & Devrient,
Berlin, Lelpaiff. Gr. i«, 208 S., H. 20,00.
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5. D«0 HobetuEollem-Jahrbtieh von P«ttl Seidel
95
Unigebiiitg auf die Jugend ansmflben pflegt, wünscht der Graf, dess
wenigstens der Kronprini bei allen Gelegenheiten ron seinem Ober- Hof-
meister begleitet werde, dass die sftmtlicbe Bedienung der Königlichen
Prinzen dem Ober-Hofnirist(?r ^untergeordnet" und die , Herrn Unffr-Hcff-
meister" ihm _untcrwürri<j;"^ sciü solli !i, so dass er „mit di-nsolbcn Ab-
Änderungen zu machen"" im Interesse seiner Zöglinge bt'fugt sei. Es soll
ihm aut li gestattet sein, „öfters Personen von Verdienst und die zur
Bildung des Verstandes und Herzens des Königlichen Sohnes beytragen
können, rar Tafel and OeaeUschaft Ihro Königl. Hoheit einznlnden,''
Hinsichtlieh des Unterriehtes fordert Brahl, dass er allein die Ober«
anfsicbt Ober die Instruktion der König^ehen Prinaen führe, dass er Uber
diesen „wichtigen Gegenstand" mit den üntcr-nofmeistem in Konferenzen
verhandle, um über die „nötige Auswahl und £inteUnng*' der ünterrichts-
gegenst&nde bestimmen zu können.
Zur Wahning seinnr Autorität in dieser allseitig massgebenden
Stellung verlangt der Graf die alleinige Gewalt, tiber Strafe und Belolmuug
befinden zu können und nur im äussersten Falle die väterliche Autorität
des Königs anramfen. In allen Stflcken aber bittet er den König nm die
«gnfldignte Yersichemng, dass er nnr von Allerhöchst denenselben abhängen,
und TOD Niemand Anderem Befehle ra erhaltoi haben wird" ond gehalten
sei, dem König allein „Rechenschaft von seinen Handinngen in allen bei
aeinem Amte vorkommen mögenden Umständen abzustatten."
Für diese Machtvollkommenheit, die Brflhl vom K^Vnicr < rbittet, ver-
spricht er diesem am Ende des Schriftsttickes, dass er „dieses Alles durch
unermüdeten Fleiss, unverbrüchliche Treue und genaueste Befolgung der
Königlichen Befehle, zu verdienen lebenslänglich emsigst beflissen sein
werde/* . .
Friedrich Wilhelm IL hat dasn eigenUUKÜge, die Vorschttge dM
Grafen Brtthl billigende Bandbemerlmngen gesetat Ein f^eictafidla abge-
druckter Brief, den Friedrich "Wilhelm III im Juhre 1798 an den Grafen
schrieb, bezeugt das fortdauernde irenndschafUiche Verhältnis des Eönip
zn seinem früheren Erzieher.
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96 Mitteiliiiigeii d. Ges. f. deutoche Bniehnnga^ ti. Sdiul^wcli. vm.
6.
£rgäuzungeii und Berichtiguns:
zu Johannes Tolte, ein SehuUehrer und Prediger
der Reformattonszeit
(Mitteilungen VII (1897J, S. 'dW ff.)
1. zu S. 361. Zu dem am Ende des Absatzes „Der Brief Luthers . . .',
erwähnten Artikel der AJlg. Dmitsch. Biogr. Bd. 3S. S. l.'iO f. vgl. dio Be-
sprechung Kaweraus in den Jahresberichten f. neuere deutsche Litt. Gesch.
V.: 11, 6 Nr. 169.
2. zu S. 302. Von dem Domherrn Dolsch veröffentlichte Koldo eine
Reibe Thesen unter den „Wittenberger Disputationsthesen aus den Jahren
1516—1522". Ztschr. t Kirchengesch. XI (1890) S. 457 ff. (Mitteüung
des Hezxn Prof. D. Kolde.)
3. zn 8. 377. Tod Ptalns Dobcku Mit mn» griecinicb« Elegie tat
den Tod des Qeoig Fabridus in „Georgio Fabrido epitaphia . . . scripta
a Joadi. Gamerario. I4ps. 1571.'* Bred. Stadtbibl. 4 89. (BGtteihing
des Herm Prof. D. Eaweran).
4. Der mehrfiuh (8. 364 u. 377) enr&bnte Brief Melanchthons an
Job. Toltx (C. Bef. IX, S. 914) stammt nicht ans dem Jahre 1554, irie
ftlsddicb angegeben, sondern ans dem Jahre 1559.
Ferd. Gohrs.
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7. BriAfitttUer- u. Ponnulubadidr-Litteratur im ClatonetansarordMi. 97
7.
Zur PlU'^e der Briefsteller- und Formularbücher-
Litteratur im Cistercienserordeu.
Von Dr. Otto QviUnbevgOT Ord. CitL io WUhoing.
Wenn Bich auch die wiflsenschafüichen Erfolge der Cistoroienser
mit ihren religiösen und wirtschaftlichen nicht verglelehen lassen,
so dürfen sie doch keineswegs an letzter Stelle Terzeichnet werden.
An der ursprttnglichen Gesetzgebung des Ordens fand die Wissen-
schaft allerdings keine StQtze; ja manches, wie die Bestimmung
der Collectio S. Rainardi^), diiss niemand, A^rdcr Abt noch Mönch
noch Novize, ohne Erlaubnis des Generalkapitels ein Buch verfassen
dürfe, -) scheint eher von wissenschaftlicher Thötigkoit abzuschrecken
als dazu anzuspornen*). Allein Gesetze bringen häufig nicht jene
Wirkimgen liersor, die man von ihnen entarten sollte, und es ist
auch kein Zweifel, dass die Wissenschaft bereits in den ältesten
Zeiten des Cistercienserordens seinem Trium|»hzuge durch die Lander
Europas folirto. Dies können wir schon daraus schliosson. dass sich
der hl. Bernhard, der länger als ein ^lonHchoii-ilter den ;j::es,tnit«n
Ordf^n behcrrschtf iiiul do^^son spritpit' Entwicklung wie kein anderer
beeintluhste. üImt die StiidiiMi t'uli:fii<l<'rmaasseu anssfirieht: Videar
for<*an nimius in suggiilatione scicüüae et quasi rri n l endore doctos
ac iiroliibere stiidia litteranim. Ahsjt. Nou iguoro, "juantuiii eccle-
siae prolueriut et prosiut iitierati sui sive ad refelleudos eos, qui
M Diese GeaetzossammluDg wurde erst nach dem Tode Rainarda
nach Ph. Guignard (Lee monumenta primitifB de la röglo Cister-
cienne, Aualecta Disioaensia VI, Dijon lb7b, S. XV) im Jahre Ub'J, vom
Generalkapitel bestätigt.
s) Kap. 58, bei Uoignard a. 0. B. 266. Vgl. auch Vita loachinri,
Act» S8. 29. Mai.
3) Doch werden auch schon in der CoUeeÜo 8. Rainardi Bchreibe-
atuben er w Ahnt:
De eeriptorüs. In omnibus Bcriptoriis, ubicumque monacbi scribtint,
sttentinm teneatur eicnt hi dauetro (Kap. 85, bei Qnignard a. a. 0. 8. 878).
UltteUuogm d. Ge«. r. d«ut*cbo Grsieh.- u. Schulgetchiebte. VIU ^3 1606. 7
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^ Uittoilangen d. Gm. f. dttutaeh« Bniehunga- u. Sehulgeach. VQI.
6X adverso sunt, sive ad simpliceB instrueados. Denique legi:
Quia tu repulisti scientiam. repellam et ego te, ut non flingaris mihi
sacerdotio (Os. IV, 6); legi: Qui docti fUerint, fülgebunt quasi
splendor firmamenti, et qui ad iustitiam erudiunt multos, quasi
stellae in perpetuas aeteniitates (Dau. XII. 3)'). Die spätere Gesetz-
gebung stand jedoch der Pflege der Wissenschaft nichts weniger als
kühl gef?enüber. Es sei hier nur der Bestiinnimuug des General-
kapitels von 1301 gedacht, dass der Orden durch seine Studien
IciH Ilten solle wie der Glanz des Himmels mitten im Xeltel dieser
Weit.-) Wer nicht die Mühe scheut, in die Geschichte des Cister-
cienserordeiis etwas tiefer einzudringen, wird zur üeberzeuguug
gelangen, das? die Wissenschaft in ihm einen bleibenden Sitz ge-
"wonneu und die oft wiederholte Ansieht Friedrich Uurters"*), es
sei. wenn sich in vielen ('isrHt.i.'nst'rklüstern wertvolle Bücher-
samuiiiingeii tanden. dies vorzüglicli jenen Mäuiirrn zu verdanken,
welche ihre r.lMniig gewonnen hätten, bevor sie in den Onb'i) ire-
treten seien, den u'e.sciüchtlichen ThatRaclien nicht eulsprichl. Kunule
auch nach der Coüectio 8. Kaiuardi^j von einer äusseren Schule
') Sermo in Tajitica ranticorum 86. bei J. Mabilloo, Opp. S. Boroardi.
Parisüa 1710, IH, Sp. 14o;!. l)pr hl Bernliard war nhrlgons nicht der erste
Cisterclenser, der aeiue Muasestuudeu durch ätudien ausfüllte. Sebou unter
Stephan UM-diog, aeioem Lehrer, hatte die Wiaseaaehftft in Citeaux featea
FuM geftuwt. Dtf Poder dieses Abtes entstunint eine gegenwartig in
Dijon aufbewahrte ReceoelOD der Vul^aia, .ein Werk biblischor Kritik, das
alles übertrifft, wa§ in dieflom I'^acho dif a:uloron KlTiater dit^aer Zeit ge-
leistet haben, ohn« Cluny aiiszunehnuMi. ilpödoi Be.stn>bunj?en für Wisaen-
Bcbat't und Kuuät doch uUgeitieiu bekaiiiit »iiid" \E. Vacuudard, Leben dea
hL Bernard, Obersetit von U, Biarp, Mains 189B, I, 8. 110}.
3) Vgl. Pr. Winter, Die Cisterclenser des nordOfetlicben Deutscblands»
Gotha 1871, III. S.
•) Vgl. Chry.sodt. Hfnrit|uez, Phoenix losiviacena eive ordiois ('ist,
acriptorum Angliae et Ui8puniae serieH, Bruxeilis lü2(i\ K. v. Visch, Biblio-
theo» Bcriptorum ordini« Clet., Du«ci 1619, ColonlAe 1656; Bertr. Tissier,
Bibliotbsca Pfttnim Cäst« Bonofonte 1660—1669; Rob. Muüli, Bibliotheea
Cisterctense Bapanola, Burgoe 1796; Xenia BeroardinA, Vindobonae 1891,
U. und III. Abteilung.
*) Geäcliichto Papat luouceoz III., Hiunburg li>i2, IV, 8. Ibl.
') Vgl. Kap. 21: Non est congnium, ut extra portam monasksiii do-
mna aliqua ad habitandum construatur nisi animaiium, mit Kap. 78: tCuUns
puerorum doceatur litteras intra monasterinm vol in locie monasterii, niai
ait monachus vel reccptu.s in probutione novitius. <|uibi!n tempore loctionis
dlacere licet. Et notandum, quia nulluni nisi poät quintum deciujuiu aeta-
tia Buae anuum in probutione nobis pouere licet (bei Guignard u. a O. S. 2oö,
272). Kap. 21 wvrde tkbrigei» nlcbt lange beachtet und in gar manchem
Kloster eine iussere Schale errichtet (vgl. Harter a. a. 0. 8. 180).
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7. Briefokeller- u. Pormularbttdier-LUteratiir im CisUkrcleiiMrordeii. d9
(scbolA exteiior, sehoU eanoolca) in CisterciemwiBtirteni kaum die
Rede sein, so erfreute sich doch die innere (schela intorior,
eeliela clauBtri) im allgemeinen der liebevoUaton Pflege und ent-
wickelte sich in manchen KlOstom zu einer BUdungeanstaU ersten
Raogea. In den Ordeoskollegien zu Paris Toulouse« Oxford,
Prag, Wien und an anderen Orten*) in den philosophischen und theo^
logischeo Untorricbtogegenstftnden ausgebildet, trugen die fOr das
Lehrfach bestimmteu Ordensmitglieder die hier empfangene ITreude
ao geistiger Arbeit in ihre KlOster, um sie auf ihre jüngeren Mitp
brtlder zu vererben. Dass ea auch nicht an Anstrengungen fehlte,
Männer von erprobter Gelehrsamkeit Ittr den Orden zu gewinnen,
würde denmach gar keinem Zweifel unterliegen, auch wenn hieflir
iiiclit (las ausdrückliche Zeugnis Bernolds von Kaisersheim ^ spräche. '
Zahlreiche rein gelehrte Arbeiten dürfen wir allerdings bei den
( isten ionsorn des Mittelalters nicht suchen. Nach dem Vorbilde
des hl. Bernhard, der bei seinen wissenschaftlichen Kiörferungent
obgleich seinen Gegnern auch in der Waffenrüstung der Scholastik
gewachsen, doch fast immer das praktische Ziel ins Auge fassto,
gaben sich die meisten mit der Wissenschaft nur ab, um sie ins
Leben zu ziehen. Dieser praktischen Richtung verdankt zum Teile
eine nicht iinl»edpntende Zahl von Schritten ihre Entstellung', die
uni'M- Unterrichts werken des Mittelalters eine hervoi rai^end»' Stelle
einnehmen, nämlich eine Keihe von Hriet'stellern und Forninlai biiclitTn.
ich sage: zum Teile: denn dass ancli die eintliissreiclie StfUuni; iles
Ordens, seine grosse \'t'i lireitu]|f: und die cn^c N'erbiudnn'^ der ein^eluen
Klöster untereinander und mit ( iteaux auf die l'fle^re diesen Litteratur-
zweiges nur förderlich einwirueu konnte, ist ausser Frage*).
In «inem Beschlüsse des Geiieralkapitelä von 1322 hcisst es von
der l'nivorsitflt zu Paris, dass wio ein Quellpuiikt di r Tilchtigkf it und
Weisheit mit ihren Stralileii die ganze Welt erleuchte, und werden alle
Klöster, die eine eigene Untoricbtsanatalt besitzen, autgefordert, jederzeit
dort swei Mönche ausbilden zu lassen (vgl. Winter «. a. O. 8. 45). Die
älteste Urkunde, in der von einem Studieniiause der Ciaterclenser in Paris
die Rede ist, stammt aus dem Jahre 1227 (vgl. H. Uenifle, Chartulariura
uoivorsitatia Parisieusls, Parisiia 1889. I, S 5U9; hier |z. B I, S. 219, 245»
251, 28'*; II, S. 4-t8| auch andere cie Ciaterclenser betreffende Augabea).
*) Vgl. Chryaoat. Ueiiriquez, Regula, constitotiones et privilegia ord.
CUtt Antverpiae 1060, S. 102 It; Winter a. a. 0. 8. 46 ff.
Bei L. Rockioger, Bricfstetler und Foniiotbflcher des 11. bis 14.
Jahrhunderts, (Quellen und BrOrtemngen tnr bayerische» und deutsclien
Geschichte IX. S. 881 f.
*) Vgl. W. Wattenbach, Iter Austriacum, Archiv f. K. öatorr. Gesch.-
Quell. XIV, S. 55 f.
7*
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100 Hittollungen d. Ges. f. deutsch« BniehungS' n. Schulgesch. Vm.
Schon W. Wattenbach*) und L. Rockinger^) haben das Ver-
dienst, das sich der Cistercienserorden um die Briefoteller und
FoimularbOeher erworben hat, ausserordentlich genannt, ein Urteil,
für dessen Riehtiglceit die ausgezeichneten Werke Bernolds von
Kaisersheim*) und eines Anonymus von Baumgartenberg^) allein
schon hinreichende Belege sind. Wird doch die Arbeit des letz-
teren mit Recht als »das vollständigste und bedeutendste theoretisch-
praictische Formukrbucb des Mittelalters'^) bezeichnet. Doch ist
noch immer viel zu wenig bekannt, welch grosse schriftstellerische
RQhrigkeit die Cistercienser auf diesem Felde entwickelten. Wir
brauchen nur die noch gegenwärtig blUhendoi Österreichischen
Stifter zu besuchen, um eine nicht unbedeutende Zahl von teil-
weise reclit wertvollen Briefstellem und FonnularbUchern zu finden,
die ontwedcr h'wv oder in anderen Cistercienserklöstera entstanden
sind. So fesselt uns in Hohenfurt die Arbeit des Priors Johannes
Staicze (Cod. 49, 8. 15 in.);*) Ossegg besitzt im Formularbuche
Cod. 75 (s. 14)^) einen Schatz, der wenigstens zum grössten Teile
dem Fleisse der Cistercienser zu verdanken ist ; die Bibliothek von
Zwettl birgt ausser einem für die Mitglieder dieses Stiftes 'j:e-
Bchriebenen Werkchen (<'nd. 330, s. 15) ein Fürnuilariuni in art^ni
prosandi compilatum a mouacho ordinis Cisten ierisi- ( '(hI. 29ö, s.
14?)^K in Heiligenkreuz erinnert uns nelx'n der Summa dictamiuis
(Cod. 220. s. 13/14). welclie dem Al.te SilVid (1259—1261) zuge-
schrieben wird-^. die SammiiniL'- von lirielr'ii Krmis: Kiidoll's und anderer
im Codex 509 (s, 17)'^) au die rcL'o Timtigk<>ii. w elche sich hier in
der zweiten Hüllte des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts im
») A. a. O. S. 55 f.
») A. a. O. S. XXXIV.
>) Bei Rockingcr u. u. 0. S. Sa9 ff.
*) HM«uägcgeben von Roekioger a. a. 0. B. 718 ff. und H. Barwald«
Pont rer. Austr. II. 25.
*) H. Breaaiau, Urkundenlehre, Leipzig 1689, I, S. 634.
^ Vgl. Xenia Bernardina II. 2, 8. 255.
Vgl Fr. Palacky, Ucbcr Formelbacher, Abhandlungen der k,
böhm. (Js. d. W. V. F., II, S. i.>:js ff.
»1 Vgl. Xonia Bernardina II. 1, S. 4i)0, 415.
•'i Die Bt^m-'i kimg: abbatis Sifrid'i rfUirt nicht vom Frliroiber der
Summa her, r<otui»nn win jenor apiUerun Hand, die den Codex katalogisiert
hat (Vgl. Joh. KjtiUäclimar, Die Furmularbüchor aus der Kaiulei Rudülfa
von Hababurg, lanabruck 1889, 8. 8).
^ Vgl Kretiachmar a. a. O. 8. 81 t
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7. ßrieltiteliei- u. PormularbOcher-Litteratur im Ciatercieuaerordeu. 101
Betriebe des Brief- und Gescliäftsstils entfaltet hat;') insbesoudeis
ist PS aber Wilheriu^', das durch Reichtum au Fürmularbüchcra
hervorragt. Eine kuappe Beschreibung derselben haben die Xenia
Bernardiua^ gebracht, wAhrend die «Studien und ^litteilungen aus
dem BeoddicHner« und dem dstereienser-Orden^*) und das ^ÄrdiiT
Itlr österreicbiBcbe Geechidite**) Uber mehrere Sammlungen ein-
gehendere Untersuchungen enthalten. In den gegenwärtigen Er-
örterungen will ich nun versuchen, unsere Kenntnis jener Arbeiten,
die von StiftomitgUedem herrlUiren, nach mehreren Selten hin zu
vervollstilttdigen.
Welch grossen Wert man in WOhering schon Mhzeitig auf
die Formularbflcher und, so dürfen wir wohl hinzufügen^), auf den
tJnterricbt im Brief- und GeschAffcsetU legte, zeigen uns die aus
dem IS. Jahrhunderte stammenden Handschriften mit den Arbeiten
Bonaguidas von Arezzo (Cod. IX, 136), Guido Fahas (Cod. IX, 134)
und Lodolfs von Hildesheim (Cod. IX; 130). In den folgenden
zwei Jalirhunderten mehrt sich die Zahl der Codices, in denen uns
Briefsteller und FornmlarbUchor Uberliefert sind; sie bilden melir
als den zehnten Teil aller Handschriften (13 von 119), welche
dieser Zf it angehören, und enthalten über dreissig mehr minder tim-
fangreiclx* W erke. die entweder uurtheoretische Anleitungen zur AbfaS'
sung von Briefen und Urkunden bringen oder aus einer blossen Zu-
sammensteUung von praictischen Mustern bestehen oder erstere in
Vgl. P. Schweixer, Ueber das eg. Fon&elbuch Albreehta I., Ulit-
teUODgen des Instituts f. österr. GeschichtsforSCbuDg II, S. *J54; Kretzsch>
mar a. a. 0. S. in H' : 0. KtMilidi, Hiiio Wiener BriefBammlung, Mitteilungen
aus dem vaticanischen Archive 11, S. XXQI tt'.
*) II. 2» S. 1 ff.
»i XI, 8. 104 ff.; XE, 8. 442 ff.; Xin» 8. 84 ff.; XVI, 8. 699 ff.; XVII,
8. 40 IT.
*) LXXII, S. 2S3 ff.
*) V?:l. Sipgm. Günther, (ieachichto tl«s mathpiiiali^chcii ^nt^>rncht8
iiu deut£»cheu Mittelalter, Montim. (ieriii. l'aeiiag. III, S. 05: „Heuixutago
w&re ee freilich mehr ala gewagt, aus einem Bfleherkataloge Schlflaee auf
daa UBterrichtsweaen zu sieben; allein dieae Bedenken fallen für jene
entlegene Zeit so p:"t wie gUnzlich fort. Werke, die aut^ächliesslich dem
StndiuBi, der Weiterbildung des gereilten tielehrten dienen sollten, gab os
noch kaum; vielmehr stund die gesamte Litteralur, über welche mau zu
verfügen hatte, in ehkem mehr oder minder entachleden ausgesprochenen
Znaammenhang mit der Schule.* PQr daa apfttere Uittehdter au ebier
solchen SchIus.sfoIgerung im allgemeinen kaum berechtigt (vergl. A. Mougel,
Dionysius der Karthftuser, Mülheim ISfls. 21 IT.V dürfen wir sie doch
wohl auch tUr diese Zeit gelten lasaeii, insoweit es sich um Briefsteller
und Formniarbacher bandelt
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102 IfftteUnngeii d. Ose. t d«iitieho Bni«hiiii|;«- u. ßchulgesch. VIII.
Verbindung mit letzterer bieten, darunter auch mtlireic Arbfiteu,
welche die emsige Thätigkeit einiger Mitglieder des Stiftes Wilberiug
geschaffen.
Welcher M5neh dieses Klosters zaersl^ die Anlage von Brief-
stellern und Formularbttchem in den Kreis seiner Arbeit gezogen
hat, ist unbekannt. Aus den ersten zwei Jahrhunderten, welche an
dem 1146 gegrOndeten Stifte vorttberzogen, findet sich keine Spnr
einer derartigen litterarischen Thätigkeit. Es kann allerdings keine
Frage sein, dass man in Wllhering schon in den Ältesten Zeiten
bei der Anfertigung von Schriftstacken Formulare gebrauchte. Das
zeigen uns die vorhandenen Urkunden. Und wie hatte es auch in
einem Zeitalter, in dem man, wie 0. Redlich*) treffend bemerkt,
allfiberaU nach Stutzen, nach Mustern, nach Autoritftten ausschaute,
anders sein können? Aber als Oeburtsstatte eines Formularbuches
ersdieint WUhering erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundei-ts.
In diese Zeit ist nämlich die Abfassung eines klfisterliche Verhalt»
nisse betreffenden Briefstellers zu verlegen, der zwar nicht auf uns
gekommen, Uber dessen (testult wir aber durch eine liefergehende
Untersuchung des Werkes De kartis visitaciouum (Cod. IX, öb,
V. 1—32', B. 14/15) eine ziemlich klare Vorstellung gewinnen
kdiuien, da er wenigstens zum grössten Teile in dieses übergegangen
i§t. Wir können ihn etwa mit dem dritten Abschnitte der Kaisers-
heimer Summa vergleichen, den sein Verfasser mit folgenden Worten
kenn/j'ichnpt: Tercin vorn pnptii divorsas litteras sine sahitacionilHis
et in visitaciouibus iiecessaiia». ut diftantes formam capiaiit ab
eisdem ex aliis alia culligt'ntes;^) mir handelte das WillH-rinL^er
Formularbiicli vrnmitlicli bloss über Visitatidnsroces!^^ und waren der
theoretischen Anleituug zur Abfassung vou Jirieleu meiner»' prakti^i he
Muster beigefügt.^) ^lö'^'lich. dass der Verfasser noch von jener
wissenschaftlichen Rührigkeit becinflusst ward, die unter Abt Hermann
(1333 — \<\bO) so wertvolle Friiehte. wie Trior Heinrichs Tabula
privUegiorum mouasterii in Wilberlng*), das älteste Totenbuch^j
A. a. 0. 8. 3t6.
') Bei Rockinger a. n O. S. $ 15.
•) Näheres hierllher in der lunlritung- zur A»9gabr' dofl Formular-
buclie» De kartia viaitacionum, die in Ueii Sludieu und Mittetiungen aus
dem Ben.- and dem CI»t.-Orden XIX und XX erach«inbn wird.
*) Hs. im Wilheringer Archive.
' Vgl. meine Ausgabe der Mtesten Totenbücher des Stiftes ^Vilhorin{r. *
Quellen un'l Fonschnngen tm Gesphichto, Litteratur und Spnjch'i Of^tor-
reich« und seiner Kronlündor, herausgegeben von J. Hirn und J. E.
Wackerneil, II, S. ö ff.
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7. BriefMeller- u. FormalArbllefaer-Litteratur im Clstercienaerordeii. 103
und vtmi Urbare^), ber>urgebraciit; möglich auch, dass er aeboa unter
der Einwirkung jenes Mannea etand, mit dessen Eintritt in Wilhering
die wissensfrohen Zeiten des Abtes Hermann wiederzukehren
schienen. Dümlich Friedrich Meichsners.
Wer war Friedrich M.eich8n€r? Ueber seinen Lebeusgaug ist
wenig bekannt. Zuufichst kommt eine Stelle in Betracht, die ein
in der Wilheringer Handschrift IX, 58, F. SS— -108 enthaltenes
Formularbuch einleitet. Ihr Wortlaut ist folgender:
Cum eiiim quelibet ecclesianim curia certum stUum et formain habere
deberet, cuius per defectam stili et forme transfonascio vel Cilrificacio
littere sephis nosceretar, qaapropter siogvlis et omnibns aociis et anncis
ordinia nnirersi frater Fiideriens profenos monaaterii NonimontiB ordinis
Gysterciensis vulgo dicto» Meyehsner ssncte Salcsburgeiisis dyocesis, vestro-
ram faniiUarinm niinimus cnm omni devocione se ipsum.
Quoiiiam sacrosancta Roniana ecclesia mater est omnium et magistra,
ipsam ergo unasquisque dcbct et inerito et quantam cum den potcst in
oiiiuibus suis) processibus imitari. Cum igitur soUempues uoniiuUe ecclesio
et regimina quasi omqia personis careant, que secunduni formain Romane
cnrie vel ^ ydoneam qualemcnmqae habeaat noticiam eomm, que ad artem
pertinent notaric, sed et per nonnullos clericos acta causamm, proeenus
indicain, defensiones liciaia et alift tarn in indiciis quam Mctra interhomi'
nes emergeacia conscribantur, qui licet aiirt pradentea fbrsan in alüs, ipiam
tarnen artem tabeliionatus Ignorant, per quam bec omnia regnlantur et sine
rjii.T nnn ])«.to'=t in talibns quisque procedere, nisi velit cum baculo velut
in tcuebris ambulare palpans, ex quonim palpitacione indicibus opprobriura,
litigatoribus incomnioda proveniunt sepe, idcirco fervorc^i devociouis in-
ductus et tarn vobis quam curiis vestris totiä^^ue regiiiiinibus satisfacere
quam utilitati communi sabvenire desideram hoc meom opus tubmissum
*) Ha. Im Wilheringer Archive, — Bezeichoeiid für die Ideeu, die
Hermanns Gebt prHUlten, sind dio Worte, die er am 2fi. Jmii an djp
VorstPhung des Kluatera Engelazell richtete: Cum iuxta verbum lef^ia du-
nuturius Bit obligatus ad antydota douatorl, commiUimus domino abbati,
priori et baieario, qui pro tempore fuerint;, qaatenna novum regiatram
compUent studio diligenti, ubi res mobiles vel imiiiobiles tarn a fuodatoro
quam allis fidoHbus u prima plantaclon)' liniiis loc i donatan. prout ex rela-
cione scnloruin vpI scripturo as.snrcJone collif^tMC jiotcruiit. lucido ronHcribi
faciant, ut videltcet aciri poöäit, quomodu per äuceegt^ioueä ubbatum regimeu
hnius monaaterii aaaumencium aive eeiam cedencium aut decedencium ait
huiua domua diapeoiacio procurata, memoria huiua eccleaie benefactorum
perhenni teropciro duratura (Cod. IX. r.v. F. 2-') Der Zeit dos .\bte8
Hermann j^eliört aucb d» r Vi rt iH.-^oi jener kleiuen Wilheringer Chronik an,
die uns im Cod. IX, löö, F. l' begegnet.
*) Cod.: nee.
*) Cod.: favore.
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104 Mitteilungen d. Ges. f. deutache Erziehunga- u. Scholgeach. Vm.
hie inchosvi, per qnod aliqnoram iastramentoram conficiendoram, ad cansM
videlicet perdnenciam, saffieien« tradetur noticia et actorum conacriben»
dornm in indiciis dabitnr vcrus modus. Scio eoim hoc michi presnm-
ptnosmu esse et niiniuin inpufaiulnm, cnm sini disripnlus miDirnns et seri-
bara aliis ad doctrinam. Sed quin priniuin in curiis scculariter, deinde ia
beata roligimio pcraeveravi diucius, stib pluribus doctoribus et aliis quam
pluribus perfeclis et peritis artem^j huiasuiodi cxercendo aliqua didici,
licet panca, qne quidem etsi mininia alnl, nonnnllis qnandoque prodeaM
potemiit,') cnm aepe minimnm videatar ipram iffRonuitibas easa magnum.
Et igitar qneao suadpere acribentia affectnm, wm ignoranciam altendentes,
at nbi in faoc^ minus me aeiverint, quantumcanique peritiaainii aint in
alÜB, cum casus oportonitatia occurrerit, ea lagendo proficiant. Qni vero plva
noverint, biis addare potenmt^) meritorie eaqne caritati?o animo emendara.
Nach diesen Worten unterliegt es sunSchst Iceinem Zweifel,
dass Friedrich Meychsner — sonst schreibt er sich gewöhnlich
Meichsner — zur Zeit der Abfassung des Werkes dem au^hobenen
Cistercienseratifte Neuberg iii Obersteier angehörte. Nicht so un-
l)edingten Glauben verdient jedoch die Angabe: Quia prijiiuni in
curiis seculaiitor, deinde in beata religione perseveravi diucius, sub
pluribus doctoribus et aliis quam pluribus perfectis et peritis artem
huiusmodi exercendo aliqua didici. So bestimmt auch dieses
Zeugnis lautet, so ist es dorh mit Vorsieht aufzunehmen, da die
ganze Einleitung, den ei'sten fiatz ausLrenoinineii. mit unbedeutenden
Abw*'irliungen der um 1289 von loljaiines J?(»n()niensäis verfassten
Summa de Iiis, qiiac in foro ecelesiastico coram quibuscumque iudi-
cilius occurruüt notariis ronscribenda''). entlehnt ist. Und das
Misstraiu'ii muss sicli uocli steigern, wenn wir bei nSherer Be-
trachtung liuden, dass Meichsn^^rs Arbeit im we*<entliciieii uirlits an-
deres ist als eine Compilation ans der Sujiima Bunoniensis und der
Summa de ordine et processu ludicii fc>]»irituaiis**). Ea drängt sieh hier
uüwillkürlicli die Frage auf: Hat der Verfasser jene Stelle über seinen
Lebensgaug aus .seiner Vorlage herül)ergenommeu. weil sie auf ihn
paäste, oder bloss deshalb, weil sie einen Teil der von ihm auch sonst
beinahe wörtlich ausgeschriebenen Arbeit Johanns von Bologna bildete?
Die Aenderung, welche er mit den Worten des letzteren: (^uia in
Bononiensi primo, deinde in Romana curia perseveravi diucius, sub
*) Cod.: artis.
^) Cod.: poteriut.
Cod.: hac.
*> Cod.: poteriut.
Bei Rockioger a. a. 0. B. 608 ff.
Bei Rocicinger a. a. 0, S. 993 ff.
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7. Brieieteller- u. Fonnularbttchor-Litteratur im Ciatercieaserorden. 105
pliirihiiH leiruTTi doctoribus et aliis tarn iuris quam facti jieritiB artem
liuiusmodi oxereeuilo ali(nia didici ') voi'^'eiiünyiieii, scheint allerdings
für erster« Aniiahnif zu -|u t chen; docli ist sie kaum im stand» rlle
Frage endgiltig zu eutscheidea. Wie aber dorn immer sein
soviel ist gewiss, dass Meichsner in den llerhtsi^es« li.ilieii kein
Fremdling war. Datllr si>ri<'ht ausser seinen Werken auch der
Umstand, dass er 1376. UJ. September, zum Reciitsbeiatande (syn-
dicus. procurator) seines 8tit'tt>s t*niannt wurde. Die betreffende
Urkunde, von seiner Hand geschrieben, ist an den Kückdeckel
der Wilheriiiger Handschrift IX, 29 geklebt und lautet folgender-
maassen:
NoTorint anlTeni lias litteras inspectori, quod nos Haiarim abbas
totitsqne convetitas moaaaterii Noaimontis SalczpargeasiB dyocesis ordiais
Ojrsterciensis coastitaimas, faelmns et ordinamaa meliori modo, fonaa
quibus possimns dilectam filiam» religiosam vinim, fnttrem Fridericnm
dicti monasterii nostri professum nomine predicti nostri inonasterii presen»
tem et in sc mandatttm spnnte et volantarie snsripicntcm sindicuin, pro-
curatorem, actorem, defensorem, negociorum gcstorem ac min« ciuin spc' i-
alem in oinnibus causis nustris inotis vel movcudiH, presentUnis. j)roteritis
et futuris contra quascumque persouas ccclcsiusticus vel seculares, cuius-
cunique gradus, ordinis vel condicionis extstant, eoram qaibascnmqae iadi-
eibas ordinariia, delegatis Tel snbdelegatis, cxBecatoribaa vel aabexseeato»
ribns, commisaarlia, coaaenratoriba« et aaditoribas daatea eidem plenam,
generalem et liberam potcstateiu agendi, dcfendendi, excipiendi, replicaadi,
duplicandi, triplicandi, quadruplicandi, libellum seu libellos vel qnascumqae
alias pcticiones summarias offerendi, litem contestandi, hirtiitieiituiii de ca-
luiiipnia et vorifate dicendi son altoriiis ireucris sacraiiicntuui in ariimas
nostras paraiuii, poiiendi, articuhiDdi, pobicionibus et arliculis respoiidendi,
testes, iastruiaenta, prothocoUa et litteras pmdiicendi, defectus et criinina
opponendi, beaeficiam abtoIucionU siaipliciter et ad caatelam et reatitn-
cioois ia iategnun peteadi et optiaendi, reaaaedaadi et concludeadi, sea-
tenciaa düfinitivaa et interlocutorias aodiendi, ab ipsia et a qaoUbet gra«
vaiuine iUato et commiaato appeltandi, appellacioaem proscqnendi et
a])p( llaciones petendi, uuuni vel plnrea prooiratores substituendi, substi*
tutuiii et siibstitutos relevandi ipsosque revocandi et causam r-t cau-
sas in se rcasaumendi et otimia alia faciendi et convertendi, nie in buius-
modi raiisis fuerint nccessaria et oportuna, eciam si negociuiii cxtpant
speciale, ratum et gratutii perpetuis temporibus habduri quicqtüd per
dictum procaratorem Tel ab eo aubatitatum seu aubatitutoa actum, gestam
et procuratum fuerit in premiatis et qaoUbet prenuaaorum. In cuias rei
testimOBioin sigillum aostrutn duximua preaeatibua appeadeaduai. Acta
auat hec anno domiai MGCCLXX aexto aextadecima die meuaia Septembria.
') Rockinger a a. Ü. S. «04.
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106 Mitteil ujigeii d. Gea. f. deutsche Eiziehunga- u. Schulgeacli. VlII.
Wie lanire unser Schriftsteller in Neiiber<; gewirkt, ist unbe-
kannt. Die jüugsie der vuu seiner Hand geschriebenen, in WUhering
erhaltenen Neuberger Urkunden stammt aus dem Jahre 1383*).
Walirscheiulich hat er bald darauf sein Stift verlassen; sicher ist,
dass er die letzten Jahre seines Lebens in Wilhering zuge-
bracht und als Mönch dieses Klosters um 1400 gestorben ist Die
Wilheringer Todtenbttcber enthalten sum 3. August die sehlichte
Bemerkung: Fridrjcus Meichsner monachus et sacerdoe. Ein spS-
tereSr wortreicheres Jahrhundert hatte vielleicht noch einen Aus-
druck der Anerkennung beigefügt. Hat sich doch Meichsner nicht
nur als emsiger Schreiber ein ehrenvolles Andenken gesichert, son-
dern auch als Schriftsteller ein bleibendes Verdienst erworben. Die
Wilheringer Bibliothek enthalt nicht weniger als neun Codices, die
entweder vollständig oder zum grossen TeUe seine Schriftzflge auf-
weisen, nftmlich IX, 29, F. 1—187; 58, F. 30-120; 62, F. ;i9— 96;
74, F. 1— 8\ 10—157; 75, F. 1—168; 76, F. 1—146: 81. F.
24—100 ; 82, F. 1—158; 127, F. 27—88. rntrr den hier über-
lieferten Werken finden sich auch Meichsners Arbeiten. Origioalitat
ist nun allerdings nicht ihre Starke. Das gilt besonders von den
Formiüarbüchern, die im ganzen als ziemlich roh gezijumerte Coni-
pilationen zu bezeichnen sind. Und doch liegt das Hauptvordi^Mist
des Bruders Friedrich gerade auf dem Felde dieser Litteratur-
gattung. Können seine übrigen Schriften, die Con[»ortacio ydiotalis-),
der Tractatus de cyclo lune') und die Tabula in historiale^). kaum
^) Auf dem HUckdeckel des Cudex iX, 74.
*) Cod. IX, 78, F. 1—11 (Cod. IX, 75, F. 2'— 18'). Anfkn^: Non quod
detruneatum, vicioaum, minuB correctum ox parte auctoris de Lusan na
lacobi opusculum modo subscipions ([iiovis cornpcrissct, *;ecl ut ali(|ua!is
eius distrarcin fristiiliontitius aaimiB miiiori patoecorct dillicultat^'. iiipogit
frater Fridericus vulgo vocatim Meichsner submissas in distinccioiiCH, quate-
niiB faeiliuB materlarum Bennoclnator diveraarum Seriem conprobaret, qul
opere (Cod. : operi) eluadtm uti dignaretur. — Amor dei peccatum consunit.
Ibi: Abictenduu) est . . . Schluss: Voluptati in principio resistetur. Ibi:
Delfctäclnni Explicit con)iortacio ydiotalis fratris Friderici vulgo Meichsner
vucati ipsam conponentis. Deo gracias. Quam si lector dedi^^uatus uou
fuerit, faeiliuB exemplia aubtiUbua v«rbum dei pronuodatania «rit Die
Arbeit ist ein Sachregbter auni Compendium moraliiun laeobl de Luaanna.
*) Cod IX, 81, F. 24. Anfang: Liin« a aote recedena . . . Schlosa:
premittitur ibi f. An der Stirne der kleinen Abhandlung der Name:
Fridricuü Meichsner. Gegen Bade die Bemerkung: ab incarnacione do-
mini elnpsi 180b aniii.
*) Cod. IX, 76, F. 13Ü' — 140'. Anfang: Historiale parvis submissis
ideo diatinccionlbua lueDleneius exhiberi voivi . . . ut edam verbi dei
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7, Brlef«teller> u. FormutwrbUcher^Lkteratur im CiBterclen«erordeii. 107
auf einige Beachtung Anspruch erheben, fio ifit d«r Weit seiner
Formularbttcher nicht gering zu schätzen. Wenn Bich nümltch hier auch
der Verfasser hftufig so abhängig von seinen Vorlagen zeigt» dass nicht
allzu viel Übrig bleibt« was er sein Eigen nennen Icann. so ist doch
zu beachten, dass uns in diesen Arbeiten eine nicht unbedeutende
Zahl von wichtigen Schriftstttclcen erhalten ist
Es sind im ganzen drei Formnlarwerke. die wir Meichsner
zuschreiben dürfen. Das umfangreichste derselben ist die bereits
erwähnte, im Codex IX. 58 enthaltene Schrift, der eine Hand des
endenden 14. oder beginnenden 16. Jahrhunderts auf einem am
Vorderdecicel {(lebenden Pergamentbl&ttchen den Namen De processu
iudicii gegeben hat. Nach der oben mitgeteilten Einleitung giebt
der Verfasser zunächst F. SS' — S5 den Inhalt seines Werkes an
und beginnt dann F. 35 letzteres mit der ersten Abteilung der
Summa Bononiensis*). Die Art und Weise, wie er diese hier be-
nutzt, kehrt mehr weniger in allen Abschnitten wieder, fttr die
Johannes von Bologna zur Quelle geworden ist: die Grundlage ist
beinahe wortgetreu beibehalten.
Meichsner: Johannes von Bologna:
De operis disposicione. ! De operis disposidone.
Licet tractatus in secnlnribus i Licet traciattts instruinentomm
partibus instrumentorum existant inYtaliepartibusnpcos'?ai idsit diffntns,
nPCO«:snrio (lifTusi, pro eo qtiod tan- pro qnod Ytalici tanniuani cauti
tum st'culares tamquam rauii rjuasi [ quasi de omni eo, '|iuul ail inviceiii
de omni co, quoci aii tnviceiu contra- | contraliuut, habere volunt publicum
hunt, habere volunt publica instru- instmineutuui, quod quasi contrarium
menta, qnod quasi contrariam est est in Anglids, videlicet qnod nisi
in religiosis partibus, videlicet qnod necessarinm esset, non iiisi rarissime
nbi necessarium esset, uon tamea j petitor instrumentum, ideo tractatam
ttisi rarissime petitur instrunientuin, ipsum formis aüquibus traditis in
idco tractatuni ipsum formis ali- iudiciis pt circa iudicia quomodo
quibus trailoii'; in indiriis rf citri necessariis breviter pertransibo.
iudicia [uodamiuodo uecessario bre-
viter pcrtractabü.
faciliua reperiat sermocinator quid mistlei conüneat . . , Anunceiado do<
minica muadus sülvubatur XI . . . Schluas: Vit« perversa retrndit e relo.
Unter dem HistoHale, zu d^m hier Mpiehsner ein Sachregister geliefert,
ist nicht das bekannte Werk d<*3 Vincentiua Bellovacensia gemeint. Es
beginnt: Legitur in libro regum . . . und endet: etuu subiungendam
0 Bei Rockinger m. a. O. S. 604 f. als IL Abteilung (I. Abteilung
^ Eittt(itung).
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1(18 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Eraiehungs- u. ßchnlgesch. VIII.
Deindft rae transferam «d ea,
qoe sab esamine iudicü tarn ordi*
nariornm quam delagatoram notariiB
consciibenda coneviront, qaomni
doctrioa indigent qnasi soribentes
ot qiiilibet premissi tarn seculnres
tarn rei;iilares. Et quia hec ina^ns
neressaria sunt in communihn?- pre
outnibuä idii^ purtibus iiotarie sub-
tilla, idcirco de hiis deo Mdter
proseqneitte lacius et solempnias
tractabo.
Ultimo scribens vobis, qualiter
transscripta instrunientoniin et litte-
ramm tum apostolicarani quam ali-
onim tieri dcbeant, ut siio auttentice
robur türmitatb obtineaiit.
Formas eciaiii iiidulgüiiciurum,
presentacionuni, purgacionum, pro-
testacioDom fiMsieDdanim et aliquos
procesBQS delegatoram iadicnm seu
euecatomin saper prebendis etbenefi-
disauctoritate apostolica vonferendis,
prent, iaquam» michi dominos mini-
strabit.
Deinde me transferam ad ea, que
sab ezamine iodicam tarn ordinario*
nun quam delegatorom notario
scribeoda concarrant, qoonim doctri-
na indigent qnasi scribentes qailibet
dicti regni. Et qnia ningis liei^ in-
noco«!<;aria sunt onmilMis aliis par-
libiis notari«', idcirco de hiis lacius
et soilempnius pertractabo.
Ultimo scribara vobis, qoaliter
transscripta Uutramentomm et litte-
rnnim tarn apostolicanim quam alia-
I rum fieri debcant, ut sui auteutici
robur finnitatis ubtincatU.
Forniaä eciaiu iadulgiMicianim et
, aliquos processus delegatorom iadi*
cum sen executomm super prebendis
et beneficiis aactoritate apostolica
conferendis, proat mihi dominos
miiüstrabit.
Bei einem mittelalterlichen Sehrifist»'ller an sicli wenig auf«
lallend'), muss hier die geradezu sklavische Abhängi}?keit von der
Vorlage doch insofern befremden, als diese Inhaltsangabe wohl mit
der Begrenzung der Aufgabe Johanns von Bologna, nicht aber mit
der Ausdehntin«:: dn Schrift Mrichsners ttbereinstinnnt. Denn statt
zunächst den Tractatus insirunieniuruni kurz zu behandeln, bietet
uns Meichsner F. 35 — 42 die b< kannte Summa de ordine et pro-
ressu iudicü spiritualis, auch hier mit beinahe wörtlichem Anschlüsse
an seine Quelle, und h\ 42'--4ö' eine Abhandlung De formis
<) Vgl. Petrus v.Blols, Bpiel;.92 (Magna Bibliotheca Patrum, Coloniae
IGls, XII. 2, S. 776): Nos quasi uani super g:ip-antnni hmrioroH .-^umus,
tjuorum beneficio long-itn (|tiatn ipni sppf ulamur. dum ami«|Uorum (ractati-
bu8 iuhaerentas ele^autiorca corutn sententias, quas vetustaa aboleverat
homioumve negleetus, quasi iam mortuoa in quandam novitatem essentlae
auscitamua . . . Scimus . . . a doetoribus alios doctores, aicut Hieronymum
de libris Origouia, Auf^uBtinum et Bedam de libris Arobrosü, Ambrosium
ven» do äcriptis Ciceroiiis et Senecao. Gre{joriuni quoquo do scriptis
Auguatiui et Uieronymi uou solum aenteutias, aed verba ipaa in causam
mutui accepisse.
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7. Briefsteller- n. Ponnularbtlcliejp-Littenitur im CisterdeiMerorden. 109
inqaisicionwn. Erat F. 45' beginnt er mit dem bei Johannes von
Bologna unmittelbar auf die Inhaltsangabe folgenden Abschnitte De
proeuratoribasi). an den er F. 46' ff. die übrigen Teile der Summa
Bononiensis anreiht Wichtigeren Abweichungen von der Vorlage
begegnen wir nur in jenen Abschnitten, welche praictische Muster ent-
halten. Hier stossen wir hie und da auf ein anderes, hftufig auf eine
grossere Zahl von Formularen; oft sind Eingang und Schbiss. fast
immer die Namen und Jahrzablen geftndert. Kui-z lassen sich diese
Abweichungen etwa so Icennzeichnen, dass Meu lisner die Formulare
der Summa Bononiensis vermehrt und den VerhältDisseD der Salz-
burger Diöcese um 1378 angepasst. Da uns letztere Zahl oft be-
gegnet, so werden wir kaum irren, wenn wir annehmen, dass er
seine Arbeit im Jahre 1378 geschrieben hat.
In eine etwas spätere Zeit ist die Abfassung jenes Formular-
werks zu verlegen, das die ersten Iß Blätter der Handschrift IX,
74 einnimmt und lediglich aus einer Zusammenstellung von praktischen
Mustern besteht. Der grossere Teil der letzteren bezieht sich nämlich
auf die 1379 für die Salzburger Kircheuprovinz ausgeschriobene
päpstliche Steuer, während uns im kleineren die Einladung zunt
Salzburger Provinzialconcile von 1380 erhalten ist. Dir Sammliini;
ist vor allem für die Geschichte von nicht zu uutcrsuhätzeutlem
Werte, indem sie uns einerseits einen intt iessanten Einblick in die
Art und Weise der Kinliebung päjistlicliei- Sieiinn und in die
Schwit iii:keiteii enitl'net, welche den Forderungen des römischen
Stuhles mauchmHl t nti^egentraten, andererseits? aber beim Verluste
der Canones der Sal/lturger Svnode von 1380 das einzige Zeugnis
enthält, das uns über den /weck der letzteren Aufsehluss zugeben
im Stande ist. Soweit ich sehe, ist bisher nuj- ' in Stück, die
Urkunde Urbans VI. vom 13. Februar 1379. bekanni. Ks tindt i
sich Monum. Boie. XXX. 2, S. 339 f.. No. 427 in einer Uikuude
Heinrich Eclieriins vom 17. Februar 13bO, allerdiii.,'s in einer etwas
abweichenden Fassung. Unsere Sammlung zeigt uamlich manche
Aenderuugen, die nicht bloss die Eigennamen (Urbanus ist z.B.
in Michahel verwandelt), sondern auch sprachliche Eigentümlich-
keiten betreffen; doch Ifisst sich nicht behaupten, dass die Spuren
der Ursprünglichkeit der Quelle verwischt seien. Aehnlich wird es
sich wohl auch mit jenen Stücken verhalten, bei denen uns ein
Anhaltspunkt zur Vetgleichung benommen ist. Wenigstens spricht
alles dflfUr, dass sich Meichsner den sachlichen Inhalt seiner Vor.
Bei RockiDger a. a. 0. 8. 605.
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1 10 BfitteilungeD d. Gea. f. deutsche Enlehttiig»> u. 6cliulge«cb. VIII.
lagen abzuändern nicht erlaubt bat. Aber bat denn wirklieh die
Sammlung MeiohsiLer zum Verfafiser? Das ist nun allerdbg»
an keiner Stelle mit klaren Worten gesagt Aber der Umstand,
dass die meisten der im ersten, grösseren Abscbnitte des Werkes
vorkommenden Urkunden das Stift Neuberg betreffen, lAsst, wenn
wir zugleich die früher geschilderte Thfttigkeit Meiehsners in Be-
tracht ziehen, wohl keinen Zweifel darttber aufkommen, dass Bruder
Friedrich nicht blos als Schreiber des weitaus umfhngreichsten
Teiles unserer FormularsammluQg, sondern aach als deren Verfasser
zu gelten hat Aehnlicb verhftlt es sich auch mit dem Briefbteller,
der uns in der Handschrift IX. 81. F. 05—99' überliefert ist und
auf dem Vorderdec-kel von derselbeu Hand, welche dem zuerst be-
spi'ochcneu Werke ^ileichtjueiä den Namen De processu iudicii ge-
geben, als Correetoria bezeichnet wird.
Dieses Formularbucli zerfallt in zwei Teile, in eine Darstellung
der kunstniässigen Anfertigung von Briefen aller Art und in eine
Mustersammlung. Im ersten, F. 65—69'. liandelt der V» i iasser
nach einer verhältnismässig ziemlieh umfaugreichen Eiuieitung
über die fünf Hauptbestandteile eines jeden Schriftstückes, die
Salutacio. Benivolencie captario, Narracio. Peticio !ind Conelusio.
Als Quelle dieses Abschnittes erscbfinen «lie ersten vier Kapitel
der Summa dictamiimiii Lndulfs von Ilildesheim'). IMe AU-
weichuDi^en sind im ali^eiiieim'ii gering und melir foniieiler Natur;
"wichtigere iiegegiieii uns l)ltis in der Kinleittmi: und in der Ab-
handlung über die Jienivolen<-i'' cafitario, indem iiier die abs^eleitete
Quelle etwas reicher ist als die ursprüDgliche, Der zueite Teil.
F. 70 — 91)'. enthält eine Sammluug von Littere rorrectoriorum stili
diveräimudi, von MusLerslUckeu, deren Melirzalil die gewöhnliche
Ordenskorrespondenz vertritt, llaulig erscheinen Urkunden, welche
sich auf die Cistercienserklöster Neuberg, Säusenstein. Schlierbacli und
Wilhering beziehen. Dem Archive des letzten Stiftes liat der Verfasser
unter anderem die Urkunde des Papstes llouorius III. vom 7 Ai»ril 1218
entnommen, deren Wortlaut uns in Prior Heinrichs Tabula pri\ ilegio-
rum F. 1 erhalten ist. Ein zwischen den beiden Fassungen an-
gestellter Vergleich ISsst uns erkennen, dass Meichsner seine Vor>
läge nur unwesentlich abgeändert hat. So reich die Sammlung ist,
80 wirft sie doch flir die Qeschichte einen nur massigen Gewinn ab,
da aus den meisten Stücken aJle individuellen Angaben entfernt
sind^. Ueber die Zeit der Abfassung des ganzen Werkes Iftsst
Bei Roekin^er a. a. 0. 8. 359—372.
*) Ein far die Geschichte SSuaeneteiti» nicht unwichtige« Formnlar
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7. Briel^teU«iv u. Ponnularbaeher-Litteratur im Cisterdenaerorden. III
sieb nur soviel sagen, dass es vollendet wurde, nachdem Meichsner
iD Wilhenng eingetreten. Darauf weisen die uns mehrfadi begeg-
nenden Siiuren von Urkunden dieses Klosters hin, wahrend sich
die Benutzung von Schriftstücken des Stiftes Neuberg ungezwungen
daraus erklärt, dass der Verfasser entweder hier seine Arbeit be-
gann oder eine Anzahl von Urkunden aus seinem ersten Ordens-
hause in sein zweites mitbrachte. Letztere Annahme scheint aller-
dings etwas gewagt zu sein; indes ein Blick in die Urkunden-
sammlung des Klosters WilheriD^ zeigt uns, dass mehrere Stücke
derselben, zumeist von der Hand Meichsners geschrieben« ursprQng-
lioh dem Stift Neiiberg angehörten. Wenn wir diese Thatsache in
Erwägung ziehen, so dUii'eu wir es sogar nioht für ganz unmöglich
halten, dass auch das im Codex IX. 74 enthaltene Formularbuch
Meichsners in Wilhering entstanden ist.
Ausser diesen Arbeiten lassen sich auf Meichsner nur noch
ein paar Formulare zurückführen, welche den Schiuss des im Codex
IX. 58, F. 1— 3'i überlieferten Werkes De kartis visitaciririuin
idlden und seiiir Schrirtzii^^f aufweisen. Die Obri^ren, V(tn aiidereii
Händen aufgezeichneten Teile dieses Formularimches ihm /.uzii-
schreiben, sind wir aber nicht Iterecbti^. Wir werden vielmehr
kaum irren, wenn wir annebineii. dass sein St^hatVen für mam hen
seiner Wilheringer Ordensgenüssen zur Autt'orderung wurde, den
Weg zu betreten, den er gei;amren. und in diesem Kreise den oder
vielmehr die Verfasser jem-r Abaciiuiue fiueijeu. Ist dem wirklich
so, dann müssen wir <liese Anregung höher anschlagen als seine
eigene litterarische TliiUigkeit. Denn die Schrift De kartis visita-
ciuüum ist eines der bedeutendsten Formularbücher, die im Mittel-
alter für die klösterlichen Zwecke gesciirieben wurden. Da ich
Uber die Zusammensetzung und die Verfasser der einzelnen Teile
dieses Werkes und Uber andere sieh an dasselbe knüpfende Fragen
demnfiehst in den „Studien und Mitteilungen aus dem Denedictiner-
und dem Cistercienser-Orden* ansfQhrlicher handeln werde, so darf
ich mich hier auf wenige Mitteilungen beschränken. Das Formular-
buch teilt sich in zwei Hauptabschnitte. Im ersten erscheinen zu-
nächst F. zwei umfangreiche Muster für die Anfertigung von
Visitationsurkunden, das eine die Männer-, das andere die Frauen-
klOster berücksichtigend; an diese reihen sich F. 6 — 8' Formulare
für andere Gattungen der Ordenskorrespondenz. Sind hier die in.
dividuellen Bezeichnungen beinahe vollständig unterdrückt, so zeigt
habe ich in den Stadien und Mitteilungen aus dem Ben.- und dem Ciet-
Orden XIII, S. 89 ff. veröffentlicht
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112 Mitteiliuigflji d. Get. f. deutsche Sniehung»- iL Bchulgeseh. vm,
Bich im zweiten Hauptabschnitte. F. 9— 3J', das Ge},'entoil. Dieser
umfjisst nämlich eine reichhaltige, für die innere (Jeschichte der
österreichischen Cistercienserklöster Fehr wichtige Sammlung von
8chriftstnekrn, in welchen das Hesond^Te des Inhalte, auch die
Zeitangaben, gewöhnlich ganz beibehalten ist. Alli r Wahrschein-
lichkeit nach sind drei Verfasser anzunehmen, von denen der erst<3
seine Arbeit mit F. 20 ab^fs» ■hloss<'n. der zweite den Abschnitt
F. 20—30, MelehsiuT aber den Schltiss. F. 30—32', hin/.ii<:efQgt.
Die Entstehtin«:: aller drei Teile ist in die Wende des 14. und lö.
Jahrhunderte zu verlegen.
Auf Meichsners Einwirkung ist wohl auch jene fast nÄr An-
gelegenheiten der klösterlichen Disziplin betrelleude Sammlung von
Urkunden- und Jiriet forniularen zurückzuführen, welche, um 1400 ge-
Bchriebeu, im Codex IX 124. F. 130—133' auf uns gekonimeu ist.
Vorausgeht F. 127'— 12b eine von anderer Hand aufgezeichnete
Ars dictaüdi, vermutlich ein Auszug aus DybinuB^). Möglich nun,
dasB auch dieses fttr den ersten Unterricht im Briefstil Terfasste
Lehrbuch*) in Wllhering entstanden ist; ein sidiwer Beweis Usst
sich jedoch nicht erbringen. Dagegen ist kein Zweifel, dass wir
nur hier die Geburtsstätte der angehängten Mustersammlung zu
suchen haben, da uns in letzterer mehrere Urkundenformulare ent^
gegentreten, deren Vorlagen dem Wilheringer Archive entnommen
sind. Die wichtigeren StQcke — ihre Zahl ist nicht gerade an-
sehnlich — habe ich in den »Studien und Mitteilungen aus dem
Benedictiner« und dem Cistercienser-Orden"') ▼erOfTentllcht.
Auf die Abfassungszeit dieser Briefisammlung folgte in Wilhering
eine Reihe von Jahren schriftstellerischer Unthätigkeit Die Armut,
welche in manchen Urkunden als sehr drilckend bezeichnet wird,
und der in ihrer Begleitung auftretende Mangel an Priestern, in
Folge dessen sogar einige Stellen mit Mönciien anderer Ordens-
h&user besetzt werden mussten. hemmten in dem 8on.st gerade da-
mals mit besonderer Anerkennung genannten Kloster^) den Ausbau
') Vgl. Studien und Mittüilungeu aus dem Ben.- und dem Uist.-Urdea
XII, S. 442.
*) Vgl. P. 128': Sed pro brevi iuveaum Informacioiie hec de satuta-
done aufficiant.
») XII, S. 441» ff.
*] 1480, 80. .Mai. besiäügte Bischoi Leonhard von Passau die Privi-
legien, welche seine Vorgänger dem Kloster Wilherhig ertheilt hatten, ob
fervorem reli^oni«, qao reiectis aeeulf yanitatibus in spiritn hamüttatta
altlssimo inilitatiH. odoremque bone fame vcatre, (|uointer ceteros religlosoa
noatre diocesia »pecialiter prafnlgetis (Orig. Vg. im WilheringerArchive). Bin
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7. BrietMteller- u. FormularbUcher-Litteratur im Cistercieiiekerorden. 1 13
(I^T We'jc. die M^^ichsner und soin Anhang gelichtet. Wir beBitzen
aus der ersteo Hali tf des 15. Jahrhunderts wohl mehrere Arbeiten,
die in Wilheririg ge.schrieben wurden, aber keine, die hier verfasst
worden wäre. Erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ge-
lang es unserem Stifte, die zwei Menschenalter zuvor behauptete
Stellung in der Litteratur wieder zu erriogeu. Wie damals, so
wurde auch jetzt die geistige Bewegung hauptaächlich durch Manuer
vertreten, welche das Feld der Ars dictaudi bebauten. Als der
Älteste und zugleich bedeutendste unter ihnen erscheiAt Konrad
Pladoiffer. Ueber seine Lebensverhältaisse sind wir leider nicht
alka trefflieb imtenichtet. Bisher war bekannt» daas er in Korr
nenburg (Newnburga Foreneis) geboren wurde, als Wilberinger
Mönch an der Wiener UniyeisitAt 1459, 29. Mftrz, das Magisterium
erhielt, im Wintersemester dieses Jahres um die Begentia nach,
suchte, 1460 noch seine Lehrth&tigkeit ausübte und wahrseheiulicb
mit dem Wüheringer Abte Konrad identisch ist, der in zwei
Quellen des 17. Jahrhunderts den Kamen Panstorfer trSgt, 1467 —
1470 regierte und am 18. August 1475 starb Ich vermag diesen
Mitteilungen nur einiges hinzuzufügen. Vorerst sei der Stelle ge-
dacht, weiche in dem Ton Pftsdorffer geschriebenen, in der Wilhe«
ringer Handschrift IX, 106, F. 1—48' enthaltenen Tractatus de
modo dictandi et componendi litteras vorkommt') und es wahr-
scheinlich macht, dass Magister Konrad von bürgerlicher Abkunft •
war: Si officiatus vel mechanicus scribit alteri officiato vel mecha-
nico eiusdem officii vel artificii, tune Semper addenda est illa
particula eiusdein officii vel artificii, ut honesto viro lohanni Päsdorffer
doleatoh in Newnburga P. gnarus eiusdem officii. Dann begegnen
uns in dem gleichfalls PäsdorfTers Hand verratenden, in demselben
Codex F. 121 — 211' überlieferten Formularbuche nachstehende
Briefe^), von denen uns der eine Bruder Konrad als Stiulenten an
der Wiener Universität, der andere als Prior in WUhering (14G5) zeigt:
Reverendo in Christo patri et domino Vdalrirn*) abbati monastfirii
Hilariensis^) frater C^onrados) professus monastehi eiusdem se hunüliter
ahnUches Lob wurde den Wllheringer MOnchen um dieselbe Zelt vom
Herzoge Albrecht von Onstorrctch ppspondet ( . . . vlta ro]i<];:i()3a mnnimqne
houeatatc, quibn? fratros dicti mouHstcrii nun parum t orruscaro di>^no8CUii-
tur, benigne inspectis JPrior Ueinricti» Tabula privilegioruiu F. 122]).
>) Vgl. MitteiL d. Ge«. f. deutiche Bnieh.. o. BehulgeBchichte IV, 8. L
«) P. 13.
') F. ir,o. 211',
*) 1452—1460.
*) Uilaria, mouasteriuni Hilariense = Williering.
Mitteiluogen ü. ües. U ücut«c)ie Erzieh.- u. .Sciiulgevchictite. VUI 2;3 lbf*B. ^
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1 14 MitteUung«!! d. Ges. f. deutsche BniehungB- u. Sehiilgesch. Vm.
commeiidat. Crebn ünpidaacio ob preetandum aazUinm, qua ad Testnm
patemitatem ntor, iternm petere me «liqniintiBper proluberet, niti vestre
patemitatis humanitaiem, qae io omnea, maxime vero in sabiectos diffiisa
est, animadverterein. Ea humanitas me audactcr vestram patemitatem
monere inhct. Nihil enim est, qund mee peticioni vestra reverenda pater-
Tiitas üenotzan' potorit, si iusta peticio. Sencio namque vestram maiisuo-
tadinem tautam fore, ut iam auxiliom vestro liuniili tilin imjx'ndrrc niinime
desinat, que usque modo largissime seniper atque gaudeater tribuit. Itaque
ego andaciw ea mansaetadme atqne hnmanitate confisns peto bamiii cum
anbieedone, tit et iternm mee sabveniatis neceasitati, que plnrima mihi
iam est Festura namqae Hicbabelis cito aderit, cam dare com ceteiis
l>aT8am eiqpedit, ut vestra paternitas pemoseiL Neque latet, quia solo
esn homo vivere nequeat. Sed et multa alia sunt, quibas homo reficien-
dus est. Tliis ogeo. Vestra reverenda paternitas digtietur hanc repcllere
jniseham, que nie plurimunt a studio retrahere posset. Ita nanaquc est,
rnm in auiino aliquid est molestie, ut nequeat bomo ad cogitandum ani-
iiium iustituere. Mittat vestra paternitas contra yeuiis rabiem et aquiloiüs
ferocem spiritum Testes, quia [non]') nisi laceras iam habeo. Tunicam»
qua mihi ad refectorium ire non Ücet» nnam tantam habeo ac cucolla
qnidem permaxime opus eat, ut vestra reverenda paternitas cognoscet, si
Wiennam adibit> Quo mihi oibil opCacias. Bene valetc, reverenda pater-
nitas, et ine vestrum et vestre salutis in oracione memorem recognoscite.
Ex Wienna.')
Salutem, qnenumquam excidit. Carior! Iura volnnt et leges iiuperant
amicicia? bona firln fartas inviolahiliter permansuTK Tnri? bniusmodi
laudabilis executor cssi' dinoseitur, qni quos amat in adversis n<ni deserit,
in prosperis amplexatur et absente^ carissinie veneratur. Vos igitur, de
quo sie loquimur, a quo solo soli sie utaauiur, nobis sit pre ceteris vestra
dileccio carissima« quod Caritas aingolarem representat omni came cariorem.
Koverit erga kariisime per latorem presenüa vestra dileccio, quia de panno,
de quo nobis scribitis, mittimus vobis per presentem 5Vs ulnas et infra
spacinm 14 diemm volnmns habere curam, ut amplius subordinemus de
eodem panno vestre dileccioni, si indiguerit. Et de propina a dilecrione
vestra nobi* facta pro nostro pnsse indnbie ad satisfaciendnm erimus parati
et pronipii ad nicrita graiiaruin. Insuprr petimus, quatenus no-tri omnium
ex parte salutetis doniinuni nostnini graciosnm, dominum visitatorem cum
Omnibus sibi äubiectis, voaque valere desideramus cum uugniento gracie
dei, proot cordialiter affectamus. Ex monasterio Altovadensi') per t etc.
anno hSY^
M Fehlt im Codex.
') Fäsdortrer studierte ohne Zweifel im Ciötercienaorordens-Colletfium
zum hL Nicolaua. YgL Studiea und Mitteilungen aus dem Ben.- uod dem
Cist.-Orden VL 1, S. 124.
*) Hohenturt.
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7. Briei'steller- u. FormularbUcher-Litterutur im Ciätercieuäcrorden. 115
Yenerando et in Christo karissimo magistro C(onrado) priori in
Hilaria anüco et fiantori plnrimmn selabnndo.
Huheren Wert als diese NaobriGhten Uber Pfisdoilfeis äussere
Lebensverhaltoisse besifzen die Zeugnisse Aber seine innere £nt>
Wicklung. Unter diesen verdient wnftehst der Eingang der Bbetorica
pro epistolls formandis, welcber im erwabnten Codex IX, 106,
F. 109—118' enthalten ist und PSsdorffers SchriftzUge aufweist,
unsere Beachtung:
Conquestna es mecum, mi dilectiaBime in Christo firater, quod hÜ,
qni de epistolls pertractarant» qnomodo componi debeant» nullam suaTitatem
Dallumque^) dicoidi leporem assecnti aliis Impertiri pollicentnr quod ipsi
necdum attigerunt. Nam cum maltiplices regulas de epistoUs ornatissime
conficiendis dedcrint et quodsi ad cpistolas conficiendas accesserint, sicati
in eonim patet cxcmplis. insuavcs, ymo insipidi et insalsi sunt. Hoc est
queriniiinia tua. hoc tua dedignacio, hoc est, quod te ab eorum prereptis
et doctriiia sequcstrat. Nimiruiii prol'erto numquis non dcdignulur hcia,
qui monteä aureus polliceutur et ipsiiuet nuu habeant uude vivant? Quis,
inquain, homm non stomacbetnr Hoscenam barbariera loquendi* qui tocius
eloquencie infantissimi comprobaotnr, dura eloqnendam in litteris rigkmice
scribendis constare arbitrantur? Hü niiras tradere de rilonis regnlas do-
centes eligere trisillabas et qnadrisillabas dicciones atque totum conatnm
ingcnii sut Imic lei apponnnt, quasi ibi sit eloqaencie vis, ut sonoritatem
qiKindanr-) rickmicam consequantur, quam Cicero eloquencie foiis vitandam
magnopcrc perswadct id imerilc et ineptum esse'). De lionua iuepciis
non plura dii am, cum in parte illa cofnioscis et aspernaris Et gaadeo
tantum luminis tibi accessisse, ul iioruui obscuram cecitatcin auimad*
verteres. Hee eoim prima est discenda m ignorantiam cognoseere et
cognitam velle devitare. Quare nt tantam errorem eorom evadas, petlcio-
nibns tnis condescendens de epistolls conficiendis snmniatim tecnm loqnras,
quam brevius qoamque comodius potero, tibi qnod sendo aperiam . . .
Epistolarum igitnr partes diamns cansam, intencionem et conseqnens « « .
Sed qnia obscurum esse posset, qnomodi) dicte tres partes epistole narrari
possciit, exempla de singuiis ordinibus tibi inforiiis annotabo Semper de
pruua et eadem re loquendo prirao inripieus ab ordine artiticiali, in quo
primo ponitur causa. ])u>f intencio, (Icrnuin ccmsequens.
Johannes decretoium studens l'iatri Cunrado urdinis Cistercieusia
lectori vel magistro salutem plurimam dicit. DUecte frater! Tantus est
ardor, qni mels in precordiis snbrepsit *j de hnmanitatis stodiis conquirendis.
') Cod.: nullamque.
■'t e d.: (|ueridam.
) HiPi >(')ioitit diceua oder ein anderes Wort gleicher Bedeutung
uu^geluUeu zu äeiii.
*y Cod.: eubpressit.
8*
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116 Mitteillingen d. Ges. f. deuteche Erziehung»- u. Schulgesch. VIII.
at nihil mihi smve videatar nibÜTe iocnndmn. nisi Untisper com de
hainseeniodi atndiis quicquam legere aat degnstare posaam. JSeee «ww.
Gnperem igitor (SeetoiiiB relhoricam reacriberep xA habereni librain et
doetorem, quo mediante qood tantopere nandBci afEecto ita radone ymi-
tan possem. AI vero dictum libnim uode habere possim neqme scio ne-
que cogitare qneo. Hniasmodi enim liber aut ranis aut nullus apud nos
est, eo (juod nullus est, qui aniinadvertat huiusmodi studia. T^» inirnrii).
Quare sit, ut ad te preties meus dirigam vel purrigsmi, ut dictum librura
a te merear impetrare. Quod ut facias, te eciam per mutuam inter nos
amiciciam oro et suppliciter expostulo. Ta vero tibi pro innata clemencia
atqae mnnificencia fac exoratnm te mihi prebeat, nt sdeni« qaaiitl fadas
preces meas qnaatumearnque earipendaa me doetain evadere, nt tandem
eogDoecam non mibi Tacnnm amorem meum tibi Tacnum ene. Yale ergo.
JEn eonsequem.
lohannes etc. Conrado etc. Velb ni, Conrad»^, qnod tantus ardor
tibi adesset rethoricam tuain mihi accomndare, quam eo ardentissime abs
te et altematis vicibus a te petere ijitcndebam. Verum cum animadver-
tercin tibi ') contiauo illius nccessariam per Iiuniaiiitatis Stadium *) lecturam
in qua te exercere sciebam, hactenoa destiti. Ecce inieneio. Nnperrime
tameii aadivi [te]^) tiiaa lecciones ex eodem libro temiiaaase et per ani-
plivB libro non indigere. Qao fit, nt ad te fontem deBideriomm meorom
eonüagiam, presertim com nnaqnam alibl dictum libmm habere poaaam
coirectum. Tuam antem nedam correctum, sed correctissimum novi.
Qnare te obnixe rnpo. ct^), si pha.«? est diccre. te obtestor, ut dictum librum
presencinm cum latore mihi omittas, ut exemplum exinde in scribendo
habere possim. Ecce causa. Hoc si abs te impetravern. nt confido.
tantum efdcies, ut nie bealitudinis partem vidtMin assccutum, quanduquideia
intelligam te mihi adeo coniunctum, ut rem, quam maxiroe caripendis et
qua forte dindua indiges, mihi accomodare non dnbites^), ymo quoniam
oognoTero te ndbi vera amieicia coninnctnm eaae, qnl volle menm tnnm
esse dicas et niüTersa heo mihi efficias, nt yelim nolim peticionibna tnia')
in posterum, in quibus mihi via possibilibna, dignas exaadidonea facerc . .
Igitur facto pro^) antiquu conswetudine me exaudias et me tibi etc. £cce
anuesucns, Vale, nt valere te opto. Ego valeo feliciter.
Daran schliesst sich eiu den gleichen Gegenstand betreffendea
1) Cod.: te.
•) Cod.: «tttdii.
•} Fohlt hn Codex.
*) Cod.: ut.
') Cod.: dubitas.
•) Cod.: peticioues tuas.
') Hier ist ofl'enbar ein Wort auagefallen, vielleicht debeam.
*) Cod.: per.
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7. Bii^0t6ll«r> ik PomiilwtteberJjiltantiir im CistereieiiMronleo; 117
Scbreibea mit demselben Auflsteller und Empfönger und dem Batum:
£x WieimA azmo etc. LVIIII. Schon aus diesen Proben UsBt sich
entnehmen, dass wir es hier mit einer Arbeit lu thon haben, üi der
sich der freiere Geist der Humanisten zeigt, und vir werden keine&>
wegs überrascht wenn uns weiterhin die Stelle begegnet: Hee vida
faeillime fugies, si medium iter tenere volueris et imitarl iltos
mores, quos nosti daros, nt sunt epistole domini Enee episcopi
Senensis. Htt enim tales sunt, quos sine rubore ymitari possis et
allegare et shke detrimento sequi suis in dictis, tales insuper, quos
fadllime intelligere possis, si diligenter eorum scripta perlegere
volueris.^) Wer ist nun aber jener Frater, der uns aU GtesinnuDgs-
genosse des Verfassers entgegentritt? Es liegt nahe, an Frater
Conradus ordinisCisterciensis lector vel magister zu denken, an welchen
die mitgeteilten Briefe goriclitet a'md, und der sich 1459 so eifrig
mit Ciceros ßhetorik besciiäftigte. Dass aber unter diesem Ma-
gister Conradus kein anderer als der gleichnamige Cist( r< ienser von
Wilhering zu verstehen ist, der. wie oben erwähnt, 1459 das Mar
gistehum erhielt, unterliegt keinem Zweifel. Mag dem aber wie
immer sein, auf jeden Fall lehrt uns das Werk iu Pflsdoiffer
einen Manu kennen, der sich vor der Idassischen Bildung nicht
abschloss.
Die Rhetorica pro e])istoU8 formandis ist aber nicht der ein-
zige Beleg dafür. dassMagisterEonrad den humanistischen Strebungen
hold wir. Er (lürtte gewesen sein, welcher <^\o im Codex IX,
77, F. 1— 09* enthulleneu Schriften Matteo Kontos*) nach WilhtMing
brachte. Sicher aber entstammen die sich an letztere F. 9Ü — 99',
V21 179' anschliessenden Therenciana vocahulfi. Vit(> Tereiicü,
gramiuatisi'h-rlit'lorischeii Abhandlun*ren, Verse (darunter die Recom-
menduciM Vtalie Frnncisci rrtrarclie) u.a. spin<»r lland. Vor allem
aber zeigen ihn un.s seine l-'unnularhüclier als \'(Ttretor des Huma-
nismus, ich meine jene /,wei Brieisieii»-!-, denen «iie drei (d»en er-
wähnten Zeugnisse Uber sein Tiusseres Leben entnommen sind.
Wenn wir nämlich letztere mit der Thät.<«ache zusammenhalten, dass
sich in jenen Formularldicliern r.exieljuo,u'' n aiil I 'eisdnlichkeiteu
finden, denen l'äsdornerals lAdin-ran derWiein-r Iloch.schule nahestand,
in dem Traclatus de modo dici«ndi et compoueudi litteras mehrere, in
») P. 112'.
^) Vergl. Studien und MitteUttn^ti aus dem Ben.* und dem Cist-
Orden XII, S. 17 ff.
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118 MittoUiiiigen d. Ges. f. deutsche Bniehnnge- u. Sehulgesch. XtSL
dem namdulosen Werke aber sehr viele Wilherioger SchriftetQcke
TorkommeOt endlieh uns in jenem noch die Nameo ConraduB de
HUaria und Paulue Woller Newnburge scolas regens begegnen, 80
können wir es nur billigen, wenn R. Kei>liDger>) kein Bedenken
trug. Magister Konrad nicht nur als Schreiber, sondern aach als
Verfasser dieser Formularbttcher anzusehen und so einen Blann, der
noch im Jahre 1890*) blos insofern einige Beachtung fand, als die
Codices IX, 67. F. 1— <205*; 77, 90 — 99', 137—179 und 10(5»
F. 1— 2ir seine Hand Terraten, in die erste Reihe der Wilheringer
Schriftsteller zu rücken. Denn beide Formularbttcher sind äusserst
YerdienstroUe Arbeiten.
Der Traetatus de modo dictandi et componendi litteras zer-
fallt in einen theoretischen, mit praktischen Beispielen belegten
Abschnitt, F. 1—27', und in eine Briefsammlung, F. 28—48'.
Der Verfasser selbst Äussert sich Uber den Inhalt folgender-
maassen:
Qrca inicittm tractatuB de modo dictandi et eomponoidi litten» est
notandam primo, qood ipse continet 12 capitnla. Primam est de ipso
nomine rethorica cum sais divisionibas et instruinentis; socnndum de viciis
in ip'^i» diitamino vitandi«; terrinm de ipso dictamine in so; qnartum de
pnrtibus die tainini'; ; ]tiintuin de salutacionc longo, quo in se continet
superscripcionera, siibscripcionem et verani salutftciont'in: sextuni de salu-
tacionc brevi et vera, que aliu nomine dicitur atTectus ipsius mittentis;
septimam de exordlo; octaram de nanncione; nonum de peticione; deci-
mam de conclusione, de valete, de loco et tempore, in quibus epietoia
nittitor; ondecimiim de brivUegils; duodeeimnm de quibosdam litteris
formatis*).
Wenn man den theoretischen Teil mit den bisher verölfettt-
lichten Briefstellern vergleicht, so gewinnt man den Bindruck, eine
durchaus selbständige Arbeit vor sich zu haben.
Einzelne Stellen erinnern wohl an die Sammlung des Kardi-
nals Thomas von Capua^). an Magister Eonrads Summa de arte
1) Xenia Bernardina III, 8. 227.
*) Vergl. J. Hureh, Aue einem Wilheringer Formelhuche (gemeint iet
der ganze Codex IX. 106), Stadien Und Mlltellangen aus dem Ben.* und
dem Cit«t. -Orden XI, S. 104.
F. 1.
*l Vgl. Pnsdortfer: Kt qnamvia triplox sit dictamen, scilicet nietricum
Qt Virgiltt, rikmicum ut Priniutia et proaaiciim ut Casaiodori (F. 3) mit
Thomae von Gapua: (Dietamen eet) prosalcum ut Cassiodori. mctricum nt
Virgiliit rithmicum ut Primatie (Wottenbach a. a. O. 8, i>2).
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7. Brief8fce]l«^ ii.P(Hrmiilarbtteher>Utlenit;ttr im CiBtercio''Berordeii. 119
prosandi'). aa das Baiimgartenberger Formularbuch ') und an Ma-
gister Simons Notabilia super summa de arte dictandi^; aber diese
Anklänge sind derart, dass wir nicht behaupten können, Fftsdorffer
habe sich an seine Quellen angeklammert, sie nur ftusserUeh an-
einander geh&ngt, nicht aber verarbeitet. Das Gleiche ist Aber die
Benutzung des GalMlus von Vinesauf und lAurentius von Aquileja
zu sagen, auf die er selbst verweist.*) Allein wir dOrfen nicht
vergessen, dass unsere Kenntnis der im spftteren Mittelalter ent-
standenen Briefsteller und Formularbücher sehr dttrftig zu nennen
ist. Haben doch selbst die Werke des Dybinus, die allem An-
scheine nach auf die Entwicklung der Formularbttcber-Litteratur
einen bedeutenden EinHuss ausgeübt haben, noch keinen Heraus-
geber gefunden. Ob nicht vielleicht Pfisdorffer unter diesen spftteren
Arbeiten mao<die in einer Weise benutzt, dass wir sagen müssen,
er habe sich den zugrunde gelegten Quellen gegenüber nicht die
nötige Freiheit gewahrt? Die Frage scheint mOssig zu sein; sie
*) Paiidorffer: Kunr/itl:
Qttieumque vult iuvenil« aliquam
materianou tali« debet faeere ad mo-
dum sapientis domißcatoria, qui do-
mum. quam vult construere, primo
in corde coocipit ponens primo fun-
danentuiD, aecundo pariete», ultimo
tectum. Sic bonu8 rethor primo in
corde bene deliberet materiam, quam
scribere vult ... (F. 1'.
Dictamen est ad unumquamque
Sicut enim artifex domanm et
cooatnictor ordlnem servat, ut primo
ponat fundamentum. poatca aupor-
editieot parieies et tectum ... simi-
liier bouus proeator materiani et
partes epistole debet modia debitis
ordinäre (Rockin|ir«r a a. 0. 8. 440;
vgl. auch 8. 421).
Dictamen pst ad unamquaraque
rem i. e. ad utiamquamque ma-
reui debita et omata locucio vel teriam competens et decora lo-
tradicio (F. 8'). | eacio (Rockiiigor a. a. O. B. 420).
*) Vgl. I'asdorffer: Dictaro e«t mentis conceptum secundum doctri-
nas artis rethorico exprimore . . . Epist«>la . . . dicitur ab fpi, quod est
eupra, et stolon, i\\ind est misHio, (iiiusi Buprainiasio, quia epintoia »upra
missionem mittenti» videtur gerere miniuteriura iiuacciaotia (F. 3), mit dem
Baumgartenberger Formularbnch: Dictare est antmi concepclonem recta
ordiaacioe verbomm ezplicare . . . Bpiatola potoat did ab epy« quod
Pat aupra, nt stolon, cjTiod rat miaaio, en i]und siipra irl. quod nuDCiuapro-
feit. nüttcntia alfectum declarat (Uockiagor a. a. Ü. b. 72ö; Bärwald
a. ft. O. S l).
^) Vgl. Piadorffer: Bpiatola act fidelia aeeretorum nunccia alfectttm
dirigentie pronunccians iF, 9) mit Simon: Epiatola est aeeretorum fidolis
nunda (Rockinger a. a. 0. S. 974).
*) Vcrae Galfrieda begegnen »na an mehrfren Src«11on .\xif Lau-
rentius gebt folgende Detinition der äalutatio zurUck: Saiutacio est in-
troltuB dictaminia primnm locom tenena et deaiderlum mentia maul*
featana (P. 8).
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120 Utttdlungeii ± Gea. f. deutsche Bniehungs- il Behulgeseh. VIIL
ist 68 aber nicht. Es findet steh nftnüich in dem yon PAsdorffer
gesehriebeneo Teile des Codex IX» 77 eine Termutlich um 1430')
entstandene Ars dictandi (F. 134 tt.)« welche zum Teile im Tractatus
de modo dictandi et componeadi litteras wiederkehrt. Sie beginnt,
wie letzterer, mit einem Kapitel Uber die Rhetorik, und gerade
dieser Absehoitt ist es, Ton dem sich mit aller Bestimmtheit be-
haupten lässt, dass ihn Pisdorffer vor Augen gehabt. Wie enge
er sichaber hier an seine Quelle angeschlossen, lehrt nachstehender
Vergleich:
Pisdorffer:
Unde de eins Tecomnendadone
loquitur Horacins in hee verba:
Kater omnia dogroata epistola prin-
cipatam obtinet Unde per ipsam
non soliiTn sccreta relantur, verum
cciaiii per eandem runvenienter ab-
soncia possunt persrnitari. Hec
cunttiis cunfcrt dignitates, est eru-
diens ignarum, pauperem de pulvere
erigeos, egenam ditans ac Ig^obiles
ad regom eonsiUa promoTens. De
qua eciam didt pliilosopbus pnmo
retboriee: Hanc inveni, quam que-
sivi, auimum certificans, cloqui
docens. Conrordat Tulius primo
retliorice. Sula, iiiiinit, rethorica
auinmm letificat, studentem prom«
ptificat. Cm edam aUudit Seneca
ia libro de eopia veibonun dieeiu:
Qttisqnis prndendam eeqai deside-
raas verba sna per rethoricain
adoraare stadeat. Item idem didt:
Hnmo per rethoricam redditur pru-
deus. verus et laadabilis (F. 1) . . >).
Ars dldandi:
ünde de recommendacione retbo-
riee loqnitvr Oradus diceas: fnter
omaia dogmata epistola obtiaet pria«
cipatam. Unde per ipsam*) noa
solum secreta colaiitur, vcnim eciam
per eandem runtiugit ahsrnria per-
ßcriitari. Her niiictas dignitutes est
erudieas, ',1 pauperem dt- de pulvere
crigens, cgenum ditaus, ignobiles ad
regum coDsilla promoTens. Deipsa
eciam didt Aristotdes primo istho-
lice: Ha&c inreni, qaam qaesivl,
animum certificans, eloqui docens.
Concordat Tulius primo nthorice
dicens! Sola rethorica auimum leti-
ficat et studentem promptificat. Cui
eciam ailudit Seneca in libro de
copia verborum dicens: Quisquis
pradendam sequi deaiderat, verba
sua per rethoricam adoniare ducat.
TeiSQs: Rdboriea, studio rerba pol<
lire sein. Sed ad secundum didtar,
quod rethorica sie describitnr:
^) Auf diese Zeit fuhrt uns der F. löö erwähnte Papst Martin, ohne
Zweifel der Ittnfte dieees Namens. F. 154 ericlart der Verfaseor auf die
informado iavenum se in arte dictandi exercere volencinrnRnckaldit nehmen
SU vollen.
*) Cod.: ipsiam.
Cod.; iradiens.
*) Im Folgenden handelt P&sdorffer Uber die invoncio opistolarum,
aber die Einteilung und den Begriff der Rhetorik und Uber die olfid*
rhctoiis (P. 1 und !')■
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7. Briefsteller- u. FonnularbUcher-Litterutur im Ciateicienserordeii. 121
Aliter secandum philosopbum
retliorica potest sie difBniri: Est
sdeneiapenaadendi qtiodGnmqneper-
Mtasibüe sigiiis probabililms et ra-
eione deceuti. Item predicta quin-
qiic sive retlioris instrumenta in hiis
continontur mi'tris : Invenit, disponit
eloquitar ac nicmiiiitque, Postremo
rethor pronuiicciat oiunia rectc.
Item rethorica potest eciam sie
notificari: Est sctenda sascttans a
terra iaopem et de stereore erigeos
panperem, nt collocet eam cum
principibns popnli sai. Ipsa nam-
qne rethoric-a secandum Boeciam
ad regum aalas prebet introitum et
ad potentem quemcumque liberum
facit uccessam. Dicittir auteni refho-
rica a resis Grece, qnod est orna-
tvs Latfaie, et ycos «eiencia qaasi
scieocia de omato modo loqnendi
(F. 1% 2).
Rethorica est sciencia docens de
quocumque perswasibili decenter
materiam inTenire, materiam ioTeii*
tarn coinrenieiiter [per]*) particolas
ordinäre ipsamqae veibis et sen-
tenciis venastare, postea memorie
prcscntare, demam prononcciare et
dcclarare.
Tel sie: Rethorica est sclencia
snscit&iis a terra inopem et de eter'
coro erigetis paaperem, vt collocet
eam com priocipibus popnli sui.
Ipsa namqne secundum Boedum ad
regum anlas prebet introitum, ad
potentes liberum facit arrcssam.
Versus: Aptus retboricus equitat
cum principe primus, Sed genus et
sensus coguut Ire pedeü Et dicitur
rethorica a resis, quod est ornatns,
et ycns sclencia quasi sciencia de
omato*) modo loqaendi (F. 154).
In den folgenden Teilen nlnunt Päsüurlt'er dieser Quelle gegen-
über eine ziemlicli freie Steiiuug eiu. Dagegen schliesst er sich
hier an manchen Orten aufs engste an ein Formularbuch an, das
in der Wilheiiuger Handschrift IX, 79, F. 30— 47' enthalten, ver-
mutlich ein Aussug aus der Summa de arte dictandi des llagisters
Pontius*) und um 1450 enstanden ist.*) lüe und da schreibt er
auch diese Quelle einfach aus. Man Tergleiehe z. B. folgende
Stellen:
Päsdorffer:
Sed correctoriura est ?erborum
in dictamine positonim recüfieado.
Et dicitar a verbo corrigo, is, ere,
quia verba debent corrigi in tali,
ne aliqnod Ticiom committatar. Car-
Formularbuch von c. 1450:
Sed dictamca dicitnr correeto-
rinm ideo, quia est veiborum in diota-
mine positorom rectificacio. Et dici-
tur a verbo corrigo, is, ere, quia
correctorlom corrigit verba posita
•) Fehlt im Vode\.
') Cod.: oroatu.
'j S. F. 80: Circa materiam dictandi eat ecienduro, quod epibtulu ae-
cundiim niaKi^tram Ponciutn in de arie dictandi aic diffiniuir . . F. 47':
fit aic eat tinis modi dictandi magiatri Poncij.
*) F. 33' iat Papst Nicolaus V., F. 34 Bischof Magnus von HUdea-
heim geoannt.
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122 Mitteilungen d. Ges. f. deutaehe Ersiehange' u. Schutgeaeh. vm.
ta vero dicitur epistola diffiealtste
▼erbonun carens et simpUei ]atnii->
täte cnirens et ^tmr qiasi «irens
via arta. Sed pagina didtur littera
manift'ste decl.irjins ca, rjne in ipsa
sunt piiäita, et dicitur a paiigo, is
i. e. canto, quin pagina manifeste
cantat i. e. declarat ea, que in epi-
stola scribantnr. Sed missiva est
direetorom vd dirigendonim con-
ecriptiTa ') et dicitnr a verbo mitto,
ia. ere, qnia mieaione dirigitnr (F. S).
in dictamine. Sed dictamea dicitnr
ideo karta, quia eet dictamen ex
simplici latinitate compositom et di-
citur carta quasi carens via arta.
Sed dictampn dicitnr pajjina, quia
est verborum in dictamine pnsitorum
declaracio, et dicitur a pungo, is,
ere, quod idem est, quod declaru,
as, are. Sed dictamen dicitur
misilva Ideo. qaia est directomn
yel dirigeDdoram coaseripcio (F. 30').
Wie Pfisdorff«'!- die Wt-rke des Dybinua, dessen Nanien er
einmal anführt *), In-Dutzl hat, eiili:eht mir. Eine \'(T5^1eichiiii;j
(lieser uud anderer Arbeiten würde übrigens an nnserem Ergebnisse
wenig ändern: ein (trii^inelb'r Schriftsteller ist Päsdorftor nicht ge-
wesen; er ist in der Art der (^uelienbenutzung nicht über seine
Vor£rHn[!:or hiniUis<:eko)nin<'n. in deren cranimatiHch-rhetorischen Ab-
liiindluageii uns bekanntlich sehr wenig selbständig' i:<'i-^tit?e Thätig-
keit entcregen tritt.') Nichtsdest^^weniger müssen wir den Tmctatus
de modo Uictandi et componeudi litteras eine hervorracrende Er-
^rheinung nennen Der theoretische Teil ist eine Kompilaiiun, die
im ganzen als wohlgeluugen be/A*ichuet werden mnss und sich durch
reichen Inhalt auszeichnet, der praktische aber eine Leistung, die
TOD den Geschichtsforschern die grösste Aufmerksamkeit verlangen
darf. Die Bedeutung des letzteren ist vor allem darin zu Buchen,
dass er unsere Kenntnis der humanistischen Bestrebungen, die an
der Wiener Unlvetsitftt um die Mitte des 15. Jahrhunderts zu Tage
traten, und der humanistischen Anregungen, welche damals von
dieser Hochschule ausgingen, nicht wenig vertieft. Die historische
Brauchbarkeit unserer Sammlung wird allerdings dadurch sehr ver-
kümmert, dass die individuellen Angaben viellSeuih unterdrückt sind.
Doch begegnet uns immerhin eine beträchtliche Anzahl von Briefen,
deren Aussteller und Empfänger sich ermitteln lassen, darunter
mehrere Stücke aus dem Briefwechsel des grossen Astronomen
Georg von Peurbach, die als solche zu erkennen zuerst dem Scharf-
') Wohl ein Sdireibfehler statt conscripcio.
2| F. 6.
') Man deako uur au die gegenseitige Abh&ngigkeit der Sächsischen
Summa proaanim dicCamhiia. der Snmm% LndoUb von HUdeahehn und des
Baumgartenberger Formutarbncha (vgl. Roekinger a. a. 0. 8 206 ff.).
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7. Briefsteller- u. Formulorbücher-Litteratur im Cistercienserorden. 123
blicke A. C^sernys gelungen ist, ') Doch auch jene Briefe, welche
sich keiner bestimmten Persönlichkeit zuweisen lassen, sind für die
Kenntnis jener humanistischen Geistesströmung nicht ohne Wert.
Schon ihre Form m\m lebhaftes Interesse erwecken und verdient
um so grössere Beachtung, als Pisdorffer in näherer Beziehung zu
jenen Gelehrten stand, welche zuerst die klasBischen Studien an
der Wiener Universität betrieben, und seibat der bumanistiscben
Richtung angehörte. Leider fehlt in den meisten Stttcicen das
Datum. Um so wichtiger ist es» die Zelt genauer kennen zu lernen,
in der unser Formularbuch entstanden ist. Eine bestimmte An-
gäbe suchen wir nun vergebens. Wenn wir aber bedenken, dass
uns im praktischen Teile kein jüngeres Datum als 1460 begegnet,
im theoretischen aber nur diese Jahrzahl vorkommt, und zwar an
Stellen, für welche Vorlagen anzunehmen kein Grund vorhanden
ist^), so muss sich uns um so mehr die Ansicht aufdrängen, dass
unser Briefsteller 1460 geschrieben worden sei, als die in ihm er-
scheinenden Persönlichkeiten dem nicht widersprechen. Bis jetzt
sind ausser den von A. Czerny *) herausgegebenen zehn Stücken nur
zwei Briefe, und zwar im Auszuge, veröftentlicht.*)
Das zweite Forinularbuch, das wir Pftsdorffer zuschreiben
dürfen, wird mit einer in die Tabollenform gezwängten Darstellung
der Ars dictandi eröfl'net. Die ersten sieben Tafeln. F. 121 — 127',
sind, allerdings mit bedeutenden Zusätzen und Auslassungen, der
Practica dictaminis des Magisters Bondi von iVquileja^) fufnommen.
Wo die Quellp heibohalten ist, ersch^Mot sie beinahe w^örtiivh aua-
geäcbrieben. Man vergleiche z. B. folgende Steilen:
Ptedorffer: Bondi:
Beatitudini vestrc per presentes Beutitudioi vestre insinuadone
querulosius declaramii^i, qnod ac- presencitim reverenrius intiroamus,
fiiict;» est contra nos tncius regiii j qnod acciucta est contra nos tocius
Bobciiüe fortitudo, cuius gentes ter- ^ regoi Anglie fortitudo, cuius gentes
>) Aua dem Briefwachsel des ^roMeii Astrooomen Georg von Penr*
bach, Archiv f. öatorr. Geschichte LXXH, 3. 268 ff.
-I F. _'2, l'oit valcto liebet poiii lucu-s, ox quo mittitur littorn, cum
die meaüLs, ia quo littera seribitnr vi aniiis nativitalin Christi lunc ciirron-
tibua, ut Ex VVieuua die decitiiu meuaia Maii anui quadriugenteainü sexa-
geaimi; F. 25': Bt nono addat (notArins) «ddos inearaacionla domini tuuc
concarreDtOB (Cod.: eoaeurrentibuB ) aiib forma: Anal incamadODta do-
mini etc. aexagedimi.
3) A. n. O. S. 2hb ff.
*) Von J. Hurch a. a. 0. XI» S. 107, 27?.
») Bei Rocliinger a. O. S. 956 ff.
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•
134 Mitteilangen d. Ges. f. deutsche Braiebunge- u. Behulgeech. VIU.
terraoi noatrim anuAta mami ex>
oelso biaebio et potenti hostiliter
inTa8eiiiiit(Rockiiigerft.a.O. S.9Ö6C).
ReverendissimoiiiChristopatrido-
mino P. miseracioQü divinu PDrtu-
eiisi episcopo et sancte Romaiu'
ecclesie cardinali talis priuceps raa-
gnai tahitem in eo, qui eat mnninm
▼era saltis (Rocidoger a.a.O. 8. 958 f.).
nostram mann armata cum
(aedso btaehio et potmiti sie derasta-
mnt, qaod non immeiito posut
leremie planctus super eioa desola*
cione lameDtari (F. 121).
Reverendissini o in Christo patri
ac domino, domioo lo. divina pro-
videncia Portuensi episrt))»u. sancte
Romane ecclesie cardinali Fridericus
eadem providencia Roinaiioiiiin im>
perator Semper angustus salatem in
eo, qnl est onmiani vera salns
(P, 1210.
Die folf^eiideu Tal'elii liatx'u nachstehende Aufschriften: Octava
tttbiila (If liitei-is^); nona t*ibula de Jioc verbo valete; decima tabula
seu tracLaiiiliis de formulis exordidniin. An diese reihen sich
F. 131' — 139 Prüveibia puklira ad uiiiuem luateriam dictamiuis
pertinencia, Exordia. Salutaciones, einige praktische Beispiele und
Gracianim acciones, dann wieder Salutacioues und Graciai-um aoci-
OQ68, endlich mehrere Valetefomuilaro. Wie man aleht,* handelt es
sich hier nicht um eine Arbeit aus einem Gusse; das Ganze macht
yielmebr den Eindruck einer Materialiensanmüuug. Die Bedeutung
des Werkes liegt denn auch nicht in den theoretischen Erörterungen,
sondern in der Zusammenstellung von praictischen Beispielen, welche
die Bl&tter 140—211 füllt« und der eine Hand des endenden
15. Jahrhunderts mehrere Briefe angereiht hat. Die weitaus grOsste
Zahl der Schriftstflcke betrifft geistliche Qesch&fte und Beziehungen
und bat besonders fUr die Geschichte des Oistercienserordens blei-
benden Wert WAhrend in diesem Teile die Namen und Jahp<
zahlen vielfach beibehalten sind, Iflsst sich das von den übrigen
Briefen leider nicht behaupten, ein Uebelstand, der um so mehr zu
beklagen ist, als gerade diese Stücke für die Kenntnis der huma-
nistiscben Studien von Wichtigkeit sind. Nur hie und da stosaen
wir auf einen Namen, so gleich im Anfange auf den des Aeneas
Syl^^u8.2) Unter den üriefen. deren Daten nicht fortgelassen sind,
stammt der jüngste aus dem Jahre 1465. Indes niu.ss unser Formulaiv
buch später entstanden sein, da in mehreren Stttcken der Käme des
') Mittitur |>nrrniiia postulata (I'eccuniam litteratorio poatulatam
vobis per presencium Uiiigu portutorem . . .); Regraciatur de oblato ser-
Ticio (Uisais ex parte vestm Utteiis. quos affeccione paterna reeepi ...)...
*) Nr. 4. 5 und 123 der Bditio Norimbergensii vom Jahre 1481.
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7. Brl«f0t6Uei^ u. Fonnul«rbllch«r>Lltteratar im CI«t«reieiiMrorden. 125
Abtes Urban von Wühering (1470—1480) vorkommt Aller Wahr-
scheinUehkeit nach iBt es in den ersten Regierungsjahren dieses
Prälaten geschriebeo worden. Die wichtigeren Briefe (76) haben
J. üureh^) und B. Söllinger^ teils im Auszüge, teils vollständig
herausgegeben.
Von Magister Konrad dürt'to auch jene Sammlung von Briefen,
Salutaciones, Exordia und Narradonos, die uns im Codex IX, 106,
F. 103 — 108 vor der Rhetorica pro epistolifl formandis begegnet,
nicht nur aufj^ezeichnet, sondern auch zusammengestellt worden
sein, eine Arbeit, welche, wie durch Umfang, so durch Bedeutung
wenig hervorragt.
Päsflortt'firs scIirirt.stejlcriHch»'.-; Wirken blieb niclit ohne nach-
ahmen I liat. Der Briefsteller, den ich hipr meine, tindet sich
im Wiiiii-riiiger Codex IX. 72. F 1^4'— 235. Da ich über den-
selben in den .Studien und Mitteiiuii^ien aus dem Benedicliner- und
dem Cistercienser-Ordeu" ^) ausführlich gehandelt habe, so mötren hier
folgende Bemerkungen genügen. Auf theoretische Ausluhruugen
über die Kunst des Briefstilö stossen wir nur an \venif:en Stellen.
So treffen wir F. 124', 127 Superscripciones, F. 127' lufrascHp-
cione«. F. 13ö' Forme regracionum, F. 137 Ex«»rdia. F. 137' Vale-
dicciüues, F. 201 Salutaciones. Wie man sieht, haben wir es hier
hlos mit gelegentlichen Bemerkuugen zu thun. Im ganzen ist das
Werk viebnehr als eine Sammlung von Briefen zu betrachten, die
für den klösteriidien Geechftftsgebrauch angelegt wurde. Der prak-
tische Zweek tritt Überall hervor. Weder nach der Zeit ihrer Aus-
fertigung noch nach einem anderen Gesichtspunkte geordnet, scheinen
die einzelnen ScluiftstQcke aufgezeichnet worden su sein, wie sie gerade
den Schreiben! in die H&nde kamen. Die BUtter 127 — 148, 152 —
172, 183—185, 189—190, 204'— 206*, 213-214', 218—219' ver-
raten die Schriftzttge Stephan Qmunders von Eggenburg, der am
11. August 1624 als CeUerarius aus dem Leben schied*); seine
Hand gUube ich auch F. 124'— 126, 172'-.177, 178, 185-186,
190-201, 202—204. 207—208, 211—213. 220, 225-226, 229,
231, 233 und 235 zu erkennen. Ein anderer Schreiber bat die
Übrigen BlAtter mit Ausnahme der FoUa 177', 178'— 182*, 186'—
188', 208'— 209*, 215'— 217', 220^—224', 226'— 228', 229', 232 und
') A ft. U. b. 104 — 115, a?.'.— 290.
Beiträge zur Geschichte der Pfarre Theras, Gi-Hchiclitliche Bei-
lagen mm 8t. POltaer DiöeeBanblatt VI, S. 47 ff.
•) XVI, B. S99 ir.
*) Nach den WUheringer Totenbflehero.
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126 MitteUungeii d. Ges. t deutsche EniehuogB- u. Schulgeseh. Vm.
2S4. welche leer sind, ausgefüllt. Beinahe die HSUke der Briefe
stammt aus der Zeit des Abtes Urban (1470—1480); der älteste
gehört dem Anfange der Dreissigerjabre des 16. Jahrhunderts an;
der jflngste tr> das Datum 1514. Fttr die innere Geschichte des
Cistereiensererdens ist die Sammlung von nicht zu unterschätzendem
Werte. Einige Stttcke sind in den .Gescfaiebtlichen Beilagen sum St
Pdltner Biöcesanbiatt* yerOffentllcht, wfthrend der Inhalt sämt-
licher Briefe in den «Studien und Mitteilungen aus dem Benedic-
tiner- und dem GiBtercienser^>rden* *) angegeben ist
Diese Arbelt schliesst die Reihe der Formularbttcher, welche
dem Fleisse der Wüheringer Mönche zu verdanken sind, zu ver*
danken im edelsten Sinne des Wortes. Welch reichliche FQIIe ge-
schiclitlictien Wissens ist nicht in den Mustersammlungen aufge-
speichert! Geht auch, wie es schon im Wesen der Litteratur*
gattung, der sie angehören, begründet ist, Erdichtetes n« ben Aechtem
einher, SO muss doch behauptet werden, dass letzteres weitaus
mehr zur Geltung kommt als ersteres. Aber auch die theoretischen
Erörterungen entbehren nicht des Interesses; einigen derselben ist
go'j^ar ein l)eflr'iitonder litterftrgeschichtlicher Wert nicht abzusprechen.
So köimen wir uns denn nur Glück wUusehen. dass diese Werke
der vertüm nflen Hand, der so viele Wüheringer Ilaudscbriften zum
Opfer gefallen, entgangen »lud.
») VI, S. öl ff.
>) XVI, B. 699 ff.; XVII, 8. 20—69, 256-^269, 487^43.
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a. Pransiflkaner in Bayern. Von P. Partbeiiiua MIngM in MOnchan. 127
8.
Franziskaner in ßayeru.
P. Partheniufl Mir.goa, 0. Fr. Min. Lfktor d. TheoL in München.
Es handelt sicii hier zum Unterschiede von den ebenfalls in
Bayern lebenden Ka])U7.ineru und sogenannton schwarzen Franziskanern
oder Cüiivontimleii iiiu dio soirnnaiini^'n braunen Franziskaner, die
in Bayern kuraweg Franziskaner heiss»'n, <ioren offizielle kirchlichf»
Bezeichntm«:: ^Mindere Brüder" (fratres minores) ist, und deren
Vorfahren die übservanten und Minoriten des Mittelalton^ sind.
Der Zweck des Minoriteu- oder Franziskanerordeiis. snweit er
ülierhaupr Fiach aussen hin fj^erichtet ist, geht weniger auf Ptlt»i;e
der Wiäseiiöchaft. Scliule. Unterri« htung und Eraiehunir Ht i Jugend,
er geht haiiptsäf hlich auf die Si t lsori:»' des gewöhnlichen Volkes
im Beichtstuiile. auf der Kanzi'l und am Krankenbett, auf Missionen
im In- und Ausland^. Aber aucii diese Seelsorge leistet ihren
Beitrag, und wohl nicht (fen geringsten und unwichtigsten, zur
Unterrichtuug und Erziehung, zur geistigen Hebung und Heran
bildung der Menschheit. In Bayern besteht der genannte Orden
seit dem Jahre 1221, war stets stark verbreitet, besaas zur Zeit
seiner höchsten Biate im Gebiete des heutigen Bayerns um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts, abgesehen von einer Anzahl kleiner
Missionsposten und Kuratien Ober 60 grossere Konvente mit etwa
1200 Priestern.
Es ist bekannt und auch von den Gegnern zugestanden, dass
die Franziskaner in Bayern seit den Tagen eines Casarius von Speier
und Berthold von Begensburg im 18. Jahrhundert zu allen Zeiten
in Bezug auf Seelsorge Grosses leisteten, und biemit wirkten sie
auch auf intellektuelle und moralische Veredlung und Forderung
des Volkes müehtig ein.
Dies that der Orden schon durch Ausbildung der jungen
ElosterangehOrigen. Zu dem Behufe gab es in Bayern stets eine
mehr oder minder grosse Zahl von StudienklOstem mit eigenen
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128 lOtteilungBii d. Qea. t dentaehe Enddnmg»- n. Sehulgeach. VDL
Lektoren fttr Humaniora, Philosophie imd Theologie; in der Hitte
des 18. Jahrhunderts waren es vobl an 20 — 2b derartige ElOster
mit etwa 50 Lektoren. Diese Lektoren hatten auch ausserhalb des
Ordens vielfach grosses Ansehen, darunter befinden sich Namen
wie BeilTenstuel, Bibel. Sporer, HoUmann, die in der katholischen
Theologie einen guten Klang haben. Manche derselben wurden
auch in andere Ordensgeaellschaften und ins Ausland als Lehrer
berufen. In diesen StadienklOstem machten aach oft Weltlicbe und
manche vom Adel ihre phttosophlsoben oder theologischen Studien,
z. B. der 1727 gestorbene Freisinger FQrstbischof Joh. Franz Ecker
von Eapfing.
Nach aassen hin erteilten die FranziskaDer an ihren Kuratien,
3Iis8ioD8posten und Pfarreien ?anz oder teilweise den Elementar-
unterricht, si>eziell aus der Religion; namentlich hielten sie viele
CShristenlehren in Landkirchen auf entlegenen Filialen oder sonst
zur Unterstützung der Pfarrer. In einem Zeugnisse, das 1633 der
Fürstbischof von Passau den Franziskanern seines Gebietes aus-
stellte, sagt er unter anderem, dass dieselben eifrig die unwissende
Jiigend in der Reli<;iou unterriciiten. Der Fürstbischof von Bamberg
stellte den 1786 u'estorljenen P. llieron. Mölkncr seinen Pfarrern
als Muster im Katechisieren vor. Noch kurz vor der Säkularisation,
nämlich im J^hre 1796. .stellte der Fürstl)ischol" von Passau 5 Au-
geh/irige de:? d< i tiir«'!) Franziskanerklosters als Katecheten an. dar-
unter eiueii Pater tür das Gynmasiuni, der zugleich die Alunuieh des
Klerikalseminares in der Art und Weise zu katechisieren unter-
richten musste. ^
Die Franziskaner hatten auch verschiedene Mittelschulen,
Lateinschulen und Gynma.^ien zu leiten. Zu Kaiserslautern
halten sie seit 17_'7 die lateinische Schule mit 5 Khisseu iune.
Sobald sie iiu Jahre 1775 in Blieskastel eingezogen waren, er-
öffneten sie daselbst eine Lateinschule. Die auch in die jPfalz
hereinreichende französische Revolution vertrieb au beiden Orten
die Ordensleute aus ilirem Wirkungskreise. Auch im Fränkischen
unterstanden ihnen , auf lungere oder kürzere Zeit mehrere Schulea
In Sehilingsfflrst und Schwarzenberg hatten sie in der
2. Hftlfte des 18. Jahrhunderts kleine Lateinschulen mit je 1 — ^2
Lehrern. In Ellingen erdflheten sie 1774 einen fünfjährigen
Kursus mit 8 Dozenten. Diese ^Anstalt war sehr geachtet, flbte
auch auf das benachbarte Eichstftdter Gmynasiom einen heilsamen
Einfluss aus. Um die Konkurrenz zu paralysieren, worden die
Eichstadter veranlasst, ihre eigene Schale zu heben. In Hammel-
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8. Franziskaner in &fty«ni. Von P. Parthenltu Alingea in Mflnchen. 129
bürg leiteten die Franziskaner seit 1674 eine lateinische Sdiole.
die später den Namen Gymnasium fUfarto und zuweilen gegen
200 Schaler sSblte. Auch in Miltenberg errichteten sie 1698
fOnf Kiaesen (Prima, Sekunda, Syntaxis» Foetilca und Rhetoriln)
mit anfangs 2, spftter 8 und seit 1780 5 Ijehrem. Daselbst fanden
sich viele Schiller ein, selbst aus der Gegend Yon Aechaffenbuig,
obwohl fllr diese die Aschaffenburger Anstalt nAher lag. Auch
diese Schule nannte sich späterhin Gymnasium. Zur Zeit der
Silkularisation gingen alle diese Anstalten ziemlich oder ganz ein.
An den spateren Lateinschulen zu Hammelburg und Miltenberg
leisteten die Franziskaner unseres Jahrhunderte nur zeitweilige
Aushilfe.
Zu Preising dozierten die Franziskaner von 1621—91 für
die dortigen weltliciien Priesteramtekandidaton Moraltheolegie und
da8 kanonische Re<-ht; dies setzten sie auch an dem 1691 errich-
tet«!n Klerikalseminar bis gegen das Ende des 18. Jahrhunderts
fort. Der berühmte Theologe P. Anakletus Reiffenstuel (t 1703)
wurde im Jahre 1691 zum Direktor der fUrstbischöflichen Lehr-
anstalten emaimt.
Jetzt erteilen die Patres der bayrischen Provinz oft Christen-
lelircji bei Aushilfe zur Unterstützung der Pfarrgeistlichkeit oder
auch für he^itändig an mehr abc'f^b'irf'nen Filialdörfern. An nmnchen
Schul'ii i,'rh(Mi Hi<' fuich den ^an/rn l^eligionsunterricht. zur Zeit
z. H. in K:.:L'''iir» lden-Gern mii wuihentlich 7. in ( rö5*s\vt'iiistein mit
in Mühidorf mit 9. zu Sr. Anna in München mit wö. luMitlich
52 Stunden. • — Zur piiilosuphi.-^ciien und theologisch«'i) AnsiiiMung
der eigenen juni:''fi Kleriker hat die I'rovinz jetzt 2 Stinlii iiklilstor
nüt 4 Lektoren iiiniili' Ii in Tölz und .Mtindn'n. Ausaerdem Ue.-^itzt
sie in Landfilm iiinl I J.iniljerg 2 Inleniah- mit etwa KX) Zöirlingen
/MV lltTaabUdiiii^ von Urden«kandidat«Mi. die an di-ii >t.iailirhen
Ci.vmn<i.sien daselbst ihre huiaHuistischeu Mudieu macheu. Da all-
jährlich ein ;;ul<'r Teil derselben V(»r oder nach Absolvieruug des
(Jynmasiuins sich auderii BriutVaiUü z,u\ven<kt. so leistet der (Jrden
auf dem Gebiete der eigentlichen Erziehung auch nach aussen hin
wenigstens etwas. — Die Belege für die vorstehenden Angaben
können nachgelesen werden In meinem Huebe: «Geschichte der
Franziskaner in ^Bayern"*, München I8d6. In dem Inhaltsverzeichnis
auf S. 296 befindet Bich unter dem Worte ^Franziskaner" ein
Hinweis auf die Uber die Studien und SttidietiklOster des Ordens
in Bayern handelnden Stellen.
MiUQiluagoB 4. Qvs. f. a«titü>-lie Kr^kli.- u. S«huic««<-tiich(e. VIII 2 3 16t>K
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ISO HittellungeD d. Ges. t deutsche Braiehimga- vu Sehnlgeach. Vm.
9.
Die lUtesteu StudienpläDe des JesuitengymnaBiums
in Küln.
Von Barnhard Duhr 8. Bxaten (Holland).
Die Jestiitensphiile in K(S\n ist. wie eine dor früheston. so
iiuch ein»' der iMMlciitiMidsteu UrdtMisschulen des 16. JahrliuiKierus.
Die Kölner i^ebule gab direkte indirekte Anregung zur Grün-
<lunj,' einer Reihe weiterer Ji-biiiteiisciiuk'ii am Rhein und an der
Mosel. Ihre Leiter und ihre Stiidienpläne wurden dabei vieltHch
zu Rate gezogen. CaniBius äclireibt am 18. November 1557 an
Lainez: das Kölner Kollegium übertriflt, !^o will mir scheiueu,
unsere übrigen Schulen in Deutschland sowoiii in Anbetracht der
glücklichen Behandlung der Studien als auch was Zahl und Eifer
der Lehrer Ix'tritft.
Es mn'j. deshalb Wdlil der Mühe wert sein, uns die Hltesten
Studienpläne der Kellner Jesuitensehule ftwas genauer aiizurfebeu.
Der älteste bis jetzt bekannte vollständige Studienplaii des Kölner
Jesuiteii-( Symnasitims stammt aus dem Jahre 1563, und ist abgedrin kl
bei Bianc")-); der /.weitülteste ist von 1576 und tiudet sich ebenlalls
bei Biauco,^) ohne Rianco zu lierück.sichtigen. iiat P. Paehtler
denselben Plan von 1576 nach einer handschriftlich^'n Vorla;;e
eljenfalls gedruckt.*! Ferner giebt I*. Pachtler naHi finer s])ätt'ren
Quelle einige Einzelheiten aus dem ältesten Studieiiplun der Küiuer
Jesuiten, der Febiuar 1557 an den llauptkircheu in der Kähe der
Drei Kronen Burse angeschlagen wurde.*)
'i Brauiisberger. B. P. Canidi Bpietulae II, 154.
Biatico, Die alte Univorait.'H Kn\n. I, W8.
a. a. 0. I, 828. Vei^l. den PImi der uudera Kölner üyiwiaslen
vom Jahre 1573: I, 344.
*) Monument» Gennanlae Paedagogica (M. G. P.) Q, 230.
L c. II, 140. Vergl. Relffenberg, Hiat See. Jesu ad Rhen. Inf. 1, 00.
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9. Die ftitMten Studienpläuo dos Jesuitengymnasiunis in Köln. 181
Diesen ältesten Plan selbst fand ich in einem öaminell)aiid
Über die Kölner Jesuitenschule ^) und lasse ihn unten als Nr. 1 ab-
drucken. Die «Tabula lectiooum" enthält 4 Klassen: Dialektik,
Rhetorik und zwei Grammatikalklaasen, umfasst also die alte Drei-
teilung: Philosophie, Beredtsamkeit, Grammatik. In der Dialektik
sind die Lehrtilleber Porphyriusi Aristoteles, Sacrobusto; einer Stunde
Vorlesung entspricht eine Stunde Repetition und Disputation. Die
Schulstunden sind die damals io KGln üblichen, 6, 7, 12, 1 u. 4 Ubr.
Am Samstag um 4 Ubr werden Epistel und Evangelium gelesen,
Sonntags um 12 Uhr Eudid, und um 4 Ubr der eben (1565) er^
schienene Katechismus des Oanisius erklärt. An den übrigen Fest-
lagen waren dieselben Uebungen, und ausserdem noch in der Früh
um 6 Uhr Erklärung der Fest-Epistel und des Evangeliums.
In der Rhetorik waren die Auktoren Cicero und die Dialektik
des Cornelius Valerius, die Stunden wie in der Dialektik; die
Uebungen an den Samstagen und Sonntagen waren mit Ausnahme
des Euclid beiden Klassen gemeinsam. An den Sonntagen um
12 Uhr musste ein Rbetoriker eine Rede vortragen, und um die-
selbe Zeit an den Festtagen war Vorlesung aus den Tabulae Cor-
nelii Valerii.
Die Grammatik war in zwei Klassen geteilt; beide hatten die
gewöhnlichen Stunden wie die anderen Klassen, dazu aber noch eine
Stunde um 9 Ubr; Uauptauktor war Cicero, die Grammatik
von Despauterius. In beiden Grammatikalklassen werden die
Kompositionen von den Lehrern verbessert und häufige Wieder-
holungen gehalten. An den Samstagen wird um 12 Uhr Evan-
gelium und Epistel des folgenden Sonntags erklärt, um 4 Uhr
wird der Kleine Kateclüsnuis gelernt, ein Auszug; aus Oanisius
(von P. (ioudanus). am Sonnta«; um 12 Uhr wohnen die Grammatikal*
scbfller dem Vortrag in der Khetorik bei.
Als Lehrer sind genannt Franz Oester für die Dialektik und
Heinrich Donysius für die Disputation am Freitag; letzterer hatte
aber aucli. wie unsere handschriftliche Quelle meldet, die Katechese.
Aus derselben Quelle ergiebt sich, dass V. Johannes Rethius die
Rhetorik und Johannes ( "atena die Gramniatik lehrte: Catena wurde
aber schon im März die Dialektik des Cornelius Valerius an-
gewiesen, während die Grammatik zwei andere Lehrer erhielt,
nämlich die höhere M. Gregorius Fabius Dionantensis. die mittlere
(niedrige) M. Johannes BerckeUus Buscoducensis. Unter diesen
■
*) Ordensbesitz.
9*
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182 MitteUuQgen d. Gee. t deutsche Erziehiings> u. Sehiilgeecb. Vm.
sechs Lehrern waren mithin vier Niederlflnder und zwei
Kdlner.i)
Ben Studienplan (Ur das Wintersemester 1&58 teilt P. Bethius
in einem Briefe vom 30. November 1558') mit: derselbe sei etwas
verindert, werde aber im Frühjahr mehrverftndert An den Festtagen
werden nach der Deklamation in der Rhetorik Cicero de inventione,
das 4. Buch ad Herennium und die Reden pro Milone et pro rege
Deiotaro erklärt; in derscholapoetica,dlealso8cbon im Sommersemester
1558 beigefügt worden, die Aeneis und Horaz* Episteln.
In den gemeinsamen Vorlesungen werden nachmittags Cicero
de offidis und morgens mit Clenard*) die Todfengespriche von
Lucian erklärt. Es waren im ganzen 6 Klassen und 7 Lehrer.
Der Plan für das Wintersemester 1559, der im wesentlichen
erhalten ist in einem Briefe des P. Oester vom 6. Januar 1559^),
weist keine bedeutendere Aenderung auf. Hier erscheint zum ersten
Male der Catecbismus brevior des P. Canisius in den unteren
Klassen, die Jesuiten hatten ihn in Kdln November 1558 drucken
lassen; derselbe erlebte in dem einen Jahre 1559 vier Auf<
lagen.')
Für das Schuljahr 1561/62 liegen handschriftlich zwei voll-
ständige Studienpläne vor^), der erste für das Sommer - Semester
von Ostern bis Allerheiligen, der zweite fUr das Winter - Semester
von Allerheiligen bis Ostern. Die Philosophie umfasst im Sommer-
Semester zwei Klasst'ii: Physik und Logik; die Physik hat drei
Stunden, 6, 9 und 12 Uhr, Auktor ist ausschliesslich Aristoteles,
») VergL Pachtler iL U. P. II, 140. Hansen, Kheimache Akteu zur Ge-
schichte des JssuiCenordsna, 286 f.
-» Orig. Ordensbesitz.
^) Nicht Leonardo, wie r-, Vioi Flanöcn S. 31"^ lii'it»st. Clcnard wurde
häufig auch rioouurd geschrieben, duhcr wohl der Irrtum des Kopisten.
*l Uqi Hansen S. al9 ff.
^ II. P. CanisU BplstuUe II, 890. P. Relhiua Bchr«ibt am 2. Januar 1658:
Parvus Catoehierous F. Canisil, quem Grammaticus nostris praeleglmus drea
festiim Epiphuniao secuiido imprimetur: circa feHtura Paschao impressus est
primo. Mai"»r praeti>r(|uam (|uod Viennao Lovanii etinm ft Loodii improssua
est, impriuicrctur et Culoniüü ni Kcgiä priviiugiuin obsturer. Orig. Urdcns-
besits. Der hier von Retbius genannte Porvus Catechismus ist der obige
von P. Goudanus verfertigte Aussug. Derselbe ivird auch Conpendium
Caniftii genannt. Der von Canisius solb'^t vorfortigto Auszug wird gewöhn-
lich nach .seinem Tito! al^ Parvus catechismus ( 'ntholicoruni. jodoch anch
wie der Auszug vun (iuudau alä Purvus Catechismu:^, Ctttechü^uiue miuor
oder Cumpendium aufgefAhrt.
^} Sie folgen unten als ^r. 2 und
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i). Die älteaten StudienplAne des Jeauitengyiunasiumn iu Köln. 133
dies u'ilt auch von derLugik; Ui«' ollVntlichpii Disputation»'!) sind in
der Lugik Montags, Mittwochs uud Freitags um 4 Uhr, an ilent'n
aber, nach dem Wiiiterplan zu schliessen, auch die Physiker teil-
nefamen mUsseQ. Die Übrigen Klaaseu haben täglich vier Stunden,
um 6, 9. 12 und 4 Uhr. In der Rhetorik waren die Auktoren
Cicero, Bemosthenee, die Syntax des Varennius und die Dialektik
des Hunnaeus. Die Poesie liest Vergib Cicero, Aristophanes, ihre
griechische Grammatik ist Clenard. Die Grrammatik ist wieder auf
zwei Lehrer verteilt: die obere Grammatik liest Cicero, ihre latei-
nische Grammatik ist Despauterios, tftglich eine Stunde Griechisch.
Die untere Grammatik hat denselben Auktor und dieselbe latei-
nische Grammatik, dabei tAglich eine Stunde grammatikalische
Uebungen. Die drei oberen Klassen haben gemeinsam Samstags
um 4 Uhr eine Vorlesung Uber das Evangelium des hl. Mattfaaeus.
am Sonntag um 4 Uhr Katechismus des Kaisers (Canisius).
Sonntags um 12 Uhr h9ren die beiden Kurse gemeinsam die Voi^
lesung aus der Spiiaera des Job. de Sacrobusto, um dieselbe Zeit
müssen alh* aii<I«>reu ScliUler den Deklamationen der Pootrn und
Rhetoriker beiwohnen. Sonnta-js um 6 Tin wird fiir die SchUler
der drei untersten Klassen das Tagesevangelium erkl&rt.
Der Studienplan fttr das Winter- Semester 1561/63 weist bei
den philosophischen Klassen eine Vorbereitungsklasse für diejenigen
auf. welche unmittelbar vor dem Magisterium stehen. Ausser den
Disputationen hört diese dritte Stufe die Metaphysik des Aristoteles
in täglich einer Stunde, um 9 Uhr, und repetirt täglich um 1 Uhr
die froheren Jahre. Für Philosophie und Rhetorik hat der Studien-
plan 6 Stunden, eine mehr als im Sommer, nämlich um 6, 7,
9. 1 und 4 Uhr, also auch im Winter trotz der Duokelheit die
erste Stunde um 6 Uhr.
Täglich um 4 Uhr ist Disputation für Logiker und Physiker,
ausserdem zweimal in der Woche: Sonntags um 2 und Donnerstags
um 5 Uhr Disputation der Logiker gegen die Physiker.
In der Rhetorik finden wir die schon frilher genannten Auk-
toren, aber mehr Uebungen; die Rhetoriicer müssen der Reihe nach
an den Sonn- und Festtagen vor allen ScbQlern und Lehrern eine
auswendig gelernte Rede vortragen, ferner müssen sie aUe wöchent-
lich eine Rede ausarbeiten und in ihrer Klasse aushängen, so dass
sie von ihren Mitschülern verbessert werden kann. Mittwochs um
5 Uhr ist für Rhetoriker und Poeten gemeinsam Disputation über
lateinische und griechische Grammatik und Metrik. Täglicli von
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134 HitteSIungen d. Ge». f. dentoche Enlebiuig»- u. Schulgesch. VIIL
5 Mb 5Vs Ubr haben die Rhetoriker Bisputationsübungen Uber Gegen*
attnde ihrer Klasse.
In der Poesie treffen wir ausser den oben erwähnten
ßacberu die Tabulae des MurmelUus und Ovid de Trist. Sonntags
und Samstags um 4 Uhr wird der Idetnere Kateebismus des Oanisius
erklärt Sonntags um i Uhr ist Deklamation. Die Poesie und die
folgende Klasse« die obere Grammatik, hat 6 Stunden, die Poesie um
6, 7. 9, 11, 1 und 4 Uhr. die obere Grammatik um 6, 7, 9, 12. 1 und
4 Uhr, auch hier trotz der Häufung der Stunden doch nie mehr als
zwei Stunden unmittelbar nach einander, die untere Gnunmatik hat
wieder 5 Stunden, um 6, 7, 9, 12 und 4 Uhr. Für die beiden
Grammatikaiklassen sind die Bücher und die Katechismusstunden
dieselben wie im Sommer-Semester.
Die gemeinsamen Stunden für die oberen Klassen zeigen die
Aenderung, dass an den Sonntagen um 4 Uhr nicht wie im Sommer
Katechismus, sondern Apologetik gegeben wird, mit besonderer Be*
rficksichtiguDg der schwebenden Kontroversen und um t Uhr eine
Vorlesung fOr die Philosophen aus (Mela) Pomponius de statu orbis.
Wie diese Uebersicht zeigt, haben wir es iü Külu mit einer
mächtig aulstiebüuden .Schule zu thun. weklie sicii schnell aus
einem Gymnasium mit 4 Klassen zu eiiit in solchen mit 6 resp.
7 Klassen entwickelte, Aristoteles zur Üiundlage für die Phiiu-
ßophie, Cicero für die klassischen Studien, die damals am meisten
gebrauchten Grammatiken der Niederländer Clenard (Ivle) uards) und
Despauterius (van Pautern) zu Wegweisern für den grammatikalischen
Unterricht bestimmt in den ebenfalls herkflmmlicben Uebungeu und
Disputationen sich kaum genug thun kann. Es ist deshalb auch
nicht zu verwundern, dass der jungen Schule von allen Seiten
Schttler zuströmten, so dass in den Jahren 1557 — ^59 850 SchOler
inskribiert wurden, und im Jahre 1560 die Schule bereits neben
128 Internen 500 Externe umfasste').
Für die Koatroverae hattan Dionysius, Custer, Rethlua, SonMliui,
aU aie lo56 von Rom nach KOlo geaehickt wurden, io ibrer bistruktlon die
Weisung erhalten, dabei besonders auf Liebe und Bescheidenheit zu achten,
die katholische Lehre solid zu hewpigon und nicht gegen die Häretiker zu
poltern, die dadurch nur noch mehr erbittert würden. Dio ^auze Instruk-
tion bei Banaen S. S68. Aelinlieh lautet die Anweisung fOr die Jesuiten,
<Ue lo56 nach Ingolatadt gesandt wurden: M. G. P. IX, 458 s. und Üartaa de
San Ignacio de Loyola VI, 506, S09.
V Vergl. Hanaen 8. 882. 804.
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Die Uteeten Btudtonpllne d«» Jesnitencryiniiasiunis in KOln. 136
Die Verteilung der SchOler auf die eiiuelneo Klassen stellt
sich für die Sommer -Semester 1560 und 1561 folgendermaassen:
16Q0
1561
Physik
22
25
Logik
36
S2
Rhetorik
6S
52
Poetik
60
96
2. Grammatik
T6
110
1. Grammatik
U8
160
402
475
Was die NationalilAt der Schaler angeht so wiegen die
Niederlander: Belgier und Holländer vor, und gerade aus den Orten
Anden wir viele Schüler, wo bis vor Icurzem die blühendsten Schulen
der Fraterherren bestanden hatten, so aus Wesel, Deventer. Zwolle,
Lattich^ u. 8. w. Wie Lehrer und Schttler zum guten Teil niedei^
läodisches Gepräge traget), so gilt danselbe auch von den Schul«
biichern, wie JDespautorius. Clenard. MurineHius^i.
Aus diesen Umständen läsät sidi schon in etwas die Frage
beantworten, ob die Krduer Jesiiiteu ihre Studien-Ordnung aus den
niederländischen Schulen der Fraterherren direla — oder iudireiit mit
dem Umwege über Sturm geschöpft^).
Im allgemeinen mussten sich die Jesuiten an der Ordnung
der Kölner Schulen halten; man drang von Seiten der Universität
wiederholt darauf, au dem herkömmlichen Unterricht nichts zu
andern. Die KölnfM* Schiilf^i hatten aWcr schon wcircn der Xach-
barscliart durch iiiudcrläiKiisrh»' l.t'lHer und Schüler in steter Ver-
bindung mit den iiiederländisciicn Schulen gestanden. Waren diese
fast «lle durch die kirchli<'luMi und {Miliiischen Wirren von ihrer
früheren II«»he herabgesunken, so war es ganz natürlich. da.ss nun
noch melir Schüler der Rbeiuiächeo Metropole zuströmten, uud uo
>) Nach den Belichten bei Hassen S. 888, 894.
^) Dies erglebt eich ana den SchfllerverieichniMeii in nneerem
Sammelbande.
*) Als man fttr Praiiz Coater, der gleich von Anfang an emer der
bedentendeten oder der bedeutendste Lehrer an der KOhier Schule war,
dessen xurflckgelassene Bücher aus Löwen im Jahre 1552 reqnlrlerte,
wurden namentUch genannt: grammatica Clenardi, greca et hebraica, Jo-
nnniä Isaric biblia et annotationes sub Adamo et in magistrum eententiarum,
Flinii naturulia hiatoria cot. Hansen S. 204. Vergl. S. 204^.
*) Dasa Sturm seinen Plan nach den niederländischen Mustern ein-
gerichtet» Steht fest S. Dahr, Stadienordnung der Oeeellsdiaft Jesn,
B. 6ir.
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136 lOtteavngen d. Ges. t deutsche Ernshungs- u. Selmlgesch. VID.
treffen wir denn in den fünfziger und sechziger Jahren besonders
viele Schaler aus den Niederlanden, wie bereits hervorgehoben
wurde.
In den zwanziger Jahren, als Stonn in den Schulen von
LQttieh und Löwen studierte, wurden in Köln neben dem Evan-
gelium des hl. Lucas und den Briefen des hl. Paulus in der Schule
u. a. gelesen Lactanz, Ovid Metamorph, und Clceroa Briefe*).
Uauptauktor in der Philosophie war Aristoteles, iu der Rhetorilc
Cicero, in der Mathematilc Euclid, in der Poesie Virgil
Vergleichen wir nun unsere Kölner Plftne mit dem Lfltticher
Plan, wie ihn uns Sturm flberliefert hat. Die Angaben in seinem
Ratschlag vom 24. Februar 1538 besagen, wenn wir von der
Theologie (1. Klasse) absehen: 2. Klasse Aristoteles Organen;
3. Klasse Wiederholung der Dialelctik, Rhetorilc; 4. Klasse Grie-
chische Grammatik, Dialektik und Rhetorik; 5. Klasse Wieder-
holung der lateinischen Grammatik, Rudimente der griechischen
Sprache; 6. Klasse Lateinische Grammatik. (7. und 8. Elementar-
und Vorbereitungsklassen.)^ Ganz genau di^eiben Elemente,
Philosophie, Rhetorik-Dialektik und Grammatik, sind auch im ersten
Kölner Plan enthalten.
M nn^f»rm Sammelband l ofindet sich oin Zettnl von der Haiui des
P, Grothaua oiiii^ohettet, der besagt: , Circa a. lä*2ö Cüloaiae docueruut s.
praelegeruDt hoa Ubros: Eraami parapbraalm in Epat. 1. ud Corioth , iu
Bpst. ad Rom. Colon. 1524, Braami Antibarbaronim librum Colon. 1524, Bviui'
gelium S. Lucae cum vita Lucae et argum(>ntu capitum per Erasmum, ibidem
ejus judicium dr» Ii! lis Canonicia. C. Lact. Firminiaiii lit. VII. Instit. divin.
Coloniae I.')24. Motamorpbos. Uber III. Ciceronia epidtoL üb. X et III. Vidi
tAlcm tumuin pervetuatum. Coloniae 1652. 28. Sept,"
■) IndenKöluorStatutarol'ormatal'aeultutiöurtiuiu vuiuJalirü 1.^22 heit^üt
esin dem Caput dwlmumdelibrtolegeniliaetexercendisUibiiinterpretandi . . .
Metaphyt^lces . . . Aristotelis una cum Rhetoiiea Ciceronis, et in mathe«
iiiati< i.s duo prlnii libri Euclidis, prrfppctiva communis et spha^^ra matp-
rlaliö . . . Epislolae familiäres Cicerouisi. Philelphi, aut quornml'het aliontm
dicendi ecribeudiquo praecepta Iradentium, libri otiiciorum Cicon)nis et
pjoadem opuscttla de amicitia, de »eneetute et parodoxla Inacripta. Libri
Bucolicorum, Georgicorum et Aenaidoa Virgil tl Maronls . . . Nolumusin-
supor praeteriri Dominicls et aliis diebus foatia expositionet^ Hyninorum.
Sequentiarum, Rvangeliorum et epistolarurn iuxta exigontiatn tompo-
riim; sed pro rudioribus schulasticis legi dobeut praecepta moraiia Cathonis
aeu euiuapiam alterlue aJmiUa tradentis." Auch die Disputationen nebman
in dieser Stadienordnung einen brüten Raum ein. Bianco, Die alte Uni-
veraitat Köln. I. Anbang, S. 297 IT.
Vergl. Duhr, Studienordnung der GeMlUchaft Jesu, S. 9.
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9. Die ältesteik ätudieiipliUie ded Joduitengyinitasiuiua iu Köln. 137
Dk Aiiktureu, welche Sturm iu seineu Plan aninahiu, waren:
1. Klasse: Deniostlioiies. Pliilipp., Cicero. De |tartitioue und de
ufliüüs, au deu Soüulugeu Brief des hl. Taulus au die Colosser.
2. Klasse: Cicero, Virgil, Lucian; Samstags Acta Apostol. 3. Klasse:
Olenard — Giiedüsehe Grammatik, Murmellius — Verslehre, Virgil.
Oiceio; Sonotags Eatochismus. 4. Klasse: Syntax des Erasmus,
Lateinische Grammatik von Melandithon, Giceros Briefe, Samstags
und Sonntags Katechismus. 5., 6. und 7. Klasse: mit Ausnahme
Ton Erasmus dieselben BQcher wie io der 4. Klasse. 8. und 9.
Klasse: Elementarschule*).
Es sind also die nftmlichen Auktoren wie in Kdlu, mit Aus-
nahme von Erasmus und Melanchthon. Vergleichen wir zugleich
den Plan des Kölner Gymnasialdirektors Jacob Leichius vom Jahre
1552^ mit dem Kölner Plane vom Jahre 1557, so erscheint in
einigen Einzelheiten die Aehnlichkeit mit Sturm grösser als die mit
Leichius.
Um noch klarer zu sehen, mUssen wir einen Blick werfen auf
den Lebenslauf des Mannes, der als einer der Haupturheber der Kolner
Plaue gelten muss, es ist der Rej^ens der Dreikronenburse, P.Rethius*).
Johann \:m Reidt (Redt, Riedtus, Rethius) war gel>oren zu Köln im
Jahre 1532 als ältester Sohn des Kölner RUrgermeisters Johann
van Heidt, der in nahen Beziehungen zu den Humanisten stand,
insbesondere zu Erasmus, Johann Oaesaiius und Ja^ob Sobius.
Letzterer hatte ihm 1525 seine Liviusausgahe dedicirt. Johann
Caesarius aus Jülich hatte in Köln lautiere Zeit gelehrt und starl»
dort liei den Fraterherren frst 1550. Sturm nennt ihn in der Vor-
rede zu dem 2. Bande der Briefe Ciceros : „oiuniuiu nostrunj
parens Capsfirius.-* Her junire van Reidt .studierte in W'tstfalen.
Köln und l'aris^j. Da der Freund des V^aters, Caesarius. wiederholt
>) Duhr, S. 10 f.
*) In mueim Samaelband« ftodat Bich. «Ratio qaaedam initittteiidi
iUTentatem novi apud Colon. Agripi». Senatua C!oU«gtt prid. Non. D«e. 1662
mihi (P. Rethio) et College a primate et Dno Xustro D. Jacobe Leichio
proposita." Hier werden u. n. Ciceros Briefe in der Auagab« von Starm
für die Stunde von 12—1 vorgeschriebeD.
So unterschreibt er sieh später gans regelmässig.
*f Zu einem Fragebogen, welehen P. Natalie als Vlsitator den
Einzelnen vorlegte, antwortet P. Retblua auf die Prag«, iraait er aleli tot
eeinem Eintritt beschäftigt: .Ante(|uam in Societatem reciperer, mater me
suetentabat in studio partim apud se partim in Vestphalia, et exiguo tem-
pore in Gallia FarisUa; tunc autem cum ad societatem admitteror docebam
Colonlae In buxaa nova Üoronanun." Orig. Rom, Staatsarchiv.
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138 Uttteiluiigeii d Gm. f. deutoch« Entobunge- u. Bchulgeseh. Vin.
in Monster als Lehrer gewirkt uMd das dortige Gymnadiim eine so
grosse Bedeutung erlangt hatte, dttifen wir vielleicht annehmeD»
dass ebendort Ketiiius wenigstens einige Zeit zugebracht.
Wüi ^liiuHter büsiiien wir einen Lektionsplan von 1551, der
einen guten Teil derselben Hilfsbttcher und Uebungen aufweist,
wie der Kölner Plan von 15571). Der Verfasser des Mttnsteriscbeti
Planes war der Humanist Kersseubroich; derselbe hatte litngere
Zeit in Köln studiert and war dort 1511 Baccalaureus der Philo-
sophie geworden. In Monster hatte auch Mher Murmellius als
Lehrer gewirkt.
Auf der Küluer I niversität tinden wir Rethiiis immatrikuliert
am 19. Juni 1546, und 1. Miiri 1550 uU Magister artium *). Gegen
Ende dieses Jahres (1550) schloss er sieh der aufblähenden Ge-
sellschaft Jesu in KOln an, aber in einem loseren Verbände, was
auch seine Reise nach Paris im Jahra 1551 zeigt, wo er sich kurze
Zeit aufhielt und dann wieder nach Köln zurückkehrte. Im Mai
1552 schickte der Kölner Kektor die GelObdeformel des .P. Redt'
nach Rom. Im selben Jahre bewarb sich Rethius um eine Lehrer-
stelle an der neuerrichteten Dreikronenburse, wie er des weiteren
in einem Briefe an Ignatius berichtet. Leichius, der Leiter der
Burse. nahm den P. Rethius gerne an; er las täglich zwei Stunden, .
entweder Ciceros Briefe, Caesar, Livius oder Ovld, daneben studierte
er fOr sich besonders Cicero und HebrRiscb').
Wie die in der Burse gebrauchte Ausgabe Ciceros von Sturm
war, so lernte Rethius bei Leichius auch andere Ausgaben und
Grammatiken von Protestanten kennen, denn hier, so schreibt er
1) Der Plan bei Krabbe, Geac^ichtl. Nachrichten Ober die hdharan
LehrauBtalteii in Münster. Münster 1852, S. 76.
-) UanaoD, Kheinischf? Akten, S. ir>4.
») Aus eioom uai^edrucktea Briefe (Sept./Oktob.? 1552); .Placuit
mihi, agocum D. Jacobo Leichio gubernatore Collegli, qaocuin et ante ad
tempns IbmUiariter vixeram, me recepit. Logo ita(|ue nunc in novo isto
roronarum Cnlloyio dirabiis horin ([UDtidio: ]>rima vel Cicoronis epistolag
ea^, quag tamiliarGs Yulfxo vocant. vel Caesaris commonturia ; pt tiuarta nunc
concioues aliquot Liiiii. nunc de trUtlbus Ouidium et haec diebus profanis.
Featis enim temel tantum et qnidem proverbia Salomonia. Inatitui hie
qttldem Gimmmatieoa per medium pene annum: eontubeniiiim vero et
mensam habui per mensos aulum tres . . . Artos igitur dirnndi diHgenrr>r
dieco. Ciceronem atudiose logn, ad Cirpronis imitatioiipm me compoQO,
linguam germanicam non negligo, Uebraicam dieco, ad graecam etiam sab
aeetatem ut apero reverauma." Es folgt Mine Tagesordnung an Sonn- und
Werktagen.
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9. Die ältesten Stadienplane dee JesuitengynuiMiaiiw in KDln. 189
Ende 1552 an Ignatlas« haben viele SchQler Grammatiker und
Klasslicer in Ausgaben, die Ton Protestanten besorgt sind, einige
auch BOcher, deren Verfasser Protestanten sind*). April
1553 reiste P. Rettiius mit Franz Goster uad andern nach Rom;
auf dem Weg dorthin trieb er hebrfliscbe und griechische Gram-
matik. Oktober 1553 schreibt Polanco, dass M. Joh. Riedt in Rom
zuerst noch ein Jahr Philosophie studieren verde, ehe er die Theo*
logie beginnen kdune^). Mai 1556 kehrte Rethius mit Coster nach
Köln surück, nachdem er kurz vorher zum Priester geweiht
worden*).
Der dreijährige Aufenthalt in Rom von 1553—56 gab Rethius
hinl&nglich Gelegenheit, die Studienweise iu Rom kennen zulernen*),
zumal er auch eini^re Zeit lang dem Rektor des CoUegiuin Germar
nicum Aushilfe leistete^). Uebrigens hatte Polanco wiederholt die
römischen AnschauuDgen über die Studien, welche sich nach den
Ordnungen von Paris und Löwen bildeten''), nach Köln berichtet.
Auch hatte Polanco selbst die Verteilung der Fächer und der
Lehrer im allgemeinen für Köln bestimmt, darunter speziell die
Kosmographie oder Sphaera oder andere Teile der Mathematik").
Von Rom aus erbat man sich auch (Dez. 1556) Dramen zur Auf-
führung in den Schuicü, da man in Köln über keinen Dichter wie
Wie dit' \'"'rhältiiisse der Kölner Schule und der Bildiiniri^-
gang ihres Leiters zeigen, stoäseu wii' mithin immer wieder auf die
>) Uansea, 8. 214.
^> Pohwco Chronieon III, 2B4» Rethius schreibt Mlbst: „A pnero lit>
teris opemm dedi: ante ingreiauin SodetBtis aitibos: poet RmnM per
aonum phUoaophiam ftudivl et per aaoiun »ut Mnpllus Theologiam.'* Orig,
Kom, Staatsarchiv-.
^) „Sai erdoa tACtus Bum Komae paulu ante quam Coloniam mitlerer
ft 8. m. patre nostro Ignatlo." Orig. Rom, Staatsarchiv.
*) In eiaem Brief« vom 10. Juli 1664 nennt Rethius als Gegenstände
des Btudiumd bei den Josuiteti iu Rom: „in publicis schoUs docet tres Utas
linguas theologia utiHssiraas, lutinam, grersini ot hebream, dialecticam.
rhetoricam, philuduphiaiu et eam matbematicea partem, quo vel phiiosophta
vel graviorum artium professoribus utilis aut neeessaria est, et sacram
quoqne theologlam.'* Hansen, 8. 219.
^) „Jttvi Rectorem in coliegio Germanleo Romae.*^ Orig. Rom, Staats«
Archiv.
^ Vergl. Duhr, Stuilienurdnung, S. 5. Brauosberger, B. Pet. Caniaii
£piatulae I, 2bL Polanco Chrouicon I, H7|.
') Hansen 8. 268 f. VergL S. 268.
Hansen 8. 284.
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140 MUteilungen d. Ges. f. deutsche Bndehungs- u. Schulgeseh. VIII.
Quellen, aus denen Sturm selbst geschöpft, auf die niederlftndiscben
Schulen und die niederlftndischen Humanisten, mögen wir den
Kölner Plan von 1522 oder den Mfinster'scben von 1551 oder die
Anschauungen in Rom oder die niederländischen Schulbücher ins
Auge fassen. P. Rethius brauchte also nicht indiielct aus Sturm
zu schöpfen 1), was ihm aus den direkten Quellen gleichsam wie
von selbst zufloss. Ob P. Rethius als ein rastlos thatiger und voran-
strebender Schulmann nicht auch die Schriften Sturms, besonders
die Uber die Einrichtung der Schulen vom Jahre 1538, eingesehen
und wenigstens fOr einzelne Modifikationen benutzt, ist möglich,
aber bis jetzt wenigstens nicht uachgewiesen. Wie man aber auch
diese Frage beantworten wird, an dem Hauptresultiite unserer
Untersuchung icaun sie nichts ändern: die Kölner Jesuiten >(hule
steht in dem Verhältnis direkter Abkunft von der alten Kölner
bezw. der alten niederländischen Humanistenschule: tlie direkte und
indirekte Verbindung mit den Ausläufern des niederländischen
Humanismus war so stark, dass in diesen Traditionen und Verbin-
dungen die orste iiiid hauptsächlichste Quelle für unsere Kölner
X^läue erblickt werden muss.
N. 1.
Tabula leotionum ImJuB Coronamm Collegü.
1557. Kaiend. Maij.
In Classe Dialevtieorum.
NB. Primua lectionmn Catalogus.
Hora ü. iiiatuliiia praelegeiitur vores Porphyrii;
deinde Ari&totelis^).
Hora 7. lectionis fiel repetitio jaxta dispqtationem.
M. Franc. Costerus. { Hora 1% Aristotelis Analytica priora» et posteriora.
Hora prima lectionis repetitioni quoQue adUangetar
disputiitio,
Hora I" Sjihaera inuiidi Johannis Sacn ljiisti
M. Henr. Dioaysius. Diebus Yeneris hura Vespertiua dibputabitur.
^) Die Kölner Jeauiteu suchteu ihre LektioDspliinB uborallhia zu ver-
braiton; so sandten sie dieselben «neh nach Straasburg. Rethiua sehT^bt
am 2. Janvar 1568: ««Agimus ifltvr per amlcos noatroa virOs bonos et
selosos ut catalogi nostri perveoiant in manna eornm, qui litteris dajit
operam Vltieiibürgoo . . . Lipsiae ©t Argentorali . . . Uac ntiono iam
Cataiogi miasi sunt Eiaiaüiuin . . . Argon'.iii.iin. * Orig.
Am Hände steht: Aiuiitures e nris ä. «J. sunt: Ueuricua S^onialius,
Franc. Hemerolua, (DachTerliea), Petrua Hauptius, Ooawlnua Hotteau,
(Hottaeua, Hottenus), Stephan. Weber.
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9. Die ältesten StncUeoplKoe det JeeuiteogyinnMloma in KOlo. 14 t
U. Goatenis. Sabbalhinii etdem hora Epfitola et Evangeliiim legentnr.
Domüiicis hora dnodedma: Euclidis Megarensis Geometricorum Elemento-
nun libri praelegentnr; et üsdem diebus hora 4^ ezponetar Summa doc-
trinae christianae in usum Christiaiiae Pueritiac per qnaestiones recens
conscripta et jussu ac Autboritate Sacratissimae Rom. Uung. Bobem. etc.
Kegiae Majrst. edita^.
Reliquis purro festivis diebus et iu iisdem exercebuutui- aatboribas, et
praetefea mane hon 6** Eiplicationi Epistoh» et Evangelü flUiat 4iä
interenmt
In Classe Rhetorum').
Hura äcxtu Marci TulliJ Ciceronis Pbilippicae in Marcum Antonium
corrigentur^).
Hora 12. CSceroBis de partidpatione^) oratoria Diatogns.
Hora prima idem fiet qood mane hora eeptima^).
Hora It». Tabulae Dialectices Gomel\j Yalerij.
Diobus Sabbadnis et dominicis hora quarta et caeteris diebaa festivia
atiam hora sexta.
His lectiones coiniiHines ornnt ctiin Dialecticis, sed Dominicis diebus
hora duodecima unus corum qui orationem proauotiabit et in caeteris festis
eudtiu iiora Tabuhis Comelij Valerij audieat.
In primä Classe Gramnitticoram.
Hora G et 7 tima opus Johaonts Despauterü de lyntaad sen emen-
data structur.i ladni sermonis.
Tlora 9. M. TulUj Ciceronis Laeiius sive de amicitia Dialogus ad
AtticuiD.
Hora 12. et prima M. TiiUij Ciceronis Epistoiarum libri XVI.
Hora 4. mrsnm DoBpautcrius de emendata structnra latini serraouis.
In sccunda Classc Grammatieoram.
Uova Q. et 7 tima Despauterius de generibus ac declinationibua
nuniinuiit.
Hora 9. il. TuUij Ciceronis selectarum Epistoiarum libri tres.
') Der genaue Titel der mir Torliegenden aeltenen sweiten Ausgabe
dea Katcchifimus von Canisiuö Iruitot: Bumm» Doctrinae Chriatitinao. Per
Quaestionod tradita, et in usum Christianae puoritiue nunc primum edita.
(Juten an dem Bilde, welches die ;£weito Seite dea Titelblattes ziert, steht
die Jahreeaahl löö6.
Am Rande steht: Diedpnli ex noetria: Alardus Prandceniua. Ar-
noldua Havonsius. Georg. EiiihouU lEinhouduä, Einholt, Einholtz, Piiroxylia).
Joes Dionysius. Hebert. Hodegianus. Ogerius Avantianns (Davaotianua).
') porrigeutur'.'
*) jedenfalls partitione.
Die fehlende Stunde um 9 Uhr war wahrscheiniieh wie hi der Dia-
lektilc der Repetition und Disputation gewidmet.
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142 UitleUnag«!! d. Gm. f. deutsch« Eruehunga- u. Schulgcsch. VIII.
Hora 12. et prima Despauter^ de nominibus Heteroclitis, formis com-
pHrationum et Terborum praetoritie atque Snpinia Traetatna.
Hora 4 rannm Giceronis selectae Epistolae.
la Qtrotine porro Grammaticoram online JuTcnnm compositiones
Praeceptores emendabiint et saepius qaotidie lectiones repetent. Diebus
praeterea Sabhathini? Evangoliitm et Epistolam seq»ipntis diei expnnet, id
(jiiod ijs duiidocima tiet; quarta denique bora Catechisnnnn illurn brevem,
qui doctriniu' ( liristianae compeiidium 'I est, studiose discent et doniinicis
diebus bora duodiciuia studiosum Rbetoricae aadient oranteni.
DomiiMis BOftter Jesus Christus quo a4jnTante plares bigosmodi
labores in vestram otilUatem post haec soscipiemas coastas nostros
propitins intneatar.
N.
Catalügus lectioiium qui serrabltur
a festo Paschatis lööl usque ad fcatutn omniura sauctor um < ju^dc-ni anni
Lectores. In st-hola Physiea.
I Mane bora C. post libros physicornoit libri
M. Petrus Sylvins Alostensis. de anima k^rentur.
bora 9. Metaphsica Aristntolis.
M. Henrictts Somalias Diouantensis. Hora 12. de ortu et intehtu et
Meteuru.
In scliola logicH.
. ^ ^ 1 Hora r». über de iaterpretatioue et posteriora
D. Francisctts Costems 1 . , .
„ .1. . . ( Analvtica.
Mecnunittisis. )
j Hora Mtliir;i Aristotclis.
M. Joannes l>iony8iu5 Uura 12. priura Aualylica et Klencbi Sophistici.
Neomagcusis. Hora 4. diebus Lonac, Mcrcurii et Vcneris publicae
fient disputationes.
In Rhetorica.
M. Pet. Hauptius Colonicnsis. üora 0. oratio pro P. Quiutio.
Horad. Sytitaxis Yarennij et tertia Phtlippica
Demosthenis
Hora 12. Uber 4 ad Heremiianit et eo finito
Dialectira AuLrustiui Hunaei.
Hora i. Uber i de oratore ad Qaintum Fratrem^
In Poest.
M. Gregor Fabias Dionant. Hora 6. Uber 6. Aeneidos.
M. Arnold, iinvens Bus
coduc.
„Tp^is diebus (Aprili^^) «niravimus inipriini C'atochiiimuni K. P. Nicolai
Gouduui qui C'atechismi Cunisii est compendium." So P. Uetbiua in seinem
Tagebuch f. 10 als Note in unserem Sammelband zum Jahre 1557. Vergl.
oben 8. 182.
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9. Die Klteiteii Stndieiiplftne det Jesttiten^^ymnaaiums In KOln. 14d
M. Alardus Arnoldi Bas
coduc'««
Hora 9. Grammatica (graeca; Clenardi et Platas
M. JacobusVelrouxLeud'''- ! Aristophanis.
I Horn 12. UbellBB CiceroBis de Seaectnte.
M. Gregor Fabiaa tdem. Hora 4. de ntraque copia Sabbatinis
oatem diebus et sacris parvas catechiamns Catbolicorum.
Iii superiori OnuiiiiistleB.
M. Michael Schilling Mulbusanas. Hora 6. Syntatis Beapaaterii.
M. Oerard. Qerardfaias i Hora 9. ProgymnaBmata graeca.
Leod'** 1 Hora 12. Liber 10 famil. Epistolaram Ciceronia.
H, Micha?] Scbiliiag qui sapra. Hora 4. Syntaxis Peipaaterii.
Sabbatinis aatem diebas et aacria par?as Catecbimaa CathoUcoram.
In tnilnriori Granmatiea.
H. Goawinaa Hotteaa Bastoniensis. Hora 6. Despaaterias de gene«
riboB et decliaationibaa nomioam.
Hora 9. Selectae Epiatolae Ciceronis.
Hora 12. exercebantar in mdimentia piimia et
regttlis constractionam.
M. Goswioas qui supra. Hora 4. Despaaterias do vcrMs Sabba-
tinis porrf) ft sacris diobtis parvus Cntechismas Catbolicorum. bunc
Catechismum leget M. Alardus Arnoldi.
LeetioneB comnumes trium oloMium sttpeiiorom.
Doctor Hcnr. Dionysius Neomag^^ Die Sabbatbi hora 4 EvaDgeliam
aeenndum Matthaeum.
D Frnnriscus Custerus Mecblin*"- Sacris diebas bora 4 Catechismus
Caesareae Majestatis.
Studiosorum PhUosopliiBe.
Eisdem Jiebus sacris hora 12 Philosophiae audi-
toribus legetur Sphaera .InbaiiTii« de Srirro-
bust«. qnn (ornjicii' ifliuiii disripuli intcreruut
declaniati<iiiibu> un. tarmii (M Rhelt»rum.
Triuiu iiiieriurum ela»siuin.
Hora 6 diebas sacris e]q»onetttr Evaugelium
diei stndiosis triam classiam inferiorum.
Catalogus lectionum novi Coronarum CoUegii S. J.,
qui servabitur a festu Oimiium Sanctoniin 1&61
usquc ad festum Pasrhae 1562.
Cum lingiiae et Philosophiae partes omiies laudabiles sint (et) utiles,
ac hoc tempore in Bepab: et Ecciesia Dei proraas neceaaariae, conabimor
pro Tirili (divino aspirante namine) Metaphyaicam, Phyaicam» Ethicam,
Logicam, Bhetoricam, Poeticam, lingnam graecam atque laitinam fideliter
M. Henricus Somalias
Dionantensis.
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144 Hitttilungoo d. Get. f. deutteh« Bniehung«- il Sehulgesdi. VIII.
Doctor
Fraadscns').
trade» jnnctia Ghrisüaiiis noribns pietate «e reKgione. Yffinim vt haee
panlo explieatiiis k nobis dicantor.
In Classe eorum, brevi doiiandi sunt 3Iagi.sterio.
, Hura 9. Metuphysica Aristotelis praelegetur, Joacliimo
Pereomo interprete, cujas versione in reliquis etiam
AristotoUs libiis ntemiir.
Bora prima repelitionea constitaentar Physices totins
et Logiees. ut ad fatwas promotionea disdpnli
paratiofea inTeniaatar.
Hitra 4 (li^pntationibiis pommnnibas in Schola Lugioa cum roli(|Ui8
phUosophiae audituhbus etiam istius classis discipuU iatererunt.
Ib «iMse Pliysieae«
. Horn 6. 8 lib: physiconim et ite finitis 3 lib: de
I anima.
Doctor Franciscuä. liora 7. lectionis tit repetitio.
l Hora 9. metaphysira lectio, tum bis tum preceden«
l tibus erit communis.
Magr. Joan. j Hora prima Meteorologicorum lib. 4 atque deinde Ubn
Dionisins. \ 4 de coelo et 2 de orta et interita.
Hora 4 dispntatio fiet in Qasae Logiea propositia tarn logicia quam
pbysiciB theubns.
In classe Logiiees.
Hora 6. PoipbyriJ Isagoge cum categorya Ariatotelia
libello (sie). Perihermenias p. 2 lib. de Posterior.
Analyai.
Hnri 7. lectionis fiet repetitio.
Hora 9. Etbica Aristotelis explicabitur.
Hora 1. Rudolpbus^) de Invcntione Dialectica cum
prioribitf« Ann]ytici<; Aristotelis Elenchisque sopbisticis.
Hnra 1. tlisputabilur.
Bis in hebduuuida die niminim dumiuico liora 2 atque Jovis hora 5
Logici contra Pbysicos absquc praeside (praoseutibus lameu eorura
magistrisj disputabant.
In elasse Rhetoricae.
Hora a. Ciceronis liber ad Q. Fratrem.
Hora 7. repetitio fiet lectionis.
Hora 9. diebns Lanae» HarCis atqae Mercarii syn-
taxis Yaremiij praelegetur, reliqais vero Philipp 4.
Demosthenis.
M. Henri:
Dionantcusis.
M. Petrus
Bttsaeus.
(
M. Amoldna
Bttscodaeensis.
M. (i rardns
Gempeusis.
*} Costeruä. Ueber die lolgendea Naiiieu vergl. Hansen, Itheioittcbe
Akten 774 IT.
*} Agricola.
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9. Di« Utetten Stadieapliae des Jemitengymmuduiiia in ffifln. 14^
M. Gerardas. | Hora 1. Rbetoric«« ad Hereiiniam üb. 4..
IL Ainoldos. I Höfa C oratio pro lese If tnilia.
Iii äiiigulis dominicis festisque diebas vicissim orationem pronantiabnnt
memoriter in pablico omnium Adolescentom atqae praeceptorum consessu;
ac praeter hflnc dedamaodi ezercitotionem liDgoU interim octavo quoque
die orationem compooent, quam in saa daase alfigent, nt tSt libera eorri-
gendi facnitas soia Gonmulitoiiibiia. Diebos aotem JoTiB. ut jamorea atiiiie
imbecillioreB hujns classis auditores declamationibas assuescaat. Semper
nnus ex iis roram hujiis vel porticae classis auditoribus atqtic eornndem
clussium professnribns orationem atiquam, quam antea maDdarit memoriae,
pronuntiabit. Diebus Mercurii bnra 5 poetae adversas Rhetores, et hi
vicissim contra illos, praesentibus utriusque classis Praeceptoribus in
grammatica latina, vel graeca atqae arte metrica disputabont. Singulis
porro diebas k 5 pomeridiaoa ad medium nsqoe aeztae singulae hujus
Gassis . . in snia leetionibns dispataodo «nroebnntnr.
M. Gregoras
Fabios.
in classe Poötica.
Ilora C«. Virj^ilii Aoneiilos IIb. 7, ciii adjaogeolar Mar-
mellij de componciidis vorsibus Tabalae.
Hora 7. lectionia institaetur repetitio.
M. Gerardus i Ilnra '.). partim graeca Clenardi grammatica, partim Aristo*
Gonterias. \ pbauis Plutas praelegetur.
j Ilora 11. Icctionum supcrionim fiet repeÜtio.
I Hora 1. libellas de amicitia.
K.Gregorias. { Hora 4. Ovtdias de Triitibns.
Öacriä porru et Sabbatinis diebus eudem bora breviur Catecbismos
Caesarcae Majestatia cxpUcabitur, praeterea diebus sacris aliquam brevem
Gannine contextam Orationem hora 1 memoriter (quam ante eomposaernnt)
pronanciabit madme qoi in ea arte largias progressos fiierit, et ne in primum
(sie), ant sint imbeciUiores (sie) 8n& ezerdtatione privenlnr, qnod Rhetoras
die Jovis solata oratione filciant, bi versibus in eadem class«> praestabont;
interim singulis diebus aliquot disticba Pracceptori atqae o* tavo quoque
die longiorcm Kpistol.mi tradcnt: — dabifiir rtiam opora, ut tarn isti
quam Rhetoriccs auditores pronuntiaadi materiam privatam ä suis prae-
ceptonbus discant
In el&SHe superiori Grammaticd.
D. Gnswinns | Hnra C. Dospauterij syntaxis.
Hotteau. \ Hora 7. repetitio fiet lectioois.
0 Lttcke.
llitteauDK«a d. Ges. f. d«uUAh« Enieb.* u. Sebulgearhicbte. VllI ^3 ISSa. |Q
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146 MitteiluDgea d. Gea. f. deutsche Erziehungs- u. Schulgescb* VIL
M. Gerardos
Iseren.
Hora 9. pdma lingaae graecae rudimenta tradentur.
Hora 12. praeter lectionam antecedentium repetitionem,
Semper alifiaot discipulorum Epistolae corngentur.
Hora prima über 11 Epistolaruin Ciccronis legetnr.
D. Goswinus Hora 4. Syntaxia cum brevi prioiae partis Despauterii
repetitioiie atqoe tum mazime & riiignlia Disdpalis Pröeceptor exempla
fllins regalae exposcet, quam ante prandlnm docaerit, qnae illi scripta
tradent et ad regelam eqiendeito; at iwo diebos saeris et labbatinia
eadem hora lectio fiet io breviori catecfaiaiiio Caesareae M^Jeataüs; die
Mercurii vero haec elassis cnin sequeati propositis praemiis bora 12
diapntabil;.
In Clause Grainmaticae Iiiferiori.
Hora ti. Despauterius de iiuminum generibus.
Hora 7. Sequetur antecedentis lectiotiis repetitio.
Hora 9. Epistolae selectae CiceroDis praelegentur.
Hora 12. nsque ad primom in rudimentis exercebontur,
nominum potissimam inflezioae et Terbonim conjngatione.
Hora 4. Dttpanterius de Terbonim praeteritia et SnpinU,
post vero tradentur bteres quaedam, atque faciles Qyntaxeos
regulae, qaibas adjuti disdpiili et facflins componant et ad superiorem
Classem accommodentar; sacris autem et sabbatinis diebas eadem bora
brevior Catechismus Caesareae Majestatis^) explicabitur. Porro rompo-
sitionibüs corrigendis vacabit tone maxime praeceptor hora 12 ubi in
rudimentis eos exorcucrit.
Leetionum omnium superioruiii dassium catalogus.
Diebus sabbatinis -1" bora pbysicis, lofpcis, et
Rhetoribus Evaugelium secuudum Maltbaeum prae-
Ifgetnr.
Diebes sacria eAdem horft üadem istia loci Gommanes»
qvi lua temporibns controvertnutnr ab baereticia,
ezplicabantnr.
Hora 1. vero sacris diebus Pliilo-opbiae stodiosi
librum M. Pomponii de statu Orbis audient.
In inferioribu» classibus.
Sacris diebas hora 6 tribus classibus iuferioribus
Evangelium Diei enarrabitur.
M. Aiardus
Amoldi.
M.
Herbimon*
tanat.
M. Alardus.
Doctor Hemriciis
Dionysius.
Doctor Franciscus
Costerus.
M. Henricus
Dionanteosis.
') Zum Jahre 15öS findet sieh in unsLArom Sammelbande die Xotls
aus dem Tagebuche des P. liethius ^14. die Nnverab. circa hanc studiorum
renovationeiu curavimus imprimi orationem pr « l^^ege Doiotaro emeudatam
im! exeraplar CaroU StepLaci adjunctis iu margine variiä lectionibus apud
Matemun ChoUnnm, Item apud enndem parvnm CatboUcoram Cateebiammii«
quem a ae eonfSetum nobia miserat Gaoiaiaa." YergL B. P. Caalatl
Bpiatdae II, 890.
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10. Ueber die wiasenacbaftliche Heranbildung der PUristen etc. 147
10.
Ueber die wissenschaftliche Heranbildung der
Piaristen im 17* und 18. Jalirhiinderte*
Hit besonderer Rflcksiebt auf die deutsehe (se. Osterr.)
OrdenB^ProTlnz
von P. Vxladrtob Badl, 0. 8. B.,
Arehivar des Bene^etiner Btlftee Altenlnirer in Nleder-Oeateireich.')
Unter den Orden, welche nach dem Trienter Concil entstaudea
Hind und in der Fobf^cLuii blühten, mniuit der l'ianöten-Ordea einen
vornehmeu Rang ein.
Wie bekannt, wurde er gestütet von Josefas v. Calasauia als
') Nachfolgende Studie schöpfte das Material aus der , Sammlung der
Constitutionen der Piaristen, ihrer Gpiieral- und Provinjiial-Kapitol. zu-
sammeDgestellt im Jahre 1773 (Manuskript des Archlves des i^iaristen-
KoUegium« in Horn). Eingeeeben wurden auch im Detail: dar I. Bd. der
Annalen de« Piarialen-KoUeglanw na Horn (1667—1786), worin die Agenden
der Lokalkapitel diese« Kollegiums, sowie der n^nora!- und Provinzial-
Kapitel während dieser Zeit enthalten sind npbon don Rundschreiben der
Generale und Pro%inciale; ferner der Band: ,Liber continens Epistoias
Cyclicas, aliasque Literae publicas tarn Generalis quam Pro-
▼ineialis Germaniae Cl. reg. panp. Matrla Dei Scholanun plarmn locbo*
atus Hornae ... ab anno Domlni 169B, cui etiam inscriptae sunt omnos ViBi*
tatioiics domus nostrae Hornanao" f Archiv des Kollogs, Manuskriptliaiui H):
der «Prospectna reriim memorabiliuni 0. Clorir. reg. Scol, pp
Provinciae Austriae" im Kataloge der ii. ö. i'iuristen vum Jaliro 1889^
(Vieanae typte Walliahaaaer.) PUr daa GeachichtUehe fanden Verwertung:
das Wirken der P. P. Piariaten In Wimi, von P. Anton Brendler (Wien 1896);
der Vortra;^ „Neue Beitrage zur ö.^terr. Schul^e.scliiclite dm Rogleninp;-s-
Rate^i Dr. Alois Egger - MnllwaUl, im Voreine „Mitteläcliule" abgt'driickt in
dessen Publikationen. X. Jahrg. IV. Heft; die „Geschichte der Savoy schen
Rltterakademle*^ von Prof. Scbwars, 1897 (herausgegeben von der dster-
reichiachen Gruppe d. (Seaellech. f. dtsch. Ersieh.- u. Schnlgesch.)
10*
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148 Mitteilungen cL Qet». t. deutsche Erztehungi»- u. Schulgesch. .\,l\L
,8colae piae* bei St. Dorothea in Rom für den unentgeltlichen Un-
terricht armer, verwalu loster Knaben.
Papst Paul V.. auf die stille und aufopferungsvolle Thäiigkoit,
wekho Calasanza und seine Anbänger in jenem Viertel der Stadt
Rom entfalteten, aufmerksam geworden, erhob ihre Vereinigung am
4.Mftrz 1617 zu einer Kongregation nnfcer dem Titel: »Congregatio
Paulina Pftupentm Ifatris Dei Seolarum piarum'^ mil dem Sitze soi
St. Pantaleon. Dieser Kongregation wurde die Best&tigung als
Orden durch Papet Gregor XV. mit Bulle vom 31. Jftnner 1623
mit Approbation der von Joseftas y. Calasanza Terfassten «Insti-
tutionen* erteilt.
Unter der Obsorge des Stifters erweiterte sieb das anfänglich
einfache Scbul-Institut für arme Knaben derartig, dass die Ordens-
Mitig^eder, gestützt auf pftpstliche Privilegien, nicht nur im Lesen,
Schreiben und Bechnen, sondern auch bald in höheren Disziplinen
unterrichten Iconnten.
Schon zu Lebzeiten des Stifters verbreiteten sich die Piaristen
rasch («Uagnoperecavendumest» ne plura gj'mnasia seu soolae piae
admittantur, quam ipsa congregatio commodc de nocessariis mini-
stris proyidere possit" [Constitutio P, II, 2 p. 8], so schrieb der
Stifter vor, um voreilige Neugrtlnfltinfjf'n hintanzuhalten) über Italien,
ja auch Uber die Orenzen Italiens hinaus, und Josef v. Calasanza
kam oft aus Hangel an Ordcns-Mitgliedem in Verlegenheit, indem
er die an ihn gerichteten Gesuche wegen Einführung der frommen
Schulen an verschiedenen Orten abschlägig beantworten musste.
Nachdem man für die .srolae piao" in Sizilion und Spanirn
Kollegien gpp:ründf«t hatte, erging der Ruf an den Ordens-Stifter
wegen EinfUhrnni; derselben auch von Oesterreich hur. Schon 1G31
wurde das erste K(dle^iuni in Mähren und zwar in Nicolsbiir;; ge-
gründet und damit der grossen deutschen Ordeus-Provinz der Ur-
sprung gegeben.
Hi^M-auf erfols^en rasch nach einander die Gründungen der
Koik'gifu zu Stras-nit/. lf)33K zu Leipnik (1634) und zu Leito-
mischl (1640) (erstes Ktdlei^luiii iu Üühmen). Auch nach Ungarn
drang der gute ilul" der l'iaristen vor (wo ihnen die Gründung des
„Collegium iVidoliense" ermöglicht wurde) und nach Polen.
Noch eiimuil schien die Schöpfung des Josefus v. Calasanza durch
Neid und .Missgunst gefährdet — jedoch Papst Alexander VII.
stellte den Orden am 24. Jänner 1656 als regulierte Kongregation
mit einfachen, zum Bleiben verpflichtenden Gelübden wieder her.
Nun erfolgte die Grttndung des ersten Kollegiums in Nieder-
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10. Ueber die wisBenBChaftlicbe Heranbildung der Piaristtti etC. 149
Oesterreich zu Horu*) durch den Grafen Ferdinand Sigismund Kurz.
Von Horn aus geschah, die Errichtung des ersten Kollegiums su
Wien bei Maria Treu In der JoseMadt, und damit ersehloss sich
der deutseben ProTinz ein sehOnes Gablet für die ansprucbsloBe
Tbfttigkeit ibrer MitgUeder.
Der leiehteren Verwaltung wegen und wobl aueh wegen der
Teiscbiedenen Zwedce wurde von der grossen deutachen Provinz im
Jabre 1748 (29. Juli) die Osterreicbisebe als Vice- Provinz ab-
getrennt, Jedoch schon am 26. April 1751 erfolgte eine neue Ein-
teilung der deutschen Provinz: nämUch in die österreiehiseh-
rbeinisch'schwftbiscbe und in die bOhmisch-mähriscbe, wo-
rauf im Jahre 1760 sich die Österreichische von der rheinisch-
schwäbischen trennte und eine selbständige Provinz bildete.
Besonders von dieser Zeit an nahmen die Piaristen in Oester^
reich sehr thfttigen Anteil 'an der Reform des hiesigen Gymnasial-
Unterrichtes» ja! — es war sogar etaiem Mitgliede des Wiener
Kollegiums vorbehalten, Reforraplfine auszuarbeiten und der Regie-
rung zu unterbreiten.
War der Piaristen-Orden rasch zur Blüte gekommen, so geschah
dieses nicht nur darum, weil diese Schul>lnstitution einem
eminenten Bedürfnisse abhalf, und weil noch keine Vor-
eingenommenheit und Animoritäf <;egeu dieselbe bestand —
sondern auch aus dieser Ursache, weil die Ordens - Konstif titioneu
unter solchen Voraussetzungen verfasst und approbiert wordon
waren, dass sie kein starres, undeliubares System bilden,
.sondern nur eine allgemeine Richtächuur und Norm sein soiiten,
1) üeber dae PlsriBteii - Kollegium su Horn enchlMMii folgende Ab-
handlungen: Dir. Schwan, Jahrosbaiicht vom Jahre 1878 (Kurse Geaehichte
des GymnaHiums); Honorius Bürger bringt Daten tu Icinselben in seiner
„Darstellung^ der (JoycbM-ht - des 8tift«8 Altonbur«: niid dessen Pfarren" bei
Horn (Wien, Karl Gerold iä Öohn, 1862); die „Scliulconioedien und dramati-
schen Aufitlbrungeu bei den Piaristen im 17. und lb>. Jahrhundert.^' Jahr-
bnch der Leo-Geaellschaft (Wien, 8t. Norbertna-Drockerei, 1895. Se|iarai-
Abdruck im St. Norbertus-Vorlage); .Die Serie der Schuldrainen etc. der
Piaristpn zu Horn in den Jahren 1659— 1785, • (Mittoil. d. ncscllscli. f. d.
Er/.iolnms»- u. Scbtdgrf'sch. ISgß. S. 290—:^ 16.^ Boid«» vom Verfasser
dieser Studie. Endlich: „Die Piariatenkirciie in Hurn ' von Prof. Kre«chni&ka
im üyronasial-Jahreaberlehte 1895 (Horn).
Der obif^e Vortrag (Note») „neuere Beitrage* etc. von Dr. Bgger«
Müllwald t'nth;i!r fino (ib<'rsichf!icho Darstellung der Geschichte des Gym-
nasiiiiiis zu Hiiri) mirli dorn vorn Vr>rfa>»s5r dieser Studie herrührenden
Manuskripte, das in den Beitragen zur österreichischen Erziehung- und
'Sehulgesehiehte von der Oat^r. Gruppe herausgegeben «rerdeh soll.
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150 HitteUnngen d. Get. f. d«iit»ehe Eraidhnng»- iL SeliidgMefa. VIU.
welche warn Fordenrngen und Umstlnden angepaast werden koimte
— freilich! mit steter Bflckeieht auf die vom Ordens - Stifter Tor-
gezeiebneten Ordenszwecke.
Hatte doch Papst Paul V. in der Constitutio »Ad ea* vom
6. März 1617 dem Josef y. Calasanza, sowie seiner Kongregation
die Fakult&t erteilt:
at pro felid Gongregstionis ilUiuqae domonun et scbolaram regimioe»
quaecamqno statnta» C^pitola, OldineB et Deeretanecessaria etopportana,
licita tarnen et honesta, sacrisque Canonibas et Concilii Tridentini decretis
<'t constitutionibas Apostolicis non contraria, per srdcm Apostolicam appro-
banda et cuutirmanda, facerc, edere, illaque pro tempore, prout eis
videbitnr et expedieus fuerit, praevia simili approbatione et confirmatione
matarc, alterare, corrigere et ia melius reformare Ubcre et licile valeant.**
Waren auf Grund dieser Fakult&t die Ordens-Institutioiien ver-
fasst worden, so widmeten sich der Ordenstifter und seine Nach-
folger im Generalate, femer die General-Kapitei, die Pro-
Vinciale der einzelnen Provinzen, die Rektoren mit ihren
Lokal - Kapiteln mit rfihrender Sorgfalt und Gewissenhaftig-
keit, die uns Überall en^egentritt, wenn wir die Akten des Ordens«
die Briefe des Ordens-Stifters etc. durchblättern (Documenta spiii-
tualia S. Josephi Calesanctii a Guidone ab Angelis ed. Nioolsburg
[Neumann] 1772), der allseitigen Ausgestaltang der von den Päpsten
begünstigten Ordens-Konstitutionen.
Bei den Gtoneral^)-Kapiteln, welche jedes sechste Jahr ab-
M Uobcr dort Generni und desseti Wahl lautet die Vorschrift der
Coiitit. eti-. lulKenclermuasaon :
Ex duplici cüpitu poUrit Cungregatio Generalis couvocari, vei
ad ministri Generalis electionon vel pro aliquibus rebus graviorlbus ad
statum Congregatlonis perfecte dirigendnm perttneotibos (Constitutlonum
Pare III. Kap. I. 1).
Papst Ak'xamlor Yll. verurdtm-to, da.ss alle t", Jaliro ein Gciu'ralkapitpl
2ur Wühl eitieü neuen Geuerala zuäaiumentrete ^(Joutit.: cumsicut 28. April lt>60).
Papst Benedict XIV. verordnete am 14. Januar 1758, dasa der General
alle 12 Jahre neu gewählt w«rde (Const.: Chriatianae pietatis), und daes
alle l'j Jahro vom Jahre 1760 an oin Gen «Mal-Kapitel abgehalten werde zum
Zwecke der Wahl eines neuen Generals. Diese Verordnungen wurden selten
praktisch, indem die Generale meistens früher mit Tod abgingen.
Dem General stand die Leitung des ganzen Ordena au, weshalb er
genau über die Ordenshäusar und Ordenspersonen etc. instruiert sein
musste. (Const. 1. c. Kap. I, ;}.) Er wählte den Prokurator, welcher zu
Rom residioTtP „pt cujus partes erunt, tntiuB Congregatiiiiiis negritia frororo
ac diligenter expedirc. (tonst. 1. c. Kap. II, b.) Der Prokurator nahm
in Rom den Rang vor dem Provincial ein. Ausserhalb Rom jedoch nach
dem Provmcial (Kap. Generale 16&3). Bei den General • Kapiteln hatte er
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10. Ueber die ivineiuelMAlieii« HenDbildmig der Piaristen etc. 151
gehalten vuideiii inirdeii die einselnen Kapitel und Punkte der
Konstituttonen» entspiediend den neuen Anforderungen, welche an
die diversen Kollegien der zahlieichen Provinzen des Ordens ge-
stellt wurden, kommentiert; Fragen, welche durch die Delegierten
der Provinzen (je ein Provincial*) mit zwei bei dem vorhergehenden
jedoch Rang und Stimme vor deu Pruviucialeu (Kap. Generale 1742).
Spater Wörde fOr jede Provinz efai Prokurator (in Rom) bestimmt (Generel»
Kapitel 1712, P. 4). Au der Seite de« Generals atandeii 4 AoeliteBten,
-welche derselbe sich erwählen konnte (Coiwtltatlonum 1. c. Kap. III, l)l
,qul fiiiali providentiH et raritato firca erteriiH quae ad ii>Bum pertinere
poternnt rirm rnrporla s ti uri valetudinem ei aaaistant. Insuper et cont'ilio
in rebuä dubiiä lüäcerueudia, quuruia sententüs, q^uuad fieri potent, ute-
tetur.* (Coastitatlonttni Kap. III, 1.)
Alexander VIL bestimmte in dar Conatitutio .cum ait" vom 28. 1660,
dasa die Asaiatpnten allo 6 Jahre vom Gen e ral -Kapitel gewählt -w-ttrden.
Daa General- Kapitel vom Jahro 1754 zahlte genau die Befugniasc der Asai-
atenten [anschlieaaend an die Coost. Alezander VII. (.cum ait")] mit be-
•ehUeaaender Stimme auf. Die Provineiela waren von ihnen nnabhaagig
(Kapit. Generale 1687).
Die Provineiale^nrden vom General ernannt (naeh Kap. IV, P. 2
der Conatltutionon). Alexander VIT. verordnete jedoch: In electiono Pro-
vincialium AssistenteB cum Praeposito Generali v(»tum habent decisivum
(Const.: „cum sit"» 1660 28. Aprilis). i'rovinciaiea informent de omnibus F. Ge-
neraleai, i. e., de caaibas insignioribiaa et gravioribus, ne tafiuxn obllvlo
magno enm ReUgioniB lacommoilo eubrepat (K^. Generale 1671).
Die Provinciale hatten ihre Provinzen zu viäitieren, wobei die spe-
ziellen Wahrnehmungen, Mahnungen, Verordnungen <'tr. in die Hans-
Annalen oder in ein boBtimmtes Buch eingetragen wurden, welches in
jedem Kolle^nm auflag. An der Seite der Provinciale standen die Kon-
snltoren, su walehen nwA die Aasistenten kamen. (L e. Kap. IV, 8.) Das
General-Kapitel vom Jahre 168S nennt 2 Assiatentea, welche vom General
auf den Vorschlag dea Provincialf» bin bpstatigt wurden. Das General-
Kapitel vom Jahre 1760 nennt s Mitglieder für den Vorschlag dos neu er-
nannten Provincials, aus welchen der Geueral die tauglichen auserw&hlen
•ollte. Anaser den Assiatwten hatte der Provindal 2 Konsnltoren: qni enm
P. Provinciali €|jtiaque Aaaistenttbus constitnant vuam Coogregatlooem, in
'pifv tum de observantia, tum de aliia rebus gravioribus Provinciae agatur.
tSie wurden vom Provincial erwnhU und vom General bestatiijt. (Ivap. Ge-
nerale 1718.) Nach dem General-Kapitel vom Jalu-e 1724 sollte die Kuugre-
gation der Konsnltoren und Aaalstantan aweimal ' im Monate ausammen-
treten. Ihre Ponktionsdaner war ein Trieoninm wie jene daa Provindala.
Die spozieHen Befugnisse und Rechte der Konsnltoren und Assistenten,
welche nicht notwendig in der Umgebung dea Provinciais sein mussten,
wurden von den verschiedenen General-Kapiteln erweitert und ausgestaltet»
je mehr sieb der Orden entCUtete.
Provincialit in ana Provinda nnUaa regulaa aut ordinatiane«, aeu con-
•tmctttdiaes abroget, vel novas indueat ineonenlta Genenll, niai eine gravi
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152 Ifittettongeii d. Ges. f. deutaefae Entehnnga- n. Selivigeacli. Vm.
PioTinzial-Kapitali) gewfthlten Vokalen) bei dem General • Kapitel
voigebracht wurden, nach eingehender Beratung beantwortet, er-
laubte Wüneehe befiiedigt, MaaasDahmen snr Hebung der Disziplin
und der wiBeenflchafÜlehen Heranbildung der Ordene-Eandidäten
und der Studenten an den diTersen Aber die ProTinz lerstreuten
Gymnasien (und Schulen) getroffen.
So wurde aus der Barten, bei St. Dorothea im Verborgenen
emporgesproflsten Pflanze seit deren Ueliertraguag nach St. Pan-
taleon nicht nur ein mächtiger, nach aussen sich ausbreitender,
sondern auch im Innern sich konsolidierender Baum.
Denn — dass cJic ( )rdeuä-Kou6titutiüüeu uud die Verorduungen
dor Ordf'tis-Uberen und der Kapitel der Befolgnnor entgegengeführt
würden, dafür sorgte der General entweder Heibat oder durch seine
diqyendio Generalis nMpoiuain expectari nequeat. Veram <|uantoeyiM
potent i]\in de catisa factum Bit, Generalem admnnplnt. fujws or-
dinatiouea statiin, atque acceperit, ab omnibus suae Provinclae superioribus
obtervari fadet Et quae ad bonam gubernationem pertinent in aliquo
libro ad id dedgnato doMnibat, et In loco eommodiori AxdÜTiim llMdendum
curabit, In quo Ubro« et m, qwM ad officium suum spectabunt et usum
IVovinciae communem, ut auccesfloriboft H>igiiari pOMint» aaseriukbit. (Con-
atitutionum Pars III. K tf> IV, 4.)
Ich fdhre hier die Belugnisso der l'roviiicmle in extenso an, weil die
Provinclale später uud besuoders als in den letzteo Jahrzehotea dea
Ift. JabihuDderto In Oeatenreieh dar Vericabr mit Born anchwert oder gans
verboten wurde, einen gronaeu EiniluM auf dia Anagaatallang daa Untar-
richiea in ihren Proviniea aoattben konntan.
') Die Provinzial'Kripitel wurden alle 8 Jabre einberufen (de lieantia
GeneraMs, circa res dubia«, difficilaaqaa Ullua Provineiae etc. GonstituUonnm
1. c. Kaj.. IV, S).
Dieselben wurden untpr dem Vorsitze doa Provinciala im Boiaein der
KoDBultoreu, AMittteuten, d«r liektoreo der eiuselueo Kollegien uud je
»inea von jadam Hanse (in welehem sieh drai raap. swai der paaaivan
Stimme sieh erfreuende Mitglieder (Kap. Gen. 1G83) t>efanden)zu arwahlenp
den Delegierten (Vocaleni abgelialten. Iiier far rlcn dio Candidatinnei^ zum
Pro\ Incialato und /u den Rektoraten statt. Hier wurden die Angelegenheiten
der Provinz veriiandelt und die Vorsclilage in Besug auf dieselbe betreffs
Untarrfcht etc, welche vor daa näehata Qenaral-Kapitel gabracbt wardan
aollton, snr Vorbaratnng antgagengamMoman. Hier wurdan auch die swei
Vocales mit einem Adjunkte, welche zu dem nftchsten General-Kapitel mit dem
Provincial roieen sollten, gewählt (I.e. Kap. IV s 9— 1f!.^ Der neue Provincial
bestimmte hierauf die Beichtv&ter, Prediger, Loktoreu für die einzelnen Kolle-
gien and dan Bpiritualf welcham die BrsichaDg dar Jungen Kaadidaten oblag,
(l e. Cap. 14.)
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10. üeber die «IflseatchaflUche Heranbildiitig der Flarittoa etc. 153
Viaitatoren in allen Provinzen, sowie duTcb die Provineiale und
Bektoren^) in den einseinen Provinaen and Kollegien.
. G^hab diese Durchfülirung^ der Constitutionen und jeweiligen
Verordnungen getragen Ton dem hohen Ernste der Sache, so blicict
Qberall der Geist der Liebe durch, welcher duroh stidihaltige Mo-
tive zum Qehoisam drängt — jedoch auch im Interesse der Sache
mit der zustehenden Gewalt zwingt, wenn irgendwo unbotmiesiger,
egoistisoher. das allgemeine Interesse bedrohender Wider-
stand aulhtGsst
Um Uber alles dieses sich ergehen und den Orden bei seinem
raschen Heranwachsen belauschen zu Idinnen, dasn geborten
Tiele ungezählte beschriebene Blatter. Uns interessierte hier
wohl nur Tor der Hand der Apparat jener Verlttgungeu, welche Yon
Seite (des Ordens-Stilters und) des Ordens im Laufe der Jahre er^
flössen sind zu dem Zwecice, um seine Mitglieder in einer Weise
wissenschaftlich heranzubilden: damit sie den Erforder-
nissen, welche Zeit und Ortsverh<nisse an sie stellten,
in den einzelnen Kollegien und Anstalten gerecht werden
konnten.
Nachdem jedoch diese Arbeit gleichfalls in dieLftnge geraten
würde, sollen nur einige Studien-Ordnungen und zwar besonders
solche, welche für die cisalpinen Provinzen und speziell für die
Osterreichische bis zur eigentlichen Beform der Osterreichischen
Gymnasien hinausgegeben wurden, hier berücksichtigt werden, was
aber vor oder iazwischen geschah, kurz erwähnt, zur Orientierung
bezQglich des Nachfolgenden zugleich die darauf bezüglichen Punkte
der Ordens-Konstitutionen vorausgeschickt werden.
Die Rektoren wurdor« alle 3 Jahre ernannt oder bestätigt Slo
konnten die „dtTu-ia miiiora"' im Haus© verteilen. Sie waren aucli die Vor-
sitzenden bei den „Lukal-Kapiteln", boi weichen der Vokale zu dem Pro v in -
slal-Kapitel gewSblt und Fragen eot Vorlage an du Proviniial-Kapitfll durch-
beraten wurden. Der Rektor hatte dem Provi&iial-Kapitel mit dem Vokalen
beizuwohnen. Er war der ChroniBt des Hauaee>. dem auch die Vorwaltung-
des Küllogiunia oblag. Neben ihm waltPto der PrBfekt doa Gymnasiume
aeines Amtes, wenn eiae Unterrichte- Anstalt vorhunden war. Im Jahre 1718
. erhielten die Rektoren vom P. Provindal depatlerte Konaultoren an die
Beite.
>) Der P. Geaecal hatte laut Conetltatlon P. m. Kap. V, 1 die Befug-
nis, eicli Vir^itatoren ku ernennen, weiche pinzolne Pnivluzon mipr Kolle-
gien in seinem Namen visitieren konnten. (Die Dauer einer solchen Vlai
tation war fOr kleinere Kollegien auf 10, für grössere anf 15 Tage anbe-
raumt (Kap. Gen. 1688). Die Generale vttttlerten eelbet Öfters — auch im
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154 Mitteilungwi d. Ges. t dentache Erslehiings- u. Sdralgeaeh. VOL
I. Die Heranbildmig der Ordens » Kandidaten naoh den
Konstitutionen des Ordens.
Schon bei der Aufnahme der Novizen bollte inii Vorsicht vor-
gegangen werden. Jeder, der in den Orden eintreten wollte, musste
sich einer Prüfung über die zum Ordeasstande und bezüglich der
iur das Lehramt notwendigen Forderungen uutei-ziehen.
Dabei kam auch der Fragepunkt vor: Wo der Kandidat atu-
diert, welclie Klassen und wo er sie studiert, unter welchen Lehrern etc.
(Constitutiones P. 1, c. I, 8.)
Die Erziehung und UeranbildiiDg der Kaadidaten geschah
separat in eigenen ProbationB- oder Noviziats •Hftnaeni durch swei
resp. bei LaienbrQdeni auch durch vier Jahre — und zwar getrennt
von den Übrigen Professen und Patres« (1. c. P. I. c. IL 6.)
W&hrend dieser Zeit wurden dieselben nnter Leitung des
Novizenmeisteis in die Ordenspflichten elngeflihrt und ihnen die not-
wendigen Wissenschaften für das zukünftige Lehramt von den eisten
Fundamenten an beigebracht (1. c. e. II, 7.)
War die Probezeit vorbei« so wurden die tauglich befundenen
Kandidaten zur Profess zugelassen, und nun begannen fttr sie die
höheren Studien.
Sie blieben jedoch noch Ifingere Zeit (per triennium) sab re-
gulis et modo Tivendi strictioni (Kap. Generale 1637 — decret.
Clementis X. 1676^)). Bald unterrichteten die Neo-Professi in
den unteren Klassen, um zu einer immer hOherea Klasse je nach
der Verfügung der Oberen aufisusteigen — und zwar öfters mit
Namen der Pflyiete (z.B. der General Johannes Pmnciscus a. S. Petra
im Jahre l(iU5 als apostolischer Kommissär und Delegat die deutsche, die
polniaehe irad ungariseh« Provinz) « einielne Proviozm. Wie ichon er-
wähnt, Staad 08 dea Provlndalen ob, ihre Kotleg^on su viaitieren.
*) «Omnea Naoprofbiat datlneantor in ProfMSorio aaltem per tden-
nium poflt ProfiBasloneni aub regnlls et modo vivendi strictiori; ad reere-
atiunem et eonvorsatlonem Seniorum noo acco i unt, studiisque diligentem
impendant operam. Quoad Sacerdotes juiüures relinquitur dlscretioni
Superioris", so entscbied das General-Kapitel vom Jahre 1637 zum oben
cltlarten Punkte 1 (das X. Kap. Part I dar Conatitutlonen), Clemana X.
baattttigto diesen Zvaats 1676.
*i Die Professen mussten nicht sofort zu I^riestern geweiht werdaD>
Der Ordenaatifter eelbat wollte nicht Viele zum Priaaterataade in-
iaasen.
Noch ein Provinzial-Kapitel der deutächeu Ordenepruviuz vom Jahre
1728 baatinunte deawagen daa »ante quinquannlam Profeyionls exoapte
Caan neceasitatia (Hertel ad aaeros ordine« noa pro aovoantur.
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10. Ueber die wiBBeoicliaftlidie Hennfaildiiiig der Piaritten etc. 155
Wiederholung einer Klasse i). Es war jedoch auch nicht ansge-
scblosseo, dasfi Novizen im zweiten JaJire aiishilfisweiae in den
unteren Klassen yerwendet wurden.
Bestimmend für die Heranbildung der Ordens-Kandidaten war
anfänglich die Verordnung der Konstitutionen des Ordena-
Stifteis betreib des Lehrzieles, von welchem derselbe im ersten
Teile, Prooemiam, 4, sagt:
Erit ergo Imtitati nostri a primis elementis modmn recte le-
gendi, scribendi, computa faciendi, lingnam latinam pietatem
praecipue et doctrinam christianam paeros edocere et btec summa,
qua fieii poterit, facilitate executioni demandare.
Diesem Zwecke eTir^i n chend sollte eben die Bildung des
juDgen Piaristen in erster Linie sein. ^ Im zweiten Teile, Ka-
pitel X, 1 verordnet er jedoch weiter:
Cum finis, ad quem nostra Religio per exercitia Scolarum
Piarum tcndit, ut supra dixinms, sit puerorum eruditio, tarn cira
christianam Pietatem. tmii rirca humanas litteras, Qt, sie edocti,
vitam possint cousequi aetcraum; ad eam tinem consequcudum, vitae spiri-
tualis exemplum, doctrioam, et modum eam tradendi necessaria esse daxi-
mus. Et postqunm in bis, qai ad PrafSsirioBem admini saut, apparebit, iii
verii virtntibits non nihil profeeiase de fondamento litterarnm et
modo eas tradendi ac proponendi cogitandnm erit*)
und Sttb 2: verordnet er, dass in den einzelnen Häusern des
Ordens zum wenigsten zwei Alumnen des Ordens seien, welche an
Stelle jener treten konnten, die durch Krankheit oder durch eine
andere gerechte Ursache verhindert sind, bis endlich die Ordens-
Genossenschaft in jeder Provinz e 1 n Studienhaus besitzt, welches
für taugliche Ministri sorgt (und in welchem ausser Rhetorik
und den „casus conscientiae" keine höhere Wissenschaft gelehrt
wurde*).
*) Jedoch unter AuMcht, woDigstane a&fäuglich.
*) In apfttwer Zelt wurde voa den Ordena-Stadenten, bevor sie aus
der Humaniora zu den höheren Studien aufsteigen konnten : die LetctCre
lateinischer Klassiker und doron Nachahmung im klassischen i.atoin und
die Lektflre griechiacher Klasaiker, damit sie einst dieselben lehren
kOoateo. Pemor Brlermmg der franzSiiflehen und italienischen Bpraehe.
Uebar das BrlMnte aoUtea «la wOehaatUeli den Stndlendirektor Rechen*
echaft geben. Angtrmten wnrda ferner in den übrigen Stunden die Intro»
ductiones ad Ger>^raphiaTn Dovam et antiquam, Chronologlam, Historiam et
Mathesiu (Kap. ii^u. i(ibo).
^) Diese restringierende Verordnung, welche das Studium in den
Ordensatadien-Haoaem beschrankte — i.e. nur bia sur Moral und Rhe*
torik erlaubte — wurda mit Brianbali des apoatoliseheii Stuhles bald ausser
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166 Uitteiliuigeii d. G«8. f. deatoche Eniehungs- u. Sehutgeseh. VIII.
Endlich sub 3: Und jene aus uns, welche die 0ch9nen Wissen-
Schäften lernen werden, sollen zu gewissen Zeiten Ton solchen
Dingen, die in dieses Fach einschlagen« unter Vorsitz desjenigen,
der ihnen dazu Anweisung geben kann, einen Öffentlichen Beweis
ablegen (de Ug dlspatabiint*)).
«Similiter (fUurt er weiter fort) etiam in eomponenda solota oratione,
aat carmitte, aeu themate ibidem es tempore ad exploraadam ingenii prom«
titodinem eos excrrebuot et in aliis etiam exercitatioiubas, proat Snperior
expedire jadicaverit. Hi omnes stadiosi comnaniter latine loqaantmr; Sint
etiam nliqni ex Nostris qui Novitios in «ecTindo Probationis ni'no.
supehüi'i bene visuin fuerit, doceant non solum modum docendi doctnnam
cbristianam, sed etiam modam perfoctc littcras forniandi et com-
puta faciendi et quos ad id idoneus etiam Clericüs aut Sacerdotes
inTeaerit, in eo institato perficiat, quisi alias sna tempore ktoaei
reperiantor« Generalis sen de ^ns ordine Provindalis (ad omnia ofßcia in
qoolibet domo et Provincia) eos promovere poterit. Idemqae qnoqne ob.
serrabit Snperior in iUiSt qni ad fnndandos pneros kd prineipüs üngnae
latinae singnlare talentum') habebunt.*^
Hierzu giebt er den Oberen noch die Mahnung» darauf zu
sehen, dass darüber nicht die Gottesfurcht bei den jungen Ordens-
Genossen loide und auch durch geistliche Exerzitien (per 10 dies ante
festum (JO. SS. et per 5 vel sex dies ante ResorrectloDoin D.)
sowie durch die Erneuerung der Ordensgelttbde (ttr den Fortschritt
in geistlicher Beziehung gesorgt werde.
Geltung gebracht: denn das General-Kapitel vom Jahre 1718 verordnete: ,
PoBBDst Religtod noatrl ttbiqae in Collegils et domlbuB Nostris legere
Philosophinm, Theologiam et roHquea omnes scientiae non solom
pru ReHgiosis Nostris sed efiirn saecularfbus et extnris cum ecitu tarapn
et luüultikte P. GcüoraUs ut jam In multis Prorlnclls a pluribuH aniiia
legere et docere consueverunt. Uebrigens »eut die Coustit. „Nubla quldem**
des Papstea Clemen« XII. vom Jähre 1781, ire'che diesen 6enenil-K»ptte1>
Bescbluss bestätigte» hinzu, dass schon Paul V. dleaem Umstände, höhere
Dlsziplia IphroQ /u dürfen, kein Hiodeinii onts"Ogf;n pcsotzt habe iConatit.
.ad oa" Ii M:ir£ lülTi .dummodn tainoa apud schola« pias Coaatitutiones
ordini» quoad sc hu las niiiioreB servontur,*
') Dttoiit ^var die Veranlassung zu den Hpüi^r verordneten wöcbent-
lichen und mo&aitUehea bioslichen und an den Offentlieheii (bei den Prü-
fungen) abgehaltenen Dlsputatioaeo, aufweiche wir später bei den Stadien»
ofdnnngen (besonders vom Jahre 1696) etc. surfl^kommea werden, Anlas«
gegeben.
>) Noch im Jahre 1771 ruft das Provinzial-Kapitel der östorreichischen
Provinz diesen Punkt der Coastitutiones mit folgenden Worten ins Ge-
dlchtnis:
Absolato eurstt stadionun Jualorea a P. Provinclali laterrogeatar.
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10. ITelitr die wiaMnachaftlldi« HertuabUduug der Piamtea etc. 157
II. Studien-Ordnung für alle Ordena-Kandidaten
vom Jahre 1694.
Als der Stifter der frommen Schulen die Ordens-Konstitutionen
verfasste, hatte er eben den Plan vor Augen, nur die Grundzüge
für die von ihm ins Leben gerufene Lehr-Institution zu entwerfen.
Schon zu seinen T.ehzeiten wurde mit (lenehniigung des apostolischen
Stuhles an der Erweiterung derselben gearbeitet; noch mehr nach
seinem Tode, wo der Ordeu rasch aufblühte.
Bald wurden in den Kollegien der Piaristen fast alle
Zweige des nienschlicheu Wissens den jnngen Ordens-
KaudiUateu gelehrt und von den gelehrten UrdensmännorD, die als
Lehrer, besonders in Italien ziemlichen Ruf genossen, auch öfl ent-
lieh tradiert. Das jus canonicum scheint eine Ausnahrae gebildet
zu haben, weil es als Lehrgegenstaud erst in spätere Kapitels-
Beschlüsse aufgenomnieu erscheint.
Bei der grossen Verbreitung des Ordens, besonders auch in
den österreichischen Ländern, zeigte sich bald die Notwendigkeit
umfassenderer Reformen in bezug auf das Studienwesen bei den
Ordens-Eaiididaten, indem ja hier das Studienwesen unter der Führung
des JeBuiten-Ordeos einen besondeien Aufschwung erfahren hatte —
andererseits mussten auch restringierende Vorschriften (so yerordnete
das Qeneral-Kapitel Tom Jahre 1692: Ad scientias altiores nemo
ex Noatris Junioribus ascendere valeat, nisi de tanta humaniorum
litte rar um peritia in eo eoostet, ut eas docere possit ad nutom
superiorium [siehe die Studienordnung vom Jahre 1694 und 1696
im Späteren]) in bezug auf die Lehrthfttigkeit der jOngeren Mit-
glieder und auf die Prinzipien, auf welche die Lehrer aufbauen
sollten, eriliessen.
Schon waren im Laufe der Jahre verschiedene Propositionen ^)
quibua atudiis inprimia aolmum admovere velint, eorumque reapous» ab
eodem pro directione sequeutium offidoram et annoram diligentur
adnoteotur.
*) Das Provinzial - Kapitel vom Jahre 1670 (der deutschen
Ord^ns-Provina) unterbreitete dem General-Kapitel sa Korn 167 1 folgende
Vorschläge:
1. Lt juutorum profedsorum discipUna severior sit quam autiquorum
Juxta anmiDoriim Ponüflcum H üonatitationiim noatranim dlapo-
aitioaem nec paaaim agere com profesaia Mnlorlbna per*
niittantur.
2. L'l omues iio^tri Clorici docturi ab ipaa legemU scola exor«
diaot et gradatim asceudant ad aUiure^t ciasaes.
6. Ut Doatri in atudio Theulogicea D. Thomam aeqnaatur.
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158 Ifitteilungen d. Ges. £ deiitoefae Br^ehungs- u. Schulgesch. VIH.
von Seite der diversen Provinciale und ihrer Kapitel an die General-
Kapitel und deren VorsitMnde, die Generale in Rom eingelaufen,
als sich im Jahre 1694 der General Joannes Ftanciscus a S. Petro
entschlosB, folgende Bestimmungen in besug auf die Heranbilduug
der Ordens-Mitglieder vorUnfig bis aaf weiteres hioauszugeben:
lo* LiterariaJanioram nostroram disciplina, ut plarimnm N OTennio eon-
liooo ezplenda: per Probationis bienninm Glerici NoTitij (qni non
sant onmino admittendi, nin sattem absolute Latioitatem perfeete cileant)
quotidie de raane saltem per horsm exerceantur in iis, quae in secnlo
didicerunt, et omnino per id tempus Lalinitati expoliendae dedicentur;
de sero per aliam horam in characteribiis rite foSodis et compntas fa»
ciendis instituantur.
2tio. Neo - Professi biennio in Literis Ilumauioiibus, in Linqnaruni,
Graecae, et ejusmodi stuüijs, nec uoii iu Cliaracteribus et Aritbiiieticis per*
ficiantnr nec ad alias acientias promoveantar nisi post eUpsnm bienaimn
per accnratissimam examen comperti fuerint, Artibiu Aiidimetids,
cbaractericis ant seriptorys Grammatieis» Poetids, Kbetoricis, jocta In-
stittttum profitendis, idoneL — Quod si per id temporis tales non evas-
crint, Arithmeticae, scriptnrae etcasibas scientiae (!) tantum dent operam;
qui, ut supra, benc profcccrint per aliud bienniinii Pliilosophiae
(per alterum Philosopliici biennij annum addantur £uclidis elementa),
Tbeologiae autem siinul cum Matiiesi triciinium alacriter applicentiir.
3""- (ad punctum secuiidurn: vide supru.) Humaniorum litcrarum
stndlosi per singulas liebdomades nnllo excepto coram Patribns Lncn-
brationem aliqvam latinam in mensa seo inOratorio reciteat memoriter;
neo non freqnentes habeant ad Snperioris et Magistri praescriptwn
Aeademias.
I*«- (adp. 2 relateadPbil. et Theol. cum Matiiesi studentes) ; Phi-
losophiae ac Tbeologiac cam Matiiesi '-tndentcs privatim diurnis, In lul ).
inadim semipublicis, quandoque disputationtbas et concertatiouibus ad Supeh-
oris et Lectoris imtum acuantur.
Et ipsi Pbilosupbi et i heulogi') per äiugulos pariter menaes
Und flub 8 wegen der AusbildUDg der Kandidaten in oratiMrischer
Baiiehiing:
üt Ciprici so 3o exerceant (»ratinnibus in rofectorio aicut
et Juniores nacerduteä conciouibus ac lectiumbus per ordiaem,
ut alias statutum.
.Fossnnt antem in atudiis tiieologicis duo Lectores constitui
quomm antiqaior profeaslone sit matutmus; minor vero Tespertiniis
pro divorsis tractibus" so bestioiuite das General-Kapitel vom Jahre 1692.
Nimmt man in Ht'fliniinp:. das^s din Tlipolotron bf^roitn in den unteren Klassen
ak Magistri beschiUtigt waren, wohl üu walirend der ganzen Schulzeit,
SO ist der fiehluss bersehtigt, zu sagen, dasa die jungen Piaristen ganz
nnd gar in Anspruch genommen waren.
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9. Ueber die wisaonscbaftliche Heranbildung der riari^ten etc. 159
Academicam actionem Oratorijs et Poeticis lucubrationibiis re-
citandis exercitij ergo exhibeant; cujus qaidem ritns vel is erit, quem
■aper AnideiiilfB Encydids nniiatnis per Htterae eonmranes noetrae')
«zposnimu. Tel Alanuii nostii per gjmun: nnus: brevem aliquam
dedametionem; alter: breve Po§ma; Bellqni Balten singolaa pams
Ivcobrationes recitent Ille «atem, ad qaem per gyram perorare
spectaverit, taniquam i^ns mensis Academicas et Academiae Prae-
f( rtus, caeteri? as^i^nfwit argumenta, ea per mensom ante pro
siugulis nominufiiii des ri[ita palam exponondo, nec ullus aliter ab ojus
praescripto coiüi onnt, aut recitet; Ejusmodi argnTnonta, vel siiit sacra
vel moralia, vei boroioa vel etiam Philosophica auL Tbeologica.
10"<*- ültiBia feria 51'^ tertij cujusqae meuis babeatnr per sii^las elassea
stadeutiimi examen a Fatifbns per Pnieporitoi Provüieialea depntandls» qai
eeornm per aecretas litten» pro reritate P. Oeoeraloa imlractam reddant
•aper Eorum litterario et regulari progreeea et diicipUoa.
Diese StudieD-Ordnung verlangte von den jungen Kandidaten
zwei Jahre Noviziat; nach der Profesfi ein zweites Bienniiim
für den Unterricht in den Sprachen und in der Arithmetik;
hietauf ein drittes ßiennium fUr das Studium der Philosophie
und endlich ein letztes Trienniam für das Studium der Theo-
logie und der Mathesis. Im ganzen also ein Novenniimif wie der
P, General im Punkte 1 der Instruktion vorausschickt.
Wer von den Theolo«;en diese vorgeschriebenen Studien nicht
in der bezeiehneten Weise absolvieren konnte, wurde einer Kepe-
tition unterworfen.
Diese im Jahre 1694 mit Beziehung auf das General-Kapitel
vom Jahre l(iy2 (Koiii) an alle Provinciale ei*gangene Instruktion
w^ar mit dem Beifügen erlassen worden: „bis auf Weilcres'*!
Als derselbe General im Jahre 1695/96 die deutsche und ungarische
Provinz visitierte, erfloss gleichsam auf Grund derselben am
29. Juli 1696 zu Horn eine neue, deiailicrt^re Instruktion für die
deutsche Provinz und die ungarische Vice-Provinz. Ich schicke
voraus, dass in dem an die deutsc^he und un^'arisrhe TroNiiiz, ge-
richteten Schreiben betrefl's der abi^iulialtenden Vi.sitaiiou des Generals
vom 12. November 1695 die für die deutsche Provinz schmeichel-
haften Worte vorkommen:
Deniqae non ignorantes, quantopere Dilectissima Previncia
iiostra Germania studijs effloresoat» optamiis aliquid etiam ad sola>
tinm DOfitmm ubique domoram per publicos Aeadeniiaram, Theainm et
ejusmodi actus tarn a Junioribas nostris quam a Scholaaticis conflueil'
tibtts proferendos inter visitandam delibare.
') Ist mir leider nicht zur Einsicht vorgelegen.
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160 lUtteiliiagen d. Ges. f. deutscbe Bnlehunga* u. Schulgesch. VIII,
Die besondere Blüte dieser beiden ProTiuen scheint eben die
Ursache einer spezteUea Studien-Ordnung fOr dieselben. gewesen
zu sein.
HL Studien-Ordnung für die deutsoh-österreiohische
und tmgarisohe Provinz 1686.
In der Einleitung zur «Studien- Ordnung* verordnete der
P. General sub 1: * *
Glerici Novitii tempore probationis per gymm sen Hagistri No*
vitioram aibitrio Itoquenter in Institato Seholaram Piaram exerceantur
hmi Tel terni ad semi hurai^ vel unam circiter boram in Scholae alicujui
ex minoribiis subsidium ordinati. Saepius etiam prr Non itionim Maijistnim
super eudein intcrrogr-ntnr. diriganturque sedulis institiitioiiibus circa pie-
tatem cum literis per iiidu.strias et occaaioues quascunque in adolesceiiluliä
promoveudaiii : Qui pariter Novitij solerti studio charactcrcs et Arilh-
meticam tempore Tyrocin^ doceantur. Universim autem ad Noatornm
Stadls »aecnlares imposteram non admittantnr; Teram ex orgenti cauiat
non niai cum condiücme, qaod tanqaam caeteri Scholares omnia praesteat,
jajrta eomm regalas et a Praefectis dependeant, neqne NoitraUhus alla enm
ipsis pemiittatur familiaritas, et quatenus ad ejusmodi stadia aaecnlares
ndiiiittaiitur, omoiiio fiat extra dormitoiia et publica» officlnas, ne reUqai
perturbentur.
2"- Nnllns ex jnnioribus :id Scholas dorendn«! promovcfttiir, qui per
bieniiiuin Ilhctoricue cum liiigiia Graeca et per alind bienuium Pliilo.
sopbiue sub J n nioratus di-ciplina existens operam noii dpderit; imo
si propter instituti necessitatem e( prupter Subjecti capacitateiu licuerit,
per triennlnm Saerae Theologlaa (aervata praescriptomm naminnm
Serie, nt Infira) non staduerit, instituti tantum necessitata aecedente«
omnhio probibemust neClerici ad Scholas docendas promoveanturt
aisi in Domibus ad junioratum seu professorinm depntatis. in qai-
bas tales Magistri sab junioram disciplina contineantur, ab nntiquorum
consortio sifruiUiter in recrcatlonc seprcgati. nctrefTs der Xoviziiits-H.iuser
för das I. und II. Noviziats-Jabr beruft si» h liii imit dci P. General auf die
Konstitutionen o, 4 p. 5 und die Conftitulio lum>cenlii XII und dberlässt
die Bestimmung derselben für die I'rovmzen den Provincialen.)
Dif'ser EiDleituni: lä.sst der P. General den eigentUcheii
.Ordo Studiorum tradendorum" folgen:
I. Pro studiosis bumanioram literarnm.
I'^ianni: I'"*^ trimestri, mane: de arte epistolari; vespere: de
prosodia.
I"'>aoiii: Ü^^ trinestri, mane: prolnsiones in Rhetoricam; re-
spere: quae supersnut de prosodia vel ejasdem repetitio.
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10. lieber üie wiaseoschafüiche Heranbildung der Piaristcn otc. 161
Imiauni: guo triraestu, mane: de elocutione oratoria; vespere:
de arte inetrica.
Imigani: 4to t(iiiiQ}tri»mAne: qnMsapenaiitdeelocntfone; vespere
qoae rapeniint de arte metrica.
amii: l'^'> tiimestri, mame: de uiTNitioiie tarn oratoria qnaoit
poetica; vespere: de eloentione sea eloquentia poetica.
II<u aoiii; 2('<> trimestri, inanc: de reliqais Bhetoricae partibas;
vespere: de arte Poetica.
ll'ü anoi: trirnestri, mane: quae supersunt de ejusdem Rheto-
ricae partibus; vcsporc: quae snpersuiit de arte poetica.
11'^' aaui; -i"^ trirnestri, mane: obseivatioDes variae super arte
oratoria; vespere: obserratfonet iwriaa niper aito poedea.
IL Pro Philosophis.
Quibas erit, ex( pptis Logicis in smgulis sabbathis Leclio ex Ethica.
Primi auiü: priino trirnestri: commendatio doctrinae D. Thomae
modo disputandi et summulae seu logica minor.
2^^ trinestri: Prooemalia Logicae, in quibas primo: de Ibte ratio-
Dis, inde do reUqniB ProaemalibaSt poat haec de UaiTersaUbus
in oommoni.
3tio trirnestri: do Universalibus in particulari, de antepredieanientis
et predicamentis substantiae, quantitatis et qualitatis.
4*** trimestti: de rclatione et rcli(|iiis predicamentis, de postpredi-
camentis et de Syllo^isnu) demoiiütrativo, opinativo et sopbistico,
nisi forte de suphistico actum fuerit in summulis.
Secundi anni: 1'"" trirnestri Pbysicac prooemialia et de Ii' ;
bili in commnni;
2^ trirnestri de Ente mobilit nota locali et vitali:
gtio trirnestri de Generatione et Heteoris;
4*0 trirnestri Ifetapbysica.
III. Pro Tiiroln-is.
Primi anni: 1^*^*^ trirnestri : de sacra (iiietrina, de actibus humitni«:.
de vitiis et pcccatis; 2^" trirnestri: de Sacraiuentis in genere et in spu it .
S**® trirnestri; de virtutibus thcologicis, de legibus, de justitia et jure.
4^ trirnestri: de cemuris in commnni et particolari et de voto ac statn
religioso.
Secundi anni: l™« trirnestri: de Deo nno et attribntis ac de
Beatitndine; 2 ' • trirnestri: de Deo trino; S*"« trimestri: de Angelis; 4»»
trirnestri: de Scientia Dei.
Tertii anni: V^^ trimestri: de visionc, ac de g:raria; 2"'" trirne-
stri: (1<^ croalionc et prcdestinatione; 3'"' et P trimestri de Incaniatione.
cui succedaiit, si per tenijmd licuerit, quaeslioues nuscellaueae praesertim
dogmaticae, quarum notitias upae prctium erit aiii^i cum traclatibus
intenniscere.
UittoiluDgen d. Qea. t d«utBClm enetoh.- u. Sebalctacbtalito. VJIi S/S 1806. 1 1
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162 Mitteilungen d. ües. f. doutsclu Erzichunp*!- u. Schulgoach. VIII.
Nach diesen die Stolfe für die einzelnen .lahri^'änge der Ordens-
studeoten taufteilendeu Vorschriften, schliesst der P. General im
nächsten Punkte IW einige Weisungen mit Berufung auf ältere
Verordnunf^en daran und zwar über das Ziol. welches hei allen
KaTiflirlatcn in lU'zuu; auf Wissenschaft und Befähigung erreicht
werdi'u sollte: iibci- (iie Mittel, das Erlernte ^wt zu verarbeiten,
über die (Quelle, ans denen die l'rufe.-soren niid Lectoren sehüjd'en und
über die Zeit, web:he verwendei werden sollte auf Kriialtuiif; und
Ptle<;e des Erb-riiten. Für die Fortbildunc^ in der .Mathesis"
setzte er für jecb ii Sanistag oder Ferialtag des Murgens eine
üebuugsstunde an, ^vie es sehon 1694 bestimmt worden war.
Die .Sludierendeu ermahnt er ^ne plurium ocripia') perle-
gendo sc se confundant sed suis inhaereant" und le:;t ihren Vor-
stehern ans Herz, ihnen ein nrijaues Ikuehmeu, <;ehorsani und
Freundlichkeit anderen gegenüber je nach der Stellung und dem
Ansehen desselben zu lernen. Schliesslich giebt er noch eine Vor-
schrift Uber die Art und Weise der Abhaltung der solennen
V* Jahr«s-PrOfungeu.
Um auf die angeführten einzelnen Monlta zurackzukommen,
welche am genannten Orte der Inatmktion enthalten aind, so be>
merkt dieselbe:
In Bezug auf alle studierenden Ordensmitglieder,
dass alle so ausgebildet werden sollten, dass sie in allen
Diseiplinen vorztlgliche Professoren wttrden:
Pom» respective omues stndentes ita io suis Stades perfidendi» at
in egregios artium omnium evadnnt Profesaorcs.
Um sowohl dieses Ziel zu erreichen als auch die Ordens-
mitglieder im Einzelnen und im Allgemeinen für den mannigfaltigen
Ordensberuf tauglich zu machen, stellt die Instruktion als beson-
dere Mittel hin: das beständige: öffentliche und private
Ex ercitiura^) unter Leitung des Studien-lYaefekten. sei dieser
nun der Rektor oder ein anderes dazu bestimmtes Mitglied oder ein
ProlV'ssor — und die unablässige Korrektur^) der Vortragenden
oder Vorlesenden durch den P. liektor etc. etc. So sollte iusbe-
*) Eine fthnlicho VerordnnDg erging 1728 (Kap. Prov.) betreffs Oe-
brauchcs von oii^krtrpn .^ukton>n:
Exercitium liiif^uae (iraccao t't uno prohibentur scripta jnLtlixii et
obHcuriorcä classici, eorundem Authorum dläcipulisa Mugiätrl» dictaiidae
exptlcaüo&es, donec de aliqua idooea et compendloaa edocendi methodo
proviaum fuerit (aub 9).
2) ju^'i':^ omnium rxerritatro privata et publica.
^) ätque adeo uunquam uegligatur Dociamantium correcUo.
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10. Ueb«'r die wigsenschut'tliche Heranbildung' der Piaristoii etc. 163
sondere hingetrachtet werden auf eine wahrhaft reine Sprache,
Aussprache und rednerische Ausbildung im Vortrage, was mit den
AVorten: ,,Cultus Locutionis, Elocutionis et filoquentiae"
ausgedrückt erscheint.
Ausser den ordentlichen Uebungen sollte daher jeden 3. Monat
<aUe V4 «Jahre) mit dein ^4 Jahr>£xamen irgend ein actus acade-
mieus nach den vom Präfekten oder Professor bezeichneten Thematts
(censurntis ab eodem singulorum lucubrationibus) abgehalten werden.
Was die Quelle betrifft, aus welcher die Professoren bei
ihrem Vortrage in der Philosophie und Theologie schdpfen sollteo,
enthält die Instruktion eine interessante Weisung, welche in so
manchem früher zitierten General und Provinzial-Kapitel zum Aus-
drucke kam, in einer präziseren Wendung mit Rücksicht auf die
damals an den rnivcrsitaten durch Privat-Doeenten gelehrte .neuere
Deniiuri' nach den Prin/.ipien des Carteaius und Anderer. £s
lautet nämlich darin folgendermaassen :
^Caveant autein Lcctores, ne ab Angelici Doctoris sententia
dcflertaiit, nevo novis aiit tiovuc mctlntdo propositis, uut nimium
prolixis ad lidei defeusiuuem vel ad morum regalam inutilibus (^uae-
btioiiibus ininioreiitur."
Diese Weisung legte den ProfeHsoren, Magistern und Lektoren
der Philosophie und Theologie gewisse Reserven betreffs der neu
auftauchenden philosophischen Systeme: des Atoinisnni^ und D^ua-
mismus auf, indem sie auf die Philos()i)hie des hl. Thomas verwies
resp. an der aristotelisch-ächolastibchen festzuhalten befahl. Die-
selbe schloss sich wie schon bemerkt wurde an Irühere Verord-
nungen an, welche auf Verlangen mehrerer Provinzen an die Pro-
vinziale fainausgegeben worden waren. So hatte das Provinzial-
kapitel der deutschen Ordensptovlnz schon im Jahre 1670 dem im
Jahre 1671 (zu Rom) abgehaltenen General^Kapitel die Vorlage
gemacht: Rogaut Patres, ut Nostii in studio Theologices D. Thomam
sequantur (vide im Früheren) — worauf das General-Kapitel vom
Jahre 1677 zufolge dieser und anderer Eingaben die Verordnung
hatte ergehen lassen:
Omnes Religionis Dostrae Lectores et Magistri ex illibato An-
gel ici Doctoris fönte Theologiam hauriant doctrinanii eamqne mazime
tueantur circa auxilia gratiae et piaemotionem physieam. Sub poenis
arbitrio Proviucialis infligendis, quorum vigilantiac scro rem hujusmodi
servandam coinmendavit (setzt dio mir TOthegende imvolUt&adige Sammloog
Liu2u) Capituluin Generale 1G77.
Mit diesen angeführten Verwarnungen. gegenüber der neuen
11*
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164 Mitteiluugeu ti. Gua. i. tleutaclie Erziehuugs- iL Schulgoach. VIII.
Methode stellten sich die Piaristen-Obereu auf Seite vieler üuiver-
sitaten (katholischer und aucli protestantischer), welche sich gleich-
falls für die ariatotelisch -.scholastische Philotiopliie erklärten und
den neueren Systemen den Eingang in ihre Hörsäle zu verwehreu
suchten.
Z. B.: In Jena spricht ein fUrstlicfaer Visitations-Rezess 1679
die BeffircbtuDg aua: es JtQDnton duidt die •lectio Grotiana* eines
PriTstdocenten der jniistiscben Fakultät die jungen, unerfahrenen.
Leute auf den „sogenannten Naturalismum* geführt werden. 1696
beschftftigt sich ein Visitations-Dekret mit der cartesianischen
Philosophie eingehender, jedoch ablehnend.
Es wird in diesem Dekrete eingeschärft» dass man in Philo-
sophie auf die »Fontes aristotelicos" die Jugend bestftndig
weise und dieselben den Auditoribus euförderst grOndlicb bei-
bringe und inclusive, nicht aber durch HerfUrziehen und Empor^
hebung anderer Principiorum als Cartesii und deigleichen zu«
mahl anderen zum Verdruss und aus aemulation die bewfthrten
„Aristotelica" deprimieren solle. Kudolf Eucken ^Zur älteren
Geschiclite der Universität Jena" — Beilage z. allg. Zeit 1897
No. 23
Au den l&athol. Universitäten finden wir ein ähnliches An*
kämpfen gegen die ,neue Denkweise'' z. B. au der Benedictiner-
Universität Salzburg sind bis circa 1745 die Professoren der philo-
sophischen und theol Ölfischen Fakultät , strenge Thomisten". Ein
Visit afions-Rezess vom Jahre 1701 erteilt die Vorschrift:
Seiiteiitiae contra iloctrinam S. Thomao hactenus in nostra univer-
sitate tani in philosophia quam in theologia receptam et nsitatam ia
postenuM iie qaidem problcmatice defondantur, approbentur ant iiii(irimantur,*
Nach kleineren Versuchen. d;(^'e};eii deu inMieren l'orschungen
Rechnung zu tragen, (Vgl. P. Fruciunsiis Scheidsadi 1718 in (irr
Pseudonymen Schrift : Tractatus de u< i identÜHis absolutis sive
8. s. Euehaiibtiae sacramentum — Paderborn) eikläite noch 1741 ein
Visitations-Decret gegcnülier den ^Auimadversiones i uutra philo-
aophium-atomisticam" dos Nachfolgers des P. Fructuosus:
Peripatotico-Tliomistica I'hilosuphia iutegra more scolastico, ut bac-
tenos, tradetur —
bia endlich P. Beda Selauer eine .«ithilosophia-nova ad usum juveu-
tutis academicae 1745" schrieb. (Histor. polit. Blätter f. d. kath.
DeutocbL v. JOrg u. Binder 1898. iV. 266—274 u. Studien u.
Mitteil, aus dem Benedictiner-Ord. etc. (Raigern- Brünn 1882. L
85 u. 1884 1. 638 ff.).
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10. Ueber die wisaeusclmftiiche Heranbildung der Piaristeu etc. 105
, 1
Hochinteressant ist die Instruktion, welche über die
abziihaltenflen ^'4 J;ihres-Ex;iraina^) i:ei;eben wurde. Die-
selbe ;^iebt eineu sehuiien Einblick in das bewegte Ueistes-
leben der Piaristeo.
Alle 3 Monate resp. jedes Vierteljahr sollte ein Examen ab-
gehalten werden und zwar folgendermaassen:
„Octiduo ante per liCrtorem aftigantur Quaestiones seu Theses
praccipae triiiiestres pro examine propo; die vero statuta studentes
omncs cum Professoribus et Examiuatoribus deputatis convocata familia
im uDiim eODTeniant, pmemissisque predbuB «nte ^dia oonsaetis iinas ex
stadentibaa per gymm p'lraefatiiiiiciiUm habeat opportanan; inde per
sortes') ab iiniit seorsivis educantur: Examinanduft» Examinator (!) et
Tbesis niia ex propositis. Postea examinandos e catlietra doctrinaliter
de quaestione per sortera edocta disscrat; mox ab Examinatorc propo-
sitis et objecti«! satisfadat ; Ilinc ad secreta et sub secreto servanda (!)
suffragia s c c u n d u m v e r i t a t e m f t c 0 n s c i e n t i a m (I) deveniant Exaiu iua
tores et quota quisque sortilus fuerit, in libro ad ])oc iustituto notentar
cum disstiuctione : aureorum, quae optime; argcoteorum, qn^e medio«
criter; plurabeornni vel nigraram, qaae male eignificeiit Eadem oia
pro Bingulis axaminandis, etiam respeetive et per trimestre ezamen Tel
aolemne post primom Theologiae annam, ia qttibnscnmqiie litterarijs ftuuil-
V) Wie und wann die Examina an den «froinraen Schulen" gehalten
werden soll, ^ioht dor V General fxih V unter: ,de inatituto Scholarum
piarum' an. &uh V. 7 heisst e» namtich:
Solemniter coram Superiore, Beholaram praefeeto et alUa ex gra>
viorlbas Patribus conaueta diacipulorum examina ineantur perelasses
et (|uidem cxuminentur respoctive in ßdei rudiiuontia et in requisitiü ad
pcionitentiae et rurharistiae .sarramenfa rite frequentanda. Deinde in
literatura; uec uUus a minori ad majorem claseem aacendat, qui neu fuerit
optime fUndatue in mlnorl per ExamloatoreB Inventoa. Ejusmodi auten
examina per Ii diee ante feriaa generales et modinm annuerum etudiorum
decursum, antequam studiosi ud paternas domos dilabantor, cum noUÜa
eisdem danda approbationis vp] rp|irnhatioiiis ad majorem claösem habcantur.
Ea sei bemorlit, da»» unter den .frommen Schulen" die Qymn. der
Piaristeu su ventehen (dnd.
*f Schon im Jahre 1607 wurde eine dleebesttgUche Aendening
getroffen :
.Tudieatiim. profinium PSfP in Btudils a'tinri'ru; pro majori frnctu
Nostrnrum studentium, aut siuiienieö aut opiuii;iiaii(' S non esse sorte
extrahondoä, aed »inguloa paratos csae dobere; licitumque Professoribus
non tantum nnum et altemm aed et pro libitu omnes examinare de prae-
eedenti lectione meuioriter roddcndu in compendio (Responaa data ad omnea
domos in cupitnlti I'rovintiali IfiO? 7. Scpf sub 22 ). Wie aus dorn Nat h-
lolf^endon ersichtlich f^^in wird, wunlc diepn Art der Prüfung im Jahre
1723 (rcfip 1724j auch iiir die Hunmniora eingeführt.
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166 Mitteilungen d. Ges. f.de«iteehe Eniehungs- u. Schulgesch. VIIL
tatibns obseirentar. In omoibiiB antem Tiaitatioiiibus Uber praedictos
Semper secreto a Snpwiore 8er?andii8 Yisitatori etiara exlnbeatar secreto*
Diese im Jabre 1696 hinausgegebene Studienordoung gab der
deafsehen OrdensprovlDz und der ungarischen Vice-Pr. die geoaueu
Umrisse an, innerhalb welcher ihre Ordens -Kandidaten heran-
gebildet werden sollten; Uess aber dem Provindal mit seinen Konsul-
toren und Assistenten innerhalb derselben einen grossen Spielraum
in Bezug auf Lehrmethode und Lehrmittel, um dem Tom P. General
angestrebten Zwecke: omnes studentes ita perficiendi, ut
in egregioa artium omnium evadant Professores* ^) gerecht
werden zu ItOnnen. Von Lehrbfldiem ist darin ausser den Werken
des hl. Thomas keine Bede. Als Lehrmethode galt damals an
allen geisflichen Instituten noch immer die scholastische als die
Tomebmste. Die Art und Weise der Anwendung der Torgezeich-
neten Bichtung stand bei den Professoren im EinTeniehmen mit
dem P. Rektor und dem P. Provincial.
Auf Grund dieser Studienordnung entstand in den genannten
Provinzen noch regeres Geistesleben, als es fMher der Fall war.
Die «jugis exercitatio*, das eifrige Einflben des Erlernten
bei den wöchentlichen und monatlichen Disputationen, bei
welchen oft die jungen Ordens-Kandidaten in die Schranken treten
mussten mit den filteren (als oppugnanten) zeitigte bei allen Mit-
giiedem ein grosses Haass habituellen Wissens, weldies in Form
Ton Schriften und Werken endlich in die Oeifentlichkeit trat.
Die öffentlichen Vorträge sowohl der Professoren wie der
Ordensstudenten, bei Tisch oder in den Oratorien abgehalten,
theatralische Produktionen, Deklamationen, Akademien gelegentlich
der Terschiedenen Ordensfeste, der Patrone der Philosophie und
der Theologie (S. Thomas, S. Katbarina etc.) brachte Leben und
Bewegung in die einzelnen Kollegien des Ordens und verhinderte
jegliche geistige Stagnation um 80 meiir, als die häufigen Ver-
setzungen der Ordensmitglieder von einem Ordenshause in das
andere immer wieder neue Krfifte den einzelnen Häusern zuführten
und damit neue Ideen und neue Anregungen.
Es soU nicht gesagt werden, dass die Studienordnung vom
Jahre 1696 neue Normen brachte. Im Gegenteile! — Die Ordens-
') qui cxplcto primo . . . anno curBUS Theclor^ici nori fucrit per
Exaoien «olennf <!•' riülusuphicis ac Theuloy^icia tractatibut» auditis
profitendae laudabilttor publice Plüloaophiao par inventus, conscquenti
biennio Theolosico privetur (in derselben Iiutruktioii).
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10. Ueber die wissenschattliche HeranbilUuog der Piuriöten etc. 167
traditio!! hatte sich im Laufe der Jahre eben zu jenem Apparate
herausgebildet, als dessen Ausdruck obige Studieu-Ordnuiig an/u-
seheii ist ; wenn auch dariu der individuelle Charakter, vielleiciii
auch die „ooütiuetudines* der beideu rroviüieu Berücksichtigung
fanden.
IV. Naolifolgenda Studien« Verordnungen der Oeneral-
und Frovüudal-Kap&tel (-1774).
Das wachsende Ansehen der Piaristen in Oesterreich liess
indes die Provinciale und ihre Berater, sowie die Provinzial-
Kapitel nicht ruhen, auf dem Grunde des Ueberlieferten -weiter
fortzubauen. Die spezieUen. Bedürftüsse der ProTinz; neue An-
forderungen, welche durch Berufung an diverse Institute« durch
Neugründungen ete. an die Provinz gestellt wurden, erforderten
E^eiterungen des Unterrichts-Programmes und verechärfte Maaas-
regeln flir Lehrer und Schfiler der einzelnen Kollegien.
Vor allem suchte die Provinz (damals noch die deutsche) das
Studium des canon. Recktes einzufahren.
Bezüglich dieser Frage ging v. I^rov. C. zu N'icolsburg 1711
die Anregung aus: (9) Au uou cüusuilum, ut duu sallem Nostratium
mittantur ad publicas lectiones Juris Canonici in aliqua Univer-
sitate excipiendas? worauf die Antwort erfolgte: sicut et quando
videbitur P. Provindali cum suis Assistentibus, imo curet omnino
id Provincialis etiam quoad promotiones (General-Kap. 6. Mai 1712).
Fernerb frug das genannte Kapitel an: (14): Ut ^scolae
piae" incorporentur Univcrsitati Viennensi? Kesponsum: Si fieri
potest, fiat com scitu ae de ordine Provincialia.
Der P. Proviücial öchieu jedoch die Sache auf die lauge Bank
geschoben zu haben: denn neuerdings fing das Lokal Kapitel zu
Horn 1717 beim Pruviüzial-Kapitel 1717 deswegen an: bupplicanl
(sub 3"'*") Patres, ut decreta capiiuli Provincialis 1711 hactenus
Don observata deutur executioni, ut sunt: Studium Cauonisticum et
Mathematicam introducendum: worauf abermals geantwortet wurde:
fiet, cum poterit.
Jedoch erst bei dem Provinzial-Kapitel vom Jahre 1723 ge-
schah diesbezüglich ein entscheidenderer Schritt, iudem beschlossen
wurde, von der Provinz-Kongregation einige Ordensmitglieder zu
beauftragen „qui systema, illud tradeudi, proponaut ab eadem Cou-
gregatione confirmandum*. Bei dem Genend -Kapitel vom Jahre
1724 wurde diese Frage besprochen und der neue General gab
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168 Mitteilungen Gea. t deutBChe Endehangs- iL Schulgeflch. Vin.
24. Februar 1725 die Verordnung an die deutsche Provinz
hinaus:
Studium Canonum (esse introducendum) maxime quoad illam
partem» quae cum doetrina morali et conctliaii hiatoda connexa
est (sttb 4).
Jedoch erst das General-Kapitel vom Jahro 1748 bestimmte:
.Studium Sacrorum Canonum pro nostris religiosis introducatur''
und zwar: absoluto per biennium studio Theologico tradatur sepa-
ratim per aoni unius circulum jus Canonicum.
Eine wichti*,'e Neueruag bildete die Ernennung von Prokuratoren
für jede Provinz mit dem Sitze in Korn (General-Kapitel 1712).
Um die beständige Einübung des Erlernten nach voraus»
{[gehenden Verordnungen zur Üurchführung zu bringen, verlangten
die bei dem Pruvinzial-Kapitel vom Jahre 1711 zu Nicolsburg ver-
sammelten Delegierten sub. 127: (Desiderant Patres): ut in dispu-
tationibus hebdoniadalibus compareat familia domestica : Responsiim
Capit. Generalis 1712: Compareant, (jui legitime iioii sunt inip<'diti.
Beim Prnvinzial-Kapitcl vom .labre 1717 wurde die I''rage
die „Srhuk'(niioe«lit'ii" botretlViiU behandelt: Profcssores Uht't()ri<-ae
ubserveiit. iic mullitudine drainaliim ii»\i:ligaut discipulos, ueque
paucitale turpescant (21). Quoad praesentenda dramata Superiori
vel Praefecto servetnr def-i« tiini ('opituli proxime praecedentis (i. e.
171 n Magistri vero iiilcrioiiim clnssium probaui coram sniKU'iure
rtalu;ia 14 diebu^ ante pn>(ln(;aut. In fiüheren Verordnungen
wurde beluhleii, dass das Manuskript der draniat. Aulf. an den
G**neral resp. Provinzial eiügebchickl werde'). Bezüglich der Theo-
logie-Studiereiideu erging die scharfe Mahnung: Kenuentes ad Studium
Theologicum compellannir. Das im Jahre 1718 zu Rom abgehaltene
General-Kapitel apiuobierte die Beschlüsse des Provinzial-Kap. v.
Jahre 1717 und widmete die Sitzung vom 9. Hai 1718 speziell
dem Kapitel der Const. „de atudiis nostrorum* : ut studia nostrorum
religiosorum constanti et recta ubique methodo dirigantur et ])erft-
ciaotur. Bei den Neo-Professi sollte Ton nun an der tinterricht
je nach der Kapazität und nach der »consuetudo* der Provinz ein-
gerichtet werden.
Nach Absolvirung der Studien*) sollten die Professurs-Kan-
'i Bezügheh der übrigen im Laufe der Jahre orf1f)f««en<'n Verord-
nungen betretlend dio Sehulfomoedien vorweise icli auf ucine in Note 1,
S. 14'J, citierte Abhandlung im Jahrbuchc der Leo-üeaellschaft (Wien lh9j)-
*) Bezü^flich der Keo-Profesei faaate das General-Kapitel in der
congregatlo vom 5 Ma: 1718 den Beachliise: Non placuit F. F. remo-
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10. Uober die wiHsenächuftlicbe Horanbilauiig der Piuristeu etc. Iti9
didaten uüUi- (in- Aufsicht des Träfekten und Anleitung desselben
die einzelneu Klassen der Gymnasien als Maj^isiri besuchen „ab
inferioribus classibud incipiaut et ad altiores <:radatini aseendant.
Am Ende jedes einzelnen Jahres sollte der StudicDpräfekt und ein
vom Pi üvinzial verordneter Priester, (secreto et seorsim) die .litteras
testimoniales jurameato firmatas" nach einem vorgesciiriebeoeQ
Fonnulare fiber die lleifisige und ordnungsmässige AufftthiuDg des
jungen Magistets an den Provinzial absenden. Wenn 2 aus den
5 genannten Zeugnissen ungünstig lauteten, sollte dem jungen
Magister das betreff. Jatir nicht in das für das passive Stimm-
recht desselben eiforderliche Becennlum eingerechnet werden. Der
Provinzial soUte hierauf dem betreff. Magister das Uber ihn abge-
gebene Urteil erfahren, damit er sich künftig «religiöse et studiose**
beim Unterricht verhalte.
Wäre der Studien riälekt jedoch selbst ein Magister oder der
Obere, dann sollten 2 ältere, vom Provinzial deputierte Väter die
Stimme über die jungen Magistri abgeben. Wo wenige Mitglieder
in einem Kollegium sind, »oll das Zeugnis von diesen abgegeben
und in ein Buch eingetragen werden, welches nach dem Deeenniam
vendos e«8e a »tudiis, qui negligente« m in eitdem prmeatant, et in
bonls moribiu non probe »e gerunt, sed ad ordines dod ease
pro aio von dos ut ante decisum fUit in Congragatione particulari.
17 Decembr 1716.
'1 1)1 e .litterao testimonlales" erführen spater noeh genauere Be<
Btlismungcn:
Tustimonia super industriu docoudi Mugistris dar! solita, ut
»iogulorum merita et ibeiliuiex iiscognosci et ezacUus, ad notad posaint;
jnrata fide ita poethac instituantur ut ii, qui maxlmo In omnibua conatu
ezeellcntem et insigncm in discipulis piotati}» littcrarum et bonorum
moruni fnirium fecerint, praoclare: qui in Iiis omnibus ad fnirtnm
facienüum cum laude conati »unt, laudabilitcr, qui in aliquibu» ob
conatum rcmiääiorem defccerunt, vorc tarnen desides non fuerunt:
raediocritwr, .qui in multia ob notabUem desidiam defecerunt, male;
qui in Omnibus vel pottoribua insigniter desidos fuennit. posHime rem
goBsisHo s( ribantur. (Ex Congrog r'rovinciali 174S). Ciassos has calcvdorum
Magiatris dandorutn ad trps« tutituinni >do Cap. Pruvinciale I77l reduxit,
videlicoti I'raoclaro, i audabilitor, male:
Daa Capitulum Provinciale vom Jahre 17S3 bestimmte:
Habeatur Uber, in quo annotandi erunt calcuii seu teetimonia de
Alagiatrorum diligentia, vol socordia et hic asservanduH orit apud
suppriororn Domiir» l>fis Cati Prov. 1771 rcsf rin^-iortp diese Forderung:
PratHC'ptum hoc cxpleri, si talis über in Archivo Trovinciali taatum
adservatur.
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170 Mitteilungen d. Ges. t. deutsche Erxiehungs- u. iSchulgeöch. Vill.
dem Provinzial und den Assistenten und Kuusultoren vorgewiesen
werde.
Jenen Magistern, welche sich ^laudabiliter" per .deceuuiuiii"
benommen, sollte nuu die Ausübung der passiven Stimme, und der
Zugang zu höheren Aemtern ermöglicht und ihnen dieses Recht
auch verkündet werden.
Dasselbe sollte auch Anv^ Liidimi; liüdeu, welche auch nur
die „öuprema Anilimetica" durch 10 Jahre mit Erfolg geleitet
haben (auf Grund der Const., welche dieses zulassen).
Eine wichtige Bostiinniung erllu.ss auch in folgendein:
iino omnes certo sciaut, uiiumqucmqac iin'<«e n suporioribus scholis.
ad iufinias applicari quutiescunqae id aut Sciiulaium ipsarum necessitas
aut obedientia postulaverit."
Sollten Juristen „proveclae aetatis" eintreten, so iiiussten
diese dem Deceunium des Lehramtes in der Weise gerecht werden,
dass sie zur \'erwaUuug (und Prokuratiou) der Ordenshäuser ver-
wendet würden.
Einflussreich wurden fUr den Fortschritt in wissenschaftlicher
Beziehung die Beschlasse des ProTtnzial- (und Geneial-Kapitels)
Tom Jalire 1723 (resp. 1724). Wie schon erwfthnt wurde bei dem
genannten ProYinzial-Kapitel die Einführung des Studiums des
canonischen Rechtes verlangt und in Rom 1724 diesem Verlangen
Raum gegeben.
Das Lokal-Kapitel in Horn suchte 1723 bei dem Provuizial-
Kapitel 1724 an:
Magnopere desiderant Patres, «t sex ^ri, literamm hnmanionini
periti a Capitolo Proviiiciali denominentttr» quomia singuli qiiandara docen«
darum Scbolanim raethodum conscribant, eamque ad A. R. P. Provincialem
transmittnnt, co sie licet fine, ut F. Provinrinlis adliibito mnnim j\«si«ten-
tiuiii et consuitorum judicio cx omnibuü illys inethodis quciiidnra extrac-
tum faciat, et eo, nec alio inudo sub cura obsyrvautiae P. l'raefecto
dcmandanda) Professores et Magistri uti jubeantur: idquc et non plus a
Magist ris et disciputis exigator. Et hoc plnrimam ad doctrinae ordinem»
Magistroramqae profectum condacet, et fiel, ut secaodnm eadem abiqne
doctrina, modos idenii tradeudi in domorum nostraram acolis Btadtge
servclur quia vero Classo> rtrainatioales Alvari divcrsum ordiaem habent,
in scolis Germanicis et Boerairis consultum foret, ut tres pro istis.
tres voro pro ülis versati assnniantur et grrmani pro gcrmaois, Boemi
pro Ro(}mis im ilioduiii cujuiueut omnes, tatiii n in subst.mtia tradendi
coüvtiuiant. lusupei petitar, ut in cadeni ordiüutiuiie dccciuutur, )^uidaaiu
magistri vel professores per modum explicationum dictare debeant, ue
inutilibos scriptionibus ioaniter consamatar tempus.
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10. Ueber die wieaeiiacbafUicfae HeranbilduDg der Piariaten etc. 171
Das l*rovinzia]-Kapilfl vom Jalire 1724 antwortetp:
Junionim nostrorum edncatio observetur in doraibus, in quibus snnt,
quantum ticri possit. statutis nostris et Bullis Summ. Pontific: confor-
mitcr atquc uoi ex graTioribus Putnbus vel suo Professori (salva autho-
ritate superioris) sabsint
Ferners brnclite das Lokal-Kapitol in Horn die Bitte vor:
(Rogant Patres) ut aostria Novitijs ant Neo-Professis liumaniora
stadia repeteotibas asaigDentar aliqai Examinatorcs, qai per aliquot
bimestria ezamioa ex singolis dassibns pericalnm de Eomm capadtato
faciant examinatosqae cälcnleDt eo modo, qni adhibetar in Philosopbiae ot
Theologiae atadiosis calcalaodii. Qni Yoro non sabBtiterint, nt altera vice
pro eodem studio ordinentar.
Auf dieses Ansuchen antwortete das Proviuzial-Eapitel nicht
direkt; es verwies auf die KonstltutioQen und fOgfce bei:
NostratCB studiosi Humanioram exanüneiitar et calcnlentur ad
modum studiowram Pbiloaopbiae et Theologiae (vide »ordo stndio-
rnm« 1G96).
Xocrligrntes antom in studiis sive Theologiae sive Philo-
«?ophiac ad ca adicrantur et non emendati eadeni repetant; quod si necdnm
profecisse videbuntur, addatur etiam abstraclio vini. Porro si roatiiigat
saeculares studerc cum nostratibus a cousuetis pietatis scholasttcae exer-
dtlis absolnti esse non ceoBeantnr .... Clerici ante quinquenninm
Profesdonifl excepto vasa neeeatitatis ad S. S. Ordines non sunt pro-
moTendi.
Das bestimmende Urteil über ihre Eignung sollte dem Rektor
mit seiuen Konsultoren beim ProYinztal zustehen.
SämtUebe Verordnungen wurden im Jahre 1724 m Rom
bestätigt
Ln Jahre 1724 ^ wurde der Rektor von Wien P. Adolf
a. S. Georgio, welcher zum Generalkapitel nach Rom gereist war,
bei diesem Kapitel zum General gewftblt. Damit traten die deutsche
') 172& visitierte er die hiesige Provinz ^^dio deutsche) von Wieu
aus. (Die Anzeige derselben erfolgte 27. Oktober, 1725 — 18. Desember
vieiüerte er in Horn.)
Er ordnete am 24. Februar 1725 (Rom) das kanonische Studium an
(siehe im Vorhergehendoa) und bestimmte io demselben Sehreiben sab 4**
llir die deutsche Provinz*.
Demnm, quia tantue est Religionie profectns, quantus est juven-
tntie cultus, etatuirons, ut ei extra domoa etndioram clerici nostri
oollocati fuerint, etiamai unua tantum in allqua domo existorct, sine actuali
studio non reliquontur; sed vol Sacerdos uliquis ad hoc destinatus vel
ipso etiam Rector directorem liujus modi studü agat et pecuLiariter
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172 Mitteilungea d. üea. f. deutsche Erziehuiiga- u. ßchuJgesch. Vlll.
Provinz und die Mitglieder der Kollegiea Niederösterreichs mehr
in den Vordergrund, umsomehr» da ja schon beim Generalkapitel
vom Jahre 1718. den Provinzialen mit seinen Assistenten und
Konsultoren umfangreichere Fakultäten erteilt worden war und von
nun auch jeder Rektor 2 Konsultoren haben sollte (a Provinciali
deputandi [sess. ll.Majl 1718).
*
Ich eile über einisje Jahrzehnte hinweg bis zum Jahre 1748
(29. Juli; iu Nveh heni Jahre die österreichische Vice-Provinz ent-
stand. Das General-Kapitel von diesem Jahre gab wichtige Ver-
ordnungen .über das Studium des Canonischen Rechtes' (vide im
Froheren) Uber die Beibehaltung „der scola Aritbmetica in omnibus
Provineiis ultra montanis*" mit Strafe der Suspension für die Pro-
vindale im Nichtfalle; femer aber die litterae testimoniales. über
die Magistri etc. etc. (siehe Kote 1, S. 169).
Im Jahre 1751 (26. April) teilte sich die deutsche Provinz
in die Austria-Rhenano^Suevica und in die Bohemico-Moravica,
womit viele Schwieriglceiten inbezug auf Erziehung der versclueden-
sprachigen Kleriker beseitigt wurden.
Im Jahre 17ö9 entwickelte das Pruvinzial - Kapitel der
Austria-Rh.-Suev.-Provinz eine erfolgreiche Thätigkeit. Dasselbe
traf, bei dem Umstände, dass die Ordensmitglieder bereits
zahlreiche Werke zum Unterrichte in den höheren Disziplinen
hatten erscheinen lassen, eine Auswahl unter denselben und
bestimmte:
Editis jam libris Philosophicis, nostri Philosophiae et Theologiae
studioN deinceps „Institotionibas Philosophicis'^ P. Donati Hoff mann a
Transfignratione Domiai et in Phyaicia etiam P. Florian) Dalham
a S. Theresia utantor. In Theologia vero praelectiones flaut ex
Jueniiio. doiiec alias in hunc usuin deloctus faent.
(Capilulum Provinciale ll->'.> quod posfromrim sciontiis Iiis iiitoroa
Tiovi? arcessionibus auctis factum eat — Zusatz in der vorliegenden
S*imiiiluiitri.
i-Vrner erlioss es eiue Verordnung iu welcher Zeit das ph. St
zu abenl vieren wäre etc.:
Professorea Philosophiae tenentar infira bienninm absolvere
ad hoc deatinato singulU diebua tempore jubeat praefstos Clericoa in
Clas.sicid probfto Latinitatis Authorihus intorprolanditf versari:
solutac ! i «rat rt tj Ii p orationis exercitia Pomponor<\ vol lirif^iKn^ frrrjf'cae
vel tii niiiii aliud iwri potwit ob quorundam iuibocilliiatem Arithmcticfte et
characteribuB opanun dare.
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10. UeiKNr die wfaMMiacbaftliche Heranbildung der Piariaten etc. 173
Logicam, Hetephysicam, Matbesis partes närias, Physicam et
Ethirntn, ita nt asque ad fesliim Nativitatis B. V. M. una cum
dispututiombus cursum PlUycom altero aono fiant. (Gapit. Pro-
Tinciale 1759).
Schon im Jahre 1700 vurde durch Teilung der Österreich*
rfaeinisdhBuevischen Frovioz die Österreichische als selbsULndige
Provinz gebildet
Inzwischen waren den Piaristen der Österreichischen Provinz
mehrere Inetitate in Wien übertragen worden:
1748 das Löweuburgische Konvikt. die deutschen Schulen im
Kollegium zu Si. Theela mit Hofdekrcl 26. iUirz 1751. uohin das
mathematische und philosophische Studium der Ordenb-Kkriker
von Horn übertragen (?) und wo das Museum mathematicorum mit
den nötigen Instrumenten zur Experimental-Physifc und mit Samm-
lungen zur Naturgeschichte zum Gebrauche der Ordens-Kleriker
aufgestellt worden war, wo auch die Kleriker in der Theologie im
griechischen und hebräischen, wie in der Gesuchte herangebildet
wurden, um taugliche Professoren werden zu kennen, womit ein
neues geistiges Centrum unter dem Einflüsse der Wiener Universi-
tät geschaffen worden war — obwohl auch noch in Horn Kleriker
ihre Bildung empfingen.
Am 10. Mai 1749 berief die Herzogin Maria Theresia von
Savoyen geb. Prinzess Lichtenstein zufolge Vertrages die Piaristen
der Österreichischen Provinz und wendete ihnen das Rektorat
der neu errichteten Savoyischen Ritterakademie und die Professur
fUr 1 1 PiaristcD zu. Der Unterricht umfesste dort die oberste der
4 Orammatikal-Klasson, nilmllch die Syntax und die 2 Humanitäts-
Klassen der Poesie und Rhetorik. Jeder Professor musste mit den
Zöglingen dieses Triennium durchmachen und dann nochmals von
Neuem beginnen.
Gegenstände des Unnterrichts waren: Religion, Latein, deutsche
Sprache. Altertümer, Anfangsgründe der Wappenkunst, Kalligraphie,
praktische Hecheuloaust neben Algebra insoweit, dass die Zöglinge
in der Philosophie, dem Studium der theoretischen (leometrie und
Algebra gewachsen wären, in der Poesie und Rhetorik wurden
bereits V« Stunde die Fundamente der Geschichte und der Geographie
gelehrt.
In der Philosophie (2 Jahrgänge) lehrten 2 Piaristen; der
eine I.ngik und P^thik, der andere Kxperimental-Physik, Mathematik
und Metaphysik nach einem gedruckten Buche. G ^Stunden wurden
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1 74 Mitteilungen d. Ges. t deutsche Emebuug»- o. Scbuigesch. VIH.
der T nivprsal^oscUicbte zugewendet unter einem Fachlehrer in
deutschei- Sj^rache.
Ju.sT 1751 wurde, die I^rofessnren P. Antonius und
P. Fioriau wegen der verscluedensprachigeu Schüler sich weiirerten.
deutscli vorautrajjen, die lateinische Sjirache erwäii]! für die Kor-
repetitionen jcuer Schüler, welclio die deutsche Sprache schiecht
haudhitljleii uud für die Examina publica.
Seit 1763 (4, März) wurde die Naturgeschiclite uud Pliysik
zufolge eines \ ni'trageä des P. Fulfrentius Bauer, Professors der
Matheujaiik uud ExperimentJilirhy.-jl. und seiner Verwendung bei
einer Komraissiousöitzuug vom 28. Februar 17ti^ in deutscher
Sprache gelehrt.
Von 1772 an wurde zum ersten Male von P. Eduard Job
fQr die dem Bergwesen sich widmenden Juristen Montanistilc vor-
getragen.
Ausser diesen Instituten- waren die Piaristen auch in der
Juristen-Schule mit Erfolg tfafttig.
Alle diese Institute tragen in Kürze viel zum Euhme der
Pialisten in Oesterreieh bei und bewirkten, dass bald in der Mitte
derselben ausgezeichnete SchulmADner erstanden, welche nicht un-
bedeutenden Einiluss auf die Ausgestaltung des Lehrplanes für die
österreicfaischen Gynmasien unter Maria Theresia und Kaiser Josef 1 1
nahmen.
Schon 1783 hatte eine Versammlung der Vorstände des
Piaristen-Ordens einen Reformplan fOr Gymnasien ausgearbeitet —
Diesem Plane trug eben der Provincial Aichardus Habel (der öster-
reichischen Provinz) — regierte vom 15. Mai 1772 bis 10. Mai
1778 — Rechnung indem er 1774 folgendes «Systema, juxta
quod studia delnceps sua instituturi sunt juniores
nostri et in quo sequentia doctrinae capita propo-
nuntur:
Dieser ..ordo studioruni tradendoruiu - trägt dem zum
rirosHen angewachsenen Unterrichts-Apparate der Provinz allseitig
Kecbüung.
V. Stadienordnung vom Jahre 1774.
In Novitiata.
Anno I.
1. Ethica Religiosa, applicata ad iustitatum nostnim cum applicatione
regularum Xovitiatarum ac proposito selectu asoet:n"um.
2. Kat(>rhismus. qui inscribitur ad ordinaodos cum arte catechizondi
parvulüä tani in scola, tarn in ecclesia.
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10. Ueber die wisseaachaftlif^e HeraabUdaug der Piaristan etc. 175
3 Grammatica veniacala com Ortho- et calligraphia.
4. Arithmetira.
. ö. Lingua gallica incboatu.
Anno n.
1. Explicatio priTilegionim ordinis: item expticatio ritnnm ecclesiasticornm
tarn in Breviario tarn in Missa servandornm
2. Classium, qnae iiiifriores et iiuinaiiitatis dicuntur, rtpotitio juxta
manducat ionein Hein«>ccii cum praxi easdem tradeudi; krti(» itoin
auctoriim classicorum latinorum juxta methodum et ordine ab eodem
praescrlptam imitatioae Semper subjuncta.
3. Initiiim Encyclopediae seu caraas nniferBae aecessariae oc atiüs
litteraturae ex qua nnnc Geograpliia et hi&toria univeraalia.
4. Studium lingaae Graecae inchoatura, Gsllicae contiDDatnm.
5. FoDdamonta educandae javentutis tarn nobtli« quam ignobilis oder
die sogenanote Erzichungskunst
Extra Novitiataiii.
Anno I.
1. liOgica, Metbapbysiea, Etbica, item Matbesia incboata.
2. CoDtinaatio lectionis et indtationis anctorom classicorom latinornm,
item linguae Graecae.
3. Continaatio Eacyclopediae.
Anno IT.
I. Phvjiicn cum liistnria naturali, item Mathesis conlinuata.
II. Confinuatii» l-Ttioiiis 1 1 imitationis an''tnnim classironim latinorum
additis cumjum praeripuis in patria liiiguu acriptoribus.
III. Coutinuatiu et absolutio stndü ordinati Encyclopaedici.
Anno III.
L Historia Ecclesiastica cum notitia critica S. S. Patnim.
H. Lingua hebndea.
Anno lY.
Stndinm bistorico-criticam 8. scriptarae ex fontibus Hebraicis et
graecis
Anno y.
I. iuitium S. Tlieologiae.
11. Prnocepta eluquentiae sacrae cum dispusitioue tbemutum evangeli-
corum.
Anno VI.
I. Absolutio cnnus tlieologicL
II. Instroctio practica confessarioram.
Wir «♦•hen diesem ^ordo studioniiir an. dass da>-- Stnrlif»n-
woscii im all;^»Mii»M?>H!i tifui p|>c7i(>n anfli bei deu Piarislen grosse
l'ortäctiritte seil deiu Studicnpluuu vuiu Jalire 1690 geuommeu haben
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176 Mltteihni^ii d. Goa. f. dt^utache Brziehungs- u. Schulgcsch. VIII,
muBste. Das Gerüste der traditionellen Unterrichtsnormen des
Ordens hatte sich gedehnt und gestreckt» hatte einen völlig neuen
Umfang und neue Formen angenommen, aus deren Details wir mir
mehr hie und da — an die alten Ueberlieferungon erinnert werden.
Dieser Studienplan der Piaristen erscheint auch den noiien
Forderungen, welche an (ifti Orfl»'!i hi'wisclien gestellt worden
waren, angepasst. Mit der Aufhebung des Je.sui(en-( »rdens iil)ei'-
nahm ja der Fiarist en-Orden dessen Erbe, besonders in
Beziehuiii; auf den Gymnasial-Unterricht, sozusagen die Führer-
Rolle unter fb^n anderen Orden, welche sich mit Unterricht und
Erziehung beöchäftigton.
Freilich war die Zeit vorbei, wo die verschiedenen Orden,
durch keine weltliche Gewalt gestört, ihre Angelegenheiten pro
domo öua ordnen kouüieu und es redete nunmelir auch der Staat
ein Wörtleiu besonders in Unti-rrichts-Angelegenhcitri] mit.
Wir müssen jedoch bei nur uberrtächlieher Betraclitung des
„Studien-Systems" des Provinciais Aichard Habel gestehen, dass die
Einmischung der Staatsgewalt in die Angelegenheiten des Unter-
richtes den Piaristen nicht geschadet, sondern dieselben beföbigt
hatte, neuen VerbAltnissen beruhigt entgegen zu sehen.
Schon ün nächsten Jahre 1775 legte P. Gratian Marx der
gelehrte, jedoch bescheidene Piarlst^ den Entwurf einer Befoim des
Gynrnasial-Studiums^ der Genehmigung des Staatsrates und der
Beglerung vor. Dieser war ein Triumph des Piaristen-Ordens ge-
wesen; in ihm feierten die langjährigen BemOhungen des Ordens
um Unterriebt und Erziehung ihre verdienten Erfolge.
Es mögen zum Schlüsse noch einige Bemerkungen aus den
Constitutionen resp. aus den General* und Provindal-Capiteln des
Ordens folgen, welche sich auf die Gymnasien beziehen. Die Con-
gregatio Provincialis vom Jahre 1745 verordnete:
Disclpnli in Grammaticae classibas argumeatis utflibas, historicis
nempe aut moralibus exorccaiitur, eaqae a Magistris correeta nna cum
Temacnla in libcllum munde describant, apposita marginali nota mensis et
dici, quo facta est. Idi^m mm suis pxrrcitiis faciant rhetores et poetne
ut in spcriminibus liujusnmdi iüdostfiac scolasticae memoriam et coram
arbitris tesiiiiioiiiiim hnbeant.
l^<'k;!n!it sind die TnonjitlirluMi \'isilttüoneii in den SrlmltMi und
die Schlussprülungeu, welche ol't feierlich gehalten wurden. Bei
1) Siehe des P. Qratian Marx Entwurf vom 7. Juli 1775 von
Dr. Karl Schi auf, ^ektions-Rut ete. (Mitteil. d. Gesellseh. f. d. Bntelittngs-
u. Bchnlgescb 1896. S. 122.)
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10. Üeber die wisneiMchaftliche Henukbildung der Piarieten ete. 177
<ler VisitaliOD erschienen der Rector, der Praefect und ein dritter
Priester: -Tertius sacerdos, qui omni menae cum R^tore et Praefecto
scolas visitare tenetur, intersit etiam ultimia examinlbuB Seholasti-
corum, 8i P. Rectori sie videbitur (Oap. Prov. 1747).
Zur Darstellung der beigebrachten Kenntnisse dienten monat-
liche Compositionen.
Ad eTitanda plara inoommoda pleraeque CSompontiones nltimae fiant
ante feitorn Nativitatis B. M. Y., quibus P. Praefectus, vel alius, qui argu-
mentum componendum dedit, hac media die intererik. (Gonfonniter
decreto caesario.)
Mcnstruae compositiones a studiosis non solum Gramniuticae, sed
etiam Poeticae et Rlictuncae fiant, sub iiiensis cujusdam dimidiuni et a
singulis pariter iu libcUuiu cuui uota pruitieriti Ui Jinis iuiicribeatur, eaque
tarn Soperiori quam Praefecto Scolanun exbibeaiitur, qui ordiids notati
snflragio suo tempore justam eviqae commendationem tribnere seient
(Promc. Capit 1745).
Da bei den Piaristen die Location bestand, so wurden auch
sogenannte Versetzungsprafungen gehalten.
Einen besonderen Platz nahmen die Dedamationen und
Coinoedien ein. Sie sollten die Studeuteu „sprechen, vortragen und
sich frei und ungezwungen benehmen lehren". Für die „Poeten"
waren die dabei vorkommenden Versl'ormen eine durch Beispiele
lehrreidie Schule. Naclidein Musik bei AulXUhrung derselben in
Anwendung kam, waren die Oomoediea die veranlassenden Ursachen
zur Ausbildung der Studenten in der Vocal- und Instrumental-
Musik^}.
*) Es würu irt'ilicl» eiue daukbaie Aufgabe jjeweaen, aus den Anualcn
wenigstens eines Colleg^iums Berichte und CItate su bringen»
welche diese Constitutionen und Studienordnnng«i durcli die Art und
Woiöc der Durchführung reap. Einhaltung und Befolgung deraelhnn wirk-
sam illustrirun wünlpn; dips foi jedoch für eine spätere Arbeit auf-
behalten. (Vgl. hierzu Kehrbachä Anmcrkg. Mitt. YIIl, Hüft. 1, 1 u. seinen
Berieht i. d. Verhaadl. d. 48. VersaaimL dtech. Phil. u. Schuhs, iu Köln a Kh.
Leipzig, B. Teubner, 1896, S. 219.)
CoiTlgenda.
8. 147, Note 1, Zeiie iU von oben auätatt: luchoatuH inchoatus.
147,^ „ 1, „ 11 „ yt „ abuuno — anno.
„ 148) Zeile 10 von oben anstatt: Institutionen — Conätitutionen.
M 149, 6 n unten „ Animorit&t — Animosität.
„ I \oto I, Zolio f) von unten antitatt: (Note 1) — (Note 1, S. 147),
Ti l-Ol „ 1 VOM S'. t5i^, Zeile 7 von ohon anstatt: utetctur - nforetur.
„ l.>i, „ 1, letzte Zeile, aristatt: tuiiutructudiuecj conauetudiueö.
154, Zoile 4 von unten strictioni — strictiori.
MiUi.iJ.uij:«n d. Ue», f. <leiiui-lid Kr«ieli.« u. Ktimi^cKt IukjIiIc. VlII 2 ;; li>'.k>.
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178 Mittciiuiigou d. Ges. f. deutsche Erztchuiigs- u. Schulgeach. VIII.
11.
Kleine Mitteilungen Uber Aitbayerns älteste
Klostersehiilen.
«) Die Klosterachule tu Salzburg, b) Wohio g\ng Brsbiachof Arno von
Salzburg in die Scbulo?
Von Xax Vwrtlinger, Benefiziat bei 8e. Peter In Mflnchen.
a) Die KloBterschule zu Saissburg.
Altba}*'iM> älteste Klost«'r.scliule m Sal/,l)urj; ist eiue Stit'niii;^
des hl. liischol.s Rupert. Kr selijüt «;ehörie ein^^in Mönrhsordcii an.
Welchem? Diese Frage hängt mit jener iiat Ii M inciii Zeitalter
(6, — 8. Jalirh.) eng zusammen. Vielieichi halle liuin i i sein Khi.ster
nach Art der Irens('hotten eingericlitet. Bei seinen Ivloster- und
Kirchengründungen zeigt sich nämlich keine Spur von dem Patro-
zinium des hl. Benedikt, das die Klucitrrftlit'ter und in iliren (Jüter-
kirchen die Benediktinerkhister des 8. Jahrhunderts naturgemäss
begUnstigteD. St. Benedikt» Kegel beurkundet sich meines Wissens
fttr Altbayem am frttbesteu unter dem hayerischen Herzog Flugibert
<725— 737) und betrifft das Nonnenkloster Kirchbaeh (.Sapienz-
1nün8ter^ ^Rottbalmanster*) im Rotthaie.
Ruperts Klosterschule wird uns bekannt anlAssUch eines Lehen-
Streites.') Tonazan (Donatian) und Ledi, zwei Brttder aus der
(romanischen) Familie Albina, hatten ihre Güter im Pongau an das
Salzburger Kloster geschenkt mit der Bestimmung, dass ihre Neffen
Wernhari und Oissimo (Dulcissüno) doi*tselbst (ad Salzburcli
monasterium) zur Erlernung der Wls^tenschaften (ad discendas
litterasj und des Dienstes Gottes (officinm d<>i) und zur Tonsur
(ad tondenduiu) aufgenommen würden. Nachdem beide auPgezogon
und erzogen (enutriti et docti) und die Wisseuschaften erlernt
') Moiium, l5oic XXVin. "2 pn^. 1.
Koiuz, luUiculus Aruouis VllI; lirevotfi Notitiue t^aUburgenseö
III; VIlI.
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iL Kleine iMittelluogeu Uber Altbayerns Älteste Klosterachalen. 179
hatten (litteras «lidicerunt), erbat(»u sie sich vuu liupert das Ver-
mächtnis ihrer Verwandten zum Benefiziiim. Rupert willfahrte.
In der Folge aber wurde das Benefizium in der gens Albina erblich,
woraus sich zwischen Bischof Virgil (746 — 787) und Herzog Odilo
(787^748) der berOhmte Streit um das Albin^sehe Lehen entsiMum.
Seiner Beurkundung irerdanlcen wir auch die Kunde von S. Roperls
Kloeterschule. Die Beisätze in der Urkunde ,ad tondendum*.
^officium dei*, und die Thatsache, dass Wernhari und Ciasimo, die
beiden KlosterscbUler, späterhin als Benefiziaten auftreten, verraten,
dass Salzburgs Klosterschule, wie die Klosterschulen des früheren
Mittelalters überhaupt, zunächst die Heranbildung von Klerikern
bezweckte. Doch bleibt ihr, soweit Urkunden in Betracht kommen,
der Ruhm, Altbayerns iUteste Klosterschule zu sein.
1>) Wohin ginc XreblMdiof Aino toh flalibws ia dto SebutoP
Zwei altbayerische Klosterschulen. Freising und Isen, streiten
sich um den Ruhm, Eizbischof Arno (785 — 821) von Salzburg, jenen
eifrigen Förderer des Schulwesens und intimen Freund des Grossen
Karl, unterrichtet und erzogen zu haben. Der Streit rief eine
ziemliche Lltteratur hervor, die Hektor Hund mit sichtender Kritik
zusammenstellte in seinen «Bayerischen Urkunden aus der Zeit der
Agilolfinger** ohne dass dadurch der Streit selbst wäre ent-
sehieden worden.
Ein edler Bajiiware Haholt mit Namen war von cinor schweren
Wunde ^ijeuesen. Ans Dankbarkeit hatte er zu Pietelbach (Poatilin-
parir rine Kirche erbaut. Im Einverständnis mit seiner Gemahlin
brachte er (758) am Marienaltar der Isener Klosterkirche seine
Habe in Pietelbach dar und seinen Sohn Arno, den er <lem Bis< hol
.Joseph (747—764) von Freising zum Dienste d<'8 dortigen Marien-
domes ül)er£cielit. 2) Kloster Isen war von dein nriTiilichen I^isrljof
Joseph ((". 74!^) ;ils l'iT'i.>?iii<j"is<-hf's Filialkloster gej^iii ml ''(•*') \un\ »ifin
hl. Z»*no. (I«'in SeKiiiidäi iiatiini des Freisinger hnincs, geweiht
worden. Üi^cliol .I(i>r|»li .siiuiimte höchst \vahr8cheinli<;h aus der
Nahe dei- Zeiinoburg bei M*»ran, wpshail» vv dns Patrouat des
\'erones«'r Pis<holes Zenno begiiij.^tiutc. AU ^i« lu i' darf fjelten,
da-- in dem von Anfang an reich d<'ti<Mi''ti Kiosi* i Isrü amli von
Ahliiiig an eine Klosterschule be.-»laüd. Der niö/csuuhi.sloiiker
Westermayer^) hält dafür, da^s die aus dem beuachbaiteu Öchwind-
') S l], \\:m I_
'^1 Hund. *'hd. t^. ,VJ. N'o. 1.*».
^) Meiclu'lhcck, hifet. Frisiug. I. 1. p. öü u. bl.
*) Statist. Bpschroibung des Erebittthuma MOncben-Kreising in. 116.
12*
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180 Mittellnng«D d. Gea. t deutsche Endebiiiigt- u. Schulgewh. Vin.
kirchen gebQrtigen BischOfe von Vizenza Andreas (f e. 820) und
Fnmko (f c. 848) in der Isener Klostersehule ihre erste Bildung
erliielten. Die Augustiner Ghorherrn, die e. ItOO an Stelle der
Benediktiner Kloster Isen bezogen, brachten das dortige Schulwesen
«1 reicher Entfaltung. -Mit «Fridericus scholasticus canonicus
ysinensia" kommt (1268) in Isen zum erstenmal die Würde eines
Scholastikus (Schul- und Chordirektors) Yor.^) In einer deutschen
Urkunde vom Jahre 1442 nennt sich der Scholastikus Eisenreich
dor Pcugenbeiger «oberster Scluilmeister zu Iscd*. welche Benennung,
uie Westermayer-) "^n^t, sich fortan lange erhielt und darauf hin-
deutet, dass er nicht als einziger Schulmeister dort gewirkt hat.
Bischof Emst von Freising verordnet (1601): Canonici Isnenses
omnes slnt gradu Magisterii, vel ad minimum Baccalaureatus in-
signiti.*^)
Bestand also schon zu des Haholt Zeiten die Isener
Klostfrschiile. so wird »t seinen Sohn Arno wohl dies»^r seihst zur
ersten Erziehung anvertraut haben. Ausdrücklich jedoch i e(h:'t obige
Urkunde nicht davon. Seinen liölieren Studien mn;^ er in der
Freisinger Domschule oblegen sein. Wir können unniöi,'li( h ^hmlien,
dass weni^tens der im .liihre 777 in Freisini^er Urkunden') als
Zeuge aui'öciieiiiende Arn diaconuH mit dem Arn diaconits vom Jahre
"65, dem nachnialiiren Erzbischof Arn von Saizburg 'j, dessen Er-
hebung auf den Saizburger Bischofstuhl 785 erlolgte. identisch sei,
nachdem dei^selbe doch sehon seit langer Zeit das zum Bischof er-
forderliche 30. I^bt'iisjahr überschritten hatte.
Was überliaupt veranlasste den njichnialigen Erzbisehof Arno
von Salzburg mit Haholts Sohn Arno zu verwechseln ist eine Ur-
kunde bei Kleinmayeru^): Ao. 815 triftt Erzbischof Arno von Salz-
burg mit Haholt und seiner Gemahlin Berchthild einen Gütertausch
im Isen- und Chiemgau. Letztere beide warrai hier reich begütert
Der Chiemgau lag ganz im Salzburger Bischofsprengel, der Isengau
gehörte zur Hälfte ebenfalls dorthin, zur Hftlfte ins Freieinger Bis-
tum. Was Wunder, daas auch Haholt einmal und seine Gemahlin
im GQtertausch mit Erzbischof Arno von Salzburg zusammentrefTen.
Von einem Verwandschaftsverhältnis lieider Tauschparteien geschieht
> Bbd.
-' Kbd.
» Ebd.
*) Meichclb. l. c. No. 4s.
»I Ibd. Xo. IS; vgl. diutu Hund, I. c. 8. 16 No. Ifa'ö.
Juvftvia. S. No. XVIII.
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11. Kleine llitteüttngea Uber Altbayeme ftlteste Kloeteracbulen. 18i
in der betrefTeodeii Urkunde mit keiner Silbe Erwähnung, was bei
der ausgezeichneten Stellung derselben eonet sicher der Fall gewesen
wftre. Erzbiscbof Arno starb im Jahre 821. Sechs Jahre später
(827) flbeigab Haholt (in erneuerter Schenioing) sein ganzes Brbe
ztt Ptetelbach dem Freisinger Dom; jedoch behielt er sich, seiner
(j^mahlin Berchthild und seinem Sohne Arno dessen Nutsuiessung
vor. ') Noch einmal (845) begegnet uns Haholts und der Bereht-
hilden Sohn Arno als .nobilis vir" und (hocbbetagter) Abt des
Klosters Isen. Zu Dorfen und Tegernbach erneuert er die Schenkung
seines Vaters (genitoris) in Pietelbach und fftgte bei, dass Alles,
was dort erbmässig ihm gehöre, nach seinem Tode bei Freising zu
verbleiben habe.^ Es scheint zugleich sein Testament gewesen zu
sein. Von nun an verschwindet er aus den Urkunden. Die Dank-
barkeit gegen seinen Vater Haholt lebte im Isener Kloster noch
lange fort. Nach ihm benannte sich Haholt. der erste Augustiner
Propst von Isen,^) und wie wenn Haholts Schenkung in Pietel-
bach zunächst der Errichtung der Isener Klostorschule gegolte n
hätte, galt der Zohent von Pietelbach als Dotation der Iseuer
Scholastikiiswürde.^)
Erzbischof Arne v >ii Salzburg, im Freisiiiijer Histiim
gebürtig, machte seine Studien auf der Freisiiig<'r Stills-
«cliule iiiul bekleidete dort lange dio Wüi de eines Diakons.
Zum IVischot' von Salzburg erlioben, wollte er, wie es seheiut, unter
aiulerem seine Dankbarkeit gegen Freising nm-h iladurch zum Aus-
druck Ijriugen. dass er em zur Bewirtschaftung sakburgischer Güter
bei Heicheuhall (c. 800) errichteteü Kloster (das heutige S. Zenno)
el^riifalls dem hl. Zeno weihte, dem Sekundärpatron des Freisinger
Domes, dessen Schule er seine Erziehung und Ausbildung ver-
dankte. Dass Erzbiscliof Arni* im Isener Kloster sei
gebildet worden, daiür bieten die Urkunden keine Unter-
lage.
n Meicbclb. 1. c. No. Ö02.
Ebd. No. 634.
>) MoniUMata Boica L 189.
*) Deutinger, Die alteren Matrikeln dea Bisthums Freysing, I. 167,
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182 MitteiluDgea d. Ges. f. deutsche Erziehungs* u. Schulgeaeh. Vni.
12.
Die Sehttl-Oeoi^pliie des Abtes Anselm Besing
(0. 8. B.) für das Benedictiner- Gymnasium zu
Kremsmüubter a. d. J.
Von Prof. Dr. AltmMUi-AltiBswr, (0. S. B.) KramBmttnBter.
Bis in die neuere Zeit herauf bildete die Qeogriipliie Iceinen
selbstSndigen Lehrgogenatand an den Lateinschulen, sondern war
ein Zweig der Geometrie.
Noch Ende des siebzehnten Jahrhunderts teilt unser P. Mar-
tin Besch die gesamte Mathematiic in nicht weniger als 24 Teile«
unter denen auch Chorographie, Cosmographie, Geographie. Hydro-
graphie und Topographie erwSUbnt werden. 0
Im ersten Mittelalter begnügte man sich damit, die alten
geographischen Autoren, vor allen Ptolomftus und Strabo, sowie die
daraus bearbeiteten Aussöge eines Mardanus CapeUa, später eines
Isidor von Sevilla, Beda, Rhabanus Maurus, Walafried Strabo nach
Möglichkeit sich geistig anzueignen ; l)eson(lers der Uber «Ic natuta ronim
des hl. Isidor, eine mathematische Geographie mit zahlreichen Zeich-
nungen erfreut« sich einer grossen Beliehiheit. Im späteren Mittel-
alter und in der neueren Zeit, als durch die Kreuzzüge, die Reisen Marco
Polos, endlich die Entdeckung eines neuen Kontinentes <1ms «geogra-
phische Wissen hedeutend erweitert worden war, tauchen zahlreiche
mit Karten versehene Kompendien der Geographie auf, die niclit
selten ziemlich umfangreich sind. Unterr|os>:on ist die (ileographi«'
auch schon selbstrmdi'^er Lehrgegenstaml < inii:i i] Universitäten
geworden, wie /. 1). in Wifn. wo geographische Vorlesungen bis
1391 zurückreichen.''^) An den Lateinschulen aber erobert sich die
Siehe P. Franz Schwab: F, Aegyd Everard von Raitonau, Soparat-
Abdruck uns ^Mitt. der GeseUsch. Air Salsburger La&deskonde" Bd. XXXVIII«
9.21, Ann-k'T. 1.
'I Aibiüciit Penck, .Die Geographie an der Wiener Universität."
Sonder* Abdruck aus den geogr. Abhiudluagen Bd. V, Heft I» S. 1.
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11. Die Schul-Geographi« dos Abtes Anaelm D««iDg (0. S. B.) etc. 183
Geographie erst langsam eineo Platz;*) immer mehr jedoch sieht man
die Notwendigkeit dieses Gegenstandes ein. freilich nicht so sehr
um seiner selbst willen, sondern als Vorbereitung und Unterbau
der Geschichte. Doch die grossen Pädagogen des siebzehnten Jahr-
hunderts verhalten sich noch verschieden zur Geographie. Comenius
empfiehlt in seiner Didactica magna einige Weltbeschreibung fllr die
„schola vemacula"; in der Lateinschule sei allerdings Geschichte,
nicht aber Geographie Ijohrgegenstand. Fiaucke hingegen spricht
sich für Geschichte und Geographie in der Lateinschule aus.
Wie es ,die Schnei". ,die lüleinische Schuell", .die Hof-
Schul"', die vorder Schul' iu Kreiusmüüster, die schon 1549 von
Abt Gregorius Lechner eröffhet worden war, mit der Geographie
hielt, daiHber haben wir für die altere Zeit leider keine näheren
Nachrichten. Da der Gedantce nicht ganz abzuweisen ist, unsere
*) Nach Prüf. Dr. b. Gunther ist Johann Cochlueut* [\uü 1010—1514
Scbulrelctor bei St. Lorenx in Narnberg) der Brate in Deutschland gewesen,
der die Anerkennung der Geographie a.U eines obligatorischen Lebrponsums
an einer Mitto'echule nicht nur unrogte, aondorn auch mit Erfolg durch-
führte. Vjfl. »Milteilunfren' Jahrg. VII. Heft 1, S. 11—20. L'ebrigons hat
Prof. Dr. K. ivehrbach schon 1883 in dem ,Kurzgcfu.^äteu Plan der Monu-
menta Geitnaaiae Paedagugica" ^Berlin, A. Hofmann & Comp.), in der
,»Ltste von SchulbQchern, die snr Zeit des Humanismus im engeren
Sinne, d. h. von der Mitte dea lö. bis gegen Endo den HJ. Jahrhunderts in
den Schulen Deutschlands gebraurlit \vord<'u sind," (S. l!»-4.'>^ (Hn Ausgabe
deü Pomponius Mela von Cochlueus aufgeführt, mit dem Bemcnkon (S. 44),
dass diese Ausgabe nicht nur den Pcmponius Heia enthalte, sondern, was
interessanter sei, als Anhang eine all gemeine Geographie von Coehiaeus
selbst und das.s Cuchiueus dieses ia Frag«* und Antwort verfasste Werlv
!*einein Unterricht} an der Lorenzschulo in Ni'nMbor«r zu irrnndt» <rfl'>^(
habf'. - Die Verdienste Philipp Melanchthons um den last vollsiilndig ver-
uachlil.saigten oder verkannten L'nterrichtszweig hat Karl Hartfelder in
UGP. Bd. VII: Philipp Melanchton als Praeeeptor Germaniae, Berlin 1889,
8.202 ff. u. 306 ff. hervorgehoben.
Das für die .Moniunenta Germaniae Paedagogica von I'r-if. Dr. Votach
\uiternomtriono Werk über don '.reo trraph i ^ r Ii n n l'nterricht im IG Jahr-
hunderl (Vgl. ..Beiiagp /um I'lain' dt-r Monumcnt.i" [^1SS4|. S. 4i ist leider,
trotz umfangreicher Vorstudien noch nicht miu Abschlusäo gebracht
worden, weil von den Mateiialien, dnrcb die man hoffen könnte, Auskunft
SU erhalton über die Fragen wann, wo, wie lange und in welcher Weise
«reoLTnphi chcr l'nterricht erteilt worden ist, noch zu wenige an die Ober-
tlöche gehohen worden sind. Es handelt »ich hier um Schulordrmns^en,
StudienpliUie, Visitationsprotokolle u. s. w., dcrea Summluug, Verarbeitung
und Herausgal)e eine der Hauptaufgaben der Gesellschaft fDr deutsche
Brsiehungs- und Schulgeschichte ist.
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184 Mitteilaogen <L Gea. f. deutsche Eniehungs- iL Schutgaseh. VlIL
Lateinschule sei unter dem Etoflusse der Jesuiten eDtetflnden^), so
lie^ die Vermutung um so nftber, auch der Lebrplan habe sich an
den der Jesuiten-Sclnilen angelehnt^); in diesen aber wird zum ersten
Mal in der Instruktion vom Jahre 1599 dem Professor der Mathe-
matiic vorgeschrieben. _ aliquid geograpliiae" zu tradieren. Ende des
siebzehnten Jalirhunderts werden in Kremsraünster geniuie Karten
des klösterlichen Besitzes entworfen und einige Kleriker vom be-
kannten österreichischen Geographen Georg Matthäus Visolier so-
wohl theoretisch als auch praktisch in der Geographie unter-
richtet. ^)
Eine neue Epoche für die Gf'of:^ra]tli!<' an unserer Schule wird
im achtzehnten Jahrhundert durch deu bciühmlen Abt von Enns-
dorf, Anselm Dt'siii«^ '). eingeleitet, der dem Studium der Geogru-
}•))!'• iiud Gcsrliirhte in Bayern und Oesterroich noxw Bahnen ?e-
Wit-hcii. Nicht ohne EiallusH auf diese seine l'.edeiitiinL' war sicher-
lich der Uiiiaiand ^»ewesen, dass Desin«:: >ell»st ein Zögling der
Jesuiten war, die seit dem Beginne des achtzehnten Jalir-
hunderts an ihren Schulen der Geographie eine geachtete Stellung
einriliiaucu unii am Schlüsse des Schuljahres regelmässig eine An-
zahl von grösseren oder kleineren Kompendien der Geo^jraploe. die
sie selbst abgefasst hatten, unter die Schüler als Prämien ver-
teilten.^) In diesem Geiste erzogen, bearbeitete Desing gleichfalls
') Siehe Theoderich Hagn: „Das Wirken der IJf^nedictiner Abt«i
KroTTtsmüDster fftr Wissenschaft, Kunst und Jugendbildung." Linz lb48,
S, 12U.
') Diese Vermutung gewinnt um so m^r an WahrschehiUehkeit,
weil die Aebte Erhard Voit (1571—1588). Johann III, Spindler (lK89-ie00),
Alexander a Lacu (1601—1613), Anton WoUiradt (1618-1639) im Bezug auf
die „hmere Sclitile" sich nachweislich enge an die Jesuiten angeschlossen
hatten. Vergl. Th. Hagn 1. c. S. 101 ff.
*) Siehe meinen Aufautz: .Des österreichischen Geographen Georg
EatthaeuB Viseher letstes Lehensjabi**. Mitth. d. k. k. geograph. Gesellschaft
in Wien. Bd. XLl. No. 5 u. 6. S. ;{80- 894.
*) Ansohn Dor^inj?, geboren 16119 zu Amberg in Bayern, trat 1717 ins
Benedtrtinor Klustpr Künsdorf, war 1725 — Professor am Lyceum in
Freisiog, wuriie daun Frior in Eniisdurf, iTiiö Piotessor an der Universität
Salsburg, war dann abwechselnd in Pasaau, Rom und -wieder in Pasaau,
wurde 1761 Abt von Ennsdorf und starb am 17. Dezember 1772. Bau der
Sternwarto in Kremamtinster utul Errirhtiinp pinor udelipren Akademie da-
seibat gehen um spine Anregung und seine Pläne üurüek.
•j Das erste bekanntere Lehrbuch der Geographie N^erfsastc der Je-
•uit P. Job. König im Jahre 1677: Inatitutio ^fcogruphiae elementaria siv«
modus methodusque intelllgendi et cooftciendi mappas. Siebe die Liste In
Honumenta Germaniae Paedagogica von K. Kehrbach, Bd. XVI. Seite 182, 1^.
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12. Die Sehul-Geograpbie des Abtes Anselm De^üig ^0. B.B.) etc. 185
eine Anzahl gcugraphischer JUicher^). von deueu besondtTs eines
hervorgehoben und näher besprocheu werden möiaje, da8 er speziell
fUr die Schule von Kreinsmttnster schrieb und daher in anderen
Bibliotheken selten zu finden sein dttrfte. Schoo am 20. April 1741
schrieb er dem Abte Flxlmillner: »Historiae atque Geogra-
phiae pro Cremifanensi Academia seribendae proi)ediem initium
dabo." 1748 war das Buch vollendet. £s fUhrt den etwas breiten
Titel: ».Hinlftngb'che Geogiaphie vor die Schule auf eine Art voiv
getragen und in solche Scbranlten gefasset« dass junge Leuthe da-
mit mehr ergOtset als beladen werden." Zusammengetragen zum
Gebnuiche der studierenden Jugend zu Crems-KOnster 0. S. B. in
Ober-Oesterreich. Cum facultate Superiorum. Salzburg. Gedruckt
bey Johann Joseph Mayrs Hof> u. Academ. Buchdruckers seel.
Erbin. 1743. s)
Das Buch fasst ohne Register 482 Seiten, ist in katechetischer
Form abgefasst und bebandelt zuerst in „der kurtzen Schulgeographie
allerersten Anfang" das Wichtigste aus der physikalischen und
mathematischen Geographie auf 30 8eiten, dann folgt die Geographie
Europas I>is S.Mto 372, die asiatische Türkei bis Seite 386. die
afrikanische Tlirkei bis Seite 392, Afrika bis 400. Asien bis 408,
endlich Amerika mit dessen kurzer Geschichte bis 482.
Das, ^as aber besonders bervorgelioben zu werden verdient,
ist die Vorrede, die in kui-zen Worten eine Didaktik der des
geographischen Untemchtes gif ltt, wie sie nicht gar häutig in einem
Lehrhuche dieser Zeit zu finden sein dürfte. Ich lasse die Kegeln
zunAcbst im Wortlaute folgen:
Es aeynd dise Blfttter nicht zu dem Ende geschriben, dafs man
daraufs ein TollkonimeDer Gcographas werde. Wom es dann umb
dieses zn thnn ist» wird von dem Buche hOren : Noli me tangere.
Yflmehr ist das absahen, dafs ein sartc und auch von Jaliron mittel»
mäfsige. darzn mit nicht wenig anderen Sachen beschilfftigte Jimeiul einen
Contour oder Umrils vui der Welt bekomme, auf welcher die Adanis-
Kinder ihren Platz haben und ihrer H.lndel mit einander pflegen.
Welcher Umrifs jedoch nicht in blofsen Zugeu und Namen bestehen solle;
sondern mit allerley Farben und portraits die innerliche beschaffenheit der
orthen nnd vdlekersehaiflen gleichsam ins kleine und so so vorstelle: und
*) Bchulgeographie für junge Leute. Regensburg 1734.
Compendium eruditionia complecten.s . . . gcopnphiam . . . IT.'ri.
Auxilia hiatoriea. Kegensburg 1747. Httnüächrü'tlich: Cosmograpbia
uuiversa.
^) Erecbien also ohne Namen dee Verfassers.
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186 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Brslefaung«' u. Scbulgesch. VIII.
zwar iiiclit zur alleinigen Lut, sondern auch zu einiger Lust der ohaebin
eclcelhafteD jungen Printzen.
Ja auch mit dorne nllcn Avinl iiorh vil zucker und spezereycn dazu
gohnmn, biis es der schleckerbuflcn Jugend appetitlich genug gemacht
werde.
Dazu null sevad die /.wey Haubt-Ingrcdicntia:
I. Die Sinnlichkeit, welche der Jugend unendlich schmeichlet und
durch welche man von ihr endlich alles zu erlangen vermag.
IL Die otfte Widcrholung» welche wie ein sachter Mayen-Regen vil
tieffer eintringet und grund fosset als wann mit vollen Schftffem man auf*
schüttete.
Von der Widerholnng ist hier weiters niclits zu sagen.
Der Sinnlichkeit aber kommen wir etwann mit folgenden hanrs«mitteln
zu statten.
1. Mit denen luotigLii F>zehl«ngen; obwolil v\\\a an diser und jener
sonst nicht vil gelegen wäre: giMiiiLr. dal's aic inipitssion luaihet.
2. Durch gcniahlte Lutid-Karten. welcbo ins grofsc gebracht in
unseren Schulen und Exercitienzimmern vor beständig hangen und denen
lernenden ohnablftrslich vor äugen seynd.
3. Hie und da angebrachte besondere oder auch gewöhnliche
redens-arten, imgleichen einige termini aufs anderen Sprachen aeynd
sowohl zu disem absehen dienlich als auch damit die JdngUnge eine freude
haben, wann ihnen wortc vorkommen aufs den Sprachen, welche sie vom
Maitre zu lernen im begriff seynd.
I. Weiters wird ihnen die Geographie nicht aafgebflrdet wie ein
Schul-Pensuni, sondern man unterhaltet sie mit aufsfragcn, iinger-zeigen
und gp<prächen: und ist auch sonst in keinen dingen gend oder
gezwungen.
5 Noch mehr so werden, wann von Städten, Vcstungen, Gegenden
etc. die Rede ist, ihnen zu zeitcn auis Atlautibus und bUcheren vorgezeigt
die gnind« oder perspectiv^risse davon; wobey sie zugleich gelegenheit
haben etwas von ihrer Geometrie, Fortification etc. an den Mann
zu bringen.
6. Es haben die Lelirnieisler noch mehr dergleichen Erzehlungen in
ro?ervc. mit welchen sie zu gelegener Zeit heraufs rucken, umb den
apjjetit noch mehr 7n reitznn Dann die bicrinn geachribene zn lesen
wird ohne dem dii' erst«' arbeit der fnrwitzi^'Cn .scrn. Und wann «if»
emuiahl dise wissen, werden sie an dem übrigen soliden keinen trr>r!ini;irk
mehr finden und also daran eckel haben, wann man niciit thit neuer
Stuppe darüber kommt. Defswegen mOssoi auch nodi hin und her
hemistichia, proverbia, vergleichungen, epiphonemata etc. eingestränet
werden. Ja man kann auch jezuweilen eine Sache aursfObrlicher aufs
einem Authoro vorlesen oder vorlesen lassen.
7. Abermahlen, so werden die Fragen manchmahlen etwas verkehret
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l'J. Dip öchui-üeograpbie dea Abtes Anselm Desing- (O. S. B.} etc. IS7
und verdrahet: welches eben dariHDl» deu t'ürwitz sticht und (las jiuliciuiii
schäxffet. Z. E. Welches ist das Luud, wo fast alle tldsse liiiieiu liiuffcu?
Welches ist die neueste Republic? Wo gibt ee sttfse and wo sanre
Thrftnen? Welcher Staat mW seine gnind'ges&tze aufs heiliger Schrift
beweisen? Welche Nationen seynd mit den vier Elementen zu ver-
gleicheti? In welcb(>n Landen allen anzutreffen seyen gute Wein, Mamior,
Eisen, Gold etc. Wann man wollte eine neue Stadt bauen und
aufs bf'Rte einrichteji, woher man alles holen mtlste an einwobneren,
liauisratb, uothweadigkeiten etc. und dergleichen mehr. Sed ne quid
nimis.
8. Letztlich lasse man die Jugend auch ötttcis specimiaa publica
von ihrer bereits eroberten wiwensehaft ablegen Ingens gloria
calcar habet.
Sehet da acht unseres Wissens gute Mittel umb der Sinnlichkeit zu
schmeicheln. Begehret jemand zu wissen, wie wir die Materien alle
anfsthcilcn : so hanget solches zwar ab von der fahigkeit, occupatioo, ja
anoh von dem «lestein der lernenden. Dann anders mit ^nem puren
plebcjo, ander» mit einem Cavalüer hinaufagesehen wird.
Ueberhaupt aber ist da^jt iiigt , so mit grösserer Schrifft gedruckt
erscheinet, vor diu aufänger. Das Übrige kan unter zwcy andere Schulen
getheilet werden, also, dafs die letztere immer das jenigo vor ihren antheil
bekommen, was mehr judieienz ist.
Und solcher gestalten wann ein junger Mensch dises Buch drej
Jahr nacht liiaiiderpractiriret, hoffet man zu erhalten, dafs eine hinlängliche
id^«' von der Welt sich werde eingedruckt lialtrn. auf welche alsdann das
gemählde der edlen Historie mit gutem nutzen kau gleichsam eingeschmeltzet
werden.
Billich wnrde mjin sich beklagen kennen, dafs die Desehreibuiig
Tcutst hlunds allzukurt/ aul'sgefallen; wann man nicht unsere entschuldigung
annehmen will ; dafs man des voihabens ist, geliebt es Gott von Tentseh*
land besonders und en detail mit nftchsten so vil vor die hand zn geben,
dafs es zu einem vorschmack so wohl der Reichs<6eschichte als auch des
juris pnbliri dienen möge.
Vor allen wird gebetten, nichts in argen aufs zu deuten. Man hat
dahin nicht die geringste absieht ^jeliabt. ji inand an m fasten, «fondern
hat mit tlciis vil schöne sacheii hiiifer der b.'uick ^^'lassen, welelic l'O-
schinen liab< u eine andere aufsleguiig annehmen zu können. Man wollte
allein die juu'cnd uuteuiehten und aufmuntern.
Daran schlievise ich no'-h die |iral\tisehen Winke, die er »Mf
Seite *JÖ. 29 und 30 im ,i I l^'eiiieiüeu Teile für die lieiiuizuug der
Laudkaiieii iiibt. deren gros.seu Wert als geographisclieb Aiischaii-
UDgsniittel er bereit.«* betont hat.
59. Frag. Was nutzen die landkarten ? und wie soll man sie vor-
thcUhaftig gebrauchen?
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188 Mitteiltttigeti d. Gm. f. daiHach» Bniohiiiigs- u. St^ulgeadi. VIII.
Antwort 1. llan lueat/t daraaA zu begrefÜNi die luge der ortheii
in der Well, ilire iiMhberscliaft und was infs disem folget. Zu solchem
ende ist vortr&glicber dreymal die karte bedftchtlidi ansduunn als zeben
bttcher lesen.
Antwort 2. Damit man aber soleben nutzen ziehe, mnfs man also
Terfahren.
Erstlich niul's ich die ullgcmeiiie karten vor mich nehmen, i. e. die
hemisphaeria. die vier wcit-theile ctc. Hernach erst die besondere z. e.
tcutschland, welschiauU etc.
Zwcytt ns mäh Idi die karte also vor mich auf den tisch legen,
damit die vier weltgegenden der karte mit den gegenden der weit wflrk-
lieh Uberein kommen: nemlicb norden Torwftrts: zur rechten osten, zor
lincken weston etc. Dann solchergestalt drucket sich die läge der orthea
▼il l)( ssi r in die cinbildung.
Drittens, ich niuls die karte iiiclit überhan]>t n'lor bald da bald
dort beschnarchen, sondern stuckweils und ordentlirii Jorflahit'ii : entweder
von oben nach unten: oder von der rechten znr linken: oder idi selie
mich umb die haubt-flüssc umb und bemercke, was hv\ jedem vor
stftdte und landereien ligmi? Und endlich Aehb Uk auch ein
buch zu rath, welches mich anweise» was für ordnong etwan zu
halten sey?
Yierdtens ieh bemercke anfangs nur die dendtwflrdigste ding, damit
das gcdächtanfs nicht gleich anfangs überladen wwde. Es lasset sich boi
80 gelepton grnnd Innnarh durch blosses anschauen nocli vil von den
kleini(<keiten nachsetzen. Kxenipelweils. Ich liabe vor mir Europa, so
merckf ich erstlich nur die namen jcdwedercr glider desselt>en: hernach
"widcrhole ich dibcs uiiu nienke bey jeden glid ein haubthtadt. liey der
dritten wideriwlnng nimroe ich flberaU einen flofs darm odor dae r^erende
haufs oder einen see-baven, borg etc.
Fttnffteaa. ist sehr nutzlich bey etlichen solchen orthen eine allda
beschehene seltsame oder denkwQrdige geschieht oder faistoric sieb erzeblen
zu lassen. Dann obschon etwanu an einer solchen be<rebenheit eben so
vü lücht gcle^n^n wäre, so wird doch liierdurch der gcist ermunteret, der
ftlr witz sonderlich !m v der jngend gereilzet, der last beybehaltcn und die
gedachtnnls ylt ichsarii mit gelinden fesseln daran gebunden: Trahit sna
quemquc voluptoi; und uhne lust wird nichts erlernet.
(leographie ist Desinj^ eine Vorbereitung für den Geschichte-
Unterricht'), ein Gedankt', der ja hh /.tun heutigen Tage noch
lebendig ist, wenn man .sich auch mehr und mehr zu entsehliopsen
scheint, dem Lehror der Natiii wis^enschatten dieses Fach zuzuweisen;
oh dies besonders erspriesalich sein wird, muss erst der Eifolg
>) Siebe sein Buch: „Kurtziste UnivenMUhistorie nach der Geugrapbie
auf der Landkarte zu erlernen." Regensbufg 1746.
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1*2. Die Schul-Geographie des Abtes Anselm Dealog (0. S. B.) etc. 189
zei^on. Mau steht in dieser Fra$?e immer vor einem Dilemma:
eiitwedor eif^ie sich der Historiker eine grössere Kenntnis in den
>ialurwissensehaften an oder der Naturhistoriker muss aucli iu der
Geschichte zu hause sein. Denn wie enge gerade Geographie und
Gteflcbichte «ines Volkes mit einander TerknQpfl; sind und sich
wecbselBeitig bedingen, zeigt jedem Unparteiischen in glänzender
Weise der grosse Forscher auf di<)sem Gebiete, Friedrich Ratzel.
In drei Jahren will IkMüg ti<<s Pensujii der Geographie ab-
solvieren, wie es scheint in der Prinzipien-, Grammatikal- und Syntax-
Klasse fllr den höheren Unterricht, namentlich der Akademiker
will er als Vorbereitung für das Studium der deutschen Rechts-
Geschichte') eine eingehende Geographie des Deutschen Reiches,
das in dieser mehr summarischen Behandlung zu kurz gekommen
war, ausarbeiten.
Aus der Anordnung des Lehistoffes, sowie auch aus den eben
ang^ebenen didaktischen Winken ersieht man sofort, dass Desing
ein nicht unbedeutender Pftdagoge und Didaktiker war.
Das Interesse fOr den Gegenstand im SchUler zu erwecken,
ist sein oberster Grundsatz. Der SchQler muss lernen, er soll aber
Freude und Lust nicht bloss am Gelernten, sondern am Lernen
selbst haben. Doch diese Aufgabe ist keine so leichte; ein leeres
Auswendiglernen yon Namen und Zahlen ist gewiss nicht geeignet,
das Interesse des SchQlers zu heben. Die sinnliehe Anschauung,
die seit Comenius liesonders betont wird, soll hier am meisten
wirken. Zur Veranschaulichung aber bedient er sieh mit Ausr
nähme des Zeichnens aller Mittel, welche erst in unseren Tagen
wieder mehr zur Geltung kommen. Besonderes Gewicht logt er natürlich
auf das wichtigste Lehrmittel im geographischen Unterricht, die Land-
karte, deren Farben und Zeichen er in eingehendster Weis»' im ein-
leitenden Teile seines Lehrbuches behandelt: hononders hervorgehoben
mdge werden, dass er dort dem Maassstabe der Karte eiue grosse
Bedeutung beimisst und das Messen der Entfernung zweier Punkte
') Verf?!eirht» da^e^rfn das im .Julire 174-*« llir di»' Jo-nutPn-Schuleu
verfaaste Lehrbuch: „lutroductiu in univerflam (ieographiani juveututiä
Acadenicae eommode ia sex eapita totldem nempe hunuuiiwrum claMdum
anoos divisa." Die vom Jesuiten Kropf 17S6 verl!u«to „ratio et yia reete
atque ordino procodendi in litterin liumanioribus" schreibt fOr die Humanität
nur eine kurze Hehandlunj^ der (loographie vor.
I)io deutsche Hechtsf^earhii'hte blieb leider iinvollcndot im erHteii
Baude; die güographiachc Vorbereitung hiefUr dUrltc luden «Auxilia hitstorica"
SU finden sein.
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1 90 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Bnieliimgs> u. Setiulgesch. VIII.
auf der Karte mit Hilfe des Maaastabes besonders empfiehlt. Ueber-
baupt soll der Schüler auf der Landltarte ganz zu Hause sein; das
Bnch soll nur eine Ei'gftnzung dessen bieten, "was nicht von der-
selben abgelesen werden kann, doch Hauptsache bleibt sie und nicht
das Lehrbuch. Man muss da unwilUctlrlieh wieder an die Gegen-
wart denken, wo ja auch die Karte, der Atlas wieder in den Vorder-
grund gerückt ist und infolge dessen die Technik dieses Lei« ;.ittols
jene grossartige Höhe erreicht hat, mit der freilich die Karteu jener
Zeiten keinen Vei^gleich aushalten. Nicht unerwähnt mOclite ich
lassen, dass in oben angeführten didaktischen Regeln auch ih'v lioute
so bf^tonten Coucentration des gesamten Unterrichtes als Mittel
zur Belebuiit; und Vertiefung dci* einzelnen Fächer sowie zur Ent-
lastung des Schülers wiederholt Ueciinuiig getragen wird.
Ba« zusammenfassende Urteil über dieses Lehrbuch kann
kaum andern ianten als wie folgt:
Desinga Schulgeographie ist nicht bloss eine der b<'sten der
daniciligen Zeit, sondern in der |tädagogis«iieD Litteratur würde sie
gewiss bahnbrechend geworden sein, wenn sie bekannter gewesen
wäre, denn sie eilte iiirer Zeit um ein gutes Stück voraus.
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13. Petrus Gazzaiiigu üi)er die Bchuluäliäche Mcthoclu d. is. Jaiirh. 191
13.
Der Dominikaner
und Wiener Universititteprofe^sor Petrus Gazzaniga
Uber den plidagiigisehen Wert der scholastiselien
3Ietliode des julitzoliiiten Jahrhunderts.
Von P. Thomas M. Wöhofer, onl. Praed.,
i)ükt«»r der Thecdogio uud Philosophio. Professor an dor Minorva in Rom.
L'nter dci- Kaiserin Maria Theresia l)ei;innt in Of.-iterreich
eine radikale IJinwälzimg iu der rädaf^ogik der tlieolo«;iri('lien Studien,
wie man ülmliches seit dem dreizehütcu Jahrhundert inn<M hall) »1er
katholischen Kirche vergeh! ieli sucht. Der Name Kauleiistrauch
allein bedeutet eine Revolution. Die Scholastik und ihre fast rein
dialektische Methode niu.><slc t iiM-r luthr historisrheu uud |tti>iti\r!i
AuftHSsiinir dor thf^olo<risr!ii-ii Wissfiiscluitt wrirlhii. wohui liviiich
dem [»liiki i.-rli.'ii Moiueiil. der )tast(ii';iltlicolo-i>chen Richtung, ein
8ol< lier l.iiitlii-^s ;i!if das (.ianze eilig* räuial wurde, dass ijher dem
Aüeigucii v\iii-> allerdings sehr umfangreichen und vh. l.scitigen
r>ernstotVe^ lür eine seihständige Wissenschaft liclie Fuischuug kein
Raum mehr eriil»rigle.
Indem ich mir erlaul>e, für das Nidiere auf meine demnächst
erscheinende I)ai.>lt'llung der Rautcnstrauch'schen Studienreform zu
verweisen, will ich hier nur die methodischen Grundzüge jenea
Mauueä behandeln, der als Wiener Dogmatikprofessor in erster
Linie der neuen Richtung bahnbraeh, dea Dominikaners P. Petrus
Gazzaniga.
Gazzaniga ist im venetianischen Bergamo am 3. Mftrz 1723
geboren^).
Im Jabre 1732 trat er in den Dominiltanerorden ein und
lehrte nach Beendij^tng der Studien ziiei*»! au mehreron Ordens-
'i .\bweicUouUo Angaben Über üein Ütiburt^i^jabr a. bei Wurzbacli,
Biogra|ih. Lexikon des Kai«erthums Oestörreich, Wien 1$50, 5. Teil, Seite 111 f.
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192 Mitteilungett d. Ges. f. deutsche Brxiehungs- u. Schulgosch. VIII.
lehranstalten und sodann an der Universität Bologna. Seit 1760
war er, einem Rufe Maria Theresias folgend, Pfofesaor der Dogmatik
an der Wiener UnlYerdtftt Dureh swaasig Jahre erfreute er sich
eines grossen Zuspruches; die Kardinäle Migazzi und Garampi, die
Kaiserin selbst, und. während des belcannten Besuches in Wien,
Papst Pius VI. zeichneten seine Vorträge durch ihre Gegenwart aus.
Im Jahre 1781 zog er sich aus Gesundbeitsrttcksichten vom Lehr-
amt zurQck und starb endlich, siebenundsiebzig Jahre alt, im Kloster
seines Ordens zu Vicenza am 11. Dezember 1799.
Es Icann hier nicht unsere Sache sein, auf die durch zahl-
reiche Auflagen in ganz Deutschland und auch in Italien weit-
verbreiteten Praelectiones (Vorlesungen) Gazzanigas über dogmatische
und ^polemische* Theologie einzugehen; bei Wurzbach und In fthn-
liehen Nachschlagewerken findet man leicht Auskunft Fttr den
vorliegenden Zweck genflgt es, uns mit jener Abhandlung zu be-
schäftigen, in welcher Gazzaniga seine metliodologischen Ansichten
ex profeaso niedergelegt hat; sie steht am Anfang des zweiten
Bandes der endgiltigen und letzten Redaktion der ^Praelectiones
theologicae" und ist historisch deswegen wichtig, weil sie die
Stimmung wiederspiegelt, welciie einige Jahre später den Rauten-
strauch'sclien Studieuplan ermöglichte.
In dieser „Einleitung für die Studierenden der Theologie'' 0
stellt Gazzauign zuerst die Thatsache fest, dass die früher so hoch-
geachtete theologische Wissenschaft Gegenstand der Verachtung
und beinahe des Hasses geworden sei^).
Der Hauptgrund für diese Erscheinung ist unserem Autor die
schwindende Liei)e zur Religion, die Abneigung gegen das elir-
wUrdige Althergebrachte, die Sucht nach Neuerungen. Er mu^^s aber
zugeben, dass auch die müssiger) und unnützen Spitzfindigkeiten
vieler Scholastiiier. die Ijarbarische Sprache der letzteren und die
endlosen Streitigkoiton der einander btkämplenden katholischen
Schulrichtungeii ilin ii Anteil an dor geringen Achtung hiltten. deren
Bich die knf li(»l isi'he 'riM'i)liKj;it' t'i-fVrti«.' : nur sfränht er f«ieh dagegen.
das8 df-n l''('lil<M'n der Scludastikrr allein die ganze Scliuld heige-
inesseu werde, da es ja zu jeder Zeit ernste und besonueue Gelehrte
1) 4,Praefatio racrae theologiae studiotis.**
„Mirabar eaopo ac saepe alios mirnntes r.u iivi Sacram TheologiMD»
<|u;i© olini tuita erat apud omn*'s in aoBtiuiatiiHio. nt ecionttarum umnium
Princeps communiter uppöliaretur, ita nostria tempuiibna a öublimi sno
gradu quato delapsam, ut peoe despicatui et quasi odio a plorisquo
liabeatur.**
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Iii. Petnis üazzaui^ Uber die acholaatisebe Methode d. IH. Jahrh. 193
<;egebeu hal>e. welrhc die theologische VVisaenschatlb ia würdiger
Weise vertreten hätten*).
Daüü verteidiijt Gazzfinii^a die .Scholastik zunächst im Prinzip.
Die „Väter" hätten bei i;egebener Gelegenheit einzelne Glaubens-
lehren behandeU: ai>er für den Gelehrten wie namentlich für den
Anfiinger sei eine iiiiersichlliche ZusaDimenfassun.L; notwendig, und
äie geboten zu haliea. sei das Verdienst der ScholaBtilver
Diese Auffassung, welche das Hauptverdienst der Scholastik
in einem püdcagogischeu Moment lindet, ist für Oazzaniga sehr be-
zeichnend: ihm kommt alles daiaut au. da^is die Scholastiker
..säuiüiche Lehren der Kelii^iuu, wie selbe in vielen heiligen Büchern
zerstreut seien, in eine Art Compendium zusammengetnigen, nach
einer lichtigen Methode angeordnet, bewiesen und verteidigt hätten,
wodurch ein leichter und sicherer Weg zur Erwerbung der Gottes-
gelehrtheit eröffnet worden sei"*).
Die historische Auffassung der Scholastik tritt dagegen bei
Gazzaniga, der doch selbsi jahrelang Professor der Eirchengeschichte
war, in den Hmtergrund; dass die aristotelische Philosophie die
systematische Grundlage für den Aufbau der scholastischen Theologie
ist. wird nur nebenher gestreift, obwohl doch dieser Umstand der
scholaotischen Wissenschaft ihr Qepriige giebt').
Im weiteren Verlaufe der Er<)rterungen wird Oazzaniga natar-
notwendig zum Apologeten der scholastischen Methode. Aber
') ,.Non me latet ineptis, frivolia atque inutilibus multorum SchojastU
8orum luciibratioiiibu9. tum incultac uc harlnirae plurimorum riicfiidi rationf»,
ae detiique rixüsis illis. <iua(> Scholas Catholicart iiiter sP divisorunt, alter-
catiouibus dciectam hu'ius divinae aeiuntiae turtuiiam eiusque hodiernum
coniraiptutii tribul solare. Sed cum prlvatae hae aint Theotogoram, et ne
quidem oittDium, calpae, nulla ratione addud pOMum, ut credam hac solum
do causa tantatn roi mutationem fulsse iiivoctam; pracecrtim quod videam,
omni at't it»» f;r,Tves sajtiontisiiirnniäque Thoologoe nor'i'-'i'r', .jui sacraiii hanc
scic'iitium accuittte, copioae atque eleganter pro diynilatc oicoluerunt."
'')„.... aaerae Theologiae Studium vel ipsls doctiorJibua esset dilfi-
cillimmn, novitiis autem impoasibüe, nfai allqui summi viri (einige ZeUen
später wird äotort erklllrt, daas diese summi viri niemand anderer als die
hiL-TMiiosi i'Ii. aruti et <locti:<simi J^cholat^tici st'ioii'i univeraa
Keligioiiih dogmata niultis »acri» volumtnibu» diaper^a in uniim veluti
corpus rcdi^^eutes rectaque metliodo diaponentes, confirmautes, vindicantes,
planam tutamque ad divlnam sapientiam acqoirendam viam stravieeent.*
1. C. pag. IV.
-'i T'lü--^ ii-'li(Mibf'i wird bemerk t. (las die Scholastiker ..Philosophiaill
cttam in subsidium vocare miuime dnbitarunf. 1 c. p. IV.
.Mitteilungen d. Gor, f. <{cutisotie Bnioli.- u. Scliulgesclticlite. VlU 2 3 läiM.
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194 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Brziehungs- u. 9chulge»ch. VIII.
nicht xttm dbortriebeneii Apologeten. Dem Anwalt einer wirklich
oder Termeintlich guten Saehe liegt es meist eebr nahe, den lieber-
treibongen des Gegeoparts durch maasslose Schönfärberei die Spitze
bieten zu wollen.
Gazzaniga teilt die Einwände der Gegner sehr auafülirlich
mit, 80 dass man sieht, wie er natnentlich für pädagogische Dinge
ein offenes und unbefungenes Auge hat. Und in der Antwort, die
er giebt, ist er weit entfernt, offenliegende Thatsacben wegleugnen
zu wollen: er giebt «zu, was man der scholastischen Methode vor-
wirft, und verwahrt sich nur dagegen, dass man — und hiezu
neigte die theresianisch -josefinische Zeitrichtuug nur zu sehr —
das Kind mit dem Bade verschütte und mit dem zu entfernenden
Bosen auch das Gute selbst vernichte.
Der erste Einwurf, den sich Gazzaniga macht, ist ein rein
pädagogischer. Es fragt sich nSmlich, inwieweit die scholastischen
Schuldisputationen zur Bildung der jungen Leute geeignet seien.
Und da behaupten denn, nach Gazzaniga. die Feinde der Scholastik,
dasb dieses ewige Streiten zwar den Verstand schftrfe. aber ander-
seits auch zur Unbeständigkeit und zum Zweifel, zur Hyiierkritik
führe. Diese Disputationen seien von blosser Streitsucht beherrscht
und von dem Idndischen Streben, den eigenen Scharfsinn zu zeigen.
Daher stammten die Parteiungen unter den Katholiken, daher auch
jene erbitterten KAmpfe zwischen den verschiedenen theologischen
»Schulen, wobei es oft nicht ohne ar?e Verletzungen der christlichen
I.irho abgehe. Gegenseitige Händel, Geschimpfe, sogar Hass. das
i^ei das Resultat dei* meisten theologischen Streitigkeiten, das seien
die Früclite der Scliolastik'j.
Auch wenn wir keine anderen zeitgenössischen .Stimmen hätten,
müsaten uns die scharfen Ausdrücke, deren sich der ruhige Gazzaniga
,,Sed cui bono, inquiuut Scholasticae osores, pertiuucea illtu) et
porpetuae coneerlationei, qufbus Juvenum iagenia aeuuntur qoidem, Md
Bimul etiam ad caviUandum asBuefiunt, ut nunquam acquieacant? Experientia
ipaa ostendit nihil aliud istis diaceptatlonibiis doroinari qu|nn dc-^tabilein
iHam rixandi liMrlinpm et piiorilcm in^-cnii n^fontritirniem . . . Hiiic lllao
C'atholicorum tactiotifs irroconciliabilos. iiiut venu» ihoulogicii schianiata;
hinc varlao et Inter se acerrimc pugnautes Scholue; hinc convicia, biuc
dissfdia, hine turtae, qulbua uuitaa chiistiana Bcindiiur et rautua persaepe
Caritas frraviHsimo laeditur. Fadlo enim disputationes, quao padhcae pri-
imirn vidi^haiitnr; in clamoroaaa vertuntur :i1'':'rTationofi; urido pfjsti a litct*.
iurgia at«iu«.' otiam odia nascuiitiir. lato, iiu{uiiit aliijiii, pierumquo est
theologicanini quacslionum oxitua. isti Sei ola&ticac tÜLecipliiiae fructua."
1. e. p. V.
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18. Petrus Oassaoiga aber die acbolMtlaehe Methode d. 18. Jabrh. 195
bedient, zur genüge darüber belehren« dass m seiner Zeit die
Seholastik sich vielfach im Zustand der tiefeten Entartung befand.
Was spesiell die Uniyersit&t Wien, den Schauplatz Ton Gaarainigas
Wirksamkeit, anbelangt, so verweise ich auf die freilich nichts
weniger als vollständige Darstellung Rudolf Eink*s in seiner
„Geschichte der kaiserlichen Universiftt Wien"; ein Genrebild der
Art findet der Leser auch in meinen Untersuchungen zum „Lehr-
buch der Metaphysik fttr Kaiser Josef II.", Paderborn, Ferdinand
Schdningh. 1895.
Man wQrde nun Von Gazzaniga, dem Scholastiker« fOglieh er-
warten, daas er die Thatsftchlichkeit solch ernster Vorwurfe in Ab-
rede stelle.
Er thut dies keineswerrs, sondeni verwahrt sich in seiner
Entgegnung nur. man möge die echte, durch Thonifi.^ von A<iiiin
repräsentierte Scliolastilv nicht mit der verfallenen Scholastik des
achtzehnten Jahrhunderts identifizieren:
Alles dies muss man nicht als die Früchte der Scholastik,
sondern als die Fehler der Scholastiker bezeichnen, vor welchen
Fehlern wir ims aufs eifrifiste hüten sollen, wir besonders, die wir
uos Thomisten nennen und uns rühmen, es zu sein')."
Hiernach wird das Breve „Solltcitia et provida" Benedicts XIV.
vom 9. Juli 175^^ zitiert, in welchem der Papst die Massigung des
heil. Thomas in der Behandlung seiner Gegner als nachahmens-
wertes Beispiel hinstellt; diesen heilsamen Mahnungen solle man
gehorchen und ohne Rücksicht auf ]*arteigeist sich einzig und allein
von der Liehe zur Wahrheit leiten lassen, wenn man ans
rHspntiereii .;ehe. Dana weide durch V'ergieichiiii^; dessen, was die
ein/eliirii Theologen geiorscht hätten, die iNüikelii'Mi zerstreut
werden ii. s. f. Von der Zukunft also erwartet Gazzaniga eine
Wendung zum Bessern!
Damit jedoci), dass die Fehler der Spal.scliiilaylik rückhaltlos
angegeben werden, ist über die pädagogische Seite der Scholastik
selbst, ül)er <iie theologische Disputation, noch keine Entscheidung
gefällt. ( JazzjiniLM .-stellt .sicti aUo die Frage, ob deuu die scholastische
Disputatiuü ülierhaupl einen ^\'erL habe:
„Wozu iiaben deuu all die unzähligen Streitfragen geführt.
*) „Verumtatncn haec omnia (die Stelle echlieset unuiittelbar an die in
der vorigen Fussnote citierte an» non Theologia© S'cholastioao fructup, i^od
vitia Scholasticorum appcllari debent, a nubis omni studio cavouda, a iiobia
pnecipue, i{ui 8. Thomae Aquinatle diseipnli vocamur et Mse gloriamur'.
1. e. p. V. «q.
13*
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196 Mitteilungen d. Ges. f. deuteciie Erziehunga- u. Schulgeach. VlII.
die unter den Katholiken aufgerührt und Rpitzlindig untersucht,
aber trutzdein bis heute nicht gelost wunleuy Was haben die
Di8|jiit;iti()nftn ireiiiiizt, welche am Anfang der Reformation zur
Wiederheislelluug des Friedens und der kirchlichen Einheit ge-
halten worden sind, oder jene sogenannten friedlichen Gespräche,
bei denen doch immer die Zwietracht den Sieg davontrug, oder jene
ungezählten Goatroverascbriften. durch welche nur der Krieg fort-
gesetzt wurde, ohne dass Hoffaung auf Frieden wäre?**^).
Auch dies alles giebt Grazzaniga im Grossen und Ganzen zu,
wenn er auch mit Recht die Einschrftnkung macht, dass denn doch
die Disputationen einigen Nutzen für die Religion abgeworfen
hätten. Denn es gebe wirklich nicht wenige Beispiele aus alter und
neuerer Zeit dafür, dass durch Disputationen nicht nur Unwissende
belehrt und Ober die Sophismen der Ketzereien aufgeldärt, sondern
dass namentlich auch Wankende auf unserer Seite erhalteu worden
seien, welch letzteres nach Lactantius kein geringer Erfolg sei.
Dass aber in den meisten FAUen das praktische Resultat der
theologischen Disputationen ein sehr massiges sei, muss Gazzaniga
so sehr einräumen, dass er die Schlussfolgening zieht, alle Christen
(also aucl) die ProtesUinten) mttssten sich dem SprtK he eines obersten
^chiedsrichterä demütig beugen, denn sonst fänden die Kontroversen
kein Ende Freilich sei dies wieder nicht so zu verstehen als
Itätten die Kathollken keine Gründe für ihre Ansichten: eine grosse
Reihe Ikatholischer Apologeten wird hierauf angefiihrL
Fassen wir also Gazzanigas Urteil no»'h kurz zusammen, so
ergiebi sich tolgeudes. Der Wert der scholastischen Arbeit be.stelit
ihm in der systematischen Zusammenfassung des in Schrift und
Vätern zerstreuten lilaulieusinhaltes. in der bis zu eitu'm gewissen
') „(^uiii eiiini. (piapsn, profuerunt innumprap illae hactciujs exritatrir'
Bubtihtorque diaciissae, jiundiiru tamfti solulac intor ipsos Catholicuf« iin»e-
stiones? Quid lut iliae aumuiurum virurum coiicertatiunes, (|uue initio
LttthenuuM paeudo-refonnationis ad pacem atque unitatem redlntegrandam
iä Germania habltee aunt? Quid !Ua colioqui» pacifica oppellato, in
i|uihn^ discordiri somper triuDophavit? Quid tandein inimensa illa contro-
vuräiarum Mtlurcina, (|uibiid bellum cnutinuatum eat, et nulla Buperost
pacid recup<'raudae spes? Ita nustrae Thoolugiae OBore».* 1. c. p. VI.
''j ^A^uumquam infauatuB hic, quem non infieiamur, aed plua
aequo aliqui exaggerant, iheologicaitun diapataftionuoi exitua omnea, quot-
quot ChrisUano nomine consentur, admonere deberet do nacesaltate alicnius
vivi at(]iie itifAlÜMIis i'ontrfn (»rsiiirum fidei imliris. riiiü'i snj>remae pot'*«? iti
Utigantu« oiuuüs hujnililer fasce« submittere debuuut, sine quo nullu^ enL
litium ac controveralarum, etlam de rebus gravisslmiB, finis." . 1. c. p. VII.
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13. Petrus Gaxsaalga aber die BcholMtiacbe Methode d. 18. Jahrh. 197
Grade wttnacbenswerten dialektiaehen Bildung des jugendlieheD
Geistes, in der Aufdeekung der häretischen Sophismen und in der
Bestärkung Wankender. Diesen Vorteilen gegenüber stehen jene
Ausschreitungen, welche sieh thatsftchlich oft im Gefolge der
BcholastiBchen Metbode eingefünden haben: ungebftndigte. maasslose
Streitsucht, Parteiungen und grobe Verstösse gegen die chrisüiohe
Liebe.
Es sei hier vorläufig nur kurz angedeutet, welchen Weg
Oazzaniga eingeschlagen wissen will, um die gerügten Mängel der
damaligen theologischen Methode zu beseitigen. Er begrOndet aus-
ftthrUeh dass eine mehr als mittelmässige Kenntnis des Griechischen
und Hebräischeu zum Behufe eines eindringenden und bestündigen
Studiums der Iii. Schrift, Kirchengeschiclite (Papst- iiiid Konzilien-
gesctiictite, Putrologie, Geschichte der christlichen Ethik u. s. f.),
theologische Litteraturgeschichte nötig sei.
Man erkennt hieran sofort den Mitarbeiter Raute ustrauchs,
den Schüler der Keformideen eines MabiUon und Abt Gerbert.
') 1. c. p. IX— XU.
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198 Mittailungen d. Ges. £ deutsche Bneiehungs- u. Schulgesch. VIII.
14.
Die Jüosterschuleii der Ursulineriuneu in Erfurt
Ton 1667 bis zur Gegenwart.
V4m Dr. theol. Vimni ftehOTiwte, Pfarrer in Britort
Die StiftuDgsurkunde lautet:
Jean Philippe par la grace de Dien Archev^iqne de M i\ ence
Prince £lecteur du st. Empire, Evfiquo de Warzbourg et de
Worms, Duc de Franconie.
Lübligatioii quc nous avon??, d'instraire et faire instruire les
personnes de l'an et de 1 autre scxe, qui sont dans nos Diuc^ses,
PrmcipsMitte et Sonveraiiiet^s, pays et terres de notre ob^issance au
Yitd Gölte de Dien, seloa la doctrine et la praetique de notre m^re
la St. EgUse Gatboliqiie, Apostoliqne et Romaine, Nons ayant d-deTsnt
fait penser k ^blir en notre ville de Kitzingen de notre Dach6 de
Fraaoonie, des Religieases Ursulincs. pour instruire les jennes filles
k connaitrc et scrvir Dien, ä lire et k öcrire et anx bonnes moenrs,
suivant leur institution.
Ce qui avait si heureusemeiit succede ä la gloire du uoiii do
Dieu, au bieu public et ä uotrc satisfaction, quc; cuaniie Nous
vondrions faire na semblable ötablissement en notre ville d'Erfort
(depuis pen redaite h notre ob^issanee) et antres lienz de nos Diocises,
ei y appeler des Reli^ases Ursnlines Fmn^aiaes.
NoQs avotts jiig£ k propos, d'euToyer vers Messieurs les
Archevgques et EvSqaes de France, comme aussi vers les Direetenrs,
Goiieranx et Supörieurs dfs dites Rcli^Mcuses Ursuliiu's de Oonvpnts
qui se troavent dans leur Dioci'ses. uotre tr^s eher et hU'u ainit-
Seigueur I'rancüis Richard Dirertriir du ilit Couvent de Kitzingeu
pour ä notre aom les prier et requerir, de choisir dans les dits
Cüuvents des Religienses Professes, propres et dispos^s ä un si pieux
dessein, et de leur octroyer toutes leltres de sonmission, obödienee,
mandements et ordres nöcessaires, ponr les fsire partir de leurs
GouTents, et de venir r^sider dans celai qne Noüs leor avoas deitln6
en notre dite ville d*£rfort et autres lieox de notre Dioefese et
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14. Dia Kloetenchulen der UnuliueriDnen in Brfuit etc. 199
SoQvorainet^ de Mayenoe, anx fins qne deuns, pour y demeurer et
vivre sous notre autorite et protectioiit sniyaiit les i^gles de lear
institut, ayant pour rottt lin pourvu auv chosps iv'cessaires ii leur
sabsistiitice dans les dils iieux. Nous prions donc Mf ssifnirs les
ArchevAqnes et Evfeques, de vouloir en esprit de chaiitf i router
favuiablcuient le dit Seigneui l l angois ßichard, et iui donner
creance en ce qa'il lenr proposera de notre part, comme k
ane peraonne qne nons avons iaform^ de aos iatentions snr ee
siijet.
En foi de qaoi Noas avons k ces präsentes sign^ea de notre
main fait apposer le scel de n08 armes. Donnä en notre vilie de
Wurzbourg ie 26. Mars 166ö.
Jean Philippe.
Der Orden der Uröuliüfrianeu. so iieiiaiiiit nach seiuer
Schuupalrouiu, der heil. Ursula, wurde vuu Angola Merici aus
Desenzano am Gaida.^t c 1557 s^estiltet. Ausser den drei gewölm-
lit heü GelUbdeu: der Anuut. Keuschheit und des Uehorsams haben
die Mitglieder desselben noch ein viertes, das der weiblichen .Jugcad-
erziehuug. wet^halb dieser Ordea bald überall eine freudige Auf-
nahme fand. Der KurfUrst Jobann Pbüipp, Erzbischof von Mains
und zugleich Bischof von Wttrzburg, wurde zuerst durch eine ihm
verwandte Dame« die Qr&fin Maria Katharina von Hatzfeld geb.
Freifjrau von Dalberg, auf den Orden der Ursulinerinnen aufmerk-
sam gemacht, indem sie ihm die Erziehung Ihrer Tdchter rQhmte,
die einige Jahre im Ursulinerkloster zu Metz zugebracht hatten.
Infolge dessen fasste der staatskluge Fürst den Entscbluss, diesen
Orden auch für die ihm anvertrauten Diöcesen zu gewinnen und
Hess 1660 vier Ordensfirauen aus Metz nach Kitzingen am Main
kommen, wo er ihnen die prächtigen Gebäude der ehemaligen
Benedictinerinnen -Abtei einräumte und sie mit HilfomiUeln reichlich
versah. Als er hier ihre erfreuliche Thfttigkeit wahrnahm, gründete
er für dieselben auch in der 1664 ihm von neuem unterworfenen
Stadt Erfurt eine Niederlassung. Am 17. Septeml)er 1667 kamen
fünf (,'horfraueu aus dem Ursulinerkloster zu Kitzingen unter
Leitung des Superiors. des Abbe Fran^ois Richard, na« h I j fiii t und
erhielten das auf dem Untei^ng stehende Kloster der Weissen
Frauen zum Besitz.
Nicht lange nach ihrer Ankunft rröttneten die Ursulinerinnen
ein Pensionat für junge Mädchen und kura darauf auch die äusseren
Scliulen. I)ieselben zerfielen in eine Elementarschule und iii eine
höhere M&dchenschuk. Die erstere bestand aus vier Klassen, in
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20O Mitteilungen d. Ges. t deutsche Eniehungs- u. SehulgeBch. VIU.
welchen lieli^ion. Lesen, Schreiben, Rechneu. Erdbeschreibung,
Katurgescliiclite. 8iiij;eD und weiblirlie Handarbeiten gelehrt wurden.
Die Zahl der Schülerinnen in derselben beiief sieb zuletet auf
mehr als dreihundert.
In der höheren Mädchenschule fand ilt !>rll>e Unterricht
statt, der in der gleichbenanaten Schule der Stadt erteilt wurde.
Auch sie zerfiel in vier Klassen, in denen die Schülerinnen alles
lernten, was mit Hecht von einem gebildeten Mädchen gi'fordert
werden kann. Ks wurden gelehrt: Sprachlehre. Kechtsclireibung,
llechnen. Geo<;i ^iihic^ Welt- und Liiteratuii^fscliichte. Schöuschreilten,
und Zeichnen, wöchentlich in zwei Stunden; Naturgeschichte.
Mythologie. I)ekianiation. Aufsatzlehre, wöchentlicli in einer Stunde;
Englisch und iManzüüisch wöchentlicli in dni St(iii<l''n P»esoiulcrs
wurde (Ici I Religionsunterricht gepflegt, wöchentlicli in ^edis Siunden.
so (iils^ aiit jeden Tag eine Stunde fiel. Ausserdem erhieUeu die
ScIiüleriiiiM U jede Woche einmal Unterricht in den Hegeln der
Höflichkeit und des WohlanstuuUt Kia\ lerunterricht wurde nur
auf besonderes Verlangen und gegen ein besonderes, sehr geringes
Honorar erteilt. Diejenigen Schülerinnen, welche diese vier Kla.sseu
durchgemacht hatten und eine noch höhere Ausbildung wünschten,
traten in eine Selecta, w elche noch weitere Kenntnisse vermittelte.
Auch die Frequenz dieser Sdiule war stets eine bedeutende.
Kinder aus den ▼omehmsten Familien sowohl des Adel- als
auch des Bflrgerstandes besuchten die Ursulinerschule.
Um die weitere Geschichte des Klosters und seiner Schulen
noch kura mitzuteilen, so blieb dasselbe bei dem durch die Säku-
larisation des Kurfürstentums Mainz und des vorher dazu gehörigen
Erfurter Gebietes eingetretenen Uebergang der LandesheiTSchaft
Über das letztgedacbte Gebiet an die Krone Freussen in seinem Be-
stände unberührt, vielmehr wurde demselben durch die Königliche
Preuss. Organisations-Kommission am ö. Februar 1803 eröfllbet,
»dass das Kloster fOr jetzt in seiner bisherigen Verfassung bei-
behalten und belassen werden solle, von aUer Besteuerung aber
aus dem Grunde gftnzlich frei bleibe, weil dasselbe, indem es sich
die Erziehung jüngerer Frauenzimmer zum Zwecke mache, einen
vonüglichen Nutzen stifte.*
mit dem Zusätze,
,dass Seine Königliche Majestät, indem Allerhöchstdieselben
dem KJoöter diese hohe Gnade angedeihen Hessen, zugleich er-
warteten, dass dasselbe auch für die Zukuidt in dem Bestreben
fortfahren werde, jenen rühmlichen Zweck stets vollkommen zu er-
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14. Die Kloetertchulen der UraulinerinneD iu BrAirt etc. 201
retchen und seiner so gemeinnützigen Erziehungsanstalt einen noch
grösseren Umfang zu geben.
Die bald darauf eingetretene französische Fremdherrschaft liess
das Ursulinerkloster und seine Schulen gleichfalls unangetastet.
Nach der Rückkehr KOnigL Freussischer Regierung erfolgte
durch Kabinetflordre vom 14. Oktober 1818 zwar die Aufhebung
aller andern in ErfUrt bestehenden Klöster, aber in BetreiT des
Ursulinerklosters wurde ausdrücklich verfügt:
»Das Ursiiliiierkloster. dessen Mitglieder sich unter gutem
Erfoljje mit dem Uut4«rrichtp der weibliclieu Jtij^end beschäftigen,
und das daher die iiegierinig iu Erfurt beizubehalten wttnscht soll
Ton d<T 'j^ogeDWärtigen Aufhebung angeschlossen sein."
\\ ährend der Zeit des Kulturkampfes war den Ursulineriuaen
die Leiirthätigkeit untersagt. Ostern 1879 wurden die Kloster-
schuleu g«'sclilo<8e?i. und ei*st Ostern 1888 durfte die liöhere Mädchen-
schule wieder eröttnei werden, wilhrend die Eröftnung der Elementar-
schiile veri)()ten hlieh. Die iir.hoio Mädclienschule hatte anfangs
fünf Klas>»en ?iiit je 7wei Ableiluugeii. durch Zuwaf^hs an Lehr-
kräften wurde es alxT eriuö^'licht. das.-; sich nach uiul nach zehn
voUsländii; ^'etrennte Klassen entwickelten, die seit Ostern löüö
nach <Ih!! Ht summutigen von» 31. Mai 1804 organisieii >iii<l. Au.sner-
dem sind n<>( Ii st^gcnannte waiilfreie Kurae eingerichiei. iu welelien
sieh die Si hiilerinneu in Litteratur, Sjirachen- und Vrdkerkunde,
Psychologie, Munik. Zeichnen. Malen, Handarbeit und Haushaltungs-
kunde weiter ausbüden kuuiieii. Aller l iiti rrii ht. ausser Keligion,
den auf der Mittel- und Oberstufe ein gei^tlielier liektor erteilt,
wird \oii Klosterl'ruuen ;.;t'geben.
Die Lehrthätigkeit der Ursulinerinnen hat ihre Wurzel im
Boden des Ordeuslebens und kann darum auch nur A'on dieeem aus
verstanden und beleuchtet werden.
Es wird den Ursulinerinnen im ersten Kapitel ihrer Kon*
stitutionen zur Pflicht gemacht, «die Unterweisung der jungen
Töchter als das vornehmste Ziel und Ende sich vorzusetzen und
darauf Bedacht zu nehmen, diesem Zwecke alle Aemter und Ge-
schäfte anzupassen." «Sie sollen/ heisst es weiter, ^mit allen
Kräften und mit aller Aufmerksamkeit des Geistes dieser Aufgabe
sich widmen, ttberaeugt, dasa sie hierdurch der göttlichen Berufung
entsprechen."
Wer im Orden lebt, hat die Pflicht auf sich genommen, nach
Vollkommenheit zu streben. Die Ursulinerin soll .dies thun
(Kapitel II der Konstit.), ^ damit sie. erfüllt mit den voll>
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202 Mitteilungen d. Ges. f. deuiöclie Erziehuugs- u. i>chulgesch. Mll.
koiimu'nsien <»al)pii (in vom N'aier der Lichter ausgehen (JacolHis 1.
17». in Betra» htuiig btiiier Hohfit wie durch deo Geist (lottes miq
Klailifi! m Khirheit uinir^'^vami- lt (2 Kn\\ 3, IS),"" V(tii der Liclie
(idito eiii'tichtet und ent/Jindt i mit Erfolg und .Segen arbeiten und
s?o iljreni BeiiitV entsprerlifn könne. '
Alle klüsterlichen 1 Jiirichtungen. alle Vorsclirilteii für das
( )nlens|«>ljen zit'Ien hieraul' hin: An den höchisten Idraloii wird der
Jjlick geschärft, der Geist erhüben, das Hera erwäriui und der
Wille gestählt. Die zerstreuenden Kinllüsse der Aussenwelt werden
durch die Klausur fern gehalten, und ein Leben der Abtötuug und
Sell>8t Verleugnung lehrt die UrsuliQerin sich selbat absterben und
befähigt sie dadurch, mit um so grösserer selbstloser Liebe ihren
Klndeni zu leben. Alles, was die ,.Klosterfrau" sich aneignet, muss
in den Dienst der „Lehrerin" treten.
So ist es Brauch im £rftirter Ursulinerlcloster geworden, dass
die jungen Lehrschwestern, welche sicli vor dem Eintritt in den
Orden das Zeugnis der Befähigung zum Unterricht an höheren
Müdclienschulen erworben haben, weiter studieren, um sich der
PrOfungskomniission noch einmal zu stellen, damit diese in einem
Examen für Schnlrorstcherlnnen den Maassstab anlege an ihre
pädagogischen Grundsätze und ihren pratctischeo Bliclf, weil sie
daraus für ihre Lehrthätigkeit grossen Nutzen ziehen Icönnen. Bis
jetzt haben vier Klosterschwestem das Examen für Schulvorstehe-
rinneo )»estanden. Auch sind unter den Schwestern staatlich
gepi üfte .Musik-, Handarbeits- und Turnlelirerinnen. Auf die Prüfung
Itir Oberlehrerinnen wird hingearbeitet.
Frfiidif; hegrüssen es die Lehrschwestmi, wenn durch die staat-
liche Scliulaufsicht.sbehörde ihre Anstalt einer eingehenden llevision
linterzogen wird. Jede Lehrerin unterstellt sich in ihrer Thiitigkeit
gern dem prüfenden Blicke des Kevisor.s. und man ist dankbar,
wenn durch die B^MnUhungen eines tüchtigen. erlahren<»n Schul-
manuf's .Mängel in der Methode der Einzelnen o<h'r im Gesamt-
orgHüismus aufi:<Mh'ckl \s»'i (i«'n. imd befoljrt etwaige pralitische Vor-
schlfii:^* tind Vorschfift^'ii aiitV '^rwissonhafteste.
Dadurch, dass für dir Klnstrrfraii all«» f>pr^!r)iilich»'ii liiierpssen
wegfallen iiiünsen, wird e> den \'oru*'scf/.trii srln- rrlrichirri. jede
Kraft an den Plal/ /.n stellen, für d*'n «ic ain ^'«•«•i-iit'ivi.'ii scheint.
Am Schluss jeder Revision i>i i'i>hrr stci> rülinilicli hcrvor-
geholion. dass nur ein (ieisi das ganze Werk ueseele — ein streben
alle «Tfuile.
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Ib, Die ReguIaricanoiiiMen des Auguatinerordens etc.
203
15.
Die KegiüarkauoiiisHeu des Augustüierordeus
unter dem Titel:
KoDgr^atioii Unserer Frau oder de Notre Dame«
Von Dr. Emil TTttendorfer, Domkapitular in München .
Die von dem hl, Petrus Forerius (Fourier) in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts gestiftete Kon<j;rcgation Beatissimae
Virginis Mariae Dominae Nostrae von l\e<:ul;irkanonissen nach der
Ke«:ol des hl. August iuus fand bald ihre Verbreitung auch in
J »eutöchland, wo si** i J. 1781 beroits 12 Niederlassungen zählte,
Mitglieder dieser Kongregation, welche ausser den drei gewöhn-
lichen ()rdonsgrliil>den noch ein viertes auf uii.ildässige Instruktion
der weiblidieu .lui^md ;,'tMi( litrtt's hatte, und zwar aus der Provinz
Luxemburg beri» f Kurfürüi Kurl Albreeht von Bayern 1730 in
seine Lande und erteilte ihnen den landesherrlichen Konsens, dass
ßie nächst seinem kurfürstliclien Lusthaus Nvmphenburg ein Kloster
errichten möchten, .woriunen Sie i:eh;iUen nein sollen, nii aiieiu
die Jugent Weiblichen geschlechts in ottentlichen schneien, all-
forderist aber in glaubens Sachen, der frombkheit, forcht und Liebe
gegen Gott, dao mit Let>eu, und schreiben, auch andern anständigen
schonen arbdth, und auswendigen Sprachen va Lehmen, und su
Underrichten, ohne dafs Sye hierumben Von iemandt was zu fordern
haben mOgen, es seye dan dafs Sye ainige Ihren Institut gemel's
in die auferziehung, und Kost flbernemmen, mit denen oder deren
Eltern, oder Vormundteren seibige Sich eines biliichen Jährlichen
Kostgelts halber allerdings verstehen khOnnen.* (Aus der Fundations-
abschrift der Elosterftouen zu Nymphenburg dd. MQnchen den
26. Februar 1731.)
Ein Promemoria Uber das Pensionat dieses Klostera hat sich
auf einem fliegenden Drackblatte, auf der einen Seite in franzu-
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204 Uitteilungen d. Ges. f. deutAche Erxiehungs- u. SchuJgesch. VIII.
sischer, auf der anderen in deutscher Sprache abgefasat erhalten.
Es ist undatiert, gebort aber ungefähr dem Jahre 1741 an. Wir
geben hier beide Texte» von denen der französische gegenüber dem
deutschen einige kleinere Zusätze aufweist.
ATertiswment.
Poor cenx qui sont d'intention de mettre Leurs filles en
Pension, chez les Beligieusea de la Gongregation de nAtre Dame h
Nimphenbourtr.
L'Etablissement de cc Couvent etaiit encoro trop röcent pour que
Ton soit hieii informö de qn'elle rnaniere les Pensionnaire;* y pont KIcvArs,
et d'ailleurti quantite de persumiHs aYant tenioigne queique envie snviiir
cominent on le» iiourrit, et a qut-1 prix, C'est en vue dy saüslaire que
les BcUgicuses ont dresse le Memoire suivaiU.
Les Pensionnaires ont k d^jüne une Soupe, a midy nne Soape, no
plat de legomes, an Boailli, une Entr^e. an Rdti, ou de la Tiande Etuvee»
c'est adire trois sortes de viandea, et le Dessert, 4 Goute du fruit avec
du pain, ou autrc chose, selon U saison. A Soupe une Soupc, une
Fricasse, mi Tl6t\, et une Salailc, ou autrc chose. Leur boissoii onlinairf
est de la Bii re brune, ou blanrhe. h mnins que Icnrs Parciis iif leur
ordoiiiK'tit du vin, !p quel eii ce cas duit » tre pay«' h part. ( i st loujours
la Maurcsse des Pensiuuairus qui diätribue lea porlions a Table selou la
Compl^xion de chacune de ces Demoiselles. Pour ce qui est dn litt
EUes doivent en ^tre pourvues de chez Elles, de inftme que des Dm^s
de lit. Tayes d'oreillers, Essnimalns, d*ane douzaine de Serviettes.
et d'un Service de Table, Gest k dire Cuiller, fourcliette et couteau.
Si cependant on aime mieax que le Couvent foumisse tont cela, on le
fera moVennant ii. Florins par an.
On y a tres grand snin de Irs Entretenir dauB tonte la prt»pret6
d'habits, rt do Liugc que I on ])iiiss(' souhaiicr.
A L'Egard de ce qu'on leur Euicigne, comnie tuutes les Hcligieuses
de ce Couvent possede la langue Frunyoise et qu'on n'y parle Aleman
que pour TExplication, ü n'y a paa lieu de douter que les Pensionnairea
ne Tapprennent en pen de tems. On leur montre k Lire et Ecrire ces
deuz Langnes L*Arithmetlque, et k Couipter avec des Jettont, (ks le^ns
iinies on les occupe k tootes sortes d'ouvrages oomme a la Broderie etc.
£t generalement h tout cc qui est couvcnable i leur Sesce.
Enlin ces Relipicusos S'appliquant ronimf Elles font k in?pirer ü
ces Jennes Demoiscllts une conduite et des si ntiments confonncs aux
Ilegles de la biensstaucu, et en mfime temps aux niaxinies de l Evaugile
Elle» >e liatent que les Pareus auront la Satisfaction de les rcvoir
8<^ement Instmites et fond^ea dans uue picte qui attirera sur eux et
sar toutes lenr Familie, les Benedictiona du Ciel et de la Terre.
La Pension est de Cent Florins, et 6. pour le Blaoehisaage, chaqne
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15. Die ReguIarkauonisBen deä AugusÜnerordeud etc« 205
(Quartal pa'ier par avance. On avertit aasai qne les Pensionnaires poarront
aprendre k Danoer Aoprea d'on Maitre de 1a Ckrar Elactorale, lequel
yieat regulierement leor doiiner Le(on.
Amnerkung, oder Naohrioht.
liir diejenige, so gcsinnct seyud, ihre Töchter zu denen
doster-Frauen der Gongregation unser lieben Fronen in Nymphenburg in
die Ko8t SU thun.
Weilen dieses Closter erst vor kurtaser Zeit aaffeiichtet wordra,
damit man ▼ollkommene Nachricht habe auf was Weis die Kost-
gf herinnen allda erzogen werden, und zum andern weilen melirere
rersülinen ein Verlangen spühren lassen, zu wissen was man ihnen für
( itu' Kost gibt, und wie vil man für selbige geben mufs, discm Verlangen
ein Genügen zu thun, haben die Closter-Fraaen folgende Erleuterung
aufgesetzt.
IHe Kostgeherinnen bekommen fttr ihr FrQhestncic eine Suppen;
auf Mittag eine Suppen, Fleisch« und Qemnefa, ein eingemachtes
Fleisch, einen Bretten, oder ein anders gedftmpffites Fleisch, das ist
dreyorley Fleisch, und ein ConfSsct, auf den Nachmittag, Obst und
Brod, oder was anders, nachdeme es die Zeit gibt, zum Nachtessen
eine Siippen, ein eingemachtes Fleisch, einen Bratten, einen Salat, oder
was ajiders.
Ihr ordinari Truack ist braun- oder weiis Bier, es seye daini. dal's
ihnen ihre Eltern Wein anschaffen, und in disem Fahl mul's solcher extra
bezahlt werden.
Die Meisterin ist allzeit diejenige, so die Anfstheflnng der Speisen
machet, nach einer jeden Beschaffenheit, oder Nothdnrffit.
Das Beth betreffend, nmh eine jedr von Kaufs mit selbigen vi rschen
werden, wie auch mit den Uberzup. mit Handtüchern und zwölff Tisch*
Salvet, und anboy mit Messer. LiitTol unrl Gabel, wann os aber jemand
anstilndiirer ist, dals dises alles das Gioster bcyschaffc. so gibt man darfUr
jälirlich Ö. Gulden.
Mau tragt ull mögliche Sorg, dafs sie in Klcydem und in der Wäsch
sauber gehalten werden.
Was das Lehmen anbetrifft, weilen alle Cloater-Fraaen dises
Convents die Französische Sprach können, und k^n Tentsch geredet
wird, als allein so vil es vonnöthen, die Jugend zu untenNeisen ; also ist
nicht zu zweiflen, dafs die Kostgeherinnen selbige in kurtzer Zelt
orlebrnen mögen. Man lehret sie beyde Sprachen, lesen und schreiben,
wie auch rechnen.
Wann das Lehmen aus ist, so werden sie unterwisen in iiuterbrhid-
lichcr Hand-Arbeit, als Sticken etc. und ina gemein in allen, was dem
weiblichen Geschlecht wohl anstAndig ist.
Endlich weilen die Closter>Frauen sich sonderbar befleissen, dero
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206 Mitteilungen d. Gea. f. deutaclio Erziehuugs- u. Scliulgesch. VllL
ihnen anverlrautea lieben Jugend, eine Aufführung in Sitten eiiizuHossen,
80 ihreQ St«nd gemels, and denen Lehren defe H. Evangelij glcich-
fönnig, als Terapreehen sie aicb, dafs die liebe Eltem die Yergofigenlieit
und rrost haben werden, selbige in einer wahren Tugend toU-
kommeu untorwisen und gO'.'iUndet zusehen, so Uber sie, und (Iber
ihre gantze Famili den Geistlichen and zeitlichen Seegen-Gottes herunter
Ziegen wird.
D;is K.ist-Gelt ist l"»» tl. und 6. für den Wäscberlnlin. alle Viertl-
jahr vcjriiinein aulszuzalil' ii. Man gibt auch zur Nachricht, dal's die
Kostgehcrinuen von einem Churfürötlichen Hof-Tantzinaister, su ordentlich
so disem Ende hermos kombt, das Tantzen erlehm«! können.
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IG. Kurzer Aui^zug d. Erzieh.- u. L'uterr.-Geach. d. Salesiaaerinnen etc. 207
10.
Kurzer Aiutzug
der Erzielntn^- und Unterriehts-Oesehichte
der Salesiaiu'riimeii in Bayeni.
Von einem Mitgiieüe des UrUens der tSalesiftnerinneo tu St. Joseph
Hilf Zuiifrborg.
KinfUrstiiiHenricUe AUelheid vonBayeri). die (Jeinalüiu dos Kur-
nir.^tcii Ferdiuand Maria ( l(i51 — 1679). eine savoyiseh' I'; inzessin,
wünschte in iiirerneiiou Heimat Bayern für die Erziehung und deuUuter-
ncht der Lande^sirx -hter die vom hoiien und milden Uei»te des hl.
Franz von Sale» rhin lidruiigenen Schwosioni des von ihm gegrüa-
deten Ordens .vou der Ileinisnchimg Mariii". den sie iu Turin
Ivennen gelernt hatte. Sie berief daher 1667 die Sale.sianerinnen
nach Bayern und übergal) ihnen das ,,I)amensiilt" iu München,
welches so das erste Kloster die-t - nid*Mis in Deutschland wurde.
Die Schwesterii widiiieiru sich ;t!~!i;iid ihrer M'li'ineu Auftrahe.
..die l»ayrisciien I.;iiiiie>irM iiici' in Wis-cü-. hrif't mikI Uuttesf'Mii-hi zu
er/ieheu". — Nacli deui W'uusehti .seuicr Ih'-i- ii i'.lieru stilieitj ivur-
lürs! Max Emanuei 1^92 ein zweites i\lu^5te^ d«r Salesianerinuen
in Arnberg, dessen Nimiih ii unentgeltlicli den Mädciieu-l.'nterri<lit
einschliesslich der Aibeit.snt hule für Stadt und Umgebung über-
nahmen. Ihre Wirksamkeit daselbst fan<l soviel Anklang, dass
schon jiaeh fünfzig Jahren der Bau eines neuen geräumigen Schui-
liausi s notwendig wurde.
17oo stiftete die verwitwete Herzogin vou Sulzl)ach. eine
Schwester der Köniu:in von Sardinien, durch NoDueu des Klosters
von Amberg ein Salesianeriuneiikloster lq Sulzbach. welches die
Elementar- und Arbeitsst-hiile der Mädchen ttbeniahm. Durch die
SäcularisatiOD wurden die beiden blQhenden Klöster 1804 aufge-
hoben und die Schulen weltlicben Lehrern übertragen.
Nachdem Knrfürst Karl Theodor 1784 den Salesianerinueu in
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208 ^UtteilmigeQ d. Ges. f. deutaclve Erziehung»- u. :^chulge8ch. Viii,
Münrin ii statt ihres Klosters, das sie samt i\rv KiiclH' neu uud
seiü /.weckentsiirechend autgeführt hatten, das altr Churiiermstirt
Indoi-sdorf angewiesen hatte, konnten sie ihr Pensionat daselbst
nicht mehr fortführen, weil die Eltern, taat alle von MUnchcu. in
den uüruhigeu Uevolutious- und Kriegszeiten ihre Kinder nicht von
sich entfemea und auf das I*and geben wollten. Sie musstcn ihre
gewohnte Thätigkeit auf eine Arbeitsschule besehrSnken, die sie
Ifir die Mädchen und Jungfrauen der ganzen Umgegend unentgelt-
lich eröiftaeten und die auch ununterbrochen besucht wurde. 1801
jedoch Übernahmen sie die I^and- und Feiertagsschule dazu und
wurden durch Vermittlung der Kurfürstin Karoline von der Kloster-
aufhebung ausgenommen und für die Erziehung der weiblichen
Jugend beibehalten, was die Kurflirstin ihnen schriftlich mit folgen«
den huldToUen Worten selbst ankündigte: „Die Verdienste, die sich
der Orden der Salesianerinnen um die Erziehung der Jugend bis-
her erworben hat, sind dem Staate nicht unbekannt» und derselbe
wird daher auch fernerhin einem für die Menschheit so nützlichen
Institute den kraftigsten Schutz angedeihen lassen. Ich bin zum
Voraus versichert, dass diese Nachricht der Oberin und dem Kon-
vent zu Indersdorf nicht nur zur Beruhigung dienen. sond<'rn die-
seihe auch aufnuuitern wird, mit verdoppelten Kräften dem in sie
gesetzten Vertrauen des Vaterlandes vollkommen zu entsprechen." etc.
(S. 59.) Trotedem wurden ihre Stiftimgsgüter eingezogen und ihnen
verboten, neue Mitglieder aufzunehmen. Da die alten Lelirerinnen
f^tarheii. las der würdige Priester Fr. Xav. Stickiil, ein Mann von
rastloser Thätigkeit und ausgezeichneten [»ädagogischen Keimtnisseu.
da?n;i!s Keiehvater des Klosters, sieben der gohildetsfen. fähigsten
Noniu'U aus imd weihto sio in dif rnterrichts- und Erziehungskunde
mil solchem Erfolge ein, dass die Zahl ihrer Sf-hfilerinnen hahl nnf
z\\ f^ihundiM i wuchs Die Kindchen kamen im lauheslcii WiuU r zwei
Siuudeu weit mil sichtliar» r Freude und Lprnh»"j:ii'i'lt' in difs«»
Schule. Unter dem 30. A|»ril 1804 üess ihnen das kmt iiiölliche
()l)er-Schul-Kommissariat folgende Anerkennung zukommen: .Der
wiiidigen Oberin des Klosters der Salcsian» l iuiien . den tleissigen
Lehreriiiueii und dem eifrigen lieichtvaltT l'r. X. Stickhl hat der
kurriir?«lliche Schulinspektor l'taiicr lluter im Namen des kurlüret-
licheii Gcneralschuldirektoriums die höchste Zufriedenheit zu be-
deuten, und dieses wahrhaft ehrwürdige, sich dwnh Beförderung
der zweckiuässLgBten Schulaustnlten au.szeichnende Personal der
vollsten Achtung des diesortigeii kurfürstlichen Oberschuikommis-
btiriats zu versichern."
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IG. Kiiner Abrias d. Erzieh.- u. Unterr.-Gesch. d. SAlMianerinneii ete. 209
Da diiich die fiUosteraufhebung mehrare Erziehungsanstaltea
eiogegaogen varen, machte sieh das Bedfirfiiis neuer Institute fühl-
bar» und auf Drj&ngen der Eltern kehrton die Salesianerinnen in
Indersdorf wieder zum eigentlichen Zweck ihrer Berufüng nach
Bayern «irQck und errichteten — unter Beibehaltung der öffent-
lichen Schule — wieder ein Erziehungs-Iustitut für die P.ayerischen
Landestöchter. Die Landesdirektion geuelmiigte dasselbe 1<S0G und
es wurde unmittelbar uuter das Staatsministerium des lunem.
Obersten Kirchen- und Scbiilrat ?;e8tellt.
Das Erziehuugs - Institut erfreute sich des Vertrauen^5 der
Eltern. Die der Zöglinge stieg allmählich von siebzehn auf
Tierzig. zuletzt auf siel>zig. Die ersten waren Bürgerstöchter; im
Jahre 1812 weist das Verzeichnis derselben schon zwei Drittel vom
Adel- und Beamlenstaude auf. Von 1822 an wurden dem Institute
Freiplftt/.e nui^ der KabineNkasse verliehen, die sich bis zu eil ver-
mehrten. t^iaat^iMNimtr, welrlit' die Anstalt des öfteren besuchten,
sprachen in deu ehreuvullsteu Ausdiiickm ihicn Beifall aus. Wie
sehr die Schwestern diese Anerkennung verditMilt ii. ersieht man
durch Einsichtnahme ihres Erziehungs- und l'utt'irichts-PrnLrrainms.
(las t rlialten und in Mujjf^enthaler's .Der Sehn lordeu der Salesiaue-
huueu Iii Ijayern" wöiilich angeführt ist. Die Klugheit und Liebe,
die Kücksichtüuhtue auf die Indi viduulität des Kindes, die weise
.Maaashaltun«?, der vernünftige, praktische Stufongang uii l'iitcrricht,
welche die Schwestern darin bekunden, mussteu die besten Erfolge
erziele u.
Trotz alledem hätte jedoch die gesegnete Thätigkeit der
Schwestern aus Mangel an Lehrkräften bald aufhören mUssen,
wenn nicht die ausgezeichnete Oberin Johanna Carolina t. Spretü,
welche von 1809 an die Klostergemeinde und das Pensionat leitete^
es endlich nach vielen Bemühungen dahingebracht hätte» dass durch
unmittelbares allerhöchstes Reskript vom 4. September 1821 der
Oberin gestattet wurde, neue Mitglieder für den Unterricht der
Kinder aufzunehmen. Bas geschah zu einer Zeit, wo in Bayern
noch niemand an die Wiedereinführung der Ordensgenossenscbaften
dachte. Indersdorf war damals das einzige Kloster in Bayern,
welches sich mit der Erziehung der Jugend befasste.
Im Jahre 1826 wurde die Mutter Spreti durch die Kreis«
Regierung aufgefordert, an einer Beratung über Errichtung eines
Erziehungs-Institutes der Servitinnen in Mttnchen teilzunehmen, ^da
die Kreis «Regiei'ung bei dieser Gelegenheit die bekannten und
durch die schönsten Früchte belohnten Kenntnisse der Oberin des
MitteUaogeo d. Qm. t d«utaebB Eczleb.- u. 8chal«oicbIebte. Vm 9ß 1696. , ,
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210 lOttollungen d. 0«a. t dentache Braleliiuige- u. SdralffMeb. vnL
Eloston der Salesianeriimen zu InderBdorf in diesem Fache zu be-
nutzen wttDBchte.* Ihre dabei kundgegebene Einsicht und ihr Sadi-
yerstandnis veranlasste die Behörde zu dem Beschluss, ihr das neu
zu grOndende Erziehongs-Institut zu Übertragen. Sie lehnte jedoch
ab, und die GrQndung unterblieb einstweilen; doch musste 1827
naeh dem Willen S. M . des KOnigs das Pensionat des ^eder her-
gestellten Ursulinenklostera in Landshut nach dem Muster jenes von
Indersdorf eingerichtet werden.
Im Jahre 1830 wurden die Schwestern wegen angeblicher
Baufftlligkeit des Klosters und der Kirche von Indersdorf Yeranlasst,
dasselbe zu verlassen, und zogen nach Dietramszell, woselbst sie
ihr PeDsioDat fortflihrten, auch gemftss Auftrag der Kreis-Regierung
die Arbeitsschule für die Ortsinädchen ttbernahinen. Ueber den
Lehi^asg, der im Penslonate eingehalten wurde, sind die jährlichem
Berichte von jener Zeit an im Klosterarchiv zu Zangberg hinter-
legt, wohin die Gemeinde 1862 übersiedelte, nachdem sich Dietrams-
zell nur für eine kleinere Anstalt geeignet erwies, die denn auch
daselbst zurückgelassen wurde.
Ro wirken die Salesianerinnen iu Hävern zur Zeit in vier
Klöstern, nämlich in Zan^'ber^: Tdie Stanmi^'oraeinde), in Dietrams-
zell, in dem 1838 gegründeten Pielenhofen und in dem 1845
stitieteu Beuerl)Prij. treu n.u h dem Zwecke ihrer Berufung au der
Erziehung der Tüditer höherer Stande, und wenn sie einerseits be-
müht sind, in der Bildung des Verstfindes ihrer Zöglinge den liöher
gestellten Forderungm der Zeit zu genügen, so bemühen sie sich
undeierseits, dem llüchti^'en und oberllärhlichen Oeist der jungen
Damenwelt entgegen zn arlieiteu, indem sie deu Sinn ihrer Zög-
linge zu vertiefen und ihr (.iemUt auf das Beständige, auf höhere
Ideale zu richten sich bestreben, um lnavo Töchter, pflichttreue
Gattinnen, o|tlertreudige, fromme Mütter und lu^endliat'te Christiauen
dem Valerlaude zu erzielieu.
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17. Die geg«nw. im Geb. d. Dtach. Reich. thAtig. nwen-OenoMeiiMh. 211
17.
Die ge§:enwiirtig ini Gebiete des Hentsclieii Reiches
thätigen frauen-Geiiossenscliafleii für Untenriclit
und Erziehimg«
£iiie Uebersicht mit historischen und statistischen
Bemerkungen.
Von Dr. Max Hetambitoher, Profestor der Dogmalik am KOnigl. Lyoenm
in Bamberg.
Im Jahre 1897 ei-schien in Paria ein 940 Seiten in 4 um-
fasseudes Werk: Staüstique des Congregations autoris^es. Femmes.
Trotz seines gewaltigen Umfanges und vieler Rubriken und Zahlen
bietet dasselbe Unbefriedigendes in statistischer und noch mehr in
historischer Beziehung.') In seinem ersten Teile enthalt es eine
Aufeahlung der in Frankreich bestehenden staatlich genehmigten
Frauengenossenschaften und zwar in der Reihenfolge, in welcher
die einzelnen Klöster die staatliche Autorisatlon erhielten/ ange-
fangen Yom Jahre 1792; der zweite Teil bietet ein Verzeichnis der
nämlichen Klöster nach den einzelnen Departements und innerhalb
dieser wieder in chronologischer Ordnung. Das Werk scheint zu
dem Zwecke verfasst zu sein, die Steuereinhebuug sorgsam bethfttigen
zu können, wie dieses auch die Druckerei yenftt^ aus der es her-
vorgegangen ist (tmprimerie nationale). Wie aus den gleichfalls
dürftigen einleitenden Bemerkungen zu ersehen ist, befinden sich
derzeit in Frankreich 300 Anstalten von Krankenschwestern, 587
von Lehrschwestern nud 2263 von Schwestern, welche sich dem
Unterrichte und der Krankenpflege zugleicli widmen, im ganzen
(einschliesslich jener Klöster «leren Bewohnerinnen entweder einem
beschaulichen Leben oder der Besserung von M&dchen oder endlich
'j Uogleieh wertvoller U(t daa (frelli^ t^on 1990 erwdiieBene) Weik:
£mlle Keller, Lea Coitgr6gattoiw rellgleases en Fraace, leni« oenvrea et
leiufl servicea. Paria.
14»
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212 MitteUungen d. Gea. f. deutsehe Eniehungs- u. Schulgesch. vm.
der ambulanten Krankwpllegc sieb widmen) 3247 FlraueDklÖstor mit
58836 Schwestern.
So wenig indes dieses Werk die Erwartungen und Wünsche
des Lesers befriedigt, so ist doch zuzugestehen, dass Deutschland
ihm kein ahnliches Werk an die Seite stellen kann. Zwar bieten
die Schematismen der einzelnen Bistümer des Deutschen Reiches
manches Material in dieser Beziehung, allein die hier gegebenen
Verzeichnisse sind weder erschöpfend noch nach einem einheitlichen
Plane bearbeitet. Im Nachfolgenden soll der Versuch gemacht
werden, die gegenwärtig im Gebiete des Deutschen Reiches wirken-
den weiblichen Lehrorden in möglichst vollstfindiger und übersicht-
licher Weise zu gruppieren, zugleich mit Anfügung der wichtigsten
historischen und statistLschen Notizen bei jeder Genossenschaft, um
so wenigstens in Umrissen ein liild der Th&tigkeit unserer Frauen^
orden auf dem Gebiete des Unterrichts und der Erziehung der
Jugend zu gewinnen.
Die filt( st.' der hier in Betracht kommenden Genossenschaften
ist jene der Benediktinerinnen, welche als ihre Stifterin die
hl. Scholastika, gestorben um 543, verehren. Nur wenige Klöster
dieser (Jrdensfrauen bestehen auf deutsrliem Boden: Frauen Wörth
im Chiemsee, das Kloster und Schulinsiitut zu St. Walburg iti Eich-
ßtätt, das Marienkloster zu Ftilfla. Ilabsthal in llohenzollern und
Oriocnnrt im lUstiim Metz mit zu.> inimen <ra. 160 Ciior- und Laien-
schwt . stein; allein die von den Schult'niueu geleiteten Pensionale
und Scliiilen erfreuen sich fin-'s hnvchti^tfMi Aiiselit^ns, — Den
Beiiedikliueriimen dürfen die .^uli westr ni von der ewigen Aü-
betuii<j; des heiligsten Sakraineule» in iiitruiisw ciler und St.
Luflwig (Bisliiiii Strassbui^) beigezählt werden, wrlclie irleichfalls
Pensionate haben. — Reformierte Beiiediklineriaueu sind die
Cistercienserinnen, der weibliche Zweig des von Alberich, ge.st.
1109, und Stephan Harding gegründeten Cisterciensernideus, _mit
Klöstern iti Oberschönefeld (Bibtum Aug.sltur^;). Waldsassen und
Seligenthal in L.nidshut (Kegensburg), Liehtrntluil (Freiburg i. ]'..),
Mariasterii und Marifüthal lu <i(T Oberiausitz. Etwa 26Ü au der Zahl,
haben auch diese Schwestern auf dem Gebiete des Unterrichts und
der Erziehung der weiblichen Jugend schöne Erfolge aufzuweisen.
Zahlreich sind die Genossenschaften, welche den hl. Domini-
kus als ihren Patron mid geistlichen Vater Terehrot. Neben
mehreren ElOstem des 1206 gegründeten zweiten Ordens der
Dominikanerinnen: Hl. Ereuz in Regensburg, St Maria in
Kiederriehbaeh (Diöz. Bcgensburg), Wettenhausen (Diöz. Äug8burg>
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17. Die gej^enw. im Geb. d. Dtsch. Roich. tbätig. Fraaen-GenossenBCh. 218
und Konstanz (.das arme Zofinger Kloster j iiiit etwa 200 Mit-
gliedern kommen für Deutschland besonders in Betracht mehrere
selbständige iUöäler des dritteu Ordens des bl. Dominikus. Noch
im 14. Jahrhundert wurde das Kloster vom Orden des ht Domini-
kus bei Si. Ursula in Augsburg gegründet mit gegenwSrtig 62
llitgliedern, wovon sich 4 Chorschwestem im Kloster St. Ursula
in Gabiingen befinden. Vom Kloster St.* Ursula in Augsburg aus
wurden nach der Säkularisation neu besetzt die KlOster WOris-
hofen und Speyer neu gegründet die Klöster Donau-
wörth, Lands berg am Lech und Wettenhausen Wdris-
hofen zählt zur Zeit 50 Schwestern» Donauwörth 17» Landsberg 40;
von Wörishofen wurde die Filiale TUrkbeim mit 9, von Donau-
wörth die Filiale Polling bei Weilheim mit 13 Schwestern ge-
gründet. Ausser diesen Klöstern bestehen in der Diözese Augs-
burg noch Klöster vom Orden des bl. Dominikus in Diessen
, (Bayerdiessen) am Ammersee mit 13 und zu Fremdingen mit 16
Mitgliedern.
Eine besondere Bedeutung für das Schulwesen der bayerischen
Kiieinpfalz sollte das Dominikauerinnenkloster zu Speyer erlangen»
i?Llion 1226 gegmndet. ward 1828 von König Ludwig 1. die Wieder-
eröffnung des säkularisierten Klosters unter der Bedinguni: u'fstattet,
dass die Schwestern, weleiie vorher ein l)eschauliches Leben
geführt hatten, sich nunmeiir mit dem l'nin rieht der weiblichen
Jiigend bctassten. Zunächst wurden weltliche Lehrerinnen beige-
'/ogeu, welche, vom Kloster unterhalten, die katholischen Mädchen-
schulen in Speyer l)esorgten : im Jahre 1837 berief Bischof Johannes
von Geissei klösterliche Lehrerinnen aus St. l'rsula in Augsl)urg,
von d(»npit M. Matliil<h* Königsberger, gest. 1883, von 1881* }>is zu
ihi eiii Todf dem Kln-ier iils Priorin vorstand und an der wt itiren
Lulwickluiig des» hervorragenden Anteil hatte. Im Jjilnc 1852
rief sie unter l'.i ihill'e des Bischofs Dr. Nikolaus Weis und des
Dompfarn'rs l\trr Köstler das Institut der armen S( Imlschwesteni
vom hl. Dominikus iuw Leben, so dass die Doniiiiikaiii iiDuen von
Speyer fortan in zwei fein Ganzes bildende) Abiciliiimen zerfielen'
in die Schwestern vf»iii drillen Orden des hl. Dominikus von der
Ikisse mit Kl.iiisiir und in jene ohne Klausur. Erstere. gegen-
wärtig 71 an Zahl, von denen über 40 als Lehrerimieu lliätig sind.
'i Ueber die Gründang ehlCi DodlinlliacerinneDkloatera in King
Willinmatown und die von hier aus errichteten FiMnlkliigtor siehe den
Aufsatz: „Die deutechen Dominikancrioopn in ii^UdalVika" in der Zeitechrift:
Die katholischen MissioneD^ XXYI. Jahrgang, Nr. 8. 53 ff.
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214 Mitteilangen d. Oes. t deutsche Bniehnnge» u. Schlügesch. Vni.
efteilen an 12 katboliBchen Volksschulen der Stadt Speyer, in
7 Klassen einer höheren Töehteischiile und in 3 Klassen einer
Fzauenarbeitssehule den Untemcht in allen Fächern; auch bestehl
im Kloster eine Lebrerinnenbildungsanstalt Letstefe (die armen
Sehnlschwestem) wiricen, ca. 130 an Zahl, an 20 verschiedenen
Stationen im Bistum Speyer als VolksschuUebrerinnen und leiten
auch einige Kleinkinder^hulen.
Im Jahre 1868 errichtete Pfarrer Kraus Ton Arenberg das
Kloster der Dominikanerinnen zur Unbefleckten Empfftngnis auf dem
Arenberg bei Koblenz. Dieses wurde das Mutterhaus der deut-
schen Dominikanerinnen von der hl. Katharina von Siena
für Erziehung (Haushaltungsschulen. Waisenhäuser, Kleinlcinder-
bewaürschulen. Pensionat«, Mftgde-As.vle und StellenvermittluDg)
und Krankenpflege in und ausser dem Uause.
Bereits 12 Filialen sind von Arenberg aus gegründet worden:
in Moselwciss (1887), St. Maria Victoria. Karlstrasse 30 in Berlin
(1889) mit St. Anna-Stift. SUdende hei Berlin (1898), Oberhausen
(St. Vincenzhaus) in der Ivheinprovinz (1890). Köln. Mitt^lstr. 27
-<IÖ91), Ilr-erd^ (5 «92), St. Katliiiriiienstift in Berlin, Orpifpwalder-
strasse 18 (1893). Kin lilierten (1893), St. Antoniusstilt in Berlin,
liohenstaul'enstr. 2 (1896), Nied. reniht. Elberfeld und St. Elisabeth
in Oberhauseu (1897). Die Gesiuutzuhl der Schwestern beträgt
220.
An dio goistlirhen Töchter des hl. Dominikus reiiieu sich
jene des hl. Franziskus von Assibi. die Franzi skaneriunon.
Hier sind zuriiH list die iui Jahre 1212 eniölaudenen Klarissen zu
nennen, welche in der Diözese Resjensburj? 3 Klöster haben: St.
Clara in Regenslnir^; mit 48 ('li(tr- und Schullraueii und 11 Laien-
achwestern. St. Anna in liiedenluiri: inil 14 Chor- und SchulIVaueu
und 6 Laifiisehwesleru. und Viehhausen mit 17 Chor- und Schul-
frauen und ö Laienschwestern, ferner in der Diözese Köln 1
Kloster: das der Klarissen-Koleünnen in Düsseldorf mit 20Cbor^
und 6 Laienschwestem, und in der Diözese MUnster 2: zu MUaster
mit 25 Chor- und 8 Laienschwestern und zu Kevelaer mit 14 Chor-
und 4 Laienschwestern.
Aeusserst zahlreich sind die Franziskanerinnen dritten Ordens.
Die schon 1276 urkundlich erwähnten Franztskanerinnen im Mutter-
bause und Schulinstitute Gnadenthal zu Ingolstadt, derzeit 80 an
Zahl, besorgen seit 1829 die Hädchenschulen in Ingolstadt. — Die
Franziskaner innen mit dem Mutterhause Maria-Stern in Augs-
burg (Maria-Stern-Schwestern), im 14. Jahrhundert aus einer
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17. Die gcgenir. im Geb. d. Dtscb. Reieli. tbfttlg. Frauen-GenotMiMeh. 215
im Jabre 1258 errichteten Begoinage herrorgegangen. erhielten naeh
ihrer Säkularisation Ton König Ludwig I. Toa Bayern die Erlaub-
nis« wieder NoYizinnen auflBunehmen unter der Bedingung, dass sie
den Unterrieht der weiblichen Schuljugend in Augsborg besorgen.
Derzeit stehen unter dem Mutterbause bei 80 Filialen, sämtlich in
Bayern gelegen. Die Zahl der Schwestern betrügt ca. 500. Ausser
Kranlcen- und Pfründehäusern, Erziehungs-, Rettuugs-, KleLiikiudeiv
bewahr- und Waisenanstalten leiten die Schwestern auch V^oiks-
schuien und zwar in den BLstttmern Augsburg an 6, Eichstätt an ö,
Bamberg an 1 und Wüi-zburg an 23 Orten.
Eine grössere Genossenschaft bilden sodann die Franzin-
kauerinnen mit dem Mutterhause in Dilingen in der Diözese
Augsburg. Auch das Kloster in Dilingen ist. wahrscheinlich schon
im 13. Jahrhundert, aus ninor Beguinage hervdit^egungen; Clemens
WerizeslauB. Priuz vou Sacliaen und Polen, l'iirstbischof von Augs-
burg, gest. 1812, ver|illi(htetc die Schwestern zum Unterrichte der
weiblichen Juirend. Die Genüssenschaft, weiche dcrz^^it in ca. 30
Niederlassungen etwa 300 Scliw» stem zählt, hat nrUen nirhrercu
Tanl)stnmmrn- K'retinen-, Kinderbewahr- und Marieu - Anstalten
N'olksschuieu m den Diözesen: Augsburg 15 mit 44 Elfnientar-
uud 28 ArbeitRlehrerinnen, Bamberg 2 mit 2 Elementar- und 8 Ar-
beitslehreriüuoü, \Vürzl)urg 11 mit 22 Elementar- und 16 Arbeits-
lehrerinnen, Eichstätt 3 mit 4 Elementar- und 6 Arbeitslehreriuueu.
— Mit Schwestern von Dilingen wurden ferner 3 für sich bestehende
Erunziskanerinnenklöster Hir UntiTrieht nnd Krzielmnt; Itesetzt:
Au am Inn in überbayera, 1854 gegründet, mit Erziohuugtüanstalt,
welches mit der Filiale Gars am Inn 40 Schwestern zfthlt; Bon-
landen, Oberamts Leutkirch in Württemberg, 1855 errichtet, mit
66 Schwestern, wel^e ein M&dcbeninstitut leiten ; Heiligenbronn.
Oberamts Oberndorf in Württemberg. 1857 entstanden, mit 94
Schwestern, welche eine Erzlehungs-, Rettungs- und Unterrichts-
anstalt für arme, verwahrloste und verwaiste Mädchen, sowie für
blinde und taubstunune Kinder, ferner ein Kleinldnderasyl ,St. An-
tonius'' in Salzstetten, Oberamts Horn, besorgen. — Bilinger
Schwestern bildeten endlich den Grundstock zu der 1858 in Oggels-
beuren gegründeten Genossenschaft der Schulschwestern (Kongre-
gation vom Orden des hl. Franziskus) mit dem Mutterhause Sies-
sen, Oberamis Saulgau in Württemberg, mit derzeit 29 Filialen in
Württemberg und 2 in Hohenzollem. Die Zahl der Mitglieder
dieser Genossenschaft Ist 200; im Jahre 1898 genehmigte die kgl.
Begierung, dass noch weitere 50 Jungfrauen Profess machen, so
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216 Mitteilungen d. Ges. f. deutacho Erziehungs- u. Schulgesch. VIII.
dass nunmehr (Ii«' Zahl der .Schulsc'livvestpru von Siessen 250 beträgt.
Ausser Volkäscbuleu leiten dies» Schwestern auch Frauenarbeits-
imd Fortl)ildungsscbiilen, Kleinkinderbewahraustalten, iu EUwangen
eine Töchterschule mit Internat, in Stuttgart und Tettnang je eine
TüchU'rscIiule.
Die Frauziskauerinncn- in Kauf heu ren im Bistum Augsburg.
60 an Zahl, l)esorg<Mi srit Lö31 die katholische Mfidchonsrhule mit
Er/.iehiingsinstitut in KaulbtMiren und seit 1857 dir ]\l;ul( liciischnb»
in Ol»ergünzburg; 1850 cn i» htt-tcn sie iu Kfuirii''un'n »'ine 3Iarieu-
ansialt und 1879 eine sokhe mit liewahrseimle in Kempten in
Schwaben. Auch das Kloster in Kaurbeureii ist aus einem Beguiueu-
hofe im 15. .r;ihi iiimdert iiervorgegangen.
l)i<» Fiaii/iskauerinncQ iu Reutberg (Bistum München). 1615
('nT-t;iii(h'u und gegenwärtig 30 an Zahl, besorgen die Mädchen-
schule (\('T katholischen Flarrei Sachseukani.
Eine grö.^sero Genossetischaft, welche indes ihr Mutterhuus tu
Holland hat. sind die F ran /iskane rinne n von Heithuizen,
1825 von Katharina iJaenien für Unterricht der Jugend und Lei-
tiuig von Waisenhäusern gestiftet. Im Jahre 1851 wurde die erste
deutsehe Niederlassung der „Schwestern des dritten Ordens von der
Busse und der christlichen Liebe in Freckenhorst im Bistum
Kttnster errichtet, wo sie eine Fortbildungen und llaushaltungs-
schule für Mädchen aus dem Bauernstände liaben. Seitdem wurden
in der Diözese MQnster zwei weitere Töcbterhäuser gegründet:
Capellen bei Geldern mit einer Anstalt zur Erziehung weildicher
Idioten und zur Pflege unheilbarer weiblicher Irren, und LQding-
hausen mit Haushaltungspensionat und Tdchterschule. Ferner ent-
standen in der Diözese Trier 11 Niederlassungen, darunter das
Kloster St. Clemens in Nonnenwerth (1851), deutsches Noviziats-
haus mit höherer Töchterschule und Erziebungsinstitut für junge
Mädchen. Andere Töchterhäuser bestehen in der Erzdiözese Köln.
Im ganzen zählen die 21 deutschen Niederlassungen dieser Frauen
über 400 j^Iitglieder.
Erwähnung verdient sodann auch die 1845 von Franziska
Schervier (gest. 1876) gestiftete Genossenschaft d*r Aimen
Schwestern vom hl. Franziskus mit dem Mutterhause in Aac h e n ,
welche zur Zeil 58 Niederlassungen mit 771 Schwestern in Deutsch-
land (die meisten in der Erzdiözese Köln) und 15 Niederlassungen
mit 442 Schwestern in Nordamerika zählt. Hat diese Kongregation
auch nicht die Erteilung von Unterriciit zu ihrem Zweck, so liat
sie doch um die Ei'ziehung der deutschen Jugend grosse V^erdienste,
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17. Die gegenw. im Geb. d. Dtsch. Retcb. thltig. Prauea-OenoaaeiMch. 217
indem die Schwestern ausser der Pflege armer Kranker in deren
Wohnungen und in ÖlTenlUchen Anstalten auch die Sorge für ver*
wahrloste und gefährdete MAdcben, in grosseren Stüdten die Leitung
von Mädchenhauaern, Asylen fUr Fabrikarbelterinnen, femer von
Kleinkinderasylen übemelimen. — Die Tlel altere Genossenschaft
der barmherzigen Schwestern zur heiligen Elisabeth in
Aachen mit Filialen in den BistUmem Köln (14) und Pader-
born (1) widmet sich der Krankenpflege in Spitälern; die Schwestern
leiten neben einer Idiotenanstalt zu Huttrop auch die Waisenanstalt
in Mtthlheim a. d. Ruhr.
Die FranziskaiKM-iunen dritten Ordens in dem 1848 gegründeten
Kloster Aiterhofen im Bistum Regensburg, 17 au der Zahl, ob-
liegen der Ei7i(^tiung und dem Uuterricht schulpflichtiger Mädchen,
besonders solcher aus geriii^vm stan<le.
Die Sciiwesteru der uhrislliciieii Liebe vom dritten
Orden des hl. Franzislvus mit dem Miitterhause zu Reute. Ol^er-
iimts Wiildsee iu Württemberg, 1849 in Ehingen a. D. zum Zwecke
der Krankenptlc{;e entstanden, derzeit 480 au Zahl, leiten neben
zahlreichen Krauken- tind Armenhäusern auch Erziehungsanstalten
für verwahrloste Mädchen intd haben an last allen ihrer 70 Eilial-
hrniKfT Arbeits- und KlfMiikinderschulen eingerichtet; in Elhvangen
haben sie ein reusiuuut, iu Kaveusbui^ eine UuutiÜHltuiigSäciiule
St. Maria.
Die K ranktusch w eslern des hl. Frjiiiziskus inii dem
Miitterhause _St. Franziskushospital'* zu St. Maiiiitz in Münster.
l^r»o vuü lii.scliul JüliuDü Georg Müller zniii Zwrrke der Krankeu-
pllege errichtet, mit 99 Filialen im Iiit?luiii Münster, ferner auch in
Oesterreich. Holland uikI Nuidamerika verbreitet, leiten auch einige
WaiMiislifLc ulid Klfinkindersclnilen.
Die armen i-'r;. üziskaneriiiiM'n iint drm Aluni'iiiause in
Mallersdorf in der Diözese I{egensl»urg, 1655 zu l'iimaseu.-> iu
der bayerischen Itlieinpfalz vom Stadtpfarrer Joseph Nardini ge-
gründet, 1540 an Zahl, leiten 248 Anstalten, als: Kranken- und
Armenhäuser, Waisen- und Rettuugsanstalten, Industrieschulen fUr
Mfidchen, Eleinkinderbewahranstalten u. s. w. Ihre Niederlassungen
befinden sich in den Bistttmern llegensburg (88). Mttnchen (57),
Augsburg (29), Speyer (27). Passau (18), Bamberg (8), Eich-
stätt (8). Freiburg i. B. (2). die Abrigen in Oesterreich-Ungarn.
Die Franzislcanerinnen von der hl. Familie, 1857 zu
Eupen in der Rheinprovinz von Maria Katharina Josephine Koch
zur Pflege der Kranken und Leitung von Kleinkinderbewahr- sowie
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218 Mitteilungen d. Ges. f. dentaebe Bnlehmigs- u. Sdiulgeedi. vm.
Erziehungsanstalten für verwahrloste Kinder gegrOndet, Uber 300 an
Zahl, mit dem Mutterhause in Löwen, haben innerhalb des
Deutschen Reiches Niederlassungen in Eupen (2), Braehelen» Kohl>
scheid und Montjoie (Erzdiözese Köln).
Die Genossenschaft der armen Franziskanerinnen von
der ewigen Anbetung mit dem Mutterhause in Olpe im Bistum
Paderborn wurde 1859 von Theresia Bonzel und Franziska Böhmf^r
gegründet u. a. zum Zwecke der Krankenpflege, des Unterrichts und
der Eraiehung der Ju^'oiid. besonders der verwahrlosten Kinder.
Die Schwestern, ca. 500 au der Zahl, haben Niederlassungon in
den Dir>zeseii : Paderborn (18), Köln (21), Trier (1), ferner 30
Häuser in Ainenka.
Die armen Fi'iinziskiui^^^sen vnii den hei liirsteii Ilorzea
Jesu lind Maria mit dem Muueihause in .Salzkotten i. W. (Hrz-
di<'/.es(' Krdn). 18<>3 durch eiue Scheidung der Fraiiziökauenunea
von ol|M' entstanden, haben 7 Niederlassno'rcn mit 40 Scliwegt^rn
im l>i?^tiiin Köln. 2 in der Diözese Osnabrück und 1 in der Diözese
Münster (/.n \\'i Ideshansen in Oldenburg).
Di«.' Itarnilit-rzigen Schwestern vom Iii, Franziskus aus
dem Mnüciliause .Marienhaus" in Waldbreitbach, Kreis Neuwied,
will den 1863 von Margareta Flesch unter Beihilfe des Pfarrers
Gomm von Waldbreitbach zninZwecke dei Kraukenptlege und Leitung
von Kleiukinderbewahranstalten und Nähschulen errichtet. Sie
haben derzeit im Bistum Trier 50 Niederlassungen mit 27 Näh-
sehttlen, 20 Bewahrschulen, 2 Sonntagsschulen und 1 Eausfaaltungs-
schule, ferner im Bistum Paderborn 2 und in der Erzdiözese Köln
S Hfluser. Die Gesamtzahl der Schwestern dieser Genossenschaft
betragt ca. 600.
Die Kongregation der barmherzigen Schwestern vom
dritten Orden des hl. Franziskus mit dem Mutterhause
G enge Ubach in Baden, 1866 vom Pfarrer Berger in Seelbach bei
Lahr zur Krankenpflege gegründet, derzeit 562 an Zahl, besitzen
149 Niederlassungen, wovon 2 in der Diözese Basel, 1 im Bistum
Trier (zu Miesenheim), die Übrigen in der Erzdiözese Freiburg i. B.
gelegeo sind. Neben den Krankenschwestern be&nden sich in den
meisten Niederlassungen auch Kleinkinderschwestem zur Leitung
von Kleinkinderschulen, femer hal>en die Schwestern S Haua-
haltungsschulen in Gengenbach. Freiburg i. B. und Bruchsal.
Die liarniherzi*,'en Schwestern vom dritten Orden d«'8 hl. Fran-
ziskus mit drm Miiti«'rliaus<' .St. GeorKsstiff* in Thuine, 1869
von Pfarrer Dali fttr Krankenpflege und Erziehung errichtet, ca. 450
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17. Die gegenw. im Geb. d. Dtsch. Reich. thaUg. Frauen-Genossenach. 219*
au Zahl, haben 29 Filialen in den Diözeaen: Osnabrück (21),
Paderborn (3), Utrecht (2) und iu den nordischen Missionen (3).
Die Franziskanerinneii der St, Josephskungir^'aiioii
mit dem Mutt^rhause in l'rshor«; im Bistum Augsburj^, 1897 von
Pfarrer Ringeisen zum Zwecke der Ptlege von Kretiueu, blinden,
taubstummen, epileptischen und krUppelhaften Pei*sonen gegründet^
zahlen benits Uber 200. welche über 600 Ptlegliuge besorgen und
nach Möglichkeit unterriebten. Sie haben Filialen in den Bi»-
tamern: Augsburg (2), Manchen (2) und Speyer (St. FftalnSBtift in
Herxheim).
Die Franziskanerinnen dritten Ordens befolgen die Regel,
▼eiche Papst Leo X. durch die Bulle Dudum siquidem
Tom 20. Januar 15*21 den in Gemeinschaft lebenden
Tertiariern des hl. Franzislcus gab» vozu oft noch -besondere
Konstitutionen für die einzelnen Genossenschaften kommen. Diese
Kegel handelt in 10 Kapiteln Uber die Aofhahme der Novizen,
deren Piofess, das Fasten, die Gebetsttbungen. die Vorgesetzten,
die Lebensweise, die Sorge um die kranken und verstorbenen Mit-
glieder, . <Ue Visitation der KUster, endlich die Verpflichtung der
Regel. Eine Klausur wird nicbt vorgeschrieben, ausser für jene,
welche sie selbst ausdrücklich zu beobachten wünschen; diejenigen,
welche zur Profess zugelassen werden, legen die Gelübde der
Armut, der Keuschheit und des Gehorsams ab und verspreeh«*!),
die Gebote Gott^^s zu beobachten und für UebortretuDg der Kegel,
wo dieses die Oberen verlangen, Busi^en auf sich zu nehmen. Die
Schwestern enthalten sich alle Montage, Mittwoche und Freitage
des Fleischessens und begnügen Sich an bestimmten, in der Hegel
festgesetzten Tagen mit einer nur einmaligen Sättigung (Jejunium).
Sie verrichten täglich bestimmte Gebetsübuugen. Während die
Regel Leos X. die Tertiariergenossenschaften der Jurisdiktion der
Provinziale des Franziskanerordens unterstellte, stehen dieselben,
wenigstens die neueren, nunmehr unter der ( Ihrt- uifsicht der
DiözesunbischOfe. Die Regel verpflichtet unter k» iner Suude.
Die Satzuniren der im nacht'olirenden auCiieziUilteii, auf dem
Gebielü des l'iitci'ficht.s und der Er/itdiiin^ tliätii^rti l''i'aut'n<;t'iH)-'St'ii-
schaften haben last ohne Auäuabme die Augustinerregei zui*
Grundlage.
Im Jahre 1270 uugei'älir entstan^ien die Servitinneu, welche
in München an der Ilerzogsjiitalhüikirche ein Kloster und eine vor-
trelllit h geleitete Schule haben. Sie zahlen 35 Chorfraueu und
14 Laienachwcstern. — Die Madclieusi liule iu Ailouiüuster im Bis-
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220 Mitteilung«'!! d. Ges. f. deutsche Erzlehungs- u. Schulgesch. VIU.
tum MünclH'ii besor*;«'!! die Bir«;ittiuoriii non C24 Chorfrauen und
13 Laituscinvestcru) des <'iiizii;eii noch aitl deiitsclit in Boden be-
stehenden Klosters des 1344 begrümlrtcn Ririjittenuidens.^) - Die
iiu 10. JahrhimdeH. entstandenen Celiiliuncii ( Alexianeriuneii) mit
dem 31iitterluiuse in Köln leiten eine Lehrerinnenanstalt mit Kouvikt
in Münstereifel, wahrend die CeUitinnen mit dem Mutterhause in
Neuss ein Waisenbaus in Viersen haben.
Eine verdiente« angesehene Genossensehaft ist jene der ür-
sulinen. Im Jahre 1535 zu Brescia von der bl. Angela Metid
(gest. 1640) gegründet, fand dieselbe nicht nur in Italien und be-
sonders in Fi-anltreich weite Verbreitung, sondern auch in Deutsch-
land, wo das erste Ursulinenkloster 1639 in KOln errichtet wurde.
Weitere Klöster entstanden in Aachen (1661), Erfurt (1667), Düssel-
dorf (1685), Straubing (1691), Freiburg L B. (1695), Neuburg a. D,
(1607), Breslau, Duderstadt (1700), Fritzlar (1712), Wfirzburg
(1722) u. 8. w. Derzeit bestellen im Qebiete des Deutschen Reiches
Ursulinenkldster in Landshut, Wttrzburg und Straubing in Bayern;
in Breisach und Villingen (Erzdiözese Freibui^ i. B.); in Fritzlar
(Diöz. Fulda); in Duderstadt (DiGz. Hildesheim); in Frankfurt,
Königstein und Geisenheim a. Rh. (DiÖz. Limburg): in Dorsten
(Diöz ^Münster): in Berlin (Lindenstr. 39 mit der Filiale Rudow
bei Berlin), Breslau, Liebenthal. natii»or <).-S. und Schweidnitz
(Diöz. Breslau): in Köln, ferner in Brühl, Düsseldorf und Mühl-
heim a. Rh. (..Utsuliuen von St. Sahator'* aus dem Mutterhause in
Koerraond), in Aachen (aus dem Mutterhause Kalvarienbei-g bei
Ahrweiler), in Geilenkirclien (aus dem Mutterhause Venlo) und in
Hersel (Erzdiöz. Köln); in Ahrweiler, Boppard. St. Johann und
Trier (Diöz Trier): in ^\'<'l■l und Krfurt (Diö/ P.idt'rlMtni): in
Osnabrück nmi Baselünne (iJiöz. ( isnn^triick) : in < »elsnitz (npost.
Vikarial Sachsen) un<i in Eutin (nftrdisrhc Missionen), znsnmmen
33 Niederlassungen mit ca. 9Uü Srli\v»si.M-ii 'die I^aierisrlnvcslern
eingererlim i ). Ausser Mädch» ii\ «'ik>.-^chuleu haben dir risuliueu
Pensionalt', höhere T öciiiersclitilen, Jlanshaltuugs- uud liKiiistrie-
schulen, auch einzelne Kleinkiuderschulen. Ihre eigentliche Domäne
iöt die höhere Töchterschule.
Die Schwe stern von der Kongregation der hl. Katharina
(von Alexandi it'ii) wurden 1571 zu Braun-Iierg zum Zwecke der
3Iüdchenerziehuug und -rntcrriciiiuug ^juwie der Knuikeuptlege ge-
') Vgl. Georjf Binder, Dir» hl. nir^itta von Schweden und ihr
Kioätcrord(;n, München 1891, und üeachichto der bayerischen Birgittcn-
klöfltor, Stadtamhof li>JC^.
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17. Die gegeiiw.lm Gelb. d.Dtach. Reich, thätig. Fraucu-Geuosaensch. 221
gründet. Die Braunsbei^ger Bürj^er^tf »einer Roy;iiiu Protlmiaiiii ist
dereu Stilteriu; die ersten Satzungen nach der xVuguaüuenegel
Btammen vom Bischof Martin Cronier von Eriuland (gest. 1589),
veshalb auch dieser als Stifter bezeichnet wird. Bis zum sogen.
Kulturkampf bildete die Beschäftigung der Katharinenschwestern
haupteftcbüch der Schulunterricht; seitdem neben dem Krankendienst
in Spitälern, der ambulanten Krankenpflege und der Besorgung von
Siechenhäusern die Leitung von Waisenanstalten, Penslonaten, Haus-
haltungsschuien und Kleinkinderbewabranstalten. Derzeit haben
die Schwestern in der Diözese Emiland 22 Niederlassungen in den
Orten: Braunsberg (u. a. ein Knabenhort und ein Waisenhaus),
Heilsbelg (u. a. ein Waisenhaus), Rossel (u. a. ein Mädchenbeim)
und Wormditt (u. a. ein Waisenhaus und eine Haushaltungsschule),
ferner 1 Niederlassung in Liverpool und 3 in Brasilien, wo sie auch
eine Schule leiten. Die Gesamtzahl der Schwestern beträgt 263.
Ausschliesslich dem Unterricht und der Erziehung der weib-
lichen Jugend widmen sich die Oborfrauen von der Kongre-
gation Unserer Lieben Frau, 1598 |vom hl. Petrus Fourier
(gest. 1040) im Verein mit Alice le Clerc zu Poussy gestiftet.
Bei III Tode Fouriers umfasste die Genossenschaft bereits 'j:< ^r^n
50 Häuser in Lotliringen, Savoyen. Franki t'i( h und Deutschhuid.
Bf^rzoit iriebt es auf deutschem (irltiete 5 Niederlassungen mit circa
löO Mitgliedern: zu Essen, Paderborn, Strassburg, Molsheim (Diöz.
Strassburg) und (jlTenl)urg in Baden, nn welch' letzterem Orte die
Frauen ein bereits über hundert Jahre bestehendes, l)Uihendes Pen-
sionat haben mit einer 1897 neu eroftueten Filialanstalt auf Schloss
Kheinburg bei Sehntfh.-uisen. Dor ^Virl^■IIn[^skrois difsor Kloster-
fratien ist neben der I-'Jniiciitai-scliiil»' das Mätlclit'iii>eusi(mat und
die htiliriT' Töchtersrhulr. — Nacli dem Vorbild der reirnlifM-fpu
Chorfraiit'ii vom hl. Aiii^ustinus wtird<'ii 1833 in Bayern di«» armen
Schulschwos t eru di- Xotre Ihniic i;ei;iiinilel. Aus letzteren
ging hervor die Kongregation ih'V SclnilscliNveslern Unserer
Lieben Frau im Bisttim liotton b u i i; , wcK lic als ihren Stifter
den Bischof Joseph soii L'i\>\i (g<'>t. Iö09) vci'-lirt. der 1850 zwei
arme Scliiil>cb\vcslui-u de N. 1). aus dem Mutn-rliause in München
uacliiiolU'iiburg berief. DieC Jenossenschaft besitzt derzeit ausser einem
Mutterhause in iiauMusburg zwei Filiab u: liotteiiburg und Wurzach.
Die Zahl der Schwestern beträgt 6'J, nämlich 1 Generaloberin.
41 Chor- und 17 ilau.sschwestern, welche zwei Pensionate und
ExternuLc, ferner Elementar- und Klcinkinderschuleo, sowie Arbeits*
schulen flu* aus der Volksschule entlassene Mädchen leiten.
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'222 MitteUungen 4. Ges. f. deutaclte BnleliiiiigB- u. Sehulgeaeh. Vm.
Eine rflhmlicbsi bekannte OenosBenscbaft, welche Mk auf dem
Gebiete der M&dcheneniehung hohe VerdieoBte erworben bat. sind
die Salesian er innen oder Schwestern der HeimsuchuDg (Märiens),
auch Visitantinnen genannt» i J. 1610 vom hl. Frans von Salee
<ge8t. 1622), BiBchof von Genf, und der hl. Fraoziska von Ghantal
.(gest 1641) nach der Augustinerregel g^rOndet Zweck dieser
1618 zu einem Orden erhobenen GenosseDschaft ist die Eniefaung
yon Mfidchen in Pensionaten. Die ersten KlOster waren Anneey
und Lyon; das erste deutsche Kloster war das 1667 zu München
beim heutigen Damenstiftsgebftude errichtete; von hier aus wurden
Klöster in Amberg und Sulzbach gegründet, welche beide indes
1803 der Sftkularisation anheimfieleD. wfthrend die Mflnchener
Schwestern uacli Indersdorf, und 1831 uach Dietramszell Uber«
siedpltfn.') Der gegenwärtige Instand des Gesamtordens ist: 164
Klöster mit ca. 7000 Mitgiiedern. In Deutschland giobt es Säle-
sianerinnciiklöster in Dietramszell, Btniorlx^rg (1845). Zaugberg
(1862) iu der Erzdiözese München, Pielenhofen (1838) und Uber-
rhoning im Bistum Regensburg, in Uedem (Diöz. Münster), Mosel-
weiss (Diöz. Trier) und Metz, zusammen 8 Niederlassungen mit
ca. 375 Mitgliedern. Sämtliche Klöster sind unabhängig von ein-
ander.
Zn den um rntcrrirlit und Erziduuii; der weibliclion .Tnj^end
verdien t«'st»'n Fr;iU(>ngen(tj^sensch;ttien ij:ebriieü sodann die Engl i sehen
Fräulein oder das .Insiitul Maiiir. Diese Genossenschaft führt
ihre Entsteh\mg auf die Engländerin Maria Ward zurück (daher
die Bezeic Inning .Eiiglifc-tjhü- Fräulein), weklie ]ti(j<j zu St. OniiM*
ein Fraueakloster erriehtMe. .1*-^ n Mitglieder sieh dem l'nterriehte
und der Eiviehung von Mail« Im h widmeten. Wiihreml Miss Ward's
Orden 1051 vom Papst Urban Vlil. aufgehol>en wurde, bestand
das in ^liineheu errichtete Kloster dieser Frauen auch nacli ünter-
drückuni; desi irdens fort, indem (blassen Bewohuerinnen. zwar nicht
m^'hr als eij;entiiche (M-densfrauen. sondern als Junglraueu mit
cijifueJien Gelübden und unter der Jurisdiktion des Bischofs von
Freisiug ihre Lehrthätigkeit fortsetzten. Von München aus ward
das Institut Maria nach England verpflanzt; insbesondere aber
Vgl. Ludwig Muggenthaler. der Schulorden der SAleBianeriniiaii
in Bavfrii vftn IHGT bis 1881, im „Jahrbuch fiir Mthichoiicr Geschichte" 1S91.
i j-arar Hamberg l^Uh: IVtikm-; Kurze Ge sc Ii i c h t <> des Ordens von der
üeimsuciiung Märiens — geuoiuiL i^aIesiaQenallcu iu Bayern, von seiner
«raten NiederlMamig in Httnehen bi« beute, liegensburg 1S97, von einem
Mitglied« de« Orden«.
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17. Die gegen w. im Geb. d. Dtoch. Reich, thatig. Frauen-Genossensch. 223
wurden im heutigen Köuigreich Bayern, ferner in Oesterit ich
Niederlassungen errichtet: in Augsburg (1680). Burghauseu, Miudel-
heim, Bamberg (1717), Altötting. Asrhaffenburg (1748) u. s. w.
Derzeit bentehen in Bayern bei 80 Xiederlassungfii der Engliwhen
Fräulein mit über 1500 Mitj:liedern unter der Geiieralobcriii zu
Kyiapht'uburg, uud zwar in der Diözese Miluchcu: neben dem
Mutterinstitut in Nympheiiburg 14 Filialen: im Bistum Passau: in
Altötting mit 11, in ßurghausen mit 4 und ia Passau (Niedern-
burg) mit 10 Filialen; im Bistnm Augsburg: in Augsburg mit der
Filiale Weilhelm» in OOnzbm-g. Kempten, Lindau, Hindelheim mit der
Filiale Kl<»8t6]>Wald,inNeaburga. D., SGhTobenhaa8enuDdWaUet8td&;
im Bistum Regensbuig: in Deggendorf, Furtti LW. und Plattling;
in der Erzdi^se Bamberg: in Bamberg mit 18 Filialen; in der
Diözese WQrzburg: in Aschaffenburg mit 8 Filialen und in Kissingen
{Filiale des Mutterhausee in Bamberg); im Bistum Eichstätt: in
Eichstätt; in der Diözeae Speyer: in Laudau, eine erst 1896 er-
richtete Filiale von Nymphenbuig. Ausserhalb Bayerns sind Häuser
^er Englischen Fräulein in Fulda, in Wiesbaden und Hornburg v.
d. H., endlich in der Diözese Mainz: in Mainz (Mutterhaus) mit
den Filialen Bensheim« Darmstadt. Bingen und Worms. Der
Wir]£ungslcreis der Englischen Fräulein ist: die Volicsscbule, das
Mädchenpensionat und die höhere Töchtei-schule; ausserdem leiten
sie WaisenhäuRer (z. B. jenes in MQnchen, Bamberg u. s. w.), Er-
ziehuDgs- und Rettungsanstalten für verwaiste, arme und verwahr-
loste Kinder, Taubstuminoninstitute (Bamberg), Dien8tboten-(Marien)-
Anstalten und Kleinkinderschulen.
Bei der hohen Bedeutung, welche dem Institut der Englischen
Fräulein auf dem Gebiete des Unterrichtes und der Erziehung der
weiblichen Jni^tnifl zukommt, dürfto es angezeiirt sein, hier das
Wichtigste über die Einrichtung einer von »li^st ii Frauen geleiteten
höheren Töchterschule anznfü;[;cn. Das Inihcre Töditorinstit iil
der [Km;jI isrfK'n l'^iäu 1 c i ii in Bamberg liit den Zwcrk. drr
weibliciien Jugend eine reliiiiös'.sittliciie ErzieUujig sowie eine
liübere und alLseitige Ansliildiim; zu gewähren.
Das Institut, welclies die Ueciite einer ölVt-ntlichrn Anstalt
geniesst, besteht aus einer unteren Abteilung inil .sieben Jahres-
kursen für .Mädchen vom 6. bis zum 13. Lebensjahre und aus
einer olten u Aljteiltuiu; mit drei Jahreskursen für Mädchen vom
13. bis 16. Lebensjahre. Das Absolutorium des 10. Kurses be-
rechtigt zur Zulassung zaui Aut'nahmsexamen an einem kirl. T.ehre-
rinneiiseminar (beiw. zu dem von den Luglischen Fräuleiu selbst
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224 Mittc'iiungou d. Ges. f. deutsche Emehuiige- u. Schulgesclu Vill.
gelf'ifeton 2 jäliriirrn .Seiuinjuknise mit daraullolgeiMliT staatliiher
Leliit'riniieuprütuü}^). Der Cliaiakter des Instituts i.-t katii«. lisch;
diH h koimeii in die ohciT Abtoilunsr auch NicIitkailiulikiuuL'ü Auf-
jijiliiiif tiiidcu. 3Iit dor Unten ichuaustalt ist ein Internat ver-
biiinlm. in welchem besonders auswärtii;e Schülei iiim ii Aufnahme
und Verptleguiig linden; die Pension für interne Zvi^linge beträgt
jährlich 400 M. Für Töchter von pragmatisch angestellten Beamten
bestebeu durch Allerböchate Qnade zwei Freipiatee; der Landrat von
Oberiranken bewilligt seit dem Jabre 1863 alljabrlich &40 M.» die für
teilweise Freiplfttze verwendet werden. Das Schulgeld für externe
Zöglinge beträgt im 1. bis 4. Kurse monatlich 6 M., im 5. bis
7. Kurse monatlich 7 M.. im 8. bis 10. 'Kurse monatlich 8 K
An der Spitze des Instituts steht die jeweilige Oberin der Engliscbea
FrAulein als Vorsteherin; ihr steht die Gesamtleitung und Ver-
waltung der Anstalt in allen ihren Zweigen zu und das Recht»
unter Beobachtung der jeweils bestehenden Verordnungen Ober das
bayerische Schul- und Unterrichtswesen die einzelnen Klass- und
Fachlehrerinnen sowie die Ubrigea Hilfskräfte der Anstalt zu
ernennen bezw. wieder zu entfernen. Die Oberaufsicht über das
Erziebungs- und Unterriclitsinstitut steht der kgl. Regierung Ton
Oberfranken zu, jene über den Religionsunterricht und das religiös-
sittliche Leben dem Erzbischöflichen Ordinariate Bamberg. Die
regelmässige Inspektion wird durch einen von der kgl. Regierung
auCgesii'llten Spezialkommissar ausgettbt. Lehrgegenstände sind:
Religioii-I'lire mit biblischer und Kirchengeschirhte, deutsche,
französische und englische .Sprache. Arithmetik. rJeographie, Ge-
schichte. Kunstgeschichte» Naturgeschichte, Naturlehre. Schön-
schreiben. Zeichneu. Gesang, Klavier, weibliche Handarbeiten,
Anstaudslehre und weibliche Gymna.stik. Stenographie.
rngefälir zu derselben Z^Mt. als fli*' Englischen Fräulein
gegründet wurden, entstanden in Frankreicli zwei andere bedeuten<le
FrannTJf'iH'Ssenscharten, die, in unseren? J;ihrhMndprf in I>oiitsch-
land eingeführt, hier l)is /nr MMude ein»- hrirlist segensvoile 'l'häiig-
keit en1tV\lr«'n : die barmherziiicu Sch\vc-.icrn vom hl. Karl lim ro-
mäus und y-nc vom hl. Vifi«'enz von J'aul. Er.sleiv. aiuli kurz,
llormmäerin iien genantit, lür Kranken- und Armenpflege, l iiter-
richt und Erziehung errichtet, nalimen 1626 im Spitnl St. Charles
zu Nancy ihren Anfang; ihre Konstituierung erfolgte 1652. Derzeit
umfasst diese Kongregation in Frankreich 116 iläu.'^er mit 3000
Schwestern, in Deutschland 64 vom Mutterhause Trier abliäiiLMge
Niederla-ssungeu mit ca. 700 und 102 vom Mutterhause Trelmitz
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17. Die gegenw. im Geb. d. Dtseh. Reich. thAtig. Prsueii^Genoaeeneclu 225
abhängige Filialen mit ca. 600 Schwestern; in Oesterreich befinden
sich MutterhAuser in Prag und in Teschen mit zusammen 1000 Mit-
gliedern. In der DiOzese Breslau 'haben die Borromäerinnen
98 Niederlassungen mit 564 Schwestern^'und 208 Novizinnen, welche
ausser zahlreichen Kraolcen« und Siechenhftusem 25 Waisenanstalten.
36 Spielschulen, 4 Nahschulen, 18 Handarbeits- und 8 HaushattuQgs-
schulen, 8 Kommunikantenanstalten und die PolednUcsche Mftdchen-
erziehungsanstalt in Lissek bei Sumin besorgen: femer sind im
Bistum Breslau 4 Häuser der Borromäerinnen aus dem Mutterhause
in Trier mit 68 ProfessschweBtern und 25 Novizinnen« welche neben
mehreren ELrankenhäusern (u.a. das St. Hedwigskrankenbaus in Berlin)
1 Waisenanstalt, 1 Spiel- und 1 Nähschule versehen. lu der Erz-
diözese EOln haben die Borromäerinnen aus Trier 19 Nieder-
lassuni^ea mit 20O Schwestern» welche ausser Krankenanstalten,
Armenhäusern und einer Irrenanstalt das Waisenhaus Marianum in
Krefeld, das Waisenhaus in Düren, das Knaben Waisenhaus Oberbilk
in Düsseldorf, das Waisenhaus in Eupeu, das Knabemisyl Klapi>er-
hof in Köln und eine Bewahrschnle in Köln leiten. Im Bistum
Trier seihst besitzen sie 28 Niederlassungen mit 300 Schwestern
und ca. 100 Xovizinnen, weldip ausser zahlreichen Spitälern
Cu. a, das ]\!ilif;irla/,;iit:'tf: in l-]in<'ni>re!fstein) 3 Hanshaltiinir«'-.
7 Bexvalii- uihI M Xähsrliulcii. ferner <ias Knabeupeiisioiiat zu
Keinprilinf iiml »md»' iiMlirrr 'lochterschnV' in St. Wendel besorgen,
Niederlassung* ! I dt r Trierer Schw^^tcrn siuU ferner auch in Cleve,
wo 12 SchwostriM die btädti.sche Ariiien- und Waisenanstalt veraelieu.
in Osnabrück, l'.ingen, Hamburg u. s. w. Im Jahr«» 1B84 errichteten
die l'»nrromaeriunen behufs Leitung einer deutschen Schule in
Alexamliicn eine Niederlas.sung, weh iie 1894 zum ProMii/.ial-
niuttrrhauso und Noviziat tür den Orient besümmt wurde, wo die
Schwestern seitdem jurlnt re deutsche Anstalten übernahmen.
Die barmherzigen Schwestern vom hl. Vincenz von
l'aul oder die Vincentineriuu*'ii. 1633 vom hl. Vincenz von Paul
(gest. 1660) im Verein mit Louis© le Gras zu Paris gegründet,
beschäftigen sich in Deutschland zwar hauptsächlich mit der Pflege
der Kranicen in Spitalern, haben aber auch Anstalten zur Erziehung
armer Kinder, Waisen«, Bewahr- und Krippenanstalten, femer Exod-
arbeitsschulen, sowie Taubstummen- und Besserungsanstalten. Die
barmherzigen Schwestern aus dem Hutterhause Untormarchthal in
Württemberg leiten nicht weniger als 44 Kleinkioder- und 41 In-
dustrieschulen, femer 9 Elementarschulen, sowie die Erziehungs-
anstalten in MulÜDgen, Og<;elsbeuren, Leutkirch, Seiklingen. SchQne-
MiUtfilimgcn d. 6«fl. t. d^ulscb« Ersteh.- u. Schut|reBctii«lite. VUI 2,3
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226 MitteUungi>ti d. Ges f. dentacbe ERiehunga- «. Scbtdgeecli. VIII.
bürg und UDterdnifstetteii. — Die i. J. 1808 nach dem Vorbilde
der VioeentineriDDen von Clemens August Frhrn. Droste Ton
Viachering (nachmals Erzbischof von EGId, gest. 1845) gegrOndete
Genossenschaft der barmlierzigea Schwestern oder der Clejnens*
Schwestern mit dem Mutterhause .St. Maricu-IIospital* in
Münster leitet u.a. ein Armen- und Waisenhaus in P.ofhnlt.
Die Chorfrauen vom heiligen Grab«' (Scpulcrineriunen),
der weibliche Zweig der Chorherren vom hl. Grabe, besitzen ein
Haus im Grossherzogtum Baden, das 1670 gegründete I^hrinstitut
zum hl. (Jrabe in Baden-Baden, das derzeit 1 Priorin. 25 Lehr-
frauen und 10 Laienscliwestmi zählt, sowie eino Filiale in Bruch.sal.
Dio Srhwostern der christlit hpn Lehre, um 1700 zur
Krani\eni»tlei,'«'. zu iint iitirt ltlichem Unterriclit und Madchenerziehung
von dejn Priester Vatei gf^rüntiet. mit dein Mutterhause zu N.inrv,
haben in ötraäsburg eiu Uauä mit Pensionat und höherer Töchter-
schule.
Die Schwestern der gottlichen \ orsehung, 17G2 von
dem Priester Moye zu dem Zwecke gegründet, sich der chri.stlicheu
Er/ieliung und dem Unterrichte der Jugend besonders auf dem
Liiudi'. lerner der Kranke upllyge /.u widmen, mit dem Mutterhause
zu St. Johann von Fiassel bei Bertheliuiui?eu in Lotiiiiugiu.
haben ausser in i'rankreich, Belgien und Nurdameril<a Nieder-
lassungen im Bistum Strasshurg. wo 190 Schwestern 190 Schulen
besorgen, und im Bistum Metz, wo 150 Schwestern 150 Schulen
leiten. In der leizigt nannten Diözese haben die Schwestern auch
ein Pensionat mit Industrieschule zu Finstingen, ferner im Mutter-
hause eine Lehrerinnen- und Waisenanstalt. Die Gesamtzahl der
Schwestern der Kongregation der göttlichen Vorsehung ist: 1000.
Die Schulschwestern der göttlichen Vorsehung
(Schwestern der Vorsehung vom hl. Vinceoz von Paul), 1783 zu
Molsheim (Diözese Strasshurg) von dem Priester De Kremp ge-
gründet, mit demMutterhause zu Rappolts weiler, bilden die grössto
Frauengenossenschaffc des Bistums Strasshurg. Die Schwestern,
Uber 1200 an Zahl, leiten über 400 Schulen mit ca. 60000 Mädchen,
zahlreiche Klemkinderschulen , die Waisenhäuser Willerhof ((Ür
Knaben), Hllsenheim und Issenheim (für Mädchen), die Taub-
stummenanstalt mit Pniparandinnenschule zu Issenheim und haben
Pensionate zw Strasshurg. Hagenau. Rappoltsweiler und Rufl'a<;h.
Am Ende des IS. Jahrluinderts entstand die (Jeuossenschaft
der Sclnvostern der göttlichen Vorsehung vom hl, Andreas,
von dem Priester Gapp zu Uombourg-la-Forteresse zum Zwecke
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17. Die (^egenw. im Geh. d. Dtäcli. Keicii thülig. Frauen^GeiiOääüuäch. 227
der chiistlicheu Erziehung der Kinder in den Volksschulen und
höheren Töchlemliuleü Lotliriiigcns |[;ei,'rQüdet, mit dem Mutterhause
Peltre bei Metz, nach ihrem Irülieren Mutterhause zu ioibuch
auch , Forbacher Schwestern" genannt. Ungefähr 15 300 Kinder
des Bistums Metz empfangen gegenwärtig toq diesen Schwestern
Unterricht.
Die Sch ul Schwestern der hl. Ohristia na, auch »SchweAteni
von der hl. Kindheit Jesu und MariA unter dem Schutze der hl.
Ghristiana* genannt, 1807 in Metz Ton Bischof JaufAret und Ma-
. dame Tailleur zum Zwecke der Ersiehung der weihlichen Jugend
und der Krankenpflege gegründet, leiten Elementar- und Nab-
schulen, Handarbeitsschulen, Waiseninstitute u. s. w. Neben dem
Mutterhause in Metx mit Filialniederlassungen in 18 St&dten des
Bistums Metz, besteht fUr Frankreich ein Mutterhaus in Longuyon;
ferner sind USuser in Belgien und in Oesterreich.
Eine verdiente Genossenschaft ist die 1829 zu Angers ge-
gründete der Frauen vom guten Hirten, Schwestern von der
Liebe des guten Hirten, Schwestern Unserer Frau von der Liebe
des ^uten Hirten u. s. w., welche aus einer filteren, 1644 zu Oa6n
von P. Eudes gesiift» » ti den , Schwestern von der Zutlucht*.
hervorgingen und Maria de 8ainte-Euphrasie Pelletier (gest. IHGs)
als ihre Stifteriu verehren. Die guten Hirtinnen stellen sich als
besondere Aufgabe, gefalleneu 2kiüdchen oder verkoniincnen Frauens-
personen Anleitung zur Besserung zu geben, ferner sittlich-gefähr-
dete Personen im (Juten zu bewahren. Die Ausbreitung dieser
Genossenschaft ist eine sehr bedeutende, indem die guten Hirtinnen
bereits in 208 Xioderle^sfHnir»^!! und in allen Weitteilen ihre segens-
vollc 'riiäiiu'kt'it entfalten. Iniinlialb fh^s Deutschen Reiches sind
>»iederlassnügen zu Metz (gegrüjidt't 1HI^4). Stras^imiu; (18S7),
Mün' ftpn-lTnidhausen ( 1840), Anchen St. Maurilz in Mühsip?-
(154U,.. .Mainz (1853). St. Paulin zu Trier (18541 Charlottenbur^
b»M Perlin (1858). Breslau (1859), Ettinaniis.luil iioi Schwaudorf
iu Bayern (18«l). Köiii-Melaten (1862). Kfiiiicktudorf bei Berlin
(1887), K(.i.l.Mi/.-T.iit7.el (1888). M(Uh;tiis.'n im Elsa.ss (1888). Maria
Trost hei lvr.--.*Hi.'iiii im Bistum Trier (löö8). Muixlieiui bei Hof-
lit'ini im Taimu.'^ (IHUl) und Beuthen in Oberschlesieu (1893), zu-
sammen 17 Heuser mit ca. 500 Chctr-, Laien- und Aiisi;ehs(-hweslern.
ProvinzialiauLit rhäuser sind: Miiuclitu. Münster uud Kulu-!Melaten.
Die Töchter vom heilif,'en Ivreuze, 1833 zu Lüttieh von
dem Pfarrer Uabets und Johanna Haze zum Zwecl^e des Unter»
riehts. der Waisen- und der Kranken iitlcge, der Sorge fttr weibliche
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228 MittellungeD d. Oea. f. deutache Bniohungs- 11. Bchulgesch. vm.
Strftflinga imd andere in Verirrungen geratene Frauenspersonen
gegrttndet» mit dem Mutterhause in LQttich, ca. 800 an Zahl»
haben ausser NiederlaBsungen in Belgien, England und Indien auch
13 Häuser mit ca. 200 Sciiwestern im Deutschen Reiclie. Hiervon
befinden sich 10 Niederlassungen in der Erzdiözese Köln, wo die
Schwestern in ]\Ialinedy ein Waisenhaus und in Werden ein Waisen-
haus und eine höhere Töchterschule leiten, und 3 im Bistum
Münster: zu Aspel (Post Rees^ mit Pensionat. Ilaushaltimgskurs
und Bewahrschule, zu Rees mit 2 Bewahr- und Handarheifss« liiilen
und zu Xanten mit Waisenhaus. Bewahr- und Handarbeilüschule.
Die Kreuzschwestern aus dnn Miiiterhause zu Strassburg,
1833 von drei Iciiilicljen Schwostcrn i,'*'^riiii(lct, haben in der Diözese
Strassburjjj Waisenhäuser in Scliietlsladt, Kolmar und 8t. Joseph
Tor Strassburg, eine Idioteuanstalt in Seunheim, eine katholische
Bliudeuauötalt St. Ottilien in Still und ciae weibliche Gefangenen-
anstalt in Nouhof. lerner in Dunzdorf in Württemberg eine Er-
ziehungöaüötiiit lür arme Kinder.
Die Schwestern von der göttlichen Vorsehung mit
dem Mutterhaubc auf dir Ki iedrichsburg zu Münster, 1842 ent-
standen, eine um (his llrzichuugs- und Unterrichtswesen hochver-
diente Genossenschaft mit ö.'M ^litgliedern. von denen 310 auf 27
StatiüMeii im Bistum .Müiiriler, 11 auf 1 JStatiuu (Bremen) in den
nordischen Missionen, 205 auf 8 Stationen in Holland (Diöz. Roer-
mond) und 8 auf 2 Stationen in der brasilianischen Mission (St. Katha-
rina) thätig sind. Die Schwestern, welche in ihrem Mutterhause
ein Haushaltungspensionat und eine Handarbeitsschule haben, leiten
zu Münster das BQrger-WaiBenhaus in der Scbulstrasse, das Waisen-
haus zu St. Mauritz und im St. Josephshaus 8 doppelklassige
Eleinkinderbewahr- und 8 Handarbeitsschulen, femer Waisenhäuser
zu Borken, Coesfeld, Dülken, Dülmen, Gladbeck, €K)ch (zwei An-
etalten für Knaben und fUr M&dchen), Reddingliausen, Rheine und
WeseL In Dülmen haben sie auch eine höhere Töchterschule, in
Borken eine Bewabrachule, in Burgsteinfurt eine Kinderbewabr-,
Handarbeits- und Sonntagsschule, in OleTe eine Bewahr- und Hand*
arbeitsscbule, in Coesfeld eine Bewahrschule, in Dülken eine Hand-
arbeits- und Sonntagsschule, in Epe eine Bewahr- und Handarbeits-
schule, ebenso in Gladbeck, Qoch, Grieth, Ochtrup, Rheine und
Wesel; in Rheine besorgen sie ausserdem ein Arbeiterinnenhospiz
und zu Coesfeld die [Leitung korrektionsbedUrftiger Mädchen in
der Marienburg. Zu Bremen haben sie Elementarschulen, eine
Sonntagsschule und ein Waisenhaus. Von den ausserdeutschen
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17. Die gegenw. im Geb. d. Dtseh. Reich. tUMlg. Ftenen-GenoMttiiMh. 229
Stationen .<iiul bosondei-s zu nennen: das «grosse St. Josephskloster
zu Steyl mit einer Präparandenanstalt zur Ausbildung für das
deutsche Elementar- und höhere Examen, das Kloster Maris
Boepaan zu Ottersom mit deutscfaefii HausbaltuDgs- und Hand-
arbeitspeoaiODat und die Aloysius-Anstalt zu Kessel mit einem
grossen Pensionat schulpflichtiger deutscher Knaben; ausserdem
haben die Schwestern Elementar-, Kinderbewahi^ und Hand-
arbeitsschulen, Waisenhftuser und besorgen die Pflege kranker und
alter Leute.
Die grauen Schwestern Ton der heiligen Elisabeth, 1842
zu Neisse in Oberschlesien von vier Jungfhiuen: Dorothea WoUT,
Mathilde und Maria Louise Merkert und Franziska Werner nach
der Augustitterregel gegründet, mit dem Mutter- und Centraihause
zu Breslau, haben als Zweck hauptsftchlich die ambulante Kranken-
pflege, sodann die Pflege von Kranken in Spitalern und Siechen-
hdusem, die Leitung von Waisen-, Rettungs-, Kommunikanten- und
Kleinkinderbewahranstalten, voa Arhelterinnenhospizen und Haus-
haltungeschulen, ausserhalb Preussens auch die Leitung von Ele«
mentarsehulen. Die Schwestern sind besonders in der Diözese
Breslau verbreitet, wo derzeit lOTJSiederlassuagen mit 6iO Schwestern
und 22Ö Novizinnen bestehen; ausser zalilreiclien KrauiveDlmusem
(u. a. auch m«'hrfM*e 3Iilitärlazarett<?) leiten hier die Schwestern
47 Kleinivinderbewahransialten, l Hand&rbeitsschule, 1 Sonntags-
schule für Fabrikmadeheu. 4 Industrieschulou, 1 Haushaltungs-
S(diule. 1 Krippe. 0 Waisen- und 4 K'mimiiiiikantenanstalten, ferner
das St. Ai^nrs IInspi/. für kaflmlische Arbeiterinnen in Breslau, das
St. Xotbiirua-Hdsiii/, (Mädrlienasyl ) in Neisse, das St. AtVa-
Stifl (UeliuiiL^-liaiis und I)i»'nsil)i/t('iias\ 1) in Berlin NW.. M^iliit,
und das Auialieusült (Uetluugsaustali ) in Julinsburt:, Kreia (Jels.
Ausöt'rdeni h^ben die grauen S( )i\v*'<t<'n! Nicderlasisuiigen in den
Diözesen: Olinüi/,. l'iau'. ( JnetJtMi-i'usen (14 llauser mit SOSchwestern),
wo sie u. a. ein \\ aistMihaus in Ostrowo und das St. Annaslili iiir
Dienstmädchen und Arlx itf^rinnen in Posen leiten. Ennland (Königs-
berg mit 15 Srhwcsicrn), ('iihn (5 Häuser mit i>l Schwestern),
Baderborn (lü lläuöor init 7ü Schwestern), Fulda (Eisenach mit
6 Schwestern) und Münster (ArbeiterinnLiiliuypiz; iJelnienhoi-si in
Oldenburg mit 4 Schwestern); ferner in Dresden (3 Häuser mit
33 Schwestern), Leipzig (2 Häuser mit 15 Schwestern), Chemnitz
(6 Schwestern), Hamburg (3 Häuser mit 40 Schwestern) und Rein-
beck bei Hamburg (7 Schwestern). Auch auf diesen Stationen
bildet die ambulante Krankenpflege, bezw. die Eranken[dlege in
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230 Mitteilungen d. Ges, t deutsche Erziehungs- u. Öchulgeach. VIII.
.Spitalern die hauptsächliche BetJühafti^Mm^ der Schwestei ii : ua
einzelnen Orten erteilen sie Industrie uuteiricht, leiten Dienste
jnädchenvereine uud haben Kleinkinderbewahr- und Kommiiuikauien-
anstalteu. In Rom. wohin die grauen Schwestern 1887 von Msgr.
de Waal heiultjü wurden. erötViieten sie im Ospizio di Nazaret ein
Asyl l'iir deutsche Gouveruauteu uud Dienstmädchen sowie eine
deutsche Schule. Elementar- und Industrieuuterricht erteilen sie
auch auf einigen ihrer schwedischen und norwegischen Statiouon.
Die GesamtsEahl der Scfaveatem beträgt Uber 1000 ohne die
NoTizinnen, jene der Niederlassungen gegen 180.^)
Die Schwestern vom hl. Joseph, 1845 zum Zwecke der
Kranken- uud Annenpflege, sowie der Kindererziehuug gegründet,
mit dem Mutterhause Kloster St. Markus (Post (»eberschweier) im
Oberelsass, haben Niederlassungen im Elsass zu Ebersmünster
(Waisenhaus) und Erstein (Ärbeiterinnenheim), im Grossherzogtum
Baden (5 Kleinkindermhulen), ferner S& NlederlaBsuugeu im Elsass
und 13 in Baden für ambulante Krankenpflege und Armen-
und Kranken ptlege in SpitjUem, endlich ein Waisenhaus in Delle
in Frankreich.
Die Schwestern vom armen Kinde Jesu, 1848 zu Aachen
cum Zwecke der Soige fttr arme Kinder gegründet, hatten bereits
im Jahre 1872 27 Häuser mit 655 Schwestern; als infolge des
Kulturkampfes die 28 in Preussen befindlichen Hluser bis auf eines
(Burtscheid) geschlossen wurden, yerbreitete sich die Genossenschalt
in Holland, Oesterreich, Frankreich und England. Das Mutterhaus
befindet sich seitdem in Simpelveld in' HoUftndisch-Limburg. Im
Gebiete des deutschen Reiches bestehen wiederum 9 Niederlassungen:
7 in der Erzdifizese Köln mit ca« 260 Schwestern und 2 im Bistum
Speyer, wo 19 Chor- und 19 Laienschwesteru das grosse katho-
lische Diözesan-Waisenhaus St. Nikolaus zu Landstuhl und 4 Chor-
und 3 Laienschwestern das Waisenhaus in Kirchmohr leiten.
Die amen Dienstmägde Christi, 1848 zu Dernbach auf
dem Unterwesterwald (Bistum Limburg^ von Katharina Kasper
(gest 1898) gegründet. bal)en zunächst die Krankenpflege zu ihrem
Zwecke; doch übernehmen die Schwestern .nich Waisen- und Klein-
lunderbewahranstalten. Nahschulen etc. Nachdem in den Jahren
1S54 und 18Ö5 die ersten Filialen errichtet waren, breitete sich
die Genossenschalt mit Schnelligkeit aus und umfasst derzeit Uber
') Vgl. Dr. J. .Junjcnitz, Djp Kongregation fler grauen ScUwestorn
von der hcüligea Elieabcth, BresUiu IbüJ, 115 i5eiteu.
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17. Die gegenw. im Gob. d. DUch. Reich, tb&tig. Frauen-Geuossciiäcb. 231
180 Xiederlassiiii^eii mit ca. 60ü JScliwostrrn in Deutschlaud. ferner
2ialiliei("he Niederlassungen in Amerika, einii^e auch in Oestorreicli,
Holland und Eii^'land. Die deutschen Niederlassungen verteilen
bicii auf die Din/^^son Köln (54), Limburg (42). Trier (16), Münster
(4), Paderborn 04 i l;;i-iau (2) und Fulda i 1). Ausser zalil-
reichen Kleinkiadcrbewahr- uud Nähsciiuleu IfMtcn die nniieu Dienst-
magdo Christi auch höhere Töchterschulen (in Limburg a. Lahn
uud in Hoflieini a. Taunus).
Die St. Hed \vigss(;li western mit dem Miittcrhau^e zu
Breslau (Ilirschstr. 29) wurden 1S48 von dem Priester und späteren
Domherrn Robert Spiske zu dem Zwecke gegründet, verwaisten und
besonriera Yerwahrlosten Kindero in geistiger und leiblicher Be-
ziehung iiilfe angedeihea zu lassen; 1859 erfolgte deren Erhebung
zu einer religiösen Oenossenschaft. Bis zum Jahre 1871 entstanden
ausser dem Stammhause fUnf weitere Niederlassungen mit Schulen
in der Didzese Breslau, sowie zwei im preussischen Anteile des
Bistums Prag, welche jedoch bis auf eine einzige (Wartha bei
Franlienstein mit Waisenanstalt und Spielscbule) dem Kulturkampfe
zum Opfer fielen. Im Jahro 1886 wurde ein Haus in Bogutscblltz
bei Kattowitz mit Waisenanstalt und Haushaltungsschule erölltaet
und 1889 das Mutterhaus in Breslau mit Rettungs- und Waisen-
anstalt; femer wurden Filialen zu Schweidnitz mit Waisenhaus, zu
Steinseifersdorf bei Reichenbach und zu Alt-Heide bei Glatz er-
richtet. Die Genossenschaft zählt gegenwartig ohne die Postu-
lantinnen 104 Schwestern; dazu kommt noch das infolge des Kultur^
kampfes bezogene Haus in Xezamislitz in Mähren mit 40 Schwestern,
welche eine sechsklassige höhere TOchterscbule mit Oeffentllcbkeits-
recht und eine Waisenanstalt leiten.
Die Schwestern des allerheiligsten Heilandes mit
dem Mutterhause zu Oberbronn im f^lsass (Diözese Strassburg),
1S49 von Elisabeth Eppinger zu Xiederbronn als „Schwestern vom
göttlichen Erlöser'* (Niederbronner Schwestern) ge<;ründet, bilden
eine sehr weit verbroiletf». ansehnliche ( JeiKtsst nschaft für ambu-
lante Krankenpllege, Leitung \on Spitülern und Armenhäusern,
Klciiikindci bewahr-, Kettungs- und Waisenauslali'-n etc. Die Zahl
der Seil we.siein und Novizinnen beträgt gegen 1700. welche in
ELsass uud Lothringen, in Baden, Uav-in, Hf>-seii, Luxenibui'g.
Belgien und Frankreich wiriveii; im P.istum München l>eHfebon 18.
im liistum Speyer 14. in der l)i«izese Jiamberg 11 Niedtrbissiingen
der Schwestern, im Bistum Kegeabburg 1 (KnabenrettUDgsanstalt
zu Eschlbach),
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*J32 Mitteiluugcu d. Qua. t duutacbu Erziehungs- u. Schulgedch. VIIL
Aus dieser Genossenr^chalt giui^cn aussei- zwei österreichisehett
Kongrejrationeii fflif .Trh liter des ;:i'ttlirhfii Heilandes* mit dein
Mutterhausb zu Wien, Bezirk Neiiliau, Ivaiserstrasse. und die
„Töchter des i^ntiliclicn Erlösers- mit dem Mutt^riiaube zu Oedeii-
burg) her\ur die Töchter vom Iieiligen Erlöser mit litm
Mutterhause zu AVürzburg, 1866 entstanden, mit dem gldrheu
Zweclve wie die voi-e;eiiaimte Kongregation. Die Genossenscliatt der
Töchter vom lieiJi;;t'U ilrlöser ist bereits in 75 Orten der Diözese
Würzbuig \ erbreitet, ferner in 1 (Hte des Kizbisiuma Baiubei-g
(Scheinfeld). Ausser Kranken- und rirüüdiieraii»talten haben die
Schwestern zahlreiche Kleinkinder- und Industrieschulen, mehrere
R^ttungsanstalten, in GemUnden auch eine Idioteuanstalt und in
littnnerotadt eine Marienanatalt.
Die Scln\ estern von der chrib tlichen Liebe, 1849 von
]*auline von ^laliinckrodl zu Paderborn zuiiä(dkst zum Unterricht
und zur Pflege der Blinden in der vuu ihr uud dem Geh. Medizinal-
rat Dr. Schmidt 1842 errichteten Privat blindenanstalt^) gegründet
wurden durch den Kulturkampf nach Amerika vertrieben, yro sie
seitdem an zahlreichen Orten als Lehrerinnen wirken. Im Jahre
1887 konnten die Schwestern auch in Deutschland wieder ihre
ThRtigkeit fortsetzen und haben derzeit ausser dem Mutterhause
zu Paderborn Niederlassungen in den Didsesen Paderborn (8) und
KGln (2, darunter eine Bewahr- und Handarbeitsschule in der Drei-
königstrasse zu Kdln) und in Sigmaringen. Femer sind einzelne
Stationen in Belgien, Oesterreich, im Fürstentum Liechtenstein und
in D&nemaric.
Eine vielversprechende Genossenschaft ist jene der Schwestern
Unserer Lieben Frau. 1850 zu Coesfeld im Bistum Münster
gegründet, welche den Bischof Johann Georg MQller von Münster
(gest. 1870^ als Ihren Stifter verehren. Nachdem sie infolge des
Kulturkampfes nach Amerika Übersiedelten» wo sie gegenwärtig eine
Prftparandinnenschule, 2 Akademien, 3 Waisenanstalten und 150 Ele*
mentarschulen leiten, konnten sie 1888 auch im Gebiete des
Deutschen Reiches ihre Wirksamkeit wieder beginnen. Derzeit
stehen unter dem Mutterhause zu MOhlhausen, Pfarre Oedt im
Kreise Kempen, mit einem Mädchenpensionat 16 Tfichterhftuser: je
zwei in Bocholt, wo die Schwestern eine Töchterschule und fUnf
Bewahrschulen, ferner ein Hospiz für Fabrikarbeiterinnen leiten, in
Vf;l. V. W. Woker, Die Vinkos Iip Frovituial-BlindflDaostalt fttr
Westtolcu zu. l'ailerboru imd öoest, Faderburu lbü7.
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17. Die gegonw. im Geb. d. Dtacb. Reich, thltlg. Frauen-Geiiossenach. 233
Feldern mit Bewahrschale, ferner einer landwirtschafüichen Uaus-
haltuDgs- und HandarbeitBscbitle» in Vechta mit Tochterschule«
Pensionat und Elementarschule, in Cloppenburg mit Prftparanden-
«nstalt und Töchterschule bezw. Idiotenanstalt und in Münster mit
Hospizen für Dienstmftgde und fUr Ladengehilfinnen; je eins in
Damme mit Wai.-enanstalt und Bowahrschule, in Duisburg mit
KAdchenhort, Waisenanstalt, Bewahr- und Ilandarbeitsschule, in
Kempen mit Töcliterschule, Bewahrschule und Waiseuanstalt, in
Lol)ne mit Privatschule und in Oldenburg mit Töchterschule und
UaDdarbeit88chiili\ Die Zahl der Schwestern beträgt 287: dazu
kommen noch 21 Schwestern' auf zwei holländischen Stationen,
sowie ca. 300 in Ameriiva wirkende Frauen, wo unter dem Pro-
vinzialmutterhause zu (Jleveland 28 Häuser stehen. Die Schwestern
U. L. Frau scheinen für das nordliche Deutschland dasselbe zu
werden, was für dns sfidliche diu Englischen Fräulein sind.
Die Kongregation der Mai^de Mariä yom der Unbefleckten
Empfringnis im Jahre 1850 durch Kdimmd Bojauowsky in der Erz-
diözeM' ( iiK'sen-Posen gegrOndet, verfolgt, die Aufgabe. Mädchen zu
ländlichen Arbeiterinneu und Dienstboten herauzubilden und ihnen
überhaupt durch Wort und Beispiel Liebe zur Feldarbeit bei-
zubringen, kieiue Kinder zu bt waliren, sowie Wai.seu- und Kr.tnicen-
pflege zu üben. Die ( Jciinssensehafl vei lin itete sicii IhOÜ nach
Polen, 18()l nach Galizii n. 1870 nach Loiuluii. Iin Bistum Breslau
ward 18»)G die erste Kiedeiiussuug in l*()i-»'ml)a \u-\ Leschnitz ge-
gründet, das heutige Mutterhaus; im ganzen bestehL'ii gegenwüiüg
7 Niederlassungen mit ca. 60 Schwestern in dieser Diözese, darunter
die Idiotenanstalt in Lescbnitz. Die zahlreichen galizischen Nieder-
lassungen, sind 1890, jene in Gnesen-Posen 1897 selbständig gt3-
worden.
Die Schwestern von der göttlichen Vorsehung mit
dem Mutterhause zu Mainz wurden 1851 auf Anregung des
Bischofs Wilhelm Emmanuel Frhrn. yon Eetteler (gest 1877) zu
Fintben (daher auch »Finthener Schwestern*" genannt) gegründet.
Zweck der Qenossenscbaft ist die Erziehung und der Unterricht
der weiblichen Jugend, sowie die Krankenpflege. Durch den Kultur-
kampf in der Ausübung der Lehrthätigkeit behindert, befasst sich
die Kongregation seitdem bauptsftcblich mit der Krankenpflege in
Spitalern und in den Wohnungen der Kranken» ferner mit der
Leitung von Kleinkinder- und Arbeitsschulen >) etc. Qegenwfirtig
') Die Bchwflttern Athanaala undEusebia aus der Genoaaenachaft
der Schwestern voa der göttlichen Vorsehung in Mains verfusten daa fttr
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234 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Brziehungs- u. Schalgeech. VUL
zählt dieselbo mit Einschluss der in Amerika wirkenrlen Schwestern
ca. 600 Mit*i;lierlt'r. Unter dem ^Muttorliaiist' zu Maioz stehen
61 Tdehterhruisrr. wovon 50 im I^i.stiiia Mainz gelej^eu sind. Die
Srliweslern leiten 5 Spitäler. 47 Kleiükinderbewahnmstalten, 36 iü-
duslrieschulcD, 2 IlaushaltuDgsschulen, 3 Waisenhäuser, 1 Pfründner-
haus, 1 Armenhaus und 1 Dienstbotenheim.
Die Schwestern vom heiligen Geist, mit dem Mutter-
liaiise zu Coblenz (Marienhof), sind wie die eben genaonten Schul"
und Krankens( hwestern, versehen indes gleichfalls seit der Zeit
des Kulturkampls nur noch die Krankenpflege, ferner Waiseu-
anstalteu, Industrie-, Näh- und Bewahrschnlfn. Im Bistum Trier
bestellen 12 Niederlassungen dieser Frauen mit 78 Schwestern,
30 Novizinnen und 24 Postulantinnen, welche ausser der Kranken-
püege in Dudweiler ein Waisenhaus und eine Industrieschule, in
St Johann die Waisenpflege, in GQls, Illingen und Neuendorf
(Wallersbeim) je eine Nah- und Bewahmhtüe, in Trittenheim eine
Bewahrscbiile versehen.
Unterrieht, Erziehung und Kranicenpllege haben auch zum
Zwecke die Schwestern der christlichen Schulen von der
Barmberzigiceit mit dem Mutterhause zu HeUigenstadt (Diözese
Paderborn). Biese Genossenschaft wurde 1862 gegrOndet, indem
vier eichsfeldische Lehrerinnen Kleid und Begel der Schwestern
der christlichen Schulen von der Barmherzigkeit zu St. Sauveur-
le-Vicomte in der Normandie annahmen. In Deutschland bestehen
zur Zeit 20 Niederlassungen dieser Flauen in den Bistümern
Paderborn, HUnster, Trier (zu Marpingen), Limburg (zu Ems) u. s. w.;
die Zahl der Schwestern betrftgt 168. Ausser der ambulanten
Krankenpflege besorgen die Schwestern Handarbeitsunterricht,
KiiKlerbewahr- und Sonntagsschulen und tutbrn 5 höhere Mädchen-
schulen mit Pensionaten zu Kassel, Metz, Lippstadt, Ahaus und
HeUigenstadt,
Die Genossenschaft der Marienschwestern mit dem Mutter-
hause in Breslau (Oräupnerstr. 10). 1863 von Johannes Schneider
Kurat, spater Pfarrer von St. Matthias in Breslau, gest. 1876, aus
den I^f lt»^nnTien des von ihm errichteten St, Marienstifte? '^'ehildet,
verfitli:! als Zweck : die sittliche llrluiUL' w eibli«.-lier 1 Heiislboieu,
<lie Aiifn.ihioe und iieranhildiiiiL^ junircr Diciisinmdclieu sowie deren
Plazierung, die Pflege kranker und altersschwacher Dienstmädchen
Kindergarten und Kinderbcwabrschulen sehr brauchbare Werk: .XOtzUche
Be»«chnfti;2^iiniron fiir die Kii^inon, Vademecuin für Kleinkinderacbulen und
die Faiuilieu", li. Aufloj^e, Maiuz IbüQ. >
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17. Die gegenw. ia Geb. d. Dtach. Reich. thAtig. Franen-Genossenseh.
im Hause, ferner die Leitung toh HaueliaUuugs- und Arbeitesehulea
und Yon Eleinkinderbewabranslalten, endlich die ambulante Kranken-
pflege. Niederlassungen sind zu Breslau mit Hospital, Pensionat
für Haushaltungs- und Handarbeitsschnle und Spielschule, zu Berlin
(Melchiorstr. 31» Fehrbellinerstr. 98 und Lausitzerstr. 41), zu
Keukirch bei Breslau, Ratibor, Lindenau, Settendorf, Kunersdorf,
Heinriebau und Boanitz. Die Zahl der Schwestern betrftgt Aber 100.
Die Dienerinnen des hL Herzens Jesu mit dem Mutter-
hause zu Wien III. Landstr., Hauptstr. 137, 1873 von Viktor Braun
in Wien eingeführt, leiten in DeutsehUnd ein Kinderasyl in Efihr
a. d. Mosel (Diöz. Trier), eine Bewabranstalt in Lorchhausen a. Rh.
(DiOz. Limburg), und eine Bewabranstalt und Arbeitsschule in
KoiiigshUtte (Diöz. Breslau). Die Zahl der in Deutschland -wirkenden
Schwestern. ist 31, wälirend in Oesterreich 826 Schwestern io 13
Niederlassungen als Krankenpflegerinnen u. s. w. thätig sind.
Die jüngste der in Deutschland thätigen FraueiiLTt nossen-
schaften ist dir erst zu Ende des Jahres 1897 in Berlin ent-
standene der Karmeliterinnen, Dienerinnen vom göttlichen
Herzen Jesu. Zu dieser Zelt vereinigten sich die Pflegerinnen
des im Norden der Stadt (Paj)pelallee 110) für Aufnahme imd
Erzieiiiiiig armer Kinder gegründeten „St. Josephsheim, Heimat für
heimatlose Kinder" zu einer klösterlichen Genossenschaft, welche
bereits 50 ]\Iit'_;lieder zählt und ausser dem Il;iiii»ihaii.se /ii Hi rlin N.
mit 200 Kindern Anstalten zu Weisseusee imd S( h("»ueberg bei
Berlin für grössere Schulmädrlieii und zu Vechta im < ihh'iiluiiijischen
für grössere Knalieu, tenier zwei Filialen in Oevterreich ((iraupeii
und Teplitz in Böhiueuj besitzt. Zni^'leirh widun n sidi die Sfliwf>ieia
in Berlin der Leitung von Kindel hui ten, in <lenen Kindel' unter
6 Jahren und zwar solche aus den uuter?5leu Vulksklasseu von früh
bis abends, sowie schnlpllichtige Kinder während ihrer freien Zeit
angemessene Beschäftigung erhalten.
Das sind mehr als siebzig vprs( hiedent' Frauengenossen-
schaften, deren zahlreiche Mitglieder sich gegenwärtig im Gebiete
des Deutschen Reiches entweder ausschliesslich der Erziehung und
dem Unterrichte der Jugend widmen, oder wenigstens durch Leitung
von Waisen- und Rettungsaustalten, Ton Kleinkinderachulen, Arbeits-
schulen, Dienstmädchenheims u* s. w. an der Belehrung und £r^
Ziehung der deutschen Jugend nach Krftflen mitarbeiten. Wohl
Ifisst sich statistisch feststellen, wie viele Schulen und Anstalten
diese Ordensfrauen leiten, wie viele Kinder sie unterrichten und
erziehen; nicht aber Iflsst sich in Zahlen ausdrttclcen die riesige
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236 Mitteilungen d. Ges. f. deutsdie Brslehungs* u. Schulgeeeh. vm.
Summe Toa Mühe und Zeit, welche sie behufs ErreiGhung ihres
Zieles aufwenden, nicht die Zahl der Opfer, die sie in Ausfibung ihres
Berufes bringen, nicht auch die Erfolge selbst, welche sie auf
ihrem oft sehr schwierigen Arbeitefelde erringen. In einer Zeit,
in der Kinder und beranwacbsende Jugend so vielen und grossen
Gefahren ausgesetzt sind, ;ist die uneigennfiteige Thätigkeit der
deutschen Ordensftnuen hCchst anerkennenswert, und darum gewiss
der Wunsch berechtigt: MOge Deutschland niemals yergessen, was
es seinen Ordensfhiuen zu verdanken hat! M6ge aber auch der
Wirksamkeit der deutschen Ordensfrauen mit Gottes Gnade stets
reicher Erfolg zuteil werden!^)
Vgl im eiuzelueu Uber die hier aufgeführten Frauengeoosaen-
achaften die eitiecblaglgen Artikel des Kirchen lex ikon vonWetzer und
Welte, 2. Auflage, ferner daa Werk: Max Heimbucher, Die Orden und
Kongregationen der kaiholiwhen Kirche. SBftnde, Paderborn 1896 und 1807«
688 und 466 Seiten.
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18. Die Universität Paderborn. Erster Teil Von Joseph Freison. 237
18.
Die Universität Paderborn.
Erster Teil: Quellen und Abhandlungen von 1614—1808.
Von Joseph Freisen, Doktor der Theologie und beider Rechte. Ehren-
doktor des kan. Bechts der Jar. Fakidtät der Universitftt Budapest, Pro-
fessor des Kirehenreehts in Paderborn.
Mit den Beformbestrebnngen mr zweckmässigen Ansgestaltang der
Hochschulen, welche in weiteren «kadenischen Kreisen gegenw&rtis leb-
hafte Erörterung finden, liat sich die gelehrte Forschung seit Decciurfen
der Geschichte der Universitäten zugewendet und sich zur Aufgabe ge-
mncht, die frühere Gestnltunj^ noch bestehender Hochschulen nnd vcn\Th{er
Bildungsstätten urkuiulcnniassig ilarziistclleii. Es sei hier erinnert an
die Arbeiten vou l\ Heinrich Denifle, P. Ebrle, Horu, G. Kaufmann,
Paulsen u. s. w.
Eiue umlaugreiche Gcscbiclilc der früiiereii Universität Paderborn
bereitet der gelehrte Professor des Kirchenrechts Josef Freisen vor und
TerüffentUcht den ersten Teil seiner wertvollen Studien in dem vorliegenden
Bande, dm er den Titel „Quellen nnd Abhandlangen" gegeben hat, da
„er sich nicht damit begnOgte, blos die Quellen zum Abdruck zu bringen,
sondern dazu auch einleitende historische Briftuterungen** gefDgt hat (Vor>
wort S. IVj.
Seit Jahren schon sammelte der fleissige Gelehrte, seiner eigenen
Mitteilung nach, die Urkunden für Ausarbeitung einer Geseliichte der
Universitiit Pmlerborn. Er fand reich.' Ausbeute in der „Bibliotheca
Theodoriana" zu Paderborn, die ciue (grosse AuT^ah! von bischer unbe-
kannten Manuskripten aus der Zeit der irunercn Lniversität bewahrt,
ans denen sich eine Tollstaudige Geschichte dieses „studinra generale
herstellen Iftsst Aber auch bereits terOffentlichte Urkunden hat er in
reichlicher Anzahl aufgenommen. So ans „mehreren, wenn auch nicht
direkt mit der früheren Universitiit sich befassenden Schritten** des Ober-
lehrers nnd Bibliothekars der Theodoriauischen Bibliothek Richter tu
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288 Mitteilungeci iL Ges. f. deateehe Bndehiitigs- n. Schalgeseh. VIIL
Paderbora, f&r dessen frenndliche Unterstntzniig der Terfasser sich m be-
sonderem Danke veipflichtet füUt>)
Auch das innerhalb der MOP orschieaene Pachtler'sche Werk
•Ratio ötadiorum et Institationes ScholasUcae Socictatis Jesu*"'') hat
Freisen mit rückhaltloser Anerkciiimnor seines Wertes benutzt, die aaf die
frühere Universität Paderbuni bezUglicbeu Urkuadea aber bedeutend ver-
mehrt. (Rand IX, Vol. III, S 191 ff.
Drei Stiftangsin künden \^S. 1 — 12) der Padcrbürner Universität,
erOftien die Sammlung. Während seit der lütte des 13. Jahrbonderts Ütr
den rechtmflssigen Bestand einer Hoebschule entweder ein päpstlicher
oder ein Itaiserlieher oder landesherrlicher Stiftnngsbrief notwendig war,
warde die UniversitiU Paderborn, wie das sonst nur bei wenigen Hoch-
schalen der Fall war, durch drei Stiftangsurknnden ins Leben gerufen,
durch eine fflrstbisrhöflirhe, eine päpstliche und eine kaiserliche. In der
ersteren i^vom lu. Sept. 1614) logt der um das Schul- und Studienwesen in der
Paderbomer Diözese hochverdiente Fürstbischof Theodor von Fürstenbers:
die edlen Gründe dar, welche ihn bei seiner Stiftung leiletcu, wabteiid die
päpstliche (vom 2. April 1615) die Bestätigung der Stiftung Theodors als
UniTersitas atndii generalis unter Leitong des Paderbomer JesnitenkoUegiams
nnd Oberleitong des Ordensgenerals und die AuBstattnng mit Privilegien»
wie sie die bereits bestehenden TJniTersitMen besessen« ausdracktf die dritte
{▼om 14. Dezbr. 1G15) aber die kaiserliche Bestätigung onthült
Die allgemeinen „Statuten der UniversitiU" (S. 12—28). welche
nach dem Vorbilde anderer Universitäten entworfen wurden und eine rege
Korrespondenz mit anderen Uocli>rliulen verajilas«sten, werden nebst mehreren
Onginuiien dieser Korrespondenz zum Abdruck gebracht, ebenso wie
die besonderen „Statuten der philosophischen Fakultät",
die erst später ^ zwischen 1614—1630 — (S. 28—41) erlassen
Warden und die „Statuten der theologischen Fakultät* (S. 42 — ^72),
Ton welchen letzteren Freisen nur die ältere (erste) und die letite
Richter, Wilhelm, (^e-^ehichto dor Padorbomor .Tepiuiten. )892.
— . Studien und (^ueilea zur Padcrboroer Geschichte, 1093.
— , UandschriftenversfichnlB der Theodoriiinisehen Bibliothek su
Paderborn, 1896.
') Pachtler S. Jm Ratio Studiorum ot Inetilutiones schola^ticue Soci^tatie
Jesn per G<?nnaniam ».Um vi^^ ntes. CoUeetae. conciooatae, diiucidatae
4 starke Bünde. Monum. tierm. l'aed. II, V. IX, XVI.
„Die gonunnten vier Volumina bilden für sich eine abgeschlossene
AktonsammluDg Uber die Unterrichts- und Ersiehungemethode der Gesell-
scheft Jesu und sind ein Bhrendenkmnl für den Orden und die Kirche,
welcher or anjrehürt. Ursprünglich auf eochs V"lniniii;i beri elinet, wurde
die Arbeit äpaier auf 4 ein^'eschrJlnkt. T)io drei t i srcn sind von P. P.u htler
bearbeitet, das vierte ist nach seinem Todo von P. Duhr herausgegeben,
jedoch hatte letiterer an dem von Pachtler grOestenteils noch gesammelten
StoiF nur die letzte Redaktion su besorgen.* Freisen, Vorwort 8. 1 f.
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18. Die Uuiverbitat Paderborn. Erster Teil. Vou Joseph Freisen. 239
Rezension von 1C54 migleicli mit den vorbandeueu liandbemerkougeu
mitteilt.
Die augeschlosseiiea „Nachträge zu den Statuten- (S. 73 — 79)
«nUialten interessante Nacliricliten von den Privilegien der Univenitftt
DQlingen. Ton der Gerichtsbarkeit an der UniTersitSt Paderborn, von einer
Aberkenming des Doktorgrades n. s. w.
Aach von den näheren Beetimmnngen ttber die Promotionen,
welche in bereits abgedrnckten Quellen enthalten sind, werden „einige
besondere*^ mitgeteilt und von einer einleitenden Abhandlung tlber „Das
PmTnotionsrf'cht der T'nivcrsitfit'^ begleitet, in welcher der Verfasser
tiberzoiigend luicliweist, lUis.s dieses Proniotinnsrecht in beiden Fakiilt;\ten
der Philosophie und der Tiieoloiijie weder dureh ein bestimmtes Gesetz
ausdrücklich aufgehoben, noch durch die Umgestaltung der Universitüt in
die „Bischöfliche philosophisch-theologiscbo Lehraustalf^, noch durch Nicht*
ansflbnng verioren gegangen, sondern noch heute ein unantastbares Privi*
leginm der Paderborner Anstalt sei.
Die «die Scfaulgebrlvche der niederrheinischen Ordens*
provinz** (1701) betreffenden Satzungen (S. 89—95) sind entnommen den
Consuetudines Provinciae Rheni Inferioris Jnssn et Am Toritate Adroodum
Rdi Patris nostri Th\ rsi Gonzalez, von denen der Verfasser wegen des
Zweckes seiner Arbi it nur Ciipitel ' fi>e iis, quae ad Scholas referuntnr)
und 7 fDo Sodalitatibiis^ mitteilt. Auch die Bestimmungen Uber die
Paediigogia" d. i. Lnieinsclmleni, welcln' für Scliolaren, die mit uerinu'en
Keimtnissen in den Elementen der GrumnuUik auf die Universität kamen,
eingerichtet waren, werden S. 95 — ^99 wiedergegeben. Ton den Kalendarien
(Schulkalendem) der Paderborner Universität (S. 100—144) lässt der Ver-
fasser Tier ihm zn Gesicht gekommene wörtlich abdrucken, weil sie viel
Material zur genauen Würdigung der Tbatigkeit an der Universit&t
enthalten und darum ihre Kenntnis kulturhistorisches Interesse haben
dürfte, aus welchem Grunde auch die Xotae ad Calendnriam Si holasfi-
cum iH. 114— nTipepfhlosseii \verdi>n, die im Verein mit den Külcntlarien
ein penanes lüld von <lem inneren Leben der Padf»rborner UniviTsitiU
geben. „Die juinuliose Genauigkeit, mit der aucli das kJeiuste Vorkonunnis
geregelt war. verbinderte Willkflrregiment und konnte mancher BUdung:^-
Anstatt unserer Zeit zum nachzuahmenden Muster dienen." >)
Nachdem der Verfasser auf S. 167 — 171 eine genaue Beschreibung
der „drei Matrikelbflcher der Paderborner Universität'* (älteste
') Diese .Calendaria Scholastica" und ,Notae ad t ulendarium bcho-
lasticum" hat Freisen ula „zeiliger Dekan" dem , Verzeichnis der Vor-
lesungen, welche an der Bischöfl. philosophieeh -theologischen Lehranstnlt
au Paderborn wahrend dos Wiater-Semeaters !F9H !»9 gelialten werden" ala
dif«j?lhrltr^j^ Pro^rremm vfinltueken lassen, weil „die Keiintiiis derselben
auch für die heut4|j;eu Paderburuer akademiächeu Bürger eiu Iuterei»äe
haben dürfte."
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240 Alittcilvuigeu d. Gea. f. deutsche Erziehuiiga- u. Schulgesch. VIII.
Matrikel von 1G37— 1811. 2. Matrikel vou 1807—1840'), o. Matrikel von
1844 bis jetzt-) gegeben bat. entwirft er S. 172—185) in wenigen Zttgen von
dem „P ade rborn erStaden tenl eben'* ein Ideines, aber interessftntes Bild,
denen YervollständigQng nnr mOgUcb aein würde dnrch Herausgabe der Tage-
Ii ik Ii er der Stndienpriifckten, der jeweiligün Rektoren und der Annalen des
Kollegiums» wie solche bereits vom Oberlehrer Richtt^r dun h Veröffent-
lichnng ciii-'^ Ausznjres aus dem Tagebuche des Srnflicnpräfektcii
P. II. Hoxinix >. .1. begniiiieii wdnlcn sei"). Als Er^änzuiiir^ der Richtcr'si'hen
VerürtVntlichuiigea giebt der Verfasser neue andere Sdirifuiücke ähnlicher
Art, die einer späteren Zeit cutÄtaiiimen, aber bisher noch nicht veröffent-
licht wurden.
Es folgen sodann die Urkunden, wdcbe die Anfhebnng des Jesuiten-
ordens (1779) betreffen.
Der Verfasser giebt zugleich eine gedrtagta Gesciucbte der bexflg-
lichrn Verhandlungen, ilie flbrigens auf den Bestand cler ünivfrsität keinen
Eintiuss liatfon. „Es blieben nn dem riymimsium und der Universität die
bishonL:cii Professoren in Tiiätigkcit. Nach ihrem Aussterben wurden sie
ersetzt durch Weltj^tistlidie, welche aus dem am 29, Oktober 1777 in
Paderborn gcgrüiidctcu Tiiesterseminar hervorgingen."
Zum Schlüsse sind noch geschichtliche und urkundliche Mitteilungen
Ikbcr die Jesuiten^ oder UnirersitAtskirche (S. 221—226 and aber da»
rechtliche Schicksal des EijesaitenTennOg^ S. 226 — 246} gegeben.
IMe fieissige und gewissenhafte Sammlang der Quellen and die ein-
leitenden historischen Erläuterungen, die, in gedrängter Kürze verfasst,
eine tiefe und umfassende Grelehrsamkeit auf den Gebieton dos Erziehungs-,
Unterrichts, »ind Stiulienwesens, der Kulturgeschichte und d>-r ciyischla?:<'n-
di ii K' ciit.'-vi rhultiiisso verraten, verhcissoii riii wertvolles Werk, zu dessen
Vulieuduiii; dem hervorragenden Gelehrten Gesundheit and Kraft erhalten
bleiben möge. K. K.
') Von 1S07 ab wurden die TIio ologio^Studierenden nicht mehr in
die alte sondern in diese zweite Matrikel eing^otragen.
•) Die dritte Matrikn! wijrdr angelegt als an Stelle der alten Uni-
ver^itiit die pbiIo8ophi»ch-theoIogische Lehranstalt gegründet
wurde.
^ Richter, Wllh. Aus dem Tagebuch des Paderbomer Studienprftfeeten
P. H. Re.xing S. J. (1665 — 1CG7) in „Mitteilungen" herausgegeben von
Iv, Ke]irbai'!i. .Ihr;r. TV, S. 5!7 — 27n Auf d^n Wrrt der Tagebüchnr df^r
iStiidienprülekten am Paderbomer Jesuitennymnasien hat Kictuer hinge-
wiesen in seiner Abhandlung Uber , Paderbomer Jesuitendramen von 1592
bis 1770* »Mitteilungen- Jhrg. IV, S.S— 16.
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GeachBftlicher T«iL Pflnfte ordentliche titeneralveräammliuig. 241
Geschafdieher Teil
Fünfte ordentliche Generalversammlung der Gesellschaft
für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte.
Mittwoch, den 18. Mai, abends 6 Uhr im Konferenzsaale des
Kgl. WllhelmsOymnasiums in Berlin W.
Tageaordnung:
Bericht dea Prof. Dr. Karl KehrtMich Ober die Thatigkeit der Geeelleehaft
und ihre seit der letzten Gen^ralvereammluDg erschienenen Ver-
•jfrentlichungen.
Berich f dpa Schatzmeitsterö l'roi. ii. Keehüor.
Wühl dfü Kurutoriuuis auf die uächäten drei JuUrc.
Besehlumfassung Ober einen Antrag betrelTend die Subventionierung der
Veröffentlichungen der Getellschaft.
Herr Prof. Dr. Dörini? oröflFneto dieVersaminlungmit einer Begrllssnng
der lunvescndeu Mit^llrilor der (icsellschafl iiiul setzte die Gi*ünde aus-
einander, welch»' tlic l'"iribf'rufunir der filnltcn (i' li ral Vcr^^ainmluiig vcr-
zügertoii. Hierauf gidaclitc er in eiii^ ni kurzen >iut hruf der verstorbenen
VorslaiidsmitgUcdcr — des Propstes J alincl im i des Prof. l). Lo luuiatzscli
— m deren Ehrung sich die Anwesenden von ihren Sitzen erhoben.
Nachdem Prof. Dr. Döring znm Vorsitzenden der Versammlung gewählt
worden war, und das Vorstandsmitglied R. Aron die FQhmng des Protokolls
abemommen hatte* wurde dem ersten Schriftführer das Wort erteilt.
B«ridit de« eratan Schriftfflbreis FroH Dr« KelulHMli.
*
Meine Herren! Als ich anf der letzten GeneralTersammlnng Uber die
Honnmenta berichtete, konnte ich mitteilen, dass Ton deren Ausgabe der
15. Band erschienen und der 16. in Vorbereitung sei.
Band 15 ist der 3. Teil der von dem Obersten B. Puten unter-
nommenen Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Militärbildungs-
wesens in den Ländern flentscher Znnee und entli'iU die Geschiclif" der
östcrroirliischen Einrichtungen, deren Inlialt ich in den II luptzuLreu damals
charakterisiert habe. Das nnifaiigrciche Werk Poteiib ist itiiwischen nach
MIUeiluDgeo d. Ges. f. ütutsche KtziaU.- u. ächulf^tiachichte. VllI 2,3 l!^i«tS. |g
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242 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Endefaungs- tu Bchulgesch. Vin.
dem Encheinen des 17. und 18. Bandes znm Abseblnss gebracht worden,
nnd es stellt nnr noch der Naineii> und SichregtstertNuid ans, der den
reichen Stoff der 5B&nde unter Stichworte gegliedert gleichsam in kristalli-
sierter Form noch einmal darbieten wird.
Band 17 bringt die Geschichte des preussisclien Militfirbildinip*
Wesens. Der erste HohenzollernfQrst, wcIchtT die Notwendiglceit der
wissenschaftlichen Bildung der Offizirrc erkannte und bct<uitr>. war Allu oclit I.
der letzte Hochmeister dl"^ doiitsrbi-ii Ordens. Aber erst naeh einem Jahr-
hundert führten seine Aniichtcn zu oineni {praktischen Ergebnis, als
nämlich der grosse Kurftlrst im Jaiire liiöo durch Gründung der Ritter-
akademie zu Kolberg eine Anstalt sur Ausbildung seiner Offiziere ins
Leben rief. Poteu entwirft ein deutliches Bild der Terschiedenartlgen Be-
atrebongen anf dem Gebiete des Uilitftrbildnngswesens nnter den einzelnen
preussischen Königen und legt sodann den EntwicUongsgang der militärischen
Fachschulen fQr Artillerie, Ingenieure, Pioniere u. s. w. dar.
Obwohl die kriegswissenschaftliche Intti i-alur Preussens eine grosse
Aasdehnung angenommen hat, so ist doch das vorlicL'ende Werk das erste,
durch welrhr s eino. zusnmmenhäDgende Geschichte der preussischen Militär-
erziehung L;ef;eben wird.
l>pr uiniiittelbar folgende 18. Band behandelt in alphabetischer Reibeii-
folg>' <lie milituiischen Bilduagsbostrcbungen und -Anstalten in Sach.sen,
Schuumburg-Lippe, Schleswig-Hokteiu, in der Schweiz, dem Königreich
Westfalen und Wtirttemberg.
Sachsen besitzt In dem 1692 in Dresden begrflndeten Kadettenkorps
die ftlteste nnter den gegenwärtig in den Ländern deutscher Zunge
bestehenden militärischen Erziehungsanstalten.
Die Schaumburg-Lippische Anstalt auf dorn Wilhelmsteiu im Stein-
hader Meer bezeirhnct Puten als >dic ci.i;( iitlichc und ursprüngliche
Heimatst;ttte unserer Ofriziers-Uiitei rii litsunstalten.'* Zwei bcdentr-nde
Schüler dieser Ai)»t;ilt. Scharnhorst und sein Freund von Zcscliau, waicn
berufen, uu der Reform, jener des preussischen, dieser des sächsischen
MilitflrbilduDgswesens, hervorragenden Anteil zu nehmen.
Unbekannt dürfte woU den meisten sein, dass während der Erhebung
der Elbherzogtttmer die schleswig-holsteiniscbe Armee Anstalten hatte« in
denen Fahrer herangebildet wurden.
Konnte sich überall in diesem Bande wie in den Torhergehendea
die Darstellung auf bisher gamicht oder wenig bekanntem oder nicht be-
nutztem Aktcnmnterial aufbauen, sn vereasten diese wichtigen Hilfsmittel
bei dem Bericht Uber die Militarbildnngsunstaiten im ehemaligen Königreich
Westfalen (IbOb — T^IH) <j;mzlirh, da ilie hervorrapcnden Einrirhtungen
unter Jcröme zugleich mit den darauf bezüglichen Urkunden nach der
^edererrichtung des Kurfttratentums der Yemichtung anheimfielen.
Die Bedeutung eines Werke? ttber das gesamte militärische Er>
ziehnngs* nnd Unterrichtswesen in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz
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Oosch&ftiicher Teil. FUofte ordeotUcbe Geueralversammluog. 24S
1-eicht weit Uber die Grenzen des engeren Frt'Mi^obietes hinaus, da die
Erkenntnis eines wichtitrfin Faktors der staatlKhuii ]',iihvirklung vermittelt.
Dies trifft besonders auf die Gescbiciite des Miiuurbildangswesens in
Prenssen dass seine poMtische Grösse, hanptsftclilich der Tonsttglichen
Entielinng seines IditAn verdankt. Hoffentlich Verden nach der Poten'sehen
Aiheit die Historiker der Pädagogik diesen Teü der Erdebungsgesehichte
unseres Volkes nicht mehr mit StiUscbweigen Qhergehen.
Tollendet ist seit der letzten GeneralTenammlnng anch ein anderes
bedcntsames, aus 1 Bänden bestehendes Werk, die Ratio studionim et
institutionos sclidlastirac S Jesu, und zwar ist <k'r letzte Band, zu dem
das Manuskript bis auf wenige Zugaben noch von dem P. Pachtler her-
][jPSto11t >Ynr(Icii war, nach dessen Tode von P. Duhr ediert und mit einem
ausführlichen auf alle 4 Bände der Jesuitica sich erstreckenden Namen«
und Sachregister versehen worden.
Der Schlussband, der seit der letzten Generalversammlung erschienen
ist, enthftlt in Minem ersten Teile Terordnungen, Anw^angennndljektioiia-
plftne für das Gynnosion, bringt VorschriiFten Ober die ErUftrang der
Antoren, illr den Geschichtsnnterricht, ftr die Heranbildung Ton Lehrern
n. 8. w. nnd gew&brt interessante Einblicke in die Technik des Jesuiten*
untcrriclits. Der zweite Teil bringt Verfügungen Ober Convikte und
Seminare, der dritte Dokumente ZOT Vorgeschichte nnd AusfiAhmng der
1832 revidierten Studienordnung.
Die Fülle bisher unbekannt {rcbliebener Dokumente dieser 4 Bände
Jesuitiea war selbst den Angehörigen des Jesuitenordens überraschende
Hiprmit ist der Bericht über die seit der letzten Generalversammlung
herausgegebenen Mouumentabände zu Ende. Der nun folgende Band,
Band 19 wird die Fortsetzung der von Prof. Dr. Friedrich Schmidt in
München bearbeiteten Erziehungsgeschichte der Wittelsbacber enthalten
nnd zwar wird dieser zweite Teil, der bereits im Hannskript vorliegt, die
pfälzische Hanptlinie nebst deren Seitenlinien umfassen, wfthrend der erste
Teil (Eand 14 der Monnmenta) sidi anf die Mitglieder der bayrisehen
Wittelt-bacher beschränkt.
Wie bei der eben erwähnten Geschichte de? Militärbildnngswesens,
80 haiitlclt CS sie!) aneli bei den Arbeiten über Fürstenerziebun«? nni eine
Gruppe von Werken, deren Gegenstand bisher weder in der Geschichte
dos Erziehungä- und Unterrichtswesens noch in den DarsteUnugen
der politischen Geschichte diejenige Beachtung geftmden hat, die er
verdient
Was die Scbnlgeschiehte betrifft, so werden diese Arbeiten gerade
fSr ein Gebiet, an das wohl zunächst nicht gedacht wird, nene Gesichts-
punkte darbieten, nilinlich für die Erkenntnis der ünterrichtstechnik im
allgemeinen, weil in den Arrhiven und Bibliotheken der fürstlichen Familien
vielfach in (rro?srr An>wabl Srbnihcfte und Schulbücher aufbewahrt werden,
die sonst so selten erhalten geblieben sind.
16*
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244 Mitteilungen <L Oea. f. deutsehe Erdehun^- a. SchnlgeBch. VIII.
Bereite im Plane der Monnmenta Germsniae Paedagugica Tom Jahr6
1883 war auf die Notwendigktit der Herausgabe von Werken zärErziebungs*
gescbichte deutscher FOisten eiuecbliesslich der Habsburger hingewiesen
und dabei zugleich angegeben worden, welche Arbeiten schon in Angriff
genommen seien.
Leider ist bisher erst der eine Band Uber die Wittelsbacher herans-
fi^gob«-!! worden. Das cnf<=proplieii(lo Werk fibi r dio Ilolieiizollern aber,
dessen bnldices Erscheinen ;iuf der letzten (ieneralversanimlaog in Aus-
sicht gestellt wurde, hat auch l»is heute noch nicht veröffentlicht werden
können, da bei den Forschungen nach den bezüglichen Materialien immer
wieder Sparen bisher noch unbekannter blossgclegt wurden, denen der
Bearbeiter nachgehen musste.
Die Hoflhung, dass, nachdem Se. Maj. der König von Preussen im
fOrigen Jahre die allseitige Benutzung dieser arehiTaMschen Bestände ge-
stattet hatte, die Arbeit rascher gefördert werden wttrde, hat sich nicht
erfilllt; denn die Annahme, dass der Heransgeber des ersten Bandes Ütt
seine in den verschiedensten Bibliotheken und Archiven ]ioch anzustellen*
den Xai liforschungcn einen angemessenen ürlniib erhalten wflnle. ist be-
dauerlicher Weise nicht eingetroffen. Dalier kann das in den ^Mitteilungen"
(Jahrg. VII 189", Hft. IV; *{Otreb<"ne Vei-sprechen, in dip<?em Jahr den
ersten Band, der den Zeilraum vom Kurfürsten Friedrich I. bis zum
grossen Kurfarsten ausschliesslich umfasat, erscheinen zu lassen, nicht ein*
gelöst werden. • Indess hat Herr Prot Dr. Wagner, der Bearbeiter dieses
Teiles, Proben ans demselben abdrucken lassen, die hier zur Yerteilung
gelangen.
Zur Beantwortung der Frage, wie einzelne Fürsten und Fürstinnen
ans dem Hause HohenzoUern das geworden, als was sie im späteren Leben
auftraten, wird unsere Erziehnngsgcschichte wichtige Beitr?t'.xc liefern.
Weder in Rankes l"i BiKdifrü preussisrhcr Gescbichte noch in Droyscns
Gesrliichte ])rens<,ischer Poliiik i'nnlon sich irgenihvio befriedigende Nach-
richten über diese Punkte. Und wenn ja über die Erziehung einzelner
FOrsteu aus dem Hohenzollemhanse anderswo austtthriicfaer und gründlicher
berichtet wird, (so von Koser ttber Friedrich den Grossen) so handelt es
sich in solchen Fällen doch immer nur um die regierenden Forsten; von
deren Geschwistern, so bedeutende und einflussreiche Persönlichkeiten sich
auch darunter befinden, ist gar nicht oder wenig die Bede.
MerkwOrdigerweise hatte sich gerade beim Beginn der Arbeit, was
luer vielleicht erwilhnt zu werden verdient, eine Schwierigkeit eingestellt
auf einem Gebiete, bei dem man sie in solchem Umfange nicht erwartet
hatte, nämlich auf dem d' r Genealogie. Es musste hier auf breiter Gnmd-
lape eine durchaus neue Arbeit geschaffen werden, da die Stauimtafcl
deg Grafen Stillfricd nicht nur Ungenauigkeiten sondern auch Ltlckeu
aufweist.
Ton den flbrigen ftr die Honumenta Germaniae Pftdagogica unteiw
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GeMhlftlicher Teil. POnfte oidentUehe GendmWenamnilang. 245
nommeneii Arbeiten xtird wahnehciolich bis zar nächsten GeneralTeisamm-
long die Ausgabe der evangelischen Katechismiisversocbe vor
Luthers £nchiridion fertig gestellt sein.
Dieser Aufgabe hat sich, nachdem Prof. Dr. TCnwcran seine bereits
im Jahre IbH'? an,a:ef:ingcnen Forschunijen einstellen musste. dessi'n Srlniler,
der Pfarrer Gohrs, aiigenoramen, wie ich auf unserer letzten General-
versammlung mitteilte.
Die Srhwierii:l<( its ii, die sich im T/anfe der Arlu it ergeben haben
und die anfänglich viel geringer geschätzt wurden, machten sich zunächst
schon gdtend bei der Aufstellung der Liste der Eateehiemen, die für den
beabsichtigten Zweck in Frage kommen. Das Yenteiefanis* das ich im
Jahre 18S3 im Plane der Monumenta gab, ein Produkt jahrelanger Samm«
Inngen, ist, obwohl es bis dahin die vollständigsten Titel angaben der nach*
weisbar in Schulen benutzten Katechismen enthielt, inawischen noch ver-
mehrt worden. Das von Gohrs mit IliKc eiiiij^cr hervorragenden protestan-
tischen Kirrhenliistnriker hergestellte V 'rzeicJinis wird aber wahrscheinlich
noch maiielie Moilitii Ktiuiit u cdahren, zumal bei einigen Katechismen noch
nicht festgestellt werden konnte, ob sie wirklich als evangelische anzusehen
sind.
Die grOsste Schwierigkeit aber besteht darin, nachzuweisen, was für
unsere Zwecke das Wesentliche ist, ob, wo, wann, wielange und in
welcher Weise diese Katechismen im Unterricht benutzt worden sind.
Hier fliessen die Quellen, die Kunde geben könnten, noch viel zu spärlich.
Vormbaums Ausgabe der evangelischen Schulordnungen ist für t-ine
befriedigendp Erledigung dieser Frni^en Tiiizuroicheiul. Sie ist es anch fiir
die lutherisclieii und nachlutberischen Kateeliisiiien, wie übi rhaupt lür eine
höhen n Aiiiorderuugcn genügende Darstellung der Gcscliiohte des Lehr-
betriebs in den übrigen Unterrichtsfächern der evangelischen Schule.
Damit soll übrigens da^ Verdienst Vürmbauins, zuerst au die Sammlung
evangelischer Schulordnungen gedacht zu haben, nicht geschmälert werden.
Nur möge man nicht glauben, was Tormbanm ja auch selbst nicht geglaubt
hat, dass dnrch seine Ausgabe ein hinreichend plastisches Bild von der
Entwickluag der evangelischen Schule nach den verscUedenen Bichtungen
hlti gegeben worden, seine Arbeit also als abschliessend zu betrach*
ten sei
Man muss sich flbrrhrnijtf hiitni, die grossen oft durch ihren Inhalt
bestechenden Landsehulordiiungcii in Huer Trnc;weife /u iibersehiitzen,
denn es is-t erstaunlich, wie wenig vun den daria mthaltenen achunen
Gedanken und vorzüglichen Yorscbrilteii in die Praxis umgesetzt worden ist, was
sich aus den gleichzeitigen Yisitationsprotokollen, Stundenplänen u. s. w.
unzweideutig ergiebt.
Wo, wann, wie lange ein Schulbuch im Gebrauch gewesen ist,
kann nur aus dem Materiale zur Geschichte einzelner Schulen erkannt
werden. Kunde geben da nur Einzelschulordnungen, Stundenpläne, Vorreden
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246 MitteOnngwi d. Ges. f. deutsche Brziehungs- u. Schulgesch. VUL
der Sehnlbttclier und Yisit&üoiispTotokolle. Nur diese ermöf^ichen die sa
notwendige S«tistik und Topographie der Unterrichtsbüeher und berdchem
abrigens such in einselnen Fftllen das so wichtige, die Grundlage exakter
Porschung bildrndc bibliographische Material. Die Frage aber, in
welcher Weise die Büclici- im Uiitcrni ht benutzt worden siriil, wird zwar
auch ztim Teil durch die eben genannten Dokumente bt uitwortct wordea
können; weitere Ati<!bente geben aber hier auch noch Tagebücher, Briefe,
Abhandlungen zur Pädagogik n. s. w.
Da von diesen Materialien, die in Verkeunuog ihres Wertes mancher
als „Qiiisquilien'^ bezeichnen zu mttsseu glaubte, uoeh zu wenige au die
Oberfläche gehoben wordw sind, und also die hei verschiedenen Editionen
notwendige Beantwortung der eben angefahrten Fragen nicht möglich ist,
so sind eintelne für die nlfonumenta^ und fttr die „Texte und Forschun-
gen*' in Angriff genommene Weike nicht zum Abschluss gebracht worden,
so die Ausgabe der artes epistolandi. der artes vcrsificandi, der
grie rhisi hen, lateinischen und deutschen Grammatiken, der Lehr-
mittel ftlr ilen t'oogrnphis chen, philosophischen, mathematischeu
U. 8. w. Unterricht früherer Jalirliuiiderte.
Obwohl teilweise die Hernusireher bereits mühevolle Vorarbeiten er-
ledigt hatten, haben sif doch vorlautig den Abschluss der Arbeiten hinaus-
gesehobeu. Ja, auf die Veröffentlichung eines Werkes, dessen Li.iugriff-
nahme dem Terstorbenen Bpitta verdankt wird, die Ausgabe der Synopsis
musice s von Crttger, muaste verzichtet werden, weil die Arbeit ~ ehi
Zeugnis von grosser Akribie und Fachkenntnis — zwar die Stellung ab-
grenzte, die das bedeutsame Werk in der Geschichte der Musikwissen-
schaft eingenommen hat, nicht aber die pädagof»ische Bedeutung darlegen
konnte. Es niusste daher das von Spitta s S( hüler. Dr. Ochrmann, ge-
lieferte Mannskript /.urilckgcgeb<'ii werden, und die Khige, die bei der
Gründung der Gesellschaft für deutsehe Erzichnn;,'s- und Scliulgeöehichte
erhoben worden war, dass die geschichtliche Entwicklung des musikalischcu
Unterrichts bisher so gut wie unbekannt geblieben ist, — eine Tiiatsache,
die um so auffälliger ist, als sich mit der Herrschaft, die der Musikunter-
richt Jahrhunderte hindurch in den Schulen behauptet hat, höchstens das
Lateinisehe messen kamt — mnss von neuem erhoben werden.
Erfreulich ist, dass das im Jahre 1883 von dem Prof. Dr Horiwitz
begonnene Werk über Erasmus von Botterdam, welches nach dessen Tode
Prof. Dr. Karl ITartfrlder Übernommen und mit grossem Eifer gefördert
hatte, von Prof. Dr. (1. i-er vollendet wenlen wird. Das von Hurifelder
hinterlasseiie Manuskript bezeugt, in wie unifas'.onder Weise er den Plan
zu seinem Werke entworfen. Der Ausführung hallen weit ausgedeimte
Studienreisen, ein umfangreicher Briefwechsel mit Gelehrten aller Lftnder
gedient.
Es ist schon gesagt worden, dass von denjenigen Quellenmaterialien,
welche die Grundlage aller schulgeschichtlichen Forscbong bilden, nämlich
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Oetcblftlieber Teil. Fflnlk« ordoiaiche OennralveraainiBluiig. 247
den von uns kurzweg mit Scbolordnangen bezeichneten» erat ein kleiner
Bracht eil ans Licht eezncrf^n werden koniifo. An HcinOhunpen, diese un-
gemein wichtigen Arbeiten in Fiuss zu bringen und zu f udeni. hat ps seit
Bestehen der Gesellschaft und auch vor ihrer Gründung nicht gefehlt.
Bereits lange vor Erscheinen der Mon. hatte ich mit hervorragenden Ge-
lehrten tae fast allen iu Betracht kommenden Ländern zum Zwecke der
Inangriflhahme Boleher Arbeiten eingehende Yerbandlongen gepflogen»
welche in den meisten Ftilen mit bestimmten Vereinbarungen über das zn
verüffentliebende Material abschlössen.
80 hatten nach nnd nach die Yorarbeiten begtumen so der Ausgabe
der Schulordnungen Badens» der baltischen Provinzrii, Bayerns, der
Provinz Brandenburg, des Herzogtums Braunschweig, des Grossherzogtnme
Hessen, Niederösterreichs, des Grossherzorrtnm?; Oldcnburs;, Sachsens,
Siebenbürgens u. s. w. Bisher aber konnten nur die Si^hulordnuii^nm
von Braunschweig und Siebenbürgen herausgegeben werden. Denn die
übrigen unternommenen Arbeiten gerieten gleich in ihren Anfängen ins
Stocken» haaptsftchlicb weil die Herbeischaffang der m edierenden Stoffe
teils infolge der territorialen Tersebiebungen einsehier Staaten teils wegen
des schlechten Znstandes vieler Archive und Bibliotheken die Krftfte des
elnmlnen Forschers weit flberstieg. Wohl habe ich vielfach versnobt, hier
Erleichtcningcn zu schaffen, indem ich die bestehenden Vereinigungen fttr
historist'hc Fors(iiun*r mit Krfolfr um ihren Beistand bat, indem ich ferner
an vielen Orten dir AnretjunL,' gab, die bestehendiMi Archive und Biblio-
thi'kcn zu repertoriiieren und katalogisieren. Die Fortschritte, die hierdurch
geniaclit ^ worden sind, waren aber viel /u gering, um eine genügende
WeiterfQhruRg der Arbeiten gewährleisten zu können. Es drängte sich
vielmehr die Notwendigkeit anf, in den einseinen Ländern nnd Provinsen
unter Leitung einer Centralstelle systematisch die vorbereitenden
Arbeiten, vor allem die Sammlung nnd Sichtung der historisch-
pädagogischen Quellenstoffe zu besorgen» ta welchem Zwecke die schon
im Plane der G I' in Aussiebt genommenen territorialen Gruppen ge«
bildet wurden, deren jetzige Wirksamkeit ich noch besiu iM h( n werde.
Nun zu den „Mitteilungen" unserer Gesellschaft. Da die Mitti ihinpcn
allen Mitgliedern der (i «.'Seilschaft rrpclmSssig /UL^ hen, so kann ich darauf
verzichten, auf den Inhalt der seit der letzton (n nei nlversammlung er-
schienenen Hefte einzugchen. Nur soviel sei erwähnt, dash der Schwer-
punkt auf die VeHMIsntlichnng Usher unbekannter urknndlieher Materialien,
die sich aber das ganze Gebiet des Ersiehnngs-, Unterrichts- nnd Stndien-
wesen DentscUands, Oesterreichs und der Schweiz erstrecken» gelegt
worden ist. Auch die gegebenen zusammenfassenden Darstellungen stutzen
sich auf bisher unbekannte oder wenig zugängliche Urkunden.
Mit freudiger Genugthuung kann der Vorstand der Gesellschaft
Ihnen mitteilen, dass der bereits auf unserer dritten Gen* ralvcrsammlung
auf Antrag des inzwischen verstorbenen Prof. D. Lommatzsch gefasste Be-
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248 MittoUungen d. Ges. f. deutsche Eiriehungs- u. Sehulgesch. Vin.
scblnss, die irissenscbaftlichen Teröffentlichiingffli der Gesellseluift m er-
gänzen, endlich hat ausgeführt >Yerdcn können. Freilich hatten die damale
zur Vcrfttgang; gestellten Manaskripte schon anderweitig Yerwendang ge>
fanden.
Das erste Heft des unter dem Titel „Texte und Formell u n ireu'^
erscheinenden Unternehnjens, dus ein Zwischenglied zwischen den _Monu-
roenta Germauiae Paedagogica" und den „Mitteilungen'' bildet, isi iui
vorigeo Jahre ausgegeben worden und enth< eine Arheit Iber die latei-
nischen Schfllergesprftche der Hnmanisten von Dr. Börner, eine Edition,
deren Notwradigkeit bereits im Plane der Monumenta vom Jahre l{)8d
betont -worden >var. Der vorliegende erste Teil nmfittSt die Zeit YOn
1 1H> — l'yJO, vom Manuale scholarium bis Ilegendorffinus, und bringt wert*
volle Zusätze zur Bibliographie des Niavis, Brasmos, Mosellanus, Hegen*
dorffinus.
l>as zweite im Ttru k l . niullirlic Heft wird eine Arbeit über die
Anfilngc der Universität Frankfurt a. 0. und tiie Entwickeluug des
geistigen Lehens an der Hochschnle 1506—1540 von Prof. D. 0. Baach
in Breslau bringen.
Die ursprttngliche Absichtt mit diesem Beitrag eine neue Serie von
Yeröffentlichungep anter dem Titel «Beitr&ge zur Geschichte der
Triiversitäten in den L&ndern deutscher Zunge'' zu beginnen,
oder die Arbeit nebst «einigen anderen die UnivL-rsitätspe^rhiehte betreffen-
den Abhandlnn{?en für « in vom preussischcn KTiltiisniinisteriuni 'jcplnntf^s,
dem Hochscliulwesen gewidjnetcs riitci iH Innen, worüber ich in um iueia
Borirht auf der Dresdener Versanimluujs' dcutsrher Srhnlmäuner und
Philologen Angaben machte, zu verwenden, hat sich leider nicht* verwirk-
lichen lassen.
Zttm Schiasse komme ich auf das jflogste Unternehmen unserer
Gesellschaft »Das gesamte Erziehungs- und Unterrichtswesen in
den LAndern deutscher Zange^ zu sprechen.
Mit diesem bringt die Gesellschaft ihre Bestrebungen auf dem Ge-
biete der Bibliographie, der sie in Gemftssheit des Planes der Monumenta
in ihren sämtlichen VeröiTentlicluink'en die grOsste Pflege hat angedeiben
lassen, zu einem prewis^rn Abschluss und schafft zugleich ein Werk von
grosser alvtiiell( r iJcdeutung, wie es imeh Anlage und Umfang wohl noch
nirgend- \nrhandcn war und voiL unleii i>t.
Dasselbe bringt in Monatshefteti nach sachlichen rifsicht^rnnikien
pe(»rdnet in einer durch Inhaltsangaben erweiterten bibliugrajjbiM heu Form
die gesauile pädagogische Litterutur, welche innerhalb eines Jahres in
Deutschland, Oesterreich und der Schweis erscheint« einschliesslich der in
Zeitschriften niedergelegten Arbeiten und der behördlicben Verordnungen
zur Darstellung.
>yelchen fnifnng das Unternehmen angenommen hat, zeigt sich in
migenftUiger Weise an dem vor einiger Zeit vollendeten ersten Jahrgang,
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GesehllUicher Teil POnlte ordentliche OeDeralTersammlaiig. 249
in welohem mehr als 3000 BUolier, über 4500 Aufsätze and an 800 be-
hördliche Verordnungen voi^eführt werden.
Um die Aufsatzlitteratur möglichst vollst iindig zu verzeichnen, sind
mehr als 1100 Periodica durchforscht worden, von denen ca. Q'IO Aus-
beute lieferten.
Zur BcnrboituTi«: uml Dewjlti^'ung tlicses ülioran« grossen Materiah
ist ein Arl>oits;iii])arat aufgeboleii worden, von dem am besten einifre Zahlen
eine Vorstellang geben. Es wurden gebraucht [)00d Prospekte, iJL^'X)
Cirkularc und Bekanntmachungen, 67.50 Briefbogen, 1000 Mittdlnngen
(„Memoranden"). 15950 Postkarten, 29275 Converts, 1000 Fakturen,
7550 Aatograpbien, 68600 Zettel und Kärtchen als Schreibmaterial fttr
die redaktionellen Arbeiten (Titelkopien, Inhaltsangaben, Begister).
Solehe Anstrengungen haben den Erfolg gehabt, dass ein Nachschlage-
werk entstanden ist, welches uns die Kenntnis Ton allen Vorgängen und
Bewegungen auf dem weiten Gebiete des Erzichungs-, Unterrichts- und
Studienwesens, aucli den unbedrate:idstiii und iin^cheinbar-^ton vermittelt
und auch flher Teile des Onnzeii rasi her und sicherer orientiert als die
fttr jene vorhandene bibliographisLlie Littoratur.
Dienen dlo iiln iu'oii Vertitt'entiiclmiigen der Gesellschaft dei Erluiscliung
vergangener Zeiun, so versucht das in Rede stehende Unternehmen, iu
die IjCistungen luul Kestrcbungen der Gegenwart einzuführen.
Das Werk darf als finc Art von Verwirklicimng <les Pe^tiiln/zisclien
Satzes von der organisciieu Zusammengehörigkeit aller der Erzieäuug und
dem Unterrichte dienenden Veranstaltungen, gehen, als welche Theobald
Ziegler es in der Mflncbener allgemeinen Zeitung begrttsst hat.
Es bli'iht mir nun noch tlbrig. üb«_r die Thatigkeit der (fruppen
unserer Ge?^eil&chaU zu berichten. AVie bereits mehrfach auageführt, ver-
danken die Gruppen ihre Entstehung der Erwägung, doss es von einer
Oentralstelle aus unmöglich ist, eine ins Einzelne gehende Sammlung der
in Staats-, Gemeinde-, Kirchen- und Privat -Archiren und Bflchereien zer-
atrenten Materialien in erfolgreirhcr Weise durrlizufüliren. Die Gruppen
haben also die Aufgabe, innerhalb ihrer Territorien die Sammlung, Sich-
tnn'j und wissenscliafflit he Bearbeitung aller auf die Sciiulgeschichte eines
Landes oder einer l^rovinz bezüglichen Materialien vor/inieluncn. Erst
wenn möglichst viel davon an die (»berfirtehe gehoben ibt, kann ent-
hieden werden, was zur Veröffentlichung gelangen soll. Hierbei ist nun
die Mitwirkting der Centralslelle erforderlich. Denn da in Deutschland,
wie bekannt, viele territorriale Verschiebungen stattgefunden haben, so
kann es vorkommen, dass ein wichtiges Aktenstack zur Schulgeschiehte
von mehreren Gruppen zng^eidi als zu ihrem Arbeitsgebiet gehörig in
Anspruch genommen wird. Dieser Umstand macht es notwendig, dass von
der Centralstclle ein Vt rk« hr der Gruppen untereinander vermittelt wird
und dass das Gnippennetz über Deutschland, Oesterreich und der Schweiz
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250 Mitteiliingen d. Oe& t deota«he EEzifiliuog»- n. BchulgeBCh. Vin,
möglicbftt dicht geiogen wird. Dü Letztere ist, obwohl der Torstand es
an oft recht mühevollen Versuchen, die Lücken ansznftlUen, nicht hat
fehlen lassen, leider nicht durchweg gelungen and es sind der Gesellschaft
Enttäuschnn<7en auch da nicht erspart geblieben, wo man sie am aUer-
wenie'-tcii cnvartet hiltte.
liuies sind doch auch seit der letzten Generalversammlung einige
erfreuliclie Fortschritte zu verzeichnen. Es liaben sich zu dcu damuU
schon bestehenden Gruppen Anhalt, Baden, Brauuschweig, Grossherzogtum
Heesen, Oldenbnrg, Pommern, Rheinland, Schweiz, Westfalen, WOrttem«
berg die Gnippen Oesterreich, Hess en-Nassan-Waldeck und Bayern
gebildet. Wie Sie ans dem Verseichnis der Knratoriatmitglieder ertehra,
haben sich überall Männer in hervorragender Stellung bereit frcfiuiflen,
in den I)ien.-t der Sache zu treten. Fript überall wird eine rege Thätig-
keit entfiiltt t, die sich zunächst meist auf die grundlcf^enden Arbeiten,
nämlit h auf die Herstellung von Verzeichnissen und Bibliograjjhien erstreckt,
leider aber lifters wegen ^I:ingi ls an ficlfiniitirhi ins Stucken gpniten ist.
Bereits ist die lüieinland- Gruppe mit eiutm Verzeichnisse der iu Schul-
programmen niedergelegten hietorisch-pftdagogiscben LitteraUir, dessen
Verfasser die 6eh.-Reg.-Räte Dr. Deiters nnd Prof. Dr. Jorgen Bona
Meyer sind, an die Oeffentlichkeit getreten. Die Gruppe Westfhlen bat
eine Sanindung von urkundlichen Belegen fllr die Ezisteni von westfUischen
Schulen im frflhen Mittelalter herausgegeben.
Ausser den noch im Fluss befindlichen bibliographischen Vorarbeiten
haben einzelne Gruppen, um innerhalb ihres Landes das Interesse für
schnlpeschirhtliche Studien zu beleben, besondere Gruppenbefte ur^ter den
Mitteilungen verotfentliclit, so O- sti rreich und Bayern. Der Inhalt des
Bayernheftes umfasst einen Zeitraum vom 12. Jahrhundert bis zur Jetzt-
zeit. Die auf Anregung des kuuätsiiuiigen geisü. Rates und Prof. der
Theologie Dr. Josef Bach in München beigegebenen Abbildnngen ans dem
Lehrer- und Schfllerleben des Mittelaltere sollen wie die in den firaheren
Heften der „Mitteilungen'' dargebotenen Bilder benutzt wentai für einen
von der Gesellschaft herauszugebenden Atlas der Geschichte der Er-
Ziehung und des Unterrichts.
Im grossen 8fib> bat sich die Gruppe Oesterreich entwirkelt, die
narli ihrem letzten gedruckten Jahresberii htr in s,\TntHclien Kronlaudern,
auch liier und da mit Unterst rttztinij der Staat^belnirdt n, deren Vertreter
nicht selten der Gruppe aü^jchurcu, eine reiche rbatigkcit entfaltet.
Infolge der Subventionen Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich
und des unsere Bestrebungen so fördernden damaligen Eultusministera
Ton Gautzsch hat die österreichische Gruppe unter dem Titel ^Beitr&ge
zur östeireichischen Erziehungs- «ud Schulgeschichte** ein neues Untere
nehmen ins Leben rufen können. Das erste vorzOglidi »^{estattete Heft,
das dem Minister von Gant/sch gewidmet ist, enthält die von Professor
Joh. Schwartz verftuste Geschichte der Savoy'schen Ritterakademie in
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Geochlftlicher TeiL Fflafte ordentliche GeneralvenMnmluns. 251
Wien, einer hochbedeatenden Endehungsnostalt, die in den Jnbren von
1746—1778 bestanden bat.
Auch far die Ausgabe der Monnmcnta Germaniae Piiedagogica hatte
die Gruppe ein wichtiges Werk, nämlich die Coiistitutiuiies des Piariston-
ordens, die der Sektionsrat Dr. Karl Sclirauff in einem alten Codex nnf-
gefunden hatte, nnfremeldet. Da aber durch eine solche Veröffentlichuiii;?
ein deutürlies lüld von der wirklichen Ikschaffciiheit des Unterrichts und
der Erzicliung bei den riaristen ebenso wenig gegeben wird wie durcb die
grossen protestantischen Landesachnlordnungenvoa dem faktisehenBestanddea
Unterrichts nnd der Endehang in den protestantischen Lftndem, so bähen
wir die Anregnng gegeben, es wst mit der Darstellnng des Unterrichts-
betriebes in den zahln iclien Piaristensdinl«!, also mit IIer;in7.iehoii;j^ des
▼orber crwäbaten Quisquilieninaterials zu versuchen, übrigens auch zunächst
nach etwaigren andern RodakHonen der Piaristfnkonstitutionen Nach-
forschuDgeü anzubteileu, um Abweicliuiigon zu verzeichnen Bereits das
in Vorbereitnntf befindliche II Hell d* r österreichischen (iiuppe wird die
Geschichte des Piaristengymnasiums in liuru vom Liuuediktinerpater
Friedrich Endl briiigen.
Abweichend von dun ersten Arbeiten der Übrigen Gruppen ist die
Anfangsthätigkeit der Gruppe Pommern, die ein Yerzeichnis aller in den
Sehnten Pommerns sdt dem 15. Jahrhundert henntzten oder in den Offi-
zinen dieser Provins gedruckten Lehrbacher heraasgeben will und anch
schon eine Probe dngeschiekt hat Sie geht di^ei von der richtigen Vor-
aussetzung aus, dass diese BQclicr die besten Quellen sind für die Dar>
Stellung der geschichtlichen Entwicklung und Methodik aller Schulßrher.
Aber nicht nur das! Diese Schnlhücher — Fibeln, Lesebücher, Gramma-
tiken, Katei liisnien, llechen-, Liederbücher u. s. w. — , diese anspruchs-
losen Werke sind oft die einzige systematische geistige Nahrung grosser
Bevölkeruugsklussen durch Generationen hindurch gewesen. Leider sind
aber gerade diese wichtigen Üenkm&ler in den Bibliotheken nur spftriicb
aafonfinden, wie denn flberhanpt das Pädagogische in den grossen Biblio-
theken froher eine ungenagen^ Beachtung gefunden hat. Es wird daher
Ton Ihnen, hochverehrte Anwesende, sicher frt udig begrUsst werden» dasa
das preussische Kultusministerium beabsichtigt, eine Centralsammel-
stell'^ für alle Lehrbücher — allerdings mir des Imhenni rnferrichts-
we^i ii- — einznrirliteji. Es sollen vorerst alle Lulirbücher gesammfdt
Wtidcji, die jetzt im ücbrum he sind. Die Notwendigkeit einer solrhon
Sammelstelle ist vom pruktisclien Staudpunkte aus ohne weitere^ klar.
Diese Sammlung soll sodann mit ^ner Attskunftsstelle Terbunden werden,
die allen Behörden, Schnimftnnem« Überhaupt allen interessierten Kreisen
zuginglich gemacht werden wird, und man hofllt, dadurch wohlth&tigen
Emfloss auf den Modus der Einführung neuer Scfaulbttcber zu gewinnen!
denn da jedem dann Gelegenheit gegeben ist, eine zulängüche Yergleichung
nuter den Scbuibachem einer Gattung eintreten lassen su kOonen, so
1*
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252 Mitteilungen d. Ges. f. deutaehe Eralehungs* u. Schulgeach. Vm.
werden diejenigen, deren Stellang es mit sich bringt, die in den Schulen
za benutzenden Bacher zu empfehlen oder ihre EinfQhmng zu bestimmen,
dann sicherer davor geschützt werden, ungeeignete nilfsniitlti in die
Hände der Lehrer nnd Schüler zu legen, und sie somit bewahren, vor dem
80 hiiufig beklagten Wechsel der Schulbücher.
Zu diesem Vorteil, der bei der „SchulbucluMiiot" niclit iioch genug
arixuscblagen ist, kommt aber der weitere, das» diese Ccntralstclle
einen heilsamen Einflass ausüben muss auf die litterarische Prodiüftion
auf diesem Gebiete. Viele Erzeafprisse sind hier entstanden und entstehen
noch, weil die Verfasser ohne Kenntnis sind von dem, was auf diesem
Gebiete schon vorliegt. Koldewey hatte ganz recht, wenn er im ersten
Bande der M G P es aussprach, dass mancher pädagogische Ileros, der
heutzutage mit seiner Methode sich Im it mache, bescheidener nnftreten
würde, wenn er wfisste, dass das Produkt seines Scharfsinnes schon lange
Tor seiner (ieburt einmal eniacht, erprobt nnd — ver^'essen worden sei.
Viele Miiijgel in der Herstellung von Lehrbilclici ii sind nur zu erklrnen
aus dem Umstände, dass die Autoren die Entwicklung, die die Methodik
eines Faches genommen hat, nicht haben studieren können, dass also dann
^elfach naturgemäss die nötige Kontinuität fehlt
Es hofft darum das preussische Kultusministerium daittr sorgen zu
1(öunen, dass, sobald diu Gentraistelle eröffnet worden ist, sie nach rack*
wärts ergänzt wird, und dass ausser den Schultrilchem auch noch andere
Werke zur Didaktik des höheren Schulwesens eingcfagt werden.
Dass hierbei unsere Gruppen besonders bei den Erg;1nzunü:en nach
rückwärts die Bestrebungen «Ii = preussischen Kultusministeriums wirksam
unterstützen werden, ist selbstverständlich.
Von den in der ]'.i!'lnn;r lie'.rrt'fTeiien Grnppeti liat die Gruppe
Thüringen, dii' abweiclini l von d.M) libriL'' ii ^ii'li der eben begründeten
thünim'ischcü liiAtuiisehen Kommission angliedern ^oW, die meiste .Vn'^sirlit,
realisiert zu werden. Und auch die Vorarbeiten für die Einrichtung der
Gruppe llffecklenbnrg sind wieder tu Flnss gekommen.
Leider kann ich nicht die Mitteilung machen, die nach meinem Be-
richte auf der letzten Generalversammlung zu erwarten wäre, dass die so
hoffnungsvollen Vorbereitungen zur Hildiing einer Gruppe der katholischen
Ordensverlünclungcn zu einem Abschluss geführt haben.
Doch sind nnsen' .XnrecrnnTen in dieeon Krein^n niclit ohne Erfolg
geblieben und das n u h^te Iii It der Miitrilmiu» n wird nur Beiträge ent-
halten, die sich auf die /ielmngs- und SelnilLrcschichte katholischer
Ordensverbindungen beziehen und von Angehörigen dieser Orden bearbeitet
sind.
Wenn die Bestrebungen der Gesellschaft fflr deutsche Erziebungs-
und Scbulgcschicbte auch fernerhin von Segen begleitet, wenn die Zahl
der Mitarbeiter vergrössert, die an das Tageslicht gehobenen Dokumente
zahlreicher geworden sein werden, so wird zunächst die Gescbicbtaschrei-
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Geschäftlicher Teil. Fünfte ordentliche Generalversammlung. 2o6
bnng der Pädagogik davon Vorteil haben. Diese Geschichtsschreibung ist
jetzt vorzugsweise noch immer eine Geschichte der Pädagogik im cngereu
Sinne, der EniebmgswisseiHchaft» der pädagogischen Systeme^ und das
biographische Element friegt vor. Dass dnrch die Darstellung der Systeme
selbst derer, von denen eine lebendige Wirkung sich nachw«sen lisst«
Unterricht und Eniehnng; wie sie in gewissen Zcitrilumen und Ländern
thatsüchJich gewesen sind, nicht veranschaalicht werden können, ist ohne
weiteres klar.
Manches System h it von seiner abstrakten Höhe aus nun aber über-
haupt nur geringen Kiufluss auf die wirkliche Gestallung vun Er/iehunguud
Uuterricht gehabt. Es hat auch »Zeitrüume und weite Gebiete" gegeben^
in denen pädagogische Systeme gar nicht existiert haben. Trotsdem hat
es in diesen Perioden doch nicht an Grandsätzen gefehlt, nach denen Er-
ziehang und Unterricht eingerichtet waren. Aber anch da, wo von «mit
Bewttsstsein befolgten Grnndsfttzen nichts wahrzunehmen ist^, hat die Er>
Ziehung trotzdem „nach Sitte und Gewohnheit'^ ihren Einfluss auf das
heranwachsende Geschlecht aiiscrcübt uinl in dem deutschen Volke tiefe
Spuren ihrer Wirksamkeit liiiiterlassen und das Geistes- und Sct lenlebeu
breiter Schichten mehr beeiuüusst, als manche iu den Geschichtsbüchern
gepriesene Haupt- und Staatsaktion.
Alle dic&e Dukuüieate, die uns ein Bild von der faktisrlitu Erziehung
geben, zu sammeln und zu sichten, ist die Aafgabe nnserer Gesellschaft.
Kommen die Besultate dieser Forschungen zunächst der Geschichtssrhrei-
bnng der Pädagogik zu gnte, so können sie auch geeignet sein, wie be«
reits in früheren Berichten hervorgehoben ist, fruchtbar einzuwirken auf
die Praxis von Unterricht und Erziehung der Gegenwart.
Aber das Ist nicht ihr alleiniger Xut/en. Auch für die Erkenntnis
geschichtlicher Entwicldungsstufen auf anderen Gebieten, in der Politik,
in der Kunst, in der Lilteratur, in der T!iPolri'*ic, überhaupt in den ver-
schicdcnrii Fachwissenschaften werden sie wicliti^i Dienste loisteii und auch
der Kulturgeschichte im weitesten Umfange neue Kralle zulühren.
Wenn von der Geschirbtssclircibmig gefordert wird, dass sie uns
vorführe, wie das Volk in (iemüt, Lebensgewohnheit, in seiner Thätigkeit
gewesen, wie es sich gewandelt hat, und wie dadurch nicht nur sein
Staatswesen, sondern seine ganze Existenz fortgebildet wird, so hätte noch
hinzugefügt werden mttssen, dass eine Hauptwnrzet, aus der alles dieses
hervorgewachsen, Untenricht nnd Erziehung ist
Und wenn dem so ist, muss diese Tbatsache uns nicht, die wir jeder
an seinem Teile auf dem Gebiete des rnterricht» nnd der Erzlolning ar-
beiten, mit Begeisterung erfüllen? Und keiner von uns wird zweifeln, dass
das Wort Goethes üher die C< schirlitc im nllgCT?^eincn erst recht auf die
Geschichte der Er/.ieliuiig und de» Lnteriichls im besonderen pn^st, das
Wort, dass es das Beste au der Geschichte sei, dass sie Enthusiasmus
erwecke.
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254 Mitteilungen d. G«». f. deutBche Entehnngs« u. SchulgMch. VID.
Beriet dM Sohatimalster«. BatoUnasfiMtiiiig Hb» den Antnc
betr. SnbTentloiifwQiig dar VeröfftntUidrangeD der Qeeelle<diaft.
Wehl des Kantotinme.
Der Schetxmcister Prof. H. Fe ebner gab bieranf eine Uebersicht
Uber die finanzielle Lage der Gesellschaft, welche eine zofriedenstellende
ist'). Um die MitgUederzahl der Gesellschaft nodi mehr zu hefa^ scblng
er im Anschluss :in seinen kurzen Kassenbericht vor, ein sogenanntes
Wcrbcheft herauszugeben, wornns ?irh nurh Ferner«tehende iibor dir Be-
strebungen unserer Gebellschalt U-icht uuterriehteu konnten. Kbi-nso
seien Reproduktionen seltener und wertvoller ächulbiicher als Bcigabea
f&r die , Mitteilungen^ zu empfehlen.
Nunmehr erbftlt Prof. Dr. B. Schwalbe das Wort ntr Begrfindung
seines Antrages, bei der Beichsregiemng om eine SabTentioniemng enserer
Yeröffentlichnngen einiakommen. Er legte kvrz die hervom^nde Be-
deutung der wissenschaftlichen Unternehmungen der Gesellschaft dar tmd
setzte auseinander, warum die Foiiführun? derselben die Kräfte eines
einzelnen und auch die der Gesellscliat't bei weitem überstei.Lic und nur durch
regelmässige staatliclie Zuschü^jse gewährleistet werden könne. Die vom
preussischen Kultusministerium cimalig in datikuji^werter Weise zur
Verfügung gestellten Mittel hätten bei dem Umfange des Unternehmens,
das sich Aber sftmtlicbe deutsche Länder erstreckte, nicht aasgereicht
Die Organisation der Gesellschaft und der Charakter ihrer vissenscbaft-
lichen Forschnngen mache es dnrchaos notwendig, dass ?on Reichswegen
die Subventionsfrage geregelt werde.
Die Ton Schwalbe im Anschluss an seine AusfQhmDgen gestellten
Anträge :
1. beim preussischen Kultusministerium die Subventionioruug der Ver-
öticntlicliuhgen der Gesellschaft von neuem zu beantragen,
2. bei den Reichsbehörden diejenigen Schritte zu thun, die erforderlich
sind, nm die „Monumenta Germaniae Paedagogica^ die „Texte
nnd Forschungen'^ und das „Gesamte Etziehnngs- und üntemchts-
wesen in den Ländern deutscher Zunge** lebenskräftig zu erhalten^,
wurden von der Yersammlnng einstimmig angenommen.
Hierauf wurde zur Wahl des Kuratoriums geschritten. Die
Namen der zur Wahl YnrgOKrli]njf»enen befanden sich auf einer Liste, die
in je einem Exemplar den Anw« senden vorgelegt wurde. Di«' V\ .\h\ er-
folgte durch .(Vkklamatiou. Herr Geh. Ober-lieg.-Rat Dr. Lucanus sciüug
Bine zitl'ernmasäig genaue Aufstellung fiber Einnahmen und Aus-
gaben, sow!(^ Uber den Mitgliederbestand soll nach dem Jahreaabechlass
gegeben werden.
*) Diu „.Milleilungeu" wurdtMj nicht iii den Antrag einbezogen, weil
angenommen wurde, daas auch in Zukunft die durch sie verurBachten
Kosten durch Mitgliederbeiträge gedeckt werden.
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Geschäftlicher Teil. PQnfte ordentliche Geueralversammlung. 255
vor, den Gruppcuvorstüiiden die Cooption weiterer, nicUt auf der Liste ver-
micbneter Mitglieder zu tberlassen.
Am Schlosse der Sitznng hob Herr Prof. Dr. Kttbler, der Direktor
des Wilhelms •Gymnasiiinis, in dess^ Bäumen die Yersaramlnng tagte
unter dem Beifall der Anwesenden die Verdienste henror» die sich Herr
Prof. Dr. Kehrbach um die Bestrebungen der Gesellschaft erworben hal.
Ifachtleiii Horm Prof. Dr. Kflblcr von dem Yursitzendon fflr die ausge*
wirkte Erlaubnis, dtn Konferenzsaal des Williclnis- Gymnasiums für die
Abhaltunicr der General versaniinlung benutzen zu dürfen, gedankt wordeu
war, wurde die Versammlung um acht Uhr geschlossen.
Sitnmg das Kamtoitiimfl.
In nnmittelbaren Anschlnts an die Generalversammlung fand eine
Sitzung des Kuratoiinms statt, in der satznngsgemlss die Neuwahl des
Vorstandes, des Redaktions- und Finanz- Ausschusses vorgenommen wurde,
lieber das Ergebnis der Wahl unterrichtet das Verzeichnis der Knratorial-
mitglieder. S. S. 25ü.
Fflr den Schriftfabrer
I.A.
B. Aron.
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256 Miiteilungen d. Hea. t. deutsche Erziehung»- u. Scbulgesch. VIII.
Das Kuratorium
der Gesellschaft lür deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte.
Der Vorstand.
Erftter Vorsitzender: Geh. Reg.*Rat Dr. W. Mneh, o. Hon.-Prof. Berlio;
zweiter Vorsitzender: Dr. Prhr. v. Kerding, Kammer«r u. Roicfawat der Krone
Bayerne, o. ö. Pf.fossor, Reichstagsabgeordooter, Mfinehen; erster iSeliritt-
fülircr: Vv"<'. I'' K. Kehrbach, Borliii-Cliurlotti'nburg:; zweiter Pchrittf iilii er-
I'ruf. Dr. Oormg, iiyiunuöialdü-ekt. a. D. u. Privatduz. a. d. Uuivers., Gross-
Liehterfelde; Schatzmeister! Prof. H. Fechner, Berlin.
Kedaktions-Ausschuss.
Gell. Re;,-.-P;it Prof, Itr. W. Dilthey. Mii-I. d. Ak.id. d Wis.sensch.. Berlin;
Dr. L. H. Fischer, Stadt- und Krci^sfc■cimlin^]M■kt(M . I^d lia-Wilmersd'irt,; I*rof.
Dr. K. Kchrbach, Berlin - auulutteubury:; C. Neuber, i'^üratbischöfl. Delegat
und Propst bei St. Hedwig, Berlin; Prof. Dr. B. Schwalbe, Direktor des
Dorotheenstadtischen Reulgymnasiuios, Berlin.
i'inauz -Aussciiusü.
Verleger der Mon. Germ. Paod.j Prof. H. Fechner, Berliu; Dr. Lassen,
0. Hon.- Professor, Priedemu: R. Aren, Btndti«cher Lehrer, Berlin,
Gruppe Anhalt.
Kurntorium.
Pa>tor Becker, Kreisschuliti.«ijektor in Lindau bei Zerbst; Prot. Blume»
Direktor des herzogl. LauUes-Seiuiuarä iu Cutheu; Prot. Dr. Franke, Ober-
lehrer am herzogl. FranciBcanuni in Zerbst; Prof. Dr. Hachtmann, Uymuuaial-
dlrektor in Bernburg; Dr. Hellwig, Direktor der herzogl. Priedrichs-Real-
schule in Cüilion: Kahle, Seminar-Oberlehrer in Cöthen: l'rot. Kindscher,
(leh. Archivrat in Zeiii?t; Prof. Dr. Krüger, Oberfi hultat in P" - ni; Rümelin,
(ieh. Ober keg.-Rat in Dessau: Rektor Sturm in Dessau; h'i ktf>r Weile i ' Him-
burg; Dr. Wickenhagen, Direktor der herzogl. Antoinetteaselude ia Dessau.
Omppe Baden.
Kuratorium.
Dr M. Bassermann, Prof .1. d. l'niv. in Heidnllierp: Dr. L. Gerwig,
Rektor in K u Ui uln- : P. Habirtgsreither, S. ininardirokt. in i'ttliügen; E. Keller^
Prof. u. Direkt, d. hOiiereu .Mädchenschule in Freiburg i. iir. ; Dr. Fr. J. Knecht,
Kapitelvenveser in Preiburg L Br.; Lender, Dekan u. Reiehstagsabg. in
Sasboch bei Achem; Dr. E. v. Saltwftrk, Geb. Oberhofrot In Karleruhe;
6. Specht, Stadtschulrat in Karlsruhe; Dr. A. Thorbecke, Direkt, der höh.
MadehenBi hule u. Doz. 11. d. Univ. in Heidelberg; Dr. G. Uhlig, Geh. UoÜrat,
Gyiuuasialdirekt. u. Prof. an der UnlverHität ia Heidelberg.
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GeBcb&l'tlicher Teil. Verzeicfajiis der Kuratorialoiitglieder. 257
Gruppe Bayern.
Kuratorium.
Sf^minarinspektor inKaiaerslautor» u.Landta^faubgeordiK tcr Tr. Andreae;
Oberetudienrat Dr. Arnold in München: Univ.-Prof. u. geiail. Kat l>r. Bach
in München (2. Z. I. Vorsitzender); Reullebrcr J. Beer in München; Regie«
rim^srat im Kultaimiiiisteritim J. Blaut in München; Müiistorialrat Dr. Bymm
in München; P. A. Eberl. Provinzialarchivar in TOricheim; KreiMChul-
u:.>-|n'ktor Erbshäuser in Wiirzburg; Gyinn.-Kektor Dr. Gerstenecker in Rpjrons-
bur^'. Prof der tnclin. HochHcbiile und Laiidta^i^.s.ib^'oordneter Dr. Günther
in Müuciten {i. Z. II. Vorsitzender); Lehrer und 1. Vorsitzender des kathol.
LehrervereinB Fr. J. KtterleiN In Alttnchen; Gymnatiallehrer Dr. Kaall in
Manchen (>. Z. Kusierar): Gymn. Prot Dr. Krallinger in München (z. Z.
SVhriftführer); Direktor der k. Hof- und Staatsbibliothek Dr. Georg von
Laubmann in München; Oberbibliothekar Dr. Leitschuh in I5;unberg; Real-
äciiuliukt. a.D. J. N. Marschall in München; Rektor der Kgl. Ludwigs-Kreia-
Bealaehule In Manchen Dr. Miller; Geh. Rat und 0niv.-Prof. Dr. J. ven Miller
in Mönchen (s. Z. Bfarenvoraitaender); Gymn.'Rektor, Mitglied dea oberaten
Schulrates und LancHa^^aabgeordnetcr Dr. Öfterer in Eichstätt; P. Magaua
Sattler, Prior des Benediktincrkloattirri Andeclis; Oberrofripnmgarat im
Kultusministerium A. Schätz iu MUuclien; Dr. Schmidt, Gymn. -Rektor in
Ludwigshafcu a. Rh.; Oberlehrer, I. Vorstand dea bayer. Volksachullehrer-
verelna u. Landtagaabgeordneter I. B. Sehuberl in Augaburg; Domkapitular
und geistl. Rat Dr. Bpaebt in Manchen; üniv -Prof. Dr. Stölzle in Würzbur^^
Rektor do« Realgymnasium^ in Nfh fil f-rg Dr. Vogt; Gymn.-Rek(or u. Mitglied
dea obertitea iSchulratea Dr. Weckiein iu München.
Gruppe BraunBohwelg.
Kuratorium.
Geh. Hofrat Prof. Dr. W. Blaalua in Braunachweig; Seminarlehror
Baaae in Braunachweig; Freiherr v. Cramm-Burgdorf, Wirld. Geh. Rat und
Herzogl. Brauuschw. G<'~rn ft< r in Berlin; Schulrat Prof. Dauber, fiyinnasiul-
direktor in Braunachweig, A. Fricke, Lehrer a. d. städtischen h(>Iiorou
Madcheiiacbule in Braunschweig u. Vorsitzender dea Braunachweig. Landes-
Lehrervereina; Sehulrat Prof. D. Dr. Koldewey, Gymnaaialdireictor in Braun-
schweig; Sohuldirigent Lic. theol. Dr. Kaldeway in Bad Uarzburg; Kon«
aiötorialrat Schütte in WoUonbOttpl; Prof. Dr Tachati Diroktoi dfi SaniaoU'
achule in WoltenbtttteL Archivrat Dr. Zimmermann iu WolfenbüttoL
Gruppe Orosshersogtum Hessen.
Kuratorium.
Dr. Deltweilar, Oberachulrat in Dannstadt; Dr. Elaenhulii, Geh. Obir.
schulrat in Darnistadt; 0. Habicht. PrHlat und Obcrkonsistorialrat in Darm-
stadt; Nodnagel, Direktor «b's Nourn Gymnasiums. Darmsf ruit : Dr Schiller
(jeh. Oborsohtilrat n. l'r >' 1 «i Univ. (licsfpn: !>r. Schön. i>irekt dea RoaU
gyninasiunts iu Mainz, ü. Stitiiim. Gymuasialprol". in Glessen.
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2&8 Mittalimgen d.GeB. f. deutsche Bnieliaiige- 11. Schalgeaeh. VIII.
Gruppe HeBsen-Nasaau-Waldeok.
Kuratorium.
Miekw, OberbOrgemeleter vom Frenkflst «. Jbin; Dr. MrimM,
Direktorder Realschule der isr. Gemeinde (Philanthropin) in Frankfurt a. M.:
W. Bornmann, Stadtaclnilrat in Caseol; Dr. Brunner. ]5ibHüthükar. Vorsit/onder
des Vereins für Ii ose. Geschichte uud Landeskunde in Cassel; Dr. Ebersbach,
Schulrat u. Professor, DirekUnr des Beelprogynuiasiuina in Arolsen; FrÜling,
Professor, Vorsitiender des Vereins fOr Geschichte und AUertumskande in
Homburg v. d. Höhe: Dr. Knabe, Hoalschuldirektor in Marburg u. Liahn;. LstS,
Seminardirektor in Dillenburg; Mascher, Oberlehrer am I'eMl^'ymnasium in
WiosbadiMi; Dr. Pähler, Frov.-Schulrat in Cassel: Dr. Pa?i!u^ (^v uin -Direktor
in \Veilburg; Dr. Prager, Landrabbincr in Cui^^ul, Dr. Proescholüt, ioblituis-
Vorsteher in Priedricbedorf (Tnnnns); I. IUm, I. Vorsitaender des i^^kfartor
Lehrerveretns io Frankfurt; Dr. I. Roedigerr Dir. der Univ.-Bibliothek in
Marburg; von Saldem, iieli. Regierungsrut, Landesdirektor der F) rNt- ii-
tUmer Waldeek und Pyrmont in Arolsen; Stoff, D(H'h:u!! in Cassel; Walter,
Direktor dar Muaterachule in Frankfurt a. M.; Dr. Widmann, Direktor des
Realprogymuasiams in Oberiahnstein.
Gruppe Oesterreich.
Kuratorium.
Dr. Egger v. Möllwald, k. k. iicgierungsrat, Wien; F. Grassauer, k. k.
Rogierungsrat, Direktor der Unlv.'Bibl., Wien; Otto firitinberger, P., Chor>
lierr des Cistereienserstütesv Wilheriog (O.-O.); Arlliur Gsldmann, Dr., k. u. k.
Hof- Conoipiät im Haus-, Hof- u. Staatsarchiv, Wien; Heinrich Grünbeck,
Hochwürdeii, Abt des Ciatercienserklosters Heiligenkreuz iX.-Ö.); Wilh.
von Härtel, k. k. Geh. Hat, Exe, Sektionschef im Ünt.-Minist.. VVi. n; Prt)f.
Emanuel Hannak, Dr., Direktor des Pädagogiums, Wien; J. Huemer, Dr., k. k.
Landessehulinspektor, Wien; Cleness Jmslacbsk, F., Btifisarchivar, Wien;
Maurus Kinter, P., Kapitular u. fQratbischötl. geiatl. Rat im Benedikttnerstift
Kaigeru; Leopold Lampel, Landesr^cliulinspektor in Graz; J. Loos, Dr., k. k.
üymnasialdirektor, Wien; Georg Loesche, Dr.. Prof an der CNatm- thfol.
Fakultät, Wien; Anton Mayer, Dr., u.-ö. Luude.sttrehivur. Wien; Hugo Pauli
(Gerold'sche Buchhandlung), Wien; Laurenz PHHI, k. k. Oyouasialprofessor,
Lins a. D.; A. ROsler, Dr., Priester der 8. 8. Rsdemptorjaten-Congregation
in Mautcrn (Obersteiermark); Andreas Rungger, k. k. Schulrat in Wien; Karl
Schrauf, Dr., k. u. k. Sektionsrat, Üniv.-Archivar, Wien; Karl Wolke D , k. k.
Gymnasialprofesaor Wien; Heisrich Ritter von Zeissberg, Dr. k. u. k. üofrat,
Direktor der HofUbliothek, Wien.
Gruppe Oldenburg.
Kuratorium.
BBeUng, Hauptiehrer in Oldenburg; Künoldt, Schulrat, ScMuinardirektor
in Oldenburg; Prot Dr. Menge, Oberschulrat in Oldenburg; Dr. Meten,
Oberblbliothekar in Oldenburg; Umbacb, Seminardirektor in Vechta;
Dr. Mfennemer, üeh. Oberschulrat a. D. in Vechta.
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GMIilftlieliar T«iL Vtrieichola d«r KuntorUliuitglieder. 259
Gruppe rommem.
K u r u l u l i um.
Bethe, Geh. Hcgierungsral, Sietüu; Geh. Archivrat Dr. v. Bülow, Sta&ts-
archivar, Stettin; Prof. Dr. fiilberl, Direktor der Kgl. UnivereitAteUbliothek,
Groirgwal«*; Graul, Rektor dor BQllfer« n. VoUcMChalcn, Greifswald; Geh.
K't'^forimgBrat Haken, OborMir^^rormoister, Stettin; Prof. Lemckc, Dircl tor
li. J>tadtgymn., Stettin; Dr. Peppmülier. Direktor d. Gymnasiums, Stralsund;
Superintendent Petrich, Kreisschuliaspektor, Gartz a. 0.; Dr. Reifferacbeid,
Geh. Reg.-Hat, ProfiBflaor der deatichen Philologie, Greillswald-, Dr. Rohiti
Dirclctor der Landidrteebaftstchttle, Rldeiift; Dr. SchCM» Direktor der
Kaise rin .\ii<;u=ite Victoria-Schule, Greifiwald; Dr. SchUrmann, Direktor des
Schuilchrerseminai 8, I*ölit«; Dr. Stengel, Prof, d. roman. I'hiloldL-io Hreifs-
wald; Pro£ Dr. Thümen, Direktor des Realgymu., Stralsuitd, Materstraat,
Rektor, Stettin; Dr. M. Wehnnmn, Gyron.-Oberlehrer, Stettin; 0. Woltertdorf,
Paator, Chreiftwald.
Orappe Rheinland.
Kuratorlttm.
Heigeordncter und Stadtschulrat Dr. Boodstein, Elberfeld; Geheimrat
Prnvinzial Schulrat Dr. Deiters, K(ibloni; Stadt- Archivar Pmf. Dr. Hansen,
Köln; Kgl. Baurat Prof. Dr. Friedrich Heinzerling, Geb. Uegierungsrat, Aachen;
Gymnaelal-Dlrektor Dr. Osltar Jäger, Ktdn ; Gymn.-Direktor Dr. Adolf Kleine,
Wesel; Oberborgermeister Lehr, Dniebiuig; Wllhslm Ucliirtlb, Plkrrer In
Wahlfeucht; Provinsialachnlrat Dr. Matthias, KoMon/.; Domprobat Dr.
Scheuffgen i'-i -r; Kpalgymnasial-Direktor Dr. $leinbtrt, Dnlsbiuv; Super*
intendent Hugo Stursberg, Boan.
Grqppe Schweis.
Kuratorium.
Prorckt. Dr. J. Brunner, Prüs., Küanach - Zürich; Prof. Dr. U. Ernst,
Aktuar, Zlirii h: R<'kt. Dr. Hans Wirz, Zürich; I'rt t y>r. 0. Hunziker, Znllikon-
Ztlrich; Prof. Dr. G. Büeler. Fraur'iUi'lil ; Fr. ZoUinger, Schuisokretür, Züricli.
Dem Vuratandti schiiessen sich an: Prof. Dr. E. Blöscli, Oberbibiioth., Bern;
Dr. Burkiiardt>Biedeniiam, Basel; Dr. Hermann Escher, BibUoth., ZOridi; Dr.
Hans Herxsg, Staatiarchlvar, Aarau; Fn. Xaver Kunz» Seninardirektor,
Hitzkirch.
Gruppe Thüringen.
Kuratorium.
A. Auerbach, Hurgerschulli'hrer iu (leru; M. Berbig. S<>niiii;irli hi>T in
Gotha; Dr. Böhme, Gymnaeial-Überlehrer iu Schleiz; Dr. Burger, Gvnumbiul-
Oberlehrer In Elsenberg; Dr. BQbIring, Oberlehrer in Arnstadt; Dr. BurkhiriH,
Geh. Hofrut n. Archivdirektor in Weimar; Dr. Debeasckeff (lymnasiallehrer
io Jena; Dr. Döbner. Schuldirektor in Meininj^en; Prof. Dr. Eucken, Geh.
Hofrat in Jena; Dr. Ehwald, «lymnaBial-Professor in (totha. Tioi. K. Frieser.
Olierlohror an dor i^i-aUschule iu Soniieberg; Dr. Jost, Direktor in Altcnburg;
Prof. Dr. KQhn iu Eisonach; Dr. Mentz, Privatdoient in Jena; Dr. Proksch,
Sehulrat und Gymnasial Direktor in Altcnburg: Dr. W. Rein, UniversiUlt»-
Profosaor in Jena; Dr. Reukauf, 8ominar>Oberlehrer in Hiidburghauaen;
17*
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260 Mitteilungen cL Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Scbulgescb. VIU.
Dr. GL Richter, Geh. Hotrai u. Gymu.-Direktor iu Jena; l'roi. Dr. E. Rosenlhat
in Jena; Roctetroh, Sehulrat in Saalfeld; Dr. M. Schneider, Gymn.-Oberlehrer
in Gotha; Dr. Sieiiiliaiiseii, Bibliothekar in Jena; Dr. H. toy, Schuldirektor
und Frivatdosent in Jena; Dr. Weniger, Geh. Hofrat u, Gymnaeial-Direktor
in Weimar.
Gruppe WestüAlen.
Kuratorlu m.
Dr. Matthias Kappes. ProfePBor a. d. Akademie MOneter; Dr. ReUifMehtv
(ieh. Hegierungs-Prov.-iScliulr., Münster.
Gruppe Württemberg.
Kuratorium.
Dr. 0. Mklen, Oberetudienrat, Reutlingen; Dr. euidert, Oberaehuhrat
und Seminarrektor in Esr^lingcn; Kirclionrat Dr. KrSoer in Stuttgart; Rektor
Mayer in Euliugen; Prof. Dr. H. Pluck in Stuttgart
Mitglieder des Kuratoriums, die bis jetzt Iceiuer Gruppe
angeliorön').
Dr. Albrechl, Ober-Schiilrat, GbU. IJcfr-liat. StraM.sburg (l^llsass);
Dr. Althoff, Wirkl. Geh. Ubor-licg.-Uat uud Mini.sterial-Direktor, Berlin;
Dr. J. AaamMii, Tit-Biaehof v. Philadelpbla, Icath. Fe!d]Nrobet d. Armee, Berlin;
Dr. Becher, Trovinzialschulrat, Berlin; Brandl, Geh. Ober-Eleg.-Rat, ßerün;
Dr. ¥. Buchwald, Bibliotlukar und Archivar in > r\i t- olitz; Clausnitzer,
Vorsitzender des deutschrn I.ohrervpreins, Berlin; P. Oenifle, 0. 1'. Archivar
des p&pstlichen Stuhles in Horn , i'rof. Dr. Oittrich, Mitgl. d. Abgeordnotenh.,
Bnwutiberg i. Oslpr.; P. Ceir. Eubei, Ord. Minor., Apoatol. Püniteiitiar bei 8t.
Peter In Rom; Dr. A. FritEen, Biaehof v. Straaaburg; Dr.'ISeK, Kgl Provin^l-
schulrat, Berlin; Dr. Hassel, Geh. Regierungarut, Direktor d. Hauptataataarchlvs
in Dresden; Dr. Im h Heereman v. Zuydwyk, Mitglied des Reichstags, Münster
i. W.; l'ruf. Dr. Hoche, Schulrat ftlr das höhere Schulweäen in Hamburg;
0. R. Hefnann, Prot d. T1i«ol. a. d. Universität Leipxig; Israel, Sehulrat, 8«DDlDar-
dir.t Zeebopau; 0. Jeeaea, Direkt d. Handwerkerseh., Berlin ; D. Kanferaa, Prof.
a. d. Unlv Hruslau; D. Dr. Kieinert, Kon.Hiätorialrat und Professor an der
I nivorrt. B<Mlin: I). Kopp, Kar.stbisohot, Breslau: Prof l>r. Kühler 'Ivnin-
l>if kt , f?«'Hin; Dr. Lieber, Mitgl. d. Reichstags, Wieabadeti: Lucanus, Oeh.
Obor-lieg.-itat, Vice-Prftaident des Proviurial-Schulkollegiums zu Berlin;
Dr. Job. MDIIer, Direktor des evanj^el. Somin., Bautzen (Sachsen); Jeaeph
Müller, Direktor des Th(>ol. Seminars der Brtidergemeinde Gnadenlold;
Rebhuhn, Vorscluiü liufli. d. dcutsrh Schulmus., Berlin; Sander. Si hnl-
rat. Brf'Dii'ii: 1). l»r. Schneider, Wirk!. (Jeh. Ober-K'nr Ifat und vorlr. i\'at
im Uuterr.-.Minibt.. BctUu; G. Schöppa, Rugier.- u. Schulni(. Schlciwig; Prof.
Dr. Fr. Wagner, Gymn.-Oborl., Berlin; Ed. Walter, Direkt der KAnlgL Taub-
at ummenunstaU, Berlin: Dr. W. Windelbaad, Prof. o. d. Univ. Strassburg;
Dr. Th. Ziegter, Prof. a. d. Univ. BtrasHburg,
'j In Zukunft wird jedes l\uruLorialniitglied einer der noch /.u
bildenden Gruppen angehören.
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11). Der bumauistische Schulmeister Petrus Tritooius Athcümuü. 261
19.
Der huinani8tit»che Schulmeister Petrus Tritouius
AthesinuH.
Von Ferdiiuuid Colursy Pastor prim. io Eschershaiuen.
Der einfacheren Verweisung wegen beginne ich mit der
Litteratur. Tritonius ist, soweit ich geiünden habe, in neuerer
Zeit zuerst erwühnt bei M. Denis, Die Merkwfirdigkeiten der
garellischen öffenü. Bibliothek, Wien 1780, S. 566, der gesteht
ihn nicht zu kennen. G. W. Zapf, Aug.sluir^'s Buchdrucker-
Geschichte II, Aujrsliurir 1791, S. 25 ff. jrirbt unbedeutende
.\otizen. E. K lilpfol de vita et sjrriptis Oonrjidi Cclti.^ Protucii II
Frib. 1827, S. 121i . iithält üi)or ihn folj^cuden Passns: Erat
TritoniuB patria Tyroiensis, qui Athcsini ( tiam niMOien sibi im-
posuerat. ßrimi eura vitam e^sse, ludo httorario praefoctuni a
Druidibus [?] mis.^jum in Italiani, Patavii niagisterii phisosophici
insignibus dcrnrntum nuncupassc (^'Itcm praeccptorcni snuni.
Sorte sua apud Brixinense.*< minus- contentnni rogas.^e C'elteni, ut
\'iennae sibi prospiceret de statioiie honesta. i|une inads ])!aceret,
s})o|»ondisse Cclti Athesina«' valli< desfriiitioncin. i'doct'uiur es.
Trilonii rpiviolis nisc ad ('rlti-in datis an. \~A^'2 rt 1503, Succe-
dentilms annis l.udo littecan'o liolsani jjrart'i'ctuiii fuisse Tritoniuni
tcv'tis ot \'itus Bild. A. W. Anibros, (n'sehichtc der Musik III,
liivslau l5(i<s, S. 370 u. 878 und Jos. von Aschbach, Die
\Vien<'r Universität und ihre Humanistt'n. \\"wu 1877, S. 251 f.
(v^l. S. 8() u. 43 f.). schöpfen aus Klüplel. Roh. Eitner be-
handelt Tritonius in der Allir. deutsch. Biofrr. Bd. 38. A.Mayor,
Wiens Buchdrucker-cs( hichte I, Wien 1883. S. i<>l u. Aiiiii. 220
erwähnt ihn. P. B ahlmann, in der Zeitschr. für verfrleich.
Litteraturgeseh. Neue Folge, Bd. 8, Weimar 181^5, S. llß ff. und
Fr. Waldnerin den Monatsheften für Musik-Geschichte, 27. Jahr-
^aiifr, Leipzig: 1895. S. 13 ff., widmen ibni kurze Artikel. —
Mlttciiunj^en «L ües. t. üciit-trlic Kncich.- u. iscLulguschiclito. \ Iii i 1896. 18
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262 Mitteilungen d. Oos. f. deatache Eniduings- d. SchulgesclL VIIL
Petrus Tritonius Athesinus, wie er als Humanist, oder wie
er mit seinem deutsctien Namen beisst, Peter Treibnraiff^), war
ein Tiroler, aus dem Etsehthal gebtlitig'^). Wo er studiert hat,
ist unsicber'). In den Jahren 1502 bis Tielleicht 1501 oder 1506
war er Scbulmeister in Brixen^). Dann wurde er vielleicht durch
Konrad Geltes naeh Wien gezogen. Von seiner Brizener Stellung
nicht befriedigt, hatte er sich schon 1502 an ihn mit der Bitte
gewandt, ihm in der Kaiserstadt ein Amt zu verschaffen und
zum Dank dafür ihm eine Beschreibung des Etschthales ver-
sprochen*^). FQr die Erfüllung seines Wunsches spricht, dass er
') S. u. Anm. 29; vgl^ was Wftldner S. 13 f. Qber die Fatuilie
Treibiirairt sagt.
*) Aächbachs Angabe, die Uablmouu uachschreibt, er stamme aus Brixeiu
ist blosse Vermutung; Weldner rSt suf Boxen oder Stening eis Oeburtsorte ;
Athesimis wäre hei allen diesen mindestens nngenau. Der Verfasser des
Artikels Tritonins in (l« r IlioLrr. iiiiivers. des nuisiciens, t. S. P;iri< 1805 lässt
ihn in Aui^sbur^i >;ebürea sein und übersetzt seinen Nainen mit Ulivenbaum!
•) Nach KJQpfel, dem Aschbach michschreibt, nach dem sich dauu wieder
Waldner riditet, hat Tritonius in Padua den llAgistergrad erworben, nach Bitner
hat er in Ingolstadt von 1494^1^ unter Celtes studiert, ist dann nach
München /.'ejjan^'eu und dort irfs-tnrben. Letzterer fülnt für st int- mit grOsster
Bestinuutbeit atis^ifpsprocliciicn Hiliaaptunepn ki-iiH-n I5tlf^' an; Khlpfel ist
unklar. Laut gütiger Mitteilung der I niversiliU^^-lvaiizlei in München und des
Cabinetto del Rettore in Padua ist Tritonias weder in den Matrikeln von Ingol-
stadt noch in denen Ton Padua aufoufindenl
*) 1602 schreibt er von dort : die beiden bei Klüpfel erwähnten Briefe
des Tritonius ati Tfltes, die sich in dem in der Wit^nor Hofhiirirbibliotbok auf-
bewalirteu Codex epistolaris des Celles finden, sind nach Datum und Signutur
angegeben in der Bezension des Klüpfelwhen Buches in den Jahrbachem der
Ldtt^ Bd. 46, Wien 1820, S. 177 1 Sie sind datiert aus Brixen 16. Juni 1602
und 3. Juli 1503 und signiert XI7 und XIIIio. — Das Jahr 1500 ergiebt sich
aus den unten. Anni IS und 22, abirf'dnirktf'n Vorreden Tritruiius* zu seinem
Enchiridiou. Nach der ersten — ich bezeicbne sie mit A. die zweite mit H -
Tom 1. Janaar 1513 ist sein Sohn Amandus in Brixen geboren (Am. Urixinen.siä) ;
nach B ist er noch nicht 0 Jahre alt gestorben. Das kann frühestens im Lauf
des Jahres 15in u> >( heben sein, da er nach A noch am Leben ist; also ist er
frObe^tf^nf: ITinj i^. boren. "NVahrscheinlicb ist er \7>V^ alu^r noch nicht 9 .Jahre,
s'nidrrn iiacii <li-n ilim verorfhift^-n LtTusioti vifllt-icht 7 .Tahr«» nlt irt^wosen:
das würde auf löot» als sein (ieburlsjahr lubri-n. Daun wäre der gli-icli zu er-
wUinende Wiener Aufenthalt des Tritonius, der ja freilich inuner noch sweifel-
hafb bleibt, zwischen Brixen uml Bozen wenii^stens mO^flich.
S rhs oben abgedruckte Citat aus Klüpfel. Wenn Klüpfel die An-
^mIh . (l iss Tritonius in Padua Matrister geworden sei. .tuch aus den Briefen
hat, die einzusehe"n mir leider unmöglich war, so verdient sie ja trotz der
direkt widersprechenden Xadiricht aus Padua, wo Tritonias auch im Venteichnia
der Graduierten fehlt, unsere Beachtung.
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19. Der humaiiistisclie SduiloMuter P^rns Tritonius Athesinns. 263
bald * als Mitfrlied — vielleicht aber als auswärtiges^) — der
sodalitas Dauubiana erscheint und besonders, dass er in dieser
Eigenschaft vornehmster Mitarbeiter an den unter Celtes Pro-
tektorat erschienenen nnd 1607 gedruckten Melopdae ist*). Nach-
dem Geltes am 2. Februar 1508 gestorben war, hat Tritonius
Wien aber jedenfalls bald wieder Terlassen und fllhrt nun —
ähnlich wie einst sein Protektor — ein Wanderleben. Vielleicht
noch 1506, wahrscheinlicher 1509^, finden wir ihn im alten Berufe
wirkend in Bozen; 1510 oder 1511 hält er sich in Seregno bei
Monza (?) anf^); Anfang Januar 1513 begegnet er uns in Hall
im Innthal^) und 1520 bis 1624 ist er Schulmeister in Schwaz
— unweit Hall — in Tirol*). Wie lange er dort noch geblieben
uod wann er gestorben ist, ist unbekannt.
Aus dem Jahre 1524 besitzen wir eine Schrift von ihm:
Vertetttschte paraphrasis in das fttnfft capitel des Bwangeli sancti
Mathei. Ainem yeden rechten Christen fast anemlich (durch
Petr. Tritonium vertetttschet)^. Das Büchlein ist ein Zeichen
*) 8o Hajrer. Waldner nimmi mit Aschbach den Wiener Aafentlialt
Tritonias* als ncher erwiesen «n.
*) S. den Titfl der Mflopoiat"; TgL unten Anin. 15.
') Das von KIftpfel erwilhntt' Z^Micrnis th^? Vifn« Hild find- 1 sich in
Placidui» BrauUf Nutitia List.-liter. de codicibus nisc. in bibl. uiouast. ord. 8.
Bened. ad 8S. ITdalricuin et Afnm Augruatae extantibiu. IV Aug. Vind. 1793
8. 88f wo ein Brief Bilde ad Petr. Tritonium Lodimagistrum Pnlaani ver-
Michlict ist. der auf löOS oder 1500 zu führen scheint.
*) Such Ii ffthrl Trituiiiti-' zwi-ilcr Snhii Vitu> T.iu'tus l!>'innn)en
8erejiliniis: er nia^' nlsu in Sereyno bei Monza j,'ehoren .-ein; an iSerent in der
Nurmandie ist wegen der weiten Entfernung wohl kaum zu denken. Am Ende
desi am 1. Januar 1520 abgeschlossenen (B), im Juni 1581 gedruckten Enchi>
riilioii^ v- rntf.^nt licht Tritonius:
Viti Laeti Tritong Soreniitii. ptieri nonduni (!< ( * tmii^. ad pnrentem distichon.
0 genitnr ( Imre atqne inrliilt,'i nt is<iint'. amoriö
In me forlia erunt haec niomimenia tui.
Fast macht es den Eindruck» als »ei dieses Distichon noch eben vor Beendigung der
Drucklegung dem Buche hinsugeflUgt worden; möglicherweise wKre Vitus also erst
1511 ir»«boren. 1518 (.\) heisst er fraterculus, wird aber doch schon fürs Lernen mit
in» Auge gefas-t : >o ist nh s» in Gehurt^ahrdoch vielleicht schon lölO anzunehmen.
*) 8. die Datierung von A.
*) 8. die Datierung von B nnd die Datienmg der gleii^ zu erwUmenden,
nach Waldner 8. 18 auch aus Scbwaz stammenden «Vertefitschteti paraphrasis.*
8. 1. in 4°. Titel nach: Bibliotheca Eia>iiii ma. Gand 18Ö8 1» sirie
S. I.'iO. 8. 151 winl noch eine andere .\usgal" s 1. et a. in 4" anL'etreben.
Nfthenis 8. auch bei Waldner 8. 18. - .\n den anderen, zahlreichen Einzel-
fibersutzungeu aus Erasmus' Paraphrasen (s. Bibl. Erasm. S. 144 Ü.) scheint
Tritonius nicht beteiligt su sein.
iff
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204 üitieiiungen d. Cies. f. cleutscbe £rzieLuugs- u. Schulgesch. Ylil.
seiner XCn lu-unfr fUr Erasmus, den er nur ,.den Grossen" nennt').
In der rt lormatonschen Bewegung wird er deshalb auch auf
Seiten derer gestanden haben, die in Erasmus den wahren Re-
lormator sahen.
Eine nicht geringe Bedeutung hat Tritonius als Musik<T-).
Den vorhin schon genannten Melopoiae'*) dankt er es, dass er
nicht ganz vergessen ist, da sie, obwohl stets unter Celtes*
Schriften aufgeführt, doch auch seinen Namen auf dem Titel tragen.
Auch als Dichter deutscher Gesänge scheint er sich ver-
sucht zu haben. Er scheint an einer 1524 erschienenen Samm-
lung mittelalterlicher Hymnen in deutscher Uebersetzung beteiligt
zu sein^).
Hier interessiert er uns als Schulmann.
Wir haben von ihm ein Schulbuch, betitelt^):
l)oc cnd}ix\bio conhncn»
tur perfus quibam, qutb'
tenera puerorum me*
motki votifft-
mum cyerc?»
ba efl.
5f
Siehe B.
*) Als solcher bat er seinea PlaU in der allgem. dtech. Biographie ge-
fuoden. 8. dort weitere Litieratar Uber iha als Musiker.
S. den Titel: Melopoiae sive Hnrniutiiae tetrocentlcae per
P. Tritoniuin et alin« dortfis Modalität is Litterariae nostrae miisicos .... coni-
poBitae ut regulatae ductu Cbuur. C'eltiä feliciter impretisae — uuü die iia-
achreibottg des Dnidcec bei Denis, Zi^f, Ascbbacb, aadi bei Watdner und
Qoedeke, Gnmdriss zur Gescb. d. dtscb. Dichtung I, Dresden 1884, S. 418.
Auch letzterer fnluf ila.s Buch nnler CVltes" Schriften
*> NiUiilich an dem schon von Hott'niaiin v. Kalii'i'sleben, (jcscli. d d«'utsrh.
Kircheniiede.s 8. Ausg., Hiumovcr 1801, »S. 271 fl"., bcschriebeueu und benutzten
^^-luuariuä'*, den Waldner in seinem Aufsatz fttr noch unbekannt hält und
mit Unrecht das Blteste gedruckte katholische Gesangbuch nennt (vgl dagegen
Honatsh. f. Musik-Grsch. 1>>M5. 8. 50 H,». Waldner lü.-<st Tritoniu.s Dichter bezw.
l'ebersf tTif'r dt r >ilmi liehen im Hymuurius euthalt« ii< n Linder sein. Vielleicht.
hat er l inier'- -. ll.-t i»eitr«'tr!»iren : vielleicht ist er mu h mii- Summler.
MüniLeu. KgL iiof- u. Sluatsbibi. Paed. l'r. Tilil ubue
Bordflre. 8 BU. in 8*. A. E.: Josepbus Pyribullius Snoqj imprimebat, niense
Junio MDXXI. Ans Waldners Mitteilungen S. 17 f. geht hervor, dass auch
dieses Enchiridion, eben-^^o wie die von ihm angeführten Drucke (Von dem
leben . Democriti und V«Tleüt!«chte paraphrasis und der li^'muuriutii. niis
der l'nvatdruckirei des reicbeu Gewerkeu Georg StOckl iu Öchwaz stammt,
und dass der Drucker Josef Pymsieder (buUare » sieden) hiess.
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19. Der huaumistische Sehulmeistor Petras Tritonius Athesintu. 265
Es zerfällt in zwei Teile; der erste stammt aus dem Jahre 1513
und ist damals Tielleicht schon gesondert von Tritonius heraus*
gegeben, Tielleicht auch nur handschriftiich für seine beiden SOhne
Amandus und Vitus zusammengestellt; gewidmet ist er nur dem
älteren, der damals 7 Jahre alt gewesen sein mag*).
Er enthält 1. den altkirchlicben Gesang Yeni Sancte Spiritus,
reple tuorum cordia u. s. w., 2. die zehn Gebote, 8. das Vater-
unser, 4. das Ave Maria, 5. das Salve Regina — alles in latei-
nischen Hexametern^. Den Stoff des häuslichen Beligions-
unterrichts und die beliebtesten kirchlichen Gesänge') hat Tritonius
in die Form gebracht, die nach seinem humanistischen Geschmack
die Tollkomincnste ist Ganz wiss hat er d«il)ei nicht allein nn
(Ion häuslichen Unterricht seiner Kinder gedacht, sondern bat die
Stoffe, die aucli sonst den Inhalt der ersten Schulbücher^)
bildeten, auch in stiurr Schule in dieser Form benutzt.
Das dürfen wir schliessen aus der Bestimmung des zweiten
Teils, den) wieder eine Vorrede vom 1. Januar 1520 an seinen
jüngeren Sohn — Amandus ist inzwischen gestorben — vorher-
geht^). £r soll ihm una cum ingenuis contribulibus zu gute
kommen.
') Die in cleii ABnertcungen sclion ervihnte Vorrede A lautet: Feims
Tritonius Athesinus Amando Tritonio Brixinensi, filio suo omnium anuuitissimo,
felicitateni iinprecatur sempitemam. Qiiainqiiam te, fili Amandei, superiM \mu'
faiM^ntiliiis, in prosa orntionf, pro virili institiuTO non nrirligpiini«; (h'raloi;!
tnnieii U'^'fin, pieces (iominieas, ac reliqua Iiis haiid dis.similia tibi iu carmim^
tradere nialumus: mukaä ub causam, tibi iiuperiüptibiles luudu, ideo hic non
ennmerati». Tai itaque erit ofBcij» amatisstme AmaDde«, te vna cum Vito frater-
ml«) tiio his ad ciinas (>xercere. Vale dfiimqiiu tinif ac parentes reuerere.
Hallno (K'iii, cab'uili- Janiiarij. Anno a ('bristo nato MÜXIII.
*> Kincn Aliilruck di«'spr Stücke hat Bahlniann S. Usf. sch(»n bt'sort;t;
ir kann dt-shalb hier imtcrbieiben, zumal ich die Verse in einer vorbereiteten
Publikation unserer Gesellschaft JHe evang. Kat.-Versuche bis auf Luthers
Enchiridion** aohangsireise abzudnicken beabsichtige.
Dass der Gesiang Veni sancte Spiritus, der meist zu Anfang' der
Scbulstnnfh'Tt L'''>!ii)srt^ii wurde, auch sonst zum rnterricbtsstoft' irt rocbnet wurde,
siehe z. B. in der Kiuderlehre düs 15. Jahrhunderts. Programm der gross.
Htadtschttl« ssa Rostock 1873, S. 18 ff.
*) S. Joh. MQller, Quellenscbriften und Geschichte des deutschsprachlichen
rnterrichts. Gotha 1H,S2. S. 210.
•■■> Vom-de B lautot: Petrus Tritonins Atli»^sinus Vito Laeto Tritonio
Serenlino filio suo paterno ex affectu j^aluteni dicit. l*osteaquam AmauduiJ,
fniter tuus, naturae, quae ingeuijs plerumque iufi;:«ta est praecocibus, nonom
nonduni attingens annum, et ipse debitum persoluit: ego te, Tiuacissime Vite
ac laetis»ime mi I^aete, cum iam in traditis a me Tobis crepundys lur>eris
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iUtteilunjfeu d. Ues. f. deutsche Krziehuugs- u. Öchulgesch, Vlll.
Diesfr zweite Teil enthält 1. das Institiitum honimis cbri-
Ktiani des I']rasmus 2. eine Auswahl aus Cato^).
Offenbar hat der erste Teil d«»s Enrhiridions der Unter-
stufe gedient: dieser zweite dient der Mittelstute und leitet
Whvv zum Schulbuch der Oberstufe, der Cato -Ausgabe des
Eiu.suius^).
Erasmus' Institutum ist ein Gegenstück zu des Tritonius
eitrenen Arbeittu im ersten Teil. Es enthält den (Jlauben, die
sieben Sakiiunente und andere Stf>ffe des kirchlieben ^'olks-
unterrichts, auch in lateinischen Hexametern beliandelt. Da
gerade die von Tritonius «regehenen Stiieke ihm frhU n. so sollte
man meinen. Tritonius sei durch Erasmus" Buch zu seiner Arbeit
angeregt worden. Es nd1s<?te dann das Institut um. das selion
früher verfasst, aber ejst löl4 geihuckt worden ist, schon hand-
schrifllicii in seinen Besitz gekonuneu sein.
Obgleich wir das Enchiridioii <:('ra(h'zii einen n'imisch-hunui-
nistiselien Katechismus nennen dürfen, hat Tritonius (>s nicht für
icliLMusen l'nterricht zusammengestellt. Es sollte das erste
iilmii.lr lu e iaiii amplius puerilitiT ludas, sed serio rem traclt's, vohii iiiuic alieiia
quai iiiuiii supcraddere: nempe Erasmi Roterodumi, eins Yiri, quem nie s('n)])er
Audis dicera Hagnum, eius inqium m»tittttuiii chriBtianum, Catonis item (vt
Tocant) disticha, ob moinoriae Icm'ritatt'Ui |iaiiciila qiiidetn, qua«- niorihiis »'uisi-ri
lU'tatnla»' tiiae exiinie cojiflnr. visa sunt, nnn quo rt-liqua t«' couteniiuTo
iub«aiu, verum sulidiuri nieniuriue adepto liubitu, ipt»a i»iuj^ula. si tue diligis,
tha cum Erasmi schol^js ad mguem velim ediscoa. Haec interiui, quo commofliua
tu vna cmn tuis ingfenuis contribulibas tractare queas. in eticbiridij fonnam
hane redegi: ac pro instantis M'kv> n-nni strena voM< offi-ro. Vale, fili charis-
sinx', cnni dictis tuis cnTidisfiiuilis. liirri-ijUi- <■{ niorihns nr in priniis
pietate proficitt-. Ex hulo imstio liiriaiio SuiM-i). lalciulis Jatiiiarij MDXX.-
*) Zu Anden in Erasmi openi Tom. V Ba.sileae ex oft'. Frobeniana ITiiU,
S. 1141 — 1144. Auch von diesem Institutum des Erasmus denke ich iu der
Anm. 10 erwShnten Publikation anJiangsweise einen Neudruck »i veranstalten.
^ Vgl. darüber Mitteilungen f. deutsche En. u. Schulgesch. III, ü. 36,
Anm. 18. Nach der ZablutiL: in der Ausgabe von Ferdinandus }Iauthal. Catonis
phüosoplii Über Herolini ISÜU sind von Tritonius für sein Knchiridion
aufrv'ewiihlt : 1. 1—4, 14. 15. 17. 21. iW. M, m. 38; II, 1, 4, 7, 11, 15, ir>. 21,
24, 25, 3<J; III, 2, ö, 7, 13, 17, 19, 22; IV, 0, 7, 13, 15, 19—21, 23, 20, 27,
2», 34, 48.
>) Vgl. oben B (Anm. 22). Diese Ausgabe enthSlt ausserdem: Dict«
siipientum, \"n Em-Fiius aus dem CJriechiscb<-n (ibrrsetzt; Minii Publiani. ab
Erasiiio castiirati et ehieidati; liistitutum lioni. christ.: lsr»cratis ad niniuniruni
I'ara» iiesis ♦•ruditissimum virum !?'<•!. A^ricoiam ü graecu in lalinum i^er-
moncm traduda; Epictcli JSloici Euchiiidion.
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10. Der homanutische Schulmeister Petrus Tritomus Athesinus. 267
lateinische Lese- und Lernbach sein^. Dennoch ist es bedeut-
sam, dass er dafttr religiöse Stolfe wählt. Und da er sie die
Kinder gewiss nicht mechanisch hat auswendig lernen lassen,
sondern ihnen zuvor erklärt hat, so hat er doch einen ge-
wissen Religionsunterricht erteilt.
Nur indirekt steht ein anderes mit dem Enchiridion fast
Lrleichzoitig erschienenes Buch des Tritonius mit der Schule in
Verbindung; es lässt uns in seine Bibliothek einen Blick thun
und Mu t uns die von ihm beim Unterricht herangezogenen Schrift^
steller kennen. Es ist'^):
Pott beiti leben Dnb
^el&c^ter Dentocrttt/fur^
iDeüt^ m fafl nu^
Das Buch hat Tritonius geschrieben, ..damit ain klainer
boriclit gethon werd ettliclieii groben menschen, was die Plnlosophi
für letlt ge\vo>:rn -. Er hat das ,.(birch anzaigung I )rino( iiti. der
bey vicrhTiiidt'i't viid Yi**rtzig jaren vor ( 'Iiristi geburt (als Eust-ltiiis
im Iiücli Dt' tfmjxtre auzaigt i^rlt'ht liat. /uiiersten geben wollen.
(Ii*' aiidt I II iiai'li jm zuenm-sscii. dann jn alliii hat miszfallen die
torbait, vnwissenhait. vngoliriii^^kait. tititzige verstockung. vnd
überige sorgldtigkait di s griuaim*n vokks. dem sy zu ainem guten
rtlwigen fridliela ii Icbt ii gern hetten geholffen. Vmb welehes sy
wenig bessern Ion. dann veraclitung, Verspottung vnd zuzeiten
gelai licliliiiil ires lebens daruon bracht lialjen."
^) Virl. tl" II Tilfl: vt'fsus. qiiihii^J tt>ii'»rn ]>nt»rormii itH'iiioria t'xcrci'nda
<<t Missvi-i-ständUfli ist «*s. v:vni\ Biihlimuui S. 111» liif Vers«- vtrsii^ m»»-
moriiilfs ueniit uud sie etwa mit duu bei Joli. GfÖ'ckeii, Der Hil(i«'rkat«-ihi»mu>*
des 15. Jahrhunderts, Leipzig 1855, Beil. S. 106 f., abgedruckten auf ein« Stufe
»telk. Von diesen wurden vohl die Deceni praecepta: Unnm cmle deum . . .,
WH- iiiiMTt' Vt-rsc, iu dm LaU'in.schiilen sri'bruiiclit (s. z. B. Jnannis Piriiciani
bn'iii< ir^l'tnTio. Augustae in ,u>f!i!ins Silvniii Otmar, 1520. Hl. riii; (H«' aiid^Ten
di«iHUii ilfti l'rii'Sterii als wirkliche MetiKirialverse, uia die ver.';cliif«Jeneu
Handenregit>ter, die bischöflichen und papstlichen ReserratAUe und dergleichen
daran zu behalten.
Müru lu n. Kgl. Hof- u. Staats -Bibliothek, titel in Boiddre: U BU.
in 4»; letzt* - I?littt leer.
Tritonius hat viflleicht benutzt: EVSEHII Cat'saricuüis Episcopi
Chronicon Paris bei Henr. Stephanus 1518. Unter Olymp. 69 st^hl:
Democritus philosophus (BI. 05); unter Olymp. 86: Democritus Abderites et
Gmpedocles ei Hippocrates inedieus ( Bl. dl); unter Olymp. 94: Denuicritns
moritur (Bl. 68). 770 — (4 . 94} = 4Ü0.
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208 Mitteilungen d. Geg. f. deutsche Eiziehuuge- u. ScUulgesch. Vill.
U?n d«'n lachenden Pliilnsoi)ben ist es Tritoniiis also im
(Tiunch^ frar nicht zu thun. soiiiiern er will zeisren. tlass weisen
l/entt'n. die dem Volke helfen wollen, von dicsinn meist mit Un-
dank gelohnt wird. Wahr.scheialich habiMi böse Erfahrunf^t'n in
seiner Lehrthätigkcit ihn ^e^en die ungelehrte Menge verbittert.
Gleichzeitig will er als rechtiT Humanist, was besonders das
Schlussgedicht des Buches zum Auadruck bringt, zu einem ge-
rechteren Urteil über die Weisheit der Heiden lüluen:
„<ö^ 6n&i"ii fülcfic bing, qrirtiril'en,
2)aö (cbier ain ti'^rift oatbci) lüiir bUbcrt,
fHoäf l^aiffct man }i} bic bcrflfid^tcn,
nieivof ft] folctie tugent f&d^ten."
Wahrhaft gofuodeu Ircilich haben die Tugend erst die Ciiristen:
„'t'arumD, loctl loir ft) fimben finbcn
^urdt) (fftriftiim, lonb »n^ jm na^trabeii
Unb alio richten Ditiei leben,
1ba9 t9 ntt crflcmufe müg geben.*
Tritonius widmet .sein Buch „dem vesten vnd iürneineti
Gabriel Weidncher. derzeit viM^ves-er des Bawniaister ampts vriser
Irawen kirchen zü Schwatz, seinem günstii^en lieb(^n herreii viul
alten freUnd" — „als dem, der ain besonder beschirmer ist des
Philosuphischen nauieus wider die liebhaber der torhait vnd feind
der weiszhait''^).
Da des „Democriti wesen vnd leben am basten zuerkennen
ist ausz der Epistel Hipocratis zu Daiuageto% so beginnt das
Buch mit einer deutschen l ebersetzung dieses Briefes. Aus
dem grief'lli^;cllen Urtext hat ihn Tritonius aber nicht Uersetzt -
Griechisch wird er nicht verstanden haben — sondern da er
„etwan langst ausz Kriechischer sprach zii Latein gebrachf*.
hat er ihn darnach ..in Teütsrh gemacht'*. Nachdem Giriaco von
Ancona die Fragmente des Hijipokrates aufgefunden, hatte
Rinucci da Gastigüone eine lateinische Uebersetzuug davon ge-
lieteit^). Wahrscheinlich hat Tritonius sie benutzt.
*) All© hier gegeboueu Prusa-Zit&te »tauimea aus der Vorrede, lu ihrer
Ueberaehrift nennt Tritonius sich Treihnnüff; äre Datienmg lautet: Geben su
Schwatz nm xxvi. tag Semptemhris im IL D. izi. jar. „Die ander Traacb,"
weshalb Tritonius dem Weidacher sein Buch widitu't. ist die. dass er, wie
Democritus, aller torlicher red vnd hendel niaisterlich lachen künd."
^) Vi.'] 0. \'oiirt. Die Wiedt ibelebung des klaaüiachen Altertuna. 2. Aufl.
Berlin IHüU L 1 ö. 11 b. bü.
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19. Der hunumistisdie Schulmeister Potnu Tritonius AÜiesiiius. 209
Sein „Argument oder innbaltimg des Sendbrieffs von der
vnsinnigkait Democriti" mag hier Platz finden:
f^Democritug von Abdera, vnder den liebbabern der weis-
bait zü seinen Zeiten der fOrtreflichestf Ausz verdriess seiner
frettnd vnd seiner mitburger, hat er verlaasen bausz vnd faof
vnd alle andere seine guter, deren er vil besessen het, durch*
wandert die weit, zoch zfiletst in ain wüste nit ferr von seim
baimet Abdera, daselbst ergab er sich der rfi, vnd setzet jm
fQr etlieber bendel des menschen zälachen. Do das seine
niitburi^ror merckton. mainter» sy jn seiner sinn beraubt sein,
haben erfordert durch botschafft vnd Sendbrief Hipoeratem,
den vorniartisten artzet von der insel C'oo. wider sinnijj zü
machen Deniocrituni, den sy vnsinnig schätzten. Solliches
ampt nani an Hipocrates, schiffet gen Abderam, von daiinen
er alles das geschehen vnd oreredt ward zwischen sein vnd
Democrito, seinem hauszhaber Damageto durch disen send»
brieff anzaigt^)."
„Damit man aber klarlicher verneni, was diser Denmcritus
ftlr ain Philosophus gewesen", so hat Tritonius sich hiebt mit
diesem einen Bericht über ibii b( Lmligt. sondern hat „ain wenig
auszzogen ausz den bUcbern der treffenlichen Autorum. so von
jm geschriben haben, vnd als vil er in seiner liherey bald zü der
band bat finden mügen."
Er giebt Auszüge aus Valerius Maxinms^). aus dem Valerius-
Kommentar des Oliverius*), aus Juvenal^), Aulus Gellius^),
'l Den von Tntfiniti?< {Ihorsotzten Hricf findet man im Urtext in Tfippo-
cratis et alioruni mediconini veteruni rciiquiae ed. Fr. Zach. Ermerins Iii IHiU,
8. 586—601, unter Bpiatolae Hippocratia No. 17.
*) Im folgenden gebe Ich in Anffthrangszeichen immer des Zitat mit
dvii Wort»'!) (li-s TritoaiuB« dann nach dem Doppelpunkt die Stelle, wo man ert
im l'rtext findet, wo mOirlich nach einer ^'angbaren Ausgabe des betr. Schrift-
steliers. -- „Vnlerids \faximus Hl), i Cap. vij. de stndio et indu.stria": Val.
Muximi fuctoruui et dietorum memurabilium üb. Vlil {aho bei Tritonius fah>ch!)
cap. VU § 4 ed. Car. Halm. Lips. 180K» 8. 866.
*) ^Oliuerius in Gommentaiiijs super predietia Valery Terbia": Valeriu«
Mn.ximus cum commento Oliuerii Arzignanensis VicenUni .S. B. Venedig 1401
((iOtting. Auct. ].at. III m\H). 151 isf». .\t democritus bi?: re! dorpff^t.
*) .JuuenaÜH Sntym \ jVers 8;i und 34]. rer]»etuo risu pulmonen«
agitare solebat DemocritiiH. Das ist: mit ütäteni gelechter bei gewonet Demo-
critua sein lungen cu schitten'*: ed. C. F. Hermann« Leipzig 1883» 8. 65.
*) ^Aulaa Gelliua üb. x. cap. xg. Noctium Acticarttm": AuL Oell. noct.
Atttcarum lib. X cap. 12 § 1—0 ed. Lps. 1877 II, 8. 11 f.
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270 Mittettimgen d. Ges. f. doutsebe Ersiehtmgs- u. Sehulgeach. Till.
Ciceros Tuskulaneni), aus des Beroaldus Kommentar dazu^,
aus Tertullians Apologeticus^, aus L. Caeiius Bhodiginus^) und
Diogenes Laertms^).
Wir erkennen in ihnen die bei den Humanisten beliebten
Schriftsteller, freuen uns aber zugleich, dass der Schulmeister
Tritonius eine für jene Tage recht gute Bibliothek besass und gut
in seinen Büchern Bescheid wosste.
Ganz 80 gross freilich ist seine Belesenheit wohl nicht ge-
wesen, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Das Citat aus
Juvenal und die Verweisungen auf Laertius, auf die Tuskulanen
und auf Gellius dankt er dem Kommentar des Oliverius, die Ver-
weisung auf Tertullian dem Kommentar des Beroaldus zu den
Tuskulanen. Auch Tritonius* Bibliothek schrumpft bei nftherer
Betrachtung etwas zusammen. Den Text Ton Valerius Haximus
und Ciceros Tuskulanen hat er ausser in den genannten Kommen-
taren gewiss nicht noch einmal gehabt. Jurenal brauchte ihm
überhaupt nicht zur Hand zu sein. Laertius, Autus Gellius und
Tertullians Apologeticus bat er aber nachgescliIa;ron, doiin er
citiert von ihnen mehr, als er bei Oliverius und Beroaldus fand.
..M. T. ( '. Tu>ruliuianiTii «nirstionmn lib. V: M. Tiillii Cti rrnriij^ Tn^rnl.
Disiiutationum lih. V . cd. Kuch. Hann. 1<>4 cap. 28 § (i(J: Atj»', cualVr Denio-
crituui bis 07: cuniiiifri iiecesüe est {S. 123j. cup. 3t> § 104: lutelli-
frendum est igitur bis: a gloria se afuiss« (S. 139 f.). cap. SD § 114:
Demorritii» Inminibus amissis bis: ut nulla io extremitate consisteret
(Ö. 144 f.).
-I'. B«»ronldiis in Coiiimentarijs super prcdictis Tullij verbis'*: C'om-
meut4irü questiotuiiu TuhCiilauarum editi u Philippu lieroalüo. iionuiüae 14lHi
(Gott. Auct. Lat. II 2748) BL 120. Democritum abderitem bis: seque
elncilicasse.
*) nTertuliaDUS in Apologet ico-.- ed. Fr. Dehler. Halae Sax. 1848.
cap. 40, S. 237. D<'m<icritiis bis: caecus est.
*) ..I,. (■>liu> l!!niiiii:iiiiis Icctiuiuim antiriitnnuu lib. xi Cap. xxxvij":
r^odovii i ( (« Iii Kliodi^ini aiitiqiiaium lectioniini iibri. X cin-iiis l.'lfi (in Hntt.)
8. 581. Kl iutemigiitus Demucrituh bis: ölet) aulem exlima; iiml; Jlie
vero ip«e Democritus bis: fati distuUt diem.
*) ^Diogenes I^aertiiis de vitis Philosophorum IL iz** : rec. C. Qabr. Cobet*
Paris 1830, S. 287 ff. lib. IX. cap. VII § -ir^X U Arjfi^Tpioc h iuioiviaoi;
bis ^i'/.iz-jTJ ^tvf^bat. i; 5: xal f^v 'iXT,l)iö; ev '^O.rj'so-^i'i bis AifOi tfjyj'*
r/,irj. § fs: Av.^T'iJevo; . . . ■ . bis utTit tmu-v.zv^ äv'Yvtuv (mit Abweiebuiigen. Zii-
hätzeu und Auslassiint^rn^. § lUf: 'fr^st o' 'AHTf.Ciio^oi ..... bis ew£a roö;
xels bMitiv izi, jitoi;. § 12: t&o« V tVm tJ-jV ejüjjAfatv bis x«d xtv«$v. § 13:
U ßißU'ouTfiO ..... bis tosvJTs xtA. ziii (= AnfzKhlung der Schriften nach
Thra«syUos mit Abweichungen).
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10. Der humaiuBtischo Scbulmeistdr Petras Tritonius Atbesinus. 271
Diogenes Laertius wird er in der lateinischen Ucbersetzung von
Ambrosius Traversari (1475 u. ö.) besessen haben.
Reclmen wir zu don sechs umfangreichen Werken, die dem*
nach als in seiiuT Bibliothek vorliaiidon übrig bleiben, die vorhin
erwähnten beiden, die Fnigmente des Hippoki at es und das Cbro-
nioon des Eusebius, hinzu, so war für den Schulmeister eines
Marktfleckens V) — oder kleiner Städte — der gelehrte Apparat
des Tritonius jedenfalls völlig ausreichend.
') Vgl. aber, was Waldner 8. 17 über die Urüijtie des MarktlleckcnK
Schwaz saf^. Nach ihm hat er damals SO 000 Eintrohner gehabt.
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272 ilitteUungen d. Ges. t. deutsdie Krziehungs- u. Schul^'escli. VlU.
20.
lieber Bartholoniaciis Coloniensis.
Beitrag zar Oesehiehte des Humanismus.
Von Karl S<(uMk«% Seminar^Oberlehrer in Liegnite.
Im 2. Hefte des vorigen Jahrjj^anges dieser MiUtilungt n
(S. III ff.) hat der um die Geschichte des Humanismus so hocii-
verdicüte Forscher PiolVssor Dr. Reichlin^r die Ejtistola mytho-
logica des Bartholüiiiucus Coloniensis neu herausgcjjfclicn. Durch
diese Wiederj^ahe ist ein Teil rim r von mir vor Jahren vor-
bereiteten Arheit üheHlüssig geworden. Da es sich hier um
einen sehr bedeutenden Schulmann handelt, der hisher fast ganz
im Dunkel des Hintergrundes gestanden hat — sind doch seine
Werke nicht einmal alle dem Titel, geschweige ihrem Inhalte
nach bekannt — so glaube ich, hiermit die Beste meiner Arbeit
— etwas erweitert — als Si^ftnzungen der Reichlingschen
Edition darbieten 2U sollen.
Zu den von Reicbling (S. 113 f.) vorausgeschickten Lebens-
daten m(}chte ich bemerken, daas Bartholomäus, den Campbell
in den Annales de la typographie X^erlandaise No. 251 auch
„Decimator alias Zehender** nennt, in Deventer nicht Lehrer der
vierten, sondern der dritten Klasse (von oben) war. Die Schule
hatte acht Klassen.
I. Die Epistoia iiiytiiologica.
Untri (It'u Werken des Bartholomaus ist ohne Zweifel das
älteste und l>ei weitem vi rluciti tstc >rino Kpistnla iiiythologica,
oder wie das Werk, t utsiirccliend st iu, i Korm, in andern Aus-
gaben genannt winl. sein Dialogus nivthologicus. Die Ver-
schiedenheit des Titels liat mehrere Bihliographen verfuhrt, zwei
Werke daraus zu machen.
Welch grossen Wert für die Jugend die Zeitgenossen dieser
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20. L eber liartholomaeus Colouiensis etc. Von Kurl Süimecken.
SchulhunioK'ske beimasscn. das ztigen ausser d«'r unefpwühu-
liclieii Vcrbreituiiir. die das unten beiVctiiirtc bil)lio(:raphische
Verzeichnis darüiut, auch die X'orreden der Heraus^rcher späterer
Ausg:aben, besonders die zuerst der Anshclniscben Ausgabe von
1514') beigegebene des jugendlichen, damals siebzehnjährigen
Ma^sters Philippus Melanchthon, welcher in jener Zeit das Amt
eines Korrektors in der Anshelmschen Druckerei versah.^ Diese
Vorrede, einer der allerersten Dmcke mit der Namensfonn
„Melancbthon**, ist wieder abgedruckt im Corpus Reformatorum I»
14. Persönliche Beziehungen Melancfathons zu Bartholomäus,
welche man daraus hat folgern wollen, setzt die studiosis adu-
lescentulis gewidmete Vorrede nicht voraus. Der Anfang
derselben lautet: Venit in manus nostras fabula haec et lepida
et elegans, quam cum obiter pellegissem, ne deesset studii»
vestris, optimi adulescentes, statim chalcographis conunendavi,
quod iuventuti commodissima videretur.
Dass der in der Epistola genannte Pancratius ein wirklicher,
nicht ein fingierter Freund ist, dafür spricht die ernsthaft ge-
haltene Einleitung, wie der Schluss mit ihren Einzelheiten, die
inhaltlich franz dem entsprechen, was wir von Butzbach u. a.
Uber Bartholomäus wissen. Für einige dieser Einzelheiten wäre
weder Sinn noch Zweck abzusehen, wenn sie nicht an eine
wirkliche Person gerichtet wären. Der im Schlüsse genannte
magister Theodoricus ist vielleicht der in der Silva carminum
besungene Arzt Theodoricus Ulsenius, der nach Hamelniann
(p. 121. 29 h weniijstons eine Zeitlang in Erfurt gelebt hat.-''y
womit ül)cn'instiiniiit'n würde, dass in einem Exemplar der
Kniiiirüchi n Bilih'nthrk zu i)t'rlin, wie auch in vuwm der Konig-
liclicii Jiililiotlifk zu Dresden in d«'n handscluift liehen Glossen
Pancratius Hrtordensis" genannt wird. 1082 gal> in FmIuiI ein
Andreas Pancratius .. I'^ivagestlleklein aus den P^vangelien - lieraus.
Ausser (hri V(Hi JJeieliling angeg(d)enen Hauptzwecken
scheint l>iu tholomäus bei seiner Ejjistola auch noch die Absieht
gehabt zu haben, ein abfälliges Urteil über den von dorn Ki euiule,
wie es selieint, allzu eifrig zurückgeforderten Sidonius ahzuireben.
Seine geringe Meinung von demselben (man vgl. Ausdrücke,
>) Wiederholt 1616 und 1516.
») St^iff, Dor erste Buchdruck in Tül)irii?»'n, S. 22.
^( Sif'Jie untfu die U«»si>rt'chuni( der .Silva. — Andt^rw-riti'/»' sirfifn^
Zeugnisse für stineu Aufenthalt in Erfurt giebt es nach Kanipscbultt;, Die
Universität Erfurt, S. 07 Amn., nicht.
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274 MiUeiiuiigen d. Ges. f. deutsche Erziehung>- u. Hchulgtfscii. Vill.
wi»»; ^Dii, der sonst gos( h v. aizi^er zu sein ptlogt als die Dohle
und ein grösseres Plappcniuiul als irgend ein Frosch** —
^Stumpfsinniffkeit und Geistesträgheit*' — ..um diesem Schlingel
seine Faulheit aus dem Kopfe zu treiben -) inauht es auch er-
klärlich, dass er den alten Autor die ganzen drei Jahre hindurch,
die er ihn bei sich gehabt, hat schlafen, d. b. unbenutzt liegen
lassen. Als einen „Vertreter'^ «der Gedankenarmut und Pbrasen-
haftigkeit" besetchnet auch TeuffeH) den Sidonius. Das Urteil
des Bartholomäus wUrde also mit dem Teuffels Ubereinstimmen.
Der Ausdruck mythologica und die zahlreichen mythologischen
Anspielungen konnten schliesslich auch als Hieb ftnf Sidonius
aufgefasst werden, Ton dessen Schriften Tenffel noch urteilt, sie
seien ^alle künstlich geschwellt durch Aufgebot der Mythologie
und Gelehrsamkeit *^
Znm Vergleiche mit der Epistola mythologica kannte man
den Friscianus vapulans von Nicodemus Friscblin heranziehen,
welches Stflck „den lateinischen Grammatiker dieses Namens von
Scholastikern aller Fakultäten misshandett darstellt^ bis er von
den neuen Latinisten, Erasmus und Kelanchthon durch Purgier»
mittel, ähnlich wie Naogeorgs Mercator, wieder in eine menschen-
wfirdige Verfassung gebracht wird."^ Sollte vielleicht gar
Frischlin zu seinem Stücke durch die so ausserordentlich ver-
breitete Epistola angeregt worden sein? Nach einer brieflichen
Aeusserung an Joseph Horlenius vom Jahre 1616 möchte Jacobus
Hontanus') einem andern alten Schriftsteller eine ähnliche Be-
handlung zu teil werden lassen, wie Bartholomäus dem Sidonius.
Das sieht auch fast wie eine Anspielung auf die Epistola mytho-
logica aus.
Bartholomäus hat der zweiten (?) Ausgabe seiner Schrift
ein Vokabularium mit teilweise recht ausführlichen Erklärungen
beigegeben, das in viele der späteren Aufgaben mit übergegangen
ist; es wirft verschiedene Streiflichter auf den Verfasser.
Wir sehen hier, was freilich bei einem Schüler und Genossen
des Hegius nicht anders zu erwarten war, wenn es auch sonst
in seinen Werken nicht so sehr hervortritt, wenigstens einige
') Röiiiisclif Littoratur' § 407.
') Horiii-ki. firs, iiiciitr iltT iI.Mitvchrn Litteratur II, ö. 07 bei KQrschiier,
Deutsche Natioiiftl-ijitl' r.itu r. I!;uiil Iii.! II.
^} ('f. Krafl't uud Creceliui», Beitnlge zur Geschichte iltiti Humauisniu^i
II, S. 2Ü.
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20. Ueber BartholoiiiAeus Coloniensis etc. Von Karl SOnnecken. 275
Kenntnis des Griechischen, das er allerdings nur mit lateinischen
Buchstaben schreibt (ebenso in den späteren Ausgaben). Griechische
Ausdrücke werden ins Lateinische Übersetzt oder umschrieben,
z. B. Apago graecum est, id est amoye. — Stacte, stactes graece
dicitur latine gutta et est quoddam genus odoramenti seu aro-
matis. Dabei wird auch wohl eine Bemerkung Uber die Quantität
des griechischen Wortes beigefügt: Bibliopola graece dicitur
latine librorum yenditor, paenultima longa. Oder es wird das
lateinische Wort durch ein griechisches erklärt: Ck>rbis
nonnunquam graeca voce dicitur cophinus. — Nasturcium
vocatur graece cardamus (in späteren Ausgaben cardamon).
Einigemal wird auch die Etymologie herangezogni: Lycaon a
lycos, (juod est lupus, dedueitur. — Graphice descril)ei'e est de-
scribendo pingere, quia graphein jrraece dicitur latine pingere.
— Oymnosophistae appellati sunt Indoruni sapienlt^s eo, quod
nudi incederent. Nam gymnon Graeci nudum dicunt.
Sehr häufig unternimmt es Bartholomäus, die Abstammung
der lateinischen Wtfrter anzugeben. Um seine Leistungen auf
diesem F« ausreichend zu charakterisieren, ironligen wohl
folgende Beispiele: Abdomen sumen dicitur, quod abditum sit. —
Belua quasi l)e)lum gerens. — Dicitur cella a celare, quod in ea
celetur, quod volumus esse occultuni.^)
Das Vokabular enthält auch einige naturkundliche Be-
merkungen, so z. B. dass der WalHsch lebendige Junge gebäre.
Besonderes Interesse scheint das Krokodil erregt 7Ai haben, das
ausführlich besprochen wird bis zu den Krokodilsthränen herab.
Auch Hegius giebt in seinem Dialogus de scientia et eo quod
scitur eine B<'schreil)ung des Ivrokodils nach Pliuius nebst einer
Beschreibung des — Basiiisken.
n. Dichtungen der nächsten und der spateren Zeit.
Die nächsten Jahre nacli iUnn Erscheinen der Epistola
waren recht fruchtbar für die litti rarische Thätigkeit des
Bartholomäus. Die in jener Zeit entstandenen Gedichte De
secta Diogenis,2) die von Reichling als eine nicht nachzuweisende
Schrift l)ezfM>hnet werden, sind in mehreren Abdrücken erhalten.
In der von Franciscus Aretinus Ubersetzten Ausgabe der (un-
') Heyiu.x wiinit in «(.'iiu'r Farrago vor lal^jclier Ableituii': der Wörter.
') Maii achte auch auf die mehrfatUcii Anspielungen auf Diogenes und
Beine AusHtetung in der Epistola mjrthobgica.
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276 Mitttiluufjcu d. üe». f. deutsche Erzieluuigs- u. Scbulgesch. VIII.
echten) Briefe des Diogenes C'ynicus, dio ( ampbelP) als ^p^en
141M) podruckt bezeichnet, linden sich drei klt inere der liierher
jreliöri^en (redichte. Campbell hUtte spätestens 14(K) schreiben
können, denn 1491 erschien schon bei demselben Jakob v. Breda,
dem Campbell den undatierten Drack zusehreibt, die Silva
carminum von Bartbolomäus, die ausser den drei schon ge-
druekten noch Tier, zum Teil weit umfangreichere Gedichte auf
Diogenes enthält. IHese Gedichte sind dann sämtlich wieder ab-
gedruckt in der unten unter No. II, 2 des bibliographischen Ver-
zeichnisses aufgeführten undatierten Ausgabe der Briefe des
C^nikers Krates, die also wohl jünger ist als die Silva. Professor
Dr. Bauch setzt diese Ausgabe vermutungsweise in das Jahr
1510 und eine weitere (bibliographisches Verzeichnis No. II, 3)
in das Jahr 1511 (oder 1510).
Im Jahre 1491 erschien die vermutlich erste Ausgabe der
Silva carminum mit 25 Gedichten.") Auf diese Sammlung
bezieht sich ohne Zweifel die ehrende Bemerkung des THthemius:^)
Bartholomäus sei ein poeta praeclariis, cuius carmina etiam
doctissimi poetae et niiraatur et laudibus attollunt
Das Btichh^in be<rinnt mit drei Gedichten zum Preise der
Philosophie, von denen die beiden ersten gegen den reichen
Flutonius gerichtet sind.
Cur. Plutoni, aurum i)raeclaris philosophiae
Artibus indocto iudicio aequiparas?
Nescis, aseUe bipes, quod doctae Paliados artcs
Exsuperant lonjre. (juidquid in orbe nitet?
Hisce libens cedit C'roesi pretiosa supellex,
Xec non et rejris flava metalla Midae.
l'nd nun wird weiterhin mit <rrossem Aufwand von Kenntnissen
aufgezählt, was immer die Erde an kostbaren Sfhätzen trägt.
Sed (|uid njtus multis? PTatM'lnrn "^oj^ntia et aite.s
InjjciiiKir •'\<iipfraiii tniius orbis ofies.
Kam pen'UJit jreniinaf. p« rit aiL'entum. perit aurum:
Inclyta lux sophiae non p» iiüira micat.
Donee erit (eUus et pontus et aer et ijrnis,
iJuraliit sophiae fama decus(jue saerai*.
Das kurze zweite Gedicht ist epigraiumatisch zuj^aspitzt.
Amiulcs ilo la t yix irniplii*' Xrcrlandnisi'. Xu. '»"T.
- < , tiw tlhhitt für (las Bibliotbekswesen XU, äV>3.
1 BililioLT. V»'rz. III.
De scripluribus ecclesiasticis u''. ÜOI.
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20. Ueber Bartholomaeua Ckfloniensis etc. Von Karl SoimeckeiL 277
Das dritto. Pane^yricon carmon philosophiae conscriptum, in
asklepiadeischem Masse gehalten, besteht aus vierzeiügen
Strophen.
Qua»' jdilsan' cholyii polliro oandiilo
Nosti, 'IVipsichore, linque biverticcm
Collcni T!H'si)ia(hini et Poiraseas a(|uas;
Sis pruestuis Sophia«' cariniiiilms sacris.
Zunächst wird auch hior diu ^Phik>sophie**, aber in eiu-
lachert i Weise, Uber das Kuslharste erhoben, was die Erde
hietet, ja auch Uber die herrhchsten (jöltiiinen. Dann wird
gQ7.o'\^t, was sie UMstet, wubii wir aucli des niilieni erkennen,
weklK'ii Berlin der Dichter mit diesem Worte verbindet. Sie
hat die Vtilkrr trclcitet und bildete einst die weisen Männer
Aejryptens und ( Jriechenlands, und schon ^nClit sie auch den
Völkern Latiunis unzählij^e Künste und ^;ehiiJigte Lehren. Sie
lehrt die Gestirne kennen und die Kräfte der Natur, die ViJgel,
die Fische und das Wild der Wälder, auch der Bäuuio Art und
die purpurnen Blumen der Muterreidien Flur. Die letzte
Strophe schliesst mit einem Gebet um Tugend.
Dann folgen die sieben Gedichte auf die Secta Dlogenis
cynici. In dem ersten setzt Diogenes selber weitläufig aus-
einander, was zu einem rechten Cynilcer gehOrt^ wobei dem
Dichter der Schalk im Nacken sitzt, wenn er z. B. von- dem
struppigen Barte des Qynikers sagt: welchen er selten ordne mit
vielspaltigem Kamm. In den übrigen sechs meist ganz kurzen
Gedichten nehmen die insignia des Qynikers, Hantel, Hanzen,
Stab, Schuhe, Fass und sogar der Bart, das Wort zu teilweise
recht derber Klage darüber, dass sie dem unsaubem Diogenes
dienen müssen. In der zweiten Ausgabe der Schrift Diogenis
cynici secta (Bibliograph. Yeiz. TT, 2) bilden diese Gedichte einen
seltsamen Gegensatz zu der Begeisterunflr, mit der der Entdecker
und Uebersetzer der Briefe des ("ynikers Krates, der Grieche
Athanasius Constanünopolitanus Arcbiensis abbas, diese Briefe
einführt.
Das nächste Gedicht — In osores Studiorum humani-
tatis — (sechs Zeilen) wendet sich gep:on die Feinde der
Ininianistischen Richtung. Vergebens wird die geschwätzige
Barbarei ankämi)fen gegen die gelehrten Kreise der Musen, gegen
die iorbeergeschm (Ickten Männei*.
Hos si nnn (•(>s;«.-as vcrbis olunndere, aselli
Aures temporibus tiget Apollo tuis.
UltteUiUfen d. Om. t deutacli« Brzieb.- u. ScIiulgOMhicbt«. Vm 4 1888. 10
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278 Hitt«Uuii{(en d. Ges. f. deutsche Eniehungs- u. Schulgesch. VIII.
Das Gedicht scheint seiner Zeit viel Anklang gefunden zu
haben, da es nicht nur in verschiedenen Ausgaben der Epistola
mit abgedracttt, sondern auch mehrfach Werken des Barthotomäus
und anderer Autoren handschriftlich bei^ofligt ist.
In den folgenden sieben Gedichten wendet sich der DIcIiUt
gegen einen hämischen (Jegner — Epigrammata in nequissimuni
Zoilum.') qui oninibus doctis et probis detrahere gestit.
1. Warum, o Zoihis. hörst du nicht auf. die Gelehrten durch
missgUnstiL'e AVortr zu verletzen, da du doch nichts ausrichten
kannst? Denn der Löwe fragt mehr nach der Maus und der
Elefant nach den Stichen der Mücke, als die Gelehrten sich um
die duninulreisten Schniäliworte ungebildeter Scliwätzer klimmen».
2. Zoile. quid causae est, vernucnla verbn citato
Gressu e\ <ire tuo fluminis instar cant?
Verha latina meant tardae testudinis instar,
Qiiar magno ni.su trudis ab ore tuo.
In promptu causa est: vernarum tu didicisti
Liiuziiam. quam mater sedula te «Iccuit.
Seil ncglt xisti lacundani ediscere linguam
Vatum. qui norunt. verba latina loqui.
3. Wenn du behauptest, die herrlichen Lehren (artesj der
Phih)st)phic inne zu haben, so rümpfen die Gelehrten die Nase.
Welcher Gelehrte könnte dich auch für gelehrt halten, hürt er
deine barbarische stuckende Sprach»'. Fliessen doch deine
Worte wie Asphalt und wie das Uarz aus den Bäumen des Ida-
gebirges.
4. Da du ein unthätiges Lehen liilirst, eselbaften Sinnes
bist, von all)crnen Sitten und rulK-m (niste, so wirst du, wenn
mich die herrliche Meinung des Saniicrs l\vthagoras nicht tiiuscht.
nach dem Tode ein prächtiges Eselchen (magnus asellus) sein.
5. Du wägst, o Züilus, bald deine Worte auf vorgeschoijener
Lippe,^) bald redest du mit zusammeniri kuiflVmMn Munde, und
du gestikulierst nut den ruhcloMU llämlrn. (huuil du ein guter
riiilosuph zu sein scheinest. Du Thor irrest dich; während du
mit Mund und llaiul di« h als Philosophen zu erweisen strebst,
zeigst du, dass du doch nur ein Pantomime bist.
Der Ausdruck Zoilus spielt bei den Schriftstelleni jener Zelt eine
grosse Kolle.
') Exporrt'cto tnitiiins tua verba labello; vgL i'erüius III, S2: exporrecto
trutinaiilur vorba laln-lio.
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2D. l'eber Bartholomaeua Colonienais etc. Von Kari SOimeckeii. 279
6. Immer Bprichst du von Aristoteles und fuhrst Plato in
deinem einfältigen Munde. Höre doch auf, von Aristoteles und
seinem Lehrer Plato mit deinen ungelehrten Lippen zu reden;
nenne lieber die schmutsigen Schweine, die du zu hüten ver-
dienst, und die dummen Esel, die du an Unwissenheit übertriffst.
7. Im letzten Gedichte wirft er dem Zoilus noch einmal
seine ganze Unwissenheit vor. Er verstehe weder recht zu
sprechen, noch recht zu schreiben, wefl er die Gesetze der
Grammatik nicht kenne. Aber auch von der Logik wisse er
nichts, noch von der Bhetorik. Unwissend sei er in der Musik
und der hochwichtigen Arithmetik,^) wie er auch von der Geo-
metrie nichts verstehe. Unbekannt seien ihm der Sonne Bahn
und des Mondes Weg nebst den leuchtenden Sternen des Hinmiels.
' Des Grundes der Dinge aber sei er kundig, wie eine Bäuerin.
Auch von den Arten der Tugend und der Fehler wisse er nicht
mehr als ein einjähriger Knabe. Und doch behaupte er vor der
thOrichten Menge, alles das zu wissen, und mühe sich ab« die
Gelehrten mit wütendem Bisse zu verletzen und vortreffliche
Männer zu verkleinern.
Num tibi forte putas (doctos dum carpere pergis)
Xancisci egregii nomina philosophi?
Falleris, ah demens; qui doctos laudibus effert
Dignis, philosophus ducitur esse bonus.
Qui contra doctos morsu discerpit amaro
Invidiae, Arcadicus creditur es.se asinus.
Nachdem er so dem Gegner gezeigt hat, was er nicht weiss,
aber wissen sollte, stellt er ihm in den nächsten fünf Gedichten
Männer seiner Bichtung gegenüber — Epigrammata subse-
quuntur, in quibus docti viri summis laudibus ad summum
usque caolum feruntur.
Zurrst preist rr den Nat urphilüS(»]ili (mi Aiiluiiius. In-
dem er aiilUlirt. was dieser alles weiss, driitet < i- zugleich sein*'
eigene eing<diende Kenntnis der Astronomie und Meteorologie,
der Natur des Meeres und dt t Krdbehen u. s. w. an.
Neben den Naturphilosophen stellt Bartholomäus den Kos-
mographen Markus, der die Länder und Oceane kennt, di«;
Flüsse und Seen und die Berge, bedeckt mit ewigem Sehnee. die
alten Städte und festen Plätze und die Völker aller Länder.
sacrae arithmeticae.
10*
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280 Mitteilungen d. G«b. f. deutsche Etsiehungä- u. Sehulgeadi. VIII.
Der Sdi]ii8S deutet an, dass der Besungene ein Freund dos
Dichters ist, der längere Zeit nichts hat von sich hören lassen.
Sed veteres socios prorsus nescire videris,
Quos tibi spectatus tunciliavit anior.
Eia age. fac populos (peregrinus quos tenet orbis)
MissosM et veteres nosee tuos socios.
Die beiden lolfrenden Gedit hit verherrlichen Thcodoricus
U Isen ins. In dem ersten wiid (Irrselbe als Dichter ;:epru'.<en,
er, dessen Gedichte den pierisci»en Weisen gleichzustellen sind,
(ilücklich das Liiiid. in dem er unter günstigem Sterne trclxiicn
wurde, wo ihm die Musen statt der Milch volle Becher aus der
Hippükrcne n ichten! Sie selbst haben ihn die süssen Weisen
g^elehrt; Apollo schenkte ihm ilic (■Itcnbeinernc Leier. Kallioi)e
das goldene Piektrum. Klio die liuhrpleife, und Minerva reichte
ihm den grünenden Lorbeer. Darum duften auch seine Gedichte
nach dem aganippeiscben Quell, und wie die Sonne die funkelnden
Sterne überstrahlt, so übertrifft er die herrlichsten Sänger. —
In dem andern Gedichte wird Ulsenius in eingehendster Weise
(es sind SO Distichen) als Kenner der Astronomie u. dgl. ge-
feiert, indem aufgezählt wird, was er auf diesem Gebiete alles
weiss. Derartige Dinge in einem Gedichte zu finden, ist uns
auffallend; aber bei den Humanisten war es nicht unerhört. So
sagt Melanchtbon über Celtis: „Zum Unterricht der Jugend filgte
er seinen Gedichten in vielen Abschnitten Stellen über Physik
und Astronomie ein.'*^ In dem letzten Distichon unseres Ge-
dichtes nimmt Bartholomäus den Mund noch recht voll:
Donec erunt stellae, donec vaga sidera caeli,
Notitiae astrorum nobile lumen eris.
Der Friese Thcodoricus Ulsenius war ein humanistisch ge-
sinnter Arzt. Nach einem Briefe des Nümbergers Petrus Dan-
bauser an ihn, der nebst der Antwort (datiert aus Nürnberg
pridie Calendas Apriles 1496) bei Freytag. Adparatus littcrarius III^
200 scpi. abgedruckt ist, war er in jener Zeit ein sehr ange-
sehener Arzt in Nürnberg. Gegen loOO erschien nach Camp-
bell, Annales n^ 1696 Termutlich hei PaJIh)et in Derenter
von ihm die Schrift Hymnus de Sancto Judoco, deren Titel ihn
poetam et medicum Dacum Magnopolensium physicum nennt;
in dem Werkchen wird er als Caesareus archiater bezeichnet
V) Der Druck f:rlilir---f die Klammer hinter Missos.
^) Hartfelder, Mtiauctithon ö. 17. Corp. Keform. XI, 3U0.
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20. U«ber Baitholomaeus Coloniensis etc. Von Karl SOnneeken. 281
Im Jahre 1507 tritt er als gekrönter Dichter auf in der Schrift
Helopoiae sive harmoniae tetracenticae etc., Augsburg bei Ogltn,
1507 (Bibliotheic der Bitterakademie zu Liegnits, Pfailos. in Fol.
n^. 63), wo ein Gedicht von ihm auf Celtis abgedruckt ist Ein
kleines Gedicht auf den Bischof Petrus Bonomus nebst der Antwort
enthält Baptistae Mantnani De mundi calamitatibus, ohne Ort
und Jahr (Staatsbibl. in MUnehen). Sein Vaticinium in epidemi-
cam scabiem besitzt die Ednigl Biblioth. in Berlin. Nach Hamel-
mann, p. 102 und 121, bat Ulsenius auch Busdiius besungen.
Siehe auch oben die Bemerkungen über die Epistola mytbologica.^)
Das letzte Gedicht der Silva carminum in dieser Heihe
wendet sich ad Petrum Pansophum, septero artium liberalium
professorem. Das Gedicht ist dem letzten auf den Zoiius recht
deutlich entgegengestellt, indem Bartholomäus diesem Humanisten
alle die Kenntnisse zuschreibt, die er dort dem Gegner abspricht.
Die Reibenfolge ist dieselbe, und hin und wieder stimmen auch
die Ausdrucke Uberein. Mit diesen reichen Kenntnissen ver-
binden sich bei Petrus noch hohe Tugend und reine Sitten, so-
dass Banbolomäus nicht weiss, was er an ihm am meisten be-
wundern soll.
Die erste Ausjjabe der Silva carminuni srhlinsst mit zwoi
Faholn. Wrnii (loodcko in stimr (Tcschiclit«' dor deutsclu'u
Dichtunjr II' S. 4.'i7 von den Fabeldichtern des 10. Jahrhunderts
1111(1 (!•'!• tminittelbar vorhergehenden Zeit sagt, dass sie zwar von
(h-r (Grundlage der iisopisdirn Fabeln aus^*nfr**n, aber an der
trocknen eingeschrumpften Form keine Freude haben konnten,
somh-rn lieber, nach dem Cluster des Keineke, zu der epischen
Ausl'Uhrlichkeit zurückkehrten und die Fabel wie einen von der
Tierwelt geliehenen Spiegel der (Jegenwart behandelten, so gilt
das auch für die Fabeln dos Bartholrutiäu«. T>n mir dieselben
nicht f>}ine Hedeutiinjr für die (irschiclitc der Fabel zu sein
scheinen. bi iiixiclitiLTc icli. sie an aiidtM iu ( )rto zu verütlViitliclirn.
Bemerkt mn'j noch werden, dass die erste Falte! ^\^r et
vulpe) nichts gemein hat mit der .. Hi)istule" De vos vu de haue
in der Zeitschrift für deutsches Altertum V S. 4()«5 ff.
Die fiächste AiisL'^nbn der Silva (lo():i) ist um die Kpi-
gianiinr auf einen Trunkenbold erweitert. Diese erschienen
zuei st (t) iü eiuer stdbütäudigeii, ganz uiidatierteu Ausgabe, von der
*j V^l. ausserdt'iu den Artikel iu der Allg. Deutsch. Hiographi
Bd. m S. '270 f.
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282 ^tteiluDgen d. Cre$. f. doat«che findehungü- u. Scbulgescb. V'lll.
bis jetzt nur ein Exemplar bekannt ;_'e\vor(lt'n ist, aus welclieni
der Besitzer. Hermann Müller, die Gedichte im Archiv fth* Litte-
ratnr^''es( Iii eilte III S. A'yH — 408 vollständig wieder hat ahdrueken
lassen. In diesen Epijsrramnien ;:elit der Dichter einem Saufaus,
der auch andere in seine Völlerei mit hincinrcissen möchte, sehr
scharf zu Leibe. Einem massigen Wcinu* nusse daireuren war
Bartliolomäiis st^hi- zuirethan, wie uns sein Schüler Butzbach
(Macrostroma Iii). X. toi. 87) berichtet. Ich füjre die kleine Er-
zählung' in der Ueberselüung D. J. Becker;^ (Chionica eines
jährenden SchUlers 8. loif) hei. „Ma^rister Bartbulumäus von
Köln trank wohl ircin ein Gläschen Wein. Wenn er nun irjrend
eine Materie au.s einem Buche seinem ( Icdäclitnisse einprägen
wollte, so bediente er sich iulgender Krieusli.st. Er holte ein«?
Kanne Rheinwein herauf, den er überaus gerne trank, und stellte
den Wein vor sich auf den Tisch. Wenn derselbe dann so ver-
lockend vor ihm funkelte und sein Verlangen danach so hoch
gestiegen war, dass es ihm just in den Fingerspitzen prickelte,
so redete er sich folgendermaassen selber an: >Sieb\ Bartholo-
mäus, ich weiss, du möchtest für dein Leben gern diesen Wein
trinken; ich aber dürste nicht veniger nach dem Becher der
Wissenschaft. Merke dir^s also: Wenn du deine Lection nicht
erst bis auf das letzte Pflnktlein gelernt hast, so kriegst du von
dem Wein auch nicht den mindesten Tropfen zu verkosten.«"
Auch im Hirtengedicht hat sieh Bartholomäus versucht.
Die Hofbihliothek in Wien besitzt eine anderweitig nicht nach-
gewiesene undatierte Inkunabel und eine gleichlautende Hand-
schrift, die neben den aus der Silva bekannten Fabeln und dem
Panegjricon Carmen noch ein längeres Gedicht, Aegloga (in der
Handschrift Egloga) bucolici carminis, enthält, dessen vollständige
Mitteilung ich der Gttte des Herrn BibliotJiekskriptors Dr. SchOcbtner
verdanke.
Endlich ist hier noch eine kleine Sammlung von Dichtungen
religiösen Inhalts zu erwähnen, der Libellus elegiacus de
septenis doloribus Mariae.*) Dieselbe stammt wohl aus der
letzten Zeit des Dichters; die erste datierte Ausgabe wurde 1514
gedruckt Die Sammlung enthält, dem Titel entsprechend, sieben
Dichtungen auf die Schmerzen der Jungfrau Maria:
1. Die Weissagung Simeons (10 Distichen). Das Gedicht
schliesist:
liibliogr. Vera, VI.
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so. Ueber BAitholomaeutACoIoHiensis «tc. Von Kart SOnnecken. 283
Tristia verba senis matrGiii"{orsere pudicam
Assiduo luctu maestitiaque gravi.
Kam quantas lacrimas fudit maestissima mater
Perditts et pernoz, quis numerare potest?
2. Die Flacht nach Aegypten (16 Distichen).
3. Das Suchen nach dem 12jäbrigen Jesus (16 Dist.).
4. Jesus vor Pilatus und Herodes; er trfigt sein Kreuz
(15 Dist).
5. Jesu Leiden auf Golgatha und sein Tod (83 Dist.).
6. Die Abnahme vom Kreuz; der Leichnam im Schosse
der Mutter (8 Dist.).
7. Dio Oral)leguiif? (20 Dist.). Dio letzten Verse lauten:
Jum Sol oeciduas inaereiis drscondit in undas;
Orbe sul) Ef)o pallida Lima dolft.
A tuiuiilo nali disrrdms aiixia inatcr
P^lcbiliter dixit: Xat»* srpulte. valel
Pleiia dolore gravi Sulyiuas'j remeavit ad arces
Illic in parva delitiiitque casa.
Fievit et iniiocui-j irudelia vulnera nati
Horreiiduin atrocis suppliciinnque necis.
Attanien exspectat redivivi yaiidia nati.
(iuüdia. (piae seciun lux tiiduaiia fcrrt.
Es sind tiel empfundene (.iediclitr. in denen sieh ciiir licrz-
licbe Fröiiiinigkeit ausspricht. Einzelne Gi'danki'n und Ausdrücke
klingen L'anz modern, so z. B. wenn der ^lund in stiller Nacht
auf die Flü( litliuge herniederschaut, oder weun der „bleiche Mond**
teilnimmt .iii (lein S< liiiici'ze.
In den Sclilussworten (Bl. 7^) eutseliuldi^t sicli J^aitholo-
miius. dass er vier- und rtinfsilbige Wörter am Ende (f) der
lVntamet<'r angewandt bal»e. Er habe das mit Absicht gethan.
weil er lieber die Worte den bedanken als die (Jedanken den
Wollen anpassen wolle. Deiartiges könne man Ijei den besten
alten Di« htcrn (insbesondeje in den Tri.stien) finden, wenn man
die Dichtungen eines Martial. Properz, TibuU, ( atuU und Ausonius
oculatis manibus durchblättere oder einige von den kleinen üo-
dichten Vergils durchlese.
Der er.sten Ausgabe des Libellus ist ein sechszeiliges Gc-
JeniMklem.
*) Im Druck: inuooiK
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284 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Eniehungs- u. Scfan]|fe$eh. VIII.
dicht von Murmellius beigegeben, das mit den Worten sclilieast:
Haec vim non parvam cordis pietate movendi,
Quao cecinit doctus Bartholomaeus, habent.
Die späteren Ausgaben haben einen ansehnlichen Anhang
erhalten. Zunächst folgen erklärende Anmerkungen, vielfach
astronomiscben Inhalts. So untersucht der Verfasser weitläufig
für die Gegend von Bethlehem und die Zeit der Geburt Christi
die Länge des Tages und der Nacht, sowie die Zeit des Auf- und
Unterganges d(T Sonne und des Mondes. Ausführlich wird auch die
landläufij^e Meinung (ut iniperitum vulgtts putat) zurückgewiesen,
dass in Jerusalem zweimal im Jahre die Sonne im Zenith stelK i >|iiod
est manifeste falsiim). Antipoden niü>^s:(Mi um 180 Grad ausein-
ander sein. Neben dem Ausdruck circulus aeciuinoetialis tindet
sich auch sehon der Name Aequator. Eingehend wird dargelegt,
dass die Gegenden an den beiden Polen der Elrde unbewohnbar
seien wegon dor grosson Kälte, wegen des Eises nnd der langen
Polarnächte. Den Wert astronomischer Kenntnisse betont er
n.ichdrticklich. Quoniam de nullo magis sapientiani, potcntianj
et bonitateni dei admfroiniir. quam de caelorum et astrorum orna-
tissima compago ((jiia*' iistiononiiae thenromatihns cogTioscituri
snnimo conatu nemo motus caelestium coiiioiuiii iidlitiaiu dclx-t
iioii amplecti. Inter caetera autem, in (luibus hai c n(»l»ili.ssima
ars liliiM-alis: imporiali dominae suae saciac thfologiat' inst-rvit. po-
tissinium est. (umd maximum miraculoniin. tciiiijoi-c jiassioiiis Christi
factum, et docet et monstrat. Di«* Astronomie it hrt nämlich, dass
die Verfinsterung beim Tode Cliristi keine natürliche Sonnen-
finst<'rnis sein konnte. Bartholomäus » i klärt dieselbe mit Dionysius
Aicopagita auf folgende Wcisi': Di i Mund sei ganz schnell von
Osten her g<'konunen und halie sich drei Stunden lang vor die Sonn«'
gestellt; dann aber sei er wieder an seinen Ort zurückgekehrt.
Die angeführten Worte sind nodi bcinerkeaswert wegen dei-
dienenden Stellung, die der Verfasser der Asti'onomic gegenüber
der Theologie anweist.
Ausser diesem Kommentar ist noch ein Hvmnus de beato
Gregoriü, conmmni omni um studiosorum patrono, beigel ugt und
ein Carmen elegiacuin in ignavos Zoilos, qm', cum nihil in studio-
sorum utilitatem conferant, aliorum tum scripta carpere non de-
sistunt. Die Gelehrten, so etwa führt Bartholomäus in dem letzten
Gedichte aus, sollen sich nicht mit stolzen Worten herumstreiten,
sondern durch die That in ihren Schriften zeigen, was sie können
und was sie sind, und sich um die Zoili nicht weiter kflmmern.
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20. Ueber Bartholomaeu« Colonicnsis etc. Von Karl SOnnecken. 285
ni. Die Canonos.
Wahrscheinlich noch vor das Jahr 1500 lallt die Abfassung"
der Canoiifs.') ciiur Art Coiiiputus icclesiasticiis. Die Schrift
lehit aut einfache, leicht fassliche Weise ihn Mondcyklus oder
die Gtjkleiic Zahl, den Sonneiicyklus. den Sonnta^irshuchstahen, den
Indiktionscyklus, den Ostertermin u. d^rl. kennen und herechnen.
Die vorausgreschicktc iM'nleitun}: enthält ausser einer kurzen
Inhaltsübersicht «'ine fa.ssliclie ErlUuterun>r der in Betracht
koianu luh n ReL'riffe. die den beirahten Schulinann erkennen lässt.
Dass die Cantaies auch für Sehüh'r Ix'stimnit waren, wird im
zweiten Teile (h r Ausgrabe von 1502 ausdrücklich gcsafft. wie es
auch der Titel derselben andeutet. Die Entdeckun«!: des Mond-
cyklus schreibt der Verfasser (ut aiiiiales tradunt) dem Julius
Cäsar zu, und er weiss sehr anschaulich zu schildern, wie er
sich* CKsars Metbode der Beobachtung vorRtcllt. Die Indiktion
ftlbrt auch Bartholomäus auf die römiscbe Steucrrerwaltung zu-
rück, entwickelt aber über den bei ihr herrschenden Brauch
sonderbare Ansiebten. Danach hätten die Bewhner jeder Pro-
vinz alle 15 Jahre unter dem Kamen Tribut dreimal Metall ab-
zuliefern gehabt, am Ende der ersten 5 Jahre Erz (aes) zur Aus-
besserung der Waffen, am Ende des zi^-eiten Abschnittes Silber
zum Solde für die römischen Krieger, am Ende des dritten Ab-
schnittes Gold, das für unvorhergesehene Notfälle In den Staats-
schatz gelegt worden wäre.
Auf der 4. u. 5. Seite folgt eine Tabelle fttr die Berechnung
(die eigentlichen Canones), und auf den folgenden zwölf Seiten
wird die Weise der Berechnung gelehrt, wobei auch die Begrün-
dung hinzugefügt wird, auch wohl verschiedene Arten der Be-
rechnung gelehrt und, wo es nötig scheint, an Beispielen gezeigt
werden. Ein Vergleich mit ähnlichen Werken lässt die Kürze
und Bündi<:keit des Ausdruckes besonders hervortreten. Nur wo
der Verfasser rin Missverständnis befürchtet, wird er weitläufig
und kann sich nicht genu^r thun in ein<rehender Darle^Miinr. Am
Schlüsse zeigt er, wie durch den l'nterschied zwischen dem
Kalenderjahr und dem wirklichen Jahre die Wintersonnenwende
und die übrigen „Angelpunkte** des Jahres sieb verschiel)en
müssen.
Der ersten (?) Ausgabe der (Janones'^) ist die unten zu
M I!il>lin-r Vll.
liibliogr. Vit/,. \ II, 1 u. 2.
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286 MitteilungeD <L Oes. f. dentsche EniehiuigB- u. SebiügeBch. VIII.
besprecbendß Schrift De magmtudimbus terrae, lunae et solis
beigefügt.
Eine erweiterte Ausgabe erschien bei Peter Os in Zwolle
wahrscheinlich um loOO.i) Einem vollständigen Wiederabdruck
der früheren Ausgabe, aber in bedeutend kleineren Typen, folgt
hier auf BL 6I> eine Windrose, auf der u. a. die deutschen Kamen
von 32 Himmelsgegenden (Norden, Korden toe ost, Kordnordost,
Kordost thoe norden, Nordost und so weiter durch Ost, Zuden
und West), die lateinischen Namen der zwölf Hauptwinde und
die vier Teniporamcntc angof^cben sind. Auf der nächsten Seite
folgen noch einmal in gcwOhnlichmi Druck die zwtflf Winde mit
ihren gewöhnlichen Kamen und den Xamen secundum Isidorum
Petrum Cameracensem. Aus dem Distielion:
Anni mundi et christi
Ante ihesum duo cc minus vno niilia qulnqj
P()st(i5 iliesum mille quin^enti preteriere
djirf man wob! einen Scbluss auf die Zeit dieser Ausgabe machen.
Dann folgen Judicia vulgaria, verschiedene Wetter- und Bauern>
regeln, teils lateinische, teils deutsche. Die Regulae rurales
schliessen : Drinrk wvn martini. iiiake worsto natiuitatis (Trink
Wein zu Martini: mache Würste zu Weihnachten).
Einen neuen Zusatz von IS Blättern erhielt nach einem
Exenijilar der Stadtliihliotliek zu K«)lii die Sehritt im Jahre l.^)<>2.-)
Dieser Anhang ist der besiuot limcn selhständiiicn, mit Sehluss-
wort des Diuekers versehenen Bearbeitung einfach anireliiinut.
wobei nicht einmal die Signatur übereinstinnnt, da auf Bogen i)
des ersten Teiles der J^»gen b des Anhangs folgt.
Dieser zweite Teil b<'haiidelt die verschiedensten einschlä-
giLMMi DinL'e untei- Einfügung von Taliellen. >!• niurit rver.sen u. dgl.
Da liiid< u wir z. B. Tabellen zur Bestinimunir <ler bewcLdichen
Feste, der Stellung des Mondes."*) der Koiijunktion. n und Uppo-
siiiduen. der Finsternisse, des Sonuenuut- und L'iUerganges und
der Tages- unil Xaehtlänge, der Sonntags in der Kirche vorzu-
lesenden Bibelabschnitte u. s. w. nebst (Jebrauchsaii Weisung und
anderen Erläuterungen. Femer finden wir Belehrungen über diü
Ordnung der Sphären, die Elemente, die Hinimelsköi-i)er, den Tier-
kreis, die Mondphasen, die Zeit im allgemeinen, den Jahres-
Hihli.^:.'!-. Xvvz. VII, 3.
») Hihlioirr. Vir/. VII, 4.
DtT Mond, simi der Verfusfcr, ist eine Kugel, die uns» immer dieselbe
Kfitc zukehrt.
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20. IJeber liartholonjaeuH Coloiüeusis etc. Von Karl SOnnecken. 287
anfantr ii. a. Die Stunden werden von Mittajir zu Mittajj: irezälilt.
Die Soniu'ji- und ^fondfinsternisse linden sich ftir die Jahre 15()2
bis 1530 genau nach Zeit, Dauer und Art der Vi rtinsterung an-
gegeben. Die Angaben sind auf den Meridian von Nürnberg be-
zogen, wonach sie ftir die übrigen Gegenden mit Hilfe der Ta-
bula regionum leicht bestimmt werden kOnnen, wie an Beispielen
j^ezeigt wird. Zwei Arten der Yerflnstening werden an Zeich-
nungen veranschauliobt. Auf Bl. 16 b f, verbreitet sich der Ver-
fasser über die Anordnung der vier Elemente. Dass das Wasser
nicht die ganze Erde bedeckt, kommt, „wie einige sagen**, daher,
dass das Oentrum der Erde auch das Centrum der Schwere
(C^entrum gravitatis) ftir die Erde und zugleich ftir das Wasser
ist. In dem Abschnitt De zodiaco findet sich die Bemerkung:
Huius niateriae subtilior discussio in tractatu sphaerae magistri
Johannis de Sacrobusco et aliis plerisque plenius invenitur; haec
primum rudioribus sufficiant
Die Sterne des Tierkreises werden der Beibe nach be-
sprochen, ihre Namen erklärt und ihre Bedeutung für den
Menschen angegeben. In welcher Weise das geschieht, mag der
erste Abschnitt der Besprechung zeigen: Printum Signum aries
idcirco dici videtur, quoniam sicut aries sex menses hibernos sini-
stro incubat lateri, ab aequinoctio autem vemo in dextro quiescit,
sie sol ab eodeu) teni])ore dextram relinquens sinistram partem
amlnt zodiaci. Hoc signuni ex niembris hominis caput nsiiirit.
Luna itaque currente in ariete timendum est capito mederi illud-
que layare vel ferro laedere. Congnium tanien est, venani inci-
dere, vulnera purgare, dumtaxnt eapite exrf jjto < t vena eephalica.
Da der Coniputus eine Belehrung Über dir Zeitrechnung ist
(ratio teniporis distinguendi), so will der Verlasser auch kurz
auf den Begriff Zeit und die Einteilung der Zeit eingehen. Den
ersteren zu definieren, ist nach Cicero schwei-; Bartholomäus
giebt zwei Definitionen des Aristoteles (1. m libro V. eausaruni,
"1. in (|uarto pbi.). Tnter den Zeitabsciinitten wird die Stunde in
\ puncta vel (|uartas eingetriit. das pnnetnni in 1( » nininciita. das
inctnientnm in 12 uucias, die uncia in 17 nieiit iin lir teilhnre
athainos (Atluunos .... est indivisibilis). Daneben wird aucli
die physiea frnetio in Minuten und Seknfiden angcLiclii ii : jede
Sekundr wiid in (K) Tertien. j«Ml<'S Tertiuni in Qnarteii ( ini'c-
teilt. damit die Einteilung der Zeit nät der Einteilung des Tit i-
kreises über<'instininie.
In einem L'eberblick über die wichtigsten Zeitrechnungen
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288 MitteUnngen d. Ges. f. deutsche Bniehnngs« u. Scholgescb. VIII.
bis auf Cäsars Reform weist der Verfasser mit Augustinus scharf
die Meinung derer zutücIe, die behaupten, dass den Jahren des
alten Testaments eine andere Dauer boizumessen sei als den
unseren, so dass eine Lebenszeit von 900 Jahren nur 90 Jahre
nach unserer Rechnung gedauert habe. Removeatur hic error,
qui coniectura falsa ita vult astniere scripturarum nostrarum
fldem.
Man icOnnte zweifeln, ob der Anhang des Exemplars der
Stadtbibliothek zu Köln wirklich zu der vorausgehenden, an sich
selbständigen Schrift gehöre, ob er überhaupt von Bartholomäus
verfasst sei. Im Inhalte deutet manches auf unsem Schriftsteller
bin, anderes scheint mit seiner Art in Widerspruch zu stehen;
entscheidend ist aber wenigstens für das erstere wohl, dass der
Ausdruck ut supra diximus in dem Abschnitte De concurrentibus
recht deutlich auf eine Bemerkung des ersten Teiles (in dein Ab-
schnitte Do intorvallo et festis mobilibus) zurückweist. In
mehreren Tabellen, sowie in ixanzen Abschnitten stimmt til)rifrons
dieser Anhan^r pcnau Überein mit den entsprechenden Teilen der
iii'datierton. den Tjpen zufolge in derselben Offizin gedruckten
»Schrift Kalendarius cum vero motu solis & duplici mo ] do inue-
niendi verum motum lune. vulgari. scz | per litt€ras. & astronomico
perspieacissimi astro | nomi magistri loannis de Monte Regio.
Nee ! non verc coniunctiones solis & lune eclii)ses(n co rundem,
cum (|uibusdam alijs cojrnitu niaxime 1 necessarijs. Post(|3 omnia
subnectitur cöputus | ecclesiasticus chyrometralis in capittula (!)
perpul I ehre distinctus. ' (Holzscliiiitt : Sonne und Mond («rross).
oben zwei Sterne. unttMi Felsen niul Bäume); iiÜ Bll.. L'ot. Tyiieii 4**.
Die T:il)( Hell he^nnücn alle mit 1502 oder 1503. (Küuigi. Biblio-
thek im Haag.)
nr. Baitholom&us als Mathematiker.
Johann Cäsarius hat, wie Reichling a. a. 0. S. 115 mitteilt,
Bartholomäus als bedeutenden Mathematiker anerkannt und
H. Buschius, der an ihn ein Gedicht auf den Tod seines Lehrers
Hcgius richtet, nennt ihn poetam et astronomum*). Ich möchte
hier noch auf ein anderes, nicht minder ehrendes Zeugnis eines
Fachgenossen hinweisen, auf das d»'s Wittenberger Professors
der Mathematik Lon^Mcatnpianus. der in einer Vorlesung sagte, er
habe in ganz Deutschland und darüber hinaus keine «relebilercn
Mathematiker gefunden als in Münster (in Westfalen) Peter
Uofckiiti.', liiilteni Opp. Sujjpl. 11, 5mh.
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20. l.'eb«r BarÜiolomaeu« Coloniensis etc. Von Karl Sonnecken. 289
Gymnich aus Aachen und in Minden Bartholomäus aus Eöln^).
Wenn Cäsarius bedauert, dass Bartholomäus seine Arbeiten auf
dem Gebiete der Mathematik der Nachwelt Torenthalten habe,
so ist zu bemerken, dass er wenigstens eine Schrift mathematischen
(oder mathematisch^astronomischen) Inhalts hat drucken lassen,
den Libellus de magnitudinibus terrae, lunae et solis,
una cum distantiis eorundem luminarium a centro
terrae^. Sie ist zusammengedruckt mit der kllrzesten Bearbei-
tung der Canones. Da in den letzteren das Jahr 1492 als ver-
gangen bezeichnet wird, der erste datierte Druck derselben aber
wahrscheinlich 1500 erschienen ist^). so fällt der Bruck unserer
Schrift anschciiioiid zwischen diese Jahre. Bei einem so gefeierten
i^Iatheniatikor jener Zeit ist es wohl nicht ohne Interesse, auch
auf dieses Schriftchen näher einzudrehen.
Nach Vorausschif kuii«! der Mitteilung, dass in dieser Schrift
als Mass stets italienische Meilen zu je tausend Schritten ver-
wendet werden, bej^innt Bartholomaus, wie Euklid und seine
Nachfolger, mit den nötiiren Definitionen. Zur Besprechun«^'-
kommen zunächst die Bej(riffü Kreis mit Umfan»:, Durch-
messer, Centrum und Fläche — und el)eno Firttr. Darauf wird
«•rwflhnt, dass dfr Durchmesser den Krois in zwi i irlciclio Teile
teilt, und (!as> (icr Halhkr^is- die liall»' Kn'isllä( lie uiiischliesst.
Dann lol^^fii die Linif im alL''*'iiirinfn i l<ni;_Mtiulü sine latitudine
ac proliinditatf. cuins txtremitales sunt dud i»uncta). die jrerade
Linie (die küi zcstr NCrbindunir zwoier Punkte i und die gekrümmte,
ferner der Wiukid (.\n^'ulus i st duaruni linearum niutuus con-
tac tus>, ..Xeh('nl>ei'* wird das Verhältnis von Kreis und Ku^id.,
Quadjal und Würfel. Linie und Fläche erwähnt. Dann folyren
die Beirriffc Körper und Ku^'cl, Ini wt khcr Spliära und Orbis
auseinander<ft'huheii werden. Bei der Kn?« l wcnb u besprochen:
('«'ntrum. Achse und Durchmtsser, Pule. p-össt<'r Kupelkreis
(der die Kul* 1 in zwei crleiche Teile zerh»<rt; trrösste Kujr^ lkn ise
sind auch Mriidiaii und lloii/.oiit, dfr für ver.si hicdene (iejrenden
verschieden ist), Zenith (ein arabisches Wort) und Nadir (beide
sind Pole des Horizonts). <'ndlich der Kubus.
Auf die Definitionen folgen noch einige notwendige regulae
et suppositiones, ab cadem materia nostra non abhorrentes: die
Berechnung des Durchmessers eines Kreises aus dem Umfange
\) HiuiH'lmann, Opj). p. 1^1). 137.
2) Bibliogr. Vfiz. Vlll.
*) Siebe oben.
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290 MiUeiluDfcen d. Ges. f. deutsche Ersiehunga- u. Sdiulgeflch. VIII.
<X7 : 22) und umgekehrt (X22 : 7); die Ereisfläcbe ist gleich dem
halben Durchmesser (der Ausdruck Radius wird in der Schrift
nicht gebraucht), multipliziert mit dem halben Umfange. Nun
wird gezeigt, wie man auf verschiedene Weise die Kreisfläche iu
ein Parallelogramm (Rechteck) verwandeln kann; sie ist gleich
einem „Parallelogramm** 1. aus dem halben Durchmesser und dem
halben Umfange und 2. aus dem ganzen Durchmesser und dem
vierten Teile des Umfanges. Ein Parallelogramm aus dem ganzen
Durchmesser und dem halben Umfange ist gleich der doppelten
Kreisfläche, eins aus dem ganzen Durchmesser und dem ganzen
Umfange ist der vierfachen Kreisfläche gleich. Der Umfang
wird auch gefanden, indem man den Durchmesser verdreifacht
und Vt desselben addiert> Bevor der Verfasser zur Berechnung
der Kugeloberfläche übergeht, wird der Satz Uber die Berechnung
der Kreisfläche ^viederbolt. Die Kugeloberllüche ist gleich dem
Pi'odukt(' aus dem Durchmesser und dorn Umfange (dem grössten
Kugelkreise). Dcu Scbluss der Einleitung machen einige
Sätze ttber das Verhältnis zweier Kugeln und ebenso zweier
Kreise.
Nun gebt der Verfasser zu seiner eigentlicben Aufgabe, der
I)( Kcbnung. über, bei der nur arabische Ziffern Verwendung
finden, während in den vorgedruckten C'anones ausser der Tabelle
vielfach römische Ziffern aiijjowandt werden.
Als: Ausgangspunkt iradix) ht-nutzt er einen Kreisbogen des
Erdunitangrs. der einem (irade am Himmel enlsijrielit. und dieser
Bogen beträ;/! nach . Johannes ('aiiipanus 'Ay'/n italifiiisehe Meilen.
El' beruft sich hierbei auch auf (»nincs astroiiomiac jicritds. Die
LäUL^*' eiiit'S solchen li(»iriMis tindf-t man, wenn man auf dem
M«'ridiHn in gerader KiehtnnL: nach Norden odei' Süden sieh
soweit fortliewegt. dass sicli die Polhühe um einen (irad vernudii't
oder venniüdert. denn die F^idkiigel ist mit der Himmelskugel
konzentiiseh. Und weil mau sich jeden Kreisumfang in
gleiche Teile udei t.ia<!e geteilt denkt, so betragt der ganze
^grosse Kreis** der Knie ;{(;() X oO^ 3 = 2041KJ italienische Weilen
— nach unserer Bezeichnung: denn Bartholomäus irehraucht
weder Zeichen, noch Bruchform, sundern drückt das all* > durch
Worte aus. ..Die ersten Anfänge der Zeichensprache** fallen
allerdings vor diese Zeit; sie Jindeu sich nach Gerhardt, Ge-
schichte der Mathematik, S. 49 f. in einer Handschrift etwa aus
der Mitte des t5. Jahrb. Ein fester Grund wurde aber erst um
den Anfang des Id. Jahrb. gelegt. So Hess Bartholomäus, weicher
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20. Ueber BarthoIomwuB Colimieitsis etc. Von Karl SOnnecken. 2dl
recht verständlich sein will, die noch nicht allgemein bekannten
Zeichen unbenutzt
Zur Veranscbaulichung der Ungeheuern GrSsse de$ Erd-
umfanges benutzt er ein heutzutage so viel genanntes und von
manchem als neue Errungenschaft betrachtetes Srlittel, das er
überall anwendet, wo es sich darum handelt, weite
Strecken zu veranschaulichen. Er rechnet aus: Wer täglich
24 Meilen wandern konnte, der würde, wenn keine Hindernisse
entgegenständen, die Elrde in zwei Sonnenjahren und 120 Tagen
zu umkreisen im stände sein.
Aus dem Umfange der Erde berechnet er nach den voraus-
geschickten Definitionen und Lehrsätzen den Durchmesser der
Erde auf den Halbmesser auf 324i>Vii Meilen. Indem er
dann den Halbmesser mit dem halben Umfange multipliziert, erhält
er die Fläche des grOssten Kugelkreises » aS1036ä6Vit (Quadrat-)
Meilen und durch Multiplikation des Durchmessers mit dem Um-
fange den Inhalt der Erdoberfläche = 182414545Vti (Quadrat-)
Meilen. Nachdem cv daraus durch Zweiteilung die inedietas
superficiei convexae ipsiiis sphacrao torrao auf ($0207 272 Meilen
und die Hälft«' incr Meile und drittehalb Elftel einer Meile (die
Quadratmeile wird sfrts bloss Altile genannt) berechnet hat,
teilt er noeli eiriiiuil durch 2 und «'rhält damit wieder die Fläche
des grössten Ku^elkreises, wobei diesmal al)er der Bruchteil als
et paulo plus bezeichnet wird.
Nunmelur geht es mit Flügeln') zum Monde hinauf, dessen
Durchmesser er ohne weiteres (gratia cuius sciendum est) auf
1897 ^leilen festsetzt. Nachher freilich wird er bei Berechnung
der Obertläche mit IHIMJ^Ys.h angegeben. D<'r Gang der Berech-
nung ist (lers«'lbe wie bei der Erde: nur ist der Ausgangsjjunkt
ein nnder-pr. Auch hier kommt es gelegentlich auf ein „etwas
mehr" nicht an.
In gleicher Weise wird bei der Sonne verfahren; den Aus-
gangsi)unkt bietet hier ebenfalls der Durchmesser, der zu
3o7üü Meilen angenommen wird.
Nun werden die Durchmesser dieser Weltktfrper verglichen,
zunächst die der Sonne und der Erde; „es ist klar**, dass
der erstere öVj mal so gross ist als der letztere, denn
:io7(X):r,491 ist = 5, und der Rest :i245 ist gleich der Hälfte
des Ei'ddurchmessers. Der Sonnendurchmesser ist aber ungefähr
') AssiimptiB alis.
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292 Hitteilimgeii d. Qe& f. deutsche Emohung»- u. Schulgesch. VlII.
18*/ft mal so gross als der des Mondes. Wenn man nämlich den
Üui'chmesser der Sonne durch den des Mondes dividiert -^05=-,
80 erhält man 18 und den Hest 1554. Dieser Best aber ist
etwas mehr als iles Monddurchmessers, denn Vs des Durch-
messers sind 1517^/5 i^feilen. Der Unterschied zwischen jenem
Rest und */6 betrugt also 37: quae amplius in residuo inveniun-
tur. Bann werden die Durchmesser der Erde und des Mondes
▼erglichen.
Darauf geht der Verfasser zur Berechnung und zum Ver^
gleich der Kuben über, zunächst wieder der der Sonne und der
Erde, wobei er den Durchmesser der letzteren = 1 setzt, also
den Kubus auch = 1. Da der Durchmesser der Sonne 5V3 mal
so gross als der Erddurchmesser ist, so beträgt der Kubus
5V3x5*/9X5Vs = 166^/8 dieser Einheiten. Zur Ausfahning der
Rechnung wird 6Vt in „rcsolvicrt* (resolvatur); "/tX"/a ist
121
aber -j- (nam ex ductu medietatum {dvr Halben) in se exeuut
(lUiu taci; -T X "/a = V, . Durch Aiisfühi iiiiLr der Division er-
4 o
haltiMi wir 166'/« (welcher Bruch kleiner ist als V« und jrrösser
als ^a). Folglich ist die Sonne IGOVs mal so gross als die Erde;
nam quae proportio est cubi ad cubum, ea est sphaerae ad
sphaeram secundum omnes geometras.
Ebenso werden die Kuben der Sonne und des Mondes be*
rechnet und verglichen; ersterer ist 6644 mal so gross als der
letztere. Dieses Verhältnis wird auch in dem Kommentar zum
Libellus elegiacus angefahrt mit Berufung auf Ptolemäus.
Der Durchmesser der Erde verhält sieh zu dem des Mondes
nach Ptolomäus wie 17 zu 5, die Kuben also ^ie 4913 : 125.
4913
Da BS „ungefähr** 397« ist, so ist die Erde 39^4 mal so gross
als der Mond. Der Verfasser folgt auch hier dem Ptolemäus,
obgleich Johannes Campanus in seiner Theorica planetarum die
Erde für etwas grösser im Verhältnis zum Monde erklärt Er
wählt die Angabe des Ptolemäus der bequemeren Rechnung
wegen; „Oampanus aber giebt das Verhältnis der Erde zum
Monde genauer an."
Im dritten Abschnitt behandeltBartholomäus die Entfernungen
der drei Weltkörper. Er legt zunächst kurz dar, durch welche
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2Ü. l eber liertholoinacus Colonii'n.«iib de. Vou Karl Bönneckeu. 293
Boohachtunpfon und Erwägungen Ptolciniius die Kiitfcniunjrcn (Ins
Mi>ii(lf's und der Sonne von dem ('riitruiii dvi Kidc zu hcstiiiimen
vci'^ucht hat; des Ptoleniäus Alii»a;zest. „worin das gesamte
iistrinioiiiisi hf Wilsen des Altt rtunis vereini$rt ist" M. scheint hier
üU rhaupt seine Quellt' liir das Astronomisch«' zu sein. Sodann
will er sich nach Kräften bemühen, die Berechnung dieser Ent-
fernungen zu zeijnfon.
Der Halhniesser der superticies eoncava sphaerae ipsius
luiia»' (d*'s innern Randes der „Mondsphän 1(»798() Meih u) und
ehenso der des Susseren (superhcit i eonvexae, 2lMtl5»S Meilen)
wild einlath aiigcgi hen und durch Sul)traktion der Durchnicsser
(crassitudo sive si)issitudo) der ^londsphäre (101262 Meilen) be-
stinmit. In gleicher AVeise wird bei der Sonne verfahren, bei der
die beiden Halbmesser zu 3892867 und 4268629 Meilen ange-
nommen werden, und wieder werden aJIe in Betraeht kommenden
Entfernungen veranschaulicht
Darauf wird der Halbmesser der Erde = 1 gesetzt und dat;
Verhältnis der genannten Entfernungen zu dieser Einheit be-
stimmt.
Aus den Durchmessern der Mond* und Sonnensphäre werden
dann jedesmal der Umfang und die Kreisfläche berechnet End-
lich wird noch gezeigt, wie man daraus wieder in der früheren
Weise die Kugeloberfläehe und auch aus dieser den Inhalt des
grOsston Kugcikreises berechnen kann.
Zum Schlüsse erklärt er noch, da der behandelte Gegen-
stand eine res satis ardua, difllcilis et obscura sei, so 'habe er
mit Absiebt eine breitere Ausdrucksweise gewählt, um alles recht
klar zu machen. Nam haec materia non requirit verborum
elegantiam, sed potius scntentiarum rectam intelligentiam, quam
sermo brevis et succinctus ((|ui frequenter est obscurus) sub-
ministrare nequit So sehen wir auch hier wie im Anhange zum
Libellus elegiacus, dass Bartholomäus den Inhalt Uber die Form
setzte.
Angehängt ist dieser Schrift ein sieben Seiten umfassendes
Nachwort an den freundlichen Leser. In demselben wendet sich
der Verfasser in lebhaft rhetorischer Weise wieder gegen die
Zoili. ..Hr>rst du. freundlicher Leser, das Zischeln, den Lärm
und das Schnarchen meiner Gegner? Sie sind schon längst in
träger Ruhe erstarrt und haben von einem würdigen Studium
1) Gerhardt, Gesch. d. Mathematik S. 5.
MUteilupir«tQ d. Oo9. f. deutsche RRJeb.» u. Schoteaiehlebte. vni 4 188a 2Ü
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294 Mitteiiungeu d. Geu. f. deulsclif hJrziehuiigä- u. ScLuljifeüicli. VI 11.
clor Wissfiischaftfii ali^elas.sen: um nhov nicht iranz müssi^ zu
schoiiuMi, halR'u sie ihn' Znn*ren in das schüiullit liste Schwara
}^itti>;en Neides fjetauclit ' ) und sich Uiit ihren liündisehen Zähnen
in die Schriften undrror verhissen, um si«' nach Kriilten wir
kläffende und wlitemlc Hunde zu zerreissen und zu zerlrtzt n.
Hörst du. lri'Uiulli( ht r Lcsrr, hörst du, dass sie auf mich jenes
Wort Ver<rils atiwt udt u: Welch ein seltsanu rCJast hat sich unserem
Wohnsitz «rrnalit?*'-) — So ^eht es noch etwas weiter, zum Teil
unter Anlehiiun;^^ an .Icsaias 40. 12. Er lUlirt dann fort: Aber
er fra^re nichts nach ihren Sticheleien und ihrem (Jespött. und
er be^relire auch nicht, von Trä^ren gelobt zu werden, l'm aber
den Angriffen gegenüber nicht wie niarpessischer Maimor-') oder
wie eine stumme Bildsäule zu erscheinen, habe er beschlossen,
den Gegnern eine Reihe mathematischer Aufgaben zur Lösung
▼orzulegen, die er, seine Gegner Terspottend, quaestiunculae
nennt Dieselben müssen aber rite ac debite (instar abacistae)
getöst werden. Von den 24 Aufgaben fttge ich hier etliche bei,
da sie einigermassen die Gebiete kennzeichnen, mit denen sich
ihr Verfasser beschäftigte, und in etwa auch die Art und Weise
ihrer Auffassung und Behandlung.
1. Quae est radix de quadraginta norein, tredecim diminutis, iuxta
scientiam tractatus de additis et ditninutis?
2. Si decsem duobus additis demantur a triginta duobus diminutis,
quot restant?
4. Qttae est radix cubica secundaria ipsius radicis cubicae primariae
ipsitts niuiHM'i tornarii ?
ö. Si nliijtiid qiinrlratum et docein eins radioos pnritor adunatac
ao(juantiir tri^rinta uuvüiu iu uuiueris, quautum est illud quadratmu et
quanta radix eiu.s?
7. Quot pedes solidoa habet in se lignum quadranguluin, cuius
lon^tudo est radix cubica wkcundaria radicis cubicae primariae nunieri
sexagMiarii et cuius latitudo sit radix cubica secundaria radicis cubicae
primariae ipsius numeri quadragenarii et denique cuius crassitudo sit
radix cubica secundaria ra H i^ « nM« ao pHinanae Ipsius nuineri vi<;Hiarii?
.Tain quaeritur, quot pedes äolidos hoc lignum quadraiifoiium in se
liabeat.
5. Quae i'>t lailix lüiioniii priiiii. ([ikmI qiiiiliMii liiiininiiuii prinimu
est 4 pt radix dv .^vplt-in. Et diimlf quac «>J radix r«'cisi ipäius
binuiitii primi ot hoc recisum est 4 nihius ratlicc de Septem.
Lingrnae «las teterrimo reneaatae invidiae atramento offiiderunt
= 1 A. n.'is IV, 10.
*) Marpeäia emtes (Anspielung; auf Aeueiti 471).
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20. lieber Bartiiülüiuaeuü Culuui«u.si!$ etc. Vuu Karl Sdauecken. 29o
9. Qnibus iatii>inl)iis j)i'()liahinuis. tetraironisniiiiii smi tetraji^onuni
et tri^onuiii ij5üi>k'urum alque hextigoiiuiü prae ceteris liguris regularibus
supcrficialibus posse replere locum superficialem circumstantem aliquod
punctum in superflcie imagimtuin? Der zweite Teil der Au^be dehnt,
dieselbe auf Kubus und I^Tramide. femer auf das regelmftsaige Ikosaeder,
auf Dodekaeder und Oktaeder aus.
IB. Quoinodo invenuMuus miliaria Italica alicuius parallel! aeque')
diätantis a circulo aequinoctiali per 15 gradus secuudum^ legitamam
supputationeni srn calculationrm?
14. QhiiuhmIo iiivenipimis distaiitiam duarum civitatutii uniu?? ab
altt'ra \>('v via:? aiitlmid irac et ^rpf>nietnae? In d(>r loi^q-iKioii Aiif-
l^abc wird die Fra^e aut das wüste Arabien und (ineclienland aii-
gewandl
17. Qttomodo debet mensurari profunditas maiis in certis loeis
sine ftinibus in aquam immissis?
18. Quomodo probabimus primo per viam additionis ei deinde per
Tiam subtractionis tonum constare en duobus bemitoniis minoribus et
commato?
21. Qiinmndf) pfitcrimiis rfficacitrr probare lllnd decimum All'ra-
«;aui^| in libro (ie tri^inta diticreiitiiä^). scilieet quud miuima stellainin
visu notabilium in eaelo est niaior tota terra?
24. lu quot niilibus amiorun» solai'iuiu uua cum diebus et horis
horarumque fractionibus completur revolutio nonae sphaerae seeundum
suum propriam et peculiarem motum, stant« eommuni*) eursu natura»,
seeundum quem caelornm sphaerae nunc moventur ae Tolvuntur?
Auf die Losung dieser Aufgaben setst Bartholomäus mehrere
Preise, mit denen er wieder seiner Gegner spottet. Ueber den
ersten Preis sagt er z. B.: Dabo tot aureos Philippioos, quot horas
indicat gnomo alicuius scioterii^) umbrasua, positus in meditutlio
terrae sub circulo aequinoctiali, cum sol suum celebrat aequinoc-
tium in primo gradu arietis vel librae.
An einigen Stellen seiner Schrift hat der Verfasser die l>o-
nutzten Quellen genannt Es sind die in jener Zeit viel ge-
brauchten, nämlich ausser Theodosius „in libro de sphaeri.^''')
') Im Druck: ««jf
Im Druck: »^.
Der Druck liat Al]i!irajrnni.
'i Im Dnuk: ilni ltij> Im Anhange ZU dem Libeilus elegiacua wird
AlfragHiais in <litli't'tiiii.i prima citiurt.
•''') Der Drui k hat cöi.
*) Statt gnomon alicaius sdotherL
^) Er lebte mutmaassUch im letsten Torchristlichen Jahrhundert (Wolf,
(»eschiebtf d. Astron. S. 11'»); seine Deliiiition des Bej^riffes 8phftre wird auch
in andum Werken aus der Wende des lö. und 16. Jhd. citierk
20*
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296 3IitteiluDgeD d« Ges. f. deutsche Eruelwnge- «. Sclittlj^seh. YIU.
der Uebersetzer und Kommentator des Euklid Johannes Campanus,
der „äusserst fleissige und Tielbelesene*^ Araber Alfragani
(Alfergani) und besonders der Öfter dtferte Ptolemäus, den noch
Johannes Stöffler 1510 (1614^) in seiner Schrift Uber die Kon-
junktionen und Oppositionen des Mondes den unstreitig ersten
unter allen Mathematikern nennt. Der Jahrhunderte hindurch
als klassisch angesehene und bis zum Ende des 17. Jalirhunderts
vielfach gelesene und kommentierte, inhaltlich aber wenig be-
deutende Algorismus von Sacrobosco**^ wird von Bartholomäus
hier nicht erwähnt; nur in dem Anhange der Canones von 1502
wird einmal für Weiteres auf ihn verwiesen'*). Die Schrift des
Aristarchos aus Samos De magnitudinibus et distantiis solis et
lunae kommt nicht in Betracht, da sie trotz des ähnlichen Titels
andern Inhalts ist. In dem Ubellus elegiacus werden auch noch
die Tabulae astronomicae illustris regis AJphonsii citiert.
Dass Bartholomäus gegenüber seinen Gewährsmännern
selbständig verfuhr, mag folgendes Beispiel zeigen. Für die De-
finition des BegrilKcs Sphäre beruft er sich auf Theodosius; wenn
dieser aber .sagt: in cuius medio punctus est, so setzt er statt
dessen: imaginatur punctus, und statt aquo (seil, puncto) omnes
lineae ductae ad circumferentiam sunt aequales. setzt <t: omnes
rectae lineae. Und so findet nmn auch sonst wohl bei ihm
eine korrektere Ausdrucksweise als hei andern zeitgenössischen
Schrift«ti»llern. Die Definition der Kugel wiixl sonst in Werken seiner
Zeit, soweit ich «gesehen hai)e, in der ungenauem Form ^e«:ehen.
Bartholomäus war übrigens in Deventer nifht der einzige,
drr sich (iir .Matlioinatik iuterfss-jcrto. r)as<^ auch Hc^^ius Interesse
t'iii' diesellH' ^cliaht liat. isi'hl aus einem M iiin- BciffV an Wessel
hervor*), in welchem er crwiihnt. dass untrf dcu Schlitten, die er
aus der Jjihliotht k drs Kardinals Xicolaus von Cusa mitifclirn* hl
habe, oiiiiirc matht'iuatisehe sei«'!!. Aueh in seinem Dial*»- De
toto et pai tr spricht t-i- ühn- ( icomctrie ; er hebt dort die Wichtig-
keit der Detinition iür diese WissenscUalX hervor'';.
V) Wolf, (iesch. (I. A>itroii S. 2i >4
-} Die Sdu ift rr-^f hif ii 1514: der beirortendu, dieser Schrift vorgedruckte
Brief ist vom is. < "ulendas Uctobres l.MO datifrt.
») Wolf, Gesch. d. Astiou. S. 20» f. Vergl. Gerhardt, Gesch. d. Mathem.
Seite ».
*) Siehe die üben S. 287 niiireführte .Stelle.
-■) Ih'i KraH't iimi ( recelius, üeitriiL'e II, S. 1).
Wiese, Der Pädagoge AI. Uegius und seiuu Schüler, iuaugural-
DiböcrUt. lbU2. S. 30.
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80. Heber Baitholomaeus Coloniensis etc. Von Kart SOiuMcken. 297
Eine weitoro Schrift des Bartholomilus — De diver.sis
rebus ponderabilibus diversisque experimentis libora-
lihus, una cum aliis admiratioiie diguis — , die 1515 in
Deventer erschienen sein soll, habe ich trotz eifrigsten Sucbcns
nicht finden IcOnnen, Dass sie wlrlilich existiert hat^ bezeugen
Graesse') und Brunet^, deren Angaben aber verschieden aufge-
fasst werden Ictfnnen, und der Katalog der Königlichen Bibliothek
in Berlin, in dem auch das Werk aufgeführt wird; aber leider
fehlt das entsprechende Exemplar.
y. Seine Kenntiiis der antiken Litteratur.
Zum Schlüsse mag hier noch ein Verzeichnis der antiken
Schriftsteller folgen, auf die sich Bartholomäus in mehreren
Schriften beruft. Die CState werden fast dorchgUngig \v(}rtlich
angeführt, selten aber die Schriften genannt, aus denen die Stellen
entnommen sind.
Von griechischen Schriftstellern werden genannt: Homer,
Plato (Timaeus n.), Aristoteles (mit „dem Kommentator**) und
Ptolemaeus (Cosmographia und Almagest XIV.). — Von latei-
nischen Autoren werden Gittert: Plautus, Terenz, Lucilius; Cicero
(mehrmals als TuHius), Lucrez, Catull, Vcrgil, Horaz, Tibull,
Properz, Ovid; Plinius der Aeltere, Cornelius Celsus, Juvenal,
l^lartial, Oellius, Macrobius, Ausonius; Pompoius, Varro (De
lingua latina), Scrvius (super primum Oeorgicorum), von neueren
Kommentatoren Christoferus (Christoph. Landinus, Super teitium
Georgicoruni) und Xicolaus Perottus (zu Martial). Am meisten
werden wohl die Diditcr Vergil, Ovid und Plautus herangezosren-
Auch in (h n Kiichenvätern und späteren Schriftstellern zeigt
sich Bartholomäus bewandert
VI. Bibliographie.
la. Epistola mythologiea.
1. Ohne Ort, Drucker und Jahr (Bereuter, Jae. v. Breda, gegen
14S!)/$X)). — 18 Bll., goUsche Typen, Datum des Briefes 1489. 4».
Genauere Bps( •hreil)un«f bei Campb^l, a. a. O, 251.
Kön. I^i)>lioth. im Haag. Herz. Bibl. Gotha.
'2. Ohne Ort. Drucker uud Jahr (Deventer, Jac. v. Breda). —
23 Bll. (4 Bogen zu 8, 4, 8 und 3 Bll.); und 23'> leer; ohne Kustoden
Ties(»r <le livres rares et jneeieux I, p. 902.
Manuel du libraire 1, i». 07h f.
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298 Mitteilnngen d. Ges. f. detitsche Eniehungs- u. Schulgesch. VIII.
und Seitenzahlen, aber mit Kolumnentiteln. Sig. Aij — Dij, Got.
Typen. 4«
Bl. 1*: Bartliolomei Colonienßs | Epiftola Mytholo^iea cu) | quo*
Mindam diffioiliiiiii vocabuloium in ea pofito« 1 rum lucnlenta iiiter-
p.N tationo | 1^1. 2": (F Hartholoinei Colonionfis Ki>iftola Mythnln |
^ii-a: Io]>idi? iViitcntijs: et ad cöniuneiii l'er^ | monum viuni
aecöm«i(latilTiniis relerta. *'t iiiiris; z ; p:opo adeo ridicnlis iocis oaiiilla-
tiouibiis. lalibufqj [ et faectijs refperfa Ad Pancratimn ineipit
felieiter | Datum der Epietola 61. 15^: Ex | dauentria fexto idus
Julias Anno dfii. M.cccclxzzix } Dann folgt: iE Epjgramma eiufde^
Bartholome! in ofoies ftu | dio^um humanitaüa | Folgen B Distichen,
darauf: n Epistola ad lectores suos | Folgen 3 Distichen. Bl. 16 ■
nach dem Kolunmeutitel: <[ Quojundä difficilium Yocabulo2iiin in
p;eee> | denti epiftola poHtoium fuecincta et bseuis interp^e | tatio
incipit ff Heiter. |
Stadt-Bibl. Deventer. Univ.-BihI, Göttinnen. U.-B. Marbur»;.
Herz. R. Wolfenbüttel. (Bei Haia, l^epertor. biblio^T. n". 24J)2.)
:5. Ohne Ort, Drucker und Jahr. — 23 Bll. Dutum der Epistola
1480. 4". „^'icht bei Hain''.
Univ.-lUl.l. VvMx.
4. Ohne Ort, Drucker und Jalir. — IS Datum der Epi.slola
14iK), Auf dem Titelblatte ein Holzschfiut: Ein Lehrer sitzt mit auf-
>;e&chla<;enem Buche auf hohem Katheder, im Halbkreise um ihn sitzen
fQnf Schüler, ebenfalls mit offenen Bachem. — Ohne Kustoden, Seiten*
sahlen u. •Titel, ag — cüj Oot. T^en. 4^
Stadt-B. KOln. KOn. B. im Haag.
5. Delf (Chr. Snellaert) 14^. — 16 BU. 4'.
Kfin. Bibl. Haag. Unir.-B. L5wen. KOn. B. Stuttgart.
6. Ohne Ort^ Drucker and Jahr (Deventer, Jac. v. Breda?). Die
untere Hälfte der Titelseite nimmt ein Holzschnitt ein, der sich ui
Drucken Ton Jac. v. Breda findet: Vier Medaillons auf schwarzem rJi nude
mit den Namen und Attributen der vier Evanfj^elisten. diizwisehen in
,\rabe>kon die Buchstaben i h ^. Datum der Episfnla 1 K'» l'll.
(8 l^iMj;!'!! zu (), ß und 4 Bll.) Ohne Kustoden uml Stitrir/aliltn itiid
-Titi'l. Aii.) — Ci. Die im Titel verheissene Intejputaiio quorundam
difficilium vocabulorum fehlt. Got. Tjpeu. 4". (Hain, Kep. bibl. 21VM.)
ITniv.-B. LeipzifT. Kais. B. Strassburg.
7. Cime Ort, Drucker und Jahr (Deventer, Jac. v. Breda). Datum
d. Epist. 1496. — 24 Bll. Got Typen. 4»
Campbell, Annales n*. 254.
8. Ohne Ort, Drucker und Jahr (Deventer, l{ich. Paffroet, ca. 140()).
18 Bll. 4»
Campbell, a. a. 0. n^ 253.
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30. tJebor Bartholomaeiw Coloniensis etc. Von Karl SOnnecken. 200
9. Ohne Ori, Drucker und Jahr (Datum der Epistola 1497). —
23 Bll. Oot. Typen. Am Ende Gorrigenda (30 Zeilen). 4*.
Stadt-B. Deventer.
10. ZvolUs, ]'rt. Os de Breda, 1499. 4«.
Hain, 2495. Qraesse, Tresor I, 302.
11. Erphordiae, Faul, de Haohenborgk, IdOl. (Kön. B. Dresden.
U.-B. Göttinf^pu.)
12. Lijitzk, Martin. Lantzberk Herbipolon«!., I.tOI, III. Kai. Maias.
4". (Heil- u. 8tts.-B. MniK-hfii. U.-B. Loipzijc, l .-R. Götting:on.)
VA. oimr Ort, Drucker und Jahr (Datum der Epistola 1(303). 4*.
(U.-B. (Jottin^ron.)
14. Paris., ohne .lalir. 4*. (Graesse, Literärgeschichte II. Bd.
;J. AbteU. 2. Hölfto S. 8S5.)
15. VenetÜB, Bern. Vereellensis, lo08, die XXim. Januarü A^.
(U.-B. Jena, Stt8.-B. Mttnehen, U.-B. München, Hf.-B. Wien.)
16. LIptzk, Jao. Tanner Herbipolens., 1^ 90. Juli. 4<>. Auf
Bl. l** ein Brief: Forti prudentique viro consulari Anthonio Witchyn,
ac inte<;ro nobiliiun in districtu Swebussensi civiumque eiusdem civitatis
iudici Georgiu» Adalberti AVitchyn, bonanini artium baccalarius. patri
suo amantissiniü S. V. l)icit. Am Ende (lr>sell)en: Datum <■ T.ijitzensi
studio. !*oritndo mfnsis Juiiii anno doiiiiiii (Kr>n. B. Bamberg,
Kön. H. J>resdeu. Slts.-B. Jlüutlien. Hz. H. Wuhenbüttel.)
17. Lips.. baccalaur. 31artin. Herbipolens., Iü08. 4". (Fflrstl. B.
Wernigerode, HatsschuKB. Zwickau.)
18. Coloniae, Mart de AVerdena, loiO, feria tertia post Bartho-
lome!. 4^ (EOn. B. Berlin, U.-B. Breslau, U.-B. Freiburg, Stdt.-B.
Hamburg, Landes- B. Kassel, Stdt.-B. Köln, Ebern. U.-B. Helmstedt,
Stt8.-B. Münchrn. U.-R. Tüliini^en.)
U). fVdoniae. Martin, de Werdend, 1314. 4®. (Panzer, Annales
typogr. XI. ;^*>7 240. I».)
2<>. Coloniae. pptr. (,)iirut. ll. 1521. (Panzer, a. a. O. VI. :«K).
21. Neudnu k in dem \\'< i k*' I'i a\ i> juüindi. Frankfurt. Druck von
.luh. Spieu und Erben, 1(502. ^ . iJarin Seite •JOlJ—liöl. Am Schlüsse:
[ternm 'Tale ex Dauentria sexto Idas Julias. Anno eodem. (Landes-B.
Kassel.)
22. Neudruck in Goraddivi Prudentia simplex, Francofurti 1605.
(U.-B. Leipzig.)
Ib. IMaloffHs III) thol«)ii:i('us.
1. Duvf ntriae (?). n]int> Druckt-r iiml .Jaln- iDatiiiii iUm- l*]pistoIa
141Mi). 4°. (('anipbell, Anuales n". 2.W. ~ Ijaveutriae geljort wohl nur zur
Unterscluift der Epistola.)
2. ZvoU, 1499. 4*. (Graesso, Litei :it gesehicbte II. Band S. Abteil.
2. Hälfte S. 8K5.)
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SOO Mifcieiliingcu d. Ges. f. deutscbe Emehutt|^ u. Schiügesch. VIU.
vi. Lipsiae, 150:1 I". (Paiizor VIT, US. 1)S.)
4. L.vptzk. Jac. Thanner, 1507. 4". (Kön. B. Bainber«r. Kön. B.
Berlin. U.-B. Gfittiiijceii, U.-B. Halle. ätts.-B. Mttucben, Hatsschul-B.
Zwickau.)
5. riidifp in aedibus Thoniae Aushehui 15a<h"n.. ni. Ort. —
S28 Bll. Latein. Typen. Aul dem Titelblatt ein Di.stiilion von M. (j.
Könitz; Bl. 1** der Brief von Witchin (siehe oben Ja n*. 16.). (K«n. B.
Bamberir, KOn. B. Dresden, U.-B. fVeibur^, U.-B. GOttingen« U.-B.
Mfinchen. Kön. B. Stuttgart, U.-B. Tabingen, Ratsscbul-B. Zwickau).
6. Lyptzk, Jac. Thaoner, 1510. 4*^. (KOn. B. Berlin, Gh. B.
Oldenbui«, U.-B. Prag.)
7. TulHSgae, Tliom. Anshelmus Badensis. 1511. m. .fulio. (Kön.
BB. Bamberg und Stutt^jart, Stts.-B. München. Gh. B. Weiniai*. Hz. B.
Wolfenbüttel, U.-BB. Eilaniren. Freibur«:. München. Pra»;. Tttbin«ren.)
H. Viennae. in aedibu8 Hieronymi Vietoris & .Joannis Sin^renii,
1512. prid. nun. Oetob. — 20 BII.. latein. Typen. 4". Auf Bl. 1'':
Adrianus Vuolfhnrdus Tranj'pyliianns. artiuni et philnsopliiae professor,
Hilario Vuoithardu, tratri iiiuuu aniautj.ssinio S. i). Datiert aul BI. 2*:
Viennae Taunoniae ü. Cal. Oct. 1512. (U.-B. Bieslau, St.-B. Köln,
Stt8.-B. München.)
9. Tubingae, Thom. Anahelmus, 1512, m. Oct. Mit dem Distichon
von Mag. Könitz und dem Briefe von Witchyn. (K5n. BB. Berlin,
Dresden, Stuttgart^ Stts.-B. Mfinchen, U.-BB. Erlangen, Freibui^, Strass-
bui^. Tübiufjen.)
10. Liptzk, Jae. Thanner, 15ia. 4«. (Stte.-B. München, St.-B.
Leipzi^^ U.-BB. Freibur^;. (Jöttin^'en.)
11. Haifeuau. Do. .)o. liyninan (Ic Oiingaw es impeudeute Heur.
Gran excudere ttcit, 1514. lu. Oct. (Stts.-B. München, Kön. B.
Stuttj!:art, Hf.-B. Wien, U.-BB. München, Strasi-sbur^. Tübingen.)
12. Lyptzk, Valent. Schumaun, 1514. 4°. (U.-BB. Freibuix, Strass-
hurg« St.-B. Hambuig, Stt8.-B. Mfinchen.)
13u Tubingae, Thom. Anshelmus, 1514, m. Aug. 4<^. — Mit je
einem Distichon von G. Könitz und Jo. Knoder und der Vorrede
ülelanchthons. (U.-BB. Breslau. Freiburg. l*rag. St-rasaburg, Stts.-B.
München, Kön. B. Stuttgart. Hz. B. Wnlf. nbüttel.)
14. Tubingae. Thom. Anshrliniis. 1515. m. Dfr. l**. (Kött. BB.
Berlin, Dresden. Krlurt, U.-BB. .Müim Iuii, fStia^.-l>urg. Tüldugen.)
15. Hagenaw. Thom. Ansbfliniis. 1510, ni. Nov. 4". (U.-BB. Frei-
burg, j^liiiu hini. Prag. Stra.-.^lim lt. Köu. BB. Berlin. Stuttgart.)
Bi Hagenoae, Henr. (irau. löMi, 4". (Panzer a. a. O. Vll,
81. 118.)
17. Cracoviae, Jo. Haller, 1516. 4^. (Panzer VI, 458. 78. Graesse,
Literilrgesch. II B, 2 S. 885.)
18. Parisiis, Nicolaus de Barra. 1516. 4^ (Hf.-B. Wien.)
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20. Teber Burtholonweus ColoDienfiis etc. Von Karl SOnneckcn. «SOI
19. Hagenau, 1517. (Sit8.-B. HOnchenO
20. Ldpsiae« Val. Schumann, 1517. 4**. (ü.'B. Breslau, Stts.-R.
Hünchmi.)
21. Lipsiae, 1518. (Stts.-B. Mflnchon.)
•22. \'iennae. .lo. Sin^neniiis. 1518. m. Maio. 4*. (Kön. B. Djeädtsii,
Stt6.-H. Münohen. Hof-B. AVicn.)
2;{. Ha^jeimw. Thom. Anshelnius. löl!). m. Oct. 4". (Köu. B.
Berlin. Stuttfrait. Stt.s.-B. Müiit lu'u, U.-B. Firibury.)
24. Lipsiue, Val. Schumauu, löli). 4". (St.-B. Breslau, U.-B.
Jena.)
25. Mofnintiae, Jo. Schoeffer, 1521. A\ (St.-B. KOln.)
26. Ohne Ort, Drucker und Jahr. 4*. Mit dem Distichon v. M.
Ivonitz und dem ^Vidmungsschreiben von Witchyn. (i^t.-B. MOnchen^
Fstl. B. N\>rni^r<*ro(le.)
■2~. Ohuf Ort. Drucker und Jahr. 4*^. Mit je einem Distichon
vuu G. Kunitz und .lo. Kiiodor. (Stts.-B. Münchon )
Killt' i\*'ilie von Ausgaben, die von den Bililin^^raplieii genannt
wcrdeu, habe icli beiseite K^^lasäseu, weil unk(»ntn»Uit'il)Hre Vcrwechse-
lunf^en Torzul legen seheinm.
Ii. Secta Diügeiiis <'.vnici.
Die GctVvMf sind in fV)l;rfMidf»n Schriften mit iibj^ndniekt :
1. Epistolurc Dio^cnis; |ihilnsophi C'ynice .vccte c(»nditt»ris. Ohne
Ort. Drucker und Jahr (Dcvcnter. .Jac. v. Breda gegen 14U<) nach
Caiiipl>eU, Auuales u". öTT, wo auch eine genauere Beschreibung de.s
AVerkea zu linden ist). 14 Bll., got. Ty^en. 4". Darin Bl, lt>: tr Epy-
^ma Bartholomfi Coloniefl. de p^ra Diogenls | esprobrante dfio suo
InjjH'atitodinf erga se suam. | Bl. 14": c Tetrastica eiusdem bartholomei
Colonicj^is de pallio c harbi< io diogcnis; ; (Hz. B. Wolfenbüttel.)
2. Ohne Ort. Drucker und Jahr. - 10 Bll. (2 Bogen zu 4 u. (i
Bll i. Sign. Aiij— Biiij. Ohne Ku.stoden und Seitenzahlen und -Titel.
l.,ateiü. T.vpen (kursiv). Bl. lU^- leer,
Bl. 1^»: DKXnvNIS CVM( I lUlILOSOl'lU I Serta Aulliure
Barthokuneo colonienle (I) latine. | Infignia Diogcnij*. . l'iati.s philo-
fophi Cvnici epiftolae elegantilTiuiae. | Darunter ein grosser Holz-
schnitt: Hechts steht, die ganze Höhe des Holzschnittes einnehmend,
halb dem Beschauer zugewandt^ der langbftrtige Diogenes mit blossem
Kopfe, in langem Mantel, mit mfichtiger Tasche und mit Sehnabel-
schuhen, in der ausgestreckten K- i hti ii einen gewaltigen krummen
Knüttel haltend. Hechts von ilun ein liegende« Fass. vf»r demselben
'm'ü spnnLr>'ni]f'i". nn* !i Din^'cnns sich unisehendei" Hund. C licr d<>ni
J'm---i' zcii;! <ii Ii die Siuiii''. Tiitcr detn Bilde stehen zwt i histichen:
Pailia nun < vniruiu laciuiit cti. Bl. V' : SF/TA DKKiKXIS
CYNICI I PHILOSOPHI . Nun folgen die audt in der Silva abge-
druckten Gedichte des Bartholomäus auf Diogenes. Bl. H*» unten:
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302 Mitteiluugeu d. Qw. f. deutsche Braiehungs- a. Scbulgesclu VIIL
ATANASIVSCONSTANTINOPOLiiTAXVSARGHIEXSISABBAS
i AD DIWH PRINCI [ FEM KAROLVM | ABAOONVM ]
PRIMOGE I NITVM | BL 4*» : GRATIS PHIL060PHI OTNICI
EPISTOT^\E I ELEGAJJTISSmE (!) LN'TERPRETE ATA | XASIO
COXST.AXTlXOPnLITA XO AKCHIENSE ABRATE | Bl.
untPii: TE.VOS fOAXXI GKACCO PIERIO CORO I GRAPHO
AVSTRIE APOLLI I XIS VICARIO lOAX | XES STABIVS |
AN S'PKI I ACVS PHIIAKS. ET MATHE. FELICI j Bl. 9^: KIVS-
DKM 10. STABII AV. PHALEVTIVM CAHMEX PRAGXATICE
(!) I Folgpu 32 Verse. Bl. 10 * eiu Druckersignet: In der Mitte ein
Bauirif links eine Fraa in der Tracht jener Zeit, rechts ein nackter
Mann. Oben links und rechts je ein 8. Zwischen den Personen
ein Schild mit drei Sternen^ von Linien umschlungen. Nach Prof.
Dl-. Bauch') ist dies das Signet des (Erfurter) Druckers Sebald
Striblita.
Köu. BB. Bnrlhi. Dro^den, U.-BB. Göttin^^fn. Prn^, St.-B. Breslau.
3. DIOGEXIS CYXICI imiLOSOPHI SECTA | Authore Bartho-
lomaeo mlnnif-fe latine. Infi^nia [ Diojrenis. Gratis phl cyniei epiftole
ele^AtiHiuiac. H Bll. 4*. Oliue Ort, Drucker und Jahr. (Genaueres
bei Bauch, a. a. ().)
U.-B. (löttin/^eu, Gh. B. Schwerin.
III. SÜTa earminmii.
1. Daventriap, Jaoohus Broilonsis, 1491, 16. Febr. — 12 Bll.
(2 Bogen k (> Bll.). jfot. Typen. 4^
Bl. 1«: Ihwt hnlonioi r-oloiiipiifi? ' Siloa carminn. Tn qua jiriuio
pliiliilopliia inii'is lamlilis <\i\> aniiiiii. arjrcutüqv z lapid<'s pjociofos |
extollitur. Dtiü »Secta liiugejji* t vuickü ql>uf(lam|epi^r}lmatil)us pouitur
Cyterü. Zoilus detracto: j uniniQ docto;; vii'oj; accerrinie re]»r<;«heu-
ditur Po I ftremo ponfltur du^ fabell^ in qnarum (!) altera laten | ter
deridetur inanis glo2ia cutufdam poet^. i in alte { ra latdter pr^mone-
mur. ne adulaton; blftdicUs M6 | adhibeamus [ Bl. 1^ leer. Bl. 2^:
<r EpijüTiünm. in quo plnlofophia uii j ih laudib* etc. Bl. \'2^ unten:
Jacobiis l)>e(Ienns daueutri^ hanc (iluA | carminfl impjefTit fi^liciter
Aüiin ( '( '('T.xri. Fflcnni'ij xvi. ]
Köu. B. Berlin. Jlaa«,'. St.-Ji. Hanilmr«;, Gh. B. Oldenburg, Hot-B. Wifu.
2. Davontriao. .Jacobus Bre(ion"^i>!. ir»(l:i. VI. m. .Julii. — 1'> Bll.
(*J Boirf^n a 8 Bll.) Si^^u. Aij Biii j. < 'liiie Kustoden, »Seitenzahlen und
-Titfl. (iot. Typen. Bl. 1'- und VA. Id leer. S".
Das Titelblatt enthält auf s«Mner unteren Hälfte die oben 1' n". <>
beschriebene bildliche Darstellung'. Die Ausgabe ist um die Epi^a ammata
de quodam egregio Potatore vermehrt.
Eaiserl. B. Strassburg.
^ Coutrall)latt für dius JJibli<itlirk&\vo.srn XII S. 303.
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20. Ucber Buitholoniaeiw Colonieroin etc. Von Karl SOnneckon. -K^S
il. Dftventriae, Jacobus Bredensis, 1505, in festo duorum Ewaldorum
martynim. — 16 B11. (3 Bogen zu 6, B, 4 Bll.) Kustoden, Seitenzahlen
und -Titel fehlen. S%n. Ajj— Cij. Bl.. It» und Bl. 16^ leer. Qot.
Typen. 4*.
Die Ausgabe ist glf»i< hm Tnhaltv mit der Torigen: auf dem Titel-
blatto tiiKlf't si« h diosolhe bildliche l)arst» lliin«r.
ü.-ßB. Breslau und Gdttingeu, ÜU-B. Köln, Hz. B. WolfenbQttel.
IV. Eplgrunmata de qnodani antlstite Baeehi, qiif inter omnes
Potatore» »aeeuli nostrt sine controTersia prindpatuin tenet
Ohne Ort, Drucker und Jahr. 10 nicht numerierte Seiten in 4».
(H. Maller im Archir fQr Litteratunneschichte, herausgegeben von Schnorr
T. Carolsfeld, III S. 453 tt.)
V. Carmina varia.
a. Daveutriae, Jaeolnis dv ]>ie«la, nhne Jalir. 4".
Hof-B. AVien.
b. Handschrift der Hof bibliothek in Wien, vahrscheiulich Abschrift
der vorhergenannteu IiikunabeK
^Cod. P. N. ä0»4. f. 145»— 148 Bartolome! Coloniensis bucolid
caniiinis ejfloi;a eiiiiis ('(»lloqiiutores sunt Pansnphiis et Aphilus.
f. MS'' I ii)'', siiir titulo. (Do ^^ailo et TUlpe fahella.)
f. l"'" — 151» 1. s. sine titulo. (Panegyricon Carmen sophiae con-
sci'i|ituin.l
f. 151 1^ 1. J>— 154« 1. sine titulo. (!).■ (.-orvo et vuli»' tah.-lla. r
Die letzteji du i (inüc lit«' .->iail am li in der Silva t <uiiiiiuiiii abjre-
druckt: das erste ist ausser der j;enauuleu lukuuabel einstweilen nicht
nachweisbar.
VI. Libellus elogiacus de sejilenis doloribus vircrniis Mariae.
1. niiiii' Ort. DnH'ker und Jahr. Die Typen <i:l('ii li(«ii denen des
ivter (»s in /unllo. - S Hl!. (2 Hoyren a 1 Hll.l. KtHrndon. Seiten-
Zidilen nnd Küluninentitcl fehlen. .Sig. Aij— Bij. (rot. Typen. 22 — 24
Zeilen. 4".
Bl. 1*: Ma^nftii Hartholoiuei j Colonlenfis libellus. Kle^naeus
de I soptenis doloribus gioriofifl! [ roe \ ir<,nuis marie | .3. j «i Joannes
Murmellius Kureniundenns | Lectoii ex tempore [ Drei Disticha.
Bl. lt> leer. Bl. 2*: l[ Ad lectoi$ exhoitatio | Sieben Disticha. |
II P?opofitio I Zwei Disticha. ' c Inunentio. l'in Distichon, der
Pentameter auf der fol^renden Seite. Bl. ä», 2. Zeile: C Narratio
([ I'rinius dnjo? viririnis 1^1. S'' loer.
'2. T>n\ . ntria«', Jac. de Breda, 1514. — 15 Bll., got. T.vpeu. 4».
(.St.-B. i)t*v» iitt r.»
Diese Ausgatie ist i^leiehen Inhalts mit der folgenden: nur euihalt
sie noch das Gedicht von Murmellius, das in n". 3 fehlt.
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304- Mitteilungen d. Ge». f. deniaclie Eniehunurfl- a. Schiiljjesch. VI IT
3. OoloniM, Hinric Novesienais« 1518, Id. ISSov. — 12 Bll. (H Bo^^eu
k 4 BWX Kustoden, Seitenzahlen und Seitentitel fehlen. Sipi. Aij— Ciij.
Latein. Tjrpen. 83 Zellen. 4^
Bt. 1«: f BARTHOLOME! COLOXIEX- [ Tis libellus Elegriac»
de Septenia diu» uiridnis | Mari» doloribua. adieeta nnnullorüm |
öbfcuriocj. t'i: uocahiilori; & paffnO lucnlenta interpretatlone. I Kingsum
eine Zierleiste mit bildlichen I)ai-stplliin;;pn, unten die Anliptunjr
der \V( i«fMi ans (loni Mnr^oiilaiuU'. ohon imoh fllior dorn vnn Mi oifoii
i^ehaltrucu Wiippen drr Stadt Krdn: O FKLlX (!) COLOXIA.
darunter: A(ilill'lMN A. olieu r. ( lirs die Jahreszahl lohS. Hl. 1 :
r Ad lectorem oxiiortatio. | Das l^d^ende wie n". 1. — Rl.
O.Zeile: «i" LVC VLENTA QVOin XDAM [ difficilium iuten»relatio. •
Bl. 10^ vorletzte Zeile: ^ Eiurdem Bartholomei Hymnus de btö
Oregoiio | cCmuni oikn ftudiofot? patrono. [ Bl. 11 K 9. Zeile:
(jf Eiufdem eann^ Ele^acum in ifnisuoB Zoi [ los. qui, cum nihil in
ftiidiüfüC; Uli | litatcin ruiifci At. alionnu I tnni r iii|>ta i ai ' pere uö |
dell I ftunt. }\\. 12*», 12. Zeile: *7 I'^inis Colnuia» apiid Hinricuin
Nouefien | fem. Anno tlriniijii M. [ i). XVIll. idus | ^'ouenl | bris. |
Bl. 12»^ leer. (Ü.-B. Freibui'ic.)
TII. Canoiies.
1. Ohne Ort, Drucker und «Jahr. — 24 Bit. (0 Bogen k 4 Bll.).
Kustoden, Seltenzahlen und -Titel fehlen. Sig. Ay— Fij. Got. Typen.
SO Zeilen, auf der zweiten Seite 4d Zeilen. 4^
Bl. 1*: BArtholoniei Colonienlls | Canones vna cd declaratöibus
eojfide [ in tabttlas Cdputi eccleßaftici: in | pulcherrinuini ( öpendifl i
lubtili ingenio: niiraq3 | arte redaeti fplici fy ; dere incipi | unt. |
il Kiafdeni Bartholomei liliellus de ma-iiitu | dinibus terr^: lunv: ot
lolis: vna cum dütantij» | eonindem luniiiinrinm a ten'a. | Darunter
ein Holzschnitt: Kin im Freien waiult rini* r Mönch, der in der
rechten Hand ein Buch, in der linken eiucu Host triS^'t. Bl. II'':
f[ Eiufdem Bartholomei libelluä | de matcuitudiuibuä terr?. i luju^ . et
folis . yna cum | diftantgs eoifldfi | lumtarifi a cen | tro terr^ |
Bl. 21 b 4. Zeile : a Bartholomeus Cotoni^fis ad qu&li- | bet cftdidfl
lectoiero huiua | opufculi | Bl. 21 ^ 24. Zeile: n Firns Deo grAs |
U.>B. Breslau, Kön. B. Haag.
2. Wie n". 1. — Diese Ausgabe ist der ersten so Tollkommen
j^leich, da-s.s man die beiden fttr identisch halten möchte. Ein Unterschied
findet .sich in dem rel>er^ran«re von Bl. '2\ " /u 21 wo das eine Exemplar
«leg I tiam (!) bat, das andere elei; | AtiaA t!i.
Kön. B. Haa^'.
:i Zwoll. IVtnis Ossensis. ohne .Jahr (ca. irHXJ). - H Bll, f 2 Hoyren
ä 4 Bll.). (diue Kiusiodon, tieiteuzahlen und -Titel. Uut. Typen. Sijfu.
nur 15i. 1".
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20. l'eber Baitholomaei» Cbkniiensis etc. Von Karl ßOntiectoi. H05
Bl. 1*: Bartholoinei Colonienlis Canones vna cum | declani-
tionibuA «otundem in tabulM Compu | ti eccteHaTtici . m pulchenima
CompCdifi fubti' | Ii ingenio . miraq} arte redaett . felici fjdere
inci I piuDt Et boc quideni Comp^difi non folum eft { expers fcab^oc;
verfufl . fed otlam y plexoc; (!) fche: | inatü . cü *jl>us loctor haud
feciis ("i hen-iilos cü | Antoo habet con^fredi att|3 colliK tari Et qd'
<»lni ' mnxiniü pft . if^fiifn vU\m adeo facilo dircitii oft. ' vt n rinnuis
|)U«'ru iiirdioi ritt'i- iiii^fnidln . q fa ' cilliine poffit Ttj-;i l'jiacifi ti'ifl
ho:a:7 addilci utqj | coiii|»>eli«'di (^n<» Jit vt ijifuiii nö IblQ viiiiu ins |
Icholaftieis . vei; etiä cunctis Tiriß ecclefiafticis 1 cuiuscumqj eiiam (!)
ojdinis fuerint . non minus | vtile fit q neceffarittm. | Darunter ein
Holzschnitt: Christus (?) mit segnend erhobener ReehteUf riii||;sum
Bäume, oben Sonne« Mond und Sterne. Bl. 1^ : i[ In hoc conipendio
piefenti traduntur quedft | Bl. 7^. 15, Zeile: Iinpreffit petr'-* ofl'i^fis
caleo^rraph' zwollenfis* 1 Buchdruckerzekhen, Bl. H" leer. Bl. 8'»
'•in Holz.scluiitt : Unki? ein l?ittor mit zum hla|.;e erliot^onfm
Schwerte in dfr Link*Mi. r'-ehts ein Bauer mit eiiuT Scn^o. zwis* licri
beiden ein Fisch im Grase. Liuks die Uuterschrilt: mars, rechts:
latinus.
Kön. B. Ha&g. Rats.^chul-B, Zwickau.
4. ZwoUis, l*ctrus Os de Breda, l'A)!, decimo octavo kul. Maias.
— 26 BU. Die beiden ersten Bogen entsprechen n^ 8; nur ist in dem
Exemplar das letzte Blatt des zweiten Bogens nach vom umgeschlagen,
sodass es scheinbar das erste Blatt des Werkes ist. Bogen 3 = 8 BIL,
Sign, bi— biiij: Bogen 4 = 4 Bll.. Si^qi. nur ci: liojren 5 = 6 BU., Sign,
di und diij. Kustoden, Seitenzuhleu und -Titel fehlen. Got. Typen. 4*>.
Hl. 1": Ausser f(d;renden Abweichunj^en «^enau ;.rleirh n". 3.
Zeile '2: delarationibus, Zeile (»: pplero:. Zeile 10 und !">: q3.
Zeile 14: «*ti«m Hl. 'i^?^ am .Sfhlusse: f'<ini|tHti vuljraris elih iilatio
feliciter teiniinutur Inipiefla X'iuol , Iis \> nie Petruni Os de ]5reda
Auno i!) Cbrirtiano MCCCCC ü | decimo octauo kalendas Maias. |
Sfc.-B. Köln.
Ylli. De uiagiiitu<lluibiis terrae, liinae et solis.
1. und 2. ZusamnieiijLrf'dnukt mit den Canones, v«,r|. VII 1 und 2.
3. Daventriae, 1515. 4^. (Panzer, Auuales tjpogr. VI. 4ti7. Hü.)
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JKHi ililtt'ilimj,'t*n d. Ges. f. deutsche Erzirliun^^s- u. Schuljfe^ch. VUI.
21.
P. Simon Rettenbaeher, ein dsterreiehiselier
Pädagoge aus der Reformzeit des 17. Jabrlimiderf».
Von P. Tassilo Lehner, rnitV.ssor am (iynina.siuin in Krcmsinruistff.
Die Hoffiiun}^ (h's Staatfs ist soinc l?Hlt(\ tlic .Iniicuti. Sfiiu'
Zukunft ist dmp'niUss zum j^rosscn Teile in dir Hand des Schul-
meisters irele;.'-!. Rrttiiihacher, der deutsche H<»raz. weh Ihm' di<'
.stielmUlterlieiie Hehandluiif< der Miittt r>in a( lif liitter ln khii:te.
welchem das Herz hlutete. wnni i i' sah. w'w si iiic Laudslrutr in
irallisrher Art und Sitte aufpn«r<'ii uud ihren Kind«'i n i'inr l( i( ht-
fertige. si(* iler lirimisehen Scholl«» eiUlremdemle. v(»ii h'i aiiki rii h
importierte Erziehuu}; anfr»'deihen liessen. krönt*' srin WCi k. iiidt in
er danin jjin;;. eine Renaissanc<' Deutschlands (hircli » im' dem
<nistc seiner Zeit weil vurauseihMide or^'aüiM'lie Mtthnde der
Erziehunir vorzuhereiten. Der jrlühende Patriot und dt r lielM*-
vulie Ju;{ejidl)ihhier lalh'n in Retteidtai-h«'r zusannnen. sie reichen
sich in ihm die Hand zum ewif;en Bunde. Was Rettenhacher lür
<lit deutsche Erziehun^s- und Schulireschichte hedeutet. wird uns
klar, wenn wir ihn /.uiiäebst uI.n prakt isciien Schulmann und
siodann als |)ädajf o^Msch-didaktischeii Schriltsteller genau
ius Auge fassen.
1. Rettenbacher als praktischer Schuimauu.
Aht Placidus Buechauer ( 1(>4()— KHMi) wird mit Recht als
der zweite (iründer d(*s Gymnasiums zu Kremsmünster verehrt,
da er die durch die Schuld seines \'orfr;in<rers Bonit'acius .\»'ir<de
im Jahre B5P2 einjre'j-anL-'eiK^ Anstalt B)4(> wieder ins Lehen rief,
«las SrhidL'*'l»äu(h' rc^tauritrtf nnd ilir eiuf tnn^terhafte zeit-
«reniH^sc lOinriehtniiL' -ali. Als der mit Si liiitzi n dri- Wissenschaft
reich lichidi'iM' l\i'nrii!)a< lior hald nach x-inci- Iviirkk-'hr aus der
^•wigcn Stadt im Juhrc 1ÜU7 das AuU eines Uyuinasialpriitektcii
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21. P. Simou Ketteiibacüer, ein Osterreicbi^ckcr Pädagoge etc. 307
übernahm. h>hrti'ii vier Goistlifhc als Professoren Graininaiik,
Syntax. Poesie und Rhetorik; nur in der untersten Abteiiun^^,
di'i I'iincipie und den Rudinienteu, unterrichtete ein weltlicher
Maj<ister. Dieser war ein schwaches Echo aus jenen verganjüfonen
Tagen, in denen die Aebte das Lehramt an den Gymnasien durch-
aus nicht etwa den Geistlichen der Klöster selbst^ sondern nach
der damals herrschenden Sitte einem weltlichen ^lagister und
seinen Helfern übertrugen, und jeuer unter verschiedenen Titeln,
als da sind: ^Lateinischer Schulmaister, Hofschulmaister, Schucl-
meister in der vordem Schuel, Schulhalter im Kloster, lateinischer
Schuelhalter, Schuel-Bector oder Magister" schlechtweg, die Ober-
leitung der Anstalt führte.
Der neue Präfekt waltete seines Aintt s mit Geschick und
con amore. Da er den gesunden Körper als conditio sine qua
non der gesunden Seele betrachtete, leistete er allem, was sich
vom hygienischen Standpunkte empfahl, klüftigen Vorschub. So
sorgte er ittr die Reinhaltung der Lehrzimmer und trat IQr das
Baden, Turnen, überhaupt fUr jede Art körperlicher Uebung aufs
entschiedenste ein. Die Aufhebung des bisher den Studenten aus-
bezahlten „Badkreuzers^ spricht keineswegs dagegen. Diese
Maassregel hatte lediglich darin ihren Grund, dass ihnen fortan
vom Kloster selber die Bäder bereitet wurden.
Als wöchentlichen Feiialtag behielt er den Donnerstag hei.
Originell ist es, dass der wöchentliche Kecreationstag. wenn irgend
ein Pest fiel, auf einen andern Tag verlegt wurde. Auch gab es
damals schon sogenannte Httzferieu, da in den Hundstagen durch
zwei Wochen Ferien waren. Erlernung des Gesanges war fllr
die Tauglichen obligat.
Die SeliüU'r waren ijisgrsanit vuu jinler Art Schulgeld oder
soiistiL'«'!! Zahlung frei, es bozoir viehnehr ein grosser Teil seinen
L utt rhalt vom Stifti-. und nit lirmals im Jahre wurden allen
Gymnasiasten Ciabea und (beschenke zu teil. So erhielten sie
am Lichtmesstage Wachskerzi ii. wie die Dienerschaft des Hauses,
am Ostertage jeder ein Paai- Kier, am ..Stitu rtage" das gewöhn-
liche „(ispendf in Fleisch und Brot bestehend, und alljährlich
wurde ihnen vom Präfekte ein sogenannter Glückshafen -v))eii.
im Ubiigeii iliauL' er vor allem auf OrdnunL'' Imm' LcIm . in
und Schülern und suchte dci- Jugend durch Woit uml Jii is|»iel
gute Sitten beizubriniren : drnn ein rechtes Wort zur reehtm
Zeit übe einen nachhaltigeren Eiiilluss als eine lange 3iloralpredigt,
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«JOS Millt iluii^reii U. (ios. f. dt'uliicht' Erzit'huu;^'s- u. Srluil^-iMh. VlU.
amhnrsf'its wirko das lebendige Beispiel Wfit stäik«'r als das
tote, scliattcnliatte Wurt;
„(trau, tfMncr Frpnnfl. ist alle TlH'oric,
(Jrüii ist des L«*1h>us jj^oldeuer Haiini."
Boim Strafen verfuhr er mit M;issi^ning, da allzu scharf schartig
mache und statt der ^^nvUusciiten Besserunjr «'ine Vj'rhittrruii<r,
wenn nicht jrar eine Abstumpfung zur Foljre habe. Kein Wunder
dalier. dass die Schüler ihn ehrten und schätzten, und die Schul-
disziplin unter ihnen eine vorzüfrliche war. Am Ende eines jeden
Schuljahres wurden, um den Eif<"r der Studii'rendt'u zu fördern,
ihm neue Xahrunjr zuzuführen, «rewählte und geschmackvoll «ge-
bundene liücher unter die Aus^'f zeichnctsten als Priiniicn ver-
teilt, wie (lies nocli heute im sogenannten Kaisersuale alljährlich
geschieht.
Mit d<'r Preisverteilung ward iiiu Ii dem Vorbilde der .Jesuiten
lUe Aufführung eines Dramas verlmnden. Diesem Zwecke diente
das vom Al>te Placidus neu her^'estellte und mit allen Erforder-
nissen reichlich au.^p'stattete Tlieater, Das Theater war damals
ein intep'iereiider B<'standteil einer Studienanstalt. Präfekt
P<'ttenliacher war auch Leiter desselben oder P. (Vmu'cus. wie er
dauKils hiess. Als sfilclier verfasste er jährlich für (h"e ..Action"
ein lateinisches Diama und ül)te es mit den Srliiiltm. welche
allein nih' K'nllen übernahmen, sorjrsam ein. Leider sind uns
diese Stücke nicht mehr erhalten: nur zwei, welche er spätei- als
Hil)Iiothekar in den Jahren 1079 und 1(58«» «rhMchfalls für die
feierliche Preisverteünny dieiitete und mit den Schülei ii einstudieite,
lie^^en uns noch im lateinist Inn imd deutschen Pros[)ekt mit aus-
führlicher Inhaltsanirabe vor. Das eine führt den Titid „Innoi t utia
ambiiionis triiuuphatrix'*. das andere ..Francia «ralliee delusa
oder die ntit (i<'irenlist hinteriran^^Mie französische St hehuei i y".
Seine inni^^e Liebe zu (h in deutschen Volke und sein Hass ^c^t n
den französischen Erbfeind spicL'-elt sii Ii am Ii hier in dem Motto,
das er der Inhaltsanirabe vorauscliirkte. Es lautet:
AVer '-if'lv i' wilJ horsclM-ii uiul nlmc (ilalir b ben,
Di'i iinis< sieh nit allzuvil oHVulialir f^elien.
Mit letllirhcii Toiitscheu kaust aullrichtig waiuUeii,
Mit falschrn Franzosen mnsst ausslÄndiseh handien.
Ausserdem wurden, wie aus den Kammerei-Rechnuiiiren
ersi<htlich ist. auch in (b i Kirclie. besonders zu Weihnaclilen
und Ostern, von den Studenten dramatische Spich; aufgeführt.
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21. 1'. Siiuou KelU'iibucher, ein östtTreichi-scher l'üdagoge etc. 300
So wt'i'dcii «Spiele der Unschuld inen Kinder*'. „Spiele der heiii^'H
drei Könige" und „Spiele d(»s ault i staiidt iicii Hi ilands" erwähnt.
Hetteiibaeher war nirdit lAoas rriilekt des (Tryiniiasiuiiis und
Leiter des Theaters , sondern trufj auch an der tln'(jlugi.sclieii
Hauslehranstalt die bihliscbeu Idiome vor. Abt Tlacidus, dieses
Ideal eines Prälaten, war auch ein grosser QQnner dieser theo-
logischen Lehranstalt. Er trug zum Aufschwünge derselben sehr
viel dadurch bei, dass er in seinem Kloster früher, als es auf
manchen Universitäten schab, eine Lehrkanzel der orientalischen
Sprachen errichtete. Da das Studium derselben sich damals erst
zu regen begann, so dass sich auf den deutschen Hochschulen
schwer eine Gelegenheit zu ihrer Erlernung bot, erteilte er
Rettenbacber den ihm äusserst willkommenen Auftrag, sich behufs
ihrer Aneignung nach Rom zu begeben. Hier nahm ihn der ge-
feierte Leo Allatius, Kustos der vatikanischen Bibliothek, sehr
liebenswürdig auf, erwirkte ihm die freieste, uneingeschränkteste
Benutzung der in ihr geborgenen Geistesschätze und empfahl ihn
auch den besten Meistern der biblischen Sprachen. So wmle er
privatim von Francesco Grisendi im Hebräischen und von
A n to n i o N ai r o n e B a n n e s i o im Arabischen unterrichtet. Ausser-
dem verkehrte er ,,ob maiorem perfectionem et usum** mit den
lierühroten Orientalisten Andrea undNicoIo Nairone Banne sio
und Giovanni Battista Jona. Auf diesem Wejre erreichte er
sein Ziel mit «rewohnter Meisterschaft. Was er in Koni dniTli
(lin'kt<'n Verkehr mit den hei vorra;ren»lsten Orientali.sten und den
liedeutemLsten Geistern ltali«'ns in sich auffrenonunen hatte, ver-
wertete er daheim als Prof» ssdr der Hil)elsi»rachen. Als solcher
.schrieb er eine hebriiischf Granunatik. welche er seinen Vor-
Icsunjren zu Grunde le;:te. Die Codices No. SIO (80 104 Blätter)
und No. <sil (HO, (K) Blätter) enthalten diese S(luift, welche be-
titelt ist: ..Breves institutiones lin«ruae hebraicar.-
Freilich darf man an dieselbe keinen niodcnien Mnssstnb
anlejren. sondern ttiuss bedenken, dass das Studium der moivi-n-
ländiscben S]uaclien. wie sch(ui brmnki wurde, damals, zumal
in Deutschland, sich ei-st im Stadium dei* Kindheit lietand. \'on
diesem (Jesichtspunkte aus bedi utct die Abhandlung inumrhiii
<'inen wes(iitlichen Fortschritt. Ivcitenbacher ist sidi nbii;^('iis
selbst dfvM'ii l)c\viis>t. da>s seiiu' Arix'it nur einen sehr rclaliven
V\ cj t hat, <lt iin • r appelliert am Schlüsse derselben an <lie Nach-
sicht der Lcst i : „Si forte in nonnullis locis hijisus siuu. vcniam
spcru a candidis et benevoiis aniniis. Studium cnim huius linguae,
MUteiluogeD d. Oes. f. deut«cb« Enioliung:»- u. Sctiulgmoh. ViU 4 188^ 21
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310 Alitteiluiigeu d. (ies. t. deuische Erzieiiuu^i;- ti. iSchul^jesch. VIII.
praesortim apiul nos ;i(lliuc in ascensii est. iioiHhiin ad summiini
vonit.** Au divsv licini i kunK wollen wir L'inv Acuss(Tnn<r n'iht'n.
woirbc er Ubor diis Los der Profrssoi pn der niorirrnliimiisi lit n
Sj^racheii in Rom niiuiit. Er findet es kfiiif sw('>rs iM'iifidciiswt rt,
..denn sie haben so wenige SchüU'r. dass ieh zumeist allein mit
ihnen verkehrt habe. Das ist nämlich das Schicksal dieser
Spraclicii: \V(']ii<ze schätzen sie. nientand pllegt sie.*'
Wir heffreilen es vdllknmmen. dass man dm ti-ffTlitlicii Ki--
zieher und Lehrer sein- nii^iri'n von Krcnisnn'lnstri- schridcn sah.
als er im Jahre 1071 dem ehrenvollen Rute als Professor an die
ilanmls hoch^^'feierto Salzburger Uuivcrsitilt lullte, um Geschichte
und Ethik vorzutra^j^en.
In einem an den damaligen Rektor der Universität.
P, Alphons Stadlma3T, gerichtet* n Schmben stellte er ein Pro-
gramn» für seine künftigen Ges( ]ii( htsvorlesungen auf und kündigte
neben dem Kollegium über Welt::esehichte auch eines über deutsche
( Jesrliirhte an. ,,da es jedem zieme, sein Vaterland zu kennen".
Zudem drückte er seine Freude darüijer aus. dass das Professoren-
Kolleirinni die Ktliik unter die Lehrgegenslände nnfL^enniunien
liabe und dass ei' ausersehen worden sei. diesen vornehmsten
Teil der Philosophie zu lehren. Ü» im es sei geradezu unerträg-
lich, dass die Ethik liislicr von so vii len irci inLiiicschätzt. ja ver-
nachlässigt worden sei. L'nd dodi, was sei nülzlicher, was an-
genehmer als diese Wissenschaft, auf welche g<'rade die Alten,
wie .\ristoles, Seneca, Plutarch so viel Zeit und Mühe verwendet
liai»en!
Am Novendier 1(571 wurde Kettenbacher nach Ablegung
des Amtseides in das Picdessoren- Kollegium aufL^enonnnon und
am 7. November hielt er seine AntrittsvorlesuTiL'. Iiei weleher der
Saal die Mrnne der Ztdiörer niehi tapsen konnte. Eiu solcher
Ruf wai' dem gelehi ten .Manne vorausgegaugen.
Mit seinen (i«'schichtsvorlesungen erzielte er einen durch-
schlagenden Erfolg. Nicht bloss Studenten in Menge, sondern
auch Herren vom Hofe und Professoren zählte er zu seinen
Hörern. Diesen Erfolg verdankte er hauptsächlich dem Umstände,
dass er in der Oeschichte ganz neue Bahnen einschlug. Bisher
pflegte nmn nändich in \Vort und Sclwift die historischen That-
sachen nicht einfach und ungeschminkt zu erzählen, sondern aus
franz"fsi^eher Nacliahnmtigssucht not allerhand DielitniiL'^en und
sprühe udeu Witzen aufzuputzen, als ob die nackte \\ ahrheit nicht
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21. P. Simon Rettenbiuüher, ein Oslerreicbiacher Pftdagoge etc. Sil
schöner wäre und eines äussern Schmuckes bedürfte. So machte
man nicht Geschichte, sondern Qeschichtchen.
Rettenbacher war es nun, der mit dieser französischen Manier,
Geschichte zu lehren, vollständig brach und dem Historiicer die
Aufgabe stellte, die geschichtlichen Gegenstände objelitiv,
nttchtern und treu darzustellen. Es darf uns also nicht be-
fremden, dass Rettenbacher mit seinen Vortillgen Aufsehen erregte
und einen grossen Kreis von Zuhörern, die seinen Worten begierig
lauschte, stets um sich versammelte.
In Rettenbachers Adern wallte Dichterblut, und so ist es
kein Wunder, dass der der klassischen Sprachen so gut wie der
niorgenländischen mächtige Ordensmann das Amt eines „P.
Comicus"* mit Freuden annahm und von 1672 — 1674 jedes Jahr
ein lateinisches Drama für die üblicho Fostaufftthrung dichtete:
Diese Dranioii bchaiidi'lten ih'u Tod dos Demetrius. Solmcs des
macedonisohrn Kr.iiiLzs rhiliii|! III. (221- 170 v. Chr.), der durch
die Tfickt' seines Halbbruders Perseus den üntergan;; fand. d«'n
Tod des Atys, Sohnes dos Königs iCrösus von Lydien (571 -nIO
V. Chr.). der von Adrastus unversehens ^retödtet wurde, und das
Ende des lotzton niacedonischcn Königs Perseus. der von Lueius
Aeniilius Paulus b('si<'<rt und im Triumphe aufj^eführt wurde
(1()8 v. ('In*.). Leiter diese Dramen schreibt ein Faciunann:
..Rettenbacher war auch ein Dichter xcm *ii\nz nnsserordentliciier
Beirabunir. wovon schon ^eine Schuldraiin n Z« ui;iiis «reben, die
durch StoHwahl. l(l<MMi^elu\lt und sprachlichen Ausdruck die
Tau^ciule iUiTiIicher >< nii^cher Sj>iele. wie si«' dauials an allen
{ lyniiiiisirii und L iiiversit iitoi gedichtet oder lirssrr ::'t'sat^t. aus
kla<>i-<( Ih h ['. niiiiiscenzen und le*rendarisclieii l fberlieieruiigen
zusanuii< ii;:rl)raut wurden, hinunelhoch nbetiaL'trn."
Damit hat aber Pi'ofess(U' l\ettt iibaclici st iiic Ifolle n(»ch
nicht aus<resj)ielt. Tm Jahre 1(>72 irraduierte er als Ma^nster der
. freien KUnste und der Philusuphi«' und von 1()72 1<>74 veisah ( r
aui Ii (las Amt eines Pr-äses der «rn'isseren akadenusclun lv«in-
Liiciiatiou . (Irr (He l'iiivcisitätsstutleiilcn anirehörten. Die zwei
Aus])i achen. die er an die ..sodales Parthciiii". wie die Mit-
^^lieder dieser marianischeu Konjrre<ration hiessen. nach seiner
Wahl zum Vorstande und bei seinem Rücktritte fxehalten hat.
sind haridschriftlich vorhanden. Sie sind in scln'inem, llie.ssendeni
Latein geschrieben und ^npfeln in dem Wunsche, dass der Geist
der Eintracht, der Geist der Liebe wie ein guter Genius Uber
dem Verein stets schweben möge.
2r
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•312 Mitleilun4,'eu d. ties. 1. tleutsfhe Emehuugs- u, ScUulgesch. VIII.
Krttt'iiljaclirrs Wirksamkeit hlieb aber nirlit hlos^ auf dio
L'niveisität allein lifschninkt. Wie lioutziitaL-^c -cwii lMc Paeli-
niännor zur ausstiiaikiitlichen Dienstleistung in die obersten
(Vntralstolb'n berufen werdeji. so stand auch Pn»fessor RettiMi-
bacher. der 1078 voiii Für st - Hrzbiscliofe Max (landoiph Ui ab'u
V. Kiiciiburjr zum HiM litUrstlich-Salzbur^iriscIien Kate" er-
nannt worden war. Ix i der fdrstlichen Reirieruny: in zeitweil ii'^er
Diensiesverweiiduii^. Dem p'dietrenen Kciiiier beider KfM iiie,
des kiirliliiltfii wie des weltliclu-n. dem erfalirciicii I^iidai^oiren
wnidt ii von der Itlrstliehen Ke^it i un^^ ab und zu kir( hm- uikI
staat.sneütiiLhc rra^^en, sowie Fra^ren. welche die Univeisiliit
betrafen, zur Ik'*rutachtunj; und Ausarlwitun^ ül>er^eben.
Rettenbacher genoss während seiner Lehrthfitigkeit in Salz-
burg das Vertrauen und <tie Qunst des Fürsten im reichsten
Masse. Er nennt ihn seinen ^Maecenas" und feiert ihn aus
Dankbarkeit in zwei herrlichen Gedichten.
In grossem Ansehen stand er auch bei seinen AmtRkoUegen.
Dies beweist die Thatsache« dass ihm zweimal die Auszeichnung:
zu teil wrde, dem Fürsten Max Gandolph Grafen von Kuenbui*g
für das den Öffentlichen Streitübungen jederzeit bewiesene Inter-
esse namens der Unirersitllt zu danken. Aus diesem Anlasse
hielt er am am 21. Kot. 1673 und 9. Juli 1671 an Se. hoehfürst-
liehe Gnaden schwungvolle Ansprachen. Diese gelehrten Turniere
wurden an der Salzburger Universität sehr häufig rorgenonimen.
Rettenbacher war ein warmer Freund und -Förderer derselben.
Er sah in ihnen das wirksamste Mittel, die thätige Arbeitslust
der Studierenden anzuregen und ihre Geisteskräfte zu entwickeln.
Aber auch die Studenten verehrten Rettenbacher nicht bloss
als ihren ausgezeichneten Lehrer, sondern auch als ihren väter-
lichen Freund, denn er stand jederzeit, wenn es jralt. die Rechte
und Freiheiten der Salzbuijrer Hochschule zu veileidiL'en. in der
ersten Reihe. So in dem fol^'< ndcn speziellen Falle, der in Salz-
burg grossni Staub aufjrcwirbelt hatte.
In der Nacht vom 24. zum 25. März 1675 gingen niehroie
Studenti'ii ruhig nach Hause. Auf dem Wege aber wurden sie
von Soldaten ^^ reizt. beschimpft, ja so^^ar geschlagen. Dies
Hessen sie sich nicht irelallen und erschienen am andern Tage
im Ha'i- ' des Stadthauptniannes He^ri. um sich im Bewusstsein
des erlitli neu Unreclit<'s weiren des Uebermutes der Soldaten zu
beschweren. Doch He^ri liess sie nicht vor und so führten sie
Klage beim Ecktor. Dieser erzählte den Sachverhalt dem Fürsten^
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21. P. Simon Rfttenbacher, ein österreichischer Pädagoge ttc. 313
wi'lolicr (iio Ansicht dos Profcsson nkollf^duius zu hUrcn wlliischto.
Einiiiiitiir or^rriftVii dir Piutc.ssuit.'n dio Partei der StudciiliMi uiul
be schlossen, die i^i ivih fiien der Hochschule enerjjrisch zu wahren.
Namentlich Rettenbacher nahm sich wann der Studenten an und
doniu l it liegen die fürstliche Soldateska heftig los. Als die aka-
demisclKMi Bürger vom Beschlüsse ihrer Lehrer verständigt worden
waren, verHessen sie freudig erregt einzeln, nicht in dichten
Heihen. die Universität, um nach Hanse zu gehen. Doch plötz*
lieh wurden sie von Soldaten, die im Auftrage des Stadthaupt^
mannes Hegi in der Nähe der Universität und an verschiedenen
Stellen der Stadt Posto gefasst hatten, angegnifen, geschlagen
und verwundet Gegen diese masslosen UebergrifTo Hegis und
der Soldaten legte der Bektor abermals Protest beim Fürsten
ein, der dann in einer Kundmachung jede an Studenten begangene
Verbal- und Realinjurie bei Todesstrafe verbot. Hegi wurde
seines Amtes entsetzt.
Mit den Einwohnern der Stadt lebte Rettenbacber gleich-
falls im besten Einvernehmen. Es erhellt dies aus „des Dichters
Ab.«iehied von Salzbui^'', in welchem Gedichte er die altehrwUrdige
Bischofsstadt wegen ihrer herrlichen Lage, wegen des Bieder-
sinns ihrer Bürger und wegen ihrer Pflege der Musen preist
Der ruhmgekrOnte Lehrer verlless nämlich im Jahre l(i75, der
Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, die ihm Oberaus lieh
gewordene Stätte .seiner Triumphe. Eifersucht. Missirunst und
der blasse Neid, welche sich leider nur zu oft an die Fersen be-
deutender Persönlichkeiten heften, hatten sich gegen ihn ver-
schworen und seine Zurtickbcnifung nach Kremsmünster bewerk-
stelligt Der hochstrelxMide Mann musste Strebern dns Feld
rrMinicti: er konnte nicht ernten, was er gesäet, angesichts der
schmalilichen und bescliiimenden Tbatsache, dass die Kaj^itularen
v(»n vierzig Jvb'istern oft auf unbescheidene Weise nach den Lehr-
kanzeln der hrrllhmten Salzburger Univprsität ihre Fühlhörner
ausstn'ckten. Dalier fand längere Zeit hindurcli. wie Filz be-
merkt, ein <f> unwürdiges Drängen und Verdi-ängen statt, dass
ein namhaftci l*n>tcssor froli sein ninsst»', weim er zwei bis vier
«Jahre an seiucr Steile bclasseu wurde.
2. Rettenbaeher als pädagogischer Sehrlftsteller.
•Man ])fleL't das siciizi lmte Jahrhundert die Zeit d<'r ])äda-
gogischen Iveformen zu nennen. Ks traten in ihm Männer auf.
welche gegen die bisherige Erziehungs- und Unterrichtsmethode
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314 Mitteilungen d« Oes. f. deutsche Erziehuugü- u. Schlügesch. Vlll.
mit dein ^aiizt n Aulgoboto ihres Kciiiifiis und Köihk.'iis aii-
känipltcii. Natüiiicherwoise konnte der iiüi die Schule vitl-
verdiento Rettenbacher nicht müssig bleihen. wenn auf der geistigen
Arena ttber die Verbesserung des Schicksals der Jugend, die er
HO fest ins Herz geschlossen hatte, gestritten, ttber ihr Heil be-
raten wurde. Auch er fand die allgemeine Klage Uber Erziehung
und Unterricht nur zu begründet und eiferte in Wort und Schrift
gegen die bisherige Bildungsweise. Mit objektiver Bereitwillig-
keit nahm er die geistigen Bewegungen seiner Zeit, von welcher
Seite immer sie auch kommen mochten, — sei es von dem bahn*
brechenden Empiriker Baco von Verulam, sei es von Wolfgang
Batich, dem Stifter der Didaktik, oder von Arnos Comenius, dem
letzten Bischöfe der böhmischen und m&hrischen Brttder — , auf
und stellte selbst seinen Mann in der Reihe der zeitgenössischen
Reformatoren.
1. Seine Erziehungsgrundsätze sind besonders in seinem
„Philotimus" niedei^gelegt Diese Schrift ist im Codex No. 437
enthalten, zahlt 42 Blätter Kleinfolio und trägt die Aufschrift:
„Praestantis ac honesti viri, sub nomine Philotimi, vita a prima
iuventute ad senectutem usque adumbrata." Wir dürften nicht
fehl gehen, wenn wir unter Philotimus Rettenbachers intimsten
Freund Ladislaus Schrenckh verstehen. An Philotimus indivi-
dualisiert Bettenbach) r sriiu pädagogischen Gedanken. Die Idee,
welche nach ihm durch (Ue Erziehung realisiert werden soll, ist in
dem Satze ausgedrückt: ^ubi varii mores descrilmntur, arguuntur
vitia, laudantur virtutes et xmx via ad iniinortalitateni et per-
enneni gloriam apeiitur." Sein Erziehungsiirinzip ist also ein
n ligiöses. aber nicht im Sinne pictistischer Einseitigkeit und
Ausschliesslichkeit.
Betrachten wir vorerst seine pädagogischen Grundsätze, so
weit sie sich auf das Kindes- und Knab(»nalter beziehen.
Die Erziehini:: ist zunächst Snrlip der Familie. Von der
häuslichen Erzithun;: liänirt fast das ganze liehen ab. Und in
der That kann die beste Schnlo nichts wirken, wfnn in (Inn
Familienleben «'in schU'chtor (irist waltet, weil dir Erziclnini: in
der Familie viel früher lieiiinnt als in der Srhule. nnd all*' guten
und schlimtnen Keime sclion geweekl. ja schon zu einiger Ent-
faltung gelangt sind, ehe das Kind di<' Srbnle Im -acht. Dies(5
Zeit ist daher die wichtigste, und das gm^sif iilin k des Menschen
ln >teiit daiin. dass er in einer guten Fainili«- geb^n a und er-
zogen wird. Die iüiuslichü Erziehung kann entschieden durch
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21. P. Simon Rettenbacher« ein 'OsterreichiHcber PRdagoge et». 315
nichts ersetzt werden, und wenn auch durch Anstalten und
Schulen tQcbtigc, brauchbare Mcm sehen für die Zwecke des Ijebea»
<'rzogen werden, so konuiit hierl)ei doch immer ihi e Individualität,
ihre eigene Persönlichkeit nicht zu ihrem v(>ll( n Rechto. So
wurden beispielsweise bei den Spartanern die Kinder den Eltern
genommen, als Staatsgut betrachtet und öffentlich, d. h. ausser^
halb der Familie erzogen. Eben darum wurden sie aber auch
nur tüchtige Werkzeuge des Staates und hatten nur als solche
eine Bedeutung-.
Die Eltern sind nach Rettenbacher vei-pilichtet, ihre Kiiitler
nicht bloss zu ernlilirrn und zu \)\\ri:ou. sondorn auch irut zu
erziehen. Eltern, welche ihi-e Kinder durch andere erziehen
lass<'[!. \ ergleicht er mit \'ügelu, welche ihre Eier nicht selber
ausbrüten.
Die Kinder sind nielit ^^leieli zu behandeln. In dieser Hin-
sicht wird zu ihrem ."-^eliiuU'ii viellach ;;('lehlt. Fi'eundlichkeit ist
mit Strenge zu ver binden, und die individuelle Bi-sehnfTenheit des
Kindes zu berücksichtigen, wenn anders die Erziehun;: uelin^rcn soll.
Die Eltern sollen ihre Kinder nicht schrolt' von sich weisen,
.sondern in freundlicher Liehr an sieh ziehen, sie nicht verzagt
nnd nuitlos, sondern getrost und beherzt machen. Viele Eltern
können in der Erziihung nicht die rechte Mitte halten, .sondern
lielMii die Kxtreme: denn nianche verhätsclieln die Kinder, ge-
steiii'u ihnen alles zu, geben ihnen gegen l'latons Verbot sogai'
Wein zu trinken und giessen .so Feuer zu Feuer, wähn nd andere
allzu hart und strenge gegen sie sind und sit mit Schlägen er-
ziehen, als wären sie vom (leschlechte eines Antiphates oder
Poliphon. Wie diejenigen, welche nahe den Katarakten des Nils
wohnen, wegen des furchtbaren GetOses taub werden, so bekommen
Kinder, welche fortwährend mit der Bute und dem Stocke be-
handelt werden, ein schweres Gehör, werden verschüchtert und
dumm. Die moderne Pädagogik legt denn auch grosses Ge-
wicht darauf, dass in der Erziehung der Kinder alles vermieden
werde, was ihren Frohsinn zu unterdrücken geeignet ist und ein
liebevolles Gemttt nicht aufkommen lässt. Die Liebe wird in die
Seele der Kleinen durch keine Lehre und kein Gesetz gepflanzt,
sondern nur durch eine Art magnetischen Zaubers, welcher da
ausgeübt wird, wo der ruhige Emst des Vaters neben dem Genius
der mütterlichen Sanftmut Aber dem Kinde wacht. Diese darf
sich jedoch nicht in thCricliter Nachsicht und Verzärtelung äussern,
sondern muss mit einer Strenge gepaart sein, welche nicht aus
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81ß Mitteiliincreii d. Ges. f. «leiit^che SreiebungH- ti. Schulisch. VIII.
Zorn und Laune, sondern aus Sor^alt für das Kind entspring-.
Eine solche ernste Liebe zieht die Kinder in ihren Bannkreis,
während schi^'ächliche Zärtlichkeit sich ihnen gegenüber als madit-
los erweist, jene magnetische Zauberkraft vermissen lässt. Daher
erklärt es sich, dass die Kinder oft gerade diejenigen, welche
aus missverstandener Liebe gegen sie am nachsichtigsten warea,
weniger schätzen, wenif^stens in vorgerücktem Alter ihnen keine
wahre Klii fiii'cht bezeigen.
Die Kinder sollen an Geiier-^ani, Seh wcigsanikeit. Be-
scheidenheit, Sanftmut und Mild»- ^ewölmt werden. Freilich
ist der Gehorsam in der Fann'lie kein solcliei-. wie ei- (M'neni
strengen, äusserlielim r;< srtze geleistet wird, er ist nicht or-
zwunjren und widerlieli. sondern erjriel)t sich von selbst; er tliesst
aus Dankbarkeit und Liebe ^v^m die Eltern, er ist ein unmittel-
bares, natürliches Ergrebnis eines frlUcklichen Faniilienvcibältnisse-^.
Durch solchen Gehorsam wird der Wille nicht ifebrochrn. un-
selbständi«: und sklnviscb. wir- bei blossem (fes«'tzeszwan}re und
äusserer (^e^va]t: er kann sich im ( Ic-renteile frei und selbständig
bilden, wf'il aus l)ankbarkei( und I.icbo dm (Iclinisaiu will
und volles \ ('rstäii(!iii> für seine Eiitwieklui»^ lindel. So winl
l'nterwerfnnir unter die Autorität ^relernt. ohne tlass das Wesen
des Will» IIS. die Freiheit. 7A\ sebr beeinti ;i( lilit^t würde. Die
rnteroi dnuiiu unter die Eltein ist in Wirkliciikeit da. aber di«'
inniukeit (lr< X'niiältnisses lässt sie nicht als Zwanir erseheiu'Mi.
und in alle liezieliuii^en d«'s Faniiliiidebens drin^rt die Wärme
des unmittelbaren Vertrau<Mis und veredelt, verklärt sie. — Be-
kannt ist. (ioethe habe einst, als er im Staiiinilaicbe sein<'s kleinen
Enkels Wolf die von Zelter- binein^resciirit heuen Worte: ..Lerne
jrelioi ( heil I"^ {gelesen, hu heud ansu-erufen : „Das ist doch das
einzit: vei iiiiulti^e Wort, das im i:aiizen Buche steht. Ja. Zi Itei"
ist inuner j,aandios und tüchtitr. Er ist ^a nial und «rross und
trifft inuner den Nagel auf den Kopf," In der Tbat. (Joetbe hat
Riecht; wer den rechten ( Jehorsani hat, hat alles, falls die führende
Autorität ihrer Aufgabe nügt.
Auch Lcrnhcgicrde ist den Kindern cinzuflössen. Ein
Kind, welches aus Lerneifer und nicht aus Neugierde oder Vor-
witz Fragen stellt, ist nicht unfreundlich abzuweisen.
Vor allem haben die Eltern, Lehrer und Erzieher den
Kindern mit gutem Beispiele voranzugehen; denn gross ist die
Macht und der sittliche Einfluss des Beispieles. Die Beispiele
wirken weit stärker als die Worte, und ausgezeichnete Hand-
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2L P. Simon Retteobacher, eva ffsterreichischer Pfidafrofpe Ptc. H17
lungcn werden immer li({ber geschätzt als geglättete und vor-
nehme Reden. — Der Weg durch Beispiele ist weit kürzer als
der durch Lehren. — Den Augen trauen wir mehr als den Ohren.
— Reden und Handlungen mUssen im Einklänge stehen, wenn
etwas Nützliches erzielt werden soll, — Wie die Blttten der
Bilumc wenig willkommen sind, wenn keine Früchte nachfolgen,
so sind die Worte eitel und verhasst, wenn ihnen nicht herrliche
Thaten nachfolgen. Daher raten die rorzfiglichsten Philosophen
des Altertums, uns einen mit den glänzendsten Eigenschaften
versehenen Menschen als Ideal vorzustellen, damit wir niemals
von d(Mii ])rä(-Utigen Wogo ablenken.
l)io KItorn lialirn drsliall) gcwissi'iiliaft darüber zu wachen,
dass ihre Kindrr nicht durch sclileclit gesittete Gespielen, Seliul-
kanieraden und Dienstleute verdorben wenb'ii. l):ih< r sind die
Kind(>r jener £ltern glUeklieli zu preisen, welche ihueu mit gutem
Beispiele voianleuehten und sorgsam alles f<«rne halten, was
ihren zart< ii He izen iigendwie schaden könnte. Solche Eltern
sind doppelter Ehre weil, weil die Kinder ihnen nicht bloss das
Leben zn verdanken haben, sondern auch, dass sie gut lelx n.
l nd nun gehen wir zu den Erziehungsgrundsatzen lür das
.Jünglingsalter Uber. Die menschliche Natiw war (icgcitstand
eines lieftiiren Streit(>s. !)if> einen vertrntefi dir pessimisti>rhe
Ansiclit. dir Mcnsclii iinatui- sei urs]»i1niL:li<'li so ir;inz iiimI gar
vfM'derlit. dass •j:;\r nichts t iut<'s aus ihr hri \ (hizi Ih u konm'. «*u-
dern nur Srhiccliles. Andere Mieder Im hiuiptrii ii. dass die
Menscliennatur von (leburt an irnnz uut und n in sei uiid ei""<t
durch den rmgang nut den Menschen veiLfiltet werde. Ketirji-
bncher iM knint sich we<ler zu der einen, muh zu der anderen.
Er ninuni vichiu hr lri^u7. richtiii dass der JUnyling sich in
der Laire des Her akles aal (it iii S( hi idcwi'ge helimirt. Di«' Jugend
ist mehr zu Felilern als zu Tugeuih'U geneigt, wvmi sie nicht
einen eifalucn«'!! Führer gelun«len hat. weit her das schliij)frige
Alter h'ukt und ihm den Wcl' zu unstt rldifheni Ruhme zeigt.
Die .Jugeinl soll schhclitru UmgaiiL' niridcu. weil er häutig
di<' herrlichsten Tairnti zugrunde riclitct und sie vom Inichsten
(iipfel des (Jlückes in den tiefsten Abgrund des Unglückes
schleudert. Do( h ist nicht jeder verti aute Verkehr der jungen
Leute unter einander abzus( hm iden, wenn weise Vorsicht dabei
nichts Bedenkliches zu l'Urchten hat.
Die jungen Leute sollen die 35eit wohl benutzen, damit sie
täglich an Tugend und Wissen zunehmen. Was sie heute lernen
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318 Hitteilungen d. Oes. f. deutliche BrziehimgB- u. Schulgesch. VIIL
können, sollen sie nicht auf morgen verschieben; denn die Zeit
entflieht schnell und kehrt nicht wieder.
Der Jugend soll ferner Schanibaftigkeit, Wahrheits-
liebe, Dankbarkeit und Sinn fttr Sparsamkeit eingeflösst
werden.
Die jungen Leute sollen die Nebenmenscben lieben,
niemanden beleidigen und jedem die gebührende Achtung «ollen.
Sic sollen namentlich gegen die als misera contribuens plebs
geltende arbeitende Klasse menschenfreundlich sein; denn die
Natur hat die Menschen gleich und frei erschaffen, die grausame
Herrschsucht erst hat Knechte genwicht.
Wie Rettenbacher selbst sich auf die äusserst schwierige
Kunst der Selbsterkenntnis vortrefflich versteht, so hält er
auch die Jünglinge zu ihrer Plh'tre an. Daher macht er es
ihnen sur Pflicht, ihre Kräfte abzuschätzen und sich dem Berufe
zu widmen, zu dem sie sich am meisten geeiirnet halten. »Sie
sollen nichts beginnen, was sie nicht vollenden können.
In der Kleidung sollen sie das reeht*» Mass, die Mitte
zwischen tilf rtriebener Pracht und schmutziüci' Sjjnrsnmkeit ein-
halten und insbesondere auf Koinlichkeit und Anstand sehen.
Sie sollen nicht immer nach der Motlr {jrlu'u und sich namentlich
vor albernen und gesundheitswidrigen Moden hüten.
Das Reisen ist füi- trcisti;.'- reife Jünglinge überaus bildend:
f's erweitert (Lts Ki'keiinen. \rri'(h'lt das Gemüt und tVirdrrt
die Chaiakterbildung. ^.ichlsdestoweniger müssen sie darauf
achten, dass das Ausländische nicht dem Einheimischen vori:('-
zogen. das Vaterland nicht hintangesetzt oder gar verachtet
werde, was bisweilen bei weniger erfahrenen Jünglingen voi*zu-
kommen pflegt,
2. Ein reicher. un\ ( isi<'glicher. ewig junger und ewig frischer
Born der eraelilidien Kunsi spiudelt in ih n Gedichten Retten-
bachers, durch welche sich „starke (irsinnuuiren, erhaltene (le-
danken, goldene Lehn n. veimiseht mit zarten l'Iniidimluiigen für
das Wohl der Meii>i lih» it und lür das Ib'il des Vaterlandes hin-
durchziehen." Froninier (ilaube und gutniütiger Humor, hoher
sittlicher Ernst und harmlos heitere Lebenslust, weltvergessenes
StilUeben unter stummen Büchcni, mit politischem Blicke gepaarte,
reife Erfahrung, Kaisertreue, Patriotismus, Freiheitsdrang und
ein kräftiger demokratischer Zug drücken ihnen ihren Stempel
auf. Sie sind durchlebt, tief innerlieh empfunden, Gelegenheits*
dichtungen im Goctho'Rchcn Sinne und erzielen daher noch heute
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21. V. äiuiuu Rettenbatiier, ein östcrruichisicher Pädagoge etc. <ii9
ein«' inächtijfc Wirkung. Unsere Aufmerksamkeit nehmen vor
allem diejenigen Gedichte in Anspruch, welche Ereignis.so drr
ZeitgeschichUs die Kriege mit den Türken und Franzosen be-
handeln, die beide sich vereinigten, Oesterreich zu vernichten.
In diesen historischen Idedern entrollt sich vor unseren Augen
das grossai'tige, überwältigende Schauspiel, das der stille Ordens-
mann Uber die Elostermauem, die ihn umaehliessen, hinauswilchBt
und sich in einen feurigen deutschen, nationalen Dichter, in einen
Apostel des patriotischen Selbstbewusstseins, welches unter den
TrOmmern des dreissigjährigen Krieges fUr immer begraben zu
sein schien, verwandelt. Unaufhörlich spornt er zur Vertreibung
der Ungläubigen aus Buropa an und fleht inniglich zur heiligen
Jungfrau, sie möge das FttUhom ihres Segens (Iber die christliche
Streitscbar ausschütten und den kaiserlichen Adlern Schutz ge-
währen. Sein Gebet wird erhört, er triumphiert und stimmt
einen Lobgesang an auf jene ausgezeichneten Hänner, welche
an der Niederwerfung des Halbmondes und an der Befkviung
Wiens den hervorragendsten Anteil nahmen. Es sind dies Kaiser
Leopold L, dessen vertrauter Freund und Berater, der Kapuziner-
pator Marco d* Aviano, Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg, der
bayri(fche Kurfllrst Max Enianuel, Herzog Karl von Lothringen
und der Polenkönig Sobieski.
Die sch<inste und duftigste Blüte der nationalen Poesie
unseres Dichters i.st die Ode: ^.Germania invicta. si (•(»iiiuncta.*'
In ihr geisselt er scharf des Franzmanns Falschheit und Treu-
losigkeit und liisst den Vater Rhein klagen über srine unter-
jochten Ufer und die unter seinen Anrainern hcrrscheudeii fran-
zösischen Sitte«; in sinniger Weise malt ei aus. wie die Donau
ihn auffordei't. den Franzosen ebenso das l*^'ll zu gerben, wio
sie es den Türken getlian hal)e und mit vorschauendem Blick«- in
das glorreiche Jahr 1N7() prophezeit er. ein g<M>inigt<'s l)<'ut<ch-
hind wiM'de jeden feindlich»Mi ATi^tiirni n!)sf hlagen. Es darf mit
Fu2 ihm! T?(H'lit drf! Freihcitsliedern aus den Zeiten der N'apolconi-
sclien Krii'L;« ;ui die Seit*' grstcllt werden und ist doppell merk-
würdig als W'tM knit jcnof triilien Z»'it.
Der Midinnif Ivi ltcuhachers gilt iWclorst (h'm in sich zer-
kliifti'tt'ti (|f utx lK II \ ulke, das jedes S( llt>tL''»'f(llds und (irmcin-
siiiiH s bai war: er galt (h'U deutschen Fürstc ji wrltlichm und
geistlichen Standes. w<'lche die Sitten des franzüsist jn n Hoit s
l>lindlings naciiiitltcn uml. v*nu (ilaiizf des Iranzösi-« Inn (i<ddes
geblendet, di»^ Sache des Keiches preisgahen und im Solde Frauk-
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BSK) Mitteilungen d. Gl«;, f. deutsche ErziehuuKH- u. Schulxt'sih. VIII.
ivitiis ihiboim ^Faulwiu Isarlx il vt rrirlitPtfn ; ov hat (MhIIIcIi all"
<lon (r«»l('lii"t«^n. StiidtMirni und junir<Mi Edcllouti'u ^M <:nltiMi. wclfho
siel« der irorado jetzt zur khis^iscluMi Blüte onipoi'^i lühi'tcn t'ran-
zösisclien Litt t rat ur zuwandti'ii. nach N'crsaillos als d<>r hohen
Schule des guten Tons walifahrteten. die deutselu> Art ahei* mit
ihren Idealen hintansetzten und die ehrwürdigt' Muttersprache
in die Bumpelkammer warfen.
Indem Kettenbacher fUr alles Wahre, Gute and Schöne er-
glüht, indotn er zündende Weisen ^zum Preise deutscher Stärke,
stoischer Tugend, christlicher Sittlichkeit und andächtiger, thätiger
Liebe erklingen llUsst,** vermag er das Gemüt zu erheben und zu
begeistern, dem Willen Kraft und Freiheit zu verleihen, den
Charakter zu einem einheitlichen Ganzen zu bilden und harmonisch
auszugestalten. Er ist ein Meister der Pädagogik, aber auch
der Andragogik.
3. BetteDbaeher als didaktlselier Seliiiftoteller.
Als didaktischen Schriftsteller lernen wir Rettenbaeber in
der im Jahre 1678 in Salzburg pseudonym herausgegebenen
Schrift: „Misonts EiTthraei ludiera et satirica'* kennen, welche
eine beisscnde Kritik des gesamten geistigen Lebens seiner Zeit
in Litteratur und Schule enthält. Neben ihr sei der für den
Privatunterricht geschriebenen Abhandlung: „Librorum ad ple-
rasque scientias notitia^ gedacht, die ich mit einem modernen
Ausdrucke einen ethisch-didaktischen Handweiser be-
liehnen möchte. Sie ist fUr uns von grösstem Interesse; denn
sie enthält zwar kurze, nlier treffende Charakteristiken d<>r Autoren
aus alter und neuer Zeit. Sie vei-mittelt uns tVnier die Bekannt-
schaft mancher damals g<'hrau( lit. r f.ehr- und Hilfsbücher. Dann
abor enthält sie auch weitvolle Anieitungon zum Studium ein-
zelner Disziplinen und behandelt endlich littcrarischr- Fragen teil-
weise' in ganz modornen» Sinne. Die Schrift verdankt ihre
Entstehung dem Umstände, dass ein Freund Kettenhachers,
Avelcher sidj in den einzelnen Zweigen der Wissenschalt unter-
richten wollte, an ihn mit der Bitte herantrat, ihm an die Hand
zu LTflttMi und die Haui)tv<'rtreter der einzelnen Disziplinen nam-
haft zu machen. Rettenhacher verspricht, ihm als Fackeltriiirer
vonnr/iiüclMMi und ihn diircli das Lnhyrintli drr Autoren zu g<'-
leiten. <lamit «*r nicht irrr. Kt iii'ii:«' nur mutig InL'cn uvj\ <]('h
nicht (!nrc!i die Schwierigkeit des Weges von seinem Beginnen
aksehreckea lassen.
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21. P. Siiuuu RetteuhucUtT, ein österrcithisciier i'iklu^'ü>;e ele. 321
Dor ( litt nicht im siehzehnton Jahrliundort bot im
allirfMiii iiif II riiu ii rt'clit traiiri^ffu Anblick. Die Lohrcr wan ij
<:('wöl»nlicli uiiLri hildote. rolio. tnii»-«* Leute, welche fiir ilircn Be-
ruf nif'ist iiie-ht die iiotweiidijreii Keiiiitiiis.se und das n(iii^>^e Li«hr-
taleiit hatten. Kaum einei' war unter tausriKh n zu tindeii. der
durch jredieirejies Wissen h'-rvorrajite: di<> nu isleij llattertcn wie
Schatten und Lult;.'rl>il(li» herum und lu aiispruchten deiiii<»>li die
niaiiiiiirfachstrii lOtirt-ntitel. Lclin i*. w»'lche von der Wünli' ihres
lit i iiles dm t hdt uiijreu. nur der Schul«' und der Wissenscliaft
lebten, wart Ji seltene Ausnalunen. Tnd was wurde ^^elehrt?
L'n^rereimtes. irehaltloses, unnützes Zeu^^. und dies ohne jede Lrhr-
;;esclii( klichk( it, in luntrweilijrer. ifeisttütender Weise, so dass den
{Schülern das, was sie lernen sollten, zur Last und zum Kkel
wurde. Unter sothanen Verhältnisseu uiusste das Wirken solcher
Lehrer ohne erwünschten Erfolg bleiben, vielmehr ein Proletariat
der Bildunjir heranziehen; denn einerseits diängte sich zu den
höheren Schulen, Gymnasien, Akademien, Universitäten, die in
i'ranz()si8cher Nachahmungssucht in grosser Menge ge^nUndet
wurden, alles, hoch und niedrig, reich und arm, begabt und nichts
begabt heran, andererseits wurde die Studienzeit vielfach nicht
mit ernster Arbeit verbracht, sondern mit Nichtstfaun oder Unter-
haltung vergeudet. Und die hehrer? Sic sahen dem liederlichen,
tollen Treiben der jungen Leute nut Gleichgiltigkeit zu, ja sie
unterstützten es und beförderten so die geistige und körperliche
Entnervung der Jugend.
Rettenbacher fordert daher zur Erziclung eines besseren
Unt^rrichtserfolges vor allem:
J. Unterrichtete und gesittete Lehrer;
2. inhaltsvollen Lehrstoff;
3. ntetbodische Behandlung des Lchrgegenstandes;
4. beschränkte Zähl der Studierenden.
Dann kommt er im besonderen auf die Philologie zu
sprechen.
In den philologischen Schulen des siebzehnten Jalirbundeils
herrschte der verknöchcrtste Foi inalismus. Das Hauptgewicht
lag auf der sprachlich-formellen Bildung, auf (Jrammatik und
Stilistik: beide wurden aber gleich geistlos und pedantisch be-
trieben. Die Autoren kamen nur insofern in Betracht, als sie
der Beispieisammlung und Stilttbung dienten: um ihren Inhalt
kümmerte man sieh wenig oder gar nicht, l^cttenbachcrs Schil-
derung der Gebrechen der damaligen Liiterrichtsweiso gemahnt
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H2'l ilitlfiluu^'cii »1. (ies. 1. deutsche Kiy.irliungs- u. Schuljrt'scli. VI II.
l('')liiift nii die SchildJTuno' der Kindi iickc. wolclio Arnos ("oiii' iiius
in (!• r lat4'iiiisi li<>ii Schul«' t-nipliu^i und dir ihm dio orirroitrudo
Klai;(' entlockten: „So viele von uns kr)nnen als Zcugt n Jüi- die
Man{relhaftij!:keit der Scliiden dit ueu, als aus den Schiden hervor-
|j:ejjaii}ien sind, kaum von einem Schatten wahrer ( Jehdirsamkeit
anfrehaucht. Aus vielen tausenden bin ich seihst einer, ein armes
Menschenkind, welchem der Überaus schöne Frühling seines
ganzen Lebens, die BlOtejabre der Jugend mit Scbulfucbsereien
«lendiglicb verloren gegangen sind. Acb, wie oft bat mir, nacb-
dem ich zu einer besseren Einsiebt gelcommen war, die Erinnerung
an die verlorene Zeit Seufzer aus der Brust, Tbränen aus den
Augen und Kummer aus dem Herzen geprei^t! Ach wie oft
nötigte mich dieser Schmerz, klagend auszurufen:
0, brächte docb Juppiter mir die entschwundenen Jabre
zurUdE!"
Bettenbacber geisselt mit aller Schärfe die Fehler des bis-
berigen Sprachunterrichtes und tritt als Babnbrecber fttr die Ideen
4cr modernen Zeit auf. Uns dünkt, als btfrten wir einen Philo-
logen der Gegenwart, wenn wir Rettenbacher lauseben. Er
empfiehlt vor allem statt der üblicben syntbetiscben die induktive
Methode, da der Schüler das, was er durch eigenes Nachdenken
gefunden, leichter behalte. Lebhaft bedauert er, dass den Schülern
Regeln, welche häufig nicht einmal bestimmt und wohl bereitet
fiind, vorgeschrieben werden, ehe sie die Spraclie scdbst aus einem
Autor durch Anlehnung aller Beisjtielr und schriftlichen Uelier^
sctzungsttbungen an ihn erlernt haben: Regulae nonnuilae gram-
maticae oae(|ue frequenter non satis certac nut exasciatae prao-
leguntur. dictata magistri utplurimum abHurda «'t inania recitantur
nuUa Interim cura voterum scriptorum. Indem er die T?.'-t lu aus
der Sprache abstrahiert wissen will, stimmt er nut Rat ich illKM ein.
welcher sich zu dem Prinzipe bekennt: „Erst flio Sprnrljc und
•dann die (Jrammatik; erst das Korn und dann dei- Sack.**
Rettenhacher begegnet sich in der nachdrücklichen Hervoi--
hehung der induktiven, rntwirkiduden Methode mit den meisten
neuen Jiclirpliinen und I lantHiüchern der PädaL-'o'rik. ich nenn«'
nur die .. 1 üstruktioneii Kir den riitiTrirlit an dm ( iytiina'^icn in
Oestei-i i'id)". sowie Sciiiilei's .. I laudbiii'li der pi akl i><'lir n IMda-
gojiik" und das von I^aiinu'jstiT lieraus--r;ji'i)ene .. f laiMllnicli der
Fr/irhungs- und rnii'iiiclit<lrlir»' liir hühei-e Scliuleii". Der
grannnatis(die Schematismus.' s;igt Schiller (a. a. (). S. 2.{tM. ..imü-^s
^iurch ein auf dorn eigeuen Urteil und der selhstthatigen ICinsiclit
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I
21. P. Simou lictteubacber, ein öäterreicbischer Pädagoge etc. 32<i
der Srhillor beruhendes Verständnis je weitri- nach (ih(Mi. (h'sto
mehr ersetzt werden/ Und Dettweih'r lässt sieh also vernehnien '):
..Alh'r Zmvaehs an neuem Wissen nmss in L-'enieinsamer. wechseln-
der Geistesai-heit des Lehreis und Seiiul<'i-s verarl)eitet werden."
Und an einer andeien SteUe heuierkt er: ,.lch selbst habe niemals
nis Lehrer ein anderes L'nterrichtsprinzii) jreUbt. abei oft mit viel
Mühe für Lehrer und Schiller und mit wenig p]rfolg anders unter-
riehtiMi sehen.** Dies luuss denjeniifen i^u hniiinnernp:egenUberl)etont
werden, welche innnei' und immer wieder 4reltend machen, man
reiche bei der induktiven Spraehunterrichtsniethode mit der Z«'it
ui( ht aus, man erziele bei ihr keine Genauigkeit und Sicherheit.
Man tiudet schon sein AushiUL^en mit der Zeit, man erreicht das
vorgesteckte Lehrziel, wenn man nur. wie Dettweiler bemerkt.
Ernst macht mit der alten Forderung; .\on multa, s<>d muh um.
Freilich wird sich die deduktive Methode nicht ganz aus dem
Unterricht entfernen lassen, ja es wird sich in einzelnen Fällen
sogar als praktisch erweisen, dieses Verfahren beim Unterrichte
einzuhalten. In der Thal entsteht auch erst aus der Vereinigung
beider Methoden die einzig wahre und richtige, nämlich die orga-
nische Methode. Sie führt diesen Namen, weil sie den Menschen
so bilden und entwickeln will, wie jeglicher Organismus in der
Natur sich ))ildet und wächst, nämlich so, dass der geistigen
Kraft zu ihrer Selbstcntfaltung und ihrem Wachstum zugleich
von aussen angemessener Stoff geboten wird, an dem sie sich
nicht bloss übt, sondern der ihr auch eine bestimmte Richtung
verleiht und bestimmte positive Kenntnisse zuführt, welche zum
Selbstdcnken notwendig sind. Der Mensch soll nach ihr nicht
der Ameise gleichen, die immer zusammenträgt und unordent-
lich aufhäuft, d. h. er soll nicht allerlei Erkenntnisse ins Gedächt-
nis aufnehmen und ohne Urteil aufstapeln und aufbewahren; er
soll aber auch nicht der Spinne gleichen, die alles nur aus sich
selbst heraus spinnt, d. h. er soll nicht alle Erkenntnisse nur
aus seinem eigenen Verstände lieraus konstruieren wollen, sondern
er soll es der Biene «j^leieh thun. weiche Material sammelt und
es narli inneren Trieben in schöne Ordnung bringt und vei-ar!)eitet.
Der Lelu*er musg also lun li der organischen Method» i^« bend
und anregend wirken, der Schüler sieh ])assiv und aktiv ver-
liali Ii: ii ussere Einwirkung und innere Thätigkeit messen
sich die Haud zum Bunde reichen.
') lb>iiill)iirli dor Bizithiiiiirs- und Unt^rrichtslehre . ... hmg. van Bau-
meister. 3. Bd. 1. Abt S. 24 if.
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^MillfiluuiLjtu d. (jt's, f. dcutstbe Erzichuiijf:*- u. tJchulgescb. VJU,
Uaiul in Hand mit ili r Bckäiupliui^' der ^Iclliodc, (Iimth Um
und Auf das mcchanisclK» Aus\vendijrI(TinMi des Vor^t .sa;(t('ii odei"
Voriroloseiicii ist. ii< ht der Kampf {rf^^rt^n den ..toU'ii (Jodäclitnis-
kiaiu". die rchorlniKhintr des Gedächtnisses mit vielen duiiklea
und unniitzrn Dingen, mit Sachen, die ndt viel Zeitaufwand und
nur „in futurani oblivioiicm** frelernt weixlen: Quin etiam vana>
atque inania doccri ac nulla usui ]>rofutura.
Ferner verlantrt Retten')noh<'i-. dass der l iit m ir lit srufen-
weise und methodisch foi tschieite. von dem Leichteren zu dem
Schwereren, von dem Näiieren zu dem Entfernteren sich fort-
iiowojre. dass nichts Neues jrelehrt werde, bevor das Frühere nicht
};riindlii h erfasst und verarbeitet ist. Im Sinne und (n ixtc
IJatirlis. welcher vorscliieibt . dass nicht mehr als eim i lci anf
einmal «relehrt werde, äussert er sieh diu rhdrun'ieh (huon. dass
durch allzu «rrosse Menjrc des Lehrstoffes und durch uni:eordn«'ie
A'erbindun<i der (icjrenstände in dem juir«'ndlichen (ieiste des
Schülers Ekel erre<jrt oder dei* Studierende lanz von de?i Studien
ab<relenkt werd<Mi könnte, also: Xon enini ijuani niultos scri-
ptores. sed quam bene le<ras, refert. Stomachus ciborum
varietate potm.s obruitur, quam iuvatur. Desgleichen ^riebt er
seinem Freunde am Schlussfi die Weisung: Satisne di<,'itum ad
fontes, ubi sitim Icvaix) possis, intendi? Sic arbitror. Adi intrcpido
pede et hibe, quantum Toles, numquam defieiont. Sed tempcstive
et ordinc convcnicnti adi, ne undas confundas undis et stndiorum
fastidio labores. Ab omnibus hauriendum est, at <<ppMrtune
et suo tempore. Risu digni sunt, qui ordinem peirertuiit et,
dum multa afrgrediuntur, cxpcdiunt nihil. Xon sie insanies, si
monita mea sequaris. Multum, non multa oportet leerere.
Et omnes tarnen legendi sunt? omnes et fortasse plures« quam
praescrlpsi. Quis potent? Omnia amanti facilia. Cogita pul>
cherrimi laboris perpetuum te habitnnim fnictum nilqne praecepi,
<luod Sit difHcite.
So will er. dass man die Lektün; mit Caesar be«,qnne, da
er ein Must<'rl)ild für die Spiache hoi.
Mit Sir<Mi-<' verurteilt Kettenbacher die in vielen Schulen
übliche Methndi'. den Schülern den Lehrstoff ..einzublä ueu".
wiiiiri er naiiK nilif Ii an die „fasces" und „manus scveriores"
iivr Seljulnu'isier dndvt. Im Einklan^'c mit Ratich und Comenius.
welch«' darauf In st. hen. dass alles in der Sehnh' ohne Zwan^
^rescheljcn müsse, kein Sdiüler wegen schlechten Forigauges
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21. P. Simon KeiU'ubacUer, ein österreicliischer Pädagoge etc. 325
vom Lohror hostralt werden dürfe, dass ..Rute und Bakel, diese
Sklaveiizuclitmittel". Ub( rtliissig werden sollen, singt er:
^'•laiiiiiiaticos. vairiHi). siiperhiim,
Kixosuiii irciius est terire natum;
Saevit fastihus et severiore.
Quam (luondam l*lialaris ff*nis tyrauuus,
Tardos discipulos manu fatifrat.
Die Ansiclit dieser drei ^länner tlberrajrt himmelhoch die
Annicht der dem schlesischen Schulmanne Artelius verwandten
Se<'len. Wie wir dem Buche von Baumi'ister*) entnehmen, hat
es dfT jrrnannte Herr — horrihile dictu — in seinem Testamente
vom Jalii'e 17S4 lebhaft bedauert, ..nicht reich fjenug zu sein,
um ein Lt <:at zur Uiitrrhaltiiii;:: eines neuen Zuchtmeisters, mit
Dis(ij»liii oder Ochsriizirincr bewaffnet, aussetzen zu kiinnen.'*
Ren«Mil)a( Iht denkt ^rlcicb sciiiiii zwei V(»rL''nn,L'ern nicht: .,Asinus
tusti paref', er huldigt vielmehr dt in hatzc: „Equus tW'nis paret."*
Auch fllr unsere Zeit konnuen Rute und Stock als riitn-riciits-
mittel nicht mehr in Betracht: sie kennt edlere, wirksamere
Mittel, um träire. nacliliissige S< liiilcr zum Fleisse anzuspoi nen.
Es sind stuimii'- Riiiirii. welche durch den liliek und angi'inessene
(testen erteilt weiden. Maliiiun«r<'n. Zurechtwcisunf^en und V<»r-
weise. ,.\V()hl dem." sa-t Ikiumci.ster, ..der immer jrleich das
richtijr«' Wort zu linden weiss! Denn auf dieses kommt un-
endlich viel an. *
Kettenbaclier jri<'bt .sich liebevoll dem vollen Leben hin und
hat auch für die reale Welt ein offenes Au^e. Er ^^reift daher
gleich Ratich und Comenius mit kühnem Griffe mitten in sie
hinein, bricht mit den herkömmlichen trockenen Wortstudien und
sträubt sich gegen die Ausstopfung der Jugend mit den Be-
zeichnungen der Dinge. Da er nicht Papageien abrichten,
sondern Menschen bilden ^ill, ist er für die Verknüpfung des
Sprachunterrichtes mit dem Sachuhterrichte; er tritt für den
verbalen Realismus ein, fUr das Verständnis nicht bloss der
Sprache, sondern auch des Inhaltes der Autoren. An den alten
Klassikern soll man nicht bloss sie selbst, sondern auch den
Geist des Altertums kennen lernen. Darum nennt er sie
„loquendi ac sapiendi principes". Er verlangt von den Philo-
logen, dass sie nicht bloss ihre Sprache, sondern auch den sie
erfüllenden und beflügelnden Genius verstehen. „Nicht wenige/
a. a. (). S. 121.
MmeUuDg«n d. Uce. f. deutsche Eni«b.- u. iä«:iiulg«scliiclit«. VlII 4 1898.
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336 lEitteilungeii d. Oes. f. deutsche Braiehyngs- u. Schulgrach. VIII.
sagt er, ^übernehmen, obwohl jeder Kenntnis bar, keiner Bildung
teilhaftig, gern das Amt des Jugendanterrichtes, als ob für den
Grammatiker die Kenntnis grammatischer Hegeln genttgen und
Ton ihm nicht die Auslegung der Autoren, die Bekanntschaft mit
den Dichtungen und geschichtlichen Eirzählungou gefordert würde.
Bei Raticb und Comenlus steht der Realismus noch vor-
wiegend im Dienste des Sprachunterrichtes. Die Kenntnis der
Dinge soll dem Sprachunterrichte eine reale Grrundlage gelten,
daher „verbaler Realismus'^. Rettenbacher bleibt aber bei dorn
verbalen Realismus nicht stehen, er geht einen Schritt weiter
und nfthert sich durch die nachdrackliche Betonung der selbst-
ständigen Stellung, die er für den Realismus in Anspruch nimmt,
den von den Pietisten, namentlich von A. H. Francke vertretenen
Prinzipien. Er erklärt nändich, dass der Realunterricht aus dem
Dienste des Sprachunterrichtes heraustreten, dass die Kenntnis
der Realien aufh<)ren müsse, blosses Mittel zum Zwecke zu sein.*)
Wie schon so oft, erscheint uns Rettenbacher wie ein Prophet,
wenn er in einer Zeit, in welcher auf den deutschen Universitäten
der Druck des herkömmlichen scholastischen Formelwesens
lastete, in welcher sie verkommene Stätten geistiger Beschränkt*
heit, trockener Schulmeisterei und pedantischer Buchstaben-
gelelirsanikeit waren, den gn^ssen. stolzen und alleinselig-
machenden Gedanken von der Einheit und Eintracht aller
Wissenschaften, von der universitas litterarum ausspricht,
wenn er im „Philotimus" die epochale Lehre verkündet, dass
alle Wissenschaften zusammengehören, wechselseitig
verknflpft sind und sich mithin gegenseitigen Beistand
zu leisten hahen, wenn er die Theologen aufmerksam niaeht.
dass es ilmen zieme, die Geheimnisse der Natur sorgfältig
zu durch forschen, da dies den heiligen Büchern ni<*!it widerstrehe.
Es ist Retteid>achers Verdienst, dass er das Unterrichts-
prinzip der Anschauung weit schUrfer als seine Vorgänger hetont.
Dringend rät er dem Freunde, l)ei der Lektüre besonders
historischer Schriftsteiler stets eine Karte zu benutzen. Ab-
bildungen fleissig zu gebrauchen und einzelne Momente der
Erzählungen sich durch Zeichnung zu veranschaulichen: denn
so werd<' er dem Gei>fr' etwas Ruhe gönnen und don G(»genstand
lichtvoll und ziiirloii Ii interessant machen: Enixp tibi siiascrini
ut tali( llaui geographicam usui'pes et imagiueü adhibeas dcpiu-
Vyl. Dr. A. Stöckl, Lehrbuch der Geschichte der rädu^ogik 8. 273.
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21. P. Simon Kettenbaoher, ein öütdrraicliiäcber Pädagoge etc. 327
gasque; ita enim animum paulhini relaxahis et res illustres
siniulquo iuciiiulas reddes. Um die Lektüre in der angegebenen
Riehtung mit Erfoljr ^treiben zu können, empfiehlt er speziell
für Caesars belhini ^^allirnm und civile die im Jahre UiS4 bei
Johannes Werbelins in Frankfurt am Main erschienene Ausgabe,
welche unter anderem zwei Karten von (iallicn. Hispauien und
Oermanien, sowie Abbildungen von der hMicinbrUcke, von
Avarieuni. Alrsia. Massilia. Uxellodunum, ferner Bilder und Be-
sehreihnnL'^t'ii des Bison und L'rus aufweist. Gleichfalls rät er
dir AusgalM' von Josef Scaliger an. welche zwar weit kleiner
als jene ist. aber zwei Karten, summarische Inhaltsans/alx ii
eijies jeden liurhcs und ireo^rraiihisrh^'s Xamensverzeichnis eniliali.
— Wie Frii'drich der (Irossc und Napoleon III., so hat nirrk-
wtlrdigerwcisc hchun UettenbacluM- den niilitärisi-hcn Wert dci
Koinim iitaricii erkannt: sagt er doch: ..In arte imperatoria seu
militari nomino ('. T. Caesarem, cuius commeutimi de hello
gallico et civil! prai primis legendi sunt.**
Der deiktische oder zeigende Unterricht, um den
Anschaunngsunt<'rricht mit einem modernen Namen zu bezeichnen,
ist bekanntlich auch <'ine wichtige Forderung der moderueu
Scbuldidaktik. Wir wahren sie im klassischen Sprachunterrichte,
indem wir Fomieu und Spracbgesetze vor den Augen der Schüler
an der Wandtafel, deren Benutzung, wie Dettwciler klagt, noch
lange nicht häutig genug ist, entstehen lassen, indem wir
graphische Mittel in mannigfachster Weise gebrauchen, indem
wir endlich die Denkmäler des Altertums im Bilde vorführen.*)
Nur hat der Lehrer unter den vorzuzeigenden Bildern eine weise
Auswahl zu treffen, um nicht der Zerstreuung Vorschub zu
leisten, während er der Vertiofüng dienen will.
W^ie die moderne Didaktik auf die Konzentration oder
die möglichst vollständige Zusammenfassung dessen, was formell
oder materiell zusammengehört, grosses Gewicht legt, so fordert
auch Rettenbacher, dass man bei der Lekttire der alten
Schriftstoller immer die Ausdrücke, Redensarten und Kon-
struktlonen vergleiche und zu grösserer Verständlichkeit die alte
Geschichte und zugUnch die Altertümer heranziehe. Im Gin-
klange mit Rettenbacher sagen die „Instruktionen": .J]v kann
in der That im allgenn inen nicht zweifelhaft ersclieiueu, dass
aus d(T alten Geschichte im Sprachunterrichte das oberste und
*) Hnadbuch der Entiebungs- und rnterrichtslehro filr hsher» Schulen*
lienttsgegebeii toh Dr. A. Baumeister. III, S. 207.
22*
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328 Mitteiluugeu ü. (ics. f. deuUcbe Erziebungs- u. ticbulge«cb. VIII.
iiäcliste inhaltliche Konzontratioiis])rinzii» aliL'^olcitot werden niuss.'*
Will man sirh (Iber die irriechisclir ( J escliicht i- unterrichten,
so muss man Ihm Hcnulot. Thucydides, Plutarch und Curtius iu
die Schule ^^ehen. Will man die römische Geschichte kennen,
so muRS man F'lorus. Livius. Sallust. Sueton, Tacitus, Caesar.
Eutrojiius und Appian lesen. Die Kenntnis der Altertümer
gewinnt man durch Lii)sius. Budaeus und Scaliger. Die Kiick-
sicht auf die Kon/.cntration trä^-^t aueh dazu hei. dass Rettenbacher
für Caesar die schun vorher eiwalmtt Aus<:alie von Wechelius
emphihlt; denn sie enthalt ausser den Karlen und Alil»ildun;ren
einen eindrehenden spnu hlieh-saclilichen Kommentar, ein ^reo-
frrai)hisch - ethnojrraphisches Xamensverzeichnis und Erkläruiif^
>\ichtiger GejrenstÄüde aus dem römischen Krie^rswesen, wie des
a^'ger, valluni, musculus, der testudo, vineae, plut4.'i und tunes
mbbiles.
Weiter besteht Rettenbachs darauf, dass man nach Be-
endigung eines grösseren Abschnittes eine Pause mache und
die Hauptgedanken in wenigen, aber markigen Worten wieder-
gebe; denn sie seien gewissermaassen Apperceptionssttttzen,
welche den ganzen Inhalt kurz festhalten. Namentlich sei es
geboten, Ciceros Reden logisch zu zergliedern, d. h. Inhalt und
Disposition derselben anzugeben. Rettenbacher charakterisiert
Cicero folgendermassen: „Inter latinos oratores primos tenet
Cicero et solus ex antiquis superest^ qui iustas orationes scri-
pserit. Quintiiianus enim et ^eneca pater deelamant, non perorant/
Damit ist gesagt, dass nur Ciceros Beden klassisch zu nennen
sind, weil sich bei ihm die schdne Form mit dem bedeutsamen
Inhalte verbindet, während Quintilian und Seneca ihr Augenmerk .
mehr auf den sprachlichen Ausdruck als auf den Gedanken
richten. Cicero war ein Orat^ir. Quintilian und Seneca nur
Deklamatoren. Aehnlich kennzeichnet ^lartin Schanz in dem
von Iwan v. Müller herausgegebenen Handbuch der klassischen
Altertumswissenschaft den Unt r hied zwischen dem forensischen
Redner in der republikanischen Zeit und dem scholastischen
unter dem Prinzipat in folgenden Worten: ..Der Redner des
Forums spricht zu Leuten, welche die Entscheidung seiner Sache
in den Händen haben; der Redner der Schule zu einem Publikum,
von dem er nichts als Lol) und iieif'all ernten kann: der
forensische Iledner will überzeu<r<'n. der scholastischt' jret'allen,
jener den Willen l»estin)men, dieser Phantasie und X'erstand
reizen. Der forensische Redner wird von dem Bewusstsein ge-
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21. P. Simon Rettenbacher, «in österreichischer Pädagoge etc. 329
hohen. Uass von seincMi Worten der Ausgrang der Sat hc welcher
er sein Wort hMht, ahhUiigt, der scholastische weiss, dass seine
Rede ein luftiges Spiel des Geistes sei. Bei dem forensischen
Redner ist es die tiefe innere Ueberzeugung. aus der er seine
siegreiche Kraft Rch(}pft, der scholastische hat nichts aJs düe
kflnstlidie Aufregung, das hohle Pathos, durch das er zwar be-
täuben, aber nieht erwamen kamt. Bei forensischen Rednern
ist die .Rede nur ein Mittel zur Erreichung eines höheren
Zweckes, bei dem Schulredner dagegen ist die Rede alles; der
erste vermag auch durch die schlichte, zum Herzen gehende
Sprache zu wirken, der zweite bedarf des Pikanten und Manie-
Herten. Des forensischen Redners Gebiet ist das frisch pulsierende
Leben, der scholastische Redner spinnt sich ein in die trttbe Welt
des Scheins; jener führt wirkliche Waffen, dieser macht Luft-
hiebe."
. Damit aus der Lektttre Ciceros möglichst viel Vorteil ge-
schöpft werden könne, empfiehlt Rettenbacher die bei Petrus und
Jacobus Chovet im. Jahre 1646 gedrückte Ausgabe, welche bei
jeder Rede eine kurze Inhaltsangabe, eine Disposition und
sprachlich-sachliche Randbemerkungen bietet. Er wünscht, dass
die formell und sachlich gleich vorzügliche Rede „De imperio
Cn. Ponipei*" so bald als möglich gelesen werde: Quam maturrime
legas orationem i)ro lege Manilia: elegans enim et gravis est.
Dettweiler hestätigt dieses Urteil, indcMii er sich iil)er diest; erste
Staatsrede Ciceros also auslUsst: ,.ni(' Ponipeiana ist da.s Muster
einer formvollendeten Rede, die Itlr die Einfuhrung in di«' Be-
redtsamkeit als Litteraturgattung vortrefflich geeignet ist. Sie
konzentriert sich auf einen wichtigen Vorläufer der ^lonarehie
und behandelt einen nicht nur für die römische Ueschichte,
sond«Tn allgemein hedeutsamen Vorgang, die L'ebertrngnfiir (^iiier
ausserordentlichen Gewalt. Damit onthält sir zuirlciih <-iiit'n
wi('htiL''<'n politisch«'!) P>('irnff. AIht auch allgcniciii menschliche
\'riii;iltiiiss<' und TugnidiMi crlinltrn wii- in dein an der P«Mson
df's P<miiM jus typisch hezeieliiM'tcn l-'rhllierrnidt al mit sciiirn vier
grossiMi ( li'^-iclitsitiiuktrn : der Kriegskenntnis, der allü'emeinen
Tii(liti;ik(it. (Irm AnsclK^n nnd dem Glücke. Ein Volk mit
aristokiatisch-i'e{)ul)likaiiis(licn Einrichtungen sinht hier von
srllxt der Monnichif zu um! erkennt ihre Bedeutung für die
Si< liei-niig liiich aussen uiihewusst an. Die Beziehungen dieser
Rede nach vor- und rückwärts und zu dem gleichzeitigen L'iiler-
riciit sind zahllos." Anders freilich mtcilt über diese Rede
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330 Mitteilragen d. Ges. f. deatsc^e BrBiehanf»* u. Schulgeach. VIII.
Neuiuann.*) Er schreibt: „Wie hohe Erwartungen audi Cicero
durch die Einleitung erweckt, so liefert doch die Rede den fiber-
zeugenden BcwtnB, dass in ihm keine staaüsmilnnische Ader vor-
banden war. Bi8 findet sich in ihr kein einziger politischer Ge-
dankt, ja die Rede berOhrt nicht einmal den Kern der Frage»
sondern giebt nur das politische G«schwätz der Spiessbfirgor in
veredelter Ausdrucksweise wieder, sie ist ja nur ein volltönendes
Dcho der herrschenden Tagesmeinung. Und Schans pflichtet
ihm bei, da er sagt: „Scharf, aber richtig urteilt Neumann Aber
diese fiede.**
Vollends erstrahlt Bettenbachers Unabhängigkeit in glän-
zendem Lichte, wenn wir seine Stellung zu dem Qri ethischen
ins Auge fassen. Eine gewaltige Kluft trennt ihn von Arnos
Comenius, we;lcher sich mit einer oberflächlichen Kenntnis der
griechischen Sprache begnügte und von den SchtUem nur ver-
langte, dass sie sie zur Not verstehen lernen. Der Eifer, mit
welchem Rettenbacher für das Griechische eintritt, ist um so l)o-
nierkenswerter, als er sich dadurch, wie ich in meiner Studie:
,.P. Simon Rettenbachers Stellung zu dem Griechischen'* (Linz
1894) ausführlich dargethan habe, in den grössten (Jegensatz zu
dem Zuge seiner Zeit setzt; war es doch infolge des geistigen
l'ebergewichtes. welches Frankreich unter Ludwig XIV. über
Deutschland erlangt hatt<>. dahin gekommen, dass die griechische
Sprache geradezu als roh, barbarisch und ungebildet verschrien
wurde. Das Studium des Griechischen lag ganz darnieder und
war so verachtet, dass das Sprichwort: „Quod graecum est, non
legitur" in Schwnnir k;nii Tn drn Schulen hielt man das
(triechische immer mehr für ('iitl)ehrlich. dafür fanri aber das
Französische durch servile Rektoren immer mehr Kintraiig.
Dem Zeitgeiste zum Trotze wirft sich unser Rettenbacher
zum Vorkämpfer der Griechen auf. In einem an seinen Studien-
freund 1 Ladislaus Schrenck gerichteten Briefe vom 9. D(^zember KJol
gi(*l*t t'i- ihm den Rat. sich auf das Studium des (Tiiochisehen zu
verlt'ucn: denn die latf inisclie Sprache sei ohne die griechische
iin\ (»llständiir und unvtdlkoinnicii. Die gleiche Mahnung kehrt in
den Hiiideii vom 7. J''<'l>ruar Wuh* und vom ^. Jnli liJöf) wird»'i'.
Die hohe MfirninL»". Idic (^r in seinen jungni Jahi l U von Hellas
hatte, ändert*' er aui Ii als Mann fdebt. Ja die edle Wäi'me. mit
wtdeher er als L'niversitätsstudent über die Griechen geschrieben
(Jtscliichtt' Rouis. JI. Bd. .S. U7.
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21. P. Simon Rettenbacher, ein Otterreiehiseher Hdagoge etc. 331
hatte, steigerte sich im gereiften Alter bis zur Begeisterung. Er
war von der tieberlegenheit des hellenischen Geistes in Sprache
und Idtteratur> namentlich auf dem Gebiete der Poesie roll und
ganz Überzeugt. Die Dichtungen der Griechen sind ihm das
Beste, was die Poesie des klassischen Altertums geschafTen hat
„Wie fast in allen Zweigen der Wissenschaft,'* schreibt er, „so
sind auch auf dem Gebiete der Poesie die Griechen den Römern
voraus, die lateinischen Diditer halten mit den griechischen
kaum einen Vergleich aus. Was giebt es denn Herrlicheres als
Homer, welcher, unerreicht, niemals genug gefeiert, niemals genug
erforscht, die Keime aller Wissenschaften in sich birgt? Wie mUchtig
ziehen uns Hesiod und Tbeognis zur Tugend hinüber! Pind<'\r
^lOht vor Begeisterung, während er die lieier schlügt und die
Sieger besingt. Wie sanft trtfstet der greise Anakreon unter alt-
ohrwUnligen Bechern! Was soll ich von Simonides sagen?
Haben Aeschylus. Sophokles und Euripides, die ge-
priesensten und gefeiertsten Tragöden, nicht die grossartigste
und vollendetste Leistung der Poesie vollbracht? Aristophanes
ist ein geschniackvollor Komiker, wenn auch der Ungehuudcn-
hcit ergi'hen. Thcokrit ist die Liebe und Lust der Hirt<'n,
So scheidf'ii sich seine Wege von denen Julius Caesar
Sraligers (1484 ir).")S), obwohl er ihn so hoch scliiUzt, dass er
iliii oiiifnal „lucenteni stellam^, einen leuchtenden Stern nennt.
Scaligr'r verfasste eine dickleihip-o Poetik, welche geradezu eine
autoritative HiMlmtung brsass. Opitz schloss sich ihr an und
verwertete sie in seinem liii^l lieninsgegelM'neii Biiehh-in ..die
teutsehe roeleiv.V, und seihst (iie Franzosen Hedelin d'Aubignac
und Hnih au lehnten sich an sie an. Sie war eine Quelle schwerer
Irrtiinief: stellte Scalig<'r doch in ilir einen Vergleich zwischen
den rrmiisehen und grieehischen Epikern und Lyiikern zu
rnguusten der (irierhen an. Er <'rklärte nieiit nu't Aristoteles
(las Drama, sondern das Epos flii- das lhi( hste. was die Poesie
gesciuiUen. Er erhob Vergil in den Himmel unil warnte vor
Homers Ausgelassenheit und seiner loekeren Ki dt weise:
„Exemplum. regula, priccipium. hnis esse dehet nobis Maro.
Homericam fuge licentlam et laxum dicendi genus." Unter den
Lyrikern stand ibm Horaz obenan. Pindar tief unter ihm.
Rettenbacher hält demnach, das Studium der griechischen
Sprache fOr notwendig, scbQn und nUtslich. Es ist ihm ein un-
entbehrliches und unersetzliches Bildungsmittel. Ohne Kenntnis
der griechisclicn Litteratur gicbt es für ihn keine klassische
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3B2 Uitteilnngen d. Ges. f. deutsche Bnsiehuugfl- u. Schalgesdi. VIII.
Bildung: ^Sine graeca eruditione quis umquam doctus aut fiapiens
evasit?" Mit bittoror Ironie ^cissolt er daher die falscben Philo-
sophen seiner Zeit. Avelcbe die philosophischen Forschungen des
Altertums ohne das Studium der Griechen bloss aus l elxM-
setzungen und Knnunentaren kennen lernen wollen. „Soll ich
etwa," i-uft er in heili^rer Entrüstung aus. „die für Peripatetiker
oder Akademiker halten, welche niemals aus der reinen und
unverfülschten Quelle eines Aristoteles oder Piaton getrunken
haben?*"
Und wie Rettenbacher in der Theorie dem allgemeinen
Beispiel abhold ist, so hebt er sich auch praktisch als Lichtbild
von ihm ab. Er ist im üriechischen ebensogut wie im
Latciiiisclu'ü hrwaiidort, er verwendet in seinen lateinischen
Briefen mit Vürli(0)(' ( 'itate aus Homer. Sophokles. Silin mides.
Xenophon n. a. und srhrciltt seinen Freunden zuweilen griechische
Briete. Er dankt seine gedie^^ene Kenntnis? des Griecbiselien
dem bewährten h'ate seines berühmten ( Dinners Leo Allalius. der
ihm während seines Aufenthaltt'S in lUnn die Granuuutik des
Lascaris und die gelehrten Koininentai-e des Budäns über die
griechische Sprache, „aus denen beinahe alle Lexikographen das
meiste entl(d)nen-. empfohlen hatti», und kann selbst diese beiden
Werke nicht genug eniplehlen.
Es sei noch gestattet, die didaktischen Weisungen, welche
Rettenl)aeher in der schon wiederholt genannten Schrift „Libioi iiui
ad omnes scientias notitia" dem Freunde über den hist(trisehen
Unterricht gielit. zu wtlrdigen. Sie nehmen die wichtigst»!»
Gi'sichtspuukte der niodernen Didaktik vorweg, was um so höher
anzuschlagen ist, als der Unteriicht in der (ieschichte. um mit
den ^Instruktionen** zu sprechen, zu den „SorgeiUiindern di'r
Didaktik'* gehört.
Kettenbaehers Weisungen für den Geschichtsunterricht
lauten im einzelnen folgendennassen: Zuerst nehme man all-
gemeine Geschichte in Angriff, um gleichsam mit einem
einheitlichen Blicke die Vorkommnisse in der Welt betrachten zu
können. Die allgemeine Geschichte sei mit politischen und
ethischen Vorschriften zu versehen; innerhalb eines Jahres werden
die Hauptabschnitte der Geschichte gelehrt werden können.
Zweitens: Nach der allgemeinen Geschichte gehe man an
der Hand eines kurzen Abrisses zur Einzelgeschichte Uber.
Am meisten befasse man sich mit der deutschen Geschichte,
da es jedem zieme, sein Vaterland zu kennen. Im Einklänge
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21. P. SinMm Rettenbacher, ein österreichischer FSdagi^e etc. B38
damit sagen die „Instrulctlonen'^: „Als die letzte und wUrdigstf»
Stufe des historischen Unterrichtes im Gymnasium ist die ein-
gehende Behandlung der yateriändiscfaen Geschichte zu be-
trachten." (S. 225.)
Drittens: Die alte Geschichte ist vor der neueren zu
studieren und dem Studium der (^schichte lasse man das
Studium der Geographie vorangehen, damit man wisse, wo die
Provinzen, Reiche und Städte liegen; dafür werde eine kurze
Beschreibung der ganzen Welt, ein sogenannter Atlas minor,
wie der des Janssenius und die Introduktion des Abraham
Ortelius dienlich sein. Für Deutschland werde Caesar und
Tacitus' geographisch-ethnographische Schrift Germania gute
Dienste leisten. In gleicher Weise Kussorn sich die „In-
struktionen^: ^Beide Kurse: Unter- und Obergymnasiuin be-
ginnen mit der alten und schliessen mit der neueren Geschichte
ab. (S. 200.) Die Geschichte bedarf der Unterstützung durch
die Erdkunde, der (Jeschichtslehrer wird es niemals unterlassen
dürfen, jeder historischen Darlegung: eine anschauliche Darstellung
des Schauplatzes, auf dem sich die Ereignisse abspielten, voran-
gehen zu lassen.*" (S. 2:J5.)
Viertens: Man soll niflit ( n s( hi( litt hen niaclien. sondern
G»'schichte. d. Ii. man soll die historischen Thatsachen nicht nach
französischei' Manier äusseriich aufputzen, sondern einfach und
wahr erzählen.
Füllt teils: ^lan suclic das historische lnteres.se zu er-
wecken und zu erlialtpu. Ebenso schreiben (b'e „Instruktionen"
S. *2()7 vor: .. 1 )eiiiziitt)li:e niuss in den juji-eiulliclien Geuiiiteni
znnüclist (las iiistoriscln' Interesse erwerkt. stetii: ^-eniaeht und
dann alhnähh'ch zu iiistorisefiom Sinne entwickelt werden.''
Viele sind berufen, nbej- wenige auserwiililt. Unter (Uesen
wi nii:eii Auserwählteii l*elia(h't sich P. Simon Kettenbacher,
bei' s<h!irliti'. einfache und anspruelislose Benediktinermöneh
gehr»rt al.s tleiu^eher Horaz (h'r Wejtiitteiatur an. nicht nüuUer
alicr aiirb als i*ä(lagoge. der ilie Kleinm uii«l tWr (irosscn zu
sieb kuinnien liess. Denn er liat aul den in der Wdksbildung
w urzelnileii Haum des Lebens kräftige, h-bensfähige, fruchtbare
Setzlinge gepfropft.
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•134 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Endehanga- u. Scbulgcech. VIII.
Weiuiarifiiche Schulorduiuig von 1^70.
Von Lwiwis WeilgWy Direktor des Oyninasianis in Weinur.
Die gidchmässige Foitontwickelung der Weimarfschen Stadt-
und Landschule im Anschluss an die Schulordnung von 1610*)
wurde durch die vom Generalsuperintendcnten D. Johannes
Kroni ay or als Ephorus der Anstalt durchgefttbrte tiefeingreifende
Reform des Unterrichts und zum Teil auch der Zucht auf mehr
als drei Jahrzehnte unterbrochen *). Die Not der Zeit und äussere
Umstände, vor allem aber das in der Sache selbst Verfehlte,
fahrten dazu, dass noch vor Ablauf eines Jahres nach Eromayers
am 13. Juli 1043 erfolgten Tode sein mit so viel Kraft und
Zähigkeit ins Leben gerufener „Neuer Methodus** abgeschafft
wurde. Indes geschah dies doch erst im Zusammenhange mit der
längst begehrten, vom 6. November 1643 bis zu Anfang Februar
1644 durchgeführten Visitation der Weimarischon Stadtschule.
Mit landosfili'stlichor GoiK'hinijrun^ WTirdf danarh (lurcli Kronia\'ors
Naclifol«r<T D. Xicolaus Zopf die alte L<'!irw<'iso wiodor her-
gesti'ilt. So lebte die SehulordniiTiL'^ von 1610, die nach kaum
achtjähnp-er Dauer für inim<M' hcsciti::! '^phicn. jetzt, nach 34
Jahren, wiederum auf) und sollt«^ für längere Zeit niaass<rel)end
lilrihen. Die im einz«'lnen nötifr «rowordeni' Umjrestaltuii': des
Unterrichts stellt der erhaltene ..Methodus L»'ctionum"*. d. h. der
.Stundenplan Ober die wöchentliche Lehr* und Lernarbeit, vom
') Vgl. Mittt-ihinKtn Jahrg. Till, S. 1—45.
*) AutffQhrlich bebandelt in der Abhandlung nRAticbius, Kromayer und
der Neue Methudua an der Schule eu Weimar" von L. Wenif^er in der Zeit-
Mhrift f. Tliüriim. (ifschithf*' XVHI fX. F. \'> S. HOU ff.
•) Virl. Zapls Hrriilit in dt r <'lit ii cnviiliiiit n Abhandlung über Hatickiua
«ic. ZeiUtl»r. f. Thür, üvt^ch. XVIIJ (N. V. X.> 8. 44«.
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22. Weimariscbe Scbulortlnuu^ von lü7Ü. Von Ludwig Weniger, 335
Jahre U»44 ) dar. Erst 1670 wuidf eine neue »Schulordnung
riiigctilhrt. Sie steht in dem von un.s Irüiier erwähnten^) alten
l'rkundenbuche d« r WeinianHcheii Schule und soll im Folgenden
veröffentlicht werden.
Die Sduilr hatte sicli in der Zwisrhpnz(Mt von 11)44 I)i8
1«')70 unter manchrn iiincF-fMi und äusseren 8chvvieri;jkeiton woitcr-
entwickelt. Die Ulilcn Xachwirkun^^en des dreissigjährii:i'n Kn('<r(»s
machten sich noch hin^^e jielltnd. 1650 fand wicdciuni eine
Kirehi'ii- und Schulvisitation statt, zu der dieselben Visitatorcn,
wie l()4.i, nämlich als \'t'rtr< tcr des fürstlichen Oberkonsistoriums
der Hofrat Platner und als Vertreter des geistlichen Ministeriums
der Generalsuperintendent D. Zapf, bestellt waren. Sic begannen
ihr Werk am 22. April. Protokoll and Reyisionsbericht sind noch
erhalt<^a-^) und gAwShren einen deutlichen Einblick in den dajna-
ligen Schulbettieb. Mancheriei Schilden kamen zu Ta^. Die
alte Elage, die schon der Ephorus D. Lange 1613 Torgebracht
hatte, dass es an festen Unterrichtszielen für jede Klasse mangele,
wurde auch diesmal laut. Die Besoldung der Lehrer wurde un-
rogelmässig oder gar nicht gezahlt und darttber erlahmte die
Freudigkeit des Wirkens. Noch 1655 reichten sämtliche Eirchen-
und Schuldiener, vom Generalsupcrintendenten an bis zum letzten
Kollegen, ein dringendes Bittgesuch um Erstattung der rllck-
stftndigen Gehälter ein, und als Herzog Wilhelm, dessen Hilfs-
quellen wohl selber versiegt waren, ihnen zumutete, auf einen
Teil der Reste zu verzichten, wiederholten sie ihr Gesuch mit
inständiger Bitte. Die Herrschaft that, was sie konnte. Als
am 28. 3Iai 1058 die Schlosskirche eingeweiht wurde, machte der
Herzog eine Stiftung, aus der jährlich an diesem Tage 100 Gulden
antielde und 6Scheffel Korn an Brote unter die Geistlichen, Kirchen-
und St huidien«'!'. wir auch an Schüler und Arme, ausgeteilt werden
sollten*). 1()64 starb die Herzoginwitwe Elcmore Dorothea.
In ihrem Testann-nte vermachte sie 8(K) Meissniselie (Juld<Mi zur
Vci trilung an (Tcistliche. Lehrer und Schiller, und am 14. Februar
ltHi5 wurde das Vermächtnis ausgezahlt^).
'i Mitirrtcilt in der Abb. Katichius etc. Zf:'U»chr. (. TbCiring, Uesch.
XVI II (N. F. X) a. 27«.
*) Mitteilungen VUI, 8. 12.
*) Stftdt. faistor. Archiv m Weimar 1, 27» 55, der ReTit^ionsbericlit mich in 57.
*) Schwab»', ('{immoTitarii de schola Vinanfnsi. Vinariat' isif». p. 17. Die
Stiftung' wird tioi h jetzt aiii 2y. Mai, dem „KleiDcn Wilhelnistage", vertriit.
'■>) Schwabe a. (), S. 31).
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836 Mitteilnngen d. Oes. f. deutsche Erzieh uugs» u. SchulgeBch. VIII.
Koktor der AV<'iniarischeii Schuir war nach Joachim Knap;\
unter (lern Kromayors Neuer M«*thodus abgeschafft wurde, im
Jahje 1660 ein Weiniarisches Stadtkind geworden, M. Friedrich
Müller, Verfasser eines griecbiseben Eflementitfbuchs und einer
lateinischen Scbulgrammattk. Er kam 1670 als Pfarrer nach
Meilingren und starb 1701. Sein Nachfolger war M. Johannes
Nikolaus Frank aus Hohenberg im Vogtlande, yoni 27. Mai 1670
bis zum 6. Dezember 1671, an welchem Tage er als CoUaborator
in den Kirchendienst trat; spftter wurde er Hof^rediger in
Eisenberg.
Die Schule hatte 1670 noch immer ihre alten sechs Klassen,
doch mussten nach wie vor immer zwei derselben in gewissen
Stunden zusammen unterrichtet werden, so dass man mit den
fttnf Schulzunmem des dttrftigen Hauses an der Ecke der Jakob-
strasse, in dem auch der Bektor seine Dienstwohnung hatte'),
auskommen konnte. Angestellt waren damals neben (1) dem
Bektor: 2. der Konrektor M. Zacharias Hogel, Klassenlehrer
der Sekunda, vom 28. Oktober 1666 bis zum 20. Oktober 1670,
wo er die Leitunir des Gymnasiums seiner Vaterstadt Erfurt
tibernahm: 3. der Subkoiiivktor M. Ernst Dillinger aus Daas-
dorf, Klassenlehrer der Tertia, vom 28. Oktober UMi bis 1687;
4. der Kantor Johannes Friedrich Rück er aus Peine. Klassen»
lehrer der Quarta, vom 8. Mai KlöS an; ">. der Quintus Johannes
Oeo!^ Hosken aus Ristorf (Rüssdorf a. d. feister, Amt Weida ?).
seit dem H). Juli UWJ: 0. der Sextus und Collega Intimus
Johannes Gastorius niis Blaukenhain, seit Dezember KUH.
Als Ephorus der Schule war vonAltei-s her der ei-ste (fei.«*t-
lirhc an der Stadtkirche zu S. Peter und Paul bestellt, damals
also D. Nicolaus Zapf, geb. 2. Fibruar KKX) zu Milbitz im.
Schwarzburgischen, ein . gelehrter Theologe, der in Jena und
Wittenberjr seine Studien jjemacht und von IfKj.J - 42 als Professor
der Theologie und der Hebräisehen Sprache an d'-r rnivereität
Erfurt p'wirkt hatte. 1(U2 war er als Kirchenrat nucii Weimar
bernft'ii und KU.'J zum Gerieralsuperintendent und obersten
(»eistlichen ai) der Stadtkirche ei-nnnnt worden. Kr starb am
20. An<riHt hiT'i und lifL''t in dei- Stadtkirche b^LTaben. Zweiter
( ieistlii'li' f mit d«'in Titt l Arrliidiakunus war seit dem IT». Miiiz lt>7<)
der bishei'i^'e Diakimus Aii;iii<tin Kromaye!-. ifstorlieii am
H. Novemlx-r ItiTO, dritter Ueisllicher seit Lütare lü70 M. Ernst
') rt htr Jiis ahf Hchulhau.-i Abh. liaticUiu.-« elf. a. (). S. 4.>i, s;{.
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22. Weimarische Scüuloriluuuif vou l(i7ü. Vor» Luilwi^ Weniger, .'i^ii
Kicolaus Ki'diuayer, Diene l)rn. Zaitt'uiid dir lici(l*'ii Kroiiiayer.
I)ihl('ten 1(>70 (las geistli>be Ministcfiiini. die dei- Scliulc ziiiiiichst,
vorgesetzte Behönle. mit dem ersten Geistlichen als NOisitzemleni.
Patron der Stadtkin ln'. wie der zu dieser fjehörijieu Schule,
war der Stadtrat, an dessen Spitze damals der Bürgermeister
Peter Schröter und der Stadtrichter Georg Hildebrand
standen.
Die oberste Aufsicht hatte die Staatsi'cyicruug duich da.s
seit H>12 für die \\ » üii.ti isclicn Latule eiiiircrichti^te Oberkon-
sistoiium, dessen Vorsitz der lürsthche Kanzler Dr. Rudolf
Wilhelm Krauss führte; nehen ihm wirkte als Assessor der
Hofprediger Lic. Eonrad von der Lage.
Die gemeinscbaftliche Landesregierung führte nach Wil-
helms IV. 1662 erfolgtem Tode der älteste seiner vier SOhoe,
Johann Ernst, geb. 1627. Er war der Vater des um Weimars
Gymnasium so bocbTerdienten Herzogs Wilhelm Emst
Verfasser der Schulordnung von 1670 ist der Gteneralsuper-
intendent D. Zapf. Dies bezeugt die im Urkundenbuche vorausge-
schickte lateinische Niederschrift des Rektors fVank. Dass sie kein
neues Werk sein will, sondern auf Grund der bisherigen Normen, d. i.
also der Schulordnung von 1610 und des ,,Metbodus lectionuni'*
von 1644 hergestellt und verbessert ist, wird ausdrücklich gesagt.
Die Veranlassung zur Abfassung bot die Anstellung des neuen
Rektors. Frank war am 27. Mai 1670 durch den Ephonis feier-
lich in sein Amt eingeführt worden. Er übernahm damit, so be-
merkt er selbst, die Pflicht, auch die Geschichte der Schule
fortzusetzen, und so verdanken wir ihm die Aufzeichnung dessen,
was wir S. 330 ff. zum Abdruck hrin<r<'n. Zujrleich le<rte er ein
Album der neu aufzunelimenden Schüler an. das noch vorliaiiden.
ist: es IxL^nnt mit dem 80. Mm 1()7(). Am 18. .Juli und den
folgenden Tagen wurde, wie gewöhnlich, die öllVntliche Jahres-
Itrüfunjr voi-irenommen. dann foljrte der sclmn damals übliche
Kedeakt und damit slIiIoss das laufende ^Schuljahr.
In den Hundstau-f' rien machte man sich nu't Kifer an die Auf-
hcsserunfr des schadhatKMi Seliulhauses und seiner Einrielitun^r. Zu-
L^lf'ir li ürss es sich dor Kphorus anfrele<ren sein, di«' Ordnung'' <h'r
\ ci haitnisse nn\ l<'stzii>tellen und ni'Mlcr/usehreihen. Aber erst
am Tair<» Nicnlaus. den (». T)ezcnil)('r 1(»7ü. wurde die fccti^'c
Schulordnung im Namen und Autlraj^e de.s Laiide-^lnirii von
D. Zapf in An\s ( seuhcit des Stadtrats und der Geistlichkeit teier-
liclt verkündigt.
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338 Mitteiluiigcu d. Gas. f. deuUcbe £rziehuugä- u. Schuigesuh. VUl.
Die Sclmlorduuiii: von 1670 unifasst in ansfülirlicher Dar-
stellung'' das (Tesaniti'citirt drr Srhnlvcrlassung. die Aufgabe der
Lclirci . wir der »Seliüler. Erziehimg und Unterricht iiu allgemeinen,
wi»' im einzelnen, mit besonderem Eiu^rebt ii auf Sin<recbor. Curn nde
imd Freitiseh: den Absehhiss bildete aiuii diesmal ein bis auf
Weiteres gidtendtr .Stundenplan. Diese Ordnung der Verbält-
nisse hat bis 1712 bestanden, jenem für die Weinmrische Schule
bedeutungsvollen Jahre, in weleheni sie beim Anitsanlritt des
Kektors Johann Christojjhorus Kiesewetter am 21. Januai"
durch Herzog Wilhelm Ernst in ein Gymnasium verwandelt,
nach seinem Namen benannt und mit neuen Gesetzen ausgestattet
wurde. Die Schulordnung von 1712, welche gleich nach ihrer
Vollendung in Druck erschien,') stimmt nicht bloss in ihren Grund-
Zügen, sondern auch in vielen Einzelheiten mit der von 1670
ttberein; man darf sie als eine Ueberarbeitung bezeichnen, die
manches kttrzt, manches erweitert, einige Stücke neu hinzufügt,
im wesentlichen aber sich an das Werk des B. Zapf hält, das
seinerseits wieder mit den älteren Arbeiten von 1644 und 1610
in Fühlung steht und sich gelegentlich auch auf die Visitation
von 1650 bezieht.
Ueber vierzig Jahre also haben die Satzungen von 1070
Geltung gehabt Nur der Stundenplan erfuhr während dieser
Zeit eine Umgestultung. Dies geschah unter dem Hektorate des
als Gelehrter und Schulmann gleich bedeutenden Chris tophorus
Cellarius (1073 — 1(570). In seiner Geschichte des Weimarisehen
Gymnasiums teilt Schwabe^) den Inhalt eines im Originale jet7.t
verlorenen typus lectionum für die drei Ob*'rklassen vom Jahre
1(175 nnt. der einen Fortschritt L'-f^^cn die bisherige Lehrwi'ise
bedeutet, insofern er zuerst (Jescdnchte und Geographie in den
Unterricht der Prima und Secunda aufnimmt.
Die Schulordnung von 1670 ist die erste in deutscher
Sprache abgefasste der Weimarischen Schule. Hie .\nstalt könnt«'
bereits damals als ein Gymnasium gelten, da sie auf di<' Uni-
versität vcM'ben'itete und in die drei fr<'mden Sprachen Lateiniseh.
Griechisch und Hebräisch einführte.^) Die Kromayer sehen Re-
') (Ji'.xrt/.r / ih n Li'lirvn- und Lttrueutlüu deä Fürstlichen Wt'iinarUchen
Gymnasii WUheljHO-Eme»tini, ztir gewissem Nachricht und lutlirera Heob-
arhtung/iDi Dnick jmbiidret Anno 171*2. (Waiipen) danelbet ;;odnickt bey
Joh. Leonhard Munihachen I' S. Ilof-Ihichdr. 29 8. foL
'» f'itniiMt'ntjirii «lo schohi Viii. |> '2*y
ü^mnitötum heissi die Weimarische Schule bereit.« in der Nitdcr.schritt
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22. Weimariäche Sohulurduunt; von 1070. Von LuUwig Weniger. 339
foniini erschoinen in dt'u ncufii ViTüidiiuii^^cn fast ^anz verwischt,
gt'legentlieli schimmert so«rar ein bewusstcr (Jf^ensatz durcii
(vgl. Cap. TTI. 8. TY. 8. 4.). Auf das Einzelne iialuT einzugehen,
mUsst'ü wir uns dicsuial versa}.''»'!! : über Vichts <rt'lH'n die Anmer-
kungen zu unseier Darstellung der Ratichischeu Bewegung in
Weimar Aufschluss.')
Q. D. B, V.
Rpctor Scholae Vinariensis,
M. Jo. Meolaus Frank, Variseos,
ex acadeinia Salana legitim^ vocatus, et in spectatiss. Nolnlissinior.
atqj CLmor. "\'iroruin consessii, introductus et renuutiatus a niaxim«''
Keverendo atqj Exocllentiss'« Virn r>n. NIPOLAO ZAPFFIO SS. Th. D.
Pastore ac Superintendente üenerali ineritissinio etc: d. XX\ II. JUAll
MDCLXX.
In rtttnam prona sunt, quae sine fundamentis creaeimt.
Fundameata autem non in stimmo qoaere; aed in imo: nec
Gontanme panra, aine quilnts magna eonsistue naquaunt
Quanquam, L. B. neo laudca Hiatoriae ullius explicare possit
eloquentia, neo praestantiam .<$uinina« roi mea jani dicere velit teuuitas:
non taniPti alicmun ab hoc loco aihitrnr. si trihus saltem verbis com-
memoi CHI. Histoiiain. iit vitae Civilis oiiinis, quod disertifsinms Cicero ait.
81(1 sclu>lH»tieHe eiutipriiriis, magist raui e^jse. Xon vacat lon^a cxcmplonnn
Serie idipüum ostendere. Negotium certe aiiceps non unum qüutidie in
scholis oritnr; Casus dubii plures, disquisitionas ▼ailae, mnlto quaiidoq}
cttin perkolo, exsurgunt: quae et alla plura, nec Meius neo facUius
dgudicant}, quam Legibus, C<»iatltuUonibu8, dietis et exempUa. ConstituI
inde, cum mihi munua Rectoris, sunimi rerum bumananim arbitii gratia,
conerederett, quae ^ commodo scholastico eesent, consignare, annalesqi
Seholae. exeniplo laudatissiniorum Antecossorum hrevitPi-. absqj vorhoruni
loiiocinio vpI fuco. contiuuare. Id« quod fauätum & iellx, pusterisq^,
si qui erunt, salubre sit!
I.
Et primft quidem omnium, laborum aodos recenaendos duco, Collegas
nn [?] amantlssimoa [sie], eandem mecum, quoad DEO risum, telam
pertexentes. Fuerunt z [?] hi El. atqi Ezimü VUU.
Bn. M. Zacharias Hogelius, Erfurt introductus ad ConKectoratum
d. 2a Octobr. im
(U's Rektors Salzbuber von lülO, .s. Mitleiliiugen VIII, S. U u. 10. Auch in
M. Ghristiani ATianl Oratio funebris in obitum D. Abraliami Langii 1716
bei Wette, Histor. Nachr 1 S 411 wird der Auwiruck (iyn)na.siuin Lfebraucht
*) V^l. Ahh. Haiidiins, Kromajer etc. Zeitschrift (ftr ThOr. Oesch.
XVill (N. F. Xj Ö. 277 ff. 448 ff.
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840 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehung»- u. iSchulgesch. Mll.
T)n. M. Knie.stus Dillingerus, DasdorfKo-Thuringus, SubConHector,
delectus & iiitroductus die 28. Octobr, lOW».
Dn. Jo. Frideiicos SQltker, Peinends^Saxo, Islebia ad Ca&tontmn
vocatus« d. 29. MaitU, 1658. in seholam mtroductus Vin Migi« Anni
«ijtisdem.
Ün. Jo, Georgrius Hoskenius, Ristorfio-Thuringus, liteiis Du. Super-
iiitendentis Generalis, d. 8. Julii, 1(i(j9. Vinariam vocabatur, ab eodeni
d. 10. Julii in rmiA praoisfut»' Du. Syndico Jo. Htnrico Krausoldo. Dn.
Petro R('hr(»tt ro. alii.>i(j5. cxamiiiabatur, et d. subseq. XIII meiiBia üiius
ad othfiuin (^uinti iiilrddutchatur.
iJn. Jo. Gaiitorius Blaukeniiaiiieusis, Sextu:;, anno iCAü niense Xbri
introdttctus.
II.
Die ah introduttione t/ertio, in discipulorum meorum XVill. qaos
acceperani, profectus inquiro: inde Leetiones lueas exordior, et in iis per
mensem recto tramite pergo. Appropinquabat Interim tempua EXAMINI
publice destinatum« ad quod non täm propter necessitatein & coosaetttdinem,
qnam inauper nt Rector tum Itä pridem conatatutua Venerandis Dun,
Epboria atq^ Patronis. suam probaret tiOa mathoduiii tum dext^ritatem,
maxini^ Reverendus DN. Superintendens Generalis, alacriter contendebat.
Die ita(n XVlII..Iulii Heetor inilites primae classic in publicum producit,
lustratq^. qupni «fMiminfur per .singulofs dief reliquorum ordinum praefecti.
IntcrtiK'iuiit Aitibus hisee, e.vt'inplo nifiiiurantlo. .stiauiq^ erga
rem lit^raiiam ex sstholä. beuevolentiani ac cuiam testati sunt publicö
Magnificnai atq^ NoUIisaimus Dn, Rndolphus Wilhelmus Krauaz»
Cancellariiis atq) Pratosjnedrii Praesea eminentiasimua, maxim^ Reveren-
dua et Excellentiasimus Dn. Inspaetor, NobUiss. Dnn. Secretani, cum-
primis Siglingius, Ampliss. Cos. Dn. Petrus Schröter, Perquam Heverendi
Miiiistri Erclesiae, Dn. M. Ccmradus Don ber lÜkige, Dn. Au^iiatinuB &
Dil. I.i in >tiis Nicolaus Kromayeri, qui ad flnem neqi comtauUam auam
abunde probarunt.
Sequitur nunc C'atalnirus iiMilnniiu [folgt das Verzeiclmis von
18 Priinaueru, dazu S neu versetzitri, inarlit 2ü
24 Seeundanem, 24
29 Tertianern, 29
[Quarta feblt^ leeres Blatt] .
(iH Quintanern, 53
72 Sextanern, 72.]
III.
Finitft ita, per DEI gratiam, publica hac ilrrtbu, duo bonae mentis
alunmi. Georgius 1^ rnhardus Martini, Jo. Cliristianus Kronuiyer.
Vinarien.ses. d. 2"). .Julii. in publicam produeti sunt eathedrani. «V. dixerunt
ille. de lACOHO Aposfnld. i uju- Ihm lüi» reculebat menioriain Kcclnsin: bic
de KxHmiuum scholasticuruiu ncces^itate ac utiiitate. Mox ilii, qui iiterii,
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22. Wehiiarische .Sfbulordmui{,' vou lOTü. Vuu Ludwig Wt-ui^aT.
pietatc ae moribus suo noii defueruiit ufiieio, diguiorem in locuni. ut vt l ali-
quod esantlatorum laborum esset praemium, eTehebantur, feriaeq^ qiias
caniculares vocant, ä Dn. Supermtendente indicebantor.
IV.
Int*'iiiii. dum lalioros pt!l>lici oKlinaiü iii. Aniplissinnis
Oido Spuatorius. interccdeut«' veiniaiidt) Dn. Inspectoro, totiis lalMuat.
Ut exesao. sIttHn Pt illuvie obductae aeües scholasticac et Heetoris, i-esti-
tuerentur. priseaq) lux ipsis redderetur. Quo in opere admodum desudavit
cura AmpliBsimi Dni Petri SchiÖterit Consulis, quod nequaquam bic
tacendum, aed grato animo dicendum arbltror.
V.
Dum Iii in aedibus repai'audis versantur, maximf^ Hevereudus Du.
B. Nieolaus Zapffius<, mdustriam suam dicat Legibus interpolandis: quae
hoe anno die NICOLAI, solenni modo, nomine et auctoritate Serenissimi
atq} Celsisstmi Prmdpis ae Dn. Dn. Jo. ERNESTI, Ducis Saxoniae etc.
Principis ac Domini nostri clementissimi etc. a modo laudato Domino
In^peitore. ]>raesentibus Dnn. Cos. ac Ecclesiae Ministris promulgatae
sunt. Quas htc inserere Tolui.
{
Schul-Ordiiimg.
Von
I Beruff undt Annehmuui^ der Schuldiener Cap. 1. Pttg. 1.
'i Ambt undt Verrichtung derselben, belangende derer Cap. M, Pag, il.
Lehre undt Lehrarth Cap. 3. Pag. 3.
Disciplin Cap. 4. Pag. 4.
Vnterhalt undt Ht'soldiin;; Cap. I Paff. J.
II. SchfiU'iii oder T)is< ippln. wi-lclic Cap. Pag, 6.
Kiiiliciiiii>i( h- Stadl- imdt I.fdid Kinder Ködern.
AMssländisih- timlt Frembd«', Cap. 7. Pag. 7.
Ambt. undt \'eniilituui^ dfisollMn, beides dero
Gottseeligkeit^ undt Erbarkeit Cap. B. Pag. fi.
Studieren, undt Ambtfleiss Cap. 8. Pag. it.
Canforeg Cap. 9. Pag. lt.
Freytisch Cap. 10. Pag. 1H.
C'orent Cap. 11. Patj. /.».
III. Ejaminiba» Cap. 1:.'. Pag. 13,
I ym'vn Kodon.
\ iJiiiiis^inn Kodrm.
IV. SchnllUi« lu'i n. vndt Tiijn» J.c-i. Ködern Paii. />•'.
V. Kamnlo undt dfssfn \'i'ii'i<lituu>; Cup. />'. Pay. /''.
MitUsiJungcu U. <i«js. f. UwiiUclie Kr»it»h.- u. Schulgoschiclitc. Vlll 4 l&ite,
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342 Hitteiluiifeik d. Ges. f. deutsche Bniehungs- u. ßchtügesch. VIII.
Diese Schulordnung ist Wo 1712, da diese Schal zu einem Opmnatio er-
htthet worden, renoviretf Terbesseit, und durch den Druck publicürt worden.
PAg. 1. Sohtü-Ordnung.
Cap. T.
Von Ueruff undt Annehmung: der Schuldiener undt wie aUe CoUegen
bestellet werden sollen.
Demnach der Sohn Gottes, unser einiger hoher Priester undt
Bischoff den Schulstandt mit seiner einigen Person undt Lehr^Ampto ^'c-
heiliget: So ist sonder Zveiffel sein Wohlgeftlliger Wille, dasa in demselben,
nach seinem heiligen, seligmaehenden Wortte, alles ordentlich zugehen
möge. Dannenhero uf gnädigsten Befehl der hohen I^andtes-fflrstlichen
Obrigiceit die t)isshenge, hiesiges Orths in den Schulen gehaltene Schul-
ordnung zur Handt genommen, fleifssig filiorsehen. enienert. undt mit
unterschiedlichen gesetzcn VcrhossiMt worden. Alss * istlich, so viol
die Personen, besonders die I'raeceptores, undt Sclmi-CollegeH anreicliet.
1.
Sollen jRecfrjr, undt Colk[nn, nci hst heiliger Göttlicher SchrifTt.
denen Librin St^mboiias, in der Fm-mulu Concordiac vertasset, worauf sie
in Pflrstl. Obei<7oMRSl0rä» den Heligioiffi-ISydt abgeleget. Von hertzen tor
gethan Verbleiben, keinen Secten, darinnen verworffen. anhSngig sein«
noch dem heutigen einschleichenden Verdamttchen SyfiwrdumOj undt
l^elfpiOMS^ Vermischung, einigen Beyfall geben.
%
Bey beetellung der Schuldiener, so sich eine oder die andere stelle
verlediget, sollen alle nrgnr- undt schfldliehe Missbr&ucbe, undt Vnordnung
Vermieden, undt untüchtige INrsonen rn Schuldienem keines Weges
aufgeTininiiH'U undt i^leichsain r'iudrängeu. dargegen aber InMimif. ir«>tt-
seeli^'(\ ^TPh'hrtc iiiidt geschickte, als« dir mit sonderlmhn n galMU y.u
lehren, von (iott vei-sehen, undt der Schuljugendt nützlidi (iieuen können,
befördert undt beruffen werden.
3.
Darmit mann aber zu dergleichen tfichtigen Personen, iederzeit
desto eher gelangen kOnne, hat mann ihnen auss der FOrstl. Säcbss.
Kirchen-Ordnung, die Hoifiiung zu machen, dass, Wo sie in der Schule
etzliehe Jahr gearbeitet, undt darinnen sich tleissig undt wohl verhalten,
auf h gonsten das Predigambt zu lOhren tttchtig seyu, Vor andern bedacht
w^erdou sollen.
4.
Die Praecepiores, undt Schul-Lehrer, so die Schul-jugendt recht
unterrichten wollen, sollen ehrliche, erbare, vorsichtige, eingezogene,
mSssige, undt sittige Leute, sejn. welche Gottseeligkeit undt Erbarkeit
Die.-^c Anmerkung i^t späterer Zusatz.
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22. Weiuiaiische Schulordnung von 107.0. Vou Ludwig Weniger. 343
lieb haben, dass sie wollen undt können die jugendt recht uiuit wohl
imterweisseu, massen Sie dann, ehe Sie vortreschla^en, benennet, uudt
zum Schuldienst begehret werden, dessen Kcuu^sam Uhrkuidt undt
Zeugnttsse vorzuseigen haben sollen.
Captit II.
Tom Ambte undt Terriehtiing der Schuldiener betreffend dero Lehre.
1.
Die Schul-lehi'er sollen vor allen Dingen dahin zielen und bemüht
sein, Wie Sie der Sohuljugendt, den undt des wahren, seeligniacbenden
Pa«,2i glaubens, undt eines Christlichen ] Wandels, aus heiliger göttlicher
Schrlflb undt den Symbolischen Bflchem recht legen, undt diesse von
Irrwegen undt ftt^gemflssen der Kinder diesser Welt, abführen roOgen.
2.
Nechst diessen sollen sie ihnen angelegen sein lassen, dass in diesser
Schule, die droy Häupt-sprachen. alss Lateinisch. Griechisch undt Kbreische,
nach prfnrdcntn^'' dp«? alters undt Verstandtcs dpr Schul Knaben, ge-
lehret, unilt •^(iwcit hcgriÖ'en werden, damit Sie daiiiint'n iif UmversiltHen
fortkommen, undt ihnen auch ohne praeceptoren selbst torthelffen können.
X
Die SchreiWkunst. nicht allein in trenibdeu, sondern auch in uusser
Mutter-spracbe Orthograpktce uudt leserlich zuschreiben, soll von den
Praec^pU^rm in allen Ckuem, was dero Argumenta undt Exeratia an-
langet, fleissig beobachtet, undt gelehret werden.
4.
Die frejen KOnste, oder Philosophischen Disoiplinen anlangende,
ist bcwust, dass solche zweyerley: Ingtrumental- undt Pnnci'jMtl- oder
Ikal'Diaoiplincn sindt. Die Imlrumenfales alss: Grammatica, Jlhefortra,
ihatoria undt Logim, müssen nndt sdlloii in der Sihiilo. imiiifüchster
msisscu tractiret. undt damit zugleich zui Praxi geschritten werden. Die
Jieales aber, alss: Metaphr/fft'ra, Pnennnft'ea, 1*hißgica, Math^aiica, unilt
I*hiloso])/na jn-uetnu, ^vhüien eigentlirli aull Universität tii. dcrowegen
dem iTn:h\i\-Mähodo uugemäss, undt kflnfftig nicht nachgesehen werden
soll, dss solche derer Praeeepfaren ein oder der andere seinen dt9CtpelHf
unter den Schulstunden vontutragen, undt be^rzubringen, sich unter-
stehe, damit die Zeit obgedacht«n nothwendigem studijs gelassen,
undt die Knaben mit allzuviel JjeC^onm nicht Qberhftuffet werden mögen.
").
Die Rechenkunst, einen iegliclien in seinem Standte undt Ambt
Hochnot luvcndig undt nützlii h. soll von der untersten Ciass, bis zur
Obern, angefangen uudt gelelu-et werden,
(V
Ebeniiiäs^^ii^»' Hi'sctiiitlftilH'it. liat es mit der Mksic, oder Singkunst^
nemlich solche von dem Cantore, zu lehivn, undt zu üben, sollen die
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344 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehuugs- u. 2H-hulgesch. Vill.
Hohiil-Cn/iri/ni, iluv \ ortrautc JJUcipd davou nicht ab, sondern fleissig au-
zuhalten. Hchuidi^ sein.
7.
Ein treuer Sehullehrer muss der Information seiner discipel hawz
ergeben sein, kau iindt soll derovejfen keiner andern Arbeit, so seinem
Ambte hinterlich, undt nachtheilie:, abiraiten. Viel veniger ihme die
Freyheit nehmen, zuTerreissen, mflssiger geaellschallt beizuwohnen, alle
Hochzeiten ansszulauffen, undt andern seine Schul-arbeit zuverrichten,
anzubefehlen, oder aufzutragen.
a
Do aber iemandt ehrliche undt ehrhebliche uhrsach hat, Ober feldt
zw Wrreissen, soll er selbst, ( ho er darvon >;eliet, dem Sitjjen'ntendem'm
solc hes anzeigen, undt sicli hernach nicht anders, auf fahlen pterüeu
finden lassen.
Weil aiu-h eines iedeu i^ebnl -Lehrers Lerfitm mult \interweisun;;.
an g'ewisjie Zeit undt Stundten «iclmiult ii. l'i va^^e iU*^ Ti/jfi ih'r Lcct tonen,
soll er. ehe es ^resehlaj^en, fje^cuwt rti^; i,vyu. nicht nur eine \*iprtol-
oder halbe Stundte (:Wie es von etzlichen, bissher die erlaliruii^ ;4t -
i^'eben:) sondern bey benahmter, undt verordneter strafe, seine Stundte
völlig damit zubringen.
Caput III.
Vom der fVoeeeptoren Lehr-arth.
1.
Die l hr-iilte.ste, beste arth undt Weisse, sprachen undt Künste»
zulehren, ist diejeui^^e, Welche in Schulen, nach den dreyen mentts
ijperatiombtts, dass ist geschfifften Menschliches muths wohl in acht ge-
nommen, undt gehalten wirdt, derer erste heist, f6rfiK vS^ «iiatp^tniv, der
Verstandt, unfeilbahren Wörter, undt fenninonim, welche in den sprachen
vor alten Dinaren Kürtzlith erkläret, undt von den Bchulknaben aus-
wendij^ jLrelernet werden niflssen. die andere i."<t. z'rMzi; xat 'Av^.zzt; tiV/
wr^lx'J-")-.. (h'V AVfirtnr »mdt ifrminornm Zusaniniens«'tzMn>?. n«U>r der 711-
snmnirn>;est'i/,teii 'Oialiism undt auf lö.sunj,', zu w Ii In 1 naeh der ersten
Operation un-^eiimig ^beschritten werden soll, dii- tiritte i.st
T| oiT.ota, eine gantze reile. oder discur$, welche in .Schulen der gantze
Teaett oder ein argumetü genennet werden, undt damit die I^raeeeptores^
ihre Sehal'LedioH zu beschliessen haben.
2.
Gleich wie nun, eine Natur- oder leibliche speisse, soll sie dem
Leibe zur gesundheit dienen, dreymahl im selbigen gekochet werden
nlu^s. also sollen die praecepfores keine opei-ntio» hintansetzen, noeh
unterlassen, sondern nach allen dreyen ihre Lediones ordentlich ab-
handeln.
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22. Weim&rische Schulordnung roti 1670. Von Ludvrig Weniger. 345
8.
Die Knaben Coptom Verhorum, der ersten Operation ungeachtets
aus.s dem Text undt der Praxi ühorkoninjon lassen wollen (:Wio otzlicho
in ihrem einjjoführten Mrthndo dieselbe übergangen, undt solche nach
der andern undt drittrii straks in Texi ^'•fwie-^sPTi:) ist «snvip!. als einen
ein Hauss ziihiuirn anweissun«; tliun. ehe luau lioltz undt steine in
\'(irratlj luult bereit scliaflTt hahe. l)erowe«;en haben die l'nirrrpfores nach
der rechten Leliraith sich zulieniülien. wio sie den lüiaben die W orter
undt Terminof erstlich bekandt machen.
4.
Hierauss foljjen. naeli der andern, die Phrasedogia undt inttffrae
gententiae, welche zusammen gesetzet, readvirt undt amUpsirt werden
müssen, nachdem es die fiM^ruMeMAi^Disciplm erfordern thut« so in der
Class frocftft wirdt.
Nach der dritten« die smjpto Granmatiea, Metorici, oder I^ogich
Coniposita, ad imt'iationem f^e^reljen, oder auss einer in die andere,
sonderlich Teutsche, v&rtiret werden.
6.
Uml. weil es mit dem blossen aulj^fben. undt reciii'ren nach
diesseni Mffhndo, bei \\'i itlien iiiidit ausp'r<»nf*litr't. so sollen die Srhul-
Lehrer. aut i» 'le I irtion zuvor tleissi^ meil/'fircii, tiudt Avass Sie ihren
anvi'drauten di.st (ptht, vorzutragen haben, aulzeichnen, damit der Fleiss.
•M) wol be,v ihnen, als diesseu beruhen, uudt seineu Zweck erreichen
'a».4. r;,|,l!t W
Von der Schuidiscipün, welche die J^raeeq^rea zuhalten.
1.
liulzucht l:\\'orint)e». nebeust treullei.»>>iifer i^elire. undt niiitf-
\M isunjr. in spiai lu ll und Künsteu. der andere theil des Schulambts \>v-
bt«'liet:) ist in heiliger (iöttUcher Schrifll, nicht weniger denen üneeeptotn,
al$s Eltern. Obrigkeiten undt Lehrern in der Kirchen, auf gewisse mase.
fest eingebunden, undt anbefohlen worden.
9
Soll diesetlie in der Schul nicht sincken, oder gar fallen, müssen
I*raecepUires hierinnen Ihres anbefohlenen Ambts zubrauchen ilmeu
ernstlieh auf^eiet^eu sein lassen. Ihre dtsct'jnl, zum Fleiss undt gehorsam,
in- undt ausserhall> d*M- Schule, Eltern undt I^aecejäoren xu erweissen.
ermahnen undt anhalten.
\\ i' wuhl die Schulju^jendt zur (Jottseeligkeit uudt tieiss. \ iol-
mehr niii gelinden, sauötmütijren Wortten, Lol>-reden undt Yerheissung
des nutzens. so sie darauss zugewartten, aufzuwecken, undt anzureitzen,
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346 Mitteiiungeu d. Ges. f. deutsche Erziehun^s- u. Schulgesch. VI II.
als mit schelten, betrohung undt straßeu anzutreiben: So stcdcpt doeh,
sonderlich heutigestages, den Knaben die thorheit so tieQ im heitzeu,
dasB JPiraeceptores ' vißht allein mehr straf-vortto, imdt Ambtseyfer, als
Baniftmutli %m Inraacben, sondern aucli der ScbUlge nndt Streiche nicht
gemfiseiget noch gefibriget sein kOnnen.
4.
Undt do sollen Praeeej^ort» sieh des Hacculs undt der Ruthe nicht
schämen , Königs Salomons undt dess Ägyptischen KOnigl. Znchtlehrers
Birachs, j» des heiligen Geistes Rchul-Zucht Meistern undt sagen: Es
wprdp 7U erhalttin<j: der dtsc/plin mit .«ehlii^^on undt Ptreiehon in Schulen
wenij^er. als nichts auss^erichtct . sey auch hcutezut-age ;;ar abkniiien,
die KiiaUeii (isondi^rlich die «^nisscrn:) mit Kuthen zu steupen. welches
nichts desto besser, uudt leider die Erfahrung bezeuget, ds.s für den
JPraeet^rioren unter den Knaben, fast weder furcht noch scheu mehr
sein will.
m
O,
Jedoch sollen Sie susehen, undt ihre düeipel mit schlagen undt
streichen solcher massen zfichtigen, dass von ihnen nicht henckermässig»
sondern väterlich, wie mich nach beschaffenheit undt grOsse des Ver-
brechens, damit Terfabreu werde.
0.
Di« groben Excrst^e, der unirehorsameu undt Wiedersetzigen soll
«Irr Jini IT dem Sujjiiiinhndtnien anzeigen, Welcher uebi'ust dem Patrono^
die Veiunluung zuthuu, dass solche mit gefängniss gestratfet, oder aus»
der Schule geschaffet werden.
7.
Es soll ein ieder Praeceptor in seiner Clms heiinlichc Coryzaeos be-
stellen, welche auf die Knaben achtung geben, dass sie ohne geschrey,
still undt zflchtig sur Kirche, Schule undt wieder nach Hause gehen,
in denselben nicht waschen, muthwillen treiben, grobe Zotten reissen,
sich si l)]a<^on, auf den gassen den fflrübergehenden, nicht nachschreyen.
Doch bei Bürgern undt frembden der Schule einen bdsen nahmen
machen, die Nahmen der strafffälügen au£zeichnen, undt dem J^aecej^ion
überreichen.
8.
Denmach auch iu allen sständteu der Kirchen ein i^xemj^/arisdics
Pif.6. Leben, derer, die anderen damit voigehen sollen, bey guter düctj^lin,
dass meiste undt beste thun muss, wie davon Augustinus £püi. ILi.
schreibet, jilus valkü vivendi, qudm loguendi modus: undt Hilarius Can. $
in Matth: optinmm est exemplis, potihs docere quäm didis, alss sollen
auch die I'raccepfores, ein Vorbild ihrer Hecnle sein, undt ihnen mit
guten Exeinpehi vorleuchten. Denn, wie können sie die Knaben rw rede
setzen, oder straffen in diessem, dariunen*Sie selbst strftfflich uudt ver-
werfflich seyn?
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22. Weiniaritwhe Öchulordnuug vou 1Ü7U. N un Ludwig Weniger. 347
9.
Sollen nun an der Scliul-jugendt Gottseeligkeit, und ärgerliches
Leben, fluchen, schweren, Verseumniss des Gottesdienstes undt der
Sebulstnnden, ungehoraaiiif sehlagen undt sohmeissen, fressen, sauffen,
iinzucbt» stehlen, Caf»mmm undt deiigletchen gestrafet werden, so wirdt
der In^edwn amlit erfordern, fletssig aufsieht xn haben, undt zuverhüten,
damit dergleichen hoch- undt ärgerliche Laster bey den Sohuldienem
nicht statt finden, undt ungestraffet bleiben.
10.
Bey Schul- undt Kirchen Versammlung sollen JPiraeoq/tores, ehe
der Zeiger schlfiget, oder aussgeleutet wirdt, die .'ersten sein, damit in
«lero sflmbtlichen gegenwartli mit beton iiTult Ringen, tnm Oottpsdirnst.
undt ficn gfwrthnlifhen iichul-Lectionen, oin anfaii^^ <,'pniarht't werde.
r)i»',j<'iii':t'n alu i-. so licrnach geschlichen konniieu, od»'!" solclic i^^ar ver-
seunn'11, lial)eu ihre gebärende undt verdiente straffe zugewarthen.
Caput V.
Ton Yrnterhalt nmdt Beaoldimg der Sohmldiener.
1.
Demnach bisher vermerket, dass die Praecepiores ihrer Schularbeit
ülienlrüssig werden, undt die hilnde sinken lassen, aticli ctzUfho der
SfhM]ire«etze, sich dahero unverbiinden irarlitet. imlfni die iK'suldiing
niclit »"rbiiget, sondern gult nlheils zurückldtebcu, welches keine geringe
Vrsach, warumb das Schulwesseu, viel Jahr her in merckliches abnehmen
Kemthen; Alss hat die Landes Fttrstl. Hexrschaflft, bey des in dero
lieHovtrte» Kircbenordnung pwi, 3 e, 70 pag. 408 alss auch neulich bey
bestellung des Casten^Ambts die gnftdigste Verordnung gethan, dass
ihnen, was zu ihrer Vnterhaltung gestilltet Vndt MKndnrt. ohne Ver-
weigerung ndor schniftleriing. undt zwar iedes zu lM'stiml)ter Zeit, abge-
richtet inuit j;eliefert, oder AViedrigcs t'alss. ilif Dih/inni inult Crnntfen,
durch die Obrigkeit zu ischleuniger bf^zahluii;:. dhnr <4i \s rihnlirhcn geriehts-
J'rort'sn, durch liulf: Zwang angtlialti ti ufiden sulUu. Daiail Sie zuge-
liigter Unbilligkeit wegen zuklagen, tindt ihr Ambt mit seuü'tzen zu-
rerrkhten, nicht Vrsach haben mögen.
2.
Es sollen aber diesse, die Schul -CoWc^e/i, gegen ihre luspedons
undt Fatnment in forderung ihrer Korn- undt geld-besoldung sich ge-
bOhrender bescheidenheit gebrauchen, undt solche nicht mit bönischen.
spöttlichen Wortten, noch fibeler nachrede, oder auch spitzigen, ehren-
rfibrigen brieffen gleichsam abzutrotzen, unterstehen.
a
p«ff.6. Viel weniger gebühret, undt soll ihnen verstattct werden von den
JÜehilorn undt Censxten der Capäalia undt gefälle aufzubeben, undt sieh
selbst bezahlt zumachen.
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vi48 ilittciliingen d. Ges. f. dtutscb« Ei-ziuliuiiga- u. Scliul|fe»ch. VIll.
4.
Auch soll iluieii nicht treysteheii, ohne \ »»i hewust »In Inspccioren
undt OufeitVervalters, etivaa in ihren geistlichen Wolmuugeu vor sich
seibeten bauen zu lassen, undt heniach die bandwerksleuthe dem Casten,
oder Inepedoren auf den Halss suveissen, da^enige xubezahlen, was
auf einem Zeddel Li^itiret virdt
Die Accidetitia, gebtthr undt Pn'vaigeldt der Behuldioner belant^ende,
ist man zwar niclit ^^emeinet. dass Ihnen solche «reschniühlert. oder ver-
Avejjerdt ndrr entzogen werden solte: Weil es ('liristlieher Idllijrkeit innit
l!)aiukl)aikeil j^eiuüss. dass Denen, die im .Schiilstanlie mit siiuerer iliih«-
uuterriehten. allerley gutes mitgetheilet werdf. jtiloch sollen sie sich
ittit deine ^ was herkomnieus undt bräuchlich, begnügen lassen, nicht
mehr fordern, noch die Leute Uber gebflhr beschwehren, auch gegen die,
undt derer Kinder, so in euserste Armuth f^rathen, undt das gerinjsste
nicht geben kOnnen, der Werclce Christlicher liebe eingedenck sein, undt
ihres Ambta undt fleisses, flmb Qottesvillen brauchen.
Caput VI.
ToK Sehiilen, oder dMpeln» wte »ach dero Ambt, undt iwar toa
elnbefniscIieB» alss Stftdt* und Landtkimdertt.
1.
Mit betrübten Hertzen undt äugen, muss man empfinden, dass
manche Eltei'n ihre Kinder gar nicht achten, undt sie weder zur Kirchen,
noch zur Schulen halten, daliero in Städten undt Dörfeni oft nicht die
li(>Ifftf tler Kimbeii vndt Mägdlein 7uni ( Ifittesdienst undt Schule k<»tiien.
hdinlt in unter »ier Kirchen, undt .Schnitt iindi-. auf der gassen lu'rürnb-
lauUcii. oder daheinie, oder Vor der .Stadt allerley Muthwillen treiben:
dcrowegeu von der hohen Laudtes FQrstl. Obrigkeit, allen undt iedeu
Eüiwohnem hiessiger BmdenU Stadt, bey emster strafe auferleget, undt
geboten worden, dss sie ihre Kinder, welche das Siebende Jahr ihres
alters erfüllet, ungeachtet aller nichtigen entschuldigungen undt vor-
wendens. zur schule schicken sollen. Desswegen iti allen Ctat<i<en ein
sonderlicher Catalogtis gemacht, undt darinnen angehencket worden, dass
die abwcsciulpn, darauss verzeiclmet, undt den Uchoiardien überreichet
werden könueu.
2.
Vudt denniach sich viel Jahr her die SchulCW/c*/t'« über die
Winckelschulmi beklaget undt gleich wol an deme, dass die Kinder,
sonderlich von Sieben undt mehr Jahren, welche in solchen Schulen
gehen , denen Öffentlichen SchulVersamlungen. Procemonen, Predigt-
uudt bettstunden. CaUeJuisinuMhtmgen, ^ i<> auch der allgemeinen Lehr^
arth, unterweissung. inspedion inidt di'sdjilni entzogen werden: also
sollen solche so weit abges( hallet undt verbotheii sein, dass die .Sdiul-
kittder, so dass iSiebeude Jahr erreichet, undt \'erferdigte jieeleuregister
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22. ^Vl'imari^^chtl Scliiilurdmiiig von 1070. Vmi Liiilwi^ Wciiiger. «i-lU
Von ihnen in don Classcn aiilj;» nonnueu, uuUt den SthulMaincuin eiu-
^eäcliriebeu vvcrdeu aollen können.
3.
8- 7- Jedoch ist denen, die solche jPnVotöchulen bissher gehalten, undt
noch halten iirollen, unbenommen, diese ihre, oder auch andere Schut-
tliencr, absonderlich betten, srhreibon undt rechnen, zulassen, nur, dass
solches nicht unter, sondern ausserhalb der Zeit Gottesdienstes — der
Bet- undt Schulstunden verrichtet werde.
4.
KnnUen. so vom Landte in hiessi^'e Stadtscliul ^t*Mhukt wridcn.
Sülitii Hill ÜHtli uiuit (iiiuuliteu der Praeccptoreu zue Christlichen,
ehrlichen Leutben bracht, die Hfinsser undt !BlBWohner aber, zu meiden,
treulich gevamet werden, von denen daiinnen ein gottlosses Ärgerliches
leben geftthret wirdt damit Sie zu der gleichen nicht anlass bekommen,
undt ihrer Eltern aufsieht entfernet, in solchen hAussero mehr bösses,
als in der Schule gutes lehmen mögen.
Caput Vll.
Von attssHUidiachen udt fremlidteii Seholeni.
Frembde Sehulkuaben. welche allhie zu frequentiren ankommen,
s(tllen sii-h er.stli( h l)ev dem Jtectore angeben, undt ihme ihres vorigen
Jiectoris sehrifftliche testimonia rorzeu^n.
'1
NN cli.'lie mit schrif'tli' licn ii siimoni;s, (miit ^laiilnviirdi^'r-n \'or-
sehrilten nicht versi'lit iu umll ^«'nii'inij;lich Vuf/aitkii muh hunitstn'ii iu'r.
80 an keinem Orthc lau<^<> bleiben, auch wohl anderswu, es ttbel auss-
gerichtet undt zuliefahreu. dass sie es in hiessiger 8chule undt Iiey der
BQrgerschallt, auch nicht viel besser machen dörften. sollen ab* undt
fort^-etrieben wenlen.
:i
\'i»r tliejcnijxen. so recipirti hmtjnikif undt Ireven tisch unter der
Bürui'rsrhatrt auszutiai litcn. - i!l ilcr Jlcrtor sanibt andern ächulCW/f/^eM,
Ihme niö^f liehst PS Flei^^äcs aa^jelt'ijen sein lassen.
4.
So lialdc sulihc untcrbrucht. isollcu Sic nach bclindung in die Zahl
der CaJitorey-SchÜler aufgenommen werden.
Caput vm.
Tod der Schüler Ambtü •Verrichtung, gcsetz undt Ordnung, soviel
der OoCtseeligkoit undt Erbarkeit betrifft.
1.
Die Schul -Knaben, gross undt kleine, sollen ihi* studiren zu hauss
undt in der Schule, mit dorn ;;eb(>tt. zu Qott, welcher ein Stiffter undt
gelier alles guten ist anfallen undt i>c vhiiessen.
tjollen fleissii? zur Kirchen, undt in die Schule gehen, den Predigten
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350 MitifiJungeii d. iica. f. deutsche Erziuhuugs- u. Öchidgesch. VLU.
uudt Lectionibm, ihren glauben undt Christiuihumb betreffende, mit
geböhrender andacht undt aufmerckung beywohnen, uudt der Prediger,
wie auch ihrer iVoeo^ptoreii unterrichtimg undt Yennahnungai tmdlch
nachkommen.
3.
Sollen sich zur Zfit dos Gott^sdiensts uiuit ihrer Schul-Zrcc^ibn^«,
die venn iluct undt bestimmet, noch vor doin geläute uudt glockciisi hlai?,
i-ttg.«. frfle üml» 7. nachmittags ümb 12 uhr. darzu unpJlUTTiijr einttiuitn. zur
Kirchen sollen sie mit ihren l'raeceptorn undt Cundüapd/i, nu ht uii-
ordig, wie das Vieh — sondern in einem erbam l^rocess sieh vertugeu,
auch nach geendigtem Gottesdienst, wenn die Zuhl^rer aus der Kirchen,
in solcher Freeessün sidi wiederQmb in die Schule begeben, undt denn
darauss ein ieder nach hausse gehen.
4.
Unter dem Gottesdienst und Lectionm, soll keiner mit dem andern
reden, sprat li )i}i!t<MK FantaKterey treiben, oder sich sonsten mit Worten
uudt geberdeu uu^ebührlich verhalten.
Wenn der 2Came JESUS genennet, die Evanydia undt Episteln
verlessen werden, soll ein ieder das häupt entblOssen, wie auch die
gebuss gebeth Icniendt andftchtig nachbeten.
0.
Ilire Proecepionftk undt liClurer, welche ihre Leuther undt Führer
zu aller gottseeligkeit undt tugenden seyn, sollen sie halten, alss ihre
Eltern, Sie lieben, ehren undt ihnen gerne su willen sein.
7.
Aut der passen, da ihnen Erbare, altr Pcr-orn n iKM^c^rnen. sollen
sie ms dem Wege gehen, uudt ihr haupt ehrerliietig entdecken.
8.
Fflr fluchen, schweren, schniih -werten sollen sie sich hflten, auch
weder mit Worten, noch mit der that Gott cum zeugen anruffen, noch
mit denen, die solches thun, gemeinschaflt haben, undt umbgehen.
9.
flt geneinaiider sollen sie freundlich, diensthaftig, vertnlglich sein,
nicht zu hiiss undt Neidt uhrsach geben, do sich aber Aviderwille zwischen
einem nndt <lem andern würde zutra^'f^n. hoI! sieh keiner an dem andern
selbst rädieu: sondi-rn (i» ni J'nit'trj)/</r/ (lrr<'Ia--s, aneh nach de* handcls
Wichtigkeit, dem lUdori solches zu erkennen gel»eii, und desselben ent-
scheidung ge wallen.
10.
Alle böse gesellschafiten, sonderlich derer, die Schulfeindte sindt,
sollen sie fliehen undt meiden, damit sie nicht zugleich mit ihnen Ter-
derbet werden.
11.
Sie sollen sich mässig halten, im essen und tiincken, sicli nicht
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22. Weimaribcbc Schulordnung von 1670. Von Ludwig Weniger.
an die öfter verfüju^eu, da mann täglich irist uudt säuift undt unzüchtige
undt garstichc Worte treibet.
12.
So Sie wass, ihnn Praeeqaioma nachteilig hören werden, sollen sie
solches nicht verschweigen sondern alsobaldt vor ihre I^nueq^icm bringen.
18.
Was die Kleidung anlanget, soll dieselbe Erbar, zierlich, süchtig
undt ihrem stände gemAss sein, damit ein unterscheid zwischen Schfllem
undt andern gehalten werde.
11.
»•«.8. Es soll iiit'iiiandt, zur liodizoit ;.r<'In*n: weder i^iosscr noch kleiner,
er habe es denn zuvor dem Jh'dori !iii>.;ezeiget, welcher ihm, wie er sich
daselbst verhalten soll, untersHgou wirdt.
15.
Des Sommers über, soll sich niemaudt iu dem kalten Bade linden
lassen, weil solches gefährlich, undt der gesundheit schädlich. Im
Winther, sollen sich die Knaben des Klannem, undt schlittenfahren uf
dem Eisse gftntslich enthalten.
16,
Es soll niemandt, Dolch, Degen, oder Wi^en zutragen, gestattet
werden.
17.
Es soll auch verboten fcin. Hnt- Karten- uutlt Würfelspiel,
Zwirn-l>riel»kaul werffen, auch auf der passen, sonderlich vor der Kirth-
uudt geistlichen heussem, mit blasserohreu, armbrusten undt vallestem,
oder Schlflssel'bflchsen sehiessen, Stein Werifen, ingleichen jagen, rftnnen,
schreyen. undt andere leichtfertige hindel treiben^ wie sie denn namen
haben mögen.
Ferner,
Wie sie sich im Studiren Verhalten sollen.
1.
Die Knaben sollen zu obbestiiniiiti r Zeit, alss frühe unib 7. undt
nach MittJiir^'. nmb 12 I hr. in der Sehulo irpir''n\vprtt^' sein, undt da
ieniandt vor der Zt ii in die Schule könibi, ^ lU >i h derselbe an seinen
Orth Sf'tzen. still undt züchtig sein, sich, ehe der i'raecepfor komme, alles
lauffeus, springens auf den Schulbäuckeu, undt anderes Muthwillens, bey
emster straffe gänzlich enthalten.
2.
Denen Lec^otUhut, sollen sie in allen Schulstunden beiwohnen,
undt soll diesse entschuldigung. lernet fft Kein Kriegisch, von
keinem angenommen oder geduldet, viel weniger djis auslauffen aus den
Stunden verstattet werden, »lenn dadurch andere fromme, fleissige disnpei
geärgert, undt i\n\ ausslaufTüMKlfni nntcrdp-^sen nü'M'lnunlt ni>pigkeiten,
mit nicht geringer besclüniptiung der 1'raeccjiiornt verübet werden.
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352 Mitteilungen d. Ges. f. deuteche Ensiehungs- u. 8chulgesch. YIII.
8.
AVenn der Praeceptor, die LecHm, od^^r einer auss den Sohtklern
«irfiomret, sollen sie fleissig zuhören nicht mit dem leibe ge^i^nwertiir
sein, undt mit den gedancken, und Sinnen anderswo zu schaffen haben.
4.
Da oiner unter der Ledion niahlet. der andere in teutsi hen l»fleliei*n
Jip'-spt. der tritto j^eslinire sdirfibf^t. mult «(»Ifhes der Praecepior innen
\vii<it. soll er iVw Lefiion zu exjmun'u ^:t'hi'isst n. undt da er uuachtsani.
uuflei^äi^ uudt uachlä^ssi^ ertundeu. gestradet werden.
r>.
Wer die Ledion, welche er auswendig ansagen soll, aus den»
Buche Meset, wie auch diejenige, so ihme das Buch vor- oder auf den
rficken halten, sollen gestraffet werden: auch soll einer dem andern
Paria nicht znblassen» noch auf eine andere weisse seine faulheit st'Srcken
helffon. will er gleichmftssiger straffe, so der faule undt nachlässige rer«
dienet, nicht gewertig sein.
<V
AVeil einem Knaln ii in der St hul, von nötlien. luidt wdlil aiisstehet.
<Mne f^ute feder. rtnu l'appier undt Dinte. wie auch die bü» her. .m» or -m
ieder Zeit IjedailT, soll er solche darinnen, allzeit bei sich in bereits« luilVt
haben, undt gleichsam damit gerilstet sein.
7.
Die Knaben in Obersten Gatuen» sollen sich gewehnen, mit den
JPraeeefii^nf undt nntereinsader Lafetmgdt zureden, welche flbung sehr
viel dienet, zur Lehre und geschieklichkeit der Sprache.
s.
Im Argument schreiben, sollen sie lleissig in acht haben, die
Praecvpia Grammatira, mnlt Hhfionra, ja ein ieder dahin trachten, dass
er i'ein, eigeutlicU uudt uaeli der ai th der spräche schreibe.
9.
Schändlich ists undt unrecht, dss etzliche ihi<> Cutinina, und
Anjumenla andere la.ssen von Wort zu Wort machen, uudt rerkauffens
dann Tor das Ihrige, welches nicht soll gedultet noch gelitten werden.
10.
Weil auch das CMren in den Classen, den Knaben grossen nutzen
bringet, soll solches zur bequemen Zeit angestellet werden, da denn der
obere dem untern, so mit ihme cerforet, wo er uf zeben fragen nicht wieder
antwortten kennen, welches diesser venuocht, demselben biilich eediren soll.
11.
AVas zu nutz der jugcndt. an die tafeln angeschrieben wirdt, soll
niemandt muthwiliig an.<slcschen, undt so lemandt dai*über betreten, der
soll ernstlich gestraflet werden.
\±
Zu einer ieglicheu Levtion, soll ein ictler ein besonderes !)uch
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22. Weimarische Scbiilordnung von iiili). Von I^iidwig Weni^fer. ^JÖS
liafM'ii. iliiriTinon er verzeichnett woss nothweudig zu atutotireu uudt auf-
zusjeluTibt!u ist.
IS.
Wer aus Muthwillen undt fOrwitx, in der Schal etwas zubrechen
wirdt, der soll es auf seine Kosten wieder machen lassen.
14.
Ausserhalb der ßehnlstunden. soll kein Knalio in den Classen ge-
litten worden, noch unter den Leuten in der Kirchen auf dem Chor,
iiitdt In StiUen. noch auf der Kirchtreppen unter der Predigt sieh finden
Ih.-^.-^cu. weil er nichts allda zu schaffen, sondern nur Muthwilleii anrichtet^
desswegeu er von «ien Proecgrforeu zubestraffcu.
15.
Wer sich wider seine Praeceptores aaflehnet, undt die Terdlente
strafe zu leiden wegert, der soll gantz undt gar auss der Schule gestossen«
undt ohne sonderlich bedencken nicht wieder aufgenommen werden.
Caput IX.
Ordanng vndt geseti der Caatoray-Selilller*
1.
Wiewol alle njidt iede Schul-Knahen. so die Figural Mnsic hc-
f^n'iffpu. undt dui iiuicii toi tkoTinnen können, schuldi^r. f'ey dem Gottesdienst,
zum Sinire ('hör zutn ttfu. undt ihre stime mit zu sin^^en: So werden
doch diejenige eigentlich ilurzu verbunden, welche zu der t'aniorei/, so
vor den Thoren sin^^et. gehörig.
2.
In diesse soll nicht ein ieder Knabe, der sich dazu angiebet, sondern
armer Leut« Kinder, welche zur Music taugliche Stimmen haben, undt
darinnen Prcfedus erlanget, eingenommen werden.
:i.
Srdleii <)c]\ floni Itecion', denu* die Inspvdion undt aufsirlit zusfolicf,
s< hhtltlii Ii \ ' rliindcii. etzliche Jalirc in d*T Schule, undt beym Chor zu-
bleiben, undt dess JiencfiaJ der Cantorct/ zu geuies>äeu.
4.
Wie Sie dann, wo sich eine Stelle verlediget, au den freyeu tisch
genommen werden, undt darinnen biss zu ihrem abzuge verbleiben sollen.
o.
Sobald sich eine Stelle in der CaMorey (:dero Anzshl sich nicht
über ;W) Personen erstrecken soll:) Terlcdiget. sollen Sie von Sxpvr-
intcmUutvn, Jiatore undt Cauiore. auf vorher;rehende Probe, reriptrct
werden, do aM« li keine stelle ledi/^:. sollen sie mit andern, so eine Zeit
lang in der ( utäorei/ gewesen, undt darinnen auss faulheit ni< lit fertig
singen gelernet, cciiirt'ii, undt also einen orth erlangen, der Sujxr-
inttndeM undt üecior aber, sollen neben dem Cantore uupartheischcr
Richter seyn.
C,
Alle Mittwochen nach Mittage sollen sie in der Schule zusamnien-
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354 Mitteilungen d. (ns. t. ileutscho Enüehuugs- u. Schul^esch. VII],
kommen, im .Sinjjen sich zu üben, damit sie bey ehrlichen Leuthen uicht
schimpff einlegen, darlegen soll ihnen gäntzlicb Terboihen sein, sich bei
nSchtlicher Weile ror oder nacli tische« in der Sehale susammen zu
finden, unterm Fl-fttezt Musicaliseher flbung, darinnen tUMiilfen undt
zuspielen, auch wohl mit unillchtigen, leichtfertigen gesindlein« Wie
es die erfahrung gegeben, zu tantzen undt andere bfll>erey zu treiben,
zu dem endo die (lassen undt .Schulthflren. ausser der Schulstunden
hey Venueyduug erustes einseheus, verschlossen gehalten werden sollen.
4.
f^ber dieser Clinuir der Canforet/. bleiljet dem Cantch seine
Siuge-Stuudt, laut des ij/pi Leciiimum vor sich.
S.
Wann Sie ziie leichbegnngiiü.-^s erfonlert wfi"li'ii. ?;üllcn sin vor
andern alsobald gegenwertig sein. Welcher auss ehrhebiichen uhrsachen
sich nicht einstellen kan, mag vor sich einen andern bestellen, damit sich
die Bfirgerschallt wegen der abwesenden nicht zu beschweren habe. Die
ohne Vrsacb Russenbleibende grossem sollen mit gewöhnlicher geldstrafe
Ha» 12 beleget, die Kleinem aber TOm iVtt«r«ptofv, der Glass, darinnen er sitzet,
oiM%tret werden.
0.
Auch wenn sie zu gewisser >-ttindte aiissgehen, vor den Thüren zu
singen, sollen die abwesenden, fidi r langsam kommende, dif ^tw oliiiliche
geldstrafe geben, die kleinem aber Schläge, oder streiche zu gewartteu haben.
10.
Ingleichen sollen dicjuiiigt', welche die oniaung ItctriÜi. die jHiiieft
oder Musicalische Bücher, bey gesetzter straffe, in bereithschafft haben,
undt mit zur stelle bringen.
11.
Den Praefedum dess Husicalischen Chors Iwlangende, soll kein
Seeututaner, sondern allezeit emer aus den Primanern darzu erwehlet
werden, undt dass solches mit Vorbewust undt gutachten des Sectitrü
geschehe.
12.
' Dieser soll ni ;u ht nehmen, dss er einen rechten Tacf führe, damit
der gesang nicht ttberhiu geschnattert, undt mit übcllautenden Stimmen
abgesungen werde.
13.
Auff den gassen sollen die Canioreg SchOler ihre äugen nicht
flmbher schweifen, undt gleichsam die Ziegel auf den Dflchero zehlen
lassen, viel weniger birn undt Hpücl fressen, im singen nicht still-
schweigen, undt etzliche wenige forthsingen lassen, auch nicht waschen,
oder zancken. am weniir>^tPii in einander Lrerathen, undt sich auf
öll'entlioher gas^e «rhhi'.ren. welrlicstals die Verl)recher, uf gutachten
des liedoris undt Lantorü zu gebülirender strafe gezogen werden sollen.
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22. Weiiuarische Schulordnung von 1070. \'«n Ludwig Weniger. 355
14
Der Chor w>ll nicht getheilet, sondeni Von gantsen Chor Tor allen
häuseni gesungen werden.
15.
Wer sich ohne erhebliche nhrsach, vom Chor abgesondert oder
dahinden bleibet, soll mit benahmter strafe beleget werden.
Iß.
Wirdt einer vom Chor abtritt nehmen müssen, so ist, der mit
ilime eitH> F:timnH> singet, schuldig, dessen partem, biss er wiederkomme,
bej sich zubehalten.
17.
"Wann die Woche über al)gesui»geu worden, sollen sie sicli in die
Schule begeben, Was ihnen von ehrlichen Leuten gegeben worden, durch
den Beäorem unter sich theUen, die geldstrafe davon abziehen lassen,
undt was einem ieden zukömmet, wohl anlegen, undt, do aber einer, dass
er es xu Spiel-, Sauffen, Spendiren, undt dergleichen leichtfertigkeit
brauchete, betrett* n ^vQrde, soll er aussgeschlossen undt ein ander an
seiner statt geordnet werden.
18.
Sie sollen zusehen, ds.s sie aul hoehzeiten, oder andern Zusainmen-
Knnfften, da ihrer begehret wirdt, niemanden zu willen oder getallen.
ehrenrührige stücke, oder der lieligion zu wieder, sondern solche gesäuge
singen, der sie sich bei niemanden schAmen dörfen.
19,
Well auch bisher Tiel feine Knaben zum Sauften gewehnet, in dem
sie zu allerley leichtfertiger gesellschafft, da wenig Zucht und Erbaikeit
18. gesehen, ofl't biss Ober Mittemacht, mit grosser Beschwerung der Eltern
undt Wirthe. bey welchen sie wohnen, aufgehalten, so soll zwar ehr-
liehen Leutheii undt Bürgern, so der Schule <rtite<? ir^nnen. undt den
armen mit Allin«i<,<('n bflfipn. dip Cfiuittrey nicht versaget, sondern ihnen
uf ihr begehren gef)< hirk«^l. iloi Ii dass sie nicht über gebührliche Zeit auf-
gehalten noch mit unzüchtigen. SLiiaudlosscn undt schädlichen Exempdn
geärgert werden.
20.
Fra^edtUt Sub-Pmefedug undt A^funetus, sollen den Kleineren
mit guten Exempeln vorgehen, wann sie auf der gassen sindt. zur Er-
barkeit vermahnen, undt wann solches bei ihnen nicht helfien will, dem
liectori, hIss Imtpeciori do.s Chors hinterhriiijrni Ii'' Knal)en aber,
sonderlii h auf öflFentlicher ^as'sni. inult ntitcr lien fingen zuschlagen,
soll derer keinen verstattet, soiuleru bey strate verbutheu seyn.
r:,p. X.
Ordnung undt gesetz der Schüler am Frey-tische.
1.
Au den Frey-tisch soll niemandt, als arme Schul-Knaben genommen
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JiaO Mitli'ilungfii d. (iv>. f. deuttech« Erzii-hunjis- u. ScUulgescb. VJll.
WHidou, unter woli lion donon andpin voi-xiiziehon. die vor jenen »fut»'
stimmen hab^ii, undt iu der Figural-Mmic fertiger siiidt, unter allen aber
die armen Waisen, vorneoilich der Kirchen- undt Schuldiener, wie
auch armer Borger, und unterthanen Kinder, worbej aber i^leiehfalss auf
die frembden, welche keine H<t^itia^ undt lelienamittel, gesehen werden soll.
%
Diese, wann Sie an Tisch genommen, sollen angeloben, undt mit
bnudt undt stunde zusagen, dasjenige su leisten, was beydes in Sitten
undt Studieren frommen Schfllem geziehmet.
:i.
Snüfii die S( liiilstunden undt Lcctionen nii lit verseunien, wolehe alier
auss der Schulen sollen auch dest^elben Tageö zur strafe vom Tiselie bleiben.
4.
Ordentlich undt sittlich sollen sie sieh zur Mahlzeit versamlen
undi ein iedt r an s« ine Stelle sitzen, ohne Uesehrey, ohni' unvers( hj"linl>tes
;^el.'iehter, ohne nmcflchtiges •^espi'äch, ohne schandbare schiuipffwurtte,
ohne Zanck und Hader, ohne stächerwortte sollen sie mahlzeit halten,
was ein iegltcher mit dem anderen zu reden, soll bei geleister strafe in
Lateinischer Sprache geschehen, undt nach endigung derselben, alle zu-
gleich aufzustehen, undt davon gehen, bey willkflhrlicher strafe des
Die iTfxjfijii:!' iiiiilt li< th. vor- undt nach tisel>e. s<>!li n sie mit
;rel>ührendei iiadachl verriehu n. weleher sie darinu« u iin- machet,
oder verhiudert, der soll mit gewöhnlicher strafe, 1 gv. hele;Lfet werden.
6.
Im Essen sollen sie genQgsam sein, mit wenigem Torlieb nehmen,
nicht geitzige, fressige, unersSttliche Schlucker- undt Schüssel-Reumer,
die den andern ihr theil gleichsam vor dem Mündt hinwegnehmen.
7.
P<s-14- \h \ ^'(lnlf Inii^te iiin Ti-i lie. soll der erste im Essen, der erste ini
trincken. »hr erste in der Schüssel sein, wer deme vorirrcift. soll nnt
iJ A ^'Strafet werden, die ehre dieser, die nfUieste. nenilich dessen, den
Sie J'astorn nennen, soll nicht länger, als einen tag wäbreu, damit sie
au alle rlugslierümb gehe.
a
Diesem folgen im Essen zweene auf beyden seithen, undt so forth,
jedoch also, damit der letzte an seinem theil nicht verkUrtzet werde.
Wer darnieder handelt, soll mit B 4 gestrafet werden.
Ö.
Der Yierdte oder ffinflle in der Schttssel, soll mit gleicher strafe
belegt werden.
10.
Welcher in die Schüssel fähret, ehe der Löücl rein aus-s^je leeret,
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22. Weünariijche Schulordiiung von 1070. Von Ludwig Weniger. 357
oder die backen noch voll spelsse hat, oder die fetten Farticul, so andern
gebOhren, hinwi^g zvl eidi alleme nimH soll in ebenmftaaiger Btrafe ver-
fallen sein.
11.
Ein io^^lichor Neuer Tischgenosse, soll dem Fisco rinoii hallion thalor,
zu glücklichem Antritt, der abtrettende aber einen orthsthaler darlegen.
12.
Ein ieder soll an seinem gebuhrtstag Einen groBchen in fiscum geben«
13.
Wer die heilige Schrillli, oder QAttlielie Dinge zu scliinipflichen,
spöttlicben sacihen missbravehet, oder schandbare Wort su reden aieli
nicht schümen wirdt, soll iedesmahl mit 6. 4 gestraffet werden.
14.
Wer nach dfiii gebett zn tische kümbt, oder vor dem danckgebett
hinv^ehet, soll allzeit ^ in den fiscum zur strafe geben.
15.
"Wer etwas ^ on tischgerilthe beschädigen wirdt, soll den schaden
ersetzen, inuit noch darzu willkührlich gesü'afet werden.
16.
Welcher des andern Misriiandlung, dem Sie doch wissendt, nach-
dem solche anders veere, offenbahr worden, yerborgen, sollen, wo sie
nicht der Wichtigkeit, mit 3 4 abgestrafet werden.
17.
Die brodt. welche von dor Fürstl. hen'sehaflTt auss guüdigst.
Miltiirkoit wiW'lii ntlich vom hoffe dem annuth gereichet werden, snllcii
sie üii lit aniit'i ii, ilirt- s( hweine darmit znni.li'tpn. oder sonst üml) iitnlcr-
lich gcUlt diiiiin »clilaudern, sonrleru daraut bedacht sein, wie ^sie mit
dem becker einig werden, das er ikncu an statt des schwartzen, nach
ansstrag des Scheffels undt gewichte, Weissbrodt gebe, dessen sie ge-
niessen können. Wenn sie auss der Stadt nicht gespeisset werden.
18.
Was nach dem Mittag3*Essen, Ton speissen Qbrig bleibet, sollen sie
nicht unter sich theilen, undt anders woliin tragen, sondern am orthe,
da sie sjjeissen, l)e\setzen. undt ZU gewöhnlicher Zeit verzehren, wenn
sie nicht gespeisset werden.
10.
Diejenigen, welche sieh an ihre Sehul-obrigkeit undt l'atronm mit
Pair.16. Worten oder Thfttigkeit vergiiffen. es geschehe in- oder ausserhdb der
Schule, sollen andern zum abscheu, emstlich, und Exemplarisch ab-
gestrafet werden.
Cap. XI.
Ordnung undt gesets d«r Cimeiit-SehiUer*
1.
Kein Selnil Knabe «oll in di<' r'nrrent aulgenommeu, noch darinnen
gelitten wetdeii. der iiiciit iu die Schub? gehet.
MitteiiaDgi^u d. Ge«. t. ileuti>clici iü^ik-h.- u. Schulgesctucbtc. VIll 4 iS98.
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368 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche BrzieiMmgi- u. Schulgiesch. VIfl.
2.
Gleichwie der Schul Btdtcr die IntpeeUm Ober die Schule, allso
soll er sie auch Aber die Currentaohüler haben, undt unter dennselben
gemessene Vwordnung thun.
3.
Auss der Current. soll keiner in die Cantorey anfsreuomraen werden,
er habe dann in der Schule die Fimtral Mumc zimlicher uiassen. be-
grieffen, dss er eine stimme siugeu köunou.
4.
Die Woche über, sollen sie nicht mehr, als zweymahl umbsingeu,
undt das solches ohne Yersenmniss der SchulXeetöme» geschehe.
5.
Bey ausstheilung undt geniessung des brodts sollen Sie Tor undt
nach Essens, des Gebetbs nicht yeigessen.
0.
Im jurehen sollen sie aehtung haben, auf den CoUedorem. do er für
eines thOr ivarthen muss, dass sie nicht allzuweith voueinander konimen.
7.
D» r Kli'int n. sollen zum höchsten niflit mehr, den 2ü sein, undt
Keiner darzu g« l)rauchet wertlen, er könne tleuu lesseu.
8.
Die abwesenden, in flmbsins^en Oes sey dann, dass sie ilires aussen»
bleibens, erhebliche nhrsach Torzuschfltzen:) sollen auch von dem, so
ersungen worden, nichts zu gemessen haben, wie es denn dem Seeton
an^^esaget werden niuss, welcher befehl su ertheilen, wie es damit ge-
halten werden soll.
0.
Kjä soll keiner dem andeni, .sein theil oder Viertel cWie Sie os
nennen:) verkeuffen, undt andere in seinem abwesseu singen lassen, er
aber unterdessen, was anders tür haben.
10.
Keine frembde, oder andere Lieder, sollen sie auf der gassen singen,
als diejenigen, so an Fest- undt Sontagen in der Kirchen gesungen werden.
11,
Sollen deutlich undt langsam, auch wechselweiss gesungen werden.
Cap. XII.
Qeseta: und Yerordnuig, die Schul Examina, Ferim, undt
«limlaslof» d«r Schul Knaben betreffende.
1.
Von den £xamimbu8.
1.
Damit ni<'lit aüoin di*^ Ki::i1irn I'ftffrff's ntiiH zütif^lmir«!). sondern
auch der ^claü-CoUcffen lleis? » iiivm Ii' Ii < rkundii4et. iiuiii darzu anj^ereitzet
i'at.'. IC. undt erwecket werden, sollen jäiulicii alle (Juatlal. durch einen In^^Hctoni,
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22. WeimariBohe öchulonliiung von 1«70. Von Ludwig Weniger. ^59
umlt liedoru, Examina in der Schule gehalten, imdt aufs längste^ in
a Weyen tagen verrichtet werden.
2.
Die Lediones^ so innerhalb Jahresfrist zu absolvii-en, sollen in vier
theile, nach den vier Quartaln abgetheilet, imdt also von QuarkUn tu
Qttartaln fleissicrgelehret^gelmietk und wenn das Vierteljahr verflossen,
£xamüutet werden.
Von Jacofn, In^ dahin ül)t i-.> .I;dir, erstrecken sich die Vier J'arinular
J^xamina, darauf das ^tosso rjrnm'n Hn^estellet. undt Spchstape lanir
alle Lcctiones das Jaiir über gt'lrielien. und repeiäi, ejcaminirvi werden.
4.
Der Anfangs solches examüns, wirdt in anwesenheit der Sdiciart^e»
undt JMrwen, mit einem geistlichen Figural gesange, wie auch kurtzeu
Lateinischen Sermon des 8tq)erintendenten gemachet« darauf alle Tage,
Tor- undt Nachmittage examiniret undt von einem oder mehr Obristen
8chulknal»en, so sich auf UniceiHttcUen begel»en wollen, peroriref, worauf
der Superintendens Lateinisch antwnrtrt, nnd da^ Examen abennahl mit
einem Figural-Jjob unUt Daiiekliedte beschlossen wirdt.
5.
Xacli dem Examine, wirdt von dem Ministerio undt Schul CofU ffen,
die TransioeaHm, von unten auf vorgenommen, darinnen nicht nach gunst,
oder dem alter nach, sondern der geschiddichkeit^ und dene Spentmnilms
verfahren werden soll.
0.
Zu dtMn KthI^' nii'lit alloiii von doiiiMi Praprep^ornt. sontlcrn auch
Jlintiitns Ecdesiue scripta exit mjmranm ihnen dict iret. uiull in dero be^-
seiu, von denselben in der Class verfertiget werden sollen.
7.
Es sollen auch alle ar^umento, von ieden Claas Caüegen, corrigii^X,
dem Superintendenten Übergeben, und an einen gewissen orth behalten
werden, danut man dieselben in nachfolgenden eaeaminilms zur handt
hal)cn. gegen die Xeuen halten, undt darauss s»'hen inöp'n. wi«' sich die
Knaben von einem ^amne zum andeni, in ihren Studnm gebessert halten.
S.
T)o \im (l<'n»'n Tns/irdorn, A\as mangd in den ('lassen au
behül' l a imdi /»t annjAot n vci nicrckot. solche ihnen untersaget worden,
undt doch nicht gebessert, su sollen die verordnete Impcdurcs ilinen
solches sftmbtlich uudt ernstlich ftlxiialteu, undt Sie zur abstell- undt
besserung vermahnen. Im fall aber keine besserung erfolgen würde,
solches an das ober Consist. berichten.
11.
Von SchulFmVit.
1.
jN^ach gehaltenen grossem Ejtamine. werden von der Cantzel die
24«
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StiO ^UtteUiingen d, Ges. f. deutsche Erzieliungs- u. Schulgesch. VlII.
SchulFerien . oder huiiflpfstajrf» verkündiget, damit nun die KnaijHii, gleich
denen ^aecejdorm von ihr»«!' täglichen müh undt Arbeit eine gebührliche
p»g. 17. Ruresüm haben, ondt jene, wegen ^faUender Emdte ihren Eltern iu
der Stadt und auf den landtenif rar haadt gehen können, werden ihnen.
Ytersehen tage ans derSebule ra bleiben, fr^gelasaen, und sollen sieh
beede, wenn aolehe zu ende gelanlTent undt abgekflndiget werden, lur
Schule unaussenblelbendt wieder einstellen.
2.
Zweene tage vor den «Iroyen haupt-fest-tagen, dass aber an den
Apostoltafr^'n. nach dt r Prodi^'-t, Vormittage, bisher nicht Schul gehalten
worden, soll nicht mehr verstattet werden.
3.
Mittwochs lunit Sonnabend aber nac h .Mittage, wird nicht Schul
•gehalten, doch dass Sie sich zum Singen, undt zu der Vesper finden.
4.
Allr lit'i Stadt Jahr Märckt sollen sie iu der Wochen, als dea
Montag uiidt Dienstag frey liaben.
Q,
Ausser diesen sollen die Praeeeptores, ohne des SuperitUernknim-
erlflubniss, weder Ihnen selbst, noch den Knaben, oigmes Willens keinea
Feiertag, noeh rmünm madhen.
III.
Von der Jhnumon der Schul-Kuaben.
1.
Demnach bisher in der Scbuleii, eine sehr bösse, undt schädtliche
gewohnheit eingerissen, dass viel Knaben, aussjMtM clacse (;ja wolü gar
aus secttmiä:) undt zwar ofll zur unzeit, vor gehaltenem «ramiiitf, hinter
undt wieder der In^peUorm undt PraeoepUnrm^ oder auch Eltern undt
Vormünder willen undt wissen, uf JJmpenüäkn laufen, oder von den
eitern, welche die Sehulsaohen nicht verstehen, aus.s der genommen, undt
eigenes gefallen», mit grossen, aber vei*gel)lit']if ii Unkosten versic^ket [sie]
werden, ehe sie die fnndamruta in der l'artiaäar Schule recht geloget
haben. Alss soll dicsi ii Keines weges nachgf'.<rhfn werden, sondern
derer dnm'ssion so tüchtig, undt auf Universitäten lortkommen könth'n,
uf der Inspcciorunt undt Fraeceptorum erkäutnüss undt gutachten stehen.
2.
Do einer von densidbt ii qualificiret undt tüchtig befunden, undt
erachtet, soll er nicht ausser oder vor der Zeit, sondern nach endigung
des Examims puhliei, eine Väledietorüm Orattonem halten, sich vor ge-^
nossener AVohlthaten darinnen bedancken, einen guten abscheidt nehmen,
undt mit der Inspedorum undt Praecqitorum gegebenen Wunsch undt
Segen sich dahin abfertigen lassen, deine auch vom Retiore ein schrifft-
Jich Zeugniss seiner ^uo^itäteu undt wohlverhaltens, «iederfahreu sulL
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22. Weimarische Schulordnung von UüO Von Ludwit: Woiiiiror Mi
Welche dieser nnlnung zuwieder. die Schule verlasaen. undt sich
auf hohe bchuleii begeben. Sindt sie Stadt- undt Landt-Kindfr. sollen
sie sich in diessem Fürsteiithunib. keiner heförderung zuversehen haben.
p«g. IS ^ denn, dass sie uf schreiben, au den Maffttificum Med: so von
Sclml JUetore geschehen soU, sich eines bessern besinnen, undt in der
niedrigen Sohule subeharren, biss sie vor tflchtig ericandt, angeloben werden.
4.
Sindts frembde, so muss Mann zwar in allen FUl geschehen
lassen, dass sie auss der Schale laufen, ehe sie auf I7fmwrs»1bftten fort-
kommen können, e.s soll ihnen aber kein Testimonium fj^egeben werden^
vielmehr solche undanekbare gesollen, so abscheidt hinter der thOr ge-
nommen, bOsser brieffe, an die Ibr^en, sieh zu ersehen haben sollen.
o.
Diejenige, welche nicht nur s?ieh auss der Schule hinwet'^/.ustehlen
<»ntschlos8en. sondern auch andere Knaben, mit ihnen fortzuziehen auf-
reden, so sie dessen überfühi'et, sollen von der Obrigkeit mit getäuguüss
gestrafet Mcrdcn.
6.
Knaben, so nur lur Sohreiberey sugebrauchen, soUen nicht ehe, sie
sindt denn in pnmam dämm fort^setset worden, auss der Schule tretten.
7.
Diejenige aber, welche die Üirigen zu KaufinanscliafTten undt hand-
lungen. aus der Schule nehmen wollen, sollen dass 14. Jahr ihres alters
crfaUet haben.
8.
Die Knaben, welche anner liCute Kinder, nf handtwercke bracht
werden mflssen, sollen doch zum wenigsten ihr 12. Jahr erfüllet haben,
welches alles mit Yorbewust, undt gutachten der Schul Praecqaiorm
vorgenommen werden undt geschehen soll.
IV.
Von Bfl ehern undt Leäionum,
1.
Wie man mit einem Siebe kein Wasser schöpfen kan, so schwerlich
wirdt ein Schulknub, ohne Praeceptore, undt gute bücher etwas gründ-
liches lernen, undt begreift*»!) können. Derowegen sollen diese ihre
Jh'm'pel ermahnen, tiey den liiri^'en anzuhalten, damit ihnen zum
wenigsten, die in der Öchule uothweudige bücher geschaüet werden.
«>
Die AuOiores, welche besage des T^yi Ledionum, ut lürstl;
CoiWM<orMtf-befehl undt Verordnung, mmo 1644 dngeAhret^ «mo 1650
in der Schnl Vüikiium der jugendt sehr nfltsHch beftindsn worden, soll
kein Schnl-CoKc^ macht haben, ausszuschaffeu, undt sefaies gefallena
andere einzuführen.
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3ß^^ Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Erziehungs- u. Scholgesch. Vlil.
a
Viel weniger anstatt derselben, den Knaben praecepla in die Feder
dictiren, undt aussweudig zu lernen aulgeben.
• • 4.
Die Aidhorcs Classiros, so knrtz, inidt in einem halben Jahrf^
durchgebracht wertU'n konneu, sollen die l'raeceptores mit andern
dergleichen, wechselsweise, lesen undt lehmeu lassen, iedoch dass
solcheB mit Vorbewust und bewilligung der Itupedcm gegchehe.
• R.
F»»- lÄ Die Schulbücher, sollen die Knaben reiuhalteu, nicht beschmieren,
lAselireibeii, mufhwillig uracliBeidai undt mreiasen, oder desswegen von
Pmeeepfore gebohrender Btrafe gewertig sein.
6.
Aucli sollen sie ihre Argimmt- undt Phroies Bfleher fein sauber
biilten, nicht unleserUch undt krumb geschrieben, exkihiren, noch, ehe,
das ArgiiMent, oder die Phrases, vom Praecepforc corrigir^ buchstaben
undt wOrter darinnen selbst «orr^ren, ausslescheu oder ausskratsen.
7.
Uber denen gewöhnlichen Sehul-bücliern, so in Typo Lectionum
Ix'iicihiiit't. sollen die Präceptores, vomemlich der Ihctor, denen Knaben-
dcrt r Eltern vennAgens, undt diesen nothweiidip- I^ücIkt k.iuflen können,
au( h zu andern guten Autoren, solche ihnen zuschafleu, rath uudt au-
leituii^ geben.
8.
Der r^ptw Lediomm, soll vom JKecfor« in die Itfäricvi ge>
schrieben, undt in allen Schull-stuben sn die Wandt gehefltet werden.
Cap. XIII.
Von dem Famtdo, undt dessen Terriehtuiig.
1.
Zum ambto der Schul-/amM/a<wr, soll ein armer Knabe, am Fifv-
tisch, so schon von Jahren, undt seine Studia uf Univeraitdex im Ut
hoher zubringen gedencket, gebrauchet Verden, jedoch allen Legibus
genendihuß^ so andern düdpulü gegeben, unterworfen bleiben.
2.
. Soll er zu rechter Zeit, die grosse SchulthOre öfhen, wie auch die
Classen, eine Viertelstundte vor der Ltdion aufinachen, undt nach ge-
endeter L&Awn wieder schliessen.
3.
Jedesmal nach geendigter Schul, in allen Classen nacJi den fenstem-
undt Ofen sehen, ob etwas subrochen, nachfrsgen, woher der Schade,
undt dran sein, dss er wieder gut gethan werde, oder in ermangelung
solches dem Beetori anzeigen.
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'22. Wcii)i;in's(lit' Scliiilor<ltnin£r von IKTO. Von faidwii: W>nii;ir.
4.
\\'intprszeit, sonderlieh flmb n lit mi !t 10 Uhr, vor allen Öfen nach
dem feuer sehen, damit nit schadf *j:t's( holic, or auch mit dorn liecht,
behutsam um^)'li<>, auch dass solches von denen Knaben des Freitisches
geschehe, daian sein.
5.
Fl«is6ig» aclit geben, dass die Winde nndt Schultbüren mit rOtiie
blfljweisB« Kohlen nicht beschmieret, zerbrochen, kerschlagen, rielweniger
allerhandt Uniletereyen darein gestochen werde, die ädwqumtm^ soll er
dem Mtdori anxeigen.
fi.
Wöcheutli( Ii soll er zweymahl, als Mittwochs und Sonnabends, in
allen Classen auskthrtu, darzu ihme iedesmahl 2. Currcutschülcr, mit
Wasser holen, undt anderen bedienet sein sollen,
i'a«. 'ju 7.
Achtung geben, damit das Schulholtz nicht gestohlen ondt Ter>
schleppet verde.
8.
Was ihm sowohl von denen Imptttern undt Praecepiorn der Schiü-
knaben wegen, anbefohlen nndt ▼«trauet wirdt, soll er Terscbwiegen
halten.
9.
V^mn perwiref wirdt, soll er zur rechten Zeit die pro§rammaia
anschlagen, und die flosfitites, wie der Iteekr ihme befehlen wirdt, ge-
btthrendt tnmtü^n.
10.
Wann er von denen Praccrpfon'bfis au die Eltern, umb nachzu-
fniffPii. wo rlip Kimlpr sein, p-f schicket wirdt, soll mit denf^ii discipeln
inciit unter dt i (riiu i > J)r< ke liegen, ihi'e ddicta bemänteln, sondern die
reine Wahrheit einschencken.
11.
Die SehulthQren, wann sie geschlossen, ohne Vorbewust undt er-
läubniss des Bedorü niemanden aufthun,
12.
Dieser undt anderer uhrsachen halben, soll er ohne des Seetorü
W^issen undt Willen, keine stundte Ton der Schul bleiben, viel weniger
aber nacht anderswo schlafTen, oder geseilsehafft einnehmen.
1:1
Seinen Lohn soll fr haben: In deme er 1. des Freji-I isclies jjeneust.
2. Seine stelle in der Cantorey bchelt. 'X Von ioirli< hcni disci'prL (rdio
;;rtr rtnue aussy:enommen,:) .Jfthrli'^h 2. i;r. Wordurcli .-ii- <1»*« nii'-sk» In t us,
lunlt anderer beschwerung überliobeii werden, 4. \on eiiieiii, iU-r perorirot,
2 gr. 8 4 als ein Aeeiäetu» 5, Sein bette sol er auf dem bodeu haben,
in sexia dasse studtmiL
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364 Mitteilungen d. Ges. f. deutsche Eniüüuugit- u. ischulgesch. Vlll.
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808 Mitteilungen d. (.ios. £, deutsche Erziebuu^s- u. Schulgesch. VJLII.
Geschäftlicher Teil.
MltteJlmigaii ans den Oruppen der CtoaeUMhaft
Gruppe Anhalt.
Von der am 12. NoTcniber 1898 st«tt£r<>liaht#n Versanuuluiig: der
Gruppe wurde der Beschluss gefsüst, als ihre nächste Aufgabe die Her-
stellung blblioi^rraphisGher Yeraeidmisse der bereite Torluaideneii Litleratur
Sur Gesehiebte dee gestmteik snhaltischea Sdiul- und Erneluuigvweaeiie,
eineeblieaslich der in Archiven enthaltenen Katerialien, in die Hand tu
nehmen. Auch fand der Plan, innerhalb der ^Mltteilun^ien'* ein be-
sonderes Anhalt-Heft erscheinen zu lassen, die Zustimmung der Ver-
sammlung, «o (lass dessen ZustAndekommen als sicher gelten darf. Die
Ausgabe der anhaltischen Schulordnungen, sowie die Veröffcntlichnnir
der Akten zur Prinzonfrziehung im anhaltischon Fürstenhause. Arbeiten,
die schon vor 15 Jaliren in Aiigritf geuomiuen wurden, werden hoffentlich
nun ebenfalls eine raschere FOrderunf^ erfahren.
(iruppe Bayern.
IMe bibliographischen Arbeiten der Gruppe, die auf ihrer ersten
OeneralTersanunlung als nächste Aufgabe des Kuratoriums ins Auge
gcfasst wurden, schreiten rttstig vorwfirta. FQr die Fertigstellung des
VeraeiühnisMs der in Ikqrem erschienenoi sdinlgesdiichtlicheii Pro>
gramme, das der bislieTige SchriftfiQhrer Professor Dr. Schmidt Über-
nommen hatte, ist nach dessen Beförderung aum Ojmnasialrektor in
Ludwigshafen eine andere tüchtige Kraft o;ewonneTi worden. Die Zu-
sammenstellung der in den Zpit.';( hriftcn der historischen Vereine
Bayerns niedergelej^cn Ahhandlun;^en ist ebenfalls in eine bewährte
Hand gelegt worden. Ein Mitglied des Ausschusses, Herr Realschul-
rektor a. D. Harsehail hat die Registrierung aller in Bayern
veröffentlichten pftdagogisch-hietorischen Monographien und Zeit»
echriften-Artikel in Angriff genommen. Auch ist der Oedanke an-
geregt worden, ein zweites Bajemhcft herauazugeben, wofttr einige Bei-
trüge bereits Torhandcn sind. Die Hauptaufgabe der Gruppe, die
Sammlung tmd wisjsen.schaftliche Bearbeitung der bayerischen Schul-
ordnungen, die nach einer mit dem Schriftfflhrer der GeselLschaft früher
getroflcncn Vereinbarung unter der Leitune des Gymnasialrektors
Prof. Dr. Orterer in Eichstädt bewirkt werden soll, ist zwar infolge
der flnttulcllen und aachliehen Schwierigkeiten von ihrer Lösung noch
weit entfernt, darfte aber nunmehr einen stetigeren Fortgang nehmen.
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Geschälilicher Teil. Mitteiliing<"n aus den (jiiippen lU r üest llsch. 3t)D
Gruppe Oesterreieli.
Dpr von dem ersten Sehriftführcr Direktor Prof. T>r. Em. ITannak
verfa.'-'^tc J ahrpsboricht der österreichisclu u (irni»pe') legt aufs ueue
Zeugiiiü ab für den rejren Eifer und den Grist, der diese Gruppe von
Anfang ihres Bestehens an beseelt hat. AVir nmaüeu es uns leider
wegen BaummangvU versagen, die lebensfriicheii Darlegungen Hamiaka
hier wArtlicb folgen lu lassen, sondem uns mit einer anszngaweisen
Wiedergabe begnflgen.
Eingeleitet wird der Bericht durch Mitteilungen aus dem Vor-
.stnnde, der infolge Ausscheidens mehrerer Mitglieder eine teilweise Er-
neuerung erfuhr. Einen wegen der tragischen Umstünde doppelt be-
klagenswrrtou Verlust erlitt die Gnippe und mit ilir die Gesellschaft
durch den bei einem SchilTsäunfall erfolgten Tod des Obmann-Stell-
vertreters Uuiv.-Prof. Dr. Kopallik. In einem kurzen, aber inhalts-
Tollen Nachrufe vird die TbAtigkeit und Peratalichkeit des Yenrtoibenen
gewürdigt. Auch der Obmann des Ausschussea, Begiemngarat Dr. AI.
Bitter Egger von MoUwald sah sich durch Krankheit gezwungen,
sein Amt niederzulegen.
Diese Lücken wurden in der Jahresversammlung am 20. Mai aus-
gefüllt, ind^m Txim Obmann Hofrat Tir. H. Ritter von Zeisssberg. zu
dessen Stellvertreter der k. k. Silnilrat Prof. A. Huugger gewählt
wurde, die Stelle der aus Wien sr hcidciKb ii \ or8tandsmitglioder
Landesschul Inspektor L. Lampel und Prut. Dr. L. l'röll traten die
Herren Dr. A. Ooldmann, Eouzipist am k. k. Hans^, Hof- und Staats-
archiv und Prof. Dr. E. Wotke. Ausserdem wurde der frühere Obmann,
Regierungsrat Dr. Egger von Mflllwald, wegen seiner Verdimiste um
den Verein zu tb <-i n I'lirt niirrisidcnten ernannt.
Ueber da.s Wirkon des Vorstandes für eine gedeihliche Entwicklung
der ö.sterreichischen Gruppe werdrn erfreulich«» Kinzolhfitni bcrifhtot.
Zunächst Hess er es sich wie früher uni::*'lt'i;tu sein, die Au{»<aben und
Bpstrpbtmu'en der fl nippe in weiteren Kreisen bekannt zu machen oder
zu deren Förderung anzuregen, zu welchem Zwecke das eben feilig-
geetellte erste Heft der Beitrage zur österreichischen Bchul- und Er*
ziehungsgeschichte, die «Geschichte der Savoy^schen Ritter-
Akademie*^« von Prof. Job. Sehwars, treffliche Dienste leistete.
Dank der Bemflhungen des Vorstandos nach dieser Richttmg hin
flosson der Gruppe auch namhafte materielle Unterstützungen zu. Von
.Seiten de.s hdhen Ministerinnt«? für Kultus und Unterriebt wurde ihr ein
Betrag von 4<>j 11. zugewendet. Aueh der nieder-zwicrrei' bi«' b^ T-innd-
tag, dem mit dem ersten Hefte der Beitrüge ein Gesucli um Subvention
*) Vierter Jahresbericht der Österreichischen Gruppe, vorgetragen in der
JahfesversammluDg am 20. Mai 1809. Wien 1808. Verlag der 0. Q. der (Ge-
sellschaft fflr deutsche Erziehurijs^s- und fchulgescbichte. Druck von Rudolf
Brzezowsky & Söhne, b». U ü.
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^iO JUitteiiungeu ü. Uuä. f. douläcliu Erziehuogs- u. Scbulgeäch. VIII.
uiitethrcit^'t wtn-do. gewilhrte lU<) il. Feiner spendete Se. Durchlaucht
der le^^iereiidö Füitst von und zu Lichten stein, nachdem ihmein
Exemplar dar Goftebiolite dar Setoj 'scheu lUtterakadeuüe gewidmet
worden war, eine Summe voa 200 fl.
Durch diese lOttol mtd die Gruppe in die Lage gesetzt, weitere
Beiträge zur österreiehiscben Schill- und Eniehimgagesehichte m
publizieren, für welche eine Fülle von wertvollen MateriaUon tdls in
druckfertigem Zustande vorlio^rf . teils zur Verarbeitung sieh noch in be-
Wiihi*t«n Händen befindet. Hier lan^^en dif» fortpesetzt vom Vorstiuid
gegebenen Anregungen zur ^Milarheil an di r Erlürschuiig der Geschichte
des Schulwesens an, reiche Früiihte zu tnigen. Landesschulinspektor
Dr. J. Huemer beabsichtigt, aus dem Archiv des Unterrichts-
nmusteriums den Stein^seben «Entwurf fOr das Lehramt der höheren
Studien der Klassiker xur Bildung des Oeachmadces als praktische An-
leitung zur Beredsamkeit betraehtet* aus dem Jahre 1807 zu ver-
öffentlichen. Beitrage zur Geschieht« der Lateinschulen in der Ke-
formationszeit liefprn Prof. J. Jäkel aus Freistadt, der Regesteu und
Aktenstücke zur Geschichte der lateinischon Schulmeister daselbst aus
der Zeit von 1543— 15fK) ediert, P. Fr. En dl mit einer Darstellung der
ältesten Geschichte der Stadt.seluile zu Horn und C. Schiffmann aus
Innsbruck, der das Leben und Wirken eines Schülers des Strassburger
Pftdagogen Storm, des seit 1574 in Lins thätigen Magisters Oalaminus
behandelt Ferner ist Ton Prof. Dr. L. Frdll ein umfangreudies Manuskript
des bekannten Sehulreformators F> Gratianns Marx Aber die in der The*
resianischen Zeit in Oost» iTPich bestehenden Gymnasien vorgelegt worden.
Als ein erfreuliches Zeichen des Fortschritts kann der Umstand
fjfnlfen, dass an eh unter den Volksjjchnllehrprn das Intor»'sse an der
heimischen 8cliult;i srl;irli{e sieh mehr und nieiir zu eipfpuen Forsrlnini^i n
verdichtet. Von deji aus diesen Kreisen eingosaiHlteu Schrifuiüt ken
wurden di'ei als Beilagen fiu* den Jahresbericht au^gewählt. An erster
Stelle stehen die vom Herrn H. Scher er, Schutloiter in Tollinggraben
bei Leoben, eingesandten «Akten der Schule amWeizberg (Bezirk Welz
in Steiermark) aus dem Jahre 1744", ein höchst interessanter Beitrag
zur Geschichte der Tolksschulo vor ihrer Xeuli*\:;rnndung durch [Maria
Theresia. Die zweite Beilage bringt zwei Urkunden vom Jahre 1508
und IW^ an? dem steiorTnilrkioehon Landessan hive in Hr r/. kaiserlieho
Gnadenlit w ei?<e an verdiente Lehrer entlipitrud. in iieger^tenform er-
j.('heiütin zuletzt die von Herrn Steph. Leker in Lofcr gesanuneiten
Aktenstücke und Kopien über die Schule in ^Veisöbach.
Dmi Schluss des eigentlichen Berichtes bildet ein kurzer Hinweis
auf die im Berichtiyahre erfolgten Veröffentlichungen der Centraistelle
in Berlin. Die neu entstandenen Organe der Geaellsohaft^ die «Texte
und Forschungen" und .das gesamte Erziehungs- und Unter«
riehtswesen in den Ländern deutscher Zunge** werden mit be-
sonderem Nachdruck hervorgehoben.
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Geschäftlicher TeiL Mitteilungen aus den Gruppen der Gesellsch. 371
Der S.13 gegebene I?echpnsehafl5l)ericht und das folji^ende Mitjdrüeder-
Tcrzeiohnis bestAtip:pn, was vorlirr über die äustsyreii Krfol^e der öster-
reichi&clieu Gruppe im verllos.sencn Yereinsjahre ausgeführt worden ist.
Gruppe Pommern.
1. Dpt Vorsitzende die<sir Gruppe. Herr Geh. Reer. -Rat Prof.
Dr. Reifferscheid hat als die Arbeit der Gruppe die Inventarisierung
und TTnteraachung der in PcHouneni rcuA 16. JahrhimdBrt an bis zum
Anfang des 18, Jahrhnnderta gebrauchten Sehulbttcher ins Auge gefi^st,
soweit sie rieh in pommersclien Bibliotheken befinden.
Er selbst hat Ix i^onnen, die auf der Kgl. Universitätsbibliothek
und auf der Nikolaibibliothek in Greifswald befindliehen lateinischen
und griechischen Schulbücher des IG. und 17. Jahrhunderts zu ver-
sreiehnen und zu untersuchen, er ist dabei zu überraschenden Ergebnissen
gekommen.
2. Ein Verzeichnis der schulgeschichtlichen Arbeiten über Pommern
hat Herr GjnuL-Obedehrer Dr. Wehr mann in. Stettin fibemonunen
und fast sum Abschluss gebracht.
3. Die Begistriemng der in ftflbntlichen nnd privaten Bibliotheken
und Archiven befindlichen Handschriften und Ulkunden von schul-
geschichtlicher Bedeutung ist in Angriff genommen worden.
Zur Ausführung des 1, und des 3. Planes sind zeiü-aubende Nach«
forschuugen erforderlich.
Gruppe Schweiz.
Von dem Aktuar der schweizerischen schulgeschi^^htlif hon Ver-
eiui>^ung, Prof. Dr. Ernst in Zürich ist der Schriftleitung nachfolgender
Bericht über das Jahr 1807 und lÖUS einp^esandt worden:
1. Die schweizerische schulgeschichtliche Vereinigung hielt ilire
sechste Versammlung am 3. Oktober 1897 in Baden. Heir Sohul-
sekretar Zollinger in Zfirieh schilderte in einem lebendigen, freien
Vortrag die Thfttigkeit Jakob Redingers als Schulreformator und im
besondem seine monatlichen Juirend spiele. Auf seiner Tielbevegten
Laufbahn kam der zürcherische Pfarrer nach Amsterdam, wo er
Conipniii? kennen lernte, und von diesoni angeregt eine pfldn^rof^isdip
Arbeit: „-hjgendspiele" verötientliclito, in der er der Ju^rtnd als beste
Erholung körperliche Uebungen, Spiele und dianialische Darstellungen,
sogar das damals noch vielorts verpönte Baden und Schwimmen eraplalil
und diese Unterhaltungen, nach Monaten geordnet, zu einem TollstBndigen
System ausarbeitete. — Der Präsident, Herr Prof. Brunner in Zflrich
besprach hierauf in einem längeren Aufsatz die Ordnungen der
Schule der Propstei Zürich im Mittelalter. Die Arbeit, ein Er-
gebnis snr;2ff;iltii.or, archivaiischer Studien ist seither im Druck er-
schienen und den Mitgliedern 7np-'!str1U worden. — Herr Prof,
Dr. O. ITunziker teilte zum iSchluss inieiessantc Einz' lhi it.-n mit über
dflÄ Ende des Philant hropins in Marsch lins, einer Gründung \,1 701)
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372 Mitteilungen d. Gett. f. ileat^che Jblrziehuugs- u. Scüulgesdu VIIL
Martin IM an las. Acs Plarrers in Zizcrs. Das Enipoi kommen des
Philanthropiix^j in Dessau, ungeschickt« Leitung, uulühige oder unwürdige
L«hx«r Aihrlan sm IViedergang und sdiliMilieli nur Auflfltiiiig der
Anstalt, 1777. Der dankenswerte Yortnig wurde lllastriert durch einen
Plan des Sehleasas Harsehlins, durch ein Veneichnis der Leiirer und
Schiller des Instituts und durch da.s Stammbuch einea Zfiglinga mit
Autographen verschiedener berühmter Männer.
II. In der siebenten Jahresversammlung am 9. Oktober 1?^?^
in Zürich wird auf Antrag des Vorstandes die Heransp:nh« eines Heltes
,,Helvetica'* al:= besondere Nummer der «Mitteilungen der Gesellschalt
für deutsche Erziehungs* und Schulgeschichte" beschlossen und aus dea
Herren Prof. Lang in Sdiaffhauaeo, Pkof. Dr. O. Hunsiker in Zfirioh
und Seminardirektor Keller in Wettingon ein Bedakttondcomitee bestellt,
daa mit der Sammlung und Siditung des Hateriala betraut ist — Herr
Seminardirektor Keller in Wettingen (Aargau) erfreute die An-
wesenden durch einen lehrreichen Vortrag über ,,Pe.s1 alozzi bei Karl
"\'ikt'>r von Bonstetten". Als bemisehrr Statthalter im Saanenland©
trat iionstpttcn daselbst 1778 Annenstliulen an, deren Insaaseu, Kinder
nnd gebreciiliche ältere lAute, durch Landarbeiten» Baumwollenspinnen
und Beidenstickeu die Kosten ihrea Unterhaltes nahezu selber deckten.
Bonatetten grflndete wenige Jahre nachher auf seinem TfttarUditfii Oute
Vallejrea bei YTerdon eine ahnliche Anstalt^ cn deren Leitung er
keinen Geringem als Pestalozzi berief, von dessen pädagogischem
Geschick und menschenfreundlichem Ringen er bcgcititcrt war. Wir
h^Vren freilich nichts davon, dass Pcf^talozzi dem "Rtife ]^onst</tten6 ucfnlgt
wäre, noch von einem dauernden l->fol;;- der genannten .Vrmcnseluilon.
— Der Vortrag ibt seither in «lea ,.1'rstiilozzililätteru'' erschienen.
(XIX. Jahrgang, No. 3, November 18t*8 — ISeilage zur schweizerischeu
pädagogischen Ztitsdirift, "VIII. Jahrgang, Heft VI.) — Herr Prof.
Dr. O. Hunsiker sprach in einem grOndlichen und äusserst anregenden
Exkurs Aber f,Bcdmer als Vater der JQnglinge". Die Arbeit wird
demnfichat als Teil einer grßssem Denkschrift Aber Bodmer Ter{}ffentlicht
werden. —
III. Pie Zalil der Mitirlioder der „schweizerischen scliul-
gop< Iii* lit liehen Vereinigtini:" ist gegenwärtig iiS; davon sind 1^2 zugleich
3Iitglieder der „Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schul-
geschiehte".
Die letttjflbrige Bechnung weist bei 806 Fr, Einnahmen und
201 Fr. Ausgaben einen Saldo von 103 Fr. auf.
Der Vorstand besteht fOr 1896—1900 aus den Herren Prof.
Dr. Brunn er, PrSsident, Prof. Dr. O. Hunziker, Archivar, Schul-
j^t'kretiir Zollingcr, Quilstor, Rektor Dr. Hans "Wiri, Rektor
Dr. Bücler in Frauenfeld nnd Dr. Tlr. Ernst, Aktuar.
Wie nn* Prof. Dr. T. an ir in Sehaffhausen schreibt, hat K'eilaktionä
au.-^^^chuss am HU. Dezember lö'JS eine erste Sitzung abgehalten. Ub-
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(uttk-lutttlu-ht<r Teil. Jiiltviluugeu aus <1ou Ciruppcu der üeseiLscli. o73
jrU'irh vr bereits von vit U u Seiten feste Zusay:en zur Mitaj beit erlialtcn
hatif, glaubte er doch sich damit nicht begnügen zu dürfen. Es wurde
TieJnebr eine fiber 40 Namen sfthlende Udte von solchen aufgesetet, die
bereite auf echulgeeobichtUohem Gebiete thAtig waren, und bescUoesen,
in einem Rundschreiben diese Herren cur Aufsuchung der in ilirer Gegend
vorhandenen püda^ogiseh-historischeii Urlninden, gedruckten and unge-
druckten, und sodann zur Lieferung von Beitragen aufzufordern. Aus
dem auf diese AVei.se zusammenkommenden Material soll das stofflich
Intoressanteste herausgegiiflen und für das Hi h » tia-Heft bestimmt wenlen
und zwar so, dass die verschiedenen Zeiten und Gegenden nach Möglich-
keit berücksichtigt werden. Ueber die Zeit und den Umfang der Ver-
Offmtlicbung schweben mit der Schriftleitung noch Verhandlvngen.
Gruppe Thüringen.
Siuh langen \'<'rliainllungen ist endlich die Bildung einer
thüringischen Gruppe gelungen. Nachdem Versuche, eine selbständige
Oiganisation ins Leben su rufen« ei^lmislM blieben, machte Geh. Hof*
rat Dr. Richter in Jena, der sich der Angelegenheit mit grossem
Eifer angenommen hatte, den Yorschlag, die „Thflringische Histo»
rische Kommission'' zugleich mit den Aufgaben einer thfiringischen
Landesgruppe der Ciesellschaft fQr deutsche JBrziehungs- und Schul-
geschiehte zu betraneTi.
Auf Wunsch des Vorstandes der (iesellsehaft. der die (Jrüii(iiing
ei IU I besonderen, der Kommission und der Geselisciialt zugleic h an-
gegliederten Gruppe fflr das Zweckmässigere ansah, gab Hofirat Richter
seinem Vorsehlage eine andere Form und stellte auf der am 15. Mai in
Weimar tagenden Versammlung derThflringisehenHistorischen Kommission
und des Hauptvereins folgende Antrüge, welche xur Annahme gelangten:
1. Die Th. Tl. K. erklärt sich bereit, Materialien zur Erziehungs- und
Scliul^'-oschiclit»' Thfin'ngens 7M sammeln U!h1 mit dem Verein für
deutsche Erziehung^- und Schulgescliichte in Berlin in Verbindung
zu treten.
2. Sie beauftragt eines o<ler einige ihrer Miti;liedor mit der Bildung
und Leitung einer thflringisehen Ortsgruppe des genannten Vereins.
3. Diese Gruppe sorgt fDr Sammlung der Materialien und bereitet deren
VeiOfTentlichung vor.
4. Die Veröffentlichung erfolgt in besonderen, von der Orü;gruppe
Iii r aiisji^egebenen Heften der „Mitteilungen der Gesellschaft fQr
ileutsi.hc KrziohiiTi'^'s- und Sfhiil'rf'schicht^'*.
5. Die KosttMi der Herausgabe trä^-^t die genannte (Gesellschaft. Diese
gewslhrt als Hcnorar für die }5eiträge pro Bo^'^fii Korpus-Sal/. hei
zusamnieiiiiangentler Dmvstelluug i30 Mark, lür den Abdruck einlacher
Texte je nach den obwaltenden Schwierigkeiten 10, 16 und 20 Mark.
Der Vorstand unserer Gesellscimft gab m diesen Besdilflssen
seine Zustimmung und der Vorsitzende der Thflringisehen Historischen
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37J Milteilungen d. («<*.«. f. ileulschn Emehunfr»- u. 8chiilg«.«icli. V'III.
K 'Miiiiiissirin. f'rof. Ros^^nthal in Jriia. leitete miiiinelir die ( >r;ranisati<tn
<U r lliüriii^Msi heii (inijtju- in die AN'e'^e. ^.'elaiijs; seinen T^eniühnn'jen.
eine Reihe von tüchtigen und bewühlten Kriifton tür da.^ Kuratorimii
zu gevinneii, aus dem VenEoicilinis der Kuratorialiuit^licdor,
Hilt. Yin, 259, zu ersehen ist.
Die Sohriftleitung übernahm Herr Dr. Gr. Mentz, IMvatdozent
der (Jes<hicht^ an der Universität Jena. Obwohl die (ini[({)>' * i >t in
der P^ntstehnn^; Ite^rriHen ist. fio sind doch selion verlieissiinirsvollc .An-
f:itie"e ilirer Thfltiijkeit Iii w<»rden. Kinersoits sitnl tlie l'flt'L:«'!' der
Thiirinjxisclien Historiseiu n Kommission anire\viesen, an Ii lias vorhandene
Jlaterial zur thnriniiisclien J^rziellnn^^s- mnl Sf-hntuesdnehte zn ver-
sceielmen, worüber noch im Laute des Jahre.<< IJSIH) interessante Ma<'h-
richten zu erwarten sind; andererseits sind bereits wef^n Ausarbeitung
.euier Bihliographio mit Herrn Seminarlehrer Grossknpf in M'eimar
Verhandlung^ angeknüpft, die bofleutlieh zu einem ^uton AbsdU^ma
führen werden.
Es sei an dieser St<'lle bemerkt, thiss aiieh dt r IMan besteht, eine
Au'^Lrübe der .Tf'ii''n<(M" l'niversität>matnk( I 71t vej'anstalt' n. T^-vor nber
hierlür die noti-rn MiTti l flri<«i'_r L'<'iii»ei)t sind, kann über die Zeit und
Ai't der Ausführung noch nil.]lt.■^ b<>iininit werden.
CIruppe Württemberg.
Das Kuratorium der Grujipe bereitet dif An.<;iabe eines Grujipen-
beftes vor, dessen Inhalt sehr mchhaitlg zu werden vei'spricht. ^Vie
dar Schriftführer der Gruppe, Oberschulrat Dr. (lundert in Esslingen
mitteilt, haben namhafte Kenner des württembvr^ischen Schulwesens es
unternommen. Beitrage zu liefern: Prof. Dr. Eitl«> in l laeli wird über
evangelische Seminar»- nn«l Stifti'. Oiterstudienrat Hanl^er in Stntt;;art
tiber die hohe Karlssehnle. J^ektm- ^l;i\ er in l]>slin4,'en über das Schul-
wesen dieser alten Keiciisstadt, Oberb-hrrr 3Ierkle üIm'I" das Kntbnritu'i!-
stift in Stutt;iart. Kirelienrat })r. Kr(»ner ülter die i^raeii^ i.-clifn
Schub'U des Landes. Piof. l)r. IMam k in Stuttj^art über das dorli^o
Bealgymnasiujn, l?eperun<jr!«rat Dr. ajil in Stuttgail über katholische
Konrikte in AVdrtteroberg schreiben. Ausserdem wird Dr. Schott in
Cannstadt eine Zusammenstellung der in Schul])ro<jrrammen nieder-
gelegten historis« h-iiädaj;oufise]irn Abhandlunjjen biiimrn. Eine Arbeit
des Amtsriehters Dr. Beck in Bavoui^burg ist der Bclirittieitung bereits
frfliier zugeganp>n
Das nächste Helt der ,.^Iitt( ilunu' n Jahrjr. IX, 1, ist ans-
scliliesslieh für dies»- Keitiä^e (b-r Grupi>e \\ nrttendx r'r bestimmt. Da
Uer verfüfe'bare Kaum eines Heftes dafür ni< ht ausreicht, eüi Doppelheft
aber aus praktischen Eflcksichteu nicht jt»cheinen soll, so wird ein Teil
der Arbeiten in einem zweiten Hefte der wfli ttembergischen Gruppe
innerhalb des 10. .Jahrganges dargeboten werden.
I
Vi.* ' ■ ■ ^
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AiixiMiTi^ii-AbUitilnng. V
Im X'fiiiijfi' V(in A. Hofniami & Co»» Berlin W.^ J^ripzitfertitr. ei^
1848
Kladderadatsch
Organ für und von Bummler.
(Sepamtansgal»« des emtom iftlirsuiCM dm KUdderadatsck t<hi 18i8*)
l*reiM :i Mark.
I)ii >i' Siiimiilmi;; iliiil Aiis))riirli « iIh^Ik*!! aiil «Iiis liitrn»«' wi-ittT Kn'ise:
bifU'l (loih «Ur Kladü«'iH«l:»t.>tIi in dicseui cr.sloii .hilir>.'iiii}.a' djis» ;(«'treuet>l«
Kt»i«|!iilbiM der Zus-triiid»* und V<dk!«sttTnii)uiigi»i, velcb(f 184H das deiititche Volk
hewefetm und iianiciitlidi dir HiTiinrr ]Miliiis(-heii und Kosialfu Vor^loge des
..tollt ii .l.ilm >- 1ii-iii::t n in dt c ihm eignen fibemiis wttxigen nnd srhlfkicehden
\Vei>e lidifiidiiT /iir Aiisrliiiiiiniu.
Div dem l>aiiik> l)i-i;:itü;:t(ii erläuternden Anuierkougren «'ilcichtfru
«ledern (h» Versinndn»!« fllr di<> in den oinmlnan Xiimmern behandelteu Per-
."Anlirlikeitfn und Von.^ii^r('.
1848-1898.
.\iil.i>>-!ii >; .).•> .'»OjHlii'igren K«'stt*lu'ns <h > «Khiddüiudutsrh^ crscliiem u:
l^er Mla<lderadatHeli and steine lieate
1848-18^
Ein Kultorbild,
irr. i^**. IM Jto^en slnrk. Mit rielen Kuni Teil selten
i! e w o r d e n e n J 1 1 iis trat io ii e ».
Preii« bro^hii^ 5 X.« denftut ireb. 6 M.
Inhalt:
1. Die iKditiiii'li-literariiidie Uewetninif in Deutsehlaud. vornehmlich in Berlin
wäliit iid «Irl- vil i /.ii:i'r .lidii'
II. Dir (i.-M liirlH.' d. s Kliidd.'nHl:it>rli IsJS' IWh. '
III. Dir Jirlrliilr)! di'.. K Iadrlrriid;>t scir INlH-lMiS
IV. l>if „( ir|i'!irl«'U" im Vrikrlir mijri' <'iii;ind«T und im Lt'lK-ii.
Jubiläums-Postkarten des Kladderadatsch.
Hiue Serie von I TNtst k n it c-ii mit Im inorist ischfn Zcic Ii ii uiij^cn.
Im'<!^<'ii Kiniieiiflaiii; von 50 Pf.
erfolgt FrankoKUsendung dieser 4 Karten.
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VT Milt»>il. d. (i«'s. f. (Usch. Krait-Ii.- ii. Sohul;:«'s< Ii. VIII. AiiziMymi.
Im Vorlage vim A« HaftMaa A Co^ in Berlin W« cnifhicii iiml int
darcb all« Buehbiiidliiii)(on ni becieheti:
Zur OeHchichte im Unterriehte und der
Erziehung bei den deutschen Juden.
Quellenschriften
von den ftitesten Zeiten bis anf Mendelssohn
von
Dr. M. Güdemann,
ilAUbinf^r '1t» - isrrti'litisi-hen Kuliu8|rein(iiode in Wien.
» Bogt« fr. 8» mit £imleitiiii« ud Beglft«r* Preis 9 Hark.
\V IS in ilu'srni Hurhi» — zum »«isim Mal»- in ziiiiainnii'nfiiss» ml. i I),u-
st4!llimi; - vi'rüjrfntlirht wini, i.sl, von inuni'ns»'nj WVrt»' für «Ii»- Krkouiiliiis
tU'H jfliiiüchen Kr/.i<«luintrs- und Bildun^fswesi-ns und für die HtMirliMlunir jndi.scbei"
An.<ili)muiigeii über dienten wichtigen (iogenKtand. J'erlvn religiösti- und
moralischer I#ehrpn. sowip eine POUo reicher Lphwnserfahnmjjen finden sicli auf-
bewahrt in der dem .Iiitlt iituin <Mf;«-ntflnilirlirii Ait Si In ifUMiiri»ttunir «Im
Testamenten die für den (iang der ßi-zicbuitg und liilduni; nicht nur für
die nftcbsten AnirnhOrigen des Testatonc, sondern mich ftlr die weitesten jfidiwhen
Kreis« oft iiiaa.-ssrclM'nd wiinl»»n. Viidr .Vuszü::«- an- >nlrln ii T»'stnin»'nt»'n finden
ihre Wiedergabe in vorliegendem Werke. Sit- sind tuil.» int Origin«ite.xi (dem
eigentflniliehen Jiidendentsch) oder, wo me in hehrftischer Hprache ah^efaftst
waren, mit (Ifiit.«fi<'r r(>h(>n?rt7.uiiir ah;:iMlrii('kr BrUutemde Krklftnmgeu den
VerfaK.sers TervoUstUndigeu die Verständlu lik» it
Bei aller wissenschafl liehen Hebnndhniir. du- dem vorliej^enden Werke
von Seiten des Verfns>ers zn t^ i! ^'ewnrd» n. ist dasselbe doeh keineswegs nar
flr den icelehrten Forscher bestimmt, es nius»« und wird dan b^it-bste Inter-
oam» und leleht«fke TmthiiBli Mm hti Jedm feMM«tmi lAlen.
In allen Bucbhandlungen su haben zum Preiiie Ton 0 Mark.
Deutsches Lesebuch
für die Unterkiasseu höherer Schulen
JHWamnieiitre.HteUt
VOM
Carl Schmelzer
w«iL QyiniiMiBidiTsklor In Hamm.
L— III. Teil rtjexta, QMinta, Qaarta), geb. in LederrOeken, Frei» k l.tr», i,m. IM.
Der auf «lern Oebiet«^ de« l'nlerriehtRwe.sens ull^'emein bekannte Hchlll-
mann, Tarl Schmelzer bat diose.8 Deutsche l.esebucii nach flurchaus neuen
(irundsätziMt 2usajiiiueugd«teUtui)d m> ein Work^^eschaffen, das den Alifordorungeu
unserer Zeit an den dotttficben 1 nu-t riecht in den Vnterklasfien der Oyronaiiien
in yollottdetütem Maaflse juerecht wird.
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14 DAY USE
RBTURN TO DESK FROM WHICH BORROWED
LOAN DEPT.
This book is due od the last date smnped below, or
on che date to which renew^d.
Renewed boo]^ ^c««ub ject co immediate recall.
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