Zur
Geschichte der
römischen
Städte in
Africa ...
Walther Barthel
LI13RARV
OF THE
University of California.
GIFT OF
)
Class
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I
I
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Zur Geschichte der römischen Städte
in Africa
Inaugural-Dissertation
der
hohen philosophischen Fakultät der Universität Greifswald
Erlangung der philosophischen Doktorwürde
vorgelegt
und nebst den angefügten Thesen
am Donnerstag, den 2. Juni 1904,
mittags 12 Uhr
öffentlich verteidigt
von
Walther Barthel
aus Elberfeld
Opponent**.^
stud. phil. Gerhard^ropaSsc^dU^
stud. phil. Hans S c \mYdV V^"^
Greifswald
Dmck von Julius Abel
1904
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Gedruckt mit Genehmigung der hohen philosophischen
Fakultät der Universität Greifswald.
Prof. Dr. Alfred Gercke, Dekan.
Referent: Prof. Dr. Otto Seeck.
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Meinem Lehrer
tto Seeck
zugeeignet.
1 55;>4 2
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Inhalt
— Seite
1.
9
2.
16
3-
Augustus als Quelle der pliniantschen Darstellung- der
4-
40
II. Das album ordinis coloniae Thamugadensis ..»,..♦♦ 5Q
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D ie Blüte des römischen Africa reicht etwa von Traian
bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts. Die emsige Arbeit
der Franzosen lässt jetzt alle Zweige jener Kultur erkennen,
der Spaten schenkt uns reiche und mannigfaltige Denkmäler;
man spricht schon von mehreren africanischen „Pompeii",
und die nächste Zukunft wird uns neue bescheren. Den
Hauptgewinn heimst bei den Ausgrabungen die Archäologie
jener Zeit ein, aber auch der Historiker geht nicht leer aus.
Unter den 20000 Inschriften, die uns der Boden der afri-
canischen Provinzen geschenkt hat, sind sehr viele, denen
wir überaus wichtige Aufschlüsse verdanken, manche — ich
erinnere an die Inschrift der ara legis Hadrianae und das
Dekret des Commodus — haben der Forschung neue Bahnen
gewiesen. Doch nur die Zeit der Blüte hat so viele Zeugen
ihrer Kultur hinterlassen, die Zeiten des Aufgangs und Nieder-
gangs haben uns recht karg bedacht. Wir müssen aus dem
wenigen viel zu lernen suchen.
Ich vereinige hier zwei Untersuchungen zur Stadt-
geschichte; die eine beschäftigt sich mit den Anfangen des
römischen Städtewesens in der Provinz, die andere behandelt
eine wichtige Urkunde aus der Zeit seines Verfalls.
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I. Die Anfänge des römischen Städtewesens
in Africa.
Mommsen sagt im Schlussband seines Geschichts-
werkes 1 ) von Africa: „In den übrigen Provinzen wechselte
in Folge der Bürgerkriege die Herrschaft, in Africa das
System." Das neue System hat Kornemann in einem
Aufsatz „über die cäsarische Kolonie Karthago und die
Einführung römischer Gemeindeordnung in Africa" 2 ) dar-
zustellen versucht Er glaubt nachweisen zu können, dass
Cäsar in Africa eine überaus liberale, den Peregrinen
freundliche Munizipalpolitik verfolgt habe, dass die cäsarische
Saat jedoch durch die konservative, von nationalrömischer
Tendenz beseelte Regierung des Augustus im Keime erstickt
worden sei. Seine Aufstellungen sind nach seinen eigenen
Worten „auf den ersten Blick wohl etwas ungeheuerlich" 3 ),
aber er hofft sie doch so sicher gestützt zu haben, und das
Resultat passt so gut zu der allgemeinen Auffassung von
dem Charakter der cäsarischen und augustischen Monarchie,
dass er aus ihm wichtige Leitsätze der Reichspolitik Cäsars
und seines Nachfolgers ableiten zu können glaubt: Das Ziel
Cäsars ist die Nivellierung des Reichs, die Verwandlung der
Mehrzahl der Reichsangehörigen in römische oder latinische
Bürger gewesen; die augustische Reaktion hat diese Ent-
wicklung gehemmt, zum Teil sogar rückgängig gemacht.
Das cäsarische Programm ist dann von Claudius wieder
aufgenommen worden und hat seine Vollendung durch
1) S. 624.
2) Philologus N. F. 14 1901 S. 402— 426. Nachtrag S. 472—476.
3) S. 418.
— 9 —
Caracalla im Jahre 212 erhalten: „Wie viel früher wäre
dies wohl geschehen, wenn der grosse Cäsar länger gelebt
hätte!"
Bei dieser weitausgreifenden Behandlung der africanischen
Stadtgeschichte scheint mir eine genaue Untersuchung und
Nachprüfung von einiger Wichtigkeit zu sein.
1. Das römische Africa bis auf Augustus.
„Nicht Herrsch- und Habsucht, Furcht und Neid haben
die Provinz Africa geschaffen." 1 ) Die Politik der Republik 2 )
war darauf gerichtet, die Entwicklung neuen Lebens aus den
Trümmern, die das Jahr 146 v. Chr. hinterlassen hatte, zu
verhindern. Nur sieben Städte — Utica, Hadrumetum,
Thapsus, Leptis (minor), Achulla, Usalis 3 ) und Theudalis —
hatten sich rechtzeitig auf die Seite der Sieger gestellt; sie
waren dafür unter die amici populi Romani aufgenommen
und mit der libertas und Gebietserweiterungen begabt worden.
Alle übrigen punischen Städte waren zugrunde gegangen.
Einige waren in Schutt gefallen wie Karthago, dessen Boden
durch Verfluchung für ewige Zeiten der Kultur entzogen
war 4 ), Neferis, Tunis, Neapolis und Aspis (Ciupea) 6 ); alle
hatten ihr Territorium und damit das Stadtrecht verloren.
Die Einwohner bebauten das Land, das zum ager publicus
populi Romani geworden war, gegen Zahlung des Stipendium ;
an die Stelle der städtischen war die pagane Verfassung
getreten. 6 )
1) Mommsen R. G. V* S.623.
2) Vgl. zum Folgenden CIL I S. 96 ff.: Mommsen, de agro
publico p. R. in Africa.
3) Zwischen Hippo Diarrhytus und Utica gelegen, vgl. CIL VTtl
Suppl. S. 1390.
4) Appian Pun. 135. Cic. de lege agr. I 5. II 51. Die Fluchformel
bei Macrobius III 9, 10. 11 bezieht sich nicht auf diese Verfluchung, sie
gehört, falls sie überhaupt authentisch ist, zu den sacralen Handlungen,
welche die Eroberung der Stadt vorbereiten sollten.
5) Strabo XVII 3, 16. App. Pun. 135.
6) Kornemann Philol. 1901 S. 404.
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10 —
Im Jahre 123 versuchte C. Gracchus den Bann, der auf
der Provinz lag, zu brechen. Ein Teil des ager publicus
wurde zur Aufteilung an die römischen Proletarier bestimmt.
Nach Karthago wurden ohne Rücksicht auf den Fluch,
der auf dem Gebiet der Stadt ruhte, 6 000 Bürger deduziert
und es entstand daselbst die erste römische Kolonie auf
ausseritalischem Boden. Aber schon im nächsten Jahre
nahm ihr der Senat unter Hinweis auf die bösen omina
bei der Gründung das Stadtrecht. Zwanzig Jahre später
wurden von L. Appuleius Saturninus Veteranen des Marius
im Binnenlande angesiedelt. *) Auch hier kam es nicht
zu einer Koloniegründung, sondern nur zu Viritanassig-
nationen; die Ansiedlungen wurden als pagi konstituiert.
Thibaris an der numidischen Grenze, welches in diokletiani-
scher Zeit sich als municipium Marianum bezeichnet 2 ) und
durch das Cognomen an jene Ansiedlung marianischer
Veteranen erinnert, erscheint auf Inschriften aus früherer
Zeit als pagus Thiba(ritanorum)*) Das benachbarte Uci
rriaius nennt sich auf Inschriften des dritten Jahrhunderts
res publica coloniae 3farianae Augustae Alexandrianae
Ucliitanorum.*) Das erste Cognomen weist auf die Assignation
des Saturninus zurück, das zweite bezieht sich auf die Ver-
leihung des Stadtrechts durch Augustus — bei Plinius 5 )
wird die Gemeinde als oppidum civium Romanorum be-
zeichnet — und das dritte auf die Erhebung zur Kolonie.
Durch diese Ansiedlungen erstarkte das römische Element
in Africa recht schnell; zahlreich wanderten natürlich die
römischen Kaufleute und Spekulanten in das reiche Land
ein; auch viele stipendiarii gelangten zum römischen Bürger-
1) Aurelius Victor, de viris ill. c. 73: L. Appuleius Saturninus, tri-
bunus plebis seditiosus, ut gratiam Marianorum müitum pararet, legem
tulit, ut veteranis centena agri jugera in Africa dividerentur, iniercedentem
Baebium coüegam facta per populum lapidatione summovit.
2) Dessau Inscr. Lat. sei. 6790.
3) Revue archeol. 1896 29 S. 396. 1897 31 S. 444.
4) CIL VIII 15450. 15454- 15455.
5) nat. hist. V 29.
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— II —
recht 1 ); für den, der in Rom die nötigen Verbindungen hatte,
war das ja nicht allzu schwer. Überall entstanden neben den
peregrinen Gemeinden die conventus civium Romanorum.' 2 -)
Bei dem Entscheidungskampfe zwischen Cäsar und den
Pompejanern spielten sie eine nicht unbedeutende Rolle. Sie
stellten sich auf die Seite des Senates und wurden von dem
Sieger mit recht empfindlichen Geldstrafen belegt. 3 ) Auch
die Mehrzahl der Peregrinen hatte die Partei des Senats
ergriffen, und diejenigen, welche cäsarisch gesinnt waren,
wagten aus Angst vor dem Wüten der Pompejaner und vor
allem des fanatischen Juba nicht offen Farbe zu bekennen. 4 )
Mehrere Gemeinden bestrafte Cäsar mit ansehnlichen Geld-
bussen. Unter diesen Umständen gewinnt die Frage, ob
er in den beiden Jahren, in denen er über Africa gebot,
dort eine überaus weitherzige Politik getrieben und Epoche-,
machendes für das bis dahin stiefmütterlich behandelte
Land geschaffen habe, eine besondere Bedeutung; denn wenn
Kornemann Recht hat, könnte es wohl als ausgemacht
gelten, dass bei ihm über den Zwecken und Stimmungen
des Augenblicks eine weitausschauende, gross angelegte
Reichspolitik stand.
Bei der neuen Provinz Numidia, die Cäsar im Jahre 46
nach der Vernichtung Jubas schuf, kann man auf keinen
Fall von einer freundlichen Politik reden. Er übertrug
die Verwaltung der Provinz dem C. Sallustius Crispus:
-coug NouäSos Aaßtbv if xe xö 67tY)xooy e7CY)Yaye xal t$ SaXouoxtq)
Xöyq) uiv apxecv epyq) 5£ dfyeiv ie xai cpipeiv tadTpetpev. 5 ) Sallust
wurde nach seiner Rückkehr in Rom wegen der Vergewaltigung
der Provinz angeklagt, aber Cäsar verwandte sich für den
1) Cicero pro Balbo 24: stipendiarios ex Africa, Sicüia, Sardinia, "
ceteris provinciis multos civitate donatos videmus.
2) Kornemann, de civibus Romanis in provinciis imperii consisten-
tibus. Diss. Berol. 1891 S. 69 ff. — Über die cives Romani in Ulica
ausserdem Cic. in Verrem actio 2, I 27. 70. Val. Max. IX lO, 2.
3) Bellum Africum 90. 97.
4) Mommsen R. G. III 8 S. 446.
5) Cassius Dio 43, 9-
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— 12 —
Freund, und Sallust ging frei aus. 1 ) Das ist noch ganz das
alte republikanische Regime; von dem Geist der monarchi-
schen Ära, die uns Mommsen 2 ) in grossen Zügen geschildert,
Kornemann im einzelnen ausgemalt hat, ist hier nichts
zu merken.
Die Kämpfe und Wirren, deren Schauplatz Africa
nach Cäsars Tode wurde, kann ich hier nicht schildern. 3 )
Hervorzuheben ist, dass die beiden Provinzen meist zusammen
einem der drei Machthaber zugewiesen wurden, und dass die
Vereinigung bestehen blieb, als im Jahre 27 v. Chr. Africa
dem Senat zufiel.
An einem Problem, das die Geschichte des römischen
Africa in dieser Zeit bietet, darf diese Untersuchung nicht
achtlos vorübergehen. Mommsen hat darauf hingewiesen 4 ),
wie überaus wichtig es für die weitere Entwicklung war, dass
im Jahre 46 das Hinterland, das mächtige Königreich
Numidien, zur Provinz gemacht wurde, und damit an Stelle
des Klientelfürsten die römischen Legionare den Schutz des
Landes gegen die Einfalle der Wüstenstämme übernahmen.
Es ist nun die Frage, ob Augustus diese Ordnung hat
bestehen lassen oder ob er eine Zeitlang die Provinz
Numidien dem Sohne Jubas zurückgegeben hat.
. Cassius Dio 5 ) berichtet, als er den Tod der Kleopatra
f\y erzählt, dass Augustus ihre Tochter mit Juba, dem Sohne
des im Jahre 46 getöteten Königs, vermählt und ihn in sein
väterliches Reich eingesetzt habe. Ein bestimmtes Jahr wird
nicht genannt. Zum Jahre 25 heisst es dann: 6 ) xal x<j) u£v
loußa xi)c xe r<xtxouX£a; xtvi fltvxl xij; mzxpfyaz dpxfjs, indizep
iq xfcv twv Tu>|iafo)v xdojiov ol rcXefou; atjxt&v iaeye^pÄ^aio,
1) Cass. Dio a. a. O. — (Cic.) in Sallustiura invectiva c. 19 wird
sogar behauptet ne causam diceret nestertio duodecies cum Caesare paciscitur.
2) Siehe den Abschnitt über „die cäsarischen Beamten" R. G. III S. 545.
3) Siehe Pallu de Lessert, Fastes des provinces africaines I l S. 53 ff.
4) R. G. V S. 624.
5) 51, 15.
6) 53, 26.
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xal xa xoö B6xxou xoO te Boyouo-j 25(i)xe. Diese Dar-
Stellung ist von mehreren Forschern 1 ) angenommen worden.
Nun wird aber Numidien unter den Provinzen genannt,
die im Jahre 27 der Senat erhielt 2 ), und die Münzen 8 ) er-
bringen den sicheren Beweis dafür, dass Juba im Jahre 25,
in das Cassius Dio den Umtausch verlegt, überhaupt erst
zur Herrschaft gelangte. Dios Angabe ist also zweifellos
falsch.*)
Es lohnt, den Ursprung des Irrtums darzulegen: er beruht
auf einer falschen Anschauung von dem Umfang des König-
reichs Numidien zur Zeit Jubas I. Numidien erstreckte sich
nach Sallust 6 ) von den Grenzen der Proconsularis bis zu dem
Flusse Mulucha, der mit dem Maiua, dem Grenzfluss zwischen
den beiden mauretanischen Provinzen, identisch ist. 6 ) Strabo 7 )
gibt die Lage des MoXoxa^ richtig an, bei Ptolemaeus 8 ) sind
aus dem Malua und dem Mulucha zwei benachbarte Flüsse
geworden. Ähnlich hat der Geograph, den Mela und Plinius
ausgeschrieben haben, die Schwierigkeit, die in dem zwei-
fachen Namen lag, gelöst — dass die beiden Schriftsteller
auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen, und dass dies eine
Chorographie frühestens aus augustischer Zeit war, hat
Schweder 9) zur Genüge dargetan; die gemeinsamen Irrtümer 10 ),
1) De la Blanchere, de rege Juba regis Jubae filio. These Paris 1883
S. 20 ff. Pallu de Lessert Fastes I 2 S. 310 ff.
2) Cass. Dio 53, 12.
3) Mommsen S.-B. der Berl. Akad. 1883 S. 1145 f.
4) Mommsen R. G. V. S. 628 Anm. Einen unmöglichen Ausweg schlägt
Gardthausen ein (Augustus II 2 S. 388): er konstruiert einen Unterschied
zwischen einer dpx^ (Cass. Dio 53, 26. Strabo XVII 3, 7) und einer paoUeix
(C. D. 51, 15) Jubas und glaubt, dass dieser vor dem Jahre 25 v. Chr. das
Reich seines Vaters als Beamter verwaltet habe.
5) bell. lug. 19, 7.
6) Ptolemaei Geograph, ed. Müller I 2 S. 584 Anm.
7) XVII 3, 9.
8) a. a. O.
9) Philologus 1895 S. 536 ff.
10) Zu der falschen Angabe der Lage des Mulucha kommt ein zweiter
Irrtum hinzu: Mela (I 7) verlegt das Vorgebirge Metagonium in die Nähe
der Ampsagamündung und Plinius (V 22) nennt entsprechend das Land
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die sich bei ihnen in der Beschreibung Numidiens finden,
bieten eine willkommene Bestätigung. Der Geograph hatte
in seiner Quelle nur den Namen Malua 1 ) gefunden, kannte
aber den Mulucha als Grenzfluss Numidiens aus Sallust oder
identifizierte ihn leichthin mit dem Chylimath oder einem
anderen Flusse, der etwas östlich von Portus Magnus mündet.
Dass bei ihm Numidien bis zum Mulucha(-Chylimath) reichte,
können wir aus der Darstellung des Mela 2 ) und Plinius 3 )
noch erkennen, trotzdem sich die beiden Mühe gegeben
haben, die Veränderungen, die sich bis zu ihrer Zeit voll-
zogen hatten, zu berücksichtigen. Mela 4 ) lässt Numidien
am Mulucha beginnen, es soll bis zu den Grenzen der
Provinz Africa reichen; da aber Cirta als Hauptstadt des
numidischen Königs Syphax 5 ) genannt war, verlegt er es
kühn in sein Numidien, d. h. westlich vom Ampsaga. Mit
grösserer Sorgfalt hat Plinius 6 ) in die Darstellung seiner
Quelle die Provinzeinteilung seiner Zeit hineingearbeitet.
Nun dehnen sich die beiden Mauretanien bis zum Ampsaga
aus, der Mulucha(-Chylimaith) Bocchi Massaesylorumque finis
wird in der Mauretania Caesariensis genannt, und als
Numidien gilt nur der zur Provinz Africa gehörige Teil
östlich vom Ampsaga. Nach einer mit Strabo 7 ) verwandten
Quelle hat er ferner Cirta zur Hauptstadt des Massinissa
und Siga zu der des Syphax gemacht, ohne zu berück-
sichtigen, dass er den Mulucha und die Massaesylier östlich
■
östl. vom Ampsaga Metagonitis terra: das Vorgebirge liegt aber bei der
Mündung des Mulucha, Ptolemaeus IV 1, 3. Strabo XVII 3, 6. Aus der
Angabe Strabos: Ttu.oodivT]c, 8* oöx e3 xaxi MaaoaA£av cpr,oiv (vgl. Ptolem.
Geogr. ed. Müller I i S. 584 Anm.) erfahren wir, dass der Fehler in der
Quelle des Mela und Plinius auf Timosthenes zurückgeht. Timosthenes
gehört zu den auetores des Plinius!
1) Plinius n. h. V 18.
2) I 5.
3) V 19.
4) I 6.
5) Nach Livius XXX 12, 3.
6) V 17—22.
7) Vgl. XVII 3, 9. 13.
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— *5 —
von Siga angesetzt hat und die Stadt infolgedessen ausser-
halb des Reiches des Syphax liegt.
Das Numidien, wie es Sallust, Strabo und die Quelle des
Mela und Plinius begrenzen, war das Reich des Iugurtha. Nun
wird aber der ganze westliche Teil bis zum Ampsaga, nach-
dem er im Jahre 40 n. Chr. römische Provinz geworden ist,
als Mauretania bezeichnet; das hat, wie wir gesehen haben,
im Altertum schon die Darstellung Numidiens bei Plinius
verwirrt und in neuerer Zeit allgemein der Auffassung
Geltung verschafft, dass das Gebiet der späteren Caesariensis
nach dem iugurthinischen Kriege dem Könige Bocchus von
Mauretanien zugewiesen worden sei. 1 ) Man stützt sich darauf,
dass bei Sallust 2 ) Sulla dem Könige Bocchus für die Aus-
lieferung des Iugurtha einen Teil Numidiens verspricht. In
cäsarischer Zeit soll dann in der Caesariensis der mauretanische
König Bocchus geherrscht haben und das numidische Reich
Jubas auf die spätere provincia Numidia beschränkt ge-
wesen sein. Aber Strabo 3 ) sagt ausdrücklich, dass zu seiner
Zeit Juba das ganze Reich des Iugurtha besessen und der
König Bocchus westlich vom Mulucha geherrscht habe.
Und ich wüsste nicht, weshalb man dieser Angabe den
Glauben verweigern sollte. Der Name der provincia Mau-
retania Caesariensis hat seinen Grund darin, dass dieser Teil
Numidiens vom Jahre 46 v. Chr. bis 40 n. Chr. mit Mau-
retanien vereinigt gewesen ist.
Im Jahre 46 hat nämlich Cäsar nicht das ganze König-
reich zur Provinz gemacht, sondern nur den östlichen Teil
etwa bis zum Ampsaga. 4 ) Der Westen ist dem Bocchus von
Mauretanien, dem Bundesgenossen Cäsars, zugefallen; wir
lernen das aus einer Appianstelle 5 ), in der erwähnt wird,
1) Mommsen R. G. III S. 449 Ann». V S. 627 Anna. De la Blanche«,
de rege juba regis Jubae filio. S. 24 ff.
2) bell. lug. 111, l.
3) xvn 3, 7. 9.
4) Die Grenzen des römischen Besitzes sind oft verschoben worden:
Strabo XVII 3, 12.
5) b. c. IV 54.
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— i6 —
dass ein Teil des Gebiets des Massinissa, eines Stammes-
fürsten in der Gegend von Cirta, dem Bocchus zugewiesen
war. Im Jahre 33 war durch den Tod dieses Königs 1 ) das
ganze Land vom Ampsaga bis zum Ozean — das Reich des
Bogud war 38 v. Chr. von Oktavtan dem Bocchus zuge-
sprochen worden 2 ) — erledigt, und im Jahre 25 übergab
Augustus es dem Juba: dieser erhielt also sein väterliches
Reich — ausser dem Provinzialland — zurück und npb$ Tfl
naxptya, wie es bei Strabo heisst, nicht ivzl xfj? rcarp(j>as, wie
Cassius Dio, der gleich Plinius das Reich Jubas auf die
römische Provinz Numidien beschränkt, meint, das Stamm-
land des Bocchus und Bogud westlich vom Mulucha.
2. Das römische Karthago.
Als Cäsar die Senatspartei in Africa niederwarf, waren
gerade IOO Jahre seit dem Sturze Karthagos vergangen.
Der Sieger nahm jetzt den Plan des C. Gracchus wieder auf:
die Stadt sollte als julische Kolonie neu auferstehen — gleich
wie das schicksalsverwandte Korinth. Appian 3 ) erzählt, Cäsar
habe in der Nähe Karthagos im Traum ein grosses weinendes
Heer geschaut und daraufhin den Entschluss gefasst, dort
eine römische Kolonie zu gründen. In Rom habe er dann
angeordnet, die Landheischenden nach Karthago und Korinth
zu deduzieren. Er selbst sei aber vor der Ausführung des
Planes gestorben, und erst der Sohn habe ihn auf Grund
der Aufzeichnungen des Vaters verwirklicht. Dies sei
geschehen 102 Jahre nach der Zerstörung, also im Jahre 44
v. Chr. Dieselbe Zeitangabe finden wir bei Solinus 4 ), der
nach dem Konsulat des Antonius und Dolabella datiert; auch
Cassius Dio 5 ) berichtet es unter dem Jahre 44; Strabo 6 ),
1) Cass. Dio 49, 43. Vgl. Mommsen R. G. V S. 628 Anm.
2) Cass. Dio 48, 45.
3) Pun. 136.
4) 21, 11.
5) 43, 50.
6) XVH 3, 15.
— 17 —
Plutarch 1 ) und Pausanias'-) nennen Cäsar als Gründer ohne
jede Zeitbestimmung. Aus diesen Zeugnissen erhellt, dass
die Aussendung der Kolonie unmittelbar nach Cäsars Tode
stattgefunden hat. Die Angabe Appians, dass Oktavian die
Kolonisation im Jahre 44 geleitet habe, muss ein Irrtum
sein; damals war dieser ja noch Privatmann. Es scheint
eine Verwechslung mit der neuen Deduktion, die er im
Jahre 29 v. Chr. vorgenommen hat, vorzuliegen. Appian
gibt die Zahl der Kolonisten auf 3000 an, dazu seien dann
noch ,,7;ep(oixoi 4< , d. h. Einheimische, gekommen. Man wird
hierbei an die Nachkommen der Ansiedler des Jahres 123
v. Chr., vor allem aber an die Peregrinen, die in der
Umgegend wohnten, denken; ob sich die überlieferte Zahl
auf die cäsarische oder die augustische Deduktion bezieht,
lässt sich bei der Verwirrung des appianischen Berichts
nicht mit Sicherheit entscheiden. Das Karthago Cäsars
war keine Veteranenkolonie, die Hauptmasse der Ansiedler
war aus dem römischen Proletariat genommen. 3 ) Zum grossen
Teil wird er hier wie in Korinth und überhaupt in den ausser-
italischen Gründungen Freigelassene angesiedelt haben 4 ),
denen infolgedessen auch die Ämter zugänglich waren. So
kennen wir aus den ersten Zeiten der Kolonie einen Frei-
gelassenen, der die Ädilität und eine praefectura i. d. bekleidet
hat; er ist dann nach Clupea verzogen, gewiss weil in
Karthago nach der augustischen Neugründung die Stellung
der Freigelassenen erheblich beeinträchtigt war; hier hat er
noch zweimal den Duovirat bekleidet, was darauf hinweist,
dass auch in Clupea eine cäsarische Kolonie war. In
Formiae, wohin er im Alter übersiedelte, konnte er nur
Augustale werden. Aus dieser Stadt stammt seine für unsere
weitere Untersuchung höchst wichtige Inschrift 5 ), die ich
gleich hier ausschreiben will: M. Caelius M. 1. Phileros
J) Caes. 57.
2) II 1, 2.
3) Strabo XVII 3-15.
Ol
4) Mommsen Eph. ep. II S. 132 f.
5) CILX 6IO4.
Diss. Harthel . 2
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_ ,8 -
aecens(us) T. Sexti imp(eratoris) in Africa*); — Üarthag(ine)
aed(itis), praef(ectus) i(nrc) d(icundo) vectig(älibns) qninq(uen-
nalibris) locand(is) in castell(is) LXXXIII. aedem Tell(uris)
s(na) p(ecunia) fec(it): — II vir Clupiae bis: — Formis
August(alh) aedem Nept(uni) lapid(ibiis) varis s. p. ornav(it).
— Fresidiae N. I, Florae uxori viro obseq(arntissimae). Q.
Oefavio (mulieris) l. Antimaeho karo amico.
Die Anfange der Kolonie waren nicht glücklich; sie
hatte viel unter den Wirren der Bürgerkriege zu leiden.
Tertullian 2 ) zählt ihre Heimsuchungen auf und redet dabei
von trinae Pompci arae; dem Zusammenhang nach kann
nur Sextus Pompeius gemeint sein. Dieser muss also
während seiner Seeherrschaft auch Karthago einen Besuch
abgestattet und die cäsarischen Kolonisten nicht allzu
glimpflich behandelt haben. Es war damals noch eine offene
Stadt, erst im Jahre 35, unter Oktavians Herrschaft, wurde
mit dem Mauerbau begonnen. 3 ) Sodann lesen wir von
violenta ludibria, die Lepidus der Stadt zugefügt hat; Cassius
Dio 4 ) bringt dieses Ereignis in Verbindung mit der augusti-
schen Neukolonisation: xr^v Kapx»j8dva iTCarwxiasv, Sxc 6 Mm-
ooq jiepo? v, aurffc Y)p73(iwx£t xod 5ta xoöxo xa axaia xfj; arcot-
xta$ o<?6>v XsXuxsvat £$6xst. Worin die Vergewaltigung der
Kolonie bestand, wissen wir nicht genau. Gardthausen 5 ) meint,
Lepidus habe viele der Veteranen in seine Legionen eingereiht;
aber wir haben ja gesehen, dass Karthago keine Militär-
kolonie war. Das Wahrscheinlichste ist noch, dass Lepidus
einen Teil der Bürgerschaft, der sich irgendwie in dem
Bürgerkriege kompromittiert hatte, hinschlachten liess. Bei
der neuen Deduktion werden wohl hauptsächlich ausgediente
Soldaten angesiedelt sein, gleichwie in den übrigen Kolonien,
die von Augustus nach der Schlacht bei Actium geschaffen
wurden.
1) Pallu de Losert, Fastes I 1 S. 57.61.
2) de pallio 1.
3) S. unten S. 21.
4) 52. 43-
5) Augusts I 2 S. 703.
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- i 9
Das Bild, das wir bisher von den Anlangen des römischen
Karthago gewonnen haben, scheinen nun die Münzen zer-
stören zu wollen. Wir haben karthagische Münzen aus
cäsarisch-augustischer Zeit 1 ), auf denen die alten punischen
Sufeten vorkommen. Es handelt sich um zwei nah verwandte
Prägungen: der Avers zeigt zwei bartlose Köpfe — bei der
einen Art erscheint das eine Porträt als Brustbild; auf den
Schultern ist das Gewand, wohl die Toga, zu erkennen — und
die Umschrift ARISTO ■ MVTVMBAL • RICOCE • SVF;
auf dem Revers ist ein Tempel dargestellt, in dessen Giebel-
feld ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln erscheint, die
Umschrift lautet: KAR — VENERIS. Was bedeuten die
drei oder, wie Mommsen 2 ) will, zwei Sufeten auf den
Münzen des römischen Karthago? Dass sie erst* nach
dem Jahre 44 v. Chr. geschlagen sind und nicht, wie Tissot :! )
meint, in der Zeit zwischen 122 und 44, ist ja ganz sicher;
vor 44 gab es keine Stadt Karthago. Mommsen 4 ) glaubt,
Karthago sei zunächst als punische Stadt wiederhergestellt,
dann aber bald entweder von dem Diktator selbst oder auf
Grund seiner Anordnungen von den Triumvirn in eine
Bürgerkolonie umgewandelt worden. Wilmanns 5 ) vertritt
die Ansicht, es habe als römische Kolonie bis zum Jahre 29
v. Chr. unter Sufeten gestanden und erst durch Augustus
die übliche Kolonialverfassung erhalten. Dieser Meinung ist
auch Kornemann 6 ); und er schliesst daraus, dass an der
Spitze der Kolonie die alten Sufeten stehen und auf den
Münzen das Astarte - Venushciligtum als Wahrzeichen der
Stadt erscheint, dass in der cäsarischen Gründung das pere-
grine Element das römische bei weitem überwogen habe,
indem die Einheimischen das römische Bürgerrecht erhalten
hätten und gleichberechtigt neben die Kolonisten getreten
1) Müller, Numismatique de l'aiuienne Afrique II S. 149. Nr. 319. 320.
2) R. G. V S. 645. Anm. 2.
3) Geographie comparce de la prov. rom. dAt'r. I S. 630.
4) R. G. V S. 645. 647.
5) CIL VIII S. 133.
6) I'hilologus 1901 S. 41 rt.
2'
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— 20 —
seien. Dies würde allerdings die cäsarische Politik als
äusserst liberal charakterisieren! Aber es ist zunächst
geradezu unbegreiflich, wie in einer römischen Bürgerkolonie
die Peregrinen eine solche Rolle spielen konnten, dass in
einem Jahre das höchste Amt ganz in ihren Händen war;
auf den Amtstitel will ich gar nicht viel Gewicht
legen. Zudem sind die Sufeten, wie die Namen deutlich
zeigen, nicht einmal römische Bürger. Die Münzen können
also, wie ja auch Mommsen richtig bemerkt hat, nur einer
punischen Gemeinde in Karthago angehören, einer Freistadt.
Aber diese Freistadt ist nicht, wie Mommsen meint,
der römischen Kolonie vorangegangen, sie ist erst von
Augustus geschaffen worden. Eine bisher nicht beachtete
Stelle der Consularia Constantinopolitana ! ) datiert die
Gründung in das Jahr 28 v. Chr.: Octaviano VI et Agrippa.
Iiis conss. Cartago libertatem a populo Romano recepit. In
den Fasti Vindobonenses priores 2 ) ist sogar der Gründungs-
tag angegeben: Octaviano VI et Agrippa. his consul. Char-
fago restituta est idus Iidias. Ein solches Nebeneinander
von Kolonie und Freistadt kennen wir schon aus zwei
anderen Gründungen des Augustus, aus Patrae 8 ) und aus
Actium. 4 )
Über das weitere Schicksal der Freistadt gibt uns die
schon mehrmals zitierte Tertullianstelle Aufschluss. Es heisst
da: vobis vero (den Karthagern im Gegensatz zu den Bürgern
Uticas) post iniuriae beneficium, vi Senium, non fastiginm
exemptis, post Gracchi obscena omina et Lepidi violenta
ktdibria, post Irinas Pompci aras et longas Cacsaris mora
nbi moenia StatUius Taurus imposuit, sollemnia Sentius
Satnrninus enarravit, cum concordia iuvat, toga oblata est.
Nach der Zerstörung im Jahre 146 v. Chr., welche die Stadt
1) Chronica minora ed. Mommsen I S. Ji7-
2) ebd. S. .'70.
3) Henze. De civitatibus liberis. quae tuerunt in provineiis populi
Romani. Diss. Berol. 1892 S. 12 ff.
4) Plinius n. h. IV 5: colonia Augusii Actium cum templo Apottinis
nobili ac civitate libera Nkopolitam.
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— 21 —
«jütig vor dem Altern bewahrt und für künftige Grösse auf
gespart hat, nach den Tagen des Gracchus, des Lepidus
und Pompeius, nach dem langen Zaudern des Kaisers, als
Statilius Taurus den Bau der Mauern begonnen, Sentius
Saturninus sie feierlich eingeweiht hatte, haben die Karthager,
als Friede und Eintracht lacht, die Toga erhalten. Die
Karthager, von denen Tertullian spricht, waren natürlich
nicht die römischen Kolonisten, sondern die Bürger der
punischen Freistadt. Augustus selbst hat ihnen also noch
die Toga, d. h. das römische Bürgerrecht, verliehen. 1 ) Ob
die Freistadt zunächst als nmnicipium c. R. neben der
Kolonie fortbestanden hat, oder ob sie mit ihr verschmolzen
ist, wissen wir nicht. Jedenfalls war nun die concordia 2 )
zwischen den beiden Gemeinden hergestellt, die vorher
durch die nachbarlichen Reibereien oft genug gestört sein
wird. Ein besonderer Zankapfel ist sicherlich eben das
gewesen, was Tertullian so recht breit ausmalt: der Mauer-
bau. Im Jahre 35 v. Chr. hat Statilius Taurus den Grund-
stein gelegt, etwa 14 v. Chr. Sentius Saturninus den Bau
beendet. - H ) Zu Anfang konnte es sich natürlich nur um die
1) Für das Cognomen Colonia Alexandriu Commoda Toyata,
das Com modus Karthago verliehen haben soll, finde ich bei Jung, Die
romanischen Landschaften des rttm. Reichs S. \2(>. gar keinen Beleg und bei
Tissot. Geogr. comp. I S. 042. einen falschen; ich weiss daher nicht, wodurch
er beglaubigt ist.
2) In ähnlichem Sinne wird das Wort gebraucht in den Inschriften
1 »essau 6843 (Thamugadi) Coneordiac populi et ordinis und 0854 (Cirta,
224 n. Chr.) Concor diae coloniurum Cirtensium sacrum.
3) Statilius Taurus war Prokonsul in den Jahren 35/34: siehe Pallu
de Lessen. Fastes I 1 S. 03. Sentius Saturninus ist wohl mit C. Sentius
Saturninus. dem Konsul des Jahres 19 v. Chr.. zu identifizieren; er konnte
dann etwa 14 v. Chr. die Verwaltung der Provinz übernehmen; siehe
Fastes I 1 S. 75. Dass sich das sollemnia enarrare auf die Einweihung
des Mauerbaues bezieht, hat schon Pallu de Lesscrt (Fastes I 1 S. 63)
richtig bemerkt. Völlig verfehlt ist die Ansicht Tissots (Geographie *
comparee I S. 836). der die Worte auf die Einweihung der römischen Kolonie
bezieht und diese infolgedessen in das Jahr 14 v. Chr. datiert. — Die Aus-
grabungen A. L. Delattres haben gezeigt, dass an der Befestigung der Stadt
wirklich bis zum Jahre 14 v. Chr. gebaut worden ist. Am Abhänge der
Byrsi ist eine sonderbare Konstruktion, nn mur a amph&res. aufgedeckt ,
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— 22 —
Ummauerung der Kolonie handeln, aber nach dem Jahre 28
wird die Freistadt das Verlangen gestellt haben, mit in den
Mauerring eingeschlossen zu werden. Diese Verhandlungen
haben vielleicht die Vollendung der Mauern solange hinaus-
geschoben. Schliesslich sind die Punier unterlegen: die
Freistadt und damit wohl der grössere Teil Karthagos blieb
eine offene Stadt. Das sehen wir aus der Bitterkeit, mit
der Tertullian, in dessen Zeit man die Schutzlosigkeit wohl
schon schmerzlich empfand, von dem Mauerbau redet. Ein
spätes Zeugnis bestätigt unsere Ansicht. In einer gallischen
Chronik 1 ) ist zum Jahre 425 vermerkt: muro Carthago
circumdata, quae ex tempore, quo vetus Hla destructa est,
sanctione Romanorum, ne rebellioni esset munimentum, muris
non est pennissa vallari.
Das cäsarische Karthago war also eine Bürgerkolonie wie
andere mehr; die liberale Glorie, mit der man es umgeben hat,
muss schwinden. Appian trifft das Richtige mit seiner Erzählung
von dem jammernden Heere, das Cäsar im Traum erschienen sei
und die Anregung zur Kolonisation Karthagos gegeben habe.
Nicht eine fernschauende Reichspolitik, sondern die Zwecke
des Augenblicks haben die Stadt neu auferstehen lassen: der
brach liegende Boden bot sich dar zur Versorgung des
städtischen Proletariats, das nach Brot schrie, und für das
der Acker Italiens dem Diktator zu kostbar war. Dazu kam
wohl bestimmend hinzu der Ruhm, den es brachte, an
C. Gracchus anzuknüpfen, der Gedanke, von der Nachwelt
als Neugründer der altberühmten Stadt gefeiert zu werden,
und der Zufall, dass, als Cäsar die Trümmer Karthagos sah.
gerade 100 Jahre seit der Zerstörung vergangen waren.
worden, welche durch die Stempel der eingebauten Tonfässer — es kommen
Konsulate aus den Jahren 43 bis 15 v. Chr. vor — etwa in die Zeit zw ischen
dem I'rokonsulat des Taurus und dem des Saturninus datiert wird. Die
Mauer bildete, wie Delattre so freundlich war. mir brieflich zu versichern,
einen Teil der Belebung der Burg. Vgl. Delattres Berichte: Compte*
rendus de l'Academie des Inscriptions 1893 S. 152 ff. und Bulletin archeo-
logiquc du ( ..mite S. 90 ff. (mit einer Abbildung der Mauer).
j) Chronica Gallica a. 511. Chronica minora ed. Mominsen I S.6j8-
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- 23 —
Augustus hat das Ansehen der Freigelassenenkolonie durch
die Ansiedlung seiner Veteranen zu erhöhen gesucht. Seine
Regierung hat auch die Hebung der Peregrinen sich zur
Aufgabe gestellt: die punische Gemeinde hat die Ubertas
und dann gar die cioitas Romano, erhalten. — Das Bild,
das Kornemann von dem Karthago des Cäsar und des
Augustus entworfen hat, verkehrt sich in sein Gegenteil.
3. Augustus als Quelle der plinianischen Darstellung
der Provinz Africa.
In der neugeschaffenen Provinz Numidien überliess
Cäsar die Stadt Cirta mit einem grossen Gebiet dem
P. Sittius, der ihn im Verein mit Bocchus bei der Nieder-
werfung Jubas wirksam unterstützt hatte. 1 ) Jener war ein
Genosse des Catilina gewesen; nach dem Misslingen des
Staatsstreichs hatte er sich nach Africa gewandt und hier
in den Kämpfen der einheimischen Könige mit seinen
Scharen als Condottiere eine grosse Rolle gespielt. Er
siedelte nun seine Truppen in Cirta, Mileu und den Küsten-
städten Chullu und Rusicade an. Die Peregrinen in seinem
Heere erhielten, wie die grosse Zahl der Sitfii, die wir in
dieser Gegend finden, lehrt, das römische Bürgerrecht' 2 );
seine Gründung 3 ) wurde als Bürgerkolonie betrachtet. So-
bald die Inschriften zahlreicher werden, etwa seit tra
janischer Zeit, begegnen uns häufig die IUI coloniao
Cirtenses. Sie bilden einen Verband; die colonia Julia
Juvenalis Honoris et Virtutis Cirta 4 ) ist der Hauptort, dem
die drei andern Kolonien kontribuiert sind. 5 )
0 Vgl. Mommsen Hermes I S. 47 ff. „Die Stadt Verfassung Cirtas
und der eirtensischen Kolonien" und CIL VIII S. 618 !*. — Mommsens
Ansicht. Cirtii sei 46 v. Chr. im Gebiet des Bocchus als unabhängige
römische Kolonie konstituiert worden, ist wohl unbegründet. Cirta hat sicher -
•ich von Anfang an zur I'rovinz gehört.
2) Siehe CIL VIII S. 1014 f.
3) Der Gründer der Stadt hatte in später Zeit noch einen Kult; vgl.
Rev. archeol. 1804 23 S. 422: »acerdos loci secundi templi Sittianae.
4) Dessau 6857.
5) Dessau 6864.
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— 2 4 —
Nun bezeichnet aber Plinius nur Cirta als colonia, Chullu
und Rusicade — Mileu fehlt bei ihm — einfach als oppida.
Es liegt deshalb nahe, die Konstituierung dieser Kolonien
in spätere Zeit zu setzen. Aber dieser Annahme bereiten
die cognomina erhebliche Schwierigkeiten: colonia Veneria
Rusicade, colonia Sarnensis Mileu, colonia Minervia Chullu. J )
Das sind „Benennungen, wie die Kolonien der römischen
Republik sie zu führen pflegen, wie sie aber in der Kaiser-
zeit in dieser strengen Weise sonst unerhört sind", bemerkt
Mommsen 2 ), der auch darauf hinweist, dass das von dem
in Nuceria, der Heimat des Sittius, göttlich verehrten Flusse
Sarnus abgeleitete cognomen von Mileu aufs engste mit der
sittianischen Kolonisation verknüpft ist. 8 ) Trotzdem glaubt
er, weil Plinius die Kolonialqualität der Städte nicht er-
wähnt, ihre Verleihung erst in die Kaiserzeit setzen zu
müssen. 4 ) Doch dies ist nicht der einzige Fall, in dem die
Darstellung des Plinius unvollständig zu sein scheint oder
gar im Widerspruch zu der sonstigen Überlieferung steht.
Hippo Regius nennt sich auf einem Grenzstein 5 ) munic(ipium)
Aug(ustum) Hipp(o) Reg(ius): es ist also von Augustus zur
römischen Bürgerstadt erhoben worden. Bei Plinius 6 ) fehlt
jeder Vermerk über seine Rechtsstellung. Simitthus bezeichnet
er 7 ) als oppidum civimn Romanorum, aber auf Inschriften 8 },
die der späteren Zeit angehören, erscheint die Stadt als
Kolonie, und der Titel colonia Julia Augusta Numidica
Simitthensium lehrt, dass die Kolonisation auf Augustus zurück-
geht. Ähnlich verhält es sich mit Assuras und Thabraca,
Plinius zählt sie zu den oppida c. R. 9 ); aber eine Inschrift? 0 )
1) Dessau 6863. 6863a.
2) Hermes I S. 67.
3) ebda. 54.
4) CIL VIII S. 618. Hermes I S. 54.
5) Revue archeol. 1898 32 S. 463.
6) V 22.
7) V 29.
8) Dessau 6823.
o) V 20. 22.
10) CILVIII. 1798.
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— 2 5
aus severischer Zeit nennt Assuras colonia Julia, und Tha-
braca heisst auf dem eben zitierten Grenzstein col. V. P.
Jul. Thabracenorum. Man ist zunächst versucht, diesen
Widerspruch durch die Annahme zu beseitigen, die Städte
seien einst municipia Julia gewesen und hätten, als sie in
der späteren Kaiserzeit zu Kolonien erhoben wurden, das
alte cognomen beibehalten. 1 ) Wunderbar bliebe dann aber
das Fehlen eines zweiten, das an den Kaiser erinnerte, dem
die Stadt die Rangerhöhung verdankte. Und vor allem
widerspricht dieser Annahme das V. P. in dem Titel von
Thabraca. Es ist etwa aufzulösen col(onia) Vfirtutis) P(ietatis)
Jul{iae) oder col. V(ictrix) P(ia) Jul(ia), und das ist eine
Namengebung, die wir fast nur bei Kolonien finden. Bei
Hippo Diarrhytus und Karpis vermerkt Plinius gar nichts
über die Rechtsstellung, Curubis, Neapolis und Thysdrus
nennt er oppida Hiera, und später begegnen uns alle diese
Städte als coloniae Jidiae.' 2 ) Ausser diesem recht schwer-
wiegenden Widerspruch ist bei Hippo Diarrhytus wohl
auch noch eine Nachlässigkeit des Plinius festzustellen;
denn dort ist, wie die Münzen 3 ) lehren, von der Zeit
des Augustus bis zu der des Clodius Albinus eine
Freistadt gewesen. Ferner mussten wir Clupea, wo der
Freigelassene Phileros zweimal den Duovirat bekleiden konnte,
als cäsarische Kolonie ansehen 4 ); bei Plinius 5 ) erscheint es
als oppidum liberum.
Bei dieser Summe von Ungenauigkeiten und von Wider-
sprüchen, die zwischen der plinianischen Darstellung und
der sonstigen Überlieferung auftauchen, müssen wir uns
zunächst über die Quellen des Plinius Klarheit zu verschaffen
suchen. Wir haben bei der Behandlung von Numidien
1) Kornemann PhiloL 1901 S. 419.
2) Die Belege hat Kornemann S. 413 zusammengestellt.
3) Müller. Numismatique de l'anciennc Afrique II S. 167 f. Nr. 374.
375- 379.
4) Siehe S. 17.
5) V 24.
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— 26 —
schon eine kennen gelernt und dabei gesehen, wie er sich
nicht damit begnügt, seine Vorlage auszuschreiben, sondern
eifrig Fremdes in sie hineinarbeitet. Da Mela dieselbe
Quelle geistloser abgeschrieben hat, gewinnen wir durch die
Vergleichung seiner Darstellung mit der des Plinius ein
ziemlich gutes Bild von ihrem Charakter. Sie bot in geo-
graphischer Anordnung — meist dem Laufe der Küste
folgend — die Vorgebirge, Müsse, Länder und Städte
additis quae in natura regionum incolarumque memoranda
sunt. So waren oft historische Notizen eingeflochten, z. B.
über die Geschichte hervorragender Städte. Von Cirta sagt
Mela J ) : Cirta proeul a rnari, nunc Sittianorum colonia, quon-
dam regum domus et cum Syphacis foret opulentissima.
Von den Nebenkolonien bezeichnet er Rusicade, die einzige,
die er erwähnt, als oppidum. Plinius 2 ) hat oppida Cullu et
ßusiccade et ab eo XLVIII1 m. passuum in mediterraneo
colonia Cirta Sittianorum cognomine. Bei ihm ist das Sittia-
norum irrtümlich zum cognomen der Kolonie geworden;
weshalb die Notiz über den Syphax fehlt, haben wir schon
gesehen. 3 ) Auch bei Karthago stand in der Quelle, dass
dort eine römische Kolonie war. 4 ) Im allgemeinen waren
die Städte ohne jede Angabe ihrer rechtlichen Stellung als
oppida, d. h. als städtische Siedlungen bezeichnet. Dieser
Quelle ist Plinius in den §§ 22 — 28 gefolgt, doch hat er
Angaben über die Rechtsverhältnisse der Städte anderswoher
hinzugefügt. In den §§ 29 und 30 benutzt er dann eine
Darstellung, von der sich in der Chorographie Melas keine
Spur zeigt. Es ist kein geographisches Werk; die Städte
der Provinz werden in alphabetischer Anordnung aufgeführt
ohne Angabe der Lage. So konnte es dem Plinius wider
fahren, dass er die Küstenstadt Achulla, die er in der Choro-
1) I 3U
V 22.
1) S. 14.
4) Mela I .14. PJin. V 24. Melas Worte olim imperii eius (sc.
populi R.) pertinax aemula bringt Plinius V "6: illa Romani imperii
aemula terrarumque orbix avida Cartliagine. Der Ausdruck stammt aus
Sa linst b. Cat. lo. j.
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- 27 -
graphie wohl nicht verzeichnet land -\^b,ei Mei^fel
sie — unter die Binnenstädte versetzte. ^^J^se ^Que^e
enthielt genaue Angaben über die RechtsverhältlTTÄecler
Städte; wir können wohl annehmen, dass aus ihr Plinius die
Zusätze in den §§ 22—28 gemacht hat.
Man hat längst erkannt, dass diese alphabetischen Reihen,
die auch in der Beschreibung anderer Provinzen und Italiens
erhalten sind, auf ein Werk des Augustus zurückgehen. Ich
kann auf die Untersuchungen von Cuntz 2 ) verweisen. Es
ergibt sich aus dem Vergleich dieser Provinziallisten mit
denen von Italien, für die Plinius den Augustus als Verfasser
nennt. Nun fehlt dieser allerdings in dem Verzeichnis der
Quellenschriftsteller des 5. Buches. Cuntz 3 ) erklärt dies
durch die Annahme, dass die hier benutzten Teile der
augustischen Publikation von Agrippa verfasst und deshalb
nur dieser von Plinius in den au ctor es-Listen zitiert worden
sei. Ich muss die Erledigung dieser Frage bis zum Schluss
meiner Untersuchung verschieben.
Neuerdings hat Schweder in mehreren Aufsätzen ,,über
die Weltkarte und Chorographie des Kaisers Augustus" 4 ) die
Ansicht zu begründen versucht, die Darstellung des Plinius
und Mela gehe auf eine einzige Quelle zurück, und diese
sei eine Chorographie gewesen, die Augustus als Text zu
der agrippischen Weltkarte publiziert habe. Dieser Versuch
ist völlig missglückt. Hier genügt es zur Widerlegung
folgendes anzuführen: gerade das, was sich als augustisch
nachweisen lässt, die alphabetischen Listen mit den ethnischen
Namensformen und die genauen Angaben über die Rechts-
verhältnisse der Städte und Völker, fehlt in der durch Ver-
gleichung des Mela und Plinius zu rekonstruierenden Choro-
graphie gänzlich; zudem zeigen eben die Irrtümer und Nach-
1) V 30.
2) De Augusto Plinii geographieorum auetore. Di^s. Bonn 1888 und
Jahrb. f. klass, Phil. Snppl. 17. 1890 S. 475 ff.
3) Jahrb. S. 5->4 f.
4) Philologus 1895 S. 319. 528. 1897 S. 130.
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— 28 —
lässigkeiten in der plinianischen Darstellung 1 ) deutlich, dass
wir eine Verarbeitung mehrerer Quellen vor uns haben.
Die plinianischen Exzerpte stellen sich als eine ordnende
Bearbeitung der augustischen Publikation dar. Im Original
waren die Städte der verschiedenen Rechtsstellungen neben-
einander in derselben alphabetischen Reihe aufgeführt; das
zeigt uns eine erfreuliche Nachlässigkeit des Plinius bei seiner
Darstellung der zweiten Region Italiens. Hier kehrt die
Kolonie Venusia, die unter Umänderung des Ethnikon in
den Stadtnamen schon III § 104 genannt war, in der alpha-
betischen Liste (§ 105) noch einmal wieder; Plinius hat
vergessen den Namen zu tilgen. 2 ) Wir können also wohl
annehmen, dass auch in den übrigen Regionen und in den
Provinzen die Zusammenstellung der coloniae, oppida civimn
Romanorum usw. auf Plinius zurückgeht. Sein Eigentum
werden dann wohl auch die Zahlen bei den einzelnen Rechts-
kategorien sein, das Zählen war ja seine Spezialität. 8 )
Nun finden einige der Rätsel, welche die plinianische
Darstellung bot, ihre Lösung. Wenn wir nicht gerade an-
nehmen, dass die augustische Publikation dem letzten Lebens-
jahre des Kaisers angehöre, so bleibt ja die Möglichkeit,
dass die Gründung der Kolonie in Simitthus und des Muni-
zipium in Hippo Regius erst nach ihrer Herausgabe erfolgt
ist. Aber die anderen Schwierigkeiten, die wir dargelegt
haben, werden noch viel grösser, da wir nun einen Wider-
spruch zwischen den doch schwerlich ungenauen oder
unrichtigen Angaben des Augustus und der sonstigen Über-
lieferung konstatieren müssen. Warum sagte Augustus nichts
über die Rechtsstellung von Chullu und Rusicade, von Karpis
1) Ich wies auf die Aufzählung Achollas unter den Binnenstädten
hin. Ein ähnlicher Irrtum ist dem Plinius bei dem bithynischen Apamca
untergelaufen: Cuntz Jahrb. S. 505. Bezeichnend ist die Verwechslung der
beiden sizilischen Thermae: Cuntz de Augusto S. 37.
2) Vgl. Bormann, Bemerkungen zum schriftl. Nachlast des Kaisers
Augustus. Progr. Marburg 1884 S. 36 f.
3) Ich erinnere an die mmmae in den Inhaltsverzeichnissen der einzelnen
Pikher.
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— 2 9 —
und Hippo Diarrhytus, warum erscheinen bei ihm die eoloniae
Juliae als oppida civium R. oder gar als oppida liberal
Abgesehen von den cirtensischen Kolonien könnte man
auch hier zunächst annehmen, die Koloniegründungen stamm-
ten aus der Zeit nach der Abfassung des augustischen Werkes.
Der terminus ante quem für die Deduzierung der eoloniae \
Juliae ist das Jahr 27 v. Chr., wären sie erst später aus-
geführt, so würde kaum der Augustustitel in ihrem cognomeu
fehlen. Für die Datierung der Listen sind die einzigen festen
Punkte, dass Utica 1 ) als Munizipium und Uthina 2 ) als Kolonie
erscheint. Den Uticensern wurde das Bürgerrecht im Jahre
36 v. Chr. verliehen 3 ), und die Kolonisation von Uthina 4 )
ist wahrscheinlich in das Jahr 29 zu setzen. Wenn Cuntz 5 )
als weiteren terminus post quem das Jahr 25 V. Chr. gewonnen
hat, weil damals erst die Vereinigung Numidiens mit der
alten Provinz, welche die Liste voraussetzt, stattgefunden
habe, so ist das durch unsere Untersuchung der Provinzial-
geschichte hinfällig geworden. Es wäre also möglich, die
Angaben des Augustus auf die Zeit bis 29 v. Chr. zu be-
ziehen und die Deduktion der eoloniae Juliae in die beiden
folgenden Jahre zu verlegen. Aber Clupea war ja höchst-
wahrscheinlich eine cäsarische Kolonie; bei Curubis können wir
es mit Bestimmtheit nachweisen, denn hier finden wir schon im
Jahre 45 v. Chr. einen Duovir und zwar einen Freigelassenen. *>)
Höchstwahrscheinlich werden also auch die übrigen eoloniae
Juliae dem Diktator Cäsar ihren Ursprung verdanken.
Für Curubis, Clupea, Hippo Diarrhytus, Thysdrus, Karpis
und Neapolis hat Kornemann 7 ) die Widersprüche der
1) n. h. V 24.
2) n. h. V 29.
.;) C ass Dio 49. 16.
4) Kornemann Philol. 1901 S. 411.
5) de Augusto S. 45.
0) CILVI1I 977. Die folgende Inschrift aus dem Jahre 20 v. Chr.
nennt drei Beamte aus dem Libertinenstande.
7) Kornemann hat seine Ansicht zunächst in dem Artikel , eoloniae'
bei Pauly-Wissowa IV 1 Sp. 533—535 und dann in dem oft genannten
Philologusmfsatz S. 413 ff- dargelegt.
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3 o —
Überlieferung auf folgende Weise zu lösen versucht. Er
glaubt, diese Städte seien casteUa von Karthago gewesen,
„denen Cäsar möglicherweise unter Verleihung eines höheren,
wohl des latinischen Rechts den Titel von coloniae (Juliae)"
verliehen habe. Augustus habe das Verhältnis dieser pere-
grinen Gemeinden zu Karthago gelöst, ihnen den Kolonie-
titel genommen und sie als oppida libera konstituiert. Später
habe dann Claudius die Gemeinden unter Belassung der
Selbständigkeit wieder zu Kolonien erhoben.
Die schon angeführte Inschrift aus Curubis 1 ) berichtet
dass im Jahre 45 v. Chr. ein Duovir die Stadt mit einer
Mauer umgeben hat: murum oppidi totnm ex saxo quadrato
aedißeandum coer(avit). Aus diesem Text folgert Korne-
mann, dass die Stadt „rechtlich ein oppidum oder ein
castellum, d. h. eine befestigte Ortschaft ohne Selbstverwal-
tung" 2 ) war. So darf man aber das Wort oppidum nicht
interpretieren. Es besagt gar nichts über die rechtliche
Stellung einer Stadt, sondern bezeichnet die Stadt im engeren
Sinne, die städtische Siedelung. Es gibt also oppida sowohl
im Gebiet der coloniae als der municipia und der oppida
libera. Ich will einige bezeichnende Stellen aus der lex
municipii Tarentini und der lex coloniae Genetivae aus-
schreiben: lex m. Tar. 27: in o[ppJido Tarentei auf inira
( im munifeipij fineis. 32: in oppido quod eins municipi
cfrjit: lex col. Gen. 73: ne quis inira fines oppidi coloni(ae)rr,
75. 76: in oppido colon(iae) Jul(iae). Damit wird das Haupt-
argument, das Kornemann für die Unselbständigkeit der
Kolonien anzuführen weiss, hinfällig.
Wenn in Curubis und Clupea Freigelassene die städtischen
Ämter bekleiden konnten, so sahen wir darin ein sicheres
Zeugnis für die cäsarische Deduktion. Kornemann will
diese Beamten als karthagische Bürger auffassen, die von
Karthago aus als Präfekten in die attribuierten Titularkolonien
gesandt seien, — die duoviri und aedifes seien den praefrcfi
t. d. der castclla, die wir aus der Philerosinschrift kennen,
1) VIII 977.
2) Pauly-Wissowa Sp. s;>4.
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— 31 —
gleichzusetzen; man habe nur bei den Kolonien für diese
Beamten einen vornehmeren Titel gewählt. So soll der Duo-
virat, den Phileros zweimal in Clupea bekleidet hat, ein
karthagisches Amt sein, seiner 2 )rae t ec ^ ur(l *• ^« ungefähr
gleichwertig. Aber das aedem Telluris s. p. fec. schliesst
doch des Phileros karthagische Laufbahn gar zu deutlich
von dem Lebensabschnitt, den er in Clupea verbracht hat,
ab! Die Wesensgleichheit dieser duoviri mit den praefecti
i. d. erschliesst Kornemann daraus, dass sie in Curubis zwei-
mal in der Einzahl erscheinen. Wenn in der Mauerbau-
inschrift des Jahres 45 v. Chr. nur ein duovir*) genannt wird,
so ist das nicht gerade wunderbar, aber im Jahre 20 v. Chr.
wird allerdings nach einem duovir quinquennalis datiert.
Ich vermag diese Abnormität nicht zu erklären; möglicher-
weise ahmte man den consul sine collega des Jahres 45, in
welchem die Kolonie Curubis wohl gegründet wurde, auf
diese Weise nach. Jedenfalls darf man hieraus noch nicht
die Schlüsse ziehen, zu denen Kornemann hinneigt. Aber
für Thysdrus glaubt er sogar einen praefectus i. d. gefunden
zu haben. Es handelt sich um eine Inschrift des zweiten
oder dritten Jahrhunderts aus Thamugadi 2 ): Dianae Aug(ustae)
P.Julius Liberalis sacerdotfajlis p(rovinciae) A(fricae), HvfirJ
II et qq., p. i. d. in col. Thysdritana, fflamen) pfeifet uns),
nomine ßiarum suarum Juliarum dedit idemq(ue) dedie(avit)
d. d. Liberalis setzt die Inschrift als flamm perpetuus von
Thamugadi, er hat das sacerdotium der Provinz bekleidet
und ist in der Kolonie Thysdrus zweimal duovir. ausserdem
quinquennalis und praef. i. d. gewesen. Kornemann fasst
die praefectura als karthagisches Amt auf; Liberalis sei ja
als Provinzialpriester mit Karthago in Berührung gekommen !
Schliesslich weiss Kornemann noch ein literarisches
Zeugnis für seine Theorie, dass die coloniae Juliae Karthago
attribuiert gewesen seien, anzuführen. 3 ) Strabo 4 ) sagt von
1) Auf dem Stein steht deutlich DVO • VIR ■ V . Die Auflösung
ist zweifelhaft.
2) Dessau 6840.
3) Pauly-Wi sso wa Sp. 535.
4) XVII 3, 16.
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- 32
mehreren Städten, unter denen er auch Clupea und Neapolis
nennt: ouYxaxea7taa^aav oh vfr KapxYjoovia bizb 'Pwjiatwv a:
7i6Aei£ aOxat. Aber hier ist nur davon die Rede, dass diese
Städte im Jahre 146 v. Chr. das Schicksal Karthagos teilten
und zerstört wurden, und nicht von ihrer Vereinigung mit
Karthago in cäsarischer Zeit.
Kornemanns Versuch, die Widersprüche in der Über-
lieferung zu lösen, ist also gänzlich missglückt Damit sind
auch all die kühnen Folgerungen, die er auf seiner Auffassung
der africanischen Stadtgeschichte aufgebaut hat, hinfällig.
Wir haben gesehen, dass die eoloniae Juline regelrechte
römische Bürgerkolonien Casars sind. Wenn nun Plinius —
um nur die grösste Schwierigkeit hervorzuheben — einige
dieser Städte als oppida libera bezeichnet, und die Münzen
für Hippo Diarrhytus, über das er allerdings nichts
aussagt, wirklich die Existenz einer Freistadt bezeugen, so
bleibt nur die Annahme übrig, dass hier zwei Gemeinden
nebeneinander bestanden, ganz wie wir es in Karthago ge-
funden haben. Für Curubis, Neapolis und Hippo Diarrhytus
hat dies schon Henze 1 ) behauptet, doch ohne die ganze
Schwierigkeit des Problems, das die Überlieferung bietet,
erkannt zu haben. Denn nun entsteht die Frage, warum
hat Plinius diese doppelte Rechtsstellung nicht vermerkt.
Bei dem augustischen Actium nennt er doch neben der
römischen Kolonie die griechische Freistadt Nicopolis. 2 )
Man wird nicht eine konsequente Nachlässigkeit des Plinius
annehmen wollen; offenbar hat er bei Augustus nichts über
die eoloniae Juline gefunden.
Bei der Beschreibung Italiens erklärt Plinius 3 ): nunc
ambitum eins iirbesque enunierdbimus , qua in re praefari
necessarium est auetorem nos divum Augustuni secuturos.
discriptionemque ab eo factum Italiae totins in regiones XL
1) De civitatibus liberis S. 12 ff.
2) Siehe S. 20.
3) III 46.
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— 33
$ed ordine eo qui liitorum tractu fiet, urbium quidem vicini-
tates oratione utique praepropera servari non posse, itaque
interiore exin parte digestionem in litteras eiusdem nos secu-
turos, coloniarum mentione signata, quas ille in eo prodidit
numero. Plinius sagt klar und deutlich, dass er die Kolonien,
die er bei Augustus findet, als solche bezeichnen will.
Mommsen 1 ) hat die Kolonieliste untersucht und gefunden,
dass auch nachaugustische Gründungen vermerkt sind;
aber dies ist nicht ganz sicher 2 ), und wenn es stimmt, so
bleibt die Möglichkeit, dass Plinius diese Notizen aus eigener
Kenntnis hinzugefügt hat. Viel wichtiger ist das andere
Ergebnis : es fehlen alle voraugustischen Kolonien. Mommsen
fasst die discriptio Italiae als eine Statistik auf und hält
es für unmöglich, dass Augustus die „Unschicklichkeit"
begangen habe, in der Statistik nur seine Kolonien anzuführen
— „die Statistik ist nicht geeignet zu direkter Kundgebung
höfischer Gefühle". Er elaubt deshalb, Plinius habe die
Angaben über die Koionialqualität einer chronologischen
Kolonieliste entnommen und alle voraugustischen ausgelassen,
weil er darunter die römischen von den latinischen, welche
ja zu seiner Zeit nun municipia waren, nicht habe unter-
scheiden können; aber eine solche kritische Überlegung
würde ich dem Plinius nicht gern zutrauen.
Die Erklärung des Plinius in § 46 muss Mommsen folgen-
dermassen interpretieren: „er sagt wohl, dass die von ihm als
Kolonien angeführten Orte in der augustischen Liste, nicht aber,
dass sie darin als Kolonien ständen". Mit Recht hat diese
Auffassung keinen Anklang gefunden 3 ), sie tut dem Wort-
laut des Plinius zu sehr Zwang an. In einem späteren Auf-
satze über „die Regionen Italiens" 4) urteilt Mommsen nicht
mehr so entschieden: „Dass allen Kolonien in der Liste der
betreffende Vermerk zugefügt gewesen ist, schliessen die
1) Hermes XVIII S. l89ff.
2) Cuntz. de Augusto S. 22.
3) Cuntz, S. 25. Bormann, Bemerkungen zu dem schriftl. Nachlas«
des Kaisers Augustus S. 34 f.
4) Festschrift für Kiepert. 1898 S. IOI Anm. 4.
Diu. Barthel. 3
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34 —
plinianischen Angaben aus; vielleicht ist dies bei den
augustischen der Fall gewesen. Ich habe die Frage offen
gelassen, ob dies geschehen oder deren Hervorhebung von
Plinius anderswoher entlehnt ist". Mir scheint diese Sonder-
barkeit der augustischen discriptio Italiae unzweifelhaft fest-
zustehen. Man hat Versuche gemacht, sie zu erklären. 1 )
Wir brauchen zu ihnen nicht Stellung zu nehmen, weil uns
die Betrachtung der africanischen Listen eine neue Problem-
stellung bietet.
In Africa kehrt ja dieselbe Einseitigkeit der augustischen
Publikation wieder. Plinius kennt 6 Kolonien in der Provinz.
Karthago war in der Chorographie als solche verzeichnet 2 ),
zudem galt es auch als augustische Gründung. Den Ver-
merk über die Kolonialqualität des cäsarischen Cirta hat
er, wie wir gesehen haben, aus derselben Quelle über-
nommen. 3 ) Diese bot ihm aber nichts über die Rechtsstellung
der drei Nebenkolonien und ihr Verhältnis zu Cirta, und über
diese cäsarischen Gründungen fand sich auch nichts bei
Augustus. Sicca 4 ) undUthina 5 ) sind augustische Schöpfungen;
für Sicca bezeugt es die Inschrift divo Augusto conditori
Siccenses 6 ), für Uthina hat es Kornemann aus einer jüngst
in Rom gefundenen Inschrift scharfsinnig geschlossen. 7 ) Über
die Gründungszeit von Thuburbo maius und Maxula 8 ) ist
nichts bekannt; wir werden sie nunmehr auch als augustische
Kolonien ansehen. Insgesamt 11 cäsarische fehlen bei Plinius.
Wenn aber von den Kolonien nur diejenigen in dem
Werk des Augustus gekennzeichnet waren, die der Kaiser
1) Bormann a. a. O. Cuntz S. 25.
2) S. 26.
3) S. 26 f.
4) Plin. V 22.
5) V 29.
6) Dessau 6773. CIL VIII 1632. 16367 heisst Sicca: colonia Julia
Veneria Cirta nova Sicca, 1641 werden die Einwohner als Cirthenses Siccenses
bezeichnet; welchen Umstanden und Schicksalen die Stadt diesen Namen
verdankte, wissen wir nicht. Vgl. Mommsen Hermes I S. 50.
7) Philol. 1901 S. 411 f.
8) n. h. V 29. 24.
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- 35 -
selbst geschaffen hatte, so müssen wir annehmen, dass es
mit den übrigen Rechtsverhältnissen, die angegeben waren,
dieselbe Bewandtnis hat. Denn wenn man die cäsarische
Kolonisation bei einer Stadt verschwieg, so hätte es doch
keinen Sinn gehabt, die Verleihung der libertas an die
Peregrinen zu vermerken, wenn diese auch auf Cäsar zu-
rückging. Wir stehen also vor der Tatsache, dass uns
Plinius infolge der Eigenart seiner Quelle keine erschöpfende
Darstellung der Rechtsverhältnisse der afrikanischen Städte
gibt, dafür aber ein desto besseres und klareres Bild von
der Provinzialpolitik des Augustus.
Wir wollen jetzt die einzelnen Züge dieses Bildes be-
trachten. Über die augustischen Kolonien ist wohl nur noch zu
bemerken, dass es sich bei ihnen sicherlich um Ansiedlungen
ausgedienter Soldaten handelt; für Uthina wird es durch den
Beinamen TertiadecimfanorumJ 1 ) bezeugt. Eingehender müssen
wir uns mit den Munizipien beschäftigen. Den ersten Rang
nimmt unter ihnen Utica ein. Die alte Römerfreundin
war die Hauptstadt der Provinz, bis Karthago sie zum zweiten
Mal überflügelte. Mommsen 2 ) hat das beneficium legis Juliae,
mit dem im Bellum Africum 3 ) die Parteinahme Uticas
für Cäsar begründet wird, auf die Verleihung latinischen
Rechts gedeutet. Die lex Julia stammt wahrscheinlich aus
dem ersten Konsulat Cäsars, denn von den beneficia ist schon
im Bellum civile 4 ) bei den Kämpfen des Curio die Rede.
Sobald Augustus im Jahre 36 v. Chr. Herr der Provinz
geworden war, erhob er Utica zum römischen Munizipium. 5 )
Es gehört zu den Städten, die Sueton in dem Kapitel über
die augustische Provinzialpolitik 6) meint, wenn er sagt:
urbiiim quasdam . . . merita erga populum Bomanum ad-
1) Dessau 6784.
2) CIL I S. 98. R. G. HI S. 555.
3) cap. 87.
4) II 36. Uticenses pro quibusdam Caesaris beneficiü Uli amicissimi.
5) Cassius Dio 49, 16.
6) cap. 47.
3'
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- 36 -
legantes Latinitate vel civitate donavit. Latinisches Recht hat
die alte Freistadt Uzalis erhalten. 1 ) Ganz umsonst fielen
den beiden Städten diese Gaben natürlich nicht in den Schoss.
Sie verloren die libertas und vor allem die immunitas 2 );
aber das römische Bürgerrecht oder der Zugang zu ihm war
damit nicht zu teuer bezahlt.
An Bürgerrechtsverleihungen an Peregrine können wir
nach Analogie der karthagischen Stadtgeschichte auch bei
den oppida c. R. denken, die Augustus, wie wir bei Plinius
lesen, in Assuras und Thabraca gegründet hat. 3 ) Es bleibt
hierbei unklar, ob wirklich neben der cäsarischen Kolonie
ein Munizipium entstanden ist, oder ob die Neubürger sofort
in den Verband der Kolonisten aufgenommen wurden und
ein kleines Missverständnis des Plinius vorliegt, der den Ver-
merk in der augustischen Liste, der lediglich die Bürger-
rechtsverleihung bezeichnen sollte, auf die Konstituierung
einer römischen Stadt bezog. Bei den übrigen Munzipien
scheint es sich nur um die Verleihung des Stadtrechts an
die conventus civium Romanorum zu handeln. In diesen
Städten hat nämlich neben der römischen auch noch eine
peregrine Gemeinde fortbestanden. 4 ) Sie erscheint auf einer
Inschrift aus Chiniava 5 ), das wir aus Plinius 6 ) als oppidum
c. R. kennen: M. Julio Probato C. Juli Probati f. Sabinino
Carthag. omnibus honoribus in patria sua functo ob eximiam
eius circa se et inlustrem benevolentiam ordo Chiniaven-
sium peregrinorum. In Thibica, das wohl mit dem
oppidum c. R. Tibigense 1 ) des Plinius identisch ist, finden
1) Plin. n. h. V 29.
2) Später hat Utica mit dem italischen Recht die immunitas wieder-
erlangt: Dig. L 15, 8, 11 in Africa Cartkago, Utica, Leptis Magna a divis
Severo et Antonino iuris Italici factae sunt.
3) Vgl. S. 24 f.
4) Vor der augustischen Organisation werden diese Gemeinden etwa
dem conventus civium Iiomanorum et Numidarum, qui Mascululae habitant
(Dessau 6774) verwandt gewesen sein.
5) Rev. archeol. 1892 19 S. 295.
6) V 29.
7) ebda.
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- 37 -
wir noch zur Zeit des Antoninus Pius eine civitas Thibi-
caensis unter einem Sufeten. 1 )
Die Frage, ob es in Africa auch cäsarische Munizipien
gegeben habe, die von Augustus und Plinius nicht ge-
nannt wären, ist wohl zu verneinen. Wenn Cäsar nicht
einmal seine alte Freundin Utica mit einer Rechtserhöhung
bedacht hat, so ist es recht unwahrscheinlich, dass er pere-
grinen Gemeinden das Bürgerrecht verliehen hat. Die
conventus der römischen Bürger, die ihm feindlich entgegen-
getreten waren, in Städte zu verwandeln, hatte er aber nicht
den geringsten Anlass.
Zwischem dem oppidum Latinum und den Freistädten
verzeichnet Plinius 2 ) oppidum stipendiarium unum Castris
Corneliis. Dass nur eine derartige Gemeinde in der Provinz
erwähnt wird und dazu noch vor den Freistädten, hat recht
viel Kopfzerbrechen gemacht. Man hat sich eifrig abgemüht
mit Konjektur und Interpretation. 3 ) Nun löst sich die
Schwierigkeit: Castra Cornelia war nicht die einzige stipen-
diäre Gemeinde in der Provinz, sondern nur die einzige,
die von Augustus geschaffen war. Nach der Chorographie
war Castra Cornelia nur ein locus*), der gewiss zu dem
Territorium einer Nachbargemeinde, etwa Utica, gehörte;
Augustus scheint den Ort dann selbständig gemacht zu
haben. Wenn die Gemeinde noch vor den Freistädten auf-
geführt wird, so beruht das wohl nur auf einer nichtssagenden
Willkür des Plinius, dem es gut schien, auf das oppidum
Latinum unum gleich das oppidum stipendiarium unum
folgen zu lassen.
Dreissig Städten hat Augustus die Freiheit verliehen 5 ),
1) CIL vm 765.
2) n. h. V 29.
3) Mommsen, Staatsrecht III S. 685 Anm. 1. Cuntz, de Augusto
S. 41. Kornemann Philol. 1901 S. 409 f.
4) Vgl. n. h. V 24. Es ist zu bemerken, dass Plinius das oppidum
Stipendiarium der Liste von diesem locus unterschieden hat.
5) n. h. V 30. Die alphabetische Namenfolge ist in diesem Paragraph ge-
stört. Man hat zur Heilung mannigfache Versuche gemacht. Sicheres lässt sich
natürlich nicht entscheiden. Jedenfalls muss man annehmen, dass Plinius
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einer die Immunität. 1 ) Das oppidum immune Theudalis
gehört zu den alten immunen Freistädten des Jahres 146
v. Chr. Wir müssen annehmen, dass es im Laufe der Zeit
das Privileg verloren und von Augustus zurückerhalten hatte.
Ob die Stadt ausserdem noch die libertas besass, lässt sich
nicht sagen. Dagegen haben die Freistädte sicherlich nicht
die Steuerfreiheit gehabt; bis auf vier sind es Neuschöpfungen
des Augustus, die Verleihung der immunitas hätte also in
seiner Liste vermerkt sein müssen. Dass hier auch Achulla,
• Leptis, Hadrumetum und Thapsus, deren Freiheit schon
aus dem Jahre 146 v. Chr. datierte, erscheinen, kann nicht
Anstoss erregen. Sicherlich hatten sie sich in den Bürger-
kriegen dem Octavian, Antonius oder Lepidus gegenüber
kompromittiert und deshalb ihre Rechte eine Zeitlang ein-
gebüsst. Man machte ja mit den Freistädten nicht gerade
viele Umstände; bezeichnend sind die Worte des Tacitus 2 ):
reddita Ehodiis libertas adempta saepe aut firmata, prout
bellis externis meruerant aut domi seditione deliquerant. Als
klassisches Beispiel will ich die Geschichte von Kyzikus an-
führen: die Stadt war frei bis 20 v. Chr., dann nahm ihr
Augustus die Freiheit, 15 v. Chr. verlieh er sie von neuem
und 25 n. Chr. verlor die Stadt ihre Rechtsstellung schon
wieder.
Während die Freistadt, die Augustus in Karthago ge-
schaffen hatte 3 ), noch von ihm selbst mit der Kolonie
vereinigt wurde, bestanden die entsprechenden Gründungen
in Hippo Diarrhytus, Curubis, Thysdrus und Neapolis bis in
die Zeit des Septimius Severus fort. Auf den Münzen von
Hippo Diarrhytus erscheint das Hippone libera noch in der
30 oppida libera — ausser der Insel (vgl. HI 18) Cercina, die V 41 genannt
wird — aufgeführt hat; dazu stimmt etwa der Text, den Cuntz,
de Aug. S. 40 bietet.
1) n. h. V 23.
2) Ann. XII 58.
3) Dass Plinius bei Karthago sich mit der Angabe der geographischen
Quelle begnügt und die einzelnen Entwicklungsphasen, welche in der
augustischen Liste wohl verzeichnet waren, nicht berücksichtigt hat, ist
leicht verständlich.
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— 39 —
Zeit des Clodius Albinus. 1 ) In Thysdrus hat Septimius
Severus das oppidum liberum zum municipium erhoben 2 ), so
dass dort nun zwei römische Städte nebeneinander bestanden.
Wenn sich die neue Gemeinde als municipium liberum
bezeichnet, so haben wir es dabei kaum mit einem vom
Kaiser verliehenen Beinamen, der eine wirkliche Rechts-
stellung ausdrückte, zu tun; die Stadt hat ihn sich wohl
selbst zugelegt, um die Erinnerung an ihre Vergangenheit
zu bewahren. Man darf ja bei der Beschäftigung mit der
Stadtgeschichte der späteren Zeit nie die Äusserung des
Cassius Dio über den leeren Prunk, den die Städte mit
ihren Beinamen trieben, ausser acht lassen: vöv aöxol kauzois
gxaoxoi xaxaXöyouc övojioküv oü; &v ^eXifjatoatv reXf^ei
TlOtOÖVTOtl. 3 )
Ich möchte noch eine Vermutung über den Patronats-
vertrag zwischen dem sinatus populusque CurfubitanusJ und
einem C. Pomponius 4 ) anfügen. Die Urkunde war genau
datiert, aber von der Konsulatsangabe ist nur erhalten
C. CaesarfeJ. Da nun in dem Text Sufeten genannt werden,
setzte man bisher die Inschrift in eins der cäsarischen Kon-
sulate vor 45 v. Chr., weil in diesem Jahre der duovir in
Curubis erscheint. Uns verweisen die Sufeten gerade auf
die spätere Zeit, in der in Curubis eine punische Freistadt
bestand, und es liegt auch nahe die Inschrift den verwandten
Patronatsverträgen CIL VIII 68 (12 v. Chr.), 69 (65 n. Chr.),
und V 4919 — 4922 (27 u. 28 n. Chr.) zeitlich näherzurücken.
Man könnte also die Konsulatsangabe vielleicht folgender-
massen ergänzen: C. Caesar [e L. Aemilio Paullo cos.]
= 1 n. Chr.; doch ist dies natürlich ganz unsicher.
Ich habe hier die augustische Publikation nur soweit
behandelt, als es für die Erkenntnis der africanischen Stadt-
1) S. 25.
2) CIL XII 686 [najtione Äfer Bizacinus o[riundui mjunicipio Sep
timia libefra TJhysdritanus.
3) 54. 23. Zu dieser Kategorie gehört natürlich auch das Marianum
in den Namen von Thibaris und Uci maius (S. 10).
4) CIL VIII 10525.
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— 40
geschichte erforderlich war. Ihr Charakter ist aber schon
jetzt mit ziemlicher Sicherheit festzustellen. Man hat sie
bisher mit der agrippisch-augustischen Reichsvermessung in
Zusammenhang gebracht. 1 ) Aber in einer Veröffentlichung
dieser Art wären die Städte doch wohl nach Entfernungen
und Strassenlinien, sicherlich nicht in alphabetischer An-
ordnung aufgeführt worden. Völlig widerlegt wird diese
Auffassung durch die Absonderlichkeit der Listen, nur bei
augustischen Gründungen die Rechtsstellung zu vermerken.
Mommsen hat bei der discriptio Italiae ganz mit Recht
hervorgehoben, wie widersinnig und undenkbar diese Ein-
seitigkeit bei einer geographischen oder administrativen
Statistik sei. Sie führt uns notwendig zu der Überzeugung,
dass wir einen Verwaltungsbericht vor uns haben: einer
solchen Schrift des Augustus zu begegnen wird niemand
verwundern. Wenn der Kaiser in dem Autorenverzeichnis
des V. Buches nicht genannt wird, so ist das einer Nach-
lässigkeit des Plinius zuzuschreiben, die nicht ohne Beispiel ist. 2 )
Die Frage, ob Plinius von dem Charakter der augustischen
Publikation Kenntnis gehabt hat, werden wir kaum verneinen
können. Da gewinnen die Worte, mit denen er seine Vor-
bemerkung zu der Beschreibung Italiens schliesst: coloniarum
ytientione signata quas ille in eo prodidit numero einen ganz
besonderen Sinn. Er hat sich damit bei dem Leser von
vornherein wegen der Lücken in seinem Kolonieverzeichnis,
die ja bei Italien vor allem in die Augen fallen mussten,
«entschuldigen wollen. — Es tut jetzt eine umfassende Neu-
bearbeitung der Reste dieser Schrift not. Ich hoffe, sie bald
als Beitrag zur Erkenntnis des augustischen Reichsregiments
vorlegen zu können.
4. Attribution und Kontribution.
Der Freigelassene Phileros hat in Karthago nach der
Ädilität eine praefectura iure dicundo vectigalibus quinquen-
nalibus locandis in casteüis LXXXIII bekleidet. Diese
1) Cuntz Jahrb. S. 522 ff.
2) Vgl. Münzer, Zur Quellenkritik des Plinius S. 128.
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- 4 1 —
Angabe lässt uns einen interessanten Einblick in die römische
Verwaltungstechnik tun. Der Staat hatte die Aufsicht über
eine bedeutende Anzahl kleinerer Ortschaften den Behörden
der römischen Kolonie anvertraut. Dieses Verhältnis wurde
als attributio bezeichnet. 1 ) Man entlastete so die Provinz ial-
behörden und förderte zugleich die Kolonie, der die vectigalia
der Kastelle zuflössen. Über diese Abgaben klärt uns der
Schiedsspruch 2 ) der Minucii in dem Prozess zwischen Genua
und einem seiner Kastelle auf. Zeile 5 f. heisst es: qua ager
privatus casteli Vituriorum est, quem agrum eos vendere
heredemque sequi licet, is ager vectigal nei siet; Z. 23 f.:
quem agrum poplicum iudieamus esse, eum agrum castelanos
Langenses Veiturios po[si]dere fruique videtur oportere. pro
eo agro vectigal Langenses Veituris in poplicum Genuam dent
in anos singulos vic(toriatos) n(ummos) CCCC. Im folgenden
wird dann noch festgesetzt, dass für diese Geldsumme ein
Zwanzigstel des Getreides und ein Sechstel des Weines ein-
treten kann. Dieser Art sind sicherlich die vectigalia gewesen,
die Phileros zu verpachten hatte.
Das häufige Vorkommen karthagischer Beamten auf den
Inschriften von Thugga und Numiulis lässt darauf schliessen,
dass das Attributionssystem der Kolonie sich bis zu diesen
Ortschaften erstreckte. 3 ) Sie nennen sich im zweiten Jahr-
hundert pagus et civitas.*) Aus älterer Zeit haben wir nur
1) Isidor, orig. 15, 2, 11.: tue» et castella et pagi ii mnt, qui nulla
diqnitate civitatis ornantur sed propter parvitatem sui maioribus civita-
tibus attribuuntur.
2) CIL V 7749.
3) Kornemann Philol. 1901 S. 420 ff.. 472 ff. Zu Kornemanns
Material ist folgende wichtige Inschrift hinzugekommen: Rev. archeol. 41
1902 S. 459. Sex. Puüaeno Sex. f. Arn. Floro Caecüiano praefecto iur.
dicun. sac. Cer. anni CLXX (duo)vir q. flam. perp. C. I. K. pagus et
civitas Thug. patrono d. d. p. p. curatoribus L. Oallio Optato Saüustio Dato.
4) Insgemein rechnet man hierher auch die utraque pars civitatis
Thignicensis (CIL VIII S. 173- Kornemann S. 475). Vielleicht sind aber
unter den beiden Teilen der civitas nicht der pagus et civitas, sondern die
Afri et cives Romani Tliignicenses zu verstehen, so dass wir eine mit der
civitas Uccula (Dessau 6813 civitas Uccula decreto Afrorum posuit — es
handelt sich hier nicht, wie Dessau meint, um das concilium provinciae
Africae) und mit Sua (Dessau 6776 Afri et cives Romani Suenses) ver-
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— 4 2 —
zwei Inschriften aus Thugga. Die eine 1 ) ist so wichtig, dass
ich den Text hierhersetzen muss: Divo Aug. sacrum et
Ti. Claudio Caesari Aug. Germanico pon. max. trib. pot.
VIII imp. XVI cos. IV p. p. cens. C. Artorius Bassus pon.
aed. (duo)vir cur. Lucusiae patronus pagi dedicavit. Julius
Venustus Thinobae filius honoribus peractis flanien divi Aug.
et Gabinia Felicula uxor et Faustus f. eius — knie senatus
et plebs ob nierita eius omnium portarum sententis ornam.
sufetis gratis decrevit — suo et Fausti Thinobae patris
honoribus peractis fiam. divi Aug. et Firmi gut civitas
ornamenta sufetis ob nierita sua decrevit et Saturi sufetis II
qui a civitate et plebe sujfragio creatus est et histitoris honoribus
peractis flanien divi Aug. fratrum suorum nomine s. p. f. cura-
tore Julio Firmo filio. Kornemann schliesst aus der Titulatur
patronus pagi, die wir auch in der anderen Inschrift finden,
dass Thugga damals offiziell ein pagus gewesen sei. Die civitas,
welche in dem zweiten Teil der Inschrift erscheint, habe noch
als Vorort im paganen Verband gestanden. Wenn die
Sufetenwahl einmal von der civitas et plebs vollzogen wird,
während in den anderen Fällen nur die civitas oder gleich-
bedeutend der senatus et plebs auftritt, will er in dieser
plebs, welche neben der civitas genannt wird, die ausserhalb
der Stadtmauern wohnende Menge der Paganen erkennen.
Erst in der späteren Zeit habe sich die civitas ganz von
diesen losgelöst und sei dieDoppelgemeindeThugga entstanden.
Die Entwicklung ist ganz anders verlaufen. Der Ausdruck
civitas et plebs ist sicherlich nur ein Irrtum für senatus et
plebs, wie Kornemann zunächst ganz richtig empfunden hat.
Damit verschwindet der pagus aus dem zweiten Teil der
Inschrift, und wir haben es hier nur noch mit der civitas
zu tun. Ihr gehören die Stifter als Bürger, Beamte 2 ) und
wandte Gemeinde vor uns haben. — Auch in Thibursicum Bure, das CIL
VIII S. 173 mit Thugga zusammengestellt wird, ist bisher die Bezeichnung
pagus et civitas noch nicht nachgewiesen.
1) Dessau 6797. Die andere ist CIL VIII 1478 = 15503.
2) Wir kennen von den Beamten der Gemeinde nur die Sufeten; die
Ädilität, welche CIL VIII 1478 = 15503 u. 1494 erwähnt wird, ist kein
Amt von Thugga.
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- 43 —
Priester 1 ) an; als Dedikanten haben sie den patronus pagi y
einen vornehmen Karthager, gewonnen. Aus diesem Titel
kann man nun aber durchaus nicht schliessen, dass damals
die civitas noch rechtlich zu dem pagus gehört habe; sein
einfacher Sinn ist der, dass sich der Patronat nur auf ihn
bezogen hat. Die Tatsache, dass dieser damals seine eigenen
Patrone hatte, während später die beiden Gemeinden in
dieser und jeder anderen Beziehung vereint erscheinen 2 ),
lässt darauf schliessen, dass sich ihr Verhältnis im Laufe der
Zeit nicht gelockert, sondern eher gefestigt hat. Und diese
Entwicklung ist darin begründet, dass sie eine ganz ver-
schiedene Rechtsstellung hatten und diese Kluft erst allmählich
durch die Macht der lokalen Interessengemeinschaft überbrückt
wurde. Während nämlich die pagi allem Anschein nach
Karthago attribuiert waren, ist dies für die civitates aus-
geschlossen. Eine Inschrift aus Alexandria Troas 3 ) bezeugt,
dass die africanischen civitates unmittelbar unter dem Statt-
halter gestanden haben. Und dann erscheint Thugga in
severischer Zeit als municipium liberum. 4 ) Kornemann
sieht in diesem Beiwort einen Beweis für die vorhergehende
Attribution; wir haben aber bei Thysdrus 5 ) gelernt, dass es
1) Kornemann fasst sie als Priester des karthagischen Kaiserkultes
auf. Aber der Faustus Thinoba ist doch kein römischer Bürger. — Ebenso-
wenig besitzen meiner Meinung nach die übrigen Familienmitglieder das
römische Bürgerrecht, obwohl sie sich mit den verbotenen römischen Namen
(vgl. das Edikt des Claudius über das Bürgerrecht der Anauni CIL V 5050:
nominaque ea y quae habuerunt antea tanquam cives Bomani, ita habere is
permittam) zu schmücken suchen. Die schnelle Verbreitung römischer
Namengcbung in den peregrinen Gemeinden zeigt gut ein Vergleich der
Inschriften CIL VIII 68 u. 69.
2) Siehe Kornemann S. 475.
3) CIL III 388. Q. Loüio Q. f. Ani. Frontoni trib. mü. leg. III
Aug. praef. fahr. teri. praef. equitum alae Numid. Ilvir pont. civitates
XXXXIIII ex provincia Africa, quae sub eo censae sunt. — Man darf
diesen Gehilfen des Statthalters nicht den munizipalen praefecti i. d. für die
attribuierten Gemeinden gleichsetzen, wie es Schulten tut (Die peregrinen
Gaugemeinden des römischen Reichs. Rh. Mus. 50 1895 S. 551).
4) CIL vni S. 173. Die municipia libera hat Dessau 6792 Anm. 1
zusammengestellt.
5) S. 39.
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- 44 —
vielmehr eine Erinnerung an die frühere libertas sein soll.
Die civitates sind also sicherlich politisch selbständig gewesen,
und die Attribution hat sich nur auf das umliegende Gebiet
bezogen. Es wird ein ähnliches Verhältnis gewesen sein,
wie wir es bei Caudium 1 ) finden, dessen Rechte nicht über
seine Stadtmauern hinausreichten, da das ganze territorium
muro tenus-zu Benevent geschlagen war. — Von den Behörden
dieser pagi kennen wir nur den ordo 2 ); Beamte — wir erwarten
etwa magistri — werden auf den Inschriften nicht erwähnt.
Gleich Karthago hatte auch Sicca 3 ) eine Anzahl attribuierter
castella, in denen wir als Gemeinderat seniores finden, die
der plebs gegenüberstehen. Ferner können wir bei Thysdrus 4 )
und Thuburbo maius 5 ) aus dem Vorkommen von praefecti i. d.
auf ein Attributionssystem schliessen.
Zu Cirta gehörten ausser den drei Kolonien zahlreiche
castella und pagi. Die letzteren werden schon von Tacitus 6 )
in der Erzählung des Krieges gegen Tacfarinas erwähnt.
Auf Inschriften begegnen uns zwei 7 ), in welchen sich castella
entwickelt haben, die aber nicht wie bei Thugga zu einer
selbständigen Rechtsstellung gelangt sind. Ausserdem kennen
wir noch 10 castella. 6 ) In allen diesen attribuierten Gemeinden
finden wir einen ordo; als Beamte fungieren magistri. In
1) Mommsen: Schriften der römischen Feldmesser II S. 187. CIL IX
S. 198.
2) Siehe Kornemann S. 475.
3) Dessau 6805—6807. Kornemann S. 422.
4) S. 31.
5) CIL VHI 853.
6) Ann. III 74.
7) Phua: CIL VIII S. 586. 584. 1837. Sigus: S. 552. 1826.
8) Arsacal CIL VIII S. 573- Mastar S. 591- Sila S. 564 u. 1833.
SaddarS. 567. Subzuar S. 571 u. 1835. UzelisS. 589. TiddisS. 606.
Thibilis S. 541 u- 1805: dass Thibilis bis in die Mitte des 3- Jhdts. ein
pagm oder casiellum war, zeigt das Vorkommen von magistri (Suppl. 18 828.
18832. 18835. 18841. 18896. 18900); später scheint es zum mxtnicipium
geworden zu sein, wenigstens finden wir duoviri (18 842. 18845). Celtianenses
S. 1869: in der Inschrift 19693 aus dem Jahre 205 ist das resp.C.C. wohl
nicht als respublica coloniae Celtianensium , sondern casteUi Celtianensium
aufzulösen. Elefantarienses Dessau 6865.
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einer kommen sogar fiamines perpetui vor, und mehrere
bezeichnen sich als res publica.*)
Das Verhältnis der coloniae zu Cirta wurde, wie wir
gesehen haben 2 ), als contributio bezeichnet. Es entsteht nun
die Frage, ob dieser Begriff von der attributio, mit der wir
uns beschäftigt haben, zu unterscheiden ist. Bisher hat man
sie verneint. 3 ) Wir wollen die Verwaltung der Cirta attribuierten
und kontribuierten Gemeinden näher betrachten. An der
Spitze der quattuor coloniae Cirtenses stehen in der Zeit,
aus der die Hauptmasse unserer Inschriften stammt, triumviri. 4 )
Diese haben ihren Amtssitz in Cirta und dürfen die Stadt
natürlich nicht verlassen. Sie verwalten daher die Aussen-
gemeinden durch Stellvertreter, durch praefecti. b ) Diese
praefectura gilt nicht als honos, sondern als munus; eine
1) magistri : Arsacal, Sigus, Sila, Phua, Uzelis, Thibilis, Celtianenses.
fiamines pp.: Sigus (Suppl. 19121. 19122. 19124). respublica: Mastar
Sigus, Sila, Saddar, Subzuar, Phua, Uzelis, Tiddis, Celtianenses.
2) S. 23.
3) Mommsen Staatsrecht III S. 765 ff.
4) Cirta hatte zuerst wie andere Kolonien an seiner Spitze duoviri
(CIL Vin 7099. 7117). Wenn auf Münzen quattuorviri erscheinen (CIL
VIII Suppl. S. 1849), so erklärt sich das wohl daraus, dass es in Cirta zwei
Kategorien von duoviri gab: duoviri i. d. und duoviri aerarii = aediles und
diese als quattuorviri zusammengefasst wurden (dasselbe finden wir in
Vienna: Dessau 7003 und 6996. 7001). Später sind die triumviri an
ihre Stelle getreten. Mommsen hat geglaubt (Hermes I S. 62 ff.), diese
hätten sich aus jenen im Laufe der Zeit bei der Konstituierung der Neben-
kolonien entwickelt, — aber wir haben ja gesehen, dass Mommsens Auf-
fassung von der Geschichte der kontributierten Kolonien falsch ist. Körne-
rn ann (Pauly-Wissowa IV 1 Sp. 586) hat richtig erkannt, dass die triumviri
bis in die ersten Zeiten der Kolonie zurückreichen: in Ariminum stehen die
duoviri und triumviri nebeneinander (Dessau 6659. 6661) und in Vienna,
das ebenso wie Cirta ein ungeheures Gebiet zu verwalten hatte, kommen
ausser den quattuorviri die triumviri locorum publiconm persequendorum
als höchste Beamte vor (CIL XII S. 219). In Cirta ist dann allmählich
der Duovirat in dem Triumvirat aufgegangen.
5) Meine Ansicht über diese praefecturae weicht von der Mommsens
(Hermes I S. 56 ff. u. CIL VHI S. 619) völlig ab. Diese hängt eng mit
Mommsens Anschauung von der Entwicklung der cirtensischen Kolonien
zusammen und fällt mit ihr.
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summa honoraria wird dafür nicht bezahlt. 1 ) Es lässt sich
nun ein Rangunterschied zwischen der Präfektur in den
Kolonien und der in den attribuierten Gemeinden feststellen.
In jenen konnte sie nur nach dem Triumvirat bekleidet
werden 2 ), in den Kastellen, wo der praefechis statt des
iure dicundo den Zusatz pro triumviris hat, schon nach der
Ädilität. 3 ) Hieraus können wir natürlich nicht auf eine
Verschiedenheit der Rechtsstellung schliessen; wir lernen
nur, dass sich die Präfekturen der coloniae eines grösseren
Ansehens erfreuten, als die der castella und pagi.
Während die attribuierten und die kontribuierten Ort-
schaften in der Verwaltung seitens des Hauptortes gleich-
gestellt sind, finden wir einen bedeutsamen Unterschied
hinsichtlich der ihnen zugestandenen Selbstverwaltung. In
den castella Karthagos und Siccas begegnete uns ein ordo,
in den cirtensischen auch Beamte und Priester. Die
kontribuierten coloniae entbehren jeder eigenen Organisation:
<ler ordo, die honores und die Priestertümer gehören dem
Verbände der quattuor coloniae Cirtenses an. Die contributio
hat ein einheitliches Gebilde geschaffen, dessen Teile nicht
die geringsten Sonderrechte behalten haben. Es handelt
sich dabei um die Verschmelzung von Gemeinden gleicher
Rechtsstellung. Die attributio ist dagegen lediglich eine
Angliederung von Ortschaften niederen Rechts an eine Stadt
höheren, meist römischen Rechts. Ich will hier kurz die
wenigen Fälle von Kontribution, die uns bekannt sind,
behandeln. Für die attributio kann ich auf den Abschnitt
über „die attribuierten Orte" in Mommsens Staatsrecht
verweisen. Eine Kontribution weitauseinander liegender Städte
1) Vgl« CIL VIII 6944. 7094—7098. 19489.
2) Vgl. den Index CIL VIII S. 1091.
3) CIL VIII 19135 Sigus: praef pro Hlvir (vgl. 5704). — 6046
Arsacal: aed. praef. pr. Illvir. — 19489 Cirta: quaest. aed. IUI col.
praef. pro Illvir. 10867 Cirta: nach der Ädilität in praefectura pro
Illviris agens. — 7986 = Dessau 6862. Rusicade: ein praef. i. d.
Rusicadi war nach der Ädilität praef. pro Illvir IUI (praef. triumviris
<quater). — Der Titel in 8195 Chullu: praef. i(ure) d(ieundo) pro trium-
virum ist wohl unregelmässig.
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47 —
wie bei Cirta erwähnt Plinius n. h. III 19: colonia immunis
Ilici . ... in eam contribuuntur leositani. Er hat diese
Notiz aus dem Verwaltungsbericht des Augustus geschöpft.
Die Verbindung von Icosium mit der spanischen Kolonie
gehört der Zeit an, in der noch das mauretanische
Königreich bestand. Die Stadt ist nach Plinius V 20 von
Vespasian mit dem latinischen Rechte begabt worden; aber
es muss dort schon vorher eine römische Gemeinde bestanden
haben, denn es hätte doch keinen Sinn gehabt, eine peregrine
Stadt des mauretanischen Reiches einer römischen Kolonie
beizuordnen. Es liegt wohl ein ähnliches Verhältnis vor
wie bei der colonia Augusti Julia Constantia Zulil, von der
Plinius 1 ) sagt: regum dicioni exempta et iura in Baeticam
peiere iussa. Bei derartigen Kontributionen konnte natürlich
im Laufe der Zeit wieder eine Trennung eintreten; sicherlich
ist Icosium nach der Errichtung der mauretanischen Provinzen
selbständig geworden. 2 ) Der Verband der vier Sittianerkolonien
hat sich im dritten Jahrhundert aufgelöst. 3 ) Bei Plinius finden
sich noch drei weitere Beispiele von Kontributionen. XIV 62 :
Urbanam coloniam Sullanam nuper Capuae contributam. Von
Tarent heisst es III 99: contributa eo maritima colonia quae ibi
fuerat; es handelt sich hier um die Verschmelzung der
1) V 2.
2) Meine Auffassung der Stadtgeschichte von Icosium findet eine
Bestätigung durch die Inschrift 20853 des eben erschienenen Suppl. III zum
CIL VIII. In dieser erscheint in den Jahren 74—76 n. Chr. ein Flavius,
der die Ädilität und die Quinquennalität bekleidet hat, als pontifex primus
in colonia. Es ist nun durchaus unwahrscheinlich, dass wir hier eine von
Vespasian geschaffene latinische Kolonie vor uns haben, denn die Gemeinden,
denen er die Latinität verlieh, wurden insgesamt munieipia. Wenn wir
aber im Icosium eine römische Kolonie finden, liegt es nahe, in ihr die von
Augustus mit Ilici kontribuierte Gemeinde zu sehen, welche dann von
Vespasian selbständig gemacht worden ist: man vergleiche zu dem pontifex
primus den triumvir primtu in Mileu nach der Aufhebung der Kontribution
(Dessau 6864). Die von Plinius berichtete Verleihung des latinischen
Rechts bedeutet wohl, dass die Peregrinen per aedilitaiis gradum in curiam . . .
üdmitterentur ac per hoc civitatem Bontanam apiscerentur, wie es Antoninus
Pius für die Carni und Catali in Tergeste verordnete.
3) Dessau 6864. Mommsen CIL VIII S. 619.
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- 48 -
Kolonie und des Munizipiums. Mit der Kolonie Norba sind
zwei castra vereinigt worden, deren Einwohner sicherlich auch
römische Bürger waren, Plin. IV 117: contributa sunt in eam
castra Servüia castra Caecilia. Zwei andere spanische Städte,
Ugultuniacum !) und Ipsca 2 ) verdanken ihre Entstehung einer
contributio und führen diesen Begriff deshalb titular in ihrem
Namen. Bei den incolae contributi, die im Abschnitt 103 s ) des
Stadtrechts von Urso erscheinen, wird es sich wohl um
Römer handeln, die in der Gegend ansässig waren und in
den Verband der Kolonisten aufgenommen wurden; doch
liegt vielleicht eine Entstellung des Textes vor.
Ich will das Ergebnis meiner Untersuchung über die
Anfänge der römischen Städte in Africa kurz zusammen-
fassen. Die grossen Gegensätze zwischen cäsarischer und
augustischer Reichspolitik, die Körnern ann zu erkennen
glaubte, haben sich in nichts aufgelöst. Cäsar hat in den
zwei Jahren, die er über Africa gebot, daselbst keine weit-
fliegenden Pläne zu verwirklichen gesucht. Die einzige Spur
seiner Tätigkeit sind Koloniegründungen, d. h. die Verwertung
des Provinzialbodens zur Versorgung des römischen Proletariats.
Ich will ein Urteil Ciceros 4 ) über diese Politik anführen.
Er rühmt das Senatsregiment in den Provinzen: patrocinium
orbis terrarum verius quam Imperium poterat nominari, und
dann heisst es von dem cäsarischen System: secutus est, qui
in causa impia, victoria etiam foediore non singulorum civium
bona publicaret, sed universas provincias regionesque uno
calamitatis iure comprehenderet. In diesem gehässigen Urteil
liegt ein richtiger Kern; es zeugt nicht etwa nur von einer
1) Vgl. CIL II S. 131.
2) Vgl. CIL II S. 211.
3) colon(os) incolasque contributos quocumgue tempore colon(iae) fin(ium)
dividendorum (lies defendendorum) causa armatos educere (duovirum)
decurion(e8) cen(suerint). Dessau 6087 tilgt das que, Huschke (Bruns,
fontes) schreibt incolas contributosque.
4) de off. H 7, 27.
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— 49 —
Verständnislosigkeit Ciceros für cäsarische Weltreichpläne.
Augustus hat dann eifrig an der Hebung Africas gearbeitet.
Er ist niemals dort gewesen — es ist neben Sardinien die
einzige Provinz, die er nicht bereist hat. Aber es ist doch
ein reiches Bild zielbewussten Schaffens, das er in seinem
Berichte dem Senat und Volk zeigen konnte. Wenn ich
dargelegt habe, dass Cäsar für die Provinzialen gar nichts
getan, dass er Numidien nicht einmal vor dem Wüten des
Sallust geschützt hat, dass Augustus dann den Gemeinden
der Peregrinen in weitem Umfange die libertas gegeben, um
das lange unterdrückte städtische Leben emporblühen zu
lassen, dass er den Kajhagern und Uticensern das Bürger-
recht verliehen hat, so liegt es mir natürlich fern, die Rollen,
die Kornemann ihnen zugeteilt hat, einfach zu vertauschen.
Man kann sie nicht leicht vergleichen. Cäsar hat kämpfen
müssen bis fast an seinen Tod; er musste auf den Augenblick,
auf den Sieg bedacht sein und demgemäss handeln. Augustus
konnte in langer Friedenszeit nach reifen Plänen Dauerndes
zu begründen trachten. Liberal war seine Politik nicht,
aber auch nicht engherzig: sie war gesund.
Dist. Bart hei.
4
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II. Das album ordinis coloniae Thamugadensis.
Man pflegt in der Einmischung der kaiserlichen Re-
gierung in die Selbstverwaltung der Städte einen der Haupt-
gründe für das Absterben des munizipalen Lebens im
römischen Reiche zu sehen. 1 ) Die Betrachtung der afri-
canischen Entwicklung zeigt uns, dass es zu Unrecht geschieht.
Der Staat hat nur da eingegriffen, wo der Verfall schon
eingetreten war und er die verrotteten Behörden der Ge-
meinden, deren Bürgerzahl und Wohlstand immer schneller
sank, nicht länger selbständig wirtschaften lassen durfte.
Für manche Teile des Reichs können wir den Niedergang
schon im Anfang des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts
nachweisen, und etwa gleichzeitig erscheinen dort die kaiser-
lichen Aufsichtsbeamten, die correctores 2 ) und die curatores
rei publicae. 2 ) Um diese Zeit beginnt das Städtewesen in
Africa sich zu voller Blüte zu entfalten. Erst nach den
Severen geht es hier bergab. Dann erst werden die muni-
zipalen Inschriften, welche vorher so oft von reichen Stiftungen
der Beamten und Priester erzählen, immer seltener. Die
Provinz hat sich von den furchtbaren Leiden, welche sie
nach dem Untergang der beiden Gordiane im Jahre 238
heimsuchten, nicht wieder erholen können. 4 ) Und jetzt erst
wird die staatliche cura über die africanischen Gemeinden
verhängt. Einige curatores kommen schon in der ersten
Hälfte des Jahrhunderts vor, allgemein verbreitet ist das Amt
erst seit dem Ende. 5 ) Als diese Aufsicht hier eingeführt
wird, hat sie zudem ihren ursprünglichen Charakter schon
1) Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt II S. 168 ff.
Kübler, Pauly-Wissowa IV 2 Sp. 2343.
2) Pauly-Wissowa IV 2 Sp. 1646.
3) ebda. Sp. 1806. Seeck II S. 170.
4) Vgl. Toutain. Les cites romaines de la TunLsie. Paris 1895 S. 367 f.
5) Toutain S. 356 ff.
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- 5i —
verloren ; die curatorcs sind nicht mehr vom Kaiser bestellte
Männer hohen Ranges, sondern werden aus den Dekurionen
der Stadt genommen. Sie sind nun die obersten munizipalen
Beamten, deren Ernennung oder Bestätigung wohl dem Statt-
halter obliegt. 1 )
Was man der Reichsverwaltung der früheren Zeit zu
Unrecht nachgesagt hat, gilt dann durchaus von der diokle-
tianischen Regierung. Sie hat durch die systematische Ver-
kleinerung der Provinzen und die ungeheure Vermehrung des
kaiserlichen Beamtenheeres den Rest von Selbständigkeit
und Lebenskraft in den Städten vernichtet. Africa scheint
jetzt vor den übrigen Provinzen gar nichts mehr voraus gehabt
zu haben. Die Gesetze entrollen uns ein trauriges Bild von
seinen städtischen Verhältnissen. Die Zugehörigkeit zum
ordo und die honores, einst das höchste Ziel munizipalen
Ehrgeizes, bieten jetzt nur noch Pflichten und werden als
furchtbare Last empfunden, der man sich auf alle mögliche
Weise zu entziehen sucht. Aber der Dekurionat ist zum
erblichen Stand geworden, und der Staat sorgt durch scharfe
Gesetze dafür, dass die Söhne der Dekurionen in die Kurie
eintreten und der Reihe nach die kostspieligen Ämter be-
kleiden. Dabei geht der Wohlstand der einst überreichen
Provinz immer mehr zurück, da sie zu allem inneren Ver-
fall noch schutzlos den Plünderungen der Wüstenstämme
und dem noch schlimmeren Wüten der kaiserlichen Beamten
preisgegeben ist. Seeck hat uns im zweiten Band seiner
„Geschichte des Untergangs der antiken Welt" 2 ) nach Ammian
ein anschauliches Bild von den furchtbaren Leiden entworfen,
welche die Stadt Leptis zu Beginn der Regierung Valentinians I.
erdulden musste.
Eben dieser Zeit gehören mehrere für die Geschichte
1) Pauly-Wissowa IV 2 Sp. 1809. — Ich kenne nur vier Fälle, dass
4er curator nicht Bürger der betr. Stadt ist; es handelt sich dabei stets um
Karthager: CIL VIII 883: in der Resp. Thimidensium Regiorum. 2409:
in ThamugadL 1165: Stadtname unleserlich. Rev. archeol. 23 S. 412: in
dem Municipium Abthugnitanorum.
2) S. 104 ff.
4*
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- 52 -
des Dekurionats höchst wichtige Funde an, welche in den
letzten Jahrzehnten in der curia von Thamugadi zutage
getreten sind. In den siebziger Jahren entdeckte Wümanns
dort eine der Länge nach durchgebrochene Basis, auf deren
unversehrte Seitenflächen ein albus ordinis col(oniae) Tham(u)-
g(adensis) derart verteilt ist, dass auf jeder etwa die Hälfte
der Namenreihe steht. 1 ) Mommsen gab die Inschrift nach
einer Abschrift von Wilmanns mit Kommentar in der
Ephemeris epigraphica 2 ) heraus. Er glaubte, das Album
sei bei der Errichtung der Statue aufgezeichnet worden.
Doch wie er selbst nachwies, stammt es aus der Mitte des
vierten Jahrhunderts, während die Widmungsinschrift der
Vorderseite viel älter sein muss. Das lehrt die Angabe der
Tribusin dem Namen des Geehrten, die in jener späten Zeit
undenkbar ist, und zudem beweist die Verschiedenheit des
Schriftcharakters, die bei einer erneuten Untersuchung des
Steines erkannt wurde, dass die beiden Inschriften nicht
zusammengehören. 3 ) Man hat, um die Platten für das Album
zu gewinnen, eine alte Basis in zwei Stücke geteilt, wie das
ganz charakteristisch für die Zeit des Verfalles ist. Die
Grösse der Steine ist HO X 57 cm; der beschriebene Raum
ist bei beiden genau gleich lang = 85 cm. 4 ) Die Buch-
staben sind in den beiden Zeilen der Überschrift 2*/ a und 2,
im übrigen etwa cm hoch.
Die Reihenfolge der Dekurionen entspricht den Prinzipien,
die wir aus den Ulpianstellen des Titels de albo scribendo
der Digesten 5 ) kennen. Am Anfang stehen qui dignitates
principis iudicio consecuti sunt: 10 viri clarisshni und 2 per-
fectissimi. Die ersteren sind von den folgenden Namen durch
J) Die Steine sind jetzt im Louvre : Ballu. Les ruines de Timgad.
Paris 1897 S. 143.
2) III S. 77 ff. CIL VIII 2403.
3) CIL Vin Suppl. 17824.
4) Ich bin Herrn Professor H. Dessau zu grossem Dank dafür ver-
pflichtet, dass er mich die im Archiv des CIL befindlichen Abklatsche der
Dekurionenliste (CIL VIII 2403. 17903 b—d und f) zunächst in Berlin
einsehen liess und sie mir dann auch nach Greifswald sandte.
5) L 3. 1. 2.
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— 53 —
einen Zwischenraum von einer Zeile getrennt. Fünf tragen
den Vermerk p(a)tr(onus), der dann neun Zeilen weiter bei
dem ersten der beiden sacerdotales wiederkehrt; auf diese
folgen der curator und die duoviri. Von den bisher genannten
Dekurionen bekleiden fünf auch Priesterämter; vier sind
flamme* perpetui, einer augur. Dann kommt die Haupt-
masse der Priester: 32 fiamines perpetui, 4 pontißces und
3 augures. Das exet, das bei zwei fi. pp. steht, wird uns
weiter unten beschäftigen. Es schliessen sich die (a)ediles
und quaestores an, doch ist seltsamerweise in der letzteren
Rubrik nur ein Name verzeichnet. Von den Dekurionen,
die bei der Abfassung der Inschrift nicht mehr Beamte oder
Priester waren, erscheinen nur noch die duoviralici, 12 an
der Zahl. Mommsen, der ja den Stein mit der Ehren-
inschrift als ein Ganzes ansah, meinte, dass wir ein voll-
ständiges Album vor uns hätten. Wir werden im Hinblick
auf die ganz gleiche Länge der Kolumnen eher noch eine
Fortsetzung erwarten. Denn dass der Steinmetz die Ver-
wendung des Raumes so überaus sorgfältig vorausberechnet
habe, entspräche wenig dieser Zeit des Verfalles, die sonst
immer durch eine gewisse Nachlässigkeit ausgezeichnet ist.
Und später gefundene Inschriften, deren Schriftcharakter mit
dem der besprochenen so sehr übereinstimmt, ,,dass man
fast meinen möchte, derselbe Steinmetz sei bei beiden tätig
gewesen" 1 ), lehren uns, dass damals auch die aedilicii und
quaestoricii in den Alben verzeichnet wurden. Auf den
beiden Tafeln ist uns also nur der Anfang einer Dekurion-
liste erhalten. Wir müssen noch einige Fragen besprechen,
die sich an sie knüpfen, bevor wir untersuchen, ob nicht
auch die Fortsetzung des Verzeichnisses auf uns gekommen ist.
Mommsen' 2 ) und Dessau 3 ) sind der Ansicht, dass auch
die 5 viri clarissimi, bei denen das ptr fehlt, und die per-
fectissimi zu den Patronen der Stadt gehörten. Der Stein-
metz habe den Vermerk hinter ihren Namen aus Versehen
1) Joh. Schmidt. Rh. Mus. 47 1892. S. 122.
2) Eph. ep. HI, S. 81.
3) Iasci. sei. 6122 Anm. 5.
- 54 —
fortgelassen. Aber das ist doch recht unwahrscheinlich,
zumal wenn man die Sorgfalt betrachtet, mit der im folgenden
überall das fl. p. gesetzt ist. Wir haben es wohl nur mit
sechs Patronen zu tun; sie werden nicht zusammen auf-
gezählt, weil das gleiche Verhältnis, in dem sie zu der
Gemeinde stehen, gegenüber dem staatlichen Rangunterschied
zwischen dem Provinzialpriester und den viri clarissimi
nach der Regel des Ulpian zurückteten musste. An erster
Stelle erscheint unter ihnen ein Verwandter des Kaiserhauses;
Vulcacius Rufinus war consularis Numidiae gewesen 1 ), und
in dieser Zeit wird er Patron der Stadt geworden sein.
Unter den übrigen werden sich wohl neben hohen Reichs-
beamten auch Bürger von Thamugadi finden. Schwierig-
keiten bereiten die folgenden 5 viri clarissimi. Der Eintritt
in den Senat befreite von dem Dekurionat. Nur wer ohne
Ableistung der munizipalen munera sich eingeschlichen hatte,
wurde in seine Kurie zurückverwiesen; doch blieb ihm
dann der senatorische Rang: C. Th. XII 1, 69 (365 — 373
n. Chr.): universi qui praematura cupiditate senatorios coetus
honoribus patriae praetulisse noscuntur, habeant quidem iv-
colmnem statum senatoriae dignitatis. verum fungaritur his
honoribus, quos patriae nondtim reddiderunt. Man könnte
die 5 clarissimi als solche wieder eingefangene Flüchtlinge
ansehen. Ansprechender erscheint mir jedoch die Meinung,
die Seeck in einem Aufsatze über ,,Decemprimat und
Dekaprotie 4 ' entwickelt hat.2) Er hält die fünf Männer nicht
für Senatoren, sondern für blosse clarissimi. Es seien die
principales der Curie, die quinque primi, die wir aus mehreren
Gesetzen kennen; sie hätten zur Belohnung für die Erfüllung
aller Pflichten den Clarissimat titular erhalten.
Keiner von den fünfen wird als flamen perpetuus be-
zeichnet; sicherlich haben mehrere von ihnen das Amt be-
kleidet, aber die Prinzipalität hat sie davon entbunden. An
und für sich ist es lebenslänglich; das besagt der Titel
flamen perpetuus so deutlich, dass es nie hätte bezweifelt
1) Vgl. CIL VHI 17824.
3) Beiträge zur alten Geschichte I S. 161 ff.
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werden sollen. Trotzdem hat Joh. Schmidt 1 ) es als Jahres-
amt aufgefasst, obwohl er selbst die Schwierigkeit erkannte,
die gerade das Album dem entgegenstellt, indem es alle
flamines perpetui unter die fungierenden Beamten einreiht.
Er glaubt eine Stütze für seine Ansicht in dem Wortlaut
der Inschrift VIII 7041 zu finden; da wird einem Senator
und quaestor designatus eine Statue errichtet post flamonium
et honores omnes, quibus in colonia . . . Cirta patria sua
fnnetus est Aber hier haben wir ja denselben Fall wie
bei den principales des Albums. Wie diese bei der Erlangung
des Clarissimats, so hat jener bei seinem Eintritt in den Senat
das Priesteramt niedergelegt. Ebensowenig Beweiskraft hat
eine Stelle aus einem Rescript Konstantins des Grossen 2 ):
quoniam Afri atriales conquesti sunt quosdam in suo corpore,
post fiamonii honorem et sacerdotii vel magistratus decursa
usignia praepositos compelli fieri mansionxim u.s.f. Hier
bedeutet post fiamonii honorem nur ,,nach Erlangung des
Amtes"; dieses wird ja überdies klar geschieden von den
decursa insiynia der Jahresämter, des Provinzialpriestertums
und des Duovirats: weil dieser Ausdruck bei ihm nicht passt,
hat man es vorweggenommen, obwohl es im Range, wie das
Album lehrt, erst auf das sacerdotium folgte. 3 ; Die grosse
Zahl dieser Priester hat Hirschfeld durch die Annahme er-
klären wollen, dass es für dieses Amt in der späten Zeit
keine Normalzahl mehr gegeben habe, da es zu gänzlicher
Bedeutungslosigkeit herabgesunken sei und nur noch als
Titel existiert habe; 4 ) aber das ist nicht eben wahrscheinlich,
denn bedeutungslos ist das Amt sicherlich schon insofern
nicht gewesen, als es gewiss mit erheblichen Kosten ver-
knüpft war. Ich möchte mich der Ansicht Mommsens an-
schliessen, der die Zahl der flamines perpetui in Beziehung
1) Rh. Mus. 74 S. 12s ff.
2) C. Th. XII 1, 21.
3) Vgl. auch C. Th. XII 5,2: Sacerdolales et flamines ptrpetuos
atque etiam duumvirales usf.
4) Sitz.-Ber. der Berl. Akad. lt>88 S. 861.
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zu der der divi setzt. *) Das Kollegium ist demnach, wie
im Laufe der Zeit immer mehr Kaiser unter die Götter
erhoben werden, zu der stattlichen Grösse angewachsen, in
der es uns in dem Album entgegentritt. Die grosse Be-
deutung, zu der sich dieses Priestertum in Africa entwickelt
hat, scheint ihren Grund darin zu haben, dass hier die
Augustalen, denen in anderen Teilen des Reiches der Kaiser-
kult und die Veranstaltung der Spiele obliegt, nur ganz
vereinzelt vorkommen und dann ganz ausserhalb der Ge-
meinden stehen. 2 )
Dies vorausgeschickt, wenden wir uns dem neuen In-
schriftenfunde zu, der, wie wir glauben, die eben besprochenen
Tafeln ergänzt. Es handelt sich um 7 Bruchstücke 3 ), über
deren Zusammenhang die Untersuchung der Steine nichts
Sicheres ergeben hat; „doch ist der allgemeine Eindruck,
den Cagnat und Dessau von dem Aussehen der Steine wie
von der Form der Buchstaben erhalten haben, der gewesen,
dass sie wohl zu einem Denkmal gehört haben möchten." 4 )
Schmidt ist es dann gelungen, c und d aneinanderzupassen.
In a erscheint ein Claudius Finninus iunfiar). in c ein
[Claudius Fijrminus maior. Dies Bestreben, die gleich-
1) Eph. ep. III s. 82.
2) Wir finden sie in Ammaedara (CIL VIII 305), Theveste (VIII
1882. 1888. 1889. 16555. 16 556. 16 558. 16 560) und Thamugadi (VIII 2350.
Rev. archeol. 1902 41 S. 433 Nr. 144: Cereri Aug. mcrum arca Augustalium
a re publica separatorum templum vetustate düapsum a solo ma pecunia
restituii eadennjue dcdicavit. 145: Ordo Augustalium ma pecunia fecü).
Ihre eigentümliche Stellung erhellt aus den Inschriften von Thamugadi und
der Thatsache. dass sie in Theveste neben dem ordo, den universae curiae
und dem populus genannt werden. Herr Prof. Seeck hat mich darauf
hingewiesen, dass es sich hier wohl um eine Organisation der incola*
handelt. — Der Aufsatz von Besnier über „les Augustales de Timgad"
Ree. de Constantine 1903 ist mir nicht zugänglich.
3) Sechs (a — f) hat Joh. Schmidt, Rh. Mus. 47 1892 S. 114 ff. und
CIL VIT! Suppl. 17903 veröffentlicht und besprochen. Das siebente (g)
ist von Vars Ree. de Constantine 35 1901 S. 231 herausgegeben; Herr Prof.
Dessau hat mich freundlich darauf aufmerksam gemacht und mir eine Pause
davon zugeschickt.
4) Rh. Mus. S. 119.
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lautenden Namen zu unterscheiden, macht es wahrscheinlich,
dass auch diese Stücke zu demselben Denkmal gehören.
Mit der dritten Zeile von a beginnen die edilici non excusati,
mit der dreizehnten von c die q(aestorici) non excusati; da ent-
sprechend der Rangfolge der Ädilen und Quästoren in einem
Album die quaestoricii unmittelbar auf die aedilicii folgen
mussten, können wir wohl sogar vermuten, dass wir hier
Teile der gleichen Tafel vor uns haben. Ferner besteht
ein Zusammenhang zwischen e und f; auf dem ersten finden
wir die Überschrift . . . n honores functi non exc(usati), das
. . . uncti exc(usati) auf dem zweiten ist sicherlich entsprechend
zu ergänzen. Wir hätten da also die excusati und non excusati
derselben Dekurionenklasse vor uns. Eine bisher nicht be-
merkte epigraphische Besonderheit erhebt es nun über allen
Zweifel, dass f zu derselben Tafel gehört wie c-\-d. Hier
ist nämlich die Schrift der linken Kolumne etwas grösser
als die der rechten, und dasselbe kehrt bei f wieder. *) Da-
mit ist die Ergänzung der Überschriften in e und f gegeben.
Auf die aedilicii und quaestoricii müssen nach Ulpian qui
nuilo honore functi sunt folgen; wir haben also in e und /
fnojn honores functi zu lesen. Bei einer Rekonstruktion der
Tafel wäre nun f oberhalb von e anzuordnen, da hier der
untere Rand des Steines erhalten ist; dann gehen aber in
dieser Dekurionenklasse die excusati den non excusati voraus,
während es bei den aedilicii, wie das Fragment a zeigt, um-
gekehrt ist. Deshalb hat Schmidt ohne weiteres das non
honores functi, bei dem ihm auch die Stellung des non un-
gewöhnlich schien, abgelehnt und fomjn(es) honores functi
vorgeschlagen. Er will lesen: flam. pp. oder dumviralici
umnes honores functi. Dann konnte er e und f natürlich nicht
derselben Tafel zuweisen wie a und c-\-d: eine Reihe von
Überlegungen, die wir hier nicht zu verfolgen brauchen,
führte ihn zu der Überzeugung, dass die Fragmente mehreren,
l) Die Buchstaben der linken Reihe sind 1 l , 3 — 1 cm gross, die
der rechten 1 cm. Hier sind jedoch die Zwischenräume zwischen den Zeilen
etwas grösser, so dass der Unterschied bei lO Zeilen nur etwa 3 , 4 cm
einigt (IQ : l8'/<).
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vielleicht gar drei Denkmälern angehörten. Aber wie diese
Folgerung vor dem epigraphischen Befund nicht bestehen
kann, so die Ergänzung der Überschrift nicht vor den beiden
anderen Tafeln. Hier haben wir ja eben die Dekurionenklassen
vor uns, die Schmidt in e und f finden will, und lernen, dass
es die Überschrift, die er herstellt, in den Alben jener Zeit
gar nicht gab; denn bei solchen Urkunden wird man doch kaum
grosse redaktionelle Verschiedenheiten voraussetzen dürfen.
Die Schwierigkeit, die in der anscheinend umgekehrten
Reihenfolge liegt, löst sich auf, sobald wir die Bedeutung
der excusatio in den Überschriften näher betrachten. Schmidt
fasst sie als Befreiung von den mnnera auf, die wegen hohen
Alters oder grosser Kinderzahl verliehen worden sei. Aber
wie in den Alben von Kollegien die immunes eine Ehren-
stellung einnehmen, müssten wir doch auch hier erwarten,
dass die aedilicii excusati die angeseheneren seien und den
non excusati vorangingen. Zudem waren die munera so
vielfach abgestuft, dass der blosse Vermerk der excusat to
ohne nähere Bestimmung kaum ausreichend gewesen wäre;
denn dass die Befreiung immer gleich für alle galt, ist nicht
wahrscheinlich. Völlig unannehmbar wird aber Schmidts
Interpretation, wenn wir einen Blick auf die beiden anderen
Tafeln werfen. Während wir eine derartige excusatio bei
den oberen Klassen der Dekurionen in noch viel grösserem
Umfange erwarten sollten, finden wir hier nur zwei Fälle:
wir werden ja nun das exet bei den zwei ftamines perpetni
mit Sicherheit als excusatus auflösen. Meiner Meinung nach
bezieht sich die Befreiung auf die Ämter. Der aedilicius
non excusatus hat die Ädilität wirklich bekleidet, der excusatus
hat sich, als er an die Reihe kam, von der Amtsführung
entbinden lassen. Gerade den unteren Ämtern suchte man
sich damals gern zu entziehen. Das zeigt ein Gesetz aus
dem Jahre 372 ganz deutlich. 1 ) Es heisst da: nemo . . . wl
1) C. Th. Xll 1. 77. Man vgl. für die excusatio XII 1. 94 (383 n. Chr.) :
neque tos (sc. curiales) sub excumtione alieuius officii vel honoris permittat
evagari. Ferner die Inschriften CIL VIII 12030 (183— 185 n. Chr.) und
12039 : cui cum ordo honorem ft(amonii) obtulisset . . . [ob Jexcusation(em)
honorfis).
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gubernacula provinciae nitatur ascendere, priusquam decursis
yradatim cnriae muneribus subvehatur . nee vero a duumviratu
vel a sacerdotio incipiat, sed servato ordine omnium officiorum
solUcitudinem sustineat nee vero principalium vel
sacerdotalium , cum niillam curialium officiorum agnoverint
functionem, in honores primos inrepant. Dieses Gesetz
wendet sich eben gegen die excusatio und die fiktive Bc
kleidung der Ämter; dass solche Bestimmungen aber ohne
rechten Erfolg blieben, lehrt die Einteilung einiger Dekurionen-
klassen in excusati und non excusati auf unserer Tafel
deutlich genug. Wenn wir auf der zweiten Tafel unter der
Überschrift quaestores nur einen Beamten fanden, so haben
wir da vielleicht ein Beispiel von excusatio vor uns. Wir
müssten daraus schliessen, dass, wenn ein Quästor sich nach
der Nomination von dem Antritt des Amtes befreien liess,
kein Ersatzmann für ihn gewählt wurde. Bei dem un-
bedeutenden Amte mag das sehr wohl möglich gewesen
sein, bei der Ädilität ist es nicht denkbar. Aus dem Wort-
laut des Gesetzes können wir schliessen, dass die Befreiung
bei dem Duovirat kaum vorkam, und das wird dadurch
bestätigt, dass bei den duoviralicii auf Tafel II ein non
excusati gar nicht erst hinzugefügt ist: es verstand sich eben
von selbst. 1 ) Die ffamines perpetui excusati, die mitten unter
den fungierenden aufgeführt sind, werden wohl nicht gänzlich
befreit gewesen, sondern nur nach längerer Amtsführung
dispensiert worden sein.
Nun erkennen wir, dass die bei der Rekonstruktion der
Tafel entstehende Folge der excusati und non excusati bei
den non honores functi die einzig mögliche ist; denn die,
welche zwar keine Ämter bekleidet hatten, aber doch einmal
l) Schmidt will die excusatio auch bei den beiden duumviralicii auf
Fragment a finden. In der ersten Zeile hat Cagnat gelesen DVMVIRL, in
der zweiten DVMVIRC. „Der letzte undeutliche Buchstabenrest in Z. 1
kann nach Cagnats Abschrift ein E sein": Schmidt mochte darum hier und
auch in Z. 2 E[XCT] ergänzen. Aber das ist doch recht unsicher, zumal
das C in Z. 2 gesichert zu sein scheint. Vielleicht handelt es sich um eine
Abkürzung der Schlusssilben von duntvimlici-
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— 6o —
zu ihnen gewählt waren, mussten doch den anderen voran-
gehen. Wenn es bei den aediUcii und quaestoricii, wie wir
zunächst annahmen, umgekehrt wäre, würden wir es für
ganz richtig halten; hier hätten ja sicherlich die wirklichen
einen höheren Rang gehabt als die fiktiven. Aber die Sache
liegt anders. Bei diesen kann es nur diejenigen, welche in
den noch erhaltenen Überschriften stehen, die non excusat?,
gegeben haben, da die excusati zu der Kategorie der non
honores funeti excusati gehören. Denn insofern man die
Ämterreihe mit Quästur oder Ädilität begann, ist ein
quaestoricius oder aedilicius excusatus nichts anderes als ein
non honores fwictas excusatus.
Diese Darlegung findet ihre Bestätigung dadurch, dass
die Fragmente c-\-d und /"sich so aneinanderfügen, dass auf
die quaestoricii non excusati unmittelbar die non honores
funeti excusati folgen. Die Bruchlinien von f und d, die
auf den Abklatschen ganz gut ausgeprägt sind, passen genau
zusammen. In Zeile 24 meiner Rekonstruktion schliesst sich
das S auf d unmittelbar an das IANVARIV von f an.
Darüber das SSI an das ABA. Im CIL ist allerdings für d ISSI
angegeben, von dem ersten I ist jedoch auf dem Abklatsch
gar nichts zu erkennen, vielmehr scheint das S unmittelbar
am Bruchrand zu stehen, und das Zusammenpassen der
Stücke lehrt, dass kaum ein Buchstabe ausgefallen sein kann.
Der Name Abassus ist sonst nicht überliefert; aber an der
Richtigkeit des Innocentius Abassi können wir nicht zweifeln,
wenn wir die Bildung der Namen auf den Tafeln betrachten.
Sie bestehen aus Gentilicium und Cognomen oder auch
einigemale aus letzterem und einem folgenden Genetiv. 1 ) In
unserem Falle müssen wir also nach dem Cognomen
Innocentius gerade eine Genetivform, wie wir sie in dem
1) Man vgl. II 41 Faustiniamts Citheri. III links 33 . . . metianw
Ceri ... III rechts 18 . . . anus Oregori. 31 Oaiulm (vgl. 26 das Cognomen
Gaianus) Datuüi. 21 Vitalis DatuUi. 36 FausHnianus PalminfiJ. Ich
möchte glauben, dass es sich hier um Kindernamen handelt; die meisten
erscheinen unter den non honores funeti non excusati und der duoviralicius
Faustinianus Citheri kann auch sehr wohl ein puer sein (vgl. CIL VIII 14).
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Abassi finden, erwarten. In der vorhergehenden Zeile bietet
f einen abgeschlossenen Namen, auf d steht infolgedessen
hier nichts. Darüber sind auf f nur noch die unteren Hälften
einiger Buchstaben erhalten. Auf d lesen wir IVS, auf /"
am Ende AN1 und vorher mit ziemlicher Wahrscheinlich-
keit CT, so dass wir den Namen [Lajctantius erhalten. Die
Probe auf die Richtigkeit der Zusammensetzung ist damit
gegeben, dass beim Zusammenfügen der Abklatsche die
Zeilenanfänge in f mit denen in c-\-d eine gerade Linie
bilden.
Wir erhalten so vier quaestoricii non excusati und diese
Zahl mussten wir auch erwarten. In dem Album von
Canusium, das keine excusatio kennt, finden wir neun
quaestoricii, dabei sind die amtierenden Quästoren schon
eingerechnet; in Thamugadi, wo wohl alljährlich einer
dispensiert war, ist die Zahl dementsprechend etwa halb
so gross.
Wenn wir so die Fragmente a und c bis f einer Tafel
zuzuweisen haben, werden wir b und g kaum von ihnen
trennen wollen. Bei g ist oben und rechts der Rand erhalten;
damit ist ihm sein Platz angewiesen. Vars hat als Buch-
stabenhöhe ii/ a cm angegeben; der Steinmetz hat also in
den ersten Zeilen der rechten Kolumne noch die Schrift-
grösse der linken beibehalten. Das Bruchstück b gehört,
wie die Buchstabengrösse und die Art des Bruches, der an
den Zeilenanfängen entlang läuft, lehrt, zur linken Seite der
Tafel. Wir müssen es zwischen o und c oder zwischen f und
e einschieben. Ersteres ist unmöglich, weil sich dabei eine
ganz unglaubliche Zahl von aedilicii ergeben würde. Wenn
es aber auf f folgen muss, dann wird die Wahrscheinlichkeit
recht gross, dass das VS, welches hier in Zeile 35 von der
linken Kolumne erhalten ist, den Schluss der fünften auf b
bildet, denn solcher Namen, die wie [Pujblicius Victori-
n[ianju8 die erforderliche Länge haben , gibt es nicht eben
viele, e habe ich dann unmittelbar an b angeschlossen.
g lässt sich ebenso über c-\-d anordnen. Dann gehört
das iunfior] in c links , zu dem ClaudiufsJ in a 9 ; ver-
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mutungsweise habe ich hier den Namen von a 6 hergestellt
und dort entsprechend ein maior hinzugefügt. Damit ist die
Tafel nahezu vollständig rekonstruiert. Die linke Reihe hat
64 Zeilen, die rechte kann etwa 2 mehr haben, da hier ja
auf 10 Zeilen 3 / 4 cm gepart sind. Die Höhe der Kolumnen
ist gleich 123 cm, der Stein mag also 130 gemessen haben,
die Breite ist etwa 70 cm.
Wir finden 17 aedilicii non excusati: rechnen wir die
beiden Ädilen hinzu, so haben wir genau dieselbe Zahl wie
in dem Album von Canusium. Doch müssen wir erwarten,
dass mehrere Mitglieder dieser Klasse schon vorher unter
den Priestern aufgeführt sind. Von den beiden Duovirn auf
Tafel I ist ja der eine gleichzeitig Flamen, der andere Augur,
und da es doch recht unwahrscheinlich ist, dass sie zu diesen
Ämtern erst im laufenden Jahre gelangt sind, müssen wir
annehmen, dass sie sie schon als aedilicii bekleidet haben,
und dann sind sie natürlich nicht unter diesen, sondern unter
den flamines perpetui bezw. unter den augures verzeichnet
gewesen. Die non honores functi excusati erreichen die
stattliche Zahl von 34. Von den non excusati sind nahezu
70 genannt, und da die rechte Kolumne bis zum Rande
beschrieben ist, liegt sogar die Annahme nahe, dass die
Liste sich auf einer anderen Tafel fortsetzte. Diese Abteilung
muss ja damals sehr gross und der Zahl nach ganz un-
beschränkt gewesen sein, da, nachdem der Dekurionat ein
erblicher Stand geworden war, in ihr alle Söhne der De-
kurionen aufgeführt wurden. 1 )
Wenden wir uns nun zu der Frage, ob sich die rekon-
struierte Tafel vielleicht an die beiden anderen anschliesstl
Die mangelnde Gleichförmigkeit des Äusseren beweist nichts
dagegen. Die beiden ersten Platten hatte man aus einer
alten Basis gewonnen, und es ist doch sehr fraglich, ob man
für die Fortsetzung des Albums ähnliches Material fand oder
zu beschaffen sich abmühte. Zweifelhaft ist vor allem, ob
l) Mommsen. Die Erblichkeit des Dekurionats S. 5. Festschrift für
Hirschfeld 1903.
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man weiterhin ebenso verschwenderisch mit dem Raum
umging: für die Namen, die wir auf der neuen Tafel finden,
hätte man ja dann drei nötig gehabt. Zu einem noch
sicherern Resultat kommen wir, wenn wir von der dritten
Platte ausgehen. Es ist ganz unmöglich, dass dieser eine
gleichartige vorangegangen ist, denn wie wir aus den beiden
anderen lernen, können vor den aedilicii im Höchstfalle
etwa 80 Namen aufgeführt gewesen sein, keinesfalls aber
1 20. Dass man den beiden duoviralicii den Rang noch be-
sonders beigeschrieben hat, weist ja auch darauf hin, dass sich
die Tafel nicht besonders gut an die vorausgehende anschloss.
So wird also gerade die formale Verschiedenheit der Steine
ein Beweis für ihre Zusammengehörigkeit. Sie hat natürlich
auch ihren guten Sinn. Auf I und II sind die Dekurionen
erster Klasse 1 ) aufgeführt, die schon äusserlich von den
sequentis meriti et gradus homines geschieden werden sollen.
Zwei duoviralicii haben dabei allerdings das Unglück gehabt,
der Symmetrie zuliebe auf die dritte Tafel versetzt zu werden.
Die geringe Zahl von 14 duoviralicii befremdet nicht, da ja,
wie Mommsen 2 ) bereits bemerkt hat, ein grosser Teil von
ihnen unter den Priestern verzeichnet sein wird. Mehrere
Namen kommen zweimal vor. Ein Sessius Pulverius findet
sich I 9 unter den viri clarissimi und ein anderer III rechts 3 5
unter den non honores funeti non excusati: 8 Zeilen vorher
steht ein Julius Victorinianus, ein gleichnamiger erscheint II 22
als erster Augur. Einem Vallius Hospes begegnen wir II 39
unter den duoviralicii, und III links 41 finden wir denselben
Namen unter den non honores funeti excusati. Dass hier
nicht ein maior und junior vermerkt ist, wie es in der linken
Reihe von III bei gleichen Namen geschehen ist, wird seinen
Grund darin haben, dass man diese Unterscheidung nur da
machte, wo sie nötig war; wo aber wie bei den non honores
funeti und den Dekurionen der höchsten Rangklassen eine
Verwechslung selbst bei Namengleichheit nicht zu befürchte«
war, sparte man die Mühe.
1) Vgl. C. Th. XII l, 21. 5, 2.
2) Eph. ep. III S. 83.
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Das Ergebnis meiner Untersuchung ist also, dass uns
ein im wesentlichen vollständiges Album erhalten ist; die
Namen, die auf einer vierten Tafel etwa noch gefolgt sein
könnten, lassen sich immerhin missen; denn eine Normalzahl,
wie wir sie in dem Album von Canusium finden, hat es in
dieser Spätzeit nicht mehr gegeben. An einer penuria
hominum scheint die Kurie von Thamugadi nicht gelitten zu
haben; es mögen hier bessere Zustände geherrscht haben als
in mancher anderen Stadt. Aber die grosse Zahl der excusati
zeigt deutlich, dass die Flucht vor den Ämtern schon be-
gonnen hat und wir eine Urkunde aus der Zeit des Absterbens
des munizipalen Lebens vor uns haben.
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Zu dem Abdruck des Albums habe ich folgendes zu bemerken:
Tafel 11. Zeile 34 steht Pompeus. nicht Pompeius auf dem Stein; dieselbe
Schreibart findet sich I 6 und m links 37 u. 39.
Tafel III. Der Vermutung, dass die rechte Kolumne einige Zeilen mehr
habe als die linke, habe ich im Druck keinen Ausdruck ge-
geben. Die Überschriften in Zeile 21, 26, 61 und 62 sind wie
auf Tafel II eingerückt; für Zeile 3 habe ich dasselbe angenommen,
wenn sie auch im CIL anders gedruckt ist.
Tafel L
ALBVS ORDINIS COL-
THAMG • W CC
VVLCACIVS RVFINVS P T R
MARIVS DECIANVS PTR
5 INSTEIVS LAMPADIVS PTR
POMPEVS DEVTERIVS PTR
CORNELIVS VALENTINVS PTR
VALERIVS ERENIANVS
SESSIVS PVLVERIVS
10 VALERIVS PORPHVRIVS
CESSIVS TRIGETIVS
CESSIVS ANDANIVS
PLOTIVS FLO RENTIN VS VIR P • FL P
ELIVS AMPELIVS VIR P
15 SACERDOTALES
IVL • PAVLVS TRIGETIVS PT R
ANTONIVS VICTOR • FL P
CVRATOR
OCTAVIVS SOSINIANVS • FL P
20 DVOVIRI
SESSIVS CRESCONIVS AVG
PAPIRIVS VITALIS • FL P
CORFIDIVS VALENTIN I AN VS • FL P
GRASIDIVS VICTORINVS • FL P
25 ANTONIVS VINDICIANVS • FL P
GRASIDIVS SADVNTIVS • FL P
CLAVDIVS LICENTIVS • FL P
SENT1VS VICTOR ■ FL P
AVFIDIVS OPTATVS • FL P
30 SESSIVS IVLIANVS ■ FL P
EGNATIVS FLORENTIVS • FL P
PLOTIVS CRESCENTILIANVS FL P
CLAVDIVS SATVRVS • FL P • EX CT
AVRELIVS MAXIMVS • FL P EX CT
35 CINCIVS PORPHVRIVS • FL P
ELIVS IVLIANVS • FL • P
FLAVIVS PALMINVS • FL P
FLAVIVS VINCENTIVS • FL P
SVLPICIVS INCENNVS • FL P
Tafel IL
PLOTIVS PRETEXTATVS FLP-
AGRIVS PRETEXTATVS F - L - P-
CINCIVS INNOCENTIVS FLP
IVLIVS GVBERNIVS FLP-
5 VALLIVS CANDIDVS FLP-
FL • AQV1LINVS FLP
FL • FAVSTINIANVS • F ■ L P ■
VIRIVS MANILIANVS FLP-
FL DONATIANVS FLP
10 OCTAVIVS FALACER F L P-
ANTONIVS PETRONIANVS FLP-
ANNIVS VERISSIMVS F • L • P •
ACILIVS CONCESSANVS FLP
GARGILIVS CALVENTIANVS FLP
15 SESSIVS IANVARIANVS F • L P-
PONTIFICES
PLOTIVS ROMVLVS
VLPIVS PVRPVRIVS
HORATIVS MAXIMVS
20 ELIVS BIBIANVS
AVGVRES
IVLIVS VICTORINIANVS
FL • PVLLENTIVS
PLOTIVS PAVLINIANVS
25 EDILES
AVRELIVS RVFINVS
IVL • VALERINVS
QVAESTORES
VETILIVS SATVRNINVS
30 DVOVIRALICI
FLAVIDIVS SVDIANVS
VATERIVS SAPIDVS
FLAVIDIVS PROCILIANVS
POMPEVS RVFINIANVS
35 ACILIVS VALERIANVS
IVL • FAVSTVS
VATERIVS DONATVS
LETORIVS LAERTIVS
VALLIVS HOSPES
40 VLPIVS ISTHEFANVS
FAVSTINIANVS CITHERI
VARIVS VICTOR
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Tafel III
a
ELIVS VICTOR DVMVIRL
SEXTILIVS PRAETEXTATVS DVMVIRC
EDILICI NOX EXCVSATI
CLAVDIVS FIRMINVS IVN
5 VETILIVS CRESCES
C LAVDIVS TICERIV* maior
SEXTVS SIMPLICIVj
ANNIVS V»r C
CLAVDIV« ticer ins IVN
10
Claudius f i RMINVS MAIOR
DONATVS
15 S VICTOR
rvs
s
NTIVS
SILVANVS
20 VS QVINTILIANVS
Q XON EXCVSATi /
RIVS LIBERALI
VS CAMI
CIVS C WS
25
non hono resf VNCTIEXC
/
9
S DOMITIANVS
IANVARIVS
IVS FLAVIANVS
VNIOR
5 VLIANVS
VS
VTIVS
CALVIN
IVL AGROBIVS d
lo PAPIRIVS ALFIVS
T1NTIRIVS FORTV n ATIANVS
TIXTIRIVS SA TVRVS
ELVIVS A IVS
ELVIV« NVLVS
15 VCRO
VN ATIANVS
VLIVS
ANVS GREGOR!
ONIVS
20
l a CTANT IVS
PLOTIVS SENECIO
INNOCENTIVS ABASSI
VARIVS IANVARIVS
25 PVLLAENIVS VICTOR
VETILIVS GAIANVS
[VLIVS VICTORINIANVS
PONPONIVS EVCROMIVS
ANTONIVS SALONIVS
30 FL IANVARIVS
GAIVLVS DATVLLI
- -^1XALIS_DATVLLI
{ L'NfVERSITY
OF
[
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Lebenslauf.
Ich, Eduard Walter Barthel, wurde am 28. August 1880 als Sohn
des Kgl. Betriebskassenrendanten Gotthard Barthel und seiner Gattin Emma,
geb. Heuser, zu Elberfeld geboren; ich gehöre dem lutherischen Bekennt-
nisse an. Zunächst besuchte ich das Progymnasium zu Altena i. W., wohin
mein Vater versetzt war. Dann siedelten meine Eltern wieder nach
Elberfeld über, und ich trat hier im Herbst 1894 in die Obertertia des
Gymnasiums ein. Zwei Jahre darauf verlor ich meinen Vater. Ostern
1899 verliess ich die Schule mit dem Zeugnis der Reife. Zwei Semester
studierte ich in Greifswald klassische Philologie und Geschichte. Von
Ostern 1900/1901 war ich in Freiburg i. Br. immatrikuliert, wo ich mich
vornehmlich mit alter Geschichte, Archäologie und Völkerkunde beschäftigte.
Dann kehrte ich nach Greifswald zurück und wandte mich hier in den
nächsten Semestern besonders der klassischen Philologie zu. — Das Examen
rigorosum bestand ich am 29. Februar 1904.
Meine akademischen Lehrer waren:
in Freiburg: Dove, Fabricius, Grosse, Puchstein,
in Greifswald: Bernheim, Gercke, Heller, Körte, Kroll,
Kropatscheck, Lovel, Pernice, Radermacher, Rehmke, Schuppe,
, Seeck, Ulmann, Wermlnghoff, Zupitza.
Die Teilnahme an ihren Seminaren und Übungen gestatteten mir die
Herren Professoren Bernheim, Dove, Fabricius, Gercke, Grosse, Körte,
Kroll, Pernice, Puchstein, Rehmke, Schuppe, Seeck, Ulmann, Zupitza.
Allen meinen Lehrern bin ich für mannigfache Förderung meiner
Studien zu herzlichem Dank verpflichtet, vor allem Herrn Professor Otto
Seeck, der mir die Anregung zur Beschäftigung mit der Stadtgeschichte
des römischen Reiches gab und mich bei der vorliegenden Untersuchung
stets mit seinem Rat unterstützte.
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Thesen.
L
Es ist verfehlt, typische Entwicklungsreihen für die
Geschichte der Völker aufzustellen.
II.
Der Kabirenkult ist nicht phönizischen Ursprungs.
III.
Seneca nat. quaest. IV 2, 3 ist Philae mit Meroe ver-
wechselt.
IV.
Die Ableitung der christlichen Basilika aus dem Atrium
oder Peristylium des römischen Privathauses ist zu verwerfen.
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BEBKELEY
THIS BOOK ia DUE ON m,,,»
Bfa*. BTAMPED BE^OW BÄTE
"A3 13 JSi ;
Wflfi y ^ J92a
SEP 34 18«
AUG 2 4 1980
20»i 1/22
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