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Full text of "Zur Geschichte der römischen Städte in Africa .."

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Zur 

Geschichte der 
römischen 

Städte in 
Africa ... 



Walther Barthel 



LI13RARV 

OF THE 

University of California. 

GIFT OF 

) 

Class 



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Zur Geschichte der römischen Städte 

in Africa 



Inaugural-Dissertation 

der 

hohen philosophischen Fakultät der Universität Greifswald 



Erlangung der philosophischen Doktorwürde 

vorgelegt 
und nebst den angefügten Thesen 

am Donnerstag, den 2. Juni 1904, 

mittags 12 Uhr 
öffentlich verteidigt 
von 



Walther Barthel 

aus Elberfeld 



Opponent**.^ 

stud. phil. Gerhard^ropaSsc^dU^ 
stud. phil. Hans S c \mYdV V^"^ 



Greifswald 

Dmck von Julius Abel 
1904 



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Gedruckt mit Genehmigung der hohen philosophischen 
Fakultät der Universität Greifswald. 



Prof. Dr. Alfred Gercke, Dekan. 



Referent: Prof. Dr. Otto Seeck. 



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Meinem Lehrer 

tto Seeck 

zugeeignet. 



1 55;>4 2 

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Inhalt 

— Seite 



1. 




9 


2. 




16 


3- 


Augustus als Quelle der pliniantschen Darstellung- der 










4- 




40 



II. Das album ordinis coloniae Thamugadensis ..»,..♦♦ 5Q 



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D ie Blüte des römischen Africa reicht etwa von Traian 
bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts. Die emsige Arbeit 
der Franzosen lässt jetzt alle Zweige jener Kultur erkennen, 
der Spaten schenkt uns reiche und mannigfaltige Denkmäler; 
man spricht schon von mehreren africanischen „Pompeii", 
und die nächste Zukunft wird uns neue bescheren. Den 
Hauptgewinn heimst bei den Ausgrabungen die Archäologie 
jener Zeit ein, aber auch der Historiker geht nicht leer aus. 
Unter den 20000 Inschriften, die uns der Boden der afri- 
canischen Provinzen geschenkt hat, sind sehr viele, denen 
wir überaus wichtige Aufschlüsse verdanken, manche — ich 
erinnere an die Inschrift der ara legis Hadrianae und das 
Dekret des Commodus — haben der Forschung neue Bahnen 
gewiesen. Doch nur die Zeit der Blüte hat so viele Zeugen 
ihrer Kultur hinterlassen, die Zeiten des Aufgangs und Nieder- 
gangs haben uns recht karg bedacht. Wir müssen aus dem 
wenigen viel zu lernen suchen. 

Ich vereinige hier zwei Untersuchungen zur Stadt- 
geschichte; die eine beschäftigt sich mit den Anfangen des 
römischen Städtewesens in der Provinz, die andere behandelt 
eine wichtige Urkunde aus der Zeit seines Verfalls. 



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I. Die Anfänge des römischen Städtewesens 

in Africa. 

Mommsen sagt im Schlussband seines Geschichts- 
werkes 1 ) von Africa: „In den übrigen Provinzen wechselte 
in Folge der Bürgerkriege die Herrschaft, in Africa das 
System." Das neue System hat Kornemann in einem 
Aufsatz „über die cäsarische Kolonie Karthago und die 
Einführung römischer Gemeindeordnung in Africa" 2 ) dar- 
zustellen versucht Er glaubt nachweisen zu können, dass 
Cäsar in Africa eine überaus liberale, den Peregrinen 
freundliche Munizipalpolitik verfolgt habe, dass die cäsarische 
Saat jedoch durch die konservative, von nationalrömischer 
Tendenz beseelte Regierung des Augustus im Keime erstickt 
worden sei. Seine Aufstellungen sind nach seinen eigenen 
Worten „auf den ersten Blick wohl etwas ungeheuerlich" 3 ), 
aber er hofft sie doch so sicher gestützt zu haben, und das 
Resultat passt so gut zu der allgemeinen Auffassung von 
dem Charakter der cäsarischen und augustischen Monarchie, 
dass er aus ihm wichtige Leitsätze der Reichspolitik Cäsars 
und seines Nachfolgers ableiten zu können glaubt: Das Ziel 
Cäsars ist die Nivellierung des Reichs, die Verwandlung der 
Mehrzahl der Reichsangehörigen in römische oder latinische 
Bürger gewesen; die augustische Reaktion hat diese Ent- 
wicklung gehemmt, zum Teil sogar rückgängig gemacht. 
Das cäsarische Programm ist dann von Claudius wieder 
aufgenommen worden und hat seine Vollendung durch 

1) S. 624. 

2) Philologus N. F. 14 1901 S. 402— 426. Nachtrag S. 472—476. 

3) S. 418. 



— 9 — 



Caracalla im Jahre 212 erhalten: „Wie viel früher wäre 
dies wohl geschehen, wenn der grosse Cäsar länger gelebt 
hätte!" 

Bei dieser weitausgreifenden Behandlung der africanischen 
Stadtgeschichte scheint mir eine genaue Untersuchung und 
Nachprüfung von einiger Wichtigkeit zu sein. 

1. Das römische Africa bis auf Augustus. 

„Nicht Herrsch- und Habsucht, Furcht und Neid haben 
die Provinz Africa geschaffen." 1 ) Die Politik der Republik 2 ) 
war darauf gerichtet, die Entwicklung neuen Lebens aus den 
Trümmern, die das Jahr 146 v. Chr. hinterlassen hatte, zu 
verhindern. Nur sieben Städte — Utica, Hadrumetum, 
Thapsus, Leptis (minor), Achulla, Usalis 3 ) und Theudalis — 
hatten sich rechtzeitig auf die Seite der Sieger gestellt; sie 
waren dafür unter die amici populi Romani aufgenommen 
und mit der libertas und Gebietserweiterungen begabt worden. 
Alle übrigen punischen Städte waren zugrunde gegangen. 
Einige waren in Schutt gefallen wie Karthago, dessen Boden 
durch Verfluchung für ewige Zeiten der Kultur entzogen 
war 4 ), Neferis, Tunis, Neapolis und Aspis (Ciupea) 6 ); alle 
hatten ihr Territorium und damit das Stadtrecht verloren. 
Die Einwohner bebauten das Land, das zum ager publicus 
populi Romani geworden war, gegen Zahlung des Stipendium ; 
an die Stelle der städtischen war die pagane Verfassung 
getreten. 6 ) 



1) Mommsen R. G. V* S.623. 

2) Vgl. zum Folgenden CIL I S. 96 ff.: Mommsen, de agro 
publico p. R. in Africa. 

3) Zwischen Hippo Diarrhytus und Utica gelegen, vgl. CIL VTtl 
Suppl. S. 1390. 

4) Appian Pun. 135. Cic. de lege agr. I 5. II 51. Die Fluchformel 
bei Macrobius III 9, 10. 11 bezieht sich nicht auf diese Verfluchung, sie 
gehört, falls sie überhaupt authentisch ist, zu den sacralen Handlungen, 
welche die Eroberung der Stadt vorbereiten sollten. 

5) Strabo XVII 3, 16. App. Pun. 135. 

6) Kornemann Philol. 1901 S. 404. 



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10 — 



Im Jahre 123 versuchte C. Gracchus den Bann, der auf 
der Provinz lag, zu brechen. Ein Teil des ager publicus 
wurde zur Aufteilung an die römischen Proletarier bestimmt. 
Nach Karthago wurden ohne Rücksicht auf den Fluch, 
der auf dem Gebiet der Stadt ruhte, 6 000 Bürger deduziert 
und es entstand daselbst die erste römische Kolonie auf 
ausseritalischem Boden. Aber schon im nächsten Jahre 
nahm ihr der Senat unter Hinweis auf die bösen omina 
bei der Gründung das Stadtrecht. Zwanzig Jahre später 
wurden von L. Appuleius Saturninus Veteranen des Marius 
im Binnenlande angesiedelt. *) Auch hier kam es nicht 
zu einer Koloniegründung, sondern nur zu Viritanassig- 
nationen; die Ansiedlungen wurden als pagi konstituiert. 
Thibaris an der numidischen Grenze, welches in diokletiani- 
scher Zeit sich als municipium Marianum bezeichnet 2 ) und 
durch das Cognomen an jene Ansiedlung marianischer 
Veteranen erinnert, erscheint auf Inschriften aus früherer 
Zeit als pagus Thiba(ritanorum)*) Das benachbarte Uci 
rriaius nennt sich auf Inschriften des dritten Jahrhunderts 
res publica coloniae 3farianae Augustae Alexandrianae 
Ucliitanorum.*) Das erste Cognomen weist auf die Assignation 
des Saturninus zurück, das zweite bezieht sich auf die Ver- 
leihung des Stadtrechts durch Augustus — bei Plinius 5 ) 
wird die Gemeinde als oppidum civium Romanorum be- 
zeichnet — und das dritte auf die Erhebung zur Kolonie. 

Durch diese Ansiedlungen erstarkte das römische Element 
in Africa recht schnell; zahlreich wanderten natürlich die 
römischen Kaufleute und Spekulanten in das reiche Land 
ein; auch viele stipendiarii gelangten zum römischen Bürger- 

1) Aurelius Victor, de viris ill. c. 73: L. Appuleius Saturninus, tri- 
bunus plebis seditiosus, ut gratiam Marianorum müitum pararet, legem 
tulit, ut veteranis centena agri jugera in Africa dividerentur, iniercedentem 
Baebium coüegam facta per populum lapidatione summovit. 

2) Dessau Inscr. Lat. sei. 6790. 

3) Revue archeol. 1896 29 S. 396. 1897 31 S. 444. 

4) CIL VIII 15450. 15454- 15455. 

5) nat. hist. V 29. 



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— II — 



recht 1 ); für den, der in Rom die nötigen Verbindungen hatte, 
war das ja nicht allzu schwer. Überall entstanden neben den 
peregrinen Gemeinden die conventus civium Romanorum.' 2 -) 
Bei dem Entscheidungskampfe zwischen Cäsar und den 
Pompejanern spielten sie eine nicht unbedeutende Rolle. Sie 
stellten sich auf die Seite des Senates und wurden von dem 
Sieger mit recht empfindlichen Geldstrafen belegt. 3 ) Auch 
die Mehrzahl der Peregrinen hatte die Partei des Senats 
ergriffen, und diejenigen, welche cäsarisch gesinnt waren, 
wagten aus Angst vor dem Wüten der Pompejaner und vor 
allem des fanatischen Juba nicht offen Farbe zu bekennen. 4 ) 
Mehrere Gemeinden bestrafte Cäsar mit ansehnlichen Geld- 
bussen. Unter diesen Umständen gewinnt die Frage, ob 
er in den beiden Jahren, in denen er über Africa gebot, 
dort eine überaus weitherzige Politik getrieben und Epoche-, 
machendes für das bis dahin stiefmütterlich behandelte 
Land geschaffen habe, eine besondere Bedeutung; denn wenn 
Kornemann Recht hat, könnte es wohl als ausgemacht 
gelten, dass bei ihm über den Zwecken und Stimmungen 
des Augenblicks eine weitausschauende, gross angelegte 
Reichspolitik stand. 

Bei der neuen Provinz Numidia, die Cäsar im Jahre 46 
nach der Vernichtung Jubas schuf, kann man auf keinen 
Fall von einer freundlichen Politik reden. Er übertrug 
die Verwaltung der Provinz dem C. Sallustius Crispus: 
-coug NouäSos Aaßtbv if xe xö 67tY)xooy e7CY)Yaye xal t$ SaXouoxtq) 
Xöyq) uiv apxecv epyq) 5£ dfyeiv ie xai cpipeiv tadTpetpev. 5 ) Sallust 
wurde nach seiner Rückkehr in Rom wegen der Vergewaltigung 
der Provinz angeklagt, aber Cäsar verwandte sich für den 



1) Cicero pro Balbo 24: stipendiarios ex Africa, Sicüia, Sardinia, " 
ceteris provinciis multos civitate donatos videmus. 

2) Kornemann, de civibus Romanis in provinciis imperii consisten- 
tibus. Diss. Berol. 1891 S. 69 ff. — Über die cives Romani in Ulica 
ausserdem Cic. in Verrem actio 2, I 27. 70. Val. Max. IX lO, 2. 

3) Bellum Africum 90. 97. 

4) Mommsen R. G. III 8 S. 446. 

5) Cassius Dio 43, 9- 



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— 12 — 



Freund, und Sallust ging frei aus. 1 ) Das ist noch ganz das 
alte republikanische Regime; von dem Geist der monarchi- 
schen Ära, die uns Mommsen 2 ) in grossen Zügen geschildert, 
Kornemann im einzelnen ausgemalt hat, ist hier nichts 
zu merken. 

Die Kämpfe und Wirren, deren Schauplatz Africa 
nach Cäsars Tode wurde, kann ich hier nicht schildern. 3 ) 
Hervorzuheben ist, dass die beiden Provinzen meist zusammen 
einem der drei Machthaber zugewiesen wurden, und dass die 
Vereinigung bestehen blieb, als im Jahre 27 v. Chr. Africa 
dem Senat zufiel. 

An einem Problem, das die Geschichte des römischen 
Africa in dieser Zeit bietet, darf diese Untersuchung nicht 
achtlos vorübergehen. Mommsen hat darauf hingewiesen 4 ), 
wie überaus wichtig es für die weitere Entwicklung war, dass 
im Jahre 46 das Hinterland, das mächtige Königreich 
Numidien, zur Provinz gemacht wurde, und damit an Stelle 
des Klientelfürsten die römischen Legionare den Schutz des 
Landes gegen die Einfalle der Wüstenstämme übernahmen. 
Es ist nun die Frage, ob Augustus diese Ordnung hat 
bestehen lassen oder ob er eine Zeitlang die Provinz 
Numidien dem Sohne Jubas zurückgegeben hat. 

. Cassius Dio 5 ) berichtet, als er den Tod der Kleopatra 
f\y erzählt, dass Augustus ihre Tochter mit Juba, dem Sohne 
des im Jahre 46 getöteten Königs, vermählt und ihn in sein 
väterliches Reich eingesetzt habe. Ein bestimmtes Jahr wird 
nicht genannt. Zum Jahre 25 heisst es dann: 6 ) xal x<j) u£v 
loußa xi)c xe r<xtxouX£a; xtvi fltvxl xij; mzxpfyaz dpxfjs, indizep 
iq xfcv twv Tu>|iafo)v xdojiov ol rcXefou; atjxt&v iaeye^pÄ^aio, 



1) Cass. Dio a. a. O. — (Cic.) in Sallustiura invectiva c. 19 wird 
sogar behauptet ne causam diceret nestertio duodecies cum Caesare paciscitur. 

2) Siehe den Abschnitt über „die cäsarischen Beamten" R. G. III S. 545. 

3) Siehe Pallu de Lessert, Fastes des provinces africaines I l S. 53 ff. 

4) R. G. V S. 624. 

5) 51, 15. 

6) 53, 26. 



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— 13 — 

xal xa xoö B6xxou xoO te Boyouo-j 25(i)xe. Diese Dar- 
Stellung ist von mehreren Forschern 1 ) angenommen worden. 
Nun wird aber Numidien unter den Provinzen genannt, 
die im Jahre 27 der Senat erhielt 2 ), und die Münzen 8 ) er- 
bringen den sicheren Beweis dafür, dass Juba im Jahre 25, 
in das Cassius Dio den Umtausch verlegt, überhaupt erst 
zur Herrschaft gelangte. Dios Angabe ist also zweifellos 
falsch.*) 

Es lohnt, den Ursprung des Irrtums darzulegen: er beruht 
auf einer falschen Anschauung von dem Umfang des König- 
reichs Numidien zur Zeit Jubas I. Numidien erstreckte sich 
nach Sallust 6 ) von den Grenzen der Proconsularis bis zu dem 
Flusse Mulucha, der mit dem Maiua, dem Grenzfluss zwischen 
den beiden mauretanischen Provinzen, identisch ist. 6 ) Strabo 7 ) 
gibt die Lage des MoXoxa^ richtig an, bei Ptolemaeus 8 ) sind 
aus dem Malua und dem Mulucha zwei benachbarte Flüsse 
geworden. Ähnlich hat der Geograph, den Mela und Plinius 
ausgeschrieben haben, die Schwierigkeit, die in dem zwei- 
fachen Namen lag, gelöst — dass die beiden Schriftsteller 
auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen, und dass dies eine 
Chorographie frühestens aus augustischer Zeit war, hat 
Schweder 9) zur Genüge dargetan; die gemeinsamen Irrtümer 10 ), 

1) De la Blanchere, de rege Juba regis Jubae filio. These Paris 1883 
S. 20 ff. Pallu de Lessert Fastes I 2 S. 310 ff. 

2) Cass. Dio 53, 12. 

3) Mommsen S.-B. der Berl. Akad. 1883 S. 1145 f. 

4) Mommsen R. G. V. S. 628 Anm. Einen unmöglichen Ausweg schlägt 
Gardthausen ein (Augustus II 2 S. 388): er konstruiert einen Unterschied 
zwischen einer dpx^ (Cass. Dio 53, 26. Strabo XVII 3, 7) und einer paoUeix 
(C. D. 51, 15) Jubas und glaubt, dass dieser vor dem Jahre 25 v. Chr. das 
Reich seines Vaters als Beamter verwaltet habe. 

5) bell. lug. 19, 7. 

6) Ptolemaei Geograph, ed. Müller I 2 S. 584 Anm. 

7) XVII 3, 9. 

8) a. a. O. 

9) Philologus 1895 S. 536 ff. 

10) Zu der falschen Angabe der Lage des Mulucha kommt ein zweiter 
Irrtum hinzu: Mela (I 7) verlegt das Vorgebirge Metagonium in die Nähe 
der Ampsagamündung und Plinius (V 22) nennt entsprechend das Land 



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die sich bei ihnen in der Beschreibung Numidiens finden, 
bieten eine willkommene Bestätigung. Der Geograph hatte 
in seiner Quelle nur den Namen Malua 1 ) gefunden, kannte 
aber den Mulucha als Grenzfluss Numidiens aus Sallust oder 
identifizierte ihn leichthin mit dem Chylimath oder einem 
anderen Flusse, der etwas östlich von Portus Magnus mündet. 
Dass bei ihm Numidien bis zum Mulucha(-Chylimath) reichte, 
können wir aus der Darstellung des Mela 2 ) und Plinius 3 ) 
noch erkennen, trotzdem sich die beiden Mühe gegeben 
haben, die Veränderungen, die sich bis zu ihrer Zeit voll- 
zogen hatten, zu berücksichtigen. Mela 4 ) lässt Numidien 
am Mulucha beginnen, es soll bis zu den Grenzen der 
Provinz Africa reichen; da aber Cirta als Hauptstadt des 
numidischen Königs Syphax 5 ) genannt war, verlegt er es 
kühn in sein Numidien, d. h. westlich vom Ampsaga. Mit 
grösserer Sorgfalt hat Plinius 6 ) in die Darstellung seiner 
Quelle die Provinzeinteilung seiner Zeit hineingearbeitet. 
Nun dehnen sich die beiden Mauretanien bis zum Ampsaga 
aus, der Mulucha(-Chylimaith) Bocchi Massaesylorumque finis 
wird in der Mauretania Caesariensis genannt, und als 
Numidien gilt nur der zur Provinz Africa gehörige Teil 
östlich vom Ampsaga. Nach einer mit Strabo 7 ) verwandten 
Quelle hat er ferner Cirta zur Hauptstadt des Massinissa 
und Siga zu der des Syphax gemacht, ohne zu berück- 
sichtigen, dass er den Mulucha und die Massaesylier östlich 
■ 

östl. vom Ampsaga Metagonitis terra: das Vorgebirge liegt aber bei der 
Mündung des Mulucha, Ptolemaeus IV 1, 3. Strabo XVII 3, 6. Aus der 
Angabe Strabos: Ttu.oodivT]c, 8* oöx e3 xaxi MaaoaA£av cpr,oiv (vgl. Ptolem. 
Geogr. ed. Müller I i S. 584 Anm.) erfahren wir, dass der Fehler in der 
Quelle des Mela und Plinius auf Timosthenes zurückgeht. Timosthenes 
gehört zu den auetores des Plinius! 

1) Plinius n. h. V 18. 

2) I 5. 

3) V 19. 

4) I 6. 

5) Nach Livius XXX 12, 3. 

6) V 17—22. 

7) Vgl. XVII 3, 9. 13. 



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— *5 — 



von Siga angesetzt hat und die Stadt infolgedessen ausser- 
halb des Reiches des Syphax liegt. 

Das Numidien, wie es Sallust, Strabo und die Quelle des 
Mela und Plinius begrenzen, war das Reich des Iugurtha. Nun 
wird aber der ganze westliche Teil bis zum Ampsaga, nach- 
dem er im Jahre 40 n. Chr. römische Provinz geworden ist, 
als Mauretania bezeichnet; das hat, wie wir gesehen haben, 
im Altertum schon die Darstellung Numidiens bei Plinius 
verwirrt und in neuerer Zeit allgemein der Auffassung 
Geltung verschafft, dass das Gebiet der späteren Caesariensis 
nach dem iugurthinischen Kriege dem Könige Bocchus von 
Mauretanien zugewiesen worden sei. 1 ) Man stützt sich darauf, 
dass bei Sallust 2 ) Sulla dem Könige Bocchus für die Aus- 
lieferung des Iugurtha einen Teil Numidiens verspricht. In 
cäsarischer Zeit soll dann in der Caesariensis der mauretanische 
König Bocchus geherrscht haben und das numidische Reich 
Jubas auf die spätere provincia Numidia beschränkt ge- 
wesen sein. Aber Strabo 3 ) sagt ausdrücklich, dass zu seiner 
Zeit Juba das ganze Reich des Iugurtha besessen und der 
König Bocchus westlich vom Mulucha geherrscht habe. 
Und ich wüsste nicht, weshalb man dieser Angabe den 
Glauben verweigern sollte. Der Name der provincia Mau- 
retania Caesariensis hat seinen Grund darin, dass dieser Teil 
Numidiens vom Jahre 46 v. Chr. bis 40 n. Chr. mit Mau- 
retanien vereinigt gewesen ist. 

Im Jahre 46 hat nämlich Cäsar nicht das ganze König- 
reich zur Provinz gemacht, sondern nur den östlichen Teil 
etwa bis zum Ampsaga. 4 ) Der Westen ist dem Bocchus von 
Mauretanien, dem Bundesgenossen Cäsars, zugefallen; wir 
lernen das aus einer Appianstelle 5 ), in der erwähnt wird, 

1) Mommsen R. G. III S. 449 Ann». V S. 627 Anna. De la Blanche«, 
de rege juba regis Jubae filio. S. 24 ff. 

2) bell. lug. 111, l. 

3) xvn 3, 7. 9. 

4) Die Grenzen des römischen Besitzes sind oft verschoben worden: 
Strabo XVII 3, 12. 

5) b. c. IV 54. 



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— i6 — 



dass ein Teil des Gebiets des Massinissa, eines Stammes- 
fürsten in der Gegend von Cirta, dem Bocchus zugewiesen 
war. Im Jahre 33 war durch den Tod dieses Königs 1 ) das 
ganze Land vom Ampsaga bis zum Ozean — das Reich des 
Bogud war 38 v. Chr. von Oktavtan dem Bocchus zuge- 
sprochen worden 2 ) — erledigt, und im Jahre 25 übergab 
Augustus es dem Juba: dieser erhielt also sein väterliches 
Reich — ausser dem Provinzialland — zurück und npb$ Tfl 
naxptya, wie es bei Strabo heisst, nicht ivzl xfj? rcarp(j>as, wie 
Cassius Dio, der gleich Plinius das Reich Jubas auf die 
römische Provinz Numidien beschränkt, meint, das Stamm- 
land des Bocchus und Bogud westlich vom Mulucha. 

2. Das römische Karthago. 

Als Cäsar die Senatspartei in Africa niederwarf, waren 
gerade IOO Jahre seit dem Sturze Karthagos vergangen. 
Der Sieger nahm jetzt den Plan des C. Gracchus wieder auf: 
die Stadt sollte als julische Kolonie neu auferstehen — gleich 
wie das schicksalsverwandte Korinth. Appian 3 ) erzählt, Cäsar 
habe in der Nähe Karthagos im Traum ein grosses weinendes 
Heer geschaut und daraufhin den Entschluss gefasst, dort 
eine römische Kolonie zu gründen. In Rom habe er dann 
angeordnet, die Landheischenden nach Karthago und Korinth 
zu deduzieren. Er selbst sei aber vor der Ausführung des 
Planes gestorben, und erst der Sohn habe ihn auf Grund 
der Aufzeichnungen des Vaters verwirklicht. Dies sei 
geschehen 102 Jahre nach der Zerstörung, also im Jahre 44 
v. Chr. Dieselbe Zeitangabe finden wir bei Solinus 4 ), der 
nach dem Konsulat des Antonius und Dolabella datiert; auch 
Cassius Dio 5 ) berichtet es unter dem Jahre 44; Strabo 6 ), 



1) Cass. Dio 49, 43. Vgl. Mommsen R. G. V S. 628 Anm. 

2) Cass. Dio 48, 45. 

3) Pun. 136. 

4) 21, 11. 

5) 43, 50. 

6) XVH 3, 15. 



— 17 — 



Plutarch 1 ) und Pausanias'-) nennen Cäsar als Gründer ohne 
jede Zeitbestimmung. Aus diesen Zeugnissen erhellt, dass 
die Aussendung der Kolonie unmittelbar nach Cäsars Tode 
stattgefunden hat. Die Angabe Appians, dass Oktavian die 
Kolonisation im Jahre 44 geleitet habe, muss ein Irrtum 
sein; damals war dieser ja noch Privatmann. Es scheint 
eine Verwechslung mit der neuen Deduktion, die er im 
Jahre 29 v. Chr. vorgenommen hat, vorzuliegen. Appian 
gibt die Zahl der Kolonisten auf 3000 an, dazu seien dann 
noch ,,7;ep(oixoi 4< , d. h. Einheimische, gekommen. Man wird 
hierbei an die Nachkommen der Ansiedler des Jahres 123 
v. Chr., vor allem aber an die Peregrinen, die in der 
Umgegend wohnten, denken; ob sich die überlieferte Zahl 
auf die cäsarische oder die augustische Deduktion bezieht, 
lässt sich bei der Verwirrung des appianischen Berichts 
nicht mit Sicherheit entscheiden. Das Karthago Cäsars 
war keine Veteranenkolonie, die Hauptmasse der Ansiedler 
war aus dem römischen Proletariat genommen. 3 ) Zum grossen 
Teil wird er hier wie in Korinth und überhaupt in den ausser- 
italischen Gründungen Freigelassene angesiedelt haben 4 ), 
denen infolgedessen auch die Ämter zugänglich waren. So 
kennen wir aus den ersten Zeiten der Kolonie einen Frei- 
gelassenen, der die Ädilität und eine praefectura i. d. bekleidet 
hat; er ist dann nach Clupea verzogen, gewiss weil in 
Karthago nach der augustischen Neugründung die Stellung 
der Freigelassenen erheblich beeinträchtigt war; hier hat er 
noch zweimal den Duovirat bekleidet, was darauf hinweist, 
dass auch in Clupea eine cäsarische Kolonie war. In 
Formiae, wohin er im Alter übersiedelte, konnte er nur 
Augustale werden. Aus dieser Stadt stammt seine für unsere 
weitere Untersuchung höchst wichtige Inschrift 5 ), die ich 
gleich hier ausschreiben will: M. Caelius M. 1. Phileros 

J) Caes. 57. 

2) II 1, 2. 

3) Strabo XVII 3-15. 

Ol 

4) Mommsen Eph. ep. II S. 132 f. 

5) CILX 6IO4. 

Diss. Harthel . 2 



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_ ,8 - 



aecens(us) T. Sexti imp(eratoris) in Africa*); — Üarthag(ine) 
aed(itis), praef(ectus) i(nrc) d(icundo) vectig(älibns) qninq(uen- 
nalibris) locand(is) in castell(is) LXXXIII. aedem Tell(uris) 
s(na) p(ecunia) fec(it): — II vir Clupiae bis: — Formis 
August(alh) aedem Nept(uni) lapid(ibiis) varis s. p. ornav(it). 
— Fresidiae N. I, Florae uxori viro obseq(arntissimae). Q. 
Oefavio (mulieris) l. Antimaeho karo amico. 

Die Anfange der Kolonie waren nicht glücklich; sie 
hatte viel unter den Wirren der Bürgerkriege zu leiden. 
Tertullian 2 ) zählt ihre Heimsuchungen auf und redet dabei 
von trinae Pompci arae; dem Zusammenhang nach kann 
nur Sextus Pompeius gemeint sein. Dieser muss also 
während seiner Seeherrschaft auch Karthago einen Besuch 
abgestattet und die cäsarischen Kolonisten nicht allzu 
glimpflich behandelt haben. Es war damals noch eine offene 
Stadt, erst im Jahre 35, unter Oktavians Herrschaft, wurde 
mit dem Mauerbau begonnen. 3 ) Sodann lesen wir von 
violenta ludibria, die Lepidus der Stadt zugefügt hat; Cassius 
Dio 4 ) bringt dieses Ereignis in Verbindung mit der augusti- 
schen Neukolonisation: xr^v Kapx»j8dva iTCarwxiasv, Sxc 6 Mm- 
ooq jiepo? v, aurffc Y)p73(iwx£t xod 5ta xoöxo xa axaia xfj; arcot- 
xta$ o<?6>v XsXuxsvat £$6xst. Worin die Vergewaltigung der 
Kolonie bestand, wissen wir nicht genau. Gardthausen 5 ) meint, 
Lepidus habe viele der Veteranen in seine Legionen eingereiht; 
aber wir haben ja gesehen, dass Karthago keine Militär- 
kolonie war. Das Wahrscheinlichste ist noch, dass Lepidus 
einen Teil der Bürgerschaft, der sich irgendwie in dem 
Bürgerkriege kompromittiert hatte, hinschlachten liess. Bei 
der neuen Deduktion werden wohl hauptsächlich ausgediente 
Soldaten angesiedelt sein, gleichwie in den übrigen Kolonien, 
die von Augustus nach der Schlacht bei Actium geschaffen 
wurden. 



1) Pallu de Losert, Fastes I 1 S. 57.61. 

2) de pallio 1. 

3) S. unten S. 21. 

4) 52. 43- 

5) Augusts I 2 S. 703. 



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- i 9 



Das Bild, das wir bisher von den Anlangen des römischen 
Karthago gewonnen haben, scheinen nun die Münzen zer- 
stören zu wollen. Wir haben karthagische Münzen aus 
cäsarisch-augustischer Zeit 1 ), auf denen die alten punischen 
Sufeten vorkommen. Es handelt sich um zwei nah verwandte 
Prägungen: der Avers zeigt zwei bartlose Köpfe — bei der 
einen Art erscheint das eine Porträt als Brustbild; auf den 
Schultern ist das Gewand, wohl die Toga, zu erkennen — und 
die Umschrift ARISTO ■ MVTVMBAL • RICOCE • SVF; 
auf dem Revers ist ein Tempel dargestellt, in dessen Giebel- 
feld ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln erscheint, die 
Umschrift lautet: KAR — VENERIS. Was bedeuten die 
drei oder, wie Mommsen 2 ) will, zwei Sufeten auf den 
Münzen des römischen Karthago? Dass sie erst* nach 
dem Jahre 44 v. Chr. geschlagen sind und nicht, wie Tissot :! ) 
meint, in der Zeit zwischen 122 und 44, ist ja ganz sicher; 
vor 44 gab es keine Stadt Karthago. Mommsen 4 ) glaubt, 
Karthago sei zunächst als punische Stadt wiederhergestellt, 
dann aber bald entweder von dem Diktator selbst oder auf 
Grund seiner Anordnungen von den Triumvirn in eine 
Bürgerkolonie umgewandelt worden. Wilmanns 5 ) vertritt 
die Ansicht, es habe als römische Kolonie bis zum Jahre 29 
v. Chr. unter Sufeten gestanden und erst durch Augustus 
die übliche Kolonialverfassung erhalten. Dieser Meinung ist 
auch Kornemann 6 ); und er schliesst daraus, dass an der 
Spitze der Kolonie die alten Sufeten stehen und auf den 
Münzen das Astarte - Venushciligtum als Wahrzeichen der 
Stadt erscheint, dass in der cäsarischen Gründung das pere- 
grine Element das römische bei weitem überwogen habe, 
indem die Einheimischen das römische Bürgerrecht erhalten 
hätten und gleichberechtigt neben die Kolonisten getreten 

1) Müller, Numismatique de l'aiuienne Afrique II S. 149. Nr. 319. 320. 

2) R. G. V S. 645. Anm. 2. 

3) Geographie comparce de la prov. rom. dAt'r. I S. 630. 

4) R. G. V S. 645. 647. 

5) CIL VIII S. 133. 

6) I'hilologus 1901 S. 41 rt. 

2' 



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— 20 — 



seien. Dies würde allerdings die cäsarische Politik als 
äusserst liberal charakterisieren! Aber es ist zunächst 
geradezu unbegreiflich, wie in einer römischen Bürgerkolonie 
die Peregrinen eine solche Rolle spielen konnten, dass in 
einem Jahre das höchste Amt ganz in ihren Händen war; 
auf den Amtstitel will ich gar nicht viel Gewicht 
legen. Zudem sind die Sufeten, wie die Namen deutlich 
zeigen, nicht einmal römische Bürger. Die Münzen können 
also, wie ja auch Mommsen richtig bemerkt hat, nur einer 
punischen Gemeinde in Karthago angehören, einer Freistadt. 

Aber diese Freistadt ist nicht, wie Mommsen meint, 
der römischen Kolonie vorangegangen, sie ist erst von 
Augustus geschaffen worden. Eine bisher nicht beachtete 
Stelle der Consularia Constantinopolitana ! ) datiert die 
Gründung in das Jahr 28 v. Chr.: Octaviano VI et Agrippa. 
Iiis conss. Cartago libertatem a populo Romano recepit. In 
den Fasti Vindobonenses priores 2 ) ist sogar der Gründungs- 
tag angegeben: Octaviano VI et Agrippa. his consul. Char- 
fago restituta est idus Iidias. Ein solches Nebeneinander 
von Kolonie und Freistadt kennen wir schon aus zwei 
anderen Gründungen des Augustus, aus Patrae 8 ) und aus 
Actium. 4 ) 

Über das weitere Schicksal der Freistadt gibt uns die 
schon mehrmals zitierte Tertullianstelle Aufschluss. Es heisst 
da: vobis vero (den Karthagern im Gegensatz zu den Bürgern 
Uticas) post iniuriae beneficium, vi Senium, non fastiginm 
exemptis, post Gracchi obscena omina et Lepidi violenta 
ktdibria, post Irinas Pompci aras et longas Cacsaris mora 
nbi moenia StatUius Taurus imposuit, sollemnia Sentius 
Satnrninus enarravit, cum concordia iuvat, toga oblata est. 
Nach der Zerstörung im Jahre 146 v. Chr., welche die Stadt 

1) Chronica minora ed. Mommsen I S. Ji7- 

2) ebd. S. .'70. 

3) Henze. De civitatibus liberis. quae tuerunt in provineiis populi 
Romani. Diss. Berol. 1892 S. 12 ff. 

4) Plinius n. h. IV 5: colonia Augusii Actium cum templo Apottinis 
nobili ac civitate libera Nkopolitam. 



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— 21 — 



«jütig vor dem Altern bewahrt und für künftige Grösse auf 
gespart hat, nach den Tagen des Gracchus, des Lepidus 
und Pompeius, nach dem langen Zaudern des Kaisers, als 
Statilius Taurus den Bau der Mauern begonnen, Sentius 
Saturninus sie feierlich eingeweiht hatte, haben die Karthager, 
als Friede und Eintracht lacht, die Toga erhalten. Die 
Karthager, von denen Tertullian spricht, waren natürlich 
nicht die römischen Kolonisten, sondern die Bürger der 
punischen Freistadt. Augustus selbst hat ihnen also noch 
die Toga, d. h. das römische Bürgerrecht, verliehen. 1 ) Ob 
die Freistadt zunächst als nmnicipium c. R. neben der 
Kolonie fortbestanden hat, oder ob sie mit ihr verschmolzen 
ist, wissen wir nicht. Jedenfalls war nun die concordia 2 ) 
zwischen den beiden Gemeinden hergestellt, die vorher 
durch die nachbarlichen Reibereien oft genug gestört sein 
wird. Ein besonderer Zankapfel ist sicherlich eben das 
gewesen, was Tertullian so recht breit ausmalt: der Mauer- 
bau. Im Jahre 35 v. Chr. hat Statilius Taurus den Grund- 
stein gelegt, etwa 14 v. Chr. Sentius Saturninus den Bau 
beendet. - H ) Zu Anfang konnte es sich natürlich nur um die 

1) Für das Cognomen Colonia Alexandriu Commoda Toyata, 
das Com modus Karthago verliehen haben soll, finde ich bei Jung, Die 
romanischen Landschaften des rttm. Reichs S. \2(>. gar keinen Beleg und bei 
Tissot. Geogr. comp. I S. 042. einen falschen; ich weiss daher nicht, wodurch 
er beglaubigt ist. 

2) In ähnlichem Sinne wird das Wort gebraucht in den Inschriften 
1 »essau 6843 (Thamugadi) Coneordiac populi et ordinis und 0854 (Cirta, 
224 n. Chr.) Concor diae coloniurum Cirtensium sacrum. 

3) Statilius Taurus war Prokonsul in den Jahren 35/34: siehe Pallu 
de Lessen. Fastes I 1 S. 03. Sentius Saturninus ist wohl mit C. Sentius 
Saturninus. dem Konsul des Jahres 19 v. Chr.. zu identifizieren; er konnte 
dann etwa 14 v. Chr. die Verwaltung der Provinz übernehmen; siehe 
Fastes I 1 S. 75. Dass sich das sollemnia enarrare auf die Einweihung 
des Mauerbaues bezieht, hat schon Pallu de Lesscrt (Fastes I 1 S. 63) 
richtig bemerkt. Völlig verfehlt ist die Ansicht Tissots (Geographie * 
comparee I S. 836). der die Worte auf die Einweihung der römischen Kolonie 
bezieht und diese infolgedessen in das Jahr 14 v. Chr. datiert. — Die Aus- 
grabungen A. L. Delattres haben gezeigt, dass an der Befestigung der Stadt 
wirklich bis zum Jahre 14 v. Chr. gebaut worden ist. Am Abhänge der 
Byrsi ist eine sonderbare Konstruktion, nn mur a amph&res. aufgedeckt , 



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— 22 — 



Ummauerung der Kolonie handeln, aber nach dem Jahre 28 
wird die Freistadt das Verlangen gestellt haben, mit in den 
Mauerring eingeschlossen zu werden. Diese Verhandlungen 
haben vielleicht die Vollendung der Mauern solange hinaus- 
geschoben. Schliesslich sind die Punier unterlegen: die 
Freistadt und damit wohl der grössere Teil Karthagos blieb 
eine offene Stadt. Das sehen wir aus der Bitterkeit, mit 
der Tertullian, in dessen Zeit man die Schutzlosigkeit wohl 
schon schmerzlich empfand, von dem Mauerbau redet. Ein 
spätes Zeugnis bestätigt unsere Ansicht. In einer gallischen 
Chronik 1 ) ist zum Jahre 425 vermerkt: muro Carthago 
circumdata, quae ex tempore, quo vetus Hla destructa est, 
sanctione Romanorum, ne rebellioni esset munimentum, muris 
non est pennissa vallari. 

Das cäsarische Karthago war also eine Bürgerkolonie wie 
andere mehr; die liberale Glorie, mit der man es umgeben hat, 
muss schwinden. Appian trifft das Richtige mit seiner Erzählung 
von dem jammernden Heere, das Cäsar im Traum erschienen sei 
und die Anregung zur Kolonisation Karthagos gegeben habe. 
Nicht eine fernschauende Reichspolitik, sondern die Zwecke 
des Augenblicks haben die Stadt neu auferstehen lassen: der 
brach liegende Boden bot sich dar zur Versorgung des 
städtischen Proletariats, das nach Brot schrie, und für das 
der Acker Italiens dem Diktator zu kostbar war. Dazu kam 
wohl bestimmend hinzu der Ruhm, den es brachte, an 
C. Gracchus anzuknüpfen, der Gedanke, von der Nachwelt 
als Neugründer der altberühmten Stadt gefeiert zu werden, 
und der Zufall, dass, als Cäsar die Trümmer Karthagos sah. 
gerade 100 Jahre seit der Zerstörung vergangen waren. 



worden, welche durch die Stempel der eingebauten Tonfässer — es kommen 
Konsulate aus den Jahren 43 bis 15 v. Chr. vor — etwa in die Zeit zw ischen 
dem I'rokonsulat des Taurus und dem des Saturninus datiert wird. Die 
Mauer bildete, wie Delattre so freundlich war. mir brieflich zu versichern, 
einen Teil der Belebung der Burg. Vgl. Delattres Berichte: Compte* 
rendus de l'Academie des Inscriptions 1893 S. 152 ff. und Bulletin archeo- 
logiquc du ( ..mite S. 90 ff. (mit einer Abbildung der Mauer). 

j) Chronica Gallica a. 511. Chronica minora ed. Mominsen I S.6j8- 



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- 23 — 



Augustus hat das Ansehen der Freigelassenenkolonie durch 
die Ansiedlung seiner Veteranen zu erhöhen gesucht. Seine 
Regierung hat auch die Hebung der Peregrinen sich zur 
Aufgabe gestellt: die punische Gemeinde hat die Ubertas 
und dann gar die cioitas Romano, erhalten. — Das Bild, 
das Kornemann von dem Karthago des Cäsar und des 
Augustus entworfen hat, verkehrt sich in sein Gegenteil. 

3. Augustus als Quelle der plinianischen Darstellung 

der Provinz Africa. 

In der neugeschaffenen Provinz Numidien überliess 
Cäsar die Stadt Cirta mit einem grossen Gebiet dem 
P. Sittius, der ihn im Verein mit Bocchus bei der Nieder- 
werfung Jubas wirksam unterstützt hatte. 1 ) Jener war ein 
Genosse des Catilina gewesen; nach dem Misslingen des 
Staatsstreichs hatte er sich nach Africa gewandt und hier 
in den Kämpfen der einheimischen Könige mit seinen 
Scharen als Condottiere eine grosse Rolle gespielt. Er 
siedelte nun seine Truppen in Cirta, Mileu und den Küsten- 
städten Chullu und Rusicade an. Die Peregrinen in seinem 
Heere erhielten, wie die grosse Zahl der Sitfii, die wir in 
dieser Gegend finden, lehrt, das römische Bürgerrecht' 2 ); 
seine Gründung 3 ) wurde als Bürgerkolonie betrachtet. So- 
bald die Inschriften zahlreicher werden, etwa seit tra 
janischer Zeit, begegnen uns häufig die IUI coloniao 
Cirtenses. Sie bilden einen Verband; die colonia Julia 
Juvenalis Honoris et Virtutis Cirta 4 ) ist der Hauptort, dem 
die drei andern Kolonien kontribuiert sind. 5 ) 

0 Vgl. Mommsen Hermes I S. 47 ff. „Die Stadt Verfassung Cirtas 
und der eirtensischen Kolonien" und CIL VIII S. 618 !*. — Mommsens 
Ansicht. Cirtii sei 46 v. Chr. im Gebiet des Bocchus als unabhängige 
römische Kolonie konstituiert worden, ist wohl unbegründet. Cirta hat sicher - 
•ich von Anfang an zur I'rovinz gehört. 

2) Siehe CIL VIII S. 1014 f. 

3) Der Gründer der Stadt hatte in später Zeit noch einen Kult; vgl. 
Rev. archeol. 1804 23 S. 422: »acerdos loci secundi templi Sittianae. 

4) Dessau 6857. 

5) Dessau 6864. 



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— 2 4 — 



Nun bezeichnet aber Plinius nur Cirta als colonia, Chullu 
und Rusicade — Mileu fehlt bei ihm — einfach als oppida. 
Es liegt deshalb nahe, die Konstituierung dieser Kolonien 
in spätere Zeit zu setzen. Aber dieser Annahme bereiten 
die cognomina erhebliche Schwierigkeiten: colonia Veneria 
Rusicade, colonia Sarnensis Mileu, colonia Minervia Chullu. J ) 
Das sind „Benennungen, wie die Kolonien der römischen 
Republik sie zu führen pflegen, wie sie aber in der Kaiser- 
zeit in dieser strengen Weise sonst unerhört sind", bemerkt 
Mommsen 2 ), der auch darauf hinweist, dass das von dem 
in Nuceria, der Heimat des Sittius, göttlich verehrten Flusse 
Sarnus abgeleitete cognomen von Mileu aufs engste mit der 
sittianischen Kolonisation verknüpft ist. 8 ) Trotzdem glaubt 
er, weil Plinius die Kolonialqualität der Städte nicht er- 
wähnt, ihre Verleihung erst in die Kaiserzeit setzen zu 
müssen. 4 ) Doch dies ist nicht der einzige Fall, in dem die 
Darstellung des Plinius unvollständig zu sein scheint oder 
gar im Widerspruch zu der sonstigen Überlieferung steht. 
Hippo Regius nennt sich auf einem Grenzstein 5 ) munic(ipium) 
Aug(ustum) Hipp(o) Reg(ius): es ist also von Augustus zur 
römischen Bürgerstadt erhoben worden. Bei Plinius 6 ) fehlt 
jeder Vermerk über seine Rechtsstellung. Simitthus bezeichnet 
er 7 ) als oppidum civimn Romanorum, aber auf Inschriften 8 }, 
die der späteren Zeit angehören, erscheint die Stadt als 
Kolonie, und der Titel colonia Julia Augusta Numidica 
Simitthensium lehrt, dass die Kolonisation auf Augustus zurück- 
geht. Ähnlich verhält es sich mit Assuras und Thabraca, 
Plinius zählt sie zu den oppida c. R. 9 ); aber eine Inschrift? 0 ) 

1) Dessau 6863. 6863a. 

2) Hermes I S. 67. 

3) ebda. 54. 

4) CIL VIII S. 618. Hermes I S. 54. 

5) Revue archeol. 1898 32 S. 463. 

6) V 22. 

7) V 29. 

8) Dessau 6823. 
o) V 20. 22. 

10) CILVIII. 1798. 



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— 2 5 



aus severischer Zeit nennt Assuras colonia Julia, und Tha- 
braca heisst auf dem eben zitierten Grenzstein col. V. P. 
Jul. Thabracenorum. Man ist zunächst versucht, diesen 
Widerspruch durch die Annahme zu beseitigen, die Städte 
seien einst municipia Julia gewesen und hätten, als sie in 
der späteren Kaiserzeit zu Kolonien erhoben wurden, das 
alte cognomen beibehalten. 1 ) Wunderbar bliebe dann aber 
das Fehlen eines zweiten, das an den Kaiser erinnerte, dem 
die Stadt die Rangerhöhung verdankte. Und vor allem 
widerspricht dieser Annahme das V. P. in dem Titel von 
Thabraca. Es ist etwa aufzulösen col(onia) Vfirtutis) P(ietatis) 
Jul{iae) oder col. V(ictrix) P(ia) Jul(ia), und das ist eine 
Namengebung, die wir fast nur bei Kolonien finden. Bei 
Hippo Diarrhytus und Karpis vermerkt Plinius gar nichts 
über die Rechtsstellung, Curubis, Neapolis und Thysdrus 
nennt er oppida Hiera, und später begegnen uns alle diese 
Städte als coloniae Jidiae.' 2 ) Ausser diesem recht schwer- 
wiegenden Widerspruch ist bei Hippo Diarrhytus wohl 
auch noch eine Nachlässigkeit des Plinius festzustellen; 
denn dort ist, wie die Münzen 3 ) lehren, von der Zeit 
des Augustus bis zu der des Clodius Albinus eine 
Freistadt gewesen. Ferner mussten wir Clupea, wo der 
Freigelassene Phileros zweimal den Duovirat bekleiden konnte, 
als cäsarische Kolonie ansehen 4 ); bei Plinius 5 ) erscheint es 
als oppidum liberum. 

Bei dieser Summe von Ungenauigkeiten und von Wider- 
sprüchen, die zwischen der plinianischen Darstellung und 
der sonstigen Überlieferung auftauchen, müssen wir uns 
zunächst über die Quellen des Plinius Klarheit zu verschaffen 
suchen. Wir haben bei der Behandlung von Numidien 



1) Kornemann PhiloL 1901 S. 419. 

2) Die Belege hat Kornemann S. 413 zusammengestellt. 

3) Müller. Numismatique de l'anciennc Afrique II S. 167 f. Nr. 374. 
375- 379. 

4) Siehe S. 17. 

5) V 24. 



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— 26 — 



schon eine kennen gelernt und dabei gesehen, wie er sich 
nicht damit begnügt, seine Vorlage auszuschreiben, sondern 
eifrig Fremdes in sie hineinarbeitet. Da Mela dieselbe 
Quelle geistloser abgeschrieben hat, gewinnen wir durch die 
Vergleichung seiner Darstellung mit der des Plinius ein 
ziemlich gutes Bild von ihrem Charakter. Sie bot in geo- 
graphischer Anordnung — meist dem Laufe der Küste 
folgend — die Vorgebirge, Müsse, Länder und Städte 
additis quae in natura regionum incolarumque memoranda 
sunt. So waren oft historische Notizen eingeflochten, z. B. 
über die Geschichte hervorragender Städte. Von Cirta sagt 
Mela J ) : Cirta proeul a rnari, nunc Sittianorum colonia, quon- 
dam regum domus et cum Syphacis foret opulentissima. 
Von den Nebenkolonien bezeichnet er Rusicade, die einzige, 
die er erwähnt, als oppidum. Plinius 2 ) hat oppida Cullu et 
ßusiccade et ab eo XLVIII1 m. passuum in mediterraneo 
colonia Cirta Sittianorum cognomine. Bei ihm ist das Sittia- 
norum irrtümlich zum cognomen der Kolonie geworden; 
weshalb die Notiz über den Syphax fehlt, haben wir schon 
gesehen. 3 ) Auch bei Karthago stand in der Quelle, dass 
dort eine römische Kolonie war. 4 ) Im allgemeinen waren 
die Städte ohne jede Angabe ihrer rechtlichen Stellung als 
oppida, d. h. als städtische Siedlungen bezeichnet. Dieser 
Quelle ist Plinius in den §§ 22 — 28 gefolgt, doch hat er 
Angaben über die Rechtsverhältnisse der Städte anderswoher 
hinzugefügt. In den §§ 29 und 30 benutzt er dann eine 
Darstellung, von der sich in der Chorographie Melas keine 
Spur zeigt. Es ist kein geographisches Werk; die Städte 
der Provinz werden in alphabetischer Anordnung aufgeführt 
ohne Angabe der Lage. So konnte es dem Plinius wider 
fahren, dass er die Küstenstadt Achulla, die er in der Choro- 

1) I 3U 

V 22. 
1) S. 14. 

4) Mela I .14. PJin. V 24. Melas Worte olim imperii eius (sc. 
populi R.) pertinax aemula bringt Plinius V "6: illa Romani imperii 
aemula terrarumque orbix avida Cartliagine. Der Ausdruck stammt aus 
Sa linst b. Cat. lo. j. 



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- 27 - 

graphie wohl nicht verzeichnet land -\^b,ei Mei^fel 
sie — unter die Binnenstädte versetzte. ^^J^se ^Que^e 
enthielt genaue Angaben über die RechtsverhältlTTÄecler 
Städte; wir können wohl annehmen, dass aus ihr Plinius die 
Zusätze in den §§ 22—28 gemacht hat. 

Man hat längst erkannt, dass diese alphabetischen Reihen, 
die auch in der Beschreibung anderer Provinzen und Italiens 
erhalten sind, auf ein Werk des Augustus zurückgehen. Ich 
kann auf die Untersuchungen von Cuntz 2 ) verweisen. Es 
ergibt sich aus dem Vergleich dieser Provinziallisten mit 
denen von Italien, für die Plinius den Augustus als Verfasser 
nennt. Nun fehlt dieser allerdings in dem Verzeichnis der 
Quellenschriftsteller des 5. Buches. Cuntz 3 ) erklärt dies 
durch die Annahme, dass die hier benutzten Teile der 
augustischen Publikation von Agrippa verfasst und deshalb 
nur dieser von Plinius in den au ctor es-Listen zitiert worden 
sei. Ich muss die Erledigung dieser Frage bis zum Schluss 
meiner Untersuchung verschieben. 

Neuerdings hat Schweder in mehreren Aufsätzen ,,über 
die Weltkarte und Chorographie des Kaisers Augustus" 4 ) die 
Ansicht zu begründen versucht, die Darstellung des Plinius 
und Mela gehe auf eine einzige Quelle zurück, und diese 
sei eine Chorographie gewesen, die Augustus als Text zu 
der agrippischen Weltkarte publiziert habe. Dieser Versuch 
ist völlig missglückt. Hier genügt es zur Widerlegung 
folgendes anzuführen: gerade das, was sich als augustisch 
nachweisen lässt, die alphabetischen Listen mit den ethnischen 
Namensformen und die genauen Angaben über die Rechts- 
verhältnisse der Städte und Völker, fehlt in der durch Ver- 
gleichung des Mela und Plinius zu rekonstruierenden Choro- 
graphie gänzlich; zudem zeigen eben die Irrtümer und Nach- 



1) V 30. 

2) De Augusto Plinii geographieorum auetore. Di^s. Bonn 1888 und 
Jahrb. f. klass, Phil. Snppl. 17. 1890 S. 475 ff. 

3) Jahrb. S. 5->4 f. 

4) Philologus 1895 S. 319. 528. 1897 S. 130. 



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— 28 — 



lässigkeiten in der plinianischen Darstellung 1 ) deutlich, dass 
wir eine Verarbeitung mehrerer Quellen vor uns haben. 

Die plinianischen Exzerpte stellen sich als eine ordnende 
Bearbeitung der augustischen Publikation dar. Im Original 
waren die Städte der verschiedenen Rechtsstellungen neben- 
einander in derselben alphabetischen Reihe aufgeführt; das 
zeigt uns eine erfreuliche Nachlässigkeit des Plinius bei seiner 
Darstellung der zweiten Region Italiens. Hier kehrt die 
Kolonie Venusia, die unter Umänderung des Ethnikon in 
den Stadtnamen schon III § 104 genannt war, in der alpha- 
betischen Liste (§ 105) noch einmal wieder; Plinius hat 
vergessen den Namen zu tilgen. 2 ) Wir können also wohl 
annehmen, dass auch in den übrigen Regionen und in den 
Provinzen die Zusammenstellung der coloniae, oppida civimn 
Romanorum usw. auf Plinius zurückgeht. Sein Eigentum 
werden dann wohl auch die Zahlen bei den einzelnen Rechts- 
kategorien sein, das Zählen war ja seine Spezialität. 8 ) 

Nun finden einige der Rätsel, welche die plinianische 
Darstellung bot, ihre Lösung. Wenn wir nicht gerade an- 
nehmen, dass die augustische Publikation dem letzten Lebens- 
jahre des Kaisers angehöre, so bleibt ja die Möglichkeit, 
dass die Gründung der Kolonie in Simitthus und des Muni- 
zipium in Hippo Regius erst nach ihrer Herausgabe erfolgt 
ist. Aber die anderen Schwierigkeiten, die wir dargelegt 
haben, werden noch viel grösser, da wir nun einen Wider- 
spruch zwischen den doch schwerlich ungenauen oder 
unrichtigen Angaben des Augustus und der sonstigen Über- 
lieferung konstatieren müssen. Warum sagte Augustus nichts 
über die Rechtsstellung von Chullu und Rusicade, von Karpis 

1) Ich wies auf die Aufzählung Achollas unter den Binnenstädten 
hin. Ein ähnlicher Irrtum ist dem Plinius bei dem bithynischen Apamca 
untergelaufen: Cuntz Jahrb. S. 505. Bezeichnend ist die Verwechslung der 
beiden sizilischen Thermae: Cuntz de Augusto S. 37. 

2) Vgl. Bormann, Bemerkungen zum schriftl. Nachlast des Kaisers 
Augustus. Progr. Marburg 1884 S. 36 f. 

3) Ich erinnere an die mmmae in den Inhaltsverzeichnissen der einzelnen 
Pikher. 



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— 2 9 — 



und Hippo Diarrhytus, warum erscheinen bei ihm die eoloniae 
Juliae als oppida civium R. oder gar als oppida liberal 

Abgesehen von den cirtensischen Kolonien könnte man 
auch hier zunächst annehmen, die Koloniegründungen stamm- 
ten aus der Zeit nach der Abfassung des augustischen Werkes. 
Der terminus ante quem für die Deduzierung der eoloniae \ 
Juliae ist das Jahr 27 v. Chr., wären sie erst später aus- 
geführt, so würde kaum der Augustustitel in ihrem cognomeu 
fehlen. Für die Datierung der Listen sind die einzigen festen 
Punkte, dass Utica 1 ) als Munizipium und Uthina 2 ) als Kolonie 
erscheint. Den Uticensern wurde das Bürgerrecht im Jahre 
36 v. Chr. verliehen 3 ), und die Kolonisation von Uthina 4 ) 
ist wahrscheinlich in das Jahr 29 zu setzen. Wenn Cuntz 5 ) 
als weiteren terminus post quem das Jahr 25 V. Chr. gewonnen 
hat, weil damals erst die Vereinigung Numidiens mit der 
alten Provinz, welche die Liste voraussetzt, stattgefunden 
habe, so ist das durch unsere Untersuchung der Provinzial- 
geschichte hinfällig geworden. Es wäre also möglich, die 
Angaben des Augustus auf die Zeit bis 29 v. Chr. zu be- 
ziehen und die Deduktion der eoloniae Juliae in die beiden 
folgenden Jahre zu verlegen. Aber Clupea war ja höchst- 
wahrscheinlich eine cäsarische Kolonie; bei Curubis können wir 
es mit Bestimmtheit nachweisen, denn hier finden wir schon im 
Jahre 45 v. Chr. einen Duovir und zwar einen Freigelassenen. *>) 
Höchstwahrscheinlich werden also auch die übrigen eoloniae 
Juliae dem Diktator Cäsar ihren Ursprung verdanken. 

Für Curubis, Clupea, Hippo Diarrhytus, Thysdrus, Karpis 
und Neapolis hat Kornemann 7 ) die Widersprüche der 

1) n. h. V 24. 

2) n. h. V 29. 

.;) C ass Dio 49. 16. 

4) Kornemann Philol. 1901 S. 411. 

5) de Augusto S. 45. 

0) CILVI1I 977. Die folgende Inschrift aus dem Jahre 20 v. Chr. 
nennt drei Beamte aus dem Libertinenstande. 

7) Kornemann hat seine Ansicht zunächst in dem Artikel , eoloniae' 
bei Pauly-Wissowa IV 1 Sp. 533—535 und dann in dem oft genannten 
Philologusmfsatz S. 413 ff- dargelegt. 



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3 o — 



Überlieferung auf folgende Weise zu lösen versucht. Er 
glaubt, diese Städte seien casteUa von Karthago gewesen, 
„denen Cäsar möglicherweise unter Verleihung eines höheren, 
wohl des latinischen Rechts den Titel von coloniae (Juliae)" 
verliehen habe. Augustus habe das Verhältnis dieser pere- 
grinen Gemeinden zu Karthago gelöst, ihnen den Kolonie- 
titel genommen und sie als oppida libera konstituiert. Später 
habe dann Claudius die Gemeinden unter Belassung der 
Selbständigkeit wieder zu Kolonien erhoben. 

Die schon angeführte Inschrift aus Curubis 1 ) berichtet 
dass im Jahre 45 v. Chr. ein Duovir die Stadt mit einer 
Mauer umgeben hat: murum oppidi totnm ex saxo quadrato 
aedißeandum coer(avit). Aus diesem Text folgert Korne- 
mann, dass die Stadt „rechtlich ein oppidum oder ein 
castellum, d. h. eine befestigte Ortschaft ohne Selbstverwal- 
tung" 2 ) war. So darf man aber das Wort oppidum nicht 
interpretieren. Es besagt gar nichts über die rechtliche 
Stellung einer Stadt, sondern bezeichnet die Stadt im engeren 
Sinne, die städtische Siedelung. Es gibt also oppida sowohl 
im Gebiet der coloniae als der municipia und der oppida 
libera. Ich will einige bezeichnende Stellen aus der lex 
municipii Tarentini und der lex coloniae Genetivae aus- 
schreiben: lex m. Tar. 27: in o[ppJido Tarentei auf inira 
( im munifeipij fineis. 32: in oppido quod eins municipi 
cfrjit: lex col. Gen. 73: ne quis inira fines oppidi coloni(ae)rr, 
75. 76: in oppido colon(iae) Jul(iae). Damit wird das Haupt- 
argument, das Kornemann für die Unselbständigkeit der 
Kolonien anzuführen weiss, hinfällig. 

Wenn in Curubis und Clupea Freigelassene die städtischen 
Ämter bekleiden konnten, so sahen wir darin ein sicheres 
Zeugnis für die cäsarische Deduktion. Kornemann will 
diese Beamten als karthagische Bürger auffassen, die von 
Karthago aus als Präfekten in die attribuierten Titularkolonien 
gesandt seien, — die duoviri und aedifes seien den praefrcfi 
t. d. der castclla, die wir aus der Philerosinschrift kennen, 

1) VIII 977. 

2) Pauly-Wissowa Sp. s;>4. 



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— 31 — 



gleichzusetzen; man habe nur bei den Kolonien für diese 
Beamten einen vornehmeren Titel gewählt. So soll der Duo- 
virat, den Phileros zweimal in Clupea bekleidet hat, ein 
karthagisches Amt sein, seiner 2 )rae t ec ^ ur(l *• ^« ungefähr 
gleichwertig. Aber das aedem Telluris s. p. fec. schliesst 
doch des Phileros karthagische Laufbahn gar zu deutlich 
von dem Lebensabschnitt, den er in Clupea verbracht hat, 
ab! Die Wesensgleichheit dieser duoviri mit den praefecti 
i. d. erschliesst Kornemann daraus, dass sie in Curubis zwei- 
mal in der Einzahl erscheinen. Wenn in der Mauerbau- 
inschrift des Jahres 45 v. Chr. nur ein duovir*) genannt wird, 
so ist das nicht gerade wunderbar, aber im Jahre 20 v. Chr. 
wird allerdings nach einem duovir quinquennalis datiert. 
Ich vermag diese Abnormität nicht zu erklären; möglicher- 
weise ahmte man den consul sine collega des Jahres 45, in 
welchem die Kolonie Curubis wohl gegründet wurde, auf 
diese Weise nach. Jedenfalls darf man hieraus noch nicht 
die Schlüsse ziehen, zu denen Kornemann hinneigt. Aber 
für Thysdrus glaubt er sogar einen praefectus i. d. gefunden 
zu haben. Es handelt sich um eine Inschrift des zweiten 
oder dritten Jahrhunderts aus Thamugadi 2 ): Dianae Aug(ustae) 
P.Julius Liberalis sacerdotfajlis p(rovinciae) A(fricae), HvfirJ 
II et qq., p. i. d. in col. Thysdritana, fflamen) pfeifet uns), 
nomine ßiarum suarum Juliarum dedit idemq(ue) dedie(avit) 
d. d. Liberalis setzt die Inschrift als flamm perpetuus von 
Thamugadi, er hat das sacerdotium der Provinz bekleidet 
und ist in der Kolonie Thysdrus zweimal duovir. ausserdem 
quinquennalis und praef. i. d. gewesen. Kornemann fasst 
die praefectura als karthagisches Amt auf; Liberalis sei ja 
als Provinzialpriester mit Karthago in Berührung gekommen ! 

Schliesslich weiss Kornemann noch ein literarisches 
Zeugnis für seine Theorie, dass die coloniae Juliae Karthago 
attribuiert gewesen seien, anzuführen. 3 ) Strabo 4 ) sagt von 

1) Auf dem Stein steht deutlich DVO • VIR ■ V . Die Auflösung 
ist zweifelhaft. 

2) Dessau 6840. 

3) Pauly-Wi sso wa Sp. 535. 

4) XVII 3, 16. 



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4 

- 32 



mehreren Städten, unter denen er auch Clupea und Neapolis 
nennt: ouYxaxea7taa^aav oh vfr KapxYjoovia bizb 'Pwjiatwv a: 
7i6Aei£ aOxat. Aber hier ist nur davon die Rede, dass diese 
Städte im Jahre 146 v. Chr. das Schicksal Karthagos teilten 
und zerstört wurden, und nicht von ihrer Vereinigung mit 
Karthago in cäsarischer Zeit. 

Kornemanns Versuch, die Widersprüche in der Über- 
lieferung zu lösen, ist also gänzlich missglückt Damit sind 
auch all die kühnen Folgerungen, die er auf seiner Auffassung 
der africanischen Stadtgeschichte aufgebaut hat, hinfällig. 

Wir haben gesehen, dass die eoloniae Juline regelrechte 
römische Bürgerkolonien Casars sind. Wenn nun Plinius — 
um nur die grösste Schwierigkeit hervorzuheben — einige 
dieser Städte als oppida libera bezeichnet, und die Münzen 
für Hippo Diarrhytus, über das er allerdings nichts 
aussagt, wirklich die Existenz einer Freistadt bezeugen, so 
bleibt nur die Annahme übrig, dass hier zwei Gemeinden 
nebeneinander bestanden, ganz wie wir es in Karthago ge- 
funden haben. Für Curubis, Neapolis und Hippo Diarrhytus 
hat dies schon Henze 1 ) behauptet, doch ohne die ganze 
Schwierigkeit des Problems, das die Überlieferung bietet, 
erkannt zu haben. Denn nun entsteht die Frage, warum 
hat Plinius diese doppelte Rechtsstellung nicht vermerkt. 
Bei dem augustischen Actium nennt er doch neben der 
römischen Kolonie die griechische Freistadt Nicopolis. 2 ) 
Man wird nicht eine konsequente Nachlässigkeit des Plinius 
annehmen wollen; offenbar hat er bei Augustus nichts über 
die eoloniae Juline gefunden. 

Bei der Beschreibung Italiens erklärt Plinius 3 ): nunc 
ambitum eins iirbesque enunierdbimus , qua in re praefari 
necessarium est auetorem nos divum Augustuni secuturos. 
discriptionemque ab eo factum Italiae totins in regiones XL 



1) De civitatibus liberis S. 12 ff. 

2) Siehe S. 20. 

3) III 46. 



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— 33 



$ed ordine eo qui liitorum tractu fiet, urbium quidem vicini- 
tates oratione utique praepropera servari non posse, itaque 
interiore exin parte digestionem in litteras eiusdem nos secu- 
turos, coloniarum mentione signata, quas ille in eo prodidit 
numero. Plinius sagt klar und deutlich, dass er die Kolonien, 
die er bei Augustus findet, als solche bezeichnen will. 
Mommsen 1 ) hat die Kolonieliste untersucht und gefunden, 
dass auch nachaugustische Gründungen vermerkt sind; 
aber dies ist nicht ganz sicher 2 ), und wenn es stimmt, so 
bleibt die Möglichkeit, dass Plinius diese Notizen aus eigener 
Kenntnis hinzugefügt hat. Viel wichtiger ist das andere 
Ergebnis : es fehlen alle voraugustischen Kolonien. Mommsen 
fasst die discriptio Italiae als eine Statistik auf und hält 
es für unmöglich, dass Augustus die „Unschicklichkeit" 
begangen habe, in der Statistik nur seine Kolonien anzuführen 
— „die Statistik ist nicht geeignet zu direkter Kundgebung 
höfischer Gefühle". Er elaubt deshalb, Plinius habe die 
Angaben über die Koionialqualität einer chronologischen 
Kolonieliste entnommen und alle voraugustischen ausgelassen, 
weil er darunter die römischen von den latinischen, welche 
ja zu seiner Zeit nun municipia waren, nicht habe unter- 
scheiden können; aber eine solche kritische Überlegung 
würde ich dem Plinius nicht gern zutrauen. 

Die Erklärung des Plinius in § 46 muss Mommsen folgen- 
dermassen interpretieren: „er sagt wohl, dass die von ihm als 
Kolonien angeführten Orte in der augustischen Liste, nicht aber, 
dass sie darin als Kolonien ständen". Mit Recht hat diese 
Auffassung keinen Anklang gefunden 3 ), sie tut dem Wort- 
laut des Plinius zu sehr Zwang an. In einem späteren Auf- 
satze über „die Regionen Italiens" 4) urteilt Mommsen nicht 
mehr so entschieden: „Dass allen Kolonien in der Liste der 
betreffende Vermerk zugefügt gewesen ist, schliessen die 

1) Hermes XVIII S. l89ff. 

2) Cuntz. de Augusto S. 22. 

3) Cuntz, S. 25. Bormann, Bemerkungen zu dem schriftl. Nachlas« 
des Kaisers Augustus S. 34 f. 

4) Festschrift für Kiepert. 1898 S. IOI Anm. 4. 

Diu. Barthel. 3 



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34 — 



plinianischen Angaben aus; vielleicht ist dies bei den 
augustischen der Fall gewesen. Ich habe die Frage offen 
gelassen, ob dies geschehen oder deren Hervorhebung von 
Plinius anderswoher entlehnt ist". Mir scheint diese Sonder- 
barkeit der augustischen discriptio Italiae unzweifelhaft fest- 
zustehen. Man hat Versuche gemacht, sie zu erklären. 1 ) 
Wir brauchen zu ihnen nicht Stellung zu nehmen, weil uns 
die Betrachtung der africanischen Listen eine neue Problem- 
stellung bietet. 

In Africa kehrt ja dieselbe Einseitigkeit der augustischen 
Publikation wieder. Plinius kennt 6 Kolonien in der Provinz. 
Karthago war in der Chorographie als solche verzeichnet 2 ), 
zudem galt es auch als augustische Gründung. Den Ver- 
merk über die Kolonialqualität des cäsarischen Cirta hat 
er, wie wir gesehen haben, aus derselben Quelle über- 
nommen. 3 ) Diese bot ihm aber nichts über die Rechtsstellung 
der drei Nebenkolonien und ihr Verhältnis zu Cirta, und über 
diese cäsarischen Gründungen fand sich auch nichts bei 
Augustus. Sicca 4 ) undUthina 5 ) sind augustische Schöpfungen; 
für Sicca bezeugt es die Inschrift divo Augusto conditori 
Siccenses 6 ), für Uthina hat es Kornemann aus einer jüngst 
in Rom gefundenen Inschrift scharfsinnig geschlossen. 7 ) Über 
die Gründungszeit von Thuburbo maius und Maxula 8 ) ist 
nichts bekannt; wir werden sie nunmehr auch als augustische 
Kolonien ansehen. Insgesamt 11 cäsarische fehlen bei Plinius. 

Wenn aber von den Kolonien nur diejenigen in dem 
Werk des Augustus gekennzeichnet waren, die der Kaiser 

1) Bormann a. a. O. Cuntz S. 25. 

2) S. 26. 

3) S. 26 f. 

4) Plin. V 22. 

5) V 29. 

6) Dessau 6773. CIL VIII 1632. 16367 heisst Sicca: colonia Julia 
Veneria Cirta nova Sicca, 1641 werden die Einwohner als Cirthenses Siccenses 
bezeichnet; welchen Umstanden und Schicksalen die Stadt diesen Namen 
verdankte, wissen wir nicht. Vgl. Mommsen Hermes I S. 50. 

7) Philol. 1901 S. 411 f. 

8) n. h. V 29. 24. 



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- 35 - 



selbst geschaffen hatte, so müssen wir annehmen, dass es 
mit den übrigen Rechtsverhältnissen, die angegeben waren, 
dieselbe Bewandtnis hat. Denn wenn man die cäsarische 
Kolonisation bei einer Stadt verschwieg, so hätte es doch 
keinen Sinn gehabt, die Verleihung der libertas an die 
Peregrinen zu vermerken, wenn diese auch auf Cäsar zu- 
rückging. Wir stehen also vor der Tatsache, dass uns 
Plinius infolge der Eigenart seiner Quelle keine erschöpfende 
Darstellung der Rechtsverhältnisse der afrikanischen Städte 
gibt, dafür aber ein desto besseres und klareres Bild von 
der Provinzialpolitik des Augustus. 

Wir wollen jetzt die einzelnen Züge dieses Bildes be- 
trachten. Über die augustischen Kolonien ist wohl nur noch zu 
bemerken, dass es sich bei ihnen sicherlich um Ansiedlungen 
ausgedienter Soldaten handelt; für Uthina wird es durch den 
Beinamen TertiadecimfanorumJ 1 ) bezeugt. Eingehender müssen 
wir uns mit den Munizipien beschäftigen. Den ersten Rang 
nimmt unter ihnen Utica ein. Die alte Römerfreundin 
war die Hauptstadt der Provinz, bis Karthago sie zum zweiten 
Mal überflügelte. Mommsen 2 ) hat das beneficium legis Juliae, 
mit dem im Bellum Africum 3 ) die Parteinahme Uticas 
für Cäsar begründet wird, auf die Verleihung latinischen 
Rechts gedeutet. Die lex Julia stammt wahrscheinlich aus 
dem ersten Konsulat Cäsars, denn von den beneficia ist schon 
im Bellum civile 4 ) bei den Kämpfen des Curio die Rede. 
Sobald Augustus im Jahre 36 v. Chr. Herr der Provinz 
geworden war, erhob er Utica zum römischen Munizipium. 5 ) 
Es gehört zu den Städten, die Sueton in dem Kapitel über 
die augustische Provinzialpolitik 6) meint, wenn er sagt: 
urbiiim quasdam . . . merita erga populum Bomanum ad- 

1) Dessau 6784. 

2) CIL I S. 98. R. G. HI S. 555. 

3) cap. 87. 

4) II 36. Uticenses pro quibusdam Caesaris beneficiü Uli amicissimi. 

5) Cassius Dio 49, 16. 

6) cap. 47. 

3' 



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- 36 - 



legantes Latinitate vel civitate donavit. Latinisches Recht hat 
die alte Freistadt Uzalis erhalten. 1 ) Ganz umsonst fielen 
den beiden Städten diese Gaben natürlich nicht in den Schoss. 
Sie verloren die libertas und vor allem die immunitas 2 ); 
aber das römische Bürgerrecht oder der Zugang zu ihm war 
damit nicht zu teuer bezahlt. 

An Bürgerrechtsverleihungen an Peregrine können wir 
nach Analogie der karthagischen Stadtgeschichte auch bei 
den oppida c. R. denken, die Augustus, wie wir bei Plinius 
lesen, in Assuras und Thabraca gegründet hat. 3 ) Es bleibt 
hierbei unklar, ob wirklich neben der cäsarischen Kolonie 
ein Munizipium entstanden ist, oder ob die Neubürger sofort 
in den Verband der Kolonisten aufgenommen wurden und 
ein kleines Missverständnis des Plinius vorliegt, der den Ver- 
merk in der augustischen Liste, der lediglich die Bürger- 
rechtsverleihung bezeichnen sollte, auf die Konstituierung 
einer römischen Stadt bezog. Bei den übrigen Munzipien 
scheint es sich nur um die Verleihung des Stadtrechts an 
die conventus civium Romanorum zu handeln. In diesen 
Städten hat nämlich neben der römischen auch noch eine 
peregrine Gemeinde fortbestanden. 4 ) Sie erscheint auf einer 
Inschrift aus Chiniava 5 ), das wir aus Plinius 6 ) als oppidum 
c. R. kennen: M. Julio Probato C. Juli Probati f. Sabinino 
Carthag. omnibus honoribus in patria sua functo ob eximiam 
eius circa se et inlustrem benevolentiam ordo Chiniaven- 
sium peregrinorum. In Thibica, das wohl mit dem 
oppidum c. R. Tibigense 1 ) des Plinius identisch ist, finden 

1) Plin. n. h. V 29. 

2) Später hat Utica mit dem italischen Recht die immunitas wieder- 
erlangt: Dig. L 15, 8, 11 in Africa Cartkago, Utica, Leptis Magna a divis 
Severo et Antonino iuris Italici factae sunt. 

3) Vgl. S. 24 f. 

4) Vor der augustischen Organisation werden diese Gemeinden etwa 
dem conventus civium Iiomanorum et Numidarum, qui Mascululae habitant 
(Dessau 6774) verwandt gewesen sein. 

5) Rev. archeol. 1892 19 S. 295. 

6) V 29. 

7) ebda. 



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wir noch zur Zeit des Antoninus Pius eine civitas Thibi- 
caensis unter einem Sufeten. 1 ) 

Die Frage, ob es in Africa auch cäsarische Munizipien 
gegeben habe, die von Augustus und Plinius nicht ge- 
nannt wären, ist wohl zu verneinen. Wenn Cäsar nicht 
einmal seine alte Freundin Utica mit einer Rechtserhöhung 
bedacht hat, so ist es recht unwahrscheinlich, dass er pere- 
grinen Gemeinden das Bürgerrecht verliehen hat. Die 
conventus der römischen Bürger, die ihm feindlich entgegen- 
getreten waren, in Städte zu verwandeln, hatte er aber nicht 
den geringsten Anlass. 

Zwischem dem oppidum Latinum und den Freistädten 
verzeichnet Plinius 2 ) oppidum stipendiarium unum Castris 
Corneliis. Dass nur eine derartige Gemeinde in der Provinz 
erwähnt wird und dazu noch vor den Freistädten, hat recht 
viel Kopfzerbrechen gemacht. Man hat sich eifrig abgemüht 
mit Konjektur und Interpretation. 3 ) Nun löst sich die 
Schwierigkeit: Castra Cornelia war nicht die einzige stipen- 
diäre Gemeinde in der Provinz, sondern nur die einzige, 
die von Augustus geschaffen war. Nach der Chorographie 
war Castra Cornelia nur ein locus*), der gewiss zu dem 
Territorium einer Nachbargemeinde, etwa Utica, gehörte; 
Augustus scheint den Ort dann selbständig gemacht zu 
haben. Wenn die Gemeinde noch vor den Freistädten auf- 
geführt wird, so beruht das wohl nur auf einer nichtssagenden 
Willkür des Plinius, dem es gut schien, auf das oppidum 
Latinum unum gleich das oppidum stipendiarium unum 
folgen zu lassen. 

Dreissig Städten hat Augustus die Freiheit verliehen 5 ), 

1) CIL vm 765. 

2) n. h. V 29. 

3) Mommsen, Staatsrecht III S. 685 Anm. 1. Cuntz, de Augusto 
S. 41. Kornemann Philol. 1901 S. 409 f. 

4) Vgl. n. h. V 24. Es ist zu bemerken, dass Plinius das oppidum 
Stipendiarium der Liste von diesem locus unterschieden hat. 

5) n. h. V 30. Die alphabetische Namenfolge ist in diesem Paragraph ge- 
stört. Man hat zur Heilung mannigfache Versuche gemacht. Sicheres lässt sich 
natürlich nicht entscheiden. Jedenfalls muss man annehmen, dass Plinius 



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einer die Immunität. 1 ) Das oppidum immune Theudalis 
gehört zu den alten immunen Freistädten des Jahres 146 
v. Chr. Wir müssen annehmen, dass es im Laufe der Zeit 
das Privileg verloren und von Augustus zurückerhalten hatte. 
Ob die Stadt ausserdem noch die libertas besass, lässt sich 
nicht sagen. Dagegen haben die Freistädte sicherlich nicht 
die Steuerfreiheit gehabt; bis auf vier sind es Neuschöpfungen 
des Augustus, die Verleihung der immunitas hätte also in 
seiner Liste vermerkt sein müssen. Dass hier auch Achulla, 
• Leptis, Hadrumetum und Thapsus, deren Freiheit schon 
aus dem Jahre 146 v. Chr. datierte, erscheinen, kann nicht 
Anstoss erregen. Sicherlich hatten sie sich in den Bürger- 
kriegen dem Octavian, Antonius oder Lepidus gegenüber 
kompromittiert und deshalb ihre Rechte eine Zeitlang ein- 
gebüsst. Man machte ja mit den Freistädten nicht gerade 
viele Umstände; bezeichnend sind die Worte des Tacitus 2 ): 
reddita Ehodiis libertas adempta saepe aut firmata, prout 
bellis externis meruerant aut domi seditione deliquerant. Als 
klassisches Beispiel will ich die Geschichte von Kyzikus an- 
führen: die Stadt war frei bis 20 v. Chr., dann nahm ihr 
Augustus die Freiheit, 15 v. Chr. verlieh er sie von neuem 
und 25 n. Chr. verlor die Stadt ihre Rechtsstellung schon 
wieder. 

Während die Freistadt, die Augustus in Karthago ge- 
schaffen hatte 3 ), noch von ihm selbst mit der Kolonie 
vereinigt wurde, bestanden die entsprechenden Gründungen 
in Hippo Diarrhytus, Curubis, Thysdrus und Neapolis bis in 
die Zeit des Septimius Severus fort. Auf den Münzen von 
Hippo Diarrhytus erscheint das Hippone libera noch in der 

30 oppida libera — ausser der Insel (vgl. HI 18) Cercina, die V 41 genannt 
wird — aufgeführt hat; dazu stimmt etwa der Text, den Cuntz, 
de Aug. S. 40 bietet. 

1) n. h. V 23. 

2) Ann. XII 58. 

3) Dass Plinius bei Karthago sich mit der Angabe der geographischen 
Quelle begnügt und die einzelnen Entwicklungsphasen, welche in der 
augustischen Liste wohl verzeichnet waren, nicht berücksichtigt hat, ist 
leicht verständlich. 



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— 39 — 



Zeit des Clodius Albinus. 1 ) In Thysdrus hat Septimius 
Severus das oppidum liberum zum municipium erhoben 2 ), so 
dass dort nun zwei römische Städte nebeneinander bestanden. 
Wenn sich die neue Gemeinde als municipium liberum 
bezeichnet, so haben wir es dabei kaum mit einem vom 
Kaiser verliehenen Beinamen, der eine wirkliche Rechts- 
stellung ausdrückte, zu tun; die Stadt hat ihn sich wohl 
selbst zugelegt, um die Erinnerung an ihre Vergangenheit 
zu bewahren. Man darf ja bei der Beschäftigung mit der 
Stadtgeschichte der späteren Zeit nie die Äusserung des 
Cassius Dio über den leeren Prunk, den die Städte mit 
ihren Beinamen trieben, ausser acht lassen: vöv aöxol kauzois 
gxaoxoi xaxaXöyouc övojioküv oü; &v ^eXifjatoatv reXf^ei 

TlOtOÖVTOtl. 3 ) 

Ich möchte noch eine Vermutung über den Patronats- 
vertrag zwischen dem sinatus populusque CurfubitanusJ und 
einem C. Pomponius 4 ) anfügen. Die Urkunde war genau 
datiert, aber von der Konsulatsangabe ist nur erhalten 
C. CaesarfeJ. Da nun in dem Text Sufeten genannt werden, 
setzte man bisher die Inschrift in eins der cäsarischen Kon- 
sulate vor 45 v. Chr., weil in diesem Jahre der duovir in 
Curubis erscheint. Uns verweisen die Sufeten gerade auf 
die spätere Zeit, in der in Curubis eine punische Freistadt 
bestand, und es liegt auch nahe die Inschrift den verwandten 
Patronatsverträgen CIL VIII 68 (12 v. Chr.), 69 (65 n. Chr.), 
und V 4919 — 4922 (27 u. 28 n. Chr.) zeitlich näherzurücken. 
Man könnte also die Konsulatsangabe vielleicht folgender- 
massen ergänzen: C. Caesar [e L. Aemilio Paullo cos.] 
= 1 n. Chr.; doch ist dies natürlich ganz unsicher. 

Ich habe hier die augustische Publikation nur soweit 
behandelt, als es für die Erkenntnis der africanischen Stadt- 

1) S. 25. 

2) CIL XII 686 [najtione Äfer Bizacinus o[riundui mjunicipio Sep 
timia libefra TJhysdritanus. 

3) 54. 23. Zu dieser Kategorie gehört natürlich auch das Marianum 
in den Namen von Thibaris und Uci maius (S. 10). 

4) CIL VIII 10525. 



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— 40 



geschichte erforderlich war. Ihr Charakter ist aber schon 
jetzt mit ziemlicher Sicherheit festzustellen. Man hat sie 
bisher mit der agrippisch-augustischen Reichsvermessung in 
Zusammenhang gebracht. 1 ) Aber in einer Veröffentlichung 
dieser Art wären die Städte doch wohl nach Entfernungen 
und Strassenlinien, sicherlich nicht in alphabetischer An- 
ordnung aufgeführt worden. Völlig widerlegt wird diese 
Auffassung durch die Absonderlichkeit der Listen, nur bei 
augustischen Gründungen die Rechtsstellung zu vermerken. 
Mommsen hat bei der discriptio Italiae ganz mit Recht 
hervorgehoben, wie widersinnig und undenkbar diese Ein- 
seitigkeit bei einer geographischen oder administrativen 
Statistik sei. Sie führt uns notwendig zu der Überzeugung, 
dass wir einen Verwaltungsbericht vor uns haben: einer 
solchen Schrift des Augustus zu begegnen wird niemand 
verwundern. Wenn der Kaiser in dem Autorenverzeichnis 
des V. Buches nicht genannt wird, so ist das einer Nach- 
lässigkeit des Plinius zuzuschreiben, die nicht ohne Beispiel ist. 2 ) 
Die Frage, ob Plinius von dem Charakter der augustischen 
Publikation Kenntnis gehabt hat, werden wir kaum verneinen 
können. Da gewinnen die Worte, mit denen er seine Vor- 
bemerkung zu der Beschreibung Italiens schliesst: coloniarum 
ytientione signata quas ille in eo prodidit numero einen ganz 
besonderen Sinn. Er hat sich damit bei dem Leser von 
vornherein wegen der Lücken in seinem Kolonieverzeichnis, 
die ja bei Italien vor allem in die Augen fallen mussten, 
«entschuldigen wollen. — Es tut jetzt eine umfassende Neu- 
bearbeitung der Reste dieser Schrift not. Ich hoffe, sie bald 
als Beitrag zur Erkenntnis des augustischen Reichsregiments 
vorlegen zu können. 

4. Attribution und Kontribution. 
Der Freigelassene Phileros hat in Karthago nach der 
Ädilität eine praefectura iure dicundo vectigalibus quinquen- 
nalibus locandis in casteüis LXXXIII bekleidet. Diese 

1) Cuntz Jahrb. S. 522 ff. 

2) Vgl. Münzer, Zur Quellenkritik des Plinius S. 128. 



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- 4 1 — 



Angabe lässt uns einen interessanten Einblick in die römische 
Verwaltungstechnik tun. Der Staat hatte die Aufsicht über 
eine bedeutende Anzahl kleinerer Ortschaften den Behörden 
der römischen Kolonie anvertraut. Dieses Verhältnis wurde 
als attributio bezeichnet. 1 ) Man entlastete so die Provinz ial- 
behörden und förderte zugleich die Kolonie, der die vectigalia 
der Kastelle zuflössen. Über diese Abgaben klärt uns der 
Schiedsspruch 2 ) der Minucii in dem Prozess zwischen Genua 
und einem seiner Kastelle auf. Zeile 5 f. heisst es: qua ager 
privatus casteli Vituriorum est, quem agrum eos vendere 
heredemque sequi licet, is ager vectigal nei siet; Z. 23 f.: 
quem agrum poplicum iudieamus esse, eum agrum castelanos 
Langenses Veiturios po[si]dere fruique videtur oportere. pro 
eo agro vectigal Langenses Veituris in poplicum Genuam dent 
in anos singulos vic(toriatos) n(ummos) CCCC. Im folgenden 
wird dann noch festgesetzt, dass für diese Geldsumme ein 
Zwanzigstel des Getreides und ein Sechstel des Weines ein- 
treten kann. Dieser Art sind sicherlich die vectigalia gewesen, 
die Phileros zu verpachten hatte. 

Das häufige Vorkommen karthagischer Beamten auf den 
Inschriften von Thugga und Numiulis lässt darauf schliessen, 
dass das Attributionssystem der Kolonie sich bis zu diesen 
Ortschaften erstreckte. 3 ) Sie nennen sich im zweiten Jahr- 
hundert pagus et civitas.*) Aus älterer Zeit haben wir nur 

1) Isidor, orig. 15, 2, 11.: tue» et castella et pagi ii mnt, qui nulla 

diqnitate civitatis ornantur sed propter parvitatem sui maioribus civita- 

tibus attribuuntur. 

2) CIL V 7749. 

3) Kornemann Philol. 1901 S. 420 ff.. 472 ff. Zu Kornemanns 
Material ist folgende wichtige Inschrift hinzugekommen: Rev. archeol. 41 
1902 S. 459. Sex. Puüaeno Sex. f. Arn. Floro Caecüiano praefecto iur. 
dicun. sac. Cer. anni CLXX (duo)vir q. flam. perp. C. I. K. pagus et 
civitas Thug. patrono d. d. p. p. curatoribus L. Oallio Optato Saüustio Dato. 

4) Insgemein rechnet man hierher auch die utraque pars civitatis 
Thignicensis (CIL VIII S. 173- Kornemann S. 475). Vielleicht sind aber 
unter den beiden Teilen der civitas nicht der pagus et civitas, sondern die 
Afri et cives Romani Tliignicenses zu verstehen, so dass wir eine mit der 
civitas Uccula (Dessau 6813 civitas Uccula decreto Afrorum posuit — es 
handelt sich hier nicht, wie Dessau meint, um das concilium provinciae 
Africae) und mit Sua (Dessau 6776 Afri et cives Romani Suenses) ver- 



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— 4 2 — 



zwei Inschriften aus Thugga. Die eine 1 ) ist so wichtig, dass 
ich den Text hierhersetzen muss: Divo Aug. sacrum et 
Ti. Claudio Caesari Aug. Germanico pon. max. trib. pot. 
VIII imp. XVI cos. IV p. p. cens. C. Artorius Bassus pon. 
aed. (duo)vir cur. Lucusiae patronus pagi dedicavit. Julius 
Venustus Thinobae filius honoribus peractis flanien divi Aug. 
et Gabinia Felicula uxor et Faustus f. eius — knie senatus 
et plebs ob nierita eius omnium portarum sententis ornam. 
sufetis gratis decrevit — suo et Fausti Thinobae patris 
honoribus peractis fiam. divi Aug. et Firmi gut civitas 
ornamenta sufetis ob nierita sua decrevit et Saturi sufetis II 
qui a civitate et plebe sujfragio creatus est et histitoris honoribus 
peractis flanien divi Aug. fratrum suorum nomine s. p. f. cura- 
tore Julio Firmo filio. Kornemann schliesst aus der Titulatur 
patronus pagi, die wir auch in der anderen Inschrift finden, 
dass Thugga damals offiziell ein pagus gewesen sei. Die civitas, 
welche in dem zweiten Teil der Inschrift erscheint, habe noch 
als Vorort im paganen Verband gestanden. Wenn die 
Sufetenwahl einmal von der civitas et plebs vollzogen wird, 
während in den anderen Fällen nur die civitas oder gleich- 
bedeutend der senatus et plebs auftritt, will er in dieser 
plebs, welche neben der civitas genannt wird, die ausserhalb 
der Stadtmauern wohnende Menge der Paganen erkennen. 
Erst in der späteren Zeit habe sich die civitas ganz von 
diesen losgelöst und sei dieDoppelgemeindeThugga entstanden. 
Die Entwicklung ist ganz anders verlaufen. Der Ausdruck 
civitas et plebs ist sicherlich nur ein Irrtum für senatus et 
plebs, wie Kornemann zunächst ganz richtig empfunden hat. 
Damit verschwindet der pagus aus dem zweiten Teil der 
Inschrift, und wir haben es hier nur noch mit der civitas 
zu tun. Ihr gehören die Stifter als Bürger, Beamte 2 ) und 

wandte Gemeinde vor uns haben. — Auch in Thibursicum Bure, das CIL 
VIII S. 173 mit Thugga zusammengestellt wird, ist bisher die Bezeichnung 
pagus et civitas noch nicht nachgewiesen. 

1) Dessau 6797. Die andere ist CIL VIII 1478 = 15503. 

2) Wir kennen von den Beamten der Gemeinde nur die Sufeten; die 
Ädilität, welche CIL VIII 1478 = 15503 u. 1494 erwähnt wird, ist kein 
Amt von Thugga. 



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- 43 — 



Priester 1 ) an; als Dedikanten haben sie den patronus pagi y 
einen vornehmen Karthager, gewonnen. Aus diesem Titel 
kann man nun aber durchaus nicht schliessen, dass damals 
die civitas noch rechtlich zu dem pagus gehört habe; sein 
einfacher Sinn ist der, dass sich der Patronat nur auf ihn 
bezogen hat. Die Tatsache, dass dieser damals seine eigenen 
Patrone hatte, während später die beiden Gemeinden in 
dieser und jeder anderen Beziehung vereint erscheinen 2 ), 
lässt darauf schliessen, dass sich ihr Verhältnis im Laufe der 
Zeit nicht gelockert, sondern eher gefestigt hat. Und diese 
Entwicklung ist darin begründet, dass sie eine ganz ver- 
schiedene Rechtsstellung hatten und diese Kluft erst allmählich 
durch die Macht der lokalen Interessengemeinschaft überbrückt 
wurde. Während nämlich die pagi allem Anschein nach 
Karthago attribuiert waren, ist dies für die civitates aus- 
geschlossen. Eine Inschrift aus Alexandria Troas 3 ) bezeugt, 
dass die africanischen civitates unmittelbar unter dem Statt- 
halter gestanden haben. Und dann erscheint Thugga in 
severischer Zeit als municipium liberum. 4 ) Kornemann 
sieht in diesem Beiwort einen Beweis für die vorhergehende 
Attribution; wir haben aber bei Thysdrus 5 ) gelernt, dass es 

1) Kornemann fasst sie als Priester des karthagischen Kaiserkultes 
auf. Aber der Faustus Thinoba ist doch kein römischer Bürger. — Ebenso- 
wenig besitzen meiner Meinung nach die übrigen Familienmitglieder das 
römische Bürgerrecht, obwohl sie sich mit den verbotenen römischen Namen 
(vgl. das Edikt des Claudius über das Bürgerrecht der Anauni CIL V 5050: 
nominaque ea y quae habuerunt antea tanquam cives Bomani, ita habere is 
permittam) zu schmücken suchen. Die schnelle Verbreitung römischer 
Namengcbung in den peregrinen Gemeinden zeigt gut ein Vergleich der 
Inschriften CIL VIII 68 u. 69. 

2) Siehe Kornemann S. 475. 

3) CIL III 388. Q. Loüio Q. f. Ani. Frontoni trib. mü. leg. III 
Aug. praef. fahr. teri. praef. equitum alae Numid. Ilvir pont. civitates 
XXXXIIII ex provincia Africa, quae sub eo censae sunt. — Man darf 
diesen Gehilfen des Statthalters nicht den munizipalen praefecti i. d. für die 
attribuierten Gemeinden gleichsetzen, wie es Schulten tut (Die peregrinen 
Gaugemeinden des römischen Reichs. Rh. Mus. 50 1895 S. 551). 

4) CIL vni S. 173. Die municipia libera hat Dessau 6792 Anm. 1 
zusammengestellt. 

5) S. 39. 



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- 44 — 



vielmehr eine Erinnerung an die frühere libertas sein soll. 
Die civitates sind also sicherlich politisch selbständig gewesen, 
und die Attribution hat sich nur auf das umliegende Gebiet 
bezogen. Es wird ein ähnliches Verhältnis gewesen sein, 
wie wir es bei Caudium 1 ) finden, dessen Rechte nicht über 
seine Stadtmauern hinausreichten, da das ganze territorium 
muro tenus-zu Benevent geschlagen war. — Von den Behörden 
dieser pagi kennen wir nur den ordo 2 ); Beamte — wir erwarten 
etwa magistri — werden auf den Inschriften nicht erwähnt. 

Gleich Karthago hatte auch Sicca 3 ) eine Anzahl attribuierter 
castella, in denen wir als Gemeinderat seniores finden, die 
der plebs gegenüberstehen. Ferner können wir bei Thysdrus 4 ) 
und Thuburbo maius 5 ) aus dem Vorkommen von praefecti i. d. 
auf ein Attributionssystem schliessen. 

Zu Cirta gehörten ausser den drei Kolonien zahlreiche 
castella und pagi. Die letzteren werden schon von Tacitus 6 ) 
in der Erzählung des Krieges gegen Tacfarinas erwähnt. 
Auf Inschriften begegnen uns zwei 7 ), in welchen sich castella 
entwickelt haben, die aber nicht wie bei Thugga zu einer 
selbständigen Rechtsstellung gelangt sind. Ausserdem kennen 
wir noch 10 castella. 6 ) In allen diesen attribuierten Gemeinden 
finden wir einen ordo; als Beamte fungieren magistri. In 

1) Mommsen: Schriften der römischen Feldmesser II S. 187. CIL IX 
S. 198. 

2) Siehe Kornemann S. 475. 

3) Dessau 6805—6807. Kornemann S. 422. 

4) S. 31. 

5) CIL VHI 853. 

6) Ann. III 74. 

7) Phua: CIL VIII S. 586. 584. 1837. Sigus: S. 552. 1826. 

8) Arsacal CIL VIII S. 573- Mastar S. 591- Sila S. 564 u. 1833. 
SaddarS. 567. Subzuar S. 571 u. 1835. UzelisS. 589. TiddisS. 606. 
Thibilis S. 541 u- 1805: dass Thibilis bis in die Mitte des 3- Jhdts. ein 
pagm oder casiellum war, zeigt das Vorkommen von magistri (Suppl. 18 828. 
18832. 18835. 18841. 18896. 18900); später scheint es zum mxtnicipium 
geworden zu sein, wenigstens finden wir duoviri (18 842. 18845). Celtianenses 
S. 1869: in der Inschrift 19693 aus dem Jahre 205 ist das resp.C.C. wohl 
nicht als respublica coloniae Celtianensium , sondern casteUi Celtianensium 
aufzulösen. Elefantarienses Dessau 6865. 



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- 45 - 



einer kommen sogar fiamines perpetui vor, und mehrere 
bezeichnen sich als res publica.*) 

Das Verhältnis der coloniae zu Cirta wurde, wie wir 
gesehen haben 2 ), als contributio bezeichnet. Es entsteht nun 
die Frage, ob dieser Begriff von der attributio, mit der wir 
uns beschäftigt haben, zu unterscheiden ist. Bisher hat man 
sie verneint. 3 ) Wir wollen die Verwaltung der Cirta attribuierten 
und kontribuierten Gemeinden näher betrachten. An der 
Spitze der quattuor coloniae Cirtenses stehen in der Zeit, 
aus der die Hauptmasse unserer Inschriften stammt, triumviri. 4 ) 
Diese haben ihren Amtssitz in Cirta und dürfen die Stadt 
natürlich nicht verlassen. Sie verwalten daher die Aussen- 
gemeinden durch Stellvertreter, durch praefecti. b ) Diese 
praefectura gilt nicht als honos, sondern als munus; eine 



1) magistri : Arsacal, Sigus, Sila, Phua, Uzelis, Thibilis, Celtianenses. 
fiamines pp.: Sigus (Suppl. 19121. 19122. 19124). respublica: Mastar 
Sigus, Sila, Saddar, Subzuar, Phua, Uzelis, Tiddis, Celtianenses. 

2) S. 23. 

3) Mommsen Staatsrecht III S. 765 ff. 

4) Cirta hatte zuerst wie andere Kolonien an seiner Spitze duoviri 
(CIL Vin 7099. 7117). Wenn auf Münzen quattuorviri erscheinen (CIL 
VIII Suppl. S. 1849), so erklärt sich das wohl daraus, dass es in Cirta zwei 
Kategorien von duoviri gab: duoviri i. d. und duoviri aerarii = aediles und 
diese als quattuorviri zusammengefasst wurden (dasselbe finden wir in 
Vienna: Dessau 7003 und 6996. 7001). Später sind die triumviri an 
ihre Stelle getreten. Mommsen hat geglaubt (Hermes I S. 62 ff.), diese 
hätten sich aus jenen im Laufe der Zeit bei der Konstituierung der Neben- 
kolonien entwickelt, — aber wir haben ja gesehen, dass Mommsens Auf- 
fassung von der Geschichte der kontributierten Kolonien falsch ist. Körne- 
rn ann (Pauly-Wissowa IV 1 Sp. 586) hat richtig erkannt, dass die triumviri 
bis in die ersten Zeiten der Kolonie zurückreichen: in Ariminum stehen die 
duoviri und triumviri nebeneinander (Dessau 6659. 6661) und in Vienna, 
das ebenso wie Cirta ein ungeheures Gebiet zu verwalten hatte, kommen 
ausser den quattuorviri die triumviri locorum publiconm persequendorum 
als höchste Beamte vor (CIL XII S. 219). In Cirta ist dann allmählich 
der Duovirat in dem Triumvirat aufgegangen. 

5) Meine Ansicht über diese praefecturae weicht von der Mommsens 
(Hermes I S. 56 ff. u. CIL VHI S. 619) völlig ab. Diese hängt eng mit 
Mommsens Anschauung von der Entwicklung der cirtensischen Kolonien 
zusammen und fällt mit ihr. 



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- 46 - 



summa honoraria wird dafür nicht bezahlt. 1 ) Es lässt sich 
nun ein Rangunterschied zwischen der Präfektur in den 
Kolonien und der in den attribuierten Gemeinden feststellen. 
In jenen konnte sie nur nach dem Triumvirat bekleidet 
werden 2 ), in den Kastellen, wo der praefechis statt des 
iure dicundo den Zusatz pro triumviris hat, schon nach der 
Ädilität. 3 ) Hieraus können wir natürlich nicht auf eine 
Verschiedenheit der Rechtsstellung schliessen; wir lernen 
nur, dass sich die Präfekturen der coloniae eines grösseren 
Ansehens erfreuten, als die der castella und pagi. 

Während die attribuierten und die kontribuierten Ort- 
schaften in der Verwaltung seitens des Hauptortes gleich- 
gestellt sind, finden wir einen bedeutsamen Unterschied 
hinsichtlich der ihnen zugestandenen Selbstverwaltung. In 
den castella Karthagos und Siccas begegnete uns ein ordo, 
in den cirtensischen auch Beamte und Priester. Die 
kontribuierten coloniae entbehren jeder eigenen Organisation: 
<ler ordo, die honores und die Priestertümer gehören dem 
Verbände der quattuor coloniae Cirtenses an. Die contributio 
hat ein einheitliches Gebilde geschaffen, dessen Teile nicht 
die geringsten Sonderrechte behalten haben. Es handelt 
sich dabei um die Verschmelzung von Gemeinden gleicher 
Rechtsstellung. Die attributio ist dagegen lediglich eine 
Angliederung von Ortschaften niederen Rechts an eine Stadt 
höheren, meist römischen Rechts. Ich will hier kurz die 
wenigen Fälle von Kontribution, die uns bekannt sind, 
behandeln. Für die attributio kann ich auf den Abschnitt 
über „die attribuierten Orte" in Mommsens Staatsrecht 
verweisen. Eine Kontribution weitauseinander liegender Städte 

1) Vgl« CIL VIII 6944. 7094—7098. 19489. 

2) Vgl. den Index CIL VIII S. 1091. 

3) CIL VIII 19135 Sigus: praef pro Hlvir (vgl. 5704). — 6046 
Arsacal: aed. praef. pr. Illvir. — 19489 Cirta: quaest. aed. IUI col. 
praef. pro Illvir. 10867 Cirta: nach der Ädilität in praefectura pro 
Illviris agens. — 7986 = Dessau 6862. Rusicade: ein praef. i. d. 
Rusicadi war nach der Ädilität praef. pro Illvir IUI (praef. triumviris 
<quater). — Der Titel in 8195 Chullu: praef. i(ure) d(ieundo) pro trium- 
virum ist wohl unregelmässig. 



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47 — 



wie bei Cirta erwähnt Plinius n. h. III 19: colonia immunis 
Ilici . ... in eam contribuuntur leositani. Er hat diese 
Notiz aus dem Verwaltungsbericht des Augustus geschöpft. 
Die Verbindung von Icosium mit der spanischen Kolonie 
gehört der Zeit an, in der noch das mauretanische 
Königreich bestand. Die Stadt ist nach Plinius V 20 von 
Vespasian mit dem latinischen Rechte begabt worden; aber 
es muss dort schon vorher eine römische Gemeinde bestanden 
haben, denn es hätte doch keinen Sinn gehabt, eine peregrine 
Stadt des mauretanischen Reiches einer römischen Kolonie 
beizuordnen. Es liegt wohl ein ähnliches Verhältnis vor 
wie bei der colonia Augusti Julia Constantia Zulil, von der 
Plinius 1 ) sagt: regum dicioni exempta et iura in Baeticam 
peiere iussa. Bei derartigen Kontributionen konnte natürlich 
im Laufe der Zeit wieder eine Trennung eintreten; sicherlich 
ist Icosium nach der Errichtung der mauretanischen Provinzen 
selbständig geworden. 2 ) Der Verband der vier Sittianerkolonien 
hat sich im dritten Jahrhundert aufgelöst. 3 ) Bei Plinius finden 
sich noch drei weitere Beispiele von Kontributionen. XIV 62 : 
Urbanam coloniam Sullanam nuper Capuae contributam. Von 
Tarent heisst es III 99: contributa eo maritima colonia quae ibi 
fuerat; es handelt sich hier um die Verschmelzung der 

1) V 2. 

2) Meine Auffassung der Stadtgeschichte von Icosium findet eine 
Bestätigung durch die Inschrift 20853 des eben erschienenen Suppl. III zum 
CIL VIII. In dieser erscheint in den Jahren 74—76 n. Chr. ein Flavius, 
der die Ädilität und die Quinquennalität bekleidet hat, als pontifex primus 
in colonia. Es ist nun durchaus unwahrscheinlich, dass wir hier eine von 
Vespasian geschaffene latinische Kolonie vor uns haben, denn die Gemeinden, 
denen er die Latinität verlieh, wurden insgesamt munieipia. Wenn wir 
aber im Icosium eine römische Kolonie finden, liegt es nahe, in ihr die von 
Augustus mit Ilici kontribuierte Gemeinde zu sehen, welche dann von 
Vespasian selbständig gemacht worden ist: man vergleiche zu dem pontifex 
primus den triumvir primtu in Mileu nach der Aufhebung der Kontribution 
(Dessau 6864). Die von Plinius berichtete Verleihung des latinischen 
Rechts bedeutet wohl, dass die Peregrinen per aedilitaiis gradum in curiam . . . 
üdmitterentur ac per hoc civitatem Bontanam apiscerentur, wie es Antoninus 
Pius für die Carni und Catali in Tergeste verordnete. 

3) Dessau 6864. Mommsen CIL VIII S. 619. 



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- 48 - 

Kolonie und des Munizipiums. Mit der Kolonie Norba sind 
zwei castra vereinigt worden, deren Einwohner sicherlich auch 
römische Bürger waren, Plin. IV 117: contributa sunt in eam 
castra Servüia castra Caecilia. Zwei andere spanische Städte, 
Ugultuniacum !) und Ipsca 2 ) verdanken ihre Entstehung einer 
contributio und führen diesen Begriff deshalb titular in ihrem 
Namen. Bei den incolae contributi, die im Abschnitt 103 s ) des 
Stadtrechts von Urso erscheinen, wird es sich wohl um 
Römer handeln, die in der Gegend ansässig waren und in 
den Verband der Kolonisten aufgenommen wurden; doch 
liegt vielleicht eine Entstellung des Textes vor. 



Ich will das Ergebnis meiner Untersuchung über die 
Anfänge der römischen Städte in Africa kurz zusammen- 
fassen. Die grossen Gegensätze zwischen cäsarischer und 
augustischer Reichspolitik, die Körnern ann zu erkennen 
glaubte, haben sich in nichts aufgelöst. Cäsar hat in den 
zwei Jahren, die er über Africa gebot, daselbst keine weit- 
fliegenden Pläne zu verwirklichen gesucht. Die einzige Spur 
seiner Tätigkeit sind Koloniegründungen, d. h. die Verwertung 
des Provinzialbodens zur Versorgung des römischen Proletariats. 
Ich will ein Urteil Ciceros 4 ) über diese Politik anführen. 
Er rühmt das Senatsregiment in den Provinzen: patrocinium 
orbis terrarum verius quam Imperium poterat nominari, und 
dann heisst es von dem cäsarischen System: secutus est, qui 
in causa impia, victoria etiam foediore non singulorum civium 
bona publicaret, sed universas provincias regionesque uno 
calamitatis iure comprehenderet. In diesem gehässigen Urteil 
liegt ein richtiger Kern; es zeugt nicht etwa nur von einer 

1) Vgl. CIL II S. 131. 

2) Vgl. CIL II S. 211. 

3) colon(os) incolasque contributos quocumgue tempore colon(iae) fin(ium) 
dividendorum (lies defendendorum) causa armatos educere (duovirum) 
decurion(e8) cen(suerint). Dessau 6087 tilgt das que, Huschke (Bruns, 
fontes) schreibt incolas contributosque. 

4) de off. H 7, 27. 



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— 49 — 



Verständnislosigkeit Ciceros für cäsarische Weltreichpläne. 
Augustus hat dann eifrig an der Hebung Africas gearbeitet. 
Er ist niemals dort gewesen — es ist neben Sardinien die 
einzige Provinz, die er nicht bereist hat. Aber es ist doch 
ein reiches Bild zielbewussten Schaffens, das er in seinem 
Berichte dem Senat und Volk zeigen konnte. Wenn ich 
dargelegt habe, dass Cäsar für die Provinzialen gar nichts 
getan, dass er Numidien nicht einmal vor dem Wüten des 
Sallust geschützt hat, dass Augustus dann den Gemeinden 
der Peregrinen in weitem Umfange die libertas gegeben, um 
das lange unterdrückte städtische Leben emporblühen zu 
lassen, dass er den Kajhagern und Uticensern das Bürger- 
recht verliehen hat, so liegt es mir natürlich fern, die Rollen, 
die Kornemann ihnen zugeteilt hat, einfach zu vertauschen. 
Man kann sie nicht leicht vergleichen. Cäsar hat kämpfen 
müssen bis fast an seinen Tod; er musste auf den Augenblick, 
auf den Sieg bedacht sein und demgemäss handeln. Augustus 
konnte in langer Friedenszeit nach reifen Plänen Dauerndes 
zu begründen trachten. Liberal war seine Politik nicht, 
aber auch nicht engherzig: sie war gesund. 



Dist. Bart hei. 



4 



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II. Das album ordinis coloniae Thamugadensis. 

Man pflegt in der Einmischung der kaiserlichen Re- 
gierung in die Selbstverwaltung der Städte einen der Haupt- 
gründe für das Absterben des munizipalen Lebens im 
römischen Reiche zu sehen. 1 ) Die Betrachtung der afri- 
canischen Entwicklung zeigt uns, dass es zu Unrecht geschieht. 
Der Staat hat nur da eingegriffen, wo der Verfall schon 
eingetreten war und er die verrotteten Behörden der Ge- 
meinden, deren Bürgerzahl und Wohlstand immer schneller 
sank, nicht länger selbständig wirtschaften lassen durfte. 
Für manche Teile des Reichs können wir den Niedergang 
schon im Anfang des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts 
nachweisen, und etwa gleichzeitig erscheinen dort die kaiser- 
lichen Aufsichtsbeamten, die correctores 2 ) und die curatores 
rei publicae. 2 ) Um diese Zeit beginnt das Städtewesen in 
Africa sich zu voller Blüte zu entfalten. Erst nach den 
Severen geht es hier bergab. Dann erst werden die muni- 
zipalen Inschriften, welche vorher so oft von reichen Stiftungen 
der Beamten und Priester erzählen, immer seltener. Die 
Provinz hat sich von den furchtbaren Leiden, welche sie 
nach dem Untergang der beiden Gordiane im Jahre 238 
heimsuchten, nicht wieder erholen können. 4 ) Und jetzt erst 
wird die staatliche cura über die africanischen Gemeinden 
verhängt. Einige curatores kommen schon in der ersten 
Hälfte des Jahrhunderts vor, allgemein verbreitet ist das Amt 
erst seit dem Ende. 5 ) Als diese Aufsicht hier eingeführt 
wird, hat sie zudem ihren ursprünglichen Charakter schon 

1) Seeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt II S. 168 ff. 
Kübler, Pauly-Wissowa IV 2 Sp. 2343. 

2) Pauly-Wissowa IV 2 Sp. 1646. 

3) ebda. Sp. 1806. Seeck II S. 170. 

4) Vgl. Toutain. Les cites romaines de la TunLsie. Paris 1895 S. 367 f. 

5) Toutain S. 356 ff. 



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- 5i — 



verloren ; die curatorcs sind nicht mehr vom Kaiser bestellte 
Männer hohen Ranges, sondern werden aus den Dekurionen 
der Stadt genommen. Sie sind nun die obersten munizipalen 
Beamten, deren Ernennung oder Bestätigung wohl dem Statt- 
halter obliegt. 1 ) 

Was man der Reichsverwaltung der früheren Zeit zu 
Unrecht nachgesagt hat, gilt dann durchaus von der diokle- 
tianischen Regierung. Sie hat durch die systematische Ver- 
kleinerung der Provinzen und die ungeheure Vermehrung des 
kaiserlichen Beamtenheeres den Rest von Selbständigkeit 
und Lebenskraft in den Städten vernichtet. Africa scheint 
jetzt vor den übrigen Provinzen gar nichts mehr voraus gehabt 
zu haben. Die Gesetze entrollen uns ein trauriges Bild von 
seinen städtischen Verhältnissen. Die Zugehörigkeit zum 
ordo und die honores, einst das höchste Ziel munizipalen 
Ehrgeizes, bieten jetzt nur noch Pflichten und werden als 
furchtbare Last empfunden, der man sich auf alle mögliche 
Weise zu entziehen sucht. Aber der Dekurionat ist zum 
erblichen Stand geworden, und der Staat sorgt durch scharfe 
Gesetze dafür, dass die Söhne der Dekurionen in die Kurie 
eintreten und der Reihe nach die kostspieligen Ämter be- 
kleiden. Dabei geht der Wohlstand der einst überreichen 
Provinz immer mehr zurück, da sie zu allem inneren Ver- 
fall noch schutzlos den Plünderungen der Wüstenstämme 
und dem noch schlimmeren Wüten der kaiserlichen Beamten 
preisgegeben ist. Seeck hat uns im zweiten Band seiner 
„Geschichte des Untergangs der antiken Welt" 2 ) nach Ammian 
ein anschauliches Bild von den furchtbaren Leiden entworfen, 
welche die Stadt Leptis zu Beginn der Regierung Valentinians I. 
erdulden musste. 

Eben dieser Zeit gehören mehrere für die Geschichte 



1) Pauly-Wissowa IV 2 Sp. 1809. — Ich kenne nur vier Fälle, dass 
4er curator nicht Bürger der betr. Stadt ist; es handelt sich dabei stets um 
Karthager: CIL VIII 883: in der Resp. Thimidensium Regiorum. 2409: 
in ThamugadL 1165: Stadtname unleserlich. Rev. archeol. 23 S. 412: in 
dem Municipium Abthugnitanorum. 

2) S. 104 ff. 

4* 



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- 52 - 

des Dekurionats höchst wichtige Funde an, welche in den 
letzten Jahrzehnten in der curia von Thamugadi zutage 
getreten sind. In den siebziger Jahren entdeckte Wümanns 
dort eine der Länge nach durchgebrochene Basis, auf deren 
unversehrte Seitenflächen ein albus ordinis col(oniae) Tham(u)- 
g(adensis) derart verteilt ist, dass auf jeder etwa die Hälfte 
der Namenreihe steht. 1 ) Mommsen gab die Inschrift nach 
einer Abschrift von Wilmanns mit Kommentar in der 
Ephemeris epigraphica 2 ) heraus. Er glaubte, das Album 
sei bei der Errichtung der Statue aufgezeichnet worden. 
Doch wie er selbst nachwies, stammt es aus der Mitte des 
vierten Jahrhunderts, während die Widmungsinschrift der 
Vorderseite viel älter sein muss. Das lehrt die Angabe der 
Tribusin dem Namen des Geehrten, die in jener späten Zeit 
undenkbar ist, und zudem beweist die Verschiedenheit des 
Schriftcharakters, die bei einer erneuten Untersuchung des 
Steines erkannt wurde, dass die beiden Inschriften nicht 
zusammengehören. 3 ) Man hat, um die Platten für das Album 
zu gewinnen, eine alte Basis in zwei Stücke geteilt, wie das 
ganz charakteristisch für die Zeit des Verfalles ist. Die 
Grösse der Steine ist HO X 57 cm; der beschriebene Raum 
ist bei beiden genau gleich lang = 85 cm. 4 ) Die Buch- 
staben sind in den beiden Zeilen der Überschrift 2*/ a und 2, 
im übrigen etwa cm hoch. 

Die Reihenfolge der Dekurionen entspricht den Prinzipien, 
die wir aus den Ulpianstellen des Titels de albo scribendo 
der Digesten 5 ) kennen. Am Anfang stehen qui dignitates 
principis iudicio consecuti sunt: 10 viri clarisshni und 2 per- 
fectissimi. Die ersteren sind von den folgenden Namen durch 

J) Die Steine sind jetzt im Louvre : Ballu. Les ruines de Timgad. 
Paris 1897 S. 143. 

2) III S. 77 ff. CIL VIII 2403. 

3) CIL Vin Suppl. 17824. 

4) Ich bin Herrn Professor H. Dessau zu grossem Dank dafür ver- 
pflichtet, dass er mich die im Archiv des CIL befindlichen Abklatsche der 
Dekurionenliste (CIL VIII 2403. 17903 b—d und f) zunächst in Berlin 
einsehen liess und sie mir dann auch nach Greifswald sandte. 

5) L 3. 1. 2. 



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— 53 — 



einen Zwischenraum von einer Zeile getrennt. Fünf tragen 
den Vermerk p(a)tr(onus), der dann neun Zeilen weiter bei 
dem ersten der beiden sacerdotales wiederkehrt; auf diese 
folgen der curator und die duoviri. Von den bisher genannten 
Dekurionen bekleiden fünf auch Priesterämter; vier sind 
flamme* perpetui, einer augur. Dann kommt die Haupt- 
masse der Priester: 32 fiamines perpetui, 4 pontißces und 
3 augures. Das exet, das bei zwei fi. pp. steht, wird uns 
weiter unten beschäftigen. Es schliessen sich die (a)ediles 
und quaestores an, doch ist seltsamerweise in der letzteren 
Rubrik nur ein Name verzeichnet. Von den Dekurionen, 
die bei der Abfassung der Inschrift nicht mehr Beamte oder 
Priester waren, erscheinen nur noch die duoviralici, 12 an 
der Zahl. Mommsen, der ja den Stein mit der Ehren- 
inschrift als ein Ganzes ansah, meinte, dass wir ein voll- 
ständiges Album vor uns hätten. Wir werden im Hinblick 
auf die ganz gleiche Länge der Kolumnen eher noch eine 
Fortsetzung erwarten. Denn dass der Steinmetz die Ver- 
wendung des Raumes so überaus sorgfältig vorausberechnet 
habe, entspräche wenig dieser Zeit des Verfalles, die sonst 
immer durch eine gewisse Nachlässigkeit ausgezeichnet ist. 
Und später gefundene Inschriften, deren Schriftcharakter mit 
dem der besprochenen so sehr übereinstimmt, ,,dass man 
fast meinen möchte, derselbe Steinmetz sei bei beiden tätig 
gewesen" 1 ), lehren uns, dass damals auch die aedilicii und 
quaestoricii in den Alben verzeichnet wurden. Auf den 
beiden Tafeln ist uns also nur der Anfang einer Dekurion- 
liste erhalten. Wir müssen noch einige Fragen besprechen, 
die sich an sie knüpfen, bevor wir untersuchen, ob nicht 
auch die Fortsetzung des Verzeichnisses auf uns gekommen ist. 

Mommsen' 2 ) und Dessau 3 ) sind der Ansicht, dass auch 
die 5 viri clarissimi, bei denen das ptr fehlt, und die per- 
fectissimi zu den Patronen der Stadt gehörten. Der Stein- 
metz habe den Vermerk hinter ihren Namen aus Versehen 

1) Joh. Schmidt. Rh. Mus. 47 1892. S. 122. 

2) Eph. ep. HI, S. 81. 

3) Iasci. sei. 6122 Anm. 5. 



- 54 — 



fortgelassen. Aber das ist doch recht unwahrscheinlich, 
zumal wenn man die Sorgfalt betrachtet, mit der im folgenden 
überall das fl. p. gesetzt ist. Wir haben es wohl nur mit 
sechs Patronen zu tun; sie werden nicht zusammen auf- 
gezählt, weil das gleiche Verhältnis, in dem sie zu der 
Gemeinde stehen, gegenüber dem staatlichen Rangunterschied 
zwischen dem Provinzialpriester und den viri clarissimi 
nach der Regel des Ulpian zurückteten musste. An erster 
Stelle erscheint unter ihnen ein Verwandter des Kaiserhauses; 
Vulcacius Rufinus war consularis Numidiae gewesen 1 ), und 
in dieser Zeit wird er Patron der Stadt geworden sein. 
Unter den übrigen werden sich wohl neben hohen Reichs- 
beamten auch Bürger von Thamugadi finden. Schwierig- 
keiten bereiten die folgenden 5 viri clarissimi. Der Eintritt 
in den Senat befreite von dem Dekurionat. Nur wer ohne 
Ableistung der munizipalen munera sich eingeschlichen hatte, 
wurde in seine Kurie zurückverwiesen; doch blieb ihm 
dann der senatorische Rang: C. Th. XII 1, 69 (365 — 373 
n. Chr.): universi qui praematura cupiditate senatorios coetus 
honoribus patriae praetulisse noscuntur, habeant quidem iv- 
colmnem statum senatoriae dignitatis. verum fungaritur his 
honoribus, quos patriae nondtim reddiderunt. Man könnte 
die 5 clarissimi als solche wieder eingefangene Flüchtlinge 
ansehen. Ansprechender erscheint mir jedoch die Meinung, 
die Seeck in einem Aufsatze über ,,Decemprimat und 
Dekaprotie 4 ' entwickelt hat.2) Er hält die fünf Männer nicht 
für Senatoren, sondern für blosse clarissimi. Es seien die 
principales der Curie, die quinque primi, die wir aus mehreren 
Gesetzen kennen; sie hätten zur Belohnung für die Erfüllung 
aller Pflichten den Clarissimat titular erhalten. 

Keiner von den fünfen wird als flamen perpetuus be- 
zeichnet; sicherlich haben mehrere von ihnen das Amt be- 
kleidet, aber die Prinzipalität hat sie davon entbunden. An 
und für sich ist es lebenslänglich; das besagt der Titel 
flamen perpetuus so deutlich, dass es nie hätte bezweifelt 

1) Vgl. CIL VHI 17824. 

3) Beiträge zur alten Geschichte I S. 161 ff. 



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werden sollen. Trotzdem hat Joh. Schmidt 1 ) es als Jahres- 
amt aufgefasst, obwohl er selbst die Schwierigkeit erkannte, 
die gerade das Album dem entgegenstellt, indem es alle 
flamines perpetui unter die fungierenden Beamten einreiht. 
Er glaubt eine Stütze für seine Ansicht in dem Wortlaut 
der Inschrift VIII 7041 zu finden; da wird einem Senator 
und quaestor designatus eine Statue errichtet post flamonium 
et honores omnes, quibus in colonia . . . Cirta patria sua 
fnnetus est Aber hier haben wir ja denselben Fall wie 
bei den principales des Albums. Wie diese bei der Erlangung 
des Clarissimats, so hat jener bei seinem Eintritt in den Senat 
das Priesteramt niedergelegt. Ebensowenig Beweiskraft hat 
eine Stelle aus einem Rescript Konstantins des Grossen 2 ): 
quoniam Afri atriales conquesti sunt quosdam in suo corpore, 
post fiamonii honorem et sacerdotii vel magistratus decursa 
usignia praepositos compelli fieri mansionxim u.s.f. Hier 
bedeutet post fiamonii honorem nur ,,nach Erlangung des 
Amtes"; dieses wird ja überdies klar geschieden von den 
decursa insiynia der Jahresämter, des Provinzialpriestertums 
und des Duovirats: weil dieser Ausdruck bei ihm nicht passt, 
hat man es vorweggenommen, obwohl es im Range, wie das 
Album lehrt, erst auf das sacerdotium folgte. 3 ; Die grosse 
Zahl dieser Priester hat Hirschfeld durch die Annahme er- 
klären wollen, dass es für dieses Amt in der späten Zeit 
keine Normalzahl mehr gegeben habe, da es zu gänzlicher 
Bedeutungslosigkeit herabgesunken sei und nur noch als 
Titel existiert habe; 4 ) aber das ist nicht eben wahrscheinlich, 
denn bedeutungslos ist das Amt sicherlich schon insofern 
nicht gewesen, als es gewiss mit erheblichen Kosten ver- 
knüpft war. Ich möchte mich der Ansicht Mommsens an- 
schliessen, der die Zahl der flamines perpetui in Beziehung 



1) Rh. Mus. 74 S. 12s ff. 

2) C. Th. XII 1, 21. 

3) Vgl. auch C. Th. XII 5,2: Sacerdolales et flamines ptrpetuos 
atque etiam duumvirales usf. 

4) Sitz.-Ber. der Berl. Akad. lt>88 S. 861. 



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zu der der divi setzt. *) Das Kollegium ist demnach, wie 
im Laufe der Zeit immer mehr Kaiser unter die Götter 
erhoben werden, zu der stattlichen Grösse angewachsen, in 
der es uns in dem Album entgegentritt. Die grosse Be- 
deutung, zu der sich dieses Priestertum in Africa entwickelt 
hat, scheint ihren Grund darin zu haben, dass hier die 
Augustalen, denen in anderen Teilen des Reiches der Kaiser- 
kult und die Veranstaltung der Spiele obliegt, nur ganz 
vereinzelt vorkommen und dann ganz ausserhalb der Ge- 
meinden stehen. 2 ) 

Dies vorausgeschickt, wenden wir uns dem neuen In- 
schriftenfunde zu, der, wie wir glauben, die eben besprochenen 
Tafeln ergänzt. Es handelt sich um 7 Bruchstücke 3 ), über 
deren Zusammenhang die Untersuchung der Steine nichts 
Sicheres ergeben hat; „doch ist der allgemeine Eindruck, 
den Cagnat und Dessau von dem Aussehen der Steine wie 
von der Form der Buchstaben erhalten haben, der gewesen, 
dass sie wohl zu einem Denkmal gehört haben möchten." 4 ) 
Schmidt ist es dann gelungen, c und d aneinanderzupassen. 
In a erscheint ein Claudius Finninus iunfiar). in c ein 
[Claudius Fijrminus maior. Dies Bestreben, die gleich- 

1) Eph. ep. III s. 82. 

2) Wir finden sie in Ammaedara (CIL VIII 305), Theveste (VIII 
1882. 1888. 1889. 16555. 16 556. 16 558. 16 560) und Thamugadi (VIII 2350. 
Rev. archeol. 1902 41 S. 433 Nr. 144: Cereri Aug. mcrum arca Augustalium 
a re publica separatorum templum vetustate düapsum a solo ma pecunia 
restituii eadennjue dcdicavit. 145: Ordo Augustalium ma pecunia fecü). 
Ihre eigentümliche Stellung erhellt aus den Inschriften von Thamugadi und 
der Thatsache. dass sie in Theveste neben dem ordo, den universae curiae 
und dem populus genannt werden. Herr Prof. Seeck hat mich darauf 
hingewiesen, dass es sich hier wohl um eine Organisation der incola* 
handelt. — Der Aufsatz von Besnier über „les Augustales de Timgad" 
Ree. de Constantine 1903 ist mir nicht zugänglich. 

3) Sechs (a — f) hat Joh. Schmidt, Rh. Mus. 47 1892 S. 114 ff. und 
CIL VIT! Suppl. 17903 veröffentlicht und besprochen. Das siebente (g) 
ist von Vars Ree. de Constantine 35 1901 S. 231 herausgegeben; Herr Prof. 
Dessau hat mich freundlich darauf aufmerksam gemacht und mir eine Pause 
davon zugeschickt. 

4) Rh. Mus. S. 119. 



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lautenden Namen zu unterscheiden, macht es wahrscheinlich, 
dass auch diese Stücke zu demselben Denkmal gehören. 
Mit der dritten Zeile von a beginnen die edilici non excusati, 
mit der dreizehnten von c die q(aestorici) non excusati; da ent- 
sprechend der Rangfolge der Ädilen und Quästoren in einem 
Album die quaestoricii unmittelbar auf die aedilicii folgen 
mussten, können wir wohl sogar vermuten, dass wir hier 
Teile der gleichen Tafel vor uns haben. Ferner besteht 
ein Zusammenhang zwischen e und f; auf dem ersten finden 
wir die Überschrift . . . n honores functi non exc(usati), das 
. . . uncti exc(usati) auf dem zweiten ist sicherlich entsprechend 
zu ergänzen. Wir hätten da also die excusati und non excusati 
derselben Dekurionenklasse vor uns. Eine bisher nicht be- 
merkte epigraphische Besonderheit erhebt es nun über allen 
Zweifel, dass f zu derselben Tafel gehört wie c-\-d. Hier 
ist nämlich die Schrift der linken Kolumne etwas grösser 
als die der rechten, und dasselbe kehrt bei f wieder. *) Da- 
mit ist die Ergänzung der Überschriften in e und f gegeben. 
Auf die aedilicii und quaestoricii müssen nach Ulpian qui 
nuilo honore functi sunt folgen; wir haben also in e und / 
fnojn honores functi zu lesen. Bei einer Rekonstruktion der 
Tafel wäre nun f oberhalb von e anzuordnen, da hier der 
untere Rand des Steines erhalten ist; dann gehen aber in 
dieser Dekurionenklasse die excusati den non excusati voraus, 
während es bei den aedilicii, wie das Fragment a zeigt, um- 
gekehrt ist. Deshalb hat Schmidt ohne weiteres das non 
honores functi, bei dem ihm auch die Stellung des non un- 
gewöhnlich schien, abgelehnt und fomjn(es) honores functi 
vorgeschlagen. Er will lesen: flam. pp. oder dumviralici 
umnes honores functi. Dann konnte er e und f natürlich nicht 
derselben Tafel zuweisen wie a und c-\-d: eine Reihe von 
Überlegungen, die wir hier nicht zu verfolgen brauchen, 
führte ihn zu der Überzeugung, dass die Fragmente mehreren, 

l) Die Buchstaben der linken Reihe sind 1 l , 3 — 1 cm gross, die 
der rechten 1 cm. Hier sind jedoch die Zwischenräume zwischen den Zeilen 
etwas grösser, so dass der Unterschied bei lO Zeilen nur etwa 3 , 4 cm 
einigt (IQ : l8'/<). 



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vielleicht gar drei Denkmälern angehörten. Aber wie diese 
Folgerung vor dem epigraphischen Befund nicht bestehen 
kann, so die Ergänzung der Überschrift nicht vor den beiden 
anderen Tafeln. Hier haben wir ja eben die Dekurionenklassen 
vor uns, die Schmidt in e und f finden will, und lernen, dass 
es die Überschrift, die er herstellt, in den Alben jener Zeit 
gar nicht gab; denn bei solchen Urkunden wird man doch kaum 
grosse redaktionelle Verschiedenheiten voraussetzen dürfen. 

Die Schwierigkeit, die in der anscheinend umgekehrten 
Reihenfolge liegt, löst sich auf, sobald wir die Bedeutung 
der excusatio in den Überschriften näher betrachten. Schmidt 
fasst sie als Befreiung von den mnnera auf, die wegen hohen 
Alters oder grosser Kinderzahl verliehen worden sei. Aber 
wie in den Alben von Kollegien die immunes eine Ehren- 
stellung einnehmen, müssten wir doch auch hier erwarten, 
dass die aedilicii excusati die angeseheneren seien und den 
non excusati vorangingen. Zudem waren die munera so 
vielfach abgestuft, dass der blosse Vermerk der excusat to 
ohne nähere Bestimmung kaum ausreichend gewesen wäre; 
denn dass die Befreiung immer gleich für alle galt, ist nicht 
wahrscheinlich. Völlig unannehmbar wird aber Schmidts 
Interpretation, wenn wir einen Blick auf die beiden anderen 
Tafeln werfen. Während wir eine derartige excusatio bei 
den oberen Klassen der Dekurionen in noch viel grösserem 
Umfange erwarten sollten, finden wir hier nur zwei Fälle: 
wir werden ja nun das exet bei den zwei ftamines perpetni 
mit Sicherheit als excusatus auflösen. Meiner Meinung nach 
bezieht sich die Befreiung auf die Ämter. Der aedilicius 
non excusatus hat die Ädilität wirklich bekleidet, der excusatus 
hat sich, als er an die Reihe kam, von der Amtsführung 
entbinden lassen. Gerade den unteren Ämtern suchte man 
sich damals gern zu entziehen. Das zeigt ein Gesetz aus 
dem Jahre 372 ganz deutlich. 1 ) Es heisst da: nemo . . . wl 

1) C. Th. Xll 1. 77. Man vgl. für die excusatio XII 1. 94 (383 n. Chr.) : 
neque tos (sc. curiales) sub excumtione alieuius officii vel honoris permittat 
evagari. Ferner die Inschriften CIL VIII 12030 (183— 185 n. Chr.) und 
12039 : cui cum ordo honorem ft(amonii) obtulisset . . . [ob Jexcusation(em) 
honorfis). 



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gubernacula provinciae nitatur ascendere, priusquam decursis 
yradatim cnriae muneribus subvehatur . nee vero a duumviratu 
vel a sacerdotio incipiat, sed servato ordine omnium officiorum 

solUcitudinem sustineat nee vero principalium vel 

sacerdotalium , cum niillam curialium officiorum agnoverint 
functionem, in honores primos inrepant. Dieses Gesetz 
wendet sich eben gegen die excusatio und die fiktive Bc 
kleidung der Ämter; dass solche Bestimmungen aber ohne 
rechten Erfolg blieben, lehrt die Einteilung einiger Dekurionen- 
klassen in excusati und non excusati auf unserer Tafel 
deutlich genug. Wenn wir auf der zweiten Tafel unter der 
Überschrift quaestores nur einen Beamten fanden, so haben 
wir da vielleicht ein Beispiel von excusatio vor uns. Wir 
müssten daraus schliessen, dass, wenn ein Quästor sich nach 
der Nomination von dem Antritt des Amtes befreien liess, 
kein Ersatzmann für ihn gewählt wurde. Bei dem un- 
bedeutenden Amte mag das sehr wohl möglich gewesen 
sein, bei der Ädilität ist es nicht denkbar. Aus dem Wort- 
laut des Gesetzes können wir schliessen, dass die Befreiung 
bei dem Duovirat kaum vorkam, und das wird dadurch 
bestätigt, dass bei den duoviralicii auf Tafel II ein non 
excusati gar nicht erst hinzugefügt ist: es verstand sich eben 
von selbst. 1 ) Die ffamines perpetui excusati, die mitten unter 
den fungierenden aufgeführt sind, werden wohl nicht gänzlich 
befreit gewesen, sondern nur nach längerer Amtsführung 
dispensiert worden sein. 

Nun erkennen wir, dass die bei der Rekonstruktion der 
Tafel entstehende Folge der excusati und non excusati bei 
den non honores functi die einzig mögliche ist; denn die, 
welche zwar keine Ämter bekleidet hatten, aber doch einmal 

l) Schmidt will die excusatio auch bei den beiden duumviralicii auf 
Fragment a finden. In der ersten Zeile hat Cagnat gelesen DVMVIRL, in 
der zweiten DVMVIRC. „Der letzte undeutliche Buchstabenrest in Z. 1 
kann nach Cagnats Abschrift ein E sein": Schmidt mochte darum hier und 
auch in Z. 2 E[XCT] ergänzen. Aber das ist doch recht unsicher, zumal 
das C in Z. 2 gesichert zu sein scheint. Vielleicht handelt es sich um eine 
Abkürzung der Schlusssilben von duntvimlici- 



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— 6o — 



zu ihnen gewählt waren, mussten doch den anderen voran- 
gehen. Wenn es bei den aediUcii und quaestoricii, wie wir 
zunächst annahmen, umgekehrt wäre, würden wir es für 
ganz richtig halten; hier hätten ja sicherlich die wirklichen 
einen höheren Rang gehabt als die fiktiven. Aber die Sache 
liegt anders. Bei diesen kann es nur diejenigen, welche in 
den noch erhaltenen Überschriften stehen, die non excusat?, 
gegeben haben, da die excusati zu der Kategorie der non 
honores funeti excusati gehören. Denn insofern man die 
Ämterreihe mit Quästur oder Ädilität begann, ist ein 
quaestoricius oder aedilicius excusatus nichts anderes als ein 
non honores fwictas excusatus. 

Diese Darlegung findet ihre Bestätigung dadurch, dass 
die Fragmente c-\-d und /"sich so aneinanderfügen, dass auf 
die quaestoricii non excusati unmittelbar die non honores 
funeti excusati folgen. Die Bruchlinien von f und d, die 
auf den Abklatschen ganz gut ausgeprägt sind, passen genau 
zusammen. In Zeile 24 meiner Rekonstruktion schliesst sich 
das S auf d unmittelbar an das IANVARIV von f an. 
Darüber das SSI an das ABA. Im CIL ist allerdings für d ISSI 
angegeben, von dem ersten I ist jedoch auf dem Abklatsch 
gar nichts zu erkennen, vielmehr scheint das S unmittelbar 
am Bruchrand zu stehen, und das Zusammenpassen der 
Stücke lehrt, dass kaum ein Buchstabe ausgefallen sein kann. 
Der Name Abassus ist sonst nicht überliefert; aber an der 
Richtigkeit des Innocentius Abassi können wir nicht zweifeln, 
wenn wir die Bildung der Namen auf den Tafeln betrachten. 
Sie bestehen aus Gentilicium und Cognomen oder auch 
einigemale aus letzterem und einem folgenden Genetiv. 1 ) In 
unserem Falle müssen wir also nach dem Cognomen 
Innocentius gerade eine Genetivform, wie wir sie in dem 

1) Man vgl. II 41 Faustiniamts Citheri. III links 33 . . . metianw 
Ceri ... III rechts 18 . . . anus Oregori. 31 Oaiulm (vgl. 26 das Cognomen 
Gaianus) Datuüi. 21 Vitalis DatuUi. 36 FausHnianus PalminfiJ. Ich 
möchte glauben, dass es sich hier um Kindernamen handelt; die meisten 
erscheinen unter den non honores funeti non excusati und der duoviralicius 
Faustinianus Citheri kann auch sehr wohl ein puer sein (vgl. CIL VIII 14). 



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Abassi finden, erwarten. In der vorhergehenden Zeile bietet 
f einen abgeschlossenen Namen, auf d steht infolgedessen 
hier nichts. Darüber sind auf f nur noch die unteren Hälften 
einiger Buchstaben erhalten. Auf d lesen wir IVS, auf /" 
am Ende AN1 und vorher mit ziemlicher Wahrscheinlich- 
keit CT, so dass wir den Namen [Lajctantius erhalten. Die 
Probe auf die Richtigkeit der Zusammensetzung ist damit 
gegeben, dass beim Zusammenfügen der Abklatsche die 
Zeilenanfänge in f mit denen in c-\-d eine gerade Linie 
bilden. 

Wir erhalten so vier quaestoricii non excusati und diese 
Zahl mussten wir auch erwarten. In dem Album von 
Canusium, das keine excusatio kennt, finden wir neun 
quaestoricii, dabei sind die amtierenden Quästoren schon 
eingerechnet; in Thamugadi, wo wohl alljährlich einer 
dispensiert war, ist die Zahl dementsprechend etwa halb 
so gross. 

Wenn wir so die Fragmente a und c bis f einer Tafel 
zuzuweisen haben, werden wir b und g kaum von ihnen 
trennen wollen. Bei g ist oben und rechts der Rand erhalten; 
damit ist ihm sein Platz angewiesen. Vars hat als Buch- 
stabenhöhe ii/ a cm angegeben; der Steinmetz hat also in 
den ersten Zeilen der rechten Kolumne noch die Schrift- 
grösse der linken beibehalten. Das Bruchstück b gehört, 
wie die Buchstabengrösse und die Art des Bruches, der an 
den Zeilenanfängen entlang läuft, lehrt, zur linken Seite der 
Tafel. Wir müssen es zwischen o und c oder zwischen f und 
e einschieben. Ersteres ist unmöglich, weil sich dabei eine 
ganz unglaubliche Zahl von aedilicii ergeben würde. Wenn 
es aber auf f folgen muss, dann wird die Wahrscheinlichkeit 
recht gross, dass das VS, welches hier in Zeile 35 von der 
linken Kolumne erhalten ist, den Schluss der fünften auf b 
bildet, denn solcher Namen, die wie [Pujblicius Victori- 
n[ianju8 die erforderliche Länge haben , gibt es nicht eben 
viele, e habe ich dann unmittelbar an b angeschlossen. 
g lässt sich ebenso über c-\-d anordnen. Dann gehört 
das iunfior] in c links , zu dem ClaudiufsJ in a 9 ; ver- 



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— 62 - 



mutungsweise habe ich hier den Namen von a 6 hergestellt 
und dort entsprechend ein maior hinzugefügt. Damit ist die 
Tafel nahezu vollständig rekonstruiert. Die linke Reihe hat 
64 Zeilen, die rechte kann etwa 2 mehr haben, da hier ja 
auf 10 Zeilen 3 / 4 cm gepart sind. Die Höhe der Kolumnen 
ist gleich 123 cm, der Stein mag also 130 gemessen haben, 
die Breite ist etwa 70 cm. 

Wir finden 17 aedilicii non excusati: rechnen wir die 
beiden Ädilen hinzu, so haben wir genau dieselbe Zahl wie 
in dem Album von Canusium. Doch müssen wir erwarten, 
dass mehrere Mitglieder dieser Klasse schon vorher unter 
den Priestern aufgeführt sind. Von den beiden Duovirn auf 
Tafel I ist ja der eine gleichzeitig Flamen, der andere Augur, 
und da es doch recht unwahrscheinlich ist, dass sie zu diesen 
Ämtern erst im laufenden Jahre gelangt sind, müssen wir 
annehmen, dass sie sie schon als aedilicii bekleidet haben, 
und dann sind sie natürlich nicht unter diesen, sondern unter 
den flamines perpetui bezw. unter den augures verzeichnet 
gewesen. Die non honores functi excusati erreichen die 
stattliche Zahl von 34. Von den non excusati sind nahezu 
70 genannt, und da die rechte Kolumne bis zum Rande 
beschrieben ist, liegt sogar die Annahme nahe, dass die 
Liste sich auf einer anderen Tafel fortsetzte. Diese Abteilung 
muss ja damals sehr gross und der Zahl nach ganz un- 
beschränkt gewesen sein, da, nachdem der Dekurionat ein 
erblicher Stand geworden war, in ihr alle Söhne der De- 
kurionen aufgeführt wurden. 1 ) 

Wenden wir uns nun zu der Frage, ob sich die rekon- 
struierte Tafel vielleicht an die beiden anderen anschliesstl 
Die mangelnde Gleichförmigkeit des Äusseren beweist nichts 
dagegen. Die beiden ersten Platten hatte man aus einer 
alten Basis gewonnen, und es ist doch sehr fraglich, ob man 
für die Fortsetzung des Albums ähnliches Material fand oder 
zu beschaffen sich abmühte. Zweifelhaft ist vor allem, ob 



l) Mommsen. Die Erblichkeit des Dekurionats S. 5. Festschrift für 
Hirschfeld 1903. 



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man weiterhin ebenso verschwenderisch mit dem Raum 
umging: für die Namen, die wir auf der neuen Tafel finden, 
hätte man ja dann drei nötig gehabt. Zu einem noch 
sicherern Resultat kommen wir, wenn wir von der dritten 
Platte ausgehen. Es ist ganz unmöglich, dass dieser eine 
gleichartige vorangegangen ist, denn wie wir aus den beiden 
anderen lernen, können vor den aedilicii im Höchstfalle 
etwa 80 Namen aufgeführt gewesen sein, keinesfalls aber 
1 20. Dass man den beiden duoviralicii den Rang noch be- 
sonders beigeschrieben hat, weist ja auch darauf hin, dass sich 
die Tafel nicht besonders gut an die vorausgehende anschloss. 
So wird also gerade die formale Verschiedenheit der Steine 
ein Beweis für ihre Zusammengehörigkeit. Sie hat natürlich 
auch ihren guten Sinn. Auf I und II sind die Dekurionen 
erster Klasse 1 ) aufgeführt, die schon äusserlich von den 
sequentis meriti et gradus homines geschieden werden sollen. 
Zwei duoviralicii haben dabei allerdings das Unglück gehabt, 
der Symmetrie zuliebe auf die dritte Tafel versetzt zu werden. 
Die geringe Zahl von 14 duoviralicii befremdet nicht, da ja, 
wie Mommsen 2 ) bereits bemerkt hat, ein grosser Teil von 
ihnen unter den Priestern verzeichnet sein wird. Mehrere 
Namen kommen zweimal vor. Ein Sessius Pulverius findet 
sich I 9 unter den viri clarissimi und ein anderer III rechts 3 5 
unter den non honores funeti non excusati: 8 Zeilen vorher 
steht ein Julius Victorinianus, ein gleichnamiger erscheint II 22 
als erster Augur. Einem Vallius Hospes begegnen wir II 39 
unter den duoviralicii, und III links 41 finden wir denselben 
Namen unter den non honores funeti excusati. Dass hier 
nicht ein maior und junior vermerkt ist, wie es in der linken 
Reihe von III bei gleichen Namen geschehen ist, wird seinen 
Grund darin haben, dass man diese Unterscheidung nur da 
machte, wo sie nötig war; wo aber wie bei den non honores 
funeti und den Dekurionen der höchsten Rangklassen eine 
Verwechslung selbst bei Namengleichheit nicht zu befürchte« 
war, sparte man die Mühe. 

1) Vgl. C. Th. XII l, 21. 5, 2. 

2) Eph. ep. III S. 83. 



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- 64 - 

Das Ergebnis meiner Untersuchung ist also, dass uns 
ein im wesentlichen vollständiges Album erhalten ist; die 
Namen, die auf einer vierten Tafel etwa noch gefolgt sein 
könnten, lassen sich immerhin missen; denn eine Normalzahl, 
wie wir sie in dem Album von Canusium finden, hat es in 
dieser Spätzeit nicht mehr gegeben. An einer penuria 
hominum scheint die Kurie von Thamugadi nicht gelitten zu 
haben; es mögen hier bessere Zustände geherrscht haben als 
in mancher anderen Stadt. Aber die grosse Zahl der excusati 
zeigt deutlich, dass die Flucht vor den Ämtern schon be- 
gonnen hat und wir eine Urkunde aus der Zeit des Absterbens 
des munizipalen Lebens vor uns haben. 



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Zu dem Abdruck des Albums habe ich folgendes zu bemerken: 
Tafel 11. Zeile 34 steht Pompeus. nicht Pompeius auf dem Stein; dieselbe 

Schreibart findet sich I 6 und m links 37 u. 39. 
Tafel III. Der Vermutung, dass die rechte Kolumne einige Zeilen mehr 
habe als die linke, habe ich im Druck keinen Ausdruck ge- 
geben. Die Überschriften in Zeile 21, 26, 61 und 62 sind wie 
auf Tafel II eingerückt; für Zeile 3 habe ich dasselbe angenommen, 
wenn sie auch im CIL anders gedruckt ist. 



Tafel L 

ALBVS ORDINIS COL- 
THAMG • W CC 

VVLCACIVS RVFINVS P T R 
MARIVS DECIANVS PTR 
5 INSTEIVS LAMPADIVS PTR 
POMPEVS DEVTERIVS PTR 
CORNELIVS VALENTINVS PTR 
VALERIVS ERENIANVS 
SESSIVS PVLVERIVS 
10 VALERIVS PORPHVRIVS 
CESSIVS TRIGETIVS 
CESSIVS ANDANIVS 

PLOTIVS FLO RENTIN VS VIR P • FL P 
ELIVS AMPELIVS VIR P 
15 SACERDOTALES 

IVL • PAVLVS TRIGETIVS PT R 
ANTONIVS VICTOR • FL P 
CVRATOR 

OCTAVIVS SOSINIANVS • FL P 

20 DVOVIRI 

SESSIVS CRESCONIVS AVG 
PAPIRIVS VITALIS • FL P 
CORFIDIVS VALENTIN I AN VS • FL P 
GRASIDIVS VICTORINVS • FL P 

25 ANTONIVS VINDICIANVS • FL P 
GRASIDIVS SADVNTIVS • FL P 
CLAVDIVS LICENTIVS • FL P 
SENT1VS VICTOR ■ FL P 
AVFIDIVS OPTATVS • FL P 

30 SESSIVS IVLIANVS ■ FL P 

EGNATIVS FLORENTIVS • FL P 
PLOTIVS CRESCENTILIANVS FL P 
CLAVDIVS SATVRVS • FL P • EX CT 
AVRELIVS MAXIMVS • FL P EX CT 

35 CINCIVS PORPHVRIVS • FL P 
ELIVS IVLIANVS • FL • P 
FLAVIVS PALMINVS • FL P 
FLAVIVS VINCENTIVS • FL P 
SVLPICIVS INCENNVS • FL P 



Tafel IL 

PLOTIVS PRETEXTATVS FLP- 

AGRIVS PRETEXTATVS F - L - P- 

CINCIVS INNOCENTIVS FLP 

IVLIVS GVBERNIVS FLP- 
5 VALLIVS CANDIDVS FLP- 

FL • AQV1LINVS FLP 

FL • FAVSTINIANVS • F ■ L P ■ 

VIRIVS MANILIANVS FLP- 

FL DONATIANVS FLP 
10 OCTAVIVS FALACER F L P- 

ANTONIVS PETRONIANVS FLP- 

ANNIVS VERISSIMVS F • L • P • 

ACILIVS CONCESSANVS FLP 

GARGILIVS CALVENTIANVS FLP 
15 SESSIVS IANVARIANVS F • L P- 
PONTIFICES 

PLOTIVS ROMVLVS 

VLPIVS PVRPVRIVS 

HORATIVS MAXIMVS 
20 ELIVS BIBIANVS 

AVGVRES 

IVLIVS VICTORINIANVS 

FL • PVLLENTIVS 

PLOTIVS PAVLINIANVS 
25 EDILES 

AVRELIVS RVFINVS 

IVL • VALERINVS 

QVAESTORES 

VETILIVS SATVRNINVS 
30 DVOVIRALICI 

FLAVIDIVS SVDIANVS 

VATERIVS SAPIDVS 

FLAVIDIVS PROCILIANVS 

POMPEVS RVFINIANVS 
35 ACILIVS VALERIANVS 

IVL • FAVSTVS 

VATERIVS DONATVS 

LETORIVS LAERTIVS 

VALLIVS HOSPES 
40 VLPIVS ISTHEFANVS 

FAVSTINIANVS CITHERI 

VARIVS VICTOR 



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Tafel III 



a 

ELIVS VICTOR DVMVIRL 

SEXTILIVS PRAETEXTATVS DVMVIRC 

EDILICI NOX EXCVSATI 
CLAVDIVS FIRMINVS IVN 
5 VETILIVS CRESCES 

C LAVDIVS TICERIV* maior 
SEXTVS SIMPLICIVj 
ANNIVS V»r C 
CLAVDIV« ticer ins IVN 

10 



Claudius f i RMINVS MAIOR 
DONATVS 
15 S VICTOR 

rvs 
s 

NTIVS 
SILVANVS 
20 VS QVINTILIANVS 

Q XON EXCVSATi / 
RIVS LIBERALI 
VS CAMI 
CIVS C WS 

25 

non hono resf VNCTIEXC 




/ 



9 

S DOMITIANVS 
IANVARIVS 
IVS FLAVIANVS 
VNIOR 
5 VLIANVS 
VS 

VTIVS 

CALVIN 

IVL AGROBIVS d 
lo PAPIRIVS ALFIVS 

T1NTIRIVS FORTV n ATIANVS 
TIXTIRIVS SA TVRVS 
ELVIVS A IVS 
ELVIV« NVLVS 
15 VCRO 

VN ATIANVS 
VLIVS 
ANVS GREGOR! 
ONIVS 

20 

l a CTANT IVS 

PLOTIVS SENECIO 

INNOCENTIVS ABASSI 

VARIVS IANVARIVS 
25 PVLLAENIVS VICTOR 

VETILIVS GAIANVS 

[VLIVS VICTORINIANVS 

PONPONIVS EVCROMIVS 

ANTONIVS SALONIVS 
30 FL IANVARIVS 

GAIVLVS DATVLLI 
- -^1XALIS_DATVLLI 



{ L'NfVERSITY 



OF 




[ 



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Lebenslauf. 



Ich, Eduard Walter Barthel, wurde am 28. August 1880 als Sohn 
des Kgl. Betriebskassenrendanten Gotthard Barthel und seiner Gattin Emma, 
geb. Heuser, zu Elberfeld geboren; ich gehöre dem lutherischen Bekennt- 
nisse an. Zunächst besuchte ich das Progymnasium zu Altena i. W., wohin 
mein Vater versetzt war. Dann siedelten meine Eltern wieder nach 
Elberfeld über, und ich trat hier im Herbst 1894 in die Obertertia des 
Gymnasiums ein. Zwei Jahre darauf verlor ich meinen Vater. Ostern 
1899 verliess ich die Schule mit dem Zeugnis der Reife. Zwei Semester 
studierte ich in Greifswald klassische Philologie und Geschichte. Von 
Ostern 1900/1901 war ich in Freiburg i. Br. immatrikuliert, wo ich mich 
vornehmlich mit alter Geschichte, Archäologie und Völkerkunde beschäftigte. 
Dann kehrte ich nach Greifswald zurück und wandte mich hier in den 
nächsten Semestern besonders der klassischen Philologie zu. — Das Examen 
rigorosum bestand ich am 29. Februar 1904. 

Meine akademischen Lehrer waren: 

in Freiburg: Dove, Fabricius, Grosse, Puchstein, 
in Greifswald: Bernheim, Gercke, Heller, Körte, Kroll, 
Kropatscheck, Lovel, Pernice, Radermacher, Rehmke, Schuppe, 
, Seeck, Ulmann, Wermlnghoff, Zupitza. 

Die Teilnahme an ihren Seminaren und Übungen gestatteten mir die 
Herren Professoren Bernheim, Dove, Fabricius, Gercke, Grosse, Körte, 
Kroll, Pernice, Puchstein, Rehmke, Schuppe, Seeck, Ulmann, Zupitza. 

Allen meinen Lehrern bin ich für mannigfache Förderung meiner 
Studien zu herzlichem Dank verpflichtet, vor allem Herrn Professor Otto 
Seeck, der mir die Anregung zur Beschäftigung mit der Stadtgeschichte 
des römischen Reiches gab und mich bei der vorliegenden Untersuchung 
stets mit seinem Rat unterstützte. 



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Thesen. 

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Es ist verfehlt, typische Entwicklungsreihen für die 
Geschichte der Völker aufzustellen. 

II. 

Der Kabirenkult ist nicht phönizischen Ursprungs. 

III. 

Seneca nat. quaest. IV 2, 3 ist Philae mit Meroe ver- 
wechselt. 

IV. 

Die Ableitung der christlichen Basilika aus dem Atrium 
oder Peristylium des römischen Privathauses ist zu verwerfen. 



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