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Mitteilungen des Deutschen
Archäologischen Instituts, Athenische ...
Deutsches Archäologisches Institut. Athenische Abteilung
, Google
MITTHEILÜNGEN
DES KAISERLICH DEUTSCHEN
iiiimiEOLOiiisiiiiEN mmm
ATHENISCHE ABTHEILUNG
BAND XXÜI
1898
MIT rUBMFlIHM TAFBLM.
ATHEN
BARTH ft VON HIR8T
1898
AlhtB.— IMb IM OKBHUBDa MMUS.— UarnnÜMM-BtoMH^ »I.
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INHALT
W. Amkivhg, Schiedsgericht zwischen Poseidon und
Athene 235
F. VON Bissing, Stierfang auf einem ägyptischen Holz-
gefäss der XVIII. Dynastie (Tafel VII. VIII) . 242
Chr. Bli.nkenrerc, Epidaurische \\'eihgeschenke . . 1
A. CoN/.E, Archaische Skulpturen aus Chios. . . 155
W. DoKHiMKLD, Das griechische Theater \'itruvs. II. . 326
St. N. Al'ArorMUi:, Ilirpaiz ix-.ypx'pr, TO-3 Mo'Jitiov . 202.368
E. Drerup, Ein athenisches Pro.xeniedekret für Aristo-
teles 369
M. Fraenkel, Epigraph isches aus Mustox^dis 'H Ai-
yivai« 157
R. Herzog und E. Ziebarth, Das Theater von Neu-
Pleuron (Tafel XU. XII a) 314
» » Reisebericht aus Kos 441
F. HiLLEu VON GvKHTHiNGEN, Einige vergessene Am-
phorenhenkel aus Rhodos 232
» » Inschrilten aus Rhodos 390
J. H. IIoLWEHüA JR, Ilxpaoxr.via. IlzpoSoi. IIipiaxTOi. . 382
A. KoKRTE, Kleinasiatisehe Studien III. Die pbrygi-
schen Fels denk mäler (Tafel I-III) . . . . 80
L. PoLLAK, Prianios bei Acliill ( Tafel IV) .... 169
11. vo» Prott, Enneakrunos, Lenaion und Atovumov iv
^tfivai? 205
» 9 Nachtrag dazu 367
0. RuBEiisoHN, Kerchnos (Tafel XIII. XIV) ... 271
Fr. Rubhl, Inschriften aus Eski-Schehir . . . . 161
L. Savigmom, Due lekythoi di Tanagra (Tavola V) . 404
G. Weber, Die Flüsse von Laodicea 178
Th. WiiGAMD, Das Theater zu Prione ( Tafel XI ) . . 307
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A. Wilhelm, Die sogenannte Hetäreninschrift aus Paros 409
» 1 Altattische Schriftdenkmäl6r(TafellX.X). 466
P. WoLTBRSf Inschrift aus HierapoUs 154
> » Bpigramm aus Smyrna 367
1 9 PrShistorische Idole aus Blei .... 463
R. Zahn, Vaseuicherben aus Klazoinenai (Tafel VI) . 38
E. Zibbarth, Inschriften aus Athen 24
9 » Die Strabon- Scholien des Cyriakus Ton
Ankona 196
» » 8. R. Hbreog.
Litteratur 357. 493
Funde 163. 359. 494
Sitzungspiotokolle 166. 499
Ernennungen 499
Berichtigungen 368. 499
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EPIDALRISCHE WEIHGESCUENKE
I
Die meisten der im epidaurischen Asklepiosheiligtum auf-
gefundenen Steine mil Volivinschriflen waren, wie gewöhn-
lich, dazu bestimmt, besonders gearbeitete \Veihg«'scbenke zu
tragen. Sie haben deshalb fast durchgehends eine regelmässige,
vierseitige Form, oft mit einfachem Profil oben und unten.
Abweichende Formen kommen unter den Basen nur verein-
zelt vor; die bekanntesten Beispiele sind die als Schiffsvor-
derteil gearbeitete Basis, vermutlich einer Nike, von der ich
AsKL. S. eine schlichte Skizze gejiebcn habe', und die
in der Expedition de More'e II Taf. SO ahgt liildete Drei-
fussbasis, deren Inschrift Askl. S. 127 verülTenlliebt ist.
Ausser den genannten Basen sind aber auch anders gear-
beitete Steine gefunden, die keine besonderen VVeihgesclienke
getragen haben, sondern an sich als Anatlieme zu belraehlen
sind. Es sollen davon hier zunächst eine Keilie von tischähn-
lich geformten Steinen, im zweiten Abschnitt einige steinerne
Wasserbecken besprochen werden
Ein kleiner Kalksteinblock (0,72™ 1.. ü,28br., ü, 35h.) bil-
det die Form de« gewöhnlichen dreibeinigen Tisches nach'.
Es hebt sich an den Seiten der Band der Tischplatte in nie-
drigem Belief hervor; io derselheo Weise ist ao beiden Lang-
* Mit Askl. wird auf des \'«m lassersi Asklepius ug lians fraeiuUr i Hieron
ved ^pidauros (Kopenhagen 1893) Terwiesen,
* leb bin Herra Kawadia« ifir die Brlaubniss lur VerSflTeDllicliang in
grossem Danke ycrt>nichlet.
3 Eine schcinalisclic Zeichnung dieses Stücks ist in meiner Aldiandlung
Les irucripiions d'£pidaure {Nordisk Hdsskrift for fiiologi, 3 raekke. 111 Ö.
163) gegeben, wo du Alter der Insohrift wol su niedrig gescbätxi ist; sie
wird im 4.-3. Jahrbundeii gebären.
ATBBM. II1T11UIL1IN6BN XXIU. i
t CUR. BLINKENBERa
Seiten und an der einen SchmaUeite je ein Bein dargeetelU.
Der Rand tragt an der einen Langaeite die Inschrift
AAMAPETAANEOHKE
Seine Erklärung findet dies Weihgeschenk in der hekannten
Verwendung des Tisches im Kulte des Asklepios ; es lässt sich
gewissermassen mit den kleinen Altären yergleichen, deren
in späterer Zeit so viele im Hieron geweiht sind, und ist als
verkleinerte Nachbildung eines wirklichen Tisches zu be-
trachten.
Anders liegt die Sache mit den im folgenden zu besprechen-
den, tischähnlich geformten Steinen, welche hier nach Skizzen
und Phoioi^raphien, die ich im Frühling 1896 aufnahm, ab-
gebildet werden.
Fiü. 1 Fiü. 2
1. Nahe bei dem grossen Altar im Hieron befindlich. Grauer
Kalkstein. Die Ränder der Platte und die Beine sowie ihre
Verbindungsleisle an den Schmalseiten treten am Block re-
liefartig hervor. Die l*]nden der Tischplatte waren frei aus-
gearlicitet, sind aher abgeschlagen. Länge, so weil orlialten,
1,15"', Breite U,Gü, lliilic 0.50 An der abgebildeten Schmal-
seite zwischen den Tischbeinen steht die Inschrift (Bucbsla-
benhöbe etwa 0.0*25):
APKESiiAAOS: 'Apxe'ciXXo«,
AYSANAPOX Au(rav)po<
^NEOETAN «viecT«v
BPlbAimiSCHB WElHfiESCHfiNKfi
3
welche mitten auf der Oberflache, wenn ich die sehr undeut-
lichen Sparen richtig aufgefaset habe, in dieser Form wieder«
holt wild :
A P K E ri A 'Apiilai>[Xoc].
h Z EH [«]ve[e]«. •
Der Rand der Oberfläche ist ganz wenig erhöht. An beiden
finden sind flache Furchen eingearbeitet; rechts befinden sich
daawischen die 0,014-0,02" hohen Zeichen
M X H ~ O I
Die Weihinsehrift ist von RavTadias, Fouilles d* £pidaure
Nr. t09 YeröflSentlicht I, mit ErmUinung der undeutlichen
Wiederholung in der Mitte; die Form des Steins bezeichnet er
als die eines Tisches oder Bettes.
2. Dicht neben Nr. 1 , mit welchem dies Exemplar, das
keine Inschrift trägt, zieiniicli genau übereinstimmt. Ks ist
aus demselben Material und in äbnliclier Weise gearbeitet;
auch die Masse sind dieselben: L. l,??". Br. 0,59, H,Ü,50;
die Platte ist in ihrer ganzen Lange erhalten. An der Ober-
Fio. 3
* Bs wird hier *AfxwOisoc gelesen ; der driiilcizto Biicbstabe hat aber kei-
nen Qnentrieh. Zu 'ApsteXlo« vgl. i. B. TtXtfaiX^c.
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4
fläche befinden sich ausser den flachen Furchen, die mit Nr.
1 übereinstimmen, auch eingeritzte dünne Striche, die sich
Fig. 4
dadurch wol als spaterer Zusatz kuiidj^eben. dass sie in Nr. 1
fehlen; jedenfalls dürflen die in der Niihe des Handes befind-
liehen kurzen Striche so aufzufassen sein. Das eine Ende des
Unterteils des Tisches ist nur rauh bearbeitet.
3. Jetzt ausserhalb des Museums aufgestellt. Roter Kalk-
Stein. Nur teilweise erhalten ; 0,78*° 1.. 0,48 br., 0,51 h. An
Fia. 6
der abgebildeten Schmalseite steht die in das 4. Jahrhundert
gehörende Inschrift:
E p r I A o s:
AOAYMAHTO
A H E O E H
'A6ao{X9ivTo[(]
* Der erstgenaonteDedikant dürfte wegen derzeiUicben Übereinstimmung
and der Seltenbeit de» Namens mit dem Vater des dflert Torkommenden
Digitized bj Gopgle
SP10AUR18CHB WBIUCSSCUBNKB
5
An der einen Langseite ist der Stein unter der Tiaehplatte
stemlich sorgfSUtig weggearbeitet, an der anderen mehr rauh
gelassen. OI>en auf der Platte befinden sieh links flache Fur-
chen, dann folgen dQnne Striche ; der rechte Teil fehlt ganz,
ist aber, nach Ausweis der beiden Stücke Nr. 1-2, wie der
linke lu ergänzen.
4. Neben Nr. 3 aufgestellt. Roter Kalkstein. Höhe 0,45.
Der Unterteil ist gut erhalten , die Platte aber rings abge-
schlagen ; ihre obere Fläche ist so übel mitgenommen, dass
Fie. 7 Fie. 8
ich die Furchen zwar sehen, aber ihre genaue Form nicht
feststellen konnte. Die schematische Fig. 8 zci^t das Verhält-
niss des unteren Teils zur Platte ; die punktirte Linie giebt
ungefähr den ursprünglichen Umfang der letzteren an. Das
Stück trägt keine Inschrift.
Nr. 1-4 geben in Stein Hoiztiscbe verschiedener Form
wieder, und zwar Nr. 1-2 einen yierbeinigen, Nr. 3-4 einen
dreibeinigen Tisch. In Bezug auf die letztgenannten mag auf
Blümners Untersuchungen ^ die hierdurch eine neue Bestäti-
gung erhalten, verwiesen werden. Die ObereinsUmmung der
Hdhenmasse (Nr. 1: 0.50; Nr. 2: 0.50; Nr. 3: 0,51 ; Nr. 4:
0, j macht es wahrscheinlich,dass wir es hier nicht mit ver-
'ApbTapyo; E.^fiXou (nicht EpYivou) identisch sein. S. Nordisk tidsikriß for
filologi, Ny ra$kk», X 8. ?66: 3 mkkt, III 8. 167, 91 ; Kav?adiu, FfntÜUi
ifipidaure Nr. 110; vgl. unten 8. 22 Anm. 2. Fouilla d'tpidaure Nr. 56.
< Archäologische Zcilunp l«84 179- 192. 285-2S6. 1885 ö. 287-290.
Baumeisters Denkmäler Iii Ö. 1317-19.
6
CHR. BLINKBNBERß
kleioerton Nachahmungen, sondern mit GegenetiUiden natttr«
lieber Grösse za thun haben; denn sonst würden die steinernen
Nachbildungen, die Yon Yerschiedenen Personen herrühren,
doch wol grössere Verschiedenheit aufweisen. Es waren eben,
wie sich herausstellen wird, Tische, die wirklich gebraucht
werden sollten. Dass sie aus Stein statt aus Holz gemacht
werden, findet durch die Aufstellung unter freiem Himmel
genügende Rrklärung. Den modernen Tischen an Grösse weit
nachstehend, stimmen sie mit den antiken, wie diese uns durch
Vasenbilder bekannt sind, so ziemlich überein.
Wozu sie bestimmt waren, ergiebt sich aus der nälioren
Betrachtung der Vorriohtungon .Tuf der Oberfläche. Dass die
bei allen vier Stücken wiederkolircnd^n eingearbeiteten Fur-
clien nicht nachtriiglich gemaciit sind, ersieht man bei Nr. 1
schon daraus, dass die Inschriften darauf Bezug nehmen. In
der Krkläriing miiss von dieser Vorrichtung, die also mit der
Bestimniiini: dor Tische zusammenhängt, ausgegangen wer-
den. Es lässt sich meines (llrachtens nur entweder an Ueclien-
oder an Spieltische denken, und zwar fällt die erstere Mög-
lichkeit weg, wenn man in Betracht zieht, dass die erhalte-
nen Bzemplare aller Wahrscheinlichkeit nach nur einen Teil
der einst vorhandenen darstellen ; es wäre nicht einzusehen,
wozu eine grössere Zahl von Rechenbrettern gedient haben
sollten*. Das Hieron war Ja kein mathematisches Institut. Da-
gegen ist eine Mehrheit von Spieltischen an einer von vielen
massigen Leuten besuchten Stelle sehr wol verständlich. Dass
die Heiligkeit des Orts nach 'griechischen Vorstellungen durch
das Spielen nicht gefährdet wurde, braucht nicht des näheren
ausgeführt zu werden
* Es ist ausserdem noch zu Itpinerkea» daw du ReobenbreU, wie wir es
au-i (lein salaminisclicn Exemplar kennen, anders ffcstallet war (Ranpabö,
Anlii^uiles hell^niques U T.if. 10; vjrl. Paiily -Wissowa, Realencyclitpädio,
und l)arcinberg>Saglio, Dirlionnaire unler abacus. Arch. Anzeiger lö^U 8.
144, 61. Arcb.-epigr. MittheiluDgea XX S. 91, S4 ( Wilhelm J.
* Ausserdem kaDo auf die beliannte Nachricht vom Heiligtum der Athena
^kiras (s. Preller-Robert, Griechisehe Mythologie I 8. 205) verwiesen wer-
den.
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IPfDAÜRISCHB WBIHftBSGHBNU
1
Wir brauchen aber nicht dabei stehen zu bleiben. Die lit-
terarische und monumentale Überlieferung giebt uns die Mittel,
den Namen und die ungefähre Art des Spiels zu bestimmen.
Den eben beschriebenen Spiellischen darf man nümlich zwei«
fellos den in dem gleich anzuführenden Vers enthaltenen Na-
men -Ktank icevTj'ypaajji* beilegen. Die][ hervorstechende Eigen-
tümlichkeit der Vorrichtung sind eben die an beiden Enden
der Tischplatten wiederkehrenden Systeme von je fünf Kur-
chen, eins für jeden Spieler. Sie stimmen mit der bei Pollux
(9,97) erhaltenen Nachricht sehr genau Oberein: ivul^S)
tud «ivTi'YP«(iii.a lud xu€ttv ßoXoct.
tAv reitrt tAv l>c«Tlp«»6iv •^px^itGi'i ae<m tic ^ ispöi ypau^xYi'
iut\ 6 TÖv IxilOiv xtv4&v mrrov ImUt ivapot(xtav c xtvil tqv * U-
pä(». Es sind hiermit die Worte bei Bustathios zur Odyssee
1, 107 (p. 1397, "28) zu vergleichen: tow? Sl wiffffoO; Xeyei (6 tk
•jtipi 'EX>y,vi)tf,; TcatSia; ypzt|/a; ^) 'lyi-po-j? «ivat :tevT6, (xU iffi Trevte
ypÄfXjAcöv txatJ^ov ixaTepwOev , Iva £>taaTo; tojv TrgTTeuovTwv eyy) tocj
xx8' iauTÖv TrapsTsivETO (p^TJ'. xÜtwv /.ai ae<TY) ypxpiuiYi,
t)v Upiv u)vö|/.x2[ov o)i; ivdjTtpw (^yjXo'^xai, tTTfi 6 v'y,ti)L»,5voi; ^tt' S'J'J^«-
TYiv aÜTY)v lETai. oOev Kxl xapolu.ia, JtivEiv Tov äo' iepx?, Xiöov Sn-
XxSr;, £7Ct Twv iTrsyvwTaevajv /.ai e-j/ztt;; äor/jsia; Ssoae'vwv. Die
hieraus zu entnehuieiido IkscluTibung ist im Grunde so deut-
lich, dass man die Form der Spielbretter, wie sie uns jetzt
bekannt ist, in der Hauptsache hätte construircn können. Es
waren an beiden Enden je fünf Linien, auf welchen die fUnf
Steine der beiden Spieler gesondert aufgestellt waren , die
mittlere hiess Up« ypajAfAV} ^ ; der dort aufgestellte Stein hatte
eine besondere Bedeutung und wurde nur im Notfall gesogen.
* Im NadffXio« nupxMic, Fragm. 402 Wagner, 396 Nauek.
* Kaum Polemon, wie Wcickcr vermulele (Griccli. Tragödien I 8. 132).
' Vgl. nocli Eustalliios zur Odyssee I, 107 (p. 13'Jtj,61): ir,\ nhts ypa\kaaXi
ti« ({"Ifo"« t'iöovv, (Tjv t) (liaTj itpa ExaXiiTo; Schul. Plat. Leg. VII p. 820 ü:
ix» («'X'?) "'^'^ TP'=^i^i^°'{> h v^i^n Tf'^i^i^'i ixfltXtfTo; Scbol. Tbeocrit.
VI, 18 (ii«i|V TtMdMw ol iBtUCovTi« ov o^x &navT<u ktX.
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8
CHR. BLJMKBNBBII0
Auf den Spieltischen Nr. 1-2 scheinen die zwei ersten Striche
jetlorseits durch ein Kreuz verljiind»ni zu sein ; ich konnte aber
darüber bei meinern lU^siiche im llieron ina Frühling 1896 zu
keiner sicheren Entscheidung^ kommen.
Das ' Fiinfslrich * wird von Hermann - ßiümner (Griech.
Privalaltertumer S, 511, wo weitere litterarische Zeugnisse
angeführt sind) mit Recht unter denjenigen Spielen aufgeführt,
l>ei denen es sowoi aut Glück als auf Berechnung ankam, in-
dem das Ziehen der Steine zum Teil von dem Falle der drei
Würfel abhing. Die Spieltische waren deshalb mit einer nie-
drigen Randerhöhung versehen, damit die Würfel nicht auf
die Erde fielen.
Dieselbe Verbindung von Würfeln und Brettsteinen bietet
ein meines Wissens einzigartiges Denkmal in der kopenha-
gener Antikensammlung K Bs ist die thöneme Nachahmung
eines Spieltisches, In Athen erworben, 0,37 1. , 0, 1 S br. 0, 1 4 h. ,
in der Art der korinthischen Vasenmalerei mit Vögeln und
Rosetten dekorirt. DieOberQäche,die hier nach Ussings (s. un-
ten Anm. 1 ) Abbildung verkleinert wiedergegeben wird, weist
Fke. 9
neun Querstriche auf, die zweifellos alle ursprünglich an bei-
den Enden mit ovalen Steinen besetzt waren; jetzt fehlen drei.
Zwei Würfel sind erhalten ; in der Mitte sieht man noch die
' Von I. L. Ussing veröffentlicht ia der Abhandlung !fye Brhvervelser til
AnUksamlingen i l^öbenhavn ( Vid»mkabern»s Selskabs Skrißer, 5 raekke, ö
Bd.UI, 1884 ) 8. 3-b.Taf. I.
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■nD4DBIICU WSIHflBSGHBMEl
9
Spur des dritten, der wie die zwei anderen sechs Augen auf-
gewiesen haben wird. Wir haben somit eine Darstellung des
gewonnenen Spiels; alle Striche sind in Folge des glücklich-
sten Wurfs' voll besetzt. Das Stück rnuss entweder als Tenti-
pelanathem oder als Tolenbeigabe aufgefasst werden ; für bei-
des liessen sich genügende Analogien beibringen. Man könnte
versucht sein, das thonerne Tischchen in ganz nahe Verbindung
mit den epidaut ischen zu setzen durch die Annahme, das aus
Versehen 9 statt 10 Striche darauf gezeichnet worden seien;
die Arbeit ist auch in anderer Beziehung ungenau, indem die
Summe der Augen auf den gegenüber stehenden Seiten der
Würfel nicht sieben ist, wie es im Altertum die Hegel war
(Eustalhios zur llias XXIII, 88) Doch steht dieser Annahme die
grosse Zahl der Spielsteine entgegen ; der litterarischen Über-
lieferung nach halteo die beiden Spieler beim 'Füofslrich*
nur je fünf Steine.
Dagegen ist meiner Ansicht nach eben das Spiel iT^i revTi
ypaupiöv in einer anderen Klasse von Denkmälern dargestellt,
Dämlich in den bekannten Vasenbildern , die zwei Hopliten
einander gegenüber sitzend zeigen ^. Auf die mannigfachen Va-
riationen kann ich hier nicht eingebeil ; es soll nur hervor-
gehoben werden , dass die aas den sorgfältigst ausgeführten
Exemplaren des Haupttypus lu entnehmenden Einzelheiten mit
dem Auseinandergesetzten genau übereinstimmen. Aut der be-
kannten Amphora des Exekias [Monumenti deW inst. II Taf.
22; Wiener Vorlegeblätter 1888 Taf. 6, 2) sitzen die Krieger
auf vierseitigen Blöcken ; in der Mitte steht ein etwas grösserer
Block, der den epidaurischen Steintischea recht ähnlich ist und
ihnen in der Grösse entsprieht. Die Bewegung der Hände kann
Dicht oiissverstanden werden : die Krieger sind im Begriff ei-
nen Zug mit den (nicht dargeslelilen) Spielsteinen sa machen.
< 8. Heiiiiann<Blüiiuier, Griocb. Prlvatsltertamer 8. 513 Anm. 8, beson-
ders die Stelle aus Diogenian 5. 4: utv tpU tf t)]v xavtiXi) vfaH|vSitXoT, und
Eustatbios zur Odyssee I, 1U7: icapoi|ifa iititOv |m)Uv tui |ilo«9
TO 4 rpic ^ Tpttc xw6oui ( = xpitf piovaSat ).
» Wfloker, Alte Deukmiler III 8. 1
10 cm. BLimBNBBRO
Die beigefügten Inschriflen AyAeo^ — naapa, AiavTo; — rpta be-
ziehen sich aber, wie das Neutrum * zeigt, und wie Welcker
und Ussing es richtig ausgesprochen haben, nicht auf die
Steine (xeTToi, t^ii^oi sondern auf die Augen der Würfel.
Das Spiel wurde also sowol mit Würfeln als nnit Steinen ge-
spielt. In anderen Vasen hiidern desselben Typus ist ein Ver-
such genaacbt die Spielsteine zur Darstellung zu bringen, in-
dem sie auf dem Rande des im Profil gesehenen Spieltisches
gemalt sind und zwar gewöhnlich weiss und schwarz ab-
wechselnd. Die Zahl der zum Vorsehein kommenden Steine
ist verechieden , was aus der gewöhnlichen UngenauigkeU
in nebensächlichen Dingen zu erklären ist; in einigen Fällen
aber sind sicher 10 Steine da, d. h. eben die für das *Pünf-
strich * bezeugte Zahl, so Heydemann, Vasensammlungen zu
Neapel Nr. ?460, Monumenti delV inst. 1 Taf. 26,2. Furt-
wängler, Vasensammlung zu herlin Nr, 1870.
Es geht aus dem Gesagten hervor, dass ich die Bemerkun-
gen, die Furtwängler an die Abbildung des jüngsten Exem-
plars der besprochenen Üarslellunii kniipft (Arcli. Anzeiger
1892 S. 102 f.), nicht als richtit; anerkennen kann. Er nimmt
die welckersche Deutung auf (Alte Denkmäler III S. 6 ff.) : 'es
sind zwei Helden gedacht, die vor dem Kample durch Wür-
feln ihr Schicksal zu erfahren suchen; als Güttin des Schlach-
tengeschicks ist Athena gegenwärtig, die auf unserem Bilde
80 deutlich dem Einen den Sieg verleibt'; sie trägt nämlich
auf der Rechten eine Nike, die den jüngeren der Helden krän-
zen zu wollen scheint. Wie man sich diesen Vorgang denkt,
ist mir unklar. Dass zwei feindliche Krieger (etwa ein Tro-
janer und ein Grieche) nicht in dieser Weise vor dem Kampfe
beisammen oltsen können um ihr Schicksal zu erforschen, ist
klar. Und wenn es zwei Krieger ein und desselben Heeres
sind, was heisst es dann, dass Athena dem Einen den Sieg
verleiht? Das ist doch wol der poetisch* malerische Ausdruck
< Vgl den Vers des Euripides ( Wagne r Nr. 692, Nauck Nr. 888 ß46Xi)»'
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BnOADBIBGBB WBIHmiGBBIIKB it
dafür, dass der Eine gewinnt, der Andere verliert. Der Sieg,
den die Gottheit dem Kinen verleiht, ist also niclit der im
blutigen Kampf. Wir dürfen somit aucli dies Vasenbild zu den
Darstelluni;en des Spiels rechnen, und zwar ist wahrscheinlich
eben das Spiel i7:l Tzhzt yp7.aaüi gemeint. Denn auf dem Stein-
block in der Mitte sind bei dem Helden links vier, bei dem
rechts sitzenden fünf schwarze Punkte gemalt; dass links nur
vier sichtbar sind, würde vielleicht, wenn nicht Flüchtigkeit
der Zeichnung daran Schuld ist, durch die uns unbekannten
Vorgänge des Spiels genügende Erklärung finden. Es wäre
wol möglich, dass der Spieler eben einen Stein aufgehoben hat
um ihn zu versetzen, was auch sonst vorkommt; doch scheint,
nach gütiger Mitteilung von Dr. Erich Pernice, die Hand des
Spielers nichts zu halten.
Alhena kommt in den besprochenen Vasenbildern sehr
häufig vor. Es wird dadurch die Scene dem alltäglichen Leben
entrückt; die Krieger sind nicht gewöhnliche Soldaten, die sich
im Lager die Zeit durch ein Spiei vertreiben, sondern sie ge-
hören in die Heroenweit. So wie hier erscheint Athena doch
Dar im Epo8. Dass wirklich im Epos brettspielende Krie»
ger vorkamen, darauf führen auch andere Zeugnisse. Nach
Polemon zeigte man in der Troas den Stein, auf welchem die
Griechen im Lager spielten (Eustathios zur llias II, 308 p.
528, 1 ff. = Preller, Polemonis fragm. 3 J). In Argos wurde
erzählt, dass Palamedes die von ihm erfundenen xu€oi im
Tempel der Tyche geweiht hatte (Pausanias 2, 20, 3, vgl. Eu-
stathios, Od. 1, 107); diese Erfindung wurde aber nach So-
phokles im Lager vorTroja gemacht (Eustathios, lUas II, 308
s Sophokles Fragm . 451 Wagner, 438Nauck). Bsgiebt also
ausser der Tragödie und den bildlichen Darstellungen min*
desteps zwei Überlieferangen, die sich auf die troische Sage,
d. h. auf das Epos, beziehen ^ Wenn das Bpos eine Spiel-
scene enthielt, wird das Vorkommen brettspielender Heroen
* Auch die Freier auf ithaka spiellcu Ja mit neaaot (a i07). Dass die vun
Apion (AtbenaiM 1, 16f, von Eastalhiof p. 1436, 10 siu^esohrielieii) mit«
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CHK. BU1IKBNBBR0 *
im Drama' und im polygnotischen Gemälde ^ besser verstand -
lieh. Es wird ferner nicht als Zufall zu betrachten sein, dass
diejenigen Vasenbüder, in welchen die Scene durch Beischriften
erläutert ist, übereinstimmend die Namen Achilleus und A ias
darbieten '■^i diese dürften ebenso wie die Gegenwart der Athena
für das Epos Yorauszusetzen sein.
Durch die vorstehende Untersuchung ist, so viel ich sehe,
die Bestimmung der epidaarischen Steintische genQgend ge-
sichert. Das« es Spieltische waren, stellte sich schon aus der
unmittelbaren Anschauung als wahrscheinlich heraus. Die Vor-
richtungen an der Oberfläche zeigten sich mit einem thöner-
nen Tischchen, das wegen des Vorhandenseins der Würfel
zweifellos einen Spieltisch darstellt, im Wesentlichen überein-
stimmend. Es ergab sich, dass die litterarische Überlieferung
über das Spiel M ipivti Ypa{i|i.(5v genau su den Steintischen
passt. Endlich fanden sich ähnliche Objekte dargestellt in ei-
ner Reihe von VasenbÜdern. die aller Wahrscheiniichiceit nach
sich auf dasselbe Spiel beziehen. Es kann deshalb eine Ei-
gentümlichkeit, die sich auf einem der epidaurisclien Tische
findet, und die lieim ersten Blick eher für ein Rechenbreit als
für ein Spiel passend scheint, an dem Ergebniss der Unter-
suchung nichts ändern.
Ich meine die schon oben S. 3 wiedergegebeue lüschriti
M X H — O I
Wegen der Abnutzung der Oberfläche sind die Zeichen zwar
geteilte Nachricht über das ithakesiscbe Penelope- Spiel tu dem homeri-
scben ijaevoi iv pivotai ßoöv nicht passt, scheint klar.
* Euripides, Fra^iu. 692 Waguer, 88ä Nauck. Iphigeuia in Aulis 193 IT.
( Palemedes nod Protesilaos ).
* Paiuanias 10, 31, t < Palamedes uod Thersiles).
' Amphorn des Exekias (obeuS. 9); Catalugue of vases in the Brilith
Museum II, B 211 ; Jahn, Vasensammliing zu München Nr. Bc-? ; schwarz-
ügurige Lekythos in boslon Arcb. Anzeiger 18% S. 9Ö, vgl. das Fragment
einer rotü^uri^en Schale bei Hartwig, Qneob> Meisterscbalen 8« 277 Fi^. 39.
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feMDAmuscin WBifidBscBBmut
IS
nicht alle sehr deotlieh , ich babe sie aber bei wiederholter
Untersuchung in günstiger Beleuchtung alle sicher festgestellt.
Sie waren schön eingemeisselt, nicht leicht eingeritzt. Die For-
men können mit der Weihinschrift gleichalterig sein. Daraus,
dass die Fünferzeichen fehlen (vgl. Keil, Athen. Mitth. 1895 S.
61 (f.), darf hier nichts über das Alter gefoljjerl werden; es
ist eben keine vollstämlige Zaiilenreihe. M X H sind alljrpmein
bekannt; — ist in den epidaurischen Bauurkunden das Zeichen
für lO Drachmen, I für einen Obol. Aus der Stellung ergiebt
sich, dass O eine Drachme bedeutet; das Drachmenzeichen in
den Bauurkunden ist ein Punkt, im Grunde wol dasselbe
Zeichen *. Wegen der zwei Einerzeichen muse die Reihe Wert-
angaben, nicht 'reine Zahlen ' (vgl. Keil, a. a. O. S. 64)
darstellen.
Die Zeichen scheinen nun zunächst für ein Rechenbrett am
besten sa passen ; diese Möglichkeit soll auch nicht vollständig
in Abrede gestellt werden. Gegen eine solche Auffassung
q>richt aber, dasa die Zahlenreihe nicht volbtändig war. Daa
Publicum,das sich im Hieron aufhielt, bitte bei seinen Abrech-
nungen gewiss das Zeichen des Ghalkus mehr gebraucht als
das Zeichen fElr 10000 Drachmen. Ich gebe deshalb einer an-
deren Erklärung, die mit der erwiesenen Bestimmung der
Steinttsche besser Im Einklang steht, den Vonug. Es sind
•eebs Zahlen da, und sechs sind die Seiten des Würfels. Beim
ir>tteTo€o>{v^ konnte den verschiedenen Würfen ein beliebiger
Wert gegeben werden (Pollux 9,95 f. Eustathios, zur I lias XXIII,
88)^. Das Spiel musste um so spannender werden je grös-
ser der Unterschied zwischen dem besten und dem schlech-
testen Wurf war. Die grossen Summen, die dabei herauska-
men, könnten ja imaginär sein oder nachher dividirt worden
sein. Das hier Gesagte erhält eine Illustration und die üezie-
* Das O auf der DareiosTaae (Uejdemaaa, Vasensammlungea zu Neapel
Nr. 3253) wird iw Utting e. «. O. «U DraduDensaichen «nfeeCust, doeb
fieUflielit nit UmeehL
s Hermaaa - BlfiaiiMr, PrirataltertAmer 8. 513,
14 CUR. BUNK£NBERd
bang der erwähnten ZablzeicheD auf das WarfeUpiel eine Be*
statigung durch einen grieehischen Warfei aus Terrakotta,
dessen Seiten nicht wie gewöhnlich mit einem bis sechs Au-
gen, sondern in nachstehender Weise mit Zahlen beielohnet
sind*.
r
r
FiO. lU
Es bleibt noch zu untersuchen, Ton welchen Leuten die
hier besprochenen eigenartigen Weihgeschenke gestiftet sind.
Diese Frage wird aber besser im folgenden Abschnitt mit Zu«
Ziehung weiteren Materials behandelt werden.
11
Im Hieron ist eine nicht geringe Anzahl steinerner Trdge
und Becicen gefunden worden. Einige haben die Expedition
deMor^e II Taf. 34 Fig. 4 (Lykaion) abgebildete Form
und werden zum Tranken für die Reittiere der Einkehrenden,
fttr die heiligen Hunde u. s. w. gedient haben.
Mehr Aufmerksamkeit verdient, schon wegen der Weihin«
* In der Kopenhagener Anlikensararalung,18i6 in Athen erworben. Länge
der Seilen 0,045. Die Zeichen sind sehr tief ( l>is 0,008) eingegraben; der
Würfel war also wahrscheinlich niobl elwa als Votivstück oder Toleubei-
gäbe gemacht, sondera trots des Materiab nun wirUiehen Gebrauch be-
stimmt. Auf der AkropolU sind drei thSneme Würfel, 0,03-0,04 gross ge-
funden worden. Ein noch viel grösserer Würfel aus gebranntem Thon, in
Yecbten gefunden, wird Bonner Jahrbücher 9 8. 31 erwähnt.
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BPlOAtmiBGHB WBinaBSCHBMKB
16
Schriften, die Fig. 11 abgebildete Form von Wasserbecken.
Es war ursprQnglich eine grosse Anzahl davon vorhanden ;
im Folgenden kann ich, ohne Vollständigkeit beanspruchen zu
dürfen, 18 Exemplare* anführen. Die Form ist durchgehend
dieselbe: ein flaches, rundes Becken von einem meistens nach
oben sich etwas verjüngenden, Cylinder getragen, das Ganze
aus einem Block einheimischen Kalksteins gefertigt^. In der
Grösse weichen die verschiedenen Exemplare nur wenige Cen-
timeter von einander ab; es genügt deshalb die Dimensionen
des abgebildeten Stückes aniog^ben: Gesamtböhe 0,73, Durch-
messer des Beckens 0,73".
Wegen dor angeführten Ühereinstimmungen , wozu noch
hinzukommt, dass die Becken alle etwa dem 4. Jalirhundert
vor Chr. angehören und grösfitenleils unter denselben Ver-
< S. 17-23, Nr. !-12imd 14-19.
* Eine Attsnabme bildet nur Nr. 13 (unten 8. 19 ). Nr. 12 (von gewShn-
licherForni) war aus zwei Stücken zusamraengesetit; nur das cylinder-
förmigc Unterteil ist erhalten, an dessen oberer Kläche sich drei Dübel-
löchcr zur Befestigung des gesondert gearbeiteten Beckens ßndcn. Bei den
meisten Exemplaren sind die Runder des Beckens abgescblagen , was zur
Verkennung der Form geführt hat; vgl. FbuiUu d^fyidaun Nr. 103. *Bfi|-
Fig. 11
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bältnissen gestiftet sind, werden sie alle demselben Zweck ge-
dient haben. Man wQrde sie wol zunäcbst. weil sie in einem
Heiligtum standen , als Weibwasserbecken aufTassen. Diese
Erklärung lässt sich aber angesichts der grossen Zahl der er-
haltenen Exemplare nicht aufrecht halten. Auch für die Yon
Asklepios im Traume gebotenen Abwaschungen können sie
nicht bestimmt gewesen sein, denn diese sollten iiz'n tä; xpzvx;
geschehen {Fouilles d'6pi(laure Nr. 1, Z. 6 und 63). Es
bleibt somit nur übrig, sie als gewöhnliche Waschbecken zu
erklären, zum Gebrauch des im Hieron sich aufhallenden Pu-
blicum». Dafür passt auch sehr gut die solide, etwas plumpe
Form, die bei iieiligen Geräten weniger verstandlich wärt'
Die erwähnten \Va>sei b»'(-ken sind mit einem üenüüend be-
kannten Gerät vergleichbar, das in sehr vielen \'asenbildcrn
mit Toileltenscenen ' vorkommt. Es scheint durch die \'er-
bindung zweier ursprünglich getrennter Teile entstanden zu
sein: eines flachen, wol metallenen In ckens und eines säulen-
arligen Uniersatzes. Das Becken lose aufgesetzt kommt z. B,
Jilite ce'ramographiqueW Tdi^. 15 (=Blümner, Kunstgewerbe
II S. 127) vor^; der Untersatz hat z. B. auf der strengen rot-
figurigen Schale Gerhard A. V. Taf. 'l'i, 5 noch die Form
einer ionischen Säule Nachdem die Verbindung der beiden
Elemente eingetreten ist, wird das Gerät allmählich einheit-
licher und harmonischer geformt, indem der Untersatz sich
nach unten mehr erbreitert^. Die Vasenbilder seigen das
< Viele Beispiele Ton Btepiiani, CompU-nnäu pour 1665 8.93 angeflQlirt;
Tgl. Hartwig, Gricch. Meisterscbalen 8. 599.
' VkI- flif Iliiipersis des Polygnolos, Paus. 10, 26, 9: cytf?;« AaoStx»)
tnoatiTr,; Tt Xi'Oou xai XouTiipidv tottv £?:i tw unosteiTT, /aXxoüv. Di»' früher Öfters
(z. B. Viscunli, Mtueo Pio-Clemenliiw II T&f. 2) als Danaidt; aufgefasste
Btatue siellt ein HAdelien dar, das ein Wasserlteolcen auf einem UnteraaU
surecllt Rtellt um sich zu waschen. Die häufige Verwendung dieses Motivs
IBr Brunnenfiguren hat Ildliig (Sammlungen in Rom I 8. l'ÜS) beleuchtet.
• Diese in den jüngeren Vasenbildern (z. B. EUle ctramographique i V Taf.
76 und 78) selir bäuüg vorlioniinende Form ist durcii die unten angefülirle
Hr. 13 fertreten.
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EPIDAUHISCME WEIHGESCMENKB
17
Beeken sowol im Preieo * als im geaebloiaeDeD Raame aufge-
stelU, TOD Minneni und Frauen, tum Waschen der Hände und
zum Abwaschen des ganzen Körpers benutzt. BIflmner* yer»
gleicht es zutreffend mit den jetzigen Wasebiisehen. .
Die Aufschriften befinden sieh bei Nr. i«12 und 14* 19,
wie aus Fig. 11 henrorgeht, am oberen Teile des Untersatzes,
ich fahre zunächst 13 in der Formulirung ziemlich genau
flhereinstimmende Aufocbrilten an.
1. Oben Pig. 11 abgebildet. Bucbstabeohöhe 0,03-0,035.
AP + I AO€
teae:^ A€
2. Buchstabenböhe 0,04-0,045.
EPUTPATO^
AA I K P A T I 6 A€
A^KAA P I a 1
'Eici9TpaT0(,
AatxpecTtSflCC
'AmXatistAi.
3. BuchsUbenböhe 0,04.-0,0&.
ÄAIKPm IAA<
EPiKTPÄTO«
ACKAAPIft 1
'EitimrpotTOC
4. BuchstahenhShe 0,03-0,04.
EP 0€
AM lAA^
A€ K A A P I ft I
Aott[KpaT]{Sa(
< Gerhard A. V. Taf. ?41, 4.
* Das Kunstgewerbe im Altertum II 8, 128.
ATHEN. MITTUBILUNGBN XXJII. 2
'tA ■ CHR. BUN&£N&BBÖ
• 5:. AsBiL 5.121, 3;
• ' • ' . '
^^niEPATH< IJiMipAfiK,
A A X A P H € Aox^piK*
• • •
Or *Efn^fU depx«o>oYucj| 1894 S. 18, 7.
<fi|ePATH€ ZMifdlTnc,
AAXAPH€ Ad^apii«.
.7. BaebfttabeiihOlie 0,015-0,0*2.
T P A T fl N lA A < [SkpaTMvift««
EGEN [«vliOtv.
8. Nordisk tidsskrift for filologi, 3 raekke III S. 163, 1 .
9. BucbstabeDhöhe 0,02 -0,0*25. ■
A O K A H < [A«fi?]oja^,
/A A X O ^. [Aitjptx«»«-
10. 'E^rfAtpif äpj^aio^oyixT] 1894 S. 18, 6. Buchstaben höbe
0,015-0,02. • • • •
T E A a N TcXwv
PEIOIAA^ nii6i>(x«
ANE0HKATAN kttl^ixw.
11. Bucbstabenhöbe 0.025-0.035.
APUTOXO^ 'AfiaTo/o;,
EP I K P T H €. - Ejcufi-nK.
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k^lAAUmSCfiB WBIitOBSCaBMftB 19
12. FouiUes d^Spidaure S. 56, Nr. 117. BttehstabenhOlw
0,035-0,035.
TEI,^AM£NO€ T»w«|«vö«.
13. Becken von der S. 16. Anm. 3 erwähnten Form, aus
zwei Stücken grauscbwarzen Steins gemacht. Den Fuss sah
ich 1896 im Hieron; vom oberen Teil ist etwas mehr als die
Hälfte erhalten (1896 beim Museum aufgestellt). Durchmesser
des Beckens 1,07™, Dicke bis 0,075, llölie des luisses 0,50.
Die rechts unvollständige Inschrilt befindet sicli auf dem
oberen, 0.04 breiten Bande des Beckens'; BuchstabenbÖhe
0,022-0,03. Das Sigma ist unten unvollständig.
AYKAIOO^API AüKaiöo«. Apif-iTOTeXtji oder ähnlich]
Es geht aus diesen Aufschriften zur Genüge hervor, dass
die betrefTenden Waschbecken als VVeihgeschenke dem Askle-
pios dargebracht sind, mag sein Name da stehen oder nicht.
Denn die Personennamen im Nominativ können nur als Sub-
jekt zu otviOyiicxTav (oder ivtöiTav), das meistens nicht ge-
schrieben wurde, aufgefasst werden, und Weihungen, die
keinen Götternamen enthalten, sind an den Hauplgott des Hei-
ligtums geriL'liiet; dieser war aber jedenfalls in der ersten
Hälfte des 4. Juhrhunderts nocli Asklepios allein, während in
den folgenden Jahrhunderten das llieron oiliciell (aber auch
nur ofßciell^) ApoUon und Asklepios gemeinsam gehörte. Die
häufige Verwendung der Formel führte dazu, dass überflüssige
Wörter (»xl, 'AauXoiivtcdi, avcOiToiv) ausgelassen wurden^. Die
^ In den Vssenbildern tr> die Ansaenseite dM Beekeat bisweilm eine
Anfsebrift U- B. AHMOSIA, Banmeisten Denkniler I Fig. SI9), was im
Hieron nicht Torkonimt und vicliciclit nur malerische Freiheit itt.
* Vgl. AsKL. 8. 33 IT.. wo diese Frape erÖrtorl ist.
' Vgi. die später gewöhnliche Formel AröXXwvi AoxXciffuüt (Askl. 8. 33 tr.)i
die nenlidi in dem atiien{seben'AOTXi}inat*A|iivwc ein genau «lUprecbendes
Beilenstfiek erlisiten bat ( Athen. HiUb. 1896 8. 294).
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CHB. BUN KEN BE 11 If
Aufschrift Nr. i z. B. sagte dem damaligen Publienin def
UeUigttlllM ebeo lo f iei als 'A^O^o^ nai Ti^^s« 'AnOcmAe ebc-
Sie tagte aber bei aller Kürze gewiss noch mehr. Die ia
den 19 AafaehrifteD (denen iweifellos aoeh Nr. 1 d'biozoxafä*
|>en lit) Aaodtg wiederkehrende Verbindung von zwei Man-
nemamen laiet sieh aieht als Zufall betraebten. Es kommt
FiQ. 12
hinzu, dasa dieselbe Verbindung auch sonst ontsr Shnltehea
VerhäUni^^.sen auftritt. Kin Stein, dessen Form die Skis» Fig.
12 veranschaulicht', trägt auf der Schmalseite A die Aof-
ichrift (Buchauben hohe 0,02-0.025):
T I M A N O H ^ Tiax'Sr;.
AMl)IAYTO^ 'Aa^auTO?
ANEOETAN av«eiT«v.
Ferner sind hior anzuführen die zwei oben (S. 2-4 . \r. 1 und 3)
abgedruckten Dfdik.itionsinschriften der Spieltische Die grosse
Zahl dieser VVeihungsformela macht ea meines Erachteos ganz
• Qesamllänge 1.77, Breite 0,886. Dicke tf.K*. Ab der OberOSd» drai
beekenäbnlidw VertieAmgen; die miltlere, runde hal einen Durchmesser
ton 0,7i5, eine Tiefe von 0,095; die beiden seitlichen sin«! il,7:!5 laiiir. iKU
breit, 0.07 lief. Dies sonderbare Weilijfe^olieak dürfte vielleicht uacb dem
oben AngeiiihrUjn als drei in eioem Öiiick vereinigt« Waadtbeckea snfiia-
fassea §e!n.— Bin fthnlieber Stein (ibH aar swet nageObr qaadrstisebea
Verttefangen) fon 1,40 Uii«e,0,83 Bnüe,0,30 Dick« w»m weitiehMkea
kosate, ekae lasehrift
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BPIDAURISCUE WBIMOBSCIIBNKB
unmöglich in den Dedikanl en etwa Bruder- oder Pi^undes-;
paare zu aeben. Wir haben es bier vielmehr mit einer ständigen:
Sitte zu tbun, die nur dann zu verstehen ist, wenn die Wei-
henden Mitglieder eines ständigen GoUegiums waren. Was
das für ein Collegium war, ersieht man aus den Aufschriften
zweier Wasserbecken von der gewöhnlicheo, durch Nr. 1-12
vertretenen Form.
14. B uc h sta benhöhe 0,02-0,03. Fo uilles d Jipidaure S .
54, Nr. 103.
I APOM N AMOH E
AAX A P H ^
KAEI^OEHEY^
AAKPI^AA<t)E IZiEY€
AHE0HKATAH
*l9tpOfx.vde(AOvi
Axxpi« A«f li^iuc
15. Buchstabenhdhe etwa 0,025.
I APOMH AMON E
A A KP I €
A A<|»E1 AEY<
AA XAP H€
KAEI<0EHEY€
AHEOHIcATAfi
Bs war also im 4. Jahrhundert eine wenigstens siemlieh regel-
massige Sitte, dass die Hiaromnamonen , wol beim Anfang
oder Ende ihrer Punktion, ein Weihgeschenk stifteten, und
zwar scheinen sie solche Stiftungen vorgezogen zu haben, die
dem Publicum des tieiiigtums nützlich sein konnten, obwol
Beispiele von VVeihgeschenken gewöhnlicherer Art (Statuetten
und dergi.) auch nicht fehlen Die hier besprochenen Wasch-
* Allerdings sind nar noch die Basen erhalten: KavTadias, Fmäüu S&pt'
daur», Nr. 102. Blinkenberg, Nordisk lidsskriß for filologi, N. ff. X 8. 273|
XX. KufTSdiat, '£fi)|upi« ofxautXoyut^ 1894 S. 18, 8.
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22 CHR. BUNKENBERG
becken und Spieltische gehören in die Zeit der grossen Bau«
thätigkeit und sind nach der vorstehenden Auseinandersetxung
ft]s Zugaben seitens der Hiaromnamonen zu den vom Heiligtum
officiell für die Bequemlichkeit der Oiste getroffenen Yorrich-
tungen aufzufassen *.
Nur wenige Wasserbecken sind unter anderen Umständen
geweiht; sie entstammen derselben Zeit wie die anderen, und
man ist wol berechtigt anzunehmen, dass die Dedikation ton
der nachgewiesenen Sitte beeinflusst war. Ich fitthre die kH-
genden von mir notirten Aufschriften nur kurz an. Die Dedi-
kanlen von Nr. 19 waren nach dem oben gesagten Hiaromna-
monen, die in diesem Falle ihre Weihung nur an einen andern
Gott gerichtet haben.
16. Buchstabenhdhe 0,027-0,03.
P P A T A < npaT[i]«€
A ( IC A A P I O I 'A«»X««i8t
lAPEY^EnN («piumw« <
ANEOHKE «vieniu.
11. Buehslabenhöhe etwa 0,025.
T I M A P I € T A Ti|xapi<rT«
A P T A M I T I *ApTApTi
A E K A T A N SexdcTav.
Die Inschrift ist schon C. I. G. 1172 veröffentlicht, wo die
erste Zeile auf Grund der Abschrift FIM APIZTA vermutungs-
weise als riavapidTa gelesen und in der zweiten 'ApTdcjtuTi ge-
schrieben ist.
* Vgl. ferner die von den HiaromnamoiiBD geweihte SUibank: KavTa-
dias, FouUles d'lipidaure Nr. 259.
' Eine Weihung beim Antritt des Priesleriums findet sich auch in einer
onTerSflTenUichlMi Inichrift: 'Affat«fx<K "BfrOtau (vgl. oben 8. 4 Anm. I )
|Iafiu( Xa/ü>v 'AoxXnciAt I MrAitAXam ivMi|», wo X«x«b« die erwfiniebte
AnslLunft giebt.
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BPIDAÜRI8CBB WBIH0B8CHBNEB 23
18. Bruchstück, 0,51 hoch. Buchstabenhöbe 0,02-0,035.
A A M O A A AafAÖXft
AAMATPI Aci(UiTpi.
JU. BuchstabdDhöbe 0,015-0,025.
*
<fiSENO< Zc&Ctvp«,
O 1 A P H € . B id^
A n O A A N I 'AicoXXttVk
Koponbagwit September 1897.
. OHR. BLINKKNBBRO.
: . : (
INSCHRIFTEN AUS ATHBN
1. Fragment aus weissem Marmor (18*" hoch, 15 breit), in
der Mitte gebroeben. Gefanden bei den Ausgrabungen am
Nordwestabbang des ^reopags.
• EPEAI AOHKAl
ASPOAI AAOZ
APOMETPA r
10
EPMHiEA/ YKEIO i
1 I [E PEn^Y I A
A omhii5:ta ^EHO
ESEBAO A/ ION
0\Xi E I P O
PYO Wt. • ?OY
AN \I2
l]«p«ai 'AO-nvoti-
a; rioXtdeSoc
'Ep|X7ii iX Auxlio
Ol«
icpebxruva
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INSCHRIFTEN AUS ATHEN
Offenbar haben wirea mit dem Fragment eines Opferkaien-
dera au than. Die]Zahlen rochts und links von der erhaltenen
gehören znr ersten und dritten Cotomne. Da im Einielnen
▼ieles dunkel bleiben wird, geben wir nur kurze Bemerkungen
Sur Worterklärung.
Z. 3. «iTOfUTp«. Dieses Wort ist nur noch su belegen aus
der Inschrift C. I. A. IV, 1 S. 54 Nr. 555« (etwas älter als die
vorliegende Inschrift), wo es in ähnlichem Zusammenhange
steht (Z. 3. Upi« mynr^x). Es muss .einen bestimmten Teil
Ton den Opfergaben bedeuten, welcher der Priesterin, als ihr
Vorrecht, sugemessen wird.
Z. 7. Upitt«wft, nicht Upätfvv«, wie das Corpua hat, steht
auch auf dem Stein G. I. A. II 610 Z. 6.
Z. 9. oU XfiiroyvufMM. Aristophanes von Bysans beseugt*,
dass in der attischen Kultsprache das Wort licnvoYvufAuv ange-'
wendet sei, um ein Opfertier su beseichnen, welches den Milch-
lahn.den yvüiawv, schon verloren hat, also ein ausgewachsenes.
Unser Stein bietet die erste urkundliche Bestätigung dieser
Überlieferung. Zur weiteren lexikographisehen Litteratur Ober
das Wort ▼gl. Aristophanis byz. fragmenta coli. Nauck S. 99.
Z. II. zu nueaioTTj« vgl. G.l. A. IV,2 H90b. 1190o.
9. Der Stein C. I.A. 1V.2 813b trägt auf der Rückseite oben
die Inschrift:
I Z,
OONIAQNOIAErErO
TOYrENOY^iEPII E
0«oli{
vOTif . . . . j Tou ylvouc IkI [K]i ....
* Eustath. ad Odjrüs. p. 1404 tin. T« xi'Uia. int nXtivTuiv yivüv xal xarripru-
al< iKCfVMimuum» ol l|uctipot to(»c «p«iTo6rfXMic* 6 81 toOte Tpi«|i«ic 'ApioTOfivi|c Ii»
26
S. ZIBBAATH
daranter io grOasereii, viel spateren Buehetaben :
MHA E loYTOAE Y
T E P ON
AM0 I O A A H S
0 I A I NOS ^ I A INOY
E Y fl N YME YS
E n I M H AEIOY
ANTITOYAM
4» I O A AOYS
NIKI ASKA A AIMA
XOYA^oAAt'^Ti
MlO^ltOU TO Stu-
TtpOV
Diese Inschrift ist erst eingehauen als von dem ursprQng«
lieh mehr als doppelt so breiten Stein rechts (von der Vor*
derseite aus gerechnet) ein grosses Stück grade abgeschnitten
war, Jeden&lb weil das schöne Marmorstack eine andere
Verwendung fknd.
Die Datirung [iiel] Mti^itou to ScuTtpov bestfitigt, was schon
HomoUe Im Bull, de eorr, hell. 17, )7S A. an dem Bei*
spiel des Archen Argeios nachwies, dass in späterer Zeit eine
Iteration des Archonten- Amts zulässig war. Dass speziell Me-
deios dreimal Archon gewesen ist, war sclion aus der Inschrift
C. I. A. 11! 1014 bekannt, über welche Homolle a. a. 0. zu
vergleiclicn ist. Das zweite Archontal des Medeios fällt nach
llomolJe etwa in das Jahr 80/79, nach SchötTer (bei Pauly-
Wissowa s. V. Archontes) in das Jahr 84/83 vor Chr. Ein
4»i>.ivo; «ti^ivou Eu(i)vju.8Ü; ist Rphebe «ttI 'Atco^oSwdou ipy^ovTO?
(45/41 vor Chr.) C.I.A. II 481, also nicht mit dem unsrigen
identisch. Der Zweck der Inschrift scheint die Autzeichnung
der zur Vornahme gewisser kultlicher Handlungen für jedes
Jahr designirten TaiJ^j? iuKpiöaXei; zu sein ; im Rehinderungs-
falle konnte an Stelle des designirten, ivxi xoO aa^tOaXoG«, ein
anderer eintreten. Man denkt dabei an die bekannte Stelle in
Plut. Thes. 22 (vgl. Kustath. ad 11. XXII 495 p. 1283), nach
der am Pyaaopsieo feste ein icai« «(«.^lOaXiiic die lipcotuw) trug
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IMBCHlttnBN ADS -&THBN ff
und sie an der' Thar desApollo-TempeU niederlegte, anderes
8. bei Pauly-Wittowa s. v.
Unter dieser Inschrift isl der Stein halb weggebrochen und
staric abgeHcbeuert, aber man erkennt noch, drei Zeilen in
kleineren SohrifUügen, als die vorhergehenden:
^AXOS:iEIPA KaXXi]aaxoc A«ip»(SiwTYj<)
AM<I> lOAAHi au<pieaXyi«
«
3. Oberes Stück einer auf heiden Seiten besclirieberien Stele
aus pentelischem Marmor mit Aetoma und Rand oben, ge-
funden auf der Akropolis im Jalire 1 884, jetzt im National -
Museum Breite 32"", Höhe 1 i'", Dicke 1 6"°. Die Renntniss die-
ses Steines verdanke ich Herrn Dr A. VVilbelni. dem ich auch
sonst für die Einführung in das epigraphisehe Museum und
für seine Mithülfe beim Lesen von Inschriften in zahlreichen
Fällen, sowie für empfangene Belehrung zu Danke verptlichtet
bin. Der Stein bietet der KnlzifTerung ganz besondere Schwie-
rigkeiten, da er eingemauert gewesen ist und vielfach mit ei-
nem harten Mörtel überzogen war, auch die sichtbaren Buch-
staben durch Wasser stark gelitten haben. Erst durch Ent-
fernung des Mörtels gelang die Lesung der Buchstaben auf
dem Aetoma und vieler anderer. Auf meine Bitte hat auch
n. von Prott den Sit-iii i;eprül't , und ihm verdanke ich die
Lesung- der enlstjheidenden Zeilen a, 4 und 7.
(8. den Text auf S. 28. 29).
Auf der rechten Seite von a können bis zum Rande nur
wenige Buchstaben fehlen, wie die Überschrift und die Rück-
seite lehrt, welche dort beginnt. Z. 8 ist fast bis zum Rande
erhalten. Es fehlen etwa 4 Buchstaben. Z. 1 hat nach Aumdc^«
wahrscheinlich noch das Demotikon gestanden; ygi. J. Peun-
dorf, De scribü reipublicae Athenienaium S. 114. Danach
ist die Zeilenlänge auf aber 70 Stellen zu ▼eranschlagcn. Die
Erg^zung wird erschwert durch die ungewöhnliche Passung
des Dekrets. Nach It^f Mhit Z. 5 fehlt Si, also ist eine Ab-
28
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weichung von der Formel: iicouvi«« (tU - It|n()9i90xt $e (vgl.
Wilhelm» Hermes 24, Mb) vorauszusetzen. Z. 8 habe ich
nicht enlsiffern kdnnen, die rechte Hälfte liest man ziemlich
deutlich, die linke ist stark versintert.
b. Z. 1 vielleicht B[iv]^ifdvti[c. Rechts von der zweiten Co*
lumne sind Spuren vonCoL 3 Z. 5-12 zu erkennen. 6 zeigt
kleinere Buchstaben wie a, ist aber ebenfalls «rotx^^oy ge-
schrieben und stammt aus gleicher Zeit. Danach haben auf
der Rückseite mindestens vier, wahrscheinlich aber fünf Ret-
hen von Namen gestanden. Da nun die Höhe des Steins nach
seiner Dicke (16*") zu schliessen niclit unbeträchtlich gewe-
sen sein wird, so können über liundort Xamen auf der Uück-
seite gestanden haben. Wir haben also das Fragment eines
Psppiiisma etwa aus dem Anfange des vierten .lalirbuiiflerts
vor uns. (hireh welclies eirier grossen Zahl von Leuten, wt^lche
auss( liliesslicii na :l) ilirem Beruf bezeiehnet werden, aoschei-
nend das Biirgerrecht ( Z. verlieben wird.
Wer diese Leute waren und was für N'erdienste sie sich
erworben hallen, i&l in Z. 4 und 7 ausgesprochen. Ks sind
die Männer ccot «'jvAarüXÖov aw6 •1'//?,; ' und die, weiche zwar
nicht zu den Phyle- Kämpfern gehürlea(?;, cjvgaityövTo $i xrifi
^x/r,v Tr,(x Movt;^tx«i. Sehen wir Uns nun nach der litterarischen
Überlieferung um, weiche diesem arg verstümmelten Fragment
zu Hülfe kommen muss. Über die Belohnung der Helden von
Phyle,der Berreier des Vaterlandes, ist die llaüplstelle Aeschin.
MI 187. 188, die ich ganz ausschreiben muss.'Ev Toiwv r^k Mri-
Tp(^C|» icap« TO ßovXi*iTi)piov, viv fSoTi SwfCftv TOtc dl«o ^Xiii 9 CtS-
Y^'^'^* Sii(AOv xgtTay'yoOviv, h'zv*' iKiCv. iqv |ftiv yaf 6 to ^ft9yi,k
ypxij^acc it«l vtxiq<rctc 'Ap/ivo; 6 ix Ko(Xd(, il$ Täv xftTayxyovTiAV tÖv
^(AOv, iy^x^t S( -^rpüTOv {x,iv auTOic il; 6u9t«v xat ava6r;{jLaT« 3oGvac
^i).ta( 5^a;(^p.ic( (xxl toGt* ioriv {XaTTOv ri Sixx h^ct/jixi xkt* xvSp«
{x«9T0v), licciTa xiXiOft aTff«voOoOat OxXlloG 4rrf(pJcv(,> «vtAv Ixa-
< Vgl. Aescbin. lü 1U5 ^paswCouXov . . fv« lAv wpumMinw «ftt^ «ntf
lN8CliRlFT&N AUS ATHEN ^1
«Tov, «XV ou xpv^ • • toQto iliep xtXitftt, «XX*
fluipi€<ftc rqv ßouXviv «Mt|rafAlviiv o«ot «utAv iiri ^X^ ixoXtopKioSlI-
«oiv, 6Tt AttM^flUfMvtot xeti ot rptAxo^T« irpo«t6«XXov toCc xateeX«*
€oGat 4vXiqv. *Otc «Xt)69i Xlyu« ava^v^attat 6(Aly to ^ys^ioia«.
^vj^taji« ffipi 3<i>piAc Tot( dliro ^Xti(. In dem Paephiflina dm
Archinos muBS also wörtlich gestanden haben, einmal die
nicht ungewöhnliche Formel : SoOvat )i auxoic ci< 6u<;tav xsl
iwoibri^XTX '/i'kia.i Spa^u.a;, zweitens : OT«(pavüiöai Se txaoTOv aü-
Ttöv Ox)>>.0ü axe^iivti), ferner noch, t7;v hl fiouXrjV cKi'^xnhxi ocoi
avjTtöv irrt <I>'Ayi ixoXiopjfyjOTKjav. Alles dies sieht nicht auf dem
Stein, soweit er erhalten ist; trotzdem mussein enger Zusam-
menhang zwisclicn jenem Psephisma und unserem Stein be-
stehen, ja es kann in ihm der Anfang des Psephisma des
Archinos thalsächlich vorliegen. Dmn die Phyle- Kämpfer
sind nur einmal belohnt worden, und die ersten beiden der
genannten Formeln pflegen gegen Schluss eines Dekrets zu
ateben, und auch die dritte braucht nicht am Anfange gesucht
zu werden. Betrachten wir unter dieser Voraussetzung den
Stein genauer. Verliehen wird den Helden von Phyle das
BQrgerreeht. Also hatten sie es vorher nicht, mindestens nicht
alle. In der That war vorauszusetzen und ist auch ausgespro-
chen (von Clerc, Les m^Uques S. 429), dass unter den Ver-
bannten und speziell den ««o ^Xti« die MetÖken in grosser
Zahl vertreten waren, da sich gegen sie die Verfolgung der
Oreissig ganz besonders gerichtet hatte, und da überhaupt
Handel und Gewerbe seit der Einnahme des Pirilus durch
Lysander ganz darniederlagen. Dazu stimmen die teilweise
recht fremdländischen Namen auf der Rückseite des Steins.
Neben den Phyle- Kämpfern ist aber auch von den Munichia-
Kämpfern die Rede (Z. J). Wir lernen also, dass das Dekret
des Archinos nicht ausschliesslich den Phyle- Siegern galt,
sondern überhaupt den Retlern des V'alerlandes in dem gros-
sen Jahre 403. Aischines ervvälinl dies nicht, weil er das De-
kret nur zu einem bestimmten Zwecke heranzieht, nicht seinen
ganzen Inhalt bespricht. Die Munichia - Kämpfer erscheinen
voQ den anderen getrennt, werden also auch eine andere I^q-
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fe. ziehahth
iohnung erhalten haben. Und wirklich ul Itel Xenopbon,
Hellen. II \. 25. wo von den Ereignissen gleich nach der
Schlacht bei Munichia erzählt wird, überliefert, dass denen,
.welche erst in Muoiehia zu der Schaar des Thrasjbul stiessen,
wenn sie Fremde waren, die Isolelie versprochen wurde. Da-
nach vermute ich in Z. etwa : Si auroi« {«otAimv] xa-
Leider ist es mir im Übrigen nicht gelungen« diese wertvolle
historische Urkunde weiter su er^nzen. Nur der Arehon laasl
sich noch ermitteln. Die Friedensverhandlungen und die end-
gfiltig» Neuordnung der Verhältnisse sogen sich swei Jahre
hin, erst im Jahre 401/0 kam die Verständigung irpoc tou« h
*EXtv«fvt ilwxhowtrui zu Stande M Sevstvlrou i^jtm^ (Aristot.
Hol. 'AOviv. 40, 4). Derselbe Arehon muss auch Qher unserem
Psepbisroa gestanden haben, da der Name keines anderen
Arehon dieser Jahre auf -o« endigt.
Die historische Bedeutung der neuen Urkunde kann hier
nur angedeutet werden. Archinoe hatte schon einmal Gelegen-
heit gehabt, sich mit der Belohnung der Befreier des Vater-
landes zu befassen, gleich im Jahre 403. Damals hatte Thra-
sybul fdr sie alle in Bausch und Bogen, die Ix Ilcipxtcuc,
die Verleihung des BOrgerrechts beantragt. Archinoe aber, der
in der Vermehrung der BQrgerschaft um solche Elemente, ^
Iviot 9xvcpä>( ^a«v SoSXoi (Aristoteles), nur den Keim neuer Un-
ruhen filr den Staat sab, war es gelungen, durdi eine Klag»
«apavöpLuv das Zustandekommen dieses Psephisma tu vereiteln
(Aristot rioX/Ae. 40, 9. Aescbin. III 195), wodurch s. B.der
Redner Lysias hart getroffen wurde, der nun trotz der grossen
Opfer, die er im Kriege gehracht hatte, nur Isotele blieb ( Plut.
Vit. orat. S 835/"). Ofl'enhar war es hierbei nicht die Absicht
des Arcliifjos. jede Belolinung zu hinterlreihen, sondern er
wollte nur eine passende Abstufung je nach V erdienst eintre-
ten lassen. Denn es war allerdings ein grosser Unterschied,
ob Jemand wirklich zu der ersten kleinen Schaar gehört liatte,
die mit Thras^bul von i heben kam, den Handstreich gegen
Phyle wagte und dort von den Truppen der Dreissig belagert
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mscmirTBN aus athbn
93
wurde, oder ob er zu denen gehörte, die unmittelbar nach
dem Abzug der Dreissig von Phyle sich einstellten (Xenoph.
Hell. II 4, 5 in^-n duveiXtyF^eviiiv h'^ttiv ^v>Xv)V in^{ iirraKodou; und
kurz darauf § 10 Xa6«i>v ö BpavuSouXo; tou( «no ^KiXvi;, icepl
^iXtou« Tih-n ^jvEtXeyfAlvouc), oder ob er endlich erst io Munichia
auf die direkte Versprechung der Isotelie hin dem siegreichen
Zuge sich anschloBS. Man wird also zur FeststeUung dieser
Verhältnisse, die gewiss nicht so einfach war, weil Listen .
schwerlich geführt waren, eine Untersuchung angestellt haben»
und 80 kam es zwei Jahre später zu dem endgültigen Be-
schlüsse, für den eben die genauen Unterscheidungen unter
den zu Belohnenden charakteristisch gewesra zu sein scheinen.
Bs bleibt noch die P>age zu entscheiden, wer auf der Rück-
seite verzeichnet stand. Waren es alle die in dem Psephisnui
Belohnten, also sowohl die neuen Bürger wie die neuen Iso-
telen ? Nach Aischines durchaus glaubwürdiger Angabe be-
trog die Zahl der «iro OuXvi^ über hundert, während die sonsti-
gen Angaben zwischen 30 und 70 schwanken. Oben haben
wir berechnet, daas auch auf dem Stein für mehr als hundert
Namen Platz gewesen ist, und die Zahl ist mit Aischines
ganz in Übereinstimmung wenn wir annehmen, dass die fünf
Columnen nicht die ganze Rückseite füllten, also etwa Je 25-30
Namen enthiellen. Die Zahl der mit der Isotelie Beschenkten
dagegen wird eine sehr grosse gewesen sein, die' nicht mehr
auf dem Steine Platz findet. Die Wahrscheinlichkeit spricht
also dafür, dass die ganz oder teilweise erhaltenen 19 Namen
den Helden von Phyle angehören
Zur Binselerklärang sind noch einige ßemerkungan nötig.
b. Z. 1. Die Abkürzung TEaP findet sich schon C.I.A. 1V,S
7731» Z. 22 (PEIfiP), von J. Simon, Abkürzungen auf griech.
Inschriften, Zeitschrift für die Österreich. Gynmasien 1891,
* Aus der litterariacheD Überliefemngkdiuien wir, soweit ieh sehe, anner
den Führern der Schaar, den beiden Tbrasybulen und dem Arcbinos, nur
den Ergokles namhaft maclien, gegen den Lysias Hede 28 gerichtet ist. Er
war Stratege gewesen und ein angesehener Mann, wie Tiele andere unter
ihnen (vgl. Lysias 13, 6'2).
ATHSN. MlTTHSlLUMaBM XXUI. 3
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34
E. ZIEBaRTM
673 ff-, noch nicht berücksichtigt, vgl. 768c Z. 19 rSClPrO.
Z. 4. Zu öp£a»c(6;xo;) vergleiche die Abkürzungen in der eben
citirteo InachriftGol. 11,15 OPEftKO uadBCol. I, 5 OPEÜ.
Z. 7. 6voxö(iro<) war bisher nur bekannt aus dem Fragment
des Alexis (Frg. 13 K.) hei Pollux?, 19 tov ^« vOv lAvXoxdmv
ovoxosov 'A^t^tt tlp-qxtv I« 'AiAf^ft-d^t*
ovo«6icoc
Die Deutung BlQmners, Technologie I, 31 auf ein Instrumeiit
tum Schärfen des Mühlsteins ist nunmehr abzulehneo. Zwei-
felhaft kann nur sein, ob es einen Beruf bezeichnet, der oaeh
ovo;, Esel, benannt ist* oder nach Cvoct MäblsleiD, wie Meineke
erklärte cor um units qui molares istos lapides caeditnt.
Wahrscheinlich isl das Letztere, so das der övoxörro^ zu dm
Steinarbeitern zählt.
Z. 8. Zu dem Anfang EAAIOF habe ich das richtige
Wort nicht gefunden. Man könnte an iXaiio7r((uXin() denken,
doch ist das r durchaus sicher.
Z. 10. Das O am Schlüsse ist nicht ganz sicher, es scheint
aber ein runder Buchstabe dazustehen.
Gel. II Z. 9. Der dYaX(A(aTo«oiö«} KaXXta^ ist, soviel ich sehe,
unbekannt.
4. Fragment einer Herme aus weissem Marmor (wie C.I.A.
III 1095. 1Ü96. 1133), jetzt im National- Museum, Fundort
unbekannt. Vorderseite und linke Seitenfläche erhalten, 57**
hoch, 21*" breit.
a.
IN N
^ANEIKOZTPATOZ
0 lÄOAEZnoToZA^P
4>lAoYMCNOZBfiMIAK
ATToAAfltNIOZBAASTo
5 ABAZicANTOS0EOTCII
< Vgl. die Erklärung von Stepbauus: 911t atinariam tnototn twj Ikvt in»*
l^iiil et agital.
iMSGBläf nM AOS ATBIlt
E Y<t>PAMTI AHXEnirtl. '
A^EIANAPoZAE:^<M A
ZTE(J)AN0Z0NH2I MON
EYTToPoZhPAKÄElAo YS
10 01 AoMO> ZOZEYTYXIAOY •*
HPAKAEITOZ AYfTfJOOZE;
2TP ATHN ATToAAftN loY
KÄE^lNMHTPoAnPoYN.K
A AKI Bl AAHlEYTYXoYOPEf
15 AlOAAHZ ATToAÄnNloY M A
ArAOonoYSAAMYPoYEYTTA
IcaA AlTTlToZOKAIMoYl AT H
POAinnoznPAI ITE AoYZEnAT
ATTI KaXZfiZIKÄEoYZSESST
20 EniKTAZZnZIM0YA40NYSl0 « -
ZYM^CPaN IAoNllcoYMZY>'
III/ Zi^/ ^lAoZEPAlT
OSSß^lK \Eo Y 2 E YÜO
ZunYIOY0AAAoZ
25 AOZZaZIMoYAOHNA
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SxpiTCiiv 'AtvoXXwviou
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*AXxtCtd(ST); EuTiJj(^ou 9pi7r[TÖ<]
15 At6aXT]( 'AicoXXfi>viou M«
'AyaddiTOu^ Aap.upou Euic«
KicXXiicTcoc 6 xal Mo<|>idcTV)[€]
'PöSiTCTvoc npa^iTiXou« 'Eff«Y
so *EiruTttc Z«»d|MMi AiovuaiQ[f]
0( StttfutXlouc Euira[p..]
95 { Zotft^v 'A0nv«
Buic6po[u] AiuKti7[^o(]
5. Fragment einer ähnlichen Liste aus etwas Slterer Zeit»
ebenftUs im National •Museum.
loZZnziMoY
I . O K PATHZ J
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INSCHRIFTEN AUS ATHEN
97
TYXIKOSXPHZIMOY
MHTPOAnPo^AlONYZ
KOZMIANPAAINOY
PAAINOZ
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"^TPAREAOSA^POA
NAIONYSIOY
AZnAPAAA
. . . «oc Zm«^«
Ni»]oiipATiiic
5 Zibicupec X^tfifMu
MviTpoSupoc Atovuo[iou]
10 'AXIlcvSfoc ni»X>[<iMOc]
EjuTpimXo« *Afpo)[t9(ou]
V Aumiffiou
nap^«>[ft]
Athen.
ERICH ZIEBARTH.
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VASENSGHERBBN AUS KLAZCHIBNAI
(Hiena tUü VI)
Bei der bis jetzt so geringen Anzahl von Gefassen und Scher-
ben, die sicher in Kleinasiea gefunden sind, gmvinnt jede»
hinzukommende Stück eine besondere Bedeutung. Kann es
uns doch die Möglichkeit geben, eines der^hlreichen Getässe
oder eine ganze Gattung von solchen , dre man ihrem Stile
nach in das Kunstgebiet des griechischen Ostens adiea darf,
an einem bestimmten Orte festzulegen.
Die aufTaf. 6 in Originalgrösse abgebildeten Scherben wiir*
den im Gebiet des alten Klaiomenai gefunden und von Herrn
MifltbOB in Smyrna erworben. Aus seinem Besits kam die
grOttere Scherbe ( Nr. 1 ) in das Nationalmuseum n Athen
(Inv. 5610). Üie Erlaubniss zu ihrer Veröffentlichung ver-
danke ich der Freundlichkeit des Herrn Dr. Stais. Die klei«
nere Scherbe (Nr. 2) blieb im Besitz der Wittwe Misthot.
Der Abbildung liegt eine vor längerer Zeit genommene Photo-
graphie des Herrn Dr. Heberdej zu Grunde; das Original
selbst ist aogeobliekliefa nicht sug^uiglich and mir aas.eigener
Anscbanong nicht bekannt.
Unsere. Betraehtung muss also von dem ersten Fragment
ansgehen. Der Thon ist fein, im Broch und auf der Innen-
seite lederforben, die äussere Oberfläche ist graubraun. Der
nicht sehr glänzende Pirniss ist dunkelbraun, wo er dünn auf-
getragen, oliviarben, an manchen Stellen ist er rotbraun ge-
worden.
Nicht unwichtig ist es, sich zu Yergegeowärtigen, wie der
Maler Tcrfuhr. Er legte zunächst den Rumpf der Figuren, das
Haupthaar samt der Motze des stehenden Mannes, den Thron
nnd das vordere Pferd mit dunkelbrauner Firnissfarbe an.
Dann malte er die Gesichter, die Arme, das Gerat in der
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TABSN8CHERBBN AOS KLAZOMBNAt
89
Hand des Stehenden, den Thron und das zweite Pferd mit
Weiaa. Dieses ist abgesehen vom Throne und den Teilen der
Arme, die sich von dem Körper abheben, unmittelbar auf den
Tbongrund gesetzt.
Mit dünnern Firniss wurden dann die Umrisse und die
Innenzeichnung der weissen Teile, mit dunklerem die Barte
und das Attribut in der linken Hand des stehenden Mannes
gemalt. Am Throne, an Nase und Mund des Sitxenden und an
Brust und Bein des Pferdes fehlen die Pimissumrisse. üass
diene sonst erst nach dem Auftrag des Weiss gezogen wurden,
geht daraus hervor, dass das Weiss bisweilen über die Um-
riaae hinausgreift ohne sie su decken.
Weiter wurde bei den mit Firniss aufgesetzten Teilen die
Innenzeichnung und fast durchgehend auch der Kontur ge-
ritzt, auch der linke Fuss des Thrones ist umrissen. Die Ritz-
linte am Kontur des Mantels der sitzenden Frau nimmt deut-
lich auf die schon vorhandene linke Hand Rücksicht, eine
Faltenlinie greift in das Weiss der Armlehne über. Ebenso sind
die Linien an Brust und Bein des Pferdes und am linken Fusse
des Thrones deutlich in das schon vorhandene W eiss geritzt.
Nur an der Brust der Frau ist die f^ilzlinie durch das Weiss
der erhobenen iland <i:edeckt, der Maler hat also nachträglich
die Linie noch einmal überfahren.
Erst nach den Ritzlinien ist das stets auf den Firniss ge-
setzte Violelt aufgetragen , denn es nimmt deutlich auf sie Rück>
sieht. Die vorletzte Paltenlinie unten am Mantel des stehenden
Mannes ist durch das Bot gedeckt, an einigen Stellen greift
das Rot auf das Weiss über.
Zuletit wurden die weissen Kreuze auf den Gewändern, die
Punkte u. s. w., auch die Zähne des ersten Pferdes gemalt.
Wenn wir so sehen, dass nach dem Auftrag von Weiss wie-
der mit Firniss gemalt wurde.dass die rote Deckfarbe durchaus,
die weisse teilweise auch nach der Gravirung' aufgesetzt
wurde, so kommen wir zu dem Schluss, dass alle diese Ver-
enge ungefähr zu derselben Zeit d. h. vor dem definitiven
Brennen stattfanden.
40
B. lAHN
Die Scherbe zeigt ein ausgespartes Bildfeld; Ober ihm, durch
swei Pimiflskreifeii getrennt, den Rest einer anderen Darstel-
lung. Deren ßbene stösst in stumpfem Winkel an die Ebene des
unteren Bildfeldes. Das Gefäss war also eine Hydria.
Auf einem Throne, dessen Sitz durch eine schwarz geraalte
Sphinx mit weissem Streifen am Flügel gestützt wird, sitzen
nach links gewandt ein bärtiger Mann und eine Frau. Das Auge
des Mannes ist. wie bei den anderen Personen , länglich ge-
bildet. Er trägt einen kleinen Schnurrbart, der wie aus der
Nase herauswachsend gezeichnet ist. und einen Vollbart, der
eigentümlich in die Wange hinein vorspringt. Bekleidet ist
er mit einem langen |8chwarzen Chiton, der nur unten zum
Vorschein kommt, und einem Mantel, der mit Ausnahme des
die linke Schulter und den überarm bedeckenden Teiles rot
gemalt ist. Beide Kleidungsstücke sind mit weissen Sternchen
verziert. Um den Hals hat er ein Band. Die Frau zu seiner
Rechten trägt ein rotes Gewand mit weissen Sternchen — es
soll wol auch der Mantel sein — ein Halsband, einen runden
Ohrring mit eingezeichnetem Kreuz und eine weisse Binde
im Haar. Die Haltung der Hände beider Figuren deutet auf
heftige Gemütsbewegung.
Vörden Sitzenden steht ein bärtiger Mann. Sein Schnurr-
bart ist wie bei dem andern Manne gezeichnet, am Vollbart
ist der Firniss teilweise abgesprungen ; er hatte offenbar
auch die erwähnte charakteristische Form. Mit der linken
Hand fasst dieser Mann ein Kerykeion, mit der rechten hält
er den Sitzenden ein Thyinialerion vor. Noch kräftiger als
bei den anderen Figuren spricht sieb seine Erregung durch
die plötzliche Wendung des Kopfes aus. Seine Tracht besteht in
einem schwarzen Chiton mit kursen Ärmeln und einem roten
Mantel. Der Chiton war auch mit weissen Sternchen ge-
schmückt; der Ärmel ist geknöpft zu denken, er lässt das weisse
Fleisch ao einigen Stellen durchschauend Der Mantel ist un-
* Vgl. die Zeichnang der Ärmel auf den Seherben Jahrbuoh 1895 8. 41
Fig. 4. 44 Fig. 7; Antike Deokmiler II Taf. 2t. 1.
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VASBNSCHERbBN AUS KLAZOMBNAI
41
ter der rechten Aehsel nach vorn gezogen und über die linke
Schulter zu rackgeworfen. Um den Hals trägt auch dieser Mann
ein Band, auf dem Kopfe eine anliegende rote Mütze, die oben
in einen Knopf mit weissem Punkte endigt, am Rande durch
ein gravirtee Band mit weiseen Punkten verziert ist*.
Hinter dem Manne kommen swei Pferde heran : von beiden
ist nur der vordere Teil des Kopfes, des Halses und der Brust
und je ein erhobenes Vorderbein erhalten. Charakteristisch ist
die starke Bildung des Halses und der Brust. Das erste Pferd ist
schwarz gemalt, nur an seinem Halse ist ein roter Fleck. Seine
Schnauze ist stark gegen den Hals zurückgezogen. Die Zähne
sind weiss gemalt. Die Innenzeichnung ist gravirt. Wie bei
den anderen Pferden, auf die wir noch zu sprechen kommen
werden, sind die Hautfalten oben am Halse und am Maule
und die Muskellinie unter dem Auge mit Sorgfalt angegeben.
Der Zügel, an dem ein viereckiges Blättcheo als Schmuck sitzt,
ist gravirt. Das Zaumzeug ist durch weisse Punkte ange-
geben, der grösste, in dem die drei Reihen zusammentreffen,
ist mit einem geritzten Kr^s umgeben. Diese Punkte sind
jedenfalls als Metallverzierung der Riemen zu verstehen*.
Um den Hals trigt das Tier ein gravirtes Band mit weissen
Punkten und Anhängseln. Merkwürdiger Weise sind auch längs
der eingeritzten Begrenzungslinie des Brustmuskels weisse
Punkte aufgemalt. Quer über die Brust verlaufen drei Ritz-
linien, die sich vorn in einem spitzen Winkel treffen und die
Muskellinie sowol wie das Gehänge schneiden. Der rote Fleck
an dem Schnittpunkt der Linien ist wol nur zuffällig. Auf
ihre Bedeutung werden wir später zurückkommen.
Das zweite Pferd ist weiss Die Riemon des Zaumzeuges sind
mit verdünntem, die Punkte darauf mit dunklerem Firniss ge-
malt. Es wirft den Kopf ungestüm in die Höhe.
Von der Darstellung auf der Schulter unseres Gefässes bat
* Vgl. die MQtM dM Pttneiu auf der Sehfinel von Agina, Arob. Zeitung
4882 Taf. 9.
* Vgl. Pernice, Griecbisebo« Pferde|{etictiirr S. 30,
42
R. ZAHN
diese Scherbe nur einen geringen Rest erhalten. Ich erkenne
rechts zwei auf den Boden gesetzte menschliche Füsse, schwarz
gemalt und mit Ritzlinien umzogen, links den Rest des Ge-
süsses, ebenCulls schwarz, und das Ende eines Köchers. Dieser
ist rot gemalt und hat rechts eine durch Rilzlinieo umgreaste
schwarze Leiste mit weissen Punktea. Es war also ein gefal-
lener Schütze dargestellt.
Das zweite Fragment, das auch in Klazomenai gefunden
wurde, stammt offenbar von der Schulter einer Hydria. Man
erkennt selbst in der Photographie die Bruchstelle des Halses,
das ihn umgebende Stabornament ist erhallen. Die Scherbe
zeigt völlige Obereinstimmung in Stil und Technik mit derso«
eben besprochenen. Ich verdanke nähere Angaben der Freund-
liebkeit des Herrn Dr. BOhlau , der vor dem Original no-
tirte: *Der Thon hat eine granrote Farbe; das Weiss ist auf
den Thongrund aufgesetzt, wie sich an Arm und Pferd fest-
stellen lässt. Helm, Schild, Wagen, Teile des Pferdes sind
violettrot'. Da nun die Kreislinie unter der Darstellung in ihrem
Verlauf zu der entsprechenden des ersten Fragmentes passt, so
können wir mit grosser Wahrscheinlichkeit behaupten, dass
beide Stücke demselben Gefass angehören*.
Wir sehen ein Zweigespann in vollem Lauf nach links Ja-
gen. Die Mähne der Pferde weht kräftig zurQck. Das vordere,
schwarze Pferd hat den Kopf geradeaus gerichtet, das hintere,
weisse, wirft ihn zurQck in die Höhe. Innenzeichnung und
zum Teil auch der Kontur sind bei dem ersten gravirt, bei
dem zweiten mit hellem Pimiss aufgemalt. Man beachte die
Angahe der Härchen aber den Hufen. Das schwarze Pferd
trägt einen breiten Gurt um den Hals, an dem es den Wagen
zieht. Er ist mit Ritzlinien umgeben und weiss gefüllt. Untere
halb des Gurtes trägt es denselben Schmuck, wie das Pferd
des Bauchhildes. Der Wagenstuhl, rot und am Rande mit
* Man erwartet allerdings uatea an diesem Fragment einen Rest der
zweiten Kreislinie, allein in der Pliotograpliie sielil dif Oberfläche des Tho-
nes an dieser Stelle ziemlich weiss aus, sie scbejnl im Original nicbt mehr
intakt zu sein.
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VABSMSCHBRBSN AUS KLAZOMBNAl 43
der Miebten Reihe weisser Punkte geschmaekt, hat oben
eineo Ring, an dem die Zügel festgebundeD werden konnten.
Das seehsspeiehige Rad ist aus freier Hand gemalt und wie
der Wagenstuhl mit Ritzlinien umzogen. Auf dem naeh ohen
gebogenen Bnde der Deiehsel sitzt ein dem Wagen zugekehrter
Greifenkopf'.
Der Lenker des Gespannes ist ein bärtiger Krieger, der ebenso
gezeichnet ist wie die Figuren der anderen Scherbe. Er trägt
einen Hehn, dessen Busch über das Stabornament hinaus auf
den Hals der Hydria übergegrilTen haben muss ; mit der
Rechten hält er zwei Zügel, mit der Linken den Schild mit
Schilddecke, den Speer, dessen Spitze mit einer gewissen Sorg-
falt angegeben ist, und das andere Zügelpaar. Die Konturen des
Heimes, des Schildes und seiner Decke sind geritzt, der Schild-
kreis ist aus freier Hand gezogen. Von dem roten Grunde des
Schildes hebt sich ein weisses Gorgoneion ab. Auch bei ihm
aind Innenzeichoung und Umrisse, wie es scheint, mit heller
Firnissfarbe gemalt. Wollten wir uns den Krieger auf dem
Wagen stehend denken, so wäre vielleicht tür seine Beine kein
genügender Raum vorhanden. Er ist wot vielmehr im Be-
griff, auf den Wagen zu springen. Ein Rest des noch auf dem
Boden stehenden Beines ist unterhalb der Sehilddecke erhalten,
man erkennt auch zwei mit verdanntem Pirniss gezeichnete
Muskellinien. Dass der Kri^r auf das in vollem Lauf befind-
liche Gespann steigt, hat nichts Auffallendes Die Kompo-
sition ist den Darstellungen von Apobaten entlehnt, wie sie
uns der neue klazomenische Sarkophag in London zeigt [Mo-
numents Piot IV Taf. 6). '
Links unter den Pferden bemerkt man einige gerade Li-
nien, vielleicht Speere von Gefallenen, Ober die das Gespann
dah injagt.
Es erübrigt noch einen für die Deutung besonders w ichtigen
Resi zu belrachten. Man bemerkt unter dem Wagensluhi htn-
* Vgl. fiber diesen Schmuck weiter unten.
* Auch in späterer Zeit korarat das noch vor: Mum Borbonieo VIII Taf.
i4. Friedericbs -Wolters Nr. 1997.
44
R. ZAHN
ter dem Rade einen länglichen weiBsen Fleck mit einigen dun-
keln Linien, der sich bei näherem Zusehen als ein Bein mit
nach unten gerichtetem Pusse herausstellt. Wir haben es also
mit einer Darstellung der Schleifung Hektors su thun , und
swar der ältesten und der ersten aus dem Gebiete der jonischen
Kunst. Vergleichen wir sie mit den zuletzt von A. Schneider,
Der troische Sagenkreis S. 27 ff. zusammengestellten attischen
Bildern» so ergeben sich wesentliche Unterschiede. Wie auf
Jonischen Bildern überhaupt, wird der Wsgen nur von zwei
Pferden gezogen. Achilleus lenkt ihn selbst, während er auf
den attischen Bildern neben seinem Lenker steht (jder neben
dem Wagen einhereilt. Ilektor muss hier das Gesicht nach unten
gekehrt liahen, dort liegt er auf dem iUicken. Aus dem unter
der Darstellung erhaltenen Streifen können wir den Durch-
messer des Schulterkreises auf rund 50,5"° bestimmen. Wie
wir von anderen llydrien wissen, nimmt das Schulterhild
gewöhnlich nicht ganz zwei Fünftel der den Hals umgebenden
Zone ein. Es ist uns also nur ein kleines Stück des Ganzen
erhalten. Aus dem Best oben auf Fragment 1 sehen wir, dass
hinter* dem Gespann des Achilleus eine Kampfscene folgte.
Wir werden mit grosser Wahrscheinlichkeit über dem ge-
fallenen Schützen zwei sich bekämpfende Krieger aozonehmen
haben. Der Gefallene muss nach den vorhandenen Resten
etwas kleiner gebildet gewesen sein als die anderen Figuren.
Bine Analogie dazu liefert uns die Amphora mit Jonisehen
Inschriften bei Gerhard, Auserlesene Vasenbilder III Taf.
305, 3. Das Schulterbild griff aber das Bildfeld jdes aauchea
an beiden Seiten etwas hinaus.
Die attischen Bilder zeigen gewöhnlich hinter dem Wagen
den Grabhügel des Patroklos, um den Hektor geschleift wird.
Dass wir in der weissen Stelle rechts unten auf unserer Seherbe
auch den Rest desTymbos erkennen dürfen, ist mir unwahr-
scheinlich, denn der Körper des Hektor und das Bein des
* Das Oespann rechts foa dsn Reslea «if Fragment ^ amusetien geht
darum nicbt,wcil das Schulterhild daaa tu weit fiber das Bildfeld des Ban-
Ches hia^s^reifen würde.
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VA.SBN8CHBRBKN AÜS KLA^OMBMaI
45
Aebilleas halten sieh ▼on dem weieaen Grabmal nieht genügend
abgehoben. Pdr den Pali, dass man den weissen Pleek nieht
als lufiUlig, etwa als Versinterung ansehen will, möchte ich
▼orsehlagen, ihn als Rest des Gesasses and des Oberschenkels
▼on Heirtor so betrachten. Dem Maler hatten dann Bilder des
in sein Schwert gefiillenen Aias ▼orgeschwebt (vgl. Longp^«
rier, Muaie NapoUon III Taf. 66). DicBC ffir einen Geschleif-
ten so unnatQrliche Stellung hätte der Maler wol deshalb gc-
wShlt, weil er bei einem giinz ausgestreckt auf dem Bauche
Liegenden mit der Zeichnung des Gesichtes und der Arme in
Verlegenheit gekommen wäre. Die Roekenlage wiederum, die
auf attischen Darstellungen die übliche ist, hat er vermieden,
▼rail bei ihr die Zeichnung der unten am Wagenstuhl ange-
bundenen Püsse Schwierigkeiten machte. Ausserdem wQrde
Jene Stellung noch den Vorteil bieten, dass der leere Raum
Ober dem Leichnam etwas verkleinert wird. Br war vielleicht
durch ein Eidolon oder einen fliegenden Vogel gefallt.
Wir darfen annehmen, dass das Gespann die Mitte des
Schulterbildes einnahm. Dann bleibt rechts von ihiD gerade
für ein Kämpferpaar Raum übrig. Wie wir die Komposition
nach links hin vervollständigen sollen, lässt sich natürlich
nicht mehr sagen. Es ist reichlich Raum für zwei Figuren
vorhanden. Dass hier der Tymbos war, ist nicht glaublich.
Hälte der Maler ihn für nötig gehalten, so hätte er ihn wol
hinter dem Wagen angebracht. Auf die Reste unter den Pfer-
den, die auf einen Gefallenen schliessen lassen, wurde schon
hingewiesen.
Der Maler hat sich genau an die Scliilderung des Rpos ge-
halten. Er gibt uns die Scene wieder, wie Achilleus, seihst sein
Gespann lenkend, den Leichnam Heklors von dem Schlacht-
felde wegschleift. Die Bilder, die uns die spätere Schleifung
um den Grabhügel des Palroklos zeigen , verraten dadurch,
dass sie Achilleus meist neben seinem Wagen herlaufen las-
sen, und durch die Zusatzfiguren (vgl. A.Schneider a. a. O.
S. 27 ff.) weniger Klarheit und weniger Anlehnung an das
Epos Sie haben eben das beliebte fertige Schema eines eiieodea
46
Gespannes mit laufenden Kriegern daneben ^ durch Hinzu-
füguDgeiaes Grabhügels und der Leiche Hektors individualisirt.:
Versuchen wir nun auch für dir erste Scherbe eine Deutung,
SU finden. Zunächst wird man bei dem Paare auf dem Throne
an Götter denicen. Dagegen spricht aber eine kleine Beobach-
tung. Bei der Frau wie bei dem stehenden Manne fallen die
Haare als Locken in die Stime. Der sitzende Mann hat keine
Locken, seine Stiroe ist siemlich hoch. Ich glaabe, der Haler
wollte bei ihm das Sehwinden der Haare sum Ausdruck brin*
gen. Ist dies richtig, so haben wir es mit einem Sterbliehen,
nicht mit einem Gotte su thun Es ist demnach ein Herr-
scherpaar, das auf dem Throne sitst , der stehende Mann vor
ihm seiner Tracht nach ein Herold. Br halt gerade den Ge-
bietern das Thymiaterion hin, da ereignet sich etwas hinter
seinem Rficken, das alle drei Personen in Erregung Tersetst.
Es kommen zwei Pferde heran, im Galopp, wie man aus
der mit den Pferden des Schulterbildes übereinstimmenden
Haltung ihrer Köpfe schliessen kann. Dass die Vorderfüsse
nicht mehr gestreckt sind, beweist nichts dag^n, denn es
gibt gerade im Gebiete der Jonischen Kunst genug Beispiele
yon galoppirenden Pferden mit derselben Haltung der Beine \
Man wird nach der Darstellung des Sehulterbildes auch bei.
* Vgl. Gerhard, A. V. II Taf. 94. 136.
* Man bat allerdings die Figur eines weisshaarigen Mannes mit Ker^keion,
der dem Zug der Göllinuea und des Hermes zum Parisurteil vorausgebtirür
Zeus erklart (AmphiMra in Hfinclwi, Jabn Nr. ISS; Gerhard A. V. III Taf.
170). So noch Schneider, a. a. O. S. 102. Bs ist natürlich nur ein Greia
(Ygl. Dümmler, Hörn. MilthHIungen 1887 S. 174, Villi, licr zu dein Ty-
penvorral dieser Vasenklasse gehört, wie uns die Amphura Rom. Mit-
theilangen 1887 Taf. 8, 1 lehrt. Br i»t wol anr lor Pallaiig in diese Kom-
position hineinseietxt Dass man öberfaaupt bei diesen Bildern es mit der
Deulung einzelner Figuren nicht zu genau nehmen darf, zeigt die Amphora
in Paris, auf der bei der Erlegung des Minotauros ein unbärtiger Mann mit
KerykeioD und ein Greis mit einem Hasen in der Hand erscheinen ( vgl.
DQmmier a. a. O. 8. 174, VII, dessen Besebroibong niebt gans genau isl|.
* Vgl. den neuen Sarkophag in London, Monum»iU$ Piot IV Taf. 4-7,
das Thonrelief im Cttbimt du M4äaiU«t tu Paris, OoseUe arehielogijM 1883'
Taf. 49.
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VASltNSCmilflBN Alfs ItUf OMBNAf
diesen Pferden zunächst an ein Gespann denken. Allein der
Vergleich zeigt uns wichtige Unterschiede Das Pferd des Scliul-
terhildes trägt um den Hals den brcilcn Gurt, mit dem es an
der Deichsel befestigt ist, und der sich regelmässig so bei Wa-
genpferden auf jonischen Denkmälern findet (vgl. die Bilder
der Thonsarkophage, das eben genannte Thonrelief u. s. w.),
und darunter das Band mit den Anhängseln. Das Pferd auf
dem Bauchbilde trägt nur letzteres und zwar an der Stelle, wo
das andere den Gurt hat. Diesen in den wagrechten RiUlinlen
unterhalb des Zierbandes zu sehen ^hl nicht, weil sie nach
Yom zusammenlaufen. Der Gurt wäre andfai zu schmal. Die
unteren Pferde haben Zügel» die den angeschirrten Pferden zu
fehlen scheinen. Wenn wir somit unsere Pferde nicht wol an
einen Wagen gespannt denken können, bleibt uns nur übrig
ihnen einen Reiter zu geben. Nun gibt uns aber auch ein be-
kanntes Monument die Deutung an die Hand.
Auf der Franpoisvase sitzt Priamos, auch durch die hohe
Stirne als Greis gekennzeichnet, Yor der Stadtmauer. Auf ihn
eilen Antenor und Polyxena zu. Hinter ihnen sieht man Troi-
los galoppirend, von Achilleus beinahe ereilt, und einige Göt-
ter. Wenn wir ähnlich unser Bild ergänzen, so ist die Er-
regung, die sich in der Haltung der drei Personen ausspricht,
Toiikommen erklärt. Auch die horizontalen Rttslinien auf
der Brust des Pferdes finden nun ihre Deutung. Es sind die
Spitzen der kleinen Wurfspeere, die Troiios ftlhrt; auf der
Fran^oisvase halt er sie nach oben gerichtet. Hinter den Pferden
werden wir den laufenden Achilleus erg^zen. Damit ist aber
der verfügbare Raum noch nicht gefüllt. Wir dürfen in ihn
vielleicht die fliehende Polyxena oder zuschauende Götter,
möglicher Weise auch nur Genossen des Achilleus einsetzen.
Wir besitzen aus dem Gebiete der jonischen Kunst nur eine
Darstellung des Troilosabenteuers auf der Amphora bei Ger-
hard, Auserlesene Vaaenbilder III Taf. 185. Auf ihr wird
Polyxena von Troiios getrennt durch zwei Krieger bedroht.
Etwas Ähnliches könnte auf der linken Seite unseres Bildes
gemall gewesen sein. Die gegebene Erklärung der Seherbe
48
n. tAint
erhalt, wie ich glaube, durch die Darstellung auf der Schulter
Doeh mehr Wahrseheinlichkeit; beide Bilder eehildeni das
Unglack des TroerkOnigs.
Beieichnend sind die Unterschiede, die sich bei einem nähe-
ren Vergleich mit dem Werke des Rlitias ergeben. Auf dem
attischen Bild sttst Priamos allein auf einem gewdhnlichen
Sitae. Der jonische Maler lasst ihn auf einem Throne sitzen,
gibt ihm seine Gemahlin an die Seite und stellt Tor beide ei-
nen Herold, der sie durch den Duft des Weihrauchs ergötzt.
Er hat sich viel mehr bemüht, den Itöniglichen Hofhalt zur
Anschauung zu bringen. Er wird dabei zunächst von Rerni-
niscenzen aus dem l']pos beeinflusst worden sein. So mag ihn
die Scene, wie Hekabe neben Priamos von der Mauer aus
den Tod des flektor sieht, veranlasst haben, auch in seinem
Bilde die unglückliche Mutter darzustellen. Dass die Königin
neben dem König sitzt, ist homerische Sitte. So sitzt Helena
neben Menelaos (S \ fF ). Arete neben Alkinoos 305 (T. ),
es sei auch daran erinnert, wie Helena mit Priamos auf der
Stadtmauer sitzend das Heer der Acliaier betracfitet. Auch die
Bedienung des Herrschers durch den Herold ist homerisch.
Ich glaube jedoch, dass in der Darstellung des letzteren mit
dem Thymiaterion bei dem Maler auch eine gewisse Kenntnisa
des Ceremoniells an orientalischen Fürslenhöfen mitgewirkt
haben kann. Man erinnere sich an die assyrischen und persi-
schen Bildwerke,die den König thronend und hinter ihm seine
Wedelträger zeigen. Besonders möchte ich auf das Relief tod
Kujundschik hinweisen, auf dem wir Assurbanipal mit seiner
Gemahlin in der Laube sehen. Räucherbecken stehen am Bo-
den, eine Reihe von Dienern bemüht sich um das Herrscher-
paar.
Der jonische Maler gibt uns nicht, wie Rlitias, das Lokal
an, in dem wir uns den König zu denken haben. Möglicher-
weise entnahm er seine Figuren einem grösseren Vorbilde, in
dem auch auf die Umgebung Hüeksicht genommen war. Ähn-
lichen Abkürzungen grösserer Kompositionen werden wir noch
begegoeo.
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VA8BN8CHBR&BN AUS KLAZOMBNAI
49
Wenn wir uns nach verwandten Stücken fttr unsere Scher-
ben im Gebtete der jonischen Vasenmalerei umsehen, werden
wir keine näheren Parallelen finden als die Scherben aus Teil
Defenneh in Ägypten K Zunächst können wir uns die Form un-
seres Gefässes nach der Hydria bei Dümmler a.a.O. S. 45,
Antike Denkmäler II S. 8 Taf. 21, 1 vorstellen. Die Tor«
tre£Eltche Farbentafel der Antiken Denkmäler kann uns am
besten den bunten Eindruck auch unserer Scherben vergegen-
wärtigen. Allerdings ist die Thonoberlläche unseres Stückes
mehr grau, allein dies wird nur Schuld des Brennens sein.
Ich erinnere mich auch unter den Scherben von Defenneh
solche gesehen zu haben, welche nicht die lebhafte Farbe hal^
ten, wie die abgebildeten Proben. Die Technik stimmt ganz
fiberein mit der unserer Scherben. Das Weiss ist unmittelbar
auf den Thongrund gesetzt und hat Innenieichnung und zum
Teil auch Umrisse -in verdünntem Pimiss. Die geritzten
Konturlinien sind reichlich verwendet. Auch das Fleisch
der Männer ist, wie ich nachgewiesen zu haben glaube',
mitunter weiss gemalt. Dass es auf unseren Scherben fast
durchw^ weiss ist — bei dem Schützen scheint es , semen
Pässen nach zu urteilen, allerdings schwarz zu sein — während
auf den Scherben von Defenneh mehr das Schwarz vorherrscht,
ist ohne Belang. Denselben Unterschied können wir zwischen
einzelnen Stücken der Gattung der cäretanerHydrien gewahren.
Ich möchte noch auf Übereinstimmungen in der Zeichnung
hinweisen. Ungemein ähnlich ist das schwarze Reitpferd auf
unserem Fragment 1 dem Pferde auf der ägyptischen Sehern
bct das den weissen Knaben trägt {7anU Jl Taf. 29, 4;
Antike Denkmäler 11 Taf. 21, 2). Man beachte namentlich
die liehevolle Zeichnung des Maules mit den Zähnen , den
Haut&iten, die Muskellinie unter dem Auge. Die Auf-
zäumung und der Schmuck des Plerdes ist auf beiden Stücken
< Fliodeis Petiie, Tatm II tat. 29.90; Dfimmler,Jabrbacbl89&8.38fr.;
Antike Denkniälrr II Tal". '31.
' Darstellung dt'r Harbarcn S. (il Aom. 2.
ATHEN. M1TTU£1LUNGEN XXIU. 4
*. «ARN
identisch. Auch das Pferd auf einer Scherbe von Naukratis,
die ebenfalls zur Gattung von Üefenneh gehört, ist zu verglei-
chen {Catal. of vases in the Brit. Museum II B 103, 14
Nr. 3, abgebildet Jahrbuch 1896 S. 268). Beide IM'erde, wie
auch die VVagenpferde auf der oben angeführten Uydria aus
Defeoneh , zeigen die sonderbaren Reihen weisser Punkte
längs den Muskellinien^ Für die Bildung der Hände, die ei-
gentömlich gezeichnete Schulter, die Verzierung der Gewän-
der, den Schnitt des Ärmels, die Form des Ohrrings, die Hais-
händer der Männer wird man leicht die ParalleleD auf den
genannten Scherben finden; sie alle aufzuführen, erscheint mir
Oberflüssig.
Dass die Maler der ägyptischen Scherben auch aus dem Epos
schöpften, hat Petersen durch den Nachweis einer DarsteUung
des Kirkeahenteoers geteigt (Jahrbuch 1897 S.&5). Vielleicht
dürfen wir auch eine Deutung des so häufig dargestellten rei-
tenden Knaben wagen, der bis jetzt seiner weissen Färbung
wegen immer fQr eine Frau erklärt wurde Auf den älteren
attischen Bildern, die Troilos und Polyzena am Brunnen zei-
gen, ist Troilos Ton einem oder mehreren Männern , meist
Kriegern begleitet. Als Beispiel erwähne ich eine zu der Gat-
tung der tyrrenischen Amphoren gehörende Hydria AnnaU
deW Inst. 1866 Tat R, Mehrere Eigentümlichkeiten in die-
sen Darstellungen, auf die ich an anderer Stelle zu sprechen
komme', veranlassen mich, sie mit der jonischen Kunst in
Verbindung zu bringen. Es scheint mir nun gar nicht un-
denkbar, dass wir in dem jugendlichen Reiter der Scherben
Yon Defenneb mit seinem bewafifneten Begleiter nur eine Ab*
kürznng der Komposition haben, die das Vorbild für die atti-
• Solche Vorbilder hat vielleicht der höotische Töpfer Gaim des honülzl ;
seine Tiere zeigen die^elhe ICigi nliiniliclikt it üIk rti it lii n \\x\. kVw K.iiiiu'
Wiener VurlegcbiäUer I8b8 Tal. i, i' und 7 und den Kuniliaru» liuliclin de
luU. 1897 8. 450, der gewiss von derselben Hand ist.
5 Calot. of vases in Ihe Ürit. Mus. II D IlG, 1-3 Stücke aus Defcuneh, B
102, 32 Fragment ans Naukratis. Vgl. Dümmler a. a. O. B. 36 und 3ä f.
' Darslelluog der Barbaren.
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VASfeffSCHBllBBN AUS KUZOllBNAl
9f
sehen Maler abgab. Auf der Scherbe ausNaukratis (B 102,32)
hielt der Knabe einen kleinen Speer in der Hand, dessen
Spitze über dem Rücken des Pferdes noch erhalten ist. Eine
weitere Scherbe (B lib, 4), offentMir mit derselben DarsteU
luDg, ist darum bemerkenswert, weil der Knabe noch ein
Handpferd hat, wie auf unserer Scherbe 1 .
Nach den eben angeführten Übereinstimmungen sind wir
wol zu dem Schlüsse berechtigt, dass unsere Scherben und die
aas Defenneh derselben Fabiik angehören. Flinders Petrie
(a. a. O. S. 62) und ihm folgend Dümmler (a. a. O. S. 36)
haben für letztere lokale Herstellung angenommen. Petrie
glaubte zu dieser Annahme gezwungen zu sein durch die Beo-
bachtung, dass die Keramik Ton Naukratis so anfbllend wenig
Berührungspunkte mit der von Dapbnai zeigt. Er konnte sich
diese Erscheinui^ bei; einem Import ans dem Mutterlande
nicht erklären. Aber diese Folgerung ist nicht zwingend Wir
* Dass diu andere in Defe mich häuGgeGalluug, die sogenariDten Silulen,
an Ort und Stelle gemacht wurde, erscheint mir auch nicht sicher. Pelrie
[Tants II S. 02) glaubt namentlich in der Form ägyptischen Einfluss zu er-
lieniicn. Dass die Furm alii r auch sonst in griechischer Keramik vorkommt,
beweist das italisch - koiiulhiäcbe Gcfäss in München (Jahn Nr. 946; Lau,
Die griecbiseben Vasen Taf. 5,2). Die Form lerhält sich zu den schlanken
Amphoren, von denen die meistra oben beeprocheoen Scherben von De-
fenneh stammen (vgl. Jahrbuch t895 S. 39) und diescbon in der Zeit des
geometrisclien Siih'>> ausgebildet wurden ( vgl. Salzmanii, Civiüros Tar. 45;
Cunze, Autänge der Kunst Taf.ö,i) wie die spatere Pel ike zur gewühulichen
ilmpbora. Die älteste der Situlen {Tanis II Taf. 25, 3; Tgl. Dümmler, Jahr-
buch 1895 8. 37 ) zeig! in iiirer Dekoration noch reichliche geometrische
Elemente, die späteren liaLcn l>au<•ll^tI•tMf(•ll mil Palinellen und Lolosblülen,
ganz wie auf rhodischen Gelassen ( vgl. tiesonders die Amphoren in Karls-
ruhe, Winnefeld Nr. 32-34). Wären nun die Gefasse in Daphnai selbst
hergestelli, so mässte man für diese Fabrik eine der des Mutterlandes ent-
sprechende Entwicklung aus dem geometrischen zum orientalischen Stil
oder einen beslatuliLicn luipurl freuuier Vorbilder aniichuien, von denen
keine bpureu geluudeu \^uiden. Las^l mau da nicht einfacher die Oelässe
selbst imporlirt sein ?
Dass auf einer Scherbe | Tanis II Taf. S6,3. 29, 2 ) ein Beschnittener dar-
gestellt ist, kann auch nicht für ctigcrc Beziehungen zu Ägypten bcweisene
Man erinnere sicli, wie gut der Maler der cärelaner Ilydria mit dem Bu-
sirisabenteuer die iVgjpler kennt. Auch aut der rotligurigen attischen Pelik.
Ii. ftAlM
wissen auch sonst, dass gewisse Fabriken fast ausschliesslich
nach einem einzigen Ort celiefert haben ; man denke z. B. an
die cäretaner flydrien. Ferner erklärt sich in Naukratis die
grosse Mannigfaltigkeit der Keramik daraus, dass die Stadt
eine gemeinsame Gründung mehrerer Städte war, in die wol
jeder die in seiner Heimat hergestellten Gefässe mitbrachte.
Daphnai dagegen, wo doch nur griechische Söldner und Yiel-
leicbt einige Gewerbetreibende wohnten, konnte sein Bedürf-
nisslbei nur einer Fabrik decken. Übrigens macht Dümmler
selbst darauf aufmerksam, dasa Stücke der Gattung Ton De-
fenoeh in Xaukratis vorkommfln. Neben den schon erwähnten
Fragmenten B 102, 32 mit weissem Heiter und B 103, 14 Nr.
3 mit schwarzem Reiter reebne ich hierher noch die Scherbe B
102, 28 mit der Darstellung eines Hopiiten und eines skythi-
Bchen Schützen, deren Fleisch auch weiss gemalt ist ^ Viei-
leieht gehört hierher auch die Scherbe mit dem SirenenabeD*
teuer (B 103, 19 Fig. 43), wieder einer Darstellung aua dem
Epos.
Oammler findet in der Zeichnung ägyptische Elemente.
So erinnert ihn die Stiliairung der Pferde an ägyptische Dar-
atellungen. Auffallender ist, wie ich glaube, die Übereinstim-
mung mit assyrischen Bildern. Nicht nur die Bildung des
Körpers mit der stark Tortrelenden Brust, dem dicken Halse
und der genauen Durchbildung des Maules ist assyrisch, son-
dern auch die g»nze Anschirrung und der Schmuck des Pfer-
des'. Aueh der auf der Deichsel Yome au%eselsle Tierkopf fin-
im athenischen Nalioaalmuseum l Duinont- Chaplain , Ciramiques de la
QHce propr$ I Taf. 18) sind die Ägypter beicbnitlen da^tellt.
* Dai Stfiek wird abgebildet: Darsleliung der Barharen.
* Wie stark der Eiiifluss (U r assyrischpn Kuiisi auf die kleinasiatisch -
griechische Kunst war, zeigt besonders das Tliourelief Oaselte archeologüjue
ibUa Taf. kS). Bezeichoeud ist oaincutlicb die Modellirung des Beines an
der Stelle, wo es an den Leib aosetil. Die Vermittlerin war wol die betti-
titcbe Kunst, man vergleiche z. B. das Relief bei Hamann und Puchstein,
Reisen in Kleinasien und Nurdsjrirn Taf, 46 und hei iV irol-Chipiez, Hi-
ttoire de l'art iV 8. 5ö3, auf dem das i^ferd denselben bchmuck IragU wie
die assjriscben und die grieolÜBCben Pferde.
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VASBN8CHBRBBN AUS KLAZOMBNA,!
53
del sieb regelmässig bei assyriscbeo Wagen. Dass die Reiter
auf Decken reiten entgegen der gemeiDgrieebiseben Gewohn-
heit, geht wol auf denselben BinOuss snrttek ; das assyrische
Reitpferd trSgt regelmässig eine Decke*.
In der Figur mit dem Lendenachurs auf dem yon ihm a. a.
O. S. 4 t Fig. 4 abgebildeten Fragmente sieht Dttmmler einen
Niehlgriechen und erinnert sich bei ihm an Sgyptisehe Dar>
Stellungen gefangener Neger. Nun ist aber der Lendenschurs
als Minnertrachtf durchaus nicht selten auf Jonischen Denk-
mälern. Auf einer polychromen Scherbe von der Akropolis»
die in der in Naukratis so häufig vorkommenden Gattung ge-
hört, trägt ihn Herakles. Bbenso ist er die Tracht derWagon-
lenker und der sich Abenden Krieger auf dem neuen klazo-
menischen Sarkophag in London Weiter tragen ihn die
Komasten auf den Fikellura- Amphoran und auf einer böoti-
sehen Schassel im athenischen Nationalmuseum Nr. 418,
die in der Zeichnung an jene Amphoren erinnert'. Die
sonderbaro Verdrehung der Brust des Mannes erklärt sich
aus der Ungeschicklichkeit des Malere, die sieh gerade bei
der Zeichnung der Brust und Schulter su verraten pflegt.
Eine entsprechende Verseichnung findet sich auf der eben
erwähnten böotischen Schüssel: Bin Plötenbläaer kniet nach
links, auch sein Kopf ist dahin gewandt, dagegen ist der
Oberkörper von vom geieichnet und er hat nur einen Arm
an der rechten Schulter. Ähnlich muss das Gebilde auf der
Scherbe gewesen sein; den roten Fleck oben, den Dflmmler
als Bart oder den Rest einer aul der Schulter getragenen Last
ansieht, halte ich für das Ende des Haares (vgl. die Tanzen-
den auf der Scherbe Fig. 6 bei Dümmier a. a. 0.).
* Vergleiche auch den Fries von Xauthof im Brittischen Museum, CSslo-
logue of Gref k sculpture I Nr. 86 und die oripnlaliscli-griechischen Gemmen
in Berlin, Kurtwängler, Beschreibung der geschnittenen äteine im Antiqua-
Taf. 4, 180. t8S. 183. Siebe aueb unteii 8. 56 Anm. 9.
« Monuments Piot IV Taf. 4. 5.
3 Sic wird in dem vorbereitelea Werke Über du tbebanieebe Keblren-
beiligttun abgebildet werden.
54 R. ZAHN
Die Frage nach der Herkunft der Gefässe von Defeoneh wird
durch unsere Scherben entschieden. Jhre Herstellung ist im
Hrimatlande zu suchen. Denn man wird nicht annehmen wol-
len, dass aus der lokalen Fabrik von Daphnai Gefasse nach
Jonien importirt wurden. Ich will noch erwähnen, dass auch
auf der Akropolis zwei Fragmente gefunden sind, welche, so-
weit man dies ohne directeVergleicbung sagen kann.denselben
Tbon,wie die Defennehware, und die fttr diese charakteristi-
schen abwechselnd Schwarzbrot und weiss gemalten HalbmoDde
haben. Dasselbe Ornament in mehreren Reihen übereinander,
die durch das ebenfells in Defenneh so häufige Stabomameot *
mit Punkten getrennt werden, zeigt ein grosser fragmentirter
Skyphos aus dem Heiligtum des Zeus Aphesios bei Megara *
im Museum von Eleusis. Auoh der lederfarbene Thon des Ge-
lasses erinnert an unsere (ialtunL'. WW dürfen also vielleicht
das Urteil Dunnnlers. dass das Ornament der Halbmonde von
den Verfertigern der Amphoren von Defenneh der Fikeiiura-
gattung entlehnt wurde, gerade umkehren.
Die Schf'ihon von Defenneh wurden zum srossen Teil zu-
sammen gefunden mit den Verschlüssen von Amphoren, die
mit den Namen des Psamlik Ii und Amasis gestempelt waren.
Bald nach dem Kegierungsantritt des Amasis muss die grie-
chische Besiedelung von Daphnai aufgehört haben, denn wir
wissen aus Herodoi (11 151. 178.179), dass er die griechischen
Söldner nach Memphis verlegte, die andern Grieclien aber auf
Naukratis beschränkte*'. So bekamen wir also für die Scher-
ben als Zeitgrenzen ungefähr die Jahre 595 und 565 {Tands II
S. 58 f.). Wenn die Gefässe importirt sind, kann ihre Fabrika-
tion noch etwas länger gedauert haben, doch ist dies nach dem
ganzen Charakter der Stocke nicht gerade wahrscheinlich. Die
klazomenischen Scherben gehören jedenfalls nicht su den äl-
' Vgl. Dümmler a. a. O. S. 39.
a V«l. Philios uiifl I.ollin-, •E?r,ut?t; ap/. \m 8. 21 ff.
Wir lialxMi keiiien Grund an <ler Möglichkeit der Durchfiiliriuii; einer
solchen Mussregel zu zwciluiu, wie dies Üüiuiuler a. a. 0. ti. 36 Ihut.
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VASBNSCHERBEN AUS KLAZOMBNAI
55
testen Stücken der Gattung,denn sie zeigen schon Faltenlinien
in den Mänteln. Auch die Decke am Schiide weist wol auf eine
etwas jüngere Zeit hin. Sie ist ganz gewöhnlich bei den Krie-
gern auf den klazonienischen Sarkophagen. Das Verhältntss
dieser zu unseren Scherben ist etwa wie das der strengen at-
tischen Meister Bxekias und Amasis zu dem älteren Sophilos.
Wenn wir nun die Sarkophage etwas vor und nach der Mitte
des sechsten Jahrhunderts ansetzen mttssen *, so dQrfen wir mit
unseren Scherben und den Stacken von Defenneh gewiss einige
Jahrzehnte Uber diesen Zeitpunkt hinaufgehen.
Dass wir die Entstehung der Sarkophage in demselben en-
geren Kunstkreise zu suchen haben, wie die der besprochenen
Scherben, scheint mir nicht zweifelhaft zu sein. Kin Stück
wie die Hydria Antike Denkmäler II Taf. 21, 1 nähert sich
durch ihre sorgrälligere, strengere Zeichnung sclion merklich
den Bildern der Sarkophage, andererseits sind die londoner
Frai^rnente [Journal of Hell, studies 1883 Taf. 31, Antike
Denkmäler I Taf. i6, 3. 4) oder Stücke wie der Sarko[)hag
in Konstantinopel {Revue des etudes ^recques 189.0 S. 161 ff.)
und der im Louvre {Bulletin de corr. hell. 1895 Taf. 1.2)
noch nicht viel entwickelter, als die Gefässe. Die Pferde auf
diesen beiden Sarkophagen sind die nächsten Verwandten der
Tiere auf der Hydria.
Zwischen beiden Denkmäierklassen bestehen viele Oberein-
< W«an man die Sarkophage mit einander veiipleieiit. so scheinen mir die
Unterschiede nicht .so gross, driss man 1,'cnötigl wäre, sie ihrer Entwicklung
nach auf eine so lange Zeit zu vcrlfilon, wie dies Joubin, Bnllftin de curr.
hell. 1895 S. 90 f. thul. Auch das Prinzip seiner chronologischen Anord-
nung ist binlSlÜK; dereine nenerworbene Sarkophag in Berlin (Antike Denk-
Bftler II Taf. 25) bat neben den ausgesparten Figoren auf bellem Oninde,
die also den rotfigurigen Vasen entspreehen,lm anteren Bildfeld aneh noch
die rhodisclion Tiere.
Meine Ansetzung beruht auf ileni Vergleiche mit der attischen Keramilc.
S. Reinach, Rtvu» des itudu grecques iS95 8. 170 will aus der Oeiehiohte
der Stadt das Jahr 540, als sie auf die Insel verlebt! wurde, als tormi'ntix «nto
quem für die Sarkophage bcstirouK n. Aber die in ihnen Bestatteten konnten
auch Orundtiesitzer gewesen sein, die bei der Verlegung der Stadt zuruck-
gebliebeo waren.
R. SAHN
Stimmungen in Einzelheiten. So kehren die vorhin hei den
Pferden auf denScherhen hervorg«'hohenen Kiiit'nlümlichkeiten
der Körperhildung und der ZiiumunLT auf den Sarkophagen
wieder. Man kann sie am besten hei den vollendet gezeichne-
ten Pferden auf dem neuerworbeneo Stück in Berlin studiren,
das bald in den Antiken Denkmälern II Taf. '26 veröffentlicht
werden wird. Niclit selten ist am Knde der Deichsel der Grei-
fenkopf angebracht ^ Die Heiter reiten auf Satteldecken*.
Auf dem Helm kommt der eigentümliche Stirnaufsatz ^ vor
{Man. deW Inst. XI Taf. 53). Weiter findet sieb der Schopf
am Hinterkopf, den der Knabe auf dem Fragment aus Nau-
kratis (Jalirbuch 1896 S. '208) trägt, als Haartracht für Rei-
ter und WagenleDker, einmal auch für Praueo oder Göttinnen^.
Man vergleiche schliesslich noch das grosse Gorgoneion auf
dem Schild des Kriegei s Journalof Hell. stud. IV, 1883, Taf.
31 mit dem Schildzeichen des Achilleus auf unserer Scherbe 2.
Auffallend ist zunächst, dass auf den Sarkophagen das Weiss
aU Fleischfarbe, das auf unseren Scherben so reichlich ver-
wendet ist,nicht vorkommt. Der Grund ist ein technischer. Die
Maler ritzen dieinneozeichnung nichtein,sondem sie malen sie
« JfoiMtmmtf dM Itut. XI Taf. 54. BulMin de eorr. Ml. 1895 8. 85.
MonummU Ptot IV Taf. 4. 5. Vgl. auch das sehon erwihale Thoorelief
Gaselte arrhMogique 18S3 Taf. 49 und das Relief toii Kyzikos Bulletin de
corr. hell. 189i S. 41'3. Melisi-lie Amphora, Conze, Melische Thonp«>fä.sse
Taf. 4; auf der Amphora E^r^^Asplt äf^. 1894 Taf. 13 ist der Greilcakupf
durch einen Sohwanenkopf ereetet. Bei assyrischen Wagen ist das Dtichsel-
enile rt;gcIniässiK durch einen Tierkopf gesobmfiokt.
> Antik*' Denkm.ilor I Taf. 46, 5. Journal of Hell, studies 1883 Taf. 31.
Bulletin de corr. hell. 1892 S. 244. Vgl. auch das Bronzerelief Antike Denk-
mäler II Taf. 14.
* Vgl. Oreenwell, Num. Ohmn. 1893 8. 91 und Dfimmler, Jahrbuch 1895
8. 40, wo die Littcratur zusammengestellt ist. Es ist der ftfXot nach Reichel.
Homerisclie NN'afTen S. 116. Beziohunpren zu d<>r klazornenisolK-n Keramik
haben vielleicht auch die üefässe in l'urai eines behelmten Kopfes mit der-
selbea Helnforni und dMn Stiraaufsatz.die auch in ägypiiseh«n Ponellan
nachgeahmt wurden. Vgl. Gosells orehMoQiqw 1890 8. 145 f. Taf. 28,9. 3,
NotiMk deglx scavi t89i S. Vil .
< Mon. dfW Inst. XI Taf. M. Monumente Pinl IV Taf. 4-6. Antike Denk-
mäler II Taf. 20. Vgl. bluduiczka, Jahrbuch 16Uü d. 26ä.
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VASEN8GHBRBBN AUS KLAZOMBNAI
5t
mil feinen Linien in Weiss auf*. Von der Venrendang des
TerdOnnlen Firnisses fQr die Innenlinien auf weissen Partien
waren sie aas irgend einem Grunde auch abgekommen :
die figOrliehen Schildzeichen sind nur als weisse Silhouetten
gemalt. Dies ging bei dem menschlichen Körper nicht an und
so verzichteten sie darauf, ihn weiss zu malen.
Eine Umschau in unserem Denkmälervorrate liefert uns
noch weitere Stacke, die in diesen engeren Kreis gehören.
Nur kurz sei auf die Scherben von Kyme hingewiesen, deren
nahe Verwandtschaft mit den Sarkophagen schon DQmmler
hervorgehoben hat (Römische Mittheilungen 1888 S. 162).
Ein recht entwickeltes hierher zu rechnendes Gefass ist der
Deinos mit Kampfdarstellung im Louvre, Bulletin de corr.
heU. 1893 S. 428 Taf. 18 (Pottier)^ Die eine Helmform mit
dem StirnaofiBatz und, worauf ich besonders aufmerksam mache,
den den Mund ausdrackenden kleinen Bogenlinien vorn auf der
Baokenklappe^ findet sich genau so wieder auf dem Fragment
von Defenneh, Antike Denkmäler II Taf. 21. 3, die andere mit
dem eigentümlich hohen Schädel, dem kleinen Augenloch und
dem mehrfarbigen Helmbusch auf dem schon genannten Frag-
ment aus Xaukratis, Catalogue of vases in the Brit. Mus. II
B 102, 28. Beide Heitne sind auch muiz ähnlich auf den Sar-
kophagen vertreten, worauf schon Pntlier liingewiescn hat. Mit
letzteren verbinden den Deinos vor allem die Schildzeichen,
* Wenn wir mit Recht die Sarkopliage ta den Oef&ssen in ein lo nahei
VerliSUniss bringen, kann du Tenehiedene Verfahren nicht auf zeitlichem
Untrrschied l)ertihftn, sondern es muss sich ans technisclien Griinrlm her-
leiten, wie C. Smith, Journal of Uell. stmlw VI, 1885, S. 185 angeuom-
men bat.
s Die eben dort alt Fig. 1 and Fig. 2 abgebildeten Deinoi mSchte ich
nicht hierlier rei hnen. Sie gehören zu einer anderen joniachcn Parotlie,über
weh'hc die Liilcratur ziilclzl von Masner, Sammlung antilicr Vasen und
Terracutteu iui K. K. üsterreichiscbea Museum zu Nr. 215 und Ton Pottier
a.a.O. 8. 4?4 zusanuDengeateilt ist Dais sie su unaerem Kreise allerdings
Besiebongen bat, werden wir unten 8. 60 selieB.
» Vgl. Carapanos, Dodone Taf. 55. Olympia IV T#f, ^8, 1087. (fgM, of
Qreek coint in the Brih üifMum, Jonia Taf, fit
S8 H. ZAHN
auf die in dem ffoai&a Kreise viel Sorgfalt verwendet wurde.
Aaf einem Schilde war ein Gorgoneion dargestellt wie auf
dem Bruchstück eines Sarkophages in London ^ Besondere
Beachtung verdient der laufende Silen als PQllung des Schild«
rundes. Br ist bis jetzt viermal bei Kriegern auf den Sarkopha-
gen erhallen*. Einen directen Hinweis auf Klaaomenai gibt uns
schliesslich das letzte zu nennende Schildzeichen, das Vorderteil
eines geflügelten Ebers. Es istdas Wappen der Stadt, wie uns
die Münzen lehren. Das Schuppen muster und die Rosetten,
mit denen der Köcher eines Sclmtzen verziert ist, sind auch
auf den Sarkopha{j;en beliebte Ornamente ^. In der Zeichnung
des Gewandes zeigt sicli bei den Figuren des Deinos ein be-
deutender Fortschritt gegenüber den Scherben von Delenneh
und ihren Verwandten wie auch ge^ennber den meisten der
Sarkophage. Der Maler hat sieh schon ganz ernstlich bemüht,
die Falten des Gewandes der Natur entspi'ecbeod wiederzu-
geben *.
in gewisse Beziehung zu unserem Kreise möchte ich auch
die Würzburger Amphora bei Gerhard, Auserlesene Vasen*
bilder Taf. 194 bringen. Schon Dümraler hat für die wagen-
besteigende Frau auf der Hydria von Defenneh auf sie hin-
gewiesen (Jahrbuch 1895 S. '16). Für ein jonisches Original,
wie er glaubt, kann ich sie nicht halten, denn auf dem Gegen-
stück in Berlin 2154 erscheinen neben anderen Bigentttmlich-
keiten,die auf etruskische Kunst hin weisen, Männer mit langen
oben gekrümmten Tuben, die wir sonst nur von etruskischen
Wandgemälden her kennen ^. Es ist nicht nötig, die einzelnen
Beziehungen der Amphora zu unserem Kreise aufzuzählen.
< Otien S. 56. Vgl. auch das Gorgoneion auf MGnsen von KtaiomeDai,
Catal. of Greek coins in the firitish Museum, fonia Taf. 6, 4. 5.
' Antik.« Denküialer I Taf. 45; 46, 2. BulUtin de corr. hell. 1ÖU5 ö. 88.
Hunumcnis Pwt IV Taf. 4. 5.
* Antike Denkmftter I Taf. 45. II Taf. 26. BuU. de eorr. h$H. 1895 Taf. t.
* Ähnlich ist die Behandlung der Falten auf der cäretaner Ilydrla in Lon-
don, ralal. of the vases in the UriL Museum II B 59 Taf. 2.
' Vgl. auch Darstellung der Barbaren S. bö f.
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▼▲8BN8CHBRBEN AUS KLAZOMBNAI 59
teh will nur aaf ein Scbildieichen, eine laufende Pmu, hin-
weisen, das uns sofort an die oben iiesprochenen Bilder er-
innert.
Zu all diesen bis jetzt genannten tceramischen Produkten
leigt auch ein plastisches Werk mehrfache Beziehungen, ich
meine das Bronzerelief von Perugia, Antike Denkmäler 11 Taf.
14. Man beachte unter anderem, wie auffallend die Bildung
der FOsse mit der auf dem Deinos im Louvre Obereinstimmt.
Die Helme zeigen wieder den Stiriiaur.sat/.. Auch eine noch
niclit erwähnte Kigentütnlichkeit.die Freude an der Darstellung
der fremden Schulzen, teilt das Keliel" mit unserem Kreise.
In nicht so enger Beziehung zu ihm, aber unter den übri-
gen jonischen Vasen am nächsten, steht die Gattung der cäre-
taner Hjdrien'. Auch auf diesen ist z. B Weiss als Fleisch-
farbe für beide Geschlechter verwendet. Das Weiss wird al-
lerdings mit Ausnahme der Ornamente auf Firnissgrund
gesetzt, aber die Umziebung der Konturen mit Firniss lässt
schliesaen', dass es einst auch in dieser Fabrik auf den Thon-
grund gesetzt wurde. Auch die Kopftypen, die sorgfältige
Zeichnung der Pferde u. s. w. sind recht verwandt.
Kehren wir noch einmal zu unseren klazoroeniscben Scherben
inrAck. Bs ist natürlich, dass wir für Binzelheilen in dem grossen
Gebiet der joniscben Kunst noch manche Berührungspunkte
finden. So kann man für die Verzierung der Gewänder die
Amphora in München mit dem Parisurteil vergleichen (Jahn
Nr. 1S3. Gerhard,Auserle8ene Vaaenbilder III Taf. 170). Weiter
mag auf die grosse Ähnlichkeit der Kopfbildung des Priamos
mit der des Alten auf dem Wandgemälde der Tomba del vec~
ehio in Gorneto hingewiesen werden ( Monumenti delV Inst,
IX Taf. 14, 1a). Dieser Typus, bei dem von der Nasenspitze
an bis zum Hinterkopf eine gleichmassig gebogene Linie ver-
* Schon Dümmler, RSm. MiUheilangea 1888 8. 166 ff. und Pottjer, Bul-
Ittin d» eorr. htU. 1892 8. 953 ff. habeo diese Hjdrieo in einen lolohen Za«
Mmmenhaiif; pehr.icht.
> Vgl. die Ujdria in Wien, Masner Nr. 2i8 Taf. 2.
60
läuft, ist gerade der alten kleinasiatisch-joniselien Kunst eigen,
er findet sich besonders deutlich bei dem Marmorkopf aus
Hieronda ' im Hrittischen Museum, dem in Konslantinopel ^
und einer der (kanchidcnstatuen^. Diese Silzliguren. besonders
die des Chares, bieten uns auch für die Tracht und ihre Wie-
dergabe in der KuDSt die bestea plastischen Parallelen, ab-
gesehen von einigen spater so erwähnenden Werken.
An die Komposition unserer Scherbe 1 erinnert uns sehr das
Bild einer jonischen Amphora in München*. Auf einem Klapp-
stuhle sitzt, in der Tracht unserem Priamos sehr ähnlich, ein
bärtiger Mann mit Scepter. Vor ihm steht ein Jüngling mit
Schale und Kanne, um ihm einen Trunk zu reichen. Auch er
wendet das Gesicht vom Gebieter ab nach iwei Pferden hinter
ihm, die von einem anderen Jüngling getränkt werden. Bs
ist ganz glaublich, dass der Maler ein Bild aus der Heroenzeit
geben wollte, ob er aber an eine bestimmte Scene dachte, ist
mir sehr traglich. Man kann sich in dem Sitzenden den reisi-
gen Nestor oder irgend einen andern Helden vorstellen, der
sich nach der Schlacht ausrohl und die Wartung seiner Pferde
beaufsichtigt. Studniczka glaubt mit Sicherheit Diomedes su
erkennen , der sich der erbeuteten Rosse des Rhesos freut,
doch liegt kein zwingender Grund zu der Deutung vor. Denn
das Bild auf der anderen Seite der Amphora (S. 143), das
ihn offenbar bei seiner Erklärung beeinflusst hat, kann nicht
auf die Dolonie bezogen werden^. Die zwei Krieger grei-
fen nicht die Figur zwischen sich , sondern einander seibat
an. Auch die an den Passen des Laufenden angewachsenen
* Abgebildet bei Rayet und Tbomas, MiUt Taf. 27, wiederholt bei Colli-
gnon, Satiptun greequ$ I 8. 174.
s GoMlte archiologique 1884 Taf. 13; mtOatin de «orr. MI. 1884 Taf. fO.
ColÜKTion a. a. 0. 8. 175.
3 Ncwtun, Discuveries Taf. 75. Rajet und Thomas a. a. O. Taf. 26, 'i.
Cullignua a. a. O. S. 169.
* Jahn Nr. 583. Abgebildet und besprocben von Stndnictka, Jahrbuch
1890 S. 116. Vgl. oben S. 57 Ainu. 2.
^ Audi Murray, Munumenls Piol IV S. 39 t bälgten Sli^dDicxl^as Pev«
^UQg Widerspruch erhoben.
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VaS^NSCHBRBBN aus KLAZOMENAi
61
Flügel pasaeD seblecht zu Dolon^VVir müssen uns also mit der
alten Deutung auf irgend ein dämonisches Wesen begnügen.
Interessant tat daa Bild mit der Tränkung der Pferde da-
durch, dass es uns zeigt, wie diese Maler mit Typen arbeiten.
So erklärt sich aueh die Studniczka nicht ganz TerataodUche
Stellung dea Rnecbtea, der die Pferde tränkt, einfach, wenn
wir bedenken, daaa sie eigentlich in den Komoadarstellungen
für einen in Tanzatellung aoa dem Miacbkeasel Schöpfenden
ausgebildet ist*. Wenn wir die Darstellung auf unserer Scherbe
richtig erachloasen haben , so hätten wir in dem Bilde der
mOochener Amphora wieder ein habsches Beispiel der Ty-
penfibertragung, auf die Löschcke in den Bonner Studien S.
S48 hingewiesen hat'.
Die Macht der bildlichen Tradition zeigt sieh auch in den
Werken, die wol jedem bei der Betrachtung unserer Scherbe
in den Sinn gekommen sein werden,den spartanischen Reliefs*.
Aber nicht nur die Komposition erinnert an unsere Scherbe,
sondern auch namentlich die Tracht und ihre Stilisirung. Man
beachte den Mantel der männlichen Figuren mit den schrä-
gen Faltenzfkgen und den auf dem Racken niederhängenden
Zipfeln und die geknöpften Ärmel der Frau (auf dem Relief
in Berlin ). Wir werden also auch das Vorbild des spartani-
schen Künstlers im Osten zu suchen haben. Dorthin weisen
auch die Sandalen des Mannes, die auf Bildern aus dem joni-
* 8ttidiu«»ka a. a.O. B. 144 m^, die Figur trage Halbttiefel mit Flflgeloi
doob sind in seiner Zeichnung die Zehen deutlich angegeben.
« Vgl. 1. B. das kyrenSisrhe Bild Arch. Zcilung 1881 Taf. 1?,1. die Schorlic
von Kyine. Röiii. MiitlKMlungcu 1888 Taf. 6, die Amphora aus Rhodos,
Journal uf Hell, studies Vi, 1885, 8. 181.
s Wie stark diese Typenübertragimg in der arobaisehen Kunst w{rkt,seigt
die Darstellung eines Opfers an Athena auf einer büolisciu'n Schale (your-
nal of H^l. •'lii'l. I, ISf<ii, Taf. 7i, die man mit loiclitor Mülie in die Scene, wie
Achilleus den Truilosam Brunnen belauert,uuisetzen kann. Das sonderbare
Oer&te unter der Schlange ist eigentlich der Untersats Tor dem BruMMn,
auf dea die Hjrdria gestellt wird <?gi. AnnaU deW Inst. 1866 Taf. it).
* Milchhöfer, Athen. MiUheUongen 1817 Taf. 20-24. Furtw&ngler, SanuB«
lang Sabouroff I Taf. 1.
sehen Kiinsfiiebiet besonders liäutii: (iar^esteilt wurden', und
besonilerbi die Selinabelsclmlie. aut" die aciion Furtwängler la
diesem SSinne aiit'tnerksam LT'-inacht liat ^.
Noeb ein Getäss aiicdi -iturk tVri:.MiiHntirt. ist uns aus Rla-
lomenai erhalten ; wir biidea es hier unter Fi^ur 1 la halber
Fis. 1 k
Grösse des Originals ab. Die zu Grunde liegende Zeichnunj; und
die nähere Angabe über den Fundort verdanke ich Herrn Dr.
Böhiau. Er hat die Stücke selbst in Vurla ^^esehn . wo sie
höchst wahrscbeiolicb beim Graben nach Sarkophagen ge-
funden worden.
• Vgl. Jahrl.iich lAOS S. ^it Anm. 9.
> Sammlung tiabouruil zu laf. 1. Auf Ö. 24 der Einleiluag weist er auf
BenebuDgen ra bcUitUebeii Reliefs bin. Vgl. «leb die Darstellangen auf
BaeeberoTaten, fiber die MilefabÖfer, AnOage der Konsl 8. 229 spriebt
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Vasenscherben aus klazomenaI
Der Thon ist im Bruch dem der anderen Scherben sehr
ähnlich, aber weniger fein. Die Oberfläche ist iederbraun. Sie
erscheint durch die Drehringe ganz gerierelt. Der Firoiu iel
chokoladebraun. stellenweise auch so rot geworden, dass man
ihn fast fttr rote Farbe halten könnte. Als Deckfarbe ist weiss
verwendet für die Innenseichnung, wie bei den Sarkophagen
ans Klazomenai, und für die Gesichter (auf den i hongrund
aufgetragen mit roher Innenseichnung in rotem Firniss). Das
Gefäse war ein kleiner, nach unten sich stark verjüngender
Deinos. Der obere Durchmesser betrug ß*", die Höhe etwa 8*".
Die Zeichnung ist sehr roh und flüchtig. Auf dem Stück a
sehen wir zwei Ton einander abgewendete menschenköpfige
Vögel; der Flügel des einen ist merkwürdig verrenkt. Links
ist der Rest des Gesichtes eines dritten Vogels zu erkennen.
Die Scherbe a schliesst oben am Rand an das Stück 6 an.
Links Ton dem Gesicht des dritten Vogels ist der Rest seines
Flügels erhalten, der ebenso merkwürdig geieichnet war, wie
der des andern. Den Rest weiter links kann ich mir nur als
grosse herabhängende Knospe erklären*. Ganz links ist der
Schwanz eines Hahnes erhalten.
Auf dem Rande ist in Weiss die Inschrift aufgemalt :
AOHNArOf*H:EpMHI:HC
Die Buchstaben zeigen durchaus die Formen des jonischen
Alphabetes Eleinasiens. Gewisse Schwierigkeiten machen nur
die zwei letzten Buchstaben. Man erwartet an dieser Stelle
einen Beinamen des Hermes, etwa 'O^ioc, aber H als Hauch-
laut zu nehmen, geht bei diesem Alphabet nicht an K Der
zweite Buchstaben kann wol nur O sein; es ist allerdings grös-
ser geraten als das vorhergehende. Eine Verbindung iqo läset
sich nicht gut denken. Es bleibt also wol nichts anderes
übrig, als in d den Artikel zu sehen und in o den Anfang
♦ Vgl. Micali. Monumenti inediti (1844) Taf. 43, 3.
> Siiiyth, Greek Dialeett, ionic S. 324 t. iloflmaiiu. Die griecbischen Dia'
lekle Iii Ö. 545. 547.
64 ^- ZAHN
des Namöns des Gatten oder des Vaters der Weihenden.
Die Schrift macht einen recht entwickelten Eindruck, doch
wird man siejnicht gerade spät ansetzen dürfen. Sie ist nur
wenig jünger — man vergleiche die Form des A — als die auf
tiefe Schalen aufgemalten Inschriften aus dem Heiligtum Her
Aphrodite in Naukratis {Naucralis II Taf. 5i, 739-747,
768), die man nicht viel nach dem Anlang des 6. Jahrhunderts
wird datiren dürfen.
Die Darstellung bietet natürlich wenig, was sich mit un-
seren anderen Scherben vergleichen Hesse. Doch scheint mir
die Bildung der Sphinx, am Throne des Priamos den men-
schenköptigen Vögeln sehr verwandt. Auch die Tierstreifen
auf den schlanken Amphoren von Defenneh können heran-
gezogen werden. Für die Form des Gefasses selbst ver-
weise ich auf den Deinos mit Tierfriesen, der bei Westropp,
Handbook of archaeology S. 300 abgebildet ist'. Er gehört,
wie man selbst aus der kleinen Abbildung sehen kann, zu
der von Dümmler in den Kömischen Miilheilungen 1887 S.
171 ff. behandelten Klasse jonischer Vasen. Im obersten Pries
kehren die beiden von einander abgekehrten Vögel mit Meo-
schenköpfen unseres Gelasses wieder.
Die Verwendung von Sirenen und anderen Fabelwesen zuni
hauptsächlichen Schmuck von Gefässen und die grosse herab-
hängende Knospe erinnern uns an Produkte einer italisch-
jonischen Fabrik, die Dümmler in den Höm. Mittheilungen
1888 S. 174 ff. besprochen hat. Besonders ist auf die schon
erwähnte Amphora bei Micali, Monumenti //j^^to (1 844 )Taf.
43, 3 zu verweisen. Ihre schlanke Form und ihre Einteilung
zur Aufnahme des Bildschmuckes erinnert sehr an die Am-
phoren von Defenneh (vgl. Jahrbuch 1895 S. 39. 43, 6) 2.
* Eine ähiiliclie. aber nach unten sich weniger zuspilzende Form hat das
ebenfalls junische Gefäss in den Monumenti UeW Jnst. I Taf. 27, 29, wahrend
die drei im UuUelin de corr. hell. 1^93 8. 424 ir. verüll'cnUichten Deinoi im
Louvre und der in Wien, Masner Taf. 5, mehr kugelig gebildet sind.
> Dieselbe Einteilung haben übrigens auch die von Dümmler, Höm. Mii-
lheilungen 1887 8. 171 ff. besprochenen Amphoren.
VA81M8CHBRBIM AOS KLAIOlOENAI
Ich halte es darum nicht für unmöglich, Hass ähnliche, aber
sorgfältiger, als unser kleiner Deinos, ausgeführte Stücke mit
Tieren etwa in der Art der Sirenen auf dem Sarkophag Antike
Denkmäler I Taf. 45 die Vorbilder für die ilalisclie Fabrik
abgaben *. Auf die Punkte unterhalb des Stabornamentes, die
den italischen Gefassen und denen von üefenneh gemeinsam
sind, hat schon Dümmler, Jahrbuch 1895 S. 39 Anm. 8
hingewiesen. Dass in der Fabrik flüchtigere Exemplare vor-
kommen, zeigt die Amphora bei Gsell, Fouilles de Vulci
Taf. 18. 19. Gerade diese bietet in der Verwendung der brei-
ten weissen Linien eine hübsche Analogie zu der weissen In-
nenzeichnung auf unserem Deinoe. Noch näher verwandt nach
der Flüchtigkeit der Zeichnung und der Darstellung ist eine
Amphora dieser Gattung in Würzburg (Urliohs Nr. die
ich aus einer Zeichnung des Herrn Professor Wolters Icenne.
Sie zeigt auf jeder Seite swei abgewendete Sirenen, deren
Schwänze sich berOhren. Die Innenzeichnung auf den Plfl-
gehi ist wie bei unserem Deinos in Weiss au^esetzt. An der
MonduDg befindet sich eine weiss aufgemalte etruskische In-
schrift Darum trage ich kein Bedenken, die ganze Khisse einer
etruskischen Fabrik zuzuweisen, und sehe in ihr neben der
oben S. 58 angeführten Amphora in Wttrzbnrg einen weiteren
Beleg für die besondere Einwirkung unseres klazomenischen
Kreises auf die etruskische Kunst
Der Freundlichkeit des Herrn Dr. Döhlau verdanke ich die
* Zn den Sphingen mit den ZiUen vgl. die Tiere auf einer BAcbse mit
Obrenli« iitvi ln in der Sammlung CaUcrl aus Thymbra (Photographien des
alhenisoli>-n Insiituu-K, Kiriiiasiea Nr. 3 und 5). Sie geliort wol einer lolu-
len kieinasiatisciieu (iallung an.
' Zwischen dieser wür/buiger Amphora und der ehen besprochenen etmsldl-
seliea Gattung, doch dieser durcli die aussehüesslicbe Verwendung der
weissen Dcckrarhe naher, steht die Hydria in London mit dor Darstellung
eines Seekampfes {Caial. of Ihe vasf^ i». thr Hritisii .VuH-um II Ii fiOi. Die
fremden Boi^fiiscliritzfii sind natürlicli aus der juuisclieii Vorlafro üliernora-
luen und kuiincu darum nicht als Grund gegen etruskische Fabrikation
verwendet werden» wie dies Heibig in den SiUangsberiehten der Akademie
sa Hfinehen 1897 II 8. 287 wUL
ATBSM. iraTBBILVm GBN ZZUI. 5
66
tut»
Kenntniss noch einer Scherbe aus dem griechischen Osten, die
hier nach einer von ihm zur Verfügung gestellten Zeichnung
als Fig. 2 in zwei Drittel der natürlichen Grösse abgebildet
wird.
Die Scherbe ist von Ilumann in Smyrna erworben und
wahrscheinlich kleinasiatischer Provenienz. Sie ist im Feuer
gewesen, daher lässt sich Sicheres über das Technische nicht
sagen. Der Thon hat Glimmerbeisatz, der geringer, als z. B.
bei der samiBcheD Thonware, aber immerhin doch auffällig
Fio. 2.
genug ißt. Er hat jetzt eine lichtbraune Färbung auf der Ober-
fläche der Vorderseite; die Innenseite ist mit einer schwarzen
kohlehaltigen Erdschicht überzogen. Der Firniss ist braunrot,
sehr ungleichmässig. Das Weiss (an Flügeln, Schwanz der
Sirene und Mähne, Hinterbein und Bauch der Löwen) ist grau
gebrannt. Innenzeichnung und der Kontur am Gesiebt der
Sirene sind geritzt.
Über die Form des Gefässes liegt mir leider l&eine Angabe
Tor. Es war, wie es scheint, eine Amphora mit begrenzten
Schulterfeidern und umlaufender Zone, also mit einer Raum-
einteilnng, wie die der oben S. 64 gonannten Geiäeae.
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TABBNaCBBRBBM AUS KLASOMBNAI
67
Böhlau dachte bei der Scherbe an eine Beziehung zu der
schon öfter erwähnten Klasse, die in den Rom. Mittheüungen
1887 S. 171 fif. zusammengestellt ist. Allein in dieser wird
die Fleischfarbe der Frauen durch Weiss bezeichnet', während
die Sirene auf unserer Scherbe ein schwarzes Gesicht hat.
Auch die Bildung der Tiere auf unserer Scherbe scheint mir
von den sorgfältigen w ie den üüchligen Produkten jener Klasse
gleich weit entfernt zu sein. Ich wage darum nicht, unsere
Scherbe mit ihr in eioen näheren Zusammenhang zu bringen.
Verwandter scheinen mir die Tiere auf den Pinaxfragmenten
Ton Naukratis, soweit man nach der Abbildung Naucratia
\\ Taf. 9, 1. 2 urteilen kann. Ich mache besonders auf die
Zeichnung der Tatzen und den Streif am Hinterschenkel auf-
merksam. Auch die Tiere auf dem ebenda Fig. 3 abgebiide»
ten groBien Gefiiss acheinen mir ähnlich zu sein.
Wir haben also geaehen, daaa um die Scherben nnd die
Sarkophage Yon Klasomenai eine Reihe von GefSaaen oder
BmefastOcken TerBchiedenen Fundortes sieh gruppirt, die
entweder zu demselben Kunstkreis gehören oder wenigstens
als Ton ihm abhängig sich heransstellen. Wir sind berech-
tigt, das Gentrom in Rlazomenai zu suchen, denn die zahl-
reichen dort gefundenen Sarkophage' weisen auf eine be-
deutende Thonindustrie an Ort und Stelle hin. Dass sie 'von
anderswoher eingeführt wurden, ist bei ihrer Grösse nicht
wahrscheinlich^. Der Name des Ortes, der an die Stelle des
alten Klazomenai nach dessen Verlegung auf die kleine ge-
genüberliegende Insel getreten war, Xurpiov bei Strabo (XIV
1, 36) scheint nach seiner Verwandtschaft mit x^'^P*
* Eine Ausnahme bildet nur die Sirene Micali, MonuvMnii inediti (1844)
Taf. 36, 1, wenn bei ihr das W«m nicht geschwanden ist, wie es bei dtr
8pbinx Rom. Mittbeilungen 1887 Taf. 8, 1 geschehen zu sein scheint.
' Die vollständigste Zusanamcnstellung gibt Hciiiach, Revue des fludes
gretques 1895 S. 161 ff. Zu den dort aufgezählten kommen nocli die zwei
ueueo Stücke in Berlin (Antike Denkmäler II Taf. 25. 26) und der neue
Sariiopbag in London ( ifofittiiMtiti Pio% IV Taf. 4-7) hinsn.
* Vgl. RdnMh a.a. O. 8. 170.
M lu um
auf das Vorhandensein von Töpfereien hinzuweisen'. Allein
der alte Name ist Xutöv, wie wir aus einer attischen Inschrift*
des Jahres 387/86 und aus Ephoros bei Stephanus Byz. s. y.
wissen. Cr hat natürlich mit x^'^P^ nichts zu tbun, doch
bleibt die Möglichkeit, dass die spätere Anlehnung des Na-
mens an xuTp« dufch eine am Orte befindliche Töpforindualrie
sich erklärt.
Deutlich spricht für einheimische Kunst die schon erwähnte
Obereinstimmung der Schildieioben des Gorgpneion und des
geflügelten Ebers auf Gefässen und Sarkophagen mit MQds-
bildern von Klaxomenai. Vielleieht dürfen wir in dieaem Zu*
sammenhang auch noch auf die Schafe des neuen berliner
Sarkophage» (Antike Denkmäler 1! Taf. %%) hinweisen. Die
MOnien, die zuerst nur einen Widderkopf, dann das gsnne
Tier als Bild tragen leigen uns dieselbe eharakteristische
Bildung mit dem kleinen Horn, der krummen Nase und der
kahlen Stime.
Unter den wenigen Nachrichten, die wir äber KJaiomeDai
besitzen, finden sich einige, die uns zeigen, dass die Stadt in
aller Zeit reclit bedeutend gewesen sein musa. Dem Aiyalles
leistete sie sehr erfolgreiclien Widerstund (Herodot I, IP). Sie
besass ihr eigenes Scliatzhaus in Delphi (Herodot I, 51). Schon
im siebenten Jahrhundert gründete sie Abdera (Herodot I, lb8).
Eine gemeinsame Kolonie von Milet und Klazomenai war
Kardia, die grösste Stadt des thrakischen Chersonnes (Strabo
VII, 51). Auch zu den in Naukratis vertretenen Städten ge-
hörte Klazomenai (Herodot II, 178), es ist also ganz natürlich,
dass sich so viele Erzeugnisse seiner Keramik in Ägypten fan-
den. Auf Handelsbeziehungen mit dem Westen weisen die
Tieliacheu Spuren klasomenischer Kunst, denen wir in Etru«
rien begegneten.
Wir sind berechtigt von klazomenischer Kunst zu sprecheUt
' Vgl. Dennis, Journal of Hell. stud. IV, 1883, 8. 21.
3 Albenische MiUheilungeQ 1882 S. 174 ff.
• Oalal. of Grak eotns, hnia Taf 6, 6. 10-11.
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▼ASBNSCnBBIIt Aüt KL&IOHIIIAI
weü die Bilder der keramischen Produkte uns im grossen
Rahmen der jonischen Kunst eine besondere Formengebung
zeigen und die Übereinstimmung mit einigen Münztypen der
Stadt auf eine grössere , allgemeine Kunstübung schliessen
lässt, von der beide Zweige abhängig sind. Allein es bleibt
die Frage, ob diese Formengebuog Kiazomenai zuerst allein
eigen oder von Anfang an über ein grösseres Gebiet verbreitet
war. Eioe Entscheidung können nur weitere Funde in Klein*
asien bringen. Es scheint allerdings, dass die Mflnzbiider
verschiedener Orte uns thatsächlieh eine Beeinflussung von
KLlazomenai her verraten. Die Frage verdient eine eingehende
UnterBuehttDg ; ich muBS mich hier sunächst mit Andetttungeo
begnügen.
Auf ElektronmQnzen Ton Lesbos sehen wir wundervoll mo-
dellirte Pferdevorderteile (Troas Taf. 31, 18. 19) deren un-
gemein grosse Ähnlichkeit mit den Pferden auf dem neuen
berliner Sarkophag (Antike Denkmäler II Taf. S6) sofort in
die Augen springt. Besonders zu beachten ist die Zeichnung
der Mähne und die merkwürdige Punktreihe längs der Brust-
muskellinie, wie bei den Pferden der besprochenen Scherben.
Welter dürfen wir den Athenakopf auf Münzen von Methymna
{Troas Taf. 36, H. 7) mit den Köpfen auf dem berliner in
der Art rotfiguriger V asen bemalten Sarkophag (Antike Denk-
mäler 11 Taf. 55) zusammenbringen. Er hat dieselbe Form
des Helmes mit dem verschieden variirten Stirnaufsatz, der
auch für die Helme auf kiazornenisehen Vasen so charakte-
ristisch ist. Aber auch die Bildung des Kopfes selbst zeigt
grosse Verwandtschaft, man beachte das ProGl und die Zeich-
nung des Auges. Dass diese Übereinstimmung sich nicht aus
der gleichen Kunstentwicklung in beiden Städten erklärt, son-
dern dass Lesbos von Kiazomenai beeinflusst ist, ergibt sich
daraus, dass wir die ^nannten klazomenischen Münzbilder,
das GorgoneioD, den geflügelten Eber und den Widderkopf,
< leb oitira oaeb OaM, ofQmk wlm in th« Brii, JftiMum.
TO R' SABM
ebenso etiliiirt aaf den BlektronetOeken von Lesbos wieder«
findend
Auf einer ElektronmOnie Yon Pfaokaia sehen wir einen
bebelmten Kopf* — vom Gesieht sieht man nur das Auge —
der durchaus mit Kdpfen auf dem Deinos im Lonm Ober-
einstimmt {Bulletin de eorr, hell. 1893 Taf. 18). Man
beachte wieder die Angabe des Mundes durch die kleinen
Bogenlinien auf den Backenklappen ^. Auch das weibliche
Köpfchen auf einem andern phokäischen Stücke {lonia. Taf.
4, 1) dürfen wir wol mit klazomenischen Typen in Verbindung
bringen. Auf andern Münzen erscheint auch der VVidderkopf
(lonia Taf. 4, 17).
Auf Münzen von Abydos {Troas Taf. 1, 1-5) und Apollo-
nia am Rhyndakos [Miysia Taf. 2, 2-4) sehen wir das Grorgo-
neion mit den weitabstehenden Schlangen.
Das Vorderteil eines geflügelten Ebers, ebenso stiliairt wie
auf den Mtknzen von Klazomenai, findet sich auf Stücken von
K.jriikos^, Samos^ und Jai^sos^. Für eine Entlehnung spriciit
4 hnia Taf. 6. 1-6 (Klazomenai). Troas Taf. 31» 6-17 (Lesbot).
* lonia Taf. 5, 22.
• Vgl. oben 8. S7 Ann. S.
* jry<<s Tkf. 5, 15; Oraenwell, Ooinag» ^ Offttent Taf. ft, SS. Bei Kjtikos
mag auch noch einmal das ron Joubin yeröfTentlichte Relief in Konstan-
tinopel erwähnl werden ( Bulletin de corr. hell. 189i S. 491 {[.). Er hat mit
Recht seine Verwaudlschafl iniL den Bildern auf den Sarliopbagen herfor-
gehoben.
> üMifo Taf. 94, 16-19. Oardner, Samot and Smnian eodu, IfumünuMe
Ovrmicle 1882 Taf. 2. 9. 10. 12-15. Vgl. 8. 48 ff.
• Carta Taf. 35, 1-5. Vgl. S. ci, wo auch auf Münzen von Kyrene mit
demselben Bilde hingewiesen wird, die im Num, Chron. 1891 Taf. 1, 8. 9
Teröffentlicht sind. Der Typus wird wol aus Kleinasien übernommea sein.
Vgl. Head. Hütoria nummarum 8. 727.
Zwisehen Rhodos uml Klazomenai ergehen sich auch sonst mehrfache
Beziehungen. Ich will davon ansehen, dass die Tiere und die Füllornatnente
in den unteren Streifen der Sarkophage fast die.selticn .sind, die wir auf rbo-
discben Oefässen ünden. Dieser Stil scheint in Kleinasien weit verbreitet
gewesen xu sein. Wiehtig ist ein in Kamiros gefündener Tbonsarkopbag,
jetzt im Brittischen Museum ( Salzrnann, Nicropole de CanUros Taf. 28), der
nach dem Urteil von C. Smith {Journal of UM. studies Vi, 1885, 8. 188 )
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▼ASBMSCHISBBN AVB KLASOMBNAT
71
besonders bei den Typen letzterer Stadt die Punklreihe, die
entweder längs der Buglinie oder auf dem Halse wie ein Hals-
band angebracht ist. Dieselbe Erscheinung kehrt wieder bei
dem gewühnlich ungeflügelten Eber auf den lykischen Mün-
zen ^ Offenbar sind die Vorbilder durch Jalysos vermittolt,
gehen also auch auf Klazomenai zurück.
Die Vorliebe für diese Reihen von Punkten in der älteren
klazomeniscben Kunst leitet sich jedenfalls aus der Abhängig-
keit von Metallarbeilen ^ her, bei denen sie sieb aus der Technik
deaPunzens erklärt. Man könnte sieh alao denken, daes sie bei
den Tieren wie bei den Gewändern, Waffen und anderen 6e-
genatänden einfach ala Ornament^ verwendet wurden. Bei dem
Pferde auf der Hydria von Defenneh (Antike Denkmäler II Taf.
21, 1) aind aie auch auf das Hinterteil gesetzt. Da sie sieh
nun aber fast ausschliesslich an der Buglinie finden, lässt
sich Tielleicht noch eine besondere Erklärung für sie gehen.
Auf den klazomentschen Münun sind die Punkte längs des
vorderen, der Buglinie entsprechenden Fiügelrandes ange-
bracht und sollen die kleinen Federchen ausdrücken. Es
scheint mir nun nicht unmof^Iich, dass man später die Punkte
als zunn Tier gehörig helrachlete und sie auf die Buglinie
aufsetzte, auch wenn man die Flügel wegliess. Ist dies rich-
tig, so müssen wir anuehmen, duss auch die Punktreiben
und Ton Jonbiii ( IhdlHin de corr. hell. iS'Jb ö. 70 Anm. i ) eine späte lokale
Nacbabiuuiig eines klazuuieuiscben Vorbildes ist. Anoh 4ie BÜlislnuig iar
Böse auf den rbodischea Mfimen ist dieselbe, wie bei denen, die auf den
klazoineniseheD Bildern in die Darstellung hereinranken (vgl. Rom. Mi t-
iheilungen 4888 Taf. 6, AaUke Denkmäler II Taf. 26, ifeniimenH Piot IV
Taf. 4-7).
* Lycia Taf. 1 ff. — Es findet sieb aucb der geflügelte Typus, i. B. Taf.
6, \%, Vgl. Caria 8. Cl.
* Vgl. die Scliilde aus der Zeosböhlc in Kit ta, Museo Haliano II, Ailanity
Tif. 1-3 und die Sphiiicren auf einem Helm im Luuvre, Lipperbeide» Antike
Helme Nr. 36ö (S. 57 und 516 der vorläufiKcn Ausgabe).
* Bei den Spbingen auf den eben erwäbulen kreliscbea Schilden (a.a.O.
Tat 2. 3) sind die Panktreiben nur Ornament. Auf dem Helm ist fast der
gaoie Kontur der Spbingen mit Punktreihen eingefasst.
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ft
R. SABR
bei den Pferden der besprochenen Scherben und der Mün-
sen Yon Lesbos der Rest ehemaliger Beflagelung sind. Und
wirklich sehen wir auch, dass auf den von unserer Gattung
beetnflussten etruskischen Gefössen * häufig geflügelte Pferde
dargestellt sind, bei denen die kleinen Federn am Vorderteil
des Flügels durch Reihen kleiner gravirter Kreischen ausge-
drttckt werden, die den aufgemalten Punkten auf den Flögeln
der Sphingen im obersten Streifen des berliner Sarkophages
(Antike Denkmäler I Taf. 44 ) entsprechen. Die gegebene Er-
klärung mag zunächst merkwürdig erscheinen, doch finde ich
eine entsprechende P>nt\viokhing in der Erscheinung, dass
besonders auf attischen Bildern die eigentlich zur Verzierung
der Sehenkelseliienen dienenden Spiralen auf die nackten
Schenkel der Krieger als Ornament gezeichnet werden^.
Der eine der neuerworbenen Sarkopliaue in Berlin (Antike
Denkmäler II Taf. 25), auf dem die Figuren hell ausgespart
vom dunkeln Grunde sich abheben, fordert uns zum V^ergleiche
mit den frühen attischen Werken gleicher Technik auf. Ihre
Einführung wird jetzt gewöhnlich mit dem Namen des Ando-
kides in Verbindung gebracht ^. Aber nicht nur in der Technik
besteht eineVerwandtschaft^auch die Kopflypen auf dem Sar-
kophage zeigen eine merkwürdige Ähnlichkeit mit denen auf
fotfigurigen Gefassen der Fabrik des Andokides ^. Beiden sind
die oben flachen , wagrecht in die Länge gezogenen Schädel,
die ohne Absatz in die Stirne ttbergehende Nase, die Yorsprin-
genden Lippen,die geschwungenen Augenlider gemeinsam. Aber
anch eine Reihe Vasenbilder des jüngeren schwarzfigurigen
< Vgl. Rüuiisclio MiUlicilungcn 1888 S. 174 fT. und oben S. 64.
* Vgl. Fartw&ngler, Olympia IV 8. 160 lu Nr. 996.
• Vgl. Löschcke, Athen. Miltlieilungen 1879 S. 40 f. Furtwängler, Ber-
liner phil. Wochonsclirift 1.S9i S. 11'?. Hau^T, Jahrlmrh 8. 158.
Hartwig bei ileibig, bitzuugsbericble der Akademie zu Müucben 1897 II
* Vgl. besonders die Köpfe auf der Amphora in Berlin 2159 (Gerhard,
Trinkaehalen und Gefftsse Taf. 19. 20), ferner die von Norton im American
ournal of archaeology 1896 S. 1 ff. besprochenen and s. T. abgebildeten,
jmeist nicht signirleu Qetftsse.
S. 261.
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VASBNSCHERBEN AUS &LA.ZOMBNAI T3
Stiles, die mir dieselbe Hand zu verraten seheinen, 'wie Jene
ratfigurigen '.zeigen auffallende Anklänge an die Iclasomenische
Konet. Den Nachweis dieser Gefässe und ihre Besprechung
Terapare ich für eine eingehendere Behandlung des Kreises
des Andokides und seiner Stellung im Jüngeren schwarzfigu-
ngen und frührotfigurigen Stile, die ich bald zu geben hoffe.
Nur folgende drei Beispiele mögen uns zeigen, worin der Fort-
sehritt gegen die älteren Meister des schwarzfigurigen Stiles
sieb offenbart : Es ist die Amphora einer englischen Samm-
lung, Gerhard, Auserlesene Vasenbilder II Taf. 108, die
Hydria in Berlin, Furlwäogler 1896, Gerhard, A. V. IV Taf.
349. S50, und die Hydria^ im Museo Gregoriano II (Aus-
gabe A) Taf. 13, 1 ( = Ausgabe B Taf. 10, 1 ). Was uns auf-
fällt, ist das Streben, die Fallen an den Gewändern, besonders
die Abtreppungen am Saume, wiederzugeben , den Körper
durch Innenzeiclinung, mitunter auch durch Angabe der Be-
haarung naturgetreuer zu bilden, scliliesslicli auch den Schräg-
ansichten am Körper und aa unbelebten Gegenständen ^ ge-
recht zu werden.
Den Anfang zu einer richtigen Faltenzeichnung haben wir
Bcboo auf dem Deinos im Louvre gefunden^. Die Abtreppung
der Falten an dem niederbängenden Gewandzipfel zeigen uns
* Sobon Loseheke, Athen. Hitthellangea 18T9 8. 41 inaohte aaf ihre Ver-
wandtschaft mit den frOben rotßgurigen Bildern aufmerksam.
' Von der Sorgfall der Zeichnung gibl die Ahbildiing keine Vorstellung.
' Maa t>eacbte die ricblige Zeicbnungdes scbräg gesehenen Schildes, die
•ich auf beidm Hydrien findet. Sie erscheint wieder auf der rolflgurigen
Amphora des Andokides in Berlin und auf der Schale in Mfinehen, die
Häuser ihm zuschreibt (Jahrbuch 1895 Taf. 4). Er maeht auch schon auf
diese Erscheinung aufmerksam (S. 154 i. Sie ist um so merkwürdiger, als
selbst Eupbronios und seine Genossen die Schilde meist nicht richtig per-
spektiTiscfa zeichnea. Erst Onesimos hat das Problem wieder gelöst (Hart-
wig, Heistersohalen Taf. 59, Vgl. auch S. 537). Wir sehen also,dass wir
In diesen frühen perspektiTisoben Versuchen auf unseren Vasen nicht etwa
eine Rückwirkung des jüngeren Kreises auf die älteren Meister erkennen
dürfen.
* Vgl. obeu 8. 57.
74
R. lABir
die Sarkophage in Berlin, Antike Denkmäler I Taf. 44. II
Taf. 96. Besonders bei dem zweiten ist die Zeichnung schon
recht entwickelt. Eine reichliche Angabe der Muskulatur be-
merken wir auf dem londoner Sarkophage [Monuments Piot
IV Taf. 4-7 ). In ihrer ganzen Vollendung aber zeigt sich die
Erscheinung auf dem ehen erwähnten neuen Sarkophage in
Berlin, besonders bei den Tieren. So sind bei den Pferden
nicht nur die Muskeln , die Hautfalten , die Haare über den
Hufen, sondern auch die Adern am Bauche angegeben. An der
Hand der Göttin in der Mitte sind die Knöchel ausgedrückt.
Man beachte die gut gezeichnete Hand, welche die Zügel des
linken Gespannes hält. Auch die Oberansicht des Fusses, die
zweimal auf den angeführten attischen Gelassen vorkommt,
scheint bei dem neben der jonischen Säule stehenden Jüngling*
auf dem londoner Sarkophag wiedergegeben zu sein [Monum.
Piot iV Taf. Q E). Ich glaube in der Abbildung noch eine
Spur der Zeichnung des Fusses zu erkennen, ferner schliesse
ich aus der geringeren Ausbuchtung der linken Wade, dass
das Bein von vorn gesehen wird. Zu beachten ist auch, wie
der Maler das Umschauen nicht mehr durch eine unnatürliche
Umdrehung des Kopfes zum Ausdruck bringt^aondern ihn leicht
geneigt zeichnet^. Es offenbart sich darin ein entschiedener
Fortschritt gegenüber den sich umblickenden Figuren auf dem
älteren berliner Sarkophag (Antike Denkmälerl Taf. 44).
Eine Rückenansicht wollte der Maler des Gefässea aus Kyme
geben (Rom. MittbeÜungen 1888 Taf. 6). Sie ist ihm zwar
miflslungen, aber wir können immerhin aus seinem Versuche
schliesaen, dass er Vorbilder kannte, in welchen das Problem
angefoest wurde.
I Die Figur ist kein Eidolon, wie Murray 8. 38 .glaubt, sondern sie ist
wol einer grfieseran palistrisdiOD Daratellmig, entnommen. Sie bftit einen
Wurfspeer, die Finger der rechten Hand liegen in der Ankylc. Dass die
Figur auf ein Vorbild der grossen Kunst zurückpeht. wird durch eine fast
genau ihr entsprechende auf einem elruskiscben Wandgemälde aus Cbiusi
wahrscheinlich {ämummU dOF /lut. V Taf. 16).
» V^. Hartwig, Helalenehalen S. 161 f.
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TASBN8CHBHBBM AUS KLAZOMSNAI
76
Finden wir ao alle die Eraeheioangen, die one auf den ge-
nannten attischen achwaizOgurigen Bildern eine neae Ent-
wicklung ankttndelen, im Gebiete der klazomenischen Kunst
wieder und kommen gewisse Einzelheiten in der Zeichnung,
der Tracht u. s. w. hinzu.die sich nnr aus einer Abhängigkeit
der attiachen Vasenmalerei von jener fremden Kunst erklären,
80 werden wir dieser auch den Anstoas zum Wechsel der Tech-
nik zuschreiben dürfen.
Diese Neuerung in der Keramik hat sich in Klazomenai
herausgebildet, wo, wie uns die Sarkophage lehren , die Zeich-
nung in Konturen neben der Silhouettenmalerei nie auf-
gehört hatte* und in der grossen Kunst wol immer geübt
worden war. üass wir angesichts der Sarkophagbilder auf
eine Blüte der monumentalen Malerei in jener Stadt schiies-
aen dürfen, ist einleuchtend.
Die Beobachtung Löschckes^, dass die frühen rotfigurigen
Werke des Kreises des Andokides in engor Beziehung zu den
bemalten Stelen stehen, die eine entsprechende Technik zei-
gen, lässt sich mit unserer Ansicht ganz gut vereinen.
Wenn wir in der attischen Vasenmalerei den Einfluss Ton
Klazomenai erkennen, so ist es wahrscheinlich, dass er auch
auf die grosse Malerei gewirkt hat. Die attische Stele des Lj-
seaa' leigt ihn gans deutlich in der Zeichnung des Gewan-
des. Diese Kunst kann nach Attika durch Gemälde yermittelt
worden sein, glaublicher ist mir aber, dass klasomenische
Kfinstler in Attika selbst thütig waren. Gerade in die Zeit,
da ihr Einfluss in Attika sich uns offenbart, fällt das Vor-
dringen der Perser gegen die kleinasiatischen Griechenstädte.
' Dies zeigt sich an den sogenannten rhodischen Tierstreifen. Vgl. na-
mentllcli die ganz in Umrissen gezeichneten Pantlit r auf dem Sarkophag im
LooTre, bulletin de corr. hell. I6^b Taf. 2. Aut dem berliner Sarkophag ist
bjri den unteren Köpfen der Omnd noeh niobt sehwarz gedeckt, es ist also
Hiebt der dunkle Omnd das Wesentliche, sondern die Umrissieielinmig.
» Athen. Mittheilungen 1879 S. 40 f.
' Athen. MitÜieUungen t879 Taf. 1 ; Conse, Die attisciieu Qrabreliefo I
Taf. 1.
76
R.ZAM»
Wir wissen, dass die Klazomenier aus Furcht vor den Persem
ihre Stadt auf eine iiahegel6||;eDe Insel verleglen'. Es iet -mk
denkbar, daas unter diesen Umständen manche Künstler es
▼oraogen, ihr Vaterland zu yerlasaen und sich nach dem un-
ter der Hernehaft dea Peiaistratos aufstrebenden Athen m
wenden. Vielleicht sind una noch V/wke von ihnen erhallen
in der firagmentirten Stele in Berlin mit dem Jfinglbgskopf *
und dem Marmordiskos mit dem Bildniss dea Aratee Aineios*.
Bei Jenem erinnert die Form dea Schädels, die Bildung dea
Auges, der freundliche Gesichtsausdruek sehr an die Köpfe
des so oft erwähnten Sarkophages , bei diesem wird das ei*
gentümliche Profil mit der zuräckweichendea Stime, die
hohe Stellung der Augenbiaue ^ und der lange Bart ^ sich
* Pausanias VII, 3, 8. S. Reinach, Bevue des Hudes grecquu 1895 S. 167 f.
btt aewias Reebt, wenn er die Verlegung der Stadt mit dem eietea Vor-
driogen der Perser in ZusammMibsng bringt. Sie konnte ja aar Sinn Iwbeii
lu einer Zeit, als den Persern noch keine FloUe zur Verfügung stand.
' Conic a. a. 0. Nr. 8 Taf. 0, 2, wo die LiUi ratur angegeben ist.
Poltier bat den Kupf mit Wcrl^en des Buplirunius verglichen, er scheint
mir aber sieber <er tu sein. Auob der Kopf in Umrisnceiefannng auf einer
altischen Schale, den Winter, Arch. Zeitung 1885 S. 198 f. mit ihm ver-
gleicht, zeigt den Einfluss der klazomenischen Kunst. Köpfe und Rüsten
aU Verzierung zu verwenden ist eine Eigcnliimlichkeil der klazorneniselien
nnd fiberhaupl der junischeu Kuusi (vgl. die klazomenischen Sarkophage
Mon. MV Inst. XI Taf. SS, Antike Denkmäler II Taf. 25, den rbodiseben
Sarkophag Salzmann. Camiros Taf. 28, die Scherbe aus Myrina Pottier und
Reinach, .Y/'rrop'.ilr i!r Mijn'nn T.if. .'>!, die jonische Amphora in Berlin 1674).
Sie ist vielleiclit ein Erbteil aus der niykenischen Kunst, vgl. den Silber-
becher 'B9i)|iL(pi( dpx. 1888 Taf. 7 und Perrot-Chipiez VI S. 813 (s. auch
BSblau, Jabrbuob f 887 S. 46 f.). So wirkt aneh in den in Umrissen ge*
Miebneten Bästen auf Schalen der Kleinmeister, über die Winter a. a. 0.
8. 189 f. handelt, die neue Kunst auf die älteren Vertreter des scliwarz-
figurigen Stiles nucii ein Weiteres werde icb in meiner Besprechung des
Kreises des Andokides beibringen.
* Dragendorir, Jahrbuch 1897 S. 1 f.
* Dieselben Eigentümlichkeiten zeigen die behelmten Köpfe auf demSar*
kophage Antike Denkmäler II Taf. 25. Vgl. aaoh die Kopfe auf nniersr
Scherbe 1.
* Fur die Form des Barles vergleiche die Scherben vuu Defenoeh Tanis
II Taf. 39, 1. 2; Jahrbnoh im 8. 43. 44,
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VASBmCBBRBWft ikid» tUlOMBNAl
77
auch eher aus der Pormengebung der joniscfaen Kunst als
dem Streben nach Portrathaftigkeit erklären. Dragendorff
macht auf den Unterschied der Zeichnung der Füsse gegen-
über der Stele des Lyseas aufmerksam. Das vordere Glied
der Zehen ist nach oben gebogen, wie in der Plastik bei den
ehiotischen Figuren.
Klein, Euphronios^ S. 46 ff. hat das Aufkommen des lotfi-
gprigen Stiles mit dem Eiofiuss des Kimon von KJeooal m--
MBnMDgßbraeht. Hartwig* macht mit Recht dagegen auf*
merksam, dass nicht in der veränderten Technik die groaae
Neuerung in der Vasenmalerei zu suchen ist, sondern in den
Portschritten der Zeichnung. Er findet darum den Finfluss
das Kimon in den Werken des Kreises des fiupbronios wie-
der. Allein wir haben gesehen, dass die Eigentümlichkeiten,
die bei Euphronios und seinen Genossen allerdings zurvoUffiB
Ausbildung gelangt sind, ganz deutlich schon auf alleren at-
tischen Gelassen hervorzutreten beginnen. Die Vollendung der
Zeichnung auf einigen Sarkophagen berechtigt uns lu der An-
nahme, dass die grosse Malerei in Klaiomenai schon um die
Mitte des 6. Jahrhunderts eine Höhe erreicht hatte, die etwa
der des attischen strengen rotfigurigen Stiles entsprach.
Wie steht es nun aber mit Kimon too Kleonai? Von sei-
nen Verdiensten spricht eingehender norPUniua, N. H. 35r56
(ss Overbeck^ Schriftquellen 377 ) : et qui primus ia pietura
marem a fenUnu äiscreverit, Bumarum AtKenieiuen^ fi*
guras omnis imitari ausum^ quiqtu itwtnia eius eüecolue-
ritf Cimonem Cleonaeum. Hic eatagrapha invenii, hoo est
ohliquas imoffines^ et vatie formare vohus, respieieniis,
suspieieniiave vel despieientis,Artieulis membra äistinxitt
venas protuUt^ praeterque in veste rugas et sinus invenit.
Wir werden diese Stelle am besten durch die Beobachtungen
illustriren, die wir früher bei den Idaaomenischen Sarkopha-
* Meisterscbalea S. 14. Die ganze Frage ist Ton ihm eingehend S. 154 ff.
t8 K. ZAHN
gen machten. Man erinnere sich der Gewandieichnang und
der sorgfälligen Angabe der Muskulatur und sogar der Adern
bei den Pferden anf dem Bilde Antike Denkmäler Ii Taf. S6.
Aach die eaiagrapha^ deren Bedeutung Hartwig richtig er-
kannt hat*, fehlten nicht.
Wenn Kimon su dem athenischen Maler Eumarus in ein
Verhältniss gebracht wird, ao werden wir 8chliea8en,da88 der
Gewährsmann des Plinins die Möglichkeit gehabt hat, Bilder
beider Meister mit einander sn vergleichen und aus ihnen den
bedeutenden Portschritt des Ktmon gegenüber dem älteren
Maler zu erkennen, und dazu wird wol in Athen die Gelegen-
heit vorhanden gewesen sein.
Den Namen des Kimon erfuhr er wahrscheinlich aus der
Künstlerinschrift. Von einer Blüte der Malerei in Kleonai
wissen wir niclils, dagegen erfahren wir ans Pausanias VII,
3,9, dass der grössere Teil der ursprünglichen Bewohner von
Klazomenai keine Jonier, sondern Leute aus Kleonai und
Phleius waren. Das Andenken an di<3 alte Heimat hat sich
gewiss in den klazomenischen Familien bewahrt , und so
scheint es mir möglich, dass Kimon, den wir nach dem Ge-
sagten in den Kreis der klazomenischen Kunst setzen müssen,
in einer Künstlerinschrifi die Abstammung seiner Familie aus
Kleonai erwähnte und so zum Kieonäer wurde ^. Wir hätten
also in ihm den HauptTertreter der klasomenischen Kunst in
Athen.
Der Entwicklungsgang der attischen Malerei, wie wir ihn
hier zu schildern versuchten, entspricht vollkommen dem
der attischen Plastik. Beide Kunstsweige erfuhren zu der-
selben Zeit von Osten her den Biniluss einer bedeutend weiter
< Mcislcrschalen 8. 156 IT.
' Ähnlich beisst es Ton Thaics bei Herodol I, ITOti d»<xa9iv "ftm Ut»^
eoCvtMc (Ygl. Diogenes Laert. I, 32). Der König Kleomenet nennt rieb als
Nachkomme des Herakles Äcbüer (HerodotV,72). Auch die Schwierigkeit,
dass Alkamenes Athener und Lemnier genannt wird, löst sich ia Abnlioher
Weise. Vgl. Brunn, KüusUergeschicble 1 S. 234.
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irASBNSCBBmSN AÜS KLAZOlfBNAl
79
fortgeschrittenen Kunst, sie nahmen das, worin die Jonier
ihnen überlegen waren, auf, aber sie verloren ihre Eigenart
in dieser Zeit des Lernens nicht. Die Bilder des fiuphroilios
und seiner Genossen können uns einen Begriff davon geben,
wie die aUiscbe Malerei es verstand, das Fremde sich anzu-
eignen, weilenubiiden und doch dabei ihre SellMtändigkeit
lu wahren.
Athen, im April 1898.
ROBERT
KLEINASlATISCUfi STUDIEN. III.
(Hieixa Tafel I-III)
Die phrygischen Felsdeokmäler.
Seit Leake im Januar 1800 auf dem Wege von Sidi-Gasi
nach Chosrew - Pascha- Han eine Anzahl grosser skulpirter
Felswände, vor allem das sogenannte Midasgrah entdeckte *,
haben diese Skulpturen auf alle Besucher des kleinasiatischen
Hochlandes eine starke Anziehung ausgeübt. Der ästhetische
Eindruck so allen und bedeutenden Menschenwerkes mitten
in öden, jetzt nur dünn bevölkerten Wald thälern, das Rätsel-
hafte ihrer deutlich lesbaren und doch nur halb verständlichen
Inschriften, die Fremdartigkeit ihrer Kunslformen, in die doeh
wieder Hellenisches eingemischt schien, alles kam zusammeD,
um die Phantasie des reisenden Laien wie den Forscbungß-
trieb des Gelehrten mächtig anzuregen.
Eine neue Epoche für unsere Renntniss der phrygiscben
Denkmäler begann, als Ramsay anfing ihnen die seltene Ener-
gie seiner Forscherarbeit zuzuwenden. Auf immer wieder-
holten Reisen hat er den Bestand der bekannten Denkmäler
mehr als verdoppelt und wir verdanken ihm gerade einige
der schönsten und merkwürdigsten Stücke. Wir dürfen an*
nehmen, dass seinem Spürsinn und Findeiglück kaum noch
wesentliche Oberreste entgangen sind ; ich wenigstens habe
bei mehrfachem Durchstreifen des ganzen Gebietes nur ein
einziges grösseres Denkmal hinzufügen können. Es ist zu
beklagen , dass Rarosay seine in den verschiedensten Zeit-
Bchritlen zerstreuten Forschungen noch immer nicht in einer
grösseren Pubiikuliou zusammcugeiassi hut; bisher unterrichtet
* Lcake, Journal of a tour in Asia Minor 8. 20-86.
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KLEI NASI ATISCHB STUDIBN. III.
81
man sich über seine Entdeckungen am bequemsten durch den
fünften Band von Perrots Histoire de Varl dans l'antiquite.
Leider ist Ramsays Stilgefühl wenigar glänzend als sein Fin«
derglttck und noch geringer ist seine zeichnerische Begabung.
So kam es, da» eine beträchtliche Anzahl seiner bedeutenden
Punde bisher nur in unzureichenden Abbildungen vorlagen
und daher auch yen Perrot, der im Jahre 186? einen Teil der
Denkmäler selbst kennen gelernt hatte, historisch nicht richtig
gewürdigt sind.
Ich hielt es daher für nützlich, das gesamte Material noch
einmal eingehend zu untersuchen, auch so weit möglich pho«
tographisch aufzunehmen und verwandte auf diese Arbeit einen
Teil der Sommermonate 1894 und 1895. Dem warmen wis*
senschafllichen Interese des Generaldirektors der anatolischen
Eisenbahn, Herrn von Kühlmann hatte ich es lu danken,
daas im Sommer 1895 der Photograph Berggren unter mei-
ner Leitung einige wohlgelungene Aufnahmen mit einem
grösseren Apparat, als mir sonst zur Verfügung stand, machen
durftet Derselben Förderung hat sich dann im Sommer 1896
Professor F. von Reber in noch viel ausgedehnterem Masse zu
erfireuen gehabt und in seiner Abhandlung über die phrygi-
schen Pelsendenkmäler (Abhandlungen der K. bayerischen
Akademie der Wissenschaften XXI ) liegen jetzt fast alle Mo-
numente in vortrefiFlichen Lichtdrucktafeln nach Berggrens Pho-
tographien vor*. Bine Wiederholung der Jetst ao gut TCidf-
< Vgl. Arch. Anzeiger 1895 S. i'31.
' Darunter bcüiiden sich auch zwei der von Berggren unter meiner Leitung
angefertigten Photographien (Taf. 3 und 1- ig. 1 1 j. Dau sie für mich auf-
genommen waren, kann dem Herau^ber ebenso woiig unbekannt ge-
blteben sein wie, dass ich mit einer Arbeit über die Felsdenkmäler be-
schäfligt war, denn er cilirl meinen Auf.satzAthen. Mitlheilungen XX ä.t-t9,
in dem ich sie ankündige. Fig. Ii bildet er ein erst von mir erforschtes
Denkmal ab ohne es selbst fiberbaupt gesehen zn haben. Niehl einmal die
Lage dieses wichtigen Grabes ist ihm bekannt, er bezeichnet es als unweit
Ton Lijcn liegend, von dem es etwa Td^» enifernl ist. Eine vorherige An-
frage bei mir wäre wol in jedem Fall augebiacbt gewesen, und würde ihn
tum wenigsten vor der falschen Ortsangabe bewahrt haben.
ATBBM. MlTTIUULUMaBN IXUI. 6
82
A. KOBRTC
feDilichten Werke hätte diesen Aufsatz unnütz belastet, ich
verweise daher ein für alle Mal auf die reberacheo Lichtdrucke
und beschränke mich auf die im Text sowie auf Taf. 1-3
mitgeteilten Probend
Zwei Grundirrtümer standen meines Erachtens bisher einer
richtigen geschichtlichen Würdigung der phrygischen Peisdenk-
mäler im Wege : Erstens galten alle, oder doch fast alle grös-
seren Monumente fiQr sepulcral, und aweitens glaubte man in
ihnen eine fortlaufende Reihe zu besitsen, die den allmäh-
lichen Wandel des phrygischen Stils und den wachsenden
Einfluss des Hellenismus Schritt für Schritt etwa vom IX.
Jahrhundert bis sur Diadochenzeit zu verfolgen erlaubten. Die-
sen beiden Sätzen stelle ich folgende entgegen :
1 . Das sogenannte Midasgrab und alle ihm ähnlichen Fas-
saden mit geometrischen Mustern sind Kultstättcn.
2. Die Denkmäler z*Tfallen in zwei scharf getrennte Grup-
pen, zwischen denen eine Lücke von mindestens 600 Jahren
klafft; alle Werke, die tlon l']inlluss der reifen griechischen
Kunst zeigen, gehören in die römische Kaiserzeit, in das II.
bis IV. Jahrhundert nach Chr.
•
1. Die \ltphrygischen Denkmaklkr.
A. Die Felsfassaden ohne Grabkammer.
Die erste Frage, die sich bei der Betrachtung der grossen
phrygischeo Felsfassaden mit geometrischen Mustern auf-
drängt, ist die nach ihrem Zweck. Werke von solcher Grösse
und so sorgfältiger Ausarbeitung,die dem unmittelbaren prakti-
schen Gebrauch nicht dienen können, sind entweder für die
Götter oder für die Toten bestimmt; zwischen diesen beiden
Möglichkeiten kann man schwanken, und die Gelehrten ha-
' Taf. 2 ist nach »'in<M bprpfrrpnschcn, die übrigen Abbildungen im We-
sentlichen nacli meinen Aulnahmcn hcrgeslelU. Die Originaipbotograpbien
sind bei Berggi ca ( Konslaalinopel, Grande f%u d» Pira ) und beim Deut-
schen Inslitttt ni Athen k&uflich sn haben.
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U.BINA8IATI8CHB 8TUDIBN. III. 93
ben sich, wie bemerkt» ganz überwiegend f&r die zweite ent^
schieden*. Die hierher gehörigen Denkmäler sind, in der
Reihenfolge, in der wir sie betrachten wollen, folgende :
a) Jasili-kaja, das sogenannte Midaagrah. Abgab. Taf. 1 .
Reber Taf. 5, sehlechter* bei Texier, Description de l'Asie
Mineure Ta.f. 56. Perrot-Chipiez Fig. 48,49; vgl. Ramsay,
Journal of Hellenic studies X, 1889, S. 156-161.
b) Arslan-kaja bei Düver. Abgeb. Taf. 2 und Fig. 3. Re-
bep Taf. 3 und Fig. 5, schlechter Hamsay, Journal of Hel-
lenic studies V, 1884, Taf. 44 S. 242 und 245. Perrot-Chi-
piez Fig. 108-110.
c) Delikli -tasch bei Tauschaniy. Abgeb. Fig. 4. Perrot,
Exploration de la Galatie et de la Bithynie Taf. 5. 6.
Perrot-Chipiez Fig. 50-57.
d) Denkmal von Bakscbisch. Abgeb. Beber Taf. 8. Perrot-
Chipiez Fig. 61 -63, vgl. unsere Fig. 6.
e) Mai-tasch bei Hairan-Veli. Abgeb. Beber Taf. 4. Bam-
say, Journal of HeUenic studies 111, 1882, Taf. 21. Perrot-
Chipiez Fig. 60.
f) Katschük-jaaili-kaja nahe dem Midasdenkmal. Abgeb.
Pig. 7 nnd 9. Reber Taf. 6, sehlechter bei Teiier Taf. 58 und
Perrot-Chipiez Fig. 59 und 128.
g) Hassan -bey-kaja, das sogenannte Grab der Arezastia.
Abgeb. Reber Taf. 7. Ramsay, Journal of HelUme studies
IX, 1888, S. 380 Fig. 13. Taxier Taf. 59. Periot-Chipies
Fig. 58.
a. Jasili-kaja (Midas- Denkmal).
Das sogenannte Midasgrab bat durch seine Grösse, seine
* Für die aepnlcrale BestirooMing hab«ii sich vor allem Ramsaj (vgl. be-
sonders Journal of HeUenic studies IX, 1888, S. 381 . X, 1889, 8. 156 ff.) und
Heber S. 56(1 IT. erklärt, Bedenken dagegen haben betreffs einiger dieser
Denkmäler Perrot-Chipiez {Uisloin de lart V !S. 102 und 9UU) und liadet
yS<tuv€lUs are/bAwt dn mitiUmt tcientifiques VI S. 457) erhoben; vgl. auch
Kretsdimer, BinieituDg in die Geschichte der griechischen Sprache 8. 233.
^ Oanilicb unzureichende ältere Abbildungen erw&bne ieh in dieser Litte
nicht, tie sind bei Perrot- Chipiei notirt.
81
s
A. KOBRTB
loiehriflt and ak zuerst entdecktes Denkmal stets besonderes
Interesse erregt, auch ich will deshalb mit seiner Besprechung
beginnen, wiewol es für die Entscheidung der uns zunächst
beschäftigenden Frage weniger wichtig ist. Taf. i giebt die
Felswand und besonders ihr Verhältniss zur Umgebung gut
wieder, für feinere Rinzelheiten der Ornament irung ist die
schöne Abbildung bei Reber ausgiebiger. Der stattliche, vorn
in einer Breite von fiber 16"* und in einer Höhe von fast 17"
skulpirte Fels besitzt gar keine Tiefe ; wie eine von Riesen-
hand aafgericbtete Stele steht er da, und man muss sich wun-
dem, dasB er trots eines tiefen Spalts in der Mitte den Un-
bilden des Wetters noch immer trotzt. Mit tadelloser Sauber-
keit sind das reiche Mäanderomament des Hauptfeldes, das
Schachbrettmuster der Seitenborten und die mannichfaehen
Balken und Leisten des Giebels gearbeitet. Der Wirkung
kommt Jetxt das schöne dunkle Rotgelb des Felsens sebr zu
Gute, aber als einst die ganze Fläche in strahlender Buntheit
prangte, muss der Gesamteindruck noeh starker gewesen sein*.
. Ebenso sorgfältig sind die beiden Insehriftan, die grosse Weih-
inschrift links aber dem Giebel und die kleinere Kflnstlerin-
sehrift auf der rechten Seitenborte in den Fels gehauen ; von
ihrem fireien sicheren Zug geben freilich die ängstlich ge*
kritialten Nachbildungen bei Reber keine richtige Vorstel-
lung*, leb wiederhole beide in grieehischen Minuskefai.
* Obwol Ton allen Torrömischen Felsfassaden einzig der Delikli-tasch
noch jetzt Farbspuren aufweisi, hat rloch Ueher siclierlicb mit Recht bei al-
len eine weitgeiieude Bemalung angenomuieu (S. 574).
* Die linguistische Litteratur fiber die altphrygisohen Inichrift«K fUirt
Kretschmer, Einleitung in dieGeschichte der griechifcben Sprache 8.9l7f.
auf.Die Abbildungen und Unischriflen, die Rebor mil Hülfe Her Photogra-
phien Berggrens »on den Nuinniern 1, 2, 6, 7, 8, 9 der ratnsaysclien Sainm-
Ittog (Journal of the Royal Asiatic Society XV Tar. i-3) hergestellt hat um für
weitere ErklSningsversnebe eine gani siehera Orandlage in sebalTra*, sind
leider durchaus nicht zuverlässig und ein In-dcutender Rückschritt gegen
Ramsay. Gleich das erste Wort der Inschrift Nr. \ lautet nicht Attc son-
dern Ati(, wie auch Berggrens Photographie erkennen lässt. In derselben
Inscbrift ist der sebwer bestimmban Holls Boobstaba des IBnIlin Warlas
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KLSINA8IAT18GHB 8TU0IBN. lU.
Nr. 1'. AtH Apiu«tFotic AxivflcvoXaFoc M(S«i X«F«ic(?)Tflut F«-
Nr. 2. B«6« Ms{AiFfliic npoiraFoc KqtCotv«Ft&c «t mvi(Miv
Dasa die kanm 1" tiefe Nische* der Felsfassade y\e\ zu flach
ist, um als Grabkammer zu dienen, wird jetzt allgemein aner-
kannt. Eine verborgene Grabkammer hinter der Nische, an die
man früher gedacht hat, ist durcirdie geringe Tiefe des gan-
zen Felsens ausgeschlossen, welche unsere Taf. 1 besonders
gut erkennen lässt. Ausserdem hat Ramsay mit mühevoller
Kletterei ermittelt, dass auch von oben kein Schacht in den
Fels hinab führt. Um gleichwohl den sepulcralen Charakter
des Denkmals zu retten, hat er neuerdings {Journal of Helle'
nie studies X, 1889, S. 160 f.) eine kleine Grotte links neben
der Felsfassade als zugehörige Grabkammer angesprochen.
Als ich sie 1894 sah, war sie 2,44'" breit, links 1,24", rechts
O.SO" tief, und an der Vorderkante links 1,20", rechts 0,40™
hoeb. Oass sie früher etwas tiefer gewesen und durch Ab«
nicht gleich dem ersten desselben Wortes, sondern steht nach meiner durch
Berggrens Photographie befttfttfgteii Abubrift dem II in npoitaFoc der Nr. 2
am n&chsten.e8 vird also weder >«F«Xt«u neeh XaFopTom sondern X«F«ircaMi
zu lesen sein. In Nr. 6 habe auch ich mir AxivavoXaFav [statt AxtvavoX«F«v
als möglich notirt, und die Photographie scheint das zu bestätigen, aber
dieselbe Photographie lehrt auch, dass Hanisaj und ich die folgenden Worte
riebtig TiCt( (lOYpo F^tMM oFapC gelesen baben (vgl. Kretsebmer, a. a. O.
8. 239), wibrand Reber sobreibt <K*c y(^**P« «t«c. In Nr. 8 eodlioh
Tehlen bei Reber die drei letzten Buchstaben aiC gänzlich, die doch selbst
auf der Photographie, freilicli weniger gut als auf dem Stein, lesbar sind.
In Nr. 7 bat Reber gegen Ramsajs erste Publication Recht, wenn er X^tx
statt X«i^t lebieibt, aber ^eae Verbesaerang bat Ruuaj selbst bereite
voliiogen [Journal of HeOtnie Mtudiet X, 1889, 8. i88) und auch Kietseb-
mer bat sie auf Orund meinw Abschrift angenommen ^a. a. O. 8. 218
Anni . 4).
< Reber, der S. 565 die Tiefe auf 1,80" 'im Mittel des rauhen Grundes*
angiebt, bat su der wirklichen Tiefe der Nische die der nAen von antiken
oder modernen Bchatigräbem in die Niscbenwand gebackten Höhlung bin-
zugefügt; seine Ifassangabe ist also fur die Kenntniss des allen Denkmals
wertlos.
86
A. KOERTE
splitterung des Felsens vorn an Ausdehnung verloren habe, hat
Ramsay aus der Zerstörung des ersten Buchstabens ihrer In-
schrift (Nr. 3 bei Ramsay a. a. O.) wol mit Recht gefolgert,
erheblich ist der Grössenverlust aber keinenfalls, denn die
Decke senkt sich vorn ziemlich stark und würde bei einer
beträchtlichen Verlängerung nach vorn den Boden berühren'.
Diese unregelmässige, winklige, kleine Grotte passt zu der
mächtigen Fassade neben ihr ganz und gar nicht, sie hat auch
mit den sicheren Grabkammern, die wir kennen, in Ausstat-
tung, Grösse und Form nicht die geringste Ähnlichkeit, und
deshalb scheint mir Ramsays Annahme ganz unmöglich; eher
trifft wol Perrots Vermutung, man habe Opfergaben in ihr
niedergelegt, das Richtige. Reber giebt denn auch (S. 567 )
Ramsays Grotte preis und ist 'vorläufig der Ansicht, dass
sich die Ruhestätte des Königs Midas eher unter dem Schutt
vor dem Grabmal finden dürfte*. Da er auch S. 564 von einer
'sicher auf mehrere Meter zu schätzenden* Verschüttung re-
det, möchte ich ausdrücklich betonen, dass von dem Denk-
mal auch nicht ein Zoll verschüttet ist. Die untere Grenze
der bearbeiteten Fassado ist überall sichtbar und darunter
springt der unbearbeitete gewachsene Fels stark vor, wie auch
unsere Tafel erkennen lässt; es ist also nicht abzusehen, wie
vor der Fassade eine Grabkammer in den Felsen gehauen sein
konnte, die mit dem Denkmal noch irgend welchen Zusam-
menhang hatte. Die gewaltsamen Versuche ein Denkmal als
Grab hinzustellen, bei dem ein Platz für die Leiche schlechter-
dings nicht zu finden ist, erhalten den Schein einer Berechti-
gung durch die bestechende Deutung, die Ramsay [Journal
of Hellenic studies X. 1889, S. 186) einem Worte der In-
schrift Nr. 2 gegeben hat. Er bringt oijcevifxav mit dem neu-
phrygischen Kvo>j{iav zusammen und erklärt es als Grab^. Es
* Leider ist die Grotte jetzt Terschwunden ; 1895 habe ich sie vergeblich
gesucht, sie scheint bei Anlage des auf unserer Tafel links sichtbaren Stalls
Ton den Tscherkessen zerstört zu sein.
* Dieselbe Deutung geben Turp, Abhandlungen der wissenscbaftlichen
Google
KLEINASIATISCHE STUDIEN. III.
wäre erfreulich, wenn unsere Kenntniss der phrygischen Spra-
che 80 sicher begründet wäre, daas alle eachlichen Bedenken
gegenüber sprachlichen Ericlärungen verstummen müssten;
aber dem ist leider nicht 80, nach dem offenen Eingeständniss
eines besonnenen Linguisten, der die kleinaeialischen Sprachen
jetzt wol am beelen beherracht. Kretschmer verwirft (a. a.O.
S. 232 f.) Ramsays Übersetzung, weil eben das Denkmal kein
Grab ist, und deutet atxfvfjMiv als *diese Skulptur, eingegra-
bene Arbeit*. Die Bestimmung des Midasgrabes kann also
aus den Inschriften nicht mit Sicherheit erschlosaen werden,
and sie würde ein Rätsel bleiben, wenn ans nicht andere
Werke derselben Art zu Hülfe kämen.
Bevor ich auf diese eingehe, mass ich aber eine stilistische
Präge erörtern, die sich an die Dekoration des Midasgrabes
knOpIt. Ramsay hat in setner Besprechung der perrotschen
Abbildung des Denkmals {Journal of Hellenic studies X,
1889, S. 149 ff.) mit Recht hervorgehoben, dass in dem Mäan-
deromament der Hauptfläche die erhabenen Streifen die glei-
che Breite haben wie die vertieften, so dass eich das ganze
Muster aus gleichen Quadraten zusammensetzen lässt. Diese
von ihm in zwei Skizzen (a. a. O. S. 150 und 15t) veran-
schaulichte Thatsache hat nun Ramsay bestimmt, den gesamten
Schmuck dieser und ähnlicher Passaden aus der Nachahmung
von Wänden mit farbigem Kachelbelag zu erklären.
Par diese Auffassung scheint in der That ein kleines Denk-
mal SU sprechen, das Ramsay a. a. O. S. 151 nur kurz er-
wähnt. Etwa 400* sadlich vom Midasdenkmal liegt am un-
teren Rande des Pelsplateaus eine 1,50* hohe, 1.45" breite
und 0,96" tiefe Nische, deren drei Wände gleichmässig mit
dem nachstehend Fig. 1 skizzirten Schachbrett- Muster in fla-
chem Relief verziert sind; den Boden bedeckt eine anscheinend
nur dunoe Scliuttächicht. Der Eingang hatte eine wahrschein-
Oesellschafl in Kristiania, liist. phil. Klasse 1894, Nr. 2. 8. 7, und Solm-
&en, ZeiLscbrifl für vergleiclieode Sprachforschung 34 8. 61.
A. KOKBTt
lieh ganz glatte Umrahmung, die nur links leidlich erhalten
ist; über ihm befindet sich ein stark zerstörter Giebel, der
c
fr.
c m
2r
Fie. 1
zum grösseren Teil wieder durch ein in Quadrate zerlegbares
Muster ausgefüllt ist; vgl. die beistehende Skizze Fig. '2. Die
Ähnlichkeit der Nischenwände mit einem Kachelbelag, wie
Fio. 2
wir ihn jetzt für Küchen oder Badezimmer verwenden, ist un-
bestreitbar, aber sie allein reicht meines Erachtens doch nicht
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KLBINASIATIBCHB 8TDDIBN. III.
hin, um die Dekorationsweise der grossen Fassaden zu er-
klären. Gleich bei dem Midasdenknial lässt sich zwar das
Hauptfeld in einzelne Kacheivierecke auflösen , die Seiten-
borten aber nicht, wie auch Reber bemerkt (S. 576), weil
hier immer vier auf die Spitie gesteilte Quadrate ein horizon-
tales umgeben, und noch weniger kommt man mit der Theo-
rie bei dem Kütschük-jasili-kaja aus. Auch hebt Perrot,
der an Ramsays früherem Versuch, die Dekorationsweise aua
der Teppichweberei herzuleiten, festhält, sehr richtig hervor
(S. 902), dase Kacheln eine natürliche Verkleidung für Zie-
gelwände aber niemals für Holz sind , während doch die
Schachbrettmuster mit Vorliebe gerade da auftreten, wo mit
Sicherheit Holzbalken zu erkennen sind , nämlich bei den
Giebelwangen und den Mittelstützen der GiebeP.
fiinen andern Weg der Erklärung hat Reber S. 572 ff. ein«
geschlagen. SämUiehe Bestandteile der Giebel erklärt er na-
bedingt überzeugend' aus dem Holzbau, die Giebelwangen
Bind die Verschalungsdielen der Dachsparren, oder der darüber
gelegten Pfetten, die Akroterien sind die überragenden ge-
kreuzten Boden dieser Dielen, und die kleinen verriegelten
Doppelthflren, die sich am RQtschfik-jasili-kaJa und Has-
san-bey-kaja zu beiden Seiten der Pirststfitze finden, sind
Luken, durch welche der Speicherraum unter dem Dach von
aussen zugänglich war. Freilich ist die Naebabmung des phry-
giscben Hausgiebels nicbt immer ganz streng durchgeführt,
die Akroterien haben im Pels gelegentlicb Pormen angenom-
men, die sie im Hobt gewiss niebt batten, und Sphingen, die
wir im Giebel von Arsbin-ka|a finden (Taf. 2), gehörten
* Eine solche Qiebelstütze werden wir nach dem Muster sämtlicher an-
derer Fassaden auch beim Midasdenkmal aouebmea dürfen, wo die Giebel-
mitte lentort ist.
' Nur das diw vermag ich selbst der Autorilit dM Arehitokten nicht la
glauben, dass man jemals schräge Giebeldächer aussen mit Lehm oder Let-
ten belegt hat. So üblich der Lebmbelag im Orient von jeher für horizontale
Dächer gewesen ist, bei Oiebeidächern ist er uuerhürt, der erste R^en würde
ihn ja hianntmpQIaii.
A.. KO£KT£
sicherlich nicht io den Giebel bölienier Wohobioser, aber
im Wesentlichen sind die Pomien eines imsaeo Haussiebels
gewahrt. Reber versucht daoB «och die grossen WaodÜächen
als unmittelbare Nachahmung wirklicher Hansirande au er-
weisen, aber dieser Nachweis ist ihm Dieht geglückt. Er er»
kennt die Verwandtschaft dieser Flächeo mil Teppichen an
und meint, gewebte Vorhänge wie aie im Innern der phrygi-
scben Haaser wirklich hingen, seim aussen am Haus in Be-
malung nachgeahmt worden. Wo ist es aber erhört in der
Architektur, dass die .Vussenwände einee Baus ihre Formen
dem zufalligen Schmuck des Haus-Innem entlehnen, dass mit
Verzicht auf alio Fenster, mit Unterdrückung aller constructi-
Ten Glieder, der Balken und Stützen, die llauswand als Tep-
pich maskirt wird, über dem dann ein Holzgiebel stQtzenloe
in der Luft schwebt? Ich glaube, dass alle Versuche, die ge-
samte Dekoration der phrygischen Pelsfassaden aus einer ein-
zigen Technik herzuleiten, sei es nun der Holzbau, die Tep-
pichweberei, oder der Ziegelbau mit K.achelbelag, notwendig
scheitern müssen, denn das Charakteristische für sie ist ge-
rade, dass sie mit dem architektonischen Aufbau nicht Ernst
machen. Selbst bei dem Denkmai ton Bakscbisch, das die
Formen eines Holz- Hauses am treuesten wiedergiebt, sind
viele Einzelheiten unorganisch, der Verzierung halber hinzu-
gefügt; welch ein Abstand geg^n die peinliche Treue, mit der
die Lykier in den ältesten Denkmälern die kleinsten Einzel-
heiten ihrer Holzhäuser naehbilden. Ohne Frag» wird der
ästhetische Eindruck aueh der besten Passaden durch das
Willkarliche ihres sorgfällig gearbeiteten Schmueks etwas be-
einträchtigt; es drimgt sich dem Beschauer ein leises Missbe-
hagen auf, weil er die einzelnen Teile nicht organisch ver-
binden kann. Gerade dieser Mangel organischen Zusammen-
sehlusses des Ganzen fitthrl die Phantasie immer wieder auf
den Vergleich mit Teppichen; denn was bei den Felsfiassaden
stillos wirkt, macht eben den Stil der Teppichweberei aus.
Mit unbeschränkter Freiheit entlehnt die Teppichweberei der
Natur und den verschiedensten Techniken Formen, mit denen
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KLBINABIATISCHB BTüDIBN. IH. M
sie in ungebundener Laune spielt. Rs verdient Beachtung, dass
eine der schönsten neueren orientalischen Teppicharten, die
"von l^okliara, fast ganz auf Nachahmung der Kaclieltechnik
gegründet ist; das Mittelfeld weitaus der meisten Bokhara-
Teppiche lässt sich in viereckige Kacheln zerlegen, deren Fu-
gen durch duDoe blaue Linien wiedergcijeben werden. Die phry-
gischen Steinmetzen wollten den Felswänden einen gefälligen
farbenreichen Schmuck verleihen, und dafür benutzten sie
mit derselben Freiheit, die sich die Teppichweberei zu allen
Zeiten genommen, Motive der verschiedensten Techniken,
bald die des Holzhaus, bald die der farbigen KacheWerklei-
dang, bald die gewebter Vorhänge. Diese verschiedenen Ent-
lehnungen können wir wol feststellen, aber wir thun den
Werken Gewalt an, sobald wir eine der Quellen, aus denen
die Phantasie des rein deoorativen Künstlers schöpfte, für die
einzige erklären, und aus ihr sämtliche Motive herleiten wollen.
b. Arslan-kaja.
Eine Stunde südöstlich von der Eisenbahnstation Düver er-
hebt sich dicht bei einem kleinen See ' ganz isolirt das Arslan-
kaja (Löwentels) genannte Denkmal, eine der wertvollsten
Entdeckungen Ramsays. Spitze Felskogel . die als riesige
rotgelbc /aekon einzeln oder in Grnpj)en auf den grimen
Matten stehen, (Inden sieh in diesem Teile Plirvijiens recht
häufig, aber wenim- siml durch Gestalt und Laire so eimirucks-
voll wie (lieser, den die Ifand eines phrygischen Künstlers zu
einem merkwürdigen Denkmal formte. Der unlere Teil des 7""
breiten und etwa 15'" hohen Blockes ist auf drei Seilen geglättet
und mit Relief geschmückt, die Ruckseite und die Spitze sind
* Aof dem too Reber 8. SU.banplsftcbUch nacb offleiellein tfirkisefaem
Msterial rnitgeteiltea Kärtchen des phrygischen Denkmälerhezirks ist die
gefrenseili'.'e l.age von Fels und See ufiriclitig angegeben; Arslan-ltaja ist
durch keinen Bergrücken vom S«'«; gi treiml und höchstens oOO"* von ihm
entfernt. Auf Kieperls grosser Karle des weüllichea Kleiuasieas ist der $acb-
tarhalt riebüger geieiebnel.
A. KOSBTB
unbearbeitet geblieben. Der vulkanische Tuff, aus dem der
Kegel besteht, wird dicht über dem Erdboden von einer ho-
rizontalen Schicht weichen Sandsteins unterbrochen, die der
Witterung ungleich weniger Widerstand geleistet hat als das
Tulkanische Gestein; doch bat das Denkmal dadurch keine
weMDtiiche Einbusse erlitten, weil der Künsller diese Schicht
nicht mit in seine Passade sog. Bei der ganz ungesebützten
Lage ist das Denkmal leider viel stärker durch die Unbilden
der Witterung beachSdigt, ab die meisten andern« deanoch lat
es möglich über die Art der Anlage und selbst Ober den Stil
mit siemlicher Sicherheit zu urteilen. Die ganze Nordostseite
des Blocks wird durch einen machtigen au^erichteten Löwen
in flachem Relief geftült (Fig. 3). Er stemmt beide Vordertatien
Fio. S
an die rechte Giebeleeke der Hauptfassade; sein leider zerst&r-
ter Ropf wOrde der Giebelbekrdnung der Vorderseite an Höhe
etwa gleichkommen. Die Ausfittbrung ist frisch und sorgfältig.
Die andere Nebenseite enthält nur noch geringe Reste eines
bedeutend kleinei*en, geflügelten Vierfüsslers, der in ruhiger
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KUtlNASUTlSCnS 8T0DUEN. lit.
»3
Bewegung naeh rechte aehreitet. Rameay beieiehiiet ihn (/oiir-
mU of HeUeiue studies V, 1 884,S. 947) elcherlich mit Reeht
ale Greifen, denn der Umriaa einea apitzen Schnäbele iat mit
hinreichender Dentlichiceit an erkennen*. Die naeh Sfldoaten
gekehrte Vorderseite erinnert atark an daa Midasdenkmal^dem
aie freilich an Breite aehr beträchtlich nachateht (etwa 7" ge-
gen 167«*)- Wie dort aehen wir die Hauptflacbe durch ein
geometriaehea Moater in flachem Relief auagef&llt, wie dort
öffnet eich unten eine Niache mit Thfiramrahmung und wie
dort krOnt ein Giebel mit Akroterion daa Ganie. Im Binidnen
aind aber alle Formen Yerachieden. Die atarke Zeratdmng
macht ee swar unmöglich, den kunatYollen Verachlingungen
dea FlSchenomamentea genau lu folgen, aber lo viel iat doch
klar, daaa ea iron dem dea Midaadenkmala abweicht und eelt«
aamer Weise iat Aber der Mitte der Nische eine Rosette in
das geometriache Muster gesetzt. An Stelle der breiten Borten
des Midasdenkmale faast hier eine einfache Reihe apitz ttber
einander gestellter Vierecke beiderseits die Flache ein. Die
untere Giebelleiate trägt eine Inschrift, deren Entzilforung wol
niemals ganz geiiogen wird ; auf einer bei besonders gOnstiger
Beleuchtung aufgenommenen Photographie glaube ich (A.TfMt-
T<pav zu Erkennen, doch bleibt die Lesung unsicher. Daa ge-
gen die Verachalungsdiele etwaa zurücktretende Sparrenglied
des Giebela tragt ein reingriechisches Mäanderomament, die
Hömer dea besonders grosaen Akroterion aind an ihrsn finden
mit augenartigen Rreiaen Ycrziert, so daaa aie Ramaay irrtüm-
lich für Schiangenköpfe hielt. Im Giebel atehen zu beiden
Seiten der mit einer aehr zerstörten Palmette Tcrzierten First»
statze zwei leidlich erhaltene Sphingen. Der RaumfiQliung
wegen sind die Leiber sehr lang gestreckt und die Beine ziem«
lieh kurz. Die Tcrbältnissmässig kleinen Flügel aind ange-
bogen, die in Vorderanaicht dargestellten Köpfe haben ao aehr
gelitten, dass ihre Gesichtszüge nicht mehr zu erkennen aind,
< Heber (S. 561) irrt, wenn er es fär wahrwlieinlich hält, dus das Tier
ein Löwe sei.
«4
A. tOtllTl
nur die grossen Ohren und je eine lange Schultprlocke lassefi
sich unterscheiden. Wichtiger noch als dieser nach fjriechi-
Bcher Art mit figürlichem Schmuck gefüllte Giebel, auf dessen
Stil ich noch zurückkommen werde, ist die Ausgestaltung der
Nische. Dass die Nische, deren Umrahmung mit der des Mi-
dasdenkmals fast ganz übereinstimmt, den Eingang in den
Fels bedeutet, ist hier zur sinnlichen Anschauung gebracht;
die beiden ThorflOgel sind weitaufgethan und an die Nischen-
wände angelegt, von ihrer peinlich genauen Ausführung in
allen oonstructiven Einzelheiten giebt Hebers vortreffliche Zeich-
nung und Beschreibung (S. 560) das beste Bild. Im Hinter-
grande der 2,30" breiten, 1,90*" tiefen, 2,40"* hohen Nische
sitzt eine ai^ zerstörte menschliche Gestalt umgeben von zwei
siehenden Löwen, die ihre Tatzen an das Haupt der Figur
legen. Trotz der starken Verwitterung sieht man. dass die
Figur einen hohen rundlichen Aufsatz auf dem Kopt trägt und
die rechte Hand an die Brust, die linke in den Schoss gelegt
hat. Das Sitzbild zwischen den beiden Löwen stellt natürlich
die grosse Göttermutter dar, die Matar Kubile, wie sie in
einer gleiclizeitigen Inschrift (Nr. 11 bei Ramsay) lioisst. Ihr
Sitz sind die Berge, deshalb führt sie nach den verschiedenen
Gebirgen die Namen Dindymene, Sipylene, Idaia, und dass
die piTDpöptk (Eurip. Hei. 1301) ganz eigentlich drinnen im
Bergbausend gedacht wird, sagt unser Denkmal so deutlieh
wie nur möglich. Eingeschlossen in der Tiefe des Felsens thront
sie, aber hier hat sie einmal ihre Pforten aufgethan, und die
Gläubigen, die zu ihr pilgern, können mit eigenen Augen
achauen,dass die Göttin ihnen leibhaftig nahe ist. So klar wie
in unserem Denkmal ist diese Vorstellung von derPelswohnung
der Gottin sonst nirgends ausgesprochen, aber die beiden
kleinen Pelaniachen mit ihrem Bilde, die Ramsay (bei Perrot
S. 158 Fig. HO) und Reber (S. 585 Fig. 10) entdeckt haben,
drücken wenn auch weniger deutlich ganz denselben Gedanken
aus. Auch das berühmte grosse Bild der Göttin am Sipylos (Per-
TOiMuioire de l'art IV Fig. 365. Athen. Mittheilungen 1888
Taf. i ) wird nicht anders zu Terstehen sein, obwoi hier die
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KLBINASUTISCfiB STUDIEN. Itt.
9$
architektonische Umrahmung fehlt. Ein langes Fortleben hat
sodann die griechische Kunst dieser üarslellungstbrm der
Göttermutter gesichert. Krst das Üenkraal von Arslan-kaja
macht die merkwürdige Thatsache verständlich, dass Kybele
io der griechischen Kunst von den alten kymäischeo idolea *
bU herab auf die hellenistische Zeit mit Vorliebe eingezwängt
in einen NaiskoB dargestellt wird. Die kleinasiatischen Grie-
chen übernahmen voD Phrygem und Lydern das uralte Bild
der im Berge thronenden Göttin, und wenn sie sie auch in
den Einzeldarstellungen von ihrem Bergsitze loslösten, so blieb
doch die an die alten Felsbilder erinnernde Nischenumrahmung
etwas der Göttin Eigentümliches , das sich neben jüngeren
freieren Bildungen mit echt religiöser Zähigkeit hielt. Die äl-
testen griechischen Darstellungen, die von Kyme, sind ja
älter als der Arslan-kaja, aber den Schlüssel zu ihrem Ver-
ständniss giebt das jün<;;ere Bild, weil es in jener Landschaft
geschaffen wurde.die das Wesen der (ayitvip optia von den älte-
sten Zeiten vor der phrygischen Einwanderung (vgl. Kret-
sehmer, Einleitung S. 194 f.) bis zum Ausgpmg des Heiden-
tums am treuesten bewahrt h:it
Die ausschliesslich religiöse Bedeutung des Arslan-kaja
scheint mir über jeden Zweifel erhaben. Perrot S. 152 hat sie
auch nicht verkannt, aber Ramsay, dem sich Reber (S. 562f.)
anschliesst.häit an der Journal of Hellenic studies V, 1884,
S. 152 gegebenen ErklärunjU' fest: / feel convinced that the
monument is seputcral. Wenn Ramsay für seine Auffassung
die aus römischer Zeit gut bekannte phrygische Sitte anführt,
den Toten in enge Verbindung mit einer Gottheit su bringen,
den Grabstein ihm und dem Gotte^ gemeinsam zu weihen, so
* BulMin di eomspondtmee heUitiique 1889 8. 545 ff. vgl. Joabin, Mutit
Imperial Ottoman, catalogue des sculptures Nr. 32-34 ; auch die dritte Nam*
mer ist ein Bild der Göttermulter, nicht der Athena Polias wie .Touhin Tor-
scblägt; die TaUuu und Teile des Löwenleibes auf ihrem Öuboss &iud sicher
tu erkennen.
* In der ipiteren Zeit iit die mit dem Toten vereiaigle Gtotlheit tleti
96
A. KOBRTB
wird man ihm den Rackscbluss au8 der spälereo Zeh auf äl-
tere religiöse Vorstellungen gewiss zugeben, aber daraus folgt
noch nicht die Berechtigung ein Denkmal, dem all und jede
Andeutung einer sepulcralen Beslimniung fehlt, für einen
Grabstein aa erklären. Bs ist Willkür eio ii^ndwo in der
Nähe verboi^nes Grab ansunehmen wenn ein Denkmal in
seiner ganzen Ausdehnung sichtbar und aus sich heraas als
Kttltstätte durchaus yerständlich ist. Arslan-kaja ist kein Grab
sondern ein Heiligtum und diesem festen Punkt muss man
die ähnlichen Passaden angliedern, deren Bestimmung we-
niger leicht SU verstehen ist.
Beim Jasili-kaja ist freilich der fiewi Wita an die Stelle
der Göttermutter getreten, aber das macht nichts aus. Daes
Midas ein Gott ist, den die Phryger aus ihrer europäischen
Heimat mit nach Asien gebracht haben, ist schon mehrfach
ausgesprochen worden^. Als die I'^roberer dann den Dienst
der allkleinasiatischen Muttergoltlieit ( Hamsay, Journal IX,
1888, S. 307, Kretsclimer S. i94)annahmen, ja zu ihren begei-
sterten Dienern wurden, da inusste auch der alte Stammesgott
Midas zum Kreise der Götlerm utter in irgend welche Beziehung
Zons, meist mit dem Beinamen ßpovt«&»; die Oottennuttar kommt, so Tiel
ich sehe, niclU auf Grat)stciueu vor.
* Reber hilft sieh wieder mit der Annahme einer Verschültung. Ange-
sichts unserer Taf. 2 ist es kaum nötig lu erkl&ron, dass das Monument
selbst nicht im geringsten verschüttet ist. Auch von dem rohen Felsen ist
vom ein gutes Stück sichtbar.sicherlich könnte also eine Gratistätte keinen
unmittelbaren Zusanimenbang mit dem Denkmal haben. Wenn er weiter
sagt: ' Würde das Grab mit der Kriegerfassade bei Arslan-tasoh nicht durch
atmosph&riscbe BinOfisse gesprengt und dadurch die Kammer bloesgelegt
sein, so würde man» da die Thüre wo! schon in früher Zelt verschüttet war,
von eiiH'in Grabraiim wahrscheinlicli niclils wissen', so entbehrt diose Be-
hauptung jeder Begründung. Niehls ist gewisser, als dass die Thür jenes
Grabes bis zu seiner Zerstörung nicht vcrscbfittet war. Hftite dieThfiröflhung .
bereits vorher im Boden gesteckt, so könnte sie jetst nicht flach, natfirlich
etwas eingesunken, auf dem Boden liegen, denn der Stein bitte keinea
Platz zum Umkippen gehabt.
' Kretschmer.Einleiluug S. 199; Dielericb, Pbiiologus LH B. 5; Kuhnert
in Rosebers Lexikon II 8. 2961 f.
KLBINASIATISCHB STUDIKN. III.
97
gesetzt werden. Er sank zum Heros herab und hiess der Er-
bauer des Tempels von Pessinus (Diod. III, 59) oder aber der
Sohn der Kybeie (Hygin. fab. 19i und 274). Dadurch dass
später die historischen Könige Phrygiens den Namen Midas
abwechselnd mit dem des Gordios führten, wurde der Gott
Midas in der Überlieferung f^ua zurückgedrängt, manches
was ihm zukam, wurde nun den menschlichen Königen bei-
gelegt. Vielleichl gehörte auch der Thron, den Herodot (I, 14)
in Üelphi sah, ursprünglich dem Gölte Midas (vgl. Reichel,
Vorhellenische Götterkulte S. 17). Den göttlichen Sohn der
Kybeie haben wir in dem Fk^xl MtSa« des Denkmals su er-
kennen, und es ist nicht wunderbar, dass auf ihn eine ursprOng«
lieb iür die Göttermutter erfundene Form der Kultstätte über-
tragen wurde.Vielleicht deutet auch der iName des Dedikanten
Ates=Attis auf einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem
Kybelekuit. Attis ist der heilige Name, den der Oberpriester
der Göttermutter noch in hellenistischer Zeit führt (Athen.
Mittheilungen 1897 S. 16 f.), und diese Uieronymie ist sicher-
lich sehr alt. Nur ein Mann in hervorragender Stellung kann
die gewallige Passade geweiht haben; ein Phrygerkönig ist es
nicht gewesen, denn die heissen ständig Midas und Gordios,
da liegt es nahe in dem Ates der Inschrift den Oberpriester
der Göttermutter zu erkennen, der neben seinem sacralen Na-
men auch den bürgerlichen Arkiaevais Sohn des Akenanolas
angab.
Dass sich das Midasdenkmal ungezwungen nach dem Ma-
ster von Arslan-kaja erklären lässt, leuohtet ein; aber giebt
es nieht PasBaden« die dem Midasdenkmal eben so nahe stehen
wie Arslan - kaja und doch deutlich erweishare Gräber sind ?
Das ist freilieb die allgemeine, auch von Perrot geteilte An-
sicht, aber sie ist irrig.
e. Dellkli-taBch.
Das entscheidende Denkmal ist die Ddikli-tasch (der daroh-
löcherte Stein) genannte Fassade, die im äussersten Westen
ATHEN. MITTNBILUMOEM ZZIII. 7
06
A. KOBRTB
Pbrygiens in einem kleinen Seitentbal des Rhyndakos liegt.
-Von Hamilton entdeckt und ganz flüchtig skizzirt ( Resear^
ches I S. 97 ) ist dies Monument von Perrot auf seiner »^alali-
scben Expedition genau untersucht und in sorgfältigen Zeich-
nungen veröffentlicht worden'; die Gesamterseheinung giebl
auch UDsere Fig. 4 wieder. Eineo gewaltigen FeUblock aus
Fia.4
vulkanischem Gestein, dessen Südfassade weilbin sichtbar ist,
haben natürliciie Einflüsse in alter Zeit in drei Teile ge-
spalten und Menschenband bat den mittleren zu einem selt-
samen Denkmal von schlichter, fast rober Grösse gestaltet.
Die Spitze des Felsens bat die Form eines ziemlich steilen
gleichschenkligen Dreiecks ohne jeden weiteren Schmuck er-
halten, 80 dass man schwanken könnte, ob dem Künstler ein
Giebel oder eine Pyramide als Vorbild vorgeschwebt hat.Nach
unten schliesst sich zunächst.durch einen schmalen Absatz ge-
schieden, eine ebenfalls glatte trapeztörmige Flüche an; ihr
* Weniger gelungen ist der perspecUviMhe Sobnitt, den Chipiez naeh den
allen Zdohnimgen für die BUMn 4§ V«rt V Abb. SS eonslmirt hat.
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KLEINASIATISCHE STUDIEN. III.
99
unterer Rand bricht plötzlich ganz unregelmässig ab, und die
glatte Felswand wird auf einer Strecke von etwa drei Metern
durch eine roh auagehauene Wölbung unterbrocheu, die un-
gefähr aussieht wie eine sich überschlagende Meereswoge. Auf
diese Lücke folgt nach unten wieder eine glatt bearbeitete Flä«
ehe mit unregelmässiger Oberkante, die anscheinend nicht gp-
nau in der Ebene der oberen Felswand liegt, sondern gegen
sie ein wenig vorspringt. Ein grosser Teil dieser 3,20"* hohen
Fläche wird von einer breiten, ganz flachen Nische eingenom-
men, deren Umrahmung sehr an dasMidasdenkmal erinnert;
drei niedrige Stufen sind ihr vorgelagert. In die Mi tie der Ni-
Bcbenwand ist von modernen oder antiken Schatzgräbern ein
rundes Loch gehauen, das einem schlanken Menschen den Zu*
gang zu dem dahinter gelegenen Schacht gewährt. Dieser
Schacht, dessen Wände nur roh behauen sind', ist auf dem
Grunde 1,80"* lang und 1,24" breit. In einer Höhe von 2,40"
Aber seiner Sohle ist in die Vorderwand ein Absatz von 0,20"
Breite ziemlich unregelmässig eingehauen, wieder 1,10"' höher
urogiebt ein schärfer hervorgehobener Absatz, an den Lang-
aeiten rund 0,25", an den Schmalseiten rund 0,35" breit, den
Schacht, dessen liebte Weite hier nur 1,52 zu 1,21" betragt.
Schon diese Abmessungen machen es sehr bedenklich, den
Schacht für ein Grab zu halten. Könnte auch auf der SchachU
sohle ein Toter von mittlerer Grösse zur Not ausgestreckt lie-
gen, so ist die obere Öffnung zweifellos zu klein, um eine
wagerecht ausgestreckte Leiche durchzulassen, der Tote mfisste
eiofach in die Gruft geworfen worden sein, und das wider»
spricht dem sonst bekannten Brauch der Phryger. Ich will
kein Gewicht darauf legen, dass der Schacht, bei einem Grabe
doch die Hauptsache, nur ganz nachlässig gearbeitet ist, aber
von besonderer Wichtigkeit ist die Art seines oberen Abschlus-
ses. In den vier Ecken des vorhin erwähnten Absatzes (vgl.
* Cbipiez Perspective (Perrot Fig. 52) giebt von den GrössenverbälUiissen
nod der Arbeit des Sehaehtee keine richtige Vorstellung.
I
k. &OERTB
Pig. 5 naeh Perrot), finden sieh vier etwa 0,15" breite, 0,10*
lange und 0,06* tiefe Einarbeitungen, und an dem oberen
Fio. 5
Rande des Schachtes, 90™ über dem Absatz kehren ähnliche
Einarbeitungen von 0,20" Breite. 0,1 4™ Länge und 0,!0" Tiefe
wieder. Perrot nimmt nun (S. 93) einen doppelten Verschluse
durch grosse Steinplatten an, die auf den Einarbeitungen auf-
lagen. Aber diese Annahme ist unmöglich. Wer den Schacht
mit einer Steinplatte schlieseen wollte, der würde die Kanten
der Platte in ihrer ganzen Länge auf allen ^ier Rändern des
Absatzes haben ruhen lassen ; es wäre geradezu widersinnig,
wenn der Steinmetz sich die doppelte MQhe der Einarbeitun-
gen in den Felsrand und des Aushauens von Zapfen an den
Steinplatten gemacht hätte, da hierdurch die Festigkeit des
Verschlusses nicht im mindesten erhöht wurde. Die Yiereckigen
Einarbeitungen sind an beiden Stellen nur als Lager für Holz-
balken Terständlich, und wir müssen sie in Zusammenhang
bringen mit andern gleichartigen Einarbeitungen ^ an der rohen
gewölbten Felswand 2* über der Mündung des Schachtes, die
auch auf Fig. 4 sichtbar sind. Wer die ganze Felswand betrachtet,
* Perrot glaubt diese S. 97 tor Aufbahme broniODer Zierrate bestimmt,
aber dafür sind sie viel zu gross und die nachlässige Bearbeitung der Hob*
Inngswaad beweist, dass sie nicht sichtbar seiu sollte.
ized by Google
EUI1IA81ATI8CHB 8T0D11K. JU.
101
wird nicht im Zweifel sein, dass nach Absicht des Künstlers
unmöglich der obere und untere sorf^faltig bearbeifele Teil der
Fassade durch die klaffende Lücke der roli gehauenen Höhlung
auseinander gerissen werden sollte, und doch ist es sicher, dass
diese Höhlung gleichzeitig mit der ganzen Anlage gearbeitet
wurde, denn nur sie ermöglicht die Anlage des Schachtes. Die
Einarbeitungen nun lehren uns, dass hier eine Holzconstruc-
tion aushalf; die Lücke der Fassade war maskirt durch eine
Bretterwand, deren obere Stützen in den Einarbeitungen der
Höhlungswand ruhten. Unten griff diese Bretterwand, deren
Form und Construction wir im Einzelnen natürlich nicht
mehr feststellen können, vielleicht etwas über den Mündungs-
rand des Schachtes über; dafür spricht eine auch auf Perrots
Abbildung 50 sichtbare Einarbeitung, die sich aussen rechts
ein wenig unter der Schachlbrüstung befindet. Die Einschie-
bung von Holzteilen in die Felsfassade war deshalb nicht stö-
rend, weil die noch jetzt in sicheren Resten erhaltene Be-
malung (vgl. Perrot Abb. 56) den Unterschied des Materials
verdeckt haben wird. Zwischen Holzwand und Felshöhlung
entstand dann eine Art Kammer über dem Schacht, und die
Einarbeitungen in dem Schachtabsatz werden den Tragbalken
eines hölzernen Bodens als Lager gedient haben. War aber der
Schacht, wie die Einarbeitungen meines Erachtens mit Be-
stimmtheit erschliessen lassen, nicht durch grosse Felsblöcke,
sondern durch einen Holzdeckel verschlossen, erhob sich vorn
über ihm eine Holzwand, so ist seine Verwendung als Ruhe-
stalt eines Toten, gegen die schon seine geringen Abmessungen
sprachen, gänzlich ausgeschlossen. Bei genauerer Überlegung
sieht man auch, dass sich die Nisciie vorn an der Fassade sehr
schlecht mit der sepulcralen Bestimmung des Schachtes ver-
trägt. Wer zur Bestattung eines Toten einen Schacht von 4,40™
Tiefe in dea Fels baut, hat die Absicht die Leiche gegen jeg-
liche Entweihung ganz sicher zu stellen, und dieser Zweck
wird durch die Anlage der Nische völlig vereitelt. Bequemer
kann man es Ja einem Grabräuber gar nicht machen, als indem
man ihm an der äuBseren Felswand den RubeplaU des Toten
A. KOBnn
durch cine Scheinthür bezeichnet und dort die Felswand so-
weit verdünnt, dass wcnifro Schläge mit einer Hacke genügen,
um einen Zugang zum Schacht zu öffnen.
War also der Delikli - tasch kein Grab, so kann auch dieses
Denkmal nur als Kultstätte errichtet sein. Die Nische bedeutet
hier genau so wie am Arslan-kaja den Eingang zur Wohnung
der Göllerm utter, und der Schacht ist eine Opfergrube; er ist
von oben bis zu dem Punkt in den Felsen getrieben, wo hin-
ter der Scheintbar die Gdttia thronte , damit das Blut der
Opfertiere ja ganz sicher bis zum Sitz der Mutter Kybele
drang. Damit erklären sich alle Einzelheiten, die der Annahme
einer aepulcralen Verwendung des Schachtes im Wege stehen,
seine Lage unmittelbar hinter der Nische, die geringen Ab-
messungen seiner Mündung, die nnchläsf^ige Bearbeitung sei-
ner Wände und der Bretterboden als oberer Abschluss.
Opfergruben sind ja auch auf griechischem Boden nichts Un*
gewöhnliches ; sorgfältige Anlagen der Art haben sich in
dem samothrakischen und thebanischen Kabirenheiligtum ge-
funden (Untersuchungen auf Samothrake I S. '21, Athen. Mit-
theilungen Xill S. 95), und die iox^p«* Heroenkultes, de-
nen wir schon in Mykene begegnen, sind den Opfergruben
wenigstens nahe verwandt (Rohde, Psyche S. 33). Wie das
Blut des Opfertieres den Unterirdischen in die Erde hinabge-
gossen wird, so lässt man es für die iti^z-no opiia in das Innere
des Felsens rieseln, das ist eine so natQrliohe Vorstellung, dass
sie lur Erklärung eines Denkmals wie Delikli- tasch vOllig
ausreicht. Vielleicht dflrfen wir aber noch weiter gehen und
die Art der Anlage mit dem seltsamen Opferbranch der Tauro-
bolien und Rriobolien in Verbindung bringen, die im späten
Altertum eine so wichtige Rolle im Ruit der Gftttermutter und
des Attis spielen*. Nach Pmdentius anschaulicher Schilderung
in der Passio Romani («tpt orifivttv X 1006 ff. ), wurde der
' Vgl. Marquardt. Hfimisclie StaatsTerwallung III S. 87 f. F^reilcr-Jordan,
Römische Mylliolugie II S. 392. Zippeis Beliaudluiig der Taurulioiien in der
Festschrift für Priedlinder 8. 49Sff. scheint mir weni^ glückltcb.
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KLBINA8IATISCHE STUDIEN. III.
103
ZU Weiheode in feierliclier Tracht in eine Grube gesenkt, diese
mit einem vielfach durchbohrten ßretterboden geschlossen und
darüber der geschmückte Opferstier geschlachtet. Sein Blut
drang durch Löcher und Spalten des Holzbodens undbeneUte
Körper und Gewand des Versenkten, der blutüberströmt her-,
ausgeiogen und mit Jubel ale rein und wiedergeboren begrOnt
wurde. Ich möchte nicht unterlassen, wenigstens darauf hinzu-
weisen, dasB Oelikli-tasch zur Feier einer solchen ßluttaufe
8ehr geeignet erscheint. In dem Felsenschacht fand ein stehen-
der Mann reichlich Platz, und der hölzerne Boden aber ihm
würde zu Prudentius Schilderung vortrefflich passen. Frei-
lich sind Herkunft und Bntstehungszeit der Taurobolien, die'
uns zuerst im Jahre 134 nach Chr. begegnen (CLL. X 1596)
und den Höhepunkt ihrer Verbreitung im IV. Jahrhundert
erreichen, noch ganz dunkel, und ein so vorzüglicher Kenner
spätheidnischer Kulte wie Franz Cumont hat den ursprüng-
lichen Zusammenhang der Bluttaute mit dem Kybeledienst
überhaupt in Abrede gestellt'. So kann die äussere Überein-
stimmung einer Kultstätte wie üelikli -tasch mit den fur Tau-
robolien erforderlichen Anlagen ,selir wo! ein täuschender
Zufall sein, und so lange keine Mittelglieder die Lücke zwi-
schen dem VII. oder VIII. Jahrhundert vor, und dem II.
Jahrhundert nach Christi Geburt ausfüllen, wird man aus ihr
für das Alter des naiven, derb sinnlichen Kultbrauches nichts
folgern dürfen. Nur die Verwendung von Opfergruben im
Kult der Göltermutter können wir aus den Taurobolien als
alten Brauch erschliessen und in der That wird soeben eine
Opfergrube in dem Kybeleheiligtum hellenistischer Zeit in*
* Revue arch. 1888,XII. S.i32 ff., Revue de philologie 1893 S. 195, Pauly-
Wissowa I S. ?031. Cumonl leitet den Ritus aus dem Kult der persischen
Anabita ab, ohne gani durcbsoblagende Qrfinde dafür ▼oraubring«n. Die
Anahita wird in keiner einzigen Taurobolieninschrifl genannt, our einmal
t\f.L. X 1596 die Venus Caelesta {\),<\as ist doch b«'(l(MikIi( h. Und wie kommt
die persische Göttin des befrucbtendeu Himmelswassers zu den cbtboniscben
Opfergrubeu V
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104 A. KOBRTB
Priene bekannt Möf^licherweise hat. der Schacht des Denk-
mals auch noch grausigere Opfergaben au [genommen als das
strömende Blut des Opfertiers ; Herr F. Cumont macht mich
auf folgendes Scholion zu Nikander Alex.. 8 aufmerksam :
AoSpivDC OaXdepiai' totcoi Upoi, Axoyiiot, avaxttjuvot t-^ 'Pcx, otcou
IXTt(tWÖ|&IVOI TA XttTtTCOlVTO Ol T$ 'AttII Xtti Ttf Xot-
Es ist Dicht ausgeschlossen , dasa der religiöse Charakter
des DeniLmals früher noch leichter za erkeonen war als jetzt.
An der Wand der Nische ist unter dem von den Schatzgräbern
geschlagenen Loch ein 0,50' breiter, rauher and etwas er-
habener Streifen sichtbar, und noch deutlicher hebt sich auf
dem Boden der Nische in der Mitte eine Erhöhung von 0,06"*
ab, die nach vorn 0,45** weit zu verfolgen ist. Es ist wol
möglich, dass hier ursprQnglich ein Idol der Göttin stand, wie
in den beiden oben (S. 94) erwahnten'Nischen. Der Fels bricht
so leicht in senkrechten Flächen — auch der Wulst über der
linken Ecke der Nische ist ganz glatt abgesplittert — .dass die
Absplitterung des ganzen Idols beim Durchbrechen des Loches
zum Schacht wol denkbar ist; eine andere Erklärung für die
unzweifelhaften Erhebungen des Grundes vermag ich wenig-
stens nicht zu geben.
Ein besonderes Interesse würde Delikli-tasch noch bean-
spruchen, wenn Perrot Recht hätte mit der Annahme (S. 9" f.),
dass einige seltsame eingeritzte Linien Reste einer Inschrift in
vorgriechischen 'troischen 'Ruchstahen seien. Seine Abbildung
57 giebt ein treues Bild von diesen Liniengruppen, aber ich
zweifle, ob sie wirklich Schriftzeichen sind. Der schmale linke
Innenpfeiler der Nischenumrahmung wäre ein sehr merk-
würdiger Platz für eine Weihinschrift, und die Zeichen haben
in ihrer gegenseitigen Stellung etwas so Zufälliges, dass ich
geneigt bin, sie für bedeutungslose Kritzeleien zu halten.
« Arch. Anzeiger 1897 S. 182.
* Auf die&tilbe Sache gebt wol Hesjfchs Glu&se Kü€<Xa- opi] «{»pu^''^ "-^^
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KLEINASIATISCHE STUDIEN. III.
105
Spuren roter Farbe, die Perrot in ihoeo wahrgenommen hat,
habe ich nicht beobachtet. In Evans sorgfältiger Zusammen-
stellung vorphönikischer Schriffzciclien {Journal of HeUeaUt
Studies XIV, 1894, S. -2/0 ff. Taf. 1 ) findet sich kein genau
entsprechendes Zeichen ^ aber die Möglichkoit, dass die Linien
doch Schriftzeichen Bind und mit den von Evans behandelten
Zeichengruppen zusammenhängen, kann ich natürlich nicht in
Abrede stellen. Auch ohne diese Zeugen besonders hohen Alters
lässt sich Delil(U-tasch aU das älteste der phrygischen Feis-
denicmäler erweisen; Formen und Verhältnisse sind hei ihm
viel unbeholfener, unentwickelter als bei den anderen Fassaden
und die plastischen Ver/.ierungen der grossen Flächen fehlen
noch ganz. Um so mehr Beachtung verdient es, dass dies älteste
Denkmal von einer treuen Nachahmung bestimmter Archi-
tekturformen weiter entfernt ist, als irgend ein anderes; deut*
lieh ausgeprägt ist nur der Eingang in den Fels, auf den es
eben vor allem ankommt.
d. Denkmal von Bakschisch.
Auf den Delikli-tasch lasse ich das Denkmal von Bakschisch
folgen, das ihm zwar zeitlich ziemlich fern steht, aber in der
Anlage wichtige Obereinstimmungen zeigt. Bei diesem zier-
liehen und höchst malerisch am Bergabhang zwischen schönen
Bäumen gelegenen Monument ist in der That die Wirkung
eines Hausbaus angestrebt, nicht nur die Fassade ist aus-
gehauen, sondern der einzeln vorspringende Felsblock hat
auch seitlich teilweise glatte Wände erhalten, und selbst das
Giebeldach ist roh angedeutet. Aber hinten ist der Bau von
dem gewachsenen Felsen nicht gelöst, er geht in den steilen
Felsabhang Ober, dem er wie ein Propylon vorgelagert ist.
Einen ziemlich grossen Teil der 3,40" breiten Vorderseite '
nimmt die etwa 1,50" breite Nische ein, die eine grösste Tiefe
< Sayccs Versuche, sie mit troischen Spinnwirteln in Zusammenhang m
bringen (bei Schlietnann, Ilios S. 76')) srh^inen mir nicht glücklich.
' Die kleineren Verhallnisse des Denkmals haben es mit sich gebracht,
voQ den drei Teilea 4er Fa8sa4e de§ !|idasdenkii|a|8 Seitenborle, FIft-
106
A. KOERTE
von 0,90" besitzt. Nach Perrots Grundriss (Abb. 62) und He-
bers Beschreibung (S. 578) befindet sich hinter ihr eine Grab-
kammer^und damit wäre {a freilich die Frage nach der Bestim-
mung des Denkmals entschieden, aber in Wirklichkeit ist der
Hohlraum keine Rammer* sondern nur ein offener Schacht.
Wie beim Delikli-tasch ist von der Nische aus in unbestimm-
barer Zeit ein Loch zum Schacht durchgebrochen , das mir
gestattete, wenigstens mit dem Oberkörper hindureh au kriechen
und die Bodenfläche des Schachtes zu messen. Wahrend die
Abmessungen der SchachtmOndung 1,19 zu 0,7^" betragen,
misst die Sohle 1,18 zu O.es*", die roh gearbeiteten Wände sind
also senkrecht wie bei einem Schornstein von oben nach un-
ten geführt. Üassein Baum von 1,18™ Länge und O.OS" Breite
keine Kammer genannt werden kann, und für einen Toten
nicht gross genug ist, leuchtet ohne weiteres ein. Mithin ist
bei diesem Denkmal der Schacht ebenso wie beim Üelikli-
tasch als Opfergrube zu erklären.
Heber hält f S. 577) das Denkmal von Baksohisch für das
jüngste von allen und das kann richtig sein, entschieden wider-
sprechen muss ich aber seiner Behauptung, dass an ihm per-
sische Einflüsse bemerkbar seien. Ks finden sich nämlich an
allen Ecken der Gasseiten, in weiche die Fassade eingeteilt ist,
innen und aussen runde Scheiben angesezt, die Beber für spira-
lenlörmige Kndungen des Cassetlen rahmen we rks erklärt und
ebenso wie die dazwischen quer vor die Balken gelegten Rollen
oder Polster mit den Doppelspiralen der bekannten jonisiren-
den Säulen in den Palästen Ton Persepolis und Susa in Zu-
samenhang bringt'. Diese runden Glieder sind aber keine
nachlässig ausgefQhrten Spiralen, sondern recht sorgfältig gear-
beitete Rundbalkenkdpfe mit sauber eingezeichnetem Kreis,
cheniuu&ler und Nii^clic hier das Flüchenmustcr fortgefallen ist: die Borte
aehUesit unmillelbar an die Nische an.
< Nach Wilsons bei Perrot «iedergegebener Sliisie wire sie ein Raum
▼on 3,40 XU 1,85"> Grundfläche.
> Dieulafoy, L'arl antique de la Persr III Kiir. 105; Stolze, Pbotograpbieea
TOB Persepolis l Taf. 67; Perrol-Chipiez V i ig. 312.
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KLEINA81ATISCHB STUDIEN. III.
107
der wol die Jahresringe oder die Scheidung von Rinde und
Holzkern andeulen soll. Allerdings ist der äussere Kreis nir-
gends ganz von der Ecke gelöst, weil das sehr mühsam ge-
wesen wäre, aber dass die Rollen an dem Rahmenwerk nur
anliegen, nicht aus ihm volutenartig herauswachsen, das
erkennt man mit Sicherheit bei den im Giebel zu beiden
Seilen der Firststütze angebrachten Stücken (s. Fig. 6). Das
Fio. 6
Glied ist demnach als Endigung eines senkrecht zur Fassade
liegenden runden Holzbalkens aufzufassen, wie sie an lyki-
schen Grabmälern so häufig vorkommen'. Freilich sind diese
Balken köpfe an unserer Fassade nicht wie l>ei den lykischen
mit construclivem Verständniss angebracht, sondern mit jener
spielenden Willkür gehäuft, die ich oben [S. 90 f.) als Eigen-
tümlichkeit der phrygischen Felsdonkmäler zu erweisen suchte.
Auch die quer vorgelegten Polster, die Reber wol zunächst
auf den Gedanken an persische Säulen gebracht haben, stam-
men zweifellos nicht aus Persien, denn sie kommen genau so
schon am Delikli - lasch vor (Perrot Abb. 51, 52, 54. 55),
und dies Denkmal ist sicher älter als die frühesten Anfänge
persischer Kunst. Es wäre ja auch ein höchst seltsamer Vor-
gang, wenn die persische Umbildung (vgl. Dieulafoy a.a.O.
S. 76 f.) des jonischen Volutenkapitells von Persepolis nach
* Texier, Description de lAsie mineure lU Taf. 201. 227, 3; Benndorf,
Reisen I Fig. 24. 37, 80; Ferrol-Chipicz V Fig. 249,250,260,261,264,266.
108
A. KOERTE
Phrygien gewandert und bier ^zlicb misaTerstaoden aoge-
wandt wäre.
Ich sehe mithin keinen Grund, das Denkmal in die Zeit der
Perserherrschafl oder gar bis ins vierte Jahrhundert hinab zu
drücken. Nur seine relative Dalirung ist möglich; es Bcbeint
siemlich am Ende der echiphrygischen Werke wa atehen.
e. BfaUtaseh.
Von allen phrygiscben Denkmälern sind wir über den Mal«
tasch (Schatzatein) am schlechtesten unierrichtet, weil er das
einzige YeraebttUete ist. Sein Entdecker Ramsay hatswar 1889
einen A usgrahungsversucb gemacht, aber er konnte nur einen
kleinen Teil freil^n lassen, und die wenigen späteren Be-
aucher haben zu ihrem lebhaften Bedauern sein Werk nicht
fortsetzen können. Bekannt ist also nur der Giebel, der oberste
Streif des Fiächenmusters und folgendes Stück einer am linken
Rande senkrecht nach unten laufenden Inschrift' vaTiy.E^ov va.
Daa siebtbare Stück der Fassade steht dem Midasdenkmal und
Arslan-kaja sehr nahe, und g^rn würden wir Aufklärung
haben über die Bildung ihres unteren Teiles. Hinter der Fas-
sade führt wie in Bakschisch und beim Delikli-tasch ein senk-
rechter Schacht von 1 ,50 zu 1,56" lichter Weite in den Felsen
hinab. Die Grösse dieser Abmessungen legt hier den Gedan-
ken an ein Grab zunächst nahe, aber natürlich muss dies eine
mangelhaH bekannte Denkmal nach den übrigen besser er^
forschten beurteilt werden, und hei genauerem Zusehen er-
weisen sich die Masaverhältnisae des Schachtes für ein Grab
keineswegs passend. Um einen Toten hinabzusenken braucht
man keinen Schacht von 1,50" Breite auszubauen, dagegen
wird man ihn unbedingt länger machen als 1 ,56". Also ist
* Vgl. Kretschmer, Einleitung S. 219. Reber S. 564; in dem Jalir, das
twisclien nicincra und Rebers Besuch Hegt, ist anscheinend schon wieder
ein Buchstabe der vorlrelVIicb K^^^cbriebrnen und gut erhaltenen Inschrift
zugescbwemuil wurden ; bald wird jede Spur vun Hamsa^is Arbeit ver-
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KLEINASIATISCHB STUDIEN. III.
m
auch diese Fassade ebenso zu beurteileo wie die beiden an«
dem mit dahinter liegendem Schacht.
f. Kutflehük-jasili-kaja.
Eine besondere SteUung nehmen die beiden unweit des
Midasdenkmals gelegenen Fassaden ein, die bei den Banern
Kütschük-jasili-kaja (kleiner Scfarififels) und Hassan-bey-
Jcaja (Fels des Hassan -bey) heissen. Diesen beiden fehlt nicht
nur der Schacht, wie dem Midasdenkmal und dem Arslan-
kaja, es fehlt ihnen auch anscheinend die Nische, die wir bei
allen andern Fassaden mit Ausnahme des verschütteten Mal-
tasch feststellen konnten. Der Kütschük-jasiii - kaja liegt am
Westrande desselben Plateaus auf dem sich das Midasdenk-
mal befindet*, hoch oben am Fels, und würde gewiss mehr
Beachtung gefunden haben , wenn sein mächtiger Nachbar
nicht immer den Löwenanteil von Zeit und Aufmerksamkeit
der Reisenden iür sich beansprucht hätte. Berggrens Pho-
tographie, nach der Rebers Tafel b und unsere Fig. 7 ange-
ferligt sind, ist in diesem Falle ganz besonders wertvoll, weil
die älteren Abbildungen, auch die bei Perrot (Fig. 59) in
wichtigen Punkten ungenau sind. Unterhalb des Giebels, des-
sen getreu nachgebildete Speicherluken ich bereits oben S. 89
erwähnte, folgt zunächst ein Streifen mit Loiosknospen und
Palmetten, dann die Einfassungshorte des leeren, ein wenig
vertieften Hauptfeldes. Sie ist ähnlich wie bei dem Denkmal
von Bakschisch in Quadrate geteilt, die mit über Eck gestell-
ten Vierecken gefüllt sind Reber bat nun die bisher unbe-
' Auf Ramsays Plan des ganzen Plateaus Journal of Hell, studies IX, 1889,
S.375 Fig. 11 fehltdiesDenkm.il leider: sein Platz wäre zwisclien yote (7 und
gale E. wie liaiusay selbst aacblräglicb bemerkt bat {Journal of Hell, studies
X, 1889, 8. 164). Das Studioin der wertvollen Arbeiten des henromgenden
Forscliers wird leider recht oft durch die Verwirrung erschwert.die boshafte
Koboldi: in seinen Skizzen und Manuscripten anzurichten lieben.
3 leb babe gleich allen früheren Heisendcn Spuren dieses Musters auch
an den horizontalen Seitenbortea zu sehen geglaubt, wie leb gegen Reber
8* 568 bervorfaeben mdcbte.
1
I
tLStNASUTISCflB STDDIBN. til. Ill
merkte Thatsache festgestellt, dass die Fassade unvollendet ge-
blieben ist. Die geringe Höhe des Hauptfeldes gegenüber seiner
bedeutenden Breite und der Grösse des Giebels weicht von
den bei allen andern Denkmälern bcobaciileten Verhältnissen
so aufTäliig ab, dass sie unmöglich von vornherein beabsichtigt
sein konnle'. Man möchte, wenn man das Denkmal ansieht,
den unteren Teil der Fassade ans der Erde graben, aber der
gewachsene Fels schliesst unmittelbar an den jetzigen Unter-
rand an. Heber hat auch eine Vermutung über den Grund der
NichtVollendung. Das Midasdenkmal ist nach ihm das Grab
des bei Herodot i, 35 genannten letzten Königs dieses Namens
und dessen Sohn Gordios, der Vater des Adrastos, war gerade
dabei sich ein nicht weniger schönes Grabmal zu errichten,
als die Perser Kroisos Reich zerslörlen und damit auch der
Herrschaft des lydischen Vasallen Gordios ein Ende machten;
im Jahre 546 wurde also die Arbeit an dem Denkmai abg6-
' brocben. Diese livpothese überhebt Reber der unangenehmen
Notwendigkeit bei diesem Denkmal, das Niemand für ver-
BcbüUet halten kann, einen Platz für die Leiche ausßndig zu
machen, aber Rebers eigene Tafel und unsere Fig. 7 lehren,
dass er den Sach verbalt falsch aufgefasst bat. Freilich, die
Fassade wurde nicht so ausgeführt, wie sie geplant war, sei es
dasB der Fels unten zu stark vorsprang und seine Abarbeitung
mehr Mühe verursachte, als man berechnet hatte, sei es
dass ein Sprung im Gestein die Vollendung störte, aber man
hat sich doch geholfen und das schöne Werk nicht unbenutzt
gelassen. Etwa zwei Meter unter der linken Ecke der Fas-
sade an einer Stelle des FelsenStdie bei regelrechter Ausführung
des Denkmals hätte fortgesprengt werden müssen, ist
das Gestein geglättet und eine einfache Nische mit Giebel,
Firststütze und geschwungenem A k roter in den Fels gehauen.
Diese kleine Anlage scheinen bisher alle Reisenden übersehen
* Die älteren Zeichner setzen, wol unbewussl, die Fläche nach unten so
veil fort, dass sie den Proportionen der andern Fassaden entspricht; selbst
Ramsa;s kritischem Auge scheint dieser Fehler in Perrots Abbildung ent-
gaogsn so taiii.
112
A. KOBRT&
Bu haben ; auch ich habe sie nicht bei dem mehrmaligen Be-
saoh der Statte, sondern erst auf Berggrens Photographie ent-
deckt. Zttf&llig hat sich der Arbeiter mit der Messlatte ge-
rade yor die Nische gestellt ; dadurch wurde ich auf die Stelle
aufmerksam und konnte dann auf meinen eigenen Aufnahmen
sowie auf solchen des Herrn Major ?on Diest noch Einzelhei-
ten besser feststellen. Natürlich ersetzen diese Beobachtungen
an Photographien, die Pig. 7 verwertet sind, nicht die Be-
sichtigung des Denkmals selbst, aber die Hauptsachen lassen
sich doch ermitteln. Die Nische war mit Giebel und Akroter
rund 3" hoch, der Giebel 2" breit, die eigentliche Nische
wenig mehr als 0,50'" breit und von fieringer Tiele; der linke
Flügel des Akroters und ungefähr ein Üritlel des Giebels sind
jetzt abgesplittert. Giebel lialken, Firslstütze und Akroter sind
verhältnissmässig dick Die ganze Anlage ist selir einfach und
schmucklos. Da die kleine Nische und die grosse Fassade bei
regelrechter Diirehluhrung nebeneinander nicht hatten bestehen
können, sind zur l:lrkliirung des jetzigen Zustandes zwei Mögf-
iichkeiten gegeben. Entweder war die Nische älter und die
grosse F'assade sollte sie ersetzen, bei der Ausführung stellten
sich aber Bedenken ein, die alte Kullstätle zu zerstören und
so iiess man lieber die neue Fassade unvollendet, oder aber
die kleine Nische wurde nachträglich hart unter die grosse
Fassade gesetzt, als deren Vollendung aus irgend weichen
Gründen aufgegeben wurde. Ich halte die zweite Möglichkeit
für ungleich wahrscheinlicher, denn im ersten Fall hatte man
die Fassade ohne Gefahrdung der Nische noch reichlich einen
Meter weiter nach unten ausführen können. Die Schmucklosig-
keit der Nische, die man als Zeichen höheren Alters ansehen
könnte, erklärt sich auch, wenn sie ein nachtiüglich hinzu-
gefügter Notbehelf war ; reichen Schmuck hatte man oben an
der Passade genugsam angebracht, jetzt kam es nur noch dar-
auf an, die dort fehlende Kulfiiische. den Fingang in den Fel-
sen anzudeuten. An sicii wäre freilich die Nische gross genug
für eine kleine selbsiändige KultstUlle; wir haben mehrere
Beispiele entsprechender Anlage von etwa der gleichen Grösse:
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KLBINASIATISCHB 8TDDIBN. III.
113
Zu den beiden mit Kybele-Idolen ausgestatteten Nischen in der
Umgegend von Liyen (s.S 94 ) kommt die oben S.88 beschrie-
bene und teilweise abgebildete Nische mit den Kachelmustern
an den Innenwänden, und für höchst wahrscheinlich halle ich
es, dass die von Reber S. 575 Fig. 6, B abgebildete Anlage
nicht, wie er meint, ein Kindergrab, sondern gleichfalls eine
bildlose Kultnische ist*. Von besonderer Wichtigkeit für das
Verhältniss dieser kleinen Nischen zu den grossen Fassaden
ist endlich ein kleines Denkmal, das ich ziemlich weit nörd-
lich von dem eigentlichen Gebiet der Felsdenkmäler im Por-
sukthale fand ; seine Lage werde ich S. 1 4^ bei Besprechung
eines grossen benachbarten Grabes (^) genauer bezeichnen. Lei-
der ist die skulpirte Schicht der geglätteten Felswand vielfach
abgesprungen und nur der beistehend in Fig. 8 abgebildete
/
/
Fio. 8
Rest des Denkmals erhalten. Man erkennt einen steilen Giebel,
' Reber hat dies mir unbekannte Monument 'hoch oben am östlichen
Sleilrand der Akropolis von Jasili-kaja' nur aus der Entfernung zeichnen
können; seine Abbildung stimmt milder Ersatznische des Külschük ja-
sili - kaga aafTallend überein.
ATHEN. MITTHBILUNOEN XXIII. 8
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{fl
Ik. lOBEn
dessen beide untere Ecken fehlen, und darüber das charakteri-
stische rundgebogene Akroterion, weiter eine breite Firststütze,
in die längliche Vierecke abwechselnd rechts und links von
der Balkenmitte eingeschnitten sind, und unter dem Giebel-
balken wird gerade noch der Rest eines ähnlichen geometri-
schen Muslers sichtbar, lilwa 0,50" tiefer ist eine rund 0,60"
breite, 0,40'" hohe Nische von höchstens 0,80" Tiefe in den
Fels gehauen Trotz seiner Kleinheit und Dürftigkeit — der
Giebel wird etwa i,50'° breit gewesen sein — ist dies Denk-
mal offenbar eine Nachahmung der grossen FelsfasaadeD , mit
denen es die Ausgestaltung des Giebels und die georaetrischeo
Verzierungen gemein hat. Die Nische hat hier ihre Thürform
verloren, möglicherweise erfüllte sie sugleicb den Zweck des
Schachtes und diente zur Aufnahme kleiner Weihgaben. Dasa
die kleine offene Nische keine Grabstätte sein kann, ist ohne
weiteres klar, und um so wertvoller ist ihre Verwandtachah
mit den groesen Fassaden f&r deren Beurteilung.
Bevor ich die Besprechung des Rütschak-jaaili-kaja sehliesse,
muss ich noch auf den Ornamentstreifen unter dem Giebel ein-
gehen. Perrot, der Fig. 128 nach einer ramsayschen Skizse
eine im Ganzen treue Abbildung' des Ornamentes giebt, hält
(S. 1 9*2} die Bestandteile für Eicheln und Eichen blätter und ver-
Pie. 9
mutet, der phrygische Künstler habe vom Osten her das Motiv
der Lotosknospe und Palmette übernommen, aber an die Stelle
' Auf der Abbildung erscheint sie zu dunkel und darum zu tief.
* Fig. 9 wledarbolt dIeM Abbildnng in venehiedanen Pankteo nach dai>
Phologrtpbieo und iminM Notisen beriohtigt
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luiNAsunscm stodiin. tn.
IIS
der fremdartigen Pflanzen Frucht und Blatt eines heimischeD
Baums gesetzt. Reber, der die Teile Palmetten und Knospen
nennt, meint (S. 568) der Fries lasse erkennen, 'dass die hel-
lenische Umbildung des orientalischen Motives den Phrygern
bekannt geworden sein musste' — aber wir können weiter ge-
hen ; das Ornament ist hellenischer Besitz, eine treue Nach-
ahmung oslgriechischer Vorbilder. Wenn ich auch kein hel-
lenisches Kunstwerk anführen kann, dessen Ornament sich mit
dem Fries völlig deckt, so lassen sich doch alle seine charak-
teristischen Eigenliimlichkeilen im ostgriechischen Kunstkreise
nachweisen. Die Verbindung von Lotos und Palmette durch
Ranken, die aus dem Kelch des Lotos herauswachsen und auf
ihren Spiralen die Palmetie tragen, kehrt auf fast allen cäre-
taner Hydrien wieder*, nur sieht bei den mir bekannten
Exemplaren eine Lotosblüle an Stelle der Knospe und die ein-
zelnen Blätter der Palmette sind von einander gelöst ^. Es
genügt, geschwungene Seitenblätter an die Knospen des phry-
gisehen Oroameots anzufügen, um es dem Fig. 10 abgebilde-
Fto. 10
ten PalmetteDitreifen der cäretaner Hydria in Wiea (Masner,
Sammlung antiker Vaien im öiterreich. Museum Nr. 218
1 Dfimmler, Köm. MittheiluDgen III S. 166 ff. ; Pottier B. C. U. XVI
S. S54ff., LBscbcke, Athen. MittbefliingMi XIX 8. 516 Ann. Die Oftgri*-
obisdM Heriranfl dieier VasenUatie leugnet jetst wol Niemsnd mehr, wean
der Fabricationsort auch noch nicht fest steht.
' Noch etwas freier aber sonst übereinstimmend sind die Palraelten und
Blüten auf dem von Puttier II. C. H. XVi S. 247 Fig. 3 abKebildeten Bnicb-
ik&ek einei UtsomeniMben Sarkopbagei.
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116
A. KOBRTB
Taf. 2) nahezu gleich zu machen. Die Bildung der Knospe
mit den geschwungenen Kelchbiältern und der Teilung durch
einen Millelslrich findet sich ganz ähnlich auf dem Bronze-
beschlag von Bomarzo (Antike Denkmäler l Taf. 21,5) sowie
auf vielen rhodischen Vasen (z. B. Salzmann, Ne'cropole de
Caniiros Taf. 32. 37), und die Fäclierform der Palmette ist
älteren ostgriechischen Denkmälern ganz geläufig. Auf den
neuerdings von Savignoni { Monumenti dei Lincei W\ S.
277 £F.) in musterhafter Beweisführung als jonisch erwiesenen
Slabdreifüssen kommt ein dem phrygischen sehr ähnliches
Ornament vor, nur sind die Lolosknospen zwischen den Pal-
metten zu Eicheln geworden. Wie leicht die Knospe in die
Fig. H
Eichelform übergeht, lehrt sehr gut eine in Caere gefundene
architektonische Terakolte des Berliner Museums, die wie eine
schlechte Nachahmung des phrygischen Frieses aussieht. In
Fig. 11 ist sie mit der freundlichen Genehmigung der Mu-
seumsverwaltung abgebildet. Hier gleichen einige der läng-
lichen Gebilde zwischen den ganz verwahrlosten Palmetten
Eicheln, andere wieder sind sicberlicl» Knospen. Diese etruski-
sche Terrakotte ist von den ostgriechischen Vorbildern genau
80 abhängig wie der phrygische Fries, der mit geringem Ge-
schick in die nationale geometrische Dekoration eingefügt ist.
g. Hassan - bey - kaja.
Der Fels des Hassan - bey, der 2^ nördlich des Midasdenk«
mals am Wege nach Tschukurdscha liegt, gleicht dem eben
besprochenen Denkmal sehr, aber seine Breite (3,80"°) ist nur
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KLBINASUTiSCB« 8TU0IBN. HI. ii7
^twa fadlb 8b gross als die des Rtttsehttk - Jasili - kaja. Die
Giebel beider Fassaden sind gans gleicb, auch die Seitenborlen
des Haoptfeldes stimmen genau flberein, nur ist das Muster
an d^l* rechten Seite des Hassan - bey- kaja zweimal neben ein-
ander getetst', und die Stelle des Palmettenfrieses vertritt ein
liisebrifUtreifen. Das Hauptfeld ist völlig leer, eine viereckige
Einarbeitung dicht unter der Mitte der oberen Borte scheint
mir alt. Ich vermag aber ihren Zweck nicht anzugeben. Da
ihah an der fertigen Ausführung des Denkmals nicht zweifeln
kann, Ist das Pehlen der Nische sehr auffallend ; ich halte es
ftth möglich, dass sie durch Bemalung auf dem Hauptfelde
angedeutet war. Das Denkmal unterscheidet sich von allen
andern auch dädurch; dass die Fassade durch einen gegen 3"
hohen * glatten Sockel vom Boden getrennt ist, vor ihm tritt der
gewachsene Fels zu Tage und somit ist auch hier das Vor-
handensein eines mit der Passade irgendwie zusammen hän-
genden Grabes ausgeschlossen.
Nicht ins Gewicht feilen diesem Befunde gegenüber alle
Deiitungilversuche der langen Inschrift, die rechtsUiufig auf
dem Balken unter dem Giebel beginnt, dann linksläufig hart
Aber dein Giebel weitergeht, und endlich in doppelter Windung
auf dem N>bea Fels fiber dem Denkmal fortgeffihrt ist (Nr. 8
tthdl bet Ramsay) F^ikuv TiyaToC Co^'^^utaC ai^cvo^ dciuvttvo-
XceFöt^ «iC jAOftipav apc^a<TTiv ßovoie dU(ivdevoXaFo[c] ^aatcctiT ^oe-
Tips?^ iFcTtKffmi^ oFiFcv ovojiav X««ji»T Xaxfyoxt^ FiväFtuv tLfxa.^
jjLATipe^. Diese Inschrift ist als Ganzes noch durchaus unver-
* Auf der linken Seite war der äussere Streifen vielieicbt mit demselben
Auslef bemalt, skulpirt war ef nicht, wie ich gegen Reb«r S. S70 bemerke,
«gl. Ramsay, Jimrtui of BOknie studin X 8.
. ' Wie Reber auch hier wiedersagen kann (S. 570) 'Seliullriuriiöhiin;: un-
bestimmbar' begreife icli nicht; seine eigene Tafel 7 lehrt, dass auch nicht
eine Fibgerbreite des Suckels verschüttet ist.
* Die pvoktineD Buehstaben gebe ieh nach Ranuay (Beocenbergen Bei-
träge XIV S. 309), sie sind möglich aber unsicber.
* t>a8 Sigma flii AKenanolaTOB ist sicher, wie ieh gegen Ratosay hervor-
bebe.
118 A. EOian
slandlieh ; fettiuitehen scheint mir nar, dan AruastiB dss
Weib 6m Akenanolas and die Mutter dee Vrekye war,dagpegeii
halte ieh es keineswegs far sieher, dass der Sohn ihr dies
Denkmal errichtet hat*. Bs lässt sich Ja nicht einmal bewei-
sen, dass Ppntuv Nominativ ist ; ich halte es für mindeBtens
ebenso möglich, dass der Narne gleichfalls im Accusativ steht
und der Sinn der Inschrift etwa ist: den Vrekys und seine
Mutter Arezaslis soll schützen die Huld der Mutter vom
Berge usw. Auch die neben der rechten Seitenborte herab-
laufende und über dem Sockel nach links einbiegende In-
schrift, die man dem Steinmetz zuteilen möchte (Nr. 9 Ram-
say) axaviCiv ÄupCavjCov TavsXepxoC klärt uns nicht auf. Über
die Inschriften des ganzen Denkmals kann man viel vermu-
ten, aber fast nichts beweisen; darum ist es methodisch falsch,
gerade diese Fassade als Schlüssel für da& Verständniss der
anderen benutzen zu wollen.
Sollte aber wirklich Vrekys das Denkmal su Ehren seiner
Mutter Arezastis haben ausführen lassen, so wäre in der Thai
diesmal die Tote vereint mit der Göttin gedacht und mit einem
Kultplatz geehrt worden,wie er der Göttermutter losteht. Dass
eine solche Verbindung zu dem, was wir aus späterer Zeit
von dem phrygischen Volksglauben wissen , durchaus passt,
gestehe ich Ramsay gern zu (ygl. oben S. 95). Dies ändert
aber nichts an der Thatsache, dass die eigenartige Kunstform
der prSchtigen Pelsfassade dar den Kult der Göttermutter er^
funden ist und mit der Toten bestattung nichts lu thun hat.
Neben den grossen Passaden mit ihren Nischen, die den
Eingang zU dem SitM der Göttermutter drinnen im Berg
schmQcken.giebt es in Phrygian aus derselben Zeit noch andere
StStten derGotte8verehrung,nämIich unbedachte Pelsaltäre mit
vorgelagerten Stufen. Ramsay, der zuletzt Journal of Heir-
Unic studies X S. 167 f. Fig. 20-24 solche am Felsplateau
« Man würde in diesem Falle den Namen der Mutter eher Im DsÜt ab im
AecttiAtiT erwarten.
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KLBINASIATISCHB STUDIEN. III.
119
des MidasdeokroaU gelegene Altäre sehrausfübriieh behandelt
bat verkennt meines Erachtens die ihnen zu Grunde liegende
religiöse Vorstellung. Gr sieht unter Zustimmung Perrots den
Gegenstand der Anbetung in dieken oben abgerundeten Stein-
tafeln, die sich auf der obersten Stufe zweier Altäre erheben
und bei den andern anscheinend zu ergänzen sind. Der Name
ßaiT'Aoi, den er ihnen beilegt, kommt aber nur rohen, vom
Himmel gefallenen Meteorsteinen wiez B. dem pessinuntischen
Kybelestein zu ( vgl. Tümpels Artikel ßaitylia in Pauly-VVis-
■owas Real- Encyclopädie II S. *27 79 ff.), zudem ist bei dem
grOsaten und best erhaltenen Exemplar (Ramsay Fig. 23;
Perrot -Ghipiez Fig. 106; Reber Fig. 9) dieser oben abge-
rundete Pfeiler aus dem Felsen selbst gehauen, also ein in-
tegrirender Bestandteil dea Altan, kein darauf gestellter Fe-
tisch. Die richtige Deutung dieser Anlagen hat bereite Sarre
anläaalich der Besprechung einea verwandten, ron ihm in der
lykaoniachen Salzwöate entdeckten Denkmals gegeben (Reise
in Rleinaaien S. 104, Areh. Epigr. Mittheilungen XIX S. 34);
es sind Throne fiür die unsichtbare Gottheit und die oben ge-
rundete Steinphitte ist die Rttckenlehne, die man Je nach Be-
lieben aus dem Felsen selbst berausmeisselte, oder gesondert
auf der Sitzfläche anbrachte. Wie ausserordentlich Tcrbreitet
der Tbroncultus seit den ältesten Zeiten in Hellas und vor al-
lem in Asien war, und wie zäh er sich behauptet hat, lehren
Reiebela Tortre£Diche Untersuchungen Qber diese Kultform
(Vorhellenische Götterculte, Kapitel I). Der Thron ist dem un-
sichtbaren Gott als Sitz bereitet, und wenn eine Jüngere, am
ikonischen Kult hängende Zeit ein Bild der Gottheit dabei zu
sehen wftnscht, dann stellt sie wol eine Bildsäule auf den Sitz
(Reichel S. 13 ff.), aber schwerlich hat man Je die Umrisse
einer (Sötterfigur auf die Rüoklehne des Throns geritzt, leb
vermag daher die Bogeolioien aut der Rflckwand des erwähn-
ten Throns, die nach aussen in rohe Spiralen auslaufen, nicht
• Vgl. aucb Ratnsay, Journal of milenic stwliet III, 1882, 8. 12 ff. Fin^. 4
Ttit.il.B, Ferrol-Cbipies 8. 146 ff. Fig. 101-106. Reber8.582ff. Fig. 8, 9.
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120
A. KOERTE
mit Ramfldy, Perrot und Reber für Götterbilder zu halteo S
sondern sehe in ihnen nur eine einfuche Venierung der
Lehne ^. Höchstens könnte der doppelte Bogen andeuten, dasa
der Thron ala Doppelsits gedacht ist wie der durch Hiller von
Gärtringen auf Cbalke bei Rhodos entdeckte Doppeltbronf des
Zeus und der Hekate (Arch. Epigr. Mittheilang^n XVII S. 3
Fig. 2 ), aber nötig ist diese Annahme keineawega.
Die Throne sind von Haus aus nur für Himmelsgötter be>
stimmt ; überzeugend führt Reichel a. a. O. S. 35 folgende Bnt-
wiokelungsatufen auf : natürlicher Berg als natürlicher Götter-
thron, natürlicher Berg mit künstlichem Thron, künatlielier
Berg mit künstlichem Thron, künstlicher Thron. So werden
auch die Throne am Felsplateau von Jasili-kaja einem phry-
gisclien Himmels^olle gelten. Es scheint aber, dass man in
Phrygien auch der Göttermulter Throne errichtet hat, und dass
diese dann folgerichtig nicht auf dem Fels sondern in ihm
standen. Uamsay hat im Journal of the Royal Asiatic so^
ciet?/ Xy Taf. 3 ein seltsames Denkmal veröfFentlicht , das
dem grossen Löwengrahe gegenüber liegt: In den Felsen ist
eine ziemlich flache, fast 5'" breite, 1,60 -2, 00" hohe Nische
ohne jeglichen architektonischen Schmuck und von nicht ganz
regelmässiger Form gehauen, und etwa in ihrer Mitte befinden
sich vor der Nischen wand drei bis vier 1" breite, stark zer-
störte Stufen, die kaum etwas anderes gewesen sein können ala
ein Sitz für die Göttin. Dasa diese Nische der Göttermutter
geweiht war, lehren die ersten Worte einer gerade über den
Stufen an der Nischenwand angebrachten Inschrift Maxof Ku-
6tXf('. Diese eigentümliche Verbindung von Götterthron und
' Dass Reber S. 58i in den t)eiden Kreisen sogar iwei im Profi 1 einan-
der zugekehrte Gesichter erkenit, ist eine eratauolicbe LeisluDg der Phan-
tasie.
* loh bennrke noch gegen Perrot und Reber, dass kdn Onind Torliegi,
die rechte Seite des Denkmals für lorstSrt ta halten; die Stufen schneiden
rechts von dem Thrunsitz grailiinig ab, ein dem linkon onltprecbender
rechter Flügel war also nie vorlianden.
* Den letzten Bucbslabea habe ich C gele&eu und dai scheinen Abklatsch
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KLBINA8UTI8GBB 8TUDIBN. UI. ftf
FebniBehe atoht; bo viel ich sehe, bisher allebi da, aber der
Einfluss des Throns ist vielleieht auch in den Fällen änsa-
nehmen, wo einer KuUnische der Göttermutter Stufen torge-
lagiert sind wie bei Deilkli-tasch und dem kleinen Yon Reber
entdeckten Denkmal (S. 585 Fig. 10); auch Yor der Nische deb
Midasdenkmals glaubte ich Reste Ton Stufen su erkennen.
B. Die PelsgrSber.
Die Zahl der altphrygisehen Felsg^ber ist nach Abxog al-
ler mit Unrecht dasu gerechneten Denkmäler siemlich klein;
mir sind nur folgende grössere Grabanlagen bekannt :
a) Das lertrQmmerte Löwengrab bei Hairan - ▼eli. Abgeb.
Taf. 3; Randsay, Journal of Hellenic studies 111, ia82,
Taf. 18. 19 Fig. 6, 7; IX, 1888. S. 354 ff. Fig. f -9; Per-
rot-Ghipiei Fig. 65-71. 117-132; Reber Taf. S Fig. 2.
b) Anlan-tasch ( Lftwenstein ) in unmittelbarer Nähe des
TOrigen. Abgeb. Ramsay, Journal of Hellenic studies ill,
1882, Taf. 17; IX, 1888. Fig. 10; Penol-GhipieB Fig. 64;
Reber Taf. 1.
c) Grab am Ostabhang des Plateaus von Japnldak. Abgeb.
Ramsay, Journal of Hellenic studies III, 1882, Taf. 28, 4;
IX, 1888. Fig. 27; Perrot-Ghipies Fig. 75; Reber Fig. 3
nnd 4.
d) Grab links neben dem Midasdenkmal rait besonders sorg-
fiUtig ausgestaltetem Innern. Abgab. Texier, Description de
fAsie mineure Taf. 57. Penrot-Ghipies Fig. 128-126.
e) Kleines Grab am Abhang von Pisehmisch-kaleh. Abgeb.
Perrot. Exploration S. 146; Perrot -Chipiez Fig. 72-74.
f) Hamam-kaja bei Tsehnkurdscha. Abgeb. Ramsay, /our-
nal of Hellenic studies X, 1889, S. 165 Fig. 18.
und Pliotograpbie la bettitiKeD, Ramtey Hett neuerdingi JvwnuA af Al-
Imic siudies VX. S. 371 Ku6tX( naT[ap, schwerlich mit Recht; den Schluss
der stark zerstörten Inschrift las ich gleich ihm toCiv. Unven(&9dliol) i|(
mir, wie er auch die« Deniunal für sepuIcriU t^4i^A kiRDi
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its
A. lonri
g) Gröstera Grabanlage im Poraukthal nahe bei Köktsehe*
xkinik. Abgeb. Fig. 13-15; Reber Fig. II.
Unter diesen nimmt das xuletzt genannte nach Lage und
Ausstattung eine ganz besondere Stellung ein und erfordert
daher eine gesonderte Besprechung, während die Obrtgcn in
folgenden Hauptpunkten übereinstimmen. Der Eingang ist ganz
niedrig, selten mehr als 1™ hoch, nur gebückt oder kriechend
kann man ihn passiren und der Zugang zu dieser mehr einena
Fenster als einer Thür ähnlichen Öffnung ist absichtlich mög-
lichst erschwert'. Die Grabkammer des Arslan - lasch z. B.
ist nur mit Hülfe langer Leitern, die mir leider fehlten, zu-
gänt^lich, und das Grab von Japuldak öffnet sich nach einem
so steilen Abhang, dass der Zutritt zu ihm höchst beschwer-
lich, ja selbst gefährlich sein würde, wenn nicht in spätrö-
mischer Zeit der Fels vom westlichen Abhang her durch-
brochen wäre Ganz ähnlich .sieht es mit Hamam-kaja, nur
ist die Höhe des Felsens geringer. Während also die Aussen-
wand in der Regel die Formen einer Hausfassade nicht nach-
bildet ahmt das Innere des Grabes in allen mir bekannten
Fällen das eines Hauses nach^ Mag das Grab ein (a,6,«./)>
oder zwei (c, d) Kammern enthalten, immer ist die Decke
als hölzerne Giebeldecke ausgestaltet, in a und d mit sorg-
fältiger Angabe der einzelnen Deckbalken. Die Rammern ent-
halten niemals vertiefte Ruhestätten fflr die Toten , sie sind
entweder ganz leer {6, c, /) oder mit steinernen Totenbänken
{a, d, e) ausgestattet. Die Nachahmung der im täglichen Le«
ben gebrauchten Ruhebänke ist am besten durchgeführt in d,
wo die Koptkissen und die geschwungenen Metallfüsse pla-
stisch angedeutet sind; Guilleaumes Skizze (Perrol-ChipiezFig.
196) giebt ein gutes Bild von dem Innern dieses interessanten
Grabes, nur ist das linke Tolenlager fälschlich verdoppelt;
* Nur das unter d aufgeführte Grab hat eine grössere Thür, vielleicht ist
aber seiue Fa&sade bei späterer Wiederbenutzung verändert ; der Rund-
bogen fiber der Tbfir pent nieht m den tweifellos elten Formen des In-
neren.
* Nur im Anlen *twob iit die Kaouner gaoi xnh geUssea.
Euuuiunecn btddibm. ni. 128
der Irrtam ISni sieh mit Hälfe des Grandriaaes Pig. 194 leteht
beriehtigen.
So Teraehieden der iunere kflnstleriaehe Sehmuek der ge*
nannten Gräber ist, in den Hauptzügen der Anlage gehören
sie doch deutlich einem Typus an und weichen durchaus Ton
den später zu besprechenden jüngeren Werken ab. So lange
man die Felsfassaden mit geometrischen Ornamenten eben-
falls für Gräber hielt, schien die Frage nach dem zeitlichen
Verhälmiss zweier so verschiedener Gräbertypen sehr wichtig,
und sie ist verschieden beantwortet worden: Während Perrot
( S. 229 ff ) die geometrischen Fassaden als die ältesten Kunst-
werke Phrygiens dem Ausgang des achten und dem siebenten
Jahrhundert zuweist, und mit dem zertrümmerten Löwengrab
bis zur zweiten Hälfte des sechsten herabgehen will, erklärt
Ramsay, Journal of Hellenic studies 111, 1882, S. 28 die
Denkmäler mit figürlichem Schmuck für älter als die geome«
Irisch verzierten, die er eher ins achte als ins siebente Jahr-
hundert setzen möchte, und v/eiat Journal X, 1889, S. 154
unter Berufung auf seinen früheren Aufsatz den Arslan-tasch
ins neunte Jahrhundert*, Reber endlich datirt den Arslan-
tssch auf 800- 700, das sertrflmmerte Löwengrab bald naeh
700, und läset die Epoche der geometrischen Passaden vom
Ausgang des siebenten Jahrhunderts bis zum Beginn der Per-
serberrschaft reichen. Alle diese Datirungen sind falsch, weil
sie von einer, wie wir sahen, irrigen Voraussetzung über den
Zweck der geometrisch versierten Denicmäler ausgehen. Da
die geometrischen Passaden eine ganz andere Bestimmung ha-
ben, verwenden sie naturgemäss auch andere Mittel der De*
koralion , und es hindert nichts, sehr verschieden verzierte
Werke für annähernd gleichzeitig zu halten. Ich bin überzeugt,
dass sämtliche bisher erwähnten Denkmäler, die Kultstätten
* Wie er den Journal of Hellenic studies IX, 1888, 8. 366 Terfochtenea
Ansats im MrtrfiniinMrlen LSwengrabas auf angeflhr 700 mit seiiMiii Sy-
stem in Einklang bringen will, weiM ioh aieht, denn disiGrab ^drt doeh
offenbar zu leiner erslea KImm.
A. XOBRTt
wie die 6rali%r,- der Zeit Tom Ausgang des siebeDten bis rar
Mitte des sechsten JabrhuDderts, also einer verhältntssmässig
Ininen Epoche angehören Zu diesem Ansati berechtigt mei-
nes Erachtens ein Vergleich mit Werken des ostgriecbischen
Kunskkreises, der bisher auffallender Weise noch nie ernslfaaft
▼eraueht ist. Ich möchte ihn im Anschluss an das ioteressaD«
teste der Felsgräber vornehmen.
Es ist ein unglücklicher Zufall, dass uns das relchstfe lind
sorgfältigst gearbeitete aller phrygischen Gräber in cintin trüm-
merhaften Zustande vorliei!;t, der die Reconstruction des Gan-
zen vorläufig unmöglich macht. Was ohne Ausgrabungen zu
erreichen war, hat Ramsay geleistet, dessen hingebender Ei-
fer sich nirgends glänzender bethäligt hat als an diesem von
ihm entdeckten Torso; aber ein gesichertes Verständniss des
ganzen Werkes kann hier nur eine Untersuchung mit Hacke
und Spaten bringen, und es ist dringend zu wünschen, dass
diese jetzt durch die Nähe der Eisenbahn erleichterte Arbeit
bald vogenommen wird.
Das Grab war in einem vorspringenden Pelsblock derartig
angelegt, dass die Nord* und Ostseite im gewachsenen Felsen
steckten; währen die West- und Südseite frei standen und mit
Reliefe geschrnttckt werden konnten. Feuchtigkeit, Frost und
Erdbeben haben den Bau gesprengt , der gröaste Teil der
Wände liegt in gewaltigen Blöcken am Boden, nur ein StOck
der Nordwand haftet noch am Felsen. Mit seiner Hülfe lässt
sich die Breite der Kammer auf 6,30" berechnen und von der
inneren Einrichtung ein Bild gewinnen, Die Kammer hatte
eine Giebeldeeke mit Nachahmung der Holzbalken und ent-
hielt an der Ost- und Südseite je ein Totenlager, in der Süd-
westecke einen Steinsitz mit plastisch angegebenen Füssen.
Die ganze Nordvvand entlang zog sich eine Art Ausbau, dessen
Boden in Bankhöhe liegt und jedenfalls auch als Totenbett
diente; seine wagerechte Decke stutzten zwei kurze Säuieu
1 Vor den Einfall der Kimmeiier wM oAr DeUkll-lsieli Vit eiBlfSr
Wslunohei|ilio|il(eit |a letpea seia,
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KUINASIAVlSGtfB VrOMtK. ttt, Itt
mit eigentümlichen Palniettenkapitellen. Von der sadiicheo
Aussen wand haben sich zwei BroebstQcke erhalten, die Süd*
'westecke mit dem kolossalen Kopf und Rachen eines Löwen
(Taf. 3, 1 ) und ein kleinerer Rest (Taf. 3, 4), auf dem Ram-
say die gegen einander gestemmten Tatzen eines zweiten Lö-
wenpaars zu erkennen meint. Er nimmt demnach auf der
Südseite drei riesige Löwen an, der eine soll hochaufgerichtet,
die Vordertatzen auf einen Pfeiler gestellt nach der Ecke
schauen, während hinter ihm zwei andere gleichfalls hoch
autbäumend ihre Vorderpranken ficgen einander stemmen.
Diese KeconsU uclion unterliegt aber sclivveren Bedenken ; zu-
nächst wäre die ästhetische Wirkung der drei gleichen, zu kei-
ner Gruppe vereinigten Tiere möglichst unglücklich, zweitens
setzt Ramsays Annahme eine Kammerlänge von 9,40™ voraus,
die an sich auffallend ist und mit den vorhandenen Resten
kaum vereinbar erscheint. Die Westwand ist vornüber ge-
fallen, also jetzt weiter von der feststehenden Ostwand ent-
fernt als früher; wie sollen da so viele riesige Blöcke in der
Lücke zwischen beiden (am besten auf Rebers Tafel 2 zu be-
trachten) untergebracht werden, und wo sind die gewaltigen
Steinmassen geblieben? Üass der untere Teil der Kammer-
wand jetzt in der Erde steckt, ist klar, aber dasselbe für die
grössere Hälfte des Oberteils anzunehmen, gestattet meines
Erachtens der Befund nicht. Endlich aber, und das ist die
Hauptsache, kann ich die frai^lichen Reste nicht für zwei i^ö-
wenlalzen halten. Die in stuni{)fern Winkel an einander stos-
senden Stücke sind nach Ausweis unserer Taf. 3, 4 keines-
wegs gleich, wie sie es als Tatzen gleicher Tiere sein müssten;
der augenartigen Kugel an dem rechten kürzeren Stück ent-
spricht kein ähnlicher Bestandteil des linken, das ja freilich
für eine l^aubliertatze gelten kann Was dargestellt war, weiss
ich Dicht, aber ein Tatzenpaar war es schwerlich und damit
* Blnnts Zeichnung Joumai III 6. tZ fst,gerade wall er keine Vemnitang
über die Bedealung dei Fngnientf liatte, lieoer eis die AbbUdongeft in
Ranueje spiteiem AnfMti.
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A. KOmTB
-wird Bamsays ganze Reconslruction recht unwahrscheinlich.
Ich bedaure lebhaft, keinen andern Herstellungsversucii vor-
acblagen zu können ; man wird die Ausgrabungen abwarten
müssen.
Das Hauptstuck des Grabes, der riesige Löwenkopf der Süd-
westecke ist Taf. 3, 1 aufgerichtet abgebildet, während er in
seiner jetzigen Lage die Scbnauie tur Erde kehrt; diese Dre-
bong der Photographie zwang dazu, das umgebende Erdreich
fortznlassen ; der linke Rand unserer Abbildung ist also nur
die Grenze des fiber der Erde sichtbaren Teiles des Blockes,
kein Bruch , wie man meinen könnte. Es ist flberraacbend,
wie sehr der Kopf in seiner natfirlichen Haltung an Leben und
Ausdruck gewinnt.
Das erhaltene Stock des Tiers misst vom unteren Rande
bis zum Scheitel 9,95", die Höhe des ganzen Löwen wOrde
in der von Ramsay angenommenen Stellung etwas über 6"
betragen ; ich halte es aber nicht fiOIr ausgeschlossen , dase er
sass und nur den Oberkörper aufgerichtet hatte > wie z. B.
ein Löwe auf dem kürzlich Ton Couve veröfitentlichten alten
attischen Gefäss ( 'EtprjAjpii; a.picno\oyiKy) 1897 Taf. 6), dann
würde sich seine Höhe auf etwa 4.50" vermindern. Das Auf-
fallendste an dem Werk ist die starke gleichmässig durchge-
führte Stilisirung aller Teile. Die Schultermuskeln gleichen
einer Bandschlinge, die Zotten der Mähne sind von dei- Stirn
bis zum Nacken durch eine Reihe gleichmässiger Löckchen
angedeutet und vorn begrenzt ein schmaler vom Ohr zum
Hais laufender Wulst mit Fischgrätenmuster die Mähnenpar-
tie; auch die fleischigen Teile der Schnauze sind in regel*
massige Wülste zerlegt. Dass der Künstler keinen Löwen aus
eigener Anschauung kannte, lehrt die Bildung des flach an-
liegenden dreieckigen Ohrs, der grossen weit vorquellenden
Augen und des geöffneten Bachens» in dessen Unterkiefer nur
• Löwen in dieser SIcIIiiiik konimen mehrfacli auf deti plirygisclien Fcls-
gräberu der Kaiserzeit vor, die deo alten üräbero luauche Motive entlebnen,
s* a hl Ajat-in und Bc^-lUH.
KLSIWASUTtSCttB STUDIBN. lit.
der vorderste halb abgebrochene Zahn als Reisszahn, alle aa-
dem als Mahlzähne geslaltel sind. Die Zähne des Oberkie-
fers sind abgebrocbeo.Die Zunge scheint vorne über die Unter*
lippe herabzuhängen. Die Stilisirung ist bisher allgemein auf
den GinfluM des Ostens.auf ABBjfrer,Hetbiter oder Syro-Eappa«
dokier zurückgeführt worden, aber bei keinem dieser VdUcer
findet man für die Binselbeiten dee Werka eo genaue Analo-
gien wie bei den Grieeben. Ba wird mitunter terg^ssen, daaa
auch die arehaiache griecbiecbe RuDst in einer Zeit die Kdr-
performen lebender Wesen omamental au stilisiren liebt, und
gerade an solchen fremdartigen Gesebdpfen wie Greifen. Sphin-
gen, Löwen betbätigt sieb diese Neigung besonders gem. Mag
auoh der Trieb sum Stilisiren ebenso wie die Fabelwesen
selbst aus dem Osten stammen, die Griechen haben aus den
übernommenen Elementen neue und selbständige Gebilde ge-
schaffen (vgl. Furtwänglers Artikel Gryps in Roschers Lexi-
kon), und ein hellenischer für dekorative Zwecke geprägter
Löwentypus scheint mir unserm ja auch rein dekorativ ver-
wendeten Löwen zu Grunde zu liegen. Auf Taf. 3 sind unter
2 und 3 in beträchtlicher Vergrösserung zwei Elektron-Münzen
des Berliner Münz - Kabinets abgebildet, die wichtige Verglei-
chungspunkte bieten. Die Abdrücke, welche den Abbildungen
zu Grunde liegen, verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn
H. Gabler, ßabelon weist diese Ürittelstatere {Revue Numis-
matique Xlil, 1895, S. 318 ff.) mit überzeugenden Gründen
Milet zu, und setzt sie in die zweite Hälfte des sechsten Jahr-
hunderts. Auch diese Löwenköpfe sind ornamental atilisirt;
der Knopf mit kurzen Strahlen aul der Stirn ist ganz phan-
tastisch und, wie Purtwängler (a a. 0. S. 1758) bemerkt bat,
dem bekannten Knopt dea archaisehen Gieifentypua nächst ver-
wandt. Man beachte auch, wie bei dem unteren Exemplar (3)
die Zähne als runde Perlen wiedergegeben sind. Mit dem
phrygisehen Löwen teilen die Mttnien die übertrieben flei-
schige, gleichsam geschwollene Bildung der Schnauie und Tor
allem die eigentümliche Mähnenbehandlung. Genau derselbe
Wulst mit dem Fisebgrätenmuster kehrt bei ihnen als Ti^rdm
4id A. tOBRTB
Begrenzung der Mähne zwischen Ohr und Hais wieder, nur
läuft das Muster bei dea Münzen aufwärts, aut dem Relief
abwärts. Eine Reihe korzer Striche, den Löckohen des Reliefs
entsprechend, zieht yon der Stirn bis in den Nacken und die
zwischen diesen Grenzen liegende Mähnenfläche ist in Nr. 2
durch kurze schräge Striche, in Nr. 3 durch Punkte be*
lebt. Auch auf dem Relief war die Hauptmasse der Mähne
nioht flbergangen; noob sind geringe aber sichere Um rise -
spuren flach eingegrabener spitier Zotlen Ober dem Schuller«
muskel und hart an dem Fischgrätenmuster in Höhe des Un-
terkiefers sichtbar, und wir dürfen sie uns auf die ganne
Fläche zwischen Wulst und Löokchen ausgedehnt und durch
Farbe belebt denken. Dass eine weitgehende Bemalung die
Wirkung des Reliefs hob, glaube ich mit Bestimmtheit aus
den am Auge erhaltenen Spuren folgern zu dOrfen ; auf un*
serer Tafel ist der dunkle Kreis der Pupille deutlich zu er-
kennen ^
Dieselbe Wiedergabe des vorderen Mähnenrandes durch ein
Fischgiäten muster ündet sich auch bei dem Löwen eines
Bronzebeschlags von Polledrara [Journal of Hellenic studies
XIV, 1894, Taf. 8), der sicherlich dem ostgriechischen Kunst«
kreis angehört.
Nocli ungleich näher als die Münzen und der Bronze -Be-
schlag steht alter dem Relief in der Gesamlwirkung der I^ö-
wenkopf, weicher die bekannte macmiliansche Lekythos des
Brittisohen Museums [Journal of Hellenic studies X, 1889,
Taf. ö, noch besser XI, 1890, Taf. 1-2) krönt, so seltsam es
scheinen mag* ein Kolossairelief mit einem 68""° hohen Ge«
fässchen zu vergleichen, liier haben wir dieselbe übermässig
fleischige Bildung der Sehnauze, denselben breiten Rachen,
4 leb babe diese Sparen nieht am Original, sondern inerst anf mefaier»
der Tafel zu Grunde liegenden Photographie bemerkt. Da ich sie dann auch
auf drei anderen von Berggren und mir zu Terschiedenen Zeiten gemachtco
Aufnahmen wieder fand,scbeint mir eine Täuschung durch Zufälle det Be»
iMditung ausgenMoiiStt«
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KLKlMASlAtlSCHB STUDIEN, itt, ft9
die eDg anliegenden dreieckigen Obren — Mlieh kleiner und
höher sitzend — die gleiche aeltsameMähnenhehandlung. Zwar
fehlt die hintere Reihe der Lfiekchen» ihre Stelle nimmt der
Henkel ein, aber die Hauptmasae der Hähne wird hier wie
dort darch spitxe angemalte Zotten angedeut^ und ihren vor-
deren Absebluas bildet eine schmale einfach gestrichelte Borte,
deren Wirkung sieb von dem Fischgrätenmuster nicht sonder-
lich unterscheidet. Alle diese Obereinstimmungen sind ebenso
viele Abweichungen von dem naturgetreuen Bilde eines Lö-
wen, sie können also nicht zufällig sein, sondern mflssen ei-
nem von der dekorativen Kunst ausgebildeten Löwentypus
angehören, liass dieser Typus aber eine hellenische Schöp-
fung war, scheint mir durch das protokorinthische Gefäss er-
wiesen.
Wer sich hei der Betrachtung des Löwen von dem starken
Einfluss griechischer Vorbilder noch nicht fiberzeugt hat. wird
sich dessen Anerkennung kaum entziehen können, wenn er
die Skulpturen der Westseite mit griechischen Werken ver-
gleicht. Das HauplBtück der Westfassade befindet sich an dem-
selben Eckblock wie der Löwe, ist aber dem Boden zugekehrt
und tief in die Erde eingesunken. Ramsay hat 1887 ein Loch
darunter aushöhlen lassen, das die Möglichkeit gewährt die
Skulpturen zu untersuchen, doch ist es nicht leicht, von einem
Roloesalrelief ein Bild zu gewinnen, wenn man auf dem ROcken
unter dem Felsblock liegt und das Relief in kellerartiger Dun-
kelheit in einer Entfernung von 90*" Ober sich hängen sieht.
Natfirlicb ist eine auf Grund solchen Studiums entworfene
Skizze sehr unvollkommen , und es verdient Bewunderung,
dass es Ramsay und Hogarth ttberhaupi gelungen ist, ein in
den Haupizügen gesichertes Bild der Fassade zu geben. Mit
Benutzung eines kleineren daneben liegenden BruchstOeks, das
Arm und Waffenreste eines Kriegers zeigt, hat Ramsay folgende
Composition hergestellt {Journai IX, 1888, S. 863 Fig. 9):
Zwei mit Helm, Schild, Panzer, Schwert und Speer ausgerü-
stete Krieger richten die Spitze ihrer Waffe auf ein gewaltiges
Gorgoneion, an das sich unten der Rahmen des viereckigen
ATBIN. MITTHBILUIIGBN XZUl. 9
130
A. KOfttltfi
EiogangsloebM sarGnibkammer anscbliesst. Der rechte* Rrie.
ger ist bis sar Hofte erhaltOD, tod dem linken sind nar die er-
wähnten Reste auf einem kleineren Block und die Speerspitie
neben dem Gorgoneion vorhanden. Einige Kleinigkeiten glaube
ich in Ramsays Skizie berichtigen lu können, wiewol ein
sicheres Urleil erst nach Freilegung iles Blocks möglich sein
wird. Auf der StQtae des Helmbuscbs ist ein rundes Auge an-
gegeben, die StQtie demnach sicher als Vogelkopf gestaltet, der
Helm reicht nicht so weit in den Nacken hinab, ein hinten ab-
gerundeter Haarschopf quillt unter seinem Rand hervor, und
der wagerechte Streifen vor dem Leib des Mannes ist wol ein
Gurt über dem ein Sclivvertgriff sichtbar wird. Ferner glaubte
ich an dem Gorgoneion spitze Ohren und über der Stirn einen
Kranz breiter Buckellocken walnzunehmen.
Dass die Bewaffnung der Krieger der griechischen ent-
spricht, ist Ramsay natürlicli nicht entgangen, er sucht aber
diese Übereinstimmung durch eine künstliche Hypothese zu
erklären (a. a. O. S. 3ö4 f.): Ilerodot erzählt I, 171, dass die
Karer Helmbusch, Schildzeichen und Schildhandhaben er-
funden hätten, deshalb hält Kamsay die BewatTnung des Re-
liefs für die karische, die auch den Phr^gern als den nächsten
Verwandten der Karer eigentümlich gewesen sei. Diese An-
nahme ist höchst bedenklich. Zunächst waren Phryger und
Karer keineswegs verwandt, wie die vortrefiQlchen Untersu-
chungen Kretschmers (Einleitung S. 376 ff.) ergeben haben,
und dann sind die Worte Herodots, der überdies von einer
weit surQckliegcnden Zeit , vor Broberung der Inseln durch
die Hellenen, spricht, viel zu allgemein, um gerade diese be-
stimmte Form des Helms und der andern Waffen als kartseh
in erweisen. Das Eigentümlichste an dem metallenen mit Na-
senschirm versehenen Helm ist der Busch, der auf einer nie-
drigen StQtie in Form eines Vogeikopfes ruht und in iwei
' Nicht der linke, 'Viie es auf Saint- Eime Gautiers sonst sehr geschickter
Zeichnung bei Perrot F- ig. 117 (z. T. uiederbolt beiDaremberg und Saglio,
Dietionnaire 11, 2 8. 144U) dargesLelll ist.
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KtBDusuTiaciB mMBs. m. f M
langen Spitzen gleichmässig nach vorn und hinten herab-
fallt': das ist eine der vielen Formen. die der Helmbusch bei
den Griechen anuenommen hat. freilich keine der üblichsten.
Auf den älteren Vasen herrschen zwei andere Formen vor,
der Buscli sitzt entweder in seiner ganzen Länge ohne Stütze
auf dem Helmkopf selbst aiif^ oder aber er wird von einer
hohen Stütze getragen, fällt nur hinten in langer Spitze herab
und ist vorn gerade abgeschnitten. Neben diesen mit Vorliebe
auf denselben Dt-nkmälern verbundenen Formen, kommt aber
auch eine dritte zwiscin n lieiden stehende vor. der Heim mit
niedriger Stütze und gleichmässig nach vorn und hinten wal-
lendem Busch. Das älteste mir bekannte Beispiel ist eine zu
den Ausläufern des iJipylonstils gehörige \"ase , die Pernice
Athen. Mitlheilungen X\ II. 1892. S. 214 Fig. 3 und Taf.
10. 9 veröfTenllicht bat. Etwas junger, aber noch dem sieben-
ten Jahrhundert angehörig ist dann die N ase des Arislonothos
(Mon. deW Inst. IX Taf. 4; Wiener Vorlegeblälter 1888
Taf. 1. 8. vgl. Bobert bei Pauly- Wissowa II S. 96ß unter
Arislonoplios j , deren oslgriechischer Ursprung vvol ausser
Zweifel steht: auf ihr sind alle Kriek'Pr mit solchen Helmen
au-^gestatlf^t /wei weitere Beispiele bietet der bekannte Eu-
phorbos- l elier i Salzmann, Nccropole de Camiros Taf, 53;
Brunn. Kunstgeschichte I Fig. 114 ). und zeitlich am nächsten
wird dem phrygischen Belief die Darstellung eines gleich be-
helmten Kriegers auf einem klazomenischen Sarkophag stehen
(Antike Denkmäler I Taf. 46, 4). Wenn wir endlich den-
selben Helm auf einem cInn as jüngeren lykisrhen Belief (Per-
rol -ChipiezFig. 279 } wieder finden, so dürfen wir auch dies
Beispiel bei der bekannten .\bhängigkeit der lykischen Kunst
aus lonien herleiten. Fur den Vogelkopf der Stütze kann ich
2. B auf eine cärelaner Hydria [Mon. deli Inst. \ I Taf, 18),
alao wieder eia o&t^iechiacbes Werk, verweisen. Auch der
< Perrot bllt 8. 175 den Bnieh idlaaaier Weise IQr eine Metalbebeibe.
* Einen lolefaen hub VeisMeb mU den pbrjgieelien wenig fee^neten
HdHi bildcl Perrol Fig. 119 ab.
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fiSI
A. KOBRTf
rande Haarscliopf. den ich unter dem Helm wahrzunehmen
glaubte, kehrt auf ostgriechischen Vasen wieder; er ist der
jonische Krobylos (vgl. Studniczka, Arcb. Jahrbuch XI S.
267 f. ). Diese Frisur ist zwar bei behelmten Kriegern selten,
kommt aber doch vor, z. B. auf einer Vase dea Duria (Wie-
ner Vorlegeblätter VII Taf. 1).
Die angeführten Beispiele stellen es ausser Frage, dass die
Krieger reingriechische WafTen tragen , und wer die Streiter
auf dem Eupborbos-Tellpr oder den des klazomenischen Sar-
kophags mit ihnen vergleicht, wird nicht im Zweifel darüber
aeiOidaas der phrygische Künstler den ganien Typus des Kämp*
ferpaarsderostgriecliii^chen Kunst entnommen hat; in der Aus-
fohniiig ist ihm freilich alles steifer und derber geraten als
wires bei seiner Vorlage voraussetien dürfen. Dass die un-
kriegerischen Phryger ( vgl. Göttinger gelehrte Anzeigen 1897
S.d90) selbst jemals solche Waffen getragen haben, wie Ram*
say annimmt, bezweifle ich sehr. In Xerxes Heer waren sie
Dicht wie die Griechen, sondern fast genau so wie die Paplila-
gonier ausgerüstet (Herodot VII, 73). und da die gleiche Be-
waffnung der Armenier ausdrücklich durch ihre AbstaromuDg
TOD den Phrygero erklärt wird, muss diese Rüstungsart die-
sen von Alters her eigentümlich gewesen sein. Schwerlich
wäreo sie lu den primitiven geflochtenen Heimen der Paphla-
gonier zurückgekehrt, wenn sie ein paar Menschenaiter früher
grieehisehe Metallhelme geführt hätten. An eine naturgetreue
Darstellung selbstgesehener Vorgänge denkt eben der phrygi*
aohe Steinmetz gar nicht; seine Krieger sind genau so deko-
rativ, wie sein Löwe ; aus der Fremde hat er sie fertig bezogen.
Mit dem Gorgoneion wird es nicht anders stehen, obwol
ich flAr dies keine so schlagenden Analogien beibringen kano.
Seine Beurteiluog wird durch das Fehlen der Beroalung noch
erschwert, die offenbar bei ihm sehr reiehlieh angewendet
war. Vor allem waren die Augpn nur ausmalt, und auch
der Bart wird durch Farbe aogedeutet gewesen seio. Die tieri-
scheo Ohren, die an jonische Silenatypeo eriDDcm, aiod bisher
bei reingriechischen Gorgoneien nicht nachgewiesen und mö-
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KLB1NA8IAT18CHB 8TUDIBN. III.
133
^eo eine Zuthat des phrygiaehen RQnsÜere sein ; die Umrah-
mung der Stirn mit regelmässigen Löckeben findet sieh ähn-
lich bei dem kleinen Gorgoneion der erwähnten maemillan-
sehen Lekythos und bei einer hochaltertamlichen kleinasia-
tischen Elektronmanse, die man vermutungsweise Parion au-
geteilt hat *. Ramsay nimmt an (a. a. 0. S. 364), dass die ganze
Figur derGorgo knieend, in dem altertOmliehen Laofschema,
dargestellt gewesen sei, aber das scheint mir gans unglaub-
lich. Wenn man sich wirklich die barocke Idee eines Grab-
eingangs durch den Leib der Gorgo gefallen lassen wollte, so
mflsste dann doch wenigstens seine Umrahmung als Körper
oder Gewand gebildet sein, auch könnten die Arme und
Schultern unmöglich fehlen. Die Pratxe ist meines Erachteos
als Apotropaion Ober den Eingang gestellt, so wie man sonst
etwa einen Phallos Ober dem Grabe anbringt*. Im Grunde ist
es also gar nicht das Gorgoneion, das die Krieger bekämpfen,
sondern Krieger und Gorgoneion bedrohen gemeinsam Jeden,
der sich der Pforte naht, um den Frieden des Grabes zu stö-
ren. Die Häufung zweier apotropäiecher Motive erzeugt den
Schein eines Rampfes zwischen ihnen.
Es war nötig, den starken Einfluss der griechischen Kunst
auf die phrygische an einem Beispiel ausfOhrlicher nachzu-
weisen; bei den andern Denkmälern derselben Klasse kann
ich mich nun kOner fassen. Ohne weiteres schliesst sich zu-
nächst Arslan-kaja (Taf. 9 und Fig. 3) an; der griechische
Mäander spricht hier ebenso laut filr hellenischen Einfluss wie
die in starker Rundung emporgebogenen FlQgel der Sphingen;
denn diese FlQgelbildung hat Furtwängler als Eigentum der
Griechen erwiesen (Roschers Lexikon I S. 1758). Der LÖwe
der Nordostseite (Fig. 3), filr dessen kolossale Klauen s. B.
* OaMogue of 6mk eoliu. Amte Taf. 2, 14, Fürtwingier in Roselwrs
Lexikon X S. <7M; vgl. Babelon, Revue Numismatique XllI, 1895, 8. 40.
' Als Phallos (leutel Perrot S. 123 viclicichl mil Roclil den seilsamen Ge-
geustaiHl am Grabe von Japuldak, zu dessen Seiteo wahrscheinlich swei
bliere, jedenfalls uicbt Pferd und SUer stehen.
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134
A. KOERTB
das frühattische Gefäss 'E^ruEpU xp^. 1 897 Taf. 6 eine Ana-
logie bietet« ist von den Sphingen nicht zu trennen; in seinem
breiten etwas weichen Stil erinnerte er mich an den Fries von
AsBOB. Dieser Löwe steht aber wiederum in dem Verzicht auf
Btrenge Stiiisirung dem grossen Löwengrab ( Arslan - tasch)
eehr nahe, und schon deshalb werden wir für dies ein ähn*
liebes Verhältniss zur griechischen Kunst annehmen dürfen;
von irgend welchem nordsyrischen Ginfluss kann ich nichts an
ihm bemerken*. Die Ähnlichkeit mit dem mykenischen Lö-
wenthor, die wol jedem Beschauer anflällt, erklärt sich dann
ganz anders, als Ramsay (S. 369 ff.) meint« der das Löwen -
thor in das VI II. Jahrhundert hinabdraeken und das Motif
aus Phrygien herleiten will Das Verhältniss ist gerade um-
gekehrt: Die auswandernden Aehäer, die in der neuen Heimat
zu Joniem wurden, haben einen Rest ihres reichen Erbes an
Kunstformen mit in die neue Heimat gerettet und dort ebenso
treu gehütet, wie ihre belroisehen Sagen. Das Fortleben my-
kenischer Motive in den ostgriechischen Vasen ist langst beo-
bachtet worden ( Purtwängler, Bronzefunde von Olympia S.
45) und wir dürfen holTen, das Gleiche in der grossen Kunst
wahrnehmen zu können., wenn wir erst einmal mehr altjoni-
Bche Werke besitzen. Einstweilen giebt das phrjgische Felsen-
grab vranigstens einen Nachhall der altmykenischen nach
Jonien hinfibergeretteten Weise. Der Zusammenhang beider
Denkmäler ist kaum zu bestreiten, und es ist Willkür eines
von ihnen aus dem Zusammenhang der ihnen benachbarten
Werke heraussureissen ; folglich muss das phrygisehe Grab
Yiele Jahrhunderte jünger sein als der mykenische Thor-
sehmuck, und als Vermittler zwischen beiden sind nur die
Jonier denkbar.
* Rebers gewundeoe Sitae (8. 547 AT.), die deo oordsjrischea Einfluss
beweisen follen,bedQffm keiner Widerlegung. 8eine frr%e AttflTassnng über
den Zweck der geometrischen Passaden und ihr zeitliches Verh<niw la
den Felsgrftbem hat ihm den Weg zu deren stiliitisober Würdigung Ter-
sperrt.
* Ähnlich urteilt Brunn, Kunstgeschichte I 8. 28.
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KLElNAälATlSCHB STUDIEN. III.
135
Die OberoioBttmmung beider Reliefs gpht freilich bei ge-
naueram Zusehen nicht ganz so weit, wie man anfange meint.
Auf beiden Denkmalern sehen wir zwei machtige aufgerichtete
Löwen, die ihre Vordertatien auf eine hohe Basis setaen und
einen Pfeiler swischen sich haben ; aber die mykenischen L0*
wen sind viel ruhiger in ihrer Haltung als die phrygischen
und sie kehrten ihre jetzt yerlorenen Köpfe dem Beschauer
zu, wahrend jene in Seitenansicht dargestellt sind. Uniäugbar
wird der apotropäische Zweck durch die Haltung der phrygi-
sehen Löwen weniger klar zum Ausdruck gebracht ; sie fahren
zwecklos aufeinander los, dagegen gestattet die Kopfdrehung
der m)'kenischen keinen Zweifel darüber, wem ihr Drohen
gilt. Schon liierin verrät sich, dass der phrygische Steinmetz
von der eigentlichen [kdeiilung des alten Typus kein so kla-
res Bewusstsein hatte. wie der mykenische und noch deutliclier
lehrt dies ein Vergleich der Architekturglieder zwischen den
Tieren.
In Mykene ist die Säule mit allen ihren Teilen durchaus
klar und genau wiedergegeben, der Pfeiler des Arslan-tasch
hat unten die flüchtige Andeutung eines Sockels und oben
geht er stark ausladend aber ohne deutlichen Absatz in eine
Art Balken aber, dessen von Reber (S. 54b) bemerkte T-
Form meines Brachtens keinerlei architektonische Bedeutung
hat. Der Steinmetz hat von der Felsoberfläche so viel stehen
lassen, als die Tierkörper gestatteten ; so sind der Nackenlinie
der Löwen folgend die ankerartigen Htkea an dem oberen
Streifen stehen geblieben. Der ganze Querbalken samt Ansätzen
ist also im Grunde ein Werkzoll , der nur an den sorgttltig
gearbeiteten Kanten des Pelsblocks fortgenommen ist. Auch
der Pfeiler zwischen den Tieren ist für diesen Künstler nicht
viel mehr als ein Streifen Werkzoll ; darum hat er den Ver-
such einer scharfen architektonischen Gliederung gar nicht ge-
macht. Auch die Ausfahrung der Tiere verdient das Lob nicht,
das ihnen Reber auf Kosten der mykenischen Löwen spendet;
ihre stärkere Wirkung beim ersten Anblick beruht wesent-
lich auf der Erhallung der Köpfe. Gewiss sind sie flott und
A. Konm
wirkuogsToU estworfes, aber et ftlilt das Sireben, die Biiml-
Ibrmao treo wiedenogebeo'. Wie müht sieb der mykenl-
•ehe Kfiostler nns alle Gliedmasseo der Tiere, die beiden Vor-
der- and die beiden Hinterbeine tu leigeo, der Phrjger maeht
sieh die Saebe leiebler; von den mrflcfcstebenden Hinlerbeinen
find nur die Obenebenkel angedeotet und die entspreebea-
den Vorderbeine fehlen fßüükh. Um die Versebiedenbeit
beider Werke kurz aossudrticken : die mykenisehen Löwen
wirken trotz ihrer Unbeholfenbeit monumental, die pbrygi-
ichen nur dekorativ. Auf eine bemerkenswerte Obereinstim-
mung beider möchte ich zum Scbluss noch hinweisen. Ram-
say (S. 568 Anm. 3) und Reichel ( Homerische Waffen S. 16
Anm.) haben die Tiere des Löwenthors gewiss mit Recht für
weiblich erklärt, und für die des Arslan - tasch ist dasselbe
Geschlecht mit Sicherheit aus den Jungen zu erschliessen, die
unter den Alten neben dem Eingang liegen. Die Nackenbildung
scheint zwar für Löwinnen nicht recht zu passen, wie Heber
richtig bemerkt (S. 547 ), aber damit nimmt es ein dekorativer
Künstler nicht so genau ; gerade in der jonischen Kunst kom-
men bemähnte Löwinnen mit Zitzen nicht ganz seilen vor (vgl.
Petersen, Rom. Mittheilungen IX S. '291 Anm. 2) und diese
eigentümliche (iildunf^ hat sich in Phrygien zäh behauptet.
In Siwri-hissar fand ich eine aus Pessinus stammende Löwen-
figur, auf deren Leib eine spate Grabschrilt eingegraben war
(Athen. Mittheilüiigen XXII S. 48 Nr. 31 ); die Zitzen waren
deutlich angegeben, aber am Nacken ein Mähnenrest erhalten,
der Kopf fehlte. Die V^erbindung bemähnler Löwen mit Lö-
wenjungen ist also ein weiteres Anzeichen fur die Abhängig-
keit des phrygischen Steinmetzen von jonischen Vorbildern.
Mit ebenso wenig Recht wie bei dem Arslan - tasch hat man
hethitischen EinÜuss bei einem Felsreiiel angenommen, das
* Die «nf RaoLsajrs Skizze (JowrtuU IX 8. 368) angegebMiea Biaidlieiten
kann ich luin grossen Teil nicht für richtig halten. Sicher ist ÜNatr. dass
dleie Zeichung die Gesamt Wirkung gänzlich verdirbt; SO plupipttnd fldchsam
fUUgesto|itl seilen die Löwen denn ducb nicht aus.
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KLEINASUTISCHB STUDIEN. 111.
«37
ich hier anschliessen will , obwol es nicht zu einem Grabe
gehört. Wenn man vom Midasdenkmal zum Pelsplateau em-
porsteigt, bemerkt man rechts neben einem Pelsaltar ein 0,75"
hohes, 0,62*" breites Relief, das Fig 12 nach meiner Photo-
Fig. 12
graphie wiedergiebt Die Erhaltung ist leider schlecht, na-
mentlich das Gesicht der Figur ist stark beschädigt, auch ge-
staltet die Roheit dei Arbeit kaum von einem bestimmten Stil
zu reden, aber zuversichtlich darf man sagen, dass alle jene
* ijhrr die von Ramsay elwas weiter abwärts beol)achtelcn Reliefs {Jour-
nal III S. 6 IT. ) waf^e ich ebenso wenip etwas zu sapen, wie über da.s von
ihm am Haniam-kaja bemerkte {Journal X S. Iß5), jedoch kann ich
Perrol.s Zweifel an ihrem altphrygischen Ursprung (S. 171) nicht teilen.
' Die bisherigen Abbildungen Journal of Hellenic studies III S. 9, Perrot-
Chipicz IV Fig. 353, Athen. Millhcilungen XIV 8. 18? und Reber S. 583
sind mehr oder weniger unzulänglich ; in unserer Abbildung ist der Stil
etwas verweichlicht, aber die Einzelheiten sind (reuer al^ aqf dei> äl^crci)
wiedergegeben.
138
A. KOBRTE
Eigentümlichkeiten der Tracht und Bewegung fehlen, an denen
hethitische oder syrokappadokiscbe Werke auch bei schlechter
Erhaltung so leicht zu erkennen sind. Dargestellt ist ein nach
rechts gewendeter Mann in Schrittstellung; sein faltenloses
Gewand reicht bis ans Knie, auf dem Tielleicht bärtigen Kopf
tragt er anscheinend eine eng anliegende Kappe *, unter der
hinten ein au^ebundener Haarschopf hervorquillt. Ob seine
Püsse beschuht sind, ist nicht xu erkennen, JedenfoUs stecken
sie nicht in hethitiscben Schnabelschuhen; über seiner
Schulter wird ein Gegenstand sichtbar, den ich für einen
Köcher halten möchte, und in der Rechten tragt er einen Stab
von eigentOmlicher Perm. Der ziemlich dicke Stock läuft oben
gabelartig in zwei dOnne geschwungene Enden aus. deren
Spitzen auf meiner Photographie mit Sicherheit zu erkennen
sind, auch am Original habe ich sie gesehen ; ob diese Enden
unmittelbar tther der Gabelung einmal verschränkt sind wie
bei der gewöhnlichen Porm des griechischen Kerykeion, weiss
ich nicht bestimmt zu sagen ; der Pels ist gerade an dieser
Stelle stark beschädigt. Nach der Photographie ist mir solche
Versehränkung nicht wahrscheinlich und die in der Abbildung
gegebene Porm wird richtig sein. Die von Ramsay S. 9 mit
Recht hervorgehobene Verwandtschaft mit dem griechischen
Kerykeion wird dadurch nicht beeinträchtigt.denn dies ist von
Haus aus nichts ab eine gegabelte Rute, ein Zwiesel (Preller-
Robert, Griechische Mythologie I S. 412; Mflnsterberg, Arch.
Epigr. Mittheilungen XV S. 1 42 ), dessen Enden keineswegs
immer verschränkt sind (vgl. Röm. Mittheilungen II Taf. 8,1),
auch ebenso gut zweimal wie einmal verschlungen sein kön-
nen (Gerhard, Auserlesene Vasenbilder III Taf. 170). Das
Kerykeion berechtigt uns aber nicht, die Pigur des Reliefs
Hermes zu nennen, wie Ramsay vorsehlug, denn es ist ur-
sprünglich ein Symbol der Herrscbergewalt. das dem gölt-
liehen oder menschlichen Botschafter der geheiligten Majestät
< HögUcber Weise ist der Kupf unbedeckt ni denken.
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KLBINA8IAT18CHB STUDIEN. III.
139
gleichsam zur Beglaubigung eingebändigt wird So trägt auf
der Dodwellvase Agamemnon das Kerykeion und auf den bei-
deo angeführten Gefasaen, die derselben jonischen Fabrik ent*
stammen, finden wir es einmal in der Hand des Zeus, das
andere Mal führen es zehn Geronten. Demnach werden wir
die Figur des phrygischen Reliefs als einen göttlichen oder
menschlichen Herrscher bezeichnen dürfen ; eine genauere
Bestimmung ist unmöglich. Die beiden Gegenstände vor ihm
kann ich nicht für hetbitische Hieroglyphen halten, denn sie
haben mit keinem dieser Zeichen Ähnlichkeil, ebenso bedenk-
lich scheint mir aber Rebers Deutung als Opfergaben auf einem
Altar. Der Schein eines Altars entsteht dadurch, dass rings
um die beiden Gegenstände nur so viel Reliefgrund verlieft
ist, als eben nötig war, also unten und oben weniger als für
die menschliche Figur. Den unteren Gegenstand weiss ich
nicht zu benennen, der obere ist i<ein Vogel , sondern wol
Bweifellos eine phrygiscbe Mütze und als einzige altphrygische
Darstellung des einzigen noch heute lebendigen Erzeugnisses
der phrygischen Kultur nicht ohne Interesse. Nicht als Opfer-
gaben, auch nicht als Hieroglyphen sondern als Altribute
werden die beiden Dinge dem Bilde des Herrschers beigefügt
sein Von Bedeutung ist es, dass die einzige Eigentümlichkeit,
die sich mit Sicherheit an einen fremden Kulturkreis anknüp-
fen lässt, das Kerykeion, wieder nicht nach dem Osten, son-
dern nach Jonien weist.
Von den Pelsgräbern, an denen sieh die Abhängigkeit von
der jonischen Kunst desVII. und VI. Jahrhunderts am besten
beobachten lässt, sind die geometrisch verzierten Kultstätten
seitlich gar nicht zu trennen. Die Brücke zwischen beiden
Denkmälerklassen schlägt der Arslan - kaja, der durch seine
Skulpturen ebenso unlöslich mit den Pelsgräbern wie durch
seine ganze Anlage und seine Inschrift mit den geometrischen
* Ich verdanke diesen Hinweis Löschcke, von dem wir eine erschöpfende
Behiodlung; des intenmaoten Sloflk erltoffen dürfOQi
140
A. KOBRTB
Fassaden verknüpft ist. Diese Passadeo mit ihren reichen
Mustern sind die seibständigslen Erzeugnisse der phrygischen
Kunst, um so wichtiger ist es, dass auch sie sich dem über-
mächtigen jonischen Binfluss auf die Dauer nicht haben ent*
sieben können. Sphingen und Mäander des Aralan-kaja sind
ebenso sicher hellenisch wie der Lotosknospen- und Palmelten-
Pries des Kütschuk- jasili - kaja, dessen Herkunft ich oben
(S. 114 ff.) naebg^wiesen habe.
Wenn wir von den geometrischen Muslern abseben, siebt
es um die phrygische Kunst nicht anders wie um das phrygi-
sehe Alphabet; alles Wesentliche ist von den kleinasiatiscben
Grii^chen entlehnt, nur Einzelheiten sind nach tiedarfniss ge-
ändert und binzugethan. Dieser Sachverhalt kann nicht mehr
Oberraachen, seit wir wissen, dass in der ersten Hälfte des
sechsten Jahrhundorls auch echte Erzeugnisse der jonischen
Plastik (Athen. Mittheilungen XX S. t ff.) und Keramik
(Ebenda XXII S. *27 f.) naeb dem phrygiseben Hochlande
eingeführt worden sind.
Prägen wir uns nun, wann dieser mächtige Einfluse des Hel-
lenismus begonnen hat, so bietet die Zurückdräogung der
Rlromerier den nattkrlicben terminus a quo. leb sebe keinen
Grnnd, eines der phrygiseben Denkmäler*, zu denen uns ost-
griecbiscbe Werke des siebenten and seebsten Jahrhunderts
die meisten Analogien gegeben beben, fiQr älter lu ballen als
rund 030. Damals war die Macht der Kimmerier gebrochen,
Lydien hatte das Untertanenverbältniss zu Assyrien gelöst und
war wieder in die Reibe der asiatisoben Grossmäehle einge-
treten (vgl. Rädel, LaLydie et le monde grec S. 132).
Durch die Vorberrsebaft der balbbellenisirten Lyder wurde
den Joniem der Zugang zum Innern Kleinasiens geöffnet. Eine
tiefe Kluft trennt die im engeren Sinn phrygiseben Denkmä-
ler von allen Kulturresten, die sieb auf dem weilen Hochlande
aus älterer Zeit erhalten haben Die Reliefs von Gjaur - ka-
* Nur Delikli - tasch ist wol älter.
' yb«r diese vgl. besouders I|irachrel4. Pie FelseareMeb ii| l(leia>
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ItLEINASlAtlSCriB STÜÖtEN. III.
141
lessi, Eflatun - bunar, Fassilar und Ibris, die Hieroglyphen
Ton Bey - kdi und Kölitolu haben mit den Werken, die uns
beschäftigten, so gut wie nichts gemein, sie hängen ehenao
deutlich von der alien Kunst clo«^ Ostens ab wie jene von der
des Westens. Dass zwischen beiden Gruppen die Übergänge
fehlen, dass sie so fremd neben einander stehen, erklärt sich
leicht wenn sie sich zeitlich nicht berührten: zwischen beide
fällt eben der Schrecken der Kimmerierherrscbaft, während
welcher jede Kunstübung aufborte. Man hat gemeint, die
grossen Pelsdenkmüler hätten nur in der Zeit nationaler Selb«
ständigkeit entstehen könneu,aber das beruht auf einerslarken
Überschätzung ihrer Eigenart. Eine selbständige, wurzelechte
phrygische Kunst hat es so wenig gegeben wie eine lydische
oder kariscbe. Die alten Landeskönige hatten, wie vor allem
die Sculpturen von Gjaur-kalessi leigen, ihren Bedarf an
Kunsttypen von Osten her bezogen, und als nach der Rim-
meriemot das reiche Land sich schnell erholte, da konnten
die Porsten, die nun unter lydischer Oberhoheit herrschten,
für ihre pfächtigen Grabmäler und Kultstatten die ausländi-
schen Vorbilder gleichfalls nicht entbehren. Die bescheidenen
Keime nationalen Stils wurden eifrig gepflegt, aber das reiche
Erbe der Jonier musste aushelfen.
Mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie der Beginn des
joniseben Einflusses lässt sich m. E. sein Ende datiren ; wol
keines der besprochenen Werke ist jflnger als daa Jahr 546,
in dem das Lyderreich dem Perserkönige erlag. Nur ein ein-
aiges Denkmal ist mir bekannt, das möglicher Weise etwas
jänger sein kann als der Sturz des Kroisos, und dies erfordert
eine eingehendere Besprechung.
Etwa 7U^ nördlich von Arslan - kaja , dem nördlichsten
Denkmal der zusammenhängenden Gruppe befindet sich eine
stattliche Grabanlage {g in der S. 121 f. aufgestellten Liste),
uien und das Volk der Uiiiiter (Abbandlungen der Berliner Akademie
1886).
14^ A. KOeßTg
deren Kennlniss ich Herrn Ingenieur de Pbilippi verdanke*.
Sie liegt etwa 2^* von der Station Köktsche - kissik der Eisen-
bahnlinie Eskischehir - Kutaja entfernt am felsigen Südrand
des Porsukthals, dessen nicht unbeträchtliche Breite hier haupt-
sächlich durch sunnpGge Wiesen ausgefüllt wird. Von aussen
sichtbar ist nur (s. Fig. 13) in einem roh vertieften Rahmen
Fig. 13
ein niedriger schmuckloser Giebel von etwa 4,00" Breite und
0.60°" Höhe, der auf einem in zwei breitere und zwei schma-
lere Streifen gegliederten Gebälk aufliegt. Die Ähnlichkeit,
die der untere Teil des Gebälks durch die Absätze mit dem
jonischen Epistyl gewinnt, kann Zufall sein, denn auch der
nur zur Hüllte erhaltene rechte Seitenpfeiler ist in gleicher
Weise in zwei Streifen geleilt. Der Giebel war in seiner Mitte
* Wenige Schrill von ihr entfernt liegt das kleine S. 113 Fig. 8 ab-
gebildete Denkmal.
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ttiltWASIAtlSCta SfODtBN. M.
g^estützt, wie ein kurzer viereckiger Stumpf lehrt; da sich an
dit^sem keine Spuren eines runden Kapitells tinden und auch
den Seileopfeilern die KLapitellbildung fehlt, wird die Stütze
wol ein einfacher viereckiger Pfeiler gewesen sein. Ausge*
schlössen ist die Möglichkeit freilich nicht, dass sie in Form
einer Säule gebildet war, wie bei einigen paphlagonischen
Pelsgräbern, die seitlich ähnlich begrenzt sind und doch in
der Milte Säulen haben (Hirschfeld, Paphlagonische Felsen-
gräber, Abhandlungen der Berliner Akademie, 1885, Taf. t
und 4 ). Erheblich breiter als die Passade ist der dahinter ge-
legene Saal (s. Fig. 14); er hat eine Breite von 7,80' und
Fie. 14
eine Tiefe von 3, IS". Die aussen in Folge der Zerstörung der
Pfeiler weniger kenntliche Nachahmung der Holxarchitektur
ist in diesem Raum sehr sorgfältig ausgeführt (s. Fig. 15).
Die dem Eingang gegenüber liegende Wand wird gegliedert
durch swei Thoren und drei Scheinfenster mit der Nach«
ahmung gradlinig profilirter Hohrabmen. Zwischen je einer
A. KOERTä
Thür- und Fensteröffnung treten als Träger der flachen Bal-
kendecke Pfeiler von etwa 0,4 0" Breite etwas aus der Wand
hervor, ihre Köpfe sind durch Platten in der Form von Bret-
tern verstärkt. Ganz entsprechend sind die Schmalseiten ge-
staltet, ein Pfeiler in der Mitte und zwei etwas schmälere io
den Kcken hahen an der linken Wand zwei Scheinfensler an
der rechten ein Scheinfenster und eine kleine Thür mit drei
niedrigen vorgelagerten Stufen zwischen sich; auch an der Vor-
derwand sind zu heiden Seiten des Kingangs zwei Schein-
fenster angehracht. Aus diesem Saal, der das Innere eines
einfachen Holzhauses mit nüchterner Treue wiedergiebt, ge-
langt man durch die kleine Pforte rechts in eine schmucklose
Rammer von 2,30 zu 2,10'" Grundfläche, während die beiden
Thüren der Längswand in einen grösserer gleichfalls kahlen
Raum von 6,00 zu 3,00'" führen. An diesen schliesst sich hin-
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ICLBtNASIAtlSCHB STUDIEN. 111.
145
ten eine Nische von 2,10*" Tiefe und un regelmässiger Rück-
wand an, die ganz oder zum Teil später hinzugefügt zu sein
scheint, als man das alte Grab als Kirche benutzte. Vielleicht
enthielt die Nische ursprünglich ein Totenbett und wurde
•von den Christen sur Apsis ausgestaltet. Sicher spät ist ferner
ein roh in den Boden der Haoptkammer gehauenes Schacht-
grab und allerlei Kritzeleien an den Wanden des Voraaals.
Dass die Kammern so schmucklos, der Vorraum dagegen
sorgfältig versiert ist, lüsst voraussetzen, dass er dem Toten-
kult diente, während man die Kammern nicht zu betreten
pflegte. Die ganze Grabaniage hat durch die Witterung und
die Hirtenfeuer stark gelitten; die Arbeit ist nicht so fein wie
am Arslan-kaja oder dem zertrümmerten Löwengrab, aber
docb leidlich sorgfältig. Von dem T^pus der übrigen Felsen-
gräber weicht dies ganz erheblich ab; die bequem zugäng-
liche 3"" hohe Doppelthür mit dem Giebel darüber und der
grosse sorgfällig ausgestattete Vorsaal haben in Phrygien kein
Seitenstück, dagegen stimmt es aufFällig mit den von Hirsch-
feld untersuchten paphlagonischen Felsengräbern überein.
Auch diesen ist die Giebellässade mit einer oder mehreren
Stützen und die oß'ene Halle vor der eigentlichen Grabkammer
eigentümlich; freilich ist die Vorhalle nirgends so gross und
80 liebevoll ausgestattet, wie bei dem Grab von Köktsohe«
kissik. In den Einzelheiten steht ihm am nächsten das von
Hirscbleld mit Nr. Iii bezeichnete Grab von Iskelib (a. a. O.
Taf. 6 S. 19 f., Perrot-Ghipiez V Fig. 144-148) mit einem
aerstdrten Mittelpfeiler, geräumiger Vorhalle und Borgfältiger
Nachahmung der Holzarehitektur in der Grabkammer selbst.
Das Totenlager ist hier in einer Nische an der Rückwand an-
gebracht, so wie ich es bei dem phrygischen Grabe vermutet
habe. In den tiauptzügen stimmt das Grab von Köktsche-
kissik so auffällig mit den paphlagonischen fiberein, dass wol
irgend eine Verbindung zwischen ihnen trotz der grossen
räumlichen Trennung anzunehmen ist, wenn wir auch vor^
läußg noch nichts über die Art der Verbindung feststellen
können. Hinweisen möchte ich nur darauf, dass es nicht an
ATUKN. MiTTHSlLUNO£N JUUll. lÜ
146
A. KOlAtK
Anseichen far eine StammeB-Verwaadtschaft der Papblagoaier
und Phryger fehlt (vgl. besonders Herodot VIM3; E. Meyer,
GeBchichte des Altertums 1 S. 300). Leider geben die papbla-
gontsohen Gräber für die Datirungdes phrygiachen wenig aus,
denn die genauen Untersuchungen Hirschfelds haben keine
sichern Anhaltspunkte fiQr ihre Zeitbestimmung ergeben*.
An dem plirygischen Grabe mutet zunächst der Giebel ganz
griechisch an und verleitet zu einem späten Ansatz; Reber, der
das Grab selbst freilich nicht gesehen hat, will sogar bis in
hellenistische Zeit hinabgehen ( S. 587 ), was angesichts der
paplilagonischen Griiber uDmöglich ist'. Andrerseits macht die
strenge, nüchterne Nachahmung der Holzarehilektur, die an
Pfeilern, Balken und Giebel auf jeglichen kflnstlerischen
Schmuck verzichtet, fast einen älteren Eindruck als der grös*
sere Formenreichtum der paplilagonischen Graber, und so
vermag ich keine Dalirung zu g^ben. Da jedoch Felsengräber
in Phrygien vom V. Jahrhundert vor Chr. bis zum Beginn des
II. Jahrhunderts nach Chr. bisher sonst nicht nachgewiesen
sind halte ich es für bedenklich, dies eine zweifelhafke Stück
erheblich jünger anzusetzen als den Sturz des Lyderreichs.
Seine Unterschiede von den übrigen altphrygiscben Felsen-
gräbern kfinnen ebenso gut durch örtlichen als dnrch zeit-
lichen Abstand erklärt werden.
II. D» Pelsgrasbbb der robmiscben Kaisebzbit«
Die von mir zuerst bei der Winckelmannsfeier des atheni-
schen Instituts 1894 vorgetragene Ansicht.dass alle bisher dem
V. unci iV. Jahrhundert vor Chr. zugewiesenen phrygischen
Felsengräber Werke der römisclieo Kaiserzeit seien, ist iozwi-
* Er tebeint geneigt ihr Alter zo ubenehälim.
* Wenn er von AkroterienspureD redet, so ist er wol dnrch die Photo-
graphie get&nscht; ich habe wenigstens keine solchen Spuren wabige*
Bommen.
* Vgl. das lülgunde Kapitel diej»er öluUiea.
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KLBIMASIATISCIIB STUDIEN. III. 147
sehen durch Reber in dem wertvollen Schluaeteil seiner Ab-
handlung an deriland vorzüglicher Abbildungen so eingehend
begründet worden, dass ieh mich über diese Gräber kürzer
fassen kann als ursprünglich im Plane meiner Arbeit lag.
Gern sehe ich mich durch ihn der Notwendigkeit überhoben,
neue Abbildungen von diesen unerfreulichen, lange Zeit so
seltsam übersehätalen Denkmälern zu geben, aber es bleibt mir
doch noch maDcberlei über sie zu sagen, da Beber aus dem
Thatbestand die Folgerungen nichl mit der nötigen Bestimmt-
heit zieht, ich gebe zunächst wieder eine LibLe der wichtige-
ren in diese Klasse gehörigen Ueokoialer und ihrer Abbil-
dungen K
a) Gerdeli - kaja, dorisches Grab bei Tschukurdscha. Ab-
gab. Ueber Taf. 9 und Fig. 12; Texier, Descriptiou de l'Ä~
sie mineure Tai', üü. Gl ; Perrol- Chipiez Fig. 91. Stewart,
Ancient monuments of Li/cii(i and Pkry^ia Tat. 1*2.
b; Solon -Grab von Kumbet. .\bgeb. Ueber Tal. 10 Fig.
13; Perrot, Exidoralion de La Galatie et de La Bitkyiiie
Tat.! ; Perrot- Chip iez Fig. 83-89, schlechter Stewart, il«-
cUnt monuments of Lydia and Phrygia Taf. 6. 16.
c) Alle Gräber der grossen Nt kropole von Ajas-in 2. Mehrere
von ihnen sind abgebildet bei Heber Tai'. 11 und 12, Fig.
14, iü ; Ramsay, Journal of Hellenic studies 111, I88V,
Taf. 36-29; Perrot -Ghipiez Fig. 17-8*2 und 92-97.
d) Mehrere Gräber am Westabhang des Felspiateaus von
Japuldak. Abgeb. Reber Fig. 16 und 18 1 Ramsay, Journal
of Hellenic studies X, 1889, Fig. 28-33; Perrot - Chipies
Fig. 90.
* VoUtttndigkeit der Angabeo über die Abbildungen ist auch hier nicht
erstrebt, ungenügende Skiuen wie die von Barth erwähne ich abaiebtlieb
nictit.
* Hamüajf uud iliiu iolgcud Perrul beueuueu auch die allpbr^giscben um
den Arslan - taseb gruppirten Denkmäler nach dem Dorfe AjM-in. Da diese
aber von Ajas- in über eine Stunde entfernt sind und in einen andern Thal
licgLii, eiiipiieUt es sich mehr, sie nach dem nftcbsten Dorfe Hairan-veli
zu beueuueu.
118
A. kOtRtl
e) Grab bei Demirli. Abgeb. Reber Pig. 17.
f) Grab bei Bey-köi, beschrieben von Ramsay, Journal
of Hellenic studies IX, 1888, S. 372. In denn flachen Bo-
gen der^, Vorhalle sitzen zwei Löwen, deren Vorderpfoten ei-
nen Slierschädel (?) berühren. Innen drei Arcosolien.
Was diese Gräber von den allphrygischen am deutlichsten
scheidet, ist die Form des Totenlagers; wer lür dieV^erwahr-
losung des Stils ihrer Fassaden kein Auge hat, kann durch
einen Blick in ihr Inneres leicihl feststellen, ob ein Grabmal zu
dieser Riasse gehört. Während die allphrygischen Kammern
entweder ganz leer sind, oder Steinbänke l'ur die Leichen ent-
halten, finden sich in den spätphrygischen ausnahmslos To-
tenlager, die wie Krippen aussehen, und von den anatolischen
Bauern auch gern als Krippen benutzt werden: In die Kam-
merwände sind bogen-, ausnaliinsweise auch giebelförmige
Nischen gehauen, die unten in sargartige Höhlungen für die
Leichen übergehen (s. Reber Fig. 15-17). Diese Grabform,
für welche die christliche Archäologie den inschriftlich be-
zeugten (vgl. V'ictor Schultze, Die Katakomben S. 76 f.) Na-
men Arcosolien eingeführt hat, ist in der römischen Kaiser-
zeit von Italien aus in die Provinzen gedrungen. Weitaus am
zahlreichsten sind sie in den christlichen Katakomben. Schon
die in ihren Anfängen bis ins erste Jahrhundert nach Chr.
zurückgehende christliche Nekropole von S. Gennaro dei Po-
veri in Neapel enthält Arcosolien in Menge, dann finden wir
sie in den Katakomben von Rom, Sicilien, Kyrene, Melos,
Syrien, überall als die vornehmere Grabform neben den billi-
geren loculi. Wie fast alle in Felsnekropolen verwendeten For-
men dem Holz- oder Steinbau entlehnt sind, so auch die Ar-
cosolien, und zwar weist der runde Bogen deutlich auf den
römischen Gewölbebau als Vorbild. Es scheint mir nicht un-
denkbar, dass die Arcosolien aus den Nischen der Columba-
rien herzuleiten sind; im l'rinzip sind sie von den Bogenni-
schen, wie sie z. B. im Columbarium der Livia (Piranesi,
Antichitü di Roma III, ?6) in vielen Reihen übereinander
au den liohen Wänden angeordnet sind, nicht sehr verschie-
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KLnKAttATtiCn 8TVDIBN. IH.
I4f
den, nur sind sie viel grösser, weil die untere Höhlung nicht
nur die Asclienurne sondern den ganzen Leichnam aufnehmen
BoU. An Columbarien fühlt man sich besonders erinnert, wenn
die Arcosolien in zwei Hoihen übereinander liegen (Heber
Fig. 14, 15). fibenso gut kaoQ das Arcosolieograb aber auch
durch das Zusammenwachsen einer gewölbten Nische mit ei-
nem frei darin stehenden Sarkophag eatstaodeo sein (vgl.
Scbultie a. a. O. Fig. 10; Pacho, Voifa^e dans la Marma-
rique et la Cyrdnaique Taf. 39 und 55). Sicher ist, dass
wenigstens in späterer Zeit die Arcosolien nicht auf die Fels*
nekropoien beschränkt waren; in Central - Syrien kommen aus
Stein erbaute Grabmäler mit Arcosolien ( Vogu^, La Syrie
oeiUraU Taf. 70-73) und daneben in den Pelaen gehauene
▼or ( Vogu^ Taf. 80, 81, 88, 89 ). Die syrischen Gräber sind
zwar chnstlich und gehören zum Teil erst in das V. Jahr-
hundert nach Chr., stimmen aber mit den pbrygischen in
allen wesentlichen Punkten Qberein; gleich jenen sind sie Pa-
nniliengräber mit 3 bis 6 Grabstätten, keine Massengräber nach
Art der Katakomben. Im Innern ganz entsprechende Kammer-
gräber heidnischen Ursprungs auf der Insel Melos beschreiben
Ross ( Intelligenzblatt der Allgemeinen IJtteraturzeitung 1838
Nr. 'lÜS. 3'26) und Prokesch - Osten ( Denkwiirdigkeiten II
S. 204); nach der einen darin gefundenen Insciirift C.I. G.
2439c gehören sie in die Kaiserzeit Die Arcosolien sind aber
keineswegs immer im Innern von Grabkammern angebracht,
wol noch häufiger sind sie einzeln in den freistehenden Fels
gehauen; so kommen sie massenhaft in Plirygien, aber auch
in Syrien (Vogue Taf. 16, 90), aut Thera {Man. deH Inst,
III Taf. 25, 2 und 3 = Ro88. Arch. Aufsätze Ii Taf. 11. 12)
und seihst in Lykien vor, wo im Allgemeinen die alten Grab-
forroen auch in der späten Zeit mit grosser Zähigkeit festge-
halten werden. Gins dieser lykisehen Arcosolien, die Petersen
und Luschan bei dem Dorf Alifaradin sahen ( Reisen in Ly«
* Proketob- Osten hUt tie xwar für uralt, aber seine BesobrailHing be-
weist das GegeatsU.
150 A. KOBBTB
kien Taf. 25 S. 167 f.), ist durch seine Datiraog «if das iahr
S69 nach Chr. besonders interessant.
Dieser kurze Überblick wird zu dem Beweise genOgen, dass
die Aroosolien eine in Italien aufgekommene Grabform sind,
die allmählich immer weitere Verbreitung gefunden hat; die
meisten in den Provinzen bekannten Beispiele gehören dem
III. bisV. Jahrhundert an, auch von den phrygiachen kann
ich keine für Torhadrianisch halten. Reher scheint geneigt
(S. 587), wenigstens das dorische Pelsgrab von Tsehokurdseha
um 100 Jahre älter anzusetzen. Aber aus dieser Zeit sind Ar-
cosolien meines Wissens im Osten nicht nachzuweisen ; die
Architekturformen scheinen mir in der Zeit Hadrians und
selbst der Antonine ebenso gut möglich, und die hohe mate*
rielle Blüte des Hochlandes, wie eine so stattliche Anlage sie
zur Voraussetzung hat. beginnt nach Ausweis der Inschriften
erst im zweiten Jahrhundert ^
Die aus der inneren Anlage erschlossene Datirung der Giü-
ber wird durch ihre Fassaden schlagend bestätigt; ich darf
dafür auf Bebers Ahbildun^n n und Ausführungen (S. 589 fr.)
verweisen. Gine für die Spützeit sehr charakteristische Ein-
zelheit am Solongrab von kümbet. die Perrot allein schon
hätte abhalten sollen, das Grab ins V. oder IV. Jahrhundert
zu setzen (S. 232), hat auch Heber nicht recht hervorgeho-
ben. Unter den Köpfchen, die zwischen den Kragsteinen des
Giebels angebracht sind , befinden sich neben Löwen und
Gorgonen köpfen auch zwei unverkonnl)are Tlioatermasken spä-
ter Form; die eine nimml an der linken Seile den zweiten
Platz von unten, die andere den obersten auf der rechten Seite
ein. An demselben Grab möchte ich noch zwei Punkte gegen
* Rebers Datiningen sind merkwürdig widerspruchsvoll. Auf S. 54t leson
wir, dass 'einige Pelscnpräh«»r im Berpland von einer selbst hier wieder er-
wachten Wohlhabcnlieil uui die letzte Zeit der Republik oder zu Anfang
der Kaiserseit sprechen * während er 8. 5d7 das älteste dieser Oräber 'niebt
vor die Zeit um Christi Geburt fallend * nennt. Das Solongrab von Kfimbet
gehört nach 8. 545 in die Zeit nm Christi Oeburt, nach S. 589 in die An-
tooinenxeit.
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KLBIKASUTISCBB 8TUDISN. III.
Beber riehtig steUen. Neben dein Biogangist reehts ein Boekel-
oehae* and links, wie Stewart riehtig engiebt, ein Gorgoneion
in geringen, aber fiBr die Deutung ausreicbenden Resten eN
halten. Femer lautet die Inschrift Aber der ThQr zur zweiten
Grabkammer nach meiner Abschrift und meinem Abkiatseh
COAUIN^rf^ . . . NOC B was ich unter der, in dieser Zeit
und Gegend wol möglichen Voraussetzung, dass die gerundete
und die eckige Form des Sigma wechseln , zu SöXuv S[6X«]vo(€'
erf^zen möchtet Dass diese Inschrift nicht nachträglich
hinzugeftlgt, sondern mit der ganzen Anlage gleichzeitig ist,
braucht nach dem Gesagten kaum betont zu werden.
Damit beschliesse ich die Betrachtung der phrygischen Fels-
denkmäler' und möchte nur noch einmal kurz herTorbehen,
welche kulturgeschichtlichen Folgerungen sich aus ihnen er-
geben. Bisher stellte man sich das Verhältniss des weiten
phrygischen Hochlandes zum Hellenismus sehr ähnlich vor
wie das Lykiens. Dort lässt sich, wie Benndorf (Reisen in
Lykien und Karien S. 1 11 ) so schön ausgeführt hat, der grie-
cbiscbe Einfluss seit der Einverleibung des Landes in die Joni-
sche Satrapie immer deutlicher erkennen ; nicht ohne Schwan-
ken, aber doch ohne Unterbrechung nimmt der Hellenismus
zu — besonders stark in der zweiten Hälfte des IV. Jahrhun-
derts— und die Kaiserzeit Tollendet nur, was lange Jahrhun-
derte angebahnt hatten. Ganzanders in Phrygien: Siegreich
war die glänzende Kultur der jonischen Städte in der Mer-
* Der Blickelochse ist aiiT kloiiMsiatiscben Dcnkmfllern der Kaiserzeit
ziemlich liäulig; die Ton IVrrot 8. 13? angcführlon Beispiel»' lassen sich
durch die Listen Kerns (Athen. Mittheilungen 1892 S. ?77) und Kellers
iTbiere des olassiscben Alterlbaaw 8. 68 ) Yerroebren. AufTallend war mir,
dasselbe Tier bereits durch eine mykeniscbe Terrakotte der Scbliem«in-
sehen Sammhinfi in Berlin (Inv. 8HtO) darfrestellt 7ii tuidon.
s Stewart las StfXai« novoc, Perrot ö. 135 LöXaiv u[ij(tai) ivSs, Reber
Xm 1. 1. X. iv0a.
* ESnige bTunliniscbe FelskireheD fibergebe icb. Eine solcbe bei Ajas-in
bat Reber 8. 597 abgebildet und beschriehen, ein»^ arult^re \m Ko'^^-ik - lasch
wird Strzygnwski aufOrund meiner Aufnahmen in der Byxantiniscbea Zeit-
schrift behandeln.
15«
A. XOBBTB
mnadenzeit hierhin vorgedrungen, jon Ische Schrift und joni-
Bche Kunsttypen, selbst jonisclie Marmorwerke und jonische
Tliongefässe hatten 1^ ingang gefunden, aber die Perserherr-
schaft zerriss alle Fäden, die Plirygien mit dem Westen zu
verknüpfen begannen. Wir haben in Phrygien nicht ein ein-
ziges Werk wie das Amvnlasc;rab , oder das Ileroon von
Trysa; griecbische Vasen und Terrakotten des V. und IV. Jahr-
hunderts fehlen durchaus, nicht ein griechischer Inschrittstein
aus vorhellenistischer Zeit ist bisher zu Tage gekommen. Zu
dieser Abschliessung des Landes gegen Westen trug jedenfalls
die Stellung sehr viel bei, die es in der persischen Monarchie
einnahm. Während Lykien, Karlen und Pampbylien mit Jö-
rnen und der Aiolis zur ersten Satrapie gehörten, war Phry«
gien mit Bithynien, Paphlagonien und Kappadokien, also
lauter öetiiehen LAndschafien zur dritten Satrapie vereinigt
(Herodot Ui, 90). Jahrhunderte lang liegt das Land wie im
Schlaf, kein Kulturrest giebt von der Zeit der Perserberrschaft
Kunde. Der Stun des Perserreichs hat in diesem Gebiet dem
Hellenismus keineswegs su einem scbnellen Siege Terholfeo.
Stadtegründungen der Diadochen haben auf das eigentliohe
Hochland zunächst kaum einen nachweisbaren Binfluss ge-
habt, denn der Keltensturm Hess das zarte Pfläniehen der hel-
lenischen Kultur nicht aufkommen. Auch die Bedeatang der
Attaliden für die Hdlenisirung Phrygiens wird in der Regel
sehr überschMtzt. Wol haben sie der Göttermutter in Pessinus
einen schönen Tempel gebaut (Strabo XII, 567) und die Prie-
sterschaft gegen die Barbaren unterstützt, aber die kostbaren
Steine, welche uns ihren Briefwechsel mit den Priestern er-
halten haben', lehren docli auch, wie vorsichtig sich die Kö-
nige in diesen Gegenden bewegen mussten. und sie sind die
einzigen grösseren Inschriften aus vorrömischer Zeit, die wir
bisher auf dem Flochland gefunden haben. Selbst das Jahr-
hundert von der Gründung der Provinz Asia bis auf Augustus
« Areb. Bpigr. Mittbeihuigea VIII 8. 95 f. Tgl. SUbeUn, OMohiokla dsr
UeiiUMiatiiohea OaUter 8. 91 IT.
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tUmiASUTIKIII STDOtBN. til
tss
liat da noch nicht Yiel geändert, erst die rOmiachen Raiser
hahen das weite Land der abendländischen Kultur wirklich
erobert, weil sie ihm die Grundbedingungen einer höheren
Entwickelung schenkten, gesicherten Frieden und eine geord-
nete Verwaltung. Etwa seit der Regierung Hadrians ist der
glänzende Aufschwung allenthalben zu verfolgen, der seinen
Höhepunkt in der ersten Hälfte des HI. Jahrhunderts erreicht.
Überall erheben sich prächtige Tempel', Theater und Bäder,
Qberali treibt man mit Statuen und Ehrendecreten Luxus,
weiht den alten Landesgöttern Altäre und Reliefs mit grie-
chischer Inschrift, und schmückt selbst io Dörfern gern die
Grabsieine mit einem griechischen Epigramm. Damals ent-
standen auch die Felsgräber, die mit den alten Zeugen einer
frfiberan Glanzzeit des J^andes wetteifern sollten, aber freilich
an monumentaler Wirkung hinter ihnen zurückbleiben.
Die miehtig vordringende Kraft der Jonischen Kultur in der
Marmnadenaeit, und dann wieder die gewaltige Rultarleiatang
das alternden Helleniamas unter der weisen Leitung Roma,
daa aiod die beiden weltgesehichtliohen BrscheinungeD, von
denen Phrygiena Pekendenkmäler mit beredter Zunge zu uns
iprediaii.
Bonn.
A. KÖRTB.
* Unter Hadrian tot s.B. der betteriialtene frieeliiMhe Tempel Pbrygieas,
dar Saosttoipal ven Aitanoi artiaat.
INSCHRIFT AUS UIERAPOLIS
Im C. I. G. 3916, und darnach in den Altertümern von
Hierapolis von Judeicli S. 171, 336 wiederholt, steht eine
Grabschrift, welche so anhebt: 'H copo; jcai ö ßwfAÖ; xal 6 wepi-
6oXo; Tcä? EOTiv 'AttoX^wviou toO MevivSpou tou 'AicoXXwviou
ZEKOYN AAPOYAOY. Dies letzte Wort hat Franz im OLG.
zu SExo'jvSrt]a[v]oO bessern wollen, Judeich hat es unangetastet
wenn auch unerklärt gelassen. Seine Deutung giebt eine In-
schrift aus Ankyra, die in den Athen. Mittheiluogen 1896 S.
467 veröffentlicht ist. Wir finden darin : FI. AiXicf» .... Ilipyat-
(AKpouS[ä^v], und weiterhin xauTtiv tt)v «nqXviv xapiuv (pOs jj^lpt
xal evin)( Y*tY*<^)^<^^ (Tou|X(/.apouSv)v xitfAsvov Iv ^aive^fp. Eine zweite
dort angefohrte Weihinschrift eines Aouxvo« Bituvio^ 'AXc^oi^»-
«ou|A|Mipou^ bietet dasselbe rätselhaft scheinende Wort.
Seine Deutung war uns nicht g^lQckt. Hölsen hat nun (Röm.
Mittheilungen 1897 S. 87) die einleuchtende Erklärung ge*
geben, dass es sich in beiden Fällen um einen Gladiator han-
delt, der den EUing einer summa ruäts erreicht hatte. Dar-
nach ist wol klar, dass wir es hier mit einer secunda rudis
lu than und also «cxouvS«pou)ou su lesen haben.
Athen, 18 Mai 1898.
PAUL WOLTERS
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ARCHAISCHE SKULPTUREN AUS CHIOS
Meine Freunde finden in einem meiner Notizbücher die
Skizzen zweier Torsen, welche ich im Jahre 1858 in der Xwpa
auf Chios sah. Da inzwischen sonst keine Kunde von den
Stücken verlautet zu sein scheint, so ist die beistehende Wie-
dergabe der Skizzen wol am Platze. Eine Erinnerunj^ an die
Originale habe ich nicht mehr und kann also nur mitteilen,
was über sie in meinem Notizbuche beigeschrieben ist, zu-
nächst, dass beide Stücke von Marmor und überlebensgross,
die Formen dickschwammig und llach waren, das Maar auch
im Rücken der Figuren herabfiel.
Auf der Brust der einen Figur will die Skizze offenbar
die Einsatzspur einer Zuthat angeben ; es ist eine grössere
viereckige Vertiefung, umgeben von kleineren Löchern. Ver-
mutlich war der aufgebogene linke Unterarm hier befestigt.
Die Grösse der .\nsatzspur lässt darauf schliessen, dass sich
vor der Brust nicht nur die linke Hand, sondern auch ein von
ihr gehaltener Gegenstand befand. Zu vergleichen sind die von
156 A. CONZE, AUCHAISCHB SKULPTUREN AÜ8 CHIOS
Cheramye8 geweihte Figur aus Samos und die ihr verwandten
(Athen. Mitlh. 1892 S. 40, 19. 90. S. 44, 49).
Die Arme der zweiten Figur erscheinen scharf gebogen
und die Unterarme eng an den Körper gedrückt gehoben.
Beigeschrieben habe ich noch, wahrscheinlich in wört-
licher Wiedergabe einer mir mündlich gemachten Aussage:
"Ej^^w ctTtö T7]v 'AxffiXTjv ti? tÖv " A.f . 'lojxvvYjv ft7;oxdiiT(i> et; T*
Studniczka giebt mir an, dass die 'Araix-n eine Strasse von
Chios ist (vgl. Athen. Mitth. 1888 S. 165, 3), mit 7caTTfi|iLaTa
müssen dort befindliche Keltern gemeint sein.
Endlich finde ich noch beigeschrieben: 'Makufi', wie auch
sonst für 'Vakuf, 'Vakufi' vorkommt (vgl. Wilhelm in
Arch, epigr. Mittheilungen aus Österreich - Ungarn 1897 S.
96,64). Die'Torsen scheinen mir demnach als geistliches Ei-
gentum bezeichnet worden zu sein, sei es als christliches, sei
es als türkisches, denn das Wort kommt in beiden Beziehungen
▼pr (Paspatis, Xtaxov yXwaoäpiov S. 241 ).
CONZB.
BPI0RAPHI8CHBS AUS MU8TOXYDI8, H AiriNAIA
In meinem Aufsätze 'Epigrapbisches aus Aegtna* (Abhand-
lungen der Berliner Akademie 1897) hatte ieh (S. 5 Anm. 3)
mein Bedauern auszusprechen, dass ich Mustoxydis periodische
Publikation 'II Aiyivaix aus dem Jahre 1831 nicht benutzen
konnte. Jrtzt hat mir II. von Prolt aus dem Exemplar des
athenischen Instituts den gesamten epigrapliisclien Inhalt jener
Zeitschrift ausgezogen, und ich glaube meinen Dank für diese
ausserordenlhebe Mühewallung am besten dadurch zu bezei-
gen, (lass icii sie der ölTenllichkeit nutzbar mache: ich möclite
daher hier alles verzeichnen, was für uns noch von Wert ist,
um für epigraphiscbe Dinge die IJenulzung des schwer erreich-
baren Werkes künftig üi)erlliissig zu machen. Um keinen
täuschenden Schein zu erwecken, sind dabei auch für die In-
schriften die gewöhnlichen Typen verwendet, welche Musto-
xydis benutzt.
1. Zunächst ergiebt sich eine Anzahl neuer Nachträge' zu
meiner erwähnten Abhandlung, nach deren Nummern ich
aufzähle :
3 steht hei Mustoxydis S. 189 n. 19 in folgender Gestalt
APXIKAEIor
PAMNOTillüi:
Wir erfahren, dass der Stein aus Salamis ist. Herr von Prott
hat sicher richtig gesehen, dass meine Nummer? (Rampanis
In^rentar des.Museums von Aegina n. 325: 'Ap;^iXap(ou) damit
identisch ist.
5 (Kampanis n. 115) steht bei Mustoxydis S. 187 n. 5 und
' Vgl. diese Zeitschrift 22, 1897, S. 349 f. Dom Absatz auf S. 350 ist bei
der Correktur i& Alben uurichltger Wei»o die Ziffer 3 TorgeMUt wordea.
II. nUBMKBt
ist C. I. A. III i?81. Salamis als Fundort wird bestätigt;
Z. 5 Anfang giebt er ^j).?, !l!K. so dass der Stein damals viel-
leicht besser erhallen war und die Variaute Z. 4 £IAOr
Beachtung verdient ; Z. 8 . . TVKO . .
6. Mustoxydis S. 189 n. *25 hat als salaminisch MENE
KPATEIA. Wie Herr von Prott bemerkt, ist Identität mit
meiner Nr. 6 (Rampanis n. 118: 2!oc>A(&ic. MmKpdToc) sehr
wol möglich.
12. CJ.A. II 2975 ist nach Mustoxydia S. 189 n. 10 aus
Salamis, nach Kampanis n. 346 aus Aegina, wonach ich die
Inschrift einem attischen Kleruchen zugeteilt hatte. Auf weanen
Seite der Irrtum ist, wird sich kaum ausmachen lassen; doch
haben bisher alle anderweitigen glaubwürdigen Zeugoisae,
auch die von Mustoxydis, Kampanis Provenienzangaben be-
stiUigt.
19. Mustoxydis S. 189 n. 27:
KH<t>I£OAOPO£
nOAIAPXOT
A^I&NAIOÜ
Identität mit C. I. A. 11 284?: Kr.fpiTcSwpo; | Ilo^uip^^oo | 'A-
[yjaiö; ist ebenso wenig zu bezweiltln als meine GleicbsetzuDg
dieser insclirill mit Kampanis n. 9 : « K-/5<p. ToX.» Aber wieder
giebl Mustoxydis Salamis, Kampanis Aegina als Herkunft an.
Dass Le Has den Stein nach Salamis giebl, bat gar kein Ge-
wiciit; denn die grosse Lnzuverlassij. kcit süiner Provenienzan-
gaben für die Bestände des aeginelisclien Museums habe ich
vielfach nachgewiesen, und sicher ist sein Zeugniss neben dem
des Sammiungsvorstehers und des Ephoros kein selbständiges
drittes.
30. C. I. A. III 1689 bei Mustoxydis S. 189 n. 7 correct
und vollständig erhalten :
BT»ANHS
EUirBNOT
ETONTMBTS
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159
II. Zu attischen Inschriften, die ich in meiner Abhandlung
nicht zu erwähnen halte, ergiebt sich Folgendes :
a) C. I. A. II 2300. Mustoxydis (S. 189 n. 11) bestätigt
die Herkunft aus Salamis, ebenso für
6) C. I. A. II 2322 (ebenda d. 12), das ohne jede Lücke
gegeben ist.
c) C. I. A. \\ 2366 {(iPiraeeo Athenas transtata t>) steht
fehlerhaft bei Mustoxydis S. 189 n. 15. Werlvoll ist für uns
die K.enntni88,dass der Stein im Museum von Aegina gewesen
ist: wir gewinnen also einen neuen Beweis für die in meiner
Abhandlung S. 1 1 hervorgehobene Thatsache, dass Teile des
Museums beim Transport nach Athen im Piräus abhanden
gekommen sind. Eine wettere Bestätigung liefert C, /. A. III
1329, welcher Stein nach einer handschriftlichen Notiz von
Ludwig Ross in einem der dei der Akademie der Wissen-
schaften aufbewahrten Tagebücher sieh im Moseam von Aegina
befand, aber nach Pittakis, *E9Y)a6pi(; 614 lAiTcxo^iiiod?) e» toO
niipauwc (nicht, wie Dittenberger sagt: cm Piraeeo inven^
tum refert Pittakis i^).
III. Folgende vier Iniehrifteii aue Salamis habe ich im
C. I. A. nicht gefunden (Mustoxydis S. 190):
AH«AINBTIIN
ö) Elf TÖv olxov ivö( ä^fotKou
AUKEA£A
KPATHS
eBATBNOTS
*Af(] ANH9IÜN
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06 M. MAftMUL, ■ftABAmiCBtS AÜB HlMOXtDIl, II ifTlMAIA
fl) Bc( Tnv ixxXv)oiav tyJc TxaivavTiic
sonoAis
SOTBAOTS
. . ABTB
Z. 3 vol Mi]X[Oti[vc la leaen.
IV. S. 324 ff. werdeo loichrifteii ant Skiathos naeh Co-
pien daa einheimlaehen Lehren Epiphantoa mitgeteiit: C.I.G,
SI&3 und SI 54, beide ia ttbler Geatalt, beaoDdeie die erste,
die am Anfang aus der zweiten interpolirt iat und deren
Sehluse dureh die bei einer flaiaerehrung iMeherliehe Formel
p<ia( ^ifi'* ersetst wird. Danach ist der Wunsch Mnstoxydia
sehr berechtigt, dass die folgenden beiden Stocke M «Uov
Yiyjpoioftivou o<p6aX{;Loü gesehen wflrden, namentlich das sweite.
a) Ai6o( TiTpetycovoc l^m Iva imrov IvSpa.
ZODYPOS dfilOS APXON
6) A{6o; TtTpdeycovo;, e^o)v Suo Y^valMt« yX^*^^ IXXi|vikoCc tpi«-
AA«NHKAB SKXAPITO
KPITO IMEONOS ASIA NOS
PBA
Berlin.
H. FRJlNKBL.
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INSCHRIFTEN VON E8KI-8CHEHIR
Herr Dr. F. Peiser von hier kam in dipsenn Winter bei ei-
nem Ausfluge auf der anatolischen Eisenbahn zufällig dazu,
• wie einii:*' (Irahnteicn des alten Dorylaion. die eben ausge-
graben worden waren, behufs Verwendung zu modernen Bau-
ten zerstört werden sollten. Rs gelang ihm, die Steine noch
vorher zu photographiren und er halle die Güte mir diese
Photographien mitzuteilen.
1. Marmorplatte an den Seiten durch schmale Pilaster be-
grenzt , oben wol durch eine Art Giebel abgeschlossen. Den
oberen Teil nimmt ein Hellet ein daislellend einen nach rechts
sehenden Adler mit gespreizten Flügeln und einem Ivranz im
Schnabel. Der Adler steht auf einer Kugel und hält zwei Lor-
berbüscbe mit den Krallen fesl. Darunter:
ACKAACACK 'Acxaä; Amt
A A • K A I B P O Y T T Ii kxI Bpourr
lAAMIA-CENE la 'A{/.ia Xsvt
KATEKNUU-rAV Texvcp yXy
K¥TATUJ-ZHCAN 5 kutät^ Cr.oav
T I E T H O K T UU Tl £TT, OKTO)
MNHMHCXAPIN p.vrj|x>55 ;^ipiv.
Die Grabschrift der 'A;ioO£a, Schwester des hier genannten
Seneci, ebenfalls von den Eltern gesetzt, hat .\. Körte, Göt-
tingische gelehrte Anzeigen 1897 S. 4 I i, 13 vt lötTentlicht.
Ich kenne kern Bildwerk mit i:enau entsprechender Dar-
stellung und bin geneigt eine N'ermulung fiir iiclilig zu halten,
welche mir Utlo Keller mitteilte. Er glaubt, der Bildhauer
habe eine Vorluge benutzt, auf der der Adler ein Blitzbündel
in den Klauen hiell, und dies irrlumiicb durch die Lorber-
zweige ersetzt.
ATHKN. MJTTHB1LUMG£N XXlll. 11
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162 FR. RUBHL, INSCHRIFTEN VON ESKI - SCHEHIR
2. Marmorplatte ; oben ein Relief darstellend die Büste «-
nes Mannes und einer Frau in einem kreisförmigen erhabenen
Rahmen. Darunter:
niZTH0IAANApQ
TONAET YMBON
AMMIA ETEYSC
0AEITA.2YNrAM02
5 AH MO20EhH Zn AI
AEZTEMHTPIZfi
^PONIMNHMHZ
APIN AHMOZ0E
ii'TTTPCjBIXTOZ
tTt'j^e, I oSsixa, oovvajjio^ | ArijxoaOe'vr,;
TcailSe? TS ar.Tpi cro)|^povt p.v7}|jt.v)( }
Av)(XOo(le[vY]j( TcpeoSiOTo;
Es sind seclisfiissige Jamben. \'ersmass und Sinn lehren,
dass unten mindestens noch eine Zeile folgte, die aber auf der
Photographie nicht mehr zu sehen ist. Die Buchstaben sind
sehr schön und regelmässig zwischen Yorgezeichnelen Linien
eingehauen. Der Name 'Aaaia kommt in Eski-Schehir aucb
vor bei Rädel, En Phrygie S. 161,36. Göttingische gelehrte
Anzeigen 1897 S. 414, 71.
Königsberg i. P.
FRANZ RÖHL.
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FUNDE
Eleasis. Am sOdlicheD Abbang des AkropolishügeU waren
Bcbon von Herrn Philios einige Graber genmetriseber Periode
aufgedeckt worden ('E^Ti^jupi; xp^. 1889 S. 171 ); an derselben
Stelle bat nun Herr Skiaa seit 1895 gegraben« und einen Be-
gräbnissplatz aufgedeckt, der keinerlei Spuren irgend welcher
Benutsung in der Zeit nach, wol aber solche aus den Zeiten yor
der Herrschaft des geometrischen Stiles seigt. Ausser den ge-
wöhnlichen GrSbern dieses Stiles und grossen Gefassen, welche
die unverbrannten Leichen von Rindern oder die verbrannten
von Erwachsenen aufgenommen hatten, wurden auch Brand-
stätten entdeckt. Ein besonders reiches Grab, enthielt ausser 69
Gefäsaen noch andere Beigaben, besonders drei Skarabaen und
eine Isisstatuette aus ägyptischem Poraellan ( vgl. die vorläufige
Notiz Athen. Mitth. 1895 S. 374). Zugleich mit geometrischen
wurden auch Geßisse mit eingeritzten Mustern entdeckt, wie sie
Wide bei Aphidna gefunden hat. Im Portschritt der Ausgra-
bung mehrten sich die Brandstellen, die hier in mehreren
Schichten übereinander, zugleich mit mancherlei Resten meist
nachlässig gebauter Mauern erschienen. Diese Art des Fundes
ermöglicht es, an den Stellen wo diese Reste der Leichenver-
brennung in ungestörten Schichten über einander liegen, die
zeitliche Abfolge der darin gefundenen Reste mit Sicherheit
festzustellen. Es ist Herrn Skias so gelungen, Reste mykeni«
scher und vormykenischer Keramik in ihrer historischen Rei-
henfolge zu bestimmen. Ein Bericht wird demnächst in der
*E9Y)(X(p(( «p^. 1 898 erseheinen.
Nördlich von Pylos, an der Kflste gegenaher der Sfldspitze
von Prote ( bei Vromon^ri, vgl. Philippson, Peloponnes S. 343)
hat Herr I. S«avTo(ipoc in einer noch jetzt *A. ÖiTpoc heissen-
den Gegend die Reste einer grossen, dem h. Petros geweihten
Kirche aufgedeckt. Die kurze Fundbeschreibung erwähnt be-
sonders viele Fragmente von buntem Glas (doch wol Mosaik-
FiniDB
reste) und hebt die noch zu erschUessende Pracht und Grosse
des Baues hervor. Schon früher seien hier Grabsteine christ-
licher Zeit gefunden, auch zwei Säulen mit der loschriti £111
KüN2TA(vTivou). "A'iT-j, 20 'lav. 1898.
In Makedonien ist beim Dorfe Kopanowo, 10^ nördlich
Ton Verria (Bcpot«), 8^ südöstlich von Niaasaa etwa vor ei-
nem Jahre ein Grabrelief gefunden und nach Salonik gesebafU
worden. Die Stele aus hellem feinem Kalkstein leigt unter ei-
nem flachen Giebel die Inschrift
KA60nATPA4)|AinnOY y
AlONYC OAOTOCT AP60C6AT
ZONenOHCEN
KXtoirdcTpoc ^iXiiCTCOu, AiovuoöSotoc Tde6io{ iscuT(^) ^c&v inöriaiv
Der siebtletzte Buchstabe von Z. 2 könnte B oder P sein,
wahrscheinlicher ist ersteres. Über dem A von ixuTqi ist Y
hinein korrigirt; für das war kein IMatz inelir. Auffällig ist
die Form des to in ^üi^. Das ti in iTrör.nsv ist ^anz schmal ein-
geflickt; es scheint vorher ittowiv da geslaodea zu haben. Der
Name TiSi; i?) scheint neu
Unter der Inschrift ist in eingetieftem Felde eine nach rechts
sitzende reich bekleidete Frau daigestellt, vor derein Mädchen
steht und ihr einen runden , scheibenförmigen Gegenstand
entgegenstreckt. Dahinter, am rechten Rande, ist ein Baum
mit Schlange sichtbar. In einem «weiten Felde darunter ist
ein nach rechts sprengender Reiter in Chiton und Ghlamyt
angebracht.
(Mitteilung des Herrn L. Bürchner, nach einer Ton Herrn
A. BayXafAaXf,« in Salonik übersandten Photographie).
Aus Salonik teilt uns Herr J. H. Mordtmann folgendeln-
Bchrifl mit:
*Auf einem grösseren Marmorbloek, welcher bis vorkur-
tem unbeachtet ausserhalb des Kalamariathores an dem Wege
lag, welcher von der Obelisklbntaine nach der Gampagne
ffthrt, steht folgende Inaohrift :
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m
KOINTONKAIKI.
ZTPATHfoNA
TONAYTHZZf
H r
Um den Stein vor Verschleppung und Zerstörung zu be-
wahren, veranlasste ich seine Überführung' in den liiesigen Ko-
nak ( Regiorungsi^'t'hiiude ), von wo er demnächst ins Kaiser-
liche Museum nach IvoMstanliiiopel j^eschatYl werden soll. So
Tie) ich sehe ist diese Inschrift die iiUeste uos aus dem Stadt-
gebiete von Saloaik erhaltene. Maa liest :
KoivTov Kai)cl[Xtov HItiXXov
«rpanoYOV «[vOtiir«TOV
OfTenbar ist gemeint Q. Caecilius Metellus Macedonicus, cos.
611 u. c, welcher nach der Besiefjung des s. g. Pseudophi-
lippus 148 Makedonien als römische Provinz organisirte.
In welcher Rigenschafl er vom Senate entsandt worden war,
ist meines Wissens bisher nicht bekannt. V^-llejus Paterculus
I 11,2 nennt ihn Q. Metellus praetor, Florus 1,30 dagegen
consul; da aber .Metellus erst nach dem makedonischen Feld-
zuge das Consulat bekleidete. so war daraus mit Sicherheit zu
schliessen, dass er den Titel praetor pro consule führte,
vgl. Marquardt -Mommsen« I V S. 387 f. ^ S. 519 f. Momm-
sen C. l. L. \ S 188. Dies wird durch unsere Inschrift be-
stätigt, denn es unl(>rlicgl wol keinem Zweifel, dass Z.2oTpa-
TTjyov ä[vO'jTaTOv und nicht etwa arpaTryöv a[uTO)tpÄTOp» ( =
dictator, vgl. Polyb. MI 87 ) zu ergänzen ist.'
Bei dem imMooisiov xxi fJiSXtoöyjxY) tt,? vjixyytXixrii; tsyoXra III
(1880) S. 89 ff. von G. Weber beschriebenen Tumulus und
Heiligtume von Belevi südöstlich der Bahnstation Kos-Bu-
nar hat E. S. TopSxviSn? einen 1,06™ langen, 1™ breiteo, 0,38
dicken Marmorbiock gefunden, auf dem steht
H A I A A E Z
('Ap^ovia, Smyrna 6 18U8^,
IM SITIOirOIPlOTOlOUA
Derselbe Flerr teilt uns folgende Inschrift mit :
Marraorblock 0, 48'*' hoch, 0,68 breit, gefunden mittwegs
zwischen Belevi und TCiTCii; (Djibia) an einem Brunnen; Buch-
staben 3,75 -2. 75'' hoch und z. T. in Ligatur. (Etwas ab-
weichend veröffentlicht in der 'Appvi«, Smyrna 5. Motpr. 1898).
AOYKION0ABION
X E I A ft N A
TONAAMÜPOTATON
KAIAIZYnATON
5 ETTAPXOKPßMHZ
KAeazifiM
. . O . . O...AIOZ
HMftNAYTOKPA
TOPZEBAZTOZ
10 ..A...AYPHAI
AOUXIOV «{»iStOV I XliX(OV« I TOV XaC(AWpÖT«TOV I ».OLi hii ÜT5aT0v|
llCftpj(^OV 'P(i)[it.1f)( ....
Die Inschrift fällt nach 20 » nach Chr., dem ,Iahre des zwei-
ten Consulates des L. Fabius Gilo, über den zuletzt Ritterling
Arch, epigr. Mitth. 1897 S. ;V» ff. gehandelt hat; vgl. Proso-
pograp/iia II S. 45. Der Schluss der Inschrift bleibt bei der
lückenhaften Abschrift besser unergänzt.
81TZUNQSPR0T0K0LLE
5. Jan. 1898. W. Doerpfeld, Die Ausgrabungen beim ^
Areopag. — O. Rubensohn und \\. Zaun, Über die dabei ge-
fundenen Gräber der Dipylonzeit. — P. Wolters legt das
Num chronicle 1897 Taf. 5,2 veröffentlichte Tetradrachmon
des Nabis vor. — J. Svorünos, Die kleisthenische Volksver-
sammlung und das Ijkurgische Theater. Ii.
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SITXUMOSPROTO&OLUt
167
19. Jan. 1898. W.DoKBPFBLD, Ansllhftka. — A.Wilbblm,
Zwei attiwhe iDBchriften (C. /. Ä, II 30. IV,1 S. 23,116».
— P. WoLTBRs, Eine neue Vaae dea Sophiloa (Arch. Jahr-
buch 1898 S. IS).
2. Pebraar 1898. E. Zillkr, Zur Frage der Beleuchtung
dea Parthenon. — P. KATVAniAa, Ein Volkabeschluss dea AI-
kihiadea. — W. Dobrppbld, Altertümer Ton Megara.
16. Februar 1898. R. Zahn, Klaaomeniache Keramik. —
E. ZiEBARTH, Archaische Inschrift aus Brahami.— J. Syoro-
wos, Eine liomerische Insel (Syrie). 1.
2. März 1898. J. Svoronos , Eine liomerische Insel (Sy-
rie). Ii. — H. VOM Prott, Die liepiiaislien.
Prott: Die Vermutung, dait bei Ariitoteles, 'A6i)v. mX. 54,7 als dritte
Penteleris die Hq^elien und in d«m leisten Batse die Amphiaraien ([v6v]
$kicpd«Mtf«u [miI 'A^ieipaia] irÄ Kr,7taof(üvTO( 3p)(^ovTo; ) einzusetzen seien,
▼on denen aus oropischen Insclirilti-n festsieht, dass ihre Penteleris unter
dem Arcliuutat des Kepbisopbun ciugülübrt ist, lässt sich bei genauer In-
terpretation des Aristoteles und Pollux (VIII 107) sowie der Hephaistien-
insehrifl CJ.A. IV 1 8. 64 f. nicht lialten (Tgl. WilamowiU, Aristoteles und
Athen I S. 229 f.; Wilhelm, Anzeiger der Wiener Aludemie 1895 8. 39 ff.;
Keil, Hermes 1895 S. 473 (1). Denn abgesehen TOn den zu der Vermutung
nicbt stimmenden Zügen des Papyrus werden 1) nach Aristuleles die i'en-
teteriden ? on den IcpoxoMl xat' ivtawtöv, nach der UepbaisUeninscbrift da^
gegen die Hepbaistien von einer aus der po»Xi( erlosten Pestkommission,
nach den oropiscben Inschriften die Amphiaraien Ton gewählten int(LcX7)ta{
verwaltet. '1) Hei Aristoteles ist nicht itai To-jxtov oü8i|jiia tv tö «jtiö ev[iauT«I»]
f^yt[Tai, was bei fünf peulelerischen Festen sinnlos ist und nur durch drei-
fache Änderung der Uberlieferung ( Wilamowitz-Kaibelj in einen allenüaUs
ertrigUcben Binn umgewandelt werden kann, sondern mit Kenyon ml ia4-
Tu>y oüS([i^a cv T^i auT«j^ tvY^i[Tat zu lesen. Der Zusatz war namentlich für den
Niclil- Athener nicht überflüssig, da es Inder Thal nierlvwürdig ist, das»
von den lüuf Penleteriden nur eine, die Pauaiheuaien, iu Alben gefeiert
werden, worin sich ein btück attischer Geschichte abspiegelt. PoUux.dessen
ZurQckführung auf Aristoteles schon durch den von ihm begangenen Fehler
(Wuov Ouaiaf la; vti xriptSaf) gesichert ist, hat seine Quelle richtig lokal
verstanden und daher den öalz xai toutwv . . . iv^ivEiat lortgelassen, aber
dafür die Bezeichnungen der Feste in lokalem iSinne vt randerl (tv Bpaupüvi,
*BXiwofvt). Es sind also nach wie vor als dritte i'eulelens die Herakleien von
Marathon aniusehen, die mit panhellenischem Agon verbunden waren und
schon deshalb Irieteriscb oder peuleterisch gewesen sein müssen, bei Pol-
lux ist aber vielleicht 'HpoxXtiSwv nicht zu ändern, weil man eine Sage von
der Stiftung der Uerakieien durch die UerakUden auch ohne Überlieferung
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ab wabrscbeinlich annebroen darf. 3i In dem Satze der HepbaistieniDschrifl
tipf 81 >.[a|uc«B« Mitfv Tf,i -tvjicTr^piSc [x«i *Hf]«i«tlwc itt maa nil Un-
recht Scbölls Erklänmg: *an der peoleterischen und an der Jabresfeier der
Hephaistien' pefolpt, wa« priecbiseb nur durch t^t xivTiTt;pt8t xai ri;! iji^t-
(T^t8( tov 'ilfatoi^wv wiedergegeben werden könnte. Die ricbtige Deutung
hatte lingtt fOrehhofT gegeben, der ^fy xtrctTiip^ ton den grossen Paoatbe-
naien rentand. Diese Deutung wird vollkommen sieber, wenn man die Stelle
der Inschrift verbindet mit Polomons Nacliricht über die ).au.r:*3ij im Ke-
rameikos <Ilerines 1873 S. 437 ff.|. Die Schwierigkeit, wie in der Hepbai-
stieninsebriA etwas über die grossen Pauathenaien festgesetzt und wie dabei
der bestimmte Artikel (t1|v B1 Im^x^iu) gebrauchl «erden kann, erkürt
sich daher, dass durch die Inschrift eine kultliche Beziehung zwischen dem
Feste des Pronielheu<>, dem als allaUi->chen Feuerpotte die älteste XajiJtäe
gefeiert wurde, des jüngeren I^ephul^lus und der Athena i'olias, der unter
dMB Hammerseblag des Prometheus geborenen Genossin des Uepbaislos.ber-
gestellt wurde, indem man die Einführung der am Promelheusaltare in der
Akademie beginnenden Xafuia; der Promptliien an den grossen Panathc-
naien und Hepbaistien beschloss. \\'enn Aristoteles die Amphiaraien
ebenso wie den Demarchen und den IffifuXTjdic tOv «piivAv von Orupos nieht
erwähnt, so ist als Erklärung dafür wol nur möglich, dass Oropoe nicht
erst durrh di-n lamischen Kriep, sondern durch den Erlass Alexanders über
dieRückIvt lir der Verbannten von Alben getrennt ist, das in diesem Punkte
dem Könige iiacli^egeben haben wird, wfthrend esSamos m halten sachte.
IG. März 1898. O. Hluensohn, Ein eleusinisches Kult-
gerät.— A. \\ iLHKLM, Epigraphische Mitleiiungen. — E. Ah-
GKLOPULos, Über die Häleü des Piräus.
Wilhelm : Bine von A. Milchbofer in Ifarkopnio nachgewiesene «Iter-
tfimliclie Herme trägt Reste einer zweizoiligen Inschrift, in der sich das
erste Distichon des Antb. Pal. VI, 144 überlieferten, angeblich simonidei-
scben Epigramms erkennen lasst. Augenscheinlich ist das urspünglicbe
Gedicht in späterer Zeit ebenso erweitert worden, wie dies Wiiamowits an
anderen Sinionidcs /ngcsdiriehenen Epigrammen erwiesen hat. — Das
nur durch Fourmont bekannte sitnonideische Epigramm ('. 1. G. Sept. I 53
hat sieb in einer Kirche bei Megara vermauert wieder Üudeu lassen. —
Über die auf den lokriscben Mftdchentribut besügliche Inscbrifl von Vitri-
nitsa vgl. jetst Jabreshefte des österreichischen Instituts I, Beiblatt 8. 50.
30. März 1898. Sp. Lambuos, InschrifieD aus Megara. — R.
Hbrsog, Das Theater in Pieuron.^ W. Dobbppbld, Die Bau-
werke des alten Ägyptens.
Qesehlossen 25. Mai 18M.
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I
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VI
I.
RHOMAiüilS, ATHEN,
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PRIAMÜS BEI ACHILL
(Hienu Tafel IV)
Das Vaaenbild, welches mit freunilliciier Biowilligung des
Henu Generalephoros Kavvadias aaf Taf. 4. nach einer Zeich-
nung des Herrn Gilli^ron publicirt .wird, befindet sich auf
der Lekythos Nr. 486 des Nationalmuseums in Athen. Die
31,5** hohe, in Roropi in Attiica 1877 gefundene Lekythos
kam im selben Jahre unter Nr. 1916 in die Sammlung der
Arch. Gesellschaft. Das GefSss bat ein wenig gelitten. Einige
AbschOrfungen machen sicli besonders im Bilde unangenehm
bemerkbar. Auf der Schulter tragt die schon entwickeltere For-
men seigende, schwanfigurige l>ekythos aneinander gereihte
Lolosknospen und darflber Stricfaelchen. Das Bild auf dem
Bauche des Gefisses ist oben durch ein Ornament begrenzt,
welches einen swischen zwei Reihen von Knöpfen im Zick-
zack gespannten Paden nachahmt. Nach unten zu schliesst ein
thongrundiger Streifen ab. Neben flQchtigen finden wir im
Hauptbilde sorgsamer ausgefohrte geritzte Teile ; an einigen
Stellen ist Weiss und Rotbraun (letzteres in der Abbildung
durch Schraffirung wiedergegeben) als Deckfarbe benatzt.
Auf einen nach links auf einer Kline gelagerten, unterw&rts
bekleideten bärtigen Mann eilen von links ein Greis und zwei
Frauen zu ; von rechts kommt ihnen eine dritte entgegen. Das
Gesicht des Gelagerten, welches auf die Herannahenden ge-
richtet ist, ist ein wenig missglQckt; es entbehrt des schärferen
Profiles, denn der Pinsel strich hier zu breit. In der Rechten
hält er ein langes Messer, mit dem linken Unterarme stQtzt er
sich auf ein Polster, die Handlung der Linken ist durch die
Verletzung der Vase unklar. Das Gewand, welches ihm Schoss
und Beine verhüllt, ist wie bei den anderen Gestalten spär-
lich getüpfelt. Hinter seinem Kopfe breitet sich Laubwerk aus.
Vor der Kline, deren Fuss reich geschnitzt ist, steht das nie-
drigere Speiaetizchchen mit tänienartig herunterhängenden,
ATBBN. MIRHSILUMGIN XZm. 1$
170
t. t>OLLAlt
wei sagest re if ten Gegenständen, und diesseits von ihm liegt auf
dein Boden der nackte Rürper eines bärtigen Mannes, dessen
Kopf in Todesstarre nicht zu Boden gesunken ist. Die Arme
hält er steif an die Hüften angelegt. Der von links her nahende
Greis trägt im weissen, lang in den Nacken fallenden Haar
eine rotbraune Binde; Chiton und llimation sind mit Streifen
derselben Farbe verziert. Flehentlich streckt er die Hände
nach dem auf der Rline liegenden Manne aus. Hinler dem
Greise folgen zwei Frauen (Fleischteile weiss) in jonischen
Chitonen und Uber die Uake Schüller geworfenen Himatien, mit
brauner Binde im Haare. Auch sie heben flehend die Hände.
Auffallend disproportionirl ist ihr Hinlerkopf geraten. Kine
drille, den geschilderten in Haltung wol äboliche weibliche
Gestalt steht rechts vom Liegenden.
Die Frklärung des Bildes bietet keine Schwierigkeiten. Rin
Held auf der Kline heim Male, vor ihm, verächtlich auf den
Boden hingeworfen die Leiche eines bärtigen Mannes , ein
Greis, der bittend sich nähert — wem fi'Me nicht augenblicklich
Priamos Besuch bei Achill ein? Gioe Bestätigung scheint diese
Deutung auch in den Buchstaben zu finden, welche oberhalb
der Anne des Priamos sichtbar werden. Man kann in ihnen
wol die Anfangsbuchstaben des Namens 'A^a[>cü;] erblicken.
Hingegen ergeben die Buchstaben hinter Achill keinen Sinn.
Zuletzt hat Benndorf die auf die Lösung Hektors bezüg-
lichen Denkmäler gesammelt Seildem hat sich das Material
beträcliiiicb vermehrt, liier folge, was seit Benndorfs Katalog
hinzuge kommen isl:
a) das Bi onzt relief von Olympia: Purtwängler, Bronzen von
Olympia Taf. 39, 701.
b) das Belief am Griffe eines griechischen Bronzespiegels,
vei'ötTentlicht von Furtwängler in den Historischen und phi-
lologischen A Iiisätzen £. Curtius gewidmet Taf. 4 S. 179 ff.
c) ein übereinstimmendes Bronzerelief von der athenischen
Akropolis publicirt von Wolters in den Athen. Mitthetlungen
• AiiMli 4§tl' MHulv im 8. ?4I fl*.
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VniAMÖS Bfet ACtlltL
ill
1895 S. 478 Taf. 14, 1, wiederliolt American. Journal of
arch. 1890 S. 353. Vgl. A. de liidder, De ectj/pis f/uibus-
dam aeneis quae /also vocaritur argivo - corinUuaca S. 10.
d) unsere Vase.
e) roifigurige Kralerfragraenle veröffentlicht in den Wiener
Vorlegebliillern 1890/91 Taf. 9, 6-9.
f) Relief eines homerischen Rechers in Rerlin, abgebildet
von fiobert im 50. Rerliner Winckelmannsprogramme S.*3G.
g) ein gleiches, ehemals bei van Branleghem, Fröhner 6a-
lalogue van Brantc^heni Nr. 30*2.
h) Sarkophagfragmenl in .Mhen, Sybel. Katalog der Skulp-
turen 4797, Athen. Mittli. 1884 S 54 ff. Robert, Sarkophug-
reliefs II Taf. Vk, 52.
i) ein gleiches in Theben, Körle, Allien. Millb. 18'8 S.
416, Robert a.a. O. Tat. Vl-n, 50.
k) und 1) zwei im Museum von Sparta, Dre.ssel - Miichhofer
Alben. Millb. 1877 S.39Ö Nr. 2?3-2'24, Robert a.a.O. Taf.
24, 51. 53.
m) Sarkopliagfragmenl in der Stadtmauer von Adalia, ab-
gebildet Lanckoronski, Städte l'ampli)liens und Pisidiens I
S. 17 und Ruberl a.a.O. Taf, V^ . 54.
n) ein gleicbes in Taurmina (fraglich ob bieber gehörig)
Robert a. a. 0. Taf. 24. 55.
o) ein gleiches in Ostia, Hubert a. a. O. Taf. '24. 58.
p) ein gleicbes in Rom, .Vlatz - Duhn, Antike Bildwerke III
4063, Robert a.a O. Taf. 24. 56.
q) das pompejanische Bild, Maass Moii. delC ist. XI Taf.
30. Ann. äeli Ist. 1881 S. 125 ff.
r) Gemme im britlischen Museum. Smith, Catalogue of
engraved senis in the Ihitiah }tusenni .Ni'. 14 Iii.
s) Carneol in Paris, pubiicirt von l^abelou, Le cabinet des
antKjucs (i 1(1 bibliolheque nationale Taf. i7 Nr. 15 S. 163.
t) Fragment einer tabula iliacu in Paris, Jahn- Michaelis
Bilderchroniken Taf. 3, I).
u) Bronzerelief an der lensa capitolina , Bullettino co-
munale V Taf. 11-15 S. 113 IT. vgl. auch liej^demann,
L. t>OLLAt(
Berichte der sächsischen Gesellschaft 1878 S. 124 ff'.
Als älteste der uns erhaltenen Darslellungen derXOrp« über-
haupt gibt sich das olympische l^elief argivischer Herkunft (a)
und seine wol dem gleichen Culturkreise entstammenden l\e-
pliken {b, c) zu erkennen. Die Sage ist in gedrängter Knapp-
heit dargestellt. Achill stehend, vor ihm der tote Hektor auf
dem Boden, Priamos von Hermes geleitet — das ist Alles. Von
dieser Schlichtheit bis zu Brygos, dessen Hand wir wol den
herrlichen wiener Skyphos^ zuschreiben dürfen, war zeillich
wie künstlerisch ein weiter Weg. Kurz deutet das Kpos an
(XXIV, 475). dass Priamos bei Acliill eintritt, naclidem die-
ser eben geschmaust hat. Wenn Luckenbach-' sich an das
'nachdem' klammert und daraus dem Vusonmaler einen Vor-
wurf schmiedet, so hat mit Recht A. Schneider* nach Benn-
dorfs V'nrgann; (a. a. O. S. 244) dies zurückgewiesen. Aber
nicht Brygos gebiilirt diese malerische Erweiterung der knap-
pen Scene Das Vorbild lag seiner Zeit voraus. Unsere Vase,
welche cinijie Decennien älter sein wird als das wiener Ge-
fa'ss, ist wol das frubcslc Beispiel dieses Typus, den wir im
Gegensalze zu jenem argivischen als einen echt allischen be-
zeichnen dürfen. In wesentlichen Momenten stimmen mit die-
sen zwei Gefässen noch zwei andere überein. Ils ist dies eine
Schwarzfigur ige Lekylhos (Arch. Zeitung 1854 Taf. 72, 3)
und die münchner strenge rotfigurige Schale Jahn 404 (Over-
beck, Heroengallerie Taf. 20,3; Klein, Lieblingsinschriften
S. 34 Nr. 20). Beide sind gewiss schlecht abgebildet, doch ge-
nügt ein Blick, um zu erkennen, dass die eben geoannle Le-
' Unsicher isU uli di t Trojant-r tiei Priamos ein Itraterähnlichit GflJIss
oder einen Panzer auf der linken Schulter trägt, keinesfall.s ist es ungrtmä»
piatto; die äcliale in Prianis Händen ist zum mindesten zweifelbafl.
* Manmenti (MC fstUuio VIII Taf. 27, MMtier. Sammlung antiker Vasen
und Terracütten Nr. 328. Hartwig, Meislersclialen S. 363 f.
' Verhältnis!« der V'asonbildcr zu den Gcdicblcii des epischen Kj^Uof (iot
XI. Supplemeotbande zu Fleckeisens Jahrbüchern) ä.
4 Der troUcbe Sagenkreis 8. 35.
» Mit Reebl bal Robert (Bild und Lied 8. «9| die Ueiniing Luekenbaoba
(a. a. O. S. 509) zurfickgewiesen, dast Aobill hier lum Spotte vnd Hobiie
den Becher reiche.
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PllfAMOB mi ACHILL
173
kytbos zu den apHtestpn Erzeugnissen der schwarzfigurigen
Technik gehört und nicht iiiter ist als die zwei strengen rntli-
gurigen Darstellungen. Alle vier Vasenbilder stimmen darin
überein, dass sie Achill aut der Kline beim Male' darstellen,
während Hektor den )ctjvi« Tpairs^^fj; gleich unter oder vor der
Kline liegt, dass Priamos von linkslier nalil, bald königlich
würdevoll, bald seine Würde vergessend im tiefen Schmerze
die Hiinde zum gewaltigen Sieger erhebt. Aber in einem
Punkte unterscheidet sich wesentlich unsere Lekythos von den
anderen Vasenbildern, nämlich durch die Regleitung des Pria-
mos. Während sie auf dem wiener Gefässe aus den reiche X'jxpa
tragenden Troern und 'i'roerinnen besteht', auf dem münch-
ner es Hermes war, der übereinstimmend mit dem Epos
Priamos veriässt, sobald er ihn zu Achill geführt hat, auf der
späten schwarzfigurigen Lekythos zwei Jünglinge mit einem
Pferde die Begleitung bilden, erblicken wir hier Priamos von
zwei Frauen gefolgt, während eine dritte rechts von Achill in
entsprechender Stellung erscheint. Die Deutung der Frauen
hinler dem Greise kann keinem Zweifel unterliegen. Sie gehö-
ren zur Familie des Priamos. Mit ihm zugleich kommen sie,
mit ihm bitten sie ; hingegen wird man die weibliche Gestalt
rechts von Achill wol besser ßriseis benennen, wie sie, aller-
dings nicht so heftig erregt, auf der münchner Schale darge-
stellt ist^. Mit der Schilderung des Epos stimmt unsere Vase
Dieht. Nur Idaios begleitet (XXIV, 325. 470) den von Her-
mes geführten Priamos ins Lager der Griechen. Wieso kam
nun ein Vasenmaler des 6. Jahrhundertes dazu, die weiblichen
Angehörigendes Priamos mit darzusteUeu? Der Unterschied in
der AüCTassung ist zu gross.als dass man annehmen könnte, er
habe dies aus eigener Erfindung gethan. Man muss vielmehr
die Quelle suchen, aus welcher er schöpfte.
• Vgl. Fröhncr, Arch. Jahrbuch 1892 S. 27.
' Eine d^r ältesten Darslclliinpon der Geschenke tragenden Trorr war
wol die des Bathykles am amjfkläischcn Throne des Apoiloo; t^I. Klein in
dm Anh. epigr. BIftth. IX 8. 149» 159 Anm. 9.
> V9I. Arah. Jshrbueb 1894 6. 156.
174 L. POttAK
Doch botrachten wir vorher die anderen Denkmäler, welche
ebenfalls die Familie des Priamos hei der Lösung Hektors
darstellen Es sind nur Sarkophage. Zu den sehon in Benn-
dorfs Aufzählung unlei- .s\ k und / angeführten kamen noch /
und m unseres Nachtrags hinzu. Rtwa sieben Jahrhunderte
liegen z.vvisehen unserer V^ase und dem 'griechisch-römischen'
Sarkophage von Rphesos .v (Robert a, a. O. Taf. ?'2-'23, 47)
und die Kluft erweitert sich bei den anderen noch mehr. Nach
so langer Zeil taucht also wieder dieses Motiv auf. .Aber noch
später sind die litterarischen Quellen, welche diese Version
wiedergeben. Bei Dictys Cretensis IM '?0 wird Andromache,
bei Ccdrenus 1^7 I) noch Polyxena genannt und beide fügen
ausserdem Astvanax imd Laomedon hinzu und im VVesent-
liehen stimmen mit ihnen andere, allerdings auch späte Auto-
ren iiberein'. AulTallend genug, dass erst in so späten Nach-
richten die Facnilie Priams eingeführt wird .Aber diese Ein-
führung war nicht eine Neuerung, welche auf ihre Rechnung
zu schreiben ist. unser V^asenbild führt uns vielmehr an die
reine ungetrübte Quelle, welche durch viele unbekannte Rinn-
sale hindurch erst im späten getrübten Niederschlag er-
halten blieb. Mit dem Epos stimmt unsere Lekythos nicht,
eine freie Erfindung des Vasenmalers ist nicht anzunehmen,
Rinfluss der rrugiidip ist in dieser Zeit unmöglich, es bleibt
keine andere Quelle als die gleichzeitige damals blühende Ly-
rik. Was Rergk geahnt hat, wurde besonders durcdi Robert^
weitergeführt und nun erst Itegianl man der Lyrik den von
ihr geübten Einfluss zuzugestehen. Hier sei nur an die Be-
deutung erinnert, welche Stesichoros. der x.ar.T/,; 'Oarico-j für
die Taioj Tctpii; und Orestie besitzt. Auf die Skolienpoesie
wurde das Ilerakles-Kerberos-Bild einer berliner Schale '* zu-
< Vgl. Benndorf a. a. O. S. 256 Anni. 1 und Robert, Sarkophagreliefs II
8. 61 Anm. \.
* Orieebiscbe Litteraturgeschiohte II S. 296.
' Bild und r.i. d S V\ (T. vgl. Köliler in den .Ml.oii. Mitth. i8S4 R. I (T.
und O. Jahn, Abliandlungen der sächsischen Geseliscbafl Vlli S. 707 IT,
4 Hartwig im Arch, Jahrbuch« t89$ 8. 168.
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PKIAMOS BBI ACHttt.
175
riickgefiihrt, während die Darstellung der Opferung Polyxenas
auf einer Amphora bei Bourguignon ' als durch ibykos beein-
flusst hingestellt wurde Dass die neugefundenen Dichtungen
des Bakchylides besonders die bildliche Fassung des Theseus-
mylhos mitbedingt haben , kann man wol jetzt schon be-
hauptenIn unserem Falle können wir bis jetzt nicht einen
bestimmten Xaineii nennen, denn gerade für die Lyrik Hiesst
die Überlieferung ungemein s[)arlich. Dass abei- die Kample
umTrqja in diesem Kreise mit\'orliel»e besungen wurden, geht
aus den Titeln hervor, welche uns erhallen blieben. Das Mo-
tiv, die Bitte l^-iams durch die Muller, Frau und Schwester
des Getölelen zu verstärken, lag menschlich nahe und der lyri-
sche Dichter wird es sich nicht haben entgehen lassen, den
Hörer zu rubren. Wenn scdion das ruhig und behaglich breit
dahiutliessende Fpos geraile in den >.uTp3i mächtig ans Merz
greifende Töne anstimmt, so hat gewiss auch die i^yrik den
dankbaren Vorgang in ihrem Sinne ausgesponnen.
Wurde nun für unser I^ekytliosbilil die Lyrik als Quelle
wahrscheinlich gemacht, so erklärt sich die Anwesenheit der
Familie Priams bei lleklors j>ösung auf den genaiiulen Sarko-
phagen anders. Gewiss hat Bobert (Sarkophagreliels II S. 61 )
das Hichtige gelroffen. wenn er den Grund dafür 'lediglich
in dem Zusammenschweissen verschiedener Vorlagen sucht*
und annimmt, dass die 'ursprünglich für eine Darstellung der
lliupersis erfundene linke Seitengruppe ohne Weiteres aus
einem anderen Zusammenhang heriibergenommen ist*.
Wenden wir uns nun einigen Rinzelfragen zu, welche un-
ser Bild nniegt, so fällt vor Allem der Blick auf die Zweige,
welche jenseits Achills sichtbar werden. Sie geben in dieser
Darstellung keinen Sinn, denn die Kline, auf wehdier Achill
ruht, ist doch sicher nicht im Freien, sondern innerhalb ei«
* Hauser im Arcb. Jahrbuch 1893 S. 103; vpl. dagegen Lö.schcke, Athen.
Mitth. 1897 8. 263.
' Vgl. Kenjon, Th» puetns of Baathytitk$ 8. 157 : docli .scheint mir gerad«>
der von Kenynn cmisiruirle Zufammenhan^ mit der FranfoisTMe Qieht sehr
überzeugend su sein.
t76
L. POtLAK
Des Zeltes za denken. Aber man kann noch nach weiten, wie
der Maler dazu kam, diese Einzelheit hier anzubringen. Die
Gestalt des gelagerten Dionysos mit dem Rankenwerke war
den Malern schwarzfiguriger Bilder ungemein geläuGg. llatte
der Maler einen gelagerten Achill zu malen,der sich nur wenig
von einem ruhenden Dionysos unterschied» so brachte er schon
aus Gewohnheit auch hier, wiewol an unpassender Stelle, das
Laub an, welches ihm bei letzterem immer vorschwebte*.
Noch ein Zweites verdient besondere Beachtung. Es sind
dies die zwei länglichen Gegenstande, welche von dem Speise-
tischchen herabhängen. Auch in diesem Punkte berührt sich
unser Bild mit dem wiener Skyphos. Bekanntlich hat Benn*
dorf ' die auf letzterem befindlichen täntenartig herunter hän-
genden Speisen als ungesäuertes Fladen brot erklärt. Seine Er-
klärung hat von einer Seite ' Widerspruch erfahren. Vielleicht
vermag unsere Lekythos in dieser Präge einen Portschritt zu
bringen. Bs sind nämlich auf unserem Bilde die fraglichen
Gegenstände mit einem breiten weissen Längsslreifen versehen.
Was für einen Sinn hatte dieses Weiss, wenn wir eine Wie-
dergabe von Brot annehmen, welches noch dazu in absonder-
lich gezackter Porm dargestellt wäre? Viel näher liegt der
Gedanke, dass wie Brygos auf dem wiener Skyphos durch
dunkle Streifen blutige Pleischstücke, unser Vasenmaler mit
der weissen Deckfarbe Fett* wiedergeben wollte und sich
nicht anders helfen konnte, als dass er seiner Technik gemäss
einen Teil mit Weiss deckte.
In gleicher Weise werden auch die weiss und rotbraun ge-
malten Gegenstände zu erklären sein, welche im Bilde einer
schwarzßgurigen Amphora in Neapel (3358)^ auf einem Opfer-
' Ähnlich erkläreil sich, und zwar aus Contamination, die Waffen beim
trauernden Arhill ilor korinthiN( henCbytra,Arcb.Jahrbucb 1892Tar.l S.27.
' Sranos VinUubunensis Ü. 373.
* Lowy in Rdm. MittheilungeD 1894 8. W.
* Vgl. I. Müllers Handbuch* IV 1, 2 S. 12t.
5 Lühbert in den Annali <f^ir fstiiutn 1865 Tal.^ 6. 83 ff. =s Schreiber«
Kulturhistorischer Bilderatlas Tai, ;^U, 3,
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PA1AM08 BBI ACHILL
177
tische und in der Hand des Libirenden figuriren, und von
besonderer Wichtigkeit ist das Phineusbild der Hydria bei
Stackelberg, Gräber der Hellenen Taf. 38, auf dem die nach
links eilenden Harpyien nach Plasch (Arch. Zeitung 1880 S.
140), lange Petzen, wol Pieischstücke hallen, während das
Brot auf dorn Tische vor Phineus ganz entschieden rund ist. In
swel weiteren Phineusdarstellungen auf den londoner Vasen B
291 und 302. Arch. Zeitung 1880 Taf. 12, 1,2 hat Walters
im Catalogue of the Greek and Etruscan vases III aut
dem Speisetiscbchen 'purple meat and flowers' erkannt. Bt-
Den weiteren Beleg für die Richtigkeit der hier ausgesproehe-
nen Ansieht bietet das Bild einer schwarzfigurigen, ziemlieh
sorgfäliig ausgeführten Oinoehoe, die ich bei einem römi-
sehen Antiquar im Jahre 1896 sah und im Folgenden be-
schreibe. Ein bärtiger bekränzter, nach rechts stehender
Mann mit weissem Schurze um die Lenden hält mit der Lin-
ken eine auf einer säulenäbnlichen niedrigen Basis liegende
Schweinskeule, welche mit beiden Händen ein ihm gegenOber
stehender Jüngling ergriffen hat. Der ältere Mann schwingt
mit der Rechten das lange Messer und ist im Begriffe auf die
Keule einzubauen , unter der eine grosse Amphora mit Stan-
genhenkeln steht. Hinter dem Pleiscbstocke steht ein Tischehen
mit drei herabhängenden zackigen Stücken, welche in der Mitte
je eine von oben nach unten laufende geritzte Linie zeigen,
also durch den Zusammenhang evident als Pleischsttteke cha-
rakterisirt sind. Die Scene spielt im Freien, wie ein jenseits,
des Tischebens sieb erhebender Baum, an dem die zweite
Keule hängt, lehrt. Die Bekränzung des bärtigen Mannes legt
den Gedanken nabe, dass uns hier vielleicht ein Ausschnitt
aus dem Bilde eines feierlichen Males oder Opfers geboten
wird, wie wir ihm z. B. im Friese von Gjdlbascbi^ begegnen.
Rom, im Februar 1898.
LUOWia PO|«LAK.
4 Benndorf, Herwm von Ojälbuebi-TTsa T«fi B. 167 f.
DIB FLÜ88B VON LAODIGBA.
Ljkos, Kadmos, Kapros, Eleiooa und Aaopoa.
Wie schwierig es ist, auf kleinasialiscbem MoHon in geo-
graphiachen und topograph iscbeo Fragen zu allseitigor Ober-
einatimmung zu gelangen, beweist aufs neue der kürzlich er-
sdiienene II. Teil der Cities and bishoprics of Phrygia
▼on Professor Ramsay. Ris jetzt hatte man für das Lykostbal
im allgemeinen (olgende Gleichsetsungen angenommen : Ly-
ko8 = Tschuruk-su ; Radmosa Gök- bunar- su ; Kapros
= Baschii -tschai ; .\ 8opo8= Gümüsch -Ischal ; der Elei-
nos blieb unbestinnmt. Nach Ramsays neuester Ansicht muss
der Gök-bunar-8u Kapros heissen, folglich die Stadt bis
an den Ak-kan reichen, der Kadmos und der Eleinos aber
weiter im Osten gesucht werden. Diesen AufstelluDgeo möchte
ich einige Bemerkungen gegenüber stellen*.
Es mögen gleich hier die drei wichtigsten Zeugnisse folgen,
die auf diese Frage Bezug haben.
1) Herodot VII 30: ... cmxiTO U KoXo99xc iv6>tv ^lyicXviv
2) Strabo XII 578: 'EvtsGO« Ii xal 6 KxTrpo; %x\ o Auxo« 9U(a-
€x»tt MaixvSpf|> 7cotx{a£>, totsuloc ivpitY«0>)< a^'ou xai r, Trpo(
A*jx(i) AaoSixstot XcYiTat.Tm'pxitTOtt ri); icö><(i>( öpoc KäS(AO(,
ou xai 6 Auxo; pii xxi £X>0( öub>v<j!i.o< tu opi(. To icXeov ou-
To; uirö yr? puJtc , «t' ävaxü({«x( (jovtTficev it^ tauTÖ Toi? xXXoi;
• Zu Tgl. is( dazu uieine Karte der Gegend Im JahrbiHMi de« arob. la-
sliluts XUI, 1898. Taf. 3.
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BIB TWntM TON LAODICBA
179
3) PI in. H. N. V, 29, 3: Imposita Laodicea est Lyco
ßumini latera adluentibus Aso/jo el Capro.
Treten wir zuerst an die Lykosfrage heran ; es hat kaum ein
anderer Fluss Ramsav so viel bescliiiflijit. In den Athen. Mit-
theilungen 1891 S. 194 habe ich das angebliche Verschwin-
den des Lykos bei Kolossai beschrieben und glaubte den
Sciiluss ziehen zu müssen, dass ein eigentliches Verschwinden
niemals Statt gefunden hat. Wiederholte Besuche der Stelle
haben mich in dieser Ansicht nur bestärkt; es bleil)t wol nichts
übrig als die Annahme, dass llerodot eine Volkssage, die er
von phrygischen Handelsleuten in Mi let erfahren, w iedergiebt.
Den Lauf des l.vkos durch die en'^e. tiefe und wilde Sclihjcht
hat der Volkswitz zu einem unterirdischen gesteigert. Professor
Ramsay bespricht wiederholt alle Möglichkeiten {Church in
the Rom. Empire S.4 7ü; Cities and bishoprics of Phrj/-
gia I S. 210), um Herodots Aussage und die Legende des
Erzengels Michael zu retten, kommt aber zu dem Schluss,
that there is no probabHilii that the Lycos ever durin<^
any historical period flowed throup^h an underground
chasm five stadia long in this part of its course. Trotz-
dem will er die Thatsache nicht ganz annehmen. ^This state-
ment, hoivever, does not imply that the stream was al-
ways open to view. It is still in some places half con"
cealed from view, as M* W. says, and so we must admit
the possibility that incrustations from the streams that
join it, both on north and south, may have at a former
period completely overarched it for a little way'. Er
beruil sich dafür auf '« scientific training as a practical
geologist in a witness '. Es fragt sich nun, ob ein prakti-
scher Geologe allein im Stande ist, zwischen modernen
Tropfsteinbildungen, wie man sie an der Südwand des obern
Eingangs der Schlucht sieht, und den gewachsenen Kalk*
steiDScbichten in der Mitte, unter welchen sich das Wasser
einen kurzen Durchgang gegraben , zu unterscheiden. Jene
Tropfsteinbildungen stammen übrigens von Bewässerungs-
kanälen her, die vom grossen Kanal bei Monas ai)ge|eitet wer*
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180
0. WEBER
den. An der Nordseite befinden sich solche Ablagerungen nicht.
Dass übrigens Ramsay diesem Argument ad hominem
wenig Wert beilegt, beweisi eine andre Theorie,die er vorträgt.
Auf Strabos Angubc gestützt meint er: This can only mean
that the Lycos flows for more than 20 miles under~
ground, then appears above ground (bei Kodja- hasch),
and flows towards the Kadmos and the Maeander. ...the
real source of the Lycos is in the lake of Anava ( Cities
and bishoprics I 8. 210). Br setzt dann hinzu: Now there
are united in Herodotus*s account two points t 1) within
the very city of Colossai, the Lycos enters a deep cleft
in the ground, 2) the Lycos issues from an underground
channel and flows to the Maeander. Each point is true
and each is stated by the eye-witness, Strabo; it is only
the union of the two by Herodotus that is incorrect. This
is characteristic of the faithful repeater of evidence at
secondhand. Wie verhalten sieh nan diese Behauptungen den
Thatsachen gegentther?
Der Adji- tus-gOl (See von Anava), wie der Tus-tschöltt
auf dem Ijkaonischen Plateau , ist ein eebter seiehter Sahs-
see« dessen Wasser im Sommer verdunstet und die dicke Salz-
kruste zurQcklässt. Hamilton (1 S. 508) hat das richtig he«
merkt; meine eigenen Beobachtungen stimmen mit ihm Qber-
ein. Bei Appa bin ich im August 2 Kilometer weit auf dieser
Salzkruste zu Fuss auf dem See vorgedrungen*; nirgends war
Wasser zu sehen ; nichts als die harte, glitzernde Salzfliche
fieljns Auge. Die frischen Spuren von Eselhufen, vom g^en-
flberliegenden Ufer kommend, haben mir bewiesen, dasa zu
dieser Jahreszeit der See, wenigstens an dieser Stelle, trocke-
nen Pusses zu ttberschreiten ist. Darf man nun annehmen,
dass er einen unterirdischen Ablauf habe? In diesem Falle
hätte sich doch nie eine Salzkruste auf der ganzen Ober-
fläche bilden können. Zweitens hätte der See in der Sommer-
* Sivofävi)(, oü-fYP'P^H-* ':(pio^i>wv 'toü oyXXd-fOt^ ;wv «9i«'<^üv « 'Av«f oXijt •
) S 152,
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blk rLUBSSB VON LAÖOlCfiA
181
zeit nicht Wasser genug um die reichen Quellen bei Kodja-
baseh lu speisen. Ja noch mehr, diese Quellen sind gar nicht
salzig, wie es Ramsay selbst zugeben muss. Wo wäre dann das
Salz geblieben ? Die Lösung dieses geologischen Rätsels bleibt
man uns schuldig.
Strabo (Xil 580) sagt von diesem See: tj Se |«Ta^ü Aoio^i-
pav e^ci icfXoiYi« ou««. Dieser unangenehme Geruch fällt dem
Reisenden beute wie im ersten Jahrhundert auf ; ist es nicht
bezeichnend, dass Strabo, der die Gegend bereist hatte, nichts
von irgend einer Verbindung zwischen diesem See und den
Quellen des Lykos (Kodja- basch) anfahrt, da er doch gans
genau diejenige der Quellen des Marsyas und des Mäanders
mit dem See Aulokrene angiebt? Hingegen sagt er ganz be-
stimmt: Tivi'pxitTM Tilc is6Xi*K (Laodicea) Spo« Kd2|A0(, il
SU xai 6 AmW^ pil.
Drittens endlich würden die ?0 englischen Meilen unter-
irdischen Laufes, die Ramsay dem Lykos zuweisen möchte,
nicht mit der Angabe Strabos t6 wXi'ov outo; Otto yrj;
(im Falle sie sich auf den Lykos bezieht, was nicht bewiesen
ist) abereinstimmen ; die Entfernung zwischen dem See von
Anava und den Quellen bei Kodja- basch ist nur 17 engii-
aehe Meilen; dagegen beträgt diejenige von diesen Quellen his
zum Mäander über 20 Meilen. Da wäreesdoeh kaum möglich
zu behaupten, dass der Lauf des Lykos zum grössten Teil un-
terirdisch sei.
Nachdem wir gesehen, wie .Ramsay sich alle erdenkliche
Mabe gibt, Herodots Aussage sich zurecht zu legen.gehen wir zu
Strabo Ober, den er 8tets,und mit Recht, als Augenzeugen an-
führt: anything Sirabo says is clear and true to the facts
of the present day. Nichts ist zutreffender als dieser Satz;
allein es hängt alles von der Art und Weise ab, wie man den
alten Geographen zu verstehen bat. Liest man den Anfangs
siebenden Paragraphen Strabos dureh, so ergibt sich, dass er
Tom Lykoe zwei Tbalsacben feststellt: 1) der Lykos. ein be-
trifebtlicber Flnss, gibt der Stadt Laodicea ihren beieie|i|ienden
Beioamen und 2) er hal seine Quelle am Fuise des Radmoe;
weiter nichts. Strabo epriebt dann vod einem andern Flusse,
der demselben Berge entspringt und dessen Namen trilgt, und
setst hinzu: to «XIov ouro; 6iro y^c ^uil;, iit' avaitO^ac «uvc'iri-
(Tcv lii; TauTÖ Toic £XX<Mc iroTa(Aoi(. In diesem Satz liegt der
Kernpunkt der ganzen Frage ; besieht er sich auf den Lykos
oder auf den Kadmos?
Xrundeli {Dtscoifen'c's in Asia Minor S. 174 ) erwähnt, dass
Strahns Expgeten den fraglichen Satz auf den Lykoe beziehen.
Aroedee Tardieu in seiner fViinzösischen Überselzung teilt diese
Ansicht; allein ist sie geiechli'ertigt ? Weder Arundeii noch
A. H. Smith {Journal of Hellenic fttudtes 1887 S. 2-24)
konnten es annehmen. Angesichts des wirklichen Verschwin-
dens des Gök-bunar-su nahe bei seiner Quelle haben diese
Reisenden Strabos Satz einfach — und nach den Gesetzen der
Grammatik — auf den Fluss Kadmos bezogen. Die Exegelen,
die den Duden des Gök-bunar nicht kannten' und vonUero-
dots Angabe beeinflusst waren , haben ihn anders ausgelegt
und sogar behauptet, dass die [Erwähnung des Kadmos eine
Copisienglosse wäre. Diesen Eiofluss.den eine anerkannte Au*
torilät aut spätere Schriftsleller ausübt, erkennt man sogar an
dieser Stelle. Strabo, der Koiossai ganz sicher besucht und eben
keine Spur vom Verschwinden des Lykos bemerkt hatte, be-
gnügt sich anstatt Herodot direkt zu widersprechen ihn still-
schweigend zu widerlegen, indem er vom Lykos nur die zwei
angeführten Thatsachen berichtet, dagegen das wirkliche Ver-
schwinden des Kadmos desto bestimmter hervorhebt. Nur
ist zu bemerken, dass auch er zu weit geht. Der unterirdische
Lauf des Kadmos ist kurz (etwa lOO Meter); aber die Sache
erklärt sich leicht. Strabo hat wahrscheinlich weder die Quelle
von Gök-bunar besucht noch den engen und tiefen Lauf des
Flusses bis Ak-kan gesehen. An diesem Funkle, wo die grosse
St rasse nach Osten vorbeiführt, hat er den Kadmos aus einer
I Araodell ist. so viel ich weiss, der erste, der ibn erwifant.
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ftift i^tfBäsk Von UobiCtfA fSS
wilden Schlucht hervorbrechen sehen ; es war für ihn die
Stelle iit' ivxKOj-a; U. 8. W.
Aus den oben ani;etiibrten Stellen Ramsays geht klar hervor,
dass er den besagten Satz Strahns auf den Lykos bezieht; seine
ganze Theorie ober diesen Fluss beruht auf dieser Interpre-
tation. Doch liest man in seinen Antiq. of South. Phri/gia
S. 5: t/ie KadmoSy Gok - Bnnar - Su , was recognized both
by Arundel t and by Hamilton ; the remarks of A. H.
Smith { Hell. Stud. 1881 p. 224 } seem to me correct.
Diese Bemerkungen aber sind diejenigen ArundelU. nämlich,
dass der belrelTende Salz Strahns si(;h nicht auf den L^kos
sondern auf den Kadmos beziehe. In Cities and bishoprics
S. 785, bei Gelegenlieit seiner neuesten Bestimmung der
Flüsse von Laodicea . spricht ersieh in diesem F*unkt noch
bestimmter aus: My identification of the Laodicean rivers
depended on two fundamental assumptions: 1) that the
Kadmos has been rightly identified by Arundell, Hanul"
ton and A. H Smith, with Geuk-Bunar-Su (the reason
being that Strabo describes a Duden in the former^ and
there is a Duden in the latter 2) that Pliny's account
may be set aside as inexact. Auf der nächslen Seile sagt er
weiter: Geuk-Bunar- Sa must be the Kapros. If this be
so, the Kadmos must be not Geuk- Bunar-Su, but one
of the other streams which flow out of Mt Kadmos ; €Uid
if a Duden could be found on one of them^ the case
would be complete.
Also ^nz das Gegenteil von dem, was er oben annahm ;
denn dass Strabos Sats to icXcov S' oOto; u. s. w. sich gleich-
zettig auf den Kadmos und den Lykos beziehen kann, w ird
doch Niemanden» einrallen. Polglich ist doch zuzugeben, dass
alle Schlussfolgerungen. die auf diesem Widerspruch fussen,
mit der grössten Vorsicht zu behandeln sind.
MitArundell und A.H. Smith habe ich bis hieher die Gleich*
Stellung des Gök-bunar*Ba mit dem Kadmos vorausgesetzt.
Aber ehe ich das hier begründe, muss ich die Präge nach dem
Kapros erdrtem. Bekanntlich hatte Ramsay seit Jahren den
«84
A. wBtaii
Kapros nach Sarakdi terselzl, gestallt auf Strabos Teit, be-
sonders aber auf seine Erklärung einer MOnse Yon Laodicea *
die eine Frau darstellt zwiscben einem Wolf, AYKOC, und
einem Bber, KATTPOC*'. Diese beiden Namen sollten nun
nacb ihm die Grensen des Weichbildes der Stadt beieicbnen,
eine ziemlieh moderne ldee,dte wenig mit dem sakralen Cha-
rakter der antiken Münien in Einklang steht. Jetit gibt Ram-
saj diese Gleichstellung auf. In a «»eil" vifeighed review of
Part I, in BerL Philol, Waoh, 1896 p, i65, UF Pariaeh
ob/eeta to my apportioning of the river names ; and I
think he has ground for his objection ( 1, 9 S. 785). Allein
anstatt seinem Rezensenten nach den Angaben des Plinius in der
Gleichstellung'des Baschli-tschaX mit dem Kapros zu folgen,
verlegt er diesen Namen auf den Gök-bunar-su, unter dem
Vorwande, der Baschli-tschal is a poor stream, and, more*
over the city clearly extended far beyond the narrow It*
mits of the walls .... Finally, Bashli» Tchai is a mere
branch of Geuk-Bunar^Su, and does not run direct into
the Lycos, Sind diese weittragenden Behauptungen nicht
auffallend, wenn der Verhsser selbst wiederholt betont, I never
devoted any time to thorough exploration of the valley,
considering its topography to be settled. In fact there are
many districts of Phrygia which I know much better
than the Lycos valley, though I have passed across the
valley no less than ii times.
Ramsay gründet seine Beweisführung auf die Worte Stra-
bos : 'EvraSO« Zi xal d Ki«pQ( xai 6 A6xo< ou{i6iXXii Mauinr-
Sptji leorajA^^, «OT«fioc lOjuy^OvK* if* ou xat ^ irpoc Avx(p Aoco-
S{kim XiftTM. Der Geograph babe die zwei Hauptflasse (Tschu-
ruk-su und Gdk-bunar-su) als die den eigentlichen Ly-
kos bildenden darstellen wollen. Diese Ansicht, wie die Aufr
fassung der angefahrten Münze, trägt eine moderne Färbung,
* Mionnel. Suppl. VII Nr. 460; B. Head, Hisl. Num. S. 566.
* Ramsa; überseUt KAfTPOC, a goal (Ziege), was sclion Mionnet ge-
Iban batte. B. Head sagt rieblig KAnpoc=« boar (Eber).
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DIE PLUESSE VON LAODlCEA
185
welche der Text nicht rechtfertigt. Strabo erwähnt einfach den
KaprosM für ihn ist der Lykos der betrüchtiicbe FIuss Bei
dea Alten war es ja nicht nur die Wassermenge, die den
Flüssen Wichtigkeit verlieh ; ihre Nützlichkeit , folglich ihr
sakraler Charakter, spielen eine hervorragende Rolle. Das ist
speziell der Fall mit dem Baschli -tschaY. Alle {^eisenden, die
Denisli besucht haben, wo die reichen Quellen dieses Flusses
liegen, bewundern die ausserordentliche Üppigkeit, welche sie
den Gärten der Umgegend verleihen. Aus denselben Quellen
wurde auch der grosse Aquädukt gespeist, der die Stadt mit
Wasser versorgte, wie ich es im Jahrbuch des arch. Instituts
Xill S. 1 nachgewiesen habe. Für die Laodiceer war der
Kapros der heilige Fluss xar' £^o/y]v, dem sie nicht nur den
Reichtum ihrer Landhäuser bei Oenisli, sondern überhaupt
die Mi^licbkeit in ilirer Stadt zu wohnen, verdankten. Die
Sache war so augenfällig, dass Strabo es für unnötig hielt,
sich weiter darauf einzulassen.
Eine Bekräftigung dieser Ansicht geben die Münzen. Der
Lykos und der Kapros in ihrer mannigfaltigen Darstellung
waren das Stadtwappen von Laodicea; der erste, weil er ihr
das beieichnende Beiwort gab, der zweite wegen des le-
benspendenden Blementes, das er ihr lieferte. Nicht nur die
Münzen weisen dieses Motiv auf, auch die Ornamentik ver-
wandte es an den öffentlichen Gebäuden. Auf der Station
Appa befinden sich zwei reich profilirle Piedestale aus Lao-
dicea, die auf Je einer Seite in Hochrelief einen Wolf und ei-
nen Eber tragen. Sollte es daher möglich sein , dass dieser
Name Kapros einem Flusse wie dem Gök-bunar-su zukäme,
der mit der Stadt in keiner wesentlichen Verbindung steht?
Ramsay ist genötigt die Stadt bis an den Ak-kan auszudehnen,
um eine solche Verbindung herzustellen. Allein hierin wer-
den Kiepert und Partsch das Richtige getroffen haben (Ber-
liner philol. Woehenschrifk 1896 S. 465-6).
* Etwas lose, was Rayet in seinem MiUi l S. 7 veranlasste, die Worte
«il ft JUxfi tis eine Oopislenglosie ansosehen.
ATBBM. MRTBBlUnieBN ZUU. 13
186
«. WBBBtl
Übrigens möchte ich mir erlauben hier zwei wichtige Punkte
der Topographie von Laodicea des Nähern zu erörtern, näm-
lich die Strecke vom Baschli-tschal bis zum Ak-kan und
die Vergrösserung der Stadt auf dem Plateau selbst.
Von der Oslecke des Mauerrings geht die antike Sirasse
aber das Thal des Baschli - tscha! und wendet sich dann links
am Fusse der nächsten Anhöhen entlang (dieses Plateau liegt
50 Meter höher als die Station Gondjeli und befindet sich vor
der HQgelreihe, welche die Lykos- Ebene von der von Denisli
trennt)*. Gleich anfangs ist diese antike Strasse, 15"* breit,
noch sehr gut erkennbar, mit Grabanlagen und Sarkophagen
beiderseits auf eine weite Strecke hin eingefasst. Also ein
Beweis.dass wir hier an dem Eingang einer Stadt und nicht
in deren Mittelpunkt uns befinden. Bis Ak-kan trifft man
übrigens keine Spur von öffenl liehen oder andern Gebäuden
an. Ebensowenig sind auf dem Plateau oben Ruinen oder
Thonscherben zu finden ; nichts als feiner Ackerboden ohne
die geringste Spur von Besiedelung. Nur am westlichen Ende
des Plateaus, der Stadt gegenOber, ragen aus dem Boden die
Pundamentmauern eines grösseren viereckigen Gebäudes her-
vor, wie ich ein ähnliches auf dem' Hügel oberhalb des Klär-
bassins des Aquädukts gefunden habe.
Sollten Einwohner von Laodicea die Notwendigkeil gefühlt
haben die Stadt zu verlassen, so sind sie nach Denisli gezo-
gen , Rädels Kaprima \ das wol von früher her in zu enger
Verbindung mit der Stadt stand und zu grosse Vorteile bot,
um nicht von allen denen vorgezogen zu werden, die mit Acker-
bau und Schafzucht beschäftigt waren.
In Betreff* des zweiten Punktes, d. h. der von Strabon (XII
577) erwähnten Vergrösserung der Stadt ist zu bemerken, dass
einerseits der Zustand der Ruinen , andererseits aber die In-
schriften beweisen, dass sie auf den Stadtbügel beschränkt
blieb. Eine ältere Ringmauer, deren Überreste noch klar nach-
< Siehe die genannte Kartenskizze im Jahrbuch XIII Taf. 3.
* JImw« da univeniUs du Midi 1896 8. 20.
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bis PLUBSSt irON LAODICBA 487
weisbar sind, teilt die Sludt in zwei Hälften; die höhere, nörd-
liche Nvar die ij.iy.px rfÖTepov o-jia. Im ersten Jahrhundert vor
Chr. wurde das niedere Plateau im Süden durch eine neue
Ringmauer in die Stadt hineingezogen. Das Stadion Amphi-
theatron, ausserhalb dieser Mauer liegend, wurde dann im
Jahr 79 naeli Chr [C.I G. 3935) eingeweiht, das anslossen-
deGyninasiiiiii (■}) erst im Jahr [Cities and bishoprics I, 1
S. 72); unter Domitian (6'. /. G 39 i9) erbaute der Freige-
lassene Tryphon das Tri pylon an der Oslecke der Stadt, wo
heule nocli die Rpistvlbiöcke mit der Inschrift am Boden lie-
gen, liamsay giaiiltle, sie gehöre zu dem jetzt noch aufrecht
stehenden Trij)yloii am Westende der Stadt. Kr bat nicht be-
merkt, dass Pücocke [Dcsmption of the East II, '2 S.7?) den
Baschli - tsciiai für den Asopos hält und den Kapros auf die
Westseile verlegt. Übrigens sind die auch auf dem Boden
umher liegenden inschriftlosen Epistylblöcke dieses erhaltenen
Tripylons architektonisch verschieden von denen im Osten,
gehören also nicht damit zusammen. Tryphons Tripylon darf
für das von l- liilostratos erwähnte (Vit. Soph. I '25) Syrische
Thor angesehen werden.
Diese Thatsachen beweisen also hinreichend, wie die Ver-
grösscrung der Stadt zu verstehen ist. Plinius Aussage im-
pusita est Lijvo /lumini, latcra adlucntibus Asopo et Ca-
pro kann sich also nur auf den Gümüsch - tschai und den
Baschli -tscliai beziehen, wie es Partscb so prägnant ausge-
sprochen hat. Badet' sagt ebenfalls: Laoäice'e est baigne'e
par trois rivieres: cn fagade par le Lycus, sur les flancs
par L' Asopos et le Capros. Bamsays Einwand , dass der
Baschli - tschai nur ein iNebenlUiss des Gök- bunar- su sei,
verliert seine Kraft durch die Thatsache, dass der Zusammen-
fluss erst unterhalb Laodiceas erfolgt; der Kapros, an dieser
Stelle angekommen, hat der Stadl gegenüber seine Schuidig-
keil reichlich geleistet.
< Aevue J^i uniMtniUi du MUH 1896 8. 20.
188
0. WBftBK
E8 erübrigt noch zu untersuchen , aus welchen Gründen
der Name Kadmos dem Gök-bunar-su zukommt. Der stärkste
von allen dürfte wol sein, dass vom Ak-kan bis an die Ly-
kos- Schlucht oder Station Bödjeli sich kein Wasseriauf
überhaupt vorÜndet, dem man diesen Namen gehen könnte.
Den kleinen, aber ausdauernden Bach von Üereköi bei jeaer
Station brauchen v>ir für den Eleinos.
Doch sehen wir Slrabos Text näher an : T^tpxitTai U -rii«
9c6Xc<i>c opo; Kdc^uo;, ou xai 6 Auxo; pci xai aXXo; 6[X.(>>vu|xo; t$
opit. To TcXe'ov S' ooTO; utto yric puti{, iit' ivaxuij^a; cjvtTCeoiv il;
TOtuTO TOt? a^oi? iroTajjioi? £u.<patvü)v Sc^lx tÖ xo^Ot^ttov ttj; ywpat;
x«It6«ü<j6ittov. Bemerkenswert ist, dass Straho den ganzen Berg-
stock— Honas-dagh mit Baba-dagh — als Kadmos bezeichnet;
denn nur der Baba-dagh (Salbakos) belierrscht die Stadt. Auf
dem hohen Sattel (1200'") zwischen Ix'iiicn Gebirgen entspringt
der Tschukur-su, der erst tiefer unten, nachdem er das reich-
liche Wasser desGök-bunar (Kara-göl) aufgenommen, den
Namen Gök-bunar-su trügt, und ihn. bis zu seiner Mündung
in den Lykos beibehalt. Die Quellen desGök-bunar (586'"
Meereshöhe) bilden zuerst einen ziemlich grossen Teich, das
Wasser fliesst dann durch drei niedere aulike Brücken unter
der Strasse durch über ein gegen Osten vorspringendes Pla-
teau, das auf seiner Ost - und Nordseite von einem etwa 30"
hohen Hügelrande begrenzt ist. Nach einem etwa 400'" langen
Laufan diesem Bande angekommen verliert sich das Wasser
im Boden, um auf der anderen Seite in einer 80 Meter tiefen
Schlucht, der des Tschukur-su, mit grossem Geräusch wieder
hervorzutreten. Es ist das von Arundell und A. 11 Smith be-
schriebene y.aTa€(x9pov, von dem auch Strabo gehört hatte,
nur dass er ihm, wie oben bemerkt, eine viel grössere Länge
zuschreibt.
Am Fusse der Alluvial- Hügel, die dem Kadmos vorlie-
gen, angelangt durchbricht der Fluss sie nicht, sondel-n biegt
westlich um und folgt ihnen in tiefem Bette bis zum Durch-
bruch von Ak-kan. Dieses zerrissene, höchst malerische
Thal Leisst bei den Türken Bagbirsak-dei'e(das Eingeweide-
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0» FLÜB8BB WOV LAODICBA
489
Thai). Vom Ak-kan an hat der Gök-banar-Bn ein regeU
missiges , offeoes Bett bis sum Lykos. Ale Strabo auf der
antiken Strasse an der Stelle, wo jetzt der seldschakisehe Ran
steht, ankam, sah er den Radmos aus der wilden Schlucht
hervorbrechen (tW avaxO<|/«;); an dieser Stelle hat er allerdings
den grössten Teil seines Laufes, etwa 13^, hinter sich; bis
sum Lykoe sind es nur noch 3^ in der Luftlinie.
Strabo sagt dann weiter: «uviirimv* ft< t«ut6 rotq AXXotc ico-
T«(Aoic. Das heisst : er fällt zusammen , er vereinigt sich mit
den andern Piassen. Bin Blick auf die Rarte in dem Jahr-
buch des arch. Instituts XIII Taf. 3 zeigt, wie buchstäblich
genau sich der heutige Sachbestand mit dieser Angabe deckt.
Der Radmos nahm zuerst den Rapros auf, weiterhin wahr-
scheinlich ebenfalls den Asopos und vereinigte sich dann ober-
halb der antiken Brücke mit dem Lykos. Selbstverständlich
beruht diese Auseinandersetzung auf Arundells Erklärung
der besagten Stelle Strabos; bezieht man den Salz t& «XIov V
ouTO( u. s. w. auf den Lykos, so ist der Schwierigkeiten kein
Ende, wie wir gesehen.
Die antike Bracke habe ich durch einen glttcklichen ZufoU
im Sommer 1897 entdeckt. Sie beweist, dass der Lykos hier
sein Bett verändert hat. Sie bestand aus drei Bogen; der mitt-
lere allein steht noch aufrecht und zwar nur noch das Ton-
nengewölbe; von den zwei andern ist alles bis auf die niedern
Pfeiler abgetragen. Das Material sind grosse Ralksteinblöcke,
schlicht zurechtgehauen und ohne Ralk verbunden. Die Ge-
wölbespannungen sind 4,65; 5,50; 4,80"; die Front der Pfei-
ler ist 3" stark; die Breite der Brücke war 7,10", ihre Länge
86,95". Sie erinnert an die Technik der grossen Brücke über
den Asopos in Laodieea, mit der sie wol gleichzeitig ist.
Demnach ging die alte Strasse von Laodieea nach Hierapolis
an dieser Stelle über den Lykos; bekanntlich kreuzt der heu-
tige Weg diesen Fluss eine Stunde weiter thalabwärts.
' Dieser Aorist dürfte wol eine grammatikalische Wendung sein, durch
dIeStralK» und kmwSt^ motivirt.
190
0. WEBER
Slrabo beschliesst seine Beschreibung des KadmoB mil einer
geologischen Bemerkung, die auch nur hier zutrefTend ist.
Diese vom Gök-bunar-su durclibrochenen Alluvial- Hügel
haben einen solch eigentümlichen Charakter, dass er allen
Reisenden aufgefallen ist. Tchihatcbef {Gäolof^ne V, 3, 159)
sagt von ihnen : Les collines qui flanqnent le Boba-Dagh
sont composifes sott de mames blanches incohe'rentes ou
compactes feuillete'es, sott de conglomc'rat ou bricke tris
solide, soU enfin de gris jaunätret friable^ tombant en
poussUre sous le marteau. Also ganz genau das, was Siraho
mit dem Ausdruck ico>.utpy)tov ausspricht. Hamsay übersetzt es
mit Recht mit porous. Em solches Terrain ist selhstverständ-
lich den schlimmen Folgen der Erdbeben mehr ausgesetzt als
irgend ein anderes.
Alle diese Betrachtungen erweisen einerseits, mit welcher
Sorgfalt Strabo die Umgegend von Laodicea beschrieben, an-
dererseits wie sein Text mit dem heutigen Sachverhalt in
vollem Einklang steht.
Ausser den angeführten Münzen, die unter verschiedenen
Symbolen den Lykos und den Kapros darstellen, gibt es be-
kanntlich von Laodicea eine andere, unter Garacalla geschla-
gene Reihe Münzen, die einen complicirteren Revers auf-
weisen. Nach B. Head {Hist. Num. S. 556) sind es: lihea
or Anuätheia, nursing infant Zeus, around are the three
Curetes beating their shields with their s^K'ords, at her feet
are four recumbent river-gods. Diese Beschreibung stimmt
genau mit der .Münze, welche Ramsay, Cities and bishoprics
1,2 Taf. 1 zu S. 790 iNr. 3 in Lichtdruck wiedergiebt,wenn auch
seine Beschreibung abweicht (S. 433): Kori/bantcs dance
round Adrasteia, who runs, with the infant Zeus in
her arms, between two river^gods {Lykos and Kapros,
probably ).
Sollten diese vier Flussg^tter nicht die vier Flüsse von Lao-
dicea, Lykos, Kapros, Asopos und Kadmos vorgestellt haben?
DieNamen sind zwar nicht beigeschrieben (wie auf der Münze
von Apameia Kibotos); es bleibt also Vermutung. Sicher aber
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DIE FLUBSSE VON LAODICBA 19f
scheint doch, dass diese vier Flussgötter sich nur auf Flüsse
in der Nähe der Sladt beziehen können . und es wäre sehr
ge\va<<:t, einen von ihnen weiter im Osten zu suchen, wie' es
Ramsay mit dem kadmos vorschläiit.
Üb rigens. wie schon bemerkt, ist es thatsächlich unmöglich
das zu tliun. Vom Ak-kan bis zur Lykos-Schlucht gibt es nur
einen W asserlanf der in Belraclit kommt, dvn ßach von Dere-
köi ; alle amli ren aal den Karler» verzeichtieten existiren ent-
weder nicht oder sind eiiilacli VV inlerbäclio, neun Monate im
Jahr trocken, die bloss das Ueijenwasser von der Xordseite der
Alluvial- ilii^el dem Lykos zuführen; das ist besonders der
Fall bei dem Kaleh -Ischai.
Die Inschrift bei ßödjeli - kaiveli ' mit der Ortschaft der
'EX«ivoxa7r[5iTwv nötigt uns den Fluss "EXsivo; zwischen dem Gök-
bunar-su (Kadmos) und dem Lykos zu suchen, und da der
Bach von Dcre-kiii der einzijze in dieser Genend ist, so kommt
ihm auch dieser antike Xame /.u. Aber warum heisst diese
Ortschaft EA£ivoxi-c'.x und nicht E>>£'.voy.iS}jiia? Denn sie kann
doch kaum anderswo «gelegen haben als zwischen dem Gök-
bunar-su und dem liacli von Derc-köi. Dieser Einwand wäi'C
richtig, wenn man in dem Namen l'^leintjkapria einen ganz
bestimmten geographischen Ausdruck sehen wolllc, der die
Grenzen des Ortes angibt. Allein dessen Einwolmcr konnten
ebensowol ihre Abliänijiilkeit von Laodicea dadurch bezeichnen
wollen, indem sie dessen heiligen Fluss (Kapros) in ihren
Ortsnamen aufnahmen.
Die genaue f^age dieser Orlscliaft ist noch nicht bestimmt
naeh/.uweisen. Als die Eisenbahn gebaut wurde, sind zwi-
schen Ak-kan und Kaleh- köi auf der Nordseite der Bahn-
linie die sehr geringen t'berbleibsel eines antiken Tempels
an das Tageslicht getreten: kanellirte Saulenlroinmeln, Archi-
trave U.S. w.. allein keine Inschrilten.
Es erübrigt uns noch den Fluss Asopos zu erwähnen;
< LcUas-Wad«iiDgUm Nr. 1693 a. Ramsay, CUiu and bithopria I, 1 8.
77 Nr. H.
in
«. WXBU
allein da er allseitig mit dem Gamügch-tscbai gleichgestellt
wird, so ist eine weitere Besprechung unnötig. Pococke alkin
(Descr. of the East II S. 72) hat die beiden Flflsse fep-
wechselt : To the east there is a smaU rivulet that may be
the Asopos.to the west there is another small stream which
is probably the Capros on which are four large piers of
a bridge. Chandlers falsche Ansetzung der FlOese yon Lao-
dioea ist hier kaum zu erwähnen*. Den Emir-Sultan-taefaal*,
einen modernen türkischen Kanal, hielt er for den Lykoe und
den Tscburuk-su f&r den MSander.
Dieae Zeileii waren geeehriebeo, als mir Herr J. 6. G. An-
derson ffeundliehst seine interetiante Arbeit A Summer in
Phrygia I lokommea lieaa*. Br bespricht darin aueh die
veaaed question of the Laodiceian rivers. Mit vollem Becbt
bebt er bervor, dasa the first essential in any selentifie
discussion of this question is evidently to know the course
of the various streams or to have a correct map to show
it. Er gibt aucb eine Karle of the District of Laodiceia^
based on the Railway Survey, Da aie in kleinerem Maaatabe
ale die meinige im Jahrbuch dee areb. Instituts XIII Taf. 3
ausgefabrt ist. so umfasst sie ein weiteres Gebiet: im Osten
bis Kisil-kakiik, imSQden bis Tbemisonion; sie bietet also
eine erwQnscble Erg^sung.
Mit Freude babe ich bemerkt,da8s unsere Ansiebten in man-
chen Punkten übereinstimmen: \) in der Gleichstellung des
Dere-kÖi-Baehes mit dem E 1 e i n o s, 2). in der Auffassung der
Bäche swisehen G5k-bunar-so und der Lykos-Scblucbt, be-
sonders aber 3) in der Feststellung des Syrischen Theres an
der Ostecke des Mauerringes der Stadt Laodieea : The stones
♦ Travels in A<;ia Minor S. 284.
* Siehe die Karlenskizze im Jahrbuch des arch. InsliluU XIII Taf. 3.
> Aus dem Journal of BMmU «fvdbi XVII 8. SM.
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DIE FLUESSE VON LAODICEA
193
(mit der iDschrift CI. G. 394 9) no^v lie at the south-east
extremity of the ruins beside the Bash Bunar Tchai *.
It is possible^ therefore^ that they belonged to the Syrian
CttUeway, but they cannot have been part of the Epheaian
gate, as Prof. Ramsay supposes. Den Grund haben wir
oben aogegeben. Allein in der Hauptfrage, der nach den Flüssen
Lykos, KaproB und Kadmos, verteidigt 11. Anderson die An«
sichten Bamsays und so behalten meine Gegenbemerkungen
ihren selbsliindigen Wert.
Den auffallenden Widerspruch des letzteren in der An-
nahme eines Düdeo (MCTJcSodpov) am Lykos und am Kadmos
beseitigt er einfach mit den Worten: it is apparently a sUp
that leads him { Ramsay ) on pp. 36 and 786 to accept
the other opinion, that there was a duden on the Kad-
mos. Beide Gelehrten stimmen darin überein , dass Stra-
bos Satz TO wXiov outo; utcö yTj? pui{< sich auf den Lykos
beziehe. Aliein, wie oben bemerkt, wo ist dieser lange unter-
irdische Lauf des Tschukur-su naehsuweisen ? Denn ihn aus
dem Adji-tua-gül unterirdisch kommen zu lassen geht, wie
wir gßseben, nicht an. Übrigens ist hier noch zu bemerken,
dass wenn ein Fluss irgendwo in seinem Lauf verschwinden
soll, er doch vorher einen sichtbaren Anfang gehabt haben
muss. Der Adji-tus-göl hat aber nirgends einen Ablauf.
Also passt Strabos Beschreibung nicht auf den Tschukur-su.
Die Ansicht, dass Strabos Worte sich auf den Gök-bunar-
su beziehen könnten, sucht Anderson dadurch zu widerle-
gen, dass er sagt: the river does not disappear, the duden
is a separate phenomenon on the left bank. Es liesse sich
darüber streiten, wenn der Tschukur-su das Hauptwasser
wäre. Allein das ist eben nicht der Fall. Im Sommer würde
der kleine Bach, der hoch oben vom Tschukur herunterfliesst,
niemals das Lykoslhal erreichen. Heute wie im Altertum
ist die eigentliche Quelle des Gök- bunar «su am iLara-göl
< Andanon nennt so den Baschli-twhat.
194
G. WBBBR
(wie ihn Kiepert nennt) zu suchen; in allen Jahreszeiten hat
diese reichlich Wasser. Dos Kluas iial vun der Quelle an
einen Lauf von über 400 Metern, verschwindet im xaiTÄSoOpov
und fliesst dann im liefen Thal, wie wir oben gesehen. Die
Schlucht fängt übrigens erst bei dieser Quelle an. nicht oben
in der Tschukur-ova. Ebenso sei hier noch einmal bemerkt,
dass der Gök-bunar-su diesen Namen bis an seine Mündung
in den Lykos beibehält. Emir- Sultan- tschai heisst der beim
Ak-kan abgeleitete moderne Be wüsserungs - Kanal, der alle
Dörfer his nach Schamli mit dem nötigen Wasser versorgt.
In Bezug auf den Kapros folgt Anderson den Ansichten
Ramsays. Sirabo habe die beiden Flüsse Lykos und Kapros
als die Hauptflüsse {the chief rivers) angesehen; also ist
Gök-bunar-su der Kapros. Ohne auf die oben angeführten
Einwendungen zurückzukommen ist hier in Bezug auf die
Ausdehnung der Stadt bis an den ,\k-kan folgend» r Beweis-
grund der beiden Gelehrten (S. 406) herauszuheben: Ätf-
mains can be traced nearly up to the Geuk Bunar tvafer:
perhaps these are only relics of the tombs lining the greai
road to the east, but it is not impassible that they repre-
sent buildings. Ob er überzeugend wirkt, ist doch fraglich.
Dem Baschti - tschai oder Bäsch • bunar- tschai wird alles
Existenzrecht abgesprochen. It is a mere insignificant brook,
with no claim to be called a river. Wollte man diesen Satz
gellen lassen, so hätte mancher Fluss in der griechischen Welt
kein Anrecht auf diese ßennenung. Übrigens hat der ßaschli-
tschai Wasser das ganze Jahr durch und bei der Stadl fliesst
er in einem ganz bestimmten, tiefen Tal, das niemals in das
Stadtgebiet einbegriffen war. Unter anderem wirft Ander-
son auch die Frage auf : Moreover how can the advocates
of this view ( Kapros = Baschli-lschai i explain the coin
representing, in the usual ^vny, the chief rivers of the
city^ K ATT P O C and A Y K O C Why is it that the Kapros
is always named alongside of the Lykos as the other
chief river of Laodiceia {e, g. tins coin, Strabo, Cinno'
muSf and the term Ao)t6»axptH:)i Die Antwort durfte nicht
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OIB FLUESSE VUN LAODICEA
195
80 schwierig sein. Dass Strabo den Kapros nicht notwendiger
Weise als einen wasserreichen Pluss darstellen wollte, haben
wir oben gesehen. Wenn dessen Name aber immer ange-
führt wird, so geschah dies 1) wegen seiner Wichtigkeit
für die Ansiedelung bei Denisli, 2) für die WasserversOi^ung
der Stadt seihst durch den grossen Aquädukt, wegen der
bestimmten Abgrenzung, die er im Süden der Stadt gab. Das
dürften einige der Ursachen^ sein, die ihm such specitU
prominence gegeben haben, und nicht dem Asopos, wie
Anderson meint (S. 405). Dieser Pluss, viel grösser als
der Baschli - tschai , wie sein breites Bett bezeugt, und im
Winter besonders stark, floss eben nutzlos für die Stadt da-
hin; deshalb ein weiterer Beweis, dass Strabo nicht allein die
Menge des Wassers im Auge hatte, als er die Flüsse Laodi-
ceas beschrieb, sonst hätte erden Asopos kaum übergehen
können ; denn die lange, hohe römische Brücke, die über ihn
führt, bezeichnet den Fluss doch hinlänglich.
Scbiiesslich sieht H. Anderson sich gezwungen, den Fluss
Kadmos mit dem Bach hei Kolossal zu identiüciren. The
Kadmos is probably the river that comes down from Kho"
nas, joining the Lycos at Colossae. Dann folgt Hamiltons
Beschreibung dieses Wassere. Als Beweisgrund wird ange-
führt, dass Strabos Satz t6 itKiw V ouro« u.s.w. sich auf den
Lykos beziehe. Man sieht, the question is still a vexed one.
Smyrna, Mai 1898.
O. WBBBR.
• Rädel, Revui des uniwnm äu Midi 1896 S. 21«
DIB STRABON- SCHOLIEN DES CYRIAKUS VON ANKONA
Im Jahre 1447 verweilte Cyriakus bis zum 25 Jan. in Con*
stantinopel und zwar, wie er selbst in einem Briefe Ton dort
sagt (angeführt bei De Rossi), eodieis Sirabonis G raren a U-
brario excipiendi potissimum causa detent us. Diese Hand-
schrift glaubte Giov. Batt. de Rossi [Inscr. Christ. Ii S. 366)
wiederzuerkennen in dem Cod. Laur. XXVIII, 1 5 des Strabo.
welcher Slrabo i.ib. XI -XVII enthält und zu Lib. XIII S.
622 am Rande des fot. 1 16 die Bemerkung hat : Kupiaxo« ^Uyu
«UTOC {AlTa^u |iiUp(vii|C Xftl xujMK <K TOI TOu «UToC 'Ak6>.>(i>vo; UpoS
Iftim« iv Tö öiro)MC(&ivu >(0«h Tt^ ttuXyi; {iiyi^TOtc xal xK>X{iTTOtc
Ypiu^aut ra>aioi? toSi iiciYpa(Aua tupov APOAAQNI XPH
ZTHPIßl I <t>IAETAIP02 ATT AAO'f (C. J. G. 3527),
die nach der Meinung von Rossi uod Kramer voa dereigenoi
Hand des Cyriakus herrührt'.
Doch übersah Rossi dabei die sonstigen Nachrichten, die uns
über ähnliche Strabon- Scboliea des Cyriakus erhalten sind.
Sie führen erheblich weiter.
Bs sind zwei scheinbar völlig von einander getrennte Über-
lieferungen.
I. Der hamburger Rechtsgelehrte Lucas Langermann (1625-
1686 vgl. C, I. L. IX S. xLviii), welcher ein lebhaftes In-
teresse für griechische und römische Inschriften besass, sah
apud Patriciiim Junium einen Strabon- Codex mit griechi-
schen Scholien des Cyriakus und erhielt die Griaubniss, sich
daraus Excerpte so machen. Er teilte aus dieser Quelle dem
I Dieselbe Bemerkung, aber nicbt, wie Hossi sagt, eadem scholia sieht
anoh im Cod. Par. 1394 und Terführte Villebnin in der Meinung, die gaaie
Handschrift sei von Cyriakus seihst geschrieben {%, seine Qesohiwibttng dee
Q9dM bei Sif^ibved. FalooQer praef.),
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btlt StiUtON-SCttOUBN ta» CYHIAKÜS VON ANltÖtlA lOf
ReinesioB die Inschrifken mit, wdehe dieter yeröffenUiebte in
eeinem Syatagma, und iwar:
I 941 S. 993. DelphitTidit Gyriaeus Anconitanus: 8«oIt
hcl 'A^t9xxy6oti (C. /. G, 1694) e acholtis ejus ad Straboneiii
Graecis maoueeripiis exeerpsit L. Lang.
I 949 S. 294. In templi ApoUinis quod inter Guroam et
Myrinam in Aeolide porta maxima lapis inscriptus visus a
Gyr. Adc. *X%6XkMii XP^<''^< ^ eeholiis ejuadem Gyr. descripsit
idem Lang. (C. L G. 3597).
1 943 S. 995. In oppidi Boeotiae Lebadiae diruto templo
vidit descripsit idem Cyr. 'Hpf BamXi^i {C.LG.Sept. 1 3097)
exeerpsit e scboliis ejus in Strabonem idem Lang.
Ill 85 S. 335. Repertum Atbenis e Gyr. Anc. seboliis ms.
ad Strabonem (^C.LA, III 481) exeerpsit conoedente Patrieio
Junio domino oodicis Lucas Lang. JC.
Ill 86 S. 335. Bx iisdem scboliis mscr. excepit Langerm.
(C,LG, 1393).
Ill 87 S. 336. In insula Galaurea quae jacet ante portam
Troecenis in stnu Argolico, vidit dictus modo Cyr. 7. G.
1188) descripsit e schol. ad Strab. L. Langerm.
V 59 S. 386 <C. /. G. 1997 Z. 1-3). In arce Messeniae
Itbome vidit Gyr. Anc. Soboliastes Graeous Strabonis, e co-
dice exc. Lang.
VI 190 S. 457. Bx scboliis Cyr. ad Strabon. excerps. Lang.
(C.I, G. 1389).
VI 191 S 458. fin oppido Lacooico Taenaro» Gyriaeus
in scboliis ad Strab. unde exeerpsit Langermannus. (fl, /. G,
1393).
Zu den Inscbriften, die Langermann aus dem Strabon -
Godex des Gyriakus abscbrieb, scbeint ferner zu gebören
C.L G. 3457 aus Sardes. Hier giebt Reinesius III 84 S. 334
iwar nur an, er babe die Inscbrifl ex achedts Langermanni,
aber dass scbon Gyriakus sie abschrieb, bezeugt der Godex
Riccardianus 996, in dem sie stebt; vgl. B. C. H, I S. 85
Nr. 91.
Dasselbe gilt wabrseheinlich von C, /. G, 3469, welche
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Reinesius ebenfalla ex $chedis Lucae Langermanni giebt
(VII do S. 508) und welche auch im Cod. Riccard. steht
{B. C. H, \ S. 84 Nr. 15), wenn auch unter dem Fundort
Philadelphia.
II. Auf der anderen Seite henutzte Falconer sur Oxforder
Strabon-Ausgabe einen Codex coUegit Etonenais^ von wel-
chem er sagt: achartaoeuB, recentior, Byzantii ecriptus Li*
bro8 tan tum X continet. Ad marginem sunt notae, quarum
aliae argumenta tantum, aliae lectiones variantes, vel loco
praetermissa exhibent, conscriptae manu raro quidem recenti,
neque eadem ubique. Aliquando etiam reperiuntur Epigram-
mata, lilteris majusculis exarata, quorum nonnulla ab edi-
tore noetro annotalionibus suis intorjecta sunt. Tituli vel prae-
(ationes scripti sunt litteris minoribus, manu diversa ab ea
qua nolae reliquae exaralae sunt etscatent contractionibus...»
Die Scholien, die Falconer in seiner adnotatio mitteilt, sind
folgende :
Strabo ed. Falconer I S. 5$t tt»v IluXov] In MS. Etonensi
ad oram paginae scribitur: töte cytt Kuptauioc lU Miavtivtaui^v
nOXov iiti^fxiL^x eupov <^ C. 1, G. 1393^ xttl vuvt Sl TftVTViv iXftT-
T0{uvv)v UviXw leoXv» BiiruXov MtXoG^tv*.
I S. 5%1 Z. SS. MS. Etonensis ad marginem paginae in-
scriptionem habet, in qua, ut mihi videtur, haec urbs dicitur
H nOAI2 TAlNAPinN F. <C. /. Ö. 1393 >.
1 S. 531 Z. SO. ToQ ^* utoG TViv ^Xtxv amorpa(A(«iveu ] MS.
Etonensis ad oram paginae inscriptionem habet de Lacone,
' Mil diesen grieehiselii ii Worten \erirlpiche man den erhallenen Text
über diuscii Teil der griechischeii Heilte des Cyriakus : loscripliones per lU
iyricum... (Komae 1747) S. xxxxiv... «Ubi (sc. Pyli» Joannen Palaeologuia
pro Spartano principe OonsUmlino praefeotum inveni. ex quo honorifioe
8U<iCop(us CO ducc aliquom in cantpo ex anli<|ui.s nioeiiÜMis [»artmi eoii-
spcxiiiiiis fl ad njarinorcain, iiuain el in agro serni ilcfossaui coiiiiieriinus
basim, hoc nostrum in Gordianuni Caesareni Epigramma cunsculplum
inveniiDUB. In quo Pyhn a posUris Bitylon dictam, ut Strabo ipse teslalur,
appareta. Die Inschrift fetilt, allein es ist klar, dass Cyriakus hier die
uns in der Klon -Handschrift erhaltene Inschrift niillcilte, wie denn auch
sonst vielfach die versprengten Slückcbeo seiner Commentarii sich gegea-
•eitig in glücklieher erglnien.
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DIB StRAfiON-BCHOLIfeN DfeS CVlttAKUS VON AMKOKA 199
Euryclis fil-o, Taenari reperlam (folgt C.I.G. 1889 Z. 1-5).
I. S. 542 Z. 16. MS. Etonensis ad margineni pag. ad
hunc locum insciiplionem habet sequeotem : HEYPENEIA..
{C. /. ^. 1188 Z. 1 - 4>.
I S. 6Ü1. Adoram pag MS. Btonensis haec sunt scripta:
Yl{/.£i; Vi h AeoaSix ToSt si; öp£'.vr,v >coo'j'pr,v ^TiYpxau.a lupcv, ev tw
waXxit^ x,x'. «peiTi<{) xai ravTayoCJ xsy aXxaaevoi Upw o vjvt ayiov
'HXiav >cxXoö(jiv <(C /. G Sept. I 3097, wo diese genaue
Angabe des ersten Fundorts naclizutragen ist; vg;l. auch Job.
Schmidt, Athen. Miltli. V S. 137).
IIS. üGö. Ad Oram MS. Etonensis liaec inserta sunt:
wspi y'xp TT,; IlxAewv ttoXiu^ ii( 'AÖVjva; to^« 6]ciYpa|&{i.a lupov
<C. /. ^. Iii i81>.
Vergleicht man diese beiden Scholien-Reihen mit einander,
so ergibt .sieb zunächst, dass sie nur eine Überlieferung dar-
stellen. Falconer teilt aus seiner Handscbrifl nur sechs In-
schriflen mit, aber es scheinen mehr darin zu stehen. Diese sechs
kehren unter den von i.angermann milgcteillcn wieder. In der
Inschrift C.I.G. Sept. I 3097 gibt Reiiiesius nach Langermann
in Z. i die auffallende Lesung : lepaxEOTx? , die sich in der son-
stigen Überlieferung der Inschrift nicht hndet. Aber auch im
Etonensis steht: UpxTEOfrotf;. Von den Inschriften, die Langer-
niann allein hat, kann im l->Lonensis nicht stehen C. I. G.
35'27, da sie zum XIII Buche des Strabon an den Rand ge-
schrieben war, ebenso die beiden Inschriften aus Sardes, falls
sie in dem (^odex standen, den Langermann excerpirte. C. l. G.
1694 dagegen steht vielleicht auch in» Etonensis. Langermann
benutzte also einen Codex, in welchem sowol Buch X des
Strabon als auch Buch XIII enthalten war, d h. der ganze
Strabon stand, Auch er scheint die Scholien in griechischer
Sprache gelesen zu haben, denn er sagt 'Cyriacus Anconilanus
Schuliastes Graecus Sliabunis'. Auf der anderen Seite bietet
der Etonen.sis einige Scholien in ihrer ursprünglichen grie-
cbischeo Form ' und trügt am Schlüsse lulgeude Subskriplioo:
* Die gi leciiisclie Furui dieser Leuimala ist auch sonst vereiuzolt erbalten.
voO Siaxövo-j UpoavTiaovo; <piXou. Danach scheint es fast sicher,
dass der Etonensis der von Cvriakus eif^enhändii: mit Noten
versehene Codex ist, den er in Byzunz kaufte. Eine Schwierig-
keit bleibt dabei noch bestehen, nämlich die, dass er nur Buch
I-X enthält, wälirend Cyriakus thatsächlich auch zu BuchXill
mindestens ein Scholien gemacht hat. Um sie zu heben, kann
man auf den Gedanken kommen, dass der Cod. Laur. XXVIII
15, der mit Buch XI beginnt, die zweite Hälfte des gesuchten
Handexemplars des Cyriakus darstellt In der Thal ist dies,
wie mir der Konservator der Handschriften der Laurentiana
Herr Cav. Prof. Dr. E. Rostagno freundlichst mitteilt, seine
Meinung wie auch die von James , der beide Handschriften
gesehen hat (vgl. James, Elton Coli. Catalogue S. 67). Eine
Entscheidung kann nur die genaue Vergleicbung beider Hand-
schriften geben. Von vorn herein erscheint mir dieser Sach-
verhalt wenig glaublich weil dann die Subskription nicht am
Schlüsse der ersten Hälfte des Strabon stehen würde.
Es bleibt noch übrig eine dritte Erwähnung von Cyriakus-
Scholien in der Strabon - Ausgabe von Tzschucke. Dieser
schreibt in der Vorrede zu Band II S. xi: Emissae in Bata-
viam preces etiamnunc insistunt aguntque ut quae possidet
in thesauris ditissimis bibliotheca Lugdunensis scholia Graeca
Cyriaci Anconitani in Straboncm inde . . . eflerantur, und als
er die Vorrede zum nächsten Bande schrieb, war sein Wunsch
erfüllt und er erzählt (Vorrede zu Band III S. vi): Eodem
honestissimi librarii studio cum votis meis omninoque litte-
ris fato correptus fuisset Buhnkenius, descripta ad me vene-
rum, quae desideraveram, scholia Graeca Cyr. Anc, qui Ge-
misii Piethoois aetate vixit. Sed quod ipso usu oognovi, exigui
80 steht im florentiner codex Palatinas 49 der Briefe des Cyriakus in dem
Briefe Nr. 25 ( teilweise herausgegeben von Targioni -Tozzclli, Viaggi (Ulla
Toscana V S. iil ) zu der Inschrift von Delphi C. J. G. iG94 x6 jü» yip u( tij»
toS Ku6tou ä>cöXXci)vo( Upoü xXiupäv y(tf«h^vw lottv. Vgl. fernAT die griocbi-
•chan Lemmata im ood. Aalibani. 1174 (1108) fol. 193, berwugegelN« von
Mommaeii, Bpliem. epigr. III t36.
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filB BTRABON-SCffOLIBN DBS CYBIAK08 TOlf ANKOlfA
illi sunt, immo nullius fere ad Strabonem momenti. Cumenim
sint pauca admodum el ad recentiorem Geographiam compa-
rata, tum maiimam partem in ioacriptiooibua enarraDdis ver-
santur.
Über diesen ieydener Codex habe ich nichts in Erfahrung
bringen können. Es ist nicht unmöglich, dass er mit dem
Etonensis identisch, also später nach England verkauft ist*.
Unter allen Umständen aber verdient der Etonensis eine sorg-
fältige Prüfung, und der Zweck dieser Zeilen ist es, die Auf-
merksamkeit auf diese unbeachtete junge Strabon- Handschrift
zu lenken, die jedenfalls für den Text des Strabon wertlos ist,
ftber.fUr Cyriakus von grosser Bedeutung werden kann.
Athen.
BRICH ZIBBARTH.
* Aueb sonst sind die merkwürdigen Sefaolien nieiit gant nnbeachtel ge-
blieben.
Fabricius bemerkt in der Bibliothcca Graeca 4, 576: Cyriaci Anconitani
scholia in Strabunem Graeca quibus Lucas Langermannus, ICtus Hambur-
gensis usus esse dicilur ... fru&tra quaesivi. Inleressaat ist ferner, dass Mar-
qaardOude 1 1635-1689) in seinen BeaerlLungen lu dem Thesannu des
Gruter, die erst in der Aasgabe von 1707 stehen, zu S. CXXIX ib=C. /. G.
1694 sagt: hanc vocem (sc. 0eoT?) apposui px Cvriaci Anconitani scholiis
luaiiuscriplis in tilrubonem, und ebenso xuZ. 3HPINHZ: sie restitue ex
eodem Gyriaei ms. Denn diese Worte kdnnen den Olanlwn erweekoi, als ob
auch Gudc die Scholien des Cyriaicus im Original gelesen liltte. Nun er-
schien aber das Syntagma inscriptiunuin anliquarum des Thomas Reine-
sius schon in Jahre lö82 und Gude wird auch sonst direkt des Plagiats an
Reinesios beschuldigt (Laffeld, Griechische Epigrapbik 8. 373). Er bat also
seine Kenntnis! der Oyriaitus-Seholien, die er nur an dieser einen Slelle
aniufSbren scheint, sweifenoe aus Rdnesins gescbSpft.
ATBIK. lll*TBBU.ini«BN UIU. 14
UBTPAiA SaiTPA^H TOT MOTSBIOT
Ypfli(ji|avfli TftSc
Mfixoc ?/it t) irtYpaip-r) uerpou Ivo; xai evScx« ixatoffräv- ri
ypa(A(jLaT« C<{>0( 0,062 tö icpäxov ( E), 0,125 to teXiutxiov (H).
'T^j/TjXOTaxOV «dvTWV TÖ (|> £/tl VTlXi^O; Utj*Ou; 0,130. Tö (A«Ta^U
H »Al H 2M<m)(Aa 0.060. To puTagu ^ N xfvöv oXov 0,220.
oipip, me«ovpLlv«»v tAv xaT« to t^ipo« toCto toC oti^ou {uiCovuv ^tot-
* 'Bv y' «(««xt (Bl. III) Ta9 6k4 Curthis mI Kanpert lxtito|tlv«} Attas Ton
Altir;n, xxxk tö iJiitvu RcpiROU tI|( «Rovriscu; toS aT]p.({ov Sessel ano toS (i,vi)|ufov
TOÜ 'l»;Xo»taj:noü xat öXt^ov önipsvtx» t(3v ixst tp-jOsö -/poj(iaT( 5i8>)Xb»|jiiv(rtV ).eii{<ivti}V
Feläcuhäuscr |tdi xal Karlua von AUika, Bl. I) !^i)Ti]Ttai irX Ttiicou \ rtixpa if
^ 4 iinyp«f i|. TAv YP«|i|i^twv tI}v «vcuuIXik^iv iOLm tl« xov xptMxtfiv |u«'i»(tfv,
00/ vi xatiuöiivovTa xö ßii[Aa it{ Touj {pT|(iou{ Jtesi tö Moj-jiTov nipixxxout. Ot 6'lv-
9w|jioü|jnvoi Ot: (j.dXt{ iv hti 18()5 ivexa/.j^Or t::'t tt-j ino it)v 'Axpd;:oXiv rr^Tpaj f|
Yvcüoxi) iitiYpafj) « nepioöoc tov Tit^mdxov » 8tv OAouai ßi6aiiu>{ ixop'^m
Stt, Iv dimUnpy 0<«n Mtl «Gno« ixl -cfii ;:iTpo>8o«c ixifaviiac t»S iMfoo( x«pip>
p<|t|&iv«, SUfvpv nbc imiuXilf ifiv t^mmr ipmn|Ti« t> oX(|« lfMi8p& yp^l|i|i«t«
V
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ST. n. APArorXHS, oetpaia EairPA«H Tor Mor£Eior 203
(Mvov ouSiv t^T^ ff&yL^TOi )ieuip(viTeii iiul, «IXX« xetl iq Imf ivit«
Ttiv ^uo xixo(t(xevDv opi^ovriov xipottav )uv«t«( tic bwc voc
YP«fv) avoiYivÄvxtTat outu* 'Etioc Si ^[ojvn.
iCioysiTai T) xapouaix <;uvSi9(A0u, toS 6£, cv auroTiXil icpordoii.
K«T £XXi)v ixSo^Tiv, 3uvaTa( tic vci 6ico8ia){i OTt ttiv npoTaatv,
oS««v T(jLYi(ta Ti^eta; Tcspio^ou, KuStpv^ ffpoi^tvTiVcyf&ivov Ivt{ ayvu-
•T«|^i)(i{v ap^^Y) pyifxa* iKapei{eiYpt.aTt to pr^ua ((d|i{:(6eTatv. K«t«
-riiv TotauTr,v uTTÖÖioiv ixoftiv E.no^ 6^ (d)jiei6exat) ^«vn, to'jt<-
on St SiaS^jC^i^cii InoCi v6d|mi «Xiipc( |uv, oXX'
>ov £tI Ttvi ivTau6a c^ivfxOkV.
To «V T$ Xtfty xivov C<to>( Tt( 6tXin(T(i, icoipaSXtiruv t-viv ^mXilv
Mpciiav, V« ffU(jt,7cXiop(l)(nT ti« ««piv6vix»c A, ouSivo^ aXXou Ix'^^^C
Yp&(i(MlTO(t WC ipp^Oil, 9atvo(Aevou ixEi. UXr,^ xat outu; axarii*
Xto^ttov (TuvaysTai to' « enoc 8' ^<|[d}vn » ri o enof SI ^[d]vn>.
To CJiOQ i^TiXdiv lie 9<öi;, eXa(i.t{»(v, i^avepüO^i); 'E^f^Xi^^, i^cfM-
vtoGy); To Koyxov iwi^tiybf), e^jTsXe'dQy, • ;
'Eni TccTpac XÖ90U c ev6a Mouffttfov ^Stiv xai aTcoOccvevT« Y^ff
T«fii)v«t Xeyouiiv » ^ ti Xe^i; 5roc« «icpoffSoxqT«»^ axavTA««! xal
axovTttv «v^Ysi Tov vo8v uc Toi «ipi ToO «pxouotAtou inonotoO «•
|xuSp(&( yvftXTTi.
X^na|iojLÖYOc y\ '^gna]xcdS6Q 0 Mov«aIoc, On^ip^t x«i ö^y^uv
KaV ixvcrriKov xiktxdv auvGetn?, xetT« |i,i(fci)«iv to9 'Op^iuc,
lnoir.ff« xat ü^vov eif xhv AnjinTpa. rivix«l>Ttpov yvwpt^Iofa-
vo( v){6( 'AvTio^n|jio\/, ifii|iii^iTO h toutok; äicoYOvoc (acv Kip-
xv6vo«, A^tXfoO T08 TptWToXl^u, 3' Eu(ioX«ou lud ««T^p «u*
— 'Q( £vb> f afviTai tv T(3 äxttxovfoixaTi, Sncp (jitt' axp(6tOT{pav toü Xtöou i^^raoiv
xaT(ox(t»ao9>i xiorÖTaxa uro toü xupiou ProU| Tfiiv i](^vtiiv Sk oviwv xaia^viliv, i
X^fOt mpl Mpi|i0BM|« A MpAMt tÄmv.
« Hanmlwl, 26,7.
204 ST. «. mrorMttS, asTi>AiA smrpA^a rot nonuof
Otc Ev|mXic«w, ^ *E>tvdvi«c, »«1 «i( «uro«, nxxk navMvwv,
•m^iSovTO T« Inn t« fip6|uvdi 6iro to Svo(ui Et^o3l9t(a'.
M ouaaiott, — Sui tov Xdyov OTt ImC x«ft%|fcivo« ^[fiq«(M^tt xftt Ivixa
Tile Ott xftl TcOafft(uvoc IxtC ^, — 6 X6foc outoc* ßopiioSu*
TUcA( Kdm «poc TO TlpfiC, «fltpa xn* üv^ixa, IvOoi mpfacou vOv xtf"
Tttl TO lx»\l|9<StOV *Ay(0U ÜV)(M)Tpj0U, TOO liTOtaXovfUvott Aov|ftvap-
SApvi, ilf* TO 6i«|Uf6ptov, iep6v xfic dA^m^oc, 9n «pAroc 6
Tuv, fi&v a&cb^ Axoi^eTO £v 'AtiAvatc cruvO^xtic Ka\ id^vnfic'
OTi pxpov xttTUTcptt, 6icip TQV xp^vi)v Tii« *Em(b(pouvQv , ^nt^^fJVl^
63ÜLO ie^öv dtJcShiOOv AÄ|j,nT^0Ct Kd^nc icaV T^mto^LliiOv, t6
Oko t) 'AxpoiEÖXft *EXfuo(viov* xoU Sti ajtlottc 6irfpAv»t ^« «vt^
'A»poK6>4tt xoiTei Tot IlpoiruXaia, avlxiiro Ypairrri ilxov toS irnxoO
Xpvi9m»^8* owtXövTi ^* itmlv, ort Himq 0 mpl Tnv ivtfffypatfov fiptAv
iriTpftv x^P^C xaTi(x>vo ti t9< (t>rqfitK xoU ty3< fiopic toG
«acv«pX«iov «pof^TOu x«t tAv ovyyivAv tkI^ 61c* avroG oiivti-
6f<aai( (ftvoTixatc TtXtTftlc UpAv vopU(M«v tAv iXiv«tv{«»v OcAv.
Hib TOi Ixtt(tiv ivTfliGOa, 61C0 x**?^ |UTaY***^'P*C ''^^ tuxln-
^i(mv ju^iim^ «vttytYpafiiUvov, £«6«»««|Mt &COI/C ^ y^nft^Oü toG
«ffftvoG Mouootiov';
'Ev 'AUyvotic, Tf 12 Meeprtou 1898.
STEFANOS N. APATOTMHS.
• nauWou, auTiMt Ml i:po«ln 1, 14« 3. IV, i, 5. X, 5, 6. 7, 2. 9, II. 12. It.
HflSK. mI'HpAmov, nXittiMi, JtXfiimm, Amwi««^, ^iMsrpaxsv, *ApSMp«-
xfcuva [SeufBav], Bv9l6tov xXic. Ksii Atoylvnj tov Aa^pttov (B-lot xXr. i^oo((uev,3|
auT^ (iv 69Tip(üTlpo(( ßtGa^uc ^(pövoit) toüdi toS iXtytiou'
Mouaatov, fOf^JKvov aujA* iiA x^i Tdt^i]*.
'AfwoTi(i.»t'ti)Tov iv TOÜTotj Ott XÄi tv ^aXifpm Sia^EprfvTtü? iti[i.5T0 f) Aijfjujtpa.
' Kivi)6(i( uKotaia {jiijiccu( iv rjlfpiatt <Ixo( H f<>>vr)» xpuictT)rai i) Ivvota dVTi-
XdJtOV, 6« XiyK i) owi(0(i«, if ijtami Sic t^v Moi« ^ g h i*'TP<f 4' ^ diutip«
JliMMif Mv few<i6<iiww T^v <vniM(t Sm^iv il^(pOc.
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BNNEAKRUNOS, LENAION UND MONY£ION EN AIMNAIS
Die berühmte Thukydidesstelle über das älteste Athen (11,15)
hat das Missgeschick ijehabl, nicht nur von der Interpretation
sondern auch von der Kritik aus in sehr verschiedener Weise
behandelt worden zu sein: t6 Se wp6 toutou (vor Theseus) tj
axpoiroXt? 7) vöv ouda tcöXic "ov xal xo utc' auxTjv wpo? votov p.dt>t<TTat
TCTpa[x|xcvov. T6X{Aiopiov TOt ykf Up« iv auT^ t*^ axpoicoXii xal
aXXa)v Siüiv ioti xal tot l^<a icpo; «coöto to (lepoc ttj? xo^sto; piftXXov
tSpuTttl, TO T£ TOO AlO? TOÖ 'OXufXITtOU Xal TO FIüOlOV XfltJ TO TT)? FilC
xat TO SV Xt{jLvai( Aiovuoou, toc ap^^aioTipa Atovuotx t^ SuSexdcTV)
xodiTat iv p.r,vi 'AvOiOTVipid^vi , Aoiptp xxl ol aic' *A6Y]va((i>v 'luvt;
(Tt xai vCv vofAiCouvtv tSputai xal SXka. Upa TOtuTV) «p^aloc. x«l
xpiQvip T$ vGv (itv Tft&v Tupslvvuv ouTtt Cxiua^dcvTUv 'Evviotxpoiuv«!^
xaXou(AevY), t6 icxXat favepä^v tc&v irny^v ouoü^v KaXXippov) «avo*
(Mi«{<.<vv) Ixitvio Ti iyY^ o&o^ T« «XetaTOu i^ta l)^pävT0 xal vOv In
oliro ToO olp^atou ivpö ti y«L[u%&v xat <( £XXa t^v iipä^v vopCtTOtt
u^ciTi j^pi^odat. xaXelxai Sc Sta T-y)v «raXaiav Taurv) xaT0txif)9tv
xxl 7) axpÖTToXt? {te^^pt toOSc Iti ine' 'AOilvfltiuv «öXtc. Über die Er«
klärung ist eine Einigung nicht erzielt worden und in dem
Streite über den Sion der Worte ist der Wortlaut, so scheint
es, Dicht immer genügend berücksichtigt worden. Wacbsmuth,
der zuletzt den Text in den Neuen Beiträgen zur Topographie
von Athen (Abhandlungen der sächeischen Gesellschaft der
Wissenschaften XVI II S.1 ff.) im Zusammenhange besprochen
hat, ändert mit anderen die Oberlieferung an drei Stellen und
stellt sie nur an einer vierten, wo sie ebenfalls fast allgemein
geändert wird, wieder her. Er setzt vor xat aXXwv Oidyv eine
Lttcke an, schreibt to ^toS) iv Xtpat« Atovuoou, streicht tyI Su-
SixicTT) und setzt nur statt imtvot die -Oberlieferang der Uand-
schriflen cxitvT) wieder ein.
Ob es nötig ist 'der sprachlichen Korrektheit halber' den
Artikel töo vor iv Xip«K Aiovuvou zuzufdgen, wahrend doch
206
a. Toit raoTT
GAtternamen häufig genug ohne Artikel stehen und die VolkB-
Versammlung iv Aiovuvou siattfindel, ist mir zwar sehr zweifei*
haft, aber für den Sinn der Stelle gleichgültig. Wichtiger, ja
vielleicht entscheidend ist UtiMva. Wachsmuth, der als älteste
Stadt nach Thukydides die AkropoHs und ein mit ihr nicht
xusammenhängendes Stück im Südosten am Iiissos annimmt,
hat liutvv) deahaib wieder in den Text eingesetzt, weil er, von
aeinem Standpunkte aoa gans mit Recht, eine Hinweisung
darauf verlangte, für welches der beiden Stücke der von der
Bnneakrunoi handelnde BeweiaabBehnitt gelten solle. Er nimmt
Ixitvin als Ortsadverbium (sixic) und llsst mit xi nur diese
topographieehe Bezeichnung angeknüpft sein , übersetsl also
*den Waaserplau , der jetzt Enneakrunoa genannt wird, in
alter Zeit aber Rallirroe htesa und eben dort in der Nähe
liegt*. Alles dieses ist nicht unbedenklich. Der bestimmte
Artikel &«*aur})v «po« votov yAXxwoL TCTpa{jiaivo« weist deut-
lich auf eine Verbindung dieses Stückes mit der Akropolis
hin und gar zu seltsam ist die Verbindung von cyyu; ilvou mit
einem Ortsadverbium *an einem Orte nahe sein *. Aber beides
zugegeben, die Anwendung , welche Wachsmuth von dieser
Erklärung macht (S. 20 fr.), ist noch bedenklicher: die Worte
focivv) iyyu^ ou^ip *sind zurückzul)eziehen auf das vorausgehende
TaiSrv) und melden so bestimmt wie möglich, dass sich die
Enneakrunos- Quelle in der Nähe der bisher besprochenen
Gruppe von Heiligtümern im Sfldosten der Stadt befinde '.
Auf die Schwierigkeit, welche dann das folgende zweite rxurv)
bereitet, will ich hier nur kurs hinweisen. Die Hauptsache
ist, dass Thukydides, der nach Wachsmuths Ansicht zuerst
von der Burg, dann mit den Worten toOto to (lepo; und Taurvi
von dem sQdliehen Stücke spricht, mit dem entgegengesetzten
Pronomen Ixttvr, unmöglich wieder dasselbe Stück bezeichnen
kann. Wachsmuth sagt zwar, *l)citvv) nehme das Vorerwähnte
wieder auf, wie öfters das Pronomen ixiivo« auf denselben Be-
grÜT geht, der vorher durch einen Casus obliquus von auTÖ(;
ausgedrückt ist*. Aber es geht ja gar nicht ein Casus obliquus
von «6x6« sondern das Adverbium taut^ voraus. Wenn nun
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BHNBAlCRDlfOB, LSMAION UND MOHnKMI Bit AnWAlS t07
die beiden Adverbien raurri hier und 4x«tvr, ( = !>«!) dort
eine Beziehung zn einander haben sollen, so kann diese doch
nur gegensätzlich sein. Nimmt man also mit Wachsmuth eine
Zweiteilung der älloslcn Stadl an. so würde mit sxeivyi nicht
mehr von dem zweiten sondern wieder von dem ersten Stücke,
der Akropolis, etwas bewiesen werden. Von diesem Stand-
punkte aus müsste man daher unvermeidlich zu dem Schlüsse
ko(nmen, dass die I^nneakruuos nicht in der Nahe der Heilig-
tümer am Iiissos, sondern im Gegenteile in der Nähe der Akro-
polis liege.
Die rein sprachliche Betrachtung der schwierigen Stelle
scheint mithin für die neue von Dörpfeld (Athen. Mitth. 1895
S. 189 ff., Rhein. Mus. 1896 S. 127 ff.) aufgestellte Theorie
zu sprechen, der als iiltesles Athen nach Thukydides nicht
zwei Teile, sondern ein im wesentlichen einheitliches Stück,
nämlich die Akropolis und ihren hauptsächlich südlichen Ab-
hang, d. h. Akropolis und Pelargikun ansieht. Üies bedarf
noch einer etwas auslührlicheren l'^rörlerung. Dass die beiden
von Thukydides angegebenen Teile nicht getrennt waren son-
dern zusammenhingen, beweist der bestimmte Artikel t6 . . .
TiTpajxfAEvov. Eine von der Akropolis bis zurRallirroe im Iiis-
sos sich ausdehnende Stadt aber würde für das Ur-Atlien des
Thukydiiles viel zu gross sein. Dass ferner die beiden Teile
wesentlich eins waren, zeigt die auffallende Wiederholung des
Pronomens oüto;'. Thukydides spricht zuerst von den Heilig-
tümern 6v aÜTyj TO ä;cooTrö>,£t, dann von denen i';üj {-^ra ixpo^ö-
iröXtco;) und den anderen alten Stiftungen, die ebenfalls hier
(-rx'jTrj ) ausserhalb der Burg liegen. Zum Schluss ist wieder
von der Akropolis (bez. von Akropolis und PeLirgikon zu-
sammen) die Rede und dabei wird w ieder wie bei dem zwei-
ten Stücke (toOto TO u-tpo? — txjt/)) dasselbe Pronomen (täi^tyi)
gebraucht. Das war doch kaum möglich, wenn beide Stücke
grundsätzlich geschieden waren. Dazwischen fällt die Ennea-
kruDOs: auch sie ist ein Beweisgrund für die Ausdehnung der
« Vgl. Dörpfeld, Rhein. Mas. 1896 8. 133 f.
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208
H. VON FROR
iltesten Stadt, weil sie tft^ i*^- ^^^^ benach-
bart , und die Antwort darauf kann nur in ixitv^ stecken.
Wachsmuths Deutung von ImCv^ als eines Ortsadverbiums
glaubte ich ablehnen zu müssen. Passt man es epanaleptisch
den Begriff %^4fm wieder aufnehmend ^ so passt die Stellung
von Tt sehr sehlecht und es ergiebt sich überhaupt eine un«
geschickte Stilisiruog. Jedenfalls aber kann man dann nichts
daraus für die Lage der Bnneakrunos am llissos erschliessen.
Dasselbe ergiebt sich, wenn man Ixitwp in Ixiivoi ändert. Der
Gegensats iiutvot ti — imI vSv Irt legt dies sehr nahe. Zwar
kann Ixifvo» an sich gewiss nicht *die Alten ' bedeuten, wenn
es sich nicht auf etwas Vorhergehendes oder Folgendes be-
siehen kann. Aber die inconcinne Beziehung auf th «po to^tou
wäre vidleieht nicht unmöglich, sumal wd v6v in «n^ toS «p-
X«iou folgt. Die Stelle bedeutete dann: Jene, die Einwohner
des ältesten Athen (ot «po 8d«Im«), brauchten das Wasser der
Enneakrunos, da sie nahe war, und auch jetit wird es noch
gebraucht. Audi bei dieser Erklärung wird man zu DOrpfeldt
Ansicht hingedrängt ; denn es fehlt dann eben eine genauere
topographische Bestimmung, das einftehe iy^ü; ouoy) *da sie
(dem Ur-Athen) nahe war ' genügte dem Historiker und folglich
war eine Angabe, ob die Enneakrunos der Akropolis oder dem
südlichen Stücke benachbart war, ganz überflüssig, da beide
ein kleines, zusammenliegendes Gebiet, Akropolis und Pelar-
gikon, ausmachten. Bestand dagegen, wie Wacbsmuth und die
Früheren annehmen, das ibukydideische Ur-Athen aus zwei
Teilen und dehnte sich der zweite, südliche bis zum llissos
aus, so war die genauere Angabe unerlässlich, für welche der
beiden Teile der Enneakrunos* Beweis gelten solle, ob also
die Enneakrunos der Akropolis oder dem Stücke am llissos
nahe lag.
* Waebtoratli meint, den Zweck dieser Bpanelfl^ sein bmb nielit ein.
Aber wenn Thukydides den einfachen Gedanken *weil sie nalie war' aus-
drücken wollte, so konnte er der Bpanftlepee wegen des Partioipiunis ifpc
oSoj) kaum cutraieu.
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BMIIBAKRUNOS, LBNAION UND AIONrSIOR EM MMNAie 209
Notwendig indessen ist die Änderung der Oberlieferung
nicht. Ja es ist vielleicht nicht einmal geschickt, den von Thu-
kydides schon deutlich hingestellten G^nsaU vSv (acv — t6
Ttxkxi durch das ixtlwi ( = toxi ) xs — xal vöv itt ix6 xoO «p-
^atou noch einmal zu wiederholen. Thukydides erschliessi aus
den Verhältnissen der Gegenwart die Zustande der Vergangen*
heit und viermal bedient er sich dabei derselben Wendung
xai vOv £xi, (xej^pi xoöSe Ixt. Durch die ganze Stelle hindurch
sind icpö Qfinitü; und xal vGv Ixt die herrschenden BegrilTe und
es ergänzt sich daher zu cxp<!^vto ganz von selbst das Subject
oi «fo 6ii«u«c. Dann ist klar, daBB in der That durch xi nur
eine topographische Bestimmung angeknüpft sein kann, und
in diesem Falle kann excivyi nichts anderes sein als das ein-
fache Pronomen. Man hätte demnach zu übersetzen, wie auch
der Scholiast und andere verstanden haben: 'die Quelle, die
jetzt Bnneakrunos heisst, in alter Zeit aber Katlirroe genannt
wurde und die jener (der Akropolis) nahe liegt, brauebte
man' u. s. w.
Ich will nicht behaupten, dass die in der That ungewöhn-
lich schwierige Stelle nur so verstanden werden kann. Eines
aber scheint mir ganz sicher und durch die Erwägung der
verschiedenen Möglichkeiten hinlänglich klargestellt : Thuky-
dides kann man für die Theorie der Bnneakrunos am Iiissos
nicht ins Feld führen. Wer trotz Pausani'as, trotz der durch-
schlagenden Gründe Dörpfelds für die Lage der Stadtquelle
vor dem Burgthore und ihrer Verschiedenheit von der Kallir-
foe im Iiissos und nicht zum letzten trotz der überwältigenden
Oberzeugungskraft der Monumente selbst des Thukydides
wegen an der alten Theorie festhalten zu müssen glaubt, dem
schwindet der Boden unter den Füssen, sobald er sich klar
gemacht hat, dass Thukydides auch im günstigsten Falle nichts
gegen Pausanias beweist, wol aber völlig mit ihm überein-
stimmen kann. Praglich mag indessen immer noch scheinen,
ob nicht trotzdem nach der Ansicht des Thukydides das äl-
teste Athen aus zwei wesentlich verschiedenen Teilen bestanden
bat, die vier von ihm erwähnten Heiligtümer nicht «IsQ doql)
ti9 B. Toit PAorr
am IlisMS la suchen sind. Hier ist nnn zu uotennebeD, ob
deoD auch im Aufange des Beweises der Text so gesichert ist,
wie man jetzt anzunehmen pflegt. Past allgemein setzt man
hier eine LOcke an und ergänzt etwa : xk yk^ Up ot i« «ut^ t$
«bt^KÖXii ^T« Afx^ix Tüt T< 'A9iivS() Mit d^lttv OtAv l«Tt. In*
dessen dieses xal IUmv OtAv ist auffallend schleppend und so
wenig prägnant, dass es eigentlich gar nicht beweist, was es
beweisen soll. Waren denn nicht HeiligtQmer *der Athena
und anderer Gotter* auch in anderen Teilen der Stadt?
Froher hat man an der Überlieferung keinen Anstoss genom-
men. RrQger erklärt *)tatl AUmv OiAv, als der Athene', und da
diese und ihr Pest, die Synoikia, vorher erwähnt sind, ist
diese Erklärung sprachlich doch wol nicht unmöglich. Es
scheint zwar, als ob im Sinne kein Unterschied sei ; aber lud
dtXXot *und andere* ist nicht dasselbe wie »«I ftXXot *auch an-
dere*. Dieser letztere Begriff *auch (noch) andere' leitet un-
merklich aber zu dem Begriffe *noch eine Anzahl anderer* und
der Sinn könnte so etwa sein : Auf der Akropolis sind eine
ganze Anzahl von Götterkulten zusammengedrängt und unter
anderen auch Kulte der Göttin, von der die Stadt ihren Na*
men hat. Preilich fühlt man sich hier noch unsicherer als bei
der fraher besprochenen Stelle. Ist wirklich eine LQcke vor-
handen, so kann man erst recht nicht wissen, was in dieser
stand, was also Thukydides eigentlich gemeint hat. So konnte
man auf den Gedanken kommen, es werde hier vielleicht auf
eine merkwardige Thatsache angespielt, dass nämlich die
Kulte doppelt vorhanden waten , sowol auf und an der Burg
wie am Iiissos.
Dass es am Iiissos eine Beihe alter Kulte gab, kann man
nicht bezweifeln, und es wird sich hier vielleicht einmal eine
eigene durch die liebliche Gegend hervorgerufene Art attischer
Naturreligion nachweisen lassen. Par einen Teil dieser Kulte
ist der Ausgangspunkt offenbar ein Naturmal gewesen, der
Erdschlund^der Ge Olympia, in dem aich die deukalionische
Flut verlaufen haben sollte und an dem zum Andenken daran
das nach der Legende von Deukalion gestiftete uralte Toten-
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ftroflAUlDllOS, LBNAION UNO AlOmiOM n AliaiAR til
fest der Chytren gefeiert wurde. Daran hat sich der Kult des
Zeus Olympios und an beide Kronos und Rhea angeschlossen.
Mit Flücksicht auf diese alten Kulte haben die Tyrannen hier
ihre grossen Festplätze angelegt. Neben dem Olymp ion des
Peisistratos lag der alte Zeustempel des Deukalion (Paus. I,
18.8) und neben oder im Bezirke des Pythion das nach der
Sage von Aigeus gegründete Delphinion ( Paus. I, 19,1)'.
Fand man nun einmal diese Heiligtümer hei Thukydides wie-
der, so musste man natürlich auch das Dionysion iv Xiavxi;
in derselben Gegend suchen und da schien zu Hilfe zu kom-
men das so oft missverstandene Froschlied des Aristophanes
(V. 211 ff.): X'.avatx x.p7]V(üv t£xvx ^uvauXov Guivwv ßoxv (pOty^w-
{xeO' £'j-pnp'jv ip.av ioiSiv, xoi^ xoi^, r)v ia^i NuTifiiov Aiög Aiw-
vuoov IV Xiavaidiv iaj^Y)iTa(ji.iv , T)viy^' 6 )cpxi7raX6x<i)[io; TOi? Upoloi
Xurpoiat x^^pti xxt' «aov Ttfxtvo? Xaciv oj^Xoc. Am Abend der
Choen nach dem grossen Zechgelage, an dem zur Erinnerung
an de« Dionysos Erfindung', Wasser und Wein zu mischen,
der xxpatTOi; getrunken wird, bringen die Athener ihre Krüge
zum Heiligtume des Gottes h Xüjlvxk; (Athen. X 437 c). Am
folgenden Tage pilgern sie wieder im Katzenjammer an den >i-
pxi vorbei (xxT'iaöv t£;x6vo<;) zum Erdschlunde der Olym-
pia, um dort das heilige Totenfest der Chytren zu feiern. Dann
singen die Frösche das Lied zum Preise ihres mächtigen Gottes
und mögen die Wallfahrer dadurch an das böse Ende des
vorigen Tages erinnern. Natürlich ist die Chytren -Procession
mit Absicht an dem Heiligtume des Anthesteriengottes vor-
beigeführt worden 2. Leicht aber konnte man weiter schliessen,
dass der Tempel des Anthesteriengottes. der den Hermes
Chthonios, den Seelenführer, ablöst und dessen F'est an den
uralten Totenkult der Chytren angegliedert wurtle, dem Erd-
scbluode beim Olympion wirklich benachbart war.
* Ersleres giebt Dörpfeld jetzt als mögltcb zu, letzteres hält er selbst für
richtig.
* Vermiillicli vom Markte aus über die panathenäische Pest*tl1l«B9 em
Areopag aad Südabbang der Burg entlang zum OtjmpioQ.
212 H. VON PROTT
Andererseits giebt es dieselben Kulte an der Burg. Zu-
nächst kann ja darüber kein Zweifel sein, dass das Olympioo
und Pythion unterhalb der (Aaxpai zu den sichersten Tbatsachen
der athenischen Topographie gehören. Ganz seltsam ist es,
wenn Wachsmuth (S. 48, i ) als Gegensatz zum Ziu« 'OXOpi-
TCiOi iv 4«T« (C. /. A. III 291 ) den ZeO? U lle(9t)? (III 283)
foast, der gar nicht 'OXufXTrto; heisst, während doch den Ge-
gensaU offenbar der Zsü; OXu^xTrto; (nümlich des grossen
Tempels vor der Stadt Iii ?43, 928) bildet. Neben diesem
*OXü{Airtov am Abhänge der Burg muss das im Phaidros 227 ^
erwähnte Haus gelegen haben, denn unmöglich konnte ein
Haus innerhalb der Stadtmauer nach dem gar nicht 'nahe*
gel^nen Tempel vor dem Thore bezeichnet werden. Noch
weniger glüclclich aber war es, wenn Wachsmuth (S. 50) das
schon durch die Beschreibung der Panathenäen - Procession
( Philostr. Titaesoph. 11,1, 5) gesicherte Pythion an der Burg
wieder leugnete, weil der Anapäst im Ion V. 285 'metrisch
unzulässig sei '. Diese HeiligtQmer also hat Dörpfeld einfach
erwiesen. Aber auch die Ge hat nicht nur am Abhänge der
Burg mit Demeter zusammen ihren alten Tempel *, sondern
auch im Bezirke der Athena Polias ihren vielleicht den Aus«
gangspunkt der Erechtbeion - Kulte bildenden alten Altar K
Und endlich fehlt, wie es scheint, auch Dionysos Atpafec nicht,
denn nahe dem Prytaneion, dem allen an der Burg, wie man
meinen könnte, lag das Bukolion, wo die ßouxoXot ihren alten
dionysischen Kult abten und Jährlich der U^oc y^F^c
nysos mit der ß««iXiw«t yolliogen wurde. Hier also wäre ur-
kundlich eine jener Kultbeziehungen zwischen den beiden
Gruppen von HeiligtQmern bezeugt, wie man sie ▼oraossetzen
mttsste. Wenn der Gott flochzeit nicht in seinem Tempel
sondern im Bukolion hält, dann waren, so könnte man Tbu-
kydides schliessen hissen, Tempel und Bukolion gleich alt.
* Es hl SU gut \vii> sM'licr,da!>s hier der Gc-Ailiena-Kurolrophoi-Kult das
ällere und der Dciucterkult erst später zugefügt ist.
f fjpges Qrate, sacrae 8. 3^ was iol| 8, 4ft leider »irfickgenomiDeii habe,
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fiNNEARRÜNOS, LENAlON UND &10MrSI0N £N AIHMAtS ^ij
Ähnlich« Verhäiinisse konnte man für die anderen Heilig-
tflmer annehmen.
Dergleichen Kombinationen zerfallen in nichts vor den ein-
gehen Thatsachen der athenischen Bodenverhältnisse. Das
heutige Athen lehrt, dass im allen Athen daa Sumpfquartier
nicht am Iiissos gelegen haben kann. Mann muee sieh auch
hier von einer Reihe alter und vielleicht lieb gewordener Vor-
stellungen lossagen. Mit der jonischen Uissosstadt kommt man
nicht zum Ziele. Das Problem der llissoskulte ist eben dureh
die Entscheidung der alten Streitfrage schwieriger und in-
teressanter als je geworden. Ganz ähnlich wird es mit dem
alten Tempel auf der Akropolis gehen. Auch hier wird man
erst, wenn die Frage nach allen Seiten hin endgültig ent-
schieden ist, über die Binaelheiten des Kultes wirklich klare
Vorstellungen gewinnen können. Die grossen Fragen der
athenischen Topographie und Baugeschichte, in die nun auch
der Niketempel eingetreten ist, werden zugleich vorbildlich
werden fQr die Untersuchung, wie eigentlich im Altertume
Religion gemacht worden ist. Im vorliegenden Falle muss die
Entscheidung, da sie die drei anderen Heiligtamer nicht ge-
geben haben, das Dionjfsion iv XtfLvwc bringen. Und da ist
ganz einfach festsulegen: So sicher im Iiissos niemals ein
Brunnenhaus gestanden haben kann, so sicher hat es am llis-
sos niemals %v«i gegeben. Es ist von Ddrpfeld genttgend
hervorgehoben worden (Athen. Mitth. 1895 S. 187), dass die
einander widersprechenden Aussagen der geologischen Au-
toriläten Lepsius und Booking (Rhein. Mus. 1892 S. 59;
vgl. Wachsmuth S. 48,5) nicht als zwei einander aufhebende
Zeugnisse zu betrachten sind. Zum Glück indessen bedarf nie-
mand der erwünschten Bestätigung dessen, was ihn der Au-
genschein lehrt, durch den besten Kenner des attiachen Bo-
dens. Es ist völlig unzweifelhaft, dass auf dem ganzen gleich-
massig von der Burg zu dem tief einschneidenden Flussbetts
des llisaos abfallenden felsigen Gelände sich nirgends Sumpfla-
chen bilden konnten. Vielmehr war dies nur da möglich, wo
dem Abflüsse einer reichlichen Wassermenge ein natürliches
B. VON f»ROTf
UiDderniss entgegentritt, wie es bei der Enge iwiachen Pnyx
und Areopag der Fall ist, obwol das daran anstossende Ge-
biet des KerameikoB Yiel tiefer liegt. Da Wachsmuth (S. 48 f.)
hierüber kurz hinweggegangen ist und nur die Hineinziehung
der Brunnen von eeiten Dörpfelds abgelehnt hat, die für die
entscheidende Frage gans nebensächlich ist, so verdient her^
vorgehoben zu werden, dass sowol im Anthesterion dieses
wie besonders des vorigen Jahres hier ein wirklicher Morast
mit appigem Blumen wuchs entstanden war *. Im Altertums,
als wenig oberhalb das Wasser aus dem Brunnenhause ab-
floss, mussten fast mit Notwendigkeit wirkliche Wasserlachen
sich bilden. Am deutlichsten siebt man dies ja daran, dass
hier der Boden vom V und IV Jahrhundert an ganz auffallend
kanstlich erhöht ist. Hier ist nun ein altes Dionysosheiligtum
gefunden worden, in dem Bezirke eine mehrfach umgebaute,
lange benutzte Up« Xnvoc und ausserhalb mehrere andere
Keltern. An sich könnte dies ein (reilich sehr merkwfirdiger
Zufall sein, und ich habe lange Zeit geglaubt, dass hier ein
bisher unbekanntes Dionysosheiligtum ans Tageslicht getre-
ten sei, welches ich vorschnell *Io6dLxxiov benannte. Aber die
Sache liegt anders.
Man setzt das Dionysion h Xifivditc südöstlich der Burg an
lediglich auf Grund der Erklärung der Thukydidesstelle. Da
nun aber in der Nähe des Olympions schlechterdings keine
Sümpfe gewesen sein können, so verlegt Wachsmuth (S. 49)
mit Verweisung auf Belger (Arch. Anzeiger 1895 S. IIS)
das Dionysion noch weiter sQdöstlich in die Nähe des llissoa,
in dessen sehr geringer Senkung es begründet liege, *dass leicht,
wenn das eingesickerte Wasser wieder zum Vorschein kommt,
sumpfähnliche Lachen sich bilden*. Aber das oberhalb der
Pelsbarre in das Plussbett einsickernde, an ihr als Rallirroe
hervorkommende Wasser, welches sofort wieder im Boden
Tcrschwindet und erst eine Strecke unterhalb ab Bächleio
wieder hervortritt, kann nirgends *sumpfahnliche Lachen
* Vgl. Pbolograpbie des lastilul«, 'Albeu, Bauten Nr. 94'.
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feNNBAKHtfNOS, lbHaioit üwö fttovrCnifr «ir AimrAil! tii
bilden. Ferner kann das Heiligtum doch unmöglich , wie
sonst unvermeilich wäre, im Flussbette selbst gelegen haben.
Auch Wachsmuths Schluss (S. 46 f.), der Festname Aiovu<ita
4v aoTii sei nur erklärlich, wenn die Anthesterien ausserhalb
der peisistratischen Stadt gefeiert seien, ist voreilig und darf
auf keinen Fall als sicherer Posten in der Rechnung verwertet
werden in klarem Widerspruche aber steht Wachsmuths
AnseUung des Ueiiigtumes mit Isaios VI Ii, 35: Kippov
XTQTO ou«l«v, «YP^^ {^'^ ^l(ui)9i . . . oUixf; ev !x<rrti Suo, tviv (icv
. . . Tcapot TO fv Xi{&v«t( Atoviuatov, woraus folgt, dass der
Tempel 4v xnn mitten zwischen Häusern lag. Diesen Wider-
spruch beseitigt er freilich (S. 47) durch die Annahme, es
sei hier wie in ähnlichen Steilen nur der allgemeine Gegen-
satz von Stadt und Land gemeint, die Steile also für eine
Lage der Xi|ivai innerhalb der das Avru umgebenden Mauer
nicht beweisend. Selbst dieses sehr unwahrscheinliche Aus-
kunftsmittel mag man einmal zugehen. Aber völlig undenk-
bar, wenngleich von Wachsmutb als eine gar nicht des Be-
weises bedürftige Möglichkeit vorausgesetzt ist, dass im IV
Jahrhundert ein athenisches Wohnhaus wenige Schritte vor
der Stadtmauer lag. Ferner bleibt nach seiner Meinung (S. 46)
trotz der höchst wahrscheinlichen Annahme von Wilamowitz,
der Xtpou und Lenaion zusammenlegt, 'die Möglichkeit oiTen \
beides von einander zu trennen. Bei seiner Beweisführung
scheint diese Trennung sogar notwendig. Das Dionysion iv
Xip«tc war nur am 12. Anlhesterion geöffnet. Die Lenaien-
procession aber konnte unmöglich vordem geschlossenen tipdv
Halt machen (S. 45). Wachsmutb hat nicht darauf hinge-
wiesen, dass diese Schwierigkeit, die in der That bisher vor»
banden und unlösbar war, durch die eigentümliche Anlage
des von Dörpfeld aufgedeckten Dionysosbeiligtumea wirklich
gehoben wird. Später jedoch (S. 55) meint er, man könne
* Dörpfelds Auflai>suog der Atovüois iv &<jzu als das grossen, rein stAdti-
leheo Dioaysotfettes seheint mir bis jetzt am ehesten annehmbar. Das he«
nikm lag siclier auch Iv 8mu, Vgl. Tbuk. V, 20 h AnvMiwv ttt» inao».
tt, VOM PROTff
'^egen die Annahme, dass das Lenaion draussen nebon dem
uralten Hieron des Dionysos in Liinnai lag, etwas Durch-
schlagendes nicht einwenden'. .Man weiss daher nicht recht,
woran man sich zu halten hat. ländlich erklärt er sogar das
Lenaion für nicht lokalisirt. Denn der Wert der Angabe des
Hesychios ( ettI AYivaiw iycöv) ?(jTiv iv T<p (x<jt»i Ar)vaiov werde
herabgemindert durch die Parallelexcerpte, die nicht iv tcJ^
&axn sondern 'AOt)vy)<tiv bieten (S. 5 2). In dem Deraosthenes-
Scholion aber, auf Grund dessen man das dem Lenaion be-
nachbarte Neroon des Kalamites in die Nähe der Agora ver-
lege, sei statt h ty) «yop^t vielniebr iv oLy^i^ zu coajiciren.
Die Ürtlichkeit des iywv i-zi AYivaicp übergeht er.
Ich kann nicht linden, dass diese Darstellung ein richtiges
Bild der thatsachliclien Verhältnisse und der Überlieferung
bietet. Vielmehr rauss man überall die Argumente umkehren
und dann ergiebt sich eine Schlusskette, die bei der Erklärung
desThukydides entschieden nicht unberücksichtigt bleiben oder
in den Hintergrund gerückt werden darf. Am llissos hat es
trotz Beiger und Wachsmuth keine Sümpfe gegeben. Aus
Isaios Vlll, 35 folgt, dass das Dionysion iv Xi|Avatc innerhalb
der Stadtmauer lag und innerhalb der Stadtmauer bat es süd-
östlich der Burg eingestandenermasien keine Sümple gegeben.
Nach einer höchst wahrscheinlichen, noch genauer zu unter«
suchenden Annahme lagen Dionjsion iv Xtpaic und Aiovoiov
zusammen. Das Lenaion lag nach Hesychios iv x<^ ioTii, wo-
durch die Auffassung der laaiosBtelle bestätigt wird. Es lag
ferner nach dem Demosthenes - Scholien in der Nähe der
Agora und nach den Grammatikernachrichten über den iyivt
iivi AT)vat(|> nahe der Orchestra des Marktes, auf der die U^ut
des OtaiTpov >-r;vaUöv aufgeschlagen wurden. Es ist daher ganz
unzweifelhaft, dass beide Heiligtümer durch die antiken Nach-
richten in die Gegend gewiesen werden, in welcher das neuent-
deckte Heiligtum liegt. Es ist nun weiter die Frage, ob An-
zeichen vorhanden sind, dass eben dies Heiligtum das Dio-
nysion iv Xipai; sein kann oder muss, d. h. ob der Zustand
des Bezirkes sich aus der lilterariscben Überlieferung Ober
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SNNBAKllÜNOS, LBNAION ONÜ AIOIirtlOR m AUlHAlS 24?
jenes Heiligtum erklärt und umgekehrt die Überlieferung
durch die Huinen neues Licht erhält, üad das ist in der That
der Fall.
Zunächst ist festzustellen, dass ganz im allgemeinen die vor*
bandenen l^este eine andere Erklärung zulassen, als sie von
Dörpfeld bisher erfahren haben. Da ihm von befreundeter
Seite die Ansicht mitgeteilt war, der Kult der Anthesterien
sei später eingegangen, und da die ungewöhnlichen Terrain-
verhältnisse, die Aulhühung des Bodens schon in aller Zeit,
die Besetzung eines Teiles des Bezirkes durch die lobakchen,
die Thalsache , dass die Fundamente des liakcheions höher
als der alte, später also sicher verschüttete Altar liegen, diese
Ansicht zu begünstigen schienen , so hat er angenommen,
das Heiligtum mitsamt dem Kulte sei später verschwunden
und dieser sei in dem Vereine der lobakchen aufgegangen.
Das wäre an sich sehr seltsam und ist unmöglich, weil der
Anthesterienkult sicher auch später noch als Staatskuit be-
standen hat iC.I.A. III 11 HO). Aber auch die Bodenverhält-
nisse machen diese Annahme keinesweges notwendig. Zwar
die Reste des alten Tempels waren später sicher verschüttet.
Doch kann sehr wol, wie Dörpfeld jetzt annimmt, an dersel-
ben Stelle auch später noch ein Tempel und Kult bestanden
haben. Der alte Bau mag im l'erscrslurme , der ja vor dem
Burgthore Alles dem Boden gleichgemacht haben muss, unter-
gegangen sein. Die über seinen Fundamenten erhaltenen spä-
teren Mauern, welche älter sind als die Bauten der lobakchen,
können zu einem späteren Tempel gehören. Und wenn der
eindringende V'erein den allen Bezirk beschränkte, so wurde
dieser, wenn auch nicht in demselben Verhältnisse, nach Süden
erweitert. Die Existenz eines späteren Tempels lässt sich nicht
erweisen, aber auch nicht widerlegen. Dieses H inderniss aiao
fällt tön. Aber es fehlt nicht an positiven Gründen.
Der heilige Bezirk des Dionysos Limnaios war das ganze
Jahr geschlossen mit Ausnahme des 12. Antheslerion ; aber
auch dann durfte kein profanes Auge das (xuaTvjpiov. welches in
ihm statttaod, schauen (Neairarede 76). Worin dieses bestand,
AT8BM. MinaBILUMftBM UUl. 15
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H. ton rwrf
wissen wir nicht: die Gerairen irETtiiiav hsi. an den vier-
zflin Alliiivn. dif aus Stpinen oder Rasen aiifgeschichlet ge-
wp^en f-»ni \NHril«'ri älirilicli wie in den Arvxi des Theokrilos.
Sie \v«'rdt.'n lifilige Geijensliinde und Opfergaben darauf nie-
dergelegt liah'-n. Diese Nachrirlit von der l nzuiiänj^'lichkeit
des heilig»'!) Bezirkes war Ijisher bei genauerer fieiraehtung
völlig rälselhaft. Wie konnte denn an der "Fas8<t(Tnung' des 1 1 .
Anlhe-lerion und den L^naien des Gamelion dem Dionysos an
di'tii itn \ (1 »clilusserien Bezirke ffelegenen Altäre geopfert wer-
den ? Da zeigt sich nun zu unserer grössten Cberraschung ein
völlig einzigartiges Verhältniss von Tempel und Bezirk bei dem
aufgedeckten Heiliglurne: der Tempel liegt, wie man nach den
Scholien zu Aristophanes Fröschen V. ?1 5 erwarten musste. im
Bezirke, ist aber von dessen grösstem Teile durch eine Mauer
und Thür abgeschlossen. Er konnte also zu jeder Zeit zugäng-
lich sein, wenn auch der dahinter liegende Teil des Bezirkes
vt-rschlossen war. Aber freilich, der Altar liegt im Bezirke.
Indessen er ist fur sicli betrachtet wiederum genau so überra-
schend wie die ganze Anlage. Wir wissen aus der Überliefe-
rung, dass am Altare im Dionysion iv xiavaic die Stele mit
dem Eitle der Gerairen stand, und die Einarbeitungen in dem
gefundenen Altare sind ebenfalls fürStelen bestimmt gewesen.
Dies ist nicht etwa gewöhnbch sondern durch andere Bei-
spiele, 80 viel mir bekannt, nicht zu belegen, und es kann
auch kaum anders sein; denn bei jedem gewöhnlichen Altare
würde eine solche Stele für das Opfer hinderlich sein und
durch das Feuer zerstört werden. Nun alfcr zeigen die Köcher
auf der Obertläche nach Dörplelds zweitellos richtiger Erklä-
rung.dass der erhaltene Teil nur der Unterbau fur einen grossen
Tisch ist, dessen säulenarlige Stützen in jenen Löchern stan-
den, düss CS also ein Altar in Form eines Oplerlisches war. Es
können daher auf ihm überhaupt keine blutigen Opfer dar-
gebracht worden sein, sondern diese haben ausserhalb des
abgeschlossenen Bezirkes an einem Brandopfeiailaie stattge-
funden, der, w ie fast immer, vor dem Tempel gestanden haben
muss. Genau dasselbe aber müssen wir aus der Überlieferung
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BNNBAtfllüNOS, I^NAION UND AlOirrztOlt SIT AIlIirAlS 3i9
erschliessen. Das einzige, was w ir genauer von dem {iuoTTipiov
des 12. Anllieslerion wissen, isl dass die ßxoiXiwa die Gerai-
ren vereidigte ev xxvoic Trpöi; tw {lufxa) Trpiv aTtTioOxi t(öv lfpö>v
(Neairarede 78 ). iNuii ist jedem bekannt, dass man schwört,
wie der technische Aiisdrucit bei gewoliiilichen I'^iden lautet,
xaö' Updiv TeXeiojv, indem man den Altar oder die Stücke des
Opfertieres selbst anlasst. Die Inschrift von Andania (Ditten-
ber^QV, Si/llogf JÖ8, l ) druckt dies busonders charakteristisch
aus durch 6p;ti^eiv iepüv jcx-.oaevtjv. Anders die Gerairen : wenn
sie beim Schwur die Körbe berühren, in denen nur Opfer-
gerste oder Früchte und Alinliclies gewesen sein können, so
ist bei ihrem Lide kein bluli^»'s Opfer iirbracht worden. Solche
unblutigen Ojifer, auf tischlörmigen .Mlüren dargebracht sind
gerade fur den l)ioii)soskult charaklenslisch und ich zweifle
nicht, dass man die Ar.vxi des l'heokritus vergleichen darf,
welche die Ispa TceTrovrjjxiva aus der xiaTr, auf die niedrigen
zwölf Altare legen. Dergleichen ganz einlache Kulthandlun-
gen, durch die Weihe der Abgesehiedenlieit zum uLjTTr.piov im
griechischen Sinne erhoben, gelten den Griechen stets als be-
sonders ayia und euasov) und die Neairarede hebt ja immer
wieder diese besondere Heiligkeit des Anthesterienkultes her-
vor. Dass endlich das höchst aulTallende Fehlen aller VVeih-
geschenke m dem heiligen Bezirke, deren Hasen oder Funda-
mente notwendig erhallen sein mussten, da die Grundmauern
und der Altar in Folge der Aufliöhung des Dudens vortrelllich
erhallen sind, zu der durch die Überlieferung bezeugten Un-
nahbarkeit dieses Uaumes ganz merk\\urdi|j älimmea , hal
bereits Dörpfeld genügend hervor gelntben.
El\Nus anderes kommt hinzu. Dörpfeld nimmt gewiss mit
Uechl an, dass die uralten Wasseranlagen in Nerbindung mit
dem Dion^sosheiligluuie älelieu und umgekehrt. VVeaa, wie
* Allien. MiUh. IböUb. Il6i Ölcphaiü, t'om^Jl^-rc/jdu iÖ6« Ö. 146 ff.;\Vin-
ler, Über ein Vorbild neu - attischer Reliefs (50. berliner Winckelmaons-
programm) B. 114* Kinen gleichen mit Früchten bedeckten Altar leigt das
Relief aus dem Asklepieiuu Alben. Millh. 1878 Taf. 16. Vgl. Reisch in
Paulj - Wiftsowas Heal - Uncjrdop&die I 6. 1676.
tfO tt. VON PR OTT
Bieh aU wahrscheinlich herausstellen wird, der Besirk das
A-qvditov, der Kellerplatz ist. so würde sich dies aus rein prakti-
seheo Gründen von selbst verstehen, denn zum Keltern uod
Weinhereilen gehört Wasser. Derartiges scheint Eustalhios
anzudeuten in der vom oUo; llpzuvito; handeloden Steile durch
die Noiiz (zu A 641 S 671, 28): Xiyovtxi yoSv üSara oxXTif«
xpvivaftfs Tivfli &97cip xoti OfA^pia h £uiuüvt tc xai 'Ad-qvi)«i
jrp?i*itjxa ii( oivov ooviSovT« T(j TcQx>aTT«>{/iiv<)). Im folgenden er-
klärt er den ins Meer fliehenden Dionysos als den olvo; tcQx-
XaTTCi>{xi'vo{. iWk tooto (i«v it^ TO icaXaioöaOn olvov ypY)9((A0v, sie
Siö NujjLfoci {iuOcuovTOU Tidvinol Atovuoou aivat ou aövov al x«t*
«(AiciXovc di<dpou(ievai xal xara 9Tfli<puXac .... ctXX« Mit ai toI;
»«T« xpSoiv uYpol; emotaToCaat, «^v acpo; eartv ou xat tx Xi-
|iv«iflc. Und dann folgen Exeerpte ausPbanodemos und Tbeo-
pbraatoa, die vollständiger bei Athenaios XI 465^ stehen.
Pbanodemos giebt als Erklärung des Kultes in Xt{4.vai die Le-
gende, dass der Dionysos Limnaios die Mi$;chung von Most
und Wasser erfunden habe, uod schliesst eldeaso wie Theo-
phrastos: SiOTcip ovojxaiOrivaii t«? ffKjyot? Nu|A9«c xal TiOVivac
ToO Alovuoou. Offenbar hängt damit zusammen die wiederum bei
Theophrastos und aasierdem bei Philochoros vorliegende Ober»
lieferung vom Dionysos 'Opöo«; und Axipiwv "Axparo; (Athen.
Ii 38c. V 179 e. XV 693c): Amphiktyon * lernte von Dio-
nysos die Mischung des Weines mit Wasser, und da die Men-
schen seitdem nicht mehr trunken wurden sondern öpöoi blie-
ben, gründete er dem Dionysos 'Optlö; einen Kult. Zur Erin-
nerung aber an die frühere Zeit wurde die titovSti axpaxo? des
'AyaOo; Aaifxwv vor dem Symposion eingelührt. Die Verbindung
dieses alten dionysischen Dämon mit dem Anthesterienkulte
bezeugt Plutarclius kj^l-k. III, 7,1 S. ü55e und VIII, II), Ii S.
735«. Der Altar des Gottes stand im lleiligtume der lloren,
die TÖv a(*KiXoii xapicov iftTpiyouoiv und deren enge Ver-
* Unter ihm fand die Epipbanio dst OoUes in AtbeiiSUtt: Bwab. Cbrw.
II B. Mi Tgl. Pau». 1, 2, 4.
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IMNIAKnOirOS, UNAIOM UND UMttiW » AIMKAIB ttl
bindung mit Dionysos bekannt ist (besonders Allien. II 36 d);
TcXti'iiov S' a-jToO xat Tai; Nuixoai; ß<«)};.öv tSsijjLSv Ü7toav)0(xa toi?
j^pwjjievoi; TYj? xp4c€(i>; icoioujasvoc" xxi yäp Atovudou rpocpoi al
Nü(X9ai Xeyovrai. In späterer Zeit (Philostr. vila Apoll. IV,
21) fanden an den Anlhesterien ' im Theater Auflülirungen
irgend welcher Art von lloren, Nymphen und Bakchantinnen
ausgeführt Stall. Kaum kann man zweifeln, duss in jenen Nach-
richten der Atlhidographen und des Theophtaslos eine ge-
schlossene Überlieferung vorliegt, welche Legenden über den
Anthesterienkult enthielt. Zu schlicssen ist daraus, dass die
Kulte des Dionysos Opöd?, des Aziawv "AxpaTo?, der Nym[)hen
mit dem Dionysion h Xtu.vai; auls engste zusammenhingen.
Jene Nymphen, die Pflegerinnen des Dionysos, sind die Ny-
sai, welche in Athen Kult hatten {C. I. A. III 320 und 351 )
und auf die Aristophanes mit dem N'j<ty)iov Atö? Äitövuaov tv
XtuLva'.-Tiv anspielt. An der Quelle des Pnyxabhangs sind un-
zweifelhaft Nymphen verehrt und von der Braut n)it den xpo-
T£>.£ix bedacht worden Ist nicht das von Akropolis, Areopag,
Pnyx und Muscion eingeschlossene, dem 'Nymphenhügel*
benachbarte Thal, das von den Nymphen der uralten Kallir-
roe bewässert im Schmucke der Blumen des Anlhesteriengol-
tes prangt, das athenische Nysa, zu dem Kore vom Eleusinioa
oder Thesmophorion, Oreithyia von der Akropolis niederstei-
gen um Blumen zu ptlücken und am Areopag entführt wer-
den^?
< Maass, Orpbea» S. 84 f. betieht die Nacbrieht von den aof
die kleinen MTslerien und erwartet den Gegenbeweis. Er hätte wo! umge-
kehrt beweisen dnrfen, dass ein uucjtT^piov im Theater vorsieh gehen und
ein Fremder, der zu einem Mysterienfesle gebt, im Theater musische Auf-
führungen erwarten kann.
s Hierauf bat mieh P. Sticotti aufmerksam gemaebt Vgl. Pint. amaL
narr 1 S. 772 ^ , Schol. Pind. Pytb. IV. 104. Sticotti wird darauf bei anderer
Gelegenheit eingeht n.
* Soviel kann schon jetzt als gesichert gelten, dass vor dem Burgtbore
der Mittelpunkt lag, um den rieb eine Reihe sehr alter atbenfsober KuHe
gruppirt bat. Unter den Funden (1< t tu lachen Ausgrabungen fot leider
nichts, was meine Vermutungen li(-statii;< u könnte. Aber sie stammen fast
alle aus jüngerer Zeil, iu der die üegeud gruoditch umgestaltet war.
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B. TON PROTT
Nach alledem kann man eigentlich nicht mehr zweifeln,
dass das Dionysion h "Xtavocic wirklich «gefunden ist. Dadurch
aher ist das Problem der athenischen Dionysoskulte schwie-
riger als je geworden. Khe ich flie Folijeriingen für Thiiky-
dides zu ziehen versuche, muss ich hieraut und speziell auf
die Feste näher eingehen.
Über die Anlhesterien und <?fossen Dionvsien sind wir aus
der Überlieferung genugsam unlen icliloi. Ungünstiger gestellt
sind wir für die Lenaien, von denen zunächst nur sicher ist,
dass sie in Athen im (jainelion, in .lonien in tietn entsprechen-
den Monate, dem Leiuiion gefeiert wurden. Aber durcli sorg-
fältige Kombination lassen sich doch noch eine ganze Reihe
von Tliatsachen festsleUen. Der sicherste Ausgangspunkt ist
der Kalender von Mykonos', woes Z. 15 ff. hcisst: Ay,Maiö-
TOTÖy-Ov, Köpirii xirrpov teAeo;. All lio'Aji yoipov. - - - evSs-
[jtj(x)TY;i* irt ToTOtxXrOo? '2iu.i\r,'. et-ötiov to'jto evaTeü«T»i.—
S'jü)Sl)ciT£l Aiovuicüi Ar,v£i: ixoGtov. — Ü7r(i)[p] y.x{p)-xG)w Ali X9ovt(t>i
Füi XOovini Sipri fjLtXava 6TY)ii(a)' C,h(jii o'j OejjLi?" SaivuiOuv
auToO. Kntsprechende Opfer finden sich in dem >.6yo? erifTT«-
Tüiv 'EXe'jrj'.voOev wo in der sechsten, ßnde Poseideon oder
Anfang Gamelion beginnenden Prytanie zwischen einer Aus-
gabe für die llaloen (im Poseideon, Z. 8) und einer anderen
für die Choen (im Anthesterion. Z. <i8) verzeichnet wird;
iicapyy) ArjULTOtpi xai Kopirt y.x\ IIXoOtwvi P. iTTiTTiTat; eTCiXiovaix
«ic Atovüdta 6ö<jat AA. Dass dieses zusammengehört mit dem
Kalender von Mykuiios, dass wir hier alfjonischen Lenaien-
brauch vor uns haben, einen Kult des Dionysos, dem nicht
ein Bock, sondern wie im chtlionisehen Kult sehr üblich ist,
ein Schaf (ixri-Tiov) geopfert wird, eingerahmt von chlhonischem
' DiltenlxM trcr, Syllogf2T^=zLeges Gräfe, sarrae Mit Unrecht habe ich in
meinem Cummenlar liosclicr ahgestrilleii, dass die OplLM- des X. zu den
Lenaien gehören. Den Nachtrag auf S. ^^), den Wach»iuuUi (S. 40, .') nicht
ganz Terttändlich findet, möchte ich durch die hier gegebene, boffenttiob
etwas klarer ausgefallene Darslellang enelst wisieOt
> C.LA. U add. 834 b, U» 4b.
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BNNIAKIIÜNOB, LBNAION UND «lOltraiOir m AIHMAIB SS3
Kult tier Uiilf^i we llsi^fi tier, liegt klar zu Tajfe. Vorm iitl ich p'liörl
in diese [{tMlie auch das Opfer l'iir die teils mil, den eleusi-
niscliei) GüUheilen veihiiiideiie. teils ihnen feindliche DaiiM*.
Da um dieseihe Zeil endlich inonis lanitariis Plin. n, I). II,
1U3) das Fest in Andros geleiert wird, so hat Usener, Acta
S. Timolhci S. 2i f. mit Hecht geschlossen, das» die Lenaien
um den dionysischen XII. aozuseUen seien, wie Anlheslerien
und grosse Dionysien.
Wir können aber, wie ich glaube, noch weiter kommen
und auch die Bezeichnungen der einzelnen Festtage wieder ge-
winnen. In den auf Plularchos zurückgehenden Krklärungen^
des Lenaion bei llesiodos 'Epy* ^^^"^ wird unter anderen auch
die gegeben : rj dTceiSö Aiovuati) ettoiouv eopTTjv rö) |ATr)vt Tourtp riv
'AfiStJooiav «xitXouv. Dies ist sclion deswegen nicht erfunden,
weil es scheinbar gar keine l*]ly'»<ilogie ist. Denn die ße-
hauplung, ia^poaia bedeute den Göttertrank, d. b. den Wein,
ist unrichtig, selbst wenn IMutarchos sich den Namen so
erklärt haben sollte. Vielmehr ist bekannt, dass a[x€poa{a
häufig vom Honig, der Speise der Unterirdischen gesagt wird,
und überliefert, dass im besonderen so eine im chthonischen
Kult übliche Gabe bezeichnet wurde, durch die man sich die
Gunst des Zeus Ktesios sichern wollte^. Genau dasselbe wollen
die Athener mit ihrer sTrap/jn. die Mykonier mit ihrem Opfer
ÜTctp xaoTcöiv.denn der Zeus Krr.cio; ist nur eine Frscheinungs-
form des Zeus XOövio?. Man darf also mit ziemlicher W ahr-
scheinlichkeil als Bezeichnung des X. Gaoielion 'Aji^pooi«
' Im tiamelion Legcs Graec. sarrae '26, B, 12, vor den Lenaien C. I. A. II
741. Über Daira vgl. Robde, Psjcbe S. 261,2; TöpOer, Altiscbe Genea-
logie S. 95 f.
> Proklos, Tzctzes, Mosehopalos tu der Stelle; Hesych. Asivaniv; Bt. M.
564,6; El. Gud. 3fi8,55.
3 Pausanias bei Eustatli. zu S 176 S. 976, 1 ä(t6poaia ti ou«6tf«i«dc l(
GS«toc «xpmfvoa« mi |t<XtToc Mtl IX«(a«i ««riMfii^««; Antikleides bei Athen. XI
473« d|i6^07!a üotijp äxpatfvic, iXatov, xayxapicfa. Darnacli war die ä|x6poaUl
wol GS'^p «ixpatfvit xai (UXi uA. IXduov mI KKfMfKU, Vgl. iEioscher, Nektar
uad Ambrosia ä. 65 f.
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m n. TON mOTT
vorsclila^on. Zu^ileich erklärt sich ans dif^ser Verbindung von
Üionvsos- und iJernt'tt'rkult die Holle welche der Daduchos
an den Lenaien spielt ( Scholien zu Aristophanes Fröschen
\'. 479j. und weshalb die Verwaltung der Lenaien in den
Händen nicht nur des ßauXfj;. sondern auch der iictatXiriTxi
jX'j'jTrpiwv (Arist. 'AOrv. tto'/ 57, C.I.A. Ii 741) liegt.
Ein anderer Tag liiess vielleicht KXraaTi?. In dem Kpheben-
monument C.I.A. II 'i82,3l wird unter den Verdiensten des
Kosfnelen erwähnt Ti^jz-evn pi.£Tx twv l^r^oui* Tfj Tt Ä>.T,aaTtSt
x.at T-rj TcofATT-^ ToO 'EXx9r,€o>.i(üvoi; und dazu hat Michaelis die
schlagende Parallele nachgew iesen bei Plutarchos de cupid. di-
Vit. 8: T; TTXTp'.O? T(ÜV AtOVj-Jlwy tOSTT) TO 7C»X.«l6v tTCttXTCtTO Sr,aOTi-
Ää>; <tai lAapd»;, ia^opiü; olvou /.ac' xV^aiTi^, iiT« Tpiyov ti; ilXxev,
aXkrt^ tT/i^wv ippt/ov t)xoXoOOii xou.i!^a)v, etti zäh St 6 oxXXö?.
liier sclieint der Tag der Lenaien-Pompe geraeint zu sein, an
der die l'^pheben sicherlich, obwol das sonst nicht ausdrück-
lich uberlielert ist, beteiligt gewesen sind. Denn wegen der
itiTpio; bpnfi möchte ich die KXtoixxti; nicht mit dem vorher
erwähnten Feste des Antonius im Antbesterion in Verbindung
bringen
Kin dritter Tai; hiess höchst wahrscheinlich 'loßxxyiix.
Die Gerairen 8chw()ieii au den Anthesterien (Neairarede 78):
Ta Beoivia xal xk loßzxjftta y^P^^P^ Aiovj-joj xaxa tx icirpix
xal iv Toi; xxOtjxo'j'ti ypovoi;. Die ötoivtx sind als ein städti-
sches Fest zur Zeil der ländlichen Dionysien im Poseideon
bezeugt e Also schwören die Gerairen offenbar zwei, vielleicht
darf man sagen die beiden voraiifgegangenen Dionysosfeste
xaTx TX TtotTpia begangen zu haben. Und da auf Astypalaia
der Monat 'Io€ix/io;. in dem Atovönx stattfinden, dem joni-
scben Lenaion entspricht ^, so darf man vermuten, dass die
* Kreilicti ist niüglich, dass die KXi)(mt(( ein Festlag der grusscn Dio-
nysien war. aber na«h dem ganxen Zusammenhange int dies nicht das
wahrschi'inlicluMe.
Das Malt-rial ln-i TöpITor, Atlischr Genealogie S. 12 iiiul 1()f> f.
3 B.CM. Viil a. 26, C.I.ii. Ii 2444; Tgl. üiscliull, ik fasUs 6. 37t> IT.
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ENNEAKHUNOS, LENAION UND AIONrsiON ER AlMNAIS
2?5
athenischen 'loSüt^««« ein Teil der l^naien sind. Dass sie
auch jonisch waren, verbürgen die löSatxx^t genanntea KuU-
iieder des Archilochos * und der erhaltene Vers
kana sich auf das altjonische Fest der chtbooischen Götter-
trias am X. I.enaion beziehen. Darnach kaoD man mit einiger
Wahrscheinlichkeit folgendes für Athen Termoten :
Gamelion X-Xll Atovutn« t« iiciXinv«t>-
» XII 'loSaxx»«.
Von der Bedeutung des Festes lässt sich mit Sicherheit
sunachst nur sagen, dass es kein Kelterfest ist. Das wäre
lucus a non lucendo, denn im Januar und Februar wird
nicht gekeltert. Das Pest heisst offiziell Aiovuma ra ir,\\r\^(i\%
oder xi iTz\ Arvaiq) 'das Dionysosfest an der Kelter' oder 'am
Kelterplalz', nicht 'das Keltertest'^. Daneben freilich kommt
schon früh der diese umständliche Ausdrucks weise vermei-
dende kurze Name ÄTjvxt« auf ^. Mit merkwürdiger Zähigkeit
aber hat sich der Begriff iTciXyivioi; bis in die spätesten Zeitra
des Griechentums erhalten ^. Die Alten erklären daher zwar
* Hepbftestio 96 6>., Sleph. B;z. Bix.tip ; vgl. Prokios bei Pbot. Bibl.
820 b 31.
* Ebenso in Ephesos Insrr. Rrit. Mus. III 602 b; interessant sind dort In
Fragment d der ßouxdlo; und die ßaooipat.
> Arisloph. Ad». 1055; Athen. IV 130' . V 217» ; C. I.A. II 1367, III 1160;
i.6, Sie» IM. 1097-98; FM. hu. 1 12& |wo nur Athen gemeint sein kann) ü.s.w.
AifMuc ist Substantiv. {RiX?(vata Adjektiv ; niemals heisst das Fest Aiovuai«
Ai(vat> und niemals ' E:Ti>.r[v«fx schlechthin ( nur Atovüaia ijciXrjvata). Darin
scheint mir das ganze üeheiinniss das Festuamenn (Wacbsmulb 8. 45}
enthalten ra sein. Der Darstellung A. K9rtes (Rhein. Mas. 1M97 8. 168fr.)
kann ich nicht beitreten. Der Name des Festes soll 'bereits im IV. Jahrhun-
(ItMl formclhafl erstarrt sein, weil es damals längst nicht mehr lr.\ Arjvaiw
geieierl wurde*. äelbslversläDdlicb ist das Fest bis in die späteste Zeit «nl
Ai)va<i)> gefeiert. Fest und Agon ist doch nicht dasselbe.
* 9wl InXilMUM Hasimns Tyrios XXX, 4,5; fanXifiNt Bi«x> Orph. hymn*
L, 1 ; ixAifvMy |ilX«c, Siftvet, Spj^i^mc Athen. V 199* , Poll. (V, 58 mid
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2M H. VON PROTT
den Dionysos Lenaios als FlrGnder der Kelter und sein Fest ««o
Xrvoü.aber niealaeii^enlliches Keltcrfpst*. Um die Schwie-
rigkeit zu umgehen versucht es Plularchos mit der xu^poii»,
ja sogar mit der Wolle ( X7)vaix=cpia ). weil der Monat irpoSxTo-
Sep«t( sei. Die richtige Ableitung ist natürlich die von dem
Stamme, der in den >?ivai, deo üakchantinnen, zu Tage tritt.
Av]vai!^w hat Herakleitos^ synonym mit (AatvEaQxi gebraucht. Die
Vorstellung erklärt sich aus dem dionysischen Schwarme.der
um Wintersonnenwendesein Wesen treibt (Usener.Götternamen
S. 42 f.)^. Diese Vorstellung aber ist dem jonischen Stamme
nicht eigentümlich. Denn Xüvat heissen nach Hesychios die
Bakchantinnen bei den Arkadero, bei Tlieokritos XXVI die
Töchter des Kadrnos Der Frauenname A^m ist peloponnesisch
(Hermes 1891 S. 148 f.). Zum Kelter- und Weingott konnte
freilich der Xyivcu; vielerorts nicht werden, da die Kelter do-
risch Xavö( heisst. Aber Kult kaon er trotzdem gehabt habeo*
so gut wie der Anthesteriengott, dessen Fest auf Thera gans
wie in Jonien begangen wurde.
Die schwierige Frage ist nun: waren Dionysos Arivaioc und
Atfivaio; in Athco zwei göttliche Wesen oder eines, oder was
dasselbe ist : waren Arvacov und Dionysion h >l(&vectc zwei
Kultstätten oder dieselbe? Natttrlich konnten sehr wol die
Lenaien bei dem Tempel gefeiert werden, während der abge-
schlossene Teil des Bezirkes unzugänglich blieb. Die beiden
Kultnamen Aiqvato« und AijivaCo^« so verschieden von einander
wie Wasser und Wein, können zwar leicht dazu veranlassen,
beide Kulte scharf zu trennen. Aber auffallend ist, das« die
B^fmologien und Landen der Alten den Aiuvaloc immer
mit dem Wein und den Aqvaio« mit der Kelter zusammen-
[Aaacr.J 57,8, Loagus II, 36; tKiXiivia laipM Oppian, Cjaeg. I, 127 (vgl.
tk M Xi|««t« «ufiiiuiTa LoDgUS IV, 38,3 1.
' Proklos XU Hes. 'B^ 502; Diod. III. 63. IV. r..
> Clem. Alex, protr. S. 29 (vgl. S. 3) P.; Plularcho», De U. et Ot. 28
6. 302 . Vj^l. HcHjcbios Xijviüowat' ßautj^iiiowoiv.
s Vortrefllicb passl data iie Beieichnung des Gottes als Soi« Xi|vaY<cac
JhxfiJh in dem luaikaruatsiseliea Bpignmin Jtuer. Arft. ITiw. IV 902.
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BKNEARRUNOS, LENA ION UND AIONrEION BN AIMMAIS 227
bringen. Die lob:i kehlen endlich können natürlich an sich auch
bei einem besonderen 'lo^x/cyiov gefeiert worden sein ; aber da
sie augenscheinlich zu den beiden anderen Pesten sehr enpe
Beziehung haben, so ist es sehr möglich, dass sie an deren
Kultstätten stattfanden. Waren sie ein Teil der Lenaien, so
denkt man sie sich am liebsten im Lenaion gefeiert ; und mag
dies der Fall gewesen sein oder nicht, ihre enge Beziehung
zu den Anlhesterien zusammen mit der Tbalsache des lo-
bakchenkulles auf dem Grunde des Anthesterienheiligtumes
legt die Annahme sehr nahe, dass sie beim Dionysion h
Xipai; geleiert wurden.
Alles dieses leitet darauf hin, den Ay;vato< und Aipaio< für
ganz leichte Differenzirungen derselben göttlichen Person zu
halten oder besser vielleicht eine in Athen durch besondere
unbekannte Umstände veranlasste teilweise Identificirung
zweier verschiedener göttlichen Wesen anzunehmen. Dann
müsste man beider Kultlokale für identisch halten. In die-
selbe Richtung weisen die direkten Zeugnisse. Zwar die
Hesycbiosglosse Xipai' £v 'AÖYjvat; [oLo] TOico; avit{Aevoc Aiovu<t<|>
8«ou rat Ay)vaix viycTo ist unsicher, weit, was Niemand bisher
hervorgehoben hat, das entscheidende Wort, der Festname
verdorben ist. Die Handschrift giebt Xxix, was zwar sehr
leicht zu >.<(Yiv)ata geändert werden kann, aber vielleicht mit
mehr Recht, zumal Hesychios auf die Thukydidesstelle sich
zu beziehen scheint, zu {'AvOsutiop)'* ergänzt werden darf.
Das einzige Zeugniss, welches den Lenaios mit dom .\nthe-
steriengoltc identificirt, ist das Scholion zu den Acharnern
9^1, welches aus ApoUodoros die Anthesterien sdiildernd
bemerkt; -^v loptr, Atovuiou Arivxioj. Ist es auch unsicher,
wie VVachsmulh mit Recht bemerkt, ob dieser Zusatz von
ApoUodoros oder vom Scholiaslen herrührt, so ist dies doch
immer eine Cbcrlieferung. wenn auch nur eine Scholiasten-
üherlieferung Und unterstützt wird diese durch den Vers der
llnkale .\MJ.va{w -/opoTTiXa; :oyov eopri? (fr. 28(1 im Sehol.
zu den Fröschen '215). Man bezieht diese Stelle fast innner auf
die Leuaien,an denen natürlich lange vor Einführung der Ko-
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4
R. TON FROTT
mödie dionysische Kultgesänge vorgetragen wurden .öhmichen
und Wachsrauth aber haben mit Recht darauf hingewiesen,
dass sie sich auch auf die Anlhesterien beziehen könne, an
denen nach Phanodemos (Athen. XI 465' )» Kuitlieder zum
Preise des Gottes gesungen wurden. Nur scheint mir, muss
man beides verbinden und beide Feste verstehen. Denn der
Plural topTi; lässt sich schwerlich von den wiederkehrenden
Feiern eines und desselben Festes verstehen und es sieht fast
80 aus, als ob der Alexandriner den Atlhidographen citire.
Das Ergebniss der Ausgrabungen ist für die Religion
wichtig genug. Wenn nicht Alles täuscht, sind das Lenaion
und das Dionysion iv Xipivai; identisch, nur dass tö Aiovaiov
speziell das Temenos, den ir«pt€oXo(, wie die Grammatiker sa-
gen, bezeichnet. Schwierigkeiten macht das weiter nicht,
denn ro toG cv Xpai; Aiovuoou {<p6v oder AtovOoiov iat kein
Eigenname sondern heisst 'das Heiligtum des Dionysos in
den Sümpfen'. Und in diesem Bezirke sind zwei Gottheiten,
der Arivaio? und der A ipoiioc verehrt worden, deren ursprüng-
liche Verachiedenbeil man nicht bezweifeln kann. VVie es
gekommen ist, dass in Athen diese beiden joni sehen Dionyse
80 verschmolzen sind, entzieht sich unserer Kenntniss. Aber
waren dann — diese Frage drängt sich zum Schluss uns wider
Willen auf— nicht doch auch die Feste in Athen identisch,
waren nicht die Lenaia nur ein Pesttag oder Festakt der
Anthesterien ?
Ich würde auf diese Theorie Ddrpfelds (vgl. zuletzt Theater
S. 9), die mit der Überlieferung nach meiner Meinung
durchaus unvereinbar ist. nicht zurückkommen, wenn er
nicht auf sie durch konsequente Erklärung des Thukydides
gekommen würe. Die Stelle to iv X((ftvo»< Atovöwu (Upöv), ^ Tk
bietet allerdings eine grosse Schwierigkeit. Zwar Mticitxt
< Wo man nicht gut than wird, den 'Blumigen* Bu«v9jii durch CoD-
joktor III entfornen. V0l. übri^iens Nonnoo XXVll, 900 f.
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SlfNttAKBÜNOfl, LKMATON OKD 4I0inrSI0l'*nr AIMTAIS
scheint mir keineswegs interpolirt und unerklärlich , zumal
es nicht an Talscher' sondern an hervorgehobener Stelle
steht: 'am zwölften und zwar im Antheslerion ' Die Kulte
des Dionysos sind sich in ganz Griechenland sehr ähnlich ge-
wesen, aber lokale Unterschiede hat es natürlich auch in
ihnen gegeben. Zufällig wissen wir, dass in Boictien das Fest
früher im Monat stattfand ( Plutarchos Sujxx. III, 7, 1 S,
655" und VIII, 10,3 S. 13f)'). Wenn nun überall im joni-
schen Gebiet der Ilaiipltag des Festes, der Ispö; y&iioci, auf den
altheili|j;en und gerade dem Dionysos heiligen XI l. fiel, so
musste diese auflallende Einhcillichkeit des Kultes einem
Griechen in der That den Schluss nahelegen, das Fest sei
von einem Punkte aus verbreitet worden. Jedenfalls scheint
mir nur der zur Tilgung von t-^ SwSikxty) berechtigt zu sein,
der einen abweichenden jonischen Kult nachweisen kann.
Aber wie ist ipj^atÖTjpa zu erklären ? Aus diesem Comparativ
hat Dörpfeld geschlossen, dass Thukydides nur zwei Feste
mit emander vergleiche, die grossen Dionysien und die An-
thesterien, dass mithin die Lenaien kein selbständiges drittes
Fest seien. Man müssle ilira darin unbedingt folgen, wenn
nicht ausser der von mir versuchten Rekonstruktion eine
ganze Reihe anderer Gründe die Lenaien aU selbständiges
Fast im Gamelion neben den Anthesterjen erwiese. Aber
einen Ausweg sehe ich allerdings nicht. Völlig sicher ist»
dass Thukydides als Gegensatz zu dem Dionysos ev Xiavatc
den Eleulbereuft denkt. Auch werden ganz mit Recht die
yom Archen verwalteten grossen Dionysien in Gegensatz za
den Aiovufft« der Königszeit gesteill. Aber nicht nur die An«
thesterien, auch die Lenaien werden vom Könige verwaltet.
Trotzdem wird der Comparativ gebraucht, als ob nur zwei
Feste vorhanden wären, die mit einander verglichen werden
könaten. Und sicherlieh hat Thukydides nicht den Superlativ
* Das grammatlsete Bedenken hebt doch wol die Inschrift Athen. ICitth,
law 8. SM iw T«c *Apn|iM(M |n|*l ISMfm. isxwfhm.
apj^^aioTaxa gebraucht, denn wie hätte er behaupten und
entscheiden können, die Anthesterien seien auch älter als die
Lenaien ? Der Comparativ würde psychologisch vielleicht er-
klärbar sein, da ja von zwei Gollern und z\Nei Heiligtümern
die Hede ist, wenn nur nicht die ganz bestiramte Angabe rrt
SwSmÄTY) iv jXTjvl 'AvÖ«<jTr,piwvi folgte. So muss man denn auch
hier einen Mangel von Präzision im Ausdrucke annehmen, wenn
man nicht die Frage wirklich tür unentschieden halten will.
Denn das einzige Mittel, welches die Schwierigkeit beseitigen
würde, die Conjektur ^ tx ap^aionpa iliovum« ^(dStxKTig
«oulrat £v {/.»^a^i ^r«{A.T)Xiä^vi xxi) 'AvOc^TTjpiüvt wage ich nicht
vorzuschlugen, wenngleich es eigentlich auffällt, weshalb
nicht auch die alten und allen Joniern gemeinsameo Lenaien
zum Beweise herangezogen sind.
Überschauen wir zum Schlüsse die Thukydides- Stelle, so
wird Niemand behaupten dürfen, dass Üörpfelds Erklärung
(Athen. Mitth. 18i)5 S. 18ti ff.) philologisch unmöglich sei,
und Niemand leugnen können, dass sie die einzig konsequente
ist, welche allein die sachlichen Schwierigkeiten beseitigt.
Den sprachlichen Ausdruck allerdings glaube ich im Einzelnen
anders verstehen zu müssen. IJörpi'eld betont, wie mir scheint,
zu sehr, dass in der Beweisführung des Thukydides tö «po(
voTov pidtXitfTa TiTpa(it.{Acvov keine Holle mehr spiele und un-
beachtet bleibe, in Folge dessen also toCto tö ;xepo( tü« «oXi^c
dasselbe bezeichne, was vorher durch v» cutpoicoXi« xeii ^
Uff' av»T7)v icp6( vöTov (AAXiora T(Tpa(x{jievov zusammengehst set.
Der scharfe G^nsaU von auTT] yj äxföiroXtc und toSto tö pepo;
verlangt nach meinem Gefühle, dass inwh im Folgenden die
Zweiteilung beibehalten ist. Darnach kann ich unter toöto tö
ppo; x-hi icoXiiac nicht 'diesen Teil der heuligen Stadt, diesen
Stadlteir, sondern nur 'diesen Teil der damaligen Sladt*,
nürolich tö öw'sutviv «pö^ vötov yukXia-vx TfTpap-filvov verstehen.
Gemeint ist damit das Pelargikon und dieses lag zum grössten
Teile südlich der Akropolis, umfasste aber auch den Weetab-
bang und griff auf den Nordabhang Ober. Trotzdem kann ^
Xim nicht 'hauptsächlich, maximam partem ' heissen. Es
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Enneakrl'nos, lbnaion Und AiosmioN en mmnais
231
bedeutet, dass die durch diesen Zusatz eingeschränkte Angabe
zwar nicht genau zulrifTt. aber der Wirklichkeit am nächsten
kommt. 'Das Pelargikon liegt, um sich nicht mit zu genauen
Bestimmungen aufzuhallen, kurz gesagt südlich der Akro-
polis*. Sachlich aber wird durch diese Kleinigkeiten an der
neuen, lückenlos zusammenhängenden Auslegung des Thu-
kydides nichts geändert. Und so wird denn wol Jeder, der
sich angesichts der dörpfeldschen Ausgrabungen die ganze
Sachlage vorurteilsfrei uberlegt, mit der Zeil zu der Überzeu-
gung kommen, dass die neue Theorie nicht auf Sand gebaut
ist und dass wirklich der alte Stadtbrunnen und tö äpyatÖTx*
«rov lipöv ToO Atovuoou M,i äytttTttTov iv Xipivaif gefunden sind.
Athen, Juni 1898.
U. VOM PROTT.
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BINIOB V£R0ES6ENB AMPUORENUBNKBL AUS RHODOS
Id dem Werk der Malers Albert Berg über 'Die Insel Rho-
dos' (BrauDSchweig 1862) findet sich auf S. 47-50 eine Be-
trachtung über die rhodischen Amphorenhenkel mit Stempeln,
welche sehr mit Unrecht von den späteren Forschern darunter
leider auch dem Schreiber dieser Zeilen, übersehen ist. Dort
sind zunächst je zwei zusammen gebdriige Ueokelpare abge>
bildet, die mit einander verbunden gewesen sein sollen, weoQ
sie aach in der Abbildung getrennt erscheinen. Es sind dies:
1. a. (Rose) EPI<t>IAAN10Y ^. AFPIAMOY (so)
AFAOOKAEYZ
Helioskopf
«. a, EPIArEMAXoY ^fi,, APKTflHO«
0E€MO0OPIOY besonders
eingedrückt.
Schuchhardt, Inschriften Ton Perg^mon II S 426 zählt
sechs ganze Amphoren . von denen fünf die drei erforder-
lichen Angaben (Priester, Monat, Fabrikant) auf beide llenkei
verteilt, eine nol versehentlich Priester and Monat auf beiden
Henkeln, den Fabrikanten gar nicht nennt. Dazu kommt eine
ganz erhaltene Amphora aus Kition, die Perdriiet B. C H,
1896 S. 357 mitteilt {a. Irl *ApxT09xviuc ITA'^IMOY, was
doch trots der scheinbaren Schwierigkeit liavifMu sein muss,
b. 'ApETOx^tC;), eine die Cesooia, Cyprus S. V16 (Tat 40, 4.6;
S. 185 der deutschen Ausgabe) abbildet (a. i-xX Sivof^femv
*A^apii<ru, b. 'IinroKpdcTiuc) sowie aus Kaibel /. G. S. I. 2393,
1-9 sieben weitere Exemplare aus Sicilian > ; ferner wird der
4 Nr. 5. 7 Kaibel = Nr. 2. 1 Schnebbardt. Nebenbei Ueis der Priekter bei
Kaibel Nr. 8 wabrMbeinllcber e[<]»Wpw alt (nii«»]Siipo«.
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SimOB TBROBSSSNB AMPRODBNHBNKBL AUS RHODOS
238
nächste (III) Band der /. G. Ins. eine ganze Amphora aus
Syme (Nr. 27 a. iw' iepf«; |*Hpayöpa, b. [XJapkwvo«)» drei aus
Telos (Nr. 83 a, ivi 'A^|ao[(t]([X]x, b. Ilpo6ü(Aou. 'ApTaprtou. Nr.
84 a. iici Upecj( (aiu« (?). b. 'ETctyovou. ©««(xo'popiou. Nr.
85 a. M S(i)Si!;;iou. AaXou. b. ScoxpxTeu^. ((>. [öder Fackel?]) und
eine ausNisyros (Nr. 166 a. i7c{ SuSxpiou. Btop-o^optou. b, Aiou)
enthalten. Das ergäbe also schon 22 ganze Amphoren ; ver-
mutlich giebt es deren noch erbeblich mehr Für die Chrono-
logie hissen sich daraus schon einige Folgerungen ziehen So
werden die Priester fI>aäv.o; (Berg) und [ ' AY*«]TpaTo? (Kaibel),
die beide mit dem Fabrikanten 'AyaOoxXijc vereint vorkommen,
femer 'le'pwv, S6vo9ivYi; (Schuchhardt) und SwSap« (Telos),
die mit Suxpi^TY)«, ferner naumvio« und Ttpuppo&oc (Kaibel),
die mit *'l[Lcf.{^) zusammenstehen« aueh zeitlich zusammen ge-
hören ; umgekehrt sehen wir, dass im Jahre des 2o>S(X|xo5 die
Fabrikanten Aio; (Nisyros) und ZuxpdcTY); (Telos) gleichzeitig
thätig waren. Bei Zunahme des Materials wird man hier sicher
noch weiter kommen.
Noch interessanter ist der bei BergS. 47 abgebildete Stempel
EPIMOAPArOPA 4:tl MoX««y6p«.
PANAMOYAACZANAPOY OavAfMu. 'AltUc^fw.
( Der Henkel trägt an der rechtwinkligen Umbiegung noeh die
Blüte als Nebenstempei).
Hier ist nach Priester und Monat der Fabrikant genannt ;
also sind alle drei erforderlichen Angaben auf einem Stempel
vereinigt. Der andere Stempel konnte also nur entweder leer
sein oder eine Wiederholung enthalten. Es ist völlig ausge-
* So erwähnt Schuchhardt a. a. 0. S. 425 eine Aupliura aus Vulcia lui^
den Angaben: "Avt{|mix«c> <«t *A6«tvoMTM. Bafipo|itou\die wir ja allenfalls auf
die beiden Henkel verteilt deniieu dürren. Nun iltbei Kaibel Nr. 2393, 7
doch zu LTgänzeii: a. i\r.t] rip[aTOfflivc.j;l. Ilavspoj, b. 'Av{Ti[ia-/]o'j, wo A für
X verlesen ist, wie Nr. '^393,78 ANTAA für ANTlM,womil der sonst nicht
beiengte Name 'AvkIXXou beseitigt sein würde. Damit sind also Atbanuduros
und Pratophanea inianunengerfidit.
ATBBN. MITTHBILUMSBM ZZm.
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284 BimOB VBH0B88BNB AMPltORBMtiBMBBL 408 RtM)0(tt
schlössen, dass 'AXe^avSpou der Vater des MoXiceiYopac sei, von
dem er durch den Monat n;clrennt ist. Damit wird es auch
fiir zwei andere Fälle aus Uhodos, Dämlfch /. G. Ins. I Nr.
1175 iTz\ S£voip2evi(u;), ropY[i]*»*^®? Oaviuo-j und Nr. 1209 sri
<>avia. 2<i)8xu.ou. A[ajXtO'j, WO die VVorlslellunt; nicht entschei-
det, im hohen (irade wahrscheinlich, dass ich mit der .\n.
nähme einer Vereinigung von l'^[)onym, Monat und Fahrikant
auf je einem Stempel gegen Schuchhardt Kecht behalte, wel-
cher in den Inschriften von Pergamon S. 4 25 ff. in dem zwei-
ten Namen den Vater des Eponymen sah. Die von Scliuchhardt
als zweideutig beanstandete Folge von Fponym und Fabrikant
im Genetiv würde dann nichts auf sich halien, wenn eben auf
diesen kurzen Stempeln die Zufugung des Vatersnamens ein
dnrcliaus nicht in Betracht kuininender, der Sitte widerspre-
chender Fall war.
Es liesse sich noch manches sagen ; aber diese üemerkun-
gen sollen nur Anregungen für den kuntligen Sammler der
Amphoren - Stempel sein. Eine solche Sammlung ist ein drin-
gendes liedürfniss der Wissenschaft. Sie würde natürlich bei
der Masse des .Materials lückenhaft sein und von Zeit zu Zeit
durch Nachträge ergänzt werden müssen, aber erst wenn sie
vorliegt wird man maiudie Fragen endgiltig erledigen können,
darunter auch die, ob sich mit der \\ illkür der Stempelung auf
der einen Seite, der die im Wesentlichen doch wieder ge-
sicherte itegelmässigkeit auf der anderen Seite entgegensteht,
die auch in der treiniehen Rezension von Bruno Keil (Berli-
ner phil. Wochenschrift 1806 S. 161 1 0.) vertretene Annahme
eines Monopols halten lässt oder nicht.
Berlin, März
F. UlLLEK VON OAERTRINOGN.
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SOHIBDBGBRICHT ZWI80HBN POSEIDON UND ATHBNB
Zu den Monumenten, auf denen die athenische Sage vom
Schiedsgericht zwischen Poseidon und Athene dargestellt ist,
lässt sich eine kleine Reihe von römischen ßronze-Medaillons
hinzufügen. Das beste, geprägt unter Antoninus Pius, ist
publicirt bei Grüber, Roman MecUuüons in the Bnt. Mus.
Taf. 10, 3 S. 9, 12 und bei Fröhner, Les Medaillons de
l'emp, rom. S 69; ebendort S. 68 noch ein weiteres Exem-
plar aus der Regierungszeit des Anloninus und S. 81 eins mit
dem Brustbild des Marc Aurel als Caesar auf dem Avers.
Hechts sitzt auf einem Felsen Poseidon nach links gewendet.
Ein Himation bedeckt Beine und Bücken. Die Linke ruht
im Schosse, die Bechte hält den Dreizack oben gefasst. Links
von ihm wird zum Teil ein Tisch sichtbar, der im Übrigen
von den Beinen des Gottes verdeckt wird, aaf dem Tisch eine
Amphore. Links sehen wir Athene stehen, nach rechts ge-
wendet. Sie hält mit der Linken die Lanze gefasst und stützt
die Rechte in die Seite oder auf den Schild, der links teil-
weise sichthar wird; in seiner Höhlung die Schlange. Auf dem
besten Exemplar wird nun hinter Tisch und Amphore eine
weibliche Figur sichtbar. Sie ist damit beschäftigt, irgend
etwas mit der Bechten in das Gefass zu legen, während sie dies
mit der andern Hand zu halten scheint. Ihr Gesicht wendet
sich Athene zu; über ihr wird ein Bogen sichtbar.
Es ist klar, dass diese Figur su der ursprünglichen Com-
position gehört haben muss. Ohne sie ist die Gruppe der zwei
Gottheiten an dem Tisch unverstandlich. Die geringeren Exem-
plare geben nur einen Auszug aus der Gesamt- Composition.
Pröhner hat aus dem Tiseh, der Amphore und der Hand-
lung der Mittelfigur richtig erkannt, dass es sich um eine Ab-
stimmung handelt. Er bezieht aber — etwas unklar bleibt es,
wie er es im Einzelnen meint — die Darstellung auf die fiui-
t36 W. äMEhVM
riebtong des Areopag, bei der Poeeidoii nicbu ta tbun bat.
Die Tbatsache, daes es sieb om eine Abstimmung handelt,
and die Anwesenbeit eben der beiden genannten Gottheiten
läset vielmehr nur eine Deutung zu: dargestellt ist das Schieds-
geriebt swiseben Poseidon und Athene Ober den Besits des
attisehen Landes, das Schiedsgericht , das sieb nach einigen
Quellen mittels regelrechter Abstimmung Tollzog.
Soll ein derartiger Act dargestellt werden, so wird am be-
sten der Moment gewählt werden, in dem die entscheidende
Stimme abgegeben wird, denn dieser allein kann den Be-
schauer inneriich erregen und dem RQnstler interessante Mo-
tive bieten. So ist es z. B. in einer Darstellung^ des Urteils
aber Orestes geschehen, das uns weiterbin noch beschäfti-
gen wird (Michaelis, Das corsinische Silbergefäss ) : der Künst-
ler bat den Moment gewählt, in dem Athene ihren Stimm-
stein abgiebt. Diesen bedeutsamen Moment werden wir also
auch hier vermuten. Wer aber ist dann die weibliche Figur,
die den entscheidenden Stimmstein in die Urne thut und da-
bei ihr Gesicht der Göttin zuwendet?
Die Antwort darauf giebt uns eine Version unserer Sage,
die uns durch Varro Oberliefert ist. Dort beisst es von Re-
krops: cives otnnes utriusque sexus ad ferendum auffra^
gium convocaviL Consulta igitur multituätne mores pro
Neptuno, feminae pro Minerva tulere sententias ee, quia
una plus inventa est feminarum^ Minerva vicit (Augustin,
De eüfiiaie deiXVlW, 9. 'Auch im Scholien zu Arislides Pan-
athen. S. 106,11 ist von der Ausschlag gebenden Beteiligung
der Frauen an der Abstimmung die Rede)*. Ohne Zweifel ist
die weibliche Figur auf unserem Medaillon eine Vertreterin
der weiblichen Bewohner Athens, die mit ihrer einen Stimme
Mehrheit die Entscheidung gebracht haben. Die Wendung
ihres Gesiebtes aber sagt dem Beschauer, f(kr wen sie im Be-
griff steht zu stimmen.
* Riehe die ZuHaiiiinentlellung sämllicber Quelleo bei ötepbani, CompU'
rendu 1872 Ö. 64 Ü.
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SCHIEDSGERICHT ZWISCHEN POSEIDON UND ATHENE 237
Daneben könnte nur noch eine Deutung in Frage kommen
nämlicb die auf Iris, welche dargestellt wäre im BegrifT, die
Urne umzustürzen, um die Stimmen zu zählen. Der Bogen
über ihrmüssle dann für eine Andeutung des Regenbogens
gehalten werden Doch wird Iris durch diesen nie in der
Kunst bezeichnet (Roschers Lexikon II S. 339), während das
Attribut, das ihr sonst nie fehlt, hier unterdrückt wäre, näm-
lich die Flttgel. Auch wäre es dem Verfertiger des Stempels
leicht gewesen, durch eine Neigun^r der Urne anzudeuten,
dass sie entleert werden soll, wiees auf zwei Reliefs geschehen
ist, die uns nachher beschäftigen werden. Die .Handlung der
Pigurauf dem Medaillon kann, wie sie dargestellt ist, nur so
verstanden werden, dass etwas in die Urne gelegt wird, und so
ist sie denn bisher auch allgemein verstanden worden. Mag
man aber diese oder die andere Deutung für die Mitteliigur
annehmen, so kann es doch nicht zweifelhaft sein, dass das
Ganie das Sehiedsgericht zwischen Poseidon und Athene dar^
stellen soll.
Die Composition gewinnt bei unserer Erklärung ein eigenes
Leben und Intei^esse, und ihre Erfindung ist keineswegs un*
bedeutend. Doch scheint es mir sicher, dass sie nicht für den
kleinen Raum des Münz - Rundes gemacht ist. Das Reizvolle,
das sie zweifelsohne besitzt, konnte erst bei einer Ausführung
in grösserem Masstabe in Relief oder Bild zur Geltung kom-
men, wobei dann sicher ein weiterer Chor von Zuschauern,
göttlichen und menschlichen, durch seine Teilnahme an dem
momentanen Breigniss dessen Wichtigkeit noch bedeutender
erscheinen Hess.
Bs ist sicher, dass sich manche der Darstellungen auf den
Medaillons auf grössere Bildwerke zurückfahren lassen. Einige
Beispiele mögen genügen. Für Statuen sei verwiesen auf Grü-
ber Taf. öaPröhner S. 33, wo ein bekannter Asklepios- Ty-
pus dargestelt ist (vgl. Amelung, Führer durch die Antiken
in Florenz Nr. 94); auf dem Medaillon Grüber Taf. 8, 1 ist
ein ApoUon im langen wehenden Gewände dargestellt, wie er
sich statuarisch im Braccio auovo des Vatican (unpublicirt)
W. AMELUNO
findet; auf einem der antoninisrhen Stücke (Fröhner S. 57)
ist eine auch sonst mehrfach wiederholte Statue des Hercules
nachgebildet (vgl. Petersen, Rom. Mitth. 1889 S. 332 ff.).
Rine Composition, die wir auf zwei Exemplaren des Marc
Aurnl lind ilt's G(tminodu8 sehen (Fröhner S. 88=Grüber Taf.
20, 1 und Fröhner vS . 1 1 5) und die ein junges Mädchen darstellt,
wie sie die Schlange der Ilygieia füttert, finden wir auf einem
Relief des capitolinischen Museums wieder {Nuova descri»
zionrNr. III). Eine besondere Arbeit Sie?ekings über dieses
Relief steht zu erwarten.
Eine eigene Stellung nimmt ein Medaillon des Marc Aurel
(Griiber Taf. 20, 2; Fröhner S. 89) ein, auf dem zu den
Seiten eines Altares, über dem sich eine Schlange ringelt,
rechts Athene, links Nike steht. Die Composition ist hergenom-
men aus einer anderen grösseren, der schon erwähnten Dar-
stellung des Urteils über Orest, die am vollständigsten in den
Reliefs des corsinischen Silbergefässes erhalten ist (Michaelis
a. a. O.; Robert, Die antiken Sarkophagreliefs II S 171 ff.
Taf 55 f.), nur ist aus dem Tische mit der Urne der Altar
mit der Schlange , aus der Brinys durch Verlängerung der
Gewandung und durch Zufügung der Flügel eine Nike ge«
worden. Wir bemerken also hier bei den Bildnern der Medail-
lons eine Arbeitsweise, wie man sie bisher nur den sog. neu-
attischen Kreisen sususchreiben pflegte. Zugleich wird auch
hierdurch ihre Abhängigkeit von der grossen Monumental -
Tradition erwiesen.
Auf ein Werk der grossen Kunst, auf eine Gruppe der
Athene und des Poseidon auf der Akropolis zu Athen (Paus.
1, 34,3), ist auch die Composition eines Medaillons des Ha-
drian belogen worden (Stephani, Campte ^ rendu 1872 S.
131 ff.; Robert, Athen. MiUh. 1882 S.53ff.; Imhoof- Blumer
und P. Gardner, Numtstn. commentary on Pauaaruaa S.
131 Taf. Zy 15). Wir kommen hiermit zugleich auf unser
Anfangsthema zurflck, denn von Robert ist a.a. 0. auch diese
Darstellung auf das Schiedsgericht zwischen den beiden Gott-
heiten gedeutet worden.
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flCBlBDSOBRIGBT IWISGBBN POBBIDOM OMO ATBBNB 239
Bis auf geringe Abweichungen in Einzelheiten unverändert
kehrt die Composition auf geschnittenen Steinen wieder, die
wahrscheinlich auch aus der Zeit des Hadrian oder aus noch
späteren Epochen stammen (Stepliani a. a. 0. S. 136 ff. und
221 ff.; Roberta, a. O. S. 54, D-F, Babelon, Le Cabinet des
ant. de la bibl. nation. Taf. 26). Auf einer attischen Bronze-
münze (Robert C\ Imhoof- Blumer a. a. 0. Taf. Z, 17) sind
die Seiten vertauscht und die Erhaltung ist so schlecht, das»
man Einzelheiten, wenigstens an der Figur der Athene, nicht
mehr erkennen kann. Endlich ist die Gruppe wiederholt auf
einer Silberschnalle aus Ilerculaneum (Robert^); doch ist
hier für die Göttin ein anderer Typus gewählt ^
Offenbar in Anlehnung an eine Composition, wie die des
hadrianischen Medaillons sind nun auch die beiden Reliefs
gearbeitet worden, die Robert a. a. O. Taf. 1,2 und 2 puhli-
cirt und mit vollem Recht auf das Schiedsgericht zwischen
Athene und Poseidon gedeutet hat. Die Einwände, die Sauer
(Aus der Anomia S. 96 f.) dagegen macht, sind angesichts der
späten und schlechten Arbeit der Reliefs gegenstandslos, und
seine eigne Deutung auf das Schiedsgericht zwischen Asia und
• Der Typus, den wir auf dem Medaillon und den gescbniltenen Steinen
sehen— er isl kennllicli an dem auf der rechten Schulter gespangten Mantel
UDd der in die Hfifte gestfitsten Liaken— , ist bei den Verferligern der Me-
daillon-Stempel besonders beliebt gewesen. Er flndet sich wieder: f. Grft-
ber Taf. 17, 3 S. 12 Nr. 6, M. der Fausiina d. (Alliene un.l Tlepliäsi);
2. Fröbner S. 65, M. des Anloninus Pius idie gleiche Cotupusiliuni ; 3. auf
der oben erwähnten Darstellung der Athene mit Nike, die, wie wir sabeui
TOD der groeseren des Qeriebtes fiber Orest bergenommen ist; 4. Probner
8.81, M. des Main .\urel Caesar (Atbene und Ar^osi mit der einzigen
Änderung, dass die Linke .sieh aiif den grossen Hehild sliilzt; 5. Diese letzte
Fassung des Typus ist in Uuikehruug wiederhull auf den zu Anfang be-
sproebenen Medaillons. Aach auf grösseren Monumenten finden wir den
gleieben Typus wieder; so auf dem capilolinischen Prometbens^Sarltophsg
(Baumeislrr, D- tikinäler, Ahl». iriRS i unil dann, wie gesagt, auf df-ni cor-
sinisclieti Silliergefass und den Utliefs, welche die Mauplgruppe seiner
Cooipositiuu wiedergeben. Es liegt hier augenscheinlich überall derselbe
Typns der Athene Ergane su Grande« und vielleiebt ist uns in den Reliefs
jenes Gcfässcs ein Teil der Darstellung erhalten* deren Künstler diesen
Typus geschaffen bat.
240
W. AMBLUMe
Hellas fällt zugleich mit der, die er dem OstfHese dee Nike-
tempels gegeben hat*. Bedenklich scheint es mir jedoch, nun
mit Robert diese Deutung der Reliefs auf das Medaillon, die
Gemmen und die Schnalle zu übertragen.
Auf den Reliefs stehen die beiden Gottheiten ungefähr in
dem Typus des Medaillons und der Gemmen rechts und links
Yon einem Tisch, hinterdem Nike -—so wird sie zweifelsohne
mit Recht genannt — damit beschäftigt ist , die Stimmome
auszuleeren. Ich sage: ungefähr in dem Typus des Medail-
lons, denn so genau ist die Obereinstimmung thats&chlich
nicht, dasB man ohne weiteres gezwungen wäre, die Ab-
hängigiieit all dieser Monumente von einem gemeinsamen Ori-
ginal anzuerkennen. Zudem ist die Composition des Medail-
lons an und für sich, als Zusammenstellung von zwei der be-
deutendsten attischen Gottheiten ^, vollkommen yerständlicb.
Nehmen wir aber auch mit Robert an, dass diese Compo-
sition nur ein Auszug aus einer anderen sei , die uns die
beiden Reliefs vollkommener erhalten hätten, so müssen wir
Sauer doch Recht geben, wenn er (Anfänge der statuarischen
Gruppe Anm. 233) auf die Unwahrscheinlichkeit der Vor-
aussetzung hinweist, dass diese Original - Darstellung eine
Gruppe gewesen sei ^.
Vollends scheint mir die Annahme Roberts , dass diese
Gruppe mit der von Pausanias {I, 24,3) erwähnten identisch
sei, ganz unhaltbar. Mit den Worten des Pausanias (xeTtoiti-
Tai xai TO ^utÖv tti; iXaia? 'AÖrjvx xai xGjax ävaipaiv(i)v Oodei-
Sä>v) ist dagegen die Composition, wie sie sich auf einer Reihe
athenischer Münzen findet, wol vereinbar (Roberta, a. 0.
* Siebe die enteeiiddenden BinwAnde M Pnrtwftngler, Heislerwerke
S. 217.
3 Man denk« an die zweite 8tiophe imd GegenstTophe im ersten Clier
des Oedipus» auf Kulouos.
* Apoilon and Dionysos sind auf der späten QMune bei Stephen! S. 221
wol nur hinzugestellt, um den Raum aogeinessen zu füllen. Rechnet mea
sie aber zur Original-Corapositioa, so wird die Vermutang, dass diese eine
Gruppe gewesen sei, nur unwahrscbeiaiicber.
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SCHIEOSOBRICHT ZWISCHEN POSEIDON UND ATHENE
241
S. 54 Anm. 1 ; Imhoof-Blumer a. a. O. Taf. Z,\\, 12, 14, 16)
and es ist sehr wol denkbar, dass in ihr die genannte Gruppe
naehgebiidet ist. So hat auch Sauer (Anfange der Gruppe)
angenommen, der mit vollem Recht darauf hinwies, dass die
Darstellung der Münzen mit der des Westgiebels vom Par-
thenon in Wahrheit nichts zu thun hat.
Mttssen wir also auch die Beziehung der Darstellung jenes
hadrianischen Medaillons auf die bestimmte Gruppe der Akro-
polls als unwahrscheinlich abweisen, so ist damit ihre Ab-
hängigkeit von irgend einem anderen gröeseren Werke nicht
ausgeschlossen ; diese wird im Gegenteil empfohlen durch die
Wiederkehr derselben Compoeition auf der Silberschnalle
aus Herculaneum. Dagegen muss uns die Thatsache, dass
Athene hier In anderem Typus erscheint, davor warnen, uns
die Vorlagen der Medaillon-Stempel in allen Einiekagen nach
diesen selbst wieder herstellen zu wollen. •
W. AMBLUNG.
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S TIERFANO AUF EINEM ÄGYPTISCHEN H0LZ0EFÄ88
DER XVIII. DYNASTIE
(Hiersa Tafel Vii. VIII)
Bei seinen Ausgrabunnren in Kahun fand Flinders Pelrie in
einem der späteren Gräher der XVIII. Dynastio eine cylinder-
förmige lloizbüchse mit eingeritzten Darstelluogeo, die heute
im Müseum zu Gisch aufbewahrt wird'.
Die Büchse, deren Deckel und Boden verloren sind, und von
deren Umfang etwa '/s fehlt, misst in der Höhe 0,095 und in
der Breite 0,065. Die Dicke ihrer Wände beträgt etwa 10,005".
Sie ist aus hellbraunem Holz, wie die meisteo Uolzwaaren
des oeuen Reich«.
Fio. I
Nach ähnlichen, im Louvre befindlichen Büchsen zu ur-
teilen, war der Boden flach aufgelegt und hatte drei niedrige
PQSBchen, die zugleich zur Befestigung des Bodens dienten.
Dass der Boden auch bei der Büchse aus Kahun nicht vom
I iVtrio, Kahun 8. 35. Vgl. die Ansicht von oben Abbildung! und Taf. 7;
für licide Zeichnungen bin ich H rarl<'r zu hcr/.licliem Dank v. r|inicliU>t.
Der üuclistabe A in Fig. 1 bezeichnet die älcllc der seukrechlcu Leiste,
welche auf Tat. 7 die Mitte des Bildes einnimnit, B giebt dessen linlus, 0
dessen rechtes Ende an. Auf Taf. 7 ist das ganse Bild aufgerollt.
"\ c ,
^ Digitized by CjOOgle
STIBRFAHG AUF EINEM AEGYPTISCHSN HOLZOEFAESS i43
Rand d60 Cylinders eing^sehlossen war, lehrt einmal das
Fehlen jeder Ansatzspur, sodann der Umstand, dass die aussen
an der einen Seite befestigte etwa 0,005" dicke Leiste nach
unten um etwa 0,0 f 5" fiber den Rand des Cylinders aber-
steht. Man glaubt aber etwa auf der Hälfte des fiberstehenden
Stfiekes die Ansatzspur des Bodens zu bemerken ; die Pfisse
wären demnach etwa 0,005" hoch gewesen.
Den Zweck dieser von oben nach unten gehenden Leiste
lehren wieder die pariser Exemplare : in das gegen 3* tiefe
Loch, das sich oben in der Leiste befindet, griflF ein flacher
drehbarer Deckel mit einem Zapfen ein; auf diese Weise war
es möglich, ohne den Deckel abzunehmen, die Bfichse zu
öffnen und sie durch eine entsprechende Drehung wieder zu
schliessen*.
DieAussenseite desGefasses zeigt Darstellungen in vertieften,
mit grüner Farbe ausgeffillten Linien. Ein breiter Bildstreifen
wird oben und unten von schmaleren Ornamentstreifen ein-
gefasst ; oben folgt auf ein fortlaufendes Stabband von der
Form wie Petrie, Egypt, decorative art Fig. 196 (wie es
sich z. B. aucb auf Inschriften der XVIII. Dynastie als Umrah-
mung findet), durch einen schmalen Grundstreifen getrennt,
ein Rranzomament, für das man Petrie a.o.O. Fig. 159 und
Borchardt, Die ägypt. Pflanzensäule Fig. 32 vergleichen mag.
Bs ist auf der HolzbQchse nicht mehr recht yerstanden, rein
ornamental geworden, aber in der XVII 1. Dynastie Oberaus
häufig und deutlich als Blätter oder auch als Blätter und
BlOten auf den polychromen Vasen charakterisirt.
Unten schliesst ein zweites Stabband die Darstellung ein ;
darauf folgt ein Grundstreifen , der durch eine grfln aus-
gemalte Linie geteilt wird, während das beliebte Ornament
der Scheinlhfiren den Abschluss des Ganzen bildet'.
* Gleiche VeracbltissTorriehtungeii Ton HolEgefitasen s. B: WilkineoD,
Manners and cushnns* II S. 348, Nr. 451, 4. (MhetionHoß^auamfAntiquiUs
£gypl. 18^^^ Nr. '292.
3 Eine annehmbare Erkläruag des Ornaments siebt nocb aus. Abbildun-
gen z. B. bei Perrot-Chipiex I Fig. 394/5.
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UA
W. VOM Bissota
Die Leiste, die den Deckel aufnahm, ist gleichfalls mit et*
nem etwas modiücirten Staijband gesciimückt.
Die breite Rildnäclie wird auf Carlers tretllichem Aquarell
sciieinbar durch die Leiste zerschnitten, läuft aber nalürlieh
um das Gefäss als ein einziges Bild herum. Leider hat die
Lücke, wie wir sehen werden, wichtige Teile des Bildes zer-
stört.
Wir sind im Freien : Gräser und Pflanzen mit dicken, safti-
gen Stengeln, wie sie am Rand der Wüste wachsen, spriessen
am Boden. Nach rechts hin sprengt ein starker Stier mit zwei
kräftigen Hörnern' und bocli im Bogen erhobenem Schwanz. Kr
senkt den Kopf wie zum Angriff. Mit wenigen Strichen ist die
Hautfülle an Hals und Wamme und die Zeichnung am Bücken
wiederc'ei'eben . Unter dem Stier liegt nach links ein Mann auf
dem Baucli. Kr streckt beide Arme vor. Seine Füsse hat der
Künstler aus Baummangel weggelassen. Ein zweiter, eben-
solcher Mann erscheint in der Luft über dem Stier. Sein Ober-
körper und der Kopf sind etwas abwärts geneigt, seine rechte
Hand liegt am Hals des Stieres. Von einem dritten Mann ist
vor dem Stier nur der eine ausgestreckte Unterarm und das
Gesicht erhalten. Falls man auf den Umstand Gewicht legen
darf, dass sein Kopf im Verhältniss zum Stier ein gut Stück
höher erscheint, als der des Liegenden, wird man sich den
Mann niedergeduckt, nicht ausgestreckt liegend denken.
Die beiden vollständig erhaltenen Mänoer sind nur mit ei-
nem eng anliegenden, ziemlich langen, nach hinten abge-
schrägten Schurz bekleidet, den an den Hüften ein Gurt ab-
Bcbliesst. Er scheint gestreift oder in dünne Palten gelegt. Beide
tragen kurzes, das Obr frei lassendes Haar, der obere einen
Schopf.
Jenseits der Lücke, in der unter anderm der Körper des
dritten Mannes dargestellt war, läufi nach rechts eine Anti-
lope mit gewundenen Hörnern, von der nur das Vorterteil er-
halten ist. Über ihr springt eine junge Antilope oder Gazelle
« Über die Zahl Iftsst das Original keinen Zweifel.
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fiTIBRPANtf AÜF EINEM ABaYPTlSCrfBN AOLZOB^ABSS
(nur das Flinterteil mit dem kurzen Schwänzchen ist erhalten)
nach links, während noch höher ein langohriger Hase nach
rechts hin rennt'. Dw. Härchen seines Fells sind sorgfältig an-
gegeben. Vor der Antilope sitzt ein miltelgrosser Hund^ mit
langem, in eine Quaste endigendem Schwanz, kurzen, spitzen,
Schlapp- Ohren am länglichen, ziemlich grossen Kopf. Sein
plumpes Maul ist geöffnet und lässt einige Zähne sehen. Im
Ganien gleicht er etwa einem Teckel.
Ober dem Hund liegt, gleichfalls nach links, ein Tier mit
Hasenpfoten (Carters Zeichnung ist hier ungenau) sonst einem
Reh am ähnlich^en. Es hat ein geflecktes Pell, spitze, auf-
gerichtete Ohren, und scheint eine der Pflansen zu fressen.
Jenseits des Bruchs sieht man auf dem Original deutlich das
Hinterteil des Tieres. Eine Bestimmung des Tieres weiss ich
nicht zu geben.
Dass hier eine Jagdscene dargestellt sei, lässt sich nicht be-
sweifeln. Wilkinson {Manners and customs^ II S. 87, 89)
und Maspero haben lan^e erkannt, dass der wilde Stier zu
den regelmässigen Jagdtieren Altägyptens gehörte^. Für das
neue Reich lässt sich das Rind als Jagdbeute nachweisen auf
dem weiter unten besprochenen turincr llolzkästchen und ei-
nem thebanischen Grabbild, das nach Champollion Mnnu^
ments Taf. 171 bei Perrot -Chipiez I Fig. 183 abgebildet ist.
Der eine der hier dargestellten Stiere hat übrigens ganz ähn-
liche Hörner wie der Stier auf der Büchse von Kahun : der
Beispiele sind nicht viele, wo die Hörner sich so sehr decken.
* Natflriioh sind alle drei Tiere airf einrnn Plan hintereinander su denken.
* Vgl. für ihn Marleite, MmwmtUt diwrs Taf. 49, erster Hand von un-
ten (XI. Dynastie). Ghampollioa äonumaOs IV Taf. 428, unten rechts, in
ganz ähnlicher Stellung,
3 Maspuru, Leclures hisloriques S. 71-73, Uist. ancienne de l'Orient cUusi-
«US I 8. ISS ff. 8. 6S. Älteste Darstellang wo! D8micben, Resnltaie I Taf. 8,
fOnTtos Regisler v. o. (V. Dynastie), die Erman, Ägypten 8.331 allerdings
anders erklärt. Unter den Bildern von Beuihassan stcMon zweifellos Stiere
dar: 1 Taf. 13, drittes Roister t. o. (der Ausgabe desArcUaeological Survey),
Taf. 80, sweitesitasister v. o. (SUervoa Pfeil getroiren). U Taf. 18 und das
merkwOnlige Bild Taf. 31 erstes Register v.o. SSmtlieh Ifittleree Reieh,
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i46
t, von tissmtf
daas maD sunaehat wie bei deo Stieren der asiatieehen Kaiiat
den Bindruek eines Einhorns hat. aber sie fehlen nieht g$ns-
lieh.
Eine Stierjagd ist auch in Medinet Habu auf der Sadostseite
des ersten Pylons dargestellt: Ramesses III erlegt zu Wagen
wilde Esel und Stiere aber die ungemein lebendig darge-
stellte Seene findet oaeb der Inschrift auf einem asiatiichen
Peldzog am Ufer eines von Diekieht umgebenen Flusses Statt,
vermutlich in Nordmesopotamien, wo auch Senacherib die
wilden Rinder jagt ^ Im Kultus hat sich noch eine Remi*
nisoenz an die alte Sitte,den Stier zum Opfer einzufangen er-
halten : in Abydos fangt Setbos I und sein Sohn Ramessee den
Stier mit dem Lasso, d. h. er schlingt um den zur Vorsicht
schon am einen Hinterfoss gefesselten Stier die Fangleine,
während sein Sohn den Stier am Schwans packt (Mariette,
Abydos I Taf. 53). Maspero hat geieigt,da8s diese Darstellung
in Zeiten zurAckweist, wo der König noch wirklich den kräf-
tigsten Stier aus der halbwilden Heerde herausfing.
Fig. 2
Mit der Darstellung des Holzgefasses hat unter allen ange-
fahrten die Befähasseui (Ausgabe deSilrcA. survey) II Taf.
31 abgebildete.hier Fig. S wiederholte Scene diegrösste Ahn-
< Murray, Hamlbuok of Egypt 189»', S. 802.
s Maspero, Lectures histuriquet S. 274 ff. Auch auf dem Obelisk Salma-
D&ssars ( Lajard, Xineveh »nd itt «««m'iu I 8. 282) kommt das wilde Rind
Tor. Rdsner mMht mich animerksam raf den Berieht Ketlinicfarift. BiUio-
tbek I 8. 38, der aus der Zeit Tiglalhpilrsars I (etwa 1100) stammt and he-
merkt, dnss Her Nanio des Wildsiicrs (genauer Bergsliers) sobon in Testen
des dritten Jaiirtausends vorkummt.
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lichkeit. Sechs Männer bändigen auf freiem Feld einen Stier;
zwei haben ihn mit der Bola an den Hörnern festgebunden,
einer fasst ihn mit aller Gewalt am Schwanz, zwei andere
fallen dem Tier um die Beine, einer endlich fliegt mit aus-
gebreiteten Armen in der Luft über den Hörnern des Stiers:
das wütende Tier hat ihn hochgeschleudert. Analog möchte
ich das Bild der Holzbuchse erklären : der Stier ist aus dem
Dickicht* gebrochen, hat den ersten Mann überrannt, einen
zweiten in die Luft geschleudert, während ein dritter sich eben
duckt, um dem Stoss der Horner zu entgehen und vielleicht
das eine Bein des Stiers zu fassen. Dass der Mann über dem
Stier nicht etwa auch am Boden zu denken ist. lehrt die
Haltung des rechten Arms, der sonst hinter dem Stier ver-
schwinden müssle. Aber auch etwa auf den Stier springend
kann man ihn sich nicht denken : die etwas nach unten
geneigte Haltung des Oberkörpers scheint mir dagegen zu
sprechen und der ausgestreckte Arm würde andernfalls woi
nach dem Kopf und den Hürnern, nicht dem Halse fassen.
Leider fehlen uns die vermutlich weiter rechts aufgestellten
andern Jäger, nur der treue Hund sizt ruhig da und erwartet
das Wild.
Hat der Inhalt des Bildes in Ägypten nichts Befremdendes,
so macht der überaus lebendige Stil auf den ersten Blick
einen unägyptischen Eindruck. Wol jedem Beschauer fällt
unwillkürlich das Wandgemälde ein, das Scbiiemaon zu
Tiryns entdeckt hat
Die Ähnlichkeit ist in der That vorhanden, die Bewegung
des Stiers ist die gleiche, die Haltung des Schwanzes sehr
ähnlich, die Stellung des Mannes über dem Stier zu Tiryns
nimmt etwa die Mitte ein zwischen der zu Benihassan und
der auf dem Gefäss. Ich glaube sogar dass das ägyptische
Bild die Deutung des tir^nthischen Gemäldes auf einen
* In dem wir ihn i. B. auf der Areb. Jaiirbiicli 1898 Taf. t pnblicirten
SolMle aus Ägypten lehen.
* Beblienwui, TiiTiit Taf. 13 und oft wiedarlioll.
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r. VON BI8tlM4
Stierfang ' unterstützt. Denn wenn auch religiöse Momente
bei der Deutung des tiryntliischen Wandbilds mitsprechen
mögen, so lehrt die Büchse von Kahun deutiich , dass in
jedem Fall der Fang eines Stiers, vielleicht zum Opfer,
dargestellt ist. Und eine Kleinigkeit scheint den Zusammen-
hang zwischen dem llolzgefäss und dem Wandbild noch enger
zu gestalten : auf der Büchse aus Kahun ist die Tracht des
Mannes oben unägyptisch, wenn anders der nur bei ihm, nicht
bei dem Liegenden, auftretende Haarschopf beabsichtigt ist.
Ihn tragen unter allen auf ägyptischen Denkmälern vorkom-
menden Völkern nur die Kfliu, über deren Verhältniss zu den
Mykenäern und Kretern einerseits, den Asiaten andrerseits ich
andern Orts gesprochen habe'^; auch der Schnitt des Schurzes
passt besser 7ai den Kfliu des Rechmeregrabes ^, als zu dem
Schurz der Ägypter des neuen Reichs, der weiter, kürzer und
gerade abgeschnitten zu sein pflegt^. Im neuen Reich hat er
zudem meist vorn eine Spitze. Der im Schnitt ähnliche Schurz
der Soldaten des neuen Reichs hat vorn ein dreieckiges,
herunter hängendes Schluss-Stück (wie es ungefähr die
Highlanders tragen) ^, hingegen scheint mir der Schurz der
Schirdana — fremder, wol kleinasiatischer Söldner in ägyp-
tischen Diensten — eine gute Parallele atu der Tracht der Männer
auf dem Stierbild zu bieten ^.
Fremde Leute also würden danach auf dem ägyptischen
Holzgefäss dargestellt sein. Der Inhalt war den ägyptischen
Künstlern wol vertraut, aber sie hätten hier einmal ein
fremdes Vorbild eben des Inhalts wegen, nicht copirt, aber
benutzt.
' Athen. Mittheilunpen 1889 8. 215. Arch. Aueiger 1889 S. 122. Arotu
Jahrbuch 1892 ä. 72 fT. Fhilulogus 18^2 8. 9.
I Arcb. Jahrbneh 1898 8. 51, woielbst LHteratur. Dass der Name KlUn
Kreta iiinras.se, ist seit lange aach Ermans Ansicht wie er mir mitteilt.
» Z. Ii. Wilkinson, Uantiers anrl rustoms ^ I Taf. 2 a, untere Beibe, wo
aucb der Unterschied des äg)ptiüchen bchurzes klar wird.
* Vgl. Bmutn, Ägypten uimI Mimoifw du Cain V.
* Bnnan, Ägypten 8. 158.
* Maspero, Hi$L oncteiM 4» VOHnU «Umiqm II 8. 351.
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STIERFANG AUF EINEM AEGYPTISCHEN HOLZGEFAESS
249
Die Möglichkeit nämlich, die Holzbüchse selbst einem frem-
den Künstler zuzuschreiben, haben wir nicht. Nicht nur die
Technik (eingeritzte Linien mit grüner Farbe ausgefüllt) ist
durch und durch ägyptisch, sondern auch die Darstellung
selbst ist es bis auf die eine Scene. Für die Tiere, Antilope,
Hase, Hund haben wir schon Parallelen herangesopen wo
dies überhaupt nötig ist* Die Pflanzen sind die in Ägypten
üblichen * : sie finden sich, freilich kümmerlich genug im
alten Reich (Dümichen, Resultate I, 8), sind häufig im neuen
Reich Auch den ägyptischen Charakter der Ornamente
haben wir schon hervorgehoben. Was endlich die Form angeht,
so ist die cylindrische Büchse in Ägypten gerade im neuen
Reich öfters nachweisbar. Im Louvre werden deren zwei auf-
bewahrt. Die eine mit einem Deckel derselben Construction,
wie er für die Holzbüchse aus Kahun angenommen wer-
den musste, und drei niedrigen Füssen zeigt zwischen einem
Stabband und dem Ornament der Scheinthüren auf der einen
Seite in grün ausgemallen vertieften Reliefs Mann und Frau,
beide mit dem Salbkegpl auf dem Kopf, auf einem Sessel Arm
in Arm. Vor ihnen steht eine gleichfalls gesalbte Dienerin mit
einer Vase und Blumen. Auf der andern Seite sind tanzende und
musicirende Mädchen, alle gesalbt, in verschiedenen Stellungen
wiedergegeben. Diese Scenen sind im Stil und Inhalt so durchaus
ägyptisch, dass kein Zweifel möglich ist. Ganz ähnlich ist die
zweite, grössere Büchse, über und über mit bunten Quadraten
bemalt; auf dem Deckel sind Blumen dargestellt. Sehr häufig
finden sich Affen, die solch eine cylindrische Büchse vor sich
halten, wie z. B. Wilkinson, Manners* U S. 348.
* Wenn ihre perspektiviscbe Anordnung mit der der Pflanzen und Feilen
auf den Goldbecliern von Valio ülx'nniisliramt (dio man ilherliaupt ver-
gleichen kann), so ist hier die Priorität sieber in Ägypten. Aber Niemand
wird ernstlicb daraus Folgerungen ziehen vollen.
s Z. B. Petrie, T«U «I Amama Taf. 3 and 9, Arcb. Jahrbueh 1898 Taf. S,
auf mebreren der später erwähnten IIoizgegensländen,ChanipoIlion,ifonu-
ments 171 ( vgl. oben 8. ?'k)), Petrie, Jttahun Tal. 5, 'i u. s. vt. und das Grab
des Noferhtp Wilkiason, Manners^ Iii Tal. t)7, Grab des Amumbeb, Mit'
iiM d« Cain V.
AraiM. Mnmauunfent ziw. i'^
250
p. VON BI88IN0
Andreneito ist in Menidi eine eylindrische Bflcbse aus
Elfenbein gefanden .deren Decltel im Stil und in der Anord«
nung der Piguren mit einem in Ägypten gefundenen über^
einstimmt. Wir mfissen darauf nocb surflck kommen; da aber
die Pyxis von Menidi innerhalb der griechischen Kunst Tor
der Wanderung ihrer Form nach vereinzelt dasteht, wird man
eher an eine Übertragung der ägyptischen Form nach Menidi
als an das umgekehrte Verhäilniss denkend
Auch stilistisch bleibt die Büchse von Kahun nicht verein«
zeit. Der lebendige Zug, den die Darstellung aufweist, ist
der Kunst des neuen Reichs zur Zeit der XVIII. Dynastie
Oberhaupt eigen ^. Es ist irrefahrend von einem besonderen
Stil von Teil el Amarna zu reden. In den Dolchklingen der
Aahotep, an 150 Jahre vor Amenophis IV, bemerken wir
ihn schon, in thebanischen Gräbern der XIX. Dynastie, wie
dem des Ipuy finden wir ihn wieder und der Palast Ameno-
phis III zu Theben bat im Wesentlichen das gleiche Aussehn
gehabt wie der zu Teil el Amarna.Nicht einmal das Incrusti-
ren der Wände ist Amenophis IV eigentOmlicb. Ich verdanke
Ludwig Borcbardt Zeichnungen in London aufbewahrter
Wandincrustationen ausGurob,die sich von denen des Königs-
palastes Amenophis IVwol in der Qaaiität,aber nicht irgend wie
sonst unterscheiden, und neuerdings hat Petrie in Denderah
gleichartige Einlagen aus griechisch-römischer Zeit gefunden.
Es ist eine etwa SOO Jahre anhaltende Glanzzeit der ägypti-
schen Kunst, die dann unter Ramesses III eine kurze Nach-
blute erlebt. Sie bereitet sich vor im mittleren Reich, wie die
herrlichen Decken der XII. Dynastie zuAssiut beweisen^ und
ich im Arch. Jahrbuch 1898 S. 32 f. auch an andern Beispie-
len zu zeigen versucht habe. Petrie hat gewiss Recht, wenn
' Kuppelgrab i>ei Meuidi Taf. 7 S. 27. Soweit ich hier, wo ich fast nur
auf die eigne Bibliothek angewiesen bin, urteilen kann, trafen die Fände
von Menidi auch sonst einen stärker orientalischen Charakter als die mei-
sten älteslen griechischen Funde.
a Vgl. darüber Arch. Jahrbuch 1890 S. 33 IT.
> Vgl. z. B. \Vilkinson,iraniiefi> I Taf. 8 Fig. 4. 7. «0.
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SnSllFAHa AOr BIMBM ABGTPTISCBKN HOLSaSPABSS
251
er meint', die Künstler Amenopliis IV seien Ägypter gewesen.
Die Grundlage der Kunst ist einheimisch. Aber es lässt sich
nicht läugnen, dass sich diese Kunst in ihrer höchsten Ent-
wicklung anscheinend auf die Kleinkunst beschränkt hat,
während die grosse Kunst nur in einzelnen Fällen nachfolgt.
Allerdings können wir nur nach den Gräbern urteilen, die uns
in ihren Malereien gewiss nicht das Beste ägyptischen Kunst-
vermögens vergegenwärtigen. Denn Teil el Ainarna und der
Palast Amenophis III, vielleicht auch die Proben aus Gurob
gehören einer verliältnissmässig kurzen Zeit an und lassen
sich allenfalls als von einander abhängig erklären'^.
Eine wertvolle Reihe hierher gehöriger Ilolzkästchen und
Elfenbeinschnitzereien, die ich im vorigen Herbst im Louvre
unter den alten Beständen gesehn, wird demnächst Chassinat
publiciren. \iiu anderes Kästchen derselben Form, wie die
meisten hierher gehörigen 3. das aber im Stil etwas abweicht,
legte E Naville auf dem letzten Orientalisteocongress vor und
gedenkt es zu veröffentlichen.
Fio. 3
♦ Teil el Amarna S. 13 unten.
a Doch stosst das für Gurob schon auf Schwierigkeiten und die gieicb-
artige Decoration des Palastet Ramesses III su Teil el Yelmdieli maeht es
wahrsclicinlich, dass voriichine Hauser in Ägypten eben mit Glasincrusta-
tioncii U.S.W, gcschmiickt wuren. Das lial sich dann Iiis in die hellenisti-
sche Zeil gebaltcu : ein Fragiucul in Bunu, gauz ähnlich den Faieucen aus
Teil el Yebudieb, aber feiner in den Farben, seigt den Donneriteil. Es
stammt aus dem kairiuer Kunslhandel.
* Wie WiUinson, Manntn* II Nr. m.
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252
f. VOM ftlSSlNfl
Andere Beispiele sind lange bekannt, so das Fig. 3 naeh
Petrie, Kahun Taf. 18, 31 wieder abgebildete Holzkästchen
ausderXVIll. Dynastie (vgl. Kahun S. 35). Es ist nur
ein Fragment, aber nach Petries Worten zu erj^zen wie die
Holzbttcbse aus Kahun. Es zeigt auf freiem Feld zwei lie-
gende und ein rennendes Kalb, wofür man als Gegenstück
nicht nur auf TeU el Amarna Taf. 4 .sondern auch auf Schalen
aus blauer Faience mit Innenzeichnung Tcrweisen kann^ Das
eine Kalb wendet den Kopf um sich den Schenkel zu lecken,
ein gut beobachteter Zug, wie er sich augenblicklich nicht
wieder nachweisen lässt. Die Pflanzen sind die üblichen, wie
sie I. T. auch auf der Holzbüchse von Kahun vorkommen.
Das Omament,weIches oben und unten das Bild einfasst, kenne
ich zuerst an dem Sarg des Gntef im Louvre*, dann auch auf
einer von Furtwängler-Löschcke. Mykenische Vasen, Text S.
32 (Fig. 19) erwähnten BQgelkanne aus Faience (ägyptische
Nadiahmung).
Ferner bewahrt das Museum zu Turin ein Holzkästchen in
Form eines Halbcylinders (Katalog Rossi 6415) mit Schiehe*
deckel, auf dem der Name des Offiziers Huy steht, der uns
mit Wahrscheinlichkeit in die XVI II. Dynastie oder den
Anfiing der XIX. weist ^. Die Ornamente, die den Bildstreifen
einschliessen (Wellenlinie, Granatäpfel, Scheinthüren u.s.w.)
sind rein ägyptisch, die Ausführung ist nicht besonders fein.
Das Bild selbst zeigt einen nach rechts eilenden Mann, im
kurzen, vom spitzen Schurz, der einen Stier mit dem Lasso
gefangen hat. Der im Papyrussumpf daher trabende Stier zeigt
beide in der gewöhnlichen Weise gezeichnete Hdrner, obwol
er von der Seite gesehen ist; sein Schwanz, nach dem die an-
dere Hand des Mannes zu fassen scheint, ist im Bogen aufwärts
< Z. B. Pelrie, lUahun Taf. 17,7. 20.3.5. Auch auf den polychromen Va-
MO der Zeit Amenopbis III und IV kuiunildai» Motiv vor und häll sich dann.
* Pelrie, Bm. of Bgypt I 8. 128. Dteorativ« toi 8. 51 erkltrt er es kaum
mit Reclit für ein Federornament. Bfaer stellt es ineinander geflochtene
Bänder dar.
' Die Darstellung publicirt: Petrie, Pbolograpbien Turin.
STIBBFANa AUF EINBM ABOYPTISCHBN HOLZfiBFABSS 253
gerichtet. Von oben springt ein Pftnther auf den Stier herab.
Von dieser Gruppe abgewandt lur Linken hinter dem JSp
ger wird eine Gazelle Ton einem Löwen angefallen. Bin Jun-
ges springt der Gazelle an den Euter, während ein Panther
mit geflecktem Pell und grossem Schweif weiter hinten , in
der Darstellung selbst also aber der Gazelle und dem Löwen,
steht.
Ganz ähnliehe Motive aus dem Tierleben finden sich auf
den vorhin erwähnten Schnitzereien im Louvre und auf den
Wänden und dem Deckel eines Kästchens in Giseh , dessen
teils in Relief, teils in eingelegter Arbeit ausgeführte Darstel-
lungen Taf. 8,4. 5 abgebildet sind; auch die Arch. Jahrbuch
i8V8 Taf. S publicirte prachtvolle Bronzeschale gehört hierher.
Anschliessen darf man weiter ein von Schäfer in der Ägyp-
tischen Zeitschrift (1893 S. 105 if.) veröfTentlichtes Lederkäst-
chen im Berliner Museum, dessen eigentOmlichen, dem na-
villeschen Kastchen nah verwandten Stil der Herausgeher
gut gewOrdigt hat. Hier begegoet uns, mehrfach wiederholt,
die Gruppe eines Löwen und eines Gazellenkälbchens. Der
Löwe hat einen kleinen Kopf und kurze Beine, an denen die
Muskeln stark hervortreten ; der hochgehobene Schwanz endigt >
in eine dreieckige Quaste*. Er packt mit dem Maul die
rotgefleckte Gazelle am Ohr und hebt so das Tierchen in
die Luft.
Der Löwe ist dem Typus nach eben so unägyptisch wie un-
assyrisch. Will man Oberhaupt vergleichen, so finde ich eine
Ähnlichkeit in der Anlage der Formen nur mit den Tieron am
Löwenthor von Mykene : ahmte ein ägyptischer Künstler einen
Löwen griechischen Stils ungeschickt nach, so konnte schon
ein so unwahrscheinliches Gebilde entstehen.
Stilistisch dem Lederldtotehen einigerroassen verwandt, ist
ein zweites Holzkästcben zu Turin ^. Hier ist auf dem Deckel
in Hochrelief eine von zwei Hunden angefoUene Gazelle dar-
* Wie auch auf dem turinor Kästchen 6415.
* Nr. 6416 Rus.si, Ü,I5 laug, Ü,065 breit, 0,05 hocb.
254
F. VON BISSING
gestellt, die den Kopf wendet. Ein Hund sitzt auf ihrem
Rücken und beisst sie ins Maul. ein anderer packt sie am Euter*.
Als Jagdhunde tragen beide Halsbänder. Gräser ähnlich den
auf den petrieschen BQchsen dargestellten, füllen den Baum.
Da<^ Kästchen wird ungefähr datirt durch einen in schlechten,
tiefen Zeichen eingeschnittenen Text magischen Inhalts, wo-
nach es frübstens der XIX. Dynastie angehört.
Collection Hoff mann, 1895, Antiquite's egyptiennes S.
84 ist in stilistisch leider nicht genügender Weise ein Holz«
gefios TeröfiTentlicht, das hoffentlich der unbekannte jetzige Be*
sitzer einmal besser zugänglich macht. Es stellt eine Löwen-
Jagd in Relief dar : auf einem Streitwagen mit einem Ross
steht ein Mann , der zum Wurf den rechten Arm erhebt,
während er mit der gesenkten andern Hand die Zügel hielt ^,
vor ihm steht ein zweiter Mann im Schurz mit der Feder auf dem
Kopf, der in der rechten Hand einen Speer hält, mit welchem er
einen Löwen im Sprung getroffen hat ; mit der andern scheint
er einen zweiten Löwen am Schwanz hochzuziehen , nachdem
er ihn von hinten mit einem Speer durchbohrt hat. Der Löwe
blickt sich hülQos nach seinem Peiniger um und berührt kaum
noch mit dem einen Vorderfuss den Boden. Weiter rechts grast
eine Antilope, an der ihr Junges aufopringt um zu saugen ;
den AbschluBs bildet eine weibliche geflügelte Sphinx mit
menschlichem Kopf und Vorderarmen und einem nur halb
sichtbaren hohen Götlerkopfsehmuck.
Die weibliche Sphinx und das an bekannte asiatische^ Dar-
stellungen gemahnende Schema des Mannes mit den zwei Lö-
wen geben dem Relief etwas Fremdartiges, ohne dass man be-
stimmte Vorbilder nennen könnte.
* Übertragung des häutigen Schemas des Muttertiers mit dem saugenden
Jungen.
* Wann diese gemalt? Der Verfertiger des Oefftsaes «ehdnt eine Vorlage
benutzt zu haben,dic er ungeschickt verkleinerte; so Tehlt dem Mann auf dem
Wagen die rechte Hand, der S[>lutix der obere Teil der Knwir
3 Vgl. Perrot-Cbipiez III Ö. 038, Nr. 429, aber auch Roseliiui, Mon. storici
III, 1 8. 110 Taf. 2B , aus der Zeil Amenopbis I.
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BTIBRFANG AUF BINEU AKQYPTISCHEN UOLZOEFAESS 2S5
Eb mag hiermit genug aeio, da eine Untersuchung tther den
Tjpenaehatz dieser Reliefs erst möglich sein wird, wenn eine
grössere Anzahl davon zu^glich gemacht ist. Sie bilden eine
besondere Monumentenklasse S stehen aber, wie nicht genug
betont werden kann, in unlöslichem Zusammenhang mit der
XVni. Dynastie«.
L. Yon Sybel hat vor Jahren angenommen, die Befreiung
der ägyptischen Kunst zu Anfang des neuen Reichs sei von
Asien aus veranlasst worden Heute, wo wir die ägyptische
wie die asiatische Kunst besser kennen, lasst sich das nicht
mehr aufrecht erhalten. Die asiatische Kunst weist keinerlei
Eigenschaften auf, die sie zu einer solchen Befruchtung der
ägyptischen befähigen wurden. Und die Ansätze zur Befreiung
der Kunst im Nilthal sind andrerseits zweifellos älter als die
grossen asiatischen Kriege*. Ich könnte mir denken, dass man
die ganze Entwicklung zum Höhepunkt der Kunst unter Ame-
nopbis III und IV als eine national ägyptische ansähe. Nur
würde ich dann erwarten, dass die Entwicklung sich in allen
Teilen der Kunst gleiehmässig zeigte und sie sich auf alle
Sphären ausgedehnt hätte. Auch scheint mir die Entwicklung
so ungemein rasch vor sich zu gehen, dass man sich unwill-
karlicb nach einer fremden Anr^uog umsieht.
Die einzige Kunst aber, die sich dann darbietet, ist die hel-
lenische Kunst vor der Wanderung. Sie allein zeigt die gleiche
ornamentale Fülle und Oberfülle, die gleiche naive Kraft des
Vortrags. Freilich sind die griechischen Künstler in der Kühn-
heit der Darstellung den ägyptischen noch überlegen, während
diese ihnen im Einzel-Ornament nichts nachgeben.
Seit Furtwängler und Löschcke in den Mykenischen Vasen
* Nur nebenbei sei auf eine hierher gehörige Metaliarbeil aufmerksam
gemacht, eine Axt mit dem eingelegten Bild eines Ochsen, Wiliiüisoii» Man"
Mrs> I 8. 214.
> Vgl. z. B. auch Teil el Amarna Taf. 0.
3 SvIipI. Kritik des ägvptischeii Ornaiiienls.
* Vgl. dazu meine älaliäliscbe Tafel Tulbmosi^ III 8. xxu ü'.
256 F. VON nisäiNG
zuerst auf die Beziehungen Mykenes lu Ägypten hingewiesen',
ist das Material bedeutend gewachsen. Und während Perrot
VI S. 1005 eine ausreichende Überaiciii der nach Griechen-
land exportirten ägyptischen Ware gegebea hat, fehlt für den
mykeniachen Import nach Ägypten eine derartige ZusammeD-
stellung. Es kann nicht meine Absicht sein hier ein voll-
ständiges Verzeichniss zu geben, wo! aber holTe ich, dass die
folgende Übersicht lehren wird, dass der Einfiiusa der ältesten
griechischen Kultur auf Ägypten, so wenig man ihn fiber-
schätzen darf,eine Thatsache ist, mit der man rechnen muss^.
Wenn im Alli^emeinen auch der stärkste Import mykeni-
scher Warenach Ägypten mit der jüngeren Hälfte des dritten
Stils zusammenfällt ^ so sind die Beziehungen Ägyptens zu den
Mykenäern nniweifelhafl älter. Über die von Petrie gefunde-
nen Scherben aus Kabun kann ich mich, ohne die Originale
gesehn zu haben, nicht äussern^. Sicher scheint aber, dass sich
darunter eine hellenische Vase mit Mattmalerei befindet^. Das
würde uns in die XII. Dynastie, d. h. etwa 2500 vor Chr.
führen. Aber Petries Oatirung unterliegt doch manchen Be-
denken. Kahun war gebaut worden als massenhaft Arbeiter
zum Bau der Pyramide und des Tempels Usertesens II her-
beieilten, es versteht sich aber von selbst, dass die Stadt auch
in der Folgezeit bewohnt blieb ; in der That fehlt es nicht an
2^ugnissen aus der Zwischenzeit von der XII. zur XVII I. Dy-
nastie und bis in diese hinein. Nun hat Petrie zweifellos Recht,
dass die fQr Amenophis III und IV bezeichnenden Vasen und
* 8. ziiir. 8. 14,31 AT. 89 fr. insbesondere. Dosen in Gestalt einer Bnle,
die den Kopf zurückwendet, giebt es jetzt eine ganze Anzahl Ägypten.
* Der erste, der dies lioloiit hat, ist wol E. Mever, Goscli. deü Altertums
II § 115 und 129; vgl. uuub ä. iieiaach, Le mirage ortenlal.
* Btwa von Tuthmosis III, Sethes II, XVIII. und XIX. Dynastie.
* Soweit man nach Abbildungen urteilen darf,lL&inte man, worauf mich
Wolters aufmerksam macht, die Vasen aus Kamares auf Kreta vergleichen;
s. Journal of Hell, studies 1890 Taf. ü. Pelrie, Jltahun Taf. 1. Monumenli
M UmH VI. Taf. 9.
s Petrie, lUahm Taf. 1, 13.
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STIERFANO AUF SINBM ABaVPTISCHBN H0LZGEFAES8 257
andren kleinen Altertümer fast ganz fehlen. Man wird also die
Menge der Funde aller setzen als die zweite Hälfte der XVIII.
Dynastie. Und da auch sonst die Kieinfunde sich mehr an die
XII. Dynastie ansehliessen, als an das neue Reich, darf man
mit der Datirung der Schutthaufen im Wesentlichen noch im
mittleren Reich bleiben. Aber weiter zu gehen erlauben uns
unsere Kenntnisse nicht. Denn zwischen Töpfen und Amu-
letten der XII. Dynastie und solchen der Folgezeit bis zur
XVIIl. scharf zu scheiden, ist einstweilen unmöglich. Und
wenn die Schutthaufen auch ausserhalb der Stadt lagen, so
giebt uns das noch kein Recht, sie allesamt früher anzusetzen
als die Schutthaufen im Innern der Häuser. Man wird schwer-
lich sorgföltig erst das eine, dann das andere Verfahren ein«
geschlagen haben ; wer ein Haus in der Mitte der Stadt besasa,
fend es gewiss bequemer, Abfall in das nächste Terlassene
Haus abzuladen, wer nah der Mauer wohnte, brachte den
Schutt ¥or die Stadt. Petries Datirung wäre zutreffend, wenn
wir voraussetzen müssten, dass ein Quartier der Stadt von
den Behörden preisgegeben worden sei: *bier kann Schutt
abgeladen werden Aber wie die Dinge liegen und noch heute
im Orient sind, kann man nur sagen: zwischen der XII. und
XVIII. Dynastie, im Mittel also um 1800. Einer solchen Da-
tirung aber steht von keiner Seite etwas im Weg^ ; wir blei-
ben somit mit der Mattmalerei am Ende des dritten Jahr-
tausends ^
Zu den älteren aus Ägypten stammenden altgriechischen Ge-
lassen wird man noch zählen dürfen : 1 ) die schöne Kanne in
Marseille, Perrot- Chipiez VI S. 996, die nach Maspero, Cat.
du Mm€e tgyptien de Marseille Nr. 1043 in Ägypten ge*
funden ist, während andere filrsiedie Herkunft aus Tyrusvcr-
sichem*. Unbestritten stammen aus Ägypten S) die bei Petrot-
* Btwas anders urteilt Evans {Ontan pkUtgraphs 8. 79 •82), der aber
auch auf die kretischen Vasen hinweist.
> Perrol- Chipiez VI S. 1013 zu 8. 916, vgl. Arch. Anzeiger 1893 8. 9 f.
(Furtwangler), wo verwandte QeOsse aufgezählt sind.
258
F. VON BISSING
Chipiez VI S. 925 publicirte Büchse des Brittischen Museums,
sowie 3) flie von Murray, American journal of arch. VI
S. 437 ff. Taf. 22 publicirte Vase. In der Datirung hat Furt-
wängler gegenüber dem Herausgeber, der sie für Bpätmyke-
nisch hielt, offenbar Hecht. Die Form dieses Gefässes ebenso
wie die der marseiller Kanne weist deutlich auf Metallvor-
bilder, und in der Decoration stioimen die Vasen 1-3 so auf-
fällig überein , dass man am liebsten geradezu den selben
Töpier für sie annehmen möchte ; das fdllt bei der Kanne
in Maseille für Ägypten gegen Tyrus ins Gewicht. 4) Die
von Petrie, lüahun Taf. 26 abgebildete Vase aus dem
Maketgrab, das, wie nun auch sein Entdecker annimmt, der
frühen XVI 1 1 . Dynastie angehört * . 5 ) Der von Petrie , lUahun
Taf. 19, 37 abgebildete mykeniache Trichter, dessen Henkel
und Spitze leider abgebrochen ist und zu dem man das Orna-
ment Myk. Vasen Taf. 31, 293; 19, 134; 35, 356 vergleiche,
letzteres freilich ein Fragment vierten Stils, wonach also der
Trichter, der undatirt ist', auch in die Jüngste mykenische Zeit
gehören könnte, von der wir m. W. in Ägypten kein Beispiel
haben. 6) Mykenische Büchse, abgebildet auf unserer Taf. 8,
3, im Museum zuGtseh. Thon hellgelb. Firniss gut, verschie-
den dick aufgetragen, stellenweise rötlich geworden. Auch die
Lippe innen gefirnisst, Höbe 7,5*", Breite 7,3. Zwischen den
Henkeln Palmen, unter und über den gefirnissten Henkeln
Wellenlinien. Auf dem Boden innerhalb eines den äusseren
Umriss angebenden Kreises zwei Paar sich kreuzweis über-
schneidender geschwungener Linien, in den vier Winkeln des
Kreuzes, an die Enden der Linien ansetzend je eine nach aus-
sen geöffnete Bogenlinie. 7) Ähnliche aber weniger flache
Büchse, abgeb. auf Taf. 8,1, im Museum zu Giseh. Thon
dnnkelgelb, Pimiss schwarz, brüchig, Höhe 8~, Breite 7,3.
Auch die Lippe innen gefirnisst. Zwischen je zwei Henkeln
< Vgl. Äfr.vptisciM' Zcilschrin HOT S. IT.
' Pntrie ^ii lii ühti iliii nicbu an uail die Datirung auf öelbus II bexiclU
hieb nur auf die Nr. 1 -'27.
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BTIIRPANO AUP BINBll AB0TFTI8CHBN HOLZ0BFAB88 259
ein herzfÖrmifies Blatt. Der Grund ist mit reihenweise geordne-
ten Punkten gefüllt, die Blätter sind unten durch eine Kreis-
linie miteinander verbunden. Auf dem Boden parallele, durch
einen Kreis eingefasste Wellenlinien. 8) Bügelkanne dritten
Stiles, abgeb. Taf. 8, 2, im Museum zu Giseh. Höhe 13"",
Breite 6,5. Gerades Eingussrohr, hoher Bügel, breiter Fuss,
dessen innere Fläche etwas vertieft liegt. Gelber Thon, leuch-
tender, an der einen Seite rot gewordener Firniss. Auf dem
Bägelknopf concentriscbe Kreise* das Ornament der Schulter
▼ier Mal wiederholt.
In die ältere Zeit des dritten Stils gehört vielleicht
auch der von Puchstein als mykenisch erkannte Deckel aus
dem Grab des Srbina ta Säqqarah*; er stimmt der Ein-
teilung der Decoration nach so genau mit einem in Menidi ge-
fundenen überein, dassein Zusammenhang sicher ist (vgl. oben
S. 250). Der lebendige Stil aber, der den Deckel vor allen andern
Holzarbeiten, die in Ägypten gefunden sind, auszeichnet, erweist
ihn als originale mykenische Arbeit, nicht als Nachahmung^.
Die Entwicklung der mykenischen Formen, d.h. der Bügel-
kanne, die numerisch weit überwiegt, hat an der Hand der
ägyptischen Funde Petrie, lUahun S. 18 g 38 bereits dargelegt;
er hat auch die von Löschcke und Furtwängler gesammelten
Nachahmungen mykenischer Ware in Ägypten um einige Bei-
spiele vermehrt. Diese Nachahmungen sind uns wertvoll,
weil sie beweisen , dass die Ägypter erstens die mykenische
Technik niclit beherrschten, andrerseits aber so viel Gefallen
an der mykenischen Ware fanden, dass sie sie in verschiede-
nem heimischen Material nachahmten. Und zwar scheint da-
bei die Bügeikacne als Behälter für Wolgerüche an die Stelle
jener ttrsprOnglich auch importirten,8ch5nrotpolirten Flaschen
« Vgl. Lepsius, Denkmäler Text S. 17. Arch. Anzeiger 1891 S. 41.
' Dass das Grab in .Saqqarah, in dem das Gofäss Fnrlwängler-Lösclicke,
Myk. Vasen 159 gefunden ist, ini neuen Reich (udur Hude des miuleren )
wieder benalit imdeii ist, lehren deullich die darin geftaidenen Särge und
Vasen; v^. Lepsius, Denkmäler, Text I 8. 167 ff.
260
r. VW BI88ING
getraten zu sein, die im Anfang der XVIII. Dynastie massen-
haft, dann immer spärlicher vorkommen.
Die folgende Liste soll, ohne vollständig zu sein, eine Reihe
verschiedenartiger Nachahmungen, nach Technik und Mate-
rial geordnet vorfahren. An Bügelkannen kenne ich :
1. Einfacher ägyptischer Thon mit Mattmalerei. Als Deco-
ration ausschliesslich umlaufende Kreise in mattvioletter Farbe.
Mehrere Exemplare in Giseh , je eins in Florenz (Agypt.
Sammlung 3.':!5'0 und Berlin (Ägypl. Sammlung 1611). Die
tiorentinor Vase scliien mir eine Art heller Engobe zu haben,
wo! um die schöne Farbe der my kenischen Ware wiederzu-
geben. Vgl. Petrie, Illahun 19, 12 und Teil el Ychudieh
ed. Egypt exploration fund S. 46 links unten (aus der XX.
Dynastie?).
2. Blaue, schöne Faience des neuen Heichs.
Zwei Exemplare im Louvre, von denen das eine ein Zick-
zackband um den Bauch zeigt (vgl. unten).
Eine Kanne in Bologna', auf der Schuller ein Band von
gegeneinander gekehrten Dreiecken , die mit Strichen gefüllt
sind; darüber Gräser, ähnlich den auf der Büchse von Kahun
darg^tellten und Palmetlen, für deren Form man Petrie, De^
coratwe art Pig. 51 vergleiche, wo der Ursprung dieser
Palmetlen klar wird ^. Die Ornamente sind in der ablichen
schwarzen Farbe vor der Glasur aufgemalt.
Zwei weitere Exemplare finden sich im .Museum zu Giseh.
Die eine Kanne (Kat. Maspero S. t?7, 2829 ) istTaf. 8,6abge-
bildet. Sie besteht aus graugeibem feinkörnigem Thon, mit
schöner blauer Glasur. Das Bingussrohr steht fast senkrecht,
der abgebrochene Bügel fehlt. Höhe 7,5, Breite des Pusses
3,7*". Auf der Schulter ist in schwarzer Parbe als einzige Ver-
sierung iwischen swei Linien eine Reihe von ägyptischen Hie-
roglyphen aufgemalt (abwechselnd Uzat- Augen, die Zeiehen
* < Vgl. Furiwängler-Löschcke, Myk. Vasen S. und Abb. 19.
3 Wul XVÜI. Dyoastie, doch äbiilicU ücIiuq auf Decken der Xil. Dyna-
stie in AbsiuI.
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STlBtlf ANO AUF* EINEM AEGYPTISCHBN HOLZOSrABSS 26i
filr schön, Leben, Kraft und Lotosblüten). Interessanter ist die
zweite, Taf. 8.7 abgebildete (Kat. Maspero28)2). Sie besteht
aus gleichem Thon mit dunkelblauer Glasur undschwan auf-
gemalten Oroamenten. Höhe 7, 8,, Breite des Pusses 3,8*", ßin-
gDSsrohr etwas schräg. Der BQgelist oben breit, rautenförmig,
darauf Rosette ; an den Seiten des Bügels zeigt sie einen
ägyptischen Blumenstrauss mit Winden und Lotosblüten*.
Auf dem Bauch sind gleichfalls in schwarz Gruppen von
Papyrus und Disteln gemalt^. Neben dem gerade aufgerich-
teteo Ausgussrohr sind nicht bestimmbare Gräser dargestellt.
Nach den Pflanzen-Motiven und der schönen blauen Farbe
dürfte die Kanne der XVill. Dynastie, etwa der Zeit Arne-
nopbis III - IV angehören
3. Wichtig sind auch die Abbildungen von BOgelkannen
im Grab Ramesses III. Sie zeigen im Gegensatz zu den bisher
besprochenen und den in Mykene gefundenen keinen Fuss,
sind ziemlich schlank und mit linearen Ornamenten ge-
schrnttckt. Vom gelben Grund beben sich auf allen vier seiner
Zeit von mir notirten Exemplaren rote Zickzaekbänder ab
die abwechselnd oben und unten geöffnete Dreiecke bilden,
in denen Punkte angebracht sind. Ganz in der gleichen Weis«
sind im selben Grab grosse Vorratsgefässe ganz unmykeni-
scher Form deoorirt^. Ihre Form entspricht den aus Syrien
eingeführten Weibrauchgefässen und man kann daher schwan-
ken, ob hier syrische Nachahmungen mykeniaeher Ware oder
ä^ptisch«} vorliegen. Dass das Ornament in Nordsyrien unA
Kreta heimisch war, hat Petrie auf Grund syrischer und Rftiu-
Kleidermuster vermutet^. Petrie hätte hinzufOgep können, dasa
• Vgl. Petrie, Teil el Amarna Taf. 2 uod 3. Decorative art S. 81 f. 1^7.
' Vgl. Mission du Caire V, Tombeau d'Apoui, paroi iL
3 Pclrie, Decoraiive art S. Sl.Borcbardt, Die ägjrpt. PflanzeDsäule S. 82.
• Vgl. Champollion, Monununts Tar.258 obere Reibe, in Farben, und 259.
AufTnr. 258 ist auch diu weiter unten besprochene Bügelkanne (?) abge-
bildet, für die icli (»la>. als Material vermute.
' Wilkinson, Manners^ II 8. 4 Nr. 8, 18, 19 (uicblgauz genau), besser
Cbampollioa, Monuments Taf. 259.
• Ptconti9$ ort 8. 15.
262 t. von B1881N6
auch im Dipylonstil das Muster nicht selten ist*. Aber an-
drerseits ist das Ornament so einfach, dass man nicht viel auf
die Übereinstimmung geben kann, und leider auf diese Weise
den ßeweis,dass die ältesten in Griechenland gefundenen Vasen
mit Pimissmalerei unasiattsch sind, weil sie ganz abweichen
fon den im Grab Ramesses III dargestellten, nicht bflndig
führen kann.
Verführerisch wäre es auch, die aus Ägypten in das Bonner
Museum gekommene, Taf. 8, 8 abgebildete Bügelkanne für
syrisch zu erklären. Sie hat einen runden, etwas abgeplatteten
Boden, ist O.OlJ.i'" hocli. Ihre steilen Henkel fallen etwas zum
BügelknopC hin ab. Das Ringussrohr ist abgebrochen. Der
grobe, röllielie Thon mit dem stark gebrannten, gelben po-
lirten Überzug entspricht genau den besten im Palast Ame-
nophis III und aufgelesenen Scherben von N'orralsgefässen.
Ebenso wie die von mir im .\rch. lahrhuch hS98 S. 54 be-
handelten rotpolirlen Gelasse, siechen diese gelbpolirten von
der gewiihnliciien bessern ägyptischen Ware ah. Die Vermutung
Dragendorll's, dass die syrischen t^rzcugnisse auch in syrischen
hriigen transporlirt worden seien, hat daher viel für sich. Wir
halten demnach in der gelben wie in der roten polirten Ke-
ramik (und beide sind schwer von einander zu trennen) Im-
port vor uns, dem freilich heimische Imitation nachfolgte.
Und darum bleibt auch für den, der den fremden Ursprung
der Töpfe als Gattung zugiebt, im einzelnen Fall ein Schwan-
ken möglich und wir können sichere Schlüsse nicht darauf
bauen ^.
Im Grab Ramesses Iii ist dann auch eine Bügelkanne aus
Glas abgebildet (VVilkiDson,ifii/i^^r.v^ S. 4 Nr. 107), die wol
kaum griechischen Ursprungs sein dürfte; für die Darstellungs-
* Brunn, Kunstgeschichte I 8. 54.
* Man vergesse vor allem nicht, dass mit deu fretuden Fürsten auch
kriegsgefangeno fri'mdt^ Kiiii>llei <'iiiv>aiulei leti, um! dasri-iclii' .Vg\ ptun ülier-
haupl fahrendes \ olk aiige/ugeii lidbcii wird. So kuiuileu fremde Teclmikeu,
die kciae besonderen Bedingungen ballen (wie guleu Thon oder Firniss-
fsriM) auch in Änrpten gedeibeo. Vgl. Peine, Bittory af Bffypt Ii 8. 189.
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ST18HFAN6 AUF BINBM AEGYPTISCHEN HOLZOEFAESS
weise» bei der das Ausgossrohr darch den Mittelslab des
Bogels verdeekt wird, vgl. a.a.O. Nr. 15. Möglicher Weise
sind aus der Form der BOgelkanne oder aus Gefassen wie
Myk. Vasen Taf. 15, 90 hersuleiten Gelasse wie das bei
CesDola- Stern, Cypern Taf. 14, 6 io der Mitte abgebildete,
dem in der Form bis auf den fehlenden Boden Wilkinson,
Manners^ II S. 4,14 entspricht (aus Glas).. Das fiiogussrohr
fehlt hier, oder vielmehr die Mittelstange des BQgels ist sum
Eingussrohr umgewandelt worden. Das Auftreten der gletehen
Form in Gurob zur Zeit der XVII I. Dynastie* spricht eher
für als gegen diese Annahme.
4. Eine Bfigelkanne aus Alabaster aus dem Ende der XIX.
Dynastie ist abgebildet Petrie, lllahun, Taf, 19, 37.
5. Ein mykenischer Trichter aus ägyptischer Faience be-
findet sich nach G. Karoe Angabe im Brittischen Museum.
6. In Gurob fond Petrie zusammen mit Gegonstanden der
Zeit Amenophis III einen Löwen, den er sofort mit dem Lö-
weotbor von Mykene zusammen stellte. Wie ich glaube mit
Recht. Denn die Abbildung (lUahun Taf. 8, 95), die den Stil
allerdings nicht erkennen läset, zeigt eine Löwin (?) genau in
der Stellung derer zu Mykene und nach lUahun S. 15 scheint
eine zweite Löwin geg^nttber gestanden zu haben, wodurch
die Ähnlichkeit noch grösser wird. Wozu freilieh dieses Lö-
wenpaar aus vergoldetem Holz gedient hat, ist nicht zu er-
mitteln*.
' Petrie, Hlahun Taf.;20, i. Leider giebl Cesnola über die Auflindung der
aus Dali stainincndenVase keinen Bericht. Sie f?ehiirl wol sicher der XVIII.
Dynastie an, wie ausser der Form der freie Stil der Tierzcicbnung beweist;
dhendabin gehören die beiden allerdings jftmmerlieh abgebildeten Schalen,
für die man Petrie, Illahun Taf. W, 3 und 6; IT, 7 vergleiche. Menschliche
Darstellungen auf diesen Schalen sind >;n selten, dass das Stück eine gute
VerüiTeutlicbuug luhnle. Die bei Cesnula Taf. 15- 16 abgebiidelea Uefässe
gehören danach in die Mitte des ilreilen Jahrtausends Tor Chr. und Ces-
nola hatte Recht, die Grahi r für die ältesten auf Kypros stt ballen.
' Aincliing, Führer durch <iic Antiken in Florenz 8. 201 Anm. erwähnt
eine ' kleine mykeniscbe Pjxis mit Rankenornaroent*. Wie aber Wolters
erliannt bat, ist das mit II attmalerei verziert« Qefäss nach Form und
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^^64 f. VON ftfSBIWA
Enge Beziehunp;pn zwischen Mykene und ALrypton lassen
sich auch sonst »M weiscn ; dir gemalten Fussböden zu Teil el
Amarna und im Palast Amenophis III zeigen die gleiche
wechselnde Technik wie die Fusshoden zu Tiryns' ; hier und
dort waren die Wände mit Kalkstuck bedeckt, den Malereien
schmückten; wie im Palast des Alkinoos, wie in dem zu
Tiryns, der Friesaus Kyanos an der Wand berumlief, so
schmückten bunte GlasHüsse die Säulen und Wände zu Teil
el Amarna und zu Teil cl Yehudieh ( Ramesses III Zeit).
In Ägypten reicht die Technik eingelegter Arbeit bis in die
Zeit des alten Reichs: in den Gräbern von Medum finden wir
mit Glasflüssen ausgelegte Hieroglyphen. Der Scbluss wäre eu
rasch , darum die Decoration der mykenischen Paläste aus
Ägypten herzuleiten. Auch ßabylonien, woher nach der stati-
stiscbea Tafel Tuthmosis ill Zeile 25 die Ägypter unter ande-
rem dra nachgeahmten Blaustein erhielten, kommt in Frage:
denn im Louvre werden aus Babylonien farbige, auch schon
dunkelblaue locrustationsplatteo aufbewahrt, die sich von den
sonstigen assyrisch - persischen scharf scheiden, aber mit den
Fragmenten aus Yell el Amarna entschieden verwandt scbei«
nen. Leider sind es wenige Stücke und ihr Alter bleibt un-
gewiss.
Aber wenn auch der Grundgedanke der mykenischen Pa-
lastdecoration ]aus Ägypten entlehnt sein, und nicht die my«
kenische Kultur bei der Ausschmückung der Serails Ame-
nophis ill und IV beteiligt gewesen sein sollte, so könn«
ten wir an einem Beispiel die Selbständigkeit der ältesten grie-
chischen Kultur gegenüber der ägyptischen beweisen. Die
Dolchklingen der Scbachtgräber hat man inhaltlich und
vielleicht auch der äussern Form nach mit Recht neben den
Dolch der Aahotep gestellt; aber technisch stehen die myke-
Ornament unmykeniscli. Nach einigen von DragondorlT nntirlen verwandten
Gefä&sen aus Ägjfplen dürfte es vielmciir der nactichrisUicben Zeit aüge-
hSna.
* SeUisnuum, Tiijns 8.
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STiEnPANfl AUF* EINEM aeüyPtischen holzqePaess ?65
nischeo Dolciiklingen viel höher: jene Melallpoiychromie, die
den mykeniechen Dolchen und dem homerischen Schild (dei*
sen DeooratioDsprincip sich hinwieder zuerst in Ägypten nach-
weisen lässt*) gemeinsam ist, wird in Ägypten erst g^n finde
des neuen Keichs (um 1000) gebräuchlich.
So ist es im einzelnen Fall misslich, bei den auch in der
Ornamentik sich darbietenden Parallelen aus vielleicht zu-
fälliger Priorität auf der einen oder andern Seite Schlüsse auf
Entlehnung zu ziehen. Den Griechen bleibt die I'>ßndung der
Ranke, wie Hiegl gezeigt hat: ob aber bei den ofi abgebilde-
ten ägyptischen üeckenmustern , die mit der Decke von Or-
chomenos übereinstimmen, die Priorität nicht auf ägyptischer
Seite liegt? Die vollkommene Hei he der Entwicklung, wie
sie jetzt bequem bei Petrie, Decorative art S. 28 ff. vorliegt,
lässt sich jedenfalls leichter in Ägypten als in Mykene
nachweisen. Und die verständnissiose Verwendung der mit
einander verbundenen Enden zweier paralleler Spiralen auf
der mykenischen Grabstele bei Perrot-Chipiez VI S. 765 sieht
eher aus wie herübergenommen aus einem Musler wie Perrot-
Chipiez I Fig. 541,6, als wie selbständig entwickelt auf grie-
chischem Boden. Wie fast immer fehlt es an ausreichenden Pu*
biicationen auf ägyptischer Seite : die Decken der Gräber von
Assiut aus dem mittleren Keich sind noch immer unpublicirt.
im Grab des Hapzfa habe ich mir das Vorkommen des Mäan-
derstabes, der Spirale, des Schachbrettmusters notirt. Wilkin-
son, Manners^ 1 Taf. 8 (zu S. 363} Nr. 4,7, woi auch
14, sind ihm oder doch gleichzeitigen Gräbern entnommen,
27, 28 kann ich nach meinen Notizen zwei thebaniHchen Grä-
bern aus der XVI IL Dynastie zuweisen (Sobkbetp und Jnni).
Solange uns aber die Möglichkeit tehlt, die Geschichte des
ägyptischen Ornaments lurtiaulend weiter hinauf als bis in
die XVlll. Dynastie zu verfolgen kann unser Urteil über
« Vgl. Arch. Jahrbuch 1898 8. 50.
' Kiegl, btiltrageu lüs&l Lier ganz im Stieb, auch PeUie, Decorative arl
ist in den Angaben über Zelt und Ort der berangezogenen Beispiele xu
ATBBN. liraZBBlLDIl6Blf ZZIU.
266 StlEIl^ANÖ AOS' JtUfSy ABOYfTISCttSN ttOUWABSS
das VerbaltDiBB der mykenisehen lur agyptiwhen KunsI nteht
abschliessend baten. Eines freilich kann man schon jetzt
sagen: wie viel einzelne Motive die Mykenaer auch aus
Ägypten entlehnt haben mögen, die Combination dieser Ele-
mente zu einem künstlerischen Ganzen ist den Mykenaem,
nicht den Ägyptern zn danken. Der ordnende Genius der
Griechen schaflR auch hier wieder aas flbemommenen Eioxel-
formen das kunstvolle Ganze.
Kairo.
F. VON Bissmo
knapp. Ein einzeliu;» Kapiicl ist zum ersten Mal gniDdlegend dargestellt
von Borchardt, Die ägyptiscbe Pflanzens&ule.
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BPIGIIAHM AUS SMYRNA
An der Nordsüite des Pagos ist 1 896 eine marmoroe Grabstele
gefonden worden, deren Inechrift ich liier mitteilen rodchte.
Ich sah sie kürzlich in der besonders an Terracolten smyr-
näischen Fundortes reichen Sammlung des Herrn P. Gaudin,
Directors der Kassaba-Babn in Smyrna. Mit derselben aoa-
serordentlicben Freundlichkeit, mit der er uns das Studiam
seiner Sammlung gestattete und erleichterte, gab er auch die
Brlaubniss zu dieser Veröffentlichung ; ich darf es nicht unter-
lassen, den herzlichen Dank ffir seine irielfache Zuvorkommeii-
heit auch an dieser Stelle auszusprechen.
Die Stele, 58*" hoch, ist von einem flachen Giebel bekrönt,
unter dem sich in vertieften Rundungen zwei in zartem Relief
ausgef&hrte Kranze befinden. Weiter unten sieht man in ein-
getieftem Viereck eine Reliefdarstellung : in der Mitte einen
stehenden Knaben im Chiton, den Mantel um den Unterkör-
per geschlagen und über den linken vorgestreckten Unterarm
geworfen. Der Knabe ist in Vorderansicht dargestellt, den rech-
ten Arm streckt er seitwärte wagerecht von sich und halt in
der Hand eine grosse Traube. Unter dieser kauert am Bo-
den ein kleineres ganz nacktes Kind und richtet verlangend
Blick und linke Hand nach der Frucht ; die rechte Hand ruht
auf dem rechten Knie. An der andern Seite, rechte, steht mit
abergeschiageneu Beinen, wie an den Rand des Reliefs ange-
lehnt, ein grosserer nackter Knabe, die linke Hand ans Knie
gelegt, den linken Ellenbogen mit der rechten Hand staizend.
Ober der Darstellung steht :
MHTPOAi^POZMATPEAZ
AHMHTPlOY AHMHTPloY
Damach haben wir also den Grabatein der jung veralorbenen
Kinder eines Demetrioa vor uns. Der grössere Knabe in der
Mitte ist Matreaa, der kleine links Metrodoro« ; in dem Kna-
ben rechte haben wir einen Diener zu erkennen. Aua dem
Epigramm, das uoter dem Bilde steht, erfahren wir noch.dass
Matreas drei, sein Brader nur ein Jahr alt gestorben ist.
Die Form der Stele und ihr Schmuck, die Kränze, ist in
Smyrna sehr häufig. Ich Terweise Beispiels halber auf die
Exemplare in Berlin: Beschreibung der antiken Skulpturen
Nr. 772. 77«. 777. 778. 780. 783j ein reicher ausgestaltetes
Exemplar ist Nr. 767. Dies letztere ist dort ins zweite Jahr-
hundert vor Chr. gesetzt, die andern als spätgriechisch aber
vorchristlich bezeichnet. Nach Gesamtform, Buchstaben, der
zarten und noch nicht so erstarrten Ausführung der Kränze
ebenso wie nach dem Stil der Reliefs darf man diese Datirung
für zutreffend halten.
Unter dem Relief unserer Stele stehen nun vier Distichen,
in tlüchtiger, vielfach bestossener und recht schwer lesbarer
Schrift. Was ich biete ist das Grgebniss mehrfacher bei ver-
schiedensten Beleuchtungen vorgenommener Lesungen , die
also niemals das Ganze auf einmal umfassen konnten. Hoffent-
lich erweist sich trotzdem die Abschrift als zuverlässig. Ich las
folgendes :
AAAAOZENinOIZITAMHinONTAnAP STOlZ
<l)AMAkAPY22QM0Y5:0 ETTEISITOMATI
IMYPI lATTATPArENETAZAHMHTPIOZHAETEKOYZA
N AN ::i lONEKAAYZA NAIZZAKOPQNÜAOEA
QNOMENOYkETEAESZENENIiniOIZENIAYTOY
ITAEIftMOIPAAEZHMATPE HANTPI^f^THZ
AI f Inn Y AAOYPESYAEYArEnNENIOQKO^^Z
AlAKCjil^'H/AHNAISHlOC/AlSATPAniTON
'A X&Xo; h C(i)oi<Ti Tx (AT) ^wovT« wap' [aJoTOic
•I>ijjia xapucau (/.ou<jOE:rei a-zö^XTi'
ZjAüDvx :rxTpa, yivdrai; Ay){xr,Tpio<; riSe TcxoGoa
Näv[vltov tjtXauaav Sioffa xöpwv rä6ea,
*Qv 6 (iiev oux IxeXedcev ivi J^^oi; ev.auToO
ri>ti(i), pioipa St 073, MxTpe'a, -^v Tpi[t]T7}5,
*Al[Ssj(i) Tiulxo'jpt, <ju 8' suayetov «vt 6o>xo[i](,
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EPIGRAMM AUS SMYRNA
Einfocfaheit und Klarheit kann ich dem Epigrainro trotz aeineB
dürftigen Gedankeninhalta nieht nachrabmen. Die geringe
Gewandtheit dea Verfaaaera verrat aieh achon darin , daaa er
gegen Schlnaa ana dem affeetirten doriachen in den gewöhn-
lichen Dialekt Yerfällt. Zu Anfang glaubte ich auer8t,allerding8
mit metriachem Anatoaa, £Xft\o« leaen zu aollen. Aber dasa
Pheme ohne zu sprechen verkOndet, ware recht geaucht und
hatte eherTon der Stele gesagt werden können*, und dieLeaung
^if&« achien mir nicht nur vor dem Stein aicher.aondem wird
auch durch den Abklatsch beatätigt.der sonst leider grade für die
achwer leabaren Stellen ganz im Stich läast. Merkwürdig mutet
auch daa «ap* ^«toi; an ; ich finde aber keine andere Hörstel*
lung. Zu verbinden ist es wol mit K«pii9«u. In Z.7 iat die Her-
stellung *A()itt> durch den Sinn geboten, obwol der senkrechte
Strich,deD ich vor dem {l zu sehen geglaubt habe, nicht da/u
stimmt. Zur viersilbigen Messung von 'Al^iw vgl. Jacobs,
Ant/i. Pal. VII, 624. Die Vorstellung von Aiakos als Pbirt-
ner des Hades ist uns vor allem aus Aristophanes Fröschen
geläufig, dass aber dort sein Name willkürlich einem namen-
losen Diener des Pluton gegeben ist, wird mit Hecht ange-
nommen (vgl. Preller-Robert, Mythologie* 1 S. 808,6), wenn
auch später Aiakos öfter in dieser Function erscheint ( Roschers
Lexikon I S. 119). Syiarivai; habe ich hergestellt, ebenfalls
im Widerspruch zu der verzeieboeten kleinen Hasta; aber mi-
[ATllvat; wäre sinnlos.
Noch ein Umstand erheischt eine Erklärung Die beiden
Kränze über dem Relief drücken eigeullicli aus, dass die Ver-
atorbenen durch Verleihung eines Kranzes geehrt worden seien.
Dass diese unmündigen Kinder bei Lebzeiten solcher Ehre
teilhaftig geworden waren, wird man nicht glauben. Aber ea
ist wie für andere Orte^ so auch für Smyrna die Verleihung
Yon Kränzen an Veratorbene bezeugt. Cicero, Pro L. Fiacco
' Vgl. Kaihe], Bpigrammattt Nr. 234: fiiT« r^tpa i^iiu tö» vutuv ai^vfftf
fOt^yopiivat TT^iiaTi. 240: nixpoi Sit ^c^votai ^satiai.
* Es genügt bierfür auf die von Bureseh IwtiuidelteD Troslbescblösu zu
▼emeisen: RbeiD. Museom 1894 8. 424.
270
p. WOLTERS, EPIGRAMM AUS SMYRNA
31, 75: Vellern ionium habere me otii, ut possem reciiare
paephisma Smyrnaeorum^ quod feceruni in Castricinm
moriuum, . . ut imponereiur aurea corona moriuo. C.LG.
II 3135: xaX<&< Ijw l«Ttv T«( irpiicoii9«< rtjAoc t$ furrXkvLjivt
fiiM^ Kdtl lUovi x*^9* aTi9«vtt6üvai «utov xal &«o toS yuc^^"
mifx^^ X?^^^ oTif ivy^xal itxovt ^«X»fi, Mtl M tOv
mtl^OfMiv xal xa{^v XP^**^ orif d^vy juti liKOvi X*^^*
ToC livi TÜC •uHO«|ii«( K«l tAv icapOivttw XP^^ 9Ttf dkv^ xfti ttxovt
X«Xic9. Vgl. Böckh SU C. /. G, II 3916. LeBas - Waddtngton
13. So könnte man also TeriDuten, den Rindern sei die Bbie
des Rranses aus Anlass ihres Todes su Teil geworden. Mir
ist far eine derartige Geachmacklosigkeit kein Beleg zur Hand,
in diesem besonderen Palt können wir das Volk Ton Smyrna
Ton dem Vorwurf solch massloser Obertrei bung frei sprechen.
Innerhalb beider Kränze haben einige Buchstaben, offenbar
die üblichen Worte 6 ^^{ao;, gestanden, die dann ausgemeisaelt
worden sind. Damit ist gesichert, dass diese Kränze keine of-
fiziell verliehenen sind. Ihr Vorhandensein lässt sich verschie-
den erklären. Entweder war der Grabstein bis auf Relief
und Inschrift aber mit den unvermeidlichen Ehrenkränzen
schon im Voraus fertig gestellt und wurde zu seinem beson-
deren Zweck durch Knlternung der Inschritl 6 Sriao; brauch-
bar gemacht, wobei man die auf den Grabsteinen so hüuiigen
Kränze zu entfernen nicht für nötig hieU, oder es war so üblich
einen Grabstein mit solchen Kränzen geschmückt zu sehn,
dass der Steinmetz sie auch in diesem Fall angebracht, ge-
dankenlos aber mit der offiziellen FJireninschril't versehen hatte,
die dann wieder geloscht werden imisste. Jedenfalls sehen wir
auch hier, wie gew(')hnlich und typisch die Verleihung von
Kränzen an Verstorbene geworden, und wie die ursprünglich
besondere Ehrung zur üblichsten HöÜichkeitspilicht der Con-
doleoz herabgesunken war.
Athen, Juli 1898.
PAUL WOLTERS.
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KBRCHNOS
( Hiem Tafd XIU. XIV)
Im Aglaophamus beschäftigt sich ijobeck (S. 22 ff.) ein-
gehend mit den (TuvOyjaara, d. h. Bekenntnissformetn, welche
in den verschiedenen Mysterienkulteo gebräuchlich waren nnd
zwar, wiees das Wahrscheinlichste ist, bei denEinweihungs-
eaaremonien von den neu aufninehmenden Mysten aufgesagt
warden'. Auch über diese (ruv07)|A«Ta herrschte vor Lobecka
Bach grosse Verwirrang, insbesondere aber ihre Zuteilung an
die f erschiedenen Mysterien. Lobeck geht aus von einer Po-
lemik gegen den Scholiasten lu Piatons Gorgias 4V7 c und
macht diesem sum Vorwurf, dass er als eleasinisch Dinge be-
leichne.diemitEleusis gar nichts su than h&tten. Hierzu rech-
net er vor allem das vom Scholion als eleusinisch angeführte
ÖKO Tov iMtfTov Miuov. Zwcifelsohne hat Lobeok damit Recht
und er hat auch den Beweb dafür erbracht. In dem fflr un-
sere Kenntniss vom antiken Mysterienwesen so flberaos wich-
tigen Abachnitt des Protreptikos des Glemena AleiandrinuB
Ist ans das angefahrte «uvOnfuc ausdrflcklich fiBr den Attta-
Kybele-Rult aberiiefert (Protrept. II g 15 S. 13). Die eleusini-
sche Bekenntnissformel führt Clemens einige Kapitel später an
(§ 21 S. 18); si lautet: ivio«Tfu««, fmov tov xuxcäWa, fXaSov ix
xiaTTi?, ^YYEuaifAfivo; - a7ridfUT)v ii; xdcXaOov xai ix xaXiöou «t? xi-
(TTTjv. Als direkten Beweis gegen den Ursprung des zuerst an-
geführten S)'nthemas führt Lobeck die Erwähnung des xep-
vo( und des Tympanon an. Beide gehörten in den Dienst der
• Vgl. Schul. Plal. Gorgias 497 • . . . 4v o7{ (den ^fyslcrien) TcoXXi [a£v tKpii»
Tito flUfl]^«, iXiYcto 8t xpö{ xwv (luou(Uvu*v Taüxa . . . vgl. Araubius V, 26, an-
geführt bei Lobeek, Agiaopitamus 8. %5 (mir augenblieUidi nieht xugäag-
lieb».
I ÖberUeforl Ut lptw«l(uvoi, die VerbesBemng •tammt tod Lobeck.
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«72
O. nOBBNBOHN
Kybele und des Atlis. Kür den Kernos beweisen ihm (Jas zwei
wichtige Stellen, in Nikanders -Mexipharmaka wird Vers •? 1 7 f .
von einem durch Schirliog vergifteten Meoscheo gesagt, er
Bchreie wie die
und der Scholiast bemerkt dazu : xipvofopo^ vi touc xpaTvipac
fipovaa Uptta* xipvou^ y^P 9^^^^ (iv(ttixou( xpaT^pat;, ^9' <ov
Xi>)[VOU( Ti6ea<Tt' ^äxopo; hi ve(i)x6po; xal ßu(A{9Tpi« t) U'peta trt^
Mpvoföpou 'Pc«c. In der Dichterstelie wird zweifellos deutlich
die xiovofopo« und also auch der xEpvo« in den Kult der Rhea
verwiesen. Im Scholion wird Rhea selbst als xepvo^öpo; bezeich-
net. Ober die anderen Bemerkungen des Scholiasten, die auf
den KernoB selbst Bezug haben, lassen wir das Urteil noch
ausstehen. Die iweite Stelle, die för den lupvo« und seine Be-
riebung sum Kybelekult von Wichtigkeit ist, finden wir in ei-
nem Epigramm des Alexander Aetolus, in dem er den Alk-
man sagen ISsst (Anth. Pal. VII, 709):
SdlpSiK dLp^^&Iou, «GtTlpuv v6|MC, t( |tW iv
'Irpif 0[Miv, xcpvftc Ttc &v ^ ßoxIX««
^pu(To<p6pO{;, pTiaottiv »ftX« T<i(Aiv«v«.
Denn dass mit den Worten des zweiten und dritten Ver-
ses auf Kybeledienst angespielt wird, beweist ausser dem
tö|A««vov auch die Erwähnung des ßftxlX««, der von Salmasiua
richtig för fiotiUXac eingesetst i8t.B«»iX«« ist derVeraehnittene
im Kult der Kybele.
Auf diese beiden Nachrichten gestützt verwies Lobeck den
xtpvo; und mit Kücksicht hierauf und auf das Zeugniss des
Clemens auch das Synlhema : ix xufXTrivoy £9aYov u. s. w. aus
dem eleusinischen Ruit, und ausnahmslos sind ihm die Neue-
ren darin gefolgt. Wenn II von Fritze das Synlhema ohne wei-
tere Begründung einfacli als eleusinisch in Anspruch nimmt'
und demgemäss behauptet. Clemens (S. 14) und der Pla-
tonscboliast bewiesen, dass der xepvo« ein hochheiliges Gerät
< 'Efv^ ift.' *^97 8. 163.
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KBRCHN08
273
des eleusinischen Kultes sei, so ist das eine unrichtige Dar-
stellung, die nach Lobecks Ausführungen nicht mehr hätte
▼orgebracbt werden sollen ' . Der Kernes, der im Platonscho-
lion und von Clemens erwähnt wird, ist ein Kultinstrument
des Kybeledienstes.
Der Thatbestand ist aber in Wirklichkeit nicht so, wie Lo-
beck nach dem ihm vorliegenden Material annehmen musste.
In der Yon Philios in den Athenischen Mittheilungen 1894 $.
192 ff. vefOffentlichten und von Dragumis in der 'E^mfAipU
ofx* ^^^^ S. 61 ff. wieder behandelten Obernahme-Urkunde
der Epistaten von Eleusis aus dem Jahre des Euktemon 408/7
finden wir unter den Kostbarkeiten, welehe im städtischen
Eieusinion aufbewahrt werden, in Z. 16 genannt: juf^tvcH
xlpxvot n. In der Übergabe-Urkunde derselben Epistaten, die
sieh auf der Rückseite des Steines befindet, kehren in Z.
S2 diese fiQnf goldenen xep^voi wieder. Sie befinden sieb auch
hier im städtischen Eieusinion. Ich glaube, es unterliegt kei-
nem Zweifel, dass wir es hier mit dem xlpvoc tu thun haben.
Das Wort xtp^voi; begegnet uns in der Oberlieferung beson-
ders bei medicinischen Schriftstellern. Sie beietchnen damit
gewisse anormale Bildungen, insbesondere verwenden sie das
Wort und seine Ableitungen um Rauliheiten im Hals, kleine
Unebenheilen in der Kehle zu bezeichnen. Damit stimmt über-
ein, was uns durcli Krotian im Glossar zu liippokratcs s. v.
x6p)^vü)Sr (ed. Franz S. 198 f.) überliefert ist, dass nämlich
im Attischen xep/vwSir) ayyiia diejenigen Gefässe genannt seien,
die Tpxyiia; avwjxaXia; hätten'^. Pollux II. 180 führt nun als
Bezeichnung für gewisse Tpa^uTiQTi^ auch das Wort xipvo; an.
* In dmiellMii Fehler itt jeUt auch Kuruniotis verfallen, der in dem go-
ebeo erachieiieneo Heft der *Efi^. «px 1898 (8. 21 ff.) einen AufsaU über
denKernos veröfTentlicbt. Kurutiiolis kommt crrrnilichcr Weise zu densel»
ben Rfsiillaleu wie ich, da er aber auf die Melirzalil der hier lieliandellen
Fragen nicht eingeht, so scheint eine VeruHcnllichung der hier Torgetrage-
nen Anskditen nicht Afaerflüssig Zu Änderungen hat der Aufsalz Ton Ku-
mniotis keine Veraninnung gegeben.
* Vgl. dazu Uesych i. t. xtpxvt^pMt und Mpx^nd.
274
O. RUBBN80HN
Wir sehen also, dass eine inhaltliehe Verschiedenheit zwischen
xipvo« und xip^^vo? nicht vorhanden ist; die sprachliche Verschie-
denheit ist belanglos, wir sind daher wol berechtigt die beiden
Worte für identisch zu erklären, oder vielmehr das inschrift-
lich bezeugte xip^^voc ^ ^ richtigere für das litterarisch
überlieferte xipvoc einzusetien, besonders auch mit Rücksicht
auf die Erolian-Glosse. Wir haben also den xepx>'0( im V.
Jahrhundert bereits als eia Requisit des Schatzes der eleusini-
scheaGöttinneo und also auch des eleusioiscben Kultes bezeugt.
Prägen wir uns nun naeh der Bedeutung und dem Ausse-
hen dieses Kultgeräts, so müssen wir mit Rücicsicht auf die
Bedeutung des Wortes lUpx*^ Gerät oder besser gesagt ein
Gefasserwarten, das eine anormale Bildung hat, und zwar müs-
sen die Abnormitäten in Auswüchsen oder Ansätsen bestehen,
die einen Vergleich mit den erwähnten Tpax^Ti« erlauben.
Dieser Anforderung entsprieht die Beschreibung des lUpj^vo«,
wie sie bei Athenaios in zwei schon des öfteren behandelten
Stellen vorliegt. In der Aufzählung der Gefiisse XI, 476 *
heisstes: xlpvof iLfftUn xipa(&ioGv ' {^ov h «öt^ mXXov( xoruXi-
moot, XxOupoi, ü>^poi, (paxoi. i ß«aTi9a.c «uto olov Xwvof opviooic
Einige Kapitel später ist Yora Rotjlosdie Rede, und hier lesen
wir (S. 478 0.)* IloXIfcov Iv iripl roO Slow ituSfou ^vioi*
v«u.ii öooi xv(i> TO xc'pvo? icepnvy)vojrÖTi;. toöto iffrlv iyyilw xt-
pO([xeoOv E^ov iv auTc^ -jtoXXoÜ; xoruXiaxou; xixoX>-r)(ii.evou(' evcicrt
iv auToC; op(xivoi, {AY)X(i>vi( Xjuxoi, x-jpoi, xptOxi, uktoi, Xiöupoi, <a-
j^poi, ^axoi, xOajxoi, C^tai» ßpöjxo;, xaXxOiov, (xeXi, tXaiov, oivo?,
ydcXa, oiov Iptov xtcXutov. 6 touto ßaaTdoa^ olov XtxvofopTioac
* Iles^cb s. T. xip«o( ebeaso.
* So naeb der Vermulmig Meinekes ; überliefert i»t aip^irst.
> Mit dieser Beschreibung stimmt durchaus nicht fiberein— was gleich hier
erledigt aeia möge— die Bemerk^iiag des oben «iürlen Piatonscboliaeien:
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KBRCHMOS
275
Wir haben hier also eine genaae Beschreibung des Kerebno«.
Ehe wir uns aber mit dieser selbst befiissen, mflssen wir auf
die beiden Stellen etwas näher eingehen, weil sie in ihrem
ganzen Zusammenhang geeignet sind uns weitere Au&chlasse
fiber unseren Gegenstand tu geben.
Ganz kurs nur ober das VertuUlniss beider Stellen zu ein-
ander. Preller {Poiemon Frg. 88) hatte ohne weitere 8e-
gründung die Ansicht geäussert, dass Ammonios Lamp-
treus aus Poiemon geschöpft habe, nach Mttnzel bei Pauly-
Wissowa I S. 2903 hätte Poiemon den Ammonios citiri, wie
sich aus einer Vergleichung der beiden Stellen ergäbe. Ich
bin für Prellers Ansicht, in der Voraussetzung, dass der ganze
Abschnittt S. n6* und nicht bloss der Satz 6 Ii ßxoTocoxc ktX.
aus Ammonios geflossen sind. Das sinnlose (pr.^tv hinter iv ol«
lässt sich nur so erklären, dass Alhenaios es in seiner Quelle
gefunden hat. Die ^anze Stelle iiuL demnach schon bei Am-
monios als Gitat gestanden und zwar natürlich als Citat aus
Polemons Schrift TZipi toO Siou xwStou. Athenaios hat das ^tq^iv
gedankenlos mit herühergenommen. Die zweite Frage, ob die
längere Fassung 478 <1 oder die kürzere 476* die ursprüng-
liche ist, lässt sich dahin heantw orten, dass das Ammonios-
citat einen verkürzten Auszug aus der Notiz bei Poiemon dar-
stellt. Die Begründung hierfür wird sich im Verlauf unserer
xipvo; U t6 Xtxvov iifvm tö ntüov lariv. Dm Aussehen des XCxvov ist ODS be-
kannt, man v;^l. nur z. Ii. Dtilh iiino comunnb' 1879 Taf. 2 — 5; es war si-
cherlich auch nie aus Thon gutertigt, kann abo nicht als äy^cIov xEpa(xcouv
bezeichnet werden. Die Bemerkung des Scboliasten ist faJscb. Es scheint
mir aveh iieinem Zweifel so unterliegea, dau der Fehler mittelbar oder
unmittelbar seinen Grund in der falschen Auslegung des letzten Satzes d«r
im Text angeführten Polemonslelle hat. Bei Poiemon ist das Wort Xixvofo-
prjaa« nuf herangezogen, um die Art des Tragens des Kerchnos für jeden
griecbisohen Leser in der einfaebsten Weise in keDDieicbnen (s. \x.\. Der
Scholiast oder Tielmebr seine Quelle bat diese Wendung raissTeratanden
und geglaubt, es wäre mit diesen Worten auch etwas über die Qestalt des
Kercbnos gesagt. Ähnlich zu beurteilen ist Pollux IV, 103: -co xcpvo^ipov
j|p]^i)|ia oIS* Sti \lvi9. ^ iTfjifihtki f4povi((' x^pv« $i tau-ca ijta>cIto, wobei ich
allerdings eine Brkllrung för die Beieiohnang des Kerohnos als iex«p^
niobt geben kann.
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276
O. nUBENSOHN
Betrachtung ergeben. Die grösste Schwierigkeit für die Inter-
pretation der Stelle 478 bilden die einleitenden Worte jist«
0901 xv(>) TO xepvoc mptiviivoxÖTi«. Vielfach ist Ycrsucht worden
an den Worten herumzubessern, besonders gegen Xvo sind
Yersehiedentlich Bedenken geäussert worden und man hat
Tersucht, es durch Conjectur zu beseitigen. Sehr mit Unrecht,
denn dem Wort kommt hier, wie es scheint, eine ganz beson-
dere Bedeutung zu. Kaibel hat die Stelle unverändert gelas-
SMI und damit wol das Richtige getroffen. Es ist zu Triptcv-nvo-
pr«; ein iidi zu ergänzen. Dann heisst die Stelle: Darauf voll-
sieht er (ein Priester), oder sie, (eine Priesterin) die Weihe
und nimmt das aus dem Gemach (man kann auch Kapelle
oder A dyton verstehen) und verteilt es an alle die, welche
den Kerchnos oben herumgetragen haben. Mit avu kann ent*
weder ein oberer Raum, etwa das obere Stockwerk in einem
Gebäude Angedeutet sein, in dem die Gaeremonie mit dem
Rercbnos vor sich gegangen wäre, oder es wird damit auf die
Art des Tragens des Kerchnos hingewiesen, den man, wie
wir des weiteren sehen werden, bei der entsprechenden Kult-
handlung auf dem Kopf befestigt trug. Das muss sich aus dem,
was bei Polemon vorausging, ergeben haben. Leider können
wir das heute nicht mehr feststellen, da die Stelle von Athe-
naios so aus dem Zusammenhang gerissen hergesetst ist.
W&re dies nicht der Fall, wQssten wir was Polemon in den
unserer Stelle vorausgehenden Sätzen gesagt hat,so wären wir
wahrscheinlich audi im Stande ohne weiteres anzugeben, im
Dienste welcher Gottheit die tiXiti) gefeiert wurde, von der
hier die Rede ist. So sind wir auf Vermutungen angewiesen,
und man hat bisher dem Vorgehen Lobeoks folgend mit dem
Kerchnos die Telete, die hier genannt ist, in den Kult der
Rhea-Kybele verwiesen * Man glaubte sich hierzu amsomehr
berechtigt, als bei den Kulthandlungen die OoiXAimi eine Rolle
spielt, von der man zu wissen glaubte, dass sie die eigentam-
* 8e s« B. Steo^, KulUuslIertumer 8. 10, 16.
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KBtlGttiro«
liehe Bezeichnung für Kybeleheiligtümer sei. Die Grundlage
für diese Meinung schien die Überlieferung zu bieten, die in
der That in einer Anzahl von Fällen die 6aX&fX7j, die BaXafiY)-
wöXoi, den OdtXafxo? im Ruit der Kybeie erwähnt. So wird z.
B. in deo Aleupbarmaka gleich zu Anfang von Kjfzikos
gßMgt:
WOZU der Scholiast bemerkt : 8aXd:(Aat toitoi Upol uicoyiiot o»«-
m((uvoi t$ 'Piof u. 8. w. Man ist aber hierin zu weit gegan-
gen. Die OctXdtpit oder ftaXafiai — beide Accentuirungeo kom-
men vor — gehören zwar in den Kult der Kybeie, aber sie ge-
hi^ren diesem Kult nicht ausschliesslich an. Aus Ammonios
Ttpl StftfopMv Xi^ov kennen wir die 6aXa(AY) im Dienst der
Dioskuren, einem OdUut(AOc, wahrscheinlich aus dem Kult der
Aphrodite, begegnen wir in der parischen Hetäreninschrift *.
Hula und Szanto haben in den Berichten der wiener Akade-
mie 1894 S. 18 Nr. 13 eine Inschrift aus Mylasa in Rarioi
Yeruffentlicht, nach der ein Tib. Klaudios Seleukos t6v 'Epura
ouv Tvj iriptij^oucrp auTOv OaXAfiip geweiht hat'^. Wir haben also
unter der Thalame eine kleine Kapelle oder auch ein höhlen-
artiges Heiligtum zu verstehen, wie sie in den verschiedensten
Kulten Platz haben konnten. An die Erwähnung der 6otX(kt&T) in
unserer Stelle können wir daher keinen sicheren Schluss knüp-
fen. Weiter führt uns aber eine andere Erwägung. Die Angaben
über den Kerchnos sind aus Poiemons Schrift wipi tou $tou xu-
liou geschöpft. Wie konnte im Zusammenhang einer solchen
Schrift Polcmon auf den Kerchnos su sprechen kommen ? Das
Slov xtt^Mv— das Feil des dem Zeus geschlachteten Widders —
war, w ie es scheint, ein ursprünglich rein attisches Instrument
des Kultus^ und wurde nach den uns erhaltenen Angaben der
Alten im Dienst des Zeus und bei den Mysterien in Eleusis
* Vgl. Atbea. Mitlb. XVili, im, ti. lü, 2, Zeile 6.
* Stella Jetit auch Bonseh» An» Lordien 8. 63.
* Vgl. Lobeck, Afkuplmmms 6. 185.
O. RUBBN80HM
verwendet. Zweifelmhne tut es aus dem Dienst des Zeus her-
vorgegangen, wie schon der Name beweist. In Bleasis be-
diente sich der Daduch des Dion Rodion zurBntsQhnung der
Gemeinde oder einzelner Teilnehmer an den Mysterien *. Das
wissen wir aus einer bei Suidas und Hesych erhaltenen Glosse,
die Preller sicher mit Recht auf Polemon zurückgeführt hat.
Sie lautet : Aio; jttüSiov, t6 Ucstov A-.i .tÖurai' O'jouni re Tt^ re
M»iXiyi({) xat T({> KT'r)(ji(f) Au" TÖt xa>Sia toütwv «puXotocoufft Sfa
wpodayopiuovT?;. ypöivTai S' aÜTOi; oZ xe 2)ctpo(pop{{ov tyjv woptTT^v
«jTeXXovTc; xai 6 SaSoüj^o? iv 'E^euoivt (xat aXXoi xive? xpo^ toi>c
xaöap|AOu; uxoiTopvuvTi; auxä toi? izoii töv svayciv)"^. Wir sehen
also, dass Polemon in der Schrift repl toü SiouxwSiou auf eleu-
sinischen Kult zu sprechen gekommen ist. Dass das Stov xa>-
Stov im Kybelekult irgendwie verwendet worden sei, ist we-
der überliefert, noch nach dem ganzen Charakter des Kybele-
kulles glaubhaft. Ist es da nicht an sich wahrscheinlich, dass
in dem Polemoncitat bei Athenaios von Eleusis die Kede ist,
dass die tAitt,, die hier erwähnt wird, ein Kultushandlung
der eleusinischen Mysterien ist? Das Nächstliegende ist es si-
cher. Üazu kommt noch ein weiteres. Die Caeremonie, welche
mit dem Kerch nos vorgenommen wird, besteht in der Dar-
bringung einer Gabe, die aus allen möglichen Feldl'rüchlen—
aufgezählt werden Salbei, Mohn, Weizen, Gerste, venchiedeoe
Sorten Brbsen, Linsen, Bohnen, Spelt, Hafer — ferner einem
Kuchen, ivaXAdtov^, und schliesslich noch Honig, öl, Wein,
Milch und ungewaschener Schafwolle besteht.
An den aufgezählten Opfergaben ist vielfach Anstoss ge-
nommen worden. Insbesondere das Stov Ipiov äichm^t schien
* Genaueres wissen wir nicht. Vgl. Loheck, Aglaophamus S. 183 ff.
Preller, Polemon S. 141 IT. Uulu-nsdlin, MysU riLMilioiligliiiuer Ö. 199.
' Uber den in Klamuiem gesetzten Zusatz, der .sich aul die Öühnung der
mit Blutschuld Bebafleten bezieht, vgl. Lobeck a. 0. S. 184; auch aus
dem Ampbiaraoskult ist ibnlicbes bekannt (Paus. I, 34, 3). DabM wollen
wir nicht tergessen, dass Ampbiaraos ein ursprünglicher Zeus ist.
3 IlaXaöiov ist ein Kuchen, der im wesrntliclieii ;uis h'riichlen besteht, wi(
die in den weitrrhiii citirten Soiiliuklesverseu begegoeude xa-pUtfictta; Tgl
Herodot IV, . j mit Steins Anmerkung.
KBBCHNOB
279
Binigen sehr tu Unrecht hier erwähnt. Meineke hat z. B. i^dv
an Stelle von otov gesetzt, Wilamowitz wollte die Wolle gpmz
beseitigen und conjicirt i^v, ^röpiov dticXure«, welehe Gonjeetur
Raibel unter den Text gesetzt hat*.
Für diese Änderungs^ersuche ist aber kein Raum. Denn
das Scov fpiov AivXuTov ist ein sehr wichtiges Kultobject und
begegnet ons gerade in dem Zusammenhang, in dem wir es
hier finden, des Öfteren. In einem bekannten Fragment aus
Sophokles Polyidoe, das uns bei Clemens Alexandrinus
(Strom. IV S. 565) und vor allem bei Porphjrios (De absti-
nentia II 19) erhalten ist, finden wir es wieder nisammen
mit einigen bei Athenaios genannten Gegenstanden. Porphy-
rios sagt a. a. O.: xttl SofwXü« ^McypAfaM t^v 9i09iX«i 9u«(«v
"^v {lev yoip 0(6( {ioXXÖC, ^ ifMPfXou
IvISv ^ «ayxäp^ceia au^L^vpi^ oX«tc
Xico« l>fle(a< xotl tö «oixiXfj^ecrov
Wir finden also hier wieder die Zottel der Schafwolle zu-
sammen mit Wein, Weintrauben, einem Kuchen aus Früchten,
heiliger Gerste, öl und Honigwaben zu einem Opfer vereint,
das als die 6£09i>,7i? Öuaia sehlechthin bezeichnet wird. Ver-
gleichen wir die Sophoklesverse mit unserer Stelle, so fin-
den wir, dass das in ihnen beschriebene Opfer genau mit den
fünf an letzter Stelle genannten Bestandteilen des Kerchnosin-
halts übereinstimmt, nur die Milch fehlt in den sopbokiei-
schen Zeilen.
Die Wolifloclien, den Wein, den Honig, das öl und an-
dere Baumfrüchte finden wir nun auch vereinigt bezeugt in
einem Opfer an Demeter. Paus. VllI, 42, 11 erzählt von sei-
nem Besuch im DemeterheiÜgtum bei Phigalia und berioh-
* Vgl. über x<ipi«v besonders Tbeokrit IX. 19 mit Scholion ; Hesycb s. t.
^«ptfov und x^«t AthcnaiM XIV 646* und die madieiniieben Sohriftiteller.
Uber die Verwendung dM x^P<*» im Kultns ist niohls bekwuit.
280
0. RUfifiNSOUN
tet da: xal lOuoa tr, OeiT), xttOa xotl oi ixi^c&ptot vo(dCou9tv, ou-
xapicov, xaI |uXtavAv ti xnpia xal iphiw xk (t^ l{ Ipyoitfiav im»
vixovT«, oXX« Iti ftvAic>i« ToG o{«uxou, [&] TtOtavtv iirl tov P«a(iov
^oSo(tt)|Aivov irpo TOÖ (nniiX«(ou, 6lm{ )i xarat^foufftv «utAv fXatov.
Es ist ohne weiteres klar, dass es sich um ein specifisch agra-
risches Opfer handelt; ob es ein ausschliesslich für Demeter
(und Kora) bestimintes war, mag dahin gestellt bleiben . Der
Zusammenhang bei Porpbyrios erlaubt es vielleicht, das von
Sophokles beschriebene Opfer dem in diesem Fall rein agra-
rischen ApoUokult zu Oherweisen. Aber für unsere Frage ist,
glaube ich, die Parallele von Phigalia entscheidend. Wir er-
kennen aus ihr, dass es sich auch hei der Caeremonie mit dem
Kerchnos um eine Kultushandlung im Dienst der Demeter
handelt, und wenn wir diese Thatsache neben das oben Ober
den Inhalt der polemonischen Schrift Gesagte stellen, werden
wir nicht mehr daran zweifeln, dass die hei Athenaios ange-
fQhrte Telete in das Kultcaeremoniell von Eleusis gehört. Der
Kerchnos wäre damit auch litterarisch für Eleusis bezeugt.
In Eleusis hat sieh nun eine Reihe von Gefässen gefunden,
die unter sich durch mancherlei Besonderheiten verschieden
doch einen einheitlichen Typus darstellen und in ilirer Kr-
scheinung sehr gut allen den Ant'oideruugen entsprechi-n, die
wir nach der Beschreibung des Polemon an den Kerclinos
stellen müssen. Die hauptsächlichen Fundstätten dieser Ge-
fässe im Hieron sind die IMiilolialle, unter deren Fusshoden
man sie — '^,öU ni. tief in einer von Asche durchsetzten
Schicht gelundcn lial, terner der Boden unter dem Buleute-
rion und nordösllicli vom Teleslerion in der iNähe der Lehm-
ziegehnauern, hier z. T. in beträclilliclier Tiete*.
Ausserhalb Eleusis sind Fiaj^nienle \oii einem der in Krage
kommenden Gelasse — von der Art wie Tat. 13,3 — nur noch
bei den Ausgrabungen des deutschen Instituts am VV estabhang
der Akropoiis gefunden worden. Der Ausgrabungshericht
« Vgl» PbiliM, 'Eftii. 1885 8. «72, Skia« ebenda 189« 8. 200 Aam.
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KBRCRNOS
vom 24 Nov. 1894, der dieaeo Fund beschreibt, nennt ali
Fundort eine Stelle westlieh von der NebenBiraeae, die am
Südende des Dionysions von der Hauptstrasse abzweigt. Der
Zusammenhang ergiebt, dass die Scherben im Bezirk dee
Dionysions, in der Umgebung dee Tempele — wahracheinlidi
sOdlich von ihm — gefunden worden sind, in weleher Tiefe,
ist nieht mehr genau festsusteUen, doch scheinen die Scher-
ben in den oberen Sehiefaten gelegen zu haben. Die jedenfells
▼erschleppten wenigen Seherben lassen einen Schlnss auf
Verhältnisse des Koitus nicht tu. Es ist wahrscheinlich, dam
aie ans dem sicher in der Nähe gelegenen stadtisehsD Elensl«
nion an die beseichnete Stelle geraten sind.
Es sind GefSisseS deren Form schon sehr auffällig in die
Erscheinung tritt. Der untere Teil hat die Form einer Schale
mit hohem Fuss, er endet mit einem Rand, der sich als breit
vorspringender horizontaler Streifen um das gsnie Geflss
zieht. Ober diesem Teil erhebt sich ein Aufeats, der auf der
Schulter sehr stark ausgewölbt ist, darüber eine stailLe hohl-
keblenartige Einschnürung zeigt und in eine breite Mündung
endigt, die entweder für Aufnahme eines Deckels eingerichtet
ist oder mit einem nuch aussen umgebogenen Rand gebildet
wird. An dem horizontalen Kingstreifen oder direkt unter-
halb dieses sind die beiden meist sehr massiv gebildeten Hen-
kel befestigt, die in der Hegel nicht ganz horizontal sondern
etwas schräg nach oben stehen. Bei einer Anzahl dieser Ge-
fässe sind sie in einer sehr charakteristischen Weise nach
oben umgebogen und mit einem kleinen Aufsatz in Gestalt
eines kleinen Geiässchens verziert.
Ist die Form der Gefässe an sich schon so auffallend, dass
sie dadurch im Kreis der antiken V'asen als ganz singular er-
scheinen, so tritt diese Absonderlichkeit der Bildung noch
mehr zu Tage in den kleinen Ansätzen, weiche wir auf dem
* Vgt so dem PcigwideB Taf. IS Abb. 8, das besterballene Eismplar
dieaer Otttiing.
ATHEN. mrmnuiieBM zzui. 19
6. klAEMOM
boruootalen Bandstreifni und auf der Schulter der GefiuM
angebracht finden. Sie erscheinen auf der Mehrzahl der ge-
fundenen Exemplare dieaer VascDgattung als kleine Gebilde
mit länglich rundem Fuss und einer von diesem getragenen
mässig dicken Scheibe, die auf ihrer oberen Seite eine geringe
Yertiefong zeigt und mit einem leicht profilirlen Rand endigt.
•Die Ansätze haben so von aussen das Ansehen kleiner Ge-
lasse. Bei den meisten der aufgefundenen Vasen sind sie
aber im Inneren nicht ausgehöhlt, die leichte Einwöibung
auf der Oberseite hat der Töpfer mit dem Daumen ausge-
führt, um wenigslens andeutungsweise anzAigeben, was mit
diesen Ansätzen gemeint sei, von deren praktischer Verwen-
dung bei den Stücken, die wir jetzt im Auge haben, keine
Rede sein kann. Es wäre aber ein Fehler, deshalb anzuneh-
men, dass diese Ansätze willkürliche bedeutungslose Ver-
zierungen seien. Es findet sich in Eleusis auch eine ganze
Anzahl von Vasen, bei denen sich die Ansätze als wolausgebil-
dete Gefasschen — Kotyliskoi nach Athenaios — kennzeich-
nen. Sie sintl. wie leicht erklärlich, sehr seilen gut erhalten.
Die kleinen, meist sehr dünnwandigen Rotylisken sind in
der Regel bis auf den Stumpf abgebrochen. Ein derartiges
Exemplar zeigt unsere Abbildung 1 auf Taf. 13 in Überansicht.
Der Fuss ist abgebroclien. Wir sehen hier ein Gefäss unserer
Gattung, dessen Rand mit acht wolausgebildelen kleinen Va-
sen besetzt war, die eine zeigt noch einigermassen gut erhal-
ten, wie gross die Väschen waren*.
Hier haben wir also eine Vase vor uns, die genau der Be»
Schreibung des Kerchnos bei Athenaios entspricht und deren
praktische Verwendbarkeit unbestreitbar ist. Wir werden da-
* Der Durchmesser des Kot^Iiskos am ftusseren proOlirlen Rand der
•Mflndimg gemessen belr> 7, 4 die Hdbe 3, 4 Bei einem anderen
sehr massiv gebildeten Kolyliskos, der auf dein Henkel eines Keidmoe
aufsitzt, sind dieselben Masse: 8,6 «», 4,8 der Durchmesser des inneren
Raudes der Mündung beUagl bei diesem rund 7«*. Die Kotylisken sind auf
der Drehscheibe gefertigt, w&brend die unausgebildeten Ansätze mit der
Hnnd geformt sind.
her keiD' Bedenken tragen, ffir die Gefasae den Namen Rereh»
noB in Anspruch lu nehmen.
Die Mehnahl der gefundenen Vasen ist aber von der
Art wie die zuerst beachteten mit den nnvollkommenen
Ansätzen. Diese Stocke sind gar nicht far den Kultgebrauch
geaebaifen, sondern waren Weihgesehoike an die Göttinnen.
Dass diese Gefässe zu Weihgeschenken verwendet worden,
ist sieber. Npben den aus Thon gefertigten Exemplaren wur-
den in Eleusis auch mehrere aus Marmor gebildete Kerchnoi
gefunden. Alle diese geben mit verschiedenen Modalitäten
die äussere Form des Kerchnos wieder, kein einziges zeigt
die kotyliskenartigen Ansätze, geschweige denn ausgebildete
Kolylisken, nur eins ist innen ausgehöhlt, alle anderen sind
massiv gelassen. Es ist also deutlich, dass sie nicht zu prakti-
schem Gebrauch, sondern nur als Weihgeschenke dienen
sollten. Ausdrücklich bezeugt den Charakter als VVeihgeschenk
auf einem der Marmorgetässe die Weihinschrift .... öctt)?
[Ay5{XT,jTpt x%i Köpr, iveöriKtv. Auf einem kleinen Fragment eines
thönernen Kerchnos stehen in ganz diinnem Blattgold aufge-
setzt die Buchstaben aevir] und davor eine schräge Hasta.die zu
einem a gehört haben wird, also etwa eu^a]jAiv7), demnach auch
der Rest einer Weihinschrift. Schliesslich ist zu bemerken,
dass sich auch einige bronzene Kerchnoi gefunden habeo,und
auf einem kleinen Fragment eines solchen steht auf dem hori-
zontalen Handslreifen der Rest einer gepunzten Inschrift }EOI/^
also O-'^iv in Buchstabenformen, die recht wol noch dem V.
Jahrhundert angehören können Auf einem anderen Fragment
desselben Stückes stehen die Buchstaben ^PAT, wol der
des Namens des Stifters.
In der Fabrik, in der diese — und auch][andere— :Thonge>
lasse eigens für den eleusinischen Kultus verfertigt wurden,
hat man sich , was bei der massenhafken Production nicht
zu verwundern ist, bei den Stfieken, welche nicht für Kult^
handlungen dienen sollten, das mOhsame Ausdrehen der
einüben kleinen Rotyliskoi auf der Scheibe erspart ; fikr den
äusseren Eindruck genügten derartige nur angedeutete Ko-
0. llüSSWBOtflt
tyliskoi auch. Ja man ist in dieser Beziehung noch weiter
gegangen. Innerhalb dieser Getässgatlung können wir eine
Entwicklung constatiren. Abbildung 2 auf Taf. 13 führt uns
eines der einfachsten Gelasse vor. Hier sitzen auf dem ho-
rizontalen Streifen vier solcher Ansätze in Grösse und Form
ganz den wirklichen Kotyliskoi entsprechend. Solcher ärm-
licher Bildungen finden wir aber nur wenige. Man ist bei
der Weiterentwicklung des Typus dazu übergegangen, gewis-
sermassen als Ersatz für die unterlassene Ausarbeitung der
einzelnen Kotyliskoi die Zahl der kotyliskenartigen Ansätze
zu vermehren. Man hat zunächst den Rand mit einer dicht
gedrängten Reihe solcher Ansätze bedeckt, dann zwei Reihen
neben einander angebracht — ein solches Gefäss zeigt Abbil-
dung 3 — dann hat man auch noch die Schulter der Gefasse
mit diesen Ansätzen bedeckt und ist in diesem mehr spie-
lenden Verfahren so weit gegangen wie möglich. Taf. 13, 7
zeigt ein Gefäss mit vier Reihen Ansätzen. Bei der Vermeh-
ning der nur scheinbaren Kotyliskoi wurden diese immer
kiemer. in Abbildung 7 sieht man z. B., wie in der unter-
Btea Reihe immer nur eins um das andere von diesen Gebil-
den wirklich kotyliskenförmig ausgeführt ist; die übrigen
dieser Reihe und ebenso auch die in den oberen Reihen sind
stark verkümmert ; es fehlt bei ihnen der obere ausladende
Teil. Die Ansätze verloren eben bei diesem Entwicklungsgang
aUmählieh auch äusserlich den Charakter als Gefässe und
sdirampfkeo schliesslich zu platten Ringen, Buckeln oder Knöp-
fen zusammen, die nun rein ortiamental verwandt wurden.
So sehen "wir sie Tai. 13 Abbildung 5 als zwei Reihen fla-
cher neben einander gesetzter Ringe auf dem horizontalen
Streifen verwertet, bei einigen Exemplaren findet sich solche
Ringreihe auch |um die Mitte der Schulter herumgelegt. Ein
weiterer Schritt in der Umbildung zum reinen Ornamentiates
sodann, wenn die ilachen Ringe kleeblattartig zusammenge-
stellt werden und die Metamorphose ist vollendet bei Exera«
phren, wie sie unsere Abbildung 6 Teranaehauücht, wo Je
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KBBGÜMOB
fOiif iolober Ringe iq einer veritaUeo Rosette vereinigt sind^
War man einmal bo weit gegangen, dasa man mit Zurfick*
etellong der früheren knltliclien Bedeutung diese Kotyliakoi
sa rein ornamentalen Verziernngen umgestaltete, so ist es eine
kaum noch auffall ige Erscheinung, dass die Töpfer es sieh
auch häufig erlaubt haben, von^der Anbringung dieser Orna<*
mente gani absusehen, und so finden wir in der That eine
ganze Anzahl von Gefässen, die nach Form» Thon, Verzierung
sicher zu unseren Gefössen gehören und auch mit ihnen
zusammen gefunden sind, gänzlich bar der Beigabe -von
Scheinkotyliskoi, sei es in Form der ausgebildeten Ansätze
sei es in Form von Ornamenten (Taf. 13,4). Wir werden uns
daher hüten, bei der Erklärung des ganzen Gefässtypus diese
Gefässe von den vorher betrachteten abzusonderen. Auch von
den Marmorkerchnoi hat, wie schon bemerkt wurde, kein ein-
ziger irgend welche Verzierungen plastischer Natur. Wir er-
kennen vielmehr aus der eben betrachteten Entwicklung, dass
für die Darstellung des Kerchnos in der bildenden Kunst ein-
fach die Wiedergabe der charakteristischen Form des Gefas-
ses genügen konnte. Für den in die eleusinischen Mysterien
Eingeweihten bedurfte es keiner weiteren Kennzeicbnuog des
Gefässes; er wusste schon, was gemeint sei.
Vergleichen wir nun die Beschreibung des xepvo; bei Athe-
naios mit unseren Gefässen, besonders mit den an erster Stelle
behandelten Exemplaren, so müsste es eigentlich wunderbar
erscheinen, dass man nicht von Anfan^^ an die Identität desm'p-
vo< mit den eleusinischen Gefässen erkannt bat. Aber abgesehen
' Die wiMteren Spielarten, die sich bei der Entwicklung der Kotyliskoi
herausgebildet haben, wollen wir hier nicht im einzelnen verfolgen. Zu
Knöpren wurden die Öcheinkolyliskoi dadurch umge&laitel, da.ss man den
Posa wegliest und die fleehe Scheibe mit ihrem profiUrten Rand direkt auf
deo Ringstreifen des Kerchnos aufsetzte. Auch von dieser Abart finden
•ich mehrere Exemplare im Museutn 7u Eleusis. Bei einigen kleinpr«'n und
besonders flüchtigen Stücken erscheinen die Ansätze ganz verkümiiiurt wie
Wanen oder kleiiie Boflkel, so dass nichts aa ibnm mehr aa ihre Mhere
Otsialt eriaaart.
SM o. auBBmoHM
TOD einigen PondamsliadeB waren dteeigentamliehen Deckel,
welche m dieeea Geflnen gehOren,der Erkenntniss hinderlich.
Be eind Deckel bald von flach gewölbter, bald Ton mehr cylin-
drischer Form.wie ate unsere Abbildungen 8 a und 8 b zeigen.
Auch bei ihnen kehren biaarre Verschiedenheiten in der Por-
mengebung und io der äusseren Ausstattung wieder, wie bei
dem Gefäss selbst. Es ist nicht nötig, dass wir den einzelnen
Schöpfungen der Vasenfabrikanten nachgehen, die nun einmal
bei dieser Vasengattung ihrer Erfindung freies Spiel gelassen
haben. Gemeinsam ist allen Deckeln, dass sie durchbrochen
gebildet sind, wie die Deckel von Thymiaterien. Das muss einen
bestimmten Grund gehabt haben. Da einige von den Gefassen,
welche in der Aule in der Aschenschicht (s. oben S. 280) gefun-
den wurden, auch in ihrem Inneren Asche enthielten, so dass es
den Anschein haben konnte, als ob in diesen Gelassen etwas
verbranra worden wäre, so haben Philios in seiner vorläufigen
Besprechung der Gefdsse 'E9rjaipi<; äpj^. 1885 S. 17-2 f. und
ihm folgend H. von Kritze in einem Aufsatz in der 'li^^r^jXEpi;
etpjr. 1897 S. 164 unsere Gefasse für Thymiaterien erklärt.
Beide lehnen die Identificirung mit dem Kerchnos ausdrück-
lich ab. Philios, dem nur ein beschränktes Material zur Ver-
fügung stand und der insbesondere die Gefässe mit den Weih-
inscliriflen noch nicht kannte — sie sind erst bei späteren Aus-
grabungen gefunden worden — that dies, weil er den Schein-
kotyliskoi jede praktische Bedeutung absprechen musste, ihre
Entwicklung aus wirklichen Kotyliskoi nicht erkannt hatte und
den Charakter der betrelTenden Gefässe als Weihgeschenke
mangels der erst später hinzu gekommenen Belege nicht in
Erwägung zog. Die Ausführungen II. von Fritzes, der zum Teil
mit denselben Gründen wie Philios operirl, scheinen mir von
Grund aus verielilt zu sein, doch würde uns eine Widerle-
gung im Einzelnen zu weit abführen Nur das sei hier her-
vorgehoben. Es unterliegt keinem Zweifel und wird mir auch
von Herrn Dr. Skias, dem derzeitigen Kphoros von Eleusis,
welchem ich für vielfache Unterstützung zu lebhaftem Dank
verpÜichtet bin, bestätigt, dass die in den iverchnoi vorgetunde-
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K.BRCHN08
287
nen Aschenteile lediglich aus der iimgebeDden Aschenschicht,.
in der die Getässe gefunden wurden, in diese hineiDgeraten<
sind*. In keinem einzigen der im Moaeum voa Eleuait aof«
bewahrlen Kerchnoi findet aieh eine Spur, die darauf aebliea-.
aen liease, das» in den Gefaaaen Jemals etwaa verbrannt wor--
den wäre. Bine sichere Widerlegung der Ansicht von Phiüoa
und Frille schliesst aber schon die Thatsaehe in aich, daaa
bei der von ihnen gegebenen Erklärung die Kotyliskoi, die-
auagebildeten wie die unausgebildeten, unerklärt bleiben. .
Wie erklären aich nun aber bei unserer Auffiissung der 6e-
faase die durchbrochenen Deckel ? Es muss im Inneren des
Kerehnos etwas geborgen worden sein, dein durch die- Öff-
nungen des Deckels Luft zugeführt werden sollte, daa iat si-
eher. Waa war das aber? Die Beschreibung des Kerchnoa
und der in ihm su bergenden Gabe hei Athenaioa adieint uns
fhr die Beantwortung dieser Frage keinen Anhalt abzugeben.-
Wir besitzen aber noch eine andere Nachricht über die Caere-
monie mit dem Kerehnos, die uns vielleicht im Zusammen-
hang mit den Angaben bei Athenaios weiter zu fördern ver-
mag. Im Scholien zu den zu Anfang (S. ?75) angezogenen Ni-
kanderversen (Alex. 217)hei8st es: xtovo'pöpo; r; tou; xpaTTjpot?.
^«pou<ia lepsia* xepvou? yip (pac. to'j; auaTixoO; xpaxYipa;, i^' <ov
Xupou; TtBtait. Das Scholion bezieht sich zwar auf eine Stelle,
in der vom Kerehnos im Kybeledienst die Bede ist, das ist
aber für unsere Betrachtung belanglos. Wenn wir ein so ei-
gentümlich gestaltetes Kultgerät wie den Kerehnos in zwei
Kulten finden, so ist es ohne weiteres klar, dass die mit ihm.
"vorgenommene Handlung in beiden Kulten verwandter Na-
tur gewesen sein rauss, auch wenn diese Kulte nicht so vie-
lerlei Beziehungen zu einander hätten, wie es bei den My-
aterien der Kybelc und den eleusinischen besonders in den
späteren Zeiten des Altertums der Fall gewesen ist. Abwei?
ehungen von einander werden in der Zusammensetzung des
< Vgl. dsn jeut auch Kumolotis, 'Bfi||upU 18W 8. U f.
288
O. RUBENSOHN
im Karahnot lu bergenden Inhalts und in der einen oder aa*
deren Ausserlichkeit der Kultusbandlung obgewaltet haben,
die weteotiiohen Bedingungen für die Verwendung des Kercb-
noB aber müssen die gleichen gewesen sein, in einer sol-
chen wesentlichen Bedingung des Gebrauches hat aber die
durchbrochene Bildung der Deckel der eleusiniachen Kerchnoi
ihren Grund gehabt, und eben diesen lehrt una daa Nikan-
daracholion kennen, deaiea Angaben wir daher ohne weite-
res für unsere Untersuchung Qber den deusinischen Rultge-
branch Tcrwerlen dürfen.
Daa Scholien meldet uns also, dass in den Kerchnos Xu^vot
gesellt wurden. Wenn wir das wissen, ▼eratehen wir, warum
man in den Deckeln öflhungen angebracht hat; durch dieae
OffouBgen wurde dem Licht dea >uxvo(Loft zugeführt. Könoeo
wir dieae Nachricht mit den Nachrichten bei Athenaioa ver«
einigen ?
Ich glaube wol. Athenaioa berichtet uns in dem aua Pole-
mon entlehnten Passus nur von den Gaben, welche in die
kleinen den Rand des Kerchnos umgebenden Kotyliskoi ge-
legt wurden. Von dem, was im Inneren des Kerchnos selbst
geborgen wurde, spricht er nicht. Das Nikanderscholion bil-
det also einfach eine Ergänzung zu dem Bericht des Alhe-
naios. Wir dürfen es uns indessen nicht verhehlen, dass eine
derartige Caeremonie ganz singular unter den griechischen
Kultusgebräuchen dastehen würde', und es würde schwer
fallen, eine Erklärung für den seitsamen Brauch, eine Lampe
in ein Gefäss zu stellen und sie so der Gottheit darzubringen,
zu finden^. Sodann muss auch bemerkt werden, dass die eleu-
* Hiebt unenvibot mof« bleiben, dais OlenMOt Alei. Protrapt. II, St
(B. 19| unter den dbctfpfi|w «i^lUlm dar TbenUs dea Xi^vof aenot. Walehe
Verwendung in diesen sehr danklan Mjstarian aber iwXIrgyot geftindan
bat, kann ich nicht angelten.
* Eine Notiz, wie die bei liimerius VII, 2 (mir hier nicht zugänglich) :
'Atnadc vdjioc'BXMMvdtc ftlx (xuota« f <p«tv mJUmi xai 8pi-fiMtT«a.i.w. darf man
nicbt mit der Kerdinos-Caeremonia in Varbiadnng bringan, dann Spinm«
sind Abranbundel und können deabatb mit dam Karehnoa nichts sn Ibnn
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KJSBCBM08
«9
sinischen Gefäsae mit ihrem trichterförmig nach unten zu-
laufendeo Bodeo wenig praktisch für einen solchen Zweek
eingerichtet erscheinen. Es ist daher vielleicht noch eine an-
dere Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Wenn wir uns den
bei AthemüoB beschriebenen Inhalt des Kerchnosopfers näher
betrachten und uns seine Unterbringung in den eleusinischen
Gelassen vergegenwärtigen , so ist es von vornherein klar,
dass die Getreidekömer — dass es sich um Kömer handelt,
beweist der Plural — und Hülsenfrüchte , ferner auch der
Wein, das Öl, die Milch, der Honig, ja im Notfall auch die
Schafwolle in den Rotyliskoi anlsfgebracht werden konnten.
Nicht recht an^ngig erscheint es, dass auch der Opferkuchen,
das ««IdtOtov, in einem solchen kleinen Kotyliskos Platz fand.
Er mflsste dann erstaunlich klein gewesen sein. Die Möglich-
keit scheint mir daher nickt ansgeschiossen, dass der Opfer^
kuchen nicht in einem der Rotjliskoi sondern im Inneren des
Kerchnos selbst ontergebracht worden ist. Auch in diesem
Fall kann bei dem geringen inneren Passungsraum des Ker-
chnos der Kuchen nur klein gewesen sein, so dass die Demi-
nutivform IlaXdbOrov gerechtfertigt erscheint. Bekanntlich ist
es nun ein durehaus nicht singnlärer Brauch geweaen, Opfern
kuchen mit Lichtem zu beetecken. Aus Philochoroa werden
I. B. bei Athenaioe derartige Kuchen — «itft^vTic genannt —
im Kult der Artemis Muniehia erwähnt; auf dem 'E^jAipU
ofx- 1890 Taf. 5 publicirten bokitisehen Gloekenkrater briii^
ein Mädchen einer weiblichen Heilgottheit auf einer mit Zwei-
gen bekransten Schflssel PrOchte und einen Kneben dar, in
dessen Mitte eine brennende Rene steckt. Bs ist möglich,
dass wir einen ähnlichen Brauch für die Knchnoeeaeremome
ansunehmen haben, dasa man auf den im Kerchnos nieder-
gelegten Kuchen kleine Lämpchen oder auch Kenen, wie wir
sie auf dem Opferkuchen des boiotischenGefiissee 8ehen,stellte.
Wie dem aber auch sei, ob wir uns die X^C/gwi in der einen
haben. Unter fu« ist das Liebt der Fackeln zu versieben. Das Ganze gebt
wahracbeinlieh auf den Jakehomi^.
290
O. BOBIMSOHN
oder der anderen Weise im Kerchnos stehend zu denken ha-
ben, jedenfalls finden die durchbrochenen Deckel der Gelasse
vollauf ihre Erklärung durch die im NikanderochoUoo für
den Kerchnos bezeugte Sitte der Lychnophorie.
Es wurde schon bei der Beschreibung der Gefässe darauf
hingewiesen, dass ein Teil der gefundenen Vasen nicht für
Deckel eingerichtet ist. Das beweist uns, dass die Deckel ein
unbedingtes Erforderniss nicht waren. Auf einer ganzen Se-
rie von athenischen Theatermarken aus Blei ' ist der Kerchnos
dargestellt bald mit Deckel bald ohne Deckel. Wir sehen also
auch hier dasselbe Verhällniss, wie bei den eleusinischen Ge-
täwen obwalten. Auf zweien dieser Marken, die leider in der
hiesigen MilnzsainmluDg nicht mehr im Original vorhanden
sind — sie gehören zu den bei dem grossen Diebstahl ver«
Bchwundenen — und von denen ich daher nur eine nach der
Zeichnung Postohikas hergestellte Abbildung * hier beibringen
kann, ragen aus dem deckellosen Kerchnos einmal zwei und
einmal drei dünne Stäbchen hervor, für die sich schwerlich
eine andere Erklärung linden lässt, als eben die, dass es Ker-
len gewesen sind. Wir dürfen das Nikanderscholion nicht
pressen und uns an den Ausdruck Xu^voc klammern, um etwa
gegen diese Deutung Stellung zu nehmen. Es besteht zwi-
schen Lampen und Kerzen in diesem Fall kein Unterschied
für den Kultus. Für den Wechsel zwischen beiden kann eben*
aowol die Mode wie eine technische Forderung Jeweilig mass-
gebend gewesen sein.
Einen Kerchnos , aus dem die Flammen solcher Lampen
< Jetzt üttersiciitlicli zusammengesteilt Ton Svoronoi ia seinem Jounui»
international d'arcMologie numismatigM I 8. i>5.
* K«cdlX»YOc T0V U teB vo|^ia(iaTuioO iMvotüw 'AiBqvAv «SkmfvTwv vo|uo|iditwv
Athen 1888, Nr. 320 und 827.
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KSaCHNOS
291
herTor lodera,glaabe ieb aaf der bekannten camaisebea Vase
in der Ermitage zu Petersburg erkennen zu dOrfen, für die
wir leider immer nocb auf die ungenügenden Abbildungen
angewiesen sind, welcbe auf Campte 'rendu 1862 Tai. 3
surfickgehen. Wir seben bier in der Mitte der ganzen Dar-
stellung zwiscben zwei gekreuzten Bakcboi' einGefäsasteben,
dass zwar in der Form niebt ganz genau dem Kerebnos ent»
spricbt, aber doch schwerlich etwas anderes als ihn darstellen
soll. In Stephanie Katalog und im Text zur Tafel wird es
als kleiner Altar bezeichnet. Das kann es sicher nicht sein
wegen der Forrn. die deutlieh ein Geläss wiedergiebt. Es ist
vergoldet, und auch dieser Umstand spricht für die vorge-
tragene Deutung.
Alles was wir den litterarisclien und den monumentalen
Quellen über den xep/vo; entnehmen können, trifft also, wie
wir sehen, bei den eleuainischen Gelassen zu. Wir können die
Identität des Kerchnos mit diesen für gesichert halten. Welche
Folgerungen ergeben sich nun aus diesem Resultat für den
eleusinischen Kultus? Man brachte in Eleusis die Erstlinge
der Feldfrüchte, des Weins, des Öls, kurz allen Segens. den die
Erde spendet, dar, zusammen mit der Gabe des Hirten, denn
die Schafwolle ist hier ohne alle Nebenbedeutung lediglich als
dcTrapyV) vom Ertrag der Herdenzucht zu betrachten. Das ist
durchaus nichts Besonderes sondern beg^net eigentlich in je-
dem agrarischen Kultus. In Eleusts aber war dieser einfache
Vorgang zum Mysterium erhoben. Nicht durch Uoteriegung
irgend einer geheiranissvoilen Deutung oder übersinnlichen
Erklärung, nur die besondere Gestaltung des Kultcaeremoniells
bebt die beilige Handlung im Dienst von Eleusia aus der Menge
* Den Namen Bakchos fur die als AUribule der MjsleQ üblicbeo Zweig-
b&adel antowenden, sind ifir,|^«iibe ich,trob Strubes Widenprueh bsfwh*
ligl. Furtw&ngler, dar im Arcb. Anteiger 1892 8. 106 und Athen. Mitlh.'
1895 S. 358 ausführlich über die Zweigbündel gehandelt bat. lässt sie un-
benannt,ohne über die Ton Htepliaiii zuerst in Vorschlag gebrachte Be-
neuQUDg ß«x)^oi zu sprechen. Siehe aucti die Erürleruugeu für und wider
insaminengMiellt bei Overbeck, Kunstnqrlbologie II 8. 671 f.
392
O. RUBBNBOHN
der gleichartigen DarbriDgungen in den anderen Rnlteo her*
aus. In Phigalia legte man einfach die Gaben anf den Altar
der Demeter nieder. In Bleosis bii^ man die Spende io einem
ganx singnlir geformten GelSss, dann wird sie in feierlicher
Weise, etwa in einer Proxession (s. u.) einheigelragen, und
sum Sehluss nehmen die Trager des Rerchnos etwas von den
dargebrachten Frachten und Ycraehren es (Athenaioa a.a.O.)
Diese Speisecaeremonie ist oifenbar die Hauptsache in der gan-
sen heiligen Handlung. Sie ist der eigentlich mystische Vor«
gaog.Dass bei den Mysterien solche feierliche Speiseeaeremo-
nien,die von den gewöhnlichen Opferschmäusen.GOtterbewir-
tungen und dergleichen wol zu unterscheiden sind, eine grosse
Rolle spielten, wissen wir. Das beweisen ja schon die Belsen nt-
nissformeln, deren wir zu Anfiing gedacht haben. Ich erinnere
ferner an den Genuss von rohem Fleisch in den Dionysos -
Zagreus - Mysterien (Schol. zu Clemens Alex. Protr. 1 S. 433
Dind. (mir hier nicht zugänglich) w(x« yäp -naOtov xpeot ol u.you-
(xivoi Atovuo(j> Stiyax toöto TfiXoufiivoi toG (rjcapayfJ^oj, ov uttiittj
Aiövudo; üTto TtTivuv). Im Kult der grossen Götter von Samo-
thrake kennen wir eine derartige Caeremonie aus der von
Gomperz dem Sinne nach sicher richtig ergänzten Inschrift
aus Toraoi*, aus der wir erfahren, dass der Priester [tw]v (lu-
TO w»(i[i.]a <Tx^^*^ ^YX"' i"^^ tcotöv Tot;] {jnjdxai?. Darreichun-
gen von Brot und Wasser begegnen auch in den Mithras-
mysterien^, und auf eine ganze Anzahl solcher Gebräuche in
verschiedenen Gcheimkulten spielt Clemens Protr. II 22 (S.
19) an. Wir sehen also, die Caeremonie mit dem KerchnoB
reiht sich ohne weiteres in eine ganze Zahl verwandter Vor-
gänge in anderen Mysterienkulten ein. Die vornehmste Paral-
lele zu ihr finden wir aber in den eleusinischen Mysterien
selbst. DasTrinIcen des Kykeon nimmt unter den Einweihungs
caeremonien in die eleusinischen Mjfsterien eine wichtige SteU
* Arcbiologisch- epigrapbisehe Uittbeilmigen VI 1882 8. 8 Nr. U.
s Cttmont in Boscben Lesikon II 8. 3M.
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893
lung ein, wie dies das eleusinische Synthema (s.o. S. ^71) und
die für die eieuainiache Mysten weihe vorbildliche Scene des
homerischen Hymnus (Y. 205 ff.) lehrt: sein Genuss beendigte
das Pasten des ßinsu weihenden, wie er dem neuntagigen Pa-
sten der berumirrenden Demeter im Hause des Keieos ein
Ende gemacht hatte. In nSberer Bestebung su dieser Caere-
monie steht der Kerchoos nicbt. Das GefSss, aus dem man den
Kykeon genoss, war das Kymbos. Das wissen wir aus Ni*
kanders Alexipbarmaka 1S8 ff., wo es heisst:.
VV|OTlipD( AvioC« (AOpÖlV «OTOV, ^ IVOTI
XotuXftviDv l€pt^fv in* itoTupov *IinvoMttVTO«
und im Schatsverzeichniss von Eleusis C.l.A. 1V,2 767 b Z.54
finden wir auch ein xu(x6tov verzeichnet, leider an einer stark
fragmentirten Stelle, so dass wir nichts Genaueres angeben
können. Die Kullushandlung, bei der der Kerchnos ver-
wendet wurde, gehörte nicht zu den Rin weihungscaereinonien
von Eleusis, sonst stände sie eben im Synthema verzeichnet.
Fragen wir uns nun, bei welcher Gelegenheit die Rultus-
handlung mit dem Kerchnos in den eleusinischen Mysterien
Statt hatte und wie gestaltet sie war, so giebt uns einige Auf-
klärung darüber schon Poiemon bei Athenaios. Wir ent-
nehmen seinen Worten, dass der Kerchnos bei derCaeremonie
in einer Prozession oder in einem Tanz — das bleibt hier un-
bestimmt — umhergelragen worden ist. Der Ausdruck xepi-
tvTjvo^oTt«; verrät, dass es sich nicht um eine Prozession, die von
einem Punkte zu einem anderen zog, gehandelt haben kann,
die Träger des Kerchnos müssen sich vielmehr auf einem
irgendwie abgegrenzten Platz im Kreis oder sonstwie umher-
bewegt haben. Des weiteren belehrt uns Poiemon , dass die
Teiinehmer an dieser Caeremonie den Kerchnos auf dem Kopf
getragao baiMui, niehta anderes nänilieh besagt die Wendung:
O. ROBSltflOnf
6 toCto. ßaoTix<5«{ olbv Xixvo9opTf)<i«;. Das Liknon wofde bei
den verwandten Kultushandlungen anderer Gottesdienste von
den beteiligten Personen auf dem Kopf getragen'.
Eine willkommene Ergänzung und Bestätigung dieses lit-
terarischen Zeugnisses bildet nun der Pinax der iXinnion, der
im Jahre 1895 in Eleusis gefunden worden ist^. Es ist hier
nicht der Ort näher auf die Darstellung dieses in seiner Be-
deutung für den Kultus von Eleusis einzig dastehenden Denk-
mals einzugehen. Es muss dies der bevorsloliondcn X croffent-
lichung des Pinax durch Herrn Dr. Skias vorbehalten bleiben.
Nur so viel möge hier bemerkt werden. Es ist auf dem Pinax
in zwei Streifen übereinander eine Prozession dargestellt, die
im liieron von Eleusis vor sich geht. Das Innere des Heilig-
tums— nicht des Tempels - ist durch den Omphalos und eine
Säule im Hintergrund gekennzeichnet. In der unteren Heihe
empfängt eine thronende, in der oberen eine thronende und
eine siehende Göttin die Heranschreiten Jen. In dieser Prozes-
sion tragen zwei Frauen den Kerchnos. eine dritte Kerchnos-
Irägerin befindet sich im Giebel des Pinax. Einen Ausschniltaus
der Darstellung der Prozession mit dem Oberteil der einen der
beiden Kerchnostragerinnen und der vor ihr stehenden Göttin
zeigt unsere Abbildung nach einer Zeichnung Gillierons'.
In der Form stimmt das Gefäss so genau mit den eleusini-
schen Gelassen überein , wie das bei der ziemlich flüchtigen
JManier des Maiers möglich ist. DieKot^iiskoi fehlen. Wir haben
* Vgl. O. Jahn, BerieblA derslchiisdienOeselliolialt der Wissenschaften
mi 8. 924 Anm. 125.
* Einige Angaben über ihn liat Kern in <lor Arcli. Gcsclischafl in Berlin
(Arcb. Anzeiger 189Ö S. 163) geiuaclil; vgl. Attieu. MitUi. 18'J5 S. 231.
* Den Kopf der KercbnostrSgerin und die eine Fackel der vor ibr sieben-
den Figur lial H. von Kritze, Efumflt ipx- 1897 S. I6ii in L-iner flüchtigen
Skizzr* \vi«'(l(;rg<'^'rb<'M St ine Deutung der Scene, dio Frau mit den beiden
Fackeln euuünde mit deren einer den in dem Gefäss enthaltenen Weih-
.raucb, ist völlig unannehmbar. Ein Blick auf unsere Abbildung zeigt, dass
.tin derartiges nicht zu denken ist. Fritie bat auch die Art, wie der Kercbnoi
auf dem Kopf der Frau befestigt ist, und die Pedwitnng der LSofaCf im
JUndstreifon de« Kerchnos völlig Tcrkannl. .
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KEftCHNOS
295
ja aber schon hervorgehoben (S. 585), dass ihre Anbringung
für die Darstellung des Kerchnos in der bildenden Kunst
nicht unbedingt erforderlich war. Auch dass der Deckel nicht
durchbrochen geraalt ist, kann nicht überraschen. Die Über-
einstimmung in der ganzen äusseren Erscheinung und io
einigen gleich zu berührenden Einzelheiten ist so gross, dass
ein Zweifel an der Identität der dargestellten Gefässe mit den
eleusinischen unzulässig ist.
Auf dem Pinax sehen wir nun , wie das Gefäss bei der
Prozession getragen wurde. Es ist mit weiss gemalten Tä^
nien am Kopf befestigt. Die Tänien sind an den Henkeln
des Kerchnos angebunden. Eine derartige Befestigung würde
schwerlich genügen. Wir finden bei fast allen eleusinischen
Gelassen im Fuss der Vase zwei Durchbohrungen'. Offen-
bar wurde auch durch diese ein Band gezogen, das am
Kopf der Trägerin angebracht wurde und zur weiteren Be-
festigung des Gefässes diente. Über den Deckel des Kerchnos
laufen in der Darstellung zwei sich kreuzende schwarz aufge-
malte Linien. Die eine verläuft über den Band des Deckels
< Vgl. 'EfTiiiiplt ipx- 1885 Taf. 9, 7 8. 172.
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m
O.' IIUBBNSIIHN
hinaus den Randstreifen des Kerchnos, wir können sie
daher nicht als Angabe einer rein ornamentalen Zuthat be-
trachten. Was gemeint ist, lehren uns die eleusinischen Ge*
iässe. Es finden sich bei ihnen in dem Randstreifen meist zu
beiden Seiken des Henkels vier — je zwei bei jedem Henkel—
bisweilen auch mehr kleine runde Löcher * . In einigen dieeor
L&cher stecken noch heute dünne Metallstreifen. Zur Befe-
stigung des ILerchnoB am Kopt können diese nicht gedient
haben, Bronze wäre für einen solchen Zweck der ungeeignetste
Stotf. Es ist deutlich, dass die dünnen Bronzestreifen zur Be-
festigung des Deckels gedient haben. Wurden die Gnlässe in
der besdiriebenen Weise in einer Proieesion umheigetragsn,
so musste man die Deckel irgendwie auf dem Kerdbnos be-
festigen. Bänder aus einem pflansUcfaen Stoff würden Tom
Feuer der im Kerchnos brennenden Lampen vemiohtet wor-
den sein. Deshalb mosste man «i metallenen Bindern die
Zuflucht nehmen, und die Wiedergabe solcher Bänder erkenne
ich auf der Darstellung des Pinax. Die Frau , welche den
KerchnoB tragt, hat im Haar ein Diadem, während die bei-
den anderen Kerchnosträgerinnen des Pinax (Tgl. die Skinen
bei Fritie a. a. O. ) einfach Kränze auf dem Haupt tragen.
Mit der rechten Hand, in der sie einen Zweig halt, adoiirt
sie die Tor ihr stehende Göttin. Was sie mit der linken Hand
fosBt, lässt sich nicht mehr erkennen. Auch der Kerchnos ist
mit Zweigen geschmückt. Wir haben hier die Kercbnophorie
im Kultus von Eleusis vor uns, eine Scene aus der Pompe,
deren Schilderung dem bei Athenaios erhaltenen Passus aus
Polemons Schrill unmittelbar vorausgegangen sein muss. Ks
ist eine Scene aus der eigentlichen Myslerienfeier, die im In-
nern des Heiligtums \uii Eleusis stattfand. Zum ersten Mal
sehen wir eine solche aut einem antiken Denkmal dargestellt.
Wir haben uns etwa die Aule des Heiligtums als Ort des Vor-
gangs zu denken. Hier ging unter feierlichen Veranstaltungen
beim Schein der Fackein — auf dem Pinax sehen wir in der
4 Vgl. PhiliM,'Efi||upi< ^.48858. 173 «ad untere AbbildnngTaf. 13,1.6.
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kERCMNOS
297
unteren Reihe den Ilierophanten oder Dadueben mit seinen
Packeln — dieser Teil der Mysterien feier vor sich , bei der
sicher auch das icov xotSiov eine Rolle spielte. Auf die eigen*
tflmliche Auagestaltung der Feier, wie sie der Pinai erkennen
lüsst, können wir hier natürlich nicht eingehen, auch die
einielnen DiCferenaen, die zwischen der Beschreibung Pole-
mons und der Scene des Pinax bestehen» dürfen hier nicht
abgehandelt werden. Hier haben wie jetzt nur noch einige
Fragen zu erledigen, welche die eleusinischen Kerchnoi spe*
eiell angehen. Sie betreffen Technik, Decoration und Zeit die-
ser Getässe.
Dass die grosse Menge der gefundenen Vasen einen einheit-
lichen Typus darstellt, wurde schon zu Anfang erwähnt. Der
rötliche oder hellbraune Thon, aus dem sie gefertigt sind, ist
fast durchweg mit einem Überzug aus rotem oder weissem
Pfeifenthon rersehen^ Dieser Überzug ist bei den meisten
Gefässen bis auf wenige Reste abgesprungen, und mit
ihm sind auch die auf ihn aufgesetzten Verzierungen ver»
sch wunden. Der ursprüngliche Zustand lässt sich daher bei
den meisten Gelassen nur erschliessen. Verhältnissmässig am
besten erhalten hat sich die Vergoldung. Eine grosse Anzahl
der gefundenen Kerchnoi war nämlicli un iliier ganzen Aus-
senseite mit Gold überzogen. Das Gold ist als ganz dünnes
Blattgold auf die weisse oder rote Grundlage aufgesetzt, in der-
lei ben Technik wie sie Furtwängler zu Sammlung Sabourofi'
I Taf. Ii), 2 beschreibt. Nur handelt es sich bei unseren Ge-
fässen nicht um einzelne Verzierungen aus Gold , sondern um
eine einheitlieiie Vergoldung ohne irgend welclie Ornamente.
Diese Getässe alimen die xep/voi /p-jaoi nach, welche wie uns
die zu Anfang erwähnte Inschrift verrät, als VVeihgeschenke
dargebracht wurden oder im Kultus Verwendung fanden. Kei-
nes von den vergoldeten Gelassen ist mit Kotyliskoi oder ko-
t^liskosartigeo Ansätzen versehen. Die mit solchen, besonders
mit ersteren, gezierten Kerchnoi zeigen überhaupt selten eine
• Vgl. fiber die Teehnik Pfailios, 'BfiuupU %. 1885 8. 171 Anm. 3.
ATBBM. lIlTTBBU.iniOBN ZZUI. 20
298 6. liuABNSottN
weitere Decoration attsaerdem weissen oder roten Obenog,Dur
der Kranz der Icotyliakosartigen AnsStce bat bei einzelnen Ge-
fiUsen dureh verecbiedene Färbung der Seheinkotyliekoi —
blau, rot und weias — einige Belebung erfahren.
Wo die Rotyliskoi fehlen, iet fast überall der Brsats durdi
Malerei eingetreten. Und zwar findet sieh die Beroalung haupt*
sachlich an drei Stellen des Gefässes, auf dem horisontalen
Randstreifen, auf der Schulter oder auf dem Bauch, nur bei
wenigen Gelassen an allen drei Stellen zusammen, bei den
meisten entweder an einer oder höchstens an zweien. Auf
dem Randstreifen ist öfters ein Eierstab angebracht, die Stege
in roter, die Wülste in bellblauer Farbe, der Untergrund
weiss. Dasselbe Ornament kehrt auch in derselben Parbenver-
teilung am Rand des Declcels wieder.
Das Ornament, das bei den einfacher verzierten Gefässen
am häufigsten auf dem Schulteraufsalz begegnet, ist das neben-
stehend skizzirLe. Die Strahlen sind bald breiler bald schmaler
aufgetragen und immer sehr flüchtig gezeichnet. Das Orna-
ment hel)t sich immer rot vom weissen Grund ab, hei den Ge-
fässen mit roteui Überzug ist mitten um den Aufsatz herum
über den roten Überzug ein iiorizontaler weisser Streifen ge-
legt, erst auf diesem steht das Ornament. Bei zwei Exempla-
ren findet sich der sonst weiss gelassene Untergrund zwischen
den Strahlen mit Blattgold abgedeckt. In der Regel kehrt daa
Ornament viermal um den ganzen Aufsatz herum wieder, der
Zwischenraum zwischen den einzelnen wird entweder frei ge-
lassen oder von einem horizontal gelegten und mit einem bald
helleren bald dunkleren Grün gemalten Zweig eingenommen.
Zweige finden sich auch auf einigen der Deckel angebracht.
Das eigentümliche ötrahlenomament würde der Erklärung
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IBBCHMOB
f99
Schwierigkeiten entgegensetzen, wenn uns nicht auf einem der
weissgrundigen Kercbnoi einigermassen gut erkennbare Reste
der Bemalung erhalten wären, die uns von dem einstmaligen
Aussehen der reicher bemalten Gefäase eine Vorstellung geben.
Das Erhaltene und eine Reconstruction des gansen GeföBses
giebtTaf. 14 nach einer Zeichnung Gilli^rons*. Die Hauptdar-
stellung findet sieh auf dem unteren Teil des Gefä8Bes(3). Dessen
oberen Rand scbliessen unmittelbar unter dem Randstreifen
guirlandenartig aufgehängte Wollbinden ab. die in roter Farbe
wiedergegeben sind. Von der Mitte eines Jeden Bogens dieser
Guirlande hängt abwechselnd ein Rrana — wie solche in ihn*
lieber Verwendung häufig auf hellenistischen Vasen wieder-
kehren— und das Strahlenomament herab, das uns auf dem
Sehulteraufsatz der Rerchnoi begegnet ist. Hier (3) sehen
wir nun, dass es sich nicht um ein rein geometrisches Orna-
ment handelt, es stellt sich vielmehr als ein Rund von Stäben
dar,das durch drei Bänder zusammengehalten wird,als eine Art
HOlse. die durch ein Gitter von Rautenstäben gebildet wird.
Wo diese Holsen ihre Verwendung fenden.das lehren uns die
Bakchoi^, die über das ganze Rund des Bauches verteilt sind.
Ihre Anordung ist eine unsymmetrische, bald treffen ihre
oberen Enden in die Zwickel der VVoilbinden - Guirlande,
bald schneiden sie deren Bogen. Auch der Abstand der ein-
zelnen Bakchoi von einander wecl)selt in ganz unregelmässi-
ger Weise ab. Das Laub der Bakchoi ist mit einem grün-
lichen Gelb wiedergegeben, die Umrisse sind rot gezeichnet.
Die rot gezeichneten gitterartigen Hülsen sehen wir nun hier
als Ringe in geregelten Abständen von einander um die Bak-
< Mündung, Henkel und Fuss sind ganz, der hotizunlalu Randstreifen
grösstenteils weggebrocben. Die Ergänzung des Fusses musste in der
BkiiM (I) aus Raumrfieksicbten unterbleiben. Die Form des Fusses war
dieselbe wie bei dein Gi Hiss Taf. 13,4. Die Einzelbeilen der Bemalong
sind z. T. nur mit Miilif /.u oiktMineii, da die Farbe vieiracli alipfsprunpen
ist. Die senkrecbte btrichciuug giebl rule, die wa^ recblc bluue, die Punkti-
rung gelbe Farbe wieder. Die Reoonstraetion des Omamenls auf der oberen
Seile des Randstreifens (2) ist niebt gans gesieberU
* Über diese Beieiebnung v|^. oben 8. S9i Anm. 1.
äOd ü. nUBENSOHN
ehoi heromgelegt,zweifellos dieoten sie dazu, die Zweigbündel,
aus denen diese bestehen , zusammenzuhalten. In ähnlicher
Weise kehren die Hülsen auch auf anderen Darstellungen der
Bakchoi wieder, man Tgl. z. B. die von den beiden Dioskuren
und Herakles getragenen auf der Mysterienfase bei Overbeek,
Kunstmythologie Tat'. 18, 19.
Auf der Sebulter unseres Gefösses (Taf. 14, 8) sehen
wir den Bakehos in das Omamentale umgestaltet. Die Bo-
gen der hier dargestellten Guirlande bestehen aus den etwas
umgemodelten Mystenstäben.die insbesondere ihre Verjüngung
naeh unten vollständig eingebdsst haben. Blätterbündel ( gelb )
und Hülse (rot) wechseln aber hier noch in derselben Weise
wie bei den Bakehoi auf dem Bauch des Gefässes ab. Bei der
Weiterentwicklung hat man dann den Bakchos in seine einzel-
nen Bestandteile aufgelöst und jeden— die Hülse und den Laub-
zweig — als selbständiges Ornament auf dem Rerchnos ver-
wertet. Eine nur auf dem abgebildeten Kerehnos nachweisbare
Znthat zu der Verzierung sind die Tauben, welche paarweise
einander gegenüber gestellt oder einzeln unterhalb der Guir-
lande erscheinen. Sie sind mit einem hellen Blau aufgemalt.
Der horizontale Randstreifen hat als Ornament unten den so-
gcDunlen lautenden Hund, auf der Oberseite ein Palmelten-
band.
Zur Decoration des Kerclinos hat also, wie wir sehen, eines
der bedeutsamsten Kullusinstrumenle der eleusinischen My-
sterien die hauptsächlichsten lillemenle gelieferl .\ur auf zwei
Denkmälern lir^i gnct als Ornament ver\ven<lel — soweit ich
seile — dasselbe Kultusinstrument noeli eininal. Beide stammen
aus Eleusis. Das eine ist die Cista der bekannten Cislo[)lioren
aus Eleusis'. Der um die Mitte der Cista iierunilaufendf Shei-
fen zeigt als Ornament den decoraliv unigestaltr[t>ti Hakelios;
aut beiden Seiten wird er durch einen Perlstab eingefassl. Die
< Das eine Bi emplar be6ndel sieb in Bleosii, das andere in Cambridge.
Die beste Abbildung des enKli^^cliori Stückes bi t Mm Ikilüs, In^-. Marbles tu
S. 242, das Ornamenl ist su b. '^44 in grosserem Mas»Ub wiederliolt.
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UBCmofl 801
BlätterbOodel sind in ein Pleehtband umgewandelt. Getreuer ist
Hie Wiedergabe des Bakchos auf dem anderen Monument,dem
Pinaz der Ninnion. Auf Jeder der Randleisten zu beiden Sei-
ten der Bildfläche sehen wir einen Baiichos in ganz ähnlicher
Weise umi^e modelt wie auf der Schulter des Kercbnos ohne
Verjüngung aufrecht stehend angebracht ^
Wenn wir so sehen dass auf demPinax.auf dem die Kerch-
nophoric dargestellt ist, und auf dem Kerchnos selbst der
Mystenstab als Ornament verwertet ist, so haben wir wol zu
folgern, dass Kerchnos und Bakchos innerhalb der eleusini-
schen Mysterien in irgend einer besonderen liezieliung zu ein-
ander gestanden haben; wir haben etwa an eine gleichzeitige
Verwendung in einer bestimmten Kullnshandlung zu denken.
Dem gegenüber muss indessen bemerkt werden, dass in der
Kerchnophorie auf dem Pinax der Bakchos nicht tu nutzt wird.
Auf der Bildtliiche des Pinax erscheinen nur zwei trekreuzte
Bakcboi als Symbole unter dem Omphalos. Ks ist daher auch
nicht unmöglich, dass Kerchnos und Bakchos nur deshalb so
eng verbunden zusammen auftreten, weil sie beide als beson-
ders bezeichnende Symbole des eleusinischen Kultus betrachtet
wurden. Dass dem so war, lehren die Denkmäler. Vereint
finden wir beide so auf der cn maischen Amphora in Peters-
burg (Overbeck, Kunstmythologie Taf. 18 Nr ".H)). Nebenein-
andererscheinen sie auf dem aller Wahrscheinlichkeit nach
aus dem städtisehen Eleusinion stammenden Relief, das an der
kleinen Metropolis in Athen eingemauert ist; es gilt dies seit
Böttichers Aufsatz (Philologus XXIII S. 227 mit Tafel) ge-
wöhnlich als Relief von einem Altar aus dem Eleusinion, es
kann aber ebensowohl auch Epistyl eines Baues gewesen sein,
wie daa Epistyl von den Propyläen des Appiua Claudius in
Eleusis.
Auch allein erscheint der Kerebnos des öfteren als Symbol
' Hier ist es ganz deullich, dass dio 'Hülsen' durchbrochen gedacht
sind, deuu das Laub der Zweige ist zwischen den ätabeu der Hülsen ange-
geben.
302
0. nUBBNSOHN
des eleusinischen Kultus und als Wappen des eleusinischen
Gemeinwesens. So sehen wir ihn auf den Rupfermünzen von
Eleusis, die der jüngeren Epoche d. ii. aller Wahrscheinlich-
keit nach dem Anfang des dritten Jahrhunderls vor Chr. an-
gehören. Auf diesen tritt der Kerchnos zusammen mit dena
Kaialhos aU Prägezeiehen auf. Ebenso erscheint er auf gleich-
zeitigen und späteren athenischen Münzen, wo allerdings der
Kalathos häufig fehlt (vgl. den Katalog des hrittischeo Mu*
aeums Attica Taf. 15, besoDders aueh Taf. 14, 10)^
In die Jahre 1>87 -266 setzt aus historischen Gründen Svo-
ronos eine Serie bleierner Theatermarken, die ebenfalls den
Kerchnos bald aliein, bald mit dem Kalathos, bald mit einer
Fackel, bald mit Mohnstengeln , einmal auch mit einem
Thyrsos susammen als Prägung zeigen. Meist ist er mit Zwei-
gen geschmQkt wie anf dem Pinaz. Stark stiiisirt schliesslich
ist der Kerchnos dargestellt auf den oben erwähnten Gisten
der Cistophoren aus Eleusis, auch hier mit gekreuzten Mohn-
Btengeln susammen, wie auf den Theatermarken
Die Mausen und Bleimarken mit Rerchnosdarstellung ge-
hdren dem dritten Jahrhundert an, die grössere Menge sicher
seinem ersten Drittel. Ein Teil der eleusinischen Gefässe ist
unter der Philohalle gefunden, ist also sicher älter als dieser
im Yorletiten Jahraehnt des Yierten Jahrhunderts errichtete
Bau; dasselbe gilt von den unter den Fundamenten des Buleu-
terion gefundenwi Rerehnoi. Das Marmorgefäss mit der In-
schrift gehört nach den Buchstabenfbrmen der Inschrift in das
Tierte Jahrhundert,der Pinax mit der Darstellung derKercbno-
* Vgl. zu den Münzen und zu den gleich zu erwähnendt n Theatermarken
jetil Sroronoa, youmal int«rna(tonai d'arcyoiogie numismalique l S. 100.
loh bin Herrn Dir. Svoronos für rieltacbe Unterstötfong in numismstiaeheD
Fragen zu lebhaftem Dank T«rpflichtel.
* Auch auf dem Fries vom Propylon des Appius Claudius Pulcher in
Eleusis scheint der Kerchnos dargestelll gewesen zu sein. Bei Letiormant
{Ree^§reh$ianh, 8.390) eracheint wenigstens in der Abbildung dieses Frieses
anf dem Fragment reebta am Bade der Deoicel einet Kerobnos. Das Btfiek
habe ich iti EN usis m'cbt finden kfonen (vgl. J^l auch KnnuiioUs, *Bm|-
|U|»U äfx> &. 22).
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KERCHNOS
303
phone stammt etwa aus dem Ende des fünften Jahrhunderts,
einer etwas späteren Zeit mag die cumäiscbe Amphora in Pe-
tersburg angehören. Die Obergabarkunde der eieusinischen
Epistaten schliesslich mit der Erwähnung des Kerchnos ist
datirt auf das Jahr 408/7. Die grossere Menge der Zeugnisse
tlkr den Gebrauch des Kerchnos im eieusinischen Kultus yer-
teilt sich also Ober das ganie vierte, das Ende des fünften und
den Anfang des dritten Jahrhunderts. Die Fundumstände
weisen daneben aber auch eine ganse Anzahl der in Bleusis
gefundenen Kerchnoi in spätere Zeiten, sogar in die rdmi«
sehe Periode (vgl. Philios, 'E9»{Aep;; äo^ 1885 S. 173). In
römisehe Zeit gehören das Relief aus dem städtischen Eleu-
ainion , den Pries vom Propylon des Appius Claudius und
die Gistophoren in Eleusis und Cambridge. Wir haben also
den Beweis dafür, dass die Gaeremonie mit dem Kerchnos bis
in die späteren Zeiten hinein forlgesetzt in Eleusis ausgeübt
worden ist. Doch auch aufwärts können wir vielleicht die Be-
fblgung dieser Sitte nachweisen, wenn es auch als befremdend
hervorgehoben werden muss, dass sich nur sehr geringe und
dazu noch zweifelhafte Reste von Kerchnoi aus Zeiten nach-
weisen lassen, die dem vierten Jahriiundert — in eine frühere
Epoche dürfen wir aus Gründen der Technik und des Stils die
betrachtrtenGefasse nicht setzen — vorausgehen. Kinige schwarz-
figurige Deckel wie der hier nach Gillierons Zeichnung* wie-
dergegebene, haben sich in Eleusis gefunden. Das abgebildete
Exemplar trägt eine Weihinschrift an die beiden Göttinnen.
Zwei andere Exemplare derselben Form mit grauschwarzem
* Dar nntora orumentirte Rand ut in derZetohnung teilweiM eryiiist.
304 O. BUBBNIOaN
Grund zeigen als Verzierung mehrere horizontale umlaufende
Linien in aufgesetztem Karminrot. Falls diese Deckel zu
Kerehnoi gehört hahen, wäre der (lehraiich des Gefässes auch
für die Zeit des sehwarzfigiu igt^n Stils gesieherl. Ms muss aber
ausdrücklich bemerkt werden, dass die Form von den Deckel-
formen der Kerehnoi ahweiclit und dass sich kein liest eines
Kerchnos seihst aus gleicher Zeit erhalten hat. Diese Deckel
können sehr wol auch von 'Phymiaterien hernihren. Gleich ge-
formte und ausgoslatletc Deckel hahen sich auch aul der Akro-
polis gefunden Hier hieiben also einige Bedenken bestehen.
In noch ältere Zeit würde das N'orkommen des Kerchnos
gerückt, wenn wir mit Sicherheit behaupten könnten, dass die
nachstehend wiedergegebenen Fragmente zweier Binge mit
darauf geaetiten kleinen Gefasschen als Reste Ton Kerehnoi
anfeufossen seien. Beide stammen aus Eleusis und befinden
sich dort im Museum. Genauere Pundnotizen sind nicht be-
kannt. Oer eine Ring besteht aus einem grauen Thon , der
schlecht geschlemmt ist; die Oberfläche ist unbemalt und
rauh gelassen. Die einhenkeligen kleinen Gefässe sind mit
der Hand geformt. Der andere Ring trägt etwas grössere lien-
kellose Gefässe, die gleichfalls mit der Hand gearbeitet sind ;
der Thon ist mehr bräunlich. Der kleinere Hing zeigt innen
und aussen starke Spuren von Brand, die woi bei oder nach
der ZersLurung entstanden sind.
Der innere Rand heider Ringe ist abgebrochen , so dass
es sich nicht mehr mit ßeöliuiuuheit feätstelleo läaat, ob die
V I jitized by CiOoqle
KEnCUNOB
30Ö
Ringe einst selbständig bestanden oder den Randstreifen eines
Kerchnos gebildet haben. Dass es ein merkwürdiger Zufall
wäre, wenn beide IVw^e so in ganz gleicher Weise von den
zugehörigen Gefässen abgebrochen wären, ist freilich zuzuge-
ben. Man hätte dann aber vielleicht anzunehmen , dass die
fertigen Ringe mit den Gefässen darauf an die Kerchnoi ange-
setzt worden seien. Von den gewöhnlichen Gefässringen.flber
die zuletzt Löscheke beim Winckelmannsfest des N'ereins von
Altertumsfreunden im Rheinlande 1897 gesprochen hat', un-
terscheiden sich die eleusinischen Ringe vor allem durch die
grössere Anzahl von Gefasschen, welche sie einmal getragen
haben. Die Gefisschen stehen so eng auf den Ringen und diese
haben einen so grossen Durehmesser« dass wir leiehtlich auf
die Zahl von8-10Kotyliskoi für jeden der Ringe kommen, also
etwa auf dieselbe Zahl, wie die der Kotyliskoi auf dem oben
S.283 betrachteten Kerchnos. Es ist daher nicht unwahrschein-
lich, dass diese Ringe zu den Kerchnoi zu rechnen sind. Bildeten
sie aber den Randstreifen von Gefässen ähnlich den betrachte-
ten, so können wir auch einen Einblick in die Entstehung
der Form des Kerchnos thun. Der Kerchnos ist vielleicht aus
einem solchen Ring und der von ihm umschlossenen Vase
zusammengewachsen.
1st das Gesagte richtig, so bekommen wir einen äusseren
Anhalt für das Alter der Rerchnoscaeremonie, denn die bei-
den Ringe können wir nach ihrer Technik nur einer recht
frühen Periode der Vasenfabrikalion zuschreiben, und jeden-
foUs sind sie durch einen weiten Zettabstand von den be-
trachteten Kotyliskoi getrennt. Jedoch auch ohne diesen An-
halt können wir der Kultushandlung mit dem Kerchnos ein
hohes Alter aus der einfachen Erwägung heraus anweisen,
* Vgl. Berliner pbilul. Wocbuusclirifl t8'J8 S. 22;'. Dubn i Der griecbi-
Mbe Tempel ia Pompetji Anm. 3t ). 4er die Kerchnoi mit den Oelluriagea
zusammeustellt, bat alle diese als Lampen aurgerassl, wodurch nur die
Kolvliskoi, nicht das «'ip«'nllich»' (iefäss verständlicli würden. l*iirlisI<Mns
Bemerkuugeu (Jahrbuch lä% ö 73Aain.) erledigen sieb durch die obea
B. SäO angeführten Ftonde auch an andeffea 8t«Uea.
806 O. RUBBIOOBN, KBBCBNOf
das8 eine Gaeremonie wie diese, deren Spur sich auf eioer
Inschrift des fünften Jahrl)underts findet (oben S. 273),
jedenfalls beträchtlich älter sein muss als die Inschrift selbst.
Die Rerchnophorie in Eleusis ist nicht eine Schöpfung einer
jüngeren Epoche sondern hat sich herausgebildet wie die übri-
gen Begehungen und Gebrauche der Mysterienfeier spätestens
in der Zeit der grossen Heformen der solonisch - peisistratei-
schen £poche, in der die Mysterien von Eleusis die Ausstat-
tung erhalten haben, in der sie das Altertum kannte
Athen, Märs 1898.
O. RUBBN80HN.
' Tn wie weit ih r Kcrchnos auch in anderen Kulten verwendet worden
ist,soll hier niclil weil» r urürtert werden, zumal es auch an Material gebricht.
Dass derKercbnos in den Kybclekuil Eingang gefunden bat, ist schon oben
mu^mprocben worden. Zu den dort ( S. 271 f. ) angeführten liltM'arischen
Zeugnissen ist noch hinzuzurOgcn ein monumentales, eine Münze von Smyrna
Cat. of Greek coins, Ionia, Taf. 25, 3, deren Revers ein kralerartipi's Gefäss
mit Deckel zeigt. Drechsler in Roschers Lexikon II S. 2862 nimmt dieses
Oefä&s als Kemos in Anspruch. Wie ich glaube mit Recht. Auf einigen
Biemplaren des hiesigen Ü finxkabinets, die mir Herr Dir. SToronos naoh-
«ies,8leht dies Oefäss auf ^neoi Drei Fuss. Andere Exemplare des gleicheo
Typus zeigen statt des Gefasses auf dein Dreifuss einen Kalathos. Auch hier
wechseln also wie auf den eleusinischen und athenischen Münzen diese bei-
den Knltusinstnimente mit einander ab. Vielleicht Csnd der Kerohmis «idi
im AslitepiosdiwiitVarweiidiing. In dem SchabTeneiofanbs ans dam atheni-
schen Asklepieion C. I. A. II, 766 findet sich Zeile 19 als Weiligabe eines
Philon verzeichnet : xipyv(ov MTailov) -/(/[ujaö aXu^^t.» 5il5ii»i(vov), cjTaöiijov) ir.x-
Xi-(^9xi^\. 1*0 und weiter Zeile 23 unter den Weibgahen einer Menippe ein
aspxvbv Iv mvaxüp loratev. Dass wir unter diesen lupxvla eine Art lileiner
Kerebnoi su Tcrsteben haben, scheint mir nicht unmi^ticb. Bei der Viel-
deutigkeit der Worte xfpy vtj und x^p^voc ist es aber sehr wol erlaubt, hier
auch aa oioe andere Deutung für uf^ilw m denken.
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DAS THEATER ZU PRIENS
(Htenu Tafel XI)
Naebdem über das im Winter 1890/97 ausgegrabene Tbea-
ter Yon Prione scbon dureb Alexander GonaeS dann darcb
Hans Sebraders Vortrag über die dortigen Ausgrabungen der
K. preussischen Museums Verwaltung' and jüngsl dureb W.
Dörpfelds in so mancher Hinsiebt befreiend wirkenden Auf-
satz über das griechische Theater Vitruvs' einiges bekannt ge-
worden ist, soll mit einer vorläufigen Veröffentlichung des
wichtit^en Bauwerks nicht gezögert werden. Eine ausführ-
lichere Darstellung bleibt dem künftigen Berichte über die
Ausgrabungen vorbehalten.
Das Theater liegt an einer von antiken Gebäudetrümmern
bedeckten Berglehne, die zu dem schroffen, die Stadt im
Norden beherrschenden und abschliessenden Akropolisfelsen
emporführt. Es füllt den Platz von etwa 1 gewöhnlichen
in.su/ae der Stadt aus und ist allerseits von geraden Strassen
begrenzt.
Der erste Blick auf die marmornen Rusticaquadern des Ske-
nengebäudes und der Parodoi, auf die gut profilirten archi-
tektonischen Zierformen lässt jeden Zweifel an der einheit-
lichen, hellenistischen Entstehung des Baues zurücktreten.
Inscbriften am Altar und an den Basen mehrerer Ehrenstatuen
aus dem dritten vorch ristliehen Jahrhundert, deren Alter sieb
aus dem Vergleich mit zuverlässig datirten prieniseben Ur-
kunden ergiebt, bestätigen das. Leicht davon zu unterschei-
den sind die Spuren eines systematischen römischen Umbaues
der Skene, dessen Mauern auf dem beigegebenen Plane W.
* Arch. Anzeiger 1897 S. 71.
> Aroh. Anieiger 1897 8. 178.
* Alben. Ifitth. 189T 8. 439 ff.
308
TH. WIEGANO
Wilbergs (Taf. 11) durch einfache Schraffirung gekenn-
zeichnet sind.
Aufgedeckt sind bis jetzt : das ganze Skenengebäude » die
Orchestra und die untersten acht Sitzreihen des Zuschauer-
raumes, der eine geradlinige Umfassung zeigt. In der Mitte
der Ostseite führte von aussen eine Treppe zu dem Jetzt kaum
mehr erkennbaren Oiazoma, wol dem einzigen des Theaters,
dessen obere Ränge so zerstört sind, dass sich vor der Grabung
keine Spur der Sitze mehr erkennen Hess, während sie in dem
schuttbedeekten Teil bis auf die Deckplatten vortrefflich er-
halten waren. Sie sind aus mehreren Stücken zusammengefügt,
ganz in der vonDörpfeld bei seiner Besprechung des Theaters
von Magnesia am Mäander durch eine perspectivische Skizze
erläuterten, sinnreichen Art*. Sechs radiale Treppen teilen
den Sitzraum in fünf gleiche Keile. Ob sich in den. oberen
Rängen mehr Treppen als unten beranden. bleibt unbekannt.
Der für das griechische Thealer charakteristischen Erweite-
rung des Zuschauerraumes über den Halbkreis hinaus scheint
hier eine Rreisbogenconstruction aus mehreron Mittelpunkten
zu Grunde zu liegen, deren genaue Feststellung durch Unre-
gelmiissitikeiten im Bau sehr erschwert ist.
Ein vor der f^roedrie herlaufend f^edaehter Orchestrakreis,
dessen Gnisse etwa um '/g i^erini^er ware als der entsprecliende
Kreis des atlieuiselien Dionysosllieateis und des epidaurischen
(6, 57'"), geht diclit an dt'r Proskeniout'ront vorbei, /ieiil man
eine erweiterte Kreislinie, mit Kinseliluss des Wassercanals
(Umgangs), an der untersten Silzreihe hin, so streift diese ge-
rade die Vorderwand der Skene. Kinfache Rrde bedeckte den
Orchestraboden, weder Pilaster noch Spuren irgend weleher
Holzconstructionen sind gefunden, ebensowenig ein charoni-
scher Gang.
Die Proedrie steht nicht nur auf demselben Niveau wieder
Orchestraboden, sie ist sogar vom aufsteigenden Sitzraum ge-
trennt durch den, wie in Epidauros und Eretria, zugleich der
« Athen. Mitlh. t894 8. 71.
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Das THEAtER zu PRiBNfi
309
Wasserableitung dienenden Umgang , der sich auffallender
Weise an den Enden nicht erbreitert, im Gegenteil sogar durch
Statuenbaaen verengt war. Genau die Mitte der Proedriereihe
nimmt der von dem Agonolhcten Pylhotimos gestiftete recht-
eckige Marmoraltar ein, mit seiner niedrigen Vorstufe auf der
Orchestraseite, gekrönt von einer zierlichen Platte mit Zaho-
achnUtgeeims und seitlichen Giebeln. Zu beiden Schmalseiten
dieses Altars führt dureh die Proedrie je ein enger Durchgang,
dermitSchranken,welehe man in die senkrechten Rillen kuner
Pfeiler einsetzte, abgesperrt werden konnte. Dieselbe Vorrich*
Uing finden wir bei den Zugängen aus den Parodoi in die
Orchestra, wo sie in unserem Plan ebenfalls durch punktirle
Linien angedeutet ist. Einen besonderen Schmuck erhielt die
Proedrie. die ursprünglich eine durchgehende bequeme Bank
mit Rockenlehne darstellte, durch fünf löwenfössige, in Sits-
höhe rings mit Epheuranken geschmückte Marmorsessel, die
Stiftung eines gewissen Nysios, Sohnes desDiphilos. Mit ähn-
lichen Epheuranken sind auch die Pfeiler an den unteren (in-
neren) Enden der Parodoswände gesiert.
Dicht hinter den Sitzen der Proedrie sowie auf der zweiten
und sechsten Sitzreihe erkennt man in bestimmten Abständen
die viereckigen Löcher für die Holzstützen der Sonnentücher.
Die Pylonen der Parodoi leimen sich mit dem einen Pfeiler
an du' Paroiloswand, mit dem andern an den h^ckpfeiler des
Pnjskenions in der üblichen Weise an. Wiclitif!; ist die ge-
sicherte Heilte Höhe der Tiiür am Wesleinrjanji von 3,70".
Dem Durchmesser des grösseren Grundkreises der Orche-
stra ( 18,00'°) entspricht fast die Läni^e der nur an der Vor-
derwand geglätteten, an den drei übrigen Wanden mit Rustica
versehenen Skene (18,41"'), eines Marmorhauses mit drei
gleich grossen Zimmern, wie wir es von Assos, iMaji;rH'sia und
Eretria kennen. Aus den drei Zimmern, deren liölie kaum
S*/,"" betruij, führen drei gleich hohe, mit ihren Thursturzen
noch erhahene Thüren , ferner trat man aus der mittleren
Kammer durch eine Thür in die westliche Seitenkammer,
durch eine zweite aber nach rückwärts auf die Strasse. Selbst
310
ta. WUOARO
Tom Oberstock, lo dem man aaf einer der weatlichen Sehmal-
wand angefügten swdUitufigen Marmortreppe von der Strasse
aus gelangt, sind Reste vorhanden: erstens ein mehrere Sehich*
ten hoher Teil der Rttckwand in Rustics mit der Südwest-
Ecke, sweitens die etwa 1* hoch erhaltene rechte Thürwan-
dung am oberen finde der Treppe mit einfiichem glatten
Profil, beide ein wertvolles Zeugniss tüt die solide Bauart
auch des Oberstockes.
Von Anfang an in Marmor aufgeführt und gleichzeitig mit
der Skene ist das Proskenion, dessen sämtliche Stützen, zwölf
in der Front, zwei an der Ost-, eine an der Westseite vor-
treffllich erhalten sind, ja im östlichen Drittel liegt noch das
ganze dorische Gebälk unversehrt an der allen Stelle mit
zalilreichen Resten bunten Farbenschmuckes, bei dem beson-
ders hervorgehoben zu werden verdient, dass die Säuh'nschalte
Spuren feuerroter Bemalung, und zwar nicht nur an der un-
teren Hälfte, tragen. Auch mehrere zur Skene hinübergelegte
steinerne Querbalken sind eriialten und zeigen die Einarbei-
tungen für den einsligen Bretterboden. Mit Ausnahme der
Eckpfeiler, deren westlicher am Kapitell die Spuren eines ge-
mallen Epheumuslers zeigt, haben alle Fronlstützen die Form
dorischer lialbsaulen mit einfachen Pfeilern dahinter, eine
auch von andern Theatern her bekannte Form, z. B von dem
zu Assos, das auch sonst manche Ähnlichkeit zeigt. Die ganze
Höhe des Proskenions beträgt 2,70*", sie übertrifft also bei-
spielsweise das niedrigste aller bisher bekannt gewordenen
ProsJcenien, das von Oropos, um etwa 0,'20'".
Die vortreiHiche Erhallung der Proskeuicnsäulen ermög-
lichte besonders eingehende Feststellungen einstiger Pinakes
mit Httlfe der an den Seilen der Stützen vorhandenen Einar-
beitungen. Danach ergiebt sich Folgendes. Pinakes sassen ur-
sprünglich in allen Frontintercoiumnien mit Ausnahme der
drei den Thüren gegenüber liegenden. Wie Udrpfeld beobachtet
hat, wurden dann sf^Uer einmalt ftber wol noch in hellenisti-
scher Zeit, auf beiden finden die äussersteo swei Prontinter-
eoluomien von den Pinakes befreit und diese dureh horiionlale
DAB TnATfcll tu PSnifB
SH
Stäbe ersetzt, welche tiefe Spuren zurückgelassen haben. Das
mag geschehen sein, als man die Statuen eines gewissen, in
Priene oft geehrten Apollodoros und seines Schwiegersohnes
Thrasybulos vor dem Proskenion aufstellte. Somit blieben von
da ab nur noch vier Inlercolumnien für herausnehmbare Pi-
nakes übrig, wofür sogar ein epigraphischer Beweis vorhan-
den ist. Denn auf der Rückseite der entsprechenden vier Pfeiler
liest man die vier Marken : A B r A.
In römischer Zeit hat man das Skenengebäude dadurch
verändert, dass man die Vorderwand des Oberstockes abriss
und etwa 2™ rückwärts eine Skenenwand mit den üblichen
Nischen, Aus- und Einsprüngen aufniauerte. Zur Unter-
stützung dieser Sctirnuokwand zog man der Längenach durch
den Unlerstock, der drei dicke Backsteingewülbe erhielt, eine
Bruchsteinmauer, die jedoch ebenfalls mit drei Thüren ver-
sehen wurde. In jener Zeit scheint man auch im Zuschauer-
raum, gegenüber der Bühne auf der fünften Sitzreihe, eine
etwa 4" lange, löwenfüssige Marmorbank neu eingefügt zuha-
ben (vgl. die Zeichnung des Durchschnittes auf Taf. 11 links);
die Spuren späteren Einbaues sind wenigstens unverkennbar.
Eine wichtige Veränderung erfuhr noch das Proskenion. \\ ie-
derum mit Ausnahme der drei den Skenenthüren gegenüber-
liegenden Intercolumnien hat man alle Zwischenräume der
Frontstützen verschlossen, diesmal aber mit bemalten dünnen
Wänden aus Bruchstein und Mörtel. Im westlichsten Inter-
columnium ist ein solcher 'gemauerter Pinax ' in der Höhe
eines halben Meters erhalten ; auf der dem Publicum zuge-
kehrten Seite zeigt er in bunten Farben auf gelbem Grunde
die Reste einer Flügelthür.
Die wichtigsten Ergebnisse der Aufdeckung des Theaters zu
Priene sind wol folgende: Es ist das erste Theater, in dem
sich ein Altar gefunden hat. Er sieht nicht, wie man erwartet
hätte, in der Orchestra- Mitte, sondern seitab, in der Proe-
drie. Aus der Orchestra, die für Schaustellungen frei blieb,
schritt der amlirende Priester.das Antlitz dem Zuscbauerraum
sukehrend, heran.
312
TH. WnOAND
Nicht minder wichtig ist das bisher öfters bezweifelte hohe
Alter des steinernen Proskenions, seine gleichzeitige Entstehung
mit den übrigen Teilen des Theaters und seine Tortreffliche,
alle Masse mit grösster Genauigkeit flberliefemde Erhaltung.
Endlich ist der Umbau der griechischen in eine romische
Anlage von entschiedenem , durch Dörpfeld bereits liervor-
gehobenem Interesse (Athen. Mitth. 1897 S. 4r>8). Die be-
kunnle vitruvischc Vorschrift, wonach die römische Bühne
nur 5 Fuss hoch sein solle, ist hier nicht befolgt, luun liat
vielmphr auf einer fast doppelt so hohen Hühnc gespielt,
da man es ohne Skrupel vorzog, die schöne, aus hellenisti-
scher Zeit vorhandene, allerdings vier Fuss höhere Anlage zu
benutzen, die nur oben erbreilortzu werden brauchte. Freilich
kamon dabei die im untersten Tlieaterraum silzenden Zu-
schauer, und gerade die Ehrengäste der Proedrie, recht
schlecht weg, ein Übelstand, dem man wenigstens für die letz-
teren durch die Sciiallung einer neuen Fhrenbank in der
fünften Heihe, in Augenhöhe der römischen Buhne, abhalf.
Wie sehr sich später die Aufmerksamkeit auf diese Bühne
richtete, beweist nichts deutlicher als die Verwandlung der
beweglichen Proskenion- Pinakes in nüchtern bemaltes, un-
bewegliches Gemäuer.
Jedem Betrachter des Skenengebäudes in seiner jetzigen Ge-
stalt muss sich sofort die Frage aufdrängen: Warum errichtete
man die römische ßühnenwand nicht auf der Stelle, wo sieh
die obere hellenistische Skenen - Vorderwand erhob, warum
rückte man sie vielmehr '2'" zurück, wodurch neue Funda-
mentirungen nötig wurden? i3er Grund ist klar. Trotz der '
eingetretenen Vereinfachung der Spielweise fand man den
Raum über dem Proskenion zu schmal für eine allen Anfor-
derungen genügende Bühne.
Genügte aber in römischer Zeit die Proskenionbreite nicht,
so ware sie in hellenistischer Zeit ebenfalls unzureichend für
eine ständige Bühne gewesen. Also befand sich damals der
gewöhnliche Spielplatz nicht dort oben. Es bleibt nur die Or^
chestm. Wäre es anders gewesen, so hätten die hellenistiscben
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OAS TBBATBtl ZU PBIBNB
313
Schauspieler, am bequem auftreten zu können, sich entweder
nur im Oberstock aufhalten dürfen oder sie hätten, um empor
zu gelangen, durch die HintertbOr der mittleren Skenenkam«
merauf öffentlicher Strasse bis zur zwölfstufigen Aussentreppe
der westlichen Sehmalseite eilen und von da erst den Spiä-
platz besteigen mOesen.ein an Umständlichkeit kaum zu Qber-
treffender Weg. Benutzten aber die Darsteller den Unterstock
nicht, -«wozu dann noch die drei Thoren, und warum ver-
sah man dann nicht auch die diesen dreiThfiren entsprechen-
den Intercolumnien des Proskenions mit Pinakes? Sie sind
dort nicht nachzuweisen, und das beweist, dass man durch sie
in die Orchestra hinaustrat.
Pdene 1898.
TH. WIBGMkND.
ATHBN. MITTHBILUM6BN XZIII.
21
DAS THEATER VON NEU - PLEÜRON
(Hieno Tafel XU. XII M
Dal Tbeater von Neu- Pleuren in Aetolien ist in leliter
Zeit TOD swei ferschiedenen Seiten einer Betrachtung unter*
sogen worden, welche denselben aufTallondon Thatbestand ra
ergeben schien : Woodhouse, der es in seinem Buche Aeto-
Ua (Oxford 1897) S. 11 8 f. beschreibt, konsUtirt, dass bei
der geringen Breite des Raums zwischen den vorderen Stütz-
mauero des Zuschauerraums und der Sladlmaoer, welche die
Skenenwand bildet, ein ProBkenion nicht unterzubringen,
auch keine Spur eines solchen erhalten sei. Er schliesst da*
rauSt dass entweder auf der Stadtmauer gespielt wurde oder
das Gebäude nicht skenischen Zwecken gedient habe, sondern
ein Buleulerion gewesen sei. Noack, der schon 1894 Pleuron
besuehte und die Ruinen aufnahm, hielt aus demselben Grunde
ein Proskenion fftr aus^iehlossen, von dem auch er nicht den
geringsten Oberrest sah. Br sehloss daraus, dass die Schau*
spieler direkt vor der Stadtmauer in der Orchestra gespielt
hätten. Die Premdartigkeit eines solchen Grundrisses mussto,
auch abgesehen yonder Erklärung, welche man ihm geben moch-
te, den Wunsch nach genauerer Feststellung rege machen. Wir
erhidten deshalb vom archäologischen Institut in Athen den
Auftrag, diese Au^be zu ttbemehmen, und führten sie im
März dieses Jahres durch.
Die Stadt Neu- Pleuron (iM«Tpo tü« Kvpitpiqvvic) liegt etwa
1 */« Stunden nordwestlich von Messolongi auf Terrassen des
Zygosberges, des alten Arakjnthos, und ist noch von ihram
ganzen Mauerring umgeben, während im Innern nur noch
Gisternen, Stülzmaoern für Gebäude und geringe Reste der
Agora vorhanden sind. Das ganze Stadtgebiet ist öder Fels*
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DAS THEATER VON NEU-PLEURON
315
grund. Eine von Herrn Noack freuDdlichst zur Verfügung ge-
stellte SkizM diene sur Veranacbaulichung der Lage.
Im Südwesten der Stadt, wo der Berg stelig ansteigt, liegt
das im Anschluss an die Stadtmauer gebaute Theater. Wir
fanden es im Allgemeinen so vor, wie die Beschreibungen an-
gaben. Gut erhalten waren die beiden Ecken der Stützmauern,
die Sitzreihen waren im ganzen Halbrund noch wol erkenn-
bar, aber zum grossen Teil verschoben und lückenhaft. Da-
gegen war die ganze Orchestra mit den untersten Sitzreihen
316
K. a£H200 UND B. ZlRBA&tÜ
Bowie die Parodoi, d. h. der Raum swisehen den StOtimattem
des Zuschauerrauins und derStadtinauer,aii8cheinead etwa i*
hoeh mit den Trammera der Arehitekturstflcke bedeekt; alles
war mit Gestrüpp bewachsea und diente ab Hürde und Stall
für die Ziegenherden. Nach der Reinigung sahen wir etwa
S" vor der Stadtmauer in der Mitte zwei Stüeke von roh be-
haaenen Halbsäulen der für Proskenien charakteristischen Form
aus dem Schutt hervorragen*. Wir begannen daher hier auf-
zuräumen und zugleich die untersten verschütteten Sitzreihen
und die Orchestra wenigstens in der Mitte so weit bloss zu legen,
dass der Plan des Theaters klar würde. Da es sich heraus-
stellte, dass ausser den Trümmern der ßauglieder nichts zu
finden war, beschrankten wir die Grabungen auf das Notwen-
digste. Was wir fanden, möge aus dem Plan (Taf. 12), den
beiden Ansichten der Stadtmauer und der Sitzstufen (Taf. IS
und der folgenden Beschreibung hervorgehen.
Das Theater von Pleuron ist das kleinste in Griechenland
bekannte, steht aber dem von Oropos an Grösse nicht viel
nach ; an Ausstattung dagegen ist es bei weitem das geringste.
Als Skenenwand musste die in Rusticaquadern mit regel-
mässigen horizontalen, aber unregelmässigen verticalen Fu-
gen gebaute Stadtmauer bez. in der Mitte die Front eines Tur-
mes dienen (vgl. Taf. 12« , 1), als einzige Thür der 1 ,05" breite
Eingang im Erdgeschoss des Turmes. Dieser Turm ist, wie
Noack beobachtet hat, der einzige von den mehr als dreissig
Türmen der Stadtmauer, welcher im Erdgeschoss einen Bin-
gang von innen hat, woraus man auf die enge Verbindung des
Theaterbaues mit dem Stadtplan schliessen kann. Der Turm
diente statt der Skene als Garderobe der Schauspieler u.s.w.,
auf seine Thüre scheint das Theater, soweit es regelmässig
gebaut ist, orientirt zu sein.
In einer Entfernung von 1,85 -2, 35"" vorder Stadtmauer
liegt die Schwelle des Prosken ions, dessen Vorhandensein
' Von diesen hat auch Baiin eine gesehen, der {Archives des miss, sciint,
2. Sir. I, 1864, S. 347) vom Innern des Theaters sagt: La seule trace d'ar-
cMteetun qu'on y dicouvre est tin tambour de pikulre rond tailU satis ort.
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DAS THEATER VON NEU- PLEURON $17
besweifelt war. Die Halbsaulen, erbalten in drei voUetSndigen
Tromineln von 0,83, 0,97 und 1,20 (in zwei Teile zerbrochen)
Meter Länge und einer abgebrochenen, nocb 0,71" langen, be-
stehen aus demselben, am Ort anstehenden, grauen Kalkstein
wie die Stadtmauern und alle Gebäudereste. Die Rundung ist
rauh gelassen , wie beim Theater von Megalopolis, Kanneli-
rung nieht.wie dort, angearbeitet. Sonst ist derGrundriss ähn-
lich denen von Oropoe. Es sollte offenbar die einfochste Form
entsprechend der Rusticamauer beibehalten werden. Der Grund*
riss eines StQeks des Proskenions ist hier wiedergegeben :
Ii
Die einspringenden Ecken an der Hinterseite der Halbsäu-
len dienten zum Einsetzen der hölzernen Trivaxj;, deren Stelle
in unserer Skizze durcii punktirte Linien und lichte Schraf-
tirung angegeben ist. Dübellücher wie in Oropos sind in die-
sen Ecken nicht, finden sich auch weder im Stylobat noch
an den Säulentrommeln, so dass eine Verwendung von Me-
tall zur Verankerung der Bauglieder am ganzen Bau nicht
zu konstatiren ist, wie auch hei der Stadtmauer und der Halle
an der Agora keine Klammern verwendet waren , sondern
nur Stemmlöcher für die Versetzung der Steine sich finden.
Während die Hinterkante des Stylobats ganz roh gelassen ist,
sieht sich etwa 0,05" innerhalb, d. h. 1,90" vor der Skenen-
wand, eine Linie hin, von der an nach vorn die Schwelle
sichtbar war. Die Ilalbsäulen standen nicht mehr an ihrer
Stelle, aber im Stjflobat sind die Lehren eingearbeitet, welche
ihnen ihren Platz anweisen. An richtiger Stelle stand noch der
Unterteil des rechten Eckpfeilers, 0,92°* hoch, vorn beschädigt,
hinten links mit der Einarbeitung für den äussersten «ival ver-
sehen.
Das Proskenion wurde nur soweit ausgegraben , dass die
Anbige klar wurde. Es muss, die beiden Anten eingeaehlossen.
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318 B. BBRSOO ONO B. SfBBARTB
cine Länge von 11.15" C Oropos 15.33) jsrehabt haben, an-
naliernd er tspronliemi dem Durcliinesser der Orchestra, mit 7
Intercolumnien ( Oropo.s9 ) von 1.30- 1,33" f .\x\n eile etwa
1,60"'). Es war also einjierichtet für 6 ziva/.s; und eine Miltel-
thiir mit 1,31"" lichter Weite, wie aus den Zapfenlöchern in
der Schwt'Ilo hervorzieht.
Diese Tliur ist alsn um 0,'?6'" breiter als die der Skene,
liegt aber nicht genau symmetriseh zu ihr. sondern ihre rechte
Kante schneidet mit der rechten der Turmthür ab.
Unter dem Stylobat liegt noch eine vorn sorgfältig bear-
beitete Fundamentschicht, welche vielleicht wie beim Thealer
von Megalopolis die Schwelle eines hölzernen Proskenions
einer etwaigen früheren Bauperiode bildete. Die Vorderkante
des Prosken ion sty lobats ist 2,35" von der Skene entfernt (in
OropOB nur 1,93), ebensoweit der rechte Eckpfeiler vom Ab-
Bchluss des Zuschauerraums ( in Oropos rechts 3,5, links 4").
Vom Oberbau des Proskenions fanden wir ausser Halbsau«
len und Pfeilern mehrere Arohitravblöcke ?on derselben rohen
Bearbeitung wie die übrigen Bauglieder. Das wichtigste Stock
ist ein Tharsturx, der wol nur sur MittelthQr gehören kann,
obwol er nur 1,40" lang ist, während die Axweite 1,59" be-
triigt, und die Zapfenlöeher nur 1,31", aussen gemessen, von
einander entfernt sind. Wir müssten demnach eine sich nach
oben um 0,10" verjüngende Thür annehmen, und uns die
Zwickel zwischen den lotrechten Halbsäulen und dem kon-
vergirenden Thflrpfosten durah Holzumrahmung ausgefüllt
denken. Die übrigen Arehitravblöcke , welche verschieden
lang erhalten sind, haben diese Form (von unten gesehen,
rechts willkürlich abgeaehnitten ) :
Die Masse schwanken bei den einzelnen um Kleinigkeiten.
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DAS THEATER TON MBU •PLBÜRON
81«
Die Höhe der Blöcke beträgt etwa 0,31™, die Breite der obe-
ren Fläche 0,36"", während die der unteren Fläche, welche
auf den Halbsäulen aufla£^. nur etwa 0,'26"' misst, was gerade
für die Masse der Halhsäulcn jedoch ohne das eingezogene
Stück ausreicht. Wenn wir ein einfaches dorisches Kapitell für
die Halbsäulen annehmen dürfen, so inuss dessen Echinus
und Abacus, wie es auch sonst stets der Fall ist, vorne über
den Arcbitravbiock herausgeragt haben. Unten wird dadurch
ein 0,10" breiter, 0,03™ hoher Falz zum Einschieben der ttivk-
xg<; gewonnen. Alle diese Einrichtungen entsprechen in verein-
fachter Form denen vom Theater zu Oropos (vgl. den Auf-
riss hei Dörpfeld, Dasgriech. Theater S. 104).
Id die abgeschrägten Ecken der Architravblöcke passeiii
wie voratehende Zeichnung (Architrav und Querbalken von
oben gesehen, aber nicht dicht zusammengerückt ; der Ar-
chitrav reehts wieder abgeschnitten) erkennen lässttgenau die
steinernen Querbalken , welche von den Proskenionsäulen
zur Stadtmauer gelegt waren und für die wir eine Länge
YOD etwa 2,50 (einschliesslich des Auflagers) YOraussetzen
mflssen. Sie sind bei der Zerstörung abgebrochen und von
uns nur in drei vorderen Stücken von 1,14, 0,80 und 0,73"
und einem kleinen Bruchstück mit der hinteren Fläche gefun-
den worden (vgl. die auf S. 320 wiedergegebene Oberansicht
des ganzen Gebälks) ^ Ein solcher Balicen ist auch gezeichnet
* Die Oberansichl der Halbs.lulen und die innere Unlcrkanle des Archi-
travs sind darin punktirt angegeben, in den daneben gesetzten Ourch-
scbnitten des Ardiitrafs und Querbatkens sind diese selbst doppelt, der
▼oraussusetzende Holzboden des Proskenions einfach scbnilBrl.
B. HBRZOG UNO B. SIBBAKTH
in der wenig zugänglichen, yon Woodhoiise übersehenen Be*
Schreibung Neu-Pleuron 8 von D.E).Golnagbi,/o«r/ia/ of tour
in Aearnania, From the Transactions of the Royal So-
eiety of Literature^ new series VI 1 , 1 86 1 , S. 21 ff. (der Auf-
satz enthält eine genaue Beschreibung der Stadt mit Plänen
und Zeichnungen, behandelt aber das Theater ganz kurz und
bringt kein neues Material bei).
Diese Balken haben oben auf beiden Seiten einen 0,05*
0,06" breiten und 0,04'" hohen Pals für den Bretterbeiag von
Querbalken zu Querbalken, stark genug, um einem Schau-
spieler zu erlauben, auf dem Dach des Proskenions aubutreten,
wenn er im oberen Stockwerk erscheinen musste.
Auch die Höhe des Proskenions kann annähernd berechnet
werden. Der Turm ist an der Vorderwand von der Thür-
achwelle an, welche in der Höhe der Proskenionschwelle und
der Orchestra liegt, $,20" hoch erhalten. Auf der obersten Lage
zeigen sich keine Einarbeitungen für das Auflager der Quer-
balken, die aber auch nicht nötig waren, da die Querbalken
einfach als Binder in die Turmwand eingreifen konnten. So
erhalten wir als Mindesthöhe 2,^0+0,31 (Höhe des Archi-
travs und der Querbalken), d. h. 2,5t genau wie beim Thea-
ter Yon Oropos. Wir mOssen aber wot sicher darüber noch ein
Gesims yon etwa 0,15-0,20" Höhe annehmen, welches die
Bindeckung des Dachs vorn abschliessen musste, so dass wir
auf eine Gesamthöhe von etwa 2, 65*" kommen. Die Säulenhöbe
wäre dann 2,20".
Der Turm hatte ohne Zweilei ein zweites Gesclioss, dessen
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DAB THBATBR TON NBU-PUIUBON
Boden mit dem Dach des Proskenions in einer Höhe lag, und
aus dem man durch eine dor iinlorn entsprechende Thür auf
das Dach des Proskenions heraustreten konnte. An den rechten
KckpItMler des Proskenions schiiesst sich unmitlelhar eine
sorgfähig gehautc, 0,50'" dicke Wand an, welche in einer
Höhe von 0,'.'6'" erhalten ist. Sie wird wol auch die Höhe des
Proskenions mit Architrav erreicht haben. Diese iMauer ragte
noch vor der Ausgrabung mit der obersten Schicht etwas über
den Schutt hervor; daher ist es nicht unmöglich, dass Dod-
well wirklich noch mehr von ihr gesehen hat, wenn er {Pe-
lasgic remains S. 17) sagt, es sei noch ein Teil der Pro-
skenionsmauer erhalten (ähnlich Pomardi, Viaggio 1,37:
che ancora conserva una parte della scena). Freilich die
dodwellsche Zeichnung des Theaters ( a.a.O. Taf. 29) ist ein
reines Phanfasiestück aus der Erinnerung. während seine übri-
gen Zeichnungen von der Stadt der Wirklichkeit mehr ent-
sprechen. Auch der oben erwähnte Colnaglii bemerkt (1861):
A a'n/l, the foundations of n'hich can be faintly traced^
seems to have separated the stage from the town iwalL
Die Mauer hat aussen eine i/änge von r),'25'° und wird durch
zwei schmale Seitenmauern abgeschlossen, so dass ein Innen-
raum von 4 ,30'" Länge entsteht. Da die Ringänge, welche
zwischen diesen Ouervvänden und der Stadtmauer bleiben
(etwa 1,50'" breit), für die auf- und abtretenden Schauspie-
ler freigelassen werden mussten, so kann diese Fortsetzung
des Proskenions, die wir wol als Paraskenion bezeichnen
dürfen, our eben zur Maskirung des Ab - und Zugebens und
etwa zur Autbewahrung der ßühnengeräte gedient haben.
Unter der Mitte des rechten Paraskenions führte ein mit
Steinplatten abgedeckter unterirdischer Kanal mit ziemlichem
Gefälle das Regen wasser ab, das sich dann unter der Stadt-
mauer durch ins Freie ergoss.
Die O rchestra ist in den Felsen eingehauen; da dieser aber
sanft abfällt, so ist das Niveau in der Nähe des Proskenions
tiefer und unregelmässig, was jedenfalls durch festgestampfte
£rde ausgeglichen wurde. Vor der untersten Zusohauerreihe
A. HBRSOfl UND B. UBBAHTH
iSuft in der Mitte eine 0,40" breite, 0,13' hohe, aus dem Fel-
sen gehauene Schwelle, welche aber an der rechten Boke nicht
Torbanden war. Es scheint auch, dass der Baumeister nicht
diese Schwelle, sondern die untere Kante der vordersten Reihe
als Peripherie des Orchestrakreises genommen hat. Denn die-
ser Kreis mit einem DuFchmesser von etwa 11,20" (Oiopoe
12,40*") tangirt dieThOr des Turmes gerade in ihrem Mittel-
punkt. Der vordere Halbkreis der Orchestra^schneidet in den
seitlichen Treppen des Zuschauerraums ab.
Die Stützmauern des Theaters, bis 3,50'" hoch (an der
Südecke) erhalten, sind in scliünen Rusticaquadern , regel-
mässiger als die Stadtmauer, aufjjeführl. Die Parodosmauern
sind nicht ganz parallel zur Stadtmauer. Die rechte, 8,00"
lange, ist an der siullichen Ecke 4,50, am Abschluss 4,75™
von ihr entfernt, die linke an der nördlichen Ecke 4.00™; nach
6,70"* (so weit ist sie erhalten) 4,20'". Diese auf der ver-
schiedenen Entfernung der Parodosecken von der Stadtmauer
beruhende Unregelmässigkeit war wol durch die Rücksicht
auf den Felsen, aus dem das Theatron herausgeschnitten
wurde, veranlasst, hat übrigens in Oropos ein Gegenstück.
In jeder Parodos fand sich ein Architekturstück in Form
eines Bogensegments. Ihre Grösse und der aus ihnen berech-
nete Durchmesser der Lichtweite (rechts 2,23, links 1,16*°)
macht es wahrscheinlich, dass sie zu zwei den Eingang der
Parodoi bis an die Paraskenien überwölbenden Bögen
hörten.
Von den Sitzreihen (vgl. Taf. 12^^ ,2) sind die drei unter-
sten aus dem Felsen gehauen, die höheren zum Teil ausgehauen,
sum Teil aufgesetzt. In der Mitte sind sie bis zur XI. erhalten,
nur die V. und VI. etwas abgerutscht. Nach der XI. müssen
noch Tier Reihen er^inzt werden, so dass 15 herauskommen bis
zu der aus kleineren Mauersteinen aufgeführten runden Ah-
schlussmauer, von der in der Nähe der Mitte noch ein Stück er-
halten ist (auf der Abbildung Taf. 12 ^ ,2 zu erkennen). Die
Sitzstufen sind 0,80" tief, 0,40" hoch. Treppen waren wie es
scheint nur auf beiden Seiten, direkt an die 0,48" starke Stütz-
Dab trbatbr yon nbu-plburon 329
maaer aDsehlieMeod, 0,48" breit, die Stnfen 0,30' hoch. Der
Anfang der rechlen Treppe wurde freigelegt die linke ist trotz
der VerrQekung der Reihen gut zu erkennen. In der Mitte war
keine Treppe. Von der Proedria wurde nur ein bevorzugter
Sits gefunden. Er ist in der untersten Reihe, nicht ganz in
der Mitte, doch scheinen rechts und links von ihm keine wei-
teren gewesen zu sein. Die anschliessende Bank zeigt in roher
Ausmhrung das Obliche Profil (vgl. Taf. 12^.2).
Auf den aus dem Felsen gehauenen hesonderen Sits,der durch
eineBintiefung ausgezeichnet ist, war eine nahezu quadratische
Platte aufgelegt, mit derselben Eintiefung wie der untere
Teil des Sitzes und durch zwei Dttbel mit ihm verbunden.
Sie befiind sieh nicht mehr an ihrer Stelle, ihr Platz ist aber
durch die Dübellöcher und ihre Obereinstimmung mit dem un-
teren Teil gesichert. Rechts bat die Platte eine Einarbeitung wie
zur Anfügung einer weiteren, von der sich aber keine Spur
gefunden bat. Die Platte ist ganz glatt bearbeitet, das Material
ist ein feinerer Kalkstein.
Zur Veranschaulichung der Bauart mögen die Abbildungen
auf Taf. 12» dienen, nach Photographien, welche Herr 0.
Rubensohn auf einer Reise durch Aetolien mit grösster Freund-
lichkeit als Krsatz für unsere misslun<^enen aufnahm, wie wir
ihm auch die llichligstcllung einiger vergessenen oder un-
sicheren iMasse verdanken.
So stellt sich uns das Gesatntbihl des Tlieaters, zu dem wir
noch die sich nach Westen auf di« Lai^unen von Messoloniiri,
die Inseln Kepliallenia und /ante und die Kusle von Patras
mil dem sclineeii;en Krjmanthos im Hintergrund üfTnendeAus-
sicht hinzuneiunen können, als ein bescheidenes Werk dar,
das mit dem geringsten müglichcn Aufwand an Arbeit, Mate-
rial und Ausstattung ausgeführt wurde. Dass es wie alle übri-
gen Ueslc der Stadt in einem Zuge und zwar im Anschluss
an die Stadtbefestigung gebaut wurde, zeigt die Bauart und
namentlich der Bauplan. Dies ist insülern nicht unwichtig,
als wir dadurch ein ziemlich festes Datum für diesen, anderen
heilen istiscben Thealern so ähnlichen Bau hätten. Die Stadt
«. VBMO« um» B. ttBBAllTH
Neu-Pleuron, die seit i^eake alliremein [mit den Ruinen von
Kyra-Irini identifizirt wird, wurde um 234, d Ii. nacli der
Plünderung der in der K(>ene gelejienen Stadt Pleumn durch
Demelrios Ailolikos auf dem Ber^jaldiang aufgebaut ( Strabo
X, 2 p. 451 : iyii hl xai in AtTtoAia op05 ... tov ApxxyvOov, uipi
ov rrjv vtwrepav n>.Eupüva auv(^xt«av, a^tvrc; ttjv -wayativ if(yti
Mi(avi]v KaXuSüvo; oi oixtstooi;, iCxxpTcov O'jexv xxl itcStzSoi, xop-
OovvTO; TTJV X<^potv ÄTjurTpiO'j TO'j {TTix^-yjOcvTO; A'ItojXixoS. Droy-
sen, Hellenismus 2 III. 2 S. 35-38). So darf wol der Hau des
Theaters in den Anfang des leUteo ÜriUeU des III. Jahrhun-
derts gesetzt werden.
Kleinfunde und Inschriften haben die Ausgrabungen leider
nicht zu Tage gefördert und so fehlt noch der bindende di-
plomatische IJeweis für die überzeugende Gleichsetzung von
Neu-Pleuron mit Kyra-Irini. Auch scheint wenig Hoffnung
zu sein.dass unsere Renntniss des Stadt jemals durch Inschrif-
ten und andere Funde weiter gefördert werde. Der Oberbau
derGebäude ist überall systematisch aU Baumaterial abgeführt,
in den erhaltenen Besten hat sich nur eine ganz schwache
Humusdecke gebildet, welche wol keine Schätze mehr in sich
birgt. Die sauber profilirten Basen von Statuen auf der Agora
tragen keine Inschrift, ebensowenig der schmucklose Archi-
trav des Proskenions und die Sitze des Theaters. Keine Ehren-
statue, keine Didaskalie- oder Choregie- Inschrift meldet uns
Yon den Spielen, weiche das Theater gesehen hat. Eine Ver-
mutung möge hier ausgesprochen werden, wenn sie auch
wenig positiven Wert hat. Der einzige Dichter von Ruf,den das
rauhe Aetoiien hervorgebracht hat.AlexanderAetolus, stammte
aus dem alten Pleuron. Er wurde zur tragischen Pleias ge-
lablt und machte in der ersten Hälfte des III. Jahrhunderts
seiner Vaterstadt Ehre am ägyptischen und makedonischen
Hofe. Von seiner dramatischen Thätigkeit ist nur der Titel
eines Stücks 'AoTpayxXi«Toii auf uns gekommen. Aber immer-
hin mögen seine Mitbürger auch in ihrem neuen Wohnsitz
mit Stolz seine Dramen aufgeführt und mit seinem Standbild
ihr Theater g^hmückt haben. Die Vermutung von Wood-
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Das TfiBAfBR VOM MBÜ>PLBUaoN $25
houae, daas anser Bau nur eio Buleuterion gewesen sei, kön-
nen wir auch nach der besseren Erkenntniss insofern gelten
lassen, als das Theater sicher auch als Raum f&r die Volks-
▼eraammlungen oder die Ratssitzungen gedient hat. Das ein-
zige grössere öffentliche Gebäude, das noch im Grundriss er-
halten ist, eignete sich nicht dafar. Bs ist die an der Agora
gelegene sehr lange und schmale Halle (62,5 su f l"),aaf den
Seiten und hinten mit geschlossenen Wänden, einer Säulen-
stellung vorn und in der Mitte und einem kleinen erkerartigen
Ausbau. Wir haben dieses und andere Gebäude an der Agora
durch eine kleine V^ersuchsgrabuns^ erforschl und aufge-
nommen. Da aber Neu - Pleuren von Noack noch einer gründ-
lichen Untersuchung unierzogen werden wird, so halten wir
eine Wiedergabe des Materials von unserer Seite an diesem
Ort für überilüssig.
Athen, im Juoi ld98.
R. HERZOG, fi. ZIEBARTH.
DAS 0RIBCHI8GHB TUBATBR VITRUV8
II.
Die neue Erklärung des theatrum Graecorum Vitruvs, die
ich im vorigen Jahrj^ange dieser Zeitschrift (1897 S. 439)
ireröGTentlicht habe, ist von den Fachgelehrten in sehr Ter^
Bcbiedener Weise beurteilt worden. Während die Einen in ihr
einen Fortschritt in unserer Elrkenntniss des griechischen Thea-
ters sehen und mit mir glauben, dass durch sie auch das letzte,
meiner Theorie von der Bühnenlosigkeit des eigentlichen grie-
chischen Theaters im Wege stehende Hinderniss beseitigt ist,
halten Andere sie für verfehlt, glauben noch jetzt, dass das
hellenistische Thealer eine hohe und schmale Bühne für die
ScbaiJHpieler gehabt habe, und behaupten sogar, dass durch die
neue Mi kl.irung meine ganze Theorie ins Wanken geraten sei.
Zu den letzleren gehört in erster Linie E. Reihe, der neuer-
dings im Hermes (XXXIll S. 313 ff.) einen Aufsatz über das
griechische Theater Vitruvs v erö (Ten l licht hat.
Diese entgegengesetzten Urteile und namentiicli die Arbeit
von Vj. ßelhe veranlassen mich, hier nochmals zu demselben
Themades Wort zu ergreifen, ich habe einerseits einigeMiss-
verslandnisse aufzuklären und mehrere irrtümliche Behauptuo-
^n zurückzuweisen, andererseits aber auch einige neue Ar-
gumente beizubringen und meine Erklärung in einzelnen
Punkten weiter auszuführen.
Nach der Ansicht Bethes ist der Streit über die Entwicke-
lung des griechischen Theaters durch meinen ersten Aufsatz
in eine neue Phase getreten : * Dörpfeld hat einen Stützpunkt
seiner alten Stellung geräumt' (a.a.O. S. 313). Da ich über-
zeugt war und auch jetzt noch bin, dass duieb meine neue
Theorie über Vitruv der einzige schwache Punkt meiner
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DAS aBlBCaiSCHB THBATBH VITRUV8
321
Stelliing, der selbstTantändlioh keiner ihrer StQUpunkte war,
Yerstärkt worden ist, so ist mir eine solehe Beurteilung gans
unerklariieb. Meine Angriffsstellung gegenüber der alten
Btthnentheorie ist doeh unbedingt durch die Mögliehkeit, den
Titruviscben Widerspruch fortzuschaffen, fester und gesichef-
ler geworden.
Solange ich mit Bethc und den anderen Forschern von der
Voraussetzung ausging, dassjVitruv unter dem thcatruni Grae-
coruni das liellenistische Tliealer Griechenlands verstehe,
widersprachen seine Vorschriften in einem wichtigen Punkte
der von mir oft dargelegten Theorie, dass im griechischen
Theater der Spielplatz zu allen Zeiten v(jr dem Proskenion in
der Orchestra gelegen habe. In jenem Aufsalze suchte ich nun
nachzuweisen, dass dies(! \'oraussetzung nicht berechtigt sei.
Icii erinnerte niiinlich an die nicht genuj^end beachtele That-
saclie.dass es in der Zeit Vitruvs neben dem rriniiseben Theater
noch zwei verschiedene Tliealerarlen gegeben hat, die beide
im Gegensatz zu jenem als iheatriim Grdrcorum bezeiclmet
werden durften, nämlich erstens die hellenistischen Theater
Griechenlands und Kleinasiens, wie die Bauwerke von lipi-
dauros, Erelria, Delos und I^riene, und zweitens die späteren
Theater Kieinasiens, also Bauwerke wie die Theater von Ter-
messos und Aspendos oder die umgebauten Theater von Priene,
Epbesos und Magnesia. In meinem Buche über das griechi*
sehe Theater hatte ich den letzteren Typus lediglich als Un-
terart des römischen Theaters betrachtet , weil er in wesent-
lichen Punkten mit diesem übereinstimmt. Es wäre aber rich-
tiger geweeen, in ihm einen besonderen Typus zu sehen, der
in der Mitte steht xwischen dem römischen und dem helle-
nistischen Theater. Denn mit beiden Arten bat er manche
Eigentümlichkeiten gemein. Sind doch mehrere dieser Theater
Kieinasiens durch kleine Veränderungen aus hellenistischen
Theatern entstanden. Auch hätte nicht übersehen werden dür-
fen, dass schon Scbönborn (Die Skene der Hellenen) in den
jüngeren kieinasiatiscben Theatern, wie z.B. in dem von Aspen-
doB, den griechischen Typus Vitruvs erkannte. Die älteren
3ifi W. DOBRPFBI.D
hellenistiscben Theater RleiDasiens waren damals noch un-
bekannt.
Da sowol die hellenistischen Theater Griechenlands und
Rleinasiens wie auch die etwas jüngeren, hauptsächlich in
Kleinasien vorkommenden Theater, die wir kurz kleinasiati-
sche nennen, von Vitruv als * griechische ' bezeichnet werden
konnten, so Hess sich nicht ohne Weiteres sagen, welchen der
beiden Typen der römische Architekt unter dem theatrum
Graecoruni gemeint habe. Eine Entscheidung konnte auf ei-
nem doppelten Wege herbeigerührt werden, einmal durch eine
genaue Vergleichung der von Vitruv für sein griechisches Thea-
ter gegebenen Regein mit den EigcntüinliclikL'ilen der beiden
"^1 ypen , und sodann durch eine Untersuchung über die zur ^
Zeit Vitruvs in Rom bestehenden Theaterurlen. Denn von
vorne herein war es mindestens waijrschoinlich, dass Vitruv,
indem er Vorschriften zur Ausführung von Bauwerken gab,
nicht nur unter dem lateinischen, sondern aucli unter dem
griccliischen Theater einen in Rom iihlichen, von dem ein-
heimisciien 'l iieater abweichenden Typus verstand. Wie jene
Entscheidung aber aucli ausfallen mochte, auf keinen Fall war
es noch gestattet, ohne Weiteres vorauszusetzen oder sogar als
feststehende; keines Beweises bedürfende Thatsache hinzu-
stellen, dass Vitruv mit dem t/watnun Graecoruni nur den
einen der beiden griechischen Typen, nämlich das hellenisti-
sche Prosken ion-Theater gemeint haben könne.
Eine Vergleichung der vitruvischen Vorschriften über das
theatrum Graecorum mit den Einrichtungen des 'hellenisti-
schen' Theaters einerseits und des 'kleinasiatischen' andrer-
seits führte mich zu dem Resultate, dass letzteres diesen Re-
geln und Angaben besser entspreche als ersteres,und also auch
grösseren Anspruch darauf habe, das theatrum Graecorum
Vitruvs zu sein. Das spätere Theater Kleinasiens bot vor Allem
den grossen Vorzug, dass es auch in Jenem wichtigen Punkte,
in dem Vitruvs Aussage mit dem helloDiaiiachen Theater nicht
in Einklang zu bringen war, nämlich in dem Vorhandensein
einer hohen Bahne für die Schauspieler,seinen Regein unzwei-
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Das griechische theatei« vitri vs
felfaaft und vollkommen entsprach. In allen Theatern, welche
etwa'von der Zeit Vilriivs an in Kleinasien gebaut worden sind,
gab es thatsächlich eine hohe Bühne als Spielplatz der Schau-
spieler; im giiechiscben Theater der hellenistischen Zeit konnte
dagegen aas vielen Gründen eine solche Btthne nicht bestan-
den haben.
Ferner konnte ich zeigen, dass es zu VitruTS Zeit in Rom
zwei verschiedene Theaterarien gab. Der von Pompejus in
Rom errichtete Bau hatte nachweisbar einen von dem ein-
heimischen, lateinischen Theater abweichenden Typus. Denn
nicht nur hatte Pompejus, wie Plutarch ( Pompejus 43) aber-
liefert, seinen Neubau von einem griechischen Architekten
nach dem Vorbilde des Theaters inMjlilene errichten lassen,
sondern das Pompejus-Theater wurde auch, wie wir aus an-
deren Quellen wissen, zu thymelischen Spielen benutzt, also
gerade zu solchen Spielen, von denen auch Vitra v bei seinem
theatrum Graecorum spricht. Das Pompejus-Theater zeigte
demnach entweder den hellenistischen oder den kleinasiati-
schen, jedenfolls einen aus Griechenhind stammenden Typus.
Ich zoger 10 nicht und zögere auch Jetzt nicht, mich auch
hier für den kleinasiatischen Typus zu entscheiden, nicht nur
weil er den Vorschriften Vitra va besser entspricht, sondern
vor Allem weil die grosse und fast allgemeine Verbreitung,
welche dieser Typus in römischer Zeit in Kleinasien gefunden
hat, sich besser erklärt, wenn auch das Pompejus-Theater in
Fiüin einen solchen Typus hatte. Dass seit der Zeit des Kai-
sers Augustus noch irgend wo hellenistische Theater gebaut
worden sind, ist nicht bekannt; alle die vielen Theaterbauten,
welche nach Pompejus in Italien, Griechenland oder Klein-
asien entstanden sind, zeigen entweder den römischen oder
den kieinasiatisclien Typus. Finden wir nun bei Vitruv Vor-
schriften über zwei verschiedene Thealerarten, die gerade zu
der Einrichtung dieser lieiden Typen vorzüglich passen, so sind
wir doch zu derAnnalime berechtigt oder sogar verpflichtet,
dass der römische Architekt unter dem theatrum latinum
das gewöhnliche römische Theater verstehe, und unter dem
ATiUm. MlTTBBILUMfiBN ZUU. 22
W. ÜOBB^FSLtt
theatrnm Graecorum das 'kleinasiatische' Theater, also den
Typus, der zu seiner Zeit in Griechenland und Kleinasien ge-
baut wurde. Ob er das in diesen Ländern frülier allgemein
übliche Theater, nämlich den hellenistischen Typus, überhaupt
nicht kannte oder nur nicht erwähnte, brauchen wir nicht
zu entscheiden.
Konnte ich es so zum Mindesten wahrscheinlich machen,
dass Vitruv das kleinasiatische Theater im Gegensatz zu dem
italischen als das griechische bezeichnet hat, und dass ein
Theater dieses Typus sogar in Rom selbst bestand, so ver-
mochte ich allerdings Ober die Entstehung des Typus nur Ver-
mutungen auszusprechen. Ich liess es unentschieden, ob der
Architekt des Pompejus den schon fertigen Typus in Mytilene
vorgefunden und nur nach Rom verpflanzt habe.oder ob er ihn
durch eine Verblödung des hellenistischen Theaters von My-
tilene und des in Rom üblicbeD Bühnentheaters neu gebildet
habe. Jetzt bin ich geoeigt,der letzteren Möglichkeit den Vor-
zug zu geben. Denn abgesehen davon, dass die Entstehung
des kleinasiatiscben Theaters kaum anders erklärt werden
kann als durch die Vereinigung des bübnenlosen griechisch-
hellenistischen Theaters und des römischen Bühnen -Theaters,
weist schon das Alter der kleinasiatischen Bauten auf das er«
ste vorchristliche Jahrhundert als Bntstebuogszeit hin. Das
Theater von Termessos reicht mindestens bis zur Zeit des Au-
gustus hinauf; in Athen ist wahrscheinlich unter Nero der
kleinasiatische Typus eingeführt worden ; in RIeinasien sind
viele ursprünglich hellenistische Theater, wie z. B. die von
Priene, Magnesia, Tralles. Ephesos und Pergamon erst in rö-
mischer Zeit zu Bühneniheatern umgebaut worden.
Wird mir aber auch nur die Möglichkeit zugestanden, dass
in Rom ein 'kleinasiatisches' Theater bestand, und dass Vi-
truv mit seinem griechischenTheater einen solchen Bau meinte,
so brauche ich die Angaben Vilruvs nicht länger als Zeuijniss
gegen meine l^rklärung des hellenistischen Theaters gelten zu
lassen. Denn dieses letztere Theater selbst und was wir über
seinen Zusammenhang mit dem altgriechischen Theater wissen,
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Das fiRlBCHlSCHE THEATER VITRL VS
331
spricht zu deutlich gegen das VorhandeDsein einererhöhten,
für die skenischen Aufführungen bestimmten Bühne, als dass
ein in verschiedeoer Weise deutbares Zeu^iss noch eotoebei-
denden Wert für ihr Vorhandensein beanspruchen könnte.
Im V. Jahrhundert hatte das griechische Theater, wie jetst
fast allgemein zugegeben wird und auch Bethe anerkennt,
keine Bühne; die Orchestra war der Spielpkitz für Chor und
Schauspieler, und neben ihr erhöh sich die Skene als Hinter-
grund des Spiels. Es Hegt gar keine Veranlassung vor, fikr
die beiden folgenden Jahrhunderte, in denen noch vielfach
die älteren Stücke mit ihrem Chor aufführt wurden, eine
vollständige Änderung des Spielplatzes und der Skene anzu-
nehmen. In den ältesten erhaltenen Theatergehäuden , z. B.
in dem lykurgischen Theater zu Athen, in dem poiykletischen
von Epidauros, in den Bauten von Eretria, üelos und Priene,
deren Entstehung bis ins IV. und III. Jahrhundert hinauf-
reicht, finden wir noch immer den alten kreisrunden Spiel-
platz und neben ihm an derselben Stelle, wo wir fürs V.Jahr-
hundert die hölzerne Skene anzunehmen hallen, einen durch-
schnittlich 3"* hohen Säulenbau mil hölzernen Pinakes in den
Intercolumnien und daiiinter einen grösseren Saal oder ein-
zelne ZiiTimer. Wir sehen also Hauten vor uns, die offenbar
in ihrer Gestall und lilini iclilung eine direcle Nachbildung der
alten hölzernen Skene und ihrer Dekoration sind. Was be-
rechligl uns nun, diesen Säulen bau, für den der Name Pro-
skenion urkundlich gesiclierl ist, trotz seines Namens, trotz
seiner tur eine liuhne ganz unpassenden Abmessungen, trotz
seiner architektonischen xVusstattting und trotz seiner Luge
neben dem alten Spielplatz für eine Bühne zu erklären, ihn
für ein Podium zu halten, auf dem vom IV. oder III. Jahr-
hundert an die Schauspieler regelmässig gespielt haben sollen?
Wenn uns nicht sichere Nachrichten und unumslössliche Ar-
gumente beigebracht werden, müssen wir einer solchen Hypo-
these entschieden widersprechen.
Gleichwol hat diese Theorie nicht nur früher Vertreter ge-
funden, sondern wird auch jetzt noch von Bethe energisch
verteidigt. Und welche Arj^unu'iite werden beigebracht? Es
war bisher fast ausschliesslich die Nachricht des V'itruv über
das l^ogeion des theatrum Graecorum , auf die man sich
stützte: 'Das Zeugniss Vitruvs', so sagte Bethe (Gött gel.
Anz. 1897 S. 710) gcniigt allein und vollkommen fur
jeden philologisch Geschulten', um es 'als eine abso-
lut feststehende Thatsache zu betrachten', 'dass das
hohe schmale Proskenion die Buhne war'. Daneben
wurden dann noch einige andere Zeugnisse für eine Bühne
angeführt, die früher nur als Nebenargumente galten, jetzt
aber selbständige Beweiskraft haben sollen. Betrachten wir
zunächst das llauptargument* die Angabe Vitruvs.
Ich bin stets überzeugt gewesen, dass sich irgend ein Weg
finden lassen müsse, um das Zeugniss des Viiruv über die
Bühne seines theatrum Graecorum für das altgriechische und
hellenistische Theater zu entkräften. Nur über die Art und
Richtung des einzuschlagenden Weges babe ich geschwankt.
Die Entwicklungsgeschichte des Theaters , wie ich sie auf
S. 3b3 unseres Buches über das griechische Theater kurs ge*
schildert habe, redete eine zu deutliche Sprache ; sie zeigte
mir kUir, dass die Forschung sich auf einem falschen Wege
befinde. Das hellenistische Thealer, wie man es sich nach Vi-
truv denken musste, nämlich mit einer hohen schmalen Bühne
als Spielplatz der Schauspieler, war mit dem bOhnenlosen
Theater des V. Jahrhunderts nicht in Einklang zu bringen.
Bethes Versuch, eine Entwicklungsreihe herzustellen, indem
er die Entstehung einer niedrigen Bühne am Ende des V.
Jahrhunderts und dann ein schnelles Wachsen derselben über
das zulassige Mass von etwa 1 ,50" hinaus bis zur Höhe von
3* im III. Jahrhundert annahm, war nicht nur an und fftr
sich wenig glaubwürdig, sondern beiand sich auch nicht ein-
mal in Obereinstimmung mit den erhaltenen Monumenten.
Von irgend einer Zwischenstufe zwischen dem alten Spiel*
platze in der bühnenlosen Orchestra und der vermeintlichen
3" hohen Bühne ist in den Theaterbauten Griechenlands auch
nicht die geringste Spur erhalten.
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OAS AaiBGUlBCHB THBATBR TITRUT8
333
leh glaubte nun dureh meinen ersten Aufoats über das grie-
cbisebe Theater Vitmvs den richtigen Weg aus dem Irrgarten
gefunden su haben. Indem ich die Wahrscheinlichkeit oder
zum Mindesten die Möglichkeit nachwiee, dass Vitruv von ei-
nem anderen griechischen Theatertypus als dem hellenisti-
achen Proskeniontheater spreche, hatte ich dem Zeugnisse
Vitra vs seine Bedeutung fQr das hellenistische Theater ge*
nommen.
Ist mir dieser Nachweis gelungen? Bethe behauptet zu-
nächst (Hermes XXXI II S.3n),ich hätte beweisen mttssen,das8
Vitras das hellenistische Theater nicht beschreiben könne.
Dass er mir damit einen Beweis zuschiebt, den ich gar nicht zu
führen brauche, liegt nach dem Gesagten auf der Hand. Umge-
kehrt hätte vielmehr Bethe beweissen müssen, dass Vitruv von
dem kleinasiatischen Theater nicht sprechen könne, weil al-
lein schon die Möglichkeit meiner Auffassung genOgt, um das
Zeugniss des Vitruv gegen meine Theorie zu entkräften. Einen
solchen Beweis kann er aber nicht fahren. Er macht viel«
mehr selbst das wertvolle Zugeständniss (S. 316 unten):
'Dörpfeld hat unwiderleglich gezeigt, dass der kleinasiatische
Theatertypus mehr dem griechischen als dem lateinischen
Theaterschema Vitruvs entspreche*.
Passt somit, wie Bethe zugiebt, sowol der hellenistische wie
auch der kleinasiatische Typus wenigstens einigermassen zu
dem griechischen Schema Vitruvs, so entsteht die wichtige
Präge: Welcher von beiden passt besser? Hat Bethe Recht,
wenn er (S. 317 unten) versichert: *lch sehe nicht einen ein-
zigen Punkt, in dem sich der kleinasiatische Typus genau
Vitravs Regeln fügte, nicht einen einzigen, in dem er mit Vi-
truvs Schema besser abereinstimmte als der hellenistische*?
Oder habe ich Recht, wenn ich behaupte, dass der kleinasia-
tische Typus besser passt?
Bevor ich auf Einzelheiten eingehe , welche diese Frage
allein entscheiden können, muss ich zunächst im Allgemeinen
darauf hinweisen, dass wir gar nicht berechtigt sind, eine ge-
naue und volle Obereinstimmung zwischen den zufällig er-
334 W. DOEUPFBLD
haltenen Theaterruinen und dem Schema Vitruvs zu erwarten.
Weder die helleoistiseben, noch die kletaasiatiBehen Theater,
welche uns bekannt sind. stimmen unter sich völlig flberein und
können daher unmöglich je einem einzigen Schema genau ent-
sprechen. VitruT will mit seinen Vorschriften auch keineswegs
ein Durchschnittstheater eines bestimmten Typus gßben, son-
dern beschreibt von jedem Typus ein Theater, wie er es bauen
würde und wie er es für das beste halt. Sein lateinisches Sche-
ma stimmt, wie genugsam bekannt ist, mit keinem der erhal-
tenen römischen Theater genau flberein. Wie dürfen wir da
bei seinem griechischen Theater eine volle Obereinstimmung
erwarten ? Kleine Differenzen zwischen den Ruinen und dem
Schema Vitruvs wird es naturgemäss auch hier geben, und
sie werden besonders bei den Abmessungen der einzelnen
Teile, bei der Zahl der Sitzreihen und Treppen und bei den
Einzelheiten des Skenengebäudes hervortreten, nämlich bei
allen den Dingen, in denen die erhaltenen Theater unter sich
verschieden sind. ÜbiTcinstimmung miissen wir dagegen er-
Nvarlon bei der allgemeinen Anordnung des Theaters und bei
dem Namen, dem Zweck und dem gegenseitigen Verhällniss
der Hauptteile. Und thalsächlich linden wir in diesen Punkten
auch eine volle Übereinstimmung zwischen dem kleinasiati-
schen Theater und dem griechischen Theater Vitruvs, eine
bessere, als sie zwischen diesem und dem heilen istischen Thea-
ter besteht.
Um dies zu beweisen, vergleichen wir die Vorschriften Vi-
truvs für sein theatriim Graccorum mit dem kleinasiatischeo
Theater einerseits und dem hellenistischen andrerseits:
1) Der Zuschauerraum und dem entsprechend auch die Or-
chestra sind beim thcatrum Graecorum grösser als ein Halb-
kreis, machen aber keinen vollen Kreis aus. Erst Orchestra
lind Bühne zusammen bilden nach Vitruv einen ganzen Kreis,
dessen Tangente die frons scaenae ist. im Gegensatze zum
gewöhnlichen römischen Theater, bei dem die Orchestra nur
einen Halbkreis umfasst , entsprechen die kleinasiatischen
Theater der römischen Zeit dieser Vorschrift vorzflglich ; die
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DAS GRIECHISCHE THEATER VITHUVS
335
Orchestra ibI immer grösser als ein Halbkreis und mit der
Bühne zusammen bildet sie annähernd einen Kreis. Beim hel-
lenistischen Theater ist diese Übereinstimmung nicht eben so
gross; sie wird erst erreicht, wenn wir nicht nur die eigent*
liebe Orchestra von der Vitruv doch spricht, ins Auge fassen,
sondern den Wassercanal und den Umgang für das Publicum
zur Orchestra hinzurechnen. In Epidauros bildet die eigent-
liche Orchestra schon ohne die vermeintliche Bühne einen
¥oUen Kreis und in Athen und im Piräus liegt die Vorder-
kante des Proskenion sogar um mehrere Meter ausserhalb des
Kreises. Hitte Vitruv ein hellenistisches Theater wie das von
Epidauros beschrieben, so hätte er nicht versäumen dürfen zu
sagen, dass die Orchestra einen ganzen Kreis bilde.
9) Neben der grosseren Orchestra soll nach Vitruv auch die
schmalere Bühne {pulpttum minore laiäudine) ein charakte-
ristisches Merkmal des griechischen Theaters sein. Das klein-
asiatische Theater unterscheidet sich in der That dadurch vom
rdmischen, dass seine Bühne um ebenso viel schmaler, wie
seine Orchestra grSsser ist. Da die Bühne nur für die skeni-
schen Aufführungen diente, durfte sie schmaler als die römi-
sche gemacht werden, auf der alle Aufführungen stattfanden.
Wie sehr man beim kleinasiatischen Theater bestrebt war, die
Bohne trotz der grossen Orchestra und trotz des notwendigen
Zuganges zur Orchestra möglichst nahe an die Zuschauer he-
ran zu rücken, ergiebt sich aus dem Theater von Termessos, bei
dem die Vorderkante der Bühne eine gebrochene Linie biklele,
und die Bulinentiefe also in der Mitte grösser war als an den
beiden lünden. Wie weit dagegen im hellenistischen Thealer
das Proskenion, die vermeintliche Bühne, von dem Zuschauer-
raum entfernt sein konnte, zeigen Beispiele wie die Theater
von Athen und Piriius aufs Deutlichste. Dieser Tiialsache ge-
genüber ist es ohne jede Bedeutung, dass die wirkliche Ti«'fe
des liellenislischen Proskenion etwas geringer ist als die Tiefe
der kleinasiatischen Biihne und demnach etwas besser zu der
Vorschrift Vitiuvs über die Tiefe seines griechischen Logeion
passt. Denn auch in den erhaltenen rOmischeo Thealern stimmt
336
W. OOBBPPBLD
die wirkliche Tiefe der Bühne nur in wenigen Fällen genau
zu der Angabe Vitruvs über die Tiefe der lateinischen Bühne.
3) Die Höhe der Bühne soll nach Vitruv im theatrum
Graecoriini 10 bis \1 Fuss betragen, im theatrum latinuin
niemals 5 Fuss übersteigen dürfen. Passt zu der ersteren Vor-
schrift der kleinasiatische oder der hellenistische Typus besser?
Im kleinasiatischen Theater ist die Bühne, wie ich schon früher
gezeigt habe, gewöhnlich 8 bis 3 0 Fuss hoch, ob sie irgendwo
das vitruvische Maximum von 1 "2 Fuss erreicht, lässt sich lei-
der noch nicht sagen, weil die Bühnenhöhe der meisten 'l'liea-
ter Kleinasiens noch unbekannt ist. Auf jeden Fall entspricht
sie dem griechischen und nicht dem römischen Typus, im
hellenistischen Theater schwankt die Höhe des Proskenion,
der venneintlicben Bühne, zwischen 8 und 12 Fuss. Sie bleibt
auch in mehreren Bauten (so in Oropos, Pleuren, Priene und
Delos) unter dem vitruvischen Minimum von 10 Fuss. Beide
Theaterarten scheinen also in Bezog auf die Bühnenhöhe gleich
Behlecht zu der Vorschrift Vitruvs zu passen. Aber ein Um-
stand ist dabei bisher übersehen oder mindestens nicht ge*
Dflgend beachtet worden , ein Umstand , der entschieden zu
Gunsten des kieinasiatischen Theaters spricht. Beim römischen
Theater sagt nämlich Vitruv ausdriicklicfa, dass die Bahne
nicht höher sein dürfe als 5 Fuss, weil sonst die in der Or-
chestra sitzenden Zusehauer die auf der Bahne auftretenden
Schauspieler nicht gut sehen könnten. Er spricht damit einen
Grundsatz aus, der auch heute noch gilt und bei allen moder-
nen Tbeaterbauten berücksichtigt wird : Die Bühne darf nie-
mals höher sein, als die Aug^n der untersten Zuschauer. Ob
die letzteren im antiken Theater in der Orchestra selbst oder
auf der die Orchestra umgebenden untersten Bank sitzen, macht
keinen Unterschied. Liegt die unterste Sitzreihe in der Höhe
der Orchestra, so darf die Bühnenhöhe niemals 5 Fuss fiber-
steigen, auch wenn keine Zuschauer in der Orchestra selbst
sitzen. Wie kann nun derselbe Vitruv, der diesen Grundsatz
offenbar wol kennt, im griechischen Theater 10 Fuss als Mi-
nimum für die Bühnenhöhe beiceichnen? Mussleer nicht wissen,
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DAS GRIBGHISGHB TRBATBR VITRinrS
dass die auf der uDlerstcn Bank sitzenden Zuschauer bei ei-
ner solchen Bühne nur selir schlecht sehen konnten?
Das Rätsel löst sich in einfachster Weise, wenn wir uns da-
ran erinnern, dass bei dem kleinasiatischen Theater die Sitz-
reihen thatsächlich nicht bis zur Orchestra hinabreichen , son-
dern die unterste Reihe so hoch über der Orchestra liegt, dass
ihr Höhenunterschied gegen den Boden der Bühne nur etwa
5 Fuss beträgt. Im hellen istischen Theater dagegen befindet
sich die Proedrie mit ihren bevorzugten Sitzen immer in der
Höbe der Orchestra oder nur sehr wenig über ihr. Die Au-
gen der dort sitzenden Zuschauer würden also bei einer Büh-
nenhöhe von iObis 12Fu8s noch mindestens 5 Fuss unter dem
Boden der Bühne liegen und daher die Bewegungen der Schau-
spieler sehr schlecht sehen können. Daraus folgt aber mit vol-
ler Sicherheit, dass Vilruv unter dem theatrum Graecorum
nicht das hellenistische, sondern nur das kleinasiatische Thea-
ter verstanden haben kann.
Da das Fehlen der untersten Sitzreihen, wie ich sckon in
meinem ersten Aufsatz dargelegt habe, eine charakteristische
Eigentümlichkeit der kleinasiatischen Theater ist, so dürfte
der Schluss erlaubt sein, dass alle Theater, bei denen ein spä-
teres Abschneiden der unteren Sitzreihen constatirt werden
kann — ich nenne z. B. die Theater von Assos , Pergpimon
and Delphi — , zu kleinasiatischen mit hoher Bühne umge-
baut worden sind. Andrerseits glebt es einige kleinasiatische
Theater, in denen die untersten Sitzreihen bei der spateren
Einrichtung einer 8 oder 10 Fuss hohen Bühne nicht iortge-
nommen sind, z. B. die Bauten in Priene (vgl. oben S. 312)
und Magnesia. Bei tbymelischen Aufführungen und bei sonsti-
gen im Theater stattfindenden Festlichkeiten boten diese Sitz-
reihen noch immer in alter Weise die besten und bevorzugte-
sten Plätze; bei skenischen Auffüiirunj^en auf der hohen Bühne
konnten sie dagegen nur noch als schlechte Plätze benutzt wer-
den. Ihre gänzliche Entfernung war bei einem Umbau zwar
möglich, aber nicht unbedingt notwendig. Bei iNeubaulen d^g
338
W. DOERPFELD
kleinasiatischen Typos tind Bie jedoch, lo viel wir wimo,
oiemab mehr gebaut worden.
4) Auf einen anderen Punkt, der 'einen nicht unwesentli-
chen Vorzug der neuen Erklärung' bildet, habe ich schon in
oieinem ersten Aufoatse hingewieaeo. Beim Hknisclifr Thea-
ter versieht V^truv unter scaenae /roas unzweifelhaft die
Vorderwand der Skene mit ihrem Säulen schmuck. Beim
theatrum Graeeorum spricht er ebenfalls von der scaenae
froM. Denkt er nun an ein Theater wie das kleinasiatische,
80 veiBteht er unter scaenae frons ganz richtig dieselbe Vor-
derwand mit ihren Säulen. Denkt er dagegen an ein helle-
nistisches Theater, so müsste er hier die SkenenTorderwand
ohne ihren Säulenschmuck scaenae frons genannt haben,
denn daas die Wand über dem Proskenion nicht mit Säulen
ausgestattet war, ist durch die Monumontp solbst gesichert.
Dieser Vorzug bleibt bestehen, ob das Proskenion nach Be-
thes Auffassung die gewöhnliche Bühne oder nach meiner Er-
klärung die Dekoration selbst ist.
5) Schliesslich roussauch die Angabe Vitruvs, dass das hohe
Logeion seines griechischen Tlieaters der gewöhnliche Spiel-
platz für alle skenischen Aufführungen sei, als wichtiger Be*
weis fOr die Identität des kleinasiatischen Theaters und des
theatrum Graeeorum Vitruvs angeführt werden. Denn für
das kleinasiatische Theater trifft diese Angabe unzweifelhaft
au; sein hohes Podium war. darüber sind wir alle einig, der
Standplatz der Schauspieler bei skenischen Aufführungen. Für
das hellenistische Theater kann sie dagegen, wie ich in un-
serem Buche über das griechische Theater eingehend dargelegt
habe, unmöglich zutreffen. Zahlreiche Argumente ganz ver-
schiedener Art habe ich beibringen können, die sicher bewei-
sen,dass das griechische Proskenion keine Bühne gewesen sein
kann. Und selbst ßethe.der doch in allen seinen Veröffentlichun-
gen das Bestreben hat, das hellenistische Proskenion als Bühne
zu erweisen, macht das wertvolle Zugesländniss (Göll. gel.
Anz. 1897 S. 709): 'Auch ich kann mir nicht denken, daaa
man für eine menandrische Komödie oder selbst eine chorloae
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DAS aMBCHISCHB THBATBR TITBÜVS
339
Tragödie eine ao flchmale hohe Bühne erbaut hätte, da die
Schwierigkeiten fllr die Schauspieler doch vielleicht grösaer
erscheinen, als die Vorteile, die man ihr nachrahmt*. Und
an einer anderen Stelle (Hermes XXXI 1 1 S. 322, Anm. 1) giebt
er zu. *dass irgend ein noch ungelöstes Gebeimniss tther der
Einrichtung dieser hohen Bohne liegt Wenn er dann die
Schwierigkeiten dadurch zu heben und das Gebeimniss da-
durch zu lösen sucht, dass er sich die liühne auf Kosten des
oberen Skenensaales nach hinten erweitert denkt, so darfein
solcher Versuch ohne Bedenken als verfehlt und unzulässig
bezeichnet werden, weil einerseits die erhaltenen Theaterruinen
dieser Ergänzung des Oherhaues aufs Entschiedenste wieder-
sprechen, und andererseits die Mängel der hohen Bühne bei
grösserer Tiefe nur noch wachsen. Die mancherlei Schwierig-
keiten bestehen nur für den, der das griechische Theater Vi-
truvs durchaus in dem hellenistischen Theater erkennen will.
Wer jedoch mit mir diejenige Theaterart, welche in der Kai-
serzeit in Griechenland und Kleinasien neben dem gewöhn-
lichen römischen Typus allein noch gebaut wurde, für das
theatrum Graecorum Vitruvs hält, für den giebt es keine
ungelösten Geheimnisse mehr.
Und jene Schwierigkeiten, welche Betbe bei seiner Theorie
findet und offen anerkennt, sind noch gewachsen, seitdem
von mehreren Seiten bewiesen ist, dass der tragische Chor
nicht nur in der hellenistischen, sondern sogar bis zur früh-
römischen Zeit beibehalten wurde. Wertvoll waren für mich
in dieser Hinsicht die Worte, mit denen F. Leo einen Auf-
satz ttber die GhoriiederSeneeas (Rheinisches Museum LH S.
518) schliesst: 'Bs scheint mir, dass damit die Möglichkeit,
es seien auf dem hellenistischen Proskenion chorlose Tragö-
dien aufgeführt worden, einen Stoss erhält, und dass in der
Frage, ob überhaupt je auf dem Proskenion Tragödien ge-
spielt wurden, ein erhebliches Gewicht gegen Vitruv für DÖrp-
feld in die Wage fällt '. So schrieb Leo, als ich Vitruv noch
nicht recht verstand und ihm einen Irrtum zutrauen zu müs-
sen glaubte. Um wie viel mehr sprechen diese Worte zu mei-
840
W. OOBRPFBLD
nen Gunsten, nachdem sich herausgesteilt hal, daaa VitruT
gar nicht vom hellenistischen Theater su sprechen brancht,
sondern von dem griechischen Theater seiner eigenen Zeit,
nämlich dem kteinasiatischen Typus redet, und nachdem so
die unangenehme Notwendigkeit, den Vitruv eines Irrtums an
zeihen, gänzlich fortgefallen ist!
Vitruvs Aussage Aber das Spielen auf dem Logeion des grie-
chischen Theaters ist in vollem Einklang mit der monumen-
talen und litterarischen Oberlieferung, wenn sie sich auf das
kleinasiatische Theater bezieht. Zahlreiche Schwierigkeiten
erheben sich indessen, wenn Vitruv, wie wir alle frQher als
selbstverständlich voraussetzten, unter dem theatrum Grae~
eorum das hellentstisehe Theater versteht. Was hindert uns
noch, der ersteren Möglichkeit den Vorzug zu geben?
Bethe erhebt noch verschiedene Bedenken gegen die neue
Erklärung des Vitruv. Sie sind zwar zum Teil schon erwähnt
oder besprochen worden , aber einige von ihnen verdienen
noch eine eingehende Widerlegung.
Wesentliche Unterschiede zwischen dem kleinasiatischen
und hellenistischen Theater leugnet er mehrmals aufs Ent-
schiedenste. 'Beide Typen sind in der Hauptsache identisch',
sagt er im Hermes XXXIII S. 3C0. 'Ihre Differenzen sind so
minimal, dass sie Niemand ohne Messung zu unterscheiden
vermag', lesen wir S. 819 oben. 'Beider Schemata sind last
identisch' stellt w iederum auf S. 318. Ich könnte, um diese
Behauptungen zu widerlegen, kurzer Hand auf mehrere Ab-
schnitte unseres Buches verweisen, wo die Unterschiede des
Bühnentheaters und des hellenistischen Proskenionthealers be-
sprochen sind, aber diesen wiederholten Versicherungen ge-
genüber, fühle ich mich verpflichtet, die wichtigsten Diüe-
renzen nochmals zusammen zu stellen.
Ein erster Unterschied fällt schon bei einem flüchtigen Blick
auf die beiden Typen in die Augen. Im kleinasiatischen Thea-
ter sehen wir über der i^ühne jedesmal eine scaenae frons
mit einer oder auch zwei übereinander stehenden Säulenrei-
)ien, während Uber dem bellenistiscbeq Prosl^enion, das nach
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bAg GAUCHUCtlB TBiAtBR TITRUVB
841
Belhe die Bühne sein soll, sich niemals (wenigstens isl noch
kein Beispiel bekannt) eine säulengeschmückte Oberwand er-
hebt. VVir können sogar weiter gehen und behaupten, dass
sich über dem Proskenion niemals eine scaenae frons wie
die kleinasiatische oder römische Säulenwand erhoben haben
kann, denn die erhaltenen Untermauern sind in allen Thea-
lern so schmal, dass sie nur eine einfache Wand, nicht aber
eine Wand mit davorstehenden Säulen getragen haben kön-
nen. In Oropos, wo wir die Oberwand genau kennen, ist sie
eine einfache Mauer mit Triglyphengebälk. Entsprechende
Trigl^phen haben sich auch in mehreren anderen Theatern,
z. B. in Eretria und Delos, gefunden. Die geheimnissvolle An-
deutung, welche Belhe schon öfter über eine complicirle Aus*
ataUung dieser Oberwand oder eine Verschiebung derselben
gemacht hat, ist den Theaterruinen gegenüber ganz unhalt-
bar, «eil die Oberwand selbstverständlich dort gestanden
haben muss, wo sich im unteren Geschoss die Untermauer be-
findet. Letztere ist sogar nur der Oberwand wegen angeordnet.
Zweitens ist die Vorderwand der kieinasiatischen Bühnen
stets entweder ohne Schmuck oder architektonisch alsUntei^
bau ausgebildet und hat niemals Säulen, während die Vor-
derwand des griechischen Proskenion stets mit Säulen und
Pinakes gesehmückt ist. Das einsige sichere Beispiel, wo die
Vorderwand einer kleinasiatischen Bühne Säulen aufweist,
ist das Theater von Prione. Doch sind die Säulen hier nur
deshalb vorbanden, weil sie bei dem römischen Umbau des
Proskenion su einer Bühne nicht entfernt worden sind. Aus
diesem Beispiel zu sobliesson, dass kleinasiatische Bühnen su«
weilen mit Säulen ausgestattet worden seien,wäro ebenso falsch,
als wenn Jemand aus der Tbatsacbe, dass in Delphi eineStoa
unter Beibehaltung ihrer Säulen su einem Wasserreaerroir
umgebaut worden ist, den Sehluss sieben wollte, dass in die-
sem Falle die Säulen sum Wasserbassin gehörten oder gar
dra charakteristischen Schmuck eines solchen bildeten. Säu-
len schmücken im Theater das Proskenion, nicht die Vorder-
wand der Bühne. Isles ferner überhaupt arch ileklonisch denk-
34?
w. oomrrsLD
bar, dass sich über den zierliclien Säulen des hellenistischen
Proskenion jemals eine statlln lie Sau lenfassade nach Art der
kleinasiatischen oder nnnischcn l*ro>konien erlirdjen habe?
Drittens waren die Zwischenräume zwischen den Säulen des
hellenistii^chen Proskenifin mit Pinakes geschlossen, welche Ge-
mälde \erschiedener Art enthielten. Kine so ausgestattete Pro-
skenionwand glich also einigerinassen den gemalten Theater-
dekorationen pompejanischnr Häuser. bei denen auch zw ischen
den Säulen entweder kle inere Tafelgemälde, oder grosse per-
speclivische Durchblicke vorkommen. In der \ orderwand der
kieinasialischen Buhnen suchen wir dagegen vergeblich nach
solchen Pmakes. Ks entspricht dieser Hegel, dass in I^riene
beim Umbau des i'roskenion zu einer Bühne die hölzernen Pi-
nakes durch gemauerte Wände er,>^elzl worden sind. Dass die
hellenistischen I^roskenien durch jene Gemälde als Hinter-
grund des Spiels charaklerisirt wurden, scheint mir so selbsl-
\erständlich und fur unsere Frage so wiehlig, dass ich nicht
recht versiehe, wie dieser wesentliche Unterschied zwischen
dem Proiskeni DQ und einer Üüboe von Bethe so wenig beachtet
werden konnle.
Einen vierten Unterschied liefern uns die Namen der beiden
Vorbauten. Hierüber lesen wir bei Hethe, Hermes XXXI 11 S.
318 unten : 'Den einzigen wirklichen Unterschied trägt ersl
Dörpfeld hinein durch seine lieliauptung: dies ist eine Huhne,
jenes nicht'. Dass das Podium des kleinasiatischen Theaters
eine Huhne für die Aufführung skenischer Spiele ist, bezwei-
felt weder Hellie noch ich. Der Vorbau des hellenistischen
Theaters ist dagegen nicht nur deshalb keine Bühne, weil ich
das behaupte, sondern weil für ihn urkundlich der Name IVo-
skenion überliefert ist. und dieses Wort nach altgriecliischem
Sprachgebrauch eine Dekoration, eine vor der Skene aufge-
stellte Fassade bedeutet ( vgl. K. Reisch in unserem Buche S.
'iUü). Selbst im römischen Thealer sind die Säulen im Hin-
tergründe des Spielplatzes noch Proskenion genannt worden,
obwol damals auch schon zuweilen für die Huhne der Name
PruäkenioD iäi&cülicii gebraucht wurde. Ais das Proskenion
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DAS 0RIBCHI8CBB THBATBR TltftOVS
343
in rftmiaeher Zeit an einigen Orlen in eine BQhne umgebaut
wurde, konnte der alle Name leicht auf den neuen Bauteil
übertragen werden. Oben auf dem grieehiechen Proskenion
sind, wie ich mit vielen anderen Gründen bewiesen tu haben
glaube, nur einzelne Schauspieler und Redner erschienen, dort
war das Thoologeion. Der gewöhnliche Spielplatz für die ske-
nischen Aufführungen befand sich im hellenistischen Theater
noch an dersetben Stelle, wo er auch im V. lahrhundert ge-
wesen war, in der Orchestra vor dem Proskenion.
Fünftens sind auch die Differenzen in den Abmessungen der
beiden Vorbauten nicht so minimal, wie ßethe behauptet.
Man beachte nur, das die Tiefe des hellenistischen Proskenion
fast immer zwischen 2 und 3* schwankt, während die klein-
asiatische Bühno niemals schmaler als S.TiO"' gewesen zu sein
scheint, meist sogar beträchtlich breiter ist. Nun kann freilich
kein Mensch die zulässige Grenze für die Tiefe einer Bohne
genau bestimmen; man kann nicht etwa sagen, ein 3,50"
tiefes Podium ist noch als Bühne zu benutxen, ein 3" tirfes
aber nicht mehr. Eines jedoch darf man ohne Zögern be-
haupten, dass ein Podium von etwa 3* Höhe und nicht ein-
mal 3*" Tiefe eine höchst unbequeme und sogar gefährliehe
Bühne ist, und dass es im höchsten Grade unbegreiflich w&re,
wenn die Grieeben in der Blütezeit ihrer Kunst nur solche
unpraktische und hfiaaliebe Buhnen gebaut haben sollten.wäb-
rend sie in der Orchestra seit Alters her einen ausgezeich-
neten und geräumigen Spielplatz besessen.
Andrerseits kann auch nicht in Abrede gestellt werden, dass
die Abmessungen der kleinasiatischen Bühnen viel besser den
berechtigten Anforderungen entsprechen, die an jede Bühne
gestellt werden müssen. Ihre zunächst auffallende Höhe lässt
sich, wie ich in dem ersten Aufsatze gezeigt habe, in einfacher
Weise gut erklären. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass
diejenigen Proskenien Kleinasiens, welche in römischer Zeit
zu Bühnen umgebaut worden sind, sämtlich eine Erbreiterung
erfahren haben.
Sechslens iiiuss uucii an dieser Stelle nochmals darauf hin>
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314
IV. IMRAPTBID
gewiesen werden, dass das griecbtsche Proskenion stets eine
durchschnittliche Höhe von 10 Fuss über der untersten Sitzreihe
hat, während die kleinasiatische liühne nur etwa 5 luiss über
den unlerslen Sitzen liegt, i'^s kommt bei der letzteren Bühne
nicht auf ihre Höhe über der vertieften Orchestra , sondern
lediglich auf den Höhenunterschied zwischen ihr und den un-
leren Sitzen an. Wenn in einem modernen Theater vor der
Bühne ein um 2 bis 3"" vertiefter Raum für die Musiker herge-
richtet ist, so \Nirtl Niemand behaupten wollen, dass es eine 2
bis 3'" liolic Buhne halle, sondern Jedermann wird die !l<)he
der Bühne nach dem Standplatz der untersten Sitze berechnen.
Diesen vielen und wichlitren Verschiedenheiten gegenüber
muss es alseine nicht erlaubte Übertreibung bezeichnet wer-
den, wenn Bethe die kleinasiatische Bühne und das griechi-
sche Proskenion mehrmals als last identiscii hinstellt. Ge-
wiss, beide sind Vorbauten der Skene , beide haben auch
Thüren an ihrer Vorderseite , aber ihre Abmessungen, ihre
architektonische Ausstattung, ihre Lage zur Orchestra und zu
den Sitzreihen und auch ihre Namen sind verschieden. Eine
Verwechslung beider, so lange sie noch aufrecht stehen, ist
gar nicht möglich. Wenn man z. ß. die schönen Zeichnungen
kleinasiatischer Thealer von G. Niemann sieht (bei Laneko*
ronski, Städte Pamphyliens und Pisidiens), so kann man un-
möglich auf den Gedanken kommen, dasa der Vorbau vor
den säulengeachmückten Skencn etwas anderes als eine Bühne
ist. Wer dagegen ein hellenistisches Proskenion mit den Sau«
ien und den Malereien zwischen ihnen Tor Augen hat, musa
eine vorgefasste Meinung haben, um diesen schmalen hohen
Säulen bau für die gewöhnliche Bühne der Schauspieler zu
halten.
Ausser der hierdurch hoffentlich genügend widerlegten Be-
hauptung Bethes, dasa die kleinaaiatische Bühne und das hel-
lenistische Proskenion fast identisch seien, musa ich noch ei-
nigen anderen seiner Versicherungen widersprechen. So soll ich
alle Beweise, die ich in dem Buche über das griechische Thea-
ter (Abschnitt VII und VIII) gegen die Deutung des helleni-
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Ä
Das öniECHISCHE THEATUh V1TRUV8
345
stischen Proskenion als Bühne beigebracht habe, jetzt einfach
'streichen', 'auch den mathematischen' (a.a.O S. 3t 4). Und
an einer anderen Stelle (S.3I5) sagt er: 'Mithin hält Dörpfeld
von allen Beweisen, die er einst gegen die lu'klärung d^s hel-
lenistischen Proskenions als Bühne aufgeführt hat, nur noch
einen einzigen fest: es ist zu schmal '. In Wirklichkeit strei-
che ich keinen einzigen jener Beweise, sondern halte sie alle
ohne Ausnahme aufrecht ! Ich verstehe nicht, wie ßethe die
gegenteilige Behauptung 80 bestimmt aussprechen kann. Lüsst
sich denn überhaupt ein klarer mathematischer Beweis zurück-
nehmen?
Ich halle es auch jetzt noch für eine mathematisch erwie-
sene Thatsache, dass Schauspieler, die 1 0 Fuss über einer Sitz-
reihe auftreten, von den dort Sitzenden nicht ordentlich ge-
sehen werden können. Antike und moderne Erfahrung, wie
auch die Angabe V'^itruvs über die Bühnenhöhe des römischen
Theaters beweisen das zur Genüge. Keine Huhne darf höher
als 5 Fuss über dem Fussboden der untersten Zuschauer lie-
gen.
Wie Betlie ferner hehaupten kann, dass ich ersl jetzt eine
10 Fuss hohe Bühne im griechischen Thealer als möglich an-
erkenne, die ich früher geleugnel hätte, ist mir unverständlich.
Für das altgriechische und das liellenislische Theater habe ich
sowol früher als jetzt eine Bühne geleugnet, lur das kleinasia-
tische Thealer hahe ich sie sowol früher als jetzt angenommen.
Üenn die hohen Bühnen der Tiiealer von Termessos.Patara und
Sagalassos und von anderen kleinasialischen Städten , deren
Bühnen und Skenen noch erhalten sind, hahe ich selbstverständ-
lich längst gekannt und auch ausdrücklich in unserem Buche
(z. B. S. 157 und 359) angeführt. Was ich früher nicht wusste
und jetzt erkannt habe, ist die grosse Bedeutung dieses klein-
asiatischen Typus für die Geschichte des Theaters und besonders
seine Obereinstimmung mit dem theatrum Graecorum Vi-
truvB. leb habe also keine Concession gemacht und auch nicht
etwa meine Beweise gegen die hohe hellenistische Bühne lu*
rück genommen. Im Gegenteil haben diese Beweise gerade
ATHCM. IIITTHB1LUK6BN ZXm. 23
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346
durch den Fortfall des vitruviscbeo Widerspruebes eine neue
Kräfligung erfahren.
Ein volles Hälsel ist es mir ferner, warum lielhe den wich-
tigsten l*unkt lifi der Behandlung der hohen Bühne, nämlich
das Fehlen der unleren Silzreihen und die dadurch bewirkte
Umwandlung der hohen Bühne in eine für die Zuschauer
niedrige von etwa 5 Fuss, in seinem letzten Aufsatze voll-
ständig mil Schweigen übersehen konnte So\iel icli gesehen
habe, redet er mit keinem Worte davon Ohne den Hinweis auf
diese vNichtitre Thalsache sind doch weder die kleinasiatischen
Theater, noch auch die Vorschriften X'ilruvs über die grosse
Höhe der liuline seines griechischen Thealers zu verstehen ;
ohne ihn ist auch meine Beweisführung kaum versländlich
und kann dem mit ihr nicht sehr vertrauten Leser leichl als
eine Heihe von Widersprüchen hingestellt werden.
Am Schlüsse seines Aufsatzes fassl Bethe alle die Argu-
mente zusammen, welche den auf rias vermeintliche Zeugniss
Vitruvs gestützten Satz, dass das hellenistische Proskenion die
Bühne war, boslätigen sollen. Nachdem der Weil des vilruvi-
ßchen Zeugnisses fur das hellenistische Theater aufgehoben ist,
haben diese .Xrgumcntr schon einen Teil ihrer l^edeulung ver-
loren. Sie lassen sich aber auch aus anderen Gruuden leicht
widerlegen :
1) l'line Stelle Plularchs (Üemetr. 34) halte bereits C. Ro-
bert (Hermes XXXII S. WH) herangezogen. Es wird dort von
Plutarch geschildert, wie Üemetrios die T/.r,vr) ( das Skenenge-
bäude ) mit Bewaffneten abschliesst, das >oy£iov (die Bühne)
mit Speerträgern besetzt und dann selbst wie ein Tragöde durch
die xvü) xifoSoi (die oberen seillichen Zugänge) auftritt und
von dem Logeion herab zu den Athenern spricht. Ich glaube als
selbstverständlich annehmen zu dürfen, dass Plutarch , obwol
er aus einer alleren (Quelle schöpft, den Auftritt nicht unbe-
sehen abschreibt, sondern ihn so schildert, als ob er in dem
athenischen Theater seiner Zeit erfolgt wäre; denn weder er
noch seine Zeitgenossen wusslen, w ie das Theater Athens 400
Jahre früher ausgesehen hatte; sie wussten vielleicht nicht ein-
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Das liniECHlSCHE THliATEH VITRUV8
34?
mal, dass es iriiher eine ganz andere Gestalt gehabt hatte. Zur
Zeit Piutarchs bestand in Athen der von Nero errichtete Bau
mit römischem Logeion und oberen seitlichen Zugängen. Wie
hoch die Bühne damals war, ist für die Erklärung der Plu-
tarchslelle zwar gleichgültig, es mag aber wenigstens ange-
deutet werden, dass sie vielleicht beträchtlich höher war als
die jüngere Bühne des Phädros, und dass sie möglicher Weise
den kleinasialischen Typus zeigte. Zu einem römischen und
auch zu einem kleinasiatischen Theater passeo Piutarchs Worte
sehr gut. Diese volle Übereinstimmung zwischen den Aus-
drücken Piutarchs und dem damals in Athen bestehenden ne-
ronischen Bau berechtigt uns, jede Beziehung seiner Worte
auf das damals nicht mehr vorhandene hellenistische Theater
zu leugnen. Plutarch beweist also durchaus nicht, dass das
hellenistische Theater eine Bühne hatte. Übrigens redet Plu-
tarch auch an anderen Steilen von dem Theater seiner Zeit
und erwähnt das Logeion mehrmals, aber daneben nennt er
auch das Proskenion und die Skene. Dass er dabei unter dem
Worte Pmskenion siclier die Dekoration und unter Skene den
hinter der Dekoration liegenden Bau versieht, geht aus iwei
Stellen (Lykurg 6 und Arat 15) mit Sicherheit hervor.
2) Die Angaben des Pollux über das antike Theater, die
auch schon vonC. Robert (a. a. 0.) herangezogen waren, wer-
den von Bethe zwar nur in einer Anmerkung erwähnt und
daher scheinbar nicht hoch bewertet, mögen aber doch hier
besprochen werden. Meines Erachtens spricht Pollux nur vom
griechischen oder hellenistischen Theater. Jedenfalls passen
seine Worte zu diesem Theatertypus sehr gut. Sein oft citir-
terSatz: 9XY]v?; u£vuTCO)(ptT«üvCSiov,T)Sto(>]^;qoTpaToo yopoC, stimmt
dazu vorzüglich, weil einerseits die griechische Skene in der
That nur den Schauspielern gehörte (sie hiessen ol auö T^cmv}«
vvi^, wie die Stoiker oi ä^ö tt); otoft;), und weil andrerseits die
Orchestra nur von den Tänzen des Chores ihren Namen führte,
des Chores, der durch die Parodos das Theater betrat und
mit der Skene als solcher in der Regel nichts zu thun hatte.
Von dem Spielplatze der Schauspieler, dem Platze unmil»
348
W. OOBR^F£LD
telbsr vor der Skene {M mnvüc), zu dem auch ein Teil der
runden Orchestra gehörte, spricht Pollux hier nicht, weil er
beiden Parteien gemeinsam war. Gewohnlich übersetzt man
in Jenem Satze das Wort wtrni fälschlich mit Bahne und ei-
tirt ihn dann als Beweis für das Vorhandensein einer solchen
im griechischen Theater. Aber seine Worte, wenn sie im Zu-
sammenhang gelesen werden, und schon das Vorkommen des
Wortes Logeion neben dem Worte Skene unter den von ihm
aufgezählten Teilen des Theaters schliessen eine solche Be-
deutung von «xvivvi aus. An das römische Theater kann er fer-
ner deshalb nicht gedacht haben, weil der Chor in römischer
Zeit, wenn er überhaupt noch vorbanden war, mit den Schau-
spielern auf der Bühne und nicht in der Orchestra auftrat.
In einem weiteren Satz des Pollux : tö hi uro^xViviov xioci xxi
iyoLkiLxzioi^ KSKOTariTO Traö; tö ÖexTpov Texpaitaevoi; üttÖ t6 Xoyiiov
xgiuevov, erkläre ich mit E. iicisch ( Das griech. Theater S.
300) das Hyposkoniun als innenraiiiii des i^roskenion und der
Skene. Seine zum Zuschauerraum gerichtete Fassade war in
der That mit den l^roskenionsäulen und mit bemalten Pinakes
oder freistehenden iiildwerken gesclimückl. Für das von den
Säulen getragene Dach des llyposkenion lasse ich, im Gegen-
satze zu Reisch, den von Pollux hier überlieferten Namen Lo-
geion gelten. Der Natne scheint mir sehr passend für denje-
nigen Platz des griechischen Thealers, auf dem die Gölter in
den Dramen und die l^edner in den Volksversammlungen oft
auftraten und ihre Heden hielten Als später ein anderes Po-
dium vor den Proskenionsäulen erbaut wurde, und sich für
dieses auch der Name l.ogeion einbürgerte, erhielt das alte
Logeion zum Unterschiede von ihm den Namen Theologeion.
Ich trage daher auch kein Bedenken, das 'Logeion ' einer de-
liscben Inschrift (s. Reisch S. 301) als Podium überdemPro-
skenion oder Hyposkenion des Thealers anzuerkennen und
vielleicht auch in einer anderen Inschrift aus Delos (S. 302)
das Wort Logeion trotz der allerdings vorhandenen Schwie-
rigkeit zu ergänzen. Dass femer Xoyaov nicht der Name des
gewöhnlichen Spielplatzes der allgriecbiscben Schauspieler
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DAS 6ni8CRt8CHB THEATER YmtVVS
849
gewesen sein kann, sollte schon durch die Thatsache gesi-
chert sein, das8 das Wort in der alteren Litteratur, wo von
<ixY)v7i und opyriirpx 80 häufig die Rede ist. überhaupt nicht
vorkommt und sich zuerst in der genannten delischen Inschrift
des Iii. Jahrhunderts und weiter erst hei Plutarch findet. Ich
kann hiernach nicht zugeben, dass Pollux die Existenz einer
für alle Schauspieler bestimmten Bühne im altgriechischen
oder hellenistischen Theater beweist.
3) Hlinen monumentalen Beweis für seine Theorie glaubt
Bethe den Theatern von Eretria, Sikyon und Oropos entneh-
men zu können. In diesen sind der Zuschauerraum und die
Orchestra tief in den Felsen oder gewachsenen Boden ein-
geschnitten. Dabei ist in Sikyon und Eretria ein Teil des Ske-
nengebäudes oder fast der ganze Bau, um unnütze Kosten zu
vermeiden, oben auf dem ursprünglichen Boden liegen ge-
blieben. Id Eretria, wo die Tieferlegung etwa 3,50"* beträgt
und also gerade der Höhe des Prosken ton entspricht, ist von
der Skene nur ein sehr kleiner Teil tiefer gelegt, nämlich nur
so viel, als für den Aufenthalt der Schauspieler im Hyposke-
nion notwendig war. Der lange Baum hinter dem Proskenion
und der überwölbte Mittelgang mit zusammen 70""" Flächen-
inhalt boten für die wenigen Schauspieler und Statisten reich-
lichen Platz zum Aufenthalt und Umkleiden. Für die durch
die Parodos in die Orchestra hinabsteigenden Schauspieler und
für den Chor, der auf demselben Wege die Orchestra betrat,
waren Räume in der Höhe der Parodos > Eingänge, also auf
dem ursprttriglicben Boden bequemer. Auch für die auf dem
Theologeion erscheinenden Götter, mochten sie nun am Krahn
oder auf einem Wagen oder zu Fuss aus dem Episkenion he-
rauskommen, mussten selbstverständlich Bäume in dem obe-
nn Stockwerke, also in Eretria in der Höhe der älteren Skene,
hergerichtet sein. Selbst zum Aufbewahren der oberen und
unteren Dekorationen waren die Bäume des ersten Stockwer-
kes vorzüglich geeignet. Nach meiner Kenntniss der localen
VerbältnisM muss ich hiernach das Verfahren der Eretrier,
ehenm wie das ähnliche der Bewohner von Sikyon, far sehr
350 * \V. UOEHPFELD
verständig halten. Sie haben nur so viele Räume im unteren
Stockwerk angelegt und roahsam aus dem Felsen herausgear-
beitet, als für die Aufführungen unbedingt erforderlich wa-
ren. Betbe erklärt das Vorgehen der Eretrier fureioen (l«^r Ab-
derilen würdigen Streich und wirfl ihnen einen auffälligen
Mangel an praktischem Verstände vor; die Sikyonier ferner,
welche einen grösseren Teil des Skenengebäudes in den Pel-
sen hineingebaaen haben, hält er wenigstens für etwas schlauer
als die Eretrier, *aber *, so fügt er hinzu, *ein Drittel des
Verstandet fehlte ihnen auch *. Welchen Bruchteil des Ver-
standes mag er da wol demjenigen zubilligen, der das Ver-
fahren der Eretrier und Sikyonier fhr verstandlich und zweck-
mässig hält?
Die drei genannten Theater eignen sich durchaus nicht zum
Beweise für die Hypothese, dass das Proskenion die Bühne
war. Gerade sie liefern vielmehr vorzügliche Argumente zur
Widerlegung der betheschen Theorie von dem allmähliehen
Wachsen der Bühne von 2 Fuss bis auf 10 Fuss. In ßretria
und Sikyon kann nämlich seit der ersten Tieferlegung der
Orchesta dio Hiihne, wenn sie wirklich voriianHon war, nicht
mehr gewachsen sein, es sei denn, dass an beiden Orten auch
der natürliche Fels später wieder um ein Stück gewachsen
wäre. Das Proskenion, die vermeintliche liiihne. hat an beiden
Orten schon vom IV. oder III. Jahrhundert ah dauernd eine
Höhe von 3 — .3'/, ™ gehabt. Dass die drei Theater auch in
anderer Weise ZeuL!;niss ablegen für meine Theorie, habe ich
in unserem Buche zur Genujze gezeigt.
4) Auch in den Rampen der Theater von Sikyon, ßretria
und Epidauros sieht Bethe (Gott gel. Anz. 1897 S. 713) Zeu-
gen für seine Tlieorie. Hier irrt er zunächst mit seiner An-
nahme, dass solche Rampen auch in allen anderen griechi-
schen Theatern vorhanden seien. Die meisten hellenistischen
Theater haben weder jetzt Rampen, noch können sie ehemals
solche gehabt haben. Und weiter : Glaubt denn Betbe wirk-
lich, dass die Schauspieler in Epidauros vor den .Vogen der
Zuschauer auf offenen Rampen zu der Decke einer Säulenhalle
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DAS GBIBCHläCHB THEaTEH VITKUVS
351
hinaufgestiegen seien, und dass das Publikum nun geglaubt
habe, sie seien damit auf dem Hlrdboden vor einem Hause
oder Tempel angekommen ? l;nd wie denkt er sich diesen Vor-
gang z. B. im Theater von Üelos, wo keine Rampen sind?
Wurden dort etwa an Stelle der Rampen Leitern an die seit-
lichen Säulenhallen angelehnt, damit die Schauspieler auf
das Dach dieser Hallen hinaufklettern und von dort zum Da-
che des Proskenion gelangen konnten? Meines Erachtens sind
die Rampen erbaut, um Wagen für Göltererscheinungen und
andere Maschinen vor der Vorstellung zum Theologeion und
Episkenion hinauf zu schaffen. Für Personen macht man über-
haupt keine steilen Rampen, sondern Treppen. Den in weni*
gen Theatern vorkommenden Rampen auch nur die geringste
Beweiskraft für die Gieicbsetzung von Proskenion und Bühne
zuzugestehen, scheint mir unmöglich.
5) 'Eine Gruppe der Phlyakenvasen zeigt unwiderlegt das
hellenistische Proskenion und auf ihm die Schauspieler', lesen
wir bei Reihe ( Hermes XXXIII S. 321). Dass diese unter-
italischen Vasenbilder nur für die Geschichte des italischen
Theaters von Bedeutung sind und mit dem Theater Griechen-
lands zunächst nichts zu thun haben, ist schon so oft darge-
legt worden (zuletzt * Das griechische Theater' S. 311 f.), dast
man sich wundern muss, weshalb Bethe diesen R in wand un-
berücksichtigt lässt. Aber weiter ist nochmals festzustellen,
dass die sämtlichen Vasenbilder niedrige, oft sogar sehr nie-
drige Bühnen zeigen. Man braucht nur das Grössenverhält^
niss zwischen der Bühne und den Schauspielern, oder zwi-
schen der Bühne und den hinter den Schauspielern abgebil-
deten Thüren und Säulen, oder auch die Zahl der Stufen der
an der Bühne befindlichen IVeppen in Betracht zu ziehen, um
sich zu überzeugen, dass die durch Vitruv überlieferte maxi-
male Höhe der italischen Bühne (5 Fuss) niemals überschrit-
ten wird. Nun sollen aber einige dieser Bühnen, wie Bethe
behauptet, nur von dem Maler zu niedrig gezeichnet, in Wirk-
lichkeit aber doppelt so hochgewesen sein. Er hält sie für hohe
hellenistische Proskenion. deren untere Hälfte nicht mit abge-
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35?
W. DOBRPFBLD
bildet sei. Und welches sind die Beweise Tür diese jedem Au-
genschein widersprechende Behauptung? Er zülilt ihrer drei
auf (Gött. gel. Adz. 1897 S. 711), die wir eiozein besprechen
mOssen.
Erstens weist ßethe darauf hin, dass die an der Vorderwand
einiger Bühnen dargestellten Säulchen ungewöhnliche Propor-
tionen haben und berechnet aus der Höhe ihrer Kapitelle und
dem Masse ihrer Durchmesser die wiritUehe Höhe zu etwa 10
Fuss. Dasa er dabei ( Prolegpmena S. 285 ) die SäulenhÖhe
nach Jonischen Vorbildern zu 8-9 Durchmessern berechnet,
während es sich doch um dorische Säulen handelt, ist ein un-
wesentliches Versehen. Dass er aber Oberhaupt auf Vasenhil-
dern aus der Dicke einer Säule und aus der Höhe des noch
dazu folsch gezeichneten dorischen Kapitells die wirkliche Höhe
der Säule berechnen und die gezeichnete Höhe darnach cor-
rigiren will, halte ich fbr unzulässig. Warum oorrigirt er nicht
lieber umgekehrt die Dicke nach der Höhe ?
Noch seltsamer ist der zweite Beweis : Bethe citirt zunächst
beistimmend meine Bemerkung, dass die niedrigen Bühnen
der späteren römischen Theater niemals einen Säulenschmuck
haben und behauptet dann, dass überhaupt nur hohe, nicht
aber niedrige Bühnen mit Säulen ausgestattet werden dürften.
Um diese merkwürdige Behauptung dem Leser glaubhaft zu
machen, werden einige recht starke Ausdrücke zu Hülfe ge-
nommen: 'Man Stellesich nur vor, wie es sich machen muss,
wenn Menschen über einer Bühne von Säulen agiren, die nur
halb so hoch sind wie sie selbst. Die Improportionalität wurde
aufs Unangenehmste aulTailen. es wäre eine grenzenlose Ge-
schmacklosigkeit' (Prolegomena S. '284. Anm. 8). Folglich, so
schliesst er weiter, müssen die auf den Vasen niedrig gezeich-
neten Säulen in Wirklichkeit hölier als die Menschen sein!
Assteas, der Maler des bekanntesten unter den angeführten
Vasenbildern (vgl. Das griechische Theater S. 317), scheint
indessBethes künstlerisches Urteil nichtgeteiit zu haben, denn
sonst würde er die nach Rellies Meinung in Wirklichkeit ho-
hen Säulen schwerlich niedriger als die Menschen gezeichnet
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D\S UniECHISCHk: THKATEH VITMLVS
und sich so der 'grenzenlosen Geschmacklosigkeit' schuldig
gemacht haben. Nach meinem Gefühle — und ich glaube dd-
rin nieht allein au atehen — ist es überhaupt unschön, eine
Bohne, die doch den Erdfussboden darstellen soll, vorne mit
Säulen zu stützen und so Schauspieler oben auf Säulen agi-
ren zu lassen. Aber wenn durchaus Säulen angebracht wer-
den sollen, scheinen mir niedrige Stützen oder kurze Säulchen
Yiel erträglicher als hohe Säulen , die einer Säulenhalle an-
zugehören scheinen. Im Alterturoe hat man offenbar ebenso
geurteilt. Denn in keinem einzigen antiken Theater aus Stein
ist die Bühne, mag sie hoch oder niedrig gewesen sein, ur-
sprünglich mit Säulen ausgestattet worden. Die Pfosten und
Säulchen der Phlyakenvasen sind künstlerisch ausgebildete
niedrige Holzpfosten, aus denen die italischen Bühnen gezim-
mert waren. Die Nachfolger dieser Holzbühnen, die steiner-
nen Bühnen der römischen Theater, haben keine Säulchen
mehr an ihrer Vorder wand.
Einen dritten Beweis für seine Behauptung, dass einige
Phlyakenbülinen hohe hellenistische Proskenien darstellen,
entnimmt Bethe dem Umstände, dass weder Thüren noch i^i-
nakesan der Vorderwand dieser Bühnen zu linden sind! Wäh-
rend wol Jedermann aus dem Fehlen dieser für die helleni-
stischen Proskenien so charuklerislischen Dinge den Schluss
ziehen wird, dass die Phlyakenhuhnen eben keine hohen hel-
lenistischen Proskenien sind , schliesst Belhe in folgender
eigentümlichen Weise: der Maler konnte Pinakes und Thiiren
nicht darstellen, weil er nur den ob«'rslpn Teil der Säulenwand
/.eiclmete, foliilich war die Wand in W irklichkeit höher als
der Maler sie darstellte. Solange Bethe nicht bessere Argu-
mente beizubringen weiss, wird es wol dabei bleiben müs-
sen, dass die Phlyakenvasen uns die höchstens ö Fuss hohe
italische Bühne und kein hellenistisches hohes Prosken ion vor*
führen. Die über einer Phlyakenbühne hinter den Schauspie-
lern abgebildeten Säulen (vgl. Das grieeh. Theater S. 324)
gehören dagegen sicher zu einer Dekoration des Uintergruo«
des, also zo einem Prosken ion oder einer Skeq^,
354 W. OOEIil'f tLD
6) ZuleUt betpricbt Bethe ( S. 32 1 ) einige in unserem Buche
tS. 327) zusammengestellte Reliefs, bei denen Reisch, wie mir
acheint mit vollem Recht, io den hinter den Schauspielern
sichtbaren Säulen, Gebälken und Thoren das hellenistische
nulengeschmückte Prosken ion erkenol. üelbe giebt das nicht
SU, weil die Säulen dieser Reliefs paarweise verbunden seien
und über ihren Terkröpften Gesimsen noch Giebel und Vasen
trügen. DiescrGrund ist mir nicht gans versläodlich. Üass auf
den Reliefs die Säulen des Hintergrundes einem Proskenion,
d. h. einer Dekoration angehören, kann doch nicht geleugnet
werden. Wenn nun auch die wenigen bisher bekannten hel-
lenistischen Prosken ien , deren Gebälk erhalten ist. nur eine
gleicbmäsaig verlaufende Architektur leigen, so ist doch ohne
Weiteres erlaubt anzunehmen, daas es in hellenistischer Zeit
auch Proskenien mit paarweise verbundenen Säulen geg^heo
hat. So viel ich weiss, ist die Ansicht fast allgemein verbrei*
let, daaa die Belebung der langen Säulenfassaden durch Grup-
pirung der Säulen und Verkropfung des Gebälks in den gros-
aen Städten des Hellenismus enlslanrlon und erst später auf
die römischen und kleinasialiscben Theaterfassaden übertra-
gen worden ist. Ich halte es ferner nicht für unmöglich, daas
achon im Theater von Üelos.wo das Proskenion in drei Hauaer
geteilt war, Verkröpfungen des Gebälks vorgekommen sind.
Im Theater von Gpidauros liegen solche Gruppirungen bei den
beiden nur noch architektonisch wirkenden Paraskenien acbon
thatsächlicb vor. Und Giebelaufsätze und Vaaro werden wir
wol auch bei einigen erhaltenen Proskenten gerade auf Grund
jener Reliefs ergänzen dQrfen. Jedenfalls haben Beiseh und ich
acbon früher Giebel über einzelnen Inlercolumnien der Pro-
akenionwand angenommen ( vgl Das griech. Theater S. 274).
Den Schluss Bethes.dass die Säulen auf den genannten Reliefs
keine hellenistischen Proskenien darstellen können, weil die
wenigen bisher bekannten Proskenien keine Verkröpfungen und
keine Aufsätze zeigen , kann ich hiernach nicht als berechtigt
anerkennen.
Bethe beacblieaat die Beaprechung dieaer Beliela mit dem
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OAS ORtEGHIDCHB THBATBR VITRUV8
355
Hinweis auf ein von Reisch (S. 332) für ein Stadtthor, von
Anderen (so nainentlicli von K. Petersen, Worn. Mitth. XII
S. l 'iO) für eine Skonenfassade erklärtes Terrakotlarelief. Ich
teile Petersens Ansicht, dass es ein Proskenion mit Oberstock
und einer Huhne davor darsteUt und weiss, dass auch Reisch
jetzt auf (Jrund des von Petersen ermittelten Tliathestandes
dieser Ansicht beizutreten geneigt ist. Da die Bühne sehr nie-
drig und vorne nicht mit Säulen, sondern mit Kränzen verziert
ist, haben wir unzweifelhaft die Naelibildunij einer ^'ewühn-
lichen steinernen italischen Buhne vor uns Dass keine Treppe
an ihr vorlianden ist, beweist nichts, weil viele italische
Bühnen, wie die Phlyakenvasen beweisen, keine Treppen
hatten. Wie trotzdem Beihe von dieser Bühne sagen kann :
'Gedacht werden kann sie nur auf dem hohen hellenistischen
Proskenion, ebenso wieX itruv sie beschreibt und einige Phlya-
kenvasen sie zeigen*, und wozu er dann noch tadelnd hinzu-
fügt: 'Dies kleine Monutnent sollte doch überzeugen; jeden-
falls dai'f es niclit melir ignorirt werden', haljen wir vergebens
zu ergründen versucht. Mit dem hellenistischen Proskenion hat
die Bühne des neapeler Beliefs schlechterdings nichts zu thun.
Damit sind die Grunde erledigt, mit denen Betlie seine Theo-
rie, dass das Proskenion die gewöhnliche griechische Bühne
sei, zu stützen weiss. Ist auch nur eines dieser Argumente
Stichhallig? Giebt es unter ihnen, nachdem das Zeugniss Vi-
truvs in Fortfall gekommen ist, auch nur ein einziges, das
sich nicht mit Leichtigkeit widerlegen liesse ? Bei einzelnen
müssen wir uns sogar wundero, wie Belhe sie überhaupt an-
führen konnte.
Und mit solchen Argumenten wird eine Theorie verteidigt,
die nicht nur der Entwicklungsgeschichte des Theaters, son-
dern dem künstlerischen Gefühl, den mathematischen Regeln,
der Erfahrung vieler .lahrhunderle und seihst der urkundli-
chen Überlieferung widerspricht. Dass man glauben und lehren
konnte, die griechischen Schauspieler hiilten in hellenistischer
Zeil allgemein auf dem Dache einer Säulenhalle gespielt, wäh-
rend sie im V. Jahrhundert sicher, wie selbst Bethe sugiebt.
3A6
W. OOBRPrBLD, DAS GRfBCHISCHB THBATBR ▼ITBinrB
in der bühnenlosen Orchestra vor einem Hause aufgetreten
sind, und dass man ferner annehmen konnte, die Griechen
hätten das säulen«^eschmückte hellenistische Proskenion als
eine 10 Fuss hohe iiühne für die Schauspieler erbaut, linde
ich nur verzeihlieh, so lange man die \'orschriften Vilruvs
über sein thcntrum Graecorum mit Sicherheil auf das hel-
lenistische Theater beziehen zu müssen glaubte. Dass man aber
auch jetzt noch, nachdem Vitruvs Zeugniss in anderer Weise
erklärt werden kann und jedenfalls nicht mehr auf das hel-
lenistische Theater bezogen werden rauss, an dieser merk-
würdigen Theorie festhält und sogar beteuert, dass sie zu den
am sichersten zu beweisenden Sätzen unserer Wissenscbafl ge-
höre, dafür fehlt mir das Versländniss.
'Die Theorie Dörpfelds muss fallen* sagt Bethe am Schlüsse
seines Aufsatzes. Dass ich nicht ohne Grund vom Gegenlfiil
fest überzeugt bin, zeigt die vorstehende Abhandlung.
Athen im Juni 1898.
WiLUELH OÖRPFELD.
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LITTBRATUR
H. I. ArrBAOnorAOS, Ilipt IIltpditA« lud tAv Xi|A<viiv «VTOG.
Athen 1898.
ApistotbAOTS ^AOuvaiwv tcoXiTiift ixSo6^«« P. M«ipT.
Kif. 1-41. Athen 1898.
n. A. KOMNHNOS, Acxwvix« ;)^f6v«»v icpoto-coptxdv mU l«to*
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«wotAtw» tik Hmtpou ( 1904-1 961 ). Athen und Leip»g1898.
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A. PoTZOnuTAOSf *EiRaTfli«{x xpiTtxt) xfti lp(iiV)viuTiit»i lie fJUn
Xl^tv TOO ntvidbpou. Athen 1898.
E. Stamatiaahs, 'RrcsTYipU Tti( ririuovtx; Sxuou Si« 1898.
Saroos 1898. [Darin S. 68 kuner Berieht über das Museum].
F. HiLLBR von Gabrtbiiigbii, Bvpft. HcTifpamc I. N. At*
Xlva«. Then 1898.
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P. KAaounae, Die sogenannten Assyro-Chaldaer nnd Hit«
titen ¥on Kleinasien. Athen 1898.
E. KoTPTIor *E>Xnvt»^ t«topüt iMxk furifpaoiv Simp. 11.
AA(Aicpou. Athen 1897 ff.
I. APOTSBN, *l«Tepiot tAv AutSoj^Mv mxx ptiTifpflimv I. Ilacv*
TttCi^u. Athen 1897 ff.
r. riABBPT, *EYXS(p^tov 'Apj^atoXoyUf toü ^(todou ßfou tOv
^EXkifim xttTct (urAfpflMiv N. P. [ioXirou. Athen 1897 ff.
B. V. Hbao, *IaTop(fli tAv vopffiA^TMv, lYX*t|>{)t<»v ftiT«fpaaOiv
xai aufuvXupttOlv M I. N. 2!€opAvov. I. II und Tafeln. Athen
1898.
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858
LlTTBRATUtt
9P««M r. SttTDptdcSoo. Athen 1897 ff.
S. K. SflutiXXfltpoieouXou. Athen 1897 ff.
A8IINA, «tSyypafAfMt iripio^uiov tr^ ht 'AOqvat^ j«i<rTV|{AMu(^< *E-
T«ipc(«c IX, 3. 4. X, I. 2. 3.
Darin n. a. 8. 449. P. A. naicetCmiXttott, 'ATwvivttxii Istypafi) ixXdbtitoc.—
S. 461. n. N. na;:xTfno5Y'ou, MuttXTfvujt tTitypaff, iv<x8oro{ [gefunden in einem
Hause nahe der Kirche der *A. ©idBwpoi: ['Ap]xipew{ 8ta ßtw 0iä« 'Pci>{ia«|
mI t(& ai6socü Aiö( Kai'oapof | OXu|Ani'jj izzxpöi xii RarpiSo; | ^cpotoptot Vaiot
KXciwSfw noT«iAWv[oc] I Ata^lvi) tü cuipYtTsJ.— S. 497. B. £xo5f«{, Ilc^i T^cyij-
00« *A|iepYo8.
X. S. 149. n. S. ^«»tulii|(, BuMtsItK mpf ttvwv 'AptomtXiitfiv 'A'
AlEBNUS B*11HBP1S: THS NOHIXMAT. APZAIOAOPIAS. JoUfOal
inlernational d*arehtologie numiamatique, dirige par 1. N. Svo-
ronofi. I, 1.3. Athen 1898.
Darin u. a. 8. 1. Babelo&,Oillai* roi de» fidcmien».— 8. Ifl. F. ImhooN
Blumer, Bilbyniscbe MOnten — 8. 15. I. N. SfopiSvoc, T« x«Xxi «otnlpis xoa
AlNMvpYt^ou A'.ov jTiazoj ötärcoj xa! xf,; KXsiaOtvt'ovi 'Exx/.r.i'a;. — S. 1'?!. M.
Vlaslo, Tar«Mitc. hidrachnu'S inödits. — S. I is. i: 1). .1. Dutilh, Mnnnaies
de Side el d Egyple. — Ö. 157. I. N. L6opiavo;, Ijijfi^oi. — S. 165. F. lialb-
herr. An important inseriplion for the history of coinage in Grete.— 8. 181.
I. N. i:6ofta>o«.|Tip}ir,o(jöj H TO KAnoYC exOYCA — S. '20b. Derselbe,
BxTpa/o; £i,stfto(. — S. 2 1^. Derselbe, Beptvixij B', ßaaiXiaaa KjpTjvaVxf,; x«i
Aiyu^tTOj. — 8. 121. r. N. \atCid«x({, £i){ic{(>>ai( xepi xütv YXtuanxüv -cükwv
TETA BAXIAEY HADNAN xal AEPPONIKON.
E^iiMEi'ii: .\PXAioAorjhu IbiJ8 Helt 1. '2.
Darin S. 1. II. Ka66x$ia{, 'Ex tojv ntpt xijv 'Axp«KoXiv «voaxatsütv. — S. 21.
K. K«i»pow»tMTi)(, Kipvoi. — S. 29. A. Sxiag, navap/^u« iXoratvumi) vtxpÖJcoAt«. —
8. 121. A. de Bidder, Afo ndhostp« fitta X«6A».~ 8. 135. 0. K«fi6a«««,'Bs»-
tpafoi.
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FUNDE
Im Pi raus wurde bei GrundgrabuDgen nahe der AcCxx eine
Marmorhydria mit Reiiefdarstellung und der liuchrift Euayöp«
Ato^ivYX giefunden ("Aeru 25 louvioi» 1898).
In Patras wurden auf einem den Gebrüdern Ko>\upou ge-
hörigen, unterhalb der TifnqXa aXuvt« liegenden, Grundstück bei
Grundgrabungen etwa 4" tief mancherlei antike Reste, Mauer-
xQge, Plattenpflaster, Säulentrommeln, eine Gisteme, die mit
Säulen abgedeckt war, gefunden. Eine dieser letzteren (1,81*
hoch, 0,40 dick) trägt folgende Inschrift:
IMPCAESA
MAVRELI\
ANTONIN^
AVG-ARMENI
CVSET-IMPCAES
LAVRELIVSVERVS
AVG-ARMENICVS
VIAM
CORRVPTAM
REFICI
IVSSERVNT
Oben darober lag ein Relief von 13%" Höhe, 0,90" Breite,
welches einen aufrecht stehenden jugendlichen Krieger mit
Panzer, Helm und Beinschienen zeigt, der in der Linken sein
Schwert hielt, während die erhobene Recbte eine aufgestützte
Lanze an der Spitze fasst. Der Kopf, von weichen Formen,
zeigt einen leichten BurLiluum an der Wange; er hat keine
porträthaften Züge.
Die Arbeit ist flüchtig und decorativ, scheint aber noch aus
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360
FUNDE
guter römischer Zeit su stammen. Auf Stirn und Brust ist je
ein Kreuz eingemeisselt
Dieser Umstand und die nicksiclilslose Verwendun«? sonnoI
des iUliefs wie der Insclirift zeigen dl«' späte Kntsieliung der
Anlage, wenn es üherliaupl eine einheitliche Anlage ist. Das
Relief ist in das Geschäftshaus der Brüder Ko^XOpou (Andreas-
Slrasse, nahe dem Hafen) überführt worden. ('Aotu 13-15
'Icoviou 1898, ausserdem benutzen wir Skizzen, Abschrift und
Notizen, die Herr A. Rehm freundlichst sur VerfOgung geslelll
hatte ).
Südwestlich von Gytheion, in dem Kip^(ut genannten Thal
am Fuss der fränkischen Burg Passavä(Gurtiu8,Peloponnesos
II S. 973), die auf den Trümmern des allen Las steht, sind
mancherlei antike Reste, z. T. von Gräbern und Sarkophagen,
vorhanden,die von einem der Besitzer der Gegend, Mtx- MuraA-
xo^fSeit geraumer Zeit heimlich ausgebeutel wurden. Jetzt hat
die Behörde bei ihm einen Tierkopf (Widder oder Rind), dem
vorzügliche Arbeit nachgerühmt wird, eine Marmorschale und
drei Münzen (deren eine nach der Beschreibung eine der sparta-
nischen Münzen mit Keule und *E«i EupuxXeo« sein muss) fest-
gehalten. Früher entdeckte zahlreiche bemalte Thongefasse
und Metallgeräte fanden sich nicht mehr vor, ebensowenig
eine kleine marmorne Kriegerfigur ("Aoru 16 £«ict. 1898).
Beim phthiotischen Theben sind durch den dortigen
Alterlumsverein *Oöp; einige Funde gemacht worden. Ge-
nannt werden eine Löwenfigur natürlicher Grösse ohne Kopf
und Püsse, deren einer, abgebrochen, allerdings vorhanden
ist, zwei Inschriften, ein grosses korinthisches Kapitell, zwei
monolithische Säulen.
An einer anderen, als >ö<|>oc ZiptXiuv bezeichneten Stelle,
fanden Mitglieder desselben Vereins Gräber, die in das ». Jahr-
hundert vor CUv. versetzt werden, obwol ausser Gebeinen
nichts in ilineii iiefunden wurde. An (h'iiiselben lluiiel fand
man steinerne und thiuierne Wirld und zwei kleine durch-
bohrte Pyramiden aus Thon, olVeubar die so häutigen Weber-
gew teilte ^"AoTu 5 üat. 1898).
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PÜNDE
361
Besondere Wichtigkeit gewinnen die im Namen der grie-
chischen archäologischen Gesellschaft seil vorigem Jahr durch
Herrn Sotiriadis inThermon geleiteten Ausgrabungen durch
den Fund eines altertümlichen TempeU des Apolion, dessen
Dach nebst seinem Schmuck ebenso wie die Metopen nur aus
Thon bestehen. Ausser Thon scheint zum Bau ausschliesslich
vergängliches Material verwendet worden zusein (Holz, unge-
brannte Lehmziegel, vielleicht auch Bruchstein mit Lehm), nur
die Fundamente und Stufen bestehen aus Stein, ausserdem fin-
den sich steinerne Säulenlrommeln, die aber zum Ersatz ur-
sprünglicher hölzerner Säulen gehören. Die Metopen sind mit
grossen menschlichen Figuren bemalt; die plastischen Verzie-
rungen bestehen hauptsächlich aus männlichen und weiblichen
Köpfen, welche abwechselnd die Sima schmückten, die weib-
lichen Köpfe als Endstücke der Deckziegel, die männlichen,
zum Teil Siiensköpfe, als Wasserspeier. Der Tempel ist ein
Peripteros mit fünf Säulen an der Front und fünfzehn an der
Langseite; die Cella ist durch eine in der Axe befindliche Säu-
lenstellung in zwei Schiffe geteilt. (Vorläufige Berichte: 'A«tu
4. 28 'Wiou 1898 und sonst).
Für dieselbe Gesellsehaft bat Herr D. Stauropullos auf
Hheneia Ausgrabungen geleitet, die (nach dem 'Aoru 24
2t«T. 1898) zur AufTmdungder Bestattungs-Reste geführt ha-
ben, welche dio Athener 426 bei der Reinigung von Oeloa
üherführten. Ein Bezirk von etwa 500^", mit einer Mauer um-
geben, enthielt eine etwa '/a M^^ter starke Schicht von Gebei-
nen nebst den ehemals den Verstorbenen mit ins Grab ge-
legten Beigaben. Die Schicht war mit gewöhnlichen Stein-
platten bedeckt, durch ebensolche, senkrecht gestellte in ein-
zelne Vierecke, und diese mitunter sogar noch durch weitere
horizontale Platten in verschiedene Schichten geteilt. Beson-
ders zahlreich sind Scherben von grossen, meist archaischen
Gefässen, aber auch ganz erhaltene Vasen fehlen nicht, von
den prähistorischen bis zu den rotfigurigen. Eine Anzahl von
rotfigurigen GeHissen entstammt einer Reihe von etwa 30 Po-
rossarkophagen, die sich in derselben Anlage fanden. Mao ver-
ATBBN. MlTraBlLOMftBN IZm. 24
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mutet, dass diese bei der Heini^'ung von Delos ganz überführt
worden seien, weil dauiuiä noch nicht lange Zeit seil ihrer
Beisetzung verstrichen war.
Auf Mykonos hat dersrlhe Gelehrte (nach der gleichen
Nachricht) Kuppelgräber ftstgesleill, die aUerdiogs ihres In-
haltes schon beraubt waren.
Im Ta/uSp6[xo; (Konstantinopel, 29 Maiou 1898) wird eine
Inschrift aus Sarnothrake mitgeteilt, die auf einer 0,30™ ho-
hen, 0,15™ breiten und O OS™ dickm PlaUe steht und im Dorfe
in die Jvirclie UavftyogSa verbaut war.
iici ßa9iX((i)( 'Ijsioiciivo;
(Auorat iuai]€iii; Aiv
U90U
001
Aus Dorylaion ( Eski-Schehir) sendet uns Herr I. M-nXto-
irouXoc Abschrift und Abklatsch eines 0,95" langen, 0,55""
breiten Steines mit der Inschrift (deutliche, 5** hohe, mit
6 lONloVMeNoC
NIolCloCNAAPOToC
e I To¥MITPA<t>ATA
K 6 M ACTeMPore
loCKe noYN TAG
B A C K e e N C T APN/
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BAN A A AAKe To PoV
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10
i . . i6vtoufx.ivo(
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€«? xc Ev(T-raipv(a)
$ou{jt.6 XI OiouO
6av ASSa XE Topou
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[xvojxsiov wpo
ytf^XlllLl'^Qli Ol
oI( x(at) r$ xu{&i^'
'AoMX'nmo«.
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PtWOI
363
Der Anfang enthält offenbar eine Bestimmung in phrygi-
■eher Sprache (Partieipium auf -fiivo« mit utou =I«tw). Ba
folgen phrygische Namen durch xi as griechisch x«! verbun-
den. Ansprechend vermutet A. Dieterich,da8S dies die im grie-
ehischenTeit als 9io( erwähnten vergötterten Toten sind, deren
Sehutse das Grabmal anvertraut wird, und verweist auf die
bekannte phrygische Sitte , dieselben Namen für Götter und
Sterbliche zu verwenden (Kretschmer, Einleitung in die Gesch.
der griech. Sprache S. 200, 1 ). Zu den Namen bemerkt P.
Rretachmer: MiTpotfotT« persisch, wolssMiTpoCectuc, lykiseh
Mi0rapata. Male als Frauennaroe C.I.G, hkWa und Heberdoy-
Wilhelm, Reisen in Kilikien Nr. 264 scheint als Männername
vorzukommen bei Heberdey- Raiinka, Reisen in Kleinaaien
S. 37 Nr. 47 ; Tc^poyito« ist Tembrogius^ wie Plinius VI, 4
den Thymbres nennt, an dem Doryiaion liegt. Zu Adda vgl.
Einleitung S. 338, zu den Nominativen Oiou6€div(P) und To-
pouav das illyrische Fip^av (Inschriften von Olympia Nr. 695).
Aus Laodicea ad Lycum sendet uns Herr G. Weber Ab-
schriften folgender Inschriften :
1. Marmorbloek 0,47' lang, 0,37 breit. 0,24 dick, verbaut
in den Fundamenten einer späten Mauer ; rechter Rand er-
halten, linlcer und oberer gebrochen; Buchstaben 2*" hoch
mit Apices.
riQii 1«^ oClOYA
TOKPATOPOZA Z E
RTIM I 0¥ ZE OYHPOV
REPTI N AKOZZEBA
5 ZTOVKAAOVMENON
A NTQN H A TETEIA
O A Y M n I A
RArONOeETHZAN
N TOIZK YPIOIZHZ
10 VTEPAZAIETHPI
n KAAROPNIOY
frei
364
FUNDS
- - 6e{ou A[u]|TOxpdlTOpO( A. 2ii|nTi{Aio<j Ssouiopou | nipTiveuto;
Die Inschrift bezieht sich offenbar auf einen iywv, der viel-
leicht in dem ^4*)^^) • • • Anfangs steckt (der zweite Buch-
stabe war schmal, P und T siod ausgeschlossen). In Z. 8 fehlt
am Anfang ein Buchstabe, so dass wol nur [ijic* oder [Ci]^'
möglich sind. In Z. 9 giebt Webers Abschrift, aber nicht der
Abklatsch, ein Q vordem N («Ywvo6t'nitfdv[T]uv?), am Ende
stand mi^licherweise thZ in Ligatur.
2. Marmorblock 0,90" lang, 0,39 breit, 0.40 dick (Schrift-
fläche 0,68 : 0,255) rechts gebrochen ; der Stein liegt in der
Erde an der grossen Strasse und gehört nach Webers Ansicht
tu dem Triumphbogen, der hier stand.
ANIKlONACnPONTO
YRATIKON KAIKTICTH^
ANe (I) NeY6PreTHTAIAN66
frei
*Av(»tov "Affippov t6[v] I ö««TU(Ov x«l KTforqv I £vO* fuvipY«'
<n)T«u &v«9|[v)xcv ^ ic6Xi(.
Die am Ende ergänzten Buchstaben müssen auf einem an-
deren Blocke gestanden haben, da nach der Angabe Webers
die Profilirung unterhalb des letzten 6 in Z. 3 umbiegt.
3. Grabstele aus Marmor, 0,65" lang, 0,20 dick, erhaltene
Breite 0,16; Gladiator mit Siegespalme in Belief, darunter
die Insciinlt :
A M M I A T Q ivSpt 2w-
ZOME Ncji
N A la M N tta« X'^f^^'
4. Marmorblock von O.'ib'" Breite, 0,42 Höhe, rechts und
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FUNDE M&
unten gebrochen, in der Nähe der Agora; die iwetenteD Zei*
len verwittert:
»AEN 4 ii
ZE B A Z Tii
N E fi K O P 0«
M HTPOr 0
AlZTHZ A«{
A Z A A O Si
5. An dem Rundbau auf der Agora eteht auf einem mit
Palmetten und Eieratab gelierten, 0,33* hohen und noch 0,30*
breiten Friesetack in schönen monumentalen Buchetaben :
(AT^TTip K A Z r V
6. EineVergleichungderbeiLeBas-Waddingtonlll, t693b
Teröffentlichten Insehrift von Koloesäergab, dass dieerete Zeile
lautet:
Aus Hypaipa stammt die von Herrn E. 'lopSaviSioc in Ab-
schrift und Abklatsch mitgeteilte Inschrift, welche sich jetzt
in seinem Besitz befindet. Der Majuskelteit musste der schma-
len Schrift und ungewöhnlich zahlreichen Ligaturen wegen
unterdruckt werden :
nOffTOUÜL{(f) TlTta[v(Ji
iv 'TTtxiTcot; Aup. 'A^[ ix icpoYÖvttv
ffTe(pavYi^öpü)v i(jiap[j^«v •••••••«.•••••
woXii xai ßouXiuTai; , ,
TTiv >cat auTapj(^ov ü^jlwv xaTÖt
rj7ci0Ta|XTnv, öri (a«I?^ov a7ca[(T«&v oder yai^Qm icat9äv töv . . «
icap' uiiÄv |AdXi«Ta «piTft^v.
166
rüNDi
Ebenfalls aus Ilypaipa verschleppt ist ein Marmor. 0,55"
hoch, 0,45 breii. jftzi hoi dem Schuster Mmvsi; in ödemisch;
Buchalabenböhe S.ö"". MiUeilung desselben Herro.
TONTOTTON
Äv«T I e E M I I N A TT A P t/ri
T^zOAEIAHNAPIATE xpaucom«
AI A Q MI YnOGH KHN
5 YPAEITETIZINA
T O Y (t>IZKOYKAITÄ
KE(t)AAAION
T O Z EKTOYXftPlOY
K TH21NE
Nach der Mitteilung desselben Herrn ist in die nordwest-
liche Ecke der Moschee von Phwyi ( Yeyevü auf Kieperts Karte,
östlich Ton Tire) ein 0,60°* langer, 0,20" breiter Marniorblock
▼erbaut, der in 2*" hohen Buchstaben die Inschrift trägt:
AIIAYOEITHKAITHSAYEN
AHNnNKATOIKIAAlfOAAa
NIZOEOASlPOYTOYAnOA
Ai2NIOYEnOIH«FTON!9
Ob der durch den Abklatsch gesicherte Beiname des Zeus
mit «v6lvTt)c ausammenhangt, musa dahingestellt bleiben.
Mirmor Termauert im Quartier TtWi M in Tire
eTeiMHZAN
M^NAHAPPN
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NACHTRAG
367
In Tyana (jetzt KXiot Xt^äp oder nach Kiepert Ken isse- Hi s-
sär) ist die Statue eines Mädchens gefunden und auf Befehl
der Behörden nach Ikonion überführt worden, um in das Mu-
eeuiD io Ronstantinopei verbracht zu werden. (KwvoravTtvou-
mXbi 11 iouvtou 1898). Einer dadurch Terftnlassten hiatori-
Bohen Skizze in deraelben Zeitung (18 'Iouv(ou 1898) entneh-
men wir die anacbeinend noch anTeröffentiicbto inacbrift:
2QTHP KAI BBOAOTOS
2TPAT0N02
EK TON IMON KATESKET-
A2AN
die aicb dort auf [einem kublacben groaaen Stein nicht weit
Ton der Waaaerleitung vor einer Gartenthttr befinde.
Im ägyptischen Kunathandel aab F. von Biaaing eine nacb
aeiner Angabe vielleicht aua Memphia atammende ptolemii>
acbe Bauinachrift :
EuipytTdv naX t&i tIxv»v 2S«pdiFt)t | 1«tSt xii* v«6v xotl xhf* ivipi-
p.T)Tpta.
NACHTRAG
Bei den Ausgrabungen des deutschen archäologischen In-
stituts wurde im Jahre 1895 an der iSord west- Ecke des Areo-
pags in einem Brunnen das rechte Endstück eines Reliefs aus
pentelischem Marmor (Höhe 33"*, Breite unten SS") gefunden,
auf dem in ^uU'v Arbeit des frühen IV Jahrliunderts zwei nach
links gewandte Frauen hinler einander dargestellt sind. Da
sich auf der unteren Fläche keine Spur des üblichen Zapfens
erhalten hat, ist mehr als die Hälfte dea Reliefs verloren. Die
ftBRfCHtiemio
schon hiernach wabrscheinliche Komposition von drei Gott-
heilen rechts und mehr als einem Adoranten links wird durch
die Inschrift bestätigt, weiche auf der oberen I^eiste steht, über
dem Kopfe der Gestalt iioks beginnt und bis zum Ende des
Reliefs reicht :
NiKAEoNO©ONYM<t>AlS
Des Raumes wegen muss mehr als ein Name am Anfang
fehlen und man wird daher Silva xal ii Stiva] ai KXsovöOo
NufAfatc ergänzen müssen. Das vermutlich nicht weit ver-
schleppte Relief darf als monumentales Zeugniss für den oben
S. 220 f. vorausgesetzten Nymphenkult des Thaies der Kallir^
roe verwertet werden.
H. VOM PROTT.
BBKIGUTIOUNG
S. 202 Z. 2 ist zu lesen: EniT?]« ßopuoSvru^c kXituo< u. s. w.
Geschlossen i2. NoTember 1898.
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IV.
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PARODC
nich^ blossgeleghes
Terra i n
1^
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I
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XIV
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I
I
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BIN ATH£N1SCH£8 PROXBNIEDBKRBT FUR ARISTOTELES
Bisher war von engeren Beziehungen zwischen dem athe-
nischen Staate und Aristoteles so gut wie nichts bekannt.
Nur die Vita Marciana (S 430 I\ose: Arist. fragm.^, 1886) und
der Aramonius latinus (S. 446 Hose) berichleten,das8 Aristote-
les sicli l>pi König Philipp im Interesse Athens brieflicii ver-
wandt habe, und nach llermippos bei Diogenes Laertius Y, i ,2
soll er sogar als Gesandter Athens zu Philipp gegangen sein
( wpi<j6iuovTo; «uToü wpö? 4»i>.i7r7tov »jTrep "AOirivaiwv). Weiler wird
uns an den beiden erstgenannten Steilen mitgeteilt, der atheni-
sche Staat habe seinen Dank dadurch abgestaltet, dass er
dem Aristoteles eine Bildsäule auf der Burg errichtete: was
Wahres daran ist, können wir nicht kontrolliren.
Ober das ofTizielle Verhältniss zwischen Aristoteles und
Athen hätte man indessen längst Genaueres wissen können,
wenn man die arabische Lebensbeschreibung des Aristoteles
von ibn Abi Usaibi'a beachtet hatte, die zu einem grossen
Teile aut die Biographie des Ptolemaios Ghennos zurückgeht
und in dieser Partie schon im Jahre 1869 von Moritz Stein-
achoeider («Al-Parabi» Memoires de V academie imperiale
des sciences de St. Pe'tersbourg^ Vll Särie^ Xlll, 4, An-
bang 3) erstmalig deutsch herausgegeben war. Jüngst bat nun
Anton Baumstark in seiner im Buchbandel noch nicht erschie*
nenen II abilitationsschril't 'Syrisch-arabische Biographieendes
Aristoteles' (Leipzig 1898, Teubner), welche ich seiner Güte
verdanke, die auf Ptolemaios zurückzuführenden Stücke des
Ihn Ab! Usaibi'a in neuer besserer Übersetzung vorgel^,
und darunter findet sich auch S. 46/b das Folgende:
'Wegen der Menge der Woithaten und des Guten, das er anf
diesem Gebiete erwies, gingon die Athener so weit, sich zu
versammeln und den Besohluss zu fassen, eine InschriU zu
ATUN. lUTTHElLtlKGBK ZZm. S5
870
ft. ttRBBÜl*
schreiben, die sie in eine steinerne Säule eingruben, und sie
auf der höchsten Citadelle in der Stadt, die ixp6wo>t; genannt
wird, aufzustellen. Sie erwähnten in dem, was sie auf die
Säule schrieben, Aristoteles, Sohn des Nikomachos, aus Sta-
geira habe sich verdient gemacht durch die Ausübung des
Guten und die Menge des iielfens und Wollbuos, die ihm ei-
gen gewesen seien, und die Förderung, die er den Atbenera
habe aogedeiheo lassen, indem er für das, was ihrer Sache
diente und ihnen gute Bebaodiung erwirkte, bei Kon ig Phi-
lippos eingetreten sei: so solle nun die Anerkennung der Athe-
ner für das hieraus erwachsene Schöne klar werden ; sie sol-
len ihm Vorzug und Auszeichnung schenken und ihm ehren-
des Gedächtniss und treue Erinnerung widmen. Wer aber von
den Männern der Herrschaft ihn für unwürdig hält, möge nach
seinem Tode es ihm gleicbthun und seinem Eintreten für sie
in Allem, was sie hinsichtlich ihrer Bedürfnisse und Angele-
genheitan wtknsebten. Und einer von den Athenern, mit Na-
men Himeraios (P), hatte sich, nachdem die Athener beschlos-
sen batteo, was sie bezüglich dieser Inschrift beschlossen, von
ihrem Beschlüsse getrennt, ßr behauptete in Sachen des Ari-
stoteles das Gegenteil ihrer Behauptung und ging auf die Säule
los, auf die die Athener die Lobesinschrift tu schreiben be-
schlossen und die sie auf dem «xpoicoXtc genannten Platse auf-
gestellt hatten, und warf sie von ihrer Stelle, und es ergriff
ihn, nachdem er seine That verübt hatte. Antinoos {oder
etwa Antipatros?) und Hess ihn toten. Sodann errichtete ein
Athener, mit Namen Stephanos, und zahlreiche Andere mit
ihm eine steinerne Säule. Darauf sehrieben sie, was von Lob
des Aristoteles dem glich, was auf der ursprünglichen Säule
gestanden hatte, und verbanden hiermit eine nachdrückliche
Erwähnung des Himeraios der die Säule umgestürzt hatte,
und der von ihm vollbrachten That und erklärten seine Ver-
fluchung und die Reinigung {d.h. der Stadt) von ihm für
notwendig *.
Schon Baumstark hat bemerkt, dass hier ein echtes athe-
nisches ({«7)<^io{xa vorliegt, für dessen iiiriiuUung bis in das späte
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Gin ATttBNlSCHES PHOXEMEDEkHET FUER ARISTOTELES 371
Altertum es genügt, auf die urkundlichen Beilagen von Paeu-
do-Plutarchs Leben der zehn Redner zu verweisen. Dem Hen-
ner der adisciien Urkundenspracht^ wird auch (rli icli die eine
oder andere Formel athenischer l^hrcndckrele in den Sinn ge-
kommen sein, wennschon der ('l)ersetzer manches offenbar
nicht verslanden hat und besonders über den staatsrechtlichen
Termini technici gestolpert ist. Überhaupt hat der Araber,
dessen Aristoteles- Vita auch nur durch ein syrisches Mittel-
glied auf die griechische Vorlage zurückgeht, garnicht beab-
sichtigt, das Dekret in streng wörtlicher Übersei /.ung wieder-
zugeben, da ilun die nüchterne Form des Kanzleistiles wenig
zusagte. Zudem ist der arabische Text kritisch keineswegs
gesichert, und darum könnte es aussiclit^Ios erscheinen, wenn
man hiernach den Wortlaut der griecliischen Urschrift re-
konstruiren wollte, indessen: der Schematii^mus der attischen
Kanzleisprache ist so fest umsclirieben , duss wir mit einem
gewissen Vertrauen den Versuch machen dürfen, das Original
wiederzu gewinnen, wenn wir uns damit bescheiden wollen, die
ständigen Formeln der athenischen l'^hrendekrete in der Bear-
beitung des Arabers aufzuspiiren. Je weiter dieser Versuch uns
fahrt, desto grosser wird der historische Wert unseres Doku-
mentes werden, der sieh nur in einer Zusammenstellung mit
den gleichartigen Psephismen völlig erschöpfen lässl.
Die Ueziehung der Urkunde auf den Pliilosoplien Aristote-
les w ird ausser Zweifel gesetzt durch die oHizielle Benennung
'ApwTOTeXYi; NiKOjxij^o'j ^^TaYSipiTY,?. die dem Gebrauehe der
attischen Dekrete entspricht. Die Ehrung des Aristoteles nun
ist zweimal Gegenstand der Verhandlung in der athenischen
Volksversammlung gewesen: einmal als man ihm für seine
Bemühungen bei König Philippos eine öfTentl ich e Auszeichnung
zuerkannte, zum anderen , als man ihm diese Ehrung er-
neuerte, die auf Betieilien des llimeraios kassiri worden war.
Bei dieser letzteren Gelegenheit aber wurde beschlossen, 'was
von Lob des Arislotcl« s dem glich, was auf der ursprüngli-
chen Säule gestanden hatte' odtr nach Steinschneider: 'sie
schrieben darauf dasselbe Lob des Aristoteles, welches auf der
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ft. OIIBllUl'
früheren Säule gestanden'). Und da uns eben dieser zweite
ßescliluss lilxM-Iiefert ist, so muss in seinem ersten Teile im
wesentlichen liasselhe enthalten sein, wie in dem ursprimg-
lichen Ehiendekrel, das noch hei Lehzeiten des Königs Phi-
lippos ergangen war. Dies ist Cur die Beurteihing unseres Do-
kumentes deshalh von Wichtigkeit, weil die Formeln der at-
tischen Khrendekrete gerade im letzten Drittel des 4. Jahrhun-
derts sich zu immer grösserer Breite entwickeln; der frühere
Beschluss liegt noch vor dieser Zeit und muss demnach auch
mit den in der Form conciseren älteren Ebreadekreten in
Vergleich gebracht werden.
Betrachten wir nun den Inhalt des ersten Abschnittes un-
serer Urkunde, so können wir hier deutlich drei Teile unter-
acbeiden: 1) die Motive: 'Aristoteles - • hahe sich verdient
gemacht durch die Ausübung des Guten und die Menge des
Helfens und VVolthuns, die ihm eigen gewesen seien, und die
Förderung, die er den Athenern habe angedeihen lassen, in-
dem er für das, was ihrer Sache diente und ihnen gute Be-
handlung erwirkte, bei König Pbilippos eingetreten sei'; ^) die
Ehrung: 'so solle nun die Anerkennung der Athener für das
hieraus erwachsene Schöne klar werden ; sie sollen ihm Vor-
cug und Auszeichnung schenken und ihm ehrendes Gedacht-
niss und treue Erinnerung widmen'; 3) eine allgemeine Mah-
nung : ' wer aber von den Männern der Herrschaft ihn für
unwürdig hält, möge nach seinem Tode es ihm gleichtbun
und seinem Eintreten für sie in Allem, was sie hinsichtlich
ihrer Bedttrfioiisse und Angelegenheiten wünschten*.
Die Motive sind doppelter Art, die allgemeinen Verdienste
des Aristoteles (um Athen) und seine besonderen Bemühun-
gen bei König Philippos. Was die jersteren angeht, so klingt
freilich der Ausdruck des Arabers — oder, wie wir überall
dafür einsetzen können, seiner syrischen Vorlage — ^Ausübung
des Guten und Menge des Helfens und Woltbuns' (ganz ähn-
lich Steinschneider) wenig attisch ; aber der Sinn entspricht,
selbstgin der Teilung der Begriffe, ToUständig den üblichen
Formein, von denen die folgende mit dem Araber am meisten
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EIN ATHENISCHES PROXBVIBOEKRET FUEB ARISTOTELES 373
ttbereinkommt : i«itSvi - - «vvip «yaOo; ^^nv ircpi tov ^üaov tov
*A(hvflt{«»v xotl «Olli ort ^iWaTCt ctyttOov (C./.^. II 68, Vgl. IV, 2
107 b). In anderen Dekreten zeigt diese Formel kleine Abwei-
chungen, die dee öfteren auch eine Nüancirung dea Sinnes
mit sich bringen ; sie im einzelnen zu besprechen, würde den
Rahmen dieser Arbeit aberschreilen. Der zweite speziellere
Teil der Motivirung besieht sich auf die Förderung der athe-
nischen Interessen bei König Philipp; es fragt sich, worin
dieselbe bestand und auf welche Zeit wir sie zu datiren ha-
ben. In den Worten des Arabers (* seine Verwendung bei Phi-
lippus, dem König, für das, was ihre Sache fördere und ihnen
gute Behandlung erwirke' Steinschneider) ist nun aber durch-
aus kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass wir hier etwa
eine Beziehung auf eine Gesandlschaft des Aristoteles oder auf
briefliche Fürsprache bei Philipp erkennen dürften: denn für
ein solches vereinzeltes Faktum ist die Ausdrucksweise des
Arabers viel zu allgemein und unbestimmt. Auch hier erhal-
ten wir aus den Inschriften vollkommen befriedigende Aus-
kunft. Ich vergleiche besonders die Inschrift CJ,A, II 124,
die in das Jahr 337/6 fällt und überhaupt in ihrer Motivirung
sich nahe mit unserem Dokumente zusammenstellen lässt. Hier
lesen wir Z. 12 cicfiSv) - - xal] tfftfxeXclTai 'AO»jvai[<i>v tüv a^-
vfaioi; TTxpx <I>i Xizttoj. Und ganz ähnlich heisst es in der nur
wenige Jahre jüngeren Inschrift C. /. J. II 161 cTriüLsjXüT^ai]
.Se xxt IV t[(ü viJv ypovüj y.xt noiv/j xai tSizi 'A')r//i'.ujv tü»v Lxpixvou-
ixtvcüv Ii; ^ApYo?. Im übrigen verweise ich auf C/.X. II 193.
194. 234. 219. 263. '264 u. s. w. IV. 2 \()lb, '264 c, '264
U.S.W. , und für die ausgehildelste Form dieses Motivs vor allem
auf C/..4. 11 300. Inhaltlich decken sich diese Formeln mit
den Worten des Arabers, die mit viel gi r)sserer Wahrscheinlich-
keit auf die 'gute Hehandlung' athenischer Gesandtschaften,
als auf die gute Behandlung des ganzen Staates gedeutet wer-
den können. Ich setze demnach das äht-ie l']hrendekret ohne
Bedenken in die Zeil \or '{38. als .Vristoteles noch als Prin-
zenerzieüer am makedoniscbeo üöiiigsUofe weilte. Aristoteles
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3^4 B. DBBRÜP
bediirftp fiir soino Fnrspraolie koines bpsondcrnn Aiiftrai^os,
der voraiissclzon wiirdt', dass cr friilier y^idion eino anfiPsehone
Sudlung in Allien hoklcidt't hallo; daiioLron isl os natnrlicli,
dass or sich in l^olla dor Stadl erinnorl*«. in dor or soino vor-
ziiü;lichslo Aushildunj; «{onosson halte und die or aiicdi in der
Fremde als die geisliije Centrale von Grifclifnland schätzen
musste, und ebenso nulurlich isl es, dass sicli Allien ihm da«
für dankhar zoi<;te.
Was sind nun die l^^hreri , die dem Aristoteles erwiesen
wurden? In den meisten attisehen l']hrendekrolon aus der zwei-
ten llält"l(! dt s 1. Jalirhundi'rts macht eine allfirmoino Ikdohi-
gung den Anfang dieser Ehrungen : etwa i7:x'.wi>;x: Apn-ro-
T£^r,v Ni)c.o;j.4yi'j rTaytipiTiriv («piTy)<; ev£/.a /.ai svvoix;), und
diese Formel dürfen wir meines Fraehtens in den Worten des
Arabers wiederfinden "so solle nun die Anerkennung der
Athener fur das hieraus erwachsene S(diöne klar werden*.
Man ktWinte versucht sein, hier einen llortativ einzuschieben:
oiC(i>; av o'jv aTactv ^avipö*^. 5t'. r, ßouX-r] kxi 6 Syj-AO; 6 'AÖtj-
va{(i>v luiTTaTai / ÄptTa; xTro^'.^ov ai xaxx^ia? xoi; 'pi'XoTtao'jy.E-
vot? V.'. ix'jxöv {C I A. IV. '2 ^.>70,vn;l. 31 »). Aber für die llor-
tativformeln. die mit einiger Wahrscheinlichkeit hierher ge-
zogen werden könnten, ist der Ausdruck dos Arabers viel zu
mager, und zudem glaube ich. diese Mahnung in einem an-
deren Teile unseres Üekretos doullicher zu erkennen.
Im Folgenden sind die Worte 'und ihm ehrendes Gedäclit-
niss und treue l^rinnerung widmen' ('und erkannton ihm An-
denken und Frinnerung zu ' Steinschneider ) fur ein atheni-
Bches Psephisma ebenso undenkbar, w ie das unmittelbar hier-
mit verbundene 'sie s(dlen ihm V^orzug und Auszeichnung
schenken* {'sie begegneten ihm mit Auszeichnung und Fr-
hebung' Steinschneider) in seiner l nbestimmthoit dem atti-
schen Gebrauche widerspricht. Dennoch dürfen wir hieraus
die dem .\ristoteles zu Teil gewordene Fhrnnjif mit Sicherheit
erschliessen. wenn wir uitoriegen . welche Auszeichnungen über-
haupt in attischen Ehrendokrolen verliehen zu werden pllegen
und wie w ir uns diese vom Araber umschrieben denken dür-
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BIN ATHBNISCHB8 PROIBNIBDBKRBT PÜBR ARfSTOTBLBS 875
fen. In der zweiten Hälfte des i. Jahrliimderts vorhindet man
mit der alliiemeinen Helohigun«; <rerne die Verleiliunj^ eines
goldenen Kranzes in der stereotypen W'endunj; x-ai cTe^avwaat
yp-j-jö) G-:-yj7.'^(ii ( xttö X fipx/'idn). Konnte dies nun etwa vom
Araber dureli 'Vorzui^ und Auszeichnuni: ' wiederj^ej^eben
werden? leb beliaupte, nein: denn die Kranzverieihiin^ ist eine
so sinnläiliiie Kbrunir. dass sie vofii Araber verstanden, und
der Ausdruck dafür so j)i;iiinant. dass er von ilini jedenfalls
riebtig übersetzt wäre. Dasselbe «iilt von der Krleilunj;; des
Bürji;errecbtes : e-vx. aWov 'AOrvxiov. die nielit leicbl missver-
standen werdtMi konnte: zumeist ist diese au(di von umfan^-
reicben Iiestiininiini,'eii iibcr dieWabI von l'byle, Demos und
Pbratrie und über die Besliilij^unii durcb die Volksversamm-
lung br>j;b'ilet, von denen in der Bearbeitung des Arabers jede
Spur verloren sein mussle Wzili'.-: aber. irroTiAax oder eyicTr,-
01?, die lür den in Makedonien lebenden Fremden auch erst
in zweiter Linie in Frage kommen, werden nur in seltenen
Fällen vtM'lirben. wenn niebt gleiebzeitig die bj'nennung zum
Proxenos oder die Finreibung unter die attischen lUii'ger er-
folgt oder früher bereits erfolurt ist. Fs bleibt demnach in der
That nur noch die Fnii'unung zum Proxenos und l^^uergetes,
die ich um so bestimmter für Aristnu b-s in Anspruch nehme,
als die Worte des .Vrahers sich leiebt aus einem Missver-
ständniss des attischen Terminus tcc/inicus erklären. Die xpo-
$£via war dem Araber in ihrer Bedeutung dunkel, und ebenso
wenig konnte er die stJUitsrecbtliehcStellung der offiziellen luip-
yerai kennen; doch konnte er vermuten, dass es sich hier um
eine ehrende Auszeichnung bandle, und danach ist dann seine
Übersetzung ausgefallen. Fine vage Verallgemeinerung ver-
tritt die staatsrecditliclien Termini, die nur insofern eine ge-
nauere \\'it'derü;abe gefunden haben, als die meistens verbun-
denen BegritVe der T.znlvnx und e'.ecve'ji« durch zwei Syno-
nyma ausgedruckt sind: und dieses bürgt uns für die Richtig-
keit unserer \ ermutung. W ir dürfen aber jetzt auch weiter
gehen : denn die Frneuniing zum Proveno» und iMJergeles
wird in den meisten Fällen auf die Nachkommen des Geehr-
376
B. DRBRUP
iPn übertragen, und darin können wir nun eine Erklärung
ünden für das 'ehrende Gedaciilniss' und die 'treue Erinne-
rung*, tlie dem Aristoteles zuerkannt werden. Da der Araber
von Proxon ie und Euer^esic niclils wusste, so konnte er audi
die Fortdauer dieser Auszeiclinun}^ in ihrem wirklichen Sinne
nicht begreifen und ausdrücken; darum hat er die Erwähnung
der {xyovot zu Andenl^en und Erinnerung ausgedeutet. Wei-
tere Ehrenrechte seheinen dem Aristoteles nicht eingeräumt
zu sein, ich fasse die Ehrung des Arisloleies hiernach in die
Formel : SeS6}^6aii ^t:[A(p t:7aive<Ta( 'ApiiroTeXviv NixofA^j^ou
SraystotTYiv iptzrii evtxa x.xi euvoia; xal itvat auTOV «pöfivov Mct
•uspytTTCv foü SVjjxO'j ToO 'AOrivaicov avröv xai exyövouc.
Übrig ist noch die Mahnung ' wer aber von den Männern
der Herrschaft ihn für unwürdig hält, möge nach seinem Tode
ee ihm gleichthun und seinem Eintreten für sie in Allem,
ivas sie hinsichtlich ihrer Bedürfnisse und Angelegenheiten
wflDBchten*. Sie kann in dieser Form dem Original nicht an-
gehören: denn als das Psephisma beschlossen wurde, war A-
ristoteles noch nicht tot« und darum ist die Verweisung auf
den Todesfall nicht nur an sich höchst unglücklich, sondern
auch mit dem Charakter eines athenischen fihrendekretea
durchaus unvereinbar; dass aber Jemand von den Männern der
Herrschaft den Geehrten für unwürdig halte, ist vollends eine
Voraussetzung, die der athenischen Volksversammlung ^ni-
lich fern lag. Der Sinn der arabischen Obersetsung ist auch
gerade in diesem Satze sehr unsicher, da Baumstark erst nach
einer längeren Auseinandersetzung zu der Erklärung kommt:
*wer dem grossen Toten seine Ehre neidet, verdiene sich
gleiche selbst*. Steinschneider hatte übersetzt: *Wer von den
Hochgestellten (Männern der Herrschaft) ihn beleid igte, dessen
Strafe folgte. Seine Verwendung für sie [war] in allem, was
sie begehrten, in Bezug auf ihre Bedürfnisse und Angelegen-
heiten'. Wenn ich trotzdem eine solenne Formel hier wieder-
finden will, so leitet mich dabei die Erwägung, dass von den
Bestandteilen der älteren Bhrendekrete nur noch zwei mit ei-
niger Wahrscheinlichkeit hierauf bezogen werden können, leb
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BIN ATHENISCHES PnOXENIEDEKRET FUER ARIST0TBLB8 377
hatte anfanglieh daran gedacht, dass Aristoteles liier der Für-
sorge der Ikhürden empfohlen sei, etwa wie in C. I. A. Ii 39
T«&v (Yy6v(i>v o]tou av {(((■>vtxi; hiernach wäre auch die An-
rufung der 'Männer der Herrschaft* nicht so sinnlos, zumal
▼ielfaeh die Strategen ( und Piytanen ) mit der Bule sich üi
das Geschält des ««tiAiXsfoOflii teilten. Besser indessen will es
mir gefallen, wenn wir grösseren Nachdruck auf die hier aus-
gesprochene Mahnung legen und danach einen Hortati v sta-
tttiren, wie er schon von der Mitte des 4. Jahrhunderts an in
den Inschriften sich findet (C. /. A. II 114X. Wbb). Es ist
aber misslich, eine bestimmte Formel als Prototyp ft)r unsere
Urkunde auszuwählen, weil die Hortative in zahlreichen Va-
rianten vorkommen, von denen mir inhaltlich noch am näch-
sten verwandt erscheinen C.I.A. II 153 öwoc [&v »«{ ol £XXoi
toU «t( lautov 9iXoT([(AOjU{Acvoic oder II 297 Siru^ av iv>i(«toc
dem 9aoTitAi{a6at (oder ifX(AtXXov «Ivoti C.I.A. II 231. 243.
320) konnte der Gedanke an neidische Verkleinerung des Ver-
dienstes entstehen und daraus wieder die Übersetzung des
Arabers, in welcher die * Männer der Herrschaft* allerdinga
unerklärt bleiben.
Die Einleitung der Paraphrase und der zweite Teil des De-
kretes beweisen, dass ein Publikationsbeschluss das Psephisma
endi«»le. Ich stelle hiernach die für das ursprüngliche Eliren-
dekret erscliiossenen Formeln zusammen, indem ich im voraus
bemerke, dass ihre Zuverlässigkeit in manchen Einzelheiten
des Wortlautes natürlich keine Gewähr liat:
- - ilzsv EXd^Y) 'AjjtoTOTiXr,; NiMiix/O'j STaysiptTy)? xvy)p xyx-
66; ECTtv rrepl -rov Sf,|xov tov 'AOrivaicüv Axi rcoisi öti Süvxtxi xyxOov
XXi iTTllAlXeiTai 'AOtiVKIOJV T(I>V X^tlCV0UU.£VO)V 0>; *I>l>,tTTOV 7CpXTT0)V
«yaOöv ÖTi S'jvxTXt AOr.vaio-.; 7:apx «^I»rAi;t:rou, SeSö/Oxi -rtp SruLCf),
iTTxivecai *Api(iTOT£)>T,v NtKOL/.ä/0'j ^TxyjifiTT/v ap»Tt;5 evsjcx kx\ vj-
voix; x,xi eivxt xÜtov -po;£vov xxi tüspyEir^v toO S/,ii.o'j tO'j 'AOr,-
voiiwv auTÖv xai ix^ovou^, Qvtti^ a.v xai oi dlXXoi «icavTe; ^iXon-
378 B. DBBRÜP
Der zweite Teil unserer Urkunde, der historisch ausseror-
dentlich interessant ist, lasst eine Reconstruction des griechi-
schen Originals schon deshalb nicht zu, weil wir es hier nicht
mit stereotypen Redewendungen, sondern mit einer den be-
sonderen Umständen angepassten Errählurtg zu thun haben.
Ausserdem bat der Araber, der sich im ersten Teile ziemlich
eng an den griechischen Wortlaut gebunden hatte, hier mit
einer allgemeinen Paraphrase des Inhalts sich begnügt, die uns
nicht einmal erkennen übst, ob sich auf der wiedererrichteten
Stele zwei getrennte X'olkshescliliisse befunden iiaben oder ein
einzelnes Psephisma, das die Irübere lihrung des Aristoteles
in sich schloss.
Die Tliatsacben, die der Rrneuerung des Rhrenbescblusses
vorausl leiten, sind durch den Araber jedoch mit geniigender
Deutliclikeil w iedergegel)en, wenn seine Darstellung im Kin-
zelnen aucli von der Vorlage sich entlfMnt. Danach war also
zu irgend einer Zeit du- IVulier dem Aristoteles ziiges|)roeliene
Ehrung annullirl worden Selbstverständlich ist nicht daran
zu denken, dass dies gleich naeh der ersten Rntscbliessnng
geschehen ist. wie aus den Worten des Arabers hervorzugehen
scheint: und einer von den Athenern . . . hatte sich . . . von
ihrem Beschlüsse getrennt*. Die Inschriftstele war vielmehr
auf der Akropolis autgestellt und hatte hier schon .lahre lang
gestanden, als das Unwetter sich über Aristoteles entlud: denn
der als sein Urheber genannte iiimeraios ('Aimaraus' Stein-
schneider) ist doch vvol Niemand anders, aN der Bruder des
Demetrios von Phaleron. der während des lamischen Krie-
ges und kurz vorher in Athen eine Bolle gespielt hat. Er ge-
hörte zu den enragirtesten Makedonenfeinden und naiim als
solcher Teil an der Anklage gegen Demosthenes. Auch sonst
war er politisch hervorgetreten, da De inarch gegen ilm eine
Rede in einem Eisangelieprozess verfasste ( vgl A. Schäfer,
Demosthenes^ 111 S. 327). Aus den Inschriften kennen wir
ihn jetzt als tiptu« toO IIoffiiSAvoc toü QiXayiou C /. A.' IV, 2
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EIN ATHENISCHES PUOXEMEDEKRET FUER ARISTOTELES
379
184 Ä Z. 18. Nach dem unglücklichen Ausgange des laiiii-
sehen Krieges teilte er das Gescthick des Hypereides und An-
stonikos, die auf ß* IVhl des Aniipatros ergriffen und hinge-
richtet wurden {Schäfer a. a. 0. S. 391/2).
Die politische Stellung des Himeraios passt also vortrefllich
zu seinen! Vorgehen gegen Aristoteles; die Identität der Per-
son wird ausser Zweifel gestellt durch die letzten Schicksale
des Himeraios, da in der Inschrift, wie schon Baumstark ver-
mutete« an Steile dee hier unmöglichen Antlnoos — *Abthitu8
(Antinus)' Steinschneider — gewiss Antipatros stand. Die enge
Verbindung zwischen dem Einschreiten gegen Aristoteles und
dem Tode des Himeraios existirt allerdings nur in der Phan-
tasie des Arabers. Die Tbatsache aber , dass die staatliche
Ehrung des Aristoteles nach so vielen Jahren kassirt worden
ist, giebt uns sicheren Aufschluss über die Stellung, die die-
ser in Athen damals eingenommen hat ; denn die Aktion des
Himeraios Ist nur aus seiner Antipathie gegen die Makedonen
zu erklären. Aristoteles hatte die Proxenie durch seine Ver-
wendung bei dem Makedonenkönig sich erwirkt, und offen*
bar galt er auch später, als er sich wieder in Athen befand,
als besonderer Günstling des makedonischen Hofes.Nun wissen
wir, dass er im Jahre 323, nach dem Tode Alezanders, Athen
verllees, weil man ihn wegen ««leitet Tor Gericht gefordert
hatte. Aber diese solenne Philosophenanklage, die j^^egen ei-
nen Anaxagoras und Protagoras und selbst gegen einen So-
krates mit einem Sehein von Recht erhoben war, hatte am
Ende des 4. Jahrhunderts ihre innere Berechtigimg verloren:
sie war ein Anachronismus geworden, von dem man nicht
begriffen hat, wie man ihn noch in dieser Zeit des sittlichen Ver-
falls begehen konnte. Unsere Urkunde giobt uns den Schlüssel
dafiir. Aristoteles halte sich als überzeugter Maketlone poli-
tisch inissliebig gemacht, war aber so wenig in die ÖlTent-
liclikeit hinausgelretrn, dass man nicht recht wusste,wie man
ihn fassen sollte. Darum grub man gegen ihn die Klage ias-
6iia; wieder aus, die schon gegen so manchen Philosophen
ihre guten Dienste gelhan hatte : ihre Begründung war aus
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380
B. DRERUP
den Schriften des Aristoteles leicht beizubringen. Und wenn
auch die Klage in ruhigen Zeiten keine Aussiebt auf Brfolg
gehabt hätte, so musste Aristoteles bei der Verhetzung der
Menge gegen alles Makedonische doch des Schlimmsle be-
fürchten. Er verliess deshalb freiwillig die Stadt und nahm
dadurch den Athenern die Gelegenheit, Zii tU f tXooo^ i«v Äjuip-
Ttfv.
Nachdem der makedonische Ginfluss in Athen wieder her«
gestellt und die Ruhe wieder eingekehrt war , dachte man
darauf, die Spuren des gegen die Makedonenfreunde gerichte-
ten Treibens nach Möglichkeit zu vertilgen. Diese Bewegung
ist auch dem schon verstorbenen Aristoteles und seinen Nach-
kommen zu Gute gekommen, und damit ergiebt sich die Da-
tirung des zweiten Beschlusses, die natQrlich nicht auf das
Jahr genau sein kann. Was seine Pormulirung betrifft, so fällt
in den Worten des Arabers auf, dass die Stele errichtet wor-
den sei von Stephanos und zahlreichen Anderen mit
ihm. Das steht dem athenischen Gebrauche entgegen, der im
allgemeinen nur einen Antragsteller duldet; zum wenigsten
möchte ich die in älteren Volksbeschlttssen vorkommende yv^-
{XYi KXsi<iö(pou xal ffuvTtpuTÄviciiv {C. I. A. IN', "2 \ b) oder die
vvwjAY) ffTpaTT.yöv ( IV, 2 We) zur Erklärung nicht gerne he-
ranziehen. Eher halte ich es für möglich, dass auch hier ein
Irrtum des Arabers vorliegt, der etwa die namentlich aufge-
iVilirleri ^luaTrpotiScoi als Anlragsleller aiir^elassl haben mag;
duss (lieser Zusatz vom Jahre .UU/iS an gemacht werdtüi konnte
und dass auch die Namen der luarpöiSpoi sehr bald danach ui
den Inschriften erscheinen, hat W. Harte! dargelhan (Studien
über attisches Staatsrecht und Trkundenwesen, 1878, S. I6£f.,
vgl. CI A. IV,V 245^. 215 c. 245 209/-^).
Im (il)rigen verweise iclj für die Fortnuiirung auf die In-
schrilt C.I A. I\',2 231 b, der ein ähnliclier Fall zu Grunde
liegt, wie der des Aristoteles ; und zwar enthält diese Stele
zwei Beschlüsse des athenischer Volkes. Im ersten Dekret
(vom Jahre 323/2) wird (I»m- Sikyonier h^uphron, der sich um
das Büodniss zwischen Athen und Sikjon im iamischen Kriege
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filN AtttBNISCttRS PROXBNUtDBKBBT FÜKll ABlSTOtBLBS 881
verdient gemacht hatte, belobt und unter Bestätigung der ihm
früher verliehenen Privilegien zum athenischen Bürger er-
nannt; im zweiten Psephisma (vom Jahre 318/7) werden dem-
selben Ruphron. der im lamischen Kriege für die Freiheit
Griechenlands kämpfend üel, die von (h^n Olii<archen annul-
lirlen Gesclienke des atlionischen Volkes erneuert und die
Wiederaulrichlung der von den Oligarchen zerstörten In-
schriftstele angeordnet.
Möge ein «iiitiges Go.schick uns einmal auch die Urschrift
des für Aristoteles hesclilosscntin Proxeniedekretes oder seiner
Erneuerung hescliereii. damit wir die Auszeichnung des Phi-
losophen, die wir joizt nur durch Vermutuni; erschliessen, in
authentischer Weise vorn Steine lesen kiiiiiH'ii. Wenn die FJi-
rung ihm auch nur wetzen eines politischen Dienstes fur seine
zweite Heimat zui^elallen ist, so können wir uns doch der Er-
kenntniss freuen. dass zwischen Aristoteles und Athen ein en-
geres Rand heslanden hat, als wir nach den bisher bekannt
gewordenen biographischen Quellen annehmen durften.
München.
ENGELBERT DRBRUP
UAPAISKHNIA. IIAPOAOI. nEPIAKTOI
Die Frage nach der Bedeutung der «apamitjvt« scbeint mir
bis jetzt noch nicht erledigt. Denn obwol fiber den Ort, wo
sie gestanden, kein Zweifel mehr möglich scheint, so ist doch
nocli nicht erklärt, wozu sie gedient haben. A. Müller z. B.
sagt über den Zweck dieser zwei vorspringenden Flügelbau-
ten: *die wenigen Stellen der alten Scbriflsteller gestatten ei-
nen sichern Schluss nicht ' und auch Retscb bietet keine be-
stimmte Erklärung (Dürpfeld und Reisch, Das griechische
Theater S. 202. 251 ). Und doch glaube ich, dass eine rich-
tige sprachliche Erklärung genügenden Aufschluss geben kann,
wenn man nur nicht meint in irgend einer Weise eine Bühne
unterbringen zu müssen.
Zunächst das Wort ivaipx<rxT)viov selbst, dessen Übersetzung
als *Raum neben der Skene* (Reisch S. 298) mir nicht ganz
richtig scheint. Eine Zusammensetzung von ■zx^i mit dem
Substantivum oxTjvr, kann meines Erachtens nur ^Nebenskene'
bedeuten so wie )capa6upa = Nebenthür (nicht * was neben der
Thür ist*) vgl. xapxYOxu-fJia, itapaO'jpiov, xapdtöiua, -asarO^iov
U.S.W. \\ iiliieml iil^t) -;o7/.r;vtov die veränderliche N orderwand
der oz-rr/n sellist sein soll, ist -xcaiicr, v.ov eine Nehenskene.
Dein \\ orliuute nach hahen wir also das «grosse Gebäude als
eine j.jrosse Skene aufzulassen, an deren beiden Seilen je eine
Nehenskene anuehaut isl.
Diese Hi-zeiehiuiuij: der l-'luifel hauten als Xehejiskenen kann
kaum anth'rs als dadur(di erklärt werdtMLdass audi aus ihnen
hervor IN isDum aul'lralen. An sieli wäre es al.^d wahrschein-
lich, dass die i\eheu|jersonen aus den ' .Nehenskeueu auftra-
ten,während die llaujilseliausj)ieler als Hi'wohner des Palastes
u. 8 w . aus der IMorte der llauptskene in die Orchestra ge-
langten Wir hätten also zu untersuchen, ob sich für diese
Annahme Beweise ünden lassen.
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Da liisst sich nun erstens wirklich nachweisen, dass sich in
diesen Paruskenien Thören befanden, durch die man in die
Orchestra treten konnte. Pliolios, Etym. Magnuni und Bekkers
Anecddta nennen alle die Trapacxr/na: al iUo^oi ai tlq rr.v täyivyjv.
Selbstverständlich ist Txnvrj hier von den Loxikoi^raplien, welche
von dem griechischen Thealer keine eiu;ene Anschauung mehr
hatten, einiieselzt für das einzig richtige op^rjCTpa, welches
sich hei Didymos fand, der unzweifelhaft griechische Thealer
kannte; vgl. Harpokralion u.;i : ^rxpaixrvt« ... 6 AiSuao; roc^
ExaTJfüjOev Tri; öp/yjTx:»; s-icSo.: . .M.so liaht'n wir sowol Didy-
mos wie jene Lcxikograplii'n als /engen dafür, dass <ler Haupt-
zweck jener riugclhaulen so sehr in di'ii auf den Scliauspieler-
plalz geöffneten I liürcn lag, da.s.s sie sogar seihst £110^01 ge-
nannt w»M(l»Mi konnten. Dass mit diesen si'io^oi die grossen
Hauptlliore. dmeli welche das Puldikuin eintrat, gemeint
seien, scheint nur ganz undenkbar; (K'un wie könnte man
diese mit dem WOrle -xzxrjK-r.nx bezeichnen?
Die Stelle des Ilarpokralion seheint mir nur verständlich,
wenn wir in diesen Paraskenien Tliüren annehmen, durch die
man die Orchestra betreten konnte, lüntseheidend aber ist mei-
ner Ansicht nach die Stelle des Pollux (IV. 126) xotp' ixinp*
Tciv SOo ^l'yccöv Tojv TTtpi Tr,v u£irv iXXat S'jo euv av, u.ix tJtaTj-
puOev; also in dem grossen (iebäiide.das aus der mittleren Skene
und den zwei Nebenskenen bestand waren meistens, wie be-
kannt.drei riiuren in dem niitlleren Hau. beiderseits von die-
sen drei Tliuren aber beland sich noch je eine Thür. Aus-
drücklich nennt Pollux uns also die Tinnen, die wir schon
annelinien musslen. Bevor wir versuchen Näheres über sie zu
ermitteln miissen wir erst noch eine Stelle des llarpokration
genauer betrachten, wo er die Paraskenieu bezeichnet als ö Trap*
Tf,v (jJtrjvriv i-o^eXetyatvo; totio; txC; 6t; t6v äyojvz Tiapa'jxEuatt;.
Diese Worte scbeinen mir z. B. bei A. Müller (S. 5! ) nicht
ganz richtig erklärt, denn ein rcro; izoStfieiyatvo; Tai; eI; tov
ocytüva -y.zx'ZKVjy.i', ist nicht ein Kaum fur die Thealerrequi-
siten beslimnil". sondern ein Baum für die V'orbereitung der
Spiele, wü sich 2. Ii. die Aakleidezimmer und dergieichea be«
884
i. H. HOLWB»DA IR.
fanden. Wenn nun von einem tolehen Ort eine Thür in dieOr-
chestra führte, scheint es mir uosweifelhaft, daasauch sie sum
Auftreten benutzt worden sei.
Wie diese Thüre gebildet war, lässt sich nach meiner Mei-
nung noch ziemlich genau ermitteln. Dafür kommt in Be-
tracht die schon angeführte Stelle des Pollux (IV,126)7rap'i)tA-
Tip« hi T(äv 6updv . . . aXXai ^<jo «Iiv av piia ixaT(p(i)66v, npo; «|
ivip{9tKTot (rutAff<ffT!Y%Ttv. Die PeHakien sind an einer Tliüröffnung
aufgestellt. Ich gluuhe.dass wir also zunächst anoeb men müssen,
es sei eine besondere Vorrichtung;, welche vor der ÖlTnung
stand und diese verdeckte. Vergleichen wir mit dieser Annahme
die Ansicht Üörpfelds (S in Fig. 51 zeichnet er ein
'Paraskenion mit zweiseitiger Periakte', aber eine solche Vor-
richtung ist nichts Anderes als rine um eine mittlere Angel
drehbare TUüv, wie er auch sciion seihst sagt; er bat also
schon auf Grund der erhaltenen Uesle die Thüre angenommen,
welche wir Im i Im Schriftstellern bezeugt gefunden haben.
Wenn wir aber diese ÜITnung in dem Paraskenion als Thflr
erkannt haben , kann Dürpt'elds Fig. 5'? nicht ganz richtig sein.
Wenn man die Periakte so in dem Paraskenion aufstellt, w ürde
fast die ganzeOffnung versperrt werden und es wäre unmöglicb
hindurch zu gehen. Pollu.\ sagt aber aueli nicht, die iciptaxTot
seien in sondern «fö<, d.h. bei den Paraskenien angebracht.
Nach ihm hat man also die Periakten ein wenig vor dem
Paraskenion anzusetzen, so dass man aus den Paraskenien-
Ihüren heraus und dann hinter den Periakten hervor treten ^
konnte.
Über die Bedeutung der Periakten handelt Pollux iV, 131.
Zuerst spricht er über Maschinerien, die dazu gedient haben,
Götter u. s. w. von oben herab erscheinen zu lassen (aiüpai),
dann läbrt er fort: xaTa6x?;u.aTx ^ O^icfffutT« -n mvax<; -n<niv
f^ovTc; ypoL^xQ tq xP^^? "^^^ Spx^axToiv xpoo^opouC jCfltTiSxXXtTO
^' irei Ta; mpidcxTOu^ opo; SsixvOvtä 75 ÖxXotTTxv yj TcorajACv t/ aXXo
T» TOWöTOv. Es ist hier also die Hede von Gemälden oder reiva-
xic mit verschiedenen Dekorationen bemalt, welche auf die
mfißXTW, gestellt werden konnten. Deshalb müssen diese ivip{«-
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ttAl>*SKHIftA. llAt*OAOt. OEMAtTOl
xTot etwa Fräsen ^ewpsen sein mit f^ewissen Vorrichtungen zur
Aulnahme von Dekorationen. Pollux IV, 126 erzählt weiter über
diese: xepiaxTOi" tj aev Se^iä ri l;a) 7rö>>£ü); Sirj^oöca. AlsO die
rechte Periakle diente dazu, durch ihre Dekoration die ver-
schiedenen ürtliciikeiten ausserhalb der Stadt zu bezeichnen,
woher die Auftretenden kannen; 75 Se irt'px tx U woXscj?, fxaXi-
(j-zcL xi ex >tu.£vo<; : die linke zeigte dagegen die verscliiedenen
Gebäude, Hufen u.s. w., die sich in der Stadl befanden, wo
das Stück spielte. Diese linke Periakte aber xxi öiou; ti OxXxt-
Tiou? ii^xyii x,ai izx'i^' öaa STCx^OtiTipa ovtx ■t) {iioyxvYj ^epjiv Ä$v>«
vaTsL Um diese Worte zu verstehen müssen wir wieder die
schon erwähnte Stelle des Pollux IV. 131 heranziehen. Da wird
erzählt von einer Art ar,/xvy), welche von oben herab Gölter
U.S.W, sichtbar niaclilf ; natürlich konnten aber Meergötter
nicht von oben herab wie \orn ilinitnel ersciieincn, sie mussten
also in einer anderen Weise auftreten, als kämen sie aus dem
Wasser, und hierzu diente, wie uns unsere Stelle lehrt, die linke
Periakte. Unter den /.xtx^Xyjuxtx, welche auf den Pt'riakten
angebracht wurden nennt Pollux auch OiXxTrav vi r oTauov, wir
haben die Worte xxi Osoü; ts OxXxttiou; irrayet also wahrschein-
lich so zu deuten, dass, wenn ein Meergott auftreten sollte,
dieser auf der linken Periakle zwisclien Dekorationen erschien,
welche Wasser vorstellten. so dass, wenn diese Seite der Periakte
nach vorne gedreht wurde, man plötzlich den Meergott wie
aus dem Wasser erscheinen sah. Die linke Periakle musste
aber noch mehr erscheinen lassen. -xvO' lax ir.x/ßtaxtpa. ovra
Y) pmyavf, <p£p£iv xS'jvxT£r. .\uch liier werden wir unter ti ati^avYi
die in IV, 131 unmittelbar vor den Periakten genannten aiö-
pxt zu verstehen haben. Pollux sagt also, die linke Periakte
diente erstens zur Bezeichnung von Gegenständen, wie Gebäu-
den u. 8. w. innerhalb der Stadt, andrerseits aber auch um
Dinge auf den Spielplatz zu bringen, welche zu schwer waren,
um von oben heruntergelassen zu werden, oder die ihrer Natur
nach, wie z. B.die Meergötter, nicht von oben herab kommen
konnten. Vollkommen stimmt hiermit überein was er weiter
sagt: %i ^'ifcioTpa^iUv at irfp(ot%Toi,Y) ^^itk |Uv «{AitSit TOicov,d.h.
ATBBM. MITTHBILTOIGBN XXIH. 26
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966
J. H. iloLWKUUA iA.
^enn die rechte Periakte, welche nur einen Ort ausserhalb der
Stadt bezeichnete, gedreht wurde, so bezeichnete das eine Än*
derung dieses Ortes. Das Drehen der linken Periakte aber,
welehe nur Gegenstände in derselben Stadt beieichnete, und
aasserdem dazu diente um Sachen oder Personen sichtbar su
machen, gab natürlich gar keine Orts Veränderung an.'AiA^dxf-
p«t x^?*^ irtsoLXXAxiww. wenn aber die beiden zugleich ge-
dreht- wurden, so änderte sich damit die ganze Dekoration
an beiden Seiten der Skene. Hierdurch wurde die Soenerie
nach einem andern Ort übertragen, d. h. der Ort der Hand-
lung wurde irerlegt.
• Wir haben also folgende Ansicht gewonnen : Die Paraske«
nien waren *Nebenskenen neben der grossen Skene; indie-
aen Paraskenien waren ThQren, durch welche Personen auf-
treten konnten. Diese Thüren waren vielleicht meistens durch
einen um seine Mitte drehbaren Pinax verschlossen, welcher
wahrscheinlich, wie Dörpfeld annimmt, verschiedene Deko-
rationen trug, und also wenn er gedreht wurde, eine ähnliche,
nur nicht so grosse Dekorationsänderung bewirken konnte,
wie sie uns von den Periakten berichtet wird. Bisweilen aber
standen vor den Thflröffnungen die Periakten: dreiseitige Ba-
sen mit einer Vorrichtung zur Aufnahme von Dekorationen ,
welche bei Aufstellung von «{vaxic an allen drei Seiten hohle
Prismen bildeten, aber auch an einer Seite offen (das heiss|
ohne Dekoration) gelassen werden konnten, sodass jene Meer-
g5tter Q&d jene für die (ivixmi zu schweren Gegenstände in'
ihnen Platz finden konnten. Selbstverständlich haben wir diese
dann auch von passenden Dekorationen umgeben zu denken,
und sie erschienen dem Publikum plötzlich durch das Um-
drehen der Periakte.
' Jetzt fragt es sich aber noch, welche Personen durch diese
Paraskenien au&utreten pflegten.
Wer die dörpfeldsche Theorie annimmt, muss ihm natürlich
beistimmen, dass die Hauptschauspieler aus den Skenethüren
auftraten, während der Chor und diejenigen Schauspieler, wel-
che aus der Stadt oder aus der Feme kamen, durah die «ipotet
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tTAt»AtkRiftA. nAl>o&ot. ntPiAkTOt
die Orchestra betraten. Unter diesen Parodoi aber versteht auch"
er 'die zwei seitlichen Zugänge zur Orchestra, durch welche
die Zuschauer das Theater betreten Diese letzte Annahme
lässt sich aber, wie eingestanden wird, nicht beweisen; über-
liefert ist es nicht, nur hat man gemeint es aus einigen Stellen
schliesscn zu dürfen. Hauptsachlich kommt hier die Stelle des
Athenaeus (XIV. 622 b) in Betracht. Hier spricht Semos 6 Ayi-
Xio? erst von den aÜTo/.xSSaXoi, dann sagt er: ol töü^aXXoi xa-
Xoufxevoi TcpoatüTctia ueÖuÖvtwn e^ouciv .... (riyvi Sc Sta toö itu-
Xo^vo; eiöiXöovTei; orav xaTa jxt'arv tyiv opyr^axpav yevwvrai i7Ct<jTpe-
^ouotv ti; TO Otaxpov u. s. w. und endlich: ol St oaXXo<p6pot, also
eine dritte Art, xpocwrtiov {xtv ou XajiSicvouat .... xauv(xxa< ti
TCipiSiSXYjai'voi Traptp^^ovrat ot aev ex rapoSou, oi Se xaTx ^ttaaq ri?
Oupa; U.S. w.W'ie man hieraus sclilicsscn kann.Tc-jXwv sei dasselbe
wie xapoSo;. verstehe ich nicht. Semos borichlct vielmehr voa
verschiedenen Leuten. die verschiedenartig ausgestattet in ver-
schiedener Weise auftreten Ich glaube also im Gegenteil hie-
raus schliessen zu dürfen, die TräpoSo? sei nicht dasselbe wie der
tt'jXwv. und während ohne Zweifel der :r>jXo)v die grosse Thüre
für das i^iblikum ist. muss mit dem Namen räpoSo; eine an-
dere Thür gemeint sein . Dies ist eigentlich die einzige Stelle, die
uns etwas mehr über diese Parodoi lehrt ; denn bei Aristoteles
Eth. Nie IV, 1123 wird iv r-Jj Tcxpd^(p zu üherset/.en sein durch
'beim .\uftreten des ('hnrs'; wenigstens geben diese Worte
gar keinen Aufschiuss über die Lage der -zco^otL
Ich glaube, dass man dieiripo^ot zu erkennen hat in den mit
Periakten oder in anderer Weise ausgestatteten Thüren der
Paraskenien. weiche an beiden Seiten der Skene in die Orche-
stra führten, denn ausser den schon genannten, scheinen mir
auch noch die folgenden Stellen darauf hin zu weisen. Nachdem
Pollux IV, 126 über die ivapxmiqvt« und »«ptaxToi gesprochen
* Aus der Stelle des Plutarch Dem. 34 glaube leb niobts sebliessen zu
dürfen. Er hat unzweifelhaft eine ganz unrichtige Vorstellung vom grieclii-
soben Theater, und die Ungenauigkoit seiner Schildeninpr prgiebt sieb schon
aus dem Gebrauch der Mehrzahl napöSuv. [Vgl. oben Ö. 34b J.
388 i. H. UOLWKHDA JH.
hat, lanl er unmUtalbar folgen : tüv jA^vrot ««po^wv ^ {u«
if iKvo6(ttvoi xax« TTiv Itcpav itaut«iv. Dieses unmittelbare Über-
gehen von ««pot«)i^vix auf «ipo^oi ist gewiss am leichtesten zu
erklären, wenn man sieh diese «ipoSot als die Zugänge durch
die «etpamiqvise selbst denkt. Weiter erklart sich auch das Wort
inCol so am leichtesten: diejenigen, welche au Fuss kamen,
konnten natürlich durch die nicht sehr grossen Paraskenien«
thflren auftreten.die fttr Wagen zu klein gewesen sein werden;
diese kamen also nicht durch die nxpoSot in die Orchestra,
sondern auf einem anderen Wege, vielleicht durch den icvXäv.
Ich sehe nicht, wie man sonst das Wort iciCof erklären könnte.
Besonders wichtig scheint wir aber die bekannte Stelle des
Demosthenes (Gegen Midias 17)* und die.GrklärungdesUlpia-
nus: xal oux ivT«GO* Itm ty}( u^secu^ iXkk TOtroörov auT^ nipiiiv
xaxaxai TTpiYfxaxa äaOÖYiTä fioi rapiywv SitTeXeoev. Richtig wird
behauptet dieGSpi; bestelle darin. dass durch diese Handlung der
Chor verhindert werde aufzutreten. Aber der Chor pflegt doch
durch die xipoSoi aufzutreten . und wenn das durch Verram-
melung der Paraskonicn, verhindert werden kann, so müssen
die Parodoi in den Paraskenien liegen. In dieser Weise erklärt
sich die Sache ganz ungezwungen. Und auch Ulpianus'^ hat sie
80 verslanden: xi Tcapziic/ivia ^päTT<i>v: toOt' 6*tti i^oippiTTCiiv
T«{ itti TTj; axYivfi? «tcdSou; tva 6 /opö; x-^oLyxx^-mxi repcivai Sti
T«; e^wOtv siaöSo'j? u.s.w. Ausdrücklich werden hier einander
gegenüber gestellt Eingänge des Chors (also die nxpoSoij.wel-
* Die Midiana fällt ins Jahr 354. Die Dcino.sllicnesslello liewoist milliin,
dass aucli die älteren Tbcaterbauteu aus der Zeit vor Lykurg 'Nubua^ke-
nen* neben dem Haaptskenengeblade hatten.
* Ulpixnus kannte selbstversländlicli (griechische Theater eben so wenig
au.s eigener Anschauung als jene LeNiko^iaphen. Aiieli ihm aber war jene
Erklärung vun Rap«axiivta als i^aoSoi sehr gut bekuuul, uuü zwar iu weil un-
getrübterer Form. Wo jnie irrtümlieh it( t^v «m|«i(v eingesetit haben,hat er
Ixt Tf|( «xi)vl|«,bei der oxi|vi(, in der Nähe der «xi)vi|, was der wirklicben Bin-
riebtung der grieobisohen Theater vollständig entspricht.
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nAPArXBtffA. DAPOAOI. nBPIAKTOI
389
ehe durch Abschiiessen der Paraskenien gesperrt waren, und
die grossen Eingänge für das Publikum, die e^wOev ilaoSoi, die
wir schon unter dem Namen ttu^äve; gefunden haben, durch
welche der Chor jetzt in ganz ungewöhnlicher Weise gezwun-
gen wird aufzutreten.
ich glaube also annehmen zu dürfen, dass sowol der Chor
als die Nebeoschauspieler aus diesen ff«pa<jxiovia in die Orche-
stra traten. An und für sich ist es gewiss viel wahrschein-
licher, dass alle Schauspieler gewöhnlich unmittelbar aus dem
selben grossen Gebäude kommen, in dem alle sich doch vorher
angekleidet haben, als dass ein Teil der Auftretenden den Weg
kommt, auf welchem noch eben die Zuschauer selbst herein-
geireten sind, und wo wahrBcbeinlich immer noch Leute hin
und her gehen durften.
Ich stelle mir also die Sache folgendermasaen vor.
An beiden Seiten der eigentlichen Skene, deren Proskenion
die verschiedenen Häuser oder Paläste der Hauptpersonen oder
dergleichen darstellte, war eine Nebonskene angebaut, in wel-
cher sich die Garderoben u s.w. befanden. Während die einzel-
nen Hauptschauspiel er aus der Skene hervorkamen, betraten
die anderen und der Chor die Orchestra durch die TräpoSoi d.h.
durch die Thüren der Paraskenien. Diese Paraskenienthüren
waren verdeckt durch eine veränderliche Dekoration und die
Person, welche um diese Dekoration herum auftrat, schien von
dem Ort zu kommen, welcher durch die Dekoration vorgestelU
wurde. Diese veränderliche Dekoration bestand vielleicht mei-
stens nur in einem grossen um seine Mitte drehbaren niva|,
bisweilen aber stand sie auf einer mptascco«, was natiirlioh
grössere Änderungen gestattete.
Leiden.
J. U. HOLW£RDA Ja.
INSCHRIFTEN AUS RHODOS
(s. oben XX, 1895. Ö. 222 ff. uad 377 ff., XXI, 1896, S. 39 ff.)
Aus den Silzungsprotokollen des Musee Parent in Paris
vom 16. Nov. 1667 teilt mir VV. Fröhaer freundlichst fol-
gendes mit:
üne lettre (U SiduMUi^ daUe du C de ce mois, an nonce
renvoi, trds - prochain^tiP ime parüe des objets recueiUis ä
Kalki et ä Kamiros.
üne des ehambrea sepulcrales de Kamiros contenaU
i2 petits sarcophages en marhre , de petites dimensions,
remplis de cendres. Sur Vun d'eux an lit le mot APOMON,
les autres sont marques de ehiffres. Une couronne de
feuiües de myrte en or, et une boucle d^oreiUe ä tite de
taureaut ägedement en or, qui se trouvaient dans ces oS"
sutures ^ ont €tS expidi^es ä Paris.
Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass in den /. G. Ins, I
dorch Schuld des Heraasgebers folgende beiden Inschriften
ans Kamin» fehlen :
1) Fröhner, Melanges d^^pigraphie et d^archiohgie
1873, IV S. 10. 11 = Röhl, /. 10 ( (xeXtxotpU«).
2) Treu, Arch. Zeitung XL S. 276, Grabschrift des Rho*
diers Onasandros auf einem wol aus Kamiros stammenden
fileideckel. - •
52. Dunkler Stein, rechts und links abgebrochen ; Längo
0,65. Höhe 0.25, Tiefe 0,24. Buchstabenhöhe 0,015; kleine
Apices.' Verbaivt in einer Gartenmauer des Jadik-effendi in
der Stadt. Saridakis.
I A N T ß N P
I nPE YZBE
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IN8CHHIFTEN AUS HHODOS
391
2 frei KAITIPE
O Y n ATO N
n A I O Y Y
jTov iiCva ToO ^avo? TrpsdSjüffavTOt «otI tov Äilv« TCi(A](av tÖv
P[ci>(Aai(dv, 7cp6<^u^(j€£[ü<javT0t - - - «J«, xai icpi^i^eudavTa wotI
TOV avJO^KKTov [tAv *P«tt(Aaittv praenomen, oomeo llojirXiou u[i6v
cognomen - -
Analogien: LGJns. I, 48 uod MiUb. 1896 S. 51 Nr. 48.
53. Dunkler Stein. Ausser dem oberen Rande überall ge-
brochen. Länge 0,^0, Höbe0,15, Tiefe 0,06, Buchstabenhöbe
0,02; starke Apices. In einer Ackermaoer too 'Bw^a o^oias
Doqu8-8oqaq. Sarldakis.
I E P H I . . . . 'Icpü 'I[<Ttoc xflti Bou]-
B A 2 T I . . . . 6affTi[oc - -]
KPATHA. . . . xp&Tu 'A - -
Die Ergänzung will our eine Möglichkeit bezeichnen. Bu-
bastis ausserhalb Ägyptens verehrt: Steuding in Roschers Le-
xikon I S. 831.
54. Massari auf .Rhodos, Ort ' ^töv ^oypz^ov. Fragment,
oben Rand, sonst überall gebrochen. Abschrifi von Aicucu« *A-
^•X^iov aus Lindos.
OAHMOZ OKY0NION
TEMAXON ATH 2 A N
CZBEYZANTAPPOZ
''AliZOZKAlA
TTP/'I
*0 6 Kti6vi[o>]v
["AJyi'fia^ov "Ayujffdevppou]
[«pjfoßiuffavT« «po( [auTOv]
aal m1 )[tiia(u«]
[xal] TrpffltTQy^oaivT«- - -]
392
K. HILLEH VON ÜAEHTHINÜEN
Erfolglose ßemübungen der Rhodier, Römer und Perga-
mener um Kythnos im Kriege gogen Makedonien 200 vor Chr.:
Livius 31 , 45, Tgl. 15.
55. Fragment einer Basis aus dunivlem Stein; Länge 0,35,
HüheO,20,TiefeO,15. Buchstaben höhe Z. 1: 0,03; Z. "2: 0,01.
Id Qjzyl-tepe.
0 £ O I Z OsoT(
OAQPOY - - oMpov [- - ifcoEi|m].
DaBsZ. 2 den Künstlernamen enthielt ist sicher. Man kann
an nXourapx^; oder ATipiYiTpto«; oder auch an 'HXiöj^Mpoc 'HXio-
lApOM (Löwy, Inschr. griech. Bildhauer 403) denken, womit
natürlich die Zahl der Möglichkeiten nicht erschöpft ist.
56-59. Auf demselben Ackerstück des Qyzyl-tepe, wo BO-
GS gefunden. Diese vier Steine gehören ersichtlich zu einem
Familiengrabe (Sarida k is). Es sind drei Geschwister, von de-
nen eines schon nicht mehr das heimische Demotikon führt,
und eine Anverwandte.
56. Stele von weissem ( XsuxoTdcTou ) Marmor, Uioge 0.70,
Höhe 1,70, Tiefe 0,30, Buchstabenhöhe 0,04.
API ATPIOZASANAPOY *A«dbv)^u
MArNHZ M&rwK.
Man könnte an einen Schreibfehler — [A]ac[(t]iiTpioc? — den-
ken oder auch an einen mit 'Apt~ Zusammengesetzen Namen.
57. Platte (Stele) von weissem Marmor; Lange 0.40, Höhe
1,20, Tiefe 0,12. Die auf dem untersten Viertel des Steines
eingehaoenen Buchstaben sind 0,02 hoch.
MCNEICPATHZ MmpAtiK
AZANAPOY *A<idvSpou.
58. Platte (Stele) aus weissem Marmor; Länge 0,35, Höhe
0,70, Tiefe 0,20. Schrift wie bei der vorigen Nummer.
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1N8CHH1FTEN AUS RHODOS
AZAN APOY *A«fevSpou
MAPNHZZA Ukfn^nwu
59. Platte (Stele) von weissem (XeuxoTÄTou) Marmor; Länge
0,35. Höbe 0,75, Tiefe 0,25, eiogelasseD in eine Basis von
^iseem Marmor ohne Jnschrift.
APTEMEIZIA 'ApTtiAiMii«
APIZTOTENOYZ 'ApicToylvows
MArNH22A Maywjw«.
60-61. Fundort wie bei 5fi-59. Saridakis.
60. Koptovi? (corniche) >«u)tou piapiiipov. ixrxo? 1,00, tcXäto«
0,60, wixo; 0,25. Tot YP^fAftciT« t«i tni iwt9«vti*« xii« i^^'
«VK 0,25 «Ä^oCt c^* xopttviSo«.
MENEMAXOYAZKAAPIAAABPYKOYNTIOY
KYAAPETAAAEZANAPO Y A MIA
TYNAAEMENEMAXOY
MsvifiLdc^ou 'AoxXaictaSa Bpuxouviriow.
61. Basis aus weissem Marmor, 0,60 lang, 0,50 hoch,
0,40 tief.
MCNCMAXOZMENCMAXOY Miviftaxoc MfvifuLxou
BPYK0YNTI02 BpwMiiwt««.
6S. Grabaltar aus weissem Marmor mit Bultranien und
Guirianden. Fundort wie bei 56-59. Saridakis.
A P T E M ß 'ApTijM*
SYPAKOSIA Swpaxod«.
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SM r. BJLun von OAnTBtNOBir
Schwerlich identisch mit /. G. Ins, I 472 TIMH | ZYPA-
KOZIA (auch nach Saridakis).
63. Stele vod weissem Marmor, 0,2^ lang, 0,60 hoch, 0,08
tief. Fundort wie bei 56-59. Saridakis.
ANOPAKiON *A^pce«ov
XPHXTAXAI P E xP^"* X«*P»-
64. Dunkler Stein, Unge(),76, Höhe 0.26, Tiefe 0,44; in
Massari (Maoidcp-o) bei 'Ibtawir]«; Ka|iic2(7Txvxc (Saridakis). Der
Stein ist in der Länge uad in der Mitte quer durchgesägt.
E€. . . h NEPM . TTOAIT . . KAI E«i....v'Epa[o]7coXiT[a«] xal
riLHNA MAinTIZ [E]t[p]r)va Maiöri«
XPHZTOIXAIPETE fjfy\<n<i\ xaif itc.
65. 'Ex ßaaeuc
(Doqus-soqaq). 'E2<i>pvi6T) uicö oMo^öpu. Saridakis.
APIZTPATOY 'ApioTpÄTOu
OEYAYTOY SiuXurov»
KAPPAOI O n OAITA KapwaöioTtoXiTa.
Wie Saridakis bemerkt, jedenfalls ein Verwandter des /.
G. Ins. I 225 genannten 6£uXjto; ösuX-jtou Kap:raöioTo>iTa<;.
66. Altar von woissem Marmor, mit Bukranien und Guir-
landen. Aus Doqus-soqaq, in der Werkstütte des Steinarbei-
ters in Neomaras (zu /. G. Ins, I 180 ff.).
ATHZIANAZ 'AY^KTtAva?
ATHZIANAKTOZ 'AYDCiivaiCTO«
A P r E I O Z 'Apyilo«.
67. Ascheokiste iv 6f9fi Ma^ivou icapa tv]v "^i^^upaa. Sari-
dakis.
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iNSCRnimN Ain khooos 995
APIZTOAAZ 'ApiOToXa;
KAEITAINETOY KXiiT«tv<TOu
T H A I O 2 TiiXio?.
Saridakis möcJite hieraus in /. G. Ins. I 731, einer In-
schrift aus (Jem Heiligtum des Apollon Erethimios bei Kami-
ros, wo Ross KAETTOAAMOS:? APP:eTOAA giebt, KXu-
[raivsTo? 'Aptl<jT6Xa herstellen; dies sei ein Sohn des Teliers.
Bei dem engen Zusammenhange von Tclos und Rhodos (zu-
nächst allerdiogs Lindos ) ist solche Beziehung sehr wol mög-
lich.
68. Stele mit Zapfen. Schöne Schrift des II. Jahrhunderts
vor Chr. Abschrift von Diakos Adelphiu in Lindos.
t> i A I . ^iX{[<ixoc Tou Siivoc]
KATATENEZIN xara y«vi<nv,
KATAYO0EZIANA». »»-ra 6o6i<itav
PEIZIKPATEYZ n«taiJcp&Tiu<
APYITAZ AputTOK.
69. Ti(Ad]^iov li(tTU(x€iou 7c>ax6( XfuxoC (x,appi&pou TTOtpa rk Ko-
mivoO, (ftiimc 0«d5, itXäto« 0,25, «ix^ 0,07. Saridakis.
ZEINAF^ETAZ SiivapiT«?
. . AM(t)ITEAEYZ 'Aja^itiXiu«
4» A r A 1 A Z ««yttiac
Zum Demotikon vgl. /. G. Ins. I 300;
70. Ilapa T7)v yt^upav xi^ H9t»i 'Mopivou*. Fragment einer
Aschenkiste. Saridakis.
P A T O Z [A«(aA]p«toc
r O P A [Euft]r6p«
M I O S rA](uoc
So Saridakis; es sei der Sohn oder Vater des /. G, Ins. 1
253 genannten E\Mf6f9L \ Aft(A«f«twi 'A(fcfoiit
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896 F. HILLEH VON lUEHTHINGEN
71. Aschenkiste in der französischen Schule io 'AxdtvS£a
( Saridakie). Vgl. /. G. las. 1 269 ff.
T I M O 0 E O Z Tijioeio«
PEIZIKPATEYZ nttvtxf^Ttuc
OYZZANOYNTIOS euaravouvriiK.
72. Aechenkiete im Hofe eines tflrkiechen Hauses in der
Sladt, wo aueh Nr. 99. Saridakis.
T I M O 0 E . . Tc(t6ei[o(]
T I M O K P A T . . . TiffcOJip4T[im]
0YSZANOY eumvou[vTtiK].
Saridakis erinneii an Ti(MKpA['nKl T({&oMou in der lindiscben
Inschrift /. G, Ina. I 845«25.
73. Basis aus weissem Marmor, 0,60 lang, 0,30 hoch, 0,30
tief. QyzyUtepe, da wo Nr. 56 ff. Saridakis.
AAEZANAPOZ *AXc^oiv)p(K
AACZANAPOY *AXiUvSpou
K A A Z I O 2 KXA«ioc.
74. Basis Ton weissem Marmor, gefunden in Doqus-soqaq.
(Saridakis nach einem Maurer).
APIZT0kPIT02 'ApiffTÖJcptTOC
KAEnNAKTOS KXewvaxTO«
T A ß I O Z TXöio«.
Ich habe früher geglaubt, die TXwtoi, welche auf rhodischen
Inschriften so liäuiig vorkommen, wären Bewohner der lyki-
schen SiadtTlos. Allein der Umstand, dass in dem kalendarisch
geordneten Namensvorzeichniss l.G.his. I 4 TXt^>oi erscheinen,
macht bedeoklicb.uod die in der avoiYpa^V) der Priester des A-
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INSCHRIFTEN AUS HUüÜUS 397
pollon nOOioc xai Kapvttoc xcti MuXAvtto« au8 Kamiros (Nr. 697)
genannten Tloer können kaum etwas anderes als Kamireer
sein. Wir kennen noch lange nicht alle Demotika der rhodi*
sehen Städte. Also meine ich jetzt, dasa Tioe eine ktoIv« K«(u-
piwv war, entweder Iv xftt v&am oder iv T«t ««cip«»i.
Blenzan'tepe (= Monte Smith), jetzt in MurpöivoXi« im Hause
des Maurers TMbpytoc KoOux««. Länge 0,32, Hfthe 0,10, Tiefo
0,10. Saridakis.
TIMAKPATH Tt|ft«xpfttD
TIMOKAEYZ Ttf&okXiOc
TAOIA TX«(«.
76. Dunkler Stein, 0,25 lang, 0J8 tief, rechts gebrochen;
im Pflaster der Stadt bei der Post. Saridakis.
E P A T Z. B. 'EpxT[o9devvi< oder -o»Xü<]
r N ß rv<d[,axYöpa oder <-9{«]
A P 'Ap[Yiio<] oder *Ap[KMiKu«] oder ''Ap[io(].
um nur einiges Nächstliegende lu erwähnen.
77. Asehenkiste von weissem Marmor, in einem tOrkischen
Hause der Stadt. Saridakis.
HPAZAZIOXOY 'Hpa« 'A^iöxou.
78. Ti^uLjoi littTu[x€iou wXaxo; XeuxoTdtTOu (Aapjxxpou' TtXctTO?
0,50, xiyoi 0,15, TO ü(|/o? ilt) iv 1,25, iv Qyzyl-tepe, iv oOwfia-
VlX(j^ XypSt, K£tU.ev(i) ^VXVtl XXi OU TCÖppte) TOO 7CpOtlpT)(AtVOU ( 8. Nr.
59). Saridakis.
A A K I M f
AAK ....
Saridakis erinnert an den Strategen 'AXxip&wv 'AXxiaTpatou
/. Cr. Ins. 1 50, 13.
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398 f. HILLE» VON GAERTttINGEN
T9. Grabstele, 0,22 lang. 0,4r> hoch, 0,08 tief, aus Mey-
xa'At]. Saridakis.
M ft r E T A Z Mü»y«Ta;
M YT I n N O Z MuTtwvo«.
Zum Namen vgl. Kretschmer, Einleitung in die Gesch. der
griech. Sprache S. 332: MoaytTTj; Tyrann von Kibyra u.a.m.
80. 'E^ oiTJoOrixYji >iuxo'j piap[iapo'j, «apa T<ji XaTÜTC<j>. Sari-
dakis. *
A P Z I N O H Z 'ApffwoY)«
AAEZANAPIAOZ 'A>£;avSpiSo?.
81. Basis {TfiicTZi^x?) aus weissem Marmor, unversehrt.
Länge 0,60, Höhe 0,40, Tiefe 0,45. In der Mille ein oben of-
fener Lorbeerkranz. Inder Stadt im Hofe eines türkischen Hau-
ses. Saridakis.
AHMHTPlOY (Kranz) A AlKAPN AZZEOZ
Aio(iir)Tpiou *AXixapva<iat(i>(.
82. TiiLCL-^Oi >£uxoO (xappLstpou, (i>ixo; 0,30, TcXisTo; 0,20, wi-
^0« 0,12, iv TYj 'Ayi^ 'AvaoTaoicf (vgl. LG. Ins. I 250 a). Sari-
dakis.
M H N O A ft P M>ivöSo>p[o«]
AAIKAPNAZ ' A>ixapva(i[(n{>?]
X A I P E x*^P«-
83. Grabaltar aus >veissem Marmor mit Bukranien und Guir-
landen. In der Stadt beim Grabsteinverfertiger. Saridakis,
APNAZZ'S [i Silva 'AXixlapvaiol^
Z [yuva Si]
N O P O Z . - - vopo«
p E [Xaijpi
iNSCttüimit AÜ8 RHODM 399
'£; 69Tio8iqxYi( iv T$ il«Tii. Saridakis.
- .ATAOANOPHZ 'AyaOavopiw
A P A I A Z ApaÄk«.
85. Aschenkiste von dunklem Stein; m der Stadt, beim
Grabsteinverfertiger. Saridakis.
K P I T a . KpiTw[vo<]
E ^ C . . » . i[dou].
86. AiÖo? 9ai6c 7c«p' tfxoi supi<Txö|Mvo(, U ToS ipY^^onofCou Xot-
tOivou. M^xoc 0,?6, 7c>i:T0( 0,18, «xx^ Buehstabeiihölie
tuigieichmässig. Saridakis.
4>IAoMOY2.. ♦a6|4ov«[o«]
nA T A P E Y 2 . . . neiTotpiuc,
ÄZTÄlzrnTHPI 'AwaW 2«TDpi-
AAmAZIAEIoTA ^ec M«o((r)tXft[(&}rft {toi). .
87. Bakranieoaltar, 0,89 boeh. In Metropolis bei Stama-
tiosKasulis. Saridakis nach Absebrift des Arztes Oemetrios
Maliakas.
AOHNIQN *AaDv{i«v
SEA. . KEYS 2!i>[iu]Mil€.
88. Bukranienailar bei Kopaxövipov. Saridakis.
MHNOAQPOZ Mn^öSio^oi
ZMYPNAIOZ 2|iupvaio«.
• 89. Dunkler Stein, allseitig gebrochen. Grösste Länge 0,25,
grösste Mühe 0.50, Tiefe 0,?0 Gefunden am Orte Tpsi^MoXoc
Buchstaben mit Apices. Abschrift und mehrere Ergänzungen
von Saridakis.
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400
f. ntuMi VON OABRtRlNOEK
0 E I .
Z I KOYTAN
NOHPQNOZT
ZEAE YK02K
OHPANIA
API2
M A T E P A
ATHZ K AI
- täv] [xaTcpa - •
• V 0y)pü>vo? T[av
- Mi] 0r!p<i)v '!«-
KAO
A
- - *Apiff[T - - -
90. Basis (TfäiceJ^a?) von weissem Marmor, 0,30 lang, 0,32
hoch, 0,35 tief. In der Vorstadt Metropolis im Hofe des Sta-
matios Razulis. Saridakis nach Abschrift des Arztes Derne-
trios Maliakas.
. . A0 MEPlAOZErrCNEYZ [*AY]flt6[«J(ap(Soc in««*^«-
91. Cylindrischer Bukranienaltar. Zeichnung von Oiakos
Adelphiu aus Lindos.
APHZANAPOS *AYy)eftv)(>oc.
92. Grabstele, gefunden iv Ot'mt Mapivou nap a tov «ora-
|i6v. Saridakis nach Abschrift eines Maurers.
MYPMAK02 MOpjiajco?
KAITASrYNAI K O 2 xal tä; yuvaixo^
XAPIT AZ I ZT XapiT[üj< (?) • I<rr[avi««].
Xapira; isl mir unwahrscljeinlicli ; über die Namen auf -o)
Gen. -w« 8. Biasa- Kuhner, Griech. Gramm. I S. -455 Anin.
2 oben.
93. Grabslele von dunklem Sicin, oben gebrochen. Lunge
AI<|)IA0YTABHNOY
mBGmif TIM AD8 BH0D08
101
0,92, Höhe 0,25, Tiefe 0,08. Beim Grabsteioverfertiger in der
Stadt. Saridakis.
A Z K A A Z K . . . 'AaxXa; x[xl]
APIZTOBOYA. . . 'Api<TTÖ6ou>[o?]
KAIAIOAOTO. jc«t Ai6Soto[? xal]
<t)IAAAEA<J)0. *a(fcS£X(poM
XPHZTOI ^moxQi [x«<piTl].
Man kann auch an ol] | <I>tXaS£X9o[u] denken; doch weist /p-n-
oToi x°^'p^^< einen niederen Stand, bei dem der Vater oicht
genannt zu werden brauchte.
94. MurpöicoXic. Aschenkiste. Saridakis.
APOAAfiNIAA AxoXXttviia.
95. Qyzyl-tepe. Ascbeakiate. Saridakis.
^AMANAZZAZ Aa|Mivdca«ac.
96. Ascheokiste von weissem Marmor, gefunden in Qyzjrl-
tepe lOBammen mit Nr. 56 ff.
A 1 O N Y S I O Y Atovvofov.
97. Ascheokiste aus weissem Marmor,bei der Vorstadt Me-
tropolis.
EYKAEYZ E&OiSc.
98. In der Stadt beim GrabsteiDTerfertiger. Fragment ei-
ner profilirten Stele, Höbe 0,47, Länge 0,3.i, Tiefe 0,08. Sa-
ridakis.
EY^AMOS B6fa|toc
OXPHZTOZ 4xp^«T&6
X A I P E X^^P**
AnoDi. imvBiuinteiM um. 27
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t. IIILLBR VOK OABRTRINdBN
99. Aschenkiste im Hofe eines tfirkiscben Hauses in der
Stadt. Saridakis.
100. Aschen kiste Ton weissem Marmor bei der Vorstadt
Metropolis. Saridakis.
OEY^IAOY eiuf(Xou.
101. Viereckige Platte aus weissem Marmor, Länge und
Höhe 0,05. Gefunden in Mouc^u £tcvö. Saridakis nach Ab-
schrift eines Maurers.
lOYAlOY lovXtou.
102. 'Eft XtuRoC Ti(xa^iou [iap|A.ipou xuXtvSpixoO, (AOtpav kitoti«
I 673. *0 XiOo« fuXä9oiT«t k» oCxy (mu. Saridakis.
.YAiÄC [KjuSte«.
103. Bukranienaltar aus weissem Marmor, 0,36 hoch. Im
Hofe des Stamatios Kazulis in der Vorstadt Metropolis. Sari-
dakis nach Abschrift des Arztes Demetrios Maliakas.
AAO^IKH Adto^Ui).
'Ay. rittpyiou to3 ««XotioS. Saridakis.
MANEYZ Mivitx.
Auch auf Amphorenhenkeln: 'AOiivatov III S. 229, 109;
irgl. J.a.Ins. I 1345.
105. Von Herrn Saridakis wurde in einer Apotheke der
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INSCHHIFTKN AUS RHODOS
403
Stadt Bhodos ein Abklatsch unbekannter Horkunft abgeschrie-
ben. Das Papier ist 0,75 lang und 0,37 hoch. Sehr sfMit.
EYTYXIAArECToPlAoYXAN
API ACKA + KAAOTEKNIACKA
TECKEYACENToAEEProN
+ ENeAAEIcEINTAI+APICTOKPATHC
5 ATAeuNYMX
H- KAIZU TlklCeYrAATHCX
KPATOVCKAIE YTYXIAChKAINET
XCVMBITEKNoNoYAICrAPAeHN
EuTU^ia 'AyccTopiSow »v-
TE(T/.£ua9iv töSc epyov. :
'Ev6iSt xeCvrat 'Api«TOxpd'n)(
5 'Aya6t»)vü|i[o'j]
+ tud Z«*Tixi( 6-jy3i:(Tr)p) *Afr,<j[i]'
xpiTOu? xai EOT'jjrtät? ifj Jtai Nex- -.
(Eud)u(A(*)^ ^ Tixvov ow^t( ykf a6(«)v[aT0(].
Z. 8 ergänzt von Wolters.
■
Berlin, März 1Ö97.
F. HILLER TON QÄaTRINGBN
DUE LEKYTHOI DI TANAORA
Nel commercio antiquario di Atene ti trovayano nel 188((
due lekytboi asaai notovoii, che, aeoondo affermava il posses-
8ore, eraoo state rin venule iosieme io una tomba di Tanagra,
e delie quali il signor P. Winter, cui aiamo debitori di questa
notizia, fece due Bcbissi, che si oonservano nella raccolta di
disegni dell* Istituto Gernianico in Atene sotto i nn. 354 e
355. Deir uno dei due vasi, il piu importante, che plb. tardi,
nel 1893, ebbi oocasione di Tedera io stesso, riproduoo qui
alia tiivola 5, 1 il disegno per me allora eseguito dall' abile
mano del sig. B. Gilli^ron ; dell* altro , da me non Teduto,
riproduoo aUa stessa tavola 5, S lo sehisso fatto dal Winter*.
Per quanto si pu6 giudicare da questo, i due vasi, che banno
entrambi la stessa forma ed aU
teiza (m. 0,265) ooncordano fra
loro anche nello stile della deeo*
raaione*. Sul davanli di ciascuno
81 Tcde un* unica figura disegnata
con fini tratti di vemiee nera lu-
cida, abilmente condotti ma un
po* in fretta. La figura , che h ee-
presse nella prima lekytbos (v.
tav. 5,1 adesso alquanto sbia*
dita ed anche guasta nel piede d.
e nella mano d., ma perfettamenle
rioonoscibile. La foggia dell* abito
Tariegato la dice un Persiano. In testa ha la tiara coUe ali
diaeiolle e sYolananti, di sotto alia quale fluisoe suUe spalle
* Qoando k pnamü ptgiiw tmno gift foritte lo lehino del primo Ai
pubblicato dal Conze, ßrabnlitfi II Nr. 1U8 a oonfironto della itela dl Li-
sas, lav n\.
* II beccucuio, il manico c la parle inferiore del corpo sono neri ; il giro
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DÜS LBKTTHOI DI TANAORA 406
la lunga chioma ; indosso porta una giubba cinta alia vita e
adorna di frantic nell' orlo, e sotto la medesirna un sottabito
a maglia con maniche ed anassiridi; ai piedi ie scarpe asia-
tiche a punta stretta e rivolta in su.
Egli e un arciere; al fianco porta appesa la faretra, coUa
sin. stringe 1' arco. ma insieme imbraccia anche una pclla,
arma di difesa concessa talvolta anche agli arcieri, come si
vede p. PS. nel Persiano genuflesso del fregio di Athena-Nike ^
Inutili tuttavia sono diventate le sue armi, ed ei fugge rivol-
gendo indietro lo sguardo doloroso e colla destra stesa implo-
rando pieta dal nemico, che, come deve immaginarsi, lo in-
calza e gia sta per finirlo.
Dalla maggior parte dclle rappresentanze di Persiani. di cui
abbiamo giä non pocbi esempi nella ceramica attica fino dall'
epoca dello stile d' Epitteto e piu ancora nello stile sevoro piu
recenle'^, la nostra si distingue subito per cio die liii tulta
I'aria di essere un excerptum di una composizione piii vasta.
L' immagine di un guerriero dell' esercito persiano, forsc di
alto grado, in atto di fuggire, nel cui sguardo si legge vcra-
mente il dolore della sconfitta, a chi non fara pensare a qual-
cbe episodio della battaglia di Maratona dipinta nella Stoa
Poikile? Si sa die nella parte centrale, ossia nel poslo piii
cospicLio di quella composizione, era espressa appunto la fuga
dei Persiani^; e quesli noo üguravaoo soli ael trambusio ma
estoriorc del jiicd*' l imane y\A colore naturale dell' argilln, e cosi pure le
spaile, sopra le quali uoll' uiiu dei casi 6 dipiula a vernice una corona di
foglioliae. oell' altro tre patmelte. Le figure sono eseguite soprft Ul soUta
ingubbiatura birnet del corpo; in alio, in ambedue i easi, eorra un mean-
dro sempliee; i due grappi latendl di palmette ei trovano solo nella prima
lekylhos.
^ Le Bas-Reinach, Voyage^ Architecture lav. 9; Bauineislcr, Denkmäler
tav. 25 tig. 1!38 (prima figura as.). Cf. Herodot. VII, 61 »gg. Veggasl poi
la stela di Lisa8,ricordala alia p. 404 nota t ,e gli altri escrapi citali dal Conze.
' V. il piatto in Klein. Lieblingsinschriflen^ p. 87, lig. 2'2 . Jahrbuch des
Inst. Ill, 1888, tav. 4 (figure isolate). Scene di baltaglia iu Gerhard, A. V.
teT. 166; Hartwig, MtUlnt^Un Ut. 55 ig.; (kA, of vom in Ui» BrMsh
Mut, III, B S83 eoe. Cf. in gwior«le Hariwig I. dt p. 519 et 524.
s Pamaa. 1, 15, 4.
406
L. BAVIGNONI
fnmmisti agli insecutori io modo da formare varii gruppi,
come si desume dalle aeguenti parole di Hiroerios: oOir«
TOlc anoۊoi euviixKryov (gli Aleoieai) nai ivapcvr^xa itplmyro'
Se mentalmente si compleli la rappresentanza della nostra
■lekythos coUa fi^ura, qui omessa, dell' insecutore. ci parra di
avere dioaozi agU ocelli uoo di quogli episodi dipioti nella
Stoa. E non senza ragione. Lo stile del vaso ( lieiun po' piu
progredito di quello della tatsa di Codro, ci riporta, secondo
i leoenti studi del Graf ^, verso il 460 av. Cr., cio^ appunte
neir epoca, in cui le pitturc di Polignoto, di Micone, di Pa*
neno eec. fanno furore in Atene ed inspirano anche la deoo-
razione dei prodotti ceramici. Ed infatli si puo sorprendere
anche qui un po' dell' vfio^ polignoleo nell' espressione del do*
lore e dello scoroo, che anima la fisionoroia del fuggitivo, e
Delia caratteristica del barbaro, che qui e nobile e dignitosa.
a dififerenza delle rappresentaDze piü anlicbe su vasi dello
stile severo, le quali perporre in evidenza specialmente ledi-
TCrsitä della razza rasentaoo talvolta la caricatura^. E note*
Tole poi il disegno della testa non di profile ma di terzo, che
viene di soli to eviiato nella pittura vascolare piü aniica*. roa
si ritrova, sebbene in una forma anoor dura, nel celebre cra-
lere orvietano coi Niobidi.dove codesto particolare e atiribuito
appunto ad ioflueoza della pittura monumentale^, r^ella stessa
veduta ed anche con aoaloga caratteristica dignitosa, ma tuita*
Tia senza espressione patetica, si presenta il Persiano dipinto
Bopra un ar^bulloa di Berlino, che giä il Furtwängler sospettd
4 Cf. Wacbsmalh, Stadl Athin II p. 505 «gg. e Robert, MttnMmueMaeht
p. 16 0 18.
2 Die Zeit der Kodrosschaie in Jahrbuch des Inst. XIII, 1898, p. 65 sgg.
* Gf. L6«7, Jahrbuek «Im /iwt. III, 1888, p. 139 «gg.; HeU»ig in Sitsungs-
berichle der Akademie su München 1897, II p. 283.
* er. Hartwig, op. cit. p. 163. I prioii esempi, nelie tazie,Mnio eiubiti da
Onesimos, ibid. p. 544.
« Of. Beben, Annali dell* IitiUito 1882 p. 273 sgg. Winter, JUnyen ßU*
Foftn p.44.P,Oirani, U craUn d^Oni§to iüMmummU frees U a-. t$^.7 ggg.
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OUS tRKTTHOI DI TAlfAORA 107
derivato da una grande composizione ed il Robert non du-
bito di ammettere ueila sua ricoatruzione della Maraihono»
machia ' .
Se quindi h lecita la congettura che il presente disegno, dal
sentimento cosi fine, rifleUa un particolare di una delle grandi
cornposizioni in parola, e forse precisamenle della Maratho-
nomarhia, possiamo aggiungere, come ulteriori confronti, al-
cuni monumenti della plastica, nei quaii, per quanto varia-
mente distant! di tempo dalle opere della citata piltura mo-
numentale, sono state riconosciute reminiscenze della mede-
sima. Cosi due delle figure di Pcrsiani scolpite nel fregio del
terapio di Athena Nike sono, se non uguali, cento non molto
dissimili da quella della lekythos^; ed una somiglianza ancor
maggiore riscontrasi pure in un guerriero asiatico fuggente
del Monumento delle Nereidi^ ed in una delle Amazzom Ü-
gurate nel fregio di Figalia*.
La seconda lekylhos, che si vede riprodotta alia lav. 5, 2
81 fa notare principalmente per il nome fin qui sconosciuto di
un favorito, che per altro e frammentario e di non sicura re-
stituzione : si potrebbe coQgeUurare ua Me|jia]TOc o Mi[vi)cic]o(
od aoche Mc[Xdtvu]ffoc xaXoc
< Arck, AnMiiffer 1889 p. 92. Nella UtTola del Robert ö potto MoaQlo alle
navi.
* LeBas-Reinach I. cit. tav. 9,D: 10, F= Baumeister Uli. 25, 1938 fl-
gura seeoada a d., 1939 figora prima a s Si rioordi il particolare della fa-
rctra. che, se manca a qucsle due figure, si Irova nell' allra dello stesso
fregio citata sopra p. 405 nola 1. L' accurata riproduziune del costume e
dell' armatura barbarica. cosi qui come nella nostra lekjthos, puo essere
messa in rapporto eolia luddetta pitUira monumentale, della quale fonie ti
serVi lo Stesse Erodoto nella sua partioolareggiata deseriiione del lib. VII,
61 sgg.t cf. RobiTl, op. cit. p. 18.
* Muuumeati dell' Isliluto X Uv. 13, II, 22.
* Overbeck, Ptastik* fig. 131. Ost 18.
* Nelto sebiuo del Winter lo spazio tuoIo presenta indizi di Ire lettere,
ma forse pud csscrvi poslo anche per il suono o tra la terzullima lettera e
la precedentc. I/ultiiua sillaba potrebbe essere toe oppure (x)os. Dei nomi
qui sopra pruposti nessnno sllrova traquelii eonosointi difavoriti; solo
MiUvvmc 8 il noma del padre del faTorito A(f iXes ( Klein, UOUngsituchnf'
tM * p. 159 Bg.). II nome MiXi|tot (ibid. p. 167) sembra troppo breve.
IM L. SATIOMOlfl, DÜB UXTTBOt DI TANAOBA
Quanto alla sua decorazione il 8ogp;etto h abbastanza co-
mune nella ceramoi^rafia : una Nike clie vola verso un' ara
ardente portando un cesto con Offerte. Una Nike simile, seb-
bene con attributo e movenza dilTerenti, e ({uella dipinta bo-
pra una lekytlios etlita dal Benndorf, che il Winter crede
eseguita dalla stessa mano che ha disc<;naio il Persiano della
nostra prima lekythos, come egli si espnme nella nota mano-
scritta aggiunta alio schizzo della medesima^. Ed invero in
ambedue abbiamo una figura contenuta tra due coppie di pal-
malte chiuse tra viticci,dai quali si slaccano delle piccole vo-
lute, come negli esempi proposti dal Winter stesso nel Jahr-
buch des Inst. VII, 1892, p. 109 sgg., oolla differenza che,
meotre in questi le vediamo svolgoni organ icamente dai yi-
tioci, oei due Tasi in parola, e apeeialmeole nel primo, pel
disegno meno correlto hanno la sembianza di cose appiceicate.
Le noBtre due lekjtboi, che da quanto si h detto apparisce
eeseie uscile da una medesima fabbriea, fuFOOO inoltre rinve-
note,eome in prineipio si disse, in una tomba medesima. Che
questo sia un mero case? O che piuttosto un nesso ideale esi-
8ta fra le due figure eolitarie della Nike e del Peraiano fuggi-
tiTO, espressione compendiosa ed allusiva della sorte toccata a
ciascuna delle parti avversarie e bella testimonianza del pa-
trio senlimento, che i reoenti faUi gloriosi avevano ravvivato
fra i Greci ? Sarebbe per aventura una eombinacione di con-
cetti, il cui riscontro, in una forma solenne, eta su gli spaltt
dell' Acropoli nel bei tempielto di Athena datrioe di Tittoria
Roma.
LUiai SAVIQNONI
« Grieeh. und sie. Vasenbilder tat. 19, 3.
' Egli attribuisce alia stessa mano anche la lekythos gia del Poiytechnioa,
male pubblicala da Dumont- Cbaplaia, Ciramiques l tav. il, ed un' altn
eon un guerriero cbe cade a terr«,da lui Tedata nel negotio «iMiiaBe Miwrva,
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DIB 800BNANNTB HETARBNINSCHRIFT AUS FAROS
Obgleieh es mir nicht gelangen ist, die Schwierigkeiten in
lösen, welche die sogenannte Hetareninschrift aosParos in den
för ihre Bedeutung entscheidenden ersten Zeilen bietet, glaube
ich doch die von mir in den Archäologisch -epigrapbischen
Mittheilungeo aus Osterreich 1897 S.71 in Aussicht gestellten
Berichtigungen su dem von Erich Pemioe in den Mittheilungen
des athenischen Institutes 1893 S. 16 vorgelegten Texte nicht
länger snrQck halten in dürfen. Sie sind zahlreich genug, um
einen neuen Abdruck der ganzen Urkunde zu rechtfertigen *.
Wie ich einer Mitteilung entnehme, die Herr Michael K.
Krispi seinerzeit an die griechische archäologische Gesellschaft
in Athen gerichtet und mir Überlassen hat, ist die Inschrift
▼or ungefähr achtzehn Jahren bei dem Abbruche des Hauses
des AT)|xiQTptoc Ma>paYT«KV)( iv 6l«tt Xilapa irap« T&v ««>atov v«ov
tAv *Ay<mv 'Avapyupttyy in Parikia auf Paros au%efunden wor-
den. In zwei Stücke gebrochen, an deren Rändern in den Zeilen
30 bis 22 einige Zeichen verloren gegangen sind, bildete der
Stein einst eine Stele von 0,62'" Hölie, 0,32 Breite und 0,065
Dicke Die Schrift ist zwur etwas ungleichmässig in Form und
namenllicli Grösse der Zeichen, aher sor<ifältig, und, mögen
aucli einzelne Stellen minder leicht zu lesen sein, im Allge-
meinen sehr gut erhalten. Mit ausgesprochenen, aber massi-
gen Apices versehen, scheinen mir die Buchstaben — ich er-
wähne z: mit schräger Verbindungslinie Z. 23. 27. 31 f. —
sicherlich in vorchristliche Zeit, das erste, vielleicht auch noch
das zweite Jahrhundert zu weisen. iMeine Lesungen beruhen
auf wiederholter Prüfung eines Abklatsches, den ich im Jahre
1897 von der Inschrift nahm, nicht auf erneuter Vergleichung
4 Vgl. Oh. Michel, Awwif tf^inwrüpMöiM grecqm Nr. IQOO (oar jS. %
bis 31).
410
A. WILUKUM
des Stoiaet telbit, da für dteae mein damaliger AofenthaU,
lonSohst der mflhevolleo BnUifferuDg des oeueDtdeckteo
Bmehstaekei der Marmorehronik gewidmet, keine Zeit bot.
Auf eine neue Wiedergabe der ganieo Inschrift in epi-
graphischen Charakteren glaube ich verzichten ui können,
und unterlasse auch eine zeichnerische Wiedergabe der kriti-
schen Stellen in ihrem Anfang: diese dOrfen wir, nach
erneuter Prafung des Steines selbst, in der Sammlung der
parischen Inschriften zu finden erwarten, die Hiller von Gär-
tringen vorbereitet. Pttr unsere Zwecke genügt eine Wieder-
gabe der ersten vier Zeilen in Majuskeln und des Ganzen in
Umschrift.
• iVA II t I I I . I
EFAPXoHTOZeeo^PoHoZToY^ei^A
H O Y H E /t IC O P O Y H TOZ AK E 2 I O 2
K A I Z O 1 ZT PaTZI EPHZEAonEYZCH
S]a>ff[Tp
vou viwxopoGvTo; 'Axl<noc
xat SotdTp . . { ? {ipY5; iX6Y»uo«[v
5 itc lm<rxiur)V tt)c xpTfjvYi; xal
TOÖ ßwjxoö xal Tou O(x>äu.o'j
MuXXi; X4p75TO; E IIvjto) Eüayö(pou)
E MvTQciov Tiu.'ir;<5i(o'j) □ 'A^TCOtii* Tii(J7)(vopo;) Q
10 IlattXapjrU TiuTj(vopo;?) F 'l>i[li]'7'ix Tia-nat(ou) C
'EpaciTcxT/ 'ApyjXio'j E MiXiviov MvY5itt(7TO'j;)
C MuXXi; KpiT(i)(vo;) T Ti[jiap£Tr) Ti(X-r)(ji(ou) C
'EpaaiTCWT) Mvy)(<iiou) C MdtXQiov 'ETCi4va(xT0{) C
MdcXOiov 4>iXcü(vo;) E ^tXuTW Fopyou E
15 'AlpTciXn npo-jOt^vo'j) C Ili)cw Tiai(p)'ou) F
4>]avoSi)cr, nip(i)(vo?) F MiX6iov Ilpoa6i(vou)
A] Il[pJ(i)T<o Mvyi((Tiou) F TiaaptT?] TopyGu E
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DIE SOGENANNTE HETAKRENIN8CHRIFT AUS PAKOS
41<
.] TifiaptTT) 'Eicidtva(xTO?) B 'EpadtTTrj Kpa(T(vou)
20 3 Apyii; 'Ap/iT{((i.ou) B 4>puvtc KXl[i(viOu) ? A
rjopyt; KX»o[8yi(jjLoy)] A Ti(A7i<TapWT[Tj .
'A]<Ticoiota[Q?]aTTdc( ) B EEatov Af^i(xpdc'cou) B
KX(0?xp]tTt) A Zw^ifitj A 'AyXaU "
npjuTtt 'AXx<(ou) r 'Amd« 'AXi^s(vaeou) AA
?5 rXoxivvx B IlaTpo^Oia $tX(a(«oc) T
'A[i3]7ra[9]ia [NJixay^f^v) ^ 2ii»Tftpei diQ({A«i«0() S
II[a](Sap;^U ' Ap;^l(ou) P Zuvtpi A{^p((ou) A
E]Z«iov 8foSü(pou) B SttTpM 'A)U9toc A
.%]x^ihz A KXioxArpa S
30 'Ayxyjinen Mt)Tpo(topou) A Euvipiipte rXu()Uftvoc) [j||f
Aio]t((&vi Zot(Xou) S Aoci« Mvii(«iov) A ZuvijAt)
. . . .S](i|Mt 'Pd(S«*vo() A npi*T[u] A Zweijyi
= *AyX«U 6to(T{(Aou) S *0(iiXi« KaX(X{ou).
. rXuit]lpai KftX(Xtou) s Euyivft« A
35 IM S 'Ani-m np«(CM S- EX[i
*H]au^tov Euv)(u(pov) A *üp«{«
*a 'Axl«to< A
Die in der ersten Zeile erhaltenen Reste hat Ptomice in sei-
ner Umschrift nicht berücksichtigt. Die Lesung I](.)9[Tp- zu
Anfang betrachte ich als gesichert; die gegen die Mitte der
Zeile zu sichtbaren Reste weiterer acht, höchstens neun * Buch-
staben — die zweite Hälfte scheint frei geblieben zu sein —
entziehen sich für mich wenigstens vorläufig zuverlässiger
Deutung.
Z. ?/3 steht Afifxjvou, nicht Ativ(ou auf dem Steine. Zudeib
begegnet derselbe Mann in der von Th. J. Olympics im *AOq*
veuov V S. 32 veröffentlichten, mir auch in einem Abklatsch
Herrn Dr. O. Rubeosohns vorliegenden Inschrift, wenn ich
richtig ergänze:
* EtniRe andentiiche Linien, die der Abklalseh ntch den ferseiehnel«a
Resten über dem ep der nächsten Zeile zeigt, tiahe ich in den Abdruck
nicht atifzunehincn geuau't: ol) sie allenfalls Buchstaben angeböien, lAsst
sieb nur vur dein ölcia fe:>l-'>lcilcu.
412
A. WILHELM
pa* . . . .] uTcep Täv uU&v At^vftv
Kai B(oSil»p]ou(?; 'Ao»Xt)«i^ Mti
Der Name (vgl. z. ü. Aii*piT7j; Tr.vio? C. /. .4. II 812 b.l«)
kehrt auch auf einem Steine wieder, den M.K. Krispi in dem
Berichte der £w«yy*^^>^^ ^l'^^^ 1816/78 S. 1, pic(' herausge-
geben hat:
X]a[p}ixXYk Ai(<pi:vou Tn«-
S«MTpdTOV
*Af poS(]TCt xflil IBpMri
ferner in der Inschrift, die ebenda 1878/80 S. 156 abge-
druckt ist CG^ceXo; Aitfibvov) und in einer noch unveröffent-
lichten Inschrift.die mirkOnlich durah freundliche Mitteilung
dieses Yerdienten Gelehrten bekannt geworden ist.
In den TrOmmem der Kirche 'Ayi^i Bio^Mpot, eine Stunde
• &t6t*apoi Olyinpios. GIcicharlige Weihungen, auch in dem Ausdrucke
Obereinslimmend, C.I.G. m% {vgl. S. 249. UBas, lies mi>\, 23»«, 2397b,
B,0,a, \Vn 8. 134 Nr. 44-48 (naeh Oyriacus). Athen. HitUi. 8. 409
Nr. I!, MouaE'ov EuaYT. S^o^^fls 1876,78 8. 3. 7, 'AOiivaiov V 8. 31 Nr.
21. 22. Die Inschrift Nr. '31 vcrmaj? ich in bes.serer Alischrift vorzulegen.
In einem verfallenen Kirchlein in der Gegend Aspriäs. drei VMcrlelstuadea
•Qdlicb Ton Parikia, ist reebts Ton der Thfire Terkehrt eine Platte weiuen
Marmors eingemauert iO,( i hoch, 0|50 breit, linkeAnsobintsIlicbe); in einer
Umrahmung »tebt die Inschrift:
Zt&oi|jLoc Ati>[poO<eu
«(•II 'I«i4< £s6tlw(v««
(nctp TO'j utoü A[(i>poOfow
Z. 2 i< als Abkfirrang für luA auch in einer noeb onverSirenllidilea In-
schrift, die ich 1897 im Besitze des Arztes Nikolaos Russos fand.
Zu l]a66{wv Vgl. W. Schulze iu Kuhns Zeilschrift 33 8. 380.
3 So ist wul für das mir unverständliche T.iiXov lu lesen. Tsia- mag zu
Tiiaapx.o( oder Ttiviivcup ergänzt werden.
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biB SOGENANNTE HETaBRENINSCHHIFT AUS PaAOS
413
von der Südküste der Insel, finden sieh nämlich unweit eines
alten Friedhofes und der Mauern einer alten Ansiedelung, un*
ter anderen bearbeiteten Marmorblöcken und Resten einer echft-
nen Kalymmatiendecke zwei einst zu einander gehdrige Stocke
eines marmornen Architraves, das eine 0,87" lang, noch ver-
mauert, das andere, jetzt freiliegend, 0,62" lang, beide 0,45"
dick, 0,15* hoch. Das zweite Stück trilgt folgende * schön ge-
schriebene und leicht zu lesende' zweizeilige Inschrift, die ein-
zelnen Worte durch freie Zwischenräume getrennt. Nach Kri-
spis Abschrift:
Oer Finder ist geneigt, die Inschrift dem zweiten Torehrtst-
lichen Jahrhunderle zuzuteilen ; seiner Abschrift nach wQrde
ich sie far etwas jünger halten. Aber in dieKaiserzeit braucht
man wegen des einmal deutlichen l-l und des E neben H und
E keineswegs hinabzugehen ; dass sich i-l schon auf dem
Steine mit den Briefen der Attaliden (Areh. - epigr. Mitth.
VIII S. 95 ) findet, habe ich in eben Jener Zeitschrift XVII
S.44 bemerkt.und bin daher auch nicht aberraBcht,die8erForm
in einer so ausserordentlich eleganten Inschrift meJ.G.Ins. III
201 ( Asiypalaia) zu begegnen. Agone erwähnt auch die leider
verstümmeile Inschrift, die Olympics 'AÖrjvaiovV S. 29 ver-
öfiTenllicht ; ich bin versuclit zu ergänzen :
"Ap^JovTo; .... TOU . . .
yujavaoiapyo'jvTO; . . .
. . . ou' TOu;Se tou; afycivn
... pxTüjv AtTypwvo? [t<JT|-
&vSpa]{ 3öXt^ov x«i . . .
* Die Lesung bleibt unsiober; . . . io.i); giebt Olympics Äbicbrift.
414
A. WILHBLII
Der' Agon 'Aico^Xuvuia bat seinen NameD von einem 'AroU<ü—
vio;, auf dessen Kosten oder dem zu Ehren er Statt fand. Für
die Namen *Ap)^Aao;, Nco(iiq3d(, IlpooÖEvr,^ gebe ich zu Z. 1 1 . 7.
14 f. der angeblichen Heläreninschrifl Belege. Seiir auflallig
und, soviel ich weiss, auf griechischem Sprachgebiet bisher
nicht bezeugt, wenn auch sonst bekannt, ist die Assimilation
von fxv zu vv, die, wenn Krispis Abschrift treu ist und niebt
blosses Veraeben des Steinmetzen vorliegt , Y^wamftpxoCyvoc-
vollxogen leigt.
Z. 4 liest Pern ice K&Xi 0l9Tp[e]ti<, nicht ohne ein Pragezei-
eben zuzusetzen; Maass nimmt seine Vermutung, Otorp« sei
Beiname der Aphrodite, auf und verfolgt sie ohne an der Le-
sung zu zweifeln. Sie unterliegt erbeblichen Bedenken. Leider
ist dem Steine selbst, wie es scheint, die Entscheidung nicht,
abzugewinnen. Ganz deutlich sind die ersten neun Buchstaben
der Zeile: dann zeigt der Abklatsch, unmittelbar an Panscblies-
send, erheblich weniger scharf und kleiner als die übrigen Zei-
chen einen -dreieckigen, doch unten offenen Buchstaben, wie A
oder A, denn man kann Spuren eines Querstriches zu finden
glauben; ohne Zwischenraum folgt, deutlich ausgeführt, ein
senkrechter Strich, an den oben zwei etwas schräg gestellte
kurze Linien ansetzen, also ein Y, nur dass dieses sonst nie
in der Inschrift über die Zeile reicbt,oder ein, weil eingezwängt,
etwas entstelltes T. Dann ist Z klar, aber neben dem nächsten
Buchstaben, l.kommen rechts Reste eines getilgten Zeichens wie
K zum Vorscheine. Irrtümliche Schreibungen und nachträg-
liche Verbesserung zeigt die Inschrift auch an zwei anderen
Stellen : in unserer Zeile selbst ist in iXoyiuviv erst für y ein v
eingezeichnet gewesen und noch deutlich sichtbar, und in dem
Namen MeXtvtov lassen sich unter A I N Reste verschriebener
Buchstaben erkennen. Noch an einer tlrillen Stelle, Z. H zu
Anfaiij^ glaube ich zwiselieri E und 0 Ik'ste eines Zeichens wahr-
zunehmen. Jedenfalls steht in dem rätselhaften Gomplexe doi-
ffTp..;an drittletzter Stelle das O, welches die Lesung OiiTpou;
voraussetzt, nicht auf dem Steine. Aber dieser Lesung stehen
auch s^wei an(lere Bedenken entgegen. Erstlich bedürfte der
DIE SOGENANNTE HETAFHENlNSCHHlFT AÜ8 415
merkwürdige Name K6cX^ einer Erklärung; Pernice und Maass
haben über ihn kein Wort verloren. Man fühlt sich andenKj-
nurier Sdelc erinnert, den die bekannte Inschrift ausTegea, so*
letzt in Ditten bergers SyUoge^ Nr. 106 abgedmckt, nennt
(Z. 15); der Name wird su S«tdt)a<, S«tTdlSotc, 2a<xliapo< ge-
stellt (Bechtel-Fick, Griechische Peraonennamen S. ?59). Pfir
einen K&ic indess finde ich keine Brklärang ; in der Zeit, der
die InBcbrift von Faros angehört, darf man durchsichtige
Bildungen erwarten. Zweitens muss ich gestehen, dase mir ffir
UpvK gleich Upiu(, wie Pernice und Maass lesen, der Verweis
auf den arkadischen Dialekt, der solche Formen allerdings
kennt, nicht genügt. Denn sonst ist diese Form, so viel ich
weiss, nicht heseugt ; nur erschlossen ist sie zur Erklärung
des bekannten milesischen Genetive der dann in Ufl«*«
einen neuen Nominativ erzeugt hätte, von Bechtel (Göttingßr
Nachrichten 1886 S. 378. Inschriften des ionischen Dialekte
Nr. 100). Zudem bietet sich für tspiK eine andere Deutung,
auf die, mOndlicher Mitteilung zufolge, auch W. Judeich so-
fort verfallen ist. gleich Upct« ist dem Ionischen gßläufig;
es genügt an die Inschriften Ton Pantikapaion Iiuer, Pont.
Eux. 1 20 (Bechtel, Inschriften des ionischen Dialekte Nr. 1 13.
O. Hoffmann, Griechische Dialekte III S. 67, 148) *ApiaTQvbni
ÄT)tiY)Tpoc Upj) und EphesosC./.6r. 3003 (Le Bas -Waddington
Nr. 166 a, Bechtel Nr. 150) 'AvT«iv{a noO>xP<>^ ^<P>^< Jahreshefte
des österr. Institutes I Beiblatt S. 76 KX«uS(a Tpo^ii^t) itpi) zu
erinnern *. Dann ist nach demsteatlichen Eponymos neben dem
vittKÖpoc auch die Priesterin genannt gewesen,also xol Sotorp..«
bpüc zu lesen; ich vergleiche für die Anreihung mit xal z.B.
die Inschriften Dtitenberger. Sylloge^ Nr. 446 {B, C. H.
1881 S. 408) h AeXfolc olp^ovro« MftvTt« Hat Upeuv Eux>lo<
SIvuvoc, und ebenda 321. Leider aber will es nicht gelingen,
die zwischen xal und {fpii( kenntlichen Zeichen ohne weiteres
in einen annehmbaren Namen zu verwandeln. Die erste Silbe
* 'Itpi; auch Plutarch, An seni 24, Antb. Palat. VII, 733; W. Sobulze,
Qwmiionts epieae ö. 489 und add.
416
A. WILBBLII
Soi und die EnduDg — da der Stein oC( nicht biet^ — wider-
stehen, wie mir scheint, der Deutung, ^lur bevor ich Stein
und Abklateoh sah, durfte ich es ivagen in Soiorp.uc:
TpoC( zu suchen und zu vermuten, dass diese Zurpu die in
Z. 28 der Liste genannte Tochter des viuxopo; Akesis sei. Auch
Namen wie EüaoidxT) ' C./.i4. II 37i?i oder
in dem eine weibliche Bildung denkbar wäre, helfen nicht wei-
ter. So bleibt nur die Vermutung, dass an der Stelle, möglicher
Weise durch die unmittelbar vorhergehenden Silben KEZIOS
veranlasst, eine schwerere Verschreibung vorliegt, die einst
vielleicht einfach durcli Eintrag mit Farbe berichtigt war. ich
▼erkenne nicht, wie peinlich es ist unter solchen Umständen
lu raten; dennoch ist es erlaubt an den Namen 2:«MTpdtTiD su
denken, der den deutlich kenntlichen Schriftseichen sehr nahe
kommt*.
Die Deutung dieser Zeile ist auch ftlr die der ersten Ton
Wichtigkeit. 'EXoyiumv fordert ein Subject. Nach Pernices Le-
sung ist es Kdu OtoTpoO« Up^c ; dies Subject wird durch meine
Lesung beseitigt. Es bleiben nur swei Möglichkeiten: entwe-
der steht das Subject in der ersten Zeile, oder es ist durch die
Namen der Liste gegeben. Freilich erwartete man in diesem
letzteren Falle aunSchst iXdycuffsv, nickt IXoyivmv ; aber da das
Veneichniss nicht etwa durch eine Oberschrift AlU »tX. ein-
geleitet ist, mag die Einzahl erträglich sein. Es ftttgt sich dann,
ob Xoyiuttv nur vom Sammeln Ton Beiträgen ' ftlr den in der
* leb kesne den Stein nicht and es icheint Tcnncsien Köhlers Ahsebrill
aniusweifcin, doch lä^e es nahe statt dieses seltsamen Namens EäMnen su
Termuten; vgl. EuSoiaws C. I. G. Sepl I 983. 3391.
' Eine Form wie ^oiiy^vijc Sutvauti)« 2b>iy(S(ioc und die auf ionischem Ge>
biete allerdings bezeugte Vericfirsung von «m sa «i wftre IBr die Zelt der In-
sohrift attfflllig; auch an 2t]oiotpätT) wage ich nicht zu denken, vgl. W.
Schulze a.a.O. S. 398 und add. Der Name Slotvautr];, den Blass und Schulze
in der grossen Lisle von Kretria 'Eprju. ip/. 1887 8.82 0*. III 180 vermutet
hatten, wird durch die letzte Lesung nicht bestätigt: Stavropuiios giebt
'EfT)|A. äpx.- <895 8. 140 OlWIpT«!»«
s Aoyiub) 'sammeln* Pa|>. Brü, Mus.'2\ Z. 7 oiatt'/)ULivov (oder o(aiTa*(iivoaf )
ZI xai i5 wv IXd-jcucv. Im Sinne von 'einheben, erheben', so auch Xoytta, Xo^iu-
Tijc, «XoY«««) U.S.W, häufig in den Papyri, vgl. flimUrs Pttrie Papyri 11 Ü.
biB HOdBNANNtB ItBtABlllthlNSCHlurT ACS FAROS 41Y
Inschrift genannten Zweck, verslantien werden oder vielleicht
auch das Leisten »»ines Beitrages bezeichnen kann. Jcdcnralls
sclieint mir gegen die Annahme, dass der Veranstalter der
CüUectc in derersten Zeilegenannt war, sowol die lintfernung,
in der Subject und Prädicat stünden, zu sprechen, als der Um-
stand, (lass die erste Zeile in ihrer zweiten Hälfte keine Schrift
zeigt, also als besondere Überschrift behandelt ist. Kreilich
hält es sehr schwer, fui- eine solche Überschrift eine Fassung
zu ersinnen, die dem begrenzten Haume und den sichtbaren
Spuren gerecht wird. In der Zeile standen tiicliL mehr als etwa
zwölf bis dreizehn Buchstaben ; also wäre auch eine Weihe-
formel nur in äusserster Kürze unterzubringen. Ich dachte einst
an Sä)o[Tpoc EiXetOjiYil, wie C. I . G. Sic. 967 T(p a(OTr,pi AiaXt,-
TCiü) i7ä>TTpx y.at ^apisTYipia Ntx,oay;Sy;; larpöi; ; aber um von
anderen naheliegenden Bedenken nlizusehen, die Reste von
Buchstaben, die gegen die Mitte der Zeile zu sichtbar sind,
lassen sich mit dieser Lesung nicht vereinigen und der Baum
reicht nicht. Auch aveÖYixiv mit vorhorp;ehendem Namen ist
ausgeschlossen. Wenigstens möglich schien mir i^w-ifTpiT-n
tipTi ; dann wäre die Priesterin in der Überschrift etwa so ge-
nannt, wie der Tafxiat <rrfaTitt[Ttxdv] £upuxXii3i)( MwUdvot [Kvc
ft<ruu<] C.I.A. II 334.
Für den Nameo der Gottheit, deren Heiligtum, unter der
Obhut eines viuxopo^ und einer Priesterin, mit den in der In-
schrift verzeichneten Beiträgeo Terachönert werden sollte,
sind wir auf Vermutungen angewiesen, die natürlich auf eine
weibliche Gottheit zielen ; die Kpiqviq führt nicht auf Askle-
pioe allein. Der Gedanke, dass wir es wenn nicht mit
127, Athen. Mitth. 1882 8.71 (Michel, Rtcueil Nr. 842) Z. 27, C.LG,
4956 Z. 15. 37 and in der Inschrift ans Pbytlioi Allien. Mitth. 1896 8.64
{D.C.H. 1894 S. 31) Z.6(T. in bisher nicht riclilig ergänztem Salze; vielleicht
auch Inscr. Brit. Mus. 892 Z. 13; ixXoyEjw M.vstpricnin<;clirift aus Andania
Z. 47. Gleich XoYiC«»0«t in dem Steuerlarif von I'almjra, Herines 1884 S.
519 ft( 8ijvzp(ov und spös aooapiov Xoy*'-^^*'» und in der Inschrift aus Amor*
gos: Miebel, tttet$tU Nr. 713 Z. 14, «pofXoxiäfa ebenda Z. 47.
ATBBN. 1IITTHBILDN6BN »III. 98
Aphrodite', Demeter oder Hera^, mit Rileithyia zu thun ha-
ben, liegt nahe, lässt sich aber auf Grund der Inschrift, so
viel ich sehe, nicht beweisen. Mit den erhaltenen Buchslaben-
resten scheint die Lesung '^lOG'j^ixri 'Hpr^t allenfalls zu ver-
einen. Freilich setze ich mich mit solcher Annahme in Wider-
spruch zu der geltenden Auffassung der Inschrift, die seit
Pernice in den Spenderinnen Hetären und Maass geradezu eine
organisirte Kultgenossenschaft der 'A-ppo^^irr, OiiTpu erkannt
bat, den Namen der Ileläreninschrift von Paros trägt, und,
fürchte ich, auch weiterhin tragen wird, selbst wenn es gelin-
gen sollte eine andere Deutung nicht nur als möglich, sondern
als berechtigt zu erweisen. Gegen die herkön)mliche Auffassung
hat, soviel ich weiss, nur \V. Judeich in seinem Artikel Aspa-
sia in Pauly-Wissowas Real- Kncyclopädie II S. 1718 Ein-
spruch erhoben; ihm gilt die Inschrift als 'Katalog eines
Frauenthiasos'.
Auf die Erwähnung der OiaTpu wird sieb jene Meinung nicht
mehr stützen Itönnen, das hoffe ich gezeigt su haben. Aber ist
die Auffassung, dass die in der Liste genannten Frauen He-
tären seien, sonst irgendwie gesichert oder geboten? Nach B.
Ziebarth*^ hat Maass 'erwiesen ', dass der Thiasos zu Ehren
der OiTTpo) 'ausschliesslich aus Hetären bestand'. Maass selbst
bette sich also ausgedrückt (S. 24): 'Von etwa der Hälfte aller
auf dieser Inschrift vorkommenden Frauen Ist ea sicher oder
* Eine noch unverölTenUichte Weiheinschrift an Aphrodite Pandemos
möge hier IMalz linden. Sie sieht auf einem 0,53"' langen, 0,11"' hohen
Stücke weissen Marmors, das in der Nordmauer des KaHeliauses vun Itoav-
vi)c ^mnm6t am Strande des Hafens tod Parikia eingemaaert ist t
|QPKAI«AINISPEItlCTPA
V P I Ol A ♦ P O A I T E I P A N A H
BSi|v]«tp? mI ^ftmvU IIcMi«Tpäl[TO«
Niojüpiot 'Afpofit'iit IIc«8i{[(xu>i.
3 Hera und Demeter nennt die im 'A^iivawv V S. 15 mitgeteilte Weiiie-
inscbrifl.
* Das grieohisolie Vereinswesen 8. 44.
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DIE SOGENANNTE HBTAKttBNINSCHAIFT AUS PAROS 419
doch wahrscheinlich, dass sie Helaren waren ^ Für die ttbrigen
iflt dann das Gleiche einfach vorauszoseUen*.
Den Beweis fand Maass (nicht ohne zu bemerken, dass sich
seine Auffassung nicht allein auf ihre Form stütze) zunächst
in den Namen. Zwar giebt er zu, dass 'Kosenamen auf »tStov
oder -lov oder ähnlich an sieh auch Wesen bezeichnen können,
deren Anstand igiceit wir anzuzweifeln nicht das Hecht haben*.
Aber *die neutralen Formen sind wie bekannt vor allem für
Hetären beliebt'. Und solcher Namen finden sich, nach Maass,
der Pernloes Lesung folgt« seehs, nach meiner Lesung acht in
der Liste: Mwqoiov, MiXtvtov, Mx\9tov (dreimal), &Utw (swei-
roal), *Havx(ov.
Ich sehe ab von der Thatsache« dass sachliche Bezeichnun-
gen für weibliche Weaen in der griechischen Namengebung
ganz gewöhnlich sind*. Aber die verbreitete Meinung, die
Verkleinerungsnamen auf -fo« gehörten vorzugsweise Hetären
an — selbst die bekannte Korallion 'AyötOMvoc yu^vi entgeht dem
Verdachte nicht' — .scheint mir ein unbegründetes Vorurteil.
Von den berühmten Hetären, die Athenaeus XIII Ö67a bis
599 e nennt,führen allerdings dreizehn solche Namen : ^vtov,
N^vtov*, Aoiv&^tov, Muprtov^, rvfltO«fvtov, FXuxipto«, K«>X{«tiov,
6auaicpiov, AtovTtov*, STttyovtov^, NocwAptov, Si<TU(A6pcov^, Na6-
' Auch H. Herzog, Pliilologus 1897 S. 50 galten die Namen unserer In-
schrift, uligleicli sie 'sieh nicht auf semitisebe lurfiekführen lassen*, doch
als Hctärciinaincn.
* £o6apov als 'mit Apbaeresis aus 'Io<i6apov hervorgegaageu' zu erklären,
war J.Baonack vorbehalten {Gr,D,L II Nr. 1802). Über dieses von Baunack
bevorzugte Princip der Namendeutung Tgl. Beohlel in Beiaenbergers Bei-
trigen XX S. 243.
* C.LA, II 3871, AUische Urabreliefs I Nr. 411, Comic de Müuy. Uttres
Qthiniuaui 8. S3.
* 47. i. Ä, U mebrfaeh, <7. /. i. III 3296.
» Vgl. W. Schulze. Gott. Gel. Anz. 1897 8. 876.
* Acovtiov 'K/iaOs'vou OuYaTr.p KXtdoü OaXXTiv/w; yuvij C. I. .1. II 2433. Wird
man ihren Nauieu lür 'überseUl' halten (Philologus 1897 3. 49)?
t O.LA, III 2920 'Apx- AtXtfov 1888 8. 96. 0. /. G. Stpt, 1 4217.
* Vgl.SMv|A6p5$ und Siau(i.Sptaxo« Heroodas II, 76, dasn Crasius, Unter-
suchungen zu Herondas S.46; Bechlel. Die einslänimigcn inäunlichen Per-
sonennamen des Griocbiscben, die aus Spitznamen bervurgegaogen sind
420 WxlbblK
«lov*, Aber ihnen elehen in jener Liste ttber hundert anders
gebildete Namen gegenüber. Möglich, wird man mir entgeg-
nen, dass den gefeierten Prtesterinnen der Liebe, die Athe.
naeus nennt, gewiUiltere Namen eigneten ala den gewöhnlichen
Vertreterinnen der Gattung, die für una veraehoUen sind: eine
besondere Bevorzugung der Namen auf «tov in diesem Stande
wird mindestens durch Alhenaeus IpuTixo; xaTaXoyo^ nicht er-
wiesen. Und spielen in Lukians 'ETatpocol StaXoyot die be-
kannten rXuxtptov, KXuvÄpiov, Ku(A.6iXiov, MaytSiov, Mouaicptov,
MupTiov, <i>iXyi(A4:Tioy, XiXiSoviov eine Rolle, so lässt sich anderer-
seits zeigen, dass solche angeblich schon ihrer Bildung nach
bedenkliche Namen keineswegs etwa auf die niedere Ciasse
beschränkt, sondern auch, und niehl ei st zur Zeil unserer In-
soliril't, in der gut bürgerlichen Gesellscitatt üblich gewesen
sind. In der Thal lag an sich kein Grund vor.es mit den Na-
men auf -io> anders zu halten als mit den zaiilreiciien übrigen
Koseformen, weiche sich die Sprueiie zur zärtlichen Bezeich-
nung des Weibes geschatVcn halle. Ich verfüge, um die Na-
mengel)ung in dieser Hinsieht zu verfolgen, im Augenblicke
über keine ausreiclienden Sammlungen aus den altischen
Inschriften, da ihre Masse erst auf Grund sorgsamer Son-
drrung nach den Zeiten und nach Herkunft und Stand der
Personen ein statistischer Bearbeitung zugängliches Material
darstellen würde ; so sehe ich mich fiir meine Beobachtungen
vorläufig auf einige Listen, die uns zum (Jlüeke erhalten sind,
und die Indices angewiesen, lüin Blick auf die vier Bruchstücke,
die uns von Verzeichnissen der sogenannten Krgaslinen vorlie-
gen: C./.i4. II 956 2. 957. 957 b (ac^^. s. 538). IV.2 477 d',
(Abhandlungen der göuinger Gesellschaft der Wissenschaften N. F. II 2,
1898) 8. 76.
* Athen. XIII 587 f. Man bat ändern wollen; K«ibei;sch]ägt'HXiS9iov, Mu-
sums Nccvvtov vor. Aber Nauitov ist iiiclit zu beanstanden; zum Übefflusse
siebt C.I. A. II 3828 auf lieui Sluine Naüitov £(»äv8f>ou OuyaTi|p.
* Diese Liste gehört, wie die BeschafTenbelt des SteinM und die Sdirift
erweisen, zu dem Psepbisiiia II «77. Das BrachstOeli II 957 b ist mir leider
noch nicht zu Gesichte gekommen.
* Die letzten Zeilen dieses Fsepliisuia habe ich Arch.-epigr. Millb. aus
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OIB 800BNANNTS HSTA£R£MN8CUaiFT AUS FAROS 4SI
geiiögt,ttin fesizustelleD.dass um das Jahr 100 vor Gh., von dem
die Zeit der losehrift vod Paros Dicht allzuweit abliegen durfte,
die hocbadligen Häuser Athens ihre Tdchter ohne Bedenken
mit Namen auf -lov beschenkten. Erhalten oder kenntlich sind
in der vollständigsten Liste IV, 9, 477 d im Ganzen SS Namen,
darunter findet sieh verstümmelt ein Name auf -tov oder -ov.
In dem BruchstQeke 956 begegnen neben 39 snders gebildeten
Namen vier auf -tov : AAjuiov, *Axc9Ttov, Ildbptev, Miwuov, in 957
neben sechs anders gebildeten wieder Ifixxiov und Ili^ov. End-
lich ist in 957 b, während die Endungen aller flbrigen Namen
verstOmmclt sind, wenigstens ein 'Epc&Ttov sicher. Für s|;^tere
Zeit genOgt es an AttpUSiov, Tochter der KaJ^dtutn Mn^ttov ('E^vifx.
apx. 1897 S. 18, C, L A. III 341. 344), die Athenapriesterin
*A({qvtov {CJ.A, III 61.S82.d68),dieeleusini8chen Priesterinnen
Xipiov Tochter des Atov^Svio« MetpaOi&vto« ('E^vifx. i^-^. 1895 S.
lOS) andKXotvS<« TeiTi$cptov {CJ.A, III S 18) zu erinnern. Auch
in diesen ersten Kreisen Athens unterlag also dieNamengebung
der Mode: denn fOr die beste Zeit hat U. v. Wilamowits (Ari-
stoteles uod Athen II S. 178) festgestellt, dass *wenn auch im
Allgemeinen die Namengebung die Frauen sehr viel mehr wie
Skhiven behandelt, Kosenamen natQrltch bei ihnen verbreite-
ter und nicht immer von den eigentlichen Spitznamen zu tren-
nen sind, die bObere attische und demgemäss im fünften
Jahrhundert die ganze gut bürgerliche Gesellschaft darauf aus
ist, Männern und Frauen volle Namen zu geben'. Recht zahl-
reich sind Namen auf -tov schon in der, yv'ie man annehmen
darf, gemischten Gesellschaft vertreten, die uns die Urkunden
Österreich 1897 S. 6S hergestellt. Unter den Brgaitinen der Ptolemals erw
sclieint Z. 43 Mv>)9u) 'AoxXijiciaSo-j BEp(v:x:Sou. Ks ist noch nicht herncrkt wor-
den, dass wir ihren Grabstein C.l.A. III Iti.Ti .Mvr,at;i 'AixXTjntäSou Bisjvixtoou
tuY^'^IPi und den ihrer Mutter, der ebenialls lulscblicb in den dritten Teil
des C.l.A. gewandert bt, neeh bedtien: 0,LA. III 1705 Mvi]oö> KpiToSi(|uu
8*pisiM ^vfiv^ 'AoxXiiiaiSM* Biptvixftwi yuvi|. Diese Orabsiule ist, was das
Corpus nicht erwähnt, mit dem Priesterschlüssel in Relief givierl; vfil. H.
Diels, Parmcnides Lehrgedicht S. 123 (T Wie die Mutter Priesteriu der
Alhena (vgl. Plutarcii Numa 9), war die Tochter Ergasline.
4»
A. WILBBLM
de« l^iTaTaöc der Weihegaben an Asklepios C. I. A. II 835,
nach Köhler aus dein Rnde des vierten, und II B36. aus der
zweiten Hiilfle des dritten Jahrhunderts, vorfuliren. Icli linde
in ersterer Inschrift fol;^'ende Namen auf-iov; Aia/piov, IlSj-
T<.ov,KaX).iiTiov, Mxy.azp'.ov Mn5iov(Z..^Ü und vollständiger Z. 33
MiiXtov i''Xauxi7rxov Ko».'jTta); yjvr; genannt. Vgl. II 808 C. 1ü^.
8ü9d.242),Xla{piov «. Viel zahlreicher sind sie II 836: AiT/ptov,
'ApiaTtov, Boii^'.ov, rX'jxtptov, 'llSvAiov, 'HSutiov, BfaiTTiov, KaAXi-
OTiov, AatjAiSiOv, MaX8icx,iov, Mxaaipiov, Miriov, Mei^tov, Mö5iov
(vgl II 322-2, M'jiSiov II 3981 ), Nixiov, Niwtov, Nixxmov. 04-
piov, X'.{jLixiov, 4>iXixiov, 4>iXiTtov, 4>iXT&Tioy, Xp'jTiov ; mehrere
dieser Namen sind nachweislich von Töchtern und Frauen al-
tischer Bürger geführt worden. Um in niedrige Kreise hinab
zu steigen, habe ich auch die Verzeichnisse der ^liXai i^eXtu-
eipi)cat CIA. II 768-776; add. S.512, 776 b; IV, 2. 768 b-
776c hereingezogen, aber nur OapOiviov und Xpuaiov unter den
Namen der Freigelassenen gefunden; von den Mitglieder- Ver-
zeichnissen der tpavoi, 8ta«oi u.s.w. sehe ich ab, da für Maass
Weiber, die 'an einem sonst nur von Männern' gebildeten
Vereine Teil nehmen, von vornherein als Hetären verdächtig
Bind*. Lobrreicher sind die deiphiacheo Freiiaasungsurkuodeo;
* So ergänze ich Z. .51 nacli C. I. \.\\ 2461 Xaipiov Sw^JXou neipai^oi; Ouva-
ti)p. Bei manchen der in dieseo Listea begegnendea Namen ma^ man
iweifeln, ob sie einen Mann oder ein Weib beielchnen. Ntiuwtw» z. B. 836
Z. tfl fasst der Bearbeiter des Index als m&nnlich ; aber es liann aucit
Fratteoname sein wie C.I .G. StpL III f, t94,<yr./)./. SI80. Ebenso stobt es
bei ©ift^ffTiov, iJiXranov u a.
* Maass gelil auclt hier viel zu weil. Wenn ihm die Prieslerin rXauxov(7././l.
II 619 Hetire gewesen susein scheint, so ist nicht absusehen, «anim sich
ihr niclit Kratcia II 622. OnasoII 623, und die Priesterinnen der Insehriflcn
II 624,627, IV 2, 618 1) anschliessen. Dem Verdachte, den Maass gegen die II
687 genannten Krauen'Hau/J«, 'EpwiU.AiOipiov ausspricht, werden dann auch
KaUÜetiov, A(ipxiov,Ko}i4'i), wi|ixX>],Mi)X'i{ IV 2, 618 b nicht entgehen, ebenso
wenig die 21 Frauen, die eine ebenfalls vor dem Dip^lon gefundene noch
unverolTentlichte Li.ste der Orgconcn der Güttin i wahrscheinlich der Arte-
mis) im Anschlüsse an ein Psej)liisma nennt, oder die lange Reihe von
Frauen, welche die vua mir Athen. Mitth. IHi^Ü S. 438 herausgegebene In-
schrift der Branisten von Gbalandri aulUblt. Nebenbei , auch G. /. A. III
219. 220 scheinen mir Donltniiler von Vereinen.
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DIB &06ENANNTB HETABRENIN8CHRIFT AUS FAROS
423
80 vrnig seltenbei Sciavinnen Namen auf -rav sind, so sind
sie doch, und vielfach ganz dieselben Namen, auch für die
freilassenden Bürgerfrauen nachweislich. Ich habe mir aus
Baunacks Sammlung G.D.I. II 1683-'234-2 'Ayviotov, A{vq«tov,
'ApioTtov, 'Ap.6pÖ9tov, 'Epariov, Aipiov', Si:v6tov, als Namen von
Preilasserinnen bei flüchtiger Durchsicht angemerkt,und glaube
nicht, dass diese langen Reihen von Inschriften für meinen
Zweck mehr als eine solclie lohnen. Denn trotz ihrer Masse ge-
ben sie uns über die Namengebung, wie sie zu gewisser Zeit
in bürgerlichen Kreisen üblich war, keine statistisch unmittel-
bar brauchbare Auskunft.
Zum Glücke sind uns aber Inschriften erhalten, die uns die
weibliche bürgerliche Gesellschaft einer begrenzten Ortlichkeit
und einer bestimmten Zeit wenigstens in gewisser Vollständig*
keik vorfahren. Unter diesen Inschriften steht obenan die grosse
Urkunde aus Halasaroa auf Kos, nach O. Rayet yon Paton
und Hicks, Inscriptions of Cos Nr. 368 veröffentlicht, wieder
abgedruckt Gr. D, /. 3706, nach B. Preuner, Hermes 1894
S. 540 etwas älter als die in den Anfang des zweiten Jabr^
bunderts vor Chr. zu setzende Bettragsliste Inscriptions of
Cos Nr. 10. Sie verzeichnet, wie das zugehörig» Psephisma //i-
seriptionsof Cos Nr.d67. Gr, DJ, 3705 anordnet, tou« (utI^ov-
T«< To5 ttpoS,und zwar gemäss der Meldung bei Jedem to S«o|i«
«ftTputorl wA TSV fuXa'w xetl tS( (laxpo^ t6 SvO|ul xoU tIvo^ tAv
«oXitAv ^MTfixnf AieaLp^et. In dieser Liste finden sich folgende
30 Frauen mit Namen auf -tov gegenüber H5,die anders ge«
bildete Namen tragen: 'Ayvimov, 'ApATiov(2), *Apf«Tio«(2), IVA*
Oiov, 6c|fc{«Tiov, KXtCTtov, KpoiTtwtov, AbtpLKiov (3), Mtw&ptov, Nixd»
Ttov (4^ ntoiov,Tii9tov und ein nicht zu er^nzender Name. Et-
was junger ist die Liste von Kalymnos, veröffentlicht B*C,H,
1884 S. :29, besprochen von Paton, Inscriptions of Cos S.
353, zuletzt abgedruckt Gr.D.I, 3593, welche die Teilnehmer
am Kulte, wie man meint, des Apollon Dalios verzeichnet. Ich
< Vgl. H. Pomiow. PbitologM 1899 8. 60.
424 A. WILHBUf
entnehme ihr fblfsende Namen ton Frauen und Jungfrauen auf
-to«: Atv:q«ov,*Ap(aTtov,EC«iov/Bp|Aiov, KXitrtov (3), Ai{iictov(S),
*0«Aatov, IldLoMv, M«{Oiov; diesen 12 stehen nur 34 anders
gebildete Namen gegenQber.
Aus diesen Zusammenstellungen ergibt sich, dase das Vor-
kommen von acht Namen auf -tov unter den fanfundsechszig
Namen, welche die Lisle von Faros bietet, für die Vermutung,
die aufgezahlten Frauenzimmer seien Hetären, nicht geltend
gemacht werden darf.
Aber Maass glaubt nachweisen zu können, dass von den Na-
men der Liste 'viele, sicherlich aber nicht alle Spitznamen
gewesen sein mOssen'. Finden wir, nicht nur dreimal, wie
Maass glaubte, sondern gar fünfmal 'Aaira9(oi (Z. 8, 9, 22,
24, 26), so hat *gewls8 die berahmteste alier griechischen He-
tären, die milesische Freundin des Perikles, ihren Namen her-
gegeben*. *ist das richtig, so führen die Aspasien der Inschrift
nicht ihre wirklichen, einst bei der Geburt verliehenen Namen,
sondern Spitznamen'^ Ich kann mich dieser A ufTassung, wenn
auchU. V. W ilamowitz für sie gegen W. Judeich lebhaft einge-
treten ist ^, nicht anschliessen. Nicht weniger als viermal kehrt
in der Liste der Name TiaapeTn, nicht wt niger als je dreimal
EpaaiTTTCTO, ZwaijXTj, MiXÖiov, flptoTtü. je zweimal 'AyXaic, Eia-.ov,
MuXXU, IlaiSapyj? wieder. Beweist das mehr, als dass diese Na-
men, und. wie es vielleicht bloss zufällig scheint. 'Acizxnix vor
anderen, in Paros zur Zeit unserer Inschrift sich ganz beson-
•lerer Gunst erfreuten ? Wir wissen doch, wie sehr auch bei uns
die Namengebung je nach Zeit und Ort und Stand weci)selnder
iMode unterliegt. Dass, wenn in Athen keine anständige F'rau
Aspasia hiess, man in lonien mit dem Namen nicht so strenge
war, sagt v. Wilamowitz selbst, und es fehlt nicht an un-
verdächtigen Beispielen für diesen Namen'.
< Oder WablnAmen.
* In seiner Besprechung der ChMtotu d$ BiUtis, OolUngiscbe gel. Aiu.
1«96 S. 62.}; vgl. Aristoteles und Athen I S. 263, II S. 99.
' Jttdeicb ia Pauljr-Wissowas Iical-Eitc;cIopädie II S. 171B. Unier den
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DIE SOOENANNTb HETAEHBMNSCHHlFT AUS PAHOS
425
*SodaDii eracheineo redende Namen wie 'Ankm, 'EvSutu
(=iv)uTOf6poc), 'OfAiXia (vielleicht sogar vom gescblecbtlichen
Verkehr gemeint) und Maxu, falle dieee Bildung zu oi'ka.xö-
\wAo^ < und nicht zu einem anderen Compositum Kurzform ist*.
Von diesen 'redenden* Namen ist einer in meinem Text
nicht mehr ao finden: *BvWiii. Ich hatte mir unter 'Bv^utu,
vollends mit Maass Erklärung, nie etwas denken können : so
hatte ich Pernices, auch aus anderen Gründen anstössige Le-
sung Z. 14 M&XOtov ^iXo 'Ev^uTÄ repyou i' langst berichtigt,
bevor ich Mvru auf dem Steine fand. Ein zweiter Name, 4t«
Xfluu», beweist nicht, was er beweisen soll ; eine Bttrgersfrao
auf Kalymnos,deren Ehrbarkeit zu bezweifeln kein Grund vor-
liegt, führt ihn Gr. D. f. 3593,31 und Ma^tov begegnet auch
C.LA. II 836.
*Anixyi und *0|ulk mögen, namentlich letzterer Name, zu-
nächst verfänglich scheinen. Aber 'Aicxtd findet sich auch
sonst ab Prauenname: 'A. Sco^fou MiXti«!« CJ.Ä. III 2593,
'A. 'EirocnimSe« CJ.G. 2143c, TipiXXavi) *A. 2259, Kwfin'A.
Athen. Mitth. 1886 S. 125. Und *0(ta(ft kann ich mindestens
in der Grabschrifl CLA, II 2259: 'Oftata '0(uXou *Hpae>aiA-
"^(6 (vgl.*0|&iXoc II 444. 445) nicht verdächtig finden; LG.Ins,
1 493 entgeht die *OffttX<« K«6iXi««« allerdings nicht dem Arg-
wohn des Herausgebers. *0(uXt« *A»oXX«*viou HuXui^ift s. im
von ihm beigcbrai hten Zeugnissen verdient die ürabscbrifl aus Cbios /.G. J .
382 wdrUlcbe Anführung:
«vtji iR<ori)sty TO ]c«pdxoiTt( (i)v.
* leh halte die Ableitung des Koeenamens ^tM» von fiXcnAmto« für ver-
fehlt, will aber nicht versäumen, für äxoXouOttv einen Beleg beizubringen,
der an sich von Interesse ist. Im M^moires de la socUti des anliquaires de
France 1877 S. 85 bat L. Heuzcy das Thonmodell eines Schuhes, aus Unter«
ägypten stamniend, verölTentUcbt, dessen Sohle durch Andeutung von Nä-
geln die Iniefarift AKOAOVei trigt, und sur Brlillning auf deniMis Alex.
PaedagOg. XI,lt verwiMen: noXXal Si xat ipwtixout imav^oui iyy^apixtouvi^
auToTc ( nämlich toT; xatTüiAsatv), liQ Saode ab^edrücid, forderte 419 li|so|}rif(
aui, der iielare lu folgen.
A. WILHBLM
AiUiov ip/. 1890 S. 82.6; eine Sklavin C I G. Sept. Hi 36.
Doch Maass glaubt aiinli 'von zwei in diesem Denknnal auf-
tretenden Personen nachweisen' zu können, 'dass ihre Namen
zu anderer Zeil und in anderer Gegend Hetären eigentümlich
gewesen sind'. Statt der augenscheinlich verderl)ten Namen Ain-
vaiToxudTo? "AiTsa stellt nämlich Maass in dem Hetärenverzeich-
nisse bei Athenaeus XIII :)83 e ATjva-ü) KXioTcirpa her und
findet beide Namen in der Liste von Paros wieder (Z. 18 und
19). Das Zusammentreffen genügt zur Behauptung: 'also wa-
ren diese Namen unter den Hetären mindestens seit dem drit-
ten Jahrhundert als Spitznamen ganz gebräuchlich'. Selbst
wenn in unserer Inschrift der Name Z. 18. Aetvaio nach Per-
nice. wirklich Ainvaia) wäre, fände ich diesen Namen an sich
nicht bedenklicher als z. h. Ar.vai; ' und andere; aber es steht
gar nicht Aiivatw da — auch wäre die Schreibung £i für n recht
auffällig — , sondern KlXuvapw. eine Kurzform zu KXeiva-
pe'TT} : es trifft sich hübsch, dass gerade Tt|iapa) statt Ti(AapiTTn
für Paros durch den Stein C.I.G. Vi 1 1 LeBas21 18 bezeugt ist.
Also bliebe von dem Hetärenpaar nur K)*EorxTpx übrig. Maass
vermutet, dass für diesen 'Spitznamen' die sagenberühmte
Rleopatra , Meleagers scliöne Gattin, das Namenvorbild ge-
liehen habe. Die Indices zu C.I.A. II. iV,2. III weisen nicht
weniger als sechszehn Kleopatren , zum Teil verheiratete
Frauen, auf, und wie viele unbescholtene Frauen und Mäd-
chen, die für uns namenlos verschollen sind, mögen densel-
ben Namen getragen haben. Wird man ihnen die Ehrsamkeit
allen abstreiten, weil, erst nach Maass Conjectur, Athenaeus
eine Hetäre Kleopatra nenot? Wird eio Name dadurch, dass
ihn einst zufällig ein Frauenzimmer trug, das als Hetäre sein
Glück machte uod deshalb auch uns bekaaiiti8t«scbooiumHe-
« AiiMdci. B. O.I.A. llSm.
' Die umgekehrte Vcrwcctiselung liabe ich seiner Zeit irrig in der Inschrift
von Ilion, Schlieinann, Ilion S. 7Üi Z. 3 'EpyoipiXov ratpöj ot5 ypin(i«TtaC»i an-
geDommeQ; W. Schulze liest Gott. gel. Anz. 1897 S. 894 richtiger xpn-
|MTfaCi|. Dan auf dem Steine sellwt «S &v xpni^^Kü steht, erfahre ich darcb
AUIred Brückner.
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DIE SOOBNANNTB HBTABRBNINSCHRIfT AU8 PAH08 4t7
tarennamen ? Zwisehen den eigeotlicben HelSreniiaRien,Wahl-
und Tolleods SptUnamen wie üiicXivvi, A(Sp«)^fAov, KXt<)>vSpa*
u. B. w. und den Namen, die jedes Mädchen erhalten konnte«
also auch eines, das dann Hetäre ward, besteht denn doch
ein Unterschied.
Aber auch auf andere Namen hat Maass, wie mir scheint,
mit Unrecht, in diesem Zusammenhan§;e Gewicht gelegt. Dass
*Ay>«U (und 'Qpa(«) *die Schönheit der Gestalt Jedenfalls im
Namen trägt*, macht sie unbefangener Beurteilung nicht ver-
dächtig; (IpttTw, die 'sogar' einen Nereidennamen fdhrt', hat
auf Faros auch weitere Namensschwestern au&u weisen, wie
ich zu Z. 11 seige. ^puvic Z. 90 erinnert allerdings bedenklich
an die berflhmte Phryne. Ein glQcklicher Zufiill hat uns aber
durch Gyriacus folgende Inschrift aus Faros erhallen [B.C. ff.
1877 S. 134):
Ktiq«Mv 'Api9TOf(i&vT0( xai ^puvlf'
Ist es angesichts dieser Inschrift noch erlaubt, die 4>p'jvl; der
Lisle — vielleicht ist sie geradezu Klesons Prau — zur Hetäre
zu machen? Mahnt dies Zusammentreffen nicht auch zur Vor-
sicht in der Beurteilung anderer Namen ^?
Einer Reihe von Prauennamen ist in der Lisle kein Vater-
name beigegeben; es sind, von Z ab. -xp^xy;, Zbiniun,
'AyXal?, rXuKtvva, -a-rpo^tva, KXtordtTpx, Zwiuj/r, ?. Ilp(i>Tfa), -iia.
In (lieser Sphäre, sagt Maass, sei das schwerlich Zufall; diese
Hetären seien incerto patre geboren. Aber können diese
* Vgl. P. Kretschmer, Vaseninsciiiiflen S. 209 Alben. XIIl 590 f. 567 d.
> Aber Hesiod Tbeo^. 843 seUt W.Sebulie, QummUoms epieat B. 585 mit
Reiz nXcdTu für npo»T(ö ein. vgl. P. Kretsebmer, VaseDineebrifleo 8. 202.
* 4»puvt3« Cyriacus Abschrifl.
* Stünde MiOüXXiov la der Liste vuu FaioH, di-r Name enlgiengc .scbwer-
licb derNaebrede. IfiMXXiov Biorloi» Hvpnab» 'll^iit-xfov Aitnwvoiw« xuv?) auf
einem Torromiscben Grab.slein 'Bfiiin. dipx* ^893 8. 171 Nr. 4; ihr Ifaim
'Hyijia/o; Aiuxovocuf in der (.'rossen Lisle aus dem Jahre des Archoii Hrr-
mogeues C.I.Ä. II 983 138. über MiOwXXoc u.s.w. Beobtel,8piUnaaien 8.61.
4t8 A. WILHELH
Praaen nicht auch Fremde, Preijj^lassene, meinetwegen selbst
Sklavinnen sein? Alle insgesamt auf die lluld der Göttin, sei
es Aphrodite oder Demeter, sei es Eileitbyia, angewiesen,
konnten sie sieh nielu,su Dank fär die Vergangenheit und Für*
bitte Air die Zukunft, bei einer Sammlung au frommem Zwe-
cke vereint finden? Seltsam zudem, dass gerade die fttnf Aspa-
sien, Yon denen man sagt, sie seien von ihren Eltern bei der
Geburt schwerlich mit diesem Namen begrüsst worden, nicbt
««dbTopK, sondern sämtlich mit Vätern ausgestattet sind. Zudem
bleibe nicht unerwähnt, dass s. B. auf athenischen Schataver»
zeichnissen dieselben Bürgerfrauen hie und da mit einfachem
Namen, hie und da mit Namen des Vaters und des Gatten er-
scheinen : könnte nicbt ebenso ( ich will es nicht behaupten )
auch in der Liste von Faros der eine oder andere Vatemame
unterdrückt sein?
Selir richtig hebtMaass hervor.die nachweisliche Beziehung,
in welcher Valernatne und Tochtername hinsichtlich ihrer
Bedeutung stehen', verhindere bei einer Anzahl von Frauen-
namen unserer Inschrift 'die helärenhafte Eigenheit' anzuer-
kennen. So sind UvjTüj E'javöpo'j, Ttp-apeTYi TiaT,<jiou, 'Ap)^i; 'Ap-
y«Tijxou, IlaTpofpiXa •I>rAwvoi, IlxtSxpyt; 'Apyiou, StoTpw 'Axi'iio?
vor dem Verdachte von W'ahlnanion geschützt. Auch dass
wir 'allen Grund iiaben. in den \'iit(M-n parische Ivingesessene
zu sehen' erkennt Maass auf Grund von Pernices Nachweisen
bereitwillig an. Ich glaube diese nicht nur vermehren. sondern
auch wahrscheinlich machen zu können, dass wenigstens ei-
nige von den in der Liste genannten Krauen auf anderen pari-
schen Steinen, anscheinend in bester Gesellschaft, wiederkehren.
Über die soeben erwähnte <I>p'jvi; werde ich noch zu sprechen
haben; unsere IIc^wtÖ) '.•\'X)ci(o'j oder wie immer) Z. 5'» finde
ich wieder auf der durch Prokesch bekannleo loscbrifl C.i.G.
2413 {in sacello EUut/icrinno)
RPßTßAAKl nPOZOENOY
( Vgl. W. ScholM, Quaetiiimn «pieM 8.23 add., Usen^r, G9ttemamfln
9, 36?; Vechtel, Spitium^a 8^ S i|. s.
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blE SOGENANNTE HETASilBNlNSCttRll'T AÜS t>AROS 4^^
g^anz unsicher lileibl allerdings, ob man 'Ap«dXv) Ilpoadevou
Z. 15 zu der auf dem Steine C.I.G. 2398 b genannten -«(Xiq
npo96<vou in Beziehung bringen darf.
Um zu scliliessen: Maass hatte behnuptet.von etwa der Hälfle
aller auf der Inschrift vorkommenden Frauen sei es sicher oder
doch wahrscheinlich, dass sie Hetären waren, und von den
übrigen, da sich ehrbare Frauen und Gassendirnen nicht an
derselben religiösen Stiftung gemeinsam beteiligt haben wQr^
den» das Gleiche einfach vorauszusetzen. Bei eingehender Un-
tersuchung auf Grund berichtigter Lesung stellt sich Tielmehr
heraus: Von keiner einzigen der Frauen der Liste kann es mit
unseren Mitteln erwiesen werden, dass sie Hetäre war. Der
Schluss von Einzelnen auf Alle ist bei dem Anlasset um den
es sich handelt, Oberhaupt nicht zutreffend, und träfe er zu,
so bewiese er nicht für,sondem gegen Maass. Denn von nicht
ganz wenigen Frauen wird selbst von dem Vertreter der Hypo-
these, die ich bekämpfe.zug^ben, dass sie völlig unbedenk-
liche Namen, keinesfalls Wablnamen des Gewerbes tragen ;
andere sind mit Wahrscheinlichkeit in unverdächtiger Um-
gebung nachzuweisen , und flberblickt man die Beziehun-
gen , die sich in der Namengebung zu anderen parischen
Inschriften aufzeigen lassen, so gewinnt man zunächst den
Eindruck, durch unsere Liste nicht etwa in die Terrnfenen
Häuser und einen 0ia9oi; der Oi'vTpu. sondern in die gut bürger-
liche Gesellschaft von Paros geführt zu sein ; finden sich viel-
leichtauch Angehörige niedriger Kreise und Nichtbürgerinnen,
so darf das nicht Wunder nehmen.
Die Annahme, dass die in der Liste genannten Spenderin-
nen einen Verein gebildet hätten, scheint mir unbewiesen und
unbeweisbar. Dass Neokoros und Priesterin als Vorstände des
Heiligtums in der Überschrift genannt sind, in dem Verzeich-
nisse der Beiträge, die der HerriciiLung eben dieses Heiligtums
zu Gute kommen sollten, ist auch ohne Voraussetzung irgend
einer Organisation durchaus nalüilicli : wäre eine solche vor-
handen gewesen, so würde eine üLisdnickliclK! Lrvvälinung
schwerlich fehlen. Um bei einer Sammlung zu frommem Zweclie
m
A. VrtMMBlM
Zu Bechtel- Pick's Griechischen Personennamen ist MuWl;
( si!hon dui'ch die in der Kirche "Avio; NiKoXao? zu \'olo ver-
mauerte Grabschrift, lleuzey, Mace'doine S. 4^.' Nr. 189
MAXi; 0ioicpiTO'j yuvh bekannt) wie M'jXXtov C. I. A. II 3982
und MuXXaoov II 2596 nachzulra^^en ; MuXXo; B. C. II. 1879
S. 76,6 in don Listen aus Thasos u. s., dazu M/AXea;, MuX.-
Xivxi;' vgl. Bechtel, Spitznamen S. 30. Sicher unrichtig ver-
mutet Franz in dem Verzeichnisse der lleraprieslcrinnen von
K^rene C. l. 0. 5143 Z. 1 1 M^uXa[Tla) AOcto;; die Abschriften
geben I A Y A I a und o I A Y A B O, also ^<kttL^} vgl. 4>iXrö$a-
jxo; I G. Ins. III 3i.
Z. 10. ^iXtadK ist mir, erinnere ich mich recht, sonst nicht
begegnet. Voo dem drittea und vierten Bucbetaben des Na-
mens zeigt der Abklatsch nur Bchwache Spuren.
Z. 11. Der Name EpxdiTczYi.noch zweimal in der Liste ver»
treten, scheint auf Paros beliebt gewesen zu sein; er findet sich
noch in der *A6qv«iov V S. 15 herausgegebenen Weiheio-
zebrift ( ^Epa^inicv] 8pdl««»vo«),'Ep««tföv auch in einer noch un-
veröRentlichten Inschrift.
Auch der Vatername *ApxlXaio( ist sonst bezeugt. 'AOnvatov
V S. k% ist die Weiheinschrift veröfTentlicht :
und S. 43 die Grabschrift dieser Prau und ihres Mannes :
nau 'Apx<Xiov B, C. H, 1877 S. 135. Als £px«iv in der S.
413 mitgeteilten Inschrift.
* Blinkenbcrgs Lesung der Qrabschrin aus Erelria MuXXiva« StwaXof
(Eri'irisk<- r.rarskrifler I69|, die Üecbtel anzweiMl, wird durch meine Ab*
schrill buslaUgt.
Biotppoiv 6pdE<T<üvo;
rriv YuvaCxa FIpuTÜ
*ApxiXäou
rifWToOi
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DfB SOOBNANNTB RBTABRBNimCttRIFT AVB »ABOB 488
In dem Namen MeXtviov, den ich wie MtXiwa Gr. D.I. 3534.
C I.A. II 1434, MeW CIA. II 1868, MAmov C.I.G. 3521,
3953 b, IG. Ins. III 388 in den Griechischen Personennamen
nicht verzeichnet finde, sind zwischen AIN verschriebene
Buchslaben deutlich sichtbar Als Valernamen las Pernice
Mvir;'JiO(eo>j), aber der ielzle liuchslabe ist sicherlich E; also glaube
ich mich berechtigt, den Paros eigentumlichen Namen Mvy5-
9uiDn( zu ergänzen Der durch seine Heliefs und Inschriften
merkwürdige Sarkophag, über den B.C.H. 188Ü S. 285 und
ausführlich von E. Löwy in den Arch.-epigr. Milth. XI S. 116
berichtet ist, nennt Mvt)9uxt|( KTV)<7tucvo<j<;, FlappLiviiAV Mvyitietcou,
Kx^Xivuo NIvTiTUTTou, und seit langem bekannt ist ein mit Stier«
köpffn und Blumengewinden geschmückter rander Altar, von
Fauvel auf Delos gesehen, jetzt im Museum von Marseille, mit
folgender Inschrift (C.I.G, 2310; W. Fröhner, Catalogue
des antiquites grecques et romaines du Mus4e de Mat'
seille 1897 S. 23):
Schon Böckh hat die Namen llpoc^x^iic und Nco^tvi^« als pa*
risch erkannt — sie kehren in der Inschrift C.I.G. 2376 wie-
der ' — und fQr MwioUivvK (damals sonst nicht beieugt) auf den
Parier KnumeinK C.LG. 2386 verwiesen. Da auf Delos nicht
bestattet ward, nehmen Böckh und Fröhner an, der Altar
sei zur Erinnerung an die Toten, aber nicht an der Grabstatte
selbst, aufgestellt gewesen. Diese Annahme entbehrt aller
fivwt optonUrtt jtol ttwhi x*^^^ xpotSp/w iv tote «rydot« «tX. Ich bin ver*
.sucht, d ie von Krispi EuiYY.S/oÄTj 1876/78 S. 5, p>t' (sclilfclitcr 'AOr|vatov V
s. w.K mitgeteilte Ehreninscbrift auf denselben Praxikles xu bezieben
und L\x üigduzeu :
'H ßouXi) xal [6 fijjiMK
npafi(]xXi|v Nio[|ii{8Öuc
iT(|i.i)9tv] •&t<(vt [jia[p[i,ap(vi|i
ATHBN. MITTUBILUNGKN XXIIl. 29
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434
A. WILHBLII
WafancheioltchkeU. Vencbleppi ist der Stein unter allen Um-
ständen und zwar sicherlich von Faros selbst, wie umgekehrt
delische Steine nach Paros gewandert sind
Der Name Kpiruv auch C. I. G, 3399 (Antiparos).
Timarete, viermal in der Liste, begegnet, wie schon er-
wähnt, in der Kurzform TifMipu auch in derGrabschrift C.l.G.
Z. 13. Zu HvYi(aiou) vgl. Uvvtdttv in der Liste 'A0f.v9itov V
S. 22. *Einiv«C (C.LG, 2836) auch in dem Verzeichnisse von
Beiträgen ebenda S. 28, der jüngeren Inschrift S. 1 9, und
hier Z. t9.
Z. 14. Statt 'Ev Wtt, wie Pernice las,hatteich erst E *H3uTtt
vermutet, so auch B. Latyschew in seinen Analecta epigra*
/»Aica, Philologische Rundschau (russische, Moskau 1 895,S.1 52.
Aber der Stein zeigt deutlich $i^ut«&. Beispiele für die Ver-
lesung von ^1 zu H und N habe ich GöU. g^l. Anz. 1898 S.208
und Arch.-epigr. Mitth. 1897 S. 7t beigebracht. Der Name
4>i>uTb>, schon durch den eben besprochenen Altar fOr Paros
bezeugt, wird auch in einer mir durch Olympics Absciirift
* 8o die gross»' Hrrliniinpsurktiiido T^r Bas II ?Ofl?, wi« Homolle ß. C. II.
1878 S. 3'4l ; S. 3 trczt'ifcl hat, und iiacli dess.-llicii GfldirhMi Aiisfüli-
ruDgeu Ii. C.H. 1879 S. 158 die von Ol^uipios AOiivaiov V 9 herausgege.
bene, Ton K8bler,Athen. MUth. 1876 8. 958 und noch Jetzt von Diltenber-
ger, SijUuge^ Nr. 313 unbedenklich für Paros in Anspruch genomnione In-
8clirin,dif npoT-.rjLo; Aw5iOeoj £y MupivvoÜTTTj; als nennt. Die Zutei-
lung an Delus ist nachträglich durch eine auf Delos scib.sl gefundene In-
schrift, die Protimos in gleicher Eigenschaft nennt (A. C. H. 1884 ü. \hO)
bestätigt worden. Von der Inscbrifl *A(h(vstov V S. 97 Nr. 12 hat K. Scbo«
niacher Herkunft aus Delos erwiesen (Rhein. Museum 1887 S. Ii8). Als
▼erschlej)]!! hetrachtc ich auch ful^'cnde Inschrifl eines O.H^J'" breiten, 0, 14 ho-
ben, Ü.'iT" dicken Maruiurblockes, der jelzl iiiicr der Thür des Ilau.ses des
'Ii»^i)C 4N0Tutvd( gegenüber der Kirche tp«t< Upipx*' Parlltia vermauer
ist:
E1TIEFIMEAHTOYTHZNHZOY MOZX'
Den Naiuen hat Herr Krispi, bevor der Stein, auf I'aros verhaut gefunden,
neuerdings vermauert ward, vollsUlndiger MOZXIQNe« gelesen. Ob diese
Unterschrift etwa der 13asis 'A6i{vatov V S. '.'7 angclioren liann. bat künftige
Untersucbuug fest xu stellen.
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DIE SOGENANNTE HETAERENINSCHRIFT AUS FAROS 435
nur ungenügend bekannten Inschrift 'A8ibv«u>v V S. 45 her»
lustellen sein. Der Herausgeben liest:
NiXuTOu npo(j[6ev]ou
In dem ersten Namen darf ich wol ^iXuTo{i[< ▼ermuten, umso-
roebr als Krispi in dem Berichte der EuolyyiXixti SxoXv) 1876/78
S. 7, pmq' folgende Inschrift mitteilt:
Ilpocöevri;
xxt riaffiTciOii
E.O....IH
-rijv [(x]iriT«pa.4)| A
.... £b>OÖtV0U
Es wird, denke ich, auch hier ^X[vTttJ Sua^jvou za lesen sein.
Z. 3 mag man EiX]c[i]6[vyvi[t versuchen, wenn nicht Yielmehr
der Vatername zu er^nzen ist; Weihungen an Eileithyia auch
C.I.G. ^389, 'AOiqvflciov V S. 19. Dazu kommt noch unveröffent-
licht, von mir im Besitze des Arztes N. Russos gefunden, eine
Platte weissen Marmors (0,S7" hreit, 0,156 hoch, mit zwei
Löchern rechts und links zur Befestigung), die Ober zwei
weiblichen Brüsten die Inschrift tragt:
'Effixpx[TTi]a 'EXiu-
Zu der Schreibung 'Emxpitv)« , welche durch die erhalte-
nen Reste gesichert ist, vgl. B. Schweizer, Grammatik der
pergamenischen Inschriften S. 56.
Sttd)i'vT)( Ilpo^rOevou; ist als Priester des Ztvc BaotXiu« u.s.w.
C.I.G. 2385 genannt, in einer ßeitragsliste *AHvatov V S.98.
Fopyo; auch C.I.G, 2374 e.Z. 9; 2399 (Antiparos); UBas
2ü88.
Z. 15. 'ApicaXyj npo«W(*oy): In seiner Abhandlung Über Fa-
ros und parischc InscIiiifU'ii S fi38, 10 (darnach C.I.G.
2398b, LeUas 2087) teilt Thiersch lullende Inschrifl mit:
436
A. WILHELM
-wjivo; Ktyi5i<p0vto?
-ciXyiv Ilpoodevou
TTiv eJauToO yuvaixa
Es läge nahe, scheint aber doch zu gewagt, als Namen der
Frau 'ApTziikf) zu vermuten; hält man an Thierschs Abschrift
fest, 80 ist Ba]<j{XYiv, wahrscheinlicher NixYi]<jiXinv * oder ähnlich
zu lesen (n6vOi]aur»v Thiersch ). Eine noch unverölTentliclile
VVeihung an 'EXsjÖitj, deren Kenntniss ich Herrn Dr. O. Ru-
bensohn verdanke, nennt 'ApTriXyi EpaottpcivTo; npo«j6£vr? ist
wol der häufigste Männername auf Paros.
F'ür IIexÖ) war ich einst geneigt IhtOw zu vermuten (als Name
einer Ergastine C. I. A. II 9öü. 957. einer Hetäre Athenaeus
XIII 577 a) aber K sieht deutlich auf dem Steine. Also licizl
wie bei KoSü in einer noch unveröffentlichten Inschrift aus
Paros, ein stark verkürzter Kosename vor.
Z. 16. Der Name lixpwv ist auch in der kürzlich Z^.C //. 1897
S. 21 mitgeteilten Inschrift Z. 7 zu erkennen und steht ebenso
deutlich C.I.G. 2398e add. S. 1077 (LeBas t>066). wo Böckh
M. Aip. öpaij'j^t'vo'j ToO 7ri[Tlp<i»vo; lesen wollte. Übrigens ist
der Name auch ausserhalb der Insel nachzuweisen.
Z. 17. Von dem Zahlzeichen an ersler Stelle erkenne ich auf
dem Abklatsche noch den ersten schrägen Strich. Zu l^nde
der Zeile scheint der Steinmetz statt P in Fopyou irrig B ein-
gehauen zu liaben.
Z. 18. KjXeivxpö) gehört zu einer kleinen Gi iippe von Kosena-
men, die ich bisher nicht zusammengestellt finde. An Tc^apü
einer anderen Inschrift von Paros habe ich schon oben S. '»'26
erinnert. Die Zugehörigkeit zu KXstvaptT-o und TiaaptTY) liegt
auf der Hand. Emige Beispiele aus anderen Inschriften: Ax-
• Der Name N«xT)at).T], den die Giiecliisrlien Personennamen niehl ver-
zeichnen, beppRiiel in der S 4H0 erwähnten Inschril'l aus Tenos Z. l'2f..
vgl. NtxJi^iÄ.«; in der grossen Urkunde eliendalier hiser. Hril.Mus. 377 Z.45.
Die llauinverhiiltnisM! si ln inen elier für den län(xeren als den kürzeren
Namen zu spreelien, iiid< >s kann die Zelle elwas eingerückt pewesen sein
wie Z. 2 auf dem Steine S. 430.
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DIE SOaBNANMTS HBTABRBNIN8CUHIPT AUS FAROS 437
(iatp4&, KXitTotpib, Ntx«p(&, Inscriptions iC6pidaure 195, 250,
der letzte Name auch CJ.G.Sept. I 2681 nach Bechtel,
Peraonennamen 216, Tux«f<;» C I.A, III i280a add. S. 519,
C.LG.Sepi. I 1639; dazu ^(XrapÄ, weon ich den verderbten
Namen C. I. G. 5143 richtig deute (oben S. 432). nü6iinvo(
auch 'A6viv«tov V 5. 29.
Von dem letzten Buchstaben der Z. 18 erkenne ich auf dem
Abklatsche nur eine senkrechte Linie, also war stau KX»-
wahrscheinlich KXi(vfou) geschrieben.
Z. 20. Leider sind im Bruche die dem Namen des Vaters der
^puvlct angehörigen Buchstaben sehr beschädigt. Dennoch ist
KAEZ deutlich zu erkennen; dann ist das obere Ende einer
senkrechten Linie und an nächster Stelle der Giebel eines
dreieckigen Buchstabens klar,nach dem Platz fflr ein weiteres
Zeichen bleibt. Unter diesen Umstanden ist die Identität die*
ser ^pjvlc und der #puvlc K>itSft|MivTO€, welche die nur durch
Cyriacus bekannte Inschrift B.CM. 1877 S. 134 nennt, nicht
sicher; folgte auf den dreieckigen Buchstaben kein weiteres
Zeichen zu Ende der Zeile, was sich nur vor dem Steine ent-
scheiden lässt, so ist für unsere Inschrift die Lesung ^puvi«
KXct(vtou oder ähnlich) A als die wahrscheinlichste zu be-
zeichnen.
Z. 19 und 90 zu Anfang gibt eine ältere Abschrift Krispis
das Zahlzeichen C; auf meinem Abklatsche ist Z. 19 nichts
zu erkennen, Z. 20 dagegen das unlere Teil eines B oder allen-
falls S.
Z. 21. Pernices Lesung FopYi«««. . . . « Ttpiiri«((ou) 'ApioT[o*
vUv) wird einigen deutlich sichtbaren ßucbstabenresten nicht
gerecht und ergibt nach dem ersten keinen fassliehen zweiten
Namen und keine Zahlzeichen. Ich habe FopyU ( vgl. s. B.
C l.G Sefd. 1878) KXio^Srjtfxou), A Tiur,iaptiT[tj lesen zu sol-
len ge<^luubt, denn jeder Versuch, anders zu lesen, stOsst auf
erhebliche Schwierigkeiten. Ist auch der Name Ti|xv)(rapianQ
I über die ganzR Sippe der Namen «^p4vi| 4p6v«g U. S. W. Becblel in der
^. 419,8 geaaouten Abbandlunj; S. 43.
498 A. WltHBLM
zuniiclist auffällig, so wird er doch wol diircli Tuir.nxpirr,
B.C. 11. 18S1 S. 265 neben Ti^roixr. und almlidie Hildiinjien
goschiitzt. Den Ausweg r-ar, Z 'Aciirr. . zu sclircibeii und Z
als Werlzeiclien fur eineo Teil des Obolus zu fassen müchle
ich niclil empfelihMi.
Z. 22 nach l*eriii(:e Aotcxiix 'Att^ositiov Ai^iö(/0'j) ; dies
wäre seiner Abschrift nach leicht in Airraaia 'Attä(ao'j) B Kl-
ciov zu verl)essern, wie auch Latyschew vermulele. Aber nach
'Aittxtix sind von den Aidangsbuchstaben des Valernamens
im ßruche des Steines beiderseits Reste erhalten, die auf PI
(allesfalls auch KP) führen. Also ist 'ATTi(Xoy) ausgeschlossen.
Icii vermag den Namen nicht zu linden, üxtcimo; be|(egnet,
soviel ich weiss, nur mit einlachem T.
Sicher ist hier und Z. 28 der Name EiTiov.den ich auch für
Rhodos I.G.Ins. I 583, Ralymnos Gr. D.I. 35^3 nachzuwei-
sen vermag. Er gehört zu 'Ioiy«viix, laiyovo?, loiSoTo^, loiSwpo;
11.8. w. 'I<Ti4;, 'I jxpiov, 'laxpoO; und verhält sich zu dem jetzt
vielfach, auch für Faros selbst ('AOY)vaiov VS. 45) bezeugten
Namen 'Iciwv, der Letronne {Oeuvres choisi'es II 83) nur in
drei Beispielen bekaoat war, wieXatptov: XatpiMv und zahl-
lose ähnliche Bildungen^.
Wenn Pernice als Vatersnamen As^iöf/ou) gab, so hat er das
SU ßnde der Zeile deutliche 6 verlesen. Der Name Ae^iicpxTYic
begegnet auch AOrjvatov V S. 42, B.C.JI. 1877 S. 134.
Unsicher bleibt mir der erste Name Z. 23, den wieder der
Bruch geschädigt hat. Nach Krispis Abschrift zu urteilen scheint
die Stelle früher besser erhalten gewesen zu sein, und seine
Lesung 0]EOK?H?TH lässt sieh mit den auf meinem Ab-
klatsche erkennbaren Resten vereinen; doch lässt dieser Name
links für einen Buchstaben Platz. Ich dachte deshalb an KXjio-
* Vgl. BroDO Keil bei If. Fräakel, Insohrinen von Perganon II 8. 191
zu ?55
' In Beclitel - Ficks (iiiecliisclien Per.soucmiaiiicii fclill Iv-oiov, el»cnso in
den Nacbtrftgen aus I.G./ns. I, die Beclitel in Dezzeubergers liuilrA(;en XXI
8. TerdffeoUicbl hat.
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OIB 80G£KANNTE H£TALKEM.NbCHlUFT AUS PAHOS
439
xpCr*}. Ob in dem I^ruche an zweiter Stelle ein riindor I^uch-
stabe steckt, wird sich nur vor dein Steine entscbeideo lassen.
'AyXat; (fehlt in den {griechischen Personennamen) z.B. In-
Scriptions f'uridir/ucs I Nr. = Insrr liril. Mus. 377
Z. 90 (Tenos); Leake, Travels in Northern Greece IV S.
211 (Pherai ); Aelian. v.h. 1,26. Zu F^ndc der Zeile erkenne
ich deutlich das bisher übersehene Obolenzeichen.
Z. 24. llpu>Ta> 'AX)ci(ou oder ähnlich) vgl. oben S. 428.
Z. 25. rx]u»(« «' Tpo9(Xa Mm(vo«) t' Pemiee; rx]ti-
x[cpa A]a[KpgLTou ß' ^o) ^tXat 4{X»(vo() i' Latyschew. Meine Le-
sung ist völlig gesichert. rXuxtvM« ist auch sonst bekannt s. B.
I.G.Ins. I 3-i6.875,Ör./)./.3513. Inscriptions of Cos 181.
Eine Hetäre llocrpofa« in dem Gedichte Anth. Pal. VII 221,
vgl. W. Schulze, Gött. Nachr. 1896 S.245.
Der Name 'AX^Ect^^c auch CJ.G. 2390 (M. Pränkel, Epi-
graphisches aus Aegina S. 34 Nr. 113), 2408, 2414 b.
Von Z. 26 ist der Anfang bisher unentsiffert geblieben. Nach
*Aan%n9. erkenne ich II KAPO, was ich nur [NJixfliYQ(pov) deu-
ten kann.
Z. 27. Z«m{(&dKXco(a6p6tov in der kQrzlich nach Gyriacus Ab-
schrift veröffentlichten Inschrift Athen. Mitth. 1897 S. 409
Nr. 13.
Z. 28. Mv^ Vnov Pernice.aber die obere Linie des E und I sind
deutlich. diöSupo; auch in der S. 412 angeführten Welhtn-
schrift.
Z. 29. njKTpo^^v« oder MjscTpo^lva.
Z. 30 ist der erste erhaltene Buchstabe nicht völlig sicher,
aber dem Abklatsche nach am ehesten H gewesen; deutlich sind
nur zwei senkrechte Linien. Reinesfiilb *Ep«a]{incD, etwa *A-
yavtinni.
Z. 31 IHM KX&t( Mvin(«<ou) cl' Pernioe. Aber an den
Namen KXstt^* ist nicht zu denken. So hatte auch Latyschew
\xU hergestellt und gelesen: -njjwfj 2w(<iix) x' Aati( ktX. Aber
• Üt)er KXi.; Sappho Frag. 76 (84), ricblig KUii t. WilamowiU, Comm.
gramm. III 8. 23,1.
440 A. WILHBLM, DIB BOOBNANNTB HBTABRBMlNSCHRirr AOS PAROt
das vermeintliche K ist verlesen fQr S. wovon allerdings nur
die untere Hälffce deutlich ist. Aai( auch C.I.A. II 988 (Ver-
zeichniss von Eranisten); III 2740. 3248; C. I. G. Sept. I
107. 560. 1616; 'Eipra. «px- 1892 S. 168; Athen. Mitlh.
1886 S. 125; C. I.G.Sic. 1323. 1688. 1798 {t:%\\%x^ «po^
TocTY)). 1918. Als semitisch gilt auch dieser ' ilelärenname*
R. Herzog, Philologus 1897 S. 49.
Zu ZwiO.o/) vgl. Arch.-epigr. Mittli. XI S. 188: oi jtexoi-
Z 32 AxxpOa ? Ilp(t)To(>,'£vo.j;) a' Pernice. Allerdings hat
man in nPrtTo, wie völlig klar auf dem Stein steht, z.unäolist
einen Valernamen zu suchen. Allein es will dann nicht ge-
lingen, für die erste lliiltle der Zeile eine annehmbare Lesung
zu finden, es sei denn, dass man A MäpOa IlptoTo')t>eo'j
oder wie immer) A sclireihen zu dürfen glaubt. Somit Ideibt
nur die Voraussetzung, dass IIpwTo irrig für IIpcuTw geschrie-
ben sei. Der runde Buchstabe vor A kann ebenso wol o wie
O sein
Z. 36 -{viov Pernice: 'Huj^rtov ist sicher. Der Name, wie
häufig 'lla-.yia. auch C I A. W 3VI5. in der S. 4'2'2, 2 er-
wähnten Liste von Thiasoten und Gr. D.I. 1789 (Delphi).
Wie der freie Raum unter der Inschrift /.eigl, ist die Liste
vollständig.
Athen.
ADOLF WILHELM
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REI8UBBRICHT AUS KOS
Die Absicht.den Platz des Asklepieion« von Kos genauer zu
bestimmen, als es bisher gelungen war, und die Möglichlteit
einer Aus<irnl)iing dort zu untersuchen. führte micli im Sommer
1898 auf die insel Durch den Bericht, den M. Dubois in der
Abhandlun!^ De Co insula (Paris 1884) über seinen Besuch
der türkischen Festung gegeben hatte, war mir der Gedanke
nahe gelegt, dass die vielen Architekturstücke, welche die
rbodiscben Johanniter in das Schloss am Hafen verbaut hat-
ten, Aufschluss über den Verbleib der Reste des Asklepieioos
geben könnten, und dass die Mauern der Burg ausser den we*
nigen unbedeutenden In8ehriften,die bisher in ihnen gefunden
waren, noch viele an Orten verborgen enthalten. die nur bei Br-
laubniss einer grQndlicben Untersuchung der Festungsroauem
entdeckt werden könnten. War es doch sehr auRallend, dass
unter den vielen bisher bekannten Inschriften von Kos das
Asklepieion eine so Oberaus geringe Rolle spielte, sogar in den
sahireichen und ausführlichen sakralen Inschriften. Auch von
Weihgeschenken an den Ck>tt und von all den Kleinigkeiten,
die allerorten von dem Vorhandensein einer grossen Kult-
und Heilstätte Zeugniss geben, war keine sichere Spur auf Kos
gefunden. Wenn das Heiligtum systematisch zum Bau der Fe-
stung abgetragen war, so mussten sich auch die grossen In-
schriften in ihr finden*. Von diesen Erwägungen ausgehend
hatte ich suerst durch die gütige Vermittelung der Kaiserlich
deutschen Botschaft in Konstantinopel ein Gesuch an die tür-
< Prailksh sind die JobanaRer bei ihren Braten sond^iar verfaliren. Die
grosse iioiscbe InschriH Paten -Ricks 10 war in die Jobanneskirchu von
Rhodos verhaut, und dit^ Fricsstüi.-ko in der koisi-lirn Pcsliint;. die Hoss für
Beste des AsklcpieioiH hielt, sind au> Kiiiiios verschleppt (vgl. ßeni^durf un4
^}ieniann, Heiden in Ljrkieu und Karien i S. 1211'.).
442
B. HERZOG
kiBche Regierung gerichtet um die Elrlaubniss zur archäologi-
sehen Durchforschung der Sla<ll und Insel und insbesondere
zum Eintritt in die Festung. Die Direction des deutschen ar-
chäologischen Instituts bewilligte mir eine l'nterstutzung zur
Ausführung meiner Absichten. Audi der heste Kenner der
Insel Kos, Herr Paton, der sich nach Vollendung seiner In*
»oriptions of Cos anderen wissenschaftliehen Aufgaben zu*
gewandt hat, unterstützte mich bereitwilligst durch seinen Rat
und Empfehlungen, und brachte zuletzt auch noch einen Teil
seines SomineraufenthaUs auf Kos zu, während dessen er mir
mit seinen Erfahrungen getreulieh beistand.
Am 14. Juli kam ich in Kos an und reiste nach kurzer
Orientirung weiter nach Rhodos, um das EinfQbrungsscbrei •
ben der tQrkiscben Regierung dem Gouverneur des InseWi-
lajet8,Abeddin Pascha, zu überreichen. Ich wurde aufs freund-
lichste aufgenommen und erhielt ein Schreiben an den Kai-
makam von Kos, worin er auf Grund des Irades zur Unter-
stützung meiner Forschungen aufgefordert wurde, ich wollte
nun zunächst mit der Untersuchung der Festung beginnen.
Hier begannen aber sofort dieselben Schwierigkeiten, die sich
Dubois und Paton entgegen gestellt hatten. Der Komman-
dant der Festung erklärte, in dem Irade sei die Festung nicht
ausdrücklich genannt und er könne nichts gestatten ohne Be-
fehl seiner direkten militärischen Vorgesetzten. Es begannen
telegraphisehe Unterhandlungen, hei denen mir der Vali sehr
beistand. Nach etwa 10 Tagen erhielt ich auch die telegra-
phisehe Mitteilung, dass dem Kommandanten die entspre-
chenden Weisungen von seinen Oberen zugehen würden. So
lange ich aber auf der Insel weilte, kamen diese Weisungen
nicht. Somit mussle ich die Festung aus meinem Programm
streichen.
Die topographische Untersuchung hatte auszu<j;elien von den
antiken Nachrichten. Das Asklepieion lag nach Strabo XiV
S. 657 {v T<^ irooxTT6i(,> der mit der jetzigen identischen Stadt.
Diese Angabe wird bestätigt durch das bisher nicht beachtete,
ebenfalls auf Autopsie beruhende Zeugniss des lihelurs Ari-
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RKISEBERICHT AUS KOS
443
Steides (VII, Dindorf 1 S. 76), nach weichem die Meilstätle
IV Toi; T(üv K<i)(i>v rpoxTTftoi; lag. IlooacTitov bezeichnet nach
feststehendem antikem Sprachgebrauch die Gegend direkt
ausserhalb der Stadtmauer. Von den bisherigen Forschem
waren drei Plätze für die Stätte des Asklepieions vermutet
worden. Palon ( Inscriptions of Cos S. 137 ) nahm dafür die
einzigen in der Umgebung der Stadt zu Tage liegenden Tem-
pelreste in Anspruch, bei der verfallenen Kirche der II«v«Yi«
Tap(7oo jenseits des Dorfes Kermeti, am sanften Abhang der
Gebirgsausläufer. Die Entfernung von der Stadt, die er auf
eine halbe Stunde schätzte, beträgt eine ganze Stunde, so dass
der Ausdruck iv «poxertb^ nicht mehr darauf pasat. Es sind
dort noch Fundamente eines Tempels sichtbar, vom Oberbau
nur noch das Bruchstück einer dorischen Säulentrommel von
etwa liSb" Durchmesser mit tiefer Kannelirung und das eines
daxu gehörigen TriglyphenstOcks, beides aus weissem Marmor.
Sonst ist alles abgeräumt. Die InschriflblÖcke, welche in der
Umgebung gefunden wurden und zum Teil noch dort liegen,
haben keinerlei Beziehung zu Asklepios ergeben. Bs ist nicht
unmöglich, dass der Tempelbau frOhrömiicher Zeit angehörte.
Der Oberbau kann in die Kalköfen gewandert aber auch zum
Bau der Festung abgeführt worden sein. Eine Untersuchung
der dort verbauten Architekturstocke könnte vielleicht darüber
Auskunft geben; andrerseits kann Klarheit auch g^haffen
werden durch die wenig Arbeit erfordernde AufrSumung des
Tempel platzes.
Das entgegengesetzte Extrem hatte Dubois {De Co insula
S. 8-11) angenommen, indem er das Heiligtum in die nächste
Nähe der Festung und des Hafens setzte, verleitet durch grosse
Architekturfunde in den dort gelegenen C^rten eines Türken.
Durch private Ausgrabungen, welche dieser anstellte, wurde
aber klar, dass hier nicht das Asklepieion, sondern ein grosses
Gymnasium aus romischer Zeit gestanden hat.
Dubois hatte den von seinem Vorgänger I^ayet {Memoire
Sur Cile de Cos, Archives des missions scicntifiques 1876
S. 98) angenommenen PluU wenige Minuten westlich vuu
444
R. HShZüG
der Stadt' als zu weit entfernt bezeichnet. Ganz klar ist die
Beschreibung Rayets nicht und seio HauptbeweiBBtück, 'ein
dorisches Kapitell aus weissem Marmor, vod sehr grosser Di-
meosion uod sehr reinem Profil', wurde 1884 von üenndorf
uod Niemann (a.a.O.) ntoht mehr gefunden» ebensowenig von
mir. Auch wasste von den Roem Niemand etwas darOber.
Ich hielt es zunächst fOr notwendig, den Umfang, d.h. die
Mauern der antiken Stadt fest zu stellen. Auf den Gängen, die
ich zu diesem Zweck unternahm, zeigte mir mein Führer loan-
nis Kallisperis aus Kaiymnos die von ihm mit grosser Wahr-
scheinlichkeit angenommenen Spuren der SUidlroauern. Sie
stellen sich jetzt als ein zum Teil hober Damm dar, in dessen
Umgebung sich allenthalben grössere Mauersteine finden. Die-
ser vermutliche Mauerzug hat einen Umfang von etwa 3000";
mit Zurechnung der Seeseite ergibt sich fikr die ganze Stadt
ein Umfang von 3-4^, gewiss nicht zu viel, wenn Strabon
XIV S. 657 von ihr sagt: ^ )i «öXi{ ou (AtyaXvi, it&Xkmx
«cr«Av «uv4^xi9(aIvt) itai t^ioOat to1I( xavaicXlovotv ^)t<m|. Dieser
Stadtumfang deckt sich ziemlich mit dem der erweiterten heu-
tigen Stadt, die sich um Hafen. Festung und innere um-
mauerte Ritterstadt in weiterer Bauart mit Gärten bei den
Häusern herumzieht*.
Der mutmassliche Mauerzug schneidet das jetzige westliche
Stadtende Jeni-Kape. Geht man von hier westlich die Strasse*
nach Kermeti, so gelangt man nach 300" an einen Platz von
etwa 100" Länge und 160" Breite, der sich im Gelände deut-
lich durch eine Brhöhung von ungefähr I" abhebt, und mit
späten Thon- und Ziegelscherben bedeckt ist. In den Garten-
und Feldmaoern rings umher sind viele schöne Blöcke von
blauem Kalkstein und weissem Marmor verbaut. Aul diesen
Platz stimmt die Beschreibung Rayeis. Bei einer Besserung
* Der Plan der Stadt und Umgebung auf der englischen AdmiraliUts»
karte Nr. 1550 alhi ein gans falsches Bild von der jetzigen Stndi, uboiiso die
iinti r iingiMisti^'ci) Bedingungen aufgenonimenen Skizzen von Dubois {f)t
^ insula Taf. i. 11 ).
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tlBISBäBRICHT AUS KOS
445
der durchführendeo Strasse kamen verschiedene Marmor-
blöcke zu Tage.
Hier glaubte ich zum Versucii den Spaten einsetzen zu
müssen, und wurde darin durch Herrn Paton bestärkt. Nach
längeren Verhandlungen erhielt ich, wieder durch Vermitt-
lung der deutschen Botschaft, von der Verwaltung der Kai-
serlichen Museen in Konstnntinopel tei^raphisch die Er-
laubniss zu einer eintägigen Versucbsgrabung. Obwol ich mir
davon kaum einen Erfolg versprechen konnte, wollte ich doch
den Versuch unternehmen, ich lies» an einer Stelle der Peri-
pherie, wo ich am schnellsten in die Tiefe zu kommen hoffte,
einen Stollen von 10" Lange bis zu 3,30"* Tiefe eintreiben.
Aus diesem Stollen wurden aber keine ßaureste zu Tage geför-
dert, sondern nur.nach unten immer häufiger auftretend, Scher-
ben, auch kleine Thonlampen aus später Zeit. So musste ich
mich mit einem ganz zweifelhaften Resultat begnügen. Aber
trotzdem bin ich nach wie vor der Ansicht, dass das Askle*
pieion an diesem Platze unter dem Boden gesucht werden
muss. Dazu bestimmen mich hauptsächlich die Ansichten.die
ich mir über seine Schicksale gebildet habe.
In der Stadt und ihrer ganzen Umgebung sind überall In*
Schriften in grosser Zahl, Skulpturen und Baustücke zerstreut
und verbaut. Wie schon bemerkt, ist es sehr wunderbar, dass
unter diesen Funden solche aus dem Asklepieion eine so ge-
ringe Bolle spielen. An den Bergabhängen kann es nicht ge-
standen haben, nicht nur wegen der zu grossen Entfernung,
sondern auch, weil sich dort noch weitere Reste erhalten haben
müssten ausser jenem Tempel bei llavxyia Tap«oG.
Die Ebene aber ist in Folge derVernichtungderWälder durch
den von den Bergen herab geschwemmten Humus stark ange-
höht worden. Über niedere Ruinen konnte sich daher bald eine
schätzende Decke bilden, namentlich in Zeiten, wo die Bewoh-
ner fehlten, welche die Ruinen zum Hausbau verwenden konn-
ten. Dies weist uns auf das Schicksal der Stadt im ausgehen-
den .Mlertum. Für das Asklepieion ist unser letzter Zeuge
An^leides. üb es nach dem Lilidbehen unter Antoninus Pius
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446
R. HERZOG
(8. Hicks, Inscriptions of Cos S. XLI ) wieder im alten
Glänze hergestellt wurde, ist fraglich. Vielleicht ballen ihm
acboD die Erdbeben am Ende des 1. Jahrhunderts vor Chr.
gesebadet.auf welche die für die Stadtgeschichte von Kos wich-
tige Inschrift von Olympia (Dillen berger Nr. 53) Bezog nimml.
Mit dem Erstarken des Christentoms wird es verfallen sein,
zerstört wurde es jedenfalls durch das Erdbeben von 554,
dessen Wirkungen uns als Augenzeuge Agatbias (siehe (licks
a.O.) schildert. Wenn die zusammengefallenen TrQmmer dann
durch die Erddecke beschirmt wurden, wie etwa in Olympia,
so fanden die Ritter nichts mehr Ober dem Boden, was sie
hatten zum Bau ihrer Festung abtragen können. Diese Verhält-
nisse können durch einen langen und tiefen Versuchsgraben
durch den ganzen Platz aufgeklärt werden, der aber nalQrlich
mehr als einen Tag Arbeit erfordert.
Vor der Grabung hatte ich meine Zeit auf topographische
Untersuchungen in der ganzen Umgebung der Stadt und ganz
besonders auf die Sammln von Inschriften und die Auf-
nahme von archäologischen Funden verwendet. Auf einer vier-
tägigen Reise durch die ganze Insel lernte ich namentlich die
Plätze der antiken Demen kennen. Bei den wichtigsten von
ihnen, Hippioiai ("Ayio; Feupyto; ActCoo), Islhmos (heim Dorf
K(^xXo),HalasBrna ( Dorf KapSx^ievz) sind die Mittelpunkte des
Gemeindelebens genau bestimmt und werden von den Bauern
als Steinbrflehe verwendet. Eine Ausgrabung an diesen Plätzen
würde mil sehr wenig Arbeit das Urkundenmalerial der De-
men. das auch für die Verfassung der ganzen Insel Wichtiges
biclet, sehr vermehren.
Nach Abschiuss der geschilderten Untersuchungen verliess
ich am 1'2. August die schöne Insel Ich nahm den Eindruck
mit mir, dass aus ihrem Boden mit geringem Aufwand zahl-
reiche und grosse Schätze für Wissenschaft und Kunst gewon
nen werden können. Die äusseren Verhältnisse sind im Ein-
zelnen sehr günstig, die allgemeinen Schwierigkeiten , die sich
einer mit Schin fungen verbundenen s^steinulischen Durchlur-
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REISEBEHICHT AUS KOä M
schung entgegen stellen, können, nachdem sie einmal erkannt
sind, auch jtehoben werden.
Meine epigrapbische Ausbeute beträgt mehr als 150 unedirte
Inschriften und Inschriflenfragmente. Ausserdem habe ich ge-
legentlich schon bekannte revidirt und zum Teil berichtigen
können. Dieses Material erschien lu umfangreich, um im Rah«
men dieser Zeitschrift geschlossen veröffentlicht zu werden.
Ich entschloss mich daher im Binverständnits mit dem archüo-
logischen Institut das ganze neue epigraphische Material und
einige daran sich anschliessende Untersuchungen mit den nö-
tigen Indices in einem besonderen Buche zu Teröffentlichen,
das demnächst unter dem Titel *Roische Forschungen und
Funde' erscheinen wird und in Ergänzung der Inscriptions
of Cos die Urkunden , welche ohne das Werk des Spatens
für die Geschichte der Insel gewonnen werden konnten, ver-
zeichnen soll. Aus der Masse der Inschriften seien aber einige
der Hauptstacke hier erstmals veröffentlicht und kurz bespro-
chen Angeschlossen werden einige Inschriften nicht kölschen
Ursprungs. Ein zweiter Teil dieses Berichtes wird den archäo-
logischen Resultaten der Reise gelten, da diese dem Plan des
Buches ferner liegen.
I
Inschriften
1. Platte von weissem Marmor, 61*" hoch, 40,5 breit, 7 -8
dick, im Besitz des Herrn 'A^e^io; Bu^Aav^xY)«. Sie diente froher
als Bodenplatte in einem alten türkischen Bad und ist dalier
stark abgetreten und so beschädigt, dass nur noch das obere
Viertel der Inschrift annähernd lesbar ist. Schrift fein und
sorglaltig. Hübe der liucbslaben 1^. Der obere liand lebll.
AIPATPIAIPAPA iCENA
PQNEIZTOMHOENC TIMÜN
ifEPEINTAMPOAIN YPEPßrK AZ»AEY7
44d tl. HBRZOÖ
5 AEMAI05:ErPAYEYnEPAY""0YEI ""ISTOAAI
NEPEMYEPOTITONAAMON^'PEPTAZOYZ./
^5: APEZTAAKE TfilTE/ ZK A API fi I K A •
TOIZAAAOIZOEOIZAPAFONTAKA^ 04)QNTA
METAT'^NZYNOE'^PONEM<|)A 'IQN « I" ON AH
10 HMEN 'V " 0'"TOI 1 ^A' A 'ETAA '^E'ANK |
T A" r C • • AI ir YO N
Bb folgen elwa 23 gans utiIeBbare Zeilen.
yiyvtt t]3,i «arpiSt «ape^^Tto^ xaipo« o]ji0tva
irapftXt]iv«»v itc TO |ti!)Oivo[c TÖy ;^D]d(M*v
&C [i^JaiplffraXxi tAi xt 'AtncXamdt xal
TOfc SXkfm Otoic tticAyowTct Kttf [tvjof Avra
(MTflt tAv auvOfupoiv IjA^aUji^uv [ajuriv &Qtov
Das Brucbstikck enthält einen Teil der Motive eines koiscben
Ehren beschlusses für einen Mitbürger. Der Geehrte ist ohne
Zweifel eine Person mit dem Führer der Optergesandtscbaft
an Asklepios und dem Überbringer des Begieitschreibens^das
der König Ptolemaios an den Demos sandte. Als Beweis da-
für diene einmal der Begleitbrief an die Milesier, den Seien-
kos I. einer Opf'ergesandtschaft für das ApoUobeiligtum mit-
gab, Ditlenberger, Si/lioge 1 70; Michel, Recueil 39 (vgl. Wil-
helm, G.G. A. 1898 S. 209), Z. 11 Cf. a^ecTiXxajiiv «i; TO U-
p6v Toö 'AiroXXtJvo? ToO iv AtSuuoi^ rriv t« Xyyvtav -ryjv ^v^kXris %9\
xoTrpia ycuTÖt xat ipY'jpöc lic, ivzOiTiv toi? öeoi; toi; ScjTf.pdi xo-
p.i^ovTx lloXt X vOr,v. Durch diese Analogie wird auch die
verwickelte Konstruktion (Nachstellung des Particips und Na-
mens hinter seine Objekte ) erläutert. Kur die lie/.ieliungen
des Gerundien zu Ueiu Slaal, an den er geschickt wird, können
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UBISB&BBICBT AOS EM 449
wir zur Erklärung beiiiehen den Brief des Königs Philippos
V. an die Nisyrier, Michel 43, besser Dittenberger* 263
=s/. G, Ins, III 91: BamXcuc 4{Xi««ftc Ntoupioi; x°^^P'*** '^f'
tfaraXxa KaXXtov icpoc &(ft%c, €vt« xai ^(aCv <rvv^Oii xeel ö(t^-
'Tif ov «oXiTiqv* «ur&v i&vouv S«t« «öXit xal ico>*
Aus diesen beiden Briefan kann auch der Inhalt des Ptole-
maiosbriefes erraten werden: Der König schickt eine Theorie
mit Opfern und natürlich auch Weihgeschenken an das Askle-
pieion zu Kos, bestimmt zu ihrem Führer den an seinem Hofe
weilenden Koer Kaphisophon und gibt ihm ein Sehretben an
den Demos von Kos mit, dessen Hauptteil wol nach den ein-
leitenden Sätzen eine liiste der Weihgeschenke und Opfertiere
bildete
Der Anfang des Motivsatzes nach dem Praescript wäre dem-
nach etwa so zu ergänzen : ' Da Kaphisophon — sich immer
als ein trefflicher Bürger gezeigt liat und ganz besonders Sia-
xpiStüv TTxpä ßaatXei IlToXiaa-w sowöl im einzelnen sich stets
seiner Landsleute annimmt. als auch durch seinen Eintluss auf
den König xoivat TroXXwy jcai j^pr](ji[A[o)v | ysyovs T]ät TcarpiSi
7tafa[iTio; xtX. * Die Ergänzungen der ersten erhaltenen Zeilen
habe ich nach sorgfältigen Erwägungen aus der Zahl der zur
Verfügung stehenden Formeln des Kanzleistils ausgewählt^.
Sollten sie aucli im Einzelnen zweifelhaft bleiben, so dürfte
docii der Gedankeninlialt siclur sein. Der Name Ka'piocxpoiv
war bisher auf Kos niclit direkt belegt, dagegen Ka9t'7io? als
üeamtenname auf einer koischeo Muuze (Paton, Coan coins
* Eine dritte autVallende Analogie bildet der nacli guten hellenistischen
Quellen geflllsclite Bericht des Pseudo^Aristeas über die Theorie des Ptole-
mains Philadclphos ittm Tempel in Jeriisaleiti, mit Begleitbrief, Liste (l*-r
WeiliKcsctit'iiki' II. <!. w , y\i\. Aristene quae Terlur ad Pbilocratem epislulae
iDitium ed. L. Meudt Isohu (1897) S. U i 33 0*.
* Das doppelle /,pr,9i[xu>v ist nicht unertrAglich, vgl. x. B. Ifichel 423. 327,
3. 8.— Von WichUglieit für die EfgtDXimgen ist die Thatsacbe, dass am
Zeilensehluss die WorttrenDung absichtlich Termleden lu sein scheint.
ATHBN. HITTHBILÜNGBN Ulli. 30
m ft. MEMO«
Nr. 106 in den Inscr, of Cos). Ergänzen kann man den Na-
men, der aas dem koieehen Monat Ka^iaio« za erklaren ist,
auf der Inschrift Paton-Hicks 54. 2.
Z. 4 f. Vgl. den sehr ähnlichen Ehrenbesehlüss der Athe-
ner ilftr den Rom5diend ichler Philippides, der a«oSvi{Aiqvac icpo«
Tov ßditftXI« Auai^xa^ov für 80100 Vaterstadt wirkte, lliehellte,
Ditten berger ^ 197, Z. 36 f. xal (»wip tovtm« «Avtwv «oXXAxk
l&apTÜp-nxsv «orAt i ßat9iXiU( icpö; toÜ( 7;pia€ti»ovTa; 'A9Y)voe(«M icpoc
iauTcv. Zu dem dreimaligen uicip mit Gen. v<^l. Meisterbans
Grammatik der alt. Inschriften^ S. 182. Hier ist es jedenfalls
an erster uiui dritter Stelle j^anz gleich icspi mit Gen.
Z. 7 f. Ttit TE 'AokXxtciöi x.xi Tot<; aX^ot; Hioiq. Diese 0ioi «nivoi-
xoi des Asklepios kennen wir aus dem Gel)et der dem koischen
*A<Jx>iri7tia)'. ivaTiOsiaai xai Ojiiä^ourjat bei Herondas l \ . 1 ff.
Z. 9 f. ia(pa[v]i^ü)v [aluTOv a$\ov] -^aev. Das folgende ist zu
schatteiiliaft und unsicher, als dass ich nach verwandlen In-
schriften eine Ergänzung wagen möchte. Man erwartet etwa
den Gedanken: dass er würdig sei der Sendung (toi; [il^-o-
(TTo[>ä??) oder der iMiliierschaft der Tlieorie, des Gottes, des
Königs, seiner Mithiirger oder ähnliches.
Wenn damit die Molivf erschöpft waren, so niiissen die
Ehrenbescidiisse einen gios^cii Raum eingenoinmen haben.
Die wichtigste Fra^e, weicht' die insehrifl aul'uibl, ist nicht
sicher zu lösen. Der Sehriftcharakter und die sorgfältige Ab-
fassung verbietet es. sie unter die Mitte des III. Jalirhunderls
zu rücken. So kommen ernstlich nur die beiden ersten Ptole-
maier in Betracht. Ptolemaios I. hatte allen Grund, den Askle-
pios von Kos zu ehren, unter dessen Schutz ihm M09 der
Thronerbe geboren wurde. Aber wegen des Königstilels kann
die Inschrift nicht vor 305 fallen; von 306- 301 war die In-
sel dem Machtbereich des Plolemaios entrückt. Nach 301 wäre
der Dank etwas verspätet gewesen Fs ist also wahrschein-
licher Ptolemaios II. Philadeiphos als der Absench^r der Opfer-
gesandlschaft anzunehmen, der mit Kos durch die innigsten
Bande der Pietät verknüpft w ar. Sein Verhältniss zu Kos wird
am besten erläutert durch Theokrits iyxttfAiov ii« ÜToXf(uilo«
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llfilSBBBBICHT AOS KOS 4&I
(XVII), das In die Jahre 973-71 zu datiren ist. Wenn hier
Theokrit der Insel die Worte in den Mund legt (V. 66 f.) oX-
vitxTTtjxa <I»o{6o; 'AicöXXwv, 80 ist dies vielleicht als Bitte ex
ei'cntu im Verein mit den Worten über die gute Verwendung
der königlichen Goldschätze ( V. 108 f.) iWx tcoaüv pitv eyovT'
Oeiöv ipt/t'jSs's; olxoi aüv irapyoy.t'vaLO aüv äXXo'.Tiv yspiecoi ein
Zeugniss für die Opfergesandtschaft unserer Inschrift.
9. 3. Platte von weissem Marmor, in zwei Stücke gebrochen,
auf beiden Seilen beschrieben Sie diente als Herdplatte in ei-
nem zerfallenen xa'ptveiov, wo ich sie fand und hei ausreissen
liess. um sie dem Museum der Demarchie zu übergeben.
Der obere Rand ist weggebrochen. Erhaltene Höhe 38, Breite
oben 45, unten 43. Dicke S**.
'2. Durch das llerdfeuer, namentlich auf der linken Seite,
sehr beschädigt. Schrift sehr oberlliiclilich und Iluchtig einge-
kratzt, die unterste Zeile nur eingepickt. Höhe der Buchsta-
ben l*".
MENfilA _^A^
vA ZI/ MHPEIATANOMIZOMEN
AIKAE E "lONTOIMENTANXElMEPIN
APX :NTES~EPAZTI0Y.KZ TOIAETANOE
5 NANAPXON "2: ~A K A T ß N A E A A Afi N OX PH I
ZnNEÜElKA KAII^XIONOSIONEZTINOYEN
TAIZOEAIZ O Y O NTfil AEKAlTOIEP^OAABEY^
TEZTOIEPONH^AMOZION EPrO NK AOEK AZ
TONENIA AI OZZO I M EN K AEPrOAA
lü BH2i2NT A TEZÄ;AnOZ.ITOIAE
Ano E II III KIOI AEYHEP EAnOZ.h
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452
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T«Cc OcetCc* OuovTttt )i xflil toI ipYoli«(iOv«
Tl{ TO UpOV Y) SsfAOOtOV IpY^V X«0' SxM-
xct Tol [ipxtTexrjove; {jly) rrpOTipov aw-
TOC( Ta[; Soon;? (acTcojSjtSovTCOi, «I x« (AV) 6 ipiuc
«]uTo[i]? [i{X(j>a]v{(rr) t«v Ouoiecv iviTC-
15 T]iXeo6a[i, -i^ 0(ps]iX6vT(i>t ixtxCfAtov U-
p0i< 'A^paoTiia; >cal N({xeatu{ L O '
6iiÖvt[<i>i] Si [xal] toI a7;o[S(i]xvu(Aevot iciv-
SO ?x[a]7T0? lipeiov [/_v? x]ai rot ^ye^yeptj $iSöt[ci>
xari Ta ytypafAatva, ii aTcoxivovTwi
Ttii^[i] Upci Z. V, xai a npä^^i; toTU> av>T<i^i
xaddicip ix Sixaf.
Die Lesung und Ergcinzung der schwer zu entziffernden In-
schrift wurde sehr getürdert durch flerrn Palon . der ge-
meinsam mit mir den Stein studirle und mir auf Grund eines
Abklatsches — die Abklatsche lassen mehr erkennen als der
durch das Feuer geschwärzte Stein — seine vollsliindige Le-
sung miUeilte. leb luhre nur das ao, worin Paton von mir
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BSIBBBIBICBT ADS KOS
45S
abweicht. Z.9. MFITI A xä vo{x. P. UptXx oder [nnp(e)ia? 3. 7c]«p
)ca6. S..OV, Tol P. Vor Toi steht ON oder fiN. 7.
9. ivia[uT6]v [&7c]a[r! P. 10. oovti \| . rrpajTctJ^av P. 1 1 . von P. er-
gänzt. 12. tJoi [lipoavÄ|xo]v£i; P. 13. t]oi; t[Ö ouJvrTa/Osvl Sovtoji P.
Die Lücken in Z. 9 ff. sind so verrieben und zerkratzt, dass
es gewagt ist einzelne Striche als Buchstabenreste zu deuten.
20. Iipsiov [/L . V )tai Ta ytpYi SiSdru P. Vor xjxi Rasur. 22. ivö']
{sp«iü)v, xai P. aÜTwv P. 23.. . . xotra - - P. Das letzte Wort las
ich zuerst als «oi/.ö;, aber der Raum passt besser zu ex
Wir haben hier eine zweite Sakralinschrift aus dem Heilig-
tum der Adrasleia und Nemesis, nachdem eine ähnliche schon
früher gefunden war, Inscriptions of Cos 29. Der letzte Para-
graph der neuen Vorschrift ( Z. 17 ff. ) scheint mit dem ersten
der alten annähernd gleichlautend gewesen sein. Der zweite
Paragraph jener Vorschrift enthält die Opferbestimmungen
bei Freilassungen , die also bei diesem Heiligtum erfolgten Die
neue Vorschrift zeigt in ihrem Eingreifen in die bürgerlichen
Verhältnisse auch Verwandtschaft mit dem koisrhen SakraU
geseU Michel720s=DialektinBchriaen 3632 (Töpffer, Beiträge
zur griech. Alterturaswissenschatl S. 2(^4 fif.).
Eine Übersetzung (von Z. 3 an) möge an Stelle eines aus-
führlichen Kommentars treten:
'[Opfern sollen . . . .] die Beamten des Winterhalbjahrs (zu
ergänzen l^aixYivov) am 24. Gerastios, die des Sommerhalbjahrs
am 27.; von den andern, wer will, zu beliebiger Zeit; und es
ist Brauch das Hüftenstück den Göttinnen zu opfern. Opfern
soUeu auch die Unternehmer der heiligen und der öffentlichen
Arbeit(en), in Jedem Jahr einmal; wer bis zu 3 (Arbeiten
übernimmt?), mit einer Opfergabe (?) von 10 Drachmen Wert;
wer zwischen 3 [oder4?j und 5 (Arbeiten Obernimmt), von
30 Drachmen ; wer Ober 5, von 50 Drachmen ; und die Bau-
meister dOrfen ihnen nicht frOher die (ersten) Raten ausbe«
zahlen (lassen), als bis der Priester ihnen eröffnet hat, dass
das Opfer dargebracht worden ist, oder sie haben als Bussgeld
in den Schatz der Adrasteia und Nemesis zu zahlen . . Drach-
men, Opfbm sollen auch alle die, welche von den Bankiers
464
R. HBRZOft
oder 6onslwie oamhaft gemaebt werden, und iwar sollen sie
auf den Opfertisch niederlegen jeder ein Opferiier [von 50 Dr.]«
und die Deputate soll er (dem Priester) geben gemäss den ge-
scbriebenen Bestimmungen, oder sie sollen dem Priester 50
Dracbmen zablen, und das Exekutionsrecbt stebt demselben
SU wie auf Grund eines geriebtlicben Urteils*.
Aus den TerstQmmelten swei ersten Zeilen ist kein Zusam-
menbang berauszubringen.
Z. 3. Anfang t1s[i] Kft ? Dann ([ic]e[T]i[t]ov jäbrliebes Opfer,
oder iirirt{«»v, Kultbeaäite wie die im^imw ?
Z. 4. ap;^ovTic vielleicht nicht dieEponjmen ({xövxpyoi), son-
dern irgendwelche andere, yorber genannte Beamten. — Ihr
Amtsjahr war in Winter -und Sommerhalbjahr geteilt. Die-
selbe Teilung findet sich in römischer Zeit auf Rhodos, vgl.
7. G. Ins. I 94, 11. 95 b, 5. — Der Gerasttos fällt also,wie ihn
Paton angesetzt hatte, als 6. Monat in den Prttbling, so daas
Bischoff, Leipziger Studien XVI, 1894, S. 148 Unrecht be-
kommt. Zur Zählung der Tage vgl. Paton lu Inscr. of Cos
43. 18-20, S. 99.
Z. 6. Das Hüften-oder Lendenstflck kommt auf den Opfer-
tisch nach der Opfervorschrift Michel 673. Der 6ua<p6po; be-
kommt das axpiT/tov nach den Beslimungen Inscr. of Cos
37, 52. 40b, 13. *
Z, 7. Die rechtlichen Bestimmungen für die t^yolxoox oder
Ipyoivxi, die in ganz Griechenland annähernd gleich gewesen
zu sein scheinen, hat Homolle im B.C./J. XIV. 1800.S. 'i()2-5
besprochen. Die llauplurkunden dafür sind ausser Haurech-
nungen das Gesetz von Tegea (Michel 585 j und die Bauur-
kunde von Lebadea ( Miciiel 589). Hieraus habe ich versucht
die sakralen Bestimmungen zu ergänzen. Z. 9 f. sind aber
zweifelhaft.
Z. 1 1 ff. Diese Bestimmung ist parallel der in Inscr. of
Cos 29, 5 ff. Ich habe anstatt der auf Kos nicht zu belegen-
den ^Upoi/.viu.lovE; ergänzt [ipyiTexTjovE; , weil diese Beamten
bei den Akkorden den Staat oder das Heiligtum verUeten.und
namentlich die Auszahlung der Halen an die Unternehmer be-
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BBI8BBBRICBT AUS K08 455
Stimmen, welche dann allerdings dureh Pioanzbeamte voll-
sogen wird. Z. 1$ könnte man auch an r« Ifpyx ix$]iS6vT«»t
oder TOI« [G.>YYpa<px( S]iS6vTtti denken, aber am nächsten liegt
die AuBsahlung der ersten Rate, die der Unternehmer haben
muss, um seinerseits seinen Arbeitern das Handgeld und den
Lohn zu geben.
Z. 16. Das Zeichen, welches die Strafsumme darstellt in Ge-
stalt zweier in einander greifender Halbkreise, ist unbekannt.
Es muss nach Analogie anderer Bestimmungen eine runde
Zahl zwischen 100 und lOOO sein, vielleicht eine von diesen
beiden oder 500. Jedenfalls aber kann es keinen der miiesi-
schen Zablbuelislaben tur diese drei Ziffern darslelien.
Z. 17 IT. Die TpaTTE^iTx; sind Bankiers, durch welche die
Tempel verwallungen (bis bewei^licbe Tempelvermögen umtrei-
ben liesscn, um sich die Umstände zu sparen. \'gl. v. SchÖffer,
De Deli insulae rebus, 1889, S. l'*5. 1 '.6-50. Michel 731.
In Kos waren es wol die jüdischen Grosskapilalislen, welche
im I. .lahrhunderl vor Chr. dort eine grosse Rolle spielten
(Hicks Inscr. of Cos S. XXXVIII f.). Die Bankiers zahlten
dem Heiligtum Zinsen und liehen ihrerseits die Kapitalien aus,
Sie musslen nun nacli den vorlieijeiulen Bestimmunj'en ihre
Schuldner, die also indirekte Schuldner der Tempelverwaltung
waren, namhaft machen, damit diese noch zu einer nicht un-
beträchtlichen Opfer- oder entsprehenden Geldleislung zu Gun-
sten des Heiligtums oder gar des Priesters persiuilich herange-
zogen werden konnten. Die aTToSsuvOatvoi xa)>o); rw; werden
wol Pächter des unbeweglichen Tempelvermögens gewesen
sein, wie solches in der koischen Opterinschrift Michel 720
aufgeführt ist (vgl. Stengel, Griech. Kullusaltertümer^ S.20 f.,
WomoWt B.C. H. XIV S. 450 ff. AntheSt Deemptione eive/i'
ditione Graecorum, Halle 1885).
Z. 19 f. Ka6iCovT£; irl Toiv TpÄxi?^«v ein sonderbarer Aus-
druck wie oben Z. 10 öO'.v Tp««i||at.Zu vergleichen ist dasVer«
bum TpxTTs^^Äv in der Mysterien inschrift von Andania Michel
694. 86. Vgl. auch Inscr. of Cos 29, 2. 36c, 26 f. Michel
456
R. HERZUO
731, 5. Trotz laser, of Cos 37, 9 ist xaOiCovTic hier nicht in-
transitiv ( = sitzen) zu fassen.
Z.30. Der Preis des Opfertier s ist durch Rasur gctilgt,aber
wol aus Z. 32 und Inscr, of Cos 3 zu ergänzen [Z. v] ;
es wäre demnach eine junge Kuh, S^iMcXt«, nach Inscr. of
Cos 38, 5 f. Auch der Rest der Zeile ist — absichtlich — be-
schädigt. Es könnte Tielleicht auch gelesen werden Uptiov [«wo
Z. v] Tf ylpn StSöT[u.
Z. 32 f. Diese überaus häufige Bxekutionsklausel ist von
Mitteis, Reichsrecht und Volksrecht S. 404-44 sehr ausführ-
lich besprochen. Sie wirft ein eigentümliches Licht auf deo
Geschäftsbetrieb des Heiligtums.
Der Rest der Vorschrift Inscr. of Cos 39, Z. 9 f. enthält
Bestimmungen über die Besetzung des Priestertums der Göt-
tinnen durch Rauf, was von einer bestimmten Zeit an (Inser.
of Cos 386, 6) auf Kos das Gewöhnliche war*.
Ein Ausschreiben des Priestertums und den Raufeintrag ent-
hält nun auch der neue Stein auf seiner Rückseite.
3. Nicht geglättet. Die Inschrift nimmt etwa die obere Hälfte
des Steins ein. Links ist die Oberfläche 10-13*" vom Rand
an zerstört, was bei voller Ausnützung des Raums 7-9
Buchstaben entspricht. Rechts ist die Oberfläche zwar, ab-
gesehen Yon Z. 1, bis an den Rand erhalten, die Zeilenenden
eraeheinen aber glatt Yerrieben und weisen in Z. 3-6 nur
unbestimmbare eingepickte Striche und Punkte auf. Htedurch
und durch die formlose Abfassunj^ wird die Ergänzung sehr
erschwert. Die Sclirift ist noch nachlässiger eingeritzt als auf
der Vorderseite. Höhe der Buchstaben 1**, in Z. 6 und 7
1,5** (vielleicht von andrer iland zugefügt).
NAnftAHOHTni. .
* Die Liticratur über d(Mi Kauf der Priestertümer ist zuletzt zusammen-
gestellt vuri E. HischolT, Rhein. Mus. 189!) S. )^*18. Ich kann mich seinen
Ausführungen uiclil durchweg aasübliessen.
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HBISBBIRICHT AUS KOS
45T
IXTTPOZTATAIZEI.
TOnOTIKATAI Ah.
5 MIEPßZYNANAMATA:. . .
•O KAEONEIKC^Z
APnOYiLM /Oß
*A llpuxjujv« TCüiXrjOriTUt . .
---TOt; Upjwaüvx? SiaYpa[({/dcvT(»)i
Tol Tapit«i TOi]? TcpoiTixai? ili [xiv
TtXCTÖlV ? ] TO 1C0T(XaT«€>Y}[{XK ?
5 Ta]v ttpbxTuvav £(A« tSi [Sixdttfti?
Iirptarjo KXiovcixo«
Eux]apivou Z. A/ on.
liiller von Gärtringeo,dem iebeioen Abklatsch aandtejialte
die Freundiichkeil, mir einige abweichende Lesungen mitzu-
teilen. Z. 1. 7ro)Xr)67)Tb) Tb^ Hiller. V. StaYpa(Ap^a !^ fl. i. toc KOtI
xaranXeo 'unsicher' H. 7. Die richtige Lesung der SiglejSi ver-
danke ich Hiller. Das kleine Zeichen am Schluss kann auch
ein O sein.
Meine Hirgänzungen können bei dem traurigen Zustand des
Textes keinen Anspruch auf Sicherheit machen.
Z. 1. Der passiven Wendung entspricht sonst die aktive,
Inscr. of Cos 27,6. 88.11. 32, 1 f.
Z. 2 f. Zur li^rgänzung habe ich herangeiogen Inacr. of
Cos 28, wo ich wie hier Z. 1 ff. so er^sen möchte: [(irr«
iv]pooTdlT«t( U T«v in\ Tftt [xiXiTftt Tft< Up]«iauv«€ Oudfltv Z.T. Dort
sollen die T«jA{«t cur Bestreitung der Rosten der Priesterweihe
den TtpwtAttu, 300 Drachmen sum Voraus anweisen. Diese
beiden Kollegien wirken auch sonst bei der Besetiuog von
PriestertQmern susammen, Inser. of Cos 27,6. 19. 2t.
29,14. 80,2.
Z. 4. To tcoTiit«TA€Xii[(M ist mir noch die wahrscheinlichste
Ergänzung der unsicheren Zeichen. Das Wort kommt vor bei
Demoethenes XXIV, 97 f., wo es Zuschussiahlungen der
468
R. BBRSOO
Steuerpiichter an den Staat zur Deckung von Gtatsüber-
Schreilungen bezeichnet. So könnte man hier an eine ausser-
ordentliche Belastung der TiXüvai des Heiligtums (vgl. oben)
für die nicht vorgesehene Ausgabe denken.
Z. 5 f. ist in Anlehnung an andre solche Kaufurkunden
ergänzt, z. B. Michel 704 (Tomi, II. Jahrhundert vor Chr.),
15 f. 732 (Chalkedon 1.). 29 f. 733 (Chalkedon II.) 19 f. Nach
den dort genannten,zuiii Kaufpreis geschlagenen Kaufsleuern,
ineiToeTTa, TpiaxovT« U.8.W. und nach den sicher ebenfalls auf
Priestertumskauf zu beziehenden Fragmenten aus Priene,
Greek Inscr. in the Bril. Mus. Nr. V2G. 427 ( iwiSexaTov )
möchte ich hier als Zuschlagsteuer die Scxxra einsetzen. Damit
scheint (bei der wahrscheinlicheren Lesung Z. 7) die Kauf-
summe zu stimmen, bei weitem die höchste, die wir kennen,
19»00 Drachmen, zu zerlegen in 18000 Dr. (=3 Talente)
Kaufpreis und 1800 Dr. (— 10 ^/q) Steuer. Diese unerhört hohe
Summe können wir verstehen, wenn das Priestertum auf Le-
benszeit verkauft wurde. Das« ihr fette Einkünfte entsprachen,
ist aus den beiden Opferinschriften zu entnehmen. Der Räufer
muss allerdings sehr kapitalkrilftig gewesen sein ; das ist aber
auch glaublich, denn dieser Klkiöviixo« [Bux]fllpicou ist ohne
Zweifel identisch mit dem koischen Tetrerenkapitan KXiovn-
»0« Eux&picou, der im Jahr 8? vor Chr. oder kurz nachher im
rhodischen Geschwader unter dem Plottenadmiral Aulus Te«
rentius Varro gegen Mithradates fuhr, und sich nach dem
Peldzug mit seiner SchiCTsmannschaft auf einem Anathem,
vielleicht auf Samothrake, verewigte*. Spuren seiner Familie
lassen sich auch sonst in der koischen Beamtenhierarchie ver*
folgen.
' Siele in Bujukdere bei Konslantinopcl : Kaiinka, Jalireslieflc des nslerr.
arch. Inst. I, 1898, B. 3t IT. Willrich, Hermes 1898 8 657 U'. IJillcr von Gar-
tringen, Jabresbefte I, Beiblatt 8. 90 IT.— Übeneben ist bisher die fiberra-
sebende Parallele der Inscbrifl Le Ba« - Waddington, AmU Mituure 504 aui
Halikanias»,Weiliung derMannsdiaft fin<>r lial ikarn;issischen Telrere unter
einem halikantassisclien Triorarchen und einem (rbodischeo?) Gescbwa-
derchef au die bciuiischea Gülter.
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AEISEBEHfCHT AUS KüS
Der Schriftcharakter und der Text passen zur ersten Hälfte
des I. Jahrliunderta vor Chr. Aus der Flüchtigkeit der Schrift
muBS Vioi auf einen privaten Charakter der Aufzeichnung ge-
schlossen werden. Dann sind Formen wie xpaTreCuTÄv (2, 18),
KXfdvtixoc (3,6) nicht auCTallend. Inscr. of Cos 29 wird eine
oder mehrere Generalionen früher anzusetien sein (dort Z. 8
«itolLuTpibffioc, 9Ni(A(o(0(, hier 2,16 Nei&^aiu«). Es scheinen bei
Neubesetzungen des Priestertums auch die allgemeinen Opfer-
bestimmungen, die von EinfilusB auf die Einkünfte des Prie-
sters und damit indirekt auf den Kaufpreis waren, reyidirt
und erweitert worden lu sein.
Adrasteia und Nemesis sind wol aus Rleinasien nach Kos
herQbergekomroen. Sie scheinen hier einen sehr bedeutenden
Kult gehabt au haben. Vielleicht hatten sie Besiehungen zu
Asklepios und Hygieia, wie auch sonst ( vgl. Posnansky, Ne«
mesis und Adrasteia S. 65. 138 CT.).
4. Bruchstück einer Stele von weissem Marmor, einge-
mauert in einem Zimmer des Hauses von SiSmto« Micoufoc,
in der Stadt. Nur der obere Rand erhallen, über der ersten
Linie eine Leiste. Höhe 16, Breite 36, Höhe der Buchslaben
1,3-
SAMOOPAIKHN^H^IZMA
• THI BO Y AHlKAITftlAHMniE
xSlMEHHZPPASHKfilOSPP
INTHZPOAEßZKAlEYEPrE"
5 TETHNPPOSENIANTOIZPAPA
^OirXnNPOAlTÄNPAPEy
AITAPPOZTHHPOAINICO«
iMr •/^/-M'*- r\
Sri IlpJa^ial'vTj; llpa^rj Küiio? 7:p[6^l-
vo;] Oy rr^i tcö^jo); xat euipYiT[75; xa-
5 Tdt] T« rrjv «po^iviav toi? 75ap*[Yivo-
460
lt. BBltfO0
ac] xai TOI ffp6< t^v «öXiv »oi[vjii cUi
f iX(»t]i(AOU|Mvoc H«t[( - - -
Ehrenbeschluss der Samothraker für einen Koer, der sich
als ivpö^ivoc um Samothrake verdient gemacht halte. Er war
wol wie einige andre Koer (Gonze, Reise auf den thrakischen
Inseln S. 67. Kern, Athen. Milth. 1893 S. 3b8f.) auf dem ge*
wohnlichen Wege zu seiner Proxpnic gekommen (oiSi icpö^tvet
iyivovTO OtMpoi TcapaytvofAtvoi, vi^M auch Monceaux, Les proxd"
nies grecques S. 296 f.), nemlich als koischer Theore zu den
PY^^o' ^<o'' ^on Samothrake. Das vorliegende Dekret ist nach
demselben Muster abgefasst wie das für Ptoiemaios, Sohn des
Ameinias aus Gortyn, Conze, Reise S. 66, das nach dem neuen
richtiger ergänzt werden kann,
Z. 1. Die Oberschrift soll die Urkunde als fremd kennzeich-
nen, nach einem nicht seltenen Brauch. Wie die Abschrift
zustande gekommen ist, zeigt das in Jasos gefundene ausführ-
liche Ehrendekfet der Samothraker für den tragischen Dichter
Dymas von Jasos, Michel 352, S9 ff. Cva \k ^ccvipov ^ »otl 1«-
ip«ep«Ysvopilvoi( Oittpolf, . . . «viviYxcIv tüi ßo^AiJt »«l tAi
^|Ufti t6v *Ia«l<i*v, KOil ivoepotiMxXiivOai ivipiiXDOiivai fi-
XOTi|MIC (Vft TOI l|nf|f{«(MlT« Iv TtVt T&V tipAv avKYPttf^' xfld ol «t(E>
f Olvot «vaicttpuxOAaiv Iv Atovv«{otc, tiSoTOtc ^ioti ivot^«aivTt$ tc v}(m»-
(ftcva f9^\n^9a. Tdt ^^(m>i. Die Koer scheinen sich nicht so mit
der Abschrift angestrengt su haben wie die Jasier. Die Wie-
dergabe des Dekrets ist anscheinend summarisch, das Prae-
skript ist zusammengezogen oder falsch wiedergegeben mit An-
lehnung an das koische Formular. Es mOsste eigentlich lauten:
iSo^i vhk ßot»>vii (ohne Nennung des Sii(&o<)- ß««tXiu€ (oder icpoi-
2poc) 6 ^»(va ToO ^fvec ilwiv (vgl. Swoboda, Griechische
VolksbeschlQsse S. 118 f. S99).
Z. 3. Der Geehrte heisst npa^ifAivDc Ilpa^vi. Br ist vielleicht
Identisch ipitdem Antragsteller Jnscr. of Cos 5 (= Michel
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llftMBftBlltCflT AUS K08
425). Der Genetiv U^xir^ aus Ilpa^ta (von Ilpa^ea*;) zeigt eine
sonst nicht zu belegende Kontraktion, wol nach Analogie von
Ypaa|xaTY) für YP*H-{A«Ti'a (vgl. Barth, De Coorum titulomm
dialecto S. 89 f. 104. Schweizer, Grammatik der pergameni-
schen Inschriften S. 148 f.).
Z. 8 9aoT]i(&ou[jLivoc vgl. z. B. Michel HO (Athen), Z. 6.
12f. 64. 65. 77. Buresch, Aus Lydien S. i9.
Die Annahme von Monceaux (a.O.), dass die samothrakl-
schen Dekrete dieses Musters nach der athenischen Fassung
redigirt seien, weil die Athener eine Zeit lang die Insel be-
herrscht hätten, ist keinswegs notwendig. Die Ähnlichkeit mit
Dekreten wie C. I. A. II 181. 186. 187 ist genügend in der
Gleichheit des Thatbestands begründet.
Die Buchätahenformen weisen die Inschrift etwa in den er-
sten Teil des 111. Jahrhunderts vor Chr.
Tübingen.
R. HBRZOa
PRÄHISTORISCHE IDOLE AUS BLEI
In seinem interessanten Bericht über prähistorische Gräber
in Melos' kommt C. C. Edgar auf meine früher geäusserten
Zweifel^ an der Kchtheit eines bleiernen Idols der durch
zahlreiche marmorne Exemplare, besonders von den Inseln,
genügend bekannten Art^ zu sprechen. Anlass bietet ihm die
Veröffentiichung eines von Bent in Anliparos gefundenen Fi-
gürchens aus Blei ^ ; er schliesst aus diesem Eweifellos echten
Stück, dass also Ross mit Recht neben Marmor auch Blei als
Material dieser Idole nenne . und meine hauptsächlich auf
Gründen a priori beruhende Verdächtigung des einzigen
bisher nachgewieseoen Exemplares nicht aufrecht erhalten
werden dürfe.
Meine Verdächtigung des aus Fin lays Besits stammenden
Pigürchens (jetzt im athenischen Nationalmuseum Nr. 7847)
gründete sich aber nicht ausschliesslich, ja nicht einmal haupt-
sächlich auf das Material. Nicht weil dies Figürchen aus Blei
besteht hielt ich es ohne weiteres für falsch, sondern weil es das
einzige solche Idol aus Blei war, und ich dies einzige damals
nachweisbare Exemplar für falsch halten musste, behauptete
ich, dass Verwendung von Blei für diese Figuren nicht nach-
gewiesen sei. Vielleicht bin ich dabei su skeptisch gegen Ross
« if fintMi of the Brttüh school at Athtnt III, 1896-7, 8. 50.
« Athen. Mitth. 1891 S. 55,1.
• Eine Ubersicht picbt Blinkenberg in den Memoires de la society des an-
Uquaire* du Nord lä9ö S. 61 fl. { = Aarböger for mrdnk uldkynUigked ug
historie 1896 S. 55 ff.), daia kommen jelit vor allem die von 7'sundai ent-
deckten ('Efi)Ht(pU apx- fS^S Taf. 10. 11 S. 193 f.). In der Besprechung,
wck-lie Perrot ihnen wi(Im>>l Ülistuire de l'arl VII S. 735 (F.) sind die ver-
scliiedencn Klassen primiliver Idole nicht Kenüi,'end gesondert.
* Journal of Hell, studies V S. 52. 53 (durl von Deut irrig als Silber bc-
MtcbnetJ, Bliokenbeüg a. a. O. 8. 16 bes. 8. 15.
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^RAEHISTOi<lSCHB IbOLB AOB IILKI 463
gewesen, aber seine Äusserungen sind so unbestimmt, dass
man grade bei einem so genaueo Beobachter wie er das Gefähl
hat, er empfinde selbst einen gewissen Mangel an ganz zu-
YerlassigeiD Beobachtungsmaterial Seine älteste bezügliche
Äusserung ist. soviel ich sehe, die in der 'Apx«'o^oY^* tt)? viq-
(rou ZtKivou, 1837, S. 5,9: tk Tiva^ vi^aeuc, olov Fldpov, "lov
xal dqpocv, av£uptTXGa£VÄ irt'ki'jrxxx elSioXa yuvaDccta, ix. fxap-
|Adcpou 71 xai {i.oXu6Sou*. Etwas bestimmter lautet dann die
in der Abhandlung Uber Anaphe. 1838, S. 408,6 : fiin solches
Figürchen aus Blei auch auf los (jedoch nicht ganz frei von
dem Verdachte der Fälschung)^. Damals kannte Ross also nur
ein einziges solches Pigürchen aus Blei. Dass es mit denn spä-
ter von Finlay besessenen identisch sei, lässt sich zwar nicht
bindend beweisen, ist aber wahrscheinlich. Ross hat los am
3. Sept. 1835 nur auf einige Stunden, dann vom 31 . Aug. bis
2. Sept. 1837 wieder besucht, dies zweite Mal in Begleitung
von Finlay (Inselreieen 1 S. X. 54. 15 't), der damals dort
die Obsidianmesser erwarb, welche neben den am Flügel von
Marathon aufgelesenen Resten gleicher Art der Grundstock
seiner Sammlung prähistorischer Altertümer wurde ^, und mit
Roes zusammen bei den Bauern Gräberfunden dieser ältesten
Epoche nachspürte^. Eis wäre sehr merkwürdig, wenn Piniay
damals nicht auch das Figürchen gekauft hätte.
Noeh an einer dritten Stelle spricht Ross von bleiernen Ido-
len, Arch. Aufsätze [ S. 53 in seiner Obersicht Ober ' Vor^
* übersetzt in dea Arcb. Aufsätzen Ii ä. 482,9 (aus Marmor oder auch
Bleij.
* Abhandlangen der mtlncbener Akademie 1838 ss Arch. Aufsitze II 6.
492, IC). An dieser wie an il. r ehcn genannten Stelle verweist Ross auf
Thiersch, Uber Paros undparische Inschriften ( Abhandlungen der inün-
chener Akademie 1834) S. 585, aber uur für die Marmorügürcben ; Biei
nennt Thiersch gar nicht.
* Vgl. r. «fvXaV, napan^n'mtc M tüc b 'BX6t«fi)t mI 'EXXdtSt «pa«mpw|fc
ifimtkvtiat, Athen 1869, S. 15 f. Taf. 3,8. 9 und 4, 14. 15. A. Dumont,
Bevue arch. 1809, II S. ?!^T. MaUriaux pour servir ä l'hütoir$ ä* l'homm§
1872 8. 216 ( = Dumoal, 3i6langes d'arcU. S. 15 und 23).
* InselreiMD 1 8. 160» 14.
464 ». woLtiiui
griechische Gräber*, die sichUich einige Zeit später, vielleichl
erst kurz vor der Herausgabe der Aufsätze (1855) niederge-
schrieben ist'. Hier sagt Ross, dass ihm solche Idole aus
Marmor, einige auch aus ülei auf den griccliisclien Inseln
öfter vorgekommen seien. Wenn wir nicht annehmen wollen
— wie ich that — dass er hier aus unjj;enauer Erinnerung
rede, würden wir allerdings sein Zeugniss dafür anerkennen
müssen, dass er mehr als nur ein solches Idol aus Blei ge-
sehen, und uns nur wundern, dass er über diese seltene und
ungewöhnliche Klasse nicht etwas genauere Nachricht zu ge-
ben für gut befunden hat. Da aber die \ erwendung von Blei
nicht unmöglich ist, lässt sich auch die Möglichkeit nicht aus-
schliessen, dass Boss buchstäblich genau geredet hat.
Aber damit ist für das finlaysche Figurchen noch nichts
gewonnea. Es kann nicht echt sein. Denn erstlich fehlt jede
Patina, die wir doch unbedingt voraussetzen müssten . und
zweitens stimmt es in allen Formen zu genau mit den mar-
mornen Exemplaren überein. Es hat, wie diese fast ausschliess-
lich, ein ganz flaches Gesicht, ohne Angabe von Augen und
Mund ; nur die Nase ragt als kleine Erhebung liei vor Bei den
marmornen Exemplaren sind Augen und Mund und noch
manche andere Einzelheiten fraglos mit Farbe angedeutet ge-
wesenbei dem bleiernen war das nicht iiKiglich, bei ihm
war deshalb eine plastische Ausgestaltung unumgänglich nö-
tig. Dass diese fehlt beweist, dass der Fälscher sich sklavisch
an sein marmornes Vorbild hielt. Auf Grund gleicher Über-
legung müsste man das von Walpole veröffentlicble Exem*
' Es ist mir watirscheinlich, dass diese Ubersicht, die neues Material
niclil beibringt, uod bauptsäcblicb die durch Pasch van Krienens Berichte
verwirrte F^a^tellung naoh dem Aller dieBarOriber kliran soll, sv^brie-
ben Ist, als Ross sidi mit der Absiebt trug, des Qnfeii Badi neu abzo-
drueken; das war aber grade 1855. tgl. L. Ross, Graf Paseb ran Krienea
S. VI.
* Ich verweise dafür auf Albeu. Mittb. 181ii ä. 46 0'., Bliukcnberg,a.a.O.
8. 46,1 bei. S. 41, 2 und Tsundas, 'Efi)(upl( «px- 1898 S. 188. 194. 195.
Schon Wal/. I Über die rolycbromie der antiken Sculptur, 1853, 8. 9) hat
da» für den ailiendeu Leierspieler in Karlsrufae richtig ersehioesen.
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flRABHIStOlinCHB iftOLft At8 tiMt
46i
plar für falsch halten, wenn es wirklich aus Thon bestände;
vgl. darüber Athen. Mitth. 1891 S. 55.
So bleibt für uns das von Edgar veröffciullohle vorläufig
das einzige naclii^ewiesene dieser Idole, das nicht aus Mai uior,
sondern aus Blei besteht, welches deshalb auch nicht genau
die Form der marmornen I'lxemplare wiciergiebt. Wie sehr
die Verwendung von Blei ftir diese Idole als Ausnahme zu
belraclilon ist, beweisen auch die erfolgreichen Ausgrabungen,
über welche Tsundas in (]cr 'E^i^r.atzlq io/. 1898 S. 1 37 fF.
berichtet : er hat in rund '200 Grähern dieser Epoche über 50
Marmoridole, kein einziges aus Blei gefunden. Das von Evans,
Cretan /ncto^rap/is S. 134 Fig. 137 abgehildete, übrigens
auch nicht genau iihereinstiminende, Idol aus Kreta' gilt dem
Merausgeher selbst als verdächtig und vermutlich mit Hülfe
des dort aufs neue ahgebildelen Formsleins aus der Gegend
von Thyaleira hergestellt (S. 132). So bleibt schliesslich nur
noch das Bleiidol aus Troja ^ zu nennen, dessen stilistische
Verwandtschaft mit den Marmoridolen auch nicht eben sehr
nahe scheint^.
Athen, Februar 1899.
PAUL WOLTERS
* Vgl. Blinkenberg a.ft.O. S.63. (M(«,B.
* Schliemann, Ilios Fig. 226. Perrol, Histotre de l'art VI Fig. 295.
* Vgl. Allien. Mill!). 1891 S. 55, I. Ikruf arch. 1S95, I ö. 377. S. Uei-
nach, in sculj'luif en Eurupe avanl Us influenui greco - romainu B. 92;
zur t rage nach dem Ursprung des Typus 8. H.Ton Fritxe, JabriNMdi des In-
sliloU 1897 8. 199.
ATHEN. yiTTUBILUNGBN XXIII. '^^
ALTATTISCHE S(;HRIFTDEiNKMÄLER
lllienu Tafel IX. X»
I
Zu den bekannten Bruciislücken des Salamis betrefTenden
Psepliisma CIA IV, 1 S. 57 und S. 164, \n hat H. G.
Lolling, wie P. Wolters in seinem Nachrufe in diesen Mit-
theiiungen 1894 S. xxii erwätint, ein neues gefügt, ohne dass
es ihm gegönnt gewesen wäre diesen wie seinen früheren Fund
(AiXtiov (xp/. 1888 S. 117) selbst den Milforschera vorzulegen.
Wenn ich die wenigen Buchstaben, die das Fragment bringt,
nachstehend endlicli miUeile, so ist es nicht meine Absicht bei
dieser Gelegenheit die ganze Urkunde erneuter Behandlung zu
unterziehen. Da aber die bisherigen Abbildungen keineswegs
geeignet sind, von dem Denkmale eine richtige Vorstellung zu
vermitteln, schien es angezeigt in einem Lichtbild (Taf. 1ü, 2)
sämtliche Beste, vereint mit denen einer anderen bedeutsa-
men Inschrift, vorzulegen und einige kurze allgemeine Be-
merkungen beizugeben.
Zunächst über die Form des Denkmals. Ulrich Köhler als
erster Herausgeber meinte (Athen. Mitth. 1884 S. l?h), der
Stein erinnere 'durch seine l'^orm und die Art,wie er beschrie-
ben ist, vielmehr an die Basis eines Weihgeschenkes als an
eine Inschriftenstele; doch müsste in diesem Falle auf der
Oberfläche sich wol eine Spur erhalten haben. Der Stein scheint
danach nicht in den Üurgfelsen eingelassen, aondem im In-
nern des Tempels an einer erhöhten Stelle niedergelegt gewe-
sen zu sein*. Diese Aufliissung wird durch einfache und ein-
leuchtende Beobachtungen berichtigt, die angesichts vieler
mittlerweile gefundener archniKcher Basen späteren Beurteilern
des Denkmals allerdings näher lagen als Köhler, und zuerst
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ALtATTlSCriB BCllRIFTOENKMAELlslIi
46t
von BotboGräf in den Atheo. MUth. 1890 5. 24 aus^procben
wonleo 8indi. Ich darf Grafs Bemerkungeo im Nachatehenden
wiederholen. da su fürchten sieht, dass sie den Epigraphikern
enlgpingen seien ; der Herausgeher des Corpus hat auf sie zu
verweisen unterlassen. Dernach Lep8ius(MarmorBtudienS.80)
aus unterem weissem pentelisehem Marmor gefertigte Ulock,
auf dessen Fläche die Inschrift steht, ist an der linken Seite
dieser Fläche 0,219" hoch, während er am Bruche rechts eine
Höhe von 0,228" seigt. Es wachst also in der Richtung der
Schrift die Höhe der Schriftfläche: so gelegt, dass die Buch-
ftahen aufrecht stehen, wie in der Abbildung Taf. 1ü,2, bat
der Block eine schräg ansteigende Oberkante. Ferner sind
wie die Schriftfläche so auch die Flächen, die in dieser Auf-
Stellung als Ober- und Unlerfläche erscheinen, sorglältig
geglättet, die hintere und die Seitenfläche links dagegen rauh
gepickt. Dieser Sachverhalt lehrt, dass wir in Wirklichkeit
Reste eines nach oben vetjungien Pfeilers vor uns haben, der
so aufgestellt zu denken ist, dass die Zeilen senkrecht ebenso
wie auf zahlreichen Basen archaischer Weiligeschenke von
oben nach unten liefen. Von dem Kopfe dieses Pfeilers sind
uns im ganzen sechs Brachstttcke erhalten. Viör von ihnen
passen unmittelbar aneinander ; zwei sind lose, beide erst von
Lolling als zugehöi'ig erkannt, und zwar gehört das bereits
herausgegebene dem oheren Rande ( wenn man der Kürze
halber so sagen darf ), das erst hier \eröffenllichle dagegen dem
unleren Hand«' des Schriflfeldes an. Ihre Stellung lässl sich
durch tlrgiinzuiig der auf ihnen erhallcMiiii Scliril'lresle und
Verbindung mil denen der zugehörigen Zeilen der {grösseren
Bruchslücke, und ausserdem, hievon unabhängig, wenij^slens
einigermassen durch Rechnung feslslellen, Nveil mil der l^lnt-
Cernung von dem Kopf des Pfeilers die Abweichung der Zeilen
von einander wächst. Fur das eine der beiden losen Fragmente
darf Z. 3 die Ergänzung xat aTpa-r^i^i^bjai als siciier geilen :
* Vgl. H. Leebat, Monuments PUtt III 8. 9.
468 A. WILHELM
damit lal ilieses ungetalir an tlen Platz gewiesen, auf dem es
die Abbiidunj: zoi^'t, nlv r nur uogefabr, da auch in den Zei-
len, in denen die liucli.slahen crotyrS'^v geordnet sind, ihre
Abatäode nicht genau <liesi'IL»en bleihen. Für die übrigenZei-
len dieBos lirucliätückes i»teine einleuchtende brgaozting noch
fiichl gefunden; ich erörtere weder die Versuche meiner Vor-
gänger noch wage leb neue Vorschläge, da ich überhaupt an
der Möglichkeit einer Herstellung der gesamten Urkunde« wie
sie vor mir Köhler. Foucart {B. C. H. !888 S. 1 ), Gomperz
(Athen. Mitth. 1888 S. 137. Arch.-epigr. Mitth. XII S. 61),
Lolling (At>Ti&v ipj^. 1888 S. 17), J. M. Lipsius ( Leipzig*' r
Studien Xli S. Vl \ ) vorgelegt bähen, gleich A. KtrcbhofT
verzweifle. Dass die Zeilen ganz erheblich länger waren als
die ersten Herausgeher angenommen halten, kann bei richtigerer
Auffassung der Eigenart des Denkmals und angesichts der
erst später hinzugefügten Bruchstücke nicht zweifelhaft sein.
So liahen sich denn auch durcli den Zuwachs des fünften
Stückes die Ergänzungen, die Köhler unter Voraussetzung von
nur 26 und Foucart unter der von 30 Buchstaben in den er-
sten sechs gedrängter otoi/tsSov geschriebenen Zeilen versucht
hatten, als irrig erwiesen. Von den Herstellungen, die jenen
Fund berücksichtigen, beansprucht die von Lolling und die
von Gomperz empfohlene zwar an sich schon deshalb höhere
Wahrscheinlichkeit als die von Lipsius erdachte, weil dieser
nur mit 34, jene dagegen mit 40 Buchstaben in den ersten
Zeilen rechnen, aber auch ihro Vorschläge werden durch das
neue sechste Bruchstück nicht bestätigt.
Die leider sehr dürftigen Reste, die dieser jüngste Zuwachs
bietet, gehören der achten, neunten und zehnten Zeile der Ur-
kunde an. Z. 9 zu Anfang ist die Lesung t]« t\ [b]enU, wie
zuerst Lipsius früheren irrigen Deutungen gegenüber schön
vermutete, nicht nur zulässig, sondern wie ein Blick auf un-
sere Abbildung lehren wird, geradezu fiberliefert. Die Er-
gänzung t]« )I rh]o«^« «[«pjxi«]<^ct[t liegt nahe. Für diese be-
kannte Formel Beispiele beizubringen, ist kaum nötig (Tbu-
kydides Vlil. 97, Aristoteles IloX. *A0. 4,2 u.a.); doch sei be-
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ALTATTISCHB 8CHRIFTDENKMAELBR
469
merkt, dass sie in dem auf Milet bezüglichen Volksbeschlusae
C.LA. IV. 1 S. 6, "i'l a Frp. ab Z. 1 1 in leider unkennllichem
Zusammenhange wiederkelirl. Aber als völliii; ticsichert ver-
mag ich diese Ergänzung gleich wol niclit zu iiezeicbnen. In
der näcbsieo Zeile ist T]piä[)c]ovTa : Jtp[xx{A9i; oder eine andere
Form EU lesen; die letzten Buchstaben des neuen Bruchstückes
sieben verhällnissmässig enge, so könnte man geneigt sein,
der Lücke in dieser Zeile einen Buchstaben mehr zuzuteilen
als in Z. 9 (also %z%fjxxii), doch hat der Steinmetz bei aller
Ungleichmässigkeit der Abslände es verstanden, auch in die-
sem anscheinend regellos geschriebenen letzten Teil der Ur-
kunde auf einem bestimmten Raum dieselbe Zahl von Buch*
Stäben unterzubringen, wie die an neunter Stelle in den letzten
vier Zeilen und in den zwei vorangebenden noch «toix'v:^«^
geordneten Zeilen genau Ober einander stehenden Zeichen
zeigen. Nebenbei, eine beträchtliche Länge der Zeilen wird
auch dadurch erwiesen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach
zwischen ho und dem Z. 1 1 folgenden -]v [t]ov £p]^o[«Ta* ein,
sei es auch noch so kurzer, aber doch vollständiger Satz zu
erj^nzen ist. In Zeile 6 erscheint auf dem neuen BrucbstückÄ
nur ein V, das erste in der ganzen Inschrift ; ich finde keine
einleuchtende Er^nzung. Meine Ginfalle lasse ich unerwähnt;
es ist wertlos Worte zu raten, solange der ganze Zusammen-
hang unerkannt ist.
Bine neue Herstellung der gesamten Urkunde vorzuleg^
oder durch eindringende Auslegung der vorliegenden neuer-
dings vermehrten Reste und umständliche Erwägung aller Mög-
lichkeiten ihrer Beziehung auch nur andeutungsweise zu ver-
suchen sehe ich mich ausser Stande. Ich beschränke mich auf
zwei Bemerkungen. Zunächst habe ich für eine Stelle des An-
fangs der Inschrift eine Lesung zu empfehlen, die ich als er-
ster gefunden zu haben meinte, aber dann schon von Lolling
vorweggenommen sah. Z. 2 glaubt man nämlich einen Irr-
< Vgl. Br. Keil. Hermes 1894 8. 67, i.
470 A. WILHBLM
tum des Steinmetzen annehmen zu müssen und hält oIkIi» U
SaiXajACvi gemeiniglich für verach rieben statt oUe« tf 2!c>iific«t.
Ich frage nicht, ob in diesem Falle nicht nach Z. 4 l«|u viel-
mehr iSxXx^ivi zu erwarten wäre ; jedenfalls ist die Voraus-
setzung eines Schreibfehlers erst dann geboten, wenn jede an-
dere Möglichkeit der Erklärung versagt Dem ist aber nicht
SO- Bs wird, nicht mit versehentlicher Auslassung des Ny, wie
Lolling dachte ^ sondern mit einer Assimilation, die gerade
nach dem langen Vocale habe lag, und einfacher Setzung des
Consonanten ' oixfv cftSaXajAtvi für oU^v Ixv SaXoijiitvt (als Loca-
tiv vgl. 'EXiu9m) oder S«\aipt.tvi[o^ geschrieben sein. Diese Le-
sung empfiehlt vor allem der Umstand, dass otiiiv Ht» eine ge-
wöhnliche Verbindung ist; ich begnüge mich auf folgende
Stellen zu verweisen: Thukydides MuTiXviv«iMv oO( (aIv
iftv oUtiv ; Aristoteles HoX. 'AO. 22, 4 ; Inschrift von Ilion in
Dittenbergers Sylloge H 58 ( Michel, Reeueil tifinseripitons
grecques 35) Z. 49. Nur die AnsUtose, die Lollings Eff^n-
zung (AiXriov «p^- 1^^^ S. 118): 'ESo}^9fv toi ^cfAoi t[6c SaJ-
Xei^fva ftXlpoi XA^ovrot«] oixfv ia(v) SsXa(i.tvi[o^ höJXiv [^9uv ^ixot«
'A6ivflttot]4t TtXI« x«t 9T|)XT||«uco6]«t sonst bietet, haben wol seine
Naclifolger veranlasst von otx«lv lav wieder abzugehen. wird
sich nun darum handeln, auf Grund dieser Lesung eine neue
Deutung der ersten Zeilen zu gewinnen. Vielleicht gelingt es
dann auch, eine Schwierigkeit zu heseitigen, an der die bis-
herige AufTassung dieser I3esliuiuiungen leidet. In Z. 'S hat
Köhler glücklich Reste erkannt, welche der im vierten Jahr-
hunderle nachweislichen Formel orpi-rsCscQai t«; *iTpaTti<; xal
Toc; Eiioopä? eiT-pepjiv [xjTa 'AOrjvaiwv entsprechen und nacli Br.
Keil (licrmes 1894 S. t)7 ) nicht [/ouv 'Af>£vaioi]it, sondern i-ap'
'Adivaioijai TeXsv xai <rTpa-r[cufo6jat zu ergänzen sind. Aber diese
* Wenigstens giebl Lulling iu seinem Texte hier i«(v) 2IaXa|iivi[o(, Z. 4
di^egen •«(»•.
> Vgl. W. Schulze, Hermes 1893 S. 22, der nur irrt, wenn er in unserer
Inschrift t£«Xs{uvt geschrieben glaubt.
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ALTATTI8CHB SCHHlFTDBMKlfABI.BH
471
ForiiK;! findet sonst auf Nichtbürgep Anwendun«?. die in ihren
Leistungen den Athenern gleichgestellt werden (Isolelen),
hier dagegen sämtlichen Erklärungen und Rrgäiiziingen zu-
folge auf Kleruclien , die Bürger waren und Bürger blie-
ben. Deshalb hat Kühler nicht nur auf die Änderung hinge-
wiesen (S. 119), die im Verlaufe von zwei Jahrhundei len der
sprachliche Ausdruck erfahren habe, sondern auch ausdrück-
lich bemerkt (S.124): 'wenn in dem Psephisma die Kleruchen
scheinbar den Bürgern gegenübergestellt werden, so wird man
darin nicht sowol eine formale Ungeschicklichkeit alsein An-
zeichen dafür zu sehen haben, dass der Begriff des Bürger-
rechtes im ölTentlichen Rechtsbewusstsein noch nicht festge-
stellt war'. Töpffer dagegen schloss in seinen Quaestiones
Pisistrateae S 96 (jetzt in den Beiträgen zur griechischen
Altertumswissenschaft S, 20) aus denselben Worten, dass das
ganze Psephisma einem Nichlathener gelte, und ihm folgend
bezeichnet es auch Beloch ( Bhein Mus. 1895 S. 26ß) als
'bekanntlich keineswegs sicher, ob diese Inschrift wirklich
von einer Rleruchie handelt und nicht vielmehr von der Ver-
leihung eines Grundstückes auf Salamis an einen um Athen
verdienten Fremden '. Diese .\uskunft glaube ich allerdings mit
Busolt (Griechische Geschichte^ II S. 445) ablehnen zu müs-
sen, da die erhaltenen Beste, so verstümmelt sie auch sind,
allgemeinen Bestimmungen aazugehüren scheinen. Auch durch
die Berufung auf formale Ungeschickltchkeil oder die Unvoll-
kommenheit der Bechtsbegriffe jener Zeit wird m. E. jene
Schwierigkeit nicht behoben. Sie würde aber verschwinden,
wenn sich die durch die Lesung otxiiv eAv nahegelegte Auf-
fassung als zulässig erweisen sollte, dass sich diese Bestim-
mungen nicht auf athenische Kleruchen, sondern auf die frühe-
ren Bewohner der Insel, die Salaminier, beziehen*.
Meioe zweite Bemerkung gilt der ieUlen Zeile. Hier folgt
< Über die DicnsipOicbt der Untertanen v. Wilamowitz, Hermes 1887 S.
94; fr., fiber die Salaminier denelbe Hermes 1877 8.34?, U. K8bler,AtheQ.
Hitth. 1879 S.26.
472
A. WILHBUI
der Endung ev durch Interpunktion, und zwai- drei Punkte wie
in Z. 3. getrennt ir.]i te; äroXe;. Solange man nur niil kurzen
Zeilen rechnete, war es natürlich und geboten, diese drei Worte
als Schluss des Satzes zu betrachten. Ich vermag ein Bedenken
gegen diese Auffassung nicht zu unterdrücken. Die Inschrift
verwendet, soweit sie uns vorliegt, Interpunktion sonst nur an
zwei Stellen: erstens, um in Z. 10 das Zahlwort Tpiäotovxa aus
dem Zusammenhange der liede herauszuheben (zwei Punkte);
zweitens in Z. 3 augenscheinlich um den Anfang eines neuen
Satzes zu bezeichnen. Dagegen fehlt die Interpunktion in Z. 3
vor dem Beginne des Nebensatzes ixat otxei und Z. 5 nach dem
Nebensatze vordem .Anfange des Hauptsatzes S3t]v {xiiOoi, izo-
Ti[v»v, also an Stellen, wo man Interpunktion erwarten müsste,
wenn sie in der letzten Zeile im Inneren des Satzes ledigli(;h
Yor einer Bestimmung stehen soll, l'nler diesen Umständen
scheint mir die Verwendung der Interpunktion vor den Worten
M TS? ßo>.6;ein Hinweis darauf,dass mit ihnen ein neuer Satz
beginnt. Anden Schluss der ganzen Urkunde gestellt kann aber
ein mit ixi rrj; ßo-Aiic eingeleiteter Satz, glaube ich. nur den
Sinn einer Datirung haben. Die Vermutung liegt nahc,dass w ie
so gewöhnlich in attischen Inschriften des fünften Jahrbunderls
iTci T£? ßoXe; hit oder hoT« c Siivot (allenfalls Tcpöxo;) iy^9.\i.yLäixvjt>i
zu ergänzen sei. Allerdings vermag ich nur in einer einzigen
Urkunde eine ähnliche Datirung ebenso an den Schluss ge-
stellt nachzuweisen: das Bruchstück C I.A. IV, 1 S. 125*557,
mit drei anderen Bruchstücken» darunter C.I.A. 1 86, wie ich
in meinen Attischen Studien zeigen werde*, zu einem Ver-
trage der Athener und Samier gehörig, enthält nach einem Ver-
xeicbnisse der Strategen, die den Vertrag abzusehliessen und
zu beschwören hatten, die Worte: ßoXc cpx* [b^'^*^ ^ ^«^^^ *pS~
* 8. einstweilen meinen Berieiit in den Jabresfieflen des Ssterreieliisehen
«rohäologiscben Institutes I Beiblatt S. 43.
' Diese Krgänzung sclieint mir duicli die jolzl nicht mehr siehtl»aren Reste
geboten, die Lolling hinter ip/it verzeichnet hal: Ikj. So auch C. I. A. l b
(daiu IV,1 8. 57, L. Ziehen, Leges Grtueorum saenti) nacli Michels Br-
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ALTATTIBCRB SCRRtfTDBNKMABUIR
47S
tIo; eypa(xaxTiiji Tx {xv6<ito;. Anders (latirt die Hekatompedon-
insclirit't, ebenfalls am Schlüsse : TaOr' eSoycsv xot Sefaoi sr i
•I'^iXoxpiro; ap/ovT tx £v toiv Xiöo-. v toOt'o'.v. Sicherlicli ent-
spricht, wie zalilroiclie Beispiele niclitatlisclier Inschriften zei-
gen, eine solche Datirung am Schlüsse durchaus dem Urkun-
denstil. Für die letzte Zeile des Psephisina über Salamis er-
giebt sich, wenn meine Vermutung zutrifft, eine Länge von
mindestens (ohne TTforo; und mit sehr kurzem Namen) 30
Stellen, eine erheblich grössere Zahl für die ersten sechs Zeilen.
Ich beschränke mich auf diese Andeutungen, um nunmehr
auf eine Frage allgemeinerer Bedeutung einzugehen, die bis-
her mehrfach erörtert, doch nicht entschieden» allerdings aber
auch nur vor den Denkmalern selbst richtig zu stellen und
richtig zu beantworten ist. Es ist dies die für die Geschichte
der altattischen Schrift hervorragend wichtige Frage nach der
Zeit, der das Psephisma über Salamis zuzuteilen ist.
Auf Grund einer Vergleichung mit der Inschrift des too
Peisislratos, dem Enkel des Tyrannen, gestifteten Altars aus
demPythionC./.yl. IV,! S.41, 373 e (unsere Taf. 10,1), *der
aus der Zeit der Herrschaft des Flippias und zwar wahrschein-
lich aus den späteren Jahren derselben stammt', und mit der
attischen Inschrift auf dem Denkmale des Phanodikos von Si-
geion 'dessen Entstehung um das Jahr 536 ange-
setzt worden ist', kam Köhler zum Schiasse, sowol der Gestalt
der emzelnen Zeichen wie dem Geiamtcharakter der.Schrift nach
stelle sich das Psephisma ttber Salamis zwischen Jene beiden
Denkmäler, seheine also in die ersten* Zeiten des Hippies ge-
nap«t6diTi[( «pöTo« (Ypa,a{&dETiwiv. nap«i6d!Ti|c ftls Eigenname aueh C.I.A. I 44T
Col. III Z. 32 ( in den index nicht aurgenommen) ; in Kyrene Diog. Lacrl.
II 8, 18 und in der Kistr Miclicl fVH Z II; ein Spartiatc Hrrodot V 46.
'Oti aiicli indem I'.sepliisiua in Andokides Mysterienrede 9ü: dip/E« ypdvoc
T0ü6c to5 <|i>)7(9(xaio{ {) ßouXi) oi isevTaxdatoi oi Äa](^dvx(s fff xua]xu> oxi KXctflviK
* 'In die letzte Zeil der Peisislraliden * setzte Larfeid das Pscpliisma in
sf>iner Gricchiselien Epi?:raplnk in Mullers Ilandlxicti'' I S. Vi9. in seinem
suebea erschienenen Uaudbucti der griecliiscbei) Epigra^tiil^ I S. 3 4^-
(;egeQ 'etvii iwi«cbeq Ö70 uad ^60 T. Chr.*,
474
A. WILHELM
setzt werdeD lu müssen; dieser Datirung widerstrebe aber der
Inhalt. Der Volksbeachloss, der die rechtliche Stellung der
nach der Insel gesandten Rlerucben regelt, sei von der defi-
nitiven Besitsnahoie von Salamis durch die Athener nicht wol
zu trennen, sei also zwischen 570 und 560 eingegraben ; die
Inschrift von Sigeion dürfe man iiicht weit unter den Anfang
des sechsten Jahrhunderts herabrQcken.
Ich gehe auf das Alter der Inschrift von Sigeion nicht ein.
Denn in den fünfzehn Jahren, die seit Röhlers Veröffentlichung
verstrichen sind, hat sich die Zahl altattischer Schriftdenkmä-
ler aus Attika, vor allem aus Athen selbst, so sehr vermehrt,
dass ich ohne Schaden für die Untersuchung auf die Berück-
sichtigung ausserhalb Attikas gefundener attischer Inschriften
verzichten zu können glaube. Zudem leuchtet ein, dass Röhler,
angesichts eines so viel dürftigeren und, wie er wol erkannte,
an sich äusserst spröden Materials seine zeitliche Bestimmung
des Psephisma über Salamis zunächst auf den Vergleich mit
dem Altare des Pythion und noch vielmehr auf inhaltliche
Erwägungen , unabhängig von der Schrift , gestützt hat.
Gerade auf dte Schrift baut dagegen J. ßeloch, wenn er in
seiner Abhandlung * Zur Geschichte der älteren griechischen
Lyrik' Rhein. Museum 1895 S. 266 das Psephisma erheblich
jüngerer Zeit zuzuweisen sucht. Die Inschrift einer Basis von
der Akropolis C.J.A. IV. 1 S 131. 372««
4>ap6€V£ iv axporöXsi Te^-soivo;
K^CLk^' ävc6£KEv Kixioi höi ^aipooft SiSoic;
sei der Inschrift üher Salamis ganz ähnlich ; ebenso die In-
schrift IV, 1 S. 92, 373'»8 (Arch. Jahrbuch III S. 270}
EuOuSiKo? ho 8aXiäpj^o
und IV, 1 S. 103, 373«»
XvatdcSt; avedsKSv
ho riaXiviu^
(zweimal t). 'Auch die Telesinosinschrifl macht einen alter-
tumlichereo Eindruck als die Inächrili auf dem Peisislratos*
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ALTATTI8CHB SCBRlPTDBNlLlfABLBR
475
altar; und doch ist sie jOnger, deon wie das Demotikon zeigt,
lallt sie erat nach Kleisthenes*. *Aueh die Klerucheninsehrifl
kann also in die Zeit nach Kleisthenes gehören, wo in der
That eine Kleruchie nach Salamis geßlbrt worden zu sein
scheint*. Bs folgt noch eine Bemerkung Ober den Gegenstand
des Psephisma, die ich hereits S. 471 berücksichtigt habe.
Diese Beweisfilhrung, deren ßrgebniss Busolt (Griechische
Geschichte* II S. 444, beipflichtet, bedarf der Berichtigung
und Er^nzung. Was die Entsendung einer Kolonie nach Sa*
lamis in der Zeit *nach Kleisthenes' betrifft, so ist allerdings
sicher, dass die Land Verteilung, an welcher der Held von Pin-
dars zweitem nemeischen Gedichte, Timodemos von Achamai
— nach dem Soholion lU t^v y^oov ie«TaxXT]pouj^if)«^vT«»v *A«
Oiqv«UM — beteiligt war, nicht in der ersten Hälfte des sechsten
Jahrhunderls stattgefunden haben kann , sondern erst erheb-
lich sfuiter; dass noch zur Zeit der Perserkriege Siaatsländereien
auf Salamis verfQgbar war, zeigt nach Wilamowits Nach-
weis (Hermes 1877 S. 342) die Schenkung, von der Herodot
VIII, • 1 berichtet. Aber so wol jene Landverteilung nachklei-
sthenisch sein mag, dass die auf der Insel angesiedelten Athe-
ner 'Demotika' führen, kann dafür nicht, wie Beloch und
Busolt wollen, beweisen, und ebenso wenig beweisen die 'De-
niotika' KrirTto; und naXXyivfjc an sich schon Entstebung
in nachkleisthenischer Zeit für die von Beloch mil dem Pse-
phisma über Salamis verglichenen Inschriften C. /. A. IV, I
;^7323i ^jfjj 373r23 Denn auch vor Kleisthenes gab es Ort-
schaften in Altika, nach denen sich ihre Bewohner nennen
konnten, wir M vrun von Phlya. Peisistratos aus Philaidai ( Pla-
ton, Hipparcli. '228 H, Plutarch, Solon lüj oder Phye,nach He-
rodot I fiü £v Tö) SyjuLü) T<L Ilxizvte'i (vgl. Aristoteles Uo'k. 'A6.
14, 4). Wir können solchen Namen, wo sie in den Inschriften
begegnen, nicht ansehen, ob sie Demotika im dem Sinne der
kleisthenischen Verfassung oder einfach Bezeichnung der Hei-
mat und vorkieisthenisch sind
( Vgl. T. WilamowiU. Hermes 1898 S. 123.
416 A. WILHUH
Ich kann also nicht lugebeo. dass der Vergleich mit der
TelesinoeiDscbrifl und ihren Verwandten in Belochs Sinn für
das Psephisroa Ober Salamis die Ansetxung in nachkleisthe-
niscber Zeit beweise, selbst wenn die Obereinstimmung in der
Schrift, auf die sich Beloch beruft, grösser wire als sie we«
nigstens mirsu sein scheint. Denn trotz äusserlicber Ähnlich-
keiten in der Gestaltung mancher Zeichen ist in Folge völliger
Veracbiedenhett der Arbeit und Ausführung die Erscheinung
der Schrift in beiden Deokmälero eine ungleichartige, ihre
unmittelbare Zusammenstellung daher nicht unbedenklich und
zu bindenden Schlüssen wenig geeignet. Zudem ist es miss-
lich in solcher Angelegenheit nur einzelne, nicht die ganze
lU'ilie Her Denkmäler zu befragen. Beloch selbst betont mit
volUleiii Ueclile 'ilie Scliwierigkeiten , welche die Datirung
griechischer hi^ciirifteii ;iu> arcliuischer Zeit bietet, wenn sie
nur nach dem Sehrirtcliaraktei' erfolgen soll", leb gestehe, dass
mir diese Schwierigkeilen, je hesser ich »lie Steine zu verstehen
glaube, desto griisser erseheinen. Je mehr sich die Anschauung
vertieft und die Kenntniss erweitert, desto vielgestaltiger und
in ihren einzelnen Krselieinungen unherechenliarer olTen-
hart sieh die Kntwickluni: : je mehr w ir das Material, das
uns zutiillig vorliegt, schätzen und wie viel uns fehlt ahnen
lernen, desto aiinlieher selieinl es l'ur unsere unbescheidenen
Wunsche ; je \ ermessi ner sicii das .Meislern der Kntwick-
lung mit den Gewallmittelu der Logik und je unzuliinii-
licher sich unsere Korscliuni: /.vii^l , desto mehr erlauschen
w ir für erzwungene. aber bloss erlräumte Sicherheil willig das
offene Geständniss der L'nsieherheit und fiir \'orurteile das
Nichtwissen. Das W'ai^niss auf Grund unserer leblosen und
irreführenden rvpenilrueke altallische Schriftdenkmäler in
eine Folge zeitlich wol uiuscluiebener Gruppen einzuordnen
oder vorgefasster Meinung zu Liebe die Angaben von Augen-
zeugen über Schrifltormen auzuzweifeln, kann nur ferne von
Athen unternommen werden. Vor den Denkmälern lernt man
sich bescheiden, und es kostet mir .Mühe aus langer Verzagt-
heit dieseri Problemen ^eg^nüber mit einem Urteil über die
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ALTATTISCIIB BCBBIFTDBNKHABLBll
479
Zeugen gewöhnlicher Übung und V^erlreter durclischnitllichcp
Leistung eigentümlichen Wert besitzen. Es sind dies die vie-
len VVeihinschriflen von der Akropolis, die schon den Fund-
umständen nach in die Zeit vor dem Jahre 480 gehören, und
die Inschriften der ansehnlichen Grabdenkmäler des sechsten
Jahrhunderts, als deren bekannteste ich die Sielen des Ly-
seas ' und des Aristion^ nenne. Sie müssen der gesetzlichen
Einschränkung des Gräberluxus vorausliegen, weiche laut dem
bei Cicero, De legibus II 5t> erhaltenen Berichte des Deme-
trios von Phaleron einige Zeit nach Solon erfolgte^, entweder
schon unter den Tyrannen oder erst unter Kleisllienes ^ Ich
vermag auf diese Frage nicht einzugehen, nur zur Dalirung
eines Denkmals sei ein Wort erlaubt. Die durch Verwendung
des Digamma bekannte Inschrift des von Phaidimos verfer-
tigten Giabdenkmals aus Vurva C I. A. IV, 1 S. 188, MI p
erklärt Kirchhofi" im Widerspruche zu dem ersten Herausge-
ber Stais, der sie AAtiov xpy. 1890 S. 103, 1 1 1 in das Ende
des sechsten Jahrhunderts gesetzt halte, iür nicht jünger als
dessen Mitte. Ich muss gestehen, dass ich angesichts der techni-
schen Vollendung, welche die Inschrift auszeichnet, und nach
den Schridformen das Denkmal als eines der jüngsten, die
uns in dieser Art erhalten sind, betrachten muss, und freue
mich dies Urteil dadurch bestätigt zu sehen, dass die Reste
der Statue, die mit der stattlichen Basis gefunden worden sind,
nach P. Wolters Urteil in ihrer Arbeit die Kunst der zweiten
Uätfte des sechsten Jahrhunderts verraten.
* AUiscbe Orabreliefs Nr. 1.
' Ebenda Nr. 2. Die Zeit des Denkmals wird wenigstens einigermassen
durch V. Wilamowitz Vt'iiiiutun;,' ( Aris|i>tf'Ie> uml Athen I S. 14,20) be-
stimmt, ArUlion sei der durch Aristoteles [ iloX. AO. 14, I i uad Plutarch
(Solon 30) bekaniite AntragilftUer des B«sehlu88e8,der Peinistratos die Leib-
wache bewilligte,mü deren Hilfe er sieh im Jahre 561/0 der Hernobaft fiber
Athen beraächligle.
» Vgl. A. Brückner, Arch. Jahrbuch 1891 S. 198, Arch. Anzeiger 1892 8.
19, P. Wollers, Efijiiipi« ip/^. 1888 S. 191, Alheo. Mjllh. 1891 8. 388.
4 Nach O. HincbfeM, FeslsebriA ffir Ombeeli 8. 13.
40d
A. WILHSLlt
Ein Überblick über die gesamten Denkmäler, soweit sie
mir zugän^licli waren, scheint mir zweierlei zu lehren.
Erstens, dass leider gerade der Stein, den w ir am liebsten
zum Markslein Tür unsere Beurteilung der Entwicklung alt-
attischer Schrift wählen möchten, diesen Vertrauensposten ein-
zunelinien keineswegs geeignet ist. Die Inschrift des Altars
aus dem Pylhion Tal'. 10. i ) ist. wie schon Löschcke geahnt
hat (Athen. Miitii 1 879 S. 43). in der vornebmeD Schlicht-
heit und der volleo Dl^anz ausgeglichener Formen und, wie
ich vermute , auch in der Orthographie ihrer Zeit voran.
Man mache die Probe : wollten w ir die Inschriften, die an ihr
gemessen eine niedrigere Stufe der Entwicklung zu vertreten
scheinen, sämtlich der Inschrift des Altars auch zeitlich vor-
aufgehen lassen, so blieben, fürchte ich, für die dreissig Jahre
zwischen der Vertreibung der Tyrannen und der Peraernot
aller Wahrscheinlichkeit enlgei^^ n verhältnissmässig wenige
Inschriften, also auch wenige Kunstdenkmäler übrig.
Zweitens stellt sieh heraus, dass der allerdings nur auf Ty-
pend rucke oder andere unzureichende Reproductionen (z. B.
gerade der Salamisinschrift) gegründete Glaube, eine Liste
altattiscber Schriftproben wie die oben mitgeteilte zeige in un-
unterbrochener Reihe ohne Reaction ein regelmassiges Auf-
steigen von Jüngeren zu älteren Schriftformen, dem Sachver-
halte nicht völlig gerecht wird. Schon deshalb nicht, vreil, wie
eben angedeutet, neben wenigen auserwählten die grosse Masse
der Denkmäler nicht berücksichtigt ist und unerwogen bleibt
welchen Platz und Raum aie in der Entwicklung und dem
überkommenen Bestände beansprucht; aber aueh, weil wenig-
stens in Keils Erörterung eine Inschrift (vielleicht absichtlich)
übergangen i8t,deren hervorragende Bedeutung für unsere Beur-
teilung der Schriftg^hichte schon Lolling und neuerdings
Studniczka hervorgehoben hat. Es ist das Denkmal des Ralli-
machos von Aphidna. Vergleicht man diese Inschrift lediglich
der Schrift nach mit der des Allares aus dem Pythion, so wird
man diese letztere für die vorgeschrittenere, also, wie man
voreilig zu schliessen pOegt. für die jüngere, bullen; indessen
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AttATtlSCBB SCBftlFTDBMKlfABLBlk
ist sie um mindestens zwanzig Jahre älter. Denn mit den Be-
richtigungen, die Köhler an l^ollings Vermutunifpn vorgenom-
men hat, scheint mir die ßeziehunji des Denkmals auf den
Polemarchen, der in der Schlacht von Marathon fiel, durchaus
glaublich. Solche Erfahrungen, die sich bei jeder Musterung des
Inschriflenschatzes späterer JahrhundiM'te wiederholen, mahnen
zu weitgehender \'orsicht bei zeitlichen Bestimmungen, die le-
diglich auf stilistischer Würdigung aufbauen. Wort für Wort
gelten für den Kpigraphiker die Mahnungen die Studniczka im
Hinblicke auf die strittige Chronologie allallisclier Kunstdenk-
mäler kürzlich mit ausdrücklichem Hinweise auf die eben
besprochenen Thatsachen der Schriftgeschichtc an die Kunst-
historiker gerichtet hat (Arcii Jahrbuch 1896 S. 254): die
Einordnung in ilie stilistische Kntw icklungsreihe darf nicht
mit genauer chronologischer Bestimmung verwechselt wer-
den, und der thatsächliche Entwicklungsgang ist niemals so ein-
fach, wie man es im Interesse der Forschung wünschen möchte.
Versuche ich auf Grund dieser allgemeinen Erwägungen
die Urkunde über Salamis als Schriftdenkmal zu würdigen,
80 habe ich zuzugeben, dass sie für sich allein betrachtet zu-
nächst allerdings den Eindruck gewisser Alterlümlichkeit er-
wecken mag, im Original freilich viel weniger als in den Ab-
bildungen, die in Köhlers und Foucarts Abbandlungen und
C.l. A. IV, 1 S. 57 mitgeteilt sind. Geben diese Abbildungen
weder die Gestalt des Denkmals noch die eigenartige Form und
Anordnung der Buchstaben mit wünschenswerter Treue wie-
der, so wird die erste Veröffentlichung nach einer Photogra-
phie ein richtigeres Trteil erlauben. Die Buchstaben scheinen
auf den ersten Blick unbeholfen und unruhig, und das ganze
Bild der Inschrift wird beeinträchtigt durch die geringen Zwi-
schenräume zwischen den Zeilen, die vielen schrägen Linien
mit ungleichen Neigungen, und den Wechsel der «tot^vi^ov-
Ordnung, welche die ersten sechs und mit etwas grösseren
Absländen auch die zwei folgenden Zeilen seigen,und freierer
Stellung der Buchstaben in den vier untersten Zeilen. Bei
diesen Eigentümlichkeiten der Schrift verrät das Denkmal aber
ATHBN. MITTHBILUMGEN IXItl. 3^
49!
A. WtUIIIJl
hohe technische Vollendung. Die Schriftfläche ist peinlich ge-
glättet und die einzelnen i^uchstahcn sind nicht nur ganz
scharf und klar umrissen, sondern auch mit grosser Sorgfalt
und Gleichmassigkeit eingetieft. Reste der ursprünglichen Fär-
bung, von Zeile zu Zeile wechselnd, wie Lolling festgestellt
hat', blau und rot, sind noch erhallen. So stellt sich die Sa-
lamisinschrift durch ihre Ausführung den besten Schriftdenk-
mälern vorpersischer Zeit, die in dem ganzen Bestände sicher
die jüngeren sind, zur Seite. Und gerade auf diesen jüngeren,
durch gleiche Sorgfalt und V'ollendung der x\rbeit ausgezeich-
neten Ditikmälern kehren einzelne Buchstaben in den ei-
genlQiniiclien Formen, wie sie die Salamisinschrift zeigt,
wieder. Ich bespreche sie in der Reihenfolge des Alphabets.
An dem Alpha lallt die wechselnde Steilheit der ersten Linie
auf, die sich von der gewöhnlichen Schräge in zwei Fällen
geradezu zur senkrechten Stellung steigert, so dass der Buch-
stabe, wenn der Ausdruck erlaubt ist, gewissermassen auf ei-
nem Beine steht wie in Z. 3 auf dem fünften Bruclistücke und
Z. 9 zu Anfang. Solche 'stehende 'Alpha sind allerdings alter-
tümlichen attischen Inschriften keineswegs fremd — ich ver-
weise auf die Porosbasen IVM S 89,373". S. 199,373239und
S. 98, 373 (jetzt von Wolters mit einem noch unveröffent-
lichten Bruchstücke vereinigt in Lollings demnächst erschei-
nendem Katalog der VVeihinschriften Nr. 13). Aber gerade auf
manchen schon ihrer vorzüglichen Ausführung nach sicherlich
jüngeren Schriftdenkmälern sind diese Alpha häufig. Ganz
ausgeprägt zeigt diese Form und sie allein die Inschrift des
von dem jüngeren Archermos verfertigten Weihgeschenkes der
Iphidike IV, 1 S. 18l, 373«^ die Weihinschrift des Gpiteles
IV, 1 S. 2ü0, 373 '^' and das schon mehrfach erwähnte Deak*
mal des Kallimacbos von Apbidna^. Sie hegtet ferner —
« Bei Th. aompen, Arcb.-epigr. Millh. XII 8.65, vgl. Lepsius, Humor»
Studien S. 8i.
' Bemerkenswert ist in dieser Inschrift die Verwendung von 6 gleich <t>
wie auf dem Ton Archermos gefeiligten Weibgesehenke der Ipbidike
IV»! 8. 180, 37S*> Dud den von KreUcbmer, Vaseninsclirinen 8. 102 aoge*
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ALtATTISCBB SCHtHmBNKllABtBtl
Vollständigkeit erstrebt meine Aufzählung nicht — auf den
Weibungen I 347. 3b2. IV, 1 S. 42,373/. S. 8U, 373 \ S. 86,
373™.S. 90,373'o*.S.91, 373'>'.S 92. 373 und 373 »«^
S. 102,373 219 und in den Grabschriflen I 466.468.470. 471.
IV, 1 S. 48, 477 c. S. 49, 477 of, neben ihr hie und da die
gewöhnliche Form mit schräger erster Linie.
Sclion dieses Wechsels wegen vermag ich ein Zeichen be-
sonderer Altertümlichkeit in dieser Gestaltung des ßucbsla-
i»ens nicht zu erblicken. Wo die steil gestellten Alpha auB-
schliesslicb erscheinen wie in den drei an erster Stelle genannten
Denkmälern, erwecken sie den Eindruck der Manier, und
wechseln sie mit den schräge gestellten in einer und derselben
Inschrift wie beispielsweise IV, 1 S. 92, 373*'^, so acheint
es fast als bätte der Steinmetz in dem Bestreben ein seinem
Empfinden nach elegantes Scbritlbild zu scbafl'en die Lage
der einzelnen Buchstaben hie und da geradezu nach den Li-
nien der Umgebung geregelt. So mag in der Salamisinsclirift
das Alpha zu Anfang von Z. 9 der Rücksicht auf die senkrech*
ten Linien der Anfangsbuchslaben der übrigen Zeilen seine
Steilstellung verdanken; in der Kallimachosinschrift wird
lübrtm Vasen. Man darf nieht eratannt Min auch • fSr • lu begegnen
und umgekehrt <D für 9. Zwei Beispiele A(apo4<« (allerdings neben Ao^fo?)
auf der Insctirift aus Na^os !.G.A. 411, fl. C. H. 4885 S. 495 {Imagines^ S.
6»,6) und Api(TTdvo»o; auf dem bekannten Krater fiat v. Wilamowitz erst
kürzlich wieder iu Erinnerung gebracht (Gulling. Nachrichten 1898 S. 231,2),
&i|mS«v führt Krelacbmer S. 102 an. Unbedenklich lese ich denn auch
C. l. A. I 349 den Namen o®xvt(, wie schon Kaibel fytgr» Qtwea 756 Ter-
mutete, •ofivi}<; das Gedicht mag rolgondcrtnnssnn zu crginien sein:
. . ]ofav({ p.' äv^öcxtv 'AÖfvaiait noX(ö/,ot
X,o]p^o tnUttlv TO xhan ti-jf\aa\Livo.
Zu Anfang des Pentameters hatte Kaibel an ftpirw]p(o oder ähnlich gedacht;
ich vergleiche C.I. i. IV.l S. 182, 373"': Tiörivaijit Sixatr^v /opiow 'Aejiovd-
Otv. XatorSsao, •l'iXia, erklärt von v. Wilamowitz, Aristoteles und Athen II S.
t73,l. Fürdie Längung des t, wiesie jbif'wu fordert, gicbt W.Schulzc (^uae-
tUonettpieoi S.298tt.8. eine rdche Sammlmig von Beispielen. Da die Buch-
staben in den zwei Zeilen wenigstens teilweise über einander.teilweise frei-
lich freier geordnet stelx'n. mag man zweifeln, oh vor dem o des Namens
-o^zvr,; zwei oder drei Zeichen zu ergänzen sind. Zu toCI Uxwj tu^a^i^vou vgl.
(»lipos iis^ii/^ajUviis IV, i S 89, il'i'^K
464
A. WILHBLII
auch das Gamma ganz älinlich aufgestellt, ebenso in der Künst-
lerinschrift des Gorgias IV, 1 S. 201 , 3"32s«, ein Delta in der
Salamisinschrift Z. 11 und IV, 1 S. 42,37H/'. S. 102, 373
Irrtümlich und irreführend zeigen alle Kpsilon in der Ab-
bildung, die aus den Athenischen Mittheilungen in das Cor-
pus übertragen ist, eine über den untersten Querbalken be-
trächtlich hinabreichende senkrechte llauptlinie. Solche Epsi-
lon kommen auf dem Steine überhaupt nicht vor. Bald setzen
der obersle und der unterste Querbalken genau an die Enden
der Senkrechten an, bald greift die Senkrechte oben, bald greift
sie unten ein wenig über, oder auch oben und unten, wie IV.)
S. 90,373 die ausgesprochene Verlängerung der Hauptlinie,
wie sie so vielen altertümlichen Epsilon eignet, ist völlig auf-
gegeben. Ein gleich unbedeutendes Übergreifen der Senkrechten
nach unten zci-:en regelmässig durchgeführt, um einige datirte
Denkmäler anziilühren, die Hekatompedoninschrift und C.I.A.
I 333 Z 1 f., ferner vieleandeie Steine z. B. IV, 1 S. 203,373»9.
Diese Zeichnung des Buchstabens mag, wenn auch die einfache
spätere Form des Epsilon, wie der Altar des Pythion zeigt,
schoa angewendet wurde, doch neben ihr festgehalten wor«
fleo sein, weil sie als elegant empfunden wurde; wie bei Epsi-
lon reichen in der Hekatompedoninsehrift auch bei Delta
die beiden schrägen Linien über die wagrechte hinab, und
genau so ist das Delta auch in der Inschrift IV, 1 S. 103,
373'** gebildet. Auch in anderen Beziehungen berühren sich
die Epsilon der Salamisinschrift mit denen jüngerer Denkmä-
ler vorpersischer Zeit. Der Winkel, in dem die Querbalken
an die senkrechte Linie ansetien, ist bald ein rechter, bald ein
wenig, aber nur ein wenig spitzer als der rechte: selbst die
Epsilon der Hekatompedoninschrift sind noch nicht sämtlich
rechtwinklig. Ferner setzen die drei Querbalken eines Bueh-
Stabens nicht immer in gleiebem Winkel an und sind auch in
der Länge yerschieden : ähnliche Epsilon finde ich auf der
Inschrift des von Antenor gefertigten Weibgeschenkes des
Nearchos wieder. Aus allen diesen Beobachtungen ergibt sich,
dass, darlte man nach einzelnen Buchstaben urteilpn, der
ALTATTISCHE äCHRIFTDENKMAELEH
485
Porm des ESpsiion nach das Psephisma über Salamis durehaus
lu den jüngeren Denkmälern allallischer Schrift gehört.
DieMy sind, kleiner als die übrigen Buchstaben, aber breit-
gezogen , mit nicht immer gleichen Winkeln, über die Zeile
gestellt. Genau so findet sich das My z. ß. in der auch sonst
ähnlichen Inschrift des von Hegias verfertigten Weibgesohen«
ket zweier Männer aus Lamptrai IV, 1 S. 203, 373 In-
schriften ans der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts zei-
gen vielfach kleine, so zu sagen zwischen den Zeilen schwim-
mende My, so die Hekatompedoninaehrift und I 33d Z. 3 f.,
die Inschrift der Nachkommen des Kalliteles I 381 u. a. ;
diesen späteren My stehen die des Psephisma Ober Salamis
ganz erbeblich näher als den allertfimlicb ungleichen Formen.
Ganz ähnlich, gleich stark geneigt, finden sich die Ny auf
zahlreichen Denkmälern vorpersischer Zeit, darunter In-
schriften,die sehr sorgfältig und schön eingezeichnet sind; ich
erwähnenur I 351.352.357. IV,1 S. 80, 373». S. 86,3737«.
S. 93,373«*. S. 99, 373»». S. 154, 362. S. 179.373»». S.
203, 373 Rho begegnet ganz ähnlich auf der Weihung der
XoUpY«i; I 352. IV, 1 S. 86, 373 » S. 93, 373 und 373
S. 203,373^*, und auf einigen dieser Inschriften kehrt auch
Chi mit etwas schrägem Querstrich und V g^z wie in der
Salamisinsehrift wieder. Aber es lohnt nicht bei den einzelnen
Duehstaben länger zu verweilen, zumal alle Verweise auf
unsere Drucke die Anschauung der Steine nicht ersetzen kön-
nen. Darf ich meinen Beobachtungen nur einigermassen ver-
trauen, so stellt sieh das Psephisma fiber Salamis der ganzen
Erscheinung der Schrift wie ihren einzelnen Eigentümlich-
keiten nach nicht zu den altertümlicheren Denkmälern, die
aus vorpersischer Zeit auf uns gekommen sind, sondern zu
der grösseren Zahl von Inschriften, die man sich nicht ent-
schliessen wird tiher die letzten .lahrzehnle des sechsten Jalir-
hunderts hinaut/.m-iicken oder zum Teile so^iar jüngerer Zeit
zuzuweisen liut. Allerdings kann iiuin zu Gunsten höheren
Alters die einfache Sehreihung statt doppelter verbunden mit
weitgebender Neigung zur Angieichung, wie sie ict^t und lA
486
A. WILHELM
^aXapLivt zeigen, geltend machen. Aber für bindende Schlüsse
scheint mir das Material, über das wir verfügen, zu dürftig.
Freilich begegnet doppelte Setzung der Consonanten schon in
der Inschrift des Altars aus dem Pythion (*A7cöX>ovoo und auf
der Basis des chalkidischen Weihgeschenkes ('hiTcico;), aber
schwerlich wird man deshalb sämtliche Inschriften.die sich mit
einfacher Schreibung begnügen — ich führe an: IV. 1 S. 90.
373105 QoiXzSi in sehr schöner regelmässiger Schrift, dasselbe
S. 42, 373y. S. 82, 37334. s. 102. 373 «'^ und 373«'', S. 9jL
eaXövTOv, S. 99, 373'" KiXi?. S. 103. 373 «3 HaXiveo?,
S. HL 373"! Ke'Tioc, ÄXo, S. 199, 373 2*0 ixo; ?— ohne wei-
teres für älter erklären. Man wird vielmehr mit Grund anneh-
mendürfen, dass in diesen Dingen in einer Zeit, in der sich für
Schrift und Orthographie erst allmählig feste Regeln bildeten,
dem Belieben des Einzelnen ungleich mehr Freiheit blieb als
späterhin. Alles in Allem ergibt sich mir. im Sinne Belochs,
der nur nicht in der Lage war seine Behauptung zureichend zu
begründen, die früher geltende Ansetzung des Psephisma über
Salamis um 560 vor Chr. als sehr unwahrscheinlich. Mit den
Vorbehalten, die jedes Urteil in so heikler Frage fordert, glaube
ich als Rrgehniss meiner Untersuchung aussprechen zu sollen,
dass die Urkunde der Schrift nach in die letzten Jahrzehnte
des sechsten Jahrhunderts, vielleicht sogar erst in kleistheni-
sehe Zeit zu gehören scheint. Ich warte ab, ob Andere inhalt-
liche Gründe , wie sie seinerzeit Köhlers Entscheidung be-
stimmten, für oder gegen diese Ansetzung geltend zu machen
finden. Entstehung des vorliegenden Beschlusses erst in klei-
sthenischer Zeit zu beweisen reicht der letzte Satz schwer-
lich aus. Denn so wahrscheinlich mir meine Vermutung über
seine Bedeutung ist: ob in der Formel iiri tt)« ßouXii; j o Siiva
iYpx(AULjcT(uiv späterem Gebrauche auf Grund kleisthenischer
Staatsordnung entsprechend icpöro; stand, entzieht sich unse-
ser Kenntniss. Einen Ratsschreiber, der in der Formel er-
scheinen konnte, hat es gegeben seit es einen Rat gab.
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ALTATTIBCHB 8CH1IIFTDBNK1UII.BB
487
II
Die Hekatompedoninschrift hat Lolling 'AQ-rvi 1890 S.63I
für etwas iilter erklärt als die Inschrift (Jes Allars aus dem Py-
thion. Er erwähnt, dass in dieser Alpha und Epsilon die re-
gelmässige Form. Theta jedoch noch das Kreuz zeige, Alpha
aber auch in der Inschrift des chalkidischen VVeihgeschenkes
IV^ 1 S 41. 373<? mit schrägem Querstriche erscheine; un-
zweifelhaft älter sei das Psephisma über Salamis. Sicherlich
hat sich Lolling bei dieser Ansetzung auch von ailgemeinen
Eindrücken und Anschauungen leiten lassen, über die er nicht
öffentlich Rechenschaft ablegte: seine ausdrückliche Berufung
auf einzelne Buchstahenformen hat meines Grachtens keiner-
lei Beweiskraft. Denn Alpha mit schrägem Querstriche ist bis
in die Mitte des fünften Jahrhunderts üblich geblieben; die
verschiedenen Formen des Epsilon mit und ohne Obergreifen
der Hauptlinie begegnen nebeneinander auf einem und dem-
selben Steine und ihr Unterschied hat, wo die Verlängerung
so anbedeutend ist wie in der Hekatompedoninschrift, kaum
mehr schriftgeschichlliche, vielmehr nur zeichnerische Be-
deutung; die Theta mit Kreuz und die Theta mit Punkt sind
länger neben einander hergegangen, wie sie sich denn auch auf
einem Steine vereint finden (C. I.A. IV. 1 S. 185, 422<3),
nicht anders als die verschiedenen Formen des Rho, die s. B.
in den Signaturen eines und desselben Künstlers, des Enenor,
begegnen und. mit und ohne Sporn, noch nach der Mitte des
fünften Jahrhunderts in dem Psephisma über Chalkis IV, I
S. f O.V7a (Dittenberger, SyUoge^ll) wechseln. Dass die He-
katompedoninschrift ein wenig älter sei, als der Altar des jün*
geren Peisistralos, lässt sich auf diesem Wege nicht erweisen;
so hat sich denn auch Kirchboff durch Lollings Urteil nicht
für gebunden erachtet und sie auf Grund scharfsinniger Ver-
mutung erheblich späterer Zeit zugewiesen Er sucht in der
glücklich hergestellten Unterschrift der einen der zwei Platten
TotST* iSox^iv T<Si Se[|Aoi iie]l 0[ — jo« xk iv rotv XiOot[v to6t]o(v die
Erwähnung des Archon, verweist auf Bruchstücke der ande-
488 A. WILHBLM
t en Platte, auf denen vielleicht die Worte {Sox'tiv tSi SI[&o]i i«t
•I>i - - ip/ovrlo; und l«l - -] o? 4px[ovTo? erkannt werden dürfen, und
erjziinzl unter lierücksichligung der Slellenzahl den Namen
(Ich Pliilokrates.den unsere Überlieferung als Archon des Jah-
res 485/ 1 vor Chr. nennt. L. Ziehens Einwände {Leges
(traecorum savrac S. 4) vermögen diesen Ansatz nicht zu
erschüttern. Die Berufung auf die Schrift, in Lollings Sinne,
liherschätzt wiederum die Bedeutung des E mil der etwas
verlängerten Senkrechten gegenüber der einfacheren Form
des Altars. Dass die Unterschrift raOT* fSoy^ev -rot Sijioi
<I>t\o)cpiTO!; ap/ovTo; TÖt iv toiv >.iOo'.v to'jtoiv erst bei erneuter Auf-
zeichnung des viel älteren Gesetzes auf den beiden uns vor-
liegenden Steinen zugesetzt, der Name des Philokrales also
fur (lie Zeil dieser Aufzeichnung selbst nicht beweisend sei,
vermag ich nicht als sicher zuzugeben Allerdings können die
Worte T3t SV To:v /iOoiv toOtoiv dem eigentlichen Psephisma
nicht angehört haben, aber die Vermutung liegt nahe, dass
ihre Aufnahme in eine Unterschrift, wie sie sich auch sonst
nachweisen lässt^, in besonderen Umständen der Aufzeichnung
und Aufslellung begründet war. Solche erlaubt die ungewöhn-
liche Ansehnlichkeit und Sorgfalt der Veröffentlichung vor-
auszusetzen ; bekanntlich sind 'die beiden Steine' Melopen-
platten des sogenannten allen Tempels. Dass bei der Unvoll-
sländigkeit unserer .\rchontenliste für jene Zeit die Beziehung
auf einen uns zufällig bekannten Archon des Jahres 485/4
vor Chr. , dessen Name mit Pili beginnt und in die Lücke passt,
unsicher bleiben muss, leuchlel ein: um so wichtiger wird es
sein diese Beziehung durcii neue Gründe zu stützen.
Schon die geradezu wunderbar schöne Ausführung der In-
schrift, die leider auch die Abbildung Taf. 9, 1 noch nicht
ausreichend zur Anschauung bringt, dürfte zu Gunsten jünge-
• Welche Erwägungen Br. Keil zu dem oben S. 477 initgeteiltea Urteil
(Hermes lb94 S. 2ö7) beslitnml haben, ist nicht ersichtlich.
* Ganz so schlieMen Psephiimen der Chertoneiiten Ta6t' Kogc ßouXdEi ml
Mjuit |ti|vö< Aiovuo(ou xtX. ßMtXiiwTot STA. Lalyseliew /.P.X. 185 (Dittonber*
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ALTATTISCHE SCHHIFTDBNKMAELEH
489
rer fiDtatehunf^szeil gehend gemacht werden. Aber auch die
ganz unvergleichliche Frische der Erhaltung, die freilich be-
sonders geschützter Aufstellung iniiverdankt werden mag, rät
die Au&eichnung in eine Zeit zu setzen, die von der ihrer Zer-
störung, also von dem Jahre 480 vor Chr., nicht weit ab-
liegt. Ferner scheint mir auch die Orthographie, namentlich
die gelegentliche Vernachlässigung des rauhen Hauches, der
JQngeren Zeit sehr wol su entsprechen. Schliesslich freue ich
mich zu Gunsten von Rirehhoffii Vermutung eine besondere
Beobachtung geltend machen zu können.
Bei aller Vorsicht in Zeitbestimmungen auf Grund der
Schrift allein wird man zuzugeben geneigt sein, dass wenn
zwei Denkmäler dieselbe Schrift oder gar dieselbe Hand zu
zeigen seheinen, die Annahme ihrer ungefähr gleichzeitigen
Entstehung nicht ungerechtfartigt ist.
Ich glaube versichern zu können, dass in dem ersten Ein-
trage des Steines I 333 ( vgl.Taf. 9,1), einem auf die Schlacht
▼on Marathon bezOglichen Gedichte, dieselbe Schrift oder
Hand vorliegt wie in der Hekatompedoninschrift.
Bekanntlich hat jener Stein I 333 die unverdiente Ehre ge-
habt, für die Basis der sogenannten Promachos gehalten zu
werden, und diese Vermutung wird, obgleich sie ihr Urhe-
ber den Einwänden von Wachsmoth und Michaelis gegenOber
bereitwilligst zurückgezogen bat, seltsamer Weise noch immer
der Erwähnung gewürdigt Welcher Art das Denkmal war,
dem der vor Jahren in der Hadrianstrasse gefundene Stein an-
gehörte, vermag ich seiner Form nicht abzusehen, und die
beiden Gedichte, die er trägt, geben in ihrer Verstümmlung
über ihre Bestimmung keine zuverlässige Auskunft. In Kirch-
hoffs Ergänzung stellt sich das zweite Gedicht denen der drei
Hermen vor der Stoa zur Seite*. Die eigentümliche Bearbei-
tung der Schriftfläche des Steines war schon früheren Beur-
• Stadl Alben I 8. 541, 3; Athen. HiUh. 1877 S. 92; C.I.A. IV. I S. 40.
In Btfimners Commentar zu Pausaaias i 28t 2 ^^'^ Inscbrifl ab per|t
kleiscber ^eit angeborig bezeichnet.
' Aischines ge^en I^lesiphoq IQ3| Prefer, Inter. Gr§tp, m$tr. lö§,
490
A. WILHBLM
teilern auffiillig; aber die Behauptang : superficiem lapidis
leviUr ease atriatam non alio eonsitio niai ut ea atriaiura
pro ornamenio eaaet iapidt («rachöpft nicht ganz den Sach-
verbalt. Niehl selten wird auf Steinen. namentlieh alterer Zeit,
ein besonderer Streifen fOr die Schrift sorgiältig geglättet, wäh*
rend der Obrige Teil, Yon einem ebenfalls geglätteten Saume
abgesehen, gerauht wird, wie I 390. 396. So hätte diese Bear-
beitung an unserem Steine nichts merkwQrdiges, läge nicht
der zweite Schriflstreifen, der die dritte und vierte Zeile trägt,
ein wenig tiefer als die rauhe Fläche oberhalb und unterhalb,
der obere erste Schriftstreifen dagegen mit dem rauhen Felde
in gleicher Ebene. Die Erklärung hat mir W. Dörpfeld gege-
ben. Der Stein trug ursprünglich nur die beiden obersten
Schriftzeilen und unterhalb blieb der ganze abrige Teil dee
Steines gerauht ; später wünschte man auf dem Denkmale
ein zweites Gedicht einzutragen und arbeitete, um Raum zu
schaffen, auf der rauhen Fläche einen zweiten Streifen ab, der
natürlich tiefer zu liegen kam. Dazu stimmt, was von jeher
halte klar sein sollen, dass beide Ginträge ganz verschiedene
Hand zeigen. Diese verrät sich nicht nur in den Buclistaben-
formen. sondern auch in dem Gebrauche der Interpunktion,
die in dem ersten Gedielite vor dem Beginne des Pentameters
genau wie in der llekalompedoninschrifl durch drei Kreise
mit Zirkeipunkt ausgedrückt erscheint, während sie in dem
zweiten K()ij:ramme an der entsprechenden Stelle fehlt. Von
diesem zweiten ü^pigramme ist, nach KirchhofTs Ergänzung:
'H f/.x>a Stj xjivoi TxXxxacpSiO'. oi px t]6t' ai^{ATlv
aTYjijajjL irpoiOi tcu^wv iy'pO'Z iw' Inj^xtiSt^
uatpviuivoi S' i(3iü)Txv 'AOiovaiac woXy^ouXguJ
die Beziehung auf die Schlaeht von Marathon klar; aherauch
für das erste wird sie durch die Worte 'ExXi'Sx . ] tcäoiv Soü-
Xto[v ^aap iSttv' gesichert. Wir haben keinen Grund anzu-
< Man liest 'EXXi[Sa ^ffjv] xinv; aber fQr drei Bnobslabeo ist vor kHw
Qicbi Haiun. AUenfalb H ?
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ALTATTISCHB SOIIBifTDBllKlfABLBil
49<
nehmen. dusB rias Denkmal erat längere Zeit und niebt sehr
bald nach der Schlacht gestiftet worden wi^
So wenige Baehstahen von dem enten Gedichte anf dem
Steine erhalten sind, so glaube ich doch mit Zuversicht he*
haupten zu dürfen, dass sie mit denen der Hekatompedonin-
schrift völlig übereinstimmen und dass nicht bloss eine ahn-
liche, sondern geradezu dieselbe Hand vorliegt, wie auch
beide Inschriften genau dieselbe sorgfältig ausgeführte sonst
nicht nachweiriiche Interpunktion zeigen. Ist dem so — und
unbefangene Beurteiler bestätigen meine Beobachtung — , so
werden beide Inschriften wenigstens ungefähr derselben Zeit
zuzuteilen sein und Kirch hoffe Datirung der Hekatompedon-
inschrift in das Jahr 485/4 vor Chr. gewinnt im besten Ein-
klänge mit allen sonstigen Anzeichen durch dies Zusammen*
treffen erhöhte Wahrscheinlichkeit.
Ich schliesse mit einigen Bemerkungen zu dem letzten Ab-
drucke der Hekatompedoninsehrift in G. Körles Abhandlung
Rhein. Museum 1898 S. 264 ff.
Zeile t fehlt in sämtlichen Veröffentlichungen die auf dem
Steine ganz deutliche Interpunktion nach xp^^'^^i- 5 mag
nach aiS höchstens unten im Bruche der Rest einer senkrechten
Linie erscheinen, nicht in der Mitte. Z. 6 iviicT]iv[: üv S]« nc!
XT>. Dass Z. 8 nach {i[popY'ovTx[(; — der Bruch bewahrt noch
von der Spitze an den rechten Schenkel des Gamma -die
'zweilo Hälfte eines My deutlich ist, habe ich schon G. Köile
mil^eleilt (S. 965) Z. 9 sind der untere 'l'eil eines Epsilon
und Spuren des vorangehenden Ny erhalten vjio. Z.IO scheint
vor «w»v ein breiter Buchstabe wie H nicht gestanden zu ha-
ben. Z.12 stehen in Körles Abdruck die Klammern unrichtig:
SpÄ[t ii8ö< Cr/a[i]v7n. Z. 1 'i tu. 7t6).£i. Z. I6f. ^(^[t cuSuvidOxt ; der
obere Teil eines Sigma, den Lollings Tafel richtig wiedergibt,
fehlt im Corpus. Z. 94 erkenne ich vor at deutlich Reste einer
Uuncimii:;, die Loliiii^^ und das Corpus nicht verzeichnen.
Körles Ergänzung des Verbotes Z. 8 ff hat mich nicht über-
zeugt, aber icli sehe mich ausser Stande seine Lesung t6( U«
« B» i|rt«i|t juidi Frans Winter, Arob. 4«brbiieb 1893 S» i52, 13.
492
A. WILUBLII
[x9el vo]To6tv [tS v]io ivtoc tS x[vxXo x«i »«tx h]iie9tv to htx«TO{A-
ic[i^ov |aS*SvOo[v] iY[X<Y*v darch einen einleuebtenden Vorschlag
zu eraetsen, denn ieh errate nicht, von welchem äu§;cn8cbein>
lieh geringfügigen Vergehen, dem jmS' SvSov lYtUyiv (?) ent-
sprechend und ainnverhundenjm Anfange des Satzes die Rede
war. Nur um vielleicht GlQcklicbere auf den richtigen Ge-
danken zu leiten, sei der Einfall erwähnt Z. 9 (»[rax«» tS v]iö
Xftt t8 icpö[< eo ffccyxXjo [ßoj.aS zu lesen.
Einen anderen Satz der Urkunde, dessen Verständniss Körte
glflcklieh erschlossen hat, freue ich mich an einer Stelle, wo
sein Vorschlag fehlgehl, mit voller Sicherhett herstellen zu
können. Das Gebot Z. 17ff. lautet nach Körte: tk otxlf&fltT« [t«
I« t9i blxarJofAxiSot avo^Yiv [tÖ(; rjixfxiai; [/.i o[X«i2[ov E 3U t]S (ilvo[c
9Jift«9«t t9t[; hevja^ i;Ae[p]ac [tok; xpö te; vo]{X(v{a[{ xal t8v vIo« t8v
inji tSi ic[xic^i Iti? to he{i.i]9u :c[apö]vTa[;. Ich schc von dcD letz-
ten Worten, die Ich nicht au&uklären vermag, ab : so richtig
Tfi lixd^i erkannt ist, die Er^zung tSv vloy t9v M tci iU&Si
ist der sonderbaren Bezeichnung wegen , die sie den Zwanzi-
gertagen des Monats gibt, anstösaig und zudem mit den inZ.20
an dem unteren Rande des mittelsten Bruchstückes kenntlichen
Resten unvereinbar. Diese sind allerdings in Loilings Abbil-
dung und in KirclihofTs Abdruck nicht völlig treu wiederge-
geben; der Stein zeigt unter dem dritt-und zweitletzten Buch-
staben des Wortes OsäoOxi in Z. 19deullicli die oberste wag-
rechte Linie eines Epsilon und darnacli die obere llälfle eines
Iota (oder l.amhda). Auch enlspriclil der Bruch vor -i xei li-
in Z. 20 am meisten einem Alpha; ein Pi, wie es Körtes Le-
sung verlangt, hat an der Stelle augenscheinlich nicht ge-
standen. Ich glaube, es ist räf; htv]«? ifxi[p'ac [tj; :raö te; vlo-
|x£v{*[; xai T]st [SixxTji )ta]i t£i tt[5ciS', ZU lesen; nehen den letz-
ten Tagen des Monats und dem zwanzigsten fortlerl der zehnte
sein Recht. Statt mit Körte y.t o-XsiCov I Si? t]ö fjnvö[; ist dann
notwendig' (nit der bekanntlich häufigen Auslassung der Com-
parativpartikel q[X|iCov Tpt; t]ö {aiv6[< zu ergänzen.
A^be«
ADOLF WILHELM
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UTTBRATUR
G. BoTTi, Pouilles k la oolonne Tbdodosieone. Alexan-
drien 1897.
G. BoTTi & V. NouRissoN, Rapports sur la bibliolh^ue
munieipale en 1898 el sur le Mus^ Gr^- Romain. Alexan*
drien 1899.
(A. Joubih), Muste Imp. Ottoman. Bromes et bijoux Ca-
talogue sommaire. Konstantinopel 1898.
A. IIasXAAIU:, No|ita|taTUiv) tifc v^oou "AvSpov ( *A«6«iv9tff(Mt
XfttoXoyiac). Atben 1898.
(P. Sghbil), Mttsäe Imp. Ottoman. Monuments ^ypiiens.
Notice sommaire. Konstanlinopel 1898.
ivfliifsia^. X, 4. XI, I.
Darin u. a. S. 413. 556. £t. ApaYoi(ii]c, Bout^^uXiSiiei «xiffTaatai.— S. 3. n.
Bulletin de la soci^t^ archeoio^ique d'AIeiandrie, redige
par le Dr. G. Bolti. 1. Alexandrien 1898.
Darin S. 5. Fouilles dans Ci'ramique d'Alexandrie en 1897. — S. 25.
La deuiiciue Irouvaille de Öaiiiauuud. — S. 39. InncripUons grecques et la*
tines irouT^ei en 6gypte en 1897-98.— S. 49. Additions no plan de la ville
d'Aleiandrie.
AEATION THU I^TüPlKll^ KAI EONOAOriKlUB Etaipbia^ ths
Eaaaaos. V, 3 (19). Athen 1899.
AIE9NHS E*HMEP12 Ty,{ vouiiaarix-ii; apj^aio)^oyia<;. Journal
international d'arch. nuinismatique. 1.3. 4. Athen 1898.
Darin u. a. S. 233. K A. MuXwväc, AuxoSf^ot ö xü^v 'HiwvCi, ßxTtXtuf.'—
8. Sil. O. F. Hill, Hadrinnoi and Hadrianeia — 8. 953. N. B. 4>apS<ic, No-
|uo|HiTna &mslpj«qt.— 8. 299. A. II. IIa«x^Xi|c. No|u<i|MKi)d| Tlf« tfil/ao» *Av-
8pow. — S. 367. 'lu. N. 236opu)vot, NoatipaTtxi i6pi{|A«ta, — S. 105. Dcrsellic,
Tf« vi5ao{ i]up(T) Toü '0;ji»{poy. — 8. 4^3. E. D. J. Üutilh, Ktudes Alexandri-
nes.— Ö. 4:il. ü Pick. Zur Epigrapliik der griechi^ulien KaisermÜDzen. 1,
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404 roNot
^XoXoywo« ovXXoyot Ilapv««aö(, EOBTHPIS. B'. P'. Athen
1898. 1899.
Dario u. a. B'. S. 245. A. ^iXio«, 'A9i)vä( xt^aXi) EXmatvo«.— S. 255. A.
Sxiic, 'Afxtfot rifoi I« 6tp|Mic£X«t<. ~ 8. 961. M. Xp»aox<{of, rcwypafixä «tj-
r'. S. 54. N. r. 1IoX{t>){, T« ovoja«!» twv SiJ^wv [ Heutige Verwaltungsbe-
zirke].— S. 81. A. MTjXtapaxTic, Nr,5ioYpafi»i xari Tf,v Yico^paftav toö 'AparSoj
EdptCt. — S. 142. M. Xpv9o/6oi, "OauvOo(. — S. 175. K. A. MuXwvät, Ilipi t^c
EniMEPii: APX.AitiAuriKH. i898 llefl 3 4. Allien 1898.
Daiiii S. 137. Xp. Taouvta;, KuxXaSixa. — S. 211. K. Koutotfvteijtrj;, ^xijvat
to5 oixoY«vitaxo-j ^io« twv ^uvaixdiv. — S. 219. L. 8avignuDi. 'Ap;^aicixi)T«(
KIm.— 8.249. B.Atmiphoi, Auxoaoupas v6^i Up4(.— 8.271. Derselbe« 'Bm-
Nacbrichtbn del rantiebea arehäologischen Instituts in
Konstantinopel. III. Sophia 1898 [RusBiaeh].
FUNDE
In Allien sind nahe beim Synlagmaplutz bei einem Neu-
bau (des Herrn Bouyä;) in der Sladionstrasse, gegenüber dem
Mar^lall eine ganze Anzalil von Gräbern verschiedener Epo-
chen ij;efunden worden Kurze Nachrichten finden sich in den
Tageszcilungen (z. B. 'Aitu 1?. 18. 19. 25. 28 30 Ae». 1898.
14.23'Ixv. 1899), ein wissenschaftlicher Bericht ist in Aus-
sicht gestellt. In dLMsclbcn Gegend sind schon früher vielerlei
Gräber gefunden worden (vgl. z. B. Conze, Attisclie Grah-
reliels Nr. 1073. CJ.A. IV, 1 S. 190, 491-'«); wogen der Fol-
gerungen, die sich daraus für den Zug der Stadtmauer erge*
ben 8. Athen. Mitth. 1888 S. 232.
Gräber, die beim Neubau des Arztes 'AOavatjiASyi; in der
ApoUoDslrasfie (Bädel&ers Griechenland^ zu S. 35, E, 6) ge-
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fültDI
funden wurden, sind mittelalterlichen Ursprungs, ebenso wie
die dort entdeckten Gebiiuderesle. obwol beide audi antike
Überbleibsel ein«jebaul enthielten ("Actu 18 Aix. 1(S98).
Bei Kanalarbeiten in der Kolokotronis -Strasse i Bädekers
Griechenland 3 zu S. 35, D. E, 5) ist eine jugendliche Dio-
nysosherme gefunden worden ("Aotu ?5. März 1899).
Beim Dorfe Reratea in der Gegend 'AdrpYi'ExK^r.aia wurden
300 byzantinische Goldmünzen gefunden ("Attj 18 Aex. 1898).
An dem Hügel Stamatovuni (nördlich von Ikaria. Dionyso)
hat eine neu gegründete englische Gesellschalt Marmorbrüche
eröffnet, die einen für Atlika ungewöhnlich grosskrystallischen
Marmor liefern. Dass der Marmor dieser Gegend auch im
Altertum schon benutzt wurde, ist bei dieser Gelegenheit fest
gestellt worden Eis liegt dort nämlich eine unfertige Marmor-
figur von dem Typus der archaischen ApoUostatuen , erst aus
dem Gröbsten herausgearbeitet, aber mit genügender Sicher*
heit zu erkennen. Höhe mit Rünthe etwa 2,10'°.
Bei Amphissa wurde in der Nähe des Dorfes K«Xo«tTif
v{t9« zufällig gefunden : (ilxdXXtvov ayaXpia 7capt«T&vcv yusalxa.
7UÜ Tt«9apx atXkx i-jziiTi^ ^jcXxiva uv toi (<,iv Suo ivapi9TÄvouv äXi*
XTopa, T3t hi «XXa ^uo xuv«{. 'Exto^ toutuv dlviCpi rpsTc ioxTU-
Xfouc, Süo Simovc (AiT«XX{vou<, Ivvl« irqXtvai «Yyita ^tKföp«f»v
(iijeT(i)v xal TCOtfxpa aXXac piixpjc utTxXXiva avTixi{|A,(VOC.
On'enbar gehört ein Teil der Gegenstände zu einem der
üblichen Standspiegel.
Der Finder H. ZrpdieY»«« hat seinen Fund der Behörde üher-
gehaD.('A«tv 23 ««6p. 1899).
Bine Viertelstunde von 'Afuix (A<bTiov mSiov) in Thessa-
lien sind in der Olm« *A,yUL "Awec antike Gebaudereste be-
merkt worden ; ausser einer grossen Marmorplatte wird be-
sonders ein Mosaikboden aus schwanten und weissen Steinen
genannt. An derselben Stelle aollen frQher Reliefs, pachehrist-
licher Epoche gefunden worden sein ('Bark 93. M^. 1899.
'A<rru 24. Mp. 1899).
Auf demHQgel Bunardjik bei Philippopel wurde sutäliig
ein Grab und dabei eine ungefähr 3" lange und 35*" hohe
496
Platte aus einheimischem Stein ('Granit') gefunden, die in
4*" hohen Buchlaben — nur das O soi kleiner — folgende In-
schrift trägt (T«x^SpdjAO(, Konslunlinopei, 4 Noi^iSp. 1898).
•arTEAEZ^OPOZMHTPOAflPOY
NEIKOMHAEYZ^HZAS
ETHHE^
X AIPE^sr
In Ivukludja bei Smyrna fand Herr G. Weber in einem
Hause folgende zwei Inschriften:
1. Marmnrplatte. Vi*" lang, 26 hoch, 7 dick. Buchstaben
1°°, in der ersten Zeile etwas höher. Nach Abklatsch.
f;i-T YPANNIONTI-KAArAeonOAlTQI
ANAPiKAITIKAlOYAlANfilTniTEKNQIMNHAS:
XAPIN-MHTEPTIZTENAXEIZTIAAKPYEIETNGAAE
MYPHnZE<t>ANHMOIPAi2:EMETONKENQA
5 EKATEAOEINAEiyANTIZniHNKAlOMHAIKAZ
AAAYnOAHQHNBHinATHPZYNEMOITOY
TO(t>IAOTEKNIAOYKE4)ANHNf EYZTMZEni
ZOlTEKNONAAAYnOAHGHNHAQONAinflN
. ZfllHNKAI<t)IA;'| NNFAM ETIN
tu ' X A IPEINTTAZI(j)IAOIS
KATAKEIMENOZENOATTAPAlNnKAlMETEXElN
Zai H zaAETAPESTAIAHZ ^
•I(o'j>ix) T-jpivviov Tl. K\. 'AyaOoKoSi Töi | avSpi xai Ti. KX.
'IouXtav<ii Teil Ttxvojt p.vT)a( j X^P*^-
(^icvif) Motpaic ip.i t6v vc(o)v &^\t xaTc^diiv
>iit{>avT[a] ^o)tf,v xai 6(XT]Xtxac, | aXX' uico AiiiOvjv
icarvip «UV ip.oi' touIto «piXorixvia.
OuK i93lvT)v <(>iuorb( iivl I 901 Tixvov, dXX' 6ff& A'q9i)v
^XOov Xtir«w I («njv xai f iX[ia]v yapitTiv. |
XflUpicv «ftot fiXocc I »aTOtM{|Aivo( {v8at irapctvA
liftl |UTix<tv I Cm(^* Iffl^p 'Ai^f .
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FUNOB
497
Ob SU Anfang der ersten Zeile ein Bachstabe — für mehr
ist kenm Platz — fehlt, ist nieht klar. Unsere Lesung setst
voraus, daas ntohta ffBhlt, und das I mit folgendem Punkte ei-
nen Namen darstelle. In Z. 4 kann das O von vlov, wenn es
auf dem Steine steht, nur ganz klein nachgetragen sein.
9. Oberer Teil einer Grabslele mit Giebel, 59** breit und
noch 37 boch ; in der Mitte zwei Püllhörner, rechts und links
davon steht ö ^vi{io( in Kränzen. Buchstaben böhe 2**. Der
Stein liegt im Pflaster des Hofes und ist ziemlich abgeschlis-
sen. Abklatsch.
OAH OAN
HOZ HOZ
AGHNAI^A 0ANHNÄIONYZIOY
AMTTEAIAOY^ANHOYr^erYNAiKA
•o Sri- '0 a^-
'AÖ-rivaiSa 4>icvTnv Aiovixjiou
'A(Ai»X(2ow , ^oiviQOv« Yuvaüta.
In Afium- Karahissar in Phrygien sah derselbe Herr in
der Vormauer einer Moschee einen Qo*" langen, öO breiten
weissen Marmorblock, aui dem sieht:
PACTVMEIAE-SALVIAE
C-SALLVSTI VSSER APAVXOPISVAE
n AKTOYMHIAICAAOYIAI
rAlOCCAAAOYCTIOCCEPAnACIAIAI TYNAI Kl
Pactumeiae Salviae
G. Sallustius Sorapa iixori suae.
na)CTOuur;iai i^aXouixt
Herr E. I. lordanidis sendet uns Abschriften folgender In«
Schriften :
4TBIN. ]UTTHBn.üNaBN ZZIH. 33
4M raMW
1. Marmor von 50*" Breite und Höhe, in einem Hause des
Quartiers FcviTsCAto in Tire. Abklatsch.
OIKOYNTEZEN Ol xaTjoixoGvTi; h
O I Z Z T E <t> A N O Y2l N - - - - Ot? ars^xvoOdiv
ATHNAPTEMIAnPOY ixTiv 'ApTS|xtSü)pou
KPATHNMENEKPATOY - - xpicTrjv Mevixpirou
EA«"' NEPMOAAOY MjAiT[ivo]y 'EpuoXiou
TOYTOYTOYHPaOYEl Tootou toG vipwou li-
ZINKAEIN AIAYOEIZEP oiv JtMivai Suo ilaip-
XOMENftNEYftNYMn xoj*«^"^ luwvüpitp
XCIPIKAIME2HZYN iiifi x«i ouv
In Z. 2 8chläj;t lorüanidis 'AXiioOpjoi? oder MayvöX^ot; vor.
2. In einem Hause (NstttJ) des Dorfes Vtwri MiyaXi westlich
von Tiro helindel sich ein 35'" hoher 20 hreifer Marmor mit
der ioschrift (vgl. T«x,uSfö{AO(, Koostanlioopel 3£iirr. 18\f8):
T O Y T O ToÖTO
T O H P n TO ijpfi-
O N TT O TT ov rioTc-
A I O Y T P O Xtou Tpo-
0 I M A 6 C f t(A& i«
T I N K A I r Y «tv K«l yw-
N A I K O Z K A i v«woc Md
T e K N n N Tlkvttv
AYTOY awTOÖ.
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SITZUNOSPHOTOKOLLE
7 Dez. 1898. Festsitzung zur Feier von Winckelmanns Ge-
burtstag. W. ÜoKRPFELD giebt eine Übersicht über dieThätig-
keit des Instituts und spricht über Architektonisches aus Ägyp-
ten.— G. SoTiHiADis, Über die Ausgrabungen in Thermen.
2t Dez. 1898. P.Wolters, Inschrift von der Akropolis. —
W. Reichel, Der homerische Wagen. — I. Svoronos, Erklä-
rung des Kalenderreliefs an der Kirche Gorgopiko.
ERNENNUNGEN
Am '21. April 1898 sind ernannt worden zu ordentlichen
Mitgliedern die Herren B. Arnold und C. Popp in München,
B. lluussoullier. E. Pettier und M. CoUignon in Paris, W.
Pley te in Leiden, F. VVickhof in Wien, L. Borchardt in Cairo,
J. L. Heiberg in Kopenhagen, zu correspondirenden Mitglie-
dern die Herren P. Weizsäcker in Calw, E. Hilterling in
Wiesbaden, B. Pick in Gotha, H. Dragendorff in Basel, H.L.
Urlichs in München, Th. Wiegand in Smyrna, Martens in
Blberleld. H. Lechat in Lyon, F. von Bissing in Cairo.
Am 9 Dez. 1898 wurden zu correspondirenden Mitgliedern
ernannt die Herren L. Pollak in Rom, M. Rostowzew in Pe-
tersburg. G. Bolti in Aleiandrien, K. Wernicke in Berlin.
BBRIOHTIOUNO
Oben S. 193 Z. 18, 24 und 29 von oben moM es beieien
Tacburuk-su, nicht Tachukur-su.
QwMmm 22. A|^ril 1899.
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'II. . • '''-t'unxna .**t iur^a-Ts: . 5*4
i. 1 *I: •i^*.-se .... !*r
I'' 3i,i ttter idvea«« urii» . . ... H§
7 3iiier -■iki I^sat*::«« u» T.unn «14
TiMea^cBerMK ai» Srizi*iaea4i .... ... S
H<>ixo'je<r>« u» 2aflim ... *42
T^iL'-j M'n.-niw*? VfHea u» .i^TOte« SS f.
♦ 3 *? /iafci*«r>r«i Q Jim?« .... , «53
"i." .v«r»n •.!•!<♦»« N.wcn^iitnun^a n^K/^ai^ot»^ 3ils99*IuafMB . f.
♦ >"aca tii.D.imc -»tt»r ^< vfoiatfäi« 3üiPML.innnt .... ^
:x • rnsc i ; : \. i -r* «-^ 4.<*
1 A.tar itr» P-riM^ri-u» 4rT.<"i;)
2 Ca* tt'smiaiadM Pwpuisoia Äir,^,
Sl P»ao h» TVaier» :o Pnea« 30:
XII P'jo le» TVMbfrs üi X<m-P««7va 314
20.1 P^'r'f^ 'Mt ^-^'^t^-m Pirri*m vni ^'rirflPiBcr . . . 3|$
i ZiiMhj'itfr'aas «iMMtb«« TlMalMS 322
Xtn GeBmt an» Ele«» S8lfl
XIV Bfito Gcfis» am Eiems» ^
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V
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IX
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1898, XAIII, i.
JUN
MITTHEILUNGEN
DES KAISERLICH DEUTSCHEN
All(lHAEÜLÜ(llSi;ilEi\ INSTITUTS
ATHENISCHE AbTHElLUNG
P.AND XX HI
ViKiiTES Heft
MIT TAFEL V. ].\. X
ATHEN
BARTH & VON HIRST
1898
Bei BARTH & von HIRST in Athen
EIISCHEINT
iiEBMi^ mm\i Tll!^oMli;t\TlKll:s Ai'\Aiu\iirf\^.
JOURNAL INTERNATIONAL
IIKBM'SaEltKIlBN VON
J. N. SVORONOS
Ührkt'ir '/> ■ V'/ •tuthini'ts in Athm
.T.iliilicli 4 HofU' in mil tnindcsteiis ?0 DriK'kliogtin uml ?U |>liolo!ypi-
schi'w Tafrill. aiHlciPii |{rilaj:i'ii n. - \^
Der I. Baiiil isi i'rsclii<'i»rii,
Üi«' Zritsclirifl ki>.sli'| jälitlicli Ir. -.'n.— ,uWr M. H'i.—
Heslrlluiij^cn tiiari an «Iii* V'cilatrstiaiullunp; otlo* irgend i'im^ aiuicrc
liili.-liliaiKlIiiiii: lirlil.'ii,
'W/k/j, litiivcrsilatsslrassr
UaIITH & VON HiHST
DAS GRIEGIlISÜllE THEATER
niiiTiiAui:: /UK <iL:scnicnTE
DES DIONYSOS- THEATERS IN ATHEN
UND ANDEHEK (iKIEClllsrilEH THEATER
VON
WILIIKL.M DÖHI'FELD
l'Nl)
KMIL HEISCH
MIT XU TAKELN UND !»,» AHUILDUNGEN IM TEXT
IVois ir. Mark.
Ml TT I II::! LUNGEN des Kaiser lidi Deutsclieii arcliäologisclien Insliiiits,
Allunisclie Aldlicilnuf;. XXIII, Ilcfl 4. (Nov.- Dez. mS\.
I N H ALT
E. DnEiiUP, Ein Allu'iiisflits l'roxciiiodi kn't für Arisltileles . 369
.1. II. IIOLVVERUA JH., Ilafaoxrlvi«. Ilifooo-.. Ihpiixiot . 382
F. IliLLiüii VON Gaeiitrjxc.en, IiiscIiriltL-n aus RIhhIds . .. ai»0
L. Savuvn'ONI, Due lek>thoi <ii Taiiajrra (Tavüla V| . . 404
A. Wii.HKLM, Dir sogen. III nie Ileiärcniiisclirill aus Pari»> iÜ9
H. Hehzoü, Heiselicriclil ans Kos i41
P. Wot-TEIiS, Präliisloriscilc Iduli; aus lllei 4(12
A. Wilhelm, Aliatlisehe Sehl iruleiikiiialer (Tafel IX. .\ I , . , 4Gü
Lilleralui i93
Kunde 4'J4
öitzun{;>prolL»kolle. . . 409
Ernennungen 4!)9
Bericht iguiig i^l9
Die Milllieiluugen des Kaiserlich Deulschen arch. Inslitiits, Athenische
Ahtlieihing ( Vei liig von LUliTH \on HinST, Athen. Uni>ersit;Us -Strasse
53 1 erselieineii in vierlelj/tln lielit ii Helten. Preis des Jahrgangs 12 Mark
( 15 Francs;.
AI iiro — druck i ii . iU . |<KII l>Eni<l.~-. — l uit>riili»l»-MrUM, M
Im Verlag»* v(jn II. l^<.KAni»r in Kikl i»l erscniFnp"
P. W. FollCflUAMMEK.
Kin GctJenklihiit
vt»ri
Dr. AiJi:Liip:irr \U)ck im. m dwig pF:!rrscii
Mit cir -II) A nlcinu •
Briefe von und an KorchhamnuM-.
l*r(Ms f) M
Im Nfllicii Vi.tI.i|;i- ••rscliit.'iit'ii fiüher •
■•'oiM'lihniniiier» I». W., A|m)||«»us Aiikiiiifl in Utriplii. iSi«'.
Iifrab^cäelzt 0,.'iÜ M.
ArisloU'lo» und di»' ♦*\oleri-.chtM» Uodcu. |S»ii. il«^ral>gescl/t O.Hi) M
Dil? Geburl der Athen»'. t8il. Mcralig^-stMil 0,40 M.
über die Ileinheil d»'r Bauk.uiisl. 2. Aull.igi'. IST.'i. |[i'r;>l»2r<N*'t/t 1 \\
.Scbillerf«'icr. Festrede. !ii59. Horah^jj.'scUl 0,20 M.
Das iSchöne isl schwer. 18<>3. Ilerabgesiilzl 0,A0 M.
Topographie von Atlien, 1841. HiTabgcsfizi 1,50 M,
l'rolegoiiif'ria zur Mvtlinlugie uikI Wisscrisi-Iiafl. 1891. Iloralig'--"' '
Jnlin, Dif Geiiiiilde «Ics PolygindoN in iI-t Lfsche zu D<*litlii.
l,f)OM.
I*entlieus und die Mainadt.ii. läil. J .M.
hjperiiiien e()igrapliicuin in int'UiMriaiii Olni Ki llcrnianiii. l^il T'.n \\
IVIephos und Tioilo.s. 1841. 2,50 .M
!%f<»iniii(i(*n, 'r>i<^(»ili»i% Dr rolb'giis i*l M)(lalicii> llDinanoruiii. iSiJ.
3 .M.