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Full text of "Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung"

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Mitteilungen  des  Deutschen 
Archäologischen  Instituts,  Athenische ... 

Deutsches  Archäologisches  Institut.  Athenische  Abteilung 


,  Google 


MITTHEILÜNGEN 

DES  KAISERLICH  DEUTSCHEN 

iiiimiEOLOiiisiiiiEN  mmm 

ATHENISCHE  ABTHEILUNG 


BAND  XXÜI 

1898 

MIT  rUBMFlIHM  TAFBLM. 


ATHEN 

BARTH  ft  VON  HIR8T 

1898 


AlhtB.—  IMb  IM  OKBHUBDa  MMUS.—  UarnnÜMM-BtoMH^  »I. 


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INHALT 


W.  Amkivhg,  Schiedsgericht  zwischen  Poseidon  und 

Athene   235 

F.  VON  Bissing,  Stierfang  auf  einem  ägyptischen  Holz- 

gefäss  der  XVIII.  Dynastie  (Tafel  VII.  VIII)    .  242 

Chr.  Bli.nkenrerc,  Epidaurische  \\'eihgeschenke  .    .  1 

A.  CoN/.E,  Archaische  Skulpturen  aus  Chios.         .    .  155 

W.  DoKHiMKLD,  Das  griechische  Theater  \'itruvs.  II.  .  326 
St.  N.  Al'ArorMUi:,  Ilirpaiz  ix-.ypx'pr,  TO-3  Mo'Jitiov    .  202.368 

E.  Drerup,  Ein  athenisches  Pro.xeniedekret  für  Aristo- 

teles   369 

M.  Fraenkel,  Epigraph isches  aus  Mustox^dis  'H  Ai- 

yivai«   157 

R.  Herzog  und  E.  Ziebarth,  Das  Theater  von  Neu- 

Pleuron  (Tafel  XU.  XII a)   314 

»      »  Reisebericht  aus  Kos   441 

F.  HiLLEu  VON  GvKHTHiNGEN,  Einige  vergessene  Am- 

phorenhenkel aus  Rhodos   232 

»      »  Inschrilten  aus  Rhodos   390 

J.  H.  IIoLWEHüA  JR,  Ilxpaoxr.via.  IlzpoSoi.  IIipiaxTOi.  .  382 
A.  KoKRTE,  Kleinasiatisehe  Studien  III.  Die  pbrygi- 

schen  Fels  denk mäler  (Tafel  I-III)    .    .    .    .  80 

L.  PoLLAK,  Prianios  bei  Acliill  (  Tafel  IV)  ....  169 
11.  vo»  Prott,  Enneakrunos,  Lenaion  und  Atovumov  iv 

^tfivai?   205 

»      9  Nachtrag  dazu   367 

0.  RuBEiisoHN,  Kerchnos  (Tafel  XIII.  XIV)    ...  271 

Fr.  Rubhl,  Inschriften  aus  Eski-Schehir    .    .    .    .  161 

L.  Savigmom,  Due  lekythoi  di  Tanagra  (Tavola  V)   .  404 

G.  Weber,  Die  Flüsse  von  Laodicea   178 

Th.  WiiGAMD,  Das  Theater  zu  Prione  ( Tafel  XI )  .    .  307 


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A.  Wilhelm,  Die  sogenannte  Hetäreninschrift  aus  Paros  409 
»        1      Altattische  Schriftdenkmäl6r(TafellX.X).  466 

P.  WoLTBRSf  Inschrift  aus  HierapoUs  154 

>       »      Bpigramm  aus  Smyrna  367 

1       9      PrShistorische  Idole  aus  Blei  ....  463 

R.  Zahn,  Vaseuicherben  aus  Klazoinenai  (Tafel  VI)  .  38 

E.  Zibbarth,  Inschriften  aus  Athen  24 

9      »       Die  Strabon- Scholien  des  Cyriakus  Ton 

Ankona  196 

»      »       8.  R.  Hbreog. 

Litteratur   357. 493 

Funde   163. 359. 494 

Sitzungspiotokolle   166. 499 

Ernennungen  499 

Berichtigungen   368. 499 


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EPIDALRISCHE  WEIHGESCUENKE 


I 

Die  meisten  der  im  epidaurischen  Asklepiosheiligtum  auf- 
gefundenen Steine  mil  Volivinschriflen  waren,  wie  gewöhn- 
lich, dazu  bestimmt,  besonders  gearbeitete  \Veihg«'scbenke  zu 
tragen.  Sie  haben  deshalb  fast  durchgehends  eine  regelmässige, 
vierseitige  Form,  oft  mit  einfachem  Profil  oben  und  unten. 
Abweichende  Formen  kommen  unter  den  Basen  nur  verein- 
zelt vor;  die  bekanntesten  Beispiele  sind  die  als  Schiffsvor- 
derteil gearbeitete  Basis,  vermutlich  einer  Nike,  von  der  ich 
AsKL.  S.  eine  schlichte  Skizze  gejiebcn  habe',  und  die 
in  der  Expedition  de  More'e  II  Taf.  SO  ahgt  liildete  Drei- 
fussbasis,  deren  Inschrift  Askl.  S.  127  verülTenlliebt  ist. 

Ausser  den  genannten  Basen  sind  aber  auch  anders  gear- 
beitete Steine  gefunden,  die  keine  besonderen  VVeihgesclienke 
getragen  haben,  sondern  an  sich  als  Anatlieme  zu  belraehlen 
sind.  Es  sollen  davon  hier  zunächst  eine  Keilie  von  tischähn- 
lich geformten  Steinen,  im  zweiten  Abschnitt  einige  steinerne 
Wasserbecken  besprochen  werden 

Ein  kleiner  Kalksteinblock  (0,72™  1..  ü,28br.,  ü, 35h.)  bil- 
det die  Form  de«  gewöhnlichen  dreibeinigen  Tisches  nach'. 
Es  hebt  sich  an  den  Seiten  der  Band  der  Tischplatte  in  nie- 
drigem Belief  hervor;  io  derselheo  Weise  ist  ao  beiden Lang- 


*  Mit  Askl.  wird  auf  des  \'«m  lassersi  Asklepius  ug  lians  fraeiuUr  i  Hieron 
ved  ^pidauros  (Kopenhagen  1893)  Terwiesen, 

*  leb  bin  Herra  Kawadia«  ifir  die  Brlaubniss  lur  VerSflTeDllicliang  in 
grossem  Danke  ycrt>nichlet. 

3  Eine  schcinalisclic  Zeichnung  dieses  Stücks  ist  in  meiner  Aldiandlung 
Les  irucripiions  d'£pidaure  {Nordisk  Hdsskrift  for  fiiologi,  3  raekke.  111  Ö. 
163)  gegeben,  wo  du  Alter  der  Insohrift  wol  su  niedrig  gescbätxi  ist;  sie 
wird  im  4.-3.  Jahrbundeii  gebären. 

ATBBM.  II1T11UIL1IN6BN  XXIU.  i 


t  CUR.  BLINKENBERa 

Seiten  und  an  der  einen  SchmaUeite  je  ein  Bein  dargeetelU. 
Der  Rand  tragt  an  der  einen  Langaeite  die  Inschrift 

AAMAPETAANEOHKE 

Seine  Erklärung  findet  dies  Weihgeschenk  in  der  hekannten 
Verwendung  des  Tisches  im  Kulte  des  Asklepios ;  es  lässt  sich 
gewissermassen  mit  den  kleinen  Altären  yergleichen,  deren 
in  späterer  Zeit  so  viele  im  Hieron  geweiht  sind,  und  ist  als 
verkleinerte  Nachbildung  eines  wirklichen  Tisches  zu  be- 
trachten. 

Anders  liegt  die  Sache  mit  den  im  folgenden  zu  besprechen- 
den, tischähnlich  geformten  Steinen,  welche  hier  nach  Skizzen 
und  Phoioi^raphien,  die  ich  im  Frühling  1896  aufnahm,  ab- 
gebildet werden. 


Fiü.  1  Fiü.  2 


1.  Nahe  bei  dem  grossen  Altar  im  Hieron  befindlich.  Grauer 

Kalkstein.  Die  Ränder  der  Platte  und  die  Beine  sowie  ihre 
Verbindungsleisle  an  den  Schmalseiten  treten  am  Block  re- 
liefartig hervor.  Die  l*]nden  der  Tischplatte  waren  frei  aus- 
gearlicitet,  sind  aher  abgeschlagen.  Länge,  so  weil  orlialten, 
1,15"',  Breite  U,Gü,  lliilic  0.50  An  der  abgebildeten  Schmal- 
seite zwischen  den  Tischbeinen  steht  die  Inschrift  (Bucbsla- 
benhöbe  etwa  0.0*25): 

APKESiiAAOS:  'Apxe'ciXXo«, 
AYSANAPOX  Au(rav)po< 
^NEOETAN  «viecT«v 


BPlbAimiSCHB  WElHfiESCHfiNKfi 


3 


welche  mitten  auf  der  Oberflache,  wenn  ich  die  sehr  undeut- 
lichen Sparen  richtig  aufgefaset  habe,  in  dieser  Form  wieder« 
holt  wild : 

A  P  K  E  ri  A  'Apiilai>[Xoc]. 

h   Z       EH  [«]ve[e]«.  • 

Der  Rand  der  Oberfläche  ist  ganz  wenig  erhöht.  An  beiden 
finden  sind  flache  Furchen  eingearbeitet;  rechts  befinden  sich 
daawischen  die  0,014-0,02"  hohen  Zeichen 

M   X   H   ~   O  I 

Die  Weihinsehrift  ist  von  RavTadias,  Fouilles  d*  £pidaure 
Nr.  t09  YeröflSentlicht  I,  mit  ErmUinung  der  undeutlichen 
Wiederholung  in  der  Mitte;  die  Form  des  Steins  bezeichnet  er 
als  die  eines  Tisches  oder  Bettes. 

2.  Dicht  neben  Nr.  1 ,  mit  welchem  dies  Exemplar,  das 
keine  Inschrift  trägt,  zieiniicli  genau  übereinstimmt.  Ks  ist 
aus  demselben  Material  und  in  äbnliclier  Weise  gearbeitet; 
auch  die  Masse  sind  dieselben:  L.  l,??".  Br.  0,59,  H,Ü,50; 
die  Platte  ist  in  ihrer  ganzen  Lange  erhalten.  An  der  Ober- 


Fio.  3 


*  Bs  wird  hier  *AfxwOisoc  gelesen ;  der  driiilcizto  Biicbstabe  hat  aber  kei- 
nen Qnentrieh.  Zu  'ApsteXlo«  vgl.  i.  B.  TtXtfaiX^c. 


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4 


fläche  befinden  sich  ausser  den  flachen  Furchen,  die  mit  Nr. 
1  übereinstimmen,  auch  eingeritzte  dünne  Striche,  die  sich 


Fig.  4 


dadurch  wol  als  spaterer  Zusatz  kuiidj^eben.  dass  sie  in  Nr.  1 
fehlen;  jedenfalls  dürflen  die  in  der  Niihe  des  Handes  befind- 
liehen kurzen  Striche  so  aufzufassen  sein.  Das  eine  Ende  des 
Unterteils  des  Tisches  ist  nur  rauh  bearbeitet. 

3.  Jetzt  ausserhalb  des  Museums  aufgestellt.  Roter  Kalk- 
Stein.  Nur  teilweise  erhalten  ;  0,78*°  1..  0,48  br.,  0,51  h.  An 


Fia.  6 


der  abgebildeten  Schmalseite  steht  die  in  das  4.  Jahrhundert 
gehörende  Inschrift: 


E  p  r  I  A  o  s: 

AOAYMAHTO 
A  H  E  O  E  H 


'A6ao{X9ivTo[(] 


*  Der  erstgenaonteDedikant  dürfte  wegen  derzeiUicben  Übereinstimmung 
and  der  Seltenbeit  de»  Namens  mit  dem  Vater  des  dflert  Torkommenden 


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SP10AUR18CHB  WBIUCSSCUBNKB 


5 


An  der  einen  Langseite  ist  der  Stein  unter  der  Tiaehplatte 
stemlich  sorgfSUtig  weggearbeitet,  an  der  anderen  mehr  rauh 
gelassen.  OI>en  auf  der  Platte  befinden  sieh  links  flache  Fur- 
chen, dann  folgen  dQnne  Striche ;  der  rechte  Teil  fehlt  ganz, 
ist  aber,  nach  Ausweis  der  beiden  Stücke  Nr.  1-2,  wie  der 
linke  lu  ergänzen. 

4.  Neben  Nr.  3  aufgestellt.  Roter  Kalkstein.  Höhe  0,45. 
Der  Unterteil  ist  gut  erhalten  ,  die  Platte  aber  rings  abge- 
schlagen ;  ihre  obere  Fläche  ist  so  übel  mitgenommen,  dass 


Fie.  7  Fie.  8 


ich  die  Furchen  zwar  sehen,  aber  ihre  genaue  Form  nicht 
feststellen  konnte.  Die  schematische  Fig.  8  zci^t  das  Verhält- 
niss  des  unteren  Teils  zur  Platte ;  die  punktirte  Linie  giebt 
ungefähr  den  ursprünglichen  Umfang  der  letzteren  an.  Das 
Stück  trägt  keine  Inschrift. 

Nr.  1-4  geben  in  Stein  Hoiztiscbe  verschiedener  Form 
wieder,  und  zwar  Nr.  1-2  einen  yierbeinigen,  Nr.  3-4  einen 
dreibeinigen  Tisch.  In  Bezug  auf  die  letztgenannten  mag  auf 
Blümners  Untersuchungen  ^  die  hierdurch  eine  neue  Bestäti- 
gung erhalten,  verwiesen  werden.  Die  ObereinsUmmung  der 
Hdhenmasse  (Nr.  1:  0.50;  Nr.  2:  0.50;  Nr.  3:  0,51 ;  Nr.  4: 
0,    j  macht  es  wahrscheinlich,dass  wir  es  hier  nicht  mit  ver- 


'ApbTapyo;  E.^fiXou  (nicht  EpYivou)  identisch  sein.  S.  Nordisk  tidsikriß  for 
filologi,  Ny  ra$kk»,  X  8.  ?66:  3  mkkt,  III  8. 167, 91 ;  Kav?adiu,  FfntÜUi 
ifipidaure  Nr.  110;  vgl.  unten  8.  22  Anm.  2.  Fouilla  d'tpidaure  Nr.  56. 

<  Archäologische  Zcilunp  l«84  179-  192.  285-2S6.  1885  ö.  287-290. 
Baumeisters  Denkmäler  Iii  Ö.  1317-19. 


6 


CHR.  BLINKBNBERß 


kleioerton  Nachahmungen,  sondern  mit  GegenetiUiden  natttr« 
lieber  Grösse  za  thun  haben;  denn  sonst  würden  die  steinernen 
Nachbildungen,  die  Yon  Yerschiedenen  Personen  herrühren, 
doch  wol  grössere  Verschiedenheit  aufweisen.  Es  waren  eben, 
wie  sich  herausstellen  wird,  Tische,  die  wirklich  gebraucht 
werden  sollten.  Dass  sie  aus  Stein  statt  aus  Holz  gemacht 
werden,  findet  durch  die  Aufstellung  unter  freiem  Himmel 
genügende  Rrklärung.  Den  modernen  Tischen  an  Grösse  weit 
nachstehend,  stimmen  sie  mit  den  antiken,  wie  diese  uns  durch 
Vasenbilder  bekannt  sind,  so  ziemlich  überein. 

Wozu  sie  bestimmt  waren,  ergiebt  sich  aus  der  nälioren 
Betrachtung  der  Vorriohtungon  .Tuf  der  Oberfläche.  Dass  die 
bei  allen  vier  Stücken  wiederkolircnd^n  eingearbeiteten  Fur- 
clien  nicht  nachtriiglich  gemaciit  sind,  ersieht  man  bei  Nr.  1 
schon  daraus,  dass  die  Inschriften  darauf  Bezug  nehmen.  In 
der  Krkläriing  miiss  von  dieser  Vorrichtung,  die  also  mit  der 
Bestimniiini:  dor  Tische  zusammenhängt,  ausgegangen  wer- 
den. Es  lässt  sich  meines  (llrachtens  nur  entweder  an  Ueclien- 
oder  an  Spieltische  denken,  und  zwar  fällt  die  erstere  Mög- 
lichkeit weg,  wenn  man  in  Betracht  zieht,  dass  die  erhalte- 
nen Bzemplare  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nur  einen  Teil 
der  einst  vorhandenen  darstellen ;  es  wäre  nicht  einzusehen, 
wozu  eine  grössere  Zahl  von  Rechenbrettern  gedient  haben 
sollten*.  Das  Hieron  war  Ja  kein  mathematisches  Institut.  Da- 
gegen ist  eine  Mehrheit  von  Spieltischen  an  einer  von  vielen 
massigen  Leuten  besuchten  Stelle  sehr  wol  verständlich.  Dass 
die  Heiligkeit  des  Orts  nach  'griechischen  Vorstellungen  durch 
das  Spielen  nicht  gefährdet  wurde,  braucht  nicht  des  näheren 
ausgeführt  zu  werden 

*  Es  ist  ausserdem  noch  zu  Itpinerkea»  daw  du  ReobenbreU,  wie  wir  es 
au-i  (lein  salaminisclicn  Exemplar  kennen,  anders  ffcstallet  war  (Ranpabö, 
Anlii^uiles  hell^niques  U  T.if.  10;  vjrl.  Paiily -Wissowa,  Realencyclitpädio, 
und  l)arcinberg>Saglio,  Dirlionnaire  unler  abacus.  Arch.  Anzeiger  lö^U  8. 
144,  61.  Arcb.-epigr.  MittheiluDgea  XX  S.  91,  S4  ( Wilhelm  J. 

*  Ausserdem  kaDo  auf  die  beliannte  Nachricht  vom  Heiligtum  der  Athena 
^kiras  (s.  Preller-Robert,  Griechisehe  Mythologie  I  8.  205)  verwiesen  wer- 
den. 


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IPfDAÜRISCHB  WBIHftBSGHBNU 


1 


Wir  brauchen  aber  nicht  dabei  stehen  zu  bleiben.  Die  lit- 
terarische und  monumentale  Überlieferung  giebt  uns  die  Mittel, 
den  Namen  und  die  ungefähre  Art  des  Spiels  zu  bestimmen. 
Den  eben  beschriebenen  Spiellischen  darf  man  nümlich  zwei« 
fellos  den  in  dem  gleich  anzuführenden  Vers  enthaltenen  Na- 
men -Ktank  icevTj'ypaajji*  beilegen.  Die][ hervorstechende  Eigen- 
tümlichkeit der  Vorrichtung  sind  eben  die  an  beiden  Enden 
der  Tischplatten  wiederkehrenden  Systeme  von  je  fünf  Kur- 
chen, eins  für  jeden  Spieler.  Sie  stimmen  mit  der  bei  Pollux 
(9,97)  erhaltenen  Nachricht  sehr  genau  Oberein:  ivul^S) 

tud         «ivTi'YP«(iii.a  lud  xu€ttv  ßoXoct. 
tAv     reitrt  tAv  l>c«Tlp«»6iv  •^px^itGi'i  ae<m  tic  ^  ispöi  ypau^xYi' 
iut\  6  TÖv  IxilOiv  xtv4&v  mrrov  ImUt  ivapot(xtav  c  xtvil  tqv     *  U- 
pä(».  Es  sind  hiermit  die  Worte  bei  Bustathios  zur  Odyssee 

1, 107  (p.  1397,  "28)  zu  vergleichen:  tow?  Sl  wiffffoO;  Xeyei  (6  tk 

•jtipi 'EX>y,vi)tf,;  TcatSia;  ypzt|/a;  ^)  'lyi-po-j?  «ivat  :tevT6,  (xU  iffi  Trevte 
ypÄfXjAcöv  txatJ^ov  ixaTepwOev  ,  Iva  £>taaTo;  tojv  TrgTTeuovTwv  eyy)  tocj 

xx8'  iauTÖv  TrapsTsivETO      (p^TJ'.       xÜtwv  /.ai  ae<TY)  ypxpiuiYi, 

t)v  Upiv  u)vö|/.x2[ov  o)i;  ivdjTtpw  (^yjXo'^xai,  tTTfi  6  v'y,ti)L»,5voi;  ^tt'  S'J'J^«- 
TYiv  aÜTY)v  lETai.  oOev  Kxl  xapolu.ia,  JtivEiv  Tov  äo'  iepx?,  Xiöov  Sn- 
XxSr;,  £7Ct  Twv  iTrsyvwTaevajv  /.ai  e-j/ztt;;  äor/jsia;  Ssoae'vwv.  Die 
hieraus  zu  entnehuieiido  IkscluTibung  ist  im  Grunde  so  deut- 
lich, dass  man  die  Form  der  Spielbretter,  wie  sie  uns  jetzt 
bekannt  ist,  in  der  Hauptsache  hätte  construircn  können.  Es 
waren  an  beiden  Enden  je  fünf  Linien,  auf  welchen  die  fUnf 
Steine  der  beiden  Spieler  gesondert  aufgestellt  waren  ,  die 
mittlere  hiess  Up«  ypajAfAV}  ^ ;  der  dort  aufgestellte  Stein  hatte 
eine  besondere  Bedeutung  und  wurde  nur  im  Notfall  gesogen. 


*  Im  NadffXio«  nupxMic,  Fragm.  402  Wagner,  396  Nauek. 

*  Kaum  Polemon,  wie  Wcickcr  vermulele  (Griccli.  Tragödien  I  8.  132). 
'  Vgl.  nocli  Eustalliios  zur  Odyssee  I,  107  (p.  13'Jtj,61):  ir,\  nhts  ypa\kaaXi 

ti«  ({"Ifo"«  t'iöovv,  (Tjv  t)  (liaTj  itpa  ExaXiiTo;  Schul.  Plat.  Leg.  VII  p.  820  ü: 
ix»  («'X'?)  "'^'^  TP'=^i^i^°'{>  h  v^i^n  Tf'^i^i^'i  ixfltXtfTo;  Scbol.  Tbeocrit. 
VI,  18  (ii«i|V  TtMdMw  ol  iBtUCovTi«      ov     o^x  &navT<u  ktX. 


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8 


CHR.  BLJMKBNBBII0 


Auf  den  Spieltischen  Nr.  1-2  scheinen  die  zwei  ersten  Striche 
jetlorseits  durch  ein  Kreuz  verljiind»ni  zu  sein  ;  ich  konnte  aber 
darüber  bei  meinern  lU^siiche  im  llieron  ina  Frühling  1896  zu 
keiner  sicheren  Entscheidung^  kommen. 

Das  ' Fiinfslrich  *  wird  von  Hermann  -  ßiümner  (Griech. 
Privalaltertumer  S,  511,  wo  weitere  litterarische  Zeugnisse 
angeführt  sind)  mit  Recht  unter  denjenigen  Spielen  aufgeführt, 
l>ei  denen  es  sowoi  aut  Glück  als  auf  Berechnung  ankam,  in- 
dem das  Ziehen  der  Steine  zum  Teil  von  dem  Falle  der  drei 
Würfel  abhing.  Die  Spieltische  waren  deshalb  mit  einer  nie- 
drigen Randerhöhung  versehen,  damit  die  Würfel  nicht  auf 
die  Erde  fielen. 

Dieselbe  Verbindung  von  Würfeln  und  Brettsteinen  bietet 
ein  meines  Wissens  einzigartiges  Denkmal  in  der  kopenha- 
gener Antikensammlung  K  Bs  ist  die  thöneme  Nachahmung 
eines  Spieltisches, In  Athen  erworben,  0,37 1. ,  0, 1 S  br.  0, 1 4  h. , 
in  der  Art  der  korinthischen  Vasenmalerei  mit  Vögeln  und 
Rosetten  dekorirt.  DieOberQäche,die  hier  nach  Ussings  (s.  un- 
ten Anm.  1 )  Abbildung  verkleinert  wiedergegeben  wird,  weist 


Fke.  9 


neun  Querstriche  auf,  die  zweifellos  alle  ursprünglich  an  bei- 
den Enden  mit  ovalen  Steinen  besetzt  waren;  jetzt  fehlen  drei. 
Zwei  Würfel  sind  erhalten ;  in  der  Mitte  sieht  man  noch  die 


'  Von  I.  L.  Ussing  veröffentlicht  ia  der  Abhandlung  !fye  Brhvervelser  til 
AnUksamlingen  i  l^öbenhavn  ( Vid»mkabern»s  Selskabs  Skrißer,  5  raekke,  ö 
Bd.UI,  1884  )  8.  3-b.Taf.  I. 


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■nD4DBIICU  WSIHflBSGHBMEl 


9 


Spur  des  dritten,  der  wie  die  zwei  anderen  sechs  Augen  auf- 
gewiesen haben  wird.  Wir  haben  somit  eine  Darstellung  des 
gewonnenen  Spiels;  alle  Striche  sind  in  Folge  des  glücklich- 
sten Wurfs'  voll  besetzt.  Das  Stück  rnuss  entweder  als  Tenti- 
pelanathem  oder  als  Tolenbeigabe  aufgefasst  werden  ;  für  bei- 
des liessen  sich  genügende  Analogien  beibringen.  Man  könnte 
versucht  sein, das  thonerne  Tischchen  in  ganz  nahe  Verbindung 
mit  den  epidaut  ischen  zu  setzen  durch  die  Annahme,  das  aus 
Versehen  9  statt  10  Striche  darauf  gezeichnet  worden  seien; 
die  Arbeit  ist  auch  in  anderer  Beziehung  ungenau,  indem  die 
Summe  der  Augen  auf  den  gegenüber  stehenden  Seiten  der 
Würfel  nicht  sieben  ist,  wie  es  im  Altertum  die  Hegel  war 
(Eustalhios  zur  llias  XXIII, 88)  Doch  steht  dieser  Annahme  die 
grosse  Zahl  der  Spielsteine  entgegen ;  der  litterarischen  Über- 
lieferung nach  halteo  die  beiden  Spieler  beim  'Füofslrich* 
nur  je  fünf  Steine. 

Dagegen  ist  meiner  Ansicht  nach  eben  das  Spiel  iT^i  revTi 
ypaupiöv  in  einer  anderen  Klasse  von  Denkmälern  dargestellt, 
Dämlich  in  den  bekannten  Vasenbildern ,  die  zwei  Hopliten 
einander  gegenüber  sitzend  zeigen  ^.  Auf  die  mannigfachen  Va- 
riationen kann  ich  hier  nicht  eingebeil ;  es  soll  nur  hervor- 
gehoben werden ,  dass  die  aas  den  sorgfältigst  ausgeführten 
Exemplaren  des  Haupttypus  lu  entnehmenden  Einzelheiten  mit 
dem  Auseinandergesetzten  genau  übereinstimmen.  Aut  der  be- 
kannten Amphora  des  Exekias  [Monumenti  deW  inst.  II  Taf. 
22;  Wiener  Vorlegeblätter  1888  Taf.  6,  2)  sitzen  die  Krieger 
auf  vierseitigen  Blöcken  ;  in  der  Mitte  steht  ein  etwas  grösserer 
Block, der  den  epidaurischen  Steintischea  recht  ähnlich  ist  und 
ihnen  in  der  Grösse  entsprieht.  Die  Bewegung  der  Hände  kann 
Dicht  oiissverstanden  werden :  die  Krieger  sind  im  Begriff  ei- 
nen Zug  mit  den  (nicht  dargeslelilen)  Spielsteinen  sa  machen. 


<  8.  Heiiiiann<Blüiiuier,  Griocb.  Prlvatsltertamer  8.  513  Anm.  8,  beson- 
ders die  Stelle  aus  Diogenian  5.  4:     utv  tpU  tf  t)]v  xavtiXi)  vfaH|vSitXoT,  und 
Eustatbios  zur  Odyssee  I,  1U7:  icapoi|ifa  iititOv  |m)Uv  tui  |ilo«9 
TO  4  rpic     ^  Tpttc  xw6oui  ( =  xpitf  piovaSat ). 

»  Wfloker,  Alte  Deukmiler  III  8. 1 


10  cm.  BLimBNBBRO 

Die  beigefügten  Inschriflen  AyAeo^ — naapa,  AiavTo; — rpta  be- 
ziehen sich  aber,  wie  das  Neutrum  *  zeigt,  und  wie  Welcker 
und  Ussing  es  richtig  ausgesprochen  haben,  nicht  auf  die 
Steine  (xeTToi,  t^ii^oi    sondern  auf  die  Augen  der  Würfel. 
Das  Spiel  wurde  also  sowol  mit  Würfeln  als  nnit  Steinen  ge- 
spielt. In  anderen  Vasen hiidern  desselben  Typus  ist  ein  Ver- 
such genaacbt  die  Spielsteine  zur  Darstellung  zu  bringen,  in- 
dem sie  auf  dem  Rande  des  im  Profil  gesehenen  Spieltisches 
gemalt  sind  und  zwar  gewöhnlich  weiss  und  schwarz  ab- 
wechselnd. Die  Zahl  der  zum  Vorsehein  kommenden  Steine 
ist  verechieden ,  was  aus  der  gewöhnlichen  UngenauigkeU 
in  nebensächlichen  Dingen  zu  erklären  ist;  in  einigen  Fällen 
aber  sind  sicher  10  Steine  da,  d.  h.  eben  die  für  das  *Pünf- 
strich  *  bezeugte  Zahl,  so  Heydemann,  Vasensammlungen  zu 
Neapel  Nr.  ?460,  Monumenti  delV  inst.  1  Taf.  26,2.  Furt- 
wängler,  Vasensammlung  zu  herlin  Nr,  1870. 

Es  geht  aus  dem  Gesagten  hervor,  dass  ich  die  Bemerkun- 
gen, die  Furtwängler  an  die  Abbildung  des  jüngsten  Exem- 
plars der  besprochenen  Üarslellunii  kniipft  (Arcli.  Anzeiger 
1892  S.  102  f.),  nicht  als  richtit;  anerkennen  kann.  Er  nimmt 
die  welckersche  Deutung  auf  (Alte  Denkmäler  III  S.  6  ff.) :  'es 
sind  zwei  Helden  gedacht,  die  vor  dem  Kample  durch  Wür- 
feln ihr  Schicksal  zu  erfahren  suchen;  als  Güttin  des  Schlach- 
tengeschicks ist  Athena  gegenwärtig,  die  auf  unserem  Bilde 
80  deutlich  dem  Einen  den  Sieg  verleibt';  sie  trägt  nämlich 
auf  der  Rechten  eine  Nike,  die  den  jüngeren  der  Helden  krän- 
zen zu  wollen  scheint.  Wie  man  sich  diesen  Vorgang  denkt, 
ist  mir  unklar.  Dass  zwei  feindliche  Krieger  (etwa  ein  Tro- 
janer und  ein  Grieche)  nicht  in  dieser  Weise  vor  dem  Kampfe 
beisammen  oltsen  können  um  ihr  Schicksal  zu  erforschen,  ist 
klar.  Und  wenn  es  zwei  Krieger  ein  und  desselben  Heeres 
sind,  was  heisst  es  dann,  dass  Athena  dem  Einen  den  Sieg 
verleiht?  Das  ist  doch  wol  der  poetisch* malerische  Ausdruck 


<  Vgl  den  Vers  des  Euripides  ( Wagne  r  Nr.  692,  Nauck  Nr.  888  ß46Xi)»' 


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BnOADBIBGBB  WBIHmiGBBIIKB  it 

dafür,  dass  der  Eine  gewinnt,  der  Andere  verliert.  Der  Sieg, 
den  die  Gottheit  dem  Kinen  verleiht,  ist  also  niclit  der  im 
blutigen  Kampf.  Wir  dürfen  somit  aucli  dies  Vasenbild  zu  den 
Darstelluni;en  des  Spiels  rechnen,  und  zwar  ist  wahrscheinlich 
eben  das  Spiel  i7:l  Tzhzt  yp7.aaüi  gemeint.  Denn  auf  dem  Stein- 
block in  der  Mitte  sind  bei  dem  Helden  links  vier,  bei  dem 
rechts  sitzenden  fünf  schwarze  Punkte  gemalt;  dass  links  nur 
vier  sichtbar  sind,  würde  vielleicht,  wenn  nicht  Flüchtigkeit 
der  Zeichnung  daran  Schuld  ist,  durch  die  uns  unbekannten 
Vorgänge  des  Spiels  genügende  Erklärung  finden.  Es  wäre 
wol  möglich,  dass  der  Spieler  eben  einen  Stein  aufgehoben  hat 
um  ihn  zu  versetzen,  was  auch  sonst  vorkommt;  doch  scheint, 
nach  gütiger  Mitteilung  von  Dr.  Erich  Pernice,  die  Hand  des 
Spielers  nichts  zu  halten. 

Alhena  kommt  in  den  besprochenen  Vasenbildern  sehr 
häufig  vor.  Es  wird  dadurch  die  Scene  dem  alltäglichen  Leben 
entrückt;  die  Krieger  sind  nicht  gewöhnliche  Soldaten,  die  sich 
im  Lager  die  Zeit  durch  ein  Spiei  vertreiben,  sondern  sie  ge- 
hören in  die  Heroenweit.  So  wie  hier  erscheint  Athena  doch 
Dar  im  Epo8.  Dass  wirklich  im  Epos  brettspielende  Krie» 
ger  vorkamen,  darauf  führen  auch  andere  Zeugnisse.  Nach 
Polemon  zeigte  man  in  der  Troas  den  Stein,  auf  welchem  die 
Griechen  im  Lager  spielten  (Eustathios  zur  llias  II,  308  p. 
528,  1  ff.  =  Preller,  Polemonis  fragm.  3  J).  In  Argos  wurde 
erzählt,  dass  Palamedes  die  von  ihm  erfundenen  xu€oi  im 
Tempel  der  Tyche  geweiht  hatte  (Pausanias  2,  20, 3,  vgl.  Eu- 
stathios, Od.  1,  107);  diese  Erfindung  wurde  aber  nach  So- 
phokles im  Lager  vorTroja  gemacht  (Eustathios,  lUas  II,  308 
s  Sophokles  Fragm .  451  Wagner,  438Nauck).  Bsgiebt  also 
ausser  der  Tragödie  und  den  bildlichen  Darstellungen  min* 
desteps  zwei  Überlieferangen,  die  sich  auf  die  troische  Sage, 
d.  h.  auf  das  Epos,  beziehen  ^  Wenn  das  Bpos  eine  Spiel- 
scene  enthielt,  wird  das  Vorkommen  brettspielender  Heroen 


*  Auch  die  Freier  auf  ithaka  spiellcu  Ja  mit  neaaot  (a  i07).  Dass  die  vun 
Apion  (AtbenaiM  1, 16f,  von  Eastalhiof  p.  1436, 10  siu^esohrielieii)  mit« 


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CHK.  BU1IKBNBBR0  * 


im  Drama'  und  im  polygnotischen  Gemälde  ^  besser  verstand - 
lieh.  Es  wird  ferner  nicht  als  Zufall  zu  betrachten  sein,  dass 
diejenigen  Vasenbüder,  in  welchen  die  Scene  durch  Beischriften 
erläutert  ist,  übereinstimmend  die  Namen  Achilleus  und  A  ias 
darbieten  '■^i  diese  dürften  ebenso  wie  die  Gegenwart  der  Athena 
für  das  Epos  Yorauszusetzen  sein. 

Durch  die  vorstehende  Untersuchung  ist,  so  viel  ich  sehe, 
die  Bestimmung  der  epidaarischen  Steintische  genQgend  ge- 
sichert. Das«  es  Spieltische  waren,  stellte  sich  schon  aus  der 
unmittelbaren  Anschauung  als  wahrscheinlich  heraus.  Die  Vor- 
richtungen an  der  Oberfläche  zeigten  sich  mit  einem  thöner- 
nen  Tischchen,  das  wegen  des  Vorhandenseins  der  Würfel 
zweifellos  einen  Spieltisch  darstellt,  im  Wesentlichen  überein- 
stimmend. Es  ergab  sich,  dass  die  litterarische  Überlieferung 
über  das  Spiel  M  ipivti  Ypa{i|i.(5v  genau  su  den  Steintischen 
passt.  Endlich  fanden  sich  ähnliche  Objekte  dargestellt  in  ei- 
ner Reihe  von  VasenbÜdern.  die  aller  Wahrscheiniichiceit  nach 
sich  auf  dasselbe  Spiel  beziehen.  Es  kann  deshalb  eine  Ei- 
gentümlichkeit, die  sich  auf  einem  der  epidaurisclien  Tische 
findet,  und  die  lieim  ersten  Blick  eher  für  ein  Rechenbreit  als 
für  ein  Spiel  passend  scheint,  an  dem  Ergebniss  der  Unter- 
suchung nichts  ändern. 

Ich  meine  die  schon  oben  S.  3  wiedergegebeue  lüschriti 

M    X    H    —   O  I 
Wegen  der  Abnutzung  der  Oberfläche  sind  die  Zeichen  zwar 


geteilte  Nachricht  über  das  ithakesiscbe  Penelope-  Spiel  tu  dem  homeri- 

scben  ijaevoi  iv  pivotai  ßoöv  nicht  passt,  scheint  klar. 

*  Euripides,  Fra^iu.  692  Waguer,  88ä  Nauck.  Iphigeuia  in  Aulis  193  IT. 
( Palemedes  nod  Protesilaos ). 

*  Paiuanias  10,  31,  t  <  Palamedes  uod  Thersiles). 

'  Amphorn  des  Exekias  (obeuS.  9);  Catalugue  of  vases  in  the  Brilith 
Museum  II,  B  211  ;  Jahn,  Vasensammliing  zu  München  Nr.  Bc-? ;  schwarz- 
ügurige  Lekythos  in  boslon  Arcb.  Anzeiger  18%  S.  9Ö,  vgl.  das  Fragment 
einer  rotü^uri^en  Schale  bei  Hartwig,  Qneob>  Meisterscbalen  8«  277  Fi^.  39. 


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feMDAmuscin  WBifidBscBBmut 


IS 


nicht  alle  sehr  deotlieh ,  ich  babe  sie  aber  bei  wiederholter 

Untersuchung  in  günstiger  Beleuchtung  alle  sicher  festgestellt. 
Sie  waren  schön  eingemeisselt,  nicht  leicht  eingeritzt.  Die  For- 
men können  mit  der  Weihinschrift  gleichalterig  sein.  Daraus, 
dass  die  Fünferzeichen  fehlen  (vgl.  Keil,  Athen.  Mitth.  1895  S. 
61  (f.),  darf  hier  nichts  über  das  Alter  gefoljjerl  werden;  es 
ist  eben  keine  vollstämlige  Zaiilenreihe.  M  X  H  sind  alljrpmein 
bekannt;  —  ist  in  den  epidaurischen  Bauurkunden  das  Zeichen 
für  lO  Drachmen,  I  für  einen  Obol.  Aus  der  Stellung  ergiebt 
sich,  dass  O  eine  Drachme  bedeutet;  das  Drachmenzeichen  in 
den  Bauurkunden  ist  ein  Punkt,  im  Grunde  wol  dasselbe 
Zeichen  *.  Wegen  der  zwei  Einerzeichen  muse  die  Reihe  Wert- 
angaben, nicht  'reine  Zahlen  '  (vgl.  Keil,  a.  a.  O.  S.  64) 
darstellen. 

Die  Zeichen  scheinen  nun  zunächst  für  ein  Rechenbrett  am 
besten  sa  passen ;  diese  Möglichkeit  soll  auch  nicht  vollständig 
in  Abrede  gestellt  werden.  Gegen  eine  solche  Auffassung 
q>richt  aber,  dasa  die  Zahlenreihe  nicht  volbtändig  war.  Daa 
Publicum,das  sich  im  Hieron  aufhielt,  bitte  bei  seinen  Abrech- 
nungen gewiss  das  Zeichen  des  Ghalkus  mehr  gebraucht  als 
das  Zeichen  fElr  10000  Drachmen.  Ich  gebe  deshalb  einer  an- 
deren Erklärung,  die  mit  der  erwiesenen  Bestimmung  der 
Steinttsche  besser  Im  Einklang  steht,  den  Vonug.  Es  sind 
•eebs  Zahlen  da,  und  sechs  sind  die  Seiten  des  Würfels.  Beim 
ir>tteTo€o>{v^  konnte  den  verschiedenen  Würfen  ein  beliebiger 
Wert  gegeben  werden  (Pollux  9,95  f. Eustathios, zur  I lias  XXIII, 
88)^.  Das  Spiel  musste  um  so  spannender  werden  je  grös- 
ser der  Unterschied  zwischen  dem  besten  und  dem  schlech- 
testen Wurf  war.  Die  grossen  Summen,  die  dabei  herauska- 
men, könnten  ja  imaginär  sein  oder  nachher  dividirt  worden 
sein.  Das  hier  Gesagte  erhält  eine  Illustration  und  die  üezie- 


*  Das  O  auf  der  DareiosTaae  (Uejdemaaa,  Vasensammlungea  zu  Neapel 
Nr.  3253)  wird  iw  Utting  e.  «.  O.  «U  DraduDensaichen  «nfeeCust,  doeb 
fieUflielit  nit  UmeehL 

s  Hermaaa  -  BlfiaiiMr,  PrirataltertAmer  8.  513, 


14  CUR.  BUNK£NBERd 

bang  der  erwähnten  ZablzeicheD  auf  das  WarfeUpiel  eine  Be* 
statigung  durch  einen  grieehischen  Warfei  aus  Terrakotta, 
dessen  Seiten  nicht  wie  gewöhnlich  mit  einem  bis  sechs  Au- 
gen, sondern  in  nachstehender  Weise  mit  Zahlen  beielohnet 
sind*. 


r 

r 

FiO.  lU 


Es  bleibt  noch  zu  untersuchen,  Ton  welchen  Leuten  die 
hier  besprochenen  eigenartigen  Weihgeschenke  gestiftet  sind. 
Diese  Frage  wird  aber  besser  im  folgenden  Abschnitt  mit  Zu« 
Ziehung  weiteren  Materials  behandelt  werden. 

11 

Im  Hieron  ist  eine  nicht  geringe  Anzahl  steinerner  Trdge 
und  Becicen  gefunden  worden.  Einige  haben  die  Expedition 
deMor^e  II  Taf.  34  Fig.  4  (Lykaion)  abgebildete  Form 
und  werden  zum  Tranken  für  die  Reittiere  der  Einkehrenden, 
fttr  die  heiligen  Hunde  u.  s.  w.  gedient  haben. 

Mehr  Aufmerksamkeit  verdient,  schon  wegen  der  Weihin« 


*  In  der  Kopenhagener  Anlikensararalung,18i6  in  Athen  erworben.  Länge 
der  Seilen  0,045.  Die  Zeichen  sind  sehr  tief  ( l>is  0,008)  eingegraben;  der 
Würfel  war  also  wahrscheinlich  niobl  elwa  als  Votivstück  oder  Toleubei- 
gäbe  gemacht,  sondera  trots  des  Materiab  nun  wirUiehen  Gebrauch  be- 
stimmt. Auf  der  AkropolU  sind  drei  thSneme  Würfel,  0,03-0,04  gross  ge- 
funden worden.  Ein  noch  viel  grösserer  Würfel  aus  gebranntem  Thon,  in 
Yecbten  gefunden,  wird  Bonner  Jahrbücher  9  8.  31  erwähnt. 


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BPlOAtmiBGHB  WBinaBSCHBMKB 


16 


Schriften,  die  Fig.  11  abgebildete  Form  von  Wasserbecken. 


Es  war  ursprQnglich  eine  grosse  Anzahl  davon  vorhanden ; 
im  Folgenden  kann  ich,  ohne  Vollständigkeit  beanspruchen  zu 
dürfen,  18  Exemplare*  anführen.  Die  Form  ist  durchgehend 
dieselbe:  ein  flaches,  rundes  Becken  von  einem  meistens  nach 
oben  sich  etwas  verjüngenden,  Cylinder  getragen,  das  Ganze 
aus  einem  Block  einheimischen  Kalksteins  gefertigt^.  In  der 
Grösse  weichen  die  verschiedenen  Exemplare  nur  wenige  Cen- 
timeter von  einander  ab;  es  genügt  deshalb  die  Dimensionen 
des  abgebildeten  Stückes  aniog^ben:  Gesamtböhe  0,73,  Durch- 
messer des  Beckens  0,73". 

Wegen  dor  angeführten  Ühereinstimmungen  ,  wozu  noch 
hinzukommt,  dass  die  Becken  alle  etwa  dem  4.  Jalirhundert 
vor  Chr.  angehören  und  grösfitenleils  unter  denselben  Ver- 


<  S.  17-23,  Nr.  !-12imd  14-19. 

*  Eine  Attsnabme  bildet  nur  Nr.  13  (unten  8. 19 ).  Nr.  12  (von  gewShn- 

licherForni)  war  aus  zwei  Stücken  zusamraengesetit;  nur  das  cylinder- 
förmigc  Unterteil  ist  erhalten,  an  dessen  oberer  Kläche  sich  drei  Dübel- 
löchcr  zur  Befestigung  des  gesondert  gearbeiteten  Beckens  ßndcn.  Bei  den 
meisten  Exemplaren  sind  die  Runder  des  Beckens  abgescblagen ,  was  zur 
Verkennung  der  Form  geführt  hat;  vgl.  FbuiUu  d^fyidaun  Nr.  103.  *Bfi|- 


Fig.  11 


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bältnissen  gestiftet  sind,  werden  sie  alle  demselben  Zweck  ge- 
dient haben.  Man  wQrde  sie  wol  zunäcbst.  weil  sie  in  einem 
Heiligtum  standen ,  als  Weibwasserbecken  aufTassen.  Diese 
Erklärung  lässt  sich  aber  angesichts  der  grossen  Zahl  der  er- 
haltenen Exemplare  nicht  aufrecht  halten.  Auch  für  die  Yon 
Asklepios  im  Traume  gebotenen  Abwaschungen  können  sie 
nicht  bestimmt  gewesen  sein,  denn  diese  sollten  iiz'n  tä;  xpzvx; 
geschehen  {Fouilles  d'6pi(laure  Nr.  1,  Z.  6  und  63).  Es 
bleibt  somit  nur  übrig,  sie  als  gewöhnliche  Waschbecken  zu 
erklären,  zum  Gebrauch  des  im  Hieron  sich  aufhallenden  Pu- 
blicum». Dafür  passt  auch  sehr  gut  die  solide,  etwas  plumpe 
Form,  die  bei  iieiligen  Geräten  weniger  verstandlich  wärt' 

Die  erwähnten  \Va>sei  b»'(-ken  sind  mit  einem  üenüüend  be- 
kannten  Gerät  vergleichbar,  das  in  sehr  vielen  \'asenbildcrn 
mit  Toileltenscenen '  vorkommt.  Es  scheint  durch  die  \'er- 
bindung  zweier  ursprünglich  getrennter  Teile  entstanden  zu 
sein:  eines  flachen,  wol  metallenen  In  ckens  und  eines  säulen- 
arligen  Uniersatzes.  Das  Becken  lose  aufgesetzt  kommt  z.  B, 
Jilite  ce'ramographiqueW Tdi^.  15  (=Blümner, Kunstgewerbe 
II  S.  127)  vor^;  der  Untersatz  hat  z.  B.  auf  der  strengen  rot- 
figurigen  Schale  Gerhard  A.  V.  Taf.  'l'i,  5  noch  die  Form 
einer  ionischen  Säule  Nachdem  die  Verbindung  der  beiden 
Elemente  eingetreten  ist,  wird  das  Gerät  allmählich  einheit- 
licher und  harmonischer  geformt,  indem  der  Untersatz  sich 
nach  unten  mehr  erbreitert^.  Die  Vasenbilder  seigen  das 


<  Viele  Beispiele  Ton  Btepiiani,  CompU-nnäu  pour  1665  8.93  angeflQlirt; 

Tgl.  Hartwig,  Gricch.  Meisterscbalen  8.  599. 

'  VkI-  flif  Iliiipersis  des  Polygnolos,  Paus.  10,  26,  9:  cytf?;«  AaoStx») 
tnoatiTr,;  Tt  Xi'Oou  xai  XouTiipidv  tottv  £?:i  tw  unosteiTT, /aXxoüv.  Di»'  früher  Öfters 
(z.  B.  Viscunli,  Mtueo  Pio-Clemenliiw  II  T&f.  2)  als  Danaidt;  aufgefasste 
Btatue  siellt  ein  HAdelien  dar,  das  ein  Wasserlteolcen  auf  einem  UnteraaU 
surecllt  Rtellt  um  sich  zu  waschen.  Die  häufige  Verwendung  dieses  Motivs 
IBr Brunnenfiguren  hat  Ildliig  (Sammlungen  in  Rom  I  8.  l'ÜS)  beleuchtet. 

•  Diese  in  den  jüngeren  Vasenbildern  (z.  B.  EUle  ctramographique  i  V  Taf. 
76  und  78)  selir  bäuüg  vorlioniinende  Form  ist  durcii  die  unten  angefülirle 
Hr.  13  fertreten. 


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EPIDAUHISCME  WEIHGESCMENKB 


17 


Beeken  sowol  im  Preieo  *  als  im  geaebloiaeDeD  Raame  aufge- 
stelU,  TOD  Minneni  und  Frauen,  tum  Waschen  der  Hände  und 
zum  Abwaschen  des  ganzen  Körpers  benutzt.  BIflmner*  yer» 
gleicht  es  zutreffend  mit  den  jetzigen  Wasebiisehen. . 

Die  Aufschriften  befinden  sieh  bei  Nr.  i«12  und  14*  19, 
wie  aus  Fig.  11  henrorgeht,  am  oberen  Teile  des  Untersatzes, 
ich  fahre  zunächst  13  in  der  Formulirung  ziemlich  genau 
flhereinstimmende  Aufocbrilten  an. 


1.  Oben  Pig.  11  abgebildet.  Bucbstabeohöhe  0,03-0,035. 


AP  +  I  AO€ 

teae:^  A€ 


2.  Buchstabenböhe  0,04-0,045. 


EPUTPATO^ 
AA  I  K  P  A  T  I  6  A€ 
A^KAA  P  I  a  1 


'Eici9TpaT0(, 
AatxpecTtSflCC 
'AmXatistAi. 


3.  BuchsUbenböhe  0,04.-0,0&. 


ÄAIKPm  IAA< 
EPiKTPÄTO« 
ACKAAPIft  1 


'EitimrpotTOC 


4.  BuchstahenhShe  0,03-0,04. 


EP  0€ 

AM  lAA^ 
A€  K  A  A  P I  ft  I 


Aott[KpaT]{Sa( 


<  Gerhard  A.  V.  Taf.  ?41,  4. 

*  Das  Kunstgewerbe  im  Altertum  II  8,  128. 

ATHEN.  MITTUBILUNGBN  XXJII.  2 


'tA  ■      CHR.  BUN&£N&BBÖ 

•  5:.  AsBiL  5.121,  3; 

•  '  •  '   .  ' 

^^niEPATH<  IJiMipAfiK, 

A  A  X  A  P  H  €  Aox^piK* 

•    •  • 

Or  *Efn^fU  depx«o>oYucj|  1894  S.  18,  7. 

<fi|ePATH€  ZMifdlTnc, 

AAXAPH€  Ad^apii«. 

.7.  BaebfttabeiihOlie  0,015-0,0*2. 

T  P  A  T  fl  N  lA  A  <  [SkpaTMvift«« 

EGEN  [«vliOtv. 

8.  Nordisk  tidsskrift  for  filologi,  3  raekke  III  S.  163, 1 . 

9.  BucbstabeDhöhe  0,02 -0,0*25.  ■ 

A  O  K  A  H  <  [A«fi?]oja^, 

/A  A  X  O  ^.  [Aitjptx«»«- 

10.  'E^rfAtpif  äpj^aio^oyixT]  1894  S.  18,  6.  Buchstaben  höbe 
0,015-0,02.  •  •  •  • 

T  E  A  a  N  TcXwv 

PEIOIAA^  nii6i>(x« 

ANE0HKATAN  kttl^ixw. 

11.  Bucbstabenhöbe  0.025-0.035. 

APUTOXO^  'AfiaTo/o;, 

EP  I  K  P     T  H  €.    -  Ejcufi-nK. 


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k^lAAUmSCfiB  WBIitOBSCaBMftB  19 

12.  FouiUes  d^Spidaure  S.  56,  Nr.  117.  BttehstabenhOlw 
0,035-0,035. 

TEI,^AM£NO€  T»w«|«vö«. 

13.  Becken  von  der  S.  16.  Anm.  3  erwähnten  Form,  aus 
zwei  Stücken  grauscbwarzen  Steins  gemacht.  Den  Fuss  sah 
ich  1896  im  Hieron;  vom  oberen  Teil  ist  etwas  mehr  als  die 
Hälfte  erhalten  (1896  beim  Museum  aufgestellt).  Durchmesser 
des  Beckens  1,07™,  Dicke  bis  0,075,  llölie  des  luisses  0,50. 
Die  rechts  unvollständige  Inschrilt  befindet  sicli  auf  dem 
oberen,  0.04  breiten  Bande  des  Beckens';  BuchstabenbÖhe 
0,022-0,03.  Das  Sigma  ist  unten  unvollständig. 

AYKAIOO^API    AüKaiöo«.  Apif-iTOTeXtji  oder  ähnlich] 

Es  geht  aus  diesen  Aufschriften  zur  Genüge  hervor,  dass 
die  betrefTenden  Waschbecken  als  VVeihgeschenke  dem  Askle- 
pios  dargebracht  sind,  mag  sein  Name  da  stehen  oder  nicht. 
Denn  die  Personennamen  im  Nominativ  können  nur  als  Sub- 
jekt zu  otviOyiicxTav  (oder  ivtöiTav),  das  meistens  nicht  ge- 
schrieben wurde,  aufgefasst  werden,  und  Weihungen,  die 
keinen  Götternamen  enthalten,  sind  an  den  Hauplgott  des  Hei- 
ligtums geriL'liiet;  dieser  war  aber  jedenfalls  in  der  ersten 
Hälfte  des  4.  Juhrhunderts  nocli  Asklepios  allein,  während  in 
den  folgenden  Jahrhunderten  das  llieron  oiliciell  (aber  auch 
nur  ofßciell^)  ApoUon  und  Asklepios  gemeinsam  gehörte.  Die 
häufige  Verwendung  der  Formel  führte  dazu, dass  überflüssige 
Wörter  (»xl,  'AauXoiivtcdi,  avcOiToiv)  ausgelassen  wurden^.  Die 


^  In  den  Vssenbildern  tr&gt  die  Ansaenseite  dM  Beekeat  bisweilm  eine 
Anfsebrift  U-  B.  AHMOSIA,  Banmeisten  Denkniler  I Fig.  SI9),  was  im 

Hieron  nicht  Torkonimt  und  vicliciclit  nur  malerische  Freiheit  itt. 

*  Vgl.  AsKL.  8.  33  IT..  wo  diese  Frape  erÖrtorl  ist. 

'  Vgi.  die  später  gewöhnliche  Formel  AröXXwvi  AoxXciffuüt  (Askl.  8. 33  tr.)i 
die  nenlidi  in  dem  atiien{seben'AOTXi}inat*A|iivwc  ein  genau  «lUprecbendes 
Beilenstfiek  erlisiten  bat  ( Athen.  HiUb.  1896  8. 294). 


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CHB.  BUN  KEN  BE  11  If 


Aufschrift  Nr.  i  z.  B.  sagte  dem  damaligen  Publienin  def 
UeUigttlllM  ebeo  lo  f  iei  als  'A^O^o^  nai  Ti^^s«  'AnOcmAe  ebc- 

Sie  tagte  aber  bei  aller  Kürze  gewiss  noch  mehr.  Die  ia 
den  19  AafaehrifteD  (denen  iweifellos  aoeh  Nr.  1  d'biozoxafä* 
|>en  lit)  Aaodtg  wiederkehrende  Verbindung  von  zwei  Man- 
nemamen  laiet  sieh  aieht  als  Zufall  betraebten.  Es  kommt 


FiQ.  12 


hinzu,  dasa  dieselbe  Verbindung  auch  sonst  ontsr  Shnltehea 

VerhäUni^^.sen  auftritt.  Kin  Stein,  dessen  Form  die  Skis»  Fig. 
12  veranschaulicht',  trägt  auf  der  Schmalseite  A  die  Aof- 
ichrift  (Buchauben hohe  0,02-0.025): 

T  I  M  A  N  O  H  ^  Tiax'Sr;. 
AMl)IAYTO^  'Aa^auTO? 
ANEOETAN  av«eiT«v. 

Ferner  sind  hior  anzuführen  die  zwei  oben  (S.  2-4 .  \r.  1  und 3) 
abgedruckten  Dfdik.itionsinschriften  der  Spieltische  Die  grosse 
Zahl  dieser  VVeihungsformela  macht  ea  meines  Erachteos  ganz 


•  Qesamllänge  1.77,  Breite  0,886.  Dicke  tf.K*.  Ab  der  OberOSd»  drai 
beekenäbnlidw  VertieAmgen;  die  miltlere,  runde  hal  einen  Durchmesser 
ton  0,7i5,  eine  Tiefe  von  0,095;  die  beiden  seitlichen  sin«!  il,7:!5  laiiir.  iKU 
breit,  0.07  lief.  Dies  sonderbare  Weilijfe^olieak  dürfte  vielleicht  uacb  dem 
oben  AngeiiihrUjn  als  drei  in  eioem  Öiiick  vereinigt«  Waadtbeckea  snfiia- 
fassea  §e!n.— Bin  fthnlieber  Stein  (ibH  aar  swet  nageObr  qaadrstisebea 
Verttefangen)  fon  1,40  Uii«e,0,83  Bnüe,0,30  Dick«  w»m  weitiehMkea 
kosate,  ekae  lasehrift 


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BPIDAURISCUE  WBIMOBSCIIBNKB 

unmöglich  in  den  Dedikanl  en  etwa  Bruder-  oder  Pi^undes-; 
paare  zu  aeben.  Wir  haben  es  bier  vielmehr  mit  einer  ständigen: 
Sitte  zu  tbun,  die  nur  dann  zu  verstehen  ist,  wenn  die  Wei- 
henden Mitglieder  eines  ständigen  GoUegiums  waren.  Was 
das  für  ein  Collegium  war,  ersieht  man  aus  den  Aufschriften 
zweier  Wasserbecken  von  der  gewöhnlicheo,  durch  Nr.  1-12 
vertretenen  Form. 

14.  B uc h sta benhöhe  0,02-0,03.  Fo uilles  d  Jipidaure  S . 
54,  Nr.  103. 


I  APOM  N  AMOH  E 
AAX  A  P  H  ^ 
KAEI^OEHEY^ 
AAKPI^AA<t)E  IZiEY€ 
AHE0HKATAH 


*l9tpOfx.vde(AOvi 
Axxpi«  A«f  li^iuc 


15.  Buchstabenhdhe  etwa  0,025. 


I  APOMH AMON  E 

A  A  KP  I  € 

A  A<|»E1  AEY< 

AA  XAP  H€ 

KAEI<0EHEY€ 

AHEOHIcATAfi 


Bs  war  also  im  4.  Jahrhundert  eine  wenigstens  siemlieh  regel- 
massige  Sitte,  dass  die  Hiaromnamonen ,  wol  beim  Anfang 

oder  Ende  ihrer  Punktion,  ein  Weihgeschenk  stifteten,  und 

zwar  scheinen  sie  solche  Stiftungen  vorgezogen  zu  haben,  die 
dem  Publicum  des  tieiiigtums  nützlich  sein  konnten,  obwol 
Beispiele  von  VVeihgeschenken  gewöhnlicherer  Art  (Statuetten 
und  dergi.)  auch  nicht  fehlen    Die  hier  besprochenen  Wasch- 


*  Allerdings  sind  nar  noch  die  Basen  erhalten:  KavTadias,  Fmäüu  S&pt' 
daur»,  Nr.  102.  Blinkenberg,  Nordisk  lidsskriß  for  filologi,  N.  ff.  X  8.  273| 
XX.  KufTSdiat,  '£fi)|upi«  ofxautXoyut^  1894  S.  18,  8. 


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22  CHR.  BUNKENBERG 

becken  und  Spieltische  gehören  in  die  Zeit  der  grossen  Bau« 
thätigkeit  und  sind  nach  der  vorstehenden  Auseinandersetxung 
ft]s  Zugaben  seitens  der  Hiaromnamonen  zu  den  vom  Heiligtum 
officiell  für  die  Bequemlichkeit  der  Oiste  getroffenen  Yorrich- 
tungen  aufzufassen  *. 

Nur  wenige  Wasserbecken  sind  unter  anderen  Umständen 
geweiht;  sie  entstammen  derselben  Zeit  wie  die  anderen,  und 
man  ist  wol  berechtigt  anzunehmen,  dass  die  Dedikation  ton 
der  nachgewiesenen  Sitte  beeinflusst  war.  Ich  fitthre  die  kH- 
genden  von  mir  notirten  Aufschriften  nur  kurz  an.  Die  Dedi- 
kanlen  von  Nr.  19  waren  nach  dem  oben  gesagten  Hiaromna- 
monen,  die  in  diesem  Falle  ihre  Weihung  nur  an  einen  andern 
Gott  gerichtet  haben. 

16.  Buchstabenhdhe  0,027-0,03. 


P  P  A  T     A  <  npaT[i]«€ 

A  (  IC  A  A  P  I  O  I  'A«»X««i8t 

lAPEY^EnN  («piumw«  < 

ANEOHKE  «vieniu. 


11.  Buehslabenhöhe  etwa  0,025. 


T  I  M  A  P  I  €  T  A  Ti|xapi<rT« 
A  P  T  A  M  I  T  I  *ApTApTi 
A  E  K  A  T  A  N  SexdcTav. 


Die  Inschrift  ist  schon  C.  I.  G.  1172  veröffentlicht,  wo  die 
erste  Zeile  auf  Grund  der  Abschrift  FIM  APIZTA  vermutungs- 
weise als  riavapidTa  gelesen  und  in  der  zweiten  'ApTdcjtuTi  ge- 
schrieben ist. 


*  Vgl.  ferner  die  von  den  HiaromnamoiiBD  geweihte  SUibank:  KavTa- 
dias,  FouUles  d'lipidaure  Nr.  259. 

'  Eine  Weihung  beim  Antritt  des  Priesleriums  findet  sich  auch  in  einer 
onTerSflTenUichlMi  Inichrift:  'Affat«fx<K  "BfrOtau  (vgl.  oben  8.  4  Anm.  I ) 
|Iafiu(  Xa/ü>v  'AoxXnciAt  I  MrAitAXam  ivMi|»,  wo  X«x«b«  die  erwfiniebte 
AnslLunft  giebt. 


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BPIDAÜRI8CBB  WBIH0B8CHBNEB  23 

18.  Bruchstück,  0,51  hoch.  Buchstabenhöbe  0,02-0,035. 


A  A  M  O  A  A  AafAÖXft 
AAMATPI  Aci(UiTpi. 

JU.  BuchstabdDhöbe  0,015-0,025. 

* 

<fiSENO<  Zc&Ctvp«, 

O  1  A  P  H  €  .   B  id^ 
A  n  O  A  A    N  I  'AicoXXttVk 

Koponbagwit  September  1897. 

.     OHR.  BLINKKNBBRO. 


:  .  :  ( 


INSCHRIFTEN  AUS  ATHBN 


1.  Fragment  aus  weissem  Marmor  (18*" hoch,  15  breit),  in 
der  Mitte  gebroeben.  Gefanden  bei  den  Ausgrabungen  am 
Nordwestabbang  des  ^reopags. 


•  EPEAI  AOHKAl 
ASPOAI  AAOZ 
APOMETPA  r 


10 


EPMHiEA/  YKEIO  i 
1  I   [E  PEn^Y  I  A 

A  omhii5:ta  ^EHO 

ESEBAO  A/  ION 
0\Xi  E I P  O 

PYO  Wt.     •  ?OY 
AN  \I2 


l]«p«ai  'AO-nvoti- 
a;  rioXtdeSoc 

'Ep|X7ii  iX  Auxlio 

Ol« 

icpebxruva 


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INSCHRIFTEN  AUS  ATHEN 


Offenbar  haben  wirea  mit  dem  Fragment  eines  Opferkaien- 
dera  au  than.  Die]Zahlen  rochts  und  links  von  der  erhaltenen 
gehören  znr  ersten  und  dritten  Cotomne.  Da  im  Einielnen 
▼ieles  dunkel  bleiben  wird,  geben  wir  nur  kurze  Bemerkungen 
Sur  Worterklärung. 

Z.  3.  «iTOfUTp«.  Dieses  Wort  ist  nur  noch  su  belegen  aus 
der  Inschrift  C.  I.  A.  IV,  1  S.  54  Nr.  555«  (etwas  älter  als  die 
vorliegende  Inschrift),  wo  es  in  ähnlichem  Zusammenhange 
steht  (Z.  3.  Upi«  mynr^x).  Es  muss  .einen  bestimmten  Teil 
Ton  den  Opfergaben  bedeuten,  welcher  der  Priesterin,  als  ihr 
Vorrecht,  sugemessen  wird. 

Z.  7.  Upitt«wft,  nicht  Upätfvv«,  wie  das  Corpua  hat,  steht 
auch  auf  dem  Stein  G.  I.  A.  II  610  Z.  6. 

Z.  9.  oU  XfiiroyvufMM.  Aristophanes  von  Bysans  beseugt*, 
dass  in  der  attischen  Kultsprache  das  Wort  licnvoYvufAuv  ange-' 
wendet  sei,  um  ein  Opfertier  su  beseichnen,  welches  den  Milch- 
lahn.den  yvüiawv,  schon  verloren  hat,  also  ein  ausgewachsenes. 
Unser  Stein  bietet  die  erste  urkundliche  Bestätigung  dieser 
Überlieferung.  Zur  weiteren  lexikographisehen  Litteratur  Ober 
das  Wort  ▼gl.  Aristophanis  byz.  fragmenta  coli.  Nauck  S.  99. 

Z.  II.  zu  nueaioTTj«  vgl.  G.l.  A.  IV,2  H90b.  1190o. 

9.  Der  Stein  C.  I.A.  1V.2  813b  trägt  auf  der  Rückseite  oben 
die  Inschrift: 

I  Z, 
OONIAQNOIAErErO 
TOYrENOY^iEPII  E 

0«oli{ 

vOTif  .  .  .  .  j  Tou  ylvouc  IkI  [K]i  .... 


*  Eustath.  ad  Odjrüs.  p.  1404  tin.  T«  xi'Uia.  int  nXtivTuiv  yivüv  xal  xarripru- 
al<  iKCfVMimuum»  ol  l|uctipot  to(»c  «p«iTo6rfXMic*  6  81  toOte  Tpi«|i«ic  'ApioTOfivi|c  Ii» 


26 


S.  ZIBBAATH 


daranter  io  grOasereii,  viel  spateren  Buehetaben : 


MHA  E  loYTOAE  Y 
T  E  P  ON 

AM0  I  O  A  A  H  S 
0  I  A  I  NOS  ^  I  A  INOY 
E  Y  fl  N  YME  YS 
E  n  I  M  H  AEIOY 

ANTITOYAM 
4»  I  O  A  AOYS 
NIKI ASKA A AIMA 
XOYA^oAAt'^Ti 


MlO^ltOU  TO  Stu- 
TtpOV 


Diese  Inschrift  ist  erst  eingehauen  als  von  dem  ursprQng« 
lieh  mehr  als  doppelt  so  breiten  Stein  rechts  (von  der  Vor* 
derseite  aus  gerechnet)  ein  grosses  Stück  grade  abgeschnitten 
war,  Jeden&lb  weil  das  schöne  Marmorstack  eine  andere 
Verwendung  fknd. 

Die  Datirung  [iiel]  Mti^itou  to  ScuTtpov  bestfitigt,  was  schon 
HomoUe  Im  Bull,  de  eorr,  hell.  17,  )7S  A.  an  dem  Bei* 
spiel  des  Archen  Argeios  nachwies,  dass  in  späterer  Zeit  eine 
Iteration  des  Archonten- Amts  zulässig  war.  Dass  speziell  Me- 
deios  dreimal  Archon  gewesen  ist,  war  sclion  aus  der  Inschrift 
C.  I.  A.  11!  1014  bekannt,  über  welche  Homolle  a.  a.  0.  zu 
vergleiclicn  ist.  Das  zweite  Archontal  des  Medeios  fällt  nach 
llomolJe  etwa  in  das  Jahr  80/79,  nach  SchötTer  (bei  Pauly- 
Wissowa  s.  V.  Archontes)  in  das  Jahr  84/83  vor  Chr.  Ein 
4»i>.ivo;  «ti^ivou  Eu(i)vju.8Ü;  ist  Rphebe  «ttI  'Atco^oSwdou  ipy^ovTO? 
(45/41  vor  Chr.)  C.I.A.  II  481,  also  nicht  mit  dem  unsrigen 
identisch.  Der  Zweck  der  Inschrift  scheint  die  Autzeichnung 
der  zur  Vornahme  gewisser  kultlicher  Handlungen  für  jedes 
Jahr  designirten  TaiJ^j?  iuKpiöaXei;  zu  sein  ;  im  Rehinderungs- 
falle  konnte  an  Stelle  des  designirten,  ivxi  xoO  aa^tOaXoG«,  ein 
anderer  eintreten.  Man  denkt  dabei  an  die  bekannte  Stelle  in 
Plut.  Thes.  22  (vgl.  Kustath.  ad  11.  XXII  495  p.  1283),  nach 
der  am  Pyaaopsieo feste  ein  icai«  «(«.^lOaXiiic  die  lipcotuw)  trug 


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IMBCHlttnBN  ADS  -&THBN  ff 

und  sie  an  der' Thar  desApollo-TempeU  niederlegte,  anderes 
8.  bei  Pauly-Wittowa  s.  v. 

Unter  dieser  Inschrift  isl  der  Stein  halb  weggebrochen  und 
staric  abgeHcbeuert,  aber  man  erkennt  noch,  drei  Zeilen  in 
kleineren  SohrifUügen,  als  die  vorhergehenden: 

^AXOS:iEIPA         KaXXi]aaxoc  A«ip»(SiwTYj<) 
AM<I>  lOAAHi  au<pieaXyi« 

« 

3.  Oberes  Stück  einer  auf  heiden  Seiten  besclirieberien  Stele 
aus  pentelischem  Marmor  mit  Aetoma  und  Rand  oben,  ge- 
funden auf  der  Akropolis  im  Jalire  1  884,  jetzt  im  National - 
Museum  Breite  32"",  Höhe  1  i'",  Dicke  1  6"°.  Die  Renntniss  die- 
ses Steines  verdanke  ich  Herrn  Dr  A.  VVilbelni.  dem  ich  auch 
sonst  für  die  Einführung  in  das  epigraphisehe  Museum  und 
für  seine  Mithülfe  beim  Lesen  von  Inschriften  in  zahlreichen 
Fällen,  sowie  für  empfangene  Belehrung  zu  Danke  verptlichtet 
bin.  Der  Stein  bietet  der  KnlzifTerung  ganz  besondere  Schwie- 
rigkeiten, da  er  eingemauert  gewesen  ist  und  vielfach  mit  ei- 
nem harten  Mörtel  überzogen  war,  auch  die  sichtbaren  Buch- 
staben durch Wasser  stark  gelitten  haben.  Erst  durch  Ent- 
fernung des  Mörtels  gelang  die  Lesung  der  Buchstaben  auf 
dem  Aetoma  und  vieler  anderer.  Auf  meine  Bitte  hat  auch 
n.  von  Prott  den  Sit-iii  i;eprül't ,  und  ihm  verdanke  ich  die 
Lesung- der  enlstjheidenden  Zeilen  a,  4  und  7. 

(8.  den  Text  auf  S.  28.  29). 

Auf  der  rechten  Seite  von  a  können  bis  zum  Rande  nur 
wenige  Buchstaben  fehlen,  wie  die  Überschrift  und  die  Rück- 
seite lehrt,  welche  dort  beginnt.  Z.  8  ist  fast  bis  zum  Rande 
erhalten.  Es  fehlen  etwa  4  Buchstaben.  Z.  1  hat  nach  Aumdc^« 
wahrscheinlich  noch  das  Demotikon  gestanden;  ygi.  J.  Peun- 
dorf,  De  scribü  reipublicae  Athenienaium  S.  114.  Danach 
ist  die  Zeilenlänge  auf  aber  70  Stellen  zu  ▼eranschlagcn.  Die 
Erg^zung  wird  erschwert  durch  die  ungewöhnliche  Passung 
des  Dekrets.  Nach  It^f  Mhit  Z.  5  fehlt  Si,  also  ist  eine  Ab- 


28 


B.  BUWAaTH 


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weichung  von  der  Formel:  iicouvi««  (tU  -  It|n()9i90xt  $e  (vgl. 
Wilhelm»  Hermes  24,  Mb)  vorauszusetzen.  Z.  8  habe  ich 
nicht  enlsiffern  kdnnen,  die  rechte  Hälfte  liest  man  ziemlich 
deutlich,  die  linke  ist  stark  versintert. 

b.  Z.  1  vielleicht  B[iv]^ifdvti[c.  Rechts  von  der  zweiten  Co* 
lumne  sind  Spuren  vonCoL  3  Z.  5-12  zu  erkennen.  6  zeigt 
kleinere  Buchstaben  wie  a,  ist  aber  ebenfalls  «rotx^^oy  ge- 
schrieben und  stammt  aus  gleicher  Zeit.  Danach  haben  auf 
der  Rückseite  mindestens  vier,  wahrscheinlich  aber  fünf  Ret- 
hen von  Namen  gestanden.  Da  nun  die  Höhe  des  Steins  nach 
seiner  Dicke  (16*")  zu  schliessen  niclit  unbeträchtlich  gewe- 
sen sein  wird,  so  können  über  liundort  Xamen  auf  der  Uück- 
seite  gestanden  haben.  Wir  haben  also  das  Fragment  eines 
Psppiiisma  etwa  aus  dem  Anfange  des  vierten  .lalirbuiiflerts 
vor  uns.  (hireh  welclies  eirier  grossen  Zahl  von  Leuten,  wt^lche 
auss(  liliesslicii  na  :l)  ilirem  Beruf  bezeiehnet  werden,  aoschei- 
nend  das  Biirgerrecht  ( Z.       verlieben  wird. 

Wer  diese  Leute  waren  und  was  für  N'erdienste  sie  sich 
erworben  hallen,  i&l  in  Z.  4  und  7  ausgesprochen.  Ks  sind 
die  Männer  ccot  «'jvAarüXÖov  aw6  •1'//?,; '  und  die,  weiche  zwar 
nicht  zu  den  Phyle- Kämpfern  gehürlea(?;,  cjvgaityövTo  $i  xrifi 
^x/r,v  Tr,(x  Movt;^tx«i.  Sehen  wir  Uns  nun  nach  der  litterarischen 
Überlieferung  um,  weiche  diesem  arg  verstümmelten  Fragment 
zu  Hülfe  kommen  muss.  Über  die  Belohnung  der  Helden  von 
Phyle,der  Berreier  des  Vaterlandes,  ist  die  llaüplstelle  Aeschin. 
MI  187. 188,  die  ich  ganz  ausschreiben  muss.'Ev  Toiwv  r^k  Mri- 
Tp(^C|»  icap«  TO  ßovXi*iTi)piov,  viv  fSoTi  SwfCftv  TOtc  dl«o  ^Xiii  9 CtS- 
Y^'^'^*       Sii(AOv  xgtTay'yoOviv,  h'zv*'  iKiCv.  iqv  |ftiv  yaf  6  to  ^ft9yi,k 
ypxij^acc  it«l  vtxiq<rctc  'Ap/ivo;  6  ix  Ko(Xd(,  il$  Täv  xftTayxyovTiAV  tÖv 
^(AOv,  iy^x^t  S(  -^rpüTOv  {x,iv  auTOic  il;  6u9t«v  xat  ava6r;{jLaT«  3oGvac 
^i).ta(  5^a;(^p.ic(  (xxl  toGt*  ioriv  {XaTTOv  ri  Sixx  h^ct/jixi  xkt*  xvSp« 
{x«9T0v),  licciTa  xiXiOft  aTff«voOoOat  OxXlloG  4rrf(pJcv(,>  «vtAv  Ixa- 


<  Vgl.  Aescbin.  lü  1U5  ^paswCouXov  .  .  fv«  lAv  wpumMinw  «ftt^  «ntf 


lN8CliRlFT&N  AUS  ATHEN  ^1 

«Tov,  «XV  ou  xpv^  •  •  toQto  iliep  xtXitftt,  «XX* 

fluipi€<ftc  rqv  ßouXviv  «Mt|rafAlviiv  o«ot  «utAv  iiri  ^X^  ixoXtopKioSlI- 
«oiv,  6Tt  AttM^flUfMvtot  xeti  ot  rptAxo^T«  irpo«t6«XXov  toCc  xateeX«* 
€oGat  4vXiqv.  *Otc     «Xt)69i  Xlyu«  ava^v^attat  6(Aly  to  ^ys^ioia«. 
^vj^taji«  ffipi  3<i>piAc  Tot(  dliro  ^Xti(.  In  dem  Paephiflina  dm 
Archinos  muBS  also  wörtlich  gestanden  haben,  einmal  die 
nicht  ungewöhnliche  Formel :  SoOvat  )i  auxoic  ci<  6u<;tav  xsl 
iwoibri^XTX  '/i'kia.i  Spa^u.a;,  zweitens  :  OT«(pavüiöai  Se  txaoTOv  aü- 
Ttöv  Ox)>>.0ü  axe^iivti),  ferner  noch,   t7;v  hl  fiouXrjV  cKi'^xnhxi  ocoi 
avjTtöv  irrt  <I>'Ayi  ixoXiopjfyjOTKjav.  Alles  dies  sieht  nicht  auf  dem 
Stein,  soweit  er  erhalten  ist;  trotzdem  mussein  enger  Zusam- 
menhang zwisclicn  jenem  Psephisma  und  unserem  Stein  be- 
stehen, ja  es  kann  in  ihm  der  Anfang  des  Psephisma  des 
Archinos  thalsächlich  vorliegen.  Dmn  die  Phyle- Kämpfer 
sind  nur  einmal  belohnt  worden,  und  die  ersten  beiden  der 
genannten  Formeln  pflegen  gegen  Schluss  eines  Dekrets  zu 
ateben,  und  auch  die  dritte  braucht  nicht  am  Anfange  gesucht 
zu  werden.  Betrachten  wir  unter  dieser  Voraussetzung  den 
Stein  genauer.  Verliehen  wird  den  Helden  von  Phyle  das 
BQrgerreeht.  Also  hatten  sie  es  vorher  nicht,  mindestens  nicht 
alle.  In  der  That  war  vorauszusetzen  und  ist  auch  ausgespro- 
chen (von  Clerc,  Les  m^Uques  S.  429),  dass  unter  den  Ver- 
bannten und  speziell  den  ««o  ^Xti«  die  MetÖken  in  grosser 
Zahl  vertreten  waren,  da  sich  gegen  sie  die  Verfolgung  der 
Oreissig  ganz  besonders  gerichtet  hatte,  und  da  überhaupt 
Handel  und  Gewerbe  seit  der  Einnahme  des  Pirilus  durch 
Lysander  ganz  darniederlagen.  Dazu  stimmen  die  teilweise 
recht  fremdländischen  Namen  auf  der  Rückseite  des  Steins. 
Neben  den  Phyle- Kämpfern  ist  aber  auch  von  den  Munichia- 
Kämpfern  die  Rede  (Z.  J).  Wir  lernen  also,  dass  das  Dekret 
des  Archinos  nicht  ausschliesslich  den  Phyle- Siegern  galt, 
sondern  überhaupt  den  Retlern  des  V'alerlandes  in  dem  gros- 
sen Jahre  403.  Aischines  ervvälinl  dies  nicht,  weil  er  das  De- 
kret nur  zu  einem  bestimmten  Zwecke  heranzieht,  nicht  seinen 
ganzen  Inhalt  bespricht.  Die  Munichia  -  Kämpfer  erscheinen 
voQ  den  anderen  getrennt,  werden  also  auch  eine  andere  I^q- 


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fe.  ziehahth 


iohnung  erhalten  haben.  Und  wirklich  ul  Itel  Xenopbon, 
Hellen.  II  \.  25.  wo  von  den  Ereignissen  gleich  nach  der 
Schlacht  bei  Munichia  erzählt  wird,  überliefert,  dass  denen, 
.welche  erst  in  Muoiehia  zu  der  Schaar  des  Thrasjbul  stiessen, 
wenn  sie  Fremde  waren,  die  Isolelie  versprochen  wurde.  Da- 
nach vermute  ich  in  Z.     etwa :       Si  auroi«  {«otAimv]  xa- 

Leider  ist  es  mir  im  Übrigen  nicht  gelungen«  diese  wertvolle 
historische  Urkunde  weiter  su  er^nzen.  Nur  der  Arehon  laasl 
sich  noch  ermitteln.  Die  Friedensverhandlungen  und  die  end- 
gfiltig»  Neuordnung  der  Verhältnisse  sogen  sich  swei  Jahre 
hin,  erst  im  Jahre  401/0  kam  die  Verständigung  irpoc  tou«  h 
*EXtv«fvt  ilwxhowtrui  zu  Stande  M  Sevstvlrou  i^jtm^  (Aristot. 
Hol.  'AOviv.  40,  4).  Derselbe  Arehon  muss  auch  Qher  unserem 
Psepbisroa  gestanden  haben,  da  der  Name  keines  anderen 
Arehon  dieser  Jahre  auf  -o«  endigt. 

Die  historische  Bedeutung  der  neuen  Urkunde  kann  hier 
nur  angedeutet  werden.  Archinoe  hatte  schon  einmal  Gelegen- 
heit gehabt,  sich  mit  der  Belohnung  der  Befreier  des  Vater- 
landes zu  befassen,  gleich  im  Jahre  403.  Damals  hatte  Thra- 
sybul  fdr  sie  alle  in  Bausch  und  Bogen,  die  Ix  Ilcipxtcuc, 
die  Verleihung  des  BOrgerrechts  beantragt.  Archinoe  aber,  der 
in  der  Vermehrung  der  BQrgerschaft  um  solche  Elemente,  ^ 
Iviot  9xvcpä>(  ^a«v  SoSXoi  (Aristoteles),  nur  den  Keim  neuer  Un- 
ruhen filr  den  Staat  sab,  war  es  gelungen,  durdi  eine  Klag» 
«apavöpLuv  das  Zustandekommen  dieses  Psephisma  tu  vereiteln 
(Aristot  rioX/Ae.  40,  9.  Aescbin.  III  195),  wodurch  s.  B.der 
Redner  Lysias  hart  getroffen  wurde,  der  nun  trotz  der  grossen 
Opfer,  die  er  im  Kriege  gehracht  hatte,  nur  Isotele  blieb  ( Plut. 
Vit.  orat.  S  835/").  Ofl'enhar  war  es  hierbei  nicht  die  Absicht 
des  Arcliifjos.  jede  Belolinung  zu  hinterlreihen,  sondern  er 
wollte  nur  eine  passende  Abstufung  je  nach  V  erdienst  eintre- 
ten lassen.  Denn  es  war  allerdings  ein  grosser  Unterschied, 
ob  Jemand  wirklich  zu  der  ersten  kleinen  Schaar  gehört  liatte, 
die  mit  Thras^bul  von  i  heben  kam,  den  Handstreich  gegen 
Phyle  wagte  und  dort  von  den  Truppen  der  Dreissig  belagert 


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mscmirTBN  aus  athbn 


93 


wurde,  oder  ob  er  zu  denen  gehörte,  die  unmittelbar  nach 
dem  Abzug  der  Dreissig  von  Phyle  sich  einstellten  (Xenoph. 
Hell.  II  4,  5  in^-n  duveiXtyF^eviiiv  h'^ttiv  ^v>Xv)V  in^{  iirraKodou;  und 
kurz  darauf  §  10  Xa6«i>v  ö  BpavuSouXo;  tou(  «no  ^KiXvi;,  icepl 
^iXtou«  Tih-n  ^jvEtXeyfAlvouc),  oder  ob  er  endlich  erst  io  Munichia 
auf  die  direkte  Versprechung  der  Isotelie  hin  dem  siegreichen 
Zuge  sich  anschloBS.  Man  wird  also  zur  FeststeUung  dieser 
Verhältnisse,  die  gewiss  nicht  so  einfach  war,  weil  Listen  . 
schwerlich  geführt  waren,  eine  Untersuchung  angestellt  haben» 
und  80  kam  es  zwei  Jahre  später  zu  dem  endgültigen  Be- 
schlüsse, für  den  eben  die  genauen  Unterscheidungen  unter 
den  zu  Belohnenden  charakteristisch  gewesra  zu  sein  scheinen. 

Bs  bleibt  noch  die  P>age  zu  entscheiden,  wer  auf  der  Rück- 
seite verzeichnet  stand.  Waren  es  alle  die  in  dem  Psephisnui 
Belohnten,  also  sowohl  die  neuen  Bürger  wie  die  neuen  Iso- 
telen  ?  Nach  Aischines  durchaus  glaubwürdiger  Angabe  be- 
trog die  Zahl  der  «iro  OuXvi^  über  hundert,  während  die  sonsti- 
gen Angaben  zwischen  30  und  70  schwanken.  Oben  haben 
wir  berechnet,  daas  auch  auf  dem  Stein  für  mehr  als  hundert 
Namen  Platz  gewesen  ist,  und  die  Zahl  ist  mit  Aischines 
ganz  in  Übereinstimmung  wenn  wir  annehmen, dass  die  fünf 
Columnen  nicht  die  ganze  Rückseite  füllten,  also  etwa  Je  25-30 
Namen  enthiellen.  Die  Zahl  der  mit  der  Isotelie  Beschenkten 
dagegen  wird  eine  sehr  grosse  gewesen  sein,  die' nicht  mehr 
auf  dem  Steine  Platz  findet.  Die  Wahrscheinlichkeit  spricht 
also  dafür,  dass  die  ganz  oder  teilweise  erhaltenen  19  Namen 
den  Helden  von  Phyle  angehören 

Zur  Binselerklärang  sind  noch  einige  ßemerkungan  nötig. 

b.  Z.  1.  Die  Abkürzung  TEaP  findet  sich  schon  C.I.A.  1V,S 
7731»  Z.  22  (PEIfiP),  von  J.  Simon,  Abkürzungen  auf  griech. 
Inschriften,  Zeitschrift  für  die  Österreich.  Gynmasien  1891, 


*  Aus  der  litterariacheD  Überliefemngkdiuien  wir,  soweit  ieh  sehe,  anner 

den  Führern  der  Schaar,  den  beiden  Tbrasybulen  und  dem  Arcbinos,  nur 
den  Ergokles  namhaft  maclien,  gegen  den  Lysias  Hede  28  gerichtet  ist.  Er 
war  Stratege  gewesen  und  ein  angesehener  Mann,  wie  Tiele  andere  unter 
ihnen  (vgl.  Lysias  13,  6'2). 

ATHSN.  MlTTHSlLUMaBM  XXUI.  3 


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34 


E.  ZIEBaRTM 


673 ff-,  noch  nicht  berücksichtigt,  vgl.  768c  Z.  19  rSClPrO. 

Z.  4.  Zu  öp£a»c(6;xo;)  vergleiche  die  Abkürzungen  in  der  eben 
citirteo  InachriftGol.  11,15  OPEftKO  uadBCol.  I,  5  OPEÜ. 

Z.  7.  6voxö(iro<)  war  bisher  nur  bekannt  aus  dem  Fragment 
des  Alexis (Frg.  13  K.)  hei  Pollux?,  19  tov  ^«  vOv  lAvXoxdmv 
ovoxosov  'A^t^tt  tlp-qxtv  I«  'AiAf^ft-d^t* 

ovo«6icoc 

Die  Deutung  BlQmners,  Technologie  I,  31  auf  ein  Instrumeiit 
tum  Schärfen  des  Mühlsteins  ist  nunmehr  abzulehneo.  Zwei- 
felhaft kann  nur  sein,  ob  es  einen  Beruf  bezeichnet,  der  oaeh 

ovo;,  Esel,  benannt  ist*  oder  nach  Cvoct  MäblsleiD,  wie  Meineke 

erklärte  cor  um  units  qui  molares  istos  lapides  caeditnt. 
Wahrscheinlich  isl  das  Letztere,  so  das  der  övoxörro^  zu  dm 
Steinarbeitern  zählt. 

Z.  8.  Zu  dem  Anfang  EAAIOF  habe  ich  das  richtige 
Wort  nicht  gefunden.  Man  könnte  an  iXaiio7r((uXin()  denken, 
doch  ist  das  r  durchaus  sicher. 

Z.  10.  Das  O  am  Schlüsse  ist  nicht  ganz  sicher,  es  scheint 
aber  ein  runder  Buchstabe  dazustehen. 

Gel.  II  Z.  9.  Der  dYaX(A(aTo«oiö«}  KaXXta^  ist,  soviel  ich  sehe, 
unbekannt. 

4.  Fragment  einer  Herme  aus  weissem  Marmor  (wie  C.I.A. 
III  1095.  1Ü96.  1133),  jetzt  im  National- Museum,  Fundort 
unbekannt.  Vorderseite  und  linke  Seitenfläche  erhalten,  57** 
hoch,  21*"  breit. 

a. 

IN  N 
^ANEIKOZTPATOZ 
0  lÄOAEZnoToZA^P 
4>lAoYMCNOZBfiMIAK 
ATToAAfltNIOZBAASTo 
5  ABAZicANTOS0EOTCII 


<  Vgl.  die  Erklärung  von  Stepbauus:  911t  atinariam  tnototn  twj  Ikvt  in»* 
l^iiil  et  agital. 


iMSGBläf  nM  AOS  ATBIlt 


E  Y<t>PAMTI  AHXEnirtl.  ' 
A^EIANAPoZAE:^<M  A 

ZTE(J)AN0Z0NH2I  MON 
EYTToPoZhPAKÄElAo  YS 

10      01  AoMO>  ZOZEYTYXIAOY  •* 
HPAKAEITOZ  AYfTfJOOZE; 
2TP  ATHN  ATToAAftN  loY 
KÄE^lNMHTPoAnPoYN.K 
A  AKI  Bl  AAHlEYTYXoYOPEf 

15      AlOAAHZ  ATToAÄnNloY  M  A 
ArAOonoYSAAMYPoYEYTTA 
IcaA  AlTTlToZOKAIMoYl  AT  H 
POAinnoznPAI  ITE  AoYZEnAT 
ATTI  KaXZfiZIKÄEoYZSESST 

20     EniKTAZZnZIM0YA40NYSl0  «  - 
ZYM^CPaN  IAoNllcoYMZY>' 
III/  Zi^/  ^lAoZEPAlT 

OSSß^lK  \Eo  Y  2  E  YÜO 
ZunYIOY0AAAoZ 

25  AOZZaZIMoYAOHNA 

ZEVnoPO  AEYKir 

^nEIPAlEYS  • 

2  ... 
rWEAlTEYZ 
X 

•         '    NMRTPEYZ  • 

^  Y  '  w. 

(t>HrAEYZ 

"  -nAIANlEYX 
EYZ 
'  PoYAAftTTEKH 
•  ^ZTEAE 

NTOY  •  < ' 


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'AiroXXi&viH  BXteo 

'AXc^avSpo;  Aii9iX[ou] 
Sxe^avo;  'Ovir)<Jt(Jtou 

'Hpd^xXetTO?  ['HjSuTivooc  % 

SxpiTCiiv  'AtvoXXwviou 

KXe<i>v  Mv)TpoSb>pou  Nix 
*AXxtCtd(ST);  EuTiJj(^ou  9pi7r[TÖ<] 
15     At6aXT](  'AicoXXfi>viou  M« 
'AyaddiTOu^  Aap.upou  Euic« 

KicXXiicTcoc  6  xal  Mo<|>idcTV)[€] 
'PöSiTCTvoc  npa^iTiXou«  'Eff«Y 

so    *EiruTttc  Z«»d|MMi  AiovuaiQ[f] 

 0(  StttfutXlouc  Euira[p..] 

95   {  Zotft^v  'A0nv« 

Buic6po[u]  AiuKti7[^o(] 

5.  Fragment  einer  ähnlichen  Liste  aus  etwas  Slterer  Zeit» 
ebenftUs  im  National  •Museum. 

loZZnziMoY 
I  .  O  K  PATHZ  J 
OY>        N  I  K  E  P  n  Z  A4>0O  N  A 

ZnZIMiaNAHMHTPloY 
ZfinYP02XPH2tM0Y 


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INSCHRIFTEN  AUS  ATHEN 


97 


TYXIKOSXPHZIMOY 
MHTPOAnPo^AlONYZ 
KOZMIANPAAINOY 
PAAINOZ 

AAEXANAPOZnaAA 
"^TPAREAOSA^POA 
NAIONYSIOY 
AZnAPAAA 

. . .  «oc  Zm«^« 

Ni»]oiipATiiic 

5     Zibicupec  X^tfifMu 
MviTpoSupoc  Atovuo[iou] 

10    'AXIlcvSfoc  ni»X>[<iMOc] 

EjuTpimXo«  *Afpo)[t9(ou] 

 V  Aumiffiou 

 nap^«>[ft] 

Athen. 

ERICH  ZIEBARTH. 


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VASENSGHERBBN  AUS  KLAZCHIBNAI 


(Hiena  tUü  VI) 

Bei  der  bis  jetzt  so  geringen  Anzahl  von  Gefassen  und  Scher- 
ben, die  sicher  in  Kleinasiea  gefunden  sind,  gmvinnt  jede» 
hinzukommende  Stück  eine  besondere  Bedeutung.  Kann  es 
uns  doch  die  Möglichkeit  geben,  eines  der^hlreichen  Getässe 
oder  eine  ganze  Gattung  von  solchen ,  dre  man  ihrem  Stile 
nach  in  das  Kunstgebiet  des  griechischen  Ostens  adiea  darf, 
an  einem  bestimmten  Orte  festzulegen. 

Die  aufTaf.  6  in  Originalgrösse  abgebildeten  Scherben  wiir* 
den  im  Gebiet  des  alten  Klaiomenai  gefunden  und  von  Herrn 
MifltbOB  in  Smyrna  erworben.  Aus  seinem  Besits  kam  die 
grOttere  Scherbe  ( Nr.  1 )  in  das  Nationalmuseum  n  Athen 
(Inv.  5610).  Üie  Erlaubniss  zu  ihrer  Veröffentlichung  ver- 
danke ich  der  Freundlichkeit  des  Herrn  Dr.  Stais.  Die  klei« 
nere  Scherbe  (Nr.  2)  blieb  im  Besitz  der  Wittwe  Misthot. 
Der  Abbildung  liegt  eine  vor  längerer  Zeit  genommene  Photo- 
graphie des  Herrn  Dr.  Heberdej  zu  Grunde;  das  Original 
selbst  ist  aogeobliekliefa  nicht  sug^uiglich  and  mir  aas.eigener 
Anscbanong  nicht  bekannt. 

Unsere.  Betraehtung  muss  also  von  dem  ersten  Fragment 
ansgehen.  Der  Thon  ist  fein,  im  Broch  und  auf  der  Innen- 
seite lederforben,  die  äussere  Oberfläche  ist  graubraun.  Der 
nicht  sehr  glänzende  Pirniss  ist  dunkelbraun,  wo  er  dünn  auf- 
getragen, oliviarben,  an  manchen  Stellen  ist  er  rotbraun  ge- 
worden. 

Nicht  unwichtig  ist  es,  sich  zu  Yergegeowärtigen,  wie  der 
Maler  Tcrfuhr.  Er  legte  zunächst  den  Rumpf  der  Figuren,  das 
Haupthaar  samt  der  Motze  des  stehenden  Mannes,  den  Thron 
nnd  das  vordere  Pferd  mit  dunkelbrauner  Firnissfarbe  an. 

Dann  malte  er  die  Gesichter,  die  Arme,  das  Gerat  in  der 


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TABSN8CHERBBN  AOS  KLAZOMBNAt 


89 


Hand  des  Stehenden,  den  Thron  und  das  zweite  Pferd  mit 
Weiaa.  Dieses  ist  abgesehen  vom  Throne  und  den  Teilen  der 
Arme,  die  sich  von  dem  Körper  abheben,  unmittelbar  auf  den 
Tbongrund  gesetzt. 

Mit  dünnern  Firniss  wurden  dann  die  Umrisse  und  die 
Innenzeichnung  der  weissen  Teile,  mit  dunklerem  die  Barte 
und  das  Attribut  in  der  linken  Hand  des  stehenden  Mannes 
gemalt.  Am  Throne,  an  Nase  und  Mund  des  Sitxenden  und  an 
Brust  und  Bein  des  Pferdes  fehlen  die  Pimissumrisse.  üass 
diene  sonst  erst  nach  dem  Auftrag  des  Weiss  gezogen  wurden, 
geht  daraus  hervor,  dass  das  Weiss  bisweilen  über  die  Um- 
riaae  hinausgreift  ohne  sie  su  decken. 

Weiter  wurde  bei  den  mit  Firniss  aufgesetzten  Teilen  die 
Innenzeichnung  und  fast  durchgehend  auch  der  Kontur  ge- 
ritzt, auch  der  linke  Fuss  des  Thrones  ist  umrissen.  Die  Ritz- 
linte  am  Kontur  des  Mantels  der  sitzenden  Frau  nimmt  deut- 
lich auf  die  schon  vorhandene  linke  Hand  Rücksicht,  eine 
Faltenlinie  greift  in  das  Weiss  der  Armlehne  über.  Ebenso  sind 
die  Linien  an  Brust  und  Bein  des  Pferdes  und  am  linken  Fusse 
des  Thrones  deutlich  in  das  schon  vorhandene  W  eiss  geritzt. 
Nur  an  der  Brust  der  Frau  ist  die  f^ilzlinie  durch  das  Weiss 
der  erhobenen  iland  <i:edeckt,  der  Maler  hat  also  nachträglich 
die  Linie  noch  einmal  überfahren. 

Erst  nach  den  Ritzlinien  ist  das  stets  auf  den  Firniss  ge- 
setzte Violelt  aufgetragen ,  denn  es  nimmt  deutlich  auf  sie  Rück> 
sieht.  Die  vorletzte  Paltenlinie  unten  am  Mantel  des  stehenden 
Mannes  ist  durch  das  Bot  gedeckt,  an  einigen  Stellen  greift 
das  Rot  auf  das  Weiss  über. 

Zuletit  wurden  die  weissen  Kreuze  auf  den  Gewändern,  die 
Punkte  u.  s.  w.,  auch  die  Zähne  des  ersten  Pferdes  gemalt. 

Wenn  wir  so  sehen,  dass  nach  dem  Auftrag  von  Weiss  wie- 
der mit  Firniss  gemalt  wurde.dass  die  rote  Deckfarbe  durchaus, 
die  weisse  teilweise  auch  nach  der  Gravirung'  aufgesetzt 
wurde,  so  kommen  wir  zu  dem  Schluss,  dass  alle  diese  Ver- 
enge ungefähr  zu  derselben  Zeit  d.  h.  vor  dem  definitiven 
Brennen  stattfanden. 


40 


B.  lAHN 


Die  Scherbe  zeigt  ein  ausgespartes  Bildfeld;  Ober  ihm,  durch 
swei  Pimiflskreifeii  getrennt,  den  Rest  einer  anderen  Darstel- 
lung. Deren  ßbene  stösst  in  stumpfem  Winkel  an  die  Ebene  des 
unteren  Bildfeldes.  Das  Gefäss  war  also  eine  Hydria. 

Auf  einem  Throne,  dessen  Sitz  durch  eine  schwarz  geraalte 
Sphinx  mit  weissem  Streifen  am  Flügel  gestützt  wird,  sitzen 
nach  links  gewandt  ein  bärtiger  Mann  und  eine  Frau.  Das  Auge 
des  Mannes  ist.  wie  bei  den  anderen  Personen ,  länglich  ge- 
bildet. Er  trägt  einen  kleinen  Schnurrbart,  der  wie  aus  der 
Nase  herauswachsend  gezeichnet  ist.  und  einen  Vollbart,  der 
eigentümlich  in  die  Wange  hinein  vorspringt.  Bekleidet  ist 
er  mit  einem  langen  |8chwarzen  Chiton,  der  nur  unten  zum 
Vorschein  kommt,  und  einem  Mantel,  der  mit  Ausnahme  des 
die  linke  Schulter  und  den  überarm  bedeckenden  Teiles  rot 
gemalt  ist.  Beide  Kleidungsstücke  sind  mit  weissen  Sternchen 
verziert.  Um  den  Hals  hat  er  ein  Band.  Die  Frau  zu  seiner 
Rechten  trägt  ein  rotes  Gewand  mit  weissen  Sternchen — es 
soll  wol  auch  der  Mantel  sein — ein  Halsband,  einen  runden 
Ohrring  mit  eingezeichnetem  Kreuz  und  eine  weisse  Binde 
im  Haar.  Die  Haltung  der  Hände  beider  Figuren  deutet  auf 
heftige  Gemütsbewegung. 

Vörden  Sitzenden  steht  ein  bärtiger  Mann.  Sein  Schnurr- 
bart ist  wie  bei  dem  andern  Manne  gezeichnet,  am  Vollbart 
ist  der  Firniss  teilweise  abgesprungen ;  er  hatte  offenbar 
auch  die  erwähnte  charakteristische  Form.  Mit  der  linken 
Hand  fasst  dieser  Mann  ein  Kerykeion,  mit  der  rechten  hält 
er  den  Sitzenden  ein  Thyinialerion  vor.  Noch  kräftiger  als 
bei  den  anderen  Figuren  spricht  sieb  seine  Erregung  durch 
die  plötzliche  Wendung  des  Kopfes  aus.  Seine  Tracht  besteht  in 
einem  schwarzen  Chiton  mit  kursen  Ärmeln  und  einem  roten 
Mantel.  Der  Chiton  war  auch  mit  weissen  Sternchen  ge- 
schmückt; der  Ärmel  ist  geknöpft  zu  denken,  er  lässt  das  weisse 
Fleisch  ao  einigen  Stellen  durchschauend  Der  Mantel  ist  un- 


*  Vgl.  die  Zeichnang  der  Ärmel  auf  den  Seherben  Jahrbuoh  1895  8.  41 
Fig.  4.  44  Fig.  7;  Antike  Deokmiler  II  Taf.  2t.  1. 


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VASBNSCHERbBN  AUS  KLAZOMBNAI 


41 


ter  der  rechten  Aehsel  nach  vorn  gezogen  und  über  die  linke 
Schulter  zu rackgeworfen.  Um  den  Hals  trägt  auch  dieser  Mann 
ein  Band,  auf  dem  Kopfe  eine  anliegende  rote  Mütze,  die  oben 
in  einen  Knopf  mit  weissem  Punkte  endigt,  am  Rande  durch 
ein  gravirtee  Band  mit  weiseen  Punkten  verziert  ist*. 

Hinter  dem  Manne  kommen  swei  Pferde  heran :  von  beiden 
ist  nur  der  vordere  Teil  des  Kopfes,  des  Halses  und  der  Brust 
und  je  ein  erhobenes  Vorderbein  erhalten.  Charakteristisch  ist 
die  starke  Bildung  des  Halses  und  der  Brust.  Das  erste  Pferd  ist 
schwarz  gemalt,  nur  an  seinem  Halse  ist  ein  roter  Fleck.  Seine 
Schnauze  ist  stark  gegen  den  Hals  zurückgezogen.  Die  Zähne 
sind  weiss  gemalt.  Die  Innenzeichnung  ist  gravirt.  Wie  bei 
den  anderen  Pferden,  auf  die  wir  noch  zu  sprechen  kommen 
werden,  sind  die  Hautfalten  oben  am  Halse  und  am  Maule 
und  die  Muskellinie  unter  dem  Auge  mit  Sorgfalt  angegeben. 
Der  Zügel,  an  dem  ein  viereckiges  Blättcheo  als  Schmuck  sitzt, 
ist  gravirt.  Das  Zaumzeug  ist  durch  weisse  Punkte  ange- 
geben, der  grösste,  in  dem  die  drei  Reihen  zusammentreffen, 
ist  mit  einem  geritzten  Kr^s  umgeben.  Diese  Punkte  sind 
jedenfalls  als  Metallverzierung  der  Riemen  zu  verstehen*. 
Um  den  Hals  trigt  das  Tier  ein  gravirtes  Band  mit  weissen 
Punkten  und  Anhängseln.  Merkwürdiger  Weise  sind  auch  längs 
der  eingeritzten  Begrenzungslinie  des  Brustmuskels  weisse 
Punkte  aufgemalt.  Quer  über  die  Brust  verlaufen  drei  Ritz- 
linien, die  sich  vorn  in  einem  spitzen  Winkel  treffen  und  die 
Muskellinie  sowol  wie  das  Gehänge  schneiden.  Der  rote  Fleck 
an  dem  Schnittpunkt  der  Linien  ist  wol  nur  zuffällig.  Auf 
ihre  Bedeutung  werden  wir  später  zurückkommen. 

Das  zweite  Pferd  ist  weiss  Die  Riemon  des  Zaumzeuges  sind 
mit  verdünntem, die  Punkte  darauf  mit  dunklerem  Firniss  ge- 
malt. Es  wirft  den  Kopf  ungestüm  in  die  Höhe. 

Von  der  Darstellung  auf  der  Schulter  unseres  Gefässes  bat 


*  Vgl.  die  MQtM  dM  Pttneiu  auf  der  Sehfinel  von  Agina,  Arob.  Zeitung 

4882  Taf.  9. 

*  Vgl.  Pernice,  Griecbisebo«  Pferde|{etictiirr  S.  30, 


42 


R.  ZAHN 


diese  Scherbe  nur  einen  geringen  Rest  erhalten.  Ich  erkenne 
rechts  zwei  auf  den  Boden  gesetzte  menschliche  Füsse,  schwarz 
gemalt  und  mit  Ritzlinien  umzogen,  links  den  Rest  des  Ge- 
süsses,  ebenCulls  schwarz,  und  das  Ende  eines  Köchers.  Dieser 
ist  rot  gemalt  und  hat  rechts  eine  durch  Rilzlinieo  umgreaste 
schwarze  Leiste  mit  weissen  Punktea.  Es  war  also  ein  gefal- 
lener Schütze  dargestellt. 

Das  zweite  Fragment,  das  auch  in  Klazomenai  gefunden 
wurde,  stammt  offenbar  von  der  Schulter  einer  Hydria.  Man 
erkennt  selbst  in  der  Photographie  die  Bruchstelle  des  Halses, 
das  ihn  umgebende  Stabornament  ist  erhallen.  Die  Scherbe 
zeigt  völlige  Obereinstimmung  in  Stil  und  Technik  mit  derso« 
eben  besprochenen.  Ich  verdanke  nähere  Angaben  der  Freund- 
liebkeit  des  Herrn  Dr.  BOhlau ,  der  vor  dem  Original  no- 
tirte:  *Der  Thon  hat  eine  granrote  Farbe;  das  Weiss  ist  auf 
den  Thongrund  aufgesetzt,  wie  sich  an  Arm  und  Pferd  fest- 
stellen lässt.  Helm,  Schild,  Wagen,  Teile  des  Pferdes  sind 
violettrot'.  Da  nun  die  Kreislinie  unter  der  Darstellung  in  ihrem 
Verlauf  zu  der  entsprechenden  des  ersten  Fragmentes  passt,  so 
können  wir  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  behaupten,  dass 
beide  Stücke  demselben  Gefass  angehören*. 

Wir  sehen  ein  Zweigespann  in  vollem  Lauf  nach  links  Ja- 
gen. Die  Mähne  der  Pferde  weht  kräftig  zurQck.  Das  vordere, 
schwarze  Pferd  hat  den  Kopf  geradeaus  gerichtet,  das  hintere, 
weisse,  wirft  ihn  zurQck  in  die  Höhe.  Innenzeichnung  und 
zum  Teil  auch  der  Kontur  sind  bei  dem  ersten  gravirt,  bei 
dem  zweiten  mit  hellem  Pimiss  aufgemalt.  Man  beachte  die 
Angahe  der  Härchen  aber  den  Hufen.  Das  schwarze  Pferd 
trägt  einen  breiten  Gurt  um  den  Hals,  an  dem  es  den  Wagen 
zieht.  Er  ist  mit  Ritzlinien  umgeben  und  weiss  gefüllt.  Untere 
halb  des  Gurtes  trägt  es  denselben  Schmuck,  wie  das  Pferd 
des  Bauchhildes.  Der  Wagenstuhl,  rot  und  am  Rande  mit 

*  Man  erwartet  allerdings  uatea  an  diesem  Fragment  einen  Rest  der 

zweiten  Kreislinie,  allein  in  der  Pliotograpliie  sielil  dif  Oberfläche  des  Tho- 
nes  an  dieser  Stelle  ziemlich  weiss  aus,  sie  scbejnl  im  Original  nicbt  mehr 
intakt  zu  sein. 


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VABSMSCHBRBSN  AUS  KLAZOMBNAl  43 

der  Miebten  Reihe  weisser  Punkte  geschmaekt,  hat  oben 
eineo  Ring,  an  dem  die  Zügel  festgebundeD  werden  konnten. 
Das  seehsspeiehige  Rad  ist  aus  freier  Hand  gemalt  und  wie 
der  Wagenstuhl  mit  Ritzlinien  umzogen.  Auf  dem  naeh  ohen 
gebogenen  Bnde  der  Deiehsel  sitzt  ein  dem  Wagen  zugekehrter 
Greifenkopf'. 

Der  Lenker  des  Gespannes  ist  ein  bärtiger  Krieger, der  ebenso 
gezeichnet  ist  wie  die  Figuren  der  anderen  Scherbe.  Er  trägt 
einen  Hehn,  dessen  Busch  über  das  Stabornament  hinaus  auf 
den  Hals  der  Hydria  übergegrilTen  haben  muss ;  mit  der 
Rechten  hält  er  zwei  Zügel,  mit  der  Linken  den  Schild  mit 
Schilddecke,  den  Speer,  dessen  Spitze  mit  einer  gewissen  Sorg- 
falt angegeben  ist,  und  das  andere  Zügelpaar.  Die  Konturen  des 
Heimes,  des  Schildes  und  seiner  Decke  sind  geritzt,  der  Schild- 
kreis ist  aus  freier  Hand  gezogen.  Von  dem  roten  Grunde  des 
Schildes  hebt  sich  ein  weisses  Gorgoneion  ab.  Auch  bei  ihm 
aind  Innenzeichoung  und  Umrisse,  wie  es  scheint,  mit  heller 
Firnissfarbe  gemalt.  Wollten  wir  uns  den  Krieger  auf  dem 
Wagen  stehend  denken,  so  wäre  vielleicht  tür  seine  Beine  kein 
genügender  Raum  vorhanden.  Er  ist  wot  vielmehr  im  Be- 
griff, auf  den  Wagen  zu  springen.  Ein  Rest  des  noch  auf  dem 
Boden  stehenden  Beines  ist  unterhalb  der  Sehilddecke  erhalten, 
man  erkennt  auch  zwei  mit  verdanntem  Pirniss  gezeichnete 
Muskellinien.  Dass  der  Kri^r  auf  das  in  vollem  Lauf  befind- 
liche Gespann  steigt,  hat  nichts  Auffallendes  Die  Kompo- 
sition ist  den  Darstellungen  von  Apobaten  entlehnt,  wie  sie 
uns  der  neue  klazomenische  Sarkophag  in  London  zeigt  [Mo- 
numents Piot  IV  Taf.  6).  ' 

Links  unter  den  Pferden  bemerkt  man  einige  gerade  Li- 
nien, vielleicht  Speere  von  Gefallenen,  Ober  die  das  Gespann 
dah  injagt. 

Es  erübrigt  noch  einen  für  die  Deutung  besonders  w  ichtigen 
Resi  zu  belrachten.  Man  bemerkt  unter  dem  Wagensluhi  htn- 

*  Vgl.  fiber  diesen  Schmuck  weiter  unten. 

*  Auch  in  späterer  Zeit  korarat  das  noch  vor:  Mum  Borbonieo  VIII  Taf. 
i4.  Friedericbs -Wolters  Nr.  1997. 


44 


R.  ZAHN 


ter  dem  Rade  einen  länglichen  weiBsen  Fleck  mit  einigen  dun- 
keln Linien,  der  sich  bei  näherem  Zusehen  als  ein  Bein  mit 
nach  unten  gerichtetem  Pusse  herausstellt.  Wir  haben  es  also 
mit  einer  Darstellung  der  Schleifung  Hektors  su  thun ,  und 
swar  der  ältesten  und  der  ersten  aus  dem  Gebiete  der  jonischen 
Kunst.  Vergleichen  wir  sie  mit  den  zuletzt  von  A.  Schneider, 
Der  troische  Sagenkreis  S.  27  ff.  zusammengestellten  attischen 
Bildern»  so  ergeben  sich  wesentliche  Unterschiede.  Wie  auf 
Jonischen  Bildern  überhaupt,  wird  der  Wsgen  nur  von  zwei 
Pferden  gezogen.  Achilleus  lenkt  ihn  selbst,  während  er  auf 
den  attischen  Bildern  neben  seinem  Lenker  steht  (jder  neben 
dem  Wagen  einhereilt.  Ilektor  muss  hier  das  Gesicht  nach  unten 
gekehrt  liahen,  dort  liegt  er  auf  dem  iUicken.  Aus  dem  unter 
der  Darstellung  erhaltenen  Streifen  können  wir  den  Durch- 
messer des  Schulterkreises  auf  rund  50,5"°  bestimmen.  Wie 
wir  von  anderen  llydrien  wissen,    nimmt  das  Schulterhild 
gewöhnlich  nicht  ganz  zwei  Fünftel  der  den  Hals  umgebenden 
Zone  ein.  Es  ist  uns  also  nur  ein  kleines  Stück  des  Ganzen 
erhalten.  Aus  dem  Best  oben  auf  Fragment  1  sehen  wir,  dass 
hinter*  dem  Gespann  des  Achilleus  eine  Kampfscene  folgte. 
Wir  werden  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  über  dem  ge- 
fallenen Schützen  zwei  sich  bekämpfende  Krieger  aozonehmen 
haben.  Der  Gefallene  muss  nach  den  vorhandenen  Resten 
etwas  kleiner  gebildet  gewesen  sein  als  die  anderen  Figuren. 
Bine  Analogie  dazu  liefert  uns  die  Amphora  mit  Jonisehen 
Inschriften  bei  Gerhard,  Auserlesene  Vasenbilder  III  Taf. 
305,  3.  Das  Schulterbild  griff  aber  das  Bildfeld  jdes  aauchea 
an  beiden  Seiten  etwas  hinaus. 

Die  attischen  Bilder  zeigen  gewöhnlich  hinter  dem  Wagen 
den  Grabhügel  des  Patroklos,  um  den  Hektor  geschleift  wird. 
Dass  wir  in  der  weissen  Stelle  rechts  unten  auf  unserer  Seherbe 
auch  den  Rest  desTymbos  erkennen  dürfen,  ist  mir  unwahr- 
scheinlich, denn  der  Körper  des  Hektor  und  das  Bein  des 

*  Das  Oespann  rechts  foa  dsn  Reslea  «if  Fragment  ^  amusetien  geht 
darum  nicbt,wcil  das  Schulterhild  daaa  tu  weit  fiber  das  Bildfeld  des  Ban- 
Ches  hia^s^reifen  würde. 


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VA.SBN8CHBRBKN  AÜS  KLA^OMBMaI 


45 


Aebilleas  halten  sieh  ▼on  dem  weieaen  Grabmal  nieht  genügend 
abgehoben.  Pdr  den  Pali,  dass  man  den  weissen  Pleek  nieht 
als  lufiUlig,  etwa  als  Versinterung  ansehen  will,  möchte  ich 
▼orsehlagen,  ihn  als  Rest  des  Gesasses  and  des  Oberschenkels 
▼on  Heirtor  so  betrachten.  Dem  Maler  hatten  dann  Bilder  des 
in  sein  Schwert  gefiillenen  Aias  ▼orgeschwebt  (vgl.  Longp^« 
rier,  Muaie  NapoUon  III  Taf.  66).  DicBC  ffir  einen  Geschleif- 
ten so  unnatQrliche  Stellung  hätte  der  Maler  wol  deshalb  gc- 
wShlt,  weil  er  bei  einem  giinz  ausgestreckt  auf  dem  Bauche 
Liegenden  mit  der  Zeichnung  des  Gesichtes  und  der  Arme  in 
Verlegenheit  gekommen  wäre.  Die  Roekenlage  wiederum,  die 
auf  attischen  Darstellungen  die  übliche  ist,  hat  er  vermieden, 
▼rail  bei  ihr  die  Zeichnung  der  unten  am  Wagenstuhl  ange- 
bundenen Püsse  Schwierigkeiten  machte.  Ausserdem  wQrde 
Jene  Stellung  noch  den  Vorteil  bieten,  dass  der  leere  Raum 
Ober  dem  Leichnam  etwas  verkleinert  wird.  Br  war  vielleicht 
durch  ein  Eidolon  oder  einen  fliegenden  Vogel  gefallt. 

Wir  darfen  annehmen,  dass  das  Gespann  die  Mitte  des 
Schulterbildes  einnahm.  Dann  bleibt  rechts  von  ihiD  gerade 
für  ein  Kämpferpaar  Raum  übrig.  Wie  wir  die  Komposition 
nach  links  hin  vervollständigen  sollen,  lässt  sich  natürlich 
nicht  mehr  sagen.  Es  ist  reichlich  Raum  für  zwei  Figuren 
vorhanden.  Dass  hier  der  Tymbos  war,  ist  nicht  glaublich. 
Hälte  der  Maler  ihn  für  nötig  gehalten,  so  hätte  er  ihn  wol 
hinter  dem  Wagen  angebracht.  Auf  die  Reste  unter  den  Pfer- 
den, die  auf  einen  Gefallenen  schliessen  lassen,  wurde  schon 
hingewiesen. 

Der  Maler  hat  sich  genau  an  die  Scliilderung  des  Rpos  ge- 
halten. Er  gibt  uns  die  Scene  wieder,  wie  Achilleus,  seihst  sein 
Gespann  lenkend,  den  Leichnam  Heklors  von  dem  Schlacht- 
felde wegschleift.  Die  Bilder,  die  uns  die  spätere  Schleifung 
um  den  Grabhügel  des  Palroklos  zeigen ,  verraten  dadurch, 
dass  sie  Achilleus  meist  neben  seinem  Wagen  herlaufen  las- 
sen,  und  durch  die  Zusatzfiguren  (vgl.  A.Schneider  a.  a.  O. 
S.  27  ff.)  weniger  Klarheit  und  weniger  Anlehnung  an  das 
Epos  Sie  haben  eben  das  beliebte  fertige  Schema  eines  eiieodea 


46 


Gespannes  mit  laufenden  Kriegern  daneben  ^  durch  Hinzu- 
füguDgeiaes  Grabhügels  und  der  Leiche  Hektors  individualisirt.: 

Versuchen  wir  nun  auch  für  dir  erste  Scherbe  eine  Deutung, 
SU  finden.  Zunächst  wird  man  bei  dem  Paare  auf  dem  Throne 
an  Götter  denicen.  Dagegen  spricht  aber  eine  kleine  Beobach- 
tung. Bei  der  Frau  wie  bei  dem  stehenden  Manne  fallen  die 
Haare  als  Locken  in  die  Stime.  Der  sitzende  Mann  hat  keine 
Locken,  seine  Stiroe  ist  siemlich  hoch.  Ich  glaabe,  der  Haler 
wollte  bei  ihm  das  Sehwinden  der  Haare  sum  Ausdruck  brin* 
gen.  Ist  dies  richtig,  so  haben  wir  es  mit  einem  Sterbliehen, 
nicht  mit  einem  Gotte  su  thun  Es  ist  demnach  ein  Herr- 
scherpaar, das  auf  dem  Throne  sitst ,  der  stehende  Mann  vor 
ihm  seiner  Tracht  nach  ein  Herold.  Br  halt  gerade  den  Ge- 
bietern das  Thymiaterion  hin,  da  ereignet  sich  etwas  hinter 
seinem  Rficken,  das  alle  drei  Personen  in  Erregung  Tersetst. 

Es  kommen  zwei  Pferde  heran,  im  Galopp,  wie  man  aus 
der  mit  den  Pferden  des  Schulterbildes  übereinstimmenden 
Haltung  ihrer  Köpfe  schliessen  kann.  Dass  die  Vorderfüsse 
nicht  mehr  gestreckt  sind,  beweist  nichts  dag^n,  denn  es 
gibt  gerade  im  Gebiete  der  Jonischen  Kunst  genug  Beispiele 
yon  galoppirenden  Pferden  mit  derselben  Haltung  der  Beine  \ 
Man  wird  nach  der  Darstellung  des  Sehulterbildes  auch  bei. 


*  Vgl.  Gerhard,  A.  V.  II  Taf.  94.  136. 

*  Man  bat  allerdings  die  Figur  eines  weisshaarigen  Mannes  mit  Ker^keion, 
der  dem  Zug  der  Göllinuea  und  des  Hermes  zum  Parisurteil  vorausgebtirür 
Zeus  erklart  (AmphiMra  in  Hfinclwi,  Jabn  Nr.  ISS;  Gerhard  A.  V.  III  Taf. 
170).  So  noch  Schneider,  a.  a.  O.  S.  102.  Bs  ist  natürlich  nur  ein  Greia 
(Ygl.  Dümmler,  Hörn.  MilthHIungen  1887  S.  174,  Villi,  licr  zu  dein  Ty- 
penvorral  dieser  Vasenklasse  gehört,  wie  uns  die  Amphura  Rom.  Mit- 
theilangen  1887  Taf.  8,  1  lehrt.  Br  i»t  wol  anr  lor  Pallaiig  in  diese  Kom- 
position hineinseietxt  Dass  man  öberfaaupt  bei  diesen  Bildern  es  mit  der 
Deulung  einzelner  Figuren  nicht  zu  genau  nehmen  darf,  zeigt  die  Amphora 
in  Paris,  auf  der  bei  der  Erlegung  des  Minotauros  ein  unbärtiger  Mann  mit 
KerykeioD  und  ein  Greis  mit  einem  Hasen  in  der  Hand  erscheinen  ( vgl. 
DQmmier  a.  a.  O.  8. 174,  VII,  dessen  Besebroibong  niebt  gans  genau  isl|. 

*  Vgl.  den  neuen  Sarkophag  in  London,  Monum»iU$  Piot  IV  Taf.  4-7, 
das  Thonrelief  im  Cttbimt  du  M4äaiU«t  tu  Paris,  OoseUe  arehielogijM  1883' 
Taf.  49. 


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VASltNSCmilflBN  Alfs  ItUf OMBNAf 


diesen  Pferden  zunächst  an  ein  Gespann  denken.  Allein  der 
Vergleich  zeigt  uns  wichtige  Unterschiede  Das  Pferd  des  Scliul- 
terhildes  trägt  um  den  Hals  den  brcilcn  Gurt,  mit  dem  es  an 
der  Deichsel  befestigt  ist,  und  der  sich  regelmässig  so  bei  Wa- 
genpferden  auf  jonischen  Denkmälern  findet  (vgl.  die  Bilder 
der  Thonsarkophage,  das  eben  genannte  Thonrelief  u.  s.  w.), 
und  darunter  das  Band  mit  den  Anhängseln.  Das  Pferd  auf 
dem  Bauchbilde  trägt  nur  letzteres  und  zwar  an  der  Stelle,  wo 
das  andere  den  Gurt  hat.  Diesen  in  den  wagrechten  RiUlinlen 
unterhalb  des  Zierbandes  zu  sehen  ^hl  nicht,  weil  sie  nach 
Yom  zusammenlaufen.  Der  Gurt  wäre  andfai  zu  schmal.  Die 
unteren  Pferde  haben  Zügel»  die  den  angeschirrten  Pferden  zu 
fehlen  scheinen.  Wenn  wir  somit  unsere  Pferde  nicht  wol  an 
einen  Wagen  gespannt  denken  können,  bleibt  uns  nur  übrig 
ihnen  einen  Reiter  zu  geben.  Nun  gibt  uns  aber  auch  ein  be- 
kanntes Monument  die  Deutung  an  die  Hand. 

Auf  der  Franpoisvase  sitzt  Priamos,  auch  durch  die  hohe 
Stirne  als  Greis  gekennzeichnet,  Yor  der  Stadtmauer.  Auf  ihn 
eilen  Antenor  und  Polyxena  zu.  Hinter  ihnen  sieht  man  Troi- 
los  galoppirend,  von  Achilleus  beinahe  ereilt,  und  einige  Göt- 
ter. Wenn  wir  ähnlich  unser  Bild  ergänzen,  so  ist  die  Er- 
regung, die  sich  in  der  Haltung  der  drei  Personen  ausspricht, 
Toiikommen  erklärt.  Auch  die  horizontalen  Rttslinien  auf 
der  Brust  des  Pferdes  finden  nun  ihre  Deutung.  Es  sind  die 
Spitzen  der  kleinen  Wurfspeere,  die  Troiios  ftlhrt;  auf  der 
Fran^oisvase  halt  er  sie  nach  oben  gerichtet.  Hinter  den  Pferden 
werden  wir  den  laufenden  Achilleus  erg^zen.  Damit  ist  aber 
der  verfügbare  Raum  noch  nicht  gefüllt.  Wir  dürfen  in  ihn 
vielleicht  die  fliehende  Polyxena  oder  zuschauende  Götter, 
möglicher  Weise  auch  nur  Genossen  des  Achilleus  einsetzen. 
Wir  besitzen  aus  dem  Gebiete  der  jonischen  Kunst  nur  eine 
Darstellung  des  Troilosabenteuers  auf  der  Amphora  bei  Ger- 
hard, Auserlesene  Vaaenbilder  III  Taf.  185.  Auf  ihr  wird 
Polyxena  von  Troiios  getrennt  durch  zwei  Krieger  bedroht. 
Etwas  Ähnliches  könnte  auf  der  linken  Seite  unseres  Bildes 
gemall  gewesen  sein.  Die  gegebene  Erklärung  der  Seherbe 


48 


n.  tAint 


erhalt,  wie  ich  glaube,  durch  die  Darstellung  auf  der  Schulter 
Doeh  mehr  Wahrseheinlichkeit;  beide  Bilder  eehildeni  das 
Unglack  des  TroerkOnigs. 

Beieichnend  sind  die  Unterschiede,  die  sich  bei  einem  nähe- 
ren Vergleich  mit  dem  Werke  des  Rlitias  ergeben.  Auf  dem 
attischen  Bild  sttst  Priamos  allein  auf  einem  gewdhnlichen 
Sitae.  Der  jonische  Maler  lasst  ihn  auf  einem  Throne  sitzen, 
gibt  ihm  seine  Gemahlin  an  die  Seite  und  stellt  Tor  beide  ei- 
nen Herold,  der  sie  durch  den  Duft  des  Weihrauchs  ergötzt. 
Er  hat  sich  viel  mehr  bemüht,  den  Itöniglichen  Hofhalt  zur 
Anschauung  zu  bringen.  Er  wird  dabei  zunächst  von  Rerni- 
niscenzen  aus  dem  l']pos  beeinflusst  worden  sein.  So  mag  ihn 
die  Scene,  wie  Hekabe  neben  Priamos  von  der  Mauer  aus 
den  Tod  des  flektor  sieht,  veranlasst  haben,  auch  in  seinem 
Bilde  die  unglückliche  Mutter  darzustellen.  Dass  die  Königin 
neben  dem  König  sitzt,  ist  homerische  Sitte.  So  sitzt  Helena 
neben  Menelaos  (S  \     fF  ).  Arete  neben  Alkinoos      305  (T. ), 
es  sei  auch  daran  erinnert,  wie  Helena  mit  Priamos  auf  der 
Stadtmauer  sitzend  das  Heer  der  Acliaier  betracfitet.  Auch  die 
Bedienung  des  Herrschers  durch  den  Herold  ist  homerisch. 
Ich  glaube  jedoch,  dass  in  der  Darstellung  des  letzteren  mit 
dem  Thymiaterion  bei  dem  Maler  auch  eine  gewisse  Kenntnisa 
des  Ceremoniells  an  orientalischen  Fürslenhöfen  mitgewirkt 
haben  kann.  Man  erinnere  sich  an  die  assyrischen  und  persi- 
schen Bildwerke,die  den  König  thronend  und  hinter  ihm  seine 
Wedelträger  zeigen.  Besonders  möchte  ich  auf  das  Relief  tod 
Kujundschik  hinweisen,  auf  dem  wir  Assurbanipal  mit  seiner 
Gemahlin  in  der  Laube  sehen.  Räucherbecken  stehen  am  Bo- 
den, eine  Reihe  von  Dienern  bemüht  sich  um  das  Herrscher- 
paar. 

Der  jonische  Maler  gibt  uns  nicht,  wie  Rlitias,  das  Lokal 
an,  in  dem  wir  uns  den  König  zu  denken  haben.  Möglicher- 
weise entnahm  er  seine  Figuren  einem  grösseren  Vorbilde,  in 
dem  auch  auf  die  Umgebung  Hüeksicht  genommen  war.  Ähn- 
lichen Abkürzungen  grösserer  Kompositionen  werden  wir  noch 
begegoeo. 


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VA8BN8CHBR&BN  AUS  KLAZOMBNAI 


49 


Wenn  wir  uns  nach  verwandten  Stücken  fttr  unsere  Scher- 
ben im  Gebtete  der  jonischen  Vasenmalerei  umsehen,  werden 
wir  keine  näheren  Parallelen  finden  als  die  Scherben  aus  Teil 
Defenneh  in  Ägypten  K  Zunächst  können  wir  uns  die  Form  un- 
seres Gefässes  nach  der  Hydria  bei  Dümmler  a.a.O.  S. 45, 
Antike  Denkmäler  II  S.  8  Taf.  21,  1  vorstellen.  Die  Tor« 
tre£Eltche  Farbentafel  der  Antiken  Denkmäler  kann  uns  am 
besten  den  bunten  Eindruck  auch  unserer  Scherben  vergegen- 
wärtigen. Allerdings  ist  die  Thonoberlläche  unseres  Stückes 
mehr  grau,  allein  dies  wird  nur  Schuld  des  Brennens  sein. 
Ich  erinnere  mich  auch  unter  den  Scherben  von  Defenneh 
solche  gesehen  zu  haben,  welche  nicht  die  lebhafte  Farbe  hal^ 
ten,  wie  die  abgebildeten  Proben.  Die  Technik  stimmt  ganz 
fiberein  mit  der  unserer  Scherben.  Das  Weiss  ist  unmittelbar 
auf  den  Thongrund  gesetzt  und  hat  Innenieichnung  und  zum 
Teil  auch  Umrisse  -in  verdünntem  Pimiss.  Die  geritzten 
Konturlinien  sind  reichlich  verwendet.  Auch  das  Fleisch 
der  Männer  ist,  wie  ich  nachgewiesen  zu  haben  glaube', 
mitunter  weiss  gemalt.  Dass  es  auf  unseren  Scherben  fast 
durchw^  weiss  ist  —  bei  dem  Schützen  scheint  es ,  semen 
Pässen  nach  zu  urteilen,  allerdings  schwarz  zu  sein — während 
auf  den  Scherben  von  Defenneh  mehr  das  Schwarz  vorherrscht, 
ist  ohne  Belang.  Denselben  Unterschied  können  wir  zwischen 
einzelnen  Stücken  der  Gattung  der  cäretanerHydrien gewahren. 
Ich  möchte  noch  auf  Übereinstimmungen  in  der  Zeichnung 
hinweisen.  Ungemein  ähnlich  ist  das  schwarze  Reitpferd  auf 
unserem  Fragment  1  dem  Pferde  auf  der  ägyptischen  Sehern 
bct  das  den  weissen  Knaben  trägt  {7anU  Jl  Taf.  29,  4; 
Antike  Denkmäler  11  Taf.  21,  2).  Man  beachte  namentlich 
die  liehevolle  Zeichnung  des  Maules  mit  den  Zähnen ,  den 
Haut&iten,  die  Muskellinie  unter  dem  Auge.  Die  Auf- 
zäumung und  der  Schmuck  des  Plerdes  ist  auf  beiden  Stücken 


<  Fliodeis  Petiie,  Tatm  II  tat.  29.90;  Dfimmler,Jabrbacbl89&8.38fr.; 
Antike  Denkniälrr  II  Tal".  '31. 

'  Darstellung  dt'r  Harbarcn  S.  (il  Aom.  2. 

ATHEN.  M1TTU£1LUNGEN  XXIU.  4 


*.  «ARN 


identisch.  Auch  das  Pferd  auf  einer  Scherbe  von  Naukratis, 
die  ebenfalls  zur  Gattung  von  Üefenneh  gehört,  ist  zu  verglei- 
chen {Catal.  of  vases  in  the  Brit.  Museum  II  B  103,  14 
Nr.  3,  abgebildet  Jahrbuch  1896  S.  268).  Beide  IM'erde,  wie 
auch  die  VVagenpferde  auf  der  oben  angeführten  Uydria  aus 
Defeoneh ,  zeigen  die  sonderbaren  Reihen  weisser  Punkte 
längs  den  Muskellinien^  Für  die  Bildung  der  Hände,  die  ei- 
gentömlich  gezeichnete  Schulter,  die  Verzierung  der  Gewän- 
der, den  Schnitt  des  Ärmels,  die  Form  des  Ohrrings,  die  Hais- 
händer  der  Männer  wird  man  leicht  die  ParalleleD  auf  den 
genannten  Scherben  finden;  sie  alle  aufzuführen,  erscheint  mir 
Oberflüssig. 

Dass  die  Maler  der  ägyptischen  Scherben  auch  aus  dem  Epos 
schöpften,  hat  Petersen  durch  den  Nachweis  einer  DarsteUung 
des  Kirkeahenteoers  geteigt  (Jahrbuch  1897  S.&5).  Vielleicht 
dürfen  wir  auch  eine  Deutung  des  so  häufig  dargestellten  rei- 
tenden Knaben  wagen,  der  bis  jetzt  seiner  weissen  Färbung 
wegen  immer  fQr  eine  Frau  erklärt  wurde  Auf  den  älteren 
attischen  Bildern,  die  Troilos  und  Polyzena  am  Brunnen  zei- 
gen, ist  Troilos  Ton  einem  oder  mehreren  Männern ,  meist 
Kriegern  begleitet.  Als  Beispiel  erwähne  ich  eine  zu  der  Gat- 
tung der  tyrrenischen  Amphoren  gehörende  Hydria  AnnaU 
deW  Inst.  1866  Tat  R,  Mehrere  Eigentümlichkeiten  in  die- 
sen Darstellungen,  auf  die  ich  an  anderer  Stelle  zu  sprechen 
komme',  veranlassen  mich,  sie  mit  der  jonischen  Kunst  in 
Verbindung  zu  bringen.  Es  scheint  mir  nun  gar  nicht  un- 
denkbar, dass  wir  in  dem  jugendlichen  Reiter  der  Scherben 
Yon  Defenneb  mit  seinem  bewafifneten  Begleiter  nur  eine  Ab* 
kürznng  der  Komposition  haben,  die  das  Vorbild  für  die  atti- 


•  Solche  Vorbilder  hat  vielleicht  der  höotische  Töpfer  Gaim  des  honülzl ; 
seine  Tiere  zeigen  die^elhe  ICigi  nliiniliclikt  it  üIk  rti  it  lii  n  \\x\.  kVw  K.iiiiu' 
Wiener  VurlegcbiäUer  I8b8  Tal.  i,  i'  und  7  und  den  Kuniliaru»  liuliclin  de 
luU.  1897  8.  450,  der  gewiss  von  derselben  Hand  ist. 

5  Calot.  of  vases  in  Ihe  Ürit.  Mus.  II  D  IlG,  1-3  Stücke  aus  Defcuneh,  B 
102,  32  Fragment  ans  Naukratis.  Vgl.  Dümmler  a.  a.  O.  B.  36  und  3ä  f. 

'  Darslelluog  der  Barbaren. 


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VASfeffSCHBllBBN  AUS  KUZOllBNAl 


9f 


sehen  Maler  abgab.  Auf  der  Scherbe  ausNaukratis  (B  102,32) 
hielt  der  Knabe  einen  kleinen  Speer  in  der  Hand,  dessen 
Spitze  über  dem  Rücken  des  Pferdes  noch  erhalten  ist.  Eine 
weitere  Scherbe  (B  lib, 4),  offentMir  mit  derselben  DarsteU 
luDg,  ist  darum  bemerkenswert,  weil  der  Knabe  noch  ein 
Handpferd  hat,  wie  auf  unserer  Scherbe  1 . 

Nach  den  eben  angeführten  Übereinstimmungen  sind  wir 
wol  zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dass  unsere  Scherben  und  die 
aas  Defenneh  derselben  Fabiik  angehören.  Flinders  Petrie 
(a.  a.  O.  S.  62)  und  ihm  folgend  Dümmler  (a.  a.  O.  S.  36) 
haben  für  letztere  lokale  Herstellung  angenommen.  Petrie 
glaubte  zu  dieser  Annahme  gezwungen  zu  sein  durch  die  Beo- 
bachtung, dass  die  Keramik  Ton  Naukratis  so  anfbllend  wenig 
Berührungspunkte  mit  der  von  Dapbnai  zeigt.  Er  konnte  sich 
diese  Erscheinui^  bei; einem  Import  ans  dem  Mutterlande 
nicht  erklären.  Aber  diese  Folgerung  ist  nicht  zwingend Wir 


*  Dass  diu  andere  in  Defe mich  häuGgeGalluug,  die  sogenariDten  Silulen, 
an  Ort  und  Stelle  gemacht  wurde,  erscheint  mir  auch  nicht  sicher.  Pelrie 

[Tants  II  S.  02)  glaubt  namentlich  in  der  Form  ägyptischen  Einfluss  zu  er- 
lieniicn.  Dass  die  Furm  alii  r  auch  sonst  in  griechischer  Keramik  vorkommt, 
beweist  das  italisch  -  koiiulhiäcbe  Gcfäss  in  München  (Jahn  Nr.  946;  Lau, 
Die  griecbiseben  Vasen  Taf.  5,2).  Die  Form  lerhält  sich  zu  den  schlanken 
Amphoren,  von  denen  die  meistra  oben  beeprocheoen  Scherben  von  De- 
fenneh stammen  (vgl.  Jahrbuch  t895  S.  39)  und  diescbon  in  der  Zeit  des 
geometrisclien  Siih'>>  ausgebildet  wurden  (  vgl.  Salzmanii,  Civiüros  Tar.  45; 
Cunze,  Autänge  der  Kunst  Taf.ö,i)  wie  die  spatere  Pel ike  zur  gewühulichen 
ilmpbora.  Die  älteste  der Situlen  {Tanis  II  Taf.  25, 3;  Tgl.  Dümmler,  Jahr- 
buch 1895  8.  37 )  zeig!  in  iiirer  Dekoration  noch  reichliche  geometrische 
Elemente,  die  späteren  liaLcn  l>au<•ll^tI•tMf(•ll  mil  Palinellen  und  Lolosblülen, 
ganz  wie  auf  rhodischen  Gelassen  ( vgl.  tiesonders  die  Amphoren  in  Karls- 
ruhe, Winnefeld  Nr.  32-34).  Wären  nun  die  Gefasse  in  Daphnai  selbst 
hergestelli,  so  mässte  man  für  diese  Fabrik  eine  der  des  Mutterlandes  ent- 
sprechende Entwicklung  aus  dem  geometrischen  zum  orientalischen  Stil 
oder  einen  beslatuliLicn  luipurl  freuuier  Vorbilder  aniichuien,  von  denen 
keine  bpureu  geluudeu  \^uiden.  Las^l  mau  da  nicht  einfacher  die  Oelässe 
selbst  imporlirt  sein  ? 

Dass  auf  einer  Scherbe  |  Tanis  II  Taf.  S6,3.  29, 2 )  ein  Beschnittener  dar- 
gestellt ist,  kann  auch  nicht  für  ctigcrc  Beziehungen  zu  Ägypten  bcweisene 
Man  erinnere  sicli,  wie  gut  der  Maler  der  cärelaner  Ilydria  mit  dem  Bu- 
sirisabenteuer die  iVgjpler  kennt.  Auch  aut  der  rotligurigen  attischen  Pelik. 


Ii.  ftAlM 


wissen  auch  sonst,  dass  gewisse  Fabriken  fast  ausschliesslich 
nach  einem  einzigen  Ort  celiefert  haben  ;  man  denke  z.  B.  an 
die  cäretaner  flydrien.  Ferner  erklärt  sich  in  Naukratis  die 
grosse  Mannigfaltigkeit  der  Keramik  daraus,  dass  die  Stadt 
eine  gemeinsame  Gründung  mehrerer  Städte  war,  in  die  wol 
jeder  die  in  seiner  Heimat  hergestellten  Gefässe  mitbrachte. 
Daphnai  dagegen,  wo  doch  nur  griechische  Söldner  und  Yiel- 
leicbt  einige  Gewerbetreibende  wohnten,  konnte  sein  Bedürf- 
nisslbei  nur  einer  Fabrik  decken.  Übrigens  macht  Dümmler 
selbst  darauf  aufmerksam,  dasa  Stücke  der  Gattung  Ton  De- 
fenoeh  in  Xaukratis  vorkommfln.  Neben  den  schon  erwähnten 
Fragmenten  B  102,  32  mit  weissem  Heiter  und  B  103, 14  Nr. 
3  mit  schwarzem  Reiter  reebne  ich  hierher  noch  die  Scherbe  B 
102,  28  mit  der  Darstellung  eines  Hopiiten  und  eines  skythi- 
Bchen  Schützen,  deren  Fleisch  auch  weiss  gemalt  ist  ^  Viei- 
leieht  gehört  hierher  auch  die  Scherbe  mit  dem  SirenenabeD* 
teuer  (B  103, 19  Fig.  43),  wieder  einer  Darstellung  aua  dem 
Epos. 

Oammler  findet  in  der  Zeichnung  ägyptische  Elemente. 
So  erinnert  ihn  die  Stiliairung  der  Pferde  an  ägyptische  Dar- 
atellungen.  Auffallender  ist,  wie  ich  glaube,  die  Übereinstim- 
mung mit  assyrischen  Bildern.  Nicht  nur  die  Bildung  des 
Körpers  mit  der  stark  Tortrelenden  Brust,  dem  dicken  Halse 
und  der  genauen  Durchbildung  des  Maules  ist  assyrisch,  son- 
dern auch  die  g»nze  Anschirrung  und  der  Schmuck  des  Pfer- 
des'. Aueh  der  auf  der  Deichsel  Yome  au%eselsle  Tierkopf  fin- 


im  athenischen  Nalioaalmuseum  l  Duinont- Chaplain ,  Ciramiques  de  la 
QHce  propr$  I  Taf.  18)  sind  die  Ägypter  beicbnitlen  da^tellt. 

*  Dai  Stfiek  wird  abgebildet:  Darsleliung  der  Barharen. 

*  Wie  stark  der  Eiiifluss  (U  r  assyrischpn  Kuiisi  auf  die  kleinasiatisch - 
griechische  Kunst  war,  zeigt  besonders  das  Tliourelief  Oaselte  archeologüjue 
ibUa  Taf.  kS).  Bezeichoeud  ist  oaincutlicb  die  Modellirung  des  Beines  an 
der  Stelle,  wo  es  an  den  Leib  aosetil.  Die  Vermittlerin  war  wol  die  betti- 
titcbe  Kunst,  man  vergleiche  z.  B.  das  Relief  bei  Hamann  und  Puchstein, 
Reisen  in  Kleinasien  und  Nurdsjrirn  Taf,  46  und  hei  iV  irol-Chipiez,  Hi- 
ttoire  de  l'art  iV  8.  5ö3,  auf  dem  das  i^ferd  denselben  bchmuck  IragU  wie 
die  assjriscben  und  die  grieolÜBCben  Pferde. 


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VASBN8CHBRBBN  AUS  KLAZOMBNA,! 


53 


del  sieb  regelmässig  bei  assyriscbeo  Wagen.  Dass  die  Reiter 
auf  Decken  reiten  entgegen  der  gemeiDgrieebiseben  Gewohn- 
heit, geht  wol  auf  denselben  BinOuss  snrttek ;  das  assyrische 
Reitpferd  trSgt  regelmässig  eine  Decke*. 

In  der  Figur  mit  dem  Lendenachurs  auf  dem  yon  ihm  a.  a. 
O.  S.  4  t  Fig.  4  abgebildeten  Fragmente  sieht  Dttmmler  einen 
Niehlgriechen  und  erinnert  sich  bei  ihm  an  Sgyptisehe  Dar> 
Stellungen  gefangener  Neger.  Nun  ist  aber  der  Lendenschurs 
als  Minnertrachtf  durchaus  nicht  selten  auf  Jonischen  Denk- 
mälern. Auf  einer  polychromen  Scherbe  von  der  Akropolis» 
die  in  der  in  Naukratis  so  häufig  vorkommenden  Gattung  ge- 
hört, trägt  ihn  Herakles.  Bbenso  ist  er  die  Tracht  derWagon- 
lenker  und  der  sich  Abenden  Krieger  auf  dem  neuen  klazo- 
menischen  Sarkophag  in  London  Weiter  tragen  ihn  die 
Komasten  auf  den  Fikellura- Amphoran  und  auf  einer  böoti- 
sehen  Schassel  im  athenischen  Nationalmuseum  Nr.  418, 
die  in  der  Zeichnung  an  jene  Amphoren  erinnert'.  Die 
sonderbaro  Verdrehung  der  Brust  des  Mannes  erklärt  sich 
aus  der  Ungeschicklichkeit  des  Malere,  die  sieh  gerade  bei 
der  Zeichnung  der  Brust  und  Schulter  su  verraten  pflegt. 
Eine  entsprechende  Verseichnung  findet  sich  auf  der  eben 
erwähnten  böotischen  Schüssel:  Bin  Plötenbläaer  kniet  nach 
links,  auch  sein  Kopf  ist  dahin  gewandt,  dagegen  ist  der 
Oberkörper  von  vom  geieichnet  und  er  hat  nur  einen  Arm 
an  der  rechten  Schulter.  Ähnlich  muss  das  Gebilde  auf  der 
Scherbe  gewesen  sein;  den  roten  Fleck  oben,  den  Dflmmler 
als  Bart  oder  den  Rest  einer  aul  der  Schulter  getragenen  Last 
ansieht,  halte  ich  für  das  Ende  des  Haares  (vgl.  die  Tanzen- 
den auf  der  Scherbe  Fig.  6  bei  Dümmier  a.  a.  0.). 


*  Vergleiche  auch  den  Fries  von  Xauthof  im  Brittischen  Museum,  CSslo- 
logue  of  Gref  k  sculpture  I  Nr.  86  und  die  oripnlaliscli-griechischen  Gemmen 
in  Berlin, Kurtwängler,  Beschreibung  der  geschnittenen  äteine  im  Antiqua- 
Taf.  4, 180.  t8S.  183.  Siebe  aueb  unteii  8.  56  Anm.  9. 

«  Monuments  Piot  IV  Taf.  4.  5. 

3  Sic  wird  in  dem  vorbereitelea  Werke  Über  du  tbebanieebe  Keblren- 
beiligttun  abgebildet  werden. 


54  R.  ZAHN 

Die  Frage  nach  der  Herkunft  der  Gefässe  von  Defeoneh  wird 
durch  unsere  Scherben  entschieden.  Jhre  Herstellung  ist  im 
Hrimatlande  zu  suchen.  Denn  man  wird  nicht  annehmen  wol- 
len, dass  aus  der  lokalen  Fabrik  von  Daphnai  Gefasse  nach 
Jonien  importirt  wurden.  Ich  will  noch  erwähnen,  dass  auch 
auf  der  Akropolis  zwei  Fragmente  gefunden  sind,  welche,  so- 
weit man  dies  ohne  directeVergleicbung sagen  kann.denselben 
Tbon,wie  die  Defennehware,  und  die  fttr  diese  charakteristi- 
schen abwechselnd  Schwarzbrot  und  weiss  gemalten  HalbmoDde 
haben.  Dasselbe  Ornament  in  mehreren  Reihen  übereinander, 
die  durch  das  ebenfells  in  Defenneh  so  häufige  Stabomameot  * 
mit  Punkten  getrennt  werden,  zeigt  ein  grosser  fragmentirter 
Skyphos  aus  dem  Heiligtum  des  Zeus  Aphesios  bei  Megara  * 
im  Museum  von  Eleusis.  Auoh  der  lederfarbene  Thon  des  Ge- 
lasses erinnert  an  unsere  (ialtunL'.  WW  dürfen  also  vielleicht 
das  Urteil  Dunnnlers.  dass  das  Ornament  der  Halbmonde  von 
den  Verfertigern  der  Amphoren  von  Defenneh  der  Fikeiiura- 
gattung  entlehnt  wurde,  gerade  umkehren. 

Die  Schf'ihon  von  Defenneh  wurden  zum  srossen  Teil  zu- 
sammen  gefunden  mit  den  Verschlüssen  von  Amphoren,  die 
mit  den  Namen  des  Psamlik  Ii  und  Amasis  gestempelt  waren. 
Bald  nach  dem  Kegierungsantritt  des  Amasis  muss  die  grie- 
chische Besiedelung  von  Daphnai  aufgehört  haben,  denn  wir 
wissen  aus  Herodoi  (11  151. 178.179),  dass  er  die  griechischen 
Söldner  nach  Memphis  verlegte,  die  andern  Grieclien  aber  auf 
Naukratis  beschränkte*'.  So  bekamen  wir  also  für  die  Scher- 
ben als  Zeitgrenzen  ungefähr  die  Jahre  595  und 565  {Tands  II 
S.  58  f.).  Wenn  die  Gefässe  importirt  sind,  kann  ihre  Fabrika- 
tion noch  etwas  länger  gedauert  haben, doch  ist  dies  nach  dem 
ganzen  Charakter  der  Stocke  nicht  gerade  wahrscheinlich.  Die 
klazomenischen  Scherben  gehören  jedenfalls  nicht  su  den  äl- 


'  Vgl.  Dümmler  a.  a.  O.  S.  39. 

a  V«l.  Philios  uiifl  I.ollin-,  •E?r,ut?t;  ap/.  \m  8.  21  ff. 
Wir  lialxMi  keiiien  Grund  an  <ler  Möglichkeit  der  Durchfiiliriuii;  einer 
solchen  Mussregel  zu  zwciluiu,  wie  dies  Üüiuiuler  a.  a.  0.  ti.  36  Ihut. 


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VASBNSCHERBEN  AUS  KLAZOMBNAI 


55 


testen  Stücken  der  Gattung,denn  sie  zeigen  schon  Faltenlinien 
in  den  Mänteln.  Auch  die  Decke  am  Schiide  weist  wol  auf  eine 
etwas  jüngere  Zeit  hin.  Sie  ist  ganz  gewöhnlich  bei  den  Krie- 
gern auf  den  klazonienischen  Sarkophagen.  Das  Verhältntss 
dieser  zu  unseren  Scherben  ist  etwa  wie  das  der  strengen  at- 
tischen Meister  Bxekias  und  Amasis  zu  dem  älteren  Sophilos. 
Wenn  wir  nun  die  Sarkophage  etwas  vor  und  nach  der  Mitte 
des  sechsten  Jahrhunderts  ansetzen  mttssen  *,  so  dQrfen  wir  mit 
unseren  Scherben  und  den  Stacken  von  Defenneh  gewiss  einige 
Jahrzehnte  Uber  diesen  Zeitpunkt  hinaufgehen. 

Dass  wir  die  Entstehung  der  Sarkophage  in  demselben  en- 
geren Kunstkreise  zu  suchen  haben,  wie  die  der  besprochenen 
Scherben,  scheint  mir  nicht  zweifelhaft  zu  sein.  Kin  Stück 
wie  die  Hydria  Antike  Denkmäler  II  Taf.  21,  1  nähert  sich 
durch  ihre  sorgrälligere,  strengere  Zeichnung  sclion  merklich 
den  Bildern  der  Sarkophage,  andererseits  sind  die  londoner 
Frai^rnente  [Journal  of  Hell,  studies  1883  Taf.  31,  Antike 
Denkmäler  I  Taf.  i6,  3.  4)  oder  Stücke  wie  der  Sarko[)hag 
in  Konstantinopel  {Revue  des  etudes  ^recques  189.0  S.  161  ff.) 
und  der  im  Louvre  {Bulletin  de  corr.  hell.  1895  Taf.  1.2) 
noch  nicht  viel  entwickelter,  als  die  Gefässe.  Die  Pferde  auf 
diesen  beiden  Sarkophagen  sind  die  nächsten  Verwandten  der 
Tiere  auf  der  Hydria. 
Zwischen  beiden  Denkmäierklassen  bestehen  viele  Oberein- 


<  W«an  man  die  Sarkophage  mit  einander  veiipleieiit.  so  scheinen  mir  die 

Unterschiede  nicht  .so  gross,  driss  man  1,'cnötigl  wäre,  sie  ihrer  Entwicklung 
nach  auf  eine  so  lange  Zeit  zu  vcrlfilon,  wie  dies  Joubin,  Bnllftin  de  curr. 
hell.  1895  S.  90  f.  thul.  Auch  das  Prinzip  seiner  chronologischen  Anord- 
nung ist  binlSlÜK;  dereine  nenerworbene  Sarkophag  in  Berlin  (Antike  Denk- 
Bftler  II  Taf.  25)  bat  neben  den  ausgesparten  Figoren  auf  bellem  Oninde, 
die  also  den  rotfigurigen  Vasen  entspreehen,lm  anteren  Bildfeld  aneh  noch 

die  rhodisclion  Tiere. 

Meine  Ansetzung  beruht  auf  ileni  Vergleiche  mit  der  attischen  Keramilc. 
S.  Reinach,  Rtvu»  des  itudu  grecques  iS95  8.  170  will  aus  der  Oeiehiohte 
der  Stadt  das  Jahr  540,  als  sie  auf  die  Insel  verlebt!  wurde,  als  tormi'ntix  «nto 

quem  für  die  Sarkophage  bcstirouK  n.  Aber  die  in  ihnen  Bestatteten  konnten 
auch  Orundtiesitzer  gewesen  sein,  die  bei  der  Verlegung  der  Stadt  zuruck- 
gebliebeo  waren. 


R.  SAHN 


Stimmungen  in  Einzelheiten.  So  kehren  die  vorhin  hei  den 
Pferden  auf  denScherhen  hervorg«'hohenen  Kiiit'nlümlichkeiten 
der  Körperhildung  und  der  ZiiumunLT  auf  den  Sarkophagen 
wieder.  Man  kann  sie  am  besten  hei  den  vollendet  gezeichne- 
ten Pferden  auf  dem  neuerworbeneo  Stück  in  Berlin  studiren, 
das  bald  in  den  Antiken  Denkmälern  II  Taf.  '26  veröffentlicht 
werden  wird.  Niclit  selten  ist  am  Knde  der  Deichsel  der  Grei- 
fenkopf angebracht  ^  Die  Heiter  reiten  auf  Satteldecken*. 
Auf  dem  Helm  kommt  der  eigentümliche  Stirnaufsatz  ^  vor 
{Man.  deW  Inst.  XI  Taf.  53).  Weiter  findet  sieb  der  Schopf 
am  Hinterkopf,  den  der  Knabe  auf  dem  Fragment  aus  Nau- 
kratis  (Jalirbuch  1896  S.  '208)  trägt,  als  Haartracht  für  Rei- 
ter und  WagenleDker, einmal  auch  für  Praueo  oder  Göttinnen^. 
Man  vergleiche  schliesslich  noch  das  grosse  Gorgoneion  auf 
dem  Schild  des  Kriegei  s  Journalof  Hell.  stud.  IV,  1883,  Taf. 
31  mit  dem  Schildzeichen  des  Achilleus  auf  unserer  Scherbe  2. 
Auffallend  ist  zunächst,  dass  auf  den  Sarkophagen  das  Weiss 
aU  Fleischfarbe,  das  auf  unseren  Scherben  so  reichlich  ver- 
wendet  ist,nicht  vorkommt.  Der  Grund  ist  ein  technischer.  Die 
Maler  ritzen  dieinneozeichnung  nichtein,sondem  sie  malen  sie 


«  JfoiMtmmtf  dM  Itut.  XI  Taf.  54.  BulMin  de  eorr.  Ml.  1895  8.  85. 
MonummU  Ptot  IV  Taf.  4.  5.  Vgl.  auch  das  sehon  erwihale  Thoorelief 

Gaselte  arrhMogique  18S3  Taf.  49  und  das  Relief  toii  Kyzikos  Bulletin  de 
corr.  hell.  189i  S.  41'3.  Melisi-lie  Amphora,  Conze,  Melische  Thonp«>fä.sse 
Taf.  4;  auf  der  Amphora  E^r^^Asplt  äf^.  1894  Taf.  13  ist  der  Greilcakupf 
durch  einen  Sohwanenkopf  ereetet.  Bei  assyrischen  Wagen  ist  das  Dtichsel- 
enile  rt;gcIniässiK  durch  einen  Tierkopf  gesobmfiokt. 

>  Antik*'  Denkm.ilor  I  Taf.  46,  5.  Journal  of  Hell,  studies  1883  Taf.  31. 
Bulletin  de  corr.  hell.  1892  S.  244.  Vgl.  auch  das  Bronzerelief  Antike  Denk- 
mäler II  Taf.  14. 

*  Vgl.  Oreenwell,  Num.  Ohmn.  1893  8.  91  und  Dfimmler,  Jahrbuch  1895 

8.  40,  wo  die  Littcratur  zusammengestellt  ist.  Es  ist  der  ftfXot  nach  Reichel. 
Homerisclie  NN'afTen  S.  116.  Beziohunpren  zu  d<>r  klazornenisolK-n  Keramik 
haben  vielleicht  auch  die  üefässe  in  l'urai  eines  behelmten  Kopfes  mit  der- 
selbea  Helnforni  und  dMn  Stiraaufsatz.die  auch  in  ägypiiseh«n  Ponellan 
nachgeahmt  wurden.  Vgl.  Gosells  orehMoQiqw  1890  8.  145  f.  Taf.  28,9. 3, 
NotiMk  deglx  scavi  t89i  S.  Vil . 

<  Mon.  dfW  Inst.  XI  Taf.  M.  Monumente  Pinl  IV  Taf.  4-6.  Antike  Denk- 
mäler  II  Taf.  20.  Vgl.  bluduiczka,  Jahrbuch  16Uü  d.  26ä. 


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VASEN8GHBRBBN  AUS  KLAZOMBNAI 


5t 


mil  feinen  Linien  in  Weiss  auf*.  Von  der  Venrendang  des 
TerdOnnlen  Firnisses  fQr  die  Innenlinien  auf  weissen  Partien 
waren  sie  aas  irgend  einem  Grunde  auch  abgekommen : 
die  figOrliehen  Schildzeichen  sind  nur  als  weisse  Silhouetten 
gemalt.  Dies  ging  bei  dem  menschlichen  Körper  nicht  an  und 
so  verzichteten  sie  darauf,  ihn  weiss  zu  malen. 

Eine  Umschau  in  unserem  Denkmälervorrate  liefert  uns 
noch  weitere  Stacke,  die  in  diesen  engeren  Kreis  gehören. 
Nur  kurz  sei  auf  die  Scherben  von  Kyme  hingewiesen,  deren 
nahe  Verwandtschaft  mit  den  Sarkophagen  schon  DQmmler 
hervorgehoben  hat  (Römische  Mittheilungen  1888  S.  162). 

Ein  recht  entwickeltes  hierher  zu  rechnendes  Gefass  ist  der 
Deinos  mit  Kampfdarstellung  im  Louvre,  Bulletin  de  corr. 
heU.  1893  S.  428  Taf.  18  (Pottier)^  Die  eine  Helmform  mit 
dem  StirnaofiBatz  und,  worauf  ich  besonders  aufmerksam  mache, 
den  den  Mund  ausdrackenden  kleinen  Bogenlinien  vorn  auf  der 
Baokenklappe^  findet  sich  genau  so  wieder  auf  dem  Fragment 
von  Defenneh, Antike  Denkmäler  II  Taf.  21.  3,  die  andere  mit 
dem  eigentümlich  hohen  Schädel,  dem  kleinen  Augenloch  und 
dem  mehrfarbigen  Helmbusch  auf  dem  schon  genannten  Frag- 
ment aus  Xaukratis,  Catalogue  of  vases  in  the  Brit.  Mus.  II 
B  102,  28.  Beide  Heitne  sind  auch  muiz  ähnlich  auf  den  Sar- 
kophagen vertreten,  worauf  schon  Pntlier  liingewiescn  hat.  Mit 
letzteren  verbinden  den  Deinos  vor  allem  die  Schildzeichen, 


*  Wenn  wir  mit  Recht  die  Sarkopliage  ta  den  Oef&ssen  in  ein  lo  nahei 

VerliSUniss  bringen,  kann  du  Tenehiedene  Verfahren  nicht  auf  zeitlichem 

Untrrschied  l)ertihftn,  sondern  es  muss  sich  ans  technisclien  Griinrlm  her- 
leiten, wie  C.  Smith,  Journal  of  Uell.  stmlw  VI,  1885,  S.  185  angeuom- 
men  bat. 

s  Die  eben  dort  alt  Fig.  1  and  Fig.  2  abgebildeten  Deinoi  mSchte  ich 

nicht  hierlier  rei  hnen.  Sie  gehören  zu  einer  anderen  joniachcn  Parotlie,über 
weh'hc  die  Liilcratur  ziilclzl  von  Masner,  Sammlung  antilicr  Vasen  und 
Terracutteu  iui  K.  K.  üsterreichiscbea  Museum  zu  Nr.  215  und  Ton  Pottier 
a.a.O.  8.  4?4  zusanuDengeateilt  ist  Dais  sie  su  unaerem  Kreise  allerdings 
Besiebongen  bat,  werden  wir  unten  8.  60  selieB. 

»  Vgl.  Carapanos,  Dodone  Taf.  55.  Olympia  IV  T#f,  ^8, 1087.  (fgM,  of 
Qreek  coint  in  the  Brih  üifMum,  Jonia  Taf,  fit 


S8  H.  ZAHN 

auf  die  in  dem  ffoai&a  Kreise  viel  Sorgfalt  verwendet  wurde. 
Aaf  einem  Schilde  war  ein  Gorgoneion  dargestellt  wie  auf 
dem  Bruchstück  eines  Sarkophages  in  London  ^  Besondere 
Beachtung  verdient  der  laufende  Silen  als  PQllung  des  Schild« 
rundes.  Br  ist  bis  jetzt  viermal  bei  Kriegern  auf  den  Sarkopha- 
gen erhallen*.  Einen  directen  Hinweis  auf  Klaaomenai  gibt  uns 
schliesslich  das  letzte  zu  nennende  Schildzeichen,  das  Vorderteil 
eines  geflügelten  Ebers.  Es  istdas  Wappen  der  Stadt,  wie  uns 
die  Münzen  lehren.  Das  Schuppen  muster  und  die  Rosetten, 
mit  denen  der  Köcher  eines  Sclmtzen  verziert  ist,  sind  auch 
auf  den  Sarkopha{j;en  beliebte  Ornamente  ^.  In  der  Zeichnung 
des  Gewandes  zeigt  sicli  bei  den  Figuren  des  Deinos  ein  be- 
deutender Fortschritt  gegenüber  den  Scherben  von  Delenneh 
und  ihren  Verwandten  wie  auch  ge^ennber  den  meisten  der 
Sarkophage.  Der  Maler  hat  sieh  schon  ganz  ernstlich  bemüht, 
die  Falten  des  Gewandes  der  Natur  entspi'ecbeod  wiederzu- 
geben *. 

in  gewisse  Beziehung  zu  unserem  Kreise  möchte  ich  auch 
die  Würzburger  Amphora  bei  Gerhard,  Auserlesene  Vasen* 
bilder  Taf.  194  bringen.  Schon  Dümraler  hat  für  die  wagen- 
besteigende Frau  auf  der  Hydria  von  Defenneh  auf  sie  hin- 
gewiesen (Jahrbuch  1895  S.  '16).  Für  ein  jonisches  Original, 
wie  er  glaubt,  kann  ich  sie  nicht  halten,  denn  auf  dem  Gegen- 
stück in  Berlin  2154  erscheinen  neben  anderen  Bigentttmlich- 
keiten,die  auf  etruskische  Kunst  hin  weisen,  Männer  mit  langen 
oben  gekrümmten  Tuben,  die  wir  sonst  nur  von  etruskischen 
Wandgemälden  her  kennen  ^.  Es  ist  nicht  nötig,  die  einzelnen 
Beziehungen  der  Amphora  zu  unserem  Kreise  aufzuzählen. 


<  Otien  S.  56.  Vgl.  auch  das  Gorgoneion  auf  MGnsen  von  KtaiomeDai, 

Catal.  of  Greek  coins  in  the  firitish  Museum,  fonia  Taf.  6,  4.  5. 

'  Antik.«  Denküialer  I  Taf.  45;  46,  2.  BulUtin  de  corr.  hell.  1ÖU5  ö.  88. 
Hunumcnis  Pwt  IV  Taf.  4.  5. 

*  Antike  Denkmftter  I  Taf.  45.  II  Taf.  26.  BuU.  de  eorr.  h$H.  1895  Taf.  t. 

*  Ähnlich  ist  die  Behandlung  der  Falten  auf  der  cäretaner  Ilydrla  in  Lon- 
don, ralal.  of  the  vases  in  the  UriL  Museum  II  B  59  Taf.  2. 

'  Vgl.  auch  Darstellung  der  Barbaren  S.  bö  f. 


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▼▲8BN8CHBRBEN  AUS  KLAZOMBNAI  59 

teh  will  nur  aaf  ein  Scbildieichen,  eine  laufende  Pmu,  hin- 
weisen, das  uns  sofort  an  die  oben  iiesprochenen  Bilder  er- 
innert. 

Zu  all  diesen  bis  jetzt  genannten  tceramischen  Produkten 
leigt  auch  ein  plastisches  Werk  mehrfache  Beziehungen,  ich 
meine  das  Bronzerelief  von  Perugia,  Antike  Denkmäler  11  Taf. 
14.  Man  beachte  unter  anderem,  wie  auffallend  die  Bildung 
der  FOsse  mit  der  auf  dem  Deinos  im  Louvre  Obereinstimmt. 
Die  Helme  zeigen  wieder  den  Stiriiaur.sat/..  Auch  eine  noch 
niclit  erwähnte  Kigentütnlichkeit.die  Freude  an  der  Darstellung 
der  fremden  Schulzen,  teilt  das  Keliel"  mit  unserem  Kreise. 

In  nicht  so  enger  Beziehung  zu  ihm,  aber  unter  den  übri- 
gen jonischen  Vasen  am  nächsten,  steht  die  Gattung  der  cäre- 
taner  Hjdrien'.  Auch  auf  diesen  ist  z.  B  Weiss  als  Fleisch- 
farbe für  beide  Geschlechter  verwendet.  Das  Weiss  wird  al- 
lerdings mit  Ausnahme  der  Ornamente  auf  Firnissgrund 
gesetzt,  aber  die  Umziebung  der  Konturen  mit  Firniss  lässt 
schliesaen',  dass  es  einst  auch  in  dieser  Fabrik  auf  den  Thon- 
grund gesetzt  wurde.  Auch  die  Kopftypen,  die  sorgfältige 
Zeichnung  der  Pferde  u.  s.  w.  sind  recht  verwandt. 

Kehren  wir  noch  einmal  zu  unseren  klazoroeniscben  Scherben 
inrAck.  Bs  ist  natürlich, dass  wir  für  Binzelheilen  in  dem  grossen 
Gebiet  der  joniscben  Kunst  noch  manche  Berührungspunkte 
finden.  So  kann  man  für  die  Verzierung  der  Gewänder  die 
Amphora  in  München  mit  dem  Parisurteil  vergleichen  (Jahn 
Nr.  1S3.  Gerhard,Auserle8ene  Vaaenbilder  III  Taf.  170). Weiter 
mag  auf  die  grosse  Ähnlichkeit  der  Kopfbildung  des  Priamos 
mit  der  des  Alten  auf  dem  Wandgemälde  der  Tomba  del  vec~ 
ehio  in  Gorneto  hingewiesen  werden  ( Monumenti  delV  Inst, 
IX  Taf.  14,  1a).  Dieser  Typus,  bei  dem  von  der  Nasenspitze 
an  bis  zum  Hinterkopf  eine  gleichmassig  gebogene  Linie  ver- 


*  Schon  Dümmler,  RSm.  MiUheilangea  1888  8. 166  ff.  und  Pottjer,  Bul- 
Ittin  d»  eorr.  htU.  1892  8.  953  ff.  habeo  diese  Hjdrieo  in  einen  lolohen  Za« 

Mmmenhaiif;  pehr.icht. 
>  Vgl.  die  Ujdria  in  Wien,  Masner  Nr.  2i8  Taf.  2. 


60 


läuft,  ist  gerade  der  alten  kleinasiatisch-joniselien  Kunst  eigen, 
er  findet  sich  besonders  deutlich  bei  dem  Marmorkopf  aus 
Hieronda  '  im  Hrittischen  Museum,  dem  in  Konslantinopel  ^ 
und  einer  der  (kanchidcnstatuen^.  Diese  Silzliguren.  besonders 
die  des  Chares,  bieten  uns  auch  für  die  Tracht  und  ihre  Wie- 
dergabe in  der  KuDSt  die  bestea  plastischen  Parallelen,  ab- 
gesehen von  einigen  spater  so  erwähnenden  Werken. 

An  die  Komposition  unserer  Scherbe  1  erinnert  uns  sehr  das 
Bild  einer  jonischen  Amphora  in  München*.  Auf  einem  Klapp- 
stuhle sitzt,  in  der  Tracht  unserem  Priamos  sehr  ähnlich,  ein 
bärtiger  Mann  mit  Scepter.  Vor  ihm  steht  ein  Jüngling  mit 
Schale  und  Kanne,  um  ihm  einen  Trunk  zu  reichen.  Auch  er 
wendet  das  Gesicht  vom  Gebieter  ab  nach  iwei  Pferden  hinter 
ihm,  die  von  einem  anderen  Jüngling  getränkt  werden.  Bs 
ist  ganz  glaublich,  dass  der  Maler  ein  Bild  aus  der  Heroenzeit 
geben  wollte,  ob  er  aber  an  eine  bestimmte  Scene  dachte,  ist 
mir  sehr  traglich.  Man  kann  sich  in  dem  Sitzenden  den  reisi- 
gen Nestor  oder  irgend  einen  andern  Helden  vorstellen,  der 
sich  nach  der  Schlacht  ausrohl  und  die  Wartung  seiner  Pferde 
beaufsichtigt.  Studniczka  glaubt  mit  Sicherheit  Diomedes  su 
erkennen ,  der  sich  der  erbeuteten  Rosse  des  Rhesos  freut, 
doch  liegt  kein  zwingender  Grund  zu  der  Deutung  vor.  Denn 
das  Bild  auf  der  anderen  Seite  der  Amphora  (S.  143),  das 
ihn  offenbar  bei  seiner  Erklärung  beeinflusst  hat,  kann  nicht 
auf  die  Dolonie  bezogen  werden^.  Die  zwei  Krieger  grei- 
fen nicht  die  Figur  zwischen  sich ,  sondern  einander  seibat 
an.  Auch  die  an  den  Passen  des  Laufenden  angewachsenen 


*  Abgebildet  bei  Rayet  und  Tbomas,  MiUt  Taf.  27,  wiederholt  bei  Colli- 
gnon,  Satiptun  greequ$  I  8. 174. 

s  GoMlte  archiologique  1884  Taf.  13;  mtOatin  de  «orr.  MI.  1884  Taf.  fO. 

ColÜKTion  a.  a.  0.  8.  175. 

3  Ncwtun,  Discuveries  Taf.  75.  Rajet  und  Thomas  a.  a.  O.  Taf.  26,  'i. 
Cullignua  a.  a.  O.  S.  169. 

*  Jahn  Nr.  583.  Abgebildet  und  besprocben  von  Stndnictka,  Jahrbuch 
1890  S.  116.  Vgl.  oben  S.  57  Ainu.  2. 

^  Audi  Murray,  Munumenls  Piol  IV  S.  39  t  bälgten  Sli^dDicxl^as  Pev« 
^UQg  Widerspruch  erhoben. 


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VaS^NSCHBRBBN  aus  KLAZOMENAi 


61 


Flügel  pasaeD  seblecht  zu  Dolon^VVir  müssen  uns  also  mit  der 
alten  Deutung  auf  irgend  ein  dämonisches  Wesen  begnügen. 

Interessant  tat  daa  Bild  mit  der  Tränkung  der  Pferde  da- 
durch, dass  es  uns  zeigt,  wie  diese  Maler  mit  Typen  arbeiten. 
So  erklärt  sich  aueh  die  Studniczka  nicht  ganz  TerataodUche 
Stellung  dea  Rnecbtea,  der  die  Pferde  tränkt,  einfach,  wenn 
wir  bedenken,  daaa  sie  eigentlich  in  den  Komoadarstellungen 
für  einen  in  Tanzatellung  aoa  dem  Miacbkeasel  Schöpfenden 
ausgebildet  ist*.  Wenn  wir  die  Darstellung  auf  unserer  Scherbe 
richtig  erachloasen  haben ,  so  hätten  wir  in  dem  Bilde  der 
mOochener  Amphora  wieder  ein  habsches  Beispiel  der  Ty- 
penfibertragung,  auf  die  Löschcke  in  den  Bonner  Studien  S. 
S48  hingewiesen  hat'. 

Die  Macht  der  bildlichen  Tradition  zeigt  sieh  auch  in  den 
Werken,  die  wol  jedem  bei  der  Betrachtung  unserer  Scherbe 
in  den  Sinn  gekommen  sein  werden,den  spartanischen  Reliefs*. 
Aber  nicht  nur  die  Komposition  erinnert  an  unsere  Scherbe, 
sondern  auch  namentlich  die  Tracht  und  ihre  Stilisirung.  Man 
beachte  den  Mantel  der  männlichen  Figuren  mit  den  schrä- 
gen Faltenzfkgen  und  den  auf  dem  Racken  niederhängenden 
Zipfeln  und  die  geknöpften  Ärmel  der  Frau  (auf  dem  Relief 
in  Berlin ).  Wir  werden  also  auch  das  Vorbild  des  spartani- 
schen Künstlers  im  Osten  zu  suchen  haben.  Dorthin  weisen 
auch  die  Sandalen  des  Mannes,  die  auf  Bildern  aus  dem  joni- 


*  8ttidiu«»ka  a.  a.O.  B.  144  m^,  die  Figur  trage  Halbttiefel  mit  Flflgeloi 
doob  sind  in  seiner  Zeichnung  die  Zehen  deutlich  angegeben. 

«  Vgl.  1.  B.  das  kyrenSisrhe  Bild  Arch.  Zcilung  1881  Taf.  1?,1.  die  Schorlic 
von  Kyine.  Röiii.  MiitlKMlungcu  1888  Taf.  6,  die  Amphora  aus  Rhodos, 
Journal  uf  Hell,  studies  Vi,  1885,  8.  181. 

s  Wie  stark  diese  Typenübertragimg  in  der  arobaisehen  Kunst  w{rkt,seigt 
die  Darstellung  eines  Opfers  an  Athena  auf  einer  büolisciu'n  Schale  (your- 
nal  of  H^l.  •'lii'l.  I,  ISf<ii,  Taf.  7i,  die  man  mit  loiclitor  Mülie  in  die  Scene,  wie 
Achilleus  den  Truilosam  Brunnen  belauert,uuisetzen  kann.  Das  sonderbare 
Oer&te  unter  der  Schlange  ist  eigentlich  der  Untersats  Tor  dem  BruMMn, 
auf  dea  die  Hjrdria  gestellt  wird  <?gi.  AnnaU  deW  Inst.  1866  Taf.  it). 

*  Milchhöfer,  Athen.  MiUheUongen  1817  Taf.  20-24.  Furtw&ngler,  SanuB« 
lang  Sabouroff  I  Taf.  1. 


sehen  Kiinsfiiebiet  besonders  liäutii:  (iar^esteilt  wurden',  und 
besonilerbi  die  Selinabelsclmlie.  aut"  die  aciion  Furtwängler  la 
diesem  SSinne  aiit'tnerksam  LT'-inacht  liat  ^. 

Noeb  ein  Getäss  aiicdi  -iturk  tVri:.MiiHntirt.  ist  uns  aus  Rla- 
lomenai  erhalten ;  wir  biidea  es  hier  unter  Fi^ur  1  la  halber 


Fis.  1  k 


Grösse  des  Originals  ab.  Die  zu  Grunde  liegende  Zeichnunj;  und 
die  nähere  Angabe  über  den  Fundort  verdanke  ich  Herrn  Dr. 
Böhiau.  Er  hat  die  Stücke  selbst  in  Vurla  ^^esehn  .  wo  sie 
höchst  wahrscbeiolicb  beim  Graben  nach  Sarkophagen  ge- 
funden worden. 


•  Vgl.  Jahrl.iich  lAOS  S.  ^it  Anm.  9. 

>  Sammlung  tiabouruil  zu  laf.  1.  Auf  Ö.  24  der  Einleiluag  weist  er  auf 
BenebuDgen  ra  bcUitUebeii  Reliefs  bin.  Vgl.  «leb  die  Darstellangen  auf 
BaeeberoTaten,  fiber  die  MilefabÖfer,  AnOage  der  Konsl  8.  229  spriebt 


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Vasenscherben  aus  klazomenaI 


Der  Thon  ist  im  Bruch  dem  der  anderen  Scherben  sehr 
ähnlich,  aber  weniger  fein.  Die  Oberfläche  ist  iederbraun.  Sie 
erscheint  durch  die  Drehringe  ganz  gerierelt.  Der  Firoiu  iel 
chokoladebraun.  stellenweise  auch  so  rot  geworden,  dass  man 
ihn  fast  fttr  rote  Farbe  halten  könnte.  Als  Deckfarbe  ist  weiss 
verwendet  für  die  Innenseichnung,  wie  bei  den  Sarkophagen 
ans  Klazomenai,  und  für  die  Gesichter  (auf  den  i  hongrund 
aufgetragen  mit  roher  Innenseichnung  in  rotem  Firniss).  Das 
Gefäse  war  ein  kleiner,  nach  unten  sich  stark  verjüngender 
Deinos.  Der  obere  Durchmesser  betrug  ß*",  die  Höhe  etwa  8*". 
Die  Zeichnung  ist  sehr  roh  und  flüchtig.  Auf  dem  Stück  a 
sehen  wir  zwei  Ton  einander  abgewendete  menschenköpfige 
Vögel;  der  Flügel  des  einen  ist  merkwürdig  verrenkt.  Links 
ist  der  Rest  des  Gesichtes  eines  dritten  Vogels  zu  erkennen. 
Die  Scherbe  a  schliesst  oben  am  Rand  an  das  Stück  6  an. 
Links  Ton  dem  Gesicht  des  dritten  Vogels  ist  der  Rest  seines 
Flügels  erhalten,  der  ebenso  merkwürdig  geieichnet  war,  wie 
der  des  andern.  Den  Rest  weiter  links  kann  ich  mir  nur  als 
grosse  herabhängende  Knospe  erklären*.  Ganz  links  ist  der 
Schwanz  eines  Hahnes  erhalten. 

Auf  dem  Rande  ist  in  Weiss  die  Inschrift  aufgemalt : 

AOHNArOf*H:EpMHI:HC 

Die  Buchstaben  zeigen  durchaus  die  Formen  des  jonischen 
Alphabetes  Eleinasiens.  Gewisse  Schwierigkeiten  machen  nur 
die  zwei  letzten  Buchstaben.  Man  erwartet  an  dieser  Stelle 
einen  Beinamen  des  Hermes,  etwa  'O^ioc,  aber  H  als  Hauch- 
laut zu  nehmen,  geht  bei  diesem  Alphabet  nicht  an  K  Der 
zweite  Buchstaben  kann  wol  nur  O  sein;  es  ist  allerdings  grös- 
ser geraten  als  das  vorhergehende.  Eine  Verbindung  iqo  läset 
sich  nicht  gut  denken.  Es  bleibt  also  wol  nichts  anderes 
übrig,  als  in  d  den  Artikel  zu  sehen  und  in  o  den  Anfang 


♦  Vgl.  Micali.  Monumenti  inediti  (1844)  Taf.  43,  3. 
>  Siiiyth,  Greek  Dialeett,  ionic  S.  324  t.  iloflmaiiu.  Die  griecbischen  Dia' 
lekle  Iii  Ö.  545.  547. 


64  ^-  ZAHN 

des  Namöns  des  Gatten  oder  des  Vaters  der  Weihenden. 

Die  Schrift  macht  einen  recht  entwickelten  Eindruck,  doch 
wird  man  siejnicht  gerade  spät  ansetzen  dürfen.  Sie  ist  nur 
wenig  jünger — man  vergleiche  die  Form  des  A  —  als  die  auf 
tiefe  Schalen  aufgemalten  Inschriften  aus  dem  Heiligtum  Her 
Aphrodite  in  Naukratis  {Naucralis  II  Taf.  5i,  739-747, 
768),  die  man  nicht  viel  nach  dem  Anlang  des  6.  Jahrhunderts 
wird  datiren  dürfen. 

Die  Darstellung  bietet  natürlich  wenig,  was  sich  mit  un- 
seren anderen  Scherben  vergleichen  Hesse.  Doch  scheint  mir 
die  Bildung  der  Sphinx,  am  Throne  des  Priamos  den  men- 
schenköptigen  Vögeln  sehr  verwandt.  Auch  die  Tierstreifen 
auf  den  schlanken  Amphoren  von  Defenneh  können  heran- 
gezogen werden.  Für  die  Form  des  Gefasses  selbst  ver- 
weise ich  auf  den  Deinos  mit  Tierfriesen,  der  bei  Westropp, 
Handbook  of  archaeology  S.  300  abgebildet  ist'.  Er  gehört, 
wie  man  selbst  aus  der  kleinen  Abbildung  sehen  kann,  zu 
der  von  Dümmler  in  den  Kömischen  Miilheilungen  1887  S. 
171  ff.  behandelten  Klasse  jonischer  Vasen.  Im  obersten  Pries 
kehren  die  beiden  von  einander  abgekehrten  Vögel  mit  Meo- 
schenköpfen  unseres  Gelasses  wieder. 

Die  Verwendung  von  Sirenen  und  anderen  Fabelwesen  zuni 
hauptsächlichen  Schmuck  von  Gefässen  und  die  grosse  herab- 
hängende Knospe  erinnern  uns  an  Produkte  einer  italisch- 
jonischen  Fabrik,  die  Dümmler  in  den  Höm.  Mittheilungen 
1888  S.  174  ff.  besprochen  hat.  Besonders  ist  auf  die  schon 
erwähnte  Amphora  bei  Micali,  Monumenti  //j^^to  (1 844  )Taf. 
43,  3  zu  verweisen.  Ihre  schlanke  Form  und  ihre  Einteilung 
zur  Aufnahme  des  Bildschmuckes  erinnert  sehr  an  die  Am- 
phoren von  Defenneh  (vgl.  Jahrbuch  1895  S.  39.  43,  6)  2. 


*  Eine  ähiiliclie.  aber  nach  unten  sich  weniger  zuspilzende  Form  hat  das 
ebenfalls  junische  Gefäss  in  den  Monumenti  UeW  Jnst.  I  Taf.  27, 29,  wahrend 
die  drei  im  UuUelin  de  corr.  hell.  1^93  8.  424  ir.  verüll'cnUichten  Deinoi  im 
Louvre  und  der  in  Wien,  Masner  Taf.  5,  mehr  kugelig  gebildet  sind. 

>  Dieselbe  Einteilung  haben  übrigens  auch  die  von  Dümmler,  Höm.  Mii- 
lheilungen 1887  8.  171  ff.  besprochenen  Amphoren. 


VA81M8CHBRBIM  AOS  KLAIOlOENAI 


Ich  halte  es  darum  nicht  für  unmöglich,  Hass  ähnliche,  aber 
sorgfältiger,  als  unser  kleiner  Deinos,  ausgeführte  Stücke  mit 
Tieren  etwa  in  der  Art  der  Sirenen  auf  dem  Sarkophag  Antike 
Denkmäler  I  Taf.  45  die  Vorbilder  für  die  ilalisclie  Fabrik 
abgaben  *.  Auf  die  Punkte  unterhalb  des  Stabornamentes,  die 
den  italischen  Gefassen  und  denen  von  üefenneh  gemeinsam 
sind,  hat  schon  Dümmler,  Jahrbuch  1895  S.  39  Anm.  8 
hingewiesen.  Dass  in  der  Fabrik  flüchtigere  Exemplare  vor- 
kommen, zeigt  die  Amphora  bei  Gsell,  Fouilles  de  Vulci 
Taf.  18.  19.  Gerade  diese  bietet  in  der  Verwendung  der  brei- 
ten weissen  Linien  eine  hübsche  Analogie  zu  der  weissen  In- 
nenzeichnung auf  unserem  Deinoe.  Noch  näher  verwandt  nach 
der  Flüchtigkeit  der  Zeichnung  und  der  Darstellung  ist  eine 
Amphora  dieser  Gattung  in  Würzburg  (Urliohs  Nr.  die 
ich  aus  einer  Zeichnung  des  Herrn  Professor  Wolters  Icenne. 
Sie  zeigt  auf  jeder  Seite  swei  abgewendete  Sirenen,  deren 
Schwänze  sich  berOhren.  Die  Innenzeichnung  auf  den  Plfl- 
gehi  ist  wie  bei  unserem  Deinos  in  Weiss  au^esetzt.  An  der 
MonduDg  befindet  sich  eine  weiss  aufgemalte  etruskische  In- 
schrift Darum  trage  ich  kein  Bedenken, die  ganze  Khisse  einer 
etruskischen  Fabrik  zuzuweisen,  und  sehe  in  ihr  neben  der 
oben  S.  58  angeführten  Amphora  in  Wttrzbnrg  einen  weiteren 
Beleg  für  die  besondere  Einwirkung  unseres  klazomenischen 
Kreises  auf  die  etruskische  Kunst 
Der  Freundlichkeit  des  Herrn  Dr.  Döhlau  verdanke  ich  die 


*  Zn  den  Sphingen  mit  den  ZiUen  vgl.  die  Tiere  auf  einer  BAcbse  mit 

Obrenli«  iitvi  ln  in  der  Sammlung  CaUcrl  aus  Thymbra  (Photographien  des 
alhenisoli>-n  Insiituu-K,  Kiriiiasiea  Nr.  3  und  5).  Sie  geliort  wol  einer  lolu- 
len  kieinasiatisciieu  (iallung  an. 

'  Zwischen  dieser  wür/buiger  Amphora  und  der  ehen  besprochenen  etmsldl- 
seliea  Gattung,  doch  dieser  durcli  die  aussehüesslicbe  Verwendung  der 
weissen  Dcckrarhe  naher,  steht  die  Hydria  in  London  mit  dor  Darstellung 
eines  Seekampfes  {Caial.  of  Ihe  vasf^  i».  thr  Hritisii  .VuH-um  II  Ii  fiOi.  Die 
fremden  Boi^fiiscliritzfii  sind  natürlicli  aus  der  juuisclieii  Vorlafro  üliernora- 
luen  und  kuiincu  darum  nicht  als  Grund  gegen  etruskische  Fabrikation 
verwendet  werden»  wie  dies  Heibig  in  den  SiUangsberiehten  der  Akademie 
sa  Hfinehen  1897  II  8. 287  wUL 

ATBSM.  iraTBBILVm GBN  ZZUI.  5 


66 


tut» 


Kenntniss  noch  einer  Scherbe  aus  dem  griechischen  Osten, die 
hier  nach  einer  von  ihm  zur  Verfügung  gestellten  Zeichnung 
als  Fig.  2  in  zwei  Drittel  der  natürlichen  Grösse  abgebildet 
wird. 

Die  Scherbe  ist  von  Ilumann  in  Smyrna  erworben  und 
wahrscheinlich  kleinasiatischer  Provenienz.  Sie  ist  im  Feuer 
gewesen,  daher  lässt  sich  Sicheres  über  das  Technische  nicht 
sagen.  Der  Thon  hat  Glimmerbeisatz,  der  geringer,  als  z.  B. 
bei  der  samiBcheD  Thonware,  aber  immerhin  doch  auffällig 


Fio.  2. 


genug  ißt.  Er  hat  jetzt  eine  lichtbraune  Färbung  auf  der  Ober- 
fläche der  Vorderseite;  die  Innenseite  ist  mit  einer  schwarzen 
kohlehaltigen  Erdschicht  überzogen.  Der  Firniss  ist  braunrot, 
sehr  ungleichmässig.  Das  Weiss  (an  Flügeln,  Schwanz  der 
Sirene  und  Mähne,  Hinterbein  und  Bauch  der  Löwen)  ist  grau 
gebrannt.  Innenzeichnung  und  der  Kontur  am  Gesiebt  der 
Sirene  sind  geritzt. 

Über  die  Form  des  Gefässes  liegt  mir  leider  l&eine  Angabe 
Tor.  Es  war,  wie  es  scheint,  eine  Amphora  mit  begrenzten 
Schulterfeidern  und  umlaufender  Zone,  also  mit  einer  Raum- 
einteilnng,  wie  die  der  oben  S.  64  gonannten  Geiäeae. 


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TABBNaCBBRBBM  AUS  KLASOMBNAI 


67 


Böhlau  dachte  bei  der  Scherbe  an  eine  Beziehung  zu  der 
schon  öfter  erwähnten  Klasse,  die  in  den  Rom.  Mittheüungen 
1887  S.  171  fif.  zusammengestellt  ist.  Allein  in  dieser  wird 
die  Fleischfarbe  der  Frauen  durch  Weiss  bezeichnet',  während 
die  Sirene  auf  unserer  Scherbe  ein  schwarzes  Gesicht  hat. 
Auch  die  Bildung  der  Tiere  auf  unserer  Scherbe  scheint  mir 
von  den  sorgfältigen  w  ie  den  üüchligen  Produkten  jener  Klasse 
gleich  weit  entfernt  zu  sein.  Ich  wage  darum  nicht,  unsere 
Scherbe  mit  ihr  in  eioen  näheren  Zusammenhang  zu  bringen. 
Verwandter  scheinen  mir  die  Tiere  auf  den  Pinaxfragmenten 
Ton  Naukratis,  soweit  man  nach  der  Abbildung  Naucratia 
\\  Taf.  9,  1.  2  urteilen  kann.  Ich  mache  besonders  auf  die 
Zeichnung  der  Tatzen  und  den  Streif  am  Hinterschenkel  auf- 
merksam. Auch  die  Tiere  auf  dem  ebenda  Fig.  3  abgebiide» 
ten  groBien  Gefiiss  acheinen  mir  ähnlich  zu  sein. 

Wir  haben  also  geaehen,  daaa  um  die  Scherben  nnd  die 
Sarkophage  Yon  Klasomenai  eine  Reihe  von  GefSaaen  oder 
BmefastOcken  TerBchiedenen  Fundortes  sieh  gruppirt,  die 
entweder  zu  demselben  Kunstkreis  gehören  oder  wenigstens 
als  Ton  ihm  abhängig  sich  heransstellen.  Wir  sind  berech- 
tigt, das  Gentrom  in  Rlazomenai  zu  suchen,  denn  die  zahl- 
reichen dort  gefundenen  Sarkophage'  weisen  auf  eine  be- 
deutende Thonindustrie  an  Ort  und  Stelle  hin.  Dass  sie  'von 
anderswoher  eingeführt  wurden,  ist  bei  ihrer  Grösse  nicht 
wahrscheinlich^.  Der  Name  des  Ortes,  der  an  die  Stelle  des 
alten  Klazomenai  nach  dessen  Verlegung  auf  die  kleine  ge- 
genüberliegende Insel  getreten  war,  Xurpiov  bei  Strabo  (XIV 
1,  36)  scheint  nach  seiner  Verwandtschaft  mit  x^'^P* 


*  Eine  Ausnahme  bildet  nur  die  Sirene  Micali,  MonuvMnii  inediti  (1844) 
Taf.  36, 1,  wenn  bei  ihr  das  W«m  nicht  geschwanden  ist,  wie  es  bei  dtr 

8pbinx  Rom.  Mittbeilungen  1887  Taf.  8, 1  geschehen  zu  sein  scheint. 

'  Die  vollständigste  Zusanamcnstellung  gibt  Hciiiach,  Revue  des  fludes 
gretques  1895  S.  161  ff.  Zu  den  dort  aufgezählten  kommen  nocli  die  zwei 
ueueo  Stücke  in  Berlin  (Antike  Denkmäler  II  Taf.  25.  26)  und  der  neue 
Sariiopbag  in  London  ( ifofittiiMtiti  Pio%  IV  Taf.  4-7)  hinsn. 

*  Vgl.  RdnMh  a.a.  O.  8. 170. 


M  lu  um 

auf  das  Vorhandensein  von  Töpfereien  hinzuweisen'.  Allein 
der  alte  Name  ist  Xutöv,  wie  wir  aus  einer  attischen  Inschrift* 
des  Jahres  387/86  und  aus  Ephoros  bei  Stephanus  Byz.  s.  y. 
wissen.  Cr  hat  natürlich  mit  x^'^P^  nichts  zu  tbun,  doch 
bleibt  die  Möglichkeit,  dass  die  spätere  Anlehnung  des  Na- 
mens an  xuTp«  dufch  eine  am  Orte  befindliche  Töpforindualrie 
sich  erklärt. 

Deutlich  spricht  für  einheimische  Kunst  die  schon  erwähnte 
Obereinstimmung  der  Schildieioben  des  Gorgpneion  und  des 
geflügelten  Ebers  auf  Gefässen  und  Sarkophagen  mit  MQds- 
bildern  von  Klaxomenai.  Vielleieht  dürfen  wir  in  dieaem  Zu* 
sammenhang  auch  noch  auf  die  Schafe  des  neuen  berliner 
Sarkophage»  (Antike  Denkmäler  1!  Taf.  %%)  hinweisen.  Die 
MOnien,  die  zuerst  nur  einen  Widderkopf,  dann  das  gsnne 
Tier  als  Bild  tragen  leigen  uns  dieselbe  eharakteristische 
Bildung  mit  dem  kleinen  Horn,  der  krummen  Nase  und  der 
kahlen  Stime. 

Unter  den  wenigen  Nachrichten,  die  wir  äber  KJaiomeDai 

besitzen,  finden  sich  einige,  die  uns  zeigen,  dass  die  Stadt  in 
aller  Zeit  reclit  bedeutend  gewesen  sein  musa.  Dem  Aiyalles 
leistete  sie  sehr  erfolgreiclien  Widerstund  (Herodot  I,  IP).  Sie 
besass  ihr  eigenes  Scliatzhaus  in  Delphi  (Herodot  I,  51).  Schon 
im  siebenten  Jahrhundert  gründete  sie  Abdera  (Herodot  I,  lb8). 
Eine  gemeinsame  Kolonie  von  Milet  und  Klazomenai  war 
Kardia,  die  grösste  Stadt  des  thrakischen  Chersonnes  (Strabo 
VII,  51).  Auch  zu  den  in  Naukratis  vertretenen  Städten  ge- 
hörte Klazomenai  (Herodot  II,  178),  es  ist  also  ganz  natürlich, 
dass  sich  so  viele  Erzeugnisse  seiner  Keramik  in  Ägypten  fan- 
den. Auf  Handelsbeziehungen  mit  dem  Westen  weisen  die 
Tieliacheu  Spuren  klasomenischer  Kunst,  denen  wir  in  Etru« 
rien  begegneten. 

Wir  sind  berechtigt  von  klazomenischer  Kunst  zu  sprecheUt 


'  Vgl.  Dennis,  Journal  of  Hell.  stud.  IV,  1883,  8.  21. 
3  Albenische  MiUheilungeQ  1882  S.  174  ff. 
•  Oalal.  of  Grak  eotns,  hnia  Taf  6,  6. 10-11. 


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▼ASBNSCnBBIIt  Aüt  KL&IOHIIIAI 


weü  die  Bilder  der  keramischen  Produkte  uns  im  grossen 
Rahmen  der  jonischen  Kunst  eine  besondere  Formengebung 
zeigen  und  die  Übereinstimmung  mit  einigen  Münztypen  der 
Stadt  auf  eine  grössere  ,  allgemeine  Kunstübung  schliessen 
lässt,  von  der  beide  Zweige  abhängig  sind.  Allein  es  bleibt 
die  Frage,  ob  diese  Formengebuog  Kiazomenai  zuerst  allein 
eigen  oder  von  Anfang  an  über  ein  grösseres  Gebiet  verbreitet 
war.  Eioe  Entscheidung  können  nur  weitere  Funde  in  Klein* 
asien  bringen.  Es  scheint  allerdings,  dass  die  Mflnzbiider 
verschiedener  Orte  uns  thatsächlieh  eine  Beeinflussung  von 
KLlazomenai  her  verraten.  Die  Frage  verdient  eine  eingehende 
UnterBuehttDg ;  ich  muBS  mich  hier  sunächst  mit  Andetttungeo 
begnügen. 

Auf  ElektronmQnzen  Ton  Lesbos  sehen  wir  wundervoll  mo- 
dellirte  Pferdevorderteile  (Troas  Taf.  31, 18. 19)  deren  un- 
gemein grosse  Ähnlichkeit  mit  den  Pferden  auf  dem  neuen 
berliner  Sarkophag  (Antike  Denkmäler  II  Taf.  S6)  sofort  in 
die  Augen  springt.  Besonders  zu  beachten  ist  die  Zeichnung 
der  Mähne  und  die  merkwürdige  Punktreihe  längs  der  Brust- 
muskellinie, wie  bei  den  Pferden  der  besprochenen  Scherben. 
Welter  dürfen  wir  den  Athenakopf  auf  Münzen  von  Methymna 
{Troas  Taf.  36,  H.  7)  mit  den  Köpfen  auf  dem  berliner  in 
der  Art  rotfiguriger  V  asen  bemalten  Sarkophag  (Antike  Denk- 
mäler 11  Taf.  55)  zusammenbringen.  Er  hat  dieselbe  Form 
des  Helmes  mit  dem  verschieden  variirten  Stirnaufsatz,  der 
auch  für  die  Helme  auf  kiazornenisehen  Vasen  so  charakte- 
ristisch ist.  Aber  auch  die  Bildung  des  Kopfes  selbst  zeigt 
grosse  Verwandtschaft,  man  beachte  das  ProGl  und  die  Zeich- 
nung des  Auges.  Dass  diese  Übereinstimmung  sich  nicht  aus 
der  gleichen  Kunstentwicklung  in  beiden  Städten  erklärt,  son- 
dern dass  Lesbos  von  Kiazomenai  beeinflusst  ist,  ergibt  sich 
daraus,  dass  wir  die  ^nannten  klazomenischen  Münzbilder, 
das  GorgoneioD,  den  geflügelten  Eber  und  den  Widderkopf, 


<  leb  oitira  oaeb  OaM,  ofQmk  wlm  in  th«  Brii,  JftiMum. 


TO  R'  SABM 

ebenso  etiliiirt  aaf  den  BlektronetOeken  von  Lesbos  wieder« 
findend 

Auf  einer  ElektronmOnie  Yon  Pfaokaia  sehen  wir  einen 
bebelmten  Kopf*  —  vom  Gesieht  sieht  man  nur  das  Auge  — 
der  durchaus  mit  Kdpfen  auf  dem  Deinos  im  Lonm  Ober- 
einstimmt {Bulletin  de  eorr,  hell.  1893  Taf.  18).  Man 

beachte  wieder  die  Angabe  des  Mundes  durch  die  kleinen 
Bogenlinien  auf  den  Backenklappen  ^.  Auch  das  weibliche 
Köpfchen  auf  einem  andern  phokäischen  Stücke  {lonia.  Taf. 
4, 1)  dürfen  wir  wol  mit  klazomenischen  Typen  in  Verbindung 
bringen.  Auf  andern  Münzen  erscheint  auch  der  VVidderkopf 
(lonia  Taf.  4,  17). 

Auf  Münzen  von  Abydos  {Troas  Taf.  1,  1-5)  und  Apollo- 
nia am  Rhyndakos  [Miysia  Taf.  2,  2-4)  sehen  wir  das  Grorgo- 
neion  mit  den  weitabstehenden  Schlangen. 

Das  Vorderteil  eines  geflügelten  Ebers,  ebenso  stiliairt  wie 
auf  den  Mtknzen  von  Klazomenai,  findet  sich  auf  Stücken  von 
K.jriikos^,  Samos^  und  Jai^sos^.  Für  eine  Entlehnung  spriciit 


4  hnia  Taf.  6.  1-6  (Klazomenai).  Troas  Taf.  31»  6-17  (Lesbot). 

*  lonia  Taf.  5,  22. 

•  Vgl.  oben  8.  S7  Ann.  S. 

*  jry<<s  Tkf.  5, 15;  Oraenwell,  Ooinag»  ^  Offttent  Taf.  ft,  SS.  Bei  Kjtikos 

mag  auch  noch  einmal  das  ron  Joubin  yeröfTentlichte  Relief  in  Konstan- 
tinopel erwähnl  werden  ( Bulletin  de  corr.  hell.  189i  S.  491  {[.).  Er  hat  mit 
Recht  seine  Verwaudlschafl  iniL  den  Bildern  auf  den  Sarliopbagen  herfor- 
gehoben. 

>  üMifo  Taf.  94, 16-19.  Oardner,  Samot  and  Smnian  eodu,  IfumünuMe 

Ovrmicle  1882  Taf.  2.  9.  10.  12-15.  Vgl.  8.  48  ff. 

•  Carta  Taf.  35,  1-5.  Vgl.  S.  ci,  wo  auch  auf  Münzen  von  Kyrene  mit 
demselben  Bilde  hingewiesen  wird,  die  im  Num,  Chron.  1891  Taf.  1,  8.  9 
Teröffentlicht  sind.  Der  Typus  wird  wol  aus  Kleinasien  übernommea  sein. 
Vgl.  Head.  Hütoria  nummarum  8.  727. 

Zwisehen  Rhodos  uml  Klazomenai  ergehen  sich  auch  sonst  mehrfache 
Beziehungen.  Ich  will  davon  ansehen, dass  die  Tiere  und  die  Füllornatnente 
in  den  unteren  Streifen  der  Sarkophage  fast  die.selticn  .sind, die  wir  auf  rbo- 
discben  Oefässen  ünden.  Dieser  Stil  scheint  in  Kleinasien  weit  verbreitet 
gewesen  xu  sein.  Wiehtig  ist  ein  in  Kamiros  gefündener  Tbonsarkopbag, 
jetzt  im  Brittischen  Museum  ( Salzrnann,  Nicropole  de  CanUros  Taf.  28),  der 
nach  dem  Urteil  von  C.  Smith  {Journal  of  UM.  studies  Vi,  1885, 8.  188 ) 


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▼ASBMSCHISBBN  AVB  KLASOMBNAT 


71 


besonders  bei  den  Typen  letzterer  Stadt  die  Punklreihe,  die 
entweder  längs  der  Buglinie  oder  auf  dem  Halse  wie  ein  Hals- 
band angebracht  ist.  Dieselbe  Erscheinung  kehrt  wieder  bei 
dem  gewühnlich  ungeflügelten  Eber  auf  den  lykischen  Mün- 
zen ^  Offenbar  sind  die  Vorbilder  durch  Jalysos  vermittolt, 
gehen  also  auch  auf  Klazomenai  zurück. 

Die  Vorliebe  für  diese  Reihen  von  Punkten  in  der  älteren 
klazomeniscben  Kunst  leitet  sich  jedenfalls  aus  der  Abhängig- 
keit von  Metallarbeilen ^  her, bei  denen  sie  sieb  aus  der  Technik 
deaPunzens  erklärt.  Man  könnte  sieh  alao  denken,  daes  sie  bei 
den  Tieren  wie  bei  den  Gewändern,  Waffen  und  anderen  6e- 
genatänden  einfach  ala Ornament^  verwendet  wurden.  Bei  dem 
Pferde  auf  der  Hydria  von  Defenneh  (Antike  Denkmäler  II  Taf. 
21,  1)  aind  aie  auch  auf  das  Hinterteil  gesetzt.  Da  sie  sieh 
nun  aber  fast  ausschliesslich  an  der  Buglinie  finden,  lässt 
sich  Tielleicht  noch  eine  besondere  Erklärung  für  sie  gehen. 
Auf  den  klazomentschen  Münun  sind  die  Punkte  längs  des 
vorderen,  der  Buglinie  entsprechenden  Fiügelrandes  ange- 
bracht und  sollen  die  kleinen  Federchen  ausdrücken.  Es 
scheint  mir  nun  nicht  unmof^Iich,  dass  man  später  die  Punkte 
als  zunn  Tier  gehörig  helrachlete  und  sie  auf  die  Buglinie 
aufsetzte,  auch  wenn  man  die  Flügel  wegliess.  Ist  dies  rich- 
tig, so  müssen  wir  anuehmen,  duss  auch  die  Punktreiben 


und  Ton  Jonbiii  ( IhdlHin  de  corr.  hell.  iS'Jb  ö.  70  Anm.  i )  eine  späte  lokale 
Nacbabiuuiig  eines  klazuuieuiscben  Vorbildes  ist.  Anoh  4ie  BÜlislnuig  iar 
Böse  auf  den  rbodischea  Mfimen  ist  dieselbe,  wie  bei  denen,  die  auf  den 
klazoineniseheD  Bildern  in  die  Darstellung  hereinranken  (vgl.  Rom.  Mi t- 
iheilungen  4888  Taf.  6,  AaUke  Denkmäler  II  Taf.  26,  ifeniimenH  Piot  IV 
Taf.  4-7). 

*  Lycia  Taf.  1  ff.  —  Es  findet  sieb  aucb  der  geflügelte  Typus,  i.  B.  Taf. 
6,  \%,  Vgl.  Caria  8.  Cl. 

*  Vgl.  die  Scliilde  aus  der  Zeosböhlc  in  Kit  ta,  Museo  Haliano  II,  Ailanity 
Tif.  1-3  und  die  Sphiiicren  auf  einem  Helm  im  Luuvre,  Lipperbeide»  Antike 
Helme  Nr.  36ö  (S.  57  und  516  der  vorläufiKcn  Ausgabe). 

*  Bei  den  Spbingen  auf  den  eben  erwäbulen  kreliscbea  Schilden  (a.a.O. 
Tat  2.  3)  sind  die  Panktreiben  nur  Ornament.  Auf  dem  Helm  ist  fast  der 
gaoie  Kontur  der  Spbingen  mit  Punktreihen  eingefasst. 


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ft 


R.  SABR 


bei  den  Pferden  der  besprochenen  Scherben  und  der  Mün- 
sen  Yon  Lesbos  der  Rest  ehemaliger  Beflagelung  sind.  Und 
wirklich  sehen  wir  auch,  dass  auf  den  von  unserer  Gattung 
beetnflussten  etruskischen  Gefössen  *  häufig  geflügelte  Pferde 
dargestellt  sind,  bei  denen  die  kleinen  Federn  am  Vorderteil 
des  Flügels  durch  Reihen  kleiner  gravirter  Kreischen  ausge- 
drttckt  werden,  die  den  aufgemalten  Punkten  auf  den  Flögeln 
der  Sphingen  im  obersten  Streifen  des  berliner  Sarkophages 
(Antike  Denkmäler  I  Taf.  44 )  entsprechen.  Die  gegebene  Er- 
klärung mag  zunächst  merkwürdig  erscheinen,  doch  finde  ich 
eine  entsprechende  P>nt\viokhing  in  der  Erscheinung,  dass 
besonders  auf  attischen  Bildern  die  eigentlich  zur  Verzierung 
der  Sehenkelseliienen  dienenden  Spiralen  auf  die  nackten 
Schenkel  der  Krieger  als  Ornament  gezeichnet  werden^. 

Der  eine  der  neuerworbenen  Sarkopliaue  in  Berlin  (Antike 
Denkmäler  II  Taf.  25),  auf  dem  die  Figuren  hell  ausgespart 
vom  dunkeln  Grunde  sich  abheben, fordert  uns  zum  V^ergleiche 
mit  den  frühen  attischen  Werken  gleicher  Technik  auf.  Ihre 
Einführung  wird  jetzt  gewöhnlich  mit  dem  Namen  des  Ando- 
kides  in  Verbindung  gebracht  ^.  Aber  nicht  nur  in  der  Technik 
besteht  eineVerwandtschaft^auch  die  Kopflypen  auf  dem  Sar- 
kophage zeigen  eine  merkwürdige  Ähnlichkeit  mit  denen  auf 
fotfigurigen  Gefassen  der  Fabrik  des  Andokides  ^.  Beiden  sind 
die  oben  flachen ,  wagrecht  in  die  Länge  gezogenen  Schädel, 
die  ohne  Absatz  in  die  Stirne  ttbergehende  Nase,  die  Yorsprin- 
genden  Lippen,die  geschwungenen  Augenlider  gemeinsam.  Aber 
anch  eine  Reihe  Vasenbilder  des  jüngeren  schwarzfigurigen 


<  Vgl.  Rüuiisclio  MiUlicilungcn  1888  S.  174  fT.  und  oben  S.  64. 

*  Vgl.  Fartw&ngler,  Olympia  IV  8.  160  lu  Nr.  996. 

•  Vgl.  Löschcke,  Athen.  Miltlieilungen  1879  S.  40  f.  Furtwängler,  Ber- 
liner phil.  Wochonsclirift  1.S9i  S.  11'?.  Hau^T,  Jahrlmrh  8.  158. 
Hartwig  bei  ileibig,  bitzuugsbericble  der  Akademie  zu  Müucben  1897  II 


*  Vgl.  besonders  die  Köpfe  auf  der  Amphora  in  Berlin  2159  (Gerhard, 
Trinkaehalen  und  Gefftsse  Taf.  19.  20),  ferner  die  von  Norton  im  American 
ournal  of  archaeology  1896  S.  1  ff.  besprochenen  and  s.  T.  abgebildeten, 
jmeist  nicht  signirleu  Qetftsse. 


S.  261. 


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VASBNSCHERBEN  AUS  &LA.ZOMBNAI  T3 


Stiles,  die  mir  dieselbe  Hand  zu  verraten  seheinen,  'wie  Jene 
ratfigurigen '.zeigen  auffallende  Anklänge  an  die  Iclasomenische 
Konet.  Den  Nachweis  dieser  Gefässe  und  ihre  Besprechung 
Terapare  ich  für  eine  eingehendere  Behandlung  des  Kreises 
des  Andokides  und  seiner  Stellung  im  Jüngeren  schwarzfigu- 
ngen  und  frührotfigurigen  Stile,  die  ich  bald  zu  geben  hoffe. 
Nur  folgende  drei  Beispiele  mögen  uns  zeigen,  worin  der  Fort- 
sehritt gegen  die  älteren  Meister  des  schwarzfigurigen  Stiles 
sieb  offenbart :  Es  ist  die  Amphora  einer  englischen  Samm- 
lung, Gerhard,  Auserlesene  Vasenbilder  II  Taf.  108,  die 
Hydria  in  Berlin,  Furlwäogler  1896,  Gerhard,  A.  V.  IV  Taf. 
349.  S50,  und  die  Hydria^  im  Museo  Gregoriano  II  (Aus- 
gabe A)  Taf.  13,  1  (  =  Ausgabe  B  Taf.  10,  1 ).  Was  uns  auf- 
fällt, ist  das  Streben,  die  Fallen  an  den  Gewändern,  besonders 
die  Abtreppungen  am  Saume,  wiederzugeben  ,  den  Körper 
durch  Innenzeiclinung,  mitunter  auch  durch  Angabe  der  Be- 
haarung naturgetreuer  zu  bilden, scliliesslicli  auch  den  Schräg- 
ansichten am  Körper  und  aa  unbelebten  Gegenständen  ^  ge- 
recht zu  werden. 

Den  Anfang  zu  einer  richtigen  Faltenzeichnung  haben  wir 
Bcboo  auf  dem  Deinos  im  Louvre  gefunden^.  Die  Abtreppung 
der  Falten  an  dem  niederbängenden  Gewandzipfel  zeigen  uns 


*  Sobon  Loseheke,  Athen.  Hitthellangea  18T9  8. 41  inaohte  aaf  ihre  Ver- 
wandtschaft mit  den  frOben  rotßgurigen  Bildern  aufmerksam. 

'  Von  der  Sorgfall  der  Zeichnung  gibl  die  Ahbildiing  keine  Vorstellung. 

'  Maa  t>eacbte  die  ricblige  Zeicbnungdes  scbräg  gesehenen  Schildes,  die 
•ich  auf  beidm  Hydrien  findet.  Sie  erscheint  wieder  auf  der  rolflgurigen 
Amphora  des  Andokides  in  Berlin  und  auf  der  Schale  in  Mfinehen,  die 
Häuser  ihm  zuschreibt  (Jahrbuch  1895  Taf.  4).  Er  maeht  auch  schon  auf 
diese  Erscheinung  aufmerksam  (S.  154  i.  Sie  ist  um  so  merkwürdiger,  als 
selbst  Eupbronios  und  seine  Genossen  die  Schilde  meist  nicht  richtig  per- 
spektiTiscfa  zeichnea.  Erst  Onesimos  hat  das  Problem  wieder  gelöst  (Hart- 
wig,  Heistersohalen  Taf.  59,  Vgl.  auch  S.  537).  Wir  sehen  also,dass  wir 
In  diesen  frühen  perspektiTisoben  Versuchen  auf  unseren  Vasen  nicht  etwa 
eine  Rückwirkung  des  jüngeren  Kreises  auf  die  älteren  Meister  erkennen 
dürfen. 

*  Vgl.  obeu  8.  57. 


74 


R.  lABir 


die  Sarkophage  in  Berlin,  Antike  Denkmäler  I  Taf.  44.  II 
Taf.  96.  Besonders  bei  dem  zweiten  ist  die  Zeichnung  schon 
recht  entwickelt.  Eine  reichliche  Angabe  der  Muskulatur  be- 
merken wir  auf  dem  londoner  Sarkophage  [Monuments  Piot 
IV  Taf.  4-7 ).  In  ihrer  ganzen  Vollendung  aber  zeigt  sich  die 
Erscheinung  auf  dem  ehen  erwähnten  neuen  Sarkophage  in 
Berlin,  besonders  bei  den  Tieren.  So  sind  bei  den  Pferden 
nicht  nur  die  Muskeln ,  die  Hautfalten  ,  die  Haare  über  den 
Hufen,  sondern  auch  die  Adern  am  Bauche  angegeben.  An  der 
Hand  der  Göttin  in  der  Mitte  sind  die  Knöchel  ausgedrückt. 
Man  beachte  die  gut  gezeichnete  Hand,  welche  die  Zügel  des 
linken  Gespannes  hält.  Auch  die  Oberansicht  des  Fusses,  die 
zweimal  auf  den  angeführten  attischen  Gelassen  vorkommt, 
scheint  bei  dem  neben  der  jonischen  Säule  stehenden  Jüngling* 
auf  dem  londoner  Sarkophag  wiedergegeben  zu  sein  [Monum. 
Piot  iV  Taf.  Q  E).  Ich  glaube  in  der  Abbildung  noch  eine 
Spur  der  Zeichnung  des  Fusses  zu  erkennen,  ferner  schliesse 
ich  aus  der  geringeren  Ausbuchtung  der  linken  Wade,  dass 
das  Bein  von  vorn  gesehen  wird.  Zu  beachten  ist  auch,  wie 
der  Maler  das  Umschauen  nicht  mehr  durch  eine  unnatürliche 
Umdrehung  des  Kopfes  zum  Ausdruck  bringt^aondern  ihn  leicht 
geneigt  zeichnet^.  Es  offenbart  sich  darin  ein  entschiedener 
Fortschritt  gegenüber  den  sich  umblickenden  Figuren  auf  dem 
älteren  berliner  Sarkophag  (Antike  Denkmälerl  Taf.  44). 
Eine  Rückenansicht  wollte  der  Maler  des  Gefässea  aus  Kyme 
geben  (Rom.  MittbeÜungen  1888  Taf.  6).  Sie  ist  ihm  zwar 
miflslungen,  aber  wir  können  immerhin  aus  seinem  Versuche 
schliesaen,  dass  er  Vorbilder  kannte,  in  welchen  das  Problem 
angefoest  wurde. 


I  Die  Figur  ist  kein  Eidolon,  wie  Murray  8.  38  .glaubt,  sondern  sie  ist 
wol  einer  grfieseran  palistrisdiOD  Daratellmig,  entnommen.  Sie  bftit  einen 

Wurfspeer,  die  Finger  der  rechten  Hand  liegen  in  der  Ankylc.  Dass  die 
Figur  auf  ein  Vorbild  der  grossen  Kunst  zurückpeht.  wird  durch  eine  fast 
genau  ihr  entsprechende  auf  einem  elruskiscben  Wandgemälde  aus  Cbiusi 
wahrscheinlich  {ämummU  dOF  /lut.  V  Taf.  16). 
»  V^.  Hartwig,  Helalenehalen  S.  161  f. 


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TASBN8CHBHBBM  AUS  KLAZOMSNAI 


76 


Finden  wir  ao  alle  die  Eraeheioangen,  die  one  auf  den  ge- 
nannten attischen  achwaizOgurigen  Bildern  eine  neae  Ent- 
wicklung ankttndelen,  im  Gebiete  der  klazomenischen  Kunst 
wieder  und  kommen  gewisse  Einzelheiten  in  der  Zeichnung, 
der  Tracht  u.  s.  w.  hinzu.die  sich  nnr  aus  einer  Abhängigkeit 
der  attiachen  Vasenmalerei  von  jener  fremden  Kunst  erklären, 
80  werden  wir  dieser  auch  den  Anstoas  zum  Wechsel  der  Tech- 
nik zuschreiben  dürfen. 

Diese  Neuerung  in  der  Keramik  hat  sich  in  Klazomenai 
herausgebildet,  wo,  wie  uns  die  Sarkophage  lehren ,  die  Zeich- 
nung in  Konturen  neben  der  Silhouettenmalerei  nie  auf- 
gehört hatte*  und  in  der  grossen  Kunst  wol  immer  geübt 
worden  war.  üass  wir  angesichts  der  Sarkophagbilder  auf 
eine  Blüte  der  monumentalen  Malerei  in  jener  Stadt  schiies- 
aen  dürfen,  ist  einleuchtend. 

Die  Beobachtung  Löschckes^,  dass  die  frühen  rotfigurigen 
Werke  des  Kreises  des  Andokides  in  engor  Beziehung  zu  den 
bemalten  Stelen  stehen,  die  eine  entsprechende  Technik  zei- 
gen, lässt  sich  mit  unserer  Ansicht  ganz  gut  vereinen. 

Wenn  wir  in  der  attischen  Vasenmalerei  den  Einfluss  Ton 
Klazomenai  erkennen,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  er  auch 
auf  die  grosse  Malerei  gewirkt  hat.  Die  attische  Stele  des  Lj- 
seaa'  leigt  ihn  gans  deutlich  in  der  Zeichnung  des  Gewan- 
des. Diese  Kunst  kann  nach  Attika  durch  Gemälde  yermittelt 
worden  sein,  glaublicher  ist  mir  aber,  dass  klasomenische 
Kfinstler  in  Attika  selbst  thütig  waren.  Gerade  in  die  Zeit, 
da  ihr  Einfluss  in  Attika  sich  uns  offenbart,  fällt  das  Vor- 
dringen der  Perser  gegen  die  kleinasiatischen  Griechenstädte. 


'  Dies  zeigt  sich  an  den  sogenannten  rhodischen  Tierstreifen.  Vgl.  na- 
mentllcli  die  ganz  in  Umrissen  gezeichneten  Pantlit  r  auf  dem  Sarkophag  im 
LooTre,  bulletin  de  corr.  hell.  I6^b  Taf.  2.  Aut  dem  berliner  Sarkophag  ist 
bjri  den  unteren  Köpfen  der  Omnd  noeh  niobt  sehwarz  gedeckt,  es  ist  also 
Hiebt  der  dunkle  Omnd  das  Wesentliche,  sondern  die  Umrissieielinmig. 

»  Athen.  Mittheilungen  1879  S.  40  f. 

'  Athen.  MitÜieUungen  t879  Taf.  1 ;  Conse,  Die  attisciieu  Qrabreliefo  I 
Taf.  1. 


76 


R.ZAM» 


Wir  wissen,  dass  die  Klazomenier  aus  Furcht  vor  den  Persem 
ihre  Stadt  auf  eine  iiahegel6||;eDe  Insel  verleglen'.  Es  iet  -mk 
denkbar,  daas  unter  diesen  Umständen  manche  Künstler  es 
▼oraogen,  ihr  Vaterland  zu  yerlasaen  und  sich  nach  dem  un- 
ter der  Hernehaft  dea  Peiaistratos  aufstrebenden  Athen  m 
wenden.  Vielleicht  sind  una  noch  V/wke  von  ihnen  erhallen 
in  der  firagmentirten  Stele  in  Berlin  mit  dem  Jfinglbgskopf  * 
und  dem  Marmordiskos  mit  dem  Bildniss  dea  Aratee  Aineios*. 
Bei  Jenem  erinnert  die  Form  dea  Schädels,  die  Bildung  dea 
Auges,  der  freundliche  Gesichtsausdruek  sehr  an  die  Köpfe 
des  so  oft  erwähnten  Sarkophages ,  bei  diesem  wird  das  ei* 
gentümliche  Profil  mit  der  zuräckweichendea  Stime,  die 
hohe  Stellung  der  Augenbiaue  ^  und  der  lange  Bart  ^  sich 


*  Pausanias  VII,  3,  8.  S.  Reinach,  Bevue  des  Hudes  grecquu  1895  S.  167 f. 
btt  aewias  Reebt,  wenn  er  die  Verlegung  der  Stadt  mit  dem  eietea  Vor- 
driogen  der  Perser  in  ZusammMibsng  bringt.  Sie  konnte  ja  aar  Sinn  Iwbeii 

lu  einer  Zeit,  als  den  Persern  noch  keine  FloUe  zur  Verfügung  stand. 

'  Conic  a.  a.  0.  Nr.  8  Taf.  0,  2,  wo  die  LiUi  ratur  angegeben  ist. 

Poltier  bat  den  Kupf  mit  Wcrl^en  des  Buplirunius  verglichen,  er  scheint 
mir  aber  sieber  &lter  tu  sein.  Auob  der  Kopf  in  Umrisnceiefannng  auf  einer 
altischen  Schale,  den  Winter,  Arch.  Zeitung  1885  S.  198  f.  mit  ihm  ver- 
gleicht, zeigt  den  Einfluss  der  klazomenischen  Kunst.  Köpfe  und  Rüsten 
aU  Verzierung  zu  verwenden  ist  eine  Eigcnliimlichkeil  der  klazorneniselien 
nnd  fiberhaupl  der  junischeu  Kuusi  (vgl.  die  klazomenischen  Sarkophage 
Mon.  MV  Inst.  XI  Taf.  SS,  Antike  Denkmäler  II  Taf.  25,  den  rbodiseben 
Sarkophag  Salzmann.  Camiros  Taf.  28,  die  Scherbe  aus  Myrina  Pottier  und 
Reinach,  .Y/'rrop'.ilr  i!r  Mijn'nn  T.if.  .'>!,  die  jonische  Amphora  in  Berlin  1674). 
Sie  ist  vielleiclit  ein  Erbteil  aus  der  niykenischen  Kunst,  vgl.  den  Silber- 
becher 'B9i)|iL(pi(  dpx.  1888  Taf.  7  und  Perrot-Chipiez  VI  S.  813  (s.  auch 
BSblau,  Jabrbuob  f 887  S.  46  f.).  So  wirkt  aneh  in  den  in  Umrissen  ge* 
Miebneten  Bästen  auf  Schalen  der  Kleinmeister,  über  die  Winter  a.  a.  0. 
8.  189  f.  handelt,  die  neue  Kunst  auf  die  älteren  Vertreter  des  scliwarz- 
figurigen  Stiles  nucii  ein  Weiteres  werde  icb  in  meiner  Besprechung  des 
Kreises  des  Andokides  beibringen. 

*  Dragendorir,  Jahrbuch  1897  S.  1  f. 

*  Dieselben  Eigentümlichkeiten  zeigen  die  behelmten  Köpfe  auf  demSar* 
kophage  Antike  Denkmäler  II  Taf.  25.  Vgl.  aaoh  die  Kopfe  auf  nniersr 

Scherbe  1. 

*  Fur  die  Form  des  Barles  vergleiche  die  Scherben  vuu  Defenoeh  Tanis 
II  Taf.  39, 1.  2;  Jahrbnoh  im  8.  43.  44, 


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VASBmCBBRBWft  ikid»  tUlOMBNAl 


77 


auch  eher  aus  der  Pormengebung  der  joniscfaen  Kunst  als 
dem  Streben  nach  Portrathaftigkeit  erklären.  Dragendorff 
macht  auf  den  Unterschied  der  Zeichnung  der  Füsse  gegen- 
über der  Stele  des  Lyseas  aufmerksam.  Das  vordere  Glied 
der  Zehen  ist  nach  oben  gebogen,  wie  in  der  Plastik  bei  den 
ehiotischen  Figuren. 

Klein,  Euphronios^  S.  46  ff.  hat  das  Aufkommen  des  lotfi- 
gprigen  Stiles  mit  dem  Eiofiuss  des  Kimon  von  KJeooal  m-- 
MBnMDgßbraeht.  Hartwig*  macht  mit  Recht  dagegen  auf* 
merksam,  dass  nicht  in  der  veränderten  Technik  die  groaae 
Neuerung  in  der  Vasenmalerei  zu  suchen  ist,  sondern  in  den 
Portschritten  der  Zeichnung.  Er  findet  darum  den  Finfluss 
das  Kimon  in  den  Werken  des  Kreises  des  fiupbronios  wie- 
der. Allein  wir  haben  gesehen,  dass  die  Eigentümlichkeiten, 
die  bei  Euphronios  und  seinen  Genossen  allerdings  zurvoUffiB 
Ausbildung  gelangt  sind,  ganz  deutlich  schon  auf  alleren  at- 
tischen Gelassen  hervorzutreten  beginnen.  Die  Vollendung  der 
Zeichnung  auf  einigen  Sarkophagen  berechtigt  uns  lu  der  An- 
nahme, dass  die  grosse  Malerei  in  Klaiomenai  schon  um  die 
Mitte  des  6.  Jahrhunderts  eine  Höhe  erreicht  hatte,  die  etwa 
der  des  attischen  strengen  rotfigurigen  Stiles  entsprach. 

Wie  steht  es  nun  aber  mit  Kimon  too  Kleonai?  Von  sei- 
nen Verdiensten  spricht  eingehender  norPUniua,  N.  H.  35r56 
(ss Overbeck^  Schriftquellen  377 ) :  et  qui  primus  ia  pietura 
marem  a  fenUnu  äiscreverit,  Bumarum  AtKenieiuen^  fi* 
guras  omnis  imitari  ausum^  quiqtu  itwtnia  eius  eüecolue- 
ritf  Cimonem  Cleonaeum.  Hic  eatagrapha  invenii,  hoo  est 
ohliquas  imoffines^  et  vatie  formare  vohus,  respieieniis, 
suspieieniiave  vel  despieientis,Artieulis  membra  äistinxitt 
venas  protuUt^  praeterque  in  veste  rugas  et  sinus  invenit. 
Wir  werden  diese  Stelle  am  besten  durch  die  Beobachtungen 
illustriren,  die  wir  früher  bei  den  Idaaomenischen  Sarkopha- 


*  Meisterscbalea  S.  14.  Die  ganze  Frage  ist  Ton  ihm  eingehend  S.  154  ff. 


t8  K.  ZAHN 

gen  machten.  Man  erinnere  sich  der  Gewandieichnang  und 
der  sorgfälligen  Angabe  der  Muskulatur  und  sogar  der  Adern 
bei  den  Pferden  anf  dem  Bilde  Antike  Denkmäler  Ii  Taf.  S6. 
Aach  die  eaiagrapha^  deren  Bedeutung  Hartwig  richtig  er- 
kannt hat*,  fehlten  nicht. 

Wenn  Kimon  su  dem  athenischen  Maler  Eumarus  in  ein 
Verhältniss  gebracht  wird,  ao  werden  wir  8chliea8en,da88  der 
Gewährsmann  des  Plinins  die  Möglichkeit  gehabt  hat,  Bilder 
beider  Meister  mit  einander  sn  vergleichen  und  aus  ihnen  den 
bedeutenden  Portschritt  des  Ktmon  gegenüber  dem  älteren 
Maler  zu  erkennen,  und  dazu  wird  wol  in  Athen  die  Gelegen- 
heit vorhanden  gewesen  sein. 

Den  Namen  des  Kimon  erfuhr  er  wahrscheinlich  aus  der 
Künstlerinschrift.  Von  einer  Blüte  der  Malerei  in  Kleonai 
wissen  wir  niclils,  dagegen  erfahren  wir  ans  Pausanias  VII, 
3,9,  dass  der  grössere  Teil  der  ursprünglichen  Bewohner  von 
Klazomenai  keine  Jonier,  sondern  Leute  aus  Kleonai  und 
Phleius  waren.  Das  Andenken  an  di<3  alte  Heimat  hat  sich 
gewiss  in  den  klazomenischen  Familien  bewahrt ,  und  so 
scheint  es  mir  möglich,  dass  Kimon,  den  wir  nach  dem  Ge- 
sagten in  den  Kreis  der  klazomenischen  Kunst  setzen  müssen, 
in  einer  Künstlerinschrifi  die  Abstammung  seiner  Familie  aus 
Kleonai  erwähnte  und  so  zum  Kieonäer  wurde ^.  Wir  hätten 
also  in  ihm  den  HauptTertreter  der  klasomenischen  Kunst  in 
Athen. 

Der  Entwicklungsgang  der  attischen  Malerei,  wie  wir  ihn 
hier  zu  schildern  versuchten,  entspricht  vollkommen  dem 
der  attischen  Plastik.  Beide  Kunstsweige  erfuhren  zu  der- 
selben Zeit  von  Osten  her  den  Biniluss  einer  bedeutend  weiter 


<  Mcislcrschalen  8.  156  IT. 

'  Ähnlich  beisst  es  Ton  Thaics  bei  Herodol  I,  ITOti  d»<xa9iv  "ftm  Ut»^ 
eoCvtMc  (Ygl.  Diogenes  Laert.  I,  32).  Der  König  Kleomenet  nennt  rieb  als 

Nachkomme  des  Herakles  Äcbüer  (HerodotV,72).  Auch  die  Schwierigkeit, 
dass  Alkamenes  Athener  und  Lemnier  genannt  wird,  löst  sich  ia  Abnlioher 
Weise.  Vgl.  Brunn,  KüusUergeschicble  1  S.  234. 


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irASBNSCBBmSN  AÜS  KLAZOlfBNAl 


79 


fortgeschrittenen  Kunst,  sie  nahmen  das,  worin  die  Jonier 
ihnen  überlegen  waren,  auf,  aber  sie  verloren  ihre  Eigenart 
in  dieser  Zeit  des  Lernens  nicht.  Die  Bilder  des  fiuphroilios 
und  seiner  Genossen  können  uns  einen  Begriff  davon  geben, 
wie  die  aUiscbe  Malerei  es  verstand,  das  Fremde  sich  anzu- 
eignen, weilenubiiden  und  doch  dabei  ihre  SellMtändigkeit 
lu  wahren. 

Athen,  im  April  1898. 

ROBERT 


KLEINASlATISCUfi  STUDIEN.  III. 

(Hieixa  Tafel  I-III) 
Die  phrygischen  Felsdeokmäler. 

Seit  Leake  im  Januar  1800  auf  dem  Wege  von  Sidi-Gasi 
nach  Chosrew  -  Pascha- Han  eine  Anzahl  grosser  skulpirter 
Felswände,  vor  allem  das  sogenannte  Midasgrah  entdeckte  *, 
haben  diese  Skulpturen  auf  alle  Besucher  des  kleinasiatischen 
Hochlandes  eine  starke  Anziehung  ausgeübt.  Der  ästhetische 
Eindruck  so  allen  und  bedeutenden  Menschenwerkes  mitten 
in  öden,  jetzt  nur  dünn  bevölkerten  Wald thälern,  das  Rätsel- 
hafte ihrer  deutlich  lesbaren  und  doch  nur  halb  verständlichen 
Inschriften, die  Fremdartigkeit  ihrer  Kunslformen,  in  die  doeh 
wieder  Hellenisches  eingemischt  schien,  alles  kam  zusammeD, 
um  die  Phantasie  des  reisenden  Laien  wie  den  Forscbungß- 
trieb  des  Gelehrten  mächtig  anzuregen. 

Eine  neue  Epoche  für  unsere  Renntniss  der  phrygiscben 
Denkmäler  begann,  als  Ramsay  anfing  ihnen  die  seltene  Ener- 
gie seiner  Forscherarbeit  zuzuwenden.  Auf  immer  wieder- 
holten Reisen  hat  er  den  Bestand  der  bekannten  Denkmäler 
mehr  als  verdoppelt  und  wir  verdanken  ihm  gerade  einige 
der  schönsten  und  merkwürdigsten  Stücke.  Wir  dürfen  an* 
nehmen,  dass  seinem  Spürsinn  und  Findeiglück  kaum  noch 
wesentliche  Oberreste  entgangen  sind ;  ich  wenigstens  habe 
bei  mehrfachem  Durchstreifen  des  ganzen  Gebietes  nur  ein 
einziges  grösseres  Denkmal  hinzufügen  können.  Es  ist  zu 
beklagen ,  dass  Rarosay  seine  in  den  verschiedensten  Zeit- 
Bchritlen  zerstreuten  Forschungen  noch  immer  nicht  in  einer 
grösseren  Pubiikuliou  zusammcugeiassi  hut;  bisher  unterrichtet 


*  Lcake,  Journal  of  a  tour  in  Asia  Minor  8.  20-86. 


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KLEI  NASI  ATISCHB  STUDIBN.  III. 


81 


man  sich  über  seine  Entdeckungen  am  bequemsten  durch  den 
fünften  Band  von  Perrots  Histoire  de  Varl  dans  l'antiquite. 
Leider  ist  Ramsays  Stilgefühl  wenigar  glänzend  als  sein  Fin« 
derglttck  und  noch  geringer  ist  seine  zeichnerische  Begabung. 
So  kam  es,  da»  eine  beträchtliche  Anzahl  seiner  bedeutenden 
Punde  bisher  nur  in  unzureichenden  Abbildungen  vorlagen 
und  daher  auch  yen  Perrot,  der  im  Jahre  186?  einen  Teil  der 
Denkmäler  selbst  kennen  gelernt  hatte,  historisch  nicht  richtig 
gewürdigt  sind. 

Ich  hielt  es  daher  für  nützlich,  das  gesamte  Material  noch 
einmal  eingehend  zu  untersuchen,  auch  so  weit  möglich  pho« 
tographisch  aufzunehmen  und  verwandte  auf  diese  Arbeit  einen 
Teil  der  Sommermonate  1894  und  1895.  Dem  warmen  wis* 
senschafllichen  Interese  des  Generaldirektors  der  anatolischen 
Eisenbahn,  Herrn  von  Kühlmann  hatte  ich  es  lu  danken, 
daas  im  Sommer  1895  der  Photograph  Berggren  unter  mei- 
ner Leitung  einige  wohlgelungene  Aufnahmen  mit  einem 
grösseren  Apparat,  als  mir  sonst  zur  Verfügung  stand,  machen 
durftet  Derselben  Förderung  hat  sich  dann  im  Sommer  1896 
Professor  F.  von  Reber  in  noch  viel  ausgedehnterem  Masse  zu 
erfireuen  gehabt  und  in  seiner  Abhandlung  über  die  phrygi- 
schen  Pelsendenkmäler  (Abhandlungen  der  K.  bayerischen 
Akademie  der  Wissenschaften  XXI )  liegen  jetzt  fast  alle  Mo- 
numente in  vortrefiFlichen  Lichtdrucktafeln  nach  Berggrens  Pho- 
tographien vor*.  Bine  Wiederholung  der  Jetst  ao  gut  TCidf- 


<  Vgl.  Arch.  Anzeiger  1895  S.  i'31. 

'  Darunter  bcüiiden  sich  auch  zwei  der  von  Berggren  unter  meiner  Leitung 
angefertigten  Photographien  (Taf.  3  und  1- ig.  1 1  j.  Dau  sie  für  mich  auf- 
genommen waren,  kann  dem  Herau^ber  ebenso  woiig  unbekannt  ge- 

blteben  sein  wie,  dass  ich  mit  einer  Arbeit  über  die  Felsdenkmäler  be- 
schäfligt  war,  denn  er  cilirl  meinen  Auf.satzAthen.  Mitlheilungen  XX  ä.t-t9, 
in  dem  ich  sie  ankündige.  Fig.  Ii  bildet  er  ein  erst  von  mir  erforschtes 
Denkmal  ab  ohne  es  selbst  fiberbaupt  gesehen  zn  haben.  Niehl  einmal  die 
Lage  dieses  wichtigen  Grabes  ist  ihm  bekannt,  er  bezeichnet  es  als  unweit 
Ton  Lijcn  liegend,  von  dem  es  etwa  Td^»  enifernl  ist.  Eine  vorherige  An- 
frage bei  mir  wäre  wol  in  jedem  Fall  augebiacbt  gewesen,  und  würde  ihn 
tum  wenigsten  vor  der  falschen  Ortsangabe  bewahrt  haben. 

ATBBM.  MlTTIUULUMaBN  IXUI.  6 


82 


A.  KOBRTC 


feDilichten  Werke  hätte  diesen  Aufsatz  unnütz  belastet,  ich 
verweise  daher  ein  für  alle  Mal  auf  die  reberacheo  Lichtdrucke 
und  beschränke  mich  auf  die  im  Text  sowie  auf  Taf.  1-3 
mitgeteilten  Probend 

Zwei  Grundirrtümer  standen  meines  Erachtens  bisher  einer 
richtigen  geschichtlichen  Würdigung  der  phrygischen  Peisdenk- 
mäler  im  Wege :  Erstens  galten  alle,  oder  doch  fast  alle  grös- 
seren Monumente  fiQr  sepulcral,  und  aweitens  glaubte  man  in 
ihnen  eine  fortlaufende  Reihe  zu  besitsen,  die  den  allmäh- 
lichen Wandel  des  phrygischen  Stils  und  den  wachsenden 
Einfluss  des  Hellenismus  Schritt  für  Schritt  etwa  vom  IX. 
Jahrhundert  bis  sur  Diadochenzeit  zu  verfolgen  erlaubten.  Die- 
sen beiden  Sätzen  stelle  ich  folgende  entgegen : 

1 .  Das  sogenannte  Midasgrab  und  alle  ihm  ähnlichen  Fas- 
saden mit  geometrischen  Mustern  sind  Kultstättcn. 

2.  Die  Denkmäler  z*Tfallen  in  zwei  scharf  getrennte  Grup- 
pen, zwischen  denen  eine  Lücke  von  mindestens  600  Jahren 
klafft;  alle  Werke,  die  tlon  l']inlluss  der  reifen  griechischen 
Kunst  zeigen,  gehören  in  die  römische  Kaiserzeit,  in  das  II. 
bis  IV.  Jahrhundert  nach  Chr. 

• 

1.  Die  \ltphrygischen  Denkmaklkr. 
A.  Die  Felsfassaden  ohne  Grabkammer. 

Die  erste  Frage,  die  sich  bei  der  Betrachtung  der  grossen 
phrygischeo  Felsfassaden  mit  geometrischen  Mustern  auf- 
drängt, ist  die  nach  ihrem  Zweck.  Werke  von  solcher  Grösse 
und  so  sorgfältiger  Ausarbeitung,die  dem  unmittelbaren  prakti- 
schen Gebrauch  nicht  dienen  können,  sind  entweder  für  die 
Götter  oder  für  die  Toten  bestimmt;  zwischen  diesen  beiden 
Möglichkeiten  kann  man  schwanken,  und  die  Gelehrten  ha- 


'  Taf.  2  ist  nach  »'in<M  bprpfrrpnschcn,  die  übrigen  Abbildungen  im  We- 
sentlichen nacli  meinen  Aulnahmcn  hcrgeslelU.  Die  Originaipbotograpbien 
sind  bei  Berggi  ca  ( Konslaalinopel,  Grande  f%u  d»  Pira )  und  beim  Deut- 
schen Inslitttt  ni  Athen  k&uflich  sn  haben. 


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U.BINA8IATI8CHB  8TUDIBN.  III.  93 

ben  sich,  wie  bemerkt»  ganz  überwiegend  f&r  die  zweite  ent^ 
schieden*.  Die  hierher  gehörigen  Denkmäler  sind,  in  der 
Reihenfolge,  in  der  wir  sie  betrachten  wollen,  folgende : 

a)  Jasili-kaja,  das  sogenannte  Midaagrah.  Abgab.  Taf.  1 . 
Reber  Taf.  5,  sehlechter*  bei  Texier,  Description  de  l'Asie 
Mineure  Ta.f.  56.  Perrot-Chipiez  Fig.  48,49;  vgl.  Ramsay, 
Journal  of  Hellenic  studies  X,  1889,  S.  156-161. 

b)  Arslan-kaja  bei  Düver.  Abgeb.  Taf.  2  und  Fig.  3.  Re- 
bep  Taf.  3  und  Fig.  5,  schlechter  Hamsay,  Journal  of  Hel- 
lenic studies  V,  1884,  Taf.  44  S.  242  und  245.  Perrot-Chi- 
piez Fig.  108-110. 

c)  Delikli -tasch  bei  Tauschaniy.  Abgeb.  Fig.  4.  Perrot, 
Exploration  de  la  Galatie  et  de  la  Bithynie  Taf.  5.  6. 
Perrot-Chipiez  Fig.  50-57. 

d)  Denkmal  von  Bakscbisch.  Abgeb.  Beber  Taf.  8.  Perrot- 
Chipiez  Fig.  61  -63,  vgl.  unsere  Fig.  6. 

e)  Mai-tasch  bei  Hairan-Veli.  Abgeb.  Beber  Taf.  4.  Bam- 
say,  Journal  of  HeUenic  studies  111,  1882,  Taf.  21.  Perrot- 
Chipiez  Fig.  60. 

f)  Katschük-jaaili-kaja  nahe  dem  Midasdenkmal.  Abgeb. 
Pig.  7  nnd  9.  Reber  Taf.  6,  sehlechter  bei  Teiier  Taf.  58  und 
Perrot-Chipiez  Fig.  59  und  128. 

g)  Hassan -bey-kaja,  das  sogenannte  Grab  der  Arezastia. 
Abgeb.  Reber  Taf.  7.  Ramsay,  Journal  of  HelUme  studies 
IX,  1888,  S.  380  Fig.  13.  Taxier  Taf.  59.  Periot-Chipies 
Fig.  58. 

a.  Jasili-kaja  (Midas- Denkmal). 

Das  sogenannte  Midasgrab  bat  durch  seine  Grösse,  seine 


*  Für  die  aepnlcrale  BestirooMing  hab«ii  sich  vor  allem  Ramsaj  (vgl.  be- 
sonders Journal  of  HeUenic  studies  IX,  1888,  S.  381 .  X,  1889,  8.  156  ff.)  und 
Heber  S.  56(1  IT.  erklärt,  Bedenken  dagegen  haben  betreffs  einiger  dieser 
Denkmäler  Perrot-Chipiez  {Uisloin  de  lart  V  !S.  102  und  9UU)  und  liadet 
yS<tuv€lUs  are/bAwt  dn  mitiUmt  tcientifiques  VI  S.  457)  erhoben;  vgl.  auch 
Kretsdimer,  BinieituDg  in  die  Geschichte  der  griechischen  Sprache  8.  233. 

^  Oanilicb  unzureichende  ältere  Abbildungen  erw&bne  ieh  in  dieser  Litte 
nicht,  tie  sind  bei  Perrot- Chipiei  notirt. 


81 


s 

A.  KOBRTB 


loiehriflt  and  ak  zuerst  entdecktes  Denkmal  stets  besonderes 
Interesse  erregt,  auch  ich  will  deshalb  mit  seiner  Besprechung 
beginnen,  wiewol  es  für  die  Entscheidung  der  uns  zunächst 
beschäftigenden  Frage  weniger  wichtig  ist.  Taf.  i  giebt  die 
Felswand  und  besonders  ihr  Verhältniss  zur  Umgebung  gut 
wieder,  für  feinere  Rinzelheiten  der  Ornament irung  ist  die 
schöne  Abbildung  bei  Reber  ausgiebiger.  Der  stattliche,  vorn 
in  einer  Breite  von  fiber  16"*  und  in  einer  Höhe  von  fast  17" 
skulpirte  Fels  besitzt  gar  keine  Tiefe ;  wie  eine  von  Riesen- 
hand  aafgericbtete  Stele  steht  er  da,  und  man  muss  sich  wun- 
dem, dasB  er  trots  eines  tiefen  Spalts  in  der  Mitte  den  Un- 
bilden des  Wetters  noch  immer  trotzt.  Mit  tadelloser  Sauber- 
keit sind  das  reiche  Mäanderomament  des  Hauptfeldes,  das 
Schachbrettmuster  der  Seitenborten  und  die  mannichfaehen 
Balken  und  Leisten  des  Giebels  gearbeitet.  Der  Wirkung 
kommt  Jetxt  das  schöne  dunkle  Rotgelb  des  Felsens  sebr  zu 
Gute,  aber  als  einst  die  ganze  Fläche  in  strahlender  Buntheit 
prangte,  muss  der  Gesamteindruck  noeh  starker  gewesen  sein*. 
.  Ebenso  sorgfältig  sind  die  beiden  Insehriftan,  die  grosse  Weih- 
inschrift links  aber  dem  Giebel  und  die  kleinere  Kflnstlerin- 
sehrift  auf  der  rechten  Seitenborte  in  den  Fels  gehauen ;  von 
ihrem  fireien  sicheren  Zug  geben  freilich  die  ängstlich  ge* 
kritialten  Nachbildungen  bei  Reber  keine  richtige  Vorstel- 
lung*, leb  wiederhole  beide  in  grieehischen  Minuskefai. 


*  Obwol  Ton  allen  Torrömischen  Felsfassaden  einzig  der  Delikli-tasch 
noch  jetzt  Farbspuren  aufweisi,  hat  rloch  Ueher  siclierlicb  mit  Recht  bei  al- 
len eine  weitgeiieude  Bemalung  angenomuieu  (S.  574). 

*  Die  linguistische  Litteratur  fiber  die  altphrygisohen  Inichrift«K  fUirt 
Kretschmer,  Einleitung  in  dieGeschichte  der  griechifcben  Sprache  8.9l7f. 
auf.Die  Abbildungen  und  Unischriflen,  die  Rebor  mil  Hülfe  Her  Photogra- 
phien Berggrens  »on  den  Nuinniern  1,  2,  6,  7,  8,  9  der  ratnsaysclien  Sainm- 
Ittog  (Journal  of  the  Royal  Asiatic  Society  XV  Tar.  i-3)  hergestellt  hat  um  für 
weitere  ErklSningsversnebe  eine  gani  siehera  Orandlage  in  sebalTra*,  sind 
leider  durchaus  nicht  zuverlässig  und  ein  In-dcutender  Rückschritt  gegen 
Ramsay.  Gleich  das  erste  Wort  der  Inschrift  Nr.  \  lautet  nicht  Attc  son- 
dern Ati(,  wie  auch  Berggrens  Photographie  erkennen  lässt.  In  derselben 
Inscbrift  ist  der  sebwer  bestimmban  Holls  Boobstaba  des  IBnIlin  Warlas 


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KLSINA8IAT18GHB  8TU0IBN.  lU. 


Nr.  1'.  AtH  Apiu«tFotic  AxivflcvoXaFoc  M(S«i  X«F«ic(?)Tflut  F«- 

Nr.  2.  B«6«  Ms{AiFfliic  npoiraFoc  KqtCotv«Ft&c  «t  mvi(Miv 

Dasa  die  kanm  1"  tiefe  Nische*  der  Felsfassade  y\e\  zu  flach 
ist,  um  als  Grabkammer  zu  dienen,  wird  jetzt  allgemein  aner- 
kannt. Eine  verborgene  Grabkammer  hinter  der  Nische,  an  die 
man  früher  gedacht  hat,  ist  durcirdie  geringe  Tiefe  des  gan- 
zen Felsens  ausgeschlossen,  welche  unsere  Taf.  1  besonders 
gut  erkennen  lässt.  Ausserdem  hat  Ramsay  mit  mühevoller 
Kletterei  ermittelt,  dass  auch  von  oben  kein  Schacht  in  den 
Fels  hinab  führt.  Um  gleichwohl  den  sepulcralen  Charakter 
des  Denkmals  zu  retten,  hat  er  neuerdings  {Journal  of  Helle' 
nie  studies  X,  1889,  S.  160  f.)  eine  kleine  Grotte  links  neben 
der  Felsfassade  als  zugehörige  Grabkammer  angesprochen. 
Als  ich  sie  1894  sah,  war  sie  2,44'"  breit,  links  1,24",  rechts 
O.SO"  tief,  und  an  der  Vorderkante  links  1,20",  rechts  0,40™ 
hoeb.  Oass  sie  früher  etwas  tiefer  gewesen  und  durch  Ab« 


nicht  gleich  dem  ersten  desselben  Wortes,  sondern  steht  nach  meiner  durch 
Berggrens  Photographie  befttfttfgteii  Abubrift  dem  II  in  npoitaFoc  der  Nr.  2 
am  n&chsten.e8  vird  also  weder  >«F«Xt«u  neeh  XaFopTom  sondern  X«F«ircaMi 

zu  lesen  sein.  In  Nr.  6  habe  auch  ich  mir  AxivavoXaFav  [statt  AxtvavoX«F«v 
als  möglich  notirt,  und  die  Photographie  scheint  das  zu  bestätigen,  aber 
dieselbe  Photographie  lehrt  auch,  dass  Hanisaj  und  ich  die  folgenden  Worte 
riebtig  TiCt(  (lOYpo  F^tMM  oFapC  gelesen  baben  (vgl.  Kretsebmer,  a.  a.  O. 
8. 239),  wibrand  Reber  sobreibt  <K*c  y(^**P«  «t«c.  In  Nr.  8  eodlioh 
Tehlen  bei  Reber  die  drei  letzten  Buchstaben  aiC  gänzlich,  die  doch  selbst 
auf  der  Photographie,  freilicli  weniger  gut  als  auf  dem  Stein,  lesbar  sind. 
In  Nr.  7  bat  Reber  gegen  Ramsajs  erste  Publication  Recht,  wenn  er  X^tx 
statt  X«i^t  lebieibt,  aber  ^eae  Verbesaerang  bat  Ruuaj  selbst  bereite 
voliiogen  [Journal  of  HeOtnie  Mtudiet  X,  1889,  8.  i88)  und  auch  Kietseb- 
mer  bat  sie  auf  Orund  meinw  Abschrift  angenommen  ^a.  a.  O.  8.  218 
Anni .  4). 

<  Reber,  der  S.  565  die  Tiefe  auf  1,80"  'im  Mittel  des  rauhen  Grundes* 
angiebt,  bat  su  der  wirklichen  Tiefe  der  Nische  die  der  nAen  von  antiken 
oder  modernen  Bchatigräbem  in  die  Niscbenwand  gebackten  Höhlung  bin- 
zugefügt;  seine  Ifassangabe  ist  also  fur  die  Kenntniss  des  allen  Denkmals 
wertlos. 


86 


A.  KOERTE 


splitterung  des  Felsens  vorn  an  Ausdehnung  verloren  habe,  hat 
Ramsay  aus  der  Zerstörung  des  ersten  Buchstabens  ihrer  In- 
schrift (Nr.  3  bei  Ramsay  a.  a.  O.)  wol  mit  Recht  gefolgert, 
erheblich  ist  der  Grössenverlust  aber  keinenfalls,  denn  die 
Decke  senkt  sich  vorn  ziemlich  stark  und  würde  bei  einer 
beträchtlichen  Verlängerung  nach  vorn  den  Boden  berühren'. 
Diese  unregelmässige,  winklige,  kleine  Grotte  passt  zu  der 
mächtigen  Fassade  neben  ihr  ganz  und  gar  nicht,  sie  hat  auch 
mit  den  sicheren  Grabkammern,  die  wir  kennen,  in  Ausstat- 
tung, Grösse  und  Form  nicht  die  geringste  Ähnlichkeit,  und 
deshalb  scheint  mir  Ramsays  Annahme  ganz  unmöglich;  eher 
trifft  wol  Perrots  Vermutung,  man  habe  Opfergaben  in  ihr 
niedergelegt,  das  Richtige.  Reber  giebt  denn  auch  (S.  567  ) 
Ramsays  Grotte  preis  und  ist  'vorläufig  der  Ansicht,  dass 
sich  die  Ruhestätte  des  Königs  Midas  eher  unter  dem  Schutt 
vor  dem  Grabmal  finden  dürfte*.  Da  er  auch  S.  564  von  einer 
'sicher  auf  mehrere  Meter  zu  schätzenden*  Verschüttung  re- 
det, möchte  ich  ausdrücklich  betonen,  dass  von  dem  Denk- 
mal auch  nicht  ein  Zoll  verschüttet  ist.  Die  untere  Grenze 
der  bearbeiteten  Fassado  ist  überall  sichtbar  und  darunter 
springt  der  unbearbeitete  gewachsene  Fels  stark  vor,  wie  auch 
unsere  Tafel  erkennen  lässt;  es  ist  also  nicht  abzusehen,  wie 
vor  der  Fassade  eine  Grabkammer  in  den  Felsen  gehauen  sein 
konnte,  die  mit  dem  Denkmal  noch  irgend  welchen  Zusam- 
menhang hatte.  Die  gewaltsamen  Versuche  ein  Denkmal  als 
Grab  hinzustellen,  bei  dem  ein  Platz  für  die  Leiche  schlechter- 
dings nicht  zu  finden  ist,  erhalten  den  Schein  einer  Berechti- 
gung durch  die  bestechende  Deutung,  die  Ramsay  [Journal 
of  Hellenic  studies  X.  1889,  S.  186)  einem  Worte  der  In- 
schrift Nr.  2  gegeben  hat.  Er  bringt  oijcevifxav  mit  dem  neu- 
phrygischen  Kvo>j{iav  zusammen  und  erklärt  es  als  Grab^.  Es 


*  Leider  ist  die  Grotte  jetzt  Terschwunden ;  1895  habe  ich  sie  vergeblich 
gesucht,  sie  scheint  bei  Anlage  des  auf  unserer  Tafel  links  sichtbaren  Stalls 
Ton  den  Tscherkessen  zerstört  zu  sein. 

*  Dieselbe  Deutung  geben  Turp,  Abhandlungen  der  wissenscbaftlichen 


Google 


KLEINASIATISCHE  STUDIEN.  III. 


wäre  erfreulich, wenn  unsere  Kenntniss  der  phrygischen  Spra- 
che 80  sicher  begründet  wäre,  daas  alle  eachlichen  Bedenken 
gegenüber  sprachlichen  Ericlärungen  verstummen  müssten; 
aber  dem  ist  leider  nicht  80,  nach  dem  offenen  Eingeständniss 
eines  besonnenen  Linguisten,  der  die  kleinaeialischen  Sprachen 
jetzt  wol  am  beelen  beherracht.  Kretschmer  verwirft  (a.  a.O. 
S.  232  f.)  Ramsays  Übersetzung,  weil  eben  das  Denkmal  kein 
Grab  ist,  und  deutet  atxfvfjMiv  als  *diese  Skulptur,  eingegra- 
bene Arbeit*.  Die  Bestimmung  des  Midasgrabes  kann  also 
aus  den  Inschriften  nicht  mit  Sicherheit  erschlosaen  werden, 
and  sie  würde  ein  Rätsel  bleiben,  wenn  ans  nicht  andere 
Werke  derselben  Art  zu  Hülfe  kämen. 

Bevor  ich  auf  diese  eingehe,  mass  ich  aber  eine  stilistische 
Präge  erörtern,  die  sich  an  die  Dekoration  des  Midasgrabes 
knOpIt.  Ramsay  hat  in  setner  Besprechung  der  perrotschen 
Abbildung  des  Denkmals  {Journal  of  Hellenic  studies  X, 
1889,  S.  149  ff.)  mit  Recht  hervorgehoben,  dass  in  dem  Mäan- 
deromament  der  Hauptfläche  die  erhabenen  Streifen  die  glei- 
che Breite  haben  wie  die  vertieften,  so  dass  eich  das  ganze 
Muster  aus  gleichen  Quadraten  zusammensetzen  lässt.  Diese 
von  ihm  in  zwei  Skizzen  (a.  a.  O.  S.  150  und  15t)  veran- 
schaulichte Thatsache  hat  nun  Ramsay  bestimmt,  den  gesamten 
Schmuck  dieser  und  ähnlicher  Passaden  aus  der  Nachahmung 
von  Wänden  mit  farbigem  Kachelbelag  zu  erklären. 

Par  diese  Auffassung  scheint  in  der  That  ein  kleines  Denk- 
mal SU  sprechen,  das  Ramsay  a.  a.  O.  S.  151  nur  kurz  er- 
wähnt. Etwa  400*  sadlich  vom  Midasdenkmal  liegt  am  un- 
teren Rande  des  Pelsplateaus  eine  1,50*  hohe,  1.45"  breite 
und  0,96"  tiefe  Nische,  deren  drei  Wände  gleichmässig  mit 
dem  nachstehend  Fig.  1  skizzirten  Schachbrett- Muster  in  fla- 
chem Relief  verziert  sind;  den  Boden  bedeckt  eine  anscheinend 
nur  dunoe  Scliuttächicht.  Der  Eingang  hatte  eine  wahrschein- 


Oesellschafl  in  Kristiania,  liist.  phil.  Klasse  1894,  Nr.  2.  8.  7,  und  Solm- 
&en,  ZeiLscbrifl  für  vergleiclieode  Sprachforschung  34  8.  61. 


A.  KOKBTt 


lieh  ganz  glatte  Umrahmung,  die  nur  links  leidlich  erhalten 
ist;  über  ihm  befindet  sich  ein  stark  zerstörter  Giebel,  der 


c 

fr. 


c  m 


2r 


Fie.  1 


zum  grösseren  Teil  wieder  durch  ein  in  Quadrate  zerlegbares 
Muster  ausgefüllt  ist;  vgl.  die  beistehende  Skizze  Fig.  '2.  Die 
Ähnlichkeit  der  Nischenwände  mit  einem  Kachelbelag,  wie 


Fio.  2 


wir  ihn  jetzt  für  Küchen  oder  Badezimmer  verwenden,  ist  un- 
bestreitbar, aber  sie  allein  reicht  meines  Erachtens  doch  nicht 


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KLBINASIATIBCHB  8TDDIBN.  III. 


hin,  um  die  Dekorationsweise  der  grossen  Fassaden  zu  er- 
klären. Gleich  bei  dem  Midasdenknial  lässt  sich  zwar  das 
Hauptfeld  in  einzelne  Kacheivierecke  auflösen ,  die  Seiten- 
borten  aber  nicht,  wie  auch  Reber  bemerkt  (S.  576),  weil 
hier  immer  vier  auf  die  Spitie  gesteilte  Quadrate  ein  horizon- 
tales umgeben,  und  noch  weniger  kommt  man  mit  der  Theo- 
rie bei  dem  Kütschük-jasili-kaja  aus.  Auch  hebt  Perrot, 
der  an  Ramsays  früherem  Versuch,  die  Dekorationsweise  aua 
der  Teppichweberei  herzuleiten,  festhält,  sehr  richtig  hervor 
(S.  902),  dase  Kacheln  eine  natürliche  Verkleidung  für  Zie- 
gelwände aber  niemals  für  Holz  sind ,  während  doch  die 
Schachbrettmuster  mit  Vorliebe  gerade  da  auftreten,  wo  mit 
Sicherheit  Holzbalken  zu  erkennen  sind ,  nämlich  bei  den 
Giebelwangen  und  den  Mittelstützen  der  GiebeP. 

fiinen  andern  Weg  der  Erklärung  hat  Reber  S.  572  ff.  ein« 
geschlagen.  SämUiehe  Bestandteile  der  Giebel  erklärt  er  na- 
bedingt überzeugend'  aus  dem  Holzbau,  die  Giebelwangen 
Bind  die  Verschalungsdielen  der  Dachsparren,  oder  der  darüber 
gelegten  Pfetten,  die  Akroterien  sind  die  überragenden  ge- 
kreuzten Boden  dieser  Dielen,  und  die  kleinen  verriegelten 
Doppelthflren,  die  sich  am  RQtschfik-jasili-kaJa  und  Has- 
san-bey-kaja  zu  beiden  Seiten  der  Pirststfitze  finden,  sind 
Luken,  durch  welche  der  Speicherraum  unter  dem  Dach  von 
aussen  zugänglich  war.  Freilich  ist  die  Naebabmung  des  phry- 
giscben  Hausgiebels  nicbt  immer  ganz  streng  durchgeführt, 
die  Akroterien  haben  im  Pels  gelegentlicb  Pormen  angenom- 
men, die  sie  im  Hobt  gewiss  niebt  batten,  und  Sphingen,  die 
wir  im  Giebel  von  Arsbin-ka|a  finden  (Taf.  2),  gehörten 


*  Eine  solche  Qiebelstütze  werden  wir  nach  dem  Muster  sämtlicher  an- 
derer Fassaden  auch  beim  Midasdenkmal  aouebmea  dürfen,  wo  die  Giebel- 
mitte  lentort  ist. 

'  Nur  das  diw  vermag  ich  selbst  der  Autorilit  dM  Arehitokten  nicht  la 

glauben,  dass  man  jemals  schräge  Giebeldächer  aussen  mit  Lehm  oder  Let- 
ten belegt  hat.  So  üblich  der  Lebmbelag  im  Orient  von  jeher  für  horizontale 
Dächer  gewesen  ist,  bei  Oiebeidächern  ist  er  uuerhürt,  der  erste  R^en  würde 
ihn  ja  hianntmpQIaii. 


A..  KO£KT£ 


sicherlich  nicht  io  den  Giebel  bölienier  Wohobioser,  aber 
im  Wesentlichen  sind  die  Pomien  eines  imsaeo  Haussiebels 
gewahrt.  Reber  versucht  daoB  «och  die  grossen  WaodÜächen 
als  unmittelbare  Nachahmung  wirklicher  Hansirande  au  er- 
weisen, aber  dieser  Nachweis  ist  ihm  Dieht  geglückt.  Er  er» 
kennt  die  Verwandtschaft  dieser  Flächeo  mil  Teppichen  an 
und  meint,  gewebte  Vorhänge  wie  aie  im  Innern  der  phrygi- 
scben  Haaser  wirklich  hingen,  seim  aussen  am  Haus  in  Be- 
malung nachgeahmt  worden.  Wo  ist  es  aber  erhört  in  der 
Architektur,  dass  die  .Vussenwände  einee  Baus  ihre  Formen 
dem  zufalligen  Schmuck  des  Haus-Innem  entlehnen, dass  mit 
Verzicht  auf  alio  Fenster,  mit  Unterdrückung  aller  constructi- 
Ten  Glieder,  der  Balken  und  Stützen,  die  llauswand  als  Tep- 
pich maskirt  wird,  über  dem  dann  ein  Holzgiebel  stQtzenloe 
in  der  Luft  schwebt?  Ich  glaube,  dass  alle  Versuche,  die  ge- 
samte Dekoration  der  phrygischen  Pelsfassaden  aus  einer  ein- 
zigen Technik  herzuleiten,  sei  es  nun  der  Holzbau,  die  Tep- 
pichweberei, oder  der  Ziegelbau  mit  K.achelbelag,  notwendig 
scheitern  müssen,  denn  das  Charakteristische  für  sie  ist  ge- 
rade, dass  sie  mit  dem  architektonischen  Aufbau  nicht  Ernst 
machen.  Selbst  bei  dem  Denkmai  ton  Bakscbisch,  das  die 
Formen  eines  Holz- Hauses  am  treuesten  wiedergiebt,  sind 
viele  Einzelheiten  unorganisch,  der  Verzierung  halber  hinzu- 
gefügt; welch  ein  Abstand  geg^n  die  peinliche  Treue,  mit  der 
die  Lykier  in  den  ältesten  Denkmälern  die  kleinsten  Einzel- 
heiten ihrer  Holzhäuser  naehbilden.  Ohne  Frag»  wird  der 
ästhetische  Eindruck  aueh  der  besten  Passaden  durch  das 
Willkarliche  ihres  sorgfällig  gearbeiteten  Schmueks  etwas  be- 
einträchtigt; es  drimgt  sich  dem  Beschauer  ein  leises  Missbe- 
hagen auf,  weil  er  die  einzelnen  Teile  nicht  organisch  ver- 
binden kann.  Gerade  dieser  Mangel  organischen  Zusammen- 
sehlusses  des  Ganzen  fitthrl  die  Phantasie  immer  wieder  auf 
den  Vergleich  mit  Teppichen;  denn  was  bei  den  Felsfiassaden 
stillos  wirkt,  macht  eben  den  Stil  der  Teppichweberei  aus. 
Mit  unbeschränkter  Freiheit  entlehnt  die  Teppichweberei  der 
Natur  und  den  verschiedensten  Techniken  Formen,  mit  denen 


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KLBINABIATISCHB  BTüDIBN.  IH.  M 

sie  in  ungebundener  Laune  spielt.  Rs  verdient  Beachtung,  dass 
eine  der  schönsten  neueren  orientalischen  Teppicharten,  die 
"von  l^okliara,  fast  ganz  auf  Nachahmung  der  Kaclieltechnik 
gegründet  ist;  das  Mittelfeld  weitaus  der  meisten  Bokhara- 
Teppiche  lässt  sich  in  viereckige  Kacheln  zerlegen,  deren  Fu- 
gen durch  duDoe  blaue  Linien  wiedergcijeben  werden.  Die  phry- 
gischen  Steinmetzen  wollten  den  Felswänden  einen  gefälligen 
farbenreichen  Schmuck  verleihen,  und  dafür  benutzten  sie 
mit  derselben  Freiheit,  die  sich  die  Teppichweberei  zu  allen 
Zeiten  genommen,  Motive  der  verschiedensten  Techniken, 
bald  die  des  Holzhaus,  bald  die  der  farbigen  KacheWerklei- 
dang,  bald  die  gewebter  Vorhänge.  Diese  verschiedenen  Ent- 
lehnungen können  wir  wol  feststellen,  aber  wir  thun  den 
Werken  Gewalt  an,  sobald  wir  eine  der  Quellen,  aus  denen 
die  Phantasie  des  rein  deoorativen  Künstlers  schöpfte,  für  die 
einzige  erklären,  und  aus  ihr  sämtliche  Motive  herleiten  wollen. 

b.  Arslan-kaja. 

Eine  Stunde  südöstlich  von  der  Eisenbahnstation  Düver  er- 
hebt sich  dicht  bei  einem  kleinen  See '  ganz  isolirt  das  Arslan- 
kaja  (Löwentels)  genannte  Denkmal,  eine  der  wertvollsten 
Entdeckungen  Ramsays.  Spitze  Felskogel .  die  als  riesige 
rotgelbc  /aekon  einzeln  oder  in  Grnpj)en  auf  den  grimen 
Matten  stehen,  (Inden  sieh  in  diesem  Teile  Plirvijiens  recht 
häufig,  aber  wenim-  siml  durch  Gestalt  und  Laire  so  eimirucks- 
voll  wie  (lieser,  den  die  Ifand  eines  phrygischen  Künstlers  zu 
einem  merkwürdigen  Denkmal  formte.  Der  unlere  Teil  des  7"" 
breiten  und  etwa  15'"  hohen  Blockes  ist  auf  drei  Seilen  geglättet 
und  mit  Relief  geschmückt,  die  Ruckseite  und  die  Spitze  sind 


*  Aof  dem  too  Reber  8.  SU.banplsftcbUch  nacb  offleiellein  tfirkisefaem 
Msterial  rnitgeteiltea  Kärtchen  des  phrygischen  Denkmälerhezirks  ist  die 

gefrenseili'.'e  l.age  von  Fels  und  See  ufiriclitig  angegeben;  Arslan-ltaja  ist 
durch  keinen  Bergrücken  vom  S«'«;  gi  treiml  und  höchstens  oOO"*  von  ihm 
entfernt.  Auf  Kieperls  grosser  Karle  des  weüllichea  Kleiuasieas  ist  der  $acb- 
tarhalt  riebüger  geieiebnel. 


A.  KOSBTB 


unbearbeitet  geblieben.  Der  vulkanische  Tuff,  aus  dem  der 
Kegel  besteht,  wird  dicht  über  dem  Erdboden  von  einer  ho- 
rizontalen Schicht  weichen  Sandsteins  unterbrochen,  die  der 
Witterung  ungleich  weniger  Widerstand  geleistet  hat  als  das 
Tulkanische  Gestein;  doch  bat  das  Denkmal  dadurch  keine 
weMDtiiche  Einbusse  erlitten,  weil  der  Künsller  diese  Schicht 
nicht  mit  in  seine  Passade  sog.  Bei  der  ganz  ungesebützten 
Lage  ist  das  Denkmal  leider  viel  stärker  durch  die  Unbilden 
der  Witterung  beachSdigt,  ab  die  meisten  andern«  deanoch  lat 
es  möglich  über  die  Art  der  Anlage  und  selbst  Ober  den  Stil 
mit  siemlicher  Sicherheit  zu  urteilen.  Die  ganze  Nordostseite 
des  Blocks  wird  durch  einen  machtigen  au^erichteten  Löwen 
in  flachem  Relief  geftült  (Fig.  3).  Er  stemmt  beide  Vordertatien 


Fio.  S 


an  die  rechte  Giebeleeke  der  Hauptfassade;  sein  leider  zerst&r- 
ter  Ropf  wOrde  der  Giebelbekrdnung  der  Vorderseite  an  Höhe 
etwa  gleichkommen.  Die  Ausfittbrung  ist  frisch  und  sorgfältig. 
Die  andere  Nebenseite  enthält  nur  noch  geringe  Reste  eines 
bedeutend  kleinei*en,  geflügelten  Vierfüsslers,  der  in  ruhiger 


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KUtlNASUTlSCnS  8T0DUEN.  lit. 


»3 


Bewegung  naeh  rechte  aehreitet.  Rameay  beieiehiiet  ihn  (/oiir- 
mU  of  HeUeiue  studies  V,  1 884,S.  947)  elcherlich  mit  Reeht 
ale  Greifen,  denn  der  Umriaa  einea  apitzen  Schnäbele  iat  mit 
hinreichender  Dentlichiceit  an  erkennen*.  Die  naeh  Sfldoaten 
gekehrte  Vorderseite  erinnert  atark  an  daa  Midasdenkmal^dem 
aie  freilich  an  Breite  aehr  beträchtlich  nachateht  (etwa  7"  ge- 
gen 167«*)-  Wie  dort  aehen  wir  die  Hauptflacbe  durch  ein 
geometriaehea  Moater  in  flachem  Relief  auagef&llt,  wie  dort 
öffnet  eich  unten  eine  Niache  mit  Thfiramrahmung  und  wie 
dort  krOnt  ein  Giebel  mit  Akroterion  daa  Ganie.  Im  Binidnen 
aind  aber  alle  Formen  Yerachieden.  Die  atarke  Zeratdmng 
macht  ee  swar  unmöglich,  den  kunatYollen  Verachlingungen 
dea  FlSchenomamentea  genau  lu  folgen,  aber  lo  viel  iat  doch 
klar,  daaa  ea  iron  dem  dea  Midaadenkmala  abweicht  und  eelt« 
aamer  Weise  iat  Aber  der  Mitte  der  Nische  eine  Rosette  in 
das  geometriache  Muster  gesetzt.  An  Stelle  der  breiten  Borten 
des  Midasdenkmale  faast  hier  eine  einfache  Reihe  apitz  ttber 
einander  gestellter  Vierecke  beiderseits  die  Flache  ein.  Die 
untere  Giebelleiate  trägt  eine  Inschrift,  deren  Entzilforung  wol 
niemals  ganz  geiiogen  wird ;  auf  einer  bei  besonders  gOnstiger 
Beleuchtung  aufgenommenen  Photographie  glaube  ich  (A.TfMt- 
T<pav  zu  Erkennen,  doch  bleibt  die  Lesung  unsicher.  Daa  ge- 
gen die  Verachalungsdiele  etwaa  zurücktretende  Sparrenglied 
des  Giebela  tragt  ein  reingriechisches  Mäanderomament,  die 
Hömer  dea  besonders  grosaen  Akroterion  aind  an  ihrsn  finden 
mit  augenartigen  Rreiaen  Ycrziert,  so  daaa  aie  Ramaay  irrtüm- 
lich für  Schiangenköpfe  hielt.  Im  Giebel  atehen  zu  beiden 
Seiten  der  mit  einer  aehr  zerstörten  Palmette  Tcrzierten  First» 
statze  zwei  leidlich  erhaltene  Sphingen.  Der  RaumfiQliung 
wegen  sind  die  Leiber  sehr  lang  gestreckt  und  die  Beine  ziem« 
lieh  kurz.  Die  Tcrbältnissmässig  kleinen  Flügel  aind  ange- 
bogen, die  in  Vorderanaicht  dargestellten  Köpfe  haben  ao  aehr 
gelitten,  dass  ihre  Gesichtszüge  nicht  mehr  zu  erkennen  aind, 


<  Heber  (S.  561)  irrt,  wenn  er  es  fär  wahrwlieinlich  hält,  dus  das  Tier 
ein  Löwe  sei. 


«4 


A.  tOtllTl 


nur  die  grossen  Ohren  und  je  eine  lange  Schultprlocke  lassefi 
sich  unterscheiden.  Wichtiger  noch  als  dieser  nach  fjriechi- 
Bcher  Art  mit  figürlichem  Schmuck  gefüllte  Giebel,  auf  dessen 
Stil  ich  noch  zurückkommen  werde,  ist  die  Ausgestaltung  der 
Nische.  Dass  die  Nische,  deren  Umrahmung  mit  der  des  Mi- 
dasdenkmals  fast  ganz  übereinstimmt,  den  Eingang  in  den 
Fels  bedeutet,  ist  hier  zur  sinnlichen  Anschauung  gebracht; 
die  beiden  ThorflOgel  sind  weitaufgethan  und  an  die  Nischen- 
wände  angelegt,  von  ihrer  peinlich  genauen  Ausführung  in 
allen  oonstructiven  Einzelheiten  giebt  Hebers  vortreffliche  Zeich- 
nung und  Beschreibung  (S.  560)  das  beste  Bild.  Im  Hinter- 
grande der  2,30"  breiten,  1,90*"  tiefen,  2,40"*  hohen  Nische 
sitzt  eine  ai^  zerstörte  menschliche  Gestalt  umgeben  von  zwei 
siehenden  Löwen,  die  ihre  Tatzen  an  das  Haupt  der  Figur 
legen.  Trotz  der  starken  Verwitterung  sieht  man.  dass  die 
Figur  einen  hohen  rundlichen  Aufsatz  auf  dem  Kopt  trägt  und 
die  rechte  Hand  an  die  Brust,  die  linke  in  den  Schoss  gelegt 
hat.  Das  Sitzbild  zwischen  den  beiden  Löwen  stellt  natürlich 
die  grosse  Göttermutter  dar,  die  Matar  Kubile,  wie  sie  in 
einer  gleiclizeitigen  Inschrift  (Nr.  11  bei  Ramsay)  lioisst.  Ihr 
Sitz  sind  die  Berge,  deshalb  führt  sie  nach  den  verschiedenen 
Gebirgen  die  Namen  Dindymene,  Sipylene,  Idaia,  und  dass 
die  piTDpöptk  (Eurip.  Hei.  1301)  ganz  eigentlich  drinnen  im 
Bergbausend  gedacht  wird,  sagt  unser  Denkmal  so  deutlieh 
wie  nur  möglich.  Eingeschlossen  in  der  Tiefe  des  Felsens  thront 
sie,  aber  hier  hat  sie  einmal  ihre  Pforten  aufgethan,  und  die 
Gläubigen,  die  zu  ihr  pilgern,  können  mit  eigenen  Augen 
achauen,dass  die  Göttin  ihnen  leibhaftig  nahe  ist.  So  klar  wie 
in  unserem  Denkmal  ist  diese  Vorstellung  von  derPelswohnung 
der  Gottin  sonst  nirgends  ausgesprochen,  aber  die  beiden 
kleinen  Pelaniachen  mit  ihrem  Bilde,  die  Ramsay  (bei  Perrot 
S.  158  Fig.  HO)  und  Reber  (S.  585  Fig.  10)  entdeckt  haben, 
drücken  wenn  auch  weniger  deutlich  ganz  denselben  Gedanken 
aus.  Auch  das  berühmte  grosse  Bild  der  Göttin  am  Sipylos  (Per- 
TOiMuioire  de  l'art  IV  Fig.  365.  Athen.  Mittheilungen  1888 
Taf.  i )  wird  nicht  anders  zu  Terstehen  sein,  obwoi  hier  die 


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KLBINASUTISCfiB  STUDIEN.  Itt. 


9$ 


architektonische  Umrahmung  fehlt.  Ein  langes  Fortleben  hat 
sodann  die  griechische  Kunst  dieser  üarslellungstbrm  der 
Göttermutter  gesichert.  Krst  das  Üenkraal  von  Arslan-kaja 
macht  die  merkwürdige  Thatsache  verständlich,  dass  Kybele 
io  der  griechischen  Kunst  von  den  alten  kymäischeo  idolea  * 
bU  herab  auf  die  hellenistische  Zeit  mit  Vorliebe  eingezwängt 
in  einen  NaiskoB  dargestellt  wird.  Die  kleinasiatischen  Grie- 
chen übernahmen  voD  Phrygem  und  Lydern  das  uralte  Bild 
der  im  Berge  thronenden  Göttin,  und  wenn  sie  sie  auch  in 
den  Einzeldarstellungen  von  ihrem  Bergsitze  loslösten,  so  blieb 
doch  die  an  die  alten  Felsbilder  erinnernde  Nischenumrahmung 
etwas  der  Göttin  Eigentümliches ,  das  sich  neben  jüngeren 
freieren  Bildungen  mit  echt  religiöser  Zähigkeit  hielt.  Die  äl- 
testen griechischen  Darstellungen,  die  von  Kyme,  sind  ja 
älter  als  der  Arslan-kaja,  aber  den  Schlüssel  zu  ihrem  Ver- 
ständniss  giebt  das  jün<;;ere  Bild,  weil  es  in  jener  Landschaft 
geschaffen  wurde.die  das  Wesen  der  (ayitvip  optia  von  den  älte- 
sten Zeiten  vor  der  phrygischen  Einwanderung  (vgl.  Kret- 
sehmer,  Einleitung  S.  194  f.)  bis  zum  Ausgpmg  des  Heiden- 
tums am  treuesten  bewahrt  h:it 

Die  ausschliesslich  religiöse  Bedeutung  des  Arslan-kaja 
scheint  mir  über  jeden  Zweifel  erhaben.  Perrot  S.  152  hat  sie 
auch  nicht  verkannt,  aber  Ramsay,  dem  sich  Reber  (S.  562f.) 
anschliesst.häit  an  der  Journal  of  Hellenic  studies  V,  1884, 
S.  152  gegebenen  ErklärunjU'  fest:  /  feel  convinced  that  the 
monument  is  seputcral.  Wenn  Ramsay  für  seine  Auffassung 
die  aus  römischer  Zeit  gut  bekannte  phrygische  Sitte  anführt, 
den  Toten  in  enge  Verbindung  mit  einer  Gottheit  su  bringen, 
den  Grabstein  ihm  und  dem  Gotte^  gemeinsam  zu  weihen,  so 


*  BulMin  di  eomspondtmee  heUitiique  1889  8.  545  ff.  vgl.  Joabin,  Mutit 

Imperial  Ottoman,  catalogue  des  sculptures  Nr.  32-34  ;  auch  die  dritte  Nam* 
mer  ist  ein  Bild  der  Göttermulter,  nicht  der  Athena  Polias  wie  .Touhin  Tor- 
scblägt;  die  TaUuu  und  Teile  des  Löwenleibes  auf  ihrem  Öuboss  &iud  sicher 
tu  erkennen. 

*  In  der  ipiteren  Zeit  iit  die  mit  dem  Toten  vereiaigle  Gtotlheit  tleti 


96 


A.  KOBRTB 


wird  man  ihm  den  Rackscbluss  au8  der  spälereo  Zeh  auf  äl- 
tere religiöse  Vorstellungen  gewiss  zugeben,  aber  daraus  folgt 
noch  nicht  die  Berechtigung  ein  Denkmal,  dem  all  und  jede 
Andeutung  einer  sepulcralen  Beslimniung  fehlt,  für  einen 
Grabstein  aa  erklären.  Bs  ist  Willkür  eio  ii^ndwo  in  der 
Nähe  verboi^nes  Grab  ansunehmen wenn  ein  Denkmal  in 
seiner  ganzen  Ausdehnung  sichtbar  und  aus  sich  heraas  als 
Kttltstätte  durchaus  yerständlich  ist.  Arslan-kaja  ist  kein  Grab 
sondern  ein  Heiligtum  und  diesem  festen  Punkt  muss  man 
die  ähnlichen  Passaden  angliedern,  deren  Bestimmung  we- 
niger leicht  SU  verstehen  ist. 

Beim  Jasili-kaja  ist  freilich  der  fiewi  Wita  an  die  Stelle 
der  Göttermutter  getreten,  aber  das  macht  nichts  aus.  Daes 
Midas  ein  Gott  ist,  den  die  Phryger  aus  ihrer  europäischen 
Heimat  mit  nach  Asien  gebracht  haben,  ist  schon  mehrfach 
ausgesprochen  worden^.  Als  die  I'^roberer  dann  den  Dienst 
der  allkleinasiatischen  Muttergoltlieit  (  Hamsay,  Journal  IX, 
1888,  S.  307,  Kretsclimer  S.  i94)annahmen,  ja  zu  ihren  begei- 
sterten Dienern  wurden,  da  inusste  auch  der  alte  Stammesgott 
Midas  zum  Kreise  der  Götlerm utter  in  irgend  welche  Beziehung 


Zons,  meist  mit  dem  Beinamen  ßpovt«&»;  die  Oottennuttar  kommt,  so  Tiel 
ich  sehe,  niclU  auf  Grat)stciueu  vor. 

*  Reber  hilft  sieh  wieder  mit  der  Annahme  einer  Verschültung.  Ange- 
sichts unserer  Taf.  2  ist  es  kaum  nötig  lu  erkl&ron,  dass  das  Monument 

selbst  nicht  im  geringsten  verschüttet  ist.  Auch  von  dem  rohen  Felsen  ist 
vom  ein  gutes  Stück  sichtbar.sicherlich  könnte  also  eine  Gratistätte  keinen 
unmittelbaren  Zusanimenbang  mit  dem  Denkmal  haben.  Wenn  er  weiter 
sagt: '  Würde  das  Grab  mit  der  Kriegerfassade  bei  Arslan-tasoh  nicht  durch 
atmosph&riscbe  BinOfisse  gesprengt  und  dadurch  die  Kammer  bloesgelegt 
sein,  so  würde  man»  da  die  Thüre  wo!  schon  in  früher  Zelt  verschüttet  war, 
von  eiiH'in  Grabraiim  wahrscheinlicli  niclils  wissen',  so  entbehrt  diose  Be- 
hauptung jeder  Begründung.  Niehls  ist  gewisser,  als  dass  die  Thür  jenes 
Grabes  bis  zu  seiner  Zerstörung  nicht  vcrscbfittet  war.  Hftite  dieThfiröflhung  . 
bereits  vorher  im  Boden  gesteckt,  so  könnte  sie  jetst  nicht  flach,  natfirlich 
etwas  eingesunken,  auf  dem  Boden  liegen,  denn  der  Stein  bitte  keinea 
Platz  zum  Umkippen  gehabt. 

'  Kretschmer.Einleiluug  S.  199;  Dielericb,  Pbiiologus  LH  B.  5;  Kuhnert 
in  Rosebers  Lexikon  II  8.  2961  f. 


KLBINASIATISCHB  STUDIKN.  III. 


97 


gesetzt  werden.  Er  sank  zum  Heros  herab  und  hiess  der  Er- 
bauer des  Tempels  von  Pessinus  (Diod.  III,  59)  oder  aber  der 
Sohn  der  Kybeie  (Hygin.  fab.  19i  und  274).  Dadurch  dass 
später  die  historischen  Könige  Phrygiens  den  Namen  Midas 
abwechselnd  mit  dem  des  Gordios  führten,  wurde  der  Gott 
Midas  in  der  Überlieferung  f^ua  zurückgedrängt,  manches 
was  ihm  zukam,  wurde  nun  den  menschlichen  Königen  bei- 
gelegt. Vielleichl  gehörte  auch  der  Thron,  den  Herodot  (I,  14) 
in  Üelphi  sah,  ursprünglich  dem  Gölte  Midas  (vgl.  Reichel, 
Vorhellenische  Götterkulte  S.  17).  Den  göttlichen  Sohn  der 
Kybeie  haben  wir  in  dem  Fk^xl  MtSa«  des  Denkmals  su  er- 
kennen, und  es  ist  nicht  wunderbar, dass  auf  ihn  eine  ursprOng« 
lieb  iür  die  Göttermutter  erfundene  Form  der  Kultstätte  über- 
tragen wurde.Vielleicht  deutet  auch  der  iName  des  Dedikanten 
Ates=Attis  auf  einen  unmittelbaren  Zusammenhang  mit  dem 
Kybelekuit.  Attis  ist  der  heilige  Name,  den  der  Oberpriester 
der  Göttermutter  noch  in  hellenistischer  Zeit  führt  (Athen. 
Mittheilungen  1897  S.  16  f.), und  diese  Uieronymie  ist  sicher- 
lich sehr  alt.  Nur  ein  Mann  in  hervorragender  Stellung  kann 
die  gewallige  Passade  geweiht  haben;  ein  Phrygerkönig  ist  es 
nicht  gewesen,  denn  die  heissen  ständig  Midas  und  Gordios, 
da  liegt  es  nahe  in  dem  Ates  der  Inschrift  den  Oberpriester 
der  Göttermutter  zu  erkennen,  der  neben  seinem  sacralen  Na- 
men auch  den  bürgerlichen  Arkiaevais  Sohn  des  Akenanolas 
angab. 

Dass  sich  das  Midasdenkmal  ungezwungen  nach  dem  Ma- 
ster von  Arslan-kaja  erklären  lässt,  leuohtet  ein;  aber  giebt 
es  nieht  PasBaden«  die  dem  Midasdenkmal  eben  so  nahe  stehen 
wie  Arslan  -  kaja  und  doch  deutlich  erweishare  Gräber  sind  ? 
Das  ist  freilieb  die  allgemeine,  auch  von  Perrot  geteilte  An- 
sicht, aber  sie  ist  irrig. 

e.  Dellkli-taBch. 

Das  entscheidende  Denkmal  ist  die  Ddikli-tasch  (der  daroh- 
löcherte  Stein)  genannte  Fassade,  die  im  äussersten  Westen 

ATHEN.  MITTNBILUMOEM  ZZIII.  7 


06 


A.  KOBRTB 


Pbrygiens  in  einem  kleinen  Seitentbal  des  Rhyndakos  liegt. 
-Von  Hamilton  entdeckt  und  ganz  flüchtig  skizzirt  ( Resear^ 
ches  I  S.  97 )  ist  dies  Monument  von  Perrot  auf  seiner  »^alali- 
scben  Expedition  genau  untersucht  und  in  sorgfältigen  Zeich- 
nungen veröffentlicht  worden';  die  Gesamterseheinung  giebl 
auch  UDsere  Fig.  4  wieder.  Eineo  gewaltigen  FeUblock  aus 


Fia.4 


vulkanischem  Gestein,  dessen  Südfassade  weilbin  sichtbar  ist, 
haben  natürliciie  Einflüsse  in  alter  Zeit  in  drei  Teile  ge- 
spalten und  Menschenband  bat  den  mittleren  zu  einem  selt- 
samen Denkmal  von  schlichter,  fast  rober  Grösse  gestaltet. 
Die  Spitze  des  Felsens  bat  die  Form  eines  ziemlich  steilen 
gleichschenkligen  Dreiecks  ohne  jeden  weiteren  Schmuck  er- 
halten, 80  dass  man  schwanken  könnte,  ob  dem  Künstler  ein 
Giebel  oder  eine  Pyramide  als  Vorbild  vorgeschwebt  hat.Nach 
unten  schliesst  sich  zunächst.durch  einen  schmalen  Absatz  ge- 
schieden, eine  ebenfalls  glatte  trapeztörmige  Flüche  an;  ihr 


*  Weniger  gelungen  ist  der  perspecUviMhe  Sobnitt,  den  Chipiez  naeh  den 
allen  Zdohnimgen  für  die  BUMn  4§  V«rt  V  Abb.  SS  eonslmirt  hat. 


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KLEINASIATISCHE  STUDIEN.  III. 


99 


unterer  Rand  bricht  plötzlich  ganz  unregelmässig  ab,  und  die 
glatte  Felswand  wird  auf  einer  Strecke  von  etwa  drei  Metern 
durch  eine  roh  auagehauene  Wölbung  unterbrocheu,  die  un- 
gefähr aussieht  wie  eine  sich  überschlagende  Meereswoge.  Auf 
diese  Lücke  folgt  nach  unten  wieder  eine  glatt  bearbeitete  Flä« 
ehe  mit  unregelmässiger  Oberkante,  die  anscheinend  nicht gp- 
nau  in  der  Ebene  der  oberen  Felswand  liegt,  sondern  gegen 
sie  ein  wenig  vorspringt.  Ein  grosser  Teil  dieser  3,20"*  hohen 
Fläche  wird  von  einer  breiten,  ganz  flachen  Nische  eingenom- 
men, deren  Umrahmung  sehr  an  dasMidasdenkmal  erinnert; 
drei  niedrige  Stufen  sind  ihr  vorgelagert.  In  die  Mi  tie  der  Ni- 
Bcbenwand  ist  von  modernen  oder  antiken  Schatzgräbern  ein 
rundes  Loch  gehauen,  das  einem  schlanken  Menschen  den  Zu* 
gang  zu  dem  dahinter  gelegenen  Schacht  gewährt.  Dieser 
Schacht,  dessen  Wände  nur  roh  behauen  sind',  ist  auf  dem 
Grunde  1,80"*  lang  und  1,24"  breit.  In  einer  Höhe  von  2,40" 
Aber  seiner  Sohle  ist  in  die  Vorderwand  ein  Absatz  von  0,20" 
Breite  ziemlich  unregelmässig  eingehauen,  wieder  1,10"'  höher 
urogiebt  ein  schärfer  hervorgehobener  Absatz,  an  den  Lang- 
aeiten  rund  0,25",  an  den  Schmalseiten  rund  0,35"  breit,  den 
Schacht,  dessen  liebte  Weite  hier  nur  1,52  zu  1,21"  betragt. 
Schon  diese  Abmessungen  machen  es  sehr  bedenklich,  den 
Schacht  für  ein  Grab  zu  halten.  Könnte  auch  auf  der  SchachU 
sohle  ein  Toter  von  mittlerer  Grösse  zur  Not  ausgestreckt  lie- 
gen, so  ist  die  obere  Öffnung  zweifellos  zu  klein,  um  eine 
wagerecht  ausgestreckte  Leiche  durchzulassen,  der  Tote  mfisste 
eiofach  in  die  Gruft  geworfen  worden  sein,  und  das  wider» 
spricht  dem  sonst  bekannten  Brauch  der  Phryger.  Ich  will 
kein  Gewicht  darauf  legen,  dass  der  Schacht,  bei  einem  Grabe 
doch  die  Hauptsache,  nur  ganz  nachlässig  gearbeitet  ist,  aber 
von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  Art  seines  oberen  Abschlus- 
ses. In  den  vier  Ecken  des  vorhin  erwähnten  Absatzes  (vgl. 


*  Cbipiez  Perspective  (Perrot  Fig.  52)  giebt  von  den  GrössenverbälUiissen 
nod  der  Arbeit  des  Sehaehtee  keine  richtige  Vorstellung. 


I 


k.  &OERTB 

Pig.  5  naeh  Perrot),  finden  sieh  vier  etwa  0,15"  breite,  0,10* 
lange  und  0,06*  tiefe  Einarbeitungen,  und  an  dem  oberen 


Fio.  5 


Rande  des  Schachtes,  90™  über  dem  Absatz  kehren  ähnliche 
Einarbeitungen  von  0,20"  Breite.  0,1 4™  Länge  und  0,!0" Tiefe 
wieder.  Perrot  nimmt  nun  (S.  93)  einen  doppelten  Verschluse 
durch  grosse  Steinplatten  an,  die  auf  den  Einarbeitungen  auf- 
lagen. Aber  diese  Annahme  ist  unmöglich.  Wer  den  Schacht 
mit  einer  Steinplatte  schlieseen  wollte,  der  würde  die  Kanten 
der  Platte  in  ihrer  ganzen  Länge  auf  allen  ^ier  Rändern  des 
Absatzes  haben  ruhen  lassen ;  es  wäre  geradezu  widersinnig, 
wenn  der  Steinmetz  sich  die  doppelte  MQhe  der  Einarbeitun- 
gen in  den  Felsrand  und  des  Aushauens  von  Zapfen  an  den 
Steinplatten  gemacht  hätte,  da  hierdurch  die  Festigkeit  des 
Verschlusses  nicht  im  mindesten  erhöht  wurde.  Die  Yiereckigen 
Einarbeitungen  sind  an  beiden  Stellen  nur  als  Lager  für  Holz- 
balken Terständlich,  und  wir  müssen  sie  in  Zusammenhang 
bringen  mit  andern  gleichartigen  Einarbeitungen  ^  an  der  rohen 
gewölbten  Felswand  2*  über  der  Mündung  des  Schachtes,  die 
auch  auf  Fig.  4  sichtbar  sind.  Wer  die  ganze  Felswand  betrachtet, 


*  Perrot  glaubt  diese  S.  97  tor  Aufbahme  broniODer  Zierrate  bestimmt, 
aber  dafür  sind  sie  viel  zu  gross  und  die  nachlässige  Bearbeitung  der  Hob* 
Inngswaad  beweist,  dass  sie  nicht  sichtbar  seiu  sollte. 


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EUI1IA81ATI8CHB  8T0D11K.  JU. 


101 


wird  nicht  im  Zweifel  sein,  dass  nach  Absicht  des  Künstlers 
unmöglich  der  obere  und  untere  sorf^faltig  bearbeifele  Teil  der 
Fassade  durch  die  klaffende  Lücke  der  roli  gehauenen  Höhlung 
auseinander  gerissen  werden  sollte,  und  doch  ist  es  sicher,  dass 
diese  Höhlung  gleichzeitig  mit  der  ganzen  Anlage  gearbeitet 
wurde,  denn  nur  sie  ermöglicht  die  Anlage  des  Schachtes.  Die 
Einarbeitungen  nun  lehren  uns,  dass  hier  eine  Holzconstruc- 
tion  aushalf;  die  Lücke  der  Fassade  war  maskirt  durch  eine 
Bretterwand,  deren  obere  Stützen  in  den  Einarbeitungen  der 
Höhlungswand  ruhten.  Unten  griff  diese  Bretterwand,  deren 
Form  und  Construction  wir  im  Einzelnen  natürlich  nicht 
mehr  feststellen  können,  vielleicht  etwas  über  den  Mündungs- 
rand des  Schachtes  über;  dafür  spricht  eine  auch  auf  Perrots 
Abbildung  50  sichtbare  Einarbeitung,  die  sich  aussen  rechts 
ein  wenig  unter  der  Schachlbrüstung  befindet.  Die  Einschie- 
bung  von  Holzteilen  in  die  Felsfassade  war  deshalb  nicht  stö- 
rend, weil  die  noch  jetzt  in  sicheren  Resten  erhaltene  Be- 
malung  (vgl.  Perrot  Abb.  56)  den  Unterschied  des  Materials 
verdeckt  haben  wird.  Zwischen  Holzwand  und  Felshöhlung 
entstand  dann  eine  Art  Kammer  über  dem  Schacht,  und  die 
Einarbeitungen  in  dem  Schachtabsatz  werden  den  Tragbalken 
eines  hölzernen  Bodens  als  Lager  gedient  haben.  War  aber  der 
Schacht,  wie  die  Einarbeitungen  meines  Erachtens  mit  Be- 
stimmtheit erschliessen  lassen,  nicht  durch  grosse  Felsblöcke, 
sondern  durch  einen  Holzdeckel  verschlossen,  erhob  sich  vorn 
über  ihm  eine  Holzwand,  so  ist  seine  Verwendung  als  Ruhe- 
stalt eines  Toten,  gegen  die  schon  seine  geringen  Abmessungen 
sprachen,  gänzlich  ausgeschlossen.  Bei  genauerer  Überlegung 
sieht  man  auch, dass  sich  die  Nisciie  vorn  an  der  Fassade  sehr 
schlecht  mit  der  sepulcralen  Bestimmung  des  Schachtes  ver- 
trägt. Wer  zur  Bestattung  eines  Toten  einen  Schacht  von  4,40™ 
Tiefe  in  dea  Fels  baut,  hat  die  Absicht  die  Leiche  gegen  jeg- 
liche Entweihung  ganz  sicher  zu  stellen,  und  dieser  Zweck 
wird  durch  die  Anlage  der  Nische  völlig  vereitelt.  Bequemer 
kann  man  es  Ja  einem  Grabräuber  gar  nicht  machen, als  indem 
man  ihm  an  der  äuBseren  Felswand  den  RubeplaU  des  Toten 


A.  KOBnn 


durch  cine  Scheinthür  bezeichnet  und  dort  die  Felswand  so- 
weit verdünnt,  dass  wcnifro  Schläge  mit  einer  Hacke  genügen, 
um  einen  Zugang  zum  Schacht  zu  öffnen. 

War  also  der  Delikli  -  tasch  kein  Grab,  so  kann  auch  dieses 
Denkmal  nur  als  Kultstätte  errichtet  sein.  Die  Nische  bedeutet 
hier  genau  so  wie  am  Arslan-kaja  den  Eingang  zur  Wohnung 
der  Göllerm utter,  und  der  Schacht  ist  eine  Opfergrube;  er  ist 
von  oben  bis  zu  dem  Punkt  in  den  Felsen  getrieben,  wo  hin- 
ter der  Scheintbar  die  Gdttia  thronte ,  damit  das  Blut  der 
Opfertiere  ja  ganz  sicher  bis  zum  Sitz  der  Mutter  Kybele 
drang.  Damit  erklären  sich  alle  Einzelheiten,  die  der  Annahme 
einer  aepulcralen  Verwendung  des  Schachtes  im  Wege  stehen, 
seine  Lage  unmittelbar  hinter  der  Nische,  die  geringen  Ab- 
messungen seiner  Mündung,  die  nnchläsf^ige  Bearbeitung  sei- 
ner Wände    und  der  Bretterboden   als  oberer  Abschluss. 
Opfergruben  sind  ja  auch  auf  griechischem  Boden  nichts  Un* 
gewöhnliches ;  sorgfältige  Anlagen  der  Art  haben  sich  in 
dem  samothrakischen  und  thebanischen  Kabirenheiligtum  ge- 
funden (Untersuchungen  auf  Samothrake  I  S.  '21,  Athen.  Mit- 
theilungen Xill  S.  95),  und  die  iox^p«*       Heroenkultes,  de- 
nen wir  schon  in  Mykene  begegnen,  sind  den  Opfergruben 
wenigstens  nahe  verwandt  (Rohde,  Psyche  S.  33).  Wie  das 
Blut  des  Opfertieres  den  Unterirdischen  in  die  Erde  hinabge- 
gossen wird,  so  lässt  man  es  für  die  iti^z-no  opiia  in  das  Innere 
des  Felsens  rieseln,  das  ist  eine  so  natQrliohe  Vorstellung,  dass 
sie  lur  Erklärung  eines  Denkmals  wie  Delikli- tasch  vOllig 
ausreicht.  Vielleicht  dflrfen  wir  aber  noch  weiter  gehen  und 
die  Art  der  Anlage  mit  dem  seltsamen  Opferbranch  der  Tauro- 
bolien  und  Rriobolien  in  Verbindung  bringen,  die  im  späten 
Altertum  eine  so  wichtige  Rolle  im  Ruit  der  Gftttermutter  und 
des  Attis  spielen*.  Nach  Pmdentius  anschaulicher  Schilderung 
in  der  Passio  Romani  («tpt  orifivttv  X  1006  ff. ),  wurde  der 


'  Vgl.  Marquardt.  Hfimisclie  StaatsTerwallung  III  S.  87  f.  F^reilcr-Jordan, 
Römische  Mylliolugie  II  S.  392.  Zippeis  Beliaudluiig  der  Taurulioiien  in  der 
Festschrift  für  Priedlinder  8.  49Sff.  scheint  mir  weni^  glückltcb. 


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KLBINA8IATISCHE  STUDIEN.  III. 


103 


ZU  Weiheode  in  feierliclier  Tracht  in  eine  Grube  gesenkt,  diese 
mit  einem  vielfach  durchbohrten  ßretterboden  geschlossen  und 
darüber  der  geschmückte  Opferstier  geschlachtet.  Sein  Blut 
drang  durch  Löcher  und  Spalten  des  Holzbodens  undbeneUte 
Körper  und  Gewand  des  Versenkten,  der  blutüberströmt  her-, 
ausgeiogen  und  mit  Jubel  ale  rein  und  wiedergeboren  begrOnt 
wurde.  Ich  möchte  nicht  unterlassen,  wenigstens  darauf  hinzu- 
weisen, dasB  Oelikli-tasch  zur  Feier  einer  solchen  ßluttaufe 
8ehr  geeignet  erscheint.  In  dem  Felsenschacht  fand  ein  stehen- 
der Mann  reichlich  Platz,  und  der  hölzerne  Boden  aber  ihm 
würde  zu  Prudentius  Schilderung  vortrefflich  passen.  Frei- 
lich sind  Herkunft  und  Bntstehungszeit  der  Taurobolien,  die' 
uns  zuerst  im  Jahre  134  nach  Chr.  begegnen  (CLL.  X 1596) 
und  den  Höhepunkt  ihrer  Verbreitung  im  IV.  Jahrhundert 
erreichen,  noch  ganz  dunkel,  und  ein  so  vorzüglicher  Kenner 
spätheidnischer  Kulte  wie  Franz  Cumont  hat  den  ursprüng- 
lichen Zusammenhang  der  Bluttaute  mit  dem  Kybeledienst 
überhaupt  in  Abrede  gestellt'.  So  kann  die  äussere  Überein- 
stimmung einer  Kultstätte  wie  üelikli  -tasch  mit  den  fur  Tau- 
robolien erforderlichen  Anlagen  ,selir  wo!   ein  täuschender 
Zufall  sein,  und  so  lange  keine  Mittelglieder  die  Lücke  zwi- 
schen dem  VII.  oder  VIII.  Jahrhundert  vor,   und  dem  II. 
Jahrhundert  nach  Christi  Geburt  ausfüllen,  wird  man  aus  ihr 
für  das  Alter  des  naiven,  derb  sinnlichen  Kultbrauches  nichts 
folgern  dürfen.  Nur  die  Verwendung  von  Opfergruben  im 
Kult  der  Göltermutter  können  wir  aus  den  Taurobolien  als 
alten  Brauch  erschliessen  und  in  der  That  wird  soeben  eine 
Opfergrube  in  dem  Kybeleheiligtum  hellenistischer  Zeit  in* 


*  Revue  arch.  1888,XII.  S.i32  ff.,  Revue  de  philologie  1893  S.  195,  Pauly- 
Wissowa  I  S.  ?031.  Cumonl  leitet  den  Ritus  aus  dem  Kult  der  persischen 
Anabita  ab,  ohne  gani  durcbsoblagende  Qrfinde  dafür  ▼oraubring«n.  Die 

Anahita  wird  in  keiner  einzigen  Taurobolieninschrifl  genannt,  our  einmal 
t\f.L.  X  1596  die  Venus  Caelesta  {\),<\as  ist  doch  b«'(l(MikIi(  h.  Und  wie  kommt 
die  persische  Göttin  des  befrucbtendeu  Himmelswassers  zu  den  cbtboniscben 
Opfergrubeu  V 


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104  A.  KOBRTB 

Priene  bekannt Möf^licherweise  hat.  der  Schacht  des  Denk- 
mals auch  noch  grausigere  Opfergaben  au  [genommen  als  das 
strömende  Blut  des  Opfertiers  ;  Herr  F.  Cumont  macht  mich 
auf  folgendes  Scholion  zu  Nikander  Alex..  8  aufmerksam  : 
AoSpivDC  OaXdepiai'  totcoi  Upoi,  Axoyiiot,  avaxttjuvot  t-^  'Pcx,  otcou 

IXTt(tWÖ|&IVOI  TA  XttTtTCOlVTO  Ol  T$  'AttII  Xtti        Ttf  Xot- 

Es  ist  Dicht  ausgeschlossen ,  dasa  der  religiöse  Charakter 
des  DeniLmals  früher  noch  leichter  za  erkeonen  war  als  jetzt. 
An  der  Wand  der  Nische  ist  unter  dem  von  den  Schatzgräbern 
geschlagenen  Loch  ein  0,50'  breiter,  rauher  and  etwas  er- 
habener Streifen  sichtbar,  und  noch  deutlicher  hebt  sich  auf 
dem  Boden  der  Nische  in  der  Mitte  eine  Erhöhung  von  0,06"* 
ab,  die  nach  vorn  0,45**  weit  zu  verfolgen  ist.  Es  ist  wol 
möglich,  dass  hier  ursprQnglich  ein  Idol  der  Göttin  stand,  wie 
in  den  beiden  oben  (S.  94)  erwahnten'Nischen.  Der  Fels  bricht 
so  leicht  in  senkrechten  Flächen  —  auch  der  Wulst  über  der 
linken  Ecke  der  Nische  ist  ganz  glatt  abgesplittert — .dass  die 
Absplitterung  des  ganzen  Idols  beim  Durchbrechen  des  Loches 
zum  Schacht  wol  denkbar  ist;  eine  andere  Erklärung  für  die 
unzweifelhaften  Erhebungen  des  Grundes  vermag  ich  wenig- 
stens nicht  zu  geben. 

Ein  besonderes  Interesse  würde  Delikli-tasch  noch  bean- 
spruchen, wenn  Perrot  Recht  hätte  mit  der  Annahme  (S.  9"  f.), 
dass  einige  seltsame  eingeritzte  Linien  Reste  einer  Inschrift  in 
vorgriechischen  'troischen  'Ruchstahen  seien.  Seine  Abbildung 
57  giebt  ein  treues  Bild  von  diesen  Liniengruppen,  aber  ich 
zweifle,  ob  sie  wirklich  Schriftzeichen  sind.  Der  schmale  linke 
Innenpfeiler  der  Nischenumrahmung  wäre  ein  sehr  merk- 
würdiger Platz  für  eine  Weihinschrift,  und  die  Zeichen  haben 
in  ihrer  gegenseitigen  Stellung  etwas  so  Zufälliges,  dass  ich 
geneigt  bin,  sie  für  bedeutungslose  Kritzeleien  zu  halten. 


«  Arch.  Anzeiger  1897  S.  182. 

*  Auf  die&tilbe  Sache  gebt  wol  Hesjfchs  Glu&se  Kü€<Xa-  opi]  «{»pu^''^  "-^^ 


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KLEINASIATISCHE  STUDIEN.  III. 


105 


Spuren  roter  Farbe,  die  Perrot  in  ihoeo  wahrgenommen  hat, 
habe  ich  nicht  beobachtet.  In  Evans  sorgfältiger  Zusammen- 
stellung vorphönikischer  Schriffzciclien  {Journal  of  HeUeaUt 
Studies  XIV,  1894,  S.  -2/0  ff.  Taf.  1  )  findet  sich  kein  genau 
entsprechendes  Zeichen  ^  aber  die  Möglichkoit,  dass  die  Linien 
doch  Schriftzeichen  Bind  und  mit  den  von  Evans  behandelten 
Zeichengruppen  zusammenhängen,  kann  ich  natürlich  nicht  in 
Abrede  stellen.  Auch  ohne  diese  Zeugen  besonders  hohen  Alters 
lässt  sich  Delil(U-tasch  aU  das  älteste  der  phrygischen  Feis- 
denicmäler  erweisen;  Formen  und  Verhältnisse  sind  hei  ihm 
viel  unbeholfener, unentwickelter  als  bei  den  anderen  Fassaden 
und  die  plastischen  Ver/.ierungen  der  grossen  Flächen  fehlen 
noch  ganz.  Um  so  mehr  Beachtung  verdient  es,  dass  dies  älteste 
Denkmal  von  einer  treuen  Nachahmung  bestimmter  Archi- 
tekturformen weiter  entfernt  ist,  als  irgend  ein  anderes;  deut* 
lieh  ausgeprägt  ist  nur  der  Eingang  in  den  Fels,  auf  den  es 
eben  vor  allem  ankommt. 

d.  Denkmal  von  Bakschisch. 

Auf  den  Delikli-tasch  lasse  ich  das  Denkmal  von  Bakschisch 
folgen,  das  ihm  zwar  zeitlich  ziemlich  fern  steht,  aber  in  der 
Anlage  wichtige  Obereinstimmungen  zeigt.  Bei  diesem  zier- 
liehen und  höchst  malerisch  am  Bergabhang  zwischen  schönen 
Bäumen  gelegenen  Monument  ist  in  der  That  die  Wirkung 
eines  Hausbaus  angestrebt,  nicht  nur  die  Fassade  ist  aus- 
gehauen,  sondern  der  einzeln  vorspringende  Felsblock  hat 
auch  seitlich  teilweise  glatte  Wände  erhalten,  und  selbst  das 
Giebeldach  ist  roh  angedeutet.  Aber  hinten  ist  der  Bau  von 
dem  gewachsenen  Felsen  nicht  gelöst,  er  geht  in  den  steilen 
Felsabhang  Ober,  dem  er  wie  ein  Propylon  vorgelagert  ist. 
Einen  ziemlich  grossen  Teil  der  3,40"  breiten  Vorderseite  ' 
nimmt  die  etwa  1,50"  breite  Nische  ein,  die  eine  grösste  Tiefe 

<  Sayccs  Versuche,  sie  mit  troischen  Spinnwirteln  in  Zusammenhang  m 
bringen  (bei  Schlietnann,  Ilios  S.  76'))  srh^inen  mir  nicht  glücklich. 
'  Die  kleineren  Verhallnisse  des  Denkmals  haben  es  mit  sich  gebracht, 
voQ  den  drei  Teilea  4er  Fa8sa4e  de§  !|idasdenkii|a|8  Seitenborle,  FIft- 


106 


A.  KOERTE 


von  0,90"  besitzt.  Nach  Perrots  Grundriss  (Abb.  62)  und  He- 
bers Beschreibung  (S.  578)  befindet  sich  hinter  ihr  eine  Grab- 
kammer^und  damit  wäre  {a  freilich  die  Frage  nach  der  Bestim- 
mung des  Denkmals  entschieden,  aber  in  Wirklichkeit  ist  der 
Hohlraum  keine  Rammer*  sondern  nur  ein  offener  Schacht. 
Wie  beim  Delikli-tasch  ist  von  der  Nische  aus  in  unbestimm- 
barer Zeit  ein  Loch  zum  Schacht  durchgebrochen ,  das  mir 
gestattete,  wenigstens  mit  dem  Oberkörper  hindureh  au  kriechen 
und  die  Bodenfläche  des  Schachtes  zu  messen.  Wahrend  die 
Abmessungen  der  SchachtmOndung  1,19  zu  0,7^"  betragen, 
misst  die  Sohle  1,18  zu  O.es*",  die  roh  gearbeiteten  Wände  sind 
also  senkrecht  wie  bei  einem  Schornstein  von  oben  nach  un- 
ten geführt.  Üassein  Baum  von  1,18™  Länge  und  O.OS"  Breite 
keine  Kammer  genannt  werden  kann,  und  für  einen  Toten 
nicht  gross  genug  ist,  leuchtet  ohne  weiteres  ein.  Mithin  ist 
bei  diesem  Denkmal  der  Schacht  ebenso  wie  beim  Üelikli- 
tasch  als  Opfergrube  zu  erklären. 

Heber  hält  f  S.  577)  das  Denkmal  von  Baksohisch  für  das 
jüngste  von  allen  und  das  kann  richtig  sein,  entschieden  wider- 
sprechen muss  ich  aber  seiner  Behauptung,  dass  an  ihm  per- 
sische Einflüsse  bemerkbar  seien.  Ks  finden  sich  nämlich  an 
allen  Ecken  der  Gasseiten,  in  weiche  die  Fassade  eingeteilt  ist, 
innen  und  aussen  runde  Scheiben  angesezt,  die  Beber  für  spira- 
lenlörmige  Kndungen  des  Cassetlen  rahmen  we  rks  erklärt  und 
ebenso  wie  die  dazwischen  quer  vor  die  Balken  gelegten  Rollen 
oder  Polster  mit  den  Doppelspiralen  der  bekannten  jonisiren- 
den  Säulen  in  den  Palästen  Ton  Persepolis  und  Susa  in  Zu- 
samenhang  bringt'.  Diese  runden  Glieder  sind  aber  keine 
nachlässig  ausgefQhrten  Spiralen,  sondern  recht  sorgfältig  gear- 
beitete Rundbalkenkdpfe  mit  sauber  eingezeichnetem  Kreis, 


cheniuu&ler  und  Nii^clic  hier  das  Flüchenmustcr  fortgefallen  ist:  die  Borte 
aehUesit  unmillelbar  an  die  Nische  an. 

<  Nach  Wilsons  bei  Perrot  «iedergegebener  Sliisie  wire  sie  ein  Raum 
▼on  3,40  XU  1,85">  Grundfläche. 

>  Dieulafoy,  L'arl  antique  de  la  Persr  III  Kiir.  105;  Stolze,  Pbotograpbieea 
TOB  Persepolis  l  Taf.  67;  Perrol-Chipiez  V  i  ig.  312. 


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KLEINA81ATISCHB  STUDIEN.  III. 


107 


der  wol  die  Jahresringe  oder  die  Scheidung  von  Rinde  und 
Holzkern  andeulen  soll.  Allerdings  ist  der  äussere  Kreis  nir- 
gends ganz  von  der  Ecke  gelöst,  weil  das  sehr  mühsam  ge- 
wesen wäre,  aber  dass  die  Rollen  an  dem  Rahmenwerk  nur 
anliegen,  nicht  aus  ihm  volutenartig  herauswachsen,  das 
erkennt  man  mit  Sicherheit  bei  den  im  Giebel  zu  beiden 
Seilen  der  Firststütze  angebrachten  Stücken  (s.  Fig.  6).  Das 


Fio.  6 

Glied  ist  demnach  als  Endigung  eines  senkrecht  zur  Fassade 
liegenden  runden  Holzbalkens  aufzufassen,  wie  sie  an  lyki- 
schen  Grabmälern  so  häufig  vorkommen'.  Freilich  sind  diese 
Balken  köpfe  an  unserer  Fassade  nicht  wie  l>ei  den  lykischen 
mit  construclivem  Verständniss  angebracht,  sondern  mit  jener 
spielenden  Willkür  gehäuft,  die  ich  oben  [S.  90 f.)  als  Eigen- 
tümlichkeit der  phrygischen  Felsdonkmäler  zu  erweisen  suchte. 
Auch  die  quer  vorgelegten  Polster,  die  Reber  wol  zunächst 
auf  den  Gedanken  an  persische  Säulen  gebracht  haben,  stam- 
men zweifellos  nicht  aus  Persien,  denn  sie  kommen  genau  so 
schon  am  Delikli  -  lasch  vor  (Perrot  Abb.  51,  52,  54.  55), 
und  dies  Denkmal  ist  sicher  älter  als  die  frühesten  Anfänge 
persischer  Kunst.  Es  wäre  ja  auch  ein  höchst  seltsamer  Vor- 
gang, wenn  die  persische  Umbildung  (vgl.  Dieulafoy  a.a.O. 
S.  76 f.)  des  jonischen  Volutenkapitells  von  Persepolis  nach 


*  Texier,  Description  de  lAsie  mineure  lU  Taf.  201.  227,  3;  Benndorf, 
Reisen  I  Fig.  24.  37,  80;  Ferrol-Chipicz  V  Fig.  249,250,260,261,264,266. 


108 


A.  KOERTE 


Phrygien  gewandert  und  bier  ^zlicb  misaTerstaoden  aoge- 
wandt  wäre. 

Ich  sehe  mithin  keinen  Grund,  das  Denkmal  in  die  Zeit  der 
Perserherrschafl  oder  gar  bis  ins  vierte  Jahrhundert  hinab  zu 
drücken.  Nur  seine  relative  Dalirung  ist  möglich;  es  Bcbeint 
siemlich  am  Ende  der  echiphrygischen  Werke  wa  atehen. 

e.  BfaUtaseh. 

Von  allen  phrygiscben  Denkmälern  sind  wir  über  den  Mal« 
tasch  (Schatzatein)  am  schlechtesten  unierrichtet,  weil  er  das 
einzige  YeraebttUete  ist.  Sein  Entdecker  Ramsay  hatswar  1889 
einen  A usgrahungsversucb  gemacht,  aber  er  konnte  nur  einen 
kleinen  Teil  freil^n  lassen,  und  die  wenigen  späteren  Be- 
aucher  haben  zu  ihrem  lebhaften  Bedauern  sein  Werk  nicht 
fortsetzen  können.  Bekannt  ist  also  nur  der  Giebel,  der  oberste 
Streif  des  Fiächenmusters  und  folgendes  Stück  einer  am  linken 
Rande  senkrecht  nach  unten  laufenden  Inschrift'  vaTiy.E^ov  va. 
Daa  siebtbare  Stück  der  Fassade  steht  dem  Midasdenkmal  und 
Arslan-kaja  sehr  nahe,  und  g^rn  würden  wir  Aufklärung 
haben  über  die  Bildung  ihres  unteren  Teiles.  Hinter  der  Fas- 
sade führt  wie  in  Bakschisch  und  beim  Delikli-tasch  ein  senk- 
rechter Schacht  von  1 ,50  zu  1,56"  lichter  Weite  in  den  Felsen 
hinab.  Die  Grösse  dieser  Abmessungen  legt  hier  den  Gedan- 
ken an  ein  Grab  zunächst  nahe,  aber  natürlich  muss  dies  eine 
mangelhaH  bekannte  Denkmal  nach  den  übrigen  besser  er^ 
forschten  beurteilt  werden,  und  hei  genauerem  Zusehen  er- 
weisen sich  die  Masaverhältnisae  des  Schachtes  für  ein  Grab 
keineswegs  passend.  Um  einen  Toten  hinabzusenken  braucht 
man  keinen  Schacht  von  1,50"  Breite  auszubauen,  dagegen 
wird  man  ihn  unbedingt  länger  machen  als  1 ,56".  Also  ist 


*  Vgl.  Kretschmer,  Einleitung  S.  219.  Reber  S.  564;  in  dem  Jalir,  das 

twisclien  nicincra  und  Rebers  Besuch  Hegt,  ist  anscheinend  schon  wieder 
ein  Buchstabe  der  vorlrelVIicb  K^^^cbriebrnen  und  gut  erhaltenen  Inschrift 
zugescbwemuil  wurden  ;  bald  wird  jede  Spur  vun  Hamsa^is  Arbeit  ver- 


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KLEINASIATISCHB  STUDIEN.  III. 


m 


auch  diese  Fassade  ebenso  zu  beurteileo  wie  die  beiden  an« 
dem  mit  dahinter  liegendem  Schacht. 

f.  Kutflehük-jasili-kaja. 

Eine  besondere  SteUung  nehmen  die  beiden  unweit  des 
Midasdenkmals  gelegenen  Fassaden  ein,  die  bei  den  Banern 
Kütschük-jasili-kaja  (kleiner Scfarififels)  und  Hassan-bey- 
Jcaja  (Fels  des  Hassan -bey)  heissen.  Diesen  beiden  fehlt  nicht 
nur  der  Schacht,  wie  dem  Midasdenkmal  und  dem  Arslan- 
kaja,  es  fehlt  ihnen  auch  anscheinend  die  Nische,  die  wir  bei 
allen  andern  Fassaden  mit  Ausnahme  des  verschütteten  Mal- 
tasch  feststellen  konnten.  Der  Kütschük-jasiii  -  kaja  liegt  am 
Westrande  desselben  Plateaus  auf  dem  sich  das  Midasdenk- 
mal  befindet*,  hoch  oben  am  Fels,  und  würde  gewiss  mehr 
Beachtung  gefunden  haben ,  wenn  sein  mächtiger  Nachbar 
nicht  immer  den  Löwenanteil  von  Zeit  und  Aufmerksamkeit 
der  Reisenden  iür  sich  beansprucht  hätte.  Berggrens  Pho- 
tographie, nach  der  Rebers  Tafel  b  und  unsere  Fig.  7  ange- 
ferligt  sind,  ist  in  diesem  Falle  ganz  besonders  wertvoll,  weil 
die  älteren  Abbildungen,  auch  die  bei  Perrot  (Fig.  59)  in 
wichtigen  Punkten  ungenau  sind.  Unterhalb  des  Giebels,  des- 
sen getreu  nachgebildete  Speicherluken  ich  bereits  oben  S.  89 
erwähnte,  folgt  zunächst  ein  Streifen  mit  Loiosknospen  und 
Palmetten,  dann  die  Einfassungshorte  des  leeren,  ein  wenig 
vertieften  Hauptfeldes.  Sie  ist  ähnlich  wie  bei  dem  Denkmal 
von  Bakschisch  in  Quadrate  geteilt,  die  mit  über  Eck  gestell- 
ten Vierecken  gefüllt  sind    Reber  bat  nun  die  bisher  unbe- 

'  Auf  Ramsays  Plan  des  ganzen  Plateaus  Journal  of  Hell,  studies  IX, 1889, 
S.375  Fig.  11  fehltdiesDenkm.il  leider:  sein  Platz  wäre  zwisclien  yote  (7  und 
gale  E.  wie  liaiusay  selbst  aacblräglicb  bemerkt  bat  {Journal  of  Hell,  studies 
X,  1889,  8. 164).  Das  Studioin  der  wertvollen  Arbeiten  des  henromgenden 
Forscliers  wird  leider  recht  oft  durch  die  Verwirrung  erschwert.die  boshafte 
Koboldi:  in  seinen  Skizzen  und  Manuscripten  anzurichten  lieben. 

3  leb  babe  gleich  allen  früheren  Heisendcn  Spuren  dieses  Musters  auch 
an  den  horizontalen  Seitenbortea  zu  sehen  geglaubt,  wie  leb  gegen  Reber 
8*  568  bervorfaeben  mdcbte. 


1 

I 


tLStNASUTISCflB  STDDIBN.  til.  Ill 

merkte  Thatsache  festgestellt,  dass  die  Fassade  unvollendet  ge- 
blieben ist.  Die  geringe  Höhe  des  Hauptfeldes  gegenüber  seiner 
bedeutenden  Breite  und  der  Grösse  des  Giebels  weicht  von 
den  bei  allen  andern  Denkmälern  bcobaciileten  Verhältnissen 
so  aufTäliig  ab,  dass  sie  unmöglich  von  vornherein  beabsichtigt 
sein  konnle'.  Man  möchte,  wenn  man  das  Denkmal  ansieht, 
den  unteren  Teil  der  Fassade  ans  der  Erde  graben,  aber  der 
gewachsene  Fels  schliesst  unmittelbar  an  den  jetzigen  Unter- 
rand an.  Heber  hat  auch  eine  Vermutung  über  den  Grund  der 
NichtVollendung.  Das  Midasdenkmal  ist  nach  ihm  das  Grab 
des  bei  Herodot  i,  35  genannten  letzten  Königs  dieses  Namens 
und  dessen  Sohn  Gordios,  der  Vater  des  Adrastos,  war  gerade 
dabei  sich  ein  nicht  weniger  schönes  Grabmal  zu  errichten, 
als  die  Perser  Kroisos  Reich  zerslörlen  und  damit  auch  der 
Herrschaft  des  lydischen  Vasallen  Gordios  ein  Ende  machten; 
im  Jahre  546  wurde  also  die  Arbeit  an  dem  Denkmai  abg6- 
'  brocben.  Diese  livpothese  überhebt  Reber  der  unangenehmen 
Notwendigkeit  bei  diesem  Denkmal,  das  Niemand  für  ver- 
BcbüUet  halten  kann,  einen  Platz  für  die  Leiche  ausßndig  zu 
machen,  aber  Rebers  eigene  Tafel  und  unsere  Fig.  7  lehren, 
dass  er  den  Sach verbalt  falsch  aufgefasst  bat.  Freilich,  die 
Fassade  wurde  nicht  so  ausgeführt,  wie  sie  geplant  war,  sei  es 
dasB  der  Fels  unten  zu  stark  vorsprang  und  seine  Abarbeitung 
mehr  Mühe  verursachte,  als  man  berechnet  hatte,  sei  es 
dass  ein  Sprung  im  Gestein  die  Vollendung  störte,  aber  man 
hat  sich  doch  geholfen  und  das  schöne  Werk  nicht  unbenutzt 
gelassen.  Etwa  zwei  Meter  unter  der  linken  Ecke  der  Fas- 
sade an  einer  Stelle  des  FelsenStdie  bei  regelrechter  Ausführung 
des  Denkmals  hätte  fortgesprengt  werden  müssen,  ist 
das  Gestein  geglättet  und  eine  einfache  Nische  mit  Giebel, 
Firststütze  und  geschwungenem  A k roter  in  den  Fels  gehauen. 
Diese  kleine  Anlage  scheinen  bisher  alle  Reisenden  übersehen 

*  Die  älteren  Zeichner  setzen,  wol  unbewussl,  die  Fläche  nach  unten  so 
veil  fort,  dass  sie  den  Proportionen  der  andern  Fassaden  entspricht;  selbst 
Ramsa;s  kritischem  Auge  scheint  dieser  Fehler  in  Perrots  Abbildung  ent- 
gaogsn  so  taiii. 


112 


A.  KOBRT& 


Bu  haben ;  auch  ich  habe  sie  nicht  bei  dem  mehrmaligen  Be- 
saoh  der  Statte,  sondern  erst  auf  Berggrens  Photographie  ent- 
deckt. Zttf&llig  hat  sich  der  Arbeiter  mit  der  Messlatte  ge- 
rade yor  die  Nische  gestellt ;  dadurch  wurde  ich  auf  die  Stelle 
aufmerksam  und  konnte  dann  auf  meinen  eigenen  Aufnahmen 
sowie  auf  solchen  des  Herrn  Major  ?on  Diest  noch  Einzelhei- 
ten besser  feststellen.  Natürlich  ersetzen  diese  Beobachtungen 
an  Photographien,  die  Pig.  7  verwertet  sind,  nicht  die  Be- 
sichtigung des  Denkmals  selbst,  aber  die  Hauptsachen  lassen 
sich  doch  ermitteln.  Die  Nische  war  mit  Giebel  und  Akroter 
rund  3"  hoch,  der  Giebel  2"  breit,  die  eigentliche  Nische 
wenig  mehr  als  0,50'"  breit  und  von  fieringer  Tiele;  der  linke 
Flügel  des  Akroters  und  ungefähr  ein  Üritlel  des  Giebels  sind 
jetzt  abgesplittert.  Giebel lialken,  Firslstütze  und  Akroter  sind 
verhältnissmässig  dick   Die  ganze  Anlage  ist  selir  einfach  und 
schmucklos.  Da  die  kleine  Nische  und  die  grosse  Fassade  bei 
regelrechter  Diirehluhrung  nebeneinander  nicht  hatten  bestehen 
können,  sind  zur  l:lrkliirung  des  jetzigen  Zustandes  zwei  Mögf- 
iichkeiten  gegeben.  Entweder  war  die  Nische  älter  und  die 
grosse  F'assade  sollte  sie  ersetzen,  bei  der  Ausführung  stellten 
sich  aber  Bedenken  ein,  die  alte  Kullstätle  zu  zerstören  und 
so  iiess  man  lieber  die  neue  Fassade  unvollendet,  oder  aber 
die  kleine  Nische  wurde  nachträglich  hart  unter  die  grosse 
Fassade  gesetzt,  als  deren  Vollendung  aus  irgend  weichen 
Gründen  aufgegeben  wurde.  Ich  halte  die  zweite  Möglichkeit 
für  ungleich  wahrscheinlicher,  denn  im  ersten  Fall  hatte  man 
die  Fassade  ohne  Gefahrdung  der  Nische  noch  reichlich  einen 
Meter  weiter  nach  unten  ausführen  können.  Die  Schmucklosig- 
keit der  Nische,  die  man  als  Zeichen  höheren  Alters  ansehen 
könnte,  erklärt  sich  auch,  wenn  sie  ein  nachtiüglich  hinzu- 
gefügter Notbehelf  war ;  reichen  Schmuck  hatte  man  oben  an 
der  Passade  genugsam  angebracht,  jetzt  kam  es  nur  noch  dar- 
auf an,  die  dort  fehlende  Kulfiiische.  den  Fingang  in  den  Fel- 
sen anzudeuten.  An  sicii  wäre  freilich  die  Nische  gross  genug 
für  eine  kleine  selbsiändige  KultstUlle;  wir  haben  mehrere 
Beispiele  entsprechender  Anlage  von  etwa  der  gleichen  Grösse: 


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KLBINASIATISCHB  8TDDIBN.  III. 


113 


Zu  den  beiden  mit  Kybele-Idolen  ausgestatteten  Nischen  in  der 
Umgegend  von  Liyen  (s.S  94 )  kommt  die  oben  S.88  beschrie- 
bene und  teilweise  abgebildete  Nische  mit  den  Kachelmustern 
an  den  Innenwänden,  und  für  höchst  wahrscheinlich  halle  ich 
es,  dass  die  von  Reber  S.  575  Fig.  6,  B  abgebildete  Anlage 
nicht,  wie  er  meint,  ein  Kindergrab,  sondern  gleichfalls  eine 
bildlose  Kultnische  ist*.  Von  besonderer  Wichtigkeit  für  das 
Verhältniss  dieser  kleinen  Nischen  zu  den  grossen  Fassaden 
ist  endlich  ein  kleines  Denkmal,  das  ich  ziemlich  weit  nörd- 
lich von  dem  eigentlichen  Gebiet  der  Felsdenkmäler  im  Por- 
sukthale  fand ;  seine  Lage  werde  ich  S.  1 4^  bei  Besprechung 
eines  grossen  benachbarten  Grabes (^) genauer  bezeichnen.  Lei- 
der ist  die  skulpirte  Schicht  der  geglätteten  Felswand  vielfach 
abgesprungen  und  nur  der  beistehend  in  Fig.  8  abgebildete 


/ 


/ 


Fio.  8 

Rest  des  Denkmals  erhalten.  Man  erkennt  einen  steilen  Giebel, 


'  Reber  hat  dies  mir  unbekannte  Monument  'hoch  oben  am  östlichen 
Sleilrand  der  Akropolis  von  Jasili-kaja'  nur  aus  der  Entfernung  zeichnen 
können;  seine  Abbildung  stimmt  milder  Ersatznische  des  Külschük  ja- 
sili  -  kaga  aafTallend  überein. 

ATHEN.  MITTHBILUNOEN  XXIII.  8 


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{fl 


Ik.  lOBEn 


dessen  beide  untere  Ecken  fehlen,  und  darüber  das  charakteri- 
stische rundgebogene  Akroterion, weiter  eine  breite  Firststütze, 
in  die  längliche  Vierecke  abwechselnd  rechts  und  links  von 
der  Balkenmitte  eingeschnitten  sind,  und  unter  dem  Giebel- 
balken wird  gerade  noch  der  Rest  eines  ähnlichen  geometri- 
schen Muslers  sichtbar,  lilwa  0,50"  tiefer  ist  eine  rund  0,60" 
breite,  0,40'"  hohe  Nische  von  höchstens  0,80"  Tiefe  in  den 
Fels  gehauen Trotz  seiner  Kleinheit  und  Dürftigkeit  —  der 
Giebel  wird  etwa  i,50'°  breit  gewesen  sein  —  ist  dies  Denk- 
mal offenbar  eine  Nachahmung  der  grossen  FelsfasaadeD ,  mit 
denen  es  die  Ausgestaltung  des  Giebels  und  die  georaetrischeo 
Verzierungen  gemein  hat.  Die  Nische  hat  hier  ihre  Thürform 
verloren,  möglicherweise  erfüllte  sie  sugleicb  den  Zweck  des 
Schachtes  und  diente  zur  Aufnahme  kleiner  Weihgaben.  Dasa 
die  kleine  offene  Nische  keine  Grabstätte  sein  kann,  ist  ohne 
weiteres  klar,  und  um  so  wertvoller  ist  ihre  Verwandtachah 
mit  den  groesen  Fassaden  f&r  deren  Beurteilung. 

Bevor  ich  die  Besprechung  des  Rütschak-jaaili-kaja  sehliesse, 
muss  ich  noch  auf  den  Ornamentstreifen  unter  dem  Giebel  ein- 
gehen. Perrot,  der  Fig.  128  nach  einer  ramsayschen  Skizse 
eine  im  Ganzen  treue  Abbildung'  des  Ornamentes  giebt,  hält 
(S.  1 9*2}  die  Bestandteile  für  Eicheln  und  Eichen blätter  und  ver- 


Pie.  9 


mutet,  der  phrygische  Künstler  habe  vom  Osten  her  das  Motiv 
der  Lotosknospe  und  Palmette  übernommen, aber  an  die  Stelle 

'  Auf  der  Abbildung  erscheint  sie  zu  dunkel  und  darum  zu  tief. 
*  Fig.  9  wledarbolt  dIeM  Abbildnng  in  venehiedanen  Pankteo  nach  dai> 
Phologrtpbieo  und  iminM  Notisen  beriohtigt 


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luiNAsunscm  stodiin.  tn. 


IIS 


der  fremdartigen  Pflanzen  Frucht  und  Blatt  eines  heimischeD 
Baums  gesetzt.  Reber,  der  die  Teile  Palmetten  und  Knospen 
nennt,  meint  (S.  568)  der  Fries  lasse  erkennen,  'dass  die  hel- 
lenische Umbildung  des  orientalischen  Motives  den  Phrygern 
bekannt  geworden  sein  musste' —  aber  wir  können  weiter  ge- 
hen ;  das  Ornament  ist  hellenischer  Besitz,  eine  treue  Nach- 
ahmung oslgriechischer  Vorbilder.  Wenn  ich  auch  kein  hel- 
lenisches Kunstwerk  anführen  kann, dessen  Ornament  sich  mit 
dem  Fries  völlig  deckt,  so  lassen  sich  doch  alle  seine  charak- 
teristischen Eigenliimlichkeilen  im  ostgriechischen  Kunstkreise 
nachweisen.  Die  Verbindung  von  Lotos  und  Palmette  durch 
Ranken,  die  aus  dem  Kelch  des  Lotos  herauswachsen  und  auf 
ihren  Spiralen  die  Palmetie  tragen,  kehrt  auf  fast  allen  cäre- 
taner  Hydrien  wieder*,  nur  sieht  bei  den  mir  bekannten 
Exemplaren  eine  Lotosblüle  an  Stelle  der  Knospe  und  die  ein- 
zelnen Blätter  der  Palmette  sind  von  einander  gelöst  ^.  Es 
genügt,  geschwungene  Seitenblätter  an  die  Knospen  des  phry- 
gisehen  Oroameots  anzufügen,  um  es  dem  Fig.  10  abgebilde- 


Fto.  10 

ten  PalmetteDitreifen  der  cäretaner  Hydria  in  Wiea  (Masner, 
Sammlung  antiker  Vaien  im  öiterreich.  Museum  Nr.  218 


1  Dfimmler,  Köm.  MittheiluDgen  III  S.  166  ff. ;  Pottier  B.  C.  U.  XVI 
S.  S54ff.,  LBscbcke,  Athen.  MittbefliingMi  XIX  8.  516  Ann.  Die  Oftgri*- 
obisdM  Heriranfl  dieier  VasenUatie  leugnet  jetst  wol  Niemsnd  mehr, wean 

der  Fabricationsort  auch  noch  nicht  fest  steht. 

'  Noch  etwas  freier  aber  sonst  übereinstimmend  sind  die  Palraelten  und 
Blüten  auf  dem  von  Puttier  II.  C.  H.  XVi  S.  247  Fig.  3  abKebildeten  Bnicb- 
ik&ek  einei  UtsomeniMben  Sarkopbagei. 


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116 


A.  KOBRTB 


Taf.  2)  nahezu  gleich  zu  machen.  Die  Bildung  der  Knospe 
mit  den  geschwungenen  Kelchbiältern  und  der  Teilung  durch 
einen  Millelslrich  findet  sich  ganz  ähnlich  auf  dem  Bronze- 
beschlag von  Bomarzo  (Antike  Denkmäler  l  Taf.  21,5)  sowie 
auf  vielen  rhodischen  Vasen  (z.  B.  Salzmann,  Ne'cropole  de 
Caniiros  Taf.  32.  37),  und  die  Fäclierform  der  Palmette  ist 
älteren  ostgriechischen  Denkmälern  ganz  geläufig.  Auf  den 
neuerdings  von  Savignoni  { Monumenti  dei  Lincei  W\  S. 
277  £F.)  in  musterhafter  Beweisführung  als  jonisch  erwiesenen 
Slabdreifüssen  kommt  ein  dem  phrygischen  sehr  ähnliches 
Ornament  vor,  nur  sind  die  Lolosknospen  zwischen  den  Pal- 
metten zu  Eicheln  geworden.  Wie  leicht  die  Knospe  in  die 


Fig.  H 


Eichelform  übergeht,  lehrt  sehr  gut  eine  in  Caere  gefundene 
architektonische  Terakolte  des  Berliner  Museums,  die  wie  eine 
schlechte  Nachahmung  des  phrygischen  Frieses  aussieht.  In 
Fig.  11  ist  sie  mit  der  freundlichen  Genehmigung  der  Mu- 
seumsverwaltung abgebildet.  Hier  gleichen  einige  der  läng- 
lichen Gebilde  zwischen  den  ganz  verwahrlosten  Palmetten 
Eicheln,  andere  wieder  sind  sicberlicl»  Knospen.  Diese etruski- 
sche  Terrakotte  ist  von  den  ostgriechischen  Vorbildern  genau 
80  abhängig  wie  der  phrygische  Fries,  der  mit  geringem  Ge- 
schick in  die  nationale  geometrische  Dekoration  eingefügt  ist. 

g.  Hassan  -  bey  -  kaja. 

Der  Fels  des  Hassan  -  bey,  der  2^  nördlich  des  Midasdenk« 
mals  am  Wege  nach  Tschukurdscha  liegt,  gleicht  dem  eben 
besprochenen  Denkmal  sehr, aber  seine  Breite  (3,80"°)  ist  nur 


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KLBINASUTiSCB«  8TU0IBN.  HI.  ii7 

^twa  fadlb  8b  gross  als  die  des  Rtttsehttk  -  Jasili  -  kaja.  Die 
Giebel  beider  Fassaden  sind  gans  gleicb,  auch  die  Seitenborlen 
des  Haoptfeldes  stimmen  genau  flberein,  nur  ist  das  Muster 
an  d^l*  rechten  Seite  des  Hassan  -  bey-  kaja  zweimal  neben  ein- 
ander getetst',  und  die  Stelle  des  Palmettenfrieses  vertritt  ein 
liisebrifUtreifen.  Das  Hauptfeld  ist  völlig  leer,  eine  viereckige 
Einarbeitung  dicht  unter  der  Mitte  der  oberen  Borte  scheint 
mir  alt.  Ich  vermag  aber  ihren  Zweck  nicht  anzugeben.  Da 
ihah  an  der  fertigen  Ausführung  des  Denkmals  nicht  zweifeln 
kann,  Ist  das  Pehlen  der  Nische  sehr  auffallend ;  ich  halte  es 
ftth  möglich,  dass  sie  durch  Bemalung  auf  dem  Hauptfelde 
angedeutet  war.  Das  Denkmal  unterscheidet  sich  von  allen 
andern  auch  dädurch;  dass  die  Fassade  durch  einen  gegen  3" 
hohen  *  glatten  Sockel  vom  Boden  getrennt  ist,  vor  ihm  tritt  der 
gewachsene  Fels  zu  Tage  und  somit  ist  auch  hier  das  Vor- 
handensein eines  mit  der  Passade  irgendwie  zusammen  hän- 
genden Grabes  ausgeschlossen. 

Nicht  ins  Gewicht  feilen  diesem  Befunde  gegenüber  alle 
Deiitungilversuche  der  langen  Inschrift,  die  rechtsUiufig  auf 
dem  Balken  unter  dem  Giebel  beginnt,  dann  linksläufig  hart 
Aber  dein  Giebel  weitergeht,  und  endlich  in  doppelter  Windung 
auf  dem  N>bea  Fels  fiber  dem  Denkmal  fortgeffihrt  ist  (Nr.  8 
tthdl  bet  Ramsay)  F^ikuv  TiyaToC  Co^'^^utaC  ai^cvo^  dciuvttvo- 
XceFöt^  «iC  jAOftipav  apc^a<TTiv  ßovoie  dU(ivdevoXaFo[c]  ^aatcctiT  ^oe- 
Tips?^  iFcTtKffmi^  oFiFcv  ovojiav  X««ji»T  Xaxfyoxt^  FiväFtuv  tLfxa.^ 
jjLATipe^.  Diese  Inschrift  ist  als  Ganzes  noch  durchaus  unver- 


*  Auf  der  linken  Seite  war  der  äussere  Streifen  vielieicbt  mit  demselben 
Auslef  bemalt,  skulpirt  war  ef  nicht,  wie  ich  gegen  Reb«r  S.  S70  bemerke, 
«gl.  Ramsay,  Jimrtui  of  BOknie  studin  X  8. 

.  '  Wie  Reber  auch  hier  wiedersagen  kann  (S. 570)  'Seliullriuriiöhiin;:  un- 
bestimmbar' begreife  icli  nicht;  seine  eigene  Tafel  7  lehrt,  dass  auch  nicht 
eine  Fibgerbreite  des  Suckels  verschüttet  ist. 

*  Die  pvoktineD  Buehstaben  gebe  ieh  nach  Ranuay  (Beocenbergen  Bei- 
träge XIV  S.  309),  sie  sind  möglich  aber  unsicber. 

*  t>a8  Sigma  flii  AKenanolaTOB  ist  sicher,  wie  ieh  gegen  Ratosay  hervor- 
bebe. 


118  A.  EOian 

slandlieh ;  fettiuitehen  scheint  mir  nar,  dan  AruastiB  dss 
Weib  6m  Akenanolas  and  die  Mutter  dee  Vrekye  war,dagpegeii 
halte  ieh  es  keineswegs  far  sieher,  dass  der  Sohn  ihr  dies 
Denkmal  errichtet  hat*.  Bs  lässt  sich  Ja  nicht  einmal  bewei- 
sen, dass  Ppntuv  Nominativ  ist ;  ich  halte  es  für  mindeBtens 
ebenso  möglich,  dass  der  Narne  gleichfalls  im  Accusativ  steht 
und  der  Sinn  der  Inschrift  etwa  ist:  den  Vrekys  und  seine 
Mutter  Arezaslis  soll  schützen  die  Huld  der  Mutter  vom 
Berge  usw.  Auch  die  neben  der  rechten  Seitenborte  herab- 
laufende und  über  dem  Sockel  nach  links  einbiegende  In- 
schrift, die  man  dem  Steinmetz  zuteilen  möchte  (Nr.  9  Ram- 
say) axaviCiv  ÄupCavjCov  TavsXepxoC  klärt  uns  nicht  auf.  Über 
die  Inschriften  des  ganzen  Denkmals  kann  man  viel  vermu- 
ten, aber  fast  nichts  beweisen;  darum  ist  es  methodisch  falsch, 
gerade  diese  Fassade  als  Schlüssel  für  da&  Verständniss  der 
anderen  benutzen  zu  wollen. 

Sollte  aber  wirklich  Vrekys  das  Denkmal  su  Ehren  seiner 
Mutter  Arezastis  haben  ausführen  lassen,  so  wäre  in  der  Thai 
diesmal  die  Tote  vereint  mit  der  Göttin  gedacht  und  mit  einem 
Kultplatz  geehrt  worden,wie  er  der  Göttermutter  losteht.  Dass 
eine  solche  Verbindung  zu  dem,  was  wir  aus  späterer  Zeit 
von  dem  phrygischen  Volksglauben  wissen ,  durchaus  passt, 
gestehe  ich  Ramsay  gern  zu  (ygl.  oben  S.  95).  Dies  ändert 
aber  nichts  an  der  Thatsache,  dass  die  eigenartige  Kunstform 
der  prSchtigen  Pelsfassade  dar  den  Kult  der  Göttermutter  er^ 
funden  ist  und  mit  der  Toten bestattung  nichts  lu  thun  hat. 

Neben  den  grossen  Passaden  mit  ihren  Nischen,  die  den 
Eingang  zU  dem  SitM  der  Göttermutter  drinnen  im  Berg 
schmQcken.giebt  es  in  Phrygian  aus  derselben  Zeit  noch  andere 
StStten  derGotte8verehrung,nämIich  unbedachte  Pelsaltäre  mit 
vorgelagerten  Stufen.  Ramsay,  der  zuletzt  Journal  of  Heir- 
Unic  studies  X  S.  167  f.  Fig.  20-24  solche  am  Felsplateau 


«  Man  würde  in  diesem  Falle  den  Namen  der  Mutter  eher  Im  DsÜt  ab  im 
AecttiAtiT  erwarten. 


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KLBINASIATISCHB  STUDIEN.  III. 


119 


des  MidasdeokroaU  gelegene  Altäre  sehrausfübriieh  behandelt 
bat  verkennt  meines  Erachtens  die  ihnen  zu  Grunde  liegende 
religiöse  Vorstellung.  Gr  sieht  unter  Zustimmung  Perrots  den 
Gegenstand  der  Anbetung  in  dieken  oben  abgerundeten  Stein- 
tafeln, die  sich  auf  der  obersten  Stufe  zweier  Altäre  erheben 
und  bei  den  andern  anscheinend  zu  ergänzen  sind.  Der  Name 
ßaiT'Aoi,  den  er  ihnen  beilegt,  kommt  aber  nur  rohen,  vom 
Himmel  gefallenen  Meteorsteinen  wiez  B.  dem  pessinuntischen 
Kybelestein  zu  ( vgl.  Tümpels  Artikel  ßaitylia  in  Pauly-VVis- 
■owas  Real- Encyclopädie  II  S.  *27 79 ff.),  zudem  ist  bei  dem 
grOsaten  und  best  erhaltenen  Exemplar  (Ramsay  Fig.  23; 
Perrot -Ghipiez  Fig.  106;  Reber  Fig.  9)  dieser  oben  abge- 
rundete Pfeiler  aus  dem  Felsen  selbst  gehauen,  also  ein  in- 
tegrirender  Bestandteil  dea  Altan,  kein  darauf  gestellter  Fe- 
tisch. Die  richtige  Deutung  dieser  Anlagen  hat  bereite  Sarre 
anläaalich  der  Besprechung  einea  verwandten,  ron  ihm  in  der 
lykaoniachen  Salzwöate  entdeckten  Denkmals  gegeben  (Reise 
in  Rleinaaien  S.  104,  Areh.  Epigr.  Mittheilungen  XIX  S.  34); 
es  sind  Throne  fiür  die  unsichtbare  Gottheit  und  die  oben  ge- 
rundete Steinphitte  ist  die  Rttckenlehne,  die  man  Je  nach  Be- 
lieben aus  dem  Felsen  selbst  berausmeisselte,  oder  gesondert 
auf  der  Sitzfläche  anbrachte.  Wie  ausserordentlich  Tcrbreitet 
der  Tbroncultus  seit  den  ältesten  Zeiten  in  Hellas  und  vor  al- 
lem in  Asien  war,  und  wie  zäh  er  sich  behauptet  hat,  lehren 
Reiebela  Tortre£Diche  Untersuchungen  Qber  diese  Kultform 
(Vorhellenische  Götterculte, Kapitel  I).  Der  Thron  ist  dem  un- 
sichtbaren Gott  als  Sitz  bereitet,  und  wenn  eine  Jüngere,  am 
ikonischen  Kult  hängende  Zeit  ein  Bild  der  Gottheit  dabei  zu 
sehen  wftnscht,  dann  stellt  sie  wol  eine  Bildsäule  auf  den  Sitz 
(Reichel  S.  13 ff.),  aber  schwerlich  hat  man  Je  die  Umrisse 
einer  (Sötterfigur  auf  die  Rüoklehne  des  Throns  geritzt,  leb 
vermag  daher  die  Bogeolioien  aut  der  Rflckwand  des  erwähn- 
ten Throns,  die  nach  aussen  in  rohe  Spiralen  auslaufen,  nicht 


•  Vgl.  aucb  Ratnsay,  Journal  of  milenic  stwliet  III,  1882,  8. 12  ff.  Fin^.  4 
Ttit.il.B,  Ferrol-Cbipies  8. 146 ff.  Fig.  101-106.  Reber8.582ff.  Fig. 8, 9. 


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120 


A.  KOERTE 


mit  Ramfldy,  Perrot  und  Reber  für  Götterbilder  zu  halteo  S 
sondern  sehe  in  ihnen  nur  eine  einfuche  Venierung  der 
Lehne  ^.  Höchstens  könnte  der  doppelte  Bogen  andeuten,  dasa 
der  Thron  ala  Doppelsits  gedacht  ist  wie  der  durch  Hiller  von 
Gärtringen  auf  Cbalke  bei  Rhodos  entdeckte  Doppeltbronf  des 
Zeus  und  der  Hekate  (Arch.  Epigr.  Mittheilang^n  XVII  S.  3 
Fig.  2 ),  aber  nötig  ist  diese  Annahme  keineawega. 

Die  Throne  sind  von  Haus  aus  nur  für  Himmelsgötter  be> 
stimmt ;  überzeugend  führt  Reichel  a.  a.  O.  S.  35  folgende  Bnt- 
wiokelungsatufen  auf :  natürlicher  Berg  als  natürlicher  Götter- 
thron, natürlicher  Berg  mit  künstlichem  Thron,  künatlielier 
Berg  mit  künstlichem  Thron,  künstlicher  Thron.  So  werden 
auch  die  Throne  am  Felsplateau  von  Jasili-kaja  einem  phry- 
gisclien  Himmels^olle  gelten.  Es  scheint  aber,  dass  man  in 
Phrygien  auch  der  Göttermulter  Throne  errichtet  hat,  und  dass 
diese  dann  folgerichtig  nicht  auf  dem  Fels  sondern  in  ihm 
standen.  Uamsay  hat  im  Journal  of  the  Royal  Asiatic  so^ 
ciet?/ Xy  Taf.  3  ein  seltsames  Denkmal  veröfFentlicht ,  das 
dem  grossen  Löwengrahe  gegenüber  liegt:  In  den  Felsen  ist 
eine  ziemlich  flache,  fast  5'"  breite,  1,60 -2, 00"  hohe  Nische 
ohne  jeglichen  architektonischen  Schmuck  und  von  nicht  ganz 
regelmässiger  Form  gehauen,  und  etwa  in  ihrer  Mitte  befinden 
sich  vor  der  Nischen  wand  drei  bis  vier  1"  breite,  stark  zer- 
störte Stufen,  die  kaum  etwas  anderes  gewesen  sein  können  ala 
ein  Sitz  für  die  Göttin.  Dasa  diese  Nische  der  Göttermutter 
geweiht  war,  lehren  die  ersten  Worte  einer  gerade  über  den 
Stufen  an  der  Nischenwand  angebrachten  Inschrift  Maxof  Ku- 
6tXf('.  Diese  eigentümliche  Verbindung  von  Götterthron  und 


'  Dass  Reber  S.  58i  in  den  t)eiden  Kreisen  sogar  iwei  im  Profi  1  einan- 
der zugekehrte  Gesichter  erkenit,  ist  eine  eratauolicbe  LeisluDg  der  Phan- 
tasie. 

*  loh  bennrke  noch  gegen  Perrot  und  Reber,  dass  kdn  Onind  Torliegi, 
die  rechte  Seite  des  Denkmals  für  lorstSrt  ta  halten;  die  Stufen  schneiden 

rechts  von  dem  Thrunsitz  grailiinig  ab,  ein  dem  linkon  onltprecbender 

rechter  Flügel  war  also  nie  vorlianden. 

*  Den  letzten  Bucbslabea  habe  ich  C  gele&eu  und  dai  scheinen  Abklatsch 


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KLBINA8UTI8GBB  8TUDIBN.  UI.  ftf 

FebniBehe  atoht;  bo  viel  ich  sehe,  bisher  allebi  da,  aber  der 
Einfluss  des  Throns  ist  vielleieht  auch  in  den  Fällen  änsa- 
nehmen,  wo  einer  KuUnische  der  Göttermutter  Stufen  torge- 
lagiert  sind  wie  bei  Deilkli-tasch  und  dem  kleinen  Yon  Reber 
entdeckten  Denkmal  (S.  585  Fig.  10);  auch  Yor  der  Nische  deb 
Midasdenkmals  glaubte  ich  Reste  Ton  Stufen  su  erkennen. 

B.  Die  PelsgrSber. 

Die  Zahl  der  altphrygisehen  Felsg^ber  ist  nach  Abxog  al- 
ler mit  Unrecht  dasu  gerechneten  Denkmäler  siemlich  klein; 
mir  sind  nur  folgende  grössere  Grabanlagen  bekannt : 

a)  Das  lertrQmmerte  Löwengrab  bei  Hairan  -  ▼eli.  Abgeb. 
Taf.  3;  Randsay,  Journal  of  Hellenic  studies  111,  ia82, 
Taf.  18.  19  Fig.  6,  7;  IX,  1888.  S.  354  ff.  Fig.  f -9;  Per- 
rot-Ghipiei  Fig.  65-71.  117-132;  Reber  Taf.  S  Fig.  2. 

b)  Anlan-tasch  ( Lftwenstein )  in  unmittelbarer  Nähe  des 
TOrigen.  Abgeb.  Ramsay,  Journal  of  Hellenic  studies  ill, 
1882,  Taf.  17;  IX,  1888.  Fig.  10;  Penol-GhipieB  Fig.  64; 
Reber  Taf.  1. 

c)  Grab  am  Ostabhang  des  Plateaus  von  Japnldak.  Abgeb. 
Ramsay,  Journal  of  Hellenic  studies  III,  1882,  Taf.  28, 4; 
IX,  1888.  Fig.  27;  Perrot-Ghipies  Fig.  75;  Reber  Fig.  3 
nnd  4. 

d)  Grab  links  neben  dem  Midasdenkmal  rait  besonders  sorg- 
fiUtig  ausgestaltetem  Innern.  Abgab.  Texier,  Description  de 
fAsie  mineure  Taf.  57.  Penrot-Ghipies  Fig.  128-126. 

e)  Kleines  Grab  am  Abhang  von  Pisehmisch-kaleh.  Abgeb. 
Perrot.  Exploration  S.  146;  Perrot -Chipiez  Fig.  72-74. 

f)  Hamam-kaja  bei  Tsehnkurdscha.  Abgeb.  Ramsay, /our- 
nal  of  Hellenic  studies  X,  1889,  S.  165  Fig.  18. 


und  Pliotograpbie  la  bettitiKeD,  Ramtey  Hett  neuerdingi  JvwnuA  af  Al- 

Imic  siudies  VX.  S.  371  Ku6tX(  naT[ap,  schwerlich  mit  Recht;  den  Schluss 
der  stark  zerstörten  Inschrift  las  ich  gleich  ihm  toCiv.  Unven(&9dliol)  i|( 
mir,  wie  er  auch  die«  Deniunal  für  sepuIcriU  t^4i^A  kiRDi 


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its 


A.  lonri 


g)  Gröstera  Grabanlage  im  Poraukthal  nahe  bei  Köktsehe* 
xkinik.  Abgeb.  Fig.  13-15;  Reber  Fig.  II. 

Unter  diesen  nimmt  das  xuletzt  genannte  nach  Lage  und 
Ausstattung  eine  ganz  besondere  Stellung  ein  und  erfordert 
daher  eine  gesonderte  Besprechung,  während  die  Obrtgcn  in 
folgenden  Hauptpunkten  übereinstimmen. Der  Eingang  ist  ganz 
niedrig,  selten  mehr  als  1™  hoch,  nur  gebückt  oder  kriechend 
kann  man  ihn  passiren  und  der  Zugang  zu  dieser  mehr  einena 
Fenster  als  einer  Thür  ähnlichen  Öffnung  ist  absichtlich  mög- 
lichst erschwert'.  Die  Grabkammer  des  Arslan  -  lasch  z.  B. 
ist  nur  mit  Hülfe  langer  Leitern,  die  mir  leider  fehlten,  zu- 
gänt^lich,  und  das  Grab  von  Japuldak  öffnet  sich  nach  einem 
so  steilen  Abhang,  dass  der  Zutritt  zu  ihm  höchst  beschwer- 
lich, ja  selbst  gefährlich  sein  würde,  wenn  nicht  in  spätrö- 
mischer  Zeit  der  Fels  vom  westlichen  Abhang  her  durch- 
brochen wäre  Ganz  ähnlich  .sieht  es  mit  Hamam-kaja,  nur 
ist  die  Höhe  des  Felsens  geringer.  Während  also  die  Aussen- 
wand  in  der  Regel  die  Formen  einer  Hausfassade  nicht  nach- 
bildet ahmt  das  Innere  des  Grabes  in  allen  mir  bekannten 
Fällen  das  eines  Hauses  nach^  Mag  das  Grab  ein  (a,6,«./)> 
oder  zwei  (c,  d)  Kammern  enthalten,  immer  ist  die  Decke 
als  hölzerne  Giebeldecke  ausgestaltet,  in  a  und  d  mit  sorg- 
fältiger Angabe  der  einzelnen  Deckbalken.  Die  Rammern  ent- 
halten niemals  vertiefte  Ruhestätten  fflr  die  Toten ,  sie  sind 
entweder  ganz  leer  {6,  c,  /)  oder  mit  steinernen  Totenbänken 
{a,  d,  e)  ausgestattet.  Die  Nachahmung  der  im  täglichen  Le« 
ben  gebrauchten  Ruhebänke  ist  am  besten  durchgeführt  in  d, 
wo  die  Koptkissen  und  die  geschwungenen  Metallfüsse  pla- 
stisch angedeutet  sind;  Guilleaumes Skizze  (Perrol-ChipiezFig. 
196)  giebt  ein  gutes  Bild  von  dem  Innern  dieses  interessanten 
Grabes,  nur  ist  das  linke  Tolenlager  fälschlich  verdoppelt; 


*  Nur  das  unter  d  aufgeführte  Grab  hat  eine  grössere  Thür,  vielleicht  ist 
aber  seiue  Fa&sade  bei  späterer  Wiederbenutzung  verändert ;  der  Rund- 
bogen fiber  der  Tbfir  pent  nieht  m  den  tweifellos  elten  Formen  des  In- 
neren. 

*  Nur  im  Anlen *twob  iit  die  Kaouner  gaoi  xnh  geUssea. 


Euuuiunecn  btddibm.  ni.  128 

der  Irrtam  ISni  sieh  mit  Hälfe  des  Grandriaaes  Pig.  194  leteht 
beriehtigen. 

So  Teraehieden  der  iunere  kflnstleriaehe  Sehmuek  der  ge* 
nannten  Gräber  ist,  in  den  Hauptzügen  der  Anlage  gehören 
sie  doch  deutlich  einem  Typus  an  und  weichen  durchaus  Ton 
den  später  zu  besprechenden  jüngeren  Werken  ab.  So  lange 
man  die  Felsfassaden  mit  geometrischen  Ornamenten  eben- 
falls für  Gräber  hielt,  schien  die  Frage  nach  dem  zeitlichen 
Verhälmiss  zweier  so  verschiedener  Gräbertypen  sehr  wichtig, 
und  sie  ist  verschieden  beantwortet  worden:  Während  Perrot 
(  S.  229  ff  )  die  geometrischen  Fassaden  als  die  ältesten  Kunst- 
werke Phrygiens  dem  Ausgang  des  achten  und  dem  siebenten 
Jahrhundert  zuweist,  und  mit  dem  zertrümmerten  Löwengrab 
bis  zur  zweiten  Hälfte  des  sechsten  herabgehen  will,  erklärt 
Ramsay,  Journal  of  Hellenic  studies  111,  1882,  S.  28  die 
Denkmäler  mit  figürlichem  Schmuck  für  älter  als  die  geome« 
Irisch  verzierten,  die  er  eher  ins  achte  als  ins  siebente  Jahr- 
hundert setzen  möchte,  und  v/eiat  Journal  X,  1889,  S.  154 
unter  Berufung  auf  seinen  früheren  Aufsatz  den  Arslan-tasch 
ins  neunte  Jahrhundert*,  Reber  endlich  datirt  den  Arslan- 
tssch  auf  800- 700,  das  sertrflmmerte  Löwengrab  bald  naeh 
700,  und  läset  die  Epoche  der  geometrischen  Passaden  vom 
Ausgang  des  siebenten  Jahrhunderts  bis  zum  Beginn  der  Per- 
serberrschaft  reichen.  Alle  diese  Datirungen  sind  falsch,  weil 
sie  von  einer,  wie  wir  sahen,  irrigen  Voraussetzung  über  den 
Zweck  der  geometrisch  versierten  Denicmäler  ausgehen.  Da 
die  geometrischen  Passaden  eine  ganz  andere  Bestimmung  ha- 
ben, verwenden  sie  naturgemäss  auch  andere  Mittel  der  De* 
koralion ,  und  es  hindert  nichts,  sehr  verschieden  verzierte 
Werke  für  annähernd  gleichzeitig  zu  halten.  Ich  bin  überzeugt, 
dass  sämtliche  bisher  erwähnten  Denkmäler,  die  Kultstätten 


*  Wie  er  den  Journal  of  Hellenic  studies  IX,  1888,  8.  366  Terfochtenea 
Ansats  im  MrtrfiniinMrlen  LSwengrabas  auf  angeflhr  700  mit  seiiMiii  Sy- 
stem in  Einklang  bringen  will,  weiM  ioh  aieht,  denn  disiGrab  ^drt  doeh 
offenbar  zu  leiner  erslea  KImm. 


A.  XOBRTt 


wie  die  6rali%r,-  der  Zeit  Tom  Ausgang  des  siebeDten  bis  rar 
Mitte  des  sechsten  JabrhuDderts,  also  einer  verhältntssmässig 
Ininen  Epoche  angehören  Zu  diesem  Ansati  berechtigt  mei- 
nes Erachtens  ein  Vergleich  mit  Werken  des  ostgriecbischen 
Kunskkreises,  der  bisher  auffallender  Weise  noch  nie  ernslfaaft 
▼eraueht  ist.  Ich  möchte  ihn  im  Anschluss  an  das  ioteressaD« 
teste  der  Felsgräber  vornehmen. 

Es  ist  ein  unglücklicher  Zufall,  dass  uns  das  relchstfe  lind 
sorgfältigst  gearbeitete  aller  phrygischen  Gräber  in  cintin  trüm- 
merhaften  Zustande  vorliei!;t,  der  die  Reconstruction  des  Gan- 
zen vorläufig  unmöglich  macht.  Was  ohne  Ausgrabungen  zu 
erreichen  war,  hat  Ramsay  geleistet,  dessen  hingebender  Ei- 
fer sich  nirgends  glänzender  bethäligt  hat  als  an  diesem  von 
ihm  entdeckten  Torso;  aber  ein  gesichertes  Verständniss  des 
ganzen  Werkes  kann  hier  nur  eine  Untersuchung  mit  Hacke 
und  Spaten  bringen,  und  es  ist  dringend  zu  wünschen,  dass 
diese  jetzt  durch  die  Nähe  der  Eisenbahn  erleichterte  Arbeit 
bald  vogenommen  wird. 

Das  Grab  war  in  einem  vorspringenden  Pelsblock  derartig 
angelegt,  dass  die  Nord*  und  Ostseite  im  gewachsenen  Felsen 
steckten; währen  die  West-  und  Südseite  frei  standen  und  mit 
Reliefe  geschrnttckt  werden  konnten.  Feuchtigkeit,  Frost  und 
Erdbeben  haben  den  Bau  gesprengt ,  der  gröaste  Teil  der 
Wände  liegt  in  gewaltigen  Blöcken  am  Boden,  nur  ein  StOck 
der  Nordwand  haftet  noch  am  Felsen.  Mit  seiner  Hülfe  lässt 
sich  die  Breite  der  Kammer  auf  6,30"  berechnen  und  von  der 
inneren  Einrichtung  ein  Bild  gewinnen,  Die  Kammer  hatte 
eine  Giebeldeeke  mit  Nachahmung  der  Holzbalken  und  ent- 
hielt an  der  Ost-  und  Südseite  je  ein  Totenlager,  in  der  Süd- 
westecke einen  Steinsitz  mit  plastisch  angegebenen  Füssen. 
Die  ganze  Nordvvand  entlang  zog  sich  eine  Art  Ausbau,  dessen 
Boden  in  Bankhöhe  liegt  und  jedenfalls  auch  als  Totenbett 
diente;  seine  wagerechte  Decke  stutzten  zwei  kurze  Säuieu 


1  Vor  den  Einfall  der  Kimmeiier  wM  oAr  DeUkll-lsieli  Vit  eiBlfSr 
Wslunohei|ilio|il(eit  |a  letpea  seia, 


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KUINASIAVlSGtfB  VrOMtK.  ttt,  Itt 

mit  eigentümlichen  Palniettenkapitellen.  Von  der  sadiicheo 
Aussen  wand  haben  sich  zwei  BroebstQcke  erhalten,  die  Süd* 
'westecke  mit  dem  kolossalen  Kopf  und  Rachen  eines  Löwen 
(Taf.  3,  1 )  und  ein  kleinerer  Rest  (Taf.  3,  4),  auf  dem  Ram- 
say die  gegen  einander  gestemmten  Tatzen  eines  zweiten  Lö- 
wenpaars  zu  erkennen  meint.  Er  nimmt  demnach  auf  der 
Südseite  drei  riesige  Löwen  an,  der  eine  soll  hochaufgerichtet, 
die  Vordertatzen  auf  einen  Pfeiler  gestellt  nach  der  Ecke 
schauen,  während  hinter  ihm  zwei  andere  gleichfalls  hoch 
autbäumend  ihre  Vorderpranken  ficgen  einander  stemmen. 
Diese  KeconsU  uclion  unterliegt  aber  sclivveren  Bedenken  ;  zu- 
nächst wäre  die  ästhetische  Wirkung  der  drei  gleichen, zu  kei- 
ner Gruppe  vereinigten  Tiere  möglichst  unglücklich,  zweitens 
setzt  Ramsays  Annahme  eine  Kammerlänge  von  9,40™  voraus, 
die  an  sich  auffallend  ist  und  mit  den  vorhandenen  Resten 
kaum  vereinbar  erscheint.   Die  Westwand  ist  vornüber  ge- 
fallen, also  jetzt  weiter  von  der  feststehenden  Ostwand  ent- 
fernt als  früher;  wie  sollen  da  so  viele  riesige  Blöcke  in  der 
Lücke  zwischen  beiden  (am  besten  auf  Rebers  Tafel  2  zu  be- 
trachten) untergebracht  werden,  und  wo  sind  die  gewaltigen 
Steinmassen  geblieben?  Üass  der  untere  Teil  der  Kammer- 
wand jetzt  in  der  Erde  steckt,  ist  klar,  aber  dasselbe  für  die 
grössere  Hälfte  des  Oberteils  anzunehmen,  gestattet  meines 
Erachtens  der  Befund  nicht.  Endlich  aber,  und  das  ist  die 
Hauptsache,  kann  ich  die  frai^lichen  Reste  nicht  für  zwei  i^ö- 
wenlalzen  halten.  Die  in  stuni{)fern  Winkel  an  einander  stos- 
senden  Stücke  sind  nach  Ausweis  unserer  Taf.  3,  4  keines- 
wegs gleich,  wie  sie  es  als  Tatzen  gleicher  Tiere  sein  müssten; 
der  augenartigen  Kugel  an  dem  rechten  kürzeren  Stück  ent- 
spricht kein  ähnlicher  Bestandteil  des  linken,  das  ja  freilich 
für  eine  l^aubliertatze  gelten  kann    Was  dargestellt  war, weiss 
ich  Dicht,  aber  ein  Tatzenpaar  war  es  schwerlich  und  damit 


*  Blnnts  Zeichnung  Joumai  III  6.  tZ  fst,gerade  wall  er  keine  Vemnitang 
über  die  Bedealung  dei  Fngnientf  liatte,  lieoer  eis  die  AbbUdongeft  in 
Ranueje  spiteiem  AnfMti. 


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A.  KOmTB 


-wird  Bamsays  ganze  Reconslruction  recht  unwahrscheinlich. 
Ich  bedaure  lebhaft,  keinen  andern  Herstellungsversucii  vor- 
acblagen  zu  können ;  man  wird  die  Ausgrabungen  abwarten 
müssen. 

Das  Hauptstuck  des  Grabes,  der  riesige  Löwenkopf  der  Süd- 
westecke ist  Taf.  3,  1  aufgerichtet  abgebildet,  während  er  in 
seiner  jetzigen  Lage  die  Scbnauie  tur  Erde  kehrt;  diese  Dre- 
bong  der  Photographie  zwang  dazu,  das  umgebende  Erdreich 
fortznlassen ;  der  linke  Rand  unserer  Abbildung  ist  also  nur 
die  Grenze  des  fiber  der  Erde  sichtbaren  Teiles  des  Blockes, 
kein  Bruch ,  wie  man  meinen  könnte.  Es  ist  flberraacbend, 
wie  sehr  der  Kopf  in  seiner  natfirlichen  Haltung  an  Leben  und 
Ausdruck  gewinnt. 

Das  erhaltene  Stock  des  Tiers  misst  vom  unteren  Rande 
bis  zum  Scheitel  9,95",  die  Höhe  des  ganzen  Löwen  wOrde 
in  der  von  Ramsay  angenommenen  Stellung  etwas  über  6" 
betragen  ;  ich  halte  es  aber  nicht  fiOIr  ausgeschlossen ,  dase  er 
sass  und  nur  den  Oberkörper  aufgerichtet  hatte  >  wie  z.  B. 
ein  Löwe  auf  dem  kürzlich  Ton  Couve  veröfitentlichten  alten 
attischen  Gefäss  ( 'EtprjAjpii;  a.picno\oyiKy)  1897  Taf.  6),  dann 
würde  sich  seine  Höhe  auf  etwa  4.50"  vermindern.  Das  Auf- 
fallendste an  dem  Werk  ist  die  starke  gleichmässig  durchge- 
führte Stilisirung  aller  Teile.  Die  Schultermuskeln  gleichen 
einer  Bandschlinge,  die  Zotten  der  Mähne  sind  von  dei-  Stirn 
bis  zum  Nacken  durch  eine  Reihe  gleichmässiger  Löckchen 
angedeutet  und  vorn  begrenzt  ein  schmaler  vom  Ohr  zum 
Hais  laufender  Wulst  mit  Fischgrätenmuster  die  Mähnenpar- 
tie; auch  die  fleischigen  Teile  der  Schnauze  sind  in  regel* 
massige  Wülste  zerlegt.  Dass  der  Künstler  keinen  Löwen  aus 
eigener  Anschauung  kannte,  lehrt  die  Bildung  des  flach  an- 
liegenden dreieckigen  Ohrs,  der  grossen  weit  vorquellenden 
Augen  und  des  geöffneten  Bachens»  in  dessen  Unterkiefer  nur 


•  Löwen  in  dieser  SIcIIiiiik  konimen  mehrfacli  auf  deti  plirygisclien  Fcls- 
gräberu  der  Kaiserzeit  vor,  die  deo  alten  üräbero  luauche  Motive  entlebnen, 
s*  a  hl  Ajat-in  und  Bc^-lUH. 


KLSIWASUTtSCttB  STUDIBN.  lit. 


der  vorderste  halb  abgebrochene  Zahn  als  Reisszahn,  alle  aa- 
dem  als  Mahlzähne  geslaltel  sind.  Die  Zähne  des  Oberkie- 
fers sind  abgebrocbeo.Die  Zunge  scheint  vorne  über  die  Unter* 
lippe  herabzuhängen.  Die  Stilisirung  ist  bisher  allgemein  auf 
den  GinfluM  des  Ostens.auf  ABBjfrer,Hetbiter oder Syro-Eappa« 
dokier  zurückgeführt  worden,  aber  bei  keinem  dieser  VdUcer 
findet  man  für  die  Binselbeiten  dee  Werka  eo  genaue  Analo- 
gien wie  bei  den  Grieeben.  Ba  wird  mitunter  terg^ssen,  daaa 
auch  die  arehaiache  griecbiecbe  RuDst  in  einer  Zeit  die  Kdr- 
performen  lebender  Wesen  omamental  au  stilisiren  liebt,  und 
gerade  an  solchen  fremdartigen  Gesebdpfen  wie  Greifen.  Sphin- 
gen, Löwen  betbätigt  sieb  diese  Neigung  besonders  gem.  Mag 
auoh  der  Trieb  sum  Stilisiren  ebenso  wie  die  Fabelwesen 
selbst  aus  dem  Osten  stammen,  die  Griechen  haben  aus  den 
übernommenen  Elementen  neue  und  selbständige  Gebilde  ge- 
schaffen (vgl.  Furtwänglers  Artikel  Gryps  in  Roschers  Lexi- 
kon), und  ein  hellenischer  für  dekorative  Zwecke  geprägter 
Löwentypus  scheint  mir  unserm  ja  auch  rein  dekorativ  ver- 
wendeten Löwen  zu  Grunde  zu  liegen.  Auf  Taf.  3  sind  unter 
2  und  3  in  beträchtlicher Vergrösserung  zwei  Elektron-Münzen 
des  Berliner  Münz  -  Kabinets  abgebildet,  die  wichtige  Verglei- 
chungspunkte bieten.  Die  Abdrücke,  welche  den  Abbildungen 
zu  Grunde  liegen,  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  des  Herrn 
H.  Gabler,  ßabelon  weist  diese  Ürittelstatere  {Revue  Numis- 
matique  Xlil,  1895,  S.  318  ff.)  mit  überzeugenden  Gründen 
Milet  zu,  und  setzt  sie  in  die  zweite  Hälfte  des  sechsten  Jahr- 
hunderts. Auch  diese  Löwenköpfe  sind  ornamental  atilisirt; 
der  Knopf  mit  kurzen  Strahlen  aul  der  Stirn  ist  ganz  phan- 
tastisch und,  wie  Purtwängler  (a  a.  0.  S.  1758)  bemerkt  bat, 
dem  bekannten  Knopt  dea  archaisehen  Gieifentypua  nächst  ver- 
wandt. Man  beachte  auch,  wie  bei  dem  unteren  Exemplar  (3) 
die  Zähne  als  runde  Perlen  wiedergegeben  sind.  Mit  dem 
phrygisehen  Löwen  teilen  die  Mttnien  die  übertrieben  flei- 
schige, gleichsam  geschwollene  Bildung  der  Schnauie  und  Tor 
allem  die  eigentümliche  Mähnenbehandlung.  Genau  derselbe 
Wulst  mit  dem  Fisebgrätenmuster  kehrt  bei  ihnen  als  Ti^rdm 


4id  A.  tOBRTB 

Begrenzung  der  Mähne  zwischen  Ohr  und  Hais  wieder,  nur 
läuft  das  Muster  bei  dea  Münzen  aufwärts,  aut  dem  Relief 
abwärts.  Eine  Reihe  korzer  Striche, den  Löckohen  des  Reliefs 
entsprechend,  zieht  yon  der  Stirn  bis  in  den  Nacken  und  die 
zwischen  diesen  Grenzen  liegende  Mähnenfläche  ist  in  Nr.  2 
durch  kurze  schräge  Striche,  in  Nr.  3  durch  Punkte  be* 
lebt.  Auch  auf  dem  Relief  war  die  Hauptmasse  der  Mähne 
nioht  flbergangen;  noob  sind  geringe  aber  sichere  Um  rise - 
spuren  flach  eingegrabener  spitier  Zotlen  Ober  dem  Schuller« 
muskel  und  hart  an  dem  Fischgrätenmuster  in  Höhe  des  Un- 
terkiefers sichtbar,  und  wir  dürfen  sie  uns  auf  die  ganne 
Fläche  zwischen  Wulst  und  Löokchen  ausgedehnt  und  durch 
Farbe  belebt  denken.  Dass  eine  weitgehende  Bemalung  die 
Wirkung  des  Reliefs  hob,  glaube  ich  mit  Bestimmtheit  aus 
den  am  Auge  erhaltenen  Spuren  folgern  zu  dOrfen ;  auf  un* 
serer  Tafel  ist  der  dunkle  Kreis  der  Pupille  deutlich  zu  er- 
kennen ^ 

Dieselbe  Wiedergabe  des  vorderen  Mähnenrandes  durch  ein 
Fischgiäten muster  ündet  sich  auch  bei  dem  Löwen  eines 
Bronzebeschlags  von  Polledrara  [Journal  of  Hellenic  studies 
XIV,  1894,  Taf.  8),  der  sicherlich  dem  ostgriechischen  Kunst« 
kreis  angehört. 

Nocli  ungleich  näher  als  die  Münzen  und  der  Bronze -Be- 
schlag steht  alter  dem  Relief  in  der  Gesamlwirkung  der  I^ö- 
wenkopf,  weicher  die  bekannte  macmiliansche  Lekythos  des 
Brittisohen  Museums  [Journal  of  Hellenic  studies  X,  1889, 
Taf.  ö,  noch  besser  XI,  1890,  Taf.  1-2)  krönt,  so  seltsam  es 
scheinen  mag*  ein  Kolossairelief  mit  einem  68""°  hohen  Ge« 
fässchen  zu  vergleichen,  liier  haben  wir  dieselbe  übermässig 
fleischige  Bildung  der  Sehnauze,  denselben  breiten  Rachen, 


4  leb  babe  diese  Sparen  nieht  am  Original,  sondern  inerst  anf  mefaier» 

der  Tafel  zu  Grunde  liegenden  Photographie  bemerkt.  Da  ich  sie  dann  auch 
auf  drei  anderen  von  Berggren  und  mir  zu  Terschiedenen  Zeiten  gemachtco 
Aufnahmen  wieder  fand,scbeint  mir  eine  Täuschung  durch  Zufälle  det  Be» 
iMditung  ausgenMoiiStt« 


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KLKlMASlAtlSCHB  STUDIEN,  itt,  ft9 

die  eDg  anliegenden  dreieckigen  Obren  —  Mlieh  kleiner  und 
höher  sitzend — die  gleiche  aeltsameMähnenhehandlung.  Zwar 
fehlt  die  hintere  Reihe  der  Lfiekchen»  ihre  Stelle  nimmt  der 
Henkel  ein,  aber  die  Hauptmasae  der  Hähne  wird  hier  wie 
dort  darch  spitxe  angemalte  Zotten  angedeut^  und  ihren  vor- 
deren Absebluas  bildet  eine  schmale  einfach  gestrichelte  Borte, 
deren  Wirkung  sieb  von  dem  Fischgrätenmuster  nicht  sonder- 
lich unterscheidet.  Alle  diese  Obereinstimmungen  sind  ebenso 
viele  Abweichungen  von  dem  naturgetreuen  Bilde  eines  Lö- 
wen, sie  können  also  nicht  zufällig  sein,  sondern  mflssen  ei- 
nem von  der  dekorativen  Kunst  ausgebildeten  Löwentypus 
angehören,  liass  dieser  Typus  aber  eine  hellenische  Schöp- 
fung war,  scheint  mir  durch  das  protokorinthische  Gefäss  er- 
wiesen. 

Wer  sich  hei  der  Betrachtung  des  Löwen  von  dem  starken 
Einfluss  griechischer  Vorbilder  noch  nicht  fiberzeugt  hat.  wird 
sich  dessen  Anerkennung  kaum  entziehen  können,  wenn  er 
die  Skulpturen  der  Westseite  mit  griechischen  Werken  ver- 
gleicht. Das  HauplBtück  der  Westfassade  befindet  sich  an  dem- 
selben Eckblock  wie  der  Löwe,  ist  aber  dem  Boden  zugekehrt 
und  tief  in  die  Erde  eingesunken.  Ramsay  hat  1887  ein  Loch 
darunter  aushöhlen  lassen,  das  die  Möglichkeit  gewährt  die 
Skulpturen  zu  untersuchen,  doch  ist  es  nicht  leicht,  von  einem 
Roloesalrelief  ein  Bild  zu  gewinnen,  wenn  man  auf  dem  ROcken 
unter  dem  Felsblock  liegt  und  das  Relief  in  kellerartiger  Dun- 
kelheit  in  einer  Entfernung  von  90*"  Ober  sich  hängen  sieht. 
Natfirlicb  ist  eine  auf  Grund  solchen  Studiums  entworfene 
Skizze  sehr  unvollkommen ,  und  es  verdient  Bewunderung, 
dass  es  Ramsay  und  Hogarth  ttberhaupi  gelungen  ist,  ein  in 
den  Haupizügen  gesichertes  Bild  der  Fassade  zu  geben.  Mit 
Benutzung  eines  kleineren  daneben  liegenden  BruchstOeks,  das 
Arm  und  Waffenreste  eines  Kriegers  zeigt,  hat  Ramsay  folgende 
Composition  hergestellt  {Journai  IX,  1888,  S.  863  Fig.  9): 
Zwei  mit  Helm,  Schild,  Panzer,  Schwert  und  Speer  ausgerü- 
stete Krieger  richten  die  Spitze  ihrer  Waffe  auf  ein  gewaltiges 
Gorgoneion,  an  das  sich  unten  der  Rahmen  des  viereckigen 

ATBIN.  MITTHBILUIIGBN  XZUl.  9 


130 


A.  KOfttltfi 


EiogangsloebM  sarGnibkammer  anscbliesst.  Der  rechte*  Rrie. 
ger  ist  bis  sar  Hofte  erhaltOD,  tod  dem  linken  sind  nar  die  er- 
wähnten Reste  auf  einem  kleineren  Block  und  die  Speerspitie 
neben  dem  Gorgoneion  vorhanden.  Einige  Kleinigkeiten  glaube 
ich  in  Ramsays  Skizie  berichtigen  lu  können,  wiewol  ein 
sicheres  Urleil  erst  nach  Freilegung  iles  Blocks  möglich  sein 
wird.  Auf  der  StQtae  des  Helmbuscbs  ist  ein  rundes  Auge  an- 
gegeben, die  StQtie  demnach  sicher  als  Vogelkopf  gestaltet,  der 
Helm  reicht  nicht  so  weit  in  den  Nacken  hinab,  ein  hinten  ab- 
gerundeter Haarschopf  quillt  unter  seinem  Rand  hervor,  und 
der  wagerechte  Streifen  vor  dem  Leib  des  Mannes  ist  wol  ein 
Gurt  über  dem  ein  Sclivvertgriff  sichtbar  wird.  Ferner  glaubte 
ich  an  dem  Gorgoneion  spitze  Ohren  und  über  der  Stirn  einen 
Kranz  breiter  Buckellocken  walnzunehmen. 

Dass  die  Bewaffnung  der  Krieger  der  griechischen  ent- 
spricht, ist  Ramsay  natürlicli  nicht  entgangen,  er  sucht  aber 
diese  Übereinstimmung  durch  eine  künstliche  Hypothese  zu 
erklären  (a.  a.  O.  S.  3ö4  f.):  Ilerodot  erzählt  I,  171,  dass  die 
Karer  Helmbusch,  Schildzeichen  und  Schildhandhaben  er- 
funden hätten,  deshalb  hält  Kamsay  die  BewatTnung  des  Re- 
liefs für  die  karische,  die  auch  den  Phr^gern  als  den  nächsten 
Verwandten  der  Karer  eigentümlich  gewesen  sei.  Diese  An- 
nahme ist  höchst  bedenklich.  Zunächst  waren  Phryger  und 
Karer  keineswegs  verwandt,  wie  die  vortrefiQlchen  Untersu- 
chungen Kretschmers  (Einleitung  S.  376  ff.)  ergeben  haben, 
und  dann  sind  die  Worte  Herodots,  der  überdies  von  einer 
weit  surQckliegcnden  Zeit ,  vor  Broberung  der  Inseln  durch 
die  Hellenen,  spricht,  viel  zu  allgemein,  um  gerade  diese  be- 
stimmte Form  des  Helms  und  der  andern  Waffen  als  kartseh 
in  erweisen.  Das  Eigentümlichste  an  dem  metallenen  mit  Na- 
senschirm versehenen  Helm  ist  der  Busch,  der  auf  einer  nie- 
drigen StQtie  in  Form  eines  Vogeikopfes  ruht  und  in  iwei 


'  Nicht  der  linke,  'Viie  es  auf  Saint-  Eime  Gautiers  sonst  sehr  geschickter 
Zeichnung  bei  Perrot  F-  ig.  117  (z.  T.  uiederbolt  beiDaremberg  und  Saglio, 
Dietionnaire  11,  2  8.  144U)  dargesLelll  ist. 


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KtBDusuTiaciB  mMBs.  m.  f  M 

langen  Spitzen  gleichmässig  nach  vorn  und  hinten  herab- 
fallt': das  ist  eine  der  vielen  Formen. die  der  Helmbusch  bei 
den  Griechen  anuenommen  hat.  freilich  keine  der  üblichsten. 
Auf  den  älteren  Vasen  herrschen  zwei  andere  Formen  vor, 
der  Buscli  sitzt  entweder  in  seiner  ganzen  Länge  ohne  Stütze 
auf  dem  Helmkopf  selbst  aiif^  oder  aber  er  wird  von  einer 
hohen  Stütze  getragen,  fällt  nur  hinten  in  langer  Spitze  herab 
und  ist  vorn  gerade  abgeschnitten.  Neben  diesen  mit  Vorliebe 
auf  denselben  Dt-nkmälern  verbundenen  Formen,  kommt  aber 
auch  eine  dritte  zwiscin  n  lieiden  stehende  vor.  der  Heim  mit 
niedriger  Stütze  und  gleichmässig  nach  vorn  und  hinten  wal- 
lendem Busch.  Das  älteste  mir  bekannte  Beispiel  ist  eine  zu 
den  Ausläufern  des  iJipylonstils  gehörige  \"ase  ,  die  Pernice 
Athen.  Mitlheilungen  X\  II.  1892.  S.  214  Fig.  3  und  Taf. 
10.  9  veröfTenllicht  bat.  Etwas  junger,  aber  noch  dem  sieben- 
ten Jahrhundert  angehörig  ist  dann  die  N  ase  des  Arislonothos 
(Mon.  deW  Inst.  IX  Taf.  4;  Wiener  Vorlegeblälter  1888 
Taf.  1.  8.  vgl.  Bobert  bei  Pauly- Wissowa  II  S.  96ß  unter 
Arislonoplios  j ,  deren  oslgriechischer  Ursprung  vvol  ausser 
Zweifel  steht:  auf  ihr  sind  alle  Kriek'Pr  mit  solchen  Helmen 
au-^gestatlf^t  /wei  weitere  Beispiele  bietet  der  bekannte  Eu- 
phorbos-  l  elier  i  Salzmann,  Nccropole  de  Camiros  Taf,  53; 
Brunn. Kunstgeschichte  I  Fig.  114  ).  und  zeitlich  am  nächsten 
wird  dem  phrygischen  Belief  die  Darstellung  eines  gleich  be- 
helmten Kriegers  auf  einem  klazomenischen  Sarkophag  stehen 
(Antike  Denkmäler  I  Taf.  46,  4).  Wenn  wir  endlich  den- 
selben Helm  auf  einem  cInn as  jüngeren  lykisrhen  Belief  (Per- 
rol  -ChipiezFig.  279 }  wieder  finden,  so  dürfen  wir  auch  dies 
Beispiel  bei  der  bekannten  .\bhängigkeit  der  lykischen  Kunst 
aus  lonien  herleiten.  Fur  den  Vogelkopf  der  Stütze  kann  ich 
2.  B  auf  eine  cärelaner  Hydria  [Mon.  deli  Inst.  \  I  Taf,  18), 
alao  wieder  eia  o&t^iechiacbes  Werk,  verweisen.  Auch  der 


<  Perrot  bllt  8. 175  den  Bnieh  idlaaaier  Weise  IQr  eine  Metalbebeibe. 
*  Einen  lolefaen  hub  VeisMeb  mU  den  pbrjgieelien  wenig  fee^neten 
HdHi  bildcl  Perrol  Fig.  119  ab. 


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fiSI 


A.  KOBRTf 


rande  Haarscliopf.  den  ich  unter  dem  Helm  wahrzunehmen 
glaubte,  kehrt  auf  ostgriechischen  Vasen  wieder;  er  ist  der 
jonische  Krobylos  (vgl.  Studniczka,  Arcb.  Jahrbuch  XI  S. 
267  f. ).  Diese  Frisur  ist  zwar  bei  behelmten  Kriegern  selten, 
kommt  aber  doch  vor,  z.  B.  auf  einer  Vase  dea  Duria  (Wie- 
ner Vorlegeblätter  VII  Taf.  1). 

Die  angeführten  Beispiele  stellen  es  ausser  Frage,  dass  die 
Krieger  reingriechische  WafTen  tragen ,  und  wer  die  Streiter 
auf  dem  Eupborbos-Tellpr  oder  den  des  klazomenischen  Sar- 
kophags mit  ihnen  vergleicht,  wird  nicht  im  Zweifel  darüber 
aeiOidaas  der  phrygische  Künstler  den  ganien  Typus  des  Kämp* 
ferpaarsderostgriecliii^chen  Kunst  entnommen  hat;  in  der  Aus- 
fohniiig  ist  ihm  freilich  alles  steifer  und  derber  geraten  als 
wires  bei  seiner  Vorlage  voraussetien  dürfen.  Dass  die  un- 
kriegerischen Phryger  (  vgl.  Göttinger  gelehrte  Anzeigen  1897 
S.d90)  selbst  jemals  solche  Waffen  getragen  haben,  wie  Ram* 
say  annimmt,  bezweifle  ich  sehr.  In  Xerxes  Heer  waren  sie 
Dicht  wie  die  Griechen,  sondern  fast  genau  so  wie  die  Paplila- 
gonier  ausgerüstet  (Herodot  VII,  73).  und  da  die  gleiche  Be- 
waffnung der  Armenier  ausdrücklich  durch  ihre  AbstaromuDg 
TOD  den  Phrygero  erklärt  wird,  muss  diese  Rüstungsart  die- 
sen von  Alters  her  eigentümlich  gewesen  sein.  Schwerlich 
wäreo  sie  lu  den  primitiven  geflochtenen  Heimen  der  Paphla- 
gonier  zurückgekehrt,  wenn  sie  ein  paar  Menschenaiter  früher 
grieehisehe  Metallhelme  geführt  hätten.  An  eine  naturgetreue 
Darstellung  selbstgesehener  Vorgänge  denkt  eben  der  phrygi* 
aohe  Steinmetz  gar  nicht;  seine  Krieger  sind  genau  so  deko- 
rativ, wie  sein  Löwe ;  aus  der  Fremde  hat  er  sie  fertig  bezogen. 

Mit  dem  Gorgoneion  wird  es  nicht  anders  stehen,  obwol 
ich  flAr  dies  keine  so  schlagenden  Analogien  beibringen  kano. 
Seine  Beurteiluog  wird  durch  das  Fehlen  der  Beroalung  noch 
erschwert,  die  offenbar  bei  ihm  sehr  reiehlieh  angewendet 
war.  Vor  allem  waren  die  Augpn  nur  ausmalt,  und  auch 
der  Bart  wird  durch  Farbe  aogedeutet  gewesen  seio.  Die  tieri- 
scheo  Ohren,  die  an  jonische  Silenatypeo  eriDDcm,  aiod  bisher 
bei  reingriechischen  Gorgoneien  nicht  nachgewiesen  und  mö- 


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KLB1NA8IAT18CHB  8TUDIBN.  III. 


133 


^eo  eine  Zuthat  des  phrygiaehen  RQnsÜere  sein ;  die  Umrah- 
mung der  Stirn  mit  regelmässigen  Löckeben  findet  sieh  ähn- 
lich bei  dem  kleinen  Gorgoneion  der  erwähnten  maemillan- 
sehen  Lekythos  und  bei  einer  hochaltertamlichen  kleinasia- 
tischen  Elektronmanse,  die  man  vermutungsweise  Parion  au- 
geteilt  hat  *.  Ramsay  nimmt  an  (a.  a.  0.  S.  364),  dass  die  ganze 
Figur  derGorgo  knieend,  in  dem  altertOmliehen  Laofschema, 
dargestellt  gewesen  sei,  aber  das  scheint  mir  gans  unglaub- 
lich. Wenn  man  sich  wirklich  die  barocke  Idee  eines  Grab- 
eingangs durch  den  Leib  der  Gorgo  gefallen  lassen  wollte,  so 
mflsste  dann  doch  wenigstens  seine  Umrahmung  als  Körper 
oder  Gewand  gebildet  sein,  auch  könnten  die  Arme  und 
Schultern  unmöglich  fehlen.  Die  Pratxe  ist  meines  Erachteos 
als  Apotropaion  Ober  den  Eingang  gestellt,  so  wie  man  sonst 
etwa  einen  Phallos  Ober  dem  Grabe  anbringt*.  Im  Grunde  ist 
es  also  gar  nicht  das  Gorgoneion,  das  die  Krieger  bekämpfen, 
sondern  Krieger  und  Gorgoneion  bedrohen  gemeinsam  Jeden, 
der  sich  der  Pforte  naht,  um  den  Frieden  des  Grabes  zu  stö- 
ren. Die  Häufung  zweier  apotropäiecher  Motive  erzeugt  den 
Schein  eines  Rampfes  zwischen  ihnen. 

Es  war  nötig,  den  starken  Einfluss  der  griechischen  Kunst 
auf  die  phrygische  an  einem  Beispiel  ausfOhrlicher  nachzu- 
weisen; bei  den  andern  Denkmälern  derselben  Klasse  kann 
ich  mich  nun  kOner  fassen.  Ohne  weiteres  schliesst  sich  zu- 
nächst Arslan-kaja  (Taf.  9  und  Fig.  3)  an;  der  griechische 
Mäander  spricht  hier  ebenso  laut  filr  hellenischen  Einfluss  wie 
die  in  starker  Rundung  emporgebogenen  FlQgel  der  Sphingen; 
denn  diese  FlQgelbildung  hat  Furtwängler  als  Eigentum  der 
Griechen  erwiesen  (Roschers  Lexikon  I  S.  1758).  Der  LÖwe 
der  Nordostseite  (Fig.  3),  filr  dessen  kolossale  Klauen  s.  B. 


*  OaMogue  of  6mk  eoliu.  Amte  Taf.  2,  14,  Fürtwingier  in  Roselwrs 
Lexikon  X  S.  <7M;  vgl.  Babelon,  Revue  Numismatique  XllI,  1895,  8.  40. 

'  Als  Phallos  (leutel  Perrot  S.  123  viclicichl  mil  Roclil  den  seilsamen  Ge- 
geustaiHl  am  Grabe  von  Japuldak,  zu  dessen  Seiteo  wahrscheinlich  swei 
bliere,  jedenfalls  uicbt  Pferd  und  SUer  stehen. 


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134 


A.  KOERTB 


das  frühattische  Gefäss  'E^ruEpU  xp^.  1 897  Taf.  6  eine  Ana- 
logie bietet«  ist  von  den  Sphingen  nicht  zu  trennen;  in  seinem 
breiten  etwas  weichen  Stil  erinnerte  er  mich  an  den  Fries  von 
AsBOB.  Dieser  Löwe  steht  aber  wiederum  in  dem  Verzicht  auf 
Btrenge  Stiiisirung  dem  grossen  Löwengrab  ( Arslan  -  tasch) 
eehr  nahe,  und  schon  deshalb  werden  wir  für  dies  ein  ähn* 
liebes  Verhältniss  zur  griechischen  Kunst  annehmen  dürfen; 
von  irgend  welchem  nordsyrischen  Ginfluss  kann  ich  nichts  an 
ihm  bemerken*.  Die  Ähnlichkeit  mit  dem  mykenischen  Lö- 
wenthor, die  wol  jedem  Beschauer  anflällt,  erklärt  sich  dann 
ganz  anders,  als  Ramsay  (S.  369  ff.)  meint«  der  das  Löwen - 
thor  in  das  VI  II.  Jahrhundert  hinabdraeken  und  das  Motif 
aus  Phrygien  herleiten  will  Das  Verhältniss  ist  gerade  um- 
gekehrt: Die  auswandernden  Aehäer,  die  in  der  neuen  Heimat 
zu  Joniem  wurden,  haben  einen  Rest  ihres  reichen  Erbes  an 
Kunstformen  mit  in  die  neue  Heimat  gerettet  und  dort  ebenso 
treu  gehütet,  wie  ihre  belroisehen  Sagen.  Das  Fortleben  my- 
kenischer  Motive  in  den  ostgriechischen  Vasen  ist  langst  beo- 
bachtet worden  ( Purtwängler,  Bronzefunde  von  Olympia  S. 
45)  und  wir  dürfen  holTen,  das  Gleiche  in  der  grossen  Kunst 
wahrnehmen  zu  können.,  wenn  wir  erst  einmal  mehr  altjoni- 
Bche  Werke  besitzen.  Einstweilen  giebt  das  phrjgische  Felsen- 
grab vranigstens  einen  Nachhall  der  altmykenischen  nach 
Jonien  hinfibergeretteten  Weise.  Der  Zusammenhang  beider 
Denkmäler  ist  kaum  zu  bestreiten,  und  es  ist  Willkür  eines 
von  ihnen  aus  dem  Zusammenhang  der  ihnen  benachbarten 
Werke  heraussureissen ;  folglich  muss  das  phrygisehe  Grab 
Yiele  Jahrhunderte  jünger  sein  als  der  mykenische  Thor- 
sehmuck,  und  als  Vermittler  zwischen  beiden  sind  nur  die 
Jonier  denkbar. 


*  Rebers  gewundeoe  Sitae  (8.  547  AT.),  die  deo  oordsjrischea  Einfluss 
beweisen  follen,bedQffm  keiner  Widerlegung.  8eine  frr%e  AttflTassnng  über 
den  Zweck  der  geometrischen  Passaden  und  ihr  zeitliches  Verh&ltniw  la 
den  Felsgrftbem  hat  ihm  den  Weg  zu  deren  stiliitisober  Würdigung  Ter- 
sperrt. 

*  Ähnlich  urteilt  Brunn,  Kunstgeschichte  I  8.  28. 


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KLElNAälATlSCHB  STUDIEN.  III. 


135 


Die  OberoioBttmmung  beider  Reliefs  gpht  freilich  bei  ge- 
naueram  Zusehen  nicht  ganz  so  weit,  wie  man  anfange  meint. 
Auf  beiden  Denkmalern  sehen  wir  zwei  machtige  aufgerichtete 
Löwen,  die  ihre  Vordertatien  auf  eine  hohe  Basis  setaen  und 
einen  Pfeiler  swischen  sich  haben ;  aber  die  mykenischen  L0* 
wen  sind  viel  ruhiger  in  ihrer  Haltung  als  die  phrygischen 
und  sie  kehrten  ihre  jetzt  yerlorenen  Köpfe  dem  Beschauer 
zu,  wahrend  jene  in  Seitenansicht  dargestellt  sind.  Uniäugbar 
wird  der  apotropäische  Zweck  durch  die  Haltung  der  phrygi- 
sehen  Löwen  weniger  klar  zum  Ausdruck  gebracht ;  sie  fahren 
zwecklos  aufeinander  los,  dagegen  gestattet  die  Kopfdrehung 
der  m)'kenischen  keinen  Zweifel  darüber,  wem  ihr  Drohen 
gilt.  Schon  liierin  verrät  sich,  dass  der  phrygische  Steinmetz 
von  der  eigentlichen  [kdeiilung  des  alten  Typus  kein  so  kla- 
res Bewusstsein  hatte. wie  der  mykenische  und  noch  deutliclier 
lehrt  dies  ein  Vergleich  der  Architekturglieder  zwischen  den 
Tieren. 

In  Mykene  ist  die  Säule  mit  allen  ihren  Teilen  durchaus 
klar  und  genau  wiedergegeben,  der  Pfeiler  des  Arslan-tasch 
hat  unten  die  flüchtige  Andeutung  eines  Sockels  und  oben 
geht  er  stark  ausladend  aber  ohne  deutlichen  Absatz  in  eine 
Art  Balken  aber,  dessen  von  Reber  (S.  54b)  bemerkte  T- 
Form  meines  Brachtens  keinerlei  architektonische  Bedeutung 
hat.  Der  Steinmetz  hat  von  der  Felsoberfläche  so  viel  stehen 
lassen,  als  die  Tierkörper  gestatteten ;  so  sind  der  Nackenlinie 
der  Löwen  folgend  die  ankerartigen  Htkea  an  dem  oberen 
Streifen  stehen  geblieben.  Der  ganze  Querbalken  samt  Ansätzen 
ist  also  im  Grunde  ein  Werkzoll ,  der  nur  an  den  sorgttltig 
gearbeiteten  Kanten  des  Pelsblocks  fortgenommen  ist.  Auch 
der  Pfeiler  zwischen  den  Tieren  ist  für  diesen  Künstler  nicht 
viel  mehr  als  ein  Streifen  Werkzoll ;  darum  hat  er  den  Ver- 
such einer  scharfen  architektonischen  Gliederung  gar  nicht  ge- 
macht. Auch  die  Ausfahrung  der  Tiere  verdient  das  Lob  nicht, 
das  ihnen  Reber  auf  Kosten  der  mykenischen  Löwen  spendet; 
ihre  stärkere  Wirkung  beim  ersten  Anblick  beruht  wesent- 
lich auf  der  Erhallung  der  Köpfe.  Gewiss  sind  sie  flott  und 


A.  Konm 


wirkuogsToU  estworfes,  aber  et  ftlilt  das  Sireben,  die  Biiml- 
Ibrmao  treo  wiedenogebeo'.  Wie  müht  sieb  der  mykenl- 
•ehe  Kfiostler  nns  alle  Gliedmasseo  der  Tiere,  die  beiden  Vor- 
der- and  die  beiden  Hinterbeine  tu  leigeo,  der  Phrjger  maeht 
sieh  die  Saebe  leiebler;  von  den  mrflcfcstebenden  Hinlerbeinen 
find  nur  die  Obenebenkel  angedeotet  und  die  entspreebea- 
den  Vorderbeine  fehlen  fßüükh.  Um  die  Versebiedenbeit 
beider  Werke  kurz  aossudrticken :  die  mykenisehen  Löwen 
wirken  trotz  ihrer  Unbeholfenbeit  monumental,  die  pbrygi- 
ichen  nur  dekorativ.  Auf  eine  bemerkenswerte  Obereinstim- 
mung  beider  möchte  ich  zum  Scbluss  noch  hinweisen.  Ram- 
say (S.  568  Anm.  3)  und  Reichel  ( Homerische  Waffen  S.  16 
Anm.)  haben  die  Tiere  des  Löwenthors  gewiss  mit  Recht  für 
weiblich  erklärt,  und  für  die  des  Arslan  -  tasch  ist  dasselbe 
Geschlecht  mit  Sicherheit  aus  den  Jungen  zu  erschliessen,  die 
unter  den  Alten  neben  dem  Eingang  liegen.  Die  Nackenbildung 
scheint  zwar  für  Löwinnen  nicht  recht  zu  passen,  wie  Heber 
richtig  bemerkt  (S.  547 ),  aber  damit  nimmt  es  ein  dekorativer 
Künstler  nicht  so  genau  ;  gerade  in  der  jonischen  Kunst  kom- 
men bemähnte Löwinnen  mit  Zitzen  nicht  ganz  seilen  vor  (vgl. 
Petersen,  Rom.  Mittheilungen  IX  S.  '291  Anm.  2)  und  diese 
eigentümliche  (iildunf^  hat  sich  in  Phrygien  zäh  behauptet. 
In  Siwri-hissar  fand  ich  eine  aus  Pessinus  stammende  Löwen- 
figur,  auf  deren  Leib  eine  spate  Grabschrilt  eingegraben  war 
(Athen.  Mittheilüiigen  XXII  S.  48  Nr.  31  );  die  Zitzen  waren 
deutlich  angegeben,  aber  am  Nacken  ein  Mähnenrest  erhalten, 
der  Kopf  fehlte.  Die  V^erbindung  bemähnler  Löwen  mit  Lö- 
wenjungen ist  also  ein  weiteres  Anzeichen  fur  die  Abhängig- 
keit des  phrygischen  Steinmetzen  von  jonischen  Vorbildern. 

Mit  ebenso  wenig  Recht  wie  bei  dem  Arslan  -  tasch  hat  man 
hethitischen  EinÜuss  bei  einem  Felsreiiel  angenommen,  das 


*  Die  «nf  RaoLsajrs  Skizze  (JowrtuU  IX  8. 368)  angegebMiea  Biaidlieiten 
kann  ich  luin  grossen  Teil  nicht  für  richtig  halten.  Sicher  ist  ÜNatr.  dass 
dleie  Zeichung  die  Gesamt  Wirkung  gänzlich  verdirbt;  SO  plupipttnd  fldchsam 
fUUgesto|itl  seilen  die  Löwen  denn  ducb  nicht  aus. 


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KLEINASUTISCHB  STUDIEN.  111. 


«37 


ich  hier  anschliessen  will ,  obwol  es  nicht  zu  einem  Grabe 
gehört.  Wenn  man  vom  Midasdenkmal  zum  Pelsplateau  em- 
porsteigt, bemerkt  man  rechts  neben  einem  Pelsaltar  ein  0,75" 
hohes,  0,62*"  breites  Relief,  das  Fig  12  nach  meiner  Photo- 


Fig.  12 

graphie  wiedergiebt Die  Erhaltung  ist  leider  schlecht,  na- 
mentlich das  Gesicht  der  Figur  ist  stark  beschädigt,  auch  ge- 
staltet die  Roheit  dei  Arbeit  kaum  von  einem  bestimmten  Stil 
zu  reden,  aber  zuversichtlich  darf  man  sagen,  dass  alle  jene 


*  ijhrr  die  von  Ramsay  elwas  weiter  abwärts  beol)achtelcn  Reliefs  {Jour- 
nal III  S.  6  IT. )  waf^e  ich  ebenso  wenip  etwas  zu  sapen,  wie  über  da.s  von 
ihm  am  Haniam-kaja  bemerkte  {Journal  X  S.  Iß5),  jedoch  kann  ich 
Perrol.s  Zweifel  an  ihrem  altphrygischen  Ursprung  (S.  171)  nicht  teilen. 

'  Die  bisherigen  Abbildungen  Journal  of  Hellenic  studies  III  S.  9,  Perrot- 
Chipicz  IV  Fig.  353,  Athen.  Millhcilungen  XIV  8.  18?  und  Reber  S.  583 
sind  mehr  oder  weniger  unzulänglich  ;  in  unserer  Abbildung  ist  der  Stil 
etwas  verweichlicht,  aber  die  Einzelheiten  sind  (reuer  al^  aqf  dei>  äl^crci) 
wiedergegeben. 


138 


A.  KOBRTE 


Eigentümlichkeiten  der  Tracht  und  Bewegung  fehlen,  an  denen 
hethitische  oder  syrokappadokiscbe  Werke  auch  bei  schlechter 
Erhaltung  so  leicht  zu  erkennen  sind.  Dargestellt  ist  ein  nach 
rechts  gewendeter  Mann  in  Schrittstellung;  sein  faltenloses 
Gewand  reicht  bis  ans  Knie,  auf  dem  Tielleicht  bärtigen  Kopf 
tragt  er  anscheinend  eine  eng  anliegende  Kappe  *,  unter  der 
hinten  ein  au^ebundener  Haarschopf  hervorquillt.  Ob  seine 
Püsse  beschuht  sind,  ist  nicht  xu  erkennen,  JedenfoUs  stecken 
sie  nicht  in  hethitiscben  Schnabelschuhen;  über  seiner 
Schulter  wird  ein  Gegenstand  sichtbar,  den  ich  für  einen 
Köcher  halten  möchte,  und  in  der  Rechten  tragt  er  einen  Stab 
von  eigentOmlicher  Perm.  Der  ziemlich  dicke  Stock  läuft  oben 
gabelartig  in  zwei  dOnne  geschwungene  Enden  aus.  deren 
Spitzen  auf  meiner  Photographie  mit  Sicherheit  zu  erkennen 
sind,  auch  am  Original  habe  ich  sie  gesehen ;  ob  diese  Enden 
unmittelbar  tther  der  Gabelung  einmal  verschränkt  sind  wie 
bei  der  gewöhnlichen  Porm  des  griechischen  Kerykeion,  weiss 
ich  nicht  bestimmt  zu  sagen ;  der  Pels  ist  gerade  an  dieser 
Stelle  stark  beschädigt.  Nach  der  Photographie  ist  mir  solche 
Versehränkung  nicht  wahrscheinlich  und  die  in  der  Abbildung 
gegebene  Porm  wird  richtig  sein.  Die  von  Ramsay  S.  9  mit 
Recht  hervorgehobene  Verwandtschaft  mit  dem  griechischen 
Kerykeion  wird  dadurch  nicht  beeinträchtigt.denn  dies  ist  von 
Haus  aus  nichts  ab  eine  gegabelte  Rute,  ein  Zwiesel  (Preller- 
Robert,  Griechische  Mythologie  I  S.  412;  Mflnsterberg,  Arch. 
Epigr.  Mittheilungen  XV  S.  1 42 ),  dessen  Enden  keineswegs 
immer  verschränkt  sind  (vgl.  Röm.  Mittheilungen  II  Taf.  8,1), 
auch  ebenso  gut  zweimal  wie  einmal  verschlungen  sein  kön- 
nen (Gerhard,  Auserlesene  Vasenbilder  III  Taf.  170).  Das 
Kerykeion  berechtigt  uns  aber  nicht,  die  Pigur  des  Reliefs 
Hermes  zu  nennen,  wie  Ramsay  vorsehlug,  denn  es  ist  ur- 
sprünglich ein  Symbol  der  Herrscbergewalt.  das  dem  gölt- 
liehen oder  menschlichen  Botschafter  der  geheiligten  Majestät 


<  HögUcber  Weise  ist  der  Kupf  unbedeckt  ni  denken. 


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KLBINA8IAT18CHB  STUDIEN.  III. 


139 


gleichsam  zur  Beglaubigung  eingebändigt  wird  So  trägt  auf 
der  Dodwellvase  Agamemnon  das  Kerykeion  und  auf  den  bei- 
deo  angeführten  Gefasaen,  die  derselben  jonischen  Fabrik  ent* 
stammen,  finden  wir  es  einmal  in  der  Hand  des  Zeus,  das 
andere  Mal  führen  es  zehn  Geronten.  Demnach  werden  wir 
die  Figur  des  phrygischen  Reliefs  als  einen  göttlichen  oder 
menschlichen  Herrscher  bezeichnen  dürfen ;  eine  genauere 
Bestimmung  ist  unmöglich.  Die  beiden  Gegenstände  vor  ihm 
kann  ich  nicht  für  hetbitische  Hieroglyphen  halten,  denn  sie 
haben  mit  keinem  dieser  Zeichen  Ähnlichkeil,  ebenso  bedenk- 
lich scheint  mir  aber  Rebers  Deutung  als  Opfergaben  auf  einem 
Altar.  Der  Schein  eines  Altars  entsteht  dadurch,  dass  rings 
um  die  beiden  Gegenstände  nur  so  viel  Reliefgrund  verlieft 
ist,  als  eben  nötig  war,  also  unten  und  oben  weniger  als  für 
die  menschliche  Figur.  Den  unteren  Gegenstand  weiss  ich 
nicht  zu  benennen,  der  obere  ist  i<ein  Vogel ,  sondern  wol 
Bweifellos  eine  phrygiscbe Mütze  und  als  einzige  altphrygische 
Darstellung  des  einzigen  noch  heute  lebendigen  Erzeugnisses 
der  phrygischen  Kultur  nicht  ohne  Interesse.  Nicht  als  Opfer- 
gaben, auch  nicht  als  Hieroglyphen  sondern  als  Altribute 
werden  die  beiden  Dinge  dem  Bilde  des  Herrschers  beigefügt 
sein  Von  Bedeutung  ist  es,  dass  die  einzige  Eigentümlichkeit, 
die  sich  mit  Sicherheit  an  einen  fremden  Kulturkreis  anknüp- 
fen lässt,  das  Kerykeion,  wieder  nicht  nach  dem  Osten,  son- 
dern  nach  Jonien  weist. 

Von  den  Pelsgräbern,  an  denen  sieh  die  Abhängigkeit  von 
der  jonischen  Kunst  desVII.  und  VI.  Jahrhunderts  am  besten 
beobachten  lässt,  sind  die  geometrisch  verzierten  Kultstätten 
seitlich  gar  nicht  zu  trennen.  Die  Brücke  zwischen  beiden 
Denkmälerklassen  schlägt  der  Arslan  -  kaja,  der  durch  seine 
Skulpturen  ebenso  unlöslich  mit  den  Pelsgräbern  wie  durch 
seine  ganze  Anlage  und  seine  Inschrift  mit  den  geometrischen 


*  Ich  verdanke  diesen  Hinweis  Löschcke,  von  dem  wir  eine  erschöpfende 
Behiodlung;  des  intenmaoten  Sloflk  erltoffen  dürfOQi 


140 


A.  KOBRTB 


Fassaden  verknüpft  ist.  Diese  Passadeo  mit  ihren  reichen 
Mustern  sind  die  seibständigslen  Erzeugnisse  der  phrygischen 
Kunst,  um  so  wichtiger  ist  es,  dass  auch  sie  sich  dem  über- 
mächtigen jonischen  Binfluss  auf  die  Dauer  nicht  haben  ent* 
sieben  können.  Sphingen  und  Mäander  des  Aralan-kaja  sind 
ebenso  sicher  hellenisch  wie  der  Lotosknospen-  und  Palmelten- 
Pries  des  Kütschuk- jasili  -  kaja,  dessen  Herkunft  ich  oben 
(S.  114  ff.)  naebg^wiesen  habe. 

Wenn  wir  von  den  geometrischen  Muslern  abseben,  siebt 
es  um  die  phrygische  Kunst  nicht  anders  wie  um  das  phrygi- 
sehe  Alphabet;  alles  Wesentliche  ist  von  den  kleinasiatiscben 
Grii^chen  entlehnt,  nur  Einzelheiten  sind  nach  tiedarfniss  ge- 
ändert und  binzugethan.  Dieser  Sachverhalt  kann  nicht  mehr 
Oberraachen,  seit  wir  wissen,  dass  in  der  ersten  Hälfte  des 
sechsten  Jahrhundorls  auch  echte  Erzeugnisse  der  jonischen 
Plastik  (Athen.  Mittheilungen  XX  S.  t  ff.)  und  Keramik 
(Ebenda  XXII  S.  *27  f.)  naeb  dem  phrygiseben  Hochlande 
eingeführt  worden  sind. 

Prägen  wir  uns  nun,  wann  dieser  mächtige  Einfluse  des  Hel- 
lenismus begonnen  hat,  so  bietet  die  Zurückdräogung  der 
Rlromerier  den  nattkrlicben  terminus  a  quo.  leb  sebe  keinen 
Grnnd,  eines  der  phrygiseben  Denkmäler*, zu  denen  uns  ost- 
griecbiscbe  Werke  des  siebenten  and  seebsten  Jahrhunderts 
die  meisten  Analogien  gegeben  beben,  fiQr  älter  lu  ballen  als 
rund  030.  Damals  war  die  Macht  der  Kimmerier  gebrochen, 
Lydien  hatte  das  Untertanenverbältniss  zu  Assyrien  gelöst  und 
war  wieder  in  die  Reibe  der  asiatisoben  Grossmäehle  einge- 
treten (vgl.  Rädel,  LaLydie  et  le  monde  grec  S.  132). 
Durch  die  Vorberrsebaft  der  balbbellenisirten  Lyder  wurde 
den  Joniem  der  Zugang  zum  Innern  Kleinasiens  geöffnet.  Eine 
tiefe  Kluft  trennt  die  im  engeren  Sinn  phrygiseben  Denkmä- 
ler von  allen  Kulturresten,  die  sieb  auf  dem  weilen  Hochlande 
aus  älterer  Zeit  erhalten  haben    Die  Reliefs  von  Gjaur  -  ka- 


*  Nur  Delikli  -  tasch  ist  wol  älter. 

'  yb«r  diese  vgl.  besouders  I|irachrel4.  Pie  FelseareMeb  ii|  l(leia> 


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ItLEINASlAtlSCriB  STÜÖtEN.  III. 


141 


lessi,  Eflatun  -  bunar,  Fassilar  und  Ibris,  die  Hieroglyphen 
Ton  Bey  -  kdi  und  Kölitolu  haben  mit  den  Werken,  die  uns 
beschäftigten,  so  gut  wie  nichts  gemein,  sie  hängen  ehenao 
deutlich  von  der  alien  Kunst  clo«^  Ostens  ab  wie  jene  von  der 
des  Westens.  Dass  zwischen  beiden  Gruppen  die  Übergänge 
fehlen,  dass  sie  so  fremd  neben  einander  stehen,  erklärt  sich 
leicht  wenn  sie  sich  zeitlich  nicht  berührten:  zwischen  beide 
fällt  eben  der  Schrecken  der  Kimmerierherrscbaft,  während 
welcher  jede  Kunstübung  aufborte.  Man  hat  gemeint,  die 
grossen  Pelsdenkmüler  hätten  nur  in  der  Zeit  nationaler  Selb« 
ständigkeit  entstehen  könneu,aber  das  beruht  auf  einerslarken 
Überschätzung  ihrer  Eigenart.  Eine  selbständige,  wurzelechte 
phrygische  Kunst  hat  es  so  wenig  gegeben  wie  eine  lydische 
oder  kariscbe.  Die  alten  Landeskönige  hatten,  wie  vor  allem 
die  Sculpturen  von  Gjaur-kalessi  leigen,  ihren  Bedarf  an 
Kunsttypen  von  Osten  her  bezogen,  und  als  nach  der  Rim- 
meriemot  das  reiche  Land  sich  schnell  erholte,  da  konnten 
die  Porsten,  die  nun  unter  lydischer  Oberhoheit  herrschten, 
für  ihre  pfächtigen  Grabmäler  und  Kultstatten  die  ausländi- 
schen Vorbilder  gleichfalls  nicht  entbehren.  Die  bescheidenen 
Keime  nationalen  Stils  wurden  eifrig  gepflegt,  aber  das  reiche 
Erbe  der  Jonier  musste  aushelfen. 

Mit  der  gleichen  Wahrscheinlichkeit  wie  der  Beginn  des 
joniseben  Einflusses  lässt  sich  m.  E.  sein  Ende  datiren ;  wol 
keines  der  besprochenen  Werke  ist  jflnger  als  daa  Jahr  546, 
in  dem  das  Lyderreich  dem  Perserkönige  erlag.  Nur  ein  ein- 
aiges  Denkmal  ist  mir  bekannt,  das  möglicher  Weise  etwas 
jänger  sein  kann  als  der  Sturz  des  Kroisos,  und  dies  erfordert 
eine  eingehendere  Besprechung. 

Etwa  7U^  nördlich  von  Arslan  -  kaja ,  dem  nördlichsten 
Denkmal  der  zusammenhängenden  Gruppe  befindet  sich  eine 
stattliche  Grabanlage  {g  in  der  S.  121  f.  aufgestellten  Liste), 


uien  und  das  Volk  der  Uiiiiter  (Abbandlungen  der  Berliner  Akademie 
1886). 


14^  A.  KOeßTg 

deren  Kennlniss  ich  Herrn  Ingenieur  de  Pbilippi  verdanke*. 
Sie  liegt  etwa  2^*  von  der  Station  Köktsche  -  kissik  der  Eisen- 
bahnlinie Eskischehir  -  Kutaja  entfernt  am  felsigen  Südrand 
des  Porsukthals, dessen  nicht  unbeträchtliche  Breite  hier  haupt- 
sächlich durch  sunnpGge  Wiesen  ausgefüllt  wird.  Von  aussen 
sichtbar  ist  nur  (s.  Fig.  13)  in  einem  roh  vertieften  Rahmen 


Fig.  13 


ein  niedriger  schmuckloser  Giebel  von  etwa  4,00"  Breite  und 
0.60°"  Höhe,  der  auf  einem  in  zwei  breitere  und  zwei  schma- 
lere Streifen  gegliederten  Gebälk  aufliegt.  Die  Ähnlichkeit, 
die  der  untere  Teil  des  Gebälks  durch  die  Absätze  mit  dem 
jonischen  Epistyl  gewinnt,  kann  Zufall  sein,  denn  auch  der 
nur  zur  Hüllte  erhaltene  rechte  Seitenpfeiler  ist  in  gleicher 
Weise  in  zwei  Streifen  geleilt.  Der  Giebel  war  in  seiner  Mitte 


*  Wenige  Schrill  von  ihr  entfernt  liegt  das  kleine  S.  113  Fig.  8  ab- 
gebildete Denkmal. 


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ttiltWASIAtlSCta  SfODtBN.  M. 


g^estützt,  wie  ein  kurzer  viereckiger  Stumpf  lehrt;  da  sich  an 
dit^sem  keine  Spuren  eines  runden  Kapitells  tinden  und  auch 
den  Seileopfeilern  die  KLapitellbildung  fehlt,  wird  die  Stütze 
wol  ein  einfacher  viereckiger  Pfeiler  gewesen  sein.  Ausge* 
schlössen  ist  die  Möglichkeit  freilich  nicht,  dass  sie  in  Form 
einer  Säule  gebildet  war,  wie  bei  einigen  paphlagonischen 
Pelsgräbern,  die  seitlich  ähnlich  begrenzt  sind  und  doch  in 
der  Milte  Säulen  haben  (Hirschfeld,  Paphlagonische  Felsen- 
gräber, Abhandlungen  der  Berliner  Akademie,  1885,  Taf.  t 
und  4  ).  Erheblich  breiter  als  die  Passade  ist  der  dahinter  ge- 
legene Saal  (s.  Fig.  14);  er  hat  eine  Breite  von  7,80'  und 


Fie.  14 


eine  Tiefe  von  3, IS".  Die  aussen  in  Folge  der  Zerstörung  der 
Pfeiler  weniger  kenntliche  Nachahmung  der  Holxarchitektur 
ist  in  diesem  Raum  sehr  sorgfältig  ausgeführt  (s.  Fig.  15). 
Die  dem  Eingang  gegenüber  liegende  Wand  wird  gegliedert 
durch  swei  Thoren  und  drei  Scheinfenster  mit  der  Nach« 
ahmung  gradlinig  profilirter  Hohrabmen.  Zwischen  je  einer 


A.  KOERTä 

Thür-  und  Fensteröffnung  treten  als  Träger  der  flachen  Bal- 
kendecke Pfeiler  von  etwa  0,4 0"  Breite  etwas  aus  der  Wand 
hervor,  ihre  Köpfe  sind  durch  Platten  in  der  Form  von  Bret- 


tern verstärkt.  Ganz  entsprechend  sind  die  Schmalseiten  ge- 
staltet, ein  Pfeiler  in  der  Mitte  und  zwei  etwas  schmälere  io 
den  Kcken  hahen  an  der  linken  Wand  zwei  Scheinfensler  an 
der  rechten  ein  Scheinfenster  und  eine  kleine  Thür  mit  drei 
niedrigen  vorgelagerten  Stufen  zwischen  sich;  auch  an  der  Vor- 
derwand sind  zu  heiden  Seiten  des  Kingangs  zwei  Schein- 
fenster angehracht.  Aus  diesem  Saal,  der  das  Innere  eines 
einfachen  Holzhauses  mit  nüchterner  Treue  wiedergiebt,  ge- 
langt man  durch  die  kleine  Pforte  rechts  in  eine  schmucklose 
Rammer  von  2,30  zu  2,10'"  Grundfläche, während  die  beiden 
Thüren  der  Längswand  in  einen  grösserer  gleichfalls  kahlen 
Raum  von  6,00  zu  3,00'"  führen.  An  diesen  schliesst  sich  hin- 


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ICLBtNASIAtlSCHB  STUDIEN.  111. 


145 


ten  eine  Nische  von  2,10*"  Tiefe  und  un regelmässiger  Rück- 
wand an,  die  ganz  oder  zum  Teil  später  hinzugefügt  zu  sein 
scheint,  als  man  das  alte  Grab  als  Kirche  benutzte.  Vielleicht 
enthielt  die  Nische  ursprünglich  ein  Totenbett  und  wurde 
•von  den  Christen  sur  Apsis  ausgestaltet.  Sicher  spät  ist  ferner 
ein  roh  in  den  Boden  der  Haoptkammer  gehauenes  Schacht- 
grab und  allerlei  Kritzeleien  an  den  Wanden  des  Voraaals. 
Dass  die  Kammern  so  schmucklos,  der  Vorraum  dagegen 
sorgfältig  versiert  ist,  lüsst  voraussetzen,  dass  er  dem  Toten- 
kult diente,  während  man  die  Kammern  nicht  zu  betreten 
pflegte.  Die  ganze  Grabaniage  hat  durch  die  Witterung  und 
die  Hirtenfeuer  stark  gelitten;  die  Arbeit  ist  nicht  so  fein  wie 
am  Arslan-kaja  oder  dem  zertrümmerten  Löwengrab,  aber 
docb  leidlich  sorgfältig.  Von  dem  T^pus  der  übrigen  Felsen- 
gräber weicht  dies  ganz  erheblich  ab;  die  bequem  zugäng- 
liche 3""  hohe  Doppelthür  mit  dem  Giebel  darüber  und  der 
grosse  sorgfällig  ausgestattete  Vorsaal  haben  in  Phrygien  kein 
Seitenstück,  dagegen  stimmt  es  aufFällig  mit  den  von  Hirsch- 
feld untersuchten  paphlagonischen  Felsengräbern  überein. 
Auch  diesen  ist  die  Giebellässade  mit  einer  oder  mehreren 
Stützen  und  die  oß'ene  Halle  vor  der  eigentlichen  Grabkammer 
eigentümlich;  freilich  ist  die  Vorhalle  nirgends  so  gross  und 
80  liebevoll  ausgestattet,  wie  bei  dem  Grab  von  Köktsohe« 
kissik.  In  den  Einzelheiten  steht  ihm  am  nächsten  das  von 
Hirscbleld  mit  Nr.  Iii  bezeichnete  Grab  von  Iskelib  (a.  a.  O. 
Taf.  6  S.  19  f.,  Perrot-Ghipiez  V  Fig.  144-148)  mit  einem 
aerstdrten  Mittelpfeiler,  geräumiger  Vorhalle  und  Borgfältiger 
Nachahmung  der  Holzarehitektur  in  der  Grabkammer  selbst. 
Das  Totenlager  ist  hier  in  einer  Nische  an  der  Rückwand  an- 
gebracht, so  wie  ich  es  bei  dem  phrygischen  Grabe  vermutet 
habe.  In  den  tiauptzügen  stimmt  das  Grab  von  Köktsche- 
kissik  so  auffällig  mit  den  paphlagonischen  fiberein,  dass  wol 
irgend  eine  Verbindung  zwischen  ihnen  trotz  der  grossen 
räumlichen  Trennung  anzunehmen  ist,  wenn  wir  auch  vor^ 
läußg  noch  nichts  über  die  Art  der  Verbindung  feststellen 
können.  Hinweisen  möchte  ich  nur  darauf,  dass  es  nicht  an 

ATUKN.  MiTTHSlLUNO£N  JUUll.  lÜ 


146 


A.  KOlAtK 


Anseichen  far  eine  StammeB-Verwaadtschaft  der  Papblagoaier 
und  Phryger  fehlt  (vgl.  besonders  Herodot  VIM3;  E.  Meyer, 
GeBchichte  des  Altertums  1  S.  300).  Leider  geben  die  papbla- 
gontsohen  Gräber  für  die  Datirungdes  phrygiachen  wenig  aus, 
denn  die  genauen  Untersuchungen  Hirschfelds  haben  keine 
sichern  Anhaltspunkte  fiQr  ihre  Zeitbestimmung  ergeben*. 
An  dem  plirygischen  Grabe  mutet  zunächst  der  Giebel  ganz 
griechisch  an  und  verleitet  zu  einem  späten  Ansatz;  Reber,  der 
das  Grab  selbst  freilich  nicht  gesehen  hat,  will  sogar  bis  in 
hellenistische  Zeit  hinabgehen  ( S.  587 ),  was  angesichts  der 
paplilagonischen  Griiber  uDmöglich  ist'.  Andrerseits  macht  die 
strenge,  nüchterne  Nachahmung  der  Holzarehilektur,  die  an 
Pfeilern,  Balken  und  Giebel  auf  jeglichen  kflnstlerischen 
Schmuck  verzichtet,  fast  einen  älteren  Eindruck  als  der  grös* 
sere  Formenreichtum  der  paplilagonischen  Graber,  und  so 
vermag  ich  keine  Dalirung  zu  g^ben.  Da  jedoch  Felsengräber 
in  Phrygien  vom  V.  Jahrhundert  vor  Chr.  bis  zum  Beginn  des 
II.  Jahrhunderts  nach  Chr.  bisher  sonst  nicht  nachgewiesen 
sind halte  ich  es  für  bedenklich,  dies  eine  zweifelhafke  Stück 
erheblich  jünger  anzusetzen  als  den  Sturz  des  Lyderreichs. 
Seine  Unterschiede  von  den  übrigen  altphrygiscben  Felsen- 
gräbern kfinnen  ebenso  gut  durch  örtlichen  als  dnrch  zeit- 
lichen Abstand  erklärt  werden. 

II.  D»  Pelsgrasbbb  der  robmiscben  Kaisebzbit« 

Die  von  mir  zuerst  bei  der  Winckelmannsfeier  des  atheni- 
schen Instituts  1894  vorgetragene  Ansicht.dass  alle  bisher  dem 

V.  unci  iV.  Jahrhundert  vor  Chr.  zugewiesenen  phrygischen 
Felsengräber  Werke  der  römisclieo  Kaiserzeit  seien,  ist  iozwi- 


*  Er  tebeint  geneigt  ihr  Alter  zo  ubenehälim. 

*  Wenn  er  von  AkroterienspureD  redet,  so  ist  er  wol  dnrch  die  Photo- 
graphie get&nscht;  ich  habe  wenigstens  keine  solchen  Spuren  wabige* 

Bommen. 

*  Vgl.  das  lülgunde  Kapitel  diej»er  öluUiea. 


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KLBIMASIATISCIIB  STUDIEN.  III.  147 

sehen  durch  Reber  in  dem  wertvollen  Schluaeteil  seiner  Ab- 
handlung an  deriland  vorzüglicher  Abbildungen  so  eingehend 
begründet  worden,  dass  ieh  mich  über  diese  Gräber  kürzer 
fassen  kann  als  ursprünglich  im  Plane  meiner  Arbeit  lag. 
Gern  sehe  ich  mich  durch  ihn  der  Notwendigkeit  überhoben, 
neue  Abbildungen  von  diesen  unerfreulichen,  lange  Zeit  so 
seltsam  übersehätalen  Denkmälern  zu  geben, aber  es  bleibt  mir 
doch  noch  maDcberlei  über  sie  zu  sagen,  da  Beber  aus  dem 
Thatbestand  die  Folgerungen  nichl  mit  der  nötigen  Bestimmt- 
heit zieht,  ich  gebe  zunächst  wieder  eine  LibLe  der  wichtige- 
ren in  diese  Klasse  gehörigen  Ueokoialer  und  ihrer  Abbil- 
dungen K 

a)  Gerdeli  -  kaja,  dorisches  Grab  bei  Tschukurdscha.  Ab- 
gab. Ueber  Taf.  9  und  Fig.  12;  Texier,  Descriptiou  de  l'Ä~ 
sie  mineure  Tai',  üü.  Gl  ;  Perrol- Chipiez  Fig.  91.  Stewart, 
Ancient  monuments  of  Li/cii(i  and  Pkry^ia  Tat.  1*2. 

b;  Solon -Grab  von  Kumbet.  .\bgeb.  Ueber  Tal.  10  Fig. 
13;  Perrot,  Exidoralion  de  La  Galatie  et  de  La  Bitkyiiie 
Tat.!  ;  Perrot- Chip iez  Fig.  83-89,  schlechter  Stewart,  il«- 
cUnt  monuments  of  Lydia  and  Phrygia  Taf.  6.  16. 

c)  Alle  Gräber  der  grossen  Nt  kropole  von  Ajas-in  2.  Mehrere 
von  ihnen  sind  abgebildet  bei  Heber  Tai'.  11  und  12,  Fig. 
14,  iü ;  Ramsay,  Journal  of  Hellenic  studies  111,  I88V, 
Taf.  36-29;  Perrot -Ghipiez  Fig.  17-8*2  und  92-97. 

d)  Mehrere  Gräber  am  Westabhang  des  Felspiateaus  von 
Japuldak.  Abgeb.  Reber  Fig.  16  und  18 1  Ramsay,  Journal 
of  Hellenic  studies  X,  1889,  Fig.  28-33;  Perrot  -  Chipies 
Fig.  90. 


*  VoUtttndigkeit  der  Angabeo  über  die  Abbildungen  ist  auch  hier  nicht 
erstrebt,  ungenügende  Skiuen  wie  die  von  Barth  erwähne  ich  abaiebtlieb 

nictit. 

*  Hamüajf  uud  iliiu  iolgcud  Perrul  beueuueu  auch  die  allpbr^giscben  um 
den  Arslan  -  taseb  gruppirten  Denkmäler  nach  dem  Dorfe  AjM-in.  Da  diese 
aber  von  Ajas-  in  über  eine  Stunde  entfernt  sind  und  in  einen  andern  Thal 

licgLii,  eiiipiieUt  es  sich  mehr,  sie  nach  dem  nftcbsten  Dorfe  Hairan-veli 

zu  beueuueu. 


118 


A.  kOtRtl 


e)  Grab  bei  Demirli.  Abgeb.  Reber  Pig.  17. 

f)  Grab  bei  Bey-köi,  beschrieben  von  Ramsay,  Journal 
of  Hellenic  studies  IX,  1888,  S.  372.  In  denn  flachen  Bo- 
gen der^, Vorhalle  sitzen  zwei  Löwen,  deren  Vorderpfoten  ei- 
nen Slierschädel  (?)  berühren.  Innen  drei  Arcosolien. 

Was  diese  Gräber  von  den  allphrygischen  am  deutlichsten 
scheidet,  ist  die  Form  des  Totenlagers;  wer  lür  dieV^erwahr- 
losung  des  Stils  ihrer  Fassaden  kein  Auge  hat,  kann  durch 
einen  Blick  in  ihr  Inneres  leicihl  feststellen, ob  ein  Grabmal  zu 
dieser  Riasse  gehört.  Während  die  allphrygischen  Kammern 
entweder  ganz  leer  sind,  oder  Steinbänke  l'ur  die  Leichen  ent- 
halten, finden  sich  in  den  spätphrygischen  ausnahmslos  To- 
tenlager, die  wie  Krippen  aussehen,  und  von  den  anatolischen 
Bauern  auch  gern  als  Krippen  benutzt  werden:  In  die  Kam- 
merwände sind  bogen-,  ausnaliinsweise  auch  giebelförmige 
Nischen  gehauen,  die  unten  in  sargartige  Höhlungen  für  die 
Leichen  übergehen  (s.  Reber  Fig.  15-17).  Diese  Grabform, 
für  welche  die  christliche  Archäologie  den  inschriftlich  be- 
zeugten (vgl.  V'ictor  Schultze,  Die  Katakomben  S.  76  f.)  Na- 
men Arcosolien  eingeführt  hat,  ist  in  der  römischen  Kaiser- 
zeit von  Italien  aus  in  die  Provinzen  gedrungen.  Weitaus  am 
zahlreichsten  sind  sie  in  den  christlichen  Katakomben.  Schon 
die  in  ihren  Anfängen  bis  ins  erste  Jahrhundert  nach  Chr. 
zurückgehende  christliche  Nekropole  von  S.  Gennaro  dei  Po- 
veri  in  Neapel  enthält  Arcosolien  in  Menge,  dann  finden  wir 
sie  in  den  Katakomben  von  Rom,  Sicilien,  Kyrene,  Melos, 
Syrien,  überall  als  die  vornehmere  Grabform  neben  den  billi- 
geren loculi.  Wie  fast  alle  in  Felsnekropolen  verwendeten  For- 
men dem  Holz-  oder  Steinbau  entlehnt  sind,  so  auch  die  Ar- 
cosolien, und  zwar  weist  der  runde  Bogen  deutlich  auf  den 
römischen  Gewölbebau  als  Vorbild.  Es  scheint  mir  nicht  un- 
denkbar, dass  die  Arcosolien  aus  den  Nischen  der  Columba- 
rien  herzuleiten  sind;  im  l'rinzip  sind  sie  von  den  Bogenni- 
schen,  wie  sie  z.  B.  im  Columbarium  der  Livia  (Piranesi, 
Antichitü  di  Roma  III,  ?6)  in  vielen  Reihen  übereinander 
au  den  liohen  Wänden  angeordnet  sind,  nicht  sehr  verschie- 


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KLnKAttATtiCn  8TVDIBN.  IH. 


I4f 


den,  nur  sind  sie  viel  grösser,  weil  die  untere  Höhlung  nicht 
nur  die  Asclienurne  sondern  den  ganzen  Leichnam  aufnehmen 
BoU.  An  Columbarien  fühlt  man  sich  besonders  erinnert,  wenn 
die  Arcosolien  in  zwei  Hoihen  übereinander  liegen  (Heber 
Fig.  14,  15).  fibenso  gut  kaoQ  das  Arcosolieograb  aber  auch 
durch  das  Zusammenwachsen  einer  gewölbten  Nische  mit  ei- 
nem frei  darin  stehenden  Sarkophag  eatstaodeo  sein  (vgl. 
Scbultie  a.  a.  O.  Fig.  10;  Pacho,  Voifa^e  dans  la  Marma- 
rique  et  la  Cyrdnaique  Taf.  39  und  55).  Sicher  ist,  dass 
wenigstens  in  späterer  Zeit  die  Arcosolien  nicht  auf  die  Fels* 
nekropoien  beschränkt  waren;  in  Central  -  Syrien  kommen  aus 
Stein  erbaute  Grabmäler  mit  Arcosolien  ( Vogu^,  La  Syrie 
oeiUraU  Taf.  70-73)  und  daneben  in  den  Pelaen  gehauene 
▼or  ( Vogu^  Taf.  80,  81,  88,  89 ).  Die  syrischen  Gräber  sind 
zwar  chnstlich  und  gehören  zum  Teil  erst  in  das  V.  Jahr- 
hundert nach  Chr.,  stimmen  aber  mit  den  pbrygischen  in 
allen  wesentlichen  Punkten  Qberein;  gleich  jenen  sind  sie  Pa- 
nniliengräber  mit  3  bis  6  Grabstätten,  keine  Massengräber  nach 
Art  der  Katakomben.  Im  Innern  ganz  entsprechende  Kammer- 
gräber heidnischen  Ursprungs  auf  der  Insel  Melos  beschreiben 
Ross  ( Intelligenzblatt  der  Allgemeinen  IJtteraturzeitung  1838 
Nr.  'lÜS.  3'26)  und  Prokesch  -  Osten  ( Denkwiirdigkeiten  II 
S.  204);  nach  der  einen  darin  gefundenen  Insciirift  C.I.  G. 
2439c  gehören  sie  in  die  Kaiserzeit Die  Arcosolien  sind  aber 
keineswegs  immer  im  Innern  von  Grabkammern  angebracht, 
wol  noch  häufiger  sind  sie  einzeln  in  den  freistehenden  Fels 
gehauen;  so  kommen  sie  massenhaft  in  Plirygien,  aber  auch 
in  Syrien  (Vogue  Taf.  16,  90),  aut  Thera  {Man.  deH  Inst, 
III  Taf.  25,  2  und  3  =  Ro88.  Arch.  Aufsätze  Ii  Taf.  11.  12) 
und  seihst  in  Lykien  vor,  wo  im  Allgemeinen  die  alten  Grab- 
forroen  auch  in  der  späten  Zeit  mit  grosser  Zähigkeit  festge- 
halten werden.  Gins  dieser  lykisehen  Arcosolien,  die  Petersen 
und  Luschan  bei  dem  Dorf  Alifaradin  sahen  ( Reisen  in  Ly« 


*  Proketob- Osten  hUt  tie  xwar  für  uralt,  aber  seine  BesobrailHing  be- 
weist das  GegeatsU. 


150  A.  KOBBTB 

kien  Taf.  25  S.  167  f.),  ist  durch  seine  Datiraog  «if  das  iahr 
S69  nach  Chr.  besonders  interessant. 

Dieser  kurze  Überblick  wird  zu  dem  Beweise  genOgen,  dass 
die  Aroosolien  eine  in  Italien  aufgekommene  Grabform  sind, 
die  allmählich  immer  weitere  Verbreitung  gefunden  hat;  die 
meisten  in  den  Provinzen  bekannten  Beispiele  gehören  dem 
III.  bisV.  Jahrhundert  an,  auch  von  den  phrygiachen  kann 
ich  keine  für  Torhadrianisch  halten.  Reher  scheint  geneigt 
(S.  587),  wenigstens  das  dorische  Pelsgrab  von  Tsehokurdseha 
um  100  Jahre  älter  anzusetzen.  Aber  aus  dieser  Zeit  sind  Ar- 
cosolien  meines  Wissens  im  Osten  nicht  nachzuweisen ;  die 
Architekturformen  scheinen  mir  in  der  Zeit  Hadrians  und 
selbst  der  Antonine  ebenso  gut  möglich,  und  die  hohe  mate* 
rielle  Blüte  des  Hochlandes,  wie  eine  so  stattliche  Anlage  sie 
zur  Voraussetzung  hat.  beginnt  nach  Ausweis  der  Inschriften 
erst  im  zweiten  Jahrhundert  ^ 

Die  aus  der  inneren  Anlage  erschlossene  Datirung  der  Giü- 
ber  wird  durch  ihre  Fassaden  schlagend  bestätigt;  ich  darf 
dafür  auf  Bebers  Ahbildun^n  n  und  Ausführungen  (S.  589  fr.) 
verweisen.  Gine  für  die  Spützeit  sehr  charakteristische  Ein- 
zelheit am  Solongrab  von  kümbet.  die  Perrot  allein  schon 
hätte  abhalten  sollen,  das  Grab  ins  V.  oder  IV.  Jahrhundert 
zu  setzen  (S.  232),  hat  auch  Heber  nicht  recht  hervorgeho- 
ben. Unter  den  Köpfchen,  die  zwischen  den  Kragsteinen  des 
Giebels  angebracht  sind ,  befinden  sich  neben  Löwen  und 
Gorgonen köpfen  auch  zwei  unverkonnl)are  Tlioatermasken  spä- 
ter Form;  die  eine  nimml  an  der  linken  Seile  den  zweiten 
Platz  von  unten,  die  andere  den  obersten  auf  der  rechten  Seite 
ein.  An  demselben  Grab  möchte  ich  noch  zwei  Punkte  gegen 


*  Rebers  Datiningen  sind  merkwürdig  widerspruchsvoll.  Auf  S.  54t  leson 
wir,  dass  'einige  Pelscnpräh«»r  im  Berpland  von  einer  selbst  hier  wieder  er- 
wachten Wohlhabcnlieil  uui  die  letzte  Zeit  der  Republik  oder  zu  Anfang 
der  Kaiserseit  sprechen  *  während  er  8. 5d7  das  älteste  dieser  Oräber  'niebt 
vor  die  Zeit  um  Christi  Geburt  fallend  *  nennt.  Das  Solongrab  von  Kfimbet 
gehört  nach  8.  545  in  die  Zeit  nm  Christi  Oeburt,  nach  S.  589  in  die  An- 
tooinenxeit. 


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KLBIKASUTISCBB  8TUDISN.  III. 


Beber  riehtig  steUen.  Neben  dein  Biogangist  reehts  ein  Boekel- 
oehae*  and  links,  wie  Stewart  riehtig  engiebt,  ein  Gorgoneion 
in  geringen,  aber  fiBr  die  Deutung  ausreicbenden  Resten  eN 
halten.  Femer  lautet  die  Inschrift  Aber  der  ThQr  zur  zweiten 
Grabkammer  nach  meiner  Abschrift  und  meinem  Abkiatseh 
COAUIN^rf^  . .  .  NOC  B  was  ich  unter  der,  in  dieser  Zeit 
und  Gegend  wol  möglichen  Voraussetzung,  dass  die  gerundete 
und  die  eckige  Form  des  Sigma  wechseln ,  zu  SöXuv  S[6X«]vo(€' 
erf^zen  möchtet  Dass  diese  Inschrift  nicht  nachträglich 
hinzugeftlgt,  sondern  mit  der  ganzen  Anlage  gleichzeitig  ist, 
braucht  nach  dem  Gesagten  kaum  betont  zu  werden. 

Damit  beschliesse  ich  die  Betrachtung  der  phrygischen  Fels- 
denkmäler' und  möchte  nur  noch  einmal  kurz  herTorbehen, 
welche  kulturgeschichtlichen  Folgerungen  sich  aus  ihnen  er- 
geben. Bisher  stellte  man  sich  das  Verhältniss  des  weiten 
phrygischen  Hochlandes  zum  Hellenismus  sehr  ähnlich  vor 
wie  das  Lykiens.  Dort  lässt  sich,  wie  Benndorf  (Reisen  in 
Lykien  und  Karien  S.  1 11 )  so  schön  ausgeführt  hat,  der  grie- 
cbiscbe  Einfluss  seit  der  Einverleibung  des  Landes  in  die  Joni- 
sche Satrapie  immer  deutlicher  erkennen ;  nicht  ohne  Schwan- 
ken, aber  doch  ohne  Unterbrechung  nimmt  der  Hellenismus 
zu — besonders  stark  in  der  zweiten  Hälfte  des  IV.  Jahrhun- 
derts— und  die  Kaiserzeit  Tollendet  nur,  was  lange  Jahrhun- 
derte angebahnt  hatten.  Ganzanders  in  Phrygien:  Siegreich 
war  die  glänzende  Kultur  der  jonischen  Städte  in  der  Mer- 


*  Der  Blickelochse  ist  aiiT  kloiiMsiatiscben  Dcnkmfllern  der  Kaiserzeit 
ziemlich  liäulig;  die  Ton  IVrrot  8.  13?  angcführlon  Beispiel»'  lassen  sich 
durch  die  Listen  Kerns  (Athen.  Mittheilungen  1892  S.  ?77)  und  Kellers 
iTbiere  des  olassiscben  Alterlbaaw  8.  68 )  Yerroebren.  AufTallend  war  mir, 
dasselbe  Tier  bereits  durch  eine  mykeniscbe  Terrakotte  der  Scbliem«in- 
sehen  Sammhinfi  in  Berlin  (Inv.  8HtO)  darfrestellt  7ii  tuidon. 

s  Stewart  las  StfXai«  novoc,  Perrot  ö.  135  LöXaiv  u[ij(tai)  ivSs,  Reber 
Xm  1. 1.  X.  iv0a. 

*  ESnige  bTunliniscbe  FelskireheD  fibergebe  icb.  Eine  solcbe  bei  Ajas-in 

bat  Reber  8.  597  abgebildet  und  beschriehen,  ein»^  arult^re  \m  Ko'^^-ik  -  lasch 
wird  Strzygnwski  aufOrund  meiner  Aufnahmen  in  der  Byxantiniscbea  Zeit- 
schrift behandeln. 


15« 


A.  XOBBTB 


mnadenzeit  hierhin  vorgedrungen,  jon Ische  Schrift  und  joni- 
Bche  Kunsttypen,  selbst  jonisclie  Marmorwerke  und  jonische 
Tliongefässe  hatten  1^ ingang  gefunden,  aber  die  Perserherr- 
schaft zerriss  alle  Fäden,  die  Plirygien  mit  dem  Westen  zu 
verknüpfen  begannen.  Wir  haben  in  Phrygien  nicht  ein  ein- 
ziges Werk  wie  das  Amvnlasc;rab ,  oder  das  Ileroon  von 
Trysa;  griecbische  Vasen  und  Terrakotten  des  V.  und  IV.  Jahr- 
hunderts fehlen  durchaus,  nicht  ein  griechischer  Inschrittstein 
aus  vorhellenistischer  Zeit  ist  bisher  zu  Tage  gekommen.  Zu 
dieser  Abschliessung  des  Landes  gegen  Westen  trug  jedenfalls 
die  Stellung  sehr  viel  bei,  die  es  in  der  persischen  Monarchie 
einnahm.  Während  Lykien,  Karlen  und  Pampbylien  mit  Jö- 
rnen und  der  Aiolis  zur  ersten  Satrapie  gehörten,  war  Phry« 
gien  mit  Bithynien,  Paphlagonien  und  Kappadokien,  also 
lauter  öetiiehen  LAndschafien  zur  dritten  Satrapie  vereinigt 
(Herodot  Ui,  90).  Jahrhunderte  lang  liegt  das  Land  wie  im 
Schlaf,  kein  Kulturrest  giebt  von  der  Zeit  der  Perserberrschaft 
Kunde.  Der  Stun  des  Perserreichs  hat  in  diesem  Gebiet  dem 
Hellenismus  keineswegs  su  einem  scbnellen  Siege  Terholfeo. 
Stadtegründungen  der  Diadochen  haben  auf  das  eigentliohe 
Hochland  zunächst  kaum  einen  nachweisbaren  Binfluss  ge- 
habt, denn  der  Keltensturm  Hess  das  zarte  Pfläniehen  der  hel- 
lenischen Kultur  nicht  aufkommen.  Auch  die  Bedeatang  der 
Attaliden  für  die  Hdlenisirung  Phrygiens  wird  in  der  Regel 
sehr  überschMtzt.  Wol  haben  sie  der  Göttermutter  in  Pessinus 
einen  schönen  Tempel  gebaut  (Strabo  XII,  567)  und  die  Prie- 
sterschaft gegen  die  Barbaren  unterstützt,  aber  die  kostbaren 
Steine,  welche  uns  ihren  Briefwechsel  mit  den  Priestern  er- 
halten haben',  lehren  docli  auch,  wie  vorsichtig  sich  die  Kö- 
nige in  diesen  Gegenden  bewegen  mussten.  und  sie  sind  die 
einzigen  grösseren  Inschriften  aus  vorrömischer  Zeit,  die  wir 
bisher  auf  dem  Flochland  gefunden  haben.  Selbst  das  Jahr- 
hundert von  der  Gründung  der  Provinz  Asia  bis  auf  Augustus 


«  Areb.  Bpigr.  Mittbeihuigea  VIII  8.  95  f.  Tgl.  SUbeUn,  OMohiokla  dsr 
UeiiUMiatiiohea  OaUter  8. 91  IT. 


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tUmiASUTIKIII  STDOtBN.  til 


tss 


liat  da  noch  nicht  Yiel  geändert,  erst  die  rOmiachen  Raiser 

hahen  das  weite  Land  der  abendländischen  Kultur  wirklich 
erobert,  weil  sie  ihm  die  Grundbedingungen  einer  höheren 
Entwickelung  schenkten,  gesicherten  Frieden  und  eine  geord- 
nete Verwaltung.  Etwa  seit  der  Regierung  Hadrians  ist  der 
glänzende  Aufschwung  allenthalben  zu  verfolgen,  der  seinen 
Höhepunkt  in  der  ersten  Hälfte  des  HI.  Jahrhunderts  erreicht. 
Überall  erheben  sich  prächtige  Tempel',  Theater  und  Bäder, 
Qberali  treibt  man  mit  Statuen  und  Ehrendecreten  Luxus, 
weiht  den  alten  Landesgöttern  Altäre  und  Reliefs  mit  grie- 
chischer Inschrift,  und  schmückt  selbst  io  Dörfern  gern  die 
Grabsieine  mit  einem  griechischen  Epigramm.  Damals  ent- 
standen auch  die  Felsgräber,  die  mit  den  alten  Zeugen  einer 
frfiberan  Glanzzeit  des  J^andes  wetteifern  sollten,  aber  freilich 
an  monumentaler  Wirkung  hinter  ihnen  zurückbleiben. 

Die  miehtig  vordringende  Kraft  der  Jonischen  Kultur  in  der 
Marmnadenaeit,  und  dann  wieder  die  gewaltige  Rultarleiatang 
das  alternden  Helleniamas  unter  der  weisen  Leitung  Roma, 
daa  aiod  die  beiden  weltgesehichtliohen  BrscheinungeD,  von 
denen  Phrygiena  Pekendenkmäler  mit  beredter  Zunge  zu  uns 
iprediaii. 

Bonn. 

A.  KÖRTB. 


*  Unter  Hadrian  tot  s.B.  der  betteriialtene  frieeliiMhe  Tempel  Pbrygieas, 
dar  Saosttoipal  ven  Aitanoi  artiaat. 


INSCHRIFT  AUS  UIERAPOLIS 


Im  C.  I.  G.  3916,  und  darnach  in  den  Altertümern  von 
Hierapolis  von  Judeicli  S.  171,  336  wiederholt,  steht  eine 
Grabschrift,  welche  so  anhebt:  'H  copo;  jcai  ö  ßwfAÖ;  xal  6  wepi- 
6oXo;  Tcä?  EOTiv  'AttoX^wviou  toO  MevivSpou  tou  'AicoXXwviou 
ZEKOYN  AAPOYAOY.  Dies  letzte  Wort  hat  Franz  im  OLG. 
zu  SExo'jvSrt]a[v]oO  bessern  wollen,  Judeich  hat  es  unangetastet 
wenn  auch  unerklärt  gelassen.  Seine  Deutung  giebt  eine  In- 
schrift aus  Ankyra,  die  in  den  Athen.  Mittheiluogen  1896  S. 
467  veröffentlicht  ist.  Wir  finden  darin  :  FI.  AiXicf» ....  Ilipyat- 

(AKpouS[ä^v],  und  weiterhin  xauTtiv  tt)v  «nqXviv  xapiuv  (pOs  jj^lpt 
xal  evin)(  Y*tY*<^)^<^^  (Tou|X(/.apouSv)v  xitfAsvov  Iv  ^aive^fp.  Eine  zweite 
dort  angefohrte  Weihinschrift  eines  Aouxvo«  Bituvio^  'AXc^oi^»- 
«ou|A|Mipou^  bietet  dasselbe  rätselhaft  scheinende  Wort. 
Seine  Deutung  war  uns  nicht  g^lQckt.  Hölsen  hat  nun  (Röm. 
Mittheilungen  1897  S.  87)  die  einleuchtende  Erklärung  ge* 
geben,  dass  es  sich  in  beiden  Fällen  um  einen  Gladiator  han- 
delt, der  den  EUing  einer  summa  ruäts  erreicht  hatte.  Dar- 
nach ist  wol  klar,  dass  wir  es  hier  mit  einer  secunda  rudis 
lu  than  und  also  «cxouvS«pou)ou  su  lesen  haben. 

Athen,  18  Mai  1898. 

PAUL  WOLTERS 


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ARCHAISCHE  SKULPTUREN  AUS  CHIOS 


Meine  Freunde  finden  in  einem  meiner  Notizbücher  die 
Skizzen  zweier  Torsen,  welche  ich  im  Jahre  1858  in  der  Xwpa 
auf  Chios  sah.  Da  inzwischen  sonst  keine  Kunde  von  den 
Stücken  verlautet  zu  sein  scheint,  so  ist  die  beistehende  Wie- 
dergabe der  Skizzen  wol  am  Platze.  Eine  Erinnerunj^  an  die 
Originale  habe  ich  nicht  mehr  und  kann  also  nur  mitteilen, 
was  über  sie  in  meinem  Notizbuche  beigeschrieben  ist,  zu- 
nächst, dass  beide  Stücke  von  Marmor  und  überlebensgross, 
die  Formen  dickschwammig  und  llach  waren,  das  Maar  auch 
im  Rücken  der  Figuren  herabfiel. 

Auf  der  Brust  der  einen  Figur  will  die  Skizze  offenbar 


die  Einsatzspur  einer  Zuthat  angeben  ;  es  ist  eine  grössere 
viereckige  Vertiefung,  umgeben  von  kleineren  Löchern.  Ver- 
mutlich war  der  aufgebogene  linke  Unterarm  hier  befestigt. 
Die  Grösse  der  .\nsatzspur  lässt  darauf  schliessen,  dass  sich 
vor  der  Brust  nicht  nur  die  linke  Hand, sondern  auch  ein  von 
ihr  gehaltener  Gegenstand  befand.  Zu  vergleichen  sind  die  von 


156  A.  CONZE,  AUCHAISCHB  SKULPTUREN  AÜ8  CHIOS 

Cheramye8  geweihte  Figur  aus  Samos  und  die  ihr  verwandten 
(Athen.  Mitlh.  1892  S.  40,  19.  90.  S.  44,  49). 

Die  Arme  der  zweiten  Figur  erscheinen  scharf  gebogen 
und  die  Unterarme  eng  an  den  Körper  gedrückt  gehoben. 


Beigeschrieben  habe  ich  noch,  wahrscheinlich  in  wört- 
licher Wiedergabe  einer  mir  mündlich  gemachten  Aussage: 
"Ej^^w  ctTtö  T7]v  'AxffiXTjv    ti?  tÖv  " A.f .  'lojxvvYjv    ft7;oxdiiT(i>   et;  T* 

Studniczka  giebt  mir  an,  dass  die  'Araix-n  eine  Strasse  von 
Chios  ist  (vgl.  Athen.  Mitth.  1888  S.  165,  3),  mit  7caTTfi|iLaTa 
müssen  dort  befindliche  Keltern  gemeint  sein. 

Endlich  finde  ich  noch  beigeschrieben:  'Makufi',  wie  auch 
sonst  für  'Vakuf,  'Vakufi'  vorkommt  (vgl.  Wilhelm  in 
Arch,  epigr.  Mittheilungen  aus  Österreich  -  Ungarn  1897  S. 
96,64).  Die'Torsen  scheinen  mir  demnach  als  geistliches  Ei- 
gentum bezeichnet  worden  zu  sein,  sei  es  als  christliches,  sei 
es  als  türkisches, denn  das  Wort  kommt  in  beiden  Beziehungen 
▼pr  (Paspatis,  Xtaxov  yXwaoäpiov  S.  241 ). 

CONZB. 


BPI0RAPHI8CHBS  AUS  MU8TOXYDI8,  H  AiriNAIA 


In  meinem  Aufsätze  'Epigrapbisches  aus  Aegtna*  (Abhand- 
lungen der  Berliner  Akademie  1897)  hatte  ieh  (S.  5  Anm.  3) 
mein  Bedauern  auszusprechen, dass  ich  Mustoxydis  periodische 
Publikation  'II  Aiyivaix  aus  dem  Jahre  1831  nicht  benutzen 
konnte.  Jrtzt  hat  mir  II.  von  Prolt  aus  dem  Exemplar  des 
athenischen  Instituts  den  gesamten  epigrapliisclien  Inhalt  jener 
Zeitschrift  ausgezogen,  und  ich  glaube  meinen  Dank  für  diese 
ausserordenlhebe  Mühewallung  am  besten  dadurch  zu  bezei- 
gen, (lass  icii  sie  der  ölTenllichkeit  nutzbar  mache:  ich  möclite 
daher  hier  alles  verzeichnen,  was  für  uns  noch  von  Wert  ist, 
um  für epigraphiscbe  Dinge  die  IJenulzung  des  schwer  erreich- 
baren Werkes  künftig  üi)erlliissig  zu  machen.  Um  keinen 
täuschenden  Schein  zu  erwecken,  sind  dabei  auch  für  die  In- 
schriften die  gewöhnlichen  Typen  verwendet,  welche  Musto- 
xydis benutzt. 

1.  Zunächst  ergiebt  sich  eine  Anzahl  neuer  Nachträge'  zu 
meiner  erwähnten  Abhandlung,  nach  deren  Nummern  ich 
aufzähle : 

3  steht  hei  Mustoxydis  S.  189  n.  19  in  folgender  Gestalt 


APXIKAEIor 
PAMNOTillüi: 

Wir  erfahren,  dass  der  Stein  aus  Salamis  ist.  Herr  von  Prott 
hat  sicher  richtig  gesehen,  dass  meine  Nummer?  (Rampanis 
In^rentar  des.Museums  von  Aegina  n.  325:  'Ap;^iXap(ou)  damit 
identisch  ist. 

5  (Kampanis  n.  115)  steht  bei  Mustoxydis  S.  187  n.  5  und 


'  Vgl.  diese  Zeitschrift  22,  1897,  S.  349  f.  Dom  Absatz  auf  S.  350  ist  bei 
der  Correktur  i&  Alben  uurichltger  Wei»o  die  Ziffer  3  TorgeMUt  wordea. 


II.  nUBMKBt 


ist  C.  I.  A.  III  i?81.  Salamis  als  Fundort  wird  bestätigt; 
Z.  5  Anfang  giebt  er  ^j).?,  !l!K.  so  dass  der  Stein  damals  viel- 
leicht besser  erhallen  war  und  die  Variaute  Z.  4  £IAOr 
Beachtung  verdient ;  Z.  8  .  .  TVKO  .  . 

6.  Mustoxydis  S.  189  n.  *25  hat  als  salaminisch  MENE 
KPATEIA.  Wie  Herr  von  Prott  bemerkt,  ist  Identität  mit 
meiner  Nr.  6  (Rampanis  n.  118:  2!oc>A(&ic.  MmKpdToc)  sehr 
wol  möglich. 

12.  CJ.A.  II  2975  ist  nach  Mustoxydia  S.  189  n.  10  aus 
Salamis,  nach  Kampanis  n.  346  aus  Aegina,  wonach  ich  die 
Inschrift  einem  attischen  Kleruchen  zugeteilt  hatte.  Auf  weanen 
Seite  der  Irrtum  ist,  wird  sich  kaum  ausmachen  lassen;  doch 
haben  bisher  alle  anderweitigen  glaubwürdigen  Zeugoisae, 
auch  die  von  Mustoxydis,  Kampanis  Provenienzangaben  be- 
stiUigt. 

19.  Mustoxydis  S.  189  n.  27: 

KH<t>I£OAOPO£ 

nOAIAPXOT 

A^I&NAIOÜ 

Identität  mit  C.  I.  A.  11  284?:  Kr.fpiTcSwpo;  |  Ilo^uip^^oo  | 'A- 
[yjaiö;  ist  ebenso  wenig  zu  bezweiltln  als  meine  GleicbsetzuDg 
dieser  insclirill  mit  Kampanis  n.  9  :  «  K-/5<p.  ToX.»  Aber  wieder 
giebl  Mustoxydis  Salamis,  Kampanis  Aegina  als  Herkunft  an. 
Dass  Le  Has  den  Stein  nach  Salamis  giebl,  bat  gar  kein  Ge- 
wiciit;  denn  die  grosse  Lnzuverlassij.  kcit  süiner  Provenienzan- 
gaben  für  die  Bestände  des  aeginelisclien  Museums  habe  ich 
vielfach  nachgewiesen, und  sicher  ist  sein  Zeugniss  neben  dem 
des  Sammiungsvorstehers  und  des  Ephoros  kein  selbständiges 
drittes. 

30.  C.  I.  A.  III  1689  bei  Mustoxydis  S.  189  n.  7  correct 
und  vollständig  erhalten : 

BT»ANHS 

EUirBNOT 

ETONTMBTS 


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159 


II.  Zu  attischen  Inschriften,  die  ich  in  meiner  Abhandlung 
nicht  zu  erwähnen  halte,  ergiebt  sich  Folgendes  : 

a)  C.  I.  A.  II  2300.  Mustoxydis  (S.  189  n.  11)  bestätigt 
die  Herkunft  aus  Salamis,  ebenso  für 

6)  C.  I.  A.  II  2322  (ebenda  d.  12),  das  ohne  jede  Lücke 
gegeben  ist. 

c)  C.  I.  A.  \\  2366  {(iPiraeeo  Athenas  transtata  t>)  steht 
fehlerhaft  bei  Mustoxydis  S.  189  n.  15.  Werlvoll  ist  für  uns 
die  K.enntni88,dass  der  Stein  im  Museum  von  Aegina  gewesen 
ist:  wir  gewinnen  also  einen  neuen  Beweis  für  die  in  meiner 
Abhandlung  S.  1 1  hervorgehobene  Thatsache,  dass  Teile  des 
Museums  beim  Transport  nach  Athen  im  Piräus  abhanden 
gekommen  sind.  Eine  wettere  Bestätigung  liefert  C,  /.  A.  III 
1329,  welcher  Stein  nach  einer  handschriftlichen  Notiz  von 
Ludwig  Ross  in  einem  der  dei  der  Akademie  der  Wissen- 
schaften aufbewahrten  Tagebücher  sieh  im  Moseam  von  Aegina 
befand,  aber  nach  Pittakis,  *E9Y)a6pi(;  614  lAiTcxo^iiiod?)  e»  toO 
niipauwc  (nicht,  wie  Dittenberger  sagt:  cm  Piraeeo  inven^ 
tum  refert  Pittakis i^). 

III.  Folgende  vier  Iniehrifteii  aue  Salamis  habe  ich  im 
C.  I.  A.  nicht  gefunden  (Mustoxydis  S.  190): 

AH«AINBTIIN 

ö)  Elf  TÖv  olxov  ivö(  ä^fotKou 

AUKEA£A 

KPATHS 
eBATBNOTS 
*Af(]  ANH9IÜN 


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06    M.  MAftMUL,  ■ftABAmiCBtS  AÜB  HlMOXtDIl,  II  ifTlMAIA 

fl)  Bc(  Tnv  ixxXv)oiav  tyJc  TxaivavTiic 

sonoAis 

SOTBAOTS 
.  .  ABTB 

Z.  3  vol  Mi]X[Oti[vc  la  leaen. 

IV.  S.  324  ff.  werdeo  loichrifteii  ant  Skiathos  naeh  Co- 
pien  daa  einheimlaehen  Lehren  Epiphantoa  mitgeteiit:  C.I.G, 
SI&3  und  SI  54,  beide  ia  ttbler  Geatalt,  beaoDdeie  die  erste, 
die  am  Anfang  aus  der  zweiten  interpolirt  iat  und  deren 
Sehluse  dureh  die  bei  einer  flaiaerehrung  iMeherliehe  Formel 
p<ia(  ^ifi'*  ersetst  wird.  Danach  ist  der  Wunsch  Mnstoxydia 
sehr  berechtigt,  dass  die  folgenden  beiden  Stocke  M  «Uov 
Yiyjpoioftivou  o<p6aX{;Loü  gesehen  wflrden,  namentlich  das  sweite. 

a)  Ai6o(  TiTpetycovoc  l^m  Iva    imrov  IvSpa. 

ZODYPOS  dfilOS  APXON 

6)  A{6o;  TtTpdeycovo;,  e^o)v  Suo  Y^valMt«  yX^*^^  IXXi|vikoCc  tpi«- 

AA«NHKAB  SKXAPITO 
KPITO  IMEONOS  ASIA  NOS 
PBA 

Berlin. 

H.  FRJlNKBL. 


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INSCHRIFTEN  VON  E8KI-8CHEHIR 


Herr  Dr.  F.  Peiser  von  hier  kam  in  dipsenn  Winter  bei  ei- 
nem Ausfluge  auf  der  anatolischen  Eisenbahn  zufällig  dazu, 
•  wie  einii:*'  (Irahnteicn  des  alten  Dorylaion.  die  eben  ausge- 
graben worden  waren,  behufs  Verwendung  zu  modernen  Bau- 
ten zerstört  werden  sollten.  Rs  gelang  ihm,  die  Steine  noch 
vorher  zu  photographiren  und  er  halle  die  Güte  mir  diese 
Photographien  mitzuteilen. 

1.  Marmorplatte  an  den  Seiten  durch  schmale  Pilaster  be- 
grenzt ,  oben  wol  durch  eine  Art  Giebel  abgeschlossen.  Den 
oberen  Teil  nimmt  ein  Hellet  ein  daislellend  einen  nach  rechts 
sehenden  Adler  mit  gespreizten  Flügeln  und  einem  Ivranz  im 
Schnabel.  Der  Adler  steht  auf  einer  Kugel  und  hält  zwei  Lor- 
berbüscbe  mit  den  Krallen  fesl.  Darunter: 

ACKAACACK  'Acxaä;  Amt 

A  A  •  K  A  I  B  P  O  Y  T  T  Ii  kxI  Bpourr 

lAAMIA-CENE  la  'A{/.ia  Xsvt 

KATEKNUU-rAV  Texvcp  yXy 

K¥TATUJ-ZHCAN  5      kutät^  Cr.oav 

T    I    E   T    H   O  K  T   UU  Tl  £TT,  OKTO) 

MNHMHCXAPIN  p.vrj|x>55  ;^ipiv. 


Die  Grabschrift  der  'A;ioO£a,  Schwester  des  hier  genannten 
Seneci,  ebenfalls  von  den  Eltern  gesetzt,  hat  .\.  Körte,  Göt- 
tingische  gelehrte  Anzeigen  1897  S.  4  I  i,  13  vt  lötTentlicht. 

Ich  kenne  kern  Bildwerk  mit  i:enau  entsprechender  Dar- 
stellung und  bin  geneigt  eine  N'ermulung  fiir  iiclilig  zu  halten, 
welche  mir  Utlo  Keller  mitteilte.  Er  glaubt,  der  Bildhauer 
habe  eine  Vorluge  benutzt,  auf  der  der  Adler  ein  Blitzbündel 
in  den  Klauen  hiell,  und  dies  irrlumiicb  durch  die  Lorber- 
zweige  ersetzt. 

ATHKN.  MJTTHB1LUMG£N  XXlll.  11 


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162  FR.  RUBHL,  INSCHRIFTEN  VON  ESKI  -  SCHEHIR 

2.  Marmorplatte ;  oben  ein  Relief  darstellend  die  Büste  «- 
nes  Mannes  und  einer  Frau  in  einem  kreisförmigen  erhabenen 
Rahmen.  Darunter: 

niZTH0IAANApQ 
TONAET YMBON 
AMMIA  ETEYSC 
0AEITA.2YNrAM02 
5    AH  MO20EhH  Zn  AI 
AEZTEMHTPIZfi 
^PONIMNHMHZ 
APIN  AHMOZ0E 
ii'TTTPCjBIXTOZ 

tTt'j^e,  I  oSsixa,  oovvajjio^  |  ArijxoaOe'vr,; 
TcailSe?  TS  ar.Tpi  cro)|^povt  p.v7}|jt.v)(  } 
Av)(XOo(le[vY]j(  TcpeoSiOTo;  

Es  sind  seclisfiissige  Jamben.  \'ersmass  und  Sinn  lehren, 
dass  unten  mindestens  noch  eine  Zeile  folgte,  die  aber  auf  der 
Photographie  nicht  mehr  zu  sehen  ist.  Die  Buchstaben  sind 
sehr  schön  und  regelmässig  zwischen  Yorgezeichnelen  Linien 
eingehauen.  Der  Name  'Aaaia  kommt  in  Eski-Schehir  aucb 
vor  bei  Rädel,  En  Phrygie  S.  161,36.  Göttingische  gelehrte 
Anzeigen  1897  S.  414,  71. 

Königsberg  i.  P. 

FRANZ  RÖHL. 


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FUNDE 


Eleasis.  Am  sOdlicheD  Abbang  des  AkropolishügeU  waren 
Bcbon  von  Herrn  Philios  einige  Graber  genmetriseber  Periode 
aufgedeckt  worden  ('E^Ti^jupi;  xp^.  1889  S.  171 );  an  derselben 
Stelle  bat  nun  Herr  Skiaa  seit  1895  gegraben«  und  einen  Be- 
gräbnissplatz aufgedeckt,  der  keinerlei  Spuren  irgend  welcher 
Benutsung  in  der  Zeit  nach,  wol  aber  solche  aus  den  Zeiten  yor 
der  Herrschaft  des  geometrischen  Stiles  seigt.  Ausser  den  ge- 
wöhnlichen GrSbern  dieses  Stiles  und  grossen Gefassen,  welche 
die  unverbrannten  Leichen  von  Rindern  oder  die  verbrannten 
von  Erwachsenen  aufgenommen  hatten,  wurden  auch  Brand- 
stätten entdeckt.  Ein  besonders  reiches  Grab,  enthielt  ausser  69 
Gefäsaen  noch  andere  Beigaben, besonders  drei  Skarabaen  und 
eine  Isisstatuette  aus  ägyptischem  Poraellan  ( vgl.  die  vorläufige 
Notiz  Athen.  Mitth.  1895  S.  374).  Zugleich  mit  geometrischen 
wurden  auch  Geßisse  mit  eingeritzten  Mustern  entdeckt,  wie  sie 
Wide  bei  Aphidna  gefunden  hat.  Im  Portschritt  der  Ausgra- 
bung mehrten  sich  die  Brandstellen,  die  hier  in  mehreren 
Schichten  übereinander,  zugleich  mit  mancherlei  Resten  meist 
nachlässig  gebauter  Mauern  erschienen.  Diese  Art  des  Fundes 
ermöglicht  es,  an  den  Stellen  wo  diese  Reste  der  Leichenver- 
brennung in  ungestörten  Schichten  über  einander  liegen,  die 
zeitliche  Abfolge  der  darin  gefundenen  Reste  mit  Sicherheit 
festzustellen.  Es  ist  Herrn  Skias  so  gelungen,  Reste  mykeni« 
scher  und  vormykenischer  Keramik  in  ihrer  historischen  Rei- 
henfolge zu  bestimmen.  Ein  Bericht  wird  demnächst  in  der 
*E9Y)(X(p((  «p^.  1 898  erseheinen. 

Nördlich  von  Pylos,  an  der  Kflste  gegenaher  der  Sfldspitze 
von  Prote  ( bei  Vromon^ri,  vgl.  Philippson,  Peloponnes  S.  343) 
hat  Herr  I.  S«avTo(ipoc  in  einer  noch  jetzt  *A.  ÖiTpoc  heissen- 
den  Gegend  die  Reste  einer  grossen,  dem  h.  Petros  geweihten 
Kirche  aufgedeckt.  Die  kurze  Fundbeschreibung  erwähnt  be- 
sonders viele  Fragmente  von  buntem  Glas  (doch  wol  Mosaik- 


FiniDB 


reste)  und  hebt  die  noch  zu  erschUessende  Pracht  und  Grosse 
des  Baues  hervor.  Schon  früher  seien  hier  Grabsteine  christ- 
licher Zeit  gefunden,  auch  zwei  Säulen  mit  der  loschriti  £111 
KüN2TA(vTivou).  "A'iT-j,  20  'lav.  1898. 

In  Makedonien  ist  beim  Dorfe  Kopanowo,  10^ nördlich 
Ton  Verria  (Bcpot«),  8^  südöstlich  von  Niaasaa  etwa  vor  ei- 
nem Jahre  ein  Grabrelief  gefunden  und  nach  Salonik  gesebafU 
worden.  Die  Stele  aus  hellem  feinem  Kalkstein  leigt  unter  ei- 
nem flachen  Giebel  die  Inschrift 

KA60nATPA4)|AinnOY  y 
AlONYC OAOTOCT  AP60C6AT 
ZONenOHCEN 

KXtoirdcTpoc  ^iXiiCTCOu,  AiovuoöSotoc  Tde6io{  iscuT(^)  ^c&v  inöriaiv 

Der  siebtletzte  Buchstabe  von  Z.  2  könnte  B  oder  P  sein, 
wahrscheinlicher  ist  ersteres.  Über  dem  A  von  ixuTqi  ist  Y 
hinein  korrigirt;  für  das  war  kein  IMatz  inelir.  Auffällig  ist 
die  Form  des  to  in  ^üi^.  Das  ti  in  iTrör.nsv  ist  ^anz  schmal  ein- 
geflickt; es  scheint  vorher  ittowiv  da  geslaodea  zu  haben.  Der 
Name  TiSi;  i?)  scheint  neu 

Unter  der  Inschrift  ist  in  eingetieftem  Felde  eine  nach  rechts 
sitzende  reich  bekleidete  Frau  daigestellt,  vor  derein  Mädchen 
steht  und  ihr  einen  runden  ,  scheibenförmigen  Gegenstand 
entgegenstreckt.  Dahinter,  am  rechten  Rande,  ist  ein  Baum 
mit  Schlange  sichtbar.  In  einem  «weiten  Felde  darunter  ist 
ein  nach  rechts  sprengender  Reiter  in  Chiton  und  Ghlamyt 
angebracht. 

(Mitteilung  des  Herrn  L.  Bürchner,  nach  einer  Ton  Herrn 
A.  BayXafAaXf,«  in  Salonik  übersandten  Photographie). 

Aus  Salonik  teilt  uns  Herr  J.  H.  Mordtmann  folgendeln- 
Bchrifl  mit: 

*Auf  einem  grösseren  Marmorbloek,  welcher  bis  vorkur- 
tem  unbeachtet  ausserhalb  des  Kalamariathores  an  dem  Wege 
lag,  welcher  von  der  Obelisklbntaine  nach  der  Gampagne 
ffthrt,  steht  folgende  Inaohrift : 


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m 


KOINTONKAIKI. 
ZTPATHfoNA 
TONAYTHZZf 

H  r 

Um  den  Stein  vor  Verschleppung  und  Zerstörung  zu  be- 
wahren, veranlasste  ich  seine  Überführung'  in  den  liiesigen  Ko- 
nak  ( Regiorungsi^'t'hiiude ),  von  wo  er  demnächst  ins  Kaiser- 
liche Museum  nach  IvoMstanliiiopel  j^eschatYl  werden  soll.  So 
Tie)  ich  sehe  ist  diese  Inschrift  die  iiUeste  uos  aus  dem  Stadt- 
gebiete von  Saloaik  erhaltene.  Maa  liest : 

KoivTov  Kai)cl[Xtov  HItiXXov 
«rpanoYOV  «[vOtiir«TOV 

OfTenbar  ist  gemeint  Q.  Caecilius  Metellus  Macedonicus,  cos. 
611  u.  c,  welcher  nach  der  Besiefjung  des  s.  g.  Pseudophi- 
lippus  148  Makedonien  als  römische  Provinz  organisirte. 

In  welcher  Rigenschafl  er  vom  Senate  entsandt  worden  war, 
ist  meines  Wissens  bisher  nicht  bekannt.  V^-llejus  Paterculus 
I  11,2  nennt  ihn  Q.  Metellus  praetor,  Florus  1,30  dagegen 
consul;  da  aber  .Metellus  erst  nach  dem  makedonischen  Feld- 
zuge das  Consulat  bekleidete. so  war  daraus  mit  Sicherheit  zu 
schliessen,  dass  er  den  Titel  praetor  pro  consule  führte, 
vgl.  Marquardt -Mommsen«  I V  S.  387  f.  ^  S.  519  f.  Momm- 
sen  C.  l.  L.  \  S  188.  Dies  wird  durch  unsere  Inschrift  be- 
stätigt, denn  es  unl(>rlicgl  wol  keinem  Zweifel, dass  Z.2oTpa- 
TTjyov  ä[vO'jTaTOv  und  nicht  etwa  arpaTryöv  a[uTO)tpÄTOp»  (  = 
dictator,  vgl.  Polyb.  MI  87 )  zu  ergänzen  ist.' 

Bei  dem  imMooisiov  xxi  fJiSXtoöyjxY)  tt,?  vjixyytXixrii;  tsyoXra  III 
(1880)  S.  89  ff.  von  G.  Weber  beschriebenen  Tumulus  und 
Heiligtume  von  Belevi  südöstlich  der  Bahnstation  Kos-Bu- 
nar  hat  E.  S.  TopSxviSn?  einen  1,06™  langen,  1™  breiteo,  0,38 
dicken  Marmorbiock  gefunden,  auf  dem  steht 

H  A  I  A  A  E  Z 
('Ap^ovia,  Smyrna  6  18U8^, 


IM  SITIOirOIPlOTOlOUA 

Derselbe  Flerr  teilt  uns  folgende  Inschrift  mit : 

Marraorblock  0, 48'*' hoch,  0,68  breit,  gefunden  mittwegs 
zwischen  Belevi  und  TCiTCii;  (Djibia)  an  einem  Brunnen;  Buch- 
staben 3,75 -2. 75''  hoch  und  z.  T.  in  Ligatur.  (Etwas  ab- 
weichend veröffentlicht  in  der  'Appvi«,  Smyrna  5.  Motpr.  1898). 

AOYKION0ABION 
X  E  I  A  ft  N  A 
TONAAMÜPOTATON 
KAIAIZYnATON 
5  ETTAPXOKPßMHZ 
KAeazifiM 
.  .  O  .  .  O...AIOZ 
HMftNAYTOKPA 
TOPZEBAZTOZ 
10  ..A...AYPHAI 


AOUXIOV  «{»iStOV  I  XliX(OV«  I  TOV  XaC(AWpÖT«TOV  I  ».OLi  hii  ÜT5aT0v| 
llCftpj(^OV  'P(i)[it.1f)(  .... 

Die  Inschrift  fällt  nach  20  »  nach  Chr.,  dem  ,Iahre  des  zwei- 
ten Consulates  des  L.  Fabius  Gilo,  über  den  zuletzt  Ritterling 
Arch,  epigr.  Mitth.  1897  S.  ;V»  ff.  gehandelt  hat;  vgl.  Proso- 
pograp/iia  II  S.  45.  Der  Schluss  der  Inschrift  bleibt  bei  der 
lückenhaften  Abschrift  besser  unergänzt. 


81TZUNQSPR0T0K0LLE 

5.  Jan.  1898.  W.  Doerpfeld,  Die  Ausgrabungen  beim  ^ 
Areopag. —  O.  Rubensohn  und  \\.  Zaun,  Über  die  dabei  ge- 
fundenen Gräber  der  Dipylonzeit.  —  P.  Wolters  legt  das 
Num  chronicle  1897  Taf.  5,2  veröffentlichte  Tetradrachmon 
des  Nabis  vor.  —  J.  Svorünos,  Die  kleisthenische  Volksver- 
sammlung und  das  Ijkurgische  Theater.  Ii. 


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SITXUMOSPROTO&OLUt 


167 


19.  Jan.  1898.  W.DoKBPFBLD,  Ansllhftka. — A.Wilbblm, 
Zwei  attiwhe  iDBchriften  (C.  /.  Ä,  II  30.  IV,1  S.  23,116». 
—  P.  WoLTBRs,  Eine  neue  Vaae  dea  Sophiloa  (Arch.  Jahr- 
buch 1898  S.  IS). 

2.  Pebraar  1898.  E.  Zillkr,  Zur  Frage  der  Beleuchtung 
dea  Parthenon. —  P.  KATVAniAa,  Ein  Volkabeschluss  dea  AI- 
kihiadea. —  W.  Dobrppbld,  Altertümer  Ton  Megara. 

16.  Februar  1898.  R.  Zahn,  Klaaomeniache  Keramik. — 
E.  ZiEBARTH,  Archaische  Inschrift  aus  Brahami.— J.  Syoro- 
wos,  Eine  liomerische  Insel  (Syrie).  1. 

2.  März  1898.  J.  Svoronos  ,  Eine  liomerische  Insel  (Sy- 
rie). Ii. —  H.  VOM  Prott,  Die  liepiiaislien. 

Prott:  Die  Vermutung,  dait  bei  Ariitoteles,  'A6i)v.  mX.  54,7  als  dritte 
Penteleris  die  Hq^elien  und  in  d«m  leisten  Batse  die  Amphiaraien  ([v6v] 
$kicpd«Mtf«u  [miI 'A^ieipaia]  irÄ  Kr,7taof(üvTO(  3p)(^ovTo; )  einzusetzen  seien, 
▼on  denen  aus  oropischen  Insclirilti-n  festsieht,  dass  ihre  Penteleris  unter 
dem  Arcliuutat  des  Kepbisopbun  ciugülübrt  ist,  lässt  sich  bei  genauer  In- 
terpretation des  Aristoteles  und  Pollux  (VIII  107)  sowie  der  Hephaistien- 
insehrifl  CJ.A.  IV  1  8. 64  f.  nicht  lialten  (Tgl.  WilamowiU,  Aristoteles  und 
Athen  I  S.  229  f.;  Wilhelm,  Anzeiger  der  Wiener  Aludemie  1895  8.  39  ff.; 
Keil,  Hermes  1895  S.  473  (1).  Denn  abgesehen  TOn  den  zu  der  Vermutung 
nicbt  stimmenden  Zügen  des  Papyrus  werden  1)  nach  Aristuleles  die  i'en- 
teteriden  ? on  den  IcpoxoMl  xat'  ivtawtöv,  nach  der  UepbaisUeninscbrift  da^ 
gegen  die  Hepbaistien  von  einer  aus  der  po»Xi(  erlosten  Pestkommission, 
nach  den  oropiscben  Inschriften  die  Amphiaraien  Ton  gewählten  int(LcX7)ta{ 
verwaltet.  '1)  Hei  Aristoteles  ist  nicht  itai  To-jxtov  oü8i|jiia  tv  tö  «jtiö  ev[iauT«I»] 
f^yt[Tai,  was  bei  fünf  peulelerischen  Festen  sinnlos  ist  und  nur  durch  drei- 
fache Änderung  der  Uberlieferung  ( Wilamowitz-Kaibelj  in  einen  allenüaUs 
ertrigUcben  Binn  umgewandelt  werden  kann,  sondern  mit  Kenyon  ml  ia4- 
Tu>y  oüS([i^a  cv  T^i  auT«j^  tvY^i[Tat  zu  lesen.  Der  Zusatz  war  namentlich  für  den 
Niclil- Athener  nicht  überflüssig,  da  es  Inder  Thal  nierlvwürdig  ist,  das» 
von  den  lüuf  Penleteriden  nur  eine,  die  Pauaiheuaien,  iu  Alben  gefeiert 
werden,  worin  sich  ein  btück  attischer  Geschichte  abspiegelt.  PoUux.dessen 
ZurQckführung  auf  Aristoteles  schon  durch  den  von  ihm  begangenen  Fehler 
(Wuov  Ouaiaf  la; vti xriptSaf)  gesichert  ist, hat  seine  Quelle  richtig  lokal 
verstanden  und  daher  den  öalz  xai  toutwv  . .  .  iv^ivEiat  lortgelassen,  aber 
dafür  die  Bezeichnungen  der  Feste  in  lokalem  iSinne  vt  randerl  (tv  Bpaupüvi, 
*BXiwofvt).  Es  sind  also  nach  wie  vor  als  dritte  i'eulelens  die  Herakleien  von 

Marathon  aniusehen,  die  mit  panhellenischem  Agon  verbunden  waren  und 
schon  deshalb  Irieteriscb  oder  peuleterisch  gewesen  sein  müssen,  bei  Pol- 
lux ist  aber  vielleicht  'HpoxXtiSwv  nicht  zu  ändern,  weil  man  eine  Sage  von 
der  Stiftung  der  Uerakieien  durch  die  UerakUden  auch  ohne  Überlieferung 


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ab  wabrscbeinlich  annebroen  darf.  3i  In  dem  Satze  der  HepbaistieniDschrifl 
tipf  81  >.[a|uc«B«  Mitfv  Tf,i  -tvjicTr^piSc  [x«i  *Hf]«i«tlwc  itt  maa  nil  Un- 
recht Scbölls  Erklänmg:  *an  der  peoleterischen  und  an  der  Jabresfeier  der 
Hephaistien'  pefolpt,  wa«  priecbiseb  nur  durch  t^t  xivTiTt;pt8t  xai  ri;!  iji^t- 
(T^t8(  tov  'ilfatoi^wv  wiedergegeben  werden  könnte.  Die  ricbtige  Deutung 
hatte  lingtt  fOrehhofT  gegeben,  der  ^fy  xtrctTiip^  ton  den  grossen  Paoatbe- 
naien  rentand.  Diese  Deutung  wird  vollkommen  sieber, wenn  man  die  Stelle 
der  Inschrift  verbindet  mit  Polomons  Nacliricht  über  die  ).au.r:*3ij  im  Ke- 
rameikos  <Ilerines  1873  S.  437  ff.|.  Die  Schwierigkeit,  wie  in  der  Hepbai- 
stieninsebriA  etwas  über  die  grossen  Pauathenaien  festgesetzt  und  wie  dabei 
der  bestimmte  Artikel  (t1|v  B1  Im^x^iu)  gebrauchl  «erden  kann,  erkürt 
sich  daher,  dass  durch  die  Inschrift  eine  kultliche  Beziehung  zwischen  dem 
Feste  des  Pronielheu<>,  dem  als  allaUi->chen  Feuerpotte  die  älteste  XajiJtäe 
gefeiert  wurde,  des  jüngeren  I^ephul^lus  und  der  Athena  i'olias,  der  unter 
dMB  Hammerseblag  des  Prometheus  geborenen  Genossin  des  Uepbaislos.ber- 
gestellt  wurde,  indem  man  die  Einführung  der  am  Promelheusaltare  in  der 
Akademie  beginnenden  Xafuia;  der  Promptliien  an  den  grossen  Panathc- 
naien  und  Hepbaistien  beschloss.  \\'enn  Aristoteles  die  Amphiaraien 
ebenso  wie  den  Demarchen  und  den  IffifuXTjdic  tOv  «piivAv  von  Orupos  nieht 
erwähnt,  so  ist  als  Erklärung  dafür  wol  nur  möglich,  dass  Oropoe  nicht 
erst  durrh  di-n  lamischen  Kriep,  sondern  durch  den  Erlass  Alexanders  über 
dieRückIvt  lir  der  Verbannten  von  Alben  getrennt  ist,  das  in  diesem  Punkte 
dem  Könige  iiacli^egeben  haben  wird,  wfthrend  esSamos  m  halten  sachte. 

IG.  März  1898.  O.  Hluensohn,  Ein  eleusinisches  Kult- 
gerät.—  A.  \\  iLHKLM,  Epigraphische  Mitleiiungen. —  E.  Ah- 
GKLOPULos,  Über  die  Häleü  des  Piräus. 

Wilhelm  :  Bine  von  A.  Milchbofer  in  Ifarkopnio  nachgewiesene  «Iter- 
tfimliclie  Herme  trägt  Reste  einer  zweizoiligen  Inschrift,  in  der  sich  das 
erste  Distichon  des  Antb.  Pal.  VI,  144  überlieferten,  angeblich  simonidei- 
scben  Epigramms  erkennen  lasst.  Augenscheinlich  ist  das  urspünglicbe 
Gedicht  in  späterer  Zeit  ebenso  erweitert  worden,  wie  dies  Wiiamowits  an 
anderen  Sinionidcs  /ngcsdiriehenen  Epigrammen  erwiesen  hat.  —  Das 
nur  durch  Fourmont  bekannte  sitnonideische  Epigramm  ('.  1.  G.  Sept.  I  53 
hat  sieb  in  einer  Kirche  bei  Megara  vermauert  wieder  Üudeu  lassen. — 
Über  die  auf  den  lokriscben  Mftdchentribut  besügliche  Inscbrifl  von  Vitri- 
nitsa  vgl.  jetst  Jabreshefte  des  österreichischen  Instituts  I,  Beiblatt  8.  50. 

30.  März  1898.  Sp.  Lambuos,  InschrifieD  aus  Megara. —  R. 
Hbrsog,  Das  Theater  in  Pieuron.^  W.  Dobbppbld,  Die  Bau- 
werke des  alten  Ägyptens. 


Qesehlossen  25.  Mai  18M. 


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I 


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VI 


I. 


RHOMAiüilS,  ATHEN, 


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PRIAMÜS  BEI  ACHILL 


(Hienu  Tafel  IV) 

Das  Vaaenbild,  welches  mit  freunilliciier  Biowilligung  des 
Henu  Generalephoros  Kavvadias  aaf  Taf.  4.  nach  einer  Zeich- 
nung des  Herrn  Gilli^ron  publicirt  .wird,  befindet  sich  auf 
der  Lekythos  Nr.  486  des  Nationalmuseums  in  Athen.  Die 
31,5**  hohe,  in  Roropi  in  Attiica  1877  gefundene  Lekythos 
kam  im  selben  Jahre  unter  Nr.  1916  in  die  Sammlung  der 
Arch.  Gesellschaft.  Das  GefSss  bat  ein  wenig  gelitten.  Einige 
AbschOrfungen  machen  sicli  besonders  im  Bilde  unangenehm 
bemerkbar.  Auf  der  Schulter  tragt  die  schon  entwickeltere  For- 
men seigende,  schwanfigurige  l>ekythos  aneinander  gereihte 
Lolosknospen  und  darflber  Stricfaelchen.  Das  Bild  auf  dem 
Bauche  des  Gefisses  ist  oben  durch  ein  Ornament  begrenzt, 
welches  einen  swischen  zwei  Reihen  von  Knöpfen  im  Zick- 
zack gespannten  Paden  nachahmt.  Nach  unten  zu  schliesst  ein 
thongrundiger  Streifen  ab.  Neben  flQchtigen  finden  wir  im 
Hauptbilde  sorgsamer  ausgefohrte  geritzte  Teile ;  an  einigen 
Stellen  ist  Weiss  und  Rotbraun  (letzteres  in  der  Abbildung 
durch  Schraffirung  wiedergegeben)  als  Deckfarbe  benatzt. 

Auf  einen  nach  links  auf  einer  Kline  gelagerten,  unterw&rts 
bekleideten  bärtigen  Mann  eilen  von  links  ein  Greis  und  zwei 
Frauen  zu ;  von  rechts  kommt  ihnen  eine  dritte  entgegen.  Das 
Gesicht  des  Gelagerten,  welches  auf  die  Herannahenden  ge- 
richtet ist,  ist  ein  wenig  missglQckt;  es  entbehrt  des  schärferen 
Profiles,  denn  der  Pinsel  strich  hier  zu  breit.  In  der  Rechten 
hält  er  ein  langes  Messer,  mit  dem  linken  Unterarme  stQtzt  er 
sich  auf  ein  Polster,  die  Handlung  der  Linken  ist  durch  die 
Verletzung  der  Vase  unklar.  Das  Gewand,  welches  ihm  Schoss 
und  Beine  verhüllt,  ist  wie  bei  den  anderen  Gestalten  spär- 
lich getüpfelt.  Hinter  seinem  Kopfe  breitet  sich  Laubwerk  aus. 
Vor  der  Kline,  deren  Fuss  reich  geschnitzt  ist,  steht  das  nie- 
drigere Speiaetizchchen  mit  tänienartig  herunterhängenden, 

ATBBN.  MIRHSILUMGIN  XZm.  1$ 


170 


t.  t>OLLAlt 


wei  sagest  re  if  ten  Gegenständen,  und  diesseits  von  ihm  liegt  auf 
dein  Boden  der  nackte  Rürper  eines  bärtigen  Mannes,  dessen 
Kopf  in  Todesstarre  nicht  zu  Boden  gesunken  ist.  Die  Arme 
hält  er  steif  an  die  Hüften  angelegt.  Der  von  links  her  nahende 
Greis  trägt  im  weissen,  lang  in  den  Nacken  fallenden  Haar 
eine  rotbraune  Binde;  Chiton  und  llimation  sind  mit  Streifen 
derselben  Farbe  verziert.  Flehentlich  streckt  er  die  Hände 
nach  dem  auf  der  Rline  liegenden  Manne  aus.  Hinler  dem 
Greise  folgen  zwei  Frauen  (Fleischteile  weiss)  in  jonischen 
Chitonen  und  Uber  die  Uake  Schüller  geworfenen  Himatien,  mit 
brauner  Binde  im  Haare.  Auch  sie  heben  flehend  die  Hände. 
Auffallend  disproportionirl  ist  ihr  Hinlerkopf  geraten.  Kine 
drille,  den  geschilderten  in  Haltung  wol  äboliche  weibliche 
Gestalt  steht  rechts  vom  Liegenden. 

Die  Frklärung  des  Bildes  bietet  keine  Schwierigkeiten.  Rin 
Held  auf  der  Kline  heim  Male,  vor  ihm,  verächtlich  auf  den 
Boden  hingeworfen  die  Leiche  eines  bärtigen  Mannes ,  ein 
Greis, der  bittend  sich  nähert  —  wem  fi'Me  nicht  augenblicklich 
Priamos  Besuch  bei  Achill  ein?  Gioe  Bestätigung  scheint  diese 
Deutung  auch  in  den  Buchstaben  zu  finden,  welche  oberhalb 
der  Anne  des  Priamos  sichtbar  werden.  Man  kann  in  ihnen 
wol  die  Anfangsbuchstaben  des  Namens  'A^a[>cü;]  erblicken. 
Hingegen  ergeben  die  Buchstaben  hinter  Achill  keinen  Sinn. 

Zuletzt  hat  Benndorf  die  auf  die  Lösung  Hektors  bezüg- 
lichen Denkmäler  gesammelt  Seildem  hat  sich  das  Material 
beträcliiiicb  vermehrt,  liier  folge,  was  seit  Benndorfs  Katalog 
hinzuge  kommen  isl: 

a)  das  Bi  onzt  relief  von  Olympia:  Purtwängler,  Bronzen  von 
Olympia  Taf.  39,  701. 

b)  das  Belief  am  Griffe  eines  griechischen  Bronzespiegels, 
vei'ötTentlicht  von  Furtwängler  in  den  Historischen  und  phi- 
lologischen A  Iiisätzen  £.  Curtius  gewidmet  Taf.  4  S.  179  ff. 

c)  ein  übereinstimmendes  Bronzerelief  von  der  athenischen 
Akropolis  publicirt  von  Wolters  in  den  Athen.  Mitthetlungen 


•  AiiMli  4§tl'  MHulv  im  8.  ?4I  fl*. 


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VniAMÖS  Bfet  ACtlltL 


ill 


1895  S.  478  Taf.  14,  1,  wiederliolt  American.  Journal  of 
arch.  1890  S.  353.  Vgl.  A.  de  liidder,  De  ectj/pis  f/uibus- 
dam  aeneis  quae  /also  vocaritur  argivo  -  corinUuaca  S.  10. 

d)  unsere  Vase. 

e)  roifigurige  Kralerfragraenle  veröffentlicht  in  den  Wiener 
Vorlegebliillern  1890/91  Taf.  9,  6-9. 

f)  Relief  eines  homerischen  Rechers  in  Rerlin,  abgebildet 
von  fiobert  im  50.  Rerliner  Winckelmannsprogramme  S.*3G. 

g)  ein  gleiches,  ehemals  bei  van  Branleghem,  Fröhner  6a- 
lalogue  van  Brantc^heni  Nr.  30*2. 

h)  Sarkophagfragmenl  in  .Mhen,  Sybel.  Katalog  der  Skulp- 
turen 4797,  Athen.  Mittli.  1884  S  54  ff.  Robert,  Sarkophug- 
reliefs  II  Taf.  Vk,  52. 

i)  ein  gleiches  in  Theben,  Körle,  Allien.  Millb.  18'8  S. 
416,  Robert  a.a.  O.  Tat.  Vl-n,  50. 

k)  und  1)  zwei  im  Museum  von  Sparta,  Dre.ssel  -  Miichhofer 
Alben.  Millb.  1877  S.39Ö  Nr.  2?3-2'24,  Robert  a.a.O.  Taf. 
24,  51.  53. 

m)  Sarkopliagfragmenl  in  der  Stadtmauer  von  Adalia,  ab- 
gebildet Lanckoronski,  Städte  l'ampli)liens  und  Pisidiens  I 
S.  17  und  Ruberl  a.a.O.  Taf,  V^ .  54. 

n)  ein  gleicbes  in  Taurmina  (fraglich  ob  bieber  gehörig) 
Robert  a.  a.  0.  Taf.  24.  55. 

o)  ein  gleiches  in  Ostia,  Hubert  a.  a.  O.  Taf.  '24.  58. 

p)  ein  gleicbes  in  Rom,  .Vlatz -  Duhn,  Antike  Bildwerke  III 
4063,  Robert  a.a  O.  Taf.  24.  56. 

q)  das  pompejanische  Bild,  Maass  Moii.  delC  ist.  XI  Taf. 
30.  Ann.  äeli  Ist.  1881  S.  125  ff. 

r)  Gemme  im  britlischen  Museum.  Smith,  Catalogue  of 
engraved  senis  in  the  Ihitiah  }tusenni  .Ni'.  14  Iii. 

s)  Carneol  in  Paris,  pubiicirt  von  l^abelou,  Le  cabinet  des 
antKjucs  (i  1(1  bibliolheque  nationale  Taf.  i7  Nr.  15  S.  163. 

t)  Fragment  einer  tabula  iliacu  in  Paris,  Jahn- Michaelis 
Bilderchroniken  Taf.  3,  I). 

u)  Bronzerelief  an  der  lensa  capitolina ,  Bullettino  co- 
munale  V  Taf.  11-15  S.  113  IT.    vgl.  auch  liej^demann, 


L.  t>OLLAt( 


Berichte  der  sächsischen  Gesellschaft  1878  S.  124  ff'. 

Als  älteste  der  uns  erhaltenen  Darslellungen  derXOrp«  über- 
haupt gibt  sich  das  olympische  l^elief  argivischer  Herkunft (a) 
und  seine  wol  dem  gleichen  Culturkreise  entstammenden  l\e- 
pliken  {b,  c)  zu  erkennen.  Die  Sage  ist  in  gedrängter  Knapp- 
heit dargestellt.  Achill  stehend,  vor  ihm  der  tote  Hektor  auf 
dem  Boden, Priamos  von  Hermes  geleitet  —  das  ist  Alles.  Von 
dieser  Schlichtheit  bis  zu  Brygos,  dessen  Hand  wir  wol  den 
herrlichen  wiener  Skyphos^  zuschreiben  dürfen,  war  zeillich 
wie  künstlerisch  ein  weiter  Weg.  Kurz  deutet  das  Kpos  an 
(XXIV,  475).  dass  Priamos  bei  Acliill  eintritt,  naclidem  die- 
ser eben  geschmaust  hat.  Wenn  Luckenbach-'  sich  an  das 
'nachdem'  klammert  und  daraus  dem  Vusonmaler  einen  Vor- 
wurf schmiedet,  so  hat  mit  Recht  A.  Schneider*  nach  Benn- 
dorfs V'nrgann;  (a.  a.  O.  S.  244)  dies  zurückgewiesen.  Aber 
nicht  Brygos  gebiilirt  diese  malerische  Erweiterung  der  knap- 
pen Scene  Das  Vorbild  lag  seiner  Zeit  voraus.  Unsere  Vase, 
welche  cinijie  Decennien  älter  sein  wird  als  das  wiener  Ge- 
fa'ss,  ist  wol  das  frubcslc  Beispiel  dieses  Typus,  den  wir  im 
Gegensalze  zu  jenem  argivischen  als  einen  echt  allischen  be- 
zeichnen dürfen.  In  wesentlichen  Momenten  stimmen  mit  die- 
sen zwei  Gefässen  noch  zwei  andere  überein.  Ils  ist  dies  eine 
Schwarzfigur  ige  Lekylhos (Arch.  Zeitung  1854  Taf.  72,  3) 
und  die  münchner  strenge  rotfigurige  Schale  Jahn  404  (Over- 
beck, Heroengallerie  Taf.  20,3;  Klein,  Lieblingsinschriften 
S.  34  Nr.  20).  Beide  sind  gewiss  schlecht  abgebildet, doch  ge- 
nügt ein  Blick,  um  zu  erkennen,  dass  die  eben  geoannle  Le- 

'  Unsicher  isU  uli  di  t  Trojant-r  tiei  Priamos  ein  Itraterähnlichit  GflJIss 
oder  einen  Panzer  auf  der  linken  Schulter  trägt,  keinesfall.s  ist  es  ungrtmä» 
piatto;  die  äcliale  in  Prianis  Händen  ist  zum  mindesten  zweifelbafl. 

*  Manmenti  (MC  fstUuio  VIII  Taf.  27,  MMtier. Sammlung  antiker  Vasen 
und  Terracütten  Nr.  328.  Hartwig,  Meislersclialen  S.  363  f. 

'  Verhältnis!«  der  V'asonbildcr  zu  den  Gcdicblcii  des  epischen  Kj^Uof  (iot 
XI.  Supplemeotbande  zu  Fleckeisens  Jahrbüchern)  ä. 

4  Der  troUcbe  Sagenkreis  8.  35. 

»  Mit  Reebl  bal  Robert  (Bild  und  Lied  8.  «9|  die  Ueiniing  Luekenbaoba 
(a.  a.  O.  S.  509)  zurfickgewiesen,  dast  Aobill  hier  lum  Spotte  vnd  Hobiie 

den  Becher  reiche. 


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PllfAMOB  mi  ACHILL 


173 


kytbos  zu  den  apHtestpn  Erzeugnissen  der  schwarzfigurigen 
Technik  gehört  und  nicht  iiiter  ist  als  die  zwei  strengen  rntli- 
gurigen  Darstellungen.  Alle  vier  Vasenbilder  stimmen  darin 
überein,  dass  sie  Achill  aut  der  Kline  beim  Male'  darstellen, 
während  Hektor  den  )ctjvi«  Tpairs^^fj;  gleich  unter  oder  vor  der 
Kline  liegt,  dass  Priamos  von  linkslier  nalil,  bald  königlich 
würdevoll,  bald  seine  Würde  vergessend  im  tiefen  Schmerze 
die  Hiinde  zum  gewaltigen  Sieger  erhebt.  Aber  in  einem 
Punkte  unterscheidet  sich  wesentlich  unsere  Lekythos  von  den 
anderen  Vasenbildern, nämlich  durch  die  Regleitung  des  Pria- 
mos. Während  sie  auf  dem  wiener  Gefässe  aus  den  reiche  X'jxpa 
tragenden  Troern  und  'i'roerinnen  besteht',  auf  dem  münch- 
ner  es  Hermes  war,  der  übereinstimmend  mit  dem  Epos 
Priamos  veriässt,  sobald  er  ihn  zu  Achill  geführt  hat,  auf  der 
späten  schwarzfigurigen  Lekythos  zwei  Jünglinge  mit  einem 
Pferde  die  Begleitung  bilden,  erblicken  wir  hier  Priamos  von 
zwei  Frauen  gefolgt,  während  eine  dritte  rechts  von  Achill  in 
entsprechender  Stellung  erscheint.  Die  Deutung  der  Frauen 
hinler  dem  Greise  kann  keinem  Zweifel  unterliegen.  Sie  gehö- 
ren zur  Familie  des  Priamos.  Mit  ihm  zugleich  kommen  sie, 
mit  ihm  bitten  sie ;  hingegen  wird  man  die  weibliche  Gestalt 
rechts  von  Achill  wol  besser  ßriseis  benennen,  wie  sie,  aller- 
dings nicht  so  heftig  erregt,  auf  der  münchner  Schale  darge- 
stellt ist^.  Mit  der  Schilderung  des  Epos  stimmt  unsere  Vase 
Dieht.  Nur  Idaios  begleitet  (XXIV,  325.  470)  den  von  Her- 
mes geführten  Priamos  ins  Lager  der  Griechen.  Wieso  kam 
nun  ein  Vasenmaler  des  6.  Jahrhundertes  dazu,  die  weiblichen 
Angehörigendes  Priamos  mit  darzusteUeu?  Der  Unterschied  in 
der  AüCTassung  ist  zu  gross.als  dass  man  annehmen  könnte,  er 
habe  dies  aus  eigener  Erfindung  gethan.  Man  muss  vielmehr 
die  Quelle  suchen,  aus  welcher  er  schöpfte. 


•  Vgl.  Fröhncr,  Arch.  Jahrbuch  1892  S.  27. 

'  Eine  d^r  ältesten  Darslclliinpon  der  Geschenke  tragenden  Trorr  war 
wol  die  des  Bathykles  am  amjfkläischcn  Throne  des  Apoiloo;  t^I.  Klein  in 
dm  Anh.  epigr.  BIftth.  IX  8. 149»  159  Anm.  9. 

>  V9I.  Arah.  Jshrbueb  1894  6. 156. 


174  L.  POttAK 

Doch  botrachten  wir  vorher  die  anderen  Denkmäler,  welche 
ebenfalls  die  Familie  des  Priamos  hei  der  Lösung  Hektors 
darstellen    Es  sind  nur  Sarkophage.  Zu  den  sehon  in  Benn- 
dorfs Aufzählung  unlei-  .s\  k  und  /  angeführten  kamen  noch  / 
und  m  unseres  Nachtrags  hinzu.  Rtwa  sieben  Jahrhunderte 
liegen  z.vvisehen  unserer  V^ase  und  dem  'griechisch-römischen' 
Sarkophage  von  Rphesos  .v  (Robert  a,  a.  O.  Taf.  ?'2-'23,  47) 
und  die  Kluft  erweitert  sich  bei  den  anderen  noch  mehr.  Nach 
so  langer  Zeil  taucht  also  wieder  dieses  Motiv  auf.  .Aber  noch 
später  sind  die  litterarischen  Quellen,  welche  diese  Version 
wiedergeben.  Bei  Dictys  Cretensis  IM  '?0  wird  Andromache, 
bei  Ccdrenus  1^7  I)  noch  Polyxena  genannt  und  beide  fügen 
ausserdem  Astvanax  imd  Laomedon  hinzu  und  im  VVesent- 
liehen  stimmen  mit  ihnen  andere, allerdings  auch  späte  Auto- 
ren iiberein'.  AulTallend  genug,  dass  erst  in  so  späten  Nach- 
richten die  Facnilie  Priams  eingeführt  wird   .Aber  diese  Ein- 
führung  war  nicht  eine  Neuerung,  welche  auf  ihre  Rechnung 
zu  schreiben  ist.  unser  V^asenbild  führt  uns  vielmehr  an  die 
reine  ungetrübte  Quelle,  welche  durch  viele  unbekannte  Rinn- 
sale hindurch    erst  im  späten   getrübten    Niederschlag  er- 
halten blieb.  Mit  dem  Epos  stimmt  unsere  Lekythos  nicht, 
eine  freie  Erfindung  des  Vasenmalers  ist  nicht  anzunehmen, 
Rinfluss  der  rrugiidip  ist  in  dieser  Zeit  unmöglich,  es  bleibt 
keine  andere  Quelle  als  die  gleichzeitige  damals  blühende  Ly- 
rik. Was  Rergk geahnt  hat,  wurde  besonders  durcdi  Robert^ 
weitergeführt  und  nun  erst  Itegianl  man  der  Lyrik  den  von 
ihr  geübten  Einfluss  zuzugestehen.  Hier  sei  nur  an  die  Be- 
deutung erinnert,  welche  Stesichoros.  der  x.ar.T/,;  'Oarico-j  für 
die  Taioj  Tctpii;  und  Orestie  besitzt.  Auf  die  Skolienpoesie 
wurde  das  Ilerakles-Kerberos-Bild  einer  berliner  Schale  '*  zu- 


<  Vgl.  Benndorf  a.  a.  O.  S.  256  Anni.  1  und  Robert,  Sarkophagreliefs  II 
8.  61  Anm.  \. 
*  Orieebiscbe  Litteraturgeschiohte  II  S.  296. 

'  Bild  und  r.i.  d  S  V\  (T.  vgl.  Köliler  in  den  .Ml.oii.  Mitth.  i8S4  R.  I  (T. 
und  O.  Jahn,  Abliandlungen  der  sächsischen  Geseliscbafl  Vlli  S.  707  IT, 
4  Hartwig  im  Arch,  Jahrbuch«  t89$  8.  168. 


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PKIAMOS  BBI  ACHttt. 


175 


riickgefiihrt,  während  die  Darstellung  der  Opferung  Polyxenas 
auf  einer  Amphora  bei  Bourguignon  '  als  durch  ibykos  beein- 
flusst  hingestellt  wurde  Dass  die  neugefundenen  Dichtungen 
des  Bakchylides  besonders  die  bildliche  Fassung  des  Theseus- 
mylhos  mitbedingt  haben  ,  kann  man  wol  jetzt  schon  be- 
hauptenIn  unserem  Falle  können  wir  bis  jetzt  nicht  einen 
bestimmten  Xaineii  nennen,  denn  gerade  für  die  Lyrik  Hiesst 
die  Überlieferung  ungemein  s[)arlich.  Dass  abei-  die  Kample 
umTrqja  in  diesem  Kreise  mit\'orliel»e  besungen  wurden,  geht 
aus  den  Titeln  hervor,  welche  uns  erhallen  blieben.  Das  Mo- 
tiv, die  Bitte  l^-iams  durch  die  Muller,  Frau  und  Schwester 
des  Getölelen  zu  verstärken, lag  menschlich  nahe  und  der  lyri- 
sche Dichter  wird  es  sich  nicht  haben  entgehen  lassen,  den 
Hörer  zu  rubren.  Wenn  scdion  das  ruhig  und  behaglich  breit 
dahiutliessende  Fpos  geraile  in  den  >.uTp3i  mächtig  ans  Merz 
greifende  Töne  anstimmt,  so  hat  gewiss  auch  die  i^yrik  den 
dankbaren  Vorgang  in  ihrem  Sinne  ausgesponnen. 

Wurde  nun  für  unser  I^ekytliosbilil  die  Lyrik  als  Quelle 
wahrscheinlich  gemacht,  so  erklärt  sich  die  Anwesenheit  der 
Familie  Priams  bei  lleklors  j>ösung  auf  den  genaiiulen  Sarko- 
phagen anders.  Gewiss  hat  Bobert  (Sarkophagreliels  II  S.  61  ) 
das  Hichtige  gelroffen.  wenn  er  den  Grund  dafür  'lediglich 
in  dem  Zusammenschweissen  verschiedener  Vorlagen  sucht* 
und  annimmt,  dass  die  'ursprünglich  für  eine  Darstellung  der 
lliupersis  erfundene  linke  Seitengruppe  ohne  Weiteres  aus 
einem  anderen  Zusammenhang  heriibergenommen  ist*. 

Wenden  wir  uns  nun  einigen  Rinzelfragen  zu,  welche  un- 
ser Bild  nniegt,  so  fällt  vor  Allem  der  Blick  auf  die  Zweige, 
welche  jenseits  Achills  sichtbar  werden.  Sie  geben  in  dieser 
Darstellung  keinen  Sinn,  denn  die  Kline,  auf  wehdier  Achill 
ruht,  ist  doch  sicher  nicht  im  Freien,  sondern  innerhalb  ei« 


*  Hauser  im  Arcb.  Jahrbuch  1893  S.  103;  vpl.  dagegen  Lö.schcke,  Athen. 
Mitth.  1897  8.  263. 

'  Vgl.  Kenjon,  Th»  puetns  of  Baathytitk$  8.  157 :  docli  .scheint  mir  gerad«> 
der  von  Kenynn  cmisiruirle  Zufammenhan^  mit  der  FranfoisTMe  Qieht  sehr 
überzeugend  su  sein. 


t76 


L.  POtLAK 


Des  Zeltes  za  denken.  Aber  man  kann  noch  nach  weiten,  wie 
der  Maler  dazu  kam,  diese  Einzelheit  hier  anzubringen.  Die 
Gestalt  des  gelagerten  Dionysos  mit  dem  Rankenwerke  war 
den  Malern  schwarzfiguriger  Bilder  ungemein  geläuGg.  llatte 
der  Maler  einen  gelagerten  Achill  zu  malen,der  sich  nur  wenig 
von  einem  ruhenden  Dionysos  unterschied»  so  brachte  er  schon 
aus  Gewohnheit  auch  hier,  wiewol  an  unpassender  Stelle,  das 
Laub  an,  welches  ihm  bei  letzterem  immer  vorschwebte*. 

Noch  ein  Zweites  verdient  besondere  Beachtung.  Es  sind 
dies  die  zwei  länglichen  Gegenstande,  welche  von  dem  Speise- 
tischchen  herabhängen.  Auch  in  diesem  Punkte  berührt  sich 
unser  Bild  mit  dem  wiener  Skyphos.  Bekanntlich  hat  Benn* 
dorf '  die  auf  letzterem  befindlichen  täntenartig  herunter  hän- 
genden Speisen  als  ungesäuertes  Fladen brot  erklärt.  Seine  Er- 
klärung hat  von  einer  Seite '  Widerspruch  erfahren. Vielleicht 
vermag  unsere  Lekythos  in  dieser  Präge  einen  Portschritt  zu 
bringen.  Bs  sind  nämlich  auf  unserem  Bilde  die  fraglichen 
Gegenstände  mit  einem  breiten  weissen  Längsslreifen  versehen. 
Was  für  einen  Sinn  hatte  dieses  Weiss,  wenn  wir  eine  Wie- 
dergabe von  Brot  annehmen,  welches  noch  dazu  in  absonder- 
lich gezackter  Porm  dargestellt  wäre?  Viel  näher  liegt  der 
Gedanke,  dass  wie  Brygos  auf  dem  wiener  Skyphos  durch 
dunkle  Streifen  blutige  Pleischstücke,  unser  Vasenmaler  mit 
der  weissen  Deckfarbe  Fett*  wiedergeben  wollte  und  sich 
nicht  anders  helfen  konnte,  als  dass  er  seiner  Technik  gemäss 
einen  Teil  mit  Weiss  deckte. 

In  gleicher  Weise  werden  auch  die  weiss  und  rotbraun  ge- 
malten Gegenstände  zu  erklären  sein,  welche  im  Bilde  einer 
schwarzßgurigen  Amphora  in  Neapel  (3358)^  auf  einem  Opfer- 


'  Ähnlich  erkläreil  sich,  und  zwar  aus  Contamination, die  Waffen  beim 
trauernden  Arhill  ilor  korinthiN(  henCbytra,Arcb.Jahrbucb  1892Tar.l  S.27. 
'  Sranos  VinUubunensis  Ü.  373. 

*  Lowy  in  Rdm.  MittheilungeD  1894  8.  W. 

*  Vgl.  I.  Müllers  Handbuch*  IV  1,  2  S.  12t. 

5  Lühbert  in  den  Annali  <f^ir  fstiiutn  1865  Tal.^  6.  83  ff.  =s Schreiber« 
Kulturhistorischer  Bilderatlas  Tai,  ;^U,  3, 


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PA1AM08  BBI  ACHILL 


177 


tische  und  in  der  Hand  des  Libirenden  figuriren,  und  von 
besonderer  Wichtigkeit  ist  das  Phineusbild  der  Hydria  bei 
Stackelberg,  Gräber  der  Hellenen  Taf.  38,  auf  dem  die  nach 
links  eilenden  Harpyien  nach  Plasch  (Arch.  Zeitung  1880  S. 
140),  lange  Petzen,  wol  Pieischstücke  hallen,  während  das 
Brot  auf  dorn  Tische  vor  Phineus  ganz  entschieden  rund  ist.  In 
swel  weiteren  Phineusdarstellungen  auf  den  londoner  Vasen  B 
291  und  302.  Arch.  Zeitung  1880  Taf.  12,  1,2  hat  Walters 
im  Catalogue  of  the  Greek  and  Etruscan  vases  III  aut 
dem  Speisetiscbchen  'purple  meat  and  flowers'  erkannt.  Bt- 
Den  weiteren  Beleg  für  die  Richtigkeit  der  hier  ausgesproehe- 
nen  Ansieht  bietet  das  Bild  einer  schwarzfigurigen,  ziemlieh 
sorgfäliig  ausgeführten  Oinoehoe,  die  ich  bei  einem  römi- 
sehen  Antiquar  im  Jahre  1896  sah  und  im  Folgenden  be- 
schreibe. Ein  bärtiger  bekränzter,  nach  rechts  stehender 
Mann  mit  weissem  Schurze  um  die  Lenden  hält  mit  der  Lin- 
ken eine  auf  einer  säulenäbnlichen  niedrigen  Basis  liegende 
Schweinskeule,  welche  mit  beiden  Händen  ein  ihm  gegenOber 
stehender  Jüngling  ergriffen  hat.  Der  ältere  Mann  schwingt 
mit  der  Rechten  das  lange  Messer  und  ist  im  Begriffe  auf  die 
Keule  einzubauen ,  unter  der  eine  grosse  Amphora  mit  Stan- 
genhenkeln steht.  Hinter  dem  Pleiscbstocke  steht  ein  Tischehen 
mit  drei  herabhängenden  zackigen  Stücken,  welche  in  der  Mitte 
je  eine  von  oben  nach  unten  laufende  geritzte  Linie  zeigen, 
also  durch  den  Zusammenhang  evident  als  Pleischsttteke  cha- 
rakterisirt  sind.  Die  Scene  spielt  im  Freien,  wie  ein  jenseits, 
des  Tischebens  sieb  erhebender  Baum,  an  dem  die  zweite 
Keule  hängt,  lehrt.  Die  Bekränzung  des  bärtigen  Mannes  legt 
den  Gedanken  nabe,  dass  uns  hier  vielleicht  ein  Ausschnitt 
aus  dem  Bilde  eines  feierlichen  Males  oder  Opfers  geboten 
wird,  wie  wir  ihm  z.  B.  im  Friese  von  Gjdlbascbi^  begegnen. 

Rom,  im  Februar  1898. 

LUOWia  PO|«LAK. 


4  Benndorf,  Herwm  von  Ojälbuebi-TTsa  T«fi     B.  167  f. 


DIB  FLÜ88B  VON  LAODIGBA. 


Ljkos,  Kadmos,  Kapros,  Eleiooa  und  Aaopoa. 

Wie  schwierig  es  ist,  auf  kleinasialiscbem  MoHon  in  geo- 
graphiachen  und  topograph iscbeo  Fragen  zu  allseitigor  Ober- 
einatimmung  zu  gelangen,  beweist  aufs  neue  der  kürzlich  er- 
sdiienene  II.  Teil  der  Cities  and  bishoprics  of  Phrygia 
▼on  Professor  Ramsay.  Ris  jetzt  hatte  man  für  das  Lykostbal 
im  allgemeinen  (olgende  Gleichsetsungen  angenommen  :  Ly- 
ko8  =  Tschuruk-su ;  Radmosa  Gök- bunar- su ;  Kapros 
=  Baschii -tschai ;  .\ 8opo8=  Gümüsch -Ischal ;  der  Elei- 
nos  blieb  unbestinnmt.  Nach  Ramsays  neuester  Ansicht  muss 
der  Gök-bunar-8u  Kapros  heissen,  folglich  die  Stadt  bis 
an  den  Ak-kan  reichen,  der  Kadmos  und  der  Eleinos  aber 
weiter  im  Osten  gesucht  werden.  Diesen  AufstelluDgeo  möchte 
ich  einige  Bemerkungen  gegenüber  stellen*. 

Es  mögen  gleich  hier  die  drei  wichtigsten  Zeugnisse  folgen, 
die  auf  diese  Frage  Bezug  haben. 

1)  Herodot  VII  30:  ...  cmxiTO  U  KoXo99xc  iv6>tv  ^lyicXviv 

2)  Strabo  XII  578:  'EvtsGO«  Ii  xal  6  KxTrpo;  %x\  o  Auxo«  9U(a- 
€x»tt       MaixvSpf|>  7cotx{a£>,  totsuloc  ivpitY«0>)<  a^'ou  xai  r,  Trpo( 

A*jx(i)  AaoSixstot  XcYiTat.Tm'pxitTOtt     ri);  icö><(i>(  öpoc  KäS(AO(, 
ou  xai  6  Auxo;  pii  xxi  £X>0(  öub>v<j!i.o<  tu  opi(.  To  icXeov  ou- 
To;  uirö  yr?  puJtc ,  «t'  ävaxü({«x(  (jovtTficev  it^  tauTÖ  Toi?  xXXoi; 


•  Zu  Tgl.  is(  dazu  uieine  Karte  der  Gegend  Im  JahrbiHMi  de«  arob.  la- 
sliluts  XUI,  1898.  Taf.  3. 


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BIB  TWntM  TON  LAODICBA 


179 


3)  PI  in.  H.  N.  V,  29,  3:  Imposita  Laodicea  est  Lyco 
ßumini  latera  adluentibus  Aso/jo  el  Capro. 

Treten  wir  zuerst  an  die  Lykosfrage  heran  ;  es  hat  kaum  ein 
anderer  Fluss  Ramsav  so  viel  bescliiiflijit.  In  den  Athen.  Mit- 
theilungen  1891  S.  194  habe  ich  das  angebliche  Verschwin- 
den des  Lykos  bei  Kolossai  beschrieben  und  glaubte  den 
Sciiluss  ziehen  zu  müssen,  dass  ein  eigentliches  Verschwinden 
niemals  Statt  gefunden  hat.  Wiederholte  Besuche  der  Stelle 
haben  mich  in  dieser  Ansicht  nur  bestärkt;  es  bleil)t  wol  nichts 
übrig  als  die  Annahme,  dass  llerodot  eine  Volkssage,  die  er 
von  phrygischen  Handelsleuten  in  Mi  let  erfahren,  w  iedergiebt. 
Den  Lauf  des  l.vkos  durch  die  en'^e.  tiefe  und  wilde  Sclihjcht 
hat  der  Volkswitz  zu  einem  unterirdischen  gesteigert.  Professor 
Ramsay  bespricht  wiederholt  alle  Möglichkeiten  {Church  in 
the  Rom.  Empire  S.4  7ü;  Cities  and  bishoprics  of  Phrj/- 
gia  I  S.  210),  um  Herodots  Aussage  und  die  Legende  des 
Erzengels  Michael  zu  retten,  kommt  aber  zu  dem  Schluss, 
that  there  is  no  probabHilii  that  the  Lycos  ever  durin<^ 
any  historical  period  flowed  throup^h  an  underground 
chasm  five  stadia  long  in  this  part  of  its  course.  Trotz- 
dem will  er  die  Thatsache  nicht  ganz  annehmen.  ^This  state- 
ment, hoivever,  does  not  imply  that  the  stream  was  al- 
ways open  to  view.  It  is  still  in  some  places  half  con" 
cealed  from  view,  as  M*  W.  says,  and  so  we  must  admit 
the  possibility  that  incrustations  from  the  streams  that 
join  it,  both  on  north  and  south,  may  have  at  a  former 
period  completely  overarched  it  for  a  little  way'.  Er 
beruil  sich  dafür  auf  '«  scientific  training  as  a  practical 
geologist  in  a  witness  '.  Es  fragt  sich  nun,  ob  ein  prakti- 
scher Geologe  allein  im  Stande  ist,  zwischen  modernen 
Tropfsteinbildungen,  wie  man  sie  an  der  Südwand  des  obern 
Eingangs  der  Schlucht  sieht,  und  den  gewachsenen  Kalk* 
steiDScbichten  in  der  Mitte,  unter  welchen  sich  das  Wasser 
einen  kurzen  Durchgang  gegraben ,  zu  unterscheiden.  Jene 
Tropfsteinbildungen  stammen  übrigens  von  Bewässerungs- 
kanälen her,  die  vom  grossen  Kanal  bei  Monas  ai)ge|eitet  wer* 


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180 


0.  WEBER 


den.  An  der  Nordseite  befinden  sich  solche  Ablagerungen  nicht. 

Dass  übrigens  Ramsay  diesem  Argument  ad  hominem 
wenig  Wert  beilegt,  beweisi  eine  andre  Theorie,die  er  vorträgt. 
Auf  Strabos  Angubc  gestützt  meint  er:  This  can  only  mean 
that  the  Lycos  flows  for  more  than  20  miles  under~ 
ground,  then  appears  above  ground  (bei  Kodja- hasch), 
and  flows  towards  the  Kadmos  and  the  Maeander.  ...the 
real  source  of  the  Lycos  is  in  the  lake  of  Anava  ( Cities 
and  bishoprics  I  8.  210).  Br  setzt  dann  hinzu:  Now  there 
are  united  in  Herodotus*s  account  two  points t  1)  within 
the  very  city  of  Colossai,  the  Lycos  enters  a  deep  cleft 
in  the  ground,  2)  the  Lycos  issues  from  an  underground 
channel  and  flows  to  the  Maeander.  Each  point  is  true 
and  each  is  stated  by  the  eye-witness,  Strabo;  it  is  only 
the  union  of  the  two  by  Herodotus  that  is  incorrect.  This 
is  characteristic  of  the  faithful  repeater  of  evidence  at 
secondhand.  Wie  verhalten  sieh  nan  diese  Behauptungen  den 
Thatsachen  gegentther? 

Der  Adji-  tus-gOl  (See  von  Anava),  wie  der  Tus-tschöltt 
auf  dem  Ijkaonischen  Plateau ,  ist  ein  eebter  seiehter  Sahs- 
see«  dessen  Wasser  im  Sommer  verdunstet  und  die  dicke  Salz- 
kruste zurQcklässt.  Hamilton  (1  S.  508)  hat  das  richtig  he« 
merkt;  meine  eigenen  Beobachtungen  stimmen  mit  ihm  Qber- 
ein.  Bei  Appa  bin  ich  im  August  2  Kilometer  weit  auf  dieser 
Salzkruste  zu  Fuss  auf  dem  See  vorgedrungen*;  nirgends  war 
Wasser  zu  sehen ;  nichts  als  die  harte,  glitzernde  Salzfliche 
fieljns  Auge.  Die  frischen  Spuren  von  Eselhufen,  vom  g^en- 
flberliegenden  Ufer  kommend,  haben  mir  bewiesen,  dasa  zu 
dieser  Jahreszeit  der  See,  wenigstens  an  dieser  Stelle,  trocke- 
nen Pusses  zu  ttberschreiten  ist.  Darf  man  nun  annehmen, 
dass  er  einen  unterirdischen  Ablauf  habe?  In  diesem  Falle 
hätte  sich  doch  nie  eine  Salzkruste  auf  der  ganzen  Ober- 
fläche bilden  können.  Zweitens  hätte  der  See  in  der  Sommer- 


*  Sivofävi)(,  oü-fYP'P^H-*  ':(pio^i>wv  'toü  oyXXd-fOt^  ;wv  «9i«'<^üv  « 'Av«f oXijt  • 
)  S  152, 


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blk  rLUBSSB  VON  LAÖOlCfiA 


181 


zeit  nicht  Wasser  genug  um  die  reichen  Quellen  bei  Kodja- 
baseh  lu  speisen.  Ja  noch  mehr,  diese  Quellen  sind  gar  nicht 
salzig,  wie  es  Ramsay  selbst  zugeben  muss.  Wo  wäre  dann  das 
Salz  geblieben  ?  Die  Lösung  dieses  geologischen  Rätsels  bleibt 

man  uns  schuldig. 

Strabo  (Xil  580)  sagt  von  diesem  See:  tj  Se  |«Ta^ü  Aoio^i- 

pav  e^ci  icfXoiYi«  ou««.  Dieser  unangenehme  Geruch  fällt  dem 
Reisenden  beute  wie  im  ersten  Jahrhundert  auf ;  ist  es  nicht 
bezeichnend,  dass  Strabo,  der  die  Gegend  bereist  hatte,  nichts 
von  irgend  einer  Verbindung  zwischen  diesem  See  und  den 
Quellen  des  Lykos  (Kodja- basch)  anfahrt,  da  er  doch  gans 
genau  diejenige  der  Quellen  des  Marsyas  und  des  Mäanders 
mit  dem  See  Aulokrene  angiebt?  Hingegen  sagt  er  ganz  be- 
stimmt:  Tivi'pxitTM     Tilc  is6Xi*K  (Laodicea)  Spo«  Kd2|A0(,  il 

SU  xai  6  AmW^  pil. 

Drittens  endlich  würden  die  ?0  englischen  Meilen  unter- 
irdischen Laufes,  die  Ramsay  dem  Lykos  zuweisen  möchte, 
nicht  mit  der  Angabe  Strabos  t6  wXi'ov  outo;  Otto  yrj; 
(im  Falle  sie  sich  auf  den  Lykos  bezieht,  was  nicht  bewiesen 
ist)  abereinstimmen ;  die  Entfernung  zwischen  dem  See  von 
Anava  und  den  Quellen  bei  Kodja- basch  ist  nur  17  engii- 
aehe  Meilen;  dagegen  beträgt  diejenige  von  diesen  Quellen  his 
zum  Mäander  über  20  Meilen.  Da  wäreesdoeh  kaum  möglich 
zu  behaupten, dass  der  Lauf  des  Lykos  zum  grössten  Teil  un- 
terirdisch sei. 

Nachdem  wir  gesehen,  wie  .Ramsay  sich  alle  erdenkliche 
Mabe  gibt,  Herodots  Aussage  sich  zurecht  zu  legen.gehen  wir  zu 
Strabo  Ober,  den  er  8tets,und  mit  Recht,  als  Augenzeugen  an- 
führt: anything  Sirabo  says  is  clear  and  true  to  the  facts 
of  the  present  day.  Nichts  ist  zutreffender  als  dieser  Satz; 
allein  es  hängt  alles  von  der  Art  und  Weise  ab,  wie  man  den 
alten  Geographen  zu  verstehen  bat.  Liest  man  den  Anfangs 
siebenden  Paragraphen  Strabos  dureh,  so  ergibt  sich,  dass  er 
Tom  Lykoe  zwei  Tbalsacben  feststellt:  1)  der  Lykos.  ein  be- 
trifebtlicber  Flnss,  gibt  der  Stadt  Laodicea  ihren  beieie|i|ienden 


Beioamen  und  2)  er  hal  seine  Quelle  am  Fuise  des  Radmoe; 
weiter  nichts.  Strabo  epriebt  dann  vod  einem  andern  Flusse, 
der  demselben  Berge  entspringt  und  dessen  Namen  trilgt,  und 
setst  hinzu:  to  «XIov  ouro;  6iro  y^c  ^uil;,  iit' avaitO^ac  «uvc'iri- 
(Tcv  lii;  TauTÖ  Toic  £XX<Mc  iroTa(Aoi(.  In  diesem  Satz  liegt  der 
Kernpunkt  der  ganzen  Frage ;  besieht  er  sich  auf  den  Lykos 
oder  auf  den  Kadmos? 

Xrundeli  {Dtscoifen'c's  in  Asia  Minor  S.  174 )  erwähnt,  dass 
Strahns  Expgeten  den  fraglichen  Satz  auf  den  Lykoe  beziehen. 
Aroedee  Tardieu  in  seiner  fViinzösischen  Überselzung  teilt  diese 
Ansicht;  allein  ist  sie  geiechli'ertigt ?  Weder  Arundeii  noch 
A.  H.  Smith  {Journal  of  Hellenic  fttudtes  1887  S.  2-24) 
konnten  es  annehmen.  Angesichts  des  wirklichen  Verschwin- 
dens  des  Gök-bunar-su  nahe  bei  seiner  Quelle  haben  diese 
Reisenden  Strabos  Satz  einfach  —  und  nach  den  Gesetzen  der 
Grammatik  —  auf  den  Fluss  Kadmos  bezogen.  Die  Exegelen, 
die  den  Duden  des  Gök-bunar  nicht  kannten'  und  vonUero- 
dots  Angabe  beeinflusst  waren ,  haben  ihn  anders  ausgelegt 
und  sogar  behauptet,  dass  die  [Erwähnung  des  Kadmos  eine 
Copisienglosse  wäre.  Diesen  Eiofluss.den  eine  anerkannte  Au* 
torilät  aut  spätere  Schriftsleller  ausübt,  erkennt  man  sogar  an 
dieser  Stelle.  Strabo,  der  Koiossai  ganz  sicher  besucht  und  eben 
keine  Spur  vom  Verschwinden  des  Lykos  bemerkt  hatte,  be- 
gnügt sich  anstatt  Herodot  direkt  zu  widersprechen  ihn  still- 
schweigend zu  widerlegen,  indem  er  vom  Lykos  nur  die  zwei 
angeführten  Thatsachen  berichtet,  dagegen  das  wirkliche  Ver- 
schwinden des  Kadmos  desto  bestimmter  hervorhebt.  Nur 
ist  zu  bemerken,  dass  auch  er  zu  weit  geht.  Der  unterirdische 
Lauf  des  Kadmos  ist  kurz  (etwa  lOO  Meter);  aber  die  Sache 
erklärt  sich  leicht.  Strabo  hat  wahrscheinlich  weder  die  Quelle 
von  Gök-bunar  besucht  noch  den  engen  und  tiefen  Lauf  des 
Flusses  bis  Ak-kan  gesehen.  An  diesem  Funkle,  wo  die  grosse 
St  rasse  nach  Osten  vorbeiführt,  hat  er  den  Kadmos  aus  einer 


I  Araodell  ist.  so  viel  ich  weiss,  der  erste,  der  ibn  erwifant. 


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ftift  i^tfBäsk  Von  UobiCtfA  fSS 

wilden  Schlucht  hervorbrechen  sehen  ;  es  war  für  ihn  die 

Stelle  iit'  ivxKOj-a;  U.  8.  W. 

Aus  den  oben  ani;etiibrten  Stellen  Ramsays  geht  klar  hervor, 
dass  er  den  besagten  Satz  Strahns  auf  den  Lykos  bezieht;  seine 
ganze  Theorie  ober  diesen  Fluss  beruht  auf  dieser  Interpre- 
tation. Doch  liest  man  in  seinen  Antiq.  of  South.  Phri/gia 
S.  5:  t/ie  KadmoSy  Gok  -  Bnnar  -  Su ,  was  recognized  both 
by  Arundel t  and  by  Hamilton ;  the  remarks  of  A.  H. 
Smith  { Hell.  Stud.  1881  p.  224 }  seem  to  me  correct. 
Diese  Bemerkungen  aber  sind  diejenigen  ArundelU.  nämlich, 
dass  der  belrelTende  Salz  Strahns  si(;h  nicht  auf  den  L^kos 
sondern  auf  den  Kadmos  beziehe.  In  Cities  and  bishoprics 
S.  785,  bei  Gelegenlieit  seiner  neuesten  Bestimmung  der 
Flüsse  von  Laodicea  .  spricht  ersieh  in  diesem  F*unkt  noch 
bestimmter  aus:  My  identification  of  the  Laodicean  rivers 
depended  on  two  fundamental  assumptions:  1)  that  the 
Kadmos  has  been  rightly  identified  by  Arundell,  Hanul" 
ton  and  A.  H  Smith,  with  Geuk-Bunar-Su  (the  reason 
being  that  Strabo  describes  a  Duden  in  the  former^  and 
there  is  a  Duden  in  the  latter  2)  that  Pliny's  account 
may  be  set  aside  as  inexact.  Auf  der  nächslen  Seile  sagt  er 
weiter:  Geuk-Bunar- Sa  must  be  the  Kapros.  If  this  be 
so,  the  Kadmos  must  be  not  Geuk-  Bunar-Su,  but  one 
of  the  other  streams  which  flow  out  of  Mt  Kadmos ;  €Uid 
if  a  Duden  could  be  found  on  one  of  them^  the  case 
would  be  complete. 

Also  ^nz  das  Gegenteil  von  dem,  was  er  oben  annahm  ; 
denn  dass  Strabos  Sats  to  icXcov  S'  oOto;  u.  s.  w.  sich  gleich- 
zettig  auf  den  Kadmos  und  den  Lykos  beziehen  kann,  w  ird 
doch  Niemanden»  einrallen.  Polglich  ist  doch  zuzugeben,  dass 
alle  Schlussfolgerungen.  die  auf  diesem  Widerspruch  fussen, 
mit  der  grössten  Vorsicht  zu  behandeln  sind. 

MitArundell  und  A.H. Smith  habe  ich  bis  hieher  die  Gleich* 
Stellung  des  Gök-bunar*Ba  mit  dem  Kadmos  vorausgesetzt. 
Aber  ehe  ich  das  hier  begründe,  muss  ich  die  Präge  nach  dem 
Kapros  erdrtem.  Bekanntlich  hatte  Ramsay  seit  Jahren  den 


«84 


A.  wBtaii 


Kapros  nach  Sarakdi  terselzl,  gestallt  auf  Strabos  Teit,  be- 
sonders aber  auf  seine  Erklärung  einer  MOnse  Yon  Laodicea  * 
die  eine  Frau  darstellt  zwiscben  einem  Wolf,  AYKOC,  und 
einem  Bber,  KATTPOC*'.  Diese  beiden  Namen  sollten  nun 
nacb  ihm  die  Grensen  des  Weichbildes  der  Stadt  beieicbnen, 
eine  ziemlieh  moderne  ldee,dte  wenig  mit  dem  sakralen  Cha- 
rakter der  antiken  Münien  in  Einklang  steht.  Jetit  gibt  Ram- 
saj  diese  Gleichstellung  auf.  In  a  «»eil"  vifeighed  review  of 
Part  I,  in  BerL  Philol,  Waoh,  1896  p,  i65,  UF  Pariaeh 
ob/eeta  to  my  apportioning  of  the  river  names ;  and  I 
think  he  has  ground  for  his  objection  ( 1, 9  S.  785).  Allein 
anstatt  seinem  Rezensenten  nach  den  Angaben  des  Plinius  in  der 
Gleichstellung'des  Baschli-tschaX  mit  dem  Kapros  zu  folgen, 
verlegt  er  diesen  Namen  auf  den  Gök-bunar-su,  unter  dem 
Vorwande,  der  Baschli-tschal  is  a  poor  stream,  and,  more* 
over  the  city  clearly  extended  far  beyond  the  narrow  It* 
mits  of  the  walls  ....  Finally,  Bashli»  Tchai  is  a  mere 
branch  of  Geuk-Bunar^Su,  and  does  not  run  direct  into 
the  Lycos,  Sind  diese  weittragenden  Behauptungen  nicht 
auffallend, wenn  der  Verhsser  selbst  wiederholt  betont,  I  never 
devoted  any  time  to  thorough  exploration  of  the  valley, 
considering  its  topography  to  be  settled.  In  fact  there  are 
many  districts  of  Phrygia  which  I  know  much  better 
than  the  Lycos  valley,  though  I  have  passed  across  the 
valley  no  less  than  ii  times. 

Ramsay  gründet  seine  Beweisführung  auf  die  Worte  Stra- 
bos :  'EvraSO«  Zi  xal  d  Ki«pQ(  xai  6  A6xo<  ou{i6iXXii  Mauinr- 
Sptji  leorajA^^,  «OT«fioc  lOjuy^OvK*  if*  ou  xat  ^  irpoc  Avx(p  Aoco- 
S{kim  XiftTM.  Der  Geograph  babe  die  zwei  Hauptflasse  (Tschu- 
ruk-su  und  Gdk-bunar-su)  als  die  den  eigentlichen  Ly- 
kos  bildenden  darstellen  wollen.  Diese  Ansicht,  wie  die  Aufr 
fassung  der  angefahrten  Münze,  trägt  eine  moderne  Färbung, 


*  Mionnel.  Suppl.  VII  Nr.  460;  B.  Head,  Hisl.  Num.  S.  566. 

*  Ramsa;  überseUt  KAfTPOC,  a  goal  (Ziege),  was  sclion  Mionnet  ge- 
Iban  batte.  B.  Head  sagt  rieblig  KAnpoc=«  boar  (Eber). 


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DIE  PLUESSE  VON  LAODlCEA 


185 


welche  der  Text  nicht  rechtfertigt.  Strabo  erwähnt  einfach  den 
KaprosM  für  ihn  ist  der  Lykos  der  betrüchtiicbe  FIuss  Bei 
dea  Alten  war  es  ja  nicht  nur  die  Wassermenge,  die  den 
Flüssen  Wichtigkeit  verlieh  ;  ihre  Nützlichkeit ,  folglich  ihr 
sakraler  Charakter,  spielen  eine  hervorragende  Rolle.  Das  ist 
speziell  der  Fall  mit  dem  Baschli -tschaY.  Alle  {^eisenden,  die 
Denisli  besucht  haben,  wo  die  reichen  Quellen  dieses  Flusses 
liegen,  bewundern  die  ausserordentliche  Üppigkeit, welche  sie 
den  Gärten  der  Umgegend  verleihen.  Aus  denselben  Quellen 
wurde  auch  der  grosse  Aquädukt  gespeist,  der  die  Stadt  mit 
Wasser  versorgte,  wie  ich  es  im  Jahrbuch  des  arch.  Instituts 
Xill  S.  1  nachgewiesen  habe.  Für  die  Laodiceer  war  der 
Kapros  der  heilige  Fluss  xar'  £^o/y]v,  dem  sie  nicht  nur  den 
Reichtum  ihrer  Landhäuser  bei  Oenisli,  sondern  überhaupt 
die  Mi^licbkeit  in  ilirer  Stadt  zu  wohnen,  verdankten.  Die 
Sache  war  so  augenfällig,  dass  Strabo  es  für  unnötig  hielt, 
sich  weiter  darauf  einzulassen. 

Eine  Bekräftigung  dieser  Ansicht  geben  die  Münzen.  Der 
Lykos  und  der  Kapros  in  ihrer  mannigfaltigen  Darstellung 
waren  das  Stadtwappen  von  Laodicea;  der  erste,  weil  er  ihr 
das  beieichnende  Beiwort  gab,  der  zweite  wegen  des  le- 
benspendenden Blementes,  das  er  ihr  lieferte.  Nicht  nur  die 
Münzen  weisen  dieses  Motiv  auf,  auch  die  Ornamentik  ver- 
wandte es  an  den  öffentlichen  Gebäuden.  Auf  der  Station 
Appa  befinden  sich  zwei  reich  profilirle  Piedestale  aus  Lao- 
dicea, die  auf  Je  einer  Seite  in  Hochrelief  einen  Wolf  und  ei- 
nen Eber  tragen.  Sollte  es  daher  möglich  sein ,  dass  dieser 
Name  Kapros  einem  Flusse  wie  dem  Gök-bunar-su  zukäme, 
der  mit  der  Stadt  in  keiner  wesentlichen  Verbindung  steht? 
Ramsay  ist  genötigt  die  Stadt  bis  an  den  Ak-kan  auszudehnen, 
um  eine  solche  Verbindung  herzustellen.  Allein  hierin  wer- 
den Kiepert  und  Partsch  das  Richtige  getroffen  haben  (Ber- 
liner philol.  Woehenschrifk  1896  S.  465-6). 


*  Etwas  lose,  was  Rayet  in  seinem  MiUi  l  S.  7  veranlasste,  die  Worte 
«il  ft  JUxfi  tis  eine  Oopislenglosie  ansosehen. 

ATBBM.  MRTBBlUnieBN  ZUU.  13 


186 


«.  WBBBtl 


Übrigens  möchte  ich  mir  erlauben  hier  zwei  wichtige  Punkte 
der  Topographie  von  Laodicea  des  Nähern  zu  erörtern,  näm- 
lich die  Strecke  vom  Baschli-tschal  bis  zum  Ak-kan  und 
die  Vergrösserung  der  Stadt  auf  dem  Plateau  selbst. 

Von  der  Oslecke  des  Mauerrings  geht  die  antike  Sirasse 
aber  das  Thal  des  Baschli  -  tscha!  und  wendet  sich  dann  links 
am  Fusse  der  nächsten  Anhöhen  entlang  (dieses  Plateau  liegt 
50  Meter  höher  als  die  Station  Gondjeli  und  befindet  sich  vor 
der  HQgelreihe,  welche  die  Lykos-  Ebene  von  der  von  Denisli 
trennt)*.  Gleich  anfangs  ist  diese  antike  Strasse,  15"*  breit, 
noch  sehr  gut  erkennbar,  mit  Grabanlagen  und  Sarkophagen 
beiderseits  auf  eine  weite  Strecke  hin  eingefasst.  Also  ein 
Beweis.dass  wir  hier  an  dem  Eingang  einer  Stadt  und  nicht 
in  deren  Mittelpunkt  uns  befinden.  Bis  Ak-kan  trifft  man 
übrigens  keine  Spur  von  öffenl liehen  oder  andern  Gebäuden 
an.  Ebensowenig  sind  auf  dem  Plateau  oben  Ruinen  oder 
Thonscherben  zu  finden ;  nichts  als  feiner  Ackerboden  ohne 
die  geringste  Spur  von  Besiedelung.  Nur  am  westlichen  Ende 
des  Plateaus,  der  Stadt  gegenOber,  ragen  aus  dem  Boden  die 
Pundamentmauern  eines  grösseren  viereckigen  Gebäudes  her- 
vor, wie  ich  ein  ähnliches  auf  dem'  Hügel  oberhalb  des  Klär- 
bassins des  Aquädukts  gefunden  habe. 

Sollten  Einwohner  von  Laodicea  die  Notwendigkeil  gefühlt 
haben  die  Stadt  zu  verlassen,  so  sind  sie  nach  Denisli  gezo- 
gen ,  Rädels  Kaprima  \  das  wol  von  früher  her  in  zu  enger 
Verbindung  mit  der  Stadt  stand  und  zu  grosse  Vorteile  bot, 
um  nicht  von  allen  denen  vorgezogen  zu  werden, die  mit  Acker- 
bau und  Schafzucht  beschäftigt  waren. 

In  Betreff*  des  zweiten  Punktes,  d.  h.  der  von  Strabon  (XII 
577)  erwähnten  Vergrösserung  der  Stadt  ist  zu  bemerken,  dass 
einerseits  der  Zustand  der  Ruinen ,  andererseits  aber  die  In- 
schriften beweisen,  dass  sie  auf  den  Stadtbügel  beschränkt 
blieb.  Eine  ältere  Ringmauer,  deren  Überreste  noch  klar  nach- 


<  Siehe  die  genannte  Kartenskizze  im  Jahrbuch  XIII  Taf.  3. 
*  JImw«  da  univeniUs  du  Midi  1896  8.  20. 


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bis  PLUBSSt  irON  LAODICBA  487 

weisbar  sind,  teilt  die  Sludt  in  zwei  Hälften;  die  höhere,  nörd- 
liche Nvar  die  ij.iy.px  rfÖTepov  o-jia.  Im  ersten  Jahrhundert  vor 
Chr.  wurde  das  niedere  Plateau  im  Süden  durch  eine  neue 
Ringmauer  in  die  Stadt  hineingezogen.  Das  Stadion  Amphi- 
theatron,  ausserhalb  dieser  Mauer  liegend,  wurde  dann  im 
Jahr  79  naeli  Chr  [C.I  G.  3935)  eingeweiht,  das  anslossen- 
deGyninasiiiiii  (■})  erst  im  Jahr  [Cities  and  bishoprics  I,  1 
S.  72);  unter  Domitian  (6'.  /.  G  39 i9)  erbaute  der  Freige- 
lassene Tryphon  das  Tri  pylon  an  der  Oslecke  der  Stadt,  wo 
heule  nocli  die  Rpistvlbiöcke  mit  der  Inschrift  am  Boden  lie- 
gen, liamsay  giaiiltle,  sie  gehöre  zu  dem  jetzt  noch  aufrecht 
stehenden  Trij)yloii  am  Westende  der  Stadt.  Kr  bat  nicht  be- 
merkt, dass  Pücocke  [Dcsmption  of  the  East  II, '2  S.7?)  den 
Baschli  -  tsciiai  für  den  Asopos  hält  und  den  Kapros  auf  die 
Westseile  verlegt.  Übrigens  sind  die  auch  auf  dem  Boden 
umher  liegenden  inschriftlosen  Epistylblöcke  dieses  erhaltenen 
Tripylons  architektonisch  verschieden  von  denen  im  Osten, 
gehören  also  nicht  damit  zusammen.  Tryphons  Tripylon  darf 
für  das  von  l- liilostratos  erwähnte  (Vit.  Soph.  I  '25)  Syrische 
Thor  angesehen  werden. 

Diese  Thatsachen  beweisen  also  hinreichend,  wie  die  Ver- 
grösscrung  der  Stadt  zu  verstehen  ist.  Plinius  Aussage  im- 
pusita  est  Lijvo  /lumini,  latcra  adlucntibus  Asopo  et  Ca- 
pro  kann  sich  also  nur  auf  den  Gümüsch  -  tschai  und  den 
Baschli -tscliai  beziehen,  wie  es  Partscb  so  prägnant  ausge- 
sprochen hat.  Badet'  sagt  ebenfalls:  Laoäice'e  est  baigne'e 
par  trois  rivieres:  cn  fagade  par  le  Lycus,  sur  les  flancs 
par  L' Asopos  et  le  Capros.  Bamsays  Einwand  ,  dass  der 
Baschli  -  tschai  nur  ein  iNebenlUiss  des  Gök- bunar- su  sei, 
verliert  seine  Kraft  durch  die  Thatsache,  dass  der  Zusammen- 
fluss  erst  unterhalb  Laodiceas  erfolgt;  der  Kapros,  an  dieser 
Stelle  angekommen,  hat  der  Stadl  gegenüber  seine  Schuidig- 
keil  reichlich  geleistet. 


<  Aevue  J^i  uniMtniUi  du  MUH  1896  8.  20. 


188 


0.  WBftBK 


E8  erübrigt  noch  zu  untersuchen  ,  aus  welchen  Gründen 
der  Name  Kadmos  dem  Gök-bunar-su  zukommt.  Der  stärkste 
von  allen  dürfte  wol  sein,  dass  vom  Ak-kan  bis  an  die  Ly- 
kos- Schlucht  oder  Station  Bödjeli  sich  kein  Wasseriauf 
überhaupt  vorÜndet,  dem  man  diesen  Namen  gehen  könnte. 
Den  kleinen,  aber  ausdauernden  Bach  von  Üereköi  bei  jeaer 
Station  brauchen  v>ir  für  den  Eleinos. 

Doch  sehen  wir  Slrabos  Text  näher  an :  T^tpxitTai  U  -rii« 
9c6Xc<i>c  opo;  Kdc^uo;,  ou  xai  6  Auxo;  pci  xai  aXXo;  6[X.(>>vu|xo;  t$ 
opit.  To  TcXe'ov  S'  ooTO;  utto  yric  puti{,  iit'  ivaxuij^a;  cjvtTCeoiv  il; 
TOtuTO  TOt?  a^oi?  iroTajjioi?  £u.<patvü)v  Sc^lx  tÖ  xo^Ot^ttov  ttj;  ywpat; 
x«It6«ü<j6ittov.  Bemerkenswert  ist,  dass  Straho  den  ganzen  Berg- 
stock—  Honas-dagh  mit  Baba-dagh  —  als  Kadmos  bezeichnet; 
denn  nur  der  Baba-dagh  (Salbakos)  belierrscht  die  Stadt.  Auf 
dem  hohen  Sattel  (1200'")  zwischen  Ix'iiicn  Gebirgen  entspringt 
der  Tschukur-su,  der  erst  tiefer  unten,  nachdem  er  das  reich- 
liche Wasser  desGök-bunar  (Kara-göl)  aufgenommen,  den 
Namen  Gök-bunar-su  trügt,  und  ihn.  bis  zu  seiner  Mündung 
in  den  Lykos  beibehalt.  Die  Quellen  desGök-bunar  (586'" 
Meereshöhe)  bilden  zuerst  einen  ziemlich  grossen  Teich,  das 
Wasser  fliesst  dann  durch  drei  niedere  aulike  Brücken  unter 
der  Strasse  durch  über  ein  gegen  Osten  vorspringendes  Pla- 
teau, das  auf  seiner  Ost  -  und  Nordseite  von  einem  etwa  30" 
hohen  Hügelrande  begrenzt  ist.  Nach  einem  etwa  400'"  langen 
Laufan  diesem  Bande  angekommen  verliert  sich  das  Wasser 
im  Boden,  um  auf  der  anderen  Seite  in  einer  80  Meter  tiefen 
Schlucht,  der  des  Tschukur-su,  mit  grossem  Geräusch  wieder 
hervorzutreten.  Es  ist  das  von  Arundell  und  A.  11  Smith  be- 
schriebene y.aTa€(x9pov,  von  dem  auch  Strabo  gehört  hatte, 
nur  dass  er  ihm,  wie  oben  bemerkt,  eine  viel  grössere  Länge 
zuschreibt. 

Am  Fusse  der  Alluvial- Hügel,  die  dem  Kadmos  vorlie- 
gen, angelangt  durchbricht  der  Fluss  sie  nicht,  sondel-n  biegt 
westlich  um  und  folgt  ihnen  in  tiefem  Bette  bis  zum  Durch- 
bruch von  Ak-kan.  Dieses  zerrissene,  höchst  malerische 
Thal  Leisst  bei  den  Türken  Bagbirsak-dei'e(das  Eingeweide- 


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0»  FLÜB8BB  WOV  LAODICBA 


489 


Thai).  Vom  Ak-kan  an  hat  der  Gök-banar-Bn  ein  regeU 
missiges ,  offeoes  Bett  bis  sum  Lykos.  Ale  Strabo  auf  der 
antiken  Strasse  an  der  Stelle,  wo  jetzt  der  seldschakisehe  Ran 
steht,  ankam,  sah  er  den  Radmos  aus  der  wilden  Schlucht 
hervorbrechen  (tW  avaxO<|/«;);  an  dieser  Stelle  hat  er  allerdings 
den  grössten  Teil  seines  Laufes,  etwa  13^,  hinter  sich;  bis 
sum  Lykoe  sind  es  nur  noch  3^  in  der  Luftlinie. 

Strabo  sagt  dann  weiter:  «uviirimv*  ft<  t«ut6  rotq  AXXotc  ico- 
T«(Aoic.  Das  heisst :  er  fällt  zusammen ,  er  vereinigt  sich  mit 
den  andern  Piassen.  Bin  Blick  auf  die  Rarte  in  dem  Jahr- 
buch des  arch.  Instituts  XIII  Taf.  3  zeigt,  wie  buchstäblich 
genau  sich  der  heutige  Sachbestand  mit  dieser  Angabe  deckt. 
Der  Radmos  nahm  zuerst  den  Rapros  auf,  weiterhin  wahr- 
scheinlich ebenfalls  den  Asopos  und  vereinigte  sich  dann  ober- 
halb der  antiken  Brücke  mit  dem  Lykos.  Selbstverständlich 
beruht  diese  Auseinandersetzung  auf  Arundells  Erklärung 
der  besagten  Stelle  Strabos;  bezieht  man  den  Salz  t&  «XIov  V 
ouTO(  u.  s.  w.  auf  den  Lykos,  so  ist  der  Schwierigkeiten  kein 
Ende,  wie  wir  gesehen. 

Die  antike  Bracke  habe  ich  durch  einen  glttcklichen  ZufoU 
im  Sommer  1897  entdeckt.  Sie  beweist,  dass  der  Lykos  hier 
sein  Bett  verändert  hat.  Sie  bestand  aus  drei  Bogen;  der  mitt- 
lere allein  steht  noch  aufrecht  und  zwar  nur  noch  das  Ton- 
nengewölbe; von  den  zwei  andern  ist  alles  bis  auf  die  niedern 
Pfeiler  abgetragen.  Das  Material  sind  grosse  Ralksteinblöcke, 
schlicht  zurechtgehauen  und  ohne  Ralk  verbunden.  Die  Ge- 
wölbespannungen sind  4,65;  5,50;  4,80";  die  Front  der  Pfei- 
ler ist  3"  stark;  die  Breite  der  Brücke  war  7,10",  ihre  Länge 
86,95".  Sie  erinnert  an  die  Technik  der  grossen  Brücke  über 
den  Asopos  in  Laodieea,  mit  der  sie  wol  gleichzeitig  ist. 
Demnach  ging  die  alte  Strasse  von  Laodieea  nach  Hierapolis 
an  dieser  Stelle  über  den  Lykos;  bekanntlich  kreuzt  der  heu- 
tige Weg  diesen  Fluss  eine  Stunde  weiter  thalabwärts. 


'  Dieser  Aorist  dürfte  wol  eine  grammatikalische  Wendung  sein,  durch 
dIeStralK»      und  kmwSt^  motivirt. 


190 


0.  WEBER 


Slrabo  beschliesst  seine  Beschreibung  des  KadmoB  mil  einer 
geologischen  Bemerkung,  die  auch  nur  hier  zutrefTend  ist. 
Diese  vom  Gök-bunar-su  durclibrochenen  Alluvial- Hügel 
haben  einen  solch  eigentümlichen  Charakter,  dass  er  allen 
Reisenden  aufgefallen  ist.  Tchihatcbef  {Gäolof^ne  V,  3,  159) 
sagt  von  ihnen :  Les  collines  qui  flanqnent  le  Boba-Dagh 
sont  composifes  sott  de  mames  blanches  incohe'rentes  ou 
compactes  feuillete'es,  sott  de  conglomc'rat  ou  bricke  tris 
solide,  soU  enfin  de  gris  jaunätret  friable^  tombant  en 
poussUre  sous  le  marteau.  Also  ganz  genau  das,  was  Siraho 
mit  dem  Ausdruck  ico>.utpy)tov  ausspricht.  Hamsay  übersetzt  es 
mit  Recht  mit  porous.  Em  solches  Terrain  ist  selhstverständ- 
lich  den  schlimmen  Folgen  der  Erdbeben  mehr  ausgesetzt  als 
irgend  ein  anderes. 

Alle  diese  Betrachtungen  erweisen  einerseits,  mit  welcher 
Sorgfalt  Strabo  die  Umgegend  von  Laodicea  beschrieben,  an- 
dererseits wie  sein  Text  mit  dem  heutigen  Sachverhalt  in 
vollem  Einklang  steht. 

Ausser  den  angeführten  Münzen,  die  unter  verschiedenen 
Symbolen  den  Lykos  und  den  Kapros  darstellen,  gibt  es  be- 
kanntlich von  Laodicea  eine  andere,  unter  Garacalla  geschla- 
gene Reihe  Münzen,  die  einen  complicirteren  Revers  auf- 
weisen. Nach  B.  Head  {Hist.  Num.  S.  556)  sind  es:  lihea 
or  Anuätheia,  nursing  infant  Zeus,  around  are  the  three 
Curetes  beating  their  shields  with  their  s^K'ords,  at  her  feet 
are  four  recumbent  river-gods.  Diese  Beschreibung  stimmt 
genau  mit  der  .Münze,  welche  Ramsay,  Cities  and  bishoprics 
1,2  Taf.  1  zu  S.  790  iNr.  3  in  Lichtdruck  wiedergiebt,wenn  auch 
seine  Beschreibung  abweicht  (S.  433):  Kori/bantcs  dance 
round  Adrasteia,  who  runs,  with  the  infant  Zeus  in 
her  arms,  between  two  river^gods  {Lykos  and  Kapros, 
probably ). 

Sollten  diese  vier  Flussg^tter  nicht  die  vier  Flüsse  von  Lao- 
dicea, Lykos,  Kapros,  Asopos  und  Kadmos  vorgestellt  haben? 
DieNamen  sind  zwar  nicht  beigeschrieben  (wie  auf  der  Münze 
von  Apameia  Kibotos);  es  bleibt  also  Vermutung.  Sicher  aber 


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DIE  FLUBSSE  VON  LAODICBA  19f 

scheint  doch,  dass  diese  vier  Flussgötter  sich  nur  auf  Flüsse 

in  der  Nähe  der  Sladt  beziehen  können  .  und  es  wäre  sehr 
ge\va<<:t,  einen  von  ihnen  weiter  im  Osten  zu  suchen,  wie' es 
Ramsay  mit  dem  kadmos  vorschläiit. 

Üb  rigens.  wie  schon  bemerkt,  ist  es  thatsächlich  unmöglich 
das  zu  tliun.  Vom  Ak-kan  bis  zur  Lykos-Schlucht  gibt  es  nur 
einen  W  asserlanf  der  in  Belraclit  kommt,  dvn  ßach  von  Dere- 
köi  ;  alle  amli  ren  aal  den  Karler»  verzeichtieten  existiren  ent- 
weder nicht  oder  sind  eiiilacli  VV  inlerbäclio,  neun  Monate  im 
Jahr  trocken,  die  bloss  das  Ueijenwasser  von  der  Xordseite  der 
Alluvial- ilii^el  dem  Lykos  zuführen;  das  ist  besonders  der 
Fall  bei  dem  Kaleh -Ischai. 

Die  Inschrift  bei  ßödjeli  -  kaiveli '  mit  der  Ortschaft  der 
'EX«ivoxa7r[5iTwv  nötigt  uns  den  Fluss  "EXsivo;  zwischen  dem  Gök- 
bunar-su  (Kadmos)  und  dem  Lykos  zu  suchen,  und  da  der 
Bach  von  Dcre-kiii  der  einzijze  in  dieser  Genend  ist,  so  kommt 
ihm  auch  dieser  antike  Xame  /.u.  Aber  warum  heisst  diese 
Ortschaft  EA£ivoxi-c'.x  und  nicht  E>>£'.voy.iS}jiia?  Denn  sie  kann 
doch  kaum  anderswo  «gelegen  haben  als  zwischen  dem  Gök- 
bunar-su  und  dem  liacli  von  Derc-köi.  Dieser  Einwand  wäi'C 
richtig,  wenn  man  in  dem  Namen  l'^leintjkapria  einen  ganz 
bestimmten  geographischen  Ausdruck  sehen  wolllc,  der  die 
Grenzen  des  Ortes  angibt.  Allein  dessen  Einwolmcr  konnten 
ebensowol  ihre  Abliänijiilkeit  von  Laodicea  dadurch  bezeichnen 
wollen,  indem  sie  dessen  heiligen  Fluss  (Kapros)  in  ihren 
Ortsnamen  aufnahmen. 

Die  genaue  f^age  dieser  Orlscliaft  ist  noch  nicht  bestimmt 
naeh/.uweisen.  Als  die  Eisenbahn  gebaut  wurde,  sind  zwi- 
schen Ak-kan  und  Kaleh- köi  auf  der  Nordseite  der  Bahn- 
linie die  sehr  geringen  t'berbleibsel  eines  antiken  Tempels 
an  das  Tageslicht  getreten:  kanellirte  Saulenlroinmeln,  Archi- 
trave U.S.  w..  allein  keine  Inschrilten. 
Es  erübrigt  uns  noch  den  Fluss  Asopos  zu  erwähnen; 


<  LcUas-Wad«iiDgUm  Nr.  1693  a.  Ramsay,  CUiu  and  bithopria  I,  1  8. 
77  Nr.  H. 


in 


«.  WXBU 


allein  da  er  allseitig  mit  dem  Gamügch-tscbai  gleichgestellt 
wird,  so  ist  eine  weitere  Besprechung  unnötig.  Pococke  alkin 
(Descr.  of  the  East  II  S.  72)  hat  die  beiden  Flflsse  fep- 
wechselt :  To  the  east  there  is  a  smaU  rivulet  that  may  be 
the  Asopos.to  the  west  there  is  another  small  stream  which 
is  probably  the  Capros  on  which  are  four  large  piers  of 
a  bridge.  Chandlers  falsche  Ansetzung  der  FlOese  yon  Lao- 
dioea  ist  hier  kaum  zu  erwähnen*.  Den  Emir-Sultan-taefaal*, 
einen  modernen  türkischen  Kanal,  hielt  er  for  den  Lykoe  und 
den  Tscburuk-su  f&r  den  MSander. 


Dieae  Zeileii  waren  geeehriebeo, als  mir  Herr  J.  6.  G.  An- 
derson ffeundliehst  seine  interetiante  Arbeit  A  Summer  in 
Phrygia  I  lokommea  lieaa*.  Br  bespricht  darin  aueh  die 
veaaed  question  of  the  Laodiceian  rivers.  Mit  vollem  Becbt 
bebt  er  bervor,  dasa  the  first  essential  in  any  selentifie 
discussion  of  this  question  is  evidently  to  know  the  course 
of  the  various  streams  or  to  have  a  correct  map  to  show 
it.  Er  gibt  aucb  eine  Karle  of  the  District  of  Laodiceia^ 
based  on  the  Railway  Survey,  Da  aie  in  kleinerem  Maaatabe 
ale  die  meinige  im  Jahrbuch  dee  areb.  Instituts  XIII  Taf.  3 
ausgefabrt  ist.  so  umfasst  sie  ein  weiteres  Gebiet:  im  Osten 
bis  Kisil-kakiik,  imSQden  bis  Tbemisonion;  sie  bietet  also 
eine  erwQnscble  Erg^sung. 

Mit  Freude  babe  ich  bemerkt,da8s  unsere  Ansiebten  in  man- 
chen Punkten  übereinstimmen:  \)  in  der  Gleichstellung  des 
Dere-kÖi-Baehes  mit  dem  E 1  e  i  n  o  s,  2).  in  der  Auffassung  der 
Bäche  swisehen  G5k-bunar-so  und  der  Lykos-Scblucbt,  be- 
sonders aber  3)  in  der  Feststellung  des  Syrischen  Theres  an 
der  Ostecke  des  Mauerringes  der  Stadt  Laodieea :  The  stones 


♦  Travels  in  A<;ia  Minor  S.  284. 

*  Siehe  die  Karlenskizze  im  Jahrbuch  des  arch.  InsliluU  XIII  Taf.  3. 
>  Aus  dem  Journal  of  BMmU  «fvdbi  XVII  8.  SM. 


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DIE  FLUESSE  VON  LAODICEA 


193 


(mit  der  iDschrift  CI.  G.  394  9)  no^v  lie  at  the  south-east 
extremity  of  the  ruins  beside  the  Bash  Bunar  Tchai  *. 
It  is  possible^  therefore^  that  they  belonged  to  the  Syrian 
CttUeway,  but  they  cannot  have  been  part  of  the  Epheaian 
gate,  as  Prof.  Ramsay  supposes.  Den  Grund  haben  wir 
oben  aogegeben.  Allein  in  der  Hauptfrage, der  nach  den  Flüssen 
Lykos,  KaproB  und  Kadmos,  verteidigt  11.  Anderson  die  An« 
sichten  Bamsays  und  so  behalten  meine  Gegenbemerkungen 
ihren  selbsliindigen  Wert. 

Den  auffallenden  Widerspruch  des  letzteren  in  der  An- 
nahme eines  Düdeo  (MCTJcSodpov)  am  Lykos  und  am  Kadmos 
beseitigt  er  einfach  mit  den  Worten:  it  is  apparently  a  sUp 
that  leads  him  { Ramsay )  on  pp.  36  and  786  to  accept 
the  other  opinion,  that  there  was  a  duden  on  the  Kad- 
mos. Beide  Gelehrten  stimmen  darin  überein ,  dass  Stra- 
bos  Satz  TO  wXiov  outo;  utcö  yTj?  pui{<  sich  auf  den  Lykos 
beziehe.  Aliein,  wie  oben  bemerkt,  wo  ist  dieser  lange  unter- 
irdische  Lauf  des  Tschukur-su  naehsuweisen ?  Denn  ihn  aus 
dem  Adji-tua-gül  unterirdisch  kommen  zu  lassen  geht,  wie 
wir  gßseben,  nicht  an.  Übrigens  ist  hier  noch  zu  bemerken, 
dass  wenn  ein  Fluss  irgendwo  in  seinem  Lauf  verschwinden 
soll,  er  doch  vorher  einen  sichtbaren  Anfang  gehabt  haben 
muss.  Der  Adji-tus-göl  hat  aber  nirgends  einen  Ablauf. 
Also  passt  Strabos  Beschreibung  nicht  auf  den  Tschukur-su. 

Die  Ansicht,  dass  Strabos  Worte  sich  auf  den  Gök-bunar- 
su  beziehen  könnten,  sucht  Anderson  dadurch  zu  widerle- 
gen, dass  er  sagt:  the  river  does  not  disappear,  the  duden 
is  a  separate  phenomenon  on  the  left  bank.  Es  liesse  sich 
darüber  streiten,  wenn  der  Tschukur-su  das  Hauptwasser 
wäre.  Allein  das  ist  eben  nicht  der  Fall.  Im  Sommer  würde 
der  kleine  Bach, der  hoch  oben  vom  Tschukur  herunterfliesst, 
niemals  das  Lykoslhal  erreichen.  Heute  wie  im  Altertum 
ist  die  eigentliche  Quelle  des  Gök- bunar  «su  am  iLara-göl 


<  Andanon  nennt  so  den  Baschli-twhat. 


194 


G.  WBBBR 


(wie  ihn  Kiepert  nennt)  zu  suchen;  in  allen  Jahreszeiten  hat 
diese  reichlich  Wasser.  Dos  Kluas  iial  vun  der  Quelle  an 
einen  Lauf  von  über  400  Metern,  verschwindet  im  xaiTÄSoOpov 
und  fliesst  dann  im  liefen  Thal,  wie  wir  oben  gesehen.  Die 
Schlucht  fängt  übrigens  erst  bei  dieser  Quelle  an.  nicht  oben 
in  der  Tschukur-ova.  Ebenso  sei  hier  noch  einmal  bemerkt, 
dass  der  Gök-bunar-su  diesen  Namen  bis  an  seine  Mündung 
in  den  Lykos  beibehält.  Emir- Sultan- tschai  heisst  der  beim 
Ak-kan  abgeleitete  moderne  Be wüsserungs -  Kanal,  der  alle 
Dörfer  his  nach  Schamli  mit  dem  nötigen  Wasser  versorgt. 

In  Bezug  auf  den  Kapros  folgt  Anderson  den  Ansichten 
Ramsays.  Sirabo  habe  die  beiden  Flüsse  Lykos  und  Kapros 
als  die  Hauptflüsse  {the  chief  rivers)  angesehen;  also  ist 
Gök-bunar-su  der  Kapros.  Ohne  auf  die  oben  angeführten 
Einwendungen  zurückzukommen  ist  hier  in  Bezug  auf  die 
Ausdehnung  der  Stadt  bis  an  den  ,\k-kan  folgend»  r  Beweis- 
grund der  beiden  Gelehrten  (S.  406)  herauszuheben:  Ätf- 
mains  can  be  traced  nearly  up  to  the  Geuk  Bunar  tvafer: 
perhaps  these  are  only  relics  of  the  tombs  lining  the  greai 
road  to  the  east,  but  it  is  not  impassible  that  they  repre- 
sent buildings.  Ob  er  überzeugend  wirkt,  ist  doch  fraglich. 
Dem  Baschti  -  tschai  oder  Bäsch  •  bunar- tschai  wird  alles 
Existenzrecht  abgesprochen.  It  is  a  mere  insignificant  brook, 
with  no  claim  to  be  called  a  river.  Wollte  man  diesen  Satz 
gellen  lassen,  so  hätte  mancher  Fluss  in  der  griechischen  Welt 
kein  Anrecht  auf  diese  ßennenung.  Übrigens  hat  der  ßaschli- 
tschai  Wasser  das  ganze  Jahr  durch  und  bei  der  Stadl  fliesst 
er  in  einem  ganz  bestimmten,  tiefen  Tal,  das  niemals  in  das 
Stadtgebiet  einbegriffen  war.  Unter  anderem  wirft  Ander- 
son auch  die  Frage  auf :  Moreover  how  can  the  advocates 
of  this  view  ( Kapros  =  Baschli-lschai  i  explain  the  coin 
representing,  in  the  usual  ^vny,  the  chief  rivers  of  the 
city^  K  ATT  P  O  C  and  A  Y  K  O  C  Why  is  it  that  the  Kapros 
is  always  named  alongside  of  the  Lykos  as  the  other 
chief  river  of  Laodiceia  {e,  g.  tins  coin,  Strabo,  Cinno' 
muSf  and  the  term  Ao)t6»axptH:)i  Die  Antwort  durfte  nicht 


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OIB  FLUESSE  VUN  LAODICEA 


195 


80  schwierig  sein.  Dass  Strabo  den  Kapros  nicht  notwendiger 
Weise  als  einen  wasserreichen  Pluss  darstellen  wollte,  haben 
wir  oben  gesehen.  Wenn  dessen  Name  aber  immer  ange- 
führt wird,  so  geschah  dies  1)  wegen  seiner  Wichtigkeit 
für  die  Ansiedelung  bei  Denisli,  2)  für  die  WasserversOi^ung 
der  Stadt  seihst  durch  den  grossen  Aquädukt,  wegen  der 
bestimmten  Abgrenzung,  die  er  im  Süden  der  Stadt  gab.  Das 
dürften  einige  der  Ursachen^  sein,  die  ihm  such  specitU 
prominence  gegeben  haben,  und  nicht  dem  Asopos,  wie 
Anderson  meint  (S.  405).  Dieser  Pluss,  viel  grösser  als 
der  Baschli  -  tschai ,  wie  sein  breites  Bett  bezeugt,  und  im 
Winter  besonders  stark,  floss  eben  nutzlos  für  die  Stadt  da- 
hin;  deshalb  ein  weiterer  Beweis,  dass  Strabo  nicht  allein  die 
Menge  des  Wassers  im  Auge  hatte,  als  er  die  Flüsse  Laodi- 
ceas  beschrieb,  sonst  hätte  erden  Asopos  kaum  übergehen 
können ;  denn  die  lange,  hohe  römische  Brücke,  die  über  ihn 
führt,  bezeichnet  den  Fluss  doch  hinlänglich. 

Scbiiesslich  sieht  H.  Anderson  sich  gezwungen,  den  Fluss 
Kadmos  mit  dem  Bach  hei  Kolossal  zu  identiüciren.  The 
Kadmos  is  probably  the  river  that  comes  down  from  Kho" 
nas,  joining  the  Lycos  at  Colossae.  Dann  folgt  Hamiltons 
Beschreibung  dieses  Wassere.  Als  Beweisgrund  wird  ange- 
führt, dass  Strabos  Satz  t6  itKiw  V  ouro«  u.s.w.  sich  auf  den 
Lykos  beziehe.  Man  sieht,  the  question  is  still  a  vexed  one. 

Smyrna,  Mai  1898. 

O.  WBBBR. 


•  Rädel,  Revui  des  uniwnm  äu  Midi  1896  S.  21« 


DIB  STRABON- SCHOLIEN  DES  CYRIAKUS  VON  ANKONA 


Im  Jahre  1447  verweilte  Cyriakus  bis  zum  25  Jan.  in  Con* 
stantinopel  und  zwar,  wie  er  selbst  in  einem  Briefe  Ton  dort 
sagt  (angeführt  bei  De  Rossi),  eodieis  Sirabonis  G raren  a  U- 
brario  excipiendi  potissimum  causa  detent  us.  Diese  Hand- 
schrift glaubte  Giov.  Batt.  de  Rossi  [Inscr.  Christ.  Ii  S.  366) 
wiederzuerkennen  in  dem  Cod.  Laur.  XXVIII,  1 5  des  Strabo. 
welcher  Slrabo  i.ib.  XI -XVII  enthält  und  zu  Lib.  XIII  S. 
622  am  Rande  des  fot.  1 16  die  Bemerkung  hat :  Kupiaxo«  ^Uyu 
«UTOC  {AlTa^u  |iiUp(vii|C  Xftl  xujMK  <K  TOI  TOu  «UToC  'Ak6>.>(i>vo;  UpoS 
Iftim«  iv  Tö  öiro)MC(&ivu  >(0«h  Tt^  ttuXyi;  {iiyi^TOtc  xal  xK>X{iTTOtc 
Ypiu^aut  ra>aioi?  toSi  iiciYpa(Aua  tupov  APOAAQNI  XPH 
ZTHPIßl  I  <t>IAETAIP02  ATT  AAO'f  (C.  J.  G.  3527), 
die  nach  der  Meinung  von  Rossi  uod  Kramer  voa  dereigenoi 
Hand  des  Cyriakus  herrührt'. 

Doch  übersah  Rossi  dabei  die  sonstigen  Nachrichten, die  uns 
über  ähnliche  Strabon- Scboliea  des  Cyriakus  erhalten  sind. 
Sie  führen  erheblich  weiter. 

Bs  sind  zwei  scheinbar  völlig  von  einander  getrennte  Über- 
lieferungen. 

I.  Der  hamburger  Rechtsgelehrte  Lucas  Langermann  (1625- 
1686  vgl.  C,  I.  L.  IX  S.  xLviii),  welcher  ein  lebhaftes  In- 
teresse für  griechische  und  römische  Inschriften  besass,  sah 
apud  Patriciiim  Junium  einen  Strabon- Codex  mit  griechi- 
schen Scholien  des  Cyriakus  und  erhielt  die  Griaubniss,  sich 
daraus  Excerpte  so  machen.  Er  teilte  aus  dieser  Quelle  dem 


I  Dieselbe  Bemerkung,  aber  nicbt,  wie  Hossi  sagt,  eadem  scholia  sieht 
anoh  im  Cod.  Par.  1394  und  Terführte  Villebnin  in  der  Meinung,  die  gaaie 
Handschrift  sei  von  Cyriakus  seihst  geschrieben  {%,  seine  Qesohiwibttng  dee 
Q9dM  bei  Sif^ibved.  FalooQer  praef.), 


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btlt  StiUtON-SCttOUBN  ta»  CYHIAKÜS  VON  ANltÖtlA  lOf 

ReinesioB  die  Inschrifken  mit,  wdehe  dieter  yeröffenUiebte  in 
eeinem  Syatagma,  und  iwar: 

I  941  S.  993.  DelphitTidit  Gyriaeus  Anconitanus:  8«oIt 
hcl  'A^t9xxy6oti  (C.  /.  G,  1694)  e  acholtis  ejus  ad  Straboneiii 
Graecis  maoueeripiis  exeerpsit  L.  Lang. 

I  949  S.  294.  In  templi  ApoUinis  quod  inter  Guroam  et 
Myrinam  in  Aeolide  porta  maxima  lapis  inscriptus  visus  a 
Gyr.  Adc.  *X%6XkMii  XP^<''^<  ^  eeholiis  ejuadem  Gyr.  descripsit 
idem  Lang.  (C.  L  G.  3597). 

1  943  S.  995.  In  oppidi  Boeotiae  Lebadiae  diruto  templo 
vidit  descripsit  idem  Cyr.  'Hpf  BamXi^i  {C.LG.Sept.  1 3097) 
exeerpsit  e  scboliis  ejus  in  Strabonem  idem  Lang. 

Ill  85  S.  335.  Repertum  Atbenis  e  Gyr.  Anc.  seboliis  ms. 
ad  Strabonem  (^C.LA,  III  481)  exeerpsit  conoedente  Patrieio 
Junio  domino  oodicis  Lucas  Lang.  JC. 

Ill  86  S.  335.  Bx  iisdem  scboliis  mscr.  excepit  Langerm. 
(C,LG,  1393). 

Ill  87  S.  336.  In  insula  Galaurea  quae  jacet  ante  portam 
Troecenis  in  stnu  Argolico,  vidit  dictus  modo  Cyr.  7.  G. 
1188)  descripsit  e  schol.  ad  Strab.  L.  Langerm. 

V  59  S.  386  <C.  /.  G.  1997  Z.  1-3).  In  arce  Messeniae 
Itbome  vidit  Gyr.  Anc.  Soboliastes  Graeous  Strabonis,  e  co- 
dice  exc.  Lang. 

VI  190  S.  457.  Bx  scboliis  Cyr.  ad  Strabon.  excerps.  Lang. 
(C.I,  G.  1389). 

VI  191  S  458.  fin  oppido  Lacooico  Taenaro»  Gyriaeus 
in  scboliis  ad  Strab.  unde  exeerpsit  Langermannus.  (fl,  /.  G, 
1393). 

Zu  den  Inscbriften,  die  Langermann  aus  dem  Strabon - 
Godex  des  Gyriakus  abscbrieb,  scbeint  ferner  zu  gebören 
C.L  G.  3457  aus  Sardes.  Hier  giebt  Reinesius  III  84  S.  334 
iwar  nur  an,  er  babe  die  Inscbrifl  ex  achedts  Langermanni, 
aber  dass  scbon  Gyriakus  sie  abschrieb,  bezeugt  der  Godex 
Riccardianus  996,  in  dem  sie  stebt;  vgl.  B.  C.  H,  I  S.  85 
Nr.  91. 

Dasselbe  gilt  wabrseheinlich  von  C,  /.  G,  3469,  welche 


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Reinesius  ebenfalla  ex  $chedis  Lucae  Langermanni  giebt 
(VII  do  S.  508)  und  welche  auch  im  Cod.  Riccard.  steht 
{B.  C.  H,  \  S.  84  Nr.  15),  wenn  auch  unter  dem  Fundort 
Philadelphia. 

II.  Auf  der  anderen  Seite  henutzte  Falconer  sur  Oxforder 
Strabon-Ausgabe  einen  Codex  coUegit  Etonenais^  von  wel- 
chem er  sagt:  achartaoeuB,  recentior,  Byzantii  ecriptus  Li* 
bro8  tan  tum  X  continet.  Ad  marginem  sunt  notae,  quarum 
aliae  argumenta  tantum,  aliae  lectiones  variantes,  vel  loco 
praetermissa  exhibent,  conscriptae  manu  raro  quidem  recenti, 
neque  eadem  ubique.  Aliquando  etiam  reperiuntur  Epigram- 
mata,  lilteris  majusculis  exarata,  quorum  nonnulla  ab  edi- 
tore  noetro  annotalionibus  suis  intorjecta  sunt.  Tituli  vel  prae- 
(ationes  scripti  sunt  litteris  minoribus,  manu  diversa  ab  ea 
qua  nolae  reliquae  exaralae  sunt  etscatent  contractionibus...» 
Die  Scholien,  die  Falconer  in  seiner  adnotatio  mitteilt,  sind 
folgende : 

Strabo  ed.  Falconer  I  S.  5$t  tt»v  IluXov]  In  MS.  Etonensi 
ad  oram  paginae  scribitur:  töte  cytt  Kuptauioc  lU  Miavtivtaui^v 
nOXov  iiti^fxiL^x  eupov  <^  C.  1,  G.  1393^  xttl  vuvt  Sl  TftVTViv  iXftT- 
T0{uvv)v  UviXw  leoXv»  BiiruXov  MtXoG^tv*. 

I  S.  5%1  Z.  SS.  MS.  Etonensis  ad  marginem  paginae  in- 
scriptionem  habet,  in  qua,  ut  mihi  videtur,  haec  urbs  dicitur 
H  nOAI2  TAlNAPinN  F.  <C. /.  Ö.  1393 >. 

1  S.  531  Z.  SO.  ToQ  ^*  utoG  TViv  ^Xtxv  amorpa(A(«iveu ]  MS. 
Etonensis  ad  oram  paginae  inscriptionem  habet  de  Lacone, 

'  Mil  diesen  grieehiselii  ii  Worten  \erirlpiche  man  den  erhallenen  Text 
über  diuscii  Teil  der  griechischeii  Heilte  des  Cyriakus :  loscripliones  per  lU 
iyricum...  (Komae  1747)  S.  xxxxiv...  «Ubi  (sc.  Pyli»  Joannen  Palaeologuia 
pro  Spartano  principe  OonsUmlino  praefeotum  inveni.  ex  quo  honorifioe 
8U<iCop(us  CO  ducc  aliquom  in  cantpo  ex  anli<|ui.s  nioeiiÜMis  [»artmi  eoii- 
spcxiiiiiis  fl  ad  njarinorcain,  iiuain  el  in  agro  serni  ilcfossaui  coiiiiieriinus 
basim,  hoc  nostrum  in  Gordianuni  Caesareni  Epigramma  cunsculplum 
inveniiDUB.  In  quo  Pyhn  a  posUris  Bitylon  dictam,  ut  Strabo  ipse  teslalur, 
appareta.  Die  Inschrift  fetilt,  allein  es  ist  klar,  dass  Cyriakus  hier  die 
uns  in  der  Klon -Handschrift  erhaltene  Inschrift  niillcilte,  wie  denn  auch 
sonst  vielfach  die  versprengten  Slückcbeo  seiner  Commentarii  sich  gegea- 
•eitig  in  glücklieher  erglnien. 


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DIB  StRAfiON-BCHOLIfeN  DfeS  CVlttAKUS  VON  AMKOKA  199 

Euryclis  fil-o,  Taenari  reperlam  (folgt  C.I.G.  1889  Z.  1-5). 

I.  S.  542  Z.  16.  MS.  Etonensis  ad  margineni  pag.  ad 
hunc  locum  insciiplionem  habet  sequeotem :  HEYPENEIA.. 
{C.  /.  ^.  1188  Z.  1  -  4>. 

I  S.  6Ü1.  Adoram  pag  MS.  Btonensis  haec  sunt  scripta: 

Yl{/.£i;  Vi  h  AeoaSix  ToSt  si;  öp£'.vr,v  >coo'j'pr,v  ^TiYpxau.a  lupcv,  ev  tw 
waXxit^  x,x'.  «peiTi<{)  xai  ravTayoCJ  xsy aXxaaevoi  Upw  o  vjvt  ayiov 
'HXiav  >cxXoö(jiv  <(C  /.  G  Sept.  I  3097,  wo  diese  genaue 
Angabe  des  ersten  Fundorts  naclizutragen  ist;  vg;l.  auch  Job. 
Schmidt,  Athen.  Miltli.  V  S.  137). 

IIS.  üGö.  Ad  Oram  MS.  Etonensis  liaec  inserta  sunt: 
wspi  y'xp  TT,;  IlxAewv  ttoXiu^  ii(  'AÖVjva;  to^«  6]ciYpa|&{i.a  lupov 
<C.  /.  ^.  Iii  i81>. 

Vergleicht  man  diese  beiden  Scholien-Reihen  mit  einander, 
so  ergibt  .sieb  zunächst,  dass  sie  nur  eine  Überlieferung  dar- 
stellen. Falconer  teilt  aus  seiner  Handscbrifl  nur  sechs  In- 
schriflen  mit, aber  es  scheinen  mehr  darin  zu  stehen.  Diese  sechs 
kehren  unter  den  von  i.angermann  milgcteillcn  wieder.  In  der 
Inschrift  C.I.G.  Sept.  I  3097  gibt  Reiiiesius  nach  Langermann 
in  Z.  i  die  auffallende  Lesung  :  lepaxEOTx? ,  die  sich  in  der  son- 
stigen Überlieferung  der  Inschrift  nicht  hndet.  Aber  auch  im 
Etonensis  steht:  UpxTEOfrotf;.  Von  den  Inschriften,  die  Langer- 
niann  allein  hat,  kann  im  l->Lonensis  nicht  stehen  C.  I.  G. 
35'27,  da  sie  zum  XIII  Buche  des  Strabon  an  den  Rand  ge- 
schrieben war,  ebenso  die  beiden  Inschriften  aus  Sardes,  falls 
sie  in  dem  (^odex  standen,  den  Langermann  excerpirte.  C.  l.  G. 
1694  dagegen  steht  vielleicht  auch  in»  Etonensis.  Langermann 
benutzte  also  einen  Codex,  in  welchem  sowol  Buch  X  des 
Strabon  als  auch  Buch  XIII  enthalten  war,  d  h.  der  ganze 
Strabon  stand,  Auch  er  scheint  die  Scholien  in  griechischer 
Sprache  gelesen  zu  haben,  denn  er  sagt  'Cyriacus  Anconilanus 
Schuliastes  Graecus  Sliabunis'.  Auf  der  anderen  Seite  bietet 
der  Etonen.sis  einige  Scholien  in  ihrer  ursprünglichen  grie- 
cbischeo  Form  '  und  trügt  am  Schlüsse  lulgeude  Subskriplioo: 


*  Die  gi  leciiisclie  Furui  dieser  Leuimala  ist  auch  sonst  vereiuzolt  erbalten. 


voO  Siaxövo-j  UpoavTiaovo;  <piXou.  Danach  scheint  es  fast  sicher, 
dass  der  Etonensis  der  von  Cvriakus  eif^enhändii:  mit  Noten 
versehene  Codex  ist,  den  er  in  Byzunz  kaufte.  Eine  Schwierig- 
keit bleibt  dabei  noch  bestehen,  nämlich  die,  dass  er  nur  Buch 
I-X  enthält,  wälirend  Cyriakus  thatsächlich  auch  zu  BuchXill 
mindestens  ein  Scholien  gemacht  hat.  Um  sie  zu  heben,  kann 
man  auf  den  Gedanken  kommen,  dass  der  Cod.  Laur.  XXVIII 
15,  der  mit  Buch  XI  beginnt,  die  zweite  Hälfte  des  gesuchten 
Handexemplars  des  Cyriakus  darstellt  In  der  Thal  ist  dies, 
wie  mir  der  Konservator  der  Handschriften  der  Laurentiana 
Herr  Cav.  Prof.  Dr.  E.  Rostagno  freundlichst  mitteilt,  seine 
Meinung  wie  auch  die  von  James  ,  der  beide  Handschriften 
gesehen  hat  (vgl.  James,  Elton  Coli.  Catalogue  S.  67).  Eine 
Entscheidung  kann  nur  die  genaue  Vergleicbung  beider  Hand- 
schriften geben.  Von  vorn  herein  erscheint  mir  dieser  Sach- 
verhalt wenig  glaublich  weil  dann  die  Subskription  nicht  am 
Schlüsse  der  ersten  Hälfte  des  Strabon  stehen  würde. 

Es  bleibt  noch  übrig  eine  dritte  Erwähnung  von  Cyriakus- 
Scholien  in  der  Strabon  -  Ausgabe  von  Tzschucke.  Dieser 
schreibt  in  der  Vorrede  zu  Band  II  S.  xi:  Emissae  in  Bata- 
viam  preces  etiamnunc  insistunt  aguntque  ut  quae  possidet 
in  thesauris  ditissimis  bibliotheca  Lugdunensis  scholia  Graeca 
Cyriaci  Anconitani  in  Straboncm  inde  .  .  .  eflerantur,  und  als 
er  die  Vorrede  zum  nächsten  Bande  schrieb,  war  sein  Wunsch 
erfüllt  und  er  erzählt  (Vorrede  zu  Band  III  S.  vi):  Eodem 
honestissimi  librarii  studio  cum  votis  meis  omninoque  litte- 
ris  fato  correptus  fuisset  Buhnkenius,  descripta  ad  me  vene- 
rum, quae  desideraveram,  scholia  Graeca  Cyr.  Anc,  qui  Ge- 
misii  Piethoois  aetate  vixit.  Sed  quod  ipso  usu  oognovi,  exigui 


80  steht  im  florentiner  codex  Palatinas  49  der  Briefe  des  Cyriakus  in  dem 
Briefe  Nr.  25  ( teilweise  herausgegeben  von  Targioni -Tozzclli,  Viaggi  (Ulla 
Toscana  V  S.  iil )  zu  der  Inschrift  von  Delphi  C.  J.  G.  iG94  x6  jü»  yip  u(  tij» 
toS  Ku6tou  ä>cöXXci)vo(  Upoü  xXiupäv  y(tf«h^vw  lottv.  Vgl.  fernAT  die  griocbi- 
•chan  Lemmata  im  ood.  Aalibani.  1174  (1108)  fol.  193,  berwugegelN«  von 
Mommaeii,  Bpliem.  epigr.  III  t36. 


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filB  BTRABON-SCffOLIBN  DBS  CYBIAK08  TOlf  ANKOlfA 


illi  sunt,  immo  nullius  fere  ad  Strabonem  momenti.  Cumenim 
sint  pauca  admodum  el  ad  recentiorem  Geographiam  compa- 
rata,  tum  maiimam  partem  in  ioacriptiooibua  enarraDdis  ver- 
santur. 

Über  diesen  ieydener  Codex  habe  ich  nichts  in  Erfahrung 
bringen  können.  Es  ist  nicht  unmöglich,  dass  er  mit  dem 
Etonensis  identisch,  also  später  nach  England  verkauft  ist*. 

Unter  allen  Umständen  aber  verdient  der  Etonensis  eine  sorg- 
fältige Prüfung,  und  der  Zweck  dieser  Zeilen  ist  es,  die  Auf- 
merksamkeit auf  diese  unbeachtete  junge  Strabon- Handschrift 
zu  lenken,  die  jedenfalls  für  den  Text  des  Strabon  wertlos  ist, 
ftber.fUr  Cyriakus  von  grosser  Bedeutung  werden  kann. 

Athen. 

BRICH  ZIBBARTH. 


*  Aueb  sonst  sind  die  merkwürdigen  Sefaolien  nieiit  gant  nnbeachtel  ge- 
blieben. 

Fabricius  bemerkt  in  der  Bibliothcca  Graeca  4,  576:  Cyriaci  Anconitani 
scholia  in  Strabunem  Graeca  quibus  Lucas  Langermannus,  ICtus  Hambur- 
gensis  usus  esse  dicilur  ...  fru&tra  quaesivi.  Inleressaat  ist  ferner,  dass  Mar- 
qaardOude  1 1635-1689)  in  seinen  BeaerlLungen  lu  dem  Thesannu  des 
Gruter,  die  erst  in  der  Aasgabe  von  1707  stehen,  zu  S.  CXXIX  ib=C.  /.  G. 
1694  sagt:  hanc  vocem  (sc.  0eoT?)  apposui  px  Cvriaci  Anconitani  scholiis 
luaiiuscriplis  in  tilrubonem,  und  ebenso  xuZ.  3HPINHZ:  sie  restitue  ex 
eodem  Gyriaei  ms.  Denn  diese  Worte  kdnnen  den  Olanlwn  erweekoi,  als  ob 
auch  Gudc  die  Scholien  des  Cyriaicus  im  Original  gelesen  liltte.  Nun  er- 
schien aber  das  Syntagma  inscriptiunuin  anliquarum  des  Thomas  Reine- 
sius  schon  in  Jahre  lö82  und  Gude  wird  auch  sonst  direkt  des  Plagiats  an 
Reinesios  beschuldigt  (Laffeld,  Griechische  Epigrapbik  8. 373).  Er  bat  also 
seine  Kenntnis!  der  Oyriaitus-Seholien,  die  er  nur  an  dieser  einen  Slelle 
aniufSbren  scheint,  sweifenoe  aus  Rdnesins  gescbSpft. 

ATBIK.  lll*TBBU.ini«BN  UIU.  14 


UBTPAiA  SaiTPA^H  TOT  MOTSBIOT 

Ypfli(ji|avfli  TftSc 


Mfixoc  ?/it  t)  irtYpaip-r)  uerpou  Ivo;  xai  evScx«  ixatoffräv-  ri 
ypa(A(jLaT«  C<{>0(  0,062  tö  icpäxov  (  E),  0,125  to  teXiutxiov  (H). 

'T^j/TjXOTaxOV  «dvTWV   TÖ  (|>    £/tl  VTlXi^O;  Utj*Ou;  0,130.    Tö  (A«Ta^U 

H  »Al  H  2M<m)(Aa  0.060.  To  puTagu  ^  N  xfvöv  oXov  0,220. 
oipip,  me«ovpLlv«»v  tAv  xaT«  to  t^ipo«  toCto  toC  oti^ou  {uiCovuv  ^tot- 


*  'Bv     y'  «(««xt  (Bl.  III)  Ta9  6k4  Curthis  mI  Kanpert  lxtito|tlv«}  Attas  Ton 

Altir;n,  xxxk  tö  iJiitvu  RcpiROU  tI|(  «Rovriscu;  toS  aT]p.({ov  Sessel  ano  toS  (i,vi)|ufov 
TOÜ  'l»;Xo»taj:noü  xat  öXt^ov  önipsvtx»  t(3v  ixst  tp-jOsö  -/poj(iaT(  5i8>)Xb»|jiiv(rtV  ).eii{<ivti}V 
Feläcuhäuscr  |tdi  xal  Karlua  von  AUika,  Bl.  I)  !^i)Ti]Ttai  irX  Ttiicou  \  rtixpa  if 
^  4  iinyp«f i|.  TAv  YP«|i|i^twv  tI}v  «vcuuIXik^iv  iOLm  tl«  xov  xptMxtfiv  |u«'i»(tfv, 
00/ vi  xatiuöiivovTa  xö  ßii[Aa  it{  Touj  {pT|(iou{  Jtesi  tö  Moj-jiTov  nipixxxout.  Ot  6'lv- 
9w|jioü|jnvoi  Ot:  (j.dXt{  iv  hti  18()5  ivexa/.j^Or  t::'t  tt-j  ino  it)v  'Axpd;:oXiv  rr^Tpaj  f| 
Yvcüoxi)  iitiYpafj)  «  nepioöoc  tov  Tit^mdxov »  8tv  OAouai  ßi6aiiu>{  ixop'^m 
Stt,  Iv  dimUnpy  0<«n  Mtl  «Gno«  ixl  -cfii  ;:iTpo>8o«c  ixifaviiac  t»S  iMfoo(  x«pip> 
p<|t|&iv«,  SUfvpv  nbc  imiuXilf  ifiv  t^mmr  ipmn|Ti«  t>  oX(|«  lfMi8p&  yp^l|i|i«t« 


V 


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ST.  n.  APArorXHS,  oetpaia  EairPA«H  Tor  Mor£Eior  203 

(Mvov  ouSiv  t^T^  ff&yL^TOi  )ieuip(viTeii  iiul,  «IXX«  xetl  iq  Imf ivit« 

Ttiv      ^uo  xixo(t(xevDv  opi^ovriov  xipottav  )uv«t«(  tic  bwc  voc 
YP«fv)  avoiYivÄvxtTat  outu*  'Etioc  Si  ^[ojvn. 

iCioysiTai  T)  xapouaix  <;uvSi9(A0u,  toS  6£,  cv  auroTiXil  icpordoii. 

K«T  £XXi)v  ixSo^Tiv,  3uvaTa(  tic  vci  6ico8ia){i  OTt  ttiv  npoTaatv, 
oS««v  T(jLYi(ta  Ti^eta;  Tcspio^ou,  KuStpv^  ffpoi^tvTiVcyf&ivov  Ivt{  ayvu- 
•T«|^i)(i{v  ap^^Y)  pyifxa*  iKapei{eiYpt.aTt  to  pr^ua  ((d|i{:(6eTatv.  K«t« 
-riiv  TotauTr,v  uTTÖÖioiv  ixoftiv  E.no^  6^  (d)jiei6exat)  ^«vn,  to'jt<- 
on  St  SiaS^jC^i^cii      InoCi  v6d|mi  «Xiipc(  |uv,  oXX' 

>ov  £tI  Ttvi  ivTau6a  c^ivfxOkV. 

To  «V  T$  Xtfty  xivov  C<to>(  Tt(  6tXin(T(i,  icoipaSXtiruv  t-viv  ^mXilv 
Mpciiav,  V«  ffU(jt,7cXiop(l)(nT  ti«  ««piv6vix»c  A,  ouSivo^  aXXou  Ix'^^^C 
Yp&(i(MlTO(t  WC  ipp^Oil,  9atvo(Aevou  ixEi.  UXr,^  xat  outu;  axarii* 
Xto^ttov  (TuvaysTai  to'  «  enoc  8' ^<|[d}vn  »  ri  o  enof  SI  ^[d]vn>. 
To  CJiOQ  i^TiXdiv  lie  9<öi;,  eXa(i.t{»(v,  i^avepüO^i);  'E^f^Xi^^,  i^cfM- 
vtoGy);  To  Koyxov  iwi^tiybf),  e^jTsXe'dQy,  • ; 

'Eni  TccTpac  XÖ90U  c  ev6a  Mouffttfov  ^Stiv  xai  aTcoOccvevT«  Y^ff 
T«fii)v«t  Xeyouiiv »  ^  ti  Xe^i;  5roc«  «icpoffSoxqT«»^  axavTA««!  xal 
axovTttv  «v^Ysi  Tov  vo8v  uc  Toi  «ipi  ToO  «pxouotAtou  inonotoO  «• 
|xuSp(&(  yvftXTTi. 

X^na|iojLÖYOc  y\  '^gna]xcdS6Q  0  Mov«aIoc,  On^ip^t  x«i  ö^y^uv 
KaV  ixvcrriKov  xiktxdv  auvGetn?,  xetT«  |i,i(fci)«iv  to9  'Op^iuc, 
lnoir.ff«  xat  ü^vov  eif  xhv  AnjinTpa.  rivix«l>Ttpov  yvwpt^Iofa- 
vo(  v){6(  'AvTio^n|jio\/,  ifii|iii^iTO  h  toutok;  äicoYOvoc  (acv  Kip- 
xv6vo«,  A^tXfoO  T08  TptWToXl^u,       3'  Eu(ioX«ou  lud  ««T^p  «u* 


— 'Q(  £vb>  f  afviTai  tv  T(3  äxttxovfoixaTi,  Sncp  (jitt'  axp(6tOT{pav  toü  Xtöou  i^^raoiv 

xaT(ox(t»ao9>i  xiorÖTaxa  uro  toü  xupiou  ProU|  Tfiiv  i](^vtiiv  Sk  oviwv  xaia^viliv,  i 
X^fOt  mpl  Mpi|i0BM|«  A  MpAMt  tÄmv. 
«  Hanmlwl,  26,7. 


204  ST.  «.  mrorMttS,  asTi>AiA  smrpA^a  rot  nonuof 

Otc  Ev|mXic«w,  ^  *E>tvdvi«c,  »«1  «i(  «uro«,  nxxk  navMvwv, 
•m^iSovTO  T«  Inn  t«  fip6|uvdi  6iro  to  Svo(ui  Et^o3l9t(a'. 

M ouaaiott,  —  Sui  tov  Xdyov  OTt  ImC  x«ft%|fcivo«  ^[fiq«(M^tt  xftt  Ivixa 
Tile  Ott  xftl  TcOafft(uvoc  IxtC  ^,  —  6  X6foc  outoc*  ßopiioSu* 

TUcA(  Kdm  «poc  TO  TlpfiC,  «fltpa  xn*  üv^ixa,  IvOoi  mpfacou  vOv  xtf" 
Tttl  TO  lx»\l|9<StOV  *Ay(0U  ÜV)(M)Tpj0U,  TOO  liTOtaXovfUvott  Aov|ftvap- 

SApvi,  ilf*  TO  6i«|Uf6ptov,  iep6v  xfic  dA^m^oc,  9n  «pAroc  6 

Tuv,  fi&v  a&cb^  Axoi^eTO  £v  'AtiAvatc  cruvO^xtic  Ka\  id^vnfic' 
OTi  pxpov  xttTUTcptt,  6icip  TQV  xp^vi)v  Tii«  *Em(b(pouvQv ,  ^nt^^fJVl^ 
63ÜLO  ie^öv  dtJcShiOOv  AÄ|j,nT^0Ct  Kd^nc  icaV  T^mto^LliiOv,  t6 
Oko  t)  'AxpoiEÖXft  *EXfuo(viov*  xoU  Sti  ajtlottc  6irfpAv»t  ^«  «vt^ 
'A»poK6>4tt  xoiTei  Tot  IlpoiruXaia,  avlxiiro  Ypairrri  ilxov  toS  irnxoO 
Xpvi9m»^8*  owtXövTi  ^*  itmlv,  ort  Himq  0  mpl  Tnv  ivtfffypatfov  fiptAv 
iriTpftv  x^P^C  xaTi(x>vo  ti  t9<  (t>rqfitK  xoU  ty3<  fiopic  toG 
«acv«pX«iov  «pof^TOu  x«t  tAv  ovyyivAv  tkI^  61c*  avroG  oiivti- 
6f<aai(  (ftvoTixatc  TtXtTftlc  UpAv  vopU(M«v  tAv  iXiv«tv{«»v  OcAv. 

Hib  TOi  Ixtt(tiv  ivTfliGOa,  61C0  x**?^  |UTaY***^'P*C  ''^^  tuxln- 
^i(mv  ju^iim^  «vttytYpafiiUvov,  £«6«»««|Mt  &COI/C  ^  y^nft^Oü  toG 
«ffftvoG  Mouootiov'; 

'Ev  'AUyvotic,  Tf  12  Meeprtou  1898. 

STEFANOS  N.  APATOTMHS. 


•  nauWou,  auTiMt  Ml  i:po«ln  1, 14«  3.  IV,  i,  5.  X,  5, 6.  7, 2.  9,  II.  12.  It. 
HflSK.  mI'HpAmov,  nXittiMi,  JtXfiimm,  Amwi««^,  ^iMsrpaxsv,  *ApSMp«- 

xfcuva  [SeufBav],  Bv9l6tov  xXic.  Ksii  Atoylvnj  tov  Aa^pttov  (B-lot  xXr.  i^oo((uev,3| 

auT^  (iv  69Tip(üTlpo((  ßtGa^uc  ^(pövoit)  toüdi  toS  iXtytiou' 

Mouaatov,  fOf^JKvov  aujA*  iiA  x^i  Tdt^i]*. 
'AfwoTi(i.»t'ti)Tov  iv  TOÜTotj  Ott  XÄi  tv  ^aXifpm  Sia^EprfvTtü?  iti[i.5T0  f)  Aijfjujtpa. 

'  Kivi)6(i(  uKotaia  {jiijiccu(  iv  rjlfpiatt  <Ixo(  H  f<>>vr)»  xpuictT)rai  i)  Ivvota  dVTi- 
XdJtOV,  6«  XiyK  i)  owi(0(i«,  if  ijtami  Sic  t^v  Moi«  ^  g  h  i*'TP<f  4'  ^  diutip« 
JliMMif  Mv  few<i6<iiww  T^v  <vniM(t  Sm^iv  il^(pOc. 


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BNNEAKRUNOS,  LENAION  UND  MONY£ION  EN  AIMNAIS 


Die  berühmte  Thukydidesstelle  über  das  älteste  Athen  (11,15) 
hat  das  Missgeschick  ijehabl,  nicht  nur  von  der  Interpretation 
sondern  auch  von  der  Kritik  aus  in  sehr  verschiedener  Weise 
behandelt  worden  zu  sein:  t6  Se  wp6  toutou  (vor  Theseus)  tj 
axpoiroXt?  7)  vöv  ouda  tcöXic  "ov  xal  xo  utc'  auxTjv  wpo?  votov  p.dt>t<TTat 
TCTpa[x|xcvov.  T6X{Aiopiov  TOt  ykf  Up«  iv  auT^  t*^  axpoicoXii  xal 
aXXa)v  Siüiv  ioti  xal  tot  l^<a  icpo;  «coöto  to  (lepoc  ttj?  xo^sto;  piftXXov 

tSpuTttl,  TO  T£  TOO  AlO?  TOÖ  'OXufXITtOU  Xal  TO  FIüOlOV  XfltJ  TO  TT)?  FilC 

xat  TO  SV  Xt{jLvai(  Aiovuoou,  toc  ap^^aioTipa  Atovuotx  t^  SuSexdcTV) 
xodiTat  iv  p.r,vi  'AvOiOTVipid^vi ,  Aoiptp  xxl  ol  aic'  *A6Y]va((i>v  'luvt; 
(Tt  xai  vCv  vofAiCouvtv  tSputai      xal  SXka.  Upa  TOtuTV)  «p^aloc.  x«l 

xpiQvip  T$  vGv  (itv  Tft&v  Tupslvvuv  ouTtt  Cxiua^dcvTUv  'Evviotxpoiuv«!^ 
xaXou(AevY),  t6  icxXat  favepä^v  tc&v  irny^v  ouoü^v  KaXXippov)  «avo* 
(Mi«{<.<vv)  Ixitvio  Ti  iyY^  o&o^  T«  «XetaTOu  i^ta  l)^pävT0  xal  vOv  In 
oliro  ToO  olp^atou  ivpö  ti  y«L[u%&v  xat  <(  £XXa  t^v  iipä^v  vopCtTOtt 

u^ciTi  j^pi^odat.  xaXelxai  Sc  Sta  T-y)v  «raXaiav  Taurv)  xaT0txif)9tv 
xxl  7)  axpÖTToXt?  {te^^pt  toOSc  Iti  ine'  'AOilvfltiuv «öXtc.  Über  die  Er« 
klärung  ist  eine  Einigung  nicht  erzielt  worden  und  in  dem 
Streite  über  den  Sion  der  Worte  ist  der  Wortlaut,  so  scheint 
es,  Dicht  immer  genügend  berücksichtigt  worden.  Wacbsmuth, 
der  zuletzt  den  Text  in  den  Neuen  Beiträgen  zur  Topographie 
von  Athen  (Abhandlungen  der  sächeischen  Gesellschaft  der 
Wissenschaften  XVI II  S.1  ff.)  im  Zusammenhange  besprochen 
hat,  ändert  mit  anderen  die  Oberlieferung  an  drei  Stellen  und 
stellt  sie  nur  an  einer  vierten,  wo  sie  ebenfalls  fast  allgemein 
geändert  wird,  wieder  her.  Er  setzt  vor  xat  aXXwv  Oidyv  eine 
Lttcke  an,  schreibt  to  ^toS)  iv  Xtpat«  Atovuoou,  streicht  tyI  Su- 
SixicTT)  und  setzt  nur  statt  imtvot  die  -Oberlieferang  der  Uand- 
schriflen  cxitvT)  wieder  ein. 

Ob  es  nötig  ist  'der  sprachlichen  Korrektheit  halber'  den 
Artikel  töo  vor  iv  Xip«K  Aiovuvou  zuzufdgen,  wahrend  doch 


206 


a.  Toit  raoTT 


GAtternamen  häufig  genug  ohne  Artikel  stehen  und  die  VolkB- 
Versammlung  iv  Aiovuvou  siattfindel,  ist  mir  zwar  sehr  zweifei* 
haft,  aber  für  den  Sinn  der  Stelle  gleichgültig.  Wichtiger,  ja 
vielleicht  entscheidend  ist  UtiMva.  Wachsmuth,  der  als  älteste 
Stadt  nach  Thukydides  die  AkropoHs  und  ein  mit  ihr  nicht 
xusammenhängendes  Stück  im  Südosten  am  Iiissos  annimmt, 
hat  liutvv)  deahaib  wieder  in  den  Text  eingesetzt,  weil  er,  von 
aeinem  Standpunkte  aoa  gans  mit  Recht,  eine  Hinweisung 
darauf  verlangte,  für  welches  der  beiden  Stücke  der  von  der 
Bnneakrunoi  handelnde  BeweiaabBehnitt  gelten  solle.  Er  nimmt 
Ixitvin  als  Ortsadverbium  (sixic)  und  llsst  mit  xi  nur  diese 
topographieehe  Bezeichnung  angeknüpft  sein ,  übersetsl  also 
*den  Waaserplau ,  der  jetzt  Enneakrunoa  genannt  wird,  in 
alter  Zeit  aber  Rallirroe  htesa  und  eben  dort  in  der  Nähe 
liegt*.  Alles  dieses  ist  nicht  unbedenklich.  Der  bestimmte 
Artikel     &«*aur})v  «po«  votov  yAXxwoL  TCTpa{jiaivo«  weist  deut- 
lich auf  eine  Verbindung  dieses  Stückes  mit  der  Akropolis 
hin  und  gar  zu  seltsam  ist  die  Verbindung  von  cyyu;  ilvou  mit 
einem  Ortsadverbium  *an  einem  Orte  nahe  sein  *.  Aber  beides 
zugegeben,  die  Anwendung ,  welche  Wachsmuth  von  dieser 
Erklärung  macht  (S.  20  fr.),  ist  noch  bedenklicher:  die  Worte 
focivv)  iyyu^  ou^ip  *sind  zurückzul)eziehen  auf  das  vorausgehende 
TaiSrv)  und  melden  so  bestimmt  wie  möglich,  dass  sich  die 
Enneakrunos- Quelle  in  der  Nähe  der  bisher  besprochenen 
Gruppe  von  Heiligtümern  im  Sfldosten  der  Stadt  befinde '. 
Auf  die  Schwierigkeit,  welche  dann  das  folgende  zweite  rxurv) 
bereitet,  will  ich  hier  nur  kurs  hinweisen.  Die  Hauptsache 
ist,  dass  Thukydides,  der  nach  Wachsmuths  Ansicht  zuerst 
von  der  Burg,  dann  mit  den  Worten  toOto  to  (lepo;  und  Taurvi 
von  dem  sQdliehen  Stücke  spricht,  mit  dem  entgegengesetzten 
Pronomen  Ixttvr,  unmöglich  wieder  dasselbe  Stück  bezeichnen 
kann.  Wachsmuth  sagt  zwar,  *l)citvv)  nehme  das  Vorerwähnte 
wieder  auf,  wie  öfters  das  Pronomen  ixiivo«  auf  denselben  Be- 
grÜT  geht,  der  vorher  durch  einen  Casus  obliquus  von  auTÖ(; 
ausgedrückt  ist*.  Aber  es  geht  ja  gar  nicht  ein  Casus  obliquus 
von  «6x6«  sondern  das  Adverbium  taut^  voraus.  Wenn  nun 


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BHNBAlCRDlfOB,  LSMAION  UND  MOHnKMI  Bit  AnWAlS  t07 

die  beiden  Adverbien  raurri  hier  und  4x«tvr,  (  =  !>«!)  dort 
eine  Beziehung  zn  einander  haben  sollen,  so  kann  diese  doch 
nur  gegensätzlich  sein.  Nimmt  man  also  mit  Wachsmuth  eine 
Zweiteilung  der  älloslcn  Stadl  an.  so  würde  mit  sxeivyi  nicht 
mehr  von  dem  zweiten  sondern  wieder  von  dem  ersten  Stücke, 
der  Akropolis,  etwas  bewiesen  werden.  Von  diesem  Stand- 
punkte aus  müsste  man  daher  unvermeidlich  zu  dem  Schlüsse 
ko(nmen,  dass  die  I^nneakruuos  nicht  in  der  Nahe  der  Heilig- 
tümer am  Iiissos,  sondern  im  Gegenteile  in  der  Nähe  der  Akro- 
polis liege. 

Die  rein  sprachliche  Betrachtung  der  schwierigen  Stelle 
scheint  mithin  für  die  neue  von  Dörpfeld  (Athen.  Mitth.  1895 
S.  189  ff.,  Rhein.  Mus.  1896  S.  127  ff.)  aufgestellte  Theorie 
zu  sprechen,  der  als  iiltesles  Athen  nach  Thukydides  nicht 
zwei  Teile,  sondern  ein  im  wesentlichen  einheitliches  Stück, 
nämlich  die  Akropolis  und  ihren  hauptsächlich  südlichen  Ab- 
hang, d.  h.  Akropolis  und  Pelargikun  ansieht.  Üies  bedarf 
noch  einer  etwas  auslührlicheren  l'^rörlerung.  Dass  die  beiden 
von  Thukydides  angegebenen  Teile  nicht  getrennt  waren  son- 
dern zusammenhingen,  beweist  der  bestimmte  Artikel  t6  . . . 
TiTpajxfAEvov.  Eine  von  der  Akropolis  bis  zurRallirroe  im  Iiis- 
sos sich  ausdehnende  Stadt  aber  würde  für  das  Ur-Atlien  des 
Thukydiiles  viel  zu  gross  sein.  Dass  ferner  die  beiden  Teile 
wesentlich  eins  waren,  zeigt  die  auffallende  Wiederholung  des 
Pronomens  oüto;'.  Thukydides  spricht  zuerst  von  den  Heilig- 
tümern 6v  aÜTyj  TO  ä;cooTrö>,£t,  dann  von  denen  i';üj  {-^ra  ixpo^ö- 
iröXtco;)  und  den  anderen  alten  Stiftungen,  die  ebenfalls  hier 
(-rx'jTrj )  ausserhalb  der  Burg  liegen.  Zum  Schluss  ist  wieder 
von  der  Akropolis  (bez.  von  Akropolis  und  PeLirgikon  zu- 
sammen) die  Rede  und  dabei  wird  w  ieder  wie  bei  dem  zwei- 
ten Stücke  (toOto  TO  u-tpo?  —  txjt/))  dasselbe  Pronomen  (täi^tyi) 
gebraucht.  Das  war  doch  kaum  möglich,  wenn  beide  Stücke 
grundsätzlich  geschieden  waren.  Dazwischen  fällt  die  Ennea- 
kruDOs:  auch  sie  ist  ein  Beweisgrund  für  die  Ausdehnung  der 


«  Vgl.  Dörpfeld,  Rhein.  Mas.  1896  8.  133  f. 


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208 


H.  VON  FROR 


iltesten  Stadt,  weil  sie  tft^  i*^-  ^^^^  benach- 

bart ,  und  die  Antwort  darauf  kann  nur  in  ixitv^  stecken. 
Wachsmuths  Deutung  von  ImCv^  als  eines  Ortsadverbiums 
glaubte  ich  ablehnen  zu  müssen.  Passt  man  es  epanaleptisch 
den  Begriff  %^4fm  wieder  aufnehmend  ^  so  passt  die  Stellung 
von  Tt  sehr  sehlecht  und  es  ergiebt  sich  überhaupt  eine  un« 
geschickte  Stilisiruog.  Jedenfalls  aber  kann  man  dann  nichts 
daraus  für  die  Lage  der  Bnneakrunos  am  llissos  erschliessen. 
Dasselbe  ergiebt  sich,  wenn  man  Ixitwp  in  Ixiivoi  ändert.  Der 
Gegensats  iiutvot  ti  —  imI  vSv  Irt  legt  dies  sehr  nahe.  Zwar 
kann  Ixifvo»  an  sich  gewiss  nicht  *die  Alten '  bedeuten,  wenn 
es  sich  nicht  auf  etwas  Vorhergehendes  oder  Folgendes  be- 
siehen  kann.  Aber  die  inconcinne  Beziehung  auf  th  «po  to^tou 
wäre  vidleieht  nicht  unmöglich,  sumal  wd  v6v  in  «n^  toS  «p- 
X«iou  folgt.  Die  Stelle  bedeutete  dann:  Jene,  die  Einwohner 
des  ältesten  Athen  (ot  «po  8d«Im«),  brauchten  das  Wasser  der 
Enneakrunos,  da  sie  nahe  war,  und  auch  jetit  wird  es  noch 
gebraucht.  Audi  bei  dieser  Erklärung  wird  man  zu  DOrpfeldt 
Ansicht  hingedrängt ;  denn  es  fehlt  dann  eben  eine  genauere 
topographische  Bestimmung,  das  einftehe  iy^ü;  ouoy)  *da  sie 
(dem  Ur-Athen)  nahe  war '  genügte  dem  Historiker  und  folglich 
war  eine  Angabe,  ob  die  Enneakrunos  der  Akropolis  oder  dem 
südlichen  Stücke  benachbart  war,  ganz  überflüssig,  da  beide 
ein  kleines,  zusammenliegendes  Gebiet,  Akropolis  und  Pelar- 
gikon,  ausmachten.  Bestand  dagegen,  wie  Wacbsmuth  und  die 
Früheren  annehmen,  das  ibukydideische  Ur-Athen  aus  zwei 
Teilen  und  dehnte  sich  der  zweite,  südliche  bis  zum  llissos 
aus,  so  war  die  genauere  Angabe  unerlässlich,  für  welche  der 
beiden  Teile  der  Enneakrunos*  Beweis  gelten  solle,  ob  also 
die  Enneakrunos  der  Akropolis  oder  dem  Stücke  am  llissos 
nahe  lag. 


*  Waebtoratli  meint,  den  Zweck  dieser  Bpanelfl^  sein  bmb  nielit  ein. 

Aber  wenn  Thukydides  den  einfachen  Gedanken  *weil  sie  nalie  war'  aus- 
drücken wollte,  so  konnte  er  der  Bpanftlepee  wegen  des  Partioipiunis  ifpc 
oSoj)  kaum  cutraieu. 


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BMIIBAKRUNOS,  LBNAION  UND  AIONrSIOR  EM  MMNAie  209 

Notwendig  indessen  ist  die  Änderung  der  Oberlieferung 
nicht.  Ja  es  ist  vielleicht  nicht  einmal  geschickt,  den  von  Thu- 
kydides  schon  deutlich  hingestellten  G^nsaU  vSv  (acv  —  t6 
Ttxkxi  durch  das  ixtlwi  ( =  toxi  )  xs  —  xal  vöv  itt  ix6  xoO  «p- 
^atou  noch  einmal  zu  wiederholen.  Thukydides  erschliessi  aus 
den  Verhältnissen  der  Gegenwart  die  Zustande  der  Vergangen* 
heit  und  viermal  bedient  er  sich  dabei  derselben  Wendung 
xai  vOv  £xi,  (xej^pi  xoöSe  Ixt.  Durch  die  ganze  Stelle  hindurch 
sind  icpö  Qfinitü;  und  xal  vGv  Ixt  die  herrschenden  BegrilTe  und 
es  ergänzt  sich  daher  zu  cxp<!^vto  ganz  von  selbst  das  Subject 
oi  «fo  6ii«u«c.  Dann  ist  klar,  daBB  in  der  That  durch  xi  nur 
eine  topographische  Bestimmung  angeknüpft  sein  kann,  und 
in  diesem  Falle  kann  excivyi  nichts  anderes  sein  als  das  ein- 
fache Pronomen.  Man  hätte  demnach  zu  übersetzen,  wie  auch 
der  Scholiast  und  andere  verstanden  haben:  'die  Quelle,  die 
jetzt  Bnneakrunos  heisst,  in  alter  Zeit  aber  Katlirroe  genannt 
wurde  und  die  jener  (der  Akropolis)  nahe  liegt,  brauebte 
man'  u.  s.  w. 

Ich  will  nicht  behaupten,  dass  die  in  der  That  ungewöhn- 
lich schwierige  Stelle  nur  so  verstanden  werden  kann.  Eines 
aber  scheint  mir  ganz  sicher  und  durch  die  Erwägung  der 
verschiedenen  Möglichkeiten  hinlänglich  klargestellt :  Thuky- 
dides kann  man  für  die  Theorie  der  Bnneakrunos  am  Iiissos 
nicht  ins  Feld  führen.  Wer  trotz  Pausani'as,  trotz  der  durch- 
schlagenden Gründe  Dörpfelds  für  die  Lage  der  Stadtquelle 
vor  dem  Burgthore  und  ihrer  Verschiedenheit  von  der  Kallir- 
foe  im  Iiissos  und  nicht  zum  letzten  trotz  der  überwältigenden 
Oberzeugungskraft  der  Monumente  selbst  des  Thukydides 
wegen  an  der  alten  Theorie  festhalten  zu  müssen  glaubt,  dem 
schwindet  der  Boden  unter  den  Füssen,  sobald  er  sich  klar 
gemacht  hat, dass  Thukydides  auch  im  günstigsten  Falle  nichts 
gegen  Pausanias  beweist,  wol  aber  völlig  mit  ihm  überein- 
stimmen kann.  Praglich  mag  indessen  immer  noch  scheinen, 
ob  nicht  trotzdem  nach  der  Ansicht  des  Thukydides  das  äl- 
teste Athen  aus  zwei  wesentlich  verschiedenen  Teilen  bestanden 
bat,  die  vier  von  ihm  erwähnten  Heiligtümer  nicht  «IsQ  doql) 


ti9  B.  Toit  PAorr 

am  IlisMS  la  suchen  sind.  Hier  ist  nnn  zu  uotennebeD,  ob 
deoD  auch  im  Aufange  des  Beweises  der  Text  so  gesichert  ist, 
wie  man  jetzt  anzunehmen  pflegt.  Past  allgemein  setzt  man 
hier  eine  LOcke  an  und  ergänzt  etwa :  xk  yk^  Up ot  i«  «ut^  t$ 
«bt^KÖXii  ^T«  Afx^ix  Tüt  T<  'A9iivS()  Mit  d^lttv  OtAv  l«Tt.  In* 
dessen  dieses  xal  IUmv  OtAv  ist  auffallend  schleppend  und  so 
wenig  prägnant,  dass  es  eigentlich  gar  nicht  beweist,  was  es 
beweisen  soll.  Waren  denn  nicht  HeiligtQmer  *der  Athena 
und  anderer  Gotter*  auch  in  anderen  Teilen  der  Stadt? 
Froher  hat  man  an  der  Überlieferung  keinen  Anstoss  genom- 
men. RrQger  erklärt  *)tatl  AUmv  OiAv,  als  der  Athene',  und  da 
diese  und  ihr  Pest,  die  Synoikia,  vorher  erwähnt  sind,  ist 
diese  Erklärung  sprachlich  doch  wol  nicht  unmöglich.  Es 
scheint  zwar,  als  ob  im  Sinne  kein  Unterschied  sei ;  aber  lud 
dtXXot  *und  andere*  ist  nicht  dasselbe  wie  »«I  ftXXot  *auch  an- 
dere*. Dieser  letztere  Begriff  *auch  (noch)  andere'  leitet  un- 
merklich aber  zu  dem  Begriffe  *noch  eine  Anzahl  anderer*  und 
der  Sinn  könnte  so  etwa  sein :  Auf  der  Akropolis  sind  eine 
ganze  Anzahl  von  Götterkulten  zusammengedrängt  und  unter 
anderen  auch  Kulte  der  Göttin,  von  der  die  Stadt  ihren  Na* 
men  hat.  Preilich  fühlt  man  sich  hier  noch  unsicherer  als  bei 
der  fraher  besprochenen  Stelle.  Ist  wirklich  eine  LQcke  vor- 
handen, so  kann  man  erst  recht  nicht  wissen,  was  in  dieser 
stand,  was  also  Thukydides  eigentlich  gemeint  hat.  So  konnte 
man  auf  den  Gedanken  kommen,  es  werde  hier  vielleicht  auf 
eine  merkwardige  Thatsache  angespielt,  dass  nämlich  die 
Kulte  doppelt  vorhanden  waten ,  sowol  auf  und  an  der  Burg 
wie  am  Iiissos. 

Dass  es  am  Iiissos  eine  Beihe  alter  Kulte  gab,  kann  man 
nicht  bezweifeln,  und  es  wird  sich  hier  vielleicht  einmal  eine 
eigene  durch  die  liebliche  Gegend  hervorgerufene  Art  attischer 
Naturreligion  nachweisen  lassen.  Par  einen  Teil  dieser  Kulte 
ist  der  Ausgangspunkt  offenbar  ein  Naturmal  gewesen,  der 
Erdschlund^der  Ge  Olympia,  in  dem  aich  die  deukalionische 
Flut  verlaufen  haben  sollte  und  an  dem  zum  Andenken  daran 
das  nach  der  Legende  von  Deukalion  gestiftete  uralte  Toten- 


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ftroflAUlDllOS,  LBNAION  UNO  AlOmiOM  n  AliaiAR  til 

fest  der  Chytren  gefeiert  wurde.  Daran  hat  sich  der  Kult  des 
Zeus  Olympios  und  an  beide  Kronos  und  Rhea  angeschlossen. 
Mit  Flücksicht  auf  diese  alten  Kulte  haben  die  Tyrannen  hier 
ihre  grossen  Festplätze  angelegt.  Neben  dem  Olymp  ion  des 
Peisistratos  lag  der  alte  Zeustempel  des  Deukalion  (Paus.  I, 
18.8)  und  neben  oder  im  Bezirke  des  Pythion  das  nach  der 
Sage  von  Aigeus  gegründete  Delphinion  ( Paus.  I,  19,1)'. 
Fand  man  nun  einmal  diese  Heiligtümer  hei  Thukydides  wie- 
der, so  musste  man  natürlich  auch  das  Dionysion  iv  Xiavxi; 
in  derselben  Gegend  suchen  und  da  schien  zu  Hilfe  zu  kom- 
men das  so  oft  missverstandene  Froschlied  des  Aristophanes 
(V.  211  ff.):  X'.avatx  x.p7]V(üv  t£xvx  ^uvauXov  Guivwv  ßoxv  (pOty^w- 
{xeO'  £'j-pnp'jv  ip.av  ioiSiv,  xoi^  xoi^,  r)v  ia^i  NuTifiiov  Aiög  Aiw- 
vuoov  IV  Xiavaidiv  iaj^Y)iTa(ji.iv  ,  T)viy^'  6  )cpxi7raX6x<i)[io;  TOi?  Upoloi 
Xurpoiat  x^^pti  xxt'  «aov  Ttfxtvo?  Xaciv  oj^Xoc.  Am  Abend  der 
Choen  nach  dem  grossen  Zechgelage,  an  dem  zur  Erinnerung 
an  de«  Dionysos  Erfindung',  Wasser  und  Wein  zu  mischen, 
der  xxpatTOi;  getrunken  wird,  bringen  die  Athener  ihre  Krüge 
zum  Heiligtume  des  Gottes  h  Xüjlvxk;  (Athen.  X  437 c).  Am 
folgenden  Tage  pilgern  sie  wieder  im  Katzenjammer  an  den  >i- 
pxi  vorbei  (xxT'iaöv  t£;x6vo<;)  zum  Erdschlunde  der  Olym- 
pia, um  dort  das  heilige  Totenfest  der  Chytren  zu  feiern.  Dann 
singen  die  Frösche  das  Lied  zum  Preise  ihres  mächtigen  Gottes 
und  mögen  die  Wallfahrer  dadurch  an  das  böse  Ende  des 
vorigen  Tages  erinnern.  Natürlich  ist  die  Chytren -Procession 
mit  Absicht  an  dem  Heiligtume  des  Anthesteriengottes  vor- 
beigeführt worden  2.  Leicht  aber  konnte  man  weiter  schliessen, 
dass  der  Tempel  des  Anthesteriengottes.  der  den  Hermes 
Chthonios,  den  Seelenführer,  ablöst  und  dessen  F'est  an  den 
uralten  Totenkult  der  Chytren  angegliedert  wurtle,  dem  Erd- 
scbluode  beim  Olympion  wirklich  benachbart  war. 


*  Ersleres  giebt  Dörpfeld  jetzt  als  mögltcb  zu,  letzteres  hält  er  selbst  für 
richtig. 

*  Vermiillicli  vom  Markte  aus  über  die  panathenäische  Pest*tl1l«B9  em 
Areopag  aad  Südabbang  der  Burg  entlang  zum  OtjmpioQ. 


212  H.  VON  PROTT 

Andererseits  giebt  es  dieselben  Kulte  an  der  Burg.  Zu- 
nächst kann  ja  darüber  kein  Zweifel  sein,  dass  das  Olympioo 
und  Pythion  unterhalb  der  (Aaxpai  zu  den  sichersten  Tbatsachen 
der  athenischen  Topographie  gehören.  Ganz  seltsam  ist  es, 
wenn  Wachsmuth  (S.  48,  i )  als  Gegensatz  zum  Ziu«  'OXOpi- 
TCiOi  iv  4«T«  (C.  /.  A.  III  291 )  den  ZeO?  U  lle(9t)?  (III  283) 
foast,  der  gar  nicht  'OXufXTrto;  heisst,  während  doch  den  Ge- 
gensaU  offenbar  der  Zsü;  OXu^xTrto;  (nümlich  des  grossen 
Tempels  vor  der  Stadt  Iii  ?43,  928)  bildet.  Neben  diesem 
*OXü{Airtov  am  Abhänge  der  Burg  muss  das  im  Phaidros  227  ^ 
erwähnte  Haus  gelegen  haben,  denn  unmöglich  konnte  ein 
Haus  innerhalb  der  Stadtmauer  nach  dem  gar  nicht  'nahe* 
gel^nen  Tempel  vor  dem  Thore  bezeichnet  werden.  Noch 
weniger  glüclclich  aber  war  es,  wenn  Wachsmuth  (S.  50)  das 
schon  durch  die  Beschreibung  der  Panathenäen  -  Procession 
( Philostr.  Titaesoph.  11,1,  5)  gesicherte  Pythion  an  der  Burg 
wieder  leugnete,  weil  der  Anapäst  im  Ion  V.  285  'metrisch 
unzulässig  sei '.  Diese  HeiligtQmer  also  hat  Dörpfeld  einfach 
erwiesen.  Aber  auch  die  Ge  hat  nicht  nur  am  Abhänge  der 
Burg  mit  Demeter  zusammen  ihren  alten  Tempel  *,  sondern 
auch  im  Bezirke  der  Athena  Polias  ihren  vielleicht  den  Aus« 
gangspunkt  der  Erechtbeion  -  Kulte  bildenden  alten  Altar  K 
Und  endlich  fehlt,  wie  es  scheint,  auch  Dionysos  Atpafec  nicht, 
denn  nahe  dem  Prytaneion,  dem  allen  an  der  Burg,  wie  man 
meinen  könnte,  lag  das  Bukolion,  wo  die  ßouxoXot  ihren  alten 
dionysischen  Kult  abten  und  Jährlich  der  U^oc  y^F^c 
nysos  mit  der  ß««iXiw«t  yolliogen  wurde.  Hier  also  wäre  ur- 
kundlich eine  jener  Kultbeziehungen  zwischen  den  beiden 
Gruppen  von  HeiligtQmern  bezeugt,  wie  man  sie  ▼oraossetzen 
mttsste.  Wenn  der  Gott  flochzeit  nicht  in  seinem  Tempel 
sondern  im  Bukolion  hält,  dann  waren,  so  könnte  man  Tbu- 
kydides  schliessen  hissen,  Tempel  und  Bukolion  gleich  alt. 


*  Es  hl  SU  gut  \vii>  sM'licr,da!>s  hier  der Gc-Ailiena-Kurolrophoi-Kult  das 
ällere  und  der  Dciucterkult  erst  später  zugefügt  ist. 
f  fjpges  Qrate,  sacrae  8. 3^  was  iol|  8, 4ft  leider  »irfickgenomiDeii  habe, 


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fiNNEARRÜNOS,  LENAlON  UND  &10MrSI0N  £N  AIHMAtS  ^ij 

Ähnlich«  Verhäiinisse  konnte  man  für  die  anderen  Heilig- 
tflmer  annehmen. 

Dergleichen  Kombinationen  zerfallen  in  nichts  vor  den  ein- 
gehen Thatsachen  der  athenischen  Bodenverhältnisse.  Das 
heutige  Athen  lehrt,  dass  im  allen  Athen  daa  Sumpfquartier 
nicht  am  Iiissos  gelegen  haben  kann.  Mann  muee  sieh  auch 
hier  von  einer  Reihe  alter  und  vielleicht  lieb  gewordener  Vor- 
stellungen lossagen.  Mit  der  jonischen  Uissosstadt  kommt  man 
nicht  zum  Ziele.  Das  Problem  der  llissoskulte  ist  eben  dureh 
die  Entscheidung  der  alten  Streitfrage  schwieriger  und  in- 
teressanter als  je  geworden.  Ganz  ähnlich  wird  es  mit  dem 
alten  Tempel  auf  der  Akropolis  gehen.  Auch  hier  wird  man 
erst,  wenn  die  Frage  nach  allen  Seiten  hin  endgültig  ent- 
schieden ist,  über  die  Binaelheiten  des  Kultes  wirklich  klare 
Vorstellungen  gewinnen  können.  Die  grossen  Fragen  der 
athenischen  Topographie  und  Baugeschichte,  in  die  nun  auch 
der  Niketempel  eingetreten  ist,  werden  zugleich  vorbildlich 
werden  fQr  die  Untersuchung,  wie  eigentlich  im  Altertume 
Religion  gemacht  worden  ist.  Im  vorliegenden  Falle  muss  die 
Entscheidung,  da  sie  die  drei  anderen  Heiligtamer  nicht  ge- 
geben haben,  das  Dionjfsion  iv  XtfLvwc  bringen.  Und  da  ist 
ganz  einfach  festsulegen:  So  sicher  im  Iiissos  niemals  ein 
Brunnenhaus  gestanden  haben  kann,  so  sicher  hat  es  am  llis- 
sos  niemals  %v«i  gegeben.  Es  ist  von  Ddrpfeld  genttgend 
hervorgehoben  worden  (Athen.  Mitth.  1895  S.  187),  dass  die 
einander  widersprechenden  Aussagen  der  geologischen  Au- 
toriläten  Lepsius  und  Booking  (Rhein.  Mus.  1892  S.  59; 
vgl.  Wachsmuth  S.  48,5)  nicht  als  zwei  einander  aufhebende 
Zeugnisse  zu  betrachten  sind.  Zum  Glück  indessen  bedarf  nie- 
mand der  erwünschten  Bestätigung  dessen,  was  ihn  der  Au- 
genschein lehrt,  durch  den  besten  Kenner  des  attiachen  Bo- 
dens. Es  ist  völlig  unzweifelhaft,  dass  auf  dem  ganzen  gleich- 
massig  von  der  Burg  zu  dem  tief  einschneidenden  Flussbetts 
des  llisaos  abfallenden  felsigen  Gelände  sich  nirgends  Sumpfla- 
chen bilden  konnten.  Vielmehr  war  dies  nur  da  möglich,  wo 
dem  Abflüsse  einer  reichlichen  Wassermenge  ein  natürliches 


B.  VON  f»ROTf 


UiDderniss  entgegentritt,  wie  es  bei  der  Enge  iwiachen  Pnyx 
und  Areopag  der  Fall  ist,  obwol  das  daran  anstossende  Ge- 
biet des  KerameikoB  Yiel  tiefer  liegt.  Da  Wachsmuth  (S.  48 f.) 
hierüber  kurz  hinweggegangen  ist  und  nur  die  Hineinziehung 
der  Brunnen  von  eeiten  Dörpfelds  abgelehnt  hat,  die  für  die 
entscheidende  Frage  gans  nebensächlich  ist,  so  verdient  her^ 
vorgehoben  zu  werden,  dass  sowol  im  Anthesterion  dieses 
wie  besonders  des  vorigen  Jahres  hier  ein  wirklicher  Morast 
mit  appigem  Blumen  wuchs  entstanden  war  *.  Im  Altertums, 
als  wenig  oberhalb  das  Wasser  aus  dem  Brunnenhause  ab- 
floss,  mussten  fast  mit  Notwendigkeit  wirkliche  Wasserlachen 
sich  bilden.  Am  deutlichsten  siebt  man  dies  ja  daran,  dass 
hier  der  Boden  vom  V  und  IV  Jahrhundert  an  ganz  auffallend 
kanstlich  erhöht  ist.  Hier  ist  nun  ein  altes  Dionysosheiligtum 
gefunden  worden,  in  dem  Bezirke  eine  mehrfach  umgebaute, 
lange  benutzte  Up«  Xnvoc  und  ausserhalb  mehrere  andere 
Keltern.  An  sich  könnte  dies  ein  (reilich  sehr  merkwfirdiger 
Zufall  sein,  und  ich  habe  lange  Zeit  geglaubt,  dass  hier  ein 
bisher  unbekanntes  Dionysosheiligtum  ans  Tageslicht  getre- 
ten sei,  welches  ich  vorschnell  *Io6dLxxiov  benannte.  Aber  die 
Sache  liegt  anders. 

Man  setzt  das  Dionysion  h  Xifivditc  südöstlich  der  Burg  an 
lediglich  auf  Grund  der  Erklärung  der  Thukydidesstelle.  Da 
nun  aber  in  der  Nähe  des  Olympions  schlechterdings  keine 
Sümpfe  gewesen  sein  können,  so  verlegt  Wachsmuth  (S.  49) 
mit  Verweisung  auf  Belger  (Arch.  Anzeiger  1895  S.  IIS) 
das  Dionysion  noch  weiter  sQdöstlich  in  die  Nähe  des  llissoa, 
in  dessen  sehr  geringer  Senkung  es  begründet  liege,  *dass  leicht, 
wenn  das  eingesickerte  Wasser  wieder  zum  Vorschein  kommt, 
sumpfähnliche  Lachen  sich  bilden*.  Aber  das  oberhalb  der 
Pelsbarre  in  das  Plussbett  einsickernde,  an  ihr  als  Rallirroe 
hervorkommende  Wasser,  welches  sofort  wieder  im  Boden 
Tcrschwindet  und  erst  eine  Strecke  unterhalb  ab  Bächleio 
wieder  hervortritt,  kann  nirgends  *sumpfahnliche  Lachen 


*  Vgl.  Pbolograpbie  des  lastilul«,  'Albeu,  Bauten  Nr.  94'. 


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feNNBAKHtfNOS,  lbHaioit  üwö  fttovrCnifr  «ir  AimrAil!  tii 

bilden.  Ferner  kann  das  Heiligtum  doch  unmöglich ,  wie 
sonst  unvermeilich  wäre,  im  Flussbette  selbst  gelegen  haben. 
Auch  Wachsmuths  Schluss  (S.  46  f.),  der  Festname  Aiovu<ita 
4v  aoTii  sei  nur  erklärlich,  wenn  die  Anthesterien  ausserhalb 
der  peisistratischen  Stadt  gefeiert  seien,  ist  voreilig  und  darf 
auf  keinen  Fall  als  sicherer  Posten  in  der  Rechnung  verwertet 
werden     in  klarem  Widerspruche  aber  steht  Wachsmuths 
AnseUung  des  Ueiiigtumes  mit  Isaios  VI  Ii,  35:  Kippov 
XTQTO  ou«l«v,  «YP^^  {^'^  ^l(ui)9i  . .  .  oUixf;      ev  !x<rrti  Suo,  tviv  (icv 
.  .  .  Tcapot  TO  fv  Xi{&v«t(  Atoviuatov,  woraus  folgt,  dass  der 
Tempel  4v  xnn  mitten  zwischen  Häusern  lag.  Diesen  Wider- 
spruch beseitigt  er  freilich  (S.  47)  durch  die  Annahme,  es 
sei  hier  wie  in  ähnlichen  Steilen  nur  der  allgemeine  Gegen- 
satz von  Stadt  und  Land  gemeint,  die  Steile  also  für  eine 
Lage  der  Xi|ivai  innerhalb  der  das  Avru  umgebenden  Mauer 
nicht  beweisend.  Selbst  dieses  sehr  unwahrscheinliche  Aus- 
kunftsmittel mag  man  einmal  zugehen.  Aber  völlig  undenk- 
bar, wenngleich  von  Wachsmutb  als  eine  gar  nicht  des  Be- 
weises bedürftige  Möglichkeit  vorausgesetzt  ist,  dass  im  IV 
Jahrhundert  ein  athenisches  Wohnhaus  wenige  Schritte  vor 
der  Stadtmauer  lag.  Ferner  bleibt  nach  seiner  Meinung  (S.  46) 
trotz  der  höchst  wahrscheinlichen  Annahme  von  Wilamowitz, 
der  Xtpou  und  Lenaion  zusammenlegt,  'die  Möglichkeit  oiTen  \ 
beides  von  einander  zu  trennen.  Bei  seiner  Beweisführung 
scheint  diese  Trennung  sogar  notwendig.  Das  Dionysion  iv 
Xip«tc  war  nur  am  12.  Anlhesterion  geöffnet.  Die  Lenaien- 
procession  aber  konnte  unmöglich  vordem  geschlossenen tipdv 
Halt  machen  (S.  45).  Wachsmutb  hat  nicht  darauf  hinge- 
wiesen, dass  diese  Schwierigkeit,  die  in  der  That  bisher  vor» 
banden  und  unlösbar  war,  durch  die  eigentümliche  Anlage 
des  von  Dörpfeld  aufgedeckten  Dionysosbeiligtumea  wirklich 
gehoben  wird.  Später  jedoch  (S.  55)  meint  er,  man  könne 


*  Dörpfelds  Auflai>suog  der  Atovüois  iv  &<jzu  als  das  grossen,  rein  stAdti- 
leheo  Dioaysotfettes  seheint  mir  bis  jetzt  am  ehesten  annehmbar.  Das  he« 
nikm  lag  siclier  auch  Iv  8mu,  Vgl.  Tbuk.  V,  20  h  AnvMiwv  ttt»  inao». 


tt,  VOM  PROTff 


'^egen  die  Annahme,  dass  das  Lenaion  draussen  nebon  dem 
uralten  Hieron  des  Dionysos  in  Liinnai  lag,  etwas  Durch- 
schlagendes nicht  einwenden'.  .Man  weiss  daher  nicht  recht, 
woran  man  sich  zu  halten  hat.  ländlich  erklärt  er  sogar  das 
Lenaion  für  nicht  lokalisirt.  Denn  der  Wert  der  Angabe  des 
Hesychios  (  ettI  AYivaiw  iycöv)  ?(jTiv  iv  T<p  (x<jt»i  Ar)vaiov  werde 
herabgemindert  durch  die  Parallelexcerpte,  die  nicht  iv  tcJ^ 
&axn  sondern  'AOt)vy)<tiv  bieten  (S.  5  2).  In  dem  Deraosthenes- 
Scholion  aber,  auf  Grund  dessen  man  das  dem  Lenaion  be- 
nachbarte Neroon  des  Kalamites  in  die  Nähe  der  Agora  ver- 
lege, sei  statt  h  ty)  «yop^t  vielniebr  iv  oLy^i^  zu  coajiciren. 
Die  Ürtlichkeit  des  iywv  i-zi  AYivaicp  übergeht  er. 

Ich  kann  nicht  linden,  dass  diese  Darstellung  ein  richtiges 
Bild  der  thatsachliclien  Verhältnisse  und  der  Überlieferung 
bietet.  Vielmehr  rauss  man  überall  die  Argumente  umkehren 
und  dann  ergiebt  sich  eine  Schlusskette,  die  bei  der  Erklärung 
desThukydides  entschieden  nicht  unberücksichtigt  bleiben  oder 
in  den  Hintergrund  gerückt  werden  darf.  Am  llissos  hat  es 
trotz  Beiger  und  Wachsmuth  keine  Sümpfe  gegeben.  Aus 
Isaios  Vlll,  35  folgt,  dass  das  Dionysion  iv  Xi|Avatc  innerhalb 
der  Stadtmauer  lag  und  innerhalb  der  Stadtmauer  bat  es  süd- 
östlich der  Burg  eingestandenermasien  keine  Sümple  gegeben. 
Nach  einer  höchst  wahrscheinlichen,  noch  genauer  zu  unter« 
suchenden  Annahme  lagen  Dionjsion  iv  Xtpaic  und  Aiovoiov 
zusammen.  Das  Lenaion  lag  nach  Hesychios  iv  x<^  ioTii,  wo- 
durch die  Auffassung  der  laaiosBtelle  bestätigt  wird.  Es  lag 
ferner  nach  dem  Demosthenes  -  Scholien  in  der  Nähe  der 
Agora  und  nach  den  Grammatikernachrichten  über  den  iyivt 
iivi  AT)vat(|>  nahe  der  Orchestra  des  Marktes,  auf  der  die  U^ut 
des  OtaiTpov  >-r;vaUöv  aufgeschlagen  wurden.  Es  ist  daher  ganz 
unzweifelhaft,  dass  beide  Heiligtümer  durch  die  antiken  Nach- 
richten in  die  Gegend  gewiesen  werden,  in  welcher  das  neuent- 
deckte Heiligtum  liegt.  Es  ist  nun  weiter  die  Frage,  ob  An- 
zeichen vorhanden  sind,  dass  eben  dies  Heiligtum  das  Dio- 
nysion iv  Xipai;  sein  kann  oder  muss,  d.  h.  ob  der  Zustand 
des  Bezirkes  sich  aus  der  lilterariscben  Überlieferung  Ober 


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SNNBAKllÜNOS,  LBNAION  ONÜ  AIOIirtlOR  m  AUlHAlS  24? 

jenes  Heiligtum  erklärt  und  umgekehrt  die  Überlieferung 
durch  die  Huinen  neues  Licht  erhält,  üad  das  ist  in  der  That 

der  Fall. 

Zunächst  ist  festzustellen,  dass  ganz  im  allgemeinen  die  vor* 
bandenen  l^este  eine  andere  Erklärung  zulassen,  als  sie  von 
Dörpfeld  bisher  erfahren  haben.  Da  ihm  von  befreundeter 
Seite  die  Ansicht  mitgeteilt  war,  der  Kult  der  Anthesterien 
sei  später  eingegangen,  und  da  die  ungewöhnlichen  Terrain- 
verhältnisse,  die  Aulhühung  des  Bodens  schon  in  aller  Zeit, 
die  Besetzung  eines  Teiles  des  Bezirkes  durch  die  lobakchen, 
die  Thalsache ,  dass  die  Fundamente  des  liakcheions  höher 
als  der  alte,  später  also  sicher  verschüttete  Altar  liegen,  diese 
Ansicht  zu  begünstigen  schienen ,  so  hat  er  angenommen, 
das  Heiligtum  mitsamt  dem  Kulte  sei  später  verschwunden 
und  dieser  sei  in  dem  Vereine  der  lobakchen  aufgegangen. 
Das  wäre  an  sich  sehr  seltsam  und  ist  unmöglich,  weil  der 
Anthesterienkult  sicher  auch  später  noch  als  Staatskuit  be- 
standen hat  iC.I.A.  III  11  HO).  Aber  auch  die  Bodenverhält- 
nisse machen  diese  Annahme  keinesweges  notwendig.  Zwar 
die  Reste  des  alten  Tempels  waren  später  sicher  verschüttet. 
Doch  kann  sehr  wol,  wie  Dörpfeld  jetzt  annimmt,  an  dersel- 
ben Stelle  auch  später  noch  ein  Tempel  und  Kult  bestanden 
haben.  Der  alte  Bau  mag  im  l'erscrslurme ,  der  ja  vor  dem 
Burgthore  Alles  dem  Boden  gleichgemacht  haben  muss,  unter- 
gegangen sein.  Die  über  seinen  Fundamenten  erhaltenen  spä- 
teren Mauern,  welche  älter  sind  als  die  Bauten  der  lobakchen, 
können  zu  einem  späteren  Tempel  gehören.  Und  wenn  der 
eindringende  V'erein  den  allen  Bezirk  beschränkte,  so  wurde 
dieser, wenn  auch  nicht  in  demselben  Verhältnisse,  nach  Süden 
erweitert.  Die  Existenz  eines  späteren  Tempels  lässt  sich  nicht 
erweisen,  aber  auch  nicht  widerlegen.  Dieses  H inderniss  aiao 
fällt  tön.  Aber  es  fehlt  nicht  an  positiven  Gründen. 

Der  heilige  Bezirk  des  Dionysos  Limnaios  war  das  ganze 
Jahr  geschlossen  mit  Ausnahme  des  12.  Antheslerion  ;  aber 
auch  dann  durfte  kein  profanes  Auge  das  (xuaTvjpiov.  welches  in 
ihm  statttaod,  schauen  (Neairarede  76).  Worin  dieses  bestand, 

AT8BM.  MinaBILUMftBM  UUl.  15 


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H.  ton  rwrf 


wissen  wir  nicht:  die  Gerairen  irETtiiiav  hsi.  an  den  vier- 
zflin  Alliiivn.  dif  aus  Stpinen  oder  Rasen  aiifgeschichlet  ge- 
wp^en  f-»ni  \NHril«'ri  älirilicli  wie  in  den  Arvxi  des  Theokrilos. 
Sie  \v«'rdt.'n  lifilige  Geijensliinde  und  Opfergaben  darauf  nie- 
dergelegt liah'-n.  Diese  Nachrirlit  von  der  l  nzuiiänj^'lichkeit 
des  heilig»'!)  Bezirkes  war  Ijisher  bei  genauerer  fieiraehtung 
völlig  rälselhaft.  Wie  konnte  denn  an  der  "Fas8<t(Tnung'  des  1 1 . 
Anlhe-lerion  und  den  L^naien  des  Gamelion  dem  Dionysos  an 
di'tii  itn  \  (1  »clilusserien  Bezirke  ffelegenen  Altäre  geopfert  wer- 
den ?  Da  zeigt  sich  nun  zu  unserer  grössten  Cberraschung  ein 
völlig  einzigartiges  Verhältniss  von  Tempel  und  Bezirk  bei  dem 
aufgedeckten  Heiliglurne:  der  Tempel  liegt,  wie  man  nach  den 
Scholien  zu  Aristophanes  Fröschen  V.  ?1 5  erwarten  musste.  im 
Bezirke,  ist  aber  von  dessen  grösstem  Teile  durch  eine  Mauer 
und  Thür  abgeschlossen.  Er  konnte  also  zu  jeder  Zeit  zugäng- 
lich sein,  wenn  auch  der  dahinter  liegende  Teil  des  Bezirkes 
vt-rschlossen  war.  Aber  freilich,  der  Altar  liegt  im  Bezirke. 
Indessen  er  ist  fur  sicli  betrachtet  wiederum  genau  so  überra- 
schend wie  die  ganze  Anlage.  Wir  wissen  aus  der  Überliefe- 
rung, dass  am  Altare  im  Dionysion  iv  xiavaic  die  Stele  mit 
dem  Eitle  der  Gerairen  stand,  und  die  Einarbeitungen  in  dem 
gefundenen  Altare  sind  ebenfalls  fürStelen  bestimmt  gewesen. 
Dies  ist  nicht  etwa  gewöhnbch  sondern  durch  andere  Bei- 
spiele, 80  viel  mir  bekannt,  nicht  zu  belegen,  und  es  kann 
auch  kaum  anders  sein;  denn  bei  jedem  gewöhnlichen  Altare 
würde  eine  solche  Stele  für  das  Opfer  hinderlich  sein  und 
durch  das  Feuer  zerstört  werden.  Nun  alfcr  zeigen  die  Köcher 
auf  der  Obertläche  nach  Dörplelds  zweitellos  richtiger  Erklä- 
rung.dass  der  erhaltene  Teil  nur  der  Unterbau  fur  einen  grossen 
Tisch  ist,  dessen  säulenarlige  Stützen  in  jenen  Löchern  stan- 
den, düss  CS  also  ein  Altar  in  Form  eines  Oplerlisches  war.  Es 
können  daher  auf  ihm  überhaupt  keine  blutigen  Opfer  dar- 
gebracht worden  sein,  sondern  diese  haben  ausserhalb  des 
abgeschlossenen  Bezirkes  an  einem  Brandopfeiailaie  stattge- 
funden, der, w  ie  fast  immer,  vor  dem  Tempel  gestanden  haben 
muss.  Genau  dasselbe  aber  müssen  wir  aus  der  Überlieferung 


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BNNBAtfllüNOS,  I^NAION  UND  AlOirrztOlt  SIT  AIlIirAlS  3i9 

erschliessen.  Das  einzige,  was  w  ir  genauer  von  dem  {iuoTTipiov 
des  12.  Anllieslerion  wissen,  isl  dass  die  ßxoiXiwa  die  Gerai- 
ren vereidigte  ev  xxvoic  Trpöi;  tw  {lufxa)  Trpiv  aTtTioOxi  t(öv  lfpö>v 
(Neairarede  78 ).  iNuii  ist  jedem  bekannt,  dass  man  schwört, 
wie  der  technische  Aiisdrucit  bei  gewoliiilichen  I'^iden  lautet, 
xaö'  Updiv  TeXeiojv,  indem  man  den  Altar  oder  die  Stücke  des 
Opfertieres  selbst  anlasst.  Die  Inschrift  von  Andania  (Ditten- 
ber^QV,  Si/llogf  JÖ8,  l )  druckt  dies  busonders  charakteristisch 
aus  durch  6p;ti^eiv  iepüv  jcx-.oaevtjv.  Anders  die  Gerairen  :  wenn 
sie  beim  Schwur  die  Körbe  berühren,  in  denen  nur  Opfer- 
gerste oder  Früchte  und  Alinliclies  gewesen  sein  können,  so 
ist  bei  ihrem  Lide  kein  bluli^»'s  Opfer  iirbracht  worden.  Solche 
unblutigen  Ojifer,  auf  tischlörmigen  .Mlüren  dargebracht  sind 
gerade  fur  den  l)ioii)soskult  charaklenslisch und  ich  zweifle 
nicht,  dass  man  die  Ar.vxi  des  l'heokritus  vergleichen  darf, 
welche  die  Ispa  TceTrovrjjxiva  aus  der  xiaTr,  auf  die  niedrigen 
zwölf  Altare  legen.  Dergleichen  ganz  einlache  Kulthandlun- 
gen, durch  die  Weihe  der  Abgesehiedenlieit  zum  uLjTTr.piov  im 
griechischen  Sinne  erhoben,  gelten  den  Griechen  stets  als  be- 
sonders ayia  und  euasov)  und  die  Neairarede  hebt  ja  immer 
wieder  diese  besondere  Heiligkeit  des  Anthesterienkultes  her- 
vor. Dass  endlich  das  höchst  aulTallende  Fehlen  aller  VVeih- 
geschenke  m  dem  heiligen  Bezirke,  deren  Hasen  oder  Funda- 
mente notwendig  erhallen  sein  mussten,  da  die  Grundmauern 
und  der  Altar  in  Folge  der  Aufliöhung des  Dudens  vortrelllich 
erhallen  sind,  zu  der  durch  die  Überlieferung  bezeugten  Un- 
nahbarkeit dieses  Uaumes  ganz  merk\\urdi|j  älimmea ,  hal 
bereits  Dörpfeld  genügend  hervor  gelntben. 

El\Nus  anderes  kommt  hinzu.  Dörpfeld  nimmt  gewiss  mit 
Uechl  an,  dass  die  uralten  Wasseranlagen  in  Nerbindung  mit 
dem  Dion^sosheiligluuie  älelieu  und  umgekehrt.  VVeaa,  wie 

*  Allien.  MiUh.  IböUb.  Il6i  Ölcphaiü,  t'om^Jl^-rc/jdu  iÖ6«  Ö.  146  ff.;\Vin- 
ler,  Über  ein  Vorbild  neu  -  attischer  Reliefs  (50.  berliner  Winckelmaons- 
programm)  B.  114*  Kinen  gleichen  mit  Früchten  bedeckten  Altar  leigt  das 
Relief  aus  dem  Asklepieiuu  Alben.  Millh.  1878  Taf.  16.  Vgl.  Reisch  in 
Paulj  -  Wiftsowas  Heal  -  Uncjrdop&die  I  6.  1676. 


tfO  tt.  VON  PR  OTT 

Bieh  aU  wahrscheinlich  herausstellen  wird,  der  Besirk  das 
A-qvditov,  der  Kellerplatz  ist. so  würde  sich  dies  aus  rein  prakti- 
seheo  Gründen  von  selbst  verstehen,  denn  zum  Keltern  uod 
Weinhereilen  gehört  Wasser.  Derartiges  scheint  Eustalhios 
anzudeuten  in  der  vom  oUo;  llpzuvito;  handeloden  Steile  durch 
die  Noiiz  (zu  A  641  S  671,  28):  Xiyovtxi  yoSv  üSara  oxXTif« 
xpvivaftfs  Tivfli  &97cip  xoti  OfA^pia  h  £uiuüvt  tc  xai  'Ad-qvi)«i 
jrp?i*itjxa  ii(  oivov  ooviSovT«  T(j  TcQx>aTT«>{/iiv<)).  Im  folgenden  er- 
klärt er  den  ins  Meer  fliehenden  Dionysos  als  den  olvo;  tcQx- 
XaTTCi>{xi'vo{.  iWk  tooto  (i«v  it^  TO  icaXaioöaOn  olvov  ypY)9((A0v,  sie 

Siö  NujjLfoci  {iuOcuovTOU  Tidvinol  Atovuoou  aivat  ou  aövov  al  x«t* 
«(AiciXovc  di<dpou(ievai  xal  xara  9Tfli<puXac  ....  ctXX«  Mit  ai  toI; 
»«T«  xpSoiv  uYpol;  emotaToCaat,  «^v  acpo;  eartv  ou  xat  tx  Xi- 
|iv«iflc.  Und  dann  folgen  Exeerpte  ausPbanodemos  und  Tbeo- 
pbraatoa,  die  vollständiger  bei  Athenaios  XI  465^  stehen. 
Pbanodemos  giebt  als  Erklärung  des  Kultes  in  Xt{4.vai  die  Le- 
gende, dass  der  Dionysos  Limnaios  die  Mi$;chung  von  Most 
und  Wasser  erfunden  habe,  uod  schliesst  eldeaso  wie  Theo- 
phrastos: SiOTcip  ovojxaiOrivaii  t«?  ffKjyot?  Nu|A9«c  xal  TiOVivac 
ToO  Alovuoou.  Offenbar  hängt  damit  zusammen  die  wiederum  bei 
Theophrastos  und  aasierdem  bei  Philochoros  vorliegende  Ober» 
lieferung  vom  Dionysos  'Opöo«;  und  Axipiwv  "Axparo;  (Athen. 
Ii  38c.  V  179 e.  XV  693c):  Amphiktyon  *  lernte  von  Dio- 
nysos die  Mischung  des  Weines  mit  Wasser,  und  da  die  Men- 
schen seitdem  nicht  mehr  trunken  wurden  sondern  öpöoi  blie- 
ben, gründete  er  dem  Dionysos  'Optlö;  einen  Kult.  Zur  Erin- 
nerung aber  an  die  frühere  Zeit  wurde  die  titovSti  axpaxo?  des 
'AyaOo;  Aaifxwv  vor  dem  Symposion  eingelührt.  Die  Verbindung 
dieses  alten  dionysischen  Dämon  mit  dem  Anthesterienkulte 
bezeugt  Plutarclius  kj^l-k.  III,  7,1  S.  ü55e  und  VIII,  II), Ii  S. 
735«.  Der  Altar  des  Gottes  stand  im  lleiligtume  der  lloren, 
die  TÖv       a(*KiXoii  xapicov  iftTpiyouoiv  und  deren  enge  Ver- 


*  Unter  ihm  fand  die  Epipbanio  dst  OoUes  in AtbeiiSUtt: Bwab. Cbrw. 
II  B.  Mi  Tgl.  Pau».  1,  2,  4. 


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IMNIAKnOirOS,  UNAIOM  UND  UMttiW  »  AIMKAIB  ttl 

bindung  mit  Dionysos  bekannt  ist  (besonders  Allien.  II  36 d); 
TcXti'iiov  S'  a-jToO  xat  Tai;  Nuixoai;  ß<«)};.öv  tSsijjLSv  Ü7toav)0(xa  toi? 
j^pwjjievoi;  TYj?  xp4c€(i>;  icoioujasvoc"  xxi  yäp  Atovudou  rpocpoi  al 
Nü(X9ai  Xeyovrai.  In  späterer  Zeit  (Philostr.  vila  Apoll.  IV, 
21)  fanden  an  den  Anlhesterien  '  im  Theater  Auflülirungen 
irgend  welcher  Art  von  lloren,  Nymphen  und  Bakchantinnen 
ausgeführt  Stall. Kaum  kann  man  zweifeln,  duss  in  jenen  Nach- 
richten der  Atlhidographen  und  des  Theophtaslos  eine  ge- 
schlossene Überlieferung  vorliegt,  welche  Legenden  über  den 
Anthesterienkult  enthielt.  Zu  schlicssen  ist  daraus,  dass  die 
Kulte  des  Dionysos  Opöd?,  des  Aziawv  "AxpaTo?,  der  Nym[)hen 
mit  dem  Dionysion  h  Xtu.vai;  auls  engste  zusammenhingen. 
Jene  Nymphen,  die  Pflegerinnen  des  Dionysos,  sind  die  Ny- 
sai,  welche  in  Athen  Kult  hatten  {C.  I.  A.  III  320  und  351  ) 
und  auf  die  Aristophanes  mit  dem  N'j<ty)iov  Atö?  Äitövuaov  tv 
XtuLva'.-Tiv  anspielt.  An  der  Quelle  des  Pnyxabhangs  sind  un- 
zweifelhaft Nymphen  verehrt  und  von  der  Braut  n)it  den  xpo- 
T£>.£ix  bedacht  worden Ist  nicht  das  von  Akropolis,  Areopag, 
Pnyx  und  Muscion  eingeschlossene,  dem  'Nymphenhügel* 
benachbarte  Thal,  das  von  den  Nymphen  der  uralten  Kallir- 
roe  bewässert  im  Schmucke  der  Blumen  des  Anlhesteriengol- 
tes  prangt,  das  athenische  Nysa,  zu  dem  Kore  vom  Eleusinioa 
oder  Thesmophorion, Oreithyia  von  der  Akropolis  niederstei- 
gen um  Blumen  zu  ptlücken  und  am  Areopag  entführt  wer- 
den^? 


<  Maass,  Orpbea»  S.  84  f.  betieht  die  Nacbrieht  von  den  aof 
die  kleinen  MTslerien  und  erwartet  den  Gegenbeweis.  Er  hätte  wo!  umge- 
kehrt beweisen  dnrfen,  dass  ein  uucjtT^piov  im  Theater  vorsieh  gehen  und 
ein  Fremder,  der  zu  einem  Mysterienfesle  gebt,  im  Theater  musische  Auf- 
führungen erwarten  kann. 

s  Hierauf  bat  mieh  P.  Sticotti  aufmerksam  gemaebt  Vgl.  Pint.  amaL 
narr  1  S. 772  ^ ,  Schol.  Pind.  Pytb.  IV.  104.  Sticotti  wird  darauf  bei  anderer 
Gelegenheit  eingeht  n. 

*  Soviel  kann  schon  jetzt  als  gesichert  gelten,  dass  vor  dem  Burgtbore 
der  Mittelpunkt  lag,  um  den  rieb  eine  Reihe  sehr  alter  atbenfsober  KuHe 
gruppirt  bat.  Unter  den  Funden  (1<  t  tu  lachen  Ausgrabungen  fot  leider 
nichts,  was  meine  Vermutungen  li(-statii;<  u  könnte.  Aber  sie  stammen  fast 
alle  aus  jüngerer  Zeil,  iu  der  die  üegeud  gruoditch  umgestaltet  war. 


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B.  TON  PROTT 

Nach  alledem  kann  man  eigentlich  nicht  mehr  zweifeln, 
dass  das  Dionysion  h  "Xtavocic  wirklich  «gefunden  ist.  Dadurch 
aher  ist  das  Problem  der  athenischen  Dionysoskulte  schwie- 
riger als  je  geworden.  Khe  ich  flie  Folijeriingen  für  Thiiky- 
dides  zu  ziehen  versuche,  muss  ich  hieraut  und  speziell  auf 
die  Feste  näher  eingehen. 

Über  die  Anlhesterien  und  <?fossen  Dionvsien  sind  wir  aus 
der  Überlieferung  genugsam  unlen  icliloi.  Ungünstiger  gestellt 
sind  wir  für  die  Lenaien,  von  denen  zunächst  nur  sicher  ist, 
dass  sie  in  Athen  im  (jainelion,  in  .lonien  in  tietn  entsprechen- 
den Monate,  dem  Leiuiion  gefeiert  wurden.  Aber  durcli  sorg- 
fältige Kombination  lassen  sich  doch  noch  eine  ganze  Reihe 
von  Tliatsachen  festsleUen.  Der  sicherste  Ausgangspunkt  ist 
der  Kalender  von  Mykonos',  woes  Z.  15  ff.  hcisst:  Ay,Maiö- 

TOTÖy-Ov,  Köpirii  xirrpov  teAeo;.  All  lio'Aji  yoipov.  -  -  -  evSs- 
[jtj(x)TY;i*  irt  ToTOtxXrOo?  '2iu.i\r,'.  et-ötiov  to'jto  evaTeü«T»i.— 
S'jü)Sl)ciT£l  Aiovuicüi  Ar,v£i:  ixoGtov.  —  Ü7r(i)[p]  y.x{p)-xG)w  Ali  X9ovt(t>i 
Füi  XOovini  Sipri  fjLtXava  6TY)ii(a)'  C,h(jii  o'j  OejjLi?"  SaivuiOuv 
auToO.  Kntsprechende  Opfer  finden  sich  in  dem  >.6yo?  erifTT«- 
Tüiv  'EXe'jrj'.voOev wo  in  der  sechsten,  ßnde  Poseideon  oder 
Anfang  Gamelion  beginnenden  Prytanie  zwischen  einer  Aus- 
gabe für  die  llaloen  (im  Poseideon,  Z.  8)  und  einer  anderen 
für  die  Choen  (im  Anthesterion.  Z.  <i8)  verzeichnet  wird; 
iicapyy)  ArjULTOtpi  xai  Kopirt  y.x\  IIXoOtwvi  P.  iTTiTTiTat;  eTCiXiovaix 
«ic  Atovüdta  6ö<jat  AA.  Dass  dieses  zusammengehört  mit  dem 
Kalender  von  Mykuiios,  dass  wir  hier  alfjonischen  Lenaien- 
brauch  vor  uns  haben,  einen  Kult  des  Dionysos,  dem  nicht 
ein  Bock,  sondern  wie  im  chtlionisehen  Kult  sehr  üblich  ist, 
ein  Schaf  (ixri-Tiov)  geopfert  wird, eingerahmt  von  chlhonischem 


'  DiltenlxM  trcr,  Syllogf2T^=zLeges  Gräfe,  sarrae  Mit  Unrecht  habe  ich  in 
meinem  Cummenlar  liosclicr  ahgestrilleii,  dass  die  OplLM-  des  X.  zu  den 
Lenaien  gehören.  Den  Nachtrag  auf  S.  ^^),  den  Wach»iuuUi  (S.  40,  .')  nicht 
ganz  Terttändlich  findet,  möchte  ich  durch  die  hier  gegebene,  boffenttiob 
etwas  klarer  ausgefallene  Darslellang  enelst  wisieOt 

>  C.LA.  U  add.  834  b,  U»  4b. 


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BNNIAKIIÜNOB,  LBNAION  UND  «lOltraiOir  m  AIHMAIB  SS3 

Kult  tier  Uiilf^i  we llsi^fi tier,  liegt  klar  zu  Tajfe.  Vorm iitl ich  p'liörl 
in  diese  [{tMlie  auch  das  Opfer  l'iir  die  teils  mil,  den  eleusi- 
niscliei)  GüUheilen  veihiiiideiie.  teils  ihnen  feindliche  DaiiM*. 
Da  um  dieseihe  Zeil  endlich  inonis  lanitariis  Plin.  n,  I).  II, 
1U3)  das  Fest  in  Andros  geleiert  wird,  so  hat  Usener,  Acta 
S.  Timolhci  S.  2i  f.  mit  Hecht  geschlossen,  das»  die  Lenaien 
um  den  dionysischen  XII.  aozuseUen  seien,  wie  Anlheslerien 
und  grosse  Dionysien. 

Wir  können  aber,  wie  ich  glaube,  noch  weiter  kommen 
und  auch  die  Bezeichnungen  der  einzelnen  Festtage  wieder  ge- 
winnen. In  den  auf  Plularchos  zurückgehenden  Krklärungen^ 
des  Lenaion  bei  llesiodos  'Epy*  ^^^"^  wird  unter  anderen  auch 
die  gegeben  :  rj  dTceiSö  Aiovuati)  ettoiouv  eopTTjv  rö)  |ATr)vt  Tourtp  riv 
'AfiStJooiav  «xitXouv.  Dies  ist  sclion  deswegen  nicht  erfunden, 
weil  es  scheinbar  gar  keine  l*]ly'»<ilogie  ist.  Denn  die  ße- 
hauplung,  ia^poaia  bedeute  den  Göttertrank,  d.  b.  den  Wein, 
ist  unrichtig,  selbst  wenn  IMutarchos  sich  den  Namen  so 
erklärt  haben  sollte.  Vielmehr  ist  bekannt,  dass  a[x€poa{a 
häufig  vom  Honig,  der  Speise  der  Unterirdischen  gesagt  wird, 
und  überliefert,  dass  im  besonderen  so  eine  im  chthonischen 
Kult  übliche  Gabe  bezeichnet  wurde,  durch  die  man  sich  die 
Gunst  des  Zeus  Ktesios  sichern  wollte^.  Genau  dasselbe  wollen 
die  Athener  mit  ihrer  sTrap/jn.  die  Mykonier  mit  ihrem  Opfer 
ÜTctp  xaoTcöiv.denn  der  Zeus  Krr.cio;  ist  nur  eine  Frscheinungs- 
form  des  Zeus  XOövio?.  Man  darf  also  mit  ziemlicher  W  ahr- 
scheinlichkeil  als  Bezeichnung  des  X.  Gaoielion  'Aji^pooi« 


'  Im  tiamelion  Legcs  Graec.  sarrae  '26,  B,  12,  vor  den  Lenaien  C.  I.  A.  II 
741.  Über  Daira  vgl.  Robde,  Psjcbe  S.  261,2;  TöpOer,  Altiscbe  Genea- 
logie S.  95  f. 

>  Proklos,  Tzctzes,  Mosehopalos  tu  der  Stelle;  Hesych.  Asivaniv;  Bt.  M. 

564,6;  El.  Gud.  3fi8,55. 

3  Pausanias  bei  Eustatli.  zu  S  176  S.  976,  1  ä(t6poaia  ti  ou«6tf«i«dc  l( 
GS«toc  «xpmfvoa«  mi  |t<XtToc  Mtl  IX«(a«i  ««riMfii^««;  Antikleides  bei  Athen.  XI 

473«  d|i6^07!a  üotijp  äxpatfvic,  iXatov,  xayxapicfa.  Darnacli  war  die  ä|x6poaUl 
wol  GS'^p  «ixpatfvit  xai  (UXi  uA.  IXduov  mI  KKfMfKU,  Vgl.  iEioscher,  Nektar 
uad  Ambrosia  ä.  65  f. 


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m  n.  TON  mOTT 

vorsclila^on.  Zu^ileich  erklärt  sich  ans  dif^ser  Verbindung  von 
Üionvsos-  und  iJernt'tt'rkult  die  Holle  welche  der  Daduchos 
an  den  Lenaien  spielt  ( Scholien  zu  Aristophanes  Fröschen 
\'.  479j.  und  weshalb  die  Verwaltung  der  Lenaien  in  den 
Händen  nicht  nur  des  ßauXfj;.  sondern  auch  der  iictatXiriTxi 
jX'j'jTrpiwv  (Arist.  'AOrv.  tto'/    57,  C.I.A.  Ii  741)  liegt. 

Ein  anderer  Tag  liiess  vielleicht  KXraaTi?.  In  dem  Kpheben- 
monument  C.I.A.  II  'i82,3l  wird  unter  den  Verdiensten  des 
Kosfnelen  erwähnt  Ti^jz-evn  pi.£Tx  twv  l^r^oui*  Tfj  Tt  Ä>.T,aaTtSt 
x.at  T-rj  TcofATT-^  ToO  'EXx9r,€o>.i(üvoi;  und  dazu  hat  Michaelis  die 
schlagende  Parallele  nachgew  iesen  bei  Plutarchos  de  cupid.  di- 

Vit.  8:  T;  TTXTp'.O?  T(ÜV  AtOVj-Jlwy  tOSTT)  TO  7C»X.«l6v  tTCttXTCtTO  Sr,aOTi- 

Ää>;  <tai  lAapd»;,  ia^opiü;  olvou  /.ac'  xV^aiTi^,  iiT«  Tpiyov  ti;  ilXxev, 
aXkrt^  tT/i^wv  ippt/ov  t)xoXoOOii  xou.i!^a)v,  etti  zäh  St  6  oxXXö?. 
liier  sclieint  der  Tag  der  Lenaien-Pompe  geraeint  zu  sein,  an 
der  die  l'^pheben  sicherlich,  obwol  das  sonst  nicht  ausdrück- 
lich uberlielert  ist,  beteiligt  gewesen  sind.  Denn  wegen  der 
itiTpio;  bpnfi  möchte  ich  die  KXtoixxti;  nicht  mit  dem  vorher 
erwähnten  Feste  des  Antonius  im  Antbesterion  in  Verbindung 
bringen 

Kin  dritter  Tai;  hiess  höchst  wahrscheinlich  'loßxxyiix. 
Die  Gerairen  8chw()ieii  au  den  Anthesterien  (Neairarede  78): 
Ta  Beoivia  xal  xk  loßzxjftta  y^P^^P^  Aiovj-joj  xaxa  tx  icirpix 
xal  iv  Toi;  xxOtjxo'j'ti  ypovoi;.  Die  ötoivtx  sind  als  ein  städti- 
sches Fest  zur  Zeil  der  ländlichen  Dionysien  im  Poseideon 
bezeugt  e  Also  schwören  die  Gerairen  offenbar  zwei,  vielleicht 
darf  man  sagen  die  beiden  voraiifgegangenen  Dionysosfeste 
xaTx  TX  TtotTpia  begangen  zu  haben.  Und  da  auf  Astypalaia 
der  Monat  'Io€ix/io;.  in  dem  Atovönx  stattfinden,  dem  joni- 
scben  Lenaion  entspricht  ^,  so  darf  man  vermuten,  dass  die 


*  Kreilicti  ist  niüglich,  dass  die  KXi)(mt((  ein  Festlag  der  grusscn  Dio- 
nysien war.  aber  na«h  dem  ganxen  Zusammenhange  int  dies  nicht  das 

wahrschi'inlicluMe. 

Das  Malt-rial  ln-i  TöpITor,  Atlischr  Genealogie  S.  12  iiiul  1()f>  f. 
3  B.CM.  Viil  a.  26,  C.I.ii.  Ii  2444;  Tgl.  üiscliull,  ik  fasUs  6.  37t>  IT. 


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ENNEAKHUNOS,  LENAION  UND  AIONrsiON  ER  AlMNAIS 


2?5 


athenischen  'loSüt^«««  ein  Teil  der  l^naien  sind.  Dass  sie 
auch  jonisch  waren,  verbürgen  die  löSatxx^t  genanntea  KuU- 
iieder  des  Archilochos  *  und  der  erhaltene  Vers 

kana  sich  auf  das  altjonische  Fest  der  chtbooischen  Götter- 
trias am  X.  I.enaion  beziehen.  Darnach  kaoD  man  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  folgendes  für  Athen  Termoten  : 
Gamelion  X-Xll   Atovutn«  t«  iiciXinv«t>- 

»  XII  'loSaxx»«. 

Von  der  Bedeutung  des  Festes  lässt  sich  mit  Sicherheit 
sunachst  nur  sagen,  dass  es  kein  Kelterfest  ist.  Das  wäre 
lucus  a  non  lucendo,  denn  im  Januar  und  Februar  wird 
nicht  gekeltert.  Das  Pest  heisst  offiziell  Aiovuma  ra  ir,\\r\^(i\% 
oder  xi  iTz\  Arvaiq)  'das  Dionysosfest  an  der  Kelter'  oder  'am 
Kelterplalz',  nicht  'das  Keltertest'^.  Daneben  freilich  kommt 
schon  früh  der  diese  umständliche  Ausdrucks  weise  vermei- 
dende kurze  Name  ÄTjvxt«  auf  ^.  Mit  merkwürdiger  Zähigkeit 
aber  hat  sich  der  Begriff  iTciXyivioi;  bis  in  die  spätesten  Zeitra 
des  Griechentums  erhalten  ^.  Die  Alten  erklären  daher  zwar 


*  Hepbftestio  96  6>.,  Sleph.  B;z.  Bix.tip ;  vgl.  Prokios  bei  Pbot.  Bibl. 
820  b  31. 

*  Ebenso  in  Ephesos  Insrr.  Rrit.  Mus.  III  602  b;  interessant  sind  dort  In 

Fragment  d  der  ßouxdlo;  und  die  ßaooipat. 

>  Arisloph.  Ad».  1055;  Athen.  IV 130'  .  V  217»  ;  C.  I.A. II  1367,  III  1160; 
i.6,  Sie»  IM.  1097-98;  FM.  hu.  1 12&  |wo  nur  Athen  gemeint  sein  kann)  ü.s.w. 
AifMuc  ist  Substantiv.  {RiX?(vata  Adjektiv ;  niemals  heisst  das  Fest  Aiovuai« 
Ai(vat>  und  niemals  '  E:Ti>.r[v«fx  schlechthin  ( nur  Atovüaia  ijciXrjvata).  Darin 
scheint  mir  das  ganze  üeheiinniss  das  Festuamenn  (Wacbsmulb  8.  45} 
enthalten  ra  sein.  Der  Darstellung  A.  K9rtes  (Rhein.  Mas.  1M97  8.  168fr.) 
kann  ich  nicht  beitreten.  Der  Name  des  Festes  soll  'bereits  im  IV.  Jahrhun- 
(ItMl  formclhafl  erstarrt  sein,  weil  es  damals  längst  nicht  mehr  lr.\  Arjvaiw 
geieierl  wurde*.  äelbslversläDdlicb  ist  das  Fest  bis  in  die  späteste  Zeit  «nl 
Ai)va<i)>  gefeiert.  Fest  und  Agon  ist  doch  nicht  dasselbe. 

*  9wl  InXilMUM  Hasimns  Tyrios  XXX,  4,5;  fanXifiNt  Bi«x>  Orph.  hymn* 
L,  1 ;  ixAifvMy  |ilX«c,  Siftvet,  Spj^i^mc  Athen.  V  199* ,  Poll.  (V,  58  mid 


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2M  H.  VON  PROTT 

den  Dionysos  Lenaios  als  FlrGnder  der  Kelter  und  sein  Fest  ««o 
Xrvoü.aber  niealaeii^enlliches  Keltcrfpst*.  Um  die  Schwie- 
rigkeit zu  umgehen  versucht  es  Plularchos  mit  der  xu^poii», 
ja  sogar  mit  der  Wolle  ( X7)vaix=cpia ).  weil  der  Monat  irpoSxTo- 
Sep«t(  sei.  Die  richtige  Ableitung  ist  natürlich  die  von  dem 
Stamme,  der  in  den  >?ivai,  deo  üakchantinnen,  zu  Tage  tritt. 
Av]vai!^w  hat  Herakleitos^  synonym  mit  (AatvEaQxi  gebraucht.  Die 
Vorstellung  erklärt  sich  aus  dem  dionysischen  Schwarme.der 
um  Wintersonnenwendesein  Wesen  treibt  (Usener.Götternamen 
S.  42  f.)^.  Diese  Vorstellung  aber  ist  dem  jonischen  Stamme 
nicht  eigentümlich.  Denn  Xüvat  heissen  nach  Hesychios  die 
Bakchantinnen  bei  den  Arkadero,  bei  Tlieokritos  XXVI  die 
Töchter  des  Kadrnos  Der  Frauenname  A^m  ist  peloponnesisch 
(Hermes  1891  S.  148  f.).  Zum  Kelter- und  Weingott  konnte 
freilich  der  Xyivcu;  vielerorts  nicht  werden,  da  die  Kelter  do- 
risch Xavö(  heisst.  Aber  Kult  kaon  er  trotzdem  gehabt  habeo* 
so  gut  wie  der  Anthesteriengott,  dessen  Fest  auf  Thera  gans 
wie  in  Jonien  begangen  wurde. 

Die  schwierige  Frage  ist  nun:  waren  Dionysos  Arivaioc  und 
Atfivaio;  in  Athco  zwei  göttliche  Wesen  oder  eines,  oder  was 
dasselbe  ist :  waren  Arvacov  und  Dionysion  h  >l(&vectc  zwei 
Kultstätten  oder  dieselbe?  Natttrlich  konnten  sehr  wol  die 
Lenaien  bei  dem  Tempel  gefeiert  werden,  während  der  abge- 
schlossene Teil  des  Bezirkes  unzugänglich  blieb.  Die  beiden 
Kultnamen  Aiqvato«  und  AijivaCo^«  so  verschieden  von  einander 
wie  Wasser  und  Wein,  können  zwar  leicht  dazu  veranlassen, 
beide  Kulte  scharf  zu  trennen.  Aber  auffallend  ist,  das«  die 
B^fmologien  und  Landen  der  Alten  den  Aiuvaloc  immer 
mit  dem  Wein  und  den  Aqvaio«  mit  der  Kelter  zusammen- 


[Aaacr.J  57,8,  Loagus  II,  36;  tKiXiivia  laipM  Oppian,  Cjaeg.  I,  127  (vgl. 
tk  M  Xi|««t«  «ufiiiuiTa  LoDgUS  IV,  38,3 1. 

'  Proklos  XU  Hes.  'B^  502;  Diod.  III.  63.  IV.  r.. 

>  Clem.  Alex,  protr.  S.  29  (vgl.  S.  3)  P.;  Plularcho»,  De  U.  et  Ot.  28 
6.  302    .  Vj^l.  HcHjcbios  Xijviüowat'  ßautj^iiiowoiv. 

s  Vortrefllicb  passl  data  iie  Beieichnung  des  Gottes  als  Soi«  Xi|vaY<cac 
JhxfiJh  in  dem  luaikaruatsiseliea  Bpignmin  Jtuer.  Arft.  ITiw.  IV  902. 


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BKNEARRUNOS,  LENA  ION  UND  AIONrEION  BN  AIMMAIS  227 

bringen.  Die  lob:i kehlen  endlich  können  natürlich  an  sich  auch 
bei  einem  besonderen  'lo^x/cyiov  gefeiert  worden  sein  ;  aber  da 
sie  augenscheinlich  zu  den  beiden  anderen  Pesten  sehr  enpe 
Beziehung  haben,  so  ist  es  sehr  möglich,  dass  sie  an  deren 
Kultstätten  stattfanden.  Waren  sie  ein  Teil  der  Lenaien,  so 
denkt  man  sie  sich  am  liebsten  im  Lenaion  gefeiert ;  und  mag 
dies  der  Fall  gewesen  sein  oder  nicht,  ihre  enge  Beziehung 
zu  den  Anlhesterien  zusammen  mit  der  Tbalsache  des  lo- 
bakchenkulles  auf  dem  Grunde  des  Anthesterienheiligtumes 
legt  die  Annahme  sehr  nahe,  dass  sie  beim  Dionysion  h 
Xipai;  geleiert  wurden. 

Alles  dieses  leitet  darauf  hin,  den  Ay;vato<  und  Aipaio<  für 
ganz  leichte  Differenzirungen  derselben  göttlichen  Person  zu 
halten  oder  besser  vielleicht  eine  in  Athen  durch  besondere 
unbekannte  Umstände  veranlasste  teilweise  Identificirung 
zweier  verschiedener  göttlichen  Wesen  anzunehmen.  Dann 
müsste  man  beider  Kultlokale  für  identisch  halten.  In  die- 
selbe Richtung  weisen  die  direkten  Zeugnisse.  Zwar  die 
Hesycbiosglosse  Xipai'  £v  'AÖYjvat;  [oLo]  TOico;  avit{Aevoc  Aiovu<t<|> 
8«ou  rat  Ay)vaix  viycTo  ist  unsicher,  weit,  was  Niemand  bisher 
hervorgehoben  hat,  das  entscheidende  Wort,  der  Festname 
verdorben  ist.  Die  Handschrift  giebt  Xxix,  was  zwar  sehr 
leicht  zu  >.<(Yiv)ata  geändert  werden  kann,  aber  vielleicht  mit 
mehr  Recht,  zumal  Hesychios  auf  die  Thukydidesstelle  sich 
zu  beziehen  scheint,  zu  {'AvOsutiop)'*  ergänzt  werden  darf. 
Das  einzige  Zeugniss,  welches  den  Lenaios  mit  dom  .\nthe- 
steriengoltc  identificirt,  ist  das  Scholion  zu  den  Acharnern 
9^1,  welches  aus  ApoUodoros  die  Anthesterien  sdiildernd 
bemerkt;  -^v  loptr,  Atovuiou  Arivxioj.  Ist  es  auch  unsicher, 
wie  VVachsmulh  mit  Recht  bemerkt,  ob  dieser  Zusatz  von 
ApoUodoros  oder  vom  Scholiaslen  herrührt,  so  ist  dies  doch 
immer  eine  Cbcrlieferung.  wenn  auch  nur  eine  Scholiasten- 
üherlieferung  Und  unterstützt  wird  diese  durch  den  Vers  der 
llnkale  .\MJ.va{w  -/opoTTiXa;  :oyov  eopri?  (fr.  28(1  im  Sehol. 
zu  den  Fröschen  '215).  Man  bezieht  diese  Stelle  fast  innner  auf 
die  Leuaien,an  denen  natürlich  lange  vor  Einführung  der  Ko- 


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4 


R.  TON  FROTT 

mödie  dionysische  Kultgesänge  vorgetragen  wurden  .öhmichen 
und  Wachsrauth  aber  haben  mit  Recht  darauf  hingewiesen, 
dass  sie  sich  auch  auf  die  Anlhesterien  beziehen  könne,  an 
denen  nach  Phanodemos  (Athen.  XI  465'  )»  Kuitlieder  zum 
Preise  des  Gottes  gesungen  wurden.  Nur  scheint  mir,  muss 
man  beides  verbinden  und  beide  Feste  verstehen.  Denn  der 
Plural  topTi;  lässt  sich  schwerlich  von  den  wiederkehrenden 
Feiern  eines  und  desselben  Festes  verstehen  und  es  sieht  fast 
80  aus,  als  ob  der  Alexandriner  den  Atlhidographen  citire. 

Das  Ergebniss  der  Ausgrabungen  ist  für  die  Religion 
wichtig  genug.  Wenn  nicht  Alles  täuscht,  sind  das  Lenaion 
und  das  Dionysion  iv  Xipivai;  identisch,  nur  dass  tö  Aiovaiov 
speziell  das  Temenos,  den  ir«pt€oXo(,  wie  die  Grammatiker  sa- 
gen, bezeichnet.  Schwierigkeiten  macht  das  weiter  nicht, 
denn  ro  toG  cv  Xpai;  Aiovuoou  {<p6v  oder  AtovOoiov  iat  kein 
Eigenname  sondern  heisst  'das  Heiligtum  des  Dionysos  in 
den  Sümpfen'.  Und  in  diesem  Bezirke  sind  zwei  Gottheiten, 
der  Arivaio?  und  der  A ipoiioc  verehrt  worden,  deren  ursprüng- 
liche Verachiedenbeil  man  nicht  bezweifeln  kann.  VVie  es 
gekommen  ist,  dass  in  Athen  diese  beiden  joni sehen  Dionyse 
80  verschmolzen  sind,  entzieht  sich  unserer  Kenntniss.  Aber 
waren  dann — diese  Frage  drängt  sich  zum  Schluss  uns  wider 
Willen  auf— nicht  doch  auch  die  Feste  in  Athen  identisch, 
waren  nicht  die  Lenaia  nur  ein  Pesttag  oder  Festakt  der 
Anthesterien  ? 

Ich  würde  auf  diese  Theorie  Ddrpfelds  (vgl.  zuletzt  Theater 
S.  9),  die  mit  der  Überlieferung  nach  meiner  Meinung 
durchaus  unvereinbar  ist.  nicht  zurückkommen,  wenn  er 
nicht  auf  sie  durch  konsequente  Erklärung  des  Thukydides 
gekommen  würe.  Die  Stelle  to  iv  X((ftvo»<  Atovöwu  (Upöv),  ^  Tk 

bietet  allerdings  eine  grosse  Schwierigkeit.  Zwar  Mticitxt 


<  Wo  man  nicht  gut  than  wird,  den  'Blumigen*  Bu«v9jii  durch  CoD- 
joktor  III  entfornen.  V0l.  übri^iens  Nonnoo  XXVll,  900  f. 


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SlfNttAKBÜNOfl,  LKMATON  OKD  4I0inrSI0l'*nr  AIMTAIS 


scheint  mir  keineswegs  interpolirt  und  unerklärlich ,  zumal 
es  nicht  an  Talscher'  sondern  an  hervorgehobener  Stelle 
steht:  'am  zwölften  und  zwar  im  Antheslerion ' Die  Kulte 
des  Dionysos  sind  sich  in  ganz  Griechenland  sehr  ähnlich  ge- 
wesen, aber  lokale  Unterschiede  hat  es  natürlich  auch  in 
ihnen  gegeben.  Zufällig  wissen  wir,  dass  in  Boictien  das  Fest 
früher  im  Monat  stattfand  ( Plutarchos  Sujxx.  III,  7,  1  S, 
655"  und  VIII,  10,3  S.  13f)').  Wenn  nun  überall  im  joni- 
schen Gebiet  der  Ilaiipltag  des  Festes,  der  Ispö;  y&iioci,  auf  den 
altheili|j;en  und  gerade  dem  Dionysos  heiligen  XI  l.  fiel,  so 
musste  diese  auflallende  Einhcillichkeit  des  Kultes  einem 
Griechen  in  der  That  den  Schluss  nahelegen,  das  Fest  sei 
von  einem  Punkte  aus  verbreitet  worden.  Jedenfalls  scheint 
mir  nur  der  zur  Tilgung  von  t-^  SwSikxty)  berechtigt  zu  sein, 
der  einen  abweichenden  jonischen  Kult  nachweisen  kann. 
Aber  wie  ist  ipj^atÖTjpa  zu  erklären  ?  Aus  diesem  Comparativ 
hat  Dörpfeld  geschlossen,  dass  Thukydides  nur  zwei  Feste 
mit  emander  vergleiche,  die  grossen  Dionysien  und  die  An- 
thesterien,  dass  mithin  die  Lenaien  kein  selbständiges  drittes 
Fest  seien.  Man  müssle  ilira  darin  unbedingt  folgen,  wenn 
nicht  ausser  der  von  mir  versuchten  Rekonstruktion  eine 
ganze  Reihe  anderer  Gründe  die  Lenaien  aU  selbständiges 
Fast  im  Gamelion  neben  den  Anthesterjen  erwiese.  Aber 
einen  Ausweg  sehe  ich  allerdings  nicht.  Völlig  sicher  ist» 
dass  Thukydides  als  Gegensatz  zu  dem  Dionysos  ev  Xiavatc 
den  Eleulbereuft  denkt.  Auch  werden  ganz  mit  Recht  die 
yom  Archen  verwalteten  grossen  Dionysien  in  Gegensatz  za 
den  Aiovufft«  der  Königszeit  gesteill.  Aber  nicht  nur  die  An« 
thesterien,  auch  die  Lenaien  werden  vom  Könige  verwaltet. 
Trotzdem  wird  der  Comparativ  gebraucht,  als  ob  nur  zwei 
Feste  vorhanden  wären,  die  mit  einander  verglichen  werden 
könaten.  Und  sicherlieh  hat  Thukydides  nicht  den  Superlativ 


*  Das  grammatlsete  Bedenken  hebt  doch  wol  die  Inschrift  Athen.  ICitth, 
law  8.  SM  iw  T«c  *Apn|iM(M  |n|*l  ISMfm.  isxwfhm. 


apj^^aioTaxa  gebraucht,  denn  wie  hätte  er  behaupten  und 
entscheiden  können,  die  Anthesterien  seien  auch  älter  als  die 
Lenaien  ?  Der  Comparativ  würde  psychologisch  vielleicht  er- 
klärbar sein,  da  ja  von  zwei  Gollern  und  z\Nei  Heiligtümern 
die  Hede  ist,  wenn  nur  nicht  die  ganz  bestiramte  Angabe  rrt 
SwSmÄTY)  iv  jXTjvl  'AvÖ«<jTr,piwvi  folgte.  So  muss  man  denn  auch 
hier  einen  Mangel  von  Präzision  im  Ausdrucke  annehmen, wenn 
man  nicht  die  Frage  wirklich  tür  unentschieden  halten  will. 
Denn  das  einzige  Mittel,  welches  die  Schwierigkeit  beseitigen 
würde,  die  Conjektur  ^  tx  ap^aionpa  iliovum«  ^(dStxKTig 
«oulrat  £v  {/.»^a^i  ^r«{A.T)Xiä^vi  xxi)  'AvOc^TTjpiüvt  wage  ich  nicht 
vorzuschlugen,  wenngleich  es  eigentlich  auffällt,  weshalb 
nicht  auch  die  alten  und  allen  Joniern  gemeinsameo  Lenaien 
zum  Beweise  herangezogen  sind. 

Überschauen  wir  zum  Schlüsse  die  Thukydides- Stelle,  so 
wird  Niemand  behaupten  dürfen,  dass  Üörpfelds  Erklärung 
(Athen.  Mitth.  18i)5  S.  18ti  ff.)  philologisch  unmöglich  sei, 
und  Niemand  leugnen  können,  dass  sie  die  einzig  konsequente 
ist,  welche  allein  die  sachlichen  Schwierigkeiten  beseitigt. 
Den  sprachlichen  Ausdruck  allerdings  glaube  ich  im  Einzelnen 
anders  verstehen  zu  müssen.  IJörpi'eld  betont,  wie  mir  scheint, 
zu  sehr,  dass  in  der  Beweisführung  des  Thukydides  tö  «po( 
voTov  pidtXitfTa  TiTpa(it.{Acvov  keine  Holle  mehr  spiele  und  un- 
beachtet bleibe,  in  Folge  dessen  also  toCto  tö  ;xepo(  tü«  «oXi^c 
dasselbe  bezeichne,  was  vorher  durch  v»  cutpoicoXi«  xeii  ^ 
Uff'  av»T7)v  icp6(  vöTov  (AAXiora  T(Tpa(x{jievov  zusammengehst  set. 
Der  scharfe  G^nsaU  von  auTT]  yj  äxföiroXtc  und  toSto  tö  pepo; 
verlangt  nach  meinem  Gefühle,  dass  inwh  im  Folgenden  die 
Zweiteilung  beibehalten  ist.  Darnach  kann  ich  unter  toöto  tö 
ppo;  x-hi  icoXiiac  nicht  'diesen  Teil  der  heuligen  Stadt,  diesen 
Stadlteir,  sondern  nur  'diesen  Teil  der  damaligen  Sladt*, 
nürolich  tö  öw'sutviv  «pö^  vötov  yukXia-vx  TfTpap-filvov  verstehen. 
Gemeint  ist  damit  das  Pelargikon  und  dieses  lag  zum  grössten 
Teile  südlich  der  Akropolis,  umfasste  aber  auch  den  Weetab- 
bang  und  griff  auf  den  Nordabhang  Ober.  Trotzdem  kann  ^ 
Xim  nicht  'hauptsächlich,  maximam  partem '  heissen.  Es 


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Enneakrl'nos,  lbnaion  Und  AiosmioN  en  mmnais 


231 


bedeutet,  dass  die  durch  diesen  Zusatz  eingeschränkte  Angabe 
zwar  nicht  genau  zulrifTt.  aber  der  Wirklichkeit  am  nächsten 
kommt.  'Das  Pelargikon  liegt,  um  sich  nicht  mit  zu  genauen 
Bestimmungen  aufzuhallen,  kurz  gesagt  südlich  der  Akro- 
polis*.  Sachlich  aber  wird  durch  diese  Kleinigkeiten  an  der 
neuen,  lückenlos  zusammenhängenden  Auslegung  des  Thu- 
kydides  nichts  geändert.  Und  so  wird  denn  wol  Jeder,  der 
sich  angesichts  der  dörpfeldschen  Ausgrabungen  die  ganze 
Sachlage  vorurteilsfrei  uberlegt, mit  der  Zeil  zu  der  Überzeu- 
gung kommen,  dass  die  neue  Theorie  nicht  auf  Sand  gebaut 
ist  und  dass  wirklich  der  alte  Stadtbrunnen  und  tö  äpyatÖTx* 
«rov  lipöv  ToO  Atovuoou  M,i  äytttTttTov  iv  Xipivaif  gefunden  sind. 

Athen,  Juni  1898. 

U.  VOM  PROTT. 


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BINIOB  V£R0ES6ENB  AMPUORENUBNKBL  AUS  RHODOS 


Id  dem  Werk  der  Malers  Albert  Berg  über  'Die  Insel  Rho- 
dos' (BrauDSchweig  1862)  findet  sich  auf  S.  47-50  eine  Be- 
trachtung über  die  rhodischen  Amphorenhenkel  mit  Stempeln, 
welche  sehr  mit  Unrecht  von  den  späteren  Forschern  darunter 
leider  auch  dem  Schreiber  dieser  Zeilen,  übersehen  ist.  Dort 
sind  zunächst  je  zwei  zusammen  gebdriige  Ueokelpare  abge> 
bildet,  die  mit  einander  verbunden  gewesen  sein  sollen,  weoQ 
sie  aach  in  der  Abbildung  getrennt  erscheinen.  Es  sind  dies: 

1.  a.  (Rose)  EPI<t>IAAN10Y  ^.  AFPIAMOY  (so) 

AFAOOKAEYZ 

Helioskopf 

«.  a,  EPIArEMAXoY  ^fi,,  APKTflHO« 

0E€MO0OPIOY  besonders 

eingedrückt. 

Schuchhardt,  Inschriften  Ton  Perg^mon  II  S  426  zählt 
sechs  ganze  Amphoren  .  von  denen  fünf  die  drei  erforder- 
lichen Angaben  (Priester,  Monat,  Fabrikant)  auf  beide  llenkei 
verteilt,  eine  nol  versehentlich  Priester  and  Monat  auf  beiden 
Henkeln,  den  Fabrikanten  gar  nicht  nennt.  Dazu  kommt  eine 
ganz  erhaltene  Amphora  aus  Kition,  die  Perdriiet  B.  C  H, 
1896  S.  357  mitteilt  {a.  Irl  *ApxT09xviuc  ITA'^IMOY,  was 
doch  trots  der  scheinbaren  Schwierigkeit  liavifMu  sein  muss, 
b.  'ApETOx^tC;),  eine  die  Cesooia,  Cyprus  S.  V16  (Tat  40, 4.6; 
S.  185  der  deutschen  Ausgabe)  abbildet  (a.  i-xX  Sivof^femv 
*A^apii<ru,  b.  'IinroKpdcTiuc)  sowie  aus  Kaibel  /.  G.  S.  I.  2393, 
1-9  sieben  weitere  Exemplare  aus  Sicilian  > ;  ferner  wird  der 


4  Nr.  5. 7  Kaibel = Nr.  2. 1  Schnebbardt.  Nebenbei  Ueis  der  Priekter  bei 
Kaibel  Nr.  8  wabrMbeinllcber  e[<]»Wpw  alt  (nii«»]Siipo«. 


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SimOB  TBROBSSSNB  AMPRODBNHBNKBL  AUS  RHODOS 


238 


nächste  (III)  Band  der  /.  G.  Ins.  eine  ganze  Amphora  aus 
Syme  (Nr.  27  a.  iw' iepf«;  |*Hpayöpa,  b.  [XJapkwvo«)» drei  aus 
Telos  (Nr.  83  a,  ivi  'A^|ao[(t]([X]x,  b.  Ilpo6ü(Aou.  'ApTaprtou.  Nr. 

84  a.  iici  Upecj(  (aiu«  (?).  b.  'ETctyovou.  ©««(xo'popiou.  Nr. 

85  a.  M  S(i)Si!;;iou.  AaXou.  b.  ScoxpxTeu^.  ((>.  [öder  Fackel?])  und 
eine  ausNisyros  (Nr.  166  a.  i7c{  SuSxpiou.  Btop-o^optou.  b,  Aiou) 
enthalten.  Das  ergäbe  also  schon  22  ganze  Amphoren ;  ver- 
mutlich giebt  es  deren  noch  erbeblich  mehr  Für  die  Chrono- 
logie hissen  sich  daraus  schon  einige  Folgerungen  ziehen  So 
werden  die  Priester  fI>aäv.o;  (Berg)  und  [ ' AY*«]TpaTo?  (Kaibel), 
die  beide  mit  dem  Fabrikanten  'AyaOoxXijc  vereint  vorkommen, 
femer  'le'pwv,  S6vo9ivYi;  (Schuchhardt)  und  SwSap«  (Telos), 
die  mit  Suxpi^TY)«,  ferner  naumvio«  und  Ttpuppo&oc  (Kaibel), 
die  mit  *'l[Lcf.{^)  zusammenstehen«  aueh  zeitlich  zusammen  ge- 
hören ;  umgekehrt  sehen  wir,  dass  im  Jahre  des  2o>S(X|xo5  die 
Fabrikanten  Aio;  (Nisyros)  und  ZuxpdcTY);  (Telos)  gleichzeitig 
thätig  waren.  Bei  Zunahme  des  Materials  wird  man  hier  sicher 
noch  weiter  kommen. 

Noch  interessanter  ist  der  bei  BergS.  47  abgebildete  Stempel 

EPIMOAPArOPA  4:tl  MoX««y6p«. 

PANAMOYAACZANAPOY        OavAfMu.  'AltUc^fw. 

( Der  Henkel  trägt  an  der  rechtwinkligen  Umbiegung  noeh  die 
Blüte  als  Nebenstempei). 

Hier  ist  nach  Priester  und  Monat  der  Fabrikant  genannt  ; 
also  sind  alle  drei  erforderlichen  Angaben  auf  einem  Stempel 
vereinigt.  Der  andere  Stempel  konnte  also  nur  entweder  leer 
sein  oder  eine  Wiederholung  enthalten.  Es  ist  völlig  ausge- 


*  So  erwähnt  Schuchhardt  a.  a.  0.  S.  425  eine  Aupliura  aus  Vulcia  lui^ 
den  Angaben:  "Avt{|mix«c>  <«t  *A6«tvoMTM.  Bafipo|itou\die  wir  ja  allenfalls  auf 
die  beiden  Henkel  verteilt  deniieu  dürren.  Nun  iltbei  Kaibel  Nr.  2393,  7 

doch  zu  LTgänzeii:  a.  i\r.t]  rip[aTOfflivc.j;l.  Ilavspoj,  b.  'Av{Ti[ia-/]o'j,  wo  A  für 
X  verlesen  ist,  wie  Nr.  '^393,78  ANTAA  für  ANTlM,womil  der  sonst  nicht 
beiengte  Name  'AvkIXXou  beseitigt  sein  würde.  Damit  sind  also  Atbanuduros 
und  Pratophanea  inianunengerfidit. 

ATBBN.  MITTHBILUMSBM  ZZm. 


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284  BimOB  VBH0B88BNB  AMPltORBMtiBMBBL  408  RtM)0(tt 

schlössen,  dass  'AXe^avSpou  der  Vater  des  MoXiceiYopac  sei,  von 

dem  er  durch  den  Monat  n;clrennt  ist.  Damit  wird  es  auch 
fiir  zwei  andere  Fälle  aus  Uhodos,  Dämlfch  /.  G.  Ins.  I  Nr. 
1175  iTz\  S£voip2evi(u;),  ropY[i]*»*^®?  Oaviuo-j  und  Nr.  1209  sri 
<>avia.  2<i)8xu.ou.  A[ajXtO'j,  WO  die  VVorlslellunt;  nicht  entschei- 
det, im  hohen  (irade  wahrscheinlich,  dass  ich  mit  der  .\n. 
nähme  einer  Vereinigung  von  l'^[)onym,  Monat  und  Fahrikant 
auf  je  einem  Stempel  gegen  Schuchhardt  Kecht  behalte,  wel- 
cher in  den  Inschriften  von  Pergamon  S.  4  25  ff.  in  dem  zwei- 
ten Namen  den  Vater  des  Eponymen  sah.  Die  von  Scliuchhardt 
als  zweideutig  beanstandete  Folge  von  Fponym  und  Fabrikant 
im  Genetiv  würde  dann  nichts  auf  sich  halien,  wenn  eben  auf 
diesen  kurzen  Stempeln  die  Zufugung  des  Vatersnamens  ein 
dnrcliaus  nicht  in  Betracht  kuininender,  der  Sitte  widerspre- 
chender Fall  war. 

Es  liesse  sich  noch  manches  sagen  ;  aber  diese  üemerkun- 
gen  sollen  nur  Anregungen  für  den  kuntligen  Sammler  der 
Amphoren  -  Stempel  sein.  Eine  solche  Sammlung  ist  ein  drin- 
gendes liedürfniss  der  Wissenschaft.  Sie  würde  natürlich  bei 
der  Masse  des  .Materials  lückenhaft  sein  und  von  Zeit  zu  Zeit 
durch  Nachträge  ergänzt  werden  müssen,  aber  erst  wenn  sie 
vorliegt  wird  man  maiudie  Fragen  endgiltig  erledigen  können, 
darunter  auch  die, ob  sich  mit  der  \\  illkür  der  Stempelung  auf 
der  einen  Seite,  der  die  im  Wesentlichen  doch  wieder  ge- 
sicherte itegelmässigkeit  auf  der  anderen  Seite  entgegensteht, 
die  auch  in  der  treiniehen  Rezension  von  Bruno  Keil  (Berli- 
ner phil.  Wochenschrift  1806  S.  161 1  0.)  vertretene  Annahme 
eines  Monopols  halten  lässt  oder  nicht. 

Berlin,  März 

F.  UlLLEK  VON  OAERTRINOGN. 


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SOHIBDBGBRICHT  ZWI80HBN  POSEIDON  UND  ATHBNB 


Zu  den  Monumenten,  auf  denen  die  athenische  Sage  vom 
Schiedsgericht  zwischen  Poseidon  und  Athene  dargestellt  ist, 
lässt  sich  eine  kleine  Reihe  von  römischen  ßronze-Medaillons 
hinzufügen.  Das  beste,  geprägt  unter  Antoninus  Pius,  ist 
publicirt  bei  Grüber,  Roman  MecUuüons  in  the  Bnt.  Mus. 
Taf.  10,  3  S.  9,  12  und  bei  Fröhner,  Les  Medaillons  de 
l'emp,  rom.  S  69;  ebendort  S.  68  noch  ein  weiteres  Exem- 
plar aus  der  Regierungszeit  des  Anloninus  und  S.  81  eins  mit 
dem  Brustbild  des  Marc  Aurel  als  Caesar  auf  dem  Avers. 

Hechts  sitzt  auf  einem  Felsen  Poseidon  nach  links  gewendet. 
Ein  Himation  bedeckt  Beine  und  Bücken.  Die  Linke  ruht 
im  Schosse,  die  Bechte  hält  den  Dreizack  oben  gefasst.  Links 
von  ihm  wird  zum  Teil  ein  Tisch  sichtbar,  der  im  Übrigen 
von  den  Beinen  des  Gottes  verdeckt  wird,  aaf  dem  Tisch  eine 
Amphore.  Links  sehen  wir  Athene  stehen,  nach  rechts  ge- 
wendet. Sie  hält  mit  der  Linken  die  Lanze  gefasst  und  stützt 
die  Rechte  in  die  Seite  oder  auf  den  Schild,  der  links  teil- 
weise sichthar  wird;  in  seiner  Höhlung  die  Schlange.  Auf  dem 
besten  Exemplar  wird  nun  hinter  Tisch  und  Amphore  eine 
weibliche  Figur  sichtbar.  Sie  ist  damit  beschäftigt,  irgend 
etwas  mit  der  Bechten  in  das  Gefass  zu  legen,  während  sie  dies 
mit  der  andern  Hand  zu  halten  scheint.  Ihr  Gesicht  wendet 
sich  Athene  zu;  über  ihr  wird  ein  Bogen  sichtbar. 

Es  ist  klar,  dass  diese  Figur  su  der  ursprünglichen  Com- 
position gehört  haben  muss.  Ohne  sie  ist  die  Gruppe  der  zwei 
Gottheiten  an  dem  Tisch  unverstandlich.  Die  geringeren  Exem- 
plare geben  nur  einen  Auszug  aus  der  Gesamt- Composition. 

Pröhner  hat  aus  dem  Tiseh,  der  Amphore  und  der  Hand- 
lung der  Mittelfigur  richtig  erkannt,  dass  es  sich  um  eine  Ab- 
stimmung handelt.  Er  bezieht  aber  —  etwas  unklar  bleibt  es, 
wie  er  es  im  Einzelnen  meint — die  Darstellung  auf  die  fiui- 


t36  W.  äMEhVM 

riebtong  des  Areopag,  bei  der  Poeeidoii  nicbu  ta  tbun  bat. 

Die  Tbatsache,  daes  es  sieb  om  eine  Abstimmung  handelt, 
and  die  Anwesenbeit  eben  der  beiden  genannten  Gottheiten 
läset  vielmehr  nur  eine  Deutung  zu:  dargestellt  ist  das  Schieds- 
geriebt  swiseben  Poseidon  und  Athene  Ober  den  Besits  des 
attisehen  Landes,  das  Schiedsgericht ,  das  sieb  nach  einigen 
Quellen  mittels  regelrechter  Abstimmung  Tollzog. 

Soll  ein  derartiger  Act  dargestellt  werden,  so  wird  am  be- 
sten der  Moment  gewählt  werden,  in  dem  die  entscheidende 
Stimme  abgegeben  wird,  denn  dieser  allein  kann  den  Be- 
schauer inneriich  erregen  und  dem  RQnstler  interessante  Mo- 
tive bieten.  So  ist  es  z.  B.  in  einer  Darstellung^  des  Urteils 
aber  Orestes  geschehen,  das  uns  weiterbin  noch  beschäfti- 
gen wird  (Michaelis,  Das  corsinische  Silbergefäss ) :  der  Künst- 
ler bat  den  Moment  gewählt,  in  dem  Athene  ihren  Stimm- 
stein abgiebt.  Diesen  bedeutsamen  Moment  werden  wir  also 
auch  hier  vermuten.  Wer  aber  ist  dann  die  weibliche  Figur, 
die  den  entscheidenden  Stimmstein  in  die  Urne  thut  und  da- 
bei ihr  Gesicht  der  Göttin  zuwendet? 

Die  Antwort  darauf  giebt  uns  eine  Version  unserer  Sage, 
die  uns  durch  Varro  Oberliefert  ist.  Dort  beisst  es  von  Re- 
krops:  cives  otnnes  utriusque  sexus  ad  ferendum  auffra^ 
gium  convocaviL  Consulta  igitur  multituätne  mores  pro 
Neptuno,  feminae  pro  Minerva  tulere  sententias  ee,  quia 
una  plus  inventa  est  feminarum^  Minerva  vicit  (Augustin, 
De  eüfiiaie  deiXVlW,  9. 'Auch  im  Scholien  zu  Arislides  Pan- 
athen.  S.  106,11  ist  von  der  Ausschlag  gebenden  Beteiligung 
der  Frauen  an  der  Abstimmung  die  Rede)*.  Ohne  Zweifel  ist 
die  weibliche  Figur  auf  unserem  Medaillon  eine  Vertreterin 
der  weiblichen  Bewohner  Athens,  die  mit  ihrer  einen  Stimme 
Mehrheit  die  Entscheidung  gebracht  haben.  Die  Wendung 
ihres  Gesiebtes  aber  sagt  dem  Beschauer,  f(kr  wen  sie  im  Be- 
griff steht  zu  stimmen. 


*  Riehe  die  ZuHaiiiinentlellung  sämllicber  Quelleo  bei  ötepbani,  CompU' 
rendu  1872  Ö.  64  Ü. 


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SCHIEDSGERICHT  ZWISCHEN  POSEIDON  UND  ATHENE  237 

Daneben  könnte  nur  noch  eine  Deutung  in  Frage  kommen 
nämlicb  die  auf  Iris,  welche  dargestellt  wäre  im  BegrifT,  die 
Urne  umzustürzen,  um  die  Stimmen  zu  zählen.  Der  Bogen 
über  ihrmüssle  dann  für  eine  Andeutung  des  Regenbogens 
gehalten  werden  Doch  wird  Iris  durch  diesen  nie  in  der 
Kunst  bezeichnet  (Roschers  Lexikon  II  S.  339),  während  das 
Attribut,  das  ihr  sonst  nie  fehlt,  hier  unterdrückt  wäre,  näm- 
lich die  Flttgel.  Auch  wäre  es  dem  Verfertiger  des  Stempels 
leicht  gewesen,  durch  eine  Neigun^r  der  Urne  anzudeuten, 
dass  sie  entleert  werden  soll,  wiees  auf  zwei  Reliefs  geschehen 
ist,  die  uns  nachher  beschäftigen  werden.  Die  .Handlung  der 
Pigurauf  dem  Medaillon  kann,  wie  sie  dargestellt  ist,  nur  so 
verstanden  werden, dass  etwas  in  die  Urne  gelegt  wird,  und  so 
ist  sie  denn  bisher  auch  allgemein  verstanden  worden.  Mag 
man  aber  diese  oder  die  andere  Deutung  für  die  Mitteliigur 
annehmen,  so  kann  es  doch  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  das 
Ganie  das  Sehiedsgericht  zwischen  Poseidon  und  Athene  dar^ 
stellen  soll. 

Die  Composition  gewinnt  bei  unserer  Erklärung  ein  eigenes 
Leben  und  Intei^esse,  und  ihre  Erfindung  ist  keineswegs  un* 
bedeutend.  Doch  scheint  es  mir  sicher,  dass  sie  nicht  für  den 
kleinen  Raum  des  Münz  -  Rundes  gemacht  ist.  Das  Reizvolle, 
das  sie  zweifelsohne  besitzt,  konnte  erst  bei  einer  Ausführung 
in  grösserem  Masstabe  in  Relief  oder  Bild  zur  Geltung  kom- 
men, wobei  dann  sicher  ein  weiterer  Chor  von  Zuschauern, 
göttlichen  und  menschlichen,  durch  seine  Teilnahme  an  dem 
momentanen  Breigniss  dessen  Wichtigkeit  noch  bedeutender 
erscheinen  Hess. 

Bs  ist  sicher,  dass  sich  manche  der  Darstellungen  auf  den 
Medaillons  auf  grössere  Bildwerke  zurückfahren  lassen.  Einige 
Beispiele  mögen  genügen.  Für  Statuen  sei  verwiesen  auf  Grü- 
ber Taf.  öaPröhner  S.  33,  wo  ein  bekannter  Asklepios- Ty- 
pus dargestelt  ist  (vgl.  Amelung,  Führer  durch  die  Antiken 
in  Florenz  Nr.  94);  auf  dem  Medaillon  Grüber  Taf.  8, 1  ist 
ein  ApoUon  im  langen  wehenden  Gewände  dargestellt,  wie  er 
sich  statuarisch  im  Braccio  auovo  des  Vatican  (unpublicirt) 


W.  AMELUNO 


findet;  auf  einem  der  antoninisrhen  Stücke  (Fröhner  S.  57) 
ist  eine  auch  sonst  mehrfach  wiederholte  Statue  des  Hercules 
nachgebildet  (vgl.  Petersen,  Rom.  Mitth.  1889  S.  332  ff.). 

Rine  Composition,  die  wir  auf  zwei  Exemplaren  des  Marc 
Aurnl  lind  ilt's  G(tminodu8  sehen  (Fröhner  S.  88=Grüber  Taf. 
20, 1  und  Fröhner  vS  .  1 1 5)  und  die  ein  junges  Mädchen  darstellt, 
wie  sie  die  Schlange  der  Ilygieia  füttert,  finden  wir  auf  einem 
Relief  des  capitolinischen  Museums  wieder  {Nuova  descri» 
zionrNr.  III).  Eine  besondere  Arbeit  Sie?ekings  über  dieses 
Relief  steht  zu  erwarten. 

Eine  eigene  Stellung  nimmt  ein  Medaillon  des  Marc  Aurel 
(Griiber  Taf.  20,  2;  Fröhner  S.  89)  ein,  auf  dem  zu  den 
Seiten  eines  Altares,  über  dem  sich  eine  Schlange  ringelt, 
rechts  Athene,  links  Nike  steht.  Die  Composition  ist  hergenom- 
men aus  einer  anderen  grösseren,  der  schon  erwähnten  Dar- 
stellung des  Urteils  über  Orest,  die  am  vollständigsten  in  den 
Reliefs  des  corsinischen  Silbergefässes  erhalten  ist  (Michaelis 
a.  a.  O.;  Robert,  Die  antiken  Sarkophagreliefs  II  S  171  ff. 
Taf  55  f.),  nur  ist  aus  dem  Tische  mit  der  Urne  der  Altar 
mit  der  Schlange ,  aus  der  Brinys  durch  Verlängerung  der 
Gewandung  und  durch  Zufügung  der  Flügel  eine  Nike  ge« 
worden.  Wir  bemerken  also  hier  bei  den  Bildnern  der  Medail- 
lons eine  Arbeitsweise,  wie  man  sie  bisher  nur  den  sog.  neu- 
attischen Kreisen  sususchreiben  pflegte.  Zugleich  wird  auch 
hierdurch  ihre  Abhängigkeit  von  der  grossen  Monumental - 
Tradition  erwiesen. 

Auf  ein  Werk  der  grossen  Kunst,  auf  eine  Gruppe  der 
Athene  und  des  Poseidon  auf  der  Akropolis  zu  Athen  (Paus. 
1,  34,3),  ist  auch  die  Composition  eines  Medaillons  des  Ha- 
drian belogen  worden  (Stephani,  Campte  ^  rendu  1872  S. 
131  ff.;  Robert,  Athen.  MiUh.  1882  S.53ff.;  Imhoof- Blumer 
und  P.  Gardner,  Numtstn.  commentary  on  Pauaaruaa  S. 
131  Taf.  Zy  15).  Wir  kommen  hiermit  zugleich  auf  unser 
Anfangsthema  zurflck,  denn  von  Robert  ist  a.a.  0.  auch  diese 
Darstellung  auf  das  Schiedsgericht  zwischen  den  beiden  Gott- 
heiten gedeutet  worden. 


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flCBlBDSOBRIGBT  IWISGBBN  POBBIDOM  OMO  ATBBNB  239 


Bis  auf  geringe  Abweichungen  in  Einzelheiten  unverändert 
kehrt  die  Composition  auf  geschnittenen  Steinen  wieder,  die 
wahrscheinlich  auch  aus  der  Zeit  des  Hadrian  oder  aus  noch 
späteren  Epochen  stammen  (Stepliani  a.  a.  0.  S.  136  ff.  und 
221  ff.;  Roberta,  a.  O.  S.  54,  D-F,  Babelon,  Le  Cabinet  des 
ant.  de  la  bibl.  nation.  Taf.  26).  Auf  einer  attischen  Bronze- 
münze (Robert  C\  Imhoof- Blumer  a.  a.  0.  Taf.  Z,  17)  sind 
die  Seiten  vertauscht  und  die  Erhaltung  ist  so  schlecht,  das» 
man  Einzelheiten,  wenigstens  an  der  Figur  der  Athene,  nicht 
mehr  erkennen  kann.  Endlich  ist  die  Gruppe  wiederholt  auf 
einer  Silberschnalle  aus  Ilerculaneum  (Robert^);  doch  ist 
hier  für  die  Göttin  ein  anderer  Typus  gewählt  ^ 

Offenbar  in  Anlehnung  an  eine  Composition,  wie  die  des 
hadrianischen  Medaillons  sind  nun  auch  die  beiden  Reliefs 
gearbeitet  worden,  die  Robert  a.  a.  O.  Taf.  1,2  und  2  puhli- 
cirt  und  mit  vollem  Recht  auf  das  Schiedsgericht  zwischen 
Athene  und  Poseidon  gedeutet  hat.  Die  Einwände,  die  Sauer 
(Aus  der  Anomia  S.  96  f.)  dagegen  macht,  sind  angesichts  der 
späten  und  schlechten  Arbeit  der  Reliefs  gegenstandslos,  und 
seine  eigne  Deutung  auf  das  Schiedsgericht  zwischen  Asia  und 


•  Der  Typus,  den  wir  auf  dem  Medaillon  und  den  gescbniltenen  Steinen 
sehen— er  isl  kennllicli  an  dem  auf  der  rechten  Schulter  gespangten  Mantel 
UDd  der  in  die  Hfifte  gestfitsten  Liaken— ,  ist  bei  den  Verferligern  der  Me- 
daillon-Stempel besonders  beliebt  gewesen.  Er  flndet  sich  wieder:  f.  Grft- 
ber  Taf.  17,  3  S.  12  Nr.  6,  M.  der  Fausiina  d.  (Alliene  un.l  Tlepliäsi); 
2.  Fröbner  S.  65,  M.  des  Anloninus  Pius  idie  gleiche  Cotupusiliuni ;  3.  auf 
der  oben  erwähnten  Darstellung  der  Athene  mit  Nike,  die,  wie  wir  sabeui 
TOD  der  groeseren  des  Qeriebtes  fiber  Orest  bergenommen  ist;  4.  Probner 
8.81,  M.  des  Main  .\urel  Caesar  (Atbene  und  Ar^osi  mit  der  einzigen 
Änderung,  dass  die  Linke  .sieh  aiif  den  grossen  Hehild  sliilzt;  5.  Diese  letzte 
Fassung  des  Typus  ist  in  Uuikehruug  wiederhull  auf  den  zu  Anfang  be- 
sproebenen  Medaillons.  Aach  auf  grösseren  Monumenten  finden  wir  den 
gleieben  Typus  wieder;  so  auf  dem  capilolinischen  Prometbens^Sarltophsg 
(Baumeislrr,  D-  tikinäler,  Ahl».  iriRS  i  unil  dann,  wie  gesagt,  auf  df-ni  cor- 
sinisclieti  Silliergefass  und  den  Utliefs,  welche  die  Mauplgruppe  seiner 
Cooipositiuu  wiedergeben.  Es  liegt  hier  augenscheinlich  überall  derselbe 
Typns  der  Athene  Ergane  su  Grande«  und  vielleiebt  ist  uns  in  den  Reliefs 
jenes  Gcfässcs  ein  Teil  der  Darstellung  erhalten*  deren  Künstler  diesen 
Typus  geschaffen  bat. 


240 


W.  AMBLUMe 


Hellas  fällt  zugleich  mit  der,  die  er  dem  OstfHese  dee  Nike- 
tempels gegeben  hat*.  Bedenklich  scheint  es  mir  jedoch,  nun 
mit  Robert  diese  Deutung  der  Reliefs  auf  das  Medaillon,  die 
Gemmen  und  die  Schnalle  zu  übertragen. 

Auf  den  Reliefs  stehen  die  beiden  Gottheiten  ungefähr  in 
dem  Typus  des  Medaillons  und  der  Gemmen  rechts  und  links 
Yon  einem  Tisch,  hinterdem  Nike -—so  wird  sie  zweifelsohne 
mit  Recht  genannt  —  damit  beschäftigt  ist ,  die  Stimmome 
auszuleeren.  Ich  sage:  ungefähr  in  dem  Typus  des  Medail- 
lons, denn  so  genau  ist  die  Obereinstimmung  thats&chlich 
nicht,  dasB  man  ohne  weiteres  gezwungen  wäre,  die  Ab- 
hängigiieit  all  dieser  Monumente  von  einem  gemeinsamen  Ori- 
ginal anzuerkennen.  Zudem  ist  die  Composition  des  Medail- 
lons an  und  für  sich,  als  Zusammenstellung  von  zwei  der  be- 
deutendsten attischen  Gottheiten  ^,  vollkommen  yerständlicb. 
Nehmen  wir  aber  auch  mit  Robert  an,  dass  diese  Compo- 
sition nur  ein  Auszug  aus  einer  anderen  sei ,  die  uns  die 
beiden  Reliefs  vollkommener  erhalten  hätten,  so  müssen  wir 
Sauer  doch  Recht  geben,  wenn  er  (Anfänge  der  statuarischen 
Gruppe  Anm.  233)  auf  die  Unwahrscheinlichkeit  der  Vor- 
aussetzung hinweist,  dass  diese  Original  -  Darstellung  eine 
Gruppe  gewesen  sei  ^. 

Vollends  scheint  mir  die  Annahme  Roberts ,  dass  diese 
Gruppe  mit  der  von  Pausanias  {I,  24,3)  erwähnten  identisch 
sei,  ganz  unhaltbar.  Mit  den  Worten  des  Pausanias  (xeTtoiti- 
Tai  xai  TO  ^utÖv  tti;  iXaia?  'AÖrjvx  xai  xGjax  ävaipaiv(i)v  Oodei- 
Sä>v)  ist  dagegen  die  Composition,  wie  sie  sich  auf  einer  Reihe 
athenischer  Münzen  findet,  wol  vereinbar  (Roberta,  a.  0. 


*  Siebe  die  enteeiiddenden  BinwAnde  M  Pnrtwftngler,  Heislerwerke 

S.  217. 

3  Man  denk«  an  die  zweite  8tiophe  imd  GegenstTophe  im  ersten  Clier 
des  Oedipus»  auf  Kulouos. 

*  Apoilon  and  Dionysos  sind  auf  der  späten  QMune  bei  Stephen!  S.  221 
wol  nur  hinzugestellt,  um  den  Raum  aogeinessen  zu  füllen.  Rechnet  mea 
sie  aber  zur  Original-Corapositioa,  so  wird  die  Vermutang,  dass  diese  eine 
Gruppe  gewesen  sei,  nur  unwahrscbeiaiicber. 


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SCHIEOSOBRICHT  ZWISCHEN  POSEIDON  UND  ATHENE 


241 


S. 54 Anm.  1 ;  Imhoof-Blumer  a.  a.  O.  Taf.  Z,\\,  12, 14, 16) 
and  es  ist  sehr  wol  denkbar,  dass  in  ihr  die  genannte  Gruppe 
naehgebiidet  ist.  So  hat  auch  Sauer  (Anfange  der  Gruppe) 
angenommen,  der  mit  vollem  Recht  darauf  hinwies,  dass  die 
Darstellung  der  Münzen  mit  der  des  Westgiebels  vom  Par- 
thenon in  Wahrheit  nichts  zu  thun  hat. 

Mttssen  wir  also  auch  die  Beziehung  der  Darstellung  jenes 
hadrianischen  Medaillons  auf  die  bestimmte  Gruppe  der  Akro- 
polls  als  unwahrscheinlich  abweisen,  so  ist  damit  ihre  Ab- 
hängigkeit von  irgend  einem  anderen  gröeseren  Werke  nicht 
ausgeschlossen ;  diese  wird  im  Gegenteil  empfohlen  durch  die 
Wiederkehr  derselben  Compoeition  auf  der  Silberschnalle 
aus  Herculaneum.  Dagegen  muss  uns  die  Thatsache,  dass 
Athene  hier  In  anderem  Typus  erscheint,  davor  warnen,  uns 
die  Vorlagen  der  Medaillon-Stempel  in  allen  Einiekagen  nach 
diesen  selbst  wieder  herstellen  zu  wollen.  • 

W.  AMBLUNG. 


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S TIERFANO  AUF  EINEM  ÄGYPTISCHEN  H0LZ0EFÄ88 
DER  XVIII.  DYNASTIE 


(Hiersa  Tafel  Vii.  VIII) 

Bei  seinen  Ausgrabunnren  in  Kahun  fand  Flinders  Pelrie  in 
einem  der  späteren  Gräher  der  XVIII.  Dynastio  eine  cylinder- 
förmige  lloizbüchse  mit  eingeritzten  Darstelluogeo,  die  heute 
im  Müseum  zu  Gisch  aufbewahrt  wird'. 

Die  Büchse,  deren  Deckel  und  Boden  verloren  sind, und  von 
deren  Umfang  etwa  '/s  fehlt,  misst  in  der  Höhe  0,095  und  in 
der  Breite  0,065.  Die  Dicke  ihrer  Wände  beträgt  etwa  10,005". 
Sie  ist  aus  hellbraunem  Holz,  wie  die  meisteo  Uolzwaaren 
des  oeuen  Reich«. 


Fio.  I 


Nach  ähnlichen,  im  Louvre  befindlichen  Büchsen  zu  ur- 
teilen, war  der  Boden  flach  aufgelegt  und  hatte  drei  niedrige 
PQSBchen,  die  zugleich  zur  Befestigung  des  Bodens  dienten. 
Dass  der  Boden  auch  bei  der  Büchse  aus  Kahun  nicht  vom 


I  iVtrio,  Kahun  8. 35. Vgl.  die  Ansicht  von  oben  Abbildung!  und  Taf.  7; 
für  licide  Zeichnungen  bin  ich  H  rarl<'r  zu  hcr/.licliem  Dank  v.  r|inicliU>t. 
Der  üuclistabe  A  in  Fig.  1  bezeichnet  die  älcllc  der  seukrechlcu  Leiste, 
welche  auf  Tat.  7  die  Mitte  des  Bildes  einnimnit,  B  giebt  dessen  linlus,  0 
dessen  rechtes  Ende  an.  Auf  Taf.  7  ist  das  ganse  Bild  aufgerollt. 


"\  c  , 

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STIBRFAHG  AUF  EINEM  AEGYPTISCHSN  HOLZOEFAESS  i43 

Rand  d60  Cylinders  eing^sehlossen  war,  lehrt  einmal  das 
Fehlen  jeder  Ansatzspur,  sodann  der  Umstand,  dass  die  aussen 
an  der  einen  Seite  befestigte  etwa  0,005"  dicke  Leiste  nach 
unten  um  etwa  0,0  f  5"  fiber  den  Rand  des  Cylinders  aber- 
steht. Man  glaubt  aber  etwa  auf  der  Hälfte  des  fiberstehenden 
Stfiekes  die  Ansatzspur  des  Bodens  zu  bemerken ;  die  Pfisse 
wären  demnach  etwa  0,005"  hoch  gewesen. 

Den  Zweck  dieser  von  oben  nach  unten  gehenden  Leiste 
lehren  wieder  die  pariser  Exemplare :  in  das  gegen  3*  tiefe 
Loch,  das  sich  oben  in  der  Leiste  befindet,  griflF  ein  flacher 
drehbarer  Deckel  mit  einem  Zapfen  ein;  auf  diese  Weise  war 
es  möglich,  ohne  den  Deckel  abzunehmen,  die  Bfichse  zu 
öffnen  und  sie  durch  eine  entsprechende  Drehung  wieder  zu 
schliessen*. 

DieAussenseite  desGefasses  zeigt  Darstellungen  in  vertieften, 
mit  grüner  Farbe  ausgeffillten  Linien.  Ein  breiter  Bildstreifen 
wird  oben  und  unten  von  schmaleren  Ornamentstreifen  ein- 
gefasst ;  oben  folgt  auf  ein  fortlaufendes  Stabband  von  der 
Form  wie  Petrie,  Egypt,  decorative  art  Fig.  196  (wie  es 
sich  z.  B.  aucb  auf  Inschriften  der  XVIII.  Dynastie  als  Umrah- 
mung findet),  durch  einen  schmalen  Grundstreifen  getrennt, 
ein  Rranzomament,  für  das  man  Petrie  a.o.O.  Fig.  159  und 
Borchardt,  Die  ägypt.  Pflanzensäule  Fig.  32  vergleichen  mag. 
Bs  ist  auf  der  HolzbQchse  nicht  mehr  recht  yerstanden,  rein 
ornamental  geworden,  aber  in  der  XVII 1.  Dynastie  Oberaus 
häufig  und  deutlich  als  Blätter  oder  auch  als  Blätter  und 
BlOten  auf  den  polychromen  Vasen  charakterisirt. 

Unten  schliesst  ein  zweites  Stabband  die  Darstellung  ein ; 
darauf  folgt  ein  Grundstreifen ,  der  durch  eine  grfln  aus- 
gemalte Linie  geteilt  wird,  während  das  beliebte  Ornament 
der  Scheinlhfiren  den  Abschluss  des  Ganzen  bildet'. 


*  Gleiche  VeracbltissTorriehtungeii  Ton  HolEgefitasen  s.  B:  WilkineoD, 

Manners  and  cushnns*  II  S.  348,  Nr.  451,  4.  (MhetionHoß^auamfAntiquiUs 

£gypl.  18^^^  Nr.  '292. 

3  Eine  annehmbare  Erkläruag  des  Ornaments  siebt  nocb  aus.  Abbildun- 
gen z.  B.  bei  Perrot-Chipiex  I  Fig.  394/5. 


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UA 


W.  VOM  Bissota 


Die  Leiste,  die  den  Deckel  aufnahm,  ist  gleichfalls  mit  et* 
nem  etwas  modiücirten  Staijband  gesciimückt. 

Die  breite  Rildnäclie  wird  auf  Carlers  tretllichem  Aquarell 
sciieinbar  durch  die  Leiste  zerschnitten,  läuft  aber  nalürlieh 
um  das  Gefäss  als  ein  einziges  Bild  herum.  Leider  hat  die 
Lücke,  wie  wir  sehen  werden,  wichtige  Teile  des  Bildes  zer- 
stört. 

Wir  sind  im  Freien  :  Gräser  und  Pflanzen  mit  dicken,  safti- 
gen Stengeln,  wie  sie  am  Rand  der  Wüste  wachsen,  spriessen 
am  Boden.  Nach  rechts  hin  sprengt  ein  starker  Stier  mit  zwei 
kräftigen  Hörnern'  und  bocli  im  Bogen  erhobenem  Schwanz.  Kr 
senkt  den  Kopf  wie  zum  Angriff.  Mit  wenigen  Strichen  ist  die 
Hautfülle  an  Hals  und  Wamme  und  die  Zeichnung  am  Bücken 
wiederc'ei'eben .  Unter  dem  Stier  liegt  nach  links  ein  Mann  auf 
dem  Baucli.  Kr  streckt  beide  Arme  vor.  Seine  Füsse  hat  der 
Künstler  aus  Baummangel  weggelassen.  Ein  zweiter,  eben- 
solcher Mann  erscheint  in  der  Luft  über  dem  Stier.  Sein  Ober- 
körper und  der  Kopf  sind  etwas  abwärts  geneigt,  seine  rechte 
Hand  liegt  am  Hals  des  Stieres.  Von  einem  dritten  Mann  ist 
vor  dem  Stier  nur  der  eine  ausgestreckte  Unterarm  und  das 
Gesicht  erhalten.  Falls  man  auf  den  Umstand  Gewicht  legen 
darf,  dass  sein  Kopf  im  Verhältniss  zum  Stier  ein  gut  Stück 
höher  erscheint,  als  der  des  Liegenden,  wird  man  sich  den 
Mann  niedergeduckt,  nicht  ausgestreckt  liegend  denken. 

Die  beiden  vollständig  erhaltenen  Mänoer  sind  nur  mit  ei- 
nem eng  anliegenden,  ziemlich  langen,  nach  hinten  abge- 
schrägten Schurz  bekleidet,  den  an  den  Hüften  ein  Gurt  ab- 
Bcbliesst.  Er  scheint  gestreift  oder  in  dünne  Palten  gelegt. Beide 
tragen  kurzes,  das  Obr  frei  lassendes  Haar,  der  obere  einen 
Schopf. 

Jenseits  der  Lücke,  in  der  unter  anderm  der  Körper  des 
dritten  Mannes  dargestellt  war,  läufi  nach  rechts  eine  Anti- 
lope mit  gewundenen  Hörnern,  von  der  nur  das  Vorterteil  er- 
halten ist.  Über  ihr  springt  eine  junge  Antilope  oder  Gazelle 

«  Über  die  Zahl  Iftsst  das  Original  keinen  Zweifel. 


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fiTIBRPANtf  AÜF  EINEM  ABaYPTlSCrfBN  AOLZOB^ABSS 


(nur  das  Flinterteil  mit  dem  kurzen  Schwänzchen  ist  erhalten) 
nach  links,  während  noch  höher  ein  langohriger  Hase  nach 
rechts  hin  rennt'.  Dw.  Härchen  seines  Fells  sind  sorgfältig  an- 
gegeben. Vor  der  Antilope  sitzt  ein  miltelgrosser  Hund^  mit 
langem,  in  eine  Quaste  endigendem  Schwanz,  kurzen,  spitzen, 
Schlapp- Ohren  am  länglichen,  ziemlich  grossen  Kopf.  Sein 
plumpes  Maul  ist  geöffnet  und  lässt  einige  Zähne  sehen.  Im 
Ganien  gleicht  er  etwa  einem  Teckel. 

Ober  dem  Hund  liegt,  gleichfalls  nach  links,  ein  Tier  mit 
Hasenpfoten  (Carters  Zeichnung  ist  hier  ungenau)  sonst  einem 
Reh  am  ähnlich^en.  Es  hat  ein  geflecktes  Pell,  spitze,  auf- 
gerichtete Ohren,  und  scheint  eine  der  Pflansen  zu  fressen. 
Jenseits  des  Bruchs  sieht  man  auf  dem  Original  deutlich  das 
Hinterteil  des  Tieres.  Eine  Bestimmung  des  Tieres  weiss  ich 
nicht  zu  geben. 

Dass  hier  eine  Jagdscene  dargestellt  sei,  lässt  sich  nicht  be- 
sweifeln.  Wilkinson  {Manners  and  customs^  II  S.  87,  89) 
und  Maspero  haben  lan^e  erkannt,  dass  der  wilde  Stier  zu 
den  regelmässigen  Jagdtieren  Altägyptens  gehörte^.  Für  das 
neue  Reich  lässt  sich  das  Rind  als  Jagdbeute  nachweisen  auf 
dem  weiter  unten  besprochenen  turincr  llolzkästchen  und  ei- 
nem thebanischen  Grabbild,  das  nach  Champollion  Mnnu^ 
ments  Taf.  171  bei  Perrot -Chipiez  I  Fig.  183  abgebildet  ist. 
Der  eine  der  hier  dargestellten  Stiere  hat  übrigens  ganz  ähn- 
liche Hörner  wie  der  Stier  auf  der  Büchse  von  Kahun :  der 
Beispiele  sind  nicht  viele,  wo  die  Hörner  sich  so  sehr  decken. 


*  Natflriioh  sind  alle  drei  Tiere  airf  einrnn  Plan  hintereinander  su  denken. 

*  Vgl.  für  ihn  Marleite,  MmwmtUt  diwrs  Taf.  49,  erster  Hand  von  un- 
ten (XI.  Dynastie).  Ghampollioa  äonumaOs  IV  Taf.  428,  unten  rechts,  in 

ganz  ähnlicher  Stellung, 

3  Maspuru,  Leclures  hisloriques  S.  71-73,  Uist.  ancienne  de  l'Orient  cUusi- 
«US  I  8.  ISS  ff.  8. 6S.  Älteste  Darstellang  wo!  D8micben,  Resnltaie  I  Taf.  8, 
fOnTtos  Regisler  v.  o.  (V.  Dynastie),  die  Erman,  Ägypten  8.331  allerdings 
anders  erklärt.  Unter  den  Bildern  von  Beuihassan  stcMon  zweifellos  Stiere 
dar:  1  Taf.  13,  drittes  Roister  t.  o.  (der  Ausgabe  desArcUaeological  Survey), 
Taf.  80,  sweitesitasister  v.  o.  (SUervoa  Pfeil  getroiren).  U  Taf.  18  und  das 
merkwOnlige  Bild  Taf.  31  erstes  Register  v.o.  SSmtlieh  Ifittleree  Reieh, 


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i46 


t,  von  tissmtf 


daas  maD  sunaehat  wie  bei  deo  Stieren  der  asiatieehen  Kaiiat 
den  Bindruek  eines  Einhorns  hat.  aber  sie  fehlen  nieht  g$ns- 
lieh. 

Eine  Stierjagd  ist  auch  in  Medinet  Habu  auf  der  Sadostseite 
des  ersten  Pylons  dargestellt:  Ramesses  III  erlegt  zu  Wagen 
wilde  Esel  und  Stiere  aber  die  ungemein  lebendig  darge- 
stellte Seene  findet  oaeb  der  Inschrift  auf  einem  asiatiichen 
Peldzog  am  Ufer  eines  von  Diekieht  umgebenen  Flusses  Statt, 
vermutlich  in  Nordmesopotamien,  wo  auch  Senacherib  die 
wilden  Rinder  jagt  ^  Im  Kultus  hat  sich  noch  eine  Remi* 
nisoenz  an  die  alte  Sitte,den  Stier  zum  Opfer  einzufangen  er- 
halten :  in  Abydos  fangt  Setbos  I  und  sein  Sohn  Ramessee  den 
Stier  mit  dem  Lasso,  d.  h.  er  schlingt  um  den  zur  Vorsicht 
schon  am  einen  Hinterfoss  gefesselten  Stier  die  Fangleine, 
während  sein  Sohn  den  Stier  am  Schwans  packt  (Mariette, 
Abydos  I  Taf.  53).  Maspero  hat  geieigt,da8s  diese  Darstellung 
in  Zeiten  zurAckweist,  wo  der  König  noch  wirklich  den  kräf- 
tigsten Stier  aus  der  halbwilden  Heerde  herausfing. 


Fig.  2 


Mit  der  Darstellung  des  Holzgefasses  hat  unter  allen  ange- 
fahrten die  Befähasseui  (Ausgabe  deSilrcA.  survey)  II  Taf. 
31  abgebildete.hier  Fig.  S  wiederholte  Scene  diegrösste  Ahn- 


<  Murray,  Hamlbuok  of  Egypt  189»',  S.  802. 

s  Maspero,  Lectures  histuriquet  S.  274  ff.  Auch  auf  dem  Obelisk  Salma- 
D&ssars  ( Lajard,  Xineveh  »nd  itt  «««m'iu  I  8.  282)  kommt  das  wilde  Rind 
Tor.  Rdsner  mMht  mich  animerksam  raf  den  Berieht  Ketlinicfarift.  BiUio- 
tbek  I  8.  38,  der  aus  der  Zeit  Tiglalhpilrsars  I  (etwa  1100)  stammt  and  he- 

merkt,  dnss  Her  Nanio  des  Wildsiicrs  (genauer Bergsliers)  sobon  in  Testen 
des  dritten  Jaiirtausends  vorkummt. 


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lichkeit.  Sechs  Männer  bändigen  auf  freiem  Feld  einen  Stier; 
zwei  haben  ihn  mit  der  Bola  an  den  Hörnern  festgebunden, 
einer  fasst  ihn  mit  aller  Gewalt  am  Schwanz,  zwei  andere 
fallen  dem  Tier  um  die  Beine,  einer  endlich  fliegt  mit  aus- 
gebreiteten Armen  in  der  Luft  über  den  Hörnern  des  Stiers: 
das  wütende  Tier  hat  ihn  hochgeschleudert.  Analog  möchte 
ich  das  Bild  der  Holzbuchse  erklären  :  der  Stier  ist  aus  dem 
Dickicht*  gebrochen,  hat  den  ersten  Mann  überrannt,  einen 
zweiten  in  die  Luft  geschleudert, während  ein  dritter  sich  eben 
duckt,  um  dem  Stoss  der  Horner  zu  entgehen  und  vielleicht 
das  eine  Bein  des  Stiers  zu  fassen.  Dass  der  Mann  über  dem 
Stier  nicht  etwa  auch  am  Boden  zu  denken  ist.  lehrt  die 
Haltung  des  rechten  Arms,  der  sonst  hinter  dem  Stier  ver- 
schwinden müssle.  Aber  auch  etwa  auf  den  Stier  springend 
kann  man  ihn  sich  nicht  denken  :  die  etwas  nach  unten 
geneigte  Haltung  des  Oberkörpers  scheint  mir  dagegen  zu 
sprechen  und  der  ausgestreckte  Arm  würde  andernfalls  woi 
nach  dem  Kopf  und  den  Hürnern,  nicht  dem  Halse  fassen. 
Leider  fehlen  uns  die  vermutlich  weiter  rechts  aufgestellten 
andern  Jäger,  nur  der  treue  Hund  sizt  ruhig  da  und  erwartet 
das  Wild. 

Hat  der  Inhalt  des  Bildes  in  Ägypten  nichts  Befremdendes, 
so  macht  der  überaus  lebendige  Stil  auf  den  ersten  Blick 
einen  unägyptischen  Eindruck.  Wol  jedem  Beschauer  fällt 
unwillkürlich  das  Wandgemälde  ein,  das  Scbiiemaon  zu 
Tiryns  entdeckt  hat 

Die  Ähnlichkeit  ist  in  der  That  vorhanden,  die  Bewegung 
des  Stiers  ist  die  gleiche,  die  Haltung  des  Schwanzes  sehr 
ähnlich,  die  Stellung  des  Mannes  über  dem  Stier  zu  Tiryns 
nimmt  etwa  die  Mitte  ein  zwischen  der  zu  Benihassan  und 
der  auf  dem  Gefäss.  Ich  glaube  sogar  dass  das  ägyptische 
Bild  die  Deutung  des  tir^nthischen  Gemäldes  auf  einen 


*  In  dem  wir  ihn  i.  B.  auf  der  Areb.  Jaiirbiicli  1898  Taf.  t  pnblicirten 
SolMle  aus  Ägypten  lehen. 

*  Beblienwui,  TiiTiit  Taf.  13  und  oft  wiedarlioll. 


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r.  VON  BI8tlM4 


Stierfang  '  unterstützt.  Denn  wenn  auch  religiöse  Momente 
bei  der  Deutung  des  tiryntliischen  Wandbilds  mitsprechen 
mögen,  so  lehrt  die  Büchse  von  Kahun  deutiich ,  dass  in 
jedem  Fall  der  Fang  eines  Stiers,  vielleicht  zum  Opfer, 
dargestellt  ist.  Und  eine  Kleinigkeit  scheint  den  Zusammen- 
hang zwischen  dem  llolzgefäss  und  dem  Wandbild  noch  enger 
zu  gestalten  :  auf  der  Büchse  aus  Kahun  ist  die  Tracht  des 
Mannes  oben  unägyptisch, wenn  anders  der  nur  bei  ihm, nicht 
bei  dem  Liegenden,  auftretende  Haarschopf  beabsichtigt  ist. 
Ihn  tragen  unter  allen  auf  ägyptischen  Denkmälern  vorkom- 
menden Völkern  nur  die  Kfliu,  über  deren  Verhältniss  zu  den 
Mykenäern  und  Kretern  einerseits, den  Asiaten  andrerseits  ich 
andern  Orts  gesprochen  habe'^;  auch  der  Schnitt  des  Schurzes 
passt  besser  7ai  den  Kfliu  des  Rechmeregrabes  ^,  als  zu  dem 
Schurz  der  Ägypter  des  neuen  Reichs,  der  weiter,  kürzer  und 
gerade  abgeschnitten  zu  sein  pflegt^.  Im  neuen  Reich  hat  er 
zudem  meist  vorn  eine  Spitze.  Der  im  Schnitt  ähnliche  Schurz 
der  Soldaten  des  neuen  Reichs  hat  vorn  ein  dreieckiges, 
herunter  hängendes  Schluss-Stück  (wie  es  ungefähr  die 
Highlanders  tragen)  ^,  hingegen  scheint  mir  der  Schurz  der 
Schirdana — fremder,  wol  kleinasiatischer  Söldner  in  ägyp- 
tischen Diensten  —  eine  gute  Parallele atu  der  Tracht  der  Männer 
auf  dem  Stierbild  zu  bieten  ^. 

Fremde  Leute  also  würden  danach  auf  dem  ägyptischen 
Holzgefäss  dargestellt  sein.  Der  Inhalt  war  den  ägyptischen 
Künstlern  wol  vertraut,  aber  sie  hätten  hier  einmal  ein 
fremdes  Vorbild  eben  des  Inhalts  wegen,  nicht  copirt,  aber 
benutzt. 


'  Athen.  Mittheilunpen  1889  8.  215.  Arch.  Aueiger  1889  S.  122.  Arotu 
Jahrbuch  1892  ä.  72  fT.  Fhilulogus  18^2  8.  9. 

I  Arcb.  Jahrbneh  1898  8.  51,  woielbst  LHteratur.  Dass  der  Name  KlUn 
Kreta  iiinras.se,  ist  seit  lange  aach  Ermans  Ansicht  wie  er  mir  mitteilt. 

»  Z.  Ii.  Wilkinson,  Uantiers  anrl  rustoms  ^  I  Taf.  2  a,  untere  Beibe,  wo 
aucb  der  Unterschied  des  äg)ptiüchen  bchurzes  klar  wird. 

*  Vgl.  Bmutn,  Ägypten  uimI  Mimoifw  du  Cain  V. 

*  Bnnan,  Ägypten  8.  158. 

*  Maspero,  Hi$L  oncteiM  4»  VOHnU  «Umiqm  II  8. 351. 


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STIERFANG  AUF  EINEM  AEGYPTISCHEN  HOLZGEFAESS 


249 


Die  Möglichkeit  nämlich,  die  Holzbüchse  selbst  einem  frem- 
den Künstler  zuzuschreiben,  haben  wir  nicht.  Nicht  nur  die 
Technik  (eingeritzte  Linien  mit  grüner  Farbe  ausgefüllt)  ist 
durch  und  durch  ägyptisch,  sondern  auch  die  Darstellung 
selbst  ist  es  bis  auf  die  eine  Scene.  Für  die  Tiere,  Antilope, 
Hase,  Hund  haben  wir  schon  Parallelen  herangesopen  wo 
dies  überhaupt  nötig  ist*  Die  Pflanzen  sind  die  in  Ägypten 
üblichen  * :  sie  finden  sich,  freilich  kümmerlich  genug  im 
alten  Reich  (Dümichen,  Resultate  I,  8),  sind  häufig  im  neuen 
Reich Auch  den  ägyptischen  Charakter  der  Ornamente 
haben  wir  schon  hervorgehoben.  Was  endlich  die  Form  angeht, 
so  ist  die  cylindrische  Büchse  in  Ägypten  gerade  im  neuen 
Reich  öfters  nachweisbar.  Im  Louvre  werden  deren  zwei  auf- 
bewahrt. Die  eine  mit  einem  Deckel  derselben  Construction, 
wie  er  für  die  Holzbüchse  aus  Kahun  angenommen  wer- 
den musste,  und  drei  niedrigen  Füssen  zeigt  zwischen  einem 
Stabband  und  dem  Ornament  der  Scheinthüren  auf  der  einen 
Seite  in  grün  ausgemallen  vertieften  Reliefs  Mann  und  Frau, 
beide  mit  dem  Salbkegpl  auf  dem  Kopf,  auf  einem  Sessel  Arm 
in  Arm.  Vor  ihnen  steht  eine  gleichfalls  gesalbte  Dienerin  mit 
einer  Vase  und  Blumen.  Auf  der  andern  Seite  sind  tanzende  und 
musicirende  Mädchen,  alle  gesalbt,  in  verschiedenen  Stellungen 
wiedergegeben.  Diese  Scenen  sind  im  Stil  und  Inhalt  so  durchaus 
ägyptisch,  dass  kein  Zweifel  möglich  ist.  Ganz  ähnlich  ist  die 
zweite,  grössere  Büchse,  über  und  über  mit  bunten  Quadraten 
bemalt;  auf  dem  Deckel  sind  Blumen  dargestellt.  Sehr  häufig 
finden  sich  Affen,  die  solch  eine  cylindrische  Büchse  vor  sich 
halten,  wie  z.  B.  Wilkinson,  Manners*  U  S.  348. 


*  Wenn  ihre  perspektiviscbe  Anordnung  mit  der  der  Pflanzen  und  Feilen 
auf  den  Goldbecliern  von  Valio  ülx'nniisliramt  (dio  man  ilherliaupt  ver- 
gleichen kann),  so  ist  hier  die  Priorität  sieber  in  Ägypten.  Aber  Niemand 
wird  ernstlicb  daraus  Folgerungen  ziehen  vollen. 

s  Z.  B.  Petrie,  T«U  «I  Amama  Taf.  3  and  9,  Arcb.  Jahrbueh  1898  Taf.  S, 
auf  mebreren  der  später  erwähnten  IIoizgegensländen,ChanipoIlion,ifonu- 
ments  171  ( vgl.  oben  8.  ?'k)),  Petrie,  Jttahun  Tal.  5,  'i  u.  s.  vt.  und  das  Grab 
des  Noferhtp  Wilkiason,  Manners^  Iii  Tal.  t)7,  Grab  des  Amumbeb,  Mit' 
iiM  d«  Cain  V. 

AraiM.  Mnmauunfent  ziw.  i'^ 


250 


p.  VON  BI88IN0 


Andreneito  ist  in  Menidi  eine  eylindrische  Bflcbse  aus 
Elfenbein  gefanden  .deren  Decltel  im  Stil  und  in  der  Anord« 
nung  der  Piguren  mit  einem  in  Ägypten  gefundenen  über^ 
einstimmt.  Wir  mfissen  darauf  nocb  surflck  kommen;  da  aber 
die  Pyxis  von  Menidi  innerhalb  der  griechischen  Kunst  Tor 
der  Wanderung  ihrer  Form  nach  vereinzelt  dasteht,  wird  man 
eher  an  eine  Übertragung  der  ägyptischen  Form  nach  Menidi 
als  an  das  umgekehrte  Verhäilniss  denkend 

Auch  stilistisch  bleibt  die  Büchse  von  Kahun  nicht  verein« 
zeit.  Der  lebendige  Zug,  den  die  Darstellung  aufweist,  ist 
der  Kunst  des  neuen  Reichs  zur  Zeit  der  XVIII.  Dynastie 
Oberhaupt  eigen  ^.  Es  ist  irrefahrend  von  einem  besonderen 
Stil  von  Teil  el  Amarna  zu  reden.  In  den  Dolchklingen  der 
Aahotep,  an  150  Jahre  vor  Amenophis  IV,  bemerken  wir 
ihn  schon,  in  thebanischen  Gräbern  der  XIX.  Dynastie,  wie 
dem  des  Ipuy  finden  wir  ihn  wieder  und  der  Palast  Ameno- 
phis III  zu  Theben  bat  im  Wesentlichen  das  gleiche  Aussehn 
gehabt  wie  der  zu  Teil  el  Amarna.Nicht  einmal  das  Incrusti- 
ren  der  Wände  ist  Amenophis  IV  eigentOmlicb.  Ich  verdanke 
Ludwig  Borcbardt  Zeichnungen  in  London  aufbewahrter 
Wandincrustationen  ausGurob,die  sich  von  denen  des  Königs- 
palastes Amenophis  IVwol  in  der  Qaaiität,aber  nicht  irgend  wie 
sonst  unterscheiden,  und  neuerdings  hat  Petrie  in  Denderah 
gleichartige  Einlagen  aus  griechisch-römischer  Zeit  gefunden. 

Es  ist  eine  etwa  SOO  Jahre  anhaltende  Glanzzeit  der  ägypti- 
schen Kunst,  die  dann  unter  Ramesses  III  eine  kurze  Nach- 
blute erlebt.  Sie  bereitet  sich  vor  im  mittleren  Reich,  wie  die 
herrlichen  Decken  der XII.  Dynastie  zuAssiut  beweisen^  und 
ich  im  Arch.  Jahrbuch  1898  S.  32  f.  auch  an  andern  Beispie- 
len zu  zeigen  versucht  habe.  Petrie  hat  gewiss  Recht,  wenn 


'  Kuppelgrab  i>ei  Meuidi  Taf.  7  S.  27.  Soweit  ich  hier,  wo  ich  fast  nur 
auf  die  eigne  Bibliothek  angewiesen  bin,  urteilen  kann,  trafen  die  Fände 
von  Menidi  auch  sonst  einen  stärker  orientalischen  Charakter  als  die  mei- 
sten älteslen  griechischen  Funde. 

a  Vgl.  darüber  Arch.  Jahrbuch  1890  S.  33  IT. 

>  Vgl.  z.  B.  \Vilkinson,iraniiefi>  I  Taf.  8  Fig.  4.  7.  «0. 


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SnSllFAHa  AOr  BIMBM  ABGTPTISCBKN  HOLSaSPABSS 


251 


er  meint', die  Künstler  Amenopliis  IV  seien  Ägypter  gewesen. 
Die  Grundlage  der  Kunst  ist  einheimisch.  Aber  es  lässt  sich 
nicht  läugnen,  dass  sich  diese  Kunst  in  ihrer  höchsten  Ent- 
wicklung anscheinend  auf  die  Kleinkunst  beschränkt  hat, 
während  die  grosse  Kunst  nur  in  einzelnen  Fällen  nachfolgt. 
Allerdings  können  wir  nur  nach  den  Gräbern  urteilen, die  uns 
in  ihren  Malereien  gewiss  nicht  das  Beste  ägyptischen  Kunst- 
vermögens  vergegenwärtigen.  Denn  Teil  el  Ainarna  und  der 
Palast  Amenophis  III,  vielleicht  auch  die  Proben  aus  Gurob 
gehören  einer  verliältnissmässig  kurzen  Zeit  an  und  lassen 
sich  allenfalls  als  von  einander  abhängig  erklären'^. 

Eine  wertvolle  Reihe  hierher  gehöriger  Ilolzkästchen  und 
Elfenbeinschnitzereien,  die  ich  im  vorigen  Herbst  im  Louvre 
unter  den  alten  Beständen  gesehn,  wird  demnächst  Chassinat 
publiciren.  \iiu  anderes  Kästchen  derselben  Form,  wie  die 
meisten  hierher  gehörigen  3.  das  aber  im  Stil  etwas  abweicht, 
legte  E  Naville  auf  dem  letzten  Orientalisteocongress  vor  und 
gedenkt  es  zu  veröffentlichen. 


Fio.  3 


♦  Teil  el  Amarna  S.  13  unten. 

a  Doch  stosst  das  für  Gurob  schon  auf  Schwierigkeiten  und  die  gieicb- 
artige  Decoration  des  Palastet  Ramesses  III  su  Teil  el  Yelmdieli  maeht  es 

wahrsclicinlich,  dass  voriichine  Hauser  in  Ägypten  eben  mit  Glasincrusta- 
tioncii  U.S.W,  gcschmiickt  wuren.  Das  lial  sich  dann  Iiis  in  die  hellenisti- 
sche Zeil  gebaltcu :  ein  Fragiucul  in  Bunu,  gauz  ähnlich  den  Faieucen  aus 
Teil  el  Yebudieb,  aber  feiner  in  den  Farben,  seigt  den  Donneriteil.  Es 
stammt  aus  dem  kairiuer  Kunslhandel. 

*  Wie  WiUinson,  Manntn*  II  Nr.  m. 


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252 


f.  VOM  ftlSSlNfl 


Andere  Beispiele  sind  lange  bekannt,  so  das  Fig.  3  naeh 
Petrie,  Kahun  Taf.  18,  31  wieder  abgebildete  Holzkästchen 
ausderXVIll.  Dynastie  (vgl.  Kahun  S.  35).  Es  ist  nur 
ein  Fragment,  aber  nach  Petries  Worten  zu  erj^zen  wie  die 
Holzbttcbse  aus  Kahun.  Es  zeigt  auf  freiem  Feld  zwei  lie- 
gende und  ein  rennendes  Kalb,  wofür  man  als  Gegenstück 
nicht  nur  auf  TeU  el  Amarna  Taf.  4  .sondern  auch  auf  Schalen 
aus  blauer  Faience  mit  Innenzeichnung  Tcrweisen  kann^  Das 
eine  Kalb  wendet  den  Kopf  um  sich  den  Schenkel  zu  lecken, 
ein  gut  beobachteter  Zug,  wie  er  sich  augenblicklich  nicht 
wieder  nachweisen  lässt.  Die  Pflanzen  sind  die  üblichen,  wie 
sie  I.  T.  auch  auf  der  Holzbüchse  von  Kahun  vorkommen. 
Das  Omament,weIches  oben  und  unten  das  Bild  einfasst,  kenne 
ich  zuerst  an  dem  Sarg  des  Gntef  im  Louvre*,  dann  auch  auf 
einer  von  Furtwängler-Löschcke.  Mykenische  Vasen,  Text  S. 
32  (Fig.  19)  erwähnten  BQgelkanne  aus  Faience  (ägyptische 
Nadiahmung). 

Ferner  bewahrt  das  Museum  zu  Turin  ein  Holzkästchen  in 
Form  eines  Halbcylinders  (Katalog  Rossi  6415)  mit  Schiehe* 
deckel,  auf  dem  der  Name  des  Offiziers  Huy  steht,  der  uns 
mit  Wahrscheinlichkeit  in  die  XVI II.  Dynastie  oder  den 
Anfiing  der  XIX.  weist  ^.  Die  Ornamente,  die  den  Bildstreifen 
einschliessen  (Wellenlinie,  Granatäpfel,  Scheinthüren  u.s.w.) 
sind  rein  ägyptisch,  die  Ausführung  ist  nicht  besonders  fein. 
Das  Bild  selbst  zeigt  einen  nach  rechts  eilenden  Mann,  im 
kurzen,  vom  spitzen  Schurz,  der  einen  Stier  mit  dem  Lasso 
gefangen  hat.  Der  im  Papyrussumpf  daher  trabende  Stier  zeigt 
beide  in  der  gewöhnlichen  Weise  gezeichnete  Hdrner,  obwol 
er  von  der  Seite  gesehen  ist;  sein  Schwanz,  nach  dem  die  an- 
dere Hand  des  Mannes  zu  fassen  scheint,  ist  im  Bogen  aufwärts 


<  Z.  B.  Pelrie,  lUahun  Taf.  17,7.  20.3.5.  Auch  auf  den  polychromen  Va- 
MO  der  Zeit  Amenopbis  III  und  IV  kuiunildai»  Motiv  vor  und  häll  sich  dann. 

*  Pelrie,  Bm.  of  Bgypt  I  8. 128.  Dteorativ«  toi  8.  51  erkltrt  er  es  kaum 
mit  Reclit  für  ein  Federornament.  Bfaer  stellt  es  ineinander  geflochtene 

Bänder  dar. 

'  Die  Darstellung  publicirt:  Petrie,  Pbolograpbien  Turin. 


STIBBFANa  AUF  EINBM  ABOYPTISCHBN  HOLZfiBFABSS  253 

gerichtet.  Von  oben  springt  ein  Pftnther  auf  den  Stier  herab. 
Von  dieser  Gruppe  abgewandt  lur  Linken  hinter  dem  JSp 
ger  wird  eine  Gazelle  Ton  einem  Löwen  angefallen.  Bin  Jun- 
ges springt  der  Gazelle  an  den  Euter,  während  ein  Panther 
mit  geflecktem  Pell  und  grossem  Schweif  weiter  hinten ,  in 
der  Darstellung  selbst  also  aber  der  Gazelle  und  dem  Löwen, 
steht. 

Ganz  ähnliehe  Motive  aus  dem  Tierleben  finden  sich  auf 
den  vorhin  erwähnten  Schnitzereien  im  Louvre  und  auf  den 
Wänden  und  dem  Deckel  eines  Kästchens  in  Giseh ,  dessen 
teils  in  Relief,  teils  in  eingelegter  Arbeit  ausgeführte  Darstel- 
lungen Taf.  8,4.  5  abgebildet  sind;  auch  die  Arch.  Jahrbuch 
i8V8  Taf.  S  publicirte  prachtvolle  Bronzeschale  gehört  hierher. 

Anschliessen  darf  man  weiter  ein  von  Schäfer  in  der  Ägyp- 
tischen Zeitschrift  (1893  S.  105 if.)  veröfTentlichtes  Lederkäst- 
chen im  Berliner  Museum,  dessen  eigentOmlichen,  dem  na- 
villeschen  Kastchen  nah  verwandten  Stil  der  Herausgeher 
gut  gewOrdigt  hat.  Hier  begegoet  uns,  mehrfach  wiederholt, 
die  Gruppe  eines  Löwen  und  eines  Gazellenkälbchens.  Der 
Löwe  hat  einen  kleinen  Kopf  und  kurze  Beine,  an  denen  die 
Muskeln  stark  hervortreten ;  der  hochgehobene  Schwanz  endigt  > 
in  eine  dreieckige  Quaste*.  Er  packt  mit  dem  Maul  die 
rotgefleckte  Gazelle  am  Ohr  und  hebt  so  das  Tierchen  in 
die  Luft. 

Der  Löwe  ist  dem  Typus  nach  eben  so  unägyptisch  wie  un- 
assyrisch. Will  man  Oberhaupt  vergleichen,  so  finde  ich  eine 
Ähnlichkeit  in  der  Anlage  der  Formen  nur  mit  den  Tieron  am 
Löwenthor  von  Mykene :  ahmte  ein  ägyptischer  Künstler  einen 
Löwen  griechischen  Stils  ungeschickt  nach,  so  konnte  schon 
ein  so  unwahrscheinliches  Gebilde  entstehen. 

Stilistisch  dem  Lederldtotehen  einigerroassen  verwandt,  ist 
ein  zweites  Holzkästcben  zu  Turin  ^.  Hier  ist  auf  dem  Deckel 
in  Hochrelief  eine  von  zwei  Hunden  angefoUene  Gazelle  dar- 


*  Wie  auch  auf  dem  turinor  Kästchen  6415. 

*  Nr.  6416  Rus.si,  Ü,I5  laug,  Ü,065  breit,  0,05  hocb. 


254 


F.  VON  BISSING 


gestellt,  die  den  Kopf  wendet.  Ein  Hund  sitzt  auf  ihrem 
Rücken  und  beisst  sie  ins  Maul. ein  anderer  packt  sie  am  Euter*. 
Als  Jagdhunde  tragen  beide  Halsbänder.  Gräser  ähnlich  den 
auf  den  petrieschen  BQchsen  dargestellten,  füllen  den  Baum. 
Da<^  Kästchen  wird  ungefähr  datirt  durch  einen  in  schlechten, 
tiefen  Zeichen  eingeschnittenen  Text  magischen  Inhalts,  wo- 
nach es  frübstens  der  XIX.  Dynastie  angehört. 

Collection  Hoff  mann,  1895,  Antiquite's  egyptiennes  S. 
84  ist  in  stilistisch  leider  nicht  genügender  Weise  ein  Holz« 
gefios  TeröfiTentlicht,  das  hoffentlich  der  unbekannte  jetzige  Be* 
sitzer  einmal  besser  zugänglich  macht.  Es  stellt  eine  Löwen- 
Jagd  in  Relief  dar :  auf  einem  Streitwagen  mit  einem  Ross 
steht  ein  Mann  ,  der  zum  Wurf  den  rechten  Arm  erhebt, 
während  er  mit  der  gesenkten  andern  Hand  die  Zügel  hielt  ^, 
vor  ihm  steht  ein  zweiter  Mann  im  Schurz  mit  der  Feder  auf  dem 
Kopf,  der  in  der  rechten  Hand  einen  Speer  hält,  mit  welchem  er 
einen  Löwen  im  Sprung  getroffen  hat ;  mit  der  andern  scheint 
er  einen  zweiten  Löwen  am  Schwanz  hochzuziehen ,  nachdem 
er  ihn  von  hinten  mit  einem  Speer  durchbohrt  hat.  Der  Löwe 
blickt  sich  hülQos  nach  seinem  Peiniger  um  und  berührt  kaum 
noch  mit  dem  einen  Vorderfuss  den  Boden.  Weiter  rechts  grast 
eine  Antilope,  an  der  ihr  Junges  aufopringt  um  zu  saugen ; 
den  AbschluBs  bildet  eine  weibliche  geflügelte  Sphinx  mit 
menschlichem  Kopf  und  Vorderarmen  und  einem  nur  halb 
sichtbaren  hohen  Götlerkopfsehmuck. 

Die  weibliche  Sphinx  und  das  an  bekannte  asiatische^  Dar- 
stellungen gemahnende  Schema  des  Mannes  mit  den  zwei  Lö- 
wen geben  dem  Relief  etwas  Fremdartiges,  ohne  dass  man  be- 
stimmte Vorbilder  nennen  könnte. 


*  Übertragung  des  häutigen  Schemas  des  Muttertiers  mit  dem  saugenden 
Jungen. 

*  Wann  diese  gemalt?  Der  Verfertiger  des  Oefftsaes  «ehdnt  eine  Vorlage 

benutzt  zu  haben,dic  er  ungeschickt  verkleinerte;  so  Tehlt  dem  Mann  auf  dem 
Wagen  die  rechte  Hand,  der  S[>lutix  der  obere  Teil  der  Knwir 

3  Vgl.  Perrot-Cbipiez  III  Ö.  038,  Nr.  429,  aber  auch  Roseliiui,  Mon.  storici 
III,  1  8.  110  Taf.  2B ,  aus  der  Zeil  Amenopbis  I. 


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BTIBRFANG  AUF  BINEU  AKQYPTISCHEN  UOLZOEFAESS  2S5 

Eb  mag  hiermit  genug  aeio,  da  eine  Untersuchung  tther  den 
Tjpenaehatz  dieser  Reliefs  erst  möglich  sein  wird,  wenn  eine 
grössere  Anzahl  davon  zu^glich  gemacht  ist.  Sie  bilden  eine 
besondere  Monumentenklasse  S  stehen  aber,  wie  nicht  genug 
betont  werden  kann,  in  unlöslichem  Zusammenhang  mit  der 
XVni.  Dynastie«. 

L.  Yon  Sybel  hat  vor  Jahren  angenommen,  die  Befreiung 
der  ägyptischen  Kunst  zu  Anfang  des  neuen  Reichs  sei  von 
Asien  aus  veranlasst  worden Heute,  wo  wir  die  ägyptische 
wie  die  asiatische  Kunst  besser  kennen,  lasst  sich  das  nicht 
mehr  aufrecht  erhalten.  Die  asiatische  Kunst  weist  keinerlei 
Eigenschaften  auf,  die  sie  zu  einer  solchen  Befruchtung  der 
ägyptischen  befähigen  wurden.  Und  die  Ansätze  zur  Befreiung 
der  Kunst  im  Nilthal  sind  andrerseits  zweifellos  älter  als  die 
grossen  asiatischen  Kriege*.  Ich  könnte  mir  denken,  dass  man 
die  ganze  Entwicklung  zum  Höhepunkt  der  Kunst  unter  Ame- 
nopbis  III  und  IV  als  eine  national  ägyptische  ansähe.  Nur 
würde  ich  dann  erwarten,  dass  die  Entwicklung  sich  in  allen 
Teilen  der  Kunst  gleiehmässig  zeigte  und  sie  sich  auf  alle 
Sphären  ausgedehnt  hätte.  Auch  scheint  mir  die  Entwicklung 
so  ungemein  rasch  vor  sich  zu  gehen,  dass  man  sich  unwill- 
karlicb  nach  einer  fremden  Anr^uog  umsieht. 

Die  einzige  Kunst  aber,  die  sich  dann  darbietet,  ist  die  hel- 
lenische Kunst  vor  der  Wanderung.  Sie  allein  zeigt  die  gleiche 
ornamentale  Fülle  und  Oberfülle,  die  gleiche  naive  Kraft  des 
Vortrags.  Freilich  sind  die  griechischen  Künstler  in  der  Kühn- 
heit der  Darstellung  den  ägyptischen  noch  überlegen,  während 
diese  ihnen  im  Einzel-Ornament  nichts  nachgeben. 

Seit  Furtwängler  und  Löschcke  in  den  Mykenischen  Vasen 


*  Nur  nebenbei  sei  auf  eine  hierher  gehörige  Metaliarbeil  aufmerksam 
gemacht,  eine  Axt  mit  dem  eingelegten  Bild  eines  Ochsen,  Wiliiüisoii»  Man" 
Mrs>  I  8.  214. 

>  Vgl.  z.  B.  auch  Teil  el  Amarna  Taf.  0. 
3  SvIipI.  Kritik  des  ägvptischeii  Ornaiiienls. 

*  Vgl.  dazu  meine  älaliäliscbe  Tafel  Tulbmosi^  III  8.  xxu  ü'. 


256  F.  VON  nisäiNG 

zuerst  auf  die  Beziehungen  Mykenes  lu  Ägypten  hingewiesen', 
ist  das  Material  bedeutend  gewachsen.  Und  während  Perrot 
VI  S.  1005  eine  ausreichende  Überaiciii  der  nach  Griechen- 
land exportirten  ägyptischen  Ware  gegebea  hat,  fehlt  für  den 
mykeniachen  Import  nach  Ägypten  eine  derartige  ZusammeD- 
stellung.  Es  kann  nicht  meine  Absicht  sein  hier  ein  voll- 
ständiges  Verzeichniss  zu  geben,  wo!  aber  holTe  ich,  dass  die 
folgende  Übersicht  lehren  wird,  dass  der  Einfiiusa  der  ältesten 
griechischen  Kultur  auf  Ägypten,  so  wenig  man  ihn  fiber- 
schätzen  darf,eine  Thatsache  ist, mit  der  man  rechnen  muss^. 

Wenn  im  Alli^emeinen  auch  der  stärkste  Import  mykeni- 
scher  Warenach  Ägypten  mit  der  jüngeren  Hälfte  des  dritten 
Stils  zusammenfällt ^  so  sind  die  Beziehungen  Ägyptens  zu  den 
Mykenäern  nniweifelhafl  älter.  Über  die  von  Petrie  gefunde- 
nen Scherben  aus  Kabun  kann  ich  mich,  ohne  die  Originale 
gesehn  zu  haben,  nicht  äussern^.  Sicher  scheint  aber, dass  sich 
darunter  eine  hellenische  Vase  mit  Mattmalerei  befindet^.  Das 
würde  uns  in  die  XII.  Dynastie,  d.  h.  etwa  2500  vor  Chr. 
führen.  Aber  Petries  Oatirung  unterliegt  doch  manchen  Be- 
denken. Kahun  war  gebaut  worden  als  massenhaft  Arbeiter 
zum  Bau  der  Pyramide  und  des  Tempels  Usertesens  II  her- 
beieilten, es  versteht  sich  aber  von  selbst,  dass  die  Stadt  auch 
in  der  Folgezeit  bewohnt  blieb ;  in  der  That  fehlt  es  nicht  an 
2^ugnissen  aus  der  Zwischenzeit  von  der  XII.  zur  XVII I.  Dy- 
nastie und  bis  in  diese  hinein.  Nun  hat  Petrie  zweifellos  Recht, 
dass  die  fQr  Amenophis  III  und  IV  bezeichnenden  Vasen  und 


*  8.  ziiir.  8. 14,31  AT.  89  fr.  insbesondere.  Dosen  in  Gestalt  einer  Bnle, 

die  den  Kopf  zurückwendet,  giebt  es  jetzt  eine  ganze  Anzahl  Ägypten. 

*  Der  erste,  der  dies  lioloiit  hat,  ist  wol  E.  Mever,  Goscli.  deü  Altertums 
II  §  115  und  129;  vgl.  uuub  ä.  iieiaach,  Le  mirage  ortenlal. 

*  Btwa  von  Tuthmosis  III,  Sethes  II,  XVIII.  und  XIX.  Dynastie. 

*  Soweit  man  nach  Abbildungen  urteilen  darf,lL&inte  man,  worauf  mich 
Wolters  aufmerksam  macht,  die  Vasen  aus  Kamares  auf  Kreta  vergleichen; 
s.  Journal  of  Hell,  studies  1890  Taf.  ü.  Pelrie,  Jltahun  Taf.  1.  Monumenli 
M  UmH  VI.  Taf.  9. 

s  Petrie,  lUahm  Taf.  1, 13. 


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STIERFANO  AUF  SINBM  ABaVPTISCHBN  H0LZGEFAES8  257 

andren  kleinen  Altertümer  fast  ganz  fehlen.  Man  wird  also  die 
Menge  der  Funde  aller  setzen  als  die  zweite  Hälfte  der  XVIII. 
Dynastie.  Und  da  auch  sonst  die  Kieinfunde  sich  mehr  an  die 
XII.  Dynastie  ansehliessen,  als  an  das  neue  Reich,  darf  man 
mit  der  Datirung  der  Schutthaufen  im  Wesentlichen  noch  im 
mittleren  Reich  bleiben.  Aber  weiter  zu  gehen  erlauben  uns 
unsere  Kenntnisse  nicht.  Denn  zwischen  Töpfen  und  Amu- 
letten der  XII.  Dynastie  und  solchen  der  Folgezeit  bis  zur 
XVIIl.  scharf  zu  scheiden,  ist  einstweilen  unmöglich.  Und 
wenn  die  Schutthaufen  auch  ausserhalb  der  Stadt  lagen,  so 
giebt  uns  das  noch  kein  Recht,  sie  allesamt  früher  anzusetzen 
als  die  Schutthaufen  im  Innern  der  Häuser.  Man  wird  schwer- 
lich sorgföltig  erst  das  eine,  dann  das  andere  Verfahren  ein« 
geschlagen  haben ;  wer  ein  Haus  in  der  Mitte  der  Stadt  besasa, 
fend  es  gewiss  bequemer,  Abfall  in  das  nächste  Terlassene 
Haus  abzuladen,  wer  nah  der  Mauer  wohnte,  brachte  den 
Schutt  ¥or  die  Stadt.  Petries  Datirung  wäre  zutreffend,  wenn 
wir  voraussetzen  müssten,  dass  ein  Quartier  der  Stadt  von 
den  Behörden  preisgegeben  worden  sei:  *bier  kann  Schutt 
abgeladen  werden Aber  wie  die  Dinge  liegen  und  noch  heute 
im  Orient  sind,  kann  man  nur  sagen:  zwischen  der  XII.  und 
XVIII.  Dynastie,  im  Mittel  also  um  1800.  Einer  solchen  Da- 
tirung aber  steht  von  keiner  Seite  etwas  im  Weg^ ;  wir  blei- 
ben somit  mit  der  Mattmalerei  am  Ende  des  dritten  Jahr- 
tausends ^ 

Zu  den  älteren  aus  Ägypten  stammenden  altgriechischen  Ge- 
lassen wird  man  noch  zählen  dürfen :  1 )  die  schöne  Kanne  in 
Marseille,  Perrot- Chipiez  VI  S.  996,  die  nach  Maspero,  Cat. 
du  Mm€e  tgyptien  de  Marseille  Nr.  1043  in  Ägypten  ge* 
funden  ist,  während  andere  filrsiedie  Herkunft  aus  Tyrusvcr- 
sichem*.  Unbestritten  stammen  aus  Ägypten  S)  die  bei  Petrot- 


*  Btwas  anders  urteilt  Evans  {Ontan  pkUtgraphs  8.  79 •82),  der  aber 

auch  auf  die  kretischen  Vasen  hinweist. 

>  Perrol- Chipiez  VI  S.  1013  zu  8.  916,  vgl.  Arch.  Anzeiger  1893  8.  9  f. 
(Furtwangler),  wo  verwandte  QeOsse  aufgezählt  sind. 


258 


F.  VON  BISSING 


Chipiez  VI  S.  925  publicirte  Büchse  des  Brittischen  Museums, 
sowie  3)  flie  von  Murray,  American  journal  of  arch.  VI 
S.  437  ff.  Taf.  22  publicirte  Vase.  In  der  Datirung  hat  Furt- 
wängler  gegenüber  dem  Herausgeber,  der  sie  für  Bpätmyke- 
nisch  hielt,  offenbar  Hecht.  Die  Form  dieses  Gefässes  ebenso 
wie  die  der  marseiller  Kanne  weist  deutlich  auf  Metallvor- 
bilder, und  in  der  Decoration  stioimen  die  Vasen  1-3  so  auf- 
fällig überein ,  dass  man  am  liebsten  geradezu  den  selben 
Töpier  für  sie  annehmen  möchte ;  das  fdllt  bei  der  Kanne 
in  Maseille  für  Ägypten  gegen  Tyrus  ins  Gewicht.  4)  Die 
von  Petrie,  lüahun  Taf.  26  abgebildete  Vase  aus  dem 
Maketgrab,  das,  wie  nun  auch  sein  Entdecker  annimmt,  der 
frühen  XVI 1 1 .  Dynastie  angehört  * .  5 )  Der  von  Petrie ,  lUahun 
Taf.  19,  37  abgebildete  mykeniache  Trichter,  dessen  Henkel 
und  Spitze  leider  abgebrochen  ist  und  zu  dem  man  das  Orna- 
ment Myk.  Vasen  Taf.  31,  293;  19, 134;  35,  356  vergleiche, 
letzteres  freilich  ein  Fragment  vierten  Stils,  wonach  also  der 
Trichter,  der  undatirt  ist',  auch  in  die  Jüngste  mykenische  Zeit 
gehören  könnte,  von  der  wir  m.  W.  in  Ägypten  kein  Beispiel 
haben.  6)  Mykenische  Büchse,  abgebildet  auf  unserer  Taf.  8, 
3,  im  Museum  zuGtseh.  Thon  hellgelb.  Firniss  gut, verschie- 
den dick  aufgetragen,  stellenweise  rötlich  geworden.  Auch  die 
Lippe  innen  gefirnisst,  Höbe  7,5*",  Breite  7,3.  Zwischen  den 
Henkeln  Palmen,  unter  und  über  den  gefirnissten  Henkeln 
Wellenlinien.  Auf  dem  Boden  innerhalb  eines  den  äusseren 
Umriss  angebenden  Kreises  zwei  Paar  sich  kreuzweis  über- 
schneidender geschwungener  Linien,  in  den  vier  Winkeln  des 
Kreuzes,  an  die  Enden  der  Linien  ansetzend  je  eine  nach  aus- 
sen geöffnete  Bogenlinie.  7)  Ähnliche  aber  weniger  flache 
Büchse,  abgeb.  auf  Taf.  8,1,  im  Museum  zu  Giseh.  Thon 
dnnkelgelb,  Pimiss  schwarz,  brüchig,  Höhe  8~,  Breite  7,3. 
Auch  die  Lippe  innen  gefirnisst.  Zwischen  je  zwei  Henkeln 


<  Vgl.  Äfr.vptisciM'  Zcilschrin  HOT  S.  IT. 

'  Pntrie  ^ii  lii  ühti  iliii  nicbu  an  uail  die  Datirung  auf  öelbus  II  bexiclU 
hieb  nur  auf  die  Nr.  1  -'27. 


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BTIIRPANO  AUP  BINBll  AB0TFTI8CHBN  HOLZ0BFAB88  259 


ein  herzfÖrmifies  Blatt.  Der  Grund  ist  mit  reihenweise  geordne- 
ten Punkten  gefüllt,  die  Blätter  sind  unten  durch  eine  Kreis- 
linie miteinander  verbunden.  Auf  dem  Boden  parallele, durch 
einen  Kreis  eingefasste  Wellenlinien.  8)  Bügelkanne  dritten 
Stiles,  abgeb.  Taf.  8,  2,  im  Museum  zu  Giseh.  Höhe  13"", 
Breite  6,5.  Gerades  Eingussrohr,  hoher  Bügel,  breiter  Fuss, 
dessen  innere  Fläche  etwas  vertieft  liegt.  Gelber  Thon,  leuch- 
tender, an  der  einen  Seite  rot  gewordener  Firniss.  Auf  dem 
Bägelknopf  concentriscbe  Kreise*  das  Ornament  der  Schulter 
▼ier  Mal  wiederholt. 

In  die  ältere  Zeit  des  dritten  Stils  gehört  vielleicht 
auch  der  von  Puchstein  als  mykenisch  erkannte  Deckel  aus 
dem  Grab  des  Srbina  ta  Säqqarah*;  er  stimmt  der  Ein- 
teilung der  Decoration  nach  so  genau  mit  einem  in  Menidi  ge- 
fundenen überein,  dassein  Zusammenhang  sicher  ist  (vgl.  oben 
S.  250).  Der  lebendige  Stil  aber,  der  den  Deckel  vor  allen  andern 
Holzarbeiten, die  in  Ägypten  gefunden  sind,  auszeichnet,  erweist 
ihn  als  originale  mykenische  Arbeit,  nicht  als  Nachahmung^. 

Die  Entwicklung  der  mykenischen  Formen,  d.h.  der  Bügel- 
kanne, die  numerisch  weit  überwiegt,  hat  an  der  Hand  der 
ägyptischen  Funde  Petrie,  lUahun  S.  18  g  38  bereits  dargelegt; 
er  hat  auch  die  von  Löschcke  und  Furtwängler  gesammelten 
Nachahmungen  mykenischer  Ware  in  Ägypten  um  einige  Bei- 
spiele vermehrt.  Diese  Nachahmungen  sind  uns  wertvoll, 
weil  sie  beweisen ,  dass  die  Ägypter  erstens  die  mykenische 
Technik  niclit  beherrschten,  andrerseits  aber  so  viel  Gefallen 
an  der  mykenischen  Ware  fanden,  dass  sie  sie  in  verschiede- 
nem heimischen  Material  nachahmten.  Und  zwar  scheint  da- 
bei die  Bügeikacne  als  Behälter  für  Wolgerüche  an  die  Stelle 
jener ttrsprOnglich  auch  importirten,8ch5nrotpolirten  Flaschen 


«  Vgl.  Lepsius,  Denkmäler  Text  S.  17.  Arch.  Anzeiger  1891  S.  41. 

'  Dass  das  Grab  in  .Saqqarah,  in  dem  das  Gofäss  Fnrlwängler-Lösclicke, 
Myk.  Vasen  159  gefunden  ist,  ini  neuen  Reich  (udur  Hude  des  miuleren ) 
wieder  benalit  imdeii  ist,  lehren  deullich  die  darin  geftaidenen  Särge  und 
Vasen;  v^.  Lepsius,  Denkmäler,  Text  I  8. 167  ff. 


260 


r.  VW  BI88ING 


getraten  zu  sein,  die  im  Anfang  der  XVIII.  Dynastie  massen- 
haft, dann  immer  spärlicher  vorkommen. 

Die  folgende  Liste  soll,  ohne  vollständig  zu  sein,  eine  Reihe 
verschiedenartiger  Nachahmungen,  nach  Technik  und  Mate- 
rial geordnet  vorfahren.  An  Bügelkannen  kenne  ich  : 

1.  Einfacher  ägyptischer  Thon  mit  Mattmalerei.  Als  Deco- 
ration ausschliesslich  umlaufende  Kreise  in  mattvioletter  Farbe. 
Mehrere  Exemplare  in  Giseh ,  je  eins  in  Florenz  (Agypt. 
Sammlung  3.':!5'0  und  Berlin  (Ägypl.  Sammlung  1611).  Die 
tiorentinor  Vase  scliien  mir  eine  Art  heller  Engobe  zu  haben, 
wo!  um  die  schöne  Farbe  der  my  kenischen  Ware  wiederzu- 
geben. Vgl.  Petrie,  Illahun  19,  12  und  Teil  el  Ychudieh 
ed.  Egypt  exploration  fund  S.  46  links  unten  (aus  der  XX. 
Dynastie?). 

2.  Blaue,  schöne  Faience  des  neuen  Heichs. 

Zwei  Exemplare  im  Louvre,  von  denen  das  eine  ein  Zick- 
zackband um  den  Bauch  zeigt  (vgl.  unten). 

Eine  Kanne  in  Bologna',  auf  der  Schuller  ein  Band  von 
gegeneinander  gekehrten  Dreiecken  ,  die  mit  Strichen  gefüllt 
sind;  darüber  Gräser,  ähnlich  den  auf  der  Büchse  von  Kahun 
darg^tellten  und  Palmetlen,  für  deren  Form  man  Petrie,  De^ 
coratwe  art  Pig.  51  vergleiche,  wo  der  Ursprung  dieser 
Palmetlen  klar  wird  ^.  Die  Ornamente  sind  in  der  ablichen 
schwarzen  Farbe  vor  der  Glasur  aufgemalt. 

Zwei  weitere  Exemplare  finden  sich  im  .Museum  zu  Giseh. 
Die  eine  Kanne  (Kat.  Maspero  S.  t?7,  2829 )  istTaf.  8,6abge- 
bildet.  Sie  besteht  aus  graugeibem  feinkörnigem  Thon,  mit 
schöner  blauer  Glasur.  Das  Bingussrohr  steht  fast  senkrecht, 
der  abgebrochene  Bügel  fehlt.  Höhe  7,5,  Breite  des  Pusses 
3,7*".  Auf  der  Schulter  ist  in  schwarzer  Parbe  als  einzige  Ver- 
sierung  iwischen  swei  Linien  eine  Reihe  von  ägyptischen  Hie- 
roglyphen aufgemalt  (abwechselnd  Uzat- Augen,  die  Zeiehen 


*  <  Vgl.  Furiwängler-Löschcke,  Myk.  Vasen  S.      und  Abb.  19. 

3  Wul  XVÜI.  Dyoastie,  doch  äbiilicU  ücIiuq  auf  Decken  der  Xil.  Dyna- 
stie in  AbsiuI. 


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STlBtlf  ANO  AUF*  EINEM  AEGYPTISCHBN  HOLZOSrABSS  26i 

filr  schön,  Leben,  Kraft  und  Lotosblüten).  Interessanter  ist  die 
zweite,  Taf.  8.7  abgebildete  (Kat.  Maspero28)2).  Sie  besteht 
aus  gleichem  Thon  mit  dunkelblauer  Glasur  undschwan  auf- 
gemalten Oroamenten.  Höhe 7, 8,, Breite  des  Pusses  3,8*",  ßin- 
gDSsrohr  etwas  schräg.  Der  BQgelist  oben  breit,  rautenförmig, 
darauf  Rosette ;  an  den  Seiten  des  Bügels  zeigt  sie  einen 
ägyptischen  Blumenstrauss  mit  Winden  und  Lotosblüten*. 
Auf  dem  Bauch  sind  gleichfalls  in  schwarz  Gruppen  von 
Papyrus  und  Disteln  gemalt^.  Neben  dem  gerade  aufgerich- 
teteo  Ausgussrohr  sind  nicht  bestimmbare  Gräser  dargestellt. 
Nach  den  Pflanzen-Motiven  und  der  schönen  blauen  Farbe 
dürfte  die  Kanne  der  XVill.  Dynastie,  etwa  der  Zeit  Arne- 
nopbis  III  -  IV  angehören 

3.  Wichtig  sind  auch  die  Abbildungen  von  BOgelkannen 
im  Grab  Ramesses  III.  Sie  zeigen  im  Gegensatz  zu  den  bisher 
besprochenen  und  den  in  Mykene  gefundenen  keinen  Fuss, 
sind  ziemlich  schlank  und  mit  linearen  Ornamenten  ge- 
schrnttckt.  Vom  gelben  Grund  beben  sich  auf  allen  vier  seiner 
Zeit  von  mir  notirten  Exemplaren  rote  Zickzaekbänder  ab 
die  abwechselnd  oben  und  unten  geöffnete  Dreiecke  bilden, 
in  denen  Punkte  angebracht  sind.  Ganz  in  der  gleichen  Weis« 
sind  im  selben  Grab  grosse  Vorratsgefässe  ganz  unmykeni- 
scher  Form  deoorirt^.  Ihre  Form  entspricht  den  aus  Syrien 
eingeführten  Weibrauchgefässen  und  man  kann  daher  schwan- 
ken, ob  hier  syrische  Nachahmungen  mykeniaeher  Ware  oder 
ä^ptisch«}  vorliegen.  Dass  das  Ornament  in  Nordsyrien  unA 
Kreta  heimisch  war,  hat  Petrie  auf  Grund  syrischer  und  Rftiu- 
Kleidermuster  vermutet^.  Petrie  hätte  hinzufOgep  können, dasa 


•  Vgl.  Petrie,  Teil  el  Amarna  Taf.  2  uod  3.  Decorative  art  S.  81  f.  1^7. 
'  Vgl.  Mission  du  Caire  V,  Tombeau  d'Apoui,  paroi  iL 

3  Pclrie,  Decoraiive  art  S.  Sl.Borcbardt,  Die  ägjrpt.  PflanzeDsäule  S.  82. 

•  Vgl.  Champollion,  Monununts  Tar.258  obere  Reibe,  in  Farben,  und  259. 
AufTnr.  258  ist  auch  diu  weiter  unten  besprochene  Bügelkanne  (?)  abge- 
bildet, für  die  icli  (»la>.  als  Material  vermute. 

'  Wilkinson,  Manners^  II  8.  4  Nr.  8,  18,  19  (uicblgauz  genau),  besser 
Cbampollioa,  Monuments  Taf.  259. 

•  Ptconti9$  ort  8. 15. 


262  t.  von  B1881N6 

auch  im  Dipylonstil  das  Muster  nicht  selten  ist*.  Aber  an- 
drerseits ist  das  Ornament  so  einfach,  dass  man  nicht  viel  auf 
die  Übereinstimmung  geben  kann,  und  leider  auf  diese  Weise 
den  ßeweis,dass  die  ältesten  in  Griechenland  gefundenen  Vasen 
mit  Pimissmalerei  unasiattsch  sind,  weil  sie  ganz  abweichen 
fon  den  im  Grab  Ramesses  III  dargestellten,  nicht  bflndig 
führen  kann. 

Verführerisch  wäre  es  auch,  die  aus  Ägypten  in  das  Bonner 
Museum  gekommene,  Taf.  8,  8  abgebildete  Bügelkanne  für 
syrisch  zu  erklären.  Sie  hat  einen  runden,  etwas  abgeplatteten 
Boden,  ist  O.OlJ.i'"  hocli.  Ihre  steilen  Henkel  fallen  etwas  zum 
BügelknopC  hin  ab.  Das  Ringussrohr  ist  abgebrochen.  Der 
grobe,  röllielie  Thon  mit  dem  stark  gebrannten,  gelben  po- 
lirten  Überzug  entspricht  genau  den  besten  im  Palast  Ame- 
nophis  III  und  aufgelesenen  Scherben  von  N'orralsgefässen. 
Ebenso  wie  die  von  mir  im  .\rch.  lahrhuch  hS98  S.  54  be- 
handelten rotpolirlen  Gelasse,  siechen  diese  gelbpolirten  von 
der  gewiihnliciien  bessern  ägyptischen  Ware  ah.  Die  Vermutung 
Dragendorll's,  dass  die  syrischen  t^rzcugnisse  auch  in  syrischen 
hriigen  transporlirt  worden  seien,  hat  daher  viel  für  sich.  Wir 
halten  demnach  in  der  gelben  wie  in  der  roten  polirten  Ke- 
ramik (und  beide  sind  schwer  von  einander  zu  trennen)  Im- 
port vor  uns,  dem  freilich  heimische  Imitation  nachfolgte. 
Und  darum  bleibt  auch  für  den,  der  den  fremden  Ursprung 
der  Töpfe  als  Gattung  zugiebt,  im  einzelnen  Fall  ein  Schwan- 
ken möglich  und  wir  können  sichere  Schlüsse  nicht  darauf 
bauen  ^. 

Im  Grab  Ramesses  Iii  ist  dann  auch  eine  Bügelkanne  aus 
Glas  abgebildet  (VVilkiDson,ifii/i^^r.v^  S.  4  Nr.  107),  die  wol 
kaum  griechischen  Ursprungs  sein  dürfte;  für  die  Darstellungs- 


*  Brunn,  Kunstgeschichte  I  8.  54. 

*  Man  vergesse  vor  allem  nicht,  dass  mit  deu  fretuden  Fürsten  auch 
kriegsgefangeno  fri'mdt^  Kiiii>llei  <'iiiv>aiulei  leti,  um!  dasri-iclii'  .Vg\ ptun  ülier- 
haupl  fahrendes  \  olk  aiige/ugeii  lidbcii  wird.  So  kuiuileu  fremde  Teclmikeu, 
die  kciae  besonderen  Bedingungen  ballen  (wie  guleu  Thon  oder  Firniss- 
fsriM)  auch  in  Änrpten  gedeibeo.  Vgl.  Peine,  Bittory  af  Bffypt  Ii  8. 189. 


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ST18HFAN6  AUF  BINBM  AEGYPTISCHEN  HOLZOEFAESS 


weise»  bei  der  das  Ausgossrohr  darch  den  Mittelslab  des 
Bogels  verdeekt  wird,  vgl.  a.a.O.  Nr.  15.  Möglicher  Weise 
sind  aus  der  Form  der  BOgelkanne  oder  aus  Gefassen  wie 
Myk.  Vasen  Taf.  15,  90  hersuleiten  Gelasse  wie  das  bei 
CesDola- Stern,  Cypern  Taf.  14,  6  io  der  Mitte  abgebildete, 
dem  in  der  Form  bis  auf  den  fehlenden  Boden  Wilkinson, 
Manners^  II  S.  4,14  entspricht  (aus  Glas).. Das  fiiogussrohr 
fehlt  hier,  oder  vielmehr  die  Mittelstange  des  BQgels  ist  sum 
Eingussrohr  umgewandelt  worden.  Das  Auftreten  der  gletehen 
Form  in  Gurob  zur  Zeit  der  XVII I.  Dynastie*  spricht  eher 
für  als  gegen  diese  Annahme. 

4.  Eine  Bfigelkanne  aus  Alabaster  aus  dem  Ende  der  XIX. 
Dynastie  ist  abgebildet  Petrie,  lllahun,  Taf,  19,  37. 

5.  Ein  mykenischer  Trichter  aus  ägyptischer  Faience  be- 
findet sich  nach  G.  Karoe  Angabe  im  Brittischen  Museum. 

6.  In  Gurob  fond  Petrie  zusammen  mit  Gegonstanden  der 
Zeit  Amenophis  III  einen  Löwen,  den  er  sofort  mit  dem  Lö- 
weotbor  von  Mykene  zusammen  stellte.  Wie  ich  glaube  mit 
Recht.  Denn  die  Abbildung  (lUahun  Taf.  8, 95),  die  den  Stil 
allerdings  nicht  erkennen  läset,  zeigt  eine  Löwin  (?)  genau  in 
der  Stellung  derer  zu  Mykene  und  nach  lUahun  S.  15  scheint 
eine  zweite  Löwin  geg^nttber  gestanden  zu  haben,  wodurch 
die  Ähnlichkeit  noch  grösser  wird.  Wozu  freilieh  dieses  Lö- 
wenpaar aus  vergoldetem  Holz  gedient  hat,  ist  nicht  zu  er- 
mitteln*. 


'  Petrie,  Hlahun  Taf.;20,  i.  Leider  giebl  Cesnola  über  die  Auflindung  der 
aus  Dali  stainincndenVase  keinen  Bericht.  Sie  f?ehiirl  wol  sicher  der  XVIII. 
Dynastie  an,  wie  ausser  der  Form  der  freie  Stil  der  Tierzcicbnung  beweist; 
dhendabin  gehören  die  beiden  allerdings  jftmmerlieh  abgebildeten  Schalen, 
für  die  man  Petrie,  Illahun  Taf.  W,  3  und  6;  IT,  7  vergleiche.  Menschliche 
Darstellungen  auf  diesen  Schalen  sind  >;n  selten,  dass  das  Stück  eine  gute 
VerüiTeutlicbuug  luhnle.  Die  bei  Cesnula  Taf.  15- 16  abgebiidelea  Uefässe 
gehören  danach  in  die  Mitte  des  ilreilen  Jahrtausends  Tor  Chr.  und  Ces- 
nola hatte  Recht,  die  Grahi  r  für  die  ältesten  auf  Kypros  stt  ballen. 

'  Aincliing,  Führer  durch  <iic  Antiken  in  Florenz  8.  201  Anm.  erwähnt 
eine  '  kleine  mykeniscbe  Pjxis  mit  Rankenornaroent*.  Wie  aber  Wolters 
erliannt  bat,  ist  das  mit  II attmalerei  verziert«  Qefäss  nach  Form  und 


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^^64  f.  VON  ftfSBIWA 

Enge  Beziehunp;pn  zwischen  Mykene  und  ALrypton  lassen 
sich  auch  sonst  »M  weiscn  ;  dir  gemalten  Fussböden  zu  Teil  el 
Amarna  und  im  Palast  Amenophis  III  zeigen  die  gleiche 
wechselnde  Technik  wie  die  Fusshoden  zu  Tiryns'  ;  hier  und 
dort  waren  die  Wände  mit  Kalkstuck  bedeckt,  den  Malereien 
schmückten;  wie  im  Palast  des  Alkinoos,  wie  in  dem  zu 
Tiryns,  der  Friesaus  Kyanos  an  der  Wand  berumlief,  so 
schmückten  bunte  GlasHüsse  die  Säulen  und  Wände  zu  Teil 
el  Amarna  und  zu  Teil  cl  Yehudieh  ( Ramesses  III  Zeit). 
In  Ägypten  reicht  die  Technik  eingelegter  Arbeit  bis  in  die 
Zeit  des  alten  Reichs:  in  den  Gräbern  von  Medum  finden  wir 
mit  Glasflüssen  ausgelegte  Hieroglyphen.  Der  Scbluss  wäre  eu 
rasch ,  darum  die  Decoration  der  mykenischen  Paläste  aus 
Ägypten  herzuleiten.  Auch  ßabylonien,  woher  nach  der  stati- 
stiscbea  Tafel  Tuthmosis  ill  Zeile 25  die  Ägypter  unter  ande- 
rem dra  nachgeahmten  Blaustein  erhielten,  kommt  in  Frage: 
denn  im  Louvre  werden  aus  Babylonien  farbige,  auch  schon 
dunkelblaue  locrustationsplatteo  aufbewahrt,  die  sich  von  den 
sonstigen  assyrisch  -  persischen  scharf  scheiden,  aber  mit  den 
Fragmenten  aus  Yell  el  Amarna  entschieden  verwandt  scbei« 
nen.  Leider  sind  es  wenige  Stücke  und  ihr  Alter  bleibt  un- 
gewiss. 

Aber  wenn  auch  der  Grundgedanke  der  mykenischen  Pa- 
lastdecoration ]aus  Ägypten  entlehnt  sein,  und  nicht  die  my« 
kenische  Kultur  bei  der  Ausschmückung  der  Serails  Ame- 
nophis ill  und  IV  beteiligt  gewesen  sein  sollte,  so  könn« 
ten  wir  an  einem  Beispiel  die  Selbständigkeit  der  ältesten  grie- 
chischen Kultur  gegenüber  der  ägyptischen  beweisen.  Die 
Dolchklingen  der  Scbachtgräber  hat  man  inhaltlich  und 
vielleicht  auch  der  äussern  Form  nach  mit  Recht  neben  den 
Dolch  der  Aahotep  gestellt;  aber  technisch  stehen  die  myke- 


Ornament  unmykeniscli.  Nach  einigen  von  DragondorlT  nntirlen  verwandten 
Gefä&sen  aus  Ägjfplen  dürfte  es  vielmciir  der  nactichrisUicben  Zeit  aüge- 
hSna. 
*  SeUisnuum,  Tiijns  8. 


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STiEnPANfl  AUF*  EINEM  aeüyPtischen  holzqePaess  ?65 

nischeo  Dolciiklingen  viel  höher:  jene  Melallpoiychromie,  die 
den  mykeniechen  Dolchen  und  dem  homerischen  Schild  (dei* 
sen  DeooratioDsprincip  sich  hinwieder  zuerst  in  Ägypten  nach- 
weisen lässt*)  gemeinsam  ist,  wird  in  Ägypten  erst  g^n  finde 
des  neuen  Keichs  (um  1000)  gebräuchlich. 

So  ist  es  im  einzelnen  Fall  misslich,  bei  den  auch  in  der 
Ornamentik  sich  darbietenden  Parallelen  aus  vielleicht  zu- 
fälliger Priorität  auf  der  einen  oder  andern  Seite  Schlüsse  auf 
Entlehnung  zu  ziehen.  Den  Griechen  bleibt  die  I'>ßndung  der 
Ranke,  wie  Hiegl  gezeigt  hat:  ob  aber  bei  den  ofi  abgebilde- 
ten ägyptischen  üeckenmustern ,  die  mit  der  Decke  von  Or- 
chomenos  übereinstimmen,  die  Priorität  nicht  auf  ägyptischer 
Seite  liegt?  Die  vollkommene  Hei  he  der  Entwicklung,  wie 
sie  jetzt  bequem  bei  Petrie,  Decorative  art  S.  28  ff.  vorliegt, 
lässt  sich  jedenfalls  leichter  in  Ägypten  als  in  Mykene 
nachweisen.  Und  die  verständnissiose  Verwendung  der  mit 
einander  verbundenen  Enden  zweier  paralleler  Spiralen  auf 
der  mykenischen  Grabstele  bei  Perrot-Chipiez  VI  S.  765  sieht 
eher  aus  wie  herübergenommen  aus  einem  Musler  wie  Perrot- 
Chipiez  I  Fig.  541,6,  als  wie  selbständig  entwickelt  auf  grie- 
chischem Boden.  Wie  fast  immer  fehlt  es  an  ausreichenden  Pu* 
biicationen  auf  ägyptischer  Seite :  die  Decken  der  Gräber  von 
Assiut  aus  dem  mittleren  Keich  sind  noch  immer  unpublicirt. 
im  Grab  des  Hapzfa  habe  ich  mir  das  Vorkommen  des  Mäan- 
derstabes, der  Spirale,  des  Schachbrettmusters  notirt.  Wilkin- 
son, Manners^  1  Taf.  8  (zu  S.  363}  Nr.  4,7,  woi  auch 
14,  sind  ihm  oder  doch  gleichzeitigen  Gräbern  entnommen, 
27,  28  kann  ich  nach  meinen  Notizen  zwei  thebaniHchen  Grä- 
bern aus  der  XVI  IL  Dynastie  zuweisen  (Sobkbetp  und  Jnni). 

Solange  uns  aber  die  Möglichkeit  tehlt,  die  Geschichte  des 
ägyptischen  Ornaments  lurtiaulend  weiter  hinauf  als  bis  in 
die  XVlll.  Dynastie  zu  verfolgen kann  unser  Urteil  über 


«  Vgl.  Arch.  Jahrbuch  1898  8.  50. 

'  Kiegl,  btiltrageu  lüs&l  Lier  ganz  im  Stieb,  auch  PeUie,  Decorative  arl 
ist  in  den  Angaben  über  Zelt  und  Ort  der  berangezogenen  Beispiele  xu 

ATBBN.  liraZBBlLDIl6Blf  ZZIU. 


266  StlEIl^ANÖ  AOS'  JtUfSy  ABOYfTISCttSN  ttOUWABSS 

das  VerbaltDiBB  der  mykenisehen  lur  agyptiwhen  KunsI  nteht 
abschliessend  baten.  Eines  freilich  kann  man  schon  jetzt 
sagen:  wie  viel  einzelne  Motive  die  Mykenaer  auch  aus 
Ägypten  entlehnt  haben  mögen,  die  Combination  dieser  Ele- 
mente zu  einem  künstlerischen  Ganzen  ist  den  Mykenaem, 
nicht  den  Ägyptern  zn  danken.  Der  ordnende  Genius  der 
Griechen  schaflR  auch  hier  wieder  aas  flbemommenen  Eioxel- 
formen  das  kunstvolle  Ganze. 

Kairo. 

F.  VON  Bissmo 


knapp.  Ein  einzeliu;»  Kapiicl  ist  zum  ersten  Mal  gniDdlegend  dargestellt 
von  Borchardt,  Die  ägyptiscbe  Pflanzens&ule. 


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BPIGIIAHM  AUS  SMYRNA 


An  der  Nordsüite  des  Pagos  ist  1 896  eine  marmoroe  Grabstele 
gefonden  worden,  deren  Inechrift  ich  liier  mitteilen  rodchte. 
Ich  sah  sie  kürzlich  in  der  besonders  an  Terracolten  smyr- 
näischen  Fundortes  reichen  Sammlung  des  Herrn  P.  Gaudin, 
Directors  der  Kassaba-Babn  in  Smyrna.  Mit  derselben  aoa- 
serordentlicben  Freundlichkeit,  mit  der  er  uns  das  Studiam 
seiner  Sammlung  gestattete  und  erleichterte,  gab  er  auch  die 
Brlaubniss  zu  dieser  Veröffentlichung ;  ich  darf  es  nicht  unter- 
lassen, den  herzlichen  Dank  ffir  seine  irielfache  Zuvorkommeii- 
heit  auch  an  dieser  Stelle  auszusprechen. 

Die  Stele,  58*"  hoch,  ist  von  einem  flachen  Giebel  bekrönt, 
unter  dem  sich  in  vertieften  Rundungen  zwei  in  zartem  Relief 
ausgef&hrte  Kranze  befinden.  Weiter  unten  sieht  man  in  ein- 
getieftem Viereck  eine  Reliefdarstellung :  in  der  Mitte  einen 
stehenden  Knaben  im  Chiton,  den  Mantel  um  den  Unterkör- 
per geschlagen  und  über  den  linken  vorgestreckten  Unterarm 
geworfen.  Der  Knabe  ist  in  Vorderansicht  dargestellt,  den  rech- 
ten Arm  streckt  er  seitwärte  wagerecht  von  sich  und  halt  in 
der  Hand  eine  grosse  Traube.  Unter  dieser  kauert  am  Bo- 
den ein  kleineres  ganz  nacktes  Kind  und  richtet  verlangend 
Blick  und  linke  Hand  nach  der  Frucht ;  die  rechte  Hand  ruht 
auf  dem  rechten  Knie.  An  der  andern  Seite,  rechte,  steht  mit 
abergeschiageneu  Beinen,  wie  an  den  Rand  des  Reliefs  ange- 
lehnt, ein  grosserer  nackter  Knabe,  die  linke  Hand  ans  Knie 
gelegt,  den  linken  Ellenbogen  mit  der  rechten  Hand  staizend. 
Ober  der  Darstellung  steht : 

MHTPOAi^POZMATPEAZ 
AHMHTPlOY  AHMHTPloY 

Damach  haben  wir  also  den  Grabatein  der  jung  veralorbenen 
Kinder  eines  Demetrioa  vor  uns.  Der  grössere  Knabe  in  der 
Mitte  ist  Matreaa,  der  kleine  links  Metrodoro« ;  in  dem  Kna- 
ben rechte  haben  wir  einen  Diener  zu  erkennen.  Aua  dem 


Epigramm,  das  uoter  dem  Bilde  steht,  erfahren  wir  noch.dass 
Matreas  drei,  sein  Brader  nur  ein  Jahr  alt  gestorben  ist. 

Die  Form  der  Stele  und  ihr  Schmuck,  die  Kränze,  ist  in 
Smyrna  sehr  häufig.  Ich  Terweise  Beispiels  halber  auf  die 
Exemplare  in  Berlin:  Beschreibung  der  antiken  Skulpturen 
Nr.  772.  77«.  777.  778.  780.  783j  ein  reicher  ausgestaltetes 
Exemplar  ist  Nr.  767.  Dies  letztere  ist  dort  ins  zweite  Jahr- 
hundert vor  Chr.  gesetzt,  die  andern  als  spätgriechisch  aber 
vorchristlich  bezeichnet.  Nach  Gesamtform,  Buchstaben,  der 
zarten  und  noch  nicht  so  erstarrten  Ausführung  der  Kränze 
ebenso  wie  nach  dem  Stil  der  Reliefs  darf  man  diese  Datirung 
für  zutreffend  halten. 

Unter  dem  Relief  unserer  Stele  stehen  nun  vier  Distichen, 
in  tlüchtiger,  vielfach  bestossener  und  recht  schwer  lesbarer 
Schrift.  Was  ich  biete  ist  das  Grgebniss  mehrfacher  bei  ver- 
schiedensten Beleuchtungen  vorgenommener  Lesungen  ,  die 
also  niemals  das  Ganze  auf  einmal  umfassen  konnten.  Hoffent- 
lich erweist  sich  trotzdem  die  Abschrift  als  zuverlässig.  Ich  las 
folgendes  : 

AAAAOZENinOIZITAMHinONTAnAP  STOlZ 
<l)AMAkAPY22QM0Y5:0  ETTEISITOMATI 
IMYPI  lATTATPArENETAZAHMHTPIOZHAETEKOYZA 
N  AN  ::i  lONEKAAYZA  NAIZZAKOPQNÜAOEA 
QNOMENOYkETEAESZENENIiniOIZENIAYTOY 
ITAEIftMOIPAAEZHMATPE  HANTPI^f^THZ 
AI  f  Inn  Y AAOYPESYAEYArEnNENIOQKO^^Z 
AlAKCjil^'H/AHNAISHlOC/AlSATPAniTON 

'A  X&Xo;  h  C(i)oi<Ti  Tx  (AT)  ^wovT«  wap'  [aJoTOic 

•I>ijjia  xapucau  (/.ou<jOE:rei  a-zö^XTi' 
ZjAüDvx  :rxTpa,  yivdrai;  Ay){xr,Tpio<;  riSe  TcxoGoa 

Näv[vltov  tjtXauaav  Sioffa  xöpwv  rä6ea, 
*Qv  6  (iiev  oux  IxeXedcev  ivi  J^^oi;  ev.auToO 

ri>ti(i),  pioipa  St  073,  MxTpe'a,  -^v  Tpi[t]T7}5, 
*Al[Ssj(i)  Tiulxo'jpt,  <ju  8'  suayetov  «vt  6o>xo[i](, 


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EPIGRAMM  AUS  SMYRNA 

Einfocfaheit  und  Klarheit  kann  ich  dem  Epigrainro  trotz  aeineB 
dürftigen  Gedankeninhalta  nieht  nachrabmen.  Die  geringe 
Gewandtheit  dea  Verfaaaera  verrat  aieh  achon  darin ,  daaa  er 
gegen  Schlnaa  ana  dem  affeetirten  doriachen  in  den  gewöhn- 
lichen Dialekt  Yerfällt.  Zu  Anfang  glaubte  ich  auer8t,allerding8 
mit  metriachem  Anatoaa,  £Xft\o«  leaen  zu  aollen.  Aber  dasa 
Pheme  ohne  zu  sprechen  verkOndet,  ware  recht  geaucht  und 
hatte  eherTon  der  Stele  gesagt  werden  können*, und  dieLeaung 
^if&«  achien  mir  nicht  nur  vor  dem  Stein  aicher.aondem  wird 
auch  durch  den  Abklatsch  beatätigt.der  sonst  leider  grade  für  die 
achwer  leabaren  Stellen  ganz  im  Stich  läast.  Merkwürdig  mutet 
auch  daa  «ap*  ^«toi;  an ;  ich  finde  aber  keine  andere  Hörstel* 
lung.  Zu  verbinden  ist  es  wol  mit  K«pii9«u.  In  Z.7  iat  die  Her- 
stellung *A()itt>  durch  den  Sinn  geboten,  obwol  der  senkrechte 
Strich,deD  ich  vor  dem  {l  zu  sehen  geglaubt  habe,  nicht  da/u 
stimmt.   Zur  viersilbigen  Messung  von  'Al^iw  vgl.  Jacobs, 
Ant/i.  Pal.  VII,  624.  Die  Vorstellung  von  Aiakos  als  Pbirt- 
ner  des  Hades  ist  uns  vor  allem  aus  Aristophanes  Fröschen 
geläufig,  dass  aber  dort  sein  Name  willkürlich  einem  namen- 
losen Diener  des  Pluton  gegeben  ist,  wird  mit  Hecht  ange- 
nommen (vgl.  Preller-Robert,  Mythologie*  1  S.  808,6),  wenn 
auch  später  Aiakos  öfter  in  dieser  Function  erscheint  (  Roschers 
Lexikon  I  S.  119).  Syiarivai;  habe  ich  hergestellt,  ebenfalls 
im  Widerspruch  zu  der  verzeieboeten  kleinen  Hasta;  aber  mi- 
[ATllvat;  wäre  sinnlos. 

Noch  ein  Umstand  erheischt  eine  Erklärung  Die  beiden 
Kränze  über  dem  Relief  drücken  eigeullicli  aus,  dass  die  Ver- 
atorbenen durch  Verleihung  eines  Kranzes  geehrt  worden  seien. 
Dass  diese  unmündigen  Kinder  bei  Lebzeiten  solcher  Ehre 
teilhaftig  geworden  waren,  wird  man  nicht  glauben.  Aber  ea 
ist  wie  für  andere  Orte^  so  auch  für  Smyrna  die  Verleihung 
Yon  Kränzen  an  Veratorbene  bezeugt.  Cicero,  Pro  L.  Fiacco 

'  Vgl.  Kaihe], Bpigrammattt  Nr.  234:  fiiT«  r^tpa  i^iiu  tö»  vutuv  ai^vfftf 
fOt^yopiivat  TT^iiaTi.  240:  nixpoi  Sit  ^c^votai  ^satiai. 

*  Es  genügt  bierfür  auf  die  von  Bureseh  IwtiuidelteD  Troslbescblösu  zu 
▼emeisen:  RbeiD.  Museom  1894  8.  424. 


270 


p.  WOLTERS,  EPIGRAMM  AUS  SMYRNA 


31, 75:  Vellern  ionium  habere  me  otii,  ut  possem  reciiare 
paephisma  Smyrnaeorum^  quod  feceruni  in  Castricinm 
moriuum, . .  ut  imponereiur  aurea  corona  moriuo.  C.LG. 
II  3135:  xaX<&<  Ijw  l«Ttv  T«(  irpiicoii9«<  rtjAoc  t$  furrXkvLjivt 

fiiM^  Kdtl  lUovi  x*^9*  aTi9«vtt6üvai  «utov  xal  &«o  toS  yuc^^" 
mifx^^  X?^^^  oTif ivy^xal  itxovt  ^«X»fi,  Mtl  M  tOv 

mtl^OfMiv  xal  xa{^v  XP^**^  orif  d^vy  juti  liKOvi  X*^^* 
ToC  livi  TÜC  •uHO«|ii«(  K«l  tAv  icapOivttw  XP^^  9Ttf  dkv^  xfti  ttxovt 
X«Xic9.  Vgl.  Böckh  SU  C.  /.  G,  II  3916.  LeBas  -  Waddtngton 
13.  So  könnte  man  also  TeriDuten,  den  Rindern  sei  die  Bbie 
des  Rranses  aus  Anlass  ihres  Todes  su  Teil  geworden.  Mir 
ist  far  eine  derartige  Geachmacklosigkeit  kein  Beleg  zur  Hand, 
in  diesem  besonderen  Palt  können  wir  das  Volk  Ton  Smyrna 
Ton  dem  Vorwurf  solch  massloser  Obertrei  bung  frei  sprechen. 
Innerhalb  beider  Kränze  haben  einige  Buchstaben,  offenbar 
die  üblichen  Worte  6  ^^{ao;,  gestanden,  die  dann  ausgemeisaelt 
worden  sind.  Damit  ist  gesichert,  dass  diese  Kränze  keine  of- 
fiziell verliehenen  sind.  Ihr  Vorhandensein  lässt  sich  verschie- 
den erklären.  Entweder  war  der  Grabstein  bis  auf  Relief 
und  Inschrift  aber  mit  den  unvermeidlichen  Ehrenkränzen 
schon  im  Voraus  fertig  gestellt  und  wurde  zu  seinem  beson- 
deren Zweck  durch  Knlternung  der  Inschritl  6  Sriao;  brauch- 
bar gemacht,  wobei  man  die  auf  den  Grabsteinen  so  hüuiigen 
Kränze  zu  entfernen  nicht  für  nötig  hieU,  oder  es  war  so  üblich 
einen  Grabstein  mit  solchen  Kränzen  geschmückt  zu  sehn, 
dass  der  Steinmetz  sie  auch  in  diesem  Fall  angebracht,  ge- 
dankenlos aber  mit  der  offiziellen  FJireninschril't  versehen  hatte, 
die  dann  wieder  geloscht  werden  imisste.  Jedenfalls  sehen  wir 
auch  hier,  wie  gew(')hnlich  und  typisch  die  Verleihung  von 
Kränzen  an  Verstorbene  geworden,  und  wie  die  ursprünglich 
besondere  Ehrung  zur  üblichsten  HöÜichkeitspilicht  der  Con- 
doleoz  herabgesunken  war. 

Athen,  Juli  1898. 

PAUL  WOLTERS. 


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KBRCHNOS 


( Hiem  Tafd  XIU.  XIV) 

Im  Aglaophamus  beschäftigt  sich  ijobeck  (S.  22  ff.)  ein- 
gehend  mit  den  (TuvOyjaara,  d.  h.  Bekenntnissformetn,  welche 
in  den  verschiedenen  Mysterienkulteo  gebräuchlich  waren  nnd 
zwar,  wiees  das  Wahrscheinlichste  ist,  bei  denEinweihungs- 
eaaremonien  von  den  neu  aufninehmenden  Mysten  aufgesagt 
warden'.  Auch  über  diese  (ruv07)|A«Ta  herrschte  vor  Lobecka 
Bach  grosse  Verwirrang,  insbesondere  aber  ihre  Zuteilung  an 
die  f erschiedenen  Mysterien.  Lobeck  geht  aus  von  einer  Po- 
lemik gegen  den  Scholiasten  lu  Piatons  Gorgias  4V7  c  und 
macht  diesem  sum  Vorwurf,  dass  er  als  eleasinisch  Dinge  be- 
leichne.diemitEleusis  gar  nichts  su  than  h&tten.  Hierzu  rech- 
net er  vor  allem  das  vom  Scholion  als  eleusinisch  angeführte 

ÖKO  Tov  iMtfTov  Miuov.  Zwcifelsohne  hat  Lobeok  damit  Recht 
und  er  hat  auch  den  Beweb  dafür  erbracht.  In  dem  fflr  un- 
sere Kenntniss  vom  antiken  Mysterienwesen  so  flberaos  wich- 
tigen Abachnitt  des  Protreptikos  des  Glemena  AleiandrinuB 
Ist  ans  das  angefahrte  «uvOnfuc  ausdrflcklich  fiBr  den  Attta- 
Kybele-Rult  aberiiefert  (Protrept.  II  g  15  S.  13).  Die  eleusini- 
sche  Bekenntnissformel  führt  Clemens  einige  Kapitel  später  an 
(§  21  S.  18);  si  lautet:  ivio«Tfu««,  fmov  tov  xuxcäWa,  fXaSov  ix 
xiaTTi?,  ^YYEuaifAfivo;  -  a7ridfUT)v  ii;  xdcXaOov  xai  ix  xaXiöou  «t?  xi- 
(TTTjv.  Als  direkten  Beweis  gegen  den  Ursprung  des  zuerst  an- 
geführten S)'nthemas  führt  Lobeck  die  Erwähnung  des  xep- 
vo(  und  des  Tympanon  an.  Beide  gehörten  in  den  Dienst  der 


•  Vgl.  Schul.  Plal.  Gorgias  497  •  . . .  4v  o7{  (den  ^fyslcrien)  TcoXXi  [a£v  tKpii» 
Tito  flUfl]^«,  iXiYcto  8t  xpö{  xwv  (luou(Uvu*v  Taüxa . .  .  vgl.  Araubius  V,  26,  an- 

geführt  bei  Lobeek,  Agiaopitamus  8.  %5  (mir  augenblieUidi  nieht  xugäag- 
lieb». 

I  ÖberUeforl  Ut  lptw«l(uvoi,  die  VerbesBemng  •tammt  tod  Lobeck. 


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«72 


O.  nOBBNBOHN 


Kybele  und  des  Atlis.  Kür  den  Kernos  beweisen  ihm  (Jas  zwei 
wichtige  Stellen,  in  Nikanders  -Mexipharmaka  wird  Vers  •?  1  7  f . 
von  einem  durch  Schirliog  vergifteten  Meoscheo  gesagt,  er 
Bchreie  wie  die 

und  der  Scholiast  bemerkt  dazu :  xipvofopo^  vi  touc  xpaTvipac 
fipovaa  Uptta*  xipvou^  y^P  9^^^^         (iv(ttixou(  xpaT^pat;,  ^9'  <ov 
Xi>)[VOU(  Ti6ea<Tt'  ^äxopo;  hi     ve(i)x6po;  xal  ßu(A{9Tpi«  t)  U'peta  trt^ 
Mpvoföpou  'Pc«c.  In  der  Dichterstelie  wird  zweifellos  deutlich 
die  xiovofopo«  und  also  auch  der  xEpvo«  in  den  Kult  der  Rhea 
verwiesen.  Im  Scholion  wird  Rhea  selbst  als  xepvo^öpo;  bezeich- 
net. Ober  die  anderen  Bemerkungen  des  Scholiasten,  die  auf 
den  KernoB  selbst  Bezug  haben,  lassen  wir  das  Urteil  noch 
ausstehen.  Die  iweite  Stelle,  die  för  den  lupvo«  und  seine  Be- 
riebung  sum  Kybelekult  von  Wichtigkeit  ist,  finden  wir  in  ei- 
nem Epigramm  des  Alexander  Aetolus,  in  dem  er  den  Alk- 
man  sagen  ISsst  (Anth.  Pal.  VII,  709): 

SdlpSiK  dLp^^&Iou,  «GtTlpuv  v6|MC,  t(  |tW  iv 

'Irpif  0[Miv,  xcpvftc     Ttc  &v  ^  ßoxIX«« 

^pu(To<p6pO{;,  pTiaottiv  »ftX«  T<i(Aiv«v«. 
Denn  dass  mit  den  Worten  des  zweiten  und  dritten  Ver- 
ses auf  Kybeledienst  angespielt  wird,  beweist  ausser  dem 
tö|A««vov  auch  die  Erwähnung  des  ßftxlX««,  der  von  Salmasiua 
richtig  för  fiotiUXac  eingesetst  i8t.B«»iX««  ist  derVeraehnittene 
im  Kult  der  Kybele. 

Auf  diese  beiden  Nachrichten  gestützt  verwies  Lobeck  den 
xtpvo;  und  mit  Kücksicht  hierauf  und  auf  das  Zeugniss  des 
Clemens  auch  das  Synlhema  :  ix  xufXTrivoy  £9aYov  u.  s.  w.  aus 
dem  eleusinischen  Ruit,  und  ausnahmslos  sind  ihm  die  Neue- 
ren darin  gefolgt.  Wenn  II  von  Fritze  das  Synlhema  ohne  wei- 
tere Begründung  einfacli  als  eleusinisch  in  Anspruch  nimmt' 
und  demgemäss  behauptet.  Clemens  (S.  14)  und  der  Pla- 
tonscboliast  bewiesen,  dass  der  xepvo«  ein  hochheiliges  Gerät 


<  'Efv^  ift.'  *^97  8.  163. 


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KBRCHN08 


273 


des  eleusinischen  Kultes  sei,  so  ist  das  eine  unrichtige  Dar- 
stellung, die  nach  Lobecks  Ausführungen  nicht  mehr  hätte 
▼orgebracbt  werden  sollen ' .  Der  Kernes,  der  im  Platonscho- 
lion  und  von  Clemens  erwähnt  wird,  ist  ein  Kultinstrument 
des  Kybeledienstes. 

Der  Thatbestand  ist  aber  in  Wirklichkeit  nicht  so,  wie  Lo- 
beck nach  dem  ihm  vorliegenden  Material  annehmen  musste. 
In  der  Yon  Philios  in  den  Athenischen  Mittheilungen  1894  $. 
192  ff.  vefOffentlichten  und  von  Dragumis  in  der  'E^mfAipU 
ofx*  ^^^^  S.  61  ff.  wieder  behandelten  Obernahme-Urkunde 
der  Epistaten  von  Eleusis  aus  dem  Jahre  des  Euktemon  408/7 
finden  wir  unter  den  Kostbarkeiten,  welehe  im  städtischen 
Eieusinion  aufbewahrt  werden,  in  Z.  16  genannt:  juf^tvcH 
xlpxvot  n.  In  der  Übergabe-Urkunde  derselben  Epistaten,  die 
sieh  auf  der  Rückseite  des  Steines  befindet,  kehren  in  Z. 
S2  diese  fiQnf  goldenen  xep^voi  wieder.  Sie  befinden  sieb  auch 
hier  im  städtischen  Eieusinion.  Ich  glaube,  es  unterliegt  kei- 
nem Zweifel,  dass  wir  es  hier  mit  dem  xlpvoc  tu  thun  haben. 
Das  Wort  xtp^voi;  begegnet  uns  in  der  Oberlieferung  beson- 
ders bei  medicinischen  Schriftstellern.  Sie  beietchnen  damit 
gewisse  anormale  Bildungen,  insbesondere  verwenden  sie  das 
Wort  und  seine  Ableitungen  um  Rauliheiten  im  Hals,  kleine 
Unebenheilen  in  der  Kehle  zu  bezeichnen.  Damit  stimmt  über- 
ein, was  uns  durcli  Krotian  im  Glossar  zu  liippokratcs  s.  v. 
x6p)^vü)Sr  (ed.  Franz  S.  198  f.)  überliefert  ist,  dass  nämlich 
im  Attischen  xep/vwSir)  ayyiia  diejenigen  Gefässe  genannt  seien, 
die  Tpxyiia;  avwjxaXia;  hätten'^.  Pollux  II.  180  führt  nun  als 
Bezeichnung  für  gewisse  Tpa^uTiQTi^  auch  das  Wort  xipvo;  an. 


*  In  dmiellMii  Fehler  itt  jeUt  auch  Kuruniotis  verfallen,  der  in  dem  go- 
ebeo  erachieiieneo  Heft  der  *Efi^.  «px  1898  (8.  21  ff.)  einen  AufsaU  über 

denKernos  veröfTentlicbt.  Kurutiiolis  kommt  crrrnilichcr  Weise  zu  densel» 
ben  Rfsiillaleu  wie  ich,  da  er  aber  auf  die  Melirzalil  der  hier  lieliandellen 
Fragen  nicht  eingeht,  so  scheint  eine  VeruHcnllichung  der  hier  Torgetrage- 
nen  Anskditen  nicht  Afaerflüssig  Zu  Änderungen  hat  der  Aufsalz  Ton  Ku- 
mniotis  keine  Veraninnung  gegeben. 

*  Vgl.  dazu  Uesych  i.  t.  xtpxvt^pMt  und  Mpx^nd. 


274 


O.  RUBBN80HN 


Wir  sehen  also,  dass  eine  inhaltliehe  Verschiedenheit  zwischen 
xipvo«  und  xip^^vo?  nicht  vorhanden  ist;  die  sprachliche  Verschie- 
denheit ist  belanglos,  wir  sind  daher  wol  berechtigt  die  beiden 
Worte  für  identisch  zu  erklären,  oder  vielmehr  das  inschrift- 
lich bezeugte  xip^^voc  ^  ^  richtigere  für  das  litterarisch 
überlieferte  xipvoc  einzusetien,  besonders  auch  mit  Rücksicht 
auf  die  Erolian-Glosse.  Wir  haben  also  den  xepx>'0(  im  V. 
Jahrhundert  bereits  als  eia  Requisit  des  Schatzes  der  eleusini- 
scheaGöttinneo  und  also  auch  des  eleusioiscben  Kultes  bezeugt. 

Prägen  wir  uns  nun  naeh  der  Bedeutung  und  dem  Ausse- 
hen dieses  Kultgeräts,  so  müssen  wir  mit  Rücicsicht  auf  die 
Bedeutung  des  Wortes  lUpx*^      Gerät  oder  besser  gesagt  ein 
Gefasserwarten,  das  eine  anormale  Bildung  hat,  und  zwar  müs- 
sen die  Abnormitäten  in  Auswüchsen  oder  Ansätsen  bestehen, 
die  einen  Vergleich  mit  den  erwähnten  Tpax^Ti«  erlauben. 
Dieser  Anforderung  entsprieht  die  Beschreibung  des  lUpj^vo«, 
wie  sie  bei  Athenaios  in  zwei  schon  des  öfteren  behandelten 
Stellen  vorliegt.  In  der  Aufzählung  der  Gefiisse  XI,  476  * 
heisstes:  xlpvof  iLfftUn  xipa(&ioGv  '  {^ov  h  «öt^  mXXov(  xoruXi- 

moot,  XxOupoi,  ü>^poi,  (paxoi.  i     ß«aTi9a.c  «uto  olov  Xwvof  opviooic 

Einige  Kapitel  später  ist  Yora  Rotjlosdie  Rede,  und  hier  lesen 
wir  (S.  478 0.)*  IloXIfcov     Iv      iripl  roO  Slow  ituSfou  ^vioi* 

v«u.ii  öooi  xv(i>  TO  xc'pvo?  icepnvy)vojrÖTi;.  toöto      iffrlv  iyyilw  xt- 
pO([xeoOv  E^ov  iv  auTc^  -jtoXXoÜ;  xoruXiaxou;  xixoX>-r)(ii.evou('  evcicrt 
iv  auToC;  op(xivoi,  {AY)X(i>vi(  Xjuxoi,  x-jpoi,  xptOxi,  uktoi,  Xiöupoi,  <a- 
j^poi,  ^axoi,  xOajxoi,  C^tai»   ßpöjxo;,  xaXxOiov,  (xeXi,  tXaiov,  oivo?, 
ydcXa,  oiov  Iptov  xtcXutov.  6      touto  ßaaTdoa^  olov  XtxvofopTioac 


*  Iles^cb  s.  T.  xip«o(  ebeaso. 

*  So  naeb  der  Vermulmig  Meinekes ;  überliefert  i»t  aip^irst. 

>  Mit  dieser  Beschreibung  stimmt  durchaus  nicht  fiberein— was  gleich  hier 
erledigt  aeia  möge— die  Bemerk^iiag  des  oben  «iürlen  Piatonscboliaeien: 


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KBRCHMOS 


275 


Wir  haben  hier  also  eine  genaae  Beschreibung  des  Kerebno«. 
Ehe  wir  uns  aber  mit  dieser  selbst  befiissen,  mflssen  wir  auf 
die  beiden  Stellen  etwas  näher  eingehen,  weil  sie  in  ihrem 
ganzen  Zusammenhang  geeignet  sind  uns  weitere  Au&chlasse 
fiber  unseren  Gegenstand  tu  geben. 

Ganz  kurs  nur  ober  das  VertuUlniss  beider  Stellen  zu  ein- 
ander. Preller  {Poiemon  Frg.  88)  hatte  ohne  weitere  8e- 
gründung  die  Ansicht  geäussert,  dass  Ammonios  Lamp- 
treus  aus  Poiemon  geschöpft  habe,  nach  Mttnzel  bei  Pauly- 
Wissowa  I  S.  2903  hätte  Poiemon  den  Ammonios  citiri,  wie 
sich  aus  einer  Vergleichung  der  beiden  Stellen  ergäbe.  Ich 
bin  für  Prellers  Ansicht,  in  der  Voraussetzung,  dass  der  ganze 
Abschnittt  S.  n6*  und  nicht  bloss  der  Satz  6  Ii  ßxoTocoxc  ktX. 
aus  Ammonios  geflossen  sind.  Das  sinnlose  (pr.^tv  hinter  iv  ol« 
lässt  sich  nur  so  erklären,  dass  Alhenaios  es  in  seiner  Quelle 
gefunden  hat.  Die  ^anze  Stelle  iiuL  demnach  schon  bei  Am- 
monios als  Gitat  gestanden  und  zwar  natürlich  als  Citat  aus 
Polemons  Schrift  TZipi  toO  Siou  xwStou.  Athenaios  hat  das  ^tq^iv 
gedankenlos  mit  herühergenommen.  Die  zweite  Frage,  ob  die 
längere  Fassung  478 <1  oder  die  kürzere  476*  die  ursprüng- 
liche ist,  lässt  sich  dahin  heantw orten,  dass  das  Ammonios- 
citat  einen  verkürzten  Auszug  aus  der  Notiz  bei  Poiemon  dar- 
stellt. Die  Begründung  hierfür  wird  sich  im  Verlauf  unserer 


xipvo;  U  t6  Xtxvov  iifvm  tö  ntüov  lariv.  Dm  Aussehen  des  XCxvov  ist  ODS  be- 
kannt, man  v;^l.  nur  z.  Ii.  Dtilh  iiino  comunnb'  1879  Taf.  2 — 5;  es  war  si- 
cherlich auch  nie  aus  Thon  gutertigt,  kann  abo  nicht  als  äy^cIov  xEpa(xcouv 
bezeichnet  werden.  Die  Bemerkung  des  Scboliasten  ist  faJscb.  Es  scheint 
mir  aveh  iieinem  Zweifel  so  unterliegea,  dau  der  Fehler  mittelbar  oder 
unmittelbar  seinen  Grund  in  der  falschen  Auslegung  des  letzten  Satzes  d«r 
im  Text  angeführten  Polemonslelle  hat.  Bei  Poiemon  ist  das  Wort  Xixvofo- 
prjaa«  nuf  herangezogen,  um  die  Art  des  Tragens  des  Kerchnos  für  jeden 
griecbisohen  Leser  in  der  einfaebsten  Weise  in  keDDieicbnen  (s.  \x.\.  Der 
Scholiast  oder  Tielmebr  seine  Quelle  bat  diese  Wendung  raissTeratanden 
und  geglaubt,  es  wäre  mit  diesen  Worten  auch  etwas  über  die  Qestalt  des 
Kercbnos  gesagt.  Ähnlich  zu  beurteilen  ist  Pollux  IV,  103:  -co  xcpvo^ipov 
j|p]^i)|ia  oIS*  Sti  \lvi9.  ^  iTfjifihtki  f4povi(('  x^pv«  $i  tau-ca  ijta>cIto,  wobei  ich 

allerdings  eine  Brkllrung  för  die  Beieiohnang  des  Kerohnos  als  iex«p^ 
niobt  geben  kann. 


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276 


O.  nUBENSOHN 


Betrachtung  ergeben.  Die  grösste  Schwierigkeit  für  die  Inter- 
pretation der  Stelle  478    bilden  die  einleitenden  Worte  jist« 

0901  xv(>)  TO  xepvoc  mptiviivoxÖTi«.  Vielfach  ist  Ycrsucht  worden 
an  den  Worten  herumzubessern,  besonders  gegen  Xvo  sind 
Yersehiedentlich  Bedenken  geäussert  worden  und  man  hat 
Tersucht,  es  durch  Conjectur  zu  beseitigen.  Sehr  mit  Unrecht, 
denn  dem  Wort  kommt  hier,  wie  es  scheint, eine  ganz  beson- 
dere Bedeutung  zu.  Kaibel  hat  die  Stelle  unverändert  gelas- 
SMI  und  damit  wol  das  Richtige  getroffen.  Es  ist  zu  Triptcv-nvo- 
pr«;  ein  iidi  zu  ergänzen.  Dann  heisst  die  Stelle:  Darauf  voll- 
sieht er  (ein  Priester),  oder  sie,  (eine  Priesterin)  die  Weihe 
und  nimmt  das  aus  dem  Gemach  (man  kann  auch  Kapelle 
oder  A dyton  verstehen)  und  verteilt  es  an  alle  die,  welche 
den  Kerchnos  oben  herumgetragen  haben.  Mit  avu  kann  ent* 
weder  ein  oberer  Raum,  etwa  das  obere  Stockwerk  in  einem 
Gebäude  Angedeutet  sein,  in  dem  die  Gaeremonie  mit  dem 
Rercbnos  vor  sich  gegangen  wäre,  oder  es  wird  damit  auf  die 
Art  des  Tragens  des  Kerchnos  hingewiesen,  den  man,  wie 
wir  des  weiteren  sehen  werden,  bei  der  entsprechenden  Kult- 
handlung auf  dem  Kopf  befestigt  trug.  Das  muss  sich  aus  dem, 
was  bei  Polemon  vorausging,  ergeben  haben.  Leider  können 
wir  das  heute  nicht  mehr  feststellen,  da  die  Stelle  von  Athe- 
naios  so  aus  dem  Zusammenhang  gerissen  hergesetst  ist. 
W&re  dies  nicht  der  Fall,  wQssten  wir  was  Polemon  in  den 
unserer  Stelle  vorausgehenden  Sätzen  gesagt  hat,so  wären  wir 
wahrscheinlich  audi  im  Stande  ohne  weiteres  anzugeben,  im 
Dienste  welcher  Gottheit  die  tiXiti)  gefeiert  wurde,  von  der 
hier  die  Rede  ist.  So  sind  wir  auf  Vermutungen  angewiesen, 
und  man  hat  bisher  dem  Vorgehen  Lobeoks  folgend  mit  dem 
Kerchnos  die  Telete,  die  hier  genannt  ist,  in  den  Kult  der 
Rhea-Kybele  verwiesen  *  Man  glaubte  sich  hierzu  amsomehr 
berechtigt,  als  bei  den  Kulthandlungen  die  OoiXAimi  eine  Rolle 
spielt,  von  der  man  zu  wissen  glaubte,  dass  sie  die  eigentam- 


*  8e  s«  B.  Steo^,  KulUuslIertumer  8. 10, 16. 


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KBtlGttiro« 


liehe  Bezeichnung  für  Kybeleheiligtümer  sei.  Die  Grundlage 
für  diese  Meinung  schien  die  Überlieferung  zu  bieten,  die  in 
der  That  in  einer  Anzahl  von  Fällen  die  6aX&fX7j,  die  BaXafiY)- 
wöXoi,  den  OdtXafxo?  im  Ruit  der  Kybeie  erwähnt.  So  wird  z. 
B.  in  deo  Aleupbarmaka  gleich  zu  Anfang  von  Kjfzikos 
gßMgt: 

WOZU  der  Scholiast  bemerkt :  8aXd:(Aat  toitoi  Upol  uicoyiiot  o»«- 
m((uvoi  t$  'Piof  u.  8.  w.  Man  ist  aber  hierin  zu  weit  gegan- 
gen. Die  OctXdtpit  oder  ftaXafiai  —  beide  Accentuirungeo  kom- 
men vor — gehören  zwar  in  den  Kult  der  Kybeie,  aber  sie  ge- 
hi^ren  diesem  Kult  nicht  ausschliesslich  an.  Aus  Ammonios 
Ttpl  StftfopMv  Xi^ov  kennen  wir  die  6aXa(AY)  im  Dienst  der 
Dioskuren,  einem  OdUut(AOc,  wahrscheinlich  aus  dem  Kult  der 
Aphrodite,  begegnen  wir  in  der  parischen  Hetäreninschrift  *. 
Hula  und  Szanto  haben  in  den  Berichten  der  wiener  Akade- 
mie 1894  S.  18  Nr.  13  eine  Inschrift  aus  Mylasa  in  Rarioi 
Yeruffentlicht,  nach  der  ein  Tib.  Klaudios  Seleukos  t6v  'Epura 
ouv  Tvj  iriptij^oucrp  auTOv  OaXAfiip  geweiht  hat'^.  Wir  haben  also 
unter  der  Thalame  eine  kleine  Kapelle  oder  auch  ein  höhlen- 
artiges Heiligtum  zu  verstehen,  wie  sie  in  den  verschiedensten 
Kulten  Platz  haben  konnten.  An  die  Erwähnung  der  6otX(kt&T)  in 
unserer  Stelle  können  wir  daher  keinen  sicheren  Schluss  knüp- 
fen. Weiter  führt  uns  aber  eine  andere  Erwägung.  Die  Angaben 
über  den  Kerchnos  sind  aus  Poiemons  Schrift  wipi  tou  $tou  xu- 
liou  geschöpft.  Wie  konnte  im  Zusammenhang  einer  solchen 
Schrift  Polcmon  auf  den  Kerchnos  su  sprechen  kommen ?  Das 
Slov  xtt^Mv— das  Feil  des  dem  Zeus  geschlachteten  Widders — 
war,  w  ie  es  scheint, ein  ursprünglich  rein  attisches  Instrument 
des  Kultus^  und  wurde  nach  den  uns  erhaltenen  Angaben  der 
Alten  im  Dienst  des  Zeus  und  bei  den  Mysterien  in  Eleusis 


*  Vgl.  Atbea.  Mitlb.  XVili,  im,  ti.  lü,  2,  Zeile  6. 

*  Stella  Jetit  auch  Bonseh»  An»  Lordien  8. 63. 

*  Vgl.  Lobeck,  Afkuplmmms  6. 185. 


O.  RUBBN80HM 


verwendet.  Zweifelmhne  tut  es  aus  dem  Dienst  des  Zeus  her- 

vorgegangen,  wie  schon  der  Name  beweist.  In  Bleasis  be- 
diente sich  der  Daduch  des  Dion  Rodion  zurBntsQhnung  der 
Gemeinde  oder  einzelner  Teilnehmer  an  den  Mysterien  *.  Das 

wissen  wir  aus  einer  bei  Suidas  und  Hesych  erhaltenen  Glosse, 
die  Preller  sicher  mit  Recht  auf  Polemon  zurückgeführt  hat. 
Sie  lautet  :  Aio;  jttüSiov,       t6  Ucstov  A-.i  .tÖurai'  O'jouni  re  Tt^  re 
M»iXiyi({)  xat  T({>  KT'r)(ji(f)  Au"  TÖt      xa>Sia  toütwv  «puXotocoufft  Sfa 
wpodayopiuovT?;.  ypöivTai  S'  aÜTOi;  oZ  xe  2)ctpo(pop{{ov  tyjv  woptTT^v 
«jTeXXovTc;  xai  6  SaSoüj^o?  iv  'E^euoivt  (xat  aXXoi  xive?  xpo^  toi>c 
xaöap|AOu;  uxoiTopvuvTi;  auxä  toi?  izoii  töv  svayciv)"^.  Wir  sehen 
also,  dass  Polemon  in  der  Schrift  repl  toü  SiouxwSiou  auf  eleu- 
sinischen  Kult  zu  sprechen  gekommen  ist.  Dass  das  Stov  xa>- 
Stov  im  Kybelekult  irgendwie  verwendet  worden  sei,  ist  we- 
der überliefert,  noch  nach  dem  ganzen  Charakter  des  Kybele- 
kulles  glaubhaft.  Ist  es  da  nicht  an  sich  wahrscheinlich,  dass 
in  dem  Polemoncitat  bei  Athenaios  von  Eleusis  die  Kede  ist, 
dass  die  tAitt,,  die  hier  erwähnt  wird,  ein  Kultushandlung 
der  eleusinischen  Mysterien  ist?  Das  Nächstliegende  ist  es  si- 
cher. Üazu  kommt  noch  ein  weiteres.  Die  Caeremonie,  welche 
mit  dem  Kerch nos  vorgenommen  wird,  besteht  in  der  Dar- 
bringung  einer  Gabe,  die  aus  allen  möglichen  Feldl'rüchlen— 
aufgezählt  werden  Salbei,  Mohn,  Weizen,  Gerste,  venchiedeoe 
Sorten  Brbsen,  Linsen,  Bohnen,  Spelt,  Hafer — ferner  einem 
Kuchen,  ivaXAdtov^,  und  schliesslich  noch  Honig,  öl,  Wein, 
Milch  und  ungewaschener  Schafwolle  besteht. 

An  den  aufgezählten  Opfergaben  ist  vielfach  Anstoss  ge- 
nommen worden.  Insbesondere  das  Stov  Ipiov  äichm^t  schien 


*  Genaueres  wissen  wir  nicht.  Vgl.  Loheck,  Aglaophamus  S.  183  ff. 
Preller,  Polemon  S.  141  IT.  Uulu-nsdlin,  MysU  riLMilioiligliiiuer  Ö.  199. 

'  Uber  den  in  Klamuiem  gesetzten  Zusatz,  der  .sich  aul  die  Öühnung  der 
mit  Blutschuld  Bebafleten  bezieht,  vgl.  Lobeck  a.  0.  S.  184;  auch  aus 
dem  Ampbiaraoskult  ist  ibnlicbes  bekannt  (Paus.  I,  34,  3).  DabM  wollen 
wir  nicht  tergessen,  dass  Ampbiaraos  ein  ursprünglicher  Zeus  ist. 

3  IlaXaöiov  ist  ein  Kuchen,  der  im  wesrntliclieii  ;uis  h'riichlen  besteht,  wi( 
die  in  den  weitrrhiii  citirten  Soiiliuklesverseu  begegoeude  xa-pUtfictta;  Tgl 
Herodot  IV,  .  j  mit  Steins  Anmerkung. 


KBBCHNOB 


279 


Binigen  sehr  tu  Unrecht  hier  erwähnt.  Meineke  hat  z.  B.  i^dv 
an  Stelle  von  otov  gesetzt,  Wilamowitz  wollte  die  Wolle gpmz 
beseitigen  und  conjicirt  i^v,  ^röpiov  dticXure«,  welehe  Gonjeetur 
Raibel  unter  den  Text  gesetzt  hat*. 

Für  diese  Änderungs^ersuche  ist  aber  kein  Raum.  Denn 
das  Scov  fpiov  AivXuTov  ist  ein  sehr  wichtiges  Kultobject  und 
begegnet  ons  gerade  in  dem  Zusammenhang,  in  dem  wir  es 
hier  finden,  des  Öfteren.  In  einem  bekannten  Fragment  aus 
Sophokles  Polyidoe,  das  uns  bei  Clemens  Alexandrinus 
(Strom.  IV  S.  565)  und  vor  allem  bei  Porphjrios  (De  absti- 
nentia  II  19)  erhalten  ist,  finden  wir  es  wieder  nisammen 
mit  einigen  bei  Athenaios  genannten  Gegenstanden.  Porphy- 
rios  sagt  a.  a.  O.:  xttl  SofwXü«  ^McypAfaM  t^v  9i09iX«i  9u«(«v 

"^v  {lev  yoip  0(6(  {ioXXÖC,  ^  ifMPfXou 

IvISv  ^  «ayxäp^ceia  au^L^vpi^  oX«tc 
Xico«     l>fle(a<  xotl  tö  «oixiXfj^ecrov 

Wir  finden  also  hier  wieder  die  Zottel  der  Schafwolle  zu- 
sammen mit  Wein,  Weintrauben,  einem  Kuchen  aus  Früchten, 
heiliger  Gerste,  öl  und  Honigwaben  zu  einem  Opfer  vereint, 
das  als  die  6£09i>,7i?  Öuaia  sehlechthin  bezeichnet  wird.  Ver- 
gleichen wir  die  Sophoklesverse  mit  unserer  Stelle,  so  fin- 
den wir,  dass  das  in  ihnen  beschriebene  Opfer  genau  mit  den 
fünf  an  letzter  Stelle  genannten  Bestandteilen  des  Kerchnosin- 
halts  übereinstimmt,  nur  die  Milch  fehlt  in  den  sopbokiei- 
schen  Zeilen. 

Die  Wolifloclien,  den  Wein,  den  Honig,  das  öl  und  an- 
dere Baumfrüchte  finden  wir  nun  auch  vereinigt  bezeugt  in 
einem  Opfer  an  Demeter.  Paus.  VllI,  42,  11  erzählt  von  sei- 
nem Besuch  im  DemeterheiÜgtum  bei  Phigalia  und  berioh- 


*  Vgl.  über  x<ipi«v  besonders  Tbeokrit  IX.  19  mit  Scholion ;  Hesycb  s.  t. 
^«ptfov  und  x^«t  AthcnaiM  XIV  646*  und  die  madieiniieben  Sohriftiteller. 
Uber  die  Verwendung  dM  x^P<*»  im  Kultns  ist  niohls  bekwuit. 


280 


0.  RUfifiNSOUN 


tet  da:  xal  lOuoa  tr,  OeiT),  xttOa  xotl  oi  ixi^c&ptot  vo(dCou9tv,  ou- 

xapicov,  xaI  |uXtavAv  ti  xnpia  xal  iphiw  xk  (t^  l{  Ipyoitfiav  im» 
vixovT«,  oXX«  Iti  ftvAic>i«  ToG  o{«uxou,  [&]  TtOtavtv  iirl  tov  P«a(iov 
^oSo(tt)|Aivov  irpo  TOÖ  (nniiX«(ou,  6lm{  )i  xarat^foufftv  «utAv  fXatov. 
Es  ist  ohne  weiteres  klar,  dass  es  sich  um  ein  specifisch  agra- 
risches Opfer  handelt;  ob  es  ein  ausschliesslich  für  Demeter 
(und  Kora)  bestimintes  war,  mag  dahin  gestellt  bleiben .  Der 
Zusammenhang  bei  Porpbyrios  erlaubt  es  vielleicht,  das  von 
Sophokles  beschriebene  Opfer  dem  in  diesem  Fall  rein  agra- 
rischen ApoUokult  zu  Oherweisen.  Aber  für  unsere  Frage  ist, 
glaube  ich,  die  Parallele  von  Phigalia  entscheidend.  Wir  er- 
kennen aus  ihr,  dass  es  sich  auch  hei  der  Caeremonie  mit  dem 
Kerchnos  um  eine  Kultushandlung  im  Dienst  der  Demeter 
handelt,  und  wenn  wir  diese  Thatsache  neben  das  oben  Ober 
den  Inhalt  der  polemonischen  Schrift  Gesagte  stellen,  werden 
wir  nicht  mehr  daran  zweifeln,  dass  die  hei  Athenaios  ange- 
fQhrte  Telete  in  das  Kultcaeremoniell  von  Eleusis  gehört.  Der 
Kerchnos  wäre  damit  auch  litterarisch  für  Eleusis  bezeugt. 

In  Eleusis  hat  sieh  nun  eine  Reihe  von  Gefässen  gefunden, 
die  unter  sich  durch  mancherlei  Besonderheiten  verschieden 
doch  einen  einheitlichen  Typus  darstellen  und  in  ilirer  Kr- 
scheinung  sehr  gut  allen  den  Ant'oideruugen  entsprechi-n,  die 
wir  nach  der  Beschreibung  des  Polemon  an  den  Kerclinos 
stellen  müssen.  Die  hauptsächlichen  Fundstätten  dieser  Ge- 
fässe  im  Hieron  sind  die  IMiilolialle,  unter  deren  Fusshoden 
man  sie  —  '^,öU  ni.  tief  in  einer  von  Asche  durchsetzten 
Schicht  gelundcn  lial,  terner  der  Boden  unter  dem  Buleute- 
rion  und  nordösllicli  vom  Teleslerion  in  der  iNähe  der  Lehm- 
ziegehnauern,  hier  z.  T.  in  beträclilliclier  Tiete*. 

Ausserhalb  Eleusis  sind  Fiaj^nienle  \oii  einem  der  in  Krage 
kommenden  Gelasse — von  der  Art  wie  Tat.  13,3  — nur  noch 
bei  den  Ausgrabungen  des  deutschen  Instituts  am  VV  estabhang 
der  Akropoiis  gefunden  worden.  Der  Ausgrabungshericht 


«  Vgl»  PbiliM,  'Eftii.       1885  8.  «72,  Skia«  ebenda  189«  8. 200  Aam. 


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KBRCRNOS 

vom  24  Nov.  1894,  der  dieaeo  Fund  beschreibt,  nennt  ali 
Fundort  eine  Stelle  westlieh  von  der  NebenBiraeae,  die  am 
Südende  des  Dionysions  von  der  Hauptstrasse  abzweigt.  Der 
Zusammenhang  ergiebt,  dass  die  Scherben  im  Bezirk  dee 
Dionysions,  in  der  Umgebung  dee  Tempele — wahracheinlidi 
sOdlich  von  ihm — gefunden  worden  sind,  in  weleher  Tiefe, 
ist  nieht  mehr  genau  festsusteUen,  doch  scheinen  die  Scher- 
ben in  den  oberen  Sehiefaten  gelegen  zu  haben.  Die  jedenfells 
▼erschleppten  wenigen  Seherben  lassen  einen  Schlnss  auf 
Verhältnisse  des  Koitus  nicht  tu.  Es  ist  wahrscheinlich,  dam 
aie  ans  dem  sicher  in  der  Nähe  gelegenen  stadtisehsD  Elensl« 
nion  an  die  beseichnete  Stelle  geraten  sind. 

Es  sind  GefSisseS  deren  Form  schon  sehr  auffällig  in  die 
Erscheinung  tritt.  Der  untere  Teil  hat  die  Form  einer  Schale 
mit  hohem  Fuss,  er  endet  mit  einem  Rand,  der  sich  als  breit 
vorspringender  horizontaler  Streifen  um  das  gsnie  Geflss 
zieht.  Ober  diesem  Teil  erhebt  sich  ein  Aufeats,  der  auf  der 
Schulter  sehr  stark  ausgewölbt  ist,  darüber  eine  stailLe  hohl- 
keblenartige  Einschnürung  zeigt  und  in  eine  breite  Mündung 
endigt,  die  entweder  für  Aufnahme  eines  Deckels  eingerichtet 
ist  oder  mit  einem  nuch  aussen  umgebogenen  Rand  gebildet 
wird.  An  dem  horizontalen  Kingstreifen  oder  direkt  unter- 
halb dieses  sind  die  beiden  meist  sehr  massiv  gebildeten  Hen- 
kel befestigt,  die  in  der  Hegel  nicht  ganz  horizontal  sondern 
etwas  schräg  nach  oben  stehen.  Bei  einer  Anzahl  dieser  Ge- 
fässe  sind  sie  in  einer  sehr  charakteristischen  Weise  nach 
oben  umgebogen  und  mit  einem  kleinen  Aufsatz  in  Gestalt 
eines  kleinen  Geiässchens  verziert. 

Ist  die  Form  der  Gefässe  an  sich  schon  so  auffallend,  dass 
sie  dadurch  im  Kreis  der  antiken  V'asen  als  ganz  singular  er- 
scheinen, so  tritt  diese  Absonderlichkeit  der  Bildung  noch 
mehr  zu  Tage  in  den  kleinen  Ansätzen,  weiche  wir  auf  dem 


*  Vgt  so  dem  PcigwideB  Taf.  IS  Abb.  8,  das  besterballene  Eismplar 
dieaer  Otttiing. 

ATHEN.  mrmnuiieBM  zzui.  19 


6.  klAEMOM 


boruootalen  Bandstreifni  und  auf  der  Schulter  der  GefiuM 
angebracht  finden.  Sie  erscheinen  auf  der  Mehrzahl  der  ge- 
fundenen Exemplare  dieaer  VascDgattung  als  kleine  Gebilde 
mit  länglich  rundem  Fuss  und  einer  von  diesem  getragenen 
mässig  dicken  Scheibe,  die  auf  ihrer  oberen  Seite  eine  geringe 
Yertiefong  zeigt  und  mit  einem  leicht  profilirlen  Rand  endigt. 
•Die  Ansätze  haben  so  von  aussen  das  Ansehen  kleiner  Ge- 
lasse. Bei  den  meisten  der  aufgefundenen  Vasen  sind  sie 
aber  im  Inneren  nicht  ausgehöhlt,  die  leichte  Einwöibung 
auf  der  Oberseite  hat  der  Töpfer  mit  dem  Daumen  ausge- 
führt, um  wenigslens  andeutungsweise  anzAigeben,  was  mit 
diesen  Ansätzen  gemeint  sei,  von  deren  praktischer  Verwen- 
dung bei  den  Stücken,  die  wir  jetzt  im  Auge  haben,  keine 
Rede  sein  kann.  Es  wäre  aber  ein  Fehler,  deshalb  anzuneh- 
men, dass  diese  Ansätze  willkürliche  bedeutungslose  Ver- 
zierungen seien.  Es  findet  sich  in  Eleusis  auch  eine  ganze 
Anzahl  von  Vasen,  bei  denen  sich  die  Ansätze  als  wolausgebil- 
dete  Gefasschen — Kotyliskoi  nach  Athenaios  —  kennzeich- 
nen. Sie  sintl.  wie  leicht  erklärlich,  sehr  seilen  gut  erhalten. 
Die  kleinen,  meist  sehr  dünnwandigen  Rotylisken  sind  in 
der  Regel  bis  auf  den  Stumpf  abgebrochen.  Ein  derartiges 
Exemplar  zeigt  unsere  Abbildung  1  auf  Taf.  13  in  Überansicht. 
Der  Fuss  ist  abgebroclien.  Wir  sehen  hier  ein  Gefäss  unserer 
Gattung, dessen  Rand  mit  acht  wolausgebildelen  kleinen  Va- 
sen besetzt  war,  die  eine  zeigt  noch  einigermassen  gut  erhal- 
ten, wie  gross  die  Väschen  waren*. 

Hier  haben  wir  also  eine  Vase  vor  uns,  die  genau  der  Be» 
Schreibung  des  Kerchnos  bei  Athenaios  entspricht  und  deren 
praktische  Verwendbarkeit  unbestreitbar  ist.  Wir  werden  da- 


*  Der  Durchmesser  des  Kot^Iiskos  am  ftusseren  proOlirlen  Rand  der 
•Mflndimg  gemessen  belr&gt  7, 4     die  Hdbe  3,  4     Bei  einem  anderen 

sehr  massiv  gebildeten  Kolyliskos,  der  auf  dein  Henkel  eines  Keidmoe 
aufsitzt,  sind  dieselben  Masse:  8,6  «»,  4,8  der  Durchmesser  des  inneren 
Raudes  der  Mündung  beUagl  bei  diesem  rund  7«*.  Die  Kotylisken  sind  auf 
der  Drehscheibe  gefertigt,  w&brend  die  unausgebildeten  Ansätze  mit  der 
Hnnd  geformt  sind. 


her  keiD' Bedenken  tragen,  ffir  die  Gefasae  den  Namen  Rereh» 
noB  in  Anspruch  lu  nehmen. 

Die  Mehnahl  der  gefundenen  Vasen  ist  aber  von  der 
Art  wie  die  zuerst  beachteten  mit  den  nnvollkommenen 
Ansätzen.  Diese  Stocke  sind  gar  nicht  far  den  Kultgebrauch 
geaebaifen,  sondern  waren  Weihgesehoike  an  die  Göttinnen. 
Dass  diese  Gefässe  zu  Weihgeschenken  verwendet  worden, 
ist  sieber.  Npben  den  aus  Thon  gefertigten  Exemplaren  wur- 
den in  Eleusis  auch  mehrere  aus  Marmor  gebildete  Kerchnoi 
gefunden.  Alle  diese  geben  mit  verschiedenen  Modalitäten 
die  äussere  Form  des  Kerchnos  wieder,  kein  einziges  zeigt 
die  kotyliskenartigen  Ansätze,  geschweige  denn  ausgebildete 
Kolylisken,  nur  eins  ist  innen  ausgehöhlt,  alle  anderen  sind 
massiv  gelassen.  Es  ist  also  deutlich,  dass  sie  nicht  zu  prakti- 
schem Gebrauch,    sondern  nur  als  Weihgeschenke  dienen 
sollten.  Ausdrücklich  bezeugt  den  Charakter  als  VVeihgeschenk 
auf  einem  der  Marmorgetässe  die  Weihinschrift  ....  öctt)? 
[Ay5{XT,jTpt  x%i  Köpr,  iveöriKtv.  Auf  einem  kleinen  Fragment  eines 
thönernen  Kerchnos  stehen  in  ganz  diinnem  Blattgold  aufge- 
setzt die  Buchstaben  aevir]  und  davor  eine  schräge  Hasta.die  zu 
einem  a  gehört  haben  wird,  also  etwa  eu^a]jAiv7),  demnach  auch 
der  Rest  einer  Weihinschrift.  Schliesslich  ist  zu  bemerken, 
dass  sich  auch  einige  bronzene  Kerchnoi  gefunden  habeo,und 
auf  einem  kleinen  Fragment  eines  solchen  steht  auf  dem  hori- 
zontalen Handslreifen  der  Rest  einer  gepunzten  Inschrift  }EOI/^ 
also  O-'^iv  in  Buchstabenformen,  die  recht  wol  noch  dem  V. 
Jahrhundert  angehören  können  Auf  einem  anderen  Fragment 
desselben  Stückes  stehen  die  Buchstaben  ^PAT,  wol  der 
des  Namens  des  Stifters. 

In  der  Fabrik,  in  der  diese  —  und  auch][andere— :Thonge> 
lasse  eigens  für  den  eleusinischen  Kultus  verfertigt  wurden, 
hat  man  sich ,  was  bei  der  massenhafken  Production  nicht 
zu  verwundern  ist,  bei  den  Stfieken,  welche  nicht  für  Kult^ 
handlungen  dienen  sollten,  das  mOhsame  Ausdrehen  der 
einüben  kleinen  Rotyliskoi  auf  der  Scheibe  erspart ;  fikr  den 
äusseren  Eindruck  genügten  derartige  nur  angedeutete  Ko- 


0.  llüSSWBOtflt 


tyliskoi  auch.  Ja  man  ist  in  dieser  Beziehung  noch  weiter 
gegangen.  Innerhalb  dieser  Getässgatlung  können  wir  eine 
Entwicklung  constatiren.  Abbildung  2  auf  Taf.  13  führt  uns 
eines  der  einfachsten  Gelasse  vor.  Hier  sitzen  auf  dem  ho- 
rizontalen Streifen  vier  solcher  Ansätze  in  Grösse  und  Form 
ganz  den  wirklichen  Kotyliskoi  entsprechend.  Solcher  ärm- 
licher Bildungen  finden  wir  aber  nur  wenige.  Man  ist  bei 
der  Weiterentwicklung  des  Typus  dazu  übergegangen,  gewis- 
sermassen  als  Ersatz  für  die  unterlassene  Ausarbeitung  der 
einzelnen  Kotyliskoi  die  Zahl  der  kotyliskenartigen  Ansätze 
zu  vermehren.  Man  hat  zunächst  den  Rand  mit  einer  dicht 
gedrängten  Reihe  solcher  Ansätze  bedeckt,  dann  zwei  Reihen 
neben  einander  angebracht  —  ein  solches  Gefäss  zeigt  Abbil- 
dung 3  —  dann  hat  man  auch  noch  die  Schulter  der  Gefasse 
mit  diesen  Ansätzen  bedeckt  und  ist  in  diesem  mehr  spie- 
lenden Verfahren  so  weit  gegangen  wie  möglich.  Taf.  13,  7 
zeigt  ein  Gefäss  mit  vier  Reihen  Ansätzen.  Bei  der  Vermeh- 
ning  der  nur  scheinbaren  Kotyliskoi  wurden  diese  immer 
kiemer.  in  Abbildung  7  sieht  man  z.  B.,  wie  in  der  unter- 
Btea  Reihe  immer  nur  eins  um  das  andere  von  diesen  Gebil- 
den wirklich  kotyliskenförmig  ausgeführt  ist;  die  übrigen 
dieser  Reihe  und  ebenso  auch  die  in  den  oberen  Reihen  sind 
stark  verkümmert  ;  es  fehlt  bei  ihnen  der  obere  ausladende 
Teil.  Die  Ansätze  verloren  eben  bei  diesem  Entwicklungsgang 
aUmählieh  auch  äusserlich  den  Charakter  als  Gefässe  und 
sdirampfkeo  schliesslich  zu  platten  Ringen,  Buckeln  oder  Knöp- 
fen zusammen,  die  nun  rein  ortiamental  verwandt  wurden. 
So  sehen  "wir  sie  Tai.  13  Abbildung  5  als  zwei  Reihen  fla- 
cher neben  einander  gesetzter  Ringe  auf  dem  horizontalen 
Streifen  verwertet,  bei  einigen  Exemplaren  findet  sich  solche 
Ringreihe  auch  |um  die  Mitte  der  Schulter  herumgelegt.  Ein 
weiterer  Schritt  in  der  Umbildung  zum  reinen  Ornamentiates 
sodann,  wenn  die  ilachen  Ringe  kleeblattartig  zusammenge- 
stellt werden  und  die  Metamorphose  ist  vollendet  bei  Exera« 
phren,  wie  sie  unsere  Abbildung  6  Teranaehauücht,  wo  Je 


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KBBGÜMOB 


fOiif  iolober  Ringe  iq  einer  veritaUeo  Rosette  vereinigt  sind^ 
War  man  einmal  bo  weit  gegangen,  dasa  man  mit  Zurfick* 
etellong  der  früheren  knltliclien  Bedeutung  diese  Kotyliakoi 
sa  rein  ornamentalen  Verziernngen  umgestaltete,  so  ist  es  eine 
kaum  noch  auffall  ige  Erscheinung,  dass  die  Töpfer  es  sieh 
auch  häufig  erlaubt  haben,  von^der  Anbringung  dieser  Orna<* 
mente  gani  absusehen,  und  so  finden  wir  in  der  That  eine 
ganze  Anzahl  von  Gefässen,  die  nach  Form»  Thon,  Verzierung 
sicher  zu  unseren  Gefössen  gehören  und  auch  mit  ihnen 
zusammen  gefunden  sind,  gänzlich  bar  der  Beigabe  -von 
Scheinkotyliskoi,  sei  es  in  Form  der  ausgebildeten  Ansätze 
sei  es  in  Form  von  Ornamenten  (Taf.  13,4).  Wir  werden  uns 
daher  hüten,  bei  der  Erklärung  des  ganzen  Gefässtypus  diese 
Gefässe  von  den  vorher  betrachteten  abzusonderen.  Auch  von 
den  Marmorkerchnoi  hat,  wie  schon  bemerkt  wurde, kein  ein- 
ziger irgend  welche  Verzierungen  plastischer  Natur.  Wir  er- 
kennen vielmehr  aus  der  eben  betrachteten  Entwicklung,  dass 
für  die  Darstellung  des  Kerchnos  in  der  bildenden  Kunst  ein- 
fach die  Wiedergabe  der  charakteristischen  Form  des  Gefas- 
ses  genügen  konnte.  Für  den  in  die  eleusinischen  Mysterien 
Eingeweihten  bedurfte  es  keiner  weiteren  Kennzeicbnuog  des 
Gefässes;  er  wusste  schon,  was  gemeint  sei. 

Vergleichen  wir  nun  die  Beschreibung  des  xepvo;  bei  Athe- 
naios  mit  unseren  Gefässen, besonders  mit  den  an  erster  Stelle 
behandelten  Exemplaren,  so  müsste  es  eigentlich  wunderbar 
erscheinen, dass  man  nicht  von  Anfan^^  an  die  Identität  desm'p- 
vo<  mit  den  eleusinischen  Gefässen  erkannt  bat.  Aber  abgesehen 


'  Die  wiMteren  Spielarten,  die  sich  bei  der  Entwicklung  der  Kotyliskoi 
herausgebildet  haben,  wollen  wir  hier  nicht  im  einzelnen  verfolgen.  Zu 
Knöpren  wurden  die  Öcheinkolyliskoi  dadurch  umge&laitel,  da.ss  man  den 
Posa  wegliest  und  die  fleehe  Scheibe  mit  ihrem  profiUrten  Rand  direkt  auf 
deo  Ringstreifen  des  Kerchnos  aufsetzte.  Auch  von  dieser  Abart  finden 
•ich  mehrere  Exemplare  im  Museutn  7u  Eleusis.  Bei  einigen  kleinpr«'n  und 
besonders  flüchtigen  Stücken  erscheinen  die  Ansätze  ganz  verkümiiiurt  wie 
Wanen  oder  kleiiie  Boflkel,  so  dass  nichts  aa  ibnm  mehr  aa  ihre  Mhere 
Otsialt  eriaaart. 


SM  o.  auBBmoHM 

TOD  einigen  PondamsliadeB  waren  dteeigentamliehen  Deckel, 
welche  m  dieeea  Geflnen  gehOren,der  Erkenntniss  hinderlich. 
Be  eind  Deckel  bald  von  flach  gewölbter,  bald  Ton  mehr  cylin- 
drischer  Form.wie  ate  unsere  Abbildungen  8  a  und  8  b  zeigen. 
Auch  bei  ihnen  kehren  biaarre  Verschiedenheiten  in  der  Por- 
mengebung  und  io  der  äusseren  Ausstattung  wieder,  wie  bei 
dem  Gefäss  selbst.  Es  ist  nicht  nötig,  dass  wir  den  einzelnen 
Schöpfungen  der  Vasenfabrikanten  nachgehen,  die  nun  einmal 
bei  dieser  Vasengattung  ihrer  Erfindung  freies  Spiel  gelassen 
haben.  Gemeinsam  ist  allen  Deckeln,  dass  sie  durchbrochen 
gebildet  sind,  wie  die  Deckel  von  Thymiaterien.  Das  muss  einen 
bestimmten  Grund  gehabt  haben.  Da  einige  von  den  Gefassen, 
welche  in  der  Aule  in  der  Aschenschicht  (s.  oben  S.  280)  gefun- 
den wurden,  auch  in  ihrem  Inneren  Asche  enthielten, so  dass  es 
den  Anschein  haben  konnte,  als  ob  in  diesen  Gelassen  etwas 
verbranra  worden  wäre,  so  haben  Philios  in  seiner  vorläufigen 
Besprechung  der  Gefdsse  'E9rjaipi<;  äpj^.   1885  S.  17-2  f.  und 
ihm  folgend  H.  von  Kritze  in  einem  Aufsatz  in  der  'li^^r^jXEpi; 
etpjr.  1897  S.  164  unsere  Gefasse  für  Thymiaterien  erklärt. 
Beide  lehnen  die  Identificirung  mit  dem  Kerchnos  ausdrück- 
lich ab.  Philios,  dem  nur  ein  beschränktes  Material  zur  Ver- 
fügung stand  und  der  insbesondere  die  Gefässe  mit  den  Weih- 
inscliriflen  noch  nicht  kannte  —  sie  sind  erst  bei  späteren  Aus- 
grabungen gefunden  worden  —  that  dies,  weil  er  den  Schein- 
kotyliskoi  jede  praktische  Bedeutung  absprechen  musste,  ihre 
Entwicklung  aus  wirklichen  Kotyliskoi  nicht  erkannt  hatte  und 
den  Charakter  der  betrelTenden  Gefässe  als  Weihgeschenke 
mangels  der  erst  später  hinzu  gekommenen  Belege  nicht  in 
Erwägung  zog.  Die  Ausführungen  II.  von  Fritzes,  der  zum  Teil 
mit  denselben  Gründen  wie  Philios  operirl,  scheinen  mir  von 
Grund  aus  verielilt  zu  sein,  doch  würde  uns  eine  Widerle- 
gung im  Einzelnen  zu  weit  abführen  Nur  das  sei  hier  her- 
vorgehoben. Es  unterliegt  keinem  Zweifel  und  wird  mir  auch 
von  Herrn  Dr.  Skias,  dem  derzeitigen  Kphoros  von  Eleusis, 
welchem  ich  für  vielfache  Unterstützung  zu  lebhaftem  Dank 
verpÜichtet  bin,  bestätigt, dass  die  in  den  iverchnoi  vorgetunde- 


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K.BRCHN08 


287 


nen  Aschenteile  lediglich  aus  der  iimgebeDden  Aschenschicht,. 
in  der  die  Getässe  gefunden  wurden,  in  diese  hineiDgeraten< 
sind*.  In  keinem  einzigen  der  im  Moaeum  voa  Eleuait  aof« 
bewahrlen  Kerchnoi  findet  aieh  eine  Spur,  die  darauf  aebliea-. 
aen  liease,  das»  in  den  Gefaaaen  Jemals  etwaa  verbrannt  wor-- 
den  wäre.  Bine  sichere  Widerlegung  der  Ansicht  von  Phiüoa 
und  Frille  schliesst  aber  schon  die  Thatsaehe  in  aich,  daaa 
bei  der  von  ihnen  gegebenen  Erklärung  die  Kotyliskoi,  die- 
auagebildeten  wie  die  unausgebildeten,  unerklärt  bleiben. . 

Wie  erklären  aich  nun  aber  bei  unserer  Auffiissung  der  6e- 
faase  die  durchbrochenen  Deckel  ?  Es  muss  im  Inneren  des 
Kerehnos  etwas  geborgen  worden  sein,  dein  durch  die-  Öff- 
nungen des  Deckels  Luft  zugeführt  werden  sollte,  daa  iat  si- 
eher. Waa  war  das  aber?  Die  Beschreibung  des  Kerchnoa 
und  der  in  ihm  su  bergenden  Gabe  hei  Athenaioa  adieint  uns 
fhr  die  Beantwortung  dieser  Frage  keinen  Anhalt  abzugeben.- 
Wir  besitzen  aber  noch  eine  andere  Nachricht  über  die  Caere- 
monie  mit  dem  Kerehnos,  die  uns  vielleicht  im  Zusammen- 
hang mit  den  Angaben  bei  Athenaios  weiter  zu  fördern  ver- 
mag. Im  Scholien  zu  den  zu  Anfang  (S.  ?75)  angezogenen  Ni- 
kanderversen  (Alex.  217)hei8st  es:  xtovo'pöpo;  r;  tou;  xpaTTjpot?. 
^«pou<ia  lepsia*  xepvou?  yip  (pac.  to'j;  auaTixoO;  xpaxYipa;,  i^'  <ov 
Xupou;  TtBtait.  Das  Scholion  bezieht  sich  zwar  auf  eine  Stelle, 
in  der  vom  Kerehnos  im  Kybeledienst  die  Bede  ist,  das  ist 
aber  für  unsere  Betrachtung  belanglos.  Wenn  wir  ein  so  ei- 
gentümlich gestaltetes  Kultgerät  wie  den  Kerehnos  in  zwei 
Kulten  finden,  so  ist  es  ohne  weiteres  klar,  dass  die  mit  ihm. 
"vorgenommene  Handlung  in  beiden  Kulten  verwandter  Na- 
tur gewesen  sein  rauss,  auch  wenn  diese  Kulte  nicht  so  vie- 
lerlei Beziehungen  zu  einander  hätten,  wie  es  bei  den  My- 
aterien  der  Kybelc  und  den  eleusinischen  besonders  in  den 
späteren  Zeiten  des  Altertums  der  Fall  gewesen  ist.  Abwei? 
ehungen  von  einander  werden  in  der  Zusammensetzung  des 


<  Vgl.  dsn  jeut  auch  Kumolotis,  'Bfi||upU       18W  8.  U  f. 


288 


O.  RUBENSOHN 


im  Karahnot  lu  bergenden  Inhalts  und  in  der  einen  oder  aa* 
deren  Ausserlichkeit  der  Kultusbandlung  obgewaltet  haben, 
die  weteotiiohen  Bedingungen  für  die  Verwendung  des  Kercb- 
noB  aber  müssen  die  gleichen  gewesen  sein,  in  einer  sol- 
chen wesentlichen  Bedingung  des  Gebrauches  hat  aber  die 
durchbrochene  Bildung  der  Deckel  der  eleusiniachen  Kerchnoi 
ihren  Grund  gehabt,  und  eben  diesen  lehrt  una  daa  Nikan- 
daracholion  kennen,  deaiea  Angaben  wir  daher  ohne  weite- 
res für  unsere  Untersuchung  Qber  den  deusinischen  Rultge- 
branch  Tcrwerlen  dürfen. 

Daa  Scholien  meldet  uns  also,  dass  in  den  Kerchnos  Xu^vot 
gesellt  wurden.  Wenn  wir  das  wissen, ▼eratehen  wir,  warum 
man  in  den  Deckeln  öflhungen  angebracht  hat;  durch  dieae 
OffouBgen  wurde  dem  Licht  dea  >uxvo(Loft  zugeführt.  Könoeo 
wir  dieae  Nachricht  mit  den  Nachrichten  bei  Athenaioa  ver« 
einigen  ? 

Ich  glaube  wol.  Athenaioa  berichtet  uns  in  dem  aua  Pole- 

mon  entlehnten  Passus  nur  von  den  Gaben,  welche  in  die 
kleinen  den  Rand  des  Kerchnos  umgebenden  Kotyliskoi  ge- 
legt wurden.  Von  dem,  was  im  Inneren  des  Kerchnos  selbst 
geborgen  wurde,  spricht  er  nicht.  Das  Nikanderscholion  bil- 
det also  einfach  eine  Ergänzung  zu  dem  Bericht  des  Alhe- 
naios.  Wir  dürfen  es  uns  indessen  nicht  verhehlen,  dass  eine 
derartige  Caeremonie  ganz  singular  unter  den  griechischen 
Kultusgebräuchen  dastehen  würde',  und  es  würde  schwer 
fallen,  eine  Erklärung  für  den  seitsamen  Brauch,  eine  Lampe 
in  ein  Gefäss  zu  stellen  und  sie  so  der  Gottheit  darzubringen, 
zu  finden^.  Sodann  muss  auch  bemerkt  werden, dass  die  eleu- 


*  Hiebt  unenvibot  mof«  bleiben,  dais  OlenMOt  Alei.  Protrapt.  II,  St 
(B.  19|  unter  den  dbctfpfi|w  «i^lUlm  dar  TbenUs  dea  Xi^vof  aenot.  Walehe 
Verwendung  in  diesen  sehr  danklan  Mjstarian  aber  iwXIrgyot  geftindan 
bat,  kann  ich  nicht  angelten. 

*  Eine  Notiz,  wie  die  bei  liimerius  VII,  2  (mir  hier  nicht  zugänglich) : 
'Atnadc  vdjioc'BXMMvdtc  ftlx  (xuota«  f  <p«tv  mJUmi  xai  8pi-fiMtT«a.i.w.  darf  man 
nicbt  mit  der  Kerdinos-Caeremonia  in  Varbiadnng  bringan,  dann  Spinm« 
sind  Abranbundel  und  können  deabatb  mit  dam  Karehnoa  nichts  sn  Ibnn 


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KJSBCBM08 


«9 


sinischen  Gefäsae  mit  ihrem  trichterförmig  nach  unten  zu- 
laufendeo  Bodeo  wenig  praktisch  für  einen  solchen  Zweek 
eingerichtet  erscheinen.  Es  ist  daher  vielleicht  noch  eine  an- 
dere Möglichkeit  in  Erwägung  zu  ziehen.  Wenn  wir  uns  den 
bei  AthemüoB  beschriebenen  Inhalt  des  Kerchnosopfers  näher 
betrachten  und  uns  seine  Unterbringung  in  den  eleusinischen 
Gelassen  vergegenwärtigen ,  so  ist  es  von  vornherein  klar, 
dass  die  Getreidekömer  —  dass  es  sich  um  Kömer  handelt, 
beweist  der  Plural  —  und  Hülsenfrüchte ,  ferner  auch  der 
Wein,  das  Öl,  die  Milch,  der  Honig,  ja  im  Notfall  auch  die 
Schafwolle  in  den  Rotyliskoi  anlsfgebracht  werden  konnten. 
Nicht  recht  an^ngig  erscheint  es,  dass  auch  der  Opferkuchen, 
das  ««IdtOtov,  in  einem  solchen  kleinen  Kotyliskos  Platz  fand. 
Er  mflsste  dann  erstaunlich  klein  gewesen  sein.  Die  Möglich- 
keit scheint  mir  daher  nickt  ansgeschiossen,  dass  der  Opfer^ 
kuchen  nicht  in  einem  der  Rotjliskoi  sondern  im  Inneren  des 
Kerchnos  selbst  ontergebracht  worden  ist.  Auch  in  diesem 
Fall  kann  bei  dem  geringen  inneren  Passungsraum  des  Ker- 
chnos der  Kuchen  nur  klein  gewesen  sein,  so  dass  die  Demi- 
nutivform  IlaXdbOrov  gerechtfertigt  erscheint.  Bekanntlich  ist 
es  nun  ein  durehaus  nicht  singnlärer  Brauch  geweaen,  Opfern 
kuchen  mit  Lichtem  zu  beetecken.  Aus  Philochoroa  werden 
I.  B.  bei  Athenaioe  derartige  Kuchen — «itft^vTic  genannt — 
im  Kult  der  Artemis  Muniehia  erwähnt;  auf  dem  'E^jAipU 
ofx- 1890  Taf.  5  publicirten  bokitisehen  Gloekenkrater  briii^ 
ein  Mädchen  einer  weiblichen  Heilgottheit  auf  einer  mit  Zwei- 
gen bekransten  Schflssel  PrOchte  und  einen  Kneben  dar,  in 
dessen  Mitte  eine  brennende  Rene  steckt.  Bs  ist  möglich, 
dass  wir  einen  ähnlichen  Brauch  für  die  Knchnoeeaeremome 
ansunehmen  haben,  dasa  man  auf  den  im  Kerchnos  nieder- 
gelegten Kuchen  kleine  Lämpchen  oder  auch  Kenen,  wie  wir 
sie  auf  dem  Opferkuchen  des  boiotischenGefiissee  8ehen,stellte. 
Wie  dem  aber  auch  sei,  ob  wir  uns  die  X^C/gwi  in  der  einen 


haben.  Unter  fu«  ist  das  Liebt  der  Fackeln  zu  versieben.  Das  Ganze  gebt 
wahracbeinlieh  auf  den  Jakehomi^. 


290 


O.  BOBIMSOHN 


oder  der  anderen  Weise  im  Kerchnos  stehend  zu  denken  ha- 
ben, jedenfalls  finden  die  durchbrochenen  Deckel  der  Gelasse 
vollauf  ihre  Erklärung  durch  die  im  NikanderochoUoo  für 
den  Kerchnos  bezeugte  Sitte  der  Lychnophorie. 

Es  wurde  schon  bei  der  Beschreibung  der  Gefässe  darauf 
hingewiesen,  dass  ein  Teil  der  gefundenen  Vasen  nicht  für 
Deckel  eingerichtet  ist.  Das  beweist  uns,  dass  die  Deckel  ein 
unbedingtes  Erforderniss  nicht  waren.  Auf  einer  ganzen  Se- 
rie von  athenischen  Theatermarken  aus  Blei '  ist  der  Kerchnos 
dargestellt  bald  mit  Deckel  bald  ohne  Deckel.  Wir  sehen  also 
auch  hier  dasselbe  Verhällniss,  wie  bei  den  eleusinischen  Ge- 
täwen  obwalten.  Auf  zweien  dieser  Marken,  die  leider  in  der 
hiesigen  MilnzsainmluDg  nicht  mehr  im  Original  vorhanden 
sind  —  sie  gehören  zu  den  bei  dem  grossen  Diebstahl  ver« 
Bchwundenen  —  und  von  denen  ich  daher  nur  eine  nach  der 
Zeichnung  Postohikas  hergestellte  Abbildung  *  hier  beibringen 


kann,  ragen  aus  dem  deckellosen  Kerchnos  einmal  zwei  und 
einmal  drei  dünne  Stäbchen  hervor,  für  die  sich  schwerlich 
eine  andere  Erklärung  linden  lässt,  als  eben  die,  dass  es  Ker- 
len gewesen  sind.  Wir  dürfen  das  Nikanderscholion  nicht 
pressen  und  uns  an  den  Ausdruck  Xu^voc  klammern,  um  etwa 
gegen  diese  Deutung  Stellung  zu  nehmen.  Es  besteht  zwi- 
schen Lampen  und  Kerzen  in  diesem  Fall  kein  Unterschied 
für  den  Kultus.  Für  den  Wechsel  zwischen  beiden  kann  eben* 
aowol  die  Mode  wie  eine  technische  Forderung  Jeweilig  mass- 
gebend gewesen  sein. 
Einen  Kerchnos ,  aus  dem  die  Flammen  solcher  Lampen 


<  Jetzt  üttersiciitlicli  zusammengesteilt  Ton  Svoronoi  ia  seinem  Jounui» 
international  d'arcMologie  numismatigM  I  8.  i>5. 

*  K«cdlX»YOc  T0V  U  teB  vo|^ia(iaTuioO  iMvotüw  'AiBqvAv  «SkmfvTwv  vo|uo|iditwv 
Athen  1888,  Nr.  320  und  827. 


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KSaCHNOS 


291 


herTor  lodera,glaabe  ieb  aaf  der  bekannten  camaisebea  Vase 
in  der  Ermitage  zu  Petersburg  erkennen  zu  dOrfen,  für  die 
wir  leider  immer  nocb  auf  die  ungenügenden  Abbildungen 
angewiesen  sind,  welcbe  auf  Campte 'rendu  1862  Tai.  3 
surfickgehen.  Wir  seben  bier  in  der  Mitte  der  ganzen  Dar- 
stellung zwiscben  zwei  gekreuzten  Bakcboi'  einGefäsasteben, 
dass  zwar  in  der  Form  niebt  ganz  genau  dem  Kerebnos  ent» 
spricbt,  aber  doch  schwerlich  etwas  anderes  als  ihn  darstellen 
soll.  In  Stephanie  Katalog  und  im  Text  zur  Tafel  wird  es 
als  kleiner  Altar  bezeichnet.  Das  kann  es  sicher  nicht  sein 
wegen  der  Forrn.  die  deutlieh  ein  Geläss  wiedergiebt.  Es  ist 
vergoldet,  und  auch  dieser  Umstand  spricht  für  die  vorge- 
tragene Deutung. 

Alles  was  wir  den  litterarisclien  und  den  monumentalen 
Quellen  über  den  xep/vo;  entnehmen  können,  trifft  also,  wie 
wir  sehen,  bei  den  eleuainischen  Gelassen  zu.  Wir  können  die 
Identität  des  Kerchnos  mit  diesen  für  gesichert  halten.  Welche 
Folgerungen  ergeben  sich  nun  aus  diesem  Resultat  für  den 
eleusinischen  Kultus?  Man  brachte  in  Eleusis  die  Erstlinge 
der  Feldfrüchte,  des  Weins, des  Öls,  kurz  allen  Segens. den  die 
Erde  spendet,  dar,  zusammen  mit  der  Gabe  des  Hirten, denn 
die  Schafwolle  ist  hier  ohne  alle  Nebenbedeutung  lediglich  als 
dcTrapyV)  vom  Ertrag  der  Herdenzucht  zu  betrachten.  Das  ist 
durchaus  nichts  Besonderes  sondern  beg^net  eigentlich  in  je- 
dem agrarischen  Kultus.  In  Eleusts  aber  war  dieser  einfache 
Vorgang  zum  Mysterium  erhoben.  Nicht  durch  Uoteriegung 
irgend  einer  geheiranissvoilen  Deutung  oder  übersinnlichen 
Erklärung, nur  die  besondere  Gestaltung  des  Kultcaeremoniells 
bebt  die  beilige  Handlung  im  Dienst  von  Eleusia  aus  der  Menge 


*  Den  Namen  Bakchos  fur  die  als  AUribule  der  MjsleQ  üblicbeo  Zweig- 
b&adel  antowenden,  sind  ifir,|^«iibe  ich,trob  Strubes  Widenprueh  bsfwh* 
ligl.  Furtw&ngler,  dar  im  Arcb.  Anteiger  1892  8. 106  und  Athen.  Mitlh.' 

1895  S.  358  ausführlich  über  die  Zweigbündel  gehandelt  bat.  lässt  sie  un- 
benannt,ohne  über  die  Ton  Htepliaiii  zuerst  in  Vorschlag  gebrachte  Be- 
neuQUDg  ß«x)^oi  zu  sprechen.  Siehe  aucti  die  Erürleruugeu  für  und  wider 
insaminengMiellt  bei  Overbeck,  Kunstnqrlbologie  II  8.  671  f. 


392 


O.  RUBBNBOHN 


der  gleichartigen  DarbriDgungen  in  den  anderen  Rnlteo  her* 
aus.  In  Phigalia  legte  man  einfach  die  Gaben  anf  den  Altar 
der  Demeter  nieder.  In  Bleosis  bii^  man  die  Spende  io  einem 
ganx  singnlir  geformten  GelSss,  dann  wird  sie  in  feierlicher 
Weise,  etwa  in  einer  Proxession  (s.  u.)  einheigelragen,  und 
sum  Sehluss  nehmen  die  Trager  des  Rerchnos  etwas  von  den 
dargebrachten  Frachten  und  Ycraehren  es  (Athenaioa  a.a.O.) 
Diese  Speisecaeremonie  ist  oifenbar  die  Hauptsache  in  der  gan- 
sen  heiligen  Handlung.  Sie  ist  der  eigentlich  mystische  Vor« 
gaog.Dass  bei  den  Mysterien  solche  feierliche  Speiseeaeremo- 
nien,die  von  den  gewöhnlichen  Opferschmäusen.GOtterbewir- 
tungen  und  dergleichen  wol  zu  unterscheiden  sind, eine  grosse 
Rolle  spielten,  wissen  wir.  Das  beweisen  ja  schon  die  Belsen nt- 
nissformeln,  deren  wir  zu  Anfiing  gedacht  haben.  Ich  erinnere 
ferner  an  den  Genuss  von  rohem  Fleisch  in  den  Dionysos  - 
Zagreus -  Mysterien  (Schol.  zu  Clemens  Alex.  Protr.  1  S.  433 
Dind.  (mir  hier  nicht  zugänglich)  w(x«  yäp  -naOtov  xpeot  ol  u.you- 
(xivoi  Atovuo(j>  Stiyax  toöto  TfiXoufiivoi  toG  (rjcapayfJ^oj,  ov  uttiittj 
Aiövudo;  üTto  TtTivuv).  Im  Kult  der  grossen  Götter  von  Samo- 
thrake  kennen  wir  eine  derartige  Caeremonie  aus  der  von 
Gomperz  dem  Sinne  nach  sicher  richtig  ergänzten  Inschrift 
aus  Toraoi*,  aus  der  wir  erfahren, dass  der  Priester  [tw]v  (lu- 

TO  w»(i[i.]a  <Tx^^*^  ^YX"'  i"^^  tcotöv  Tot;]  {jnjdxai?.  Darreichun- 
gen von  Brot  und  Wasser  begegnen  auch  in  den  Mithras- 
mysterien^,  und  auf  eine  ganze  Anzahl  solcher  Gebräuche  in 
verschiedenen  Gcheimkulten  spielt  Clemens  Protr.  II  22  (S. 
19)  an.  Wir  sehen  also,  die  Caeremonie  mit  dem  KerchnoB 
reiht  sich  ohne  weiteres  in  eine  ganze  Zahl  verwandter  Vor- 
gänge in  anderen  Mysterienkulten  ein.  Die  vornehmste  Paral- 
lele zu  ihr  finden  wir  aber  in  den  eleusinischen  Mysterien 
selbst.  DasTrinIcen  des  Kykeon  nimmt  unter  den  Einweihungs 
caeremonien  in  die  eleusinischen  Mjfsterien  eine  wichtige  SteU 


*  Arcbiologisch-  epigrapbisehe  Uittbeilmigen  VI  1882  8. 8  Nr.  U. 
s  Cttmont  in  Boscben  Lesikon  II  8.  3M. 


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893 


lung  ein, wie  dies  das  eleusinische  Synthema  (s.o.  S.  ^71)  und 
die  für  die  eieuainiache  Mysten weihe  vorbildliche  Scene  des 
homerischen  Hymnus  (Y.  205  ff.)  lehrt:  sein  Genuss  beendigte 
das  Pasten  des  ßinsu weihenden,  wie  er  dem  neuntagigen  Pa- 
sten der  berumirrenden  Demeter  im  Hause  des  Keieos  ein 
Ende  gemacht  hatte.  In  nSberer  Bestebung  su  dieser  Caere- 
monie  steht  der  Kerchoos  nicbt.  Das  GefSss,  aus  dem  man  den 
Kykeon  genoss,  war  das  Kymbos.  Das  wissen  wir  aus  Ni* 
kanders  Alexipbarmaka  1S8  ff.,  wo  es  heisst:. 

VV|OTlipD(  AvioC«  (AOpÖlV  «OTOV,  ^  IVOTI 

XotuXftviDv  l€pt^fv  in*  itoTupov  *IinvoMttVTO« 

und  im  Schatsverzeichniss  von  Eleusis  C.l.A.  1V,2  767  b  Z.54 
finden  wir  auch  ein  xu(x6tov  verzeichnet,  leider  an  einer  stark 

fragmentirten  Stelle,  so  dass  wir  nichts  Genaueres  angeben 
können.  Die  Kullushandlung,  bei  der  der  Kerchnos  ver- 
wendet wurde, gehörte  nicht  zu  den  Rin weihungscaereinonien 
von  Eleusis,  sonst  stände  sie  eben  im  Synthema  verzeichnet. 

Fragen  wir  uns  nun,  bei  welcher  Gelegenheit  die  Rultus- 
handlung  mit  dem  Kerchnos  in  den  eleusinischen  Mysterien 
Statt  hatte  und  wie  gestaltet  sie  war,  so  giebt  uns  einige  Auf- 
klärung darüber  schon  Poiemon  bei  Athenaios.  Wir  ent- 
nehmen seinen  Worten, dass  der  Kerchnos  bei  derCaeremonie 
in  einer  Prozession  oder  in  einem  Tanz  —  das  bleibt  hier  un- 
bestimmt —  umhergelragen  worden  ist.  Der  Ausdruck  xepi- 
tvTjvo^oTt«;  verrät, dass  es  sich  nicht  um  eine  Prozession, die  von 
einem  Punkte  zu  einem  anderen  zog,  gehandelt  haben  kann, 
die  Träger  des  Kerchnos  müssen  sich  vielmehr  auf  einem 
irgendwie  abgegrenzten  Platz  im  Kreis  oder  sonstwie  umher- 
bewegt haben.  Des  weiteren  belehrt  uns  Poiemon ,  dass  die 
Teiinehmer  an  dieser  Caeremonie  den  Kerchnos  auf  dem  Kopf 
getragao  baiMui,  niehta  anderes  nänilieh  besagt  die  Wendung: 


O.  ROBSltflOnf 


6  toCto.  ßaoTix<5«{  olbv  Xixvo9opTf)<i«;.  Das  Liknon  wofde  bei 
den  verwandten  Kultushandlungen  anderer  Gottesdienste  von 
den  beteiligten  Personen  auf  dem  Kopf  getragen'. 

Eine  willkommene  Ergänzung  und  Bestätigung  dieses  lit- 
terarischen Zeugnisses  bildet  nun  der  Pinax  der  iXinnion,  der 
im  Jahre  1895  in  Eleusis  gefunden  worden  ist^.  Es  ist  hier 
nicht  der  Ort  näher  auf  die  Darstellung  dieses  in  seiner  Be- 
deutung für  den  Kultus  von  Eleusis  einzig  dastehenden  Denk- 
mals einzugehen.  Es  muss  dies  der  bevorsloliondcn  X  croffent- 
lichung  des  Pinax  durch  Herrn  Dr.  Skias  vorbehalten  bleiben. 
Nur  so  viel  möge  hier  bemerkt  werden.  Es  ist  auf  dem  Pinax 
in  zwei  Streifen  übereinander  eine  Prozession  dargestellt,  die 
im  liieron  von  Eleusis  vor  sich  geht.  Das  Innere  des  Heilig- 
tums—  nicht  des  Tempels  -  ist  durch  den  Omphalos  und  eine 
Säule  im  Hintergrund  gekennzeichnet.  In  der  unteren  Heihe 
empfängt  eine  thronende,  in  der  oberen  eine  thronende  und 
eine  siehende  Göttin  die  Heranschreiten  Jen.  In  dieser  Prozes- 
sion tragen  zwei  Frauen  den  Kerchnos.  eine  dritte  Kerchnos- 
Irägerin  befindet  sich  im  Giebel  des  Pinax.  Einen  Ausschniltaus 
der  Darstellung  der  Prozession  mit  dem  Oberteil  der  einen  der 
beiden  Kerchnostragerinnen  und  der  vor  ihr  stehenden  Göttin 
zeigt  unsere  Abbildung  nach  einer  Zeichnung  Gillierons'. 

In  der  Form  stimmt  das  Gefäss  so  genau  mit  den  eleusini- 
schen  Gelassen  überein ,  wie  das  bei  der  ziemlich  flüchtigen 
JManier  des  Maiers  möglich  ist.  DieKot^iiskoi  fehlen.  Wir  haben 


*  Vgl.  O.  Jahn,  BerieblA  derslchiisdienOeselliolialt  der  Wissenschaften 
mi  8.  924  Anm.  125. 

*  Einige  Angaben  über  ihn  liat  Kern  in  <lor  Arcli.  Gcsclischafl  in  Berlin 
(Arcb.  Anzeiger  189Ö  S.  163)  geiuaclil;  vgl.  Attieu.  MitUi.  18'J5  S.  231. 

*  Den  Kopf  der  KercbnostrSgerin  und  die  eine  Fackel  der  vor  ibr  sieben- 
den Figur  lial  H.  von  Kritze,  Efumflt  ipx-  1897  S.  I6ii  in  L-iner  flüchtigen 
Skizzr*  \vi«'(l(;rg<'^'rb<'M  St  ine  Deutung  der  Scene,  dio  Frau  mit  den  beiden 
Fackeln  euuünde  mit  deren  einer  den  in  dem  Gefäss  enthaltenen  Weih- 
.raucb,  ist  völlig  unannehmbar.  Ein  Blick  auf  unsere  Abbildung  zeigt,  dass 
.tin  derartiges  nicht  zu  denken  ist.  Fritie  bat  auch  die  Art, wie  der  Kercbnoi 
auf  dem  Kopf  der  Frau  befestigt  ist,  und  die  Pedwitnng  der  LSofaCf  im 
JUndstreifon  de«  Kerchnos  völlig  Tcrkannl.  . 


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KEftCHNOS 


295 


ja  aber  schon  hervorgehoben  (S.  585),  dass  ihre  Anbringung 
für  die  Darstellung  des  Kerchnos  in  der  bildenden  Kunst 
nicht  unbedingt  erforderlich  war.  Auch  dass  der  Deckel  nicht 
durchbrochen  geraalt  ist,  kann  nicht  überraschen.  Die  Über- 
einstimmung in  der  ganzen  äusseren  Erscheinung  und  io 
einigen  gleich  zu  berührenden  Einzelheiten  ist  so  gross,  dass 


ein  Zweifel  an  der  Identität  der  dargestellten  Gefässe  mit  den 
eleusinischen  unzulässig  ist. 

Auf  dem  Pinax  sehen  wir  nun ,  wie  das  Gefäss  bei  der 
Prozession  getragen  wurde.  Es  ist  mit  weiss  gemalten  Tä^ 
nien  am  Kopf  befestigt.  Die  Tänien  sind  an  den  Henkeln 
des  Kerchnos  angebunden.  Eine  derartige  Befestigung  würde 
schwerlich  genügen.  Wir  finden  bei  fast  allen  eleusinischen 
Gelassen  im  Fuss  der  Vase  zwei  Durchbohrungen'.  Offen- 
bar wurde  auch  durch  diese  ein  Band  gezogen,  das  am 
Kopf  der  Trägerin  angebracht  wurde  und  zur  weiteren  Be- 
festigung des  Gefässes  diente.  Über  den  Deckel  des  Kerchnos 
laufen  in  der  Darstellung  zwei  sich  kreuzende  schwarz  aufge- 
malte Linien.  Die  eine  verläuft  über  den  Band  des  Deckels 


<  Vgl.  'EfTiiiiplt  ipx-  1885  Taf.  9,  7  8.  172. 


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m 


O.'  IIUBBNSIIHN 


hinaus  den  Randstreifen  des  Kerchnos,  wir  können  sie 
daher  nicht  als  Angabe  einer  rein  ornamentalen  Zuthat  be- 
trachten. Was  gemeint  ist,  lehren  uns  die  eleusinischen  Ge* 
iässe.  Es  finden  sich  bei  ihnen  in  dem  Randstreifen  meist  zu 
beiden  Seiken  des  Henkels  vier — je  zwei  bei  jedem  Henkel— 
bisweilen  auch  mehr  kleine  runde  Löcher  *  .  In  einigen  dieeor 
L&cher  stecken  noch  heute  dünne  Metallstreifen.  Zur  Befe- 
stigung des  ILerchnoB  am  Kopt  können  diese  nicht  gedient 
haben, Bronze  wäre  für  einen  solchen  Zweck  der  ungeeignetste 
Stotf.  Es  ist  deutlich,  dass  die  dünnen  Bronzestreifen  zur  Be- 
festigung des  Deckels  gedient  haben.  Wurden  die  Gnlässe  in 
der  besdiriebenen  Weise  in  einer  Proieesion  umheigetragsn, 
so  musste  man  die  Deckel  irgendwie  auf  dem  Kerdbnos  be- 
festigen. Bänder  aus  einem  pflansUcfaen  Stoff  würden  Tom 
Feuer  der  im  Kerchnos  brennenden  Lampen  vemiohtet  wor- 
den sein.  Deshalb  mosste  man  «i  metallenen  Bindern  die 
Zuflucht  nehmen,  und  die  Wiedergabe  solcher  Bänder  erkenne 
ich  auf  der  Darstellung  des  Pinax.  Die  Frau ,  welche  den 
KerchnoB  tragt,  hat  im  Haar  ein  Diadem,  während  die  bei- 
den anderen  Kerchnosträgerinnen  des  Pinax  (Tgl.  die  Skinen 
bei  Fritie  a.  a.  O. )  einfach  Kränze  auf  dem  Haupt  tragen. 
Mit  der  rechten  Hand,  in  der  sie  einen  Zweig  halt,  adoiirt 
sie  die  Tor  ihr  stehende  Göttin.  Was  sie  mit  der  linken  Hand 
fosBt,  lässt  sich  nicht  mehr  erkennen.  Auch  der  Kerchnos  ist 
mit  Zweigen  geschmückt.  Wir  haben  hier  die  Kercbnophorie 
im  Kultus  von  Eleusis  vor  uns,  eine  Scene  aus  der  Pompe, 
deren  Schilderung  dem  bei  Athenaios  erhaltenen  Passus  aus 
Polemons  Schrill  unmittelbar  vorausgegangen  sein  muss.  Ks 
ist  eine  Scene  aus  der  eigentlichen  Myslerienfeier,  die  im  In- 
nern des  Heiligtums  \uii  Eleusis  stattfand.  Zum  ersten  Mal 
sehen  wir  eine  solche  aut  einem  antiken  Denkmal  dargestellt. 
Wir  haben  uns  etwa  die  Aule  des  Heiligtums  als  Ort  des  Vor- 
gangs zu  denken.  Hier  ging  unter  feierlichen  Veranstaltungen 
beim  Schein  der  Fackein — auf  dem  Pinax  sehen  wir  in  der 


4  Vgl.  PhiliM,'Efi||upi<  ^.48858. 173  «ad  untere AbbildnngTaf.  13,1.6. 


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kERCMNOS 


297 


unteren  Reihe  den  Ilierophanten  oder  Dadueben  mit  seinen 
Packeln  —  dieser  Teil  der  Mysterien feier  vor  sich ,  bei  der 
sicher  auch  das  icov  xotSiov  eine  Rolle  spielte.  Auf  die  eigen* 
tflmliche  Auagestaltung  der  Feier,  wie  sie  der  Pinai  erkennen 
lüsst,  können  wir  hier  natürlich  nicht  eingehen,  auch  die 
einielnen  DiCferenaen,  die  zwischen  der  Beschreibung  Pole- 
mons  und  der  Scene  des  Pinax  bestehen»  dürfen  hier  nicht 
abgehandelt  werden.  Hier  haben  wie  jetzt  nur  noch  einige 
Fragen  zu  erledigen,  welche  die  eleusinischen  Kerchnoi  spe* 
eiell  angehen.  Sie  betreffen  Technik,  Decoration  und  Zeit  die- 
ser Getässe. 

Dass  die  grosse  Menge  der  gefundenen  Vasen  einen  einheit- 
lichen Typus  darstellt,  wurde  schon  zu  Anfang  erwähnt.  Der 
rötliche  oder  hellbraune  Thon,  aus  dem  sie  gefertigt  sind,  ist 
fast  durchweg  mit  einem  Überzug  aus  rotem  oder  weissem 
Pfeifenthon  rersehen^  Dieser  Überzug  ist  bei  den  meisten 
Gefässen  bis  auf  wenige  Reste  abgesprungen,  und  mit 
ihm  sind  auch  die  auf  ihn  aufgesetzten  Verzierungen  ver» 
sch wunden.  Der  ursprüngliche  Zustand  lässt  sich  daher  bei 
den  meisten  Gelassen  nur  erschliessen.  Verhältnissmässig  am 
besten  erhalten  hat  sich  die  Vergoldung.  Eine  grosse  Anzahl 
der  gefundenen  Kerchnoi  war  nämlicli  un  iliier  ganzen  Aus- 
senseite  mit  Gold  überzogen.  Das  Gold  ist  als  ganz  dünnes 
Blattgold  auf  die  weisse  oder  rote  Grundlage  aufgesetzt, in  der- 
lei ben  Technik  wie  sie  Furtwängler  zu  Sammlung  Sabourofi' 
I  Taf.  Ii), 2  beschreibt.  Nur  handelt  es  sich  bei  unseren  Ge- 
fässen nicht  um  einzelne  Verzierungen  aus  Gold ,  sondern  um 
eine  einheitlieiie  Vergoldung  ohne  irgend  welclie  Ornamente. 
Diese  Getässe  alimen  die  xep/voi  /p-jaoi  nach,  welche  wie  uns 
die  zu  Anfang  erwähnte  Inschrift  verrät,  als  VVeihgeschenke 
dargebracht  wurden  oder  im  Kultus  Verwendung  fanden.  Kei- 
nes von  den  vergoldeten  Gelassen  ist  mit  Kotyliskoi  oder  ko- 
t^liskosartigeo  Ansätzen  versehen.  Die  mit  solchen,  besonders 
mit  ersteren,  gezierten  Kerchnoi  zeigen  überhaupt  selten  eine 


•  Vgl.  fiber  die  Teehnik  Pfailios,  'BfiuupU  %.  1885  8. 171  Anm.  3. 

ATBBM.  lIlTTBBU.iniOBN  ZZUI.  20 


298  6.  liuABNSottN 

weitere  Decoration  attsaerdem  weissen  oder  roten  Obenog,Dur 
der  Kranz  der  Icotyliakosartigen  AnsStce  bat  bei  einzelnen  Ge- 
fiUsen  dureh  verecbiedene  Färbung  der  Seheinkotyliekoi  — 
blau,  rot  und  weias — einige  Belebung  erfahren. 

Wo  die  Rotyliskoi  fehlen,  iet  fast  überall  der  Brsats  durdi 
Malerei  eingetreten.  Und  zwar  findet  sieh  die  Beroalung  haupt* 
sachlich  an  drei  Stellen  des  Gefässes,  auf  dem  horisontalen 
Randstreifen,  auf  der  Schulter  oder  auf  dem  Bauch,  nur  bei 
wenigen  Gelassen  an  allen  drei  Stellen  zusammen,  bei  den 
meisten  entweder  an  einer  oder  höchstens  an  zweien.  Auf 
dem  Randstreifen  ist  öfters  ein  Eierstab  angebracht,  die  Stege 
in  roter,  die  Wülste  in  bellblauer  Farbe,  der  Untergrund 
weiss.  Dasselbe  Ornament  kehrt  auch  in  derselben  Parbenver- 
teilung  am  Rand  des  Declcels  wieder. 

Das  Ornament,  das  bei  den  einfacher  verzierten  Gefässen 
am  häufigsten  auf  dem  Schulteraufsalz  begegnet, ist  das  neben- 
stehend skizzirLe.  Die  Strahlen  sind  bald  breiler  bald  schmaler 


aufgetragen  und  immer  sehr  flüchtig  gezeichnet.  Das  Orna- 
ment hel)t  sich  immer  rot  vom  weissen  Grund  ab, hei  den  Ge- 
fässen mit  roteui  Überzug  ist  mitten  um  den  Aufsatz  herum 
über  den  roten  Überzug  ein  iiorizontaler  weisser  Streifen  ge- 
legt, erst  auf  diesem  steht  das  Ornament.  Bei  zwei  Exempla- 
ren findet  sich  der  sonst  weiss  gelassene  Untergrund  zwischen 
den  Strahlen  mit  Blattgold  abgedeckt.  In  der  Regel  kehrt  daa 
Ornament  viermal  um  den  ganzen  Aufsatz  herum  wieder,  der 
Zwischenraum  zwischen  den  einzelnen  wird  entweder  frei  ge- 
lassen oder  von  einem  horizontal  gelegten  und  mit  einem  bald 
helleren  bald  dunkleren  Grün  gemalten  Zweig  eingenommen. 
Zweige  finden  sich  auch  auf  einigen  der  Deckel  angebracht. 
Das  eigentümliche  ötrahlenomament  würde  der  Erklärung 


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IBBCHMOB 


f99 


Schwierigkeiten  entgegensetzen,  wenn  uns  nicht  auf  einem  der 
weissgrundigen  Kercbnoi  einigermassen  gut  erkennbare  Reste 
der  Bemalung  erhalten  wären,  die  uns  von  dem  einstmaligen 
Aussehen  der  reicher  bemalten  Gefäase  eine  Vorstellung  geben. 
Das  Erhaltene  und  eine  Reconstruction  des  gansen  GeföBses 
giebtTaf.  14  nach  einer  Zeichnung  Gilli^rons*.  Die  Hauptdar- 
stellung findet  sieh  auf  dem  unteren  Teil  des  Gefä8Bes(3).  Dessen 
oberen  Rand  scbliessen  unmittelbar  unter  dem  Randstreifen 
guirlandenartig  aufgehängte  Wollbinden  ab.  die  in  roter  Farbe 
wiedergegeben  sind.  Von  der  Mitte  eines  Jeden  Bogens  dieser 
Guirlande  hängt  abwechselnd  ein  Rrana — wie  solche  in  ihn* 
lieber  Verwendung  häufig  auf  hellenistischen  Vasen  wieder- 
kehren—  und  das  Strahlenomament  herab,  das  uns  auf  dem 
Sehulteraufsatz  der  Rerchnoi  begegnet  ist.  Hier  (3)  sehen 
wir  nun,  dass  es  sich  nicht  um  ein  rein  geometrisches  Orna- 
ment handelt,  es  stellt  sich  vielmehr  als  ein  Rund  von  Stäben 
dar,das  durch  drei  Bänder  zusammengehalten  wird,als  eine  Art 
HOlse.  die  durch  ein  Gitter  von  Rautenstäben  gebildet  wird. 
Wo  diese  Holsen  ihre  Verwendung  fenden.das  lehren  uns  die 
Bakchoi^,  die  über  das  ganze  Rund  des  Bauches  verteilt  sind. 
Ihre  Anordung  ist  eine  unsymmetrische,  bald  treffen  ihre 
oberen  Enden  in  die  Zwickel  der  VVoilbinden  -  Guirlande, 
bald  schneiden  sie  deren  Bogen.  Auch  der  Abstand  der  ein- 
zelnen Bakchoi  von  einander  wecl)selt  in  ganz  unregelmässi- 
ger Weise  ab.  Das  Laub  der  Bakchoi  ist  mit  einem  grün- 
lichen Gelb  wiedergegeben,  die  Umrisse  sind  rot  gezeichnet. 
Die  rot  gezeichneten  gitterartigen  Hülsen  sehen  wir  nun  hier 
als  Ringe  in  geregelten  Abständen  von  einander  um  die  Bak- 


<  Mündung,  Henkel  und  Fuss  sind  ganz,  der  hotizunlalu  Randstreifen 
grösstenteils  weggebrocben.  Die  Ergänzung  des  Fusses  musste  in  der 
BkiiM  (I)  aus  Raumrfieksicbten  unterbleiben.  Die  Form  des  Fusses  war 
dieselbe  wie  bei  dein  Gi  Hiss  Taf.  13,4.  Die  Einzelbeilen  der  Bemalong 
sind  z.  T.  nur  mit  Miilif  /.u  oiktMineii,  da  die  Farbe  vieiracli  alipfsprunpen 
ist.  Die  senkrecbte  btrichciuug  giebl  rule,  die  wa^ recblc  bluue,  die  Punkti- 
rung  gelbe  Farbe  wieder.  Die  Reoonstraetion  des  Omamenls  auf  der  oberen 
Seile  des  Randstreifens  (2)  ist  niebt  gans  gesieberU 

*  Über  diese  Beieiebnung  v|^.  oben  8.  S9i  Anm.  1. 


äOd  ü.  nUBENSOHN 

ehoi  heromgelegt,zweifellos  dieoten  sie  dazu, die Zweigbündel, 
aus  denen  diese  bestehen ,  zusammenzuhalten.  In  ähnlicher 
Weise  kehren  die  Hülsen  auch  auf  anderen  Darstellungen  der 
Bakchoi  wieder,  man  Tgl.  z.  B.  die  von  den  beiden  Dioskuren 
und  Herakles  getragenen  auf  der  Mysterienfase  bei  Overbeek, 
Kunstmythologie  Tat'.  18, 19. 

Auf  der  Sebulter  unseres  Gefösses  (Taf.  14,  8)  sehen 
wir  den  Bakehos  in  das  Omamentale  umgestaltet.  Die  Bo- 
gen der  hier  dargestellten  Guirlande  bestehen  aus  den  etwas 
umgemodelten  Mystenstäben.die  insbesondere  ihre  Verjüngung 
naeh  unten  vollständig  eingebdsst  haben.  Blätterbündel  ( gelb ) 
und  Hülse  (rot)  wechseln  aber  hier  noch  in  derselben  Weise 
wie  bei  den  Bakehoi  auf  dem  Bauch  des  Gefässes  ab.  Bei  der 
Weiterentwicklung  hat  man  dann  den  Bakchos  in  seine  einzel- 
nen Bestandteile  aufgelöst  und  jeden— die  Hülse  und  den  Laub- 
zweig —  als  selbständiges  Ornament  auf  dem  Rerchnos  ver- 
wertet. Eine  nur  auf  dem  abgebildeten  Kerehnos nachweisbare 
Znthat  zu  der  Verzierung  sind  die  Tauben,  welche  paarweise 
einander  gegenüber  gestellt  oder  einzeln  unterhalb  der  Guir- 
lande erscheinen.  Sie  sind  mit  einem  hellen  Blau  aufgemalt. 
Der  horizontale  Randstreifen  hat  als  Ornament  unten  den  so- 
gcDunlen  lautenden  Hund,  auf  der  Oberseite  ein  Palmelten- 
band. 

Zur  Decoration  des  Kerclinos  hat  also,  wie  wir  sehen,  eines 
der  bedeutsamsten  Kullusinstrumenle  der  eleusinischen  My- 
sterien die  hauptsächlichsten  lillemenle  gelieferl  .\ur  auf  zwei 
Denkmälern  lir^i  gnct  als  Ornament  ver\ven<lel — soweit  ich 
seile — dasselbe  Kultusinstrument  noeli  eininal.  Beide  stammen 
aus  Eleusis.  Das  eine  ist  die  Cista  der  bekannten  Cislo[)lioren 
aus  Eleusis'.  Der  um  die  Mitte  der  Cista  iierunilaufendf  Shei- 
fen  zeigt  als  Ornament  den  decoraliv  unigestaltr[t>ti  Hakelios; 
aut  beiden  Seiten  wird  er  durch  einen  Perlstab  eingefassl.  Die 


<  Das  eine  Bi emplar  be6ndel  sieb  in  Bleosii,  das  andere  in  Cambridge. 

Die  beste  Abbildung  des  enKli^^cliori  Stückes  bi  t  Mm  Ikilüs,  In^-.  Marbles  tu 
S.  242,  das  Ornamenl  ist  su  b.  '^44  in  grosserem  Mas»Ub  wiederliolt. 


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UBCmofl  801 

BlätterbOodel  sind  in  ein  Pleehtband  umgewandelt.  Getreuer  ist 
Hie  Wiedergabe  des  Bakchos  auf  dem  anderen  Monument,dem 
Pinaz  der  Ninnion.  Auf  Jeder  der  Randleisten  zu  beiden  Sei- 
ten der  Bildfläche  sehen  wir  einen  Baiichos  in  ganz  ähnlicher 
Weise  umi^e modelt  wie  auf  der  Schulter  des  Kercbnos  ohne 
Verjüngung  aufrecht  stehend  angebracht  ^ 

Wenn  wir  so  sehen  dass  auf  demPinax.auf  dem  die  Kerch- 
nophoric  dargestellt  ist,  und  auf  dem  Kerchnos  selbst  der 
Mystenstab  als  Ornament  verwertet  ist,  so  haben  wir  wol  zu 
folgern,  dass  Kerchnos  und  Bakchos  innerhalb  der  eleusini- 
schen  Mysterien  in  irgend  einer  besonderen  liezieliung  zu  ein- 
ander gestanden  haben;  wir  haben  etwa  an  eine  gleichzeitige 
Verwendung  in  einer  bestimmten  Kullnshandlung  zu  denken. 
Dem  gegenüber  muss  indessen  bemerkt  werden,  dass  in  der 
Kerchnophorie  auf  dem  Pinax  der  Bakchos  nicht  tu  nutzt  wird. 
Auf  der  Bildtliiche  des  Pinax  erscheinen  nur  zwei  trekreuzte 
Bakcboi  als  Symbole  unter  dem  Omphalos.  Ks  ist  daher  auch 
nicht  unmöglich,  dass  Kerchnos  und  Bakchos  nur  deshalb  so 
eng  verbunden  zusammen  auftreten,  weil  sie  beide  als  beson- 
ders bezeichnende  Symbole  des  eleusinischen  Kultus  betrachtet 
wurden.  Dass  dem  so  war,  lehren  die  Denkmäler.  Vereint 
finden  wir  beide  so  auf  der  cn maischen  Amphora  in  Peters- 
burg (Overbeck,  Kunstmythologie  Taf.  18  Nr  ".H)).  Nebenein- 
andererscheinen sie  auf  dem  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
aus  dem  städtisehen  Eleusinion  stammenden  Relief,  das  an  der 
kleinen  Metropolis  in  Athen  eingemauert  ist;  es  gilt  dies  seit 
Böttichers  Aufsatz  (Philologus  XXIII  S.  227  mit  Tafel)  ge- 
wöhnlich als  Relief  von  einem  Altar  aus  dem  Eleusinion,  es 
kann  aber  ebensowohl  auch  Epistyl  eines  Baues  gewesen  sein, 
wie  daa  Epistyl  von  den  Propyläen  des  Appiua  Claudius  in 
Eleusis. 

Auch  allein  erscheint  der  Kerebnos  des  öfteren  als  Symbol 


'  Hier  ist  es  ganz  deullich,  dass  dio  'Hülsen'  durchbrochen  gedacht 
sind,  deuu  das  Laub  der  Zweige  ist  zwischen  den  ätabeu  der  Hülsen  ange- 
geben. 


302 


0.  nUBBNSOHN 


des  eleusinischen  Kultus  und  als  Wappen  des  eleusinischen 
Gemeinwesens.  So  sehen  wir  ihn  auf  den  Rupfermünzen  von 
Eleusis,  die  der  jüngeren  Epoche  d.  ii.  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  dem  Anfang  des  dritten  Jahrhunderls  vor  Chr.  an- 
gehören. Auf  diesen  tritt  der  Kerchnos  zusammen  mit  dena 
Kaialhos  aU  Prägezeiehen  auf.  Ebenso  erscheint  er  auf  gleich- 
zeitigen und  späteren  athenischen  Münzen,  wo  allerdings  der 
Kalathos  häufig  fehlt  (vgl.  den  Katalog  des  hrittischeo  Mu* 
aeums  Attica  Taf.  15,  besoDders  aueh  Taf.  14,  10)^ 

In  die  Jahre  1>87  -266  setzt  aus  historischen  Gründen  Svo- 
ronos  eine  Serie  bleierner  Theatermarken,  die  ebenfalls  den 
Kerchnos  bald  aliein,  bald  mit  dem  Kalathos,  bald  mit  einer 
Fackel,  bald  mit  Mohnstengeln ,  einmal  auch  mit  einem 
Thyrsos  susammen  als  Prägung  zeigen.  Meist  ist  er  mit  Zwei- 
gen geschmQkt  wie  anf  dem  Pinaz.  Stark  stiiisirt  schliesslich 
ist  der  Kerchnos  dargestellt  auf  den  oben  erwähnten  Gisten 
der  Cistophoren  aus  Eleusis,  auch  hier  mit  gekreuzten  Mohn- 
Btengeln  susammen,  wie  auf  den  Theatermarken 

Die  Mausen  und  Bleimarken  mit  Rerchnosdarstellung  ge- 
hdren  dem  dritten  Jahrhundert  an,  die  grössere  Menge  sicher 
seinem  ersten  Drittel.  Ein  Teil  der  eleusinischen  Gefässe  ist 
unter  der  Philohalle  gefunden,  ist  also  sicher  älter  als  dieser 
im  Yorletiten  Jahraehnt  des  Yierten  Jahrhunderts  errichtete 
Bau;  dasselbe  gilt  von  den  unter  den  Fundamenten  des  Buleu- 
terion  gefundenwi  Rerehnoi.  Das  Marmorgefäss  mit  der  In- 
schrift gehört  nach  den  Buchstabenfbrmen  der  Inschrift  in  das 
Tierte  Jahrhundert,der  Pinax  mit  der  Darstellung  derKercbno- 


*  Vgl.  zu  den  Münzen  und  zu  den  gleich  zu  erwähnendt  n  Theatermarken 
jetil  Sroronoa,  youmal  int«rna(tonai  d'arcyoiogie  numismalique  l  S.  100. 
loh  bin  Herrn  Dir.  Svoronos  für  rieltacbe  Unterstötfong  in  numismstiaeheD 
Fragen  zu  lebhaftem  Dank  T«rpflichtel. 

*  Auch  auf  dem  Fries  vom  Propylon  des  Appius  Claudius  Pulcher  in 
Eleusis  scheint  der  Kerchnos  dargestelll  gewesen  zu  sein.  Bei  Letiormant 
{Ree^§reh$ianh,  8.390)  eracheint  wenigstens  in  der  Abbildung  dieses  Frieses 
anf  dem  Fragment  reebta  am  Bade  der  Deoicel  einet  Kerobnos.  Das  Btfiek 
habe  ich  iti  EN  usis  m'cbt finden  kfonen  (vgl.  J^l  auch  KnnuiioUs,  *Bm|- 
|U|»U  äfx>        &.  22). 


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KERCHNOS 


303 


phone  stammt  etwa  aus  dem  Ende  des  fünften  Jahrhunderts, 
einer  etwas  späteren  Zeit  mag  die  cumäiscbe  Amphora  in  Pe- 
tersburg angehören.  Die  Obergabarkunde  der  eieusinischen 
Epistaten  schliesslich  mit  der  Erwähnung  des  Kerchnos  ist 
datirt  auf  das  Jahr  408/7.  Die  grossere  Menge  der  Zeugnisse 
tlkr  den  Gebrauch  des  Kerchnos  im  eieusinischen  Kultus  yer- 
teilt  sich  also  Ober  das  ganie  vierte,  das  Ende  des  fünften  und 
den  Anfang  des  dritten  Jahrhunderts.  Die  Fundumstände 
weisen  daneben  aber  auch  eine  ganse  Anzahl  der  in  Bleusis 
gefundenen  Kerchnoi  in  spätere  Zeiten,  sogar  in  die  rdmi« 
sehe  Periode  (vgl.  Philios,  'E9»{Aep;;  äo^  1885  S.  173).  In 
römisehe  Zeit  gehören  das  Relief  aus  dem  städtischen  Eleu- 
ainion ,  den  Pries  vom  Propylon  des  Appius  Claudius  und 
die  Gistophoren  in  Eleusis  und  Cambridge.  Wir  haben  also 
den  Beweis  dafür,  dass  die  Gaeremonie  mit  dem  Kerchnos  bis 
in  die  späteren  Zeiten  hinein  forlgesetzt  in  Eleusis  ausgeübt 
worden  ist.  Doch  auch  aufwärts  können  wir  vielleicht  die  Be- 
fblgung  dieser  Sitte  nachweisen,  wenn  es  auch  als  befremdend 
hervorgehoben  werden  muss,  dass  sich  nur  sehr  geringe  und 
dazu  noch  zweifelhafte  Reste  von  Kerchnoi  aus  Zeiten  nach- 
weisen lassen,  die  dem  vierten  Jahriiundert  —  in  eine  frühere 
Epoche  dürfen  wir  aus  Gründen  der  Technik  und  des  Stils  die 
betrachtrtenGefasse  nicht  setzen — vorausgehen.  Kinige  schwarz- 
figurige  Deckel  wie  der  hier  nach  Gillierons  Zeichnung*  wie- 


dergegebene, haben  sich  in  Eleusis  gefunden.  Das  abgebildete 
Exemplar  trägt  eine  Weihinschrift  an  die  beiden  Göttinnen. 
Zwei  andere  Exemplare  derselben  Form  mit  grauschwarzem 


*  Dar  nntora  orumentirte  Rand  ut  in  derZetohnung  teilweiM  eryiiist. 


304  O.  BUBBNIOaN 

Grund  zeigen  als  Verzierung  mehrere  horizontale  umlaufende 
Linien  in  aufgesetztem  Karminrot.  Falls  diese  Deckel  zu 
Kerehnoi  gehört  hahen,  wäre  der  (lehraiich  des  Gefässes  auch 
für  die  Zeit  des  sehwarzfigiu  igt^n  Stils  gesieherl.  Ms  muss  aber 
ausdrücklich  bemerkt  werden,  dass  die  Form  von  den  Deckel- 
formen der  Kerehnoi  ahweiclit  und  dass  sich  kein  liest  eines 
Kerchnos  seihst  aus  gleicher  Zeit  erhalten  hat.  Diese  Deckel 
können  sehr  wol  auch  von  'Phymiaterien  hernihren.  Gleich  ge- 
formte und  ausgoslatletc  Deckel  hahen  sich  auch  aul  der  Akro- 
polis  gefunden   Hier  hieiben  also  einige  Bedenken  bestehen. 

In  noch  ältere  Zeit  würde  das  N'orkommen  des  Kerchnos 
gerückt,  wenn  wir  mit  Sicherheit  behaupten  könnten,  dass  die 
nachstehend  wiedergegebenen  Fragmente  zweier  Binge  mit 


darauf  geaetiten  kleinen  Gefasschen  als  Reste  Ton  Kerehnoi 
anfeufossen  seien.  Beide  stammen  aus  Eleusis  und  befinden 
sich  dort  im  Museum.  Genauere  Pundnotizen  sind  nicht  be- 
kannt. Oer  eine  Ring  besteht  aus  einem  grauen  Thon ,  der 
schlecht  geschlemmt  ist;  die  Oberfläche  ist  unbemalt  und 
rauh  gelassen.  Die  einhenkeligen  kleinen  Gefässe  sind  mit 
der  Hand  geformt.  Der  andere  Ring  trägt  etwas  grössere  lien- 
kellose  Gefässe,  die  gleichfalls  mit  der  Hand  gearbeitet  sind ; 
der  Thon  ist  mehr  bräunlich.  Der  kleinere  Hing  zeigt  innen 
und  aussen  starke  Spuren  von  Brand,  die  woi  bei  oder  nach 
der  ZersLurung  entstanden  sind. 

Der  innere  Rand  heider  Ringe  ist  abgebrochen ,  so  dass 
es  sich  nicht  mehr  mit  ßeöliuiuuheit  feätstelleo  läaat,  ob  die 


V    I  jitized  by  CiOoqle 


KEnCUNOB 


30Ö 


Ringe  einst  selbständig  bestanden  oder  den  Randstreifen  eines 
Kerchnos  gebildet  haben.  Dass  es  ein  merkwürdiger  Zufall 
wäre,  wenn  beide  IVw^e  so  in  ganz  gleicher  Weise  von  den 
zugehörigen  Gefässen  abgebrochen  wären,  ist  freilich  zuzuge- 
ben. Man  hätte  dann  aber  vielleicht  anzunehmen  ,  dass  die 
fertigen  Ringe  mit  den  Gefässen  darauf  an  die  Kerchnoi  ange- 
setzt worden  seien.  Von  den  gewöhnlichen  Gefässringen.flber 
die  zuletzt  Löscheke  beim  Winckelmannsfest  des  N'ereins  von 
Altertumsfreunden  im  Rheinlande  1897  gesprochen  hat',  un- 
terscheiden sich  die  eleusinischen  Ringe  vor  allem  durch  die 
grössere  Anzahl  von  Gefasschen,  welche  sie  einmal  getragen 
haben.  Die  Gefisschen  stehen  so  eng  auf  den  Ringen  und  diese 
haben  einen  so  grossen  Durehmesser«  dass  wir  leiehtlich  auf 
die  Zahl  von8-10Kotyliskoi  für  jeden  der  Ringe  kommen,  also 
etwa  auf  dieselbe  Zahl,  wie  die  der  Kotyliskoi  auf  dem  oben 
S.283  betrachteten  Kerchnos.  Es  ist  daher  nicht  unwahrschein- 
lich, dass  diese  Ringe  zu  den  Kerchnoi  zu  rechnen  sind.  Bildeten 
sie  aber  den  Randstreifen  von  Gefässen  ähnlich  den  betrachte- 
ten, so  können  wir  auch  einen  Einblick  in  die  Entstehung 
der  Form  des  Kerchnos  thun.  Der  Kerchnos  ist  vielleicht  aus 
einem  solchen  Ring  und  der  von  ihm  umschlossenen  Vase 
zusammengewachsen. 

1st  das  Gesagte  richtig,  so  bekommen  wir  einen  äusseren 
Anhalt  für  das  Alter  der  Rerchnoscaeremonie,  denn  die  bei- 
den Ringe  können  wir  nach  ihrer  Technik  nur  einer  recht 
frühen  Periode  der  Vasenfabrikalion  zuschreiben,  und  jeden- 
foUs  sind  sie  durch  einen  weiten  Zettabstand  von  den  be- 
trachteten Kotyliskoi  getrennt.  Jedoch  auch  ohne  diesen  An- 
halt können  wir  der  Kultushandlung  mit  dem  Kerchnos  ein 
hohes  Alter  aus  der  einfachen  Erwägung  heraus  anweisen, 


*  Vgl.  Berliner  pbilul.  Wocbuusclirifl  t8'J8  S.  22;'.  Dubn  i  Der  griecbi- 
Mbe  Tempel  ia  Pompetji  Anm.  3t ).  4er  die  Kerchnoi  mit  den  Oelluriagea 

zusammeustellt,  bat  alle  diese  als  Lampen  aurgerassl,  wodurch  nur  die 
Kolvliskoi,  nicht  das  «'ip«'nllich»'  (iefäss  verständlicli  würden.  l*iirlisI<Mns 
Bemerkuugeu  (Jahrbuch  lä%  ö  73Aain.)  erledigen  sieb  durch  die  obea 
B.  SäO  angeführten  Ftonde  auch  an  andeffea  8t«Uea. 


806  O.  RUBBIOOBN,  KBBCBNOf 

das8  eine  Gaeremonie  wie  diese,  deren  Spur  sich  auf  eioer 
Inschrift  des  fünften  Jahrl)underts  findet  (oben  S.  273), 
jedenfalls  beträchtlich  älter  sein  muss  als  die  Inschrift  selbst. 
Die  Rerchnophorie  in  Eleusis  ist  nicht  eine  Schöpfung  einer 
jüngeren  Epoche  sondern  hat  sich  herausgebildet  wie  die  übri- 
gen Begehungen  und  Gebrauche  der  Mysterienfeier  spätestens 
in  der  Zeit  der  grossen  Heformen  der  solonisch  -  peisistratei- 
schen  £poche,  in  der  die  Mysterien  von  Eleusis  die  Ausstat- 
tung erhalten  haben,  in  der  sie  das  Altertum  kannte 

Athen,  Märs  1898. 

O.  RUBBN80HN. 


'  Tn  wie  weit  ih  r  Kcrchnos  auch  in  anderen  Kulten  verwendet  worden 
ist,soll  hier  niclil  weil»  r  urürtert  werden, zumal  es  auch  an  Material  gebricht. 
Dass  derKercbnos  in  den  Kybclekuil  Eingang  gefunden  bat,  ist  schon  oben 
mu^mprocben  worden.  Zu  den  dort  ( S.  271  f. )  angeführten  liltM'arischen 
Zeugnissen  ist  noch  hinzuzurOgcn  ein  monumentales, eine  Münze  von  Smyrna 
Cat.  of  Greek  coins,  Ionia,  Taf.  25,  3,  deren  Revers  ein  kralerartipi's  Gefäss 
mit  Deckel  zeigt.  Drechsler  in  Roschers  Lexikon  II  S.  2862  nimmt  dieses 
Oefä&s  als  Kemos  in  Anspruch.  Wie  ich  glaube  mit  Recht.  Auf  einigen 
Biemplaren  des  hiesigen  Ü finxkabinets,  die  mir  Herr  Dir.  SToronos  naoh- 
«ies,8leht  dies  Oefäss  auf  ^neoi  Drei  Fuss.  Andere  Exemplare  des  gleicheo 
Typus  zeigen  statt  des  Gefasses  auf  dein  Dreifuss  einen  Kalathos.  Auch  hier 
wechseln  also  wie  auf  den  eleusinischen  und  athenischen  Münzen  diese  bei- 
den Knltusinstnimente  mit  einander  ab.  Vielleicht  Csnd  der  Kerohmis  «idi 
im  AslitepiosdiwiitVarweiidiing.  In  dem  SchabTeneiofanbs  ans  dam  atheni- 
schen Asklepieion  C.  I.  A.  II,  766  findet  sich  Zeile  19  als  Weiligabe  eines 
Philon  verzeichnet :  xipyv(ov  MTailov)  -/(/[ujaö  aXu^^t.»  5il5ii»i(vov),  cjTaöiijov)  ir.x- 
Xi-(^9xi^\.  1*0  und  weiter  Zeile  23  unter  den  Weibgahen  einer  Menippe  ein 
aspxvbv  Iv  mvaxüp  loratev.  Dass  wir  unter  diesen  lupxvla  eine  Art  lileiner 
Kerebnoi  su  Tcrsteben  haben,  scheint  mir  nicht  unmi^ticb.  Bei  der  Viel- 
deutigkeit der  Worte  xfpy vtj  und  x^p^voc  ist  es  aber  sehr  wol  erlaubt,  hier 
auch  aa  oioe  andere  Deutung  für  uf^ilw  m  denken. 


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DAS  THEATER  ZU  PRIENS 
(Htenu  Tafel  XI) 


Naebdem  über  das  im  Winter  1890/97  ausgegrabene  Tbea- 
ter  Yon  Prione  scbon  dureb  Alexander  GonaeS  dann  darcb 
Hans  Sebraders  Vortrag  über  die  dortigen  Ausgrabungen  der 
K.  preussischen  Museums  Verwaltung'  and  jüngsl  dureb  W. 
Dörpfelds  in  so  mancher  Hinsiebt  befreiend  wirkenden  Auf- 
satz über  das  griechische  Theater  Vitruvs'  einiges  bekannt  ge- 
worden ist,  soll  mit  einer  vorläufigen  Veröffentlichung  des 
wichtit^en  Bauwerks  nicht  gezögert  werden.  Eine  ausführ- 
lichere Darstellung  bleibt  dem  künftigen  Berichte  über  die 
Ausgrabungen  vorbehalten. 

Das  Theater  liegt  an  einer  von  antiken  Gebäudetrümmern 
bedeckten  Berglehne,  die  zu  dem  schroffen,  die  Stadt  im 
Norden  beherrschenden  und  abschliessenden  Akropolisfelsen 
emporführt.  Es  füllt  den  Platz  von  etwa  1  gewöhnlichen 
in.su/ae  der  Stadt  aus  und  ist  allerseits  von  geraden  Strassen 
begrenzt. 

Der  erste  Blick  auf  die  marmornen  Rusticaquadern  des  Ske- 
nengebäudes  und  der  Parodoi,  auf  die  gut  profilirten  archi- 
tektonischen Zierformen  lässt  jeden  Zweifel  an  der  einheit- 
lichen, hellenistischen  Entstehung  des  Baues  zurücktreten. 
Inscbriften  am  Altar  und  an  den  Basen  mehrerer  Ehrenstatuen 
aus  dem  dritten  vorch ristliehen  Jahrhundert,  deren  Alter  sieb 
aus  dem  Vergleich  mit  zuverlässig  datirten  prieniseben  Ur- 
kunden ergiebt,  bestätigen  das.  Leicht  davon  zu  unterschei- 
den sind  die  Spuren  eines  systematischen  römischen  Umbaues 
der  Skene,  dessen  Mauern  auf  dem  beigegebenen  Plane  W. 


*  Arch.  Anzeiger  1897  S.  71. 
>  Aroh.  Anieiger  1897  8. 178. 

*  Alben.  Ifitth.  189T  8.  439  ff. 


308 


TH.  WIEGANO 


Wilbergs  (Taf.  11)  durch  einfache  Schraffirung  gekenn- 
zeichnet sind. 

Aufgedeckt  sind  bis  jetzt :  das  ganze  Skenengebäude »  die 
Orchestra  und  die  untersten  acht  Sitzreihen  des  Zuschauer- 
raumes, der  eine  geradlinige  Umfassung  zeigt.  In  der  Mitte 
der  Ostseite  führte  von  aussen  eine  Treppe  zu  dem  Jetzt  kaum 
mehr  erkennbaren  Oiazoma,  wol  dem  einzigen  des  Theaters, 
dessen  obere  Ränge  so  zerstört  sind,  dass  sich  vor  der  Grabung 
keine  Spur  der  Sitze  mehr  erkennen  Hess,  während  sie  in  dem 
schuttbedeekten  Teil  bis  auf  die  Deckplatten  vortrefflich  er- 
halten waren.  Sie  sind  aus  mehreren  Stücken  zusammengefügt, 
ganz  in  der  vonDörpfeld  bei  seiner  Besprechung  des  Theaters 
von  Magnesia  am  Mäander  durch  eine  perspectivische  Skizze 
erläuterten,  sinnreichen  Art*.  Sechs  radiale  Treppen  teilen 
den  Sitzraum  in  fünf  gleiche  Keile.  Ob  sich  in  den.  oberen 
Rängen  mehr  Treppen  als  unten  beranden.  bleibt  unbekannt. 
Der  für  das  griechische  Thealer  charakteristischen  Erweite- 
rung des  Zuschauerraumes  über  den  Halbkreis  hinaus  scheint 
hier  eine  Rreisbogenconstruction  aus  mehreron  Mittelpunkten 
zu  Grunde  zu  liegen,  deren  genaue  Feststellung  durch  Unre- 
gelmiissitikeiten  im  Bau  sehr  erschwert  ist. 

Ein  vor  der  f^roedrie  herlaufend  f^edaehter  Orchestrakreis, 
dessen  Gnisse  etwa  um  '/g  i^erini^er  ware  als  der  entsprecliende 
Kreis  des  atlieuiselien  Dionysosllieateis  und  des  epidaurischen 
(6, 57'"),  geht  diclit  an  dt'r  Proskeniout'ront  vorbei,  /ieiil  man 
eine  erweiterte  Kreislinie,  mit  Kinseliluss  des  Wassercanals 
(Umgangs),  an  der  untersten  Silzreihe  hin,  so  streift  diese  ge- 
rade die  Vorderwand  der  Skene.  Kinfache  Rrde  bedeckte  den 
Orchestraboden,  weder  Pilaster  noch  Spuren  irgend  weleher 
Holzconstructionen  sind  gefunden,  ebensowenig  ein  charoni- 
scher  Gang. 

Die  Proedrie  steht  nicht  nur  auf  demselben  Niveau  wieder 
Orchestraboden,  sie  ist  sogar  vom  aufsteigenden  Sitzraum  ge- 
trennt durch  den,  wie  in  Epidauros  und  Eretria,  zugleich  der 


«  Athen.  Mitlh.  t894  8.  71. 


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Das  THEAtER  zu  PRiBNfi 


309 


Wasserableitung  dienenden  Umgang ,  der  sich  auffallender 
Weise  an  den  Enden  nicht  erbreitert,  im  Gegenteil  sogar  durch 
Statuenbaaen  verengt  war.  Genau  die  Mitte  der  Proedriereihe 
nimmt  der  von  dem  Agonolhcten  Pylhotimos  gestiftete  recht- 
eckige Marmoraltar  ein,  mit  seiner  niedrigen  Vorstufe  auf  der 
Orchestraseite,  gekrönt  von  einer  zierlichen  Platte  mit  Zaho- 
achnUtgeeims  und  seitlichen  Giebeln.  Zu  beiden  Schmalseiten 
dieses  Altars  führt  dureh  die  Proedrie  je  ein  enger  Durchgang, 
dermitSchranken,welehe  man  in  die  senkrechten  Rillen  kuner 
Pfeiler  einsetzte,  abgesperrt  werden  konnte.  Dieselbe  Vorrich* 
Uing  finden  wir  bei  den  Zugängen  aus  den  Parodoi  in  die 
Orchestra,  wo  sie  in  unserem  Plan  ebenfalls  durch  punktirle 
Linien  angedeutet  ist.  Einen  besonderen  Schmuck  erhielt  die 
Proedrie.  die  ursprünglich  eine  durchgehende  bequeme  Bank 
mit  Rockenlehne  darstellte,  durch  fünf  löwenfössige,  in  Sits- 
höhe  rings  mit  Epheuranken  geschmückte  Marmorsessel,  die 
Stiftung  eines  gewissen  Nysios,  Sohnes  desDiphilos.  Mit  ähn- 
lichen Epheuranken  sind  auch  die  Pfeiler  an  den  unteren  (in- 
neren) Enden  der  Parodoswände  gesiert. 

Dicht  hinter  den  Sitzen  der  Proedrie  sowie  auf  der  zweiten 
und  sechsten  Sitzreihe  erkennt  man  in  bestimmten  Abständen 
die  viereckigen  Löcher  für  die  Holzstützen  der  Sonnentücher. 

Die  Pylonen  der  Parodoi  leimen  sich  mit  dem  einen  Pfeiler 
an  du'  Paroiloswand,  mit  dem  andern  an  den  h^ckpfeiler  des 
Pnjskenions  in  der  üblichen  Weise  an.  Wiclitif!;  ist  die  ge- 
sicherte Heilte  Höhe  der  Tiiür  am  Wesleinrjanji  von  3,70". 

Dem  Durchmesser  des  grösseren  Grundkreises  der  Orche- 
stra ( 18,00'°)  entspricht  fast  die  Läni^e  der  nur  an  der  Vor- 
derwand geglätteten,  an  den  drei  übrigen  Wanden  mit  Rustica 
versehenen  Skene  (18,41"'),  eines  Marmorhauses  mit  drei 
gleich  grossen  Zimmern,  wie  wir  es  von  Assos,  iMaji;rH'sia  und 
Eretria  kennen.  Aus  den  drei  Zimmern,  deren  liölie  kaum 
S*/,""  betruij,  führen  drei  gleich  hohe,  mit  ihren  Thursturzen 
noch  erhahene  Thüren ,  ferner  trat  man  aus  der  mittleren 
Kammer  durch  eine  Thür  in  die  westliche  Seitenkammer, 
durch  eine  zweite  aber  nach  rückwärts  auf  die  Strasse.  Selbst 


310 


ta.  WUOARO 


Tom  Oberstock,  lo  dem  man  aaf  einer  der  weatlichen  Sehmal- 
wand  angefügten  swdUitufigen  Marmortreppe  von  der  Strasse 
aus  gelangt,  sind  Reste  vorhanden:  erstens  ein  mehrere  Sehich* 
ten  hoher  Teil  der  Rttckwand  in  Rustics  mit  der  Südwest- 
Ecke,  sweitens  die  etwa  1*  hoch  erhaltene  rechte  Thürwan- 
dung  am  oberen  finde  der  Treppe  mit  einfiichem  glatten 
Profil,  beide  ein  wertvolles  Zeugniss  tüt  die  solide  Bauart 
auch  des  Oberstockes. 

Von  Anfang  an  in  Marmor  aufgeführt  und  gleichzeitig  mit 
der  Skene  ist  das  Proskenion,  dessen  sämtliche  Stützen,  zwölf 
in  der  Front,  zwei  an  der  Ost-,  eine  an  der  Westseite  vor- 
treffllich  erhalten  sind,  ja  im  östlichen  Drittel  liegt  noch  das 
ganze  dorische  Gebälk  unversehrt  an  der  allen  Stelle  mit 
zalilreichen  Resten  bunten  Farbenschmuckes,  bei  dem  beson- 
ders hervorgehoben  zu  werden  verdient,  dass  die  Säuh'nschalte 
Spuren  feuerroter  Bemalung,  und  zwar  nicht  nur  an  der  un- 
teren Hälfte,  tragen.  Auch  mehrere  zur  Skene  hinübergelegte 
steinerne  Querbalken  sind  eriialten  und  zeigen  die  Einarbei- 
tungen für  den  einsligen  Bretterboden.  Mit  Ausnahme  der 
Eckpfeiler,  deren  westlicher  am  Kapitell  die  Spuren  eines  ge- 
mallen Epheumuslers  zeigt,  haben  alle  Fronlstützen  die  Form 
dorischer  lialbsaulen  mit  einfachen  Pfeilern  dahinter,  eine 
auch  von  andern  Theatern  her  bekannte  Form,  z.  B  von  dem 
zu  Assos,  das  auch  sonst  manche  Ähnlichkeit  zeigt.  Die  ganze 
Höhe  des  Proskenions  beträgt  2,70*",  sie  übertrifft  also  bei- 
spielsweise das  niedrigste  aller  bisher  bekannt  gewordenen 
ProsJcenien,  das  von  Oropos,  um  etwa  0,'20'". 

Die  vortreiHiche  Erhallung  der  Proskeuicnsäulen  ermög- 
lichte besonders  eingehende  Feststellungen  einstiger  Pinakes 
mit  Httlfe  der  an  den  Seilen  der  Stützen  vorhandenen  Einar- 
beitungen. Danach  ergiebt  sich  Folgendes.  Pinakes  sassen  ur- 
sprünglich in  allen  Frontintercoiumnien  mit  Ausnahme  der 
drei  den  Thüren  gegenüber  liegenden.  Wie  Udrpfeld  beobachtet 
hat,  wurden  dann  sf^Uer  einmalt  ftber  wol  noch  in  hellenisti- 
scher Zeit,  auf  beiden  finden  die  äussersteo  swei  Prontinter- 
eoluomien  von  den  Pinakes  befreit  und  diese  dureh  horiionlale 


DAB  TnATfcll  tu  PSnifB 


SH 


Stäbe  ersetzt,  welche  tiefe  Spuren  zurückgelassen  haben.  Das 
mag  geschehen  sein,  als  man  die  Statuen  eines  gewissen,  in 
Priene  oft  geehrten  Apollodoros  und  seines  Schwiegersohnes 
Thrasybulos  vor  dem  Proskenion  aufstellte.  Somit  blieben  von 
da  ab  nur  noch  vier  Inlercolumnien  für  herausnehmbare  Pi- 
nakes  übrig,  wofür  sogar  ein  epigraphischer  Beweis  vorhan- 
den ist.  Denn  auf  der  Rückseite  der  entsprechenden  vier  Pfeiler 
liest  man  die  vier  Marken  :  A  B  r  A. 

In  römischer  Zeit  hat  man  das  Skenengebäude  dadurch 
verändert,  dass  man  die  Vorderwand  des  Oberstockes  abriss 
und  etwa  2™  rückwärts  eine  Skenenwand  mit  den  üblichen 
Nischen,  Aus-  und  Einsprüngen  aufniauerte.  Zur  Unter- 
stützung dieser  Sctirnuokwand  zog  man  der  Längenach  durch 
den  Unlerstock,  der  drei  dicke  Backsteingewülbe  erhielt,  eine 
Bruchsteinmauer,  die  jedoch  ebenfalls  mit  drei  Thüren  ver- 
sehen wurde.  In  jener  Zeit  scheint  man  auch  im  Zuschauer- 
raum, gegenüber  der  Bühne  auf  der  fünften  Sitzreihe,  eine 
etwa  4"  lange, löwenfüssige  Marmorbank  neu  eingefügt  zuha- 
ben (vgl.  die  Zeichnung  des  Durchschnittes  auf  Taf.  11  links); 
die  Spuren  späteren  Einbaues  sind  wenigstens  unverkennbar. 
Eine  wichtige  Veränderung  erfuhr  noch  das  Proskenion.  \\  ie- 
derum  mit  Ausnahme  der  drei  den  Skenenthüren  gegenüber- 
liegenden Intercolumnien  hat  man  alle  Zwischenräume  der 
Frontstützen  verschlossen,  diesmal  aber  mit  bemalten  dünnen 
Wänden  aus  Bruchstein  und  Mörtel.  Im  westlichsten  Inter- 
columnium  ist  ein  solcher  'gemauerter  Pinax '  in  der  Höhe 
eines  halben  Meters  erhalten ;  auf  der  dem  Publicum  zuge- 
kehrten Seite  zeigt  er  in  bunten  Farben  auf  gelbem  Grunde 
die  Reste  einer  Flügelthür. 

Die  wichtigsten  Ergebnisse  der  Aufdeckung  des  Theaters  zu 
Priene  sind  wol  folgende:  Es  ist  das  erste  Theater,  in  dem 
sich  ein  Altar  gefunden  hat.  Er  sieht  nicht,  wie  man  erwartet 
hätte,  in  der  Orchestra- Mitte,  sondern  seitab,  in  der  Proe- 
drie.  Aus  der  Orchestra,  die  für  Schaustellungen  frei  blieb, 
schritt  der  amlirende  Priester.das  Antlitz  dem  Zuscbauerraum 
sukehrend,  heran. 


312 


TH.  WnOAND 


Nicht  minder  wichtig  ist  das  bisher  öfters  bezweifelte  hohe 
Alter  des  steinernen  Proskenions,  seine  gleichzeitige  Entstehung 
mit  den  übrigen  Teilen  des  Theaters  und  seine  Tortreffliche, 
alle  Masse  mit  grösster  Genauigkeit  flberliefemde  Erhaltung. 

Endlich  ist  der  Umbau  der  griechischen  in  eine  romische 
Anlage  von  entschiedenem  ,  durch  Dörpfeld  bereits  liervor- 
gehobenem  Interesse  (Athen.  Mitth.  1897  S.  4r>8).  Die  be- 
kunnle  vitruvischc  Vorschrift,  wonach  die  römische  Bühne 
nur  5  Fuss  hoch  sein  solle,  ist  hier  nicht  befolgt,  luun  liat 
vielmphr  auf  einer  fast  doppelt  so  hohen  Hühnc  gespielt, 
da  man  es  ohne  Skrupel  vorzog,  die  schöne,  aus  hellenisti- 
scher Zeit  vorhandene,  allerdings  vier  Fuss  höhere  Anlage  zu 
benutzen, die  nur  oben  erbreilortzu  werden  brauchte.  Freilich 
kamon  dabei  die  im  untersten  Tlieaterraum  silzenden  Zu- 
schauer,  und  gerade  die  Ehrengäste  der  Proedrie,  recht 
schlecht  weg, ein  Übelstand, dem  man  wenigstens  für  die  letz- 
teren durch   die  Sciiallung  einer  neuen  Fhrenbank  in  der 
fünften  Heihe,  in  Augenhöhe  der  römischen  Buhne,  abhalf. 
Wie  sehr  sich  später  die  Aufmerksamkeit  auf  diese  Bühne 
richtete,  beweist  nichts  deutlicher  als  die  Verwandlung  der 
beweglichen  Proskenion- Pinakes  in  nüchtern  bemaltes,  un- 
bewegliches Gemäuer. 

Jedem  Betrachter  des  Skenengebäudes  in  seiner  jetzigen  Ge- 
stalt muss  sich  sofort  die  Frage  aufdrängen:  Warum  errichtete 
man  die  römische  ßühnenwand  nicht  auf  der  Stelle,  wo  sieh 
die  obere  hellenistische  Skenen  -  Vorderwand  erhob,  warum 
rückte  man  sie  vielmehr  '2'"  zurück,  wodurch  neue  Funda- 
mentirungen  nötig  wurden?  i3er  Grund  ist  klar.  Trotz  der  ' 
eingetretenen  Vereinfachung  der  Spielweise  fand  man  den 
Raum  über  dem  Proskenion  zu  schmal  für  eine  allen  Anfor- 
derungen genügende  Bühne. 

Genügte  aber  in  römischer  Zeit  die  Proskenionbreite  nicht, 
so  ware  sie  in  hellenistischer  Zeit  ebenfalls  unzureichend  für 
eine  ständige  Bühne  gewesen.  Also  befand  sich  damals  der 
gewöhnliche  Spielplatz  nicht  dort  oben.  Es  bleibt  nur  die  Or^ 
chestm.  Wäre  es  anders  gewesen,  so  hätten  die  hellenistiscben 


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OAS  TBBATBtl  ZU  PBIBNB 


313 


Schauspieler,  am  bequem  auftreten  zu  können,  sich  entweder 
nur  im  Oberstock  aufhalten  dürfen  oder  sie  hätten,  um  empor 
zu  gelangen,  durch  die  HintertbOr  der  mittleren  Skenenkam« 
merauf  öffentlicher  Strasse  bis  zur  zwölfstufigen  Aussentreppe 
der  westlichen  Sehmalseite  eilen  und  von  da  erst  den  Spiä- 
platz  besteigen  mOesen.ein  an  Umständlichkeit  kaum  zu  Qber- 
treffender  Weg.  Benutzten  aber  die  Darsteller  den  Unterstock 
nicht, -«wozu  dann  noch  die  drei  Thoren,  und  warum  ver- 
sah man  dann  nicht  auch  die  diesen  dreiThfiren  entsprechen- 
den Intercolumnien  des  Proskenions  mit  Pinakes?  Sie  sind 
dort  nicht  nachzuweisen,  und  das  beweist,  dass  man  durch  sie 
in  die  Orchestra  hinaustrat. 

Pdene  1898. 

TH.  WIBGMkND. 


ATHBN.  MITTHBILUM6BN  XZIII. 


21 


DAS  THEATER  VON  NEU  -  PLEÜRON 
(Hieno  Tafel  XU.  XII M 

Dal  Tbeater  von  Neu-  Pleuren  in  Aetolien  ist  in  leliter 
Zeit  TOD  swei  ferschiedenen  Seiten  einer  Betrachtung  unter* 
sogen  worden,  welche  denselben  aufTallondon  Thatbestand  ra 
ergeben  schien :  Woodhouse,  der  es  in  seinem  Buche  Aeto- 
Ua  (Oxford  1897)  S.  11 8  f.  beschreibt,  konsUtirt,  dass  bei 
der  geringen  Breite  des  Raums  zwischen  den  vorderen  Stütz- 
mauero  des  Zuschauerraums  und  der  Sladlmaoer,  welche  die 
Skenenwand  bildet,  ein  ProBkenion  nicht  unterzubringen, 
auch  keine  Spur  eines  solchen  erhalten  sei.  Er  schliesst  da* 
rauSt  dass  entweder  auf  der  Stadtmauer  gespielt  wurde  oder 
das  Gebäude  nicht  skenischen  Zwecken  gedient  habe,  sondern 
ein  Buleulerion  gewesen  sei.  Noack,  der  schon  1894  Pleuron 
besuehte  und  die  Ruinen  aufnahm,  hielt  aus  demselben  Grunde 
ein  Proskenion  fftr  aus^iehlossen,  von  dem  auch  er  nicht  den 
geringsten  Oberrest  sah.  Br  sehloss  daraus,  dass  die  Schau* 
spieler  direkt  vor  der  Stadtmauer  in  der  Orchestra  gespielt 
hätten.  Die  Premdartigkeit  eines  solchen  Grundrisses  mussto, 
auch  abgesehen  yonder  Erklärung,  welche  man  ihm  geben  moch- 
te, den  Wunsch  nach  genauerer  Feststellung  rege  machen.  Wir 
erhidten  deshalb  vom  archäologischen  Institut  in  Athen  den 
Auftrag,  diese  Au^be  zu  ttbemehmen,  und  führten  sie  im 
März  dieses  Jahres  durch. 

Die  Stadt  Neu-  Pleuron  (iM«Tpo  tü«  Kvpitpiqvvic)  liegt  etwa 
1  */«  Stunden  nordwestlich  von  Messolongi  auf  Terrassen  des 
Zygosberges,  des  alten  Arakjnthos,  und  ist  noch  von  ihram 
ganzen  Mauerring  umgeben,  während  im  Innern  nur  noch 
Gisternen,  Stülzmaoern  für  Gebäude  und  geringe  Reste  der 
Agora  vorhanden  sind.  Das  ganze  Stadtgebiet  ist  öder  Fels* 


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DAS  THEATER  VON  NEU-PLEURON 


315 


grund.  Eine  von  Herrn  Noack  freuDdlichst  zur  Verfügung  ge- 
stellte SkizM  diene  sur  Veranacbaulichung  der  Lage. 


Im  Südwesten  der  Stadt,  wo  der  Berg  stelig  ansteigt,  liegt 
das  im  Anschluss  an  die  Stadtmauer  gebaute  Theater.  Wir 
fanden  es  im  Allgemeinen  so  vor,  wie  die  Beschreibungen  an- 
gaben. Gut  erhalten  waren  die  beiden  Ecken  der  Stützmauern, 
die  Sitzreihen  waren  im  ganzen  Halbrund  noch  wol  erkenn- 
bar, aber  zum  grossen  Teil  verschoben  und  lückenhaft.  Da- 
gegen war  die  ganze  Orchestra  mit  den  untersten  Sitzreihen 


316 


K.  a£H200  UND  B.  ZlRBA&tÜ 


Bowie  die  Parodoi,  d.  h.  der  Raum  swisehen  den  StOtimattem 
des  Zuschauerrauins  und  derStadtinauer,aii8cheinead  etwa  i* 
hoeh  mit  den  Trammera  der  Arehitekturstflcke  bedeekt;  alles 
war  mit  Gestrüpp  bewachsea  und  diente  ab  Hürde  und  Stall 
für  die  Ziegenherden.  Nach  der  Reinigung  sahen  wir  etwa 
S"  vor  der  Stadtmauer  in  der  Mitte  zwei  Stüeke  von  roh  be- 
haaenen  Halbsäulen  der  für  Proskenien  charakteristischen  Form 
aus  dem  Schutt  hervorragen*.  Wir  begannen  daher  hier  auf- 
zuräumen und  zugleich  die  untersten  verschütteten  Sitzreihen 
und  die  Orchestra  wenigstens  in  der  Mitte  so  weit  bloss  zu  legen, 
dass  der  Plan  des  Theaters  klar  würde.  Da  es  sich  heraus- 
stellte, dass  ausser  den  Trümmern  der  ßauglieder  nichts  zu 
finden  war,  beschrankten  wir  die  Grabungen  auf  das  Notwen- 
digste. Was  wir  fanden,  möge  aus  dem  Plan  (Taf.  12),  den 
beiden  Ansichten  der  Stadtmauer  und  der  Sitzstufen  (Taf.  IS 
und  der  folgenden  Beschreibung  hervorgehen. 

Das  Theater  von  Pleuron  ist  das  kleinste  in  Griechenland 
bekannte,  steht  aber  dem  von  Oropos  an  Grösse  nicht  viel 
nach ;  an  Ausstattung  dagegen  ist  es  bei  weitem  das  geringste. 
Als  Skenenwand  musste  die  in  Rusticaquadern  mit  regel- 
mässigen horizontalen,  aber  unregelmässigen  verticalen  Fu- 
gen gebaute  Stadtmauer  bez.  in  der  Mitte  die  Front  eines  Tur- 
mes dienen  (vgl.  Taf.  12«  ,  1),  als  einzige  Thür  der  1 ,05"  breite 
Eingang  im  Erdgeschoss  des  Turmes.  Dieser  Turm  ist,  wie 
Noack  beobachtet  hat,  der  einzige  von  den  mehr  als  dreissig 
Türmen  der  Stadtmauer,  welcher  im  Erdgeschoss  einen  Bin- 
gang  von  innen  hat,  woraus  man  auf  die  enge  Verbindung  des 
Theaterbaues  mit  dem  Stadtplan  schliessen  kann.  Der  Turm 
diente  statt  der  Skene  als  Garderobe  der  Schauspieler  u.s.w., 
auf  seine  Thüre  scheint  das  Theater,  soweit  es  regelmässig 
gebaut  ist,  orientirt  zu  sein. 

In  einer  Entfernung  von  1,85 -2, 35""  vorder  Stadtmauer 
liegt  die  Schwelle  des  Prosken  ions,  dessen  Vorhandensein 

'  Von  diesen  hat  auch  Baiin  eine  gesehen,  der  {Archives  des  miss,  sciint, 
2.  Sir.  I,  1864,  S.  347)  vom  Innern  des  Theaters  sagt:  La  seule  trace  d'ar- 
cMteetun  qu'on  y  dicouvre  est  tin  tambour  de  pikulre  rond  tailU  satis  ort. 


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DAS  THEATER  VON  NEU- PLEURON  $17 

besweifelt  war.  Die  Halbsaulen,  erbalten  in  drei  voUetSndigen 
Tromineln  von  0,83,  0,97  und  1,20  (in  zwei  Teile  zerbrochen) 
Meter  Länge  und  einer  abgebrochenen, nocb  0,71"  langen,  be- 
stehen aus  demselben,  am  Ort  anstehenden,  grauen  Kalkstein 
wie  die  Stadtmauern  und  alle  Gebäudereste.  Die  Rundung  ist 
rauh  gelassen ,  wie  beim  Theater  von  Megalopolis,  Kanneli- 
rung  nieht.wie  dort,  angearbeitet.  Sonst  ist  derGrundriss  ähn- 
lich denen  von  Oropoe.  Es  sollte  offenbar  die  einfochste  Form 
entsprechend  der  Rusticamauer  beibehalten  werden.  Der  Grund* 
riss  eines  StQeks  des  Proskenions  ist  hier  wiedergegeben : 


Ii 


Die  einspringenden  Ecken  an  der  Hinterseite  der  Halbsäu- 
len dienten  zum  Einsetzen  der  hölzernen  Trivaxj;,  deren  Stelle 
in  unserer  Skizze  durcii  punktirte  Linien  und  lichte  Schraf- 
tirung  angegeben  ist.  Dübellücher  wie  in  Oropos  sind  in  die- 
sen Ecken  nicht,  finden  sich  auch  weder  im  Stylobat  noch 
an  den  Säulentrommeln,  so  dass  eine  Verwendung  von  Me- 
tall zur  Verankerung  der  Bauglieder  am  ganzen  Bau  nicht 
zu  konstatiren  ist,  wie  auch  hei  der  Stadtmauer  und  der  Halle 
an  der  Agora  keine  Klammern  verwendet  waren ,  sondern 
nur  Stemmlöcher  für  die  Versetzung  der  Steine  sich  finden. 
Während  die  Hinterkante  des  Stylobats  ganz  roh  gelassen  ist, 
sieht  sich  etwa  0,05"  innerhalb,  d.  h.  1,90"  vor  der  Skenen- 
wand,  eine  Linie  hin,  von  der  an  nach  vorn  die  Schwelle 
sichtbar  war.  Die  Ilalbsäulen  standen  nicht  mehr  an  ihrer 
Stelle,  aber  im  Stjflobat  sind  die  Lehren  eingearbeitet, welche 
ihnen  ihren  Platz  anweisen.  An  richtiger  Stelle  stand  noch  der 
Unterteil  des  rechten  Eckpfeilers,  0,92°*  hoch, vorn  beschädigt, 
hinten  links  mit  der  Einarbeitung  für  den  äussersten  «ival  ver- 
sehen. 

Das  Proskenion  wurde  nur  soweit  ausgegraben ,  dass  die 
Anbige  klar  wurde.  Es  muss,  die  beiden  Anten  eingeaehlossen. 


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318  B.  BBRSOO  ONO  B.  SfBBARTB 

cine  Länge  von  11.15"  C  Oropos  15.33)  jsrehabt  haben,  an- 
naliernd  er  tspronliemi  dem  Durcliinesser  der  Orchestra, mit  7 
Intercolumnien  (  Oropo.s9  )  von  1.30-  1,33"  f  .\x\n eile  etwa 
1,60"').  Es  war  also  einjierichtet  für  6  ziva/.s;  und  eine  Miltel- 
thiir  mit  1,31""  lichter  Weite,  wie  aus  den  Zapfenlöchern  in 
der  Schwt'Ilo  hervorzieht. 

Diese  Tliur  ist  alsn  um  0,'?6'"  breiter  als  die  der  Skene, 
liegt  aber  nicht  genau  symmetriseh  zu  ihr.  sondern  ihre  rechte 
Kante  schneidet  mit  der  rechten  der  Turmthür  ab. 

Unter  dem  Stylobat  liegt  noch  eine  vorn  sorgfältig  bear- 
beitete Fundamentschicht,  welche  vielleicht  wie  beim  Thealer 
von  Megalopolis  die  Schwelle  eines  hölzernen  Proskenions 
einer  etwaigen  früheren  Bauperiode  bildete.  Die  Vorderkante 
des  Prosken  ion  sty  lobats  ist  2,35"  von  der  Skene  entfernt  (in 
OropOB  nur  1,93),  ebensoweit  der  rechte  Eckpfeiler  vom  Ab- 
Bchluss  des  Zuschauerraums  ( in  Oropos  rechts  3,5,  links  4"). 

Vom  Oberbau  des  Proskenions  fanden  wir  ausser  Halbsau« 
len  und  Pfeilern  mehrere  Arohitravblöcke  ?on  derselben  rohen 
Bearbeitung  wie  die  übrigen  Bauglieder.  Das  wichtigste  Stock 
ist  ein  Tharsturx,  der  wol  nur  sur  MittelthQr  gehören  kann, 
obwol  er  nur  1,40"  lang  ist,  während  die  Axweite  1,59"  be- 
triigt,  und  die  Zapfenlöeher  nur  1,31",  aussen  gemessen,  von 
einander  entfernt  sind.  Wir  müssten  demnach  eine  sich  nach 
oben  um  0,10"  verjüngende  Thür  annehmen,  und  uns  die 
Zwickel  zwischen  den  lotrechten  Halbsäulen  und  dem  kon- 
vergirenden  Thflrpfosten  durah  Holzumrahmung  ausgefüllt 
denken.  Die  übrigen  Arehitravblöcke ,  welche  verschieden 
lang  erhalten  sind,  haben  diese  Form  (von  unten  gesehen, 
rechts  willkürlich  abgeaehnitten ) : 

Die  Masse  schwanken  bei  den  einzelnen  um  Kleinigkeiten. 


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DAS  THEATER  TON  MBU  •PLBÜRON 


81« 


Die  Höhe  der  Blöcke  beträgt  etwa  0,31™,  die  Breite  der  obe- 
ren Fläche  0,36"",  während  die  der  unteren  Fläche,  welche 
auf  den  Halbsäulen  aufla£^.  nur  etwa  0,'26"'  misst,  was  gerade 
für  die  Masse  der  Halhsäulcn  jedoch  ohne  das  eingezogene 
Stück  ausreicht.  Wenn  wir  ein  einfaches  dorisches  Kapitell  für 
die  Halbsäulen  annehmen  dürfen,  so  inuss  dessen  Echinus 
und  Abacus,  wie  es  auch  sonst  stets  der  Fall  ist,  vorne  über 
den  Arcbitravbiock  herausgeragt  haben.  Unten  wird  dadurch 
ein  0,10"  breiter,  0,03™  hoher  Falz  zum  Einschieben  der  ttivk- 
xg<;  gewonnen.  Alle  diese  Einrichtungen  entsprechen  in  verein- 
fachter Form  denen  vom  Theater  zu  Oropos  (vgl.  den  Auf- 
riss  hei  Dörpfeld,  Dasgriech.  Theater  S.  104). 


Id  die  abgeschrägten  Ecken  der  Architravblöcke  passeiii 
wie  voratehende  Zeichnung  (Architrav  und  Querbalken  von 
oben  gesehen,  aber  nicht  dicht  zusammengerückt ;  der  Ar- 
chitrav reehts  wieder  abgeschnitten)  erkennen  lässttgenau  die 
steinernen  Querbalken ,  welche  von  den  Proskenionsäulen 
zur  Stadtmauer  gelegt  waren  und  für  die  wir  eine  Länge 
YOD  etwa  2,50  (einschliesslich  des  Auflagers)  YOraussetzen 
mflssen.  Sie  sind  bei  der  Zerstörung  abgebrochen  und  von 
uns  nur  in  drei  vorderen  Stücken  von  1,14,  0,80  und  0,73" 
und  einem  kleinen  Bruchstück  mit  der  hinteren  Fläche  gefun- 
den worden  (vgl.  die  auf  S.  320  wiedergegebene  Oberansicht 
des  ganzen  Gebälks)  ^  Ein  solcher  Balicen  ist  auch  gezeichnet 

*  Die  Oberansichl  der  Halbs.lulen  und  die  innere  Unlcrkanle  des  Archi- 
travs  sind  darin  punktirt  angegeben,  in  den  daneben  gesetzten  Ourch- 
scbnitten  des  Ardiitrafs  und  Querbatkens  sind  diese  selbst  doppelt,  der 
▼oraussusetzende  Holzboden  des  Proskenions  einfach  scbnilBrl. 


B.  HBRZOG  UNO  B.  SIBBAKTH 


in  der  wenig  zugänglichen,  yon  Woodhoiise  übersehenen  Be* 
Schreibung Neu-Pleuron 8  von  D.E).Golnagbi,/o«r/ia/  of  tour 
in  Aearnania,  From  the  Transactions  of  the  Royal  So- 


eiety  of  Literature^  new  series  VI 1 , 1 86 1 ,  S.  21  ff.  (der  Auf- 
satz enthält  eine  genaue  Beschreibung  der  Stadt  mit  Plänen 
und  Zeichnungen,  behandelt  aber  das  Theater  ganz  kurz  und 
bringt  kein  neues  Material  bei). 

Diese  Balken  haben  oben  auf  beiden  Seiten  einen  0,05* 
0,06"  breiten  und  0,04'"  hohen  Pals  für  den  Bretterbeiag  von 
Querbalken  zu  Querbalken,  stark  genug,  um  einem  Schau- 
spieler zu  erlauben, auf  dem  Dach  des  Proskenions  aubutreten, 
wenn  er  im  oberen  Stockwerk  erscheinen  musste. 

Auch  die  Höhe  des  Proskenions  kann  annähernd  berechnet 
werden.  Der  Turm  ist  an  der  Vorderwand  von  der  Thür- 
achwelle an,  welche  in  der  Höhe  der  Proskenionschwelle  und 
der  Orchestra  liegt,  $,20"  hoch  erhalten.  Auf  der  obersten  Lage 
zeigen  sich  keine  Einarbeitungen  für  das  Auflager  der  Quer- 
balken, die  aber  auch  nicht  nötig  waren,  da  die  Querbalken 
einfach  als  Binder  in  die  Turmwand  eingreifen  konnten.  So 
erhalten  wir  als  Mindesthöhe  2,^0+0,31  (Höhe  des  Archi- 
travs  und  der  Querbalken),  d.  h.  2,5t genau  wie  beim  Thea- 
ter Yon  Oropos.  Wir  mOssen  aber  wot  sicher  darüber  noch  ein 
Gesims  yon  etwa  0,15-0,20"  Höhe  annehmen,  welches  die 
Bindeckung  des  Dachs  vorn  abschliessen  musste,  so  dass  wir 
auf  eine  Gesamthöhe  von  etwa  2, 65*"  kommen.  Die  Säulenhöbe 
wäre  dann  2,20". 

Der  Turm  hatte  ohne  Zweilei  ein  zweites  Gesclioss,  dessen 


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DAB  THBATBR  TON  NBU-PUIUBON 


Boden  mit  dem  Dach  des  Proskenions  in  einer  Höhe  lag,  und 
aus  dem  man  durch  eine  dor  iinlorn  entsprechende  Thür  auf 
das  Dach  des  Proskenions  heraustreten  konnte.  An  den  rechten 
KckpItMler  des  Proskenions  schiiesst  sich  unmitlelhar  eine 
sorgfähig  gehautc,  0,50'"  dicke  Wand  an,  welche  in  einer 
Höhe  von  0,'.'6'"  erhalten  ist.  Sie  wird  wol  auch  die  Höhe  des 
Proskenions  mit  Architrav  erreicht  haben.  Diese  iMauer  ragte 
noch  vor  der  Ausgrabung  mit  der  obersten  Schicht  etwas  über 
den  Schutt  hervor;  daher  ist  es  nicht  unmöglich,  dass  Dod- 
well  wirklich  noch  mehr  von  ihr  gesehen  hat,  wenn  er  {Pe- 
lasgic  remains  S.  17)  sagt,  es  sei  noch  ein  Teil  der  Pro- 
skenionsmauer  erhalten  (ähnlich  Pomardi,  Viaggio  1,37: 
che  ancora  conserva  una  parte  della  scena).  Freilich  die 
dodwellsche  Zeichnung  des  Theaters  ( a.a.O.  Taf.  29)  ist  ein 
reines  Phanfasiestück  aus  der  Erinnerung. während  seine  übri- 
gen Zeichnungen  von  der  Stadt  der  Wirklichkeit  mehr  ent- 
sprechen. Auch  der  oben  erwähnte  Colnaglii  bemerkt  (1861): 
A  a'n/l,  the  foundations  of  n'hich  can  be  faintly  traced^ 
seems  to  have  separated  the  stage  from  the  town  iwalL 
Die  Mauer  hat  aussen  eine  i/änge  von  r),'25'°  und  wird  durch 
zwei  schmale  Seitenmauern  abgeschlossen, so  dass  ein  Innen- 
raum von  4 ,30'"  Länge  entsteht.  Da  die  Ringänge,  welche 
zwischen  diesen  Ouervvänden  und  der  Stadtmauer  bleiben 
(etwa  1,50'"  breit),  für  die  auf-  und  abtretenden  Schauspie- 
ler freigelassen  werden  mussten,  so  kann  diese  Fortsetzung 
des  Proskenions,  die  wir  wol  als  Paraskenion  bezeichnen 
dürfen,  our  eben  zur  Maskirung  des  Ab  -  und  Zugebens  und 
etwa  zur  Autbewahrung  der  ßühnengeräte  gedient  haben. 
Unter  der  Mitte  des  rechten  Paraskenions  führte  ein  mit 
Steinplatten  abgedeckter  unterirdischer  Kanal  mit  ziemlichem 
Gefälle  das  Regen wasser  ab,  das  sich  dann  unter  der  Stadt- 
mauer durch  ins  Freie  ergoss. 

Die  O  rchestra  ist  in  den  Felsen  eingehauen;  da  dieser  aber 
sanft  abfällt,  so  ist  das  Niveau  in  der  Nähe  des  Proskenions 
tiefer  und  unregelmässig,  was  jedenfalls  durch  festgestampfte 
£rde  ausgeglichen  wurde.  Vor  der  untersten  Zusohauerreihe 


A.  HBRSOfl  UND  B.  UBBAHTH 


iSuft  in  der  Mitte  eine  0,40"  breite,  0,13'  hohe,  aus  dem  Fel- 
sen gehauene  Schwelle,  welche  aber  an  der  rechten  Boke  nicht 
Torbanden  war.  Es  scheint  auch,  dass  der  Baumeister  nicht 
diese  Schwelle,  sondern  die  untere  Kante  der  vordersten  Reihe 
als  Peripherie  des  Orchestrakreises  genommen  hat.  Denn  die- 
ser Kreis  mit  einem  DuFchmesser  von  etwa  11,20"  (Oiopoe 
12,40*")  tangirt  dieThOr  des  Turmes  gerade  in  ihrem  Mittel- 
punkt. Der  vordere  Halbkreis  der  Orchestra^schneidet  in  den 
seitlichen  Treppen  des  Zuschauerraums  ab. 

Die  Stützmauern  des  Theaters,  bis  3,50'"  hoch  (an  der 
Südecke)  erhalten,  sind  in  scliünen  Rusticaquadern ,  regel- 
mässiger als  die  Stadtmauer,  aufjjeführl.  Die  Parodosmauern 
sind  nicht  ganz  parallel  zur  Stadtmauer.  Die  rechte,  8,00" 
lange,  ist  an  der  siullichen  Ecke  4,50,  am  Abschluss  4,75™ 
von  ihr  entfernt, die  linke  an  der  nördlichen  Ecke  4.00™;  nach 
6,70"*  (so  weit  ist  sie  erhalten)  4,20'".  Diese  auf  der  ver- 
schiedenen Entfernung  der  Parodosecken  von  der  Stadtmauer 
beruhende  Unregelmässigkeit  war  wol  durch  die  Rücksicht 
auf  den  Felsen,  aus  dem  das  Theatron  herausgeschnitten 
wurde,  veranlasst,  hat  übrigens  in  Oropos  ein  Gegenstück. 

In  jeder  Parodos  fand  sich  ein  Architekturstück  in  Form 
eines  Bogensegments.  Ihre  Grösse  und  der  aus  ihnen  berech- 
nete Durchmesser  der  Lichtweite  (rechts  2,23,  links  1,16*°) 
macht  es  wahrscheinlich,  dass  sie  zu  zwei  den  Eingang  der 
Parodoi  bis  an  die  Paraskenien  überwölbenden  Bögen 
hörten. 

Von  den  Sitzreihen  (vgl.  Taf.  12^^  ,2)  sind  die  drei  unter- 
sten aus  dem  Felsen  gehauen, die  höheren  zum  Teil  ausgehauen, 
sum  Teil  aufgesetzt.  In  der  Mitte  sind  sie  bis  zur XI.  erhalten, 
nur  die  V.  und  VI.  etwas  abgerutscht.  Nach  der  XI.  müssen 
noch  Tier  Reihen  er^inzt  werden, so  dass  15  herauskommen  bis 
zu  der  aus  kleineren  Mauersteinen  aufgeführten  runden  Ah- 
schlussmauer,  von  der  in  der  Nähe  der  Mitte  noch  ein  Stück  er- 
halten  ist  (auf  der  Abbildung  Taf.  12 ^  ,2  zu  erkennen).  Die 
Sitzstufen  sind  0,80"  tief,  0,40"  hoch.  Treppen  waren  wie  es 
scheint  nur  auf  beiden  Seiten, direkt  an  die  0,48"  starke  Stütz- 


Dab  trbatbr  yon  nbu-plburon  329 

maaer  aDsehlieMeod,  0,48"  breit,  die  Stnfen  0,30' hoch.  Der 
Anfang  der  rechlen  Treppe  wurde  freigelegt  die  linke  ist  trotz 
der  VerrQekung  der  Reihen  gut  zu  erkennen.  In  der  Mitte  war 
keine  Treppe.  Von  der  Proedria  wurde  nur  ein  bevorzugter 
Sits  gefunden.  Er  ist  in  der  untersten  Reihe,  nicht  ganz  in 
der  Mitte,  doch  scheinen  rechts  und  links  von  ihm  keine  wei- 
teren gewesen  zu  sein.  Die  anschliessende  Bank  zeigt  in  roher 
Ausmhrung  das  Obliche  Profil  (vgl.  Taf.  12^.2). 

Auf  den  aus  dem  Felsen  gehauenen  hesonderen  Sits,der  durch 
eineBintiefung  ausgezeichnet  ist,  war  eine  nahezu  quadratische 
Platte  aufgelegt,  mit  derselben  Eintiefung  wie  der  untere 
Teil  des  Sitzes  und  durch  zwei  Dttbel  mit  ihm  verbunden. 
Sie  befiind  sieh  nicht  mehr  an  ihrer  Stelle,  ihr  Platz  ist  aber 
durch  die  Dübellöcher  und  ihre  Obereinstimmung  mit  dem  un- 
teren Teil  gesichert.  Rechts  bat  die  Platte  eine  Einarbeitung  wie 
zur  Anfügung  einer  weiteren,  von  der  sich  aber  keine  Spur 
gefunden  bat.  Die  Platte  ist  ganz  glatt  bearbeitet, das  Material 
ist  ein  feinerer  Kalkstein. 

Zur  Veranschaulichung  der  Bauart  mögen  die  Abbildungen 
auf  Taf.  12»  dienen,  nach  Photographien,  welche  Herr  0. 
Rubensohn  auf  einer  Reise  durch  Aetolien  mit  grösster  Freund- 
lichkeit als  Krsatz  für  unsere  misslun<^enen  aufnahm, wie  wir 
ihm  auch  die  llichligstcllung  einiger  vergessenen  oder  un- 
sicheren iMasse  verdanken. 

So  stellt  sich  uns  das  Gesatntbihl  des  Tlieaters,  zu  dem  wir 
noch  die  sich  nach  Westen  auf  di«  Lai^unen  von  Messoloniiri, 
die  Inseln  Kepliallenia  und  /ante  und  die  Kusle  von  Patras 
mil  dem  sclineeii;en  Krjmanthos  im  Hintergrund  üfTnendeAus- 
sicht  hinzuneiunen  können,  als  ein  bescheidenes  Werk  dar, 
das  mit  dem  geringsten  müglichcn  Aufwand  an  Arbeit, Mate- 
rial und  Ausstattung  ausgeführt  wurde.  Dass  es  wie  alle  übri- 
gen Ueslc  der  Stadt  in  einem  Zuge  und  zwar  im  Anschluss 
an  die  Stadtbefestigung  gebaut  wurde,  zeigt  die  Bauart  und 
namentlich  der  Bauplan.  Dies  ist  insülern  nicht  unwichtig, 
als  wir  dadurch  ein  ziemlich  festes  Datum  für  diesen,  anderen 
heilen istiscben  Thealern  so  ähnlichen  Bau  hätten.  Die  Stadt 


«.  VBMO«  um»  B.  ttBBAllTH 


Neu-Pleuron,  die  seit  i^eake  alliremein  [mit  den  Ruinen  von 
Kyra-Irini  identifizirt  wird,  wurde  um  234,  d  Ii.  nacli  der 
Plünderung  der  in  der  K(>ene  gelejienen  Stadt  Pleumn  durch 
Demelrios  Ailolikos  auf  dem  Ber^jaldiang  aufgebaut  (  Strabo 
X,  2  p.  451  :  iyii  hl  xai  in  AtTtoAia  op05  ...  tov  ApxxyvOov,  uipi 
ov  rrjv  vtwrepav  n>.Eupüva  auv(^xt«av,  a^tvrc;  ttjv  -wayativ  if(yti 
Mi(avi]v  KaXuSüvo;  oi  oixtstooi;,  iCxxpTcov  O'jexv  xxl  itcStzSoi,  xop- 
OovvTO;  TTJV  X<^potv  ÄTjurTpiO'j  TO'j  {TTix^-yjOcvTO;  A'ItojXixoS.  Droy- 
sen,  Hellenismus 2  III.  2  S.  35-38).  So  darf  wol  der  Hau  des 
Theaters  in  den  Anfang  des  leUteo  ÜriUeU  des  III.  Jahrhun- 
derts gesetzt  werden. 

Kleinfunde  und  Inschriften  haben  die  Ausgrabungen  leider 
nicht  zu  Tage  gefördert  und  so  fehlt  noch  der  bindende  di- 
plomatische IJeweis  für  die  überzeugende  Gleichsetzung  von 
Neu-Pleuron  mit  Kyra-Irini.  Auch  scheint  wenig  Hoffnung 
zu  sein.dass  unsere  Renntniss  des  Stadt  jemals  durch  Inschrif- 
ten und  andere  Funde  weiter  gefördert  werde.  Der  Oberbau 
derGebäude  ist  überall  systematisch  aU  Baumaterial  abgeführt, 
in  den  erhaltenen  Besten  hat  sich  nur  eine  ganz  schwache 
Humusdecke  gebildet,  welche  wol  keine  Schätze  mehr  in  sich 
birgt.  Die  sauber  profilirten  Basen  von  Statuen  auf  der  Agora 
tragen  keine  Inschrift,  ebensowenig  der  schmucklose  Archi- 
trav  des  Proskenions  und  die  Sitze  des  Theaters.  Keine  Ehren- 
statue, keine  Didaskalie-  oder  Choregie- Inschrift  meldet  uns 
Yon  den  Spielen,  weiche  das  Theater  gesehen  hat.  Eine  Ver- 
mutung möge  hier  ausgesprochen  werden,  wenn  sie  auch 
wenig  positiven  Wert  hat.  Der  einzige  Dichter  von  Ruf,den  das 
rauhe Aetoiien  hervorgebracht  hat.AlexanderAetolus,  stammte 
aus  dem  alten  Pleuron.  Er  wurde  zur  tragischen  Pleias  ge- 
lablt  und  machte  in  der  ersten  Hälfte  des  III.  Jahrhunderts 
seiner  Vaterstadt  Ehre  am  ägyptischen  und  makedonischen 
Hofe.  Von  seiner  dramatischen  Thätigkeit  ist  nur  der  Titel 
eines  Stücks  'AoTpayxXi«Toii  auf  uns  gekommen.  Aber  immer- 
hin mögen  seine  Mitbürger  auch  in  ihrem  neuen  Wohnsitz 
mit  Stolz  seine  Dramen  aufgeführt  und  mit  seinem  Standbild 
ihr  Theater  g^hmückt  haben.  Die  Vermutung  von  Wood- 


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Das  TfiBAfBR  VOM  MBÜ>PLBUaoN  $25 

houae,  daas  anser  Bau  nur  eio  Buleuterion  gewesen  sei,  kön- 
nen wir  auch  nach  der  besseren  Erkenntniss  insofern  gelten 
lassen,  als  das  Theater  sicher  auch  als  Raum  f&r  die  Volks- 
▼eraammlungen  oder  die  Ratssitzungen  gedient  hat.  Das  ein- 
zige grössere  öffentliche  Gebäude,  das  noch  im  Grundriss  er- 
halten ist,  eignete  sich  nicht  dafar.  Bs  ist  die  an  der  Agora 
gelegene  sehr  lange  und  schmale  Halle  (62,5  su  f  l"),aaf  den 
Seiten  und  hinten  mit  geschlossenen  Wänden,  einer  Säulen- 
stellung vorn  und  in  der  Mitte  und  einem  kleinen  erkerartigen 
Ausbau.  Wir  haben  dieses  und  andere  Gebäude  an  der  Agora 
durch  eine  kleine  V^ersuchsgrabuns^  erforschl  und  aufge- 
nommen. Da  aber  Neu  -  Pleuren  von  Noack  noch  einer  gründ- 
lichen Untersuchung  unierzogen  werden  wird,  so  halten  wir 
eine  Wiedergabe  des  Materials  von  unserer  Seite  an  diesem 
Ort  für  überilüssig. 

Athen,  im  Juoi  ld98. 

R.  HERZOG,  fi.  ZIEBARTH. 


DAS  0RIBCHI8GHB  TUBATBR  VITRUV8 


II. 

Die  neue  Erklärung  des  theatrum  Graecorum  Vitruvs,  die 
ich  im  vorigen  Jahrj^ange  dieser  Zeitschrift  (1897  S.  439) 
ireröGTentlicht  habe,  ist  von  den  Fachgelehrten  in  sehr  Ter^ 
Bcbiedener  Weise  beurteilt  worden.  Während  die  Einen  in  ihr 
einen  Fortschritt  in  unserer  Elrkenntniss  des  griechischen  Thea- 
ters  sehen  und  mit  mir  glauben,  dass  durch  sie  auch  das  letzte, 
meiner  Theorie  von  der  Bühnenlosigkeit  des  eigentlichen  grie- 
chischen Theaters  im  Wege  stehende  Hinderniss  beseitigt  ist, 
halten  Andere  sie  für  verfehlt,  glauben  noch  jetzt,  dass  das 
hellenistische  Thealer  eine  hohe  und  schmale  Bühne  für  die 
ScbaiJHpieler  gehabt  habe,  und  behaupten  sogar,  dass  durch  die 
neue  Mi  kl.irung  meine  ganze  Theorie  ins  Wanken  geraten  sei. 
Zu  den  letzleren  gehört  in  erster  Linie  E.  Reihe,  der  neuer- 
dings im  Hermes  (XXXIll  S.  313  ff.)  einen  Aufsatz  über  das 
griechische  Theater  Vitruvs  v erö (Ten l licht  hat. 

Diese  entgegengesetzten  Urteile  und  namentiicli  die  Arbeit 
von  Vj.  ßelhe  veranlassen  mich,  hier  nochmals  zu  demselben 
Themades  Wort  zu  ergreifen,  ich  habe  einerseits  einigeMiss- 
verslandnisse  aufzuklären  und  mehrere  irrtümliche  Behauptuo- 
^n  zurückzuweisen,  andererseits  aber  auch  einige  neue  Ar- 
gumente beizubringen  und  meine  Erklärung  in  einzelnen 
Punkten  weiter  auszuführen. 

Nach  der  Ansicht  Bethes  ist  der  Streit  über  die  Entwicke- 
lung  des  griechischen  Theaters  durch  meinen  ersten  Aufsatz 
in  eine  neue  Phase  getreten :  *  Dörpfeld  hat  einen  Stützpunkt 
seiner  alten  Stellung  geräumt'  (a.a.O.  S.  313).  Da  ich  über- 
zeugt war  und  auch  jetzt  noch  bin,  dass  duieb  meine  neue 
Theorie  über  Vitruv  der  einzige  schwache  Punkt  meiner 


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DAS  aBlBCaiSCHB  THBATBH  VITRUV8 


321 


Stelliing,  der  selbstTantändlioh  keiner  ihrer  StQUpunkte  war, 
Yerstärkt  worden  ist,  so  ist  mir  eine  solehe  Beurteilung  gans 
unerklariieb.  Meine  Angriffsstellung  gegenüber  der  alten 
Btthnentheorie  ist  doeh  unbedingt  durch  die  Mögliehkeit,  den 
Titruviscben Widerspruch  fortzuschaffen,  fester  und  gesichef- 
ler  geworden. 

Solange  ich  mit  Bethc  und  den  anderen  Forschern  von  der 
Voraussetzung  ausging, dassjVitruv  unter  dem  thcatruni  Grae- 
coruni  das  liellenistische  Tliealer  Griechenlands  verstehe, 
widersprachen  seine  Vorschriften  in  einem  wichtigen  Punkte 
der  von  mir  oft  dargelegten  Theorie,  dass  im  griechischen 
Theater  der  Spielplatz  zu  allen  Zeiten  v(jr  dem  Proskenion  in 
der  Orchestra  gelegen  habe.  In  jenem  Aufsalze  suchte  ich  nun 
nachzuweisen,  dass  dies(!  \'oraussetzung  nicht  berechtigt  sei. 
Icii  erinnerte  niiinlich  an  die  nicht  genuj^end  beachtele  That- 
saclie.dass  es  in  der  Zeit  Vitruvs  neben  dem  rriniiseben  Theater 
noch  zwei  verschiedene  Tliealerarlen  gegeben  hat,  die  beide 
im  Gegensatz  zu  jenem  als  iheatriim  Grdrcorum  bezeiclmet 
werden  durften,  nämlich  erstens  die  hellenistischen  Theater 
Griechenlands  und  Kleinasiens,  wie  die  Bauwerke  von  lipi- 
dauros,  Erelria,  Delos  und  I^riene,  und  zweitens  die  späteren 
Theater  Kieinasiens,  also  Bauwerke  wie  die  Theater  von  Ter- 
messos  und  Aspendos  oder  die  umgebauten  Theater  von  Priene, 
Epbesos  und  Magnesia.  In  meinem  Buche  über  das  griechi* 
sehe  Theater  hatte  ich  den  letzteren  Typus  lediglich  als  Un- 
terart des  römischen  Theaters  betrachtet ,  weil  er  in  wesent- 
lichen Punkten  mit  diesem  übereinstimmt.  Es  wäre  aber  rich- 
tiger geweeen,  in  ihm  einen  besonderen  Typus  zu  sehen,  der 
in  der  Mitte  steht  xwischen  dem  römischen  und  dem  helle- 
nistischen Theater.  Denn  mit  beiden  Arten  bat  er  manche 
Eigentümlichkeiten  gemein.  Sind  doch  mehrere  dieser  Theater 
Kieinasiens  durch  kleine  Veränderungen  aus  hellenistischen 
Theatern  entstanden.  Auch  hätte  nicht  übersehen  werden  dür- 
fen, dass  schon  Scbönborn  (Die  Skene  der  Hellenen)  in  den 
jüngeren  kieinasiatiscben  Theatern,  wie  z.B.  in  dem  von  Aspen- 
doB,  den  griechischen  Typus  Vitruvs  erkannte.  Die  älteren 


3ifi  W.  DOBRPFBI.D 

hellenistiscben  Theater  RleiDasiens  waren  damals  noch  un- 
bekannt. 

Da  sowol  die  hellenistischen  Theater  Griechenlands  und 
Rleinasiens  wie  auch  die  etwas  jüngeren,  hauptsächlich  in 
Kleinasien  vorkommenden  Theater,  die  wir  kurz  kleinasiati- 
sche nennen,  von  Vitruv  als  *  griechische '  bezeichnet  werden 
konnten,  so  Hess  sich  nicht  ohne  Weiteres  sagen,  welchen  der 
beiden  Typen  der  römische  Architekt  unter  dem  theatrum 
Graecoruni  gemeint  habe.  Eine  Entscheidung  konnte  auf  ei- 
nem doppelten  Wege  herbeigerührt  werden,  einmal  durch  eine 
genaue  Vergleichung  der  von  Vitruv  für  sein  griechisches  Thea- 
ter gegebenen  Regein  mit  den  EigcntüinliclikL'ilen  der  beiden 
"^1  ypen ,  und  sodann  durch  eine  Untersuchung  über  die  zur  ^ 
Zeit  Vitruvs  in  Rom  bestehenden  Theaterurlen.  Denn  von 
vorne  herein  war  es  mindestens  waijrschoinlich,  dass  Vitruv, 
indem  er  Vorschriften  zur  Ausführung  von  Bauwerken  gab, 
nicht  nur  unter  dem  lateinischen,  sondern  aucli  unter  dem 
griccliischen  Theater  einen  in  Rom  iihlichen,  von  dem  ein- 
heimisciien  'l  iieater  abweichenden  Typus  verstand.  Wie  jene 
Entscheidung  aber  aucli  ausfallen  mochte,  auf  keinen  Fall  war 
es  noch  gestattet,  ohne  Weiteres  vorauszusetzen  oder  sogar  als 
feststehende;  keines  Beweises  bedürfende  Thatsache  hinzu- 
stellen, dass  Vitruv  mit  dem  t/watnun  Graecoruni  nur  den 
einen  der  beiden  griechischen  Typen,  nämlich  das  hellenisti- 
sche Prosken ion-Theater  gemeint  haben  könne. 

Eine  Vergleichung  der  vitruvischen  Vorschriften  über  das 
theatrum  Graecorum  mit  den  Einrichtungen  des  'hellenisti- 
schen' Theaters  einerseits  und  des  'kleinasiatischen'  andrer- 
seits führte  mich  zu  dem  Resultate,  dass  letzteres  diesen  Re- 
geln und  Angaben  besser  entspreche  als  ersteres,und  also  auch 
grösseren  Anspruch  darauf  habe,  das  theatrum  Graecorum 
Vitruvs  zu  sein.  Das  spätere  Theater  Kleinasiens  bot  vor  Allem 
den  grossen  Vorzug,  dass  es  auch  in  Jenem  wichtigen  Punkte, 
in  dem  Vitruvs  Aussage  mit  dem  helloDiaiiachen  Theater  nicht 
in  Einklang  zu  bringen  war,  nämlich  in  dem  Vorhandensein 
einer  hohen  Bahne  für  die  Schauspieler,seinen  Regein  unzwei- 


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Das  griechische  theatei«  vitri  vs 


felfaaft  und  vollkommen  entsprach.  In  allen  Theatern,  welche 
etwa'von  der  Zeit  Vilriivs  an  in  Kleinasien  gebaut  worden  sind, 
gab  es  thatsächlich  eine  hohe  Bühne  als  Spielplatz  der  Schau- 
spieler; im  giiechiscben  Theater  der  hellenistischen  Zeit  konnte 
dagegen  aas  vielen  Gründen  eine  solche  Btthne  nicht  bestan- 
den haben. 

Ferner  konnte  ich  zeigen,  dass  es  zu  VitruTS  Zeit  in  Rom 
zwei  verschiedene  Theaterarien  gab.  Der  von  Pompejus  in 
Rom  errichtete  Bau  hatte  nachweisbar  einen  von  dem  ein- 
heimischen, lateinischen  Theater  abweichenden  Typus.  Denn 
nicht  nur  hatte  Pompejus,  wie  Plutarch  ( Pompejus  43)  aber- 
liefert, seinen  Neubau  von  einem  griechischen  Architekten 
nach  dem  Vorbilde  des  Theaters  inMjlilene  errichten  lassen, 
sondern  das  Pompejus-Theater  wurde  auch,  wie  wir  aus  an- 
deren Quellen  wissen,  zu  thymelischen  Spielen  benutzt,  also 
gerade  zu  solchen  Spielen,  von  denen  auch  Vitra v  bei  seinem 
theatrum  Graecorum  spricht.  Das  Pompejus-Theater  zeigte 
demnach  entweder  den  hellenistischen  oder  den  kleinasiati- 
schen, jedenfolls  einen  aus  Griechenhind  stammenden  Typus. 

Ich  zoger  10  nicht  und  zögere  auch  Jetzt  nicht,  mich  auch 
hier  für  den  kleinasiatischen  Typus  zu  entscheiden,  nicht  nur 
weil  er  den  Vorschriften  Vitra va  besser  entspricht,  sondern 
vor  Allem  weil  die  grosse  und  fast  allgemeine  Verbreitung, 
welche  dieser  Typus  in  römischer  Zeit  in  Kleinasien  gefunden 
hat,  sich  besser  erklärt,  wenn  auch  das  Pompejus-Theater  in 
Fiüin  einen  solchen  Typus  hatte.  Dass  seit  der  Zeit  des  Kai- 
sers Augustus  noch  irgend  wo  hellenistische  Theater  gebaut 
worden  sind,  ist  nicht  bekannt;  alle  die  vielen  Theaterbauten, 
welche  nach  Pompejus  in  Italien,  Griechenland  oder  Klein- 
asien entstanden  sind,  zeigen  entweder  den  römischen  oder 
den  kieinasiatisclien  Typus.  Finden  wir  nun  bei  Vitruv  Vor- 
schriften über  zwei  verschiedene  Thealerarten,  die  gerade  zu 
der  Einrichtung  dieser  lieiden  Typen  vorzüglich  passen,  so  sind 
wir  doch  zu  derAnnalime  berechtigt  oder  sogar  verpflichtet, 
dass  der  römische  Architekt  unter  dem  theatrum  latinum 
das  gewöhnliche  römische  Theater  verstehe,  und  unter  dem 

ATiUm.  MlTTBBILUMfiBN  ZUU.  22 


W.  ÜOBB^FSLtt 


theatrnm  Graecorum  das  'kleinasiatische'  Theater,  also  den 
Typus,  der  zu  seiner  Zeit  in  Griechenland  und  Kleinasien  ge- 
baut wurde.  Ob  er  das  in  diesen  Ländern  frülier  allgemein 
übliche  Theater,  nämlich  den  hellenistischen  Typus,  überhaupt 
nicht  kannte  oder  nur  nicht  erwähnte,  brauchen  wir  nicht 
zu  entscheiden. 

Konnte  ich  es  so  zum  Mindesten  wahrscheinlich  machen, 
dass  Vitruv  das  kleinasiatische  Theater  im  Gegensatz  zu  dem 
italischen  als  das  griechische  bezeichnet  hat,  und  dass  ein 
Theater  dieses  Typus  sogar  in  Rom  selbst  bestand,  so  ver- 
mochte ich  allerdings  Ober  die  Entstehung  des  Typus  nur  Ver- 
mutungen auszusprechen.  Ich  liess  es  unentschieden,  ob  der 
Architekt  des  Pompejus  den  schon  fertigen  Typus  in  Mytilene 
vorgefunden  und  nur  nach  Rom  verpflanzt  habe.oder  ob  er  ihn 
durch  eine  Verblödung  des  hellenistischen  Theaters  von  My- 
tilene und  des  in  Rom  üblicbeD  Bühnentheaters  neu  gebildet 
habe.  Jetzt  bin  ich  geoeigt,der  letzteren  Möglichkeit  den  Vor- 
zug zu  geben.  Denn  abgesehen  davon,  dass  die  Entstehung 
des  kleinasiatiscben  Theaters  kaum  anders  erklärt  werden 
kann  als  durch  die  Vereinigung  des  bübnenlosen  griechisch- 
hellenistischen  Theaters  und  des  römischen  Bühnen -Theaters, 
weist  schon  das  Alter  der  kleinasiatischen  Bauten  auf  das  er« 
ste  vorchristliche  Jahrhundert  als  Bntstebuogszeit  hin.  Das 
Theater  von  Termessos  reicht  mindestens  bis  zur  Zeit  des  Au- 
gustus hinauf;  in  Athen  ist  wahrscheinlich  unter  Nero  der 
kleinasiatische  Typus  eingeführt  worden ;  in  RIeinasien  sind 
viele  ursprünglich  hellenistische  Theater,  wie  z.  B.  die  von 
Priene,  Magnesia,  Tralles.  Ephesos  und  Pergamon  erst  in  rö- 
mischer Zeit  zu  Bühneniheatern  umgebaut  worden. 

Wird  mir  aber  auch  nur  die  Möglichkeit  zugestanden,  dass 
in  Rom  ein  'kleinasiatisches'  Theater  bestand,  und  dass  Vi- 
truv mit  seinem  griechischenTheater  einen  solchen  Bau  meinte, 
so  brauche  ich  die  Angaben  Vilruvs  nicht  länger  als  Zeuijniss 
gegen  meine  l^rklärung  des  hellenistischen  Theaters  gelten  zu 
lassen.  Denn  dieses  letztere  Theater  selbst  und  was  wir  über 
seinen  Zusammenhang  mit  dem  altgriechischen  Theater  wissen, 


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Das  fiRlBCHlSCHE  THEATER  VITRL  VS 


331 


spricht  zu  deutlich  gegen  das  VorhandeDsein  einererhöhten, 
für  die  skenischen  Aufführungen  bestimmten  Bühne,  als  dass 
ein  in  verschiedeoer  Weise  deutbares  Zeu^iss  noch  eotoebei- 
denden  Wert  für  ihr  Vorhandensein  beanspruchen  könnte. 

Im  V.  Jahrhundert  hatte  das  griechische  Theater,  wie  jetst 
fast  allgemein  zugegeben  wird  und  auch  Bethe  anerkennt, 
keine  Bühne;  die  Orchestra  war  der  Spielpkitz  für  Chor  und 
Schauspieler,  und  neben  ihr  erhöh  sich  die  Skene  als  Hinter- 
grund des  Spiels.  Es  Hegt  gar  keine  Veranlassung  vor,  fikr 
die  beiden  folgenden  Jahrhunderte,  in  denen  noch  vielfach 
die  älteren  Stücke  mit  ihrem  Chor  aufführt  wurden,  eine 
vollständige  Änderung  des  Spielplatzes  und  der  Skene  anzu- 
nehmen. In  den  ältesten  erhaltenen  Theatergehäuden ,  z.  B. 
in  dem  lykurgischen  Theater  zu  Athen,  in  dem  poiykletischen 
von  Epidauros,  in  den  Bauten  von  Eretria,  üelos  und  Priene, 
deren  Entstehung  bis  ins  IV.  und  III.  Jahrhundert  hinauf- 
reicht, finden  wir  noch  immer  den  alten  kreisrunden  Spiel- 
platz und  neben  ihm  an  derselben  Stelle, wo  wir  fürs  V.Jahr- 
hundert die  hölzerne  Skene  anzunehmen  hallen,  einen  durch- 
schnittlich 3"*  hohen  Säulenbau  mil  hölzernen  Pinakes  in  den 
Intercolumnien  und  daiiinter  einen  grösseren  Saal  oder  ein- 
zelne ZiiTimer.  Wir  sehen  also  Hauten  vor  uns,  die  offenbar 
in  ihrer  Gestall  und  lilini  iclilung  eine  direcle  Nachbildung  der 
alten  hölzernen  Skene  und  ihrer  Dekoration  sind.  Was  be- 
rechligl  uns  nun,  diesen  Säulen  bau,  für  den  der  Name  Pro- 
skenion urkundlich  gesiclierl  ist,  trotz  seines  Namens,  trotz 
seiner  tur  eine  liuhne  ganz  unpassenden  Abmessungen,  trotz 
seiner  architektonischen  xVusstattting  und  trotz  seiner  Luge 
neben  dem  alten  Spielplatz  für  eine  Bühne  zu  erklären,  ihn 
für  ein  Podium  zu  halten,  auf  dem  vom  IV.  oder  III.  Jahr- 
hundert an  die  Schauspieler  regelmässig  gespielt  haben  sollen? 
Wenn  uns  nicht  sichere  Nachrichten  und  unumslössliche  Ar- 
gumente beigebracht  werden,  müssen  wir  einer  solchen  Hypo- 
these entschieden  widersprechen. 

Gleichwol  hat  diese  Theorie  nicht  nur  früher  Vertreter  ge- 
funden, sondern  wird  auch  jetzt  noch  von  Bethe  energisch 


verteidigt.  Und  welche  Arj^unu'iite  werden  beigebracht?  Es 
war  bisher  fast  ausschliesslich  die  Nachricht  des  V'itruv  über 
das  l^ogeion  des  theatrum  Graecorum  ,  auf  die  man  sich 
stützte:  'Das  Zeugniss  Vitruvs',  so  sagte  Bethe  (Gött  gel. 
Anz.  1897  S.  710)  gcniigt  allein  und  vollkommen  fur 
jeden  philologisch  Geschulten',  um  es  'als  eine  abso- 
lut feststehende  Thatsache  zu  betrachten',  'dass  das 
hohe  schmale  Proskenion  die  Buhne  war'.  Daneben 
wurden  dann  noch  einige  andere  Zeugnisse  für  eine  Bühne 
angeführt,  die  früher  nur  als  Nebenargumente  galten,  jetzt 
aber  selbständige  Beweiskraft  haben  sollen.  Betrachten  wir 
zunächst  das  llauptargument*  die  Angabe  Vitruvs. 

Ich  bin  stets  überzeugt  gewesen,  dass  sich  irgend  ein  Weg 
finden  lassen  müsse,  um  das  Zeugniss  des  Viiruv  über  die 
Bühne  seines  theatrum  Graecorum  für  das  altgriechische  und 
hellenistische  Theater  zu  entkräften.  Nur  über  die  Art  und 
Richtung  des  einzuschlagenden  Weges  babe  ich  geschwankt. 
Die  Entwicklungsgeschichte  des  Theaters ,  wie  ich  sie  auf 
S.  3b3  unseres  Buches  über  das  griechische  Theater  kurs  ge* 
schildert  habe,  redete  eine  zu  deutliche  Sprache ;  sie  zeigte 
mir  kUir,  dass  die  Forschung  sich  auf  einem  falschen  Wege 
befinde.  Das  hellenistische  Thealer,  wie  man  es  sich  nach  Vi- 
truv  denken  musste,  nämlich  mit  einer  hohen  schmalen  Bühne 
als  Spielplatz  der  Schauspieler,  war  mit  dem  bOhnenlosen 
Theater  des  V.  Jahrhunderts  nicht  in  Einklang  zu  bringen. 
Bethes  Versuch,  eine  Entwicklungsreihe  herzustellen,  indem 
er  die  Entstehung  einer  niedrigen  Bühne  am  Ende  des  V. 
Jahrhunderts  und  dann  ein  schnelles  Wachsen  derselben  über 
das  zulassige  Mass  von  etwa  1 ,50"  hinaus  bis  zur  Höhe  von 
3*  im  III.  Jahrhundert  annahm,  war  nicht  nur  an  und  fftr 
sich  wenig  glaubwürdig,  sondern  beiand  sich  auch  nicht  ein- 
mal in  Obereinstimmung  mit  den  erhaltenen  Monumenten. 
Von  irgend  einer  Zwischenstufe  zwischen  dem  alten  Spiel* 
platze  in  der  bühnenlosen  Orchestra  und  der  vermeintlichen 
3"  hohen  Bühne  ist  in  den  Theaterbauten  Griechenlands  auch 
nicht  die  geringste  Spur  erhalten. 


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OAS  AaiBGUlBCHB  THBATBR  TITRUT8 


333 


leh  glaubte  nun  dureh  meinen  ersten  Aufoats  über  das  grie- 
cbisebe  Theater  Vitmvs  den  richtigen  Weg  aus  dem  Irrgarten 
gefunden  su  haben.  Indem  ich  die  Wahrscheinlichkeit  oder 
zum  Mindesten  die  Möglichkeit  nachwiee,  dass  Vitruv  von  ei- 
nem anderen  griechischen  Theatertypus  als  dem  hellenisti- 
achen  Proskeniontheater  spreche,  hatte  ich  dem  Zeugnisse 
Vitra vs  seine  Bedeutung  fQr  das  hellenistische  Theater  ge* 
nommen. 

Ist  mir  dieser  Nachweis  gelungen?  Bethe  behauptet  zu- 
nächst (Hermes  XXXI  II  S.3n),ich  hätte  beweisen  mttssen,das8 
Vitras  das  hellenistische  Theater  nicht  beschreiben  könne. 
Dass  er  mir  damit  einen  Beweis  zuschiebt, den  ich  gar  nicht  zu 
führen  brauche, liegt  nach  dem  Gesagten  auf  der  Hand.  Umge- 
kehrt hätte  vielmehr  Bethe  beweissen  müssen,  dass  Vitruv  von 
dem  kleinasiatischen  Theater  nicht  sprechen  könne,  weil  al- 
lein schon  die  Möglichkeit  meiner  Auffassung  genOgt,  um  das 
Zeugniss  des  Vitruv  gegen  meine  Theorie  zu  entkräften.  Einen 
solchen  Beweis  kann  er  aber  nicht  fahren.  Er  macht  viel« 
mehr  selbst  das  wertvolle  Zugeständniss  (S.  316  unten): 
'Dörpfeld  hat  unwiderleglich  gezeigt,  dass  der  kleinasiatische 
Theatertypus  mehr  dem  griechischen  als  dem  lateinischen 
Theaterschema  Vitruvs  entspreche*. 

Passt  somit,  wie  Bethe  zugiebt,  sowol  der  hellenistische  wie 
auch  der  kleinasiatische  Typus  wenigstens  einigermassen  zu 
dem  griechischen  Schema  Vitruvs,  so  entsteht  die  wichtige 
Präge:  Welcher  von  beiden  passt  besser?  Hat  Bethe  Recht, 
wenn  er  (S.  317  unten)  versichert:  *lch  sehe  nicht  einen  ein- 
zigen Punkt,  in  dem  sich  der  kleinasiatische  Typus  genau 
Vitravs  Regeln  fügte,  nicht  einen  einzigen,  in  dem  er  mit  Vi- 
truvs Schema  besser  abereinstimmte  als  der  hellenistische*? 
Oder  habe  ich  Recht,  wenn  ich  behaupte,  dass  der  kleinasia- 
tische Typus  besser  passt? 

Bevor  ich  auf  Einzelheiten  eingehe ,  welche  diese  Frage 
allein  entscheiden  können,  muss  ich  zunächst  im  Allgemeinen 
darauf  hinweisen,  dass  wir  gar  nicht  berechtigt  sind,  eine  ge- 
naue und  volle  Obereinstimmung  zwischen  den  zufällig  er- 


334  W.  DOEUPFBLD 

haltenen  Theaterruinen  und  dem  Schema  Vitruvs  zu  erwarten. 
Weder  die  helleoistiseben,  noch  die  kletaasiatiBehen  Theater, 
welche  uns  bekannt  sind. stimmen  unter  sich  völlig  flberein  und 
können  daher  unmöglich  je  einem  einzigen  Schema  genau  ent- 
sprechen. VitruT  will  mit  seinen  Vorschriften  auch  keineswegs 
ein  Durchschnittstheater  eines  bestimmten  Typus  gßben,  son- 
dern beschreibt  von  jedem  Typus  ein  Theater,  wie  er  es  bauen 
würde  und  wie  er  es  für  das  beste  halt.  Sein  lateinisches  Sche- 
ma stimmt,  wie  genugsam  bekannt  ist,  mit  keinem  der  erhal- 
tenen römischen  Theater  genau  flberein.  Wie  dürfen  wir  da 
bei  seinem  griechischen  Theater  eine  volle  Obereinstimmung 
erwarten  ?  Kleine  Differenzen  zwischen  den  Ruinen  und  dem 
Schema  Vitruvs  wird  es  naturgemäss  auch  hier  geben,  und 
sie  werden  besonders  bei  den  Abmessungen  der  einzelnen 
Teile,  bei  der  Zahl  der  Sitzreihen  und  Treppen  und  bei  den 
Einzelheiten  des  Skenengebäudes  hervortreten,  nämlich  bei 
allen  den  Dingen,  in  denen  die  erhaltenen  Theater  unter  sich 
verschieden  sind.  ÜbiTcinstimmung  miissen  wir  dagegen  er- 
Nvarlon  bei  der  allgemeinen  Anordnung  des  Theaters  und  bei 
dem  Namen,  dem  Zweck  und  dem  gegenseitigen  Verhällniss 
der  Hauptteile.  Und  thalsächlich  linden  wir  in  diesen  Punkten 
auch  eine  volle  Übereinstimmung  zwischen  dem  kleinasiati- 
schen Theater  und  dem  griechischen  Theater  Vitruvs,  eine 
bessere,  als  sie  zwischen  diesem  und  dem  heilen  istischen  Thea- 
ter besteht. 

Um  dies  zu  beweisen,  vergleichen  wir  die  Vorschriften  Vi- 
truvs für  sein  theatriim  Graccorum  mit  dem  kleinasiatischeo 
Theater  einerseits  und  dem  hellenistischen  andrerseits: 

1)  Der  Zuschauerraum  und  dem  entsprechend  auch  die  Or- 
chestra sind  beim  thcatrum  Graecorum  grösser  als  ein  Halb- 
kreis, machen  aber  keinen  vollen  Kreis  aus.  Erst  Orchestra 
lind  Bühne  zusammen  bilden  nach  Vitruv  einen  ganzen  Kreis, 
dessen  Tangente  die  frons  scaenae  ist.  im  Gegensatze  zum 
gewöhnlichen  römischen  Theater,  bei  dem  die  Orchestra  nur 
einen  Halbkreis  umfasst ,  entsprechen  die  kleinasiatischen 
Theater  der  römischen  Zeit  dieser  Vorschrift  vorzflglich ;  die 


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DAS  GRIECHISCHE  THEATER  VITHUVS 


335 


Orchestra  ibI  immer  grösser  als  ein  Halbkreis  und  mit  der 
Bühne  zusammen  bildet  sie  annähernd  einen  Kreis.  Beim  hel- 
lenistischen Theater  ist  diese  Übereinstimmung  nicht  eben  so 
gross;  sie  wird  erst  erreicht,  wenn  wir  nicht  nur  die  eigent* 
liebe  Orchestra  von  der  Vitruv  doch  spricht,  ins  Auge  fassen, 
sondern  den  Wassercanal  und  den  Umgang  für  das  Publicum 
zur  Orchestra  hinzurechnen.  In  Epidauros  bildet  die  eigent- 
liche Orchestra  schon  ohne  die  vermeintliche  Bühne  einen 
¥oUen  Kreis  und  in  Athen  und  im  Piräus  liegt  die  Vorder- 
kante des  Proskenion  sogar  um  mehrere  Meter  ausserhalb  des 
Kreises.  Hitte  Vitruv  ein  hellenistisches  Theater  wie  das  von 
Epidauros  beschrieben,  so  hätte  er  nicht  versäumen  dürfen  zu 
sagen,  dass  die  Orchestra  einen  ganzen  Kreis  bilde. 

9)  Neben  der  grosseren  Orchestra  soll  nach  Vitruv  auch  die 
schmalere  Bühne  {pulpttum  minore  laiäudine)  ein  charakte- 
ristisches Merkmal  des  griechischen  Theaters  sein.  Das  klein- 
asiatische  Theater  unterscheidet  sich  in  der  That  dadurch  vom 
rdmischen,  dass  seine  Bühne  um  ebenso  viel  schmaler,  wie 
seine  Orchestra  grSsser  ist.  Da  die  Bühne  nur  für  die  skeni- 
schen  Aufführungen  diente,  durfte  sie  schmaler  als  die  römi- 
sche gemacht  werden,  auf  der  alle  Aufführungen  stattfanden. 
Wie  sehr  man  beim  kleinasiatischen  Theater  bestrebt  war,  die 
Bohne  trotz  der  grossen  Orchestra  und  trotz  des  notwendigen 
Zuganges  zur  Orchestra  möglichst  nahe  an  die  Zuschauer  he- 
ran zu  rücken,  ergiebt  sich  aus  dem  Theater  von  Termessos,  bei 
dem  die  Vorderkante  der  Bühne  eine  gebrochene  Linie  biklele, 
und  die  Bulinentiefe  also  in  der  Mitte  grösser  war  als  an  den 
beiden  lünden.  Wie  weit  dagegen  im  hellenistischen  Thealer 
das  Proskenion,  die  vermeintliche  Bühne,  von  dem  Zuschauer- 
raum entfernt  sein  konnte,  zeigen  Beispiele  wie  die  Theater 
von  Athen  und  Piriius  aufs  Deutlichste.  Dieser  Tiialsache  ge- 
genüber ist  es  ohne  jede  Bedeutung,  dass  die  wirkliche  Ti«'fe 
des  liellenislischen  Proskenion  etwas  geringer  ist  als  die  Tiefe 
der  kleinasiatischen  Biihne  und  demnach  etwas  besser  zu  der 
Vorschrift  Vitiuvs  über  die  Tiefe  seines  griechischen  Logeion 
passt.  Denn  auch  in  den  erhaltenen  rOmischeo  Thealern  stimmt 


336 


W.  OOBBPPBLD 


die  wirkliche  Tiefe  der  Bühne  nur  in  wenigen  Fällen  genau 
zu  der  Angabe Vitruvs  über  die  Tiefe  der  lateinischen  Bühne. 

3)  Die  Höhe  der  Bühne  soll  nach  Vitruv  im  theatrum 
Graecoriini  10  bis  \1  Fuss  betragen,  im  theatrum  latinuin 
niemals  5  Fuss  übersteigen  dürfen.  Passt  zu  der  ersteren  Vor- 
schrift der  kleinasiatische  oder  der  hellenistische  Typus  besser? 
Im  kleinasiatischen  Theater  ist  die  Bühne, wie  ich  schon  früher 
gezeigt  habe,  gewöhnlich  8  bis  3  0  Fuss  hoch,  ob  sie  irgendwo 
das  vitruvische  Maximum  von  1  "2  Fuss  erreicht,  lässt  sich  lei- 
der noch  nicht  sagen,  weil  die  Bühnenhöhe  der  meisten  'l'liea- 
ter  Kleinasiens  noch  unbekannt  ist.  Auf  jeden  Fall  entspricht 
sie  dem  griechischen  und  nicht  dem  römischen  Typus,  im 
hellenistischen  Theater  schwankt  die  Höhe  des  Proskenion, 
der  venneintlicben  Bühne,  zwischen  8  und  12  Fuss.  Sie  bleibt 
auch  in  mehreren  Bauten  (so  in  Oropos,  Pleuren,  Priene  und 
Delos)  unter  dem  vitruvischen  Minimum  von  10  Fuss.  Beide 
Theaterarten  scheinen  also  in  Bezog  auf  die  Bühnenhöhe  gleich 
Behlecht  zu  der  Vorschrift  Vitruvs  zu  passen.  Aber  ein  Um- 
stand ist  dabei  bisher  übersehen  oder  mindestens  nicht  ge* 
Dflgend  beachtet  worden ,  ein  Umstand ,  der  entschieden  zu 
Gunsten  des  kieinasiatischen  Theaters  spricht.  Beim  römischen 
Theater  sagt  nämlich  Vitruv  ausdriicklicfa,  dass  die  Bahne 
nicht  höher  sein  dürfe  als  5  Fuss,  weil  sonst  die  in  der  Or- 
chestra sitzenden  Zusehauer  die  auf  der  Bahne  auftretenden 
Schauspieler  nicht  gut  sehen  könnten.  Er  spricht  damit  einen 
Grundsatz  aus,  der  auch  heute  noch  gilt  und  bei  allen  moder- 
nen Tbeaterbauten  berücksichtigt  wird :  Die  Bühne  darf  nie- 
mals höher  sein,  als  die  Aug^n  der  untersten  Zuschauer.  Ob 
die  letzteren  im  antiken  Theater  in  der  Orchestra  selbst  oder 
auf  der  die  Orchestra  umgebenden  untersten  Bank  sitzen, macht 
keinen  Unterschied.  Liegt  die  unterste  Sitzreihe  in  der  Höhe 
der  Orchestra,  so  darf  die  Bühnenhöhe  niemals  5  Fuss  fiber- 
steigen, auch  wenn  keine  Zuschauer  in  der  Orchestra  selbst 
sitzen.  Wie  kann  nun  derselbe  Vitruv,  der  diesen  Grundsatz 
offenbar  wol  kennt,  im  griechischen  Theater  10  Fuss  als  Mi- 
nimum für  die  Bühnenhöhe  beiceichnen?  Mussleer  nicht  wissen, 


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DAS  GRIBGHISGHB  TRBATBR  VITRinrS 


dass  die  auf  der  uDlerstcn  Bank  sitzenden  Zuschauer  bei  ei- 
ner solchen  Bühne  nur  selir  schlecht  sehen  konnten? 

Das  Rätsel  löst  sich  in  einfachster  Weise,  wenn  wir  uns  da- 
ran erinnern,  dass  bei  dem  kleinasiatischen  Theater  die  Sitz- 
reihen thatsächlich  nicht  bis  zur  Orchestra  hinabreichen ,  son- 
dern die  unterste  Reihe  so  hoch  über  der  Orchestra  liegt,  dass 
ihr  Höhenunterschied  gegen  den  Boden  der  Bühne  nur  etwa 
5  Fuss  beträgt.  Im  hellen istischen  Theater  dagegen  befindet 
sich  die  Proedrie  mit  ihren  bevorzugten  Sitzen  immer  in  der 
Höbe  der  Orchestra  oder  nur  sehr  wenig  über  ihr.  Die  Au- 
gen der  dort  sitzenden  Zuschauer  würden  also  bei  einer  Büh- 
nenhöhe von  iObis  12Fu8s  noch  mindestens  5 Fuss  unter  dem 
Boden  der  Bühne  liegen  und  daher  die  Bewegungen  der  Schau- 
spieler sehr  schlecht  sehen  können.  Daraus  folgt  aber  mit  vol- 
ler Sicherheit,  dass  Vilruv  unter  dem  theatrum  Graecorum 
nicht  das  hellenistische,  sondern  nur  das  kleinasiatische  Thea- 
ter verstanden  haben  kann. 

Da  das  Fehlen  der  untersten  Sitzreihen,  wie  ich  sckon  in 
meinem  ersten  Aufsatz  dargelegt  habe,  eine  charakteristische 
Eigentümlichkeit  der  kleinasiatischen  Theater  ist,  so  dürfte 
der  Schluss  erlaubt  sein,  dass  alle  Theater,  bei  denen  ein  spä- 
teres Abschneiden  der  unteren  Sitzreihen  constatirt  werden 
kann  —  ich  nenne  z.  B.  die  Theater  von  Assos ,  Pergpimon 
and  Delphi — ,  zu  kleinasiatischen  mit  hoher  Bühne  umge- 
baut worden  sind.  Andrerseits  glebt  es  einige  kleinasiatische 
Theater,  in  denen  die  untersten  Sitzreihen  bei  der  spateren 
Einrichtung  einer  8  oder  10  Fuss  hohen  Bühne  nicht  iortge- 
nommen  sind,  z.  B.  die  Bauten  in  Priene  (vgl.  oben  S.  312) 
und  Magnesia.  Bei  tbymelischen  Aufführungen  und  bei  sonsti- 
gen im  Theater  stattfindenden  Festlichkeiten  boten  diese  Sitz- 
reihen noch  immer  in  alter  Weise  die  besten  und  bevorzugte- 
sten Plätze;  bei  skenischen  Auffüiirunj^en  auf  der  hohen  Bühne 
konnten  sie  dagegen  nur  noch  als  schlechte  Plätze  benutzt  wer- 
den. Ihre  gänzliche  Entfernung  war  bei  einem  Umbau  zwar 
möglich,  aber  nicht  unbedingt  notwendig.  Bei  iNeubaulen  d^g 


338 


W.  DOERPFELD 


kleinasiatischen  Typos  tind  Bie  jedoch,  lo  viel  wir  wimo, 
oiemab  mehr  gebaut  worden. 

4)  Auf  einen  anderen  Punkt,  der  'einen  nicht  unwesentli- 
chen Vorzug  der  neuen  Erklärung'  bildet,  habe  ich  schon  in 
oieinem  ersten  Aufoatse  hingewieaeo.  Beim  Hknisclifr  Thea- 
ter versieht  V^truv  unter  scaenae  /roas  unzweifelhaft  die 
Vorderwand  der  Skene  mit  ihrem  Säulen  schmuck.  Beim 
theatrum  Graeeorum  spricht  er  ebenfalls  von  der  scaenae 
froM.  Denkt  er  nun  an  ein  Theater  wie  das  kleinasiatische, 
80  veiBteht  er  unter  scaenae  frons  ganz  richtig  dieselbe  Vor- 
derwand mit  ihren  Säulen.  Denkt  er  dagegen  an  ein  helle- 
nistisches Theater,  so  müsste  er  hier  die  SkenenTorderwand 
ohne  ihren  Säulenschmuck  scaenae  frons  genannt  haben, 
denn  daas  die  Wand  über  dem  Proskenion  nicht  mit  Säulen 
ausgestattet  war,  ist  durch  die  Monumontp  solbst  gesichert. 
Dieser  Vorzug  bleibt  bestehen,  ob  das  Proskenion  nach  Be- 
thes  Auffassung  die  gewöhnliche  Bühne  oder  nach  meiner  Er- 
klärung die  Dekoration  selbst  ist. 

5)  Schliesslich  roussauch  die  Angabe  Vitruvs,  dass  das  hohe 
Logeion  seines  griechischen  Tlieaters  der  gewöhnliche  Spiel- 
platz für  alle  skenischen  Aufführungen  sei,  als  wichtiger  Be* 
weis  fOr  die  Identität  des  kleinasiatischen  Theaters  und  des 
theatrum  Graeeorum  Vitruvs  angeführt  werden.  Denn  für 
das  kleinasiatische  Theater  trifft  diese  Angabe  unzweifelhaft 
au;  sein  hohes  Podium  war.  darüber  sind  wir  alle  einig,  der 
Standplatz  der  Schauspieler  bei  skenischen  Aufführungen.  Für 
das  hellenistische  Theater  kann  sie  dagegen,  wie  ich  in  un- 
serem Buche  über  das  griechische  Theater  eingehend  dargelegt 
habe,  unmöglich  zutreffen.  Zahlreiche  Argumente  ganz  ver- 
schiedener Art  habe  ich  beibringen  können,  die  sicher  bewei- 
sen,dass  das  griechische  Proskenion  keine  Bühne  gewesen  sein 
kann.  Und  selbst  ßethe.der  doch  in  allen  seinen  Veröffentlichun- 
gen das  Bestreben  hat,  das  hellenistische  Proskenion  als  Bühne 
zu  erweisen,  macht  das  wertvolle  Zugesländniss  (Göll.  gel. 
Anz.  1897  S.  709):  'Auch  ich  kann  mir  nicht  denken,  daaa 
man  für  eine  menandrische  Komödie  oder  selbst  eine  chorloae 


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DAS  aMBCHISCHB  THBATBR  TITBÜVS 


339 


Tragödie  eine  ao  flchmale  hohe  Bühne  erbaut  hätte,  da  die 
Schwierigkeiten  fllr  die  Schauspieler  doch  vielleicht  grösaer 
erscheinen,  als  die  Vorteile,  die  man  ihr  nachrahmt*.  Und 
an  einer  anderen  Stelle  (Hermes XXXI 1 1 S.  322,  Anm.  1)  giebt 
er  zu.  *dass  irgend  ein  noch  ungelöstes  Gebeimniss  tther  der 
Einrichtung  dieser  hohen  Bohne  liegt Wenn  er  dann  die 
Schwierigkeiten  dadurch  zu  heben  und  das  Gebeimniss  da- 
durch zu  lösen  sucht,  dass  er  sich  die  liühne  auf  Kosten  des 
oberen  Skenensaales  nach  hinten  erweitert  denkt,  so  darfein 
solcher  Versuch  ohne  Bedenken  als  verfehlt  und  unzulässig 
bezeichnet  werden, weil  einerseits  die  erhaltenen  Theaterruinen 
dieser  Ergänzung  des  Oherhaues  aufs  Entschiedenste  wieder- 
sprechen, und  andererseits  die  Mängel  der  hohen  Bühne  bei 
grösserer  Tiefe  nur  noch  wachsen.  Die  mancherlei  Schwierig- 
keiten bestehen  nur  für  den,  der  das  griechische  Theater  Vi- 
truvs  durchaus  in  dem  hellenistischen  Theater  erkennen  will. 
Wer  jedoch  mit  mir  diejenige  Theaterart,  welche  in  der  Kai- 
serzeit in  Griechenland  und  Kleinasien  neben  dem  gewöhn- 
lichen römischen  Typus  allein  noch  gebaut  wurde,  für  das 
theatrum  Graecorum  Vitruvs  hält,  für  den  giebt  es  keine 
ungelösten  Geheimnisse  mehr. 

Und  jene  Schwierigkeiten,  welche  Betbe  bei  seiner  Theorie 
findet  und  offen  anerkennt,  sind  noch  gewachsen,  seitdem 
von  mehreren  Seiten  bewiesen  ist,  dass  der  tragische  Chor 
nicht  nur  in  der  hellenistischen,  sondern  sogar  bis  zur  früh- 
römischen  Zeit  beibehalten  wurde.  Wertvoll  waren  für  mich 
in  dieser  Hinsicht  die  Worte,  mit  denen  F.  Leo  einen  Auf- 
satz ttber  die  GhoriiederSeneeas  (Rheinisches  Museum  LH  S. 
518)  schliesst:  'Bs  scheint  mir,  dass  damit  die  Möglichkeit, 
es  seien  auf  dem  hellenistischen  Proskenion  chorlose  Tragö- 
dien aufgeführt  worden,  einen  Stoss  erhält,  und  dass  in  der 
Frage,  ob  überhaupt  je  auf  dem  Proskenion  Tragödien  ge- 
spielt wurden, ein  erhebliches  Gewicht  gegen  Vitruv für  DÖrp- 
feld  in  die  Wage  fällt '.  So  schrieb  Leo,  als  ich  Vitruv  noch 
nicht  recht  verstand  und  ihm  einen  Irrtum  zutrauen  zu  müs- 
sen glaubte.  Um  wie  viel  mehr  sprechen  diese  Worte  zu  mei- 


840 


W.  OOBRPFBLD 


nen  Gunsten,  nachdem  sich  herausgesteilt  hal,  daaa  VitruT 
gar  nicht  vom  hellenistischen  Theater  su  sprechen  brancht, 
sondern  von  dem  griechischen  Theater  seiner  eigenen  Zeit, 
nämlich  dem  kteinasiatischen  Typus  redet,  und  nachdem  so 
die  unangenehme  Notwendigkeit,  den  Vitruv  eines  Irrtums  an 
zeihen,  gänzlich  fortgefallen  ist! 

Vitruvs  Aussage  Aber  das  Spielen  auf  dem  Logeion  des  grie- 
chischen Theaters  ist  in  vollem  Einklang  mit  der  monumen- 
talen und  litterarischen  Oberlieferung,  wenn  sie  sich  auf  das 
kleinasiatische  Theater  bezieht.  Zahlreiche  Schwierigkeiten 
erheben  sich  indessen,  wenn  Vitruv,  wie  wir  alle  frQher  als 
selbstverständlich  voraussetzten,  unter  dem  theatrum  Grae~ 
eorum  das  hellentstisehe  Theater  versteht.  Was  hindert  uns 
noch,  der  ersteren  Möglichkeit  den  Vorzug  zu  geben? 

Bethe  erhebt  noch  verschiedene  Bedenken  gegen  die  neue 
Erklärung  des  Vitruv.  Sie  sind  zwar  zum  Teil  schon  erwähnt 
oder  besprochen  worden ,  aber  einige  von  ihnen  verdienen 
noch  eine  eingehende  Widerlegung. 

Wesentliche  Unterschiede  zwischen  dem  kleinasiatischen 
und  hellenistischen  Theater  leugnet  er  mehrmals  aufs  Ent- 
schiedenste. 'Beide  Typen  sind  in  der  Hauptsache  identisch', 
sagt  er  im  Hermes  XXXIII  S.  3C0.  'Ihre  Differenzen  sind  so 
minimal,  dass  sie  Niemand  ohne  Messung  zu  unterscheiden 
vermag',  lesen  wir  S.  819  oben.  'Beider  Schemata  sind  last 
identisch'  stellt  w  iederum  auf  S.  318.  Ich  könnte,  um  diese 
Behauptungen  zu  widerlegen,  kurzer  Hand  auf  mehrere  Ab- 
schnitte unseres  Buches  verweisen,  wo  die  Unterschiede  des 
Bühnentheaters  und  des  hellenistischen  Proskenionthealers  be- 
sprochen sind,  aber  diesen  wiederholten  Versicherungen  ge- 
genüber, fühle  ich  mich  verpflichtet,  die  wichtigsten  Diüe- 
renzen  nochmals  zusammen  zu  stellen. 

Ein  erster  Unterschied  fällt  schon  bei  einem  flüchtigen  Blick 
auf  die  beiden  Typen  in  die  Augen.  Im  kleinasiatischen  Thea- 
ter sehen  wir  über  der  i^ühne  jedesmal  eine  scaenae  frons 
mit  einer  oder  auch  zwei  übereinander  stehenden  Säulenrei- 
)ien,  während  Uber  dem  bellenistiscbeq  Prosl^enion,  das  nach 


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bAg  GAUCHUCtlB  TBiAtBR  TITRUVB 


841 


Belhe  die  Bühne  sein  soll,  sich  niemals  (wenigstens  isl  noch 
kein  Beispiel  bekannt)  eine  säulengeschmückte  Oberwand  er- 
hebt. VVir  können  sogar  weiter  gehen  und  behaupten,  dass 
sich  über  dem  Proskenion  niemals  eine  scaenae  frons  wie 
die  kleinasiatische  oder  römische  Säulenwand  erhoben  haben 
kann,  denn  die  erhaltenen  Untermauern  sind  in  allen  Thea- 
lern so  schmal,  dass  sie  nur  eine  einfache  Wand,  nicht  aber 
eine  Wand  mit  davorstehenden  Säulen  getragen  haben  kön- 
nen. In  Oropos,  wo  wir  die  Oberwand  genau  kennen,  ist  sie 
eine  einfache  Mauer  mit  Triglyphengebälk.  Entsprechende 
Trigl^phen  haben  sich  auch  in  mehreren  anderen  Theatern, 
z.  B.  in  Eretria  und  Delos,  gefunden.  Die  geheimnissvolle  An- 
deutung, welche  Belhe  schon  öfter  über  eine  complicirle  Aus* 
ataUung  dieser  Oberwand  oder  eine  Verschiebung  derselben 
gemacht  hat,  ist  den  Theaterruinen  gegenüber  ganz  unhalt- 
bar, «eil  die  Oberwand  selbstverständlich  dort  gestanden 
haben  muss,  wo  sich  im  unteren  Geschoss  die  Untermauer  be- 
findet. Letztere  ist  sogar  nur  der  Oberwand  wegen  angeordnet. 

Zweitens  ist  die  Vorderwand  der  kieinasiatischen  Bühnen 
stets  entweder  ohne  Schmuck  oder  architektonisch  alsUntei^ 
bau  ausgebildet  und  hat  niemals  Säulen,  während  die  Vor- 
derwand des  griechischen  Proskenion  stets  mit  Säulen  und 
Pinakes  gesehmückt  ist.  Das  einsige  sichere  Beispiel,  wo  die 
Vorderwand  einer  kleinasiatischen  Bühne  Säulen  aufweist, 
ist  das  Theater  von  Prione.  Doch  sind  die  Säulen  hier  nur 
deshalb  vorbanden,  weil  sie  bei  dem  römischen  Umbau  des 
Proskenion  su  einer  Bühne  nicht  entfernt  worden  sind.  Aus 
diesem  Beispiel  zu  sobliesson,  dass  kleinasiatische  Bühnen  su« 
weilen  mit  Säulen  ausgestattet  worden  seien,wäro  ebenso  falsch, 
als  wenn  Jemand  aus  der  Tbatsacbe,  dass  in  Delphi  eineStoa 
unter  Beibehaltung  ihrer  Säulen  su  einem  Wasserreaerroir 
umgebaut  worden  ist,  den  Sehluss  sieben  wollte,  dass  in  die- 
sem Falle  die  Säulen  sum  Wasserbassin  gehörten  oder  gar 
dra  charakteristischen  Schmuck  eines  solchen  bildeten.  Säu- 
len schmücken  im  Theater  das  Proskenion,  nicht  die  Vorder- 
wand der  Bühne.  Isles  ferner  überhaupt  arch  ileklonisch  denk- 


34? 


w.  oomrrsLD 


bar,  dass  sich  über  den  zierliclien  Säulen  des  hellenistischen 
Proskenion  jemals  eine  statlln  lie  Sau lenfassade  nach  Art  der 
kleinasiatischen  oder  nnnischcn  l*ro>konien  erlirdjen  habe? 

Drittens  waren  die  Zwischenräume  zwischen  den  Säulen  des 
hellenistii^chen  Proskenifin  mit  Pinakes geschlossen,  welche  Ge- 
mälde \erschiedener  Art  enthielten.  Kine  so  ausgestattete  Pro- 
skenionwand  glich  also  einigerinassen  den  gemalten  Theater- 
dekorationen pompejanischnr  Häuser. bei  denen  auch  zw  ischen 
den  Säulen  entweder  kle  inere  Tafelgemälde,  oder  grosse  per- 
speclivische  Durchblicke  vorkommen.  In  der  \  orderwand  der 
kieinasialischen  Buhnen  suchen  wir  dagegen  vergeblich  nach 
solchen  Pmakes.  Ks  entspricht  dieser  Hegel,  dass  in  I^riene 
beim  Umbau  des  i'roskenion  zu  einer  Bühne  die  hölzernen  Pi- 
nakes  durch  gemauerte  Wände  er,>^elzl  worden  sind.  Dass  die 
hellenistischen  I^roskenien  durch  jene  Gemälde  als  Hinter- 
grund des  Spiels  charaklerisirt  wurden,  scheint  mir  so  selbsl- 
\erständlich  und  fur  unsere  Frage  so  wiehlig,  dass  ich  nicht 
recht  versiehe,  wie  dieser  wesentliche  Unterschied  zwischen 
dem  Proiskeni  DQ  und  einer  Üüboe  von  Bethe  so  wenig  beachtet 
werden  konnle. 

Einen  vierten  Unterschied  liefern  uns  die  Namen  der  beiden 
Vorbauten.  Hierüber  lesen  wir  bei  Hethe,  Hermes  XXXI 11  S. 
318  unten  :  'Den  einzigen  wirklichen  Unterschied  trägt  ersl 
Dörpfeld  hinein  durch  seine  lieliauptung:  dies  ist  eine  Huhne, 
jenes  nicht'.  Dass  das  Podium  des  kleinasiatischen  Theaters 
eine  Huhne  für  die  Aufführung  skenischer  Spiele  ist,  bezwei- 
felt weder  Hellie  noch  ich.  Der  Vorbau  des  hellenistischen 
Theaters  ist  dagegen  nicht  nur  deshalb  keine  Bühne,  weil  ich 
das  behaupte,  sondern  weil  für  ihn  urkundlich  der  Name  IVo- 
skenion  überliefert  ist.  und  dieses  Wort  nach  altgriecliischem 
Sprachgebrauch  eine  Dekoration,  eine  vor  der  Skene  aufge- 
stellte Fassade  bedeutet  ( vgl.  K.  Reisch  in  unserem  Buche  S. 
'iUü).  Selbst  im  römischen  Thealer  sind  die  Säulen  im  Hin- 
tergründe des  Spielplatzes  noch  Proskenion  genannt  worden, 
obwol  damals  auch  schon  zuweilen  für  die  Huhne  der  Name 
PruäkenioD  iäi&cülicii  gebraucht  wurde.  Ais  das  Proskenion 


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DAS  0RIBCHI8CBB  THBATBR  TltftOVS 


343 


in  rftmiaeher  Zeit  an  einigen  Orlen  in  eine  BQhne  umgebaut 
wurde,  konnte  der  alle  Name  leicht  auf  den  neuen  Bauteil 
übertragen  werden.  Oben  auf  dem  grieehiechen  Proskenion 
sind,  wie  ich  mit  vielen  anderen  Gründen  bewiesen  tu  haben 
glaube,  nur  einzelne  Schauspieler  und  Redner  erschienen,  dort 
war  das  Thoologeion.  Der  gewöhnliche  Spielplatz  für  die  ske- 
nischen  Aufführungen  befand  sich  im  hellenistischen  Theater 
noch  an  dersetben  Stelle,  wo  er  auch  im  V.  lahrhundert  ge- 
wesen war,  in  der  Orchestra  vor  dem  Proskenion. 

Fünftens  sind  auch  die  Differenzen  in  den  Abmessungen  der 
beiden  Vorbauten  nicht  so  minimal,  wie  ßethe  behauptet. 
Man  beachte  nur,  das  die  Tiefe  des  hellenistischen  Proskenion 
fast  immer  zwischen  2  und  3*  schwankt,  während  die  klein- 
asiatische Bühno  niemals  schmaler  als  S.TiO"'  gewesen  zu  sein 
scheint,  meist  sogar  beträchtlich  breiter  ist.  Nun  kann  freilich 
kein  Mensch  die  zulässige  Grenze  für  die  Tiefe  einer  Bohne 
genau  bestimmen;  man  kann  nicht  etwa  sagen,  ein  3,50" 
tiefes  Podium  ist  noch  als  Bühne  zu  benutxen,  ein  3"  tirfes 
aber  nicht  mehr.  Eines  jedoch  darf  man  ohne  Zögern  be- 
haupten, dass  ein  Podium  von  etwa  3*  Höhe  und  nicht  ein- 
mal 3*"  Tiefe  eine  höchst  unbequeme  und  sogar  gefährliehe 
Bühne  ist,  und  dass  es  im  höchsten  Grade  unbegreiflich  w&re, 
wenn  die  Grieeben  in  der  Blütezeit  ihrer  Kunst  nur  solche 
unpraktische  und  hfiaaliebe  Buhnen  gebaut  haben  sollten.wäb- 
rend  sie  in  der  Orchestra  seit  Alters  her  einen  ausgezeich- 
neten und  geräumigen  Spielplatz  besessen. 

Andrerseits  kann  auch  nicht  in  Abrede  gestellt  werden,  dass 
die  Abmessungen  der  kleinasiatischen  Bühnen  viel  besser  den 
berechtigten  Anforderungen  entsprechen,  die  an  jede  Bühne 
gestellt  werden  müssen.  Ihre  zunächst  auffallende  Höhe  lässt 
sich,  wie  ich  in  dem  ersten  Aufsatze  gezeigt  habe,  in  einfacher 
Weise  gut  erklären.  Auch  dürfen  wir  nicht  vergessen,  dass 
diejenigen  Proskenien  Kleinasiens,  welche  in  römischer  Zeit 
zu  Bühnen  umgebaut  worden  sind,  sämtlich  eine  Erbreiterung 
erfahren  haben. 

Sechslens  iiiuss  uucii  an  dieser  Stelle  nochmals  darauf  hin> 


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314 


IV.  IMRAPTBID 


gewiesen  werden,  dass  das  griecbtsche  Proskenion  stets  eine 
durchschnittliche  Höhe  von  10  Fuss  über  der  untersten  Sitzreihe 
hat,  während  die  kleinasiatische  liühne  nur  etwa  5  luiss  über 
den  unlerslen  Sitzen  liegt,  i'^s  kommt  bei  der  letzteren  Bühne 
nicht  auf  ihre  Höhe  über  der  vertieften  Orchestra  ,  sondern 
lediglich  auf  den  Höhenunterschied  zwischen  ihr  und  den  un- 
leren Sitzen  an.  Wenn  in  einem  modernen  Theater  vor  der 
Bühne  ein  um  2  bis  3""  vertiefter  Raum  für  die  Musiker  herge- 
richtet ist,  so  \Nirtl  Niemand  behaupten  wollen,  dass  es  eine  2 
bis  3'"  liolic  Buhne  halle,  sondern  Jedermann  wird  die  !l<)he 
der  Bühne  nach  dem  Standplatz  der  untersten  Sitze  berechnen. 

Diesen  vielen  und  wichlitren  Verschiedenheiten  gegenüber 
muss  es  alseine  nicht  erlaubte  Übertreibung  bezeichnet  wer- 
den, wenn  Bethe  die  kleinasiatische  Bühne  und  das  griechi- 
sche Proskenion  mehrmals  als  last  identiscii  hinstellt.  Ge- 
wiss, beide  sind  Vorbauten  der  Skene ,  beide  haben  auch 
Thüren  an  ihrer  Vorderseite ,  aber  ihre  Abmessungen,  ihre 
architektonische  Ausstattung,  ihre  Lage  zur  Orchestra  und  zu 
den  Sitzreihen  und  auch  ihre  Namen  sind  verschieden.  Eine 
Verwechslung  beider,  so  lange  sie  noch  aufrecht  stehen,  ist 
gar  nicht  möglich.  Wenn  man  z.  ß.  die  schönen  Zeichnungen 
kleinasiatischer  Thealer  von  G.  Niemann  sieht  (bei  Laneko* 
ronski,  Städte  Pamphyliens  und  Pisidiens),  so  kann  man  un- 
möglich auf  den  Gedanken  kommen,  dasa  der  Vorbau  vor 
den  säulengeachmückten  Skencn  etwas  anderes  als  eine  Bühne 
ist.  Wer  dagegen  ein  hellenistisches  Proskenion  mit  den  Sau« 
ien  und  den  Malereien  zwischen  ihnen  Tor  Augen  hat,  musa 
eine  vorgefasste  Meinung  haben,  um  diesen  schmalen  hohen 
Säulen  bau  für  die  gewöhnliche  Bühne  der  Schauspieler  zu 
halten. 

Ausser  der  hierdurch  hoffentlich  genügend  widerlegten  Be- 
hauptung Bethes,  dasa  die  kleinaaiatische  Bühne  und  das  hel- 
lenistische Proskenion  fast  identisch  seien,  musa  ich  noch  ei- 
nigen anderen  seiner  Versicherungen  widersprechen.  So  soll  ich 
alle  Beweise,  die  ich  in  dem  Buche  über  das  griechische  Thea- 
ter (Abschnitt  VII  und  VIII)  gegen  die  Deutung  des  helleni- 


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Ä 


Das  öniECHISCHE  THEATUh  V1TRUV8 


345 


stischen  Proskenion  als  Bühne  beigebracht  habe,  jetzt  einfach 
'streichen',  'auch  den  mathematischen'  (a.a.O  S.  3t  4).  Und 
an  einer  anderen  Stelle  (S.3I5)  sagt  er:  'Mithin  hält  Dörpfeld 
von  allen  Beweisen,  die  er  einst  gegen  die  lu'klärung  d^s  hel- 
lenistischen Proskenions  als  Bühne  aufgeführt  hat,  nur  noch 
einen  einzigen  fest:  es  ist  zu  schmal  '.  In  Wirklichkeit  strei- 
che ich  keinen  einzigen  jener  Beweise,  sondern  halte  sie  alle 
ohne  Ausnahme  aufrecht !  Ich  verstehe  nicht,  wie  ßethe  die 
gegenteilige  Behauptung  80  bestimmt  aussprechen  kann.  Lüsst 
sich  denn  überhaupt  ein  klarer  mathematischer  Beweis  zurück- 
nehmen? 

Ich  halle  es  auch  jetzt  noch  für  eine  mathematisch  erwie- 
sene Thatsache,  dass  Schauspieler,  die  1 0  Fuss  über  einer  Sitz- 
reihe auftreten,  von  den  dort  Sitzenden  nicht  ordentlich  ge- 
sehen werden  können.  Antike  und  moderne  Erfahrung,  wie 
auch  die  Angabe  V'^itruvs  über  die  Bühnenhöhe  des  römischen 
Theaters  beweisen  das  zur  Genüge.  Keine  Huhne  darf  höher 
als  5  Fuss  über  dem  Fussboden  der  untersten  Zuschauer  lie- 
gen. 

Wie  Betlie  ferner  hehaupten  kann,  dass  ich  ersl  jetzt  eine 
10  Fuss  hohe  Bühne  im  griechischen  Thealer  als  möglich  an- 
erkenne, die  ich  früher  geleugnel  hätte, ist  mir  unverständlich. 
Für  das  altgriechische  und  das  liellenislische  Theater  habe  ich 
sowol  früher  als  jetzt  eine  Bühne  geleugnet, lur  das  kleinasia- 
tische Thealer  hahe  ich  sie  sowol  früher  als  jetzt  angenommen. 
Üenn  die  hohen  Bühnen  der  Tiiealer  von  Termessos.Patara  und 
Sagalassos  und  von  anderen  kleinasialischen  Städten ,  deren 
Bühnen  und  Skenen  noch  erhalten  sind, hahe  ich  selbstverständ- 
lich längst  gekannt  und  auch  ausdrücklich  in  unserem  Buche 
(z.  B.  S.  157  und  359)  angeführt.  Was  ich  früher  nicht  wusste 
und  jetzt  erkannt  habe,  ist  die  grosse  Bedeutung  dieses  klein- 
asiatischen  Typus  für  die  Geschichte  des  Theaters  und  besonders 
seine  Obereinstimmung  mit  dem  theatrum  Graecorum  Vi- 
truvB.  leb  habe  also  keine  Concession  gemacht  und  auch  nicht 
etwa  meine  Beweise  gegen  die  hohe  hellenistische  Bühne  lu* 
rück  genommen.  Im  Gegenteil  haben  diese  Beweise  gerade 

ATHCM.  IIITTHB1LUK6BN  ZXm.  23 


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346 


durch  den  Fortfall  des  vitruviscbeo  Widerspruebes  eine  neue 

Kräfligung  erfahren. 

Ein  volles  Hälsel  ist  es  mir  ferner,  warum  lielhe  den  wich- 
tigsten l*unkt  lifi  der  Behandlung  der  hohen  Bühne,  nämlich 
das  Fehlen  der  unleren  Silzreihen  und  die  dadurch  bewirkte 
Umwandlung  der  hohen  Bühne  in  eine  für  die  Zuschauer 
niedrige  von  etwa  5  Fuss,  in  seinem  letzten  Aufsatze  voll- 
ständig mil  Schweigen  übersehen  konnte  So\iel  icli  gesehen 
habe,  redet  er  mit  keinem  Worte  davon  Ohne  den  Hinweis  auf 
diese  vNichtitre  Thalsache  sind  doch  weder  die  kleinasiatischen 
Theater,  noch  auch  die  Vorschriften  X'ilruvs  über  die  grosse 
Höhe  der  liuline  seines  griechischen  Thealers  zu  verstehen  ; 
ohne  ihn  ist  auch  meine  Beweisführung  kaum  versländlich 
und  kann  dem  mit  ihr  nicht  sehr  vertrauten  Leser  leichl  als 
eine  Heihe  von  Widersprüchen  hingestellt  werden. 

Am  Schlüsse  seines  Aufsatzes  fassl  Bethe  alle  die  Argu- 
mente zusammen,  welche  den  auf  rias  vermeintliche  Zeugniss 
Vitruvs  gestützten  Satz,  dass  das  hellenistische  Proskenion  die 
Bühne  war,  boslätigen  sollen.  Nachdem  der  Weil  des  vilruvi- 
ßchen  Zeugnisses  fur  das  hellenistische  Theater  aufgehoben  ist, 
haben  diese  .Xrgumcntr  schon  einen  Teil  ihrer  l^edeulung  ver- 
loren. Sie  lassen  sich  aber  auch  aus  anderen  Gruuden  leicht 
widerlegen : 

1)  l'line  Stelle  Plularchs  (Üemetr.  34)  halte  bereits  C.  Ro- 
bert (Hermes  XXXII  S.  WH)  herangezogen.  Es  wird  dort  von 
Plutarch  geschildert,  wie  Üemetrios  die  T/.r,vr)  ( das  Skenenge- 
bäude )  mit  Bewaffneten  abschliesst,  das  >oy£iov  (die  Bühne) 
mit  Speerträgern  besetzt  und  dann  selbst  wie  ein  Tragöde  durch 
die  xvü)  xifoSoi  (die  oberen  seillichen  Zugänge)  auftritt  und 
von  dem  Logeion  herab  zu  den  Athenern  spricht.  Ich  glaube  als 
selbstverständlich  annehmen  zu  dürfen,  dass  Plutarch ,  obwol 
er  aus  einer  alleren  (Quelle  schöpft,  den  Auftritt  nicht  unbe- 
sehen abschreibt,  sondern  ihn  so  schildert,  als  ob  er  in  dem 
athenischen  Theater  seiner  Zeit  erfolgt  wäre;  denn  weder  er 
noch  seine  Zeitgenossen  wusslen,  w  ie  das  Theater  Athens  400 
Jahre  früher  ausgesehen  hatte;  sie  wussten  vielleicht  nicht  ein- 


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Das  liniECHlSCHE  THliATEH  VITRUV8 


34? 


mal,  dass  es  iriiher  eine  ganz  andere  Gestalt  gehabt  hatte.  Zur 
Zeit  Piutarchs  bestand  in  Athen  der  von  Nero  errichtete  Bau 
mit  römischem  Logeion  und  oberen  seitlichen  Zugängen.  Wie 
hoch  die  Bühne  damals  war,  ist  für  die  Erklärung  der  Plu- 
tarchslelle  zwar  gleichgültig,  es  mag  aber  wenigstens  ange- 
deutet werden,  dass  sie  vielleicht  beträchtlich  höher  war  als 
die  jüngere  Bühne  des  Phädros,  und  dass  sie  möglicher  Weise 
den  kleinasialischen  Typus  zeigte.  Zu  einem  römischen  und 
auch  zu  einem  kleinasiatischen  Theater  passeo  Piutarchs  Worte 
sehr  gut.  Diese  volle  Übereinstimmung  zwischen  den  Aus- 
drücken Piutarchs  und  dem  damals  in  Athen  bestehenden  ne- 
ronischen  Bau  berechtigt  uns,  jede  Beziehung  seiner  Worte 
auf  das  damals  nicht  mehr  vorhandene  hellenistische  Theater 
zu  leugnen.  Plutarch  beweist  also  durchaus  nicht,  dass  das 
hellenistische  Theater  eine  Bühne  hatte.  Übrigens  redet  Plu- 
tarch auch  an  anderen  Steilen  von  dem  Theater  seiner  Zeit 
und  erwähnt  das  Logeion  mehrmals,  aber  daneben  nennt  er 
auch  das  Proskenion  und  die  Skene.  Dass  er  dabei  unter  dem 
Worte  Pmskenion  siclier  die  Dekoration  und  unter  Skene  den 
hinter  der  Dekoration  liegenden  Bau  versieht,  geht  aus  iwei 
Stellen  (Lykurg  6  und  Arat  15)  mit  Sicherheit  hervor. 

2)  Die  Angaben  des  Pollux  über  das  antike  Theater,  die 
auch  schon  vonC.  Robert  (a.  a.  0.)  herangezogen  waren,  wer- 
den von  Bethe  zwar  nur  in  einer  Anmerkung  erwähnt  und 
daher  scheinbar  nicht  hoch  bewertet,  mögen  aber  doch  hier 
besprochen  werden.  Meines  Erachtens  spricht  Pollux  nur  vom 
griechischen  oder  hellenistischen  Theater.  Jedenfalls  passen 
seine  Worte  zu  diesem  Theatertypus  sehr  gut.  Sein  oft  citir- 
terSatz:  9XY]v?;  u£vuTCO)(ptT«üvCSiov,T)Sto(>]^;qoTpaToo  yopoC,  stimmt 
dazu  vorzüglich,  weil  einerseits  die  griechische  Skene  in  der 
That  nur  den  Schauspielern  gehörte  (sie  hiessen  ol  auö  T^cmv}« 
vvi^,  wie  die  Stoiker  oi  ä^ö  tt);  otoft;),  und  weil  andrerseits  die 
Orchestra  nur  von  den  Tänzen  des  Chores  ihren  Namen  führte, 
des  Chores,  der  durch  die  Parodos  das  Theater  betrat  und 
mit  der  Skene  als  solcher  in  der  Regel  nichts  zu  thun  hatte. 
Von  dem  Spielplatze  der  Schauspieler,  dem  Platze  unmil» 


348 


W.  OOBR^F£LD 


telbsr  vor  der  Skene  {M  mnvüc),  zu  dem  auch  ein  Teil  der 
runden  Orchestra  gehörte,  spricht  Pollux  hier  nicht,  weil  er 
beiden  Parteien  gemeinsam  war.  Gewohnlich  übersetzt  man 
in  Jenem  Satze  das  Wort  wtrni  fälschlich  mit  Bahne  und  ei- 
tirt  ihn  dann  als  Beweis  für  das  Vorhandensein  einer  solchen 
im  griechischen  Theater.  Aber  seine  Worte,  wenn  sie  im  Zu- 
sammenhang gelesen  werden,  und  schon  das  Vorkommen  des 
Wortes  Logeion  neben  dem  Worte  Skene  unter  den  von  ihm 
aufgezählten  Teilen  des  Theaters  schliessen  eine  solche  Be- 
deutung von  «xvivvi  aus.  An  das  römische  Theater  kann  er  fer- 
ner deshalb  nicht  gedacht  haben,  weil  der  Chor  in  römischer 
Zeit,  wenn  er  überhaupt  noch  vorbanden  war,  mit  den  Schau- 
spielern auf  der  Bühne  und  nicht  in  der  Orchestra  auftrat. 
In  einem  weiteren  Satz  des  Pollux :  tö  hi  uro^xViviov  xioci  xxi 
iyoLkiLxzioi^  KSKOTariTO  Traö;  tö  ÖexTpov  Texpaitaevoi;  üttÖ  t6  Xoyiiov 
xgiuevov,  erkläre  ich  mit  E.  iicisch  (  Das  griech.  Theater  S. 
300)  das  Hyposkoniun  als  innenraiiiii  des i^roskenion  und  der 
Skene.  Seine  zum  Zuschauerraum  gerichtete  Fassade  war  in 
der  That  mit  den  l^roskenionsäulen  und  mit  bemalten  Pinakes 
oder  freistehenden  iiildwerken  gesclimückl.  Für  das  von  den 
Säulen  getragene  Dach  des  llyposkenion  lasse  ich,  im  Gegen- 
satze zu  Reisch,  den  von  Pollux  hier  überlieferten  Namen  Lo- 
geion gelten.  Der  Natne  scheint  mir  sehr  passend  für  denje- 
nigen Platz  des  griechischen  Thealers,  auf  dem  die  Gölter  in 
den  Dramen  und  die  l^edner  in  den  Volksversammlungen  oft 
auftraten  und  ihre  Heden  hielten  Als  später  ein  anderes  Po- 
dium vor  den  Proskenionsäulen  erbaut  wurde,  und  sich  für 
dieses  auch  der  Name  l.ogeion  einbürgerte,  erhielt  das  alte 
Logeion  zum  Unterschiede  von  ihm  den  Namen  Theologeion. 
Ich  trage  daher  auch  kein  Bedenken,  das  'Logeion  '  einer  de- 
liscben  Inschrift  (s.  Reisch  S.  301)  als  Podium  überdemPro- 
skenion  oder  Hyposkenion  des  Thealers  anzuerkennen  und 
vielleicht  auch  in  einer  anderen  Inschrift  aus  Delos  (S.  302) 
das  Wort  Logeion  trotz  der  allerdings  vorhandenen  Schwie- 
rigkeit zu  ergänzen.  Dass  femer  Xoyaov  nicht  der  Name  des 
gewöhnlichen  Spielplatzes  der  allgriecbiscben  Schauspieler 


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DAS  6ni8CRt8CHB  THEATER  YmtVVS 


849 


gewesen  sein  kann,  sollte  schon  durch  die  Thatsache  gesi- 
chert sein,  das8  das  Wort  in  der  alteren  Litteratur,  wo  von 
<ixY)v7i  und  opyriirpx  80  häufig  die  Rede  ist.  überhaupt  nicht 
vorkommt  und  sich  zuerst  in  der  genannten  delischen  Inschrift 
des  Iii.  Jahrhunderts  und  weiter  erst  hei  Plutarch  findet.  Ich 
kann  hiernach  nicht  zugeben,  dass  Pollux  die  Existenz  einer 
für  alle  Schauspieler  bestimmten  Bühne  im  altgriechischen 
oder  hellenistischen  Theater  beweist. 

3)  Hlinen  monumentalen  Beweis  für  seine  Theorie  glaubt 
Bethe  den  Theatern  von  Eretria,  Sikyon  und  Oropos  entneh- 
men zu  können.  In  diesen  sind  der  Zuschauerraum  und  die 
Orchestra  tief  in  den  Felsen  oder  gewachsenen  Boden  ein- 
geschnitten. Dabei  ist  in  Sikyon  und  Eretria  ein  Teil  des  Ske- 
nengebäudes  oder  fast  der  ganze  Bau,  um  unnütze  Kosten  zu 
vermeiden,  oben  auf  dem  ursprünglichen  Boden  liegen  ge- 
blieben. Id  Eretria,  wo  die  Tieferlegung  etwa  3,50"*  beträgt 
und  also  gerade  der  Höhe  des  Prosken  ton  entspricht,  ist  von 
der  Skene  nur  ein  sehr  kleiner  Teil  tiefer  gelegt,  nämlich  nur 
so  viel,  als  für  den  Aufenthalt  der  Schauspieler  im  Hyposke- 
nion  notwendig  war.  Der  lange  Baum  hinter  dem  Proskenion 
und  der  überwölbte  Mittelgang  mit  zusammen  70"""  Flächen- 
inhalt boten  für  die  wenigen  Schauspieler  und  Statisten  reich- 
lichen Platz  zum  Aufenthalt  und  Umkleiden.  Für  die  durch 
die  Parodos  in  die  Orchestra  hinabsteigenden  Schauspieler  und 
für  den  Chor,  der  auf  demselben  Wege  die  Orchestra  betrat, 
waren  Räume  in  der  Höhe  der  Parodos >  Eingänge,  also  auf 
dem  ursprttriglicben  Boden  bequemer.  Auch  für  die  auf  dem 
Theologeion  erscheinenden  Götter,  mochten  sie  nun  am  Krahn 
oder  auf  einem  Wagen  oder  zu  Fuss  aus  dem  Episkenion  he- 
rauskommen, mussten  selbstverständlich  Bäume  in  dem  obe- 
nn  Stockwerke,  also  in  Eretria  in  der  Höhe  der  älteren  Skene, 
hergerichtet  sein.  Selbst  zum  Aufbewahren  der  oberen  und 
unteren  Dekorationen  waren  die  Bäume  des  ersten  Stockwer- 
kes vorzüglich  geeignet.  Nach  meiner  Kenntniss  der  localen 
VerbältnisM  muss  ich  hiernach  das  Verfahren  der  Eretrier, 
ehenm  wie  das  ähnliche  der  Bewohner  von  Sikyon,  far  sehr 


350     *  \V.  UOEHPFELD 

verständig  halten.  Sie  haben  nur  so  viele  Räume  im  unteren 
Stockwerk  angelegt  und  roahsam  aus  dem  Felsen  herausgear- 
beitet, als  für  die  Aufführungen  unbedingt  erforderlich  wa- 
ren. Betbe  erklärt  das  Vorgehen  der  Eretrier  fureioen  (l«^r  Ab- 
derilen  würdigen  Streich  und  wirfl  ihnen  einen  auffälligen 
Mangel  an  praktischem  Verstände  vor;  die  Sikyonier  ferner, 
welche  einen  grösseren  Teil  des  Skenengebäudes  in  den  Pel- 
sen  hineingebaaen  haben,  hält  er  wenigstens  für  etwas  schlauer 
als  die  Eretrier,  *aber  *,  so  fügt  er  hinzu,  *ein  Drittel  des 
Verstandet  fehlte  ihnen  auch  *.  Welchen  Bruchteil  des  Ver- 
standes mag  er  da  wol  demjenigen  zubilligen,  der  das  Ver- 
fahren der  Eretrier  und  Sikyonier  fhr  verstandlich  und  zweck- 
mässig hält? 

Die  drei  genannten  Theater  eignen  sich  durchaus  nicht  zum 
Beweise  für  die  Hypothese,  dass  das  Proskenion  die  Bühne 
war.  Gerade  sie  liefern  vielmehr  vorzügliche  Argumente  zur 
Widerlegung  der  betheschen  Theorie  von  dem  allmähliehen 

Wachsen  der  Bühne  von  2  Fuss  bis  auf  10  Fuss.  In  ßretria 
und  Sikyon  kann  nämlich  seit  der  ersten  Tieferlegung  der 
Orchesta  dio  Hiihne,  wenn  sie  wirklich  voriianHon  war,  nicht 
mehr  gewachsen  sein,  es  sei  denn,  dass  an  beiden  Orten  auch 
der  natürliche  Fels  später  wieder  um  ein  Stück  gewachsen 
wäre.  Das  Proskenion, die  vermeintliche  liiihne.  hat  an  beiden 
Orten  schon  vom  IV.  oder  III.  Jahrhundert  ah  dauernd  eine 
Höhe  von  3  — .3'/,  ™  gehabt.  Dass  die  drei  Theater  auch  in 
anderer  Weise  ZeuL!;niss  ablegen  für  meine  Theorie,  habe  ich 
in  unserem  Buche  zur  Genujze  gezeigt. 

4)  Auch  in  den  Rampen  der  Theater  von  Sikyon,  ßretria 
und  Epidauros  sieht  Bethe  (Gott  gel.  Anz.  1897  S.  713)  Zeu- 
gen für  seine  Tlieorie.  Hier  irrt  er  zunächst  mit  seiner  An- 
nahme, dass  solche  Rampen  auch  in  allen  anderen  griechi- 
schen Theatern  vorhanden  seien.  Die  meisten  hellenistischen 
Theater  haben  weder  jetzt  Rampen,  noch  können  sie  ehemals 
solche  gehabt  haben.  Und  weiter :  Glaubt  denn  Betbe  wirk- 
lich, dass  die  Schauspieler  in  Epidauros  vor  den  .Vogen  der 
Zuschauer  auf  offenen  Rampen  zu  der  Decke  einer  Säulenhalle 


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DAS  GBIBCHläCHB  THEaTEH  VITKUVS 


351 


hinaufgestiegen  seien,  und  dass  das  Publikum  nun  geglaubt 
habe,  sie  seien  damit  auf  dem  Hlrdboden  vor  einem  Hause 
oder  Tempel  angekommen  ?  l;nd  wie  denkt  er  sich  diesen  Vor- 
gang z.  B.  im  Theater  von  Üelos,  wo  keine  Rampen  sind? 
Wurden  dort  etwa  an  Stelle  der  Rampen  Leitern  an  die  seit- 
lichen Säulenhallen  angelehnt,  damit  die  Schauspieler  auf 
das  Dach  dieser  Hallen  hinaufklettern  und  von  dort  zum  Da- 
che des  Proskenion  gelangen  konnten?  Meines  Erachtens  sind 
die  Rampen  erbaut,  um  Wagen  für  Göltererscheinungen  und 
andere  Maschinen  vor  der  Vorstellung  zum  Theologeion  und 
Episkenion  hinauf  zu  schaffen.  Für  Personen  macht  man  über- 
haupt keine  steilen  Rampen,  sondern  Treppen.  Den  in  weni* 
gen  Theatern  vorkommenden  Rampen  auch  nur  die  geringste 
Beweiskraft  für  die  Gieicbsetzung  von  Proskenion  und  Bühne 
zuzugestehen,  scheint  mir  unmöglich. 

5)  'Eine  Gruppe  der  Phlyakenvasen  zeigt  unwiderlegt  das 
hellenistische  Proskenion  und  auf  ihm  die  Schauspieler',  lesen 
wir  bei  Reihe  ( Hermes  XXXIII  S.  321).  Dass  diese  unter- 
italischen  Vasenbilder  nur  für  die  Geschichte  des  italischen 
Theaters  von  Bedeutung  sind  und  mit  dem  Theater  Griechen- 
lands zunächst  nichts  zu  thun  haben,  ist  schon  so  oft  darge- 
legt worden  (zuletzt  *  Das  griechische  Theater'  S.  311  f.),  dast 
man  sich  wundern  muss,  weshalb  Bethe  diesen  R  in  wand  un- 
berücksichtigt lässt.  Aber  weiter  ist  nochmals  festzustellen, 
dass  die  sämtlichen  Vasenbilder  niedrige,  oft  sogar  sehr  nie- 
drige Bühnen  zeigen.  Man  braucht  nur  das  Grössenverhält^ 
niss  zwischen  der  Bühne  und  den  Schauspielern,  oder  zwi- 
schen der  Bühne  und  den  hinter  den  Schauspielern  abgebil- 
deten Thüren  und  Säulen,  oder  auch  die  Zahl  der  Stufen  der 
an  der  Bühne  befindlichen  IVeppen  in  Betracht  zu  ziehen, um 
sich  zu  überzeugen,  dass  die  durch  Vitruv  überlieferte  maxi- 
male Höhe  der  italischen  Bühne  (5  Fuss)  niemals  überschrit- 
ten wird.  Nun  sollen  aber  einige  dieser  Bühnen,  wie  Bethe 
behauptet,  nur  von  dem  Maler  zu  niedrig  gezeichnet,  in  Wirk- 
lichkeit aber  doppelt  so  hochgewesen  sein.  Er  hält  sie  für  hohe 
hellenistische  Proskenion.  deren  untere  Hälfte  nicht  mit  abge- 


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35? 


W.  DOBRPFBLD 


bildet  sei.  Und  welches  sind  die  Beweise  Tür  diese  jedem  Au- 
genschein widersprechende  Behauptung?  Er  zülilt  ihrer  drei 
auf  (Gött.  gel.  Adz.  1897  S.  711),  die  wir  eiozein  besprechen 
mOssen. 

Erstens  weist  ßethe  darauf  hin, dass  die  an  der  Vorderwand 
einiger  Bühnen  dargestellten  Säulchen  ungewöhnliche  Propor- 
tionen haben  und  berechnet  aus  der  Höhe  ihrer  Kapitelle  und 
dem  Masse  ihrer  Durchmesser  die  wiritUehe  Höhe  zu  etwa  10 
Fuss.  Dasa  er  dabei  ( Prolegpmena  S.  285 )  die  SäulenhÖhe 
nach  Jonischen  Vorbildern  zu  8-9  Durchmessern  berechnet, 
während  es  sich  doch  um  dorische  Säulen  handelt,  ist  ein  un- 
wesentliches Versehen.  Dass  er  aber  Oberhaupt  auf  Vasenhil- 
dern  aus  der  Dicke  einer  Säule  und  aus  der  Höhe  des  noch 
dazu  folsch  gezeichneten  dorischen  Kapitells  die  wirkliche  Höhe 
der  Säule  berechnen  und  die  gezeichnete  Höhe  darnach  cor- 
rigiren  will,  halte  ich  fbr  unzulässig.  Warum  oorrigirt  er  nicht 
lieber  umgekehrt  die  Dicke  nach  der  Höhe  ? 

Noch  seltsamer  ist  der  zweite  Beweis :  Bethe  citirt  zunächst 
beistimmend  meine  Bemerkung,  dass  die  niedrigen  Bühnen 
der  späteren  römischen  Theater  niemals  einen  Säulenschmuck 
haben  und  behauptet  dann,  dass  überhaupt  nur  hohe,  nicht 
aber  niedrige  Bühnen  mit  Säulen  ausgestattet  werden  dürften. 
Um  diese  merkwürdige  Behauptung  dem  Leser  glaubhaft  zu 
machen,  werden  einige  recht  starke  Ausdrücke  zu  Hülfe  ge- 
nommen: 'Man  Stellesich  nur  vor,  wie  es  sich  machen  muss, 
wenn  Menschen  über  einer  Bühne  von  Säulen  agiren,  die  nur 
halb  so  hoch  sind  wie  sie  selbst.  Die  Improportionalität  wurde 
aufs  Unangenehmste  aulTailen.  es  wäre  eine  grenzenlose  Ge- 
schmacklosigkeit' (Prolegomena  S.  '284.  Anm.  8).  Folglich,  so 
schliesst  er  weiter,  müssen  die  auf  den  Vasen  niedrig  gezeich- 
neten Säulen  in  Wirklichkeit  hölier  als  die  Menschen  sein! 
Assteas,  der  Maler  des  bekanntesten  unter  den  angeführten 
Vasenbildern  (vgl.  Das  griechische  Theater  S.  317),  scheint 
indessBethes  künstlerisches  Urteil  nichtgeteiit  zu  haben,  denn 
sonst  würde  er  die  nach  Rellies  Meinung  in  Wirklichkeit  ho- 
hen Säulen  schwerlich  niedriger  als  die  Menschen  gezeichnet 


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D\S  UniECHISCHk:  THKATEH  VITMLVS 


und  sich  so  der 'grenzenlosen  Geschmacklosigkeit' schuldig 
gemacht  haben.  Nach  meinem  Gefühle  —  und  ich  glaube  dd- 
rin nieht  allein  au  atehen —  ist  es  überhaupt  unschön,  eine 
Bohne,  die  doch  den  Erdfussboden  darstellen  soll,  vorne  mit 
Säulen  zu  stützen  und  so  Schauspieler  oben  auf  Säulen  agi- 
ren  zu  lassen.  Aber  wenn  durchaus  Säulen  angebracht  wer- 
den sollen,  scheinen  mir  niedrige  Stützen  oder  kurze  Säulchen 
Yiel  erträglicher  als  hohe  Säulen ,  die  einer  Säulenhalle  an- 
zugehören scheinen.  Im  Alterturoe  hat  man  offenbar  ebenso 
geurteilt.  Denn  in  keinem  einzigen  antiken  Theater  aus  Stein 
ist  die  Bühne,  mag  sie  hoch  oder  niedrig  gewesen  sein,  ur- 
sprünglich mit  Säulen  ausgestattet  worden.  Die  Pfosten  und 
Säulchen  der  Phlyakenvasen  sind  künstlerisch  ausgebildete 
niedrige  Holzpfosten,  aus  denen  die  italischen  Bühnen  gezim- 
mert waren.  Die  Nachfolger  dieser  Holzbühnen,  die  steiner- 
nen Bühnen  der  römischen  Theater,  haben  keine  Säulchen 
mehr  an  ihrer  Vorder  wand. 

Einen  dritten  Beweis  für  seine  Behauptung,  dass  einige 
Phlyakenbülinen  hohe  hellenistische  Proskenien  darstellen, 
entnimmt  Bethe  dem  Umstände,  dass  weder  Thüren  noch  i^i- 
nakesan  der  Vorderwand  dieser  Bühnen  zu  linden  sind!  Wäh- 
rend wol  Jedermann  aus  dem  Fehlen  dieser  für  die  helleni- 
stischen Proskenien  so  charuklerislischen  Dinge  den  Schluss 
ziehen  wird,  dass  die  Phlyakenhuhnen  eben  keine  hohen  hel- 
lenistischen Proskenien  sind  ,  schliesst  Belhe  in  folgender 
eigentümlichen  Weise:  der  Maler  konnte  Pinakes  und  Thiiren 
nicht  darstellen,  weil  er  nur  den  ob«'rslpn  Teil  der  Säulenwand 
/.eiclmete,  foliilich  war  die  Wand  in  W  irklichkeit  höher  als 
der  Maler  sie  darstellte.  Solange  Bethe  nicht  bessere  Argu- 
mente beizubringen  weiss,  wird  es  wol  dabei  bleiben  müs- 
sen, dass  die  Phlyakenvasen  uns  die  höchstens  ö  Fuss  hohe 
italische  Bühne  und  kein  hellenistisches  hohes  Prosken  ion  vor* 
führen.  Die  über  einer  Phlyakenbühne  hinter  den  Schauspie- 
lern abgebildeten  Säulen  (vgl.  Das  grieeh.  Theater  S.  324) 
gehören  dagegen  sicher  zu  einer  Dekoration  des  Uintergruo« 
des,  also  zo  einem  Prosken  ion  oder  einer  Skeq^, 


354  W.  OOEIil'f  tLD 

6)  ZuleUt  betpricbt  Bethe  ( S.  32 1 )  einige  in  unserem  Buche 
tS.  327)  zusammengestellte  Reliefs,  bei  denen  Reisch,  wie  mir 
acheint  mit  vollem  Recht,  io  den  hinter  den  Schauspielern 
sichtbaren  Säulen,  Gebälken  und  Thoren  das  hellenistische 
nulengeschmückte  Prosken  ion  erkenol.  üelbe  giebt  das  nicht 
SU,  weil  die  Säulen  dieser  Reliefs  paarweise  verbunden  seien 
und  über  ihren  Terkröpften  Gesimsen  noch  Giebel  und  Vasen 
trügen.  DiescrGrund  ist  mir  nicht gans  versläodlich.  Üass  auf 
den  Reliefs  die  Säulen  des  Hintergrundes  einem  Proskenion, 
d.  h.  einer  Dekoration  angehören,  kann  doch  nicht  geleugnet 
werden.  Wenn  nun  auch  die  wenigen  bisher  bekannten  hel- 
lenistischen Prosken ien  ,  deren  Gebälk  erhalten  ist.  nur  eine 
gleicbmäsaig  verlaufende  Architektur  leigen,  so  ist  doch  ohne 
Weiteres  erlaubt  anzunehmen,  daas  es  in  hellenistischer  Zeit 
auch  Proskenien  mit  paarweise  verbundenen  Säulen  geg^heo 
hat.  So  viel  ich  weiss,  ist  die  Ansicht  fast  allgemein  verbrei* 
let,  daaa  die  Belebung  der  langen  Säulenfassaden  durch  Grup- 
pirung  der  Säulen  und  Verkropfung  des  Gebälks  in  den  gros- 
aen  Städten  des  Hellenismus  enlslanrlon  und  erst  später  auf 
die  römischen  und  kleinasialiscben  Theaterfassaden  übertra- 
gen worden  ist.  Ich  halte  es  ferner  nicht  für  unmöglich,  daas 
achon  im  Theater  von  Üelos.wo  das  Proskenion  in  drei  Hauaer 
geteilt  war,  Verkröpfungen  des  Gebälks  vorgekommen  sind. 
Im  Theater  von  Gpidauros  liegen  solche  Gruppirungen  bei  den 
beiden  nur  noch  architektonisch  wirkenden  Paraskenien  acbon 
thatsächlicb  vor.  Und  Giebelaufsätze  und  Vaaro  werden  wir 
wol  auch  bei  einigen  erhaltenen  Proskenten  gerade  auf  Grund 
jener  Reliefs  ergänzen  dQrfen.  Jedenfalls  haben  Beiseh  und  ich 
acbon  früher  Giebel  über  einzelnen  Inlercolumnien  der  Pro- 
akenionwand  angenommen  ( vgl  Das  griech.  Theater  S.  274). 
Den  Schluss  Bethes.dass  die  Säulen  auf  den  genannten  Reliefs 
keine  hellenistischen  Proskenien  darstellen  können,  weil  die 
wenigen  bisher  bekannten  Proskenien  keine  Verkröpfungen  und 
keine  Aufsätze  zeigen ,  kann  ich  hiernach  nicht  als  berechtigt 
anerkennen. 

Bethe  beacblieaat  die  Beaprechung  dieaer  Beliela  mit  dem 


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OAS  ORtEGHIDCHB  THBATBR  VITRUV8 


355 


Hinweis  auf  ein  von  Reisch  (S.  332)  für  ein  Stadtthor,  von 
Anderen  (so  nainentlicli  von  K.  Petersen,  Worn.  Mitth.  XII 
S.  l  'iO)  für  eine  Skonenfassade  erklärtes  Terrakotlarelief.  Ich 
teile  Petersens  Ansicht,  dass  es  ein  Proskenion  mit  Oberstock 
und  einer  Huhne  davor  darsteUt  und  weiss,  dass  auch  Reisch 
jetzt  auf  (Jrund  des  von  Petersen  ermittelten  Tliathestandes 
dieser  Ansicht  beizutreten  geneigt  ist.  Da  die  Bühne  sehr  nie- 
drig und  vorne  nicht  mit  Säulen,  sondern  mit  Kränzen  verziert 
ist,  haben  wir  unzweifelhaft  die  Naelibildunij  einer  ^'ewühn- 
lichen  steinernen  italischen  Buhne  vor  uns  Dass  keine  Treppe 
an  ihr  vorlianden  ist,  beweist  nichts,  weil  viele  italische 
Bühnen,  wie  die  Phlyakenvasen  beweisen,  keine  Treppen 
hatten.  Wie  trotzdem  Beihe  von  dieser  Bühne  sagen  kann  : 
'Gedacht  werden  kann  sie  nur  auf  dem  hohen  hellenistischen 
Proskenion,  ebenso  wieX  itruv  sie  beschreibt  und  einige  Phlya- 
kenvasen sie  zeigen*,  und  wozu  er  dann  noch  tadelnd  hinzu- 
fügt: 'Dies  kleine  Monutnent  sollte  doch  überzeugen;  jeden- 
falls dai'f  es  niclit  melir  ignorirt  werden',  haljen  wir  vergebens 
zu  ergründen  versucht.  Mit  dem  hellenistischen  Proskenion  hat 
die  Bühne  des  neapeler  Beliefs  schlechterdings  nichts  zu  thun. 

Damit  sind  die  Grunde  erledigt,  mit  denen  Betlie  seine  Theo- 
rie, dass  das  Proskenion  die  gewöhnliche  griechische  Bühne 
sei,  zu  stützen  weiss.  Ist  auch  nur  eines  dieser  Argumente 
Stichhallig?  Giebt  es  unter  ihnen,  nachdem  das  Zeugniss  Vi- 
truvs  in  Fortfall  gekommen  ist,  auch  nur  ein  einziges,  das 
sich  nicht  mit  Leichtigkeit  widerlegen  liesse  ?  Bei  einzelnen 
müssen  wir  uns  sogar  wundero,  wie  Belhe  sie  überhaupt  an- 
führen konnte. 

Und  mit  solchen  Argumenten  wird  eine  Theorie  verteidigt, 
die  nicht  nur  der  Entwicklungsgeschichte  des  Theaters,  son- 
dern dem  künstlerischen  Gefühl,  den  mathematischen  Regeln, 
der  Erfahrung  vieler  .lahrhunderle  und  seihst  der  urkundli- 
chen Überlieferung  widerspricht.  Dass  man  glauben  und  lehren 
konnte,  die  griechischen  Schauspieler  hiilten  in  hellenistischer 
Zeil  allgemein  auf  dem  Dache  einer  Säulenhalle  gespielt,  wäh- 
rend sie  im  V.  Jahrhundert  sicher,  wie  selbst  Bethe  sugiebt. 


3A6 


W.  OOBRPrBLD,  DAS  GRfBCHISCHB  THBATBR  ▼ITBinrB 


in  der  bühnenlosen  Orchestra  vor  einem  Hause  aufgetreten 
sind,  und  dass  man  ferner  annehmen  konnte,  die  Griechen 
hätten  das  säulen«^eschmückte  hellenistische  Proskenion  als 
eine  10  Fuss  hohe  iiühne  für  die  Schauspieler  erbaut,  linde 
ich  nur  verzeihlieh,  so  lange  man  die  \'orschriften  Vilruvs 
über  sein  thcntrum  Graecorum  mit  Sicherheil  auf  das  hel- 
lenistische Theater  beziehen  zu  müssen  glaubte.  Dass  man  aber 
auch  jetzt  noch,  nachdem  Vitruvs  Zeugniss  in  anderer  Weise 
erklärt  werden  kann  und  jedenfalls  nicht  mehr  auf  das  hel- 
lenistische Theater  bezogen  werden  rauss,  an  dieser  merk- 
würdigen Theorie  festhält  und  sogar  beteuert,  dass  sie  zu  den 
am  sichersten  zu  beweisenden  Sätzen  unserer  Wissenscbafl ge- 
höre, dafür  fehlt  mir  das  Versländniss. 

'Die Theorie  Dörpfelds  muss  fallen*  sagt  Bethe am  Schlüsse 
seines  Aufsatzes.  Dass  ich  nicht  ohne  Grund  vom  Gegenlfiil 
fest  überzeugt  bin,  zeigt  die  vorstehende  Abhandlung. 

Athen  im  Juni  1898. 

WiLUELH  OÖRPFELD. 


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LITTBRATUR 


H.  I.  ArrBAOnorAOS,  Ilipt  IIltpditA«  lud  tAv  Xi|A<viiv  «VTOG. 
Athen  1898. 

ApistotbAOTS  ^AOuvaiwv  tcoXiTiift  ixSo6^««  P.  M«ipT. 
Kif.  1-41.  Athen  1898. 

n.  A.  KOMNHNOS,  Acxwvix«  ;)^f6v«»v  icpoto-coptxdv  mU  l«to* 
pixAv.  5.  6.  7.  Athen  1898  [S.  930  ff.  *I<rropi»«i  -roirorpfltriflt 

A.  MHAIAPAKHS,  'ItfTopCft  ToS  ßaurtXilou  tü«  Ntx«{a(  xal  toS 
«wotAtw»  tik  Hmtpou  ( 1904-1 961 ).  Athen  und  Leip»g1898. 

B.  A.  Mtstakiaus,  Ai  Opnvy^l  ^toi  ^  ««f xof  it^o«  töv  6piivy- 
)Av  auTOxpfltTOpixi^  (MuOf  ti{p  (*AvRTuirttat;  ix  tqS  ^{upoXo^ioM 
6  ''AvATttXixoc  'AffTiip'.  Konatantinopel  1898. 

npAKTiKA  Ti)«  apx-  *E'Tai>P«^  1897.  Athen  1898. 
A.  PoTZOnuTAOSf  *EiRaTfli«{x  xpiTtxt)  xfti  lp(iiV)viuTiit»i  lie  fJUn 
Xl^tv  TOO  ntvidbpou.  Athen  1898. 

E.  Stamatiaahs,  'RrcsTYipU  Tti(  ririuovtx;  Sxuou  Si«  1898. 
Saroos  1898.  [Darin  S.  68  kuner  Berieht  über  das  Museum]. 

F.  HiLLBR  von  Gabrtbiiigbii,  Bvpft.  HcTifpamc  I.  N.  At* 
Xlva«.  Then  1898. 

A.  JovBiNf  Mu8^e  imp.  Ottoman ,  Monumente  fun^rairea. 
Deuxi^me  Edition.  Konstantinopel  1898. 

P.  KAaounae,  Die  sogenannten  Assyro-Chaldaer  nnd  Hit« 
titen  ¥on  Kleinasien.  Athen  1898. 

E.  KoTPTIor  *E>Xnvt»^  t«topüt  iMxk  furifpaoiv  Simp.  11. 
AA(Aicpou.  Athen  1897  ff. 

I.  APOTSBN,  *l«Tepiot  tAv  AutSoj^Mv  mxx  ptiTifpflimv  I.  Ilacv* 
TttCi^u.  Athen  1897  ff. 

r.  riABBPT,  *EYXS(p^tov  'Apj^atoXoyUf  toü  ^(todou  ßfou  tOv 
^EXkifim  xttTct  (urAfpflMiv  N.  P.  [ioXirou.  Athen  1897  ff. 

B.  V.  Hbao,  *IaTop(fli  tAv  vopffiA^TMv,  lYX*t|>{)t<»v  ftiT«fpaaOiv 
xai  aufuvXupttOlv  M  I.  N.  2!€opAvov.  I.  II  und  Tafeln.  Athen 
1898. 


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858 


LlTTBRATUtt 


9P««M  r.  SttTDptdcSoo.  Athen  1897  ff. 

S.  K.  SflutiXXfltpoieouXou.  Athen  1897  ff. 

A8IINA,  «tSyypafAfMt  iripio^uiov  tr^  ht  'AOqvat^  j«i<rTV|{AMu(^<  *E- 
T«ipc(«c  IX,  3.  4.  X,  I.  2.  3. 

Darin  n.  a.  8.  449.  P.  A.  naicetCmiXttott,  'ATwvivttxii  Istypafi)  ixXdbtitoc.— 

S.  461.  n.  N.  na;:xTfno5Y'ou,  MuttXTfvujt  tTitypaff,  iv<x8oro{  [gefunden  in  einem 
Hause  nahe  der  Kirche  der  *A.  ©idBwpoi:  ['Ap]xipew{  8ta  ßtw  0iä«  'Pci>{ia«| 
mI  t(&  ai6socü  Aiö(  Kai'oapof  |  OXu|Ani'jj  izzxpöi  xii  RarpiSo;  |  ^cpotoptot  Vaiot 
KXciwSfw  noT«iAWv[oc]  I  Ata^lvi)  tü  cuipYtTsJ.—  S.  497.  B.  £xo5f«{,  Ilc^i  T^cyij- 
00«  *A|iepYo8. 

X.  S.  149.  n.  S.  ^«»tulii|(,  BuMtsItK  mpf  ttvwv  'AptomtXiitfiv  'A' 
AlEBNUS  B*11HBP1S:  THS  NOHIXMAT.  APZAIOAOPIAS.  JoUfOal 

inlernational  d*arehtologie  numiamatique,  dirige  par  1.  N.  Svo- 

ronofi.  I,  1.3.  Athen  1898. 

Darin  u.  a.  8. 1.  Babelo&,Oillai*  roi  de»  fidcmien».—  8.  Ifl.  F.  ImhooN 
Blumer,  Bilbyniscbe  MOnten  —  8. 15.  I.  N.  SfopiSvoc,  T«  x«Xxi  «otnlpis  xoa 

AlNMvpYt^ou  A'.ov jTiazoj  ötärcoj  xa!  xf,;  KXsiaOtvt'ovi  'Exx/.r.i'a;. — S.  1'?!.  M. 
Vlaslo,  Tar«Mitc.  hidrachnu'S  inödits.  —  S.  I  is.  i:  1).  .1.  Dutilh,  Mnnnaies 
de  Side  el  d  Egyple.  — Ö.  157.  I.  N.  L6opiavo;,  Ijijfi^oi. —  S.  165.  F.  lialb- 
herr.  An  important  inseriplion  for  the  history  of  coinage  in  Grete.— 8. 181. 
I.  N.  i:6ofta>o«.|Tip}ir,o(jöj  H  TO  KAnoYC  exOYCA  — S.  '20b.  Derselbe, 
BxTpa/o;  £i,stfto(. —  S.  2 1^.  Derselbe,  Beptvixij  B',  ßaaiXiaaa  KjpTjvaVxf,;  x«i 
Aiyu^tTOj.  —  8.  121.  r.  N.  \atCid«x({,  £i){ic{(>>ai(  xepi  xütv  YXtuanxüv  -cükwv 
TETA  BAXIAEY  HADNAN  xal  AEPPONIKON. 

E^iiMEi'ii:  .\PXAioAorjhu  IbiJ8  Helt  1.  '2. 

Darin  S.  1.  II.  Ka66x$ia{,  'Ex  tojv  ntpt  xijv  'Axp«KoXiv  «voaxatsütv.  —  S.  21. 
K.  K«i»pow»tMTi)(,  Kipvoi. —  S.  29.  A.  Sxiag,  navap/^u«  iXoratvumi)  vtxpÖJcoAt«. — 

8. 121.  A.  de  Bidder,  Afo  ndhostp«  fitta  X«6A».~  8. 135.  0.  K«fi6a«««,'Bs»- 
tpafoi. 


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FUNDE 


Im  Pi  raus  wurde  bei  GrundgrabuDgen  nahe  der  AcCxx  eine 
Marmorhydria  mit  Reiiefdarstellung  und  der  liuchrift  Euayöp« 
Ato^ivYX  giefunden  ("Aeru  25  louvioi»  1898). 

In  Patras  wurden  auf  einem  den  Gebrüdern  Ko>\upou  ge- 
hörigen, unterhalb  der  TifnqXa  aXuvt«  liegenden, Grundstück  bei 
Grundgrabungen  etwa  4"  tief  mancherlei  antike  Reste,  Mauer- 
xQge,  Plattenpflaster,  Säulentrommeln,  eine  Gisteme,  die  mit 
Säulen  abgedeckt  war,  gefunden.  Eine  dieser  letzteren  (1,81* 
hoch,  0,40  dick)  trägt  folgende  Inschrift: 

IMPCAESA 

MAVRELI\ 

ANTONIN^ 

AVG-ARMENI 

CVSET-IMPCAES 

LAVRELIVSVERVS 

AVG-ARMENICVS 

VIAM 
CORRVPTAM 

REFICI 
IVSSERVNT 

Oben  darober  lag  ein  Relief  von  13%"  Höhe,  0,90"  Breite, 
welches  einen  aufrecht  stehenden  jugendlichen  Krieger  mit 
Panzer,  Helm  und  Beinschienen  zeigt,  der  in  der  Linken  sein 
Schwert  hielt,  während  die  erhobene  Recbte  eine  aufgestützte 
Lanze  an  der  Spitze  fasst.  Der  Kopf,  von  weichen  Formen, 
zeigt  einen  leichten  BurLiluum  an  der  Wange;  er  hat  keine 
porträthaften  Züge. 

Die  Arbeit  ist  flüchtig  und  decorativ,  scheint  aber  noch  aus 


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360 


FUNDE 


guter  römischer  Zeit  su  stammen.  Auf  Stirn  und  Brust  ist  je 

ein  Kreuz  eingemeisselt 

Dieser  Umstand  und  die  nicksiclilslose  Verwendun«?  sonnoI 
des  iUliefs  wie  der  Insclirift  zeigen  dl«'  späte  Kntsieliung  der 
Anlage,  wenn  es  üherliaupl  eine  einheitliche  Anlage  ist.  Das 
Relief  ist  in  das  Geschäftshaus  der  Brüder  Ko^XOpou  (Andreas- 
Slrasse,  nahe  dem  Hafen)  überführt  worden.  ('Aotu  13-15 
'Icoviou  1898,  ausserdem  benutzen  wir  Skizzen,  Abschrift  und 
Notizen,  die  Herr  A.  Rehm  freundlichst  sur  VerfOgung  geslelll 
hatte ). 

Südwestlich  von  Gytheion,  in  dem  Kip^(ut genannten  Thal 
am  Fuss  der  fränkischen  Burg  Passavä(Gurtiu8,Peloponnesos 
II  S.  973),  die  auf  den  Trümmern  des  allen  Las  steht,  sind 
mancherlei  antike  Reste,  z.  T.  von  Gräbern  und  Sarkophagen, 
vorhanden,die  von  einem  der  Besitzer  der  Gegend,  Mtx-  MuraA- 
xo^fSeit  geraumer  Zeit  heimlich  ausgebeutel  wurden.  Jetzt  hat 
die  Behörde  bei  ihm  einen  Tierkopf  (Widder  oder  Rind),  dem 
vorzügliche  Arbeit  nachgerühmt  wird,  eine  Marmorschale  und 
drei  Münzen  (deren  eine  nach  der  Beschreibung  eine  der  sparta- 
nischen Münzen  mit  Keule  und  *E«i  EupuxXeo«  sein  muss)  fest- 
gehalten. Früher  entdeckte  zahlreiche  bemalte  Thongefasse 
und  Metallgeräte  fanden  sich  nicht  mehr  vor,  ebensowenig 
eine  kleine  marmorne  Kriegerfigur  ("Aoru  16  £«ict.  1898). 

Beim  phthiotischen  Theben  sind  durch  den  dortigen 
Alterlumsverein  *Oöp;  einige  Funde  gemacht  worden.  Ge- 
nannt werden  eine  Löwenfigur  natürlicher  Grösse  ohne  Kopf 
und  Püsse,  deren  einer,  abgebrochen,  allerdings  vorhanden 
ist,  zwei  Inschriften,  ein  grosses  korinthisches  Kapitell,  zwei 
monolithische  Säulen. 

An  einer  anderen,  als  >ö<|>oc  ZiptXiuv  bezeichneten  Stelle, 
fanden  Mitglieder  desselben  Vereins  Gräber,  die  in  das  ».  Jahr- 
hundert vor  CUv.  versetzt  werden,  obwol  ausser  Gebeinen 
nichts  in  ilineii  iiefunden  wurde.  An  (h'iiiselben  lluiiel  fand 
man  steinerne  und  thiuierne  Wirld  und  zwei  kleine  durch- 
bohrte Pyramiden  aus  Thon,  olVeubar  die  so  häutigen  Weber- 
gew  teilte  ^"AoTu  5  üat.  1898). 


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PÜNDE 


361 


Besondere  Wichtigkeit  gewinnen  die  im  Namen  der  grie- 
chischen archäologischen  Gesellschaft  seil  vorigem  Jahr  durch 
Herrn  Sotiriadis  inThermon  geleiteten  Ausgrabungen  durch 
den  Fund  eines  altertümlichen  TempeU  des  Apolion,  dessen 
Dach  nebst  seinem  Schmuck  ebenso  wie  die  Metopen  nur  aus 
Thon  bestehen.  Ausser  Thon  scheint  zum  Bau  ausschliesslich 
vergängliches  Material  verwendet  worden  zusein  (Holz,  unge- 
brannte Lehmziegel,  vielleicht  auch  Bruchstein  mit  Lehm),  nur 
die  Fundamente  und  Stufen  bestehen  aus  Stein,  ausserdem  fin- 
den sich  steinerne  Säulenlrommeln,  die  aber  zum  Ersatz  ur- 
sprünglicher hölzerner  Säulen  gehören.  Die  Metopen  sind  mit 
grossen  menschlichen  Figuren  bemalt;  die  plastischen  Verzie- 
rungen bestehen  hauptsächlich  aus  männlichen  und  weiblichen 
Köpfen,  welche  abwechselnd  die  Sima  schmückten, die  weib- 
lichen Köpfe  als  Endstücke  der  Deckziegel,  die  männlichen, 
zum  Teil  Siiensköpfe,  als  Wasserspeier.  Der  Tempel  ist  ein 
Peripteros  mit  fünf  Säulen  an  der  Front  und  fünfzehn  an  der 
Langseite;  die  Cella  ist  durch  eine  in  der  Axe  befindliche  Säu- 
lenstellung in  zwei  Schiffe  geteilt.  (Vorläufige  Berichte:  'A«tu 
4.  28  'Wiou  1898  und  sonst). 

Für  dieselbe  Gesellsehaft  bat  Herr  D.  Stauropullos  auf 
Hheneia  Ausgrabungen  geleitet,  die  (nach  dem  'Aoru  24 
2t«T.  1898)  zur  AufTmdungder  Bestattungs-Reste  geführt  ha- 
ben, welche  dio  Athener  426  bei  der  Reinigung  von  Oeloa 
üherführten.  Ein  Bezirk  von  etwa  500^",  mit  einer  Mauer  um- 
geben, enthielt  eine  etwa  '/a  M^^ter  starke  Schicht  von  Gebei- 
nen nebst  den  ehemals  den  Verstorbenen  mit  ins  Grab  ge- 
legten Beigaben.  Die  Schicht  war  mit  gewöhnlichen  Stein- 
platten bedeckt,  durch  ebensolche,  senkrecht  gestellte  in  ein- 
zelne Vierecke,  und  diese  mitunter  sogar  noch  durch  weitere 
horizontale  Platten  in  verschiedene  Schichten  geteilt.  Beson- 
ders zahlreich  sind  Scherben  von  grossen,  meist  archaischen 
Gefässen,  aber  auch  ganz  erhaltene  Vasen  fehlen  nicht,  von 
den  prähistorischen  bis  zu  den  rotfigurigen.  Eine  Anzahl  von 
rotfigurigen  GeHissen  entstammt  einer  Reihe  von  etwa  30  Po- 
rossarkophagen,  die  sich  in  derselben  Anlage  fanden.  Mao  ver- 

ATBBN.  MlTraBlLOMftBN  IZm.  24 


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mutet,  dass  diese  bei  der  Heini^'ung  von  Delos  ganz  überführt 
worden  seien,  weil  dauiuiä  noch  nicht  lange  Zeit  seil  ihrer 
Beisetzung  verstrichen  war. 

Auf  Mykonos  hat  dersrlhe  Gelehrte  (nach  der  gleichen 
Nachricht)  Kuppelgräber  ftstgesleill,  die  aUerdiogs  ihres  In- 
haltes schon  beraubt  waren. 

Im  Ta/uSp6[xo;  (Konstantinopel,  29  Maiou  1898)  wird  eine 
Inschrift  aus  Sarnothrake  mitgeteilt,  die  auf  einer  0,30™  ho- 
hen, 0,15™  breiten  und  O  OS™  dickm  PlaUe  steht  und  im  Dorfe 
in  die  Jvirclie  UavftyogSa  verbaut  war. 

iici  ßa9iX((i)(  'Ijsioiciivo; 
(Auorat   iuai]€iii;  Aiv 
U90U 
001 


Aus  Dorylaion  ( Eski-Schehir)  sendet  uns  Herr  I.  M-nXto- 
irouXoc  Abschrift  und  Abklatsch  eines  0,95"  langen,  0,55"" 
breiten  Steines  mit  der  Inschrift  (deutliche,  5**  hohe,  mit 


6  lONloVMeNoC 
NIolCloCNAAPOToC 
e  I  To¥MITPA<t>ATA 

K  6  M ACTeMPore 

loCKe  noYN  TAG 
B  A  C  K  e  e  N  C  T  APN/ 

AoVMGKeoiove 

BAN A A AAKe  To  PoV 
ANHAPeeeMHNTO 
MNHMeioN  TolC  npo 

rerPAM  m  e  n  o  icoe 

OICKTH  KßMH 
TAVeonATHP 
AC  K  A  H  niOC 


10 


i  .  .  i6vtoufx.ivo( 
vtotffioc  vaSpoTOC 
•iTOu  MtTpa^axa 
lu  Mac  Ti{xpoYt 
10;  Kl  riouvTaa 
€«?  xc  Ev(T-raipv(a) 

$ou{jt.6  XI  OiouO 
6av  ASSa  XE  Topou 
av.  tcapi9t[xnv  t6 
[xvojxsiov  wpo 

ytf^XlllLl'^Qli  Ol 

oI(  x(at)  r$  xu{&i^' 

'AoMX'nmo«. 


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PtWOI 


363 


Der  Anfang  enthält  offenbar  eine  Bestimmung  in  phrygi- 
■eher  Sprache  (Partieipium  auf  -fiivo«  mit  utou  =I«tw).  Ba 
folgen  phrygische  Namen  durch  xi  as  griechisch  x«!  verbun- 
den. Ansprechend  vermutet  A.  Dieterich,da8S  dies  die  im  grie- 
ehischenTeit  als  9io(  erwähnten  vergötterten  Toten  sind,  deren 
Sehutse  das  Grabmal  anvertraut  wird,  und  verweist  auf  die 
bekannte  phrygische  Sitte ,  dieselben  Namen  für  Götter  und 
Sterbliche  zu  verwenden  (Kretschmer,  Einleitung  in  die  Gesch. 
der  griech.  Sprache  S.  200, 1 ).  Zu  den  Namen  bemerkt  P. 
Rretachmer:  MiTpotfotT«  persisch,  wolssMiTpoCectuc,  lykiseh 
Mi0rapata.  Male  als  Frauennaroe  C.I.G,  hkWa  und  Heberdoy- 
Wilhelm,  Reisen  in  Kilikien  Nr.  264  scheint  als  Männername 
vorzukommen  bei  Heberdey- Raiinka,  Reisen  in  Kleinaaien 
S.  37  Nr.  47 ;  Tc^poyito«  ist  Tembrogius^  wie  Plinius  VI,  4 
den  Thymbres  nennt,  an  dem  Doryiaion  liegt.  Zu  Adda  vgl. 
Einleitung  S.  338,  zu  den  Nominativen  Oiou6€div(P)  und  To- 
pouav  das  illyrische  Fip^av  (Inschriften  von  Olympia  Nr.  695). 

Aus  Laodicea  ad  Lycum  sendet  uns  Herr  G.  Weber  Ab- 
schriften folgender  Inschriften : 

1.  Marmorbloek  0,47'  lang,  0,37  breit.  0,24  dick,  verbaut 
in  den  Fundamenten  einer  späten  Mauer ;  rechter  Rand  er- 
halten, linlcer  und  oberer  gebrochen;  Buchstaben  2*"  hoch 
mit  Apices. 

riQii    1«^  oClOYA 
TOKPATOPOZA  Z  E 
RTIM   I  0¥  ZE  OYHPOV 
REPTI   N  AKOZZEBA 
5  ZTOVKAAOVMENON 
A   NTQN   H  A  TETEIA 
O  A  Y   M   n  I A 
RArONOeETHZAN 
N  TOIZK  YPIOIZHZ 
10  VTEPAZAIETHPI 

n  KAAROPNIOY 
frei 


364 


FUNDS 


-  -  6e{ou  A[u]|TOxpdlTOpO(  A.  2ii|nTi{Aio<j  Ssouiopou  |  nipTiveuto; 

Die  Inschrift  bezieht  sich  offenbar  auf  einen  iywv,  der  viel- 
leicht in  dem  ^4*)^^)  •  •  •  Anfangs  steckt  (der  zweite  Buch- 
stabe war  schmal,  P  und  T  siod  ausgeschlossen).  In  Z.  8  fehlt 
am  Anfang  ein  Buchstabe,  so  dass  wol  nur  [ijic*  oder  [Ci]^' 
möglich  sind.  In  Z.  9  giebt  Webers  Abschrift,  aber  nicht  der 
Abklatsch, ein  Q  vordem  N  («Ywvo6t'nitfdv[T]uv?),  am  Ende 
stand  mi^licherweise  thZ  in  Ligatur. 

2.  Marmorblock  0,90"  lang,  0,39  breit,  0.40  dick  (Schrift- 
fläche 0,68 : 0,255)  rechts  gebrochen ;  der  Stein  liegt  in  der 
Erde  an  der  grossen  Strasse  und  gehört  nach  Webers  Ansicht 
tu  dem  Triumphbogen,  der  hier  stand. 

ANIKlONACnPONTO 
YRATIKON  KAIKTICTH^ 
ANe  (I)  NeY6PreTHTAIAN66 

frei 

*Av(»tov  "Affippov  t6[v]  I  ö««TU(Ov  x«l  KTforqv  I  £vO*  fuvipY«' 
<n)T«u  &v«9|[v)xcv  ^  ic6Xi(. 

Die  am  Ende  ergänzten  Buchstaben  müssen  auf  einem  an- 
deren Blocke  gestanden  haben,  da  nach  der  Angabe  Webers 

die  Profilirung  unterhalb  des  letzten  6  in  Z.  3  umbiegt. 

3.  Grabstele  aus  Marmor,  0,65"  lang,  0,20  dick,  erhaltene 
Breite  0,16;  Gladiator  mit  Siegespalme  in  Belief,  darunter 
die  Insciinlt : 

A  M  M  I  A  T  Q  ivSpt  2w- 

ZOME  Ncji  

N  A  la  M  N  tta«  X'^f^^' 

4.  Marmorblock  von  O.'ib'"  Breite,  0,42  Höhe,  rechts  und 


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FUNDE  M& 

unten  gebrochen,  in  der  Nähe  der  Agora;  die  iwetenteD  Zei* 
len  verwittert: 

»AEN  4  ii 
ZE  B  A  Z  Tii 
N  E  fi  K  O  P  0« 
M  HTPOr  0 
AlZTHZ  A«{ 
A  Z  A  A  O  Si 

5.  An  dem  Rundbau  auf  der  Agora  eteht  auf  einem  mit 
Palmetten  und  Eieratab  gelierten,  0,33*  hohen  und  noch  0,30* 
breiten  Friesetack  in  schönen  monumentalen  Buchetaben : 

(AT^TTip   K  A  Z       r  V 

6.  EineVergleichungderbeiLeBas-Waddingtonlll,  t693b 
Teröffentlichten  Insehrift  von  Koloesäergab,  dass  dieerete  Zeile 
lautet: 

Aus  Hypaipa  stammt  die  von  Herrn  E.  'lopSaviSioc  in  Ab- 
schrift und  Abklatsch  mitgeteilte  Inschrift,  welche  sich  jetzt 
in  seinem  Besitz  befindet.  Der  Majuskelteit  musste  der  schma- 
len Schrift  und  ungewöhnlich  zahlreichen  Ligaturen  wegen 
unterdruckt  werden : 

nOffTOUÜL{(f)  TlTta[v(Ji   

iv  'TTtxiTcot;  Aup.  'A^[  ix  icpoYÖvttv 

ffTe(pavYi^öpü)v  i(jiap[j^«v  •••••••«.••••• 

woXii  xai  ßouXiuTai;  ,  , 

TTiv  >cat  auTapj(^ov  ü^jlwv  xaTÖt  

rj7ci0Ta|XTnv,  öri  (a«I?^ov  a7ca[(T«&v  oder  yai^Qm  icat9äv  töv  .  . « 
icap'  uiiÄv  |AdXi«Ta  «piTft^v.  


166 


rüNDi 


Ebenfalls  aus  Ilypaipa  verschleppt  ist  ein  Marmor.  0,55" 
hoch,  0,45  breii.  jftzi  hoi  dem  Schuster  Mmvsi;  in  ödemisch; 
Buchalabenböhe  S.ö"".  MiUeilung  desselben  Herro. 

TONTOTTON 
Äv«T  I  e  E  M  I  I  N  A  TT  A  P  t/ri 
T^zOAEIAHNAPIATE  xpaucom« 
AI  A  Q  MI  YnOGH  KHN 
5  YPAEITETIZINA 

T  O  Y  (t>IZKOYKAITÄ 
KE(t)AAAION 
T  O  Z  EKTOYXftPlOY 
K  TH21NE 


Nach  der  Mitteilung  desselben  Herrn  ist  in  die  nordwest- 
liche Ecke  der  Moschee  von  Phwyi  ( Yeyevü  auf  Kieperts  Karte, 
östlich  Ton  Tire)  ein  0,60°*  langer,  0,20"  breiter  Marniorblock 
▼erbaut,  der  in  2*"  hohen  Buchstaben  die  Inschrift  trägt: 

AIIAYOEITHKAITHSAYEN 
AHNnNKATOIKIAAlfOAAa 
NIZOEOASlPOYTOYAnOA 
Ai2NIOYEnOIH«FTON!9 

Ob  der  durch  den  Abklatsch  gesicherte  Beiname  des  Zeus 
mit  «v6lvTt)c  ausammenhangt,  musa  dahingestellt  bleiben. 

Mirmor  Termauert  im  Quartier  TtWi  M in  Tire 

eTeiMHZAN 
M^NAHAPPN 


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NACHTRAG 


367 


In  Tyana  (jetzt KXiot  Xt^äp  oder  nach  Kiepert  Ken isse- Hi s- 
sär)  ist  die  Statue  eines  Mädchens  gefunden  und  auf  Befehl 
der  Behörden  nach  Ikonion  überführt  worden, um  in  das  Mu- 
eeuiD  io  Ronstantinopei  verbracht  zu  werden.  (KwvoravTtvou- 
mXbi  11  iouvtou  1898).  Einer  dadurch  Terftnlassten  hiatori- 
Bohen  Skizze  in  deraelben  Zeitung  (18  'Iouv(ou  1898)  entneh- 
men wir  die  anacbeinend  noch  anTeröffentiicbto  inacbrift: 

2QTHP  KAI  BBOAOTOS 
2TPAT0N02 
EK  TON  IMON  KATESKET- 
A2AN 

die  aicb  dort  auf  [einem  kublacben  groaaen  Stein  nicht  weit 
Ton  der  Waaaerleitung  vor  einer  Gartenthttr  befinde. 

Im  ägyptischen  Kunathandel  aab  F.  von  Biaaing  eine  nacb 
aeiner  Angabe  vielleicht  aua  Memphia  atammende  ptolemii> 
acbe  Bauinachrift : 

EuipytTdv  naX  t&i  tIxv»v  2S«pdiFt)t  |  1«tSt  xii*  v«6v  xotl  xhf*  ivipi- 
p.T)Tpta. 


NACHTRAG 

Bei  den  Ausgrabungen  des  deutschen  archäologischen  In- 
stituts wurde  im  Jahre  1895  an  der  iSord west- Ecke  des  Areo- 
pags  in  einem  Brunnen  das  rechte  Endstück  eines  Reliefs  aus 
pentelischem  Marmor  (Höhe  33"*,  Breite  unten  SS")  gefunden, 
auf  dem  in  ^uU'v  Arbeit  des  frühen  IV  Jahrliunderts  zwei  nach 
links  gewandte  Frauen  hinler  einander  dargestellt  sind.  Da 
sich  auf  der  unteren  Fläche  keine  Spur  des  üblichen  Zapfens 
erhalten  hat,  ist  mehr  als  die  Hälfte  dea  Reliefs  verloren.  Die 


ftBRfCHtiemio 


schon  hiernach  wabrscheinliche  Komposition  von  drei  Gott- 
heilen rechts  und  mehr  als  einem  Adoranten  links  wird  durch 
die  Inschrift  bestätigt,  weiche  auf  der  oberen  I^eiste  steht,  über 
dem  Kopfe  der  Gestalt  iioks  beginnt  und  bis  zum  Ende  des 
Reliefs  reicht : 

NiKAEoNO©ONYM<t>AlS 

Des  Raumes  wegen  muss  mehr  als  ein  Name  am  Anfang 
fehlen  und  man  wird  daher  Silva  xal  ii  Stiva]  ai  KXsovöOo 
NufAfatc  ergänzen  müssen.  Das  vermutlich  nicht  weit  ver- 
schleppte Relief  darf  als  monumentales  Zeugniss  für  den  oben 
S.  220  f.  vorausgesetzten  Nymphenkult  des  Thaies  der  Kallir^ 
roe  verwertet  werden. 

H.  VOM  PROTT. 


BBKIGUTIOUNG 
S.  202  Z.  2  ist  zu  lesen:  EniT?]«  ßopuoSvru^c  kXituo<  u.  s.  w. 


Geschlossen  i2.  NoTember  1898. 


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IV. 


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PARODC 


nich^  blossgeleghes 
Terra  i  n 


1^ 

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I 


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XIV 


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I 


I 


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BIN  ATH£N1SCH£8  PROXBNIEDBKRBT  FUR  ARISTOTELES 


Bisher  war  von  engeren  Beziehungen  zwischen  dem  athe- 
nischen Staate  und  Aristoteles  so  gut  wie  nichts  bekannt. 
Nur  die  Vita  Marciana  (S  430  I\ose:  Arist.  fragm.^,  1886)  und 
der  Aramonius  latinus  (S.  446  Hose)  berichleten,das8  Aristote- 
les sicli  l>pi  König  Philipp  im  Interesse  Athens  brieflicii  ver- 
wandt habe,  und  nach  llermippos  bei  Diogenes  Laertius  Y,  i  ,2 
soll  er  sogar  als  Gesandter  Athens  zu  Philipp  gegangen  sein 
( wpi<j6iuovTo;  «uToü  wpö?  4»i>.i7r7tov  »jTrep  "AOirivaiwv).  Weiler  wird 
uns  an  den  beiden  erstgenannten  Steilen  mitgeteilt, der  atheni- 
sche Staat  habe  seinen  Dank  dadurch  abgestaltet,  dass  er 
dem  Aristoteles  eine  Bildsäule  auf  der  Burg  errichtete:  was 
Wahres  daran  ist,  können  wir  nicht  kontrolliren. 

Ober  das  ofTizielle  Verhältniss  zwischen  Aristoteles  und 
Athen  hätte  man  indessen  längst  Genaueres  wissen  können, 
wenn  man  die  arabische  Lebensbeschreibung  des  Aristoteles 
von  ibn  Abi  Usaibi'a  beachtet  hatte,  die  zu  einem  grossen 
Teile  aut  die  Biographie  des  Ptolemaios  Ghennos  zurückgeht 
und  in  dieser  Partie  schon  im  Jahre  1869  von  Moritz  Stein- 
achoeider  («Al-Parabi»  Memoires  de  V academie  imperiale 
des  sciences  de  St.  Pe'tersbourg^  Vll  Särie^  Xlll,  4,  An- 
bang 3)  erstmalig  deutsch  herausgegeben  war.  Jüngst  bat  nun 
Anton  Baumstark  in  seiner  im  Buchbandel  noch  nicht  erschie* 
nenen  II abilitationsschril't 'Syrisch-arabische  Biographieendes 
Aristoteles'  (Leipzig  1898,  Teubner),  welche  ich  seiner  Güte 
verdanke,  die  auf  Ptolemaios  zurückzuführenden  Stücke  des 
Ihn  Ab!  Usaibi'a  in  neuer  besserer  Übersetzung  vorgel^, 
und  darunter  findet  sich  auch  S.  46/b  das  Folgende: 

'Wegen  der  Menge  der  Woithaten  und  des  Guten,  das  er  anf 
diesem  Gebiete  erwies,  gingon  die  Athener  so  weit,  sich  zu 
versammeln  und  den  Besohluss  zu  fassen,  eine  InschriU  zu 

ATUN.  lUTTHElLtlKGBK  ZZm.  S5 


870 


ft.  ttRBBÜl* 


schreiben,  die  sie  in  eine  steinerne  Säule  eingruben,  und  sie 
auf  der  höchsten  Citadelle  in  der  Stadt,  die  ixp6wo>t;  genannt 
wird,  aufzustellen.  Sie  erwähnten  in  dem,  was  sie  auf  die 
Säule  schrieben,  Aristoteles,  Sohn  des  Nikomachos,  aus  Sta- 
geira  habe  sich  verdient  gemacht  durch  die  Ausübung  des 
Guten  und  die  Menge  des  iielfens  und  Wollbuos,  die  ihm  ei- 
gen gewesen  seien,  und  die  Förderung,  die  er  den  Atbenera 
habe  aogedeiheo  lassen,  indem  er  für  das,  was  ihrer  Sache 
diente  und  ihnen  gute  Bebaodiung  erwirkte,  bei  Kon  ig  Phi- 
lippos eingetreten  sei:  so  solle  nun  die  Anerkennung  der  Athe- 
ner für  das  hieraus  erwachsene  Schöne  klar  werden ;  sie  sol- 
len ihm  Vorzug  und  Auszeichnung  schenken  und  ihm  ehren- 
des Gedächtniss  und  treue  Erinnerung  widmen.  Wer  aber  von 
den  Männern  der  Herrschaft  ihn  für  unwürdig  hält,  möge  nach 
seinem  Tode  es  ihm  gleicbthun  und  seinem  Eintreten  für  sie 
in  Allem,  was  sie  hinsichtlich  ihrer  Bedürfnisse  und  Angele- 
genheitan  wtknsebten.  Und  einer  von  den  Athenern,  mit  Na- 
men Himeraios  (P),  hatte  sich,  nachdem  die  Athener  beschlos- 
sen batteo,  was  sie  bezüglich  dieser  Inschrift  beschlossen, von 
ihrem  Beschlüsse  getrennt,  ßr  behauptete  in  Sachen  des  Ari- 
stoteles das  Gegenteil  ihrer  Behauptung  und  ging  auf  die  Säule 
los,  auf  die  die  Athener  die  Lobesinschrift  tu  schreiben  be- 
schlossen und  die  sie  auf  dem  «xpoicoXtc  genannten  Platse  auf- 
gestellt hatten,  und  warf  sie  von  ihrer  Stelle,  und  es  ergriff 
ihn,  nachdem  er  seine  That  verübt  hatte.  Antinoos  {oder 
etwa  Antipatros?)  und  Hess  ihn  toten.  Sodann  errichtete  ein 
Athener,  mit  Namen  Stephanos,  und  zahlreiche  Andere  mit 
ihm  eine  steinerne  Säule.  Darauf  sehrieben  sie,  was  von  Lob 
des  Aristoteles  dem  glich,  was  auf  der  ursprünglichen  Säule 
gestanden  hatte,  und  verbanden  hiermit  eine  nachdrückliche 
Erwähnung  des  Himeraios  der  die  Säule  umgestürzt  hatte, 
und  der  von  ihm  vollbrachten  That  und  erklärten  seine  Ver- 
fluchung und  die  Reinigung  {d.h.  der  Stadt)  von  ihm  für 
notwendig  *. 

Schon  Baumstark  hat  bemerkt,  dass  hier  ein  echtes  athe- 
nisches ({«7)<^io{xa  vorliegt,  für  dessen  iiiriiuUung  bis  in  das  späte 


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Gin  ATttBNlSCHES  PHOXEMEDEkHET  FUER  ARISTOTELES  371 

Altertum  es  genügt,  auf  die  urkundlichen  Beilagen  von  Paeu- 
do-Plutarchs  Leben  der  zehn  Redner  zu  verweisen.  Dem  Hen- 
ner der  adisciien  Urkundenspracht^  wird  auch  (rli  icli  die  eine 
oder  andere  Formel  athenischer  l^hrcndckrele  in  den  Sinn  ge- 
kommen sein,  wennschon  der  ('l)ersetzer  manches  offenbar 
nicht  verslanden  hat  und  besonders  über  den  staatsrechtlichen 
Termini  technici  gestolpert  ist.  Überhaupt  hat  der  Araber, 
dessen  Aristoteles- Vita  auch  nur  durch  ein  syrisches  Mittel- 
glied auf  die  griechische  Vorlage  zurückgeht,  garnicht  beab- 
sichtigt, das  Dekret  in  streng  wörtlicher  Übersei /.ung  wieder- 
zugeben, da  ilun  die  nüchterne  Form  des  Kanzleistiles  wenig 
zusagte.  Zudem  ist  der  arabische  Text  kritisch  keineswegs 
gesichert,  und  darum  könnte  es  aussiclit^Ios  erscheinen,  wenn 
man  hiernach  den  Wortlaut  der  griecliischen  Urschrift  re- 
konstruiren  wollte,  indessen:  der  Schematii^mus  der  attischen 
Kanzleisprache  ist  so  fest  umsclirieben  ,  duss  wir  mit  einem 
gewissen  Vertrauen  den  Versuch  machen  dürfen,  das  Original 
wiederzu  gewinnen, wenn  wir  uns  damit  bescheiden  wollen, die 
ständigen  Formeln  der  athenischen  l'^hrendekrete  in  der  Bear- 
beitung des  Arabers  aufzuspiiren.  Je  weiter  dieser  Versuch  uns 
fahrt,  desto  grosser  wird  der  historische  Wert  unseres  Doku- 
mentes werden,  der  sieh  nur  in  einer  Zusammenstellung  mit 
den  gleichartigen  Psephismen  völlig  erschöpfen  lässl. 

Die  Ueziehung  der  Urkunde  auf  den  Pliilosoplien  Aristote- 
les w  ird  ausser  Zweifel  gesetzt  durch  die  oHizielle  Benennung 
'ApwTOTeXYi;  NiKOjxij^o'j  ^^TaYSipiTY,?.  die  dem  Gebrauehe  der 
attischen  Dekrete  entspricht.  Die  Ehrung  des  Aristoteles  nun 
ist  zweimal  Gegenstand  der  Verhandlung  in  der  athenischen 
Volksversammlung  gewesen:  einmal  als  man  ihm  für  seine 
Bemühungen  bei  König  Philippos  eine  öfTentl ich e  Auszeichnung 
zuerkannte,  zum  anderen ,  als  man  ihm  diese  Ehrung  er- 
neuerte, die  auf  Betieilien  des  llimeraios  kassiri  worden  war. 
Bei  dieser  letzteren  Gelegenheit  aber  wurde  beschlossen,  'was 
von  Lob  des  Arislotcl«  s  dem  glich,  was  auf  der  ursprüngli- 
chen Säule  gestanden  hatte'  odtr  nach  Steinschneider:  'sie 
schrieben  darauf  dasselbe  Lob  des  Aristoteles,  welches  auf  der 


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ft.  OIIBllUl' 


früheren  Säule  gestanden').  Und  da  uns  eben  dieser  zweite 
ßescliluss  lilxM-Iiefert  ist,  so  muss  in  seinem  ersten  Teile  im 
wesentlichen  liasselhe  enthalten  sein,  wie  in  dem  ursprimg- 
lichen  Ehiendekrel,  das  noch  hei  Lehzeiten  des  Königs  Phi- 
lippos ergangen  war.  Dies  ist  Cur  die  Beurteihing  unseres  Do- 
kumentes deshalh  von  Wichtigkeit,  weil  die  Formeln  der  at- 
tischen Khrendekrete  gerade  im  letzten  Drittel  des  4.  Jahrhun- 
derts sich  zu  immer  grösserer  Breite  entwickeln;  der  frühere 
Beschluss  liegt  noch  vor  dieser  Zeit  und  muss  demnach  auch 
mit  den  in  der  Form  conciseren  älteren  Ebreadekreten  in 
Vergleich  gebracht  werden. 

Betrachten  wir  nun  den  Inhalt  des  ersten  Abschnittes  un- 
serer Urkunde,  so  können  wir  hier  deutlich  drei  Teile  unter- 
acbeiden:  1)  die  Motive:  'Aristoteles  -  •  hahe  sich  verdient 
gemacht  durch  die  Ausübung  des  Guten  und  die  Menge  des 
Helfens  und  VVolthuns,  die  ihm  eigen  gewesen  seien,  und  die 
Förderung,  die  er  den  Athenern  habe  angedeihen  lassen,  in- 
dem er  für  das,  was  ihrer  Sache  diente  und  ihnen  gute  Be- 
handlung erwirkte,  bei  König  Pbilippos  eingetreten  sei';  ^)  die 
Ehrung:  'so  solle  nun  die  Anerkennung  der  Athener  für  das 
hieraus  erwachsene  Schöne  klar  werden ;  sie  sollen  ihm  Vor- 
cug  und  Auszeichnung  schenken  und  ihm  ehrendes  Gedacht- 
niss  und  treue  Erinnerung  widmen';  3)  eine  allgemeine  Mah- 
nung :  '  wer  aber  von  den  Männern  der  Herrschaft  ihn  für 
unwürdig  hält,  möge  nach  seinem  Tode  es  ihm  gleichtbun 
und  seinem  Eintreten  für  sie  in  Allem,  was  sie  hinsichtlich 
ihrer  Bedttrfioiisse  und  Angelegenheiten  wünschten*. 

Die  Motive  sind  doppelter  Art,  die  allgemeinen  Verdienste 
des  Aristoteles  (um  Athen)  und  seine  besonderen  Bemühun- 
gen bei  König  Philippos.  Was  die  jersteren  angeht,  so  klingt 
freilich  der  Ausdruck  des  Arabers — oder,  wie  wir  überall 
dafür  einsetzen  können,  seiner  syrischen  Vorlage —  ^Ausübung 
des  Guten  und  Menge  des  Helfens  und  Woltbuns'  (ganz  ähn- 
lich Steinschneider)  wenig  attisch ;  aber  der  Sinn  entspricht, 
selbstgin  der  Teilung  der  Begriffe,  ToUständig  den  üblichen 
Formein,  von  denen  die  folgende  mit  dem  Araber  am  meisten 


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EIN  ATHENISCHES  PROXBVIBOEKRET  FUEB  ARISTOTELES  373 

ttbereinkommt :  i«itSvi  -  -  «vvip  «yaOo;  ^^nv  ircpi  tov  ^üaov  tov 
*A(hvflt{«»v  xotl  «Olli  ort  ^iWaTCt  ctyttOov  (C./.^.  II  68,  Vgl.  IV,  2 
107  b).  In  anderen  Dekreten  zeigt  diese  Formel  kleine  Abwei- 
chungen, die  dee  öfteren  auch  eine  Nüancirung  dea  Sinnes 
mit  sich  bringen ;  sie  im  einzelnen  zu  besprechen,  würde  den 
Rahmen  dieser  Arbeit  aberschreilen.  Der  zweite  speziellere 
Teil  der  Motivirung  besieht  sich  auf  die  Förderung  der  athe- 
nischen Interessen  bei  König  Philipp;  es  fragt  sich,  worin 
dieselbe  bestand  und  auf  welche  Zeit  wir  sie  zu  datiren  ha- 
ben. In  den  Worten  des  Arabers  (*  seine  Verwendung  bei  Phi- 
lippus, dem  König,  für  das,  was  ihre  Sache  fördere  und  ihnen 
gute  Behandlung  erwirke'  Steinschneider)  ist  nun  aber  durch- 
aus kein  Anhaltspunkt  dafür  gegeben,  dass  wir  hier  etwa 
eine  Beziehung  auf  eine  Gesandlschaft  des  Aristoteles  oder  auf 
briefliche  Fürsprache  bei  Philipp  erkennen  dürften:  denn  für 
ein  solches  vereinzeltes  Faktum  ist  die  Ausdrucksweise  des 
Arabers  viel  zu  allgemein  und  unbestimmt.  Auch  hier  erhal- 
ten wir  aus  den  Inschriften  vollkommen  befriedigende  Aus- 
kunft. Ich  vergleiche  besonders  die  Inschrift  CJ,A,  II  124, 
die  in  das  Jahr  337/6  fällt  und  überhaupt  in  ihrer  Motivirung 
sich  nahe  mit  unserem  Dokumente  zusammenstellen  lässt.  Hier 
lesen  wir  Z.  12  cicfiSv)  -  -  xal]  tfftfxeXclTai  'AO»jvai[<i>v  tüv  a^- 

vfaioi;  TTxpx  <I>i  Xizttoj.  Und  ganz  ähnlich  heisst  es  in  der  nur 
wenige  Jahre  jüngeren  Inschrift  C. /.  J.  II  161  cTriüLsjXüT^ai] 
.Se  xxt  IV  t[(ü  viJv  ypovüj  y.xt  noiv/j  xai  tSizi  'A')r//i'.ujv  tü»v  Lxpixvou- 

ixtvcüv  Ii;  ^ApYo?.  Im  übrigen  verweise  ich  auf  C/.X.  II  193. 
194.  234.  219.  263.  '264  u.  s.  w.  IV. 2  \()lb,  '264  c,  '264 
U.S.W. , und  für  die ausgehildelste  Form  dieses  Motivs  vor  allem 
auf  C/..4.  11  300.  Inhaltlich  decken  sich  diese  Formeln  mit 
den  Worten  des  Arabers, die  mit  viel  gi  r)sserer  Wahrscheinlich- 
keit auf  die  'gute  Hehandlung'  athenischer  Gesandtschaften, 
als  auf  die  gute  Behandlung  des  ganzen  Staates  gedeutet  wer- 
den können.  Ich  setze  demnach  das  äht-ie  l']hrendekret  ohne 
Bedenken  in  die  Zeil  \or  '{38.  als  .Vristoteles  noch  als  Prin- 
zenerzieüer  am  makedoniscbeo  üöiiigsUofe  weilte.  Aristoteles 


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3^4  B.  DBBRÜP 

bediirftp  fiir  soino  Fnrspraolie  koines  bpsondcrnn  Aiiftrai^os, 
der  voraiissclzon  wiirdt',  dass  cr  friilier  y^idion  eino  anfiPsehone 
Sudlung  in  Allien  hoklcidt't  hallo;  daiioLron  isl  os  natnrlicli, 
dass  or  sich  in  l^olla  dor  Stadl  erinnorl*«.  in  dor  or  soino  vor- 
ziiü;lichslo  Aushildunj;  «{onosson  halte  und  die  or  aiicdi  in  der 
Fremde  als  die  geisliije  Centrale  von  Grifclifnland  schätzen 
musste,  und  ebenso  nulurlich  isl  es,  dass  sicli  Allien  ihm  da« 
für  dankhar  zoi<;te. 

Was  sind  nun  die  l^^hreri  ,  die  dem  Aristoteles  erwiesen 
wurden?  In  den  meisten  attisehen  l']hrendekrolon  aus  der  zwei- 
ten llält"l(!  dt  s  1.  Jalirhundi'rts  macht  eine  allfirmoino  Ikdohi- 
gung  den  Anfang  dieser  Ehrungen  :  etwa  i7:x'.wi>;x:  Apn-ro- 
T£^r,v  Ni)c.o;j.4yi'j  rTaytipiTiriv  («piTy)<;  ev£/.a  /.ai  svvoix;),  und 
diese  Formel  dürfen  wir  meines  Fraehtens  in  den  Worten  des 
Arabers  wiederfinden  "so  solle  nun  die  Anerkennung  der 
Athener  fur  das  hieraus  erwachsene  S(diöne  klar  werden*. 
Man  ktWinte  versucht  sein,  hier  einen  llortativ  einzuschieben: 
oiC(i>;  av  o'jv  aTactv  ^avipö*^.  5t'.  r,  ßouX-r]  kxi  6  Syj-AO;  6  'AÖtj- 
va{(i>v  luiTTaTai  /  ÄptTa;  xTro^'.^ov  ai  xaxx^ia?  xoi;  'pi'XoTtao'jy.E- 
vot?  V.'.  ix'jxöv  {C  I  A.  IV. '2  ^.>70,vn;l.  31  »).  Aber  für  die  llor- 
tativformeln.  die  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  hierher  ge- 
zogen werden  könnten,  ist  der  Ausdruck  dos  Arabers  viel  zu 
mager,  und  zudem  glaube  ich.  diese  Mahnung  in  einem  an- 
deren Teile  unseres  Üekretos  doullicher  zu  erkennen. 

Im  Folgenden  sind  die  Worte  'und  ihm  ehrendes  Gedäclit- 
niss  und  treue  l^rinnerung  widmen'  ('und  erkannton  ihm  An- 
denken und  Frinnerung  zu  '  Steinschneider  )  fur  ein  atheni- 
Bches  Psephisma  ebenso  undenkbar,  w  ie  das  unmittelbar  hier- 
mit verbundene  'sie  s(dlen  ihm  V^orzug  und  Auszeichnung 
schenken*  {'sie  begegneten  ihm  mit  Auszeichnung  und  Fr- 
hebung'  Steinschneider)  in  seiner  l  nbestimmthoit  dem  atti- 
schen Gebrauche  widerspricht.  Dennoch  dürfen  wir  hieraus 
die  dem  .\ristoteles  zu  Teil  gewordene  Fhrnnjif  mit  Sicherheit 
erschliessen.  wenn  wir  uitoriegen .  welche  Auszeichnungen  über- 
haupt in  attischen  Ehrendokrolen  verliehen  zu  werden  pllegen 
und  wie  w  ir  uns  diese  vom  Araber  umschrieben  denken  dür- 


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BIN  ATHBNISCHB8  PROIBNIBDBKRBT  PÜBR  ARfSTOTBLBS  875 

fen.  In  der  zweiten  Hälfte  des  i.  Jahrliimderts  vorhindet  man 
mit  der  alliiemeinen  Helohigun«;  <rerne  die  Verleiliunj^  eines 
goldenen  Kranzes  in  der  stereotypen  W'endunj;  x-ai  cTe^avwaat 
yp-j-jö)  G-:-yj7.'^(ii  ( xttö  X  fipx/'idn).  Konnte  dies  nun  etwa  vom 
Araber  dureli  'Vorzui^  und  Auszeichnuni:  '  wiederj^ej^eben 
werden?  leb  beliaupte, nein:  denn  die  Kranzverieihiin^  ist  eine 
so  sinnläiliiie  Kbrunir.  dass  sie  vofii  Araber  verstanden,  und 
der  Ausdruck  dafür  so  j)i;iiinant.  dass  er  von  ilini  jedenfalls 
riebtig  übersetzt  wäre.  Dasselbe  «iilt  von  der  Krleilunj;;  des 
Bürji;errecbtes  :  e-vx.  aWov  'AOrvxiov.  die  nielit  leicbl  missver- 
standen werdtMi  konnte:  zumeist  ist  diese  au(di  von  umfan^- 
reicben  Iiestiininiini,'eii  iibcr  dieWabI  von  l'byle,  Demos  und 
Pbratrie  und  über  die  Besliilij^unii  durcb  die  Volksversamm- 
lung br>j;b'ilet,  von  denen  in  der  Bearbeitung  des  Arabers  jede 
Spur  verloren  sein  mussle  Wzili'.-:  aber.  irroTiAax  oder  eyicTr,- 
01?,  die  lür  den  in  Makedonien  lebenden  Fremden  auch  erst 
in  zweiter  Linie  in  Frage  kommen,  werden  nur  in  seltenen 
Fällen  vtM'lirben.  wenn  niebt  gleiebzeitig  die  bj'nennung  zum 
Proxenos  oder  die  Finreibung  unter  die  attischen  lUii'ger  er- 
folgt oder  früher  bereits  erfolurt  ist.  Fs  bleibt  demnach  in  der 
That  nur  noch  die  Fnii'unung  zum  Proxenos  und  l^^uergetes, 
die  ich  um  so  bestimmter  für  Aristnu  b-s  in  Anspruch  nehme, 
als  die  Worte  des  .Vrahers  sich  leiebt  aus  einem  Missver- 
ständniss  des  attischen  Terminus  tcc/inicus  erklären.  Die  xpo- 
$£via  war  dem  Araber  in  ihrer  Bedeutung  dunkel,  und  ebenso 
wenig  konnte  er  die  stJUitsrecbtliehcStellung  der  offiziellen  luip- 
yerai  kennen;  doch  konnte  er  vermuten,  dass  es  sich  hier  um 
eine  ehrende  Auszeichnung  bandle,  und  danach  ist  dann  seine 
Übersetzung  ausgefallen.  Fine  vage  Verallgemeinerung  ver- 
tritt die  staatsrecditliclien  Termini,  die  nur  insofern  eine  ge- 
nauere \\'it'derü;abe  gefunden  haben,  als  die  meistens  verbun- 
denen BegritVe  der  T.znlvnx  und  e'.ecve'ji«  durch  zwei  Syno- 
nyma ausgedruckt  sind:  und  dieses  bürgt  uns  für  die  Richtig- 
keit unserer  \  ermutung.  W  ir  dürfen  aber  jetzt  auch  weiter 
gehen  :  denn  die  Frneuniing  zum  Proveno»  und  iMJergeles 
wird  in  den  meisten  Fällen  auf  die  Nachkommen  des  Geehr- 


376 


B.  DRBRUP 


iPn  übertragen,  und  darin  können  wir  nun  eine  Erklärung 
ünden  für  das  'ehrende  Gedaciilniss'  und  die  'treue  Erinne- 
rung*, tlie  dem  Aristoteles  zuerkannt  werden.  Da  der  Araber 
von  Proxon ie  und  Euer^esic  niclils  wusste,  so  konnte  er  audi 
die  Fortdauer  dieser  Auszeiclinun}^  in  ihrem  wirklichen  Sinne 
nicht  begreifen  und  ausdrücken;  darum  hat  er  die  Erwähnung 
der  {xyovot  zu  Andenl^en  und  Erinnerung  ausgedeutet.  Wei- 
tere Ehrenrechte  seheinen  dem  Aristoteles  nicht  eingeräumt 
zu  sein,  ich  fasse  die  Ehrung  des  Arisloleies  hiernach  in  die 
Formel :  SeS6}^6aii  ^t:[A(p  t:7aive<Ta(  'ApiiroTeXviv  NixofA^j^ou 
SraystotTYiv  iptzrii  evtxa  x.xi  euvoia;  xal  itvat  auTOV  «pöfivov  Mct 
•uspytTTCv  foü  SVjjxO'j  ToO  'AOrivaicov  avröv  xai  exyövouc. 

Übrig  ist  noch  die  Mahnung  '  wer  aber  von  den  Männern 
der  Herrschaft  ihn  für  unwürdig  hält,  möge  nach  seinem  Tode 
ee  ihm  gleichthun  und  seinem  Eintreten  für  sie  in  Allem, 
ivas  sie  hinsichtlich  ihrer  Bedürfnisse  und  Angelegenheiten 
wflDBchten*.  Sie  kann  in  dieser  Form  dem  Original  nicht  an- 
gehören: denn  als  das  Psephisma  beschlossen  wurde,  war  A- 
ristoteles  noch  nicht  tot«  und  darum  ist  die  Verweisung  auf 
den  Todesfall  nicht  nur  an  sich  höchst  unglücklich,  sondern 
auch  mit  dem  Charakter  eines  athenischen  fihrendekretea 
durchaus  unvereinbar;  dass  aber  Jemand  von  den  Männern  der 
Herrschaft  den  Geehrten  für  unwürdig  halte,  ist  vollends  eine 
Voraussetzung,  die  der  athenischen  Volksversammlung  ^ni- 
lich  fern  lag.  Der  Sinn  der  arabischen  Obersetsung  ist  auch 
gerade  in  diesem  Satze  sehr  unsicher,  da  Baumstark  erst  nach 
einer  längeren  Auseinandersetzung  zu  der  Erklärung  kommt: 
*wer  dem  grossen  Toten  seine  Ehre  neidet,  verdiene  sich 
gleiche  selbst*.  Steinschneider  hatte  übersetzt:  *Wer  von  den 
Hochgestellten  (Männern  der  Herrschaft)  ihn  beleid  igte,  dessen 
Strafe  folgte.  Seine  Verwendung  für  sie  [war]  in  allem,  was 
sie  begehrten,  in  Bezug  auf  ihre  Bedürfnisse  und  Angelegen- 
heiten'. Wenn  ich  trotzdem  eine  solenne  Formel  hier  wieder- 
finden will,  so  leitet  mich  dabei  die  Erwägung,  dass  von  den 
Bestandteilen  der  älteren  Bhrendekrete  nur  noch  zwei  mit  ei- 
niger Wahrscheinlichkeit  hierauf  bezogen  werden  können,  leb 


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BIN  ATHENISCHES  PnOXENIEDEKRET  FUER  ARIST0TBLB8  377 


hatte  anfanglieh  daran  gedacht,  dass  Aristoteles  liier  der  Für- 
sorge der  Ikhürden  empfohlen  sei,  etwa  wie  in  C.  I.  A.  Ii  39 

T«&v  (Yy6v(i>v  o]tou  av  {(((■>vtxi;  hiernach  wäre  auch  die  An- 
rufung der  'Männer  der  Herrschaft*  nicht  so  sinnlos,  zumal 
▼ielfaeh  die  Strategen  ( und  Piytanen )  mit  der  Bule  sich  üi 
das  Geschält  des  ««tiAiXsfoOflii  teilten.  Besser  indessen  will  es 
mir  gefallen,  wenn  wir  grösseren  Nachdruck  auf  die  hier  aus- 
gesprochene Mahnung  legen  und  danach  einen  Hortati v  sta- 
tttiren,  wie  er  schon  von  der  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  an  in 
den  Inschriften  sich  findet  (C.  /.  A.  II  114X.  Wbb).  Es  ist 
aber  misslich,  eine  bestimmte  Formel  als  Prototyp  ft)r  unsere 
Urkunde  auszuwählen,  weil  die  Hortative  in  zahlreichen  Va- 
rianten vorkommen,  von  denen  mir  inhaltlich  noch  am  näch- 
sten verwandt  erscheinen  C.I.A.  II  153  öwoc  [&v  »«{  ol  £XXoi 

toU  «t(  lautov  9iXoT([(AOjU{Acvoic  oder  II  297  Siru^  av  iv>i(«toc 

dem  9aoTitAi{a6at  (oder  ifX(AtXXov  «Ivoti  C.I.A.  II  231.  243. 
320)  konnte  der  Gedanke  an  neidische  Verkleinerung  des  Ver- 
dienstes entstehen  und  daraus  wieder  die  Übersetzung  des 
Arabers,  in  welcher  die  *  Männer  der  Herrschaft*  allerdinga 
unerklärt  bleiben. 

Die  Einleitung  der  Paraphrase  und  der  zweite  Teil  des  De- 
kretes beweisen,  dass  ein  Publikationsbeschluss  das  Psephisma 
endi«»le.  Ich  stelle  hiernach  die  für  das  ursprüngliche  Eliren- 
dekret  erscliiossenen  Formeln  zusammen,  indem  ich  im  voraus 
bemerke,  dass  ihre  Zuverlässigkeit  in  manchen  Einzelheiten 
des  Wortlautes  natürlich  keine  Gewähr  liat: 

-  -  ilzsv  EXd^Y)  'AjjtoTOTiXr,;  NiMiix/O'j  STaysiptTy)?  xvy)p  xyx- 
66;  ECTtv  rrepl  -rov  Sf,|xov  tov  'AOrivaicüv  Axi  rcoisi  öti  Süvxtxi  xyxOov 

XXi  iTTllAlXeiTai  'AOtiVKIOJV    T(I>V  X^tlCV0UU.£VO)V  0>;  *I>l>,tTTOV  7CpXTT0)V 

«yaOöv  ÖTi  S'jvxTXt  AOr.vaio-.;  7:apx  «^I»rAi;t:rou,  SeSö/Oxi  -rtp  SruLCf), 
iTTxivecai  *Api(iTOT£)>T,v  NtKOL/.ä/0'j  ^TxyjifiTT/v  ap»Tt;5  evsjcx  kx\  vj- 
voix;  x,xi  eivxt  xÜtov  -po;£vov  xxi  tüspyEir^v  toO  S/,ii.o'j  tO'j  'AOr,- 
voiiwv  auTÖv  xai  ix^ovou^,  Qvtti^  a.v  xai  oi  dlXXoi  «icavTe;  ^iXon- 


378  B.  DBBRÜP 

Der  zweite  Teil  unserer  Urkunde,  der  historisch  ausseror- 
dentlich interessant  ist,  lasst  eine  Reconstruction  des  griechi- 
schen Originals  schon  deshalb  nicht  zu,  weil  wir  es  hier  nicht 
mit  stereotypen  Redewendungen,  sondern  mit  einer  den  be- 
sonderen Umständen  angepassten  Errählurtg  zu  thun  haben. 
Ausserdem  bat  der  Araber,  der  sich  im  ersten  Teile  ziemlich 
eng  an  den  griechischen  Wortlaut  gebunden  hatte,  hier  mit 
einer  allgemeinen  Paraphrase  des  Inhalts  sich  begnügt, die  uns 
nicht  einmal  erkennen  übst,  ob  sich  auf  der  wiedererrichteten 
Stele  zwei  getrennte  X'olkshescliliisse  befunden  iiaben  oder  ein 
einzelnes  Psephisma,  das  die  Irübere  lihrung  des  Aristoteles 
in  sich  schloss. 

Die  Tliatsacben,  die  der  Rrneuerung  des  Rhrenbescblusses 
vorausl leiten,  sind  durch  den  Araber  jedoch  mit  geniigender 
Deutliclikeil  w  iedergegel)en,  wenn  seine  Darstellung  im  Kin- 
zelnen  aucli  von  der  Vorlage  sich  entlfMnt.  Danach  war  also 
zu  irgend  einer  Zeit  du-  IVulier  dem  Aristoteles  ziiges|)roeliene 
Ehrung  annullirl  worden  Selbstverständlich  ist  nicht  daran 
zu  denken,  dass  dies  gleich  naeh  der  ersten  Rntscbliessnng 
geschehen  ist. wie  aus  den  Worten  des  Arabers  hervorzugehen 
scheint:  und  einer  von  den  Athenern  .  .  .  hatte  sich  .  .  .  von 
ihrem  Beschlüsse  getrennt*.  Die  Inschriftstele  war  vielmehr 
auf  der  Akropolis  autgestellt  und  hatte  hier  schon  .lahre  lang 
gestanden,  als  das  Unwetter  sich  über  Aristoteles  entlud:  denn 
der  als  sein  Urheber  genannte  iiimeraios  ('Aimaraus'  Stein- 
schneider) ist  doch  vvol  Niemand  anders,  aN  der  Bruder  des 
Demetrios  von  Phaleron.  der  während  des  lamischen  Krie- 
ges und  kurz  vorher  in  Athen  eine  Bolle  gespielt  hat.  Er  ge- 
hörte zu  den  enragirtesten  Makedonenfeinden  und  naiim  als 
solcher  Teil  an  der  Anklage  gegen  Demosthenes.  Auch  sonst 
war  er  politisch  hervorgetreten,  da  De  inarch  gegen  ilm  eine 
Rede  in  einem  Eisangelieprozess  verfasste  (  vgl  A.  Schäfer, 
Demosthenes^  111  S.  327).  Aus  den  Inschriften  kennen  wir 
ihn  jetzt  als  tiptu«  toO  IIoffiiSAvoc  toü  QiXayiou  C  /.  A.'  IV,  2 


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EIN  ATHENISCHES  PUOXEMEDEKRET  FUER  ARISTOTELES 


379 


184  Ä  Z.  18.  Nach  dem  unglücklichen  Ausgange  des  laiiii- 
sehen  Krieges  teilte  er  das  Gescthick  des  Hypereides  und  An- 
stonikos,  die  auf  ß*  IVhl  des  Aniipatros  ergriffen  und  hinge- 
richtet wurden  {Schäfer  a.  a.  0.  S.  391/2). 

Die  politische  Stellung  des  Himeraios  passt  also  vortrefllich 
zu  seinen!  Vorgehen  gegen  Aristoteles;  die  Identität  der  Per- 
son wird  ausser  Zweifel  gestellt  durch  die  letzten  Schicksale 
des  Himeraios,  da  in  der  Inschrift,  wie  schon  Baumstark  ver- 
mutete« an  Steile  dee  hier  unmöglichen  Antlnoos  —  *Abthitu8 
(Antinus)'  Steinschneider — gewiss  Antipatros  stand.  Die  enge 
Verbindung  zwischen  dem  Einschreiten  gegen  Aristoteles  und 
dem  Tode  des  Himeraios  existirt  allerdings  nur  in  der  Phan- 
tasie des  Arabers.  Die  Tbatsache  aber ,  dass  die  staatliche 
Ehrung  des  Aristoteles  nach  so  vielen  Jahren  kassirt  worden 
ist,  giebt  uns  sicheren  Aufschluss  über  die  Stellung,  die  die- 
ser in  Athen  damals  eingenommen  hat ;  denn  die  Aktion  des 
Himeraios  Ist  nur  aus  seiner  Antipathie  gegen  die  Makedonen 
zu  erklären.  Aristoteles  hatte  die  Proxenie  durch  seine  Ver- 
wendung bei  dem  Makedonenkönig  sich  erwirkt,  und  offen* 
bar  galt  er  auch  später,  als  er  sich  wieder  in  Athen  befand, 
als  besonderer  Günstling  des  makedonischen  Hofes.Nun  wissen 
wir,  dass  er  im  Jahre  323,  nach  dem  Tode  Alezanders,  Athen 
verllees,  weil  man  ihn  wegen  ««leitet  Tor  Gericht  gefordert 
hatte.  Aber  diese  solenne  Philosophenanklage,  die  j^^egen  ei- 
nen Anaxagoras  und  Protagoras  und  selbst  gegen  einen  So- 
krates  mit  einem  Sehein  von  Recht  erhoben  war,  hatte  am 
Ende  des  4.  Jahrhunderts  ihre  innere  Berechtigimg  verloren: 
sie  war  ein  Anachronismus  geworden,  von  dem  man  nicht 
begriffen  hat,  wie  man  ihn  noch  in  dieser  Zeit  des  sittlichen  Ver- 
falls begehen  konnte.  Unsere  Urkunde  giobt  uns  den  Schlüssel 
dafiir.  Aristoteles  halte  sich  als  überzeugter  Maketlone  poli- 
tisch inissliebig  gemacht,  war  aber  so  wenig  in  die  ÖlTent- 
liclikeit  hinausgelretrn,  dass  man  nicht  recht  wusste,wie  man 
ihn  fassen  sollte.  Darum  grub  man  gegen  ihn  die  Klage  ias- 
6iia;  wieder  aus,  die  schon  gegen  so  manchen  Philosophen 
ihre  guten  Dienste  gelhan  hatte :  ihre  Begründung  war  aus 


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380 


B.  DRERUP 


den  Schriften  des  Aristoteles  leicht  beizubringen.  Und  wenn 
auch  die  Klage  in  ruhigen  Zeiten  keine  Aussiebt  auf  Brfolg 
gehabt  hätte,  so  musste  Aristoteles  bei  der  Verhetzung  der 
Menge  gegen  alles  Makedonische  doch  des  Schlimmsle  be- 
fürchten. Er  verliess  deshalb  freiwillig  die  Stadt  und  nahm 
dadurch  den  Athenern  die  Gelegenheit,  Zii  tU  f tXooo^ i«v  Äjuip- 

Ttfv. 

Nachdem  der  makedonische  Ginfluss  in  Athen  wieder  her« 
gestellt  und  die  Ruhe  wieder  eingekehrt  war ,  dachte  man 
darauf,  die  Spuren  des  gegen  die  Makedonenfreunde  gerichte- 
ten Treibens  nach  Möglichkeit  zu  vertilgen.  Diese  Bewegung 
ist  auch  dem  schon  verstorbenen  Aristoteles  und  seinen  Nach- 
kommen zu  Gute  gekommen,  und  damit  ergiebt  sich  die  Da- 
tirung  des  zweiten  Beschlusses,  die  natQrlich  nicht  auf  das 
Jahr  genau  sein  kann.  Was  seine  Pormulirung  betrifft,  so  fällt 
in  den  Worten  des  Arabers  auf,  dass  die  Stele  errichtet  wor- 
den sei  von  Stephanos  und  zahlreichen  Anderen  mit 
ihm.  Das  steht  dem  athenischen  Gebrauche  entgegen,  der  im 
allgemeinen  nur  einen  Antragsteller  duldet;  zum  wenigsten 
möchte  ich  die  in  älteren  Volksbeschlttssen  vorkommende  yv^- 
{XYi  KXsi<iö(pou  xal  ffuvTtpuTÄviciiv  {C.  I.  A.  IN', "2  \  b)  oder  die 
vvwjAY)  ffTpaTT.yöv  ( IV, 2  We)  zur  Erklärung  nicht  gerne  he- 
ranziehen. Eher  halte  ich  es  für  möglich,  dass  auch  hier  ein 
Irrtum  des  Arabers  vorliegt,  der  etwa  die  namentlich  aufge- 
iVilirleri  ^luaTrpotiScoi  als  Anlragsleller  aiir^elassl  haben  mag; 
duss  (lieser  Zusatz  vom  Jahre  .UU/iS  an  gemacht  werdtüi  konnte 
und  dass  auch  die  Namen  der  luarpöiSpoi  sehr  bald  danach  ui 
den  Inschriften  erscheinen,  hat  W.  Harte!  dargelhan  (Studien 
über  attisches  Staatsrecht  und  Trkundenwesen,  1878,  S.  I6£f., 
vgl.  CI  A.  IV,V  245^.  215  c.  245  209/-^). 

Im  (il)rigen  verweise  iclj  für  die  Fortnuiirung  auf  die  In- 
schrilt  C.I  A.  I\',2  231  b,  der  ein  ähnliclier  Fall  zu  Grunde 
liegt,  wie  der  des  Aristoteles ;  und  zwar  enthält  diese  Stele 
zwei  Beschlüsse  des  athenischer  Volkes.  Im  ersten  Dekret 
(vom  Jahre  323/2)  wird  (I»m-  Sikyonier  h^uphron,  der  sich  um 
das  Büodniss  zwischen  Athen  und  Sikjon  im  iamischen  Kriege 


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filN  AtttBNISCttRS  PROXBNUtDBKBBT  FÜKll  ABlSTOtBLBS  881 


verdient  gemacht  hatte,  belobt  und  unter  Bestätigung  der  ihm 

früher  verliehenen  Privilegien  zum  athenischen  Bürger  er- 
nannt; im  zweiten  Psephisma  (vom  Jahre  318/7)  werden  dem- 
selben Ruphron.  der  im  lamischen  Kriege  für  die  Freiheit 
Griechenlands  kämpfend  üel,  die  von  (h^n  Olii<archen  annul- 
lirlen  Gesclienke  des  atlionischen  Volkes  erneuert  und  die 
Wiederaulrichlung  der  von  den  Oligarchen  zerstörten  In- 
schriftstele angeordnet. 

Möge  ein  «iiitiges  Go.schick  uns  einmal  auch  die  Urschrift 
des  für  Aristoteles  hesclilosscntin  Proxeniedekretes  oder  seiner 
Erneuerung  hescliereii.  damit  wir  die  Auszeichnung  des  Phi- 
losophen, die  wir  joizt  nur  durch  Vermutuni;  erschliessen,  in 
authentischer  Weise  vorn  Steine  lesen  kiiiiiH'ii.  Wenn  die  FJi- 
rung  ihm  auch  nur  wetzen  eines  politischen  Dienstes  fur  seine 
zweite  Heimat  zui^elallen  ist, so  können  wir  uns  doch  der  Er- 
kenntniss  freuen. dass  zwischen  Aristoteles  und  Athen  ein  en- 
geres Rand  heslanden  hat,  als  wir  nach  den  bisher  bekannt 
gewordenen  biographischen  Quellen  annehmen  durften. 

München. 

ENGELBERT  DRBRUP 


UAPAISKHNIA.  IIAPOAOI.  nEPIAKTOI 


Die  Frage  nach  der  Bedeutung  der  «apamitjvt«  scbeint  mir 
bis  jetzt  noch  nicht  erledigt.  Denn  obwol  fiber  den  Ort,  wo 
sie  gestanden,  kein  Zweifel  mehr  möglich  scheint,  so  ist  doch 
nocli  nicht  erklärt,  wozu  sie  gedient  haben.  A.  Müller  z.  B. 
sagt  über  den  Zweck  dieser  zwei  vorspringenden  Flügelbau- 
ten: *die  wenigen  Stellen  der  alten  Scbriflsteller  gestatten  ei- 
nen sichern  Schluss  nicht '  und  auch  Retscb  bietet  keine  be- 
stimmte Erklärung  (Dürpfeld  und  Reisch,  Das  griechische 
Theater  S.  202.  251 ).  Und  doch  glaube  ich,  dass  eine  rich- 
tige sprachliche  Erklärung  genügenden  Aufschluss  geben  kann, 
wenn  man  nur  nicht  meint  in  irgend  einer  Weise  eine  Bühne 
unterbringen  zu  müssen. 

Zunächst  das  Wort  ivaipx<rxT)viov  selbst,  dessen  Übersetzung 
als  *Raum  neben  der  Skene*  (Reisch  S.  298)  mir  nicht  ganz 
richtig  scheint.  Eine  Zusammensetzung  von  ■zx^i  mit  dem 
Substantivum  oxTjvr,  kann  meines  Erachtens  nur  ^Nebenskene' 
bedeuten  so  wie  )capa6upa  =  Nebenthür  (nicht  *  was  neben  der 
Thür  ist*)  vgl.  xapxYOxu-fJia,  itapaO'jpiov,  xapdtöiua,  -asarO^iov 
U.S.W.  \\  iiliieml  iil^t)  -;o7/.r;vtov  die  veränderliche  N  orderwand 
der  oz-rr/n  sellist  sein  soll,  ist  -xcaiicr, v.ov  eine  Nehenskene. 
Dein  \\  orliuute  nach  hahen  wir  also  das  «grosse  Gebäude  als 
eine  j.jrosse  Skene  aufzulassen,  an  deren  beiden  Seilen  je  eine 
Nehenskene  anuehaut  isl. 

Diese  Hi-zeiehiuiuij:  der  l-'luifel hauten  als  Xehejiskenen  kann 
kaum  anth'rs  als  dadur(di  erklärt  werdtMLdass  audi  aus  ihnen 
hervor  IN  isDum  aul'lralen.  An  sieli  wäre  es  al.^d  wahrschein- 
lich, dass  die  i\eheu|jersonen  aus  den  '  .Nehenskeueu  auftra- 
ten,während  die  llaujilseliausj)ieler  als  Hi'wohner  des  Palastes 
u.  8  w  .  aus  der  IMorte  der  llauptskene  in  die  Orchestra  ge- 
langten Wir  hätten  also  zu  untersuchen,  ob  sich  für  diese 
Annahme  Beweise  ünden  lassen. 


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Da  liisst  sich  nun  erstens  wirklich  nachweisen,  dass  sich  in 
diesen  Paruskenien  Thören  befanden,  durch  die  man  in  die 
Orchestra  treten  konnte.  Pliolios,  Etym.  Magnuni  und  Bekkers 
Anecddta  nennen  alle  die  Trapacxr/na:  al  iUo^oi  ai  tlq  rr.v  täyivyjv. 
Selbstverständlich  ist  Txnvrj  hier  von  den  Loxikoi^raplien, welche 
von  dem  griechischen  Thealer  keine  eiu;ene  Anschauung  mehr 
hatten,  einiieselzt  für  das  einzig  richtige  op^rjCTpa,  welches 
sich  hei  Didymos  fand,  der  unzweifelhaft  griechische  Thealer 
kannte;  vgl.  Harpokralion  u.;i  :  ^rxpaixrvt«  ...  6  AiSuao;  roc^ 
ExaTJfüjOev  Tri;  öp/yjTx:»;  s-icSo.: .  .M.so  liaht'n  wir  sowol  Didy- 
mos  wie  jene  Lcxikograplii'n  als  /engen  dafür,  dass  <ler  Haupt- 
zweck jener  riugclhaulen  so  sehr  in  di'ii  auf  den  Scliauspieler- 
plalz  geöffneten  I  liürcn  lag,  da.s.s  sie  sogar  seihst  £110^01  ge- 
nannt w»M(l»Mi  konnten.  Dass  mit  diesen  si'io^oi  die  grossen 
Hauptlliore.  dmeli  welche  das  Puldikuin  eintrat,  gemeint 
seien,  scheint  nur  ganz  undenkbar;  (K'un  wie  könnte  man 
diese  mit  dem  WOrle  -xzxrjK-r.nx  bezeichnen? 

Die  Stelle  des  Ilarpokralion  seheint  mir  nur  verständlich, 
wenn  wir  in  diesen  Paraskenien  Tliüren  annehmen,  durch  die 
man  die  Orchestra  betreten  konnte,  lüntseheidend  aber  ist  mei- 
ner Ansicht  nach  die  Stelle  des  Pollux  (IV.  126)  xotp'  ixinp* 

Tciv  SOo  ^l'yccöv  Tojv  TTtpi  Tr,v  u£irv  iXXat  S'jo  euv  av,  u.ix  tJtaTj- 
puOev;  also  in  dem  grossen  (iebäiide.das  aus  der  mittleren  Skene 
und  den  zwei  Nebenskenen  bestand  waren  meistens,  wie  be- 
kannt.drei  riiuren  in  dem  niitlleren  Hau.  beiderseits  von  die- 
sen drei  Tliuren  aber  beland  sich  noch  je  eine  Thür.  Aus- 
drücklich nennt  Pollux  uns  also  die  Tinnen,  die  wir  schon 
annelinien  musslen.  Bevor  wir  versuchen  Näheres  über  sie  zu 
ermitteln  miissen  wir  erst  noch  eine  Stelle  des  llarpokration 
genauer  betrachten,  wo  er  die  Paraskenieu  bezeichnet  als  ö  Trap* 

Tf,v  (jJtrjvriv  i-o^eXetyatvo;  totio;  txC;  6t;  t6v  äyojvz  Tiapa'jxEuatt;. 
Diese  Worte  scbeinen  mir  z.  B.  bei  A.  Müller  (S.  5!  )  nicht 
ganz  richtig  erklärt,  denn  ein  rcro;  izoStfieiyatvo;  Tai;  eI;  tov 
ocytüva  -y.zx'ZKVjy.i',  ist  nicht  ein  Kaum  fur  die  Thealerrequi- 
siten beslimnil".  sondern  ein  Baum  für  die  V'orbereitung  der 
Spiele,  wü  sich  2.  Ii.  die  Aakleidezimmer  und  dergieichea  be« 


884 


i.  H.  HOLWB»DA  IR. 


fanden.  Wenn  nun  von  einem  tolehen  Ort  eine  Thür  in  dieOr- 
chestra  führte,  scheint  es  mir  uosweifelhaft,  daasauch  sie  sum 
Auftreten  benutzt  worden  sei. 

Wie  diese  Thüre  gebildet  war,  lässt  sich  nach  meiner  Mei- 
nung noch  ziemlich  genau  ermitteln.  Dafür  kommt  in  Be- 
tracht die  schon  angeführte  Stelle  des  Pollux  (IV,126)7rap'i)tA- 
Tip«  hi  T(äv  6updv  .  .  .  aXXai  ^<jo  «Iiv  av  piia  ixaT(p(i)66v,  npo;  «| 
ivip{9tKTot  (rutAff<ffT!Y%Ttv.  Die  PeHakien  sind  an  einer  Tliüröffnung 
aufgestellt.  Ich  gluuhe.dass  wir  also  zunächst anoeb men  müssen, 
es  sei  eine  besondere  Vorrichtung;,  welche  vor  der  ÖlTnung 
stand  und  diese  verdeckte.  Vergleichen  wir  mit  dieser  Annahme 
die  Ansicht  Üörpfelds  (S  in  Fig.  51  zeichnet  er  ein 

'Paraskenion  mit  zweiseitiger  Periakte',  aber  eine  solche  Vor- 
richtung ist  nichts  Anderes  als  rine  um  eine  mittlere  Angel 
drehbare  TUüv,  wie  er  auch  sciion  seihst  sagt;  er  bat  also 
schon  auf  Grund  der  erhaltenen  Uesle  die  Thüre  angenommen, 
welche  wir  Im  i  Im  Schriftstellern  bezeugt  gefunden  haben. 
Wenn  wir  aber  diese  ÜITnung  in  dem  Paraskenion  als  Thflr 
erkannt  haben ,  kann  Dürpt'elds  Fig.  5'?  nicht  ganz  richtig  sein. 
Wenn  man  die  Periakte  so  in  dem  Paraskenion  aufstellt, w  ürde 
fast  die  ganzeOffnung  versperrt  werden  und  es  wäre  unmöglicb 
hindurch  zu  gehen. Pollu.\  sagt  aber  aueli  nicht,  die  iciptaxTot 
seien  in  sondern  «fö<,  d.h.  bei  den  Paraskenien angebracht. 
Nach  ihm  hat  man  also  die  Periakten  ein  wenig  vor  dem 
Paraskenion  anzusetzen,  so  dass  man  aus  den  Paraskenien- 
Ihüren  heraus  und  dann  hinter  den  Periakten  hervor  treten  ^ 
konnte. 

Über  die  Bedeutung  der  Periakten  handelt  Pollux  iV,  131. 
Zuerst  spricht  er  über  Maschinerien,  die  dazu  gedient  haben, 
Götter  u.  s.  w.  von  oben  herab  erscheinen  zu  lassen  (aiüpai), 
dann  läbrt  er  fort:  xaTa6x?;u.aTx  ^  O^icfffutT«  -n  mvax<;  -n<niv 
f^ovTc;  ypoL^xQ  tq  xP^^?  "^^^  Spx^axToiv  xpoo^opouC  jCfltTiSxXXtTO 
^'  irei  Ta;  mpidcxTOu^  opo;  SsixvOvtä  75  ÖxXotTTxv  yj  TcorajACv  t/  aXXo 
T»  TOWöTOv.  Es  ist  hier  also  die  Hede  von  Gemälden  oder  reiva- 
xic  mit  verschiedenen  Dekorationen  bemalt,  welche  auf  die 
mfißXTW,  gestellt  werden  konnten.  Deshalb  müssen  diese  ivip{«- 


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ttAl>*SKHIftA.  llAt*OAOt.  OEMAtTOl 


xTot  etwa  Fräsen  ^ewpsen  sein  mit  f^ewissen  Vorrichtungen  zur 
Aulnahme  von  Dekorationen.  Pollux  IV,  126  erzählt  weiter  über 
diese:  xepiaxTOi"  tj  aev  Se^iä  ri  l;a)  7rö>>£ü);  Sirj^oöca.  AlsO  die 
rechte  Periakle  diente  dazu,  durch  ihre  Dekoration  die  ver- 
schiedenen ürtliciikeiten  ausserhalb  der  Stadt  zu  bezeichnen, 
woher  die  Auftretenden  kannen;  75  Se  irt'px  tx  U  woXscj?,  fxaXi- 
(j-zcL  xi  ex  >tu.£vo<; :  die  linke  zeigte  dagegen  die  verscliiedenen 
Gebäude,  Hufen  u.s.  w.,  die  sich  in  der  Stadl  befanden,  wo 
das  Stück  spielte.  Diese  linke  Periakte  aber  xxi  öiou;  ti  OxXxt- 
Tiou?  ii^xyii  x,ai  izx'i^'  öaa  STCx^OtiTipa  ovtx  ■t)  {iioyxvYj  ^epjiv  Ä$v>« 
vaTsL  Um  diese  Worte  zu  verstehen  müssen  wir  wieder  die 
schon  erwähnte  Stelle  des  Pollux  IV.  131  heranziehen.  Da  wird 
erzählt  von  einer  Art  ar,/xvy),  welche  von  oben  herab  Gölter 
U.S.W,  sichtbar  niaclilf  ;  natürlich  konnten  aber  Meergötter 
nicht  von  oben  herab  wie  \orn  ilinitnel  ersciieincn,  sie  mussten 
also  in  einer  anderen  Weise  auftreten,  als  kämen  sie  aus  dem 
Wasser,  und  hierzu  diente,  wie  uns  unsere  Stelle  lehrt,  die  linke 
Periakte.  Unter  den  /.xtx^Xyjuxtx,  welche  auf  den  Pt'riakten 
angebracht  wurden  nennt  Pollux  auch  OiXxTrav  vi  r oTauov,  wir 
haben  die  Worte  xxi  Osoü;  ts  OxXxttiou;  irrayet  also  wahrschein- 
lich  so  zu  deuten,  dass,  wenn  ein  Meergott  auftreten  sollte, 
dieser  auf  der  linken  Periakle  zwisclien  Dekorationen  erschien, 
welche  Wasser  vorstellten. so  dass, wenn  diese  Seite  der  Periakte 
nach  vorne  gedreht  wurde,  man  plötzlich  den  Meergott  wie 
aus  dem  Wasser  erscheinen  sah.  Die  linke  Periakle  musste 
aber  noch  mehr  erscheinen  lassen.  -xvO'  lax  ir.x/ßtaxtpa.  ovra 
Y)  pmyavf,  <p£p£iv  xS'jvxT£r.  .\uch  liier  werden  wir  unter  ti  ati^avYi 
die  in  IV,  131  unmittelbar  vor  den  Periakten  genannten  aiö- 
pxt  zu  verstehen  haben.  Pollux  sagt  also,  die  linke  Periakte 
diente  erstens  zur  Bezeichnung  von  Gegenständen,  wie  Gebäu- 
den u.  8.  w.  innerhalb  der  Stadt,  andrerseits  aber  auch  um 
Dinge  auf  den  Spielplatz  zu  bringen, welche  zu  schwer  waren, 
um  von  oben  heruntergelassen  zu  werden, oder  die  ihrer  Natur 
nach,  wie  z.  B.die  Meergötter,  nicht  von  oben  herab  kommen 
konnten.  Vollkommen  stimmt  hiermit  überein  was  er  weiter 
sagt:  %i  ^'ifcioTpa^iUv  at  irfp(ot%Toi,Y)  ^^itk  |Uv  «{AitSit  TOicov,d.h. 

ATBBM.  MITTHBILTOIGBN  XXIH.  26 


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966 


J.  H.  iloLWKUUA  iA. 


^enn  die  rechte  Periakte, welche  nur  einen  Ort  ausserhalb  der 
Stadt  bezeichnete,  gedreht  wurde,  so  bezeichnete  das  eine  Än* 
derung  dieses  Ortes.  Das  Drehen  der  linken  Periakte  aber, 
welehe  nur  Gegenstände  in  derselben  Stadt  beieichnete,  und 
aasserdem  dazu  diente  um  Sachen  oder  Personen  sichtbar  su 
machen, gab  natürlich  gar  keine  Orts  Veränderung  an.'AiA^dxf- 
p«t  x^?*^  irtsoLXXAxiww.  wenn  aber  die  beiden  zugleich  ge- 
dreht- wurden,  so  änderte  sich  damit  die  ganze  Dekoration 
an  beiden  Seiten  der  Skene.  Hierdurch  wurde  die  Soenerie 
nach  einem  andern  Ort  übertragen,  d.  h.  der  Ort  der  Hand- 
lung wurde  irerlegt. 

•  Wir  haben  also  folgende  Ansicht  gewonnen :  Die  Paraske« 
nien  waren  *Nebenskenen neben  der  grossen  Skene;  indie- 
aen  Paraskenien  waren  ThQren,  durch  welche  Personen  auf- 
treten konnten.  Diese  Thüren  waren  vielleicht  meistens  durch 
einen  um  seine  Mitte  drehbaren  Pinax  verschlossen,  welcher 
wahrscheinlich,  wie  Dörpfeld  annimmt,  verschiedene  Deko- 
rationen trug,  und  also  wenn  er  gedreht  wurde,  eine  ähnliche, 
nur  nicht  so  grosse  Dekorationsänderung  bewirken  konnte, 
wie  sie  uns  von  den  Periakten  berichtet  wird.  Bisweilen  aber 
standen  vor  den  Thflröffnungen  die  Periakten:  dreiseitige  Ba- 
sen mit  einer  Vorrichtung  zur  Aufnahme  von  Dekorationen , 
welche  bei  Aufstellung  von  «{vaxic  an  allen  drei  Seiten  hohle 
Prismen  bildeten,  aber  auch  an  einer  Seite  offen  (das  heiss| 
ohne  Dekoration)  gelassen  werden  konnten,  sodass  jene  Meer- 
g5tter  Q&d  jene  für  die  (ivixmi  zu  schweren  Gegenstände  in' 
ihnen  Platz  finden  konnten.  Selbstverständlich  haben  wir  diese 
dann  auch  von  passenden  Dekorationen  umgeben  zu  denken, 
und  sie  erschienen  dem  Publikum  plötzlich  durch  das  Um- 
drehen der  Periakte. 

'  Jetzt  fragt  es  sich  aber  noch,  welche  Personen  durch  diese 
Paraskenien  au&utreten  pflegten. 

Wer  die  dörpfeldsche  Theorie  annimmt,  muss  ihm  natürlich 
beistimmen,  dass  die  Hauptschauspieler  aus  den  Skenethüren 
auftraten,  während  der  Chor  und  diejenigen  Schauspieler,  wel- 
che aus  der  Stadt  oder  aus  der  Feme  kamen,  durah  die  «ipotet 


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tTAt»AtkRiftA.  nAl>o&ot.  ntPiAkTOt 

die  Orchestra  betraten.  Unter  diesen  Parodoi  aber  versteht  auch" 
er  'die  zwei  seitlichen  Zugänge  zur  Orchestra,  durch  welche 
die  Zuschauer  das  Theater  betreten  Diese  letzte  Annahme 
lässt  sich  aber,  wie  eingestanden  wird,  nicht  beweisen;  über- 
liefert ist  es  nicht,  nur  hat  man  gemeint  es  aus  einigen  Stellen 
schliesscn  zu  dürfen.  Hauptsachlich  kommt  hier  die  Stelle  des 
Athenaeus  (XIV. 622  b)  in  Betracht.  Hier  spricht  Semos  6  Ayi- 
Xio?  erst  von  den  aÜTo/.xSSaXoi,  dann  sagt  er:  ol  töü^aXXoi  xa- 
Xoufxevoi  TcpoatüTctia  ueÖuÖvtwn  e^ouciv  ....  (riyvi  Sc  Sta  toö  itu- 
Xo^vo;  eiöiXöovTei;  orav  xaTa  jxt'arv  tyiv  opyr^axpav  yevwvrai  i7Ct<jTpe- 
^ouotv  ti;  TO  Otaxpov  u.  s.  w.  und  endlich:  ol  St  oaXXo<p6pot,  also 
eine  dritte  Art,  xpocwrtiov  {xtv  ou  XajiSicvouat  ....  xauv(xxa<  ti 
TCipiSiSXYjai'voi  Traptp^^ovrat  ot  aev  ex  rapoSou,  oi  Se  xaTx  ^ttaaq  ri? 
Oupa;  U.S.  w.W'ie  man  hieraus  sclilicsscn  kann.Tc-jXwv  sei  dasselbe 
wie  xapoSo;.  verstehe  ich  nicht.  Semos  borichlct  vielmehr  voa 
verschiedenen  Leuten. die  verschiedenartig  ausgestattet  in  ver- 
schiedener  Weise  auftreten  Ich  glaube  also  im  Gegenteil  hie- 
raus schliessen  zu  dürfen, die  TräpoSo?  sei  nicht  dasselbe  wie  der 
tt'jXwv.  und  während  ohne  Zweifel  der  :r>jXo)v  die  grosse  Thüre 
für  das  i^iblikum  ist.  muss  mit  dem  Namen  räpoSo;  eine  an- 
dere Thür  gemeint  sein  .  Dies  ist  eigentlich  die  einzige  Stelle, die 
uns  etwas  mehr  über  diese  Parodoi  lehrt ;  denn  bei  Aristoteles 
Eth.  Nie  IV, 1123  wird  iv  r-Jj  Tcxpd^(p  zu  üherset/.en  sein  durch 
'beim  .\uftreten  des  ('hnrs';  wenigstens  geben  diese  Worte 
gar  keinen  Aufschiuss  über  die  Lage  der  -zco^otL 

Ich  glaube, dass  man  dieiripo^ot  zu  erkennen  hat  in  den  mit 
Periakten  oder  in  anderer  Weise  ausgestatteten  Thüren  der 
Paraskenien.  weiche  an  beiden  Seiten  der  Skene  in  die  Orche- 
stra führten,  denn  ausser  den  schon  genannten,  scheinen  mir 
auch  noch  die  folgenden  Stellen  darauf  hin  zu  weisen. Nachdem 
Pollux  IV,  126  über  die  ivapxmiqvt«  und  »«ptaxToi  gesprochen 


*  Aus  der  Stelle  des  Plutarch  Dem.  34  glaube  leb  niobts  sebliessen  zu 

dürfen.  Er  hat  unzweifelhaft  eine  ganz  unrichtige  Vorstellung  vom  grieclii- 
soben  Theater, und  die  Ungenauigkoit  seiner  Schildeninpr  prgiebt  sieb  schon 
aus  dem  Gebrauch  der  Mehrzahl  napöSuv.  [Vgl.  oben  Ö.  34b J. 


388  i.  H.  UOLWKHDA  JH. 

hat,  lanl  er  unmUtalbar  folgen :  tüv  jA^vrot  ««po^wv  ^  {u« 

if  iKvo6(ttvoi  xax«  TTiv  Itcpav  itaut«iv.  Dieses  unmittelbare  Über- 
gehen von  ««pot«)i^vix  auf  «ipo^oi  ist  gewiss  am  leichtesten  zu 
erklären,  wenn  man  sieh  diese  «ipoSot  als  die  Zugänge  durch 
die  «etpamiqvise  selbst  denkt.  Weiter  erklart  sich  auch  das  Wort 
inCol  so  am  leichtesten:  diejenigen,  welche  au  Fuss  kamen, 
konnten  natürlich  durch  die  nicht  sehr  grossen  Paraskenien« 
thflren  auftreten.die  fttr  Wagen  zu  klein  gewesen  sein  werden; 
diese  kamen  also  nicht  durch  die  nxpoSot  in  die  Orchestra, 
sondern  auf  einem  anderen  Wege,  vielleicht  durch  den  icvXäv. 
Ich  sehe  nicht,  wie  man  sonst  das  Wort  iciCof  erklären  könnte. 

Besonders  wichtig  scheint  wir  aber  die  bekannte  Stelle  des 
Demosthenes  (Gegen  Midias  17)*  und  die.GrklärungdesUlpia- 
nus:  xal  oux  ivT«GO*  Itm  ty}(  u^secu^  iXkk  TOtroörov  auT^  nipiiiv 

xaxaxai  TTpiYfxaxa  äaOÖYiTä  fioi  rapiywv  SitTeXeoev.  Richtig  wird 
behauptet  dieGSpi;  bestelle  darin. dass  durch  diese  Handlung  der 
Chor  verhindert  werde  aufzutreten.  Aber  der  Chor  pflegt  doch 
durch  die  xipoSoi  aufzutreten  .  und  wenn  das  durch  Verram- 
melung  der  Paraskonicn,  verhindert  werden  kann,  so  müssen 
die  Parodoi  in  den  Paraskenien  liegen.  In  dieser  Weise  erklärt 
sich  die  Sache  ganz  ungezwungen.  Und  auch  Ulpianus'^  hat  sie 
80  verslanden:  xi  Tcapziic/ivia  ^päTT<i>v:  toOt'  6*tti  i^oippiTTCiiv 
T«{  itti  TTj;  axYivfi?  «tcdSou;  tva  6  /opö;  x-^oLyxx^-mxi  repcivai  Sti 
T«;  e^wOtv  siaöSo'j?  u.s.w.  Ausdrücklich  werden  hier  einander 
gegenüber  gestellt  Eingänge  des  Chors  (also  die  nxpoSoij.wel- 


*  Die  Midiana  fällt  ins  Jahr  354.  Die  Dcino.sllicnesslello  liewoist  milliin, 
dass  aucli  die  älteren  Tbcaterbauteu  aus  der  Zeit  vor  Lykurg  'Nubua^ke- 
nen*  neben  dem  Haaptskenengeblade  hatten. 

*  Ulpixnus  kannte  selbstversländlicli  (griechische  Theater  eben  so  wenig 
au.s  eigener  Anschauung  als  jene  LeNiko^iaphen.  Aiieli  ihm  aber  war  jene 
Erklärung  vun  Rap«axiivta  als  i^aoSoi  sehr  gut  bekuuul,  uuü  zwar  iu  weil  un- 
getrübterer Form.  Wo  jnie  irrtümlieh  it(  t^v  «m|«i(v  eingesetit  haben,hat  er 
Ixt  Tf|(  «xi)vl|«,bei  der  oxi|vi(,  in  der  Nähe  der  «xi)vi|,  was  der  wirklicben  Bin- 
riebtung  der  grieobisohen  Theater  vollständig  entspricht. 


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nAPArXBtffA.  DAPOAOI.  nBPIAKTOI 


389 


ehe  durch  Abschiiessen  der  Paraskenien  gesperrt  waren,  und 
die  grossen  Eingänge  für  das  Publikum,  die  e^wOev  ilaoSoi,  die 
wir  schon  unter  dem  Namen  ttu^äve;  gefunden  haben,  durch 
welche  der  Chor  jetzt  in  ganz  ungewöhnlicher  Weise  gezwun- 
gen wird  aufzutreten. 

ich  glaube  also  annehmen  zu  dürfen,  dass  sowol  der  Chor 
als  die  Nebeoschauspieler  aus  diesen  ff«pa<jxiovia  in  die  Orche- 
stra traten.  An  und  für  sich  ist  es  gewiss  viel  wahrschein- 
licher, dass  alle  Schauspieler  gewöhnlich  unmittelbar  aus  dem 
selben  grossen  Gebäude  kommen,  in  dem  alle  sich  doch  vorher 
angekleidet  haben, als  dass  ein  Teil  der  Auftretenden  den  Weg 
kommt,  auf  welchem  noch  eben  die  Zuschauer  selbst  herein- 
geireten  sind,  und  wo  wahrBcbeinlich  immer  noch  Leute  hin 
und  her  gehen  durften. 

Ich  stelle  mir  also  die  Sache  folgendermasaen  vor. 

An  beiden  Seiten  der  eigentlichen  Skene,  deren  Proskenion 
die  verschiedenen  Häuser  oder  Paläste  der  Hauptpersonen  oder 
dergleichen  darstellte,  war  eine  Nebonskene  angebaut,  in  wel- 
cher sich  die  Garderoben  u  s.w.  befanden. Während  die  einzel- 
nen Hauptschauspiel  er  aus  der  Skene  hervorkamen,  betraten 
die  anderen  und  der  Chor  die  Orchestra  durch  die  TräpoSoi  d.h. 
durch  die  Thüren  der  Paraskenien.  Diese  Paraskenienthüren 
waren  verdeckt  durch  eine  veränderliche  Dekoration  und  die 
Person,  welche  um  diese  Dekoration  herum  auftrat,  schien  von 
dem  Ort  zu  kommen,  welcher  durch  die  Dekoration  vorgestelU 
wurde.  Diese  veränderliche  Dekoration  bestand  vielleicht  mei- 
stens nur  in  einem  grossen  um  seine  Mitte  drehbaren  niva|, 
bisweilen  aber  stand  sie  auf  einer  mptascco«,  was  natiirlioh 
grössere  Änderungen  gestattete. 


Leiden. 


J.  U.  HOLW£RDA  Ja. 


INSCHRIFTEN  AUS  RHODOS 


(s.  oben  XX,  1895.  Ö.  222  ff.  uad  377  ff.,  XXI,  1896,  S.  39  ff.) 

Aus  den  Silzungsprotokollen  des  Musee  Parent  in  Paris 
vom  16.  Nov.  1667  teilt  mir  VV.  Fröhaer  freundlichst  fol- 
gendes mit: 

üne  lettre  (U  SiduMUi^  daUe  du  C  de  ce  mois,  an  nonce 
renvoi,  trds  - prochain^tiP ime  parüe  des  objets  recueiUis  ä 
Kalki  et  ä  Kamiros. 

üne  des  ehambrea  sepulcrales  de  Kamiros  contenaU 
i2  petits  sarcophages  en  marhre  ,  de  petites  dimensions, 
remplis  de  cendres.  Sur  Vun  d'eux  an  lit  le  mot  APOMON, 
les  autres  sont  marques  de  ehiffres.  Une  couronne  de 
feuiües  de  myrte  en  or,  et  une  boucle  d^oreiUe  ä  tite  de 
taureaut  ägedement  en  or,  qui  se  trouvaient  dans  ces  oS" 
sutures ^  ont  €tS  expidi^es  ä  Paris. 

Ich  bemerke  bei  dieser  Gelegenheit,  dass  in  den  /.  G.  Ins,  I 
dorch  Schuld  des  Heraasgebers  folgende  beiden  Inschriften 
ans  Kamin»  fehlen : 

1)  Fröhner,  Melanges  d^^pigraphie  et  d^archiohgie 
1873,  IV  S.  10.  11  =  Röhl,  /.  10  ( (xeXtxotpU«). 

2)  Treu,  Arch.  Zeitung  XL  S.  276,  Grabschrift  des  Rho* 
diers  Onasandros  auf  einem  wol  aus  Kamiros  stammenden 
fileideckel.  -  • 

52.  Dunkler  Stein,  rechts  und  links  abgebrochen ;  Längo 
0,65.  Höhe  0.25,  Tiefe  0,24.  Buchstabenhöhe  0,015;  kleine 
Apices.' Verbaivt  in  einer  Gartenmauer  des  Jadik-effendi  in 
der  Stadt.  Saridakis. 

I  A  N  T  ß  N  P 
I  nPE YZBE 


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IN8CHHIFTEN  AUS  HHODOS 


391 


2  frei  KAITIPE 
O Y  n  ATO  N 
n  A  I  O  Y  Y 

jTov  iiCva  ToO  ^avo?  TrpsdSjüffavTOt  «otI  tov  Äilv«  TCi(A](av  tÖv 
P[ci>(Aai(dv,        7cp6<^u^(j€£[ü<javT0t  -  -  -  «J«,  xai  icpi^i^eudavTa  wotI 

TOV  avJO^KKTov  [tAv  *P«tt(Aaittv  praenomen,  oomeo  llojirXiou  u[i6v 

cognomen  -  - 

Analogien:  LGJns.  I,  48  uod  MiUb.  1896  S.  51  Nr.  48. 

53.  Dunkler  Stein.  Ausser  dem  oberen  Rande  überall  ge- 
brochen. Länge  0,^0,  Höbe0,15,  Tiefe  0,06,  Buchstabenhöbe 
0,02;  starke  Apices.  In  einer  Ackermaoer  too  'Bw^a  o^oias 
Doqu8-8oqaq.  Sarldakis. 

I  E  P  H  I  .  .  .  .  'Icpü  'I[<Ttoc  xflti  Bou]- 

B  A  2  T I .  .  .  .  6affTi[oc  -  -] 

KPATHA.  .  .  .  xp&Tu 'A  - - 

Die  Ergänzung  will  our  eine  Möglichkeit  bezeichnen.  Bu- 
bastis  ausserhalb  Ägyptens  verehrt:  Steuding  in  Roschers  Le- 
xikon I  S.  831. 

54.  Massari  auf  .Rhodos,  Ort  '  ^töv  ^oypz^ov.  Fragment, 
oben  Rand,  sonst  überall  gebrochen.  Abschrifi  von  Aicucu«  *A- 
^•X^iov  aus  Lindos. 

OAHMOZ  OKY0NION 
TEMAXON    ATH  2  A  N 
CZBEYZANTAPPOZ 
''AliZOZKAlA 

TTP/'I 

*0         6  Kti6vi[o>]v 
["AJyi'fia^ov  "Ayujffdevppou] 
[«pjfoßiuffavT«  «po(  [auTOv] 

aal         m1  )[tiia(u«] 
[xal]  TrpffltTQy^oaivT«-  -  -] 


392 


K.  HILLEH  VON  ÜAEHTHINÜEN 


Erfolglose  ßemübungen  der  Rhodier,  Römer  und  Perga- 
mener  um  Kythnos  im  Kriege  gogen  Makedonien  200  vor  Chr.: 
Livius  31 ,  45,  Tgl.  15. 

55.  Fragment  einer  Basis  aus  dunivlem  Stein;  Länge  0,35, 
HüheO,20,TiefeO,15.  Buchstaben  höhe  Z.  1:  0,03;  Z.  "2:  0,01. 
Id  Qjzyl-tepe. 

0  £  O  I  Z  OsoT( 

OAQPOY  -  -  oMpov  [-  -  ifcoEi|m]. 

DaBsZ.  2  den  Künstlernamen  enthielt  ist  sicher.  Man  kann 
an  nXourapx^;  oder  ATipiYiTpto«;  oder  auch  an  'HXiöj^Mpoc  'HXio- 
lApOM  (Löwy,  Inschr.  griech.  Bildhauer  403)  denken,  womit 
natürlich  die  Zahl  der  Möglichkeiten  nicht  erschöpft  ist. 

56-59.  Auf  demselben  Ackerstück  des  Qyzyl-tepe,  wo  BO- 
GS gefunden.  Diese  vier  Steine  gehören  ersichtlich  zu  einem 
Familiengrabe  (Sarida k is).  Es  sind  drei  Geschwister,  von  de- 
nen eines  schon  nicht  mehr  das  heimische  Demotikon  führt, 
und  eine  Anverwandte. 

56.  Stele  von  weissem  ( XsuxoTdcTou )  Marmor,  Uioge  0.70, 
Höhe  1,70,  Tiefe  0,30,  Buchstabenhöhe  0,04. 

API  ATPIOZASANAPOY   *A«dbv)^u 

MArNHZ  M&rwK. 

Man  könnte  an  einen  Schreibfehler — [A]ac[(t]iiTpioc? — den- 
ken oder  auch  an  einen  mit  'Apt~  Zusammengesetzen  Namen. 

57.  Platte  (Stele)  von  weissem  Marmor;  Lange  0.40,  Höhe 
1,20,  Tiefe  0,12.  Die  auf  dem  untersten  Viertel  des  Steines 
eingehaoenen  Buchstaben  sind  0,02  hoch. 

MCNEICPATHZ  MmpAtiK 
AZANAPOY  *A<idvSpou. 

58.  Platte  (Stele)  aus  weissem  Marmor;  Länge  0,35,  Höhe 
0,70,  Tiefe  0,20.  Schrift  wie  bei  der  vorigen  Nummer. 


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1N8CHH1FTEN  AUS  RHODOS 

AZAN  APOY  *A«fevSpou 
MAPNHZZA  Ukfn^nwu 

59.  Platte  (Stele)  von  weissem  (XeuxoTÄTou)  Marmor;  Länge 
0,35.  Höbe  0,75,  Tiefe  0,25,  eiogelasseD  in  eine  Basis  von 
^iseem  Marmor  ohne  Jnschrift. 

APTEMEIZIA  'ApTtiAiMii« 
APIZTOTENOYZ  'ApicToylvows 
MArNH22A  Maywjw«. 

60-61.  Fundort  wie  bei  5fi-59.  Saridakis. 

60.  Koptovi?  (corniche)  >«u)tou  piapiiipov.  ixrxo?  1,00,  tcXäto« 
0,60,  wixo;  0,25.  Tot  YP^fAftciT«  t«i  tni  iwt9«vti*«  xii«  i^^' 
«VK  0,25  «Ä^oCt  c^*  xopttviSo«. 

MENEMAXOYAZKAAPIAAABPYKOYNTIOY 
KYAAPETAAAEZANAPO Y  A  MIA 
TYNAAEMENEMAXOY 

MsvifiLdc^ou  'AoxXaictaSa  Bpuxouviriow. 

61.  Basis  aus  weissem  Marmor,  0,60  lang,  0,50  hoch, 
0,40  tief. 

MCNCMAXOZMENCMAXOY     Miviftaxoc  MfvifuLxou 
BPYK0YNTI02  BpwMiiwt««. 

6S.  Grabaltar  aus  weissem  Marmor  mit  Bultranien  und 
Guirianden.  Fundort  wie  bei  56-59.  Saridakis. 

A  P  T  E  M  ß  'ApTijM* 
SYPAKOSIA  Swpaxod«. 


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SM  r.  BJLun  von  OAnTBtNOBir 

Schwerlich  identisch  mit  /.  G.  Ins,  I  472  TIMH  |  ZYPA- 
KOZIA  (auch  nach  Saridakis). 

63.  Stele  vod  weissem  Marmor,  0,2^  lang,  0,60  hoch,  0,08 
tief.  Fundort  wie  bei  56-59.  Saridakis. 

ANOPAKiON  *A^pce«ov 
XPHXTAXAI  P  E  xP^"*  X«*P»- 

64.  Dunkler  Stein,  Unge(),76,  Höhe  0.26,  Tiefe  0,44;  in 
Massari  (Maoidcp-o)  bei  'Ibtawir]«;  Ka|iic2(7Txvxc  (Saridakis).  Der 
Stein  ist  in  der  Länge  uad  in  der  Mitte  quer  durchgesägt. 

E€.  .  .  h  NEPM  .  TTOAIT  .  .  KAI  E«i....v'Epa[o]7coXiT[a«]  xal 
riLHNA  MAinTIZ  [E]t[p]r)va  Maiöri« 

XPHZTOIXAIPETE  fjfy\<n<i\  xaif  itc. 

65.  'Ex  ßaaeuc 

(Doqus-soqaq).  'E2<i>pvi6T)  uicö  oMo^öpu.  Saridakis. 

APIZTPATOY  'ApioTpÄTOu 
OEYAYTOY  SiuXurov» 
KAPPAOI  O  n  OAITA  KapwaöioTtoXiTa. 

Wie  Saridakis  bemerkt,  jedenfalls  ein  Verwandter  des  /. 
G.  Ins.  I  225  genannten  6£uXjto;  ösuX-jtou  Kap:raöioTo>iTa<;. 

66.  Altar  von  woissem  Marmor,  mit  Bukranien  und  Guir- 
landen.  Aus  Doqus-soqaq,  in  der  Werkstütte  des  Steinarbei- 
ters in  Neomaras  (zu  /.  G.  Ins,  I  180  ff.). 

ATHZIANAZ  'AY^KTtAva? 
ATHZIANAKTOZ  'AYDCiivaiCTO« 
A  P  r  E  I  O  Z  'Apyilo«. 

67.  Ascheokiste  iv  6f9fi  Ma^ivou  icapa  tv]v  "^i^^upaa.  Sari- 
dakis. 


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iNSCRnimN  Ain  khooos  995 

APIZTOAAZ  'ApiOToXa; 
KAEITAINETOY  KXiiT«tv<TOu 
T  H  A  I  O  2  TiiXio?. 

Saridakis  möcJite  hieraus  in  /.  G.  Ins.  I  731,  einer  In- 
schrift aus  (Jem  Heiligtum  des  Apollon  Erethimios  bei  Kami- 
ros,  wo  Ross  KAETTOAAMOS:?  APP:eTOAA  giebt,  KXu- 
[raivsTo?  'Aptl<jT6Xa  herstellen;  dies  sei  ein  Sohn  des  Teliers. 
Bei  dem  engen  Zusammenhange  von  Tclos  und  Rhodos  (zu- 
nächst allerdiogs  Lindos )  ist  solche  Beziehung  sehr  wol  mög- 
lich. 

68.  Stele  mit  Zapfen.  Schöne  Schrift  des  II.  Jahrhunderts 
vor  Chr.  Abschrift  von  Diakos  Adelphiu  in  Lindos. 

t>  i  A I  .  ^iX{[<ixoc  Tou  Siivoc] 
KATATENEZIN  xara  y«vi<nv, 

KATAYO0EZIANA».  »»-ra  6o6i<itav 
PEIZIKPATEYZ  n«taiJcp&Tiu< 
APYITAZ  AputTOK. 

69.  Ti(Ad]^iov  li(tTU(x€iou  7c>ax6(  XfuxoC  (x,appi&pou  TTOtpa  rk  Ko- 

mivoO,  (ftiimc  0«d5,  itXäto«  0,25,  «ix^  0,07.  Saridakis. 

ZEINAF^ETAZ  SiivapiT«? 
.   .      AM(t)ITEAEYZ  'Aja^itiXiu« 
4»  A  r  A  1  A  Z  ««yttiac 

Zum  Demotikon  vgl.  /.  G.  Ins.  I  300; 

70.  Ilapa  T7)v  yt^upav  xi^  H9t»i  'Mopivou*.  Fragment  einer 
Aschenkiste.  Saridakis. 

P  A  T  O  Z  [A«(aA]p«toc 
r  O  P  A  [Euft]r6p« 
M  I  O  S  rA](uoc 

So  Saridakis;  es  sei  der  Sohn  oder  Vater  des  /.  G,  Ins.  1 
253  genannten  E\Mf6f9L  \  Aft(A«f«twi  'A(fcfoiit 


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896  F.  HILLEH  VON  lUEHTHINGEN 

71.  Aschenkiste  in  der  französischen  Schule  io  'AxdtvS£a 
( Saridakie).  Vgl.  /.  G.  las.  1  269  ff. 

T  I  M  O  0  E  O  Z  Tijioeio« 
PEIZIKPATEYZ  nttvtxf^Ttuc 
OYZZANOYNTIOS  euaravouvriiK. 


72.  Aechenkiete  im  Hofe  eines  tflrkiechen  Hauses  in  der 
Sladt,  wo  aueh  Nr.  99.  Saridakis. 

T  I  M  O  0  E  .  .  Tc(t6ei[o(] 
T  I  M  O  K  P  A  T  . .  .  TiffcOJip4T[im] 
0YSZANOY   eumvou[vTtiK]. 

Saridakis  erinneii  an  Ti(MKpA['nKl  T({&oMou  in  der  lindiscben 
Inschrift  /.  G,  Ina.  I  845«25. 

73.  Basis  aus  weissem  Marmor,  0,60  lang,  0,30  hoch,  0,30 
tief.  QyzyUtepe,  da  wo  Nr.  56  ff.  Saridakis. 

AAEZANAPOZ  *AXc^oiv)p(K 
AACZANAPOY  *AXiUvSpou 
K  A  A  Z  I  O  2  KXA«ioc. 

74.  Basis  Ton  weissem  Marmor,  gefunden  in  Doqus-soqaq. 
(Saridakis  nach  einem  Maurer). 

APIZT0kPIT02  'ApiffTÖJcptTOC 
KAEnNAKTOS  KXewvaxTO« 
T  A  ß  I  O  Z  TXöio«. 

Ich  habe  früher  geglaubt,  die  TXwtoi,  welche  auf  rhodischen 
Inschriften  so  liäuiig  vorkommen,  wären  Bewohner  der  lyki- 
schen  SiadtTlos.  Allein  der  Umstand, dass  in  dem  kalendarisch 
geordneten  Namensvorzeichniss  l.G.his.  I  4  TXt^>oi  erscheinen, 
macht  bedeoklicb.uod  die  in  der  avoiYpa^V)  der  Priester  des  A- 


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INSCHRIFTEN  AUS  HUüÜUS  397 

pollon  nOOioc  xai  Kapvttoc  xcti  MuXAvtto«  au8  Kamiros  (Nr.  697) 
genannten  Tloer  können  kaum  etwas  anderes  als  Kamireer 
sein.  Wir  kennen  noch  lange  nicht  alle  Demotika  der  rhodi* 
sehen  Städte.  Also  meine  ich  jetzt,  dasa  Tioe  eine  ktoIv«  K«(u- 
piwv  war,  entweder  Iv  xftt  v&am  oder  iv  T«t  ««cip«»i. 

Blenzan'tepe  (=  Monte  Smith),  jetzt  in  MurpöivoXi«  im  Hause 
des  Maurers  TMbpytoc  KoOux««.  Länge  0,32,  Hfthe  0,10,  Tiefo 
0,10.  Saridakis. 

TIMAKPATH  Tt|ft«xpfttD 
TIMOKAEYZ  Ttf&okXiOc 
TAOIA  TX«(«. 

76.  Dunkler  Stein,  0,25  lang,  0J8  tief,  rechts  gebrochen; 
im  Pflaster  der  Stadt  bei  der  Post.  Saridakis. 

E  P  A  T     Z.  B.  'EpxT[o9devvi<  oder  -o»Xü<] 
r  N  ß  rv<d[,axYöpa  oder  <-9{«] 

A  P  'Ap[Yiio<]  oder  *Ap[KMiKu«]  oder  ''Ap[io(]. 

um  nur  einiges  Nächstliegende  lu  erwähnen. 

77.  Asehenkiste  von  weissem  Marmor,  in  einem  tOrkischen 
Hause  der  Stadt.  Saridakis. 

HPAZAZIOXOY        'Hpa«  'A^iöxou. 

78.  Ti^uLjoi  littTu[x€iou  wXaxo;  XeuxoTdtTOu  (Aapjxxpou'  TtXctTO? 
0,50,  xiyoi  0,15,  TO  ü(|/o?  ilt)  iv  1,25,  iv  Qyzyl-tepe,  iv  oOwfia- 

VlX(j^  XypSt,    K£tU.ev(i)    ^VXVtl  XXi  OU  TCÖppte)  TOO  7CpOtlpT)(AtVOU   ( 8.  Nr. 

59).  Saridakis. 

A  A  K  I  M  f  

AAK .... 

Saridakis  erinnert  an  den  Strategen  'AXxip&wv  'AXxiaTpatou 
/.  Cr.  Ins.  1  50,  13. 


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398  f.  HILLE»  VON  GAERTttINGEN 

T9.  Grabstele,  0,22  lang.  0,4r>  hoch,  0,08  tief,  aus  Mey- 
xa'At].  Saridakis. 


M  ft  r  E  T  A  Z  Mü»y«Ta; 
M  YT  I  n  N  O  Z  MuTtwvo«. 

Zum  Namen  vgl.  Kretschmer,  Einleitung  in  die  Gesch.  der 
griech.  Sprache  S.  332:  MoaytTTj;  Tyrann  von  Kibyra  u.a.m. 

80.  'E^  oiTJoOrixYji  >iuxo'j  piap[iapo'j,  «apa  T<ji  XaTÜTC<j>.  Sari- 
dakis. * 

A  P  Z  I  N  O  H  Z  'ApffwoY)« 
AAEZANAPIAOZ  'A>£;avSpiSo?. 

81.  Basis  {TfiicTZi^x?)  aus  weissem  Marmor,  unversehrt. 
Länge  0,60,  Höhe  0,40,  Tiefe  0,45.  In  der  Mille  ein  oben  of- 
fener Lorbeerkranz.  Inder  Stadt  im  Hofe  eines  türkischen  Hau- 
ses. Saridakis. 

AHMHTPlOY  (Kranz)  A AlKAPN AZZEOZ 

Aio(iir)Tpiou  *AXixapva<iat(i>(. 

82.  TiiLCL-^Oi  >£uxoO  (xappLstpou,  (i>ixo;  0,30,  TcXisTo;  0,20,  wi- 
^0«  0,12,  iv  TYj  'Ayi^  'AvaoTaoicf  (vgl.  LG. Ins.  I  250  a).  Sari- 
dakis. 

M  H  N  O  A  ft  P  M>ivöSo>p[o«] 
AAIKAPNAZ  '  A>ixapva(i[(n{>?] 

X  A  I  P  E  x*^P«- 

83.  Grabaltar  aus  >veissem  Marmor  mit  Bukranien  und  Guir- 
landen.  In  der  Stadt  beim  Grabsteinverfertiger.  Saridakis, 

APNAZZ'S  [i  Silva  'AXixlapvaiol^ 

Z  [yuva  Si] 

N  O  P  O  Z  .         -  -  vopo« 

p  E  [Xaijpi 


iNSCttüimit  AÜ8  RHODM  399 

'£;  69Tio8iqxYi(  iv  T$  il«Tii.  Saridakis. 

-     .ATAOANOPHZ  'AyaOavopiw 
A  P  A     I  A  Z  ApaÄk«. 

85.  Aschenkiste  von  dunklem  Stein;  m  der  Stadt,  beim 
Grabsteinverfertiger.  Saridakis. 

K  P  I  T  a  .  KpiTw[vo<] 
E  ^  C  .  .  »  .  i[dou]. 

86.  AiÖo?  9ai6c  7c«p'  tfxoi  supi<Txö|Mvo(,  U  ToS  ipY^^onofCou  Xot- 

tOivou.  M^xoc  0,?6,  7c>i:T0(  0,18,  «xx^  Buehstabeiihölie 
tuigieichmässig.  Saridakis. 

4>IAoMOY2..  ♦a6|4ov«[o«] 
nA  T  A  P  E  Y  2  .  .  .  neiTotpiuc, 

ÄZTÄlzrnTHPI  'AwaW  2«TDpi- 

AAmAZIAEIoTA  ^ec  M«o((r)tXft[(&}rft  {toi).  . 

87.  Bakranieoaltar,  0,89  boeh.  In  Metropolis  bei  Stama- 
tiosKasulis.  Saridakis  nach  Absebrift  des  Arztes  Oemetrios 
Maliakas. 

AOHNIQN  *AaDv{i«v 
SEA.  .  KEYS  2!i>[iu]Mil€. 

88.  Bukranienailar  bei  Kopaxövipov.  Saridakis. 

MHNOAQPOZ  Mn^öSio^oi 
ZMYPNAIOZ  2|iupvaio«. 

•  89.  Dunkler  Stein,  allseitig  gebrochen.  Grösste  Länge  0,25, 
grösste  Mühe  0.50,  Tiefe  0,?0  Gefunden  am  Orte  Tpsi^MoXoc 
Buchstaben  mit  Apices.  Abschrift  und  mehrere  Ergänzungen 
von  Saridakis. 


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400 


f.  ntuMi  VON  OABRtRlNOEK 


0  E  I  . 


Z  I  KOYTAN 
NOHPQNOZT 

ZEAE YK02K 

OHPANIA 
API2 


M  A  T  E  P  A 
ATHZ  K  AI 


-  täv]  [xaTcpa  -  • 


•  V    0y)pü>vo?  T[av 


-    Mi]  0r!p<i)v  '!«- 


KAO 
A 


-     -     *Apiff[T      -     -  - 


90.  Basis  (TfäiceJ^a?)  von  weissem  Marmor,  0,30  lang,  0,32 
hoch,  0,35  tief.  In  der  Vorstadt  Metropolis  im  Hofe  des  Sta- 
matios  Razulis.  Saridakis  nach  Abschrift  des  Arztes  Derne- 
trios  Maliakas. 


.  .  A0  MEPlAOZErrCNEYZ    [*AY]flt6[«J(ap(Soc in««*^«- 

91.  Cylindrischer  Bukranienaltar.  Zeichnung  von  Oiakos 
Adelphiu  aus  Lindos. 

APHZANAPOS  *AYy)eftv)(>oc. 

92.  Grabstele,  gefunden  iv  Ot'mt  Mapivou  nap  a  tov  «ora- 
|i6v.  Saridakis  nach  Abschrift  eines  Maurers. 

MYPMAK02  MOpjiajco? 
KAITASrYNAI  K  O  2  xal  tä;  yuvaixo^ 

XAPIT  AZ  I  ZT  XapiT[üj<  (?)  •  I<rr[avi««]. 

Xapira;  isl  mir  unwahrscljeinlicli  ;  über  die  Namen  auf  -o) 
Gen.  -w«  8.  Biasa-  Kuhner,  Griech.  Gramm.  I  S.  -455  Anin. 
2  oben. 

93.  Grabslele  von  dunklem  Sicin,  oben  gebrochen.  Lunge 


AI<|)IA0YTABHNOY 


mBGmif  TIM  AD8  BH0D08 


101 


0,92,  Höhe  0,25,  Tiefe  0,08.  Beim  Grabsteioverfertiger  in  der 
Stadt.  Saridakis. 


A  Z  K  A  A  Z  K  .  .     .  'AaxXa;  x[xl] 

APIZTOBOYA.  .  .  'Api<TTÖ6ou>[o?] 

KAIAIOAOTO.  jc«t  Ai6Soto[?  xal] 
<t)IAAAEA<J)0.  *a(fcS£X(poM 

XPHZTOI   ^moxQi  [x«<piTl]. 

Man  kann  auch  an  ol]  |  <I>tXaS£X9o[u]  denken;  doch  weist  /p-n- 
oToi  x°^'p^^<  einen  niederen  Stand,  bei  dem  der  Vater  oicht 
genannt  zu  werden  brauchte. 

94.  MurpöicoXic.  Aschenkiste.  Saridakis. 

APOAAfiNIAA  AxoXXttviia. 

95.  Qyzyl-tepe.  Ascbeakiate.  Saridakis. 

^AMANAZZAZ  Aa|Mivdca«ac. 

96.  Ascheokiste  von  weissem  Marmor,  gefunden  in  Qyzjrl- 
tepe  lOBammen  mit  Nr.  56  ff. 

A 1  O  N  Y  S I  O  Y  Atovvofov. 

97.  Ascheokiste  aus  weissem  Marmor,bei  der  Vorstadt  Me- 
tropolis. 

EYKAEYZ  E&OiSc. 

98.  In  der  Stadt  beim  GrabsteiDTerfertiger.  Fragment  ei- 
ner profilirten  Stele,  Höbe  0,47,  Länge  0,3.i,  Tiefe  0,08.  Sa- 
ridakis. 

EY^AMOS  B6fa|toc 
OXPHZTOZ  4xp^«T&6 
X  A I  P  E  X^^P** 
AnoDi.  imvBiuinteiM  um.  27 


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t.  IIILLBR  VOK  OABRTRINdBN 


99.  Aschenkiste  im  Hofe  eines  tfirkiscben  Hauses  in  der 
Stadt.  Saridakis. 

100.  Aschen kiste  Ton  weissem  Marmor  bei  der  Vorstadt 
Metropolis.  Saridakis. 

OEY^IAOY  eiuf(Xou. 

101.  Viereckige  Platte  aus  weissem  Marmor,  Länge  und 
Höhe  0,05.  Gefunden  in  Mouc^u  £tcvö.  Saridakis  nach  Ab- 
schrift eines  Maurers. 

lOYAlOY  lovXtou. 

102.  'Eft  XtuRoC  Ti(xa^iou  [iap|A.ipou  xuXtvSpixoO,  (AOtpav  kitoti« 
I  673.  *0  XiOo«  fuXä9oiT«t  k»     oCxy  (mu.  Saridakis. 

.YAiÄC  [KjuSte«. 

103.  Bukranienaltar  aus  weissem  Marmor,  0,36  hoch.  Im 
Hofe  des  Stamatios  Kazulis  in  der  Vorstadt  Metropolis.  Sari- 
dakis nach  Abschrift  des  Arztes  Demetrios  Maliakas. 

AAO^IKH  Adto^Ui). 

'Ay.  rittpyiou  to3  ««XotioS.  Saridakis. 

MANEYZ  Mivitx. 

Auch  auf  Amphorenhenkeln:  'AOiivatov  III  S.  229,  109; 
irgl.  J.a.Ins.  I  1345. 

105.  Von  Herrn  Saridakis  wurde  in  einer  Apotheke  der 


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INSCHHIFTKN  AUS  RHODOS 


403 


Stadt  Bhodos  ein  Abklatsch  unbekannter  Horkunft  abgeschrie- 
ben. Das  Papier  ist  0,75  lang  und  0,37  hoch.  Sehr  sfMit. 

EYTYXIAArECToPlAoYXAN 
API  ACKA  +  KAAOTEKNIACKA 
TECKEYACENToAEEProN 
+  ENeAAEIcEINTAI+APICTOKPATHC 
5  ATAeuNYMX 

H-  KAIZU  TlklCeYrAATHCX 

KPATOVCKAIE  YTYXIAChKAINET 

XCVMBITEKNoNoYAICrAPAeHN 

EuTU^ia  'AyccTopiSow  »v- 

TE(T/.£ua9iv  töSc  epyov.  : 
'Ev6iSt  xeCvrat  'Api«TOxpd'n)( 
5  'Aya6t»)vü|i[o'j] 

+  tud  Z«*Tixi(  6-jy3i:(Tr)p)  *Afr,<j[i]' 

xpiTOu?  xai  EOT'jjrtät?  ifj  Jtai  Nex-  -. 
(Eud)u(A(*)^  ^  Tixvov  ow^t(  ykf  a6(«)v[aT0(]. 

Z.  8  ergänzt  von  Wolters. 

■ 

Berlin,  März  1Ö97. 

F.  HILLER  TON  QÄaTRINGBN 


DUE  LEKYTHOI  DI  TANAORA 

Nel  commercio  antiquario  di  Atene  ti  trovayano  nel  188(( 
due  lekytboi  asaai  notovoii,  che,  aeoondo  affermava  il  posses- 
8ore,  eraoo  state  rin venule  iosieme  io  una  tomba  di  Tanagra, 
e  delie  quali  il  signor  P.  Winter,  cui  aiamo  debitori  di  questa 
notizia,  fece  due  Bcbissi,  che  si  oonservano  nella  raccolta  di 
disegni  dell*  Istituto  Gernianico  in  Atene  sotto  i  nn.  354  e 
355.  Deir  uno  dei  due  vasi,  il  piu  importante,  che  plb.  tardi, 
nel  1893,  ebbi  oocasione  di  Tedera  io  stesso,  riproduoo  qui 
alia  tiivola  5, 1  il  disegno  per  me  allora  eseguito  dall'  abile 
mano  del  sig.  B.  Gilli^ron ;  dell*  altro ,  da  me  non  Teduto, 
riproduoo  aUa stessa  tavola  5,  S  lo  sehisso  fatto  dal  Winter*. 
Per  quanto  si  pu6  giudicare  da  questo,  i  due  vasi,  che  banno 
entrambi  la  stessa  forma  ed  aU 
teiza  (m.  0,265)  ooncordano  fra 
loro  anche  nello  stile  della  deeo* 
raaione*.  Sul  davanli  di  ciascuno 
81  Tcde  un*  unica  figura  disegnata 
con  fini  tratti  di  vemiee  nera  lu- 
cida,  abilmente  condotti  ma  un 
po*  in  fretta.  La  figura ,  che  h  ee- 
presse  nella  prima  lekytbos  (v. 
tav.  5,1  adesso  alquanto  sbia* 
dita  ed  anche  guasta  nel  piede  d. 
e  nella  mano  d.,  ma  perfettamenle 
rioonoscibile.  La  foggia  dell*  abito 
Tariegato  la  dice  un  Persiano.  In  testa  ha  la  tiara  coUe  ali 
diaeiolle  e  sYolananti,  di  sotto  alia  quale  fluisoe  suUe  spalle 


*  Qoando  k  pnamü  ptgiiw  tmno  gift  foritte  lo  lehino  del  primo  Ai 
pubblicato  dal  Conze,  ßrabnlitfi  II  Nr.  1U8  a  oonfironto  della  itela  dl  Li- 
sas, lav  n\. 

*  II  beccucuio,  il  manico  c  la  parle  inferiore  del  corpo  sono  neri ;  il  giro 


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DÜS  LBKTTHOI  DI  TANAORA  406 

la  lunga  chioma ;  indosso  porta  una  giubba  cinta  alia  vita  e 
adorna  di  frantic  nell'  orlo,  e  sotto  la  medesirna  un  sottabito 
a  maglia  con  maniche  ed  anassiridi;  ai  piedi  ie  scarpe  asia- 
tiche  a  punta  stretta  e  rivolta  in  su. 

Egli  e  un  arciere;  al  fianco  porta  appesa  la  faretra,  coUa 
sin.  stringe  1'  arco.  ma  insieme  imbraccia  anche  una  pclla, 
arma  di  difesa  concessa  talvolta  anche  agli  arcieri,  come  si 
vede  p.  PS.  nel  Persiano  genuflesso  del  fregio  di  Athena-Nike  ^ 
Inutili  tuttavia  sono  diventate  le  sue  armi,  ed  ei  fugge  rivol- 
gendo  indietro  lo  sguardo  doloroso  e  colla  destra  stesa  implo- 
rando  pieta  dal  nemico,  che,  come  deve  immaginarsi,  lo  in- 
calza  e  gia  sta  per  finirlo. 

Dalla  maggior  parte  dclle  rappresentanze  di  Persiani.  di  cui 
abbiamo  giä  non  pocbi  esempi  nella  ceramica  attica  fino  dall' 
epoca  dello  stile  d'  Epitteto  e  piu  ancora  nello  stile  sevoro  piu 
recenle'^,  la  nostra  si  distingue  subito  per  cio  die  liii  tulta 
I'aria  di  essere  un  excerptum  di  una  composizione  piii  vasta. 
L'  immagine  di  un  guerriero  dell'  esercito  persiano,  forsc  di 
alto  grado,  in  atto  di  fuggire,  nel  cui  sguardo  si  legge  vcra- 
mente  il  dolore  della  sconfitta,  a  chi  non  fara  pensare  a  qual- 
cbe  episodio  della  battaglia  di  Maratona  dipinta  nella  Stoa 
Poikile?  Si  sa  die  nella  parte  centrale,  ossia  nel  poslo  piii 
cospicLio  di  quella  composizione,  era  espressa  appunto  la  fuga 
dei  Persiani^;  e  quesli  noo  üguravaoo  soli  ael  trambusio  ma 


estoriorc  del  jiicd*'  l  imane  y\A  colore  naturale  dell'  argilln,  e  cosi  pure  le 
spaile,  sopra  le  quali  uoll'  uiiu  dei  casi  6  dipiula  a  vernice  una  corona  di 
foglioliae.  oell'  altro  tre  patmelte.  Le  figure  sono  eseguite  soprft  Ul  soUta 
ingubbiatura  birnet  del  corpo;  in  alio,  in  ambedue  i  easi,  eorra  un  mean- 
dro  sempliee;  i  due  grappi  latendl  di  palmette  ei  trovano  solo  nella  prima 
lekylhos. 

^  Le  Bas-Reinach,  Voyage^  Architecture  lav.  9;  Bauineislcr,  Denkmäler 
tav.  25  tig.  1!38  (prima figura  as.).  Cf.  Herodot.  VII, 61  »gg.  Veggasl  poi 
la  stela  di  Lisa8,ricordala  alia  p. 404  nota  t  ,e  gli  altri  escrapi  citali  dal  Conze. 

'  V.  il  piatto  in  Klein.  Lieblingsinschriflen^  p.  87,  lig.  2'2  .  Jahrbuch  des 
Inst.  Ill,  1888,  tav.  4  (figure  isolate).  Scene  di  baltaglia  iu  Gerhard,  A.  V. 
teT.  166;  Hartwig,  MtUlnt^Un  Ut.  55  ig.;  (kA,  of  vom  in  Ui»  BrMsh 
Mut,  III,  B  S83  eoe.  Cf.  in  gwior«le  Hariwig  I.  dt  p.  519  et  524. 

s  Pamaa.  1, 15, 4. 


406 


L.  BAVIGNONI 


fnmmisti  agli  insecutori  io  modo  da  formare  varii  gruppi, 
come  si  desume  dalle  aeguenti  parole  di  Hiroerios:  oOir« 
TOlc  anoۊoi  euviixKryov  (gli  Aleoieai)  nai  ivapcvr^xa  itplmyro' 

Se  mentalmente  si  compleli  la  rappresentanza  della  nostra 
■lekythos  coUa  fi^ura,  qui  omessa,  dell'  insecutore.  ci  parra  di 
avere  dioaozi  agU  ocelli  uoo  di  quogli  episodi  dipioti  nella 
Stoa.  E  non  senza  ragione.  Lo  stile  del  vaso  (  lieiun  po' piu 
progredito  di  quello  della  tatsa  di  Codro,  ci  riporta,  secondo 
i  leoenti  studi  del  Graf  ^,  verso  il  460  av.  Cr.,  cio^  appunte 
neir  epoca,  in  cui  le  pitturc  di  Polignoto,  di  Micone,  di  Pa* 
neno  eec.  fanno  furore  in  Atene  ed  inspirano  anche  la  deoo- 
razione  dei  prodotti  ceramici.  Ed  infatli  si  puo  sorprendere 
anche  qui  un  po'  dell'  vfio^  polignoleo  nell'  espressione  del  do* 
lore  e  dello  scoroo,  che  anima  la  fisionoroia  del  fuggitivo,  e 
Delia  caratteristica  del  barbaro,  che  qui  e  nobile  e  dignitosa. 
a  dififerenza  delle  rappresentaDze  piü  anlicbe  su  vasi  dello 
stile  severo,  le  quali  perporre  in  evidenza  specialmente  ledi- 
TCrsitä  della  razza  rasentaoo  talvolta  la  caricatura^.  E  note* 
Tole  poi  il  disegno  della  testa  non  di  profile  ma  di  terzo,  che 
viene  di  soli  to  eviiato  nella  pittura  vascolare  piü  aniica*.  roa 
si  ritrova,  sebbene  in  una  forma  anoor  dura,  nel  celebre  cra- 
lere  orvietano  coi  Niobidi.dove  codesto  particolare  e  atiribuito 
appunto  ad  ioflueoza  della  pittura  monumentale^,  r^ella  stessa 
veduta  ed  anche  con  aoaloga  caratteristica  dignitosa,  ma  tuita* 
Tia  senza  espressione  patetica,  si  presenta  il  Persiano  dipinto 
Bopra  un  ar^bulloa  di  Berlino,  che  giä  il  Furtwängler  sospettd 


4  Cf.  Wacbsmalh,  Stadl  Athin  II  p.  505  «gg.  e  Robert,  MttnMmueMaeht 

p.  16  0  18. 

2  Die  Zeit  der  Kodrosschaie  in  Jahrbuch  des  Inst.  XIII,  1898,  p.  65  sgg. 

*  Gf.  L6«7,  Jahrbuek  «Im  /iwt.  III,  1888,  p.  139  «gg.;  HeU»ig  in  Sitsungs- 
berichle  der  Akademie  su  München  1897,  II  p.  283. 

*  er.  Hartwig,  op.  cit.  p.  163.  I  prioii  esempi,  nelie  tazie,Mnio  eiubiti  da 
Onesimos,  ibid.  p.  544. 

«  Of.  Beben,  Annali  dell*  IitiUito  1882  p.  273  sgg.  Winter,  JUnyen  ßU* 
Foftn  p.44.P,Oirani,  U  craUn  d^Oni§to  iüMmummU  frees  U  a-.  t$^.7  ggg. 


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OUS  tRKTTHOI  DI  TAlfAORA  107 

derivato  da  una  grande  composizione  ed  il  Robert  non  du- 
bito  di  ammettere  ueila  sua  ricoatruzione  della  Maraihono» 

machia  ' . 

Se  quindi  h  lecita  la  congettura  che  il  presente  disegno,  dal 
sentimento  cosi  fine,  rifleUa  un  particolare  di  una  delle  grandi 
cornposizioni  in  parola,  e  forse  precisamenle  della  Maratho- 
nomarhia,  possiamo  aggiungere,  come  ulteriori  confronti,  al- 
cuni  monumenti  della  plastica,  nei  quaii,  per  quanto  varia- 
mente  distant!  di  tempo  dalle  opere  della  citata  piltura  mo- 
numentale, sono  state  riconosciute  reminiscenze  della  mede- 
sima.  Cosi  due  delle  figure  di  Pcrsiani  scolpite  nel  fregio  del 
terapio  di  Athena  Nike  sono,  se  non  uguali,  cento  non  molto 
dissimili  da  quella  della  lekythos^;  ed  una  somiglianza  ancor 
maggiore  riscontrasi  pure  in  un  guerriero  asiatico  fuggente 
del  Monumento  delle  Nereidi^  ed  in  una  delle  Amazzom  Ü- 
gurate  nel  fregio  di  Figalia*. 

La  seconda  lekylhos,  che  si  vede  riprodotta  alia  lav.  5,  2 
81  fa  notare  principalmente  per  il  nome  fin  qui  sconosciuto  di 
un  favorito,  che  per  altro  e  frammentario  e  di  non  sicura  re- 
stituzione :  si  potrebbe  coQgeUurare  ua  Me|jia]TOc  o  Mi[vi)cic]o( 
od  aoche  Mc[Xdtvu]ffoc  xaXoc 


<  Arck,  AnMiiffer  1889  p.  92.  Nella  UtTola  del  Robert  ö  potto  MoaQlo  alle 

navi. 

*  LeBas-Reinach  I.  cit.  tav.  9,D:  10,  F= Baumeister  Uli.  25,  1938  fl- 
gura  seeoada  a  d.,  1939  figora  prima  a  s  Si  rioordi  il  particolare  della  fa- 

rctra.  che,  se  manca  a  qucsle  due  figure,  si  Irova  nell'  allra  dello  stesso 
fregio  citata  sopra  p.  405  nola  1.  L' accurata  riproduziune  del  costume  e 
dell'  armatura  barbarica.  cosi  qui  come  nella  nostra  lekjthos,  puo  essere 
messa  in  rapporto  eolia  luddetta  pitUira  monumentale,  della  quale  fonie  ti 
serVi  lo  Stesse  Erodoto  nella  sua  partioolareggiata  deseriiione  del  lib.  VII, 
61  sgg.t  cf.  RobiTl,  op.  cit.  p.  18. 

*  Muuumeati  dell'  Isliluto  X  Uv.  13,  II,  22. 

*  Overbeck,  Ptastik*  fig.  131.  Ost  18. 

*  Nelto  sebiuo  del  Winter  lo  spazio  tuoIo  presenta  indizi  di  Ire  lettere, 
ma  forse  pud  csscrvi  poslo  anche  per  il  suono  o  tra  la  terzullima  lettera  e 
la  precedentc.  I/ultiiua  sillaba  potrebbe  essere  toe  oppure  (x)os.  Dei  nomi 
qui  sopra  pruposti  nessnno  sllrova  traquelii  eonosointi  difavoriti;  solo 
MiUvvmc  8  il  noma  del  padre  del  faTorito  A(f  iXes  ( Klein,  UOUngsituchnf' 
tM  *  p.  159  Bg.).  II  nome  MiXi|tot  (ibid.  p.  167)  sembra  troppo  breve. 


IM  L.  SATIOMOlfl,  DÜB  UXTTBOt  DI  TANAOBA 

Quanto  alla  sua  decorazione  il  8ogp;etto  h  abbastanza  co- 
mune  nella  ceramoi^rafia :  una  Nike  clie  vola  verso  un'  ara 
ardente  portando  un  cesto  con  Offerte.  Una  Nike  simile,  seb- 
bene  con  attributo  e  movenza  dilTerenti,  e  ({uella  dipinta  bo- 
pra  una  lekytlios  etlita  dal  Benndorf,  che  il  Winter  crede 
eseguita  dalla  stessa  mano  che  ha  disc<;naio  il  Persiano  della 
nostra  prima  lekythos,  come  egli  si  espnme  nella  nota  mano- 
scritta  aggiunta  alio  schizzo  della  medesima^.  Ed  invero  in 
ambedue  abbiamo  una  figura  contenuta  tra  due  coppie  di  pal- 
malte  chiuse  tra  viticci,dai  quali  si  slaccano  delle  piccole  vo- 
lute, come  negli  esempi  proposti  dal  Winter  stesso  nel  Jahr- 
buch des  Inst.  VII,  1892,  p.  109  sgg.,  oolla  differenza  che, 
meotre  in  questi  le  vediamo  svolgoni  organ  icamente  dai  yi- 
tioci,  oei  due  Tasi  in  parola,  e  apeeialmeole  nel  primo,  pel 
disegno  meno  correlto  hanno  la  sembianza  di  cose  appiceicate. 

Le  noBtre  due  lekjtboi,  che  da  quanto  si  h  detto  apparisce 
eeseie  uscile  da  una  medesima  fabbriea,  fuFOOO  inoltre  rinve- 
note,eome  in  prineipio  si  disse,  in  una  tomba  medesima.  Che 
questo  sia  un  mero  case?  O  che  piuttosto  un  nesso  ideale  esi- 
8ta  fra  le  due  figure  eolitarie  della  Nike  e  del  Peraiano  fuggi- 
tiTO,  espressione  compendiosa  ed  allusiva  della  sorte  toccata  a 
ciascuna  delle  parti  avversarie  e  bella  testimonianza  del  pa- 
trio  senlimento,  che  i  reoenti  faUi  gloriosi  avevano  ravvivato 
fra  i  Greci  ?  Sarebbe  per  aventura  una  eombinacione  di  con- 
cetti, il  cui  riscontro,  in  una  forma  solenne,  eta  su  gli  spaltt 
dell'  Acropoli  nel  bei  tempielto  di  Athena  datrioe  di  Tittoria 

Roma. 

LUiai  SAVIQNONI 


«  Grieeh.  und  sie.  Vasenbilder  tat.  19,  3. 

'  Egli  attribuisce  alia  stessa  mano  anche  la  lekythos  gia  del  Poiytechnioa, 
male  pubblicala  da  Dumont-  Cbaplaia,  Ciramiques  l  tav.  il,  ed  un'  altn 
eon  un  guerriero  cbe  cade  a  terr«,da  lui  Tedata  nel  negotio  «iMiiaBe  Miwrva, 


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DIB  800BNANNTB  HETARBNINSCHRIFT  AUS  FAROS 


Obgleieh  es  mir  nicht  gelangen  ist,  die  Schwierigkeiten  in 
lösen,  welche  die  sogenannte  Hetareninschrift  aosParos  in  den 
för  ihre  Bedeutung  entscheidenden  ersten  Zeilen  bietet,  glaube 
ich  doch  die  von  mir  in  den  Archäologisch -epigrapbischen 
Mittheilungeo  aus  Osterreich  1897  S.71  in  Aussicht  gestellten 
Berichtigungen  su  dem  von  Erich  Pemioe  in  den  Mittheilungen 
des  athenischen  Institutes  1893  S.  16  vorgelegten  Texte  nicht 
länger  snrQck  halten  in  dürfen.  Sie  sind  zahlreich  genug,  um 
einen  neuen  Abdruck  der  ganzen  Urkunde  zu  rechtfertigen  *. 

Wie  ich  einer  Mitteilung  entnehme,  die  Herr  Michael  K. 
Krispi  seinerzeit  an  die  griechische  archäologische  Gesellschaft 
in  Athen  gerichtet  und  mir  Überlassen  hat,  ist  die  Inschrift 
▼or  ungefähr  achtzehn  Jahren  bei  dem  Abbruche  des  Hauses 

des  AT)|xiQTptoc  Ma>paYT«KV)(  iv  6l«tt  Xilapa  irap«  T&v  ««>atov  v«ov 

tAv  *Ay<mv  'Avapyupttyy  in  Parikia  auf  Paros  au%efunden  wor- 
den. In  zwei  Stücke  gebrochen, an  deren  Rändern  in  den  Zeilen 
30  bis  22  einige  Zeichen  verloren  gegangen  sind,  bildete  der 
Stein  einst  eine  Stele  von  0,62'"  Hölie,  0,32  Breite  und  0,065 
Dicke  Die  Schrift  ist  zwur  etwas  ungleichmässig  in  Form  und 
namenllicli  Grösse  der  Zeichen,  aher  sor<ifältig,  und,  mögen 
aucli  einzelne  Stellen  minder  leicht  zu  lesen  sein,  im  Allge- 
meinen sehr  gut  erhalten.  Mit  ausgesprochenen,  aber  massi- 
gen Apices  versehen,  scheinen  mir  die  Buchstaben  —  ich  er- 
wähne z:  mit  schräger  Verbindungslinie  Z.  23.  27.  31  f.  — 
sicherlich  in  vorchristliche  Zeit,  das  erste,  vielleicht  auch  noch 
das  zweite  Jahrhundert  zu  weisen.  iMeine  Lesungen  beruhen 
auf  wiederholter  Prüfung  eines  Abklatsches,  den  ich  im  Jahre 
1897  von  der  Inschrift  nahm,  nicht  auf  erneuter  Vergleichung 


4  Vgl.  Oh.  Michel,  Awwif  tf^inwrüpMöiM  grecqm  Nr.  IQOO  (oar  jS.  % 
bis  31). 


410 


A.  WILUKUM 


des  Stoiaet  telbit,  da  für  dteae  mein  damaliger  AofenthaU, 
lonSohst  der  mflhevolleo  BnUifferuDg  des  oeueDtdeckteo 
Bmehstaekei  der  Marmorehronik  gewidmet,  keine  Zeit  bot. 

Auf  eine  neue  Wiedergabe  der  ganieo  Inschrift  in  epi- 
graphischen  Charakteren  glaube  ich  verzichten  ui  können, 
und  unterlasse  auch  eine  zeichnerische  Wiedergabe  der  kriti- 
schen Stellen  in  ihrem  Anfang:  diese  dOrfen  wir,  nach 
erneuter  Prafung  des  Steines  selbst,  in  der  Sammlung  der 
parischen  Inschriften  zu  finden  erwarten,  die  Hiller  von  Gär- 
tringen vorbereitet.  Pttr  unsere  Zwecke  genügt  eine  Wieder- 
gabe der  ersten  vier  Zeilen  in  Majuskeln  und  des  Ganzen  in 
Umschrift. 

•  iVA  II  t  I  I  I  .  I 

EFAPXoHTOZeeo^PoHoZToY^ei^A 

H  O  Y  H  E /t  IC  O  P O  Y  H  TOZ  AK  E  2  I O  2 

K  A  I  Z  O  1  ZT  PaTZI  EPHZEAonEYZCH 

S]a>ff[Tp  

vou  viwxopoGvTo;  'Axl<noc 
xat  SotdTp . .  { ?  {ipY5;  iX6Y»uo«[v 
5    itc  lm<rxiur)V  tt)c  xpTfjvYi;  xal 
TOÖ  ßwjxoö  xal  Tou  O(x>äu.o'j 
MuXXi;  X4p75TO;  E  IIvjto)  Eüayö(pou) 

E  MvTQciov  Tiu.'ir;<5i(o'j)  □  'A^TCOtii*  Tii(J7)(vopo;)  Q 
10    IlattXapjrU  TiuTj(vopo;?)  F  'l>i[li]'7'ix  Tia-nat(ou)  C 

'EpaciTcxT/  'ApyjXio'j  E  MiXiviov  MvY5itt(7TO'j;) 

C  MuXXi;  KpiT(i)(vo;)  T  Ti[jiap£Tr)  Ti(X-r)(ji(ou)  C 

'EpaaiTCWT)  Mvy)(<iiou)  C  MdtXQiov  'ETCi4va(xT0{)  C 

MdcXOiov  4>iXcü(vo;)  E  ^tXuTW  Fopyou  E 
15   'AlpTciXn  npo-jOt^vo'j)  C  Ili)cw  Tiai(p)'ou)  F 

4>]avoSi)cr,  nip(i)(vo?)  F  MiX6iov  Ilpoa6i(vou) 

A]  Il[pJ(i)T<o  Mvyi((Tiou)  F  TiaaptT?]  TopyGu  E 


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DIE  SOGENANNTE  HETAKRENIN8CHRIFT  AUS  PAKOS 


41< 


.]  TifiaptTT)  'Eicidtva(xTO?)  B  'EpadtTTrj  Kpa(T(vou) 
20     3   Apyii;  'Ap/iT{((i.ou)  B  4>puvtc  KXl[i(viOu) ?  A 

rjopyt;  KX»o[8yi(jjLoy)]  A  Ti(A7i<TapWT[Tj . 

'A]<Ticoiota[Q?]aTTdc(      )  B  EEatov  Af^i(xpdc'cou)  B 

KX(0?xp]tTt)  A  Zw^ifitj  A  'AyXaU  " 

npjuTtt  'AXx<(ou)  r  'Amd«  'AXi^s(vaeou)  AA 
?5    rXoxivvx  B    IlaTpo^Oia    $tX(a(«oc)  T 

'A[i3]7ra[9]ia  [NJixay^f^v)  ^  2ii»Tftpei  diQ({A«i«0()  S 

II[a](Sap;^U ' Ap;^l(ou)  P  Zuvtpi  A{^p((ou)  A 

E]Z«iov  8foSü(pou)  B  SttTpM  'A)U9toc  A 

.%]x^ihz  A   KXioxArpa  S 
30  'Ayxyjinen  Mt)Tpo(topou)  A  Euvipiipte  rXu()Uftvoc)  [j||f 

Aio]t((&vi  Zot(Xou)  S  Aoci«  Mvii(«iov)  A  ZuvijAt) 

.  .  .  .S](i|Mt  'Pd(S«*vo()  A  npi*T[u]  A  Zweijyi 

 =  *AyX«U  6to(T{(Aou)  S  *0(iiXi«  KaX(X{ou). 

.  rXuit]lpai  KftX(Xtou)  s  Euyivft«  A 
35   IM  S  'Ani-m  np«(CM  S-  EX[i 

 *H]au^tov  Euv)(u(pov)  A  *üp«{« 

 *a  'Axl«to<  A 

Die  in  der  ersten  Zeile  erhaltenen  Reste  hat  Ptomice  in  sei- 
ner Umschrift  nicht  berücksichtigt.  Die  Lesung  I](.)9[Tp-  zu 
Anfang  betrachte  ich  als  gesichert;  die  gegen  die  Mitte  der 
Zeile  zu  sichtbaren  Reste  weiterer  acht,  höchstens  neun  *  Buch- 
staben —  die  zweite  Hälfte  scheint  frei  geblieben  zu  sein  — 
entziehen  sich  für  mich  wenigstens  vorläufig  zuverlässiger 
Deutung. 

Z.  ?/3  steht  Afifxjvou,  nicht  Ativ(ou  auf  dem  Steine.  Zudeib 
begegnet  derselbe  Mann  in  der  von  Th.  J.  Olympics  im  *AOq* 
veuov  V  S.  32  veröffentlichten,  mir  auch  in  einem  Abklatsch 
Herrn  Dr.  O.  Rubeosohns  vorliegenden  Inschrift,  wenn  ich 
richtig  ergänze: 

*  EtniRe  andentiiche  Linien,  die  der  Abklalseh  ntch  den  ferseiehnel«a 

Resten  über  dem  ep  der  nächsten  Zeile  zeigt,  tiahe  ich  in  den  Abdruck 
nicht  atifzunehincn  geuau't:  ol)  sie  allenfalls  Buchstaben  angeböien,  lAsst 
sieb  nur  vur  dein  ölcia  fe:>l-'>lcilcu. 


412 


A.  WILHELM 


pa*  .  .  .  .]  uTcep  Täv  uU&v  At^vftv 
Kai  B(oSil»p]ou(?;  'Ao»Xt)«i^  Mti 

Der  Name  (vgl.  z.  ü.  Aii*piT7j;  Tr.vio?  C. /.  .4.  II  812  b.l«) 
kehrt  auch  auf  einem  Steine  wieder,  den  M.K.  Krispi  in  dem 
Berichte  der  £w«yy*^^>^^  ^l'^^^  1816/78  S.  1,  pic('  herausge- 
geben hat: 

X]a[p}ixXYk  Ai(<pi:vou  Tn«- 

S«MTpdTOV 

*Af  poS(]TCt  xflil  IBpMri 

ferner  in  der  Inschrift,  die  ebenda  1878/80  S.  156  abge- 
druckt ist  CG^ceXo;  Aitfibvov)  und  in  einer  noch  unveröffent- 
lichten Inschrift.die  mirkOnlich  durah  freundliche  Mitteilung 
dieses  Yerdienten  Gelehrten  bekannt  geworden  ist. 
In  den  TrOmmem  der  Kirche  'Ayi^i  Bio^Mpot,  eine  Stunde 


•  &t6t*apoi  Olyinpios.  GIcicharlige  Weihungen,  auch  in  dem  Ausdrucke 
Obereinslimmend,  C.I.G.  m%  {vgl.  S.  249.  UBas,  lies  mi>\,  23»«,  2397b, 
B,0,a,  \Vn  8. 134  Nr.  44-48  (naeh  Oyriacus).  Athen.  HitUi.  8. 409 
Nr.  I!,  MouaE'ov  EuaYT.  S^o^^fls  1876,78  8.  3.  7, 'AOiivaiov  V  8.  31  Nr. 
21.  22.  Die  Inschrift  Nr.  '31  vcrmaj?  ich  in  bes.serer  Alischrift  vorzulegen. 
In  einem  verfallenen  Kirchlein  in  der  Gegend  Aspriäs.  drei  VMcrlelstuadea 
•Qdlicb  Ton  Parikia,  ist  reebts  Ton  der  Thfire  Terkehrt  eine  Platte  weiuen 
Marmors  eingemauert  iO,(  i  hoch,  0|50  breit,  linkeAnsobintsIlicbe);  in  einer 
Umrahmung  »tebt  die  Inschrift: 

Zt&oi|jLoc  Ati>[poO<eu 
«(•II  'I«i4<  £s6tlw(v«« 

(nctp  TO'j  utoü  A[(i>poOfow 

Z.  2  i<  als  Abkfirrang  für  luA  auch  in  einer  noeb  onverSirenllidilea  In- 
schrift, die  ich  1897  im  Besitze  des  Arztes  Nikolaos  Russos  fand. 

Zu  l]a66{wv  Vgl.  W.  Schulze  iu  Kuhns  Zeilschrift  33  8.  380. 
3  So  ist  wul  für  das  mir  unverständliche  T.iiXov  lu  lesen.  Tsia-  mag  zu 
Tiiaapx.o(  oder  Ttiviivcup  ergänzt  werden. 


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biB  SOGENANNTE  HETaBRENINSCHHIFT  AUS  PaAOS 


413 


von  der  Südküste  der  Insel,  finden  sieh  nämlich  unweit  eines 
alten  Friedhofes  und  der  Mauern  einer  alten  Ansiedelung,  un* 
ter  anderen  bearbeiteten  Marmorblöcken  und  Resten  einer  echft- 
nen  Kalymmatiendecke  zwei  einst  zu  einander  gehdrige  Stocke 
eines  marmornen  Architraves, das  eine  0,87"  lang,  noch  ver- 
mauert, das  andere,  jetzt  freiliegend,  0,62"  lang,  beide  0,45" 
dick,  0,15*  hoch.  Das  zweite  Stück  trilgt  folgende  *  schön  ge- 
schriebene und  leicht  zu  lesende'  zweizeilige  Inschrift, die  ein- 
zelnen Worte  durch  freie  Zwischenräume  getrennt.  Nach  Kri- 
spis  Abschrift: 

Oer  Finder  ist  geneigt,  die  Inschrift  dem  zweiten  Torehrtst- 
lichen  Jahrhunderle  zuzuteilen ;  seiner  Abschrift  nach  wQrde 
ich  sie  far  etwas  jünger  halten.  Aber  in  dieKaiserzeit  braucht 
man  wegen  des  einmal  deutlichen  l-l  und  des  E  neben  H  und 
E  keineswegs  hinabzugehen ;  dass  sich  i-l  schon  auf  dem 
Steine  mit  den  Briefen  der  Attaliden  (Areh.  -  epigr.  Mitth. 
VIII  S.  95 )  findet,  habe  ich  in  eben  Jener  Zeitschrift  XVII 
S.44  bemerkt.und  bin  daher  auch  nicht  aberraBcht,die8erForm 
in  einer  so  ausserordentlich  eleganten  Inschrift  meJ.G.Ins.  III 
201  ( Asiypalaia)  zu  begegnen.  Agone  erwähnt  auch  die  leider 
verstümmeile  Inschrift,  die  Olympics  'AÖrjvaiovV  S.  29  ver- 
öfiTenllicht ;  ich  bin  versuclit  zu  ergänzen : 

"Ap^JovTo;  ....  TOU  .  .  . 
yujavaoiapyo'jvTO;  .  .  . 
.  .  .  ou'  TOu;Se  tou;  afycivn 
...  pxTüjv  AtTypwvo?  [t<JT|- 

&vSpa]{  3öXt^ov  x«i  .  .  . 


*  Die  Lesung  bleibt  unsiober; . . .  io.i);  giebt  Olympics  Äbicbrift. 


414 


A.  WILHBLII 


Der' Agon  'Aico^Xuvuia  bat  seinen  NameD  von  einem  'AroU<ü— 
vio;,  auf  dessen  Kosten  oder  dem  zu  Ehren  er  Statt  fand.  Für 
die  Namen  *Ap)^Aao;,  Nco(iiq3d(,  IlpooÖEvr,^  gebe  ich  zu  Z.  1 1 . 7. 
14  f.  der  angeblichen  Heläreninschrifl  Belege.  Seiir  auflallig 
und,  soviel  ich  weiss,  auf  griechischem  Sprachgebiet  bisher 
nicht  bezeugt,  wenn  auch  sonst  bekannt,  ist  die  Assimilation 
von  fxv  zu  vv,  die,  wenn  Krispis  Abschrift  treu  ist  und  niebt 
blosses  Veraeben  des  Steinmetzen  vorliegt ,  Y^wamftpxoCyvoc- 
vollxogen  leigt. 

Z.  4  liest  Pern  ice  K&Xi  0l9Tp[e]ti<,  nicht  ohne  ein  Pragezei- 
eben  zuzusetzen;  Maass  nimmt  seine  Vermutung,  Otorp«  sei 
Beiname  der  Aphrodite,  auf  und  verfolgt  sie  ohne  an  der  Le- 
sung zu  zweifeln.  Sie  unterliegt  erbeblichen  Bedenken.  Leider 
ist  dem  Steine  selbst,  wie  es  scheint,  die  Entscheidung  nicht, 
abzugewinnen.  Ganz  deutlich  sind  die  ersten  neun  Buchstaben 
der  Zeile:  dann  zeigt  der  Abklatsch,  unmittelbar  an  Panscblies- 
send,  erheblich  weniger  scharf  und  kleiner  als  die  übrigen  Zei- 
chen einen  -dreieckigen,  doch  unten  offenen  Buchstaben, wie  A 
oder  A,  denn  man  kann  Spuren  eines  Querstriches  zu  finden 
glauben;  ohne  Zwischenraum  folgt,  deutlich  ausgeführt,  ein 
senkrechter  Strich,  an  den  oben  zwei  etwas  schräg  gestellte 
kurze  Linien  ansetzen,  also  ein  Y,  nur  dass  dieses  sonst  nie 
in  der  Inschrift  über  die  Zeile  reicbt,oder  ein,  weil  eingezwängt, 
etwas  entstelltes  T.  Dann  ist  Z  klar,  aber  neben  dem  nächsten 
Buchstaben,  l.kommen  rechts  Reste  eines  getilgten  Zeichens  wie 
K  zum  Vorscheine.  Irrtümliche  Schreibungen  und  nachträg- 
liche Verbesserung  zeigt  die  Inschrift  auch  an  zwei  anderen 
Stellen :  in  unserer  Zeile  selbst  ist  in  iXoyiuviv  erst  für  y  ein  v 
eingezeichnet  gewesen  und  noch  deutlich  sichtbar, und  in  dem 
Namen  MeXtvtov  lassen  sich  unter  A  I  N  Reste  verschriebener 
Buchstaben  erkennen.  Noch  an  einer  tlrillen  Stelle,  Z.  H  zu 
Anfaiij^  glaube  ich  zwiselieri  E  und  0  Ik'ste  eines  Zeichens  wahr- 
zunehmen. Jedenfalls  steht  in  dem  rätselhaften  Gomplexe  doi- 
ffTp..;an  drittletzter  Stelle  das  O,  welches  die  Lesung OiiTpou; 
voraussetzt,  nicht  auf  dem  Steine.  Aber  dieser  Lesung  stehen 
auch  s^wei  an(lere  Bedenken  entgegen.  Erstlich  bedürfte  der 


DIE  SOGENANNTE  HETAFHENlNSCHHlFT  AÜ8  415 

merkwürdige  Name  K6cX^  einer  Erklärung;  Pernice  und  Maass 
haben  über  ihn  kein  Wort  verloren.  Man  fühlt  sich  andenKj- 
nurier  Sdelc  erinnert,  den  die  bekannte  Inschrift  ausTegea,  so* 
letzt  in  Ditten  bergers  SyUoge^  Nr.  106  abgedmckt,  nennt 
(Z.  15);  der  Name  wird  su  S«tdt)a<,  S«tTdlSotc,  2a<xliapo<  ge- 
stellt (Bechtel-Fick,  Griechische Peraonennamen  S.  ?59).  Pfir 
einen  K&ic  indess  finde  ich  keine  Brklärang ;  in  der  Zeit,  der 
die  InBcbrift  von  Faros  angehört,  darf  man  durchsichtige 
Bildungen  erwarten.  Zweitens  muss  ich  gestehen,  dase  mir  ffir 
UpvK  gleich  Upiu(,  wie  Pernice  und  Maass  lesen,  der  Verweis 
auf  den  arkadischen  Dialekt,  der  solche  Formen  allerdings 
kennt,  nicht  genügt.  Denn  sonst  ist  diese  Form,  so  viel  ich 
weiss,  nicht  heseugt ;  nur  erschlossen  ist  sie  zur  Erklärung 
des  bekannten  milesischen  Genetive  der  dann  in  Ufl«*« 
einen  neuen  Nominativ  erzeugt  hätte,  von  Bechtel  (Göttingßr 
Nachrichten  1886  S.  378.  Inschriften  des  ionischen  Dialekte 
Nr.  100).  Zudem  bietet  sich  für  tspiK  eine  andere  Deutung, 
auf  die,  mOndlicher  Mitteilung  zufolge,  auch  W.  Judeich  so- 
fort verfallen  ist.  gleich  Upct«  ist  dem  Ionischen  gßläufig; 
es  genügt  an  die  Inschriften  Ton  Pantikapaion  Iiuer,  Pont. 
Eux.  1 20  (Bechtel,  Inschriften  des  ionischen  Dialekte  Nr.  1 13. 
O. Hoffmann,  Griechische  Dialekte  III  S.  67,  148)  *ApiaTQvbni 
ÄT)tiY)Tpoc  Upj)  und  EphesosC./.6r.  3003  (Le  Bas -Waddington 
Nr.  166  a,  Bechtel  Nr.  150)  'AvT«iv{a  noO>xP<>^  ^<P>^<  Jahreshefte 
des  österr.  Institutes  I  Beiblatt  S.  76  KX«uS(a  Tpo^ii^t)  itpi)  zu 
erinnern  *.  Dann  ist  nach  demsteatlichen  Eponymos  neben  dem 
vittKÖpoc  auch  die  Priesterin  genannt  gewesen,also  xol  Sotorp..« 
bpüc  zu  lesen;  ich  vergleiche  für  die  Anreihung  mit  xal  z.B. 
die  Inschriften  Dtitenberger.  Sylloge^  Nr.  446  {B,  C.  H. 
1881  S.  408)  h  AeXfolc  olp^ovro«  MftvTt«  Hat  Upeuv  Eux>lo< 
SIvuvoc,  und  ebenda  321.  Leider  aber  will  es  nicht  gelingen, 
die  zwischen  xal  und  {fpii(  kenntlichen  Zeichen  ohne  weiteres 
in  einen  annehmbaren  Namen  zu  verwandeln.  Die  erste  Silbe 


*  'Itpi;  auch  Plutarch,  An  seni  24,  Antb.  Palat.  VII,  733;  W.  Sobulze, 
Qwmiionts  epieae  ö.  489  und  add. 


416 


A.  WILBBLII 


Soi  und  die  EnduDg  —  da  der  Stein  oC(  nicht  biet^  —  wider- 
stehen, wie  mir  scheint,  der  Deutung,  ^lur  bevor  ich  Stein 
und  Abklateoh  sah,  durfte  ich  es  ivagen  in  Soiorp.uc: 
TpoC(  zu  suchen  und  zu  vermuten,  dass  diese  Zurpu  die  in 
Z.  28  der  Liste  genannte  Tochter  des  viuxopo;  Akesis  sei.  Auch 
Namen  wie EüaoidxT) '  C./.i4.  II  37i?i  oder 
in  dem  eine  weibliche  Bildung  denkbar  wäre, helfen  nicht  wei- 
ter. So  bleibt  nur  die  Vermutung,  dass  an  der  Stelle,  möglicher 
Weise  durch  die  unmittelbar  vorhergehenden  Silben  KEZIOS 
veranlasst,  eine  schwerere  Verschreibung  vorliegt,  die  einst 
vielleicht  einfach  durcli  Eintrag  mit  Farbe  berichtigt  war.  ich 
▼erkenne  nicht,  wie  peinlich  es  ist  unter  solchen  Umständen 
lu  raten;  dennoch  ist  es  erlaubt  an  den  Namen  2:«MTpdtTiD  su 
denken,  der  den  deutlich  kenntlichen  Schriftseichen  sehr  nahe 
kommt*. 

Die  Deutung  dieser  Zeile  ist  auch  ftlr  die  der  ersten  Ton 
Wichtigkeit.  'EXoyiumv  fordert  ein  Subject.  Nach  Pernices  Le- 
sung ist  es  Kdu  OtoTpoO«  Up^c ;  dies  Subject  wird  durch  meine 
Lesung  beseitigt.  Es  bleiben  nur  swei  Möglichkeiten:  entwe- 
der steht  das  Subject  in  der  ersten  Zeile,  oder  es  ist  durch  die 
Namen  der  Liste  gegeben.  Freilich  erwartete  man  in  diesem 
letzteren  Falle  aunSchst  iXdycuffsv,  nickt  IXoyivmv ;  aber  da  das 
Veneichniss  nicht  etwa  durch  eine  Oberschrift  AlU  »tX.  ein- 
geleitet ist,  mag  die  Einzahl  erträglich  sein.  Es  ftttgt  sich  dann, 
ob  Xoyiuttv  nur  vom  Sammeln  Ton  Beiträgen  '  ftlr  den  in  der 


*  leb  kesne  den  Stein  nicht  and  es  icheint  Tcnncsien  Köhlers  Ahsebrill 
aniusweifcin,  doch  lä^e  es  nahe  statt  dieses  seltsamen  Namens  EäMnen  su 

Termuten;  vgl.  EuSoiaws  C.  I.  G.  Sepl  I  983.  3391. 

'  Eine  Form  wie  ^oiiy^vijc  Sutvauti)«  2b>iy(S(ioc  und  die  auf  ionischem  Ge> 
biete  allerdings  bezeugte  Vericfirsung  von  «m  sa  «i  wftre  IBr  die  Zelt  der  In- 
sohrift  attfflllig;  auch  an  2t]oiotpätT)  wage  ich  nicht  zu  denken,  vgl.  W. 
Schulze  a.a.O.  S.  398  und  add.  Der  Name  Slotvautr];,  den  Blass  und  Schulze 
in  der  grossen  Lisle  von  Kretria  'Eprju.  ip/.  1887  8.82  0*.  III  180  vermutet 
hatten,  wird  durch  die  letzte  Lesung  nicht  bestätigt:  Stavropuiios  giebt 

'EfT)|A.  äpx.-  <895  8.  140  OlWIpT«!»« 

s  Aoyiub)  'sammeln* Pa|>.  Brü,  Mus.'2\  Z.  7  oiatt'/)ULivov  (oder  o(aiTa*(iivoaf ) 
ZI  xai  i5  wv  IXd-jcucv.  Im  Sinne  von  'einheben,  erheben',  so  auch  Xoytta,  Xo^iu- 
Tijc,     «XoY«««)  U.S.W,  häufig  in  den  Papyri,  vgl.  flimUrs  Pttrie  Papyri  11  Ü. 


biB  HOdBNANNtB  ItBtABlllthlNSCHlurT  ACS  FAROS  41Y 

Inschrift  genannten  Zweck,  verslantien  werden  oder  vielleicht 
auch  das  Leisten  »»ines  Beitrages  bezeichnen  kann.  Jcdcnralls 
sclieint  mir  gegen  die  Annahme,  dass  der  Veranstalter  der 
CüUectc  in  derersten  Zeilegenannt  war,  sowol  die  lintfernung, 
in  der  Subject  und  Prädicat  stünden,  zu  sprechen,  als  der  Um- 
stand, (lass  die  erste  Zeile  in  ihrer  zweiten  Hälfte  keine  Schrift 
zeigt,  also  als  besondere  Überschrift  behandelt  ist.  Kreilich 
hält  es  sehr  schwer,  fui-  eine  solche  Überschrift  eine  Fassung 
zu  ersinnen,  die  dem  begrenzten  Haume  und  den  sichtbaren 
Spuren  gerecht  wird.  In  der  Zeile  standen  tiicliL  mehr  als  etwa 
zwölf  bis  dreizehn  Buchstaben  ;  also  wäre  auch  eine  Weihe- 
formel nur  in  äusserster  Kürze  unterzubringen.  Ich  dachte  einst 
an  Sä)o[Tpoc  EiXetOjiYil,  wie  C.  I .  G.  Sic.  967  T(p  a(OTr,pi  AiaXt,- 
TCiü)  i7ä>TTpx  y.at  ^apisTYipia  Ntx,oay;Sy;;  larpöi; ;  aber  um  von 
anderen  naheliegenden  Bedenken  nlizusehen,  die  Reste  von 
Buchstaben,  die  gegen  die  Mitte  der  Zeile  zu  sichtbar  sind, 
lassen  sich  mit  dieser  Lesung  nicht  vereinigen  und  der  Baum 
reicht  nicht.  Auch  aveÖYixiv  mit  vorhorp;ehendem  Namen  ist 
ausgeschlossen.  Wenigstens  möglich  schien  mir  i^w-ifTpiT-n 
tipTi ;  dann  wäre  die  Priesterin  in  der  Überschrift  etwa  so  ge- 
nannt, wie  der  Tafxiat  <rrfaTitt[Ttxdv]  £upuxXii3i)(  MwUdvot  [Kvc 
ft<ruu<]  C.I.A.  II  334. 

Für  den  Nameo  der  Gottheit,  deren  Heiligtum,  unter  der 
Obhut  eines  viuxopo^  und  einer  Priesterin,  mit  den  in  der  In- 
schrift verzeichneten  Beiträgeo  Terachönert  werden  sollte, 
sind  wir  auf  Vermutungen  angewiesen,  die  natürlich  auf  eine 
weibliche  Gottheit  zielen  ;  die  Kpiqviq  führt  nicht  auf  Askle- 
pioe  allein.  Der  Gedanke,   dass  wir  es  wenn  nicht  mit 


127,  Athen.  Mitth.  1882  8.71  (Michel,  Rtcueil  Nr.  842)  Z.  27,  C.LG, 
4956  Z.  15.  37  and  in  der  Inschrift  ans  Pbytlioi  Allien.  Mitth.  1896  8.64 

{D.C.H.  1894  S.  31)  Z.6(T.  in  bisher  nicht  riclilig  ergänztem  Salze;  vielleicht 
auch  Inscr.  Brit.  Mus.  892  Z.  13;  ixXoyEjw  M.vstpricnin<;clirift  aus  Andania 
Z.  47.  Gleich  XoYiC«»0«t  in  dem  Steuerlarif  von  I'almjra,  Herines  1884  S. 
519  ft(  8ijvzp(ov  und  spös  aooapiov  Xoy*'-^^*'»  und  in  der  Inschrift  aus  Amor* 
gos:  Miebel,  tttet$tU  Nr.  713  Z.  14,  «pofXoxiäfa  ebenda  Z.  47. 

ATBBN.  1IITTHBILDN6BN  »III.  98 


Aphrodite',  Demeter  oder  Hera^,  mit  Rileithyia  zu  thun  ha- 
ben, liegt  nahe,  lässt  sich  aber  auf  Grund  der  Inschrift,  so 
viel  ich  sehe,  nicht  beweisen.  Mit  den  erhaltenen  Buchslaben- 
resten scheint  die  Lesung  '^lOG'j^ixri  'Hpr^t  allenfalls  zu  ver- 
einen. Freilich  setze  ich  mich  mit  solcher  Annahme  in  Wider- 
spruch zu  der  geltenden  Auffassung  der  Inschrift,  die  seit 
Pernice  in  den  Spenderinnen  Hetären  und  Maass  geradezu  eine 
organisirte  Kultgenossenschaft  der  'A-ppo^^irr,  OiiTpu  erkannt 
bat,  den  Namen  der  Ileläreninschrift  von  Paros  trägt,  und, 
fürchte  ich,  auch  weiterhin  tragen  wird,  selbst  wenn  es  gelin- 
gen sollte  eine  andere  Deutung  nicht  nur  als  möglich,  sondern 
als  berechtigt  zu  erweisen.  Gegen  die  herkön)mliche  Auffassung 
hat,  soviel  ich  weiss,  nur  \V. Judeich  in  seinem  Artikel  Aspa- 
sia  in  Pauly-Wissowas  Real- Kncyclopädie  II  S.  1718  Ein- 
spruch erhoben;  ihm  gilt  die  Inschrift  als  'Katalog  eines 
Frauenthiasos'. 

Auf  die  Erwähnung  der  OiaTpu  wird  sieb  jene  Meinung  nicht 
mehr  stützen  Itönnen,  das  hoffe  ich  gezeigt  su  haben.  Aber  ist 
die  Auffassung,  dass  die  in  der  Liste  genannten  Frauen  He- 
tären seien,  sonst  irgendwie  gesichert  oder  geboten?  Nach  B. 
Ziebarth*^  hat  Maass  'erwiesen  ',  dass  der  Thiasos  zu  Ehren 
der  OiTTpo)  'ausschliesslich  aus  Hetären  bestand'.  Maass  selbst 
bette  sich  also  ausgedrückt  (S.  24):  'Von  etwa  der  Hälfte  aller 
auf  dieser  Inschrift  vorkommenden  Frauen  Ist  ea  sicher  oder 


*  Eine  noch  unverölTenUichte  Weiheinschrift  an  Aphrodite  Pandemos 
möge  hier  IMalz  linden.  Sie  sieht  auf  einem  0,53"'  langen,  0,11"'  hohen 
Stücke  weissen  Marmors,  das  in  der  Nordmauer  des  KaHeliauses  vun  Itoav- 
vi)c  ^mnm6t  am  Strande  des  Hafens  tod  Parikia  eingemaaert  ist  t 

|QPKAI«AINISPEItlCTPA 
V  P  I  Ol  A  ♦  P  O  A  I  T  E  I  P  A  N  A  H 

BSi|v]«tp?  mI  ^ftmvU  IIcMi«Tpäl[TO« 

Niojüpiot   'Afpofit'iit  IIc«8i{[(xu>i. 
3  Hera  und  Demeter  nennt  die  im  'A^iivawv  V  S.  15  mitgeteilte  Weiiie- 

inscbrifl. 

*  Das  grieohisolie  Vereinswesen  8. 44. 


igitized  by 


DIE  SOGENANNTE  HBTAKttBNINSCHAIFT  AUS  PAROS  419 


doch  wahrscheinlich, dass sie  Helaren  waren  ^  Für  die  ttbrigen 
iflt  dann  das  Gleiche  einfach  vorauszoseUen*. 

Den  Beweis  fand  Maass  (nicht  ohne  zu  bemerken,  dass  sich 
seine  Auffassung  nicht  allein  auf  ihre  Form  stütze)  zunächst 
in  den  Namen.  Zwar  giebt  er  zu,  dass  'Kosenamen  auf  »tStov 
oder  -lov  oder  ähnlich  an  sieh  auch  Wesen  bezeichnen  können, 
deren  Anstand igiceit  wir  anzuzweifeln  nicht  das  Hecht  haben*. 
Aber  *die  neutralen  Formen  sind  wie  bekannt  vor  allem  für 
Hetären  beliebt'.  Und  solcher  Namen  finden  sich,  nach  Maass, 
der  Pernloes  Lesung  folgt«  seehs,  nach  meiner  Lesung  acht  in 
der  Liste:  Mwqoiov,  MiXtvtov,  Mx\9tov  (dreimal),  &Utw  (swei- 
roal),  *Havx(ov. 

Ich  sehe  ab  von  der  Thatsache«  dass  sachliche  Bezeichnun- 
gen für  weibliche  Weaen  in  der  griechischen  Namengebung 
ganz  gewöhnlich  sind*.  Aber  die  verbreitete  Meinung,  die 
Verkleinerungsnamen  auf  -fo«  gehörten  vorzugsweise  Hetären 
an  —  selbst  die  bekannte  Korallion  'AyötOMvoc  yu^vi  entgeht  dem 
Verdachte  nicht' — .scheint  mir  ein  unbegründetes  Vorurteil. 

Von  den  berühmten  Hetären,  die  Athenaeus  XIII  Ö67a  bis 
599  e  nennt,führen  allerdings  dreizehn  solche  Namen :  ^vtov, 
N^vtov*,  Aoiv&^tov,  Muprtov^,  rvfltO«fvtov,  FXuxipto«,  K«>X{«tiov, 
6auaicpiov,  AtovTtov*,  STttyovtov^,  NocwAptov,  Si<TU(A6pcov^,  Na6- 

'  Auch  H.  Herzog,  Pliilologus  1897  S.  50  galten  die  Namen  unserer  In- 
schrift, uligleicli  sie  'sieh  nicht  auf  semitisebe  lurfiekführen  lassen*,  doch 
als  Hctärciinaincn. 

*  £o6apov  als  'mit  Apbaeresis  aus  'Io<i6apov  hervorgegaageu'  zu  erklären, 
war  J.Baonack  vorbehalten  {Gr,D,L  II  Nr.  1802).  Über  dieses  von  Baunack 
bevorzugte  Princip  der  Namendeutung  Tgl.  Beohlel  in  Beiaenbergers  Bei- 
trigen  XX  S.  243. 

*  C.LA,  II  3871,  AUische  Urabreliefs  I  Nr.  411,  Comic  de  Müuy.  Uttres 
Qthiniuaui  8.  S3. 

*  47.  i.  Ä,  U  mebrfaeh,  <7.  /.  i.  III  3296. 

»  Vgl.  W.  Schulze.  Gott.  Gel.  Anz.  1897  8.  876. 

*  Acovtiov  'K/iaOs'vou  OuYaTr.p  KXtdoü  OaXXTiv/w;  yuvij  C.  I.  .1.  II  2433.  Wird 
man  ihren  Nauieu  lür  'überseUl'  halten  (Philologus  1897  3.  49)? 

t  O.LA,  III  2920  'Apx-  AtXtfov  1888  8.  96.  0.  /.  G.  Stpt,  1 4217. 

*  Vgl.SMv|A6p5$  und  Siau(i.Sptaxo«  Heroodas  II,  76,  dasn  Crasius,  Unter- 
suchungen zu  Herondas  S.46;  Bechlel.  Die  einslänimigcn  inäunlichen  Per- 
sonennamen des  Griocbiscben,  die  aus  Spitznamen  bervurgegaogen  sind 


420  WxlbblK 

«lov*,  Aber  ihnen  elehen  in  jener  Liste  ttber  hundert  anders 
gebildete  Namen  gegenüber.  Möglich,  wird  man  mir  entgeg- 
nen, dass  den  gefeierten  Prtesterinnen  der  Liebe,  die  Athe. 
naeus  nennt,  gewiUiltere  Namen  eigneten  ala  den  gewöhnlichen 
Vertreterinnen  der  Gattung,  die  für  una  veraehoUen  sind:  eine 
besondere  Bevorzugung  der  Namen  auf  «tov  in  diesem  Stande 
wird  mindestens  durch  Alhenaeus  IpuTixo;  xaTaXoyo^  nicht  er- 
wiesen. Und  spielen  in  Lukians  'ETatpocol  StaXoyot  die  be- 
kannten rXuxtptov,  KXuvÄpiov,  Ku(A.6iXiov,  MaytSiov,  Mouaicptov, 
MupTiov,  <i>iXyi(A4:Tioy,  XiXiSoviov  eine  Rolle, so  lässt  sich  anderer- 
seits zeigen,  dass  solche  angeblich  schon  ihrer  Bildung  nach 
bedenkliche  Namen  keineswegs  etwa  auf  die  niedere  Ciasse 
beschränkt,  sondern  auch,  und  niehl  ei  st  zur  Zeil  unserer  In- 
soliril't,  in  der  gut  bürgerlichen  Gesellscitatt  üblich  gewesen 
sind.  In  der  Thal  lag  an  sich  kein  Grund  vor.es  mit  den  Na- 
men auf  -io>  anders  zu  halten  als  mit  den  zaiilreiciien  übrigen 
Koseformen,  weiche  sich  die  Sprueiie  zur  zärtlichen  Bezeich- 
nung des  Weibes  geschatVcn  halle.  Ich  verfüge,  um  die  Na- 
mengel)ung  in  dieser  Hinsieht  zu  verfolgen,  im  Augenblicke 
über  keine  ausreiclienden  Sammlungen  aus  den  altischen 
Inschriften,  da  ihre  Masse  erst  auf  Grund  sorgsamer  Son- 
drrung  nach  den  Zeiten  und  nach  Herkunft  und  Stand  der 
Personen  ein  statistischer  Bearbeitung  zugängliches  Material 
darstellen  würde  ;  so  sehe  ich  mich  fiir  meine  Beobachtungen 
vorläufig  auf  einige  Listen, die  uns  zum  (Jlüeke  erhalten  sind, 
und  die  Indices  angewiesen,  lüin  Blick  auf  die  vier  Bruchstücke, 
die  uns  von  Verzeichnissen  der  sogenannten  Krgaslinen  vorlie- 
gen: C./.i4.  II  956  2.  957.  957  b  (ac^^.  s.  538).  IV.2  477  d', 

(Abhandlungen  der  göuinger  Gesellschaft  der  Wissenschaften  N.  F.  II  2, 
1898)  8.  76. 

*  Athen.  XIII  587  f.  Man  bat  ändern  wollen;  K«ibei;sch]ägt'HXiS9iov,  Mu- 
sums  Nccvvtov  vor.  Aber  Nauitov  ist  iiiclit  zu  beanstanden;  zum  Übefflusse 
siebt  C.I.  A.  II  3828  auf  lieui  Sluine  Naüitov  £(»äv8f>ou  OuyaTi|p. 

*  Diese  Liste  gehört,  wie  die  BeschafTenbelt  des  SteinM  und  die  Sdirift 
erweisen,  zu  dem  Psepbisiiia  II  «77.  Das  BrachstOeli  II  957  b  ist  mir  leider 
noch  nicht  zu  Gesichte  gekommen. 

*  Die  letzten  Zeilen  dieses  Fsepliisuia  habe  ich  Arch.-epigr.  Millb.  aus 


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OIB  800BNANNTS  HSTA£R£MN8CUaiFT  AUS  FAROS  4SI 


geiiögt,ttin  fesizustelleD.dass  um  das  Jahr  100  vor  Gh., von  dem 
die  Zeit  der  losehrift  vod  Paros  Dicht  allzuweit  abliegen  durfte, 
die  hocbadligen  Häuser  Athens  ihre  Tdchter  ohne  Bedenken 
mit  Namen  auf  -lov  beschenkten.  Erhalten  oder  kenntlich  sind 
in  der  vollständigsten  Liste  IV,  9,  477  d  im  Ganzen  SS  Namen, 
darunter  findet  sieh  verstümmelt  ein  Name  auf -tov  oder  -ov. 
In  dem  BruchstQeke  956  begegnen  neben  39  snders  gebildeten 
Namen  vier  auf  -tov :  AAjuiov,  *Axc9Ttov,  Ildbptev,  Miwuov,  in  957 
neben  sechs  anders  gebildeten  wieder  Ifixxiov  und  Ili^ov.  End- 
lich ist  in  957  b,  während  die  Endungen  aller  flbrigen  Namen 
verstOmmclt  sind,  wenigstens  ein  'Epc&Ttov  sicher.  Für  s|;^tere 
Zeit  genOgt  es  an  AttpUSiov,  Tochter  der  KaJ^dtutn  Mn^ttov  ('E^vifx. 
apx.  1897  S.  18,  C,  L  A.  III  341.  344),  die  Athenapriesterin 
*A({qvtov  {CJ.A,  III  61.S82.d68),dieeleusini8chen  Priesterinnen 
Xipiov  Tochter  des  Atov^Svio«  MetpaOi&vto«  ('E^vifx.  i^-^.  1895  S. 
lOS)  andKXotvS<«  TeiTi$cptov  {CJ.A,  III  S 18)  zu  erinnern.  Auch 
in  diesen  ersten  Kreisen  Athens  unterlag  also  dieNamengebung 
der  Mode:  denn  fOr  die  beste  Zeit  hat  U.  v.  Wilamowits  (Ari- 
stoteles uod  Athen  II  S.  178)  festgestellt,  dass  *wenn  auch  im 
Allgemeinen  die  Namengebung  die  Frauen  sehr  viel  mehr  wie 
Skhiven  behandelt,  Kosenamen  natQrltch  bei  ihnen  verbreite- 
ter und  nicht  immer  von  den  eigentlichen  Spitznamen  zu  tren- 
nen sind,  die  bObere  attische  und  demgemäss  im  fünften 
Jahrhundert  die  ganze  gut  bürgerliche  Gesellschaft  darauf  aus 
ist, Männern  und  Frauen  volle  Namen  zu  geben'.  Recht  zahl- 
reich sind  Namen  auf  -tov  schon  in  der,  yv'ie  man  annehmen 
darf,  gemischten  Gesellschaft  vertreten,  die  uns  die  Urkunden 


Österreich  1897  S.  6S  hergestellt.  Unter  den  Brgaitinen  der  Ptolemals  erw 

sclieint  Z.  43  Mv>)9u) 'AoxXijiciaSo-j  BEp(v:x:Sou.  Ks  ist  noch  nicht  herncrkt  wor- 
den, dass  wir  ihren  Grabstein  C.l.A.  III  Iti.Ti  .Mvr,at;i  'AixXTjntäSou  Bisjvixtoou 
tuY^'^IPi  und  den  ihrer  Mutter,  der  ebenialls  lulscblicb  in  den  dritten  Teil 
des  C.l.A.  gewandert  bt,  neeh  bedtien:  0,LA.  III  1705  Mvi]oö>  KpiToSi(|uu 
8*pisiM  ^vfiv^  'AoxXiiiaiSM*  Biptvixftwi  yuvi|.  Diese  Orabsiule  ist,  was  das 
Corpus  nicht  erwähnt,  mit  dem  Priesterschlüssel  in  Relief  givierl;  vfil.  H. 
Diels,  Parmcnides  Lehrgedicht  S.  123  (T  Wie  die  Mutter  Priesteriu  der 
Alhena  (vgl.  Plutarcii  Numa  9),  war  die  Tochter  Ergasline. 


4» 


A.  WILBBLM 


de«  l^iTaTaöc  der  Weihegaben  an  Asklepios  C.  I.  A.  II  835, 
nach  Köhler  aus  dein  Rnde  des  vierten,  und  II  B36.  aus  der 
zweiten  Hiilfle  des  dritten  Jahrhunderts,  vorfuliren.  Icli  linde 
in  ersterer  Inschrift  fol;^'ende  Namen  auf-iov;  Aia/piov,  IlSj- 
T<.ov,KaX).iiTiov,  Mxy.azp'.ov  Mn5iov(Z..^Ü  und  vollständiger  Z.  33 
MiiXtov  i''Xauxi7rxov  Ko».'jTta);  yjvr;  genannt.  Vgl.  II  808  C.  1ü^. 

8ü9d.242),Xla{piov «.  Viel  zahlreicher  sind  sie  II  836:  AiT/ptov, 
'ApiaTtov,  Boii^'.ov,  rX'jxtptov,  'llSvAiov,  'HSutiov,  BfaiTTiov,  KaAXi- 
OTiov,   AatjAiSiOv,  MaX8icx,iov,  Mxaaipiov,  Miriov,  Mei^tov,  Mö5iov 

(vgl  II  322-2,  M'jiSiov  II  3981  ),  Nixiov,  Niwtov,  Nixxmov.  04- 
piov,  X'.{jLixiov,  4>iXixiov,  4>iXiTtov,  4>iXT&Tioy,  Xp'jTiov ;  mehrere 
dieser  Namen  sind  nachweislich  von  Töchtern  und  Frauen  al- 
tischer Bürger  geführt  worden.  Um  in  niedrige  Kreise  hinab 
zu  steigen,  habe  ich  auch  die  Verzeichnisse  der  ^liXai  i^eXtu- 
eipi)cat  CIA.  II  768-776;  add.  S.512,  776  b;  IV,  2.  768  b- 
776c  hereingezogen,  aber  nur  OapOiviov  und  Xpuaiov  unter  den 
Namen  der  Freigelassenen  gefunden;  von  den  Mitglieder- Ver- 
zeichnissen der  tpavoi,  8ta«oi  u.s.w.  sehe  ich  ab,  da  für  Maass 
Weiber,  die  'an  einem  sonst  nur  von  Männern'  gebildeten 
Vereine  Teil  nehmen,  von  vornherein  als  Hetären  verdächtig 
Bind*.  Lobrreicher  sind  die  deiphiacheo  Freiiaasungsurkuodeo; 


*  So  ergänze  ich  Z.  .51  nacli  C.  I.  \.\\  2461  Xaipiov  Sw^JXou  neipai^oi;  Ouva- 
ti)p.  Bei  manchen  der  in  dieseo  Listea  begegnendea  Namen  ma^  man 
iweifeln,  ob  sie  einen  Mann  oder  ein  Weib  beielchnen.  Ntiuwtw»  z.  B.  836 
Z.  tfl  fasst  der  Bearbeiter  des  Index  als  m&nnlich ;  aber  es  liann  aucit 
Fratteoname  sein  wie  C.I  .G.  StpL  III  f,  t94,<yr./)./.  SI80.  Ebenso  stobt  es 

bei  ©ift^ffTiov,  iJiXranov  u  a. 

*  Maass  gelil  auclt  hier  viel  zu  weil.  Wenn  ihm  die  Prieslerin  rXauxov(7././l. 
II  619  Hetire  gewesen  susein  scheint,  so  ist  nicht  absusehen,  «anim  sich 
ihr  niclit  Kratcia  II  622.  OnasoII  623,  und  die  Priesterinnen  der  Insehriflcn 
II  624,627,  IV 2,  618  1)  anschliessen.  Dem  Verdachte,  den  Maass  gegen  die  II 
687  genannten  Krauen'Hau/J«, 'EpwiU.AiOipiov  ausspricht, werden  dann  auch 
KaUÜetiov,  A(ipxiov,Ko}i4'i),  wi|ixX>],Mi)X'i{  IV  2,  618  b  nicht  entgehen,  ebenso 
wenig  die  21  Frauen,  die  eine  ebenfalls  vor  dem  Dip^lon  gefundene  noch 
unverolTentlichte  Li.ste  der  Orgconcn  der  Güttin  i  wahrscheinlich  der  Arte- 
mis) im  Anschlüsse  an  ein  Psej)liisma  nennt,  oder  die  lange  Reihe  von 
Frauen,  welche  die  vua  mir  Athen.  Mitth.  IHi^Ü  S.  438  herausgegebene  In- 
schrift der  Branisten  von  Gbalandri  aulUblt.  Nebenbei ,  auch  G.  /.  A.  III 
219.  220  scheinen  mir  Donltniiler  von  Vereinen. 


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DIB  &06ENANNTB  HETABRENIN8CHRIFT  AUS  FAROS 


423 


80  vrnig  seltenbei  Sciavinnen  Namen  auf  -rav  sind,  so  sind 
sie  doch,  und  vielfach  ganz  dieselben  Namen,  auch  für  die 
freilassenden  Bürgerfrauen  nachweislich.  Ich  habe  mir  aus 
Baunacks  Sammlung  G.D.I.  II  1683-'234-2  'Ayviotov, A{vq«tov, 
'ApioTtov,  'Ap.6pÖ9tov,  'Epariov,  Aipiov',  Si:v6tov,  als  Namen  von 
Preilasserinnen  bei  flüchtiger  Durchsicht  angemerkt,und  glaube 
nicht,  dass  diese  langen  Reihen  von  Inschriften  für  meinen 
Zweck  mehr  als  eine  solclie  lohnen.  Denn  trotz  ihrer  Masse  ge- 
ben sie  uns  über  die  Namengebung,  wie  sie  zu  gewisser  Zeit 
in  bürgerlichen  Kreisen  üblich  war,  keine  statistisch  unmittel- 
bar brauchbare  Auskunft. 

Zum  Glücke  sind  uns  aber  Inschriften  erhalten,  die  uns  die 
weibliche  bürgerliche  Gesellschaft  einer  begrenzten  Ortlichkeit 
und  einer  bestimmten  Zeit  wenigstens  in  gewisser  Vollständig* 
keik  vorfahren.  Unter  diesen  Inschriften  steht  obenan  die  grosse 
Urkunde  aus  Halasaroa  auf  Kos,  nach  O.  Rayet  yon  Paton 
und  Hicks,  Inscriptions  of  Cos  Nr.  368  veröffentlicht,  wieder 
abgedruckt  Gr.  D,  /.  3706,  nach  B.  Preuner,  Hermes  1894 
S.  540  etwas  älter  als  die  in  den  Anfang  des  zweiten  Jabr^ 
bunderts  vor  Chr.  zu  setzende  Bettragsliste  Inscriptions  of 
Cos  Nr.  10.  Sie  verzeichnet,  wie  das  zugehörig»  Psephisma  //i- 
seriptionsof  Cos  Nr.d67.  Gr, DJ,  3705  anordnet, tou«  (utI^ov- 
T«<  To5  ttpoS,und  zwar  gemäss  der  Meldung  bei  Jedem  to  S«o|i« 
«ftTputorl  wA  TSV  fuXa'w  xetl  tS(  (laxpo^  t6  SvO|ul  xoU  tIvo^  tAv 
«oXitAv  ^MTfixnf  AieaLp^et.  In  dieser  Liste  finden  sich  folgende 
30  Frauen  mit  Namen  auf  -tov  gegenüber  H5,die  anders  ge« 
bildete  Namen  tragen:  'Ayvimov,  'ApATiov(2),  *Apf«Tio«(2),  IVA* 
Oiov,  6c|fc{«Tiov,  KXtCTtov,  KpoiTtwtov,  AbtpLKiov  (3),  Mtw&ptov,  Nixd» 
Ttov  (4^  ntoiov,Tii9tov  und  ein  nicht  zu  er^nzender  Name.  Et- 
was junger  ist  die  Liste  von  Kalymnos,  veröffentlicht  B*C,H, 
1884  S.  :29,  besprochen  von  Paton,  Inscriptions  of  Cos  S. 
353,  zuletzt  abgedruckt  Gr.D.I,  3593,  welche  die  Teilnehmer 
am  Kulte,  wie  man  meint,  des  Apollon  Dalios  verzeichnet.  Ich 


<  Vgl.  H.  Pomiow.  PbitologM  1899  8.  60. 


424  A.  WILHBUf 

entnehme  ihr  fblfsende  Namen  ton  Frauen  und  Jungfrauen  auf 
-to«:  Atv:q«ov,*Ap(aTtov,EC«iov/Bp|Aiov,  KXitrtov  (3),  Ai{iictov(S), 
*0«Aatov,  IldLoMv,  M«{Oiov;  diesen  12  stehen  nur  34  anders 
gebildete  Namen  gegenQber. 

Aus  diesen  Zusammenstellungen  ergibt  sich,  dase  das  Vor- 
kommen von  acht  Namen  auf  -tov  unter  den  fanfundsechszig 
Namen,  welche  die  Lisle  von  Faros  bietet,  für  die  Vermutung, 
die  aufgezahlten  Frauenzimmer  seien  Hetären,  nicht  geltend 
gemacht  werden  darf. 

Aber  Maass  glaubt  nachweisen  zu  können,  dass  von  den  Na- 
men der  Liste  'viele,  sicherlich  aber  nicht  alle  Spitznamen 
gewesen  sein  mOssen'.  Finden  wir,  nicht  nur  dreimal,  wie 
Maass  glaubte,  sondern  gar  fünfmal  'Aaira9(oi  (Z.  8,  9,  22, 
24,  26),  so  hat  *gewls8  die  berahmteste  alier  griechischen  He- 
tären, die  milesische  Freundin  des  Perikles,  ihren  Namen  her- 
gegeben*. *ist  das  richtig,  so  führen  die  Aspasien  der  Inschrift 
nicht  ihre  wirklichen, einst  bei  der  Geburt  verliehenen  Namen, 
sondern  Spitznamen'^  Ich  kann  mich  dieser  A  ufTassung,  wenn 
auchU.  V.  W ilamowitz  für  sie  gegen  W.  Judeich  lebhaft  einge- 
treten  ist  ^, nicht  anschliessen.  Nicht  weniger  als  viermal  kehrt 
in  der  Liste  der  Name  TiaapeTn,  nicht  wt  niger  als  je  dreimal 
EpaaiTTTCTO,  ZwaijXTj,  MiXÖiov,  flptoTtü.  je  zweimal  'AyXaic,  Eia-.ov, 
MuXXU,  IlaiSapyj?  wieder.  Beweist  das  mehr,  als  dass  diese  Na- 
men, und.  wie  es  vielleicht  bloss  zufällig  scheint.  'Acizxnix  vor 
anderen,  in  Paros  zur  Zeit  unserer  Inschrift  sich  ganz  beson- 
•lerer  Gunst  erfreuten  ?  Wir  wissen  doch,  wie  sehr  auch  bei  uns 
die  Namengebung  je  nach  Zeit  und  Ort  und  Stand  weci)selnder 
iMode  unterliegt.  Dass,  wenn  in  Athen  keine  anständige  F'rau 
Aspasia  hiess,  man  in  lonien  mit  dem  Namen  nicht  so  strenge 
war,  sagt  v.  Wilamowitz  selbst,  und  es  fehlt  nicht  an  un- 
verdächtigen Beispielen  für  diesen  Namen'. 


<  Oder  WablnAmen. 

*  In  seiner  Besprechung  der  ChMtotu  d$  BiUtis,  OolUngiscbe  gel.  Aiu. 

1«96  S.  62.};  vgl.  Aristoteles  und  Athen  I  S.  263,  II  S.  99. 
'  Jttdeicb  ia  Pauljr-Wissowas  Iical-Eitc;cIopädie  II  S.  171B.  Unier  den 


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DIE  SOOENANNTb  HETAEHBMNSCHHlFT  AUS  PAHOS 


425 


*SodaDii  eracheineo  redende  Namen  wie  'Ankm,  'EvSutu 
(=iv)uTOf6poc),  'OfAiXia  (vielleicht  sogar  vom  gescblecbtlichen 
Verkehr  gemeint)  und  Maxu,  falle  dieee  Bildung  zu  oi'ka.xö- 
\wAo^  <  und  nicht  zu  einem  anderen  Compositum  Kurzform  ist*. 

Von  diesen  'redenden*  Namen  ist  einer  in  meinem  Text 
nicht  mehr  ao  finden:  *BvWiii.  Ich  hatte  mir  unter  'Bv^utu, 
vollends  mit  Maass  Erklärung,  nie  etwas  denken  können :  so 
hatte  ich  Pernices,  auch  aus  anderen  Gründen  anstössige  Le- 
sung Z.  14  M&XOtov  ^iXo  'Ev^uTÄ  repyou  i'  langst  berichtigt, 
bevor  ich  Mvru  auf  dem  Steine  fand.  Ein  zweiter  Name,  4t« 
Xfluu»,  beweist  nicht,  was  er  beweisen  soll ;  eine  Bttrgersfrao 
auf  Kalymnos,deren  Ehrbarkeit  zu  bezweifeln  kein  Grund  vor- 
liegt, führt  ihn  Gr.  D.  f.  3593,31  und  Ma^tov  begegnet  auch 
C.LA.  II  836. 

*Anixyi  und  *0|ulk  mögen,  namentlich  letzterer  Name,  zu- 
nächst verfänglich  scheinen.  Aber  'Aicxtd  findet  sich  auch 
sonst  ab  Prauenname:  'A.  Sco^fou  MiXti«!«  CJ.Ä.  III  2593, 
'A.  'EirocnimSe«  CJ.G.  2143c,  TipiXXavi)  *A.  2259,  Kwfin'A. 
Athen.  Mitth.  1886  S.  125.  Und  *0(ta(ft  kann  ich  mindestens 
in  der  Grabschrifl  CLA,  II  2259:  'Oftata  '0(uXou  *Hpae>aiA- 
"^(6  (vgl.*0|&iXoc  II  444. 445)  nicht  verdächtig  finden;  LG.Ins, 
1  493  entgeht  die  *OffttX<«  K«6iXi«««  allerdings  nicht  dem  Arg- 
wohn des  Herausgebers.  *0(uXt«  *A»oXX«*viou  HuXui^ift  s.  im 


von  ihm  beigcbrai  hten  Zeugnissen  verdient  die  ürabscbrifl  aus  Cbios /.G. J . 
382  wdrUlcbe  Anführung: 

«vtji  iR<ori)sty    TO  ]c«pdxoiTt(  (i)v. 

*  leh  halte  die  Ableitung  des  Koeenamens  ^tM»  von  fiXcnAmto«  für  ver- 
fehlt, will  aber  nicht  versäumen,  für  äxoXouOttv  einen  Beleg  beizubringen, 

der  an  sich  von  Interesse  ist.  Im  M^moires  de  la  socUti  des  anliquaires  de 
France  1877  S.  85  bat  L.  Heuzcy  das  Thonmodell  eines  Schuhes,  aus  Unter« 
ägypten  stamniend,  verölTentUcbt,  dessen  Sohle  durch  Andeutung  von  Nä- 
geln die  Iniefarift  AKOAOVei  trigt,  und  sur  Brlillning  auf  deniMis  Alex. 

PaedagOg.  XI,lt  verwiMen:  noXXal  Si  xat  ipwtixout  imav^oui  iyy^apixtouvi^ 

auToTc  ( nämlich  toT;  xatTüiAsatv),  liQ  Saode  ab^edrücid,  forderte  419  li|so|}rif( 
aui,  der  iielare  lu  folgen. 


A.  WILHBLM 


AiUiov  ip/.  1890  S.  82.6;  eine  Sklavin  C  I  G.  Sept.  Hi  36. 

Doch  Maass  glaubt  aiinli  'von  zwei  in  diesem  Denknnal  auf- 
tretenden Personen  nachweisen'  zu  können,  'dass  ihre  Namen 
zu  anderer  Zeil  und  in  anderer  Gegend  Hetären  eigentümlich 
gewesen  sind'.  Statt  der  augenscheinlich  verderl)ten  Namen  Ain- 
vaiToxudTo?  "AiTsa stellt  nämlich  Maass  in  dem  Hetärenverzeich- 
nisse bei  Athenaeus  XIII  :)83  e  ATjva-ü)  KXioTcirpa  her  und 
findet  beide  Namen  in  der  Liste  von  Paros  wieder  (Z.  18  und 
19).  Das  Zusammentreffen  genügt  zur  Behauptung:  'also  wa- 
ren diese  Namen  unter  den  Hetären  mindestens  seit  dem  drit- 
ten Jahrhundert  als  Spitznamen  ganz  gebräuchlich'.  Selbst 
wenn  in  unserer  Inschrift  der  Name  Z.  18.  Aetvaio  nach  Per- 
nice.  wirklich  Ainvaia)  wäre,  fände  ich  diesen  Namen  an  sich 
nicht  bedenklicher  als  z.  h.  Ar.vai; '  und  andere;  aber  es  steht 
gar  nicht  Aiivatw  da  — auch  wäre  die  Schreibung  £i  für  n  recht 
auffällig — ,  sondern  KlXuvapw.  eine  Kurzform  zu  KXeiva- 
pe'TT} :  es  trifft  sich  hübsch,  dass  gerade  Tt|iapa)  statt  Ti(AapiTTn 
für  Paros  durch  den  Stein  C.I.G.  Vi  1 1  LeBas21 18  bezeugt  ist. 
Also  bliebe  von  dem  Hetärenpaar  nur  K)*EorxTpx  übrig.  Maass 
vermutet,  dass  für  diesen  'Spitznamen'  die  sagenberühmte 
Rleopatra ,  Meleagers  scliöne  Gattin,  das  Namenvorbild  ge- 
liehen habe.  Die  Indices  zu  C.I.A.  II.  iV,2.  III  weisen  nicht 
weniger  als  sechszehn  Kleopatren ,  zum  Teil  verheiratete 
Frauen,  auf,  und  wie  viele  unbescholtene  Frauen  und  Mäd- 
chen, die  für  uns  namenlos  verschollen  sind,  mögen  densel- 
ben Namen  getragen  haben.  Wird  man  ihnen  die  Ehrsamkeit 
allen  abstreiten,  weil,  erst  nach  Maass  Conjectur,  Athenaeus 
eine  Hetäre  Kleopatra  nenot?  Wird  eio  Name  dadurch,  dass 
ihn  einst  zufällig  ein  Frauenzimmer  trug,  das  als  Hetäre  sein 
Glück  machte  uod  deshalb  auch  uns  bekaaiiti8t«scbooiumHe- 


«  AiiMdci.  B.  O.I.A.  llSm. 

'  Die  umgekehrte  Vcrwcctiselung  liabe  ich  seiner  Zeit  irrig  in  der  Inschrift 
von  Ilion,  Schlieinann,  Ilion  S.  7Üi  Z.  3 'EpyoipiXov  ratpöj  ot5  ypin(i«TtaC»i  an- 
geDommeQ;  W.  Schulze  liest  Gott.  gel.  Anz.  1897  S.  894  richtiger  xpn- 
|MTfaCi|.  Dan  auf  dem  Steine  sellwt  «S  &v  xpni^^Kü  steht,  erfahre  ich  darcb 
AUIred  Brückner. 


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DIE  SOOBNANNTB  HBTABRBNINSCHRIfT  AU8  PAH08  4t7 


tarennamen  ?  Zwisehen  den  eigeotlicben  HelSreniiaRien,Wahl- 
und  Tolleods  SptUnamen  wie  üiicXivvi,  A(Sp«)^fAov,  KXt<)>vSpa* 
u.  B.  w.  und  den  Namen,  die  jedes  Mädchen  erhalten  konnte« 
also  auch  eines,  das  dann  Hetäre  ward,  besteht  denn  doch 
ein  Unterschied. 

Aber  auch  auf  andere  Namen  hat  Maass,  wie  mir  scheint, 
mit  Unrecht,  in  diesem  Zusammenhan§;e  Gewicht  gelegt.  Dass 
*Ay>«U  (und  'Qpa(«)  *die  Schönheit  der  Gestalt  Jedenfalls  im 
Namen  trägt*,  macht  sie  unbefangener  Beurteilung  nicht  ver- 
dächtig; (IpttTw,  die  'sogar'  einen  Nereidennamen  fdhrt',  hat 
auf  Faros  auch  weitere  Namensschwestern  au&u weisen,  wie 
ich  zu  Z.  11  seige.  ^puvic  Z.  90  erinnert  allerdings  bedenklich 
an  die  berflhmte  Phryne.  Ein  glQcklicher  Zufiill  hat  uns  aber 
durch  Gyriacus  folgende  Inschrift  aus  Faros  erhallen  [B.C.  ff. 
1877  S.  134): 

Ktiq«Mv  'Api9TOf(i&vT0(  xai  ^puvlf' 

Ist  es  angesichts  dieser  Inschrift  noch  erlaubt,  die  4>p'jvl;  der 
Lisle — vielleicht  ist  sie  geradezu  Klesons  Prau — zur  Hetäre 
zu  machen?  Mahnt  dies  Zusammentreffen  nicht  auch  zur  Vor- 
sicht in  der  Beurteilung  anderer  Namen  ^? 

Einer  Reihe  von  Prauennamen  ist  in  der  Lisle  kein  Vater- 
name beigegeben;  es  sind,  von  Z  ab.  -xp^xy;,  Zbiniun, 
'AyXal?,  rXuKtvva,  -a-rpo^tva,  KXtordtTpx,  Zwiuj/r,  ?.  Ilp(i>Tfa),  -iia. 
In  (lieser  Sphäre,  sagt  Maass,  sei  das  schwerlich  Zufall;  diese 
Hetären  seien  incerto  patre  geboren.  Aber  können  diese 


*  Vgl.  P.  Kretschmer,  Vaseninsciiiiflen  S.  209  Alben.  XIIl  590 f.  567 d. 
>  Aber  Hesiod  Tbeo^.  843  seUt  W.Sebulie,  QummUoms  epieat  B.  585  mit 

Reiz  nXcdTu  für  npo»T(ö  ein.  vgl.  P.  Kretsebmer,  VaseDineebrifleo  8.  202. 

*  4»puvt3«  Cyriacus  Abschrifl. 

*  Stünde  MiOüXXiov  la  der  Liste  vuu  FaioH,  di-r  Name  enlgiengc  .scbwer- 
licb  derNaebrede.  IfiMXXiov  Biorloi»  Hvpnab»  'll^iit-xfov  Aitnwvoiw«  xuv?)  auf 
einem  Torromiscben  Grab.slein  'Bfiiin.  dipx*  ^893  8.  171  Nr.  4;  ihr  Ifaim 
'Hyijia/o;  Aiuxovocuf  in  der  (.'rossen  Lisle  aus  dem  Jahre  des  Archoii  Hrr- 
mogeues  C.I.Ä.  II  983 138.  über  MiOwXXoc  u.s.w.  Beobtel,8piUnaaien  8.61. 


4t8  A.  WILHELH 

Praaen  nicht  auch  Fremde,  Preijj^lassene,  meinetwegen  selbst 
Sklavinnen  sein?  Alle  insgesamt  auf  die  lluld  der  Göttin,  sei 
es  Aphrodite  oder  Demeter,  sei  es  Eileitbyia,  angewiesen, 
konnten  sie  sieh  nielu,su  Dank  fär  die  Vergangenheit  und  Für* 
bitte  Air  die  Zukunft,  bei  einer  Sammlung  au  frommem  Zwe- 
cke vereint  finden?  Seltsam  zudem,  dass  gerade  die  fttnf  Aspa- 
sien, Yon  denen  man  sagt,  sie  seien  von  ihren  Eltern  bei  der 
Geburt  schwerlich  mit  diesem  Namen  begrüsst  worden,  nicbt 
««dbTopK,  sondern  sämtlich  mit  Vätern  ausgestattet  sind.  Zudem 
bleibe  nicht  unerwähnt,  dass  s.  B.  auf  athenischen  Schataver» 
zeichnissen  dieselben  Bürgerfrauen  hie  und  da  mit  einfachem 
Namen,  hie  und  da  mit  Namen  des  Vaters  und  des  Gatten  er- 
scheinen :  könnte  nicbt  ebenso  ( ich  will  es  nicht  behaupten  ) 
auch  in  der  Liste  von  Faros  der  eine  oder  andere  Vatemame 
unterdrückt  sein? 

Selir  richtig  hebtMaass  hervor.die  nachweisliche  Beziehung, 
in  welcher  Valernatne  und  Tochtername  hinsichtlich  ihrer 
Bedeutung  stehen',  verhindere  bei  einer  Anzahl  von  Frauen- 
namen unserer  Inschrift  'die  helärenhafte  Eigenheit'  anzuer- 
kennen. So  sind  UvjTüj  E'javöpo'j,  Ttp-apeTYi  TiaT,<jiou,  'Ap)^i; 'Ap- 
y«Tijxou,  IlaTpofpiXa  •I>rAwvoi,  IlxtSxpyt;  'Apyiou,  StoTpw  'Axi'iio? 
vor  dem  Verdachte  von  W'ahlnanion  geschützt.  Auch  dass 
wir  'allen  Grund  iiaben.  in  den  \'iit(M-n  parische  Ivingesessene 
zu  sehen'  erkennt  Maass  auf  Grund  von  Pernices  Nachweisen 
bereitwillig  an.  Ich  glaube  diese  nicht  nur  vermehren. sondern 
auch  wahrscheinlich  machen  zu  können,  dass  wenigstens  ei- 
nige von  den  in  der  Liste  genannten  Krauen  auf  anderen  pari- 
schen Steinen, anscheinend  in  bester  Gesellschaft,  wiederkehren. 
Über  die  soeben  erwähnte  <I>p'jvi;  werde  ich  noch  zu  sprechen 
haben;  unsere  IIc^wtÖ)  '.•\'X)ci(o'j  oder  wie  immer)  Z.  5'»  finde 
ich  wieder  auf  der  durch  Prokesch  bekannleo  loscbrifl  C.i.G. 
2413  {in  sacello  EUut/icrinno) 

RPßTßAAKl  nPOZOENOY 


(  Vgl.  W.  ScholM,  Quaetiiimn  «pieM  8.23  add.,  Usen^r,  G9ttemamfln 
9,  36?;  Vechtel,  Spitium^a  8^  S  i|.  s. 


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blE  SOGENANNTE  HETASilBNlNSCttRll'T  AÜS  t>AROS  4^^ 

g^anz  unsicher  lileibl  allerdings,  ob  man  'Ap«dXv)  Ilpoadevou 
Z.  15  zu  der  auf  dem  Steine  C.I.G.  2398  b  genannten  -«(Xiq 
npo96<vou  in  Beziehung  bringen  darf. 

Um  zu  scliliessen:  Maass  hatte  behnuptet.von  etwa  der  Hälfle 
aller  auf  der  Inschrift  vorkommenden  Frauen  sei  es  sicher  oder 
doch  wahrscheinlich,  dass  sie  Hetären  waren,  und  von  den 
übrigen,  da  sich  ehrbare  Frauen  und  Gassendirnen  nicht  an 
derselben  religiösen  Stiftung  gemeinsam  beteiligt  haben  wQr^ 
den»  das  Gleiche  einfach  vorauszusetzen.  Bei  eingehender  Un- 
tersuchung auf  Grund  berichtigter  Lesung  stellt  sich  Tielmehr 
heraus:  Von  keiner  einzigen  der  Frauen  der  Liste  kann  es  mit 
unseren  Mitteln  erwiesen  werden,  dass  sie  Hetäre  war.  Der 
Schluss  von  Einzelnen  auf  Alle  ist  bei  dem  Anlasset  um  den 
es  sich  handelt,  Oberhaupt  nicht  zutreffend,  und  träfe  er  zu, 
so  bewiese  er  nicht  für,sondem  gegen  Maass.  Denn  von  nicht 
ganz  wenigen  Frauen  wird  selbst  von  dem  Vertreter  der  Hypo- 
these, die  ich  bekämpfe.zug^ben,  dass  sie  völlig  unbedenk- 
liche Namen,  keinesfalls  Wablnamen  des  Gewerbes  tragen ; 
andere  sind  mit  Wahrscheinlichkeit  in  unverdächtiger  Um- 
gebung nachzuweisen ,  und  flberblickt  man  die  Beziehun- 
gen ,  die  sich  in  der  Namengebung  zu  anderen  parischen 
Inschriften  aufzeigen  lassen,  so  gewinnt  man  zunächst  den 
Eindruck,  durch  unsere  Liste  nicht  etwa  in  die  Terrnfenen 
Häuser  und  einen  0ia9oi;  der  Oi'vTpu. sondern  in  die  gut  bürger- 
liche Gesellschaft  von  Paros  geführt  zu  sein ;  finden  sich  viel- 
leichtauch  Angehörige  niedriger  Kreise  und  Nichtbürgerinnen, 
so  darf  das  nicht  Wunder  nehmen. 

Die  Annahme,  dass  die  in  der  Liste  genannten  Spenderin- 
nen einen  Verein  gebildet  hätten,  scheint  mir  unbewiesen  und 
unbeweisbar.  Dass  Neokoros  und  Priesterin  als  Vorstände  des 
Heiligtums  in  der  Überschrift  genannt  sind,  in  dem  Verzeich- 
nisse der  Beiträge,  die  der  HerriciiLung  eben  dieses  Heiligtums 
zu  Gute  kommen  sollten,  ist  auch  ohne  Voraussetzung  irgend 
einer  Organisation  durchaus  nalüilicli  :  wäre  eine  solche  vor- 
handen gewesen,  so  würde  eine  üLisdnickliclK!  Lrvvälinung 
schwerlich  fehlen.  Um  bei  einer  Sammlung  zu  frommem  Zweclie 


m 


A.  VrtMMBlM 


Zu  Bechtel- Pick's  Griechischen  Personennamen  ist  MuWl; 
( si!hon  dui'ch  die  in  der  Kirche  "Avio;  NiKoXao?  zu  \'olo  ver- 
mauerte Grabschrift,  lleuzey,  Mace'doine  S.  4^.'  Nr.  189 
MAXi;  0ioicpiTO'j  yuvh  bekannt)  wie  M'jXXtov  C.  I.  A.  II  3982 
und  MuXXaoov  II  2596  nachzulra^^en  ;  MuXXo;  B.  C.  II.  1879 
S.  76,6  in  don  Listen  aus  Thasos  u.  s.,  dazu  M/AXea;,  MuX.- 
Xivxi;'  vgl.  Bechtel,  Spitznamen  S.  30.  Sicher  unrichtig  ver- 
mutet Franz  in  dem  Verzeichnisse  der  lleraprieslcrinnen  von 
K^rene  C.  l.  0.  5143  Z.  1 1  M^uXa[Tla)  AOcto;;  die  Abschriften 
geben  I A  Y  A I  a  und  o  I A  Y  A  B  O,  also  ^<kttL^}  vgl.  4>iXrö$a- 
jxo; I  G. Ins.  III  3i. 

Z.  10.  ^iXtadK  ist  mir,  erinnere  ich  mich  recht,  sonst  nicht 
begegnet.  Voo  dem  drittea  und  vierten  Bucbetaben  des  Na- 
mens zeigt  der  Abklatsch  nur  Bchwache  Spuren. 

Z.  11.  Der  Name  EpxdiTczYi.noch  zweimal  in  der  Liste  ver» 
treten, scheint  auf  Paros  beliebt  gewesen  zu  sein;  er  findet  sich 
noch  in  der  *A6qv«iov  V  S.  15  herausgegebenen  Weiheio- 
zebrift  ( ^Epa^inicv]  8pdl««»vo«),'Ep««tföv  auch  in  einer  noch  un- 
veröRentlichten  Inschrift. 

Auch  der  Vatername  *ApxlXaio(  ist  sonst  bezeugt.  'AOnvatov 
V  S.  k%  ist  die  Weiheinschrift  veröfTentlicht : 


und  S.  43  die  Grabschrift  dieser  Prau  und  ihres  Mannes : 


nau  'Apx<Xiov  B,  C.  H,  1877  S.  135.  Als  £px«iv  in  der  S. 
413  mitgeteilten  Inschrift. 


*  Blinkenbcrgs  Lesung  der  Qrabschrin  aus  Erelria  MuXXiva«  StwaXof 
(Eri'irisk<-  r.rarskrifler  I69|,  die  Üecbtel  anzweiMl,  wird  durch  meine  Ab* 
schrill  buslaUgt. 


Biotppoiv  6pdE<T<üvo; 
rriv  YuvaCxa  FIpuTÜ 
*ApxiXäou 


rifWToOi 


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DfB  SOOBNANNTB  RBTABRBNimCttRIFT  AVB  »ABOB  488 


In  dem  Namen  MeXtviov,  den  ich  wie  MtXiwa  Gr. D.I.  3534. 
C  I.A.  II  1434,  MeW  CIA.  II  1868,  MAmov  C.I.G.  3521, 
3953  b,  IG. Ins.  III  388  in  den  Griechischen  Personennamen 
nicht  verzeichnet  finde,  sind  zwischen  AIN  verschriebene 
Buchslaben  deutlich  sichtbar    Als  Valernamen  las  Pernice 
Mvir;'JiO(eo>j), aber  der  ielzle  liuchslabe  ist  sicherlich  E;  also  glaube 
ich  mich  berechtigt,  den  Paros  eigentumlichen  Namen  Mvy5- 
9uiDn(  zu  ergänzen   Der  durch  seine  Heliefs  und  Inschriften 
merkwürdige  Sarkophag,  über  den  B.C.H.  188Ü  S.  285  und 
ausführlich  von  E.  Löwy  in  den  Arch.-epigr.  Milth.  XI  S.  116 
berichtet  ist,  nennt Mvt)9uxt|(  KTV)<7tucvo<j<;,  FlappLiviiAV  Mvyitietcou, 
Kx^Xivuo  NIvTiTUTTou,  und  seit  langem  bekannt  ist  ein  mit  Stier« 
köpffn  und  Blumengewinden  geschmückter  rander  Altar,  von 
Fauvel  auf  Delos  gesehen,  jetzt  im  Museum  von  Marseille, mit 
folgender  Inschrift  (C.I.G,  2310;  W.  Fröhner,  Catalogue 
des  antiquites  grecques  et  romaines  du  Mus4e  de  Mat' 
seille  1897  S.  23): 

Schon  Böckh  hat  die  Namen  llpoc^x^iic  und  Nco^tvi^«  als  pa* 
risch  erkannt — sie  kehren  in  der  Inschrift  C.I.G.  2376  wie- 
der '  —  und  fQr  MwioUivvK  (damals  sonst  nicht  beieugt)  auf  den 
Parier  KnumeinK  C.LG.  2386  verwiesen.  Da  auf  Delos  nicht 
bestattet  ward,  nehmen  Böckh  und  Fröhner  an,  der  Altar 
sei  zur  Erinnerung  an  die  Toten,  aber  nicht  an  der  Grabstatte 
selbst,  aufgestellt  gewesen.  Diese  Annahme  entbehrt  aller 


fivwt  optonUrtt  jtol  ttwhi  x*^^^      xpotSp/w  iv  tote  «rydot«  «tX.  Ich  bin  ver* 

.sucht,  d  ie  von  Krispi  EuiYY.S/oÄTj  1876/78  S.  5,  p>t'  (sclilfclitcr  'AOr|vatov  V 
s.  w.K  mitgeteilte  Ehreninscbrift  auf  denselben  Praxikles  xu  bezieben 
und  L\x  üigduzeu : 

'H  ßouXi)  xal  [6  fijjiMK 

npafi(]xXi|v  Nio[|ii{8Öuc 

iT(|i.i)9tv]  •&t<(vt  [jia[p[i,ap(vi|i 

ATHBN.  MITTUBILUNGKN  XXIIl.  29 


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434 


A.  WILHBLII 


WafancheioltchkeU.  Vencbleppi  ist  der  Stein  unter  allen  Um- 
ständen und  zwar  sicherlich  von  Faros  selbst,  wie  umgekehrt 
delische  Steine  nach  Paros  gewandert  sind 

Der  Name  Kpiruv  auch  C.  I.  G,  3399  (Antiparos). 

Timarete,  viermal  in  der  Liste,  begegnet,  wie  schon  er- 
wähnt, in  der  Kurzform  TifMipu  auch  in  derGrabschrift  C.l.G. 

Z.  13.  Zu  HvYi(aiou)  vgl.  Uvvtdttv  in  der  Liste  'A0f.v9itov  V 
S.  22.  *Einiv«C  (C.LG,  2836)  auch  in  dem  Verzeichnisse  von 
Beiträgen  ebenda  S.  28,  der  jüngeren  Inschrift  S.  1 9,  und 
hier  Z.  t9. 

Z.  14.  Statt 'Ev Wtt, wie Pernice  las,hatteich  erst  E  *H3uTtt 
vermutet,  so  auch  B.  Latyschew  in  seinen  Analecta  epigra* 
/»Aica, Philologische  Rundschau  (russische, Moskau  1 895,S.1 52. 
Aber  der  Stein  zeigt  deutlich  $i^ut«&.  Beispiele  für  die  Ver- 
lesung von  ^1  zu  H  und  N  habe  ich  GöU.  g^l.  Anz.  1898  S.208 
und  Arch.-epigr.  Mitth.  1897  S.  7t  beigebracht.  Der  Name 
4>i>uTb>,  schon  durch  den  eben  besprochenen  Altar  fOr  Paros 
bezeugt,  wird  auch  in  einer  mir  durch  Olympics  Absciirift 


*  8o  die  gross»'  Hrrliniinpsurktiiido  T^r  Bas  II  ?Ofl?,  wi«  Homolle  ß.  C.  II. 
1878  S.  3'4l  ;  S.  3  trczt'ifcl  hat,  und  iiacli  dess.-llicii  GfldirhMi  Aiisfüli- 
ruDgeu  Ii.  C.H.  1879  S.  158  die  von  Ol^uipios  AOiivaiov  V  9  herausgege. 
bene,  Ton  K8bler,Athen.  MUth.  1876  8. 958  und  noch  Jetzt  von  Diltenber- 
ger,  SijUuge^  Nr.  313  unbedenklich  für  Paros  in  Anspruch  genomnione  In- 
8clirin,dif  npoT-.rjLo;  Aw5iOeoj  £y  MupivvoÜTTTj;  als  nennt.  Die  Zutei- 

lung an  Delus  ist  nachträglich  durch  eine  auf  Delos  scib.sl  gefundene  In- 
schrift, die  Protimos  in  gleicher  Eigenschaft  nennt  (A.  C.  H.  1884  ü.  \hO) 
bestätigt  worden.  Von  der  Inscbrifl  *A(h(vstov  V  S.  97  Nr.  12  hat  K.  Scbo« 
niacher  Herkunft  aus  Delos  erwiesen  (Rhein.  Museum  1887  S.  Ii8).  Als 
▼erschlej)]!!  hetrachtc ich  auch  ful^'cnde  Inschrifl  eines O.H^J'"  breiten, 0, 14  ho- 
ben, Ü.'iT"  dicken  Maruiurblockes,  der  jelzl  iiiicr  der  Thür  des  Ilau.ses  des 
'Ii»^i)C  4N0Tutvd(  gegenüber  der  Kirche  tp«t<  Upipx*'  Parlltia  vermauer 
ist: 

E1TIEFIMEAHTOYTHZNHZOY  MOZX' 

Den  Naiuen  hat  Herr  Krispi,  bevor  der  Stein,  auf  I'aros  verhaut  gefunden, 
neuerdings  vermauert  ward,  vollsUlndiger  MOZXIQNe«  gelesen.  Ob  diese 
Unterschrift  etwa  der  13asis  'A6i{vatov  V  S.  '.'7  angclioren  liann.  bat  künftige 
Untersucbuug  fest  xu  stellen. 


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DIE  SOGENANNTE  HETAERENINSCHRIFT  AUS  FAROS  435 

nur  ungenügend  bekannten  Inschrift  'A8ibv«u>v  V  S.  45  her» 
lustellen  sein.  Der  Herausgeben  liest: 

NiXuTOu  npo(j[6ev]ou 

In  dem  ersten  Namen  darf  ich  wol  ^iXuTo{i[<  ▼ermuten,  umso- 
roebr  als  Krispi  in  dem  Berichte  der  EuolyyiXixti  SxoXv)  1876/78 
S.  7,  pmq'  folgende  Inschrift  mitteilt: 

Ilpocöevri; 
xxt  riaffiTciOii 

E.O....IH 
-rijv  [(x]iriT«pa.4)| A 

....  £b>OÖtV0U 

Es  wird,  denke  ich,  auch  hier  ^X[vTttJ  Sua^jvou  za  lesen  sein. 
Z.  3  mag  man  EiX]c[i]6[vyvi[t  versuchen,  wenn  nicht  Yielmehr 
der  Vatername  zu  er^nzen  ist;  Weihungen  an  Eileithyia  auch 
C.I.G.  ^389,  'AOiqvflciov  V  S.  19.  Dazu  kommt  noch  unveröffent- 
licht, von  mir  im  Besitze  des  Arztes  N.  Russos  gefunden,  eine 
Platte  weissen  Marmors  (0,S7"  hreit,  0,156  hoch,  mit  zwei 
Löchern  rechts  und  links  zur  Befestigung),  die  Ober  zwei 
weiblichen  Brüsten  die  Inschrift  tragt: 

'Effixpx[TTi]a  'EXiu- 

Zu  der  Schreibung  'Emxpitv)« ,  welche  durch  die  erhalte- 
nen Reste  gesichert  ist,  vgl.  B.  Schweizer,  Grammatik  der 
pergamenischen  Inschriften  S.  56. 

Sttd)i'vT)(  Ilpo^rOevou;  ist  als  Priester  des  Ztvc  BaotXiu«  u.s.w. 
C.I.G.  2385  genannt,  in  einer  ßeitragsliste  *AHvatov  V  S.98. 

Fopyo;  auch  C.I.G,  2374  e.Z.  9;  2399  (Antiparos);  UBas 
2ü88. 

Z.  15.  'ApicaXyj  npo«W(*oy):  In  seiner  Abhandlung  Über  Fa- 
ros und  parischc  InscIiiifU'ii  S  fi38,  10  (darnach  C.I.G. 
2398b,  LeUas  2087)  teilt  Thiersch  lullende  Inschrifl  mit: 


436 


A.  WILHELM 


-wjivo;  Ktyi5i<p0vto? 
-ciXyiv  Ilpoodevou 
TTiv  eJauToO  yuvaixa 

Es  läge  nahe,  scheint  aber  doch  zu  gewagt,  als  Namen  der 
Frau  'ApTziikf)  zu  vermuten;  hält  man  an  Thierschs  Abschrift 
fest,  80  ist  Ba]<j{XYiv,  wahrscheinlicher  NixYi]<jiXinv  *  oder  ähnlich 
zu  lesen  (n6vOi]aur»v  Thiersch ).  Eine  noch  unverölTentliclile 
VVeihung  an  'EXsjÖitj,  deren  Kenntniss  ich  Herrn  Dr.  O.  Ru- 
bensohn  verdanke,  nennt  'ApTriXyi  EpaottpcivTo;  npo«j6£vr?  ist 
wol  der  häufigste  Männername  auf  Paros. 

F'ür  IIexÖ)  war  ich  einst  geneigt  IhtOw  zu  vermuten  (als  Name 
einer  Ergastine  C.  I.  A.  II  9öü.  957.  einer  Hetäre  Athenaeus 
XIII  577  a)  aber  K  sieht  deutlich  auf  dem  Steine.  Also  licizl 
wie  bei  KoSü  in  einer  noch  unveröffentlichten  Inschrift  aus 
Paros,  ein  stark  verkürzter  Kosename  vor. 

Z.  16.  Der  Name  lixpwv  ist  auch  in  der  kürzlich  Z^.C //.  1897 

S.  21  mitgeteilten  Inschrift  Z.  7  zu  erkennen  und  steht  ebenso 
deutlich  C.I.G.  2398e  add.  S.  1077  (LeBas  t>066).  wo  Böckh 
M.  Aip.  öpaij'j^t'vo'j  ToO  7ri[Tlp<i»vo;  lesen  wollte.  Übrigens  ist 
der  Name  auch  ausserhalb  der  Insel  nachzuweisen. 

Z.  17.  Von  dem  Zahlzeichen  an  ersler  Stelle  erkenne  ich  auf 
dem  Abklatsche  noch  den  ersten  schrägen  Strich.  Zu  l^nde 
der  Zeile  scheint  der  Steinmetz  statt  P  in  Fopyou  irrig  B  ein- 
gehauen zu  liaben. 

Z.  18.  KjXeivxpö)  gehört  zu  einer  kleinen  Gi  iippe  von  Kosena- 
men, die  ich  bisher  nicht  zusammengestellt  finde.  An  Tc^apü 
einer  anderen  Inschrift  von  Paros  habe  ich  schon  oben  S.  '»'26 
erinnert.  Die  Zugehörigkeit  zu  KXstvaptT-o  und  TiaaptTY)  liegt 
auf  der  Hand.  Emige  Beispiele  aus  anderen  Inschriften:  Ax- 


•  Der  Name  N«xT)at).T],  den  die  Giiecliisrlien  Personennamen  niehl  ver- 
zeichnen, beppRiiel  in  der  S  4H0  erwähnten  Inschril'l  aus  Tenos  Z.  l'2f.. 
vgl.  NtxJi^iÄ.«;  in  der  grossen  Urkunde  eliendalier  hiser.  Hril.Mus.  377  Z.45. 
Die  llauinverhiiltnisM!  si  ln  inen  elier  für  den  län(xeren  als  den  kürzeren 
Namen  zu  spreelien,  iiid<  >s  kann  die  Zelle  elwas  eingerückt  pewesen  sein 
wie  Z.  2  auf  dem  Steine  S.  430. 


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DIE  SOaBNANMTS  HBTABRBNIN8CUHIPT  AUS  FAROS  437 

(iatp4&,  KXitTotpib,  Ntx«p(&,  Inscriptions  iC6pidaure  195,  250, 
der  letzte  Name  auch  CJ.G.Sept.  I  2681  nach  Bechtel, 
Peraonennamen  216,  Tux«f<;»  C I.A,  III  i280a  add.  S.  519, 
C.LG.Sepi.  I  1639;  dazu  ^(XrapÄ,  weon  ich  den  verderbten 
Namen  C.  I.  G.  5143  richtig  deute  (oben  S.  432).  nü6iinvo( 
auch  'A6viv«tov  V  5.  29. 

Von  dem  letzten  Buchstaben  der  Z.  18  erkenne  ich  auf  dem 
Abklatsche  nur  eine  senkrechte  Linie,  also  war  stau  KX»- 
wahrscheinlich  KXi(vfou)  geschrieben. 

Z.  20.  Leider  sind  im  Bruche  die  dem  Namen  des  Vaters  der 
^puvlct  angehörigen  Buchstaben  sehr  beschädigt.  Dennoch  ist 
KAEZ  deutlich  zu  erkennen;  dann  ist  das  obere  Ende  einer 
senkrechten  Linie  und  an  nächster  Stelle  der  Giebel  eines 
dreieckigen  Buchstabens  klar,nach  dem  Platz  fflr  ein  weiteres 
Zeichen  bleibt.  Unter  diesen  Umstanden  ist  die  Identität  die* 
ser  ^pjvlc  und  der  #puvlc  K>itSft|MivTO€,  welche  die  nur  durch 
Cyriacus  bekannte  Inschrift  B.CM.  1877  S.  134  nennt,  nicht 
sicher;  folgte  auf  den  dreieckigen  Buchstaben  kein  weiteres 
Zeichen  zu  Ende  der  Zeile,  was  sich  nur  vor  dem  Steine  ent- 
scheiden lässt,  so  ist  für  unsere  Inschrift  die  Lesung  ^puvi« 
KXct(vtou  oder  ähnlich)  A  als  die  wahrscheinlichste  zu  be- 
zeichnen. 

Z.  19  und  90  zu  Anfang  gibt  eine  ältere  Abschrift  Krispis 
das  Zahlzeichen  C;  auf  meinem  Abklatsche  ist  Z.  19  nichts 
zu  erkennen,  Z.  20  dagegen  das  unlere  Teil  eines  B  oder  allen- 
falls S. 

Z.  21.  Pernices  Lesung  FopYi«««.  .  .  .  «  Ttpiiri«((ou)  'ApioT[o* 
vUv)  wird  einigen  deutlich  sichtbaren  ßucbstabenresten  nicht 
gerecht  und  ergibt  nach  dem  ersten  keinen  fassliehen  zweiten 
Namen  und  keine  Zahlzeichen.  Ich  habe  FopyU  ( vgl.  s.  B. 
C  l.G  Sefd.  1878)  KXio^Srjtfxou),  A  Tiur,iaptiT[tj  lesen  zu  sol- 
len ge<^luubt,  denn  jeder  Versuch,  anders  zu  lesen,  stOsst  auf 
erhebliche  Schwierigkeiten.  Ist  auch  der  Name  Ti|xv)(rapianQ 


I  über  die  ganzR  Sippe  der  Namen  «^p4vi|  4p6v«g  U.  S.  W.  Becblel  in  der 
^.  419,8  geaaouten  Abbandlunj;  S.  43. 


498  A.  WltHBLM 

zuniiclist  auffällig,  so  wird  er  doch  wol  diircli  Tuir.nxpirr, 
B.C. 11.  18S1  S.  265  neben  Ti^roixr.  und  almlidie  Hildiinjien 
goschiitzt.  Den  Ausweg  r-ar,  Z  'Aciirr.  .  zu  sclircibeii  und  Z 
als  Werlzeiclien  fur  eineo  Teil  des  Obolus  zu  fassen  müchle 
ich  niclil  empfelihMi. 

Z.  22  nach  l*eriii(:e  Aotcxiix  'Att^ositiov  Ai^iö(/0'j)  ;  dies 
wäre  seiner  Abschrift  nach  leicht  in  Airraaia  'Attä(ao'j)  B  Kl- 
ciov  zu  verl)essern,  wie  auch  Latyschew  vermulele.  Aber  nach 
'Aittxtix  sind  von  den  Aidangsbuchstaben  des  Valernamens 
im  ßruche  des  Steines  beiderseits  Reste  erhalten,  die  auf  PI 
(allesfalls  auch  KP)  führen.  Also  ist  'ATTi(Xoy)  ausgeschlossen. 
Icii  vermag  den  Namen  nicht  zu  linden,  üxtcimo;  be|(egnet, 
soviel  ich  weiss,  nur  mit  einlachem  T. 

Sicher  ist  hier  und  Z.  28  der  Name  EiTiov.den  ich  auch  für 
Rhodos  I.G.Ins.  I  583,  Ralymnos  Gr. D.I.  35^3  nachzuwei- 
sen vermag.  Er  gehört  zu  'Ioiy«viix,  laiyovo?,  loiSoTo^,  loiSwpo; 
11.8.  w.  'I<Ti4;,  'I  jxpiov,  'laxpoO;  und  verhält  sich  zu  dem  jetzt 
vielfach,  auch  für  Faros  selbst  ('AOY)vaiov  VS.  45)  bezeugten 
Namen  'Iciwv,  der  Letronne  {Oeuvres  choisi'es  II  83)  nur  in 
drei  Beispielen  bekaoat  war,  wieXatptov:  XatpiMv  und  zahl- 
lose ähnliche  Bildungen^. 

Wenn  Pernice  als  Vatersnamen  As^iöf/ou)  gab,  so  hat  er  das 
SU  ßnde  der  Zeile  deutliche  6  verlesen.  Der  Name  Ae^iicpxTYic 
begegnet  auch  AOrjvatov  V  S.  42,  B.C.JI.  1877  S.  134. 

Unsicher  bleibt  mir  der  erste  Name  Z.  23,  den  wieder  der 
Bruch  geschädigt  hat. Nach  Krispis  Abschrift  zu  urteilen  scheint 
die  Stelle  früher  besser  erhalten  gewesen  zu  sein,  und  seine 
Lesung  0]EOK?H?TH  lässt  sieh  mit  den  auf  meinem  Ab- 
klatsche erkennbaren  Resten  vereinen;  doch  lässt  dieser  Name 
links  für  einen  Buchstaben  Platz.  Ich  dachte  deshalb  an  KXjio- 


*  Vgl.  BroDO  Keil  bei  If.  Fräakel,  Insohrinen  von  Perganon  II  8.  191 

zu  ?55 

'  In  Beclitel  -  Ficks  (iiiecliisclien  Per.soucmiaiiicii  fclill  Iv-oiov,  el»cnso  in 
den  Nacbtrftgen  aus  I.G./ns.  I,  die  Beclitel  in  Dezzeubergers  liuilrA(;en  XXI 
8.      TerdffeoUicbl  hat. 


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OIB  80G£KANNTE  H£TALKEM.NbCHlUFT  AUS  PAHOS 


439 


xpCr*}.  Ob  in  dem  I^ruche  an  zweiter  Stelle  ein  riindor  I^uch- 
stabe  steckt,  wird  sich  nur  vor  dein  Steine  entscbeideo  lassen. 
'AyXat;  (fehlt  in  den  {griechischen  Personennamen)  z.B.  In- 
Scriptions  f'uridir/ucs  I  Nr.  =  Insrr  liril.  Mus.  377 
Z.  90  (Tenos);  Leake,  Travels  in  Northern  Greece  IV  S. 
211  (Pherai  );  Aelian.  v.h.  1,26.  Zu  F^ndc  der  Zeile  erkenne 
ich  deutlich  das  bisher  übersehene  Obolenzeichen. 

Z.  24.  llpu>Ta>  'AX)ci(ou  oder  ähnlich)  vgl.  oben  S.  428. 

Z.  25.  rx]u»(«  «'  Tpo9(Xa  Mm(vo«)  t'  Pemiee;  rx]ti- 

x[cpa  A]a[KpgLTou  ß'  ^o)  ^tXat  4{X»(vo()  i'  Latyschew.  Meine  Le- 
sung ist  völlig  gesichert.  rXuxtvM«  ist  auch  sonst  bekannt  s.  B. 
I.G.Ins.  I  3-i6.875,Ör./)./.3513.  Inscriptions  of  Cos  181. 
Eine  Hetäre  llocrpofa«  in  dem  Gedichte  Anth.  Pal.  VII  221, 
vgl.  W.  Schulze,  Gött.  Nachr.  1896  S.245. 

Der  Name  'AX^Ect^^c  auch  CJ.G.  2390  (M.  Pränkel,  Epi- 
graphisches  aus  Aegina  S.  34  Nr.  113),  2408,  2414  b. 

Von  Z.  26  ist  der  Anfang  bisher  unentsiffert  geblieben.  Nach 
*Aan%n9.  erkenne  ich  II  KAPO,  was  ich  nur  [NJixfliYQ(pov)  deu- 
ten kann. 

Z.  27.  Z«m{(&dKXco(a6p6tov  in  der  kQrzlich  nach Gyriacus  Ab- 
schrift veröffentlichten  Inschrift  Athen.  Mitth.  1897  S.  409 
Nr.  13. 

Z.  28.  Mv^  Vnov  Pernice.aber  die  obere  Linie  des  E  und  I  sind 
deutlich.  diöSupo;  auch  in  der  S.  412  angeführten  Welhtn- 
schrift. 

Z.  29.  njKTpo^^v«  oder  MjscTpo^lva. 

Z.  30  ist  der  erste  erhaltene  Buchstabe  nicht  völlig  sicher, 
aber  dem  Abklatsche  nach  am  ehesten  H  gewesen;  deutlich  sind 
nur  zwei  senkrechte  Linien.  Reinesfiilb  *Ep«a]{incD,  etwa  *A- 
yavtinni. 

Z.  31  IHM  KX&t(  Mvin(«<ou)  cl'  Pernioe.  Aber  an  den 

Namen  KXstt^*  ist  nicht  zu  denken.  So  hatte  auch  Latyschew 
\xU  hergestellt  und  gelesen:  -njjwfj  2w(<iix)  x' Aati(  ktX.  Aber 


•  Üt)er  KXi.;  Sappho  Frag.  76  (84),  ricblig  KUii  t.  WilamowiU,  Comm. 
gramm.  III  8.  23,1. 


440    A.  WILHBLM,  DIB  BOOBNANNTB  HBTABRBMlNSCHRirr  AOS  PAROt 

das  vermeintliche  K  ist  verlesen  fQr  S.  wovon  allerdings  nur 
die  untere  Hälffce  deutlich  ist.  Aai(  auch  C.I.A.  II  988  (Ver- 
zeichniss  von  Eranisten);  III  2740.  3248;  C.  I.  G.  Sept.  I 
107.  560.  1616;  'Eipra.  «px-  1892  S.  168;  Athen.  Mitlh. 

1886  S.  125;  C. I.G.Sic.  1323.  1688.  1798  {t:%\\%x^  «po^ 
TocTY)).  1918.  Als  semitisch  gilt  auch  dieser  '  ilelärenname* 
R.  Herzog,  Philologus  1897  S.  49. 

Zu  ZwiO.o/)  vgl.  Arch.-epigr.  Mittli.  XI  S.  188:  oi  jtexoi- 

Z  32           AxxpOa  ?  Ilp(t)To(>,'£vo.j;)  a'  Pernice.  Allerdings  hat 

man  in  nPrtTo,  wie  völlig  klar  auf  dem  Stein  steht,  z.unäolist 
einen  Valernamen  zu  suchen.  Allein  es  will  dann  nicht  ge- 
lingen, für  die  erste  lliiltle  der  Zeile  eine  annehmbare  Lesung 

zu  finden,  es  sei  denn,  dass  man  A  MäpOa  IlptoTo')t>eo'j 

oder  wie  immer)  A  sclireihen  zu  dürfen  glaubt.  Somit  Ideibt 
nur  die  Voraussetzung,  dass  IIpwTo  irrig  für  IIpcuTw  geschrie- 
ben sei.  Der  runde  Buchstabe  vor  A  kann  ebenso  wol  o  wie 
O  sein 

Z.  36  -{viov  Pernice:  'Huj^rtov  ist  sicher.  Der  Name,  wie 
häufig  'lla-.yia.  auch  C  I  A.  W  3VI5.  in  der  S.  4'2'2,  2  er- 
wähnten Liste  von  Thiasoten  und  Gr. D.I.  1789  (Delphi). 

Wie  der  freie  Raum  unter  der  Inschrift  /.eigl,  ist  die  Liste 
vollständig. 

Athen. 

ADOLF  WILHELM 


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REI8UBBRICHT  AUS  KOS 


Die  Absicht.den  Platz  des  Asklepieion«  von  Kos  genauer  zu 
bestimmen,  als  es  bisher  gelungen  war,  und  die  Möglichlteit 
einer Aus<irnl)iing  dort  zu  untersuchen. führte  micli  im  Sommer 
1898  auf  die  insel  Durch  den  Bericht,  den  M.  Dubois  in  der 
Abhandlun!^  De  Co  insula  (Paris  1884)  über  seinen  Besuch 
der  türkischen  Festung  gegeben  hatte,  war  mir  der  Gedanke 
nahe  gelegt,  dass  die  vielen  Architekturstücke,  welche  die 
rbodiscben  Johanniter  in  das  Schloss  am  Hafen  verbaut  hat- 
ten, Aufschluss  über  den  Verbleib  der  Reste  des  Asklepieioos 
geben  könnten,  und  dass  die  Mauern  der  Burg  ausser  den  we* 
nigen  unbedeutenden  In8ehriften,die  bisher  in  ihnen  gefunden 
waren,  noch  viele  an  Orten  verborgen  enthalten. die  nur  bei  Br- 
laubniss  einer  grQndlicben  Untersuchung  der  Festungsroauem 
entdeckt  werden  könnten.  War  es  doch  sehr  auRallend,  dass 
unter  den  vielen  bisher  bekannten  Inschriften  von  Kos  das 
Asklepieion  eine  so  Oberaus  geringe  Rolle  spielte,  sogar  in  den 
sahireichen  und  ausführlichen  sakralen  Inschriften.  Auch  von 
Weihgeschenken  an  den  Ck>tt  und  von  all  den  Kleinigkeiten, 
die  allerorten  von  dem  Vorhandensein  einer  grossen  Kult- 
und  Heilstätte  Zeugniss  geben,  war  keine  sichere  Spur  auf  Kos 
gefunden.  Wenn  das  Heiligtum  systematisch  zum  Bau  der  Fe- 
stung abgetragen  war,  so  mussten  sich  auch  die  grossen  In- 
schriften in  ihr  finden*.  Von  diesen  Erwägungen  ausgehend 
hatte  ich  suerst  durch  die  gütige  Vermittelung  der  Kaiserlich 
deutschen  Botschaft  in  Konstantinopel  ein  Gesuch  an  die  tür- 


<  Prailksh  sind  die  JobanaRer  bei  ihren  Braten  sond^iar  verfaliren.  Die 
grosse  iioiscbe  InschriH  Paten -Ricks  10  war  in  die  Jobanneskirchu  von 

Rhodos  verhaut,  und  dit^  Fricsstüi.-ko  in  der  koisi-lirn  Pcsliint;.  die  Hoss  für 
Beste  des  AsklcpieioiH  hielt, sind  au>  Kiiiiios  verschleppt  (vgl.  ßeni^durf  un4 
^}ieniann,  Heiden  in  Ljrkieu  und  Karien  i  S.  1211'.). 


442 


B.  HERZOG 


kiBche  Regierung  gerichtet  um  die  Elrlaubniss  zur  archäologi- 
sehen  Durchforschung  der  Sla<ll  und  Insel  und  insbesondere 
zum  Eintritt  in  die  Festung.  Die  Direction  des  deutschen  ar- 
chäologischen Instituts  bewilligte  mir  eine  l'nterstutzung  zur 
Ausführung  meiner  Absichten.  Audi  der  heste  Kenner  der 
Insel  Kos,  Herr  Paton,  der  sich  nach  Vollendung  seiner  In* 
»oriptions  of  Cos  anderen  wissenschaftliehen  Aufgaben  zu* 
gewandt  hat,  unterstützte  mich  bereitwilligst  durch  seinen  Rat 
und  Empfehlungen,  und  brachte  zuletzt  auch  noch  einen  Teil 
seines  SomineraufenthaUs  auf  Kos  zu,  während  dessen  er  mir 
mit  seinen  Erfahrungen  getreulieh  beistand. 

Am  14.  Juli  kam  ich  in  Kos  an  und  reiste  nach  kurzer 
Orientirung  weiter  nach  Rhodos,  um  das  EinfQbrungsscbrei  • 
ben  der  tQrkiscben  Regierung  dem  Gouverneur  des  InseWi- 
lajet8,Abeddin  Pascha,  zu  überreichen.  Ich  wurde  aufs  freund- 
lichste aufgenommen  und  erhielt  ein  Schreiben  an  den  Kai- 
makam  von  Kos,  worin  er  auf  Grund  des  Irades  zur  Unter- 
stützung meiner  Forschungen  aufgefordert  wurde,  ich  wollte 
nun  zunächst  mit  der  Untersuchung  der  Festung  beginnen. 
Hier  begannen  aber  sofort  dieselben  Schwierigkeiten, die  sich 
Dubois  und  Paton  entgegen  gestellt  hatten.  Der  Komman- 
dant der  Festung  erklärte,  in  dem  Irade  sei  die  Festung  nicht 
ausdrücklich  genannt  und  er  könne  nichts  gestatten  ohne  Be- 
fehl seiner  direkten  militärischen  Vorgesetzten.  Es  begannen 
telegraphisehe  Unterhandlungen,  hei  denen  mir  der  Vali  sehr 
beistand.  Nach  etwa  10  Tagen  erhielt  ich  auch  die  telegra- 
phisehe Mitteilung,  dass  dem  Kommandanten  die  entspre- 
chenden Weisungen  von  seinen  Oberen  zugehen  würden.  So 
lange  ich  aber  auf  der  Insel  weilte,  kamen  diese  Weisungen 
nicht.  Somit  mussle  ich  die  Festung  aus  meinem  Programm 
streichen. 

Die  topographische  Untersuchung  hatte  auszu<j;elien  von  den 
antiken  Nachrichten.  Das  Asklepieion  lag  nach  Strabo  XiV 
S.  657  {v  T<^  irooxTT6i(,>  der  mit  der  jetzigen  identischen  Stadt. 
Diese  Angabe  wird  bestätigt  durch  das  bisher  nicht  beachtete, 
ebenfalls  auf  Autopsie  beruhende  Zeugniss  des  lihelurs  Ari- 


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RKISEBERICHT  AUS  KOS 


443 


Steides  (VII,  Dindorf  1  S.  76),  nach  weichem  die  Meilstätle 
IV  Toi;  T(üv  K<i)(i>v  rpoxTTftoi;  lag.  IlooacTitov  bezeichnet  nach 
feststehendem  antikem  Sprachgebrauch  die  Gegend  direkt 
ausserhalb  der  Stadtmauer.  Von  den  bisherigen  Forschem 
waren  drei  Plätze  für  die  Stätte  des  Asklepieions  vermutet 
worden.  Palon  ( Inscriptions  of  Cos  S.  137  )  nahm  dafür  die 
einzigen  in  der  Umgebung  der  Stadt  zu  Tage  liegenden  Tem- 
pelreste in  Anspruch,  bei  der  verfallenen  Kirche  der  II«v«Yi« 
Tap(7oo  jenseits  des  Dorfes  Kermeti,  am  sanften  Abhang  der 
Gebirgsausläufer.  Die  Entfernung  von  der  Stadt,  die  er  auf 
eine  halbe  Stunde  schätzte,  beträgt  eine  ganze  Stunde,  so  dass 
der  Ausdruck  iv  «poxertb^  nicht  mehr  darauf  pasat.  Es  sind 
dort  noch  Fundamente  eines  Tempels  sichtbar,  vom  Oberbau 
nur  noch  das  Bruchstück  einer  dorischen  Säulentrommel  von 
etwa  liSb" Durchmesser  mit  tiefer Kannelirung  und  das  eines 
daxu  gehörigen  TriglyphenstOcks,  beides  aus  weissem  Marmor. 
Sonst  ist  alles  abgeräumt.  Die  InschriflblÖcke,  welche  in  der 
Umgebung  gefunden  wurden  und  zum  Teil  noch  dort  liegen, 
haben  keinerlei  Beziehung  zu  Asklepios  ergeben.  Bs  ist  nicht 
unmöglich,  dass  der  Tempelbau  frOhrömiicher  Zeit  angehörte. 
Der  Oberbau  kann  in  die  Kalköfen  gewandert  aber  auch  zum 
Bau  der  Festung  abgeführt  worden  sein.  Eine  Untersuchung 
der  dort  verbauten  Architekturstocke  könnte  vielleicht  darüber 
Auskunft  geben;  andrerseits  kann  Klarheit  auch  g^haffen 
werden  durch  die  wenig  Arbeit  erfordernde  AufrSumung  des 
Tempel  platzes. 

Das  entgegengesetzte  Extrem  hatte  Dubois  {De  Co  insula 
S.  8-11)  angenommen, indem  er  das  Heiligtum  in  die  nächste 
Nähe  der  Festung  und  des  Hafens  setzte,  verleitet  durch  grosse 
Architekturfunde  in  den  dort  gelegenen  C^rten  eines  Türken. 
Durch  private  Ausgrabungen,  welche  dieser  anstellte,  wurde 
aber  klar,  dass  hier  nicht  das  Asklepieion,  sondern  ein  grosses 
Gymnasium  aus  romischer  Zeit  gestanden  hat. 

Dubois  hatte  den  von  seinem  Vorgänger  I^ayet  {Memoire 
Sur  Cile  de  Cos,  Archives  des  missions  scicntifiques  1876 
S.  98)  angenommenen  PluU    wenige  Minuten  westlich  vuu 


444 


R.  HShZüG 


der  Stadt'  als  zu  weit  entfernt  bezeichnet.  Ganz  klar  ist  die 
Beschreibung  Rayets  nicht  und  seio  HauptbeweiBBtück,  'ein 
dorisches  Kapitell  aus  weissem  Marmor,  vod  sehr  grosser  Di- 
meosion  uod  sehr  reinem  Profil',  wurde  1884  von  üenndorf 
uod  Niemann  (a.a.O.)  ntoht  mehr  gefunden»  ebensowenig  von 
mir.  Auch  wasste  von  den  Roem  Niemand  etwas  darOber. 

Ich  hielt  es  zunächst  fOr  notwendig,  den  Umfang,  d.h.  die 
Mauern  der  antiken  Stadt  fest  zu  stellen.  Auf  den  Gängen,  die 
ich  zu  diesem  Zweck  unternahm,  zeigte  mir  mein  Führer  loan- 
nis  Kallisperis  aus  Kaiymnos  die  von  ihm  mit  grosser  Wahr- 
scheinlichkeit angenommenen  Spuren  der  SUidlroauern.  Sie 
stellen  sich  jetzt  als  ein  zum  Teil  hober  Damm  dar,  in  dessen 
Umgebung  sich  allenthalben  grössere  Mauersteine  finden.  Die- 
ser vermutliche  Mauerzug  hat  einen  Umfang  von  etwa  3000"; 
mit  Zurechnung  der  Seeseite  ergibt  sich  fikr  die  ganze  Stadt 
ein  Umfang  von  3-4^,  gewiss  nicht  zu  viel,  wenn  Strabon 
XIV  S.  657  von  ihr  sagt:  ^  )i  «öXi{  ou  (AtyaXvi,  it&Xkmx 
«cr«Av  «uv4^xi9(aIvt)  itai  t^ioOat  to1I(  xavaicXlovotv  ^)t<m|.  Dieser 
Stadtumfang  deckt  sich  ziemlich  mit  dem  der  erweiterten  heu- 
tigen Stadt,  die  sich  um  Hafen.  Festung  und  innere  um- 
mauerte Ritterstadt  in  weiterer  Bauart  mit  Gärten  bei  den 
Häusern  herumzieht*. 

Der  mutmassliche  Mauerzug  schneidet  das  jetzige  westliche 
Stadtende  Jeni-Kape.  Geht  man  von  hier  westlich  die  Strasse* 
nach  Kermeti,  so  gelangt  man  nach  300"  an  einen  Platz  von 
etwa  100"  Länge  und  160"  Breite,  der  sich  im  Gelände  deut- 
lich durch  eine  Brhöhung  von  ungefähr  I"  abhebt,  und  mit 
späten  Thon-  und  Ziegelscherben  bedeckt  ist.  In  den  Garten- 
und  Feldmaoern  rings  umher  sind  viele  schöne  Blöcke  von 
blauem  Kalkstein  und  weissem  Marmor  verbaut.  Aul  diesen 
Platz  stimmt  die  Beschreibung  Rayeis.  Bei  einer  Besserung 


*  Der  Plan  der  Stadt  und  Umgebung  auf  der  englischen  AdmiraliUts» 
karte  Nr.  1550  alhi  ein  gans  falsches  Bild  von  der  jetzigen  Stndi,  uboiiso  die 
iinti  r  iingiMisti^'ci)  Bedingungen  aufgenonimenen  Skizzen  von  Dubois  {f)t 
^  insula  Taf.  i.  11 ). 


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tlBISBäBRICHT  AUS  KOS 


445 


der  durchführendeo  Strasse  kamen  verschiedene  Marmor- 
blöcke zu  Tage. 

Hier  glaubte  ich  zum  Versucii  den  Spaten  einsetzen  zu 
müssen,  und  wurde  darin  durch  Herrn  Paton  bestärkt.  Nach 
längeren  Verhandlungen  erhielt  ich,  wieder  durch  Vermitt- 
lung der  deutschen  Botschaft,  von  der  Verwaltung  der  Kai- 
serlichen Museen  in  Konstnntinopel  tei^raphisch  die  Er- 
laubniss  zu  einer  eintägigen  Versucbsgrabung.  Obwol  ich  mir 
davon  kaum  einen  Erfolg  versprechen  konnte,  wollte  ich  doch 
den  Versuch  unternehmen,  ich  lies»  an  einer  Stelle  der  Peri- 
pherie, wo  ich  am  schnellsten  in  die  Tiefe  zu  kommen  hoffte, 
einen  Stollen  von  10"  Lange  bis  zu  3,30"*  Tiefe  eintreiben. 
Aus  diesem  Stollen  wurden  aber  keine  ßaureste  zu  Tage  geför- 
dert, sondern  nur.nach  unten  immer  häufiger  auftretend, Scher- 
ben, auch  kleine  Thonlampen  aus  später  Zeit.  So  musste  ich 
mich  mit  einem  ganz  zweifelhaften  Resultat  begnügen.  Aber 
trotzdem  bin  ich  nach  wie  vor  der  Ansicht,  dass  das  Askle* 
pieion  an  diesem  Platze  unter  dem  Boden  gesucht  werden 
muss.  Dazu  bestimmen  mich  hauptsächlich  die  Ansichten.die 
ich  mir  über  seine  Schicksale  gebildet  habe. 

In  der  Stadt  und  ihrer  ganzen  Umgebung  sind  überall  In* 
Schriften  in  grosser  Zahl,  Skulpturen  und  Baustücke  zerstreut 
und  verbaut.  Wie  schon  bemerkt,  ist  es  sehr  wunderbar,  dass 
unter  diesen  Funden  solche  aus  dem  Asklepieion  eine  so  ge- 
ringe Bolle  spielen.  An  den  Bergabhängen  kann  es  nicht  ge- 
standen haben,  nicht  nur  wegen  der  zu  grossen  Entfernung, 
sondern  auch,  weil  sich  dort  noch  weitere  Reste  erhalten  haben 
müssten  ausser  jenem  Tempel  bei  llavxyia  Tap«oG. 

Die  Ebene  aber  ist  in  Folge  derVernichtungderWälder  durch 
den  von  den  Bergen  herab  geschwemmten  Humus  stark  ange- 
höht worden.  Über  niedere  Ruinen  konnte  sich  daher  bald  eine 
schätzende  Decke  bilden,  namentlich  in  Zeiten,  wo  die  Bewoh- 
ner fehlten, welche  die  Ruinen  zum  Hausbau  verwenden  konn- 
ten. Dies  weist  uns  auf  das  Schicksal  der  Stadt  im  ausgehen- 
den .Mlertum.  Für  das  Asklepieion  ist  unser  letzter  Zeuge 
An^leides.  üb  es  nach  dem  Lilidbehen  unter  Antoninus  Pius 


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446 


R.  HERZOG 


(8.  Hicks,  Inscriptions  of  Cos  S.  XLI )  wieder  im  alten 
Glänze  hergestellt  wurde,  ist  fraglich.  Vielleicht  ballen  ihm 
acboD  die  Erdbeben  am  Ende  des  1.  Jahrhunderts  vor  Chr. 
gesebadet.auf  welche  die  für  die  Stadtgeschichte  von  Kos  wich- 
tige Inschrift  von  Olympia  (Dillen berger  Nr.  53)  Bezog  nimml. 
Mit  dem  Erstarken  des  Christentoms  wird  es  verfallen  sein, 
zerstört  wurde  es  jedenfalls  durch  das  Erdbeben  von  554, 
dessen  Wirkungen  uns  als  Augenzeuge  Agatbias  (siehe  (licks 
a.O.)  schildert. Wenn  die  zusammengefallenen  TrQmmer  dann 
durch  die  Erddecke  beschirmt  wurden,  wie  etwa  in  Olympia, 
so  fanden  die  Ritter  nichts  mehr  Ober  dem  Boden,  was  sie 
hatten  zum  Bau  ihrer  Festung  abtragen  können.  Diese  Verhält- 
nisse können  durch  einen  langen  und  tiefen  Versuchsgraben 
durch  den  ganzen  Platz  aufgeklärt  werden,  der  aber  nalQrlich 
mehr  als  einen  Tag  Arbeit  erfordert. 

Vor  der  Grabung  hatte  ich  meine  Zeit  auf  topographische 
Untersuchungen  in  der  ganzen  Umgebung  der  Stadt  und  ganz 
besonders  auf  die  Sammln  von  Inschriften  und  die  Auf- 
nahme von  archäologischen  Funden  verwendet.  Auf  einer  vier- 
tägigen Reise  durch  die  ganze  Insel  lernte  ich  namentlich  die 
Plätze  der  antiken  Demen  kennen.  Bei  den  wichtigsten  von 
ihnen,  Hippioiai  ("Ayio;  Feupyto;  ActCoo),  Islhmos  (heim  Dorf 
K(^xXo),HalasBrna  ( Dorf  KapSx^ievz)  sind  die  Mittelpunkte  des 
Gemeindelebens  genau  bestimmt  und  werden  von  den  Bauern 
als  Steinbrflehe  verwendet.  Eine  Ausgrabung  an  diesen  Plätzen 
würde  mil  sehr  wenig  Arbeit  das  Urkundenmalerial  der  De- 
men. das  auch  für  die  Verfassung  der  ganzen  Insel  Wichtiges 
biclet,  sehr  vermehren. 

Nach  Abschiuss  der  geschilderten  Untersuchungen  verliess 
ich  am  1'2.  August  die  schöne  Insel  Ich  nahm  den  Eindruck 
mit  mir,  dass  aus  ihrem  Boden  mit  geringem  Aufwand  zahl- 
reiche und  grosse  Schätze  für  Wissenschaft  und  Kunst  gewon 
nen  werden  können.  Die  äusseren  Verhältnisse  sind  im  Ein- 
zelnen sehr  günstig,  die  allgemeinen  Schwierigkeiten ,  die  sich 
einer  mit  Schin  fungen  verbundenen  s^steinulischen  Durchlur- 


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REISEBEHICHT  AUS  KOä  M 

schung  entgegen  stellen,  können,  nachdem  sie  einmal  erkannt 
sind,  auch  jtehoben  werden. 

Meine  epigrapbische  Ausbeute  beträgt  mehr  als  150  unedirte 
Inschriften  und  Inschriflenfragmente.  Ausserdem  habe  ich  ge- 
legentlich schon  bekannte  revidirt  und  zum  Teil  berichtigen 
können.  Dieses  Material  erschien  lu  umfangreich, um  im  Rah« 
men  dieser  Zeitschrift  geschlossen  veröffentlicht  zu  werden. 
Ich  entschloss  mich  daher  im  Binverständnits  mit  dem  archüo- 
logischen  Institut  das  ganze  neue  epigraphische  Material  und 
einige  daran  sich  anschliessende  Untersuchungen  mit  den  nö- 
tigen Indices  in  einem  besonderen  Buche  zu  Teröffentlichen, 
das  demnächst  unter  dem  Titel  *Roische  Forschungen  und 
Funde'  erscheinen  wird  und  in  Ergänzung  der  Inscriptions 
of  Cos  die  Urkunden  ,  welche  ohne  das  Werk  des  Spatens 
für  die  Geschichte  der  Insel  gewonnen  werden  konnten,  ver- 
zeichnen soll.  Aus  der  Masse  der  Inschriften  seien  aber  einige 
der  Hauptstacke  hier  erstmals  veröffentlicht  und  kurz  bespro- 
chen Angeschlossen  werden  einige  Inschriften  nicht  kölschen 
Ursprungs.  Ein  zweiter  Teil  dieses  Berichtes  wird  den  archäo- 
logischen Resultaten  der  Reise  gelten,  da  diese  dem  Plan  des 
Buches  ferner  liegen. 

I 

Inschriften 

1.  Platte  von  weissem  Marmor,  61*"  hoch,  40,5  breit,  7  -8 
dick,  im  Besitz  des  Herrn  'A^e^io;  Bu^Aav^xY)«.  Sie  diente  froher 
als  Bodenplatte  in  einem  alten  türkischen  Bad  und  ist  dalier 
stark  abgetreten  und  so  beschädigt,  dass  nur  noch  das  obere 
Viertel  der  Inschrift  annähernd  lesbar  ist.  Schrift  fein  und 
sorglaltig.  Hübe  der  liucbslaben  1^.  Der  obere  liand  lebll. 

AIPATPIAIPAPA  iCENA 
PQNEIZTOMHOENC  TIMÜN 
ifEPEINTAMPOAIN  YPEPßrK  AZ»AEY7 


44d  tl.  HBRZOÖ 

5  AEMAI05:ErPAYEYnEPAY""0YEI  ""ISTOAAI 

NEPEMYEPOTITONAAMON^'PEPTAZOYZ./ 
^5:        APEZTAAKE  TfilTE/  ZK  A  API  fi  I  K  A  • 
TOIZAAAOIZOEOIZAPAFONTAKA^  04)QNTA 
METAT'^NZYNOE'^PONEM<|)A    'IQN     «  I"  ON  AH 
10   HMEN  'V  "     0'"TOI  1  ^A' A 'ETAA   '^E'ANK  | 
T  A"  r  C     •        •  AI     ir         YO  N 

Bb  folgen  elwa  23  gans  utiIeBbare  Zeilen. 

yiyvtt  t]3,i  «arpiSt  «ape^^Tto^  xaipo«  o]ji0tva 
irapftXt]iv«»v  itc  TO  |ti!)Oivo[c  TÖy  ;^D]d(M*v 

&C  [i^JaiplffraXxi  tAi  xt  'AtncXamdt  xal 
TOfc  SXkfm  Otoic  tticAyowTct  Kttf  [tvjof  Avra 
(MTflt  tAv  auvOfupoiv  IjA^aUji^uv  [ajuriv  &Qtov 

Das  Brucbstikck  enthält  einen  Teil  der  Motive  eines  koiscben 
Ehren beschlusses  für  einen  Mitbürger.  Der  Geehrte  ist  ohne 
Zweifel  eine  Person  mit  dem  Führer  der  Optergesandtscbaft 
an  Asklepios  und  dem  Überbringer  des  Begieitschreibens^das 
der  König  Ptolemaios  an  den  Demos  sandte.  Als  Beweis  da- 
für diene  einmal  der  Begleitbrief  an  die  Milesier,  den  Seien- 
kos  I.  einer  Opf'ergesandtschaft  für  das  ApoUobeiligtum  mit- 
gab, Ditlenberger,  Si/lioge  1 70;  Michel,  Recueil  39  (vgl. Wil- 
helm, G.G.  A.  1898  S.  209),  Z.  11  Cf.  a^ecTiXxajiiv  «i;  TO  U- 
p6v  Toö  'AiroXXtJvo?  ToO  iv  AtSuuoi^  rriv  t«  Xyyvtav  -ryjv  ^v^kXris  %9\ 
xoTrpia  ycuTÖt  xat  ipY'jpöc  lic,  ivzOiTiv  toi?  öeoi;  toi;  ScjTf.pdi  xo- 
p.i^ovTx  lloXt  X  vOr,v.  Durch  diese  Analogie  wird  auch  die 
verwickelte  Konstruktion  (Nachstellung  des  Particips  und  Na- 
mens hinter  seine  Objekte  )  erläutert.  Kur  die  lie/.ieliungen 
des  Gerundien  zu  Ueiu  Slaal,  an  den  er  geschickt  wird, können 


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UBISB&BBICBT  AOS  EM  449 

wir  zur  Erklärung  beiiiehen  den  Brief  des  Königs  Philippos 
V.  an  die  Nisyrier,  Michel  43,  besser  Dittenberger*  263 
=s/.  G,  Ins,  III  91:  BamXcuc  4{Xi««ftc  Ntoupioi;  x°^^P'***  '^f' 
tfaraXxa  KaXXtov  icpoc  &(ft%c,  €vt«  xai  ^(aCv  <rvv^Oii  xeel  ö(t^- 
'Tif  ov  «oXiTiqv*  «ur&v  i&vouv  S«t«      «öXit  xal  ico>* 

Aus  diesen  beiden  Briefan  kann  auch  der  Inhalt  des  Ptole- 
maiosbriefes  erraten  werden:  Der  König  schickt  eine  Theorie 
mit  Opfern  und  natürlich  auch  Weihgeschenken  an  das  Askle- 
pieion  zu  Kos,  bestimmt  zu  ihrem  Führer  den  an  seinem  Hofe 
weilenden  Koer  Kaphisophon  und  gibt  ihm  ein  Sehretben  an 
den  Demos  von  Kos  mit,  dessen  Hauptteil  wol  nach  den  ein- 
leitenden Sätzen  eine  liiste  der  Weihgeschenke  und  Opfertiere 
bildete 

Der  Anfang  des  Motivsatzes  nach  dem  Praescript  wäre  dem- 
nach etwa  so  zu  ergänzen :  '  Da  Kaphisophon  —  sich  immer 
als  ein  trefflicher  Bürger  gezeigt  liat  und  ganz  besonders  Sia- 
xpiStüv  TTxpä  ßaatXei  IlToXiaa-w  sowöl  im  einzelnen  sich  stets 
seiner  Landsleute  annimmt. als  auch  durch  seinen  Eintluss  auf 
den  König  xoivat  TroXXwy  jcai  j^pr](ji[A[o)v  |  ysyovs  T]ät  TcarpiSi 
7tafa[iTio;  xtX.  *  Die  Ergänzungen  der  ersten  erhaltenen  Zeilen 
habe  ich  nach  sorgfältigen  Erwägungen  aus  der  Zahl  der  zur 
Verfügung  stehenden  Formeln  des  Kanzleistils  ausgewählt^. 
Sollten  sie  aucli  im  Einzelnen  zweifelhaft  bleiben,  so  dürfte 
docii  der  Gedankeninlialt  siclur  sein.  Der  Name  Ka'piocxpoiv 
war  bisher  auf  Kos  niclit  direkt  belegt,  dagegen  Ka9t'7io?  als 
üeamtenname  auf  einer  koischeo  Muuze  (Paton,  Coan  coins 


*  Eine  dritte  autVallende  Analogie  bildet  der  nacli  guten  hellenistischen 
Quellen  geflllsclite  Bericht  des  Pseudo^Aristeas  über  die  Theorie  des  Ptole- 
mains  Philadclphos  ittm  Tempel  in  Jeriisaleiti,  mit  Begleitbrief,  Liste  (l*-r 
WeiliKcsctit'iiki'  II.  <!.  w  ,  y\i\.  Aristene  quae  Terlur  ad  Pbilocratem  epislulae 
iDitium  ed.  L.  Meudt Isohu  (1897)  S.  U  i  33  0*. 

*  Das  doppelle  /,pr,9i[xu>v  ist  nicht  unertrAglich,  vgl.  x.  B.  Ifichel  423. 327, 
3.  8.—  Von  WichUglieit  für  die  EfgtDXimgen  ist  die  Thatsacbe,  dass  am 
Zeilensehluss  die  WorttrenDung  absichtlich  Termleden  lu  sein  scheint. 

ATHBN.  HITTHBILÜNGBN  Ulli.  30 


m  ft.  MEMO« 

Nr.  106  in  den  Inscr,  of  Cos).  Ergänzen  kann  man  den  Na- 
men, der  aas  dem  koieehen  Monat  Ka^iaio«  za  erklaren  ist, 
auf  der  Inschrift  Paton-Hicks  54.  2. 

Z.  4  f.  Vgl.  den  sehr  ähnlichen  Ehrenbesehlüss  der  Athe- 
ner ilftr  den  Rom5diend ichler  Philippides,  der  a«oSvi{Aiqvac  icpo« 
Tov  ßditftXI«  Auai^xa^ov  für  80100  Vaterstadt  wirkte,  lliehellte, 
Ditten berger ^  197,  Z.  36  f.  xal  (»wip  tovtm«  «Avtwv  «oXXAxk 
l&apTÜp-nxsv  «orAt  i  ßat9iXiU(  icpö;  toÜ(  7;pia€ti»ovTa;  'A9Y)voe(«M  icpoc 
iauTcv.  Zu  dem  dreimaligen  uicip  mit  Gen.  v<^l.  Meisterbans 
Grammatik  der  alt.  Inschriften^  S.  182.  Hier  ist  es  jedenfalls 
an  erster  uiui  dritter  Stelle  j^anz  gleich  icspi  mit  Gen. 

Z.  7  f.  Ttit  TE  'AokXxtciöi  x.xi  Tot<;  aX^ot;  Hioiq.  Diese  0ioi  «nivoi- 
xoi  des  Asklepios  kennen  wir  aus  dem  Gel)et  der  dem  koischen 
*A<Jx>iri7tia)'.  ivaTiOsiaai  xai  Ojiiä^ourjat  bei  Herondas  l  \  .  1  ff. 

Z.  9  f.  ia(pa[v]i^ü)v  [aluTOv  a$\ov]  -^aev.  Das  folgende  ist  zu 
schatteiiliaft  und  unsicher,  als  dass  ich  nach  verwandlen  In- 
schriften eine  Ergänzung  wagen  möchte.  Man  erwartet  etwa 
den  Gedanken:  dass  er  würdig  sei  der  Sendung  (toi;  [il^-o- 
(TTo[>ä??)  oder  der  iMiliierschaft  der  Tlieorie,  des  Gottes,  des 
Königs,  seiner  Mithiirger  oder  ähnliches. 

Wenn  damit  die  Molivf  erschöpft  waren,  so  niiissen  die 
Ehrenbescidiisse  einen  gios^cii  Raum  eingenoinmen  haben. 

Die  wichtigste  Fra^e,  weicht'  die  insehrifl  aul'uibl,  ist  nicht 
sicher  zu  lösen.  Der  Sehriftcharakter  und  die  sorgfältige  Ab- 
fassung verbietet  es.  sie  unter  die  Mitte  des  III.  Jalirhunderls 
zu  rücken.  So  kommen  ernstlich  nur  die  beiden  ersten  Ptole- 
maier  in  Betracht.  Ptolemaios  I.  hatte  allen  Grund,  den  Askle- 
pios von  Kos  zu  ehren,  unter  dessen  Schutz  ihm  M09  der 
Thronerbe  geboren  wurde.  Aber  wegen  des  Königstilels  kann 
die  Inschrift  nicht  vor  305  fallen;  von  306-  301  war  die  In- 
sel dem  Machtbereich  des  Plolemaios  entrückt.  Nach  301  wäre 
der  Dank  etwas  verspätet  gewesen  Fs  ist  also  wahrschein- 
licher Ptolemaios  II.  Philadeiphos  als  der  Absench^r  der  Opfer- 
gesandlschaft  anzunehmen,  der  mit  Kos  durch  die  innigsten 
Bande  der  Pietät  verknüpft  w  ar.  Sein  Verhältniss  zu  Kos  wird 
am  besten  erläutert  durch  Theokrits  iyxttfAiov  ii«  ÜToXf(uilo« 


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llfilSBBBBICHT  AOS  KOS  4&I 

(XVII),  das  In  die  Jahre  973-71  zu  datiren  ist.  Wenn  hier 
Theokrit  der  Insel  die  Worte  in  den  Mund  legt  (V.  66  f.)  oX- 

vitxTTtjxa  <I»o{6o;  'AicöXXwv,  80  ist  dies  vielleicht  als  Bitte  ex 
ei'cntu  im  Verein  mit  den  Worten  über  die  gute  Verwendung 
der  königlichen  Goldschätze  ( V.  108  f.)  iWx  tcoaüv  pitv  eyovT' 
Oeiöv  ipt/t'jSs's;  olxoi  aüv  irapyoy.t'vaLO  aüv  äXXo'.Tiv  yspiecoi  ein 
Zeugniss  für  die  Opfergesandtschaft  unserer  Inschrift. 

9.  3.  Platte  von  weissem  Marmor,  in  zwei  Stücke  gebrochen, 
auf  beiden  Seilen  beschrieben  Sie  diente  als  Herdplatte  in  ei- 
nem zerfallenen  xa'ptveiov,  wo  ich  sie  fand  und  hei  ausreissen 
liess.  um  sie  dem  Museum  der  Demarchie  zu  übergeben. 

Der  obere  Rand  ist  weggebrochen.  Erhaltene  Höhe  38,  Breite 
oben  45,  unten  43.  Dicke  S**. 

'2.  Durch  das  llerdfeuer,  namentlich  auf  der  linken  Seite, 
sehr  beschädigt.  Schrift  sehr  oberlliiclilich  und  Iluchtig  einge- 
kratzt, die  unterste  Zeile  nur  eingepickt.  Höhe  der  Buchsta- 
ben l*". 

MENfilA  _^A^ 

vA   ZI/  MHPEIATANOMIZOMEN 
AIKAE    E  "lONTOIMENTANXElMEPIN 
APX  :NTES~EPAZTI0Y.KZ  TOIAETANOE 
5  NANAPXON   "2:  ~A  K  A  T  ß  N  A  E  A  A  Afi  N  OX  PH  I 
ZnNEÜElKA  KAII^XIONOSIONEZTINOYEN 
TAIZOEAIZ  O  Y  O  NTfil  AEKAlTOIEP^OAABEY^ 
TEZTOIEPONH^AMOZION  EPrO  NK  AOEK  AZ 
TONENIA  AI  OZZO  I  M  EN  K  AEPrOAA 

lü  BH2i2NT  A  TEZÄ;AnOZ.ITOIAE 

Ano   E   II      III        KIOI  AEYHEP  EAnOZ.h 
KAITOI  CNEZMHnPOTEPONAY 
-OlZTAI  lAONTniAIKAMHOIPEYZ 
YTC    Z  II  ZH  T  ANOY  Z  I  ANEÜITE 

15      EAEZOA       lAONTftlEniTI  MIONII 
PAZ  AÄPAZTEIAZKA  INE  MEZEAZZ.  O 
OYONT    AE     tOIAnc  icHYMENOlHAI 
TEXYÜO  T  TEZEITANHAAAftZTIflZ 


452 


n.  tiBiutod 


KAOIZONTEZEHITANTPAnEZAN 
20  Ele  2  TOZ'IEPEIONfü  MTATErEPHAIAOT 
K AT AT Ar Er RAM MEN AH  AHO Tl  MONTH  I 
Til    I  E  P  E  I  Z.  N  KAI  AnPAHIZEZTßAYTn 
KAOAHEPEKAIKAZ 

[Ulm  0.  «ftv 

.«.)tati.s..ov  TOl  fuv  Tst  x>ip-<pi>{oiv 
ap^ovTic  FipaffTiov  .  xC't  "rol  8i[pf> 
5  viv  ixppv[T]j4  [xja^i]      Täv     £XXttv  6  XP'J*" 
|[«i»v  lm{  xa         kaI  layiv*  5«t6v  l«Ttv  6vtv 
T«Cc  OcetCc*  OuovTttt  )i  xflil  toI  ipYoli«(iOv« 

Tl{  TO  UpOV  Y)  SsfAOOtOV  IpY^V  X«0'  SxM- 

xct  Tol  [ipxtTexrjove;  {jly)  rrpOTipov  aw- 
TOC(  Ta[;  Soon;?  (acTcojSjtSovTCOi,  «I  x«  (AV)  6  ipiuc 
«]uTo[i]?  [i{X(j>a]v{(rr)  t«v  Ouoiecv  iviTC- 
15  T]iXeo6a[i,  -i^  0(ps]iX6vT(i>t  ixtxCfAtov  U- 
p0i<  'A^paoTiia;  >cal  N({xeatu{  L  O  ' 
6iiÖvt[<i>i]  Si  [xal]  toI  a7;o[S(i]xvu(Aevot  iciv- 

SO  ?x[a]7T0?  lipeiov  [/_v?  x]ai  rot  ^ye^yeptj  $iSöt[ci> 
xari  Ta  ytypafAatva,  ii  aTcoxivovTwi 
Ttii^[i]  Upci  Z.  V,  xai  a  npä^^i;  toTU>  av>T<i^i 
xaddicip  ix  Sixaf. 

Die  Lesung  und  Ergcinzung  der  schwer  zu  entziffernden  In- 
schrift wurde  sehr  getürdert  durch  flerrn  Palon .  der  ge- 
meinsam mit  mir  den  Stein  studirle  und  mir  auf  Grund  eines 
Abklatsches  —  die  Abklatsche  lassen  mehr  erkennen  als  der 
durch  das  Feuer  geschwärzte  Stein  —  seine  vollsliindige  Le- 
sung miUeilte.  leb  luhre  nur  das  ao,  worin  Paton  von  mir 


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BSIBBBIBICBT  ADS  KOS 


45S 


abweicht.  Z.9.  MFITI A  xä  vo{x.  P.  UptXx  oder  [nnp(e)ia?  3. 7c]«p 
)ca6.  S..OV,  Tol  P.  Vor  Toi  steht  ON  oder  fiN.  7. 
9.  ivia[uT6]v  [&7c]a[r!  P.  10.  oovti  \|  .  rrpajTctJ^av  P.  1 1 .  von  P.  er- 
gänzt. 12.  tJoi  [lipoavÄ|xo]v£i;  P.  13.  t]oi;  t[Ö  ouJvrTa/Osvl  Sovtoji  P. 
Die  Lücken  in  Z.  9  ff.  sind  so  verrieben  und  zerkratzt,  dass 
es  gewagt  ist  einzelne  Striche  als  Buchstabenreste  zu  deuten. 
20.  Iipsiov  [/L  .  V  )tai  Ta  ytpYi  SiSdru  P.  Vor  xjxi  Rasur.  22.  ivö'] 
{sp«iü)v,  xai  P.  aÜTwv  P.  23..  .  .  xotra  -  -  P.  Das  letzte  Wort  las 
ich  zuerst  als  «oi/.ö;,  aber  der  Raum  passt  besser  zu  ex 

Wir  haben  hier  eine  zweite  Sakralinschrift  aus  dem  Heilig- 
tum der  Adrasleia  und  Nemesis,  nachdem  eine  ähnliche  schon 
früher  gefunden  war,  Inscriptions  of  Cos  29.  Der  letzte  Para- 
graph der  neuen  Vorschrift  (  Z.  17  ff. )  scheint  mit  dem  ersten 
der  alten  annähernd  gleichlautend  gewesen  sein.  Der  zweite 
Paragraph  jener  Vorschrift  enthält  die  Opferbestimmungen 
bei  Freilassungen ,  die  also  bei  diesem  Heiligtum  erfolgten  Die 
neue  Vorschrift  zeigt  in  ihrem  Eingreifen  in  die  bürgerlichen 
Verhältnisse  auch  Verwandtschaft  mit  dem  koisrhen  SakraU 
geseU  Michel720s=DialektinBchriaen  3632  (Töpffer,  Beiträge 
zur  griech.  Alterturaswissenschatl  S.  2(^4  fif.). 

Eine  Übersetzung  (von  Z.  3  an)  möge  an  Stelle  eines  aus- 
führlichen Kommentars  treten: 

'[Opfern  sollen  . . . .]  die  Beamten  des  Winterhalbjahrs  (zu 
ergänzen  l^aixYivov)  am  24.  Gerastios,  die  des  Sommerhalbjahrs 
am  27.;  von  den  andern,  wer  will,  zu  beliebiger  Zeit;  und  es 
ist  Brauch  das  Hüftenstück  den  Göttinnen  zu  opfern.  Opfern 
soUeu  auch  die  Unternehmer  der  heiligen  und  der  öffentlichen 
Arbeit(en),  in  Jedem  Jahr  einmal;  wer  bis  zu  3  (Arbeiten 
übernimmt?),  mit  einer  Opfergabe  (?)  von  10  Drachmen  Wert; 
wer  zwischen  3  [oder4?j  und  5  (Arbeiten  Obernimmt),  von 
30  Drachmen ;  wer  Ober  5,  von  50  Drachmen ;  und  die  Bau- 
meister dOrfen  ihnen  nicht  frOher  die  (ersten)  Raten  ausbe« 
zahlen  (lassen),  als  bis  der  Priester  ihnen  eröffnet  hat,  dass 
das  Opfer  dargebracht  worden  ist,  oder  sie  haben  als  Bussgeld 
in  den  Schatz  der  Adrasteia  und  Nemesis  zu  zahlen  . .  Drach- 
men, Opfbm  sollen  auch  alle  die,  welche  von  den  Bankiers 


464 


R.  HBRZOft 


oder  6onslwie  oamhaft  gemaebt  werden,  und  iwar  sollen  sie 
auf  den  Opfertisch  niederlegen  jeder  ein  Opferiier  [von  50  Dr.]« 
und  die  Deputate  soll  er  (dem  Priester)  geben  gemäss  den  ge- 
scbriebenen  Bestimmungen,  oder  sie  sollen  dem  Priester  50 
Dracbmen  zablen,  und  das  Exekutionsrecbt  stebt  demselben 
SU  wie  auf  Grund  eines  geriebtlicben  Urteils*. 

Aus  den  TerstQmmelten  swei  ersten  Zeilen  ist  kein  Zusam- 
menbang  berauszubringen. 

Z.  3.  Anfang  t1s[i]  Kft  ?  Dann  ([ic]e[T]i[t]ov  jäbrliebes  Opfer, 
oder  iirirt{«»v,  Kultbeaäite  wie  die  im^imw  ? 

Z.  4.  ap;^ovTic  vielleicht  nicht  dieEponjmen  ({xövxpyoi), son- 
dern irgendwelche  andere,  yorber  genannte  Beamten. —  Ihr 
Amtsjahr  war  in  Winter -und  Sommerhalbjahr  geteilt.  Die- 
selbe Teilung  findet  sich  in  römischer  Zeit  auf  Rhodos,  vgl. 
7.  G.  Ins.  I  94,  11.  95  b,  5. — Der  Gerasttos  fällt  also,wie  ihn 
Paton  angesetzt  hatte,  als  6.  Monat  in  den  Prttbling,  so  daas 
Bischoff,  Leipziger  Studien  XVI,  1894,  S.  148  Unrecht  be- 
kommt. Zur  Zählung  der  Tage  vgl.  Paton  lu  Inscr.  of  Cos 
43.  18-20,  S.  99. 

Z.  6.  Das  Hüften-oder  Lendenstflck  kommt  auf  den  Opfer- 
tisch nach  der  Opfervorschrift  Michel  673.  Der  6ua<p6po;  be- 
kommt das  axpiT/tov  nach  den  Beslimungen  Inscr.  of  Cos 
37,  52.  40b,  13.  * 

Z,  7.  Die  rechtlichen  Bestimmungen  für  die  t^yolxoox  oder 
Ipyoivxi,  die  in  ganz  Griechenland  annähernd  gleich  gewesen 
zu  sein  scheinen,  hat  Homolle  im  B.C./J.  XIV.  1800.S.  'i()2-5 
besprochen.  Die  llauplurkunden  dafür  sind  ausser  Haurech- 
nungen das  Gesetz  von  Tegea  (Michel  585 j  und  die  Bauur- 
kunde von  Lebadea  (  Miciiel  589).  Hieraus  habe  ich  versucht 
die  sakralen  Bestimmungen  zu  ergänzen.  Z.  9  f.  sind  aber 
zweifelhaft. 

Z.  1 1  ff.  Diese  Bestimmung  ist  parallel  der  in  Inscr.  of 
Cos  29,  5  ff.  Ich  habe  anstatt  der  auf  Kos  nicht  zu  belegen- 
den ^Upoi/.viu.lovE;  ergänzt  [ipyiTexTjovE; ,  weil  diese  Beamten 
bei  den  Akkorden  den  Staat  oder  das  Heiligtum  verUeten.und 
namentlich  die  Auszahlung  der  Halen  an  die  Unternehmer  be- 


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BBI8BBBRICBT  AUS  K08  455 

Stimmen,  welche  dann  allerdings  dureh  Pioanzbeamte  voll- 
sogen  wird.  Z.  1$  könnte  man  auch  an  r«  Ifpyx  ix$]iS6vT«»t 
oder  TOI«  [G.>YYpa<px(  S]iS6vTtti  denken,  aber  am  nächsten  liegt 
die  AuBsahlung  der  ersten  Rate,  die  der  Unternehmer  haben 
muss,  um  seinerseits  seinen  Arbeitern  das  Handgeld  und  den 
Lohn  zu  geben. 

Z.  16.  Das  Zeichen, welches  die  Strafsumme  darstellt  in  Ge- 
stalt zweier  in  einander  greifender  Halbkreise,  ist  unbekannt. 
Es  muss  nach  Analogie  anderer  Bestimmungen  eine  runde 
Zahl  zwischen  100  und  lOOO  sein,  vielleicht  eine  von  diesen 
beiden  oder  500.  Jedenfalls  aber  kann  es  keinen  der  miiesi- 
schen  Zablbuelislaben  tur  diese  drei  Ziffern  darslelien. 

Z.  17  IT.  Die  TpaTTE^iTx;  sind  Bankiers,  durch  welche  die 
Tempel verwallungen  (bis  bewei^licbe  Tempelvermögen  umtrei- 
ben  liesscn,  um  sich  die  Umstände  zu  sparen.  \'gl.  v.  SchÖffer, 
De  Deli  insulae  rebus,  1889,  S.  l'*5.  1  '.6-50.  Michel  731. 
In  Kos  waren  es  wol  die  jüdischen  Grosskapilalislen,  welche 
im  I.  .lahrhunderl  vor  Chr.  dort  eine  grosse  Rolle  spielten 
(Hicks  Inscr.  of  Cos  S.  XXXVIII  f.).  Die  Bankiers  zahlten 
dem  Heiligtum  Zinsen  und  liehen  ihrerseits  die  Kapitalien  aus, 
Sie  musslen  nun  nacli  den  vorlieijeiulen  Bestimmunj'en  ihre 
Schuldner,  die  also  indirekte  Schuldner  der  Tempelverwaltung 
waren,  namhaft  machen,  damit  diese  noch  zu  einer  nicht  un- 
beträchtlichen Opfer- oder  entsprehenden  Geldleislung  zu  Gun- 
sten des  Heiligtums  oder  gar  des  Priesters  persiuilich  herange- 
zogen werden  konnten.  Die  aTToSsuvOatvoi  xa)>o);  rw;  werden 
wol  Pächter  des  unbeweglichen  Tempelvermögens  gewesen 
sein,  wie  solches  in  der  koischen  Opterinschrift  Michel  720 
aufgeführt  ist  (vgl.  Stengel,  Griech.  Kullusaltertümer^  S.20  f., 
WomoWt  B.C. H.  XIV  S.  450  ff.  AntheSt  Deemptione  eive/i' 
ditione  Graecorum,  Halle  1885). 

Z.  19  f.  Ka6iCovT£;  irl  Toiv  TpÄxi?^«v  ein  sonderbarer  Aus- 
druck wie  oben  Z.  10  öO'.v  Tp««i||at.Zu  vergleichen  ist  dasVer« 
bum  TpxTTs^^Äv  in  der  Mysterien inschrift  von  Andania  Michel 
694.  86.  Vgl.  auch  Inscr.  of  Cos  29,  2.  36c,  26  f.  Michel 


456 


R.  HERZUO 


731,  5.  Trotz  laser,  of  Cos  37,  9  ist  xaOiCovTic  hier  nicht  in- 
transitiv (  =  sitzen)  zu  fassen. 

Z.30.  Der  Preis  des  Opfertier  s  ist  durch  Rasur  gctilgt,aber 
wol  aus  Z.  32  und  Inscr,  of  Cos  3  zu  ergänzen  [Z.  v] ; 
es  wäre  demnach  eine  junge  Kuh,  S^iMcXt«,  nach  Inscr.  of 
Cos  38,  5  f.  Auch  der  Rest  der  Zeile  ist — absichtlich  —  be- 
schädigt. Es  könnte  Tielleicht  auch  gelesen  werden  Uptiov  [«wo 
Z.  v]     Tf  ylpn  StSöT[u. 

Z.  32  f.  Diese  überaus  häufige  Bxekutionsklausel  ist  von 
Mitteis,  Reichsrecht  und  Volksrecht  S.  404-44  sehr  ausführ- 
lich besprochen.  Sie  wirft  ein  eigentümliches  Licht  auf  deo 
Geschäftsbetrieb  des  Heiligtums. 

Der  Rest  der  Vorschrift  Inscr.  of  Cos  39,  Z.  9  f.  enthält 
Bestimmungen  über  die  Besetzung  des  Priestertums  der  Göt- 
tinnen durch  Rauf, was  von  einer  bestimmten  Zeit  an  (Inser. 
of  Cos  386,  6)  auf  Kos  das  Gewöhnliche  war*. 

Ein  Ausschreiben  des  Priestertums  und  den  Raufeintrag  ent- 
hält  nun  auch  der  neue  Stein  auf  seiner  Rückseite. 

3.  Nicht  geglättet.  Die  Inschrift  nimmt  etwa  die  obere  Hälfte 
des  Steins  ein.  Links  ist  die  Oberfläche  10-13*"  vom  Rand 
an  zerstört,  was  bei  voller  Ausnützung  des  Raums  7-9 
Buchstaben  entspricht.  Rechts  ist  die  Oberfläche  zwar,  ab- 
gesehen Yon  Z.  1,  bis  an  den  Rand  erhalten,  die  Zeilenenden 
eraeheinen  aber  glatt  Yerrieben  und  weisen  in  Z.  3-6  nur 
unbestimmbare  eingepickte  Striche  und  Punkte  auf.  Htedurch 
und  durch  die  formlose  Abfassunj^  wird  die  Ergänzung  sehr 
erschwert.  Die  Sclirift  ist  noch  nachlässiger  eingeritzt  als  auf 
der  Vorderseite.  Höhe  der  Buchstaben  1**,  in  Z.  6  und  7 
1,5**  (vielleicht  von  andrer  iland  zugefügt). 

NAnftAHOHTni.  . 


*  Die  Liticratur  über  d(Mi  Kauf  der  Priestertümer  ist  zuletzt  zusammen- 
gestellt vuri  E.  HischolT,  Rhein.  Mus.  189!)  S.  )^*18.  Ich  kann  mich  seinen 
Ausführungen  uiclil  durchweg  aasübliessen. 


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HBISBBIRICHT  AUS  KOS 


45T 


IXTTPOZTATAIZEI. 
TOnOTIKATAI  Ah. 
5  MIEPßZYNANAMATA:.  .  . 
•O  KAEONEIKC^Z 

APnOYiLM  /Oß 

*A  llpuxjujv«  TCüiXrjOriTUt  .  . 
---TOt;  Upjwaüvx?  SiaYpa[({/dcvT(»)i 
Tol  Tapit«i  TOi]?  TcpoiTixai?  ili  [xiv 

TtXCTÖlV  ?  ]  TO  1C0T(XaT«€>Y}[{XK  ? 

5  Ta]v  ttpbxTuvav  £(A«  tSi  [Sixdttfti? 

Iirptarjo  KXiovcixo« 

Eux]apivou  Z.  A/  on. 

liiller  von  Gärtringeo,dem  iebeioen  Abklatsch  aandtejialte 
die  Freundiichkeil,  mir  einige  abweichende  Lesungen  mitzu- 
teilen. Z.  1.  7ro)Xr)67)Tb)  Tb^  Hiller.  V.  StaYpa(Ap^a  !^  fl.  i.  toc  KOtI 
xaranXeo  'unsicher'  H.  7.  Die  richtige  Lesung  der  SiglejSi  ver- 
danke ich  Hiller.  Das  kleine  Zeichen  am  Schluss  kann  auch 
ein  O  sein. 

Meine  Hirgänzungen  können  bei  dem  traurigen  Zustand  des 
Textes  keinen  Anspruch  auf  Sicherheit  machen. 

Z.  1.  Der  passiven  Wendung  entspricht  sonst  die  aktive, 
Inscr.  of  Cos  27,6.  88.11.  32,  1  f. 

Z.  2  f.  Zur  li^rgänzung  habe  ich  herangeiogen  Inacr.  of 
Cos  28,  wo  ich  wie  hier  Z.  1  ff.  so  er^sen  möchte:  [(irr« 

iv]pooTdlT«t(  U  T«v  in\  Tftt  [xiXiTftt  Tft<  Up]«iauv«€  Oudfltv  Z.T.  Dort 
sollen  die  T«jA{«t  cur  Bestreitung  der  Rosten  der  Priesterweihe 
den  TtpwtAttu,  300  Drachmen  sum  Voraus  anweisen.  Diese 
beiden  Kollegien  wirken  auch  sonst  bei  der  Besetiuog  von 
PriestertQmern  susammen,  Inser.  of  Cos  27,6.  19.  2t. 
29,14.  80,2. 

Z.  4.  To  tcoTiit«TA€Xii[(M  ist  mir  noch  die  wahrscheinlichste 
Ergänzung  der  unsicheren  Zeichen.  Das  Wort  kommt  vor  bei 
Demoethenes  XXIV,  97  f.,  wo  es  Zuschussiahlungen  der 


468 


R.  BBRSOO 


Steuerpiichter  an  den  Staat  zur  Deckung  von  Gtatsüber- 
Schreilungen  bezeichnet.  So  könnte  man  hier  an  eine  ausser- 
ordentliche Belastung  der  TiXüvai  des  Heiligtums  (vgl.  oben) 
für  die  nicht  vorgesehene  Ausgabe  denken. 

Z.  5  f.  ist  in  Anlehnung  an  andre  solche  Kaufurkunden 
ergänzt,  z.  B.  Michel  704  (Tomi,  II.  Jahrhundert  vor  Chr.), 
15  f.  732  (Chalkedon  1.).  29  f.  733  (Chalkedon  II.)  19  f.  Nach 
den  dort  genannten,zuiii  Kaufpreis  geschlagenen  Kaufsleuern, 
ineiToeTTa,  TpiaxovT«  U.8.W.  und  nach  den  sicher  ebenfalls  auf 
Priestertumskauf  zu  beziehenden  Fragmenten  aus  Priene, 
Greek  Inscr.  in  the  Bril.  Mus.  Nr.  V2G.  427  ( iwiSexaTov ) 
möchte  ich  hier  als  Zuschlagsteuer  die  Scxxra  einsetzen.  Damit 
scheint  (bei  der  wahrscheinlicheren  Lesung  Z.  7)  die  Kauf- 
summe  zu  stimmen,  bei  weitem  die  höchste,  die  wir  kennen, 
19»00  Drachmen,  zu  zerlegen  in  18000  Dr.  (=3  Talente) 
Kaufpreis  und  1800  Dr.  (— 10  ^/q)  Steuer.  Diese  unerhört  hohe 
Summe  können  wir  verstehen,  wenn  das  Priestertum  auf  Le- 
benszeit verkauft  wurde.  Das«  ihr  fette  Einkünfte  entsprachen, 
ist  aus  den  beiden  Opferinschriften  zu  entnehmen.  Der  Räufer 
muss  allerdings  sehr  kapitalkrilftig  gewesen  sein ;  das  ist  aber 
auch  glaublich,  denn  dieser  Klkiöviixo«  [Bux]fllpicou  ist  ohne 
Zweifel  identisch  mit  dem  koischen  Tetrerenkapitan  KXiovn- 
»0«  Eux&picou,  der  im  Jahr  8?  vor  Chr.  oder  kurz  nachher  im 
rhodischen  Geschwader  unter  dem  Plottenadmiral  Aulus  Te« 
rentius  Varro  gegen  Mithradates  fuhr,  und  sich  nach  dem 
Peldzug  mit  seiner  SchiCTsmannschaft  auf  einem  Anathem, 
vielleicht  auf  Samothrake,  verewigte*.  Spuren  seiner  Familie 
lassen  sich  auch  sonst  in  der  koischen  Beamtenhierarchie  ver* 
folgen. 


'  Siele  in  Bujukdere  bei  Konslantinopcl :  Kaiinka,  Jalireslieflc  des  nslerr. 
arch.  Inst.  I,  1898,  B.  3t  IT.  Willrich,  Hermes  1898  8  657  U'.  IJillcr  von  Gar- 
tringen, Jabresbefte  I,  Beiblatt  8.  90  IT.— Übeneben  ist  bisher  die  fiberra- 
sebende  Parallele  der  Inscbrifl  Le  Ba«  -  Waddington,  AmU  Mituure  504  aui 

Halikanias»,Weiliung  derMannsdiaft  fin<>r  lial  ikarn;issischen  Telrere  unter 
einem  halikantassisclien  Triorarchen  und  einem  (rbodischeo?)  Gescbwa- 
derchef  au  die  bciuiischea  Gülter. 


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AEISEBEHfCHT  AUS  KüS 


Der  Schriftcharakter  und  der  Text  passen  zur  ersten  Hälfte 
des  I.  Jahrliunderta  vor  Chr.  Aus  der  Flüchtigkeit  der  Schrift 
muBS  Vioi  auf  einen  privaten  Charakter  der  Aufzeichnung  ge- 
schlossen werden.  Dann  sind  Formen  wie  xpaTreCuTÄv  (2, 18), 
KXfdvtixoc  (3,6)  nicht  auCTallend.  Inscr.  of  Cos  29  wird  eine 
oder  mehrere  Generalionen  früher  anzusetien  sein  (dort  Z.  8 
«itolLuTpibffioc,  9Ni(A(o(0(,  hier  2,16  Nei&^aiu«).  Es  scheinen  bei 
Neubesetzungen  des  Priestertums  auch  die  allgemeinen  Opfer- 
bestimmungen,  die  von  EinfilusB  auf  die  Einkünfte  des  Prie- 
sters und  damit  indirekt  auf  den  Kaufpreis  waren,  reyidirt 
und  erweitert  worden  lu  sein. 

Adrasteia  und  Nemesis  sind  wol  aus  Rleinasien  nach  Kos 
herQbergekomroen.  Sie  scheinen  hier  einen  sehr  bedeutenden 
Kult  gehabt  au  haben.  Vielleicht  hatten  sie  Besiehungen  zu 
Asklepios  und  Hygieia,  wie  auch  sonst  ( vgl.  Posnansky,  Ne« 
mesis  und  Adrasteia  S.  65.  138  CT.). 

4.  Bruchstück  einer  Stele  von  weissem  Marmor,  einge- 
mauert in  einem  Zimmer  des  Hauses  von  SiSmto«  Micoufoc, 
in  der  Stadt.  Nur  der  obere  Rand  erhallen,  über  der  ersten 
Linie  eine  Leiste.  Höhe  16,  Breite  36,  Höhe  der  Buchslaben 
1,3- 

SAMOOPAIKHN^H^IZMA 
•  THI  BO  Y  AHlKAITftlAHMniE 
xSlMEHHZPPASHKfilOSPP 
INTHZPOAEßZKAlEYEPrE" 
5  TETHNPPOSENIANTOIZPAPA 
^OirXnNPOAlTÄNPAPEy 
AITAPPOZTHHPOAINICO« 
iMr  •/^/-M'*-  r\ 

Sri  IlpJa^ial'vTj;  llpa^rj  Küiio?  7:p[6^l- 
vo;]  Oy  rr^i  tcö^jo);  xat  euipYiT[75;  xa- 
5  Tdt]  T«  rrjv  «po^iviav  toi?  75ap*[Yivo- 


460 


lt.  BBltfO0 


ac]  xai  TOI  ffp6<  t^v  «öXiv  »oi[vjii  cUi 
f  iX(»t]i(AOU|Mvoc  H«t[(  -  -  - 

Ehrenbeschluss  der  Samothraker  für  einen  Koer,  der  sich 
als  ivpö^ivoc  um  Samothrake  verdient  gemacht  halte.  Er  war 
wol  wie  einige  andre  Koer  (Gonze,  Reise  auf  den  thrakischen 
Inseln  S.  67.  Kern,  Athen.  Milth.  1893  S.  3b8f.)  auf  dem  ge* 
wohnlichen  Wege  zu  seiner  Proxpnic  gekommen  (oiSi  icpö^tvet 
iyivovTO  OtMpoi  TcapaytvofAtvoi,  vi^M  auch  Monceaux,  Les  proxd" 
nies  grecques  S.  296  f.),  nemlich  als  koischer  Theore  zu  den 
PY^^o'  ^<o''  ^on  Samothrake.  Das  vorliegende  Dekret  ist  nach 
demselben  Muster  abgefasst  wie  das  für  Ptoiemaios,  Sohn  des 
Ameinias  aus  Gortyn,  Conze,  Reise  S.  66,  das  nach  dem  neuen 
richtiger  ergänzt  werden  kann, 

Z.  1.  Die  Oberschrift  soll  die  Urkunde  als  fremd  kennzeich- 
nen, nach  einem  nicht  seltenen  Brauch.  Wie  die  Abschrift 
zustande  gekommen  ist, zeigt  das  in  Jasos  gefundene  ausführ- 
liche Ehrendekfet  der  Samothraker  für  den  tragischen  Dichter 
Dymas  von  Jasos,  Michel  352,  S9  ff.  Cva  \k  ^ccvipov  ^  »otl  1«- 

ip«ep«Ysvopilvoi(  Oittpolf,  .  .  .  «viviYxcIv  tüi  ßo^AiJt  »«l  tAi 
^|Ufti  t6v  *Ia«l<i*v,  KOil  ivoepotiMxXiivOai  ivipiiXDOiivai  fi- 

XOTi|MIC  (Vft  TOI  l|nf|f{«(MlT«  Iv  TtVt  T&V  tipAv  avKYPttf^'  xfld  ol  «t(E> 
f  Olvot  «vaicttpuxOAaiv  Iv  Atovv«{otc,  tiSoTOtc  ^ioti  ivot^«aivTt$  tc  v}(m»- 
(ftcva  f9^\n^9a.  Tdt  ^^(m>i.  Die  Koer  scheinen  sich  nicht  so  mit 
der  Abschrift  angestrengt  su  haben  wie  die  Jasier.  Die  Wie- 
dergabe des  Dekrets  ist  anscheinend  summarisch,  das  Prae- 
skript  ist  zusammengezogen  oder  falsch  wiedergegeben  mit  An- 
lehnung an  das  koische  Formular.  Es  mOsste  eigentlich  lauten: 
iSo^i  vhk  ßot»>vii  (ohne  Nennung  des  Sii(&o<)-  ß««tXiu€  (oder  icpoi- 
2poc)  6  ^»(va  ToO  ^fvec  ilwiv  (vgl.  Swoboda,  Griechische 
VolksbeschlQsse  S.  118  f.  S99). 

Z.  3.  Der  Geehrte  heisst  npa^ifAivDc  Ilpa^vi.  Br  ist  vielleicht 
Identisch  ipitdem  Antragsteller  Jnscr.  of  Cos  5  (=  Michel 


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llftMBftBlltCflT  AUS  K08 


425).  Der  Genetiv  U^xir^  aus  Ilpa^ta  (von  Ilpa^ea*;)  zeigt  eine 
sonst  nicht  zu  belegende  Kontraktion,  wol  nach  Analogie  von 
Ypaa|xaTY)  für  YP*H-{A«Ti'a  (vgl.  Barth,  De  Coorum  titulomm 
dialecto  S.  89  f.  104.  Schweizer,  Grammatik  der  pergameni- 
schen  Inschriften  S.  148  f.). 

Z.  8  9aoT]i(&ou[jLivoc  vgl.  z.  B.  Michel  HO  (Athen),  Z.  6. 
12f.  64.  65.  77.  Buresch,  Aus  Lydien  S.  i9. 

Die  Annahme  von  Monceaux  (a.O.),  dass  die  samothrakl- 
schen  Dekrete  dieses  Musters  nach  der  athenischen  Fassung 
redigirt  seien,  weil  die  Athener  eine  Zeit  lang  die  Insel  be- 
herrscht hätten,  ist  keinswegs  notwendig.  Die  Ähnlichkeit  mit 
Dekreten  wie  C.  I.  A.  II  181.  186.  187  ist  genügend  in  der 
Gleichheit  des  Thatbestands  begründet. 

Die  Buchätahenformen  weisen  die  Inschrift  etwa  in  den  er- 
sten Teil  des  111.  Jahrhunderts  vor  Chr. 


Tübingen. 


R.  HBRZOa 


PRÄHISTORISCHE  IDOLE  AUS  BLEI 


In  seinem  interessanten  Bericht  über  prähistorische  Gräber 
in  Melos'  kommt  C.  C.  Edgar  auf  meine  früher  geäusserten 
Zweifel^  an  der  Kchtheit  eines  bleiernen  Idols  der  durch 
zahlreiche  marmorne  Exemplare,  besonders  von  den  Inseln, 
genügend  bekannten  Art^  zu  sprechen.  Anlass  bietet  ihm  die 
Veröffentiichung  eines  von  Bent  in  Anliparos  gefundenen  Fi- 
gürchens  aus  Blei  ^ ;  er  schliesst  aus  diesem  Eweifellos  echten 
Stück,  dass  also  Ross  mit  Recht  neben  Marmor  auch  Blei  als 
Material  dieser  Idole  nenne .  und  meine  hauptsächlich  auf 
Gründen  a  priori  beruhende  Verdächtigung  des  einzigen 
bisher  nachgewieseoen  Exemplares  nicht  aufrecht  erhalten 
werden  dürfe. 

Meine  Verdächtigung  des  aus  Fin  lays  Besits  stammenden 
Pigürchens  (jetzt  im  athenischen  Nationalmuseum  Nr.  7847) 
gründete  sich  aber  nicht  ausschliesslich,  ja  nicht  einmal  haupt- 
sächlich auf  das  Material.  Nicht  weil  dies  Figürchen  aus  Blei 
besteht  hielt  ich  es  ohne  weiteres  für  falsch, sondern  weil  es  das 
einzige  solche  Idol  aus  Blei  war,  und  ich  dies  einzige  damals 
nachweisbare  Exemplar  für  falsch  halten  musste,  behauptete 
ich,  dass  Verwendung  von  Blei  für  diese  Figuren  nicht  nach- 
gewiesen sei.  Vielleicht  bin  ich  dabei  su  skeptisch  gegen  Ross 


«  if  fintMi  of  the  Brttüh  school  at  Athtnt  III,  1896-7,  8.  50. 

«  Athen.  Mitth.  1891  S.  55,1. 

•  Eine  Ubersicht  picbt  Blinkenberg  in  den  Memoires  de  la  society  des  an- 
Uquaire*  du  Nord  lä9ö  S.  61  fl.  {  =  Aarböger  for  mrdnk  uldkynUigked  ug 
historie  1896  S.  55  ff.),  daia  kommen  jelit  vor  allem  die  von  7'sundai  ent- 
deckten ('Efi)Ht(pU  apx-  fS^S  Taf.  10.  11  S.  193  f.).  In  der  Besprechung, 
wck-lie  Perrot  ihnen  wi(Im>>l  Ülistuire  de  l'arl  VII  S.  735  (F.)  sind  die  ver- 
scliiedencn  Klassen  primiliver  Idole  nicht  Kenüi,'end  gesondert. 

*  Journal  of  Hell,  studies  V  S.  52.  53  (durl  von  Deut  irrig  als  Silber  bc- 
MtcbnetJ,  Bliokenbeüg  a.  a.  O.  8. 16  bes.  8. 15. 


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^RAEHISTOi<lSCHB  IbOLB  AOB  IILKI  463 

gewesen,  aber  seine  Äusserungen  sind  so  unbestimmt,  dass 
man  grade  bei  einem  so  genaueo  Beobachter  wie  er  das  Gefähl 
hat,  er  empfinde  selbst  einen  gewissen  Mangel  an  ganz  zu- 
YerlassigeiD  Beobachtungsmaterial  Seine  älteste  bezügliche 
Äusserung  ist.  soviel  ich  sehe,  die  in  der  'Apx«'o^oY^*  tt)?  viq- 
(rou  ZtKivou,  1837,  S.  5,9:  tk  Tiva^  vi^aeuc,  olov  Fldpov,  "lov 
xal  dqpocv,  av£uptTXGa£VÄ  irt'ki'jrxxx  elSioXa  yuvaDccta,  ix.  fxap- 
|Adcpou  71  xai  {i.oXu6Sou*.  Etwas  bestimmter  lautet  dann  die 
in  der  Abhandlung  Uber  Anaphe.  1838,  S.  408,6 :  fiin  solches 
Figürchen  aus  Blei  auch  auf  los  (jedoch  nicht  ganz  frei  von 
dem  Verdachte  der  Fälschung)^.  Damals  kannte  Ross  also  nur 
ein  einziges  solches  Pigürchen  aus  Blei.  Dass  es  mit  denn  spä- 
ter von  Finlay  besessenen  identisch  sei,  lässt  sich  zwar  nicht 
bindend  beweisen,  ist  aber  wahrscheinlich.  Ross  hat  los  am 
3.  Sept.  1835  nur  auf  einige  Stunden,  dann  vom  31 .  Aug.  bis 
2.  Sept.  1837  wieder  besucht,  dies  zweite  Mal  in  Begleitung 
von  Finlay  (Inselreieen  1  S.  X.  54.  15  't),  der  damals  dort 
die  Obsidianmesser  erwarb,  welche  neben  den  am  Flügel  von 
Marathon  aufgelesenen  Resten  gleicher  Art  der  Grundstock 
seiner  Sammlung  prähistorischer  Altertümer  wurde  ^,  und  mit 
Roes  zusammen  bei  den  Bauern  Gräberfunden  dieser  ältesten 
Epoche  nachspürte^.  Eis  wäre  sehr  merkwürdig,  wenn  Piniay 
damals  nicht  auch  das  Figürchen  gekauft  hätte. 

Noeh  an  einer  dritten  Stelle  spricht  Ross  von  bleiernen  Ido- 
len, Arch.  Aufsätze  [  S.  53  in  seiner  Obersicht  Ober  '  Vor^ 


*  übersetzt  in  dea  Arcb.  Aufsätzen  Ii  ä.  482,9  (aus  Marmor  oder  auch 
Bleij. 

*  Abhandlangen  der  mtlncbener  Akademie  1838  ss  Arch.  Aufsitze  II  6. 

492, IC).  An  dieser  wie  an  il.  r  ehcn  genannten  Stelle  verweist  Ross  auf 
Thiersch,  Uber  Paros  undparische  Inschriften  ( Abhandlungen  der  inün- 
chener  Akademie  1834)  S.  585,  aber  uur  für  die  Marmorügürcben ;  Biei 
nennt  Thiersch  gar  nicht. 

*  Vgl.  r.  «fvXaV,  napan^n'mtc  M  tüc  b  'BX6t«fi)t  mI  'EXXdtSt  «pa«mpw|fc 
ifimtkvtiat,  Athen  1869,  S.  15  f.  Taf.  3,8.  9  und  4,  14.  15.  A.  Dumont, 
Bevue  arch.  1809,  II  S.  ?!^T.  MaUriaux  pour  servir  ä  l'hütoir$  ä*  l'homm§ 
1872  8.  216  (  =  Dumoal,  3i6langes  d'arcU.  S.  15  und  23). 

*  InselreiMD  1 8. 160»  14. 


464  ».  woLtiiui 

griechische  Gräber*,  die  sichUich  einige  Zeit  später, vielleichl 
erst  kurz  vor  der  Herausgabe  der  Aufsätze  (1855)  niederge- 
schrieben ist'.  Hier  sagt  Ross,  dass  ihm  solche  Idole  aus 
Marmor,  einige  auch  aus  ülei  auf  den  griccliisclien  Inseln 
öfter  vorgekommen  seien.  Wenn  wir  nicht  annehmen  wollen 
—  wie  ich  that  —  dass  er  hier  aus  unjj;enauer  Erinnerung 
rede,  würden  wir  allerdings  sein  Zeugniss  dafür  anerkennen 
müssen,  dass  er  mehr  als  nur  ein  solches  Idol  aus  Blei  ge- 
sehen, und  uns  nur  wundern,  dass  er  über  diese  seltene  und 
ungewöhnliche  Klasse  nicht  etwas  genauere  Nachricht  zu  ge- 
ben für  gut  befunden  hat.  Da  aber  die  \  erwendung  von  Blei 
nicht  unmöglich  ist,  lässt  sich  auch  die  Möglichkeit  nicht  aus- 
schliessen,  dass  Boss  buchstäblich  genau  geredet  hat. 

Aber  damit  ist  für  das  finlaysche  Figurchen  noch  nichts 
gewonnea.  Es  kann  nicht  echt  sein.  Denn  erstlich  fehlt  jede 
Patina,  die  wir  doch  unbedingt  voraussetzen  müssten  .  und 
zweitens  stimmt  es  in  allen  Formen  zu  genau  mit  den  mar- 
mornen Exemplaren  überein.  Es  hat,  wie  diese  fast  ausschliess- 
lich, ein  ganz  flaches  Gesicht,  ohne  Angabe  von  Augen  und 
Mund  ;  nur  die  Nase  ragt  als  kleine  Erhebung  liei  vor  Bei  den 
marmornen  Exemplaren  sind  Augen  und  Mund  und  noch 
manche  andere  Einzelheiten  fraglos  mit  Farbe  angedeutet  ge- 
wesenbei  dem  bleiernen  war  das  nicht  iiKiglich,  bei  ihm 
war  deshalb  eine  plastische  Ausgestaltung  unumgänglich  nö- 
tig. Dass  diese  fehlt  beweist,  dass  der  Fälscher  sich  sklavisch 
an  sein  marmornes  Vorbild  hielt.  Auf  Grund  gleicher  Über- 
legung müsste  man  das  von  Walpole  veröffentlicble  Exem* 

'  Es  ist  mir  watirscheinlich,  dass  diese  Ubersicht,  die  neues  Material 
niclil  beibringt,  uod  bauptsäcblicb  die  durch  Pasch  van  Krienens  Berichte 
verwirrte  F^a^tellung  naoh  dem  Aller  dieBarOriber  kliran  soll,  sv^brie- 
ben  Ist,  als  Ross  sidi  mit  der  Absiebt  trug,  des  Qnfeii  Badi  neu  abzo- 
drueken;  das  war  aber  grade  1855.  tgl.  L.  Ross,  Graf  Paseb  ran  Krienea 
S.  VI. 

*  Ich  verweise  dafür  auf  Albeu.  Mittb.  181ii  ä.  46  0'.,  Bliukcnberg,a.a.O. 
8.  46,1  bei.  S.  41,  2  und  Tsundas,  'Efi)(upl(  «px-  1898  S.  188.  194.  195. 
Schon  Wal/.  I  Über  die  rolycbromie  der  antiken  Sculptur,  1853,  8.  9)  hat 
da»  für  den  ailiendeu  Leierspieler  in  Karlsrufae  richtig  ersehioesen. 


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flRABHIStOlinCHB  iftOLft  At8  tiMt 


46i 


plar  für  falsch  halten,  wenn  es  wirklich  aus  Thon  bestände; 
vgl.  darüber  Athen.  Mitth.  1891  S.  55. 

So  bleibt  für  uns  das  von  Edgar  veröffciullohle  vorläufig 
das  einzige  naclii^ewiesene  dieser  Idole,  das  nicht  aus  Mai  uior, 
sondern  aus  Blei  besteht,  welches  deshalb  auch  nicht  genau 
die  Form  der  marmornen  I'lxemplare  wiciergiebt.  Wie  sehr 
die  Verwendung  von  Blei  ftir  diese  Idole  als  Ausnahme  zu 
belraclilon  ist,  beweisen  auch  die  erfolgreichen  Ausgrabungen, 
über  welche  Tsundas  in  (]cr  'E^i^r.atzlq  io/.  1898  S.  1 37  fF. 
berichtet  :  er  hat  in  rund  '200  Grähern  dieser  Epoche  über  50 
Marmoridole,  kein  einziges  aus  Blei  gefunden.  Das  von  Evans, 
Cretan  /ncto^rap/is  S.  134  Fig.  137  abgehildete,  übrigens 
auch  nicht  genau  iihereinstiminende,  Idol  aus  Kreta'  gilt  dem 
Merausgeher  selbst  als  verdächtig  und  vermutlich  mit  Hülfe 
des  dort  aufs  neue  ahgebildelen  Formsleins  aus  der  Gegend 
von  Thyaleira  hergestellt  (S.  132).  So  bleibt  schliesslich  nur 
noch  das  Bleiidol  aus  Troja  ^  zu  nennen,  dessen  stilistische 
Verwandtschaft  mit  den  Marmoridolen  auch  nicht  eben  sehr 
nahe  scheint^. 

Athen,  Februar  1899. 

PAUL  WOLTERS 


*  Vgl.  Blinkenberg  a.ft.O.  S.63.  (M(«,B. 

*  Schliemann,  Ilios  Fig.  226.  Perrol,  Histotre  de  l'art  VI  Fig.  295. 

*  Vgl.  Allien.  Mill!).  1891  S.  55,  I.  Ikruf  arch.  1S95,  I  ö.  377.  S.  Uei- 
nach,  in  sculj'luif  en  Eurupe  avanl  Us  influenui  greco  -  romainu  B.  92; 
zur  t  rage  nach  dem  Ursprung  des  Typus 8.  H.Ton  Fritxe,  JabriNMdi  des  In- 
sliloU  1897  8.  199. 

ATHEN.  yiTTUBILUNGBN  XXIII.  '^^ 


ALTATTISCHE  S(;HRIFTDEiNKMÄLER 
lllienu  Tafel  IX.  X» 

I 

Zu  den  bekannten  Bruciislücken  des  Salamis  betrefTenden 
Psepliisma  CIA  IV,  1  S.  57  und  S.  164,  \n  hat  H.  G. 
Lolling,  wie  P.  Wolters  in  seinem  Nachrufe  in  diesen  Mit- 
theiiungen  1894  S.  xxii  erwätint,  ein  neues  gefügt,  ohne  dass 
es  ihm  gegönnt  gewesen  wäre  diesen  wie  seinen  früheren  Fund 
(AiXtiov  (xp/.  1888  S.  117)  selbst  den  Milforschera  vorzulegen. 
Wenn  ich  die  wenigen  Buchstaben,  die  das  Fragment  bringt, 
nachstehend  endlicli  miUeile,  so  ist  es  nicht  meine  Absicht  bei 
dieser  Gelegenheit  die  ganze  Urkunde  erneuter  Behandlung  zu 
unterziehen.  Da  aber  die  bisherigen  Abbildungen  keineswegs 
geeignet  sind,  von  dem  Denkmale  eine  richtige  Vorstellung  zu 
vermitteln, schien  es  angezeigt  in  einem  Lichtbild  (Taf.  1ü,  2) 
sämtliche  Beste,  vereint  mit  denen  einer  anderen  bedeutsa- 
men Inschrift,  vorzulegen  und  einige  kurze  allgemeine  Be- 
merkungen beizugeben. 

Zunächst  über  die  Form  des  Denkmals.  Ulrich  Köhler  als 
erster  Herausgeber  meinte  (Athen.  Mitth.  1884  S.  l?h),  der 
Stein  erinnere  'durch  seine  l'^orm  und  die  Art,wie  er  beschrie- 
ben ist,  vielmehr  an  die  Basis  eines  Weihgeschenkes  als  an 
eine  Inschriftenstele;  doch  müsste  in  diesem  Falle  auf  der 
Oberfläche  sich  wol  eine  Spur  erhalten  haben.  Der  Stein  scheint 
danach  nicht  in  den  Üurgfelsen  eingelassen,  aondem  im  In- 
nern des  Tempels  an  einer  erhöhten  Stelle  niedergelegt  gewe- 
sen zu  sein*.  Diese  Aufliissung  wird  durch  einfache  und  ein- 
leuchtende Beobachtungen  berichtigt,  die  angesichts  vieler 
mittlerweile  gefundener  archniKcher  Basen  späteren  Beurteilern 
des  Denkmals  allerdings  näher  lagen  als  Köhler,  und  zuerst 


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ALtATTlSCriB  BCllRIFTOENKMAELlslIi 


46t 


von  BotboGräf  in  den  Atheo.  MUth.  1890  5. 24  aus^procben 
wonleo  8indi.  Ich  darf  Grafs  Bemerkungeo  im  Nachatehenden 
wiederholen. da  su  fürchten  sieht,  dass  sie  den  Epigraphikern 
enlgpingen  seien ;  der  Herausgeher  des  Corpus  hat  auf  sie  zu 
verweisen  unterlassen.  Dernach  Lep8ius(MarmorBtudienS.80) 
aus  unterem  weissem  pentelisehem  Marmor  gefertigte  Ulock, 
auf  dessen  Fläche  die  Inschrift  steht,  ist  an  der  linken  Seite 
dieser  Fläche  0,219"  hoch, während  er  am  Bruche  rechts  eine 
Höhe  von  0,228"  seigt.  Es  wachst  also  in  der  Richtung  der 
Schrift  die  Höhe  der  Schriftfläche:  so  gelegt,  dass  die  Buch- 
ftahen  aufrecht  stehen,  wie  in  der  Abbildung  Taf.  1ü,2,  bat 
der  Block  eine  schräg  ansteigende  Oberkante.  Ferner  sind 
wie  die  Schriftfläche  so  auch  die  Flächen,  die  in  dieser  Auf- 
Stellung  als  Ober- und  Unlerfläche  erscheinen,  sorglältig 
geglättet,  die  hintere  und  die  Seitenfläche  links  dagegen  rauh 
gepickt.  Dieser  Sachverhalt  lehrt,  dass  wir  in  Wirklichkeit 
Reste  eines  nach  oben  vetjungien  Pfeilers  vor  uns  haben,  der 
so  aufgestellt  zu  denken  ist,  dass  die  Zeilen  senkrecht  ebenso 
wie  auf  zahlreichen  Basen  archaischer  Weiligeschenke  von 
oben  nach  unten  liefen.  Von  dem  Kopfe  dieses  Pfeilers  sind 
uns  im  ganzen  sechs  Brachstttcke  erhalten.  Viör  von  ihnen 
passen  unmittelbar  aneinander ;  zwei  sind  lose,  beide  erst  von 
Lolling  als  zugehöi'ig  erkannt,  und  zwar  gehört  das  bereits 
herausgegebene  dem  oheren  Rande  ( wenn  man  der  Kürze 
halber  so  sagen  darf ), das  erst  hier  \eröffenllichle  dagegen  dem 
unleren  Hand«'  des  Schriflfeldes  an.  Ihre  Stellung  lässl  sich 
durch  tlrgiinzuiig  der  auf  ihnen  erhallcMiiii  Scliril'lresle  und 
Verbindung  mil  denen  der  zugehörigen  Zeilen  der  {grösseren 
Bruchslücke,  und  ausserdem,  hievon  unabhängig,  wenij^slens 
einigermassen  durch  Rechnung  feslslellen,  Nveil  mil  der  l^lnt- 
Cernung  von  dem  Kopf  des  Pfeilers  die  Abweichung  der  Zeilen 
von  einander  wächst.  Fur  das  eine  der  beiden  losen  Fragmente 
darf  Z.  3  die  Ergänzung  xat  aTpa-r^i^i^bjai  als  siciier  geilen  : 


*  Vgl.  H.  Leebat,  Monuments  PUtt  III  8.  9. 


468  A.  WILHELM 

damit  lal  ilieses  ungetalir  an  tlen  Platz  gewiesen,  auf  dem  es 
die  Abbiidunj:  zoi^'t,  nlv  r  nur  uogefabr,  da  auch  in  den  Zei- 
len, in  denen  die  liucli.slahen  crotyrS'^v  geordnet  sind,  ihre 
Abatäode  nicht  genau  <liesi'IL»en  bleihen.  Für  die  übrigenZei- 
len  dieBos  lirucliätückes  i»teine  einleuchtende  brgaozting  noch 
fiichl  gefunden;  ich  erörtere  weder  die  Versuche  meiner  Vor- 
gänger noch  wage  leb  neue  Vorschläge,  da  ich  überhaupt  an 
der  Möglichkeit  einer  Herstellung  der  gesamten  Urkunde«  wie 
sie  vor  mir  Köhler.  Foucart  {B.  C.  H.  !888  S.  1 ),  Gomperz 
(Athen.  Mitth.  1888  S.  137.  Arch.-epigr.  Mitth.  XII  S.  61), 
Lolling  (At>Ti&v  ipj^.  1888  S.  17),  J.  M.  Lipsius  (  Leipzig*' r 
Studien  Xli  S.  Vl  \  )  vorgelegt  bähen,  gleich  A.  KtrcbhofT 
verzweifle.  Dass  die  Zeilen  ganz  erheblich  länger  waren  als 
die  ersten  Herausgeher  angenommen  halten, kann  bei  richtigerer 
Auffassung  der  Eigenart  des  Denkmals  und  angesichts  der 
erst  später  hinzugefügten  Bruchstücke  nicht  zweifelhaft  sein. 
So  liahen  sich  denn  auch  durcli  den  Zuwachs  des  fünften 
Stückes  die  Ergänzungen, die  Köhler  unter  Voraussetzung  von 
nur  26  und  Foucart  unter  der  von  30  Buchstaben  in  den  er- 
sten sechs  gedrängter  otoi/tsSov  geschriebenen  Zeilen  versucht 
hatten,  als  irrig  erwiesen.  Von  den  Herstellungen,  die  jenen 
Fund  berücksichtigen,  beansprucht  die  von  Lolling  und  die 
von  Gomperz  empfohlene  zwar  an  sich  schon  deshalb  höhere 
Wahrscheinlichkeit  als  die  von  Lipsius  erdachte,  weil  dieser 
nur  mit  34,  jene  dagegen  mit  40  Buchstaben  in  den  ersten 
Zeilen  rechnen,  aber  auch  ihro  Vorschläge  werden  durch  das 
neue  sechste  Bruchstück  nicht  bestätigt. 

Die  leider  sehr  dürftigen  Reste,  die  dieser  jüngste  Zuwachs 
bietet,  gehören  der  achten,  neunten  und  zehnten  Zeile  der  Ur- 
kunde an.  Z.  9  zu  Anfang  ist  die  Lesung  t]«  t\  [b]enU,  wie 
zuerst  Lipsius  früheren  irrigen  Deutungen  gegenüber  schön 
vermutete,  nicht  nur  zulässig,  sondern  wie  ein  Blick  auf  un- 
sere Abbildung  lehren  wird,  geradezu  fiberliefert.  Die  Er- 
gänzung t]«  )I  rh]o«^«  «[«pjxi«]<^ct[t  liegt  nahe.  Für  diese  be- 
kannte Formel  Beispiele  beizubringen,  ist  kaum  nötig  (Tbu- 
kydides  Vlil.  97,  Aristoteles  IloX.  *A0.  4,2  u.a.);  doch  sei  be- 


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ALTATTISCHB  8CHRIFTDENKMAELBR 


469 


merkt,  dass  sie  in  dem  auf  Milet  bezüglichen  Volksbeschlusae 
C.LA.  IV. 1  S.  6,  "i'l  a  Frp.  ab  Z.  1 1  in  leider  unkennllichem 
Zusammenhange  wiederkelirl.  Aber  als  völliii;  ticsichert  ver- 
mag ich  diese  Ergänzung  gleich wol  niclit  zu  iiezeicbnen.  In 
der  näcbsieo  Zeile  ist  T]piä[)c]ovTa :  Jtp[xx{A9i;  oder  eine  andere 
Form  EU  lesen;  die  letzten  Buchstaben  des  neuen  Bruchstückes 
sieben  verhällnissmässig  enge,  so  könnte  man  geneigt  sein, 
der  Lücke  in  dieser  Zeile  einen  Buchstaben  mehr  zuzuteilen 
als  in  Z.  9  (also  %z%fjxxii),  doch  hat  der  Steinmetz  bei  aller 
Ungleichmässigkeit  der  Abslände  es  verstanden,  auch  in  die- 
sem anscheinend  regellos  geschriebenen  letzten  Teil  der  Ur- 
kunde auf  einem  bestimmten  Raum  dieselbe  Zahl  von  Buch* 
Stäben  unterzubringen, wie  die  an  neunter  Stelle  in  den  letzten 
vier  Zeilen  und  in  den  zwei  vorangebenden  noch  «toix'v:^«^ 
geordneten  Zeilen  genau  Ober  einander  stehenden  Zeichen 
zeigen.  Nebenbei,  eine  beträchtliche  Länge  der  Zeilen  wird 
auch  dadurch  erwiesen,  dass  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
zwischen  ho  und  dem  Z.  1 1  folgenden  -]v  [t]ov  £p]^o[«Ta*  ein, 
sei  es  auch  noch  so  kurzer,  aber  doch  vollständiger  Satz  zu 
erj^nzen  ist.  In  Zeile  6  erscheint  auf  dem  neuen  BrucbstückÄ 
nur  ein  V,  das  erste  in  der  ganzen  Inschrift ;  ich  finde  keine 
einleuchtende  Er^nzung.  Meine  Ginfalle  lasse  ich  unerwähnt; 
es  ist  wertlos  Worte  zu  raten,  solange  der  ganze  Zusammen- 
hang unerkannt  ist. 

Bine  neue  Herstellung  der  gesamten  Urkunde  vorzuleg^ 
oder  durch  eindringende  Auslegung  der  vorliegenden  neuer- 
dings vermehrten  Reste  und  umständliche  Erwägung  aller  Mög- 
lichkeiten ihrer  Beziehung  auch  nur  andeutungsweise  zu  ver- 
suchen sehe  ich  mich  ausser  Stande.  Ich  beschränke  mich  auf 
zwei  Bemerkungen.  Zunächst  habe  ich  für  eine  Stelle  des  An- 
fangs der  Inschrift  eine  Lesung  zu  empfehlen,  die  ich  als  er- 
ster gefunden  zu  haben  meinte,  aber  dann  schon  von  Lolling 
vorweggenommen  sah.  Z.  2  glaubt  man  nämlich  einen  Irr- 


<  Vgl.  Br.  Keil.  Hermes  1894  8.  67,  i. 


470  A.  WILHBLM 

tum  des  Steinmetzen  annehmen  zu  müssen  und  hält  oIkIi»  U 
SaiXajACvi  gemeiniglich  für  verach rieben  statt  oUe«  tf  2!c>iific«t. 
Ich  frage  nicht,  ob  in  diesem  Falle  nicht  nach  Z.  4  l«|u  viel- 
mehr iSxXx^ivi  zu  erwarten  wäre ;  jedenfalls  ist  die  Voraus- 
setzung eines  Schreibfehlers  erst  dann  geboten,  wenn  jede  an- 
dere Möglichkeit  der  Erklärung  versagt  Dem  ist  aber  nicht 
SO-  Bs  wird,  nicht  mit  versehentlicher  Auslassung  des  Ny,  wie 
Lolling  dachte ^  sondern  mit  einer  Assimilation,  die  gerade 
nach  dem  langen  Vocale  habe  lag,  und  einfacher  Setzung  des 
Consonanten  '  oixfv  cftSaXajAtvi  für  oU^v  Ixv  SaXoijiitvt  (als  Loca- 
tiv  vgl.  'EXiu9m)  oder  S«\aipt.tvi[o^  geschrieben  sein.  Diese  Le- 
sung empfiehlt  vor  allem  der  Umstand,  dass  otiiiv  Ht»  eine  ge- 
wöhnliche Verbindung  ist;  ich  begnüge  mich  auf  folgende 
Stellen  zu  verweisen:  Thukydides  MuTiXviv«iMv  oO(  (aIv 

iftv  oUtiv ;  Aristoteles  HoX.  'AO.  22,  4 ;  Inschrift  von  Ilion  in 
Dittenbergers  Sylloge  H  58  ( Michel,  Reeueil  tifinseripitons 
grecques  35)  Z.  49.  Nur  die  AnsUtose,  die  Lollings  Eff^n- 
zung  (AiXriov  «p^-  1^^^  S.  118):  'ESo}^9fv  toi  ^cfAoi  t[6c  SaJ- 
Xei^fva  ftXlpoi  XA^ovrot«]  oixfv  ia(v)  SsXa(i.tvi[o^  höJXiv  [^9uv  ^ixot« 
'A6ivflttot]4t  TtXI«  x«t  9T|)XT||«uco6]«t  sonst  bietet,  haben  wol  seine 
Naclifolger  veranlasst  von  otx«lv  lav  wieder  abzugehen.  wird 
sich  nun  darum  handeln,  auf  Grund  dieser  Lesung  eine  neue 
Deutung  der  ersten  Zeilen  zu  gewinnen.  Vielleicht  gelingt  es 
dann  auch,  eine  Schwierigkeit  zu  heseitigen,  an  der  die  bis- 
herige AufTassung  dieser  I3esliuiuiungen  leidet.  In  Z.  'S  hat 
Köhler  glücklich  Reste  erkannt,  welche  der  im  vierten  Jahr- 
hunderle nachweislichen  Formel  orpi-rsCscQai  t«;  *iTpaTti<;  xal 
Toc;  Eiioopä?  eiT-pepjiv  [xjTa  'AOrjvaiwv  entsprechen  und  nacli  Br. 
Keil  (licrmes  1894  S.  t)7  )  nicht  [/ouv  'Af>£vaioi]it,  sondern  i-ap' 
'Adivaioijai  TeXsv  xai  <rTpa-r[cufo6jat  zu  ergänzen  sind.  Aber  diese 


*  Wenigstens  giebl  Lulling  iu  seinem  Texte  hier  i«(v)  2IaXa|iivi[o(,  Z.  4 
di^egen  •«(»•. 

>  Vgl.  W.  Schulze,  Hermes  1893  S.  22,  der  nur  irrt,  wenn  er  in  unserer 
Inschrift  t£«Xs{uvt  geschrieben  glaubt. 


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ALTATTI8CHB  SCHHlFTDBMKlfABI.BH 


471 


ForiiK;!  findet  sonst  auf  Nichtbürgep  Anwendun«?.  die  in  ihren 
Leistungen  den  Athenern  gleichgestellt  werden  (Isolelen), 
hier  dagegen  sämtlichen  Erklärungen  und  Rrgäiiziingen  zu- 
folge auf  Kleruclien  ,  die  Bürger  waren  und  Bürger  blie- 
ben. Deshalb  hat  Kühler  nicht  nur  auf  die  Änderung  hinge- 
wiesen (S.  119),  die  im  Verlaufe  von  zwei  Jahrhundei  len  der 
sprachliche  Ausdruck  erfahren  habe,  sondern  auch  ausdrück- 
lich bemerkt  (S.124):  'wenn  in  dem  Psephisma  die  Kleruchen 
scheinbar  den  Bürgern  gegenübergestellt  werden, so  wird  man 
darin  nicht  sowol  eine  formale  Ungeschicklichkeit  alsein  An- 
zeichen dafür  zu  sehen  haben,  dass  der  Begriff  des  Bürger- 
rechtes im  ölTentlichen  Rechtsbewusstsein  noch  nicht  festge- 
stellt war'.  Töpffer  dagegen  schloss  in  seinen  Quaestiones 
Pisistrateae  S  96  (jetzt  in  den  Beiträgen  zur  griechischen 
Altertumswissenschaft  S,  20)  aus  denselben  Worten,  dass  das 
ganze  Psephisma  einem  Nichlathener  gelte,  und  ihm  folgend 
bezeichnet  es  auch  Beloch  (  Bhein  Mus.  1895  S.  26ß)  als 
'bekanntlich  keineswegs  sicher,  ob  diese  Inschrift  wirklich 
von  einer  Rleruchie  handelt  und  nicht  vielmehr  von  der  Ver- 
leihung eines  Grundstückes  auf  Salamis  an  einen  um  Athen 
verdienten  Fremden  '.  Diese  .\uskunft  glaube  ich  allerdings  mit 
Busolt  (Griechische  Geschichte^  II  S.  445)  ablehnen  zu  müs- 
sen, da  die  erhaltenen  Beste,  so  verstümmelt  sie  auch  sind, 
allgemeinen  Bestimmungen  aazugehüren  scheinen.  Auch  durch 
die  Berufung  auf  formale  Ungeschickltchkeil  oder  die  Unvoll- 
kommenheit  der  Bechtsbegriffe  jener  Zeit  wird  m.  E.  jene 
Schwierigkeit  nicht  behoben.  Sie  würde  aber  verschwinden, 
wenn  sich  die  durch  die  Lesung  otxiiv  eAv  nahegelegte  Auf- 
fassung  als  zulässig  erweisen  sollte,  dass  sich  diese  Bestim- 
mungen nicht  auf  athenische  Kleruchen,  sondern  auf  die  frühe- 
ren Bewohner  der  Insel,  die  Salaminier,  beziehen*. 
Meioe  zweite  Bemerkung  gilt  der  ieUlen  Zeile.  Hier  folgt 


<  Über  die  DicnsipOicbt  der  Untertanen  v.  Wilamowitz,  Hermes  1887  S. 
94;  fr.,  fiber  die  Salaminier  denelbe  Hermes  1877  8.34?,  U.  K8bler,AtheQ. 
Hitth.  1879  S.26. 


472 


A.  WILHBUI 


der  Endung  ev  durch  Interpunktion, und  zwai-  drei  Punkte  wie 
in  Z.  3.  getrennt  ir.]i  te;  äroXe;.  Solange  man  nur  niil  kurzen 
Zeilen  rechnete,  war  es  natürlich  und  geboten,  diese  drei  Worte 
als  Schluss  des  Satzes  zu  betrachten.  Ich  vermag  ein  Bedenken 
gegen  diese  Auffassung  nicht  zu  unterdrücken.  Die  Inschrift 
verwendet,  soweit  sie  uns  vorliegt,  Interpunktion  sonst  nur  an 
zwei  Stellen:  erstens,  um  in  Z.  10  das  Zahlwort  Tpiäotovxa  aus 
dem  Zusammenhange  der  liede  herauszuheben  (zwei  Punkte); 
zweitens  in  Z.  3  augenscheinlich  um  den  Anfang  eines  neuen 
Satzes  zu  bezeichnen.  Dagegen  fehlt  die  Interpunktion  in  Z.  3 
vor  dem  Beginne  des  Nebensatzes  ixat  otxei  und  Z.  5  nach  dem 
Nebensatze  vordem  .Anfange  des  Hauptsatzes  S3t]v  {xiiOoi,  izo- 
Ti[v»v,  also  an  Stellen,  wo  man  Interpunktion  erwarten  müsste, 
wenn  sie  in  der  letzten  Zeile  im  Inneren  des  Satzes  ledigli(;h 
Yor  einer  Bestimmung  stehen  soll,  l'nler  diesen  Umständen 
scheint  mir  die  Verwendung  der  Interpunktion  vor  den  Worten 
M  TS?  ßo>.6;ein  Hinweis  darauf,dass  mit  ihnen  ein  neuer  Satz 
beginnt.  Anden  Schluss  der  ganzen  Urkunde  gestellt  kann  aber 
ein  mit  ixi  rrj;  ßo-Aiic  eingeleiteter  Satz,  glaube  ich.  nur  den 
Sinn  einer  Datirung  haben.  Die  Vermutung  liegt  nahc,dass  w  ie 
so  gewöhnlich  in  attischen  Inschriften  des  fünften  Jahrbunderls 
iTci  T£?  ßoXe;  hit  oder  hoT«  c  Siivot  (allenfalls  Tcpöxo;)  iy^9.\i.yLäixvjt>i 
zu  ergänzen  sei.  Allerdings  vermag  ich  nur  in  einer  einzigen 
Urkunde  eine  ähnliche  Datirung  ebenso  an  den  Schluss  ge- 
stellt nachzuweisen:  das  Bruchstück  C  I.A.  IV,  1  S.  125*557, 
mit  drei  anderen  Bruchstücken»  darunter  C.I.A.  1  86,  wie  ich 
in  meinen  Attischen  Studien  zeigen  werde*,  zu  einem  Ver- 
trage der  Athener  und  Samier  gehörig,  enthält  nach  einem  Ver- 
xeicbnisse  der  Strategen,  die  den  Vertrag  abzusehliessen  und 
zu  beschwören  hatten,  die  Worte:  ßoXc  cpx*  [b^'^*^  ^  ^«^^^  *pS~ 


*  8.  einstweilen  meinen  Berieiit  in  den  Jabresfieflen  des  Ssterreieliisehen 

«rohäologiscben  Institutes  I  Beiblatt  S.  43. 

'  Diese  Krgänzung  sclieint  mir  duicli  die  jolzl  nicht  mehr  siehtl»aren  Reste 
geboten,  die  Lolling  hinter  ip/it  verzeichnet  hal:  Ikj.  So  auch  C.  I.  A.  l  b 
(daiu  IV,1  8.  57,  L.  Ziehen,  Leges  Grtueorum  saenti)  nacli  Michels  Br- 


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ALTATTIBCRB  SCRRtfTDBNKMABUIR 


47S 


tIo;  eypa(xaxTiiji  Tx  {xv6<ito;.  Anders  (latirt  die  Hekatompedon- 
insclirit't,  ebenfalls  am  Schlüsse  :  TaOr'  eSoycsv  xot  Sefaoi  sr  i 
•I'^iXoxpiro;  ap/ovT  tx  £v  toiv  Xiöo-.  v  toOt'o'.v.  Sicherlicli  ent- 
spricht, wie  zalilroiclie  Beispiele  niclitatlisclier  Inschriften  zei- 
gen, eine  solche  Datirung  am  Schlüsse  durchaus  dem  Urkun- 
denstil. Für  die  letzte  Zeile  des  Psephisina  über  Salamis  er- 
giebt  sich,  wenn  meine  Vermutung  zutrifft,  eine  Länge  von 
mindestens  (ohne  TTforo;  und  mit  sehr  kurzem  Namen)  30 
Stellen,  eine  erheblich  grössere  Zahl  für  die  ersten  sechs  Zeilen. 

Ich  beschränke  mich  auf  diese  Andeutungen,  um  nunmehr 
auf  eine  Frage  allgemeinerer  Bedeutung  einzugehen,  die  bis- 
her mehrfach  erörtert,  doch  nicht  entschieden»  allerdings  aber 
auch  nur  vor  den  Denkmalern  selbst  richtig  zu  stellen  und 
richtig  zu  beantworten  ist.  Es  ist  dies  die  für  die  Geschichte 
der  altattischen  Schrift  hervorragend  wichtige  Frage  nach  der 
Zeit,  der  das  Psephisma  über  Salamis  zuzuteilen  ist. 

Auf  Grund  einer  Vergleichung  mit  der  Inschrift  des  too 
Peisislratos,  dem  Enkel  des  Tyrannen,  gestifteten  Altars  aus 
demPythionC./.yl.  IV,!  S.41,  373 e  (unsere Taf.  10,1),  *der 
aus  der  Zeit  der  Herrschaft  des  Flippias  und  zwar  wahrschein- 
lich aus  den  späteren  Jahren  derselben  stammt',  und  mit  der 
attischen  Inschrift  auf  dem  Denkmale  des  Phanodikos  von  Si- 
geion  'dessen  Entstehung  um  das  Jahr  536  ange- 

setzt worden  ist',  kam  Köhler  zum  Schiasse,  sowol  der  Gestalt 
der  emzelnen  Zeichen  wie  dem  Geiamtcharakter  der.Schrift  nach 
stelle  sich  das  Psephisma  ttber  Salamis  zwischen  Jene  beiden 
Denkmäler,  seheine  also  in  die  ersten*  Zeiten  des  Hippies  ge- 


nap«t6diTi[(  «pöTo«  (Ypa,a{&dETiwiv.  nap«i6d!Ti|c  ftls  Eigenname  aueh  C.I.A.  I  44T 

Col.  III  Z.  32  ( in  den  index  nicht  aurgenommen) ;  in  Kyrene  Diog.  Lacrl. 

II  8,  18  und  in  der  Kistr  Miclicl  fVH  Z  II;  ein  Spartiatc  Hrrodot  V  46. 
'Oti  aiicli  indem  I'.sepliisiua  in  Andokides  Mysterienrede  9ü:  dip/E«  ypdvoc 
T0ü6c  to5  <|i>)7(9(xaio{  {)  ßouXi)  oi  isevTaxdatoi  oi  Äa](^dvx(s  fff  xua]xu>  oxi  KXctflviK 

*  'In  die  letzte  Zeil  der  Peisislraliden *  setzte  Larfeid  das  Pscpliisma  in 
sf>iner  Gricchiselien  Epi?:raplnk  in  Mullers  Ilandlxicti''  I  S.  Vi9.  in  seinem 
suebea  erschienenen  Uaudbucti  der  griecliiscbei)  Epigra^tiil^  I  S.  3  4^- 
(;egeQ  'etvii  iwi«cbeq  Ö70  uad  ^60  T.  Chr.*, 


474 


A.  WILHELM 


setzt  werdeD  lu  müssen;  dieser  Datirung  widerstrebe  aber  der 
Inhalt.  Der  Volksbeachloss,  der  die  rechtliche  Stellung  der 
nach  der  Insel  gesandten  Rlerucben  regelt,  sei  von  der  defi- 
nitiven Besitsnahoie  von  Salamis  durch  die  Athener  nicht  wol 
zu  trennen,  sei  also  zwischen  570  und  560  eingegraben ;  die 
Inschrift  von  Sigeion  dürfe  man  iiicht  weit  unter  den  Anfang 
des  sechsten  Jahrhunderts  herabrQcken. 

Ich  gehe  auf  das  Alter  der  Inschrift  von  Sigeion  nicht  ein. 
Denn  in  den  fünfzehn  Jahren,  die  seit  Röhlers  Veröffentlichung 
verstrichen  sind,  hat  sich  die  Zahl  altattischer  Schriftdenkmä- 
ler aus  Attika,  vor  allem  aus  Athen  selbst,  so  sehr  vermehrt, 
dass  ich  ohne  Schaden  für  die  Untersuchung  auf  die  Berück- 
sichtigung ausserhalb  Attikas  gefundener  attischer  Inschriften 
verzichten  zu  können  glaube.  Zudem  leuchtet  ein, dass  Röhler, 
angesichts  eines  so  viel  dürftigeren  und,  wie  er  wol  erkannte, 
an  sich  äusserst  spröden  Materials  seine  zeitliche  Bestimmung 
des  Psephisma  über  Salamis  zunächst  auf  den  Vergleich  mit 
dem  Altare  des  Pythion  und  noch  vielmehr  auf  inhaltliche 
Erwägungen ,  unabhängig  von  der  Schrift ,  gestützt  hat. 

Gerade  auf  dte  Schrift  baut  dagegen  J.  ßeloch,  wenn  er  in 
seiner  Abhandlung  *  Zur  Geschichte  der  älteren  griechischen 
Lyrik'  Rhein.  Museum  1895  S.  266  das  Psephisma  erheblich 
jüngerer  Zeit  zuzuweisen  sucht.  Die  Inschrift  einer  Basis  von 
der  Akropolis  C.J.A.  IV. 1  S  131.  372«« 
4>ap6€V£  iv  axporöXsi  Te^-soivo; 
K^CLk^'  ävc6£KEv  Kixioi  höi  ^aipooft  SiSoic; 

sei  der  Inschrift  üher  Salamis  ganz  ähnlich  ;  ebenso  die  In- 
schrift IV, 1  S.  92,  373'»8  (Arch.  Jahrbuch  III  S.  270} 
EuOuSiKo?  ho  8aXiäpj^o 

und  IV,  1  S.  103,  373«» 

XvatdcSt;  avedsKSv 
ho  riaXiviu^ 

(zweimal  t).  'Auch  die  Telesinosinschrifl  macht  einen  alter- 
tumlichereo  Eindruck  als  die  Inächrili  auf  dem  Peisislratos* 


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ALTATTI8CHB  SCBRlPTDBNlLlfABLBR 


475 


altar;  und  doch  ist  sie  jOnger,  deon  wie  das  Demotikon  zeigt, 
lallt  sie  erat  nach  Kleisthenes*.  *Aueh  die  Klerucheninsehrifl 
kann  also  in  die  Zeit  nach  Kleisthenes  gehören,  wo  in  der 
That  eine  Kleruchie  nach  Salamis  geßlbrt  worden  zu  sein 
scheint*.  Bs  folgt  noch  eine  Bemerkung  Ober  den  Gegenstand 
des  Psephisma,  die  ich  hereits  S.  471  berücksichtigt  habe. 

Diese  Beweisfilhrung,  deren  ßrgebniss  Busolt  (Griechische 
Geschichte*  II  S.  444,  beipflichtet,  bedarf  der  Berichtigung 
und  Er^nzung.  Was  die  Entsendung  einer  Kolonie  nach  Sa* 
lamis  in  der  Zeit  *nach  Kleisthenes'  betrifft,  so  ist  allerdings 
sicher,  dass  die  Land  Verteilung,  an  welcher  der  Held  von  Pin- 
dars  zweitem  nemeischen  Gedichte,  Timodemos  von  Achamai 
—  nach  dem  Soholion  lU  t^v  y^oov  ie«TaxXT]pouj^if)«^vT«»v  *A« 
Oiqv«UM —  beteiligt  war,  nicht  in  der  ersten  Hälfte  des  sechsten 
Jahrhunderls  stattgefunden  haben  kann ,  sondern  erst  erheb- 
lich sfuiter;  dass  noch  zur  Zeit  der  Perserkriege  Siaatsländereien 
auf  Salamis  verfQgbar  war,  zeigt  nach  Wilamowits  Nach- 
weis (Hermes  1877  S.  342)  die  Schenkung,  von  der  Herodot 
VIII,  •  1  berichtet.  Aber  so  wol  jene  Landverteilung  nachklei- 
sthenisch  sein  mag,  dass  die  auf  der  Insel  angesiedelten  Athe- 
ner 'Demotika'  führen,  kann  dafür  nicht,  wie  Beloch  und 
Busolt  wollen,  beweisen,  und  ebenso  wenig  beweisen  die  'De- 
niotika'  KrirTto;  und  naXXyivfjc  an  sich  schon  Entstebung 
in  nachkleisthenischer  Zeit  für  die  von  Beloch  mil  dem  Pse- 
phisma über  Salamis  verglichenen  Inschriften  C.  /.  A.  IV,  I 
;^7323i  ^jfjj  373r23  Denn  auch  vor  Kleisthenes  gab  es  Ort- 
schaften in  Altika,  nach  denen  sich  ihre  Bewohner  nennen 
konnten,  wir  M  vrun  von  Phlya.  Peisistratos  aus  Philaidai  (  Pla- 
ton,  Hipparcli.  '228  H,  Plutarch,  Solon  lüj  oder  Phye,nach  He- 
rodot I  fiü  £v  Tö)  SyjuLü)  T<L  Ilxizvte'i  (vgl.  Aristoteles  Uo'k.  'A6. 
14,  4).  Wir  können  solchen  Namen,  wo  sie  in  den  Inschriften 
begegnen,  nicht  ansehen,  ob  sie  Demotika  im  dem  Sinne  der 
kleisthenischen  Verfassung  oder  einfach  Bezeichnung  der  Hei- 
mat und  vorkieisthenisch  sind 


(  Vgl.  T.  WilamowiU.  Hermes  1898  S.  123. 


416  A.  WILHUH 

Ich  kann  also  nicht  lugebeo.  dass  der  Vergleich  mit  der 
TelesinoeiDscbrifl  und  ihren  Verwandten  in  Belochs  Sinn  für 
das  Psephisroa  Ober  Salamis  die  Ansetxung  in  nachkleisthe- 
niscber  Zeit  beweise,  selbst  wenn  die  Obereinstimmung  in  der 
Schrift,  auf  die  sich  Beloch  beruft,  grösser  wire  als  sie  we« 
nigstens  mirsu  sein  scheint.  Denn  trotz  äusserlicber  Ähnlich- 
keiten in  der  Gestaltung  mancher  Zeichen  ist  in  Folge  völliger 
Veracbiedenhett  der  Arbeit  und  Ausführung  die  Erscheinung 
der  Schrift  in  beiden  Deokmälero  eine  ungleichartige,  ihre 
unmittelbare  Zusammenstellung  daher  nicht  unbedenklich  und 
zu  bindenden  Schlüssen  wenig  geeignet.  Zudem  ist  es  miss- 
lich in  solcher  Angelegenheit  nur  einzelne,  nicht  die  ganze 
lU'ilie  Her  Denkmäler  zu  befragen.  Beloch  selbst  betont  mit 
volUleiii  Ueclile  'ilie  Scliwierigkeiten  ,  welche  die  Datirung 
griechischer  hi^ciirifteii  ;iu>  arcliuischer  Zeit  bietet,  wenn  sie 
nur  nach  dem  Sehrirtcliaraktei'  erfolgen  soll",  leb  gestehe,  dass 
mir  diese  Schwierigkeilen,  je  hesser  ich  »lie  Steine  zu  verstehen 
glaube,  desto  griisser  erseheinen.  Je  mehr  sich  die  Anschauung 
vertieft  und  die  Kenntniss  erweitert,  desto  vielgestaltiger  und 
in  ihren  einzelnen  Krselieinungen  unherechenliarer  olTen- 
hart  sieh  die  Kntwickluni: :  je  mehr  w  ir  das  Material,  das 
uns  zutiillig  vorliegt,  schätzen  und  wie  viel  uns  fehlt  ahnen 
lernen,  desto  aiinlieher  selieinl  es  l'ur  unsere  unbescheidenen 
Wunsche  ;  je  \  ermessi  ner  sicii  das  .Meislern  der  Kntwick- 
lung  mit  den  Gewallmittelu  der  Logik  und  je  unzuliinii- 
licher  sich  unsere  Korscliuni:  /.vii^l ,  desto  mehr  erlauschen 
w  ir  für  erzwungene. aber  bloss  erlräumte  Sicherheil  willig  das 
offene  Geständniss  der  L'nsieherheit  und  fiir  \'orurteile  das 
Nichtwissen.  Das  W'ai^niss  auf  Grund  unserer  leblosen  und 
irreführenden  rvpenilrueke  altallische  Schriftdenkmäler  in 
eine  Folge  zeitlich  wol  uiuscluiebener  Gruppen  einzuordnen 
oder  vorgefasster  Meinung  zu  Liebe  die  Angaben  von  Augen- 
zeugen über  Schrifltormen  auzuzweifeln,  kann  nur  ferne  von 
Athen  unternommen  werden.  Vor  den  Denkmälern  lernt  man 
sich  bescheiden,  und  es  kostet  mir  .Mühe  aus  langer  Verzagt- 
heit dieseri  Problemen  ^eg^nüber  mit  einem  Urteil  über  die 


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ALTATTISCIIB  BCBBIFTDBNKHABLBll 


479 


Zeugen  gewöhnlicher  Übung  und  V^erlreter  durclischnitllichcp 
Leistung  eigentümlichen  Wert  besitzen.  Es  sind  dies  die  vie- 
len VVeihinschriflen  von  der  Akropolis,  die  schon  den  Fund- 
umständen nach  in  die  Zeit  vor  dem  Jahre  480  gehören,  und 
die  Inschriften  der  ansehnlichen  Grabdenkmäler  des  sechsten 
Jahrhunderts,  als  deren  bekannteste  ich  die  Sielen  des  Ly- 
seas  '  und  des  Aristion^  nenne.  Sie  müssen  der  gesetzlichen 
Einschränkung  des  Gräberluxus  vorausliegen,  weiche  laut  dem 
bei  Cicero,  De  legibus  II  5t>  erhaltenen  Berichte  des  Deme- 
trios  von  Phaleron  einige  Zeit  nach  Solon  erfolgte^,  entweder 
schon  unter  den  Tyrannen  oder  erst  unter  Kleisllienes  ^  Ich 
vermag  auf  diese  Frage  nicht  einzugehen,  nur  zur  Dalirung 
eines  Denkmals  sei  ein  Wort  erlaubt.  Die  durch  Verwendung 
des  Digamma  bekannte  Inschrift  des  von  Phaidimos  verfer- 
tigten Giabdenkmals  aus  Vurva  C  I.  A.  IV,  1  S.  188,  MI  p 
erklärt  Kirchhofi"  im  Widerspruche  zu  dem  ersten  Herausge- 
ber Stais,  der  sie  AAtiov  xpy.  1890  S.  103,  1 1 1  in  das  Ende 
des  sechsten  Jahrhunderts  gesetzt  halte,  iür  nicht  jünger  als 
dessen  Mitte.  Ich  muss  gestehen,  dass  ich  angesichts  der  techni- 
schen Vollendung,  welche  die  Inschrift  auszeichnet,  und  nach 
den  Schridformen  das  Denkmal  als  eines  der  jüngsten,  die 
uns  in  dieser  Art  erhalten  sind,  betrachten  muss,  und  freue 
mich  dies  Urteil  dadurch  bestätigt  zu  sehen,  dass  die  Reste 
der  Statue,  die  mit  der  stattlichen  Basis  gefunden  worden  sind, 
nach  P.  Wolters  Urteil  in  ihrer  Arbeit  die  Kunst  der  zweiten 
Uätfte  des  sechsten  Jahrhunderts  verraten. 


*  AUiscbe  Orabreliefs  Nr.  1. 

'  Ebenda  Nr.  2.  Die  Zeit  des  Denkmals  wird  wenigstens  einigermassen 
durch  V.  Wilamowitz  Vt'iiiiutun;,'  ( Aris|i>tf'Ie>  uml  Athen  I  S.  14,20)  be- 
stimmt, ArUlion  sei  der  durch  Aristoteles  [  iloX.  AO.  14,  I  i  uad  Plutarch 
(Solon  30)  bekaniite  AntragilftUer  des  B«sehlu88e8,der  Peinistratos  die  Leib- 
wache bewilligte,mü  deren  Hilfe  er  sieh  im  Jahre  561/0  der  Hernobaft  fiber 
Athen  beraächligle. 

»  Vgl.  A.  Brückner, Arch.  Jahrbuch  1891  S.  198,  Arch.  Anzeiger  1892  8. 
19,  P.  Wollers,  Efijiiipi«  ip/^.  1888  S.  191,  Alheo.  Mjllh.  1891  8.  388. 

4  Nach  O.  HincbfeM,  FeslsebriA  ffir  Ombeeli  8. 13. 


40d 


A.  WILHSLlt 


Ein  Überblick  über  die  gesamten  Denkmäler,  soweit  sie 
mir  zugän^licli  waren,  scheint  mir  zweierlei  zu  lehren. 

Erstens,  dass  leider  gerade  der  Stein,  den  w  ir  am  liebsten 
zum  Markslein  Tür  unsere  Beurteilung  der  Entwicklung  alt- 
attischer  Schrift  wählen  möchten, diesen  Vertrauensposten  ein- 
zunelinien  keineswegs  geeignet  ist.  Die  Inschrift  des  Altars 
aus  dem  Pylhion  Tal'.  10.  i  )  ist.  wie  schon  Löschcke  geahnt 
hat  (Athen.  Miitii  1 879  S.  43).  in  der  vornebmeD  Schlicht- 
heit und  der  volleo  Dl^anz  ausgeglichener  Formen  und,  wie 
ich  vermute ,  auch  in  der  Orthographie  ihrer  Zeit  voran. 
Man  mache  die  Probe  :  wollten  w  ir  die  Inschriften,  die  an  ihr 
gemessen  eine  niedrigere  Stufe  der  Entwicklung  zu  vertreten 
scheinen,  sämtlich  der  Inschrift  des  Altars  auch  zeitlich  vor- 
aufgehen lassen,  so  blieben,  fürchte  ich,  für  die  dreissig  Jahre 
zwischen  der  Vertreibung  der  Tyrannen  und  der  Peraernot 
aller  Wahrscheinlichkeit  enlgei^^  n  verhältnissmässig  wenige 
Inschriften,  also  auch  wenige  Kunstdenkmäler  übrig. 

Zweitens  stellt  sieh  heraus,  dass  der  allerdings  nur  auf  Ty- 
pend rucke  oder  andere  unzureichende  Reproductionen  (z.  B. 
gerade  der  Salamisinschrift)  gegründete  Glaube,  eine  Liste 
altattiscber  Schriftproben  wie  die  oben  mitgeteilte  zeige  in  un- 
unterbrochener Reihe  ohne  Reaction  ein  regelmassiges  Auf- 
steigen von  Jüngeren  zu  älteren  Schriftformen,  dem  Sachver- 
halte nicht  völlig  gerecht  wird.  Schon  deshalb  nicht,  vreil,  wie 
eben  angedeutet, neben  wenigen  auserwählten  die  grosse  Masse 
der  Denkmäler  nicht  berücksichtigt  ist  und  unerwogen  bleibt 
welchen  Platz  und  Raum  aie  in  der  Entwicklung  und  dem 
überkommenen  Bestände  beansprucht;  aber  aueh,  weil  wenig- 
stens in  Keils  Erörterung  eine  Inschrift  (vielleicht  absichtlich) 
übergangen  i8t,deren  hervorragende  Bedeutung  für  unsere  Beur- 
teilung der  Schriftg^hichte  schon  Lolling  und  neuerdings 
Studniczka  hervorgehoben  hat.  Es  ist  das  Denkmal  des  Ralli- 
machos  von  Aphidna.  Vergleicht  man  diese  Inschrift  lediglich 
der  Schrift  nach  mit  der  des  Allares  aus  dem  Pythion,  so  wird 
man  diese  letztere  für  die  vorgeschrittenere,  also,  wie  man 
voreilig  zu  schliessen  pOegt.  für  die  jüngere,  bullen;  indessen 


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AttATtlSCBB  SCBftlFTDBMKlfABLBlk 


ist  sie  um  mindestens  zwanzig  Jahre  älter.  Denn  mit  den  Be- 
richtigungen, die  Köhler  an  l^ollings  Vermutunifpn  vorgenom- 
men hat,  scheint  mir  die  ßeziehunji  des  Denkmals  auf  den 
Polemarchen,  der  in  der  Schlacht  von  Marathon  fiel, durchaus 
glaublich.  Solche  Erfahrungen, die  sich  bei  jeder  Musterung  des 
Inschriflenschatzes  späterer  JahrhundiM'te  wiederholen, mahnen 
zu  weitgehender  \'orsicht  bei  zeitlichen  Bestimmungen,  die  le- 
diglich auf  stilistischer  Würdigung  aufbauen.  Wort  für  Wort 
gelten  für  den  Kpigraphiker  die  Mahnungen  die  Studniczka  im 
Hinblicke  auf  die  strittige  Chronologie  allallisclier  Kunstdenk- 
mäler kürzlich  mit  ausdrücklichem  Hinweise  auf  die  eben 
besprochenen  Thatsachen  der  Schriftgeschichtc  an  die  Kunst- 
historiker gerichtet  hat  (Arcii  Jahrbuch  1896  S.  254):  die 
Einordnung  in  ilie  stilistische  Kntw icklungsreihe  darf  nicht 
mit  genauer  chronologischer  Bestimmung  verwechselt  wer- 
den, und  der  thatsächliche  Entwicklungsgang  ist  niemals  so  ein- 
fach, wie  man  es  im  Interesse  der  Forschung  wünschen  möchte. 

Versuche  ich  auf  Grund  dieser  allgemeinen  Erwägungen 
die  Urkunde  über  Salamis  als  Schriftdenkmal  zu  würdigen, 
80  habe  ich  zuzugeben,  dass  sie  für  sich  allein  betrachtet  zu- 
nächst allerdings  den  Eindruck  gewisser  Alterlümlichkeit  er- 
wecken mag,  im  Original  freilich  viel  weniger  als  in  den  Ab- 
bildungen, die  in  Köhlers  und  Foucarts  Abbandlungen  und 
C.l.  A.  IV,  1  S.  57  mitgeteilt  sind.  Geben  diese  Abbildungen 
weder  die  Gestalt  des  Denkmals  noch  die  eigenartige  Form  und 
Anordnung  der  Buchstaben  mit  wünschenswerter  Treue  wie- 
der, so  wird  die  erste  Veröffentlichung  nach  einer  Photogra- 
phie ein  richtigeres  Trteil  erlauben.  Die  Buchstaben  scheinen 
auf  den  ersten  Blick  unbeholfen  und  unruhig,  und  das  ganze 
Bild  der  Inschrift  wird  beeinträchtigt  durch  die  geringen  Zwi- 
schenräume zwischen  den  Zeilen,  die  vielen  schrägen  Linien 
mit  ungleichen  Neigungen,  und  den  Wechsel  der  «tot^vi^ov- 
Ordnung,  welche  die  ersten  sechs  und  mit  etwas  grösseren 
Absländen  auch  die  zwei  folgenden  Zeilen  seigen,und  freierer 
Stellung  der  Buchstaben  in  den  vier  untersten  Zeilen.  Bei 
diesen  Eigentümlichkeiten  der  Schrift  verrät  das  Denkmal  aber 

ATHBN.  MITTHBILUMGEN  IXItl.  3^ 


49! 


A.  WtUIIIJl 


hohe  technische  Vollendung.  Die  Schriftfläche  ist  peinlich  ge- 
glättet und  die  einzelnen  i^uchstahcn  sind  nicht  nur  ganz 
scharf  und  klar  umrissen,  sondern  auch  mit  grosser  Sorgfalt 
und  Gleichmassigkeit  eingetieft.  Reste  der  ursprünglichen  Fär- 
bung, von  Zeile  zu  Zeile  wechselnd,  wie  Lolling  festgestellt 
hat',  blau  und  rot,  sind  noch  erhallen.  So  stellt  sich  die  Sa- 
lamisinschrift durch  ihre  Ausführung  den  besten  Schriftdenk- 
mälern vorpersischer  Zeit,  die  in  dem  ganzen  Bestände  sicher 
die  jüngeren  sind,  zur  Seite.  Und  gerade  auf  diesen  jüngeren, 
durch  gleiche  Sorgfalt  und  V'ollendung  der  x\rbeit ausgezeich- 
neten Ditikmälern  kehren  einzelne  Buchstaben  in  den  ei- 
genlQiniiclien  Formen,  wie  sie  die  Salamisinschrift  zeigt, 
wieder.  Ich  bespreche  sie  in  der  Reihenfolge  des  Alphabets. 

An  dem  Alpha  lallt  die  wechselnde  Steilheit  der  ersten  Linie 
auf,  die  sich  von  der  gewöhnlichen  Schräge  in  zwei  Fällen 
geradezu  zur  senkrechten  Stellung  steigert,  so  dass  der  Buch- 
stabe, wenn  der  Ausdruck  erlaubt  ist,  gewissermassen  auf  ei- 
nem Beine  steht  wie  in  Z.  3  auf  dem  fünften  Bruclistücke  und 
Z.  9  zu  Anfang.  Solche  'stehende  'Alpha  sind  allerdings  alter- 
tümlichen attischen  Inschriften  keineswegs  fremd  —  ich  ver- 
weise auf  die  Porosbasen  IVM  S  89,373".  S.  199,373239und 
S.  98,  373  (jetzt  von  Wolters  mit  einem  noch  unveröffent- 
lichten Bruchstücke  vereinigt  in  Lollings  demnächst  erschei- 
nendem Katalog  der  VVeihinschriften  Nr.  13).  Aber  gerade  auf 
manchen  schon  ihrer  vorzüglichen  Ausführung  nach  sicherlich 
jüngeren  Schriftdenkmälern  sind  diese  Alpha  häufig.  Ganz 
ausgeprägt  zeigt  diese  Form  und  sie  allein  die  Inschrift  des 
von  dem  jüngeren  Archermos  verfertigten  Weihgeschenkes  der 
Iphidike  IV,  1  S.  18l,  373«^  die  Weihinschrift  des  Gpiteles 
IV,  1  S.  2ü0,  373  '^'  and  das  schon  mehrfach  erwähnte  Deak* 
mal  des  Kallimacbos  von  Apbidna^.  Sie  hegtet  ferner — 


«  Bei  Th.  aompen,  Arcb.-epigr.  Millh.  XII  8.65,  vgl.  Lepsius,  Humor» 

Studien  S.  8i. 

'  Bemerkenswert  ist  in  dieser  Inschrift  die  Verwendung  von  6  gleich  <t> 
wie  auf  dem  Ton  Archermos  gefeiligten  Weibgesehenke  der  Ipbidike 
IV»!  8. 180, 37S*>  Dud  den  von  KreUcbmer,  Vaseninsclirinen  8.  102  aoge* 


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ALtATTISCBB  SCHtHmBNKllABtBtl 


Vollständigkeit  erstrebt  meine  Aufzählung  nicht —  auf  den 
Weibungen  I  347.  3b2.  IV, 1  S.  42,373/.  S.  8U,  373  \  S.  86, 
373™.S.  90,373'o*.S.91,  373'>'.S  92.  373  und  373  »«^ 
S.  102,373  219  und  in  den  Grabschriflen  I  466.468.470.  471. 
IV,  1  S.  48,  477  c.  S.  49,  477  of,  neben  ihr  hie  und  da  die 
gewöhnliche  Form  mit  schräger  erster  Linie. 

Sclion  dieses  Wechsels  wegen  vermag  ich  ein  Zeichen  be- 
sonderer Altertümlichkeit  in  dieser  Gestaltung  des  ßucbsla- 
i»ens  nicht  zu  erblicken.  Wo  die  steil  gestellten  Alpha  auB- 
schliesslicb  erscheinen  wie  in  den  drei  an  erster  Stelle  genannten 
Denkmälern,  erwecken  sie  den  Eindruck  der  Manier,  und 
wechseln  sie  mit  den  schräge  gestellten  in  einer  und  derselben 
Inschrift  wie  beispielsweise  IV,  1  S.  92,  373*'^,  so  acheint 
es  fast  als  bätte  der  Steinmetz  in  dem  Bestreben  ein  seinem 
Empfinden  nach  elegantes  Scbritlbild  zu  scbafl'en  die  Lage 
der  einzelnen  Buchstaben  hie  und  da  geradezu  nach  den  Li- 
nien der  Umgebung  geregelt.  So  mag  in  der  Salamisinsclirift 
das  Alpha  zu  Anfang  von  Z.  9  der  Rücksicht  auf  die  senkrech* 
ten  Linien  der  Anfangsbuchslaben  der  übrigen  Zeilen  seine 
Steilstellung  verdanken;  in  der  Kallimachosinschrift  wird 


lübrtm  Vasen.  Man  darf  nieht  eratannt  Min  auch  •  fSr  •  lu  begegnen 
und  umgekehrt  <D  für  9.  Zwei  Beispiele  A(apo4<«  (allerdings  neben  Ao^fo?) 

auf  der  Insctirift  aus  Na^os  !.G.A.  411,  fl.  C.  H.  4885  S.  495  {Imagines^  S. 
6»,6)  und  Api(TTdvo»o;  auf  dem  bekannten  Krater  fiat  v.  Wilamowitz  erst 
kürzlich  wieder  iu  Erinnerung  gebracht  (Gulling.  Nachrichten  1898  S.  231,2), 
&i|mS«v  führt  Krelacbmer  S.  102  an.  Unbedenklich  lese  ich  denn  auch 
C.  l.  A.  I  349  den  Namen  o®xvt(,  wie  schon  Kaibel  fytgr»  Qtwea  756  Ter- 
mutete,  •ofivi}<;  das  Gedicht  mag  rolgondcrtnnssnn  zu  crginien  sein: 

.  .  ]ofav({  p.'  äv^öcxtv  'AÖfvaiait  noX(ö/,ot 

X,o]p^o  tnUttlv  TO  xhan  ti-jf\aa\Livo. 
Zu  Anfang  des  Pentameters  hatte  Kaibel  an  ftpirw]p(o  oder  ähnlich  gedacht; 
ich  vergleiche  C.I.  i.  IV.l  S.  182,  373"':  Tiörivaijit  Sixatr^v  /opiow  'Aejiovd- 
Otv.  XatorSsao,  •l'iXia,  erklärt  von  v.  Wilamowitz,  Aristoteles  und  Athen  II  S. 
t73,l.  Fürdie  Längung  des  t,  wiesie  jbif'wu  fordert,  gicbt  W.Schulzc  (^uae- 
tUonettpieoi  S.298tt.8.  eine  rdche  Sammlmig  von  Beispielen.  Da  die  Buch- 
staben in  den  zwei  Zeilen  wenigstens  teilweise  über  einander.teilweise  frei- 
lich freier  geordnet  stelx'n.  mag  man  zweifeln,  oh  vor  dem  o  des  Namens 
-o^zvr,;  zwei  oder  drei  Zeichen  zu  ergänzen  sind.  Zu  toCI  Uxwj  tu^a^i^vou  vgl. 
(»lipos  iis^ii/^ajUviis  IV, i  S  89,  il'i'^K 


464 


A.  WILHBLII 


auch  das  Gamma  ganz  älinlich  aufgestellt, ebenso  in  der  Künst- 
lerinschrift des  Gorgias  IV,  1  S.  201 , 3"32s«,  ein  Delta  in  der 
Salamisinschrift  Z.  11  und  IV,  1  S.  42,37H/'.  S.  102,  373 

Irrtümlich  und  irreführend  zeigen  alle  Kpsilon  in  der  Ab- 
bildung, die  aus  den  Athenischen  Mittheilungen  in  das  Cor- 
pus übertragen  ist,  eine  über  den  untersten  Querbalken  be- 
trächtlich hinabreichende  senkrechte  llauptlinie.  Solche  Epsi- 
lon kommen  auf  dem  Steine  überhaupt  nicht  vor.  Bald  setzen 
der  obersle  und  der  unterste  Querbalken  genau  an  die  Enden 
der  Senkrechten  an, bald  greift  die  Senkrechte  oben,  bald  greift 
sie  unten  ein  wenig  über, oder  auch  oben  und  unten,  wie  IV.) 
S. 90,373  die  ausgesprochene  Verlängerung  der  Hauptlinie, 
wie  sie  so  vielen  altertümlichen  Epsilon  eignet,  ist  völlig  auf- 
gegeben. Ein  gleich  unbedeutendes  Übergreifen  der  Senkrechten 
nach  unten  zci-:en  regelmässig  durchgeführt, um  einige  datirte 
Denkmäler  anziilühren, die  Hekatompedoninschrift  und  C.I.A. 
I  333  Z  1  f., ferner  vieleandeie  Steine  z.  B.  IV,  1  S.  203,373»9. 
Diese  Zeichnung  des  Buchstabens  mag,  wenn  auch  die  einfache 
spätere  Form  des  Epsilon,  wie  der  Altar  des  Pythion  zeigt, 
schoa  angewendet  wurde,  doch  neben  ihr  festgehalten  wor« 
fleo  sein, weil  sie  als  elegant  empfunden  wurde;  wie  bei  Epsi- 
lon reichen  in  der  Hekatompedoninsehrift  auch  bei  Delta 
die  beiden  schrägen  Linien  über  die  wagrechte  hinab,  und 
genau  so  ist  das  Delta  auch  in  der  Inschrift  IV,  1  S.  103, 
373'**  gebildet.  Auch  in  anderen  Beziehungen  berühren  sich 
die  Epsilon  der  Salamisinschrift  mit  denen  jüngerer  Denkmä- 
ler vorpersischer  Zeit.  Der  Winkel,  in  dem  die  Querbalken 
an  die  senkrechte  Linie  ansetien,  ist  bald  ein  rechter,  bald  ein 
wenig,  aber  nur  ein  wenig  spitzer  als  der  rechte:  selbst  die 
Epsilon  der  Hekatompedoninschrift  sind  noch  nicht  sämtlich 
rechtwinklig.  Ferner  setzen  die  drei  Querbalken  eines  Bueh- 
Stabens  nicht  immer  in  gleiebem  Winkel  an  und  sind  auch  in 
der  Länge  yerschieden :  ähnliche  Epsilon  finde  ich  auf  der 
Inschrift  des  von  Antenor  gefertigten  Weibgeschenkes  des 
Nearchos  wieder.  Aus  allen  diesen  Beobachtungen  ergibt  sich, 
dass,  darlte  man  nach  einzelnen  Buchstaben  urteilpn,  der 


ALTATTISCHE  äCHRIFTDENKMAELEH 


485 


Porm  des  ESpsiion  nach  das  Psephisma  über  Salamis  durehaus 
lu  den  jüngeren  Denkmälern  allallischer  Schrift  gehört. 

DieMy  sind,  kleiner  als  die  übrigen  Buchstaben,  aber  breit- 
gezogen ,  mit  nicht  immer  gleichen  Winkeln,  über  die  Zeile 
gestellt.  Genau  so  findet  sich  das  My  z.  ß.  in  der  auch  sonst 
ähnlichen  Inschrift  des  von  Hegias  verfertigten  Weibgesohen« 
ket  zweier  Männer  aus  Lamptrai  IV,  1  S.  203,  373  In- 
schriften ans  der  ersten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  zei- 
gen vielfach  kleine,  so  zu  sagen  zwischen  den  Zeilen  schwim- 
mende My,  so  die  Hekatompedoninaehrift  und  I  33d  Z.  3  f., 
die  Inschrift  der  Nachkommen  des  Kalliteles  I  381  u.  a. ; 
diesen  späteren  My  stehen  die  des  Psephisma  Ober  Salamis 
ganz  erbeblich  näher  als  den  allertfimlicb  ungleichen  Formen. 

Ganz  ähnlich,  gleich  stark  geneigt,  finden  sich  die  Ny  auf 
zahlreichen  Denkmälern  vorpersischer  Zeit,  darunter  In- 
schriften,die  sehr  sorgfältig  und  schön  eingezeichnet  sind;  ich 
erwähnenur  I  351.352.357.  IV,1  S. 80, 373».  S.  86,3737«. 
S.  93,373«*.  S.  99,  373»».  S.  154,  362.  S.  179.373»».  S. 
203,  373  Rho  begegnet  ganz  ähnlich  auf  der  Weihung  der 
XoUpY«i;  I  352.  IV,  1  S.  86, 373  »  S.  93,  373 und  373 
S.  203,373^*,  und  auf  einigen  dieser  Inschriften  kehrt  auch 
Chi  mit  etwas  schrägem  Querstrich  und  V  g^z  wie  in  der 
Salamisinsehrift  wieder.  Aber  es  lohnt  nicht  bei  den  einzelnen 
Duehstaben  länger  zu  verweilen,  zumal  alle  Verweise  auf 
unsere  Drucke  die  Anschauung  der  Steine  nicht  ersetzen  kön- 
nen. Darf  ich  meinen  Beobachtungen  nur  einigermassen  ver- 
trauen, so  stellt  sieh  das  Psephisma  fiber  Salamis  der  ganzen 
Erscheinung  der  Schrift  wie  ihren  einzelnen  Eigentümlich- 
keiten nach  nicht  zu  den  altertümlicheren  Denkmälern,  die 
aus  vorpersischer  Zeit  auf  uns  gekommen  sind,  sondern  zu 
der  grösseren  Zahl  von  Inschriften,  die  man  sich  nicht  ent- 
schliessen  wird  tiher  die  letzten  .lahrzehnle  des  sechsten  Jalir- 
hunderts  hinaut/.m-iicken  oder  zum  Teile  so^iar  jüngerer  Zeit 
zuzuweisen  liut.  Allerdings  kann  iiuin  zu  Gunsten  höheren 
Alters  die  einfache  Sehreihung  statt  doppelter  verbunden  mit 
weitgebender  Neigung  zur  Angieichung,  wie  sie  ict^t  und  lA 


486 


A.  WILHELM 


^aXapLivt  zeigen,  geltend  machen.  Aber  für  bindende  Schlüsse 
scheint  mir  das  Material,  über  das  wir  verfügen,  zu  dürftig. 
Freilich  begegnet  doppelte  Setzung  der  Consonanten  schon  in 
der  Inschrift  des  Altars  aus  dem  Pythion  (*A7cöX>ovoo  und  auf 
der  Basis  des  chalkidischen  Weihgeschenkes  ('hiTcico;),  aber 
schwerlich  wird  man  deshalb  sämtliche  Inschriften.die  sich  mit 
einfacher  Schreibung  begnügen  —  ich  führe  an:  IV.  1  S.  90. 
373105  QoiXzSi  in  sehr  schöner  regelmässiger  Schrift,  dasselbe 
S.  42,  373y.  S.  82,  37334.  s.  102.  373 «'^  und  373«'',  S.  9jL 
eaXövTOv,  S.  99,  373'"  KiXi?.  S.  103.  373 «3  HaXiveo?, 
S.  HL  373"!  Ke'Tioc,  ÄXo,  S.  199,  373 2*0  ixo; ?— ohne  wei- 
teres für  älter  erklären.  Man  wird  vielmehr  mit  Grund  anneh- 
mendürfen, dass  in  diesen  Dingen  in  einer  Zeit, in  der  sich  für 
Schrift  und  Orthographie  erst  allmählig  feste  Regeln  bildeten, 
dem  Belieben  des  Einzelnen  ungleich  mehr  Freiheit  blieb  als 
späterhin.  Alles  in  Allem  ergibt  sich  mir.  im  Sinne  Belochs, 
der  nur  nicht  in  der  Lage  war  seine  Behauptung  zureichend  zu 
begründen,  die  früher  geltende  Ansetzung  des  Psephisma  über 
Salamis  um  560  vor  Chr.  als  sehr  unwahrscheinlich.  Mit  den 
Vorbehalten, die  jedes  Urteil  in  so  heikler  Frage  fordert, glaube 
ich  als  Rrgehniss  meiner  Untersuchung  aussprechen  zu  sollen, 
dass  die  Urkunde  der  Schrift  nach  in  die  letzten  Jahrzehnte 
des  sechsten  Jahrhunderts,  vielleicht  sogar  erst  in  kleistheni- 
sehe  Zeit  zu  gehören  scheint.  Ich  warte  ab,  ob  Andere  inhalt- 
liche Gründe ,  wie  sie  seinerzeit  Köhlers  Entscheidung  be- 
stimmten, für  oder  gegen  diese  Ansetzung  geltend  zu  machen 
finden.  Entstehung  des  vorliegenden  Beschlusses  erst  in  klei- 
sthenischer  Zeit  zu  beweisen  reicht  der  letzte  Satz  schwer- 
lich aus.  Denn  so  wahrscheinlich  mir  meine  Vermutung  über 
seine  Bedeutung  ist:  ob  in  der  Formel  iiri  tt)«  ßouXii;  j  o  Siiva 
iYpx(AULjcT(uiv  späterem  Gebrauche  auf  Grund  kleisthenischer 
Staatsordnung  entsprechend  icpöro;  stand,  entzieht  sich  unse- 
ser  Kenntniss.  Einen  Ratsschreiber,  der  in  der  Formel  er- 
scheinen konnte,  hat  es  gegeben  seit  es  einen  Rat  gab. 


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ALTATTIBCHB  8CH1IIFTDBNK1UII.BB 


487 


II 

Die  Hekatompedoninschrift  hat  Lolling 'AQ-rvi  1890  S.63I 
für  etwas  iilter  erklärt  als  die  Inschrift  (Jes  Allars  aus  dem  Py- 
thion.  Er  erwähnt,  dass  in  dieser  Alpha  und  Epsilon  die  re- 
gelmässige Form.  Theta  jedoch  noch  das  Kreuz  zeige,  Alpha 
aber  auch  in  der  Inschrift  des  chalkidischen  VVeihgeschenkes 
IV^  1  S  41.  373<?  mit  schrägem  Querstriche  erscheine;  un- 
zweifelhaft älter  sei  das  Psephisma  über  Salamis.  Sicherlich 
hat  sich  Lolling  bei  dieser  Ansetzung  auch  von  ailgemeinen 
Eindrücken  und  Anschauungen  leiten  lassen,  über  die  er  nicht 
öffentlich  Rechenschaft  ablegte:  seine  ausdrückliche  Berufung 
auf  einzelne  Buchstahenformen  hat  meines  Grachtens  keiner- 
lei Beweiskraft.  Denn  Alpha  mit  schrägem  Querstriche  ist  bis 
in  die  Mitte  des  fünften  Jahrhunderts  üblich  geblieben;  die 
verschiedenen  Formen  des  Epsilon  mit  und  ohne  Obergreifen 
der  Hauptlinie  begegnen  nebeneinander  auf  einem  und  dem- 
selben Steine  und  ihr  Unterschied  hat,  wo  die  Verlängerung 
so  anbedeutend  ist  wie  in  der  Hekatompedoninschrift,  kaum 
mehr  schriftgeschichlliche,  vielmehr  nur  zeichnerische  Be- 
deutung; die  Theta  mit  Kreuz  und  die  Theta  mit  Punkt  sind 
länger  neben  einander  hergegangen, wie  sie  sich  denn  auch  auf 
einem  Steine  vereint  finden  (C.  I.A.  IV.  1  S.  185,  422<3), 
nicht  anders  als  die  verschiedenen  Formen  des  Rho,  die  s.  B. 
in  den  Signaturen  eines  und  desselben  Künstlers,  des  Enenor, 
begegnen  und.  mit  und  ohne  Sporn,  noch  nach  der  Mitte  des 
fünften  Jahrhunderts  in  dem  Psephisma  über  Chalkis  IV,  I 
S.  f O.V7a  (Dittenberger,  SyUoge^ll)  wechseln.  Dass  die  He- 
katompedoninschrift ein  wenig  älter  sei,  als  der  Altar  des  jün* 
geren  Peisistralos,  lässt  sich  auf  diesem  Wege  nicht  erweisen; 
so  hat  sich  denn  auch  Kirchboff  durch  Lollings  Urteil  nicht 
für  gebunden  erachtet  und  sie  auf  Grund  scharfsinniger  Ver- 
mutung erheblich  späterer  Zeit  zugewiesen  Er  sucht  in  der 
glücklich  hergestellten  Unterschrift  der  einen  der  zwei  Platten 
TotST*  iSox^iv  T<Si  Se[|Aoi  iie]l  0[ —  jo«  xk  iv  rotv  XiOot[v  to6t]o(v  die 
Erwähnung  des  Archon,  verweist  auf  Bruchstücke  der  ande- 


488  A.  WILHBLM 

t  en  Platte,  auf  denen  vielleicht  die  Worte  {Sox'tiv  tSi  SI[&o]i  i«t 

•I>i  -  -  ip/ovrlo;  und  l«l  -  -]  o?  4px[ovTo? erkannt  werden  dürfen, und 

erjziinzl  unter  lierücksichligung  der  Slellenzahl  den  Namen 
(Ich  Pliilokrates.den  unsere  Überlieferung  als  Archon  des  Jah- 
res 485/ 1  vor  Chr.  nennt.  L.  Ziehens  Einwände  {Leges 
(traecorum  savrac  S.  4)  vermögen  diesen  Ansatz  nicht  zu 
erschüttern.  Die  Berufung  auf  die  Schrift,  in  Lollings  Sinne, 
liherschätzt  wiederum  die  Bedeutung  des  E  mil  der  etwas 
verlängerten  Senkrechten  gegenüber  der  einfacheren  Form 
des  Altars.  Dass  die  Unterschrift  raOT*  fSoy^ev  -rot  Sijioi 
<I>t\o)cpiTO!;  ap/ovTo;  TÖt  iv  toiv  >.iOo'.v  to'jtoiv  erst  bei  erneuter  Auf- 
zeichnung des  viel  älteren  Gesetzes  auf  den  beiden  uns  vor- 
liegenden Steinen  zugesetzt,  der  Name  des  Philokrales  also 
fur  (lie  Zeil  dieser  Aufzeichnung  selbst  nicht  beweisend  sei, 
vermag  ich  nicht  als  sicher  zuzugeben  Allerdings  können  die 
Worte  T3t  SV  To:v  /iOoiv  toOtoiv  dem  eigentlichen  Psephisma 
nicht  angehört  haben,  aber  die  Vermutung  liegt  nahe,  dass 
ihre  Aufnahme  in  eine  Unterschrift,  wie  sie  sich  auch  sonst 
nachweisen  lässt^,  in  besonderen  Umständen  der  Aufzeichnung 
und  Aufslellung  begründet  war. Solche  erlaubt  die  ungewöhn- 
liche Ansehnlichkeit  und  Sorgfalt  der  Veröffentlichung  vor- 
auszusetzen ;  bekanntlich  sind  'die  beiden  Steine'  Melopen- 
platten  des  sogenannten  allen  Tempels.  Dass  bei  der  Unvoll- 
sländigkeit  unserer  .\rchontenliste  für  jene  Zeit  die  Beziehung 
auf  einen  uns  zufällig  bekannten  Archon  des  Jahres  485/4 
vor  Chr. ,  dessen  Name  mit  Pili  beginnt  und  in  die  Lücke  passt, 
unsicher  bleiben  muss,  leuchlel  ein:  um  so  wichtiger  wird  es 
sein  diese  Beziehung  durcii  neue  Gründe  zu  stützen. 

Schon  die  geradezu  wunderbar  schöne  Ausführung  der  In- 
schrift, die  leider  auch  die  Abbildung  Taf.  9,  1  noch  nicht 
ausreichend  zur  Anschauung  bringt,  dürfte  zu  Gunsten  jünge- 


•  Welche  Erwägungen  Br.  Keil  zu  dem  oben  S.  477  initgeteiltea  Urteil 
(Hermes  lb94  S.  2ö7)  beslitnml  haben,  ist  nicht  ersichtlich. 

*  Ganz  so  schlieMen  Psephiimen  der  Chertoneiiten  Ta6t'  Kogc  ßouXdEi  ml 
Mjuit  |ti|vö<  Aiovuo(ou  xtX.  ßMtXiiwTot  STA.  Lalyseliew  /.P.X.  185  (Dittonber* 


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ALTATTISCHE  SCHHIFTDBNKMAELEH 


489 


rer  fiDtatehunf^szeil  gehend  gemacht  werden.  Aber  auch  die 
ganz  unvergleichliche  Frische  der  Erhaltung,  die  freilich  be- 
sonders  geschützter  Aufstellung  iniiverdankt  werden  mag,  rät 
die  Au&eichnung  in  eine  Zeit  zu  setzen, die  von  der  ihrer  Zer- 
störung, also  von  dem  Jahre  480  vor  Chr.,  nicht  weit  ab- 
liegt. Ferner  scheint  mir  auch  die  Orthographie,  namentlich 
die  gelegentliche  Vernachlässigung  des  rauhen  Hauches,  der 
JQngeren  Zeit  sehr  wol  su  entsprechen.  Schliesslich  freue  ich 
mich  zu  Gunsten  von  Rirehhoffii  Vermutung  eine  besondere 
Beobachtung  geltend  machen  zu  können. 

Bei  aller  Vorsicht  in  Zeitbestimmungen  auf  Grund  der 
Schrift  allein  wird  man  zuzugeben  geneigt  sein,  dass  wenn 
zwei  Denkmäler  dieselbe  Schrift  oder  gar  dieselbe  Hand  zu 
zeigen  seheinen,  die  Annahme  ihrer  ungefähr  gleichzeitigen 
Entstehung  nicht  ungerechtfartigt  ist. 

Ich  glaube  versichern  zu  können,  dass  in  dem  ersten  Ein- 
trage des  Steines  I  333  ( vgl.Taf.  9,1),  einem  auf  die  Schlacht 
▼on  Marathon  bezOglichen  Gedichte,  dieselbe  Schrift  oder 
Hand  vorliegt  wie  in  der  Hekatompedoninschrift. 

Bekanntlich  hat  jener  Stein  I  333  die  unverdiente  Ehre  ge- 
habt, für  die  Basis  der  sogenannten  Promachos  gehalten  zu 
werden,  und  diese  Vermutung  wird,  obgleich  sie  ihr  Urhe- 
ber den  Einwänden  von  Wachsmoth  und  Michaelis  gegenOber 
bereitwilligst  zurückgezogen  bat,  seltsamer  Weise  noch  immer 
der  Erwähnung  gewürdigt Welcher  Art  das  Denkmal  war, 
dem  der  vor  Jahren  in  der  Hadrianstrasse  gefundene  Stein  an- 
gehörte, vermag  ich  seiner  Form  nicht  abzusehen,  und  die 
beiden  Gedichte,  die  er  trägt,  geben  in  ihrer  Verstümmlung 
über  ihre  Bestimmung  keine  zuverlässige  Auskunft.  In  Kirch- 
hoffs  Ergänzung  stellt  sich  das  zweite  Gedicht  denen  der  drei 
Hermen  vor  der  Stoa  zur  Seite*.  Die  eigentümliche  Bearbei- 
tung der  Schriftfläche  des  Steines  war  schon  früheren  Beur- 

•  Stadl  Alben  I  8.  541,  3;  Athen.  HiUh.  1877  S.  92;  C.I.A.  IV.  I  S.  40. 
In  Btfimners  Commentar  zu  Pausaaias  i  28t  2  ^^'^  Inscbrifl  ab  per|t 
kleiscber  ^eit  angeborig  bezeichnet. 

'  Aischines  ge^en  I^lesiphoq  IQ3|  Prefer,  Inter.  Gr§tp,  m$tr.  lö§, 


490 


A.  WILHBLM 


teilern  auffiillig;  aber  die  Behauptang :  superficiem  lapidis 
leviUr  ease  atriatam  non  alio  eonsitio  niai  ut  ea  atriaiura 
pro  ornamenio  eaaet  iapidt  («rachöpft  nicht  ganz  den  Sach- 
verbalt.  Niehl  selten  wird  auf  Steinen. namentlieh  alterer  Zeit, 
ein  besonderer  Streifen  fOr  die  Schrift  sorgiältig  geglättet, wäh* 
rend  der  Obrige  Teil,  Yon  einem  ebenfalls  geglätteten  Saume 
abgesehen,  gerauht  wird,  wie  I  390.  396. So  hätte  diese  Bear- 
beitung an  unserem  Steine  nichts  merkwQrdiges,  läge  nicht 
der  zweite  Schriflstreifen,  der  die  dritte  und  vierte  Zeile  trägt, 
ein  wenig  tiefer  als  die  rauhe  Fläche  oberhalb  und  unterhalb, 
der  obere  erste  Schriftstreifen  dagegen  mit  dem  rauhen  Felde 
in  gleicher  Ebene.  Die  Erklärung  hat  mir  W.  Dörpfeld  gege- 
ben. Der  Stein  trug  ursprünglich  nur  die  beiden  obersten 
Schriftzeilen  und  unterhalb  blieb  der  ganze  abrige  Teil  dee 
Steines  gerauht ;  später  wünschte  man  auf  dem  Denkmale 
ein  zweites  Gedicht  einzutragen  und  arbeitete,  um  Raum  zu 
schaffen,  auf  der  rauhen  Fläche  einen  zweiten  Streifen  ab,  der 
natürlich  tiefer  zu  liegen  kam.  Dazu  stimmt,  was  von  jeher 
halte  klar  sein  sollen,  dass  beide  Ginträge  ganz  verschiedene 
Hand  zeigen.  Diese  verrät  sich  nicht  nur  in  den  Buclistaben- 
formen.  sondern  auch  in  dem  Gebrauche  der  Interpunktion, 
die  in  dem  ersten  Gedielite  vor  dem  Beginne  des  Pentameters 
genau  wie  in  der  llekalompedoninschrifl  durch  drei  Kreise 
mit  Zirkeipunkt  ausgedrückt  erscheint,  während  sie  in  dem 
zweiten  K()ij:ramme  an  der  entsprechenden  Stelle  fehlt.  Von 
diesem  zweiten  ü^pigramme  ist,  nach  KirchhofTs  Ergänzung: 

'H  f/.x>a  Stj  xjivoi  TxXxxacpSiO'.  oi  px  t]6t'  ai^{ATlv 
aTYjijajjL  irpoiOi  tcu^wv  iy'pO'Z  iw'  Inj^xtiSt^ 

uatpviuivoi  S'  i(3iü)Txv  'AOiovaiac  woXy^ouXguJ 

die  Beziehung  auf  die  Schlaeht  von  Marathon  klar;  aherauch 
für  das  erste  wird  sie  durch  die  Worte  'ExXi'Sx .  ]  tcäoiv  Soü- 
Xto[v  ^aap  iSttv'  gesichert.  Wir  haben  keinen  Grund  anzu- 


<  Man  liest  'EXXi[Sa  ^ffjv]  xinv;  aber  fQr  drei  Bnobslabeo  ist  vor  kHw 
Qicbi  Haiun.  AUenfalb  H  ? 


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ALTATTISCHB  SOIIBifTDBllKlfABLBil 


49< 


nehmen.  dusB  rias  Denkmal  erat  längere  Zeit  und  niebt  sehr 
bald  nach  der  Schlacht  gestiftet  worden  wi^ 

So  wenige  Baehstahen  von  dem  enten  Gedichte  anf  dem 
Steine  erhalten  sind,  so  glaube  ich  doch  mit  Zuversicht  he* 
haupten  zu  dürfen,  dass  sie  mit  denen  der  Hekatompedonin- 
schrift  völlig  übereinstimmen  und  dass  nicht  bloss  eine  ahn- 
liche, sondern  geradezu  dieselbe  Hand  vorliegt,  wie  auch 
beide  Inschriften  genau  dieselbe  sorgfältig  ausgeführte  sonst 
nicht  nachweiriiche  Interpunktion  zeigen.  Ist  dem  so — und 
unbefangene  Beurteiler  bestätigen  meine  Beobachtung  — ,  so 
werden  beide  Inschriften  wenigstens  ungefähr  derselben  Zeit 
zuzuteilen  sein  und  Kirch  hoffe  Datirung  der  Hekatompedon- 
inschrift  in  das  Jahr  485/4  vor  Chr.  gewinnt  im  besten  Ein- 
klänge mit  allen  sonstigen  Anzeichen  durch  dies  Zusammen* 
treffen  erhöhte  Wahrscheinlichkeit. 

Ich  schliesse  mit  einigen  Bemerkungen  zu  dem  letzten  Ab- 
drucke der  Hekatompedoninsehrift  in  G.  Körles  Abhandlung 
Rhein.  Museum  1898  S.  264  ff. 

Zeile  t  fehlt  in  sämtlichen  Veröffentlichungen  die  auf  dem 
Steine  ganz  deutliche  Interpunktion  nach  xp^^'^^i-  5  mag 
nach  aiS  höchstens  unten  im  Bruche  der  Rest  einer  senkrechten 
Linie  erscheinen,  nicht  in  der  Mitte.  Z.  6  iviicT]iv[:  üv  S]«  nc! 
XT>.  Dass  Z.  8  nach  {i[popY'ovTx[(;  —  der  Bruch  bewahrt  noch 
von  der  Spitze  an  den  rechten  Schenkel  des  Gamma  -die 
'zweilo  Hälfte  eines  My  deutlich  ist,  habe  ich  schon  G.  Köile 
mil^eleilt  (S.  965)  Z.  9  sind  der  untere  'l'eil  eines  Epsilon 
und  Spuren  des  vorangehenden  Ny  erhalten  vjio.  Z.IO  scheint 
vor  «w»v  ein  breiter  Buchstabe  wie  H  nicht  gestanden  zu  ha- 
ben. Z.12  stehen  in  Körles  Abdruck  die  Klammern  unrichtig: 
SpÄ[t  ii8ö<  Cr/a[i]v7n.  Z.  1  'i  tu.  7t6).£i.  Z.  I6f.  ^(^[t  cuSuvidOxt ;  der 
obere  Teil  eines  Sigma,  den  Lollings  Tafel  richtig  wiedergibt, 
fehlt  im  Corpus.  Z.  94  erkenne  ich  vor  at  deutlich  Reste  einer 
Uuncimii:;,  die  Loliiii^^  und  das  Corpus  nicht  verzeichnen. 

Körles  Ergänzung  des  Verbotes  Z.  8  ff  hat  mich  nicht  über- 
zeugt, aber  icli  sehe  mich  ausser  Stande  seine  Lesung  t6(  U« 

«  B»  i|rt«i|t  juidi  Frans  Winter,  Arob.  4«brbiieb  1893  S»  i52, 13. 


492 


A.  WILUBLII 


[x9el  vo]To6tv  [tS  v]io  ivtoc  tS  x[vxXo  x«i  »«tx  h]iie9tv  to  htx«TO{A- 
ic[i^ov  |aS*SvOo[v]  iY[X<Y*v  darch  einen  einleuebtenden  Vorschlag 
zu  eraetsen,  denn  ieh  errate  nicht,  von  welchem  äu§;cn8cbein> 
lieh  geringfügigen  Vergehen,  dem  jmS'  SvSov  lYtUyiv  (?)  ent- 
sprechend  und  ainnverhundenjm  Anfange  des  Satzes  die  Rede 
war.  Nur  um  vielleicht  GlQcklicbere  auf  den  richtigen  Ge- 
danken zu  leiten,  sei  der  Einfall  erwähnt  Z.  9  (»[rax«»  tS  v]iö 
Xftt  t8  icpö[<  eo  ffccyxXjo  [ßoj.aS  zu  lesen. 

Einen  anderen  Satz  der  Urkunde,  dessen  Verständniss  Körte 
glflcklieh  erschlossen  hat,  freue  ich  mich  an  einer  Stelle,  wo 
sein  Vorschlag  fehlgehl,  mit  voller  Sicherhett  herstellen  zu 
können.  Das  Gebot  Z.  17ff.  lautet  nach  Körte:  tk  otxlf&fltT«  [t« 

I«  t9i  blxarJofAxiSot  avo^Yiv  [tÖ(;  rjixfxiai;  [/.i  o[X«i2[ov  E  3U  t]S  (ilvo[c 
9Jift«9«t  t9t[;  hevja^  i;Ae[p]ac  [tok;  xpö  te;  vo]{X(v{a[{  xal  t8v  vIo«  t8v 

inji  tSi  ic[xic^i  Iti?  to  he{i.i]9u  :c[apö]vTa[;.  Ich  schc  von  dcD  letz- 
ten Worten,  die  Ich  nicht  au&uklären  vermag,  ab :  so  richtig 
Tfi  lixd^i  erkannt  ist,  die  Er^zung  tSv  vloy  t9v  M  tci  iU&Si 
ist  der  sonderbaren  Bezeichnung  wegen ,  die  sie  den  Zwanzi- 
gertagen des  Monats  gibt,  anstösaig  und  zudem  mit  den  inZ.20 
an  dem  unteren  Rande  des  mittelsten  Bruchstückes  kenntlichen 
Resten  unvereinbar.  Diese  sind  allerdings  in  Loilings  Abbil- 
dung und  in  KirclihofTs  Abdruck  nicht  völlig  treu  wiederge- 
geben; der  Stein  zeigt  unter  dem  dritt-und  zweitletzten  Buch- 
staben des  Wortes  OsäoOxi  in  Z.  19deullicli  die  oberste  wag- 
rechte  Linie  eines  Epsilon  und  darnacli  die  obere  llälfle  eines 
Iota  (oder  l.amhda).  Auch  enlspriclil  der  Bruch  vor  -i  xei  li- 
in  Z.  20  am  meisten  einem  Alpha;  ein  Pi,  wie  es  Körtes  Le- 
sung verlangt,  hat  an  der  Stelle  augenscheinlich  nicht  ge- 
standen. Ich  glaube,  es  ist  räf;  htv]«?  ifxi[p'ac  [tj;  :raö  te;  vlo- 
|x£v{*[;  xai  T]st  [SixxTji  )ta]i  t£i  tt[5ciS',  ZU  lesen;  nehen  den  letz- 
ten Tagen  des  Monats  und  dem  zwanzigsten  fortlerl  der  zehnte 
sein  Recht.  Statt  mit  Körte  y.t  o-XsiCov  I  Si?  t]ö  fjnvö[;  ist  dann 
notwendig'  (nit  der  bekanntlich  häufigen  Auslassung  der  Com- 
parativpartikel     q[X|iCov  Tpt;  t]ö  {aiv6[<  zu  ergänzen. 

A^be« 

ADOLF  WILHELM 


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UTTBRATUR 


G.  BoTTi,  Pouilles  k  la  oolonne  Tbdodosieone.  Alexan- 
drien 1897. 

G.  BoTTi  &  V.  NouRissoN,  Rapports  sur  la  bibliolh^ue 
munieipale  en  1898  el  sur  le  Mus^  Gr^- Romain.  Alexan* 
drien  1899. 

(A.  Joubih),  Muste  Imp.  Ottoman.  Bromes  et  bijoux  Ca- 
talogue sommaire.  Konstantinopel  1898. 

A.  IIasXAAIU:,  No|ita|taTUiv)  tifc  v^oou  "AvSpov  ( *A«6«iv9tff(Mt 

XfttoXoyiac).  Atben  1898. 

(P.  Sghbil),  Mttsäe  Imp.  Ottoman.  Monuments  ^ypiiens. 
Notice  sommaire.  Konstanlinopel  1898. 

ivfliifsia^.  X,  4.  XI,  I. 
Darin  u.  a.  S.  413.  556.  £t.  ApaYoi(ii]c,  Bout^^uXiSiiei  «xiffTaatai.—  S.  3.  n. 

Bulletin  de  la  soci^t^  archeoio^ique  d'AIeiandrie,  redige 
par  le  Dr.  G.  Bolti.  1.  Alexandrien  1898. 

Darin  S.  5.  Fouilles  dans  Ci'ramique  d'Alexandrie  en  1897.  —  S.  25. 
La  deuiiciue  Irouvaille  de  Öaiiiauuud.  —  S.  39.  InncripUons  grecques  et  la* 
tines  irouT^ei  en  6gypte  en  1897-98.— S.  49.  Additions  no  plan  de  la  ville 
d'Aleiandrie. 

AEATION  THU  I^TüPlKll^  KAI  EONOAOriKlUB  Etaipbia^  ths 

Eaaaaos.  V,  3  (19).  Athen  1899. 

AIE9NHS  E*HMEP12  Ty,{  vouiiaarix-ii;  apj^aio)^oyia<;.  Journal 

international  d'arch.  nuinismatique.  1.3.  4.  Athen  1898. 

Darin  u.  a.  S.  233.  K  A.  MuXwväc,  AuxoSf^ot  ö  xü^v  'HiwvCi,  ßxTtXtuf.'— 
8.  Sil.  O.  F.  Hill,  Hadrinnoi  and  Hadrianeia  —  8.  953.  N.  B.  4>apS<ic,  No- 
|uo|HiTna  &mslpj«qt.—  8.  299.  A.  II.  IIa«x^Xi|c.  No|u<i|MKi)d|  Tlf«  tfil/ao»  *Av- 

8pow. —  S.  367.  'lu.  N.  236opu)vot,  NoatipaTtxi  i6pi{|A«ta, —  S.  105.  Dcrsellic, 
Tf«  vi5ao{  i]up(T)  Toü '0;ji»{poy. —  8.  4^3.  E.  D.  J.  Üutilh,  Ktudes  Alexandri- 
nes.—  Ö.  4:il.  ü  Pick.  Zur  Epigrapliik  der  griechi^ulien  KaisermÜDzen.  1, 


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404  roNot 

^XoXoywo«  ovXXoyot  Ilapv««aö(,  EOBTHPIS.  B'.  P'.  Athen 

1898.  1899. 

Dario  u.  a.  B'.  S.  245.  A.  ^iXio«,  'A9i)vä(  xt^aXi)  EXmatvo«.— S.  255.  A. 
Sxiic,  'Afxtfot  rifoi  I«  6tp|Mic£X«t<.  ~  8.  961.  M.  Xp»aox<{of,  rcwypafixä  «tj- 

r'.  S.  54.  N.  r.  1IoX{t>){,  T«  ovoja«!»  twv  SiJ^wv  [  Heutige  Verwaltungsbe- 
zirke].—  S.  81.  A.  MTjXtapaxTic,  Nr,5ioYpafi»i  xari  Tf,v  Yico^paftav  toö  'AparSoj 
EdptCt.  —  S.  142.  M.  Xpv9o/6oi,  "OauvOo(. —  S.  175.  K.  A.  MuXwvät,  Ilipi  t^c 

EniMEPii:  APX.AitiAuriKH.  i898  llefl  3  4.  Allien  1898. 

Daiiii  S.  137.  Xp.  Taouvta;,  KuxXaSixa. —  S.  211.  K.  Koutotfvteijtrj;,  ^xijvat 
to5  oixoY«vitaxo-j  ^io«  twv  ^uvaixdiv.  —  S.  219.  L.  8avignuDi.  'Ap;^aicixi)T«( 

KIm.— 8.249.  B.Atmiphoi,  Auxoaoupas  v6^i  Up4(.— 8.271.  Derselbe« 'Bm- 

Nacbrichtbn  del  rantiebea  arehäologischen  Instituts  in 
Konstantinopel.  III.  Sophia  1898  [RusBiaeh]. 


FUNDE 

In  Allien  sind  nahe  beim  Synlagmaplutz  bei  einem  Neu- 
bau (des  Herrn  Bouyä;)  in  der  Sladionstrasse,  gegenüber  dem 
Mar^lall  eine  ganze  Anzalil  von  Gräbern  verschiedener  Epo- 
chen ij;efunden  worden  Kurze  Nachrichten  finden  sich  in  den 
Tageszcilungen  (z.  B.  'Aitu  1?.  18.  19.  25.  28  30  Ae».  1898. 
14.23'Ixv.  1899),  ein  wissenschaftlicher  Bericht  ist  in  Aus- 
sicht gestellt.  In  dLMsclbcn  Gegend  sind  schon  früher  vielerlei 
Gräber  gefunden  worden  (vgl.  z.  B.  Conze,  Attisclie  Grah- 
reliels  Nr.  1073.  CJ.A.  IV, 1  S.  190,  491-'«);  wogen  der  Fol- 
gerungen,  die  sich  daraus  für  den  Zug  der  Stadtmauer  erge* 
ben  8.  Athen.  Mitth.  1888  S.  232. 

Gräber,  die  beim  Neubau  des  Arztes  'AOavatjiASyi;  in  der 
ApoUoDslrasfie  (Bädel&ers  Griechenland^  zu  S.  35,  E,  6)  ge- 


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fültDI 


funden  wurden,  sind  mittelalterlichen  Ursprungs,  ebenso  wie 
die  dort  entdeckten  Gebiiuderesle.  obwol  beide  audi  antike 
Überbleibsel  ein«jebaul  enthielten  ("Actu  18  Aix.  1(S98). 

Bei  Kanalarbeiten  in  der  Kolokotronis -Strasse  i  Bädekers 
Griechenland  3  zu  S.  35,  D.  E,  5)  ist  eine  jugendliche  Dio- 
nysosherme gefunden  worden  ("Aotu  ?5.  März  1899). 

Beim  Dorfe  Reratea  in  der  Gegend 'AdrpYi'ExK^r.aia  wurden 
300  byzantinische  Goldmünzen  gefunden  ("Attj  18  Aex.  1898). 

An  dem  Hügel  Stamatovuni  (nördlich  von  Ikaria.  Dionyso) 
hat  eine  neu  gegründete  englische  Gesellschalt  Marmorbrüche 
eröffnet, die  einen  für  Atlika  ungewöhnlich  grosskrystallischen 
Marmor  liefern.  Dass  der  Marmor  dieser  Gegend  auch  im 
Altertum  schon  benutzt  wurde,  ist  bei  dieser  Gelegenheit  fest 
gestellt  worden  Eis  liegt  dort  nämlich  eine  unfertige  Marmor- 
figur  von  dem  Typus  der  archaischen  ApoUostatuen ,  erst  aus 
dem  Gröbsten  herausgearbeitet,  aber  mit  genügender  Sicher* 
heit  zu  erkennen.  Höhe  mit  Rünthe  etwa  2,10'°. 

Bei  Amphissa  wurde  in  der  Nähe  des  Dorfes  K«Xo«tTif 

v{t9«  zufällig  gefunden :  (ilxdXXtvov  ayaXpia  7capt«T&vcv  yusalxa. 
7UÜ  Tt«9apx  atXkx  i-jziiTi^  ^jcXxiva  uv  toi  (<,iv  Suo  ivapi9TÄvouv  äXi* 
XTopa,  T3t  hi  «XXa  ^uo  xuv«{.  'Exto^  toutuv  dlviCpi  rpsTc  ioxTU- 
Xfouc,  Süo  Simovc  (AiT«XX{vou<,  Ivvl«  irqXtvai  «Yyita  ^tKföp«f»v 

(iijeT(i)v  xal  TCOtfxpa  aXXac  piixpjc  utTxXXiva  avTixi{|A,(VOC. 

On'enbar  gehört  ein  Teil  der  Gegenstände  zu  einem  der 
üblichen  Standspiegel. 

Der  Finder  H.  ZrpdieY»««  hat  seinen  Fund  der  Behörde  üher- 
gehaD.('A«tv  23  ««6p.  1899). 

Bine  Viertelstunde  von  'Afuix  (A<bTiov  mSiov)  in  Thessa- 
lien sind  in  der  Olm«  *A,yUL  "Awec  antike  Gebaudereste  be- 
merkt worden ;  ausser  einer  grossen  Marmorplatte  wird  be- 
sonders ein  Mosaikboden  aus  schwanten  und  weissen  Steinen 
genannt.  An  derselben  Stelle  aollen  frQher  Reliefs,  pachehrist- 
licher  Epoche  gefunden  worden  sein  ('Bark  93.  M^.  1899. 
'A<rru  24.  Mp.  1899). 

Auf  demHQgel  Bunardjik  bei  Philippopel  wurde  sutäliig 
ein  Grab  und  dabei  eine  ungefähr  3"  lange  und  35*"  hohe 


496 


Platte  aus  einheimischem  Stein  ('Granit')  gefunden,  die  in 
4*"  hohen  Buchlaben  —  nur  das  O  soi  kleiner  —  folgende  In- 
schrift trägt  (T«x^SpdjAO(,  Konslunlinopei,  4  Noi^iSp.  1898). 

•arTEAEZ^OPOZMHTPOAflPOY 
NEIKOMHAEYZ^HZAS 
ETHHE^ 
X  AIPE^sr 

In  Ivukludja  bei  Smyrna  fand  Herr  G.  Weber  in  einem 
Hause  folgende  zwei  Inschriften: 

1.  Marmnrplatte.  Vi*"  lang,  26  hoch,  7  dick.  Buchstaben 
1°°,  in  der  ersten  Zeile  etwas  höher.  Nach  Abklatsch. 

f;i-T  YPANNIONTI-KAArAeonOAlTQI 
ANAPiKAITIKAlOYAlANfilTniTEKNQIMNHAS: 
XAPIN-MHTEPTIZTENAXEIZTIAAKPYEIETNGAAE 
MYPHnZE<t>ANHMOIPAi2:EMETONKENQA 
5  EKATEAOEINAEiyANTIZniHNKAlOMHAIKAZ 
AAAYnOAHQHNBHinATHPZYNEMOITOY 
TO(t>IAOTEKNIAOYKE4)ANHNf  EYZTMZEni 
ZOlTEKNONAAAYnOAHGHNHAQONAinflN 
.  ZfllHNKAI<t)IA;'|  NNFAM  ETIN 
tu        '  X  A  IPEINTTAZI(j)IAOIS 

KATAKEIMENOZENOATTAPAlNnKAlMETEXElN 
Zai  H  zaAETAPESTAIAHZ  ^ 

•I(o'j>ix)  T-jpivviov  Tl.  K\.  'AyaOoKoSi  Töi  |  avSpi  xai  Ti.  KX. 
'IouXtav<ii  Teil  Ttxvojt  p.vT)a(  j  X^P*^- 

(^icvif)  Motpaic  ip.i  t6v  vc(o)v  &^\t  xaTc^diiv 
>iit{>avT[a]  ^o)tf,v  xai  6(XT]Xtxac,  |  aXX'  uico  AiiiOvjv 

icarvip  «UV  ip.oi'  touIto  «piXorixvia. 
OuK  i93lvT)v  <(>iuorb(  iivl  I  901  Tixvov,  dXX'  6ff&  A'q9i)v 
^XOov  Xtir«w  I  («njv  xai  f  iX[ia]v  yapitTiv.  | 
XflUpicv  «ftot  fiXocc  I  »aTOtM{|Aivo(  {v8at  irapctvA 
liftl  |UTix<tv  I  Cm(^*        Iffl^p       'Ai^f . 


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FUNOB 


497 


Ob  SU  Anfang  der  ersten  Zeile  ein  Bachstabe — für  mehr 
ist  kenm  Platz  —  fehlt,  ist  nieht  klar.  Unsere  Lesung  setst 
voraus,  daas  ntohta  ffBhlt,  und  das  I  mit  folgendem  Punkte  ei- 
nen Namen  darstelle.  In  Z.  4  kann  das  O  von  vlov,  wenn  es 
auf  dem  Steine  steht,  nur  ganz  klein  nachgetragen  sein. 

9.  Oberer  Teil  einer  Grabslele  mit  Giebel,  59**  breit  und 
noch  37  boch ;  in  der  Mitte  zwei  Püllhörner,  rechts  und  links 
davon  steht  ö  ^vi{io(  in  Kränzen.  Buchstaben böhe  2**.  Der 
Stein  liegt  im  Pflaster  des  Hofes  und  ist  ziemlich  abgeschlis- 
sen. Abklatsch. 

OAH  OAN 
HOZ  HOZ 

AGHNAI^A  0ANHNÄIONYZIOY 
AMTTEAIAOY^ANHOYr^erYNAiKA 

•o  Sri-        '0  a^- 

'AÖ-rivaiSa  4>icvTnv  Aiovixjiou 

'A(Ai»X(2ow ,  ^oiviQOv«  Yuvaüta. 

In  Afium- Karahissar  in  Phrygien  sah  derselbe  Herr  in 
der  Vormauer  einer  Moschee  einen  Qo*"  langen,  öO  breiten 
weissen  Marmorblock,  aui  dem  sieht: 

PACTVMEIAE-SALVIAE 
C-SALLVSTI  VSSER  APAVXOPISVAE 
n  AKTOYMHIAICAAOYIAI 
rAlOCCAAAOYCTIOCCEPAnACIAIAI  TYNAI  Kl 

Pactumeiae  Salviae 
G.  Sallustius  Sorapa  iixori  suae. 
na)CTOuur;iai  i^aXouixt 

Herr  E.  I.  lordanidis  sendet  uns  Abschriften  folgender  In« 
Schriften : 

4TBIN.  ]UTTHBn.üNaBN  ZZIH.  33 


4M  raMW 

1.  Marmor  von  50*"  Breite  und  Höhe,  in  einem  Hause  des 
Quartiers  FcviTsCAto  in  Tire.  Abklatsch. 

OIKOYNTEZEN  Ol  xaTjoixoGvTi;  h 

O  I  Z  Z  T  E  <t>  A  N  O  Y2l  N         -  -  -  -  Ot?  ars^xvoOdiv 

ATHNAPTEMIAnPOY  ixTiv  'ApTS|xtSü)pou 

KPATHNMENEKPATOY  -  -  xpicTrjv  Mevixpirou 
EA«"'         NEPMOAAOY      MjAiT[ivo]y 'EpuoXiou 

TOYTOYTOYHPaOYEl  Tootou  toG  vipwou  li- 

ZINKAEIN  AIAYOEIZEP  oiv  JtMivai  Suo  ilaip- 

XOMENftNEYftNYMn  xoj*«^"^  luwvüpitp 

XCIPIKAIME2HZYN  iiifi  x«i  ouv 

In  Z.  2  8chläj;t  lorüanidis  'AXiioOpjoi?  oder  MayvöX^ot;  vor. 

2.  In  einem  Hause  (NstttJ)  des  Dorfes  Vtwri  MiyaXi  westlich 
von  Tiro  helindel  sich  ein  35'"  hoher  20  hreifer  Marmor  mit 
der  ioschrift  (vgl.  T«x,uSfö{AO(,  Koostanlioopel  3£iirr.  18\f8): 

T  O  Y  T  O  ToÖTO 

T  O  H  P  n  TO  ijpfi- 

O  N  TT  O  TT  ov  rioTc- 

A  I  O  Y  T  P  O  Xtou  Tpo- 

0  I  M  A  6  C  f  t(A&  i« 

T  I  N  K  A  I  r  Y  «tv  K«l  yw- 

N  A  I  K  O  Z  K  A  i  v«woc  Md 

T  e  K  N  n  N  Tlkvttv 
AYTOY  awTOÖ. 


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SITZUNOSPHOTOKOLLE 

7  Dez.  1898.  Festsitzung  zur  Feier  von  Winckelmanns  Ge- 
burtstag. W.  ÜoKRPFELD  giebt  eine  Übersicht  über  dieThätig- 
keit  des  Instituts  und  spricht  über  Architektonisches  aus  Ägyp- 
ten.—  G.  SoTiHiADis,  Über  die  Ausgrabungen  in  Thermen. 

2t  Dez.  1898.  P.Wolters,  Inschrift  von  der  Akropolis. — 
W.  Reichel,  Der  homerische  Wagen. —  I.  Svoronos,  Erklä- 
rung des  Kalenderreliefs  an  der  Kirche  Gorgopiko. 


ERNENNUNGEN 

Am  '21.  April  1898  sind  ernannt  worden  zu  ordentlichen 
Mitgliedern  die  Herren  B.  Arnold  und  C.  Popp  in  München, 
B.  lluussoullier.  E.  Pettier  und  M.  CoUignon  in  Paris,  W. 
Pley te  in  Leiden,  F.  VVickhof  in  Wien,  L.  Borchardt  in  Cairo, 
J.  L.  Heiberg  in  Kopenhagen,  zu  correspondirenden  Mitglie- 
dern die  Herren  P.  Weizsäcker  in  Calw,  E.  Hilterling  in 
Wiesbaden,  B.  Pick  in  Gotha,  H.  Dragendorff  in  Basel,  H.L. 
Urlichs  in  München,  Th.  Wiegand  in  Smyrna,  Martens  in 
Blberleld.  H.  Lechat  in  Lyon,  F.  von  Bissing  in  Cairo. 

Am  9  Dez.  1898  wurden  zu  correspondirenden  Mitgliedern 
ernannt  die  Herren  L.  Pollak  in  Rom,  M.  Rostowzew  in  Pe- 
tersburg. G.  Bolti  in  Aleiandrien,  K.  Wernicke  in  Berlin. 


BBRIOHTIOUNO 

Oben  S.  193  Z.  18,  24  und  29  von  oben  moM  es  beieien 
Tacburuk-su,  nicht  Tachukur-su. 

QwMmm  22.  A|^ril  1899. 


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'II.  .  •  '''-t'unxna  .**t  iur^a-Ts:  .  5*4 

i.  1  *I:  •i^*.-se  ....  !*r 

I''        3i,i  ttter  idvea««        urii»  .    .  ...  H§ 

7         3iiier  -■iki  I^sat*::««  u»  T.unn   «14 

TiMea^cBerMK  ai»  Srizi*iaea4i   ....       ...  S 

H<>ixo'je<r>«  u»  2aflim     ...    *42 

T^iL'-j  M'n.-niw*?  VfHea  u»  .i^TOte«   SS  f. 

♦  3  *?  /iafci*«r>r«i  Q  Jim?«  ....   ,  «53 

"i."  .v«r»n •.!•!<♦»«  N.wcn^iitnun^a  n^K/^ai^ot»^  3ils99*IuafMB  .  f. 

♦  >"aca  tii.D.imc  -»tt»r  ^<  vfoiatfäi«  3üiPML.innnt  ....  ^ 

:x  •    rnsc  i     ; :  \.  i  -r*  «-^  4.<* 

1  A.tar  itr»  P-riM^ri-u»   4rT.<"i;) 

2  Ca*  tt'smiaiadM  Pwpuisoia   Äir,^, 

Sl        P»ao  h»  TVaier»  :o  Pnea«   30: 

XII        P'jo  le»  TVMbfrs  üi  X<m-P««7va   314 

20.1    P^'r'f^  'Mt  ^-^'^t^-m  Pirri*m  vni  ^'rirflPiBcr  .    .    .  3|$ 

i    ZiiMhj'itfr'aas  «iMMtb««  TlMalMS   322 

Xtn      GeBmt  an»  Ele«»   S8lfl 

XIV      Bfito  Gcfis»  am  Eiems»   ^ 


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V 


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IX 


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1898,  XAIII,  i. 


JUN 

MITTHEILUNGEN 

DES  KAISERLICH  DEUTSCHEN 

All(lHAEÜLÜ(llSi;ilEi\  INSTITUTS 

ATHENISCHE  AbTHElLUNG 


P.AND  XX HI 

ViKiiTES  Heft 

MIT   TAFEL    V.  ].\.  X 


ATHEN 

BARTH    &    VON  HIRST 
1898 


Bei  BARTH  &  von  HIRST  in  Athen 

EIISCHEINT 


iiEBMi^  mm\i  Tll!^oMli;t\TlKll:s  Ai'\Aiu\iirf\^. 

JOURNAL  INTERNATIONAL 


IIKBM'SaEltKIlBN  VON 


J.  N.  SVORONOS 

Ührkt'ir  '/>  ■  V'/  •tuthini'ts  in  Athm 

.T.iliilicli  4  HofU'  in      mil  tnindcsteiis  ?0  DriK'kliogtin  uml  ?U  |>liolo!ypi- 

schi'w  Tafrill.  aiHlciPii  |{rilaj:i'ii  n.  -  \^ 

Der  I.  Baiiil  isi  i'rsclii<'i»rii, 

Üi«'  Zritsclirifl  ki>.sli'|  jälitlicli  Ir.  -.'n.—  ,uWr  M.  H'i.— 

Heslrlluiij^cn  tiiari  an  «Iii*  V'cilatrstiaiullunp;  otlo*  irgend  i'im^  aiuicrc 

liili.-liliaiKlIiiiii:  lirlil.'ii, 

'W/k/j,  litiivcrsilatsslrassr 

UaIITH  &  VON  HiHST 


DAS    GRIEGIlISÜllE  THEATER 

niiiTiiAui::  /UK  <iL:scnicnTE 

DES  DIONYSOS- THEATERS  IN  ATHEN 
UND  ANDEHEK  (iKIEClllsrilEH  THEATER 

VON 

WILIIKL.M  DÖHI'FELD 

l'Nl) 

KMIL  HEISCH 
MIT  XU  TAKELN  UND  !»,»  AHUILDUNGEN  IM  TEXT 
IVois  ir.  Mark. 


Ml  TT  I  II::!  LUNGEN  des  Kaiser  lidi  Deutsclieii  arcliäologisclien  Insliiiits, 
Allunisclie  Aldlicilnuf;.  XXIII,  Ilcfl  4.  (Nov.- Dez.  mS\. 


I  N  H  ALT 


E.  DnEiiUP,  Ein  Allu'iiisflits  l'roxciiiodi  kn't  für  Arisltileles  .  369 
.1.  II.  IIOLVVERUA  JH.,  Ilafaoxrlvi«.  Ilifooo-..  Ihpiixiot  .  382 

F.  IliLLiüii  VON  Gaeiitrjxc.en,  IiiscIiriltL-n  aus  RIhhIds  .  ..  ai»0 
L.  Savuvn'ONI,  Due  lek>thoi  <ii  Taiiajrra  (Tavüla  V|  .  .  404 
A.  Wii.HKLM,  Dir  sogen. III  nie  Ileiärcniiisclirill  aus  Pari»>  iÜ9 

H.  Hehzoü,  Heiselicriclil  ans  Kos   i41 

P.  Wot-TEIiS,  Präliisloriscilc  Iduli;  aus  lllei   4(12 

A.  Wilhelm,  Aliatlisehe  Sehl iruleiikiiialer  (Tafel  IX.  .\  I    ,    .    ,  4Gü 

Lilleralui   i93 

Kunde   4'J4 

öitzun{;>prolL»kolle.    .     .      409 

Ernennungen   4!)9 

Bericht  iguiig   i^l9 


Die  Milllieiluugen  des  Kaiserlich  Deulschen  arch.  Inslitiits,  Athenische 
Ahtlieihing  ( Vei  liig  von  LUliTH  \on  HinST,  Athen.  Uni>ersit;Us -Strasse 
53 1  erselieineii  in  vierlelj/tln  lielit  ii  Helten.  Preis  des  Jahrgangs  12  Mark 
( 15  Francs;. 


AI  iiro  —  druck  i ii  .  iU  .  |<KII  l>Eni<l.~-.  —  l  uit>riili»l»-MrUM,  M 


Im  Verlag»*  v(jn  II.  l^<.KAni»r  in  Kikl  i»l  erscniFnp" 

P.  W.  FollCflUAMMEK. 

Kin  GctJenklihiit 
vt»ri 

Dr.  AiJi:Liip:irr  \U)ck  im.  m  dwig  pF:!rrscii 

Mit  cir  -II)    A  nlcinu  • 
Briefe  von  und  an  KorchhamnuM-. 
l*r(Ms  f)  M 


Im  Nfllicii  Vi.tI.i|;i-  ••rscliit.'iit'ii  fiüher  • 
■•'oiM'lihniniiier»  I».  W.,  A|m)||«»us  Aiikiiiifl  in  Utriplii.  iSi«'. 

Iifrab^cäelzt  0,.'iÜ  M. 
ArisloU'lo»  und  di»'  ♦*\oleri-.chtM»  Uodcu.  |S»ii.  il«^ral>gescl/t  O.Hi)  M 
Dil?  Geburl  der  Athen»'.  t8il.  Mcralig^-stMil  0,40  M. 
über  die  Ileinheil  d»'r  Bauk.uiisl.  2.  Aull.igi'.  IST.'i.  |[i'r;>l»2r<N*'t/t  1  \\ 
.Scbillerf«'icr.  Festrede.  !ii59.  Horah^jj.'scUl  0,20  M. 
Das  iSchöne  isl  schwer.  18<>3.  Ilerabgesiilzl  0,A0  M. 
Topographie  von  Atlien,  1841.  HiTabgcsfizi  1,50  M, 
l'rolegoiiif'ria  zur  Mvtlinlugie  uikI  Wisscrisi-Iiafl.  1891.  Iloralig'--"' ' 

Jnlin,        Dif  Geiiiiilde  «Ics  PolygindoN  in  iI-t  Lfsche  zu  D<*litlii. 
l,f)OM. 

I*entlieus  und  die  Mainadt.ii.  läil.  J  .M. 

hjperiiiien  e()igrapliicuin  in  int'UiMriaiii  Olni  Ki  llcrnianiii.  l^il   T'.n  \\ 
IVIephos  und  Tioilo.s.  1841.  2,50  .M 

!%f<»iniii(i(*n, 'r>i<^(»ili»i%  Dr  rolb'giis  i*l  M)(lalicii>  llDinanoruiii.  iSiJ. 
3  .M.